Georg. Rollenhagen. F.
EDLER Geſtrenger / Ehrenfeſter / groß - guͤnſtiger Jungkher / Patron vnd Foͤrderer / es iſt ei - ne alte Fabel / das der Bacchus im Jar nach anfang der Welt 2509. fuͤr vnſers HErren Chriſti GeburtA iij1460.1460. Jahr / zu aller erſt mit Kriegsknechten / vñ raſenden Wei - bern / ſo[Bacchæ] genant worden / die Jndianer bekrieget / vnd ſie in dem Weinbaw vnterricht / vnd zur Seufferey gewehnet ha - be. Daher er denn nacket / als ein Jndianer / mit einer Wein - rebe geguͤrtet / vnd gekroͤnet / vnnd mit einem Becher in der Hand gemahlet wird. Vnd iſt jhm hernacher das Faſtnacht - ſpiel bey den Griechen / Roͤmern vnd vns Teutſchen zu ehren ge - halten worden / mit vnmenſchlichem Geſeuffe / Unzucht vnd Mord. Es iſt aber aus der Heiligen Schrifft gewiß. Das der verfluchte Cham einen Sohn gehabt / Chus genant / von dem alle Mohren in Arabia vnd India entſproſſen ſein. Jſt auch das wahr / das Noha zu erſt nach der Sindfluth den Wein ge - bawet / vnd in trunckener weiſe von dem Cham erſt bloß gefun - den vnd verlachet ſey. Jſt derhalben kein zweiffel das dieſer Bacchus ſey der Noha ſelbſt / alſo genant Als Abba Chus. Als des Chuſſen groß Vater. Deſſen bloßliegen haben auch durch des Teuffels anſtifftung Kindes Kind ſpotten / vnd aus jhres Vatern Suͤnde einen Abgott machen muͤſſen. Gleich wie Loths Toͤchter die Kinder der Moabiter vnd Ammoniter das ſchandbild Priapi fuͤr jhren Gott gehalten / vnd Baal - peor genant haben / den Herrn der fruchtbarkeit. Wie auch Priapus ſo viel iſt als Peor Abba / der fruchtbare Vater. Die - ſes vermeineten Bacchi reiſen / hat Alexander Magnus auch beſuchen wollen / als er zu erſt der Perſen Koͤnig Darium, vnd hernach den Koͤnig Porum in India geſchlagen hatte. Jm 325. jahr fuͤr vnſers HErren Chriſti Geburt. Bey des Alex - andri Hiſtorien aber wird allezeit folgende Epiſtel geſatzt / als ein kurtzer außzug / deſſen was man von den Jndianiſchen Lan - dē vnd ſachen redet. Es iſt aber diß alles hernach weitleufftiger von vielen Gelerten Griechen beſchrieben. Als aber die Roͤmer die Griechen vberwundē / vnd jre Buͤcher vnd Bibliotheken von allenthalben zu Rom zuſammen gebracht hatten. Findet ſich endlich einer genant Cajus Plin[i]us Secundus, vnter dē KeyſerTitoTito Veſpaſiano, der Jeruſalem zu letzt verſtoͤret hat / des Roͤ - miſchē Reichs Cantzler. Der lieſet alle Griechiſche vnd Lateini - ſche Buͤcher durch / vnd was er in denſelben / von Himmel vnd Erden / Menſchen / Vieh / Bewmen / Kreutern / Metallen vnd Edelgeſ[te]in findet / das faſſet er auffs kuͤrtzeſt in ein beſonder Buch / vnd nennet daſſelbige die Hiſtoria der Natur. Jn dem - ſelbigem Buche hat er auch kurtz zuſammen geſatzt / was er von den Jndianiſchen wunder Menſchen geleſen hatte. Das allhie auff des Alexandri Magni epiſtel folget. Dieweil aber der treffliche ſcharffſinnige Philoſophus vnd Redner Lucianus, der ohn gefehr hundert jahr nach vnſers HErren Chriſti Ge - burt gelebet hat / zur zeit des Keyſers Trajani, auch alle Buͤcher durch laß / vnnd ſahe / das die Jndianiſchen Reyſen mit gro - ben greifflichen Luͤgen verdorben wehren / ſo ſchreibet er nach ſeiner Weißheit vnd rede Kunſt / ein beſonder Buch / von Jn - dianiſchen Reyſen / darin er die andern Scribenten vnd al - le abergleubiſche thorheit der Heyden außlachet / vnd zu gleich mit dabey lehret / was der Welt lauff ſey / bey hohes vnd nie - derſtandes Perſonen / vnnd wie man ſich darin ſchicken ſolle. Wie vnuerſchampte grobe vnd greiffliche Luͤgen aber in den vorigen ſchreiben alle ſein / ſo haben doch die Gottes vnd Ehr - uergeſſene Muͤnche ſich nicht geſchemet / jhren vnſchuͤldigen Heiligen ſolche Lucianiſche poſſen anzudeuten. Die Heilige Schrifft vnter die Banck zu ſtecken / vnd an der ſtath oͤffentlich Fabelwerck zu predigen. Wie denn in aller Heiligen Merte - rer Legenden zu befinden / vnd von den Antichriſtiſchen Jheſu - widerigen Heuchlern des Roͤmiſchen Pabſtes in ewigkeit mit grund der Warheit nicht kan entſchuͤldiget werden. Deſſen Exempel haben wir ſonderlich in Sanct Brandani legenda zu[beſehen]. Dieweil aber mein lieber Vater M. Georg Rollen - hagen / der Schulen zu Magdeburg nun vber 35. jahr Conre - ctor vnd Rector, Mir in meiner erſten jugend zur vbung der Griechſchen vnd Teudſchen ſprach / dieſe wunder Bůcher invnſervnſer gewoͤhnlich Teutſch zu vberſetzen befohlen. Vnd E. G. nicht allein alle zu vnſer zeit in Druck verfertigte Jndianiſche Schiffarten mit fleis zuſammen kaufft. Sondern auch alles was aus den Landen wunderbarliches anbracht worden / von dem Herrn Doctore Paludano mit fleis ſamlet / vnd als ein ſchatz bey jhrer wolangerichten Bibliotheken verwahret. So habe ich auff meines Vaters / deſſen Tiſchgeſell vnd Diſcipel E. G. fuͤr 35. jaren geweſen / bedencken / vnd rath / zu derſelben Colligirung der Bibliotheken auch dieſe meine geringe erbeit / weil ich ſonſt E. G. vielfeltige guͤnſtige wolthaten / ſo meinem Vater vnd Mir wiederfahren / nirgend mit zu vergelten habe / dienſtlich verehrē wollen / mit dienſtlicher bitt /[E. G.] wolle ſich dieſelbe gefallen laſſen / vnd wie biß daher geſchehen / meines lie - ben Vaters / mein vnd meiner Bruͤder großguͤnſtiger Jungk - herr / Patron, Forderer vnd Freund ſein vnd bleiben. Damit ich E. G. derſelben Edle Ehrentugentſame Haußfrawe / jun - ge Soͤhnlein / vnd[Jungfrawen] / vnd alle die jhrigen zu lang - wiriger geſundheit / in Gottes gnedigen Schirm vnd Schutz getrewlich befehle. Datum Leipzigk an der hoch vnd viel bele - gener heiligen drey Koͤnige tage / im 1603. jahr.
E. G. vnd Ehrenfeſt
Dienſtwilliger
Gabriel Rollenhagen dißmal zu Leipzig ſtudierend.
Alexander der groſſe wuͤnſchet ſeinem Præceptori Gluͤck vnd Heil
GRoßguͤnſtiger vnd mir nechſt meiner lieben Mutter vnd Schwe - ſtern viel geliebter Præceptor vnnd Lehrmeiſter. Jch hab allezeit in wil - lens gehabt / auch in meinen jtzigen gefehrlichen Kriegshendeln fuͤr gut angeſehen / die - weil ich wuſte / dz du zur Weißheit ſonderlich luſt / vnd derohalben dich auff die Philoſophia zu ſtudi - ren begeben hetteſt / an Dich etwas zu ſchreiben von den Jndianiſchen Landen / dazu von des Himmels / Lufft / vnd gewitter / vnnd mancherley vnzehligen Schlangen / Thieren vnd Menſchen artten / ob viel - leicht mit dieſer newen ſachen / deinem fuͤr haben vnd fleiß etwas gedienet vnd fortgeholffen wuͤrde.
Denn ob wol dein leben vnd verſtand nuhmehr vollkommen iſt / vnd auch deine lehr keiner huͤlff / ſoBdir2dir oder der jtzigen auch kuͤnfftiger zeit nuͤtzlich ſein muͤchte / bedarff. Dennoch damit du wuͤſteſt / was ich hin vnd wider ausgerichtet habe / weil du an meinen thaten ſonderlichen gefallen tregſt / vnd da - mit dir nichts vnbekant bliebe / deucht michs billig ſein / daſſelbige was ich mit groſſer gefahr vnnd er - beit mein ſelbſt vnd meines Macedoniſchen Kriegs - volcks geſehen vnnd erfahren habe / dich ſchrifftlich zuuerſtendigen / vornemlich weil es alle gedenck - wirdige ſachen / vnd auff dieſelbige arth zuſammen geſchrieben ſind / wie ichs hin vnd wider ſelber geſe - hen habe. Jch koͤnte es zwar niemand gleuben / das in je einem Land ſo viel ſeltzame wunder wehrē / wen ichs nicht mit meinen ſelbſt eigenen Augen angeſe - hen vnnd fleiſsig betrachtet hette. Denn es iſt ein wunderbar Land / vnd hat daſelbſt viel guter vnnd viel boͤſer ſachen / vnd mag wol ein allgemeine Mut - ter wunderbarer / geſtalten / fruͤchten / Metallen vnd Thiere ſein. Das wens ein Menſch anſehen ſolte / glaubt ich / das er kaum namen gnug finden koͤnte / damit Er ein jedes nennete.
Jch wil aber erſtlich nur von den ſachen berich - ten / ſo mir ſelbſt vorkommen ſein / vnd fleis haben / das mich niemand fuͤr einen Fabel oder ſchendlichen Luͤgen ſchreiber halte.
Sintemal du als mein lieber Præceptor, mein Natur vnd Gemuͤth wol weiſt / das ich nemlich all -zeit3zeit billige maß halte / vnd gemeinlich weiniger vnd ſchlechter von einem dinge rede / denn es an jhm ſel - ber geweſen iſt.
Vnd ſolt auch jtz hieraus / als ich hoffe / ſpuͤren / das ich nichts fuͤrbringen will / meine Ehr vnd Krie - ges lob damit auff zu mutzen vnd zu ruͤhmen. Wie - wol es zu wuͤndſchen geweſen / das dieſelben weini - ger muͤhe vnd erbeit gehabt / vnd nur nicht von noͤ - ten geweſen were / ſo mancherley wunder zuerfah - ren. Jch habe der Macedoniſchen jungen Geſellen Tugend / vnnd meinem vnuͤberwindlichen Kriegs - volck zu dancken / das ſie mit groſſer gedult ſo lan - ge bey mir verharret / bis ich ein Koͤnig aller Koͤni - ge bin genant worden. Vnd wenn ich / allerliebſter Præceptor, zweiffeln wolte / ob du an dieſem mei - nem Ehrentitul ein wolgefallen truͤgeſt / thet ich vn - zimlich / vnd trete von meiner vnd deiner Redligkeit abe / wens ich nicht dir vnd meiner lieben Mutter Olympiadi, vnd meinen Schweſtern / von meines gantzen Reichs nuͤtz vnd beſten ſchriebe / die ich halte das ſie dir vnd jhnen auff gleichen theil lieb vnd an - genehm ſein werden / vnd wo es dir nicht angenehm were / wuͤrdeſtu warlich gar zu ſchlecht von vns halten.
Jm vorigen ſchreiben habe ich dich berichtet von der Sonnen vnd[Mons] Finſternis / auch von der Sternen ſtand / vnd ſonderlichen zeichen der Lufft /B ijwelche4welche fachen alle mit einander / Jch dir nicht ohne groſſe muͤhe vnd richtige ordnung zugeſchickt habe / vnd wil auch alſo dieſe newe Hiſtorien zuſammen faſſen / vnd beſchreiben / welches / wenn du es leſen wirſt / ſoltu wiſſen / das es ſolche hendel ſein / da ſich dein diſcipul Alexander billig hat vmb bekuͤmmern ſollen.
JCH hab im Maymonat / nach vberwindung des Perſianiſchen Koͤnigs Darij, beim fluß Gange, vnnd einnehmung ſeines gantzen Koͤnig - reichs / meine Oberſten vnd Vnterthanen in die Morgenlendiſche Provintzen zu Regenten geſatzt / daraus ich den einen groſſen Schatz vnd viel koſt - bare ſachen bekom̃en habe. Dauon ich auch im vo - rigen ſchreiben bericht gethan / vnnd wils jtz dabey beruhen laſſen / damit dis ſchreiben nicht zu weit - leufftig werde / weil auch dir / was vns ſonſten be - gegenet / nicht vnbekant iſt.
Jm außgehenden Monat Julio kamen wir in Indiam Phaſiacen, da wir denn mit groſſer ge - ſchwindigkeit den Koͤnig Porum vber wunden / groſ - ſe vnd reiche Beute bekamen / vnd einen Koͤniglichen Schatz dauon brachtē / welches weil Mirs jtzo noch in friſcher gedechtnis / vnd auch gedenckwirdig iſt /iſts5iſts billig das ich auch ſchreibe von dem vnzehligen Heerzeug deſſelben Koͤnigs / in welchem das Fuß - volck ausgenommen / dreyzehen tauſend vnd acht hundert Sichelwagen waren. Als wir aber vier hundert Elephanten jhnen genommen hatten / die groſſe Thuͤrme mit Kriegsknechten zu der ſchlacht trugen / machten wir vns als bald an die Koͤnigli - che Feſtung vnd Heuptſchloß.
Jn demſelben zehlten wir bey die vier hundert ge - waltige / hohe / groſſe / gantze Seulen mit jren Heu - ptern / gantz vnd gar von dichtem Golde / dazu wa - ren die Wende mit einem guͤlden Blech vberzogen / ſo dicke als die Guͤlden Ringe / die man vber den Fin - gern tregt. Jn dem ich aber dieſe ſachen probiren wolte / ſchnid ich die Wende an etlichen oͤrten durch. Jnſonderheit verwunderte Jch mich vber einē gan - tzen Weinberg / ſo von Gold vnnd Silber gemacht / vnd zwiſchen den Seulen in der Lufft auffgehenget war. An demſelben waren die Bletter von lauterm Gold / die Trauben von hellen Cryſtallen / vnd wa - ren mit Carbunckeln vnnd mit Smaragden ver - ſetzet.
Die Saͤhle vnnd Cammern waren vffs koͤſt - lichſt mit Perlenmuͤttern vnd Carbunckel ſteinen ausgeputzt. Die Thuͤren aber von Polirten weiſ - ſen Elfenbein / die Balcken von Hebenholtz / daruͤber ein Tefelwerck von lauter Cypreſſen holtz hergieng.
B iijJn6Jn ihren Badſtuben darein ſie ſich hatten zu reinigen pflegen / waren gantz guͤldene gegoſſene Bildnuͤſſen mit groſſen guͤldenen Becheren / vnd ein Brun darein mit groſſem ſchatz gezieret.
An den Wenden im Hauſe waren vnzehlich viel Bilder von Vogeln gemacht / mit mancherley bun - ten Farben / die giengen zwiſchen guͤldenen Laub - werck / mit vberguͤldeten Fuͤſſen vnd Schnebeln / hat - ten an Ohren vnd Halsbenden koͤſtliche Perlen hen - gen / wir funden viel Edelgeſteinen vnd Cryſtalle - ne Trinckgeſchir / des gleichen viel guͤldene Becher - lein / aber weinig Silberns.
Welches alles nach dem wirs eingenomen hat - ten / wolte ich der Jndianer Land einwendig beſſer beſehen mit meinem Kriegsheer. Vnd kam alſo an des Caſpiſchen Gebirges Pforten / daſelbſt ich mich denn nicht weinig verwundert / vber die Fruchtbar - keit deſſelben Landes / vnd ſahe warlich an dem orth ſolch ein Land / da einer ſeine luſt inne haben moͤchte. Wiewol vns die einwohner gewarnet hatten / das wir vns fuͤr dem vngeziefer Schlangen vnnd wuͤ - tende Thier huͤten ſolten / welches ſich da in groſſer menge zwiſchen deſſelben Thelern / Weldern vnnd Bergen auſſhielte / vnd in den Buͤſchen vnd Stein - klippen ſich verkroͤche.
Jch aber damit ich dẽ fluͤchtigen Koͤnig Poro wei - ter nach ſetzte / ehe denn Er in die abgelegene Stedtevnd7vnd wuͤſte Lender entwiche / wolte lieber durch rich - tige / denn durch ſichere wege reiſen / nam derwegen hundert vnd funfftzig geleitsleute zu mir / welchen die richtwege bekant waren / vnd zog im Augſtmo - nat durch den heiſſen ſand / den die Sonne ſo erhitzt hatte / das daß Land vber all duͤrre vnd ohne Waſ - ſer war. Verhieß auch denſelben eine billige vereh - rung / die vmb des Landes gelegenheit wuſten / vnd vns herumb fuͤhreten an die vnbekanten Jndiani - ſchen oͤrther / wenn ſie mich mit meinem Kriegsvolck friſch vnnd geſund in das Land Bactras geleiteten / vnd zu den weitabgelegenē Voͤlckern / Seras genant / brechten / welche Voͤlcker das rauch von den Beu - men im Walde zuſamen laſen / vnd aus der Baum - wolle vnd Seide ſich Kleider wircketen. Aber vnſe - re fuͤhrer waren dem Feinde mehr zugethan / denn vns / vnd gedachten ſie wolten vns vber zuuerſicht / vnter die Schlangen vnd Wilde Thiere fuͤhren / weil wir in dem Land vnbekant waren / vnnd das ſie dis im ſinne hetten / gab die erfahrung. Als ich derwe - gen vernahm / das ſoͤlch vngluͤck zum theil von mir ſelbſt her ruͤhrete / dieweil ich meiner freunde gutem rathe[nicht] hatte folgen wollen / vnd auch nicht der Caſpier / die mich gewarnet hatten / ich ſolte nicht ſo ſehr zum Sieg eilen / das ich nicht durch hinderliſt an dem Sieg verhindert wuͤrde. Befahl derhalben meinen Kriegsleuten / das ſie jre Ruͤſtung anlegten /vnd8vnd mir folgeten / weil ſie des geraubten Goldes vnd Perlen nicht eine geringe Beut mit ſich fuͤhre - ten / vnd zu befuͤrchten were / das der Feind ſich ver - ſtackt hette / vñ drauff laurete / wie Er ſein verlohren gut jhnen wieder abjagen moͤchte / vnnd zwar die Kriegsleut waren ſo reich worden / das ſie des Gol - des laſt kaum tragen koͤnten. Dazu waren die Har - niſch vnd Ruͤſtung auch ſchwer zu tragen / denn ich hatte ſie alle mit einander mit gantz vberguͤldeten Harniſch gezieret / vnd zog alſo das gantze Heer mit dem Goldglantz / wie ein hauffen leuchtende Sternen voran / vnnd ich folgete mit den Fahnen vnd Feldzeichen hernach / vnd war an dem Kriegs - volck eine herrliche luſt zu ſehen / das beydes an pracht vnd Macht bey andern Voͤlckern desglei - chen nicht zu finden war / Jch zwar als ich mein Gluͤck betrachtet / das ich mit ſolcher herrlicher an - zahl der jungen Manſchafft begabt war / hatte eine groſſe freude daran.
Aber wie es gemeinlich im gluͤck zu gehet / das vngluͤck nicht weit dauon iſt / begunten wir gros noth durſtes halben zu leiden. Vnd als ich den durſt nicht lenger dulden kunte / kompt ein Knecht / Zephi - rus genant / gelauffen / bringt mir eine Sturmhau - be mit Waſſer / ſo Er aus einē holen Stein geſchepf - fet hatte. Ob er gleich ſelber bald verduͤrſtet war / wolte dennoch lieber mein leben erhalten / vnd ſelberſterben.9ſterben. Jch aber rieff das Kriegsvolck zuſammen / vnd goß die Sturmhaube mit dem Waſſer / in aller beiſein / aus / damit nicht jrgent ein Kriegsknecht / wenn er mich trincken ſehe / ſehrer zu duͤrſten an - fienge / ich begabte aber des Zephiri wolmeinung / mit billiger verehrung.
Vnd als mir derhalben das Volck alle mit ein - ander noch beſſer gewogen ward / ſatzte ich meiner reyſe noch weiter nach.
NJcht weit aber dauon / fand ich in einer[Wuͤ - ſteney] einen Waſſer flus / an welches Vfer Rohr ſtund / in die 60. Fuß hoch / dicker den ein Kifern oder Dannenbawm / daraus denn die Jndianer jhre Heuſer baweten. Daſelbſt ich denn alſo bald / weil das Vieh vnd Volck duͤrſtig war / be - fehl thate / das man an dem orthe das Lager auff - ſchlagen ſolte / vnter deſſen / do ſie damit vmbge - hen / wolte ich meinen Durſt leſchen / da ſchmeckt das Waſſer viel bitterer / denn Nieſewurtz / das es weder Menſch noch Vieh / ohn gefahr drincken konte / Jch war aber mehr bekuͤmmert / wegen des groſſen hauffen Viehes / den wegen der Menſchen / Sintemal ich wuſte / das ein Menſch viel leichter etwas vertragen kan / den das Vieh / denn ich hat -Cte bey10te bey mir taͤuſent groſſe Elephanten / welche dz Gold mit truͤgen / dazu viertzig Sichelwagen / vnd jegli - chen mit vier Roſſen / dreiſsig tauſent Reuter / drey hundert tauſent Soldaten / funfftzig tauſent Maul - Eſel / die Ruͤſtung vnd der Soldaten Plunder zu tra - gen / zwey bey tauſent die Korn vñ proviant trugen / vnd endlich eine vnzehliche Herde Viehs / teglich zur Kuͤchen notturfft zu ſchlachten / denn an Pfer - den / Maulthieren / Camelen / Elephanten / auch an guͤlden Zeumen / hatten wir alles vberfluͤſsig in vn - ſerm Sieg bekommen. Aber das Vieh konte fuͤr dem groſſen Durſt kaum bleiben / die Kriegsleute lecketen bald an den Eyſern zeug / bald truncken ſie Ohl / fuͤr den grewlichen Durſt. Ja ich hab etliche geſehen / die ſich nicht ſchemeten / jhr eigen Waſſer in der euſſerſten noth / zu trincken. Welches elend mich zweyer vrſachen halben / ſehr betruͤbte. Denn ich war von wegen des Volcks zuſtand / nicht wei - niger / deñ vmb meinſelbſt eigen geſundheit bekuͤm - mert. Befahl dennoch / das ſie alle mit gewapenter Hand folgen ſolten. Vnd lies das gebot anruffen / Jch wolte den zu ſtraffen wiſſen / der nicht ſeine Ruͤ - ſtunge in der Ordnung anhaben wuͤrde. Daruͤber ſich denn ein jeder verwunderte / wozu / daſelbſt da kein Feind verhanden / von noͤthen were / in ſolchem Durſt in voller Ruͤſtung zu ziehen / Jch aber wuſte wol / das wir durch die Wilden Thier vnd Schlan -gen11gen herdurch muſten / vnd fuͤrchte mich / wir moͤch - ten vnerwarnter ſachen / betrappet / vnd mit vnuer - ſehener gefahr geſchlagen werden.
Folgeten alſo dem Vfer nach an dieſem Waſſer / vnd kamen vmb 9. ſchlege zu einem Stedlein / das mitten im Waſſer auff einer Jnſel lag / vnd von ob - gedachten Rohr erbawet war. Da wurden wir ge - wahr etlicher Jndianer / ſo halb nacket giengen / welche / ſo bald ſie vns ſahen / wiederumb nach jhren Huͤtten zu lieffen / vnd ſich verkrochen / Jch hette aber gerne mit jnen geredet / das ſie vns / die wir der oͤrther nicht bekant waren / friſch Waſſer nachwei - ſeten. Wie ſich aber keiner ſehen ließ / ſchoß ich etli - che Pfeil in die Stad / vnd gedachte / wenn ſie mit willen nicht heraus wolten / ſo wolte ich / ſie mit Kriegs gewald heraus bringen.
Aber ſie verbargen ſich aus furcht viel mehr / biß ich endlich / da ſich niemand wolt ſehen laſſen / zwey hundert leichtgeruͤſte Landsknechte aus der Macedonier Regiment / vber daſſelb Waſſer ſchwimmen ließ. Wie dieſelbige bald den vierten theil / das Waſſer erreicht hatten / begab ſich ein er - ſchrecklich Spectakel: Es kamen aus dem tieffen Waſſerſtrom groſſe gewaltige Waſſerpferde oder Hippopotami, die groͤſſer warē / denn ein Elephant von leibe / vnnd kriegten die armen Soldaten zur ſtraff / bey den Koͤpffen / vnd verſchlungen ſie / dasC ijwir12wir denn mit Threnen anſchaweten / Jch aber ent - brante im zorn gegē dieſelbige / ſo vns fuͤhren ſolten / das ſie vns in ſolche gefahr gebracht hatten / befahl man ſolt jhrer hundert vnnd funffzig ins Waſſer ſtuͤrtzen / welche / ſo bald ſie vom Vfer trieben / vnnd zu ſchwimmen begunten / jhre rechte verdiente ſtraff entfiengen / vnd von den Hippopotamis verſchlun - gen wurden.
Es waren aber dasmahl viel eine groͤſſer menge der Thier da / denn zuuor / denn ſie meinten / ſie wol - ten das Volck alle verſchlingen / denn das Waſſer lies / als hette es voller Ameiſſen geſchwebet / damit wir aber die Nacht vber / mit dieſen Meerthieren nicht zu fechten vnnd zu ſtreiten bekehmen / ließ ich zum auffzug auffblaſen / denn wz wolten wir armen duͤrſtigen Leut an dem orth gemacht haben?
Als wir nun von zehen ſchlegen biß zu elffen ge - reyſet / ſehen wir mitten durch das Waſſer Leut fuͤr - uͤber fahren / mit Schifflein / aus demſelbigen groſ - ſen Rohr gemacht.
Als wir die anſprachen / an welchem orth wir doch ſuͤß Waſſer bekommen moͤchten / ſagten ſie auff jhre ſprach / wo daſſelbe were anzutreffen / nemlich wir wuͤrden an einen groſſen See kommen / des al - lerſuͤſten Waſſers / dahin vns jhrer funffzig gelei - ten wolten. Vnd weil wir ja zum vngluͤck dahin ge - kommen waren / Wanderten wir die lange Nachtdurch /13durch / in Durſt vnd der Ruͤſtung laſt jmmer fort / Zu dieſem aber / kam auch das vngluͤck / das die gan - tze Nacht Lewen / Beeren / Tiger Thier / Leoparden / Luͤchſe etc. zu vns anlieffen / denen wir widerſtande thun muſten. Welche Thiere vns im Wald durch einander entgegen lieffen.
LEtzlich gegen acht vhr folgends tages / da wir ſchier verſchmachtet waren / kamen wir an vorermelten See / der rings vmbher mit einem gruͤnen / alten / dicken Walde bewachſen war / wol in die tauſent ſchrit lang.
Als ich nun getruncken hatte / ward ich wider friſch / vnd lies das Vieh vnd mein Volck / ſich auch wieder erquicken. Bald aber / als ſich die ermuͤde - ten Thier erholet / vnnd die Kriegsleut ſich außge - ruhet hatten / ſchaffet ich / das die Gezehlt vnd das Lager nach der lenge / in die zwey vnd zwentzig mei - len / Griechſche Stadia genant / der eine hundert vnd fuͤnff vnd zwentzig ſchritt helt / auffgeſchlagen wur - den / desgleichen / ſo viel Meilen in die breite.
Wie die Gezehlt nun in der eyl auffgerichtet wa - ren / ließ ich den Wald niederhawen / damit manC iijdeſto14deſto fuͤglicher koͤnte zum See komen / weil der nur allein in dem gantzen Lande war.
Vnd ward alſo das Gerehte vnnd aller Plun - der / ins Lager zuſammen getragen / vnnd die Ele - phanten zwiſchen die Gezehlt geſtellet / damit wir ſie deſto fuͤglicher vnd ehe auffhalten moͤchten / wenn vieleicht die Nacht vber ein getuͤmmel oder vnge - woͤhnlich ſchrecken vnter ſie keme / vmb das Lager herumb / waren wol an tauſent vnnd funffzig oͤr - thern Fewr gemacht / weil wir ohn das / im Wald Holtz zum vberfluß hatten. Vmb Eilff ſchlegen ward zu Tiſch geblaſen / da ich denn Mahlzeit hielt / vnd dem Volck auch ſein theil geben ließ / vnter deſ - ſen branten vber die zwey tauſent guͤldene Lam - pen.
Als nun der Mon kaum auffgangen war / ka - men mit groſſer eyl vnd auffgerichten Schwentzen / eine groſſe Heerde Scorpionen zu dieſem See / durch vnſer Lager zugelauffen / wuſten zwar nicht / ob ſie vnſer getuͤmmel erhoͤret / vnnd darumb auff vns zu lieffen / oder ob ſie jhre gewoͤhnliche trencke / in dem See hatten / hetten vns leicht ſchaden zu fuͤgen moͤ - gen. Auff dieſe wunder / kam eine groſſe ſcharr der gehoͤrnten bunten Waſſerſchlangen / deren etliche Rote Schuppen hatten / etliche Schwartze / etliche Weiſſe / etliche weren auch gantz helle vnnd glen - tzend / als lauter Gold / das daß gantze Land nurrauſchete51rauſchete vnd ziſchete / vnd vns nicht weinig erſchre - ckete. Aber wir hatten vorn die Gezehlt / mit den Schilden wol verwaret / vnd hatten lange / ſcharffe / ſpitzige Spieß / damit wir die boͤſen ſchedlichen Wuͤrm erſtachen / etliche aber mit Fewr vertilge - ten / damit wir deñ in die zwo ſtunden zu thun hat - ten. So bald aber die kleinen Thier / von dem Waſ - ſer getruncken / giengen ſie wieder dauon / vnnd zu vnſerm groſſen Gluͤck / kroͤchen die groſſen Schlan - gen wider in jhre loͤcher.
Vmb die dritte ſtunde der Nacht / gedachten wir etwas zu ruhen / vnnd friede zu haben. Da kamen groſſe Drachen an / die groͤſſer waren / als eine ſtar - cke Seule ſein moͤchte / mit dreyen Koͤpffen / darauff ſie den Kronen hatten / vnnd kamen aus den holen Bergen / aus ernantem See zu trincken / wuͤhleten im gange mit dem Maul / vnd ſchufen das Land vn - ter ſich hinweg / vnd ſtackten drey ſpitzige Zungen aus dem grewlichen Rachen heraus / hatten fun - ckelende gifftige Augen / blieſen jren gifftigen Athem vns entgegen / mit denē wir denn ein gute ſtunde zu ſchaffen hatten / verloͤhren auch in dem Kampff dreiſsig Knechte / vnd zwantzig wol verſuchter Ma - cedoniſcher Kriegsleute. Vnd ich vermahnete vnd bat die Macedonier / ſie wolten in dieſem Vngluͤck beſtendig bleiben / vnd den Muth / wegen der wieder - wertigkeit nicht fallen laſſen.
Welche16Welche denn / ob ſie wol die gedult ſchier ſchwer ankam / doch die erbeit mit außſtuͤnden. So bald die Schlangen weg getrieben / kam ein groſſer hauff Krebs / mit Crocodill Pantzern vberzogen / ins La - ger. Welche Meerwunder wir mit keiner Weh - re verwunden kunten / wegen der harten Haud. Viel wurden mit Fewer getoͤdtet / etliche aber krie - chen wider in das Waſſer.
Weil wir nun von dem viel wachen Muͤde wor - den / ward vmb die fuͤnffte ſtund zu Nacht geblaſen / das man ſich zur Ruhe begeben ſolte. Ehe wir vns aber verſahen / waren weiſſe Lewen da / in der groͤſ - ſe eines gewaltigen groſſen Ochſen / die denn ein er - ſchrecklichs brummen thaten / ſchuͤtteten jhre zoͤtti - ge Helſe / vnd richteten den Kopff in die hoͤhe / ſchoͤſ - ſen auch auff vns / nicht anders / als Donnerſchle - ge / zu / die wir alsbald mit vnſern Spieſſen vnnd Hellbarten fiengen vnd erlegeten. Nichts deſto wei - niger aber / hatten wir auch vmb Mitternacht einen ſtreit / mit etlichen groſſen vnd erſchrecklichen Wil - den Sewen / mit den bunten Luͤchſen / Tieger vnnd Panter Thieren. Als wir vns nun ferner keine ge - fahr beſorgten / koͤmpt vns nach den Augen ins Ge - ſicht geflogen / ein arth der Fledermeuſe / derer leibe ſo groß / als die Tauben waren / dieſelben hatten Menſchen zehn / damit ſie denn Kriegsleuten jhre Glieder zu riſſen.
Vber17Vber dis lies ſich ein new Thier ſehen / welches forn an der Stirn / drey Hoͤrner / ein Pferdkopff / vnd ſchwartze Haar hatte. Daſſelbe nennen die Jn - dianer Odonta oder den zeen Koͤnig. Diß Thier / ſo bald es vom Waſſer getruncken / ſahe es das Lager an / vnd lieff ſtracks auff vns zu / ſchewete ſich auch fuͤr keines Fewrs Licht oder Brand. Als ich aber der Macedonier Regiment dem Thier entgegen ſatzte / blieben jhrer 36. auff dem Platz / vnnd wur - den 53. Heerwagen / welche mit Sicheln zugericht waren / in grund verderbet. Vnnd koͤnte das Thier kaum mit langen Jegerſpieſſen erleget wer - den.
Nachmals / kurtz fuͤr der Sonnen auffgang / lieſ - ſen ſich bald am Himmel Pfaͤle ſehen / weisfleckt wie bunte Guͤrtel oder Riemen / darauff denn Jn - dianiſche Meuſe ins Lager kamen / welche geſtalt waren wie die Geyer / vnnd wenn ſie ein Thier biſ - ſen / lag daſſelb von ſtund an tod. Dem Menſchen aber war der Biß nicht toͤdlich.
Mit der Sonnen auffgang flohen die Nachtra - ben / Nycticoraces genant / herzu / ſein Vogel den Geyern nicht vngleich / wie wol ſie von geſtalt groͤſ - ſer waren / Gelbfarb / hatten einen ſchwartzen Schnabel vnd Fuͤſſe.
Dieſe Vogel namen das Vfer deſſelben Sees / hin vnd wider ein / thaten vns keinen ſchaden / ſon -Ddern18dern zohen mit den Fuͤſſen aus dem Waſſer gantze Fiſch heraus / vnd verzehreten dieſelben.
Weil wir aber dieſe Vogel / weder ſcheuchen noch auffjagen durfften / zogen ſie endlich ſelber auff.
Da nam ich dieſelben / die vns dieſen orth gezei - get / vnd vns in ſolche gefahr gefuͤhret hatten / vnnd lies ſie / wie ſie es woll verdienet / an die Creutz heff - ten / das ſie die Schlangen bey lebendigem leib / ver - zehren vnd quelen muſten / wie ſie gemeinet hatten / das es vns wiederfahren ſolte. Ließ jhnen auch die Hende zu brechen / das ſie jre billiche ſtraff empfin - gen / fordert auch das Kriegsvolck zuſammen / vnd vermahnet ſie / das ſie einen Muth faſſen / vnd ſich in jrem Vngluͤck nicht Weibiſch / ſondern tapffer vnd Manlich ſtellen ſolten. Lies auch alsbald zum auff - zug auffblaſen / vnd befahl / man ſolt das Lager auff - nehmen / vnd nach dem Suͤdwind werts hinfuͤhren / daher wir Kundſchafft bekamen / das die Jndiani - ſchen vnd Barbariſchen Voͤlcker / von newen ſich zum Krieg verſamlet / vnd verbunden hatten.
Mein Kriegs volck aber hatte einen ſehr groſſen Muth / dieweil es von dem Sieg / eine ſtatliche Beu - te bekommen / vnd alle wege gut Gluͤck gehabt. Ver - lieſſen alſo die vnuͤberwindliche vnnd gefehrliche Berge / vnd zogen endlich durch einen ſichern Weg / in der Bactrianer Land / darin viel Gold vnd groſ -ſer Reich -19ſer Reichthumb zu erlangen war. Vnd weil wir daſelbſt guten vortheil ſchaffen konten / vnd der Per - ſianer Ecker nicht weit dauon gelegen waren / vnd wir vns zum Krieg deſto beſſer ſchicken konten / lies ich in die dreiſsig Tag / das Volck daſelbſt verhar - ren.
ALS wir nun wol ausgeruhet hatten / ka - men wir in ſieben Tagen an den orth / da der vorgemelte Koͤnig Porus / mit ſeinem Kriegß - volck war / welches er zu ſich genommen / nicht / das er wieder mich zu ſtreiten bedacht geweſen / ſondern viel mehr / das er ſich mit jhnen ſemptlich mir er - gebe vnd vnterwuͤrffe. Denn er lies vns frey han - deln vnd wandeln / vnd alle Proviant willig folgen / als wenn wir nicht Feinde / ſondern Freunde we - ren / er wolte mit mir auch gerne Kundſchafft ha - ben / vnd wenn mein Volck auff vnd nieder zoge / fraget er / wo ich mich auffhielte / vnd wz ich machte? Weil ſie aber jm nicht hatten rechten beſcheid geben wollen / erkundet ich mich ſelbſt wie er pflag zu fra - gen: Denn die Macedonier ſagten mir / als jhrem Groß Koͤnig / diß alles wieder / vnd verkleidte mich wie einen Soldaten / vnnd verkehrte das Geſicht /D ijging20ging in dem Flecken / als wolte ich Wein oder Fleiſch keuffen / da fraget mich der Porus ohn gefehr / Was doch der Alexander vor hette / oder wie alt er woll were? Da antwortet ich jhm aus ſchalckheit: Vnſer Koͤnig / ſagt ich / ſitzt als ein alter betagter Mann / in ſeinem Loſament beym Fewr / vnnd wer - met ſich. Da ward er froh / das er nur mit einem alten verlebten Mann Kriegen duͤrffte / vnd er noch ein junger friſcher Kerl wehre. Lieber / ſagt er / ſcho - net der Mann ſeines alters nicht? Jch antwortet jhm mit der vorwendung / ich wuͤſte nicht was der Alexander vor hette / denn ich were nur ein ge - meiner Soldat / aus dem Macedoniſchen Heer - zuge.
Da gab er mir einen trotzigen Drawbrieff / vnd ſagt mir eine verehrung zu / wenn ich den Brieff dem Alexandro ſelbſt zuſtellen wuͤrde. Darauff ſchwur ich jm / er ſolte in des Alexander[s]Hand kom - men / vnd kehret bald wieder zu ruͤck in mein Lager / vnd ehe denn ich den Brieff laß / vnnd auch in dem ich jhn laß / konte ich mich des lachens nicht enthal - ten. Welches Brieffs Copey / ich dir vnnd meiner Mutter vnd Schweſtern hiemit vberſchicke. Da - mit jhr des außlendiſchen Boͤſewichts vermeſſen - heit abnemen koͤnnet. Als bald liefert ich den Jn - dianern eine ſchlacht / vnd vberwunne ſie nach mei - nes Hertzen wunſch / nam die Wehr von jhnen /das21das Land aber vnd Koͤnigreich / gab ich dem Koͤnig Porus wiederumb.
Derſelbe ſo bald jm dieſe vnuerhoffte Gnad vnd Ehr wieder fuhr / zeigt mir ſeine Schetze ſelbſt gut - willig / dauon ich zuuor nichts gewuſt hatte. Da - mit er denn mich / mein Kriegsvolck / vnd alle mei - ne gefehrten ſehr reich machet / vnd der Macedonier Freund warde / da er zuuor jhr Feind war. Fuͤhret vns auch an denſelben orth / da Hercules vnd Bac - chus in vorzeiten jhre Siegszeichen auffgerichtet hatten. Am euſſerſten ende vnd Grentze des Mor - genlandes / hatte er dieſen beyden Goͤttern / gantze guͤldene Bildnis geſatzt.
Dieweil ich aber gern wiſſen wolt / ob dieſelben von gantzem tichtem Golt wehren / ließ ich loͤcher hinein bohren / vnd wie ich ſahe / das ſie gantz von Gold waren / lies ich von demſelben Golde die loͤ - cher wiederumb zu fuͤllen. Vnd that daſelbſt dem Gott Baccho vnd Herculi ein Brandopffer.
Jn dem ich nun weiter meiner reyſe nachſatzte / das ich etwas gedenck wirdiges mich erkuͤndigen moͤchte / ward ich gewar / das nichts mehr da ver - handen / denn etliche wuͤſte Lender / ſo mitten in dem See liegen / vnd das in den Wildniſſen vnd in den hohen Bergen die Elephanten vnd Schlangen ſich auffhielten. Nichts deſto weiniger zog ich biß ansD iijMeer /22Meer / damit ich auff der offenbaren See / vmb die Welt rings herumb Schiffen moͤchte.
Dieweil aber die Leut / ſo an dem Seeſtrand wohneten / mich berichteten / das Meer were tun - ckel / vnd an vielen oͤrthern nicht ſo tieff / das man ſicher dadurch ſchiffen koͤnte / dazu were dem Bac - cho vnnd Herculi nicht weiter zu ziehen vergunt worden / wolt ich lieber das die Goͤtter in dem fall mir vorgiengen / denn das ich mit gedult der gefahr vber der Goͤtter Fußſtapffen ſchreiten ſolte.
ALS ich nun den Goͤttern jhre gebuͤhrliche Ehr gethan / ſie angebetet / vnd jhr vorneh - men gelobet hatte / nam ich mich fuͤr / ich wol - te das lincker theil der Jndianiſchen Lande beſehen. Damit mir nicht etwas an vnbekanten vnnd vner - ſuchten oͤrthern / heimlich entwand wuͤrde / welches dem Poro nicht vbel gefiel / das ich nicht meinen ſolte / er wolte mich nicht alle ſeines Landes Guͤter wiſſen laſſen / ſondern noch etwas verhelen. Aber daſelbſt war ein außgetruckneter Sumpff vnd Ge - moͤhr / darinnen viel Rohr vnd Schilff gewachſen war / da wir durch daſſelbig zogen / ſprang vber zu vorſehen / ein newe Meerwunder herfuͤr / war faſteinem23einem Waſſerpferde oder Hippopotamo gleich / hatte einen eingekerbten ſcharffen Ruͤcken / wie eine Sege / vnnd hatte auff demſelben den einen Kopff / geſtalt wie der Mohn / den andern auff der Bruſt / der war einem Crocodil durchaus gleich / hatte auch groſſe ſtarcke Zehne / damit es mit groſſer ge - ſchwindigkeit / zween Kriegsknechte in einem ſtreich danieder hieb. Das Thier koͤnten wir mit groſſen Eyſern Hemmern kaum zerſchmeiffen. Dieweil mans mit keinem Spieß durchſtechen noch tilgen moͤchte. Nach dem wir vns nun zum hoͤchſten vber diß newe Specktakel verwundert hatten / kamen wir in die hohen Jndianiſchen Welder vnnd Wild - nuͤſſen / da wir denn vnſere Laͤger / in die 500. ſtadia in die lenge vnd breite auffſchlugen / zu negſt an dem waſſer Buemar, vnd begunten ein weinig zu ſchlum - mern / weil es eine ſchoͤne helle Nacht war. Fol - gends Tages vmb Eilff vhr / kommen eilend mit ei - nem geſchrey vnd zagen zu vns angelauffen vnnd geritten / die ſo auff die Fuͤtterung gezogen waren / vnd das Volck / ſo nach Holtz zu hawen außgeſchickt war / vnd zeigten vns an / damit wir deſto ehe vns ruͤſten / es kemen eine groſſe macht Elephanten aus den Weldern zuſammen gelauffen / welche das Lager vmb vnd vmb reiſſen / vnd das Volck alle ver - derben wuͤrden.
Als24Als bald befahl ich den Theſſaliſchen Kriegs - leuten / ſie ſolten ſich auff jhre Roß ſetzen / vnnd ein jeder ein Schwein fuͤr ſich auff nehmen (Denn ich wuſte wol / dz ſich dieſelben Thier fuͤr dem Schwein geſchrey fuͤrchteten) vnd den Elephanten entgegen ziehen. Denſelben lies ich ander Reuter mit Spieſ - ſen folgen / vnnd lies all die Trometer forn an die Spitz ziehen. Die Reuter muſten alle hinan. Aber die Fuͤßgenger blieben im Lager. Jch vnd der Koͤ - nig Porus / zoͤgen mit dem Reyſigen zeug jmmer forth.
Da ſahen wir eine groſſe Schaar der Thier / mit auffgerichteten Ruͤſſelen zu vns ankommen. Vnter welchen etliche ſchwartz / etliche weis / etliche rothfarb / etliche auch bund waren. Dieſe Thier meint der Koͤnig Porus / koͤnte ich wol fangen / vnd zum Krieg gebrauchen / wolte ich ſie aber weg ja - gen / ſo lieffen ſie bald / vñ ſcheweten ſich fuͤr der Sew gruntzen. Vnd wenn die Kriegsleute die Sewe ohn vnterlaß engſteten vnd ſchlugen / welches denn ge - ſchach: bald ſchracken die Elephanten fuͤr den Trommeten vnd gruntzen der Schweine / fingen an zu zittern / kehreten zu ruͤck / vnnd jhr viel lieffen in den negſten Wald. Die Kriegsleute aber hieben bey die neun hundert vnnd achtzig in die Schen - ckel / das ſie tod blieben / welchen ich die Zehne lies ausſchlagen / vnnd zog alſo mit dieſer anſehnlichenBeut25Beut nach meinem Lager wieder zu ruͤck. Befahl darauff / das man mit allerley Pfelen / Zeunen vnd Pantzern die Schantzen verwahren ſolte / damit nicht die Elephanten oder andere Thier / vns ſcha - den zu fuͤgeten / vnd war alſo die Nacht biß auff fol - genden Tag ſtille vnd ohne vnruhe. Da wir denn einmal außſchlieffen / vnd vns erholeten / vnnd zo - gen mit fruͤer tagezeit nach einem andern orth / in Jndien / vns weiter zu erkuͤndigen.
Da funden wir in einem bloſſen offenen weiten Felde / beyde Mans vnd Weibs Perſonen / die vber den gantzen Leib Rauch / vnd mit Haren bewachſen waren / als Wilde Beſtien / waren in die neun Schuch lang / giengen fadem nacket vnnd bloß / oh - ne einige Kleidung. Die Jndianer nennen ſie Ich - tyophagos oder Fiſchfreſſer / denn ſie waren zun Waſſern vnd der See gewohnet / fiengen Fiſch / vnd fraſſen die alſo roh hinein / vnd truncken das kalte Waſſer dazu / dauon ſie denn ſich erhielten. Als wir aber zu jhnen hinan gehen wolten / lieffen ſie fuͤr vns aus dem Weg / vnnd ſtuͤrtzeten ſich in den negſten Waſſerſtrom / vnnd ſchwummen da - uon.
Darnach kamen wir an die groſſe Leut mit Hundskoͤpffen / ſo Cynocephali genant werden / derſelben waren gantze groſſe Welder voll. Dieſe wolten vns anfallen / wenn wir aber vnſer PfeilEjhnen26jhnen entgegen ſchoſſen / lieffen ſie wieder da - uon.
Da wir in die wuͤſte Jndianiſche Lender weiter vort zu ziehen in willen hatten / ward vns geſagt / es wehre nichts daſelbſt zu thun oder zu ſehen. Der wegen wolte ich wiederumb in das Phiſiaceni - ſche Land ziehen / vnd befahl / man ſolte die Fehn - lein wiederumb wenden / das wir vber 10. Meilen zu ruͤck beim Waſſer vnſer Gezehlt auffſchluͤgen. Eben aber / da wir kaum die Gezehlt gericht / vnd al - lenthalben darinnen Fewr angezuͤndet hatten / kam ſolch ein mechtiger Oſtwind von Morgen werts / der alle die Gezehlt vnd Huͤtten in einem huy nie - derriß / vnd vber einen hauſſen warff / vnd verwehe - te. Daruͤber wir denn vber alle maß beſtuͤrtzt wur - den.
Die Pferde aber vnd ander vnſer Laſtthiere / lit - ten viel groſſer angſt / ſintemal der Wind die Fewr - flammen jhnen zu weheten / vnnd gantze gluͤende Fewrbrende vber ſie herwarffen Da vermahnet ich meine Kriegsleute / das dieſer vnfall / weil es vmb die zeit / da Tag vnd Nacht gleich ſein / vnd im Wein - mon zu truge / dazu im Herbſt vnnd anfang des Winters / vnd nicht im Sommer ſo wuͤtet / were es kein zeichen Goͤttlichs zorns / ſondern viel mehr des Wetters vnd der Lufft natur vnd art.
Als27Als wir aber endlich mit viel Muͤhe vnd Erbeit / vnſer verworffen geredlein wider zuſammen ge - rafft hatten / lies ich mein Gez[e]hlt an einem andern ort in ein ſchoͤn luſtiges Thal[v]on newen auffſchla - gen. Vnd als nun alles zum beſten wiederumb in eine ordnung gebracht war / befahl ich / daß das Kriegsvolck das Abendmal halten ſolte / denn des Oſtwindes brauſen hatte ſich gelegt / vnnd die kelte ward gegen dem Abend je lenger je ſtrenger. Bald fiel auch der Schnee wie Wollenflocken daher. Weil ich mich aber befuͤrchtet / des Schnees moͤchte zu viel[werden] / vnd dem Lager beſchwerlich vnd hinderlich ſein / das man weder aus noch ein gehen koͤnte / ließ ich dem Volck anſagen / ein jeder ſolt in den Schnee gehen / vnnd denſelben in dem er fiel / niedertreten / das er vnter jhren Fuͤſſen zergienge / vnd das Fewr wieder vmb ſich leuchten koͤnte / das von dem ſchnee bald erleſchet war.
Eins aber kam vns zum beſten / das ploͤtzlich ein groſſer Schlagkregē drauff folgete / der den Schnee vber vermuthen mitweg nam / darauff denn bald ein ſchwartze tunckele Wolcke folgete. Man ſahe auch andere brennende Wolcken nicht anders / denn groſſe Fackeln oder Windlichter vom Himmel her - unter auff daß Feld fallen / das ſich anſehen ließ / als wenn ſie alles anſtackten / vnd das gantze Feld brante.
E ijEs28Es durffte zwar keiner bekant ſein / aber man hielts dafuͤr / das mich Gott alſo verfolgete. Die - weil ich als ein ſterblicher Menſch / vber der Goͤtter Herculis vnd Bacchi Fußſtapffen ſchreiten / vnnd noch weiter hinaus zu ziehen / mich vnterwunden hette. Jch befahl aber dem Volck / ſie ſolten die Klei - der vber vnſer Fewr halten / das es nicht verleſchte. So bald wir aber vnſer Gebet hielten / vnd GOtt vmb huͤlff vnd beyſtand anrieffen / ward die Nacht fein hell vnd klar / vnd wir machten vnſer Fewr von newen / vnd ſatzten vns / vnnd hielten ohne furcht vnſer Mahlzeit. Diß wiederfuhr vns alſo drey tag nach einander / das wir kein hellen ſonnen - ſchein ſahen / vnd hieng jmmer die erſchreckliche ſchwartze Wolcke vber vns.
ALs wir nun an dieſem orth in die 500. Lands - knechte begraben hatten / ſo in dem groſſem ſchnee vmbkom̃en warē / lies ich dz Lager auff - nehmen / dann von dar zoͤgen wir hin an die hohen Steinklipffen / ſo bis an die Wolcken reichen / vnd an der Moren offenbar See liegen / ja bis zu den Dionyſiſchen Bergen / Vnd des Liberi oder Bachihoͤhle29hoͤhle in denſelben Bergen / Darinnen ich denn drey meines Volckes jammer licher weiſe verlohren ha - be / die in dieſe hoͤhle hinein geſand waren / von wel - chen man ſagen wolte / ſie waren am dritten tage darin am Fieber vmbkommen / dieweil ſie in des groſſen Gottes hoͤhle / fuͤrwitzes halben / zu kriechen ſich vnterſtandē hetten. Vnd dz ſich dis in der war - heit alſo verhielte / bezeugete derſelbē jeher todt. Dañ ſie wolten ohne vorgehende Gab vnd Opffer das Loch beſehen. Derenthalben fiel ich auff mein knie / batt dieſelbigen Goͤtter / ſie wolten mich meiner lie - ben Mutter wieder in mein Vaterland Macedoni - am / als ein Koͤnig der gantzen Welt / mit einem hohen ſtatlichen Triumpffswagen vnd Siegszei - chen vnd herligkeiten / wiederumb heim ſchicken. Das aber dieſe meine bitte vergebens war / ver - ſtundt ich daraus / das ich fleiſsig achtung hatte / obs mirs durch ein geſicht / oder Vogelſchrey / eine vngewoͤhnliche vnd gedenckwirdige antwort wuͤr - de fuͤrkommen / vnnd das alles das Jndianiſche Volck ſagte fuͤr gewis / man ſehe daſelbſt von ſoͤl - chen ſachen gar nichts. Von da zog ich mit mei - nem Volck wieder in Phaſiacen, da ich Suͤdwerts war von abe gezogen / Auff dieſer reyſe / in dem ich die Fehnlein fort fuͤhrete / begegneten vns zwen alte Menner / vnd als ich von jhnen fraget / ob ſie jrgent etwas wuͤſten / das man mit luſt beſchawenE iijmoͤch -30moͤchte / gaben ſie mir zur antwort / es were ñur ze - hen tagreyſen von dannen ſoͤlcher orth. Vnd wenn ich dahin wolte / wuͤrde der groͤſte mangel an dem Waſſer vnd getrencke vnterwegens ſein. Wenn ich aber viertzig tauſent Mann / auff die Prouiant fuhre beſtellete / wegen der engen wege / gefehrliche fuſsſteige / vnd der wilden Thiere ſo an den Orten ſich auffenthielten / vngelegenheit. Koͤnte ich vie - leicht das zuſehen bekommen / das ich mein lebtage nicht gegleubet hette. Da ſtreich ich dem alten den Fuchs / vnd ſprach jm freundlich zu / Lieber / ſprach ich / jhr Alten Herrn / ſagt mir doch / was ich den fuͤr gewaltige ſachen daſelbſt ſehen werde / wie jhr meinet / vnd mir nachweyſet. Vber dieſen meinen ſchmeichel worten / worden die Alten fro Du Koͤnig / ſprachen ſie / du ſeieſt wer du wolleſt / du wirſt ſehen zween Beume / einen der Sonnen Baum / den anderen des Mons Baum / die auff Jndianiſch vnnd auff Griechiſche ſprach mit dir reden werden. Vnter deren der eine Baum Manlicher arth iſt / welcher der Sonnen gehoͤrt / der ander aber das Weiblein / gehoͤrt dem Mon zu. Dieſelbigen werden dir von alle deinem gluͤck vnd vngluͤck bericht thun.
Jch aber gedacht / die Alten ſchelmen hetten mich mit dieſen vngleublichen fratzen vexiret vnd genar - ret. Befahl der wegen man ſole ſie peinigen / vnndjhnen31jhnen einen ſchimpff anthun. Vnd ſprach: Wird meine Mayeſtat nicht hoͤher geacht / denn das mich frembde außlendiſche alte tropffen bey der Naſe vmbfuͤhren duͤrffen. Sie aber ſchwuren hoch vnd thewr / es were daran nichts erlogen / ich moͤchte mich erkunden wie es mir gefiele / ob ſie nicht war redeten / vnd wuͤrde es ſelber in kurtzen erfahren / das es kein ſpott were.
Vnd dieweil mich meine Raͤthe vnd guten freun - de baten / ich ſolte fort ziehen / das ſie ſolche treffli - che ſachen zu beſichtigen nicht verhindert wurden / zog ich mit dreiſsig tauſent Reutern fort. Den vbrigen hauffen / die Elephanten / den Koͤnig Porum vnd andere Kriegs notturfft / ſchickt ich mit etlichen Heuptleuten in obgedachtes Phaſiaciſch Land.
Darauff zog ich mit eytel friſcher außerleſener junger Kriegsburß / diß wunder zu ſehen / den alten nach / welche vns denn durch eytel wuͤſte truckene oͤrter fuͤhreten / vnnd kamen endlich zu deſſelben Prophecey vnd Oraculi Land / nach dem wir durch viel oͤrter gereyſet waren / ſo voller Schlangen / Natern / vnnd erſchrecklicher Thier waren. Von welchen Thieren ich dir auff dißmal nicht ſchreiben woͤllen / weil jhre menge vnzehlich war / vnd ſie alle Jndianiſche Nahmen hatten. Jn dem wir nun an obgedachtes Land naheten / ſahen wir etliche Wei - ber vnd Maus Perſonen / welche Kleider an hat -ten32ten / von Panther vnnd Thiegerthier fellen ge - macht. Als wir dieſelbigen fragten / was ſie fuͤr Leut weren / gaben ſie auff jhre ſprach ſo viel zu ver - ſtehen / ſie weren Jndianer.
Diß war ein ebener weiter orth Landes / darein Weyrauch vnd des beſten Balſams zum vberfluß wuchs. Welches auch in den Weldern heuffig an den Beumen hieng / vnd der Einwohner des Lan - des beſte Speiſe war. So bald wir nun aus fuͤrſte - hender noth an den vnbekanten orth / ſo ſie vns zeig - ten / kamen / begegnete vns fuͤr dem Oraculo oder weiſſagenden Beumen / ein groſſer Man / in die 10. Schuch hoch / ſchwartz von leibe / mit Hunds Zeh - nen / vnd durchſtochene Ohren / darin er denn koͤſtli - che Perlen vnd Ringe gehenget / vnd ſich mit wilden Thierfellen bekleidet hatte.
Als mich derſelbe / nach ſeiner arth / empfangen / vnd wilkom ſein heiſſe / lies er ſich etlicher maſ - ſen / an[den weinig] wortē / die er ſprach / vernehmen / das er ſich etwan fuͤrchtet. Demſelben / als er mich fraget / worumb ich an dieſen orth angelanget / ant - wortet ich / das ich dieſe walfart auff mich genom - men hette / die Beume der Sonnen vnd des Mons zubeſuchẽ: Da ſagt derſelbe Babariſche Mañ / wenn du von aller vnzucht der Knaben vnd Weiber frey biſt / magſtu ohne verzug an dieſen heiligen orth kommen / vnnd als mir zugleich in die dreyhundertmei -33meiner guten freunde vnd Kriegsleut folgeten / hies er vns vnſere Ringe / Kleider vnd Schuch / abziehen / vnd zuuor ablegen / worin ich denn dieſem Man ge - horchte / damit ich alle Ceremonien hielte Es moͤcht jrgend vmb die eilffte ſtunde deſſelben tages ſein / da wartet der Prieſter bis die Sonne vnterginge. Deñ er ſagte / das der Sonnen Baum redete / vnd ant - wort gebe / ſo bald die Sonne auff oder vnter zu - gehen anfienge.
Welche weis deñ des Mons Baum in der nacht mit des Mons ſchein auch hielte. Dieſe red aber daucht mich einer Luͤgen ehnlicher / denn der War - heit. Fieng derowegen an / dieweil das luſt Weld - lein durch zu ſpatzieren / welches mit einer ſchlech - ten Wand bemauret war.
Da ward ich gewar das der herrlichſte Bal - ſam / mit einem vberaus ſuͤſſen geruch / aus allen Zweigen / in groſſer menge heraus floß. Welcher ge - ruch mir ſo wol gefiel / das ich auch ein luſt dazu krieg. Vnd nam auch aus den Rinden der Jndia - ner Speiß / vnd aß dauon / des gleichen thaten auch meine Gefehrten.
Mitten in dieſem Luſtwalde / ſtunden die gehei - ligte Beume / eben als Cypreſſenbeume / mit Zwei - gen vnd Laube geſtalt / waren in die hundert Schuch hoch. Welche die Jndianer Bebrianen, das iſt / der Altvaͤter Beume nennen. Als ich mich nun dar -Fuͤber34uͤber verwundert / vnd ſprach / die Beume muͤſten viel Regen gehabt haben / ehe ſie ſo hoch gewachſen weren. Da ſprach der Prieſter mit hoher beteu - rung / es hette an dem orte niemals einen einigen Regen / einen Wilden Vogel oder Schlange ver - nommen. Die Grentzen aber der Jndianiſchen Lender / hetten die Alten / ſo vorzeiten in Jndia ge - wohnet / mit dieſen Beumen der Sonnen vnd des Mondes geheiliget. Dieſer Prieſter erzehlete vns auch / wenn ein Finſterniß an der Sonne oder Mon wehre / das dieſe Beume heiſſe Threnen Weineten. Weil ſie ſich vmb jhrer Goͤtter Ehr vnnd zuſtandt bekuͤmmerten. Als ich aber den Goͤttern zu ehren Opffern / vnd die Thier zum Opffer ſchlachten vnd verbrennen wolte / verbot mir der Prieſter ſolchs zu thun / denn man duͤrffte daſelbſt an dem heiligen orth / keinen Weirauch mit Fewr anzuͤnden / vnnd ein Thier ſchlachten. Sondern er befahl mir / ich ſolte niederfallen vnd der Beume ſtemme ehren vnd kuͤſſen / dazu die Sonn vnd den Mon bitten / das ſie mir auff meine frage antwort geben wolten. Als ich diß thun wolte / gedachte ich / du muſt zuuor den - noch den Prieſter fragen / ob die Beum mir auff Jn - dianiſch oder auff Griechiſch antworten wuͤrden. Darauff er mir zur antwort gab / der Sonnen - baum redte auff beyde ſprachen / vnd wahrſagte von zukuͤnfftigen dingen. Der Monbaum aber / ſagt er /fengt35fengt in Griechiſcher ſprach an / vnd beſchleuſt mit der Jndianiſchen.
Dieweil wir dauon reden / ſehen wir / das die Sonne jhre Stralen wirfft von Abendwerts / zu oberſt an die euſſerſten Spitzen des Baums. Vnd der Prieſter ſprach: Nun ſchawe ein jeder in die hoͤ - he / vnd gedencke ein jeder ſtillſchweigend bey ſich ſelbſt / was er fragen wil / vnnd ſag keiner oͤffentlich ſeine meinung herauß. Da ſahe ich vnd meine gu - te freunde vnd Kriegsleute / ſtrack vnnd eigentlich darauff / damit nicht jemand / der ſich in dem dicken Wald / heimlich verſteckt hett / als pflegt zu geſche - hen / vns betroͤge vnd vexirete.
Bald darauff als wir keinen betrug vernamen / ſahen wir nach den oberſten Wippeln der Beume / vnnd giengen nahe hinan / vnnd hoͤreten derſelben Goͤtter red vnd Oraculum aus den Beumen. Jch gedachte ob ich nach vberwinnung der[gantzen] wei - ten Welt / mit meinem herrlichen Triumph / endlich in mein Vaterland / zu meiner lieben Mutter O - lympiaden, vnd meinen liebſten Schweſtern kom - men wuͤrde Da antwortet der Baum gar leiſe auff Jndianiſche ſprach: Du vnuͤberwindlicher Kriegs - fuͤrſt Alexander / du wirſt / wie du gefragt haſt / allein ein Herr der[gantzen] Welt werden / Solt aber nicht wiederumb lebendig in dein Vaterland kom -F ijmen36men / denn das iſt Gottes vnwandelbar will vnnd Außſpruch von deinem leben.
Weil ich aber nicht wuſte / wie der Jndianiſcher Prieſter diß Oraculum vnnd Weiſſagung wuͤrde außlegen / hatte ich etliche Dolmetſcher bey mir / die ich mit geſchencken vnd drauworten gewonnen hat - te / das ſie mir ſagen muſten / was die Beume ei - gentlich gemeinet hetten. Vnd als mir dieſelben die obgedachte meinung auch ſagten / erſchracken alle die mit mir waren / vnnd wie jhre gewonheit war / weineten ſie kleglich. Jch aber wolte noch eine fra - ge thun / ſo war auff den Abend der Mon noch nicht herfuͤr gangen. Bald hernach / als er vns wieder zu - ſammen geruffen hatte / vnnd wir bey dem Baum ſtunden / fiengen wir ſie auff vorige weiſe wieder - umb anzubeten. Jch aber hatte mit mir hinein ge - nommen / meine beſte vnd vertraweſte Freunde / den Perdiccam, Clytum vnd Philotam, denn ich fuͤrch - te mich da fuͤr keiner gefahr / dieweil an dem orth nichts zu beſorgen war / an welchem man keinen Menſchen leid zu fuͤgen oder toͤdten duͤrffte. Da fra - get ich / wo ich denn ſterben wuͤrde. Darauff ant - wortet mir der Monbaum / ſo bald jhn des Mones ſchein beruͤrete / auff Griechiſch / vnd ſprach: Alexan - der / du haſt dein leben noch nicht zum ende gebracht / ſondern ſolt im folgenden Jahr im Maymon zu Ba - bylon ſterben. Vnd ſolt von dem betrogen werden /zu dem37zu dem du dichs im geringſten nicht verſehen hetteſt.
Da fielen mir die Threnen aus den Augen / vnd meine gute Freunde / die vmb vnd bey mir ſtunden / weineten deſſelben gleichen / welche keinen betrug oder heimlich Schelmſtuͤck im Sinne hatten / ſon - dern fuͤr mich wol in den todt gegangen we - ren.
