DemHoch - vnd Wolgebohrnen Graffen / vnd Herꝛn / Herꝛn Hannß Jacoben Kißl / Graffen zu Gottſchee / Freyherꝛn auff Kalten - brunn / vnd Ganowitz / Herꝛn der Burg Herꝛſchafften / Ober-Mahrburg / Wintenau / Hainfeld vnd Fahrngraben / ꝛc. Obriſten Erbland Jaͤger-Maiſter in Crain / vnd der Windiſchen March / auch Erb-Drucklaͤſſen der Fuͤrſtlichen Graffſchafft Goͤrtz / R. K. M. Cammerern / J. O. Hoff-Kriegs-Rath / vnd Vice-Præſidenten.
WEilen Eur Hochgraͤffl: Gna - den den Preißwuͤrdigen Namen tragen Jacob / alſo kan ich es nit laugnen / wil es nit laugnen / vnd ſoll es nit laug - nen / ſonder nennen vnd bekennen / daß mir vmb das Hertz ſeye / was in dem alten Teſtament der Allmaͤchtige GOtt von dem Jacob außgeſprochen /) (2Ja -EPISTOLA DEDICATORIA. Jacob dilexi &c. den Jacob hab ich geliebt / ad Rom. 9. Urſach ſolcher tragender Lieb ſeynd Euer Hochgraͤffli - chen Gnaden ſowol Demuͤhtige als Anmuͤhtige Affe - cten, welche Sie allen Geiſtlichen vnd Ordens-Leu - then / folgſamb auch mir vnwuͤrdigiſtem Diener aller - ſeits gantz gnaͤdig erweiſen. In deme nun Euer Hoch - graͤffl: Gnaden neben anderen Hochadelichen Schar - ſchen auch Erblandt-Jaͤgermaiſter in Crain vnd Win - diſch March ſeyn / ſo werden ſie ohngezweiffelt wol wiſſen / was der Wildfreundliche oder Freundlichwilde Echo in dem duͤcken Gehuͤltz vnd ſchattenreichen Waͤl - deren zwiſchen Berg vnd Thal im Brauch habe / daß er nemblich die jenige reſalutire / wie er begruͤſt wird / vnd allemahl die Lieb mit Lieb bezahle. Solchem Leibloſen Sprachmaiſter hab ich / gebuͤhr halber / wol - len nacharthen / vnd die jenige groſſe Lieb / welche Euer Hochgraͤfl: Gnaden gegen vnſerm Cloſter bey S. An - na, wie auch gegen mir erzeigen / mit andern Lieb oder Liebs-Zeichen wollen erwideren: Weilen ich aber in dem Muͤntzgraben weder Silber noch Gold / ſondern nur Ertz außgegraben / nemlich Judam den Ertz-Schel - men / alſo habe ich mich villeicht gar zu keck vnderfan - gen / ſolchen Eur Hochgraͤfl: Gnaden demuͤtigiſt zu offe - riren: Freylich wol mag mancher Naſenwitziger vber ſolche rare Schanckung die Stirn runtzlen / aber bey beſcheiden vnd beſchaidnen Leuthen findet ſich ein wei -ſereEPISTOLA DEDICATORIA. ſere Außlegung / als welche ohne ferneren bedacht je - nem Sprichwort der Weltweiſen beyfallen: Con - traria juxta ſe poſita magis eluceſcunt: Wann man das Gold zu dem Bley / den Schnee zu dem Rueß / den H. Engl zu dem Teuffel / ein hipſche Helena zu einer alten vngeſtalten Xantipe ſtoͤllet / ſo verliehren ſie nit allein hierdurch ihren Werth nit / ſondern kommen noch ſchoͤner vnd ſcheinender herauß in Gegenwarth ihres Widerſpils. Indem ich dann Eur Hochgraͤffl. Gna - den den argen / kargen Geitzhalß Judam vorſtelle / ſo erhellet deſto ruhmwuͤrdiger Euer Hochgraͤfflichen Gnaden bekannte Freygebigkeit / welche wir mehrma - len in vnſerm armen Convent erfahren. Dem wie - ſten Teuffel vnd garſtigen Wau Wau hat es dazumal nit gelungen / wie er in der Wuͤſten den HErꝛn Jeſum verſucht hat / vnd kurtzumb angehalten / der Haylandt ſolle auß einem Stein Brod machen / dic lapidi huic ut panis fiat. Luc. 4. v. 3. Aber vns Auguſtinern Barfuͤſſern in dem Muͤntzgraben iſt ſchon oͤffters ein Stein zu Brod worden / in dem Euer Hochgraͤffliche Gnaden Graff Kißl ſich gantz vnd gar nit Steinhart erwiſen / ſondern mehrmal ein Brodt ins Cloſter ge - ſchafft. Deß Baurn vnd arbeitſamben Ackersmann iſt ſein einige Hoffnung auff Jacobi, dann vmb Jacobi herumb hat er ſein Schnidt auff dem Feld / mir iſt fuͤr - war nit anderſt (es mags jemand fuͤr ein Baurn-[Con -]) (3ceptEPISTOLA DEDICATORIA. cept außlegen oder nit) vmb Jacobi hab ich vnd das arme Cloſter bey S. Anna den beſten Schnidt / vnd hat wol recht der Himmel alſo angeordnet / daß Euer Hochgraͤffliche Gnaden den Stammen Jacob bekom - men / dann gleichwie Jacob in dem alten Teſtament ſehr vil weiſſe vnd geſcheckete Schaͤffel auff die Wayd gefuͤhrt / alſo haben Euer Hochgraͤffliche Gnaden biß - hero manche Vnderhaltung vnd Wayd ſehr vilen Geiſt - lichen Schaͤfflein beygeſchafft / warunder die ſchwartze das Me - Me - Me-Mento nit verhalten. Zum anderten hat mich verantlaſſet / daß ich Euer Hoch - graͤfflichen Gnaden diſen Erſten Thail demuͤthigiſt de - dicire / weilen nemblich ein jedes Buch einen Schutz - herꝛn vonnoͤthen hat / vnd wer kan mich dann beſſer ſchirmen als Euer Hochgraͤfflich Gnaden / maſſen auch der David ſich mit einem Kißlſtein wider den Groß - kopffeten Goliath defendirt hat / dahero ſo arm als ich bin / ſchaͤtz mich dannoch Steinreich / wann ich Euer Hochgraͤffliche Gnaden auff meiner Seithen habe / vnd iſt mir dißfahls der Kißlſtein Tauſendtmahl lieber als der Edlgſtein: Bin demnach der Troͤſtlichen Zu - verſicht / Euer Hochgraͤffliche Gnaden werden diſes wintzige Werckl in Gnaden auffnemmen / vmb weil ich nit habe andere koſtbare Præſenten / deren Eur Hoch - graͤffliche Gnaden ein Feind ſeynd / vnd mir nur gar zu wol bekannt / daß ihnen kein Muſic mehrer zuwider /alsEPISTOLA DEDICATORIA. als wann man auff dem Regal ſpilt / verſtehe die Rega - lien, nach welchen andere moͤgen ſchnappen vnd tap - pen / thun ſie in allweg haſſen. Befilche mich alſo / vnd forderiſt das arme Convent im Muͤntzgraben in Euer Hochgraͤfflichen Gnaden beharꝛlichen Favor vnd Gunſt / wuͤntſche beynebens Deroſelben nichts anders / als durch die Vorbitt der H. Annæ Annos longæ - vos, vnd nachmahls das Jenige / was durch ein Ana - gramma oder Buchſtaben-Wechßl auß dem Wort Kiſel genommen wird / nemblich Selik.
Euer Hochgraͤffl: Gnaden Demuͤthigiſter Diener Fr. Abraham à S. Clara.
WIr Leopold der Erſte / von Gottes Gnaden / Erwoͤhlter Roͤm. Kayſer / zu allen Zeiten Mehrer deß Reichs / in Germanien / zu Hungarn / Boͤ - heimb / Dalmatien / Croatien vnd Sclavonien / ꝛc. Koͤnig / Ertz. Hertzog zu Oeſterꝛeich / Hertzog zu Burgund / Steyr / Kaͤrndten / Crain vnd Wuͤrtenberg / Graff zu Tyroll / ꝛc. Bekhennen offentlich mit diſem Brieff / vnd thun Khundt Aller - maͤnniglich / daß vns Vnſer Lieber vnd getreuer Melchior Haan Buchdrucker vnd Buch - Handler zu Saltzburg Allervnderthaͤnigiſt zuvernehmen geben / was maſſen P. Abraham à S. Clara, Auguſtiner Barfuͤſſer Ordens / einen Tractat oder Buch in Quarto, vnder dem Titul (Judas der Ertz-Schelm / oder eigentlicher Entwurff vnd Lebens-Beſchrei - bung deß Iſcariotiſchen Boͤßwichts / ꝛc. ) zuſammen getragen vnd ihme zu drucken vnd zu verlegen uͤbergeben: Nachdem er aber beſorge / es moͤchte ſich ein oder anderet vnderfangen / ſolches Buch zu ſeinem Nachtheil vnd Schaden nachzudrucken: Als hat vns er Vnderthaͤ - nigiſt angeruffen vnd gebetten / ihme Vnſer Kayſerl. Privilegium Impreſſorium, auff Sechs Jahr lang dahin zu erthailen / daß ſolches Buch inner ſolcher Zeit nit nachgedruckt werden ſolte oder doͤrffte. Wann Wir dann Gnaͤdiglich angeſehen jetzt angedeutte gantz billiche Bitt; So haben Wir ihme die Gnad vnd Freyheit gegeben; Thuen auch ſolches hiermit in Crafft diſes Brieffs / alſo vnd dergeſtalten / daß er Melchior Haan oder deſſen Erben / obgedachten Tractat oder Buch in offnen Druck außgehen / hin: vnd wider außgeben / Fail haben vnd verkhauffen laſſen / auch ihme ſolches Niemand innerhalb der nechſten Sechs Jahren / weder in diſem noch groͤſſerem oder kleinerem Format, ohne ſeinen Conſens vnd Wiſſen im H. Roͤmiſchen Reich nachdrucken vnd verkhauffen / vil weniger mit frembden Titul beklaiden ſolle oder moͤge. Vnd Gebiethen darauff allen vnd jeden Vnſeren vnd deß Reichs Vnderthanen vnd Gethreuen / inſonderheit aber allen Buchdru - ckern / Buchfuͤhrern / Buchbindern vnd Buchverkyhauffern / bey Vermeidung ſechs March loͤthiges Golds / die ein jeder / ſo offt er freventlich hierwider thette / Vns halb in Vnſer Kayſerl: Cammer / vnd den andern halben Thail vorgedachtem Melchior Haan / vnd deſ - ſen Erbeu / ſo hieruͤber belaidiget wurden / vnnachlaͤßlich zu bezahlen verfallen ſeyn ſolle / auch bey Verliehrung aller Exemplarien / an was Orth vnd Enden dieſelben befunden werden / alles nach Außweiſung deß Originalis Privilegij, &c.
LIeber vnd Guͤnſtiger Leſer / allhier ſtoͤll ich dir vor Augen den ſaubern Lebens-Wandl deß Iſcariothiſchen Boͤßwichts / wel - chen ich auß vnderſchidlichen Authoribus mit ſonderm Fleiß gezo - gen / maiſtens aber hat mir gedient der gelehrte Jacobus à Vora - gine, wie auch andere Authentiſierte Rabiner / derer Schrifften mir auß der Kayſerlichen Bibliotech vor etlich Jahren zu leſen vergonnt wor - den. In diſem Erſten Thail hab ich vnderſchidliche Geſchicht vnd Gedicht ne - ben andern Sittlichen Lehrs-Puncten eingemiſcht / weſſenthalben ich gar wol glauben will / daß einige ernſthaffte Catones oder Platones uͤber etliche hierin - begriffene Zeil die Naſen rumpffen werden / vorgebend / daß ſehr vngereimbt / der Dagon zu dem Goͤttlichen Bunds-Kaſten / die Fablen zu dem Goͤttlichen Wort geſellet werden. Dißfalls mag ich mich gar nit mehr entſchuldigen mit dem H. Gregorio Turonenſi lib. 2. mit Belluacenſi in Spect. Moral. Part. 3. lib. 13. Diſt. 10. mit Stengelio, Cornelio, Drexelio, welche oͤffters auch die Fablen gebraucht / ſonder mein GOtt / als ein genauer Gemuͤths-Erforſcher waiß es / was geſtalten ich zu keinem andern Zihl vnd End dergleichen Ding habe eingemengt / als daß ich die jetzige / mehreſten Thails ſchaͤmloſe vnd z[aͤ]hmloſe Welt zu dem Guten locke / welche ſich nit anderſt / als durch derglei - chen Keder fangen laſſet: Seye ihm wie ihm woll / daß Petrus auß dem Meer einen Fiſch mit dem Angl herauß gezogen / in deſſen Maul er ein paares Gelt gefunden / glaub ich gar gern: daß er aber nit habe ein Mucken / oder Wuͤr - mel angekedert / glaub ich nit; wer will es dann mir fuͤr ein Vnfug tauffen / daß ich bißweilen Mucken vnd Grillen in meine Schrifften menge / wormit ich nur ſuche einige zu fiſchen. Daß aber diſer Erſte Thail gar ſpath ſich an das Liecht gewagt / iſt maiſtens Urſach der vngluͤckliche Verlurſt viler meiner Schrifften / auch iſt diſer derenthalben ſo vnformlich abgekuͤrtzt worden / weil mich der Gehorſamb wegen Religions-Geſchaͤfften anderwerts verhindert. Hoffe aber / der Andere Thail werde dem Leſer etwann mehrere Begnuͤgung laiſten. Vive & vale, & pro me Peccatore precare.
MAlos non gratis eſſe in hoc mundo, ſed bo - ni aliquid de illis agere Deum, argumento nobis eſt Tractatus de Juda Nequam, cujus Pri - mam Partem de Mandato Reverendiſſimi Officij à me lectam & relectam contra orthodoxam Fidem vel bonos mores nequaquam argui, ſed vel ideò imprimi poſſe cenſeo, ut quia Judas corripi nequit, quijam crepuit medius, aut malus exinde corrigatur, aut juſtus per illum exerceatur.
Sebastianus Mayr, SS. Theol. & SS. Can. Doctor, Celſiß. ac Re - verendiß. Principis, &c. &c. Con - ſiliarius Conſiſtorialis, nec non B. V. M. ad Nives Canonicus.
EGo infra ſcriptus facultatem lubens libens impertior, ut Ju - das Proditor in Lucem prodeat, dummodo qui loculos ha - buit, oculos non offendat, idcircò eundem Patribus ad id depu - tatis juſtâ trutinâ ponderandum confidi.
Fr. Ambrosius à S. Maximiliano Fr. Erem. Diſcal. S. Auguſt. Pro - vincialis per Germaniam.
DE Traditore peſſimo tradidiſſe optimè R. P. noſtrum Abra - hamum à S. Clara, luculentum perhibet teſtimonium opus præſen[ś], quod juſſu R. P. Ambroſij à S. Maximiliano Provincialis noſtri per Germaniam accuratè perlegi, nil orthodoxæ fidei diſ - ſonum, verum omnigena eruditione, parique doctrina refertum reperi; per conſequens hunecè Judam Chriſtiano obfuturum minimè, ſed profuturum maximè nullus dubito. Quare, ut pro - deat, dignum cenſeo.
Fr. Elias à S. Januario Supprior, & Magiſter Novitiorum ad S. Annam Græcij.
IUſſu R. P. Ambroſij à S. Maximiliano Ordinis S. Auguſtini Prioris Provincialis Judam (ſub titulo) Den Ertz-Schelm re - vidi à me lectum, qui ſibi in lectum ſelegit patibulum, ac per fu - nem ſibi finem accivit & lethum. Nihilominus adinveni hujus Ar - chi Nequam, qui ſibi ipſi diſplicuit ſuſpendium quærens, nequitias caſtigatas moribus omnibus fore caras, ob raram tanti Authoris methodum, & charas ob variegata documentorum fluenta. Et licet hic adulterinus Apoſtolus ſit adultus tenebrarum hoſpes, non lucis filius, quia filum vitæ ſibi ſuccidit laqueo; tamen in lucem ut prodeat, exindè meretur, cum ſit omnigenis Doctrinæ radijs illu - minatus. Jam ſordet adagium, rufam barbam, quam ſua perfidia poſteris infamem fecit, rarò bonæ ſortis eſſe; ego enim mali ſub eâ reverâ offendi nihil, utpotè omnia fidei noſtræ, ac bonis moribus conſona. Imò illam hic exquiſitus ingenij partus à co - lore & pallore auri plurimum commendat, quia in hoc Rufi-bar - bato non niſi aureè cælatos Chriſtianorum dogmatum conceptus, & ideò totum optimum reperi celatum. Quocircà Apoſtatam hunc reprobum, improbum Apoſtolum tot, & tantis refertum eruditio - nibus, minùs non, quàm approbare cenſui.
Fr. Alipius à S. Bartholomæo Con - cionator Ordinarius ad S. An - nam Græcij.
TUnc videbunt filium bominis venientem in nube, &c. Luc. 21. Demonſtrari po - teſt pavenda non cavenda dies extremi Judicij, ubi clariſſimè patebit, Deum omnia Mortalium facta & acta vidiſſe quapropter Concio inniti poterit huic axioma - ti Germanico, Es iſt nichts ſo klein geſponnen / es komdt alldort an die Sonnen: Extat hac de re copioſa materia de Præſentia Dei. fol. 419. uſque 444.
Beatus vir, qui in ſapientia morabitur, & qui in Juſtitia ſua meditabitur, & in ſenſu cogitabit circumſpectionem Dei. Eccl. 14. v. 22.
Ipſe timendus eſt in publico, ipſe in ſecreto, procedis videris, lucerna extin - cta eſt, videt te. In cubile intras, videt te, in corde verſaris, videt te: & vel timen - do caſtus eſto, aut ſi non peccaveris, quære ubi te non videat, & fac quod vis. S. P. Auguſt. Serm. 46. de Verb. Domini.
Cum quid turpe facis, quod me ſpectante ruberes, Cur ſpectante Deo, non ma - gis ipſe rubes? Hug. Card. in Pſal. 15. v. 8.
ILlis autem abeuntibus, cœpit Jeſus dicere ad turbas de Joanne. Matth. 11. Boni de abſentibus plerúmque benè, Mali autem potiſſimùm malè ſolent loqui, adeoq́ue oſtendi poteſt magnus Calumniantium Numerus. Vide fol de Detract. 655. uſque 686.
Acuerunt linguas ſuas ſicut ſerpentes: Venenum aſpidum ſub labijs eorum Pſal. 139.
Qui detractioni ſtudet diabolo ſervit, grave malum, turbulentus, dæmon eſt detractio. S. Chryſ. in Pſalm. 100.
ET qui miſſi fuerant ex Phariſæis. Joan. 1. Die ſincerè de falſis, oſtendendo[, plu -]res moderno tempore vivere Hypocritas quam Hypocrates. Vid. fol. de[Hypo -]criſi 465. uſque 478.
) () () (Index Concionatorius.Væ vobis Scribæ, & Phariſæi, Hypocritæ, quia ſimiles eſtis ſepulehris deal - batis. Matth. 23. v. 17.
Simulata æquitas, non eſt æquitas ſed duplex iniquitas, quia iniquitas eſt, & ſimulatio. S. P. Auguſt. in Pſal. 36.
FActum eſt Verbum Domini ſuper Joannem in deſerto. Luc. 3. Oſtendi poteſt quan - tam pijſſimus Deus curam gerat, ac providentiam eorum, qui vivunt in deſerto, aut qui videntur eſſe deſerti. Vide fol. 336. uſq́ue 360.
De Providentia divina.
Omnem ſolicitudinem veſtram projicientes in eum, quoniam ipſi cura eſt de vobis. 1. Pet. 5.
Providentiâ DEI, omnia gubernantur, & quæ putatur pœna, medicina eſt - S. Hieron. in Ezech.
ET vixerat cum viro ſuo annis ſeptem à Virginitate ſua. Luc. 2. Locus hic aptus eſt differendi de cautè ineundo Connubio. Vid. fol 17. uſque 44. Item 212. uſq́ue 233.
Fili ſine Conſilio nil facias, & poſt factum non pœnitebit. Eccl. 32. v. 24.
Qui mortali Connubio conjunctus eſt, ad ſuam ipſius Curam uxoris quoque alterâ adjectâ geminam in una anima ex conjuncto ſibi corpore ſolicitudinem neceſ - ſariò, ſuſtinet. S. Baſit. de Ver. Virg.
ET dixit Mater ejus ad illum, fili, quid feciſti nobis ſic? Luc. 2. Oſtendatur hic quid requirat Pietas filiorum erga Parentes. Vid. fol. 171. uſq́ue 198.
Quam malæ famæ eſt, qui derelinquit Patrem, & eſt maledictus à Deo, qui[e]xaſperat Matrem. Eccleſ 3.
Chriſtianorum eſt prima Pietas honorate Parentes, & labores educationis re -[repen -]dere. S. Cyrill. Gatech. 9. Hier.
AërioIndex Concionatorius.NUptiæ factæ ſunt in Cana Gallilææ. Joan. 2. Hac die ut plurimùm tractatur de duro & diro Matrimonij vinculo, de quo ampliſſima Materia habetur, fol. 17. uſq́ue 44. item fol 60. uſq́ue 68. item 212. uſq́ue 233.
In tribus placitum eſt ſpiritui meo, quæ ſunt probata coram Deo, & homini - bus: Concordia fratrum, & amor Proximorum, & Vir & Mulier benè ſibi conſen - tientes. Eccl. cap. 25. v. 1.
Conjugium mihi bonum videtur, non ſolum propter filiorum procreationem, ſed propter ipſam etiam naturalem in diverſo ſexu ſocietatem. S. P. Auguſt, lib. 16. de civit. Dei.
ET ecce leprojus veniens adorabat eum. Matth. 8. Non ſemper morbi & ærumnæ humanæ habent ipſam naturam pro cauſa ſed multoties ab ipſo Deo immittuntur in pænam peccati. Vid. fol 586. uſq́ue 626.
Pluet ſuper peccatores loqueos Ignis & ſulphur pars calicis eorum: Pſal. 10. v. 7.
Malorm omnium cauſam conſtat eſſe peccatum, ex Peccato triſtitia, ex Pec - cato tumultus, ex Peccato bella, morbi, atque omnes, quotquot nos premunt Paſ - ſiones. S. Chryſoſt. Hom. 5. ad pœnitent.
ECtè motus magnus factus eſt in Mari. Matth. 8. Doceri poteſt, periculoſiores exiſtere motus Iræ, quam motus furibundi æquoris. Vid. fol. 44. uſq́ue 60.
Iraſci hominis eſt, Iram non perficere Chriſtiani. Solvia Epiſt. 9.
) () () (2MeliusIndex Concionatorius.Melius eſt habitare in terra deſerta, quùm cum muliere rixoſa & iracunda. Proverb. 21. v. 19.
CUm autem dormirent homines. Maith. 13. Aptè hic diſſeres de otio ejuſque damno cum plerumque otium ſit negotium Diaboli. Vid. fol. 540. uſq́ue 554.
Hæc fuit iniquitas Sodomæ ſororis tuæ, ſuperbia, ſaturitas panis, & abundan - tia & otium ipſius, & filiarum ejus. Ezech. c. 16. v. 49.
Omnium tentationum, & cogitationum malarum colluvies eſt otium, ſumma mentis malitia, malorum omnium ſentina, Mors animæ. S. Bern. Serm. 8. in Purif. B. Virg.
SImile eſt Regnum Cœlorum grano ſinapis quod minimum eſt omnibus ſeminibus. Matth. 13. Ex hoc deduci poteſt, etiam parvis magnam ineſſe gratiam, nec ho - minem Corporis mole metiendum, cum non proceritas, ſed ſinceritas alicui laudem attribuat. Vide fol. 123. uſq́ue 142.
Ne ſpernas hominem in viſu ſuo, brevis in volatilibus eſt apis, & Initium dul - coris habet fructus ejus. Eccl. 11.
Dominus fecit nos, & non ipſi nos, idem in parvis, qui & in Magnis. S. Gre - gor. Turonenſ.
QUid hic ſtatis totâ die otioſi? Matth. 20. O quantus Numerus eſt eorum, qui tempus malè conſumunt, & tam, pretioſum theſaurum Inertiâ dilapidant. Vide fol. 554. uſq́ue 561.
Non defrauderis à Die bono, & particula boni doni non te prætereat. Eccl. 14.
Carò mihi valent ſtillæ temporum. S. P. Auguſt. lib. 1. Confeſſ. c. 1.
QUi habet aures audiendi, audiat. Lucæ. c. 8. Hic agi poteſt, veritatem in mun - do non habere locum, à demonſtratione, quod varij ſtatus Hominum vitij men - dacij defœdati ſint, quibus hodierni verba Evangelij improperari poſſunt, qui ha - bet aures audiendi, audiat turpitudinem, & abominationem mendaciorum. Vide fol. 445. uſq́ue 465.
Abominatio eſt Domino labia mendacia. Proverb. 19. verſ. 22.
Qui loquitur mendacia peribit. Proverb. 19. verſ. 9.
Nec artificioſo mendacio, nec ſimplici verbo oportet quenquam decipere, quia quomodolibet mentitur quis, occidit animam. S. P. Auguſt. lib. de conflict. Vit. & Virt.
CÆcus quidam ſedebat ſecus Viam. Luc. 18. Ampliſſimus hic Campus ſe offert, differendi de varijs ſtultorum claſſibus, cum absque hoc præſens Bacchanaliorum tempus omnibus ſtultis ſacrum habeatur, quorum Numerus ubiq́ue non exigiuus ut - pote furioſorum Vid. fol. Ebrioſorum, Vid fol. luſorum 375. uſq́ue 377.
NOn in ſolo Pane Vivit homo. Matth. 4. Objurgandi ſunt illi, qui Immodicis tanguntur & anguntur curis circa ſuſtentationem humanam, cum rerum omnium factor non ceſſet eſſe benefactor, imò Dei proprium eſt, Caſibus deſperatis ſubve - nire. Vid. de Provident. fol. 336. uſq́ue 360.
Non eſt alius Deus quàm tu, cui cura eſt de Omnibus. Sap. 12. v. 13. & 18.
Sic Deus intendit ſingulis, ac ſi vacet à Cunctis: & ſic omnibus ſimul inten - dit, ac ſi vacet à ſingulis, S. Greg. l. 25. Moral. c. 19.
Nec curare Deum, credis Mortalia quenquam? Virgil. Eccl. 8.
DUxit illos in Montem excelſum ſeorſum. Matth 17. Hic poteſt haberi prolixa panegyris eorum quos Deus ducit ad altiora, & hi ſunt Religioſi diverſorum Ordinum quos tamen Mordax Mundus non ceſſat theoninis lædere dentibus. Vid. de Relig: fol. 235. uſq́ue 259.
) () () (3PoſuiIndex Concionatorius.Poſui vos, ut eatis, & fructum affer atis, & fructus veſter maneat. Joa 15. v. 16.
O Sacer ſtatus Religioſi famulatus, qui hominem Angelis reddit æqualem, Deo placabilem, Demonibus terribilem, & cunctis fidelibus commendabilem. Thom. Kemp. lib. 3. c 10.
ET Domus ſupra Domum cadet. Luc. 11. Agas de mirabilibus terræ motibus quo - rum cauſa fuit peccatum; Vid. fol. 614. uſq́ue 618.
Propter quod in Ira Dei, ad Iracundiam provocaſtis Dominum, traditi eſtis ad - verſarijs. Baruch. 4. 6.
Hoc ſunt peccata lapſis, quod grando frugibus, quod turbidum ſidus arbori - bus, quod armentis peſtilens Vaſtitas, quod Navigijs ſæva tempeſtas. S. Cyprian. l. 5. de lapſis.
ACcepit ergo JESUS panes, & cum gratias egiſſet. Joan. 6. Locus iſte Evangeli - cus excitat omnes homines ad gratias Deo agendas pro tot immenſis beneficijs. Vide fol. 478. uſq́ue 499.
In omnibus gratias agite hæc eſt enim Voluntas Dei in Chriſto JESU in omni - bus Vobis. 1. Theſſ. 5. v. 17.
Quis non erubeſcat gratiam bene de ſe merenti non referre, cum videat etiam beſtias refugere Nomen Ingrati S. Ambroſ. lib. 6. hex. cap 4.
SI Veritatem dico vobis, quare non creditis mibi? Joan c. 8. Veritas diſplicet plurimis, & nauſeam creat ſtomachis ob hoc ſæpiſſimè ſtomachantibus. Vid. de Verit: fol. 243. uſq́ue 171.
Ego in hoc natus ſum, & ad hoc veni in Mundum, ut teſtimonium perhibeam Veritati. Joan. 18.
Incomparabiliter pulchrior eſt Veritas Chriſtianorum, quàm Helena Græco - rum. S. P. Aug. Epiſt. ad Hier.
HAc die poteſt fervidus præco ad commovendos Auditorum animos de amarâ Domini JESU Paſſione diſſerere, pro hoc ſuppeditabit materiam Caput de Gratitud: Vide, fol. 521 uſq́ue 539.
SicutIndex Concionatorius.Sicut ovis ad occiſionem ducetur, & quaſi agnus coram tondente ſe obmu - teſcet. Iſa. 53. v. 7.
O Homo, vide pœnas, quibus afficior: Vide clavos, quibus confodior: cum ſit dolor tantus exterior, interior eſt planctus gravior, cum te tam ingpatum expe - tior. S. Bern. in quad. ſerm.
MAria Magdalena, & Maria Jacobi & Salome emerunt aromata. Marci 16. Extollatur hac die laudatiſſima fœminarum devotio, & licet pauper ſexus mul - ta lolia numeret inter lilia, nilominus multæ pientiſſimæ Mulieres magna merentur præconia. Vide in Indice rerum 2dùm lit. H. Heyrathen.
Sicut ſol oriens Mundo in Altiſſimis Dei: ſic Mulieres bonæ ſpecies in orna - mentum Domus ejus Eccleſ. 26
NIſi videro in manibus ejus fixur am clavorum, non credam. Joan. 20. Ex hac Thomæ Incredulitate quodammodo multi ſint, qui protervè credere recu - ſant, niſi omnia fidei Myſteria quaſi manibus palpent, cum tamen in ſcrutandis hiſce arcanis talpæ inſtar cæcutiamus. Vid. fol. 259. uſq́ue 268.
Qui ſcrutator eſt Majeſtatis, opprimetur à gloria, Proverb. 25. v. 27.
Quæ Deus occulta eſſe voluit non ſunt ſcrutanda; quæ autem Manifeſta fecit, non ſunt negligenda, nè & in illis illicitè curioſi, & in his damnabiliter inveniamur ingrati. S. Proſp. de vocat. Gent.
BOnus Paſtor animam ſuam dat pro ovibus ſuis Joan. 10. Merito laudandi ſum tot zeloſi animarum Curatores, nilominus in ſtatu ſæculati ſunt quandoque non - nulli nimis illorum obtrectatores. Vid. fol. 235. uſq́ue 259.
Qui vos audit, me audit; & qui vos ſpernit, me ſpernit. Luc. 10 v. 16.
Sacerdotes Chriſti Vicarij ſunt, & qui honorat ſacerdotem Chriſti, honorat Chriſtum: & qui injuriat ſacerdotem Chriſti, Injuriat Chriſtum, cujus eſt Vicarius, & ſacerdos. S. Chryſoſt. hom. 17. in Matth.
CUm autem poperit puerum, jam non meminit preſſuræ, propter gaudium. Joa. 16. Quorundam Parentum gaudium hoc diuturnum non eſt, quando per nimiam Patris aut Mattis Indulgentiam filij filiæque in turpia vitia deflectunt. Vid. fol. 198. uſq́ue 211.
Qui parcit Virgæ odit filium ſuum, qui autem diligit illum, inſtanter erudit illum. Proverb. 13.
Diſciplina in duo dividitur; In Correctionem, & Inſtructionem, quarum[pri -][m]um timore, ſecundum amore perficitur. S. P. Aug. lib. de Morib. Ecc.
MultIndex Concionatorius.ARguet mundum, &c. De Judicio. Joan. 16. Opportunum hic erit diſſerere, de temerario Judicio, in quo multa opera hominibus videntur prava, quæ tamen coram Deo ſunt juſta, aliter enim Chriſtus, quàm hominum livor judicat. Vide fol. 627. uſq́ue 655.
Nolite ante tempus judicare, donec veniat Dominus qui & illuminabit abſcon - dita tenebrarum, & manifeſtabit conſilia cordium. 1. Cor. c. 4. v. 5.
Stulti tantò intenſius de alieno judicant, quantò ſua profundius ignorant. S. Greg. in Moral.
NUnc ſcimus, quia ſcis omnia, Joan 16. Brevis hicce textus nobis innuit conti - nuam ſupremi Numinis præſentiam, Cujus divini oculi aciem & faciem Nemo Mortalium ſubterfugere poteſt, Proindè veritati conſonum non eſt, quod Germa - norum minus cauta dicacitas blaterat, Gedancken ſeyn Zoll frey. Vid. fol. de Præſen - tia Dei. 419. uſq́ue 444.
Nonne Deus requiret iſta? Ipſe enim novit abſcondita Cordis. Pſal. 43. v. 22.
Cum à Deo non credimus nos videri, in ſole clauſos oculos retinemus, illum à nobis abſcondimus, non nos illi. S. Greg. l. 15. Mor. c. 5.
ABſque Synagogis facient vos. Joan. 15. Sunt non diffiteor multi, qui ſeipſos abſque Synagogis faciunt: ij videlicet, qui tanquam Apoſtatæ ab Eccleſia & Religioſis cœ - tibus ſe turpiter ſegregantes deficiunt, ac proindè ex Reverendis Patribus everrendi Parentes evadunt, ob hoc tamen non deberet Ordo totus inique traduci, cum conſtet floridiſſimum etiam roſetum ſpinis non carere. Vid. de Relig. fol. 235. uſq́ue 259.
Sicut avis transmigrans de nido ſuo ſie vir, qui derelinquit locū ſuum. Prov. 27.
Quia jam foviſti, jam te aſtrinxiſti, aliud tibi facere non licet, non talis eris, ſi non feceris, quod voviſti, qualis manſiſſes, ſi nihil tale voviſſes S. P. Aug. Epiſt. ad Armet.
SI quis diligit me, ſermonem meum ſervabit. Joan. 14. Sacratiſſima hæc feſtivitas fulget ignitis linguis, quia in harum forma Spiritus ſanctus ſuprà vertices Apo -[ſt]olorum apparuit, erudiens nos, ut linguæ noſtræ ſpiritu charitatis plenæ nonniſi[bo]na de Deo, & proximo loquentur, ſed proh dolor; Contrarium diurna probat[expe]rientia. Vide fol. 655. de Detractione, uſq́ue 686.
Cuſto -Index Concionatorius.Cuſtodite ergo vos à murmuratione, quæ nihil prodeſt, & à detractione parcite linguæ: quoniam os mentiens occidit animam. Sap. 1.
Linguam nullus hominum domare poteſt, homo domat feram, & non domat linguam. Domat leonem, & non frænat ſermonem, domat ipſe alios, & non domat ſe ipſum. S. P. Aug. lib. 1. de verb. Dom.
EUntes ergo, docete omnes gentes baptizantes eos in Nomine Patris, & Filij, & Spi - ritus ſancti. Matth. 28. Forma & firma hac die Panegyricum in honorem SS. Triadis demonſtrando, qualiter tres hæ diviniſſimæ Perſonæ, Perſonam tuam atq́ue meam ab omni malo cuſtodiant, ſerviet ad hoc Conc. de SS. Trinit. fol. 499. uſq́ue 520.
In illa ſumma Trinitate tantum eſt una, quantum tres ſimul, nec plus aliquid ſunt duæ, quam una. S. P. Aug. lib. de Trinit. c. 10.
NOlite Judicare, & non Judicabimini. Luc. 6. Ex horum occaſione oſtende, facta proximi in ſaniorem & ſanctiorem partem eſſe ſumenda, cum temeraria ho - minum Judicia ut plurimùm errori & livori ſubjecta ſint. Vid. fol. 627. de Jud. temer. uſq́ue 655.
In via ſtultus ambulans, cum ipſe inſipiens ſit, omnes ſtultos æſtimat. Eccl. 10. v. 3.
Quid perdo, ſi credo, quia bonus eſt? ſi incertum eſt, utrum ſit malus, licet quidem ut caveas, ne fortè verum ſit, non tamen damnes tanquam verum ſit. S. P. Aug. lib. 2. c. 28.
ET cæperunt omnes ſimul excuſare Luc. 14. Quam rari moderno tempore occur - runt, qui à convivijs ſe excuſant, imò non pauci ſunt, qui ſe ultroneè intru - dunt, ubi ſe ad ſummum uſque ingurgitant. Vide in Indice rerum ſecundum lit. V. Vollſauffen.
Attendite vobis, ne fortè graventur corda veſtra in crapula & ebrietate. Luc. 21. v. 34.
Ebrioſus, cum abſorbet Vinum, abſorbetur à Vino, abominatur à Deo, deſpi - citur ab Angelis, deridetur ab hominibus, deſtituitur à virtutibus, confunditur à dæmonibus conculcatur à beſtijs. S. Ambroſ. lib. de pœnit.
ET eum in venerit eam, imponit in humeros ſuos gaudens. Luc. 15. Deperdita & rurſus inventa ovicula humeris imponitur, ne rurſus habitâ occaſione in deſer - tum auffugiat, nam peccatores habituati difficulter emendantur, emendati verò ad relapſum proniſſimi ſunt & promptiſſimi. Vide de mala conſuet fol. 383. uſ - que 418.
Adoleſcens Juxta viam ſuam, etiam cum ſenuerit, non recedet ab ea. Prov. 22. v. 6.
Uſitata culpa obligat mentem, ut nequaquam poſſit ſurgere ad rectitudinem: conatur & labitur, quia ubi diu ſpontè perſtitit, & ibi, cum noluerit, coacta cedit, S. Greg. lib. 4. Moral.
PEr totam noctem laborantes. Luc. 5. Suadetur labor, laborioſa ſedulitas, per quam homo coronatos in Ciſtis (ſanius dicam) Coronam in cœlis ſibi comparat. Vide fol. 571. uſq́ue 581.
Labores manuum tuarum quia manducabis: beatus es, & benè tibi erit. Pſal. 127. v. 2.
Homo ad laborem naſcitur, & avis ad volatum, quia indè mens ad ſumma vo - lat, unde caro in Infimis diutius laborat. S. Greg lib. 7. mor. c. 6.
OMnis qui iraſcitur fratri ſuo, reus erit Judicio Matth. 5. Oſtende quam lev. ſæpè ex cauſa quanta ita exardeſcat, & levidenſis ſcintilla in ſummè nocivas flammas erumpat, præcipuè apud Zelotypos, quorum Grylli ſeu crabrones Pharao - nicis Muſcis multò infeſtiores. Vid. fol. 228. uſq́ue 233.
Dura ſicut Infernus æmulatio. Cantic. 8. v 6.
Sibi ipſis impetare non valent iracundi, & qui à furore & ira vincuntur, ſimiles ſunt Navi, quæ in Media tempeſtate à gubernatore deſtituta ſubmergitur undiquaq́ue procellis in eam ingreſſis: Ira enim quaſi fulmen, & tempeſtas quædam in animam irruit ſervientémque ſibi, ſtupidum & amentem reddit. S. Chryſ. Serm. de manſ.
Pertinet ad faciem rabidos componere mores:
UNde iſtos poterit quis hic ſaturare panibus in ſolitudine? Marc. 8. Occaſio eſt objurgandi eos, qui de immenſa Dei Providentia diffidentes, in ſuſtentanda vita nimium anxijs marceſcunt curis hinc non alio honeſtiori inſigniuntur titulo, quàm vulgò Lethfeigen. Vide fol. 336. uſq́ue 360.
Dominus regit me, & nihil mihi deerit. Pſalm. 22.
ATendite à falſis Propbetis. Matth. 7. Inter hos tenebriones etiam numerandi. ſunt adulatores (per anagramma laudatores) quorum officium ſivè vitium eſt vulpinâ caudâ veritatem ſauciare hoc hominum genus plerumq́ue palatum ſuum in Palatijs implere ſoler. Vide fol. 143. uſq́ue 171.
Meliora ſunt vulnera diligentis, quàm fraudulenta oſcula odientis Prov. 27.
Quid Adulationis unctio niſi donorum emunctio? quid commendationis allu - ſio, niß Prælatorum deluſto? quid laudis arriſio, niſi eorundem deriſio?
ET hic diffamatus eſt apud illum quaſi diſſipaſſet bona ipſius. Luc. 16. Iſte villicus non erat vilis fur, utpote harpagando bona aliena transgreſſor factus eſt ſeptimi præcepti non furtum f[a]cies, habet tamen hicce Scholat is multos condiſcipulos, qui Ablativum non poſſunt declinare. Vide fol. 298. uſq́ue 328.
Maledictum & Mendacium, homicidium & furtum inundaverunt. Oſeas 4. v. 2.
Nemo habet injuſtum lucrum ſine juſto damno lucrum in arca, damnum in conſcientia. S. Proſp. Ser. 11.
NUnc autem abſcondita ſunt ab oculis tuis. Luc. 19. Locus hic idoneus eſt tra - ctandi de curioſitate humana, quæ multoties arcana Dei Judicia exenterare præ - ſumit, non perpenſâ hominis ignaviâ, cum tamen Nos ſimili in cauſa, & caſu Tal - pis & ſalpis non abſimiles ſimus. Vide de curioſ. fol. 259. uſq́ue 268.
) () () () (2EcceIndex Concionatorius.Ecce Deus excelſus in fortitudine ſua, & nullus ei ſimilis in legislatoribus, quis poterit ſcrutari vias ejus? aut quis audet ei dicere operatus es iniquitatem? Job. 36.
Judicia Dei quanta obſcuritate nequeunt conſpici, tanta humilitate debent ve - nerari. S. Greg. lib. 26. Moral. cap. 2.
JEjuno bis in Sabbato. Luc. 18. Gloria inanis inania reddit bona opera, nam ſicut - ſubducto cortice rami areſcunt; ſic bona facta arrogantium, humanis oculis oſten - ſa, ſiccantur. Hinc nullum ferculum Deo melius ſapit quàm bonum opus velatum, ein verdeckte Speiß. Vide fol. 473. uſq́ue 478.
Attendite ne Juſtitiam veſtram faciatis coram hominibus, ut videamini ab eis. Matth. 6.
Fugiamus inanem gloriam, dulcem ſpiritualium operum ſpoliatricem, Jucun - dum animarum noſtrarum hoſtem, tineam virtutum. S. Chryſ. Hom. 17. ad Rom. conſticij.
ET apprebendens eum de turba ſeorſum. Marc. 7. Inſtruit nos ſacer iſte textus ut pari pacto de turba ſeorſum ducamur, cum turbæ ut plurimùm mentem turbare ſoleant, quia quoties bonus malo conjungitur, rarò ex bono malus melioratur, ſed quaſi ſemper ex malo bonus contaminatur. Vid. fol. 269. uſq́ue 298.
Qui tetigerit picem, inquinabitur ab ea, & qui communicaverit ſuperbo, in - duet ſuperbiam. Eccl. 13.
Sicut bona multa habet communis vita ſanctorum, ſic plurima mala affert So - cietas malorum. S. Iſid. lib. 2. foliloq.
DIliges Dominum Deum tuum, &c. & proximum ſicul te ipſum. Luc. 10. Mo - derno tempore Julius tranſijt in Decembrem, quia Charitas in Deum & proxi - mum ferme tota frigeſcit, & amori amara ſuccedit Invidia. Vide fol. 60. uſq́ue 116.
Invidiâ Diaboli Mors introivit in orbem terrarum, imitantur autem illum, qui ſunt ex Patre illius. ſap 2. v. 24.
Tantos Invidus habet Juſtæ pœnæ tortores, quantos Invidioſus habet laudato - res. S. Proſp. lib. 3. de Vit.
NOnne decem mundati ſunt? & novemubi ſunt, &c. Luc. 17. Ingratitudo dicit Grammaticus eſt gen. fœminini: Ingratitudo dicit Theologus eſt generis Com - munis. Ex decem ſanatis unus tantummodo gratus extitit, novem cæteri com - muni Ingratitudinis vitio notati ſunt. Vide fol. de Ingrati. 490. uſque 496. item 531. uſque 538.
Filios enutrivi, & exaltavi, illi autem ſperverunt me. Iſa. 1. v. 2.
Ingratitudo eſt Inimica animæ, Exinanitio Meritorum, Virtutum diſperſio, Beneficiorum perditio, Ventus urens, ſiccans ſibi ſontem Pietatis, rorem Miſericor - diæ, fluenta gratiæ.
NE ſoliciti ſitis animæ veſtræ, quid manducetis, Matth. 6. Quomodo ſolicitu - do hom num pro pane quotidiano curanda? & quam magnam Deus curam ge - rat erga parvum & magnum Mundum. Vide de Provid. fol. 336. uſque 360.
HI autem, qui portabant, ſteterunt. Luc. 7. Quatuor hi Bajuli ſunt quatuor E - lementa, è quibus homo conſtat, & illa ſunt morborum aliorumque malorum cauſa, quia per peccatum homini infenſa ſunt facta. Vid. de peccat. fol. 594. uſ - que 618.
ET ipſi obſervabant eum. Luc. 14. Obſervant plerumque ſæculares Religioſum hominem, & maximè Concionatorem; ut in eo nævum quendam deprehendant, quem poſtmodum plenis buccis in publicum deferunt. Vide fol. 655. de Detract. uſque 686.
MAgiſter, quod eſt mandatum magnum in lege. Matth. 22. Suadetur hic non ſolummodo fuga mortalium, ſed etiam venialium peccatorum, nam reverà gutta cavat lapidem non vi, ſed ſæpè cadendo. Vide fol. 361. uſque 382.
Qui ſpernit modica, paulatim decidet. Eccl. 19. v. 1.
Fugiamus modica mala, Magna ſiquidem ab illis naſcuntur. S. Chryſoſt. in 2. Rom. 7.
) () () () (3ErgòIndex Concionatorius.VAde in domum tuam. Matth. 9. Vade in domum tuam & non in alienam, ubi perfrictæ frontis fœminæ præbent occaſionem labendi. Imitare teſtudinem, nullibi ſecutiorem quàm ſub tecto ſuo, in alienis muris potiſſimum, alieni etiam mores imbibuntur. Vide fol. 269. uſque 298.
Qui amat periculum, peribit in illo. Eccl. 3. v. 27.
Sæpè occaſio Voluntatem peccandi fecit, & facit, quis colligabit ignem in ſinu ſuo, & non comburetur? Ignem & ſtuppa in unum poſita Flammas nutriunt. S. Bernar. de Mod. benè viven. c. 50.
ET miſit ſervos ſuos vocare invitatos ad Nuptias. Matth. 22. cap. Sacra eſt In - ſtitutio, Sacra eſt dignitas, ſacer quoque finis Matrimonij, ſed nuptorum valdè periculoſa eſt diſparitas, hinc ſero & ſerio ponderandum, qualis ducenda Uxor, ne loco Veronicæ, Venenum, loco Helenæ lena acquiratur. Vide de Matrimonio ineund. fol. 17. uſque 60. item 212. uſq́ue 233.
Mulierem fortem quis inveniet? procul, & de ultimis finibus pretium ejus. Proverb. 31. ℣. 10.
Satage, ut commodam & modeſtam, & obſequentem Uxorem ducas. Nam ſi domum & ſervos empturi diligenter, & curioſè ſciſcitamur, & perſcrutamur; Multò magis Uxorem ducturos tantam, ac longè majorem etiam providentiam ge - rere oportet: Domum enim vitioſam & ſervum licer reddere venditori, Uxorem verò dimittere non licet. S Chryſoſt.
CRedidit ipſe & domus ejus tota Joan. 4. Merito deprædicanda eſt fides hujus Re - guli, quem etiam laudabiliter ſecuta eſt tota ſua familia; Quorundam verò fi - des (ſecus dicam) ſuperſtitio arguenda eſt, quando fidem ſomnijs adhibent, quam - vis etiam non omnia ſomnia ſint parvi pendenda. Vide de ſomnio fol. 1. uſque 17.
PerIndex Concionatorius.Per ſomnium aperit aures Virorum, & erudiens eos inſ[r]uit diſciplina, ut aver, tas hominem ab his quæ facit. Job. 33. cap. v. 15.
Aut enim ex plenitudine vel inanitate Corporis ſomnia exiſtunt, aut ex ante - cedentibus diurnis Curis, aut ex Illuſione Dæmonis, aut ex cogitatione hominis ſi - mul, & Illuſione Dæmonis: aut ex revelatione Dei, aut denique ex cogitatione hominis ſimul, & revelatione Dei. Div. Greg. lib. 8. Mor. c. 13.
REdde quod debes. Matth. 18. Diſuadetur debitoribus & rei alienæ poſſeſſori - bus obſtinatio ad reſtitutionem, fruſtranea eſt enim abſolutio, quam non ſequi - tur reſtitutio, hinc Senior Tobias commendatur à reſtituendi ſolicitudine, quando balantem hædum caprarum præforibus ſuſpicabatur furtivum, quapropter illico di - xit videte ne fortè furtivus ſit, reddite. Tob. cap. 2. Vide de furto & reſtitut. fol. 328. uſque 335.
Reddet omnia, quæ per fraudem voluit obtinere, Integra. Levit. 6. cap. v. 4.
Si res aliena, propter quam peccatum eſt, cum reddi poſſit non redditur, non agitur pœnitentia ſed fingitur, ſi autem non veraciter agitur non remittitur pecca - tum, niſi reſtituatur ablatum. S. P. Auguſt. ad Maced.
AT illi obtulerunt ei denarium. Matth. 22. Luſores quandoque in tantam redi - guntur inopiam, ut nullum ampliùs poſſint oſtendere denarium, ac proinde lu - ſus non ſolum æternæ perditionis cauſa eſt, ſed multoties etiam temporalium bono - rum jacturam facit Vide fol. 561. uſpue 570.
Non ſeindamus eam, ſed ſortiamur de illa, cujus ſit. Joan. 19.
Non eſt quaſi aliquod vitium, quod reddat homines ita infames, & abomina - biles, ſicut ludus. S. Antonin. cap 23 §. 6.
SAlva facta eſt Mulier ex illa hora. Matth. 9. Mulier in Civitate peccatrix ſana ac ſancta facta eſt, dum ſtaret retro ſecuspedes Jeſu & eos lachrimis rigare cæ - pit, hinc colligere licet, quanta ſit vis ac efficacia lathrimarum. Vide fol. 687. uſ. que ad finem.
Remittuntur ei peccata multa, quoniam dilexit multum. Luc. 7.
Chri -Index Concionatorius.Chriſtus ordinavit duas vias ad Paradiſum, ſcilicet Innocentiæ & pœnitentiæ prima, quæ ivit per viam Innocentiæ fuit Virgo Maria, & ipſam ſequuntur omnes Innocentes, ipſa portat vexillum. Prima perſona, quæ primo ivit per viam Pœni - tentiæ fuit Beata Maria Magdalena. S. Vincent. Ferrerius ſerm. de Magd.
SUrgent enim pſeudo-Chriſti & pſeudo-Propbetæ. Matth 24. Fuliginoſa fæx Cin - garorum alijque ſimiles Impoſtores Ægyptij multas incautas Juvenculas ſeducunt, adeoque non cujvis Hypocritæ aut alaſtori credendum eſt, ſunt etenim aliqui, qui titulum ſanctitatis propter vitulum ambiunt, tales autem non aliud ſanctitatis ſortiuntur nomen, quam Vulgo, ſeltzame Heilige. Vide fol. 465. uſque 478. item fol. 581. uſque 586.
Copioſiores Materias pro quavis Dominicâ reperies in Indice Rerum.
Omnia hæc ad gloriam & laudem Omnipotentis Dei, nec non Proximi ad ſalutem celeri calamo exarata. Cenſuræ S. Ro - manæ Eccleſiæ Piorum Doctorum Judicio ſubjecta eſſe, omnino volo ac declaro.
ZU Hieruſalem in der weltkuͤndigen Statt / welche die Goͤttliche Weißheit zu einem Platz der hoͤchſten Gehaimbnuſſen außerkiſen / ware wonhafft ein paar Ehe -Iacobus de Voragi. in Conc. Div. Math. Volck mit Nahmen Ruben vnnd Ciboria, beede auß dem vngluͤckſeeligen Geſchlecht Dan, auß wel - cher Danitiſchen Schlangen Bruet vnd Zunfft auch der Ante-Chriſt herſtammen wird / erſtbenannte Ciboria, als ſie groß Leibs gangen mit dem Juda, hatte bey naͤcht - licher Weil einen vnvermuthen Traum / welcher ihr in dem Schlaff mit einem prophetiſchen Pembſel vormah - lete / als trage ſie vnder ihrem Hertzen einen ſo laſterhaff - ten Boͤßwichten / welcher ein Schand vnd Schad der ge - ſambten Freundſchafft ſeyn werde / auch mit ſeinen ver - dambten Unthaten das gantze Hauß beflecken; worauß ſattſamb zu ſchlieſſen / daß auch der finſtere Nacht-Traum gar offt die helle Warheit an Tag bringe.
Es iſt aber forderſt nothwendig zu wiſſen / daß dreyerley Traum dem Menſchen in ſeinem ruheſeeligenASchlaff2Eltern / Vatterland / Herkommen /Schlaff koͤnnen vorkommen / welche eigentlich / entweder von der Natur / dem boͤſen Feind: oder GOtt herruͤh - ren: Der natuͤrliche Traum wird zum oͤffteſten von dem vnderſchidlichen Gebluͤt vorgebilder / es traumer man - chem / er habe einen ernſtlichen Befehl von dem Tuͤrcki - ſchen Kayſer / vnder Kopff verliehren / daß er alle Maͤuß - loͤcher der gantzẽ Welt mit jetziger Treu vn̄ Redlichkeit ſolle zuſtopffen / vnd dafern eines offen bleibe / werde man von dem Baum ſeines Leibs den Gipffel abſtutzen / in was Aengſten befindt ſich nit ſolcher? diſen Traum aber ver - urſachet das melancholiſche Gebluͤt: Einen anderen traumet gantz lebhafft / wie er das Meer / in welchem der halßſtarrige Koͤnig Pharao erſoffen / habe mit dem Rein - ſtrohm verheyrath / vnd haben auff der Hochzeit alle Fluͤß der gantzen Welt getantzet; diſen Traum bruͤten auß die phlegmatiſche Humores, vnd uͤbrige Feuchtigkeiten. Einen traumet / er fliege mit ſchnell-eyffrigem Fluͤgel uͤber den gantzen Teutſchboden / allein ſeyen ihm etliche Federn außgefallen / als man ſo erbaͤrmlich geſchoſſen zu Straß - burg / wie ſelbige Veſtung Anno 1681 erobert worden. Diſen Traum verurſachen die ſubtille Humores vnnd truckene Complexion deß Menſchen / ſolche Traum zu anatomiren gehet eigentlich die erfahrene Medicos an / worauß ſie dann / als auß einem warhafften Zaiger gantz ſcheinbar koͤnnen abnemmen / wie das innere Uhrwerck der menſchlichen Geſundheit behafftet ſeye. Noch ande - re natuͤrliche Traum gebaͤhret die vnruhige Phantaſey deß Menſchen / als welche faſt niemahlen keinen Feyrtag haltet / vnd protocollieret bey naͤchtlicher Weil das je - nige / in wem ſich einer deß Tags zum mehriſten beſchaͤff - tiget / als einem Jaͤger traumet / wie er in einem frucht - baren Aich Wald ein wolgewaffnetes Wildſchwein an - treffe / deſſentwegen mitten im Schlaff auffſchreyet HuySau3Vnd Mutter-Traum von dem Juda.Sau / daß auch daruͤber das Weib erwacht / vnd fragt / Mann was wilſt? Einem Mahler traumet / wie er ein wolgeſtalte Dama in einem praͤchtigen Auffzug / mit ſon - ders embſigen Pembſel abmahle / vnd als er auch ein Schlayr vmb den Halß wolte fuͤhren / ſtillt ihm der Teuf - fel die Farben / daß deſſenthalben der Halß bloß gebliben. Einem liederlichen Schlemmer traumet / der gewoͤhnlich in allen Wirths-Haͤuſern ein ſtaͤtten Umbkrayß machet / wie daß er beym guldenen Hueff-Eyſen / das beſte Pferdt verſoffen: Noch mit anderen verwickleten / verwirꝛten / verwechßleten / verwildten / verwegenen / verwenden Trau - men mattet ſich die menſchliche Phantaſey ab / denen aber keines wegs ein Glaub noch Warheit beyzumeſſen. Ja es iſt zimblich Lachen werths die aberwitzige Mainung der alten Weiber / welche in dergleichen Schlaff-Grillen einen prophetiſchen Geiſt ſuchen / ſie geben vor / wann es einem traumet / als fallen ihm die Zaͤhn auß / ſeye es ein vnfehlbares Anzaigen / daß jemand auß der Freundſchafft ſterben werde: Sie ſagen auß / wann es einem traumet / als werde er am Galgen gehenckt / vnd mit den Fuͤſſen den Lufft trette / ſeye ein genaue Weißſagung / daß er zu hoͤ - here Wuͤrde gelangen werde. Sie ſchwoͤren / wann es einem traumet / daß ihm ein Pfannen-Stihl auffs Manl falle / ſeye gewiß / daß er den morgigen Tag bey einer vor - nehmer Mahlzeit werde als ein Gaſt ſitzen; Sie wollen es hartneckig behaupten / ſo einem traumet / er eſſe harts Eyſen / vnd kiffle krumpe Hueff-Naͤgel / ſeye ein vnfehl - barer Vortrap eines langwuͤrigen Lebens; Tauſenter - ley dergleichen Schlaff-Fauſen / Narren-Stupp / Kinder - Rollen / Schatten-Gewicht / vnd Poſſen dichten etliche Aberglaubige / vnd vermainen / es ſeyen lauter Sybillen - Warheit / was die von dem uͤberfuͤlten Magen auffſtei - gende Daͤmpff in der Phantaſey bey naͤchtlicher Weil außſchnitzlen.
A 2Ein4Eltern / Vatterland / HerkommenEin anderer Traum iſt / welcher von dem boͤſen Feind als einem Gruͤnter vnd Erfindter alles Ubel herkombt / ſol - cher verkuͤndet wol zu weilen in aller Warheit kuͤnfftige Begebenheiten / gar offt aber iſt es ein bloſſer vermantle - ter Betrug / vnd verzuckerte Falſchheit / zumahl diſer Fuͤrſt der Finſternuß nichts anders ſucht / als die ohnbehutſa - me Menſchen hinder das Liecht zu fuͤhren / er machts auff die Arth eines vortheilhafften vnd gewinnſuͤchtigen Spil - lers / welcher anfaͤnglich dem Gegenthail freymuͤthig den Gewinn laſſet / nur durch ſolche Speckſchwarden denſel - ben mehrer zu locken / biß er endlich ohnvorſichtig in die Fallen kommet / vnd ihme der Aichel-Ober den Vnder - gang weiſet; alſo vermaſckert ſich gar offt der boͤſe Sa - than / ſchicket dem Menſchen in dem Schlaff einen Traum / welcher nachgehents ein warhafften Außgang nimmet / vnd zaiget / daß die Traum nicht laͤhr ſeynd / wordurch der leicht-trauende Menſch alſo bethoͤrt wird / daß er allen Traumen ein feſten Glauben gibt.
Zu Dotrecht in Holland war nicht gar vor vilen Jahren ein Geſell / welcher fein ſauber all das Seinige verſchwendt durch ſtaͤtte Schlemmerey vnd Ohnſauber - keit / dan̄ diſe beede gemainiglich verwandt ſeynd / vnd wan Bacchus hinder den Ofen ſitzt / ſo haitzt die Venus ein / vnd ſeynd diſe ſo nahend beyeinander / wie der Knopff bey der Roſen; Auch zaigt es die oͤfftere Erfahrnuß / daß Feuch - tigkeit vnd Naͤſſe den Kalch anzuͤnde / nit weniger thut die Ubermaß deß Weintrinckens vngebuͤhrende Venus - Flammen in dem verwanden Leib erwecken / die Weiber aber vnd Weinbeer machen mehriſten Thail alle Beutel eytel / vnnd gleichwie in dem Calender auff das Wein - Monath das Winter-Monath folget / alſo auff viles vnd ohngezaͤmbtes Weinſauffen gehet es gemainiglich kuͤhl her / vnd ſchleicht die Armuth ein / wie ein ſium -mer5vnd Mutter-Traum von dem Juda.mer Bettler. Deſſenthalben ſoll Bacchus von Rechts we - gen in einer Hand ein Regiments-Staab / in der anderen Hand ein Bettl-Staab fuͤhren / nit weniger auch Venus thut die Taſchen laͤhren / bringen alſo die Kandl vnd Andl ein Menſchen zu einen armen Wandl / auff ſolchem Schlag iſt es begegnet obbemeltem Hollaͤnder: welcher durch ſein vnmaͤſſiges Leben nit allein das Gewiſſen beſchweret / den Beutel geringert / ſondern auch noch darzu ſich mit groſſen Schulden uͤberladen / dergeſtalten / daß er zu Win - terszeit nicht Noth habe vor ſeinem Hauß ein Bahn zu fuͤhren / zumahlen ihme ohne das die uͤberdruͤſſige Schul - denforderer durch viles Lauffen den Weeg gebahnet; Die Sach kam alſo weit / daß er wie die Fleder-Maͤuß den Tag haßte / vnd ſich nicht traute ſehen zu laſſen / auß Ur - ſachen / weil maͤnniglich ihn mauloffend anſchaute / auch mit Finger auff ihn deuttete; Diſer Schwiermer in ſeiner tieffen Melancholey hatte bey naͤchtlicher Weil einen Traum / vnd gedunckte ihn / als ſehe er einen Mann / mit - teren Aelters vnd feiner Leibs-Geſtalt / welcher ihme ſei - nen ſtraͤfflichen Wandel ſattſamb zu Gemuͤth fuͤhrte / beynebens ſtarck befehle / vnd einbinde / er ſoll ſich ohnver - zuͤglich nach der Statt Kempen befuͤgen / allda werde er auff der Brucken einen Menſchen antreffen / der ihme ge - wiſſe Mittel werd an die Hand raichen / wordurch er zu den vorigen Vermoͤgen gelangen kundte / der erwacht endlich / vermerckt beynebens / daß es ein Traum / bildet ihm dannoch ein / es muͤßte etwas darhinder ſeyn / gehet deſtwegen den geraden Weeg von Dotrecht nach der Statt Kempen / verweilet daſelbſt einen gantzen Tag auff der Bruck / wird endlich uͤber ſich ſelbſten zornig / daß er einem nichtigen Traum ſo feſten Glauben gebe / ſchlieſt bey ſich wider mit diſer langen Naſen naher Hauß zu kehren; Indem aber redet ihn ein Bettler an / fragend /A 3warumb6Eltern / Vatterland / Herkommenwarumb er ein geraume Zeit ſo beſtuͤrtzt auff - vnd nider - gangen / ey ſagt er / es hat mir getraumet / daß ich an di - ſem Orth werde ein Pflaſter uͤber meine Wunden / will ſagen / ein Schluͤſſel zum vorigen gehabten Gluͤck finden; finden? ja finden? ſagt der Bettler / ein Narren-Kappen / wirſt du da ertappen / iſt das nicht ein vngereimbte Torꝛ - heit auff einen Traum glauben / vnd deſtwegen ein ſolche Raiß auff ſich nemmen? du muſt wol ein leichtglaubiger Tropff ſeyn / ſagt der Bettler / auff ſolche Weiß haͤtt ich ſchon laͤngſt muͤſſen naher Dotrecht raiſen / alldort ein Schatz zu graben vnder einer Dorn-Hecken in diſem vnd diſem Garten / wie es mir getraumet / vnnd erzehlt den Traum mit allen Umbſtaͤnden / auß welchen der Hollaͤn - der augenſcheinlich wahrgenommen / ſolches Orth ſeye in ſeines Vatters Garten / ſtellt ſich aber / als achte er all diß wenig / gibt dem Bettler ein freundliches behuͤt dich Gott / vnd eylet nach Hauß auff Dotrecht, grabt vn - der dem gedachten Dorn-Geſtraͤuß / vnd findet warhaff - tig einen groſſen Gold - vnd Silberreichen Schatz. Daß diſer Traum / auff welchem ſolche gewuͤnſchte Warheit gefolgt / ſolle ſeyn von GOtt kommen / iſt es ein harter Zweiffel / glaub es dann erſt / wann die Eſelin deß Pro - pheten Balaams wird ja hierzu ſagen / dann diſer gewiſſen - loſe Schlemmer ſolche Gnad von dem belaydigten GOtt nicht verdienet hat / ſondern allem Anſehen nach hat der argliſtige Sathan / deme dergleichen verborgene Schaͤtz wol bekandt / diſem laſterhafften Geſellen ſolches offen - bahrt / damit er widerumb Mittel vnd Gelegenheit habe ſeinen verdambten Lueder-Wandel ferners zu treiben / vnd an die alte Suͤnden neue Miſſethaten zu knuͤpffen. Vor Zeiten bey den Heyden war es allgewoͤhnlich / daß man in dem Goͤtzen-Tempel das Nacht-Quartier ge - nommen / darinn geſchlaffen / zu dem End / damit ihnender7vnd Mutter-Traum von dem Juda.der Traum einige Wiſſenſchafft kuͤnfftiger Ding einbla - ſe / ſo dann oͤffters durch die boͤſe Feind geſchehen / abſon - derlich / in den gefaͤhrlichen Kranckheiten hat der Teuffel in dem Traum offenbahret gewiſſe Kraͤuter / vnnd heyl - ſame Mittel / dardurch ſolche Leibs-Preſten zu wenden / wie es Alexandro Magno vnd anderen begegnet; Mit ſolchen phantaſtiſchen Geſichtern / naͤchtlichen Geſtalten / vnd oͤfftern Traum-Wercken betruͤgt annoch die alte Schlang manchen ohnbehutſamen Menſchen / worvon es kombt / daß bey vilen der Traum gleichſamb mit der heiligen Schrifft in gleichem Gewicht iſt / vnd ſuͤndigen forderiſt hierinn die vorwitzige junge Toͤchter / welche den mehriſten Traumen von dem Heyrathen einen hartnecki - gen Glauben ſtellen; Wie dann vor wenig Jahren in dem Under-Oeſterreich einen ſolchen Kuͤttl-Affen getrau - met / ſie werde den jenigen heyrathen / den ſie zu morgens nach der Fruhe-Meß wird ſehen vor der Kirchen ſtehen / wie ſie nun eyffrig auffgeſtanden / vnd gantz ſchleunig nach dem Gotts-Hauß geeylet / trifft ſie bey der Kirchen-Pfor - ten einen an in langer ſchwartzen Kutten / vnnd einen Chor-Rock / woruͤber ſie dergeſtalten erbleicht / in naͤrri - ſcher Mainung / ſie muß ein Geiſtlichen heyrathen / daß ſie krafftloß zur Erden geſuncken / es war aber bey ihr ein blinder Irꝛthumb / dann diſer nur der Meßner deſſelbigen Orths war / welcher pflegte in wuͤrcklichem Kirchen - Dienſt dergleichen Kleidung anzutragen; kaum hat Ab - ſalon ſo vil Haar in ſeinem Strobl-Kopff / kaum quacke - tzen ſo vil Froͤſch in Egypten zur Pharaonis Zeiten / wie vil Weis der Hoͤlliſche Raub-Vogel gebrauchet dem Men - ſchen zuſchaden / abſonderlich in dem Traum / dann gleich - wie vnderſchidliche Aembter vnder den boͤſen Feinden ſeynd außgetheilt / alſo finden ſich nit wenig vnder diſer Satani - ſchen Schaar / welche den Namen vnd Titul tragen / derTraum -8Eltern / Vatterland / HerkommenTraum-Teuffel / wie es dan̄ eines die H. Maria Ægniacen - ſis, dem laydigen Satan / welcher einen Gottſeeligen Mann ſtaͤts durch verwegene Traum uͤberlaͤſtigte / ſo weit getri - ben / daß er in gantz trutziger Geſtalt vor ihr erſchinen /Jacob Car. lib. 1. C. vnd als ſie fragte / wer er ſeye? geantwort / Ich bin der jenige den du verfluchte mit deinem Gebett ge - noͤthiget / zu dir anhero zu kommen / die du mir meinen Freund mit Gewalt abzutringen dich vnderfangeſt / ich wird genannt der Traum - Teuffel / bethoͤrꝛe vnd fuͤhre nicht wenig Men - ſchen hinder das Liecht.