Folgendes Morgens dachte ich / ich wolte wie - derumb auffſtehen / denn ich hatte noch nicht gefra - get / ob ich mich auch fuͤr meinen beſten freunden huͤ - ten ſolte. Ob das Oraculum vnd Warſagen auch in dieſem fall den Alexandrum warnen wolte. Als wir nun hingiengen mahlzeit zu halten / war ich ſo beſtuͤrtzt / das ich mich wolt zu ruhe legen. Meine freunde aber baten mich / ich ſolte mich mit ſoͤlchen muͤhſeligen gedancken vnd Hunger nicht außmat - ten / darauff ich denn ein par biſſen / wieder meinen willen / eſſen muſte. Legte mich her nacher an die hei - lige ſtete / damit ich als bald mit der Sonnen auff - gang auffwarten koͤnte.
Als ich nun folgends tages mit dem aller fruͤ - eſten erwachte / weckete ich meine Freunde eilends auff / die denn alle hart eingeſchlaffen waren. Ja der Prieſter ſelber lag vnter ſeinen Thierheuten vnd ſchlieff / vnd hatte noch ein theil Kuchen / auff einen Elphenbeinen Teller fuͤr ſich legen. WelchesF iijer von38er von dem geſtrigen abendmahl vber behalten hatte / dabey ein Elphenbeinen Meſſer lag. Denn Ertz / Eyſen vnd Bley haben ſie nicht / aber Gold iſt bey jhnen voll auff. Eſſen Balſam vnd Wey - rauch / vnd trincken Waſſer / welches aus einer quell komt / ſo von einem Berge daſelbſt herunter leufft. Wenn ſie ſich zu Tiſch ſetzen oder zu Bett legen / brauchen ſie keiner Pulſter / ſondern ſtrecken ſich nur auff der Wilden Thier heute hin / mit wel - chen ſie ſich denn auch kleiden / vnd leben alſo bey die drey hundert Jahr. Da wir nun den Prie - ſter ermuntert hatten / gieng ich wieder an ernan - ten ort / vnnd wolt dem allerheiligſten Sonnen - baum zum dritten mahl fragen / Wer mich denn erſchlagen wuͤrde / oder fuͤr welches Feindes Hand ich mich huͤten ſolte. Vnd an welchem tode mei - ne Mutter vnnd Schweſtern ſterben ſolten. Der Baum aber antwortete Griechiſch / alſo: Wenn ich dir denſelben nennete / der deinem leben nachſtel - let / wuͤrdeſtu deinen tod leicht vermeiden koͤnnen / wenn du denſelbigen vmbbrechteſt. Jch wuͤrde aber mir der dreyen Schweſtern Clotho, Lacheſis, vnd Atropos hoͤchſten zorn auff den Hals laden / Das ich dir Warſaget / vnd jhre Spinnen vnd vorneh - men damit verhindert hette. Du wirſt aber vber ein Jahr vnd acht Monden zu Babylon ſterben / nicht von einem kalten Eyſen / als du meineſt / ſon -dern39dern durch Gifft. Deine Mutter wird eines ſchendlichen vnd erbermlichen tods ſterben / auch ein zeitlang auff oͤffentlicher Straſſen liegen / das ſie die Raben vnnd Wilden Thiere zureiſſen vnnd freſſen werden. Deine Schweſtern aber werden durch Gottes ſonderlichen Segen / eine lange zeit gluͤcklich ſein vnd leben. Vnd du wirſt in derſel - ben geringen zeit / die du zu leben haſt / die gantze Welt bezwingen / vnd druͤber allein herſchen. Sie - he dich aber hinfurt wol fuͤr / das du vns Beume nicht weiter frageſt / ſondern gehe aus vnſerm Walde / vnd zeug zum Koͤnig Poro in Phaſiacen. Es warnete vns auch der Prieſter / wir ſolten wan - dern / dieweil wir die heiligen Beume mit vnſerm Heulen vnd Weinen erzuͤrnet hetten.
Da ſprach ich meine Kriegsleute alle an / vnd ſagte / wir wolten wiederumb nach dem Koͤnig Poro in Phaſiacen reyſen / weil vns das Oracu - lum dieſe antwort geben hette / hoffete / es wuͤrde vns die Reyſe wol vnd gluͤcklich von ſtaten gehen / vnd wuͤrden daſelbſt bekommen / was wir wuͤnſche - ten vnd begerten.
Welches ich darumb thate / damit das volck nicht den Muht fallen lieſſe / vnd mich an einen frembden ort verlieſſe.
Ser -40Sermition aber Proteſilas, Siluius, Miſtemis, Timotheus, Lacon, Traſſelon, Dedicus, Macha - thaon, Enodes, Simbrius, Snifidus, Perdicca, Philotas, vnd der Maarſchalck Coradas, lieſſen ſich gegen niemand vernehmen / was ſie vnnd ich mit ein ander von den Beumen gehoͤret hatten / ſondern waren ſo trew / vnnd ſchwiegen auff meinen befehl vnd Rath von dieſen ſachen ſtill.
ALſo zoͤgen wir von dem Heiligen Lande weg / biß das wir den Weyrauch vnd Balſam ge - ruch nicht mehr mercken koͤnten. Vnnd weil die Jndianer all jhre Goͤtter vnd Heiligthumb zu euſſerſt auff die Grentzen an dem Meer geordnet hatten / meinten ſie ich were nicht vnbillig fuͤr einen ſeligen vnſterblichen Heiligen / vnd Gott gleich zu halten / der ich ſo weit hette kommen koͤnnen.
Welche ich denn in jhrer meinung bekrefftigte / vnd danckte jhnen fuͤr dieſes jhr bedencken.
Demnach kamen wir in ein Thal / genant Jor - dea / welches voller Schlangen war / ſo an jhren Helſen die Edelgeſtein ſitzen hatten / ſo Smaragden genant werden.
Vnd41Vnd wohnen in dieſem Thal / da kein Menſch zu jhnen hinein darff. Eſſen das wolriechend Gum - my Laſer genant / vnd weiſſen Pfeffer.
Bey dieſem Thal ſtehen etliche hohe Tuͤrm oder Pyramides, ſo die alten Jndier / in die drey hundert Schuch hoch in die hoͤhe erbawet haben.
Dieſe Schlangen aber / dauon geſagt iſt / ſtrit - ten wieder einander / alſo / das jhrer viel tod gebiſ - ſen wuͤrden. Von welchen wir denn etliche weinig aber ſehr ſchoͤne Smaragden mit heraus gebracht haben.
Wir hatten aber auff vnſer reyſe groſſe gefahr / weil wir mitten durch die Scyritas muſten / welches Thier ſind die Lewenkoͤpff vnd Lewenſchwentz ha - ben / auch zwo groſſe Klawen vnd Tatſchen / deren ein jeder in die ſechs Fuß breit iſt. Das wenn ſie einen Menſchen damit troͤffen / denſelben ſo verderb - ten / das er nirgend mehr zu nuͤtz ward.
Bey denſelben Thieren waren auch die Vogel Greiff / welche Adlers ſchnebel hatten / ob gleich der Leib ein ander geſtalt hatte / vnd mit groſſer ge - ſchwindigkeit vns nach den Augen ſchoſſen / vnd vnſer Schild mit den Schwentzen erſchrecklich zu ſchlugen. Die wir zum theil mit Pfeilen / zum theil mit Hellebarten vnd Spieſſen erlegten. Jn dieſem ſtreit / verlohr ich zwey hundert vnd acht Mann meines Kriegsvolcks / die von den Thieren tod ge -Gbiſſen42biſſen worden. Wir erſchlugen aber der Thier in die ſiebenzehen tauſent. Von dannen kamen wir zu dem Fluß Duias, welches Waſſer ohne einige bewegung gerath an die See ſtoſt / vnd iſt von ei - nem Vfer biß zum andern / eine Griechiſche Meil weges breit.
An deſſelben Waſſers Vfer / ſtunden drey hun - dert vnnd zwantzig Rohrſtengel / welcher einen kaum dreiſsig Landsknecht / tragen oder heben kon - ten / ſo viel war es groͤſſer / denn der groͤſſeſte Baum ſein koͤnte. Jn dieſem groſſen Rohrbuſch ſahen wir ein Rohr liegen / das der ſtarcke Oſtwind / ſo von Morgen kam / niedergeworffen hatte. An denſel - ben oͤrthern / waren etliche viel tauſent Elephanten / die vns / zu vnſerm groſſen vnd ſonderlichen gluͤck / nicht anlieffen vnd beleidigten / ſonſten weren wir erbermlicher weiſe zertreten worden / vnd vmbs le - ben kommen.
Samleten derwegen ein groſſen hauffen Ele - phanten Zehn zuſamen / vnd machtē etliche Floͤſſer von dem Rohr / vnd ſchiffen vber das Waſſer hin - uͤber. Jehnſeid des Waſſers wohneten Jndianer / welche ſich mit Walfiſches Heuten vnd Wilden Thierfellen bekleidet hatten.
Dieſe Leut erzeigten ſich gegen vns nicht Wild vnd vnfreundlich / ſondern gaben vns weiſſe vnd rothe Schwammen in die Hende / auch Kinckhornervnd43vnd Muſcheln / da in ein jede gieng ein oder zwey Stuͤbichen / legtē vns auch vnter Schallaunen vnd decken / ſo ſie von Meerkelberfellen gemacht hatten. Sie hatten auch Muſcheln / darein auch kaum ein Noͤſſel ging / vnd herliche leckerbißlein / als Wuͤrme / die dicker waren / denn eines Menſchen Bein / wel - che ſie aus jrem Waſſer gefiſchet hatten / vnd wie vns deucht / mit gutem geſchmack keinem Fiſch zu uergleichen waren. Zu dem ſetzten ſie vns fuͤr zwantzig groſſe Saffran gelbe Schwemme. Des - gleichen trugen ſie Lampreten fuͤr / ſo in die zwey Centner wuͤgen / vnd ſagten / es weren in dem Of - fenbaren See / ſo woll drey vnd zwantzig Meilen von dannen gelegen / noch viel groͤſſer zu bekommen. Vber das hatten ſie Meer Karauſſen oder Scaros / die bey anderthalb Centner wuͤgen / welche ſie mit Elffenbeinen gefeſſen fiengen / ſo ſie in die ſtruͤdel des Waſſers verſenckten / dann die Fiſch biſſen die Reuſſen entzwey / die ſie ſonſt von Rohr geflochten hatten / oder wuͤrden von den Meerweibern mit den ſchoͤnen Haaren geſtolen vnnd gefreſſen / denn die - ſelben aſſen Fiſche / vnd lebten vnter dem Waſſer.
Dieſelbigen Weiber brachten auch die Leute vmb / ſo der oͤrter gelegenheit nicht wuſten / vnd daſelbſt ſchwummen. Denn ſie zogen dieſelbigen beim Bein in dem ſtrom hin vnter dz Waſſer / vnd erſeufftē ſie / oder ſie fuhrten die hin in das dicke geroͤhr / das dieG ijLeute44Leute gegen jhnen / weil ſie ſo ſchoͤn von geſtalt we - ren in / lieb entbrandten / vnnd jhre Vnzucht ſo lange mit den Waſſernixen trieben / biß jhnen die Seele außfuhr. Derſelben Weiber fiengē wir zwey / welche ſehr ſchoͤn vnnd weiſſe Haut hatten / vnnd Gelbe lange Haare vber den Ruͤcken hangen / wie die Nymphæ gemahlet werden.
Jm Waſſer Gange aber / waren auch erſchreck - liche Thier. Von welchen ich dir nicht habe ſchrei - ben wollen. Damit du nicht meinen ſolteſt / ich wolte dir mit Fabeln / einen blawen Dunſt fuͤr die Augen machen / ohne das dieſelbe bey der Stad Orite vnd Solis, aus dem Euphrate oder Phrat / nach dem Suͤdwind herauſſer gehen. Derſel - ben beyden Waſſer Vfer / ſind ſo weit von einan - der / das man von einem zum andern nicht ſehen kan.
Von dannen kamen wir in ein Jndianiſchen Flecken / da wir denn von etlichen from̃en alten wei - bern bericht bekamen. Dieſelben fuͤhretē vns recht / vnd ſagten / wenn wir wiederumb zum Koͤnig Poro in Phaſiacen wolten / ſo muͤſten wir durch die Ca - ſpiſche Pforten reiſen. Wir aber traweten jhnen nit / vnd meinten allzeit / es were ein betrug dahindē / vnd zoͤgen jmmer dem Oſtwind nach / kamen aber an ſchedliche boͤſe Thier / welche forn auff der Stirn lange Knochen hatten / wie Schwerter heraus ſte -hen /45hen / ſo ſcharff vnd eingekerbt / wie eine Sege. Die - ſe lieffen wie die Widder auff vns zu. Ja wir kon - ten vns nicht erweren / das nicht etliche mit den Hoͤrnern durch der Kriegsleut Schild hindurch ranten. Wir ſchlugen aber derſelben in die acht tauſent vier hundert vnd funffzig / vnnd zoͤgen alſo von dannen / mit meiner groſſen muͤhe vnd gefahr / biß zum Koͤnig Poro. Als ich da angelanget / ſan - te ich meinen Legaten Antigonum, welchem ich Perſien eingeben hatte / vnd befahl jhm / er ſolte in dem Perſianiſchen vnd Babyloniſchen Land / zween gantze guͤldene Pfeiler gieſſen / vnd drauff alle mei - ne thaten graben laſſen / vnnd ſolt ſie in den euſſer - ſten Jndianiſchen Landen / neben des Bacchi vnnd Herculis Siegſeulen ſetzen. Deren hundert von Silber gemacht waren / zu denen ſatz / ich meiner fuͤnff von lauterm Golde / deren jede zehn Schuch hoͤher war. Vnnd befahl ſolche ſachen daran zu ſchreiben / die in folgender zeit fuͤr Wunderwerck ſolten gehalten werden / vnd daruͤber man ſich auch nicht weinig verwundern wird. Das diß zwar ein newes / aber dennoch ein ſtetswerendes ge - dechtniß iſt meiner Manlichen thaten. Das ei - nem ſterblichen Menſchen auch wol zuuergoͤnnen were. Das wir / mein lieber Præceptor Ariſtote - les, allzeit ein nachdencken machen / mit was tapf -G iijfern46fern muth / vnd wie geſchwind vnd vorſichtig alles bedacht vnd außgefuͤhret worden.
Ende des Brieffs des groſſes Alexanders / an ſeinen Præceptor Ariſtotelem.
JCH mus auch von den wundergeſtalten vnd ſeltzamer ge - wonheit etlicher Voͤlcker ſchreiben. Vnd zweiffel nicht / es wirt bey vie - len das anſehen haben / als ſein es vngleubliche wunderſpectakel. Deñ wer wolte gleuben das Moren weren / wenn wir ſie nicht geſehen hetten / vnd was iſt nicht ein wunder ehe denn mans ſiehet? Wie viel ſachen achten wir[unmuͤglich ehe] denn ſie geſchehen ſind. Denn die Natur iſt ſo mechtig vnd ſo herrlich / das man von einem jeden dinge inſonderheit nicht leichtlich alles gleubt / wenn man jedes ſtuͤckweiß vnd nicht alles zu gleich bedenckt / vnd gegen einander helt. Vnd das ich der Pfawen / vnnd Tiger / vnd Panterthier bunten flecken / vnd ſo mancherley wunderbarlichergeſtalt48geſtalt / ander Thier geſchweige: Es iſt geringſche - tzig / das man dauon ſagt / aber ſehr gros vnd wich - tig / nachzudencken / das ſo mancherley ſprachen vnd Zungen / ſo mancherley arth zu reden iſt / das einer den andern / der jhm frembd vnd vnbekand iſt / faſt fuͤr keinen Menſchen halten ſolte. Ja man ſehe nur vnſer Angeſicht an. Jn dem ſind etwa zehen oder ein weinig mehr ſtuͤcken. Dennoch findet man vnter ſo viel tauſent Menſchen nicht zween / die ohn allen vnterſchied / durchaus einander gleich ſehen. So doch die Mahler Kunſt kaum jhr weinig alſo mahlen kan / das jeder ſein eigen geſtalt habe.
Dennoch wil ich fuͤr das / was ich jtzt ſchreibe / nicht Buͤrge ſein / das es alles ſich der geſtalt ver - halte / Sondern beruff mich / auff die Buͤcher / daraus ich diß alles genommen habe. Vnnd muß die zweiffelhaffte ſachen dahin ſtellen. Jedoch das einer kein verdruß habe / das ich den Griechiſchen Scribenten folge. Denn die ſind die Elteſten / vnd haben auch alles mit mehr fleiß erforſchet vnnd be - ſchrieben.
WJR haben im voͤrigen vnſerm Buch berich - tet / das viel vnd mancherley arth der Scy -then49then ſein / die Menſchen Fleiſch freſſen. Das were vieleicht vngleublich / wenn wir nicht bedencken wolten / das mitten in der Welt in Sicilia vnd Italia, ſolche abſchewliche Voͤlcker geweſen weren / als die Cycloper / ſo man jetzt Kilkropffe nennet / vnd Le - ſtrigoner / als man noch etwa die Metzger Leſterer nennet / Vnd newlicher zeit haben noch jenſeid an dem Welſchen Alpen Gebirge Leut gewohnet / die nach jhrer weiſe Menſchen geopffert haben / das nicht viel anders iſt / denn das Menſchen freſ - ſen.
Nahend aber bey den Scythen / ſo gegen Mitter - nacht wohnen / nicht weit von dem da der Nord - wind angehet / dz man ſein Loch nennet / welcher ort Geſelitron heiſt / wohnen die Arimaſper / dauon zuuor gemeldet worden / haben mitten an der Stirn ein einig groß Auge / vnd haben jmmer zu ſtreiten vmb jhr Bergwerck mit den Greyffen / welches ein Wilde Vogel art iſt / als man dauon ſchreibt / der mit ſonderlichem luſt das Gold aus den holen Ber - gen herfuͤr tregt / verwaret vnd bewacht / das jhnen doch die Arimaſper ſtehlen. Welches jhrer viel ſchreiben / vnter denen ſonderlich beruͤmbt ſein / Herodotus vnd Ariſteas aus dem Lande Procon - neſo.
Vber den Scythen / aber die Menſchen freſſen / ferner hinauff / in einem groſſen Thale des BergesHImaus,50Imaus, iſt ein Land Abarimon genant / da wohnen allenthalben vnter den Wilden Thieren Wilde Leut / denen die Zeen hinderwerts nach den Waden / die Verſen vnter den Schienbein ſtehen / vnnd koͤn - nen vberaus ſchnell lauffen. Dieſe Leut koͤnnen in einer andern Lufft nicht leben. Darumb hat man ſie zu den benachbarten Koͤnigen nicht bringen koͤnnen / auch nicht zum groſſen Alexander / als Be - ton, der ſeine Reyſen abgemeſſen hat / bezeugt.
Die vorgenante Leutfreſſer / die nach Mitter - nacht wohnen / wie geſagt / zehen tage reyſen vber den Fluß Boryſchenes, trincken auch aus den Hirn - ſchalen der[todten] Menſchen / vnnd brauchen die Haut mit dem Heupthare fuͤr Bruſtpeltz. Als Iſigonus von Nicæa ſchreibt. Derſelbe Scribent ſagt / das in Albania etliche geboren wer - den / mit grawen Katzen Augen / vnd grawen Haa - ren / von Kind auff / die zu Nacht beſſer ſehen denn bey tage. Jtem / Das auch in die zehen tage reyſe vber dem Boryſthene Leut wohnen / Sauromater genant / die allzeit vmb den dritten tag erſt eſſen.
CRAtes von Pergama ſchreibt / das im Helle - ſpontiſchen Meer bey der Jnſel Paro, ein artder51der Menſchen geweſen ſein / die Er Ophiogenes, das iſt / Schlangenarth nennet / die Schlangenbiß vnd ſtich heileten / nur mit jhrem anruͤhren. Vnd wann ſie die Hand auff den leib legten / zoͤge ſich das gifft heraus. Der Varro ſetzt auch / das noch zu vnſer zeit etliche weinig daſelbſt wohnen / die mit jhrem ſpei - chel der Schlangen ſtich heilen. Eben ein ſolch Volck iſt auch in Africa geweſen / wie Agaturchi - des ſchreibt / die Pſyller genant / von jhrem Koͤnige Pſyllo, welches grab an einem ort des groſſen ſtru - dels (oder Syrten) verhanden iſt. Dieſe Leut haben ein angeboren Gifft an ſich / das den Schlangen tods gefahr bringt / die muͤſſen verſtarren / wenn ſie es riechen. Jhre gewonheit iſt / das ſie die Kinder alſo bald nach der geburt / den ſchedlichſten Schlan - gen vorlegen / jhrer Weiber Keuſcheit zu Probieren. Denn wenn die Schlangen nicht fuͤr die Kinder fliehen / halten ſie dieſelbe vnehrlicher geburt.
Diß Volck iſt bey Nacht gar vmbracht / durch die Naſamoner, die numehr jr Land beſitzen. Jhres Ge - ſchlechtes aber iſt noch heut verhanden / bey jhrer weinig ſo entlauffen oder zur zeit des Kriegs nicht daheim geweſen ſein.
Dergleichen arth ſeind auch in Jtalia (oder Welſchland) die Marſer / die von der Circe ſollen herkommen ſein / daher ſoll jhnen auch dieſelbe Na - tur angeboren ſein.
H ijEs52Es iſt auch zwar in allen Menſchen / ein ſonder - lich Gifft wieder die Schlangen / wie man ſagt / das / wenn ſie der Menſchē ſpeichel beruͤhren / ſollē ſie da - uon lauffen / als wenn ſie mit heiſſem Waſſer begoſ - ſen weren. Wenn jhnen aber der Speichel in den Halß kompt / muͤſſen ſie ſterben / vornemlich aus ei - nes nuͤchtern Menſchen Mund.
Caliphanes ſchreibt auch / das jenſeid der Na - ſamoner, vnd jhrer Nachbaren / der Machlyaſer, ſolche Leut wohnen / die Mann vnd Weib zu gleich ſein Androgyner / das iſt Manweiber / genant / vnd jhr beyſchlaffen vmbwechſeln. Ariſtoteles ſetzt da - zu / die rechte Bruſt ſey Menlicher / die lincke Weib - licher arth.
Jn demſelben Africaniſchen Lande / wie Iſigonus vnd Nymphiodorus ſchreiben ſind ſonderliche Ge - ſchlecht / die ein ding gefehrlich beruffen koͤnnen. Das durch jhr lob vergehe was man lieb hat / die Beume verduͤrren vnd die Kinder ſterben. Derglei - chen Leut ſind auch im Lande der Triballier vnnd Illyrier, die / wie Iſigonus ſagt / durch jhr Geſicht be - zeubern / vnd dieſelbigen ermorden / die ſie lang an - ſchawen / ſonderlichen mit zornigen Augen. Sol - che jhre boßheit ſchadet am leichteſten denſelbigen / die vnter vierzehen Jahren ſein. Jnſonderheit ſey zu mercken / das ſie zweyfache Spiegel vnd Ster - nen in den Augen haben.
Jn53Jn Scythia ſind auch ſolche Weiber / Bythiæ genant / wie Apollonides ſchreibet. Philarchus ſagt / es ſey auch in Ponto ein arth die Thibier ge - nant / vnd viel andere dergleichen / jhre kennzeichen ſetzt er dergeſtalt / das ſie in einem Auge ein gedup - pelten Stern haben / im andern eines Pferdes Bild. Vnd das dieſelbigen nicht koͤnnen im Waſ - ſer zu grunde gehen / ob gleich jhre Kleider naß vnd ſchwer werden.
Dieſen iſt nicht vngleich der Pharnacen Ge - ſchlecht im Morenlande / wie Damon beſchrieben hat / die dem Menſchen die Schwindſucht zu brin - gen / den jhr Schweis beruͤret. Das aber alle Wei - ber / ſo einen geduppelten Stern im Auge haben / allenthalben mit jhrem Geſicht ſchedlich ſein / hat auch bey vns Cicero bezeuget. So gar hat es der Natur gefallen / weil ſie der Wilden Thier art dem Menſchen angeboren hatte / das ſie der Menſchen Hertz vnd Glieder freſſen / das ſie auch ſolch[Gifft] in dem gantzen Leibe / vnd in etlicher Augen mach - te. Damit ja nirgend was boͤſes were / das im Men - ſchen nicht zugleich auch were.
Nicht weit von Rom in der Faliſcher gebiet / ſeind etliche weinig Geſchlechter / die Hirpier ge - nant / die in jhrem jehrlichen Opffer / das ſie vnter dem Bergk Soracte dem Apollini thun / vber einem angebranten Holtzhauffen wandern / vnd nicht ge -H iijbrant54brant werden. Derhalben ſie auch durch ein ſteth - werenden beſchluß des Rahts zu Rom vom Krieg vnd allen andern beſchwerungen freyheit haben. Etlichen werden auch beſondere glieder angeborē / die zu etlichen ſachen wunderbarlich dienen. Als an dem Koͤnig Pyrrho, der groſſe Zehe am rechten Fuß / damit er den Miltzſuͤchtigen halff / wenn er ſie da - mit anruͤrete. Der hat nicht koͤnnen verbrant wer - den / mit dem vbrigen leibe / wie ſie ſchreiben / ſondern iſt in einem ſonderlichen Sarck in dem Tempel be - graben.
JNdia vnd das Morenland / hat ſonderlich ſehr viel wunderbarliche ſachen. Jn Jndia werden die Thier am aller groͤſten / das iſt zu ſehen an den Hunden / die viel groͤſſer ſein denn die andern. Von den Beumen wird geſchrieben / das ſie ſo hoch ſein / das man keinen Pfeil druͤber ſchieſſen kan. Das macht die fruchtbarkeit des Landes / das gute bequeme Wetter / der vberfluß des Waſſers. Alſo daß / wenn mans gleuben wil / vn - ter einem Feigenbaum / etliche geſchwade Reuter ſich verbergen koͤnnen. Das Rohr aber / iſt ſo ſtarck vnd hoch / das in jederm Glied vnd abſatz / drey Perſonen als in einem Kahn auff dem Waſſer ſchif - fen koͤnnen.
Das55Das iſt gewiß / das jhr viel daſelbſt / mehr denn fuͤnff Ellen lang werden. Nicht außſpeien / mit keinem Heupt / Zehen oder Augen wehe angefoch - ten werden. Selten auch an andern Gliedern mangel haben. So hertet ſie der Sonnen mittel - meſsige bequeme Hitz.
Jhre Gelehrten / die ſie Gymnoſophiſtas (oder nackende weyſen) nennen / ſehen mit vnuerwanten Augen in die Sonne / von dem das ſie auffgehet / biß ſie wieder vnter gehet / vnd ſtehen im heiſſen San - de jmmer auff einem Fuß vmb den andern / haben an jedem acht Zehe.
Auff dem Berge mit Namen Milo / ſein Leute mit vmbgekehrten Fuͤſſen / alſo / das die Verſen fuͤr - werts ſtehen / das ſchreibt Megaſtenes.
Jn vielen Bergen aber / ſind auch Menſchen mit Hundskoͤpffen / bekleidet mit der Wilden Thie - re heuten / reden nicht / ſondern Bellen / haben ſo groſſe ſtarcke Negel an den Fingern / das ſie mit der Jagt vnd Vogelfanck ſich ernehren. Dieſer ſein bey hundert zwantzig tauſent geweſen / als Teſias diß von jhnen beſchrieben hat.
Er ſchreibt auch / das vnter einem beſondern Jndianiſchen Volcke / die Weiber nur ein mahl gebehren / vnd das die Kinder als bald grawe wer - den.
Jtem /56Jtem / eine ſonderliche arth der Leute / ſo Mo - noſceli (oder Einſchenckler) genant werden. Die haben nur ein Bein / vnnd ſein wunderbar ſchnell vnd geſchwind mit ſpringen. Man nennet ſie auch Sciopodas (Fußſchatner) darumb / das ſie in der groſſen Hitz ſich auff den Ruͤcken legen / vnnd mit des Fuſſes ſchatten ſich bedecken / vnd wohnen nicht fern von den Trogtodyten (oder Lochkriechern) hinter dieſen nach dem Abend werts / wohnen etli - che ohne Halß vnd Heupt / haben jhre Augen vorn auff den Schultern.
Es ſind auch Saryri vnd Feldteuffel in den Jn - dianiſchen Bergen gegen Morgen gelegen / wird der Carduler Land genant. Sind vberaus ſchnelle Thiere / lauffen auff vier oder auch auff zween fuͤſ - ſen wie ein Menſch. Jhres geſchwinden lauffs hal - ben kan man ſie nicht fangen / ohn wenn ſie kranck oder zu alt ſein.
Tauron nennet ein Volck die Choromander, das gar Wild iſt ohne ſprach / ruͤfft aber vnd grun - tzet grawſamlich / iſt gantz rauch am leibe / hat gra - we Katzen Augen / vnd Hundes zehne.
Eudoxus ſchreibt / das vnter den Jndianern ge - gen Mittage / die Menner fuͤſſe haben einer Elen lang / die Weiber aber ſo klein / das man ſie Struto - pedes oder Vogelfuͤſſerin nennet.
Mega -57Megaſthenes aber ſagt / das vnter den Jndia - nern /[di]e man Nomades nennet / Leute ſein / die an ſtat der Naſen nur loͤchlein haben / vnnd im gehen ſich drehen vnd winden als die Schlangen / wer - den Syricter genant.
Das auch am euſſerſten Jndia gegen Morgen bey dem vrſprung des Fluſſes Ganges ein Volck ſey / genant die Aſtomer, ſo keinen Mund haben / mit gantz rauchem Leibe / mit Baumwolle bekleidet / das allein von der Lufft vnnd geruch lebet / den ſie durch die Naſe an ſich ziehen. Brauchen keine Speiß / kein Getranck / nur allein von dem geruch / von wol - riechenden Wurtzeln / Blumen vnnd wilden Epf - feln. Die ſie mit ſich nemen auff lange reyſen / da - mit jhnen der geruch nicht mangele. Denn wenn der geruch ein weinig jhnen zu wieder iſt / ſo ſterben ſie ohne ſonderliche beſchwerunge.
Vber dieſen an dem euſſerſten abgang des Ge - birges / ſagt man / das die Pygmæer wohnen. Sind Zwerglein / dreyer ſpannen lang / nicht lenger / in ei - ner geſunden Lufft / vnd allzeit gruͤnenden vnnd bluͤenden Anger / weil nach dem Nordwind die hohen Berge ſie beſchuͤtzen. Homerus ſchreibt auch / das ſie von den Kranichen bekriegt werden. Man ſagt das ſie im Fruͤling ſich verſamlen / mit Bogen vnd Pfeilen ſich ruͤſten / vnd auff den Zie -Jgen58genboͤcken / hin an das Vfer des Meers reyſen / vnd der Kranichen Eyer vnd Jungen erſchlagen. Der Krieg were drey Monat. Sonſt koͤnten ſie fuͤr der Kranichen mennige nicht bleiben. Hernach bawen ſie von den Eyerſchalen vnnd Leimen jhre Heuſer / darin ſie wohnen.
Ariſtoteles ſchreibt / das ſie auch in der Erden Loͤcher zu jhrer Wohnung machen. Jn andern ſtim - met es mit dem voͤrigen.
ISlgonus ſchreibt / das die Voͤlcker Cyrner ge - nant / hundert viertzig jahr leben. Desglei - chen auch die langlebenden Moren / vnd Seiden leſer / ſo am Berge Athon wohnen. Darumb das ſie mit Naternfleiſch jhr leben erhalten. Dar - umb denn auch kein ſchedlich Thier ſich zu jrem Lei - be vnd Kleidern nahet.
Oneſicritus aber ſchreibt das an dem ort in Jn - dia / da die Sonne gerade oben ſtehet / vnd keinen ſchatten machet / Leut ſein / fuͤnff Ellen vnd zweyer queren Hende lang / hundert dreiſsig jahr leben / auch nicht veraltē / ſondern gleich als im Menlichen alter ſterben.
Crates59Crates von Pergama / nennet die Jndianer Gymneter oder nackende / etliche auch langlebende Leute / ſo gemeinlich hundert jahr alt werden.
Cteſias meldet / das vnter denen ein Volck Pan - dora genant / in tieffen Thaͤlern wohnend / zwey hundert jahr lebe / in der jugend weis graw / im alter ſchwartz Haar haben. Hiewieder lebten auch etliche nur viertzig jahr / deren Weiber nur ein mahl Schwanger werden. Dauon auch Atarchides berichtet. Dieſelbigen eſſen Hewſchrecken / ſind ſehr ſchnell zum lauff / Metaſthenes vnnd Clitarchus nennet ſie Mandroten, haben in die dreyhundert Doͤrffer / darin ſie wohnen / jhre Weiber geberen nach dem ſiebenden jahr / erlangen jr alter im vier - tzigten jahr / wie geſagt.
Arthemidorus ſchreibt / das in der Jnſel Tapro - bana, die Leut am aller lengſten leben / ohn alle Leibs ſchwachheit.
Duris aber meldet / das etliche Jndianer mit den Wilden Thieren ſich vermiſchen / dauon ein vermengete Geburt wird / halb Menſch vnnd halb Vieh.
Bey den Calingern aber / welchs auch ein Jndia - niſch Volck iſt / geberen die Weiber im fuͤnfften jahr / vnd lebt keiner vber acht jahr: An etlichen oͤrten ſollen auch Leute geboren werden / mit langen rauchēJ ijSchwen -60Schwentzen / vberaus ſchnell / etliche ſollen mit den Ohren ſich gantz bedecken koͤnnen.
Zwiſchen den Jndianern vnd Oritern / macht der Fluß Arbis einen vnterſcheid / die wiſſen von keiner ander Speiß / denn von Fiſchen / die zerreiſ - ſen ſie mit jhren Hendennageln / duͤrren ſie an der Sonnen / vnd brauchen ſie alſo fuͤr Brot / wie Cli - tarchus meldet.
Crates von Pergama ſagt / die Troglodyter, ſo jenſeid des Morenlandes wohnen / ſein ſchneller denn ein Pferd. Jtem / das Moren ſein / vber acht Ellen lang / heiſſen Syrboten, bey dem Fluß Aſtaper gegen Norden werts.
Das Volck das man die Menisminer nennet / wohnet von dem groſſen Meer / in die zehen tagrey - ſen / erhelt ſich von der Milch der Hundskoͤpffigen Affen / Babion genant / vnd treibt deren einen groſſen hauffen in die Weide / toͤdtet vnter denen alle Men - lein / ohne jhr weinig / deren ſie zu erhaltung des Geſchlechts beduͤrffen.
Jn den wuͤſten oͤrtern in Africa, begegnen dē rey - ſenden Leuten / mancherley Bildniß / wie Menſchen / vnd verſchwinden zuſehens wiederumb. Soͤlche vnd dergleichen Koͤckelſpiel / die wir fuͤr wunder - werck halten / hat die ſinnreiche Natur jhr vnter den Menſchen zugerichtet. Wer kan aber alles er - zehlen / was ſie teglich vnd alle ſtunden newesmacht.61macht. Es iſt an dieſem wunder Volck allein jhre groſſe macht von mir gnug offenbaret.
Ende der wunder Leut aus dem Plinio.
GLeich wie die Fechter vnd die - ſelben / ſo ohne das mit hoͤchſtem fleis ſich auff jres Leibes kuͤnſtliche vbung begeben / nicht allein ſich befleifsigen / das ſie wol bey leibe ſein / vnd nicht allein mit ſolchen ſachen vmbgehen / die zu jhrer Kunſt ſie geſchickter machen / ſondern auch bißwei - len von der ſtetigen erbeit ablaſſen / ſich etwas aus - zuruhen vnd zu erholen. Welches ſie dafuͤr ach - ten / das es zu jhren Kunſt vbungen ſehre noth vnd nuͤtz ſey.
Eben dieſelbe weyſe / wie mich deucht / were bil - lig / das ſie bey denſelben / die da ſtudieren / auch wol in acht genommen wuͤrde. Das / wenn ſie ſich in wichtigen vnnd ernſten ſachen / muͤde gele - ſen hetten / der ſchweren gedancken ſich ein weinig entſchluͤgen / was anmutiges / vnd luſtiges vorneh - men / damit ſie nachmals deſto friſcher / froͤlicher vnd hurtiger / widerumb zu jhrer erbeit angiengen. Es63Es wuͤrde aber dis ruhen vnd feyren / jhnen viel vnd groſſen nutz bringen / wenn ſie als denn[ſolche ſachen] zu leſen vornemen / die nicht allein nicht vnnuͤtz vnd geringſchetzig weren / ſondern auch dem Leſer kuͤnſt - lich vñ zierlich den ſachē nachzudenckē vrſach geben. Welcherley arth ſie auch in dieſen meinē ſchrifften / wie ich mich beduͤncken laſſe / finden werden.
Dann es wird nicht allein den Leſer an ſich hal - ten / das alle ſachen gar newe / vnd ſehr luſtig ſein. Das auch viel vnd mancherley der warheit gemeß / vñ gantz glaubwirdig fabelwerck fuͤrgebracht wird. Sondern dz fuͤrnemlich / dz in dem gantzen bericht / keine von den alten Poeten Reimdichtern Hiſtori - en ſchreibern vnd Philoſophen / die etwas wunder - barliches vnd mehr den Fabeln / denn warhafftigen Hiſtorien gemeß / geſchrieben habē / vngezwackt vnd vngemeiſtert fuͤr vber gelaſſen wird. Welcher aller namen ich zwar dabey geſatzt hette / wenn ich nicht das vertrawen hette / dz ſie einem jeden der es leſen wuͤrde / auch ohne das klar vnnd offenbar in den Sinn kommen wuͤrden.
Denn der[Cteſias] des Cteſiochi ſon aus Gnido, hat von Jndien etliche wunderbahre[ſachē geſchriebē] die weder Er ſelber geſehen / noch von andern war - hafftigē Leutē ihemals gehoͤret hatte. Iambulus hat auch von dem wz in groſſem Meer ſein ſoll / viel vn - glaublichs / vñ dz einē Menſchē nie in ſiñ komē ſolte.
Vnd64Vnd hat zwar vns allen eine offentliche Luͤgen vorbracht. Aber dennoch keine vnliebliche vnd vn - luſtige hendel beſchrieben. Es haben andere viel jhme daſſelbe nachthun wollen / die erzehlen wie ſie jrre gefahren / vnd wie weit ſie gereiſet ſind. Was fuͤr grewliche erſchreckliche groſſe Thier / vnd Wil - de Menſchen jhnen vorkommen ſein. Vnd was die fuͤr wuͤſte vnd frembde ſitten vnd gewonheiten an ſich gehabt hatten. Dieſer ſtocknarrey Meiſter vnd erſter erfinder iſt geweſen / der Vlyſſes beim Home - ro, der bey dem Alcinoo erzehlet / wie die Winde jhrem Koͤnige vnterthan ſein / ſaget auch von Ein - eugigten Leuten / die alles Fleiſch roh vnnd vnge - kocht einfreſſen / von vielkoͤpffigen Wilden Thie - ren / auch wie ſeine Gefehrten vnd Diener von ei - ner Zauberhuren / in vnuernuͤnfftige Thier ver - wandelt weren. Vnd was er dergleichen Meer - wunder mehr / dem albern Phoeaciſchen Land - volck vorleugt. Als ich dieſe hendel in den Scri - benten fand / kont ich mit jhnen / der Luͤgen hal - ben / nicht ſonderlich zuͤrnen. Dieweil ich ſahe / das auch dieſelben / welche ſich die Weiſen oder Phi - loſophos nanten / dieſe arth zu reden ſelbſt ge - brauchten. Daruͤber hab ich mich nicht weinig ver - wundert. Das ſie gemeinet / das ander Leut daſ - ſelbe jhr Luͤgengedicht fuͤr Warheit annehmen wuͤrden.
Der -65Derhalben dieweil auch ich aus luſt vnd liebe / zu newen vnd ſeltzamen dingen / den nachkommen etwas hinterlaſſen wolte / vnd es nicht das anſehen hette / als wenn ich allein der were / der nicht auch ein fabelgedicht frey heraus ſchreiben duͤrffte (die - weil mir doch ſonſten nichts / das der rede werd we - te / vnd ich mit warheit berichten koͤnte / jtzt vorkom - men) ſo hab ich mich auff die luͤgen ſeyte gewandt / vnd wie ich mich beduͤncken laſſe / ſtehet mir das dichten beſſer an / denn allen andern / ſo fuͤr mir ge - weſen ſind.
Hoffe auch / dieweil ich daran die Warheit ſa - ge / das ich liege / es werde mich keiner billig tadeln koͤnnen. Denn das ſage ich zu / das ich nicht ein einig wahr wort vorbringen wil[.]Darumb ſchrei - be ich jtzund / was ich weder geſehen noch erlitten / oder von andern gehoͤret habe. Ja ſolche ſachen / die durchaus an keinem ort ſein / oder von anfang der Welt hetten ſein koͤnnen. Wer derwegen diß le - ſen wird / darff jhm durchaus keinen glauben ge - ben.
JCH Schiffete einsmals aus võ des Hercu - lis Seulen / vnd kam mit gutem Wind biß in das weite wuͤſte Meer.
Die vrſach aber / meiner vorgenommenen reyſe / vñ mein vorſatz / war / dz ich aus lauter vorwitz / vnd jnnerlichen luſt / newe dinge zu erfahren vnd wiſſen wolte / wo doch das Meer ein ende hette / vnd was doch jmmermehr jenſeid des Meers fuͤr Leute woh - neten. Zu deſſen behueff / nam jch Profiant, Kuͤchen vñ andere Gerete / auch Waſſers gnug zu Mir / da - zu funfftzig gefehrten / die mit mir in einem Alter vnd eines Sinnes waren. Jch machte mich auch mit aller zu behoͤrigen Ruͤſtung vnd Notturfft wol vnd vberfluͤſsig gefaſt / vnd bedinget endlich vmb ein groß Geld / den allerbeſten Steurman / der zu be - kommen war / vnd nam jhn zu mir ins Schiff.
Das Schiff aber / war von einer zimlichen mit - telmeſsigen groͤſſe / aber nichts deſto weiniger ſtarck gnug zu einer groſſen vnnd gefehrlichen Seefahrt. Wie wir aber Tag vnd Nacht mit gutem Windeſchifften /67ſchifften / vnnd das Land noch abſehen konten / fuh - ren wir ſanfft / ohne hefftige ſtarcke Winde Folgen - des tages nam der Wind mit der Sonnen auff - gang zu / alſo / das die Waſſerwogen / immer groͤſſer wurden / vnd ein Finſterniß entſtund / das vns nicht muͤglich war / das Siegel nieder zu laſ - ſen.
Wanten vns derwegen nach dem Wind / vnnd ergaben vns dem Wetter / vnd fuͤhren alſo neun vnd ſiebentzig tage / mit dem Finſtern Vngewitter her - umb. Am achtzigſten tage aber / da die Sonne am Morgen h[e]rfuͤr leuchtet / wurden wir / nicht fern von vns / einer hohen / vnd mit Beumen hin vnnd wieder bewachſenen Jnſeln gewar. Vmb dieſelbi - ge gingen die Wellen nicht gar ſtarck. Denn der Wind domals ſich mehrertheils gelagert hatte. Machtē vns der wegē hinan / vñnach dem wir auffs Land getreten / vnd we[il]wir von der vielfeltigen vn - luſt vnd wiederwertigkeit der See / mat vnnd muͤde waren / blieben wir lang am Vfer beliegen.
Endlich machten wir vns auff / vnnd beſtelleten aus vnſerem mittel dreiſsig Wechter / die bey dem Schiff bleiben ſolten. Jhrer zwantzig aber / gingen mit mir in die Jnſul / vnd was darinnen zu finden / zu erkuͤndigen.
Als wir nun ein viertheil Meil vom Vfer ab - gangen waren / ſahen wir eine Eherne Seule dieK ijvoll68voll alter Griechiſcher Buchſtaben gegraben war / die Buchſtaben aber / waren durch langheit der zeit / etlicher maſſen abe gefallen vnd verzehret. Die mei - nung aber war / das biß dahin Hercules vnnd Bac - chus auch kommen weren.
Nicht weit dauon / waren in einem Felſen zwo Fußſtapffen / eine ſo groß wie ein Morgenlandes / die ander kleiner / ich gleube die kleine ſey des Bac - chi, die groͤſſer aber des Herculis. Als wir nun vn - ſer Gebet daſelbſt geſprochen hatten / ſein wir ferner gangen. Wir waren aber nicht ſehr weit hin kom - men / da ſtunden wir bey einem See / darein eitel lauter Wein floß / ſchmeckt warlich nicht faſt vn - gleich dem beſten der in der Jnfel Chio wechſt. Es war ein ſtiller aber ſehr tieffer fluß / alſo / das man auch an etlichen oͤrthen mit Schiffen hindurch kommen moͤchte.
Hiemit worden wir mehr beſtetigt / das wir vor - gedachter ſchrifft / welche wir an der Seulen geſe - hen / glauben gaben. Dieweil wir das zeichen allda funden / deſſen in Bacchi reyſen gedacht wird. Hette dennoch gern dieſes fluſſes Brunquell vnnd vhr - ſprung gewuſt / vnnd ging gegen dem Strom des F[l]uſſes auffwerts hinan / fand keine quell deſſel - ben / ſondern ſehr viel vnnd groſſe Weinreben / die voller ſchwere Trauben hiengen.
Aus69Aus eines jedern Weinſtocks Wurtzel aber / quall ein klarer / heller / lauter Wein heraus / wel - cher mit einem zuſamen lauff dieſen Fluß machte. Hierin ſahe man auch eine groſſe menge Fiſche / wel - che durchaus eine Weinfarbe vnnd Weinſchmack hatten. Darumb als wir etliche von denſelben ge - fangen vnd geſſen hatten / ſein wir von ſtund an truncken geworden. Schnitten auch etliche auff / funden jhren Leib voller Weinhefen / wie wir das inne woͤrden / nehmen wir letzlich ander Fiſche / ſo in ſchlechtem Waſſer gewachſen waren / vnd thaten die zu den Weinfiſchen / damit wir des Weins heff - tigkeit linderten.
Da wir nun durch dieſen Fluß / an dem ort / da er nicht ſehr tieff war / hindurch gewadet / haben wir eine vberaus wunderſeltzame art von Weinreben gefunden. Denn der vnterſte Stam von der Erde an / war Fruchtbar vnd dick / der obertheil aber / wa - ren Weiber von der Scham biß zum Heupt in al - les vollkommen. Alſo ſchreiben ſie bey vns / das die Daphnis, da ſie der Apollo ergriffen / in einem Baum verwandelt ſey. Von derſelben Weiber euſ - ſerſtē Fingerſpitzen / wuchſen Weinreben herfuͤr / die voller Trauben hiengen / ja auch auff dē Heupt hat - ten ſie an ſtat der Haar zarte Bletter / vnd Trau - ben. Dieſelben / da wir zu jhnen hinan giengen / gruͤſſeten ſie vns / vnd reichten vns die rechter Hen -K iijde zu /70de zu / etliche redeten Lydiſch / etliche Jndiſch / die meiſten aber die Griechiſche ſprache / ſie kuͤſſeten vns mit jhrem Munde. So bald aber einer den kuß weg hatte / ward er truncken / vnd wanckete von einer ſeiten zur andern / als wenn er ſich voll geſoffen hette.
Sie lieſſen keine frucht von ſich abbrechen / ſon - dern ſo bald man etwas abriß / thate es jhnen ſo wehe / das ſie laut auffſchrien. Sie begehrten aber hefftig ſich mit vns zuuerlieben.
Vnd da zween aus vnſern mittel ſich zu jhnen thaten / koͤnten wir ſie nicht wieder von jhnen ab - reiſſen / ſondern blieben mit den Beuchen an ein an - der bekleben. Denn ſie wuchſen alſo bald zuſamen / namen dieſelbige arth an ſich / vnd bewurtzelten in ein ander / die Finger ſtieſſen alſo bald Reben her - auß / die ſich mit den klammern zuſamen hiengen / vnd voller Trauben wurden. Wir aber verlieſſen ſie / vnd lieffen zu dem Schiff / vnd wie wir wi[e]der - umb zu den vnſern kamen / die wir bey dem Schiff gelaſſen hatten / erzehleten wir jhnen / was ſich be - geben hatte / vnd vnter andern wie wir vnſere Ge - ſellen / die an den Weinſtoͤcken waren behangen blie - ben / hetten hinter vns verlaſſen muͤſſen[.]Namen derwegen etliche Faß / vnd ſchoͤpfften Waſſer / des - gleichen aus dem Weinfluß Wein / vnd blieben die Nacht vber auff dem Negſten Vfer.
AM Morgen fuhren wir dauon / vnnd hatten zwar keinen ſtarcken Wind. Aber vmb den Mittag / da wir die Jnſul nicht mehr ſehen konten / erhub ſich vnuerſehens eine hefftige ſtarcke Windbraut / die das Schiff vmb vnnd vmb drehet / vnd endlich bey die ſieben tauſent acht hundert vnd fuͤnff vnd ſiebentzig groſſer Teutſcher Meilen in die hoͤhe auffhub / ſetzet es aber nicht wieder ins Meer / ſondern hielt es erhoben empor in der Lufft / vnd der Wind bließ / vnd ſatzte ſich in die Siegel / vnd fuͤhret vns alſo / wie mit Fluͤgeln durch die Lufft dahin.
Nach dem wir nun ſieben gantzer Tag / vnnd ſo viel Nacht durch die Lufft geſiegelt hetten / wurden wir am achtē tage ein groß Land gewar mittē in der Lufft / ſahe nit vngleich einer leuchtenden vñ Circkel - rundē Jnſul / die allenthalbē mit vielfeltiger groſſen klarheit vmbgeben war. Da wir nun hinan ſchifftē vnd in den Hafen kamen / ſtiegen wir zu Land aus. Wie wir aber dz Land beſahen / funden wir dz es be - wohnet / vnd ein wolgebawet Land war / vnd ſahenzwar72zwar des Tages ſonderlich nichts / des Nachts aber erſchienen nicht weit dauon andere mehr Jnſeln / etliche kleiner / etliche auch groͤſſer / hatten alle von fern eine Feurfarb.
Es war auch vnter vns ein ander Erdreich / dar - in Stete / Waſſerſtroͤme[/]Meer / Holtzung / Berg vnd Thalwaren / das wir vns beduͤncken lieſſen / es muͤ - ſte das Land ſein / da wir ſonſt in wohneten.
Als wir weiter gehen wolten / kamen wir vnter die Pferdgeyer / wie man ſie nennet / an dem ort / die vns gefangen namen. Dieſe Pferdgeyer aber / ſind Menſchen / die an ſtat der Pferde auff Geyeren rei - ten. Denn die Geyer ſind groß / vnd haben gemein - lich drey Koͤpffe / dabey man leichtlich jhre groͤſſe er - lernen kan. Denn ein jeder Fluͤgel iſt groͤſſer vnnd ſtercker / denn ein Maſtbaum in einem groſſen Laſt - ſchiff.
Dieſen Pferdgeyern iſt aufferlegt / das ſie muͤſ - ſen vmb das Land herumb fliegen / vnd ſo ein fremb - der gefunden wird / das ſie den alſo bald zum Koͤ - nige fuͤhren. Dieſelben ſag ich / ergriffen vns auch vnd fuͤhreten vns zum Koͤnige. Wie derſelb vns ſahe / kennet er vns vieleicht an der Kleidung / vnnd ſprach / warlich jhr Geſte ſeid aus Griechenlande kommen / vnd da wir ja dazu ſagten / lieber ſagt er / auff was weite ſeid jhr den weiten Weg durch die Luff[t]biß hieher bracht? Da erzehleten wir jhm diegantze73gantze ſach / vnd er fieng an vns zu erzehlen / was ſich mit jhme hette begeben / wie er ein Menſch ge - weſen / mit namen Endymion, vnd were in vnſerem Lande gelegen / vnd hette geſchlaffen / were aber im ſchlaff auffgenommen / vnd dahin gefuͤhret / vnd jtzund deſſelben Landes Koͤnig worden.
Das Land aber were der Mohn / welchen wir vnten auff Erden ſehen / wir ſolten vnuerzagt vnd guts muths ſein / vnd keiner gefahr vns beſorgen / denn wir ſolten alle notturfft volauff haben. Denn / ſprach er / ſo bald ich dieſen Krieg / den ich mit den inwohnern der Sonnen fuͤhre / gluͤcklich werde vol - lendet haben / ſollet jhr ein gluͤckſeliges leben bey mir fuͤhren / denn ſonſt alle Menſchen haben. Darauff fragten wir / was das fuͤr Feinde weren / vnd aus was vrſachen dieſer zanck entſtanden were. Da antwortet er / Phaëton der Sonnen Leut Koͤnigk (denn auff der Sonnen wohnen ſo wol Leut / als hie auff dem Mohn) hat nun eine lange zeit hero einen Krieg mit vns gefuͤhret / aus der vrſach / die jr jtzt hoͤren werdet. Jch wolte vorzeiten alles arme Voͤlcklein / ſo in meinem Reich hin vnd wider zer - ſtrewet war / vnd ich zuſamen geſamlet hatte / aus - fuͤren / vnd auff des Morgenſterns Land verſetzen / welches Land domals ledig ſtund / vnd von Nie - mand bewohnet war. Das verdroß dem neidi - ſchen Phaëton / der mir ſolches vergoͤnte / vnd bege -Lgenete74genete mir mitten auff der reyſe / mit einem groſſen hauffen Emſen Reuter / vnd verleget mir den Paß. Das wir domals (weil wir jhnen vngleich / vnd viel zu ſchwach / vnd vbel geruͤſt waren) zuruͤck ge - trieben wurden / vnd abziehen muſten[.]Jtzund aber wolt ich jhm wiederumb eine Schlacht liefern / vnd befehlen / das man gedachtes Land einnehmen vnd bewohnen ſolte. Wenn jhr euch nun auch zu die - ſem zug woltet beſtellen vnd gebrauchen laſſen / wol - te ich einem jeglichen vnter euch einen von meinen als des Koͤnigs beſten Geyern / wie den andern / mit aller nottuͤrfftiger Wehr vnd Ruͤſtung verſchaffen / Das wir Morgen mit dem fruͤheſten auffziehen moͤchten. Ja ſagt ich / wens E. Majeſtet ſo gefel - let / laß ichs wol geſchehen.
Alſo blieben wir beim Koͤnige vnd ſeinen Hoff - junghern / vnd hielten Taffel mit jhnen.
AM Morgen wie wir auffſtunden / wurden wir in die Schlachtordnung geſtalt: Denn die Kundſchafft kam / der Feind machte ſich zu vns heran. Des Kriegsvolcks war vber hun - dert tauſent ohne das Fußvolck / ohne die gehuͤlffenſo von75ſo von derwanten Potentaten mit auffzogen / ohne den Troß / der Zimmerleut vnd Schantzengreber. Vnter dieſen waren achtzig tauſent Geyer Reuter. Die aber auff den Kohlgefluͤgelten Vogeln ritten zwantzig tauſent. Diß ſein groſſe Vogel / die an ſtat der Federn lauter Kohlbletter haben. Die ge - ſchwindeſten vnter jnen hatten gleich als Lactucken oder Sallat bletter Federn. Jn dieſem hauffen wa - ren die Hirſenwerffer vnd Knoblauchs ſchuͤtzen ge - ſtellet. Es kamen auch hier zu von Mitternacht / ſie zu entſetzen / dreiſsig tauſent Flohſchuͤtzen / vnd[ funff -] tzig tauſent Windleuffer / die Flohſchuͤtzē ritten auff Flohen / daher ſie den namen haben / deren einer ſo groß war / als zwoͤlff Elephanten. Die Windleuf - fer ſeind zwar Fußknecht / aber der Wind treibt ſie ohn einigen Fluͤgel in der Lufft fort auff dieſe weiſe. Sie ziehen lange Roͤck an biß auff die Fuͤſſe / vnd laſſen den Wind darein blaſen / wie in ein Siegel / vnd ſiegeln alſo gleich wie ein Schiff jmmer fort. Dieſe fuͤhren in der Schlacht jre Schilde / vnd bre - chen damit Manlich herdurch. Man wolt ſagen / ſie kemen aus den Sternen die vber Cappadocia ſtehen. Der Straußeicheln / ſiebentzig tauſent: Der Pferdkranichen funfftzig tauſent.
Dieſe hab ich nicht geſehen / dieweil ſie noch nicht ankommen waren: Darumb darff ich auch vonL ijjhrer76jhrer Natur nichts ſchreiben. Man ſagt wunder - barliche vnd vnglaubliche hendel von jhnen.
Diß war alſo des Koͤnigs Endymionis Kriegs - heer. Sie hatten aber alle mit einander einerley Waffen. Der Helm war aus einer Bonenſchlau - ben. Denn ſie haben allda groſſe vnd ſehr harte Bohnen. Der Bruſtpantzer war Schupicht / vnd die Schupen waren von Feigbonen gemacht / denn ſie nehen die ſchalen von den Feigbonen alle zuſam - men / vnd machen ſoͤlche Bruſtharniſch dauon. Dieſe Bonenſchalen ſein herter denn ein Horn: die Schilde vnd Schwerter ſein nach Griechiſcher arth.
Wie nun die zeit heran kam / ward die Schlacht - ordnung dergeſtalt angeſtellet: Jn dem rechten Fluͤgel waren die Pferdgeyer / vnd der Koͤnig in ei - gener Perſon / welcher das beſte Kriegsvolck / vnter andern / auch vns / vmb vnd bey ſich hatte: Jm lin - cken Fluͤgel waren die Kohlfederige Vogel. Mit - ten ein ſtunden die vns zum beyſtand komen waren / ein jeder da es jhm gefiel. Des Fußvolcks war bey die ſechtzig tauſent.
Auff dieſe ward die Schlacht angeordnet: Es ſind bey jhnen viel groſſer Spinnen / deren ein jede viel groͤſſer iſt / denn die[ Cycladiſchen] Jnſeln.
Dieſen gebot der Koͤnig / das ſie ſolten die mittel - lufft / zwiſchen dem Mohn vnnd Morgenſtern / vollſpin -77ſpinnen. Alſo bald machten ſie ſich daran / vnd Webeten einen groſſen Bodem vñ ebenē Platz / dar - auff diē Fußgenger gefuͤhret wurden. Jhr Haupt - man war Nycterion, des Eudianactis Sohn / ſelb dritte.
Jn der Feinde lincken Fluͤgel / hielt mitten vnter den Pferdemſen der[ Phaëton. ]Diß ſein groſſe Thier mit Fluͤgeln / vberall vnſern Embſen / die groͤſſe auß - genommen / ehnlich. Denn das groͤſſeſte vnter jh - nen / iſt als zwey Morgen Landes groß.
Es ſtritten aber nicht allein / die auff dieſen Emb - ſen ritten / ſondern die Thier ſtieſſen mit jhren Hoͤr - nern erſchrecklich vmb ſich. Man ſagt es wehre jre anzahl funfftzig hundert tauſent. Zur rechten Hand des Koͤniglichen auffzoges / waren geſtellet die Lufft - muͤcken / welcher auch bey die funfftzig tauſent wa - ren / ſein alle Schuͤtzen die auff groſſen Muͤcken da - her ziehen.
Hinder dieſen waren die Lufftraben / welches ein geſchwind vnd wolgeruͤſt Fußvolck war. Denn ſie werffen von fernen / mit vberaus groſſen Ret - tich / vnd der getroffen ward / kuͤnte durchaus nicht ſtehē / denn er ſtarb von ſtund an / von dem geſtanck / der aus der Wunde kam. Man ſagt das ſie jhre Pfeile mit Pappelgifft beſchmieret hetten. Negſt an dieſen hatten ſie geordnet die Stengelſchwemmer / die mit Waffen wol verſehen waren / vnd mit demL iijFeind78Feind zu negſt zuſamen giengen / jhre anzahl war bey zehen tauſent.
Sie werden aber alſo genant / weil ſie ſchwam - men fuͤr Schilde gebrauchen / vnd Spießſtangen von ſpargen ſtengeln. An dieſen ſtunden die Hunds - eicheln / welche die Voͤlcker / ſo den Hundsſtern in haben / geſand hatten. Derſelben waren funfftzig[t]auſent an der zahl.
Diß ſeind Menner / nicht mit Menſchen / ſondern mit Hundskoͤpffen / reiten auff gefluͤgelten Eicheln zum ſtreit. Es ward geſagt / das von denſelbigen vnſern Feinden etliche Bundsgenoſſen abgefallen weren / als dieſelbigen Schuͤtzen vnd Wolcken Cen - tauri, ſo aus der Roͤmiſchē oder Himliſchen Milch - ſtraß jhnen ſolten zu huͤlff geſchickt ſein. Dieſelben kamen aber dennoch nach gehaltener vnd verrichte - ter ſchlacht erſtlich an / wolt Gott ſie hettens nicht gethan.
Der Schleuderfuͤhrer kam gar keiner an. De - rentwegen denn / wie das geſchrey gehet / der Phaë - ton jhr gantz Land mit Fewr verbrand / vnd außge - tilget hat. Vnd dieſes war alſo auch des Koͤnigs Phaëtontis Heerzug.
So bald nun die Fehnlein erhobē vnd geſchwengt wurden / fiengen allenthalben auff beiden theilen die Eſel an zu ruffen / denn diß ſein jhre Trommeter / vnd die Schlacht ward angefangen. Da gab ſichzwar79zwar der Sonnen Leut lincker Fluͤgel bald in die flucht. Dieweil ſie den Pferdgeiern / die in ſie drun - gen / nicht wiederſ[t]ehen konten / vnd wir nach druck - ten / vnd alles was vns fuͤr kam / ohne[ Barmhertzig -] keit / niederhieben. Jhr rechter Fluͤgel aber / ward vn - ſerm Kriegsvolck auff der lincker ſeiten zu ſtarck / vnd trieb vns zu ruͤck. Da traten die Lufftmuͤcken herauff / vnd folgeten jhnen nach biß an das Fuß - volck. Bald wie die Lufftmuͤcken rochen / das die Fußknecht den vnſern zu huͤlff kamen / riſſen ſie zur ſeiten aus / vornemlich darumb / das ſie ſahen / das jhre lincke Fluͤgel nuhmehr gar vberwonnen war. Als nun dieſe wunderbarliche flucht angieng / wur - den viel gefangen / die meiſten aber erſchlagen. Alſo / daß das Blut biß auff die Wolcken hinunter floß / dieſelben allent halben Blutroth ferbete / das ſie ſa - hen wie bey vns / wenn die Sonne jtzt vnter gehen wil.
Es fiel auch viel Blut hinunter auff die Erde / das ich gedachte / es muͤſte ehe zeit dergleichen ſich auch begeben haben / da der Homerus gemeinet / der Iupiter hette Blutige Threnen auff die Erden hinunter Regenen laſſen / da ſein Sohn Sarpe - don fuͤr Troia erſchlagen ward. Als wir aber von der Schlachtung zu ruͤck kehreten / rich - teten wir an zween oͤrtern zeichen auff. Ei - nes ſetzten wir auff dem boden / denn die groſſenſpinnen80Spinnen gewebet hatten / vnd darauff das Fuß - volck geſtritten hatte / das ander in den Wolcken / den Lufft ſtreit damit zu bedeuten.
NACH dem diß vorlengſt vollenbracht war / kam die Poſt / die Wolcken Centauri, die dem Phaetonti / ehe der[ ſtreit angangen] / ſol - ten beyſtand leiſten / kemen noch an / vnd fielen mit gewalt herein. Als nun die heran kamen / machten ſie ein vngewoͤhnlich vñ vnuermuthlich Spectacul. Denn es waren Menſchen ausgefluͤgelten Pferden gewachſen. Die Menſchen waren von dem theil / damit ſie an die Pferde gewachſen / ſo groß / als der groſſe Roland zu Rodiß / die Pferde waren wie ein ſtarck groß Laſtſchiff.
Dieſer Kriegsleut anzahl habe ich nicht beſchrei - ben muͤgen / damit das es einer nicht fuͤr vnglaub - lich achten moͤchte: Dann jhrer war ein ſehr groſ - ſer mechtiger hauffen. Jhr Fuͤhrer vnd Kriegs - oberſter war der Schuͤtz mit den Himliſchen zwoͤlff zeichen des Thierkreiſſes.
Wie dieſelben nun hoͤreten / das jhre freunde die Schlacht verlohren hatten / ſandten ſie jhren Heer -old an81old an den Phaëtontem, das er ſich alſo bald wider zu ruͤck machen ſolte / ſie aber fielen mit einer wol - beſtalten ordnung / auff vns Mohnleut / die erſchro - cken waren / vnd ohne ordnung ſtunden an. Die - weil wir die Feind in die flucht geſchlagen hatten / vnd den Raub vnter vns theilen wolten. Schlu - gen auch alle vnſere groſſe menge in die flucht. Vn - ſerm Koͤnig aber ſelbſt / folgeten ſie biß an die Stat / vnd erlegten viel von ſeinen Kriegsvogeln. Sie worffen auch die Siegszeichen vmb / vnd lieffen den gantzen ſpinneweben Boden durch. Sie namen auch mich vnd zween meiner mitgeſellen gefan - gen.
Bald war der Phaëtón auch da / vnd richtet an der ſtete zwey andere Siegszeichen auff. Die Hende wurden vns hinden auff den Ruͤcken zuſa - men gebunden / mit einem ſtuͤcke von dem groſſen ſpinnengeweb / vnd wurden noch des tages zur Sonnen gefuͤhret. Diß Volck aber / wolt die Stat nicht Belagern / ſondern zogen zu ruͤck wider abe / vnd baweten einen Wall zwiſchen beyden theilen mitten in der Lufft / alſo das der Sonnen liecht de - ſto weiniger den Mohn beſcheinen moͤchte. Dieſer Wall war zweyfacht / vnd von einer Wolcken / alſo / das eine offenbare Finſterniß des Mohns hieraus entſtund / vnd eine jmmerwerende Nacht drauff er - folget. Dieſe ſache that dē Koͤnige Endymion angſt /Mſandte82ſandte der wegen ſeine legaten mit bitt / man ſolte diß gebew aus dem wege reumen / vnd ſein Volck nicht ſo lang in der erſchrecklichen finſterniß ſitzen laſſen.