Es iſt leicht zu glauben / daß jener grobe Bauren Lim - mel in Elſas ſeinen Traum von dergleichen Schmutz-En - gel geſchoͤpfft habe / dem Stock-Narꝛen traumte / als er ſehe im Schlaff ein ohn zahlbare Menge der Maͤuß / ſo auff den Aeckern vnd Trayd-Feldern groſſen Schaden ver - urſachten / ja es dunckt ihn / als habe er mit ſeiner Kuͤn - heit all diſe ſchaͤdliche Trayd-Dieb vertriben / ſolchen Traum legte er eigenſinnig dem Bauren Volck auß / vnd beweiſte / wie daß durch die Maͤuß die Edel-Leut verſtan - den ſeyn / welche dem armen Vnderthan ſein Stuͤckl Brodt immer abnagten / ſeye demnach Gottes Willen / daß ſich der gemaine Mann rechtmaͤſſig wider ſein Obrig - keit aufflaine / vnd zum Gewoͤhr greiffe; auß welchen dann ein ſo blutiger Krieg entſtanden / daß ſehr vil auß dem hohen Adel vmbkommen / der Bauren aber faſt in die Hundert-Tauſend ins Graß gebiſſen / iſt alſo deß boͤſen Feinds einiger Liſt vnd Luſt den Menſchen in Traum / durch Traum / vnd mit Traum zubethoͤrꝛen / dahero der Prophet Jeremias vns ſchon laͤngſt gewarnet mit diſenJerem c. 29. v. 8. Worten: Diß ſagt der HErꝛ der Herꝛſchaarender9vnd Mutter-Traum von dem Juda.der Gott Iſrael / laſſet euch euere Propheten vnd Wahrſager / die vnder euch ſeynd nicht be - triegen / vnd achtet auff euere Traum nicht / die ihr traumet.
Gleichwol aber ſeynd nit alle Traum zuverwerffen / auß Vrſachen / weil GOtt der HErꝛ gar offt dem Men - ſchen in Traum groſſe Geheimbnuſſen offenbahret / ja nit ſelten durch ſeine Engel ſolche Traum zuſchicket / wel - che zu weillen einen Vnderweiß oder Verweiß geben; von Gott iſt geweſt jener Traum deß Joſephs / welchem in Schlaff vorkommen / als binde er mit ſeinen Bruͤdern Garben auff dem Feld / vnd ſcheine endlich / daß ſein Gar - be allein ſich auffrichte / der Bruͤdern aber ihre Garben rings herumb die ſeine anbetten / tieffe Reverenz vnnd Complement machen; durch ſolchen Traum wolte Gott ſchon von ferꝛen andeuten / wie daß der gerechte Joſeph zu hohen Wuͤrden ſoll gelangen / ſeine Bruͤder aber der Laggeyen Stell verꝛichten / denen der Schneider-Meiſter Neyd-Hart die Livere verfertiget.
Von Gott iſt geweſt ſein anderer Traum / den er ſeinen Bruͤdern erzehlte / worinn er eigentlich ſahe / daßGen. 37. c. Sonn vnd Mond ſambt ailff Sternen ihn angebett / in welchen Nacht Geſicht die helle Warheit verhillt geweſt / dann es war ein vermantelte Propheceyung / daß er wer - de ſehr hoch ſteigen / die ailff Bruͤder aber werden ſich muͤſ - ſen auff Aylffe legen / vnd in nidertraͤchtigen Stand ver - lieb nemmen / ja es ſoll noch darzu kommen / daß Vatter / Mutter vnd alle Bruͤder ihm gebuͤhrmaͤſſig werden auff - warten.
Von Gott in geweſt jener Traiꝛm deß Koͤniglichen Mund-Schencken / wie auch deß Hoff-Beckens bey dem groſſen Pharao, welche Beede durch Koͤniglichen BefehlBin10Eltern / Vatterland / Herkommenin der Keichen verhafft lagen / vnd eineſt zwey vngleiche Traum hatten / benanntlich dem Mundſchenck hat ge - traumt / als ſehe er vor ihm ein Weinſtock mit drey Re - ben / auch ſolche Preſſe / nach dem ſie genug gezeitiget / in dem Mund-Becher Pharaonis, vnd raiche diſes Trinck - Geſchirꝛ wuͤrcklich dem Koͤnig; Joſeph der gleichmaͤſſig ein Gefangener war in ſolchem Kercker / wird hoͤfflich er - ſucht / als einer von Gott erleuchter Traum-Außleger / was doch diſes moͤchte bedeuten? Du / antwort er / wirſt nach dreyen Tagen wider zum vorigen Ambt gelangen: Bruder memento mei, mach dir ein Knopff auff die Naſen / vnd vergiß meiner nicht; der Hoff-Beck erzehlt auch gantz vmbſtaͤndig ſeinen Traum / wie daß er geſehen / im Schlaff / als trag er drey Koͤrb auff ſeinem Haubt / vnd waren in dem obern Korb allerley Brodt / Laib / Mund - Semmel / Pretzen / Wecken / vil lange / kurtze / krumpeGen. 4. v. 16. vnd gerade Kipffel ꝛc. Auch hats ihm gedunckt / als freſ - ſen die Voͤgel auß diſen Brodt-Korb; Joſeph was halſt du darvon? Du / ſagt Joſeph / du wirſt den Koͤnig vmb Gnad flehendlich erſuchen / wirſt aber ein Korb erhalten / vnd nach dreyen Tagen wird der Hencker auff deiner Hochzeit tantzen / der Galgen wird dir in Obern Stock ein Logiament vergonnen / im Lufft wirſt du das Lufft ſchoͤpf - fen vergeſſen / vnd die Raaben werden bey dir ein Frey - Taffel haben. Auff beeden Seiten iſt ein ſolcher Auß - gang gefolget / wie es der Gerechte Joſeph angedeut: Von GOtt iſt geweſt der Traum deß Salomons / deß Abrahams / deß Nabuchodonoſors / deß Jacobs / ꝛc. Es wird herentgegen im Zweiffel geſtellt / von wem jener Traum verurſachet worden / welchen gehabt hat die Frau Gemahlin deß Pilati / damahlen als ſie in aller Fruhe den Pagy zu ihrem Herꝛn geſchickt / da er ſchon im Rath ge - ſeſſen / ihme die Ordinari-Poſt laſſen ablegen / vn̄ beynebensernſt -11vnd Mutter-Traum von dem Juda.ernſtlich erſuchen / er wolle ſich doch nicht vergreiffen an Chriſto von Nazareth / noch weniger ein ohnreiffes Vrthl uͤber ihn faͤhlen / dann ſie habe heut Nacht einen erſchroͤck - lichen Traum deßhalben gehabt / vnd nehme ab in allen gantz Handgreifflich / daß er ein gerechter vnd vnſchuldiger Menſch ſeye; es ſeynd wol etliche der Mainung / als ha - be diſer Traum von dem boͤſen Feind hergeruͤhret / der durch ſolches Weib geſucht den Seeligmachenden Todt deß HErꝛn zuverhindern / es iſt aber der mehreſten Lehrer einhellige Auſſag / daß ſolcher von GOtt kommen / dannCorn. c. 26. in Matth. ſo der Sathan haͤtte wollen hinderſtellig machen / den Todt Chriſti / haͤtte er die Gemuͤther der Hebræer nit alſo mit Neyd vnd Haß gegen ihm angefeuret; folget dem - nach / daß ſolchen Traum Gott habe geſchickt / zumahlen diſe deß Pilati Frau ein Gottſeelige Dama war / mitFlavius Dexter in Chron. an. 34. n. 2. Namen Claudia Procula, welche nachgehends an Chri - ſtum eyfferigſt geglaubt / vnd den Namen einer Heiligin verdient.
GOtt der HErꝛ iſt nicht vngleich einem Magnet / dann gleich wie diſer wunderſeltzam das harte Eyſen ziehet / alſo ziehet der Mild-hertzigſte Erloͤſer die harte Suͤnder zu ſich. Moyſes ware auff ein Zeit gantz heißbegierig dieExod. 33 Glory Gottes zuſehen / deme aber Gott den Beſchaid ge - ben / er ſolle ihm auff den Rucken ſchauen. GOtt der HErꝛ aber tragt auff den Rucken vnd Achſeln nichts an - derſt als das verlohrne Laͤmbl / welches er / als ein guter Hirt widerumben gefunden / halt es alſo der Hoͤchſte fuͤr ſein Glory / wann er einen irꝛenden Suͤnder wider auff den rechten Weeg bringet / ja GOtt iſt wie der Aggſtein / ſolcher ziecht durch verborgene Wuͤrckung an ſich das Strohe. Nit weniger ziehet GOtt der HErꝛ an ſich denLuc. 15. Suͤnder / welcher dem vnfruchtbaren Stroh gantz gleich / ja wol ein Stroh-Kopff ſelbſt zubenambſen / als er vmbB 2ein12Eltern / Vatterland / Herkommenein geringes Affenſpil der Welt ſo ohnweißlich das Ewige vertaͤndlet; ohnzahlbar aber ſcheinen die Manieren / wor - durch der Allmaͤchtige das ſuͤndige Adams-Kind zu ſich locket / vnd geſchicht gar offt durch einige Traum / die erBolland. 22. Febr. manchen Laſter-Gemuͤt zuſchicket. Die ſeelige Margarita von Cortona hat Gott zu ſich gezogen durch einen Hund / welcher ſie bey dem Saum deß Rocks gefuͤhret hat hinder ein dickes Geſtraͤuß / vnd ihr alda gezeigt den todten / vnd bereits mit Wuͤrmen uͤberhilten Juͤngling / den ſie ſo ohn - ſinnig geliebt hat / hat ihr alſo der Hund geſagt / was ein Menſch ſeye.
Den H. Ignatium Loiola hat GOtt zu ſich gezogen durch ein ſtarcke Wunden an ſeinen Fuß in der Pompelo - neſiſchen Belagerung / worvon er ligerhafft worden / vnd zu Vertreibung der Zeit Geiſtliche Buͤcher geleſen / welche ihn alſo in der Liebe Gottes angefeuret / hat demnach Ig - natius mit krumpen Fuͤſſen lehrnen beſſer Chriſto nach - folgen / als mit geraden.
Den Gottſeeligen Petrum Conſalvum in Spanien hat GOtt zu ſich gezogen durch ein Kottlacken / dann als er eines vor groſſer Maͤnge Volck mit abſonderlich Ge - praͤng auff einen ſtoltzen Klepper den Damaſen zu Ehren / daher trappte / fallt er vnverhofft in ein wuͤſte Kottla - cken / worinn er als in einen Saw-Badt herumb gewaltzet vnd einen Miſtfineken nit vngleich geſehen / welches dann jederman zu einem ohngeſtimmen Gelaͤchter bewogen / er aber wahr genommen / daß ihn die Welt alſo außlachet / reſolvirt ſich augenblicklich dieſelbe hingegen wider auß - zulachen / tritt in ein heiligen Orden / vnd lebet Gottſee - lig / den hat gleichſam die Kottlacken / das Gewiſſen ge - ſaͤubert.
Den ſeeligen Joannem auß dem H. Orden Franci - ſci hat GOtt durch die Schwein zu ſich gezogen / dann alsdiſer13vnd Mutter-Traum von dem Juda.diſer ein vornehmer Advocat ware / vnd einmahl geſehen / wie das einer die Schwein wolte in Stall treiben / ſolche aber auff alle Weiß widerſpenſtig ſich weigerten hineinzu - gehen / ſagte der Hirt auß Ohnwillen / ey / daß euch der Teuffel hineinfuͤhre / wie die Advocaten in die Hoͤll / kaum daß ſolche Wort vollendet / ſeynd die Saͤw Hauffenweiß hinein getrungen / vnd eine uͤber die andere hinein geeylet / welches diſen Advocaten dergeſtalten erſchroͤckt / daß er von Stund an der Welt den Rucken gezaigt / vnd in den ſtrengen Orden deß H. Franciſci getretten / iſt alſo diſer durch die Saͤwe in den Schaaf-Stall Gottes kommen.
Den muthwilligen Clericum hat GOtt zu ſich ge -Cæſ. hom. 5. zogen durch die Wuͤrffel / dann als ihm der H. Abbt Ber - nardus begegnete / vnnd zur ernſtlichen Bekehrung an - friſchte / meinethalben antwortet er / Herꝛ Pater, wir wollen wirfflen / vnd ſo ihr mehrer Augen werfft als ich / ſo will ich euer Moͤnich werden / dafern aber ich euch an Wurff uͤberwind / ſo gehoͤret euer Roß mir zu / der H. Abbt laſt ſich in diſe Bedingnuß ein / der freche Clericus ziehet herauß drey falſche Wuͤrffel / vnd wirfft gleich das erſte mal 18. Augen / der H. Bernardus wirfft auch voll der Hoffnung / da fallen zwey Wuͤrffel / ein jeder mit 6. Au - gen / der dritte aber iſt Mitten von einander geſprungen / vnd ein Theil 6. vnd der andere 5. Augen gezaigt / welches Wunder den Clericum in das Cloſter gezogen / hat alſo durch diß verſpillen das beſte gewonnen. Noch vil ande - re Weiß hat der allerguͤtigſte Gott / wordurch er den ir - renden Menſchen zu ſich locket / abſonderlich aber pflegt er ſolches zuthun durch die Traum / vnd ſchicket manchen einen Traum / der ihm an ſtatt eines Apoſtoliſchen Pre - digers iſt; der ihm an ſtatt eines klaren Spiegels iſt / worin er die Warheit erſihet; der ihm an ſtatt eines Sporꝛens iſt / welcher ihn auff dem Weeg Gottes beſſer antreibet;B 3der14Eltern / Vatterland / Herkommender ihm an ſtatt eines Weckers iſt / vnd von dem Schlaff der Suͤnden auffmundert. Geſetzt / es iſt jemand / der mit dem Cain neydig / mit dem Abſalon ſtoltz / mit dem Ammon bueleriſch / mit dem Achan diebiſch / mit dem Joab falſch / mit dem Dathan lugenhafft / mit dem Na - bal liederlich / vnd in allem ſuͤndig; dem traumer einmal oder zweymal / wie daß er vor Gottes Richter-Stul ſtehe / vnd ſehe das groſſe Protocholl ſeiner Suͤnden / das zor - nige Angeſicht deß Richters / die verſchwendte Bluts - Tropffen deß Erloͤſers / die verſaumbte guldene Zeit / die triumphierende hoͤlliſche Geiſter / den auffgeſperꝛten Ra - chen deß Teuffels / ja es traumer ihm / als waͤre er wuͤrck - lich in diſes ewige We hinein geſtuͤrtzt / aͤngſtiget ſich der - maſſen ab im Schlaff / daß er hieruͤber erwacht / vnd fin - det das Angeſicht mit kalten Schweiß uͤberloffen; glaub du mir diſer Traum ruͤhret nicht anderſt / woher? als von GOtt / welcher ſucht dich verlohrnes Laͤmbl mit ſolcher Weiß auff den rechten Weeg zubringen / dich auß dem ſuͤndigen Egypten ins gelobte Land zufuͤhren / dich in dem Jordan der Pœnitenz von dem ſuͤndigen Außſatz zuraini - gen / vnd deine Seel als ein Selavin deß boͤſen Feinds wi - derumb zu einer Burgerin deß Himmels zumachen.
Es traumet einem Juͤngling / wie daß er ein groſſe Welt-Kugel vor ſeiner ſehe / mit vnderſchidlichen Schub - Laͤdln / die er alle auff das genaueſte durchſuchet / vnnd traumet ihm / als habe er in dem erſten gefunden ein Lar - ven mit Schellen verbraͤmbt / in dem andern lauter faule Fiſch; in dem dritten Staub vnd Aſchen mit etlichen zer - brochnen Glaßſcherben vndermaͤnget; in dem vierdten ei - nen wurmſtichigen Let-zelten mit einem Glaͤſſel Wermut / in 5ten ein Zetl / darauff diſe Wort ſtunden / reimb dich Bundtsſchuh. Die anderen Schub-Laͤdln waren allelaͤhr /15vnd Mutter-Traum von dem Juda.laͤhr / ꝛc. Welches ihm alſo verdroſſen / daß er die Welt - Kugel mit Fuͤſſen getretten / vnnd als er im wehrenden Schlaff den Fuß an die Bethwand geſtoſſen / wird er wachtſam: Glaub du mir / entdecke diſen Traum deinem verſtaͤndigen Beicht-Vatter / begehre vnd bitte von Gott deſſenthalben eine Erleuchtung / du wirſt augenſcheinlich finden / daß der Traum nit laͤhr / ſondern Gott wil auff ſolche Weiß dich von der oͤden vnd ſchnoͤden Welt abſon - dern / damit du ihme in einem Geiſtlichen Stand deſto eyffriger dieneſt.
Einem der gefaͤhrlich kranck liget / vnd der Docto - rum Recept vnd Concept einige Linderung nit bringen /Pererius in Daniel. l. 2. traumet vnd kommet ihme im Schlaff vor / als ſoll er ſich verloben nacher Maria Zell in Steyermack / nacher Ma - ria Einſidl in Schweitz / nacher Maria alten Oetting in Bayren / nacher Maria Taͤferl in Oeſterreich / ꝛc. dort werde er vnfehlbar bey der Mutter der Barmhertzigkeit ſeine gewuͤnſchte Geſundheit erhalten / als welche gar recht in der Lauretaniſchen Lob-Verfaſſung / Salus Infir - morum, ein Heyl der Krancken benambſer wird; Glau - be du mir / diſer Traum iſt nicht laͤhr / vnnd hat ſolchen ohngezweiffelt dein lieber Schutz-Engel dir eingeben / als der da ſucht ſein liebſtes Pfleg-Kind vnder dem Mariani - ſchen Schutz-Mantel zu verhuͤllen / vnd den Eyffer zu di - ſer mildeſten Himmels-Koͤnigin mehrer anzuflammen.
Zu wiſſen aber eigentlich / welcher Traum gewiß von GOtt herruͤhre / koͤnnen vnfehlbare Kennzaichen nit beygebracht werden / vmb weilen auch der boͤſe Feind vn - der einer heiligen Larven pflegt zu ſpillen / doch iſt diſes wol in Obacht zu nem̄en / wan̄ man mit gutem Gewiſſen / vnd nuͤchtern Magen ſchlaffen gehet / auch ſich mit ge - woͤhnlichem Gebett vnd Weybwaſſer bewaffnet / daß ſel - ten den hoͤlliſchen Lauͤeren in ſolchem Fall ein Zutritt vonGOtt16Eltern / Vatterland / HerkommenGOtt geſtattet wird; auch wol zu mercken / wann GOtt einem ein Traum ſchicket / daß er gemainiglich pflege auch deſſelben Gemuͤth zu erleuchten / wie begegnet dem Abra - ham, dem Jacob, dem Salomon, dem Daniel, dem Jo - ſeph, dem frommen Hertzog in Bayren Guilelmo, von welchem Drexel. Protr. Paragr. 38.
Die Mutter deß H. Eligij, die Mutter deß H. Furſei, die Mutter deß H. Bonifacij, deß H. Willebrordi, deß H. Bernardi, deß H. Dominici, Andreæ Corſini, Franciſci, Roberti, Philippi, Benizij, Raienerij, Pabſt Pij I I. Leo - nis X. &c. haben Traum gehabt / daß ſie werden Kinder gebaͤhren / welche zu groſſer Ehr vnd Heiligkeit ſollen ge - langen / zweiffelsohne ſeynd ſolche Traum von GOtt ge - weſt; Wie es aber Ciboriæ der Mutter Judæ getrau - met hat / daß ſie werde ein Ertz-Schelmen auff die Welt bringen / von wem ſolcher Traum herkommen / laß ich es dem verſtaͤndigen Leſer uͤber / von welchem mir getrau - met / daß er es zum beſten werde entoͤrteren vnd außlegen.
NAchdeme die vngluͤckſeelige Ciboria ihrer ſchwaͤ - ren Leibs-Frucht entbuͤrdet worden / vnnd mit dem Juda niderkommen / hat ſie wol jene Freud nicht geſchoͤpfft / von welcher Chriſtus geſagt bey dem Joan. 16. Ein Weib / wann ſie gebaͤhret / ſo hat ſie Traurigkeit / dann ihr Stund iſt kommen / wann ſie aber das Kind gebohren hat / ſo ge - denckt ſie nicht mehr an die Angſt / vmb derFreud17Vngluͤckſeeliger EheſtandFreud willen / daß ein Menſch in die Welt ge - bohren iſt; Sondern es war Ciboria gantz beſtuͤrtzt / weilen ſie ein ſolchen Boͤßwicht ans Tag-Liecht gebracht / der ihr gantze Freundſchafft wird verfinſtern. Waiger - te demnach kurtzumb ihme die muͤtterliche Bruͤſt zu rai - chen / der keine andere Ammel / als wie Romulus vnnd Rhemus haben verdient; Ja damit ſie ſambt der Freund - ſchafft deſſen kuͤnfftige Schandthaten nit anſichtig wur - de / iſt ſie von aller muͤtterlichen Naigung abgetretten / den neugebohrnen großkopffenden Buben in ein Vimb - ſen-Koͤrblein gelegt / vnd dem wilden Meer uͤberantwor -Paloet. ibi - dem. Narciſs. al Font. fol. 53. tet; zu ſchmertzen iſt / daß er in dem Fahl dem gerechten Moyſi gleichete: was an Galgen gehoͤrt / ertrincket nit / iſt abſonderlich an diſem jungen Luder wahr worden. Zu - malen diſer junge Judas ohne Gefahr fort geſchwum - men / vnd von den Meer-Wellen in die Inſul Iſcarioth getriben worden / worvon er den Namen geſchoͤpfft / gleich damalen gienge die Koͤnigin ſelbigen Orths an dem Meer - Ufer ſpatziern / nimbt war / daß ein Koͤrbl zum Geſtatt ſchwimmet / vnd weil ſie darinnen ein kleines Kind erſe - hen / befilcht ſie alſobald ſolches in aller Still nacher Hof zutragen / ſtelte ſich / weil ſie ein geraume Zeit vnfrucht - bar / als waͤre ſie groß Leibs / auch endlich durch Beyhuͤlff anderer Weiber-Liſt / zeigt ſie ſich als waͤr ſie nider kom - men / vnd diſes Kind gebohren / da haiſt es wol / wie groͤſ - ſer der Schelm / je beſſer das Gluͤck. Allhier iſt ſattſam ab - zunehmen / wie vngluͤckſeelig der Ehe-Stand Giboriæ vnd Ruben der Eltern Judæ geweſt / vmb weilen ſie ein ſol - chen Unflat gezeiget / iſt muthmaſſig / daß ſolcher Eheſtand mit andern Ohnthaten befleckt ſeye geweſt / vnd weil er ſo ſchlecht von Gott geſegnet ware.
Als der juͤngere Tobias auff ein Zeit wolte die FuͤßTobiæ. 6. waſchen / wird er anſichtig eines groſſen Fiſch / ſo mitCauffge -18Der Eltern deß Judæ.auffgeſperꝛten Rachen ſchnell zum Geſtatt geſchwum̄en / welchen er aber alsbald auß Befehl deß Engels auff das truckne Ufer hinauß gezogen / der Fiſch aber zappelte / tantz - te / hupffte vor ſeinen Fuͤſſen der Geſtalten / als wolt er vor Freuden etliche naſſe Capriol ſchneiden / worauff der Engel alsbald dem Tobiæ geſchafft / er ſolle den hupffen - den Fiſch außwaiden / vnd neben andern die Gall herauß nehmen. Diſem Tobiæſiſchen Fiſch iſt nit vngleich der Ehe - ſtand / welcher aͤuſſerlich das Anſehen hat / als ſteckt er vol - ler Freuden / aber du mein lieber Welt-Menſch beſchaue diſen Fiſch einwendig / da wirſt du ſchier nichts als Gall antreffen in dem Eheſtand / vil vnd faſt ohnzahlbare Bit - terkeit finden.
Jenes Confect, in welches die erſte Eltern / wol rechte Stieff-Eltern gebiſſen / vnd auff ſolches beiſſen / das buͤſſen gefolgt / iſt nach etlicher Lehrer Auſſag kein Apffel geweſt / ſondern ein Indianiſche Feigen / welche man noch heutiges Tags die Adams-Frucht nennet / iſt aber in we - nigſten gleich den Feigen vnſerer Laͤnder / ſondern gantz rund / vnd uͤberauß ſchoͤner Geſtalt / als haͤtte ſie die Far -Moming. Dom. Palm. 154. ben von einem Regenbogen entlehnet / vnnd ſo man diſes Obſt auffſchneidet / find man darinn gantz natuͤrlich das Creutz Chriſti mit allen Paſſions-Inſtrumenten / welches ja zuverwundern / vnd ſoll eben diſe jene Frucht ſeyn ge - weſt / in welche Adam ſo ohnbedachtſam gebiſſen.
Diſes Obſt iſt ein eigentlicher Entwurff deß Ehe - Stands / welcher aͤuſſerlich den Schein hat / als ſeye er nichts als fuͤß / ja ein lauteres Zucker-Gewoͤlb / ein Hoͤnig - Faß / ein Hertzen-Feſt / ein Freuden-Kalter / ein Alcher - mes Buͤxen / ein Luſtgarten / ja ein Himmliſches Schle - cker-Biſſel / aber / aber / vnd widerumb aber / das Einwen - dige ſtimbt nit zu mit dem Außwendigen / dann einwen - dig im Ehe-Stand nichts als Creutz vnd Leiden zufinden. Lieber19Vngluͤckſeeliger Eheſtand.Lieber Welt-Aff / verzeyhe es mir; daß ich dich alſo frembd titulire / gehe mit mir zur angenehmen Sommers-Zeit ein wenig hinauß / einen guͤnſtigen Lufft zuſchoͤpffen / da wirſt du gleich hoͤren der Nachtigal ihr villſtimmiges Fletl / deß Gimpels ſein abgeſchmaches Feillen / der Wachtl ihr ſchlagende Hals-Uhr / deß Guggu ſein baͤueriſches Wald - Geſchray / der Ambſel ihr gemeines Schleiffer-Liedl / der Lerchen ihr Te Deum laudamus, deß Stigelitz ſein Paſ - ſarello &c. Da wirſt du gleichfoͤrmig ſehen der Wiſen ihr geſtickte Arbeit / deß Waaſen gruͤnſammeten Toͤp - pich / der Felder ihr haͤuffige Fruchtbarkeit / der Waͤlder ihr luſtiges Lauber-Feſt / aller Erd-Gewaͤchs froͤliche Auff - erſtehung / deß gantzen Erd-Bodens hochzeitliches Ge - praͤng; gehe weiter / vnd genieſſe der guldenen Zeit nach Genuͤgen / laß vns ein wenig ſpatzieren gehen auff der gruͤ - nen Gſtaͤtten deß rauſchenden Fluß / welcher mir vnd dir vorkombt / wie ein Spiegel in einer gruͤnen Rahm / vnnd wie ein fluͤſſender Cryſtall / was noch mehr / wir ſehen in diſem Waſſer die ſchoͤnen gefaͤrbte Wolcken / die ſchoͤne ſtrallende Sonn / den ſchoͤnen blauen Circk / das ſchoͤne helle Gewoͤlb / den ſchoͤnen Himmel ſelbſten; demnach lie - ber Bruder haſt Luſt in Himmel / ſo ſtuͤrtz dich hinein / vnd ſchicke mir fein foͤrderlich eine Staffeta, wie es im Him - mel zugehet? da antwort diſer / daß er in ſolchen Spil pflege zu paͤſſen / dann ſo er ſich moͤchte in dem Fluß hinein ſencken / wurde ſolcher den Namen verliehren / vnd nach - mals ein Stockfiſch-Bruͤh genennt werden / in Bedenckung ſeiner Thorheit / dann in diſem Waſſer kein Himmel / ſondern nur ein bloſſer Schein deß Himmels / ja an ſtatt deß Himmels wurde er das truͤbe Waſſer ſauffen / vnd gar den Vndergang leyden.
Es gibt ſo vil ohnbeſonnene Adams-Kinder / wann man von Eheſtand redet / ſo ſpitzen ſie die Ohren wie derC 2Schim -20Der Eltern deß Judæ.Schimmel / da er ſicht den Haber-Sack ſchittlen / es ſchlagt ihnen die Puls / als wolt ſie auff der Poſt reitten / wann nur die geringeſte Meldung geſchicht von der Hochzeit / es dunckt ihnen / als ſeye in dem Eheſtand ein lauterer Him - mel; O Limmel! es iſt weit gefaͤlt / es iſt nur alſo der bloſ - ſe Schein / es iſt nichts darinn zufinden / zugruͤnden als truͤbes Waſſer / verſtehe / Betruͤbnuſſen vnd Widerwaͤr - tigkeit.
Es kan nicht bald der Eheſtand lebendiger entworffen werden / als durch jenen Wunderbaum zu Aſca in Nider - land / allwo ein gemeines Bauern-Weib mit Schulden alſo uͤberladen war / daß ſie endlich auß Noth ihre eigene Klaider den Juden allda vmb ein wenige Baarſchafft zu - verpfaͤnden geſucht / damit ſie nur in etwas die Credito - ren befridigen moͤchte / die Juden aber als verſtockte Sa - thans-Gemuͤther tragen der armen Haut vor / wie daß ſie in Anſehung der Klaider nit einen Haller wolten vor - ſtrecken / wol aber ein zimbliche Summa Geld ihr in die Haͤnd werffen / wann ſie ihnen wolt ein Conſecrirte Ho - ſtien einhaͤndigen / welches gar fuͤglich moͤchte geſchehen dazumahlen / als ſie ſolche auß deß Prieſters-Hand empfan - gen / vnd ohnvermerckt anderer wider auß dem Maul zie - hen wurde; das Weib laßt ſich von dem anerbottenen Geld verblendē / gehet bey Oeſterlicher Zeit zu dem Altar Gottes / empfanget auff ihre verraͤtheriſche Zung das hoͤchſte Ge - heimbnuß / vnd nimbt ſolches widerumb auß dem Mund / deß verruchten Vorhabens / diſes den Hebræern zuuͤber - liffern / vnder Weegs aber nagte ſie der ohnruhige Ge - wiſſens-Wurm der Geſtalten / daß ſie ihr Gemuͤth veraͤn - dert / vnd ſolche Hoſtien in dem naͤchſt an dem Weeg ver - dorꝛten Eſchenbaum verborgen / nun ſihe Wunder! au - genblicklich hierauff fangt der lang verdorbne Baum zu - gruͤnen an / vnd ſich mit ſchattenreichen Blaͤttern beklei -den /21Vngluͤckſeeliger Eheſtandder / weſſenthalben ein groſſer Zulauff deß Volcks entſtan - den / vnd was ſolches Wunder vergroͤſſert / vil krumpe / lahme / blinde vnd andere preſthaffte Menſchen ihr ge - wuͤnſchte Geſundheit erhalten / der Herꝛ aber deſſelbigen Grunds / auff dem der Baum geſtanden / empfunde hier - durch ein mercklichen Schaden / vmb Willen durch den groſſen Zugang der Trayd-Acker ohnnutzbar zertretten wurde / gehet demnach hin / vnd will ſolchen Baum vmb - hauen / vermerckt aber diſes groͤſte Wunder / daß alle Schaitten ſo herunder gefallen / ein Geſtalt der blutigen Creutz haͤtten / vnd ſihet mit zuſammen geſchlagenen Haͤn - den / daß diſer Baum voller Creutz / ja ein lauters Creutz / welches nachmals der Geiſtlichen Obrigkeit iſt vmbſtaͤndig angedeut worden / ſambt freywilliger Bekandtnuß obbe - melten Weibs-Bild.
Der Eheſtand iſt ein Baum / welchen der Allmaͤch - tige Gott ſelbſten gepflantzt hat / diſer Baum gruͤnet der - maſſen lieblich / braitet ſeine Blaͤtter volle Zweig alſo auß / daß er den Menſchen faſt die Augen vnd mit den Augen das Gemuͤth auff Magnet-Arth ziehet / derenthalben ein ſo groſſe Menge zu diſem Baum eylet / vnd denſelben vmb - fanget; aber ſchauet ein wenig ihr Welt-Menſchen / wie diſer Baum beſchaffen / werdet ſpuͤrꝛen / daß er voller Creutz / ja faſt lauter Creutz daran / darinn / darumb.
Anno 1503. hat man zu Regenſpurg / Nuͤrnberg /Lintur. ad ſaſci. tem. Landshut / ꝛc. vnd andern Orthen auff den Klaidern der Leut rothlechte Creutz gefunden / welche von Himmel ge - fallen / vnd durch kein waſchen konten außgebracht wer - den / biß ſie endlich den 9ten Tag ſelbſt verſchwunden; aber in dem Eheſtand regnet es nit nur ein Jahr einmal Creutz / ſondern wol alle Monat / ja alle Wochen / auch offt alle Tag vnd Stund.
In Spanien auff allen Gebaͤuen / welche D. Cardi -C 3nal22Der Eltern deß Judæ.Euſ. Niernb. l. 1. de Mir. nal Peter Conſalez de Mendoza hat auffrichten laſſen / wachſet noch heutigen Tag durch ewiges Wunderwerck ein Kraut wie ein Creutz / welches der Andacht zugemeſ - ſen wird / die gedachter fromme Cardinal zu ſolchen hei - ligen Sieg-Zaichen hatte / aber in dem Eheſtand iſt ſolches gar kein Wunder / zumahlen nit allein Creutz auff dem Hauß / ſondern auch im Hauß / Stuben vnd Cammer / ja allenthalben wachſen.
Die ohngereimbte Iſraelitiſche Maul-Affen ſeynd auff ein Zeit vhrdruͤſſig worden uͤber das ſuͤſſe Manna oderNum. 11. Himmel-Brodt / in welchem doch aller Safft vnd Krafft ware / ja ſie haben noch daruͤber dem Moyſt uͤble Maͤuler angehengt / den ſanfftmuͤthigen Mann mit Laͤſter-Wor - ten angetaſt / vnd ohnverſchambt ins Geſicht geſagt / ſie wuͤnſchten / daß ſie noch in Egypten waren bey den Zwif - feln / ſolche wurden ihnen tauſentmal beſſer ſchmecken / O ihr vndanckbare Geſellen / vnd ſtinckende Knoblach-Maͤu - ler / ſollen euch die Zwiffel angenehmer ſeyn? als das liebli - che Manna? daß euch diſe das Hertz abſtoſſen / ſo gibts euch ein Krafft / Pfui! aber ſag an du murriſch Geſind / wo die mehriſten Zwiffel anzutreffen / villeicht in Egypten? ihr Zwiffel-Maͤuler ſagt die Warheit nit / muͤſt wiſſen / daß in dem Eheſtand die mehriſten zufinden / allda ohne Zweiffel gibts Zwiffel ohne Zahl: wie zwifflet nit mancher ſein armes Weib? wie zwifflet nit manche ihren Mann / wie zwifflen nit offt einen ſeine Kinder / wie zwifflen nicht manchen ſeine Dienſt-Botten / ꝛc. Es gibt mit einem Wort hierinn Zwiffel ohne Abgang / Leyden ohne Zahl / Elend ohne Maß / Keyerey ohne Grund / in der Kuchel / Stu - ben vnd Cammer / findet man offt lauter Jammer.
Der H. Petrus befand ſich eines in der Statt Jop - pen / vnd bettete / in waͤhrenden Gebett gerath er in ein Verzuckung / vnnd wurde ihm gezaigt ein ſeltzames Ge -ſicht /23Vngluͤckſeeliger Eheſtandſicht / er thaͤte wahrnemmen / was maſſen ein groß leine - nes Tuch mit vier Zipffen von Himmel herab gelaſſen wurde zu ihm / vnd als er in ſolches mit Fleiß hinein ſchau - te / merckte er / daß ſo wol gehende Thier / fliegende Thier / vnd auch kriechende / benan̄tlich Schlangen / Attern / Blind - ſchleichen / ꝛc. darinnen waren; hoͤrte beynebens ein Stim̄ von Himmel / die ihm ſchaffe / er ſoll auffſtehen / alles di - ſes ſchlachten vnd eſſen / Petrus aber ſchuͤttlet hierzu den Kopff / ſagt / HErꝛ das laß ich wol ſeyn / dann niemahlen nichts Unreines in mein Maul kommen.
Ich waiß zwar / daß diſes Geſicht / ſo dem Petro be - gegnet / voller Gehaimbnuß ware / vnd vil ſchoͤne Auß - deutungen von den heiligen Lehrern darauß gezogen wer - den: Ich aber ſag es denen Eheleuthen / daß ſie gar offt ſolche Biſſel / welche Petrus gewaigert zu eſſen / ſchluͤcken muͤſſen: Wie offt muß er Galgen-Vogel / plumper E - ſel / fauler Hund / barter Puͤffel / vngeſchickter Gimpel / ꝛc. ſchluͤcken: wie offt muß ſie Beſtia, Krott / Diebsvieh / gifftige Schlang / Teuffels-Aaß / ꝛc. ſchluͤcken; vnd Ge - dult tragen auß Sorg / es moͤchte noch truͤberes Wetter hernach folgen.
Darumb die Eheleuth muͤſſen ein guten Kopff ha - ben / dann ſie gar offt das Abkaͤmpeln leyden.
Die Eheleuth muͤſſen gute Zaͤhn haben / dann ſie gar offt muͤſſen etwas verbeiſſen.
Die Eheleuth muͤſſen gute Finger haben / dann ſie muͤſſen gar offt durch dieſelbe ſchauen.
Die Eheleuth muͤſſen ein guten Rucken haben / dann ſie gar vil muͤſſen uͤbertragen.
Die Eheleuth muͤſſen ein guten Magen haben / dann ſie muͤſſen gar vil harte Brocken ſchluͤcken.
Die Eheleuth muͤſſen ein gute Leber haben / dann es kriecht ihnen gar offt etwas daruͤber.
Die24Der Eltern deß Judæ.Die Eheleuth muͤſſen gute Achßlen haben / dann ſie muͤſſen dieſelbe offt uͤber ein Sach ſchupffen.
Die Eheleuth muͤſſen gute Fuͤß haben / dann es truckts der Schuch gar vilfaͤltig: mit einem Wort / Patientia, iſt die erſte Hauß-Steuer / ſo die Eheleuth haben muͤſſen:
Man wird bald nicht andaͤchtigere Leuth finden / als die Eheleuth / dann ſie gehen faſt alle Tag mit dem Creutz / vnd kommen mir ſie vor / wie die Schiffel am Ge - ſtatt / welche zwar angebunden / vnd ſcheinen als genieſ - ſen ſie ein Ruhe / man wird aber doch ſehen / daß eines das andere ſtoſſet / alſo ſeynd gleichfoͤrmig die Eheleuth zuſam - men gebunden durch das heilige Sacrament vnd einhelli - ges Ja / auch ſcheinet ihr Stand ein Ruheſtand / man wird aber dannoch mercken / daß eines das ander plaget / vnd thut es nicht haglen / ſo zaigen ſie doch zu weilen die Blitzer. Der Eheſtand mag endlich verglichen werden der vergulten Archen deß Bunds im alten Teſtament / auff welcher zway guldene Cherubin waren / welche auß Befehl Gottes einander muſten anſchauen; alſo im Ehe - ſtand ſoll eins das andere freundlich anſehen / vnd nit ſie gegen Orient, vnd er gegen Occident, dann auff ſolche Weiß ſeynd ſie gleich den Samſoniſchen Fuͤchſen / welche die Philiſtæiſche Felder in Brand geſteckt / diſe waren zwar zuſam̄en gebunden / aber die Koͤpff waren weit voneinan - der / vnd ſchauete einer hi, der ander hot, O GOtt! das iſt ein Spott.
Dahero meine Welt-Menſchen / ſo euch doch die Zaͤhn waͤſſeren nach dem Eheſtand / ſo leget zuvor alles wol auff die Waag-Schallen / fahret nit gar zu gaͤhe in Haber-Brein / damit ihr euch das Maul nit verbrennet / erwoͤget fein reifflich alle Umbſtaͤnd / alle Eigenſchafften vnd Naigungen ſelbiger Perſohn / mit welcher ihr euch wollet verbinden. Jenner muß ein ohnbedachtſammerLapp25Ungluͤckſeeliger EheſtandLapp ſein geweſt / von deme das Evangelium regiſtrieret /Luc. c. 14. wie daß er neben anderen zum Hochzeit-Mahl ein heffti - ges Lad-Schreiben empfangen / nachmahls aber perſohn - lich nicht erſchinen / ſondern durch die Diener / ſo ihn zum andertenmahl rufften / folgende ohngereimbte Antwort beybringen laſſen / wie daß er habe ein Dorff gekauffet / vnd nun vonnoͤthen waͤre / daß er hinauß gehe / vnd ſelbiges be - ſichtige / ſoll ihn alſo entſchuldiget haben: Laß mir den ein Stroh-Kopff ſeyn / der etwas einkaufft / welches er noch nit geſehen / er haͤtte fein ſollen vor dem Kauff das Dorff genau beſichtigen / den Augenſchein aller Innwoh - ner vnd Underthanen einnemmen / Grund vnd Acker vmb - reitten / ꝛc. Alſo ſoll man fein zuvor / ehe man ſich in ehe - liche Verbindnuß einlaſſet / alles wol betrachten / damit man nit an ſtatt einer Gertraut / ein Beeren-Haut / an ſtatt eines Paulen / einen Faulen / an ſtatt einer Dorothee / ein Ach vnd Wehe / anſtatt eines Philipps einen Villapp / anſtatt einer Sybill ein Pfeffer-Muͤhl / an ſtatt eines Mat - thieſen einen Matto heyrathe; zuvor muß man alles er - woͤgen / auff daß man nit auff dem Roß-Marckt einen Eſel einhandlet / vnd Rueben fuͤr Raͤttich einkauffet.
Der groſſe Patriarch Abraham ſchickte eineſt ſeinenGen. c. 24. Hoffmaiſter auß / ſeinem jungen Herꝛn dem Iſaac ein Braut zu ſuchen / er gabe ihm aber ein abſonderliche In - ſtruction, daß er ſoll ſehr behutſamb vnd mit moͤglichſter Vorſichtigkeit vmbgehen / nit gleich ſich in die nechſte auff - gebutzte Docken vergaffen. Der verſtaͤndige Hoffmaiſter Nahmens Eliezer fangt die Sach mit GOtt an / vnd be - fehlet dem Allerhoͤchſten diſes ſein wichtiges Geſchaͤfft / beſchlieſſet auch durch Goͤttlichen Einſchlag bey ſich ſelb - ſten / jene zu erwoͤhlen / dero Reichthumb in ruͤhmlichen Sitten vnd Lob-wuͤrdigſten Tugenden wurde beſtehen / ſetzet ſich demnach in Meſpootamia auſſer der Statt Na -Dhor26der Eltern deß Judæ.hor bey einem Brunn nider / zu ſehen was fuͤr Maͤdlen her - auß gehen / Waſſer zu ſchoͤpffen / vnd die ihme / ſambt de - nen ſeinigen Cameelen / wird freymuͤthig zu trincken geben / die ſoll Braut ſeyn vnd kein andere.
Mein lieber Eliezer, du ſchickſt dich auff Welt-Ma - nier nit recht zum kupplen / ſo du wilſt etwas rechts auß - klauben / ſo gehe an einem vornehmen Feſt-Tag in die Statt hinein / da wirſt du mit Verwunderung ſehen / wie die junge Toͤchter auffgebutzt dahero tretten / da gehet ei - ne mit gekrauſten Haarlocken / worinn ſechshundert Klaff - ter ſeidene Baͤndl eingeflochten / daß man ein halben Tag brauchet dieſelbe widerumb abzuhaſpeln: Dort gehet ein andere / welche ſchon drey Tag ihr Geſicht in Eſels-Milch eingebaitzt / vnd auff ihren Wangen Roſen-Stauden oh - ne Knoͤpff pflantzet / wie gefallet dir diſe? Allda ſtehet ei - ne / welche ihre Lenden zuſammen gepreſt / daß ihr auch ſchier der Athem verarreſtieret / vnd gantz rahn / wo nit gantz rein iſt. Wie gefallt dir diſe? Ich / ſagt Eliezer, gib nicht Achtung auff die bloſſe Geſtalt; wann dem alſo / ſo zaige ich dir ein andere / ſiheſt du alldort dieſelbige / welche zwar im Ruckgrad von der Natur ein wenig beſchimpfft / vnd auff einer Seyten die Arbeit erhebet / entgegen hat ſie Baarſchafft vil tauſend Ducaten / wie gefallet dir diſe? Gleich da kombt eine / der zwar die geſtrenge Blatterſucht Minatur-Arbeit ins Geſicht geſetzt / ſo von lauter Tuͤpff - len beſtehet / vnd alſo der Glat-Hobel nicht mehr außgi - bet / herentgegen iſt ihr Vermoͤgen ſehr groß / vnd hat noch vil tauſend zu erben / wie gefallt dir diſe? Da gleich hin - der vns ſtehet eine / die zwar an einem Fuß zu kurtz kom - men / vnd deſſentwegen noch hincket / aber ſonſt Mittel halber gehet ſie allen Befreunden vor / wie gefallt dir di - ſe? Ich / ſagt Eliezer, habe kein Abſehung nach Reich - thumb vnd Guͤter; So ſey es dann / ich zaig dir gleich an -dere27Ungluͤckſeeliger Eheſtanddere qualificierte Toͤchter / da in dem groſſen Hauß vor vnſer wohnt ein huͤpſche Fraͤule / die zwar arm / aber ſehr von hohen Adel / vnd iſt ihr Hauß verwandt mit der Ar - chen Noë; Auch in der anderen Gaſſen iſt eine zwar nit gar jung / aber ſehr vornehmer vnd maͤchtiger Freund - ſchafft / vnd hangt ihr Stammen-Wappen noch an dem Babyloniſchen Thurn; wie gefallt dir diſe? Ich / ſagt E - liezer, ſuche auch kein vornehme / ſondern mein gnaͤdiger Herꝛ der Abraham hat mir befohlen / ich ſoll bey Leib kein Tochter bringen von den Cananitern / vnder welchen doch vil reiche / vil ſchoͤne / vil adeliche anzutreffen / aber keine fromme vnd zuͤchtige / begehre demnach kein andere / als ein ehrliches / ein zuͤchtiges / ein demuͤthiges vnd wolerzo - genes Maͤdle / weſſentwegen ich Eliezer meinen GOtt inniglich gebetten / daß er mir ein ſolches zuſchicke / welche er dann bekommen an der Rebecca, die er nicht gefragt hat / ob ſie reich ſeye? nit gefragt / ob ſie adelich ſeye? vnd ob ſie zwar von Angeſicht huͤpſch ware / ſo iſt doch damah - len ihr Auffzug ſchlecht geweſt / dann man zum Waſſer ſchoͤpffen keinen ſeidenen Mantò noch gebraͤmbten Rock anleget / ſondern er hatte pur betrachtet ihre Tugenden.
O wie weit ſeynd vnſere Zeiten / bey denen man in dergleichen Heyraths-Verbindnuſſen / nur Geſtalt / oder Gewalt / oder zahlt / oder ein anderes verruchtes Abſehen hat; Wie manche vermaledeyet die Stund / in welcher ſie den Maͤhel-Ring empfangen / verflucht den Tag / an dem ſie alſo verblendet worden / ſeufftzet uͤber das gegebene Ja / welches nunmehr ſo ohnzahlbare Nein außbruͤtet; Aber meine Toͤchter diß uͤbel habt ihr euch ſelber geſchmi - det / in diſen Dorn ſeyt ihr freymuͤthig getretten / diſen Laſt habt ihr euch ſelbſten auffgebuͤrdet / vnd ſolches Creutz mit eigenen Haͤnden geſchnitzlet; auß Urſachen / weil ihr ſo gahe / ſo ohnbeſunnen / ſo fruhzeitig darzu geeylet habt /D 2vnd28der Eltern deß Judæ.vnd nit vorhero alles in allem wol bedenckt / deſtwegenIn Eccleſ. c 7. v. 27. ſagt die Goͤttliche Schrifft: Verheyrathe dein Toch - ter / ſo haſt du ein groſſes Werck außgerichtet / aber gibe ſie einem vernuͤnfftigen Mann. Un - der anderen iſt in dem Eheſtand nit ein geringes Creutz einOvetan. hiſt. Hiſp. l. 9. c. 11. boͤſes Weib. In der neuen Welt iſt ein Inſul mit Nah - men Ceiba, allwo ſo dicke Baͤumer wachſen / daß einen allein vierzehen Maͤnner mit außgeſpannten Armben kaum vmbfangen koͤnnen / auß einem ſolchen Baum kund - te man ein groſſes Creutz zimmeren / aber ein boͤſes WeibProverb. c. 21. iſt noch vil ein groͤſſeres Creutz: Es iſt beſſer / ſagt die H. Schrifft / es iſt beſſer in wuͤſten Land wohnen / als bey einen zanckiſchen vnd zornigen Weib. Es iſt beſſer in der Wuͤſten ſich auffhalten bey gifftigen Baſilisken / bey grauſamen Amphisbenen / bey erſchroͤck - lichen Drachen / bey ſchaͤdlichen Crocodilen / bey wil - den Salamandren / bey blutgierigen Tigern / bey zornigen Loͤwen / Beeren vnd Woͤlffen / als bey einem boͤſen Weib. Ein boͤß Weib iſt ein Schiffbruch ihres Manns / iſt ein ſtaͤter Wetter-Haan im Hauß / iſt ein uͤbel lautende klap - per Buͤchſen / iſt ein Franckiſcher Stifflbalg / den man faſt alleweil ſchmieren ſoll / iſt ein gewixter Wetter-Mantel / in dem das Waſſer der Ermahnug nit eingehet / iſt ein Blaßbalg deß feurigen Zorns / iſt ein Ziech-Pflafter deß Geld-Beutels / iſt ein Maul-Thier / daß manchen armen Mann zu todt beiſt / iſt ein Quartier-Stuben aller Boß - heit / iſt ein einheimbiſcher Baum-Haͤckel / iſt ein Braban - diſche Stammen-Wappen / darinn ein zanckiſcher Hunds - Kopff / iſt ein Freudhoff der guten Taͤg / iſt ein gifftige Schlangen / ein bitteres Aloë, iſt ein uͤbler Sauerrampff / iſt ein ewiger blaß mich an / iſt ein Commiſſarin derdreyen29Vngluͤckſeeliger Eheſtanddreyen Furien / iſt das letzte Geſaͤtzl in Vatter vnſer / erloͤſe vns von allen Vbeln / iſt ein falſche Schatten vnd Schaden-Uhr / iſt ein hoͤlliſcher Brenn-Spiegl / iſt der Froͤlichkeit kehr auß / iſt ein ſtets humbſetes Wepſen - Neſt / iſt des Vulcani ſein Veiß-Zang / iſt ein immerwaͤh - rendes Igl-Feſt / iſt ein Haſpel der Vngelegenheiten / iſt ein Jahr-Marck der Zanck-Woͤrter / iſt / iſt / iſt / iſt / daß man nit ſattſam beſchreiben kan.
In Ober-Steyermarck iſt der Erd-Boden ſehr ohn - neben / vnd mehriſten Theil mit hohen Felſen vnd Bergen beladen / daß er alſo mit dergleichen natuͤrlichen Schantzen nit wenig pranget / vnd gleichſam dem Feind einen Trutz biettet / eines iſt / was forderiſt in diſen Bergen wol in Acht zunemmen / wann nemblich zur heiſſen Sommers - Zeit ein ſtarckes Wetter entſtehet / vnd der Himmel ein finſters Geſicht machet / vnd die Wind gantz ohngeſtimm anfangen zu ſauſen / vnd die Voͤgelein ſich forchtſam vn - der die dicke Aeſt ſalviren / vnd die Baͤumer an allen Gli - dern zittern / vnd die ſchnelle Blitzer in dem ſchwartzen Ge - wuͤlck Schlangenweiß ſchieſſen / vnd es anfangt zu don - nern / ſo iſt es merckſam / daß / wann der zornige Himmel einen Donner-Knall hoͤren laſſet / derſelbe von dem Echo oder Widerhall der Bergen drey vnd viermal verdopplet wird / nit ohne Entſetzung der frembden Leuth / macht al - ſo diſer Steyriſche Widerhall vil ein groͤſſern Tumult als der Himmel ſelbſt / in dem er einem Donner-Knall deß Himmels vier andere trutzig nachklinget. Ein boͤß Weib iſt zwar kein Berg / ſondern ein Thal / will ſagen ein Jam - merthal / hat demnach ſolche Eigenſchafften / wie der Ber - gen Echo in Ober-Steyr / ereignet ſich zuweillen ein rechtmaͤſſige Vrſach / weſſenthalben der Mann in ein klei - ne Vngedult gerathet / vnd etwann mit einem einigen vnglaten Wort außbricht / da wird der zanckloſe Echo inD 3dem30Der Eltern deß Judæ.dem Maul deß boͤſen Weibs nit allein wider ſchlimm nach - ſchreyen / ſondern noch mit zaͤchen gifftigen Schmach - Worten verdopplen / das haiſt alsdann gedonnert / da gehet es hernachmal nit anderſt her / als wie in der Be - hauſung deß Tubalcain, ſo laut H. Schrifft / der erſte Schmidt geweſt / der in ſeiner ruſſigen Huͤtten den gan - tzen Tag der Geſtalten gehammert auff dem Amboß / daß auch die Benachbarte ihre Ohren mit Baumwoll ver - ſtopfften / kein andere Beſchaffenheit hat es in einem Hauß / allwo ein boͤſes vnd zanckiſches Weib wohnet / dann alldort hoͤrt man ſtaͤts das hammern vnd jammern / was Wunder / daß man nachgehends bey ſolchen Luſt - Feur wenig Ragget findet / wol aber gute Schlaͤg / ꝛc. O Elend! da gibts ſaubere Apollonien / die ihren Maͤnnern alſo die Zaͤhn zeigen / da gibts ſaubere Lucien die ihren Maͤnnern ſelbſt die Augen außkratzen / da gibts ſaubere Magdalenæ die an ſtatt der Fuͤß dem Mann den Kopff waſchen / da gibts ſaubere Cæcilien / die an ſtatt der Or - geln dem Mann ſelbſten den gantzen Tag anpfeiffen; da gibts ſaubere Barbaræ, die an ſtatt deß Thurns / die gan - tze Zeit im Hauß turnieren / da gibts ſaubere Margareth, die an ſtatt deß Drachen ſelbſt voller Gifft ſeyn / da gibts ſaubere Dorotheen / die an ſtatt der Roſen den Mann ei - nen groben Knopff heiſſen / an ſtatt der ſchoͤnen Aepffel dem Mann die Feigen zeigen: O Elend!
Wunderliche Maniern ſeynd geweſt vor alten Zei -Barceph. c. 28. ten / wann man zuſammen geheurat: Moyſes Barceph. in ſeinem Buch Paradox. c. 28. ſchreibet: Als Gott dem Adam ſein Braut / nemblich die Eva vorgefuͤhret / habe der Adam ein Kraͤntzl geflochten auß dem ſchoͤnen gruͤnen Graß deß Paradeyß / vnd ihm es auff den Kopff ge - ſetzt ꝛc.
Plutarchus ſchreibt / es ſeye bey den Spartanierndiſer31Vngluͤckſeeliger Eheſtanddiſer Brauch geweſt / daß man der Braut die Haar alle von Kopff abgeſchnitten / alsdann in Manns-Klaider an - gelegter zum Braͤutigamb gefuͤhrt / ein wunderlicher Brauch! in Engelland iſt der Brauch / daß die Braut ge - eroͤnnet wird mit drey Cronen. In den Gotthiſchen Pro -Olauſ. c. 14. vintzen iſt diſer halb lappiſche Brauch / wann der Prieſter ein paar Braut-Volck zuſammen gibt / ſo ſchlagen die Naͤchſten / die darbey ſeyn / der Braut vnd Braͤutigam ins Geſicht: bey denen Roͤmern / wann die Braut in die Be - hauſung deß Braͤutigams gefuͤhrt worden / hat man die Braut etlichmal vmb vnd vmb gedraͤhet / daß ihr der Schwindel in Kopff geſtigen / vnd die Thuͤr nit mehr fin - den koͤnnen.
Vor allen aber iſt jener Brauch wunderlich / von demHinc Uxo - res tan - quam un - xores di - ctas eſſe volebant. Servius 4. Æneid. ſchreibet / vnd iſt ſolcher vor diſem al - lenthalben ſehr in Obacht genommen worden / daß man nemblich die Thuͤr-Geſchwoͤllen / wo die Braut eingefuͤhrt wurde / vorhero ſtarck mit Oel vnd Faiſten angeſchmiert; was ſie durch ſolches ſchmieren haben wollen andeuten / iſt mir eigentlich nit bewuſt / vermuethe aber gar gewiß / daß man durch diſes ſchmieren der neu angehenden Ehefrauen habe wollen das Stillſchweigen einrathen / dann ſo man die Thuͤr einſchmiert / ſo guͤrret ſie im wenigſten nit / ſon - dern halt das Maul / wie die Mauß / wann ſie beym Speck - Laib ſchmarotzet / alſo ſolle gleichmaͤſſig ein Weib vor al - len das Maul halten / ihr angelegen ſeyn laſſen; diſen Rath gib ich faſt allen boͤſen Weibern / gedencket meine Weiber / daß gemainiglich Krieg im Hauß entſtehet / wan̄ man ſolche Maul-Trommel ruͤhrt / gedencket / daß man ge - meiniglich die Feurglocken anſchlagt / wan̄ die Flam̄en zum Maul außſteigen; gedenckt daß man gemeiniglich die Or - gel ſchlaget / wann die Blaßbalg deß Mauls auffzogen ſeyn / gedenckt / daß es gemeiniglich einſchlagt / wanns außdem32Der Eltern deß Judæ.dem Maul ſo ſtarck donnert / deſtwegen alles Ubel zuver - huͤten / haltet das Maul. Pcnteſilea ein Koͤnigin der A - mazonen / Camilla ein Koͤnigin der Volſcier / Cleopa - patra ein Koͤnigin der Egyptier / Semiramidis ein Koͤ - nigin der Babylonier / Tomiris ein Koͤnigin der Maſlage - ter / Hippolita ein Koͤnigin der Amazonen / Theuca ein Koͤnigin der Illiricier / Iphicratea ein Koͤnigin der Sa - mier, Item ein Jambara bey den Longobardiern / ein Te - leſilla bey den Argiviern, ein Debora bey den Iſraelitern / ein Artemiſia bey den Chariern, ein Tania bey den Tar - toniern, ein Cyniſca bey den Lacedemoniern, ein Phe - dalia bey den Thraciern, ein Mauvia bey den Saracenern, ein Valoſca bey den Boͤhmen / ein Marguarita bey den Daͤhnen / ein Marula bey den Venetianern / ein Joanna bey den Lotharingiern haben ein ewigen Ruhm / Lob vnd Glory / vmb weilen ſie ſolche ſtarcke vnd heldenmuͤtige Frauen geweſt ſeynd / daß ſie ihre Feind Ritterlich uͤber - wunden: Ihr Weiber wo ihr immer ſeyet in Teutſchland / macht euch ebenfals einen groſſen Nahmen / in Vber - windung euer Feind; der Feind iſt nit groß / er haiſt der Obriſte Zanckenau / ligt mit den ſeinen in Quartier zu Graͤin / Penzing / Hadersdorff ꝛc. Diſen thut uͤberwin - den / gedencket daß Chriſtus der HErꝛ zu geſchloſſener Thuͤr den Friden ſeinen Apoſteln gebracht / alſo wird nit weniger bey euch vnd vnder euch ein Frid ſeyn / ſo ihr die Thuͤr deß Mauls zugeſchloſſener haltet: aber vmbſonſtChronic. Philipp. Ferr. Menſ. Feb. iſt diſes bey einem boͤſen Weib. Der H. Franciſcus Se - raph. hat die Schwalmen zahm gemacht: der H. Bau - dolinus hat die Wild-Aenden zahm gemacht: der H. A - gricolus hat die Storchen zahm gemacht: der H. Fran -In vita Surius ciſcus Paulanus hat die Fiſch im Meer zahm gemacht / der H. Sabba hat die Loͤwen zahm gemacht / die H. Bri - gitta hat die Fuͤchs zahm gemacht / der H. Corbinianushat33Vngluͤckſeeliger Eheſtandhat die Beeren zahm gemacht / der H. Kentingernus hatS. Anton. in Chron. Bollan. in vita. In vita PP. ibidem. die Woͤlff zahm gemacht / der H. Dintanus hat die Hir - ſchen zahm gemacht / der H. Abbt Ammon hat die Dra - chen zahm gemacht / der H. Helenus hat die Attern zahm gemacht; aber wer wird mir die Zung eines boͤſen Weib zahm machen / wer? es iſt diß folgende zwar ein Fabel / zeigt aber gar ſchoͤn / wie die Weiber ſollen geſitt ſeyn.
Es iſt auff ein Zeit ein Weib gar zu vnbarmhertzig von ihrem Mann geſchlagen worden / alſo zwar / daß ihr das Angeſicht nit ohngleich war einem Reib-Stain / wor - auff blaue Schmolten geriben worden / die Haar zimblich außgeraufft / daß ihr Kopff faſt dem Buͤrcken-Baum gleichte in Februario, die Augen mit Waſſer gantz uͤber - ſchwembt / das Maul nit anderſt als wie ein ſchmutzige Nacht-Lampen / der Auffzug deß Mietters vnd Klaidung ſahe zupfft auß / wie ein ohnordentliche Taͤndler-Laden / alſo uͤbel zugericht laufft ſie ins Feld hinauß / in Willens ihr ſelbſt das Leben zunehmen / auß purer Verzweifflung / es hats aber die Rew wider zuruck gehalten / doch ſetzte ſie ſich nider hinter einer Haßlnuß-Stauden / lamentirte / klagte / ſeufftzte / wainte / rotzte / ſchnopffetzte vnauß - ſprechlich / ach / ſagte ſie / ach ich elende Troͤpffin / wie geht es mir / daß kein Wunder waͤr / ich ſchnitt mir ſelber die Gurgel ab. O mein lieber Paul ſeeliger / Gnad dir Gott im Himmel droben / gelt du haſt mich niemahlen er - zuͤrnt / es iſt dir nit moͤglich geweſt / wann man dich auff ein Mahlzeit geruffen / daß du ohne mich haſt ſeyn koͤn - nen / du haſt mich wol fleiſſig mit genohmen / ach mein Gott! wie wird ich anjetzo ſo ſchmaͤhlich fuͤr ein Fuß-Ha - dern gehalten von dem jetzigen Mann / hat ſich wol Mann! ein Schinder / ein Moͤrder / ein Hund / naͤmli naͤmli kom - men nit zwey Himmelreich auff einander / kein Wunder / ja kein Wunder waͤrs / ich thaͤt mir ſelbſt ein Layd an /Edaß34Der Eltern deß Judæ.daß Gott erbarm! in dem ſie alſo ohngereimbt lamentir - te / ſihe / da fangt die Haßlnuß-Stauden von freyen Stu - cken an zureden / mein Weib ſagt ſie / ſiheſtu diſen nechſten Aichenbaum an / wie er zerzauſt vnd zerraufft iſt / vnnd ſchaue mich an / wie ich gantz vnverletzt bin / waiſt die Ur - ſach? wann ein ſtarcker Sturm-Wind ſauſſet / ſo iſt diſer Aichbaum ſo ſtuͤtzig / vnd widerſetzt ſich dem Wind / deſt - wegen wird er alſo zerfetzt vnd geſtimmlet / ich aber Haßl - nuß-Stauden / wann ein ſolcher ohngeſtuͤmmer Wind gehet / woͤhre mich weiter nit / ſondern wie der Wind ge - het / ſo naig ich mich / vnd biege mich / vnd gib alſo nach / deſtwegen bleib ich ohnbeſchaͤdiget / haͤtteſt du alſo mein Weib auch deinem Mann nachgeben / dich nit ſo hartnaͤ - ckig widerſetzt / ihme nit alſo zahmloß eingeredt / vnd ein boͤß Wort mit zehen andern vergolten / ſo waͤr es dir nit alſo uͤbel ergangen / lehrne doch ein andersmal das Maul halten.
Ihr Weiber ſeyet ohne das mit der Martha be - ſchaͤfftiget in Kucheln vnd Speiß-Gewoͤlber / nembt ein Lehr von einer Waag / auff dero ihr etwann auff einen Faſt-Tag etliche Scheitter Stockfiſch woͤget / wann der Stockfiſch ſchwaͤr vnd uͤbergewichtig iſt / ſo werd ihr ſelbſt ſehen / daß die Zung der Waag ſich gegen dem ſchwaͤren Stockfiſch naiget vnd nachgibet; iſt / daß ihr zu Hauß ei - nen groben vnd ohngeſchlachten Mann habt / deme die Stirn zum oͤfftermahlen mit truͤben Gewuͤlck uͤberzogen / der mehrer Mucken im Kopff hat / als geweſt ſeynd zur Zeiten Pharaonis in Egypten / vnnd ſolcher noch daruͤber harte Wort hoͤren laſt / ſo folgt meinem Rath / neiget euere Zung auch gegen diſen groben Stockfiſch / gebt ihm nach / redet ihm nit zuwider / haltet das Maul / vnd fol - get lieber dem Delphin nach / welcher Fiſch zur Zeit deß Vngewitters nur ſchertzen thut.