Verhies auch / das er wolte ſein Tribut geben / jhnen Freundſchafft / beyſtand vnd huͤlff leiſten / vnd fortan keinen Krieg mit jhnen anfangen. Bott jh - nen auch Geiſſel an. Phaëton aber / hielt hieruͤber zween Reichstage. Jn dem erſten ließ er zwar nichts von ſeinem zorne abe. Jm folgenden aber / ward er anders ſinnes. Der endliche frieds ver - tracht war dieſer:
Die Sonnen Leut vnd jhre Bunds verwanten / haben mit den Mohnleuten / vnd derſelben Bunds - verwanten / auff dieſe weiſe ſich mit einander ver - tragen vnd verbunden. Das die Sonnenleut die mittelmaur niederreiſſen ſollen / vnd hinfort die Mohnleut nicht vberfallen / auch die gefangenen / gegen darlegung beſtimptem rantzaun gelde / wieder ein antworten.
Die Mohnleut aber / ſollen die Sternen frey le - dig vnd loß laſſen / vnd den Sonnenleuten zu wie - der keinen Krieg anfahen / Sondern ein theil dem andern / wo vnd wann es die noth erfordern wuͤr - de / vnd einander ſich gegen ſie aufflegen wuͤrde / die huͤlffliche Hand lethē / vnd getrewen beyſtand lei - ſten.
Zu83Zu jaͤhrlicher ſteur aber / ſoll der Mohnleut Koͤ - nig / dem Koͤnig vber der Sonnen Volck / zehen tau - ſent Eymer taw / vnd von ſeinen vnterthanen zehen tauſent zu geiſſeln vbergeben.
Den Morgenſtern wollen ſie beyde zu gleichen theil mit einwohnern beſetzen / vnd mag von beyden theilen darauff wohnen / wem es gefellet.
Dieſer vortrag vnd verbuͤndnuß ſoll gegraben werden / in eine Bernſteinern Seule / vnd dieſelbe ſoll mitten auff beyder Lender lufft Grentze auffge - richtet werden. Hiebey ſein an vnd vber geweſen / von wegen der Sonnenleut Fewrbart vnd Flam - mert. Auff der Mohnleut ſeiten aber / der Nach - ther / der Mohner / vnd der Vielglantz. Actum vt ſupra. Auff dieſe weiſe iſt endlich zum frieden ge - ſchritten.
Hierauff iſt alsbald der Mittelwall hinweg ge - nommen / vnd die gefangenen dargeſtellet worden. Wie wir nun zum Mohn wiederumb gehen wol - ten / begegneten vns vnſere geſellen / die vns mit Threnen gruͤſſeten vnd empfiengen. Ja der Koͤnig Endymion ſelber. Vnd der Koͤnig rieth vns / das wir daſelbſt bey jhme bleiben / vnd alſo bey einander in den newen Morgenſtern Lande wohnen ſolten. Zu deſſen behueff er mir denn zuſagte / ſeinen Sohn zur ehe zugeben. Denn bey jhnen ſein vberall kei - ne Weibes Perſonen. Jch wolte mich aber durch -M ijaus84aus nicht dazu beredē laſſen / ſondern bat viel mehr / man wolte mich wieder hinunter auff die See ſchi - cken. Wie aber der Koͤnig ſahe / das er mit bit nichts bey mir erhalten moͤchte / behielt er vns ſieben tage bey ſich / ließ ſtadlich Pancket / Tentze vnd Freuden mahl anrichten / vnd ließ vns alſo von ſich.
WAS nun auch ſonſten fuͤr vnerhoͤrte newe ſeltzame dinge / in dem Mohnlande die zeit vber / die ich da geweſen bin / geſchehen / was ich da newes gehoͤret vnd erfahren habe / daſſelbige wil ich ferner berichten.
Erſtlich iſt zu wiſſen / das da niemand von Wei - bern / ſondern ſie alle mit einander von Mennern geboren werden. Denn ein Mann nimmet daſelbſt den andern zur ehe / ſie wiſſen auch gantz vnnd gar nicht / was ein Weib ſey. Denn biß ins fuͤnff vnd zwantzigſte jahr / werden alle Menner an ſtat der Weiber gehalten. Wenn er aber daruͤber kommen / leſt er ſich nicht mehr an ſtat eines Weibes haben / ſondern nimpt ſelbſt einen andern der junger iſt. Sie empfangen aber nicht im Leibe / ſondern indem85dem dicken Fleiſch bey den Waden. Wenn die frucht empfangen iſt / geſchwilt die Wade / vnd hernach wenn die vollkommene zeit verhanden iſt / ſchneiden ſie die Wade auff / vnd nehmen das todte Kind her - aus / legens gegen dem Wind / ſperren jhm das Maul auff / ſtreichens / waltzens / ruͤttlens ſo lan - ge / biß es anfengt zu leben. Daher deucht mich denn das die Griechen / das woͤrtlein Caſtroknemia oder Beinbeuchen / genommen haben / das an dieſem ort die Leut nicht im Leibe / ſondern in den Waden empfangen werden.
Es ſind bey jhnen auch Leut / die ſie die Baum - leut nennen / welche auff dieſe arth geboren wer - den / was ſie einem Manne außſchneiden / das pflantzen ſie in die Erden / daraus wechſt ein groſſer Fleiſchener Baum / geſtalt wie ein Pimper - nus Baum.
Dieſer Baum hat zwar Laub / Bletter vnd ſeine Zweige / aber ſeine Fruͤchte ſein Eicheln einer Ellen lang / wenn die reiff ſein / brechen ſie die einwoͤhner abe / vnd zimmern Menſchen daraus. Die heimli - chen Glieder werden dieſen Leuten / wenn ſie fertig ſein / angeklebet / vnd die Reichen haben Elphenbei - nen / die armen aber Hoͤltzern / damit ſie ehliche werck verrichten.
Wenn aber der Menſch zu ſeinem alter kom - men iſt / ſtirbt er nicht / ſondern vergehet vnd ver -M iijſchwin -86ſchwindet wie ein rauch in der Lufft. Diß iſt aber ihr allgemeine ſpeiſe / das ſie ein Fewrlein machen / vnd auff den Kohlen etliche Froͤſche braten. Denn es ſein bey ihnen viel Froͤſch / die hin vnd wieder in der Lufft herumb fl〈…〉〈…〉 en. Vmb dieſe gebratene Froͤſche ſetzen ſie ſich herumb / als wenn ſie zu Tiſch ſeſſen / vnd lecken den geruch vnd Rauch der von jhnen auffgehet / vnd eſſen dieſelbigen / welches allein jhre ſpeiſe iſt. Jhr getrenck iſt lufft in einem Becher außgepreſſet / denn es wird ein ſefftlein dar - aus wie ein Taw.
Derwegen thun ſie nicht jhre notturfft / ſchla - gen auch jr Waſſer nicht abe / wie ſie denn auch an denſelbē oͤrtern / als wir / nicht eroͤffenet ſein / ja auch die Kinder thun nichts durch den hindern / ſondern geben alles von ſich durch die loͤchlein / ſo ſie vnter den Knien an den Beinen vber der Waden haben.
Die Kahlkoͤpff / vnd die keine Haar haben / wer - den bey jhnen fuͤr ſchoͤn gehalten. Dagegen aber die lange Haar zeugen / werden verachtet.
Jm gegentheil aber / die auff den Cometen woh - nen / halten dieſelben ſo lange Haar haben / fuͤr die ſchoͤneſten / wie wir von etlichen / die von denen zu vns kamen / vnd der Landſitten vns erzehleten / ver - ſtanden haben.
Sie tragen lange Berte biß auff die Knie. Vnd haben an den Fuͤſſen keine negel / ſondern alle nureinen87einen entzeln Zeen. Fuͤr dem geſeß iſt jhnen ein groſ - ſer Kohlſtrauch / anſtat eines Schwantzes heraus gewachſen / der allezeit gruͤn bleibet / vnd wenn ei - ner gleich hinderruͤck fiele / nicht etzwey bricht.
Sie ſchneutzen eitel ſauren Honig aus der Na - ſen. Wenn ſie erbeiten oder mit einander fechten vnd ringen / ſchmiern ſie den gantzen Leib vmb vnd vmb mit Milch / daraus als denn Keſe wird / wenn das Rotzhonig all mehlich drauff triefft. Sie ma - chen ein ſtarck riechend vnd ſehr fett Oel / wie eine Salbe / aus den Zwibeln. Jhre Weinberge / deren ſie denn viel haben / tragen ſchoͤn lauter Waſſer. Vnd die Koͤrnlein in den Trauben ſein wie Hagel. Das ichs dafuͤr achte / das / wenn bißweilen ein groſſer Wind / dieſe Trauben zu ſchlegt / das die Hagel koͤrnlein herunter biß auff die Erden fallen.
Den Bauch gebrauchen ſie eben wie einen ſack / ſtecken alles was jhnen geliebet daſelbſt hinein. Sintemal ſie jhn auff vnd zuthun koͤnnen / vnnd kein Eingeweyde oder Leber darin / ſondern allent - halben nur inwendig mit dicken rauchen Haaren bewachſen iſt. Alſo / das die kleinen Kinder / wenn jhnen frieret / hinein kriechen. Die reichen tra - gen weiche Gleſerne Kleider / die armen aber muͤſſen ſich an geſtrickten ehrinen Drat begnuͤ - gen laſſen. Dieweil man an dieſen oͤrtern al - lerley Metall Ertz gnug hat. Wenn ſie das ver -erbeiten88erbeiten wollen / weichen vnd waſchen ſie das im Waſſer / vnd hautierens als wir die Wolle pflegen. Was ſie aber fuͤr Augen haben / darff ich ſchier nicht ſchreiben / damit nicht jemand / weil es vnglaublich lautet / mich fuͤr einer Luͤgner halte. Jedoch muß ich auch diß nicht verſchweigen. Sie koͤnnen die Augen aus dem Kopff heraus thun / das einer / wenn er wil / ſie kan heraus nehmen / vnd bey ſich in der Taſche ſo lange verwaren / biß er ſie zum ſe - hen von noͤthen hat. Denn ſo bald als er ſie wider hinein ſetzet / kan er damit ſehen. Es ſein jhrer viel / die jhre eigen Augen verloren haben / vnd borgen ſie von andern / das ſie damit ſehen. Daher denn etliche reiche Leute viel Augen haben / die ſie heim - lich verborgen / bey ſich tragen.
An ſtat der Ohren haben ſie Breitleubern ble - ter / vnd vnter denen noch andere von Eckern oder Holtz geſchnitzet.
Vber diß hab ich noch ein wunderwerck in des Koͤnigs Hoff geſehen.
Es war ein groſſer Spiegel vber einen Brunn geſetzt / der Brunn aber war nicht ſehr tieff. Wenn einer in den Brunn hinab ſtieg / kunte er alles hoͤ - ren / was auff Erden geret ward. Sahe er aber vber ſich in die hoͤhe in den Spiegel / kunte er alle Stete vnd alle Voͤlcker / nicht anders / als were er ſelber in alle denſelben oͤrtern gegenwertig / beſcha -wen.89wen. Daſelbſt ſahe ich alle die meinen / vnd meine Landſtat / vnd gantz Vaterland / ob ſie aber auch mich geſehen haben / kan ich nicht wiſſen.
Wann aber jemand dieſem nicht glauben geben wolte / das es ſich alles dermaſſen in der Warheit alſo verhalte / derſelbe wird erfahren wenn / er an dieſe oͤrter dermal eins komen wird / das ich diß mit warheit berichtet habe.
ENdlich geſegeneten wir den Koͤnig / namen von Jhm vnd ſeinem Hoffgeſind vnſern ab - ſchied / gingen zu Schiff / vnd fuhren dauon. Als wir aber jtzt auff ſein wolten / verehret mir der Koͤnig Endymion, zwey der Gleſern Kleider / vnd fuͤnff andere Eherne / dazu ein gantze Ruͤſtung von den Bohnen ſchlauben. Welche herliche gaben / ich hernach im Walfiſch alle verloren habe. Gab vns auch tauſent Pferdgeyer Reuter zu dienen / vnd fuͤnff hundert Roßleuffe / ſind bey nah ſechszehen Teuſche Meilen geleitet.
Wie wir nun vmb diß Land herumb Siegel - ten / Schifften wir viel ander Jnſeln fuͤrvber. End - lich kamen wir an des Morgenſterns Land / wel -Nches90ches newlich von den Leuten zur Wohnung einge - nommen war. Da wir denn außſtiegen vnd[Waſ -] ſer ſchoͤpffeten. Darnach kamen wir in den Him - liſchen Thierkreis / lieſſen darin die Sonnen zur lin - cken liegen / vnd fuhren an derſelben Rand vnd V - fer herumb. Wir wolten aber nicht außſteigen / wiewol viel vnſer mitgeferten darumb anhielten. Dieweil ein Wind vns von dem Land abtrieb / wir ſahen aber / das es ein Fruchtbarer feiſter / vnd ſehr reicher / vnd mit vielen herrlichen gelegenheiten be - gabter ort war.
Wie vnſer auch die Centauri / des Phaëtontis Soldaten / gewar wurden / kamen ſie bald zum Schiff geflogen / ſo bald ſie aber ſahen / das wir jre Bundesgenoſſen waren / lieſſen ſie vns frey durch Paſsiren. Eben auff dieſe zeit waren auch die Pferdgeyer Reuter zu ruͤck hinter ſich gewichen. Nach dem wir aber folgende Nacht vnd Tag ge - ſchifft / kamen wir gegen den Abend an der Lucern Stadt. Denn alſo wird ſie genant / vnd namen damit vnſern Curſum hinunterwerts. Dieſe Stadt aber / iſt in der Lufft mitten zwiſchen dem ſie - bengeſtern vnd Ochſenkopff / weit vnter dem Himli - ſchen Thierkreiß gelegen. Da wir zu Land gien - gen / fanden wir da keinen Menſchen / ſondern es lieffen hin vnd wieder liechter herumb / deren etliche auff dem Statmarckt / etliche beim anfurt ſpatzie -ren91ren giengen / etliche waren kleine vnd atme leicht - lein / wie man ſagen moͤchte / etliche aber Reiche vnd Mechtige / vber all Durchleuchtig / vnd mit klar - heit vmbgeben.
Ein jedes vnter jhnen hatte ſein Hauß vnd La - tern. Sie hatten auch vnter ſich namen gleich den Menſchen / vnd wir konten jhre ſtimme hoͤren vnd vernehmen / thaten auch vnſer keinen kein leid / ſon - dern noͤtigten vns viel mehr / zu jhnen zu Gaſt ein zu kehren. Nichts deſto weiniger fuͤrchten wir vns / vnd war keiner aus vnſerm mittel / der ſich hette duͤrffen vnterſtehen / mit jhnen Mahlzeit zu halten / oder bey jhnen zu benachtigen. Mitten in der Stadt iſt ein ſonderlich Schloß vnd Pallaſt auffgebawet / darin jhr Landsfuͤrſt die gantze Nacht ſitzet / vnnd ruͤffet ein jeglichen ſeiner Vnterthanẽ bey ſeinem ei - genem namen. Vnd ſo es ein Liecht verhoͤrte / oder vorſetzlich auſſenbliebens ſich vnterſtuͤnde / wird er ſtracks zum tode verdampt / als einer / der die allge - meine Landordnung muthwillig vbertreten hat. Jhr tod aber iſt / das ſie als Liechter außleſchen. Vn - ter des wir nun ſtehen vnd zuſchawen / was daſelbſt gehandelt wurd / vnd zu gleich hoͤreten / wie die Lich - ter ſich verantworteten / vnd die vrſach jhres auß - bleibens anzeigten. Erkante ich vnter denen auch vnſer Haußlicht / gieng bald darauff zu jhm / ſprach es an / vnd fraget / wie es zu Hauß zu ſtuͤnde vmbN ijmeine92meine ſachen / wie es vnſerm Haußgeſinde erginge. Welches mir denn auff meine frage alles nach der lenge antwortet.
Das wir alſo dieſelbe Nacht bey jnē verharreten. Folgendes Tages ſchieden wir von dannen / vnd ſie - gelten neben den Wolcken hin. Da ſahen wir in den Wolcken die Vogelſtat / Nephelococcygiam, dar - uͤber wir denn vns zum hoͤchſten verwunderten / kunten aber vnſer Ancker daſelbſt nicht außwerf - fen / weil vns der Wind entgegen war / vnd vns nicht hinan laſſen wolte. Der Koͤnigk aber dieſer Stat hies Craer / des Amſel ſchwartzen Sohn.
Da ward ich eingedenck des Poeten Ariſtopha - nis, welcher ein weiſer warhafftiger Mann ge - weſen iſt / vnd das die vnrecht thun / die ſeinen ſchrifften nicht glauben wollen. Denn dritten tag nach dieſem / kunten wir das Meer eigentlich ſehen / aber nirgend kein Land ohne allein etliche Lufft Jn - ſeln / die auch jtzt anfiengen das anſehen zu kriegen / als ob ſie Fewrig weren / vnd glentzten.
Am vierdten tage aber / bekamen wir einen ge - linden Wind / der vns allmehlich hinunter fuͤhrte / vnd wiederumb ins Meer nieder ließ.
DA wir nun endlich das Waſſer erreichet / wurden wir vber die maß erfrewet / vnndrichte -93richteten von demſelben / was wir mit vns hatten / ein gemein Freudenmahl vnd Pancket oder ſchleiff - tag an (wie die Schiffer reden) ſprungen auch v - ber Bort vnd badeten / vnd ſchwummen herumb / dieweil das Meer vberall ſtill / vnd ein luſtiges wet - ter war. Aber wie die erfahrung gibt / das wenn man meinet / das ſich daß gluͤck verbeſſern ſoll / offt - mals ein groͤſſer vngluͤck darauff erfolget / alſo ging es vns auch. Denn als wir kaum zween tage mit gutem gluͤck fortgeſiegelt waren / vnd der dritte tag anbrach / ſahen wir mit der Sonnen auffgang ploͤtz - lich daher fahren / etliche viel groſſe grewliche Wal - fiſche / vnter welchen einer / ſo der groͤſſeſt / vnd ſie - ben vnd viertzig Teutſcher meilen lang war. Der - ſelbe fuhr zu vns an / ſpert ſeinen Rachen auff / vnd warff das Waſſer durch ein ander / das wir von fern ſahen / wie es vmb jhn herumb ſcheumete. Sei - ne Zeene ſchienen viel groͤſſer vnd lenger ſein / denn vnſer Maſtbaͤume / waren alle ſo ſpitzig als Pfeile / vnd ſo weis als Elphenbein. Derhalben als wir einer dem andern gute Nacht / vnd den letzten Kuß gegeben hatten / muſten wir des gluͤcks erwar - ten.
Bald war er da / vnd in dem er das Waſſer in ſich zoge / ſchlang er zugleich vns alle mit einander / ſampt dem Schiff hinein. Alſo / das wir gar nichtN iijan ei -94an einem einigen Zeen ruͤhrten / ſondern zwiſchen denſelben das Schiff zierlich hinein fiel. Da wir hinein kamen / wars in der erſt gar finſter / das wir nichts ſehen kunten.
Endlich aber / da er einmal Odem holete / ſahen wir / das ein groſſer hoher breiter Wallfiſch war / da eine Stadt hette inne ſtehen koͤnnen / da zehen tau - ſent Leut inne wohnen moͤchten. Vber das lagen in dem Walfiſch allenthalben herumb / ein hauffen kleine Fiſch / vnd andere kleine Thier / als wenn ſie zerſchnitten weren / auch Schiffſiegel / Ancker / Menſchenbein vnd Schiff wahren.
Mitten in dieſem Walfiſch war auch land vnd etliche huͤgel / vieleicht / wie ich gleube / von dem ſchleim / ſo er manchmahl mit in den Leib geſogen / zuſamen geſatzt. Aus dieſes grunde war ein gan - tzer Wald gewachſen von allerley arth Beumen / auch mancherley Kohlkraut vnd gewechs / das al - les wie ein wolgebawet Land anzuſehen war.
Diß Erdreich war vmbgriffen in der weit / bey die[a]cht Teutſche meil weges. Man ſahe auch da allerley Meervogel / als Seemieben vnd Eißvogel / die auff den Beumen deſſelben Waldes niſteten. Da fiengen wir hefftig an zu Weinen / doch troͤſtet ich meine Geſellen. Vnd nach dem wir etliche ſtuͤ - tzen vnter das Schiff geſetzt hatten / ſchlugen wir ſelber Fewer an / vnd bereiteten / ſo gut wir koͤnten /von95von dem vnſern / eine Mahlzeit. Denn wir hatten noch gnug von allerley Fiſchen vnd Fleiſch / dazu war noch ſuͤß Waſſer vbrig / von dem / das wir aus des Morgenſterns Jnſel mit vns genommen hat - ten.
Des andern tages / wenn der Walfiſch den Ra - chen auffthate / ſahen wir bißweilen Berge / biß - weilen den bloſſen Himmel / offtmals auch Jnſeln. Daraus wir merckten / das er mit gewalt allent - halben durch die See hindurch gieng.
Als wir der wegen in dieſem Fiſch zu ſein gewoh - net hatten. Nam ich ſieben meiner gefehrten zu mir / gieng durch den gruͤnen Wald / allerley ſachen zu beſchawen / vnd mich ferner vmb zuthun. Wie ich aber ein weinig vber ein viertel meil fortgangen war / ſiehe da finde ich ein Capell / des Meer Gots Nemptuni, wie die ſchrifft / ſo daran ſtund / auswei[-]ſete / nahe dabey auch etliche viel Greber / vnd eben vber denſelben auffgerichte Seulen. Zu negſt dar - an / ein ſchoͤnes klares Bruͤnnlein / hoͤrten bald dar - auff einen Hund bellen / vnd ſahen nicht weit dauon einen Rauch auffgehen / da wir gedachten / das ein Huͤtlein oder Menſchenwonung ſein muͤſte. Giengē derwegen endlich hin / vnd troffen daſelbſt an / einen alten Mann / der mit ſampt einem jungen Geſel - len / die mit allem fleiß einen Graben auffwarffen /das96das ſie dadurch aus vorgedachtem Bruͤnnlein das Waſſer leiten wolten.
Wie wir nun an ſie kamen / ſtunden wir mit groſſer freud vnd furcht ſtille / wie denn auch jhnen eben daſſelbige wiederfuhr / ſtunden vnd ſahen vns an / vnd kont keiner kein wort ſprechen.
Endlich fieng der alte Mann an vnd ſprach. O jhr vnſer lieben Geſte / von wannen ſeid jhr? Seid jhr aus den Goͤttern die im Meer wohnen / oder aber / ſeid jhr Menſchen als wir? Denn wir ſein Menſchen / die wir auff Erden erzogen vnd geboren ſein / aber jtziger zeit zu Waſſerthieren / in dieſem Thier / das vns mit ſeinem Leib beſchloſſen hat / wor - den. Vnd wiſſen bald nicht was wir ſein. Vns deucht zwar wir ſeind todt / muͤſſen aber gleuben / das wir noch leben. Darauff ſprach ich: Lieber Va - ter / wir ſeind auch Menſchen / die da aus frembden Landen hergereyſet / vnd von dem Fiſch newlich / zu ſampt dem Schiff eingeſoffen worden / ſein aber her - umb ſpaciert / das wir gern wiſſen wolten / was in dem Walde zu bekommen were / vnd was es damit fuͤr eine gelegenheit hette. Dieweil er von fernen ſehr dick vnd groß anzuſehen war. Es hat vns aber / wie vns deucht / etwa einer von den Goͤttern alſo geleitet / das wir erſehen haben. Damit wir wuͤ - ſten / das wir nicht allein in dieſem Thier gefangen weren.
Aber97Aber lieber ſag vns doch auch etwas von dei - nem Gluͤck / woher du ſeyeſt / vnd wie du an dieſen ort kommen biſt.
Er aber ſprach / ich wil euch ehe nichts ſagen / vnd ſolt auch nicht ehe erfahren / was ich bey mir habe / jhr ſeid denn zuuor meine Geſte / vnd genieſſet was ich zum beſten habe. Nam vns zugleich damit zu ſich / vnd fuͤhret vns in ſeine behauſung / welche fuͤr ſich gnugſam gebawet war / hatte auch in die - ſem ſeinem Hauſe feine Betten / Pulſter vnd Schal - launen / ſo mit Hew / Laub / oder auch mit Federn ausgeſtopffet waren / ausgebreitet / auch mehr an - ere ſachen. Trug vns darnach Kraut / Eicheln vnd Fiſch auff / ſchanckt vns dabey einen guten Wein.
ALs wir nun ſatt waren / fieng er wiederumb an zu fragen / was vns doch wiederfahren were. Dem ich denn alles ezehlete / wie es er - gangen war / als nemlich das vngewitter / vnd wz ſich in der Jnſel begeben / des gleichen wie wir in der Lufft verſiegelt / vnd den Lufftkrieg helffen vollen - ziehen / vnd andere ſachen mehr die ſich zugetragen / bis wir von dem Fiſch verſchlungen waren. Da - ruͤber er ſich den zum hoͤchſten verwunderte / vndOſagte98ſagte vns zum theil hin wieder / was jhme wieder - fahren were / vnd ſprach: Meiner geburt / lieben Geſte / bin ich aus Cypern.
Da ich aber meiner Kauffmanſchafft nach / mit dieſem meinem Sohn / den jhr hie ſehet / vnd andern meinen Haußgenoſſen vnd Geſind / aus meinem Vaterland reyſete / vnd in Italiam fahren wolte / mit demſelben groſſen Schiff / dz ich denn mit vieler koͤſtlichen wahre beladen hatte / vnd jhr ſelbſt vorn in des Walfiſches Maul / die ſtuͤcken dauon werdet geſehen habē / hatten wir auch biß in Siciliã, eine gu - te gluͤckliche reyſe: Von dannē nam vns ein ſtarcker Wind / vnd fuͤhrt vns in dreyen tagen / auff die of - fenbare See. Darauff wir denn dem Walfiſch begegeneten / welcher vns auch mit vnſerm Schiff domals einſchlang. Vnd ſein wir zween / nur von allen andern vnſern Gefehrten / mit dem leben da - uon kommen.
Nach dem wir aber vnſere Geſellen beſtetigt hatten / baweten wir dem Gott Neptuno diß Kirch - lein / vnd leben ein ſolches leben / wie jhr allhie ſehet. Denn Kohl oder Kraut koͤnnen wir aus vnſern Gerten haben vnd fortziehen / eſſen Fiſche vnd Ei - cheln dazu[.]Denn wie jhr ſelber ſehet / allhie ein herrlicher dicker Wald iſt. Vnd haben wir auch Weinberge / die vns den allerlieblichſten ſuͤſſeſtenWein99Wein trageñ. Vber das / iſt ein Brunn mit gu - tem kuͤhlen Waſſer hie. Vnſer Betten ſein duͤrr Laub. Dabey wir ein groß Fewr teglich halten / wo auch Vogel zu vns hinan geflogen kommen / die fan - gen wir. Koͤnnen auch lebendige Fiſche fangen / wenn wir nur hinaus ſpacieren / an die Backen oder Kieffen dieſes Thieres. An welchem ort wir vns zu Baden vnd abzuwaſchen pflegen / wens vns geluͤſtet. Dieweil nicht weit von da ein ſaltzi - ger See iſt / der wol drey viertel meilen vmbgriffen iſt / vnd allerley art von Fiſchen hat. Darin wir zu zeiten ſchwimmen vnd ſpacieren fahren / mit ei - nem kleinen Kahn / den ich ſelber dazu gemacht habe. Es ſein aber / als wirs rechnen / nun bey die 27. Jar / dz wir von dē Fiſche verſchluckt ſein. Dar - in wir leichtlich alles erdulden moͤchten / wenn vns die Einwohner vnſere Nachbarn / nicht ſo groſſe vberlaſt theten / vnd beſchwerlich weren. Weil es ſo ein wuͤſt vnd rohloß Volck iſt.
Hilff lieber Gott / ſprach ich / ſein auch noch an - dere Leut / als jhr / im Walfiſch? Ja ſprach er / ſehr viel vnd ſehr grawſamlich / heßlich vnd ſcheußlich anzuſchawen. Denn in dem letzten / vnd nach A - bendwerts gelegenen theil des Walds / wohnen die Tarichaner oder geſaltzen Fiſch freſſer. Welches ein Volck iſt / mit Ahlaugen vnd Krebsgeſichten / da - zu ein Kriegeriſch verwegen beiſsigk geſindlein. AnO ijeinem100einem andern ort nach der rechten ſeiten / wohnen Voͤlcker die Tritonomenditen geheiſſen / die mit dem obertheil den Menſchen ehnlich / vnten aber niederwertz / den Katzen gleich ſein. Dieſe ſein etwas Leutſeliger vnd gelinder / denn die andern.
Nach der lincken ſeiten aber / halten ſich auff in guter Freundſchafft vnd verſtendniß / die Krebsſche - richten Carcinochirer vnd Tunnikoͤpffige Tyno - cephali: Mitten vnter dieſen allen / die ſtrickſchwen - tzigte Paguraden vnd ſchwelfuͤſsige Pſyttopodes, welches ein Kriegeriſch vnd behende Volck iſt.
Nach Morgen vnd nach des Thieres Maul - werts / iſts faſt vberall wuͤſte / vnd mit Meerwaſſer beſchloſſen.
Diß ort Landes aber hab ich jnnen / dauon ich innen / dauon ich den Pſyttopodern, jehrlich funff - zig Meerſchnecken zu Schoß vnd Steur gebe. Das iſt alſo dieſes Landes gelegenheit / wir muͤſſen zu ſe - hen / wie wir denſelben mancherley Voͤlckern im Krieg begegenen / vnnd ſonſt zu recht kommen moͤ - gen. Lieber / ſagt ich / wie viel ſein der ſelben wol v - beral: Mehr / antwortet er / denn tauſent. Was ha - ben ſie fuͤr Ruͤſtung vnd Wehr? Nichts anders / ſagt er / als groſſe Fiſchbein. Wolan / ſprach ich / ſo koͤnnē wir leichtlich mit jnen einen Krieg angehen. Dieweil ſie keine Wehr noch Waffen haben. Wir aber wol geruͤſt ſein. Vnd wenn wir ſie erlegt ha -ben /101ben / koͤnnen wir nachmals in gutem frieden vnnd ruhe bey einander bleiben.
Welcher rath / als er vns gut ſein dauchte / gien - gen wir nach dem Schiff / das wir vns zu den ſa - chē bereiteten. Die vrſach aber des Kriegs ſolt ſein / das wir jhnen den Tribut zu gebuͤhrlicher zeit nicht geben wolten.
Da ſie nun ſchicketen / vnd die Steur foͤrderen lieſſen / verlacht er jre Legaten vnd Geſandten ſpoͤt - lich / vnd trieb ſie bald zum Land hinaus.
Hierauff kamen erſtlich die Pſyttopoder vnd Pagurader, dem guten Seyntharen (denn das war des alten Mannes Nahm) mit groſſem getuͤmmel vber den Halß. Wir aber / als wir des anzugs ge - war worden / blieben in vnſer Ruͤſtung ſtehen / vnd beſtalten fuͤnff vnd zwantzig Soldaten zum hinder - halt. Dieſen heimlichen vnſern gehuͤlffen befahlen wir / daß / ſo bald ſie gewar wuͤrden / daß die Feinde fuͤruͤber weren / ſie ſich bald herfuͤr machten / wie denn geſchehen[.]Denn da ſie ſich auffmachten / ſchlu - gen ſie den Feind von hinden zu / vnd vnſer fuͤnff vnnd zwautzig (dieweil der Scynthar, vnnd ſein Sohn zugleich mit in der Schlacht waren) begege - neten jhnen von fornzu / traffen auch mit hoͤchſtem Eiffer / vnd bewerter Hand alſo zuſamen / das wir ſie endlich in die flucht ſchlugen / vnd jhn biß an jhr Huͤtten nachjageten.
O iijJn102Jn dieſer Schlacht / ſeind auff der Feinde ſeiten geblieben / ſiebentzig vnd hundert. Aus vnſerm hauf - fen aber / nur einer / vnd der Steurman / welcher mit einer Graͤte von einem Meerbarmen in den Ruͤcken geſtochen ward. Denſelben tag aber vnd Nacht / haben wir im ſcharmuͤtzel zubracht / haben auch alſo bald ein ſiegszeichen auffgericht / das wir nemlich einen außgeduͤrten Ruͤckgrat von einem Meer - ſchwein in die hoͤhe auffrichteten. Folgendes tages kamen die andern auch auffgezogen / ſo bald ſie die zeitung bekommen hatten. Vnd hielten im rechten Fluͤgel die Tarichaner, welcher fuͤhrer war genant Pelamus. Den lincken Fluͤgel aber / die Thynoce - phali. Jn der mitten aber / die Carcinochirer. Den die Tritonomenditer ruheten ſich aus / vnd hiel - tens zwar mit keinem part. Wir aber begegeneten jhnen / mit einem groſſen Feldgeſchrey / vnd traffen zuſamen / bey des Meergots Neptuni Capell / alſo / das daß geſchrey in dem Walfiſch / nicht anders / denn in eim holen Bergk / vnd Gewelbe erſchal - let.
Nach dem wir nun dieſe auch in die flucht ge - ſchlagen (denn ſie weren leichte Geſellen) vnd in den negſten Wald hin vnd wieder zerſtrewet hatten / na - men wir von ſtund an daß Land ein. Bald hernach ſandten ſie jhren Herold / lieſſen die erſchlagene ab - holen / vnd vmb guͤtlichen vertrag / freundſchafftvnd103vnd verbundnuß[anſuchen]. Wir aber hatten zu jh - rem vorſchlag keine luſt. Sondern wandten vns des andern tages hernach wieder ſie / vnd ſchlugen ſie alle mit einander darnieder / biß auff die Trito - nomenditer. Denn ſo bald ſie vernommen / was ſich begeben hatte / machten ſie ſich dauon / vnnd ſprungē durch des Walfiſches kiwen in das Meer. Derwegen giengen wir in jhre Land / da wir alle Feinde aus vertrieben hatten / vnd lieſſen vns da - ſelbſt ohne alle furcht nieder / brachten auch die mei - ſte zeit / mit ringen / ſpringen vnd jagen zu / zu zei - ten baweten wir auch Wein / vnd brachen die Epffel / vnd andere Fruͤchte von den Beumen. Jn ſumma / machtens eben wie die in einem groſſen ewigen Ge - fencknuß ſitzen / vnd außerleſene leckerbißlein eſſen / vnd in lauter wolluſt leben. Jn dieſem ſtand blieben wir ein Jahr vnd acht Mohnat.
AM fuͤnfften tage aber / des Neunden Mohn - den / als der Fiſch das Maul zum andern mahl auffthate (denn alle vier jahrzeiten pflag er einmahl das zu thun. Alſo das wir dar - aus abnehmen konten / die vier zeiten[des Jahrs) ]da er104da er nun den rachen / wie geſagt / zum andern mahl auffriß / hoͤrten wir ein groß geſchrey vnnd getuͤm - mel / nicht anders / als wenn die Schiffleute ein an - der zuruffen / vnd etwas befehlen. Daruͤber wir vns zum hoͤchſten erſchracken / vnd lieffen nach dem Maul zu / ſtunden zwiſchen des Fiſches Zeen / vnd ſahen alles mit an / zwar ein wuͤnderlich Spec - takel / dergleichen mir mein tag nicht vorkom - men.
Als nemlich groſſe Leute / wie ein halb Roßlauff oder Stadium lang / auff groſſen Jnſeln / nicht an - ders / denn auff Galeen daher ſiegeln. Ob ich aber zwar wol verſtehe / das es etwas Luͤgenhafftig ſich anſehen leſſet / wil ichs doch nicht deſto weiniger ſchreiben.
Es waren lange Jnſulen / nicht gar hoch / ein je - de wol drey Teutſche Meil weges in die breite. Auff denſelben fuhren acht vnd zwantzig der langen Heu - nen daher. Derer etlich an der ſeiten der Jnſeln ſaſſen / vnd ruͤderten mit groſſen Cypreſſen Beu - men / da noch Zweig vnd Bletter anſaſſen. An dem hindertheil aber dieſes Jnſelſchiffs / wie ſichs an - ſehen ließ / ſtund der Steurman auff einem ſehr ho - hen Huͤgel / vnd hat ein Ehren Steurruͤder / eine Griechiſche meil weges / das iſt / hundert fuͤnff vnd zwantzig ſchritt lang / vorn an der Jnſel ſtun -den105den zum ſtreit / bey viertzig gewaffenter Menner / welche dem Menſchen / außgenommen das Haar / durchaus gleich waren. Denn ſie hatten Fewrkol - ben die helle brandten / alſo / daß ſie der Sturmhau - ben nicht ſehr von noͤten hatten. An ſtat der Siegel war ein dicker Wald auff der Jnſel / da der Wind in bließ / vnd alſo die Jnſel fortwehete / vnd hin fuͤh - rete / da ſie der Steurman hin wendete vnd richtete. Es war auch einer beſtalt / der den Steurman zur erbeit vortmahnete / denn ſie fuhren geſchwinde / wie die groſſen Seeſchiff pflegen. Jn der erſt ſahen wir kaum zween oder drey / zu letzt lieſſen ſich vber die ſechs hundert ſehen / die ſtunden / vnd hielten ein ſcharmuͤtzel / vnd ſchlugen ſich weidlich mit einan - der / Alſo / das viel Jnſeln vorn gegen ein ander lieffen / in ſtuͤcken brachen / vnd augenſcheinlich zu grunde giengen / etliche aber / hiengen ſich ſo ſtarck an einander / daß ſie kaum koͤnten von einander kommen / die vorn an ſtunden / lieſſen ſichs ſawer werden / erſtachen vnd erſchlugē was jnen vorkam / fiengen aber keinen lebendig. An ſtat der Ketten / brauchten ſie die vielfuͤſſige groſſe Blackfiſche / die ſie vnter einander verknuͤpfft hattē / wurffen dieſel - ben allenthalben / hatten ſie auch an die Beume ge - bunden / daß ſie die Jnſeln zuſamen hielten. Sie wurffen auch / vnd ſchlugen mit groſſen Oſtern vnd Muſcheln / der eine kaum auff einen groſſen Fuhr -Pwagen106wagen liegen konte / vnd mit Schwammen als ein Morgelandes groß. Etliche der Kriegsleute / fuͤhr - te der windreuter Aeolocentaurus, etliche der Meer - ſeuffer Thalaſſopotes. Der ſtreit war entſtanden / wie mich deucht / wegen eines Raubes.
Denn man wolt ſagen / der Thalaſſopotes het - te dem Aeolocentauro etliche Heerde Meerſchwein genommen / welches wir denn vernahmen / wenn ſie ein ander zu rieffen / ſpoͤtlich vorwurffen / vnd einer den andern Koͤnig nante.
Den ſtreit gewunnen endlich / die auff des Aeo - locentauri ſeiten waren / welche bey die funfſtzig vnd hundert Jnſeln / zu grund verſenckten. Aber drey derſelben / namen ſie mit allen jren Jnwoͤhnern gefangen.
Die vbrigen Jnſeln / daß ſie in dem zuſamen lauff / am vordertheil verletzt wurden / kamen kaum halb dauon / vnd gaben ſich auff die flucht. Ob die andern aber / wol den fluͤchtigen ein weil nachjag - ten / kehrten ſie doch bald / weil der Abend jtzt heran viel / wieder zu ruͤck / nach jhren eigenen zerbroche - nen Jnſulen / deren ſie denn viel erhielten / vnd wie - der bekamen / denn jhnen vber die achtzig Jnſulen vmbkommen waren.
Zum zeichen aber vnd ſiegmahl dieſes Jnſel - kriegs / ſetzten ſie auff des Wallfiſches Kopff einen Baum / vnd hiengen eine Jnſel / jhrer vberwonnenFeinde107Feinde daran. Vnd blieben zwar alſo dieſelbe Nacht bey dem Wallfiſche / darin ſie jhre Ancker wurffen / vnd jhre Schiffe bunden / denn ſie hatten groſſe ge - waltige ſtarcke Gleſerne Anckern. Folgends tages aber / nach dem ſie auff des Wallfiſches Ruͤcken / jre Opffer vnd Gebet gethan / vnd jhre erſchlagene / ehr - lich beſtatet hatten / zoͤgen ſie mit einer groſſen freu - de vnd Feldgeſchrey von dannen. Vnd diß iſt daſſel - be / was ſich in der Jnſelſchlacht zugetragen vnd be - geben hat.
Ende des erſten Buchs.
VNter deſſen / weil ich mit der ſpeiß vnnd anderer gelegenheit im Wallfiſch nicht koͤnt zu recht kommen / vnd des lan - gen auffwartens / auff die erloͤſung vber - druͤſſig ward / gedacht ich auff wege vnd anſchlege / dadurch ich endlich hieraus entrinnen moͤchte / vnd daucht vns zwar in der erſt nicht vngelegen ſein / das wir in der rechten ſeiten durchzugraben anfien - gen / vnd alſo dauon kemen. Fiengen derwegen an durch zu hawen.
Als wir aber faſt ein viertheil einer Teutſchen Meilen hinein gehawen / aber noch kein ende ſahen / lieſſen wir dauon abe. Hierauff woͤrden wir eins / wir wolten den Wald inwendig anzuͤnden / vnd den Fiſch alſo toͤdten / damit wir hernacher leichtlich ei - nen außgang finden moͤchten.
Fiengen alſo vom hinderſtentheil beim Schwantz an zu brennen / vnd brandten ſieben gantzer tag / vnd ſo viel nacht ehe der Fiſch die hitze fuͤhlete. Am ach -ten vnd109ten vnd folgenden neunden tage aber / ſahen wir daß er kranck war / dieweil er den Rachen offt vnuer - muthlich auffrieß / wenn er auch odem holet / eilend daß Maul auff vnd zu thate. Am zehenden aber endlich / vnd am elfften tag / ſtarb er / vnd gab vber die maſſen einen hefftigen ſtarcken abſchewlichen ge - ruch von ſich. Am zwoͤlfften tag aber / hatten wir bald vergeſſen / das wir dem Fiſch ſtuͤtzen vnter daß Maul ſetzten / damit ers nicht zu letzt zu ſchnapte / vnd wir darin beſchloſſen wurden / alſo / das wir nicht heraus koͤnten / ſondern darin bleiben vnd ver - derben muͤſten. Namen derwegen groſſe Balcken vnd Seulen / vnd ſperreten jhm den Rachen in die hoͤhe / ruͤſteten auch alsbald vnſer Schiff / namen auch Waſſer vnd andere notturfft gnug zu vns. Vnd hatten zum oberſteurman den Scintharum be - ſtelt. Des andern tages aber / war der Walfiſch gantz vnd gar tod / da zoͤgen wir das Schiff heran / vnd lieſſen es zwiſchen des Fiſches Zehnen / hin - durch all mehlich ins Meer hinab. Stiegen aber heraus auff des Fiſches Ruͤcken / darauff / wie ge - ſagt / die Kriegsleut jhr ſiegszeichen auffgerichtet hetten / vnd Opfferten dem Meergott Neptuno. Verharreten daſelbſt in die drey tage / weil es ein ſtill luſtig Wetter war.
Am[vierdten] tage ſiegelten wir von dannen ab. Vnter wegens begegneten vns viel von denē die er -P iijſchlagen110ſchlagen waren in vorgedachtem Jnſel ſcharmuͤtzel / der wir denn etliche wundershalben auffiengen / vnd jhre lenge gewiß abmaſſen. Schifften alſo etli - che tage mit herrlichem luſtigem Wetter / vnd gutem Wind fort. Endlich aber ſtund ein hefftiger Nord - wind auff / darauff denn ein ſtarcker froſt folgete / in welchen das gantze Meer vberall zu fror / nicht allein oben / ſondern wol drey hundert klaffter in die tieffe / das wir ausſtiegen / vnd auff dem Eyß lief - fen.
Da dieſer Wind nun beſtendig anhielt / vnd wir das nicht außharren koͤnten / traffen wir dieſen fund. Ob zwar der Scintharus vor dieſem vns den Rath gegeben hatte: Wir gruben ein groß loch ins gefrorne Meer hinein / vnnd verharreten darin dreiſſig tage lang / machten ſo gut wir koͤnten ein fewr darein / vnd erhielten vns von den Fiſchen / de - rer wir ein groſſe menge mit dem Eyß heraus gru - ben.
Da nun vnſer Vitalien vnd Proviant all wa - ren / hieben wir vnſer befrorne Schiff loß / ſpanten die Siegel auff / vnd treckten auff dem Eyſe fein mehlich weiter vnd weiter / nicht anders / als hetten wir im Waſſer geſiegelt. Am fuͤnfften tag / kam mit einer werm ein groß dawwetter / damit alles Eyß weg gieng / vnd vberall Waſſer gnug war. Nach dem wir aber vber die drey hundert Griechiſcher oderzehn111zehn Teutſcher meilen geſiegelt / kamen wir an eine kleine Jnſel / daſelbſt friſch Waſſer zu ſchepffen / dieweil dz ander ſchon aus war / da wir denn zween Wilde Ochſen mit dem Bogen erſchoſſen. Dieſel - bige Ochſen hatten jhre Hoͤrner nicht fuͤrm Kopff / ſondern in den Augen ſitzen. Als es der nerriſche fantaſt Momus, einmal hatte haben wollen.
Bald hernach kamen wir in ein Meer nicht / von Waſſer / ſondern von lauter Milch. Jn dieſer Jn - ſel hatten wir eine kennunge von einer weiſſen Jn - ſel / darin wir viel Weinſtoͤck gewar wurden. Die - ſe Jnſel aber / war ein groſſer gewaltiger ſchoͤner wolgepreſter Kaͤß / welches wir / da wirs koſten / er - fahren haben / war ein vmbkreiß in die fuͤnff vnnd zwantzig Griechiſcher / oder drey Teutſcher meilen begriffen. Die Reben hiengen auch voller Trau - ben / daraus wir denn nicht Wein / ſondern eitel ſuͤſ - ſe Milch preſſeten.
Mitten in der Jnſel war ein Capell / der Milch Goͤttin Galathea des Nerei Tochter / wie wir aus einer ſchrifft verſtundē. Die zeit vber ſo wir daſelbſt zubrachten / hatten wir vnſer eſſen von dē Keßland / vnd trunckē die Milch / ſo wir von den Milchtranbē kriegē / dazu in dieſē Land / ſagt man regierte die Kaͤß Koͤnigin Tyro des Salmonei hinterlaſſene Toch - ter. Welcher der Neptunus als ſeiner Bulſchafftnach112nach jhrem abſcheid dieſe ehr vnd herligkeit geguͤn - net. Nach fuͤnff tagen die wir da blieben / zogen wir am ſechſten auff / da daß Meer zwar ſtill / vnd ein gelinder Wind war. Am achten tage ſchifften wir nicht mehr in dem Milchmeer / ſondern gerieten in ein ſaltzig vnd blaw Waſſer / da ſahen wir Menſchē aufflauffen / vns durch aus gleich / beydes an geſtalt vnd groͤſſe / außgenommen jhre Fuͤſſe / die waren von Korck oder Pantoffelholtz. Worumb ſie den Korckfuͤſſer oder Phellopodes genant werden. Wir verwunderten vns aber / als wir ſahen das ſie auff dem Waſſer ſtunden / vnd nicht ſuncken. Giengen auch zu vns / vnd gruͤſſeten vns in Griechiſcher ſprach / ſagten / daß ſie nach Phello jhrem Vater - land reyſeten. Diß war eine Stat auff einem ſehr groſſen vnd runden ſtuͤck Korck gebawet.
WEJter hin nach der rechten Hand werts / waren fuͤnff groſſe erhobene Jnſulen / da ein groſſes Fewr auffgieng. Die eine ſo nach dem vordertheil vnſers ſchiffes werts / lage / war breit / vnd etwas niedriger / war wol fuͤnff hun - dert Griechiſcher oder viertzehen Teutſcher meilennoch113noch von vns. Als wir nun nicht weit von dan - nen kamen. Siehe / da bließ vns ein wunderliebli - ches vnd ſuͤſſes wolriechendes Luͤfftlein entgegen / Eben wie der Hiſtorien ſchreiber Herodotus ſagt: Daß in dem gluͤckſeligen Arabien wehe. Denn eben ſolch ein geruch / als Roſen / Narciſſen / Hya - cynthen / Lilien / Veilen / Welſch Heiderbeern / oder der Lorberbaum von ſich geben moͤchten / ſo ein ſuͤſſer rauch wehet vns auch an / vber dem geruch wir vns denn freweten / vnd hoffeten nach der groſſen laſt vnd erbeit / eine gute erfriſchung zu bekommen / kamen auch unter deſſen bald hinan.
Daſelbſten wurden wir viel ſtiller vñ groſſer Ha - fen / auch helle vnd klare Bruͤnnlein gewar / die ſich mehlich alda ins Meer ergoͤſſen / dazu ſchoͤne Wie - ſen vnd Welder / vnd darin liebliche Sangvoͤgel / de - rer etliche an dem Vfer herumb / etliche aber auff den Zweigen ſaſſen vnd ſungen. Vmb dieſen ort war ein gelinde ſtille Lufft / dauon liebliche geſunde Windlein in die Welder herumb weheten / vnd die Vogel mit erregung vñ bewegung der gruͤnen zwei - glein / zu einem ſchoͤnen luſtigen vnd jmmerweren - den geſang / vnnd freuden geſchrey / ermunterten. Daß nicht anders erſchall / als wenn einer in einer Wildnuͤſſe mit Querpfeiffen vnd Seitenſpiel ſich froͤlich machte.
QVber114Vber daß hoͤrten wir eine vermengte ſtim̃e / doch nicht wie ein tumult / ſondern als in einem froͤli - chen Gelag / da einer pfeifft / der ander lobet das werck / der dritte dantzet nach der Cither oder Pfeiff.
Diß gefiel vns ſo wol / daß wir alsbald zu Land ſiegelten / vnd als wir außſtiegen / lieſſen wir den Scintharum, ſampt zween vnſer Geferten / im Schiff hinter vns. Wir aber / in dem wir auß - ſpacierten / durch eine vberaus mit ſchoͤnen wolrie - chenden Bluͤmlein bewachſene Wieſe / kamen etli - che Grentz Verwarer vnd Wechter / die vns gefan - gen nahmen / mit eiteln Roſen Krentzen bunden / (denn daß iſt bey jnen der groͤſte Band /) vnd zu dem Landsfuͤrſten fuͤhrten.
Von demſelben aber / die vns gefangen hatten / verſtunden wir vnter wegens / das diß der heili - gen verſtorbenen Seelen Paradiß wehre / vnd da - ſelbſt regierte der Rhadamanthus aus Creta. Als wir zu demſelbigen kamen / waren wir vnter denen / di[e]fuͤr Gericht ſtunden / die vierten in der ord - nung.
Daſelbſt war daß erſte Gericht vber dem Aiax, des Telamonis Sohn / ob man denſelben vnter die tapffere wol verdiente Helden rechnen ſolte / oder nicht. Derſelbe aber ward verklagt / daß er / in dem er abſinnig geworden / jhm ſelber daß leben genom -men115men hette. Zu letzt aber / da ſie weit vmbher ge - rathſchlaget hatten / deucht dem Fuͤrſten Rhada - mantho rath ſein / man ſolt jhn dem erfahrnen Artzt Hippocrati hinthun / das derſelbe jhm einen ſoff mit Nieſewurtz eingebe / vnd jhn alſo wieder zu recht brechte / vnd er hernach zu der Goͤtter Taffel / erſtlich wenn er klug were / gelaſſen wuͤrde.
Die ander ſache ſo vorbracht ward / betraff Bu - lerey / ob nemlich der Theſeus oder der Menelaus, ſo vmb die ſchoͤne Helena beyde geſtritten / bey der Helena ſein / vnd bleiben ſolte. Da ſprach ſie der Rhadamanthus dem Menelao zu / der ſich wegen jhres Eheſtandes in ſolche groſſe noth vnd gefahr ehemals begeben hette. Dieweil der Theſeus doch wol andere Weibs Perſonen / als die Amazones vnd des Koͤnigs Minois Tochter haben koͤnte. Zum dritten ward gehandelt / wer oben an ſi - tzen ſolte / Alexander Magnus, des Koͤnigs Phi - lippi Sohn / oder aber der Carthaginenſer Kriegsfuͤrſt Hannibal. Vnnd ward geſchloſſen / der Alexander were billig vorzuziehen / ward jhm auch bald ein Thron geſetzt / zu negſt bey der Perſer Koͤnig Cyro dem erſten des namens.
Zum vierten kamen wir fuͤr Gericht / da fragt er / woher das wir lebendig an den heiligen ort an - gelanget weren / darauff wir alles nach der lenge jhm erzelten.
Q 2Er116Er hieß vns aber einen abtritt nehmen / rath - ſchlaget auch mit ſich ſelbſt / eine gute weil / vnd fra - get ſeine Beyſitzer vnd Raͤthe / was er mit vns an - fangen ſolte. Es ſaſſen aber bey dieſem Gericht jhrer viel / vnd vnter andern von Athen der Ariſtides, welchen ſie den Gerechten nanten. Nach deſſelben gutduͤncken / ſprach der Richter / das wir erſt nach vnſerm tod / vnſern vorwitz / vnd vnnuͤtzer Reyſen - luſt / zur ſtraff buͤſſen ſolten. Jtzund aber / ſolt vns ver guͤnnet ſein / eine gewiſſe zeit in dem Land / mit vornehmen Leuten vmb zugehen / vnd hernach wie - der heim zu reyſen. Setzt vns aber ſieben Mond / die wir daſelbſt verharren ſolten / ehe wir von dan - nen zoͤgen. Alſo bald fielen die Krentzbender von ſich ſelbſt von vnſern Henden / vnd wurden in die Stad gefuͤhret / mit den verſtorbenen Heiligen mahlzeit zu halten.
DJE Stad aber im Paradiß / iſt von lau - term Golde / vnd vmb vnnd vmb mit einer Smaragden Mawer vmbgeben. Dieſe Stad hat ſieben Thor aus vnd aus / von einem gantzen Cimetbret. Das Pflaſter aber der Stadvnd117vnd Bodem / ſo weit er in der Stadtmawer beſchloſ - ſen iſt / iſt von lauter Elphenbein. Aller Goͤtter Tempel aber vnd Kirchen / ſein von koͤſtlichem durch - ſichtigem Beryllſtein erbawet / vnd viel groſſe ge - waltige Altar ſein darin / von eitel gantzen Veil - braun Amethiſten ſteinen / darauff ſie denſelbigen Goͤttern jhre Opffer thun. Rings vmb die Stad gehet ein Fluß / von dē allerkoͤſtlichſten wolriechen - den Salboͤle / deſſen breite erſtreckt ſich / in die hun - dert lange Ellen / iſt aber ſo tieff / daß einer zur noth darauff ſchwimmen kan. Die Badſtuben in der Stad / ſind groſſe Gleſerne Heuſer / welche mit ei - tel Zimetrinden geheitzet werden. Fuͤr Waſſer ge - brauchen ſie warmen Taw / den ſie in ſonderlichen Becken nach notturfft ſtehen haben. Zu Kleidern ge - brauchen dieſer Stad Einwohner gar duͤnne / durch - ſichtige Roſenfarbe Spinneweben. Sie haben aber keine Leibe / man kan ſie auch nicht angreiffen vnd betaſten / denn ſie haben kein Fleiſch. Sondern ha - ben nur eine bloſſe Figur vnd geſtalt / damit ſie ſich ſehen laſſen. Vnd ob ſie zwar ohn ein Leib ſind / ge - hen / ſtehen / bewegen / vnd verſtehen ſie nicht deſto weiniger / hoͤren auch alles / vnd reden / vnd leſt ſich nicht anders anſehen / denn daß jhre bloſſe Seelen / mit eines Leibes geſtalt vmbgeben / herumb wande - ren. Wer aber nicht darnach gegriffen hat / der gleubt nicht / daß daſſelbe kein Leib ſey / daß er geſe -Q iijhen118hen haat. Denn es ſein nur warhafftige klare / vnd nicht ſchwartztunckele ſchatten. Es wirt an dem ort niemand elter / ſondern in dem alter / in welchem er iſt hin komen / darinne bleibt er.
Vber daß iſts alhie zu keiner zeit recht Nacht oder rechter Tag / ſondern es iſt allezeit gleich wie in der demmerung / wenn die Morgenroͤte her fuͤr kompt / vnd die Sonne jtzt auffgehen wil / ein ſolch Liecht iſt in dem Lande. Darumb ſie nur eine zeit des jahres haben. Denn bey jhnen iſt jmmer der Fruͤhling vnd Lentz. Vnd der Weſtwind wehet nur allein. Jn allen oͤrten ſtehen allerley ſchoͤne Bluͤmlein / allerley gewechß / vnd allerley arth ſchoͤner Luſtleuben / die Weinberge ſo da ſein / tra - gen jahrlich zwelff mahl / alſo / daß man alle Mo - nat friſche Trauben hat. Die Granat Epffel aber / vnd andere Epffel / ſagten ſie / trugen daß jahr drey - zehen mahl. Denn in dem Monat / den ſie Mino[-]um heiſſen / ſollen ſie zweymal truͤgen. An ſtat des Korns / tragen die Ehren oben der ſpitzen / gantz gebackene bereitete Brot / nicht anders als ſchwem - me.
Hin vnd wieder durch die Stad / ſein fuͤnff vnd ſechtzig vnd dreyhundert Bruͤnn. Vnd ſo viel Ho - nig Bruͤnn / koͤſtlicher Quellbruͤnnen in die fuͤnff hundert. Aber dieſelben ſein ein weinig kleiner vndgeringer.119geringer. Dazu ſieben Milch Baͤchlein / vnd acht Weinfluͤſſe. Jhr Gaſtunge halten ſie fuͤrm Thor auff einem ſchoͤnen Anger / welchen ſie Elias Feld / oder Campum Elyſium heiſſen. Diß iſt eine aus der maſſen herrliche Wieſe / gerings vmbher ein lu - ſtiger Wald / mit allerley ſchoͤnen Bluͤmlein gezie - ret / der vmbgibet vnd vberſchattet die / ſo darauff Bancket vnd Gelag halten. Sie vnterſtrawen aber / vnd lagern ſich auff eitel wolriechenden Blu - men. Alles was ſie zu jhrer Mahlzeit von noͤten haben / da dienen jhnen die Winde zu / die wehen jh - nen alles zu / ohn daß ſie jhnen keinen Wein ein - ſchencken / daß ſie ohn das nicht von noͤten haben. Denn rings vmb jrem Gelage herumb ſtehen groſ - ſe Beume von durchſichtigem ſchoͤnem Glaſe ge - wachſen. Dieſe Beume tragen zur frucht / aller - hand koͤſtlich vnd kuͤnſtlich formierte trinckgeſchir / klein vnd groß. Das / wenn ſich einer wil zu Tiſch ſetzen / nur hingreifft / bricht eins oder zwey abe / wel - che jhm geluͤſten / vnnd ſetzet ſie auff den Tiſch / ſo werden ſie bald des allerbeſten Weins voll / das iſt jhr trincken. An ſtat aber der Krentze / kommen die Nachtigaln vnd andere Sangvoͤgelein / leſen aus den beyliegenden Wieſen / allerley wolriechende Bluͤmlein zuſamen / ſchwingen ſich mit einem froͤ - lichen gefang vber ſie / vnd ſtrewen die Bluͤmlein auff der Geſte Heupter.
Was120Was jhr ſchmieren vnd koͤſtliche Salben / daß ſie wolriechen / anlanget / geſchicht daſſelbe alſo: Es zie - hen ſich etliche dicke Nebel vber die Wieſe heruͤber / die nehmen allerley oͤel vnd Salben / aus gedach - ten Brunnen vnd Fluͤſſen an ſich. Aus welchen der Wind mehlich etwas druckt / daß wie ein duͤn - ner Taw auff ſie herunter fellet.
Vnter eſſens aber / gehē ſie mit der Muſica vnd ge - ſang vmb. Am meiſten aber / werden geſungen des Heydniſchē Poētē oder Reimdichters Homeri Grie - chiſche verßlein. Der auch ſelbſt bey jnen gegenwer - tig iſt / mit jnen Tafel helt / vñ allezeit vber dem Vlyſ - ſe oben an ſitzet. Es halten auch die jung Geſellen vnd Jungfrawen jre Tentze / welcher Meiſter / Vor - tentzer vnd Spielleut ſein / der Eunomus vnd Lo - cris, Arion von Leſbus, Anacreon vnd Steſicho - rus / denn deſſelben ward ich daſelbſt auch gewar / vnd vernam / das er mit der Helena nun verſoͤh - net war.
Wenn die Singer auffhoͤren / kompt der ander auffzug. Nemlich / Schwanen / Nachtigalen vnnd Schwalben. Wenn die zu ſingen anfangen / ſo klinget Bergk vnd Thal vberall / vnd bleſet jhnen der Wind / der jr gehuͤlff vnd Capellmeiſter iſt / lufft zu. Daß iſt aber jhr groͤſter vortheil / zu jhrer freude vnd wonne / daß neben jhrem gelage zween klare Bruͤnnlein ſein / ein Lachelbrunn / vnd einwolluſt -121Wolluſtbrunn. Aus dieſen Bruͤnnlein / thut ein jeder zu anfang der Mahlzeit einen trunck / vnd bringen alſo die folgende zeit / mit lachendem Mun - de vnd froͤligem Hertzen zu.
JCH wil auch etwas von den vornehmen Leuten erzehlen / die ich daſelbſt geſehen habe. Zwar eitel Halbgoͤtter / vnd ſolche Leute vnd Helden / die vor Troia mit gelegen / biß auff den Aiacem von Locris. Denn man ſagt derſelbe wuͤr - de in der Gottloſen verdamniß allein gemartert. Jch ſahe aber / von den außlendern / beyde Perſer Koͤnige Cyros genant. Vnnd der Schuͤtzen oder Scyther Koͤnig Anachartin. Der Thracer Zamol - xin, der Roͤmer Numam: Lucurgum von Spar - ta / Phocionem vnd Tellum von Athen / Perian - drum vnd alle andere gelehrte weiſe Leute bey jnen. Ja ich habe auch geſehen / den Socratem des So - phroniſci Sohn / der ſaß vnnd ſchwatzte mit dem Neſtore vnd Palamede. Bey jhm waren der ſchoͤ - ne Hyacinthus von Lacedemon / Na[r]ciſſus von Theſpis, Hyllas vnd andere ſchoͤne Knaben.
RVnd122Vnd mich deucht / das er den Hyacinthum auff einer ſeite lieb hatte / das ich denn aus vielen v[r]ſa - ch[e]n abnam[.]Man wolt ſagen der Landsfuͤrſt Rha - damanthus hette ein Has auff jhn geworffen / jhm auch etlicher maſſen gedrewet / wo er die thorheit nicht wuͤrde nachlaſſen / vnd ſein Brot ohn tock - meuſerey eſſen / er wolte jhn aus der Paradiß Jnſel verweiſen.
Der Plato allein war nicht zu Hauß / ſondern man ſagte / er wohnete in ſeiner Stadt / die er geba - wet hette. Da er auch ſolch ein Regiment hielte / vnd ſolch geſetz gebe / wie er ſie vorzeiten geſchrieben hette.
Allen andern wurden bey dieſem Volck vorge - zogen / der Ariſtippus vnd Epicurus, weil es gute luſtige froͤliche Weindroſſeln vnd Schluckbruder waren. Sie hatten bey ſich fuͤr / einen Geck vnnd kurtzweiligen Rath / den Æſopum aus Phrygia. Aber der Diogenes Synopenſis war von ſeiner wei - ſe ſo gar weg kommen / das er die offentliche Hure Laidem zum Weibe genommen. Sich jmmer voll - ſoff / vnd vnuermuthlich wieder auffſtand / tantzte ſpranck vnd jauchzete. Von den Stoicis war noch keiner ankommen. Denn die ſag gieng / das ſie da - mals noch allezeit nach der rechten hoͤchſten ſpitz des Tugendberges forſcheten / vnd hinan ſtiegen. Vom123Vom Cryſippo hoͤrten wir / er durfft nicht ehe in die Jnſel anlangen / er hette denn ſein Gehirn vor zum vierten mal mit Nieſewurtz wol purgiert. Man redte dauon / die Academici wurden bald ankom - men / aber ſie enthielten ſich noch ein weil / vnd het - tens in bedencken genommen. Denn ſie es noch nicht gnug vernehmen / vnd ſich einbilden koͤnten / ob ſolch ein Jnſel were oder nicht. Aber / wie ichs da - fuͤr halte / ſchewen ſie des Rhadamanthi vrtheil. Dieweil ſie hetten die Weltlichen Gericht abthun helffen / wiewol daß geſchrey gieng / es wehren jh - rer viel dazu angereitzet / das ſie denſelben folgen ſolten / ſo vorhin gereiſet weren. Aber dieſelben we - ren fuͤr faulheit zu trage worden / vnnd hetten ſie nicht erholen koͤnnen. Sondern weren mitten aus der reyſe zu ruck gangen.
Vnter denen aber / die da waren / waren dieſe vorgenanten / die vornembſten. Fuͤr allen andern hielten ſie auch den Held Achillem, vnd negſt jhm den Theſeum in groſſen ehren.
Was die Bulerey vnd Venus ſachen betrifft / le - gen ſich Manne vnd Weiber offentlichen zuſamen / vnd laſſen alle mit zu ſehen ohne ſchew / achtens auch gar fuͤr keine ſchande. Nur allein vorge - dachter Socrates ſchwur hoch vnd thewer / er lebe in groſſer keuſchheit vñ zucht / mit ſeinen jungen Leutē /R ijda ſie124da ſie doch alle wol wuſten / das er falſch ſchwure / vnd der Hyacinthus vnd Narciſſus alles bekanten / er aber alles leugnete.
Die Weiber ſein frey in gemein / vnd verguͤnnet keiner ſeine einem andern / vnd ſein zwar desfals ſehr gute Platonici. Wenn auch die Weiber der jungen Geſellen begehren / wird jhnen nichts ver - ſagt.
Jch war aber kaum zwey oder drey tage da ge - weſen / da gieng ich zum Poeten Homero, denn wir hatten beyde domals nichts ſonderlichs zu thun / vnd fraget jhn vmb viel ſachen / vnd vnter andern / woher er doch buͤrtig were / ſagte zu jhm / daß ſolchs bey vns / noch auff den heutigen tag in groſſem zweiffel ſtuͤnde? Darauff er mir antwortet / er wuͤ - ſte es ſelber nicht. Denn etliche ſagten / er were aus Chio, etliche aus Smyrna, etliche aus Colo - phone, er gleubte er were von Babylon. Dieweil in ſeine Landsleute nicht Homerum, ſondern Tigra - nem genant hetten. Dieweil er aber bey den Grie - chen / fuͤr ein Geyſel verſatzt were / hette er ſeinen Nahmen verendert.
Hernach fragte ich / oh auch die Verß / ſo zu vnſer zeit verworffen wuͤrden / ſeine weren / oder nicht? Er aber antwortet / ſie weren alle ſein. Als ich daß hoͤrete / muſt ich warlich des Zenodoti vnd Ari -ſtarchi,125ſtarchi, des Griechiſchen Schulmeiſters lame zoten vnnd grundloſe ſpitzfindigkeit verwerf - fen.
Da er mir nun diß weitleufftig gnug vorge - ſchwatzet / fraget ich wiederumb / warumb das er ſein Buch vom zorn hette angefangen? Ey / ſagt er / weil mirs ſo in den Sinn kam. Denn ich auff meine ſachen nie keinen ſonderlichen fleiß an - wante.
Endlich wolt ich auch daß wiſſen / ob er ſein Buch von Vlyſſe / wie es jhrer viel dafuͤr halten / ehe ge - ſchrieben hette / denn daß vom Troianiſchen Krie - ge. Dazu er durchaus nein ſagte. Ob er aber blind were geweſen / das ſie auch von im ſchreiben / durfft ich nicht fragen / dieweil ichs augenſcheinlich an - ders befand. Dergleichen fragen bracht ich offt / wenn ich ſahe / das er meiner gewarten koͤnte. Wenn ich aber zu jhm gieng / vnd zu fragen anfieng / ant - wortet er mir fein auff alle ſachen / vnnd ſoͤnderlich als er ſeine ſachen erhalten vnnd gewonnen hatte. Denn der heßliche Therſites hette jhn verklaget / er hette jhn geſchendet vnd geſchmehet in ſeinem Bu - che. Welche klage der Vlyſſes wiederlegt / vnd dem Homero die ſach erhalten hette.
Vmb dieſe zeit kam auch auffgezogen / der Pytha - goras von Samo, der ſich gantzer ſiebenmahl ver - wandelt hatte / vnd in ſo viel Thieren hin vnd wie -R iijder126der gelebet / vnd ſeiner Seelen jrrige walfart ein - mal herumbracht hatte.
Seine rechter ſeiten war lauter Gold. Vnd ward beſchloſſen / er ſolt in jhr mittel auff vnd an genom - men werden. Man zweiffelt aber noch / ob er Py - thagoras oder Euphorbus ſolte genant werden.
Empedocles aber kam an / halb gebraten / vnnd mit dem gantz geſottenem leibe / ward aber nicht angenommen / ob er gleich viel bat / vnd darumb an - ſuchet.
NAch langheit der zeit aber / ſolt ein offent - lich Streitſpiel vnd Fechtſchuel gehalten werden / daß ſie Thanatuſia oder Todten - tantz heiſſen. Welches zum fuͤnfften mahl der A - chilles angerichtet hatte: Theſeus aber ſiebenmahl. Was ſich darin alles zugetragen / wuͤrde allhie zu lang zuerzehlen ſein.
Jch wil jtzt eine kurtze Summa / vnnd die vor - nembſte ſtucken der ſachen erzehlen. Allhie gewan mit Ringen der Carus, der es mit dem Hercule hielt / vnnd mit dem Vlyſſe vmb den Krantz ſtritte. Die127Die Fechter waren einer dem andern wol gewach - ſen / das keiner dem andern nichts abhaben koͤnte / als nemlich / Arius aus Ægypten, der zu Cormth begraben ligt / vnnd der Epius, die fuͤr ſich ſelſt ei - nen gang mit einander thaten. Denn bey jhnen hat der / wer auff der Fechtſchuel die vberhand hatte / keine verehrung. Wer im Wetlauff den platz behalten / iſt mir entfallen. Vnter den P[o] eͤten / damit ich die warheit ſage / ob der Home - rus gleich weit vortrefflicher war / gewan den - noch der Heſiodus Dieſer allen / ſo gewunnen / lohn / war ein Krantz von ſchoͤnen Pfawenfe - dern.
Wie diß Kampffſpiel jtzt vollendet war / kam ein elende Poſt / es hett ſich das Gotloſe Hellgeſind - lein / mit gewalt aus jhrer ſtraff vnd banden loß ge - brochen / Die Wacht abgetrieben / vnnd keme mit groſſem hauffen / die Jnſel zu vberfallen.
Jhre Oberſten vnd anfuͤhrer weren / der Phala - ris von Agrigent. Buſyris aus Egypten / der Diome - des aus Thracia, der Sciron vnnd Pityocamptes. So bald der Rhadamanthus diß vernommen / macht er ein Schlachtordnung von ſeinen Helden / ſtellet dieſelben an das Vfer. Welcher Kriegs - oberſten waren / Theſeus, Achilles vnd Aiax Tela - monius, der jtzt aller erſt zu ſeinem voͤrigenver -128verſtand kommen war. Zoͤgen derwegen zuſamen / vnd als daß treffen angieng / vnd ſie vnter einander vermenget wurden / erhielten die gedachte Helden die Schlacht. Vnter welchen in ſonder heit der A - chilles ſich tapffer vnd Ritterlich gehalten hatte.
Ja der Socrates hatte ſich auch friſch gewehret / weil er forn im rechten Fluͤgel verordnet war. Vnd hat ſich allhie viel tapfferer getummelt / denn als er bey Delo in der Schlacht geweſen. Denn als - bald der Feind angetreten / iſt er nicht ein Fußbreit aus ſeiner ſtet gewichen / ſondern jhn mit vnerſchro - cken Geſicht begegenet / biß er jhnen daß weiß in den Augen ſahe / vnd tapffer drauff ſchlug. Jſt jhm derwegen zur verchrung zugeſtelt / ein herrlicher Paradißgarten vor der Stad gelegen. Darin er ſeine Freunde vnd bekanten zuſamen fordert / jhnen etwas vorlaß / vnd mit jhnen diſputirete / vnd nan - te es der Todtenſchuel oder Necracademiam. Sie namen aber die gefangene vnd vberwundene / bun - den ſie / vnnd ſchickten ſie wieder an den orth der Quall / das ſie hinfort deſto herter vnd hefftiger ge - ſtraffer wurden.
Dieſen Krieg hat der Homerus beſchrieben / vnd mir / wie ich von jhm zog / ein exemplar verehret / das ich zu den Leuten in dieſer Welt mit mir neh - men ſolte. Aber ich habe daſſelbig vnterwegens mit viel andern koͤſtlichen ſachen verlohren. Das Buchfieng129fieng auff Griechiſch alſo an: Nun ſoltu Muſa mir vermelden / Den Krieg der verſtorbenen Hel - den.
Da ſie nun Bonen gekocht hatten / welches ſie fuͤr einen vblichen gebrauch haben. Wenn ſie daß Feld vnd Sieg behalten / vnd jhre Siegfeſt feireten. War der Pythagoras allein nicht dabey / ſondern ſaß von ferne vnd hungerte. Dieweil er fuͤr den Bonen ein eickel vnd abſchew hatte.
NAch ſechs Monden mitten im ſiebenden / ha - ben ſich newe jachen begeben / der Cymrus vnſers Scinthari Sohn / ein feiner ſtarcker ſchoͤner Geſell / war gegen die ſchoͤne Helenam, ein gerauwe zeit in groſſer lieb entbrant / vnd die He - lena ließ ſich auch oͤffentlich mercken. Denn ſie denſelben Juͤngling ſo hinwieder liebte / das ſie bald nerriſch druͤber worden were. Denn ſo offt ſie vber Tiſch in Gaſtungen ſaſſen / winckten ſie ohn vnter - laß einer dem andern / truncken einander zu / ſtun - den auch bißweilen allein auff von der Taffel / vnd wanderten mit einander in den Wald. Biß end - lich der gute Cinyras fuͤr lieb vnd vngeduld mitSſich130ſich beſchloſſen / er wolte ſie heimlich dauon fuͤhren. welches ſich denn die Helena wolgefallen ließ / da - mit ſie in der beyligenden Jnſeln / eine nach Phello oder Thyroëſſa kommen moͤchten. Namen auch zu dieſem jhrem vorhaben zu rath / drey geſchwor - ne verwegene Tropffen aus vnſer Geſellſchafft.
Diß hat er aber feinem Vater nicht offenbaret / dieweil er wuſte / das jhn derſelb offtmals dar - umb vbel empfienge. Derwegen / wie ſie fuͤgli - che gelegenheit bekommen / richten ſie jhr vorha - ben zu werck. So bald es Nacht ward / kommen ſie heimlich ohn jemands wiſſen / nehmen die He - lenam zu ſich / vnnd machen ſich eilend in der zeit dauon. Jch aber war nicht bey wege / ſondern ſaß beim Wolleben / vnnd war daruͤber einge - ſchlummert. Jhr Eheman aber Menelaus, wie er vmb Mitternacht erwacht / vnd das Bett ledig fin - det / ſein Weib nirgend ſiehet / fenget an zu ruſſen / nimpt alſo bald ſeinen Bruder zu ſich / zeucht mit demſelben alſo bald zum Koͤnige Rhadaman - tho.
Des Morgendes fruͤe / als der Tag anbrach / ſagten die Kundſchaffer / man ſehr von fernen ein Schiff ſtehen. Darauff nam der Rhadamanthus funfftzig tapffere Helden / ſatzte ſie in ein new von dem beſten Aſphodel Holtz erbawetes Schiff / vnd befahl / das ſie jhnen eilend nachjagen ſolten / dieſich131ſich denn an die Ruͤder mit macht legten / in groſſer eyl vort trieben / vnd vmb den Mittag ſie bekamen / da ſie bereit in dem Milchmeer (dauon zuuor ge - ſagt) geſiegelt hatten / nicht weit von dem Kaͤßland Tyroëſſa. Denn ſo weit waren ſie fort geeylet / vnd bald dauon entwiſchet.
Bunden alſo die Schiff mit jhren Roſen Ketten aneinander / vnd namen ſie mit zu ruͤck / da wei - nete die Helena, vnnd ſaß mit verhuͤlletem Ange - ſicht / durfft keinen ehrlichen Menſchen anſe - hen.
Der Koͤnig Rhadamanthus aber / (als er denn Cynarum mit fleiß außgefraget / vñgeforſchet hat - te / ob auch andere mit in ſeinem Rathſchlag gewe - ſen weren / vnd er antwortet / keiner) ließ jn an ſeine Scham mit den Roſen Ketten binden / vnnd nach dem er jhn mit Pappelſtengeln wol gegeiſ - ſelt hatte / ſandte er jhn in die Helle zu den ver - dawpten Boͤßwichtern / wurden auch eins / man ſolt vns fuͤr zugeſagter zeit / aus dem Land abſchaf - fen / konten aber folgenden tag noch da verharren. Das mich denn ſo verdroß / das mir die Augen vbergiengen. Dieweil ich aus dieſem gluͤckſeli - gen Paradiß hinweg / vnnd ferner hin vnnd wie - der jrre fahren ſolte. Sie aber troͤſteten mich / ſprachen / es wuͤrde nicht lange weren / ſo wuͤr - de ich wieder bey jhnen ſein. Zeigeten mirS ijauch132auch zur ſtund ein ſchoͤnen ort / da viel guter Leut vnd Nachbar als denn bey mir ſein ſolten. Jch gieng aber zu dem Rhadamantho, bat jhn mit viel wor - ten / er wolte mir ſagē / was mir kuͤnfftig zu handen kommen ſolte / vnnd mir anzeigen / wie ich meine Schiffart wol vnd zum gewuͤnſcheten ende brechte. Er aber antwortet / ich wuͤrde zwar endlich wieder - umb in mein liebes Vaterland ankommen. Aber es wuͤrde mir mancher ſaurer Wind zuuer in die Naſe wehen. Jch wuͤrde weit jrre fahren / vnd al - lerley gefahr außſtehen.
Die zeit aber / wenn ich wiederumb heim komen wuͤrde / wolt er nicht dazu ſetzen. Sondern zeigte mir die benachbarte Jnſeln / deren konte man nur fuͤnff ſehen / vnd von ferne die ſechſte: Dieſe beylie - gende Jnſeln / drauff du daß groſſe fewer ſichſt bren - nen / ſprach er / ſein der vnſeligen vnnd verdampten Menſchen Lender. Jn der ſechſten aber / iſt der treu - me Stad. Hinder derſelben iſt auch der Callipſo Jnſel / dieſelbe aber / kanſtu ſo weit hie noch nicht ſe - hen. Wenn du nun fuͤr dieſen / ſo ich dir gezeiget / vberfehreſt / wirſtu in ein groß feſt Land kommen / daß gerade gegen dieſem vnſerm Land vberliegt / da wirſtu viel leiden muͤſſen / fuͤr mancherley Volck v - berziehen / vnnd durch manch wuͤſte / wuͤnderliche Wilde Leute vnd oͤrter durchreyſen / endlich aberwirſtu133wirſtu in das ander Land kommen. Als er diß mit mir geredet hatte / reiß er ein Pappeibuſch aus der Erd / gab mir die Wurtzel dauon / vnd ſagt / ich ſolte dieſelbe in meiner groͤſten noth ehren vnnd anbeten. Vermahnet mich auch das / ſo fern ich jemals an dieſen ort wiederumb kommen wolte / ſolt ich mit keinem Schwert ins fewer ſtechen / keine heiſſe Bo - nen eſſen / auch mit keinem jungen Megdlein / das nicht vber achtzehen jahr alt were / Bulen. Wenn ich dieſes eingedenck were / duͤrfft ich wol hoffen / daß ich wiederumb in dieſe Jnſel kommen wuͤrde.
Als ich diß hoͤrete / ruͤſt ich erſt zu / was zur Schiffart von noͤten war / vnd als es vmb die zeit war / hielt ich mahlzeit mit jhnen. Folgendes tages hernach / gieng ich zum Poeten Homero / bat denſel - ben / er moͤchte mir ein pahr Griechiſche verß oder Reimlein zum anſchlag / auff meinen abzug ma - chen. Welches als ers thate / ſetzte ich ein Beryl - len Seule fuͤr den Schiffhagen auff / vnnd ſchrieb ſie daran. Diß aber war derſelben verß mei - nung:
JCH blieb denſelben Tag noch da / vnd mach - te mich den andern Tag dauon. Da mir denn viel fuͤrtreffliche Helde das geleite ga - ben. Vnter andern kam auch der Vlyſſes / ohn der Penelope wiſſen / vnnd gab mir Brieffe an die Ca - lypſo in der Jnſel Ogygia. Es ſchickt auch der Rha - damanthus ſeinen ſchiffman Nauplium mit vns / daß / wenn wir jrgend wo zu Land anſchluͤgen / vns niemand gefehrte / ſondern als Kauff vnd Handels - Leute frey paſſiren lieſſe.
Als wir nun aus der woltiechenden Lufft hin - aus kamen / fuhr vns als bald ein grewlicher heß - licher ſtanck entgegen / nicht anders / als wenn man Erdpech / Schwefel vnnd Theer mit ein ander brennete. Vnd war ſo ein ſtarcker abſchewlicher vntreglicher ſtanck / als wenn man die Zeuberhu - ren ſchmeucht vnd verbrennet. Die Lufft war auch tunckel vnd finſter / vnd triefft ein ſchwartzer heiſſer Pechtaw von oben herunter. Ja man konte eigent - lich hoͤren die ſchlege / vnd geiſſelſtrich / auch vieler Menſchen Heulen vnd Zeenklappen / paſſierten alſo die andern fuͤr vber. Jn der aber / in die wir außſtie -gen /135gen / hatte es die gelegenheit: Es war allenthalben rund vnnd gehling hinan zu ſehen verbrant / von Kllppen vnd Felſen rauch vnd ſcharff / vnd weder Baum noch Waſſer drinnen.
Wir krochen aber nichts deſto weiniger die ge - hen Felſen hinan / vnnd durch den vngehewren Dornhatten hegken wegk / hindurch biß in das vn - fletige Land. Jn dem wir aber an die Gefengniß / vnd Gerichtsſtat kamen / verwunderten wir vns erſtlich vber deſſelben orts art / vnd wunderliche Na - tur. Denn der Bodem war vberall mit Schwer - tern vnd Dolchen bewachſen / vmb welchen zween Fluß herumb giengen / einer von Schlam vnnd Dreck / der ander von Blut. Vnd vber dieſe / war noch ein ander Fewrfluß / groß vnd grundlos / floß gleich wie Waſſer / vnd beweget ſich / wie das Meer. Welches Fewrwaſſer viel vnd eine groſſe mennige Fiſche hatte / deren etliche außſahen / wie Feurbrende. Die kleinen aber / wie gluͤende Kohlen / die ſie Lychniſcos oder Liechtdochtlein nennen. Durch dieſen Fluͤſſen war ein kleiner enger eingang / an welchem als ein Pfoͤrtner auffwarten muſte der Leutſchewige Timon von Athen. Als wir aber dennoch hinein kamen mit vnſerm vorgenger Nauplio, ſahen wir die / ſo in der helliſchen Marter vnd Plage waren. Vnterdenen136denen viel Koͤnige / viel gemeiner Leute weren / deren wir etliche wol kanten. Wir ſahen auch vn - ter andern vnſern Geſellē Cynirum beim ſchwantz / auff gut Norwegiſch / im Rauch hengen.
Wenn auch dieſelben / ſo vns hinein fuͤhreten / vns jemand zeigeten / erzehlten ſie zugleich / wie er ſein leben gefuͤhret / vnd warumb er dermaſſen ge - ſtraffet wuͤrde.
Die allergroͤſte marter aber / muſten die außſte - hen / ſo bey jhrem leben jemand belogen hatten / vnd die lauter warheit nicht in jren ſchrifften behalten. Vnter welchen auch der Cteſias von Cnido war / vnd der Herodotus ſampt andern vnzehligen.
Als ich die ſahe / frewet ich mich / das ich noch gute hoffnung hette / Dieweil ich mich keiner luͤgen ſchuͤldig wuſte. Machte mich auch alſo bald wieder - vmb ins Schiff / dieweil ich den jam̄er nicht lenger anſehen konte / vnd nach dem ich von dem Nauplio vrlaub genommen / ſchied ich von dannen.
KVrtz hernach ſahen wir nicht gar weit da - uon / der Treum Jnſel / welches ein tunckel Land iſt / alſo / das mans genaw recht er - kennen mag. Vnd ließ ſich anſehen / als wenn dasLand137Land auch wie ein Traum were / denn je neher wir hinan kamen / je weiter es ſich zu ruͤck gab / biß wir endlich mit gewalt hinan ruͤcktē / vnd in den Hafen / den ſie den Schlaff nennē / anzogen / vnd ſtiegen bey dem Elphenbeinen Thor / bey welchen des Hanen Tempel iſt / am ſpeten Abend zu Lande. Da wir nun ins Thor hinein giengen / ſahen wir viel vnd man - cherley Treume. Jch wil aber vor allen dingen zu erſt von jrer Stad etwas vermelden / ſintemal von derſelben niemand jemals geſchrieben hat / ohn der Homerus erwehnt jhrer an einem ort / beſchreibt ſie doch nicht fleiſsig vnd eigentlich.
Jn dem vmbkreis der Stad / liegt allenthalben ein gruͤner Wald / darin eitel hohe Monbeum vnnd gewaltige Alraunen ſein. Auff welchem eine groſ - ſe macht Fledermeuſe ſitzen. Denn in dieſer Jnſel wird der Vogel allein gefunden. Daneben fleuſt ein waſſer genant Nyćtiporus oder Nachtfluß. Fuͤr den Thoren ſtehē auch zween Beume / des einē Nam iſt Negretus, Suͤßſchlaff / des andern Pannychia, Gantznachtſchlaff. Die Stadmawer iſt ſo hoch / bunt vnnd ſeltzam von Farben / einem Regenbogen nicht vngleich. Es ſein nicht allein zwey Thor / als Homerus meinet / fondern vier. Denn zwey ge - hen hinaus nach dem Weichfeld / deren eines iſt von Eiſen / das ander von Thon. Dadurch ſagten ſie / wurden die grewliche vnd erſchreckliche Treu -Tme aus138me aus vnd eingelaſſen. Die zwey andere aber nach dem Hafen werts / da die Schiff ſtunden / vnd nach dem Meer gewand waten / eins von Horn / das ander / dadurch wir hinein giengen / von El - phenbein.
Wenn man in die Stad hinein kompt / iſt zur rechten Hand der Goͤttin / die Nacht genant / Tem - pel. Denn dieſelbe Goͤttin vnd den Haußhanen / ehren ſie fuͤr allen andern Goͤttern am meiſten.
Dem Hanen haben ſie auch bald am Schiffha - fen / wie zuuor geſagt / eine Capell gebawet Auff der linckē ſeite / iſt des Schlaffs Koͤnigliche Schloß vnd Pallaſt. Denn derſelbige hat das Regiment in der Jnſel. Hat aber zu Herren vnnd Heupt - leuten gemacht / den Taraxion oder Schreckman des Nertiſchen Matæogenis Sohn / vnd neben jhn dem Plutoclem oder Ruhmreichen des Fantaſti - ſchen Phantaſionis Son. Mitten auff dem Marckt aber / ſtehet ein Brunn / den ſie Careotin oder Schwerkopff heiſſen. Zu negſt dabey liegen zwo Kirchen / eine der Goͤttin des Betrugs: Die ander der Goͤttin der Warheit geſtifftet. Darin denn ge - melte Goͤttinnen jhre eigen Heiligthumb / Sarri - ſten / Oraculum vnd Weiſſagung hatten / nach wel - chen der Traumgerk Antipho Propheceyte. Der mit dieſem Ampt vnd Ehr vom Schlaff Koͤnig be - gabt war.
Aber139Aber der Treume Natur / geſtalt vnnd form / iſt nicht einmal wie daß andermal. Denn etliche waren lang / ſchōn vnd lieblich: Etliche aber / kurtz vnd heßlich: Etliche waren auch eitel Guͤlden / wie mich deucht / etliche garſtig vnd veracht. Vnter andern waren auch etliche mit Fluͤgeln / ſeltzam vnnd vngeſchaffen: Etliche aber / als zur Pracht / ſtatlich heraus geputzt. Als nach der Kōnige / Gōtter / oder dergleichen geſtalt ver - kleidet. Ja wir erkanten vnter jhnen auch etliche / die wir ehemals bey vns geſehen hat - ten.
Es kamen auch etliche zu vns heran / gruͤſſeten vns / als wenn ſie lang mit vns vnd in vnſern Heu - ſern vmbgangen / vnd wol bekant weren. Dieſel - bigen / nach dem ſie vns wilkommen geheiſſen / vnd in jhr Hauß gefuͤhret / vnnd in einen ſanfften Schlaff gebracht hatten / tractierten ſie vns auffs aller herrlichſte / prechtigſte vnd zierlichſte / loſier - ten vns auch in einen ſtathlichen Saal. Verhieſ - ſen vns / ſie wolten Koͤnige vnd andere groſſe Her - ren vnd Fuͤrſten aus vns machen. Jhrer etliche namen einen iglichen aus vnſerm mittel / fuͤhrten jhn in ſein Vaterland / zeigten jhm ſeine Haußge - noſſen / vnnd brachten jhn deſſelben tages wieder - umb zu vns. Derwegen blieben wir dreiſsig Tag vnd dreiſsig Nacht bey jhnen / ſchlieffen vnd aſſen /T ijvnd140vnd waren luſtig. Endlich aber kam vber alles vermuten / ein erſchrecklich Donnerwetter / mit ei - nem groſſen krachen / erſchreckt vns / das wir er - wachten / vnd fuͤhren mit vollem Bauch dauon.
VON dannen kamen wir am dritten Tage in die Jnſel Ogygia genand / da wir denn auffs Land giengen. Daſelbſt brach ich erſt des Vlyſſis Brieff auff / vnd wolt ſehen / was er ge - ſchrieben hette. Diß war aber der inhalt:
Jch Vlyſſes wuͤndſch der Calypſo Gluͤck vnd Wolfart.
Liebe Calypſo ich kan dir nicht verhalten / das nach dem ich von dir / mit meinem von newen wol zugeruͤſteten vnd verſorgtē Schiff / erſtlich abegeſie - gelt / ſchiffbruch gelitten habe / vnd mit genawer not von Leucothea, biß an das Phæaciſche Land anko - men bin. Deſſen einwohner auch mich alſo bald nach Hauß haben fahren laſſen. Daſelbſt ich denn viel gefunden / die vmb mein Weib buleten / vnd all mein Hab vnd Gut zu jhrer wolluſt miß - brauchten. Als ich nun die alle mit gewerter Hand erlegt hatte / bin ich endlich von meinem Sohn Te -logono,141logono, den mir die Circe gebar / jemmerlich da - hin gerichtet. Jtzt aber bin ich in der ſeligen Hel - den Jnſel vnd Land / darin mich nichts ſehrer dau - ret / denn das ich hinfort nicht mehr nach vnſer gewohnheit / ſol bey dir ſein / leben vnd vmbgehen / vnd das ich die vnſterbligkeit von dir nicht anneh - men wolte. So bald es aber je die gelegenheit geben wird / wil ich ſehen / das ich heimlich dauon komme / vnd zu dir hinuͤber fahre.
Diß war des Vlyſsis ſchreiben. Von vns aber ſchrieb er / das ſie vns Herberge bey jhr gōnnen wolte.
Jch ſpacierte aber ein weinig vom Meer hin - weg / vnd fand eine Hoͤle / gleich wie ſie Homerus beſchrieben hat / da traff ich die Calypſo an / das ſie da ſaß / vnnd mit jhrem Spinwerck vmbgieng. Nach dem ſie aber den Brieff empfangen hatte / vnd vns zu ſich ließ. Fieng ſie zwar in der erſt heff - tig an zu weinen. Hernach aber / lude ſie vns zu jrer Taffel / tractieret vns auffs koͤſtlichſte / fragte viel vom Vlyſſe jhrem Bulen / vnd Penelope ſeiner Ehe - gemahlin / wie ſie von geſtalt were: Ob ſie denn ſo Keuſch wehre / als der Vlyſſes vorzeiten von jhr ge - ruͤhmet hette? Wir aber antworten jhr / was ſie gern hoͤren wolte. Vnd giengen wieder nach vnſerm Schiff / legten vns am Vfer nieder / vnnd ſchlum - merten ein weinig. Fruͤe Morgends aber / als einT iijſtarcker142ſtarcker Wind auffſtund / machten wir vns wieder dauon.
Endlich / als wir zwey tag die groſſe Fortun vnd Sturmwinde gehabt / gerieten wir des dritten ta - ges an die Seereuber Colocynthopyratas oder Co - loquint, Schiffreuber genant. Diß ſein Wilde Leut / die alle ſo aus den vmbliegenden Jnſeln dahin ſchif - fen / auffhalten vnd berauben. Sie haben groſſe Schiff von lauter Kurbsſchalen gemacht / wol ſechs Ellen lang Denn ſie duͤrren die groſſen Kuͤrbsepffel auff / vnd wenn ſie hart gnug ſein / nemen ſie die Kernen vnd Fleiſch heraus / vnnd machen jhnen alſo Schiffe daraus / darin ſie Maſtbeum haben von groſſen Rohrſtengelen / vnd Siegel von einem Kuͤrbsblat. Dieſelbigen fielen mit zwo wolgeruͤſten Schiff Armaden zu vns ein / ſchlugen vnd ver wun - deten vnſer viel / wurffen mit den groſſen Kuͤrbsker - nen / als mit Steinen vnd Kugeln auff vns / denn ſie lieffen mehrertheils nahend auff vns.
Auff den Mittag aber ohn gefehr / werden wir gewahr / daß die Caryonautæ oder Nußſchiffer hin - der den Coloquintreubern heran kommen. Wel - che jhre abgeſagte Feinde waren / als wir nachmals erfahren haben. Denn ſo bald ſie merckten / das jre Feinde verhanden / lieſſen ſie vns paſſiren / vnnd wanten ſich zu jhnen / vnd Kriegten mit den Schif - fen gegen ein ander. Wir aber / zogen vnſer Sie -gel143gel auff / lieſſen ſich die mit einander ſchlagen / vnd ſiegelten in groſſer eil dauon. Man ſahe aber eigent - lich die Nußſchiffer oder Caryonautæ wuͤrden die vberhand behalten / dieweil jhrer vngleich ein groͤſſer anzahl war. Denn ſie hatten fuͤnff Schiff / dazu waren jhre Schiff viel ſtercker vnd beſſer zum anlauff verwaret. Jhre Schiff aber waren eine groſſe Nußſchall mitten von ein ander geſchnitten vnd außgeholet. Ein jeder Nußſchale aber / war in die funffzehen Ellen lang. Als wir vns nun fuͤr dieſem Geſindlein aus dem ſtaub gemacht / verbun - den wir vnſere Geſellen / ſo verwundet waren / vnd blieben in vnſer Ruͤſtung ſtehen / dieweil wir vns mehr gefahr befuͤrchten muſten / vnd warlich nicht vnbillig. Denn die Sonne war noch nicht vnter - gangen / da ſahen wir / daß von einer wuͤſten Jnſel / vber die zwantzig Kerles auff groſſen Meerſchwei - n[e]n zu vns an geritten kamen / die waren aber auch Reuber / welche die Delphinen ſtatlich daher tru - gen / ſprungen mit jnen / vnd ſchrien wie die Hengſt. Als ſie nun nahe bey vns kamen / wurffen ſie mit auffgeduͤrreten Blackfiſchen vnd Krebßaugen auff vns zu. So bald wir aber anfiengen zu ſchieſſen vnd zu werffen / konten ſie nicht beſtehen / ſondern nach dem jhrer viel hart verwundet waren / zogen ſie wieder nach jhrer Jnſel zu.
Vmb144Vmb Mitternacht aber / da ſich kein Windlein reget / kommen wir ohn gefehr an eines groſſen Halcyons, oder Eißvogels neſt / Welches Neſt wol in die ſechtzig Griechiſche oder zwo Teutſche meilen vmbfangen. Es ſaß in demſelbē / vnd auff ſeinen Ey - ern ein Vogel / der war nicht viel kleiner. Als der - ſelbe aufflohe / hatte er vnſer Schiff mit dem Wind / den er mit den Fluͤgeln erreget / bey nahe zu grund getrieben. Er flog aber alſo dauon / vnd rieff mit kleglicher vnd erbermlicher Stim. Da es begun - te tag zu werden / ſahen wir das Neſt / welches ſo groß war / als ein groß Seeſchiff am raum / vō eitel groſſen Beumē gemacht Es lagen auch Eyer drein / deren ein jedes groͤſſer war / denn ein ſechs Eime - rich Weinfaß. Man kont auch die jungen allbe - reit durch die ſchalen ſehen / vnd ruffen hoͤren. Da funden wir einen jungen Vogel drein / noch ohn Fe - dern / der doch ſtercker war / denn zwantzig Haſen - geyer ſein moͤchten.
NAchmals da wir vber die zwey hundert Griechiſcher oder ſechs Teutſche meilen von dem Vogelneſt weg geſiegelt waren /wie -145wieder fuhr vns wunderbarliche vnnd ſeltzame abenthewer. Denn daß Gaͤnßlein ſo wir zum zier geſchnitzt vnd forn auffs Schiff geſatzt / krieg rech - te Fluͤgeln / vñ fieng an zu ſchreyen. Der Steurman Scyntharus / welcher vorhin einen kalen Kopff hat - te / bekam in der eil lange Haar.
Vnd daß noch wunderlicher iſt / fieng der Maſt - baum an zu gruͤnen / hatte Zweige vnd Fruͤchte oben im Wipfel. Seine Fruͤchte waren Feigen vnd vn - reiffe Weintrauben. Als wir dis vernahmen / wuͤrden wir / wie nicht vnbillich / beſtuͤrtzt / vnd baten Gott den Allmechtigen / er wo[l]te alles boͤſes gnediglich von vns wendē. Wir waren aber noch nicht 5. Griechiſcher meilen vortgefahren / da ſahen wir einen groſſen breiten Wald / von Pinien vnd Cypreſſen beumē. Das wir nicht anders gedencken konten / es muſte ein feſte Landt ſein / Aber es war ein abg[r]und / darin man keinen bodem finden koͤn - te / welcher vberall mit Beumen bewachſen war / die keine Wurtzel hatten. Die Beume aber ſtuͤnden ge - rade vnd ſtill / nit anders / als wenn ſie auff dē Waſ - ſer ſchwummen / in dem wir nun neher hinzu kamē / vnd die gelegenheit beſahen / zweiffelten wir daran was vns zu thun were. Sintemal gefahr drauff ſtund / das wir durch die Beume durch fahren ſol - ten / inſonderheit / weil ſie eng vnd nahend bey ein - ander ſtuͤnden / vnd man nicht leicht zu ruͤck komenVmoͤch -146te. Stieg derhalben ich auff den hoͤchſten Baum / zu ſchawen was da hinden gelegen. Daſelbſt ſahe ich einen Wald der vber die 50 Griechſcher oder zwo Teutſcher meilen / oder ein weinig geringer ſich er ſtreckt / vnd das hinder demſelben Wald ein newer See angieng. Da daucht vns rathſam zu ſein / dz wir das Schiff vber die Beume / deñ ſie waren ſehr dicke mit Laube bewachſen / in die newe See brech - ten / wo es je muͤglich wehre. Das wir denn alſo bald thaten. Denn wir banden dz Schiff in groſ - ſe ſtricke / vnd zogens hinauff auff die Beume / mit groſſer muͤhe vnd gefahr. Nach dem wirs aber auff die zweige niederlieſſen / ſpanneten wir vnſer Siegel gleich als hetten wir im Meer geſiegelt / vnd fuhren dauon. Da gedacht ich an des alten Poeten Anti - machi verß:
Das wir endlich vber den Wald hinuber ka - men / auff das klare vnd helle Waſſer / auff welchem wir den vnſern Curß weiter namen / vnd vortſiegel - ten. Bis wir gelangeten an ein gros loch / ſo mit - ten zwiſchen dem Waſſer war / alſo / das ſich dz Waſ - ſer nach beyden ſeiten abgewand hatte / nicht anders deñ wie im Erdbihen groſſe loͤcher im Er dreich einzu -fallen147fallen pflegen. Vnſer Schiff aber ſiund alſo bald / nach dem wir die Siegel niedergelaſſen hatten / ſtil - le. Wiewol es leicht geſchehen moͤgen / das es vber vnnd vber hinein geſtuͤrtzt wehre. Als wir aber eigentlich zu ſahen / wuͤrden wir gewahr / das dieſel - be Hoͤle vber die tauſend Griechſcher meilen in dem Waſſer hingieng. Denn das Waſſer ſtund auff beyden ſeiten / als were es von einander getheilet. Da wir vns nach der rechten Handt wandten / ſa - hen wir von fernen eine Bruͤcken / da zwey Meer in einander floſſen / als ſichs anſehen lies. Ruderten derwegen hinan / vnd kamen mit groſſer muͤhe hin - durch. Darnach kamen wir in ein ſtill vnd gelinde Meer / in dem eine kleine Jnſel lag / dazu man mit ge - ringer muͤh anfahren mōchte. Jn derſelben Jnſel a - ber wohnen die Ochſen Koͤpffigte Bucephali, Wel - ches ein wild Volck iſt mit Hoͤrnern / gleich wie die Poeten ſagen / das ehemals dz wunderthier Mino - taurus geweſen ſey. Wir aber ſtiegen daſelbſt auffs Land / Waſſer zu ſchepffen / welches wir damals nit viel vbrig im Schiff hatten. Fuͤnden auch daſſel - be bald vorn am Lande. Vernahmen aber dennoch nichts / ohn das wir von fern ein gros Ochſen ge - ſchrey hoͤreten. Da wir denn nicht anders gedachtē / es wuͤrden eine herde Ochſen verhanden ſein / ſo bald wir aber hinan kamen / warens ſonderliche Leute vnd Voͤlcker. Welche / ſo bald ſie vnſer inne wuͤrden /V ijeileten148eileten ſie vns nach / nahmen vnſer drey Geſellen gefangen. Wir andern aber lieffen nach dem Schiff eilend zu / ruͤſteten vns von ſtund an alle miteinan - der zum ſtreit. Denn es vns nit billich ſein dauch - te / das wir vnſer Geſellen Blut vngerochen lieſſen / vnd vberfielen dieſe Ochſen Koͤpffe oder Bucepha - los, in dem ſie vnſer armen mitgeſellen todte Leich - nam vnter ſich theileten / vñ jtzt freſſen wolten. Ver - ſchreckten vnd verjagten ſie alſo alle miteinander / ſchlugen vber Funfftzig zu Tod / vnd nach dem wir j - rer zwey lebendig bekommen / zoͤgen wir mit jhnen zu ruͤck nach vnſerm Schiff zu. Dieweil wir aber keinen Prouiant vnd victualien daſelbſt fundē / oder bekommen moͤchten / ſahen etliche aus vnſerm mittel fuͤr Ratſam an / man ſolt die beiden gefangē ſchlach - ten. Welches ich doch nicht zugeben wolte / ſondern band ſie / vnd verwahret ſie / bis die Legaten von den Bucephalern kehmen / ſie wieder holeten / Ran - zauneten / vnd los machten. Denn wir vernahmen jhre Demuth vnd bitt aus dem jammerlichen ge - pler / geſchrey vnd wincken / ſo ſie jmmer trieben. Fuͤr Ranzaun Geldt aber ward gegeben ein hauffen Ke - ſe / gedoͤrte Fiſch / darzu Zwiebeln vnd vier Hirſchen / deren ein jeglicher nicht mehr den drey Fuͤſſe hat - te. Alſo / das am hindertheil zwey Fuͤſſe / die fordern aber beyde in einē zuſamen gewachſen waren. Dar - auff wir den jhnen die gefangenen folgen lieſſen /vnd149vnd verharreten noch einen tag bey jhnen. Darnach zōgen wir von dannen.
Bald lieſſen ſich Fiſche ſehen / es flohen auch al - lerley Vogel vber das Schiff / vnd dergleichen ſa - chen begaben ſich mehr / welches zeichen pflegen zu ſein / das nicht weit von dannen Land war. Kurtz hernach ſahen wir Leute / die gar eine ſeltzame newe Schiffart angerichtet hatten. Denn ſie beydes Schiffer vnd Schiff waren. Welche Schiffart ich denn auch beſchreiben mus.
Die Kerl lagen im Waſſer auff dem ruͤcken / vnd richten den elfften finger / welcher oberaus lang vnd ſtarck war / in die hoͤhe / hiengē ein Bethtuch daran fuͤr ein Siegel / hielten die Fuͤſſe mit den Henden / vñ fuhren alſo mit dem Wind dauon. Andere aber fol - geten dieſen nach / ſaſſen auff Korckbretern / hatten zwene Meerſchwein vorgeſpant / damit ſie her kut - ſcheten / auff etlichen ritten ſie auch / vnd die vorgin - gen / zogen ſie hernach. Dieſe alle miteinander tha - ten vns keine vberlaſt / ſcheweten ſich auch nichts / ſondern Siegelten vnerſchrocken / vnd ſtilſchwei - gend bey vns / vnd ſahen vnſer Schiff mit verwun derung hin vnd wieder an.
ZV Abend lendeten wir an eine Jnſel / die nicht gar groß war / vnd als wir erfuͤhren / wohne -V iijten150ten auch Weiber in derſelben / die Griechiſche ſprach gebrauchten. Denn als wir hinan kamen / gien - gen ſie zu vns entgegen / gruͤſſeten vnd empfiengen vns / hatten ſich auch alle vberaus Buleriſch aus - geputzt / waren alle mit einander noch jung vnnd ſchōn / hatten groſſe lange roͤ[c]ke an / mit ſchleiffen vnd ſchwentzen. Dieſer Jnſel aber nahme war Ca - baluſa. Jhre Heuptſtat hies Hydamardia. Dieſe Weiber nahmen vns zur Herberg auff vnd an / vnd eine jede nam einen von vnſern gefehrten / vnd fuͤhrt jhn mit ſich zu Hauß als einen Gaſt. Jch aber blieb da voller gedancken beſtehen / vnd fuͤrchte es moͤchte nichts guts aus der gaſtunge werden. Denn wie ich ein wenig fleiſsig vmbſahe / wurde ich gewar / dz hin vnd wieder / ein groſſer hauff Knochen vnd tod - ter Menſchen Koͤpffe lagen. Acht aber dennoch nit rathſam / dz ich ein geſchrey machte / vnd meine Ge - ſellen zur Wehr auffbrechte. Sondern nam meine Pappelnwuͤrtzel in die Hand / bat dieſelben fleiſsig / das ſie mich wolt aus dieſem gegenwertigem vn - gluͤck erretten. Vnd bald darauff / als die Wirtin zu Tiſch auffwarte / ward ich gewahr / dz ſie keine Men - ſchen Beine / ſondern Eſels Fuͤſſe hatte. Ziehe der - halben eilend von Leder / ertapffe vnd binde ſie / vnd frage ſie vmb alle ſachen. Qarauff ſie denn / wiewol vngern / bekante / ſie wehren Meerweiber / ſo man die Eſelfuͤſsige Onoſceleas nente / vnd ſie lebten dauon /das151das ſie jhre Geſte felbſt freſſen. Denn / ſagte ſie / ſo bald wir ſie Truncken gemacht / legen wir vns zu jhnen / vnnd vber fallen ſie alſo im Schlaff / toͤdten vnd freſſen ſie. So bald ich dis gehoͤret hat - te / ſtieg ich auffs Tach / lies ſie aber im Haus dieweil gebunden liegen / ſchrie vnd rieff meine Geſellen zu - ſamen. Als ſie nun zuſamen kommen waren / zeiget ich jhnen die Todtenbein / vnd fuͤhrete ſie zu der ge - bundenen Waſſernixin hinein. Aber ſie ward plōtz - lich zu Waſſer / vnd verſchwand. Nichts deſto weini - ger nahm ich mein ſchwerd / ſtach verſuchens hal - ben in das Waſſer / welches von ſtund an zu Blut ward. Bald machten wir vns nach vnſerm Schiff zu / vnd fuhren dauon. Vnd in dem der tag anbrach / fahen wir ein Land / daß wir dafuͤr hielten / es wehre das Land / ſo gegen vns / wenn wir daheim waren / vnterwerts vber ligt. Da fielen wir auff vnſere Knie / beteten / vnd gedachten wie wir vnſer ſachen weiter anſchlagen wolten. Da meineten etliche / man ſolte ein weinig ans Vfer gehen. Dz man bald wieder zu Schiff kommen kōnte. Andere hieltens dafuͤr / man ſolte das Schiff verlaſſen / vnd jmmer zu Land einwandern / bis man mittē hinein keme / vñ ſehe was fuͤr Volck in denſelben Landen wehre. Vn - ter deſſen / das wir hieuon rathſchlagen / entſtehet ei - ne groſſe Fortun vñ vngewitter / wirfft vnſer Schiff mit vngeſtuͤm ans Vfer / zerſchmetterſt in kleine ſtuͤ -cken /152cken / das wir mit groſſer erbeit kaum ausſchwim - men koͤnten. Weil ein jeder ſeine Wehr / vnd was jm ſonſt lieb war / zu ſich genommen hatte.
Alſo vnd auff dieſe weiſe iſt mirs gangen / ehe ich in die andere vnd newe Welt bin kom̄[e]n. Vnd ſein alſo dies die geſchichten / ſo mir auff dem Meer in meiner Schiffart / in den Jnſeln hin vnd wieder / auch in der lufft / vnd hernach im Walfiſch / auch da ich von dannē heraus kommen bin / desgleichen bey den Helden vnd Treumen / vnd endlich bey den Och - ſenkōpffigten Bucephalern vñ Eſelfuͤſsigen Onoſ - celerinnen wiederfahrē ſein: Was mir aber weiter zu Land begegenet iſt in der wiederreiſe / bis ich wie - der heim in mein Vaterland gekommen bin / ſol in folgenden Buͤchern nach notturfft er kleret werden.
ENDE.
SANCT: Brandanus war ei - nes Mannes Finlochanus genant / Sohn / vnd des Alchideſen Vetter / von dem Geſchlechte Ergeni, auß dem Lande bey dem Meer gelegen / von dem Volck geherſſen Mi - ſitenenſes. Vnd war voller Tugend vnd Geiſtlicher vbung / vnd zwang ſeines Leibes / vnd ein Abt vnnd Vater vber viel Muͤnche. Da derſelbige an einem ort war / genennet der Freudenſprunck der Tugen - den S. Brandani, do kam ein Bruder zu jhm / mit namen Carintheus, vnd war ſein Vetter. Als den - ſelben S. Brandanus mit vielen worten weitleufftig fragete / woher er keme / vnd wo er die lange zeit ge - weſen were. Da fieng ſein Vetter an ſehr zu Wei - nen / fiel zur Erden / vnd lag ſo lang in ſeinem Ge -Xbet /154bet / biß daß jhn S Brandanus wieder auffrichte - te / hertzete vnd kuͤſſete / vnd ſprach: Vater / war - umb machſtu vns betruͤbniß? Nun wir vns bil - lich deiner zukunfft erfrewen ſolten. Lieber vn - terricht vns Gottes Wort / vnd erzehl vns die wun - der / die du auff dem Wilden Oceano, in der of - fenbaren Weſt See / geſehen vnd erfahren haſt.
Da fieng er an zu ſagen / von einer wunderbar - lichen Jnſel / vnd ſprach: Mein Sohn Marmora - tus, der armen Leute vorſteher / der wandert von mir in ferne Land / vnd wolt ein Einſidel werden / vnd fand eine Jnſel genant Delicioſa. Nach vie - len jahren ward mir geſagt / daß er viel Muͤnche bey ſich hette / vnd daß Gott viel zeichen durch jhn thete. Darauff fuhr ich hin / meinen Sohn zu ſu - chen. Es ward jhm aber von Gott meine zukunfft angemeldet / vnd kam mir drey tagreiſe entgegen. Als wir nun mit vnſern Schiffen in die Jnſel an - kamen / da lieffen die Bruͤder zuſamen / als ein ſchwarm Bienen. Denn ſonſt waren ſie zerſtre - wet hin vnd her. Waren aber dennoch einig / vnd hielten zuſamen in einem Chriſtlichen leben / in der Hoffnung / Liebe vnd dem Gottesdienſt: Vnnd hatten nichts zu eſſen denn Epffel / Nuͤſſe vnnd Kraut: Des Abends aber / nach der Complet / blieb ein jeglicher in ſeiner Cellen / biß der Hahnkrehete /155krehete / oder biß man leutete. Da blieb ich dieſelbi - ge Nacht.
Deß andern tages gieng mein Sohn mit mir an daß Meer zu einer Jnſel / genant die Jnſel der verheiſſung. Als wir aber auff dem Meer fuhren / bedackt vns eine ſolche Finſterniß / daß wir kaum des fordertheil des Schiffs ſehen kunten. Bald darnach vmbgab vns ein helles Liecht / vnd kamen damit in ein Jnſel voll ſchoͤnes Krauts / Epffel vnd ander Obß / darauff gingen wir funfftzehen Tagreiß / vnnd kunten dennoch des Landes ende nicht finden / es war da kein Kraut ohne Blumen / vnd kein Baum ohne fruͤchte / vnd viel edel koͤſtli - cher Steine.
Am 15. tage funden wir ein Waſſer / daß vom Morgen gegen Abend herauff floß. Als wir nun diß alles beſehen hatten / zweiffelten wir / was wir thun ſolten / vnd wolten zu dem Waſſerlein gehen / vns da nieder ſetzen / vnd warten / was vns Gott in den Sinn geben wuͤrde. Jn dem wir aber ſo ſtun - den vnd Rathſchlagten / erſchein vns ein Mann im klaren Lichte / der nante vns bey Namen / gruͤſſete vns / vnd ſprach: Ach jhr frommen Bruͤder / der HErr hat euch das Land offenbaret / das er ſeinen Heiligen geben wil / allhie iſt daß mittel von dieſer Jnſel / bey dem kehrt nun wiederumb / denn euch gebuͤrt nicht ferner zugehen / vnnd zie -X ijhet156het hin da jhr herkompt. Da fraget ich jhn / wo er her were / vnd wie er hieſſe / do ſaget er: Warumb fraget jhr mich / wo ich her bin / vnd wie ich heiſſe? Warumb fraget jhr mich nicht von dieſer Jnſel? Als jhr es nun ſehet / alſo iſt es geweſen von anbe - gin der Welt. Hie iſt es allezeit Tag / denn vnſer HErr Jheſus Chriſtus iſt jhr Licht.
Da gingen wir wider mit dem Manne dahin / da dz Schiff ſtand / da verſchwand er / vnd wir fuhrē wieder durch den finſtern Nebel / vnd kamen zu vo - riger kleinen Jnſel. Als wir nun wieder aus dem Schiff auffs Land traten / wurden vnſere Bruͤder ſehr froh / vnd frageten / wo wir ſo lange zeit gewe - ſen weren / vnd ſagten: Vater / wie koͤntet jhr ewre Schaffe laſſen jrre gehen / ohn Hirten? Wir wiſ - ſen wol / daß vnſer Vater vnterweilen ſich von vns giebt / an andere oͤrter / aber wir wiſſen nicht wohin / vnd bleibt bißweilen da eine wochen oder zwo / oder ein Monat vnterweilen mehr oder weniger.
Da ich daß hoͤrte / da troͤſte ich ſie / vnd ſprach: lieben Bruͤder / gedenckt dauon nichts / denn alles guts / ewer wohnung iſt hie nicht ferne von dem Paradiß. Nicht weit von hie iſt daß Land / daß den Heiligen verheiſſen vnd zugeſaget iſt / da iſt es alle - zeit Tag / vnnd nimmer Nacht / da reiſet ewer Abt VVormanatus hin / vnnd der Engel Gottes bewa - ret jhn. Riechet jhr nicht an vnſern Kleidern /das157daß wir im Paradiß ſind geweſen? Da ſprachen die Bruͤder: Vater wir gleuben wol / daß jhr da ſeid geweſen / aber wo der ort iſt / daß wiſſen wir nit / Denn wir riechen in den Kleidern vnſers Vaters den allerſuͤſſeſten geruch wenn er wider kompt. Bey denſelben Bruͤdern / blieb ich zwo Wochen ohne Eſ - ſen vnd Trincken / vnd waren leiblicher weiſe ſo ſatt / daß die andern dauchte / daß wir von Wein trun - cken waren. Nach 40. tagen / nam ich den Segen vom Abt vnnd den Bruͤdern / vnd ging mit meinen Bruͤdern wieder in meine Cellen / da ich auch Mor - gen eingehen wil.
Da S. Brandanus daß hoͤrte / da fiel er nieder mit all ſeinen Bruͤdern / vnd dancketen vnd lobten Gott vnd ſprachen: Gerecht iſt der HErr in all ſei - nen Wercken / der ſolche wunder ſeinen Dienern of - fenbaret hat. Gebenedeiet ſey / der vns heut mit ſol - chem ſuͤſſen Geiſtlichen ſchmack erquicket hat / vnnd ſprach: Laſſet vns gehen / vnnd den Leib auch mit Speiß vnd Tranck erquicken / vnd gingen damit in jhres Kloſters Refectorio zu Tiſch. Des andern tages gieng Carintheus wieder in ſeine Celle.
DA fordert S. Brandanus ſieben ſeiner Bruͤ - der heimlich zu ſich / vnd ſprach: Meine lie -X iijben158ben Bruͤder / ich wolte gerne ewer bedencken wiſſen. Denn meine gentzliche meinung iſt / wer es der wil - le Gottes / ich wolte daß Land ſuchen / da vns Ca - rintheus von geſagt hat / was gebet jhr mir vor rath? Da ſprachen ſie alle: Lieber Vater / dein wil - le iſt auch vnſer wille. Haben wir nicht verlaſſen vnſere Eltern vnd Freunde / vnd vns ſelbſt in deine Hand gegeben? Wir ſind bereit mit dir in den tod / oder in daß leben zu gehen / wens nur Gottes wil - le were. Vnd S. Brandanus ſatzte eine Faſten an von viertzig tagen / daß man erſt vber den drit - ten tag eſſen ſolte / vnd darnach wolten ſie auff die reiſe.
Endlich befahl er dem Procurator oder verwal - ter des Kloſters / der nach jhm Abt ward / vnd ſchif - fete mit 14. Bruͤdern gegen Morgen / vnnd kam in ein Jnſel / da war ein heilig Vater / der hieß Enoch, bey dem blieben ſie drey tage. Von dannen fuhren ſie in ein Koͤnigreich / da die willige armen woh - nen / die wolte er auch ſehen / vnd ſie wohneten auff einer hoͤhe des Berges / der da hieß Brandani ſtuel / daſelbſt war ein Port vnd einfurt in die offenbar See. Darumb bawete er allda mit ſeinen Bruͤ - dern ein klein leicht Schifflein / vnd bedeckt es oben mit Ochſenheuten / vnd mit Rinden von Bewmen / vnd namen Brodt / Butter vnd ander ſpeiß vnd ge - trenck mit ſich auff 40. tage / vnd was jhnen ſonſtnoth159noth war / vnd ſatzt einen ſtarcken Maſtbaum mit - ten in das Schiff / mit Seilen vnd Siegeln / vnd al - lem Gerethe / daß man im Schiff bedarff / vnd ge - bot ſeinen Bruͤdern / daß ſie in dem namen Gottes des Vaters / des Sohns vnd des H Geiſtes in daß Schiff gehen ſotten. Vnnd er ſtund allein auff dem Lande vnnd ſprach ſeinen Segen vber ſie.
Bald kamen noch drey Bruͤder aus ſeinem Kloſter / vnd fielen jhm zu Fuß / vnd baren / das er ſie mitnem / das ſie da in der Armen Lande nicht Hungers ſturben / ſie wolten gern die zeit jhres le - bens wandern. Die ließ er auch in das Schiff ge - hen / vnd ſprach: Der wille Gottes geſchehe. Jch weis wol / wie jhr ſeid herkommen / der eine Bruder hat kein gut Werck gethan / Gott hat jhm ein ge - ſtreng gericht berettet. Damit gieng er auch in das Schiff / vnd zogen daß Siegel auff / fuhren dauon / vnd hatten guten Wind.
Nach 15. tagen legte ſich der Wind / vnd ſie fin - gen an zu Rudern / vnd worden ſehr mach vnd muͤ - de / vnd S. Brandanus troͤſtet ſie / vnd ſprach: Lie - ben Bruͤder / fuͤrchtet euch nicht / Gott iſt ewer huͤlff / der ſoll vnſer Schiffman ſein / ziehet die Ru - der ein / vnnd ziehet das Siegel auff / vnd laſſet Gott mit ſeinen Knechten / vnnd mit dem Schiff thun was er wil. Da kriegen ſie gegen demAbend160Abend einen Wind / aber ſie wuſten nicht wo ſie hinfuhren.
Nach 40 tagen / als ſie jre Speiſe verzehret hat - ten / jahen ſie eine Jnſel gegen Mitternacht gele - gen / die war ſteinicht vnd hoch / daß Vfer war auch anzuſehen / als eine Mawre / vnd von der Jnſel lief - fen kleine Baͤchlein / aber ſie kunten keinen Hafen finden / da jhre Schiff ſtehen konten.
Die Bruͤder waren krafftloß von Hunger vnnd Durſt / vnd namen jhre Vaͤßlein / vnd wolten von dem Waſſer nehmen. S. Brandanus aber ſprach / thut daß nicht / Gott wil vns den Hafen noch nicht weiſen / dieweil jr ein Raub thun wolt.
ALS ſie nun drey tage die Jnſel hatten vmb - fahren / da zeiget jhnen Gott einen Hafen / daß war ein Riß in der Klippen / da jr Schiff ſtehen / vnd ſie ſich er quicken moͤchten / vnd giengen auff daß Land.
Da gebot S. Brandanus ſeinen Bruͤdern / daß nieniand von dem ſchmuck auff dem Lande was ne - men ſolte. Vnd es begegnet jhnen ein Hund / der be - weiſete jhnen Freundſchafft / als ſeinem Herren. Da ſprach S. Btandanus: Dieſer Hund hat vnseine161eine gute botſchafft gebracht. Er fuͤhret ſie aber an einen ort / da ein ſchoͤner Saal vnd Waſſer geſatzt war / die Fuͤſſe zu waſchen / vnd S. Brandanus ſprach: Bruͤder / huͤtet euch / daß euch Sathanas nicht in verſuchung fuͤhre / ich ſehe einen vnter den Bruͤ - dern / die vns folgen / das er ſich annimpt zu ſtelen / bittet vor ſeine Seele / denn der Leib iſt dem Teuf - fel in die Hand gegeben. Derſelbige Saal war al - lenthalben gezieret mit ſchoͤnen koͤſtlichen gefeſſen / vnd mit einem Silbern Zaun.
Da ſaget S Brandanus zu dem der das eſſen pflag zu Tiſch zu tragen: Bringe her / was vns Gott bereitet hat / da fand er einen Tiſch wol ge - deckt / mit Tiſchtuͤchern / vnnd darauff ſehr ſchoͤn Brot vnd Fiſche. Da ſegnet S. Brandanus die Speiſe / vnd ſprach: Gott ſey gebenedeyet / der alle Menſchen ſpeiſet. Sie funden auch Trincken / ſo viel ſie beduͤrfften. Als nun das Abendeſſen geſche - hen war / vnd ſie Gott gedanckt hatten / da ſagt S. Brandanus: Gehet vnd laſſet ewren Leib ausru - hen / das iſt euch noͤtig / ſiehet / alle Betten ſind wol gemacht.
Des Nachtes aber ſtund der Sathanas / als ein ſchwartz Kind fuͤr dem einen Bruder / das ſahe S. Brandanus, vnd ſtunde auff vnnd betet vor jhn die gantze Nacht. Des andern tages funden ſie wie - der den Tiſch wolbereitet / dz geſchach alſo drey tage. YDar -162Darnach ging er mit ſeinen Bruͤdern zu jhrem Schiff. Da ſagt er: Niemand neme etwas von dieſer Jnſel. Da ſagten ſie: Daß ſey ferne von vns / daß wir vnſere reiſe mit Dieberey beflecken wolten. Da ſprach er: Siehet / vnſer Bruder hat den Sil - bern Zaum in ſeinem buſen / da fiel jhm der Bru - der zu fuß / vnd ſprach: Jch habe geſuͤndiget / vergib mir das / vnd bitte vor meine Seele. Da fielen ſie alle auff die Erden / vnnd baten fuͤr jhn. Darnach ſtunden ſie wider auff / vnd huben den Bruder auch auff. Da ſprang aus ſeinem buſen / ein klein Mohr Menlein / rieff vnd ſprach: Du Mann Gottes / warumb treibſtu mich aus meiner wohnung / die ich ſieben jahr beſeſſen hab? S. Brandanus ſprach: Jch gebiete dir bey dem Nahmen Jheſu Chriſti / daß du keinen Menſchen mehr betriegeſt / biß an den Juͤng - ſten Tag / vnd ſprach als denn zu dem Bruder: Nim zu dir den Leib vnſers HErrn / denn hier ſoll deine Seel aus dir fahren / vnd dein Leib ſol hie begraben werden. Da nam er zu ſich / vnſers HErrn Leib / vnd ſeine Seel ward angenommen / von den Heili - gen Engeln / vnd in daß Ewige Leben gefuͤhret / daß es alle Bruͤder ſahen. Da begruben ſie ſeinen Leib.
Darnach kamen ſie zu jhrem Schiff / vnnd da kam ein Juͤngling / mit einem Korb voll Brot / vnd mit einer Kanne Waſſers / vnd ſprach: Nemet von ewrem Knecht den Segen / jhr habt noch einen lan -gen163gen weg / biß jhr getroͤſtet werdet / aber euch ſol we - der Brot noch Waſſer gebrechen / biß auff Oſtern. Da fuhren ſie auff der offenbar See jmmer hin / vnd kamen eines tages an eine Jnſel / in einen Ha - fen. Da befahl er / daß ſie ſolten außſteigen / vnd er ſteig zu letzt aus. Da gingen ſie auff die Jnſel / vnd ſahen von ferne viel Baͤchlein voller Fiſche. Da jagte S. Brandanus: Laſt vns allhie Meß halten / vnd Gottes Leichnam conſecriren. Denn heut iſt der Gruͤne Donnerſtag / vnd ſie blieben all - da biß auff den Oſterabend.
Darnach funden ſie einen ſolchen groſſen hauf - fen weiſſer Schaff / daß ſie kaum das Erdreich ſe - hen konten / vnd er ſprach zu ſeinen Bruͤdern: Ne - met ſo viel von den ſchaffen als vns noth iſt / die O - ſtern vber. Vnd ſie namen eins von den Schaffen / vnd bunden daß bey den Hoͤrnern / vnnd brachtens zu der ſtett / da der Mann Gottes ſtund. Vnnd er ſprach zu einem Vater der Bruͤdern: Nim auch ein vnbeflecktes Lamb / daß that er. Da ſie nun al - le ding vollbracht hatten / mit jhrem Gottesdienſte / kam ein Mann zu jhnen mit einem Korb voll Brot / vnd mit andern dingen / die jhnen noth waren / vnnd fiel dem heiligen Vater zu fuß / vnd ſprach: Woher kompt mir das / daß du Perle Gottes / in dieſem heiligen tage geſpeiſet wirſtY ijvon164von der arbeit meiner Hende? Da nam jhn S. Brandanus wieder auff / kuͤſſet jn / vnd ſprach: Mein Sohn / vnſer HErr Jhrſus Chriſtus hat vns die - ſen ort gegeben / daß wir hie ſeine Aufferſtehung be - gehen ſollen. Der Mann ſprach: Vater / morgen ſolt jhr begehen / den tag der Aufferſtehung / in der Jnſel / die jhr vor euch ſehet / vnd bereitete jhm da alles was jhnen not war / an dem andern Tag / vnd ſprach: Ewer Schiff mag nicht mehr tragen / ich wil euch vber ſieben tag mehr ſenden / was euch not iſt / von eſſen vnd trincken / biß auff Pfingſten. Da ſagt Brandanus: Wolt Gott / daß wir vber acht ta - ge dahin kemen. Der Mann ſagt: Morgen vmb ſechs vhr ſolt jhr da ſein / vnd denn ſolt jhr gegen Morgen werts fahren / ſo kommet jhr in daß PA - RAOJS / vnd da ſolt jhr bleiben / biß den ach - ten tag nach Pfingſten.
S. Brandanus fragte jn: Wie ſind ewre Schaff hie ſo groß? Denn ſie waren groͤſſer denn Ochſen. Da ſagt er: Niemand melckt ſie / auch zwinget ſie der Winter hie nicht / ſondern hie gehen ſie Tag vnd Nacht / darumb ſind ſie hie groͤſſer / denn in ewrem Lande.
DARnach fuhren ſie dauon / vnd kamen an die Jnſel / vnd daß Schiff blieb beſtehen / eheſie in165ſie in den Hafen kamen. Da gebot er ſeinen Bruͤ - dern / daß ſie außſtiegen / vnd zogen das Schiff zu Land / vnd er blieb in dē Schiff / vnd war ein ſteinige Jnſel ohne Graß vnd ohne Sand. Die Nacht wa - ren ſie in jhren Gebet. Des Morgens muſten die Prieſter Meſſe halten / vnnd er wuſte wol / wie es vmb die Jnſel gewand war / aber er wolte das den Bruͤdern nicht ſagen / das ſie ſich nicht ſolten ent - ſetzen.
Da nun der Gottesdienſt vollbracht war / koch - ten ſie das Fleiſch / vnd die Fiſch / die ſie mit gebracht hatten. Da das Fewr anfing zu brennen / da be - wegte ſich die Jnſel / gleich als ob es ein Wagſchal were / da lieffen die Bruͤder zu dem Schiff / jhrem Vater vmb huͤlff zu bitten / vnd verlieſſen alles was ſie da hatten / vnd fuhren von dannen / vnd ſahen vber zwo meilen das Fewr noch brennen / biß ſich die Jnſel in das Meer verſencket. Da ſagte Btan - danus zu ſeinen Bruͤdern: Verwundert euch auch dieſer Jnſel? Sie ſagten: Ja freylich / vnd hat vns ſehr erſchreckt. Da ſagt er: Meine lieben Kinder / entſetzet euch nicht / Gott offenbaret mir dieſe nacht / wie es vmb die Jnſel ſtunde / es war ein Fiſch vnnd kein Land / der ſucht allzeit / wie er ſein Haupt vnd Schwantz zuſamen bringe / aber daß kan er nicht thun / wegen ſeiner lenge / vnd heiſſet Iaſconius.
Y iijDa166Da ſie von dannen drey tage hatten gefahren / da ſahen ſie gegen Morgen ein ander Jnſel / voll Graß / Beum vnd Blumen / vnnd funden in dem Lande gegen Mittage einen Bach / dahin brachten ſie jhr Schiff zu Lande / vnd er blieb in dem Schiff / vnd die Bruͤder zogen das Schiff ſo ferne / biß ſie kamen zu dem Brunn des Bachs / denn der Bach war nicht weiter / denn das Schiff lang war. Da ſagt S. Brandanus: Sehet / vnſer HErr Jheſus Chriſtus hat vns einen ort gegeben zu blei - ben / in ſeiner heiligen Aufferſtehung / hetten wir anders nichts / wir hetten gnug an dieſem Brunn. Vber dem Brunn war ein breit Baum nicht hoch / darauff ſaſſen ſo viel Vogel / das man kaum die Zweig vnnd Bletter ſehen moͤchte. Da er das ſahe / dacht er / wie wag hie eine ſolche ſchaar Vo - gel ſein / vnd begunde zu weinen / vnd fiel auff ſeine Knie / vnd betet alſo: Gott ein erforſcher aller heim - ligkeit / du weiſt die angſt meines Hertzen. Jch bit - te dich / das du mir Suͤnder offenbareſt / dieſe heim - liche ding / dte ich nicht ſehe / wegen meiner wir dig - keit / ſondern wegen deiner groſſen guͤte.