Als Chriſtus der HErꝛ nacher Capharnaum kom -men35Vngluͤckſeeliger Eheſtandmen mit dem Petro, haben ihn alſobald die Mautner ſtarckMatth. c. 17. v. 24. & ſeq. angeſchnarcht / wie iſt es / ſagten ſie / wo bleibt der ge - buͤhrende Zoll-Groſchen? Geld her; hierauff ſagte Chri - ſtus dem Petro gehe hin / damit wir mit diſen ſchlimmen Leuthen nit in ſchlimme Haͤndel gerathen / ſo gehe hin ans Meer / wirff den Angel auß / vnd nimb den Fiſch / der zum erſten darauff kombt / greiff ihm in den Mund / da wirſt du ein ſilberen Groſchen finden / denſelben nimb / vnd zahl fuͤr mich vnd dich: ihr Weiber ſolt auff zweyerley Weiß den Fiſchen nacharten / erſtlich iſt kein Thier auff der Welt / welches nit ein gewiſſe Stimm oder Geſchrey von ſich gibt / als wie die Hund bellen / die Woͤlff heullen / die Gaͤnß ſchnaderen / die Hennen gacketzen / die Saͤu gron - nen / die Schaaf blaͤren / die Gaiß mecketzen / die Katzen gemaucketzen / die Storchen klapperen / die Beeren bru - men / die Ochſen bruͤllen / ſo gar die Webſen vnd Mu - cken ſumbſen / aber der Fiſch hat kein eintzige Stimm / deſtwegen ein Sinnbild deß Stillſchweigens / welches euch Weibern abſonderlich wol anſtaͤndig / dafern ihr aber doch das Maul nit koͤndt halten / ſo ſchaut wenigſt / daß / gleich wie der Fiſch Petri Silber in Maul / alſo ihr Gold im Maul traget / ſprechend / mein guldener Mann / was iſt dir heut mehr / daß du ſo ſchwuͤrig? mein guldener Hanns Adam / wie biſt du heut ſo ſeltzam / mein guldener Schatz / ſchaff nur / ich will alles vollziehen nach deinen ei - nigen Willen: ſolchen Rath folgen woll die frommen Weiber / aber die Boͤſen nit / vnd kondt einer faſt ehender vnd leichter mit dem Joſue die Sonn arreſtiren in ihren ſchnellen Lauff / als die Zung eines boͤſen Weibs.
In Spanien ſeynd etliche Oerther als da Sierra, Camor, Corduba &c. Allwo Glocken gefunden werden / die auff den heutigen Tag zu weillen ſich von freyen Stu - cken ſelbſten Leitten / vnd bedeutet dero Gleutt mehriſtE 2theils36Der Eltern deß Judæ.Leonard. Vair. l. 2. de faſcino. Theils nichts guts. Zu Vilillâ nennet man auch ein Wunder-Glocken / welche ohne Menſchliche Hand-Anle - gung etlich Monat ein Anzaigen gibt / ehe vnd zuvor von Vnchriftlichen Straiffen alldorten ein Einfall zugeſche -Gobell. Perſ. in vita S. Mei - nulphi. hen pfleget. In dem Cloſter Bodkhen, welches der Heil. Mainulphus erbauet / leuttet ſich ein Glocken ſelbſt vor jeden Hintritt einer Cloſter-Frauen / vnd wird annoch ey -Maier. l. 3. Hiſt. Flan - dr. ad An. 1062. frig beobachtet. In Flandern gabe ein Glocken einen trau - rigen Hall ohne Menſchen-Huͤlff bey angehender ſtrengen Hungers-Noth. Boͤſe Weiber / zanckiſche Weiber / ohnruehige Weiber / greineriſche Weiber ſeynd ſolchen Glocken gantz gleich / die auch znm oͤfftern ohne einige Vr - ſach anfangen zuklingen / daß auch die Kinder uͤber drey Gaſſen von Schlaff erweckt werden / daß auch der Mann ſchier das Gehoͤr verliehrt / wie ein reformirter Kunſt - Staͤbler / aber auch gemainiglich auff ſolchen freymuͤthi - gen Klang folgt etwas Vbels. Jener nachdem ihm die ſeinige mit tauſenterley Schmach-Woͤrter uͤberladen / vnd ein vngeſtuͤmme Lytaney ohne Pauſen geſungen / fragt endlich zu letzt / ob ſie ſich nun genug gerainiget vnd pur - girt, ja ſagts / was dann? darauff gibt er ihr eins ins Geſicht / daß auß der Naſen haͤuffig das Blut herauß ge - ſpritzt / alſo recht ſagt er / auff ein Purgier gehoͤrt ein Ader - laß: dergleichen Ohnmanier iſt zwar bey den Maͤnnern nit lobens werth / dann ſie ſolten in etwas ein Mitleyden tragen mit den Weibs-Bildern / welche ſchwaͤcherer Ge - muͤts vnd gebrechlicher Natur ſeyn; auch waiß man wol /4. Reg. c. 4. daß deß Propheten Eliſæi Diener der Wittib verſtorbnen Sohn keines wegs hat koͤnnen aufferwecken mit dem Stab / wol aber der Prophet ſelbſten / als er Mund auff Mund gelegt / vnnd auff gute Manier mit dem todten Knaben vmbgangen; nit weniger ſollen die Maͤnner auch mit guter vnd glimpfflicher Manier ihren Weibern be -gegnen /37Vngluͤckſeeliger Eheſtandgegnen / dann ſie alſo mit glater vnd freundlicher Ermah - nung mehrer Nutzen ſchaffen / als mit harten Straichen vnd Pruͤglen / wormit man oͤffter mehrer Teuffel hinein ſchlagt als herauß.
Von dem Moyſes ſchreiben die alten Rabbiner et - was wunderlichs / ſo aber mehr den Schein eines Ge - dichts / als einer Geſchicht hat / wie Moyſes bey dem Koͤ - niglichen Hoff als ein Kind mit drey Jahren in Gegen - wart deß Pharao ſchertzte / iſt der Koͤnig da / vnd ſetzt dem kleinen Moyſi ſein Koͤnigliches Diadema auff den Kopff /Narciſſo de Padre falcon. cap. 6. vnd gibt ihm den guldenen Scepter in die Hand / der Kleine / habe mit trutzigen Gebaͤrden ſolches von Kopff herunder geriſſen / den Scepter auß den Haͤnden ge - worffen / vnd beede mit Fuͤſſen getretten / Holla! ſagte hieruͤber Pharao / daß hat ein Bedeutung / vnd will ſchier beſchlieſſen / das Kind zuerwuͤrgen / laſt aber deſſentwegen alle ſeine hohen Miniſter vnd geheimbe Raͤth zuſammen ruffen / damit ſie uͤber ſolches wollen reifflich berathſchla - gen / was etwann moͤchte diſer Zufahl nach ſich ziehen / auß welchen dann die mehriſten dahin genaigt / man wolle den dreyjaͤhrigen Moyſes probiren / ob nit etwann ſolches von Kindiſchen Vnverſtand habe hergeruͤhrt / vnd ihme koſtbare Kleynodien / wie auch gluͤende Kohlen laſſen vor - legen / nach wem er nun werde greiffen / koͤnne leichtlich ein Anlaß geben / zumercken / was in ihm ſtecke; Moyſes aber ſagen die Rabbiner, habe nach der gluͤenden Kohlen gegriffen / vnd mit ſolcher geſchwind ins Maul / wordurch er ſich alſo verbrennt / daß er die Zeit ſeines Lebens nicht hat recht reden koͤnnen / ſondern ſtarck mit der Zung an - geſtoſſen. Was die Rabbiner dißfals dem Moyſi zumeſ - ſen / iſt eigentlich wahr bey den boͤſen Weibern / welche mehriſt Theil nur mit dem Maul vnd mit der Zung ein - bieſſen / vnd ſich alldort zum mehriſten verbrennen; jeneE 3war38Der Elteren deß Judæ.war ein ſolche Hauß-Poſaunen / welche ihren Mann fuͤr einen Beicht-Spiegl diente / dann ſo offt er ſein Beicht wolte ſchrifftlich auffſetzen / hat er vorhero ihr allezeit ein Maultaſchen verſetzt / worauff ſie angefangen / du Hund ſo ſchlag / daß dir die Haͤnd erkrumpen / es waͤr beſſer / ſo kondt es du kein ſolche Partitiſche Schrifften mehr auffſe - tzen / als wie vorgeſtern / du Schelm ſo ſchlag wievil haſt du mehr vor dreyen Tagen Geld verſpilt? du Hallunck / ſchlagen kanſt du wol / aber am Sonntag kanſt kein heilige Meß hoͤren / du Beſti / es waͤr kein Wunder / ich lauffet darvon / hauß gleichwol du Ehebrecheriſcher Dieb mit dei - ner ſaubern Lißl / ich wills noch wol erleben / daß du an liechten Galgen kombſt / ſag Dieb? wo iſt das Geld hin - kommen / welches du diſes oder jenen Erben vnd Puppil - len abgeſtollen ꝛc. Auff ſolche Weiß konte er gantz genau ſein Beicht zuſammen bringen; ich bekenn es mit meinen Gewiſſen / daß ich zu Wienn ſelbſten zu einem ſolchen Spil gerathen / Beede / Gott troͤſte ſie / haben zur Peſt-Zeit die Welt geſegnet / ich ſahe ſie / daß ſie auff Tiger-Arth alſo ergrimmt war / daß ſie von freyen Stuͤcken ein ſchwartz gebaitzte Rahm / worinn das Controfee ihres Manns / mit den Zaͤhnen zerbiſſen / worvon ihr das Mundſtuck et - was ſchwartz worden / vnd zugleich alſo mit den feurigen Augen geglumbſet / daß ſie einer natuͤrlichen Nacht-Eul oder Hoͤllen-Kautzen gleichte / ja ſo gar nahm ſie ein Kol - len von dem Herdt / lauffte auff den Gang hinauß / vnd mahlte einen Galgen an die Wand / mit jaͤmmerlichen Geſchray / du Dieb / du Kirchen-Dieb / du Sacriſtey - Dieb / du Kelch-Dieb / du Leuchter-Dieb / du Lampen - Dieb / du Stock-Dieb ꝛc. Ja ohne einiges Anſtoſſen in die vier vnd zwaintzig Dieb herauß geſchuͤtt / ich nahme bey ſolchen vngeſtuͤmmen Wetter den Weeg nach Hauß / wie aber die von ſolcher Poſaunen zuſammen geloffene Leuthwahr39Vngluͤckſeeliger Eheſtandwahr genommen / daß ich allda geweſt / alſo haben ſie von freyen Stucken geargwohnet / es muͤſte diſer ein Kirchen - Dieb ſeyn / vnd ſeye ich alldort geweſt / das Entfrembde wider zubegehren / hat wenig gefaͤhlt / daß der gerechtiſte Herꝛ nit in groſſes Elend gerathen.
O HErꝛ Gott! lieber mit bloſſen Fuͤſſen nacher Com - poſtell rutſchen / lieber bey lauter Enzian in die Koſt ge - hen / lieber alle Tag zweymal das hoͤltzene Kitzlen leyden bey den Tuͤrcken / lieber in Gottes Namen die Haͤnd auff ewig den Galleeren opffern / als bey einer ſolchen Schlan - gen wohnen: der Koͤnig Salomon ſagt: Ein zancki -Prov. 19. ſches Weib ſeye wie ein immer durchtrieffen - des Tach. Bey einen ſolchen gibt nichts als lauter Tropffen / vnd was dann anderſt bey einen boͤſen zancki - ſchen Weib? iſt nit der Mann ein armer Tropff / der ſolchen Hauß-Clarin ſtets hoͤren muß? ſeynd nit die Dienſtbotten arme Tropffen? die ſo vil bey einem ſol - chen Haußrummel muͤſſen außſtehen? ſeynd nit die Kin - der arme Tropffen / welche ein ſo bittere Mutter be - kommen?
Es iſt jenem gar nit vor uͤbel zuhalten / der eben der - gleichen Fegfeur in dem Hauß hatte / vnd als diſe in lang - wuͤriger Kranckheit eines in ſo groſſe vnd lange Ohnmacht gefallen / daß ſie auch die Doctores ſelbſt fuͤr Todt gehal - ten / deſtwegen ſie in ein hoͤltzene Sarch gelegt / vnd zum Grab getragen / wie man aber mit der Leuch an ein Eck - Hauß vor bey gangen / haben die ohnbehutſame Trager angeſtoſſen / durch welches das Weib erweckt / vnnd von freyen Stucken mit maͤnniglicher Verwunderung ange - fangen zu leben / vnd nach Jahr vnd Tag erſt geſtorben / vnd als man damahlen die nothwendige Anſtalt machte zur Begraͤbnuß / auch vnder andern die Todten-Tragerins40Der Eltern deß Judæ.ins Hauß kommen / ſo ruffte ſie der Mann auff die Sei - ten / ſprechend ich bitte euch vmb Gottes Willen / ſtoſ - ſet halt nit mehr an / ich will deſſenthalben ſchon ein - ſtellen.
Vor Zeiten bey den Roͤmern hat man pflegen dem Braͤutigam zu zuſchreyen / ſis Cajus, ſeye du Cajus, der Braut deſtgleichen / ſis Caja, ſeye du Caja, jetzt iſt zwar der Brauch abkommen / aber Cajus vnd Caja regieren dannoch noch / dann es iſt das ewige Cajen im Hauß / wo iſt groͤſſere Keyerey als bey einem boͤſen Weib?
In dem Koͤnigreich Boͤhmen iſt ein Jungfrau geweſt mit Namen Domka, welche auff ein Viertl Stund weit hat koͤnnen ein gemaͤſte Kuhe tragen auff ihren Achſeln / laß mir das[e]in ſtarckes Weib ſeyn; aber ein manche arme Haut vnd Ehe-Weib muß noch mehrer tragen vnd uͤber -Gen. c. 2. tragen / abſonderlich wann ſie ein gifftigen vnd zornigen Mann hat. Die H. Schrifft ſagt / GOtt der HErꝛ bilde den Menſchen von Staub der Erden / vnd diß war der Adam, vnd Gott der HErꝛ bauete auß der Rippen / die er von Adam genohmen / ein Weib / iſt demnach Adam gebildet worden / vnd die Eva gebauet / nennt alſo GOtt ſelbſt / das Weib ein Gebaͤu: gleichwie nun ein Gebaͤu vil Regen / Wind / Hagl / Donner / Schauer / Schnee ꝛc. leyden muß / alſo auch nit weniger ein Weib vil außſte - hen / forderiſt wann ſie einen Schlegl-Leuter zu einem Mann bekombt; der gecroͤnte Harpffeniſt David ver - gleicht ein Weib einem Weinſtock an der Mauer deß Hauß / nun iſt es allwiſſentlich / daß dergleichen Wein - ſtoͤck gemeiniglich vmb Schutzwillen wegen der boͤſen Bu - ben mit Doͤrner vnd Dorn-Stauden vmbfangen ſeyn / alſo iſt auch ein Weib von den Doͤrnern der Truͤbſahl ſel - ten frey / vnd gleichwie kein Roſen ohne Doͤrner / alſo ſelten auch ein Roſina ohne Doͤrner der Muͤheſeeligkeit. Es41Vngluͤckſeeliger EheſtandEs hat Samſon vnder Weegs ein ſolche Courachse ge - zaigt / daß ſich hoͤchſt daruͤber zuverwundern / in deme er einen wilden Loͤwen angetroffen / vnd denſelben gluͤcklich erwuͤrget hat / in der Ruckkehr fande er den todten Loͤwen noch / vnd vermerckt zugleich in deſſen todten Rachen ei - nen Hoͤnig-Fladen / nach welchen er nit allein die FingerJudie. 14. geſchleckt / ſondern auch darvon ein zimbliche Portion ſei - ner Liebſten Dalilæ nach Hauß getragen; wo find man jetzo ſolche Maͤnner / die ſich alſo manierlich gegen ihren Weibern zeigen / daß wol / an ſtatt Hoͤnigs tragen ſie offt bitrere Gall nach Hauß / vnnd weiſen einen ſolchen ohn - maͤſſigen Zorn / daß kein Wunder / wann nachmal hier - uͤber deß Weibs ſonſt veſte Gedult wurmſtichig wird.
Es hat GOtt der HErꝛ vnder andern dem Hebræi - ſchen Volck diſes Gebort geben / daß alles / was Maͤnnli - ches Geſchlecht / ſoll dreymal im Jahr nacher Jeruſalem gehen / vnd alldar in dem Tempel Gottes erſcheinen / war -Exod. 34. umb daß Gott nicht ebenmaͤſſig den Weibern anbefoh - len / daß ſie diſe Kirchfahrt ſollen verrichten? etliche Leh - rer ſeynd der Auſſag / als habe der Allmaͤchtige Gott deſ - ſenthalben keinen Befehl an die Weiber laſſen ergehen / weil er wol wuſte / daß das Weibliche Geſchlecht ohne daß der Andacht ergeben / vnnd alſo freymuͤthig nach dem Tempel wurden kommen / die Maͤnner aber / welche gar offt ein ſo guten Magen haben / daß ſie ein gantz Monath ohne Gebert koͤnnen leben / haben deß ſcharpffen Decrets vonnoͤthen gehabt: andere glauben / es habe Gott nit wol - len / daß die Weiber ſollen nacher Jeruſalem raiſen / ſon - dern vilmehr zu Hauß bleiben / dann diſem Geſchlecht nichts beſſer anſtaͤndig / als die Einſambkeit / deſſentwegen die Weiber an dem Zunahmen allezeit ein In tragen / Bettlerin / Baͤuerin / Burgerin / Doctorin / Graͤfin /FFuͤr -42Der Eltern deß Judæ.Fuͤrſtin / ꝛc. zuzeigen / daß ſie in das Hauß gehoͤren; auch tragen ſie gleichfoͤrmig den Titul Frauenzimmer / wor - durch ſattſam erwiſen wird / daß ſie auff Schnecken Art ſollen zu Hauß bleiben: widrigen fals muͤſſe man den Namẽ aͤndern / vn̄ an ſtat Frauen-Zimmer / Frauen GaſſenOleaſt. ſetzen / vor allen aber dunckt mich / daß derenthalben der guͤtigiſte Gott nit habe diß Gebott denen Weibern gege - ben / weil Gott ſahe / daß der Weeg nacher Jeruſalem ſehr weit / vnd alſo ſolche Raiß fuͤr die ſchwache Weibs - Bilder etwas zu ſchwaͤr wurde fallen / darumben mit ih - nen diſpenſiret auß Mitleyden; vnd wolte hiermit der Allmaͤchtige Gott ein Ermahnung geben / wie man ein Mitleyden tragen ſolte mit den Weibern / ihnen in vilen Sachen etwas uͤberſehen. Dem aber folgen vil Maͤnner nit nach / ſondern tractiren ihre Ehe-Gatten auff Dio - cletianiſche Manier / gedencken nit / daß Joſeph in der Flucht nacher Egypten ſeye zu Fuß gangen / ſein Liebſte Geſpons aber Mariam auff dem Eſel reitten laſſen / zuzei - gen / daß man mit den Weibern ſoll glimpfflich vmbge -Luc. 13. hen / aber bey manchen verwirꝛten Kopff hafftet ſolche Ermahnung wenig / vnd ſagt zwar das Evangelium / ein Weib ſoll mit dem Sauerteig vmbgehen / mancher ar - mer Troͤpffin gehet es ſo ſauer gnug / vnd hat bey ihr das Jahr nit mehr als drey hundert fuͤnff vnd ſechtzig ſauere Taͤg.
Wie Gott der HErꝛ wolte den Job ſtellen zu einem Exempel vnd Exemplar / zu einem Form vnd Formular aller Sanfftmuth vnd Gedult / hat er den boͤſem Feind als einem Sucher vnd Verſucher der Menſchen zu ſich ge - ruffen / ihn folgends angeredt / waiſt du was? Meiney - diger Engel / ich hab einen Menſchen auff Erden / der heiſt Job / vnd verdient ein groß Lob / den wirſt du auff keinWeiß43Ungluͤckſeeliger EheſtandWeiß in die wenigſte Vngedult ziehen / probiers / nimme ihm Kinder vnd Rinder / nimb ihm Hauß vnd Schmauß / nimb ihm Geld vnd Zelt / nimb ihm Gut vnd Blut / nimbJob. c. 2. v. 6. ihm Thron vnd Reputation, wirſt dannoch nichts rich - ten / nimb ihm alles / außgenommen ſein Seel laß mit Ruhe. Cloſſa ſagt / daß Gott durch die Seel nit verſtan - den habe / die Seel im Leib / dann ſelbige der boͤſe Feind hat verſucht vnd attaquirt / ſondern vnder dem Namen Seel hab er deß Jobs Frau verſtanden / dahero geſchehen / daß der boͤſe Feind dem Job alles vnd alles hinweg geraufft / außgenohmen ſein Weib / der hat er den geringeſten Schaden nit zugefuͤgt / da ſcheinet es handgreifflich / daß vil Maͤnner aͤrger ſeynd als der Teuffel / zumahlen diſer Gottes Befehl in dem Fahl nachkommen / dem Weib ver - ſchont / aber die Maͤnner haben ein ernſthafftes Gebott / ſie ſollen ihre Weiber lieben / wie Chriſtus die Kirchen / ſollen ihnen nichts layds thun / vnd dannoch folgen ſie dem wenig nach / zeigen ſich ſchlimmer / als der Sathan iſt.
Wie GOtt der Allmaͤchtige die Erden erſchaffen / vnd auß der Erden den Adam / auch denſelbigen geſetzt zu einem Welt-Regenten / hat er wahr genommen / daß diſer gantz allein / vnd deſtwegen ſchier etwas Melancholiſch / demnach ihme auß ſeiner Rippen ein Weib erſchaffen / welche aber bald mit ihren ohnbehutſamen vmbgaffen derGen. 3. Schlangen ein ſchaͤdliche Audientz geben / vnd hernach den Adam in ein ſolche Waͤſch gebracht / woran wir noch zu truͤcknen / gleich nach ſolcher geuͤbter Ohnthat / ſteigt der Allmaͤchtige herunder / vnnd nach gegebenen ſcharpffen Verweiß machte er diſem paar Ehe-Volck Kleyder von Schaaf-Fehlen / vnd Laͤmbl-Haͤut / der Zeiten zehlet man wenig dergleichen Eheſtand / worinn beede in Lämbl-Håut ſtecken / es geſchicht oͤffter / daß ſie zwar vnder einem ſolchen Laͤmbl-Futter ſtecket / er aber der Mann in einer Loͤwen -F 2Haut /44der Elteern deß Judæ.Haut / als der den gantzen Tag kein gutes Wort nit hoͤ - ren laſt / ſondern ſetzt in ſeinem Calender lauter Finſter - nuß / auff ſeinen Baumen wachſen nichts als Ohrfeigen / in ſeinen Haͤnden find man nichts als Schlag-Uhren / vn - der ſeinen Speiſen find man nichts als Geſtoͤſſens / auff ſeinem Herdt find man nichts als Pruͤgl / in ſeiner Karten ſeynd nichts als Baſtoni / in ſeinem A. B. C. iſt nichts als r. r. r. r. ꝛc. Es ſagt die H. Schrifft / der Mann ſeye das Haupt deß Weibs / nun weiß ich ſchon / daß der Weiber ihr mehriſte Kranckheiten nit beſtehen in Waſſerſucht / Schwindſucht / Gelbſucht ꝛc. Sondern in Haupt Wehe / das Haupt thut ihnen zum oͤffterſten weh: O was iſt es fuͤr ein Elend / ein zornigen Mann haben!
Ihr Tummbs-Hiern / ihr Wetter-Haan / ihr Ti - ger-Bruet / ihr Piffels-Arth / ihr Schlegl-Zweig / ihr Am - boß-Bruͤder / ihr Kolbenſpitzer / ihr Aeſthobler / ihr Hack -Prov. 27. ſtoͤck / ihr Loͤwens Gemuͤther / ja Ira in ſinu ſtulti requie - ſcit, ihr vnſinnige Narren / ihr furioſiſche Narren / ihr wil - de Narren / ihr tolle Narren / ihr wuͤttende Narren / ihr Werff-Narren / ihr Schlag-Narren / ihr Stoß-Narren / ihr Hau-Narren / ihr Schelt-Narren / ihr Schrey-Narren / ꝛc. was Nutzen ſchoͤpfft ihr auß euern vngezahmten Zorn.
Einer hat einmahl ein wunderſeltzamen Schuß ge - than / diſer gienge zur kuͤhlen Abends-Zeit mit keinem ande - ren Geſpann als mit der geſpannten Flincken ſpatzieren / war ein Student / bey dem ohne daß die Freyheit vnder die freyen Kuͤnſten gezehlt wird / diſer hat auff einmal ei - nen Haſen / ein Fiſch / vnd ein Vogel geſchoſſen / einer war auff der Erd / der ander in Lufft / der dritte in Waſſer / iſt alſo vil ſolche drey in einem Schuß zutreffen / es hat ſich aber alſo zugetragen / da er neben dem Waſſer gangen / er - ſihet er vngefehr auff dem andern Gſtatt jenſeits deß Waſ - ſers einen Haaſen ligen / nach welchem er ohn Verzug ge -zihlt45Ungluͤckſeeliger Eheſtandzihlt vnd geſchoſſen / vnder waͤhrendem Schuß aber iſt ein Fiſch im Waſſer auffgeſprungen / den hat er zugleich ge - troffen / vnd gleich damahlen iſt ein Schwalm auff dem Waſſer geflodert / die hat er auch getroffen / vnd forderiſt jenſeits deß Teichs hat er den Haaſen erlegt / alſo wunder - lich auff einmal drey getroffen / ꝛc. Einem Zornigen be - gegnet diß wol oͤffter / aber gereicht ihm ſolches zu keinem Gluͤck / daß er drey auff einmal trifft / dann erſtlich mit ſeinem ohnbaͤndigen Zorn trifft er GOtt / vnd belaydiget den Allerhoͤchſten / er trifft den Naͤchſten / an welchem er den Zorn außgieſſet / er trifft ſich ſelbſt / weil er ihm hier - durch ſelbſt an Leib vnd Seel den groͤſten Schaden zufuͤ - get / iſt alſo der Zorn gleichſam ein Lantzen mit drey Spi - tzen / wormit der Abſalon ermordt worden.
Erſtlich trifft ein Zorniger ſeinen Gott / als der in ſei -Matth. 11. ner Schul kein andere Lection hat auffgeben / als diſcite à me, quia mitis ſum & humilis corde: Lehrnet von mir / der ich ſanfftmuͤthig vnd demuͤthig bin.
Es iſt die gebenedeyte Jungfrau Maria deſſentwe - gen mit dem gerechten Joſeph vermaͤhlet worden / damit ſie an ihren ehrlichen Nahmen den wenigſten Schaden nit leyde / dann ſo fern ſie ein Kind gebohren haͤtte ohne Vermaͤhlung / waͤre ſie zweiffels ohne in ein boͤſes Ge - ſchrey gerathen / zumahlen ohne das der Hebræer Pfnudt - Goſchen voll waren der Gaͤchwoͤrter / Rachwoͤrter / Schmachwoͤrter / der Urſachen halber hat GOtt ihr zu - geſellet ein reiniſten Geſponß / damit ſelbiger ſolle ſein ein Deck-Mantel ihrer Jungfraͤulichen Ehren / wie nun ſol - che durch Uberſchattung deß H. Geiſts empfangen / vnd bereits ihr reiniſter Leib zu wachſen ſcheinte / vnd ſolches der Joſeph wahrgenommen / dem dazumahl die Geiſtliche Gehaimnuſſen noch verborgen / hat er ſich dannoch in we -F 3nigſten46Der Eltern deß Judæ.nigſten daruͤber nit erzuͤrnet / da doch ein anderer in ſol - chen Fall in ohnglaubigen Zorn waͤre gerathen / ſondern er hat bey ſich ſelbſten beſchloſſen / diſe ſchwangere Ge -Matth. 1. ſponß in der Gehaime vnnd Stille von ſich zu ſchicken / voluit occultè dimittere eam, daß aber diſer gerechtiſte Joſeph von der geringſten Ohngedult nicht iſt angriffen worden / ruͤhret dahero / ſpricht der H. Joannes Chryſoſt.Joann. Chryſ. Hom. 4. in Matth. weil nemblich der Athem Mariæ der reiniſten Jung - frauen ihn zum oͤfftern anhauchte / welcher Athem von dem Lamb Gottes / ſo in ihrem vnbefleckten Leib verſchloſ - ſen war / alle Sanfftmuth / wie ein Schwamm das Waſ - ſer an ſich gezogen / deſſentwegen am Stammen deß Creu - tzes Gall zu trincken ſich gewaigert / & cum guſtâſſet, noluit bibere, dann er nit wolte zulaſſen / daß einige Gall oder Bitterkeit ſoll in ihm ſeyn / ſondern er begehrte den Nahm zu behalten eines ſuͤſſeſten JEſu; treffen dahero vnd belaydigen GOtt alle die jenige / welche voller GallExod. 7. ſtecken / welche vor Zorn gleich Blutroth werden / wie die Waͤſſer in Egypten von dem geringſten Straich deßDaniel. 2. Aaronis Ruthen; es belaydigen GOtt alle die jenige / welche ſeynd wie die Statua deß Koͤnigs Nabuchodono -Gen. 40. ſor, ſo von dem kleineſten Stainl zu trimmern gangen; es belaydigen GOtt alle die jenige / welche ſeynd wie der Pharao in Egypten / der ſeinen Mund Becken wegen ei - nes einigen Sand-Koͤrnl / ſo er in Brodt gefunden / hat laſſen auffhencken; es belaydigen GOtt alle die jenige / ſo da ſeynd wie das gluͤende Eyſen / welches von dem ge - ringeſten Tropffen Waſſer zupfupfetzen pflegt; es belay - digen Gott alle die jenige / welche ſeynd wie die Juden - Kerſchen / welche / da man ſie nur anruͤhret / bitter wer - den; es belaydigen Gott alle die jenige / welche ſeynd wie ein geladene Buͤchſen / ſo man ſelbige nur antaſtet vnd kuͤtz - let / gleich loß gehet vnd Feur gibt; es belaydigen GOttalle47Vngluͤckſeeliger Eheſtandalle die jenige / welche ſeynd wie ein Spiegl / wann man ſelbige nur ein wenig anhauchet / ſo macht er gleich ein fin - ſters Geſicht; es belaydigen Gott all die jenige / welche ſeynd wie ein Orgl / die man kaum darff ein wenig tupf - fen / ſo ſchreyts gleich; es belaydigen Gott all die jenige / welche ſeynd wie ein Fluͤß-Pappier / wan man mit der Feder auff daſſelbe nur ein kleines Tuͤpffel macht / ſo brait es ſich weiß nit wie auß; es belaydigen Gott all die jenige / welche ſeynd wie ein Schlag-Vhr / ſo man in derſelben nur ein kleines Zaͤpffel auffhebt / ſo fangen alle Raͤder an zu - lauffen vnd raffeln. Es belaydigen GOtt alle die jenige / welche da ſeynd wie die Gockel-Haanen / ſo diſe nur ein ei - niges Haber-Koͤrnl in Miſt finden / ſo fangen ſie an zu - ſchreyen / daß es das gantze Gefluͤglwerch hoͤret.
Bekannt iſt jene Geſchicht zu Antwerpen / allwo ein Kauffmann geweſt / der wegen ſeines haͤuffigen Guts nit wenig ſtoltzierte / dann gemainiglich auff vil einnehmen / folgt uͤbernehmen / vnd auff vil uͤbernehmen kombt das Ab - nehmen / vnd tragt das vermehrte Geld gar offt kein ge - wiſſere Laſchi als Stoltzheit; diſer auffgeblaſſene Han - dels-Mann begehrte eineſt von einem beruͤhmten Mahler / er wolle ihn vermoͤg ſeines bekannten Pembſel abmahlen / es ſoll das gleichende Controfee nach Wunſch bezahlt werden / der Mahler ſparte auff ſolche gegebene Verhaiſ - ſung weder Kunſt noch Arbeit / ſondern fuͤhrte die Abbil - dung alſo koͤſtlich vnd kuͤnſtlich / als waͤr es mit dem Ori - ginal ein Bluts-Verwandter Zwilling / vnnd begunten ſchier die todten Farben dem Bild ein Leben anſtreichen / wo nit einſtreichen; alſo zwar / daß mancher darvor ver - weilte mit ohnbeſonnenen Gedancken / es wurde reden / nach dem es dann der Mahler alſo verfertiget / vnd auff ge - gebene Parolla die dreyſſig Thaller begehrte / ſchuͤtlet der Kauffmann hieruͤber den Kopff / vnnd waigert auff alleWeiß48Der Eltern deß Judæ.Weiß / kaum die helfft diſes Preyß zuzahlen / geht nach Hauß / vnd laſſet dem Mahler das Bild / diſer Mahler aber ein ſchlauher Geſell begehrt die Schmach zu rechnen / ſetzt ſich derohalben nider / vnnd ſteckt mit geſchwinden Pembſel gedachtes Controfee in ein groſſe / groſſe gefuͤt - terte vnd mit Schellen wol beſpickte Narren-Kappen / hengt es alsdann neben andern Bildern zum Gewoͤlb her - auß / ſolches / weil es allen erkandtlich / lockte herzu ein Maͤnge der Leut / die dann ein ohngeſtuͤmmes Gelaͤchter erhebten / vnd ſagte einer / wie lang es ſey / daß ſich diſer in die Rarren-Zech habe einverleibt: der andere verwundert ſich / daß der Kauffmann ſein Kopff mit Narren-Geleut ver - ſehen / wie die Schleſinger vnd Ober-Steyriſche Fuhr - leut ihre Pferdt / der dritte ſagte Spottweiß / es muͤſſe der Herꝛ ſein Kopff einmal an das Narren-Haͤußl geſtoſ - ſen haben / daß ihm ſolche Tippel auffgefahren / ſolches Geſchrey wachſte der Geſtalten / daß es auch dem Kauff - mann durch vertraute Leut zu Ohren kommen / welcher alſobald dem Mahler zugeeilt / nach Begehren das Geld erlegt / aber er koͤnte diſe Schmach vnnd Spott in kein Vergeſſenheit ſtellen / weil ihm ſein eigene Bildnuß alſo beſchimpfft worden.
Waiſt du nun Menſch / wer du biſt? wann es dir vnnd deiner ſchlipfferigen Gedaͤchtnuß entfallen / ſo be - ſchaue das erſte Blat der H. Schrifft / allwo dir vndanck - baren Geſchoͤpff die Erſchaffung der Welt / wie auch die eigentliche Beſchreibung deines erſten Stammen-Hauß wird vor Augen kommen / vnd dir fein weiſen / dirs ver - weiſen / vnd dich vnderweiſen / wie daß dich der guͤtigiſte GOtt / vermoͤg ſeiner Allmacht / erſchaffen habe zu ſeinem Eben-Bild / du biſt demnach mein Menſch ein warhaff - tes Contrafee Gottes / an deme weder Kunſt noch Gunſt geſparret / du biſt ein edles vnd ſchoͤnes Bild / du haſt ei -nen49Vngluͤckſeeliger Eheſtandnen Willen vnd der iſt frey / du haſt ein Gedaͤchtnuß / vnd die iſt merckſamb / du haſt einen Verſtand / vnd der iſt er - leucht / du haſt ein Seel / vnd die iſt vnſterblich / du lebeſt mit den Thieren / du wachſeſt mit den Baumen / du ver - ſteheſt mit den Engeln / du trutzeſt mit allen Geſchoͤpff / Sonn vnd Monn ſeynd weniger als du / Golt vnd Sil - ber ſeynd weniger als du / Himmel vnd Erd ſeynd weni - ger als du; du haſt etwas vom Feuer / du haſt etwas vom Lufft / du haſt etwas vom Waſſer / du haſt etwas von der Erden / du haſt etwas von den Thieren / du haſt etwas von den Englen / du haſt etwas von GOtt / du biſt ein Innhalt aller Geſchoͤpff / du biſt ein Maiſter-Stuck der Goͤttlichen Handen / du erkenneſt das Gute / vnd vnder - ſchaideſt das Boͤſe / du verwirffeſt das ſchlechte / vnnd vmbfangeſt das gerechte / du denckeſt an das vergange - ne / du erwoͤgeſt das gegenwertige / du betrachteſt das kuͤnfftige / ꝛc. du mit einem Wort Menſch / biſt das ſchoͤnſte vnd edleſte Eben-Bild vnd Contrafee Gottes / vnd ſchameſt dich nit? du dich nit? diſem anſehlichen E - ben-Bild ein ſpoͤttliche Narren-Kappen auffzuſetzen / wel - ches da geſchicht durch den Zorn. Dann ſolcher den Men - ſchen Verſtandloß machet / vnd von freyen Stucken der Narren-Schaar zugeſellet / ſchaue du nur wie der Zorni - ge außſihet! er funcklet mit den Augen / daß er kondt dar - mit ein Stroh-Tach anzuͤnden / er wacklet mit dem Kopff / als haͤt er die Fraiß im Hirn / er faimbt mit dem Maul / wie ein Maͤſt-Schwein / er blecket die Zaͤhn / wie ein Ketten - Hund / er kuͤrret mit der Stimm wie ein verdorbener Diſcantiſt / er wuͤtt mit den Haͤnden wie ein toller Marx - Bruder / es ſtehen ihm die Haar / wie ein Storchen-Neſt auff ein Thurn / er reiſt ſein Maul auff / wie der Fiſch gegen dem Tobias / er zaigt ein Geſicht / als waͤre er beym Teuffel ins Bad gangen / er tobt wie ein Panther-Thier /Gvnd50Der Eltern deß Judæ.vnd ſihet mit einem Wort auß / als wie ein vnſinniger Narꝛ / haiſt daß nicht dem edleſten Eben-Bild ein ſpoͤttli - che Narren-Kappen auffſetzen? haift daß nit Gott belay - digen?
Zur Zeiten Petri deß Apoſtels hat ein Hund geredt / als welchem der H. Apoſtel befohlen / er ſolle den Simon Magum zu ſich ruffen / welchem Befehl der Hund alſobald Gehorſam gelaiſt / in das Hauß hinein geloffen / vnd mitJoann. à Bohro. in Vita. Menſchlicher Stimm geſchrien / Simon du ſolſt zum Petro kommen / er verlangt mit dir zureden. Den H. Mamma hat ein bruͤllender Loͤw angeredt mit diſen Worten: Willkomm O frommer DienerBolland. tom. 2. in Cant. Gottes / du biſt ein Wohn-Platz deß H. Geiſtes. Bey der Marter deß H. Charalampij hat ein Roß geredt / vnd denen tyranniſchen Henckers-Knechten ein groſſen Vorweiß geben / vmb weilen ſie den gerechten Mann alſoTrithem. in Chron. verfolgten. Anno 1097. hat in Sachſen ein Ochs geredt / vnd mit Menſchlicher Stimm zu einem Hirten dreymalIn act. SS. MM. geſagt / gehe hin die Chriſten werden Jeruſalem erobern. Bey der Begraͤbnuß Coſmæ vnd DamianiFerrar. in Cathalog. SS 29. Janu. hat ein Cammel geredt / vnd vmbſtaͤndig gezeigt / wohin die H. Leiber ſollen gelegt werden. Den H. Julianum, da er noch ein muthwilliger Welt-Menſch war / hat ein Hirſch angeredt / vnnd ihme mit Menſchlicher Stimm kuͤnfftige Begebenheit angedeut. Den H. SeverinumBolland. in act. hat ein Laͤmbl angeredt / vnd ſich beklagt / daß ers nit mit ſich uͤber das Waſſer nimbt. Den H. Macarium hatIn vita PP. ein Drach angeredt. Zur Zeiten aber deß Propheten Ba - laam hat ein Eſelin geredet / vnd iſt ſich gleichwol nit ſo faſt uͤber die Eſelin / als uͤber den Propheten zuverwundern. Balac der Moabiter Koͤnig ſchickt nach dem Propheten Balaam einige Geſandten / mit verſprechen einer zimblichenSum -51Vngluͤckſeeliger EheſtandSumma Gelds / er wolle doch kommen / vnnd uͤber das Volck Iſrael einen Fluch faͤhlen / Geld richt nun alles in der Welt. Der Balaam ſattlet die Eſelin / vnd reittet al ſo auff diſem langohrigen Poſt-Klepper darvon / kombt in einen engen Weeg / allwo die Eſelin auff kein Weiß wolte weiter gehen / der Prophet wird etwas vngedultigs / vnd ſchlagt ſie / ohngeacht auch diſes / wolte ſie nit fortge - hen / auß Vrſachen weil ſie einen Engel ſahe mit bloſſen Schwerdt / der ihr den Paß verſtelte / ſchlagt demnach das andertemal / vnd verdopplet die Puͤff / endlich falt die arme Troͤpffin gar zu Boden / wordurch ſie etwann dem guten Balaam die Knieſcheiben an ein Kißl-Stein geriben / auff ſolches wurde er alſo zornig / daß ers zum drittenmal der - maſſen geſchlagen / daß ihr die Haut geſtaubt / worauff diß Thier mit Gottes Behuͤlff angefangen mit Menſchli -Num. 22. cap. cher Stimm zureden: Warumb ſchlagſt du mich zum drittenmal? Auff ſolches Wunder haͤtte der Prophet ſollen gleichſamb am gantzen Leib erſtarren / haͤtt ſollen an Haͤnden vnnd Fuͤſſen zitteren / haͤtt ſol - len die Haͤnd gehn Himmel heben / vnnd ſprechen: O GOtt / O GOtt was iſt diß! das iſt ein Werck deß Allerhoͤchſten / oder deß boͤſen Feinds Anſchlag / wann mich ſolt ein Eſelin / oder Kuhe auff der Gaſſen an - reden / ich fiele vor Schroͤcken in ein Ohnmacht / oder ich erbleichte / als wann ich waͤr von weiſſen Wachs poſſterd / oder ich lauffte weiter / als jemand durch ein Klaffterlan - ges Perſpectiv ſehen kan / ein Eſelin redet? vmb Gottes Willen / was iſt das fuͤr ein Meer-Wunder! ohngeacht aber alles diſes / erſchrickt der Prophet nit / ſondern gibt der Eſelin noch Antwort auff ihr warumb / darumb:Paoleti. Dom. 3. Advent. darumb ſchlag ich dich / weil du es verdient haſt / vnd haſt deinen Spott mit mir getriben /G 2wolte52der Elteren deß Judæ.wolte Gott ich haͤtte ein Schwerdt / ich wolte dich gar erwuͤrgẽ. Darauff die Eſelin noch weiter mit der Klag fortgefahren / bin ich dann nit dein Thier / darauff du auff den heutigen Tag geritten? ſag an / hab ich dir einmal deßgleichen gethan? nie - mahlen ſagt er / ꝛc. Fuͤhrte alſo diſer Prophet ein gan - tzen Zanck mit der Eſelin / die ihme auff alles geantwort / vnd hat ſich dannoch er daruͤber nit entruͤſt / welches hoͤchſt zuverwundern / es war aber die Vrſach / weil er alſo zor - nig / daß er nicht recht bey Verſtand war / er hat vor Zorn nit gewuſt / was er thut / er war halt damahlen ein vn - ſinniger Narꝛ / vnd da ſihet man augenſcheinlich / daß der Zorn einen ins Narren-Quartier loſſierer / vnd der Menſch - lichen Vernunfft beraubet / pfui! haiſt daß nit Gott be - laydigen / vnd ſein ſchoͤneſtes Controfee auff ſolche Weiß ſpoͤttlich beſchimpffen? das Meer iſt zwar allezeit bitter / vnd alſo macht es gar ſelten ein ſuͤſſes Geſicht / doch aber / ſo es recht erzuͤrnet iſt / zeigt es ſich faſt vnſinnig / dann wann die Sonn / diſer Fuͤrſt der Geſtirn / ſich hinder ein ſchwartzen Vorhang der Wolcken verhuͤllet / wann Nord - Wind / Oſt-Wind / Weſt-Wind vnd Sud-Wind mit vollen Backen anfangen zublaſen / wann das helle Mit - tag-Liecht mit einem traurigen Klag-Mantel wird uͤber - zogen / da fangen die Wellen deß Meers ſich alſo auffzu - baumen / als wolten ſie gegen den Wolcken ein Duell fuͤhren / da fangt diſes naſſe Element ein ſolchen fcurigen Zorn zuzeigen / daß man ein augenſcheinliche Vigil deß Todts vor Augen ſihet / dazumahlen iſt nichts anderſt zu - hoͤren / als ein erbaͤrmliches Geroͤß der wuͤttenden Wel - len / da iſt nichts anderſt zu ſehen / als ein Modell vnd Ab - riß deß Juͤngſten Tags / man hoͤret / ſihet vnd empfindet nichts anderſt / als ein erſchroͤckliches braſſeln vnnd raſ -ſeln /53Vngluͤckſeeliger Eheſtandſeln / ſauſen vnd brauſen / ſchlagen vnd plagen / brummen vnd ſummen / reiben vnd treiben / zwingen vnd tringen ꝛc. Vnd was mehr dißfals in Acht zunehmen / iſt / daß / wann das Meer zornig iſt / ſo wirfft es allen Vnflat von ſich an das Geſtatt hinauß / allerley ſtinckendes Aaß / vnd Ohn - ſauberkeit / daß es einem den Magen auff Speyr einladet. Fætida vomit.
Ein Zorniger iſt dem Meer dißfals nit ohngleich / dann / ſo man ihn auff die geringeſte Weiß belaydiget / zum Exempel: die Koͤchin verbrennt den Brein / der Diener zertrimmert das Glaß / die Kinder ſingen ein uͤblen Trip - pel / die Frau redet ihm ein / er wolle doch den Leuten nit alſo leichtglaubig trauen / vnd all das ſeinige auff die ver - lohrne Wacht legen ꝛc. Da fangt er nit anderſt an / als wie das Meer zuwuͤtten / wuͤtten vnd toben / toben vnd ſchreyen / ſchreyen vnd kolleren / kolleren vnd raaſen / als haͤtten ihm die Ohren-Huͤller in das Hirn eingebrochen / als haͤtt er ein Tigerthier fuͤr ein Saug-Ammel gehabt / als haͤtt er in einem Faß den Berg herab ein oͤffteren kehrumb gemacht / gantz ohnſinnig / vnd was das Gottloſiſte iſt ſo wirfft er nit ohngleich dem Meer allerley Ohnflat herauß / allerley Schmach-Woͤrtern / allerley Schelt-Woͤrter / allerley Laſter-Woͤrter / allerley Fluch-Woͤrter / allerley Stich-Woͤrter / allerley Schimpff-Woͤrter / allerley Spott-Woͤrter / ja er haſplet gantze Legionen Teuffel auß dem Maul / als haͤtte ihms ein hoͤlliſche Furien hin - ein geſponnen / fætida vomit, vnd haiſt daß nicht GOtt treffen / vnd Gott belaydigen?
Jener Edlmann auß Schleſien hat es erfahren / wieStengel. tom. 3. der Zorn ohnſinnige Narren macht / da er einsmals auß Zorn / weil ihm kein Gaſt zum Panquet erſchinen / die Teuffel in der Hoͤll zu Gaſt geladen / welche dann ohnver - zuͤglich erſchinen / das Hauß alſo eingenommen / daß esG 3noch54Der Elteren deß Judæ.noch heutiges Tags wegen ſolcher Geſpenſten ohnbewohn - lich / vnd hat ſich mit harter Muͤhe der Edlmann ſambt den ſeinigen reterirt.
Jener Herodes hat es erfahren / daß der Zorn ohn - ſinnige Narren außbruͤtet / in dem er einen ſtarcken Zorn gefaſt uͤber die drey Koͤnigen / nachmals ſolchen außgelaſ - ſen an den vnſchuldigen Kindern / worunder auch ſein ei - genes Soͤhnlein / dahero der jenige nit ohnweißlich geredt / der da lieber wolte ſeyn deß Herodis Sau als Sohn.
Jener Matthias Corvinus Koͤnig in Hungarn hat es erfahren / daß der Zorn ohnſinnige Narren machet / in dem er wegen Abgang der Feigen ſich alſo erzuͤrnt / daß er das Taͤller mit Zaͤhnen zerbiſſen / vnd daruͤber von Gwalt Gottes getroffen worden.
Jener Spiller zu Bononien hat es erfahren / daß der Zorn vnſinnige Narren ſchnuͤtzlet / als ſolcher ein ſtaͤtes Vngluͤck in Spillen geſpuͤrt / hat er ſich alſo erzuͤrnt / daß er im Grimmen ein Stein ergriffen / denſelben Gottslaͤ - ſterlich an ein Bildnuß der Mutter Gottes geworffen / von welchem Wurff das haͤfftige Blut herauß gefloſſen.
Jener Xerxes hat es erfahren / daß der Zorn ohnſin - nige Narren zuͤglet / in dem er ſich uͤber das Meer alſo er - zuͤrnt / vmb weil er kein Brucken konte ſchlagen / daß er von freyen Stucken das Meer mit Ruthenſtraichen / vnd etliche Fuß-Eiſen in ſelbiges werffen / vnnd dreyhundert Maultaſchen verſetzen laſſen. O Narr!
Jener Cajus Caligula hat es erfahren / daß der Zorn ohnſinnige Narren machet / in dem diſer Kayſer Vorha - bens ware auff einen beſtimbten Tag dem geſambten Volck mit abſonderlichen Pomp ein Schau-Spil zuhalten / daß aber denſelbigen Tag lauter Regen vnnd Vngewitter war / iſt er alſo erzuͤrnt worden / daß er gantz grißgrim - mig gegen Himmel geſchaut / vnd mit frecher Stimm denGott55Vngluͤckſeeliger EheſtandGott Jupiter zu einem Duell herauß gefordert / du Gott; ſagte er / biſt ein redlicher Kerl / ſo woͤhre dich meiner / ja wurde alſo ohnſinnig / daß er allen ſeinen Soldaten anbe - fohlen / ſie ſollen vnverzuͤglich die Pfeil gegen dem mißguͤn - ſtigen Himmel abſchieſſen / welches dann auch geſchehen / vnd haben alle die jenige / deren ein zimbliche Anzahl / wel - chen die herab fallende Pfeil blutige Koͤpff gemacht / er - kennet / daß ihr Kayſer geſchoſſen ſeye.
Jener Cavalier bey Rudolpho dem Anderten hat esEnglgrav. erfahren / daß deß Zorns Vnderthanen ohnſinnige Narren ſeyn / als ſolcher Ambt halber dem Kayſer Morgen fruhe das Waſſer brachte zum waſchen / ihme aber der Teckel von dem Cryſtallinen Glaß vngefehr entfallen / hat er ſich der Geſtalten erzuͤrnt / daß er auch das Glaß mit Fury zur Erden geworffen / ſprechend / hat der Teuffel den Sat - tel / ſo nehm er auch das Roß / welches Cryſtallene Ge - ſchirꝛ auff 400. Reichsthaller geſchaͤtz worden.
Jener hat es erfahren / daß der Zorn vnſinnige Nar - ren gebaͤhret / als er in ſeinem Garten auff einen Baum geſtigen / in willens etliche Fruͤchten herab zu ſchuͤttlen / da er aber faſt nichts darauff gefunden / hat er ſich alſo er - zuͤrnet / daß er uͤberlaut geſchryen / du verfluchter Baum wilſt keine Aepffel tragen / ſo trag Schelm vnd Dieb / er war dazumahlen ſelber darauff.
Jener hat es erfahren / daß der Zorn nichts als ohn - ſinnige Narren bringet / als er wegen eines eintzigen Schimpff-Worts / ſo ſeiner Ehr ſchaͤdlich ſcheinte / ſich dermaſſen erzuͤrnet / daß er mit dem Kopff gewaltthaͤtig an ein Thuͤr gerennt / vnd weil dieſelbige ohne das alt vnd wurmſtichig / alſo mit dem harten Schedl ſie leicht durch - brochen / in dem er aber wegen der ſchaͤdlichen Schifer den Kopff nit mehr kunte zuruck ziehen vnd biß zur Ankunfft deß Barbierers in diſem Narren-Arreſt verweilen muſte /hat56Der Eltern deß Judæ.hat er endlich ſelbſt / ob zwar voll der Schmertzen / ſich deß Lachens nit enthalten koͤnnen / in Erachtung / daß ihme ſein naͤrriſcher Zorn einen ſolchen hiltzenen Kragen ange - legt / der da beſſer geſtaͤrckt war / als die Kres zu Nuͤren - berg.
Jener Handelsmann zu Wienn hats erfahren / daß der Zorn vnſinnige Narren fail hat / als er wegen eines einigen Fahler / den er in der Speiß vermerckt / ſich alſo er - zuͤrnt / daß er alle Schuͤſſel vnnd Taͤller hinder die Thuͤr geworffen / da ſolches der Gewoͤlb-Bueb erſehen / ſagt er / Herꝛ! haͤtt ich das gewiſt / ſo haͤtt ich hinder der Thuͤr auffgedecket.
Jener Vatter hats erfahren zu Freyburg in Meiſ - ſen / daß der Zorn vnſinnige Narren-Schellen auffſetzet / da er ſich uͤber ſeinen halßſtaͤrrigen Sohn alſo erzuͤrnt / welcher zu ihm zu gehen ſich waigerte / daß er gewunſchen hat / du vermaledeytes Kind / ich wolt / du muͤſſeſt dein Lebenlang dort ſtehen / worauff alsbald durch Goͤttliche Zulaſſung geſchehen / daß der Sohn nit mehr konte vom Orth gehen / ſondern ſein Lebenlang dort verbleiben / wie man dann noch die vertieffte Fußſtapffen in dem hiltzenen Boden alldorten zaiget.
So bleibt dann klar vnnd wahr / daß der Zorn dem Menſchen das edleſte Kleinod entziehet / welches iſt der Verſtand / vnd hefftet alſo ſpoͤttlich an das Goͤttliche E - ben-Bild die Narren-Kappen / welches ohne allen Zweif - fel den mildeſten GOtt hoͤchſt belaydiget.
Was das Feuer diſes freßgierige Element / fuͤr Scha - den der Welt habe zugefuͤgt / wird es nicht leicht ein Fe - der ſattſamb entwerffen / die Brunſt vnder dem vnmenſch - lichen Kayſer Nero zu Rom hat ſiben gantzer Tag ge -Georg. Prin. wehret. Anno 1476 iſt Franckenburg durch das Feuer alſo zugericht worden / daß kaum ein Orth uͤbergebliben /wo57Vngluͤckſeeliger Eheſtand.wo ein Schwalm konte niſten. Anno 1086. ſeynd zu Delpht tauſend zweyhundert ſchoͤneſte Haͤuſer in Aſchen gelegt worden. Anno 1407. iſt Stockholm in Schweden gantz verbrunnen / worinn auch uͤber die anderthalb tau - ſend Perſohnen gebliben. Durch das angeſteckte Feur Kayſers Friderici Barbaroſſæ iſt die ſchoͤneſte Stadt Mayland voͤllig verbrennt worden / jene ſtattliche Bru - cken / welche Kayſer Carolus Magnus ohnweit MaintzChronic. Philipp. uͤber den Rhein in zehen Jahren mit vnglaublichen Vnko - ſten kaum verfertiget / iſt innerhalb drey Stunden in Aſchen gelegen. Paſſau / Crackau / Glockau / Moſcau / Breßlau ꝛc. haben noch in der Gedaͤchtnuß / was Scha - den ſie von Feuer empfangen / aber ſo man es recht erwoͤ - get / wird man handgreifflich finden / daß durch das Feur deß Zorns weit groͤſſers Vbel ſeye verurſachet worden / zumahlen der Zorn nichts anderſt iſt / als ein Entzuͤndung deß Gebluͤts bey dem Hertzen / dahero kombt das Sprich - wort / ſo jemand gantz erzuͤrnet / es ſeye ſchon Feur im Tach / diſes Feuer hat von Anbeginn der Welt biß auff diſe gegenwertige eiſene Zeiten ſo groſſen Schaden verur - ſachet / daß es auch gantze Fluͤß der Zaͤher nit gnugſam koͤnnen beweinen: zur Zeit deß halßſtarrigen Pharaonis ſeynd durch die wunderthaͤtige Ruthen deß Aarons alle Fluͤß / alle Baͤch / alle Teucht / alle Ciſtern / alle Bruͤnn in lauter Blut verkehrt worden; wann man das Blut ſolle ſehen / welches Anno Chriſti 66. der Zorn deß Kay - ſers Nero vergoſſen. An. 93. der Zorn deß Kayſers Do - mitiani vergoſſen. An. 100. der Zorn deß Kayſers Adria - ni vergoſſen. An. 164. der Zorn Kayſers Marci Aurelij vergoſſen. An. 204. der Zorn Kayſers Severi. An. 237. der Zorn deß Kayſers Maximini. An. 254. der Zorn Kayſers Decij. An. 361. der Zorn Kayſers Gallieni. An. 368. der Zorn Kayſers Juliani vergoſſen ꝛc. WannHman58Der Eltern deß Judæ.man das Blut ſoll ſehen / welches der Zorn der Wenden / der Arianer, der Saracener, vnd anderer vnzahlbarer Feind der Kirchen vergoſſen haben / zumahlen die erſte dreyhun - dert Jahr nach Chriſto fuͤnff Millionen der Martyrer gezehlt worden / vnd biß auff vnſere Zeiten in die eilff Mil - lionen die Anzahl ſolcher Blut-Zeugen geſtigen; wann man das Blut ſoll ſehen / welches die ohnzahlbare Krieg in der Welt vergoſſen / wann man endlich das Blut ſoll ſehen / welches der Zorn durch Vatter / Mutter / Bruder / Schweſter / Freund vnd Feinds-Handen vergoſſen / durch ſo vilfaͤltige grauſame Mordthaten / ſo wurde der gantze Erd-Boden gar leicht mit demſelben / wie zur Zeiten Noe mit dem Suͤndfluß uͤberſchwembt ſeyn. O du verdambter Zorn! du biſt ein Moͤrder der Gemuͤther / du biſt ein Zer - trenner deß Fridens / du biſt ein Gifft deß Lebens / du biſt ein Kupler deß Todts / du biſt ein Tiger deß Menſchlichen Bluts / du biſt ein Brut der Hoͤllen / du biſt ein Rauber deß Verſtands / du biſt ein Zunder deß Zwyſpalts / du biſt ein Schul der Narꝛheit / du biſt ein Weeg deß Verder - bens / du biſt ein Porten alles Vnheyls.
Die Hebrærer ſeynd gleichwol mit ihrer Viehiſcher Grauſamkeit nit ſo weit gerathen / daß ſie das Vnderkleid Chriſti haͤtten zertrennt oder zertheilt / ſondern daſſelbige gantz gelaſſen / wie es dan̄ noch heutiges Tags zu Trier mit hoͤchſter Andacht verehrt wird / aber du tyranniſcher Zorn / zertrenneſt taͤglich / ja ſtuͤndlich das Kleid Chriſti / welches da iſt die Einigkeit vnder den Chriſten. Mir ſiehen die Haar ge - gen Berg / vnd geſtocken gleichſam alle Bluts-Tropffen in Leib / wann ich gedenck an daß jenige Tiger (dann den Nahmen eines Menſchen er nicht verdienet) welcher ohn - gefehr ſeinen Feind angetroffen / denſelben grimmig zu Boden geworffen / den ſcharpffen Dolch an das Hertz ge -Venet. ſetzt / mit diſem trohenden Zuſatz / der Todt iſt dir gewiß /ſo59Vngluͤckſeeliger Eheſtandſo fern du aber Gott vnd die allerheiligſte Dreyſaltigkeit verlaugneſt / ſo ſoll dir das Leben geſchenekt ſeyn / der elen - de Tropff auß Forcht deß vor Augen ſchwebenden Todts / mit der getroͤſter Hoffnung / er wol es nachmal durch ein heylſame Beicht wider außloͤſchen / verlaugnet Gott ſambt allen Heiligen / worauff ihm der andere geſchwind mit dem Dolch das Hertz durchbohrt / bey ſich ſelbſten frolockend / daß er ihm nit allein das zeitliche / ſondern auch das ewi - ge Leben benohmen / O Gott!
Dem David iſt es nit wol angeſtanden / wie er den Harniſch deß Sauls angelegt / da er ſolt wider den vngeheu - ren großgrindigen Goliath ſtreitten / ſondern er beklagte / wie daß er ſich ſo gar in den Harniſch nit kan ſchicken / auch ſtehe ihm ſolcher nit wol an; alſo auch du mein Chriſt / der du durch das Blut deß ſanffmuͤthigſten Lamb Gottes gewaſchen / gedencke vor allen / daß es dir gar nit wol anſtehe / ſo du wegen einer geringen Sachen ſo ge - ſchwind in Harniſch kombſt / vnd dich erzuͤrneſt / welcher Zorn Gott den HErꝛn belaydiget / deinen Naͤchſten vnd dich ſelbſten / weil du hierdurch ſelbſten dir den Sententz der ewigen Verdambnuß faͤhleſt / vnd du ohngezaͤmbteſt Tiger ſolcher Geſtalten nit verlangeſt am Juͤngſten Tag von dem ewigen Richter geſtellt zuwerden vnder die Schaaf ſeiner Außerwoͤhlten.
Obgedachter Koͤnig in Iſrael hat auff ein Zeit gantz inbruͤnſtig zu Gott geſeufftzet in ſeinem 30. Pſal. 10. verſ. Pſal. 30.Conturbatus eſt in ira oculus meus, anima mea, & venter meus. Erbarme dich meiner O HErꝛ / dann ich werde geaͤngſtiget / mein Aug iſt durch den Zorn betruͤbt / darzu mein Seel vnd mein Bauch. Diß iſt das erſte ſo ich hoͤr / der David hatte das Bauchwehe / vnd lamentirte deßhalben nit wenig /H 2ſetzte60Der Eltern deß Judæ.ſetzte auch die Vrſach / daß ein ſolches Vbel von Zorn her - geruͤhrt / da ſihet man den ſauberen Nutzen deß Zorns / der nit allein der Seelen hoͤchſt ſchaͤdlich / ſondern auch be - ſchwaͤrliche Leibs-Preß verurſacht / Senertus ſchreibt / daß / wann ein Zorniger eſſe vnd trinck / ſo ſeye diß ihme hoͤchſt ſchaͤdlich / dann damahlen die Speiß in dem Magen cor - rumpirt wird / vnd nachmals lauter Gifft dem Leib ver - urſachet; was fuͤr ein Elend iſt es / wann einer / wie ein außgezogener Froſch im Beth liget / wann er krumpe Fin - ger machet / wie ein Schuſter Knaipp / wann ihm die Ba - cken ſchlampen wie die Schroͤdt-Beutel / wann er die Armb gantz ſafftloß / krafftloß / hafftloß haͤngen laſt / wann er / wie Duck-Aenden mit dem Kopff wacklet / wann er ſichVentus eſt Ira peſti - lens, ho - minis in - teriora de - paſcens. zuſammen kruͤmpt wie ein Taſchen-Meſſer / wanns ihme in Bauch ſchneidt / als haͤtte er junge Feder-Fechter darin̄ / wann er den gantzen Tag pfeifft wie ein Erd-Zeiſel / wann er gantze Nacht jugetzt wie ein junger Wolff / wann er ſich mit Lumpen vnd Fetzen einfaͤtſchet / wie die Ziggeuner - Kinder / wann ihm die Gall in alle Glider marſchiret / ja endlich die bluͤende Jahr der vnverhoffte Todt abſchneid: wer iſt daran ſchuldig / als allein der ohnbaͤndige Zorn?
Abſonderlich iſt der Zorn ein Gifft deß Eheſtands / was Truͤbſahl dann empfindet nit ein Weib / die ſolchen zornigen Mann leyden muß / welcher wegen deß geringe - ſten Wuͤrml mit dem Jona erzuͤrnet / in einem ſolchen Hauß haiſt es nachmals willkomm Elend! a dio Einig - keit! herein Vnfrid / key dich fort Lieb.
In Vnder-Oeſterreich iſt ein Marck-Flecken mit Na -Aventinus lib. 5. an - nal. Bojor. men Grein / allwo das gefaͤhrlichſte Orth fuͤr die Schiff - Leut / ſo jemand auff dem Waſſer nacher Oeſterreich zu raiſen Vorhabens iſt / jaget ihm kein Orth mehrer Forcht ein als Grein. Das Weiber Geſchlecht tragt forderiſt darvon ein Abſcheuen / vnd ſo man nun deſſen wenigſteMel -61Ungluͤckſeeliger EheſtandMeldung thut / zitteren ſie wie ein ſchweinene Sultz / bin ſelbſt einsmals durch diſes gefaͤhrliche Orth gefahren / vnd ware auch auff dem Schiff ein reicher Rabbiner oder Jud / welcher / kan es mit Gewiſſen beteuren / ſich ob dem Orth alſo entſetzt / daß er gleich andern Chriſten das Creutz-Zai - chen gemacht / ich lachte diſe ſaubere Monſtrantzen ohne Heiligthumb auß / vnd verſicherte ihn beynebens / wie daß er nit werde erſauffen / auß Vrſach / was an Galgen gehoͤrt / findet in der Donau kein Grab: gedachtes Orth iſt gefaͤhrlich wegen deß Strudels / wie auch nit weniger wegen deß Wuͤrbels oder Keſſels / ſo gantze Schiff zuſchli - cken maͤchtig iſt / es hatte vor diſem den Namen Pœno - ſtonos, alldar mitten in trohendem Waſſer Wellen ſtehet empor ein hocher Fels / anjetzo mit einem Crucifix gezeich - net / an welchem Orth der Teuffel in ſichtbarer Geſtalt eines Mohren dem vorbeyfahrenden Kayſer Heinrich dem Dritten / vnd Brunoni dem Wuͤrtzburgiſchen Biſchoff er - ſchinen / auch nach vilen Troh-Woͤrtern wider verſchwun - den ꝛc. Mit einem Wort / bey Grein iſt ein uͤbles Orth / aber verſichere euch Eheleuth / Greinen Greinen vnd ein zanckiſch Leben fuͤhren / haltet nit weniger Vbel in ſich / dann wo das vilfaͤltige Greinen iſt / dort erkaltet die Lieb / dort wacklet die Treu / dort verſchwindt die Einig - keit / dort verſauret das Gemuͤth / dort ſchimplet die Red - lichkeit / dort mauſet die Wirthſchafft / dort gaumetzt die Kuchl / dort zerlexet der Keller / dort trauet die Stuben / dort pfnottet die Cammer / dort verwelcken die Mittel / dort ſchlipffern die Kinder / dort rutſchen die Menſcher / dort fallen die Diener / dort leydet das Gewiſſen / dort verdorꝛet die Geſundheit / dort zertrimmert die Gotts - Forcht / dort iſt der Teuffel gar bey Grein.