Da er daß ſprach / da kam einer von den Vo - geln / vnd flohe auff das forderſte theil des Schif - fes / ſeine Fluͤgeln klungen wie Zimbeln / vnnd ſah den Mann Gottes froͤlig an. Da ſprach er: Bi -ſtu ein167ſtu ein Bothe Gottes / ſo ſage mir / wo dieſe verſam - lung der Vogel herkompt? Da ſagt er: Wir ſind Engel von dem groſſen fall des alten Feindes. Wir willigten aber nicht in ſeine Suͤnde / darumb hat der gerechte Gott vns hieher geſand / vnd haben hie keine Pein / wir haben auch die gegenwart Gottes / aber deñoch ſind wir ſo ferne geſcheidē von der geſel - ſchafft der jenigen die beſtendig blieben / als jr ſehet / vnd fliegen in der Lufft herumb / wie andere Geiſter. Aber auff die heilige tage kriegen wir ſolchen Leib als du ſieheſt / vnd loben vnſern Schepffer. Du biſt mit deinen Bruͤdern ein jahr auff dem wege geweſen / vnd habt noch ſechs jahr / vnnd ſolt alle jahr hie ewern Oſtertag begehen / darnach ſoltu finden das gelobte Land. Da floh der Vogel wieder zu den andern.
Vmb Veſperzeit begunten alle Vogel zu ſingen / vnd ſchlugen jre Fluͤgel / vnd ſungen den 65. Pſalm: Gott man lobet dich in der ſtille zu Sion / vnnd dir bezahlr man geluͤbde. Vnnd das ſingen werete eine gantze ſtunde / vnd der geſang vnd der Fluͤ - gel klanck gefiel den Bruͤdern ſehr wol. Dar - nach ſprach S. Brandanus zu den Bruͤdern: Erquicket ewren Leib / denn nun iſt ewer Seel erquicket mit der Goͤttlichen gnaden. Darnach begingen ſie das lob Gottes / vnd ruheten da biß zuMit -168Mitternacht. Da huben ſie an zu ſingen / aus dem 51. Pſalm: HErr thue meine Lippen auff / Darauff ſungen die Vogel den Introitum de Angelis. Alle Heilige Engel vnd kreffte Gottes / loben den HErrn etc. eine gantze ſtundelang. Da es Tag ward / ſun - gen ſie: Vnd der ſchein Gottes ſey vber vns. Zur Tertien zeit ſungen ſie aus dem 47. Pſalm: Lobſin - get / Lobſinget Gott vnſerm Koͤnig Zu der Sechſten zeit / ſungen ſie aus dem 67. Pſal: Er laß ſein Ant - litz vber vns leuchten. Zu der Nonen zeit / ſungen ſie aus dem 133. Pſalm: Stehe / wie fein vnd lieblich iſts / das Bruͤder eintrechtig bey einander wohnen. Alſo ſungen ſie Tag vnnd Nacht. Da blieben die Bruͤder 8. tage / vnd erquickten ſich mit der Speiſe die ſie da funden. Darnach ſagt er zu jhnen: Laſſet vns von dieſer Jnſel nemen / ſo viel vns hinfort noͤ - tig iſt. Als er das geſagt hatte / da kam der vor er - wehnter Mann / mit einem Schiff voll ſpeiſe oder Kleider / vnnd gab das S. Brandano, vnnd ſprach: Meine lieben Bruͤder / da habt jhr eſſen genug biß auff Pfingſten / vnd trincket nicht von dieſem Brun - nen (damit zeigt er jnen einen ſonderlichen Brunn) denn das Waſſer iſt der Natur / wer dauon trin - cket / der muß 24. ſtunden ſchlaffen. Darnach reiſe - te der Mann wieder zu Hauß. S. Brandanus aber blieb allda mit ſeinen Bruͤdern / biß auff den achtentag169tag nach Pfingſten / vnd hatten teglich jhre er qui - ckung von den Vogeln.
Da ſie nun in dem Pfingſtag die Meſſe hatten vollenbracht / da kam der Mann wieder / vnd bracht jhnen was jhnen noth war / vnd ſprach: Jhr habt nun einen weiten weg / darumb fuͤllet ewer Gefeß / vnd nemet ſo viel / als euch auff ein jar noth iſt. Jch wil euch ſo viel geben / als daß Schiff tragen mag. Damit nam er den Segen / vnnd fuhr wiederumb zu Hauß.
Als daß Schiff mit Prouiant / vnd anderen ſa - chen zugeruͤſtet war / floh der Vogel vorn auff das Schiff / vnd ſprach: Jhr ſolt mit vns Oſtern hal - ten / vnnd da jhr newlich waret auff den Gruͤnen Donnerſtag / da ſolt jhr auch vber ein jahr ſein / vnd die aufferſtehung des HErrn / ſolt jhr begehen auff dem Ruͤcken des Fiſches Iaſcanius. Nach drey Mo - nat ſolt jhr finden eine Jnſel / die heiſt Mili, da ſolt jr die Geburt vnſers HErrn begehen. Da floh der Vogel wieder an ſeinen ort / vnd die Bruͤder begun - ten zu Rudern in der offenbar See / vnd die Vogel ſungen aus dem 67. Pſalm: Erhoͤr vns Gott vn - ſer heil / der du biſt die zuuerſicht aller auff Erden / vnd fern am Meer.
ALſo fuhren ſie drey Monat auff dem Meer / vnd ſahen anders nichts / denn Himmel vnd Waſſer / vnd erquickten ſich vmb den andern oder dritten tag. Da ſahen ſie ein Jnſel / vnnd der Wind ſchlug ſie an die ander ſeiten derſelben / vnnd fuhren alſo 40. tag / daß ſie den Hafen nicht kunten finden. Darumb rieffen die Bruͤder Gott an vmb errettung mit weinenden Augen / dz er jnen huͤlffe / denn ſie waren von Hunger vnd Durſt / vnnd viel Erbeit ſehr ſchwach vnd krafftloß. Als ſie nun in dem Gebet waren drey tage / ſahen ſie einen engen Hafen / da man allein ein Schiff kunt einbringen / dabey waren zween Bruͤnne / der eine war klar / der ander truͤbe / dazu eileten ſie / daß Waſſer zu nemen. Da ſagt Brandanus: Meine lieben Kinder / thut nicht ein vnzimblich ding. Die einwohner dieſes Landes / ſollen vns hernach mit willen geben / was jhr jtzt heimlich wollet nemen.
Als ſie auff das Land kamen / da begegnete jh - nen ein alter Mann / mit ſchnee weiſſen Haren / vnd einem hellen Antlitz / der fiel dreymal auff die Erden / ehe denn er den freund Gottes kuͤſſete. Vnd Brandanus hub jhn auff / vnd ſie kuͤſten ſich. Vnd er nam Brandanum bey der Hand / vnnd ging mit jhm nicht ferne von dannen / in ein Kloſter. Da blieb S. Brandanus ſtehen fuͤr der Pforten / vnnd fragte / wem das Kloſter angehoͤrete / vnnd wo diehehr171hehr weren / die da wohnten / aber der alte Mann antworte jhm nichts / vnd mit ſanfftmuͤtigkeit win - cket er jhm mit der Hand / daß er ſchweigen ſolte. Da S. Brandanus daß vernam / da verbot er ſeinen Kindern / ſeinen Bruͤdern / daß ſie nichts reden ſol - ten / damit nicht die Kloſter Bruͤder verſtoͤret wuͤr - den / in jhrer Andacht.
Da kamen jhnen entgegen eilff Bruͤder mit Creutzen vnd Fahnen / vnd ſungen: Stehet auff jr Heiligen Gottes / vnd gehet entgegen der War heit / machet die ſteth heilig / ſegnet daß Volck vnd bewah - ret vns Diener in frieden. Als daß vollbracht war / da kuͤſſet der Vater des Kloſters S. Brandanum, vnd geleitet ſie ins Kloſter / vnd wuſchen da der Ge - ſte Fuͤß / vnd ſungen da den Lobgeſang: Ein new ge - bot gebe ich euch / daß jhr euch vnter ein ander liebet. Darnach bracht er ſie in daß Refećtorium oder ſpeiſe Stube / vnd hieß ſie nieder ſitzen / vnd leutete mit einer Glocken. Da kam einer der bereitet den Tiſch / vnd legte darauff ſehr ſchōn Brot / vnd Wur - tzeln die ſehr wol ſchmeckten / vnd ſie ſetzten die Geſte vermenget vnter die Bruͤder / vñ vor zween ward ein gantz Brot gelegt. Derſelbige bracht auch trincken / vnd der Abt bat mit groſſer frewd die Bruͤder / vnnd ſaget: Trincket nun von dem Brunne mit liebe / da jhr heut wolt heimlich außgetruncken haben / aus dem andern Brunne weſchet man die FuͤſſeZ ijder172der Bruͤder / vnd iſt allzeit warm. Das Brot daß jr ſeht / wiſſen wir nicht / wo es gebacken wird / oder wer es in den Keller bringt / aber das wiſſen wir wol / das es vns von der gnade Gottes gegeben wird. Vnſer iſt 24. vnd haben alle tag 17. Brot / aber am Feiertag hat jeder eins / das wir des A - bends auch ein wenig haben / vnd haben auch nun vmb ewert willen zwiefeltig Brot bekommmen. Al - ſo hat vns Gott geſpeiſet von der zeit vnſers Va - ters Patricij vnd Albei 79. jahr / vnd vns ſchadet weder alter noch Kranckheit. Wir haben hie nichts zu eſſen / da wir Fewr zu beduͤrfften / vnd im anfang des Ambts / wenn man das in der Kirchen halten wil / zunden ſich die Lichte ſelbſt an / die wir mit vns ſelbſt aus vnſern Landen brachten / vnnd worden nicht geringert / durch den Segen Gottes.
Da ſie dreymal hatten getruncken / da gab der Abt ein zeichen / das ſie zu der Kirchen gingen / vnd S. Brandanus vnd der Abt folgeten nach. Da be - gegneten jnen 12. Bruͤder / die thaten jnen Reuerentz demuͤtiglich. Da fragte Brandanus: Warumb eſſen die nicht mit vns? Er ſagte / ſie hatten nicht raum an dem Tiſch / wir wollen in die Kirchen ge - hen / vnd Veſper ſingen / daß die Bruͤder / die noch eſſen / ſollen nach vns Veſper ſingen. Da ſie die Veſper vollbracht hatten / da beſahe S. Brandanus, wie die Kirche gebawet war / denn ſie war vierecket /vnd173vnnd hatte 6. Fenſter / zwey waren vor dem Altar / vnd vor zween andern Altaren waren vier / vnnd waren gemachet von Criſtallen / wie auch jhr Kir - chengefeß / als Patenen / Kilch vnnd gießkenlein / vnd da waren 24. Stuͤl / vnd des Abts Stuel war in der mitten / das zu jeder ſeiten / zwoͤlff Stuͤle wa - ren. Vnd niemand ſprach daſelbſt ein wort. Wenn ein Bruder etwas begerte von dem Abt / ſo winckte er jhm / oder ſchrieb ſein begehr in eine Tafel / ſo ſchickt jhm der Abt / was er begerte.
Darnach ſagt der Abt: Wir wollen wieder ge - hen in daß refectorium, auff daß alle ding an dem Licht vollbracht werden / vnd hielten Mahlzeit / wie zuuor geſagt iſt. Darnach vollbrachten ſie den Nachtgeſang. Ehe denn aber der Abt anfing / da laſen ſie. Vnrecht haben wir gethan / boͤßheit ha - ben wir begangen: Du / der mild biſt / erbarm dich vnſer / bewar vns in dem frieden. Darnach gingen ſie mit den Geſten in jhre Cellen / vnnd der Abt blieb bey S. Brandano, vnd erwarteten das die Lichter an - gezuͤndet wurden.
Da fraget er den Abt vmb das ſchweigen / wie ſie doch jmmer alſo kuͤnten ſchweigen: Da antwor - tet der Abt mit groſſer zucht vnd wuͤrden: Lieber Vater / Jch bekenne / das meinem lieben HErrn Jheſu Chriſto / das ich in 80. jahren / keine Men - ſchen ſtimme habe gehoͤrt / denn mit leſen vnnd ſin -Z iijgen174gē. Aber wir 24. geben vns ein zeichē mit dē fingern / oder mit den Augen / vnd keiner vnter vns Bruͤdern hat einigerley mangel oder anfechtung gehabt / dieweil wir allhie ſind geweſen. Da ſagt S. Bran - danus: Duͤrffen wir hie ein jahr bey euch bleiben? Der Abt ſagt: Daß iſt Gottes wille nicht. War - umb fragſtu mich? Weiſtu nicht / was dir Gott offenbaret hat / du muſt wieder an deinen ort kom - men / mit deinen 14. Bruͤdern / da hat euch Gott be - reitet eine ſteth / euch zu begraben. Ohne die andern zween. Denn derſelbigen einer / ſol in der Anacho - riten Jnſel fuͤr ein Walbruder vmbwandern. Der ander ſol verdammet werden / eines ſchmeligen tods in der Hellen.
Da ſie alſo redeten / da kam ein fewrich geſchoß in ein Fenſter / vnd entzuͤndet alle Lampen vor den Altaren / vnd floh wieder zu ruͤck aus dem Fenſter. Da fragt S. Brandanus: Wer leſchet des Morgen - des die Lampen wieder aus? Der Abt ſprach: Kom vnd ſiehe das wunder Gottes / ſiehe / du ſieheſt die Lichter brennen / aber es wird nicht verzehrt / denn es iſt ein Geiſtlich Licht. Da fragte S. Brandanus: Wie kan ein Geiſtlich Licht in leihlichen dingen brennen? Der Abt antwortet vnd ſprach: Haſtu nicht geleſen / daß der Buſch Moſis brante / auff dem Berge Sinai, vnd blieb doch vnuerſehret. Da wolt S. Brandanus vrlaub nemen / aber der Altſprach:175ſprach: Nein Vater. Du ſolt mit vns allhie bege - hen / die Geburt vnſers HErrn Alſo blieb er da / biß 8. tag nach der heiligen drey Koͤnig tag. Darnach namen ſie ſpeiſe vnd Segen von den Vetern / vnd fuhren dauon / biß an den erſten Sontag in der Faſten.
EJnes tages ſahen ſie ein Jnſel nicht ferne von jhnen / da begunden ſie ſehr zu Rudern / denn ſie hatten groſſen Hunger vnd Durſt / weil ſie in drey tagen nicht zu eſſen gehabt hatten. Da funden ſie einen klaren Brunn / vnd dabey viel Kreuter vnd Wurtzeln / vnd mancherley Fiſche. Da ſagt S. Brandanus: Gott hat vns getrōſtet von der Erbeit. Meine lieben Bruͤder / nemet der Fiſch / ſo viel als vns nun vort an not iſt / vnd kochet die / vnd nemet Kreuter vnd Wurtzelen / huͤtet euch aber / daß jhr des Bruns nicht zu viel zu euch nemet / deſſen vngeachtet truͤncken eins theils ſo viel / daß etliche zween / etliche drey / etliche neun tage ſchlieffen. Vnd der heilige Vater / bate ſtets Gott vor ſie. Dar - nach ſprach er: Wir wollen von hinnen fliehen / auff daß vns nicht mehr vngluͤcks wiederfahre /Gott176Gott gab vns eſſen vnd trincken / vnnd jhr habt vns groß vngelegenheit damit gemacht / darumb das jr mir kein gehoͤr geben woltet. Nemet von dieſen Fi - ſchen ſo viel wir gnug haben / biß auff den Gruͤnen Donnerſtag / auch nemet ſo viel von dem Waſſer vnd Wurtzeln. Daß thaten ſie / vnd fuhren vort an gen Mitternacht.
Darnach ober drey tage / legte ſich der Wind / vnd die Bruͤder vnterſtunden ſich zu Rudern. Deñ daß Meer war ſo ſtill / als obs gefroren were. Da ſprach S. Brandanus zu ſeinen Bruͤdern: Nemet die Ruder ein / vnd laſt daß Schiff treiben / wo es der Allmechtige Gott hinſchicken wil / vnnd trieben alſo 20. tage. Darnach kriegen ſie guten Wind / vom Abend gegen den Morgen / vnd aſſen je vber den dritten tag.
Eines tages ſahen ſie von ferne eine Jnſel als ein Wolcken / da ſagt S. Brandanus: Kinder / ken - net jhr die Jnſel wol? Sie ſagten nein: Er ſagt: Daß iſt die Jnſel / da wir vorm Jahr waren / auff den Gruͤnen Donnerſtag / da wohnet vnſer from - mer Schaffner. Da fingen ſie an zu Rudern. Da ſagt er: Kinder / machet euch nicht vergebliche muͤ - he vnd erbeit: Jſt Gott nicht vnſers Schiffes Gleitsman? Er wird vnſern weg richten / wie er wil. Da begegnete jhnen der Mann / vnd brachte ſie wieder in den Hafen / da ſie außgefahren wa -ren /177ren / vnd kuͤſſete jre Fuͤſſe vnd ſprach: Gott iſt wun - derlich in ſeinen heiligen / der Gott Jſrael giebt ſter - cke ſeinem Volcke / Gott ſey gebenedeyet. Darnach bereitet er ein Bad / vnd war auff den gruͤnen Don - nerſtag / vnd zohe den Bruͤdern friſche Kleider an / vnd dienete jhnen darnach drey tage. Vnd die Bruͤ - der begingen da daß Leiden vnſers HErrn / mit groſſer andacht.
Darnach ſagt der Mann: Gehet in ewer Schiff / vnd fahret hin / daß ihr moͤget begehen die Auffer - ſtehung / da jhr ſie vor ein jahr begingt / vnd Ru - dert hin zu der Jnſel / die da heiſt daß Paradiß der Vogel / da jhr vor ein jahr waret / von Oſtern biß auff Pfingſten / vnd nemet mit euch / was euch noth iſt / ich wil zu euch kommen des andern Sontags. Daß thaten ſie. Da ſie nun auff die Jnſel kamen / da funden ſie den Keſſel / den ſie des vorigen jahrs auff den groſſen Fiſch da gelaſſen hatten. Da ſtie - gen ſie aus dem Schiff / vnd ſungen den lobgeſang der dreyen Kinder. Vnd S. Brandanus ſprach: O mein lieben Kinder / wachet vnd betet / das ihr nicht in verſuchung fallet / da wachten ſie vnd beteten. Des Morgens laſen die Prieſter Meß / vnd S. Brandanus ſprach: Hie begingen wir auch im vo - rigen jahr / die Aufferſtehung vnſers HErrn / als wir jtzt auch thun. Darnach fuhren ſie in die Jn - ſel der Vogel / da ſie bey den Hafen kamen / ſungenAadie178die Vogel aus dem 7. Capittel der offenbarung Jo - hannis: Heil ſey vnſerm Gott / vnd dem Lamb / daß da ſitzet auff dem Thron / vnd vnſer HErr Gott iſt vns erſchienen / vnd hat vns geſetzet einen Feyr - tag. Daß ſungen ſie mit dem Munde vnd Fluͤ - geln.
Als ſie nun daſelbſt daß Oſterfeſt begingen / da kam jhr Schaffner / vnd bracht jhnen jhres Leibes notturfft. Da ſie aber ſaſſen vnd aſſen / da kam der vorbenante Vogel fuͤr ſie / vnd machte einen ſchall mit den Fluͤgeln / als ein Orgelſpiel. Da mercket er wol / daß jhm der Vogel etwas offenbaren wolt / vnd ſprach: Gott hat vns verkuͤndiget / daß jhr mit ewrem Schaffner / der jtzt hie iſt / ſolt 4. jahr daß Abendmahl vnſers HErrn begehen / auff dem Ruͤ - cken des Fiſches / Oſtern vnd Pfingſten mit den Bruͤdern Albei, vnd auch die Geburt vnſers HEr - ren. Nach 9. jahren / ſolt jhr nach groſſem leide daß gelobte Land finden / vnd ſollet da bleiben 40. ta - ge. Darnach ſollet jhr wieder zu Hauß kommen. Des danckete er Gott / vnd fiel ſeinen Bruͤdern auff die Erde / mit groſſer andacht.
Da reiſete der Schaffner wider zu Hauß / vnd verhieß mit der Gottes huͤlffe wieder auff Pfing - ſten bey jhnen zu ſein. Da nun Pfingſten kam / da bereiteten ſie ſich / vnd gingen zu Schiff. Da kamjhnen179jhnen jhr Schaffner entgegen / vnd bracht jhnen jh - re notturfft / vnd fuhr wieder zu Hauß.
ALS ſie nun hatten gefahren 40. tage auff dem Meer / da erſchien jhm ein vngehewr Thier / lieff ſie an / vnd warff daß Waſſer mit groſſer vngeſtuͤm auff / gleich als ob es ſie verſchlin - gen wolte. Da rieffen die Bruͤder: Erloͤß vns Gott. Da troͤſtet ſie S. Brandanus, vnd ſprach: Jhr klein - gleubigen / der allezeit vnſer beſchirmer geweſen iſt / der wird vns auch wol hieuon erloͤſen. Darnach kam das Thier noch neher. Da hub S. Brandanus ſeine Hende auff gegen Himmel / vnd ſprach: HErr erloͤſe deine Knechte / der du Dauid erloͤſeſt / aus der Hand des Ryſen Goliats / vnd lonam aus dem Bauch des Walfiſches / Bald wante ſich daß Thier von jhnen ins Meer. Vnd ein ander Thier kam jhm entgegen / vnd ſtuͤrmeten ſo zuſamen / daß jnen duͤnckte / das daß Fewr aus jhrem Halſe flohe / vnd das zu jhnen angefahren war / ward auff drey ſtuͤck zerriſſen / vnd das andere fuhr wider in ſeine woh - nung.
Des andern tages ſahen ſie eine ſchoͤne Jnſel voll Bewm / vnd da ſie kamen bey die Jnſel / da fun -A a ijden180den ſie daß hinderſte theil des Thiers / daß getoͤdtet war. Da ſagt S. Brandanus: Sehet daß Thier / das vns verzehren wolte / daß wollen wir nun ver - zehren / vnd ließ die Bruͤder jhr Gezelt auffſchla - gen / vnd ſagte: Nemet ſo viel von dieſem Fiſch / als vns noth iſt. Denn vber drey Monat ſol es faſt verzehret ſein. Da trugen ſie ein biß an den Abend von dem Fiſche / vnd frageten dabey: Vater / koͤn - nen wir auch allhie wol leben ohne Waſſer? Er ſag - te: Jſts Gott mehr vnmuͤglich Waſſer zu geben / denn Speiſe? Gehet gegen Mittag / da findet jhr einen klaren Brunn / Wurtzeln vnd Kreuter / das thaten ſie / vnd funden es alſo. Da blieben ſie drey Monat / vnd in dem Meer war zu mahl groß vnge - witter / von Wind / Regen vnd Hagel.
Darnach gingen die Bruͤder / vnd ſahen nach dem Thier / vnd funden es verzehret / das ſagten ſie jhren Vater. Da ſagt er: Jch wuſte wol / das jhr mich verſuchen woltet. Jch ſage euch noch ein ander zeichen: Morgen ſol das ander ſtuͤck des Fiſches kommen. Daß geſchach alſo / vnd er hieß ſie da ſo viel von nehmen / das ſie genug hatten / vnd ließ daß einſaltzen / vnd ſprach: Morgen wird es klar Wet - ter / vnd kriegen einen guten Wind / vnd wollen wei - ter fahren.
Da beluden ſie jhr Schiff mit victualien, Waſ - ſer / Kreuter vnd Wurtzeln / denn er aß nichts / da le -ben181ben inne war. Darnach fuhren ſie nach Mitter - nacht / da ſahen ſie eine Jnſel / da ſagt er: Jn dem Land ſind dreyerley Menſchen / Kinder / Juͤngling vnd Alten. Vnd einer von vnſern Bruͤdern / ſol in die Jnſel gehen. Da fragten ſie / wer der were. Da ſagt er: Das iſt er. Vnd war einer von denen die jm folgten aus dem Kloſter. Da ſie auff die Jnſel ka - men / da war es ſo eben / ohne Bewe / das ſie deuch - te / es were das Meer / vnd mit Purpur / vnd Abla - ten vberſtrewet / vnd ſahen da drey ſchaten / als er hatte geſaget / vnd die eine ſtund von der andern ſo ferne / als man mit einer ſchleuder werffen mag / vnd ſungen. Die Heiligen werden gehen / aus einer tugend in die ander / vnd ſollen denn Gott aller Goͤt - ter in Sion ſehen. Wenn eine ſchar nachlies / ſo hub die ander wider an / vnd jungen das alſo ohn vnter - laß / der Kinder ſchar war mit weiſſen Kleidern be - kleidet. Der Juͤngling ſchar mit blawen ſeiden ſtuͤ - cken / der Alten mit Purpur. Als wir da an ka - men / huben ſie an vnd ſungen: Gott erbarme ſich vber vns / vnd ſegne vns / vnd laß ſein Antlitz vber vns leuchten / vnd andere Pſalmen / die zu dem lob - geſang gehoͤreten / als: Aus der tieffen rueff ich zu dir. Vnd: Siehe / wie fein vnd lieblich iſts. Vnd: Gott man lobet dich in der ſtille zu Sion. Lobet jhr Knecht den HErren / lobet den Namen des HEr - reu / etc. Darnach bedeckte das Land eine klareA a iijWol -182Wolcken / vnd ſie konten nicht ſehen / das ſie zuuor hatten geſehen von wegen der Wolcken / vnd ſuͤngen da: Lobet jhr Himmel den HErrn / etc. Singet dem HErrn ein newes Lied / etc. Lobet den HErrn in ſei - nem Heiligthumb / etc. Vnd viel andere Pſalmen. Des Morgendes verging die Wolcken / da ſuͤngen ſie drey Pſalmen / als: Gott ſey mir gnedig / etc. Mein Gott / Mein Gott / warumb haſtu mich ver - laſſen / etc. HErr du biſt vnſer zuflucht / etc. Zu der Tertien zeit: Frolocket mit Hendē alle Voͤlcker / etc. Hilff mir Gott durch deinen Nahmen / etc. Das iſt mir lieb / das der HErr mein ſtim vnd flehen erhoͤ - ret / etc. Darnach opfferten ſie das vnbefleckte Lamb / vnd kamen alle zu dem Sacrament / vnd ſprachen: Dieſen heiligen Leib vnſers Seligma - chers nemet zu euch / vnd ſein Blut zu dem Ewigen Leben. Da kamen junge Geſellen aus der ſchar / vnd hatten einen Korb vol Kappern / vnd warffen den in jr Schiff / vnd ſagten: Nemet von der frucht der Jnſel / der ſtarcken Menner / vnd gebet vns ew - ren Bruder / vnd fahret in den frieden. Da gab S. Brandanus jhnen den Bruder / vnd ſagte: Kuͤſſe dei - ne Bruͤder / vnd gehe mit jnen. Jn einer guten ſtun - de hat dich deine Mutter empfangen / das du magſt wohnen bey einer ſolchen geſelſchafft. Gedeuck wie viel guts dir Gott beweyſet in dieſer Welt / gehe vnd bitte vor vns.
Da183Da ging er mit den zween Juͤnglingen / vnd S. Brandanus fuhr mit ſeinen Bruͤdern weiter / vnnd hieß ſeine Bruͤder von den Kapern brauchen / vnd nam eine in ſeine Hand. Als er ſahe / das ſie ſo groß / vnnd voll ſafftes war / ſagt er: Jch habe kei - ne groͤſſer Kapern geſehen / denn ſie waren als groſ - ſe Ballen. Da hieß er jhm bringen ein Gefeß / vnd druͤckete den Safft aus einer drein / das war ein gantz Quartier. Die theilt er in zwelff theil / vnd gab jeglichem ein theil / alſo worden ſie dauon geſpeiſet zwelff tage. Darnach vber etliche tage gebot er / das ſie faſten ſolten drey tag. Des drit - ten tags kam ein ſehr gros Vogel aus einer Jnſel / vnd hatte in ſeinem Mund einen vnbekanten zweig / an dem ende des zweiges / hieng ein zumahl groſſe vnd ſchoͤne Weintraube / die lies er fallen in die Schoß S. Brandani. Da rieff er zu ſich die Bruͤ - der / vnd ſprach: Eſſet von dieſer Speiſe / die vns Gott geſand hat. Vnnd theilete die Trauben vn - ter ſie / vnd die Behren waren ſo gros als Epffel / dauon hatten ſie jhre notturfft zwelff tage. Dar - nach gebot er jhnen / das ſie faſten ſolten drey tag. Des dritten tages ſahen ſie ein Jnſel voll Bew - me / deren drey hatten Trauben in groſſer vberfluͤſsigkeit / vnnd da war nicht ein Bawm vnfruchtbar. Da ſie an die Jnſel kamen / dablieben184blieben die Bruͤder bey dem Schiff / vnd er gieng allenthalben auff das Land / vnd es roch als wenn es voll wolriechender Epffel were geweſen / vnd der geruch kam auch zu den Bruͤdern / vnd fand da - ſelbſt ſechs ſchoͤne Baͤchlein / ging wider zu ſeinen Bruͤdern / vnd hies ſie auff das Land gehen / vnnd ſprach: Richtet hier vnſer Gezelt auff / vnnd eſſet von der Speiſe die vns Gott gezeiget hat / vnd blie - ben allda 40. tage / vnd aſſen der Trauben / Wurtzeln vnd Kreuter. Darnach fuhrē ſie wider auff dz Meer / da begegnete jhnen ein groß Vogel / der hieß Vogel Greiff, da rieffē die Bruͤder: Vater dz Thier wil vns verſchlingen. Er ſagt: Fuͤrchtet euch nicht / Gott iſt vnſer beſchirmer. Zu hand reckete er ſeine Klawen aus nach den Bruͤdern. Da kam ein ander Vogel / der jhnen zuuor den Trauben zweig brachte / vnnd floh dem Vogel Greiff entgegen / vnd ſtritten ſo lan - ge / biß er dem Vogel Greiff ſeine Augen auskratzte / da floh er ſo hoch in die Lufft / das jhn die Bruͤder kaum ſehen konten / aber der ander folgte jm ſo lang / biß er jhn toͤdte / vnd fiel bey dem Schiff nieder / da floh der ander Vogel wider an ſeine ſtelle / darnach ſah er die Jnſel der Bruͤder Albei, da begingen ſie vnſers HErren Geburt / denn ſie waren allzeit an den dreyen oͤrthen / als vor geſagt iſt.
A Vff eine zeit begingen ſie S. Peters feſt in dem Schiffe / da ward das Meer ſo klar / dos ſie ſehen konten / was auff dem grund des Meers war / vnd ſahen mancherley Thier auff dem Bodem des Meers / vnd lagen mit den Koͤpffen vnd Schwentzen in einander geflochten / vnd jhrer war ſo viel / das es lag / als eine groſſe Stad. Vnd die Bruͤder bathen S. Brandanum, das er heimlich ſolte Meſſe halten / das ſie die Thier nicht hoͤrten / vnd verderbien. Denn es duͤnckte ſie / das ſie ſo nah weren / wegen der klarheit des Meers / das ſie die konten mit den Henden greiffen. Da ward er la - chend / vnd ſprach: Mich verwundert ewer thor - heit / das jhr die Thier fuͤrchtet / vnd fuͤrchtet nicht das groſſe Thier / das ein verzehrer war aller Thier des Meers / deſſen fleiſch jhr kochetet / vnd auff ſei - nen Ruͤck Fewr machtet? Jſt Gott nicht ein HErr aller Thier? Vnſer HErr Jeſus Chriſtus ma - chet demuͤtig alle Thier. Da hub er an mit lauter ſtimme / vnd die Bruͤder ſahen alle nach den Thie - ren / die erhuben ſich / vnnd ſchwummen bey dem Schiffe / vnd jhrer war ſo viel / das ſie nichts ſahen / denn Thier / aber ſie kamen nicht nahe bey dz Schiff. B bDa186Da die Meſſe aus war / da ſchwummen ſie fern von dem Schiff in daß Meer. Auff eine zeit hielt er Meſſe in dem Meer / vnd allda erſchein jhm eine Seule / vnd es duͤnckete ſie / daß ſie hart bey jh - nen war / aber in dreyen tagen konten ſie nicht darbey kommen. Als ſie nun dabey kamen / war ſie ſo hoch / daß ſie das ende dauon nicht ſehen kon - ten / die Seule war von Cryſtal. Da ſagt S. Brandanus, nemet ein die Ruder / vnd den Maſt - baum / vnd ſie fuhren hinan an die Senle / vnd be - ſahen da mit fleiß / daß werck vnſers Schepffers. Da ſie daß beſahen / duͤnckte ſie / das Meer als ein Cryſtall ſein ron klarheit / daß ſie in des Meers grund moͤchten ſehen / vnd beſahen daß fundament der Seulen / vnd darunter ſchein die Sonne ſo klar als oben. Da fuhren ſie einen gantzen tag / bey der Seulen ſeite / vnd war 1400 Ellen breit. Des vier - ten tages funden ſie einen Kilch vnd eine Paten / die von der Materia der Seulen gemacht waren / liegend in einem Fenſter an der Seulen ſeiten / die nam Brandanus vnd ſprach: Jheſus Chriſtus hat vns dieſe Gefeß gegeben / das vns die Leut gleub - ten. Vnd gebot / das man den Gottesdienſt voll - bringen ſolt / vnd ſich darnach mit leiblicher Speiß erquicken. Des Morgendes zogen ſie jhre Siegel auff / vnd fuhren gegen Mitternacht / vnd hat -ten187ten ſo guten Wind / daß ſie nicht Rudern durff - ten.
Nach 8. tagen ſahen ſie ein Jnſel / duͤrre vnd ſtei - nig / ohne Beum vnd Kreuter / ohne es war voll Ambos der Schmiede. Da ſagt der heilige Vater: Lieben Bruͤder / mir iſt zu mal bange vor dieſer Jn - ſel / hierein wil ich nicht gehen / der Wind treib mich denn darein. Da blieben ſie einen ſtein - wurff von der Jnſel / vnd hoͤreten einen thon der Blaßbelge / vnd der Hemmer vnd Amboß / als ei - nen Donner. Da er daß hoͤrete / da waffnet er ſich mit dem Goͤttlichen Schilde / vnd ſprach: HErr Jheſu Chriſte erloͤß vns von dieſer Jnſel. Zu hand kam einer von den einwohnern des Landes / jhnen leid zu thun / vnd war rauch / fewrig vnd ſchwartz / da er den Diener Gottes jah / da lieff er wider in ſeine Huͤtten. Da S. Brandanus das ſah / da zeichnet er ſich mit dem heiligen Creutz / vnd ſprach: Lieben Bruͤder / ziehet das Siegel auff / vnd Ru - dert / auff das wir von dieſem Lande kommen / Bald kamen da Menner mit einer fewrigen Mul - ter vnd Zangen / vnnd hatten fewrige Kieſelſteine / vnd warffen vnter die Diener Gottes. Aber Gott halff jhnen / das jhnen ſolches nicht ſchade - te. Die Steine fielen wol funfftzig ſchritt von jhnen in das Meer / vnd wo ſie hin fielen / da kocht daß Meer / als ob ein fewriger Berg wer dreinB b ijgefallen /188gefallen / vnd der Rauch ging auff in dem Meer / als aus einem wuͤtenden Fewr. Da ſie nun eine meile weges von dem Lande waren / da kamen zuſa - men / alle die in der Jnſel waren / vnd brachten ein jeder etwas Fewrs / etliche warffen nach den Die - nern Gottes / etliche warffen das an ander oͤrther / vnd lieffen ohn vnterlaß in die Huͤtten / vnd ſteckten newe Fewr an / vnd es dunckt ſie / als ob die gantze Jnſel brante. Vnd ſie hoͤreten den gantzen tag / ein groß heulen vnd ruffen / vnd hoͤrten das noch / da ſie die Jnſel nicht mehr ſehen konten / vnd rochen ei - nen faulen geſtanck. Da troͤſtete ſie der heilige Vater vnd nothelffer S. Brandanus, vnd ſprach: O jhr Ritter Gottes / ſeid nun ſtarck im glauben / denn wir ſind geweſen bey der Pforten der Hellen / dar - umb wachet vnd arbeitet in dem dienſt Gottes. Des andern tages / erſchein jhnen ein Berg im Meer / gegen Mitternacht durch ein finſter Wolcken / die war ſehr vol Rauchs. Dahin kamen ſie mit einem ſchnellen Wind / vnd das Schiff kam hart bey daß Land / vnd daß Vfer war ſo hoch / daß ſie das ober - ſie dauon nicht ſehen konten / vnd es war ſchwartz als eine Maur. Da ſprang aus dem Schiffe der dritte Bruder / der S. Brandano nachfolgte aus dem Kloſter / vnd ſtieg hernider biß auff den grund des Vfers / vnd ſprach: O weh Vater / ich werde ewer beraubet / vnd mag nicht wider zu euch kommen. Daſtieſſen189ſtieſſen die Bruͤder das Schiff vom Land / vnd rief - fen: Erbarm dich vnſer / HErr erbarm dich vnſer. Da ſahen ſie / wie der Bruder ward gezogen vnd gebrant / von den boͤſen Geiſtern. Vnd S. Branda - nus ſprach: Weh dir Suͤnder / daß haſtu in deinem leben vordienet. Darnach hatten ſie einen guten Wind / vnd fuhren nach Mittag. Da ſahen ſie wi - der in einer Jnſel einen Berg / der ſpeiete fewrige Flammen von ſich biß in den Himmel / vnd zoge ſie wider zu ſich / alſo / daß der gantze Berg fewrig war. Darnach ſahen ſie ein Bild als ein Menſch / der ſaß auff einē Stein / vñ fuͤr dem Bilde nicht ferne hieng ein tuch / vnd ſchlug hin vnd her / als ein Siegel auff einem Schiff daß vortgehen wil.
Da ſagten etliche: Daß iſt ein Vogel. Etliche ſagten: Daß iſt ein Schiff. Da ſagt der freund Gottes S. Brandanus: Schicket daß Schiff hin - bey. Da ſie hinbey kamen / da ſtund daß Schiff ſtille / vnd ſie funden da einen rauchen Menſchen / der war ſehr vngeſtalt / vnd war vmb vnd vmb be - floſſen mit Waſſer / daß war wie Eiß / daß ſchlug zu jhm von allen ſeiten biß vber daß Heupt / vnd floß wider ab / da ſahen die Bruͤder den Stein / vnd daß Tuch / vnd daſſelbe tuch ſchlug jhn in die Augen / vnd vor die Stirn. Da fragt S. Brandanus wer er were / vnd was er verſchuldet hette / daß er da ſeſſe? Da ſprach er: Jch bin der vnſeligſte Judas / der al -B b iijlerergſte190lerergſte Kauffman / vnd ich ſitze hie von der vnauß - ſprechlichen gnade vnſers lieben HErrn Jeſu Chri - ſti / vnnd von dem verdienſt ſeiner Aufferſtehung. Denn es war Sontag. Wenn Jch hie ſitze / ſo duͤn - cket mich / das ich ſitze in dem Wolluͤſtigen Paradiß / wegen der furcht der vbergroſſen Pein / die ich noch auff den Abend leiden ſol. Denn ich brenne als ein ſchmeltzendes bley / in einen Topff / tag vnd nacht. Mitten in dem Berge / den jhr habt geſehen / da iſt die alte Schlang mit jhren Soldnern / da war ich / da ewer Bruder darinne ward verſchlungen / da - rumb war die Hell ſo froͤlich / vnd iſt allezeit ſo froͤ - lich / wenn ſie eine Seele verſchlinget. Vnd meine erquickung iſt hie alzeit des Sontags / von der einen Veſper zu der andern / vnd von dem Heiligen Chri - ſtage bis auff der Heiligen drey Koͤnig tage / von O - ſtern bis auff Pfingſten / vnd auff Lichtmes / vnd als vnſer liebe Fraw gegen Himel fuhr. Darnach werde ich allzeit gepeiniget in dieſem abgrund der Hellen mit Herode vnd Pilato, mit Hanna vnd Caipha. Darumb beſchwer ich euch bey dem er - loͤſer der Welt / das jhr Gott bittet / daß ich hie mag ſitzen bis morgen fruͤe / auff das mich die boͤſen Geiſter nicht Peinigen / wegen ewer zukunfft vnd fuͤhren mich zu dem beſten erbe / das ich kauffte mit dem boͤſen gelde. Da ſagt. S. Brandanus: Gotteswille191wille geſchehe / du ſolt der boͤſen Geiſter ſpeiſe nicht ſein / biß morgen. Da fragete er: Was thut diß Kleid hie? Da ſagte er: Diß Kleid gab ich einem ausſetzigen / da war ich ein Schaffer des HErrn / doch es war mein nicht / ſondern des HErrn vnd der Bruͤder / darumb hab ich keine linderung da - uon / ſondern hinderniß vnd verdrieß. Vnd die Gabel da das Kleid anhengt / gab ich den Prieſtern des Tempels / daß ſie die Keſſel damit ſolten hal - ten. Vnd dieſen Stein darauff ich ſitze / legte ich in den weg / das die armen daruͤber gingen / das that ich / ehe ich des HErren juͤnger ward.
Des Abends kam eine vnzehliche ſchar der boͤ - ſen Geiſter / vnd bedecktē das gantze Meer / vnd rief - fen: Weiche von vns du freund Gottes / wir moͤ - gen zu vnſerm Freunde nicht kommen / ehe du weg biſt / auch duͤrffen wir nicht kommen fuͤr vnſers Fuͤrſten Augen / ehe wir jhm ſeinen Freund brin - gen / du ſolt jhn nicht beſchirmen. Da ſprach er: Jch beſchirme jhn nicht / ſondern vnſer HErr Jhe - ſus Chriſtus gibt jhm hie zu bleiben biß Mor - gen. Da fragten die Feinde / warumb bitteſtu fuͤr jhn / er iſt doch ein Verrehter des HErren? Da ſagte er? Jch gebiete euch / das jhr jhm nichts boͤſes anthut in dieſer Nacht. Des nachts fuhren ſie dauon / vnd eine vnzehlige Zahl derhoͤſen192boͤſen Geiſter bedeckten daß Meer / vnd ſchrien vnd rieffen: O du freund Gottes / deine zukunfft iſt vns eine vermaledeiung / vnſer Fuͤrſt wird vns in dieſer Nacht mit vnaußſprechlichen ſchlegen ſchlagen / daß wir jhme ſeinen Gefangen nicht wider bringen. Da ſpracher: Vns kompt die vermaledeyung nicht zu / ſondern euch / wen jhr vermaledeyet / der iſt gebe - nedeyet / den jhr benedeyet / der iſt vermaledeiet. Da rieffen die Feinde: Der vnſelige Judas ſoll duppel - te pein leiden in dieſen ſechs tagen / wo du jn beſchir - meſt in dieſer Nacht. Da ſagte er: Jch gebiete euch vnter ewern Fuͤrſten / daß jhr jhn nicht mehr peini - get / denn jr pfleget / denn jr habt ſeiner keine macht / ſondern es iſt Gottes gewalt. Da ſagten die Fein - de / du biſt ja kein Gott / das wir deinen worten ſol - len gehorſam ſein / Er ſagt: Jch bin ſein Knecht / vnd was ich euch in ſeinem namen gebiete / daß muͤſſet jr thun / die gewalt hat er mir gegeben. Da folgten die Feinde jhm nach / vnd konten dem Juda nichts thun / darnach namen ſie die vnſelige Seel mit ei - nem groſſen Poltern / blecken vnd ruffen / vnd der lie - be Brandanus fuhr gen Mittag / vnd lobte Gott mit ſeinen Bruͤdern.
DEs dritten tages ſahē ſie ein kleine Jnſel ge - gen Suͤden / da die Bruͤder ſehr Ruderten vnd naheten dem Lande / da ſprach S. Bran - danus: Lieben Bruͤder arbeitet nicht ſo ſehr / jr ſeid 7. jahr in der arbeit geweſen / wann nun Oſtern kompt: Nun ſolt jhr ſehen Paulum den erſten Ein - ſiedel / der hat in dieſem Lande 60. jahr in einem ſtrengen leben gelebet. Da ſie bey die Jnſel kamen / da kunten ſie nicht finden den eingang vor vielheit der Vfer. Zum letzten funden ſie einen Hafen kaum ſo weit / daß das voͤrderſte von dem Schiff konte hinein gehen / vnd konten da kaum außgehen. Da ſagt S. Brandanus: Wartet meiner / biß ich wider komme / euch ziemet hie nicht aus zu gehen / ohne erlaubniß des Mans Gottes / der hie wohnet. Da er nun kame auff das hoͤheſte der Jnſel / ſahe er zwey loͤcher / das eine forne / das ander an der ſei - ten der Jnſel gegen Morgen / vnd einen kleinen run - den Brunn / als ein ziehebrunn / vnd ſprang aus ei - nem Stein vor der Thuͤr des Lochs / darin der Rit - ter Gottes wohnete / ſo bald der Brun außlieff / ſo verſchloß das Waſſer den Stein. Da er kam vor die Thuͤr des einen Lochs / da kam aus dem andern loch / ein alt Mann jhm entgegen / vnd ſagt: Sehet wie fein vnd lieblich iſis / das Bruͤder eintrechtig bey einander wohnen / vnd gebot S. Brandano, das er alle ſeine Bruͤder ließ kommen. Da ſie zuſamenC ckamen /194kamen / vnd ſich kuͤſſeten / da nennete er einen jegli - chen bey ſeinen namen. Des verwunderten ſich die Bruͤder / vnd auch ſeiner Kleidung / denn er war vberal bedeckt mit ſeinen Haren / vnd mit ſeinem Bard. Die Har ſcheineten als der Schnee vor groſſem alter / vnd man ſahe allein die Augen vnd das Antlitz / vnd hatte ſonſt keine Kleider an. Da ward der liebe S. Brandanus ſehr betruͤbt / vnd ſprach bey ſich ſelbſt: Wehe mir / das ich trage ein Muͤnchs Kleid / vnd habe ſo viel Muͤnch vnter mir / vnd ſehe nun in einem Engeliſchen ſtande / Menſchen leben ohne boͤßheit des Fleiſches. Da ſprach der alte Mann: Och du Ehrwirdiger Va - ter / ſolch groß wunder hat dir Gott beweiſet / die er keinem andern Vater ſolcher Bruͤder geoffenbaret hat. Du ſagſt in deinem Hertzen / das du nicht wir - dig biſt / zu tragen ein Kleid eines Muͤnches / der du groͤſſer biſt denn ein Koͤnig. Ein Muͤnch nehret ſich der Werck ſeiner Hende / aber Gott hat dich mit deiner geſelſchafft ernehret vnd bekleidet ſieben jahr. Jch armer Menſch / ſitze hie nacket als ein Vogel / vnd bin allein bekleidet mit meinen Haren.
Da fragte S. Brandanus jhn / wo er herkom - men were / vnd wie lang er allda ſolch ſtreng vnd hart leben der Buß gefuͤhret hette? Da ſagte der alte Mann: Jch bin auffgezogen in dem Kloſter S. Patricii,195Patricii, vnd ver warete 40. jahr der Bruͤder Kirch - hoff. Eines tages da ich mir erwehlet eine ſtete mei - nes Grabes / da erſchien mir ein alter Mann / vnd ſprach: Lieber Bruder / ich wil da kein Grab ma - chen / denn da iſt eines andern Grab. Da fragte ich: Vater / Wer biſtu? Da ſprach er: Kenneſtu mich nicht? Bin ich nicht dein Vater? Da ſagte ich zu ihm: Patricius iſt mein Vater. Er ſprach: Das bin ich / geſtern fuhr ich von dieſer Welt / hie iſt meines Grabes ſteth / vnd dabey ſoltu meines Bruders Grab machen / vnd ſage es niemand / das ich es dir habe geſaget. Gehe Morgen an das V - fer des Meers / da findeſtu ein Schiff / das ſol dich bringen an den orth / da du deines letzten tages er - warten ſolt. Des Morgendes fand ich das Schiff / damit fuhr ich drey Tage vnd Nacht / wo mich der Wind hin wehete. Des 4. tages ſahe ich dieſe klippen / da gieng ich auff / vnd ſtieß mit met - nen Fuͤſſen das Schiff wider in daß Meer / vnd das fuhr als bald hinweg. Zur Nonen zeit bracht mir ein Drach in ſeinem Mund einen Fiſch aus dem Meer / vnd einen Eiſern Spaten / vnd bracht ein buͤndlein Holtz in ſeinen forderſten Fuͤſſen / vnd gieng auff den hinderſten Fuͤſſen / vnd der Drach gieng wieder in ſeine wohnung / vnd brach - te Fewr vnd bereitete mir meine Spriſe: Al - ſo hat mir das Thier allzeit vber den dritten tagC c ijdreiſsig196dreiſsig jahr lang meine Speiß gebracht / vnd ha - be alſo alle tag daß dritte theil von dem Fiſche geſ - ſen / vnd ſonſt keinen troſt gehabt von der gnade Gottes / ohne des Sontags leufft ein wenig Waſ - ſer aus dieſem Stein / da neme ich von in mein feßlein / zu meiner Hende werck. Nach dreiſsig jahren fand ich dieſe zwey hoͤlen / vnd dieſen Brun / vnd habe hie 40. jahr gelebet / ohne anderer Speiß: Vnd war 50 jahr in meinem Vaterland / vnd bin alt 90. jahr / vnd ſol hie meinen letzten tag erwar - ten. Nemet von dieſem Brunn in ewer feßlein / denn jhr habt noch 40. tag zu fahren biß zu der Jn - ſel / da jhr ewer Oſtern zu halten pfleget. Darnach ſolt jhr fahren in das gelobte Land / vnd da 40. tag bleiben. Darnach ſol euch der ewige Gott wieder beleiten in ewer Vaterland / da jhr herkommen ſeid. Da nam er von dem alten Mann den Stgen / vnd fuhr mit ſeinen Bruͤdern nach Mittage werts / die gantze Faſten vber / vnd hatten nur das Waſſer / das brauchten ſie vmb den dritten tag / vnd blieben froͤlich ohne Hunger vnd Durſt. Darnach kamen ſie in die Jnſel jhres Schaffners / der lieff jhnen entgegen mit außgereckten Henden / vnd begingen da den Gottesdienſt. Vnd der Verwalter berei - tet jhnen die Abendmalzeit / vnd fuhren darnach von dannen / vnd der Mann mit jhnen / vnd kamen auff den Fiſch / der lage an ſeiner vorigen ſiete / daſungen197ſungen ſie das lob Gottes den gantzen tag. Da die Meſſe aus war / ging der Fiſch laſconius ſeinen weg / vnd alle Bruͤder rieffen: Erhoͤr vns HErr vn - ſer heil. Da troͤſtete ſie S. Brandanus vnd ſprach: Seid vnerſchrocken / wir werden huͤlff haben in vn - ſern wegen: Da ging der Fiſch recht nach der Jn - ſel der Vogel / da blieben ſie biß in den achten tag nach Pfingſten. Darnach ſprach der Schaffner: Gehet zu Schiff / vnd fuͤllet ewere feſſer aus dem Brunne. Jch wil mit euch / denn ohne mich moͤ - get jhr das gelobte Land nicht finden. Da ſungen die Vogel: Gott vnſer Heil geb vns einen gluͤckli - chen weg. Da fuhren ſie zu der Jnſel des Schaff - ners / vnd namen Speiſe auff 40. tage / vnd jhr Schaffuer fuhr vor jhnen her / vnd zeigte jhnen den weg.
Nach 40. tagen gegen dem Abend bedeckte ſie eine dicke Wolcke / daß einer den andern kaum ſe - hen konte. Da ſprach jhr Schaffner / dieſe Wolcke bedecket dieſe Jnſel / vnd iſt das Land / das jhr 5. jahr geſucht habt. Darnach vmbgab ſie ein Licht / vnd das Schiff ſtund am Vfer. Da gingen ſie zu Land / vnd war ein eben Land voll fruchtbar Bewm / wie es im Herbſt iſt. Da gingen ſie all vber das Land hin vnd her / vnd da war es nicht Nacht / doch konten ſie das ende des Landes nicht finden /C c iijvnd198vnd aſſen von den fruͤchten / vnd druncken aus den Brunnen die 40. tag vber. Eines tages kamen ſie bey einem Fluͤßlein / das lieff mitten durch das Land. Da ſagt S. Brandanus: Da koͤnnen wir nicht vbergehen / wir wiſſen nicht die weiſe des Landes.
Da kam ein Juͤngling vnd kuͤſſete ſie / vnd nen - nete ſie einen jeglichen bey ſeinen Namen / vnd ſprach: HErr die in deinem Hauſe wohnen / die ſind Selig / vnd ſagen dir lob in ewigkeit. Vnd ſprach zu S. Brandano: Siehe / das iſt daß Land / das du haſt geſuchet / du konteſt das nicht bald fin - den / darumb das dir Gott zuuor ſeine heimliche dinge im Meer wolte offenbaren.
Fahr nun wieder zu Hauß / vnd nim mit dir von den Fruͤchten vnd Edelſteinen / ſo viel als dein Schiff mag tragen / wenn die vervolgung der Chri - ſten angehet / ſo ſol das Land ewern nachkoͤmlin - gen gehoͤren. Dieſe Fruͤchte bleiben allzeit / vnd verweſen nicht / allezeit iſt es hie Tag. Vnd ſie thaten wie jhn der Juͤngling befahl / vnd lieſſen jhren Schaffner mit dem Juͤngling daſelbſt / vnd fuhren durch die dunckele Wolcken / vnd kamen in die Jnſel der wolluſt / vnd blieben drey tag allda. Darnach kam S. Brandanus wirder in ſein Klo - ſter / vnd ſeine Biuͤder enpfingen jhn mit groſſenfrewden /199frewden / vnd er offenbarete jhnen alle wunder / die er hatte geſehen / vnd jhme von Gott waren offen - baret. Darnach ward er kranck / vnd gab ſeinen Geiſt auff in Gottes Hand.
Valentinus Forſterus Smalcal - denſis Stylum vertebat.
DJeweil in obgeſatzten Schrifften mehrertheils vn - erfindliche ſachen / vnter dem ſchein der Warheit / kuͤnſtlich beſchrieben werden / vnd inſonderheit Lu - rianus ſeine Reyſe Alethinus logus, das iſt / wahre Luͤgen nennet / So hab ichs nicht vnfuͤglich geachtet / das ich etzliche Paradora vnd Wunderreden hinan ſetzte / die bey dem meh - rentheil der Gelerten fuͤr wahre Hiſtorien geſchrieben / gelert vnd gepredigt werden / vnd dennoch im grunde der Warheit lauter Gedicht / oder vbel erklerete Bildnuͤſſen ſein. Dafuͤr man inſonderheit die Jugend warnen ſol / das man ſie nicht Got - tes Wort gleich halte. Ob gleich einer oder ander dauon ſchrei - ben. Denn wie Plinius ſelbſt klagt lib. 8. cap. 22. Nullum eſt tam impudens mendacium vt teſte careat. Es iſt keine Luͤgen ſo vnverſchampt / das nicht jemand dauon ſchriebe / das ſie wahr were. Darumb auch mein lieber Vater / mir / meinen Bruͤdern vnd Tiſchgeſelten / dieſelben Paradoxa / da - heim fuͤr Argumentlein vnd Haußſchrifftlein / zur vbung der Lateiniſchen Sprach vnd nothwendigen warhafften vnter - richt vorzuſagen vnd zu Dietiren pflag. Bey welcher kuͤrtz ichs auch in dieſer Schrifft bleiben laſſe. Es ſolte aber billig ein Gelerter / muͤſſiger Mann / ſich vber ſolche Paradoxa li - teratorum machen / vnd aus den Pandectis Gefneri, da er ſolches vnd dergleichen alles beyeinander findet / vnd aus an - dern darzu noͤtigen Scribenten / dauon fuͤr die / ſo die Buͤcher / oder den Bericht nicht haben / etwas ausfuͤhrliches ſchreiben. Damit man ſolche grobe vngereimte / falſche / abergleubi - ſche vnd Nerriſche Zoten nicht in den Schulen vnd Kirchen / fuͤr Gottes Wort / der Jugend ohn auffhoͤren vorblewete. Sondern lieſſe Gottes Wort / mit Menſchengedicht vnd Nar - rentand vnverboͤrtelt vnd vnbeſudelt. Gott bedarff vnſer Luͤ - gen zu ſeiner Warheit erklerung vnd beſtetigung in keinemwege.205wege. Wie ein jeder Chriſt vnd vernuͤnfftiger Menſch / ohne das / verſtehet. Jch hoffe aber dieſe meine ſchlechte entwerf - fung wenig ſolcher ſachen / ſol Gelerten Leuten vrſach geben / dieſem allen ferner nach zu dencken / vnd alles außfuͤhrlicher zu beweiſen vnd zu wiederlegen. Jn des wolle ſich der guͤnſtige Leſer / dieſe meine geringſchetzige / aber dennoch außfuͤhrliche andeutung wol gefallen laſſen. Den ich hiemit in Gottes All - mechtigen Schutz getrewlich befehle.
JN der Teutſchen ſprach nennet man einen Raubvo - gel / der einen Falcken vnd Weyhe mit ſeiner groͤſſe / ſtercke vnd geſchwindigkeit vbertrifft / einen Ahr vnd Ahrn. Bey den Sachſen auch einen Arent. Daher der Sach - ſiſche Mannes Nahm Arent iſt. Aus dem die Gelerten Ar - noldum machen. Alſo ſagt man Fiſcharn / Ganßarn / etc. Vnter denen allen iſt der groͤſſeſt / ſterek eſt vnd geſchwindeſt / in Griechen vnd Welſchen Landen / den ſie Herodium vnd A - quilam, Teutſch aber / Adeler nennen. Als wolten ſie Edel Ahrn ſagen. Das wort Edel aber / hat das anſehen / als kom es von dem Ebreiſchen wort Adon, das ſo viel heiſt als ein Herr / wie die Schrifft von Gott allzeit ſagt / Adonai mein Herr / oder vom wort Adar, das heiſt fuͤrnehm vnd anſehnlich. Vnd werden damit Fuͤrſten / Herren vnd Edelen genant. Iere - miæ 14. v. 3. Jhre groſſen (in Ebræo Adire Jlluſtres) ſchicken die Kinder nach Waſſer / etc.
Von dem Adeler ſchreibt Rabbi Dauid Kimhi, aus einem anderen Rabbi Subadias genant / vber das 40. Capittel E - ſaiæ, vnd andere die es aus demſelben fundament genom - men / das er ſehr lange / auffs kuͤrtzeſt hundert jahr leben ſol. Vnd wann endlich alters wegen / jhme der Schnabel ſich von oben herab / alſo zu krummet / das er den vnter Schnabel nicht mehr auffthun / vnnd Fleiſch freſſen kan /D d iijvnd206vnd die Federn verſchlagen vnd verbrancht ſein / das er nicht wol fliegen mag. Als dann brauche er dieſe geſchwinde liſt / das er nach Plinii meinung aus den gefangenen Vo - geln / ein zeitlang nur das Blut ſauge / biß er an den Stein - felſen den Schnabel abe / vnd wieder zu ſeinen brauch auff vnd fertig ſchleiffe. Darnach fahre er hoch in die Lufft / na - hend zur Sonnen / zuͤnde ſeine Federn an / oder mache ſich nurt allda in Zona ignea, negſt vnterm Mohn / da eine groſſe hitze ſein ſol / eine treffentliche Fieber hitze in ſeinem leibe vnd Gliedern / vnd falle mit der Brunſt ins Meer / das ſich daß Fewr oder Hitz eilend wieder leſche / wann das geſchehen / ver - krieche er ſich in einen holen Bergk / oder wie andere wollen / lege ſich zu ſeinen jungen in ſein Neſt / vnd ſchwitze daſelbſt / biß jhme die ſtoppel Federn außfallen / vnnd andere gar newe wieder wachſen Alſo werde er gantz vnd gar wieder jung / vnd fliege freudig dauon Das ſol er wie die Juͤden treumen alle zehen jahr thun. Biß ſo lang / das er hundert jahr alt iſt. So bleibe er fuͤr ſchwachheit des alters im Meer beliegen / vnd erſauffe.
Mit dieſer Fabel muß man kuͤnſtlich vnd anſchnlich er - kleren / den fuͤnfften Verß / im 103. Pfalm: Gott macht dei - nen Mund froͤlich / das du wieder jung wirſt / wie ein Ade - ler.
Denn das diß ein lauter gedicht ſey / iſt daraus zuuernch - men. Erſtlich / das alle Fleiſchfreſſende Vogel / die krumme Enlenſchnabel vnd Klawen haben / nimmermehr trincken / als auch der hochgelarte Ariſtoteles erforſchet vnd beſchrie - ben hat. Allein der Jndianiſch Papagoitrinckt / wie die Jſ - raelitiſche Schaff.
Vnd wie wil der Adeler Vogel vnd Vlehe fangen / den Schnabel in die Wunden beingen / deſſen er nicht mechtigiſt /207iſt / vnd damit er kein Thier wunden / viel weniger fangen vnd wuͤrgen kan. Darumb auch die Gelerten des Terentij Spri - chwort: Aquilæ lenectus: auff Fabeln / vnd nicht auff Hi - ſtoriſch erkleren.
Zum andern iſt bey allen Gelerten vngezweiffelt / das die Sonne in der hohen Lufft bey den Wolcken nicht brennet / wie der ſtethwerende Schne auff den hohen Bergen augenſchein - lich bezeuget. Sondern allhie vnten im Thal / da ſich jhre Stralen / im zuruͤck ſchlagen / zuſamen heuffen. Darumb iſt das anzuͤnden des Adelers / des Phœnicis, das erreichen der Fluͤgel Jcari lauter Fabelwerck. Das er aber biß zum Mohn hinein fliegen ſol / iſt wieder alle Natur / vnd muſte fuͤr kelte ehe ſtarren vnd ſterben / ehe denn er halb hinan keme.
Zum dritten / wann der Adeler nun im Meer liegt / wie ſchwimmet er wieder heraus / bekompt er als dann dazu ne - we Genß oder Enten Fuͤſſe.
Da mit aber dieſer zweiffel das Spiel auch nicht zerbre - che / wollen etzliche den Juͤden das Meerbad nicht geſtehen / ſondern fuͤhren jhn zu einer friſchen Quelle zum Bade. Was jſſet er / die weil er auff newe Federn wartet? Wie kompt er zu ſeinen Jungen in ſein Neſt / wenn die Fluͤgel naß ſein? Wie findet er ſeine jungen im Neſt ſitzen / die jhn erwermen / erqui - cken vnd ſpeiſen / wenn ſie ſelbſt außfligen vnd Haſen fangen koͤnnen? Oder wie kompt es / das jhme nicht wie allen Vo - geln jerlich die Federn von jhme ſelbſt ausfallen / vnd newe werden / Wann jhme nicht mit der groben Luͤgen die Federn außſchwitzen / da ſonſten kein Vogel ſchwitzt / vnd vern wert werden. Denn dis allein das jhme die Federn natuͤrlich ſich vernewen / helt S. Ambroſius fuͤr ſeine vernewerung. Tom. 2. Sermon. 54. Albertus magnus ſchreibet / Jch weiß nicht / was ich von dieſer meinung vom Adeler ſagen ſol. An den beyden Adelern die bey vns gehalten werden / hab ich der ſa - chen keine vernommen. Sie veranderten ſich aber alſo / wieander208ander Raubvogelete. vnd wenn diſs alſo were / vnd er im Me - er nicht erſoͤffe / das jhm die nicht wollen gut ſein laſſen / die in der Quelle baden / wuͤrder fuͤr vnd fuͤr leben / das nie erfah - ren iſt.
Man muß aber dieſe Fabel in wirden behalten / denn wie wolte vnſer HErr Gott einen weg oder Reiſe wiſſen zu finden / wie er ſeine Gleubigen koͤndte Jung vnd ſtarck ma - chen vnd erhalten / wie einen Adeler? Wenn man vnſern HErren Gott mit dieſer zierlichen Fabel nicht fein hoͤfflich vberhuͤlffe.
Es iſt aber allhie zubedencken / das Dauid nicht ſagt / das du alſo vnd auff die weiſe wider jung wirſt / wie ein alter Adeler. Das wort Alter wird felſchlich in den Pſalm hinein gebracht / wie ohne das kein Thier in der Welt nach dem Alter jung wird. Denn ob gleich der Krebs vnd Schlange jhre Haut / die Vogel jhre Federn / das Viehe ſeine Hahr vnd Wolle abwirfft / die eines Jahrs alt iſt / werden ſie doch damit nicht juͤnger. Darumb auch Nieo - demus ſagt: Wie kan ein Menſch von newen geboren wer - den / wenn er alt iſt: Warumb mus es nicht viel mehr alſo ſein / das du wider jung wirſt / wie ein junger Adeler.
Als wenn Dauid ſagt: Gott troͤſiet vnd erfrewet dein Hertz vnd deinen Mund / ſtercket vnd beſtetiget deine Ge - ſundheit / das du zu allem / was dein Beruff erfordert / auch im Alter friſch / hurtig vnd vnuerzagt daher fehreſt / wie ein ſtarcker Adeler zu ſeinem Weidewerck. Denn al - ſo erkleret des Dauids wort der Prophet Eſaias am 40. Cap: Die auff den H E R R N harren / kriegen newe krafft / das ſie auff fahren mit Fluͤgeln wie Adeler. Das ſie wan - deln vnd nicht muͤde werden. Alſo redet auch der 92. Pſalm von den Gottfuͤrchtigen: Der Gerechte wird gruͤ - nen wie ein Palmbaum / Er wird wachſen wie eineCeder209Ceder auff dem Libanon. Die gepflantzet ſind / in dem Hauſe des Herren / werden in den Vorhoͤfen vnſers Gottes gruͤnen / vnd wenn ſie gleich alt werden / werden ſie dennoch bluͤhen / Fruchtbar vnd friſch ſein / das ſie verkuͤndigen / das der Herr mein Hort ſo from iſt / vnd iſt kein vnrecht an jm. Dieſer gnad Gottes ruͤhmet ſich der Held Caleb, Joſua am 14. Da er zulo - ſua ſpricht: Jch bin heute fuͤnff vnd achtzig jar alt / vñ bin noch heutiges tages ſo ſtarck / als ich war des tages / da mich Moſe außſandte. Wie meine krafft war dazumal / alſo iſt ſie auch jetzt zu ſtreiten / vnd aus vnd ein zu gehen. Dabey mans billig ſolt bleiben laſſen.
JNn der Griechiſchen ſprach heiſſet Baſileus ein Koͤnig vnd Baſiliſcus ein klein Koͤnig. Alſo wird der aller gifftigeſt Wurm genant / der den Menſchen bekant worden. Darumb das er vnter den gifftigen Schlangen der vornembſte / vnnd als ein Koͤnig iſt / der mit ſeinem gifft / Geſicht vnd Athem / die andern alle zwingen vnd dempffen kan.
Von dem ſagt vnd ſchreibet man. Wann ein Haußhahn neun jahr alt werde / ſo lege er in dem Miſt oder finſtern Kel - lern ein Ey / daraus kom am neunden tage ein Thier / aller ding geſtalt wie ein Hahn / aber ohne Federn / mit einen Schlangen Schwantz / das allzeit das allerſchedlichſte gifft von ſich bleſt / vnd damit alle Menſchen / alle Thier vnd gewechſe / die es anſiehet vnd anbleſet / toͤdtet. Kann auch nicht getilget werden / ohn das man an dem orth da es wohnet / viel Spiegel hinſetzet / biß das es in einem ſein Bild ſehe. Dann wann es das wil tod blaſen / ſo berſte es von zorn vnd ſterbe. Darumb ſtehe im 91. Pſalm. Super aſpidem &E eBaſili -210Baſiliſcum ambulabis. Gott werde nicht allen ſeinen Her - ligen durch die Engel tragen laſſen / ſondern wann ſie gleich zu ſuß gehen / werden ſie vber Ottern vnd Baſiliſchen vnuerletzt frey Paſsieren. Es iſt aber diß gantz vnd gar von vnmuͤgli - chen dingen / gleich ſpotweis zuſamen geſatzt.
Denn erſtlich leſſet man einen Hauß Hahnen ſelten neun jahr alt werden. Man verſetzet jhn gemeinlich mit einem newen / der beſſer zur Haußhaltung dienet / vnd leſſet den alten ſieden oder braten. Darnach legen die Huͤner Eyer / nicht die Hahnen. Vnd wann er das legen ſolte / were es bequemer in der jugend / denn im alter. Es iſt aber zu der zeit die Fabel von dieſem Baſiliſchen wahr / wenn nun der Hahn ein Ey legt. Es findet ſich bißweilen / wann ein Hahn geſchlachtet wird / oder kranckheit halben ſtirbt / ein gewechs in ſeinem leibe / mit einer weiſſen Haut ohne ſchalen vberzogen / inwen - dig mit gelieder durchwachſen / wiee in vberbein. Aber das er nicht gebieret / darin auch nichts formlichs oder lebendiges iſt oder wird.
Zum dritten / iſt kein Exempel in der gantzen Welt / das aus dem allerbeſten vnd geſundeſten Viehe / natuͤrlicher weiſe das aller gifftigſte ſolt geboren werden. Wie auch der HErr Chriſtus ſagt: Es kan kein guter Baum boͤſe Fruͤchte tra - gen.
Zum vierten / iſt die gantze Welt voll Hahnen / vnd iſt in keiner glaubwirdigen Hiſtoria zu finden / das jemals ein ſolcher Baſiliſch gefunden were. Das aber im Gebirge vnter der Erdē bißweilen ein Gifftiger Dampff oder Schwad entſte - het / vnd die Alchymiſten von einem Baſiliſchtn zu machen ſchreiben / ſtehet auff jhre deuteleye.
Es koͤnte aber ſein / das ehemals ein verirter Schiffman / ei - nen Calecutiſchen Hahnen in Africa oder India geſehen het - te / der ſich auffgeblaſen / vnd die rote Naſe grewlich nie - dergehenckt / vnd hernach wie ein Hahn auffgeſchrien hette. Dafuͤr211Dafuͤr ſich der frembd entſatzt / vnd gemeint / es were ein Ba - ſiliſch / wie in Africa wohnen ſollen / vnd ſolch Geſicht in ſei - ner wiederkunfft anderen zum wunderwerck verkuͤndiget het - te. Wie man die Hundßkoͤpffige Affen / fuͤr Menſchen angibt. Es iſt aber in AEgypten vnd Africaner Land / eine arth ſchmaler / ſchwartzbrauner gifftiger Schlangen / welche auff Lateiniſch Aſpis heiſſet / vnd ein Otter verteutſchtwird. Vn - ter denſelben iſt im Lande das Cyrene heiſſet / eine ſonderliche orth / nurt eines Fuſſes lang / hat auff dem Heupt einen ſil - berweiſſen fleck wie eine Krone / kreucht auff dem Schwantz / tregt das Heupt vnd Bruſt empohr / vorjegt mit ſeinem giſchen alle Schlangen / toͤdtet alles was es anſiehet vnd an - bleſet. Dieſe Otter arth heiſt Baſililcus Plin. lib. 8. cap. 21. Darumb iſt in dem 91. Pſalm / da im Griechiſchen vnd La - teiniſchen Baſiliſcus, ſiehet kein ander wort in Ebreiſcher ſprach / denn Pæthen, das heiſt Aſpis oder ein Otter. Vnd iſt der Schlangen Python Nahm daher genommen. Welche / da er nach der Poeten gedicht / die gantze Welt vergifften wol - te / von dem Apolline erſchoſſen ward. Das vnſer HErr Chriſtus der alten Schlang dem Sathan gethan hat.
Der vrſachen halben hat auch Doctor Luther in ſeiner Teutſchen Verſion / dz wort Baſiliſcus außgelaſſen / vnd dafuͤr ſchlecht alſo geſatzt: Auff den Lewen vnd Ottern wirſtu ge - hen / etc. Jſt derhalben auch diß narrengedicht nirgend zu nuͤtz oder noth.
Es ſchreibt auch Plinius lib. 10 cap. 42. Das die Viperæ ſind Welſche Schlangen / die wir auch Otter nennen / alſo ſich vermehren. Das die Mutter aus lieb dem Vater den Kopff abfreſſe / vnnd dauon Schwanger werde. Darnach beiſſen die jungen der Mutter Bauch wieder durch / vnd kriechen heraus.
Ee ijAlſo212Alſo werden die Kinder mit der Eltern leid vnd tod gebo - ren. Daher ſagt man im Latein / ein vndanckbar Weib oder Kind / gebe ſeinem Manne oder Mutter der Vipera lohn. Es haben aber viel Medici die Viperen daheim gehalten / vnd diß falſch befunden. Es lehrets auch die Natur. Denn wenn diß wahr wer / ſo wuͤrde keine Vipera in der Welt ſein / die an - derthalb jahr alt wuͤrde / vnd wird doch teglich das wiederſpiel gefunden.
DER Behr Lateiniſch Vrſus genant / hat ohn zweif - fel den Namen vom Ebreiſchen Baar, das heiſt Bru - tus, barbarus vuuernuͤnfftig vnd wild. Von dem ſchreibt Plinius lib: 8. cap 36. Das ſie an ſtat jrer jungen fuͤnff weiſſe / bloſſe vnformbliche ſtuͤcklein Fleiſch geberen / in der groͤſſe wie eine Mauß. Dieſelbigen lecken ſie tag vnd nacht / ſo offt vnd lang / bis Heupt / Ohren / Augen vnd Fuͤß dran werdē - Darumb als Virgilius gefraget ward / wie er ſo gute Verß machte / das ſie jederman ruͤhmete? Habe er geantwortet: Darumb das ich ſie mache / wie der Behr ſeine jungen. Denn was ich am Morgen gefaſſet habe / erbeite vnd poliere ich den gantzen tag auß / biß es vollenkommen werde. Alſo / vermah - net der Schulmeiſter ſeine Schuͤler / follen ſie auch thun. Das diß auch falſch ſey / gibt erſtlich die Natur / denn die Eltern koͤnnen jhren Kindern die Glieder nicht machen / vnd formie - ren jhrs gefallens / ſondern Gott muß ſie aus der Eltern Ge - bluͤt machen vollkommen / weil ſie noch in Mutterleibe ſein. Darnach wiederlegts die erfahrung ſelbſt / denn ſo offt trechti - ge Behren geſchlagen vnd außgeweidet werden / finden ſich die jungen in jhrem Leibe mit allen Gliedern / Haut vnnd Haren vollenkoͤmlich. Es iſt aber wol zu lachen / das der Behr / wann er von ſeinem Winterſchlaff erwacht / vnnd noch ein ſchwerHeupt113Heupt vnd Augen hat / Honig freſſe / laſſe die Bienen das Maul durchſtechen / das er Blute / vnd ſein Heupt alſo erleich - tert werde. So doch der Bienen ſtich von ſiund an einen harten geſchwulſt vnd kein Bluten macht.
Alſo wird fuͤr eine ſonderliche weißheit an dem Biber / zu Latein Caſtor, geruͤhmet / weil er wiſſe / das man ſeiner Gei - len halben jhn verfolget / das er dieſelben in der Flucht abebeiſ - ſe / vnd hinder ſich laſſe / vnd alſo das leben errette. Da doch der Biber ſeine Geilen inwendig im Leibe hat / wie der Haſe / vnd außwendig nur einen ſchnitt / wie die Zibet Katze / drauß er ſeinen ſtinckenden ſafft leckt / vnd wider das Vngeziffer ſich damit beſchmieret / das der augenſchein beweiſet. Es reden a - ber vnd ſchreiben jhrer viel von ſachen / wie der Blinde von der Farben.
OB wol die Bienen / die man auch Jmmen nennet / Lateiniſch Apes, von jhren vielen Beinlein / von Benè, oder Ebreiſchen Byn / das verſtand bedeutet / den Namen haben / iſt ohn gefehr. Denn ſie gewiß nach jhrer art / ſehr nuͤtzliche vnd witzige Voͤglein ſein. Von denen ſchrei - ben die alten Poeten vnd naturkuͤ ndiger / vnd meinet noch je - derman / das ſie groſſe luſt zu lieblichem klang vnd geſang ha - ben. Plimus lib 11. cap 20. Ja das ſie ſelbſt ſich mit Ge - ſang zur erbeit vnnd auszug auffmachen. Jnſonderheit ruffe der Koͤnig drey tage zuuor ſein Volck zuſamen / ehe dann er mit dem Schwarm außfliege. Wann ſie auch ausgezo - gen / vnd in der lufft ſein / pfeifft oder klingelt man / damit ſie bleiben / vnd ſich bald ſetzen. Hieuon iſt war / das ſie fuͤr vnd fuͤr in jhren Stoͤcken vnd Koͤrben ein groß gebrumme ma - chen / das ſie damit mit jrem Athem jhre Werckſtath warm / vnd die Wachsſcheiben weich behalten. Ob auch wol der erſte Koͤnig oder Weiſer / der ein Jahr Haußgehalten / auszeugt /E e iijohn214ohn beſondere anzeigung. Dennoch machen ſeine Kinder / ſo jhm folgen ſollen zuuor in den runden Wachsheußlein / darin ſie gewachſen ſein / jmmer einen laut ſo bald ſie jhr Fluͤgel be - wegen / vnd ſchwingen vnnd ſchlagen koͤnnen / biß ſie zu jrem Volck gar heraus kriechen. Fuͤr ſich ſelbſt ſind alle die man in - ſecta nennet / Wuͤrm / Kefer. / Fliegen / Bienen / Hor - nuͤſſen / etc. Taub / ohne Ohren vnd ohne gehoͤr / Dann wann du eine Paucke ſchlegſt / mit Glocken klingſt / oder die ſcherffeſt Trommet / oder Zincken / alſo bleſeſt / das der Athem ſie nicht beruͤret / ſo bleiben ſie vnerſchrocken ſitzen. Lufft aber / ge - ruch vnd andere bewegnus / mercken ſie von ſtund an / vnd fol - gen dem nach: Das wird die erfarung beweiſen. Die Heimen aber vnd Grillen Cicadæ, vnd die Hewſchrecken / Locuſtæ, ha - ben Ohren vnd hoͤren geſchwind. Denn es ſind ſonderliche Sanckmeiſter.
Das man aber in der Bienen ſchwermen vnd außfliehen klingelt oder Pfeifft. Jſt nicht der Bienen / ſondern des Nach - baren halben auffkommen. Denn der abgeflogen Bienen - ſchwarm / iſt nach verordnung der Rechten deſſelben der jhn mit Klang vnd Geſang verfolget. Jſt aber deſſen keines da - bey / ſo mag in derſelbe vnuerhindert nemen / vnnd fuͤr den ſei - nen behalten der jhn findet. Quod enim nullius eſt, fit oc - cupantis.
Es iſt auch das vnrecht / das alle Gelerten ſchreiben / inſonderheit Plinius lib 11. cap. 12. Das der Honig anfahe aus der Lufft zufallen / auff Laub vnd Blumen / wann das ſie - ben geſtirn fruͤe mit der Sonnen auffgehet / zu vnſer zeit nach denn 19. Tag Aprilis, &c. Denn die Bienen hernach ſamlen vnd eintragen. Denn ob gleich nach der zeit / die Honig vnd Mehltaw heuffig fallen / vnd von Hornuſſen / Weſpen vnnd Erdbienen eingetragen werden. So kehren ſich dochdie215die rechte Bienen nicht daran / wie auch an keinen zucket. Vnd wenn ſie wegen duͤrrer zeit vnd hungers noth / denſelben Ho - nigtaw brauchen muͤſſen / kriegen ſie dauon den Durchbruch vnd ſierben.
Sie ſamlen auch jhr Honig nicht von Lilien / Roſen / Ne - gelein oder anderen koͤſtlichen Blumen / ſondern von Weiden / Epfel / vnd Lindenbeumenbluͤet / vnd von Hederich / Ruͤben / Kohlkreuter / Klee / Blawen Korn vnd Heiderblumen etc Roß - marin aber / vnd Spikerbluͤt wird auch fieiſsig von jhnen beſucht Vnd iſt noch nicht erfahren was der Honig eigentlich fuͤr ein ſafft ſey. Sie ziehen jhn aber mit jhren Zungen in den Leib / vnnd ſpeien jhn wider aus dem Mund in jhre Wachs - buͤchslein. Denn jhre geſchmeiß vnd vnflath / der durch den Leib gehet / iſt kein Honig / ſondern ein fauler geſtanck / da -[rumb] laſſen ſie jhn auſſer den ſtoͤcken im flug in der Lufft fallen. Jhre Wachs beiſſen ſie mit den Zehenlein von den Blumen / nehmen es mit den mittelfuͤſſen aus dem Mund / verſetzens an der hinderfuͤß Lenden gleichtrechtig zu beyden ſeiten / fuͤh - rens alſo heim / vnd verwirckens nach jhrer arth. Was aber zu hart vnd trucken iſt / vnd ſich nicht wil wircken vnnd anhef - ten laſſen / das verſtecken ſie in die Wachßloͤcher / biß ſie im Winter muͤſſig ſein / vnd den Safft fuͤr jhre Speiß draus nehmen koͤnnen / daher es jhr Brot genant wird. Dauon al - hie nach der leng nicht zuſchreiben iſt.
ES iſt auch vberaus viel vnnd mancherley rede bey dem gemeinen Volck von der Heiligen Chriſtnacht / was daran geſchehen ſol / in naturlichen dingen. Denn von Geſpenſten vnd Aberglauben wollen wir hie nicht ſchreiben.
Erſt -216Erſtlich ſind viel Leute in dem wahn / das die zwoͤlff Nacht / von der Chriſtnacht an zufahtn / der folgenden zwoͤlff Monat / durch das gantze Jahr wetter bedeuten ſollen. Vnd alſo des gantzen Jars fruchtbarkeit oder vnfruchtbarkeit. D[z]dieſe meinung falſch ſey / gibt die erfahrung denen / ſo alle wetter das gantze Jahr durch / mit fleis auffzeichnen.
Es hat aber das anſehen / es ſey dieſe meinung von den vngelerten Muͤnchen / aus einem Scribenten Didymus ge - nant / dem Chriſtag zugelegt. Denn der ſchreibt: Democri - tus Apuleius vnd Conſtantinus / im Buch vom Ackerbaw / ſagen / man ſolle ſich das folgende Jahr ſolch wetter vermu - ten / als auff dem Feſtage iſt / den die Roͤmer Bruma nennen. Das iſt auff den 24. Nouember. Andere aber ſagen: Das der December werde ſein wie der 24 Nouember. Der Jenner wie der 25. Nouember. Der Hornung wie der 26 Nouember / vnd ſo fortan. Es pflegt aber diß bisweilen zugeſchehen / biswei - len auch nicht.
Dieweil nun dieſe Rechnung von der Roͤmer Bruma jh - ren anfang haben ſoll / Vnd es gewiß iſt / das der kuͤrtzeſte Tag im Jahr Bruma, vnd brumale ſolſtitium war. Der zu der zeit der Geburt Chriſti / mit dem 25. Decembris eintraff. So folgt draus / das es daher genommen / vnd auff den Chriſtag gelegt iſt. Vnd das man jetzt den anfang ſolcher anmerckung auch vom kuͤrtzten Tag / als vom zwoͤlfften December anfan - gen ſolte. Wanndie erfahrung mit ein ſtimmete.
Zum andern iſt auch der wahn / das die Chriſtwurtz / iſt eine art der ſchwartzen Nieſewurtz / in der Chriſtnacht jhre er - ſte Blume trag. Jtem / das der Hopffen fingerlang auswach - ſe / etc. Es gibt aber auch die erfahrung / das dis alles von dem Tage / ſo der kuͤrtzeſte iſt im Jahr / jtzt der 12 Decem - bris anfehet / vnd macht in der Chriſtnacht keinen newen zu - ſatz So ſchreibt auch Plinius lib. 18. cap. 25. Wer weisnicht217nicht / vnd wem hats wunder / das eben auff den tag / der Bru - ma heiſſet / die Poley die ſie in den Fleiſchſchernen fuͤrſetzen / anfehet zu bluͤhen.
Zum dritten / haltens die Bawren dafuͤr / das eben in der - ſelben Mitternacht / alles Viehe in den Vieheſtellen auffge - richt ſtehe / die Sew außgenommen. Damit ſie jhre Leute ver - mahnen / das ſie auch dem HErren Chriſto zu ehren auff ſte - hen / vnd in der Mitternacht / als an etlichen oͤrten gebreuchlich iſt / zur Kirchen gehen ſollen. Jch halte es[dafuͤr] / weil man ge - gen Mitternacht zu letzt das Viehe abefuͤttert / das es ohne das ſtehe. Entweder das es auff jr futter warte / wann ſich das Ge - ſind hoͤren leſſet. Oder das es dauon eſſe Geſchicht aber diß in andern Nachten nicht / ſo iſt es billig fuͤr ein beſonder wunder zu halten. Wie man ſag / das in der Nacht etliche Beume bluͤ - en / Epffel tragen / vnd wider abwerffen ſollen. Das Corneli - us Agrippa, einem ſonderlichen kuͤnſtlichen impffen / vnnd nicht der Chriſtnacht zu legt.
ES iſt bey vielen Gelerten eine alte meinung / vnſer HErr Jheſus Chriſtus ſey auff den 25. Martij am Creutz fuͤr vnſer Suͤnde geſtorben. Daran das Feſt der Verkuͤndigung Mariæ gefeyret wird. Darumb hat man auch viel andere ſachen dazu gereimet / als das Adam vnnd Eva an dem tage geſchaffen / gefallen vnd aus dem Pararadiß verſtoſ - ſen ſein. Abel von ſeinem Bruder erſchlagen. Abraham von Melchiſedech geſegnet / Jſaac geopffert / Gabriel zu Marien geſand / Johannes der Teuffer entheuptet / Petrus aus dem Gefengnis erloͤſet / vnd Jacob vom Herode entheuptet ſey. Als im Rationali divinorum folio 236. zufinden. Wie Epipha - nius zu ſeinem geburtstag Epiphaniorum, dergleichen hen - del eingedinget. Vnd duͤrffen etliche ſich gewißlich vormu -F ften /218ten / es ſolte auch der halben der Juͤngſte tag auff denſelben tag kommen. Vnd ob wol hieran nichts ſonderlichs gelegen / den - noch iſts nicht verantwortlich / das man in ſolchen hohen ſa - chē / nach der warheit nit forſchen / ſondern vorſetzlich / nicht al - leine fuͤr ſeine Perſon / im alten jrrthumb bleiben / ſondern auch anderen denſelben loben vnd lehren wil. Es iſt aber aus der hei - ligen Schrifft erſtlich das gewiß / das die Juͤden das Oſter - lamb auff Gottes befehl haben eſſen ſollen / am 14. tage des er - ſten Mohnats im jahr / wann der Mohn voll war. Denn mit dem newen Mohn / der dem A Equinoctio verno, dem ta - ge / darin Tag vnd Nacht im Fruͤeling gleich ſein / zu negſt war / fingen ſie das jahr an.
Die weil aber der HErr zu Abend / des vierzehendē tages / damit der Oſtertag anfieng / das Oſterlamb mit ſeinen Juͤn - gern geſſen / vnd folgenden tag / als das rechte Oſterlaͤmb ſelbſt geſchlachtet worden. So iſt gewiß / das der tag / darauff der Vollmohn nicht geweſen / nicht kan der tag ſein / daran der HErr Chriſtus geſtorben iſt. Es wiſſen aber die Gelerten / das der newe Mohn damals / vnd der erſte tag des Juͤdiſchen jahrs auff den 21. Martij gefallen / vnd auff den 27. das erſte Vier - tel. Der volle Mohn auff den dritten Aprilis Darumb kan der 25 Martij / in keinem wege der tag des Leidens des HErren Chriſti ſein.
Zum andern iſt gewiß / das die Juͤden aus eigener andacht / dem Wort Gottes zu wieder / geordnet hatten / das man das Oſterlamb nicht auff den 4. tag des Mohns / ſondern auff den negſten Sonnabend / oder Sabbattag hernach eſſen ſolte. Damit der Sabbath tag nicht nath dem rechten Oſtertag ins Oſterfeſt zu gleich ein fiele / ſondern allzeit auff dem Oſtertag mit gehalten wuͤrde. Dieweil aber derſelbe Sabbath angieng / mit der Sonnen vntergang / ſo muſten ſie mit des HErren Begrebniß eilen.
Daraus iſt wahr / das der HErr am Freytag geſtorben iſt. Wer nun keine andere rechnung weis / denn die ſo in den ge -ſchriebenen219ſchriebenen Pſaltern / vnd Herrn M. Luth. alten Bethuch / oder auch in der Gelerten Computis Eccleſiaſticis ſtehet / wie man den Sontags Buchſtab rechnen ſoll. Wird finden / das in dem jahr D. der Sontags Buchſtab geweſen iſt / vnd das der 25. Martij auff den Mitwochen / vnd nicht auff den freitag fellet. Folget derwegen vnwiederſprechlich / das der 25. Mar - tij / der tag des Leidens Chriſtinicht iſt. Als viel Gelerter Leute in jhren Computis vnd Oſtertags rechnungen: Jnſonder - heit ſohannes Stadius in ſeinen Tabulis Bergenſibus, vnd der woluerdiente fleiſsige Theologus Henricus Bunting / in ſeiner hochloͤblichen Chronologia mit groſſem fleiß / vnd er - beit gnugſam erwieſen haben. Vnd bleibt dabey aus vorge - ſatztem fundament, das der rechte gewiſſe tag des Leidens vnd ſterbens vnſers HErren vnd Heilandes Jheſu Chriſti / iſt nach der Roͤmer Calender / der dritte tag Aprilis. Wie auch die Welt vnd die Menſchen / nicht im Martio / ſondern im Aprili / ſind von Gott geſchaffen worden. Vnd iſt derwegen alle Weiß - heit / die vnwiſſende Leute / dem 25 tag Martij zu geben / dauon wir wegen geliebter kurtze nichts ferners ſchreiben wollen / eine grundloſe alberkeit. Gleich wie der HErr Chriſtus / ſol auff der heiligen drey Koͤnig tag getaufft. Darnach 40. tag vnd nacht / in der wuͤſten geweſen: Endlich zu Johanne dem Teuf - fer wider kommen / vnd den Phariſern vnd ſeinen Juͤngern ge - zeiget ſein.
Darnach nimmet er etliche Juͤnger an / kompt zu Ca - na in Galilæa, redet mit Nathanael / vnd am dritten tag her - nach / thut er ſein erſtes zeichen / vnnd macht Waſſer zu Wein. Dennoch ſol diß eben auff den tag geſchehen ſein / da der HErr getaufft worden.
Dieweil wir hie vom Oſtertage reden / muß ich deſſen hiebey gedencken. Das ich auch in etlichen Poſtillen finde. Der Menſch ſolle ſich billig des Oſterfeſts frewen. Denn auch die herrliche ſchoͤne Sonne am Himmel / thue auff dem erſten Oſtertage fruͤe / wann ſie erſt auff gehet / vnd darnach zu abendF f ijehe220ehe denn ſie vntergehe / drey freuden ſpruͤnge. Nach den wor - ten des 19. Pſalms. Exultauit vt Gigas ad currendum vi - am. Die Sonne ſpringet auff / wie ein Held zu lauffen jhren wegk. Darauff lauffen beyde Alten vnd Jungen / des Morgen - des fruͤe fuͤr der Sonnen Auff gang / vnd des Abends ſpet fuͤr der Sonnen Vntergang / mit groſſen hauffen ins Feld hinaus / vnd ſehen zu / wie die Sonne tantzet.
Wann ſie nun dieſelben ſo lang angeſehen haben / das jh - nen Blaw vnd Braun / Liecht vnd Finſterniß fuͤr die Augen kompt / ſo ruͤffet einer hie / der ander dort. Jtzund thate ſie den erſten. Da bald den andern. Vnd denn den dritten ſprungk. Wer nun ſagen wolte / er hette es nicht geſehen / den wuͤrde man fuͤr blind / oder fuͤr einen Gottesleſterer halten.
Es ſchreibet aber Euſebius lib 5. cap 23. Das im Jahr Chriſtin 98. eine groſſe vneinigkeit vnter den Chriſten entſtan - deu ſey / von dem tage / darauff man das Oſterfeſt halten ſol - te Denn die Chriſten in Aſia hielten die Oſtern auff den 14. tag / des Juͤdiſchen erſten Monats. Wie zuuor geſagt iſt. Be - rieffen ſich auff Gottes ordnung im alten Teſtament / vnnd das Johannes der Euangeliſt ſelbeſt die Oſtern alſo gehalten hette.
Jm gegentheil wolte der Bapſt zu Rom domals Victor ge - nant / die in A Egypten vnd Palæſtina, vnd andere die es mit jhme hielten / man ſolte zwar mit der Oſterfeyer den 14. tag / des erſten Monden erwarten / aber die Oſtern nicht eben auff dem tage halten / ſondern auff dem Sontag / der zwiſchen den 14 vnd 21. tag deſſelben Monden einfallen wuͤrde. Dauon ſind dieſe verß:
Poſt Martis nonas, vbi ſit noua Luna requiras: Bis ſeptem numerato dies, vt Paſca ſequatur.
Darumb das die Apoſtel den Juͤdiſchen Sabbath abge - than / vnd den Sontag / daran der HErr Chriſtus aufferſtan - ten were / fuͤr den Sabbaht erwelet hetten.
Hieruͤber ſint viel Concilia der Gelerten gehalten. Es hat auch ein theil das ander als vnehriſten verbannet. Das doch der heilige Irenæus nicht hat gelobet / ſondern geſagt / Di - uerſitas ieiunij, non tollit vnitatem Fidei Vngleicheit in dem Faſten / macht keine vngleicheit im Glauben. Bis end - lich im Concilio zu Nic[æ]a im Jahr Chriſti 328 gewilliget iſt / ſie woltens alle mit der Romiſchen Kirchen eintrechtig halten.
Solcher zanck aber iſt widerumb vernewret zu vnſer zeit als der Bapſt zu Rom im Jahr / 1582. aus dem Monat O - ctober zehen Tag verworffen vnd fuͤr den 4. Octobris den 14. gezalt hat. Vnd derenthalben mit der alten Keyſer vnd ſeiner vorfahren / der Roͤmiſchen Baͤpſte alten Calender ſelten die Oſtern gleich hat Wann nun die Sonne gewis ſichtbarer weiſe am rechten Oſtertage tantzet / ſo hetten die Alten vnd wir des Zanckens nicht beduͤrfft Denn Gott hette ein ſichtbar zeichen am Himmel geſatzt / dabey man denn rechten Oſter - tag erkennen koͤnte.
Es hat aber kein Gelerter Chriſt das jhemals getreumet / oder ſich darauff beruffen. Viel weiniger habē es die Sternen - ſeher bey den Gelerten Heyden gethan. Denn dieſelben bewei - ſen augenſcheinlich aus jhrer kunſt / das weder Sonne / noch Mohn / noch einiger Stern / ein Hahr breyt / aus ſeinem ſtand abetrette / ſpringe oder tantze. Sondern die Planeten gehē alle fuͤr ſich in jren Circkeln / ob es gleich ſcheinet als ſie ob zu ruͤck gingen / nimmermehr aber gehē ſie vber oder vnter ſich.
Vnd wenn die Sonne ein Fingerbreit ſich erhuͤbe vnd wi -F ſ iijder222der niederſetzte nach vnſerm geſicht / ſo wuͤrde die gantze Welt ſich zugleich mit erheben vnnd krachen muͤſſen. Dennoch wird dieſer Glaub gepredigt / behalten / vnnd alle Oſtern beſucht. Denn weil vns die warheit nicht mehr gefellet. So muͤſſen wir der luͤgen glenben.
DJe Elephanten ſind die groͤſſeſten vnter den Vier - fuͤſſigen Thieren / als auch im Buch Job beſchrie - ben wird. Es ſind aber mancherley luͤgen von jhnen. Dieweil ſie in vnſer Land nicht kommen.
Jnſonderheit ſchreibt man / das in jedem Schenckel von den Lenden biß auff dem Fuß[]nur ein gantz Bein oder Knoch ſey / ohn alle gelengk. Darumb ſchreiben ſie / koͤnne er ſich nicht legē zum ſchlaff / ſondern bleibe alzeit ſtehen. Lehne ſich aber fuͤr muͤdigkeit an einem Baum / vnd Schlaffe alſo Dieſen Baum lernen die Jaͤger kennen / Segen jhn abe biß auff ein wenig. Wenn nun der Elephant koͤmpt / vnnd nach gewonheit ſich daran lehnen wil / ſo bricht der Baum / vnd Er fellet dahin / vnd kan ſich nicht widerumb erheben / biß die Jeger zuſprin - gen / jhm ketten vnd ſtricken vberwerffen / vnd alſo gefan - gen nemen / vnd Zahm machen.
Strabonis wort ſind dieſe:Nonnulli arbores ob ſervant, ad quas Elephanti reclinari & requieſcere ſo - lent. Harum ex altera parte truncum ſuceidunt. Jtaq́; beſtia ſe inclinans pariter cum arbore ruit. Et cum ſur - gere nequeat, eò quod crura continuo & ſine fluxu eſſe conſtant; illi ex arboribus deſilientes eum obtruncant, &c.
Die -223Dieſem zuwider haben die Hiſpanler vnd Hollender in jhren Jndianiſchen Schiffarten erfahren / das die Ele - phanten zwar dicke ſtarcke Schenckel vnd Fuͤß haben / Aber dennoch in der Huͤfft / Knien / vnd vber den Fuͤſſen mit vnter - ſchiedlichen Glencken beugſam ſein / wie ein Ochß vnd Pferd. Legen ſich auch alſo an die Erd zur ruhe / vnnd erheben ſich widerumb / wie ander groß Vihe. Dauon ſuch aus fuͤhrlichen Bericht in Johan Huigens Schiffart / am 46. cap. in folio.
Seneca ſchreibt auch in ſeinen Epiſtolen / es hab ein Goͤckler aus Morenland dem Elephanten befohlen / das er ſich auff ſeine Knie ſetzen / vnnd einen ſtrick hinnan kriechen muͤſſen. Vnd Martialis:
Quod pius, & ſupplex Elephas te Cæſar adorat. Crede mihi, numen ſentit & ille tuum. Das der Elephant aus DemuthDir Keyſer einen Fußfal thut.Das hat gwiſslich den Verſtand /Das er was Goͤttlichs an dir fand.
Das auch die groſſe Drachen / die mit den Elephanten kriegen / vnd Jhn ermorden ſollen / Fluͤgel haben / Als man S. Georgens Drachen malet. Jſt in keinem Alten oder ne - wen Buch beſchrieben. Alſo entgehet vns das ſchoͤne Mora - le, das ein faul Weib / das nicht erbeiten wil / vnd ſich nur auff jhres Mannes arbeit verleſſet. Vnd ein muthwillig Kind / das nichts lernen / vnd niemandes dienen wil / ſondern ſich nur auff ſein Erbgut verleſſet. Wann der Mann Tod vnnd das Gut verzehrt iſt / muͤſſen ſie beyde betteln gehē. Schlaff noch ein wenig / ſch[lu]mmer ein wenig / ſchlag die Hende in einan -der224der ein wenig / das du ſchlaffeſt. So wird dich die Armut vbereilen / wie ein Fußgenger / vnnd der Mangel wie ein ge - wapneter Mann. Prov: 6.
DEr Vogel Greiff wird nicht alle in groſſer Herren Wapen vielfeltig gemalet / ſondern iſt ſo bekant / das man aus ſeinen klawen Trinck geſchier machet. Vnd die Thiriackskremer Vogel Greiffen ſchmaltz fuͤr eine nuͤtze ſalbe verkauffen: Auch die Fuͤß fuͤr wunderſachen in jren kram dem vnwiſſenden Volck zeigen. Wie auch ein alter Medicus Raſis ſchreibt / Man ſolle ein quentlein von dieſes Vogels Galle in die Naſe thun / dauon nieſen / ſo vergehe die ſchwe - re noth vnd der Schlag.
Es ſol aber der Greiff / wie lohannes de Monte villa ſchreibet / groͤſſer ſein deñ achte Lewen / vorn wie ein Adeler / hin - ten wie ein Lew geſtalt / vnnd in Scythia der Aſianer wohnen / in den Goldbergwerck / vnd alle die dahin kommen / Gold zu - holen / zerreiſſen / oder Mann vnd Pferd miteinander wegfuͤ - ren.
Dieſe ſachen helt der alten Hiflorienſchreiber Herodo tus im 3. Buch fuͤr Poetiſche gedicht / vnd Plinius ſchreibt im 10. Buch am 49. cap. Das in Scythia ſollen fliegende Pferd ſein Pegæſer genant / vnd in Morenlande Greiffen mit langen Ohren vnd krummen ſehnaͤbeln / halt ich fuͤr fabelwerck / etc. Denn es iſt in Scythien durchaus kein Goldbergwerg. Es haben auch vnſer Leute ſo die gantze Welt durchſchiffet ſein der ſachen keine erfahren.
Es hat aber das anſehen / weil die Scythen ein arm / a - ber Mehrhafftes Kriegsvolck geweſen / vnd wie etliche mei - nen auch der Nahme giebt Sachſen. Denn dieſelben nehmen die Schuͤtzen / Schnetten vnd Schieter. So haben dieſelbenfrembd225frembd Kriegsvolck / das bey jhnen was pluͤndern oder rau - ben wollen / mit groſſer geſchwindigkeit verfolgt / vnd geruffen / Greiff / greiff den Kehrl. Das reden ſie Gryp / Grip. Wie die Frantzoſen Tiri Tiri &c. Das dem gewaltigen Perſiani - ſchen Koͤnige Cyro vnd ſeinem Kriegsvolck / die ſie bekriegten / das Leben gekoſtet hat. Daher haben die Griechen die Sey - tiſche Reuter vnd Reuber Grypen genant. Vnd jnen von we - gen jhrer geſchwindigkeit Adelers Fluͤgel / vnd wegen jhrer ſterck / Lewenfuͤſs angedichtet.
Gleich wie im Virgilio die Scereuber werden gemahlet wie groſſe Vogel Harpyten genant / die Angeſichter haben / wie Jungfrawen / Beuch wie Backofen / die vnerſetlich ſein. Hende wie Beeren Klawen / damit ſie alles zerreiſſen / verder - ben / oder wegfuͤhren. Es werden aber im Buch Hortulus ſanitatis genant / auch dieſe Harpyien fuͤr rechte Natuͤrliche Vogel / felſchlich angezogen vnd beſchrieben. Paulus Venetus ſchreibt auch / es ſol in India / vber der Jnſel Madagaſcar / die Plinius lib. 9. cap. 19. Modogalicam nennet / ein Vogel ſein / Ruc genandt / der einen Lebendigen Elephanten koͤnne hinruͤ - cken vnd in den Luͤfften wegkfuͤhrē. Vieleicht ſind das auch vn - ſer Schiffleut / die an der Jndianer Land hinnan ruͤcken / vnd was ſie ertappen / in einen Ruck dauon fuͤhren.
Die Drinckgeſchir aber / die man fuͤr Greiffs klauwen aus - giebt / ſind Puͤffels oder Jndianiſche Ochſen hoͤrner. Der Ty - riackskremer Greiffs Fuͤſs ſind vom Strauſs.
ES iſt eine wunderbarliche Kranckheit vnd Ertzney in Sachſen Landen / gemein bey hohes vnd niedern ſtan - des Perſonen / die den Altē gar vnbekant geweſen / vndG gin kei -226in keinem Buch beſchrieben worden. Alſo das meñniglich da - ſelbſt in dem Wahn iſt / es gehe zu vnterſchiedlichen zeiten dem Menſchen die Hirnſchale / oder wie ſie reden / der Kopff von ein - ander. So weit das man drey oder vier Finger zwiſchen den riſs emlegen koͤnte / wann nicht die Haut dafuͤr were. Dar - nach ſetze auch der Hals ſich aus ſeinem gliede abe / oder wie ſie reden / kom aus dem Haken. Alſo / das man in der Na - cken gruben / einen Daum auff den Ruͤckengrad ſetzen koͤnne / da zuuor der Halß geſtanden iſt.
Zum dritten werde der Magen verkipt vnd vmgeſtuͤrtzt / auch den kleinen Kindern / das er auff eine vnrechte ſieth / vber der Leber oder Miltz zu liegen komme.
Wann nun dieſer Kranckheiten eine da iſt / ſo iſt das Heupt wuͤſte / ſchwer / vnd ſchwindelhafft. Der Menſche bricht ſich / vnd kan keine Speis bey ſich behalten. Die Kin - der aber weinen kleglich.
Dawieder iſt der Rath / das man eine alte Abergleubi - ſche Nerrin kriegt / die mit einem Guͤrtel den Kopff miſſet / vnd 3. mal durch ſpeien leſſet durch das Guͤrtel / vnd zeugt mit dem Guͤrtel das Heupt wiederumb zuſammen. Darnach zeugt ſie auch den Halß wieder in ſeinen Haken. Vnd nimpt dz magen - verſchlagen Kind bey den Fuͤſſen / leſſet den Kopff nieder hen - gen / oder bey den Armen / vnd wendets wie mit der Strepta corda, vber Heupt herumb / vnd legets endlich auff den Ruͤ - cken / vnd ſtreiche jhm den Magen wiederumb zu rechte / vnd giebt jhm von dem / was ſie von allen vier ecken des Tiſches ab - ſchabet / vnd vom ſtaube auß allen vier ecken der Stuben zu - ſammen greiſſt / zu trincken. So iſt alle ſache vertragen.
Wann man aber den Kindern Keſs vnd Brod beybin - det / ſo ſchadet jhnen keine Zeuberey vnd Kranckheit. Jnſon - derheit wenn man das mit in den Windeln zur Tauffe tregt.
Es wiſ -227Es wiſſen aber alle Gelerten / das vnmuͤglich ſey / das die Hirnſchale ein Haarbren von einander geben ſolte. Sie iſt viel zu fleiſsig von Gott in einander verknuͤpfft vnd ver - zwickt / als auch teglich an Schaff vnd Kelber koͤpffen auff dem Tiſch zuſehen iſt. Vnd wann der Halß aus ſeinem Glied verſchoben were / wuͤrde die Naſe auff der Bruſt lie - gen / vnd der Athem bald zu kurtz werden.
Das aber der Magen ſich ſolt verwaltzen / darzu hat er keinen raum im Leibe / vnd iſt viel zu kurtz am Bruſtbodem o - der Diaphragmate angebunden. Vnd muͤſt in dem vmbwen - den / der Menſch alsbald tod bleiben. Wie aber die Cardiaca vnd Hertz pan / vnd dergleichen mengel im Magenmund / da - uon ſich das brechen / vnd Heuptwehe verurſachet / zu Curiren ſein / wird anderswo beſchrieben. Denn das iſt ohn das ge - wiß / ſolang den Kindern Keß vnd Brot wol ſchmeckt / ſo lang ſind ſie wol zu paſſe. Es mus aber die heilige Tauffe auch dabey ſein / damit ja der Teuffel mit Gottes wort vnd Sacra - ment ſein geſpoͤtt treibe.
DEr 42. Pſalm hat dieſen anfang: Wie der Hirſch ſchreyet nach friſchem Waſſer / So ſchreyet meine Seele Gott zu dir. Meine Seele duͤrſtet nach Gott / nach dem lebendigen Gott / etc. Meine Threne ſind meine Speiſe Tag vnd Nacht. Weil man teglich zu mir ſagt / wo iſt nun dem Gott?
Hierzu ſetzet die alte Lateiniſche Bibel dieſe gloſſam ordina riam: Weñ der Hirſch alters halbē beſchwert wird / vñ die HaerG g ijvnd228vnd Hoͤrner zu groß wachſen / ſo zeugt er eine Schlang in die Naß. Vnd ſo bald als er das Gifft eingenommen hat / wird er dauon erhitzt / das er vberaus verlangen hat nach einem fri - ſchen Brunn / daraus zu trincken. So bald er nun daraus ge - truncken hat / ſo wirfft er ſeine Haar vnd Hoͤrner abe. Ein ander / Iohannes Agricola genant / ſchreibt: Wann der Hirſch mit den Schlangen zuſamen gangen / vnd ſie gefreſſen hat / vnd mit durſt vberfallen wird / ſonderlich im Morgenlande / da ſehr groſſe Hirſch gefunden werden / ſucht er alſo bald ei - nen See oder flieſſend Waſſer / darin er ſich bis ans Heupt hi - nein ſetze. Nach des Koͤniglichen Propheten Wort: Wie der Hirſch ſchreiet nach friſchem Waſſer. Wie jn aber ſeine Na - tur leret / ſo trincke er aus dem Waſſer nichts. Sondern duͤr - ſte mitten im Waſſer wie der Tantalus. Denn ſo bald er das Waſſer ſchmeckte / wuͤrde er fuͤr tod dahin fallen. Es lauf - fen jhm aber vnter des viel Threnen aus ſeinen Augen / die all - gemach dick werden / zuſamen rinnen / vnd beſtehen bleiben / ſo groß als eine Caſtanien Nuß. Dieſelben fallen dem Hirſch aus den Augen / wenn er aus dem Waſſer gehet. Das mer - cken die Leut / vnd leſen ſie auff. Die ſind das rechte Belza - hard (Bezoar) das die jenigē die es haben ſo hoch halten / das ſie fuͤr kein giſſt ſich fuͤrchtē etc. Vnd Ferdinandus Ponzet - tus ſetzt dazu: Der Stein ſey einer Haſelnuß gros / gelb gleiſ - ſend / wie ein Citrinat, rieche wie ein Wein. Wenn man deſ - ſen zwelff gerſten koͤrner ſchwer eintrincke / treibe er durch den Schweis allen Gifft aus dem Leibe.
Was nun aus dieſer Legenda fuͤr wunderbarliche Pre - digten gemacht ſein. Von des Bußfertigen Suͤnders hertz - lichen Glauben. Von ſeiner Threnen nutz / wieder der Helliſchen Schlangen Gifft. Jſt in den mancherley aus - egungen vber die Pſalmen zuſehen.
Von der ſach aber an jhr ſelbſt ſchreibet Albertus Ma - gnus. Plinius ſagt / wann der Hirſch mit Alter beſchweretwerde /229werde / ſo ziehe er mit dem Athem ſeiner Naſen / die Schlan - gen aus jhren loͤchern heraus / etc. Et hoc ego verum eſ - ſe non puto. Jch halte nicht / das es wahr ſey.
Wir haben aber allhie wilde vnd zahme Hirſch die fuͤl - le. Dieſelben eſſen Graß wie ein Ochſe / vnd nemen ſich vmb kein Fleiſch an. Vnd wenn man jhnen gleich halb tod - te Schlangen fuͤrwirfft / wie zu Hoff vielfeltig geſchicht / wegen dieſer Fabel / achten ſie derſelben nicht. Vnd wie wolten ſie die mit jhrem Athem in die Naſen bringen? Wo iſt der raum darzu? Worin halten ſie die Threnen / das ſie nicht ins Waſſer fallen? Wie trinckt er wenn er dauon ſtirbt? Es haben aber dieſe Scribenten ſich ehrlich verwa - ret / das ſie dazu ſetzen / Es geſchehe nicht allenthalben / ſon - dern allem in den Morgen endern. Etwa zu Nirgendheim.
Wozu beduͤrff aber Dauids Pſalm dieſer Luͤgen? Jſts nicht gnug / das der Hirſch / wenn er den Wolffen oder Hun - den mit groſſer noth aus den Zehnen entlaufft / ſo ein hertz - lich verlangen vnd geſchrey nach einen friſchen Trunck Waſ - ſer hat / als Dauid nach Goͤttlichem Beyſtand / errettung / vnd ſchutz / da er von ſeinen Feinden allenthalben verfolget / geengſtet / vnd von einem orth zum andern vmbgetrieben ward. Es mus aber Gottes Wort / mit Luͤgen erklert vnd bewert wer - den / ſonſt gilts nicht.
Eben eine ſolche Phantaſey iſts / das auch Plinius vnd an - dere ſchreiben. Wenn eine gifftige Spinne einen Hirſch ge - ſtochen hat / oder der Saw der Kopff wehe thuet / ſo lauffen ſie ins Waſſer vnd eſſen Krebs / vnd werden alſo bald errettet-Wo mit fangē ſie aber die Krebs? Vieleicht hengē ſie den Schwantz ins Waſſer / das die Krebs daran beiſſen / vnd alſo heraus zu Lande getragen werden. Wie der Wolff die Fiſch fenget im Reinicken Fuchs. Es ſind in der Marck faſt in allen Waſſern Krebs. Auch darneben Hirſch vnd Sewe vollauff. Das a - ber jhr einer ſolte Krebſen gehen / iſt nie erfahren. Wenn dieG g iijKrebs230Krebs auff einem Wagen oder Karren geladen ſein / vnd die Sewe bey nacht ſich vnter den Wagen legen / vnd an die Reder reiben / ſo ſterben viel Krebs. Vnnd wenn der Kauffman die todten auslieſet / vnd weg wirfft / ſo faſſen ſie die Sewe. Wie ſie alles Fleiſch vnd Fiſche / auch wol offt jre eigen Ferckel / freſ - ſen / ſo bald ſie zur Welt kommen.
ALle Jaͤger ſind in dem wahn / Der Haſe ſey ein Herma - phrodit / Habe zugleich Mannes vnd Weibes arth. Al - ſo das eins vmbs ander Jungen trage. Das dis falſch ſey / gibt die erfahrung. Denn wenn man ſie ausweidet / hat dz Weiblein ſeine Mutter im Leibe / vnd ſeine Zitzen wie eine Katz vnten am Bauche / voller Milch / daß das Maͤnlein nicht hat. Wenn man ſie auch daheim auffziehet / vnd ein Muͤtterlein dabey iſt / ſo bringen ſie Jungen / ſonſt aber nicht / wenn jhrer gleich noch ſo viel wehren.
Jch mus alhie auch einer falſchen aufflage gedencken / damit man den guten Haſen vnbillig beſchweret. Fuͤr 40 faren war ein gelerter wolberedter Man zu Jhena Doctor Eber - ardus Schnepff: Der Predigte die Hiſtoriam Eliſæi / wie er den Auſſetzigen Naeman aus Syrien geſund gemacht / vnd keine verehrung von jhme nemen wollen. Das doch ſeinem Diener Gehaſi nicht gefiel / dem Naeman nachjagete / vnd im namen des Propheten / einen Centener Silbers / vnd zwey Feyer Kleider von jhm forderte. Vnd krieg den Auſ - ſatz zu lohn / 2. Reg. 5. Vnd als der Doctor in der Predigt / den Text auff ſeine Zuhoͤrer deuten wolte / vnd endlich fra - gete / Ja der Gehaſi hat fuͤrwitzig / geitzig vnd vbel gethan / das er Geldes halben / Gott vnd ſeinen Propheten eingreif - fen wolte. Das muͤſſen wir alle bekennen. Wer iſt aber jtzundder231der G[e]haſi / lieber bedenck ſich ſelbſt ein jeder / Ob wir nicht alle nach Gelt vnd Gut mehr trachten / denn nach Gottes Ehr? Darumb darff es hie keine frage? Jch bin der Geha - ſi. Du biſt der Gehaſi. Vnd du mein Geſell auch. Ach lieber laſſet vns Buß thun / das vns nicht der Auſſatz treffe / vnd wir damit aus Gottes Gnade / vnd dem Ewigen Leben ent - ſatzt werden / etc. Daraus ward ein Sprichwort vnter den Studenten / Das ſie zu dem / der ſeine ſachen einem andern verhehlen / vnd eigennuͤtzig ſein wolte / oder ſonſt ein Schalck - heit fuͤr hette / ſprachen: O mein Geſell / du biſt auch der Gehaſi. Vnd als dieſe Rede von Jena nach Wittenbergk vnd Leiptzig / ja auch endlich vnter die Famulos / Handwercks / Kauffgeſellen / vnd Reuterburß kam / die von Gehaſi nichts wuſten / die ſagten / du biſt ein Haſe. Als wie man zuuor ſag - te / du biſt ein Aff / ein Fantaſt / ein Narr / etc. Da es doch dem Haſen nach ſeiner art / an witz vnd fuͤrſichtigkeit nicht man - gelt. Sondern an ſtercke / das er ſich nicht wehren kan / wie ein Lewe oder Beer. Vnd darumb in der noth ſeine Fuͤß vnd die dicken Buſch zu huͤlff ruffen mus. Das ich der Warheit zum zeugnis / vnſer Teutſchen leichtfertigkeit / die ſo vnbe - dachte ſachen zu Sprichwoͤrtern auffmutzet vnd behelt / zur erinnerung / vnd dem guten Haſenbraten / zun ehren allhie nicht verſchweigen wollen. Damit die Studenten nicht mei - nen / luſtus Lipſus habe es aus ſeinem Agellio oder Plau - to erfunden. Das ſie vnter einander ſich Haſiones nennen. Laß es aber wol geſchehen / das nicht deſto weniger ein jeder mit ſeinen haſibilibus qualitatibus ſich froͤlich mache.
VOn den Zeichen / ſo fuͤr dem juͤngſten Tage hergehen ſollen / ſeind auch in den Buͤchern hin vnd wider / viel vnd mancherley grundloſe meinungen. Deren wir nur etliche ſetzen wollen.
1. Von232Erſtlich habē die Juͤden in jhrem Talmud einen Spruch des Hauſes Eliæ / das die Welt ſol ſechs Tauſent Jahr ſte - hen. Denn zwey Tauſent ſey die Welt oͤde ohne Regiment vnd Kirchen Ordnung geweſen. Bis Abraham zum Vater der Jſraeliter vnd des Meſsiæ beruffen ward.
Zwey Tauſent jahr ſein von Abraham biß auff die Zu - kunfft des HErren Chriſti. Jn denen ſind den Juͤden jhre Ge - ſetz gegeben.
Die nechſten zwey Tauſent ſol der Meſsias regieren / alſo / das er in den erſten Tauſent jahren ſelbſt ein Weltli - cher Koͤnig ſey auff Erden. Vnd alle Feinde der Juͤden ſich vnterthenig mache. Jm letzten Tauſenden jahren aber / den Juͤden das Regiment vber die gantze Welt befehle. Denn al - ſo deuten ſie den Spruch. Wie zu vnſer zeit die Widerteuf - fer aus dem 20. Capittel der Offenbarung Johannis lehren. Chriſtus werde kommen / alle ſelige Todten zu erſt auffwe - cken. Jhre Feinde toͤdten / vnd mit jhnen hie auff Erden regie - ren Tauſent jahr. Darnach werde er auch die Gottloſen auff - wecken / vnd das Himliſche Leben anfangen.
Es ſchreibt auch Eulebius lib: 3. cap: 25. Hiſtor: Eccleſ: Cerinthus lehrete / Chriſtus wuͤrde nach der Aufferſtehung der Todten ein Jrdiſch Koͤnigreich anrichten / etc. Er brachte auch ein Feſt herfuͤr von Tauſent Jahren / dz als dann zu den Hoch - zeit freuden auſgeſatzt were. Solche Deuteler hat man her - nach Chiliaſtas genant.
Von denen ſchreibt derſelbige Euſebius lib: 4. cap: vlt: Vnd lib. 7. cap: 23. Jſt zu weitleufftig hieher zu ſetzen.
Vnſere Gelerten aber nehmen diß an / als Gottes wort / vnd beweiſen es ausfuͤhrlich vnd ſtatlich.
Erſtlich aus der Heiligen Schrifft / das dieſer Spruch / recht ſey / vnd die Welt nur ſechs Tauſent jahr ſtehen muͤſ - ſe.
Denn233Denn zur Hochzeit in Cana Galilea, ſein nur ſechs ſtei - nern Waſſerkruͤge mit Waſſer geweſen. Der ſieb nd aber / den man dem Speiſemeiſter zu koſten bracht / ſey Wein wor - den.
Darnach ſein an Salomonis, guͤlden Stuͤel nur ſechs ſtuffen geweſen / auff der ſiebenden / hat er ſelbſt geſeſſen.
Zum dritten / ſind nur ſechs Patriarchen von anfang der Welt geweſen / biß auff Henoch, welcher der ſiebend / vnd ge - gen Himmel von Gott lebendig auffgenommen iſt.
Zum vierten / hat Gott die Welt in ſechs tagen geſchaffen / vnd am ſiebenden gefeyret.
Zum fuͤnfften / gieng Joſua mit dem Jſraelitiſchen Volck / ſechs tag vmb die Stad Jericho / aber am ſiebenden tage / macht er ein Feldgeſchrey / damit fiel die Statmawer v - ber einen hauffen / vnd ward alles erſchlagen / was lebendiges darinne war.
Zum fechſten / haben die Jſraeliten jhren Acker / ſechs jahr beſeen vnnd Ernten. Aber im ſiebenden jahr muͤſſen ledig vnd brach liegen laſſen.
Diß iſt eine hohe Seraphiſche Weißheit / die kein Pro - phet / kein Apoſtel / ja der HErr HErr Chriſtus ſelbſt nicht be - dacht hat. Jtzt im letzten ende der Welt / ſind erſt ſo hocherleuch - te Leut auffkommen. Wunder iſts / das man nicht die ſieben Planeten / vnd das ſieben Geſtirn / vnd die ſieben vornehme Glieder am Menſchen / als zwo Hend / zween Fuͤſſe / Bauch / Bruſt / vnd Heupt. Ja viel mehr die ſieben jahr / nach dem den Kindern die zehn außfallen / vnd ein Climactericus iſt / auch dazu rechnet. Denn bey ſieben leugt man gern.
Zum andern / ſchlieſſen ſie nun hierauff gewaltiglich / die - weil in dieſem 1603. jahr Chriſti / die Welt 5569. jahr geſtan - den / ſo reſtiren nur 431. jahr / vnd ob die gleich von wegen vnſer Suͤnd / wie die Juden ſagen / oder von wegen der außerwehlten / wie man des HErrn Chriſti Wort deutet / koͤnnen verkuͤrtzetH hwerden.234werden. So koͤnne vnd muͤſſe doch / die Welt nicht lenger ſte - hen / oder Gott muͤſte zum Luͤgner werden. Das vnſer nach - kommen ſich billich verwundern werden / wer vns Menſchen Kindern die macht gegeben hat / das wir Gottes Majeſtet / ein ziel ſeiner Regierung vorgeſchrieben haben.
Es iſt aber eben eine ſolche rechnung / als das von dem ausgang der Kinder Jſrael aus Egypten / biß zu endlicher zerſtoͤrung des Tempels zu Jeruſalem 1588. jahr gerechnet werden. So muſte auch im Jahr Chriſti / 1588. die Welt vergehen / oder ſonſt alles vmbgekehret werden / oder wie es Tobias Muͤller deutet. Es muͤſſen die Juͤden den Tuͤrcken ſchlagen / vnd ihr Land wiederumb einnehmen. Vnd das geſchach auch redlich. Denn die alte boßhaffte Koͤnigin in Franckreich Catharina Medicæa, vnd der Hochloͤblich Koͤ - nig Fridericus in Dennemarck / ſind in dem Jahr geſtor - ben. Als wenn die andern ewig gelebt hetten.
Es ſind aber diß nicht allein / Grundloſe / vnd Gottloſe rechnungen / darumb / das ſie weder in der Heiligen Schrifft / noch in der Natur / einigerley gewiß Fundament haben. Sondern auch / das der Sohn Gottes ſelbſt ant - wortet / da jhn die Juͤnger fragen / welches werde das zeichen ſein ſeiner zukunfft / vnd der Welt ende? Von dem tage / vnd von der ſtunde weis niemand / auch die Engel nicht im Himmel. Allein mein Vater. Matthæi 24. Jtem / von dem tage vnd der ſtunde / weis niemand / auch die Engel nicht im Himmel / auch der Sohn nicht / ſondern allein der Va - ter. Marci 13. Jtem. Es gebuͤhret euch nicht zu wiſſen / zeit oder ſtunde / welche der Vater ſeiner Macht fuͤr behalten hat / Act 14.
Darumb235Darumb ſollen billig alle Menſchen der Goͤttlichen Maieſtet jhr vorbehalt laſſen / vnd nimmermehr ſich vier odēr drey hundert jahr biß zum Juͤngſten tage einbilden / ſon - dern nimmermehr ſicher ſein / vnd alle Augenblick auff jh - res Herren ankunfft warten / wie die Juͤnger vnd Apoſtel zu jhrer zeit gethan haben. Vnd der HErr Chriſtus ſie lehret vnd vermahnet. Sehet zu / Wachet vnd Betet / denn jhr wiſ - ſet nicht wenn es zeit iſt. Marei 13. Denn dieſer tag wird kom - men wie ein Fallſtrick vber alle die auff Erden wohnen / Lu - eæ 21.
Wir ſollen auch nicht zweiffelen / das Gott nach ſeinem Rath vnd Allmacht die Welt noch lang erhalten kan. Denn ſeine Hand iſt nicht verkuͤrtzt / Eſaiæ. 59. Vnd er hat geduld mit vns / vnd wil nicht / das jemand verlohren werde / ſondern das ſich jederman zur Buſſe kehre / 2. Petri. 3.
ZVm andern iſt auch eine alte meinung / das die Pro - phecey Ezech 38 vnd 39. Dauon das Gog vnd Magog auff den Bergen Jſrael ſol erſchlagen werden / den Tuͤr - cken bedeute / der muͤſſe auch vnd inſonderheit von vns Teut - ſchen bis auffs Heupt erleget / vnd ein gewuͤnſchter Fried in der gantzen Welt werden / ehe denn der Juͤngſte Tag komme.
Die vrſach dieſer meinung iſt / das faſt alle Propheten / von dem Geiſtlichen Reich Chriſti / auff weltliche weiſe reden. Als im 110. Pſalm Der HErr wird das Seepter deines Reichs ſenden aus Sion. Herſche vnter deinen Feinden. Er wird richten vnter den Hetzden / er wird groſſe ſchlacht thun / etc. Vnd der Engel Gabriel ſpricht zu der Jungfrawen Ma -H h ij.ria.236ria. Gott der HErr wird ihm den ſtuel ſeines Vaters Dauid geben / vnd er wird ein Koͤnig ſein vber das Haus Jacob ewig - lich / vnd ſeines Koͤnigreichs wird kein ende ſein / etc.
Es hatte aber Dauid keinen andern Stuel ſeines Reichs / denn das Schlos zu Jeruſalem / auff dem Berg Zion. Jn Griechen Land / Jtalien / Hiſpanien / etc. Jnſonderheit im Himmel hatte er nichts zu regieren / daher wiſſen alle Juͤden / gelerten / vnd vngelehrten / des HErren Chriſti Juͤnger ſelbſt nicht anders / den das der Meſsias ſol ein weltlicher Koͤnig ſein / vnd ſeine Vnterthanen / durch die Apoſtel / bey Weltlichem Frieden / ſchuͤtzen vnd handhaben.
Damit aber der HErr ſeine Juͤnger aus dieſem wahn brin - be / ſagt er / Lucæ 22. die Weltlichen Koͤnige herrſchen / vnd die gewalt haben / heiſt man gnedige Herren / ihr aber nicht al - ſo.
Vnd zum Pilato. Mein Reich iſt nicht von dieſer Welt / ſondern ich bin kommen / das ich die Warheit lehre. Matth. 9. Lucæ 9. & 12. Jch bin nicht kommen fried zu machen / ſon - dern ein ſchwert wider das ander / etc. Joh. 16. Jn der Welt habt ihr angſt / aber in mir habt ihr frieden.
Solche Lehre des HErren Chriſti / behalten auch hernach die Apoſtel 2 Timoth. 3. Alle die da wollen Gottſelig leben / hie in dieſer zeit / die muͤſſen verfolgung leiden. Jtem / 14. Durch viel trubſal muͤſſen wir eingehen ins Himmel - reich.
Darnach ſol auch ein Chriſt bedencken / das alle Prophe - ceyen von Weltlichem frieden auff das alte Teſtament ſehen. Vnd inſonderheit darauff: Das Gott das Jſraelitiſche Volck ſchuͤtzen vnd erhalten wil bis der verheiſſene Siloh oder Held kommc. Denn das geſetz vnd Propheten gehen bis auff Jo - hannem den Teuffer / wie Chriſtus ſagt.
Nach der zeit / ſagt der Prophet Daniel am 9. Cap. ſol das Land vnd der Tempel verwuͤſtet werden / vnd wuͤſt bleiben. Die237Die gewiſſe zeit ſetzt er auch dazu. Nemlich wenn Chriſtus iſt getoͤdtet worden / vnd nichts mehr iſt. Vnd wenn ein Votek des Fuͤrſten (derſelben zeit) kompt / vnd die Stad vnd das Heiligthumb verſtoͤret ſo werde es ein ende nemẽ wie durch eine fluth. Vnd werde bis ans ende des ſtreits wuͤſte bleiben Jtem er ſagt / Es iſt beſchloſſen / das bis ans ende vber die verwuͤ - ſtung trieffen wird. Dis beſtetigt der HErr Chriſtus. Matth. 24. vnd hat vorlangſt ſein effect vnd ende erreicht / vnd damit zugleich alle Propheceyen von weltlichem frieden.
Es iſt auch fuͤr allen dingen in der Schrifft zu forſchen / ob ein einiger Spruch darin zu finden ſey / welcher der Chriſten - heit vnd Kirchen des newen Teſtaments / ein Weltlich Koͤ - nigreich zuſagt. Vnd nicht viel mehr mit Paulo / Philip. 3. rie - te / das wir ſolten ſuchen was droben iſt / da Chriſtus iſt. Denn vnſer Buͤrgerſchafft iſt im Himmel. Jtem Ebreer 14. Wir ha - ben hie keine bleibende Stat / ſondern die zukůnfftige ſuchen wir.
Das iſt aber gewis / das es fuͤr dem Juͤngſten tag zuge - hen ſol / wie zur zeit Noe Man ſol Krieg vnd Kriegsgeſchrey hoͤren. Vnd eine ſolche betruͤbte zeit werden / als nicht geweſen iſt / ſieder das Menſchen auff Erden geweſen ſind. Welche Wort Chriſtus aus dem 12. Cap. Danielis annimpt. Matth. 24.
Zu letzt iſt ſonderlich zubedencken / ob die Prophecey von Gog vnd Magog auff den Tuͤrcken deute / wie vnſer Theolo - gi meinen / oder nicht. Denn iſt die Prophecey weltlich vnnd Hiſtoricè zuuerſtehen / ſo mus ſie erfuͤllet ſein fuͤr Chriſti ge - burth / nach dem Babyloniſchen gefengnus / Super montes Jſrael. Denn ſo redet der Prophet. Vnd alle Weltliche Pro - pheccyen der Juͤden weren nur bis auff Chriſtum.
Zum andern ſols aber Geiſtlich vnd Allegoricè verſtan - den werden / de Eccleſia noui Teſtamenti, von vnſerm Chriſtenthumb / welcher Koͤnig nicht ein Reich hat von dieſerH h iijWelt /238Welt / oder Kriegsleut / ſo fuͤr ihn kempffen / deſſelben Chri - ſtenthumbs zeit auff Erden / auch nicht lang wehren mus / ſon - dern vmb der auserwehlten willen verkuͤrtzet werden. So mus man die deutung auch im newen Teſiament ſuchen.
So finden wir im 20. Cap. Apocal. der Satan wird loß werdẽ vnd ausgehen zuuerfuͤhren die Heyden in den vier oͤrtern der Erden / den Gog vnd Magog in einem ſtreit. Vnd ſie vmb - ringten das Heerlager der Heiligen / vnd die geliebte Stat. Vnd das Fewer vom Himmel verzehret ſie / vnd der Teuffel der ſie verfuͤhret / ward geworffen in den Fewrigen Pfuel / da der Falſche Prophet war. Vnd ward gequelet tag vnd nacht von ewigkeit zu ewigkeit.