Wie Chriſtus der HErꝛ ſeine Apoſtel außgeſandt /H 3hat62Der Eltern deß Judæ.Luc. c. 10.hat er ihnen ernſthafft verbotten neben andern / ſie ſollen keine Stecken noch Staͤb mit ſich nehmen; ich frage aber wie werden ſie uͤber die Graͤben ſpringen / HErꝛ? wie wer - den ſie ſich vor den boͤſen Ketten Hunden deſendiren / HErꝛ? vnd wann der Weeg Berg auff iſt / ſo muß ja der Stecken ein hoͤltzene Vorſpann abgeben / HErꝛ? ohn - geacht alles diſes / verbietet der Gebenedeyte HErꝛ denen Apoſteln die Stecken / vmb weilen dieſelbe ſeynd ein Sinn - Bild vnd Zaichen deß ſchlagens vnd ſtoͤſſens: hat dahero diſer Goͤttliche Maiſter / ſo gar denen Apoſteln die noth - wendige Stecken verbortten; wie vil mehr ſeynd euch ver - botten zornige Maͤnner die ohnnoͤhige Pruͤgl mit denen ihr wider alles Gewiſſen euere von Gott gegebene Ehe - Gatten / alſo ſchmaͤhlich tractiret / hoͤrt ihr / vnd ſchreibt es auff euere Thuͤren / zeichnet es auff euere Taffel / regi - ſtriret es in eure Hand-Buͤchl / was harten Spruch nit ich / nit ein Cicero, nit ein Xenophon, nit ein Cato, nit ein anderer Haydniſcher Philoſophus, ſondern ein groſ - ſer H. Lehrer Joan. Chryſoſt. ſagt: daß ein ſolcher Mann / kein Mann eigentlich zunennen / ſondern ein grauſame Beſtia, ja fuͤr ein Todtſchlaͤger vnd Moͤrder zuhalten.
Ihr Maͤnner habt endlich den Titul von Gott erhal - ten / daß ihr das Haupt genennt werdet. Vir caput eſt mulieris, demnach ſo haltet euch / wie es einem Haupt gebuͤhrt / muͤſt wiſſen / daß das Haupt eines jedwedern Menſchen uͤber das Hirn zwey Haͤutl hat / deren eines ge -Pia Mater Dura Ma - ter. nennt wird von denen Medicis die harte Mutter / das an - dere die ſanffte Mutter / das Haͤutel Namens ſanffte Mutter iſt weiter von dem Hirn / als das andere / vnd ſo man das Haͤutl ſanffte Mutter verletzet / muß der Menſch ohnfehlbar ſterben / zeigt deſtwegen die Natur ſelbſten / daß die harte Mutter ſoll weit von den Menſchen ſeyn / die Sanfftmuth aber nahet / dann Sanfftmuth macht allesgut.63Vngluͤckſeeliger Eheſtandgut. Wie vnſer HErꝛ vnd Heyland bey der VngeſtuͤmmeMatth. 8. deß Meers in dem Schiffel geſchlaffen / ſagen etliche Leh - rer / daß er nit habe recht geſchlaffen / ſondern nur die Au - gen zugeſchloſſen / damit er nit ſehe die Kleinmuͤtigkeit ſei - ner Apoſteln: deßgleichen auch ihr Maͤnner / wann ihr ſchon einige Maͤngel vnd Faͤhler ſpuͤret in euren Weibern / muͤſt ihr auch zu weilen ein Aug zuthun / vnd nit gleich mit Schaͤrpffe verfahren. Die Weiber ſeynd ſonſt gena - turt / wie das Kraut / mit Namen Baſilicum, wann man di - ſes gemach vnd ſanfft ſtreichet / ſo gibt es uͤberauß einen lieblichen Geruch von ſich / da man es aber ſtarck reibet / ſtinckt es gar wild. Es ſcheint nichts vngereimbters / als wann die Maͤnner ſeynd wie der Eſau / der gar rauch vnd grob war; ihr Maͤnner koͤnnet euch wol ſpieglen an je - nem / was ſich bey dem H. Grab gleich nach der Vrſtaͤnd Chriſti hat zugetragen / allwo der gebenedeyte JEſus der Magdalenæ vnd den zweyen andern Frauen-Zimmer einMarc. c. 16. Befehl geben / ſie ſollen eilfertig ſich zu den Apoſteln bege - ben / vnd ihnen andeuten / daß er ſeye Siegreich / Freuden - reich / vnd Glorreich von Todten aufferſtanden / forderiſt aber vnd vor allen ſollen ſie diſe troſtreiche Aviſa vnd Zei - tung dem Peter bringen / dicite diſcipulis & Petro. Warumb daß der HErꝛ hat wollen / daß diſe drey from - me Weiber abſonderlich dem Petro diſe Freudenvolle Zei - tung ſollen ankuͤnden? Darumb / es wuſte Chriſtus der HErꝛ / daß Petrus nunmehr ein Ertz-Feind der Weiber / vnd ihme vorgenohmen die Zeit ſeines Lebens mit keinem Raabensweib mehr zureden / auß Vrſach / weil er durch der gleich Gefluͤgelwerch zu Hof in Mainaydigkeit vnd groͤſter Vngelegenheit gerathen / damit demnach der Zwyſpalt zwiſchen dem Petro vnd den Weibern moͤchte geendet werden / vnd vorige Einigkeit verharren / hat Chriſtus wol - len / daß diſe Weiber dem Petro ſolche Freudenvolle Zei -tung64Der Eltern deß Judæ.tung brachten / auff daß durch ſolche gute Manier wider ein Vergleich geſchehe. Hat nun der gebenedeyte HErꝛ auff allerley Weiß geſucht die Einigkeit zupflantzen / den Zwyſpalt zu daͤmpffen / die Lieb einzufuͤhren / den Vnfri - den zuſtillen / vnder ſolchen Perſohnen / die einander nichts verwandt: wie vil mehr iſt ſein Goͤttlicher Will / daß die Eheleuth in ohnzertrennter Einigkeit forderſt ſollen leben vnd lieben. Wann demnach ſchon Patientia Gen. fœ - minini, ſo iſt ſie doch euch Maͤnner nit uͤbel anſtaͤndig; geſetzt / es widerfahrt euch daſſelbe / was den Propheten - Kindern zu Eliſæi Zeiten geſchehen / welche vermaint gu -4. Reg. c. 4. te vnd geſunde Kraͤuter zu klauben / vnd haben vnderdeſſen bittere Colloquinten ertappet / woruͤber ſie nachmahls krumpe Maͤuler gemacht / Mors in olla, vnd laut auffge - ſchryen: der Todt iſt in Topff: geſetzt ihr habet an ſtatt deß Biſam-Kraut ein Brenneſſel erdappt / da ihr gleichmaͤſſig ſchreyen koͤnt / Mors in olla, der Todt iſt in Topff / der Hencker halts beym Kopff / der Wurm iſt in Kopff / Gedult! geſetzt / es begegnet euch wie jenem Scri - benten / der mit ſondern Fleiß einen vornehmen Wappen - Briff abgeſchriben / endlich aber an ſtatt der Straͤh-Buͤch - ſen das Dinten-Faß erwiſcht / vnd alſo ein grobe Sau auffgehebt: geſetzt ihr habt nit mit geringer Auffmerck - ſamkeit euch geſucht ein frommes Regerl / habt aber an ſtatt der Regerl ein Rigl gefunden / der euch die gute Taͤg ſperret / Gedult.
Es hat David ebenmaͤſſig einen ſolchen ſtoltzen vnd boͤſen Haußrummel gehabt / die ihn auch gar einmahl vnder die Raupen - vnd Lotter-Bueben Burſch gezehlt / dannoch liſt man nit / daß er ſolchen Schmachwoͤrtern mit Ohn -2. Reg. c. 6. manier waͤre begegnet / dann es folgt nit / weil die Maͤn - ner von der Natur ein groͤbere Stimm ererbt / als die Weiber / daß ſie gleichfoͤrmig ſollen ſeyn in Gebaͤrden:Zuver -65Ungluͤckſeeliger EheſtandZu verwundern iſt uͤber jenigen / von deme Stengelius re -Stengel. de ovis paſch. giſtrieret / deſſen Weib ein verborgene Schmach zu rech - nen diſen Argliſt erdacht / es klagte als ſie groſſes Leibs war / daß ſie einen / ob zwar vngereimbten Luſt haͤtte / vnd dafern ſie ſelbigen nit konte buͤſſen / wurde ohnfehlbar die Leibsfrucht in Gefahr ſtehen / entdeckte endlich auff ſein viles Bitten / wie daß ſie ein Korb voll Ayr habe / vnd der Luſt treibe ſie alle dieſelbige ihm in das Geſicht zu werffen / der arme Narꝛ / damit er moͤchte groͤſſeres Ubel verhuͤten / ſetzet ſich gedultig nider / laſſet ſich von diſem ſchalckhaff - ten Weib dergeſtalten archibuſieren / wordurch das An - geſicht ein lauteres Ayren-Schmaltz außgeſehen / außge - nommen / daß dem Gimpel das Saltz gemanglet: Es wird endlich ſolche ſchier uͤbermaͤſſige Gedult nit erfor - dert bev euch Maͤnner / jedoch ein beſcheides vnd beſchaid - nes Uberſehen ſtehet offt nit uͤbel an / vnd da man doch die zu weilen uͤberlaͤſtige Faͤhler deß Weibs abſtraffen will / ſo muß man ſich erinneren / daß die Statt Jericho nichtJoſue. 6. mit Schieſſen vnd Stoͤſſen iſt erobert worden / ſondern mit lieblichen Poſaunen-Klang; Euch aber meine Wei - ber iſt ſehr nothwendig die Gedult; in dero abſonderlich beruͤhmt war die Mutter deß H. Vatters Auguſtini /Lib. 9. Confeſſ. c. 9. welche ihren harten / vngeſchliffenen vnd ohngeſtimmen Mann Patritium mit ihrer anarthigen Sanfftmuth al - ſo geſtillt / daß er gleichſamb auß einem Wolff / ein Laͤmbl worden / vnd alſo mit Chriſto faſt das Waſſer in WeinLib. 1. Reg. c. 25. v. 30. verwandlet. Es hat jenes beſcheide Weib mit Namen Abigail, wie die H. Schrifft bezeugt / einen Mann den Nabal, welcher ein grober Huyſchuß von Hauß auß war / laſt den dicken Rauſch außdaͤmpffen durch den Schlaff / alsdann erſt zu Morgens Fruhe mit manierlicher Be - ſchaidenheit ihme die Maͤngel vor Augen geſtellt / haͤtte ſie dem vollen Miſt-Stampff in ſeiner Trunckenheit etwasJzuge -66Der Eltern deß Judæ.zugeredt / haͤtt er ihr ohnfehlbar das Geſicht mit der Fauſt außgepeglet / iſt dahero ſehr nothwendig die Gedult; es wird auch ſo weit dem Weib erlaubt / daß ſie mit guten Fueg kan ein Simon im Hauß ſeyn / verſtehe ſie Mahn / nit ſie Mann / ſondern ſie mahn ihn den Mann zu wei - len wegen ſeiner Ohnform / die er in ſeinen Gebaͤrden hat / doch aber in allen muß die Freundlichkeit vnd Manier das Vbergewicht halten / ſonſt von vilen Katzen-Geſchrey fol - get ein Donner-Wetter / ſprechen die Natur-Kuͤndiger.
Der Koͤnig Saul war gar offt mit dem boͤſen Geiſt be - ſeſſen / weſſentwegen er getobt / vnd gewuͤtt / vnd ge - ſchryen / vnd geſprungen / vnd geſtampfft / vnd geheult / vnd bruͤlt / vnd kratzt / vnd geworffen / vnd geſchlagen / vnd geſtoſſen / als wann er ohnſinnig waͤre / vnd konte ihn kein einiger Menſch beſaͤnfftigen außgenohmen der David mit ſeiner wolgeſtimbten Harpffen vnd Cittern: ohnlaugbar iſt es / daß manches Weib einen Mann hat / der gleichſam gar offt die Stimm von einem Loͤwen / die Zung von einer Schlang / die Augen von einem Tiger / die Hand von Bee - ren hat / ſo iſt aber einer ſolchen Troͤpffin nichts rathſam - bers / als wann ſie mir dem David gute Saiten auffzie - het; ein Beer hat diſe Natur / wann man mu ihm ſchreyet vnd ihme trohet / ſo wird er wild / ſo man aber ihme pfeifft vnd ſchoͤn thut / ſo wird er gantz zahm / wie der Beer alſo der Bernhard / habts gehoͤrt ihr Weiber! es iſt ein Fiſch im Meer mit Namen Polypus, der haͤfft ſich alſo ſtarck an Felſen vnd Schroffen / daß ehe er ſich laſt mit Gewalt hinweg ziehen / ehe laſt er ſich in vilen Stucken zerreiſſen / wann man aber nur etliche Tropffen Oel auff ihn gieſſer / alsdann weichet er freymuͤthig / wie diſer Polypu alſo der Hippolytus, habts gehoͤrt Weiber! das Meer-Waſ - ſer iſt Befreund allen Saltzburgern / da man aber es in ein Geſchirꝛ weiſſes Wachs ſchuͤttet / wird es gantz ſuͤß /ſicut67Vngluͤckſeeliger Eheſtandſicut mare ita maritus; verſtehet ihr auch Lateiniſch Weiber? der Weinſtock bringt vil mehrer Frucht / wann man ihme die ohnnoͤthige Zweigel vnd Gſtraͤuſſel mit den Haͤnden abropfft vnd abzopfft / als wann mans mit dem ſcharpffen Meſſer abſchnaidet / wie der Weinſtock alſo der Weintrincker; habts gehoͤrt Weiber? der Barbierer / ſo er will ein Adern eroͤffnen / fahrt nit gleich mit der Lantzer darein / ſondern er ſtreicht / ſchmaichlet vnd liebkoſer vor - hero die Ader / alſo auch ihr Weiber mit guter vnnd glimpfflicher Manier werd ihr vil mehr außrichten; Ihr habt zweiffels ohne oͤffter geſehen / daß der boͤſen Bueben ihre Bruͤgel / ſo ſie in die Biern-Baumer werffen / offt daroben bleiben / kombt nun einer hernach / der den Baum ſchuͤttlet / wann er ſelben ſanfft ſchuͤttlet / ſo fallen Biern herunder / ſchuͤttlet er aber mit Ohngeſtimm / ſo fallt ihm der Bruͤgel auff den Kopff / waiß alſo nichts nothwendi - geres den Weibern zu rathen / als die Sanfftmuth vnd Gedult: Jene Frau / welche von ihrem Mann alſo hart vnd tyranniſch gehalten worden / daß er ſie gar in ein Ge -Moming. 155. Die Palm. woͤlb auch eingeſperꝛt / vnd allgemach vor Hunger ſter - ben laſſen / hatte gezaigt ein Lobwuͤrdige Gedult / zumah - len nach ihrem Todt die Ziegel-Stain / auff den ſie ihre Fuͤß gehaltẽ / in das klareſte Cryſtall ſeynd verkehrter gefun - den worden. Gedult demnach in allen! auch Gedult ihr Weiber / ſo ihr vil Schmach vnd Ubles an euren Kindern erlebet / es geſchicht nichts ohne den Goͤttlichen Willen / muͤſt aber wiſſen / daß ein fridſamer vnd geſegneter Ehe - ſtand ſelten mit boͤſen Kindern geſtrafft wird / dahero ich der ohnfehlbaren Mainung bin / es ſeye zwiſchen Ciborio vnd Ruben ein ſuͤndhaffter / ein ohnteuer / ein zanckiſcher vnd ohngeſegneter Eheſtand geweſen / zumahlen ſie ein ſolchen Ertz-Schalcken den Judam in die Welt gebracht.
ES laſſet ſich doch noch reden / das gemeine Sprich - wort / wie groͤſſer der Schelm / je beſſer das Gluͤck / zumahlen diſer Judas von den Meer-Wellen verſchont worden / vnd ſo ohnverhofft zu diſer Wuͤrde ge - langet / daß er als ein Koͤniglicher Printz iſt aufferzogen worden / den hat man in ein verguldte Wiegen gelegt / da ihme doch der Sautrog haͤtte ſollen die Herberg geben / den hat man in die zartiſte Windlein eingefaͤtſcht / da doch dem Ohnflat die Ziggeuner-Fetzen zu gut waren; den hat man mit Piſcotten-Koch geſpeiſet / da doch ein ſolche Go - ſchen die ſauere Ruben nit verdienet; den hat man auff Koͤniglichen Armben liebkoſet / da ihn doch der Hencker haͤtt ſollen einwiegen: den hat manche Adeliche Dama mit ihrer halb Engel-Stimm das aia pupeia zugeſungen / da doch dem kleinen Galgen-Vogl das Raaben-Geſchray ge - buͤhret haͤtte: vor dem hat man die tieffeſte Reverentz ge - ſchnitten / vnd ſchier halben Theil mit gebognen Knyen angebett / dem man ehender haͤtte ſollen den Daumb zwiſchen demzwey Finger weiſen; es wurde mittler Zeit wider alles Verhoffen die Koͤnigin deſſelbigen Orths in der Warheit groß Leibs / vnd nachmahlen ein jnniglichen ſchoͤnen Printzen auff die Welt gebracht / worauff dann wie billich vnd natuͤrlich alle ihre Liebs-Raigungen zu di - ſem holdſeeligen Kind gezihlet / vnd mittler weil die Affe - cten gegen dem Judam / als einem vnehrlichen Sohn ſiegantz69Namens Urſprung / Jugend vnd Untugend.gantz verlohren / dergeſtalten / daß die Koͤnigin ſambt der Hofſtatt ihren Printzen uͤber alles geliebt / den Judam aber halb vnd halb verehret / welches dann ſchon ein Zun - der war / ſo einen ohnloͤſchlichen Neyd hat angezuͤndt / es konte demnach Judas den Printzen mit keinem guten Aug anſchauen / ſondern kifflete ſtaͤts die Naͤgel ſeiner Finger / machte dermaſſen ſauere Geſichter / als waͤre Holtz-Apffel - Moſt ſein ordinari Trunck / er wurde gantz blaich vor Neyd / welcher ihm / wie ein Schlangen / das Hertz nagte / vnd plagte / vnd ſchlagte vnd zwagte; die Schwebel-Farb iſt ihm hauffenweiß auff die Wangen gefallen / der Neyd ſparte endlich ſein Gottloſes Gemuͤth dahin / daß er mit eigenen Haͤnden den Koͤniglichen Printzen ermordt / vnd ware diß ſchon ein Vortrab / daß er mit der Zeit / Gottes Sohn / werde zum Todt helffen. O Neyd / O Neyd.
Ein wunderlichen Traum hat jener ehrlicher Mann gehabt / welcher vor dem Schlaff Gewonheit halber pfleg - te mit abſonderlicher Auffmerckſamkeit zu leſen in einem Buch / vnd als ihme dazumahlen ohngefehr die Materi vor Augen kommen von jetzigem verruckten Welt-Lauff / vnd nach langer Ableſung endlich ſanfft eingeſchlaffen / traumte ihm folgender Geſtalt.
Ich nahme meinen Weeg durch ein vornehme Stadt / wolte meine vorwitzige Augen auff die Wayd fuͤh - ren / vnd einige ſchoͤne / wie auch ſeltzame Sachen ſehen / damit ich nachmals in begebender Gelegenheit an gehoͤri - gen Orthen auch weiſen kunte / daß ich nit wie ein Bruet - Henn ſtaͤts zu Hauß gehockt / ſondern mir auch getraut frembdes Brodt zueſſen / mein erſter Gang war nach Hof / allda die Beſchaffenheit deß Pallaſts / die Tracht deß Adels / den Pomp deß Fuͤrſtens zuſehen / da ich mich dann naͤchſt der Hof-Porten befunden / ſeynd mir zwey groſſe Thier be - gegnet / dergleichen ich mein Leben Tag nit bin anſichtigJ 3worden;70Judæ Iſcariothis Zucht-Hauß /worden; eines war alſo Speckfaiſt / daß es mit ſeiner Wohl-Wampen faſt den Erd-Boden koͤhrte / das andere ware dergeſtalten duͤrꝛ / daß es ohne weitere Muͤhe dem Bain-Draͤxler vnder ſein Arbeit taugte / vnd weil ich ver - merckt / daß ſolche Thier / wie deß Balaams Eſelin reden konten / war ich ſo kuͤnn oder vilmehr frech / vnderſtund mich zufragen / wie es zu Hof hergehe / weil dann das Fai - ſte wegen uͤberhaͤuffigen Schmeer-Laſt vnd ſchnauffen nit konte reden / alſo gabe mir das Duͤrre / ob zwar ſelbiges Orth die Teutſche Sprach nit gebraͤuchlich / folgende Ant - wort:
Ach / ach / ach was wirſt du fuͤr Wunder Ding zu Hof ſehen.
Du wirdſt zu Hof ſehen lauter Fechter / aber nur ſol - che / die da uͤber die Schnur hauen.
Du wirſt zu Hof ſehen lauter Soldaten / aber nur ſolche / die Partheyen / oder ich hab gefaͤhlt / Parthitereyen wiſſen zufuͤhren.
Du wirſt zu Hof ſehen lauter Moͤſner / aber nur ſolche / die mit der Sau-Glocken leitten.
Du wirſt zu Hof ſehen lauter Fiſcher / aber nur ſol - che / die mit faulen Fiſchen vmbgehen.
Du wirſt zu Hof ſehen lauter Schneider / aber nur ſolche / die einem ſuchen die Ehr abzuſchneiden / vnd ein Schandflecken anzuhencken.
Du wirſt zu Hof ſehen lauter Kauffleuth / aber die nur mit Bernheiter-Zeig handlen.
Du wirſt zu Hof ſehen lauter Draͤxler / aber nur ſolche / die einem ſuchen ein Naſen zu draͤhen.
Du wirſt zu Hof ſehen lauter Hueter / aber nur ſolche / die vnder dem Huͤetel wiſſen maiſterlich zuſpillen.
Du wirſt zu Hof ſehen lauter Mahler / aber nur ſol - che / die einem was blaues fuͤr die Augen machen.
Du71Namens Urſprung / Jugend vnd Untugend.Du wirſt zu Hof ſehen lauter Fuhrleut / aber nur ſolche / die einen hinder das Liecht fuͤhren.
Du wirſt zu Hof ſehen lauter Bildhauer / aber nur ſolche / die einem das Maul machen.
Du wirſt zu Hof ſehen lauter Muſicanten / aber nur ſolche / die das Placebo ſingen.
Du wirſt zu Hof ſehen lauter Geiger / aber nur ſol - che / die einen zuſtimmen ſuchen.
Du wirſt zu Hof ſehen lauter Koͤch / aber nur ſolche / die einem die Suppen verſaltzen.
Du wirſt zu Hof ſehen lauter Schloſſer / aber nur ſolche / die einem wollen ein Rigel ſchieſſen.
Du wirſt zu Hof ſehen lauter Tiſchler / aber nur ſolche / die einem pflegen zuverleumbden.
Du wirſt zu Hof ſehen / daß alldort die Redlichkeit / wie der Palm-Eſel / welcher das Jahr nur einmal ans Liecht kombt.
Du wirſt zu Hof ſehen / daß man alldar mit den Wol-Meritirten vmbgehet / wie mit dem Nußbaum / zum Lohn / daß diſer Nuß tragt / wirfft man mit Pruͤgl darein.
Du wirſt zu Hof ſehen / daß alldort ſo vil Treu zu - finden wie vil Speck in den Juden Kuchlen.
Du wirſt zu Hof ſehen / daß man dort mit den Bedien - ten vmbgebet / wie mit den Lemonien / wann kein Safft mehr darinn / ſo wirfft man ſie hinder die Thuͤr.
Du wirſt zu Hof ſehen / daß alldorten die guten Freund ſeynd / wie die Stein auff dem Brett-Spill / wel - che nur den Namen Stein tragen / vnd ſeynd beynebens von Holtz.
Du wirſt zu Hof ſehen / daß man allda die Nackende beklaidet / aber nur die Warheit / dann dieſelbe bloſſer nicht darff erſcheinen.
Du wirſt zu Hof ſehen / daß man die Hungerige ſpeiſet / aber nur mit Worten.
Du72Judæ Iſcariothis Zucht-Hauß.Du wirſt zu Hof ſehen / daß es mitten im Sommer Eyß gefroren / dann allda das ſchluͤpffern vnd fallen gar zu gemein.
Du wirſt zu Hof ſehen / daß allda wenig Metall / aber vil Ertz / vil Ertz-Dieb / Ertz-Schelmen / Ertz-Betruͤ - ger ꝛc.
Du wirſt zu Hof ſehen / daß allda ſchlechte Suppen / aber vil Loͤfflerey.
Du wirſt zu Hof ſehen wenig Andacht / aber vil Ver - dacht.
Mit dergleichen langen Klag Regiſter thaͤte ſich das duͤrre Thier alſo abmatten / daß es mit der Sprach nit mehr fort konte / vnd hab ich mich abſonderlich ſehr ver - wundert uͤber die Wolredenheit diſes Thiers / daß es mit ſo annehmlichen Farben die Beſchaffenheit deſſelbigen Hofs entworffen: Weil ich aber auch einmahl auff dem Hof-Pflafter ein Blattern gangen / vnd mir alle Ding ohne das wol bekannt / alſo habe ich fernere Red von diß abgeſchnitten / vnd Wunder halber hab ich das Thier ge - fragt / auß was Urſachen es alſo zaunduͤrꝛ / entgegen aber das andere ſpeckfaiſt ſeye? worauff ich die Antwort er - halten / wie daß ſie beede die Hof-Tafel haben / vnd ich ſagte / das duͤrre iſt lauter Lieb / finde aber wenig bey Hof / daß ich ſchier Hunger ſtirb; das andere aber friſt lauter Neyd / vnd findet ſolchen Uberfluß / daß ihm ſchier der Bauch zerſchnellet vor Fuetter: Es war aber mein Traum noch nit auß; ſondern es hat mir ferners gedunckt / als begegnen mir zway Maͤnner auff der Gaſſen / vnd truge einer ein groſſen Sack uͤber die Achſeln / dergeſtalten an - gefuͤllt / daß ihme Samſon haͤtte ſollen hierzu die Achſeln leyhen / wormit er die Statt-Pforten hat getragen / der arme Tropff ſchwitzte vnder ſolchem Laſt / als kam er erſt auß der Bad-Wahn / ich foͤrchte augenblicklich / er wurdemit73Namens Urſprung / Jugend vnd Vntugend.mit dem Sack zu Boden ſincken / der Mainung war ich / es muͤſſe Trayd darinn ſeyn / wie in den Saͤcken der Bruͤ - der deß Joſephs / weil ich aber die Gewißheit nicht haͤtte / fragte ich / mit was dann der Sack ſeye angefuͤllt / er gab mir die Antwort / mit lauter Neyd ſeye er alſo angeſchop - pet; Der andere / ſo diſen beglaitte / tragte auch ein klei - nes Hebammen-Koͤrbl / mit rothen Leder uͤberzogen / an den Armben / welches zwar dem Schein nach voll ange - fuͤllt / aber ſo gering / daß mans leicht mit den Biſcotten oder Hollehipen konte woͤgen / vnd war nichts anders da - rinn / als lauter bruͤderliche Lieb: ich muſte doch das Orth wiſſen / wo diſe zway ſo vngleich auffgeladen / da zaigten ſie mir mit den Fingern auff ein gewiſſes Cloſter: Ich haͤtte noch ein weiteren Traum / vnd iſt mir geweſt / als waͤre ich auff einem Volckreichen Jahrmarckt / allwo vnder - ſchidliche Kauffmanns Huͤtten in hoͤltzerne Ordnung gar fein außgetheilter zuſehen / vnder andern kam mir vnder die Augen ein Huͤtten / in welcher ein bekannter Spital - Maiſter fail hatte / Wunder wegen wolt ich erfahren / was doch diſer fuͤr Handelſchafft fuͤhre / in deme ſeine Wah - ren / in lauter alte Spital-Lumpen eingewickelt / gar ſchlech - te Raritaͤten verſprochen / ſo bericht er mich / wie daß er lauter Neyd vnd Lieb verkauffe / wie theuer die Lieb? ſo ſagt er / die Ellen vmb 30. Reichsthaller / entgegen aber ſeye der Neyd vmb leichtern Werth / vnd uͤberſteige deſſen Preiß nit das jenige Tuch oder Loden / auß welchen die Croaten ihre Kepeneck machen / die Ellen vmb 8. Gro - ſchen. Gleich hierauff begegnete mir der Pedell von der Univerſitaͤt / mit zwey Buͤchern vnder den Armben / vnd war eins ſehr groß / alſo daß ich vermuthet / es muͤſte da - rinn deß groſſen Calepini Allabotritta von allerley Sprachen verfaſt ſeyn / das kleine Buͤchel ſcheinte ein Grammatic zuſeyn / ſo ich vermaint / daß ers den jun -Kgen74Judæ Iſcariothis Zucht-Hauß /gen Knaben vnd Soͤhnen nach Hauß trage / habe aber mehrmahlen die Warheit nit getroffen / dann in diſem kleinen Werckl war mit Fractur geſchriben / die Lieb vnder den Gelehrten / in dem groſſen Buch aber gantz eng ſchrifft - lich zuſammen getragen der Neyd vnder den Gelehrten; hierauff bin ich durch gar zu groſſes ſchreyen vnd klopffen der Dienſtbotten im Hauß erwacht / mein Mitgeſpann aber mir an ſtatt der Morgen Suppen ein wolgeſchliffe - nen Verweiß geben / daß ich auff Ratzen-Arth biß vmb 9. Uhr den Bolſter truckte / ſetzte auch hinzu / wie daß er kaum zwey Stund habe geſchlaffen / ſeye deſtwegen mir neydig vmb mein lange Ruhe / auff diſen Fruhe Filtz thaͤt ich meine Glider / bekenn die Schuld / durch ohngeberti - ges rantzen vnd ſtrecken in die Ordnung richten / vnd den Tag mit auffgeſperten Maul / als gewoͤhnlicher Faullentz - Poſaunen bewillkommen: nach dem waſchen aber gleich mit gebogenen Knyen / nach Gewonheit / mein Gebett ver - richt; der erſte Gedancken aber / ſo ſich damahlen hat ein - ſchleichender angemelt / war diſer / daß mir mein Mit - Cammerat neydig war vmb den Schlaff / wie auch der verlaut deß lang gehabten Traums nichts anders war als vom Neyd / deſthalben ich die Augen gen Himmel ge - wendt / vnd mit zuſammen geſchlagenen Haͤnden in diſe Seufftzer außgebrochen / Allmaͤchtiger Gott! ſo iſt dann kein Orth vnd Port: ſo iſt dann kein Land noch Stand / ſo iſt dann kein Erd noch Heerd / ſo iſt dann kein Zunfft / noch Zuſammenkunfft / ja oben vnd vnden / bey Krancken vnd Geſunden / vnden vnd oben / bey Adel vnd Groben / dorten vnd dar / in Geſellſchafft vnd Schaar / dar vnd dor - ten / in Wercken vnd Worten / iſt der verruchte Neyd.
Ich meines Theils gibe ſonſt dem Traum nicht leicht - lich einen Glauben / aber diſer Ehrlicher Mann / in deſſen Bueſen kein einige Falſchheit zu loſtren ſcheint / gibet mitſeinen75Namens Vrſprung / Jugend vnd Vntugend.ſeinen Traum-Geſicht die ſcheinbare vnd ohnlaugbare Warheit an Tag / ja gleich wie das Woͤrtl Neyd mit vier Buchſtaben geſchriben / wird alſo nit weniger vergifften diß hoͤlliſche Schlangen-Bruet die vier Theil der Welt:
Ich habs allezeit gehoͤrt / habs allzeit geleſen / habs allzeit geſchriben / habs allzeit geredt / daß diſem alſo ſeye / aber anjetzo vermercke ich / daß nit allzeit wie die Eltern / alſo die Kinder ſeyn / Adam ein guter Vatter / Cain ſein Sohn ein Ertz-Boͤßwicht; Noë der Vatter ein Heiliger / Cham ſein Sohn ein Heyloſer / Abraham der Vatter ein Gottſeeliger / iſmaël ſein Sohn ein Gottloſer / Iſaac der Vatter ein Engel / Eſau ſein Sohn ein Pengel / Jacob der Vatter ein Lambl / Ruben ſein Sohn ein Trampel / Da -K 2vid76Judæ Iſcariothis Zucht-Hauß /vid der Vatter ein Freund Gottes / Abſalon ſein Sohn ein Feind Gottes ꝛc. Ja ich weiß / vnd zaig ein Dama vor dero Schoͤnheit die Helena auß Griechenland ſich muß verkriechen. Ein Dama gegen dero Wolgeſtalt mit ſeinem Auffbutz der Fruͤhling zu ſpat kombt / ein Dama dero An - geſicht Sonnenklar ſcheinender als die Sonnen; ein Da - ma vor dero weiſſen Geſicht die Lilien ſchamroth werden / ein Dama vor dero Annehmlichkeit auß Wunder die Morgenroͤth erbleichen thut ꝛc. vnd dannoch diſe ſchoͤne außerwoͤhlte Dama hat ein Tochter an dero ein hauffen Ohnflat zuſehen / dann ſie iſt wild wie ein Miſt-Hauffen / ſchwartz wie ein Kohl-Hauffen / ohngeſchickt wie ein Scheitter-Hauffen / hartnaͤckig wie ein Stein-Hauffen / ohnrein wie ein Omaiß-Hauffen / ſchaͤdlich wie ein Scheer - Hauffen / garſtig wie ein Kort-Hauffen / ja wie der Teuf - fel ſelbſt; diſe ſchoͤnſte Dama iſt die Tugend / die Ehr / dieSim. Ma - jol. fol. 135. Wiſſenſchafft / ja alles Gutes / ihr Tochter aber / die ſie gebaͤhret / iſt der verdambte Neyd. In der Inſul Maltha gibt es keine Schlangen / in Sardinia gibt es keine Woͤlff / in Teutſchland gibt es keine Crocodill, in Tuſcia gibt es keine Raaben / in Heleſponto gibt es keine Hund / in Island gibt es nichts Gifftig / aber in der gantzen Welt iſtDan. c. 6. kein Orth / allwo es keinen Neyd gibt.
Daniel war bey Hof / vnd gar ein vornehmer Herꝛ bey Hof / ja er iſt ſo hoch geſtigen / daß er bey dem Koͤnig Darium alles vermoͤchte / es hat auch diſer Koͤnig nie beſ - ſer geſehen / als wie Daniel ſein Aug-Apffel ware / vnd gehet es bey einem Monarchen allzeit recht her / der ein ſol - che rechte Hand hat / wie da war der treue Daniel, nichts deſtoweniger hat endlich diſer fromme Miniſter erfahren / daß der Koͤnig auß dem beſten Wein der ſchaͤrpffiſte Eſſig worden / in dem er durch ohnmenſchliches Decretbefoh - len / den Daniel in die Loͤwen-Gruben zuwerffen / vnd mitſolchen77Namens Urſprung / Jugend vnd Untugend.ſolchen ſtattlichen Brocken die freßgierige Thier zuſaͤtti - gen / es war aber diſe Speiß zu gut fuͤr ſolche Gaͤſt: Nun ſihe ich dirs an der Stirn an / vnd kuͤtzlet dich der Vorwitz / zu wiſſen das Verbrechen / vnd die Ohnthat deß Daniels, etwann iſt er ſeinem Koͤnig nit Treu geweſt / dann ſonſt die Treu zu Hof gantz waͤhrhafft / vnd faſt noch Naglnen / weil mans gar ſelten brauchet? etwann hat er ſich mit Denari beſtechen laſſen / vnd nachmals Spadi wider ſei - nen eignen Koͤnig gebraucht / vnd deſtwegen das Spil ver - lohren? etwann hat er deß Koͤnigs Anſchlaͤg vnd reiffe Rathſchluß dem Gegentheil erdeckt / vnd alſo ſtraͤfflich auß der Schul geſchwaͤtzt? etwann iſt er mit den Koͤnig - lichen Renten vnd Geldern vmbgangen / wie der Wolff mit dem Schaaf theillen / diſer theilte ſechs Schaaf mit dem Hirten ſolcher Geſtalt / das erſte gehoͤrt mein / das an - dere gehoͤrt ſonſt dein / vnd nimbts auch zu ſich / das dritte gehoͤrt wider mein / das vierdte gehoͤrt ſonſt von rechts - wegen wider dein / nimbts aber mehrmahlen zu ſich / ꝛc. iſt demnach dem Hirten nichts uͤberbliben. Es iſt etwann der Daniel in ſeinen Hof-Dienſten ſchlaͤfferig geweſt / vnd ſich nur dazumahlen eingefunden / wann einige Charge vacirend worden? es hat etwann der Daniel gegen einer oder der andern Hof Dames ein freundliche Grobheit / oder gar ein grobe Freundlichkeit erzeigt? nichts dergleichen / gar nichts / der Daniel war ein rechter / ein gerechter / ein wolgeſchaffener / ein rechtſchaffener / ein wiſſenhaffter / ein gwißhaffter Miniſter bey Hof / kein ſchuldiger / ſon - dern ein ohnſchuldiger / kein ſtraͤfflicher / ſondern ohnſtraͤff - licher Diener / vnd noch darzu ein Prophet / vnd noch dar - zu ein Traum-Außleger / vnd noch darzu ein Chroniſt; wann dem alſo / was hat ihn dann in die tyranniſche Loͤ - wen-Gruben geſtuͤrtzt? frag nit lang / ein Hof-Hund hat ihn gebiſſen / ein Hof-Katz hat ihn gekratzt / ein Hof-PfeilK 3hat78Judæ Iſcariothis Zucht-Hauß /hat ihn getroffen / er hats Maul an einer Hof-Suppen verbrent / er hat den Kopff an einer Hof-Thuͤr angeſtoſſen! verſtehe es recht / der Neyd zu Hof vnder den Miniſtern vnd Hof-Herren hat ihn geſtuͤrtzt: ſo iſt es gangen Henrico Grafen von Hollſtein / bey dem Hof Eduardi deß Dritten / Koͤnig in Engelland / ſo iſt es gangen Belliſario dem groſ - ſen Kriegs-Fuͤrſten bey dem Hof deß Kayſers Juſtiniani; ſo iſt es gangen dem Ariſtidi / dem Scipioni / dem The - miſtocli, dem Tullio, dem Epaminondæ, dem Socra - ti, dem Pompeio, dem Iphicrati, dem Cononi, dem Chabriæ, daß ſeynd aber laute frembde Namen; ſo iſt es gangen vil Ferdinandis, Henricis, Rudolphis, Caſimi - ris, Philippis, Conradis, Wolffgangis &c. welche der verdambte Neyd ins Elend geſtuͤrtzt hat. O Neyd! O Neyd. Den Reyd findt ich ſchier auff dem Schlag / wie jener Baum: Es iſt einer geweſt / der ihme durch vilfaͤlti - ges Schaben vnd Graben ein zimblichen Sackvoll Duca - ten geſamblet / hatte aber deſſentwegen ſtaͤts ohnruhige Gedancken / auß Forcht / es moͤcht ihm einer ſolchen gulde - nen Schatz entfrembden / ja er traute in dem Fall weder dem Weib / vil weniger den Dienſtbotten / es gedunckten ihm alle Rigl vnd Schloͤſſer zu ſchwach / ſolche gelbe Ba - tzen zu huͤten / abſonderlich / ſo er Geſchaͤfft halber muſte abraiſen / konte er niemahlen ruhig ſchlaffen / wegen ſtaͤt - ter Sorgen / es moͤcht ihn diſer ſein guldener Innwohner das Quartier veraͤndern; erſinnet demnach andere Mit - tel / vnd nimbt auff einen gewiſſen Tag ſein mit Gold ge - fuͤlten Sack mit ſich / ſteigt in ſeinen groſſen Garten auff einen Baum / vnd weil ſelbiger zwiſchen zwey groſſen Ae - ſten etwas holl ware / verbuͤrgt er ſeinen goldſeeligen Schatz darein / voller Freuden / daß er ſelbigen alſo ſicher ſalviert, empfande auch in ſeinem Gemuͤth nunmehr ein begnuͤgten Ruheſtand / was geſchicht aber! Sein Nach -bar79Namens Urſprung / Jugrnd vnd Untugend.bar war ein armer vnd elender Tropff / der ſo vil Brodt - Eſſer / vnd kleine Burſch zu Hauß hat / daß ſie ſchier uͤber die Kinder Iſraël wachſeten / ja er hoͤrte von diſer lebendi - gen Orgl kein anderes Liedl / den gantzen Tag / als Paͤp - pen / Paͤppen / ꝛc. nit moͤglich war es ihme / das Haußwe - ſen laͤnger zu erſchwingen / forderiſt / weil die uͤberdruͤſſige Schulden-Forderer die Schnallen ſtaͤts in den Haͤuden hatten / vnd mit ſo vil Schuld-Scheinen auffgezogen / daß er ſich faſt getrauet alle Kauffleuth alldar mit Star - nitzlen zu verſehen; endlich haben ihn die verzweifflete Gedancken ſo kleinmuͤthig gemacht / daß er beſchloſſen / lie - ber zu ſterben / als ſolches Elend ferners außzuſtehen / nimbt zu diſem Zihl einen ſtarcken Strick / ſteigt in deß Nachbaren Garten ohnwiſſender auff denſelbigen Baum / in welchen der reiche Nachbar das Gold verborgen / faͤſſelt bereits den Strick vmb den Halß / wolte aber vorhero vmbſehen / ob er von jemand wurde wahrgenommen / in wehrenden vmbſchauen erblickt er den Sack Gelt in dem hollen Baum / ſchaͤtzt ihm ſolches fuͤr ein Goͤttliche Schi - ckung / erloͤſet alſobald den Halß von dem Arreſt / ſteigt ey - lends herab / bald hurtiger als Zachæus, vnd vergiſt vor Freuden den Strick auff dem Baum / danckte GOtt vmb diſes ohnverhoffte Gluͤck / wormit er ſein Hauß-Wuͤrth - ſchafft wider in den beſten Gang gebracht / nit lang nach diſem ſteigt obbenannter Geitz-Halß auff den Baum / in willens ſein guldenen Schatz ein Viſita zu geben / auch zugleich ſich mit deſſen Anblick zu ergoͤtzen / als er aber er - ſehen / daß die Voͤgel außgeflogen / war er dergeſtalten be - ſtuͤrtzt / daß er ſchier uͤber den Baum herunder gefallen / Ach / lamentierte er / ſo iſt dann hin / ſo iſt dann auß / ſo iſt dann weck das jenige / welches ich vil Jahr am Maul er - ſparꝛt habe / ach / was fang ich nunmehr an! wann ich nur ein Strick haͤtte / ſo wolt ich gleich damit mein vngluͤckſee -liges80Judæ Iſcariothis Zucht-Hauß /liges Leben enden / vnd wie er ſich vmbgeſchaut voll der Verzweifflung / ſihet er gleich neben ſeiner den Strick han - gen / welchen der andere vergeſſen / verweilt dahero nicht lang / ſondern mit dem Halß geſchwind in die Maͤſchen / vnd erhenckt ſich / hangte alſo diſes ſaubere Obſt an dem Baum / den kein anderer als der Hencker doͤrffte ſchuͤttlen. Ein wunderſeltzamer Baum iſt diſer geweſt / in deme er einem das Leben gebracht / dem anderen aber das Leben genommen / einem hat er auß der Noth geholffen / den an - deren hat er zum Todt gezogen / einen hat er auß dem E - lend errett / den anderen hat er in das Elend geſtuͤrtzt / ei - nem hat er das Hertz erfreuet / dem anderen hat er das Hertz abgeſtoſſen.
Auff gleichen Schlag tragt es ſich zu mit dem Ney - digen / als welchem deß Nechſten Gluͤck ihme ein Ungluͤck iſt / ja eines anderen ſein Seegen / iſt dem Neydigen ein Degen / der ihn verwundet; eines anderen ſein Hayl / iſt dem Neydigen ſein Sail / ſo ihn erdroßlet / eines anderen ſein Guet / iſt dem Neydigen ein Gluet / ſo ihn brennet; eines anderen ſein Wuͤrde / iſt dem Neydigen ein Buͤrde / vnder dero er ſchwitzet; eines anderen ſein Kunſt / iſt dem Neydigen ein Dunſt / ſo ihm die Augen peyniget / eines anderen ſein Doctrin / iſt dem Neydigen ein Ruin / ſo ihm ſchadet; eines anderen ſein Schatz / iſt dem Neydigen ein Katz / ſo ihn kratzet; eines anderen ſein Freud / iſt dem Neydigen ein Leyd / ſo ihme das Hertz quellet; eines an - deren ſein Hoͤhe / iſt dem Neydigen ein Wehe / ſo ihn pla - get; eines anderen ſein Grueß / iſt dem Neydigen ein Bueß / ſo ihn trucket; eines anderen ſein Schein / iſt dem Neydigen ein Peyn / ſo ihn ſchmertzet.
Saubere Bruͤder hat Joſeph gehabt / wann das Bruͤder ſeynd / ſo muß man die Haͤfen-Decken vnder die Credentz zehlen / wann das Bruͤder ſeynd / ſo koͤnnen dieSchle -81Namens Urſprung / Jugend vnd Untugend.Schlechen-Stauden auch Weinſtoͤck benambſet werden / wann das Bruͤder ſeynd / ſo kan man den Wolff auch ei - nen Burgermaiſter der Schaaf nennen / nit Bruͤder / ſon - dern Außbruͤter alles Ubels ſeynd ſie geweſt / vnd haben ſie das Sch. ſo wol in ihrem Titul verdienet / als der Ju - das Iſearioth; Wie der ehrliche Juͤngling Joſeph ihnen auß bruͤderlicher Auffrichtigkeit ſeinen Traum erzehlt / auß welchem man wol vermuthen hat koͤnnen / daß er nit laͤhr ſeye / ſondern ein Propheceyung ſeines kuͤnfftigen Gluͤcks / ſeynd ſie alſobald daruͤber gantz erblaicht / was! ſagten ſie / du junger Tauben-Schnabel / ſolſt du ein Koͤ - nig werden / vnd ſoll dein Gluͤck ſo hoch ſteigen / daß wir dir ſollen auffwarten / vnd die Knye biegen / ey bieg dir der Hencker den Hals / du uͤbermuͤtiger Bueb ꝛc. ſie waren uͤber ihn alſo verbittert / daß ſie ihn nit konten anſchauen / ja dahin / durch den verdambten Neyd getriben / daß ſie be - ſchloſſen / diſen ihren Brudern zuerwuͤrgen; aber laſt ein wenig mit euch reden ihr Schaaf-Hirten / ob ihr zwar bil - licher haͤttet ſollen Sau-Hirten abgeben / hoͤrt mich an / entweder iſt es wahr / daß ewer Bruder ein Koͤnig wird oder nit? iſt es nit wahr / ſo lacht uͤber ſolchen laͤhrẽ Traum / vnd foppet lieber durch bruͤderlichen Schertz diſen euren jungen ABC Schmid / gebt ihm einen Hirten-Kolben in die Hand / an ſtatt deß Seepters / vnd ſagt lachender Weiß / gruͤß dich Gott Euer Majeſtaͤt ꝛc. iſt es aber wahr / daß er ſoll Koͤnig werden / ſo ſolt ihr euch deſthalben nit zuͤr - nen / ſondern vilmehr frolocken / vnd ſagen alſo / wird vn - ſer Bruder Joſeph ein Koͤnig / ſo iſt es vns die groͤſte Ehr / vnd vnſerm gantzen Hauß ein ewiger Ruhm / ja da werden wir nit mehr vnſere ſchmutzige Hirten-Taſchen mit einem alt-bachenem Kipffel angefuͤllter tragen / ſondern ein jeder auß vns wird ſeyn Galanthomo, wie wird es vns ſo wol ſchmecken / wann man vns Gnaͤdige Herren wirdLſchelten /82Judæ Iſcariothis Zucht-Hauß /ſchelten / da wird gar gewiß der Bruder Ruben Obriſter Hoffmaiſter werden; da wird gar gewiß der Bruder Za - bulon zu der Cammer-Præſidenten Stell gelangen; da kans dem Bruder Iſachar nit faͤhlen / daß er nit Obriſter Kuchl-Meiſter wird / er iſſet ohne das gar gern gute Biſ - ſel; der Bruder Simeon wird ohne Zweiffel Obriſter Cam - merer werden / dann er kan mit den Complementen vmb - ſpringen / denckt es an mich / der Bruder Aſer wird Obri - ſter Jaͤgermeiſter / der wird ſich der hetzen / da wirds an - derſt hergehen / jetzt muͤſſen wir vnſere Magen mit ſauren Ruben außſchoppen / dort wird man vns andere Biſſel auffſetzen / ey Gott geb das vnſer Sepperl ein Koͤnig wird! dergleichen Reden haͤtten ſollen die Bruͤder Joſephs fuͤh - ren / aber der verdambte Neyd hat ihnen den Verſtand verruckt / die Vernunfft verkehrt / vnd wolten ſie lieber ſchlimme vnd arbeitſame Taͤg leyden / als den Joſeph in Koͤniglicher Wuͤrde ſehen / O hoͤlliſcher Neyd! der Ney - dige iſt ſchon zufriden mit ſeiner Armuth / wann er nur ſi - het / daß ſein Naͤchſter nit reich wird; der Neydige find ein Contento an ſeinem Elend / wann er nur merckt / daß es ſeinem Naͤchſten auch nit wol gehet; der Neydige beklagt ſich nit ſeines Vnverſtand / vnd Vnwiſſenheit / wann er nur ſihet / daß ſein Naͤchſter auch nit vil kan; der Neydige bleibt gern verworffen / wann er nur find / daß ſein Naͤch - ſter nit vorkombt; den Neydigen betruͤbt nit ſein Vnge - ſtalt / vnd Larven-Geſicht / wann er nur weiſt / daß ſein Naͤchſter auch nit ſchoͤn iſt / O verfluchter Neyd! du ſutz - leſt vnd ſaugeſt / auß der Gall das Hoͤnig / vnd auß dem Hoͤnig die Gall / dann deß Nechſten Vbel macht dir gut / vnd deß Nechſten Gut macht dir uͤbel / O! O! O!
Jener reiche Praſſer / von deme Meldung geſchicht in Evangelio, hatte alle Tag Kirch-Tag / er war alle Tag wol auff / vnd voll auff / er war zwar kein Soldat / iſt dochallezeit83Namens Urſprung / Jugend vnd Vntugend.allezeit mit Kruͤgen vmbgangen / er war kein groſſer Do - ctor, hat ſich doch gern in der Bibiothec auffgehalten / et war kein Fiſcher / thaͤtte doch ſtaͤts in naſſen arbeiten / er war Vormittag nit nuͤchter / zu Mittag hatte er einen Rauſch / auff dem Abend war er voll / ſein hauſen war ſchmauſen / ſein ſchmauſen war brauſen / ſein brauſen war pfnauſen / alles eſſen vnd trincken / vnd anders gut Leben / hat ihm ſein Vatter zum Heurath-Gut geben / aber auffLuc. 16. ein ſolche ſchlemmeriſche daͤmmeriſche Vigil iſt ein harter Feyrtag kommen / da nemblich diſer reiche Geſell in dem hoͤlliſchen Feur begraben worden; der arme Bettler aber / ſo nur vmb die Broͤßl ſuppliciret, die ſonſt der Diana, der Melampus, der Coridon, der Budl / vnder den Taffeln zu - ſam̄en klauben / iſt mit groſſen Freuden vnd Triumph in die Glory getragen worden. Jetzt ſteht zu fragen / wie der ar - me Bettler gehaiſſen hat / vnd der reiche Mann? deß Bettlers ſein Nahm iſt allbekandt / Lazarus, aber deß Rei - chen Namen weiſt weder Evangeliſt, noch Scripturiſt, noch Gloſſiſt, noch Commentariſt, &c. niemand / gleich - wol bin ich der Mainung / ich wolt errathen ſeinen Namen / er war ein vornehmer Herꝛ / man hat ihn ihr Gnaden ge - ſcholten / vnd hat allem Anſehen nach / Herꝛ Neydhard von Neydlingen gehaiſſen / auß Vrſachen / wie er ſchon bereits in der Hoͤll geſeſſen / hat er faſt mit ohnſinniger Stimm geſchryen zu dem Abraham, Vatter Abraham ich bitt / ich bitt / ich bitt / ſchicke doch den Lazarum, daß er mit einem Tropffen Waſſer mein feurige Zung erkuͤh - le. Diſer reiche Vogl iſt ein Freyherꝛ / oder wenigſt ein Land-Mann geweſt / ſoll er ihm dann nit eingebildet ha - ben / es ſchickte ſich nit / daß der Seelige ſoll den Verdamb - ten nachgehen / es thaͤt ſich ja uͤbel reimen / ſo ich auff der Gaſſen anſichtig wurde eines vornehmen Herꝛn / da erL 2zum84Judæ Iſcariothis Zucht-Hauß /zum Fenſter hinauß ſchaut / vnd ich hinauff ſchreyte / Gnaͤ - diger Herꝛ / ſteigt herunder / vnd ſpendirt mir etwas / auff daß ich mir kan etliche Buͤcher kauffen / ich main die La - ckey wurden mich einen groben Muͤnch tauffen / vnd ſa - gen / ich ſoll hinauff kommen / vnd anderthalb Stund herauſſen warten / dann jetzt ſeye ein Jud beym Gnaͤdigen Herꝛn ꝛc. Alſo haͤtt auch der reiche Geſell in der Hoͤll ſollen ſchreyen / O Vatter Abraham mach doch Gelegenheit / vnd bring es bey Gott auß / daß ich zum Lazarum hinauff darff vmb ein einiges Troͤpffel Waſſer. Es hat aber der verdambte Praſſer deſſentwegen nit hinauff begehrt zu den Lazarum, dann / wann er denſelben in ſo groſſer Glo - ry / Thron vnd Cron haͤtte geſehen / waͤr er ihme deſthal - ben neydig geweſt / vnd waͤr ihm ſolches haͤrter ankommen / als die Hoͤll ſelbſt. Dann ein Neydiger leydet ohnauß - ſprechlich / wann er ſihet / daß es ſeinem Naͤchſten wol ge - het. Dahero ſeynd die Neydige / wie ſeynd ſie? ſie ſeynd wie die Nacht-Eulen / dieſelbigen koͤnnen kein Liecht ſehen / deſtwegen fliegen ſie hin vnd her / darumb vnd daran / vnd wollens außloͤſchen / alſo die Neydige moͤgen vnd koͤnnen nicht ſehen / wann jemand erleucht iſt / vnd glantzet mit Tugenden. Die Neydige ſeynd / wie ſeynd ſie? ſie ſeynd wie die Kott-Keffer / diſe ſaugen auch auß der ſchoͤneſten Roſen nur das Gifft / nit das Hoͤnig / alſo die Neydige ſu - chen an ihren Gegentheil / nur was Maͤngelhafft / das Gute verſchweigen ſie / die Neydige ſeynd / wie ſeynd ſie? ſie ſeynd wie die Feillen oder Raſpeln / welche verzehren / blagen / beiſſen vnd reiſſen andere Sachen / aber verder - ben ſich ſelbſt darmit / alſo die Neydigen ſehen / wie ſie den Naͤchſten moͤgen ſchaden / vnd verzehren ihr einiges Leibs vnd Seelen Heyl / die Neydige ſeynd / wie ſeynd ſie? ſie ſeynd wie die Bronnen / welche gemainiglich kalt ſeynd / wann das Wetter warm iſt / vnd gemainglich warm / wan̄das85Namens Urſprung / Jugend vnd Untugend.das Wetter forderiſt in Winter kalt iſt / alſo dem Neydi - gen iſt uͤbel / wanns andern wol gehet / vnd iſt ihme wol / wanns andern uͤbel gehet. Die Neydigen ſeynd / wie ſeynd ſie? ſie ſeynd wie der Donner / welcher mehriſt Theil nur hohe Gebaͤu trifft / vnd nit nidere / alſo die Neydige nur die jenige haſſen / welche von Gott erhoͤhet ſeyn / die Ney - dige ſeynd / wie ſeynd ſie? ſie ſeynd wie die Wachtlen / di - ſe ſchlimme Voͤgel ſeufftzen allezeit / wann die Sonn auff - gehet / alſo ſeynd die Neydige beſchaffen / welche alsdann ſeufftzen / vnd es ſchmertzlich empfinden / wann ſie ſehen den Naͤchſten in Ehr vnd Reichthumben auffgehen vnd wachſen / die Neydige ſeynd / wie ſeynd ſie? ſie ſeynd wie ein Baum / vnder dem noch junge Baͤuml wachſen / diſe aber vndertruckt der groſſe Baum mit ſeinen Aeſten / dann er nit leyden will / daß ihm einer ſoll gleich wachſen: alſo auch ein Neydiger befleiſſet ſich / wie ers kan zuwegen brin - gen / daß einer von nidern nit zu hoͤhern Stand ſoll gelan - gen / die Neydige ſeynd / wie ſeynd ſie? ſie ſeynd wie die jenige / ſo am Fieber Kranck ligen / denen kommen auch ſuͤſſe Speiſen bitter vor / alſo kan die Neydige nichts mehrer verbittern / als wann der Naͤchſte gutes vnd ſuͤſſes Gluͤck genieſſet / die Neydige ſeynd / wie ſeynd ſie? ſie ſeynd wie die Fliegen / welche gemainiglich dem Menſchen nur an den jenigen plagen / wo er vngeſund oder verwundt iſt / alſo die Neydige nur daſſelbige an ihren Naͤchſten ſuchen / was tadlhafft iſt / das Tugendſame vnd Lobwuͤrdige verſchwei - gen ſie freymuͤthig / die Neydigen ſeynd / wie ſeynd ſie? ſie ſeynd wie die Aemper an einen Brunn / wann einer hin - under fallt / ſo ſteigt der ander in die hoͤhe / kombt einer herauff / ſo fallt der ander hinunder / alſo iſt dem Neydi - gen wol / vnd befindet ſich wol auff / wann er ſihet ſeinen Naͤchſten fallen / vnd ſo ſein Naͤchſter hoch ſteigt / thut ſich der Neydige daruͤber beſtuͤrtzen. O du verdambtes Laſter[!]L 3du86Judæ Iſcariothis Zucht-Hauß /du biſt ein Maden der Seelen / noch mehr / du biſt ein Apo - ſtema deß Hertzens / noch mehr / du biſt ein Peſt der fuͤnff Sinnen; noch mehr / du biſt ein Gifft der Glider / noch mehr / du biſt ein gefaͤhrliches Fieber deß Gebluͤts / noch mehr / du biſt ein Schwindel deß Haupts / noch mehr / du biſt ein Finſternuß deß Verſtands / noch mehr / du biſt ein Hen - cker vnd Folterer / vnd Tyrann deß menſchlichen Leibs; an - dere Laſter haben dan̄och ein wenige Freud / vnd eingebildte Ergoͤtzlichkeit: die Buelſchafft mit der Berſabæa hat gleich - wol dem David das Hertz ein wenig verzuckert: wie Hero - des ein Koſtgeher / vnd Bethgeher geweſt iſt bey ſeines Bru - ders Frauen / hat er gleichwol darvon ein augenblickliches Contento geſchoͤpfft: Wie Nabuchodonoſor ſich fuͤr einen GOtt auffgeworffen / vnd auß Hochmuth vnd Ubermuth ſich hat laſſen anbetten / hat den Narren gleich - wol ſolche groſſe Reputation gekitzlet: Wie der reiche Geſell alle Tag geſchlempt / hat ihm doch ſolches taͤgliche Gurgl-Waſſer ein Freud gemacht: Wie der Achan gar zu lange Finger gehabt / vnd uͤber das ſibende Gebott geſtol - pert / hat er dannoch ein Freud gehabt / daß er ohne Muͤhe iſt reich worden: Wie die Philiſtæer dem Samſon die Au - gen außgeſtochen / vnd er nach Verlurſt ſeiner Staͤrck / er ih - nen hat muͤſſen durch die Finger ſehen / haben ſie eine Ergoͤtz - lichkeit gehabt / weil ſie ſich an ihrem Feind gerechnet haben. Wie der Zachæus Partiten gemacht / vnd auß frembden Haͤuten huͤpſche braite Riemen geſchnitten / hat es ihm ein Freud gebracht / in Summa / alle Laſter haben ein Hoͤ - nig / ob zwar im geringen Gewicht / an ſich / vnd in ſich / vnd bey ſich / aber der Neydige findet nichts als Leyden / ja der Neydige empfindet ein ſtaͤtten Dorn / der ihn ver - wundet / hat ein ſtaͤtten Wurm / der ihm das Gemuͤth naget / leydet ein ſtaͤttes Schwerdt / ſo ihm das Hertz durch - tringet / hat ein ſtaͤtten Hammer / der ihm das Hertz zer -ſchlaget /87Namens Urſprung / Jugend vnd Untugend.ſchlaget / leydet ein ſtaͤtte Schlangen / die ihme das Hertz peyniget / hat ein ſtaͤttes Tiger / ſo ihm das Hertz verzeh - ret / leydet ein ſtaͤtten Wolff / der ihm das Hertz friſſet / hat ein ſtaͤttes Uhr-Werck / ſo ihm das Hertz beun - ruhiget;
O du verdambtes Laſter. Andere Laſter laſſen ſich in etwas vertuſchen / verhuͤllen / verbergen / vnd zaigt ſich mancher außwendig heilig / vnd iſt innwendig heylloß. Zaigt ſich offt einer außwendig ein Simon Petrus, vnd iſt einwendig ein Simon Magus. Es ſtellt ſich offt einer außwendig ein Philippus Apoſtel / vnd iſt einwendig ein Philippus Melancthon, es ſtecket gar offt in einer neuen vnd guten Schaid ein roſtige Paſſauer-Kling; auch trifft man offt ein ſchoͤne Nuß an / dero wurmſtichige Kern nachmahls dem Auffbeiſſer ein Grauſen machet; Aber der Neydige kan ſein Laſter nit verbergen / es iſt ihme das Angeſicht ein Verraͤther / die eingefallene Wangen / die finſtere Augen / die Berg-gruͤne Lefftzen / die buͤrckene Stirn / die gifftige Seufftzer / die melancholiſche Gebaͤrden / das Zwizeren der Zaͤhn / ſein mageres / außgeſelchtes / Schwe - belfaͤrbiges Angeſicht / iſt ein ſattſamer Tolmetſcher ſei - nes einwendigen Neyds: Ein Neydiger mag eſſen / was er will / wie er will / wann er will / wie vil er will / wo er will / ſo wird er doch Hundsmager bleiben / weil alles bey ihm in Gifft verwandlet wird; wie recht hat der Poët den Neydigen entworffen mit folgenden Verſen.
Dahero GOtt der HErꝛ den Cain ſelbſten gefragt / nachdem er ſeine Haͤnd in deß Bruders Blut gewaſchen;Genel. 4. Quare concidit facies tua? Cain, warumb iſt dir das Angeſicht alſo eingefallen? der Geſell war ſo mager wie ein Ladſtecken / es war aber deſſen kein andere Urſach / als der verdambte Neyd / als welcher ein Gifft iſt der menſch - lichen Geſundheit.
Es iſt zwiſchen dem weiſſen vnd dem ſchwartzen / zwiſchen dem Eſau vnd dem Jacob, zwiſchen dem Staͤttl Hai vnd der groſſen Statt Jericho, zwiſchen dem Egypti - ſchen Knoblach vnd dem Himmliſchen Manna, zwiſchendem89Namens Urſprung / Jugend vnd Untugend.dem David vnd dem Goliath kein ſo groſſer Underſchied / als zwiſchen dem Himmel vnd der Hoͤli / ja ohne alle Gleich - nuß. Dann im Himmel iſt lauter Freud / in der Hoͤll lauter Leyd: im Himmel iſt lauter Lachen / in der Hoͤll lauter Krachen / im Himmel iſt lauter Guet / in der Hoͤll lauter Gluet / im Himmel iſt nichts als Suͤß / in der Hoͤll iſt nichts als Spieß: im Himmel iſt lauter Luſt / in der Hoͤll iſt lauter Ohnluſt; der Himmel iſt ein Wohnplatz der Außerwoͤhlten / iſt ein Hauß der Belohnung / iſt ein Thron der Goͤttlichen Majeſtaͤt / iſt ein Loſament der Hei - ligen / iſt ein Tempel deß Liechts / iſt ein Paradeyß der Freuden / iſt ein Herberg der Seeligen / iſt ein Erquickung der Betruͤbten / ꝛc. Die Hoͤll iſt entgegen ein Folterbanck der Verdambren / iſt ein Kercker der vngluͤckſeeligen Ewig - keit / iſt ein Senckgruben deß Ohnflaths / iſt ein Orth der Finſternuß / iſt ein Quartier der boͤſen Geiſter / iſt ein Inn - halt alles Elends / ꝛc. Im Himmel iſt alles / was ergoͤtzet / erfreuet / erluſtiget / erquicket / erhoͤhet / ꝛc. In der Hoͤll iſt alles / was peyniget / was ſchmertzet / was brennet / was quellet / was martert / ꝛc. vnd dannoch iſt der Teuffel theuerer mit der Hoͤll / als GOtt mit dem Himmel / dann ein Neydiger ſo vil leydet vmb der Hoͤll willen / wann er nur halben Thail thaͤte wegen GOtt außſtehen / ſo wur - de es ihme der Allerhoͤchſte mit der ewigen Cron vergel - ten: Æmilius, Æmilianus, Baſilius, Baſilianus, Caſſius, Caſſianus, Claudius, Claudianus, Donatus, Donatia - nus, Euthychius, Eutychianus, Flavius, Flavianus, Gordius, Gordianus, Julius, Julianus, Lucius, Lucia - nus, Marcus, Marcianus, Marius, Marianus, Pontius, Pontianus, Primus, Primianus, &c. ſeynd Martyrer vnd Blutzeugen Chriſti / haben vil gelitten zu Cæſaræa, zu Nicomedia, zu Rom / zu Alexandria, zu Antiochia, zu Aquileia, zu Laodicea, &c. vil gelitten vmb den Him -Mmel;90Judæ Iſcariothis Zucht-Hauß /mel; aber ein Neydiger leydet vil mehr vmb die Hoͤll / O verruchtes Laſter!