Jn dieſem Text iſt kein zweiffel / das die heilige Stad ſey die Chriſtliche Kirche Das Heerlager die Lehrer vnd Mar - terer / ſo mit dem Teuffel kempffen. Jhre Feinde ſollen ſein Gog vnd Magog nicht aus Aſia oder Thracia, ſondern aus allen vier oͤrtern der Erden Das iſt die gantze Welt / vnd alle der Chriſten verfolger / wie die namen haben moͤgen. Nicht die den Bapſt oder Roͤmiſchen Keyſer / ſondern inſonderheit Chriſti rechte ware Diener anfechten. Das der Bapſt / viel Keyſer / vnd etliche falſche lehrer vnter vns ſelbſt thun.
Were derhalben wol zu wuͤnſchen / das man etwas beſſe[r]bedechte / was Chriſtus ſagt von der truͤbſeligen zeit fuͤr dem Juͤngſten tage / das er kaum werde glauben finden. Vnnd das in ihm allein ewiger vnd warer Friede ſey.
Das koͤnnen wir aber darumb nicht thun / denn wir wol - len nicht Lazarus in dieſer Welt ſein. Sondern der Reiche Man.
Politiſcher Fried vnd Krieg hat mit dem Euangeli[o]nichts zu thun. Non arripit mortalia regna, qui datcœle -239cœleſtia. Sondern gehoͤrt adlegem. Nam propter iniu - ſtitiam transfertur regnum de gente in gentem. Hat der Tuͤrcke fuͤr Gott eine gerechte ſache / ſo wird Gott ſelbſt die richten. Hat er vnrechte ſache / vnd wir mit warer Buſſe Gott anruffen vmb ſchutz vnd beyſtand / wird GOtt ſeiner Kirchen Herberge / vnd ſeines Sohns Krippelein gnediglichen ſchuͤtzen. Wanns aber ſtraffens gilt / ſo hilfft Gott ſo wol dem Nebucadnezar wieder die Jſraeliter / als Dauid wider die Philiſter. Gott erbarm ſich vnſer blindheit / vnd erleuch - te vns zur ewigen freud vnd Seligkeit / Amen.
ES hat einer in ſeiner Poſtil auch dz vnter andern Zeiche geſatzt. Es were daraus abzunehmen / das der Juͤngſte tag nahend fuͤr der thuͤr were / das die gelerten Stern - ſeher beweiſen koͤnten / das der Himmel alters wegen / ſich herunter ſetzte zur Erden. Alſo / das die Sonne mehr den ſechs vnd zwantzig tauſent / ſechs hundert vnd ſechtzig Teutſcher Meilweges dem Erdbodem neher were / denn ſie zur zeit des Gelerten mannes Ptolomæi fuͤr vierzehen hundert dreiſſig Jahren geweſen were. Vnd machen / damit eine elende Tra - gædia vnd jammerklage / wie auch aus naturlichen vrſachen / endlich der Himmel werde auff der Erden zu liegen kommen / Als ein alter Wagen an dem beyde Achſen zubrochen ſein.
Allhie mus man auch ein vnterſchied machen / vnter der Natur vnd Warheit an jhr ſelbſt. Vnd vnter dem Bilde - werck / damit die Lehrmeiſter jhren Schuͤlern ein gleichnis fuͤr -geben /238geben / deſſen was ſie von der Natur halten. Als wenn ich ge - denck oder ſage / der einige ewige Gott / der alles geſchaffen hat vnd erhalte / das ohn ihm nichts beſtehet. Vnd wie Johannes ſagt. Der da iſt / der da war / vnd der zukuͤnfftig iſt. Der werde in Ebreiſcher ſprach I E H O V A H genant. So iſt das wort ein Gedanck im gehirn / oder ein Schal in der lufft. Vnd iſt kein Buchſtab drin. Das aber den namen auch ein jeder / der in nicht hoͤret / in ſeine Gedancken / Mund / vnd Ohren bekom - me / ſind Buchſtabenerdacht / damit man den Namen ſchrei - be / vnd dem vnwiſſenden abe vnd fuͤr mahle. Darnach thut man ihm eine vnuermutliche erklerung dazu. Das O bedeute das gegenwertige / das A das vergangene / vnd das I das kuͤnff - tige / wie es Johannes ausleget. Die geſamten Buchſtaben aber AEIOV weren die Seel / vnd das leben aller woͤrter / ohne die kein wort koͤnte ausgeſprochen werden. Alſo koͤnte auch oh - ne Gott nichts beſtehen. Vnter denen were mitten vnd hinden ein H. Das nur ein blaſen were / bedeute / das Gott kein Leib / ſondern nur ein Geiſt were.
Solche vnd dergleichen ſachen / bringet man in den Schu - len Bildweis fuͤr. Sind aber in keinem weg Gottes wort / vnd das Goͤttliche weſen an ihm ſelbſt / das weit anders vnd vnbe - greifflich iſt.
Wenn ich nun hieraus ſchlieſſen wolte / das fuͤr der zeit des HErren Chriſti die Juͤden verboten hetten / man ſolt den namen lehouah nit nennen / weder in den Schulen noch ſonſt / ſondern an deſſelbigen ſtath ſagen Adonai, das iſt / Mein lieber HErr / wie der HErr Chriſtus / die Apoſtel / vnſer Grie - thiſche / Lateiniſche vnd Teutſche Bibel auch thut. Darumb ſey bedeutet / das die rechte Lehr von Gott verlieren / vnd Gott ſie auch verlaſſen wuͤrde. Das leſſet ſich alſo reden / iſt aber im grund ein lauter Phantaſey.
Eben241Eben alſo gehet es auch in den Schulen / mit des Himmels lauff. An dem Himmel ſehen wir nichts / denn der Sonn[e]n / Mohns vnd Sternen Liecht / wie das in die Lufft fellet / vnd ſich darin ſpiegelt. Dann zu ihrem ſtand / koͤnnen vnſer Au - gen nicht hinauff reichen. Jtem / der Wolcken vnd der Lufft farben / Weiß / Blaw / Graw / Gehl / Roth / etc. Jtem / den Regenbogen. Wie aber des Himmels gebew ſey / ob das eytel Lufft / darin die Sternen gleich dem Erdbodem ſchweben / oder eitel harter dichter Criſtal ſey / als die Himmels ſtuͤl S. Bran - dani, kan niemand mit warheit beweiſen. Damit aber den - noch die Gelehrten ihre gedancken / vnd erfahrung ihre Schuͤ - ler lehren koͤnten / haben ſie ihnen den Himmel alſo vorgemah - let. Das gleich wie in einem Ey / recht mitten im Doͤtter ein weis ſefftlein. Darnach der Doͤtter mit einem weiſſen heutlein vberzogen. Daruͤber das weiſſe / vnd vber dem weiſſen / auch ein weis heutlein. Vnd endlich die Schale iſt.
Alſo geben etliche fuͤr / die Erdkugel ſey der mittel Zwegk vnd Punct / des Circkels der gantzen Weit Darumb ſchlieſſe zu negſt die Lufft ihren Circkel. Darnach beſchlieſſe der Mohn mit ſeiner hohlen Kugel die Lufft / der Mercurius den Mohn. Die Venus den Mercurium, die Sonne die Venus, der Mars die Sonne / der Iupiter den Mars, der Satur - nus den Iupiter. Dieſe ſieben in ein ander ſchlieſſende Him - mels Kugeln der Planeten / beſchlieſſen rings herumb / alle mit einander der andern Sternen Himmel. Dieweil aber ein Pla - net bißweilen groß / bißwellen klein ſcheinet / iſt gemercket / das ſie bißweilen der Erden neher / bißweilen weiter dauon ſte - hen.
Daher iſt bedacht / das die Erde nicht gewiß / vnd eben in der Planeten Circkels Centro oder mittelzweck liege. Son - dern das eines jedes Centrum beſonders zuſetzen were.
Alſo haben ſie auch der Sonnen Kugel oder Zirckel ein beſonder Centrum vber der Erden geſatzt / das immer nachJilangheit242langheit der zeit / der Erden neher komme / Alſo / das erſt nach fuͤnffhundert Jahren / die Erde recht mitten in der Son - nen Circkel werde zu ſtehen kommen / vnd dis iſt des Prolemæi meinung.
Dieſem zuwider ſeinetliche Alten geweſen deren meinung Nicolaus Copernicus / ein Preuß / folget. Die habẽ des Him - mels lauff auff die weiſe ihre Schuͤler gelehret. Das die Son - ne vnbeweglich mitten in der Welt ſtuͤnde / als negſt Gott das Liecht / Hertz vnd Lebẽ aller Ereaturen. Vnd alſo nimmer auff oder vnter gehe. Die Erd aber ſtuͤnde mit dem Mon daſelbſt / da die andern die Sonne hinſetzen / vñ wendete ſich alle 24. ſtun - den einmahl herumb / vnd macht alſo auff vnd vntergang / tag vnd nacht. Nach dieſer meinung gehet die Erdkugel zur Son - nen / vnd nicht die Sonne zur Erden herunter.
Der Edel vnd Hochgelarter Dehn, Tycho Brahe, machet aus dieſen beiden eine dritte arth. Das die Sonn in der mit - ten ſtehe in aller andern Planeten Kugeln. Die Erde aber mitten in der Welt / vnd Mons Kugel / etc. Dauon hie zu weit - leufftig / vnd bey der Aſtronomia vnerfahrnen / gnug ver - nemlich zu ſchreiben / vnmuͤglich iſt.
Das iſt aber hieraus zu ſehen / das alles was die Gelehr - ten dauon ſchreiben / keine nothwendigkeit in der Natur vnnd warheit hat. Sondern ſind nur Schulgedichte / Die ein je - der alſo machen mag / als er es meinet am beſten vnd leichteſten zu lehren / Vnd heiſt alhie auch: Abundet quisq́; ſuo ſen ſu. Ein jeder behalte ſeine meinung. Vnnd das ſolte man in der Schulen bleiben laſſen / vnd nicht auff die Cantzel bringen[:]Denn wo Gottes ausdruͤckliches wort nicht iſt / oder ein ſol - cher natuͤrlicher beweiß / das es Menſchen vernunfft / mit au - gen vnd Ohren begreiffen / vnd verſtehen kan / das iſt kein grund der Goͤttlichen Chriſtlichen Lehr / oder der Natur veran -derung243derung / auffzuſetzen bey dem gemeinen Mann. Es darff auch Gottes Wort das Spiegelfechtens nirgend zu. Vnd wenn nun gleich nach des Ptolemæi meinung / die Erd gerade im mit[t]el des Sonnen Circkels oder Kugel zu ſtehen koͤmpt / nach fuͤnff Hundert Jahren. So iſt daraus keine gefahr zu erwei - ſen. Es wird eben ſo wol Winter vnd Sommer / ſchoͤn Wetter vnd Regen / vnd wegen des gleichtrechtigen Sonnen ſcheins noch viel beſſer fruchtbarkeit des Landes ſein / denn zuuor geweſen iſt.
Es kan auch ſolche bewegung der Sonnen kein zeichen fuͤr dem Juͤngſten tag ſein Weil ſolche verenderung des mittel Puncts in der Sonnen Zirckel durch aus natuͤrlich / vñ von an - fang der Welt bis auff vnſer zeit geweret / vnnd noch ferner / nach etlicher Gelerten meinung / biß an der Welt ende weren ſoll. Aber der Herr Orator mus bisweilen die vbrige weis - heit alſo kucken laſſen / vnd etwas wunderbarliches vnd vner - hoͤrts vnd vnbegreifflichs fuͤrbringen.
DJeweil auch der HErr Chriſtus ſaget Lucæ 21. Es werden zeichen geſchehen an der Sonnen vnd Mond vnd an den Sternen. Jtem Matth. 24. Marci. 13. Sonn vnnd Mond werden ihren ſchein verlieren / vnd die Sternen werden vom Himmel fallen. So wil auch je - derman beweiſen / das der HErr Chriſtus nicht gelogen ha - be. Denn die erfahrung gebe / das ſonderliche verfinſterung der Sonnen vnd des Mons geſehen werden / vnd das viel Sternen vom Himel fallen. Vnd zu dieſer zeit viel mehr denn fuͤr vnſer zeit.
Dauon iſt zu wiſſen / das von anfang der Welt alzeit viel Finſterniſſen / an der Sonne / vnnd Mohn geweſen / vnnd noch ſein Aus der vrſachen. Das die Sonne nachJ i ijder244der gelerten meinung ſtehet neun hundert / ſechs vnd ſiebentzig[t]auſent / vnd dann neun hundert vnd ſechtzig teutſcher meil we - ges hoͤher in den Him̃el / den der Mohn. Wenn nun im newen Licht / der Mon gerade vnter der Sonnen ſtehet / vnnd et - liche Leute alſo wohnen / das wenn ſie die Sonne anſehen wol - len / erſt den Mohn ins geſicht bekommen / denn die Sonne / die hinder dem Mon ſtehet. So meinen ſie / die Sonne ſey ſchwartz vnd finſter / ſo doch die Sonne bleibt / wie ſie zuuor war / vnd nicht ſie / ſondern der Leut Augen verfinſtert werden / vom vorſte - henden Mon / das ſie / ſo weit der Mon vorſtehet / der Sonnen glantz nicht ſehen koͤnnen. Als der / ſo einen Huth fuͤr ſeine Augē helt / einen gantzen groſſen Thurm nicht ſehen kan. Es iſt aber eine linea oder ſtrich an dem Himmel / in dem die Sonne all - zeit bleibt / vnd fuͤr vnd fuͤr herumb gehet / genant Ecliptica, das iſt der orth / darin die Finſternis werden. Vnd in dem - ſelben iſt ein orth / aber kein Stern oder Thier genant / das Drachen Heupt vnd Schwantz / dadurch der Mohn gehet / wenn er zu vns nach Mitternacht / oder von vns nach Mittag werts wandert. Vnd wenn Sonn vnd Mohn an der oͤrther einen im newen Licht zuſamen / oder im vollen Mohn wieder ein ander ſtehen / ſo wird eine Finſternis des Mohns oder der Sonnen / den Leuten ſo gerade gegen vber wohnen.
Denn wenn auch die Sonne im vollen Mohn / gerade gegen dem Mohn vber ſtehet / alſo das der Erden Kugel / eben gewiß in der mitten kompt / vnd der Mohn im Drachen - heupt oder Schwantz der Erden am negſten ſtehet. Als dann koͤnnen der Sonnen ſtralen den Mohn nicht treffen / ſo fern als es die Erd verhindert / mit ihrem ſchatten. Gleich wie vns die Sonne ins Angeſicht nicht ſcheinet / ſo weit der Huth / ein Baum / oder Dach / mit ſeinem Schatten vns deckt.
Denn wie ein Spiegel im finſtern Keller zwar ei - nen ſchein gibt / aber nicht alſo / als wenn die Sonnevnd245vnd tages liecht drin ſcheinet. Alſo hat der Mohn vnd andere Sternen zwar ſein eigen licht / wie ein Rubin / Carbunckel / oder Spiegel. Aber wenn der Sonnenſchein die ſtralen drein wirfft / viel herrlicher. Welche Leut nun an der ſeit der Erden woh - nen / das ſie nicht gerade zwiſchen dem Mohn vnd Sonne mit - ten ein ſein / die haben des fals keine Finſternis. Es widerfeh - ret aber in ſolchen Finſterniſſen / wie geſagt / weder der Son - nen / noch Mohn einiges leid / Gleich wie ihnen kein leid wi - derferet / wenn ſie hinter der Erden ſich verlieren vnnd vnter - gehen. Wie denn auch ohne das die Sonne vnd Mohn offe von den Wolcken verfinſtert werden. Der Mohn aber bleibet auch fuͤr vnd fuͤr an der ſeiten Finſter / da ihn die Sonne nicht beſcheinet. Sondern die Leut meinen nur / dieweil es ſelten ge - ſchicht / es ſey etwas newes.
Alſo finden wir in den Hiſtorien vnd Poeten / das die vn - gelehrten in der meinung geweſen. Das die Hexen oder Zau - berinnen mit jrem beſchweren Sonn vnd Mohn alſo engſten / vnd von jhrem ſtand herunter zwungen / bis ſie verfinſtert wuͤrden. Vnd haben die Leut / ja auch ein gantz Kriegsheer auff ihre Axten / Schwerter / vnd Spieſſe geklingelt / das der Zauberinnen beſchweren von Sonn vnd Mohn in der Lufft nicht gehoͤret / vnd die Liechter deſto che aus ihrer angſt erret - tet wuͤrden.
Das aber vnberichte Leut vorgeben / als weren mehr Finſternis zu dieſer vnſer zeit. Kompt daher / das die newe fleiſſige Aſtronomi in ihren rechnungen / auch dieſelbigen ſe - tzen / die man in vnſern Landen nicht ſiehet. Da die Alten al - lein dieſelben verzeichnet haben / die wir in vnſern Teutſchen landen ſehen wuͤrden.
Das nun das ein newe Zeichen fuͤr dem Juͤngſten tag ſein ſol / das aus natuͤrlichen vrſachen faſt alle Jahr von an - fang der Welt vielfeltig geſchehen iſt / wird kein vernunfftiger dafuͤr halten. Es werden ohn zweiffel weit andere ZeichenJ i iijſein /246ſein / da der HErr Chriſtus von redet / wie der Prophet Joel.[ 2 31.] cap. ſagt.
Die Sonne ſol in Finſternis / vnd der Mon in Blut verwandelt werden / ehe deñ der groſſe vnd erſchreckliche tag des HErren koͤmpt.
Wie auch auff den tag ſeines Leydens die Sonne ihren ſchein vnnatuͤrlicher weiſe verloren hat. Vnd auch auff den tagk Michaelis 1571. Als der Tyranniſche Muſcobiter vnſer Leut lebendig an Spieſſen braten ließ / durch gantz Teutſchland / die Sonne am lautern klaren blawen Hi - mel / von fruͤe morgens biß auff vier ſchlegē nach mittage / wie ein gluͤend Eyſen vnd Mons finſternis / ohn alle Stralen geſe - hen ward.
ES haben die Philoſophi / Epicurer genant / gelehret / Das die Sonn / Mohn / vnd alle Sternen / ſonderliche Fewer am Himmel weren / aus den feiſten Důnſten vnd Rauch / den der Himmel aus Erd vnd Waſſer an ſich zoͤge. Vnd wie die Brennende Fackeln bisweilen knirſchen / vnd mit einem ſchal Fuͤncklein vnd andere ſachen von ſich wuͤrffen / alſo ſpiegen vnd wuͤrffen ſie auch wegk / was jnen vndienſtlich were / vnd das weren die fallende Sternen. Vnd dieſen Glauben haben auch gemeine Leute. Denn wenn ſie ſehen in der Lufft ein brennende flam abfahren / ſo ſprechen ſie / die Sternen ſaubern ſich.
Etliche andere gehen noch weiter / meinen / wenn der Menſch geboren wird / ſo ſetz ihm Gott einen beſondern new - en Stern im Himmel / der ihn regiere / vnd wenn der Stern herab falle / ſo ſierbe er auch. Wenn ſie nun viel Sternen ſchieſſen ſchen / ſprechen ſie / es bedeute ein gros ſterben. Denn die Leut werden alle ſterben / deren Sternen ſo abgeworffenwerden.247werden. Daher koͤmpt es / das viel ohne ſchew ſagen / wie die Sternen vom Himmel gefallen ſein / des H E R R E N Chriſti Wort zu beſtetigen.
Darauff iſt zuwiſſen / das aus keiner glaub wirdigen Hiſtoria zubeweiſen / das jemahls ein rechter Stern were vom Himmel gefallen. Sondern / die Sternen die vom heiligen Job / Propheten / Heyden vnnd andern beſchrieben ſind / ſtehen noch am Himmel. Vnd bleibt dabey wie der 147. Pſalm ſaget. Der HErr zehlet die Sternen / vnd nennet ſie alle mit Namen. Vnd Job. 9. Er ſpricht zur Sonnen / ſo gehet ſie nicht auff / vnd verſiegelt die Sternen.
Es iſt auch gewiß / das die fallenden vnd ſchieſſenden Fewer keine Sternen / ſondern feiſte Duͤnſte ſein / in der Lufft entzuͤndet vnd verbrant. Denn wenn ein rechter Stern fallen ſolte / wuͤrde er die gantze Erd bedecken.
Wie aber Gott zu ſeiner zeit am Himmel newe Sternen macht / als auch zu vnſer zeit geſchehen iſt. Das im Jahr 72. von dem 8. Nouembris ein newer herrlicher Stern / dem Iupiter gleich / ſich lange zeit vnter den andern Sternẽ in re - gione A Etheria vnd der Caſsiopeia ſtuel / ſehen lies / das alle Gelerten zuuor vmmuͤglich geacht haben.
Alſo iſt Gottes Allmacht nicht benommen / Sternen vergehn oder fallen zu laſſen. Wie auch die Himmel ſelbſt zer - gehen werden mit groſſem krachen / vnd die Element fuͤr hitze ſchmeltzen / wie Petrus ſagt / 2. Cap. 3. Vnd darff dazu vn - ſer Luͤgenſternen durchaus nicht. Das wir der warheit zu ſteur / vnd den vnwiſſenden zur Lehr vnd nachrichtung allhie - auch haben berichten wollen.
ES haben faſt alle Vogel ihre namen / von ihrem ge - ſchrey Alſo heiſt auch der Kuckuck / Griechiſch Kokkyr Lateiniſch Cuculus. Ebreiſch Kyk. Vnnd iſt mit der Nachtigalen der erſte froͤliche Sommerbote / vnd ein ſonderli - cher wunderuogel. Hat aber einen vberaus boͤſen namen fuͤr ſeine vnſchuld vnd froͤliche zeitung. Denn man ſchreibt vnd ſaget Er ſey von arth vnd natur ein Sperber / beſpeie Kreu - ter vnd Beume / da Raupen aus wachſen / freſſe den Ringel - tauben oder Graſemuͤcken die Eyer oder Jungen aus / lege ſein einiges Ey ins Neſt. Vnd wenns ausbracht iſt / vnd der junge Kuckuck aus fleuget / ſo ergreifft er ſeine Mutter ſelbſt / wuͤrge vnd freſſe die.
Darnach / wenn Johannis des Teuffers tag fuͤruber iſt / fange er Lerchen vnd Wachteln / wie die andere Sperber / vnd verkrieche ſich endlich in einen Hohlen Baum / darin er des Winters ſitze / vnd des Sommers erwarte. Denn als ein Baur eine alte Weide ans Fewer gelegt / ſey der Kuckuck erwermet / gemeinet es were Sommer / vnd hab im Baum angefangen Kuckuck zuruffen / ete.
Daher mus der Kuckuck ein vorbild der vndanckbarkeit ſein / gegen ſeine Eltern / Præceptores vnd Woltheter. Vnd iſt in der Lateiniſchen ſprach nichts gemeiners / denn das jeder - man ſaget von einem vndanckbaren / er ſey ein Ingratus Cu - culus, ein vndanckbar Kuckuck.
Das man hierin auch alte Luͤgen fuͤr warheit gleubt / giebt der augenſchein / vnd die tegliche erfahrung. Denn der Kuckuck hat keine Sperber / ſondern Wilder Tauben arth an ſich.
Es ſind ihm auch die Sperber vnd Habicht ſo auffſetzig / das ſie in fangen vnd freſſen wie eine Tuͤrteltaube. Darumbleſſet249leſſet er ſich nicht ſchen oder hoͤren / ehe dann er ſich mit der Beume Laub bedecken kan. Vnd ſo bald er einen Sperber oder Krahe fliegen ſiehet / macht er ſich dauon. Es friſſet aber von natur kein Wolff den andern / hackt auch keine Krahe der andern ein Auge aus.
Vber das iſſet er durchaus kein Fleiſch. Sondern allein / Maden / Wuͤrm vnd Raupen. Darumb kompt er / ſo bald die Fruͤeraupen / aus ihren neſten ausgekrochen ſein.
Wenn aber die hinwegk vnd tod ſein / ſo verleurt er ſich auch / Vnd ſucht ein ander Land. Wenn man ihn da - heim aus dem neſt auffzeugt / ſo iſſet er den Winter vber gerieben Maen / Brey von Gerſtenmehl / vnd Trebern. Nimpt durch aus kein Fleiſch an / das doch die Nachtigaln / Ler - chen vnd andere Muͤckenfenger thun. Wie ſolt er denn ſeine Bruͤder / die jungen Ringeltauben vnd Graßmuͤcken / vnd endlich ſeine Mutter / die Ringeltaube / die zweymahl groͤſſer iſt / oder die Graſemuͤcke freſſen / die ihm mit fiie - gen viel zu geſchwind vnd behend iſt. Das aber die Gra - ſemuͤck ihn mit frieden vnd freuden / lenger denn vier wo - chen ſpeiſet / wenn er aus ihrem neſt ausgeflogen iſt / gibt auch der augenſchein. Vnd fuͤrchtet ſich gar nicht / das er ſie freſſe. Darumb ſolt man billig / den vnſchuͤldigen Ku - ckuck mit ſolcher vngegruͤndten aufflage / vnd nichtigen le - ſterung verſchonen. Aber es gehet ihm wie den Chriſten / die bey allen andern Nationen, haben Meutmacher vnd Landverrheter ſein muͤſſen. Das doch wider all ihr Lehr vnd Glauben iſt.
Das iſt aber gewiß / das das Weiblein blawlich iſt / wie eine Holtztaube / das Menlein breunlicht / vnd wird der rote Kuckuck genant. Vnd haben beyde ſchoͤne gehle Fuͤſſe wie ein Sperber. Daher etwa die Fabel koͤmpt / das er ein Sperber ſey. Er legt auch ſein einiges Ey inK kein250ein frembd Neſt. Das vieleicht in der Natur / darumb alſo ge - ordnet iſt. Damit er die kurtze zeit von Tiburtij biß auff Johannis des Teuffers Tag ſich froͤlich machen koͤnte / die Menſchen des kurtzen Sommers / ihrer jugend vnd lebens er - innern / vnd von Eulen / vnd andern Raub Vogeln / nicht an der ſtim verrahten / vnd auff dem Neſt ergriffen wuͤrde.
Wenn im Meien ein Froſt einfellet / ſo rufft er heiſeh - rer. Vnd denn ſprechen die Bawern / die ſtim ſey ihm erfro - ren. Wenn er nach S. Johannis ruͤfft / achten ſie es fuͤr ein zeichen der Theuren zeit. Denn es iſt eine anzeigung / das der anfang des Meyen kalt geweſen / vnd der Kuckuck ſpeth ſein geſang angefangen hat. Vnd die Raupen hernach deſto lenger bleiben. Welches Beumen vnd andern Feldfruͤchten ſchaden bringt.
Das er aber ſpeien ſolte / iſt wieder aller Vogel Natur. Es iſt aber ein ſonderlich geruffe / damit er ſein Weib oder Mann rufft. Das nennen etliche ſpeien / etliche Lachen. Vnd iſt er demnach nicht ein Vater / ſondern Moͤrder der Raupen. Deſſen man ihn billig ſolt genieſſen laſſen.
Die Gelerten bringen auch vielmals mit in ihren gleich - niſſen. Weil Tereus der Tyran / ſeiner Frawen Progne Schweſter Philomela genant / geſchendet / vnd ihr / das ſie es nicht nachſagen koͤnte / die Zung abgeſchnitten habe. Vnd endlich wie die Poeten dichten / die Philomela ſey zur Nachti - gal worden. So habe die Nachtigal eine beſchnittene Zung. Alſo / das der gehoͤrnter ſpitz der Vogel Zungen / an ihrer Zunge nicht ſey. Als auch Plinius ſchreibt lib. 10. cap. 29. Lin - guis illarum tenuitas illa prima, quæ cæteris auibus non eſt. Das wird auff hohen Schulen / mit groſſem ernſt ge - ſchrieben. Als wenn die Nachtigal ein frembder Phænixwere251were / den man nicht koͤnt zuſehen bekommen. Es iſt aber diß auch falſch. Die Nachtigal hat ein Zung / wie ein Gra - ſemuck / Rotkelchen / Rotſchwentzlein / vnd dergleichen Vogel. Das man auch Tholen / Elſtern / Raben / vnd dem Heger oder Holtzſchreyer die Zunge loͤſet / das ſie deſto ehe ſollen re - den lernen / iſt ihnen dazu mehr hinderlich denn fuͤrderlich[:]Es lernet aber / der Heger am erſten vnd deutlichſten ſingen / pfeiffen vnd reden / mehr denn ein Papagey. Wie auch Pli - nius ſchreibt Vnd weil vnſer Land der Vogel / zum vber fluß hat / iſt es zu verwundern / das ſie keine Lehrmeiſter finden. Was aber gar zu gemein iſt / wird vnwerd gehalten.
Plinius ſchreibt im 10. Buch am 42. cap. Agrippina des Keyſers Claudij Ehegemahlin hatte eine Droſſel / das zuuor nie erhoͤrt iſt / die den Menſchen nach ſprach / Als ich diß ſchriebe. Es hatten auch die Keyſerliche Kinder / Staren vnd Nachtigalen / die Lateiniſche vnd Griechiſche ſprach lern - ten / vnd immer was newes herſagten / auch mit einer langen beredung. Sie werden aber an geheimen oͤrthen gelert / da ſie ſonſt nicht anders hoͤren. Alſo / das einer bey ihnen ſitze / vnd immer fuͤr ſage / was ſie behalten ſollen. Vnd mit der Speiſe ihren willen thue / vnd ihnen ſchmeichle. So weit ſchreibt Plinius. Ob aber pfeiffen vnd reden den Vogeln gleich leicht ſey / iſt zu verſuchen.
Es hat auch ein Doctor Iuris Iuſtinus Goblerus, den Teutſchen Fuͤrſten zur warnung / einen Poetiſchen poſ - ſen beſchrieben / deſſen abdruck vnter dem Titul / Regensbur - giſche Nachtigaln: noch verhanden. Das er Anno 1546. Zu Regensburgk auff dem Reichstage / in dem Gaſthofe zur guͤl - den Kronen / drey Nachtigalen hette vmb Mitternacht / von dem Kriege / ſo die Proteſtirenden Stende / wieder HertzogK k ijHein -252Heinrichen von Braunſchweig gefuͤhret / der Keyſer wieder ſie hinwieder vor hette / vnter ein ander reden / vnd Prophecey - en gehoͤrt. Dergleichen ſchrieb auch Johann Beier / ehemals des Johan Friederichs / Churfuͤrſten zu Sachſen / darnach ſei - nes Sohns zu Gotha / Secretarius, das er im Jahr 1566. an der Sala ſpacieren gangen / vnd die Nachtigalen von Hertzog Moritzen / vnd Auguſto beiden Churfuͤrſten zu Sachſen / al - lerley ſeltzame verdrießliche ſachen hette reden hoͤren. Da - fuͤr er nach eroͤberung des Schloſſes Grimmenſtein / iſt er - hengt worden.
Es iſt aber vber aus eine Leppiſche Kindiſche Allberkeit / das man aus ſolcher Poeterey / ware Hiſtorien macht Wun - der iſts / das man nicht des Virgilij Famam, vnd Ouidij In - uidiam, auch fuͤr ſeltzame wunderweiber / mit in die Poſtil - len hinein bringt.
I. Plinius ſchreibt lib 16 cap. 23 Es iſt ein ſonderlich wunder / das ſich begibt mit Ruͤſtern / Linden / Oel vnd Pap - pelbaum / vnd der Sahlweiden. Denn / wenn der lengſte tag geweſen iſt / kehren ſich ihre Bleter herumb. Vnd iſt kein ge - wiſſer zeichen / das die Sonne ihren lauff vollnbracht hat. Es ſprechen auch die gemeinen Leute: Nach Sanct Veit / Endert ſich die zeit. Das Blat wird krumb / Wendet ſich auff dem Baum herumb.
Das geſchicht in vnſerm Lande nicht. Es behelt ein je - des Blat ſeinen ſtand. Ohne die jungen ſtehen auffgericht / die alten hengen den ſpitz nieder werts.
Jn -253Jnſonderheit ſtehet der Olebaum zu der zeit voller Blu - men. Solſtitio floret vitis, ſicut & olea, Jdem Plinius.
II. Die Alten Gelerten ſchreiben auch von der Hedera / das etliche Epheu, etliche Eifflaub / etliche Wintergruͤn nennen. Wenn man aus jhrem Holtz Becher mache / vnd waſſerigen Wein drein gieſſe / ſo flieſſe der Wein herdurch / vnd das Waſſer bleibe drinne. Denn alſo lauten Plini[j]Wort / die er aus dem Catone genommen hat / im 16. Buch am 35. Cap. Hederæ mira proditur natura ad experienda vina. Si Vas fiat ex ligno eius, vina transfluere, ac remanere aquam, ſi qua fuerit mixta. Das iſt offtmals verſucht / das man aus dem Holtz hat Becherlein gemacht / ſo duͤnne als ein Pa - pier. Das hat ſich wol vol Waſſer oder Wein gezogen / wens ein zeitlang drin geſtanden. Aber es iſt nicht ein troͤpfflein her - durch gefioſſen. Es ſey Maluaſier / Baſtart oder ander Wein geweſen. Wer es nicht gleuben wil / probiere es ſelbſt. Es koͤnt aber ſein / das die Baumbletter / vnd das Jfflaub Holtz / in Welſchland witziger weren / denn bey vns. Denn hie wiſ - ſen ſie die zeit des Solſtitij / vnd Waſſer vnd Wein nicht zu vnterſcheiden.
III: Braun Kraut oder Kohl / nennen die Lateiniſchen Braſ - ſicam. Dauon ſchreibt Cato vnd Plinius, eſſe inimiciſsi - mam vino, quam præcipuè vitis fugiat, aut ſi non poſsit fugere moriatur: lib. 20 cap. 9. Dz iſt / es ſey eine ſolche Feind - ſchafft zwiſchen dem Kohl vnd weinſtock / das wo ein Wein - ſtock beim Kohl ſtehen muͤſſe / ſo verdoͤrre er gantz. Jtem der Wein henge ſich mit ſeinen klammern an alle gewechs / aus - genommen an den Kohl. Darumb ſey der Kohl gut fuͤr trun - ckenheit vom Wein / etc.
Was nun die Alten fuͤr Kohl gehabt / weis ich nicht. Aber vnſer Brauner Kohl / ſtehet zu Halberſtad / vnd an vie - len andern oͤrten / zu negſt an den Weinſtoͤcken / wachſen beyde gar gros vnd froͤlich. Vnd hefftet ſich der Wein ſo bald an denK k iijKohl -254Kohlſtock / als an den pfahl. Vnd iſt ſolcher glaube der Al - ten bey vnſern Kohlkraut falſch. Das vieleicht mit vielen Kreu - tern / ſo zur ertzney geruͤhmet werden / auch ſo iſt.
IIII. Es ſchreibt auch Homerus in ſeiner Batrachomyo - machia / das die froͤſche Kohl / Lactuc, Muͤntz / vnd andere Kreuter freſſen. Jnſoͤnderheit ſchreibt man von der Kroͤt / weñ ſie mit Spinnen ober anderm Gifft geſchwechet ſey / ſo eſſe ſie Salben oder Wegerich bleter zur ſterckung. Was nun die Froͤſch in Griechenlande thun / wiſſen wir nicht.
Vnſer Teutſche / Gruͤne / Bunte / Schwartze Fale vnd Gehle Froͤſch / auch die gifftigen / Erdfarbige / auch ſchwartz[e]bundbeuchige Kroͤten haben keine Zeen im Maule / auch nicht die ſcharffe Zungen vnd Leffzen wie die Forellen vnd ander Fiſch.
Darumb koͤnnen ſie kein Kraut beiſſen oder kewen / haben es auch im ingeweide nicht. Lecken nur den Thaw vnnd feiſt Erdreich / fiſchen Muͤcken / vnd allerley Wuͤrmlein / die ſie gantz einſchlingen.
Es iſt auch bey vielen gar gewiß. Das die Kroͤten einen ſonderlichen Reichstag halten / vnd wehlen einen zum Koͤnige. Da ſetzen ſie ſich rings herumb / blaſen die mit ſo ſtarckem gifft an / das ihr ein Stein auff dem Heupt wechſt. Andere ſagen die Kroͤten tragen den Stein zu gewiſſer zeit im Kopffe. Es haben aber vnſere Kroͤten / Bufones vnd Rubetæ groſſe vnnd kleine / keinen Stein / weder in den Hundstagen / noch ſonſt auff oder im Kopff / es iſt auch der raum nicht da. Die Steine aber die man in den ringen / fuͤr Kroͤten Stein verkaufft vnd tregt. Sind ſchlechte rund geſchlieffene Fewerſtein / die man im A - cker findet / vnd auff die Buͤchſenhanen einſchreubt. Einem je - den aber gefelt ſein Glaube.
Das255Das iſt aber verwunderens wol wirdig / dz man in dem San - digen Acker offtmals Kießling findet / wie ein halb klein Ey gros / geſtalt wie ein Knopff am ſchwerte / mit fuͤnff ſchoͤnen ausgeftochenen Linien Creutzweis gezieret / an der Farbe ſchwartz graw. Werden Kroͤten / Alpen vnd Hauchſteine ge - nant / Sollen fuͤrs Bluten / fuͤr geſchwollen Halß etc ſein. Es ſind etliche der meinung / man habe hieraus dieſelben zuerſt gemacht / die man in den ringen tregt / vnd Kroͤten Stein nen - net.
V. Alſo machen ihrer viel in ihren Buͤchern ein geſchrey dauon / das die Menſchen alle ihre Artzney kunſt von den vn - uernuͤnfftigen Thieren gelernet haben. Die aus eingeben der Natur die Heilſamen Kreuter kennen / vnd ire kranckheiten da - mit vertreiben ſollen / Wie in den Buͤchern de Magia natu - rali, in den Circeis Dialogis, vnd in der vorrede des Buches Alchimia magna des verlogenen vnd verlauffenen Bachan - ten / Leonhard Dorenheuſers / ein groſſer hauff zuſammen ge - ſatzt ſein.
Jnſonderheit wird geruͤhmet / das der grobe vnuerſten - dige Eſel dennoch ſo klug ſey. Wenn ihme das Miltz verſtopf - fet / vnd er Melancholiſch worden / ſo Eſſe er Hirſchzungen kraut. Wunder das er nicht einen trunck Hirſchzungen Wein oder Bier drauff trinckt. Die Hirſchzung aber wochſt an weinig oͤrten / vnd alle in zwiſchen den hohen Felſen / in den tunckeln fruͤchten Thaͤlern / da dem Armen Muͤllerknecht hin zu ſpacieren nimmermehr verleubt wird. Wuͤrd auch ehe von den Wolffen zuriſſen / den er die finden koͤnte. Vnd wenn man ſie ihm fuͤrhelt / das offt zu Halberſtad geſchehen iſt. So wen - det er das Maul dauon abe. Eine Hand vol Hewes aber / vnd Habern / iſt bey ihm vnuerachtet.
VI. Das Tigerthier aber Eſſe Aniß / fuͤr denhuſten256huſten. Es iſt aberdas Tiger thier / ein Wilder Windhund / vnd nimpt einen Haſen fuͤr einen Sack vol Aniß. Es haben auch die Magdeburger dies Thier niemals in jhre Aniß Ger - ten gefunden.
VII Der Wieſel ſtreitet mit der Schlang / vnd gifftigen Spitzwaus. Damit er aber nicht von jhrem gifft beleidiget werde / ſo eſſe er Rauten darfuͤr. Es iſt zuuor geſaget / das dem Wieſel / das gifft ſo wenig ſchade als dem Storch. Das er auch den Baſiliſchen / ohne ſchaden aus ſeinem loche heraus trage / vnnd todte beiſſe. Wozu darff er denn der Rau. Vnd wer pflantzet jhme die Raute / bey ſeiner wonung mitten im im Walde / oder auch im Kuͤchſtalle. Er nehme eine Maus oder Froſch dafuͤr.
VIII. Wenn die Schlangen wieder aus der Erden her - fuͤr kriechen / ſo haben ſie tunckel Augen. Sie eſſen aber Fen - chel Kraut / ſo werden jhre Augen wieder lauter vnd klar. Hie were wol zu fragen: Auff welchen tag alle Schlangen nach dem Fenchel / aus den Wilden Weldern zuſammen kommen. Vnd bey welcher Gertnerin ſie denſelben einkeuffen. Denn in vnſerm Landen iſt es vnerhoͤrt. Vnd iſt doch allenthalben voller Schlangen.
IX. Wenn der Storck Gifft genommen hat / ſo jſſet er das Kraut Wolgemuth oder Braune Toſten genant / zur Artzney. Es darff ader der Wolff keines Artzten. Jſt auch vnmuͤglich das der Storch Kreuter kewen vnd eſſen koͤnte. Denn er mus alles nach ſeiner Natur einwerffen / vnnd gantz verſchlin - gen.
X. Die Lorberbletter werden ſonderlich geruͤhmet. Denn wenn im Fruͤeling / die Vogel jhren Meytranck nehmen / vnd ſich purgieren wollen / eſſen ſie dazu Lorberbletter. Jnſonder - heit die Rephuͤner / Tholen / Wilde Tauben / Amſeln. Das diß falſch ſey / bezeuget nicht allein derſelben Vogel widerwer - tige Natur. Sondern es kan es jeder Probieren / weil wir dieVogel257Vogel vnd Lorberbletter friſch vnd trucken allzeit bey vns da - heim haben. Wer aber dem Rephun / Tholen vnd Tauben ein hand voll Weitzen / vnd der Amſel / Embſen Eyer vorlegt / wird beſſern danck verdienen.
XI. Die zahme Hauß Tauben aber purgieren ſich mit dem Kraut Anagallis, Hunerderm oder Meure genaut. Dis wie - derlegt auch die erfahrung. Denn die zahme Tauben purgie - ren ſich mit Sand / Leimen / Steinlein vnd allerley Erde. Da - zu ſie die Vfer an den Eckern / vnd die wende in den Taubheu - ſern ein hacken. Viel weiniger eſſen ſie Eiſenkraut / das man in die Taubheuſer legen ſol. Denn / wie der Taubenfenger Kunſt lehret / wann das vnſer Tauben eſſen / vnd zu andern kommen / ſo fuͤhren ſie die mit ſich heim. Das kan nicht feh - len. Das iſt aber gewiß / das die Lerchen / Stieglitzen / Zeiſchen vnd Canarten Vogel / wenn ſie daheim erzogen werden. Mit ſonderlichem luſt die Hunerderm eſſen. Aber dennoch keine Purgation dauon kreygen.
XII. Es iſt aber an dieſem nicht gnug / ſondern die Scri - benten geben den Vogeln auch einen verſtand auff ſonderliche Zeuberey. Als das der Rabe ſeine Eyer / die hart gekocht ſein / wider klar / vnd zum aushecken tuͤchtig macht. Der Specht aber den Keil / der in das loch / darin er ſeine Jungen hat / vor - geſchlagen wird / widerumb heraus treibt / mit einem Kraut / das ſie zu finden wiſſen / an die Eyer vnd an den Keyl halten. Vnd wer das Kraut hat / kan durch alle Schloͤſſer gehen. Die - ſe ſach iſt vielfeltig verſucht / aber durchaus nichtig befunden. Der Rab verleſſet ſeine Eyer. Der Specht wil zwar ein an - der loch neben den Keil hinein brechen / wird aber aus vnge - dult verdroſſen drauff / vnd leſſet die Jungen verhungern. Das thut der ſchwartze / gruͤne / bunte / grawe Specht / welche die ſterckſten ſein. Mit den kleinen ſchwachen Klebſpecht wuͤrde es viel mehr geſchehen.
XIII. Endlich ſchreibt man auch / die Schwalb ſey ſo ge -L lſchwind /258ſchwind / das / wenn jhren Jungen die Augen ausgeſtochen werdē / ſo hole ſie das Kraut Chelidonia genant / Schelwurtz / halte es den Jungen an jhre Augen / ſo werden ſie wieder ſe - hend.
Jn dieſen ſachen iſt zuverwundern / wie man den vn - uernuͤnfftigen Viehe Menſchen verſtand zu legen mag. Denn ja die Schwalbe aus jhrer Natur nicht verſte - het / ob jhre Jungen ſehen koͤnnen / oder ob ſie blind ſein. Wenn ſie ihre Meuler auffthun / vnd das Eſſen einſte - cken laſſen / ſind ſie wol zufrieden. Wenn ſie aber tod ſein / ſo werffen ſie die von den lebendigen heraus. Das kan auch ein jeder in ſeinem Hauſe verſuchen. Vber das iſt der ſafft von der Schelwurtz ſo ſcharff wie ein Saltz / der zwar eine Wunde heilet. Aber die verwundete Augen gantz vnd gar zerbeiſſet vnd verdirbt. Vnd kommet der ſehr vbel zumaſſen / der hierin der erlogenen Schwalben Kunſt folgen wil.
Es gibt aber auch die erfahrung / wenn man Fincken vnd andern Vogeln die Augen blendet / das ſie bisweilen von jhnen ſelbſt jhr geſicht wideruͤmb bekommen. Darumb ſchreibt Cel - ſus: Hirundinibus oculorum acies extrinſecus læſa in - terpoſito tempore in antiquum ſtatum redit. Vnde etiam locus fabulæ factus eſt, per parentes id herba Chelidonia reſtitui, quod per ſe ſaneſcit.
Schwalbenſteine haben auch bey andern / vnd bey den Thi - riacks kremern fuͤr vielerley Kranckheit / einen groſſen preiß / vnd werden aus dem Sande / das vom Waſſer ausgetrieben wird / vnd dergleichen / zuſamen geleſen. Denn ob gleich die Hausſchwalben offemals weiſſe / leibfarbe / rote vnd gelbliche Steinlein im Magen haben / die ſie im Auguſto ſuchen / vnd ſo die Bachſteltzen / Lerchen vnd alle Schwalben / wie die Huͤ - ner fuͤr Wuͤrmlein aus dem Sande auffleſen / wenn ſie jhre Neſtiein bawen / vnd jhren Jungen auch in den Halß ſtecken. So dienen doch dieſelbigen in den Augen nicht. Denn ſie ge -mein -259meinlich kauche vnd ſcharffe ecken haben. Die aber fuͤr ſich glat ſein wie Linſen / als man an vielen oͤrten im Sande findet / Eine ſchoͤne glatte Perle / oder Kern aus dem Johannisbroth / thun eben daſſelbige. Die Schwalbenſtein aber faſſet man auch in Gold / henget ſie fuͤr Heupt vnd Augenweh. Jtem fuͤr den Schlagk an den Hals. Hilfft ſo viel als ein geviertes Kle - blat im Beutel.
Es iſt aber wol zuverwundern / das von ſolchen vnerfind - lichen ſachen / ſo viel ſchreibens iſt. Vnd von der warheit ſchrei - bet keiner. Denn menniglich der nur ein wenig auff die Hen - del / die ſich teglich zutragen / acht gibt / wol bekant iſt. Das alle Vogel / die Genß / Enten / Huͤner vnd Tauben ausge - nommen / jhr ſonderliches ſtetgeld vnd Mietlohn geben. Al - ſo / das der Storch / der Sperling / Schwalb / Henfflingk / Graßmuͤck / Meiſe / Rabe vnd Krahe eins von jhren Kindern / ſo bald ſie aus dem Eyerdopff kriechen / dem Guts Herren zum Mietelohn heraus werffen. Vnd das man nicht meine / ſie the - tens Pytagoriſcher weiſe / das ſie wolten eine gerade oder vn - gerade zahl haben. Oder das jhnen zuviel zu ſpeiſen wuͤrde. Wie etliche vom Adeler ſchreiben. Er behalte nur eins im Neſt / vnd werffe die andern heraus / das er verdruß habe alle zu ſpeiſen. Sind ſie nicht begnuͤget / wenn jhn gleich ein Ey / das gemeinlich das fuͤnfft iſt / heimlich genom̃en wird. Son - dern werffen nicht deſto weiniger ein Kind heraus / jhre gerech - tigkeit zuerfuͤllen.
Der Autor de Natura rerum ſchreibt / Die Stoͤrche werffen alle Jahr jhrem Herren / bey dem ſie wohnen / einen von jhren Jungen hinnunter / ehe denn es Federn kriegt. Oder viel mehr / das ſie vnſerm HErren Gott ſeinen Zehonden geben. Deſſen zum zeugnis kommen vnd wohnen ſie in Duͤringen gar nicht. Darumb das ſie keinen Zehenden geben. Hæc ille. Das werden die Duͤringer wiſſen obs wahr ſey.
L l ijEs iſt260Es iſt aber diß ein ſchoͤn Vorbild ſchuͤldiger Danckbarkeit ge - gen ſeine Oberkeit / vnd Wirth / der vns Herberg vnd Schutz goͤnnet. Das bedarff aber das gewoͤnliche Haußviehe nicht. Denn das gehoͤrt ohn das zum Haußgeſind / vnd mus nach jhres Herren wolgefallen / ſeine Herberg vnd Speiß mit Gut vnd Blut bezahlen. Die wilden Genß aber / Enten vnd Huͤ - ner beduͤrffen keines einlagers zu jhrer Kinderzucht / ſondern ge - hen alſo bald mit jhren Kindern dauon. Das iſt auch ein ſon - derlichs / das faſt alle Vogel / nach dem lengſten Tag / oder Sol - ſtitio æſtivo, gegen den Winter / wenn erſtlich die Meyſe / dar - nach der Storch / den anfang gemacht hat / nach einander weg ziehen. Dieweil es noch warm iſt / vnd ſie vnterwegens zeh - rung finden. Vnter den groſſen aber ſind die groͤſten Raub - Vogel / Eulen vnd Krahen die letzten. Vnter den kleinen der Zaunkoͤnig / vnd ziehen all in vnſerm Lande / nach dem Suͤde - weſt wind / Africus genant / der zu der zeit mehrer theils we - het. Wenn aber die Winde zwiſchen Morgen vnd Mitter - nacht wehen / halten ſie ſtille. Dahinnaus ligt fretum Her - culis, da die Suͤder See am engſten iſt / vnd ſie entweder im Welſchen vnd Hiſpaniſchen Gebirge bleiben / oder bald in A - fricam vnd Barbareyen hinnuͤber ſetzen koͤnnen.
VOn der Lewin wird auch geſchrieben / das ſie jhr lebe - lang nur einmal gebere. Denn wenn die zeit der geburt da ſey / reiſſe ſie aus vngedult die Mutter mit der frucht heraus / vnd werden alſo hinfort nicht mehr trechtigk.
Der junge Lewe aber / der alſo mit gewalt aus Mutter - leib geriſſen werde / ſey allzen tod. Das erbarme den Vater / der ſchreye ſo erſchrecklich / das der junge Lewe widerumb er - wache / vnd lebendig werde. Damit kan man beweiſen / das auch der Lewe aus dem Stamm Juda / vnſer HERR JheſusChri261Chriſtus / vns Menſchen / die wir vom Vater vnd Mutter zum tod geboren ſein / durchs heilige Euangelium widerumb auff - ruffen / vnd ins ewige Leben bringen mus.
Das aber ſolche Lewen Fabel durchaus nichtig ſey / gibt auch die erfahrung. Denn vnſere Teutſchen Fuͤrſten vnd Her - ren haben offt Lewinnen gehabt / vnd noch / dit mthrmal vnd allzeit einen Lebendigen jungē Lewen geboren haben. Der doch wegen der ſtarcken dichten Knochen ſo ſchwer iſt / wie ein Bley - klotz / vnd marret wie ein Katz / wenn man jhn angreifft / Wie denn der Lewe der Katzen am ehnlichſten iſt.
Es wird auch das geſchrieben / der Luchs habe die art / das aus ſeinem Harn ein Stein wachſe / Lyncurius genant / der die allerbeſte Ertzney ſey / in Wein getruncken wider den Stein / vnd das verhaltene Waſſer.
Diß widerlegt auch die offenbare warheit. Denn vnſer Fuͤrſten / auch offt in die 20. Jahr / zahme Luͤchs an jhren Hoͤfen haben / aus deren Bruntzen nie Steine worden ſein.
Es heiſt aber Ligurinus ein Zeiß / vnd Zeyſichferbig. Da - her iſt ohn zweiffel der gruͤne Edelgeſtein Ligurinus oder Li - gurius genant. Daraus vnberichte Leute haben Lyncurius gemacht / vnd gemeinet / er ſey von dem wort Lynx, welches ein Luchs iſt / vnd Vros vrin alſo genant. Gleich wie derſelbi - ge Goldgehlbe ſtein / welcher der rechte Chryſolitus iſt / bey allen Jubillern ſich mus vnſchuͤldig fuͤr einen Hyacinthen oder Jachzincken ſchelten laſſen.
Plinius lib. 37. cap. 2. ſagt / Etliche meinen Lincurius habe den namen von dem Lande Liguria, da er wie ein Hartz aus den Bewmen flieſſen ſol. Gibt jhme eine Farbe / wie einem Bernſtein / gehl / roͤtlich oder weiß. Vnd im folgenden 3. Cap. ſagt er: Jch halte es dafuͤr / das alles / was man vom Luchſtein vnd ſeiner Ertzney ſchreibt / gantz vnd gar erlogen ſey. Vnd das kein Menſch zu meiner zeit lebe / der ſolchen Stein vnd desL l iijnamens262namens geſehen habe. Hæc ille. Das aber der Bernſtein das verhaltene Waſſer treibt / iſt offt bewert vnd erfahren.
DJe Griechiſche Sprach nennet den Menſchen An - thropos, Jſt ſo viel als eines auffgerichten Ange - ſichts. Vnd ſchreibt Ovidius in ſeiner Metamorp:
Pronaq́; cum ſpectent animalia cætera terram Os homini ſublime dedit, cœlumq́; tueri Iuſsit, & erectos, ad ſidera tollere, vultus. Das iſt:Da ander Thier gebuͤcket gehen /Vnd jmmer nach der Erden ſehen /Hat Gott des Menſchen Angeſicht /Stracks auffwerts in die hoͤhe gericht /Das er den Himmel ſolt anſehen /Wie Sonn / Mohn / vnd die Sternen gehen.
Ob nun dis wol zum theil wahr iſt. Wenn man den Men - ſchen gegen die vierfuͤſsige Thier helt / So iſt doch das auch wahr / wenn der Menſch nicht wil auff der Naſen im Dreck oder Waſſer liegen / ſo mus er in ſeinem gehen eben ſo wol die Augen nach der Erden haben / als ein Hund / Katz oder ander Thier. Als der Thales aus Mileſia, der die Augen nach den Sternen hette / vnd im fortgehen in den Brunn fiel. Vnd der - wegen von ſeiner Magd ausgelacht ward / das er der Ster - nen weg im Himmel ſuchen wolte / vnd ſeines weges auff ebe - ner Erden feylete.
Das aber vnter allem lebendigen Viehe der Menſch al - lein ſolte das Priuilegium vnd Herrligkeit haben / widerlegen alle Vogel / der weyr mehr ſein denn alle Menſchen. Denn weil die nicht allein auff Erden gehen / oder auff dem Waſſer ſchwimmen / ſondern auch in der Lufft fliegen / vnd daher jh - rer Feinde wahrnehmen ſolten / gehen ſie nicht allein mit er -hobenem263hobenem Heupt wie ein Menſch / ſondern ſehen vielfeltig mehr gegen Himmel in die Lufft / denn der Menſch. Wer das nicht gleuben wil / der ſehe ſeinen eigenen Haußhanen an / wie tapf - fer vnd frewdig der herein tritt / vnd fuͤr alle vorfliegende Kraͤen ſeine Hennen warnet.
Es iſt auch nicht wahr / das der Adeler allein in die Son - ne ſiehet / ſondern es thuns alle Vogel / Kranich / Storch / Reyer / Weyhen / Falcken / Sperber / Papagoyen / Kraͤen / Sti - gelitz / etc. Denn wenn dieſe ſtille vnd muͤſſig in jhrer ruhe ſi - tzen / haben ſie jmmer die Augen nach der Sonnen. Vnd wenn ſie fuͤr der Sonnen glantz ſchrecken ſolten / wuͤrden ſie in jhrem vnverſehenem Auffzug offt widerumb zu ruͤck fallen.
Das aber geſchrieben wird / der Adeler werffe das Junge aus dem Neſt / das in die Sonne nicht ſehen wolle. Jſt ohn zweiffel daher kommen / das alle Vogel / ſo wol die Adlers kla - wen vnd ſchnebel haben / als die andern / eins von jhren Jun - gen auswerffen. Als im vorigen Capittel berichtet worden.
Das auch der Maulworff nicht blind iſt / ſondern ſehen kan / iſt daraus zubeweiſen / das er rechte Augen hat. Vnd wenn er auſſer der Erden iſt / nicht allein aus der Sonnen liecht nach dem ſchaiten / ſondern von dem Pflaſter nach ei - nem freyen Erdgrund oder Miſthauffen zu leufft / vnd ſich darin vergrebet. Das er aber vieleicht wie die Nachteulen im finſtern beſſer ſehe / denn am hellē Sonnenſchein / mag wol ſein / Denn zu ſeinē Bergwerck bedarff er des Geſichts am meiſten.
Von den Weibsperſonen findet man auch allenthalben geſchrieben / das ſie nicht lincks werden / auch nimmer das Podagra bekommen. Das die auch erlogen ſey / gibt auch die tegliche erfahrung allenthalben.
Viel weniger iſt das war / das aus des Menſchen Marck im Ruͤckgrad gifftige Schlangen wachſen ſollen. Denn vnſer Kirchhoͤfe liegen voller Menſchen / auff denen nie eine Schlan - ge gefunden iſt. Wie auch in dem vermawreten Halsgerichten von erhengten oder gerehderten Menſchen niemals vernom̃en / das aus jhnen Schlangen gekrochen weren.
Man264Man kan aber zierlich damit beweiſen / das der Teuffel den Menſchen durch die Schlang verfuͤhret hat. Das aber Lum - brici vnd Spulwuͤrm im Menſchen / vnd offt etliche Ellen lang / nach der Derme lenge vnd raum / an einander wachſen / auch den Menſchen toͤdten / wie auch die Fuchſe / iſt leider all zu wahr.
DEr Pelican ſol ein Vogel ſein in Egypten / zu deſſen Jungen kompt in ſeinem ab weſen eine Schlange / vnd ſticht ſie tod. Er aber verwundet ſeine Bruſt / leſt das Blut auff ſeine Jungen fallen / Dauon werden ſie wider lebendigk. Es wird aber von dem bluten Vater vnd Mutter ſo ſchwach / das ſie im Neſt beliegen bleiben. Darumb fliegen die Jungen aus / holen jhnen Speiß / vnd bezahlen den Eltern jhre wolthat. Es hat auch der Koͤnig der Neapolitaner Al - phonſus / den Pelican fuͤr ſein Denckzeichen gemahlet / vnd dabey geſchrieben: Pro Lege & pro Grege, das iſt / Fuͤr Got - tes Wort / vnd fuͤr die Vnterthan / verſtehe / ſolte ein Obrig - keit jhr Blut laſſen. Wir deutens aber alſo / das vns Men - ſchen die alte Schlange ermordet / vnd Chriſtus mit ſeinem Blut wider lebendig gemacht hat. Darumb mus der Peli - can auff allen Epitaphijs ſtehen.
Was nun diß fuͤr ein Vogel ſey / der das thue / hat noch kein Gelerter findē koͤnnen. Orus ſchreibt: Es ſey der Ganſe Geyer. Wann der ſeinen Jungen nicht bald koͤnne zu eſſen bekommen / beiß er ein loch in ſeine Lenden / vnd laſſe jhnen ſein Blut in den Mund lauffen. Die meiſten ſchreiben / wenn des Peli - cans Kinder groß werden / vnd Vater vnd Mutter nach den Augen greiffen / ſo ſchlage er ſie mit ſeinem Schnabel ſelber tod. Darnach greme er ſich druͤber drey Tage. Am dritten ta - ge beiſſe die Mutter ſelbſt jhre ſeite auff / laſſe jhr Blut auff ſie fallen / dauon werden ſie widerumb leben dig. Hæc à quibuſ -dam265dam literis prodita nullo affirmari experimento poſſunt. ſagt Albertus Magnus. das iſt / Es iſt zwar von etlichen al - ſo geſchrieben / kan aber mit der Erfahrung nicht bewieſen vnd beſtetigt werden.
Denn der Pelican / der alſo heiſt Griechiſch vñ Lateiniſch / iſt ein Leffelg auß / bey vns Teutſchen nicht vnbekant. Jſt durchaus geſtalt wie ein Storch / ohne das ſie einen Enten Schnabel hat / wie zween breite Leffel auff einander geiegt. Vnd zwiſchen dem Fußfinger ein Heutlein zum ſchwimmen. Helt ſich an abgelegenen weſſerigen oͤrtern. Das aber die Leffelganß / jhrer Jungen halben / jhre Bruſt zureiſſen / oder jhr Blut die krafft haben ſol / die Todten lebendig zu machen. Jtem / das die Jungen / die zuuor der Schlangen nicht entlauf - fen konten / bald nach dem Tod aus fliegen / vnd jhren ſchwa - chen Eltern Speis zufuͤhren / etc. iſt ſo lang nicht erfahren / das es nicht mehr wahr iſt. Denn ſo bald ſie aus den Eyerſcha - len frey werden / weiden ſie an den Vfern / vnd ſchwimmen im Waſſer / wie ander Genß. Die Heilige Schrifft aber mahlet vns den HErrn Chriſtum im Oſterlamb / vnd in dem Opf - fer / vnd in der erhobenen Schlang in der Wuͤſten fuͤr. Vnd darff vnſers erlogenen Pelicans nirgend zu.
ES iſt kein zweiffel / das der Pfaw der ſchoͤnſte Vogel iſt / den Menſchen Augen geſehen haben. Darumb hat man auch mancherley Wunder von jhm geſagt. Jn - ſonderheit geben ſie jhm ſchuld / er ſey ſtoltz / vnd wann man jhn ruͤhme / ſo thue er ſeinen Schwantz prechtig von einan - der. Wenn man jhme ſtillſchweigend zuſehe / ſo laſſe er den - ſelben aus vngedult fallen / wie Ouidius ſagt:
Das iſt /
M mWenn266Wenn du den Pfawen wirſt hoch ruͤhmen /So zeigt er dir ſeins Schwantzes Blumen.Bleibſtu aber ſtillſchweigend beſtehen /So leſt er ſeinen Schatz nicht ſehen.
Darauff hat dem Pfawen ein Poet aus ſonderlichem mit - leiden / dieſe verantwortung gemacht:
Du ſtoltzer Pfaw ſpricht jederman /Jch hab mein eigen Kleider an /Die trag ich meim Schepffer zu Ehren /Der Welt ſein Kunſt vnd Gunſt zu lehren.Hett Erd vnd jedes Thier das ſein /So wuͤrdſtu nackend gehn herein.
Es wolle aber ein jeder Menſch / der nicht gar ein Fantaſt iſt / bedencken. Ob man dem Pfawen zu dem Menſchen / als ein vernuͤnfftig Creatur / oder vnter das vnuernuͤnfftige Vie - he rechnen ſol. Denn wenn der Pfaw lob verſtehet / wenn der Menſch jhn ruͤhmet / verachtung aber / wenn er ſtill ſchwel - get. Vnd ſeine geberden darnach richten kan / So hat er mehr Weißheit denn ein ander Thier / vnd mancher alber Menſch.
Es iſt aber gewiß / das deren keins an dem Pfawen iſt / ſondern wie der Calecutiſche[]Hahn / zu ſeiner Brunſtzeit / im - mer mit auffgereckten Federn gehet. Alſo thut auch der Pfaw zu ſeiner zeit. Vornemlich / wenn er ſein Weib ſiehet fuͤr jm vmbgehen. Jtem / wenn ein Kind / Hund / Katz oder Huhn zu der zeit oder auch hernach jhme zu nohe gehet. Wenn jhme der Schwantz auch gleich gar ausgefallen / vnd noch nicht wieder vollenkommen iſt. Denn dis iſt ein Zeichen ſei - ner Natur bewegung / oder auch Zorns / vnd will alſo Kinder vnd andere Thier ſchrecken. Wie vnſer Hahnen jhre Fluͤgel hengen laſſen / vnd drinn tretten. Jnſonderheit aber ſind die Pfawen vnd Calecutiſche Hanen einander feind / Beiſſen vndtreten267treten einander biß auff den tod. Wenns aber die gelegen - heit nicht hat / ſo mag man jhn loben oder ſchelten / er kehret ſich nichts dran. Als teglich fuͤr augen an jhnen zu ſehen iſt.
Darnach ruͤhmet man von jhnen / wo ſie jhre wohnung haben finde man keine Schlangen. Sagen auch von Kloͤſtern / da daſſelbige ſol probiert ſein. Das man auff die erfahrung ſtellen mus. Dann an etlichen oͤrten ohne das von Natur kei - ne Schlangen ſein.
Das ſie aber dazu ſetzen / ſo weit man jhre geſchrey hoͤre / ſollen keine Ratzen ſein. Dauon gibt die erfahrung das wie - derſpiel. Alſo / das offt Ratzen dahin kommen ſein / da ſie zuuor nicht waren / ſo bald als die Pfawen daſelbſt gehalten worden.
Sie wollen auch jederzeit jhren freyen gang vnd flugk ha - ben / Vnd wann ſie / wie die Huͤner in einem Gemach be - ſchloſſen werden / verduͤrten vnd ſterben ſie bald.
Es iſt auch das gemercket / das / wenn in der Stad / oder in dem Hofe / darin ſie wohnen / eine ſonderliche ſterben[s]noth entſtehen fol / von Poſtilentz / oder ſonſten. Das ſie Tag vnd Nacht auff den Techern, vmbfliegen / vnd ſo inſtendig ruf - fen / bis ſie gar heiſcher werden. Wenn aber die Peſt nun komt vnd regieret / ſind ſie gantz vnd gar ſtille.
Ob nun vnſer Engel jhres jammergeſchreyes vns zur warnung gebrauchen / koͤnnen wir nicht verſtehen. Das iſt aber auch gewiß / das weder ſie noch andere Vogel von vn - ſerm gegenwertigen oder kuͤnffeigem zuſtand / vnd was ihr geſchrey bedeutet / fuͤr ſich ſelbſt das geringſte wiſſen Vnd das die Propheten vns derhalben vermahnen / auff Vogelge - ſchrey nicht zu achten. Wie der Heyden Augures gethan haben.