Ein mancher wird wegen ſeiner Wiſſenſchafft zu groſſen Wuͤrden erhoͤhet / wie es dann billich / vnd iſt nichts ſchaͤdlichers / als wann man ohnverſtaͤndige Stroh-Hirn hinauff ſetzet; Bekannt iſt es ſattſamb / daß GOtt der Allmaͤchtige gantz vmbſtaͤndig das Gebaͤu der Archen vor - gezaichnet / auch beynebens gar genau befohlen / er ſoll Ochſen / Eſel / ſambt denen Thieren in dem vnderen Stock loſſieren / die Menſchen aber in das obere Zimmer / es haͤtt ſich ja nit gereimbt / wann Ochſen - vnd Eſel-Koͤpff haͤtten in dem oberen Gaden reſidieret / vnd die Menſchen her - unden / ob zwar bey der jetzigen verkehrten Welt gar offt die Erfahrnuß bezeuget / daß faſt gleiche Beſchaffenheit ſeye zwiſchen dem Topff vnd dem Knopff / zumahlen ein voller Topff auff dem Herd herunden ſtehet vnd leydet / daß ihm die Augen uͤbergehen / ein laͤhrer Topff aber / der ſtehet oben auff der Stoͤll: alſo wird nit ſelten ein laͤhrer Topff in die Hoͤhe zur Officia erhoben / vnd ein Kopff-vol - ler Wiſſenſchafft muß herunden bleiben. Ein manches - mahl / ob zwar nit ohne mercklichen Schaden / folgt man dem Brunnen nach / allwo der laͤhre Amper heroben iſt / der angefuͤlte entgegen vndertruckt; Thorrecht haben die Philiſtæer gebandlet / wie ſie den Abgott Dagon ver - ehret / der einen Fiſch-Kopff hatte / noch uͤbler iſt es / wann man der Zeit manchen muß verehren / der ein Stockfiſch - Kopff hat; Die Natur iſt ein witzige Mutter / als wel - che dem kleinen Fingerl an der Hand das Ambt auffge - tragen / daß er ſolle Ohren-Raumer ſeyn / nit aber dem Daum oder Zaig-Finger / weil ſich demnach der kleine beſſer hierzu ſchicket / als die andere: deßgleichen ſoll man fein zu Aembter vnd Officia erheben die jenige / welche ge - ſchickt ſeynd / vnd nit ohngeſchickt. Die Baͤumer / obſchon91Namens Urſprung / Jugend vnd Vntugend.ſchon etliche grobe vnd ohngeſchlachte Kerl vnder ihnen / ſeynd dannoch ſo beſcheid geweſt / ſagt die H. Schrifft / daß ſie einhellig die Dorn-Stauden zum Koͤnig erwoͤhlt haben / vnd glaub ich darumb / weil ſolche ſpitzfindig / vns zu einer Lehr / daß die Spitzftindige vnd Witzige vor allen Plumpen ſollen den Vorzug haben. Wann zu Ingol - ſtatt in Bayren / die Studenten auß anarthigen Muth - willen einige Ungelegenheit verurſachen / vnd etwann auff der Gaſſen die Stain alſo wetzen / daß ihnen das Feuer zum Augen außgehet / werden ſie auff der Univer - ſitet in die Keichen geſetzt / beklagen ſich aber dazumahlen nichts mehrers als wegen eines Nacht-Geſpenſts / ſo ſie insgemain den Pentzen nennen / welches gantz ohne Kopff iſt / alſo ſoll warhafftig manches Orth / Statt / Gemain nichts mehrers ſchroͤcken / als wann ſie ein Obrigkeit ohne Kopff haben / verſtehe ohne Verſtand; dann wir Teut - ſche gemainiglich die jenige / die ſich von Stroh-Hofen ſchreiben / ohne Kopff benambſen; die jetzige Welt folgt layder! gar offt den Baumaiſtern nach / welche die Knoͤpff zu hoͤchſt deß Tachs ſetzen / lamentieren doch / andere zu geſchweigen / auch die Bauren / wann ihre vorgeſetzte Pfleger grobe Knoͤpff ſeynd. Groſſe Herren / gemaine Re - public, geſambte Staͤtt / ſolten es dem H. Geiſt diſer drit - ten Goͤttlichen Perſohn nachthun / als welche in Feuers - Geſtalt ſich auff die Koͤpff der Apoſtlen / vnd nit anderſt - wohin geſetzt / es iſt ſo wol ſchaͤndlich als ſchaͤdlich / wann man nit den Kopff / ſondern die Haͤnd oder das anver - wandte Gebluͤt beobachtet / mit allem Fleiß hat Chriſtus der HErꝛ ſeinen Vettern Joannem nit zum Pabſtthumb erwoͤhlt / ſondern Petrum, damit wir in Außthailung der Aembter nit ſollen beobachten die Verwandſchafft / ſon - dern die Wiſſenſchafft; Ohnweißlich hat gehandlet Hen - ricus der Achte in Engelland / der ſeinen Koch zu einemM 2ſtatt -92Judæ Iſcariothis Zucht-Hauß /ſtattlichen Ambt erhoben / vmb weilen er ihme ein wolge - ſchmackte Speiß zugericht. Wann die Voͤgel konten re - den / ſo man ſie ſolte fragen / wer ſie alſo in die Hoͤhe brin - get / wurden ſie ohngezweifflet antworten / nichts anderſt als die Federn / durch ſolche / vnd mit ſolchen kommen ſie alſo empor / dahero thun gar weißlich die jenige groſſe Monarchen vnd Fuͤrſten / welche dieſelbige zur Hochheit vnd Wuͤrden promoviren / ſo ein gute Feder haben / daß iſt Verſtand vnd Wiſſenſchafft / auff gleiche Weiß ſeynd gar vil zu hoͤchſten Ehren gelanget / vnd hat Agathoclem Koͤnig in Sicilien nit gemacht ſein Stammen-Hauß / alsBeierling litt. M. der eines Hafners Sohn war / dem Leſco Koͤnig in Poh - len hat nit die Cron auffgeſetzt ſein vralter Adl / als der eines Bauren Sohn war; vnd hat Primislaum nit Koͤ - nig in Boͤhmen gemacht ſein altes Herkommen / als der erſt vom Pflug war; vnd hat Tamerlanem den Kayſer nit zu diſer hoͤchſten Wuͤrde geholffen ſein adeliches Hauß / als der nur eines Holtz-Hackers Sohn war; vnd hat Willigiſum nit zum Ertz-Biſchoffen geweicht ſein vral - tes Geſchlecht / als der nur eines Wagners Sohn war / ſondern alle diſe haben die Verdienſten vnd Wiſſenſchaff - ten erhebet / wie es dann noch auff den heutigen Tag ge - ſchicht / daß ſolcher geſtalten offt auß gemainen Leuthen vornehme werden; aber dazumahlen erhebt ſich der Neyd; was Neyder hat nit David gehabt / wie er alſo uͤberſich kommen: was Neyder hat nit der redliche Mardochæus gehabt / wie er bey dem Hof Aſſueri alſo fortkommen / was Neyder haben nicht die drey Knaben gehabt bey den Babyloniſchen Edel-Leuthen / wie ſie alſo hoch kommen: was Neyder hat nit Stephanus gehabt / wie er alſo bey den Leuthen in ſo gutes Concept kommen: was Neyder hat nit IEſus vnſer Heyland gehabt / wie er alſo bey dem Volck ſo vil golten / O Neyd! was Neyder hat nit taͤg -lich93Namens Urſprung / Jugend vnd Untugend.lich jener / der durch ſeine Meriten hoch ſteiget / ja die Ney - der laſſen offt nit nach / bewoͤgen alle Stain / ſchuͤttlen alle Baumer / brechen alle Mauer / ſpitzen alle Degen / ſo lang vnd vil / biß ſie einen ſolchen auß dem Sattl heben / die Fe - dern rupffen / den Stuel zucken / daß er uͤbern Hauffen fallt / nachmahls ſchutzen ſie vor / aber vnder deß Teuffels ſeinen Mantl / vnder deß Sathans ſeiner Spanniſchen Wand / vnder deß Lucifers ſeinen Vorhang / wie daß ſol - cher deſthalben gefallen / vom Ambt vnd Ehr kommen / weil er ſich uͤbernommen / ſich nit mehr gekennt / vnd an - dere nur uͤber die Achſeln geſchaut / O verdambter Neyd! So iſt dann dir deß Nechſten Roſen ein ſtechender Dorn? ja / ſo iſt dann dir deß Nechſten Hoͤnig ein Gall? ja. So iſt dann dir deß Nechſten Alchermes ein Gifft? ja. So iſt dann dir deß Nechſten Scepter ein Ochſen-Zehn? ja. So iſt dann dir deß Nechſten Freud ein Krieg? ja. O du Teuffels-Martyrer.
Ein anderer gelangt durch ſeine hoͤchſt-ruͤhmliche Tapfferkeit zu einer vornehmern Charge im Feld / vnd ſeynd wenig Jahr / da ihn der Gefreuter mit Bernheut - tern geſpeiſt / jetzt haiſt es / Burſch ins Gewoͤhr / der Ob - riſt kombt / aber diſen hat ſein Gluͤck geſchmidet / die oͤffte - re erzaigte Generoſitet im Feld / alſo iſt es vor diſem ge - weſt / alſo ſoll es ſeyn / daß man die jenige promoviret / welche da ſeynd wie der Granat-Apffel / diſe Frucht hat ein rechte Cron auff / auß Urſachen / weil die Natur geſe - hen / daß der Granat-Apffel einwendig lauter rothe Hertzl habe / alſo gedachte ſie / ſeye es billich / wo ſo vil Hertz / ſoll auch Cron vnd Lohn ſeyn / dann ein wolbehertzter Soldat verdienet / daß man ihn ehret vnd forthelffet: Soldaten / welche da ſeynd wie der Sallat / wo mehr Oel als ſcharpf - fer Eſſig / die verdienen nichts.
M 3Sol -94Judæ Iſcariothis Zucht-Hauß.Soldaten / die ins Quartier eylen / wie die Schwal - men ins warme Sommerland / verdienen nichts.
Soldaten / die vor dem Feind zitteren / wie ein eſpe - nes Laub / verdienen nichts.
Soldaten / die ein Grauſen haben vor dem Streitt / als haͤtten ſie einmahl ein Haar darinn gefunden / verdie - nen nichts.
Soldaten / die da wuͤnſchen ihre Roß haͤtten 6. Fuͤß / damit ſie deſto hurtiger moͤchten durchgehen / verdienen nichts.
Soldaten / die weniger Wundmaͤhl-Zaichen / als der Raab weiſſe Federn / verdienen nichts.
Soldaten / die lieber tummeln als Trummeln hoͤ - ren / verdienen nichts.
Soldaten / die lieber den guldenen Adler am Wuͤrths - Hauß / als den ſchwartzen Adler am Kriegs-Fahn ſehen / verdienen nichts.
Soldaten / die mehr nach Lachſi, als Goruaſchi trachten / verdienen nichts.
Soldaten / die nur den Bauren zwagen / vnd mit gluͤender Schauffel alſo mit ihm Stock ſchlagen / daß den armen Tropffen von Michaëli biß auff Georgi nit mehr Niderſitzen geluͤſtet / verdienen nichts. Aber Soldaten / die ſich tapffer vnd ritterlich halten / verdienen alles / dann ein Feder-Buſch auff dem Hut macht kein Soldaten / ſonſt waͤr auch der Widhopff ein Kriegs-Officier; ein Scharpen vmb die Lenden macht kein Soldaten / ſonſt waͤren auch die Engel am Fronleichnambs-Tag Solda - ten. Die Beckel-Hauben auff dem Kopff macht kein Soldaten / ſonſt waͤren auch die Koth-Lerchen Soldaten. Ein Spieß uͤber die Achſeln macht kein Soldaten / ſonſt waͤren auch die Landbotten Soldaten / ſondern ein anſeh -liche95Namens Urſprung / Jugend vnd Untugend.liche Tapfferkeit / ohnerſchrockene Generoſitet, vnd ohn - uͤberwindlicher Helden-Muth macht einen Soldaten:
Jener auß Ober-Sachſen / mit Nahmen BenedictZeiler. I. 4. fol. 39[.] von Fontana hat ſich Anno 1499. in dem Schweitzer - Krieg / vnd einer Schlacht der Graubinder mit den Ty - rollern / nahet der Molſer-Hayd tapffer gehalten / indem er deß Feinds Schantz mannlich erſtigen / vnd da er ein - wendig verletzt worden / mit einer Hand das verwundte Inngewayd gehalten / vnd mit der anderen ſich gewoͤhret / ein ſolcher verdient ewiges Lob vnd Lohn / wann aber der - gleichen einer erhebt wird / was Neyder zuͤglet er ihm au - genblicklich / der Neyd wirfft ihm alle Tag ein Bruͤgl vn - der die Fuͤß / der Neyd ſperꝛt ihm alle Tag faſt den Paß zu der Victori, der Neyd verſtopfft ihm faſt alle Tag die Trompeten im Feld; der Neyd vertheuert ihm faſt alle Stund das Schieß-Pulver / vnd darff nit ſchieſſen / auß Forcht / er wecke auff das Kind auß dem Schlaff. Der Neyd fallt ihm vnd ſeinem Pferdt alle Augenblick in Zaum / vnd diß iſt faſt das jenige / was vns ſo vil Sieg vnd Victori auß den Haͤnden rafflet / wir nennen es hoͤff - lich die Kriegs-Competenzen / aber ſolche Competenz - Waffen hat der Teuffel in der Werckſtatt deß Neyds geſchmidet / O Neyd! Auff ſolche Weiß iſt dir deß Nech - ſten Erhoͤchung deine Erniderung / nicht anderſt; auff ſolchen Schlag iſt dir deß Nechſten Purpur ein ſtechendes Cilicium, nicht anderſt; auff ſolche Manier iſt dir deß Nechſten Gelt-Taſchen ein Maul-Taſchen / nit anderſt; auff diſe Modi iſt dir deß Nechſten wunderliches Lob ein Wunden / nit anderſt; dergeſtalt iſt deß Nechſten Gnad / dir Ihr Geſtreng / nit anderſt / O Neyd!
Es kombt gar offt ein Armer zu groſſer Reichthum / vnd hat fuͤrwahr der Saul / damahlen wenig Sammet1. Reg. 9[.] angetragen / wie er die Eſel ſeines Vatters Gis geſucht /iſt96Judæ Iſcariothis Zucht-Hauß /iſt gleichwol hernach ein reicher Koͤnig worden; eines ar - men Holtzhackers leinene Struͤmpff / vnd andere zerriſſene Bettlers-Lumpen verzweifflen nit an ihrem Gluͤck; auch iſt nichts neues / daß offt abgeſchabene Ziggeuner-Win - del durch den Stampff verkehret worden in das ſchoͤnſte Pappier / worauff man mit Gold vnd Silber ſchreibet. Pagata de admir. n. 92.Der jenige Kuͤhe-Stall / in welchem die Heil. Jungfrau Euphemia gedient hat / iſt nunmehr in einen ſchoͤnen koſt - baren Gold - vnd Silberreichen Tempel verwandlet / alſo geſchicht wol oͤffter / daß gemaine Stall Knecht vnd Stall - Diern zu groſſen Ehren vnd Habſchafften kommen; jene drey Krotten / wol ein garſtiges Thier / in dem vralten Frantzoͤſiſchen Wappen / ſeynd durch Anlaitung deß Him - mels nun anjetzo in ſchoͤne Lilien verkehret; dergleichen hat die Welt oͤffter geſehen / daß auß denſelbigen / ſo arm vnd verworffen waren / vornehme vnd reiche Leuth wor - den; Es ſeynd gewiſſe Wuͤrm / welche ſich den gantzen Winter durch in ein freywilliges Grab einſperren / vnd gar todt ligen / bey angehendem warmen Sommer aber werden die ſchoͤnſten Weinfalter darauß / welche mit vil - farbigen Fluͤgel als reiche Sonnen-Voͤgerl prangen / biſt du nun Menſch ein armer Erd-Wurm / vnd tritt dich faſt jedermann mit Fuͤſſen / auch dein gantze Habſchafft kanſt in einem Bettl-Sack ſalviren / ſo hoffe dannoch / dann wol oͤffter das Gluͤck in der armen Leuth Haͤuſer hat eingekehrt / es koͤnnen dir noch wol die Fluͤgel wachſen / wormit du dich weit uͤber deines Nechſten Vermoͤgen er - hebeſt; geſchicht es dann / daß ein ſolcher entweder durch aignen Schwaiß vnd Arbeit / oder durch beyfallenden Gluͤck / oder durch vnverhoffte Erbſchafft zu Mittel ge - langt / wie man dann dergleichen vil zehlet / was Neyder verfolgen ihm nit alſobald? man vergunnt ihn das Biſ - ſel nit / ſo er mit gutem Gewiſſen erworben / da haiſt es /er97Namens Urſprung / Jugend vnd Untugend.er hat gut reich zu ſeyn / er hat dem Kayſerlichen Beutel zimblich die Regiſter gezogen / er hat die Puppillen-Gel - ter nit ein wenig geſchrepfft / er hat der Stieff-Kinder das ihrige huͤpſch ſauber durch die Haͤchel gezogen / der karge Narꝛ weiſt / wie vil man Knoͤdl auß einem Maͤßl Meel ſchnitzlet / zuͤglet er doch auß ſeinen Dienſtbotten lauter Cartheuſer / vnd haben ſie nur einen Faſt-Tag / der wehret das gantze Jahr / ꝛc. O Neyd! hat er dir dann was layds gethan / daß du ihm alſo die Zaͤhn zaigeſt? er ſchlagt dich nit / wie der Cain ſeinen Bruder / er ſticht dich nit / wie der Joab den Abſalon, er beiſt dich nit / wie die Beeren die Eliſæiſche Knaben / er ſtoſt dich nit / wie der Engel den Petrum in der Keichen / er wirfft dich nit / wie der David den Goliath / er brennt dich nit / wie die Samſoniſche Fuͤchs die Felder der Philiſtæer / er haut dich nit / wie Pe - trus den Malchum, er nimbt dich nit beym Haar / wie der Engel den Habacuc, er thut dir kein einiges Layd an / ja / ja / ja / ſagt der Neydige / ich leyde ohnbeſchreibliche Peyn / wann ich ſihe / daß dem Nechſten wol gehet / das iſt mir uͤber rauffen / ſtoſſen / hauen / brennen / werffen / ſchlagen / beiſſen / ſtechen vnd wuͤrgen; O du Teuffels-Martyrer!
Die Welt hat zum oͤfftern weitberuͤhmte Kuͤnſtler gehabt / dero Kunſtreiche Haͤnd ein manchesmahl die Na - tur ſchamroth gemacht haben / vnd iſt hoͤchſte Verwunde - rung geweſt / daß ſich der Menſchen Witz ſo weit erſtre - cke; Jene Werckmaiſter haben ſchier ſtainene Mirackel gemacht / welche die ſtattliche Thuͤren zu Cremona, Bo - nonien, Venedig / Straßburg vnd Wienn haben auff - gefuͤhrt; In Æthiopia iſt ein uͤberauß ſchoͤne Kirch /Alvarez c. 44. welche mit allen Saͤulen vnd Altaͤren auß einem einigen Stain außgeholt vnd gebaut. Der vornehmſte KoͤnigDe rebus Sin. l, 3. in Sina hat 79. Pallaſt / dero einer auß Gold / der ander auß Silber / der dritte auß Marmol / Helffenbein / ꝛc. jaNgantze98Judæ Iſcariothis Zucht-Hauß /gantze Zimmer auß Edlgeſtain ſeynd. Die jenige Mai - ſter haben ein ewigen Nahmen erworben / welche die Brucken zu Prag in Boͤhmen / die Brucken zu Dreßden in Sachſen / die Brucken zu Londen in Engelland / vnd dieGell. l. 10. art. 12. Brucken zu Regenſpurg verfertiget; Ein Kunſt-Stuck iſt geweſt jene hiltzene Tauben / welche trutz einer lebendi - gen im Lufft geflogen / durch innerliches Uhrwerck / vndBrun. von Archita gemacht worden. Ein Kunſt-Stuck iſt je - ne Uhr zu Prag am Rathhauß / ſo faſt ein eyſener Jahrs - Calender zu nennen / weil nemblich der gantze Himmels - Lauff darinn begriffen / vnd alle Monath / Wochen / Stund vnd Augenblick der Planeten Lauff angedeutetPlin. lib. 7. c. 21. wird. Ein Kunſt-Stuck hat Myrmecides gezaigt / wie er auß Helffenbain ein Wagen ſambt Pferdt vnd Gutſcher alſo klein vnd kuͤnſtlich geſchnitten / daß man alles vnder dem Fluͤgel einer kleinen Fliegen hat koͤnnen verhuͤllen. Ein Kunſt-Stuck iſt jene Kirch in Engelland zu Salisbur, welche ſo vil Fenſter als Taͤg im Jahr / ſo vil Saͤulen als Stund im Jahr / ſo vil Porten als Monath im Jahr /Froͤlich Itin. hat; Ein Kunſt-Stuck iſt die Kirch zu Ulm / an wel - cher hundert vnd eilff Jahr gearbeitet worden; Ein Wun - derwerck der Welt iſt der Tempel Dianæ, deſſen Gebaͤu zwayhundert vnd zwaintzig Jahr gewehret. Ein Kunſt -Schott. Stuck war jene Statua oder Bildnuß zu Panormi in Si - cilia, welche durch innerliches Uhrwerck die Lauten ge - ſchlagen / vnd hin vnd her auff Menſchen-Arth ſpatzieren gangen. Ein Kunſt-Stuck war jenes Gſchloͤſſel / wel - ches ein Teutſcher Schloſſer dem Pabſt Paulo dem IV. uͤberraicht / vnd darfuͤr auff die ſechshundert Gulden be - kommen. Ein Kunſt-Stuck iſt jene groſſe Glocken zu Erdfuhrt / welche Gerard Woie gegoſſen / an dero vier vnd zwaintzig ſtarcke Maͤnner zu leutten haben / vnd wird ihr Klang bey haitterem Himmel auch auff vier teutſcheMeil99Namens Urſprung / Jugend vnd Untugend.Meil gehoͤret. Lauter Kunſt-Stuck ſeynd / was da ſchier uͤber Menſchen-Verſtand gemahlet haben Titianus, Baſ - ſiſanus, Mutianus, Bonarota, Urbinus, Berninus, Sal - viatus, Sandratus, Blumbinus, Dominichinus, Dona - tellus, Bandinellus, Zucca vnd Zuccarus, &c. lauter Kunft-Stuck ſeynd / was da auß Holtz vnd Stain gehaut haben Sanſouinus, Franzioſinus, Vaſoldus, Marianus, Mochus, Poggus, Lorenzetus, &c. vnd dannoch diſe alle obbenannte Maiſter vnd Kuͤnſtler ſeynd dem biſſigen Neyd nit entgangen / ja vil deren wegen der Neyder kein ſicheren Fuß auß dem Hauß geſetzt / etliche von denen Neydern grauſamb ermordt worden / etliche durch die Neyder mit tauſenderley Schmachreden an der Ehr ver - letzt worden; ja es haben ſich einige gefunden / die auß Neyd gegen diſen Kuͤnſtlern ſich ſelbſt ermordt / damit ſie nit laͤnger dero Lob moͤchten anhoͤren / vnd dero Kunſt anſchauen / O verdambter Neydhard! du wirſt aͤrger ge - brennt als Laurentius, wann man dein Nechſten lobet / du wirſt mehrer geſtainiget als Stephanus, wann man dein Nechſten ehret; du wirſt grauſamer gequellet als Sebaſtianus, wann man deinen Nechſten hervor ſtrei - chet; du leydeſt ein groͤſſeres Creutz als Andreas, wann man deinen Nechſten preyſet; O Teuffels-Martyrer!
Es ſeynd nit alle Laͤmbel deß Jacobs weiß geweſt / ſondern ſehr vil auch geſpraͤngt vnd geſchecket / es ſeynd nit in allen drey Koͤrben Mund-Semmel geweſt / von denen deß Pharaonis Pfiſterer getraumet / ſondern in ei - nem iſt auch ſchwartz Geſindl-Brodt geweſt: Es ſeynd nit lauter Tauben vnd Paradeyß-Voͤgel in der Archen Noë geweſt / ſondern auch Gimpel vnd Nacht-Eulen. In dem Netz Petri ſeynd nit lauter Fohrellen vnd Saͤlb - ling geweſt / ſondern auch grobe Stockfiſch; Abraham hat ſein Verlaſſenſchafft nit gleich außgethailet / ſondernN 2einem100Judæ Iſcariothis Zucht-Hauß /einem mehr geben / dem andern weniger / alſo hat die Na - tur kein Gleichheit in Außthailung der Geſichter / ſon - dern einem ein ſchoͤnere Geſtalt ſpendiret / als dem ande - ren / vnd alſo ſeynd nit alle Weibs-Bilder ſchoͤn vnd wol - geſtalt / ſondern es gibt auch ſchaͤndliche vnd ohngeformb - te Geſichter / dahero wie der Koͤnig Aſſuerus ſeine Vaſthi abgedancket / vnd ein andere Frau-Gemahlin zu erkiſen beſchloſſen / hat er in alle Landſchafften außgeſchickt jun - ge Maͤdl zu ſuchen / aber ſchoͤne / keine Großmaul-Aſiati - ſche / keine Langnaß-Arcadiſche / keine Gelbfarb-Hele - ſpontiſche / keine Grauaug-Cappadociſche / keine Buckl - hafft-Atlantiſche / keine Grobhaut-Mauritaniſche / keine Ohngeſchickt-Trapezuntiſche / keine / ſondern lauter ſchoͤ - ne / ja die allerſchoͤnſte ſoll man außerleſen / auß denen er nachmahls ein beliebige Koͤnigin erwoͤhlen koͤnne: Nach - deme Ihro Majeſtaͤt dem Koͤnig Aſluero die wolgeſtalti - ſte Toͤchter ſeynd vorgefuͤhrt worden / hat vor allen ſeinen Augen wolgefallen ein uͤberauß ſchoͤnes Maͤdl mit Nah -Eſther. 15. men Eſther, welche er dann ohnverzuͤglich zu einer Koͤ - niglichen Frauen-Gemahlin außerwoͤhlt / aber da haͤtte jemand ſollen die Gemuͤther der anderen einſehen / was Neydvolle Gedancken ſie gegen diſem Juden-Toͤchterl ge - ſchoͤpfft / ach / dachte eine / das Schelmen-Vieh hat ja das Gluͤck / daß ihr der Hencker das Geſicht pegle; die Beſtia, ſagt etwann ein andere bey ihr ſelbſt / ich wolt / ſie haͤtt an ſtatt ihrer ſchwartzen Augen ein paar glaͤferne Wam - mes-Knoͤpff von einem Fleckſteder; die dritte gedacht / waͤr ich ein Spinnerin / ich wolt ihr bey der Nacht das Geſicht zurichten / daß ſie morgens fruhe ſolte ein Zi - tracht haben / wie ein Schwediſcher Mantl-Kragen; die Hoͤppin! wuͤnſchte ein andere / waͤr ich nur ein gifftiges Wiſſerl / ich wolt ſie im Hof-Garten einmahl anblaſen / daß ſie ſolt Rauden vnd Kraͤtzen bekommen / daß man alleTag101Namens Urſprung / Jugend vnd Untugend.Tag ein Land-Metzen kundt von ihr ſchaben: als wann ich / ſagt ein andere / nit auch ſchoͤn waͤre / was wolten end - lich ſein ihre Roͤßl im Geſicht / das hat nun ein jede K[r]eb - ſen-Richterin / das weiſſe Fehl / welches ſie hat / hat ein an - dere auch / vnd wer waiß / obs nit noch einmahl die Blat - tern hat / vnd alsdann ein Geſicht bekombt / wie ein ge - rupfftes Sauleder uͤber ein Bauren-Kummet; diſe der - gleichen Competenz-Fraͤule ſeynd vor Neyd gegen der Eſther ſchier geſtorben; Dergleichen Begebenheiten ſeynd faſt noch taͤglich in dieſer verkehrten Welt / vnd iſt eine der anderen vmb ihr ſchoͤne Geſtalt / ſo ſie von Got - tes Haͤnden bekommen / neydig / ja manche will GOtt in ſeinen Geſchoͤpffen einreden / vnd gleichſamb beſſer machen als er / auch die Natur ſchimpfflich corrigieren / damit ſie nur auch der anderen nichts nachgebe an der Geſtalt; ſie ſteht vorn Spiegel ſo lang / daß ihr moͤchten Blattern an Fuͤſſen aufffahren / ſie krauſt vnd zauſt ihre Haar vnd ziechts ſtreng / als waͤren ſie in einem ſtaͤtten Novitiat, da muß ein Haarlocken krump ſeyn / der ander noch kruͤmper / der dritte zum krumpeſten / da muß vil Haar ſeyn / dort we - nig Haar / da muß gar ſchitter ſeyn / wie das Trayd der armen Leuthen / da muß in die Hoͤhe ſtehen wie ein Rai - ger-Buſch / da muß hinauß ſtehen wie ein Bachſteltzen - Schwaiff / da muß herunder hencken wie ein Bier-Zai - ger / da muß die Schaidl ſein wie ein Lateiniſch Ypſilon, da muß rauch ſeyn / dort glat / da gemiſcht / da pleſant, dort negligant, da galant: Die Lenden muͤſſen geſchnie - ret ſeyn / eng ſeyn / gebunden ſeyn / zwickt ſeyn / zwungen ſeyn / vnd bald mehrer leyden / als die Iſraeliter in Egyp - ten / vnd muß der Leib ſo rahn ſeyn / wie ein zugeſpitzter Zucker-Hut / da muß ſich das Geſicht waſchen laſſen / rei - ben laſſen / pollieren laſſen / faͤrben laſſen / ziehren laſſen / zaͤhren laſſen / ziehen laſſen / daß es ſich ſchier mit deß Ba -N 3laams102Judæ Iſcariothis Zucht-Hauß /laams Eßlin moͤcht beklagen / damit aber das Fehl rain bleibe / nimbt ſie bey der Nacht ein Larven uͤber das Ge - ſicht / das ihr ſchier der Athem verkuͤrtzt wird / da friſt ſie Kreiden / Wachs / Terbenthin / Saltzſtain / Froͤſchbainer / Schnecken-Pulver / damit nur die Haut nit Braunaue - riſch wird / damit die Wangen zu Weiſſenburg bleiben / damit die Lefftzen zu Rottenburg loſſieren / da legt ſie ſo enge Schueh an / daß ſie faſt keine groͤſſere Fußſtapffen im Sand laſt / als die Rohr-Aendl / es geſchicht aber alles dar - umb / weil ſie der Nechſtin neydig iſt vmb ihre Geſtalt / vnd nit gern hoͤren wolt / daß ein andere ſchoͤner ſoll ſeyn als ſie. O ſauberes Muſter! Pachomius hat vil gelit - ten in der Wuͤſten; Paphnutius hat vil gelitten in der Einoͤde. Onuphrius hat vil gelitten in der Wildnuß / aber du leydeſt mehr / dannoch iſt die Belohnung vngleich / dann jenen hat GOtt vmb ihr Leyden die Seeligkeit er - thailt / dir vmb dein Leyden wird der Teuffel auff ewig die Hoͤll ſpendiren.
Theagenes war ein ſolcher praver vnd ritterlicher Held / daß ſeine Victori vnd Sieg an allen Orthen er - ſchallen / vnd weil man dazumahlen die Verdienſten meh - rer auff die Waag-Schallen gelegt hat / als der Zeit / vnd vor diſem einen die Fauſt fauſtum, das iſt / gluͤckſeelig gemacht / alſo iſt gleichmaͤſſig nit allein zu Lebzeiten ſeine ohnuͤberwindliche Tapfferkeit vergolten worden / ſondern auch / man wolte nach dem Todt ſein Lob verewigen / zu ſolchem Ende / iſt ihme ein ſtattliche Saul mit ſeiner Bildnuß auffgericht worden / welches aber einem Miß - goͤnner vnd Neyder dergeſtalten in die Naſen gerochen / daß er alle Nacht dieſelbige Saulen ein halbe Stund nach Genuͤgen abgebruͤglet / weil aber ſolches neydige Bueben - ſtuck gar zu lang gewehrt / vnd einem jeden ſein Arbeit ſolle belohnet werden / alſo iſt diſem Neydhard begegnet /da103Namens Vrſprung / Jugend vnd Vntugend.da er eineſt mitten im Bruͤgl vnd Gaißlen begriffen / daß die Statua oder Bildnuß herunder gefallen / vnd dero ſtai - nene Kopff dem anderen ſein Eſel-Kopff gaͤntzlich zer - ſchmettert; O wie recht! dann der Neydige ſchadet nie - mand mehrer als ihme ſelbſt / er iſt ſein aigener Hencker vnd Tyrann / er ſchleifft ihm ſelbſten den Degen / mit deme ſein Hertz immer vnd immer verwundt wird / er iſt dem Tiger ſo gleich / als die Woͤlffin dem Wolff / dann das Tiger durch die liebliche Muſte alſo ergrimmet / daß es ſein aigenes Fleiſch mit Zaͤhnen zerbeiſt / alſo der Neyder nit weniger ihme ſelbſt das Hertz zerreiſt / wann er ſiher deß Nechſten ſein Wolſtand.
Was der verlohrne Sohn vor ein Landsmann ge - weſt / iſt eigentlich nit bekannt / ich glaube aber ein Irꝛlaͤn - der; wie er gehaiſſen hat / iſt nit bewuſt / ich glaube aber Malefacius, von was vor einem Orth er ſich geſchriben hab / allweil er ein Edelmann / hat man noch nit erfah - ren / ich glaub aber wol von Maͤdlſperg vnd Frauhofen / ꝛc. was er im Wappen gefuͤhrt / hat es niemand beſchriben / ich glaube aber wol ein Sau-Magen in gruͤnem Feld: Diſer Geſell raiſte mit wolgeſpicktem Beutel in die Laͤn - der vnd Provintzen / aber auß denſelben iſt er nit froͤm - mer / ſondern ſchlimmer kommen / vnd werden noch gar offt manchem adelichen Juͤngling die Laͤnder in Elender verwandlet / auch raiſet nicht ſelten ein guter Germanus auß / vnd kombt ein ſchlechter Hermanus nach Hauß; Was Ehr vnd Ruhm iſt es dann dem anſehlichen FlußEin groſſer Fluß Sa - vus die Sau ge - nannt. Donau / daß er in die Laͤnder raiſt / durch Schwaben / Bayren / Oeſterreich / Ungaru / endlich aber in die Sau flieſt; Der fromme Jacob hat auff ſeiner Raiß ein Lait - ter gen Himmel geſehen / aber layder vil auß vnſerem Adl finden auff ihrer Raiß ein Laitter in die Hoͤll; Wann der Zeit niemand geraiſt iſt / ſo halt man ihn fuͤr einenStu -104Judæ Iſcariothis Zucht-Hauß /Stuben-Hocker / der ſein Lager hinder dem Ofen auffge - ſchlagen / aber ſagt mir liebe halb Teutſche / dann gantze ſeyet ihr ſchon lang nit mehr geweſt / iſt es nit wahr? Ihr ſchicket euere Soͤhn auß / damit ſie in frembden Laͤn - dern mit groſſem Unkoſten frembde Laſter lehrnen / da ſie doch mit wenigerem Unkoſten zu Hauß die Tugenden er - werbten / ſpitzfindiger kommen ſie nit zuruck / außgenom - men / daß ſie neue Modi von Spitzen mit ſich bringen / galanter kommen ſie nit zuruck / muſt nur ſeyn / daß Ga - lant vom Galaniſieren herruͤhret / herꝛlicher in Klaydern kehren ſie zwar offt nach Hauß / es waͤre aber beſſer ehrli - cher als herꝛlicher / neue Modi-Huͤt / Modi-Barocken / Modi-Kraͤgen / Modi-Roͤck / Modi-Hoſen / Modi - Struͤmpff / Modi-Schueh / Modi-Baͤnder / Modi-Knoͤpff / auch Modi-Gewiſſen ſchleichen durch euere Raiß in vn - ſer liebes Teutſchland / vnd veraͤnderen ſich euere Narren - Kuͤttel taͤglich mit dem Mondſchein / es werden bald muͤſ - ſen die Schneider ein hohe Schul auffrichten / worauff ſie Doctormaͤſſig gradieren / vnd nachmahls den Titl Ihr Ge - ſtreng Herꝛ Modi-Doctor erhalten / wann ich alle Modi - Roͤck von vier vnd zwaintzig Jahren beyeinander haͤtt / ich wolt darmi[t]faſt einen Fuͤrhang vor die Sonnen machen / daß man beym Tag muſte mit der Latern gehen / oder weni - giſt getraute ich mir gantz Tuͤrckey darmit zu verhuͤllen / daß ihnen die Conſtantinopolitaner moͤchten einbilden / ihr Machomet wolt mit ihnen blind Katzen ſpielen / ꝛc. Ein alte Hex hat auff Begehren deß Koͤnigs Sauls den Pro - pheten Samuel vom Todten erweckt / damit er durch ihn den Außgang ſeiner Waffen wiſſen moͤcht; Es wird bald dahin kommen / daß man auch denſelben Schneider vnd Maiſter wird wuͤnſchen vom Todten zu erwecken / welcher der ſchoͤnen Eſther das Klayd gemacht / als ſie den Augen deß Aſſueri ſo wolgefaͤllig war; Vor Jahreniſt105Namens Urſprung / Jugend vnd Untugend.iſt in einer vornehmen Statt ein Klayder-Policey auff - kommen / vnd durch ſcharpffes Decret einem jeden uͤber ſtandmaͤſſig zu halten verbotten worden / es hat aber ſol - ches ein geringe Zeit getauret / weſtwegen der abgeſtorbe - nen Policey einer diſe Grabſchrifft auffgericht.
Nimbt alſo gar zu ſtarck uͤberhand der Klayder - Pracht / welche mehriſt andere Nationen vns mit hoͤchſtem Schimpff ſpendiren / bringt demnach das Außſchwaiffen in frembde Provintzen vns Teutſchen offt mehrer Laſt als Luſt ins Land / ꝛc. Auff gleichen Schlag hat wenig guts erlehrnt der verlohrne Sohn in frembden Laͤndern / ſon - dern ſein Studieren war Galaniſieren / ſeine Buͤcher wa - ren die Becher / ſein Lateiniſch Reden war Proficiat, ſein Waͤliſch Reden war Brindiſi, ſein Boͤhmiſch Reden war Saſdravi, ſein Teutſch Reden war geſegne es GOtt / ꝛc. mit einem Wort / er war ein ſauberer Bruder voller Lu - der / ein Vagant, ein Bachant, ein Amant, ein Turbant, ein Diſtillant, &c. Nachdem er nun dergeſtalten das ſeine verſchwendt in frembden Provintzen / vnd ſambt dem Ge - wiſſen auch die Klayder zerriſſen / welcher wol mit War - heit hat koͤnnen ſagen dem Vatter / was die Bruͤder Jo - ſeph ohne Warheit dem Jacob vorgetragen / als ſie ihm den blutigen Rock gezaigt / fera peſſima, &c. Ein uͤbles Thier hat den Joſeph alſo zugericht; ein uͤbles Thier hat den verlohrnen Sohn alſo zugericht / ein uͤbles Thier der guldene Adler / ein uͤbles Thier der guldene Greiff / ein uͤb - les Thier der guldene Hirſch / ein uͤbles Thier der guldeneOBeer /106Judæ Iſcariothis Zucht-Hauß /Beer / ꝛc. diſe Thier der Wuͤrthshaͤuſer haben das Buͤr - ſchel alſo zugericht / daß ihme die Hoſen alſo durchſichtig worden wie ein Fiſcher-Netz / daß ihm der Magen zuſam - men geſchnurfft wie ein alter Stiffel-Balg / vnd der Spie - gel ſeines Elends auff dem ſchmutzigen Wammes-Ermel zu ſehen war / ꝛc. Nachdem endlich diſem Fruͤchtl das Sau - Convict nit mehr geſchmeckt / ſeynd ihm heylſamere Ge - dancken eingefallen / er ſolle ohnverzuͤglich zu ſeinem alten Vatter kehren / vnd bey deſſen Fuͤſſen ein gluͤckliches Ge - hoͤr ſuchen / welches ihme dann nach allen Wunſch von ſtatten gangen / vnd iſt dem ſchlimmen Vocativo ſein ai - gener Vatter gantz liebhafft vmb den Halß gefallen / dem ſonſt ein Strick am Halß gebuͤhret / ja mit abſonderli - chen Freuden vnd Jubeln iſt er in die vaͤtterliche Behau - ſung eingefuͤhret worden / alle ſchnelle Anſtalt gemacht zur Kuchl vnd Keller / vnd muſte gleich das beſte vnd ge - meſte Kalb geſchlacht werden / kocht werden / gereſt wer - den / bratten werden / ꝛc. auff die Seyten mit den zerriſſe - nen Lumpen / ein ſammeten Rock her / ein Hut mit Blu - maͤſchi her / ein guldenen Ring her / Spilleuth her / alle - gro; Underdeſſen kombt der andere Bruder nach Hauß / hoͤrt aber von fern geigen / pfeiffen / leuren / tantzen / hupf - fen / jugetzen / jaugetzen / ꝛc. Holla, ſagt er / was iſt das / potz Taͤubel / was iſt das! es wird ja mein Schweſter nit Hochzeit haben / hab ich doch heut Fruhe noch vmb kein Braut gewuſt / in dem er in diſen Gedancken ſchwebet / ſo bringt ihme einer ein Glaß Wein zum Fenſter herauß / der Hauß-Knecht laufft ihm entgegen mit der Zeitung / ſein Bruder ſeye nach Hauß kommen / deme ſo ſchlecht in der Frembde gangen / er ſoll hurtig hinein gehen auff ein kaͤlbernes Braͤrl / diſer wurde alſobald bieruͤber gantz blaich vor lauter Neyd / vmb weilen man ſeinem Bruder alſo auffgewartet / er ſetzte ſich vor der Hauß-Thuͤr nider / erkifflet107Namens Urſprung / Jugend vnd Vntugend.kifflet die Naͤgel / er knarret mit den Zaͤhnen / er kratzt im Kopff / er rumpfft die Naſen / er ſeufftzet von Hertzen / er faſt vnd plaget ſich alſo durch den Neyd / daß wenig ge - faͤhlt / daß er vom Schlag nit getroffen worden / O Narꝛ! Waͤr diſer Giſpus lieber hinein gangen / haͤtte den Bru - der bewillkombt / vnd ſo er ihm endlich auch ein Filtz haͤtt geben / der ohne das kein Hut mit ſich gebracht / haͤrt es wenig Schaden verurſacht / waͤr er mit ihm zu Tiſch ge - ſeſſen / haͤtte den kaͤlberen Bratten helffen verzehren / etli - che Geſund-Truͤnck ſein wacker beſchaid gethan / auch bey der hell-klingenden Schallmeyen / ꝛc. ein oͤffteren Hupff herumb geſprungen / vnd anderthalb Schueh-Sohlen ab - getantzt / ſo waͤr es vil beſſer geweſt / vnd GOtt nit alſo belaydiget / aber mit ſeinem Faſten / mit ſeinem Neyd / der ihn mehr gequellt / als die feurige Schlangen das Volck Iſrael / hat er die Hoͤll verdient; ſonſt iſt Truͤbſahl ein Straß zum Himmel-Saal / ſonſt iſt Leyden ein Weeg zun ewigen Freuden / ſonſt ſeynd Schmertzen allezeit ein Vortrab deß ewigen Schertzen / aber deß neydigen Lap - pen ſein Marter iſt ein Leykauff der ewigen Verdambnnß.
Chriſtus der HErꝛ nimbt auff ein Zeit drey liebe A -Matth. 17. poſtel mit ſich auff den Berg Thabor / vnd zaigt ihnen all - da in ſeiner Erklaͤrung die Glory in Compendio, den Himmel in einem Abriß / die Seeligkeit in einem Modell; zaigt ihnen / das kein Pembſel koͤnne entwerffen / kein Fe - der beſchreiben / kein Zung außſprechen / vnd kein Hertz faſſen die Glory ſeiner Herꝛlichkeit / vnd die Herꝛlichkeit ſeiner Glory: Zaigt ihnen was ein Arbeiß gegen den Berg Olympum, was ein Sand-Koͤrnlein gegen dem Babyloniſchen Thurn / was ein Troͤpffel Morgen-Thau gegen dem groſſen Meer / was ſeynd die Welt-Freuden gegen den himmliſchen Freuden; zaigt ihnen das Schlimp / Schlamp / Schlodi ſeye aller Reichthumb Croeſi; dasO 2Dilli,108Judæ Iſcariothis Zucht-Hauß /Dilli Dalli Haͤußlbauen / ſeye aller Pracht Pompei, das Lirum Larum, ſeye aller Wolluſt Sardanapali gegen der mindiſten Ergoͤtzlichkeit deß Himmels; zaigt ihnen / wann der gantze Erdboden ſoll ſeyn ein lauteres Pappier / vnd das groſſe tieffe Meer ein lautere Dinten / vnd alle ge - ſpitzte Graͤſel lautere Federn / vnd alle lebendige Geſchoͤpff lauter Schreiber / vnd wurden mit diſen Federn / auß di - ſer Dinten / auff diſes Pappier biß auff den Juͤngſten Tag ſchreiben / alles was froͤlich / freundlich / fridlich ſie moͤchten erſinnen / ſo konten ſie dannoch nit ein halbes Loth der ewigen Freuden erraichen; Nachdeme ſolcher geſtalten Chriſtus ihnen ſein Herꝛlichkeit vnd Glory in etwas entworffen / hat er nachgehends den Berg herab ihnen den dreyen ernſthafft verbotten / ſie ſollen diß / was ſie geſehen / keinem einigen entdecken / auch den Apoſtlen nit / auch den anderen Juͤngern nit / ſondern alles mit ge - naueſter Verſchwigenheit verhuͤllen / auß Urſachen / da - fern ſie den anderen haͤtten offenbahret / daß ſie Chriſti deß HErꝛn Verklaͤrung / Herꝛlichkeit vnd Glory geſehen / haͤtten gleich die andere Apoſtel einen Neyd gefaſt gegen diſen dreyen / in Bedenckung / daß ſie mehrer gelten bey dem Goͤttlichen Maiſter / aber O gebenedeyteſter GOtt! ſoll dann auch ein Neyd gefunden werden vnder den Apo - ſteln / vnder den Juͤngern deß HErꝛn / vnder denen / die ein vollkommenen Wandel fuͤhren? was dann / auch noch heutiges Tags iſt der Neyd in den Cloͤſtern / es iſt der Neyd offt ſo haimblich in Geiſtlichen Haͤuſern / daß er mit manchen Moͤnchen zu Tiſch ſitzet / mit ihnen offt in die Metten auffſtehet / mit ihnen ins Capittl-Hauß gehet / mit ihnen gleiche Kappen traget / ꝛc. verwundere dich nit / es iſt auch das Manna oder Himmel-Brodt wurmſtichig worden / es iſt der Neyd ein Wurm / der Clo - ſter-Wandel ein Manna; es iſt auch vnder dem Waitzenim109Namens Urſprung / Jugend vnd Untugend.im Evangelio ein Unkraut gewachſen / ein Unkraut iſt der Neyd / der Waitzen ſeynd die Ordens-Leuth; es iſt auch vnder denen Soldaten Joſue ein Dieb gefunden worden / ein Dieb iſt der Neyd / Soldaten Chriſti ſeynd die Geiſt - liche; Es iſt auch in der Archen Noë ein ſchlimmer Boͤß - wicht der Cham geweſt / ein ſolcher boͤſer Geſell iſt der Neyd / das Cloſter iſt ein Archen Noë; dergleichen Exem - pel ſcheinet ohnnoͤthig beyzubringen / weil ſolche nur gar zu bekandt; iſt demnach kein Stand / wo der Neyd nicht hat Beſtand / iſt kein Hauß / wo der Neyd nit hauſet / iſt kein Platz / wo der Neyd nit darein platzt / iſt kein Woh - nung / wo der Neyd nit wonhafft / iſt kein Geſellſchafft / wo der Neyd nit ſein Herꝛſchafft / iſt kein Banck / wo der Neyd nit ſeinen Sitz hat.
Was der Neyd / wie der Neyd / hat erfahren Ha - braym vnder dem Tuͤrckiſchen Kayſer Solyman, diſer Habraym war auß einem geringen Dorff gebuͤrtig / von keinem vornehmen Gebluͤt / wie die Welt gaggetzt; ob zwar deß Bettlers Blut ſo roth iſt als deß Edlmanns / es war ſein Herkommen von Bauren / ſein Einkommen wie beyn Bauren / ſein Außkommen wie vndern Bauren / aber ſeyn Auffkommen blib nit beyn Bauren / vnd wann ſchon ſein Hauß mit Stroh bedeckt war / ſo befande ſich doch kein Stroh in ſeinem Hirn / ſondern ſein reiffer Ver - ſtand / vnd gute Vernunfft zogen ihn vom Bauren-Feld ins Kriegs-Feld / zu verſuchen / ob ihme der Saͤbel mehrer Gluͤck werde zueſchneiden als das Pflug-Eyſen / wie es dann nit lang angeſtanden / daß er mittelſt ſeiner beruͤhm - ten Tapfferkeit vnd Kriegsmuth zu hohen Ehren erho - ben worden / vnd wurde er vnder den Baſſen nit der ge - ringſte geſchaͤtzt / ja Kayſer Solyman ſahe / daß die Ver - dienſten ſeines getreueſten Habraym noch nit nach Ge - buͤhr belohnt waͤren / erkiſet demnach ihn zu der hoͤchſtenO 3Di -110Judæ Iſcariothis Zucht-Hauß /Dignitet vnd Wuͤrde nach ſeiner Kayſerlichen Perſohn / vnd ſtellt ihn als einen groſſen Vezier / Habraym aber / ehe vnd bevor er diſen hoͤchſten Ehren-Guͤpffel angetret - ten / da er eineſt gantz allein bey dem Kayſer war / hat er ihn gantz demuͤtigiſt gebetten / allergnaͤdigiſter vnd ohn - uͤberwindlichſter HErꝛ vnd GOtt auff Erden / ich bitt / ich bitt abermahlen Euer Majeſtaͤt / ſie wollen doch mei - ne Perſohn nit mehrer erheben / noch ferners befoͤrderen / dann ſonſt wird mir die groſſe Ehr nichts als Neyd vnd Mißgunſt außbruͤtten / daß ich nachmahls wird muͤſſen das Leben daruͤber einbuͤſſen / darauff ſchwur ihm der Kay - ſer hoch vnd theuer / er wolte ihm gewiß bey lebendigem Leib das Leben nit nemmen / was geſchahe? Hohe Guͤpf - fel werden mehriſt von den Winden angetaſt / hohe Thuͤrn werden gemainiglich von dem Donner getroffen / hohe Ehren werden gemainiglich von den Neydern verfolgt / wie das Liecht von der Fledermauß / dahero auch die Ney - der bey dem Solymaniſchen Hof nit gefeyert / biß ſie ein Feuer angeblaſen uͤber den Habraym, vnd denſelben bey dem Tuͤrckiſchen Kayſer in ſo groſſen vnd ſchaͤdlichen Verdacht gebracht / daß Solyman gaͤntzlich geſonnen / erſt - benannten Groß-Vezier zu toͤdten / konte aber nit wegen ſeines abegelegten Ayds / fragte demnach ſeinen Tuͤrcki - ſchen Prieſter / wie doch dißfalls der Sach zu rathen waͤ - re / der gabe ihm ohnverweilt diſen Beſchayd / er koͤndt es[J]ovius lib. 33. pag. 267. nit in den Kopff bringen / oder glauben / daß die Schlaf - fende vnder die Lebendige zu zehlen / derowegen ſoll der Kay - ſer den Habraym im Schlaff laſſen erſtechen / dann auff ſolche Weiß konte auch der Ayd-Schwur ohnverbrochen bleiben / welcher einig vnd allein diſes Lauts geweſt / daß dem Vezier bey lebendigem Leib nichts uͤbles widerfahren ſolte / darauff dann die Execution ſchleunig erfolgte / vnd ein Kaͤmmerling bey naͤchtlicher Weil den beruͤhmte -ſten111Namens Urſprung / Jugend vnd Vntugend.ſten Habraymum erſtechen muͤſſen / alſo bleibt darbey / daß der Neyd ſein Frey-Tafel zu Hof habe / vnd hat ſol - cher Hof-Hund ſchon manchen dergeſtalten gebiſſen / daß ihme die Wunden noch ſchwuͤrig ſeynd / verwundere aber ſich niemand hieruͤber / dann es bereits der Welt-Lauff / daß der jenige beneydet wird / vnd verfolgt / der wol dienet / deftwegen liſt man das Woͤrtl Dien zuruck Neid.
Was der Neyd / wie der Neyd / hat erfahren Belli -Buſſieres in Floſ. Hiſt. ſarius, diſer weltkuͤndige Kriegs-Fuͤrſt / nachdeme diſer uͤber drey Thail der Welt triumphierte / nachdem er in Aſia den Perſiſchen Koͤnig Coſroen, in Affrica den Gilimer, in Europa den Gottiſchen Monarchen Theodatum ob - geſieget; nachdem er bey Rom in einem Tag neun vnd ſechtzig tauſend der Feind erleget / nachdem er das Roͤmi - ſche Reich / vermittelſt ſeines ohnuͤberwindlichen Helden - muths in hoͤchſten Gluͤck vnd Ehrenſtand geſetzt / vnd al - les uͤberwunden / außgenommen die Neyder / welchen das groſſe Lob vnd Gluͤck Belliſarij alſo mißfallen / daß ſie ſo lang vndergraben / wie die Maulwurff / daß ſie ſo lang ge - gruͤblet / wie die Hennen in dem Sand / daß ſie ſo lang al - les durchſuchet / wie die Bein in dem Garten / biß ſie end - lich das Hertz deß Kayſers vmbgekehrt / den Belliſarium in Ohngnad gebracht / daß zur Letzt dem maͤchtigiſten Welt-Helden die Augen ſeynd außgeſtochen worden / damit er den Neyd mit blutigen Zaͤhern moͤchte bewai - nen / der arme Tropff / nachdem er keine Augen mehr hat - te / konte erſt recht ſehen / was der Hof-Neyd fuͤr ſcharpffe Zaͤhn habe / ſein Elend wachſte ſo weit / daß er auch das Bettl-Brodt von dem Vorbeygehen ſamblen muͤſt / vnd zehlte er offt ſeine wenige Pfenning in ſeinem huͤltzeren Schuͤſſerl / deme vorhero gantze Koͤnigreich zu eng waren; ich glaub gar wol / er ſeye offt auff einem Eckſtain der Gaſſen geſeſſen / ſeinen Hut auff ſeinen Stecken geſetzt /ſelben112Judæ Iſcariothis Zucht-Hauß.ſelben offt vmb vnd vmb getraͤhet / vnd darbey das wan - ckelmuͤthige Gluͤck betracht / fuͤrwahr / fuͤrwahr hat Belli - ſar, der arme Narꝛ / ſo gantz vnd gar / ja Sonnenklar / ge - nommen war / daß Neyds-Gefahr / die Tugend plage im - merdar / diß folgende Liedl geſungen.
Der Neyd iſt wie ein gewiſſes Glaß / welches die ABC. Schmid das Mucken-Glaß nennen / dann ſo je - mand durch diſes Glaß ein Mucken anſchaut / ſo gedunckt ihm diß faſt ſo groß zu ſeyn / wie ein ſchwartzer Ketten - Hund / dann ſolches Glaß alles vergroͤſſert / wann man ein Floh durch diß Glaß beſchauet / ſo ſcheint er ſchier / als wie ein halb gewachſener Rhinoceros auß Armenia, &c. alſo auch vergroͤſſert der Neyd den allergeringeſten Mān - gel deß Nechſten / ſchneidet auß einem jeden ohnbehutſa - men Schritt ein Sacrilegium, ſchnitzlet auß dem gering - ſten Woͤrtl ein Gottslaͤſterung / kocht auß einem jeden ehrlichen Geſpaiß einen Ehebruch / vnd wanns zum loben kombt / vnd er zu deß Nechſten Ruhm auch etwas ſolle ſetzen / ſo waͤre vonnoͤthen / man thaͤte dem Fantaſten die Zung loͤſen / da man aber den Nechſten außrichtet / vnd durch die Haͤchel ziecht / da ſchreibt er gleich mit Fractur - Feder darein / ꝛc.
Was der Neyd / wie der Neyd / hat erfahren der H. Gregorius Biſchoff zu Agrigent, wie diſer fromme Mann durch Goͤttliche Anordnung zu diſer hohen Wuͤr -de113Namens Urſprung / Jugend vnd Untugend.de gelanget / ſeynd ihme deſſentwegen zwey ſehr neydig ge - weſt / allweilen ſie ſelbſt vmb ſolche gebuelet / haben auch allerley teuffliſche Anſchlaͤg erdicht / wie ſie doch moͤchten den frommen Mann in offentliche Schand vnd Unehren ſtuͤrtzen; Nachdem er einmahl bey naͤchtlicher Weil demSurius in Vit. 23. Novembr. Gottsdienſt embſigiſt abgewart / haben vnderdeſſen erſt - gedachte zwey Boͤßwicht Sabinus vnd Teſſelinus ein all - bekannt Statt-Fetzen vnd beſchreytes Weibs-Bild durch Gelt dahin beredt / daß ſie ſich in deß Biſchoffs Beth ge - legt / nachdem er dann von der Kirchen nach Hauß durch die gantze Geiſtlichkeit / dem Gebrauch nach / beglait wor - den / ſpringt diſer vnverſchambte Grind-Schippel in bey - ſeyn aller auß dem Beth / wordurch das Geſchray alſo - bald mit 6. Fluͤglen gleichſamb hin vnd her geflogen / die ohngezaͤmbte Zungen freymuͤthig darein platzten / Gre - gorius ſeye ein ſauberer Biſchoff / ſchicket ſich zum Bift - thumb / wie ein krumpe Sichel in ein Meſſer-Schaid; ja / ja ſagte mancher / die Geiſtliche ſeynd wie die Glo - cken / die leutten anderen in die Kirchen / vnd ſie bleiben ſelbſt darauß / ſie machen vns die Hoͤll ſo haiß / den Teuf - fel ſo ſchwartz / GOtt ſo ſtreng / vnd ſie luedern mehr als wir Welt Zaͤrtling / jetzt ſicht man / wie ein Kutten zu weilen fuͤr ein Schelmen Futterall ſeye / ꝛc. dergleichen Spottwoͤrter fuͤhrten die Welt-Maͤuler / die alle zu ver - ſtopffen vil Baumwohl vonnoͤthen waͤre: Es war auch die Geiſtlichkeit uͤber diß nit ein wenig geaͤrgert / abſon - derlich aber diſe zwey Neydhard ſchryen diſes Geſchicht auß mit ſolcher Ohngeſtimme / daß ſie faſt ſo haiſſer wor - den / wie ein abgeſtandener Muſicant, ihr Neyd wuͤrckte endlich ſo vil / daß man Gregorium in offentlichen Ker - cker geworffen / vnd auff alle Weiß das ſaubere paar Ertz-Schelmen dahin getrungen / man ſolte Gregorium aller Wuͤrden entſetzen / aber GOtt defendierte ſein Un -Pſchuld /114Judæ Iſcariothis Zucht-Hauß /ſchuld / indeme zum oͤfftern in Gegenwart viler / die eyſe - ne Band wunderbarlich von Fuͤſſen gefallen / die zwey gottloſe Neyder aber in dem Angeſicht gantz kohlſchwartz worden / mit welcher hoͤlliſchen Larven ſie ſattſamb ihre Unthat an Tag gegeben; O allerliebſter GOtt / vnd gerechriſter Richter! ſo du oͤffter dergleichen Farb ſolleſt anſtreichen den jenigen / welche auß Neyd einen verfolgen / vnd waiß nit was erdichte Schand-Thaten ihme anklep - pen / wie vil wurden muͤſſen ihr Vatterland in Maurita - nia ſuchen / vnd in dem Angeſicht den ſchwartzen Cor - dabon tragen / weil ſie einwendig Corda mala verborgen.
Was der Neyd / wie der Neyd / hat erfahren jener Kuͤrſchner zu Wienn / welcher ſich gar wol / ob zwar ar - beitſamb bey dem ſeinigen befunden / auch weil er GOtt forderiſt vor Augen gehabt / die H. Meß an keinem Tag außgelaſſen / ſo ihme nit die Unpaͤßlichkeit deß Leibs ein Verhindernuß gemacht / iſt er deſto mehr in ſeiner Hauß - Wuͤrthſchafft vnd Haabſchafft geſegnet worden / welches dann bey ſeinen Nechſten den Neyd deſto mehrer anflam - mete / als nun gedachter Kuͤrſchner vmb etlich hundert Thaller ſchoͤne Zobel-Baͤlg waſchen wolte / iſt der andere auß verdambten Neyd / ſo Gewiſſenloß / vnd wirfft ohn - vermerckter ein ohngeloͤſchten Kalch ins Waſſer / nach - dem dann der gute Kuͤrſchner ſeiner Mainung nach die Zobel genugſamb gewaſchen / vnd nachmahls auffgehen - cket / ſo ſeynd ihnen die Haar alle außgefallen / als haͤtten die Haͤut ein hitziges Fieber gehabt / vnd hat der arme Mann mit wainenden Augen muͤſſen ſehen / daß er auß einem Kuͤrſchner ein Barbierer worden. Der Neyd iſt halt alſo gearthet / daß ihme nit wol / ſo lang dem ande - ren wol / es iſt ihme damahlen uͤbel / wann es dem Nech - ſten nit uͤbel gehet. Die heiligen Lehrer ſeynd mehriſten Thail der einhelligen Auſſag / daß ein ohnzahlbare Maͤngeder115Namens Vrſprung / Jugend vnd Vntugend.der boͤſen Feind im Lufft zwiſchen Himmel vnd Erden ſchwebe / dannoch aber allerſeits ihr Hoͤll leyden / weil nemblich der Neyd / den ſie ſchoͤpffen / in Anſchung der groſ - ſen Gnaden / welche GOtt den ſuͤndigen Menſchen auch nach vilfaͤltigem Fall erthailt / ihnen an ſtatt der hoͤlliſchen Peyn iſt.
Was der Neyd / wie der Neyd / erfahren auch die Prediger / vnd hats erfahren der H. Bernardinus Senen -Ribaidine - ra in Flore Sanct. ſis, welcher bey ſeinen Apoſtoliſchen Predigen ein ſolchen Zulauff hatte / daß man vermaint / die gantze Welt han - ge an der Zungen Bernardini, aber es hatte diß bey etli - chen ſolchen Neyd angezuͤndt / daß ſie ſo gar bey dem Pabſt Martino V. diſen Bernardinum angeklagt / vnd neben anderen vilfaͤltigen Injurien forderiſt angeben / wie daß Bernardinus ein neue Manier im Predigen auff - bringe / vnd auff der Cantzel allezeit ein gewiſſe Tafel / wor - auff der fuͤſſeſte Nahmen JEſus / dem Volck zaige / ſol - che Neyder waren ſo embſig in der Verfolgung / daß ſo gar diſer Apoſtoliſche Prediger nach Rom citirt worden / daſelbſt ſich zu verantworten / es iſt aber hierdurch deß Gottſeeligen Manns Lob nur vergroͤſſert worden bey dem Paͤbſtlichen Stuel / vnd denen Neydern uͤber Willen die Naſen erlaͤngert worden; es iſt mit einem Wort / der Neyd ein ſtaͤtter Beglaits Mann deß Lobs / vnd der Tu - genden. Und gleichwie kein Liecht ohne Schatten / alſo auch kein Ehr vnd Lob ohne Neyd.
Was der Neyd / wie der Neyd / hat erfahren David von dem Saul, der Adam von dem Lucifer, der Jacob von dem Eſau, der Iſaac von den Paleſtinern / der Mar - dochæus von dem Aman, der Abel von dem Cain: Pe - trus de Vincis beym Hof Kayſers Friderici II. Corne - lius Gallus beym Hof Kayſers Auguſti: Clitus beym Hof deß groſſen Alexandri: Plaucianus beym Hof Kay -P 2ſers116Deß Judæ Barth /Rich. A - xiom. fol. 410.Severi: Seianus beym Hof Kayſers Tiberij: Eutro - pius beym Hof Kayſers Theodoſij deß Anderten: Nar - ſetes beym Hof Kayſers Phoccæ: Carbulo beym Hof Kayſers Neronis.
A Dio ſo beſſert dann euch ihr Neyder / vnd Neyd - hard / ihr Neydhund / ihr Neydfalcken / ihr Neydteuffel / ihr Neydbruͤder / ihr Neydverwandte deß Judæ licarioth, deß Ertz-Schelms. Beſſert euch / wofern ihr nicht wolt mit diſem ewig / ach! ewig von Gottes Angeſicht ver - worffen / vnd an die Ketten der ewigen Verdambnuß angefaͤßlet werden / allwo vnendliches Heulen vnd Zaͤhn - Klapperen das ſchmertzliche Ewig / Ewig augenblick - lich vergroͤſſert.
AMbroſius, Oroſius, Auguſtinus, Victorinus, To - ſtatus, Alciatus, Niſſenus, Emiſſenus, Aurelius, Cornelius, Gregorius, Berchorius, Liranus, Caſ - ſianus, Ferrerius, Pererius, haben die heilige Bibel zimb - lich durchgeblaͤttert / dero Blaͤtter zimblich durchleſen / dero Leſen zimblich in den Verſtand / von dem Verſtand in die Feder / von der Feder auff das Pappier gebracht; aber niemand auß diſen regiſtriert; keiner auß allen proto - colliert, nicht einer auß ſolchen citirt, daß Judas habe ein rothen Barth gehabt.
Wo ſteht es dann geſchriben? ja man mahlt ihn ge - mainiglich mit einem ſolchen Philiſtæiſchen Fuchs-Balg. Ich antwort. Die Mahler haben groſſe Privilegia, dasiſt /117vnd Leibs-Geſtalt.iſt / Brieff-Luͤgen / ſie haben oͤffter die ſchamhaffte Farb im Pembſel / als im Geſicht: ſie thun offt etwas mah - len / welches wahr iſt niemahlen. Dahero ſchickt ſich nichts beſſer / als wann ein Poët den Mahler zum Gevattern bitt / dann fingere vnd pingere ſeynd die vertrauteſte Spieß-Geſellen. Auch ſoll jenem Arcadiſchen Schola - ren ſo gar nicht fuͤr uͤbel auffgenommen ſeyn worden / als er auff befragen / was Mentiri auff teutſch haiſſe. Mahlen geantwortet. Dann der Mahler-Pembſel iſt nicht ſcrupulos, vnd ob er ſchon von Haaren beſteht / ſo geht er dannoch nicht ein Haar auff die Warheit.
‘‒ ‒ ‒ ‒ Pictoribus atq́ue Poëtis Quidlibet audendi ſemper fuit æqua poteſtas. ’ ()Wann oͤffter ein Mahler thaͤte einbuͤſſen / wie jener / von deme Gumpenberger in ſeinem Atlante ſchreibet / daß er in Mahlung eines vnſer Frauen-Bilds mit diſen Worten gefrefflet. Wann das Bild wird Mira - cul wuͤrcken / ſo werden mir Hoͤrner wachſen. Und ſihe / wie der Freffel auff der ſchnellen Poſt die Straff von dem Himmel holt / er hatte kaum außgeredet / da ſeynd ihm auff dem Stiern zwey Hoͤrner herfuͤr geſchoſ - ſen / welche zwey ſcheinbare Zaichen / vnd Zaiger waren ſeines veruͤbten Muthwillens. Mann muß dahero der Mahler Freyheit oder Frechheit nicht fuͤr einem ohnlaug - baren beweißthumb anziehen / daß Judas einen Feyer - taͤglichen Barth habe gehabt: ſondern es iſt gar wol zu vermuthen / es ſeye der einige Nahm Iſcarioth die Haupt - Urſach ſolches gemainen Wahns / vnd Auſſag. DannP 3die118Deß Judæ Barth /die plumpe Leuth anfangs deß Worts Iſcarioth fuͤr Iſt gar roth verſtanden. Iſt alſo ſolcher geſtalten dem Judæ ſolche Farb in Barth geriben worden.