M m ijAls268Als der hochloͤbliche Chriſtliche / vnd vmb vnſer Vater - land wolverdienter Khurfuͤrſt zu Sachſen / Hertzog Johr Frie - derich / ſeliger gedechtnis / gefangen ward / weineten ſeine vnd andere Papagoyen / auch zu Luͤbeck vnd Hamburg / gantzer vierzehē tage zuuor / dz ſich jederman druͤber hernach verwun - derte. Da ſolch ein vnuerhoffter ausgang darauff erfolgete.
Es ſchreibt auch Joſephus contra Appionem lib: 1. das Hecatæus in ſeiner Hiſtoria ſetze. Als er des groſſen Ale - xanders Kriegsman geweſen / vnd an das Rote Meer komen war / ſey vnter den andern Reutern / ſo jhnen das geleit gaben / ein Juͤde mit nachgefolget / mit namen Moſollamus (den Euſebius vnd Baptiſta Fulgoſus nennen Miſonianus) der ein behertzter Man / vnd vnter den Griechen vnd Barbariſchen Voͤlckern der beſte Schuͤtz war. Dieſer Menſch / ſpricht er / als wir alle fort ruͤckten / vnd ein Warſager auff der Vogel ſtand vnd geſchrey merckte / vnd rieff / wir ſolten ſtill halten / fragte / warumb wir behalten blieben? Als nun der Wahrſa - ger jhme einen Vogel zeigete / vnd ſagte / wann der ſitzen blie - be / ſo were es allen zu rahten / das ſie ſtill hielten. Wann er auff fuͤhre / vnd dauon floͤge / das ſie vort zoͤgen. Wann er aber zu ruͤck hinder ſich fliegen wuͤrde / das auch ſie wider zu ruͤck jhren zug nehmen. Der Jude ſchwieg ſtille / zoge ſeinen Bo - gen an / vnd erſchoß den Vogel. Als nun derhalben der Wahr - ſager vnd etliche andere entruͤſtet wuͤrden / vnd jhn verfluch - ten / ſprach er: Was ſchwermet jr / was habt jhr mit dem vn - gluͤcklichem Vogel zu ſchaffen? Denn weilder ſein eigen Heyl nicht zuuor gewuſt hat / was wolt er vns von vnſerm Auffzug gutes Propheceyen? Denn wenn er kuͤnfftige dinge zuuor het - te ſehen koͤnnen / ſo were er nimmermehr an dieſen ort ankom - men / ſondern hette ſich gefuͤrchtet / Moſellamus der Juͤde moͤ - chte jhn mit einem Pfeil erſchieſſen.
Dieſe Hiſtoria wird auch fuͤr eine ſonderliche Weisheit des Juͤden / vnd fuͤr eine gruͤndliche widerlegung alles Vogel -geſchrey -269geſchreyes geruͤhmet. Vnd wird dabey nicht bedacht / das es allen Patriarchen / Propheten / Apoſtein / vnd Marterern / alſo mit jhrer Prophecey gangen iſt. Denn der blinde Jſaac Pro - pheceyete ſeinem Son Jacob / wie es jhme vnd ſeinen Kindern nach viel hundert jahren gehen ſolte. Vnd wuſte nicht das es Jacob war / vnd nicht Eſau. Desgleichen thate Jacob mit ſeinen Kindern / ſagte auch wie es jhnen gehen ſolte / bis auff Chriſtus geburt. Vnd weinete zuuor zwantzig Jahr vmb Jo - ſephs tod / der doch noch lebte. Vnd damit die Juͤden das ent - ſchuͤldigen / ſagen ſie / er habe ſich alſo fuͤr ſeines Sons blu - tigen Rock entſatzt / das er die gabe der Prophecey verloren ha - be. Moyſes Propheceyet auch den Kindern Jſrael vom ge - lobten Lande / das Gott befohlen / er ſolte ſie aus Egypten da hinnein fuͤhren / vnd wuſte nicht / das er vnd ſein Bruder Aa - ron ſelbſt nicht wuͤrden hinein kommen.
Es wuſte auch der Prophet / der 1. Reg. 13. dem Jerobe - am von ſeinem Altar Propheceyet / ſelbſt nicht / das jhn alſo bald ein Lewe toͤdten wuͤrde.
Der Prophet Jeremias Propheceyet dem gantzen Juͤdi - ſchen Volck / wie es mit dem Babyloniſchen Gefengnis gehen wuͤrde. Wenn ſie ſollen wieder heim komen / vnd weis ſelbſt nicht / ob er ſol mit ziehen / oder da bleiben / vnd das er endlichen in Egypten von den vnſinnigen Weibern / wie Orpheus / ſolt zerriſſen werden. Sonſt were er wol daheime blieben. Denn was Propheceyen belanget / gehoͤrt das allein Gott zu. Wie Gott ſpricht Eſaiæ am 41. Cap. Verkuͤndiget vns / vnd weiſſa - get etwas zuuor. Laſſei vns mit vnſerm Hertzen drauff ach - ten / vnd mercken / wie es hernach gehen ſol. Oder laſſet vns doch hoͤren / was zukuͤnfftig iſt. Verkuͤndigt vns was hernach kommen wird / ſo wollen wir mercken / das jhr Goͤtter ſeid / etc. Jch bin der erſte der zu Zion ſagt / ſiehe da iſts / ete. Darumb wiſſen die Menſchen von kuͤnfftigen ſachen / vnd die vber die Natur ſein / ja ſo weinig als die Vogel. Es koͤnnen vnd wiſſenauch270auch die Heiligen Apoſtel nicht mehr / quam prout Spiritus dat eloqui illis, als Gott jhnen ſelbſt offenbaret.
Ob aber auch die Heyden ſo wol / als Chriſten / bisweilen durch Geſicht / Treume / durch Pferde / Hunde / Vogel / kla - gen vnd fallen / in jhrem Haus vnd Hendeln fuͤr vngluͤck oder tods gefahr gewarnet ſein / vnd ob es von Gott vnd ſeinen En - geln oder Teuffeln komme / wird nicht vnbillich gefragt: Als dauon in allen Hiſtorien geſchrieben / vnd inſonderheit in Do - ctoris Peuceri Buch de Diuinatione / ausfuͤhrlich diſputte - ret wird: Vnd an dieſem ort zu wiederholen zu wettleufftig ſein wolte.
PHœnix ſol ein einiger Vogel ſeins Geſchlechts ſein in der gantzen Welt / aber vornemlich in Arabia ſich hal - ten. So gros als ein Adeler. Wie ein Papagoy geſtalt / mit einem goldfarben glentzenden Heupt vnd Federkrone oder Kolle / gruͤn / rothen vnd gelbflecketem Leibe / blawen Bauch / vnd einem Schwantz mit roſen vnd Himmelblawer Farb ver - menget. Dieſer lebe ſehr lang / wie Plinius ſchreibt / ſechs hundert vnd ſechtzig Jahr / vnd etliche andere ſieben tauſent vnd ſechs Jahr. Solinus / zwoͤlff tauſent / neun handert vnd vier vnd funfftzig Jahr. Heſiodus / drey vnd neuntzig Tauſent / drey hundert zwoͤlff Jahr. Wenn aber ſein zeit herbey iſt / ſo fuͤhret er von Zimmet / Weyrauch / vnd allerley koͤſtlicher Wuͤrtz ein Neſt zuſammen / zuͤndet ſich darnach an bey der Sonne. Legt ſich auff das Neſt / vnd verbrennet ſich ſelbſt. Andere ſchreiben / er lege ſich allein vnuerbrant auff das Neſt / vnd ſterbe. Aus den Knochen oder aus der Aſſche wer - de erſt eine Made / vnd endlich aus der Made ein Vogel vndnewer271newer Phœnix / der widerumb ſo lang lebe / vnd was vom Neſt vorig iſt / in Panchaiam in der Sonnen ſtad auff den Altar trage vnd opffere / vnd hernach ſeines willens vmbflie - ge. Iohannes de monteuilla hat dieſe Luͤgē / noch auff eine an - dere Manier / das er ſich in der Stad Heliopoli in Egypten / auff der Sonnen Altar verbrenne. Mit dieſem Phœnix ſchmuͤckt man gar herrlich des HErrn Chriſti vnd vnſer Auf - ferſtehung. Vnd iſt die allerzierlichſte Oſterluͤgen.
Denn wenn nur ein Menſch nicht gar in Aberwitz ge - het / kan er la Rechnung machen / was das fuͤr ein Vogel ſey / der ſich ſechz[e]hen hundert Jahr fuͤr dem anfang der Welt zu erſt verbrant hat. Vnd wo dieſe Wurtze gewachſen ſey zu ſeinem Neſt / ehe denn das Paradiß gepflantzet war. Das iſt recht eine vngereimte Luͤgen.
Darumb ſchreibt Plinius ſelbſt. Heſiodus qui pri - mus aliqua de hoc prodidit, fabuloſe vtreor. Er fabuloſius de Phœnice. lib. 7. cap. 48. Jtem. Alla - tus eſt Phœnix in vrbem Claudij principis cen - ſura, anno vrbis octingenteſimo & in comitio propoſitus, quod actis teſtatum eſt. Sed quem fal - ſum eſſe nemo dubitauit. lib: 10. cap. 2.
Es meinen aber die Gelerten / es ſey nie ein Vogel ge - weſen / ſey auch noch nicht / des namens / der geſtalt oder werck. Sondern es ſey eine litera Hieroglyphica ein heiliger buch - ſtab. Damit die Egyptier etwas haben lehren vnd bedeuten wollen / Wie ſie des Himmels zwoͤlff zeichen / die Sternen vnd die Planeten mahlen. Wie wir Thiere oder Jnſtrument Menner vnd Weiber. Nicht das ſolche ding im Himmel ſein. Sondern das man der Sternen bedeutung damit erkleren koͤnne.
Jtem.272Jtem / Die Strauch vnd Schiffreuber mahlen ſie im Greyff vnd Harpyten: Als droben geſagt iſt. Alſo / das dieſer Phœ - nix bedeute / das die Sternen Kunſt erſt aus Phœnicia, da nachmals die Jūden gewohnet / kommen ſey in die ander Len - der. Vnd die gantze Welt bedeute. Der guͤlden Kopff / den Him - mel mit ſeinen Sternen. Der bunte Leib / den Erdbodem. Die blawe Bruſt vnd Schwantz / das Waſſer vnd Lufft / das vmb vnd durch den Erdbodem herfleuſt. Dieſer Phœnix aber / oder dieſe Welt beſtehe ſo lange / biß der Himmel ſo offt herumb gehe / das er vnd alle Sternen widerumb in ſein Neſt alſo vnd auff derſelben ſtete zu ſtehen kommen / darin er war / als er zu erſt von Gott erſchaffen ward. Denn wenn das geſchicht / ſo ſey der Phœnix tod / vnd habe die alte Welt jhren lauff vollen - bracht / vnd gehe alles widerumb von newen an. Das nen - nen ſie annum ſidereum magnum, das groſſe Welt Jahr - Daruͤmb ſchreibt Plinius lib: 10. cap. 2. Cum huius alitis vita magni conuerſionem anni fieri, prodit Manilius: Iterumq́; ſignificationes tempeſtatum & ſiderum ealdem reuerti. Hocautem circa meridiem incipere, quo die fignum Arietis Sol intrauerit. Wie viel Jar aber dahin ſein / das ſolche veranderung vnd vernewerung des Himmels Lauffs komme / haben die Gelerten noch nicht ausrechnen koͤn - nen. Vnd weil ein jeder ſeine eigene rechnung hat: So wird das Leben dieſes Phœnicis vngewiß geſatzt. Virgilius mei - net / es ſey vnter dem Auguſto das aureum ſeculum wider - umb angangen.
Iam noua progenies cœlo demittitur alto,Wir aber273Iam redit & Virgo, redeunt Saturnta regna.Zu dieſer zeit werden wir ſehen /Ein newe Welt von newn angehen.Wie alles wieder kompt zu recht /Von Himmel fellt ein new Geſchlecht.Die Jungfraw die Gerechtigkeit /Koͤmpt wider / bringt die guͤlden zeit.
Wir aber wiſſen / es wird vnſer HErr Chriſtus wieder kommen / vnd einen newen Himmel / vnd eine newe Erde ſchaffen / nach ſeiner verheiſſung / darin, Gerechtigkeit woh - net / 2. Petri 3.
MAnfindet Leute / die alle ſchwartze Kraē / Rabē nennen. Da doch vnter jrer ſtim / geſtalt / farbe / gewonheit vñ ſpeiſe / ein groſſer vnterſcheid iſt. Die kleineſt iſt die Thole / die einen aſcherfarben Kopff hat / gemeinlich Samen vnd Wurtzeln jſſet / ka kach rufft im ab vnd zufliegen / daher ſie die Sachſiſchen Bawren / eine Kaucke nennen. Vnd ba - wet gern bey den Menſchen / an den Kirchtuͤrmen / vnd in den hohlen Mauren.
Zu der Tholen geſellet ſich im Fruͤeling / vnd im Herbſt der Koͤrrock / hat den namen entweder von ſeinem geſchrey / oder vom Korn / das er zuſamen rafft / vnd rockt im Felde / vnd mit ſeiner menge / offt einen Acker bloß machet. Daher er auch Cornix Frugiuora, vnd Spermologus genant wird. Hat einen weiſſen Schnabel / als wenn ein ſchimmel dran hienge. Jſt ſchon ſchwartz. Niſtet bey den Bawren alſo / das offt 30. oder mehr Neſter auff einem Baum ſein Jtem / auff den Heuſern zwiſchen den gemeurten giebels zinnen. Jſſet kein Fleiſch.
Die dritte arth ſind die Kraen / die auch von jhrem ge - ſchrey den namen haben. Mehrer theils aſcherfarb / mit einer ſchwartzen Heuptkappen vnd Bruſtſchild. Es ſind aber auch halb vnd gar ſchwartze vnter jhnen. Strabo ſchreibt / das die in Hiſpanien gemeinſein. Etliche meinen / das die ſchwar - tzen erſt vmb das Jahr 1550. in Teutſchland weren bekant wor - den. Nach dem der Khurfuͤrſt von Sachſen Hertzog JohannN nFrie -274Friederich / in dem Hiſpanier Krieg gefangen war / vnd aus mitleiden gantz Teutſchland ſchwartze Kleidung annahm〈…〉〈…〉 Freſſen Korn / Miſt vnd Fleiſch / vnd bleiben gemeinlich Win - ters zeit in den Stedten vnd Doͤrffern / ſind der Raben Geſel - len.
Die vierten ſind vnter dieſen / die allergroͤſſeſten vnd ſehwartzeſten / ruffen jmmer Kras, Kras, vnd werden inſon - derheit Corui, Raben vnd Kolckraben genant. Von dieſen ſehreibt man.
I. Das ſie an geringen oͤrthen / da nicht viel tod Viehe oder Aſes fellet / keinen Raben mehr leiden wollen. Sondern ein pahr bleibt daſelbſt nur allein / vnd treibt die andern vber zwo oder drey meil weges von dannen. Man findet aber den - noch in groſſen Stedten / wol zwey oder drey pahr / die auff den hohen Tuͤrmen niſten.
II. Das ſie einander nicht treten / wie andere Vogel / ſondern durch den Mund ſich mit einander vermiſchen vnd beſamen. Jtem / die Eyer außſpeien. Das auch vnter an - dern Chriſtophorus Enzelius ſchreibt. Jſt aber ein vnnatuͤr - liche vnbedechtige meinung. Denn die Glieder ſind nicht Jn - ſtrument zur Geburth der Eyer oder Kinder / ſondern zur er - haltung der Eltern verordnet.
III. Wann ſie jhre jungen außgehecket haben / ſollen ſie von denen wegk ziehen / vnd die ſieben tage verlaſſen. Wie Plinius vnd Seruius ſchreiben / aus angeborner vergeſſenheit / das ſie jhrer nicht mehr gedencken. Wie andere wollen / aus der vrſach / das ſie noch nicht ſchwartz ſein / ſondern weiß. Dar - umb halten ſie die nicht fuͤr jhre rechte / ſondern vntergeſchobe - ne Kinder.
Daher iſt in allen Buͤchern / klage vber die Aſtorgiam corui. Das der Rabe / ſo ein vnbarmhertziger Vater vnd Mutter ſey. Autor de natura rerum.
IIII. Jn275IIII. Jn des aber die Eltern wegk ſein / ernehre Gott diejungen Raben wunderbarlicher weiſe / vnd durch ein wun - derwerck. Wie etliche wollen / auch Cælius, das jhnen der Thaw ins Maul falle. Andere das aus bem zuſamen getra - genen Aſe / Maden wachſen / die ſie vnter des zuſamen leſen. Der dritte hauff ſagt / die Muͤcken ſetzen ſich vmb ſie herumb / oder fliegen jhnen auch ins Maul / dauen ſie ſich erhal - ten.
Damit erkleret man gar meiſterlich / vnd andechtig / den 147. Pſalm: Dancket dem HErren / denn er iſt frenndlich / vnd ſeine guͤte weret ewiglich etc. Der dem Viehe ſein Futter gibt / den jungen Raben die jhn anruffen.
V. Wann nun der Sabbath vorbey iſt der ſieben tage / ſo erinnert ſich die Mutter jhrer Kinder / beſucht ſie wieder - umb / vnd der Vater ſichet / das ſie ſchwartz ſein / hat ſie deſt[o]lieber / ſpeiſt vnd erzeugt ſie fleiſsig.
VI. Etliche thun auch das dazu / das der Rabe gegen den Gruͤnen Donnerſtag / wiederumb zu ſeinen Kindern komme / vnd alſo bald / wenn er ſie ſchwartz findet / eins nach dem an - dern nehme / vnd im negſten Waſſer teuffe. Vnd als denn fuͤr ſeine liebe Kinder erziehe.
Diß iſt die gemeine Schrifft vnd Glaube von den Ra - ben. Die Authores / die dauon geſchrieben haben / mag jeder im Geſnero ſuchen.
Es iſt aber wol zu verwundern / das die Raben nicht Greif - fen aus Sarmatia, oder Phœnixen aus Arabia, ſondern ſchendliche verfluchte Vogel ſein / die wir verfluchen / ſo offt wir ſie ruffen hoͤren / vnd meinen / ſie ruffen vns des Syrachs geſang zu: Hodie mihi, Cras tibi, vnd ſprechen: du ſchelm ruff vber deinen Halß. Die auch vns teglich fuͤr Augen flie - gen. Die bey vns auff vnſern Kirchen / Thoren / vnd hohen Beumen jehrlich jhre jungen auffziehen. Deren Eyer vnd jun - gen / wir vnſern Kindern zum ſpiel geben.
N n ijDen -276Dennoch muͤſſen wir ſo blind / thumb vnd toll ſein / vnd gleuben vnd Predigen / was ein ander wieder aller Creaturen arth / natur / vnd vnſer ſelbſt erfahrung / von jhnen geſagt vnd geſchrieben hat. Es iſt aber das die warheit: Das der Rabe ſein erſtes Ey legt / auff den tag des AEquinoctij Ver - ni, wenn Tag vnd Nacht im Fruͤling gleich iſt / vnd alle tage eins dazu thut / biß jhr fuͤnffe werden. Vnd ſo bald ein Ey gelegt iſt / ſo lang bleibt jmmer einer dabey ſitzen / biß der ander in der Weid iſt / damit kein ſchad darzu komme. Wenn nun das Weiblein auff den Eyern ſich ſetzen / vnd ſie außzuhecken anfengt / ſo fuͤhret jhr das Mennlein mit groſſen fleiß jhr eſſen zu / vnd ſteckts jhr ins Maul / wie es hernach mit den jungen thut. Das Weiblein fuͤhrt auch / wenn das Mennlein wider ankompt / ein ſolch geſchrey als ein junger Rabe / der nur vier wochen alt iſt.
Wann auch das Weiblein / wegen der zu wachſenden Leu - ſe / ſich ein weinig außſchuͤtten / erſteuͤben vnd ermuntern wil / ſo ſetzet ſich dieweil das Mennlein auff die Eyer oder auff die jungen.
Wann aber nun die jungen in den negſten dreyen wo - chen / aus den Eyer ſchalen heraus kommen / ſind ſie nicht weis / ſondern haben eine fahlſchwartze heßliche haut / vnd auff dem Heupt / Ruͤcken vnd Fluͤgeln / kleine ſchwartze Plaumfederlein / als die ſchwartzen jungen Tauben.
Es verlaſſen ſie aber die Eltern in keinem wege / ſon - dern halten bey jhnen mit groſſem fleiß jhre wacht / das Eulen / Kraen / Sperber etc. jhnen kein leid thun. Vnnd wo ſie eine Weihe / Habicht / Rab oder Krahe von fern ankommen ſehen / fehret jhnen der eine entgegegen / vnd ſireitet mit jhnen / biß er ſie auff einen andernwegfuͤr277fuͤr vber bringt. Stutzt aber ohn gefehr eine Krahe auff das Neſt zu / ſo fallen ſie beyde auff dieſelbe / bis ſie fuͤr Tod herun - ter fellet. Wann ſie ſtarck erwachſen ſein / ſo fuͤhret er ſie ſelbſt zu Felde / vnd treibt ſie mit gewalt fuͤr ſich hin. Wann a - ber einer in den Fluͤgeln lahm iſt / vnd nicht fort wil / ſo bleibt Vater vnd Mutter bey dem groͤſten hauffen / vnd leſſet den ei - nen ſitzen / oder vbers tach hinab fallen. Speiſet aber auch im Felde die andern / biß ſie ſelbſt ſich ernehren koͤnnen. Darnach treibt er ſie von ſeiner Grentz ab / in ein ander Land.
Es ſchreiben auch Gelerte Leute / wenn eine Peſt kommen ſol / ſo beiſſen die Raben jhre jungen Tod / vnd laſſen ſie im Neſt liegen.
Ob nun dis der Juͤngſte iſt / den ſie zwar beiſſen / damit erfort ſol / wenn er aber nicht wil / ſo laſſen ſie jhn bleiben. O - der ob der Todgebiſſene das Kind ſey / das ſie zum tribut oder Hausmiete abwerffen / oder ob noch das etwas ſonderliches ſey / ſtehet auff der erfahrung. Denn die zahme vnd Holtz Tau - ben / bekommen auch gegen die groſſe Peſtilentz zeitē / die Blat - tern oder Pocken / das widerfehret auch den Jungen / das die Jungen im Negſt ſterben. Von dieſen ſachen duͤrffen wir A - riſtotelem, Plinium, oder Albertum magnum nicht fragen / ſondern vnſer Augen ſelbſt. Vbi rerum teſtimonia adſunt non opus eſt verbis. ſagen die Juriſten. Wider die offent - liche erfahrung aber reden / vnd diſputiren / iſt keine weisheit / ſondern eine muthwillige vnſinnigkeit.
Wann aber einer der Jungen Vogel arth nicht weyß / der ſol ja billig dieſelben hoͤren / die es wiſſen. Alle Vogel die am Erdbodem vnd im Waſſer bleiben / vnd nicht teglich von einem Baum zum andern fliegen / die haben jhre offene Augen vnd tretten alſo bald aus jhrem Neſt / als ſie aus den Eyerſcha - len kommen / ſuchen vnd kennen jhre Speis vnd Tranck / ge - brauchen auch dieſelbe nach jhrer gelegenheit / vnnd ſuchen zu - flucht vnd ſchutz bey jhrer Mutter. Als alle arth der Genß / En -N n iijten /278ten / Huͤner / Raphuͤner / Wachteln / etc. Wenn denen greß - lein / Saͤmlein / Wuͤrmlein / etc. vorkommen / die nehmen ſie mit frewden an.
Alle andere Vogel / aber ſo der arth nicht ſein / Stoͤrche / Kranich / Reyer / Geyer / Weihen / Habicht / Sperber / Euͤ - len / Raben / Kraͤen / etc. Jtem / alle kleine Vogel / Schwal - ben / Sperling / Meyſen / Rothſchwentzlein / Henffling / etc. Werden blind / lahm vnd alber gebohren. Dz ſie fuͤr den neun - ten tag nicht ſehen / nichts kennen / oder angreiffen / nicht ſie - hen nicht gehen koͤnnen. Wann ſie aber ein gereuſch hoͤren / ſo recken ſie jhre helßlein hin / thun die meuler auff / vnd warten was jhnen jhre Eltern in jhren Mund ſtecken werden. Wann ſie auch nun gleich jhre vollenkommene Federn haben / vnd fliegen koͤnnen. So nehmen ſie doch in etlichen Wochen nichts / ohne was jhnen die Eltern ins Maul ſtecken.
Als man an denen / ſo man jhnen abefengt / jehrlich er - fehret / vnd im Felde ſelbſt mit anſiehet. Wie ſollen ſie denn in den erſten ſieben tagen maden kennen / vnd ſie zuſammen leſen vnd eſſen? Vnd welche Fliege oder Muͤcke / fleugt dir ſelbſt in die Naſe / ob ſie gleich jmmer offen ſtehet? Oder wie kompt jhnen der taw ins Maul / da ſie vnter dem Tach ſitzen? Oder wie kan der Taw einen Raubvogel ernehren? Hat ſie GOtt nicht ehrlich ernehret / wenn er ſie alſo ernehret / wie er den er - nehret hatte / der ſagt Geneſis. 48. GOtt der mich ernehret hat / von meiner jugent auff / biß auff dieſen tag. Nemlich durch jhre Eltern / die ſie durch Gottes ordenung haben erzie - hen / ernehren / bewachen vnd bewahren muͤſſen. Vnd alſo wie er dem Viche ſein Futter giebt / etc. Vnd alles was dar Lebet / Speiſet mit wolgefallen. Was darff man deswegen / eine newe luͤgen erdencken.
Darnach bedarff man auch dieſer frag nirgend zu / Denn[w]ie Wort in vnſerm Pſalter vnd Catechiſmo / der HErr giebtFutter279Futter den Jungen Raben / die jhn anruffen. Heiſſen im E - breiſchen / Ben Horeb filijs coruorum. Der Raben Kindern in gemein / ſie ſein gleich Jung oder Alt. Es hat aber die Ebre - iſche ſprach / die gewonheit / das ſie das Wort Ben oder Kin - der in gemein gebraucht / fuͤr alles das der arth iſt. Alſo nen - net ſich der HErr Chriſtus / des Menſchen Son. Vnd der Pro - phet Ezechiel wird in ſeinem gantzen Buch / ein Menſchen Kind genand. Nicht das er ein Junges vnmuͤndiges Kind war / ſondern das er ein Menſch war. So werden im Pſal - ter vnd Propheten wir jmmer Menſchen Kinder genant / Das iſt / Menſchen.
Vom Joſeph ſtehet auch im letzten Capittel / des erſten Buchs Moyſis. Joſeph war ein Ben oder Kind / von hundert zehen Jahren / als er ſtarb / etc.
Demnach iſt hie Raben Kinder nicht anders den Raben / vnd was jhres geſchlechts iſt. Darumb ſetzet ſie Job nicht ins Neſt / vnd leſſet jhnen die Muͤcken ins Maul fliehen. Son - dern ſpricht / cap. 39. Wer bereitet dem Raben die Speiſe / wenn ſeine Jungen zu Gott ruffen / vnd fliegen jrre / wenn ſie nicht zu eſſen haben? Der HErr Chriſtus Lehret vns auch warumb der Raben gedacht wird / da er ſpricht. Lucæ 12.
Nehmet war der Raben / ſie Seen nicht / ſie Erndten auch nicht / ſie haben auch keine Keller noch Scheunen. Vnnd GOTT nehret ſie doch. Wie viel aber ſeit jhr beſſer denn die Vogel? Were derwegen das beſt / wir blieben bey den Wortē Dauids / Jobi / vnd Chriſti / vnd machten nicht eine gloſ - ſa dazu / die wider die Natur / vnd wieder die warheit iſt. Vnter des mus man gedult haben mit den alten / die es nicht beſſer ge - wuſt haben.
Denn wie Cardanns ſagt: Wenn der rechte weg zur warheit noch nicht erfunden iſt. So thut der recht vnd wol / welcher der Alten Lehrer meinung getrewlich vorbrin - get.
DJe Schwanen ſind auch in vnſern Lendern / gar wol bekand. Es wird aber von jhnen geſchrieben / wenn ſie nun Sterben ſollen / das ſie als denn ſo lieblich anfan - gen zuſingen / als kein geſang ſein mag. Das haben die Hey - den dahin gedeutet / ſie freweten ſich das jhre Seelen ins ewig Leben kommen ſollen / wie Lucianus ſchreibt / das er ſie vnter die Cantores im Paradiß gefunden habe.
Die Gelerten aber in den Schulen / haben daher den gebrauch / das ſie die andechtige rede vnd gebeth / die ein Menſch kurtz fuͤr ſeinem Tod thut / ſeinen letzten Schwanen geſangk nennen. Alſo nennen ſie Jacobs des Patriarchen / vnd Moſes Teſtament: Die letzten wort Dauids Das geſang Simeonis / vnd die Wort / ſo der HErr[Chriſtus] am Creutz geredet hat / ein Schwanen geſangk.
Dieweil aber dennoch der Schwan keiner Nachtigalen / ſondern einer Ganß Hals / Schnabel / Zunge vnd Stimme hat / ſo haben die Gelerten / jederzeit ſehr an dieſem Schwa - nen geſangk gezweiffelt. Wie Plinius ſehreibt. lib. 10. cap. 23. Olorum morte narratur flebilis cantus: Falſo vtarbitror, aliquot experimentis. Das iſt. Man ſaget / die Schwanen ſterben mit einem kleglichen geſang. Vnd wie ich halte / iſts falſch. Denn es iſt etliche mahl verſucht.
Es halten ſich aber in Pommern bey dem Fuͤrſtlichen Schloß / Wolgaſt / viel Schwanen. Desgleichen werden auff der Sprew / von dem Kuhrfuͤrſten von Brandenburg viel ge - halten. Wie auch zum Strahlſund / vnd zu Erffurt / vnd in andern Stetten Wenn̄ ſie aber eins Natuͤrlichen Tods ſter - ben / ſtrecken ſie ſich auff den Bauch hin / legen den Hals nieder zur Erden / vnd heben jhn offt wider auff / bis ſie gar beliegen. bleiben. Jhr geſang iſt aber / als das gruntzen eines fliegendenKra -281Kranichs oder einer Ganß / die beim Halſe zur Kuͤchen getra - gen wird. Ja wie der Nachtigalen ſo die Kuͤhe wuͤrget. Denn.
Wie eim Vogl der Schnabl gewachſen iſt / So ſinget er zu aller friſt:
Wer nun etwas anders von jhnen hoͤret / der mags bezeu - gen. Wie denn der Hochgelerte Edelman / Heinrich von Ranzow ſeliger / in ſeinem Calender ſetzt / er habe einen Schwa - nen ſingen hoͤren / vielleicht wie geſagt. Meins beduͤnckns / wer es viel andechtiger vnd heiliger geredet Wenn man einen Chriſtlichen abſchied / einen Simeonis / als einen Schwanen geſangk nennete. Es iſt auch zumahl Gottsleſterlich des HEr - ren Chriſti troͤſtliche red am Creutz / einem abſcheulichem Ganßgeſchrey vergleichen.
Das iſt aber gewiß / das die Haußſchwalben / wenn ſie jtzt ſich verlieren / vnd ins Waſſer ſencken wollen / vmb Lam - perti, wann des Atcturi Stern / fruͤe mit der Sonnen auff - gehet / zuuor ſich ſamlen / vnd in dem Sonnenſchein / ein gantz Tach ſchwartz beſetzen / vnd eintrechtig auffs aller lieblicheſt ſingen / vnd damit ſich ins Waſſer hinein / zu jhrem Winter - ſchlaff begeben. Dabey zu verwundern iſt / wie wider der Na - tur ordnung / ein lebendiger Vogel / foller Federn / im Waſſer koͤnne zu grunde gehen. Vnd wie er nach einem halben jahr wider oben auff ſchwimme / trucken werde / vnd dauon fliege - wiewol Albertus Magnus ſchreibt / man habe ſie Tauſent weiß in alten Eichbeumen gefunden.
Das es aber gewiß iſt / lehret vns die erfahrung / wenn man ſie klumpen weis / mit den Rohrwurtzeln vnd alten ſtau - den / aus den ſtehenden Seewaſſern / vnter dē Eiſe herfůr zeugt. Vnd wenn man ſie als dann in die warme Stuben bringt / werden ſie zwar lebendig vnd fahren auff / fliegen herumb / ſter -O oben282ben aber des tages wieder vnd bleiben tod. Es kan aber wol ſein / das die Erd / Kirch vnd Mawrſchw[a]lben / eine an - dere arth haben. Wann auch die Hausſchwalben / an dem rohr aus dem Waſſer wieder herfuͤr kriechen / jhre fluͤgel tru ckenen / vnd wiederkommen im Fruͤeling / bringen ſie jhre zu letzt ausgebrachte Jungen mit ſich / noch mit vnuollen - kommenen ſchwentzen / kennen ſie / vnd nehmen ſich jhrer an / vnd ſpeiſen dieſelben im flug. Als ſie zuuor im Herbſt thaten. Das zeugen die Augen.
Es halten auch die Stiegelltzen den brauch in jhrem abzuge. Das ſie vmb Martini / wenn die Sonne ein wel - nig auffblickt / ſich mit groſſen hauffen zuſamen ſetzen / vnd auffs aller froͤlichſte / etliche tage nach einander ſingen / vnd damit gute nacht geben. Aber das halten wir nicht ver - wunderens werd / das ein Sangkvogel / mit einem frewden ge - ſangk / ſeinen abſcheid nimmet. Sondern wenn ein Schwan ſingt / vnd eine Kuhe lacht / das iſt wunder vber alle wunder.
ETwa vier hundert dreiſſigk Jahr / fuͤr vnſers Herren Chriſti Geburth / iſt zu Athen im Grichenlande / ein Gelerter man geweſen / Ariſtophanes genant. Der - ſeloige hat eine Comœdia / von den Vogeln geſchrieben. Da - rin vnter andern ein Vogel ſagt:
[Ob] nun wol in dieſen worten / der Stoͤrche nicht ander[s]gedacht wird / ohne das ſie Taffeln oder Buͤcher in verwarung haben / darin der Vogel recht beſchrieben ſey. Das ſie alle auch jhre alte vnuer moͤgene Eltern / widerumb ernehren vnd ſchuͤ - tzen ſollen. So haben doch AElianus vnd andere Gelerten daraus dieſe weißheit geſponnen / das allein die Stoͤrch ſolche gewonheit halten. Das ſie jhre alte krafftloſe Eltern / aus jh - rem Munde ſpeiſen / vnd ſie im Neſt bleiben laſſen / ohne wenn ſie die auff jhren Ruͤcken / trinckens halben zum Waſſer fuͤh - ren.
Dieſe weißheit gebrauchen wir / zur beſtetigung des vier - ten gebots. Vnd lehren daraus / wie man die Eltern ehren ſol. Das man mit Joſephs Hiſtoria viel gewiſſer vnd anſehnli - cher thun koͤnte.
Jſt gleich eine ſolche ſache / das ich darumb die Teutſchen Fuͤrſten vermahnen wolte / das ſie wider den Tuͤrcken ſich nicht allein zu Lande / ſondern auch zu Waſſer ruͤſten ſolten. Die - weil im Froſchmeußler / die Meuſe aus den Kuͤrbsſen Schiff machen / die ſie zu jhrem Froſchkrieg gebrauchen wollen. Da - mit die warheit mit Fafelwerck gezieret vnd beſtetigt wuͤrde.
Denn das dieſe rede von den Stoͤrchen / ein lauter alberer Tant / vnd ein offenbar Luͤgen ſey / gibt ia teglich der augen - ſehein / allen denen ſo nicht ſtahr blind ſein Denn wir wiſſen / das auff Lanrentij die Stoͤrch jehrlich jre jungen aus dem Neſt fuͤhren / vnd fuͤr Jacobi mit jnen dauon fliegen / zu der groſſen Jnſel laua, wie Johan Huigen meinet. Sie bleiben aberO o ijauch284auch in dem Lande nicht / ſondern kommen auff Gertrudis widerumb / ein jeder zu ſeinem Neſt. Wo aber jhre Kinder bleiben / iſt noch nie erfahren.
Wann der Feldfluͤchtige / verlogene Lenhard Dorenheu - ſer noch lebte / der koͤnte an Prieſter Johann einen Brieff ſchreiben / vnd den Berliniſchen Stoͤrchen an ein Bein bin - den / das er jhm hier auff antwort / wiederumb zu ruͤck ſchrie - be. Denn er pflag ſich zu ruͤhmen / das er diß fuͤr ſeine gewon - heit hielte / vnd leicht zu wegen bringen koͤnte. Es iſt auch von niemand geſchrieben / es iſt von keinem Menſchen gehoͤrt oder geſehen / das ein Storch were / von einem andern auff dem Ruͤcken zum Waſſer gefuͤhret / oder were bey jhme den Winter vber im Neſt geblieben. Vnd wenn ſie gleich blieben / was wolten ſie eſſen〈…〉〈…〉
Dennoch muͤſſen wir das / fuͤr eine Hiſtoria gleuben vnd ruͤhmen / was vns ein Poet vorſchreibt / das ſeine Comædien Vogel geredet haben / vnd muͤſſens noch weiter vnd anders deuten / denn es geredet iſt.
Wir helffen auch das herlich aus der Schrifft beweiſen. Denn Storga heiſt / die angeborne natuͤrliche liebe / zwiſchen Eltern vnd Kindern / daher werde er Storch genant. Auff E - breiſch aber / heiſt er Chaſidah, das heiſt Barmhertzig vnd Mitleidig. Denn dieſe Tugend beweiſe er den Eltern. Da wir doch ſeinen fleis viel mehr in ſeiner Kinderzucht ſehen / den auch alle Vogel ohne das haben. Aber was er ſeinen Eltern thue / hat niemand jemals geſehen. Vnd weil er keine bleiben - de ſtet / Wetter vnd Nahrung hat / ſo iſts jhm auch vnmuͤg - lich.
Das iſt gewiß / das daß Mennlein zehen tage ehe wider zum Neſt kompt / denn das Freulein / vnd vnter des das aus - beſſert vnd vernewert. Darnach teglich ſitzet / in die Lufft ſiehet / vnd alle ſo fuͤruͤber fliegen / mit einem geklapper will - kommen heiſſet / biß die rechte Haußmutter kompt / die ermit285mit frewden auffnimpt / jhr entgegen fleugt / ſie im Neſt ſtil ſitzen / ſich ein weil ausruhen leſſet / vnd fuͤhret in des ſelbſt jhr Speiſe zu.
Die Sachſen nennen jhn Heilbot / Daruͤmb das er den Sommer verkuͤndiget. Etliche auch Adebar vnd Adeveer / wel - ches ein flamiſch Wort iſt / aus der Flandriſchen ſprach. Denn Carolus Magnus / als er die Sachſen bezwungen / hat jhrer aus der Marck Brandenburgk / vber 10. Tauſent in Flandern verſatzt / vnd hat die Marck ſeinen gehuͤlffen / den Sorabern zu beſitzen eingeben Welche die Teutſchen Wendeler / vnd V - bertretter / das iſt vnbeſtendige meyneidige Leute genant / da - raus die Scribenten Vendos, venetos, Vandalos vnd Obetritos gemacht haben / im Jahr Chriſti 803. Darnach als Henricus Leo, Hertzog zu Sachſen / vnd Braunßweig / im Jahr Chriſti 1165. Vnd hernach Albertus Vrſus im 1238. Jahr / die Wenden aus der Marck vertrieben / kamen die veriagten Sachſen wider aus Flandern / vnd behielten die Flandriſche ſprach / wie Crantius ſchreibt. Darumb neñet man das Land vber der Elben gegen Morgenwerts / im Flemingk. Es nennen aber die Fleminger / den Storch Oudevaer. Das iſt / Altvater. Daruͤmb das man die Kinder beredet / er bringe jh - nen die Jungen Bruͤder vnd Schweſtern / wie er ſie vnter den Froͤſchen / im Waſſer auslieſet.
Von dem Oudevaer nennen jhn die Mercker / Adebar vnd Adeveer. Das wir den Storch billig zu ehren melden ſollen. Weil er vnſer frommer getrewer Gaſt iſt / vns kein leid thut / ſondern Schlangen / Kroͤten / vnd ander vngezieffer beſtrei - ten vnd vertilgen hilfft:
Hiebey mus ich auch das gedencken. Als der woluerdien - te weitberuͤhmte Mann Victorinus Strigelius, damals Profeſſor der vniuerſitet zu Jhena / durch etlicher Leut ange - ben / Als wen̄ er vnſers woluerdienten ſeligen Præceptoris Phi - lippi Melanthonis Leer / der Studierenden Jugend zu hochO o iijruͤhmen286ruͤhmen wolte / im Hembd aus ſeinem Bette bey der nacht / gefangen genommen / vnd nach Gotha auff das Schlos Grunmenſtein gefuͤhret ward: Nam der Storch kurtz zuuor ſein Neſt vnd Jungen / vnd trug es hin von des Victorini Haus auff den Galgen. Mit aller die es anſahen / inſonder - heit / der Studenten / groſſer verwunderung.
Wie aber Victorinus erloͤſet / vnd zu Leipzig / von ſeinen alten Diſcipeln beſucht ward. Saget er / das jhme in dem Gefengnis ein Geſicht vor kommen we - re / das Gott den Fuͤrſten heimſuchen wuͤrde. Denn es wuͤrde in kurtzen geſchehen / das die Bawren den Wall zu Gotha beſcheiſſen wuͤrden. Hæc ille. Es iſt aber Gotha nieder geriſſen im Jahr / 1568.
Zuuor aber im Jahr nach Chriſti geburt 454. als der Koͤnig Attila die Stad Aquilegia belagert hatte / vnd end - lich ſahe / das die Stoͤrch / die in der Stad jhre Neſter hat - ten / in groſſer eyl zugleich jhre Jungen aus der Stad trugen. Hat er ſich dabey die gedancken gemacht / es wuͤrde ein groſſer hunger in der Stad ſein / vnd damit ſeine Kriegsleut auff - gemuntert / das die Stoͤrch ein gut zeichen gieben / in dem ſie die Stad / ſo jhrem verderben nahete / verlieſſen.
Vnd hat alſo die Stad gewonnen. Wie man ſolcher Hiſtorien / anders wo von den Autoribus, ſonderlich in Theatro vitæ humanæ, auffgeſchrieben findet.
ES iſt auch in allen Buͤchern vnd Liedern. Die Tur - teltaube habe jhren Eheſtand / vnd Ehegemahlen ſo hertzlich lieb.
Wenn287Wenn jhr der genommen werde durch den Tod oder Ge - fengniß / das ſie keinen andern wiederumb an ſeine ſtat ne - me / ſondern allzeit bis auff den tod im Widwen ſtande blei - be. Vnd zum zeugnis jhrer trawrigkeit allzeit auff einem duͤr - ten / nimmer auff einen gruͤnen Zweig ſitze / nimmer froͤlich ruffe / ſondern allzeit trawrig ſeufftze vnd klage: nimmer aus lauterm / ſondern allzeit aus truͤben Waſſer trincke.
Vnd wens nie truͤbe iſt ruͤre ſie allzeit zuuor mit jrem Schna bel / den grund auff. Damit vermahnen wir die Eheleute / das ſie deſto mehr jhre Ehegemahlen lieben / vnd nicht leichtfertig nach des einen abeſterben / ſich zu einem andern vnbekanten be - geben ſollen. Sondern in alle wege ſich alſo erzeigen / damit redliche Leut verſtehen / man habe den abgeflordenen hertzlich lieb gehabt / vngern verlorn / vnd wolt jhn noch / wens muͤglich were / hertzlich gern wider ins Leben wuͤnſchen.
Sonderlich iſt dis der Witwen entſchuͤldigung / die hertz - lich gern freyen wolten. Es iſt aber keiner jhres ſtandes der jhrer begeret. Was nun dieſelben Turteltauben thun die im Felde bleiben / mag jhn der abefragen / der jhre Sprache ver - ſtehet. Die daheim in den Wohnſtuben gehalten werden / ge - ſellen ſich alſo bald zu jhres gleichen / als jhr gegen pahr ertret - ten / vom Hunde gebiſſen / oder ſonſt ertoͤdtet wird. Alſo / das vnſer grawe Tauben / auch die Spanniſche L[ei]bfarben vnd weiſſe Tauben / zur Ehe nehmen. Wann aber das nicht ge - ſchicht. So iſts ein zeichen / das es beyde Menlein oder Weiblein ſein / wie man ſie denn ſchwerlichen vnterſcheiden kan.
Das aber die Turteltauben / auff einem duͤrren zweig ſitzen / in kein newes. Denn das halten alle Vogel. Darumb mu[s]man die Vogel Herd / mit tuͤrren zweygen / die vber diegruͤnen288gruͤnen ausragen beſtecken / das die Vogel deſto lieber zu - fallen. Denn ein ſchwacher Vogel / wo er es je beſſern kan / ſetzet ſich nicht ploͤtzlich in einen dicken buſch. Damit nicht ein Feindlich Raub Vogel drinne ſey der jhn ergreiffe. Sondern ſetzet ſich alſo / das er frey vmb ſich ſehen / vnd fuͤr ſeinen Feind bey der zeit fliegen koͤnne. Das auch der Turtel vnd anderer Tauben geſangk kein jauchtzen / ſondern ein trawriger gemi - tus oder ſeuffzen ſey / iſt jederman bekant. Sie trinckt auch nicht wie ein Huhn / oder ander Vogel oben aus dem Waſſer. Sondern ſtoſt den Kopff zum grund bis an die Augen / vnd be - helt jhn ſo lang darin / bis jhr das truͤbe vmb den ſchnabel fleuſt.
Das nun der von der Turteltauben reden wil / der kei - ner Tauben oder Vogel arth weiß / iſt ſehr vnbedechtig gehan - delt. Das man aber daraus erzwingen wil / iſt wider S. Pauli lehre / der da ſagt / 1. Timoth. cap. 5. So wil ich nu das die Jungen Withwen freyen / Kinder zeugen / Haußhalten / vnd dem widerſacher kein vrſach geben zu ſchelten. Vnd wider Abrahams vnd ander Altveter Exempel. Wer nun die war - heit wiſſen wil / ſol ſich nicht nach ſolchen nerriſchen vngereim - ten Tauben vnd lamen zoten / ſondern nach GOttes Wort riehten.
ES rechnen die Lateiniſchen / den herlichen Zaunkoͤnig vnterdie Sperling oder Spatzen / wie die Schwaben reden vnd nennen jhn Paſſerem Troglodyten Das iſt den Lochkriechenden Spatz. Darumb das er an der Erd durch die Zeune / vnd Wende durch offene Fenſter / durch allerley loͤcher die er ſicher achtet / ſich durchſchleifft. Alſo das die Bawrs Leu -te289te meinen / wenn er auff den Zeunen / Mauren / Wenden vnd Techern ſitze vnd ruffe / ſo bedeute es ein ſchoͤn hell Wetter.
Wenn er aber vnter dem Zaune / vnd dicken Buſchwerck in die Viehe ſtelle vnd Scheunen ſich verkrieche / ſo bedeute es / ein feucht truͤbe vngewitter. Jnſonderheit wenn er dazu viel ruffe vnd ſinge. Denn er hat nicht ein vnlieblich freuden ge - ſchrey ſondern dem Canarien Vogeln faſt gleich. Bricht aber ſein geſang kurtz abe.
Von dieſem Zaunſpatz oder Koͤnig / ſchreibt Paulus AE - gineta vnd andere. Wenn man jhn beruͤpffe / mit Saltz be - ſchuͤtte / vnd wenn jhn das Saltz durchfreſſen hat / rohe eſſe: Oder jhn zu Puluer brenne / vnd das trincke. Oder jhrer mehr ſiede oder brate / vnd eſſe / ſey es die allerbeſte Ertzney / fuͤr wehe tage des Steins.
Sie thun aber das wunder dazu / das / wenn man jhm die Federn abziehe / vnd wie einen Brathvogel zurichte / vnd end - lich ein Holtzlein dadurch ſtoͤſſe / vnd auff zween Maur oder andere gleich hohe Stein jhn gegen ein Kohlfewer lege / ſo wen - de er ſich ſelbſt etliche mahl herumb.
Als nun im harten Winter vnd tieffen Schnee / aus einer Kornſcheune im Garten gelegen / in die achtzehen alſo gefan - gen wurden / das man einen Netzſack zum Tachfenſter auffge - ſperret ausſtieß / ander loͤcher verſtopffte / vnd mit geſchrey vnd ſchlagen / die Geſt erſchreckte. Da wolten ſie neben etlichen Goldammern / zum Tachfenſter hinaus ſtoſſen / vnd blieben im Netz gefangen. Wolten verſtendige Leute / Schulmeiſter vnd Stadſchreiber die Kunſt probieren. Es wolt ſich aber kei - ner vmbwenden. Wie ſie aber einen lebendigen / mit dem Ruͤ - cken an ein huͤltzern ſpießlein bunden / flattert er mit den Fluͤ - geln etliche mahl h[e]rumb. Wann nun jemand lieſet / das der todte Zaunkoͤnig ſich ſelbſt beim Fewr vmbwende. Mag er das von den Jndtaniſchen verſtehen / vnſere Teutſchen haben die Kunſt noch nicht gelernet.
PpMan290Man kan aber das wunderwerck alſo gebrauchen. Das ein generoſus animus vnd tapffer gemuͤth / im vngluͤck / das es nicht wenden kan / nicht Weibiſch lamentiret, ſondern ſich mit willen drein begibt / vnd des Feindes dazu ſpottet. Wie der Zaunkoͤnig / darin ſich ſonderlich Koͤniglich erzeigt / das er ſich ſelbſt am brathſpieß / wie ein Laurentius vmbwendet.
Es iſt auch gar ein boͤß geſchrey / vber den Haußſperling. Das derſelbige ſolche groſſe vnzucht / ohne maß vngehalten treiben ſoll. Das er daß dritte jahr nicht vberlebe.
Darumb ſolle ein jeder ſich fuͤr vnzucht huͤten / das jhm dergleichen nicht auch wiederfahre.
Es iſt aber wol zuuerwundern / warumb man die Vogel vnd das Viehe / fuͤr vnzuͤchtig ſchelten wolle? Das doch ſeine fortpflantzung nur nach ordenung der Natur ſucht / wie Beum vnd Kreuter / vnd darin wider die Natur / keinen muthwillen braucht / Wie durch des Teuffels anſtifftung / leider die Men - ſchen / vnmenſchlich zu thun pflegen. Alſo bringt der Sperling im jahr drey mahl ſeine jungen fort / vnd gegen die zelt helt er ſich zu ſeinem Weibe. Vnd duldet keinen Ehebrecher / ſolts jm auch ſein leben koſten. Auſſer der zeit im Herbſt vnd Winter / nimmet er ſich ſolcher ſachen durchaus nichts an. Darumb gibt jhm / das keine leibes ſchwachheit oder kurtzes leben. Wie man auch vnter ſo viel Tauſent Sperlingen / nicht einen fin - det der tod were. Sondern man weis Exempel / das einer / der einen weiſſen Schwantz hatte / vnd derhalben fuͤr andern / in derſelben Haußhaltung viel jahr bekant war. Wie auch im jahr 1598. am Hartz bey Ballenſted / ein gantz weiſſer Sper - ling war. Der denn Doͤrffern darin er kam / nach der Bauren meinung / die Peſtilentz mitbrachte. Der Weis Schwantz aber / bliebe vber zehen jahr an einem gewiſſen orth / daſelbſt er vnter dem Scheuntach ſeine jungen ausbrachte. Biß bas Tach ver - newet / vnd alſo ſein Neſt verſtoͤret ward.
Jſt derhalben vermuthlich / das man auch dieſe meinungvon291von des Sperlings kurtzen leben / nicht darff fuͤr ein Euange - lium halten. Denn er hat in vnſerm Euangelio einen gewal - eigen Buͤrgen / das weder er noch einer ſeines Geſchlechts vom Tach fallen ſoll. Es ſey denn der wille vnſers Vaters im Him - mel.
ES ſchreibt auch der Poet Horatius lib. 1. Epiſtola - rum ad Iulium Florum. Es habe die Krahe gar ſehr verdroſſen / das man den Pfawen / Holtzſchreyer / Specht / Stiegelitz / Rothſchwentzlein etc. darumb in werden hielt / das ſie wie die Fuͤrſten / ſchoͤne bund geferbte Kleider vnd Federn hatten. Die Krahen aber / wurden mit jhren einfelti - gen ſchwartzgrawen Federn / als die Bawren in jhren Paltroͤ - cken veracht vnd verlacht. Derhalben rathſchlaget ſie / wie ſie auch ehr vnd anſehen bekom̃en muͤge / vnd lieſet in den Hunds - tagen alle ſchoͤne Federn zuſamen / die andere Vogel abwerf - fen / zeugt jhre aus der Haut / vnd ſetzet die frembden hinein. Vnd als ſie nun mit jhrem ſchmuck gegen den Herbſt / vnd ge - gen der Vogel auffzugk fertig wird. Findet ſie ſich an den orth / da die andern verſamlet ſein / vnd ſich mit einander letzen wollen. Tritt prechtig herein / macht eine wunderbarliche be - redung / als wens ein Jndianiſcher Papagoy were. Das ſich alle Vogel verwunderen / wo der newe Phœnix herkom - me.
Als ſie aber den ſchmuck eigentlicher anſchawen / werden ſie gewahr / das es eine ſchendliche Krahe ſey / vnd mit fremb - den Federn ſich gezieret habe. Vnd ein jeder Vogel fehrt zu / vnd zeugt derſelben die Federn aus / die jhm gehoͤren. Biß die Krahe gar vnd gantz kahl / von allen ſchimpfflich außgelacht / vnd endlich / weil ſie nicht fliegen kan / von den Eulen gefreſſen wird.
P p ijDas292Das diß auch eine Fabel ſey / iſt daraus zu erkennen / das die Krahe / den vnterſcheid der Federn nicht verſtehet / vnd frembde Federn in jhre Haut nicht ſetzen kan. Weil die loͤchlein nicht gleich / vnd die Federn tod ſein.
Wann man aber dem Kaphanen / ſeine Federn oder Hanenſporen / alſo friſch in ſeinem abgeſchnittenen Kam ein - ſetzt / ſo bewachſen ſie vnd bleiben.
Es haben aber die Poeten / mit der Fabel die Thraſones beſchreiben wollen / die ſich ſolcher ſachen ruͤhmen / dazu ſie ſelbſt keinen Leffel zu waſchen wůſten. Wie Gnatho ſagt. Labore alieno magno partam gloriam, verbis ſæpe in ſe tranſmouet, qui habet ſalem, qui in te eſt.
Alſo haben nicht allein viel Theologi, Iurisconſulti vnd Philoſophi, mancherley frembde Buͤcher fuͤr die jhren außgehen laſſen. Sondern es iſt auch ein Profeſſor zu Franckfurt an der Oder / M. Dauid Origanus Glacenſis ge - nant / der ſetzt in ſeiner Ephemeridum præfatione.
Quando ea, quæ ad Aſtronomicorum, & Aſtrologi - corum Præceptorum praxin requiruntur, hinc indè qui - dem à multis, ſed à paucis plenè & perſpicuè proponun - tur: Hunc laborem in hac introductione mihi ſumere volui. Vt qua ratione ex præceptis optima ratione ni - tentibus, iudicium conformandum ſit, monſtrarem &c. Ac qua ratione ex motibus, cum de conſticutione aëris: tum quæ conſtitutionem illam ſequuntur, in reb. ex ter - ra naſcentibus: quæquè hominibus, tam priuatim quàm pnblicè eueniunt, pronunciandum fit, explicaui. Jſt auff Teutſch.
Die weil auch von dem / was zum nutz vnd gebrauch der Aſtronomia vnd Aſtrologia von noͤten iſt / von jhrer vielen hin vnd wider / aber von weinigen volkommen vnd deutlich ge - ſchrieben wird. So habe ich in dieſem meinem Buch / dieſelbi - ge Erbeyt auff mich nehmen wollen / vnd ausfuͤhrlich berichtenauff293auff was wege vnd weyſe / man aus ſolcher Lehre / die auff ei - nem gewiſſen grunde vnd beweyß erbawet iſt / etwas gewiſſes ſchlieſſen ſolle / etc. Jch habe auch erkleret / wie man aus des Himmels lauff. Erſtlich die Witterung. Darnach was auff die Witterung an den Erdgewechſen erfolget. Vnd endlich was jedem Menſchen fuͤr ſich in ſonderheit / darnach in gemein al - len widerfahren werde / zuuor ſagen koͤnne.
Das dis auch eine warhafftige Luͤgen ſey / die bey vielen Ge - lerten fuͤr Glaub wirdig gehalten wird / iſt daraus zubeweiſen. Das mein lieber Vater Georg Rollenhagen / im Jahr 1583. mit dem angehenden Sommer / etlichen ſeinen vornehmen Magdeburgiſchen Schulern / auff jhre bitte / eine Aſtrologiam Genethliacam, das iſt wie man auß den geburth Sternen des Menſchen geſundheit / gluͤck vnd vngluͤck nach der alten Lehrer meinung errhaten ſolte / daheim vorlaſe. Vnd weil ich gleich zu der zeit durch Gottes ſchickung / auff den 22. Martij, zur Welt gebohren ward / meine eigene Geburthſternen / zum Ex - empel / durch alle fragen mit hindurch fuͤhrete. Biß er die letzte lection las den 29. Decembris / deſſelben 83. Jahres. Da hielten hernach ſeine Diſcipel ferner an / das er jhnen auch zei - gen wolte / wie man die Calender machen / vnd die Wetter vnd ander Pronogſtica, darin ſetzen ſolte. Das denn mein Va - ter auch mit beſtem fleiß verrichtet. Vn̄ kamen alſo meines Va - ters zweene Buͤcher / die er zu Wittenbergk / als er Doctoris Caſpari Peuceri, Doctoris Sebaſtiani Dieterichs, Mathe - matum Profeſſoris, Bartholomæi Schönbornes, vnd lo - hannis Balduini Diſcipulus, vnd Tiſchgeſell war / mit groſ - ſer muͤhe vnd Erbeyt / aus allen Autoribus zuſamen geſchrie - ben hatte / in ſeiner Diſcipulen hende.
Nach weinig Jahren kompt derſelben einer zu jhme / be - richtet das einer genant Origanus zu Franckfurt / dieſelben als ſeine eigene Erbeyt den Studenten fuͤrleſe. Dazu lacht mein Vater. Vnd ſpricht. Es iſt gar gut. So haben wir Cal -P p ijmeuſer294meuſer zu Magdeburgk noch die Ehre / das wir einen Franck - fuͤrtiſchen Profeſſor lehren vnd ernehren koͤnnen.
Es bleibt aber auch dabey nicht / ſondern er leſſet im Jahr 1599. ſeine newe Ephemerides drucken / mit der Præſation wie jtzt gemeldet / vnd ſetzet in denſelben in tertia parte, bey - de Buͤcher memes Vaters fuͤr die ſeinen. Als de Prognoſti - co Calendariorum / vnd Natiuitatum / von Wort zu Worten. Endert vnd beſſert nichts drin / ohn das er bißweilen etliche Periodos in ein ander ordenung ſetzet / vnd im 5. Capit - tel. De particulari prognoſtico tempeſtatum, die ortus vnd occaſus ſtellarum fixarum nach ſeiner rechnung vmb etli che Minuten endert / die mein Vater nach ſeiner Præceptorum meynung geſatzt hatte. Vnd im Buch von Natiuiteren leſſet er meine gehurtſternen / vnd meines Vaters bedencken dauon aus. Vnd ſetzet doch kein anders / ohne aus dem Gaurico vnd Cardano / Doctoris Martini Lutheri Falſche Geburtſternen. Als wer er den 22. Octobris geboren / das im Lateiniſchen erſten Tomo anders ſich findet. Jtem Philippi Melanthonis, Her - molai Barbari, Angeli Politiani, Georgij Trape Zontij etc. Natiuitet. Die er doch auff die Præcepta nicht gebuͤrlich durchfuͤhret.
Als nun mein Vater / jhn derwegen durch Herren M. Chriſtophorum Neandrum, auch Profeſſorem zu Franck - furt beſprechen leſſet. Vnd endlich zu Franckfurt in der Stad jhn ſelbſt fragt / wie er ſo vnbedachtſam geweſen / vnd ſeine ſawre ſchwere Erbeyt jhm genommen / vnnd ſich ſelbſt in einem offenen Druck zugeſchrieben. Warumb er nicht die Erbarkeit gebraucht / die mein Vater in beyden Buchern hielte? Das er namen vnnd Buch ſetzte / daraus er ſeine Lehre ge - nommen hette. Da antwortet Origanus, es were nit alles mei - nes Vaters / denn er hette an etlichen Capitteln hinnan geſatzt was Leopoldus in ſeinem Introductorio ſchreibe. Der Leo - poldus aber / iſt meinem Vater nicht vnbekant / hat jhn aber nicht brauchen wollen / das er zu weyt von dem Prolomæo, zu den Arabern abegehet.
Dieſe295Dieſe Wort hat der Ehrwirdiger / Hochgelerter / M. Ge - orgius Stampelius, der Hebreiſchen ſprach daſelbſt Profeſ - ſor, in meinem vnd meiner Bruͤder beyſein mit angehoͤrt. Vn̄ es leben / Gott lob / noch zu Halla in Sachſen / zu Magde - burgk / in der Marck / vnd Franckenland / vnd anders wo in Kir - chen vnd Schulen jhrer viel / die meines Vatern Lectiones ſelbſt geſchrieben / vnd noch in jhren henden haben / die ſich nicht gnug vber meines Vatern groſſe geduld verwundern koͤnnen.
Zum andern / hat der Pfarrer in S. Peters Kirch zu Coͤln an der Sprew / genant M. Iacobus Sommerfeld / dem Jun - gen Fuͤrſten vnd Herren / Herren Chriſtian Wilhelmen / etc. Marggraffen zu Brandenburgk / des Durchleuchtigen Hoch - gebornen Fuͤrſten vnd Herren / Joachimi Friderici Khurfuͤr - ſten / etc. Herren Sohne / meinem gnedigen Herren vnd Lan - desfuͤrſten / ein Buch zugeſchrieben vnter dem titul:
DE STVDIIS RECTE INSTITVEN DIS SCHOLASTICA COMMONEFACTIO PRO IIS, QVI in Schol[a]illaſtri primam Claſſem obtinent. Edita cum gratia & Pri - uilegio. Francofurti. 1600.
DJs gehoͤret auch vnter die wahrhaffte Luͤgen. Denn bey mei - nem Vater noch ſeine / vnd bey allen ſeinen der zeit diſcipulen jr handſchrifft verhanden. Die von Wort zu Wort mit dem ab - druck vbereinſtime / vnd damals oͤffentlichen / in prima claſſe Magdeburgenſi / auff alle freytag nach mittage dictiret vnd erkleret wor - den. Wie denn auch der rechte Titul war / pro ijs qui in Schola Magdæ - burgenſi primam Claſſem occupant.
Es hat aber dennoch dieſe Merckiſche Krahe ehrlicher gehandelt / den die aus Schleſien. Das ſie bekennet vnd in der vorrede ſetzt / es habe ehemals Georgius Rollenhagen jhre Præceptor, ſolche fachen in der Magdeburgiſchen Schulen / den Schuͤlern vorgeſagt vnd geleret.
Wann ich aber nun ferner mehr warhaffte Luͤgen ſchreiben ſolte. Das etliche Poſtillen / vnd Catechiſmi / viel gantze Predtgten von Wort zu Wort fuͤr die jhre ſetzen / die meines Vaters Diſcipul aus ſei - ner Hand ſchrifft nachgeſchrieben / vnd andern mitgetheilet haben. So wuͤrde dieſe ſchrifft viel zu weitleufftig werden. Jch mus es hie bey meines Vaters rede auch bleiben laſſen. Der ſagt. Weyn jhnen ſolche ſachen von ſeynen trewhertzigen Diſcipulis fuͤrbracht werden.
Bonum296Bonum eſt communicatiuum ſui.
Das ich aber fuͤr meinem frommen Vater / wider ſolche vndanck - bahre ehre vnd Buchreuber eifere / wird mich kein redlicher Menſch ver - dencken. Denn wie es loͤblich iſt / wie die Juriſten ſagen. Ingenuitatis eſt fateri per quem profeceris. So iſt das auch wahr Quod occulta - tor alienæ laudis furi æquiparatur / dabey Jchs dißmahl bleiben laſ - ſe.
Es iſt aber kein zweiffel / wer einem irgehendem freundlich den rechten wegk zeiget / der thut als wenn er mit ſeinem liecht / des andern liecht auch anzuͤndete. Denn er behelt das ſein / vnd dienet dem aydern nicht deſto weiniger. Das ich mit dieſer Schrifft auch habe thun wol - len. Wem aber dis nicht gefellet / vnd auch in dieſen geringen ſachen die Finſternis lieber hat / denn das Liecht. Der mag ſeiner weisheit ſet - nes gefallens gebrauchen / vnd mit den Juriſten ſagen. Qui contra communem opinionem Doctorum ſentit, nihil ſentit. Wir ſollen aber billig alle mit dem HErren Chriſto beten. Johann: 17. Vater beſte - tige ſie in der Warheit. Dein Wore iſt die Watheit. Vnnd bedencken das Syrach vermanet / Cap. 34. Man darff keiner luͤgen darzu / das man Gottes gebot halte. Vnd man hat gnug am Wort Gottes / wenn man recht Lehren wil. Jtem Cap. 15. Du darffſt nit ſagen: Hab ich vnrecht gelehret / ſo hats Gott gethan. Denn was er haſſet das ſoltu nicht thun / etc. Gott verleihe vns ſeinen Heiligen Geiſt / der vns in alle warheit leite / darin beſtetige / vnd bis an vnſer ende zum Seligen abſcheid erhal - te. Durch ſeinen lieben Sohn vnſern HErren vnd Heyland Jheſum Chriſtum. Amen.
ENDE.
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Fraktur
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