Geſetzt aber / es haͤtte Judas ein ſolche erwehnte Ru - bricam vmb das Maul gehabt / was folgt dann darauß? villeicht beliebt dir zu reden / Judas habe einen rothen Barth gehabt; ergò, alle die rothe Baͤrth haben ſeynd Ertz-Schelmen. Wann dem alſo / ſo waͤre kein einiger Barth von groſſem Schimpff befreyt. Der Teuffel iſt in Geſtalt eines Manns mit einem braunen Barth in die Wuͤſten gangen / vnd JEſum verſucht / ergò, ſo ſeynd alle Maͤnner mit braunen Baͤrth Teuffel. Der Abſolon hat krauſte Haar gehabt; ergò, alle die krauſte Haar ha - ben / ſeynd verruckte Boͤßwicht / vnd gewiſſenloſe Rebel - len wider ihre Eltern. die zwey Alte / mehr Baberloniſche als Babyloniſche Richter bey Suſannam haben weiſſe Baͤrth gehabt: ergò alle die weiſſe Baͤrth haben / ſeynd ſol - che Bockbergeriſche Ehebrecher. Pilatus der Landpfleger (oder beſſergeredt) der Schandpfleger hatte einen ſchwar - tzen Barth: ergò, alle die ſchwartze Baͤrth haben / ſeynd Feind vnd Widerſacher deß Goͤttlichen Heylands. O wie ohngereimbt laufft dein Argument! deß Balaams Eßlin hat geredt: ergò, wird dein Eſel zu Hauß auch mit der Sprach herauß / vnd dich ſalve Frater; willkomb Bru - der / anreden. Dafern es aber ſolte der Warheit gemaͤß ſeyn / daß Judas mit einer ſolchen Saffran Farb waͤre notirt geweſen; wo ſteht es dann geſchriben / daß rothe Baͤrth nichts nutz ſeynd? wann ſolche Aurora den wenigſten Schimpff oder Spott in ſich hielte / haͤtten mit denſelben nicht geprangt die alte Roͤmer / welche ſo gar auch die rothe Haar / als ein beſondere Zierde zu ihrem Nahmen vnd Titul ſelbſten gebraucht. Solche waren Sp. LatiusRuf -119vnd Leibs-Geſtalt.Ruffus; Serg. Sulpitius Ruffus: Cn. Domitius Ruf - fus: Q. Minutius Ruffus: P. Rutilius Ruffus: Q. Pom - peius Ruffus: lauter rothbaͤrthete Maͤnner / welche durch ihre Heroiſche Tapfferkeit in den Aſiatiſchen / Traciſchen / Cimbriſchen / Cretiſchen / Partiſchen / Illyriſchen Krie - gen einen ohnſterblichen Nahmen erhalten. Wer iſt ge - weſt der Sieghaffte Kayſer Fridericus Barba Roſſa, als eben ein Rothbarth? Wer iſt geweſt Haquinus Ruffus ein beſter Koͤnig auß Gotten / als ebenfalls ein Roth - barth? Gaudentius ein heiliger Biſchoff / Gandulphus ein heiliger Biſchoff / Eligius ein heiliger Biſchoff / Dom - ninus ein heiliger Martyrer / Maurinus ein heiliger Mar - tyrer / Savinianus ein heiliger Martyrer / haben alle ein rothen Barth / vnd ein gute Arth gehabt. Es ſchreibt zwar Boz de Signis Eccl lib. 5. cap. 1. daß der jenigen zweyen Boͤßwicht / welche die heilige Ludomillam in Boͤ - heim ermordet / einer habe ein rothen Barth gehabt / der andere aber gehuncken / dahero ſie GOtt im gantzen ihren Geſchlecht / vnd alle Nachkoͤmblingen dergeſtalten ge - ſtrafft / daß noch auff heutigen Tag / die von dero Hauß / oder Freundſchafft herkommen / rothe Haar haben / vnd hincken. Es moͤcht hierinnfalls ein Naſenwitziger ſeyn / uͤbles Urthl von dem rothen Barth behaupten / mit dem Vorwandt / daß / wann rothe Haar etwas guts waͤren / ſo haͤtte der gerechte GOtt ſolches Geſchlecht / vnd Kinds - Kindskinder nicht darmit geſtrafft. Deme iſt aber zu antworten / daß ſolches mehr geſchehen zu einem Denck - zaichen der veruͤbten Unthat ihrer Vor-Elteren / als zu einer Straff / zumahlen ſolche Nachkoͤmblingen dißfalls ohnſtraͤfflich ſcheinen. Wann rothe Haar ein vermuth - liches Kennzaichen waͤren einer ſchlimmen Arth / ſo haͤtteNum. 19. v. 2. GOtt etwann nicht ſo außtruͤcklich verlangt in dem al - ten Teſtament / daß man ihme ſoll ein rothe Kuhe ſchlach -ten /120Deß Judæ Barth /ten / vnd opfferen. Die abgeſagte Feind vnd Spoͤttler der rothtn Barth / muͤſſen nicht fuͤr ihr Schutzung anziehen die vngeruͤhmte That eines Spaͤniſchen Edlmanns / welcher einen zu dem Strang verurthlet / vnd hencken laſſen / keiner anderen Urſach halber / als weilen er ein ro - then Barth hatte / vnd als man deſſen Unſchuld vorkehr - te; wie wiſſentlich nicht bekandt ſeye / daß diſer gute Mann etwas uͤbels gethan; denen hat der verruckte Edl - mann geantwortet. Er hat einen rothen Barth / hat er nichts uͤbels gethan / ſo haͤtte er doch etwas uͤbels ſtifften koͤnnen. Diſer Spaniſche Prophet kombt mir warhaff - tig ſpaniſch vor / indeme er ſeine Weißſagung nur auff ſolches rothfaͤrbiges Teſtimonium ſteiffet.
Die alte Heydniſche Grillen-Voͤgt hatten vnder - ſchidliche aberglaubige Wiſſenſchafften / worauß ſie kuͤnff - tige Begebenheiten abnemmen; vnd zwar eine hat ge - haiſſen Metopoſepia, ein andere Chiromantia, ein an - dere Batonomantia, ein andere Capnomantia, ein ande - re Piromantia, ein andere Coſchinomantia, ein andere Cleromantia, ein andere Geomantia, ein andere Hydro - mantia, ein andere Lecanomantia, ein andere Gaſtro - mantia, ein andere Axinomantia, ein andere Aëroman - tia, ein andere Phiſognomia, vnd diſe letztere thaͤten ſie allein grunden auff das Angeſicht deß Menſchen / auß dem ſie kuͤnfftige Sachen außkundtſchafften / aber von keiner Barbomantia, oder Narromantia hab ich niemahls ge - leſen / daß man auß einem rothen Barth ſoll koͤnnen ab - nemmen / einer werde kuͤnfftig nichts guts thun. Auff ſolchen Schlag wirfft ein rother Barth dem freyen Wil - len einen zimblichen Bruͤgl vnder die Fuͤß / vnd hat er mehrer Macht / als die obere Geſtiern deß Himmels / welche doch mit ihren Influentzen den Menſchen zu ei - ner Sach nur naigen / vnd nicht zwingen / noch tringen. Im121vnd Leibs-Geſtalt.Im uͤbrigen iſt der Barth einem Mann ein abſonderliche Zierde / vnd wird ſolcher nicht wenig von der Feder deß groſſen Vatters Auguſtini hervor geſtrichen. Barba ſi -In Pſal. 44. v. 3. gnificat fortes, impigros, alacres, &c. der Barth iſt ein Anzaigen eines ſtarcken / tapfferen / vnd wackeren Manns; dahero nicht wenig darmit geprangt Hannß Stainiger / Burger vnd Handls-Mann in der Statt Braunau in Nider-Bayrn. Diſer hatte einen ſolchen Barth / daß er ſolchen zwey Spann auff der Erden zoge / vnd deſſentwe - gen die mehreſte Zeit ſolchen Barth in einem ſchoͤnen ſammeten Beutl getragen. Wie diſes genugſamb be - ſtaͤttiget ſein auß Marmel gehauter Grabſtain in der Kirchen-Mauer zu Braunau. Wann der Barth nicht ein ſondere Zierde deß Manns waͤre / haͤtten die Legaten /2. Reg. 10. c. v. 5. vnd Abgeſandte deß Koͤnigs David jenen Schimpff nicht ſo hoch angezogen / welchen ſie erlitten von dem Ammo - nitiſchen Koͤnig Hanon, der ihnen die Baͤrth hat halben - thail laſſen abſcherren / weſſenthalben ihnen der David an - befohlen / ſie ſollen zu Hauß bleiben / biß ihnen der Barth widerumb wachſe. Aber bey jetziger verkehrter Zeit iſt nicht allein das Auffſchneiden / das Ehrabſchneiden / das Umbſchneiden im Schwung / ſondern auch das vilfaͤltige Barthſchneiden / daß man faſt alle Tag ein neue Modi im Barth reibet; ja man findt dermahlen wenig Barth / ſondern nur Baͤrthl / welche offt dergeſtalten zugeſpitzt ſeynd / wie die ſubtileſte Minatur-Pembſel; bald reibt man / vnd treibt man ſolchen hinauffwerts / daß diſe we - nige Haar uͤber Willen muͤſſen Berg auffſtehen: bald lendt man / vnd wendt man diſen herab / daß ſie einen hal - ben Mondſchein muͤſſen nachaffen: bald ſtreckt man / vnd reckt man beederſeits auß / wie die angenaglete Hennen - geuer an dem Jaͤgerhauß; jetzt ſicht man alte Geggen / vnd betagte Narren / die ihr zahnluckendes Maul auſſer -Qhalb122Deß Judæ Barth /halb alſo renovìeren / daß es faſt einem gearbeiten Sau - leder gleichet / vnd bleiben bißweilen zwey zwintzige Buͤ - ſcherle Haar vnder der Naſen / daß ſie alſo zaigen / der Grund ſeye nichts nutz / weilen ſo wenig Graß wachſet. Pfuy der bethoͤrten Welt! ſollen vns dann nit die Con - trofey vnſerer Vor-Elteren mit ihren groſſen Baͤrthen ſchamroth machen / weilen wir ſo gar die Uppigkeit im Barth ziglen / vnd auff ſolche Weiß GOtt vnd die Na - tur ſchimpfflich corrigieren wollen. Solcher Ubermuth / Hoffart in den Baͤrten kan ebenfalls vnſeren HErꝛn be - laydigen / wie ihn belaydiget haben jene Lotters-Buben / vnd muthwillige Hebræer / welche dem beſchmertzten JE - ſu im wehrenden ſeinem Leyden Haar vnd Barth außge - rupffet; Dedi Genas meas vellentibus.
Jene tyranniſche Verfolgung / welche der gottloſe Decius wider die Chriſten fuͤhrte / ſolle auß ſonderer Ver - hengnuß Gottes geſchehen ſeyn / ſchreibt der H. Cypria - nus, weilen GOtt den Ubermuth der Chriſten nicht mehr erdulten konte. Under anderen GOtt mißfaͤlligen Wer - cken / ſetzt er auch den damahligen eytlen Pracht der Baͤrth. Corruptas barbas in viris. Moͤcht einer doch ſolchen Barth-Hanſen / vnd Barthbrallern / vnd Barth - pflantzern vergunnen jene Straff / welche der H. MannIn Vita S. Patritij. Patritius einem Dieb von GOtt erbetten. Dann als ſolcher erſtgedachtem heiligen Mann ein Gaißbock ent - frembdet / vnd ſelben fuͤr ſein Kuchel abgeſtochen / iſt ih - me alſobald / nachdem er den erſten Biſſen gekoſtet / ein gantzer natuͤrlicher Gaißbarth gewachſen / mit welcher Straff auch ſeine gantze verwandte Nachkoͤmblingſchafft gezuͤchtiget worden / daß ſie niemablens ins gemain nicht ohne Hohn vnd Gelaͤchter nur die Gaißberger ſeyn ge - nennet worden. Gebt Acht ihr ſtoltze Barthpuͤffer / ſeyt gewahrnet ihr hoffaͤrtige Barthraſpler / daß ihr nichtauch123vnd Leibs-Geſtalt.auch vnder jene Bocksberger gerathet / welche der geſtren - ge Richter am juͤngſten Tag auff die lincke Seyten ſtel - len wird. Hœdos autem à ſiniſtris.
Iſt demnach ohne weiters krauſen vnd zauſen der Barth von der Natur dem Mann fuͤr ein Leibs-Zierde geſpendiert worden / vnd der kein ehrlicher Mann iſt / der iſt nicht werth / daß er ein Barth trage. Wie es jenem Bauers-Mann Nahmens Joſcelino ergangen / wie diſerIn Contin. Bollan. tom. 3. in Actis S. Mauri. einen falſchen Ayd uͤber die Heylthumer deß H. Martyrers Mauri abgeleget / vnd zugleich zu mehrer Bekraͤfftigung ſeines Juraments, ſeinen langen Barth in der Hand hiel - te / iſt ihm ſolcher durch Goͤttliche Straff alſobald auß - gefallen / daß er den gantzen Barth hinweg gezogen / vnd nachmahls ſolches nackendes Maul / vnd lederne Goſchen biß in den Todt behalten. Weilen dann der Barth fuͤr ein Zierd deß Manns jederzeit gehalten wird / warumben ſoll hierinnfalls der rothe Barth / Farb halber diſes Ti - tuls oder Preyß-Nahmens beraubt werden; da doch die rothe Farb / als Koͤniglicher Purpur vnder anderen Far - ben den Vorſitz prætentieret. Es kan demnach mit kei - nem Fundament / oder ſattſamen Grund beglaubet wer - den / daß Judas habe ein rothen Barth gehabt / vnd dafern auch ſolches moͤchte mit vilen Zeugnuſſen beſtaͤttiget werden / ſo muß man doch mit gutem Gewiſſen außſpre - chen / daß der rothe Barth den Judam zu keinem Schelm gemacht habe.
Was anbelangt die Leibs-Statur deß Iſcarioti - ſchen Boͤßwichts / iſt zu wiſſen / daß ſolcher von keiner fei - nen Leibs-Geſtalt oder Manns-Groͤſſe geweſen ſeye / ſon -Revel. S. Brigit. l 4. c. 89. Moming. Quareſ. fol. 172. dern klein von Statur / daß alſo der mildhertzige Hey - land ſich gebuckt / vnd genaigt hat / wie er von diſem ver - ruckten Maͤnnl den falſchen Kuß empfangen. Nun iſt wol zu vermuthen / daß mancher groſſer Feder-Hanß nachQ 2ſol -124Deß Judæ Barth /ſolcher Erfahrenheit die kleine Leuth wird ſchimpffen / daß ſie auch nichts nutz ſeyn / welches aber allen Vernunfft zu wider / dann die kleine Leibs-Geſtalt hat den Judas nit zur Boßheit geholffen. Ihr vngereimbte Ehrenſtutzer / wißt bald nicht mehr / mit was verklieneriſchen Schimpf - ferl vnd Spottvollen Nahmen gegen dem kleinen ſolt verfahren. Ihr nennet ſie punckete Krotten / Berchtles - garner-Wahr / kleine Pumpernickl / kleine Spitzkappen / Grillen-Reirterl / abbrevierte Menſchen / Paſtoͤtten - Maͤnnl / Daum-Haͤnßl / Compendia der Menſchheit / ꝛc. tauſenderley dergleichen Affter-Reden erdicht euer Aber - witz vnd Freffel. Ey du vngeſaltzene Welt! wie magſt du dein Schnader-Hader / vnd Kader-Zungen ſo gar nit zaͤhmen / es iſt ja dein Verſtand ſo gar noch nicht ſchwind - ſuͤchtig / daß er nicht waiß / daß Schand vnd Schad eines Menſchen / daß Lob vnd Lieb eines Menſchen von ſeinem Gemuͤth / vnd nicht von ſeinem laimbſuͤchtigen Leib ab - zunemmen. Wie vil zehlt man / welche die ſchoͤneſte / ge - ratteſte / vnd wolgeſchaffneſte Leibs-Geſtalt gehabt / vnd dannoch vnder ſolchen glatten / gratten Alabaſtriſchen Oberzug die groͤſte Laſter / oder Eßliſche Unverſtand ver - huͤlter getragen. Entgegen wie vil waiß man / ſo da ei - nes ſchlechten / uͤbelgeſchaffenen / kleinen / vnd mangelhaff - tigen Leibs geweſen / vnd gleichwol im Wiſſen vnd Ge - wiſſen die beruͤhmteſte waren.
Heilig / vnd abermahl heilig / vnd tauſendmahl hei - lig iſt das Evangelium Matthæi, das Evangelium Lucæ, das Evangelium Marci, das Evangelium Joannis. Dann alles was Joannes geſchriben / was Marcus geſchriben / was Lucas geſchriben / was Matthæus geſchriben / iſt ge - ſchriben durch Eingebung / durch Angebung / durch Mit - gebung deß heiligen Geiſts / vnd deſſentwegen heilig; vnd weilen es heilig / iſt es deſſentwegen ohne Faͤhler / vnd wei -len125vnd Leibs-Geſtalt.len es ohne Faͤhler / iſt es deſſentwegen voll der Warheit / vnd weilen es voll der Warheit / ſo iſt es deſſentwegen zu glauben. Der H. Joannes Chryſoſtomus bezeugt /Hom. 31. in Joan. daß zu ſeiner Zeit der boͤſe Feind auß einer beſeſſenen Per - ſohn habe gezwungener bekennt / wo das H. Evangeli - Buͤchel gefunden werde in einem Hauß / allda habe er ſambt ſeinem Anhang einen geringen Zutritt. Cedrenus notirt, daß ein heiligmaͤſſiger Biſchoff ſeye zu den Roſ -Tom. 3. ſern / als einem groben barbariſchen Volck abgeſchickt worden / ſelbigen das Evangelium zu predigen / haben ſol - che auß vnarthiger Hartneckigkeit kein anderes Geſatz wollen annehmen / auſſer ſolches wurde durch ſcheinba - res Wunderwerck bekraͤfftiget. Worauff der Heil. Bi - ſchoff auß Goͤttlicher Eingebung das Evangeli-Buͤchel in einen brennenden Ofen geworffen / darinnen es etlich Stund in den auffſteigenden Flammen vnverſehrt ge - bliben / welches nachmahl ein ſattſamer Anlaß ware zu dero Bekehrung. Diß vnd dergleichen mehr Zaichen vnd Zaigen / daß nichts in dem Evangelio / ſo nicht heilig / vnd nichts heilig / ſo nicht wahr ſeye. Alleinig moͤcht ein Lim - mellius gefunden werden / welcher abſonderlich auff das aͤuſſerliche Anſehen gehet / vnd vil auff die Leibs-Groͤſſe haltet / wormit ein Ochs / Schwaͤre halber / beſſer zu pran - gen / als ein Menſch / ein ſolcher moͤcht an einem Orth deß Evangeltj ſchier wancken / ob es gar fuͤglich zuſamb ge - ſtimbt ſeye. Benanntlich folgende Wort deß Evangelij Lucæ. Ecce, Vir nomine Zachæus: Sihe / da war ein Mann genannt Zachæus / vnd gleich folgt dar - auff; ſtatura puſillus, er war klein von Perſohn. Klein von Perſohn / vnd ein Mann genennet werden / wie reimbt ſich das? Jene Dornhecken / in welcher derGeneſ. 22. Patriarch Abraham zum Goͤttlichen Opffer einen Wid -Q 3der126Deß Judæ Barth /der gefunden / einen Wald zu nennen / ſchickt ſich nicht;Luc. c. 5. Jenes Schiffel / in welchem JEſus geprediget / ein Schiff zu nennen / reimbt ſich nicht. Docebat de navicula turbas. Joan. 18.Jenen Bach Cedron / wordurch die ohnmenſchliche Hen - ckers-Geſellen / vnd Troßbuben den gebenedeyten JEſum geſchlaipffet haben / einen Fluß zu nennen / reimbt ſich nit /Pſal. 109. zumahlen David ſelbſten ſagt / vnd ſingt. De torrente in via bibet. Jenes Koͤnigl in dem Evangelio / einen Koͤnig zu nennen / ſchickt ſich nicht / weilen es der heiligeJoan. c. 4. Geiſt ſelbſten alſo benambſet. Erat quidam Regulus. Warumb ſoll dann Zachæus / als klein von Perſohn ein Mann genennt werden / vnd nicht ein Maͤnnl? Ecce, Vir nomine Zachæus. Hoͤre du groſſer / vnd mit langen Haͤxen vnderſtuͤtzter Polyphemus, was dir die Goͤttliche Schrifft vnder die Naſen reibt / weilen du ſo Naſenwi -Eccl. 11. v. 2. tzig frageſt: Non ſpernas hominem in viſu ſuo, & non laudes virum in ſpecie ſuâ: Veracht einen Menſchen nicht auß ſeinem aͤuſſerlichen Anſe - hen / vnd lobe einen Mann nicht vmb ſeiner ſchoͤnen Geſtalt willen. Zachæus war klein von Perſohn / daß er auch deſſentwegen das Baumſteigen zu hilff genommen / damit er moͤchte uͤber das Volck außſe - hen / vnd nicht gar von dem groben Geſindl zertretten wurde: dannoch aber gibt ihm der heilige Geiſt den ſchoͤ - nen Preyß-Nahmen eines Manns / weilen die Mannheit / Tugend vnd Tapfferkeit nicht von dem Leib / ſondern von dem Gemuͤth abzumeſſen / welches ſo groß kan ſeyn in ei - nem kleinen Leib / als in einem groſſen.
Kombt her ihr uͤberwachſene Beſchnarcher / ihr auff - baͤumbte Hopffen Saͤck / ihr Goliathiſche Großſchedl / die ihr allein auff das aͤuſſerliche Geſicht / vnd Gewicht vil haltet. Kombt her / vnd beſchaut vil kleine Leuth / dieeuch127vnd Leibs-Geſtalt.euch im Ruhm vnd Glory weit uͤberſteigen. Alexander Macedo klein von Perſohn / entgegen aber ein weltbe - ruͤhmter Held. Aſineus ein Kriegs-Fuͤrſt der Juden / klein von Perſohn / aber ein weltkuͤndiger Soldat. David in Iſrael klein von Perſohn / aber ein vnbeſchreiblicher Monarch. Edgarus gantz klein von Perſohn / aber ein glorwuͤrdigſter Koͤnig in Britannia. Pipinus ſo klein von Perſohn / daß ihme ſolcher Nahm ſchimpffweiß gege - ben worden wegen der kleinen Huͤnnl / welche nur Pi Pi ſingen / aber ein erfahrneſter Held vnd Herꝛ. Baiacethes klein von Perſohn / aber ein preyßwuͤrdigſter Fuͤrſt bey den Tuͤrcken. Uladislaus der dritte Koͤnig in Pohln wa - re nur ein Ehlen lang / deſſen wahre Abbildung in der Kayſerlichen Schatz-Kammer zu Wienn gezaiget wird / vnd dannoch ein guter Koͤnig. Robertus der Pflatzgraff klein von Perſohn / ware doch im groͤſten Anſehen bey dem Boͤheimiſchen Reich. Galeaceus Gonzaga ware klein von Perſohn / vnd doch eines ohngemainen Heldenmuths. Vil andere mehr faſt ohne Zahl / vnd Zihl / welche klein von Perſohn / aber groß im Nahmen / werden allhier vmb - gangen; verwundert euch alleinig vnd einig uͤber den heiligen Tharſeniſchen Prediger Paulum. Paulus ein An - gel / ein Engel / ein Engel / ein Angel / ein Ampel / ein Am - per / ein Amper / ein Ampel / ein Feil / ein Pfeil / ein Pfeil / ein Feil / ein Ackſtain / ein Eckſtain / ein Eckſtain / ein Ack - ſtain / ein Netz / ein Nutz / ein Nutz / ein Netz / ein Brunn / ein Brunſt / ein Brunſt / ein Brunn / ein Vogl / ein Veigl / ein Veigl / ein Vogl; Paulus ein Vogel / der faſt nichts anders geſungen / als den ſuͤſſeſten Nahmen JESU; ſo gar auch wie er enthaupt iſt worden / iſt das heilige Haupt dreymahl in die Hoͤhe geſprungen / vnd jedesmahl den al - lerheiligſten Nahmen JESU außgeſprochen. Paulus ein Veigl / welches einen ſolchen lieblichen Geruch derTugen -128Deß Judæ Barth /Tugenden von ſich gibt / daß es die gantze Welt nach ſich2. Cor. 2. gezogen. Chriſti bonus odor ſumus. Paulus ein Brunſt / zumahlen er in den Liebes-Flammen zu ſeinem JEſu der - maſſen erhitzet ware / daß ihm weder Stangen noch Zan - gen / weder Sabel noch Gabel / weder Noth noch Todt /Rom. 8. konte von der Lieb abhalten. Quis ergo nos ſeparabit à Charitate Chriſti? Paulus ein Brunn / auß deme die Welt die raineſte Lehr geſchoͤpfft. Paulus ein Nutz der Catholiſchen Kirchen / weilen er ſo vil Seelen gewunnen / als GOtt dem Abraham ſchimmerende Stern gezaigt in dem Himmel. Paulus ein Nutz / wormit GOtt groſſe Suͤnder gefiſcht / welche im Grund / vnd Abgrund der La - ſter vnd Irꝛthumb geſtecket. Paulus ein Ackſtain / gleich - wie diſer die Haar-Splitter / vnd andere leichte Ding zu ſich ziehet / alſo zoge Paulus vil leichtſinnige / leichtfertige Suͤnder zu ſich / vnd bekehrte dieſelbige. Paulus ein Eck - ſtain / auff welchem GOtt das Heyl ſo ohnzahlbarer See - len gebauet hat. Paulus ein Pfeil / den GOtt inſonder - heit abgeſchoſſen in die Welt / ſo vil harte Hertzen zu ver - wunden. Paulus ein Feil / welche den Roſt der Suͤnder / von den Seelen vnablaͤßlich abzuwenden ſich befliſſen. Paulus ein Amper / mit deme wir auß dem Brunnen der Goͤttlichen Weißheit ſo vil vnbekannte Gehaimbnuſſen geſchoͤpfft; Paulus ein Ampel / durch welche die gantze braite Welt erleuchtet worden. Paulus ein Engel (oder beſſer geredt) ein Schutz-Engel der gantzen Chriſtenheit. Paulus ein Angel / wormit ſo vil arme vertieffte Suͤnder zum Geſtatt der ewigen Seeligkeit gezogen worden. Pau - lus hat geprediget / vnd hat bekehret gantz Seleuciam, gantz Cypern / gantz Salamina, gantz Paphum, gantz Per - gen / gantz Pamphyliam, gantz Antiochiam, Lyſtriam, Derben, Licaoniam, Phrigiam, Galatiam, Capado - ciam, Macedoniam, Miſian, Achaiam, Bithiniam, A -ſiam,129vnd Leibs-Geſtalt.ſiam, Syriam, Tyrum, Ptolomaidem, Cæſaream; Griechenland / Spanien / Franckreich / ja faſt die gantze Welt. Das muß ein Mann geweſt ſeyn. Paulus ſo gar in den dritten Himmel verzuckt / ſo gar in der In - ſul Maltha alle Schlangen in Stain verwandlet / ſo gar wie er enthaupt worden / iſt an ſtatt deß Bluts / Milch gerunnen / vnd mit ſeinem Schweiß-Tuͤchel Miracul ge - macht. Das muß ein Mann geweſt ſeyn. Vil - leicht bildet ihm ein jeder ein / einen groſſen Mann mit krauſten Haaren / mit voͤlligem Angeſicht / mit ſchoͤner / groſſer / wolgeſchaffener Leibs-Geſtalt; nichts weniger als diſes / er war klein von Perſohn / pucklet auff dem Rug - gen / glatzet auff dem Kopff / langnaſet im Geſicht / ver - aͤchtlich im Anſehen / vnd dannoch Paulus ein Schatz / ein Schutz / ein Schuͤtz / ein Schantz der gantzen Welt. Si - heſt du groſſer Melampodi, ſiheſt du außgefuͤllter Wam - peluci, ſiheſt du hochſuͤſſiger Longine, daß man keinen Kleinen verachten ſolle. Non ſpernas hominem in viſu ſuo. Veracht keinen Menſchen / wann er klein iſt / villeicht iſt er großmuͤthig / groß verſtaͤndig / ꝛc.
Der heilige Gregorius Biſchoff zu Turon kaͤme eineſt nacher Rom / allda die Kirchen der heiligen Apo - ſteln zu beſuchen / welchen dann der Roͤmiſche Pabſt glei - chen Namens Gregorius Magnus wegen bekannter Hei - ligkeit / vnd groſſen Ruhm hoͤfflich empfangen. Vnd als gedachter H. Biſchoff ſein Andacht / vnd Glaubens-Be - kandtnuß in der Kirchen vollzogen / gedachte der neben ihm ſtehende Pabſt / wie doch Gott in einem ſo ſchlechten Leib / vnd muͤheſeeligen Krippel ſo groſſe Gnaden habe einloggieret (dann diſer Biſchoff war ſehr klein vnd ver - aͤchtlich von Perſohn) ſo hat ſich alſobalden der heilige Mann gegen den Pabſten gewendet / mit lachendemRMund130Deß Judæ Barth /Mund ſeine ſtille Gedancken entdecket / ſprechend: Do - minus fecit nos, & non ipſi nos, idem in parvis, qui & in magnis. Heiligiſter Vatter / vnd Stadthalter Chri - ſti / ſie verwundern ſich in ihrem Hertzen uͤber mein ſchlech - te geringfuͤgige Leibs-Geſtalt / daß ich ein ſo kleines pugle - tes Maͤnnlein bin. Sie wiſſen aber gar wol / daß michSur. 17. Novemb. Tom. 6. Gott erſchaffen / vnd ich mich nicht ſelbſten / vnd kan der Allmaͤchtige Gott ſeine Gnaden ſo wol in ein erdenes Geſchirꝛl gieſſen / als in ein groſſes guldenes Ge - faͤß. War iſt es / daß die oͤde / ſchnoͤde vnd bloͤde Welt / ſo gern nur das aͤuſſerliche erweget / vnd auß der Schaid den Degen urtlet / dahingegen oͤffters der Menſchen Au - gen hierinfals betrogen werden. Wo hat Moyſes die Taffel der zehen Gebott gebrochen? Antwort beym gul - denen Kalb / welches die vnbaͤndige Iſraeliter / als ihren Gott / angebettet haben. Der Zeiten bricht man auch mehreſt die zehen Gebott beym guldenen Kalb / beym gul - denen Ochſen / beym guldenen Laͤmbl / beym guldenen Beern / ꝛc. dergleichen Namen die Wirthshaͤuſer tragen. Erſtgenanntes guldenes Kalb ware von reichen / ſchoͤnen / glantzenden Gold / aber / was aber? aber / was dann aber? aber / es war einwendig holl / vnd laͤhr / vnd folgſamb nit lauter Gold / wie vil vermainten. Ein mancher geht da - her mit ſolcher langer Statur / als wann er dem Babylo - niſchen Thurn Befreundt waͤre / er ſpreitzt die Fuͤß wie ein anderer Coloſſus zu Rhodis, er hat ſo vil Haar auff dem Kopff / daß man drey Baurn-Kumet darmit ſchop - pen konte: er hat ein rundes / faiſtes / fetes Geſicht / daß ihme die Butter-Backen ſchlottern wie ein ſchweinerne Sultz / einer ſihet diſen Fleiſchthurn / ſagt alſobalden / das ſeye ein wackerer Kerl / ein anſehlicher Mann / der ſoll ein Oberſter ſeyn / der ſoll ein Prælat ſeyn / der hat einAnſe -131vnd Leibs-Geſtalt.Anſehen / ꝛc. O Simpl: Gimpl halts Maul! es iſt an der Laͤnge nicht gelegen / ſonſten waͤre ein Wißbaum mehrer als ein Scepter / es iſt an der Groͤſſe nicht gelegen / ſonſt golt ein Bachzuber mehrer als ein guldenes Pocal: es iſt an der dicke nicht gelegen / ſonſt ware ein Saukoͤrbes beſſer als ein Lemoni: es iſt an der Gſtalt nicht gelegen / ſon - ſten ſang ein Pfau lieblicher als ein Nachtigal / ſondern es iſt allein das Gemuͤth / die Tugend / der Verſtand zuſchaͤ - tzen; diſen groſſen Hannſen lobeſt du wegen deß huͤpſchen Anſehen / aber gib Acht / ob er nit iſt Vitulus conflatilis, wie das guldene Kalb / inwendig holl / vnd laͤhr / lirum, larum, nichts im Hirn / ſein Hirn iſt beſchaffen wie der fuͤnff thorrechten Jungfrauen ihre Ampeln / nichts darin: ſein Gedaͤchtnuß iſt wie die Koͤrbes-Blaͤtter Jonæ bald auffgeſchoſſen / bald abgeſchoſſen; ſein Gewiſſen iſt be - ſchaffen / wie deß Eliſæi Topff / bitter. Pfuy
Entgegen begegnet dir ein Kleiner / deme die Natur geſparſamb geweſt iſt / deſſen Leibs-Statur geſchmaͤllert / der ſo faiſt / wie der Mondſchein im erſten Viertl / der in Duodec eingebunden / der dem Roͤmiſchen Curtio anver - wand / ſo lache ihn nit auß deſſenthalben. Portiuncula iſt ein kleines Kirchl / vnd doch der vornembſte Ablaß darein: Bethlehem ein kleines Staͤdtlein / vnd doch mit der Geburt Chriſti beruͤmbt. GOtt iſt ein kleines Woͤrt - lein / vnd iſt doch alles uͤber alles darinn / alſo iſt oͤffters in einer kleinen Perſohn ein groß Gemuͤth / groſſe Wiſſen - ſchafft / groſſe Heiligkeit. Wer iſt Auguſtinus geweſt mein H. Vatter? ein Miraeul der Welt / ein Fackel der Welt: was hat er fuͤr ein Anſehen gehabt? ein ſchlechtes / er war klein von Perſohn / wie er ſelbſten bekennt. QuæſoHom. 〈…〉〈…〉transf. per Dominum, nè vos Homuncionis fæditas offendat. Wer iſt Hieronymus geweſt der H. Lehrer? ein Glantz der Welt / ein Schantz der Welt; was hat er fuͤr einR 2An -132deß Judæ Barth.Anſehen? gar ein geringes / dann er gar klein von Per - ſohn. Wer iſt Cornelius à Lapide geweſt? ein Lehrer aller Wiſſenſchafften / ein Vermehrer aller Wiſſenſchafften / ein ſondere Zierd der gantzen Societet. Was hat er fuͤr ein An - ſehen? ja gar ein ſchlechtes / ein Maͤnnl kaum Spanlang. Rho. l. 7.Cornelium à Lapide habuit Collegium Romanum, hominem perpuſillo corporis modulo ingentem ani - mum, & nullis ſtudiorum laboribus fractum claude - bat. Wer iſt Carolus Quintus geweſt? faſt uͤber alle Glorios, Victorios, Generos, von Perſohn aber nit gar groß. Wer iſt Ariſtoteles geweſt? ein ſolcher Mann / der mit ſeiner Feder ſo vil Buͤcher / mit ſeinen Buͤchern ſo vil Schulen / mit ſeinen Schulen ſo vil Bibliothecken angefuͤllt; Ariſtoteles ein ſolcher Mann / deme Auguſti - nus, mit Auguſtino Ambroſius, mit Ambroſio Anſel - mus, mit Anſelmo Thomas de Aquino ſchier ein halb Engliſchen Verſtand zueignen. Ariſtoteles ein Liecht der Weltweiſen / ein Fuͤrſt der Weltweiſen / ein Zier der Welt - weiſen / der wird ja ein groſſer Mann geweſen ſeyn? Ja / ja / ja / ja / groß war er an Wiſſenſchafft / nicht aber am Leib / dann er ein kleines Maͤnnl / ein buckelts-Maͤnnl / ein ein groß-naſetes Maͤnnl; vnd dannoch in einer ſo ſchlech - ten vnd nidrigen Herberg hat loggiert ein ſolches anſehli - ches Gemuͤth. Nihil in homine magnum, præter men - tem, ſpricht gar recht Phavotinus Philoſophus. Die groͤſſe deß Menſchen iſt vom Gemuͤth / vnd nicht vom Leib zumeſſen. Alexander mit dem Zunamen Magnus der Groſſe: Theodoſius mit dem Zunamen Magnus der Groſſe: Juſtinianus mit dem Zunamen Magnus der Groſſe: Agrippa mit dem Zunamen Magnus der Groſſe: Conſtantinus mit dem Zunamen Magnus der Groſſe: Carolus mit dem Zunamen Magnus der Groſſe: Otto mit dem Zunamen Magnus der Groſſe: Valerius mitdem133vnd Leibs-Geſtalt.dem Zunamen Maximus der Groͤſte: Fabius mit dem Zu - namen Maximus der Groͤſte: Scipio Affricanus mit dem Zunamen Maximus der Groͤſte / ꝛc. ſeynd nit derenthal - ben die Groſſe / vnd die Groͤſte genennt worden / weilen ſie groſſer Leibs-Geſtalt waren / ſondern weilen ſie groſſe Ge - muͤther hatten.
Gleicher Geſtalt muͤſſen auch die jenige nicht ver - hoͤnnet / vnd verſpottet werden / welche von Natur eines ſchaͤndlichen vnd vngeſtalten Leibs ſeynd. Es iſt zwar der Jacob nicht allein / welcher ihme die ſchoͤne vnd holdſeeli - ge Rachel außerkohren / vnd der trieffaugenden Liæ ei - nen Korb geben / ſondern es iſt bereits die gantze Welt alſo geſitt / vnd geſinnt / daß ſie ein ſchoͤne Geſtalt hoch achtet / vnd muͤſſen nur Tiſchler vnd Bildhauer an huͤl - tzernen Fratzen-Geſichtern ihr Wolgefallen haben / wo - rinnen ſie nicht wenig Stemmeyſen ſtumpffet machen. Es wolte der groſſe Aſſuerus, daß ihme die ſchoͤneſten Maͤgdlein auß dem gantzen Land ſolten nach ſeiner Reſi - dentz-Statt Suſan geliffert werden / auß denen er ein Koͤ - nigliche Gemaͤhlin moͤchte erkuͤſen / vnd wurden die Mar - colviſche Geſichter / die Eſopiſche Larven / die Bubaviſche Nachteyl auff alle Weiß außgeſchloſſen / er wolte eine erwoͤhlen / die ſauber iſt / vnd nicht ein Saubeer iſt. Fuͤr - war in allem hat die Schoͤnheit ihren Vorzug / vnd iſt ſol - che ein Portion der Goͤttlichen Gnaden / welche der frey - gebige Gott dem Menſchen ſpendirt: entgegen iſt die Vn - geſtalt verworffen / vnd mufft nit wenig mit dem Lazaro,Mente Quæres fol. 84. jam fætet. Abraham ſchreiben die Rabiner / hat auff der Raiß nacher Egypten ſein Sara als ein huͤpſche Dama, ſo gar eingeſpert / damit ſelbige wegen ihrer Schoͤnheit nicht angefochten wurde / iſt aber dannoch gefunden worden; ſo gar iſt die Schoͤnheit ein Magnet der Augen vnd Her - tzen / aber ein uͤbel geſchaffenes Gſicht achtet man weni -R 3ger134Deß Judæ Barth /ger als ein Hackſtock vor der Haußthuͤr / welcher auch bey naͤchtlicher Zeit in Sicherheit ſtehet. In Goͤttlicher Schrifft wird nit wenig hervor geſtrichen die Schoͤnheit der Judith, der Rebecca, der Eſter, deß Davids, deß Jo - ſephs, auch koͤnnen Nicephorus, vnd Antoninus nicht gnugſamb preyſen die ſchoͤne Geſtalt / vnd holdſeeliges An -Pſal. 44. geſicht Chriſti JEſu. Specioſus forma præ filijs homi - num. Deßgleichen auch die Wolgeſtalt deß Mariani - fchen Angeſicht ſeiner uͤbergebenedeyten Mutter. Die Un - geſtalt aber wird in der Welt / vnd bey der Welt / vnd von der Welt in gar ſo geringen Werth gehalten / daß auch Gott im alten Teſtament die krumpe / bucklete / blinde / vnd maͤngelhaffte Thier von ſeinem Opffer verban -Deut. 15. diſiert. Ja die Herren Juriſten ſagen auß / daß / wo zween wegen eines begangenen Miſſethat in Argwohn ſeyn / ſol - le man am allererſten den jenigen auff die Folter legen / welcher ſchaͤndlich / vnd vngeſtalt von Geſicht; vnd wol - len gar etliche / daß man ſich huͤtten ſolle vor ſolchen Leu - then / die Gott vnd die Natur gezeichnet hat: auch ſeye wahr / was der Poët zu einem hinckenden geſchnarcht hat.
‘Ut pede, ſic animo es claudus, namque extera membra Internæ mentis ſunt ſimulacra tuæ. ’ ()Ein ſchoͤner Ganimedes aber / ein huͤpſcher Narciſſus, ein krauſtharriger Paris, ein wolgeſchaffene Helena, ein ſaubere Atalantha, wann ſie den halben Tag vnter den Fenſter ſtehn / oder vier Stund auff den Marckt ſpatzie - ren / oder ein Zeitlang mit fliegenden Augen in der Kir - chen gaffen / pflegen nicht anderſt zuthun / als lachen / als kuderen / als ſpoͤttlen / ſo ſie ein Menſchen ſehen / demedie135vnd Leibs-Geſtalt.die Natur am Leibs-Geſtalt geſparſam geweſt / ja es hat faſt niemand ein Salva Quardia vor ſolchen Spottungen / dergleichen gehabt haben jene raupen Bueben / vnd Lot - ters-Fratzen / welche den Prooheten Eliſæum ſeines Glatz - Kopff halber außgelacht.
Jener einaugige Geſell ſpoͤttlete einen armen buckle - ten Tropffen / ſo fruh Morgens ihme begegnet mit diſen Schimpff-Worten / wo wilſt du ſo Fruhe hinraiſen / wei - len du den Rantzen ſchon auffgeladen / deme begegnet aber ſolcher gleich mit diſer Antwort. Ja / ja / es muß wol ſehr fruhe ſeyn / weilen du erſt ein Fenſter-Laden eroͤffnet haſt / verſtunde hierdurch ſein Einaug. Ein anderer lachte gleichmaͤſſig einen haͤßlichen Menſchen auß / ſprechend / pfuy! du biſt wol ein garſtiger / ſchaͤndlicher / wilder Narꝛ / deme aber ſolcher alſobalden widerſetzte; ja ich bin ein gar - ſtiger / ſchaͤndlicher / wilder Menſch / ich kan aber nit darvor / dann mein Mutter hat ſich an dir erſehen / wie ſie mit mir ſchwanger gangen; dergleichen Spottreden fliegen her - umb / wie die Mucken in Egypten zu Pharaons Zeiten / vnd muß einer ſich wol in Acht nemmen / daß er kein Stich außſtehen darff. Solche zaumloſe aber nit zahnloſe Maͤu - ler machen es nit vngleich einer Schweitzer-Kuhe / welche ein gantze Wiſen durchgraſet / vnd auch dem ſchoͤnſten Bluͤmblein nicht verſchonet. O ihr Zoilantiſchen Be - ſchnarcher! fallt euch dann gar nicht ein / daß ihr durch ſolches Gott den Allmaͤchtigen belaydigen thut / in deme ihr ſeine Geſchoͤpff alſo ſchimpfflich durch die Haͤchel ziehet.
Anno 1540. war ein Edlmann zu Madrit Namens Franciſcus Ramirez: diſer hat ſeinen Herꝛn Pfarrer / vmb willen ſolcher ein vngeſtaltes Geſicht / ein groſſe / ro - the / Naſen dermaſſen veracht / verlacht / daß er zur Oeſter - licher Zeit ſo gar auß deſſen Haͤnden nicht wolte commu - nicirt werden / auch derenthalben ſich zu einem andernPfarꝛ -136Deß Judæ Barth /Pfarꝛ-Herꝛn begeben / allwo er ſein ſchuldige Andacht ver - richt. Aber ſihe! wie Gott fuͤr ſolche Spoͤttler ſo bald ein ſcharpffe Laug ſiedet. Als obbenandter Geſtrenger Herꝛ Frantz Ramirez von dem Altar hinweg geht / ver - merckt er einen vnverhofften Schmertzen in ſeinem An - ſicht / vnd gedunckt ihm / als wolt ſich auch ſein Naſen auffblaͤen / weilen er ohne das im Gemuͤth ein auffgeblaſ - ſener Menſch ware. Vnd als er derenthalben an die Na - ſen gegriffen / hat er alsbald geſpuͤret / daß die gantze Hand voll mit Naſen / nimbt auch beynebens wahr / daß andere Umbſtehende ihn gar ſeltzam anſchauen / auch ſeiner nit wenig lachten / welches ihme dann ein gnugſamen Anlaß geben nacher Hauß zueillen / wo ſelbſt er gleich den Spie - gel vmb Rath gefragt / welcher ihme dann ohne Scheu das ſchaͤndliche / das rothe / das mit rothen Rubin verſetz - te Angeſicht deß Pfarꝛherꝛns vorgeſtellet / vnd zwar ſo ei - gentlich / daß man die Copey von dem Original nicht vn - terſchaiden kunte. Diß hat dem guten Spaniſchen Jun - cker dermaſſen das Hertz getroffen / daß er hieruͤber roͤdt - lich erkranckte / vnd innerhalb acht Tagen mit ſondererGonſalez Fernandez de Ovie - do. Reu ſeines begangenen Freffels / nach deme er die heilige Sacramenta vom beſagten Pfarꝛherꝛn empfangen / das Leben gelaſſen. In deme du mein Spoͤttler vnd Beſchnar - cher zulehrnen haſt / daß man keinen Menſchen wegen ſei - ner Vngeſtalt außhoͤnnen ſoll: weilen ſo wol vnder die Geſchoͤpff der Goͤttlichen Hand gehoͤret / als ein ſchoͤner / gerader / vnd wolgeſchaffener Abſalon. Uber das / ſo muſt du auß der Schaid nicht allzeit den Degen urtlen: wie offt iſt in einer ſchlechten zerriſſenen Schaid ein anſehliche Klingen. Es iſt wol oͤffter ein ſchoͤner Schatz in einer hoͤl - tzernen Druchen; es iſt wol oͤffter ein Speck vnder dem Kraut: es iſt wol oͤffter ein ſtattliches Buch in einem ſchlechten Einbund: es ſeynd wol oͤffter gut gewichtigeDuca -137vnd Leibs-Geſtalt.Ducaten in einer duͤrren Saublatter / es hat oͤffter ſchon ein groſſer Herꝛ vnd Koͤnig in einer Bauen-Huͤtten ein - kehret: es iſt wol oͤffter ein vngeſtalter ohnformblicher Menſch einwendig mit Wiſſen vnd Gwiſſen wol verſehen.
Ein gwiſſer Koͤnig zu Babylon iſt mit ſolchem ErnſtPetrus de Natalibus l. 9. c. 19. wider die Chriſten verfahren / daß er ihnen gedrohet / alle zukoͤpffen / wofern ſie nicht durch ihren Glauben einen groſſen Berg von einem Orth zu dem andern ſchaffen / nach laut ihres Evangelij: warlich ſage ich euch / ſo ihrMatth. c. 17. einen Glauben habt wie ein Senffkorn / ſo werd ihr zu diſem Berg ſagen / erheb dich von hinnen dorth hin / vnd er wird ſich erheben / vnd euch wird kein Ding vnmoͤglich ſeyn. Weilen nun die Chriſten zu Babylon ſolcher Trohung halber ſehr beſtuͤrtzt waren / vnd beynebens von Gott dem Allmaͤchtigen ein ſo groſſes Miracul zu begehren ſich nicht getrauten / alſo iſt ein Engel von Himmel dem Biſchoff daſelbſten erſchi - nen / ihme befolchen / er ſolle einen einaugigen Mann / Na - mens Arianum, zu diſem Wunderwerck erkuͤſen / welcher ohngeſtalte einaugige Arianus nach vollbrachten dreytaͤ - gigen ſtrengen Faſten einem groſſen Berg befolchen / er ſolle von hinnen ſcheiden / welches dann alſobalden geſche - hen / wordurch die betrangte Chriſten in ihrem Glauben geſtaͤrcket / der Koͤnig aber ſambt vilen bekehret worden. Sihe nun in einem einaugigen Ariano: ſihe in einem buck - leten / kahlkopfferen Eliſæo: ſihe in einem hinckenden Ja - cobo: ſihe in einem langnaſigen Bellarmino, groſſe / herꝛ - liche vnd ruhmwuͤrdigiſte Tugenden vnd Heiligkeit. So urthle hinfuͤro nit mehr auß einem mangelhafften Leib ein ſchlechtes Gemuͤth.
Es hat oͤffters ein Beſchaffenheit mit einem ſtattli - chen Kerl / wie mit einem ſtattlichen Berl; du ſiheſtSein138Deß Judæ Barth /ein ſchlechte rauche Muſchl / ein knoperte Mißgeburt deß Waſſers / ein harten Meerfaimb / wer ſoll ihm einbilden / daß in diſem wilden vngeſtalten Geſchirꝛ ſoll etwas gutes ſeyn; eroͤffne aber ſolches / da wirſt du finden ein koſtbah - res / ſchoͤnes / edles vnd ſtattliches Berl; wie das Berl / ſo mancher Kerl / du wirſt zuweilen antreffen / ein kri - peliſchen Menſchen / mit vngeformbter Leibs-Geſtalt / mit langen Ohren / faſt ſchier wie ein Thier / das heißt Eſel: mit einer langen Naſen / als waͤre ſolche auff der Falter gelegen: mit einem groſſen Maul / wie ein Affen-Gebiß: mit einem Buckel / wie ein Camel ꝛc. Du wirſt dir gar keinen Gedancken machen / als ob in diſer Elend-Haut etwas gutes ſtecke. Dannoch aber wirſt du es erfahren / gleichwie in einer vngeſtaltē Muſchl ein ſtattliches Berl / alſo in diſer ſchlechten Menſchheit ein ſtattlicher Kerl verborgen. Du wirſt oͤffters antreffen ein treffliches Ge - muͤth / ein lobreiche Frombkeit / ein anſehliche Wiſſen - ſchafft in einem ſo ſchlechten / vnd augenſchein halber vn - achtbaren Menſchen. Gleichwie gefunden worden ein koſtbarer ſilberner Becher in dem ſchlechten rupffenen Traydſack deß Beniamin. Gedencke nur / daß ein krumpes Holtz ſo gute Hitz gebe / als ein gerades. Der Roͤmiſche Galba hat einen Buckel gehabt / faſt ſo hoch / daß man haͤtte moͤgen ein Schilter-Haͤußl darauff bauen / vnd erBeierling de forma. ware dannoch ein vnvergleichlicher Wohlredner. Æſo - pus hat ein ſolches Larven Geſicht gehabt / daß auch die knoperte Rinden am Aychbaum ſeinem Fehl faſt an der Schoͤnheit vorgangen / vnd gleichwol ware er der witzigi - ſte Mann zu ſeiner Zeit. Rudolphus der erſte Roͤmiſche Kayſer haͤtte ein ſo lange Naſen / daß ihme einmal ein Soldat auff die Seiten gewichen; ſagend / er weiche auffdie139vnd Leibs-Geſtalt.die Seiten / damit der Kayſer nicht mit der Naſen anſtoſſe / vnd dannoch war er das vornembſte Ehrzweig deß weit - beruͤhmteſten Oeſterreicheriſchen Stammen-Baumbs. Quintus Fabius Maximus hatte ein ſo groſſe vngeſtalte Waͤrtzen gehabt auff ſeinem obern Lefftzen / daß ſie ihm faſt wie ein Daͤchel uͤber den Freßladen gehangen / vnd dan - noch ware er der allervortrefflichſte Mann. Michaël der Roͤmiſche Kayſer hat ſehr ſtarck mit der Zungen angeſtoſ - ſen / vnd mit der Red gar hart ſo-fo-fortkommen koͤnnen: gleichwol war er ein anſehlicher Monarch. Philippus Macedo, Hannibal Chartaginenſis, Sertorius Hiſpa - nus ſeynd einaugig geweſt / vnd doch waren ſie die Lob - wuͤrdigiſte Herren. Henricus II. der Kayſer ware krump. Godefridus Secundus Dux Auſtraſiæ ware kropffet / vnd doch ſeynd ſie beede die braveſte Fuͤrſten vnd Herren geweſt.
Weil dann oͤffters in einem mangelbafften Leib ein vollkommenes Gemuͤth. Ideo non ſpernas hominem in viſu ſuo, ſo verachte den Menſchen nit nach dem aͤuſ - ſerlichen ſchlechten Anſeben / wann er ſchon klein; iſt ſchon genug / wann er ein groß Gemuͤth hat: wann er ſchon bucklet / iſt ſchon genug / wann er einen auffrichtigen Wandel fuͤhrt: wann er ſchon krump / iſt ſchon genug / wann er nur nit in groſſe Suͤnden fallt: wann er ſchon ſchilcher / oder einaugig iſt / iſt ſchon genug / wann er Gott allzeit vor Augen bar: wann er ſchon ſchwartz / iſt ſchon genug / ſo er nur ein weiß Gwiſſen hat. Was hilfft es einen gekrauſten Kopff haben / der aber mit Stroh auß - gefuͤttert; was hilfft es einen ſchoͤnen guldenen Becher haben / vnd darinnen nichts als ein ſchlechtes Stein Bier auß Kaͤrndten: was hilfft es ein Baar wolruͤchendes Roͤmiſche Handſchueh tragen / vnd darinnen kraͤtzige Pra - tzen; was hilfft es ein wolgeſchaffenen / wolgenaturten /S 2wol -140Deß Judæ Barth /wolgeſtalten / wolgeliebten / wolgebutzten Leib haben / worinnen aber alle Laſter niſten. Weit ruͤhmlicher iſt es einen vngeſtalten Leib tragen / als ein uͤbelgeſtaltes Gemuͤth. Crates Damon, Hippocrates, Socrates, Ageſilaus, Gellias, Philopoëmon ſeynd lauter groß - kopffete Cappadocier geweſt; lauter hinckende Claudia - ni, lauter ſchilchende vnd einaugige Cæcilij, lauter groß - ohrende Aureliani, lauter langnaſende Naſones, lauter großmaulete Oreſtes; vnd doch / vnd doch / vnd doch / die wackerſte / die gelehrteſte Leuth. Entgegen Adonis, Atys, Cypariſtus, Crocus, Aranthus, Amaracus, Hylas, Niſus, &c. ſeynd lauter ſchoͤne / wolgeſchaffe - ne / vnd huͤpſchgeſtalte Leuth geweſen / vnd beynebens Ehevergeſſene / Ehrvergeſſene / Lehrvergeſſene Geſellen geweſt. Solche Toͤlpel kommen mir vor wie die Tempel der Hayden / benanntlichen in Japonien / allda der Tem -Prætori. pel Amidæ zu Meaco, der Tempel Caſungæ, der Tempel Day, der Tempel Fachinam, der Tempel Tinchidai ſeynd außwendig von glatem Marmor / von koſtbaren Jaſpis, mit dem beſten Gold auff das reicheſte uͤberzogen. Ein - wendig aber was? ein Hund / ein Katz / ein Teuffel / ein großmaulender Uzlibuzli, ein abſcheulicher Goͤtz. Gar recht hat der allmaͤchtige GOtt dem Propheten Samuel / als er deß Iſai aͤlteſten Sohn / Nahmens Eliab, vermain - te zum Koͤnig zu ſalben / vmb weilen derſelbe ein groſſer /1. Reg. c. 16. v. 7. wackerer Kerl war / diſe Wort geredet: Samuel / ſi - he ſein Geſicht nicht an / noch die Hoͤhe ſei - ner Perſohn.
Sihe nur mein ſchmutzige / nichtsnutzige Welt / mercks fein du hinckende vnd ſtinckende Welt / gedenck du laͤppiſche vnd taͤppiſche Welt / daß man den Menſchen wegen deß bloſſen ſchoͤnen Anſehen nicht ſoll erheben /noch141vnd Leibs-Geſtalt.noch weniger wegen deß ſchlechten vnd geringen freye hens verwerffen.
Wie hat deß Moyſis Weib gehaiſſen? antwort / Sephora: was iſt ſie fuͤr ein Landsmannin geweſt? ant - wort ein Madianiterin: wer iſt ihr Vatter geweſt? ant - wort der Raguel: wie vil hat ſie Schweſtern gehabt? antwort ſechſe: wie hat ſie außgeſehen? antwort faſt wie der Teuchßl: dann ſie ware ein ſchwartze Mohrin / weſſenthalben deß Moyſis Schweſter ſo ſtarck gemurrt / daß ihr Bruder ein ſolche rueſſige Braut / vnd Cortabo - niſche Haut geheyratet / er haͤtte gar wol ein andere vnd weit ſchoͤnere koͤnnen werben; aber ihme hat diſe gefal - len / nicht weiſſer Haͤnd halber / ſondern ohnſtraͤfflichen Wandels halber / nicht geraden Seyten halber / ſondern guter Sitten halber; nicht deß aͤuſſerlichen Scheins hal - ber / ſondern der innerlichen Schoͤne halber; nicht Geburt halber / ſondern Gebaͤrden halber / nicht Gebluͤt halber / ſondern Gemuͤth halber. Allermaſſen die Schoͤnheit ver - gehet / aber die Tugend beſtehet; mercks demnach wol / das achten / vnd verachten ſich nicht muß gruͤnden auff das aͤuſſerliche Anſehen / achte niemand deſſenthalben / weilen er Schoͤn vom Leib iſt; verachte auch niemand de - rentwegen / weilen er ein geringes Anſehen hat. Judas Iſcarioth iſt nit der Vrſachen halber zu ſchimpffen / wei - len er / wie etliche vermuthen / einen rothen Barth gehabt; noch darumb zu ſchelten / weilen er klein von Perſohn ge - weſt / ſondern weilen er ein boßhafftiges / ſuͤndhafftes / la - ſterhafftes / neydhafftes Gemuͤth gehabt / vnd ein Ertz-Schelm geweſt iſt. Dar - umb mercks.
NAchdeme der gottloſe Boͤßwicht durch Antrib deß Neyds den Koͤniglichen Printzen ermordet / hat er fuͤr gut / vnd rathſamb gehalten / ſich mit der ohnverzuͤglichen Flucht zu retten / auß Forcht / es moͤch - te der hoͤchſtbelaydigte Konig deſſenthalben mit ihme ſcharpff verfahren / ja wol gar das Haupt nemmen / wei -Jacob. de Vorag. Conc. S. Matth. len er ein ſolches Haupt-Laſter freventlich begangen. Es gabe ihm demnach das verletzte Gewiſſen ſelbſt die Spor - ren / welche ihn zu ſchneller Flucht angetriben / vnd iſt wol zu vermuthen / daß er im wehrenden lauffen offt ob dem geringſten Geraͤuſch der Blaͤtter auff den Baumen er - blaichet ſeye / in forchtſamer Mainung / er werde von den Nachſtellenden ertappet / die finſtere Waͤlder / vnd holle Stain-Kluͤppen gedunckten ihm noch nit ſattſame Deck - Maͤnkl zu ſeyn / ſondern er eylre zu Land vnd Waſſer oh - ne einigen Raſt / biß er endlich die Graͤnitzen Judeæ er - raicht / allwo er ſich in etwas erhollet / die abgematte Gli - der erquicket / vnd nachmahls mit feinem aignen Bueſen zu Rath gangen / ſich etwann ſelbſt bey ſtiller Nacht in all - gemainer Ruhzeit mit folgenden Rathſchlag beunruhiget. Nun mein Judas, wer biſt du geweſt? e[i]n Sohn eines Koͤnigs: was anjetzo? ein Sohn deß Vngluͤcks: was haſt du gehabt? alles: was haſt du der Zeit? nichts. Was wilſt du anfangen? der Bettlſtab iſt kein Holtz fuͤr dich / in der Arbeit haſt du ein Haar gefunden / es grauſt dir dar - vor; ins Feld taugſt du nicht / dann du zitterſt / ſo man nur von der Schaid redet / will geſchweigen von dem Sabl /keine143andertes Hof-Leben / auch erſte Laſter.keine Kunſt haſt du gelehrnet / außgenommen die freye Kunſt eſſen vnd trincken / ſo gantz allgemein. So ſeye es / eines fallt mir ein / ich bin zu Hoff aufferzogen / ich weiß vmb die Hoffbraͤuch vnd Hoffbaͤuch; ich kenn die Hoff - weiß / vnd die Hoffſpeiß; ich kan mich richten nach dem Hoffluſt vnd Hoffguſt / ich kan vmbſpringen mit den Hoff - leuthen vnd Hoͤfflichkeiten. Ich will es dan̄ hertzhafft pro - bieren / ob ich nicht bey dem Hoff Pilati moͤchte vnderkom - men / allda die Stelle eines Hoff-Dieners zuvertretten. Solcher Anſchlag hat bald einen gewunſchten Außgang gewonnen / vnd iſt Judas Iſcarioth vom Pilato gantz willfaͤhrig in ſeine Hoffdienſt auffgenommen worden / in welchen er alſo auff Katzen-Arth dem Pilato ſich beliebt ge - macht / daß er ihm durch ſein gwiſſenloſes heuchlen vnd ſchmeichlen das Hertz voͤllig eingenommen / nach deſſen pfeiffen gedantzt / vnd nach deſſen dantzen gepfiffen / alles was beliebig ware geredet / auß genommen die Warheit / als die bey den Schmeichlern gantz friſch vnd Nagel neu / vmbweilen ſie bey ihnen gar ſelten gebraucht wird / ſon - der die Suppen mit Lugen pfeffern nach den Appetit ihres Herꝛns / welches allerſeits hoͤchſt ſchaͤdlich fallet.
Es iſt einmal der gebenedeyte Herꝛ vnd Heyland alſoJoan. 4. matt vnd muͤd geweſen / daß er in etwas zuruhen / ſich bey einem Brunnen nidergeſetzet / vnd ſehr haylſambe Reden gefuͤhrt mit der Samaritanin. Ich armer Tropff bin auch auff ein Zeit ſo muͤd worden / daß mir ſo gar die Fuͤß das weitere gehen vnd ſtehen rund haben abgeſchlagen. Die Vrſach aber meiner Mattigkeit ware / weilen ich etwas geſucht / vnd nicht gefunden; ſonſt lautet wol das Sprich - wort. Wer ſucht / der find. Joſeph hat ſeine Bruͤ - der geſucht / vnd hats gefunden: Joſeph vnd Maria ha - ben den zwoͤlffjaͤhrigen JEſum geſucht / vnd haben ihn ge - funden: der gute Hiert hat das verlohrne Laͤmbl geſucht /vnd144Judæ Iſcariothis Zucht - vnd Flucht-Hauß /vnd hats gefunden / wie auch auff ſeine Achßl genommen. Das Weib im Evangelio hat den verlohrnen Groſchen geſucht / vnd hat ihn gefunden: ich aber hab lang etwas geſucht / vnd nicht gefunden; ich habe die Warheit ge - ſucht / allermaſſen dieſelbe der groſſe Kirchenlehrer / vnd Vatter Auguſtinus weit ſchoͤner hervor ſtreichet / als He - lenam auß Griechenland: vnd war doch diſe ein edlſchoͤ - ne Dama, an dero die Natur ein Maiſterſtuck erwiſen / die Roſen auff ihren rothen Wangen / die Nareiſſen auff ihrem ſchneeweiſſen Stiern / die Lilien auff ihren Haͤnden / die Hyacinthen in ihren Augen ſtelten vor / als biete die ſchoͤne Helena dem reichbluͤhenden Fruͤhling einen Trutz. Wer geſehen hat das Gold in ihren gelben Haaren / die Berl in ihren weiſſen Zaͤhnen / die Corallen in ihren rothen Lefftzen / den Alabaſter in ihrem ſchneeweiſſen Halß / den Rubin in ihren roͤßleten Wangen / den Carfunckel in ihren Augen / der hat geſchworren / Helena ſeye ein Raub vom geſambleten koſtbaren Schatz deß gantzen Erdbo - dens. Ihr Angeſicht hat zaigt in den Augen die Stern / ihr Stiern hat vorgeſtellt die Sonne / ihre Haar gleicheten denen Strahlen / ihre Wangen bildeten ab die Morgen - Roͤthe; konte demnach wol genennt werden die Himmel - ſchoͤne Helena, vnd dannoch vnvergleichlich ſchoͤner iſt die Warheit. Ja die Helena auß Griechenland muß ſich verkriechen vor ihr / ein Trampel / ein Miſtfinck / ein Koth - Kuͤbel / ein Lueder-Sack / ein grober Rilppes / ein Flanck / ein Schlamp iſt Helena gegen der ſchoͤnen Warheit / vnd diſe hab ich lang hin vnd her geſucht / endlich habe ich ſie antroffen / aber in einem wunderſeltzamen Auffzug; Sie hatte erſtlich einen groſſen / vnd langen Mantl mit aller - ley Blumen geſtickt / vnd geſpickt / vnd geſtrickt; wann der Mantl waͤre ſchwartz geweſen / ſo haͤtte ich ohnfehl - bar gemuthmaſſet / ſie gienge in der Klag / ſie hatte ſichgantz145andertes Hoff-Leben / auch erſte Laſter.gantz vnd gar in dem Mantl eingebauſcht / faſt wie der Seiden-Wurm in ſeine Helſen. Mehr tragte ſie an ſtatt deß Modipraͤchtigen Vberſchlags einen langen vnd dicken Fuchs-Schweiff vmb dem Hals / vnd was mich am mai - ſten in Verwunderung gezogen / ware diß / daß ſie ſo uͤbel in ihrem ſchoͤnen Engliſchen Gſicht ware zugericht / der Corallene Mund / vnd forderſt der ober Purpur Leff - tzen waren ſtarck geſchwollen; die Wangen alſo ver - wundt / vnd zerkratzet / zerriſſen / zerbiſſen / daß mir ſchier eingefallen / ſie habe mit den Katzen duel - liert / oder ſie haͤtte ein weil mit der Dornſtauden ge - ſchertzet. Madame! ſprach ich / Frau Warheit / wie triff ich euch allhier an / kombt ihr dann von Hoff / weilen ihr mir nechſt der Burg begegnet? (es war in einem Land / wo man nit Teutſch redet) hierauff hat ſie mir mit vnder - mengten Seufftzern geantwortet / daß ſie zwar nacher Hoff habe wollen gehen / ſeye aber von der trutzigen Hoff - Wacht gantz vngeſtimm abgewiſen worden. Iſt war vnd klar / ſagre ich / jetzt erſinne ich mich erſt / was dem gebene - deyten JEſu begegnet Es hatte Pilatus Chriſto eineſt gar ein freundliches Gſicht geweiſt / vnd ihme gar glimpff - lich vortragen / wie daß die Hebræer wider ihn ſehr vil / vnd ſcharffe Klagen eingeben / wie daß er ein Auffruͤhrer deß Volcks ſeye / auch eine neue Lehr vnd grundloſen Glauben außſtraͤhe / ſo gar mit Zauber - vnd Teuffels - Kuͤnſten gewixt ſeye / ja deß Lands Ruhſtand mercklich mit ſeiner Lehr zuſtuͤrtzen trachte. Vnd was noch mehr / er gebe ſich auß vor einen geſalbten Koͤnig der Juden Mein /Joan. 18. ſagte Pilatus zu Chriſto / ſihe / ich mains gar gut mit dir / werde auch allweg mich embſig befleiſſen dein Perſohn vor fernere Vngelegenheit zu ſchutzen / bekenne es dann mir mit vnverfaͤlſchter Vertraͤulichkeit / biſt du ein Koͤnig der Juden? du haſt weder Land / noch Pfand / du haſt wederTGuͤter /146Judæ Iſcariothis Zucht - vnd Flucht-Hauß /Guͤter / noch Huͤtter / du haſt weder Geſandten / noch Trabanten / du haſt weder Econ / noch Thron / du biſt ein armer Troff / man kennt gwiß dein Vatter nicht? welcher nichts als Bretter gehoblet / vnd wann er noch ſo vil Lai - ter haͤrte gemacht / ſo iſt er dannoch nicht hoch geſtigen / ſondern ein Zimmermann verbliben. Wie kan es dann ſeyn / daß dir ſolche Koͤnigliche Concept einfallen. Haſt du es dann geſagt / vnd ſagſt es noch / biſt du der Juden Koͤnig? worauff der Heyland geantwortet. Ich bin darzu gebohren / vnd bin darzu in die Welt kommen / daß ich der Warheit Zeugnuß gebe. Darauff geſchwind Pilatus, was iſt die Warheit? Laß mir das ein ſeltzame Frag ſeyn. Pilatus ein ſolcher vornehmer Herꝛ / deme Land vnd Leuth vnderworffen / in deſſen Gewalt ware allenthalben anzuſchaffen / abzu - ſchaffen / außzuſchaffen / einzuſchaffen / fortzuſchaffen / ein Herꝛ mit zimblicher Zahl der Bedienten / mit groſſer Men - ge der Auffwarter / mit haͤuffiger Begleidung deß Adels vmbgeben / ein Herꝛ von abſonderlichen Verſtand / vnd reiffen Witz / ſoll nit wiſſen / was die Warheit ſeye? nein / er wuſte es nicht: deſſentwegen begunte er zufragen; quid eſt Veritas? was iſt die Warheit? daß iſt kein Wunder aber / dann er war ein vornehmer Herꝛ / hielt ein groſſen Hoff / vnd zu Hoff / wo die Politica den Vor-Tantz hat / allda hat die Warheit den Fort-Tantz. Pilatus ware ein Frantzoß / vnd deſſentwegen kame ihme die Warheit Spaniſch vor / vnd zu Hoff / wo die Politici niſten / iſt die liebe Warheit verbandiſiert / als habe ſie die Peſt / vnd ſo ſie auch ein Fede vom Himmel haͤtte / ſo laſt mans dannoch kaum ein. In Indien ſeynd die Glaͤſer entwas ſeltzames / in Egypten iſt der Schnee etwas ſeltzames / in Nordwe - gen iſt der Wein etwas ſeltzames / in Mauritania iſt einweiß147andertes Hoff-Leben / auch erſte Laſter.weiß Geſicht etwas ſeltzames / in Italien ſeynd die gel - be Haar etwas ſeltzames / in Teutſchland ſeynd die Ele - phanten etwas ſeltzames / in America ſeynd die Hund et - was ſeltzames / in Aſia ſeynd die Puͤchſen etwas ſeltzames / in China ſeynd die Pferdt etwas ſeltzames / bey Hoͤfen vnd groſſen Herren / iſt die Warheit etwas ſeltzames.
Fridericus mit dem Namen der Eltere / Hertzog in Oeſterreich hat gar offt / vnd vilmahlen ſeine ſtattliche vnd ſtandmaͤſſige Kleider hindann gelegt / vnd ſchlechte Baurn - Kleider angezogen / den Sammet mit groben Zwilch / den Caſtorrenen Hut mit einer Schmerkappen / die ſeide - ne Strimpff mit Baurn-Stiffel verwechſelt / vnd alſo vnbekannt bey manchen Baurn den gantzen Tag vmb das Geld gearbeitet / in der Scheur oder Stadl getroſchen / vnd andere barte Arbeit verricht / mit der groben Speiß / vnd gemeiner Dorff Taffel vor lieb genommen. Es hat zwar mancher Baur deſſen zarte Haͤnd beſchnarcht / vnd offt baͤuriſch angefahren. Du Kerl du haſt gar waiche Tatzen / du muſt dein Lebetag nicht vil Habern außtro - ſchen haben. Wann er demnach in ſolcher Baurn-Arbeit begriffen / hat er angefangen zu reden / vnd zu fragen. Was man von Hertzog Friderich halte / dem zuweilen ein Baur geantwort / der Hertzog ſeye ein liebreicher Herꝛ / aber ſeine Apoſtel ſeynd nit weit her / er ſchaue ihnen gar zu vil durch die Finger / braucht deſſenthalben wenig Bril - len: er laſt die Edel-Leuth hauſen nach dero Wohlgefal - len / die gehen mit vns vmb / wie wir Baurn mit den Fel - ber-Baumen im ſtutzen; vnſer mehreſtes Gebett iſt fuͤr die Pferd vnſerer Gnadigen Herꝛn / damit dieſelbige lang tauren / dann ſo fern ſolche ſolten vmbſtehen / wurden die Edl-Leuth auff vns Baurn herumb reitten. Wir arme Narren ſevnd nit mehr ſo gluͤckſeelig wie zu David Zeiten / allwo man die Schaaf-Hirten vnd gemeine Leuth auff dieT 2Banck148Judæ Iſcariothis Zucht - vnd Flucht-Hauß /Banck der Edl-Leuth geſetzet hat. Es iſt zwar der Zeiten ein jeder Baur ein Her / aber nur mit einem r / dann es haiſt Baur gib her / Baur gehe her / Baur trag her / ꝛc. Dem Hertzog Friderich ware ein ſolcher Baur mit ſei - ner ſubtilen Grobheit / vnd einfaͤltigen Witz nicht vnan - genehm / vnd konte gar leicht abnehmen / das Baurn vnd Laurn in ein Haut genaͤhet ſeynd. Ein anderer Baur bey deme der Hertzog Knechtweiß gedienet vnd gearbeitet / thaͤtte andere Glocken leithen faſt diſes Klangs. Mein lieber Knecht / vnſer Hertzog verſchenckt gar vil vnnutz - lich / er gibt dem nechſten Sailtantzer gleich 50. Thaller / fuͤr dem vilmehr ein Strick gehoͤrete / vnd vns Baurn ſi - het er nicht ein Kreutzer nach / er bringt ein Steur vmb die andere auff / wie erſt verwichen die Kopff-Steur / es moͤchte einer ſchier wuͤnſchen / wann einem der Schedl nit ſo lieb waͤre / daß er kein Kopff haͤtte / vnd wo kombt das Gelt hin? er laſt auch den Pracht gar zu weit einſchleichen / vnd fahrt ſchon ein jedwedere Neſtl-Krammerin in der Carotzen. Vnſer Herꝛ Pfarrer hat einmahl geprediget / wie das einer mit Namen Atlas die gantze Welt getragen / ich kans dermahlen ſchier glauben / weilen vnſer Edlmann / der doch zimblich ſchwach / fuͤnff vnd ſechs Doͤrffer auff den Buckel tragt / dann ſeine Kleider alſo koſtbar vnd theuer geſchaͤtzet werden. Dergleichen allerley Reden hat der Her - tzog in ſeinem Baurkuͤttl vnd Dorff-Joppen vernomben. Wann er nun wider nacher Hoff kommen / vnd ſich mit ſeinem Hochfuͤrſtlichen Auffbutz bekleydter ſehen ließ / wur - de er mehrmahlen gefragt / vmb was Vrſachen er in ſol - chen groben Lumpen / die Baurn-Huͤtte betrette / denen gab er jedes mal mit ernſthafften Angeſicht diſe Antwort; alio modo verum audire non poſſum: Ich kan auff kein andere Manier die Warheit hoͤren / dann meine Hoff -Leuth149andertes Hoff-Leben / auch erſte Laſter.Leuth ſagen mir die Warheit nicht. Sh. Schmeicher / Sh. Schmarotzer / Sh. Schwaͤtzer / Sh. Schnarcher / Sh. Schwiermer / Sh. Schlicker / Sh. Schlemmer / Sh. ſag ich nicht gern / hab ich gnug vmb mich / aber kei - nen / aber keinen / der mir die Warheit ohne Scheuh re - dete. So haicklich iſt zu Hoff die Warheit.
Wo hat Petrus zum allerſten die Warheit vergeſ - ſen? vnder was Geſellſchafft? etwann vndern den Fiſchern als ſeine Cameraten? dann ſie haben ſonſt diſes Lob / was der Fiſcher gewinnt beym Fiſch / das verſaufft er wider bey dem Tiſch. Bey wem hat Petrus die Warheit gezeth? etwann bey Zimmerleuthen oder Maurer? dann von di - ſen iſt faſt ein Sprichwort / Zimmerleuth vnd Maurer / ſeynd rechte Laurer; ehe ſie eſſen / maͤſſen / ſtehen vnd ſich beſinnen / ſo iſt der Tag von hinnen: wo hat Petrus der Warheit einen Schimpff angethan? etwann bey denen Soldaten? von diſen hat einer auff ein Zeit geſagt alſo: Zigeuner vnd Soldaten / wann ſie ſchmecken einen Brat - ten / ſo thun ſie ſolchen wegtragen / wann ſie auch ſolten die Bainer auff dem Galgen abnagen; wo iſt dem Petro die Warheit entfallen? etwann bey den Fuhrleuthen? von denen ein gemeine Red / Gurſcher vnd Fuhrleuth / ſeynd nichts nutz zu aller Zeit / bey Eſel vnd Roſſen / trei - ben ſie die groͤbſte Poſſen / auff dem Eſel - vnd Pferd-Miſt / ſelten ein guter Vogel iſt. Wo hat Petrus die Warheit geſparꝛt? wo? verzeicht mirs ihr Hoff-Herren / Hoff - Leuth / Hoff-Beambte / Hoff-Diener / daß ich euch der - mahlen euch keinen Hoffmann abgib / vnd fein die War - heit / als ein edles Biſſel auff euer Taͤhler lege / bin ſchon vergwiſt / daß ihr euch daran / vnd darin kein Zahn werd außbeiſſen / weilen euch die Zaͤhn nit ſo ſehr darnach waͤſ - ſern. Petrus hat die liebe Warheit an keinem andern Orth vergeſſen / verlohren / verſchertzet / verzeth / als zu Hoff / all -T 3da150Judæ Iſcariothis Zucht - vnd Flucht-Hauß /da hat er einmahl (das iſt grob) allda hat er zweymahl (das iſt grob) allda hat er dreymahl (das iſt gar auß der Weiß) die eingefleiſchte Warheit verlaugnet.
Der Koͤnig Balthaſar hielt auff ein Zeit ein ſehr praͤchtiges Panquet, worbey auch tauſend vornehme Ob - riſten gaſtiert worden. Diſe Mahlzeit ware mehrin ange - ſtellt wegen ſeiner Concubinen / welche lauter ſchoͤnt Roſi - mundæ waren / aber nicht Roſæ mundæ. Nachdem nun der rothe Wein / der weiſſe Wein / der goldgelbe Wein faſt ein vilfaͤrbigen Regenvogen auf der Tafel vorſtellte / iſt alſo folgſamb kein ſchoͤnes Werter erfolgt / abſonderlich in dem Gewiſſen deß Koͤnigs / allermaſſen er befohlen / man ſolle alſobalden die guldene Geſchier / vnd koſtbare Gefaͤß / wel - che ſein Vatter Nabuchodonoſor auß dem Tempel der Iſraeliter geraubt / herbey bringen / damit er ſeinen Kebs - Weibern eines moͤchte darauß zubringen. O Koͤnig Bal - thaſar! da wird es nicht haiſſen / Geſeng GOtt. Soll dann nicht ein einiger Cavalier / auß tauſend anwe - ſenden / dem Koͤnig geſagt haben. Euer Majeſtaͤt / diſe Sachen werden einen ſchlechten Außgang gewinnen; ſie wiſſen ſich ja gnaͤdi iſt zu erinneren / was geſtalten ihrDaniel. 5. verſtorbener Herꝛ Vatter ſo groſſes Ungluͤck außgeſtan - den / daß er ſo gar in ein wildes Thier verkehrt worden / vmb willen er den GOtt der Iſraeliter verachtet / ꝛc. Kei - ner / keiner / keiner auß rauſend gegenwaͤrtigen Edl Leu - then / vnd Hof-Leuthen / hat ihme getrauet die Warbeit zu ſagen / biß endlich ein Hand an der Wand ſein offne Schand ihme verwiſen.
Ich frage mehrmahlen die Frau Warheit / Ma - dame! vmb Gottes willen / warumb daß euere Coralle - nen Lefftzen alſo geſchwollen? ich (war die Antwort) ich habe das nechſtemahl geigt / vnd da hat man mir den Fidl -bogen151andertes Hoff-Leben / auch erſte Laſter.bogen vmb das Maul geſchlagen / vnd mich ſehr ſchmaͤch - lich tractieret? wol recht fangt das Woͤrrl Warheit von einem W an / zumahlen es lauter W außbruͤtet. Der ſtattliche Hof-Prediger Joannes Baptiſta hat es wol erfahren / bey dem Koͤnig Herodes. Etliche Außle - ger Goͤttlicher Schrifft / vnder welchen nicht der mindeſte Delanuza, ſagen / daß der allmaͤchtige GOtt habe derge - ſtalten das Paradeyß gepflantzet / daß alle ſtattliche Obſt - Baͤumer darinnen ſo nider waren / daß dem Adam vnd Evæ die Aepffel vnd Biern / vnd andere Fruͤchten in das Maul gehangen / auſſer deß verbottenen Baums / wel - cher vmb ein zimbliches hoͤcher / alſo daß deſſen Fruͤchten die Eva nicht wol kundte erlangen / weſſentwegen die Schlang / von dem Teuffel ſchon beſeſſen / ſich vmb der Evæ Fuͤß gewicklet / vnd ihr alſo geholffen / daß ſie in die Hoͤhe gehupffet / vnd geſprungen / vnd ein Apffel erlangt. Wann dem alſo ſoll ſeyn / ſo glaube ich / daß von dannen der Weiber ihr beliebiges Tantzen / vnd Springen herruͤh - re / zumahlen ihnen der Gehorſamb ſehr ſchwaͤr fallt / auſ - ſer im Tantzen / worinnen ſie gern / nur gar zu gern / nach dem Pfeiffen vnd Geigen deß Spillmanns ſpringen. Sie glauben aber nicht / layder! daß Dantzig vnd Leiptzig nicht weit voneinander ſeynd / vnd iſt nichts neues / daß gute Saitten die gute Sitten verderbt haben. Abſonder - lich beym Tantzen / bey welchem Springen die Ehr nicht ſelten geſtolpert. Ein Tantzerin aller Tantzerin war deß Herodis Tochter / welche dergeſtalten kuͤnſtlich vnd koͤſt - lich getantzet / daß ihr auch vmb ſolches der Koͤnig das halbe Koͤnigreich anerbotten; ſie aber an ſtatt deſſen hat begehrt das Haupt Joannis Baptiſtæ. Solche Reliquien waren auch mehrer werth / als das halbe Koͤnigreich / vnd zwar diß hat ſie gethan auß Anlaittung ihrer Frau Mut -ter.152Judæ Iſcariothis Zucht - vnd Flucht-Hauß /ter. Aber woher? warumb? weſſentwegen iſt diſe dem heiligen Mann ſo feind geweſt? frag nicht lang / wegen der Warheit / die er geredt hat. Non licet, &c. Die War - heit ware der Zuntl / ſo diſes Feuer erwecket hat. Die Warheit ware der Letten / ſo diſes Waſſer truͤb gemacht hat. Die Warheit ware der Hammer / ſo alſo Larma ge - ſchlagen.
Es ſeynd fuͤnffzehen Woͤrtl / welche von dem Buch - ſtaben W anfangen / vnd nach dem A / E / J / O / U / geſtellt / wunderlich koͤnnen zuſammen gereimbt werden.
Warheit / Weib / Wirth / Wort / Wunden /
Wald / Weber / Wierffl / Wolff / Wurſt /
Wag / Weg / Wind / Wohl / Wurmb.
Nunmehr zuruck reimb es alſo.
Item.
Item.
Das hat erfahren jener bey Hoff Henrici deß Vierd -Niernber. l. 2. c. 7. ten Koͤnigs zu Caſtella, welcher ohne Scheu mit loͤblicher Freyheit kein Blaͤtl fuͤr das Maul genommen / ſondern gantz rund vnd klar / vnvermantlet die Warheit herauß geredet / welches aber den Koͤnig alſo verbittert gemacht / daß er alſobald befohlen / diſem die Zung herauß zuſchnei - den / welchen tyranniſchen Befelch / man auch ohnver - zuͤglich vollzogen: aber Gott wolte auch durch ein ſchein - bares Wunderwerck zeigen / wie angenemb vor ſeinen Goͤttlichen Augen ſeyn / die jenige / welche vnerſchrocken groſſen Herren die Warheit vortragen. Da man beſagte außgeſchnittene Zung an den liechten Galgen gehencket / gehefft / hat diſer vnſchuldige Tropff ohne Zungen in Bey - weſenheit einer groſſer Menge Volcks anfangen zu reden / vnd hoͤchſt proteſtirt wider diſe Vnſchuld / daß ein ſo war - haffte Zung ſolle an einen ſolchen vnehrlichen Holtz ge - hefftet ſeyn. Das hat erfahren auch jener Prediger in Ita - lia, welcher eineſt gantz raißfertig mit Stiffel vnd Sporn auff die Cantzl kommen / das Pferd aber außwendig an die Kirchen gebunden / uͤber welchen Auffzug entfrembdeten ſich alle Zuhoͤrer nit ein wenig / vnd machten hieruͤber al - lerley ſeltzame Gedancken. Beſagter Pater aber fangt an mit einem Apoſtoliſchen Eyfer die Warheit einem groſſen Herꝛn zupredigen nicht / vngleich einem Tarſenſiſchen Pau - lo zu Rom / nach ſolcher vollbrachter Predig aber / war ſchon ein Laggey bey der Stiegen der Cantzel / welcher demVherab -154Judæ Iſcariothis Zucht - vnd Flucht-Hauß /herabſteigenden Patri auß Befelch ſeines Herꝛns ange - kuͤndt / er ſoll ſich alſobald / vnd vnverzuͤglich hindan ma - chen / wofern er einem groſſen Vngluͤck entgehen will. Gut! gut! ſagt der Prediger / das hab ich wol vorgeſe - hen / daß mir die Warheit werde das Quartier auffſagen / vnd ein ſchnellen March verurſachen. Weſſentwegen ich mich fein vorhero raißfertig gemacht hab. A dio! ſo be - huͤt euch Gott / vnd ihr Herren Prediger / werfft lieber einem groſſen Herꝛn ein Stein in den Buckel / als die Warheit / ihr werd nicht alſo grob einbieſſen! O wie wahr iſt es von der Warheit / was der Poët ſagt.
‘Fugit potentum limina veritas Quanquam ſalutis nuntia. ’ ()Auff Teutſch weiß ich nicht / wie es haiſt.
Mein Jehu, wie iſt es dir ergangen bey dem Koͤnig[3]. Reg. 16. Baaſa, wie du das Maul gar zu weit haſt auffgethan / vnd die Warheit geredt? ℞. das Leben hab ich deſſenthal - ben verlohren.
Mein Michæas, wie iſt dir geſchehen / als du dem Achab die Warheit vnder die Naſen geriben? ℞. ich hab mich nicht mehr doͤrffen ſehen laſſen.
Mein Hanan, was iſt dir begegnet / wie du dem Koͤnig Aſa die Warheit vorgetragen? ℞. uͤbl / uͤbl / uͤbl.
Mein Zacharias, was haſt du muͤſſen außſtehen von dem Koͤnig Joas, da du ihm ohne Scheu die Warheit vorgelegt? ℞. ich bin verſteiniget worden.
Mein Jeremias, was hat dir die Warheit auff den Rucken geladen? als du ſelbige nacher Hoff Sedechiæ deß Koͤnigs gebracht. ℞. in den finſtern Kercker bin ich ge - worffen worden.
Mein Baruch, was haſt du dazumahlen außgeſtan - den / wie du die Warheit bey dem Koͤnig Joachim ans Tag-Liecht gebracht? ℞. wann er mich dazumahlen er -wiſcht155andertes Hoff-Leben auch erſte Laſter.wiſcht haͤtte / haͤtte es meinen Kopff golten; aber Gott wolte es nicht haben.
Mein Daniel, was haben dir die Herren von Ba -Daniel. 14 bylon fuͤr einen Lohn erſtatter / als du ihnen die Warheit als ein koſtbare Wahr verkauffet? ℞. in die Loͤwen-Gru - ben bin ich geſtuͤrtzet worden.
Nicht anderſt iſt es ergangen denen zwoͤlff Apoſtlen / nicht anderſt 27. Roͤmiſchen Paͤbſten / nicht anderſt der Kayſerin Serenæ, nicht anderſt dem Koͤnig Olano, nicht anderſt der Koͤniglichen Princeſſin Dimpna, nicht anderſt dem Koͤniglichen Printzen Hermenegildo, nicht anderſt dem Fuͤrſten Gallicano, nicht anderſt denen Edl-Leuthen Sebaſtiano, Mauritio: nicht anderſt dem Raths-HerꝛnCauſſinus tom. 1. Apollonio: nicht anderſt iſt es ergangen eilff Millionen Menſchen / welche alle der Warheit wegen vmbgebracht worden. Und du Gottes Sohn JEſu Chriſte / ſelbſt biſt verſucht worden / wie Job, biſt verfolgt worden / wie Da - vid, biſt verachtet worden / wie Gedeon, biſt verkaufft worden / wie Joſeph, biſt bergeben worden / wie Amaſa, biſt gebunden worden / wie Samſon, biſt angeklagt wor - den / wie Abner, biſt verſpott worden / wie Eliſæus, biſt entbloͤſt worden / wie Jeremias, biſt geſchlagen worden / wie Michæas, biſt geereutziget worden / wie die Macha - bæer, biſt auffgehenckt worden / wie die oͤhrene Schlang / biſt vmbgebracht worden / wie Abel, biſt durchſtochen worden / wie Abſolon, haſt mehr gelitten / als die eilff Millionen Menſchen / vmb keiner anderen Urſach willen / als wegen der Warheit. Prediger / was geſchicht dir? was iſt dem H Paulo begegnet? den haben die Herren Galater fuͤr einen irꝛdiſchen Engel gehalten / haben ſeine Predigen mit ſolchem Luſt angehoͤret / daß ſie ihn ein Po - ſaun deß Himmels benambſet. Die Kinder auff der Gaſ - ſen haben mit Fingern gedeut auff Paulum, vnd ihn aller -V 2ſeits156Judæ Iſcariothis Zucht - vnd Flucht-Hauß /ſeits gepryſen. Der Paulus, deß Pauli, dem Paulo, den Paulum, ô Paule, vom Paulo: Vom Paulo war kein andere Redt / als Lob. O Paule, ſagt ein jeder / gebene - deyr iſt dein Zung / den Paulum hat man wegen ſeines Predigen / vor ein Wunderwerck außgeſchryen: dem Paulo hat man aller Orthen Ehr vnd Reverentz erzaiget / deß Pauli Woͤrten waren lauter Magnet / ſo die Hertzen gezogen / der Paulus war bey den Galatern ſo angenehm / daß ſie ihn / wie ihr aigne Seel liebten. Wie er dann ſelb - ſten ſagt; Teſtimonium enim perhibeo, quia ſi fieri poſſet, oculos veſtros eruiſſetis, & dediſſetis mihi: Ich bekenne es ſelbſten meine Herren Galater / daß ihr haͤttet euere Augen außgeſtochen / vnd mir geben auß lauter Lieb: ihr Herren Galater ſeyt halt galante Leuth. Gemach! nachdem Paulus hat angefangen ſcharpff zuAd Gal. 3. predigen. O inſenſati Galatæ! O ihr Sinnloſe Ga - later / ſagt er / wer hat euch verzaubert der Warheit zu widerſtreben / ſeyt ihr Thorre / daß ihr mit dem Geiſt habt angefangt / vnd nun - mehr mit dem Fleiſch endet? Wie Paulus ſolche ſcharpffe Saitten auffgezogen / da hat ihm kein einiger mehr mit dem Fuß Reverentz gemacht / ja man haͤtt ihn lieber mit Fuͤſſen tretten; keiner hat ihm mehr ein Ehr erzaigt / man hat ihm darvor den Rucken zaigt / keiner hat ihn mehr angelacht / ſondern nur außgelacht / keiner hat ihn mehr die Herberg anerbotten / ſondern die Herberg auffgeſagt / alle waren wider ihn: Inimicus factus ſum vobis, veritatem dicens.
So lang ein Prediger ein ſchoͤne / zierliche / wolbe - redte / ein auffgeputzte / mit Fabeln / vnd Sinnreichen Spruͤchen vnderſpickte Predig macht; da iſt jedermann gut freund. Vivat der Pater Prediger! ein wackererMann157andertes Hoff-Leben / auch erſte Laſter.Mann / ich hoͤr ihm mit Luſt zu / ꝛc. Wann er aber ein ſcharpffen Ernſt anfangt zu zaigen mit Paulo: O inſen - ſati Germani, ô inſenſati Chriſtiani, &c. Wann er an - fangt groſſen Herren die Warheit zu ſagen / ſie ſollen doch einmahl die Brillen brauchen / vnd nit allzeit durch die Finger ſchauen: ſie ſollen doch mit der Juſtitz nicht vmbgehen / als mit einem Spinnen-Gewoͤb / allwo die groſſe Voͤgl durchbrechen / die kleine Mucken hangen blei - ben: ſie ſollen doch nicht ſeyn / wie die Diſtillier-Kolben / welche auß den Blumen den letzten Tropffen herauß ſau - gen. Wann er anfangt die Warheit zu predigen denen hohen Miniſtris, vnd Raͤthen / ſie ſollen lehrnen 3. zeh - len / ſie ſollen jene Lection recht lehrnen / welche Chriſtus ſeinen Gehaimiſten gegeben. Viſionem, quam vidiſtis, nemini dixeritis. Wann er anfangt den Edl-Leuthen die Warheit zu predigen / daß ſie denen Barbierern in ihr Profeſſion eingreiffen / vnd ihr mehreſtes Einkommen nicht im Wein oder Trayd / ſondern im Zwifflen ſtehe / weilen ſie die Bauren gar zu ſtarck zwifflen; Wann er die Warheit ſagt denen Geiſtlichen / daß ſie gar offt ſeynd wie die Glocken / welche anderen in die Kirchen leutten / vnd ſie ſelber bleiben darauß: daß ſie gar offt ſeynd / wie die Zimmer Leuth deß Noë, welche anderen die Archen gebauet / daß ſie ſich ſalvieret / vnd ſie ſelbſten ſeynd zu grund gangen: daß vil Geiſtliche ſeynd / wie die Nacht - Eulen / welche das Oel bey naͤchtlicher Weil auß den Lampen außſauffen / vnd ſich von der Kirchen erhalten / vnd ſonſt nichts nutzen; Wann er die Warheit ſagt de - nen Soldaten / daß ſie halßſtaͤrriger Mainung ſeynd / als ſeye ihr Gewiſſen auch privilegiert / aber da haiſt es Pri - vilegia Brieff-Luͤgen; Die Warheit dem Magiſtrat, vnd Obrigkeiten / daß ſie gar offt ſeynd / wie ein Spittal - Suppen / worauff wenig Augen: Die Warheit denenV 3Maut -158Judæ Iſcariothis Zucht - vnd Flucht-Hauß /Mauttnern vnd Beambten / daß ſie gar zu barmhertzig ſeynd / nicht zwar in Beherberung der Frembdling / wol aber deß frembden Guts. Die Warheit denen Zimmer - Leuthen / daß man bey ihnen allzeit friſche Spaͤnn / aber zugleich faule Geſpaͤnn finde. Die Warheit denen Be - cken / daß ſie gar offt ſolche Leuth ſeyn / welche Mehl ge - nug / aber zu wenig Taig zum Semblen nemmen. Die Warheit den Gaͤrtnern / daß ſie gar offt den Garten ſaͤu - bern / aber das Gwiſſen laſſen verwachſen / vnd nichts mehrers pflantzen / als das Weinkraͤutl; die Warheit de - nen Wirthen / daß ſie gar offt Kein-Wein / fuͤr Rhein - Wein / Lugenberger fuͤr Luetenberger außgeben / vnd oͤff - ters auch den Tuchſcherer in die Arbeit greiffen: die War - heit den Baurn / daß ſie ſich zwar einfaͤltig ſtellen / aber ſo einfaͤltig / wie die Schweitzer-Hoſen / ſo hundert Falten haben. Die Warheit denen Kindern / daß ſie denen Paſ - ſauer Klingen nicht nacharten / dero beſte Prob iſt / wann ſie ſich biegen laſſen: die Warheit den Frauen-Zimmer / daß ſie gar zuvil ziehen an den Schwaiff deß Rocks / zu wenig vmb dem Hals tragen: die Warbeit den gemeinen Weibern / daß ſie faſt die Natur einer Vhr an ſich haben / welche nie ohne Vnruh / ꝛc. Wann dergeſtalten der Pre - diger den Schaͤrffhobl brauchen wird / wann er auff ſolche Weiß wird die Warheit reden / ſo bringt ihm ſolches Re - den / Roͤdern / ſo bringen ihm ſolche Woͤrter / Schwerd - ter / ſo bringt ihm ſolches Sagen / Klagen; nimicus fa - ctus ſum dicens. Er verfeind ſich allenthalben. Sein Auditorium wird bald die Schwindſucht leyden: die Kirchen ſtill werden / bald lauter Quartier der alten Weiber werden / die Kirchen wird bald werden wie ein ab - gebrochener Jabrmarckt / an allen Orthen wird man hoͤ - ren / was key ich mich vmb den Prediger. Sic facta eſt veritas, in Averſionem.
Mada -159andertes Hoff-Leben / auch erſte Laſter.Madame fragte ich weiter / mein Frau Warheit / wie daß ihr einen ſolchen langen mit Blumen geſtickten Mantel tragt / vnd was ſoll haiſſen der lange Fuchsſchweiff vmb dem Hals? habt ihr dann ein Kathaͤr / daß ihr alſo den Hals warm haltet? nein / antwortet ſie mir / mein Pater, den gebluͤmbten Mantl trag ich ſchon lang / dann man thut mich Warheit allenthalben vermantlen vnd verbluͤmblen. Den Fuchsſchweiff trag ich aber vmb dem Hals / weilen das Schmeichlen gemainiglich nicht weit von hohen Haͤuptern. Vber diß muß ich bekennen / bin ich zornig worden / reiß ihr die Kleyder vom Leib / habs gleich dem nechften nothleydenden Bettler / welcher diſem gantzen Handl zugeſchauet / geſchencket; der Fuchsſchweiff hat ihm gar wol getaugt / dann ich hoͤrte / daß er gleich die nechſt vorbey gehende Frau / welche eines ſehr haͤßlichen Geſichts war / mit ſeinen bettleriſchen Complementen angeredet. Mein ſchoͤne / huͤpſche / wackere / gul - dene Frau / ꝛc. Ich aber erkenne fuͤr recht / daß die Warheit durch mich außgezogen / vnd außgemantlet wor - den. Dann alſo ſoll ſie ſeyn / muß ſeyn / darff ſeyn bloß.
Wie der Eyffervolle Prophet Elias durch einen feu -4. Reg. 1. rigen Wagen ins Paradeyß verzucket worden / hat er ſei - nem liebſten Eliſæo ſeinen Mantl herunder geworffen. Ich glaube ſchier / der heilige Mann hab ſich mit dem Mantl nicht vor GOtt getrauet / wenigiſt iſt das wahr / daß ein Prediger ſchwaͤr vor Gottes Angeſicht beſtehen werde / wann er die Warheit vermantlet. Sondern es iſt ſein ſtarcke / verpflichte Schuldigkeit allen / allezeit / alle - mabl / allerſeits die bloſſe Warheit zu predigen. Predi - gen fein ernſtlich mit dem Propheten Oſea, wider das La - ſter der Vollheit: predigen fein eyffrig mit dem H. Pau - lo, wider die Suͤnd deß Neyds: predigen ſein vnerſchro -cken160Judæ Iſcariothis Zucht - vnd Flucht-Hauß /cken mit dem Job, wider das Laſter deß Zorns: predigen fein ſcharpff mit dem Propheten Amos, wider das Laſter der Gailheit; predigen fein klar mit dem Propheten Ma - lachias, wider das Laſter der Hoffart. Petrus auß Be - felch deß HErꝛn greifft einem Fiſch in das Maul / vnd findt darinnen ein ſchoͤne Muͤntz; nicht weniger ſoll in eines Prediger Mund ein ſolche / ſchoͤne / ſchneeweiſſe / ſil - berne Muͤntz / verſtehe die vnverſehrte Warheit / gefunden werden. Der Prophet Nathan hat ihm kein Blat vor das Maul genommen / wie er vor dem Koͤnig David ge - tretten / vnd ihme ſein groſſe Schandthat vnder die Au - gen geſtellt; Der Prophet Jonas hat das Maul zimb - lich auffgemacht / wie er denen Niniviteren ihr leicht fer - tiges / laſterhafftes Leben vorgeworffen. Alle rechtſchaf - fene Diener Gottes ſcheuhen ſich nicht die Warheit zu ſagen / vnd wollen lieber zu Verona bleiben / als nacher Placenza raiſen. So hat gethan der H. Ambroſius dem Theodoſio: ſo hat gethan Puppo dem Henrico; ſo hat gethan Dunſtanus dem Edgaro: ſo hat gethan Franciſcus Paulanus dem Koͤnig zu Neapel / welcher ih - me ein Cloſter zu bauen anerbotten / ſolches aber der hei - lige Mann nicht allein gewaigert / ſondern ihme noch ſei - ne Tyranniſche Exactiones vnd Anlagen der Undertha - nen ſcharpff verwiſen / auch ein Ducaten Mitten vonein - ander gebrochen / worauß das helle Blut gefloſſen / anzu -In vita. zaigen / daß ſolches von denen armen Underthanen erzwun - genes Gelt / ein Blut der armen ſeye. Nicht vnrecht hat gethan jener Prediger / welcher einen groſſen Herꝛn auff der Cantzl zimblich getroffen / vnd als ihme deſſenthalben ſolcher mit lachendem Mund vorrupffte; ſprechend / Herꝛ Pater, heut habt ihr mir ein gutes im Beltz gege - ben; es iſt mir layd / ſagt hinwider der Pater, daß ich euer Gnaden nur den Beltz getroffen / es war mein Mainungihnen161andertes Hof-Leben / auch erſte Laſter.ihnen gar das Hertz zu beruͤhren / deßgleichen muß auch nicht ſchmeichlen im Beichtſtuel der Beichtvatter. Deß Davids ſeine Abgeſandte haben es ſehr hart empfunden / wie ihnen der Amonitiſche Koͤnig mit ihren Baͤrthen al - ſo ſchmaͤchlich vnd ſchmertzlich verfahren. Alſo wird es freylich wol diſem oder jenem Herꝛn verſchmahen / wann du ihme / will nit ſagen / wirſt den Barth abſchneiden / ſon - dern die Warheit wol im Barth reiben / da wird er dich fuͤr einen vngeſaltzenen Seelenfiſcher tauffen; ſchadt aber nicht / gedencke nur / die Warheit pflegt man mit keinen andern Complementen zu empfangen. Es beicht dir dein Ordinari-Beichtkind / ein wackerer Herꝛ / er habe mehr - mahlen dem ſechſten Gebott ein zimbliches verſetzt / dem ſag du fein die Warheit. Mein lieber Menſch / er ver - haiſt allemahlen die Beſſerung / ſeyt aber ein Katz / welche das Mauſen nit laſſet / ſchafft mir das haimbliche Wild - praͤt auß euerem Hauß / damit die Gelegenheit vermey - det ſeye / oder ich abſolviere euch nit / nit / nit. Ey! das iſt ein grober Schnitt / Pater, das thut dem Herꝛn wehe! er iſt ein ſolcher / der beym Brett ſitzet / dergeſtalten wird er ihm ein anderen Beichtvattern ſuchen / vnd nachmahls dir vnd deinem Cloſter mercklichen zu einen Nachtheil werden. Schadt nit / ſagt ein rechtſchaffener Mann / mit dem Fuchs Schwaiff kan der Meßner / oder Kirchen-Die - ner wol den Beichtſtuel abſtauben / aber bey mir hat ſol - cher nit Statt / ſchmeichlen mag ich nit / damit nicht et - wann ſein Seel (O theuerer Schatz!) vnd mein Seel / O einiges Kleinod) einen vngluͤckſeeligen Schiffbruch leyden.
Ein mancher wird nicht ohne ſondere Verwunde - rung bald reich / der vorhero mit Codro in Geſellſchafft ware: Daß der Kuͤrbes Jonæ ſo bald auffgewachſen / iſt ein Miracul geweſt / daß Petrus auff einmahl ſo vilXFiſch162Judæ Iſcariothis Zucht - vnd Flucht-Hauß /Fiſch gefangen / iſt ein Miraeul geweſt / daß ſolcher aber auß einem Armen / ſo bald ein reicher Herꝛ wird / iſt et - wann kein Miracul / ſondern ein Maeul. Diſer kombt in Beichtſtuel / ſagt neben anderen / er habe in ſeinem Ambt das ſerve nequam geſpilt / er wolle aber ſehen / daß er hinfuͤro mit groͤſſerem Fleiß das Ambt verwalte / vnd alſo ſeinem Herꝛn zu ferneren Nutzen geraiche. Was ſoll hierinnfalls der Pater thun? herauß mit der War - heit. Redde, gibs wider / oder ich abſolvier euch nicht / dann alſo hat das Reddo den Zachæum gerechtfertiget. Holla Pater! der Herꝛ hat dem Cloſter vil gedienet / ſchickt vnd ſchenckt / ſchenckt vnd ſchickt offt ein guten Wein / ꝛc. ſchadt nicht / ſagt ein gwiſſenhaffter Mann / die Warheit vnd zwar die vnverfaͤlſchte / die Warheit vnd zwar die vnverbluͤmblete / die Warheit vnd zwar die vn - vermantlete gebuͤrt mir zu reden. Chriſtus der Herꝛ iſt auch von den Phariſeern zu Gaſt geladen worden / vnan - geſehen diß / hat er auff kein Weiß ſchmeichlen wollen / ſondern ihnen die bloſſe Warheit vnder die Augen geſtellt / da er von Ochſen vnd Eſeln die Gleichnuß geben / welcheLuc. 14. ſie auch an dem Sabbath auß dem Brunn ziehen. Der gebenedeyte Hayland hat den Apoſteln / vnd vns Prieſtern allen den Titul geben. Vos eſtis Sal terræ. Ihr ſeyd das Saltz der Erden. Er hat nit geſagt / ihr ſeydMatth. 5. ein Zucker / ſondern ein Saltz / welches beiſt / muß alſo ein Prediger / ein Beichtvatter ſich wol herumb beiſſen / vnd die Warheit reden. Wann er dißfals das Todten - Gſang ſingt Placebo Domino, ſo ſtuͤrtzt er auch ſein eigene Seel in dem Todt / er muß nicht fragen / was er fuͤr ein Liedl ſoll auffmachen / ſondern was ihme der Geiſt Got - tes / vnd die liebe Warheit vorbildet. Wolte Gott es ge - ſcheheten hierinfals keine Faͤhler! aber wie mancher Beicht -vatter163andertes Hoff-Leben / auch erſte Laſter.vatter gibt ſeinen Pænitentrn das Glait in die Hoͤll! es konten allhier dergleichen Geſchichten wol beygeſetzt wer - den / welche ich aber kuͤrtze halber vmbgehe / vnd auch nicht begehre den Beichtvatter zu vnderrichten. Weilen ich glaube / er werde ohne das mit ſattſamber Wiſſenſchafft verſehen ſeyn.
Es klagten vor diſem nicht ein wenig die Phili - ſteer / daß ihnen der Samſon mit den Fuchsſchweiffen ſo groſſen Gehaden in ihren Trayd-Feldern zugefuͤgt / aber in aller Warheit iſt vmb ein zimbliches mercklicher der Schaden / den vil der Zeiten von den Fuchsſchwaiff ihrer Schmaichler leyden / welche Ohren-Titler Achßl-Trager / Lock-Voͤgel / Taffel-Hanſen / Maulmacher / Zungentre - ſcher / Schiſſel-Geiger / Kuchel-Mucken / Hoff-Katzen / ſich mehriſt bey groſſen Herren einfinden. Ein ſolcher war jener Edlmann / Franciſcus Brianus, welcher alles gol - ren / da er doch nichts werth ware / bey Henrico dem Ach - ten Koͤnig im Engeland. In deme diſer Engelaͤndiſche Koͤnig gar nit Engliſch lebte / vnd nit allein Annam Bole - nam, ſondern auch ihr Mutter in ſeinen laſterhafften Be - gierden gezogen / diſer ſtinckende Heliogabalus fragte ei - neſt gedachten ſeinen Zuſchmeichler / ob es ein groſſe Suͤnd ſeye / die Mutter ſambt der Tochter erkennen? worauff diſe Hoff Katz geantwortet / es ſeye eben ſo vil / als die Henn ſambt den Hienlein eſſen. Solche Voͤgel gehoͤrenGuielel, Raſtell. auff kein andere Leimb-Ruthen / als wo die Raaben ſitzen. Solche Weſch muß kein anderer auffhencken / als der Maifter Knipfauff / ſolche Haͤls verdienen kein andern Kragen / als die der Sailer ſpendiret. Ja ſolche Maͤuler vnd Maul-Schmid gehoͤren in kein andere Schmidten / als dort / wo es haiſt. Ite in ignem æternum, gehet hin in das ewige Feur. Faſt deßgleichen Gliffters war jener Hoff-Herꝛ zu Paris, welcher in allen Dingen dem KoͤnigX 2das164Judæ Iſcariothis Zucht - vnd Flucht-Hauß /das Placebo geſungen. Da er auff ein Zeit vermerckte / daß Ihr Majeſtaͤt wegen Geld-Mangel in etwas betruͤ - bet / hat er dem Koͤnig allerley Rathſchlaͤg an die Hand geben; was? ſagte er / die Baurn ſeynd Lauren / ſo lang ſie taurn / wann ſie auch wohnten hinder hundert Mar - morſtainernen Maurn. Diſe Trampel muß man bar - bieren wie die Laͤmbl / diſe Kaͤlber muß man ſtutzen wie die Felber / diſe Bloͤck muß man bſchneiden wie die Wein - ſtoͤck / diſe Kegl muß man rupffen wie die Voͤgel / diſe Aaß muß man ſchaben wie den Kaͤß. Ihr Majeſtaͤt thun eins vnd ſchlagen ein Mauth auff / auff Butter vnd Schmaltz / auff Pfeffer vnd Saltz / auff Linſen vnd Brein / auff Bier vnd Wein / auff Voͤgel vnd Tauben / auff Pferſich vnd Trauben / auff Arbeiß vnd Bonnen / auff Ruben vnd Rannen; was die Baurn auff dem Marckt tragen / vnd diß nur zwey Jahr hindurch. Allergnaͤdigi - ſter Herꝛ / ſie werden handgreifflich ſpuͤhren / was Mittel kan bringen ein Baurn-Kuͤttl. Diſen Rath hat er deſſent - wegen dem Koͤnig eingeriben / damit er ein Frater Placi - dus bey Hoff ſeye. Der Koͤnig war hierinfals leicht be - weglich / folget dem ſchlimmen Schmutz-Engel / vnd ver - merckt bald / daß zweyhundert vnd viertzig Pfenning auch ein Gulden machen / welches ihme noch mehrern Anlaß gemacht / groͤſſere Mauthen auffzurichten. Diß hat dem Hoff-Fuchſen einen ſolchen Gewiſſens Wurm eingejaget / vnd im Balg geſetzet / daß er derenthalben oͤffters geſeuff - tzet / vnd in ſeinen letzten Willen / in ſeinen Teſtament ernſtlich verſchafft / daß man nach ſeinem Todt den Coͤrper in kein anderſt Orth begraben ſolle / als in jene Senckgru - ben / wohin aller Vnflath rinnet von jenem Marckt / auffFab. Cori. Dom. 22. poſt Pent. deme er ſolche Mauth auffgebracht.
Solche Geſellen gehoͤren in Lufft / dann ſie ſeynd wie der Lufft. Diſes Element iſt ein natuͤrlicher Ent -wurff165andertes Hoff-Leben / auch erſte Laſter.wurff eines Schmeichlers / dann der Lufft iſt in ſich ſelber weder warm / weder kalt / weder liecht / weder finſter / weder trucken / weder feucht / ſondern er accommodirt ſich / wie der Himmel iſt / iſt ſolcher kalt / ſo iſt auch der Lufft kalt / iſt ſolcher warm / ſo iſt auch der Lufft warm; diſe Eigenſchafften findt man / vnd gruͤnd man bey den Schmeichlern / welche ſich gantz vnd gar richten vnd ſchlich - ten nach ihrer Herren Neigung. Iſt der Herꝛ genaigt zum lefflen / ſo wird der Schmeichler nichts anderſt reden / als von lauter Lefelaͤnden / ſagt der Herꝛ / mir gefallen diſe Geiſtliche nicht / ſo ſchwaͤtzt der Schmeichler / ja! ja Herꝛ ſie ſeynd nit weit her: ſagt der Herꝛ / ich glaub / die Pre - diger machen den Teuffel gar zu ſchwartz / was blodert an - derſt der Schmeichler darauff / als das / der Himmel iſt ja nicht fuͤr die Gaͤnß gebauet: ſagt der Herꝛ / das ſechſte Gebott biegen / iſt kein ſo groſſe Suͤnd nicht; main wol / ſchwaͤtzet der Schmeichler / in Italien vnd andern Orthen iſt es auch der Brauch: ſagt der Herꝛ / mich ſchlaͤffert / ſo thut ſich der Schmeichler rantzen; ſagt der Herꝛ / es fruͤh - ret mich / ſo thut der Schmeichler zitteren / wann es auch im Julio iſt; thut der Herꝛ hincken / ſo geht der Schmeich - ler krump / iſt der Herꝛ einem paſſionieret / ſo hilfft diſen der Schmeichler verfolgen / ꝛc. Der Lufft hat noch ein an - dere Eigenſchafft / daß er nemblich alles zutraget; wann man allhier im Graͤtzer-Gſchloß die groſſe Glocken leut - tet / ſo hoͤrt ſie der Bauer vnd Hauer offt ein Stund weit / wer tragt ihm einen ſolchen Klang zu? niemand anderer als der Lufft / diſer iſt ein allgemainer Zutrager aller Hall / Schall vnd Knall / vnd Fall / ꝛc. nicht vil anderſt iſt geſitt / vnd geſinnt der Schmeichler / welcher auch alles / was er ſicht / hoͤrt / greifft / ſchmeckt / koſt / fuͤllt / merckt / liſt / ꝛc. ſeinem Herꝛn zutragt / vnd noch daſſelbe vergroͤſſert / ver - klienert / verweiſt / verſchwaͤrtzet / vermehrts / verrin -X 3gerts /166Judæ Iſcariothis Zucht - vnd Flucht-Hauß /gerts / verengelts / verteuffelts / ꝛc. nach ſeines Her[ꝛ]n Nai - gen / Luſt vnd Guſt. O Schelm.
Solche Schelmen ſeynd wie die Goldmacher oder Chymici, die wollen auß Bley vnd Kupffer Gold ma - chen: alſo pflegen auch die Schmeichler die groͤſte Schelm - ſtuck zu beſchoͤnen. Solche Geſellen ſeynd wie ein Spie - gel / diſer glaͤſerne Aff thut alles nach / was er ſicht / mit dem Lachenden ſchmutzt er / mit dem Wainenden hat er naſſe Augen. Im gleichen Modl iſt goſſen / nach gleichem Modell iſt geformbt der Schmeichler. Solche Geſellen ſeynd gleich der Blumen Solſequium, oder Sonnenwend / diſe wendt ſich / vnd lendt ſich / vnd blendt ſich dorthin / wie die Sonnen iſt / alſo tantzt auch der Schmeichler das Liedl / welches ſein Herꝛ geigt. Solche Geſellen ſeynd wie die Gaiß / welche ein Baum lecken / vnd ſchlecken / aber mit ſolcher Zung ihme die Kraͤfften nemmen / daß er nach - mahls verdierbt. Solche Geſellen ſeynd wie der Win - tergruͤn / welcher den Baum vmbfangt / vmbhalſt / vmb - armbt / aber zugleich ihme die Krafft / vnd Safft nimbt / daß er verdierbt; O wie vil Schmeichler Zungen haben andere in das Verderben gebracht! Was dem Raaben begegnet / iſt offt manchem Menſchen / vnd vornehmen Herꝛn widerfahren / der Raab hatte eineſt ein zimblich gu - tes vnd groß Stuck Kaͤß entfrembdet / vnd darmit im Schnabel auff ein Baum geflogen / als ſolches der arge Fuchs wahrgenommen / iſt er gantz hurtig dahin gelof - fen / vnd den Raaben angefangen zu loben. Ey! ey! ey! ſagt er / das iſt ein Vogl / laß mir diſen ein ſchoͤnen Vogl ſeyn / hab mein Lebenlang keinen dergleichen Vogl geſe - hen. Du biſt gewiß der Paradeyß-Vogl / oder der be - ruͤhmte Phœnix? dein Mutter muß ſich an dem Sam - met erſehen haben / wie ſie auff den Ayren geſeſſen; haſt du doch ein paar Augen / welche gleichſamb den Glantz vonder167andertes Hoff-Leben / auch erſte Laſter.der Sonnen zu leihe genommen: deine Klauen / als ſo wunderlich erſchaffene Waffen / verrathen dich / daß du von einem Martialiſchen Gebluͤt herſtammeſt: deines gleichen wird wol nit vnder dem adelichen Geſchlecht der Voͤgel zu finden ſeyn. O du ſchoͤne Creatur! wie recht iſt es geſchehen / daß man die beruͤhmte Veſtung in Ungarn nach deinem Nahmen Raab genennet hat. Ein Ding / mein außerwoͤhlter Vogl / moͤcht ich doch gern wiſſen / weilen in allem die Natur gegen dir ſo freygebig geweſt / was du nemblichen fuͤr ein Stimm wirſt haben. Wann ich dich nur anſehlicher Vogl hoͤrete ſingen / ſo wolte ich mich vor dem gluͤckſeeligiſten Fuchſen erkennen. Ey / ey / ey / das iſt ein Vogl! der Raab glaubt dem Schmeichler in allen / uͤbernimbt ſich deß groſſen Lobs / ſpert den Schnabel in alleweit auff zu ſingen / vnderdeſſen fallt ihm das groſſe Stuck Kaͤß auß dem Schnabel / der Fuchs ſchnapt vnd tapt darauff / vnd laufft mit diſer Collation darvon. O wie offt geſchicht / was da iſt gedicht! wie mancher Schmeichler halt ſich bey Hauß vnd Hoff auff eines reichen vnd vornehmen Herꝛn / bey dem er Wein vnd Brein willen / Schißl vnd Bißl halber / Fiſch vnd Tiſch wegen / nichts anderſt im Maul fuͤhrt als lauter Lob / der Galgen-Vogl gibt ein Lerchen ab / das iſt Alau - dam, ein Lob Vogl; ja er nimbt die Arth an ſich eines Fiſch im Meer / mit Nahmen Faſten / von deme Bellua - cenſis ſchreibt / daß in deſſen Maul das geſaltzene vnd bit - tere Meer-Waſſer in ſuͤſſes verkehrt werde. Wordurch er die vnbehutſame Fiſchl zu ſich locket / vnd nachmahlensLib. 17. c. 54 Græc, Hiſt. verſchlicket. Ein ſolcher Zungen-Treſcher wird oͤffters in ſeinem verlogenen Maul das bittere Waſſer in ein ſuͤſſes verwandlen / das boͤſe gut machen / die Laſter fuͤr Tugen - den tauffen / vnd Maͤuß-Koth fuͤr Anneiß-Zucker ver - kauffen / damit er nur ſeinen Herꝛn nit auß der Wiegen /vnd168Judæ Iſcariothis Zucht - vnd Flucht-Hauß /vnd ſich ſelber nit auß der Schmarotz-Koſt werffe. Iſt der Herꝛ ein lauter Ehebrecher / ſo nennt ihn der Schmeich - ler einen galanten / freundlichen Mann: iſt der Herꝛ ein Geitzhalß / ſo taufft ihn der Ohren-Titler einen guten Wuͤrth: iſt der Herꝛ ein verlogener vnd falſcher Boͤß - wicht / ſo haiſt ihn der Schmeichler ein Hoffmann: iſt der Herꝛ ein Dieb / vnd Partitenmacher / ſo nennt ihn der Zungen-Treſcher ein wachtſamen Mann / der auff das ſeinige wol Achtung gibt / iſt der Herꝛ ein ſtoltzer Feder - Hanß / der faſt kein gruͤſt / ſo haiſt ihn der Schmeichler ein ehrbaren Signor, &c. iſt der Herꝛ ein rothnaſiger Wein - grill / vnd verſoffener Badſchwamm / ſo nennt ihn der Schmeichler einen luſtigen Mann / der ein Glaͤßl Wein beſchaid thut. Seithero die Schmeichler im Gang / vnd Klang / vnd Prang ſeynd / ſo iſt die Leichtfertigkeit ein Freundlichkeit / der Zorn ein Ernſt / der Diebſtall ein Wuͤrthſchafft / die Schelmerey ein Politica, die Unzucht ein Vertreulichkeit / die Hoffart ein Modi, die Rachgie - rigkeit ein Pravada, der Teuffel ein Engel worden. Sau - bere Geſellen!
David der Koͤnig bittet mit folgſamen Worten. Oleum autem Peccatoris non impinguet caput meum: Das Oel deß Suͤnders ſoll mein Kopff nicht ſaiſt ma - chen. Was verſteht David allhier fuͤr ein Oel? Scor - pion-Oel? nein: Mandl-Oel? nein: Roſen-Oel? nein: Lilien-Oel? nein: ſondern er verſteht hierdurch die Schmeichlerey / dann ſolche gantz lind / vnd glimpfflich / vnd ſich mehreften Thail nur beym Haupt auffhaltet / beym Haupt im Land / beym Haupt in der Statt / beym Haupt im Cloſter / beym Haupt im Hauß. Diß iſt ein Oel / welches gar offt vnd vilfaͤltig das Hauptwehe verurſachet.
In dem Leben deß H. Nicolai wird verzaichnet / wiedaß169andertes Hoff-Leben / auch erſte Laſter.daß eineſt etliche andaͤchtige Kirch - vnd Wahlfahrter auff dem Meer ſich befunden / willens die Kirchen deß H. Ni - colai zu beſuchen / wie ſie nun mit gluͤcklichem Wind fortgeſeglet / ſo begegnet ihnen ein wackere anſchliche Da - ma in einem kleinen Schiffel / redet die Pilgram gantz freundlich an / wie daß ſie doch wolten ihr die Gnad / vnd dem H. Nicolao die Ehr erweiſen / vnd diſes Geſchier / welches ſie darraichte / mir ſich nacher St. Nicola nem - men / daſelbſten mit dem koſtbaren Oel / ſo in diſer Buͤch - ſen verwahrt / die Kirchen-Waͤnd beſtreichen / auff das hierdurch dem H. Patron ein Ehr / vnd denen anweſenden Kirchfahrtern ein Erquickung moͤchte geſchehen / die gu - te fromme Leuth nemmen ſolches Oel an / mit Gewiſſen verhaiſſen / daß ſie dero Willen in allem embſig vollzie - hen werden. Nachdeme ſolche edle Frau wider ihren Ruckweeg genommen / ſo erſcheint ihnen der H. Nicolaus ſelbſt / vnd offenbahret / wie daß diſe Frau der vermaͤſch -Valerius Venet fol. 41. kerte Teuffel ſeye geweſt / welcher gedachte Kirchen / mit diſem ihnen gegebenen Oel / in Aſchen zu legen geſinnt ſeye / ſollen demnach das verfluchte Oel in das Meer werf - fen / dafern ſie groſſem Ubel entgehen wollen / als ſie nun ſolchen Befelch nachkommen / hat das Oel ein ſo vnge - heurige Feuers Brunſt in Mitten der Meer-Wellen er - weckt / daß ſie alle waͤren / ſo nicht der H. Nicolaus haͤtte gnaͤdige Beyhilff gelaiſt / zu grund gangen. Diſem ver - dambten Oel gleicht auch ein Schmeichlerey; Oleum peccatoris, durch welches ſchon ſo groſſe Ungluͤck ent - ſtanden. Was das Schmeichlen verurſacht hat der Da - lilæ, das hat Samſon erfahren; was das Schmeichlen deß Ammons hat außgebruͤt / das hat die Thamar erfah - ren; was das Schmeichlen der Jabel hat zu gefuͤgt / das hat Siſara erfabren; was das Schmeichlen eines Jocobs hat außgezuͤchtet / das hat Eſau erfahren / was dasYSchmeich -170Judæ Iſcariothis Zucht - vnd Flucht-Hauß /Schmeichlen eines Joab hat außgeziglet / das hat Amaſa erfahren / was das Schmeichlen der Schlangen im Para - deyß hat zugericht / das hat Eva, vnd alle Adams-Kinder erfahren; was Ungluͤcks-Frucht von diſem Baum / was Ungluͤcks-Waſſer von diſem Brunn / was Ungluͤcks - Bruet von diſer Beſtia: was Ungluͤcks-Kraut von diſer Wurtzel; was Ungluͤcks-Kinder von diſer Mutter her - kommen / habens erfahren / vnd erfahren es noch gantze Hochfuͤrſtliche Hoͤf / gantze Magiſtrat, gantze Republic, Cloͤſter / Gemainſchafften / vnd Wuͤrthſchafften. So ver - jagt dann ſolche Hof-Katzen ihr groſſe Herren / ſo ver - treibt dann ſolche Hauß-Fuͤchs ihr groſſe Haͤupter: ſo verwerfft dann ſolche Ohren-Titler ihr Magiſtrat: ſo verbandiſirt / dann ſolches Hauß-Vbel ihr Prælaten, Prio - res, Guardiani vnd Obrigkeiten auß denen Kloͤſtern / vnd liebt darfuͤr die ſchoͤne vnd bloſſe Warheit / welche ein Tochter deß Himmels / ein Verwandte der Goͤttlichen Majeſtaͤt / ein Kleinod der Tugenden / vnd ein Grund - veſt alles Gutens iſt. Das Wort Veritas hat ſiben Buch - ſtaben / gleich wie nun Gott der Allmaͤchtige am ſibenden Tag in Erſchaffung der Welt geruhet hat / alſo ſind er auch ein beliebige Ruhe in diſen ſiben Buchſtaben Veri - tas Gedenckt daß vnſer gebenedeyter Heyland JEſus das Woͤrtl Amen hundertmahl auß ſeinem Goͤttlichen Mund gelaſſen / wie die Evangeliſten von ihme regiſtri - ren / daß alſo bey thme ſolches faſt zu einen Sprichwort worden / auß Vrſachen / weilen Amen ſo vil als Warheit haiſt; ja ſo gar nennte er ſich die Warheit ſelbſt / Ego ſum Veritas. Deſſenthalben wolte er auff dem hohen BergCalvariæ gantz nackend vnd bloß ſterben / zuzeigen / die Warheit muß bloß ſeyn / vnd nicht ver - mantlet / wie bey den Schmeichlern / dergleichen geweſt Judas der Ertz Schelm bey dem Hoff deß Pilati &c.
ALs eineſt Pilatus in ſeinem Pallaſt / vnter dem Fenſter einen annemblichen Herbſt-Lufft ſchoͤpffte / ahe er in dem nechſt angraͤntzenden Garten einen uͤberauß fruchtbaren Apffelbaum / worauff die zeitige Fruͤchten vnd ſchoͤnes Obſt ihme dergeſtalten die Zaͤhn kitz - leten / daß er offentlich zu verſtehen gabe / er moͤchte ſol - ches Eva-Confeet verkoſten. Kaum das ſolches der Hoff - Schalck Judas vernommen / iſt er alsbald mit eylfertigen Fuͤſſen in den Garten geſtigen / daſelbſten ein Prob-Stuck ſeiner kuͤnfftigen Diebs-Stuck erwiſen / vnd das beſte Obſt entfrembdet / als ihm aber ſolche Frechheit vnd keckes Bueben-Stuck der alte Ruben, deme der Garten zugehoͤ - rig / ſcharff verwiſen / vnd vngezweifflet den Judam mit ſchmaͤchlichen Schelm vnd Diebs-Titul bewillkombt / hat es ihme dermaſſen den Buſen verwundt / weilen er als ein bißheriger Hoffmann dergleichen Gruͤß nicht gewohnt / daß er in einem vngezaͤumbten Grimmen einen groſſen Stein erwiſcht / mit demſelben den Ruben alſo an die Schlaͤff getroffen / daß er alſobald geiſtloß nidergeſuncken vnd Todts verblichen. Hat alſo der Ertz-Boͤßwicht ſeinem leiblichen Vattern / den er zwar nicht gekennt / noch von ihme erkannt worden / mit moͤrderiſchen Haͤnden erlegt / vnd ihme das Leben genommen / von deme er das Leben ererbt. O Kinder! O Kinder! Kinder huͤt euch doch / daß ihr euere liebe Eltern nicht belaydiget.
Ein brillender Loͤw in Affrica, ein reiſſender Wolff in Apulia, ein blutdurſtiges Tiger in Armenia, ein giff - tiger Drach in Epiro, ein ſchaͤdlicher Beer in Scotia, einY 2wilder172Judas der Ertz-Schelm ermordtwilder Crocodil in lberia iſt nit / iſt nit / iſt nit ſo er - ſchroͤcklich wie ein Kind / welches ſeine Eltern belaydiget. Deß Eſau ſein Haß iſt ein groſſe Suͤnd geweſt: deß Cain ſein Neyd iſt ein groſſe Suͤnd geweſt: deß Aman ſein Hoffart iſt ein groſſe Suͤnd geweſt: deß Achan ſein Dieb - ſtall iſt ein groſſe Suͤnd geweſt / aber noch ein groͤſſere Suͤnd iſt die Vndanckbarkeit deren Kinder gegen ihren Eltern. Ein Kind / welches ſeine Eltern uͤbl anſchaut / iſt werth / daß es keine andere Augen ſoll haben / als ge - habt hat der alte Tobias / wie er von den Schwalben den Schaden gelitten. Ein Kind / welches von ſeinen Eltern uͤbl redet / iſt werth / daß kein andere Zung ſoll haben / als gehabt hat Zacharias zur Zeit / als ſein Eliſabeth ſchwan - ger gangen. Ein Kind / welches ſeine Eltern ſchlagt / iſt werth / daß es ſoll keine andere Haͤnd haben / als es ge - habt hat jener Lame zu Capharnaum. Ein Kind / wel - ches nach ſeinen Eltern ſtoſſet / iſt werth / daß es keine andere Fuͤß habe / als gehabt hat jener Kcumpe bey der ſchoͤnen Porten zu Jeruſalem.
Mercks wol mein Chriſt. Dein Chriſtus hat derent - wegen in dem Garten von den Hebræiſchen Lotters-Bu - ben wollen gefangen werden / damit er im Garten anfan - ge die Schuld zu bezahlen / welche Adam gemacht hat im Garten. Mercks wol mein Chriſt. Dein Chriſtus hat derentwegen im Garten von Malcho dem Boͤßwicht ei - nen harten Backenſtraich erleyden wollen / weilen Adam ein Maultaſchen verdienet hat wegen ſeiner gethanen Lug im Paradeyß. Mercks wol mein Chriſt. Dein Chri - ſtus iſt derentwegen mit harten Gaißlen geſchlagen wor - den / damit er zaige / er ſeye das wahre Trayd-Koͤrnl / von denen Hebræern dergeſtalten außgetroſchen / endlich gar in die Erd geworffen / daß es den dritten Tag widerumb auffgangen / vnd vns ein Frucht deß Lebens worden. Mercks173ſeinen leiblichen Vatter Ruben.Mercks wol mein Chriſt. Dein Chriſtus hat derentwe - gen wollen den ſchwaͤren Creutz-Baum auff ſeinen Achß - len tragen / damit er ein Creutz mache durch den Schuld - Brieff deß Adams, worinnen du auch vnderſchriben wa - reſt. Mercks wol mein Chriſt. Dein Chriſtus hat de - rentwegen wollen mit Doͤrneren gecroͤnt werden / damit du augenſcheinlich kanſt wahrnemmen / wie embſig er das verlohrene Schaͤaͤfl in der Wuͤſten durch Stauden vnd Hecken geſucht hat / daß ihme deſſenthalben die Doͤrner noch im Kopff. Mercks wol mein Chriſt. Dein Chri - ſtus hat darumben wollen nackend vnd bloß am Creutz ſterben / weilen er ware die Warheit ſelbſten / ego ſum via, veritas, & vita; damit du ſeheſt / daß man die War - heit nit ſoll vermantlen oder verdecken / ſondern fein bloſ - ſer vorweiſen. Mercks wol mein Chriſt. Dein Chriſtus hat darumben wollen mit drey Naͤglen an das bittere Creutz-Holtz angehefftet werden / damit du hinfuͤro auch all dein Gluͤck an diſe Naͤgl hencken ſolleſt. Mercks wol mein Chriſt. Dein Chriſtus hat darumben wollen mit genaigtem Haupt ſterben / inclinato capite. Damit er dir weiſe / wie man ſolle durch die Himmels-Thuͤr einge - hen / nemblichen man muß ſich bucken vnd demuͤthigen. Mercks wol mein Chriſt. Dein Chriſtus hat darumb nach ſo bitterem Todt auß der Seyten-Wunden Blut vnd Waſſer rinnen laſſen / vnd zwar auff die Letzt das Waſſer / dann wann man ein Geſchier / worinnen Blut iſt / will recht außwaſchen / ſo nimbt man zur Letzt ein Waſſer / vnd ſchwaibt daſſelbe auß. Alſo hat es dein JE - ſus gethan / damit er dir weiſe / daß er dir ſein Blut biß auf den letzten Tropffen geſpendieret habe. Was haſt du ihm gethan? Merck alles diſes wol / aber merck eines gar wol / vergiß nicht / gedencke mein Chriſt / daß dein Chri - ſtus biß in den letzten Lebens-Athem / auch in den vner -Y 3maͤß -174Judas der Ertz-Schelm ermordtmaͤßlichen Schmertzen / vnd Tormenten ſeiner liebſten Mutter nicht vergeſſen / ſondern dieſelbe dem Joanni inJoan. 19. ſein Schutz vnd Obacht anbefohlen. Ecce Mater tua! Was noch mehr iſt! vil heilige Lehrer halten es fuͤr ein ſonders Wunder / daß Mariæ der Mutter Gottes weder der geringſte Schimpff / noch Unehr geſchehen iſt / die Ju - den / vnd das Hebræiſche Loders-Geſind hat Tag vnd Nacht / fruͤh vnd ſpatt nachgeſinnt / wie ſie moͤchten di - ſen JEſum von Nazareth plagen / ſchimpffen / peinigen / ſpoͤttlen vnd alles Vbel anthun / vnd iſt ihnen nie einge - fallen / daß ſie ſeiner Mutter auch ſollen ein Spott erwei - ſen / welches ihme JEſu nicht ein geringe Hertzens-Wun - den geweſt waͤre. Ja vnder den Creutz als die vnmenſchli - che Henckers-Knechten allen Muthwillen getriben / mit Wirffeln vmb die Klayder geſpillt / vnd allerley Vnge - buͤhr / Feigen / Eſel / Narꝛn vnd tauſenderley Außſpottun - gen gezeiget. Moventes capita ſua: auch mitten vnder ihnen die Mutter JEſu war / ſo iſt doch keiner geweſt / der ſolche haͤtte auff die Seiten geſtoſſen / wie dergleichen Troß-Bueben zuthun pflegen. Ja ſo gar niemand ſie mit den mindeſten uͤblen Wort belaydiget. Dann ſolches wol - te der gebenedeyte Heyland nit zulaſſen / ſondern weilen es in ſeinen Gewalt ſtunde / befande er ſich ſchuldig vnd verpflicht / alle Vnehr von der Mutter abzukehren. Mercks wol mein Chriſt / vnd erachte bey dir ſelbſten / ob dann je - ne koͤnnen Chriſten genennet werden / welche nicht allein ihre Eltern vor Spott vnd Vnehr nicht ſchutzen / ſondern dieſelbige noch hart belaydigen / ſie zum fruhzeitigen Todt vnd Grab befoͤrdern. Ja gar (O Attern vnd Vippern - Bruth!) gwalthaͤtige Haͤnd an ſie anlegen. O ihr Stain - vnd Bainharte Gemuͤther! O ihr eyſenharte vnd eyßkalte Hertzen! iſt dann moͤglich / daß euch das ſuͤſſe Wort Vatter / das durchdringende Wort Mutter nicht ſollerwei -175ſeinen leiblichen Vatter Ruben.erweichen? habt ihr dann ein ſo ſchlipfrige Gedaͤchtnuß / daß euch gaͤntzlich alles entfallen / was ihr von euren lieb - ſten Eltern empfangen? habt ihr vergeſſen die Schmer - tzen / mit denen euch die Mutter gebohren? habt ihr ver - geſſen das Speiß-Gewoͤlb / welches euch die Mutter auff ihrer Bruſt auffgeſchlagen / vnd euch auff Pelican-Art mit eignen Blut ernaͤhrt hat? habt ihr dann vergeſſen ſo viler tauſend Buſſerl / ſo ihr von denen Muͤtterlichen Lefftzen habt eingenommen? wer hat euch von dem taͤg - lichen ja offt ſtuͤndlichen Pfuy / in dem hierinfals die junge Schwalben manierlicher hauſen in ihren Ne - ſtern / geſaͤubert vnd gereiniget / als eben die Mut - ter? wer hat euch das ſchlafflockende Haia Popaia oͤffters vmb Mitternacht bey der wanckenden Wiegen zu geſungen / als eben die Mutter? wie offt habt ihr euch der Mutter vmb den Halß gewicklet / wie ein Winter - gruͤn vmb den Baum? wie offt hat euch die Mutter in ihren Armben / als in einer lebendigen Wiegen / hin vnd her geſchutzet / gleichwie ein Baum auff ſeinen Aeſten ei - nen rothen Apffel bey Winds-Zeiten zu thun pflegt? wer hat euch auß dem Koth / auß der Noth / vnd oͤffters auch auß dem Todt gezogen / als eben die Mutter? ein gulde - ne oder ſilberne Halß-Uhr braucht vil Auffziehens: aber ihr / die ihr ſo vilfaͤltig / wie ein Uhr / der Mutter vmb den Halß gehangen / braucht weit mehrer Aufferziehens; vnd ſolt ihr an alle diſe vnzahlbare Gutthaten / vnd Lieb - thaten nicht mehr dencken? nit mehr an die Lieb / mit de - ro euch der Vatter gezeugt? nit mehr an die Sorg / mit dero euch der Vatter erzogen? nit mehr an die Guttha - ten / mit welchen euch der Vatter behaͤuffet? iſt euch dann die Natur alſo erwildet / daß der Brunn nicht mehr gedencket an den Vrſprung / der Apffel nit mehr an den Baum / die Blum nit mehr an die Wurtzel / der Topffnit176Judas der Ertz-Schelm ermordtnit mehr an den Haffner / der Eſſig nit mehr an den Wein / die Statua nit mehr an den Bildhauer / das Kind nit mehr an den Vatter vnd Mutter. So gedenckt auff wenigſt auff diſe zwey Wort Bibl vnd Vbl / wie ſtarck euch die heilige Bibl aufferlegt die Eltern zu verehren / vnd was Vbl ihr euch auff den Rucken ladet in Vnderlaſ - ſung deſſen. ꝛc.
Wie der allmaͤchtige / allwiſſende / allgewaltige Gott dem Moyſt die Tafel der zehen Gebort eingehaͤndiget auff dem hohen Berg Sion, haben ſich etliche Wunder dar - bey eraignet. Und zwar erſtlich / da ſolche der Mann Gottes von dem Berg herab getragen; hat er nit allein mit ſeinen Ohren ein groſſes Getimmel / vnd ein vnge - heurigen Jubelſchall vernommen / ſondern auch mit Au - gen erfahren / was geſtalten dieſelbe Ochſen-Koͤpff ein gul - denes Kalb fuͤr ihren Gott haben angebettet / vnd darbey nit ohne Verwunderung geſpuͤrꝛt / daß die von Gottes Hand geſchribene Gebott / ſambt allen Buchſtaben ver - ſchwunden / vnd nichts mehr als ein glatte Stain-Blat - ten zu ſehen / welches dann den Moyſen zu einem billichen Zorn veranlaſſet / daß er ſelbe zu Boden geworffen / vnd zertrimmert. Wie ſolches beſtaͤttigen Rabbi, Abre, A - ben, Ezra, vnd Rabbi Salomon bey Toſtatum. Das andere Wunder iſt / daß auff diſen zwey Tafeln die zehen Gebott gantz vngleich verzaichnet waren / nemblich auff einer Seyten drey / auff der andern Seyten ſiben. War - umb nicht auff einer Seyten fuͤnffe / vnd auff der andern Seyten auch fuͤnffe? mercke die Urſach / das vierdte Ge - bott iſt in dem Goͤttlichen Geſatz. Honora Patrem, & Matrem: Du ſolſt Vatter vnd Mutter ehren. Wann demnach auff ein Tafel fuͤnff Gebott waͤren geſe - tzet worden / da waͤre das Gebott du ſolſt Vattervnd177ſeinen leiblichen Vatter Ruben.vnd Mutter ehren gar weit herab kommen. Damit aber der Allmaͤchtige zeige / wie groß diſes Gebott / ſo wol - te er / daß gleichwie auff der erſten Taffel das erſte Gebott ware. Du ſolſt an ein Gott glauben / vnd ſelben vereh - ren / alſo ſoll auch auff der andern Taffel zum aller erſten vor allen andern ſtehen. Honora, &c. Du ſolſt VatterExod. 20. Diez in Conc. 14. Rota fol. 1240. Egnat. 1. 5. vnd Mutter ehren. Hierdurch hat der Allerhoͤchſte wol - len andeuten / wie groß / wie vornehm / wie wichtig das Gebott ſeye / die Eltern zulieben. Sihe dir iſt vorgangen Laurentius Celſus, als ſolcher wegen ſeiner groſſen Ver - dienſten vnd Tugenden zu einen Hertzog in Venedig iſt er - woͤhlt worden / vnd damahlens ſein Vatter noch bey Le - ben / wolt er auff kein Weiß zulaſſen / daß ihn ſein Vat - ter ſoll ehren / vnd als ihme die geſambte Republic beſter - maſſen vorgetragen / wie ſolches ſeiner hohen Wuͤrde ge - zimbe / daß er nicht allein mit bedecktem Haupt vor ſei - nen Vatter ſtehe / ſondern auch der Vatter ſchuldig ſeye gegen ihm die Knie zubiegen. Weilen er aber diſes uͤber ſein Hertz nicht konte bringen / alſo hat er einen ſinnreichen Fund erdacht. Er lieſſe vornher auff ſeiner Hauben oder Hut ein ſehr koſtbares Creutz hefften / welches annoch bey den Hertzogen zu Venedig im Brauch / damit alſo die Reverentz vnd Ehrbeweiſung von dem Vatter nicht ihme / ſondern dem Creutz zugemeſſen wurde / vnd ſolcher Ge - ſtalten ſeinen kindlichen Gehorſamb vnd Schuldigkeit nit vergeſſe.
Ein Papier iſt ein ſolches vornembes Weſen / daß es auch in der hoͤchſten Monarchen Haͤnden gehalten wird / ja darauff Paͤbſtliche vnd Kayſerliche Namen vnd Ehren - Titl geſchriben werden. Da es doch von einem ſchlechten Hauß herſtammet / in dem ſein Vatter der Lump zu Hadersdorff / ſein Mutter die Fetzin geweſen. VndZgeſtal -178Judas der Ertz-Schelm ermordtgeſtalter maſſen ein vnſauberer Hadern / worinnen ein Zigeuner Kind eingewicklet war / zu ſolchen groſſen Chren gelangt. Deßgleichen ſicht man oͤffters in dem praͤchti - gen Tempel / auff den koſtbaren Altaͤrn eins / vnd das an - dere ſchoͤneſt vergulte Bild / welches von den eyfrigen Chri - ſten nicht angebettet / wie es vnſere Widerſacher beſchnar - chen / ſondern verehret wird. Diſe ſtattliche Statua iſt von geringen Eltern / in deme ihr Vatter der Blockhauer die Mutter die Holtzerin bekannte arme Tropffen ge - weſen ſeyn. Geſtalter maſſen iſt es auch ein oͤfftere Be - gebenheit / daß etliche / dero Herkommen von geringen Eltern / zu hohen Wuͤrden vnd Digniteten gelangt ſeynd. Dergleichen ware Saul, David, Mahumet, Othomann, Cracus, Bamba, Leo, Juſtinus, Thrax, Maximinus, Diocletianus, Aurelianus, Arabus, Sept. Severus, Æmilius, Scaurus, Herodes lauter Kayſer vnd Koͤnig / dero Vaͤtter doch Sau-Hirten / Schaaf-Hirten / Kuͤhe - Hirten / Eſeltreiber / Strimpffdopler / Todtengraber / Schergen vnd andere arme Bettl-Leuth geweſen. Ur - banus, Benedictus, Nicolaus, Joannes, Sixtus, lau - ter Roͤmiſche Paͤbſt / dero Vaͤtter doch Schuſter / Schnei - der / Baurn / Meßner / Muͤllner vnd Lands-Botten ab - geben. Iſt gar nichts neues mehr / daß auch der Zeiten et - liche in groſſer Fuͤrſten-Hoͤf beym Bret ſitzen / dero Vat - ter Tiſchler waren. Iſt nichts neues mehr / daß mancher ein Hoffmaiſter wird / deſſen Vatter ein Haußmaiſter ge - weſen: iſt nichts neues mehr / daß mancher ein Raths - Herꝛ wird / deſſen Vatter ein Radmacher ein Wagner geweſen: iſt nichts neues mehr / daß mancher ein Haupt - mann wird / deſſen Vatter ein Ambtmann geweſen: iſt nichts neues mehr: daß mancher ein Befelchshaber wird / deſſen Vatter ein Befelchs-Trager geweſen: iſt nichtsneues179ſeinen leiblichen Valter Ruben.neues mehr / daß einer ein Bottſchaffter wird / deſſen Vat - ter ein Bott geweſen / vnd iſt gar recht / wann einem ſein Feder hinauff hilfft / weilen auch die Voͤgel durch die Fe - dern empor ſteigen: iſt gar recht / wann einem ſein Fauſt in die Hoͤhe hilfft / weilen auch die Fauſt ein Ballon in die Hoͤhe treibt / aber / aber / die ihr alſo in die Hoͤhe kombt / ſchambt euch bey Leib nicht eurer geringen Eltern. Dann ſo gar auch ein Roͤmiſcher Pabſt / ein Vicarius Chriſti deme Koͤnig vnd Monarchen muͤſſen die Fuͤß kuͤſſen / ſchul - dig iſt ſeine Eltern zu verehren / da er doch Gottes Perſohn vertrit in diſer Welt. Alſo bezeigt Aquilanus vnd Baldus. Si filius eſ[e]t Papa, nihilominus debet honorare Paren -Cron. Præd. p. 1. l. 1. c. 5. tes. Filij enim ſemper tenentur, debitam obedienti - am & reverentiam exhibere. Solches hat im Werck erwiſen / abſonderlich Pabſt Benedictus der Eylffte / wel - cher auß einem armen Hirten Sohn zu diſer hoͤchſten Di - gnitet gelangt.
Als ihn eineſt ſein leibliche Mutter von andern Frauen - Zimmer ſehr praͤchtig beklaydet haimbgeſucht / wolte er ſie auff kein Weiß erkennen. Das iſt mein Mutter nicht / ſagte er; mein Mutter hat ein ſchlechten Baurn-Kuͤttl an / geſchmierbte Stiffel / ein ſchmutzige Schmeer-Hau - ben / ein rupffenes Mieder / vnd ſchmeckt vom Stahl-Bal - ſam / ꝛc. diſe muß ein vornehme Graffin oder Marcheſin ſeyn / mein Mutter kenn ich nur gar zu wol / ſie hat die Kißlſtain beſſer kennt / als die Edlgeſtain / ſie hat die kleine Noth beſſer kennt / als die Kleinodi / ſie hat die Schmier - Riem beſſer kennt / als die Schnier-Riem / ꝛc. hat dem - nach diſe vermumbte Dama, vnd ſtattlich beklayde Baͤu - rin nit ohne Schamroͤthe deß anderen Frauen-Zimmers / ſolche Comœdi Klayder muſſen abziehen / die vorige gro - be Joppen vnd ſchlechte Lumpen anlegen / das Haar-Pul - ver von dem Kopff ſtauben / ſich mit der vorigen Schmeer -Z 2Kap -180Judas der Ertz-Schelm ermordtKappen eroͤnen / vnd alſo vor dem Pabſt erſcheinen / in welchem Baͤuriſchen Auffzug er ſie alſobald vmbfangen / ihr vmb den Halß gefallen / die Haͤnd gekuͤſt / alle kindliche Treu vnd Ehr erwiſen / vnd fein offt in Gegenwart eines Adls diſe Wort widerhollet. Diſe iſt mein Mutter / mein liebſte Mutter / mein treueſte Mutter / mein leibli - che Mutter / diſer bin ich ſchuldig zu dienen. Da ſehe je - mand / wie auch das hoͤchſte Haupt vnd Statthalter Chriſti auff Erden / ſich ſeiner armen Eltern nit ſchambt / ſondern dieſelbige moͤglichſt verehrt. In diſem ſpiegle ſich mancher ſtoltzer Rotz-Bub / oder mancher auffgebla - ſener Grind-Schipl / welcher durch guͤnſtiges Gluͤck zu - weilen in hohen Stand kombt / vnd ſich nachmahls der armen Eltern ſchambt; geſchicht gar offt / daß einer durch der Eltern Schwaiß auff der Schul-Banck die Doctors-Kappen erwiſcht / ſich bald in Sammet vnd Seiden einwicklet / das Wammes mit Fleglen (Holla! hab mich geirret) mit Fluͤglen behengt: den Grind mit einer geſtrobleten Baroca verhuͤlt / vnd wie ein dreyjaͤh - rige Nacht-Eul herauß gugt / vnd ſich nachmahls ſchambt mit ſeinem Vattern / der etwann Rueben auff den Marckt gefuͤhrt / zu reden: ja ſo mein Doctrinaliſcher Pracht - Hanß (Ihr Geſtreng iſt manierlicher geredt) etwann ein Mahlzeit anſtellt / vnd andere Clariſſimos nec non darzu ladet / muß ſein Gemahlin / Frau von vnd zu Ho - henheimb / das beſte Orth beſitzen / vnderdeſſen die arme Mutter in der Kuchel die Taͤller abſpielen / oder in der Kindsſtuben den jungen Printzen wiegen. Ja es iſt ein ſcharpffes Gebott / es ſoll ſich Vatter vnd Mutter vor de - nen Leuthen nicht vil ſehen laſſen / ꝛc. mein GOtt! ſa - gen ſie offt / diſe zwey Knedlgebohrne Edl-Leuth / wann halt GOtt nur diſe zwey alte Leuthl zu ſich nahm! O ihr Schandvolle Kinder! ihr ſeyt aͤrger als die Beſtien /dann181ſeinen leiblichen Vatter Ruben.dann Beſtien ſeynd die Storchen / vnd dannoch diſe ver - nunffloſe Voͤgl pflegen ihre Eltern / wann ſelbe Alters halber Federloß werden / auff ihrem Rucken zu tragen / vnd auff alle Weiß zu verehren. Seyt ihr dann hoͤher kommen als Joſeph in Egypten / allwo er zu einem Viee - Koͤnig erhoben worden: vnd gleichwol iſt diſer ſeinem liebſten Vatter Jacob mit groſſer Beglaitſchafft entge - gen geraiſt / ſich gar nicht geſchambt / daß ſein Vatter ein Schaaf-Hirt geweſt / vnd in geringer Baurn-Tracht da - her gangen. Habt ihr dann ſchon vergeſſen die Verma - ledeyung / welche dem Cham uͤber den Halß gewachſen / vmb weilen ſolcher ſeinen Vatter Noë nur außgelacht. Was haben erſt die jenige zu gewarten / ſo ſich ihres Vatters vnd Mutter gar ſchamen / ihnen kaum ein en - gen Winckel im Hauß vergunnen / vnd mit taͤglichem Unwillen / finſterem Geſicht / rauchen Worten das vaͤt - terliche vnd muͤtterliche Hertz dergeſtalten belaydigen / daß ſie vor der Zeit die Welt ſegnen. Alle Kinder ſollen diß - falls in die Fußſtapffen tretten deß ſtarcken / vnd Helden -Iudic. 14. muͤthigen Samſons, welcher in dem zerriſſenen Loͤwen ein Beinſchwarn / vnd Hoͤnigfladen gefunden / ein guten Thail von diſem ſuͤſſen Raub ſeinen lieben Eltern uͤber - bracht / vnd ſie damit demuͤthigiſt reguliert. Merckts wol ihr Kinder. Hoͤnig muͤſt ihr eueren hertzliebſten El - tern vorſetzen / vnd kein Gall: mit Hoͤnigſuͤſſen Worten muͤſt ihr ſie tractieren / vnd nicht mit bitteren vnd Gall - ſuͤchtigen Schnarch-Reden vnd Schmach-Reden; dann wann ihr ſie ſchon auff den Haͤnden tragt / wann ihr ſie ſchon mit aller Leibs-Nothdurfft vnderhaltet: wann ihr ihnen alle Tag hundertmahl die Haͤnd vnd Fuͤß kuͤſſet / ſo habt ihr noch nicht bezahlt / was ihr ihnen ſchuldig ſeyt. Dann ihnen ſeyt ihr ſchuldig / daß ihr ſeyt / vnd was ihr ſeyt / nemblichen das Leben.
Z 3Ge -182Judas der Ertz-Schelm ermordtGeliebt vnd verehrt hat JEſus Chriſtus ſeine wehr - teſte Eltern / dero er dreyſſig gantzer Jahr in Underthaͤ - nigkeit gedient / geliebt vnd verehrt hat. Salomon ſein Mutter Berſabeam, dero er von ſeinem Koͤniglichen1. Reg. 22. Thron auffgeſtanden / vnd vor ihr nidergeknyet. Geliebt vnd verehrt hat David ſeine Eltern / welche er auß Le - bens-Gefahr errettet / vnd in die Moabitiſche SicherheitTob. 11. gebracht. Geliebt vnd verehrt hat Tobias ſeine Eltern / indem er ſeinem Vatter das verlohrne Geſicht wider er -Gen. 4. ſtattet hat. Geliebt vnd verehrt hat ſo gar der Cain ſeine Eltern / weilen er in dero Gegenwart den Bruder nicht wolte ermordten / ſondern ihn mit verbluͤmbleten Argliſt in das Feld hinauß gelockt / vnd daſelbſt den Reſt gegeben.
Inſonderheit aber wird ein denckwuͤrdige Lieb gegen ihrer Mutter geſchriben als nemblich. In Japonia war ein edle Frau / welche durch groſſe Kriegs-Empoͤrung in ſolche aͤuſſerſte Noth gerathen / daß ſie auch das Brodt zuCordier la famille Saincte. bettlen gezwungen worden / diſe hat drey wackere vnd wol erzogene Soͤhn / welche oͤffters mit naſſen Augen anſahen die groſſe Noth der armen Mutter / vnd haben deſſenthal - ben einhellig mit ein ander berathſchlaget / auff was Mit - tel ſie der betrangten Mutter moͤchten zu Huͤlff kommen. Weilen nun dazumahlen ein groſſe Vuthat begangen worden / wordurch die Majeſtaͤt deß Japoneſiſchen Koͤ - nigs ſehr hoch belaydiget / der Thaͤter aber nicht bekannt / alſo iſt durch offentlichen Trompeten-Klang allerſeits kundbar gemacht worden / daß jener / ſo dem Thaͤter wer - de an Tag geben mit einer gwiſſen vnd zwar groſſen Sum - ma Geld ſolte belohnt werden. Diſes veranlaſte die drey Bruͤder in einen neuen Rath zutretten / vnd wie waͤre es / ſagte der erſte auß diſen / wann einer auß vns ſich dißfals ſchuldig gabe / vnd die zwey ihn fuͤr den Thaͤter anklagten / bekommeten nit alſo die zwey / daß von Koͤniglicher Raith -Cam -183ſeinen leiblichen Vatter Ruben.Cammer verhaiſſene Geld / wormit ſie nach Genuͤgen der Mutter Armut konten wenden. Diſer Rathſchlag wur - de alſobalden gut geheiſſen / vnd weilen das Loß auff den juͤngern Bruder gefallen / alſo wird ſolcher alſobald von den andern zweyen gebundener fuͤr den Magiſtrat gefuͤhrt / gantz vmbſtaͤndig anklagt / welcher dann auch auff deß Richters ernſtliches befragen die That bekennet hat / ſo er doch niemahlen begangen / vnd gleich darauff in einen fin - ſtern Kercker an eyſerne Band angefeſelt gelegt worden; die andere zwey Bruͤder aber nach empfangenen Geld vol - ler Troſt / ſeynd wider zu der Mutter geraiſt / vnd mit groͤſten Freuden gantze Saͤck Geld auff den Tiſch geſchit - tet. Wolan ſprechend / hertzliebſte Mutter / nunmehr haſt du bare Geld-Mittel / wormit du deine Noth vnnd uͤberhaͤufftes Elend einmal wenden kanſt. Getroͤſt mein Mutter / jetzt kanſt du mit beſſern Speiſen / als bißhero mit ſchwartzen Brodt verſehen werden / vnd deinen alten / matten Leib erquicken / die Mutter verwundert ſich hier - uͤber / wie billich / fragt / wie vnd wo / vnd wann / vnd von wem ſie ſolches Geld erworben? vnd weilen ſie mit auß - fluͤchtigen Worten ſich nicht recht konten beantworten / vermerckte ſolches mehrer ihren Argwohn / alſo daß ſie gantz Angſtvoll gezittert. Was gilts: ſprache ſie / ihr gottloſe Kinder habt ſolches durch vngerechten Raub oder Mordthat erhalten? wo iſt dann mein juͤngerer Sohn / ohnfehlbar hat es muͤſſen der arme Tropff mit der Haut bezahlen? in deme ſie nun die That auff alle Weiß gelau - gnet / mit dem Vorwandt / daß ſie vmb ihren juͤngern Brudern im geringſten nichts wiſſen / hat die betrangte Mutter noch inſtaͤndiger angehalten / mit Betrohung Muͤtterlichen Vngnad / ſo fern ſie nicht wolten die War - heit am Tag geben. Dann ſie verlange gar nicht mit vn - gerechten Gut ſich zubereichen / ſondern wolle lieber in aͤuſſerſter Beduͤrfftigkeit ihr Leben zubringen.
End -184Judas der Ertz-Schelm ermordtEndlichen haben diſe nicht ferner wollen das muͤtter - liche Hertz in Aengſten ſchwimmen laſſen / ſondern die That mit allen gehoͤrigen Umbſtaͤnden der Mutter beken - net. Die Mutter ſtunde hieruͤber gantz redloß / vnwiſ - ſend / ob ſie ſolte loben dero kindliche Lieb / oder ſchelten de - ro harte Unbarmhertzigkeit gegen ihren Brudern. Nach - dem ihr nun die widerholte Lebens-Geiſter die Stimm geliffert / hat ſie alſobald mit heller Stimm auffgeſchryen. Ach nein! nur das nit! auff kein Weiß will ich mich mit meinem aignen Blut ernehren. Das nit! fort / laufft / ſchnaufft / ſchreyt / ſchreibt / eylt / vnd nicht verweilt / da - mit ihr doch eueren Brudern noch vom Todt errettet. Sie ſelbſten iſt ſambt ihren zweyen Soͤhnen vor dem Se - nat erſchinen / das Gelt mit Unwillen ihnen vor die Fuͤß geworffen / ihren in Kercker geworffenen Sohn ernſthaff - tig loß zu machen begehrt / auch außdeutlich dargethan / wie diſe zwey nur derenthalben angeben / damit ſie ſolcher Geſtalten ihrer Mutter Armuth zu hilff kommen; ſie aber verlangte nicht ihr Leben mit ihres Sohns Todt zu verlaͤngeren. Die Richter haben nit wenig ſich uͤber ſol - che vnerhoͤrte That verwundert / der gantzen Sach Ur - kundt dem Koͤnig ſchrifftlich beygebracht / welcher dann die Mutter ſambt den dreyen Soͤhnen zu ſich beruffen / deroſelben Kinder Lieb nicht genugſamb koͤnnen hervor ſtreichen / vnd darauff der Mutter ſambt ihnen ihr Leben - lang ein ſtandmaͤſſige Underhaltung angeſchafft. Gebe - nedeyt das Land / welches ein ſolche Mutter gehabt / gebe - nedeyt die Mutter / welche ſolche Kinder gehabt / gebene - deyt die Kinder / welche ein ſolche Lieb gehabt / gebenedeyt die Lieb / welche ein ſolches Lob gehabt / daß mans ſoll in Ceder-Holtz einſchneiden / in Marmol-Stain einhauen / in Gold-Blatten einſtechen / vnd forderſt in alle kindliche Gemuͤther eintrucken. Da habt ihr Kinder ein Spiegl /wor -185ſeinen leiblichen Vatter Ruben.worinnen ihr euch erſehen koͤndt; da habt ihr Kinder ein Originall, worvon ihr ein Modell nemmen koͤndt: da habt ihr Kinder ein Exempel / worauß ihr euch ein Nach - folg machen koͤndt: O waͤren auch ſolche Kinder in vn - ſeren Laͤndern / wurde mancher Fluch der Eltern vnderlaſ - ſen / Obrunne auch ſolche kindliche Lieb in vnſeren Oerthe - ren / wurde manches Mutter-Hertz mehrer getroͤſt! aber layder / bey vns haiſt es gar offt.
Es iſt auch nicht zuvergeſſen allhier der groſſen Lieb /Menochio p. 4. c. 31. welche der Roͤmiſche Cardinal Dominicus Grimani ſei - nem Herꝛn Vattern Antonio Grimani erwiſen hat. Di - ſer ware Procurator di San Marco zu Venedig / vnd zu - gleich ein General uͤber die gantze Armee diſer beruͤhmten Republic wider den Tuͤrcken. Weilen er aber das Gluͤck ihme ſehr mißlingend in dieſem Krieg erfahren / vnd beyne - bens durch heimbliche Mißgoͤnner bey der Republic einer Vntreu beſchuldiget worden / alſo iſt er in eiſerne Band geſchlagen / vnd in einen hohen Thurn geleget worden / worbey ſich diſes ſehr denckwuͤrdiges zugetragen / daß ih - me der Cardinal in ſelbſt eigener vnd hohen Perſohn diſem ſeinem betrangten Vattern mit weinenden Augen / nit ohne gleichmaͤſſiges weinen deß gantzen Volcks das Glaid geben biß zu den Thurn / daſelbſt auch mit ſeinen heiligen Haͤnden die ſchwere eyſerne Fuß-Ketten / als der Herꝛ Vatter die Laitter hinauffgeſtigen / binnach gehebt; damitA adero186Judas der Ertz-Schelm ermordtdero groſſes Gewicht die Fuͤß ſeines Vatters nit alſo moͤcht beſchweren / auch noch inſtaͤndig gebetten / man wolle ihm doch auch in der Gefaͤngnuß laſſen bey ſeinen lieben Herꝛn Vattern. Weilen ihm aber ſolches durch die hohe Beambte geweigert worden / hat er ſeinen Ruck - weg nacher Rom genommen / aber mercke auch anbey das kuglwaltzende Gluͤck. Diſer Antonius Grimani von allen Ehren entſetzet / in eyſerne Band vnd Kercker ge - worffen / auß dem Land verbandiſirt / iſt nachmals wider nach etlicher Zeit in vorige Wuͤrde geſetzt / vnd nach den Todt deß Hertzog Leonardi, er als ein neuntzig jaͤhriger alter Taͤtl mit ſonderer Gluͤck-Wuͤnſchung / vnd Jubel - ſchall deß geſambten Volcks zu einen Hertzog zu Venedig erwoͤhlet worden / in welcher hohen Dignitet er noch uͤber anderthalb Jahr gelebet hat. In diſer Geſchicht iſt ſich ſo wol zuverwunderen uͤber deß Gluͤcks ſein anverwandte Wanckelmuth / als uͤber die groſſe Lieb deß Cardinalis Grimani gegen ſeinen Vattern.
Nicht weniger wird gepriſen die groſſe Lieb / welche zwey Soͤhn ihren liebſten Vattern zu Genua erwiſen. Diſer ware genannt Franciſcus Scaglia ein ſehr vorneh - mer vnd reicher Edlmann / der iſt im fuͤnfftzigſten Jahr ſeines Alters dergeſtalten durch geſaltzene Fluͤß in den Au - gen geplagt worden / daß er gar ſtockblind worden / vnd in ſolchem betruͤbten Stand das zwey vnd neuntzigſte Jahr erraicht. Weilen er nun von guten Mitteln ware / alſo ſeynd ihme auff kein Weiß Bediente abgangen / vnd alſo ohne Laggey nie geweſen; nichts deſtoweniger haben zwey ſeine Soͤhn Odoardus, vnd Nicolaus als edle / ſchoͤne / junge Herren nie wollen zulaſſen / daß auſſer deß Hauß er von einen andern ſolle gefuͤhrt / oder gewiſen werden / ſondern allzeit einer auß beeden hat den Vattern an den Armb gehalten / vnd ihme einen ſichern Tritt Theils indie187ſeinen leiblichen Vatter Ruben.die Kirchen oder anderwerts hin gezaigt / an welcher groſ - ſer Lieb / vnd kindlicher Treu die gantze Statt Genua ein ſonders Wolgefallen geſchoͤpffet hat.
Ich will allhier vmbgehen jene Tochter / welche ihrPlin. l. 7. leibliche Mutter in der Keichen mit eignen Bruͤſten ge - ſaͤuget hat / vnd ſelbige dergeſtalten bey den Leben erhal - ten. Ich will geſchweigen jenes Sohns / welcher bey Re -Fulgos Il. 5. c. 4. gierung Petri Koͤnigs in Caſtilia fuͤr ſeinen Vatter / der begangener That halber / das Leben verwuͤrcket hatte / wolte ſterben. Ich will nicht melden deß Kayſers Alexii,Ibid. E - xem. 1. welcher die Kayſerliche Cron freywillig gewaigert / vnd ſelbige ſeinem Vatter auffgeſetzt. Diſe vnd alle derglei - chen haben Vatter vnd Mutter verehrt / wie ihnen das Geſatz der Natur aufferlegt; wie ſie das Geſatz der Rech - ten verbunden / wie ihnen das Geſatz Gottes gebotten. Honora patrem & matrem, &c. Wann jemand lißt Aſcanium Clementinum den Legiſten / Ariſtotelem den Weltweiſen l. 4. Ethi. Thomam den Engliſchen Doctor opuſc. quæſt. 26. Hieronymum den Kirchen-Lehrer E - piſt. 11. ad Geron. Zwinglerum den Hiſtory-Schreiber lib. theat. c. 2. Navarram den Theologum Deciſ. 28. ja forderiſt die heilige Schrifft Prov. 19. Ad Colloſs. 3. 20. Eccl. 3. 8. Matth. 14. Joan. 19. &c. So wird er finden / daß man die Eltern wie jrꝛdiſche Goͤtter verehren ſolle / lieben ſolle / halten ſolle / beſſer halten / mehrer lieben / ſtaͤrcker verehren / als ein Mann ſein Weib / als ein Weib ihren Mann. Gedenckt demnach ihr Kinder an die Bibl / vergeſt aber auch nicht das Ubel / welches allen vndanckbaren Kindern auff den Rucken geladen wird.
Was ſagt ihr zu diſem erſchroͤcklichen Sententz / wel - chen der H. Geiſt ſelbſt euch in die Ohren ſchreyt. Male - dictus à Deo, qui exaſperat Matrem: VermaledeytA a 2von188Judas der Ertz-Schelm ermordtEccl. c. 3.von GOtt / welcher ſein Mutter erzuͤrnek. S. Greg. Turon. de Gloria Confeſſ. c. 50. Ioan. Colg. in Vita. S. Bona - ventura in Vita S. Franc. Aſ - ſis. Der H. Prieſter Severinus hat nur einmahl ein Eſpel - Baum vermaledeyet / vmb weilen er ſich an deſſen Aeſten in etwas verletzet hat / vnd ſihe / der Baum iſt augenblick - lich verdorret. Der Heil. Mœdoc hat eineſt ein harten Felſen vermaledeyet / vnd ſihe / alſobalden iſt derſelbe mit - ten voneinander geſprungen. Der H. Franciſcus von Aſſis hat einmahl ein Schwein vermaledeyt / weilen ſol - che ein kleines Laͤmbl zerbiſſen / vnd ſihe / gleich hernach iſt die Schwein verreckt / vnd haben ſo gar die Raaben ein Abſcheuhen von dieſem Aaß gehabt. Haben nun die menſchliche Vermaledeyung ein ſolche Wuͤrckung / was wird nicht erſt haben jene Vermaledeyung / welche von Gottes Mund ſelbſten außgehet. Wie iſt es euch Kin - der? erſtarret euch nicht das Blut in den Adern / zappelt nit das Hertz in dem Leib / ſtehen euch nicht die Haar gen Berg / zittert ihr dann nit in allen Glidern / wann ihr hoͤrt die ſcharpffe Goͤttliche Wort / Maledictus, &c. Ver - maledeyet von GOtt / welcher ſein Mutter erzuͤrnet. Erſchroͤckt euch dann nicht der ſchaͤndliche Todt eines ſchoͤnen Menſchen? diſer ware der Abſalom, ein ſchoͤner / wolgeſtalter / junger Fuͤrſt deß Davids, aber auch ein ſchaͤndlicher gewiſſenloſer Fuͤrſt / vnd Ober-Haupt aller vndanckbaren Kinder. Diſer Abſalom iſt in ſeiner laſterhafften Ehrſucht alſo weit kommen / daß er ſich auch freventlich vnderfangen / ſeinem Herꝛn Vattern die Cron von dem Haupt zu nemmen / den Scepter auß den Haͤn - den zu reiſſen / vnd ſich wider alles Recht / vnd kindliche Verpflicht in die Regierung einzutringen. Solchen ge - wiſern Zweck zu erhalten / hat er vnder dem Adel vnd Poͤ - fel ein groſſe Auffruhr / vnd einhaimiſchen Krieg erweckt / ſo gar die Waſſen mit groſſem rebelliſchen Anhang wi -der189ſeinen leiblichen Vatter Ruben.der ſeinen Herꝛn Vattern / als nemblich den David, ſelbſt ergriffen / vnd mit haͤuffiger Mannſchafft einen blutigen Streitt mit ſeinem aignen Vattern eingangen. O ver - fluchtes Kind Abſalom! geſetzt daß du auch keinen Bluts - Tropffen mehr von deinem Vatter in deinem vermale - deyten Leib empfindeſt / ſoll dann dir nicht einfallen die Schaͤrpffe deß Goͤttlichen Zorns / ſo allgemach ober dei - nem Kopff ſchwebet. Ein Kalb / ſo es genug geſogen hat an dem Eitter ſeiner Mutter der Kuhe / ſtoſt nach - mahls dieſelbe noch mit ſeinem muthwilligen Kopff: du Ochſen-Kopff Abſalom, biſt nicht beſſer als dieſer Kalbs - Kopff. Ein Klaͤchel oder Schwengl in einer Glocken / indeme er von derſelben ſtaͤts vmbgeben / vnd bedecket wird / ſchlagt ſie noch daruͤber beederſeits mit Ungeſtim - me / du Galgen-Schwengl Abſalom, biſt nit beſſer als diſer Glocken-Schwengl. Allo! ziech dann vom Leder / du vngerathener Abſalom, wider deinen Vatter / aber ge - dencke auch / daß ebenfalls GOtt das Schwerdt ſeiner Goͤttlichen Juſtitz ziehet wider dich: laß ſehen / welches ein beſſere Schneid hat / dein verruchter Saͤbl / oder Got - tes gerechte Schwerdt. Wolan / das Gefecht nimbt ein Anfang in der Wuͤſten Ephraim, die Armee deß Ab - ſaloms uͤberſteigt weit die Mannſchafft deß Davids, diſer wird vngezweifflet das Kuͤrtzere ziehen / dann vil Hund ſeynd deß Haaſen Todt. Aber David war kein forchtſa - mer Haaß / ſondern ſetzte ſein einige Zuverſicht auff den allmaͤchtigen GOtt. Und ſihe! David erhalt ein glor - reichen Sieg / der Abſalom wird ſpoͤttlich in die Flucht ge - ſchlagen. Deſſen iſt aber kein Wunder / gar kein Wun - der / dann wider den rebelliſchen Abſalom ware GOtt / vnd alle ſeine Geſchoͤpff / allermaſſen Loͤwen / Tiger / Bee - ren / Woͤlff / vnd allerley wilde Thier erſchinen / welche deß Abſaloms Kriegs-Knecht nidergeriſſen / diß ware nochA a 3nit190Judas der Ertz-Schelm ermordtnit genug / dann von freyen Stucken die Erd allerſeits Stain in die Hoͤhe geworffen / worvon die Abſalomiſche Soldaten verwundt / vnd auffgeriben worden / ja in dem Wald ſeynd die Aeſt hin vnd her von denen Baͤumern geflogen / vngezweiffelt von den Haͤnden der Engeln ab - geſchlagen / welche deß Abſaloms Armee nunmehr ArmeS. Chry - ſoſt. Serm. de Abſol. tom. 1. Liran. Ca - jetan de codem. Corenus fol. 238. 2. Reg. 15. gantz grauſamb zerquechſt. Vermaledeyet iſt dann ein Kind / welches wider ſeine Eltern handlet / Him̄el vnd Erd ſambt allen Geſchoͤpffen ſtreitten wider ſolchen Menſchen. Vermaledeyt ſeynd alle ſeine Schritt vnd Tritt / verma - ledeyt iſt ſein Gut vnd Blut / vermaledeyt iſt ſein Leib vnd Weib / vermaledeyet ſeine Kinder vnd Rinder / vermale - deyet ſeine Felder vnnd Waͤlder / vermaledeyet ſeine Scheuer vnd Gemaͤuer / vermaledeyt ſein Geld vnd Zelt / vermaledeyt ſein gantz Leben darneben / ſein Geſundheit wird ſeyn wie die Koͤrbes-Blaͤtter Jonæ, ſein Wuͤrth - ſchafft wird ſeyn wie das uͤbernaͤchtige Manna, ſeine Fel - der werden ſeyn wie der Berg Gelboe / ſeine Kuͤhe wer - den ſeyn wie die Rinder ſo Pharao in dem Traum geſehen / ſein Haabſchafft wird ſeyn wie die Statua Nabuchodo - noſoris, ſein Leben wird ſeyn wie der Topff der Prophe - ten Kinder / ſeine Kinder werden ſeyn wie die Spott-Fra - tzen Eliſæi, das iſt vngerathene Kinder / ein bitterer Le - bens-Wandl / ein vngluͤckſeelige Haabſchafft / vnfrucht - bare Felder / ein wurmſichtige Wuͤrthſchafft / ein verwel - ckende Geſundheit / alles Vngluͤck vnd Vnſtern / alles diß ſchlieſt in ſich das einige Wort / Maledictus Verma - ledeyet.
Ich gienge einsmal durch einen gruͤnen vnd ſchatten - reichen Wald / vnd erwegte dazumal die Hoͤfflichkeit der Baͤumer in Judæa, welche ſich auff dem Oelberg gantz Tieff biß auff die Erden genaigt haben gegen der MutterGot -191ſeinen leiblichen Vatter Ruben.Gottes Maria. Vnd gedachte bey mir ſelbſten / was fuͤr grobe Bloͤck ſeynd doch die jenige Geſellen / die kaum ein kleine Reverentz machen gegen Gott den Herꝛn vnd ſeiner Mutter in der Kirchen. Als ich in diſen Gedancken ſtun - de / ſo iſt mir vorkommen / als hoͤrete ich allda einen abge - hackten Baum ſehr wehemuͤtig lamentiren / vnd ſtunde die Klag in dem / wie daß vnlaͤngſt ein Hacken habe gebet - ten denſelbigen Baum gantz flehentlich vmb ein Still / nachdem nun die guthertzige Buchen ſolchen wilfaͤhrig ertheilt / vnd die Hacken einen Still bekommen / ſo iſt ſie da / vnd haut diſe groͤſte Gutthaͤterin die Buchen ſelbſt ni - der / ach! ſagte der Baum / daß ſoll mich ja ſchmertzen in meinem Hertzen / daß die Hacken den Still / den ich ihr ſo gutwillig habe geſchenckt / jetzt gantz vndanckbar gegen mir braucht. Diſe wehemuͤtige Klag erſchalt oͤffters auß dem Mund einer betrangten Mutter / auß dem Mund eines Vatters / welche ſo groſſe Vndanckbarkeit an ihren vngerathenen Kindern erlebet haben / daß auch diſe ver - maledeyte Creatur gwalthaͤtige Haͤnd anlegt an ſeinen Eltern. Soll es dann nicht ſchmertzen einer ſolchen Mut - ter / daß ſie ſelbſt muß leyden von den jenigen Haͤnden / welche ſie in ihrem Leib getragen? ſoll es dann einem Vat - tern nicht das Gemuͤth durchtringen / daß er muß belay - diget werden von den jenigen Haͤnden / welche er nach Gott den verruchten Kind gſpendiret? wie iſt es nur moͤglich / daß ſich die Erd nicht gleich auffſperret / vnd ein ſolches gwiſſenloſes Kind verſchlickt / wie ſie verſchlickt hat den Datan vnd Abiron. Wie kombt es doch / daß nichtNum. 16. gleich die freßgierige Feuers-Flammen vom Himmel fal - len / vnd ein ſolchen verkehrten Menſchen zu Aſchen ver - zehren / wie ſie verzehrt haben alle Inwohner zu Sodoma vnd Gomorra. Ja / ja alles diſes geſchahe / dafern GottGen. 16. nit gewiſer Vrſach halber / die ihme allein bekannt vnd vnsver -192Judas der Ertz-Schelm ermordtverborgen / mehrmahlen alle Elementen im Zaum hielte / welche ſonſt gantz gierig die Vnbild der Eltern rechen thaͤ - ten. Vnd bilde ihm nur ein / ein ſolches vermaledeytes Kind / welches gegen ſeinen Eltern mit ſchlaͤgen verfah - ret / daß kein Geſchoͤpff auff Erden / ſo ihme nicht mißgoͤn - nig vnd feind ſeye. Dahero ſolche vnmenſchliche / tigerar - tige / ſteinharte / hertzloſe / gottvergeſſene / laſterhaffte / teuffelsſichtige / hoͤllenwerthe / beſtialiſche Kinder (nit Kinder) ſondern Schlangen vnd Attern-Bruth / auch noch auff der Welt von gerechtem Gott geſtraffet werden.
In der vornehmen Statt Valenz iſt einer bey dem Magiſtrat falſch angeben worden / als habe er ein groſſe Unthat begangen / weſſentwegen er zum Strang vnd Gal - gen verurthlet worden. Als ſolcher auß dem Kercker an das Orth ſeines ſchmaͤchlichen Todts gefuͤhrt wurde / hat er daſelbſt die Haͤnd zuſammen geſchlagen / vnd die gerech - te Urthl Gottes / nicht aber der Menſchen erkennt / vnd beynebens offentlich entdeckt / wie daß er vnſchuldig ſeye in dem jenigen / was ihme dißfalls zu gemeſſen wird / wol aber habe er eben an diſem Orth ſein leibliche Mutter mit harten Straichen tractiret / welche dazumabl den Fluch uͤber ihn gethan. Wolte GOtt / du muͤſſeſt an di - ſem Orth an den Galgen kommen.
Zu Rom hat einer auß Zorn ſeiner Mutter einen Backenſtraich verſetzt / welches ſie dermaſſen geſchmertzt / daß ſie alſobald gewunſchen. Sie moͤchte diſe Hand abgehauter ſehen. Diſe Redt ware einer Sybilli - ſchen Weißſagung nicht vngleich / dann kurtz hernach iſt diſer gantz vnſinnig worden / in welchem verwuͤrꝛten Stand er in ein offentliche Fleiſch-Banck hinein geloffen / daſelbſt ihme mit einer groſſen Hacken die Hand abge - hauen / vnd alſo den Mutter-Fluch ſelbſten vollzogen.
Ein193ſeinen leiblichen Vatter Ruben.Ein anderer Juͤngling zu Rom / weilen er auchIbid. loc. citato. Hand angelegt an ſeine Mutter / iſt bald hernach in diſen bluͤhenden Jahren todts verblichen / den anderen Tag aber nach ſeiner Begraͤbnuß den Armb auß der Erd geſtreckt / vnd weilen man ſolches der Nachlaͤſſigkeit deß Todten - Grabers zugeſchriben / iſt das Grab mit mehrer Erd uͤber - ſchuͤttet worden. Ungeachtet diſes / iſt auch den dritten vnd vierdten Tag der Armb gantz hervor gangen / biß endlich die Mutter zu dem Grab beruffen worden / vnd vnſchwaͤr die Urſach diſer ſeltzamen Begebenheit erkennt; ich waiß mich zu erinneren / ſagt ſie / daß mich diſer mein Sohn einmahl hart geſchlagen / welches ich ſo ſehr in mei - nem Hertzen empfunden / daß ich ihme getrohet habe / ich will ihm ſolches nimmermehr verzeyhen / anjetzo aber mein Kind / verzeyhe ich dir hertziglich diſe mir angethane Unbild / worauff gleich der Todte ſein Armb zuruck gezo - gen / vnd ferners nicht mehr geſpuͤrꝛt worden.
Unweit der ſchoͤnen Statt Ragus iſt ein kleines Dorff entlegen / in welchem auch wohnte ein arbeitſamerCæſar Franziotti in libro de ſanctis Lu - cenſibus. Bauersmann / mit Nahmen Boſcas, deſſen vngerathener Sohn die Mutter mit vilen Straichen uͤbel zugerichtet / daß ſie alſo uͤber ſolchen Boͤßwicht nit wenig erbittert / vnd ihme gewunſchen. Daß er moͤchte ſterben / vnd ſeye nit werth / daß ſeine Bainer weder der Lufft / noch die Erd / noch das Waſſer be - halte. Diſer Fluch hat ſeinen Außgang gewunnen / dann er bald hernach elend geſtorben / deſſen Leib oder Coͤrper die Erd auff kein Weiß wolte behalten / ſondern ihn oͤffters mit Unwillen herauß geworffen / der Lufft thaͤ - te nicht weniger / vnd hat ihn mit Ungeſtimme auff die Erd geſtoſſen / das Waſſer deßgleichen / hat ihn allemahl wider an das Geſtatt getriben / biß endlich auß BefelchB bder194Judas der Ertz-Schelm ermordtder Mutter diſer verruchte Coͤrper in das Meer / da es zum haͤfftigſten tobte / geſtuͤrtzt worden / welcher gleich von den wůttenden Wellen an ein harte Felſen getragen worden / allwo er ſich in drey Thail zertrimmert / vnd alle Thail in harte Felſen veraͤndert worden / ſo annoch von den beyfahrenden Schiffleuthen zu ewigem Wunder be - obachtet wird.
Es ſeynd vil hundert tauſend / ja vil Million MeilVicent. Beluac. in Spec. 101. von der Erden in den Himmel hinauff / vnd dannoch in ei - nem Augenblick raiſt der Mutter-Fluch dahin vor das Angeſicht Gottes. Die ſchoͤne / ſtrahlende Sonnen hat einen ſo ſchnellen Lauff / daß ſie in einer Stund eilffmahl hundert vnd viertzig tauſend Teutſche Meil poſtiert / vnd gleichwol iſt vil ſchneller ein Fluch der Mutter / dann ſol - cher augenblicklich in die Hoͤhe ſteiget / vnd von GOtt er - hoͤrt wird. Deſtwegen hůtet euch ihr Kinder vor dem Fluch eurer Eltern / dann nicht allein wahr worden der Fluch / welchen Noë der alte Vatter uͤber ſeinen Sohn den Cham ergehen laſſen. Allermaſſen diſer ſambt den ſeinigen nie kein Gluͤck gehabt / ja er iſt ſelbſt ein Zauberer vnd Hechſenmaiſter worden / den auch der Teuffel leben - dig verbrennt.
Wunderbarlich iſt / was ſich in Arvernia zugetra - gen / allda hatte ein Mutter ein ſehr widerſpengſtiges Kind / deme ſie einsmahls befohlen / es ſoll ſich anlegen / vnd weilen es ſolches gantz halßſtaͤrrig vnderlaſſen / ſo hat der Zorn der Mutter alſo angefeuert / daß ſie endlich in di - ſem Fluch außgebrochen. Ey du vermaledeytes Kind / ſo gebe GOtt / daß du kein Fetzen dein Lebtag an deinem Leib trageſt. Sihe die eylfertige Verhengnuß Gottes / das Kind ziecht alſobald das Hemmet wider auß / vnd von ſelbiger Stund an keinen Faden mehr an dem Leib gebracht / vnd im Sommer vnd Winter blutnackendgan -195ſeinen leiblichen Vatter Ruben.gangen / doch bekennt / daß er deſſenthalben nit groͤſſeren Froſt bey Winters Zeit / noch mehrere Hitz bey haiſſem Sommer empfinde. Diſer Menſch hat nachmahls ei - nen Schaaf-Hirten abgeben / doch jederzeit bloß vnd na - ckend. Wie dann ſolche Geſchicht bey Clarmont allen bekannt iſt.
Thereſia ein Koͤnigliche Princeſſin Alphonſi SextiRodericus Sanchius l. 1. de re - bus Hiſp. c. 14. zu Caſtell / iſt von ihrem eignen Sohn Alphonio in die finſtere Keichen geworffen / vnd daſelbſt an eyſerne Band gefaͤßlet worden / vnd weilen zu ihrer Erloͤſung weder das innſtaͤndige Bitten / noch deß Roͤmiſchen Pabſtens ernſt - licher Befelch nichts vermoͤgte / alſo hat ſie ihrem vn - danckbaren Sohn gewunſchen / daß ihme moͤchten beede Fuͤß gebrochen / vnd ein elender Gfangener / gleichwie ſie in den Haͤnden deß Feinds werden; diſer Muͤtterliche Fluech hat bald ſeinen Außgang gezeigt / in deme nicht lang hernach gedachter ihr Sohn Alphonſus vnder dem Statt-Thor beede Schinbein gebrochen / vnd kurtz darauff vom Ferdinando Legioniſchen Koͤnig gefangen worden.
Was erbaͤrmlichen Vndergang hat nit erlitten Cra -Gregor. Turon. l. 4. de re - bus Franc. mus ein Sohn Clotarij Koͤnigs in Francken / welcher in einer nidern Baurn-Huͤtten erdroßlet / ſein Gemaͤhlin ſambt der jungen Herꝛſchafft lebendig darin verbrennt worden. Die Vrſach diſes ſeines vnd der ſeinigen Verder - bens iſt geweſt / weilen er nach Abſaloms Exempel dem Herꝛn Vattern die Cron wolte vom Haupt zucken. Der - gleichen Geſchichten konten faſt ohne Zahl vnd Zihl beyge - tragen werden / welche alle billich der Kinder Muthwil - len / Vngehorſam / Halsſtaͤrrigkeit / Haß / vndanckbar - keit gegen ihren Eltern ſolten im Zaum halten.
Auff ſolche Weiß geſchicht es vilen Eltern / was dem fruchtbaren Apffel vnd Biernbaum begegnet; in de - me man gar offt ſihet / daß einem ſolchen Baum wegenB b 2ſchwaͤre196Judas der Ertz-Schelm ermordtſchwaͤre der Fruͤchten die Aeſt brechen. Wohin der Sym - boliſt kan ſchreiben. Multum onerant, parum ornant. Ein ſchwaͤres Gwicht mein eigne Fruͤcht.
Solcher Geſtalten erfahren es vil Eltern / was da taͤglich das Holtz auff dem Herd muß außſtehen / welches dem Feuer die Nahrung ſpendirt / vnd diſes vndanckbare Element entgegen das Holtz verzehret / deme der Symbo - liſt das lemma beygefuͤgt ſatiantem ſaucio, der mich thut naͤhren / thue ich verzehren.
Auff ſolchen Schlag widerfahrt vilen Eltern / was da vnſer allgemeine Mutter die Erden muß leyden / wel - che die Daͤmpff / ſo empor ſteigen / gleichſam gebaͤhret / diſe aber gar offt in Schaur vnd Rißl ſich verkehren / vnd ihre eigne Mutter die Erden nit wenig belaidigen / wel - ches dann auch ein Sinn-Bild kan ſein eines vndanckba - ren Kinds / forderſt wann das lemma darbey ſtehet. Pro nutrimento detrimentum. Was ich getragen / thut jetzt mich ſchlagen.
Dergeſtalten begegnet vilen Eltern / was der edlen Auroræ oder Morgenroͤthe / welche alle Tag die ſchoͤne Sonn gebaͤhret / entgegen wider von diſer ihrer Geburt den Vndergang leyden muß / welches der Poët beſſer vor Augen ſtelt mit der Beyſchrifft / dum pario pereo. Was ich gebohren / macht mich verlohren. Freylich wol ſeynd bey vilen Eltern ein ſchwaͤres Ge - wicht ihr eigne Fruͤcht. Manchen Vattern vnnd Mutter thut das Kind verzehren / welches ſie thun naͤhren; ein manche Mutter was ſie getra -gen /197ſeinen leiblichen Vatter Ruben.gen / thuts nachmals ſchlagen / ja offt widerholt ein ſolche mit tieffen Hertzens-Seufftzern / was ich ge - bohren / macht mich verlohren. Aber wie er - ſchroͤcklich vor den Goͤrtlichen Augen ſolches ſeye / erheltRichterus axiom. Polit. auß folgender Geſchicht / welche ſich Anno 1550. zu Koͤ - nigsberg in Preuſſen zugetragen mit einem jungen Schloſſer Geſellen / welcher daſelbſt allen leichtfertigen Leben ergeben / die Zeit nur mit ſchlemmen vnd daͤmmen zugebracht / vnd weilen ihm hierzu die Eltern nicht allemal die Geld-Mittel nach Begehren wolten beyſtrecken / alſo hat diſer gottvergeſſene Bub / Vatter vnd Mutter mit ei - nem Moͤrſerſteſſel jaͤmmerlich ermordet / nach vollbrach - ter Vnthat gehet diſer dem geraden Weeg zu einen Schu - ſter / kaufft daſelbſt ein neues paar Schuh / vnd laſt die alte zerriſſene Sohlenloſe allda / welche der Lehrjung vn - der die Banck geworffen. Es verſtreicht kaum ein oder die andere Stund / da bringt diſer gottloſe Boͤßwicht ein Ge - ſchrey auff / daß er ſeine beede Eltern todter gefunden / raufft ihme ſelbſt die Haar auß / verkratzt ihme das gantze Angeſicht / heult vnd weint mit ſolcher Vngeſtimme / daß keinem der mindeſte Argwohn eingefallen / ob ſoll er der Thaͤter ſeyn. Aber denen Augen Gottes kan nichts ver - borgen ſeyn / welcher dann auch dergleichen Miſſethaten nicht vngerochener auff der Welt laſſet. Es geſchicht / daß der Schuſter vngefaͤbr wahr nimbt / was Geſtalten die alte Schuh diſes Schloſſer Geſellen vnder der Banck in etwas mit Blut beſpritzet waren / woruͤber er gleich einem ſeltzamen Gedancken geſchoͤpfft / welcher Argwohn ver - mehrt hat / weilen er bey gedachten jungen Schloſſer diß - mahl mehrer Geld als ſonſten geſehen / diß alles hat er dem Magiſtrat vmbſtaͤndig angezeigt / vnd diſer nach wei - terer Nachfrag bald die gantze Begebenheit vermoͤg eignerB b 3Be -198Judas der Ertz-Schelm ermordtBekandtnuß in Erfahrenheit gebracht / vnd nachgehends ſolches Laſter-Kind mit erſchroͤcklichen Tod hinrichten laſ - ſen / das mehreſte aber iſt allhier zuverwundern / daß der Merſerſtoͤßl / mit welchen dieſes gottloſe Kind ſeine Eltern ermordt hat / in dem Rath-Hauß an die Wand auffge - hencket worden zu einer ewigen Gedaͤchtnuß / vnd ſolle diſer noch auff heutigen Tag ſtaͤts zittern. Wordurch der Allmaͤchtige Gott die Abſcheulichkeit / vnd Grauſamkeit diſes Eltern Mordt will vngezweiffelt andeuten.
Aber meine Eltern / was verurſacht ſolche vngerathe - ne Kinder anderſt / als euere ſorgloſe Obſicht in dem Auff - erziehen / euers gar zu groſſe Nachſehens in Abſtraffung / Fahrloſtigkeit in Underrichtung derſelben / deſtwegen die mehreſte Suͤnden der Kinder werden in euerem Proto - coll eingetragen.
Wann die Tochter ein Helena, vnd zugleich ein Le - na, wann ſie zwar eng eingeſchniert / aber ein weites Ge - wiſſen hat. Wer iſt Urſach? die Eltern. Wann der Sohn ſtaͤts Pflaſter vnd Laſter betritt / wann er ein ſchlim - men Vocativum abgibt in Genitivo, wer iſt dran ſchul - dig? die Eltern. Wann die Tochter lieber mit Loͤfflen / als Koch-Loͤfflen vmbgeht / wann ſie mehrer denckt auff das Nachtkuͤß / als auff das Naͤhkuͤß / wann ſie lieber mit Buelen als Spuelen die Zeit vertreibt / wer iſt daran ſchuldig? die Eltern. Wann der Sohn einen Treiber abgibt / will nit ſagen einen Ochſentreiber / Sautreiber / ſondern einen andern: Wann er einen Jaͤger abgibt / vnd mehrer Dienl als Denl ins Netz bringt; wer iſt daran ſchuldig? die Eltern. Wann die Tochter ſchon einer al - ten Kupplerin den Topff vnd Kropff anfuͤllt / vnd ſolche ſich nachmahls fuͤr ein Poſtillion nacher Mannhaimb brauchen laſt; wer iſt daran ſchuldig? die Eltern. Wann der Sohn ſich nicht adelich / ſondern adleriſch halt / vndfliegt199ſeinen leiblichen Vatter Ruben.fliegt gern zu der guldenen Sonnen / allwo er wegen der Kreiden zimblich ſchwartz ſtehet / deſtwegen in dem Vat - ter vnſer vnter dem vergib vns heut vnſre Schul - den / auch den Wuͤrth verſtehet. Wer iſt daran ſchuldig? die Eltern. Wann die Tochter huͤpſch liederlich vmb dem Halß iſt / vnd alſo zudeckt / wie die Fleiſch-Baͤnck an der Faßnacht / vnd kan man auff dem Halß leſen / was im Her - tzen geſchriben. Wer iſt daran ſchuldig? die Elteren. Wann der Sohn genaturt iſt wie der vermaledeyte Fei - genbaum / vnd hat nur Blaͤtter / vnd kein Frucht / verſte - he Karten-Blaͤtter / wo ja ein ſchlechte Frucht / wann er mit dem verlohrnen Sohn die Saͤu huͤtet / Aichel-Sau / Schellen-Sau / Hertz-Sau / ꝛc. wer iſt daran ſchuldig? die Eltern. Wann die Tochter immerzu mit der ſtoltzen Jezabel nach Hoffart trachtet / wann ſie faſt alle Wochen will haben andere Klayder / wo der Echo ſagt layder. Wer iſt daran ſchuldig? die Eltern. Wann der Sohn ein guten Stilum hat / abſonderlich in deß Vatters Ho - ſen-Sack / vnd fiſcht ſchon auff trucknem Land / daß er al - ſo in guter Hoffnung ſtehet / er moͤchte einmahl Strick - to modo gehencket werden. Wer iſt daran ſchuldig? die Elteren. Wann die Tochter lieber die Harpffen Da - vid hoͤrt als ſeine Pſalmen; wann ſie huͤpſche Liedl ſingt vom Raͤttich vnd Rueben / Maͤdl vnd Bueben / ꝛc. wer iſt daran ſchuldig? als die Eltern. Wann der Sohn fleiſſig iſt im Stutieren / vnd kan beſſer argumentierē in formoſâ, als in formâ. Wer iſt daran ſchuldig? als die Eltern. Wann die Tochter gern auff Dantzig raift / vnd zu Nacht bey Leibtzig bleibt. Wer iſt daran ſchuldig? als die Elteren. Wann endlich der Sohn zum Teuffel fahrt / vnd die Tochter in die Hoͤll kombt. Wer iſt daran ſchuldig? ach! ach! mehreſten Thail die Elteren.
Ihr200Judas der Ertz-Schelm ermordtIhr Elteren thut zu vil / vnd thut zu wenig: ihr thut zu wenig ſtraffen / ihr thut zu vil lieben euere Kin - der. Ihr habt zweiffels ohne oͤffters vernommen auß derJudic. 9. H. Schrifft / wie eineſt die Baͤumer ſeynd zuſammen kom - men / vnd auff ihrem huͤltzernen Reichstag einen Koͤnig erwoͤhlt / die mehreſte Stimmen ſeynd gefallen auff den Oelbaum / auff den Feigenbaum / auff den Weinſtock / ꝛc. vom Buͤrckenbaum geſchicht kein einige Meldung / mei - nes Thails / wann ich waͤre gegenwaͤrtig geweſen / vnd als ein Mitglid auch ein freye Wahl haͤtte gehabt / ſo haͤtte ich vnfehlbar den Buͤrckenbaum zum Koͤnig erkiſen / dann niemand glaubts / wie ruhmwuͤrdig diſer regiert / abſonderlich in der Kinder-Zucht. Alle heilige Engel ge - fallen mir wol / einen außgenommen / der Koſt-Herꝛ deß Daniels war ein Engel / der gefallt mir wol. Der Artzt deß Tobiæ war ein Engel / der gefallt mir wol. Der Ab - geſandte der Mutter Gottes war ein Engel / der gefallet mir wol. Deß Loths ſein Salvo-Conduct war ein Engl / der gefallt mir wol. Die Schildwacht vor dem Para - deyß iſt ein Engel / der gefallt mir wol / ꝛc. aber einer will mir ſchier nicht gefallen / der jenige / welcher dem gehor - ſamen Patriarchen Abraham in den Saͤbel gefallen / vndGeneſ. 22. auffgeſchryen. Non extendas manum tuam ſuper pue - rum: Straͤcke dein Hand nit auß uͤber den Knaben / vnd thue ihm nichts. Ich waiß gar wol / daß ſolches der Be - felch deß Allerhoͤchſten war / vnd deſſenthalben hierinn - falls keines Faͤhlers zu beſchuldigen. Wann ein Vatter / ein Mutter mit der Ruthen wird ein Straich fuͤhren uͤber den Knaben / bin verſichert / daß ihm kein Engel den Straich wird auffhalten / wie dem Abraham, ja die En - gel werden ihn noch anfriſchen mit ernſtlichen Worten. Extende manum tuam ſuper puerum: Strecke dein Hand auß uͤber den Knaben.
Ich201ſeinen leiblichen Vatter Ruben.Ich ſchneid / ich ſchneid / ich ſchneid / was aber? ichCuſpin. ſchneid ab / was? die Naſen? nein / nein; Conſtantinus Pogonatus hat beeden ſeinen Bruͤderen Heraclio vnd Ti - berio die Naſen abgeſchnitten / damit ſie nur nicht zur Cron vnd Regierung gelangen moͤchten. Das iſt Crudel vnd tyranniſch / das thue ich nit. Ich ſchneid / ich ſchneid / ich ſchneid / was aber? ich ſchneid ab / was? die Ohren? nein / nein. Petrus hat dem Boͤßwicht Malcho das OhrLuc. 22. abgehaut / welchen ſchmertzlichen Schaden der gebenedey - te JEſus wider gehailt hat. Das thue ich nicht. Ich ſchneid / ich ſchneid / ich ſchneid / aber was? ich ſchneide ab / was? die Zungen? nein / nein. Den ſtreittbaren Blut -Petrus de Natal. zeugen Chriſti Hilario vnd Florentio ſeynd die Zungen außgeſchnitten worden / nichts deſtoweniger haben ſie gleichwol geredet / vnd JEſum Chriſtum gebenedeyet. Das thue ich nicht. Ich ſchneid / ich ſchneid / ich ſchneid / aber was? ich ſchneide ab / was? ich ſchneide allen Eltern die Finger ab. Adonibezec ein ſtoltzer vnd tyranniſcherJudic. 1. Koͤnig hat 70. anderen gefangenen Koͤnigen die Finger abgeſchnitten / das war erſchroͤcklich / diſem folge ich nach / vnd moͤchte gern denen mehreſten Eltern die Finger ab - ſchneiden / damit ſie nit mehr ſo ſtarck ihren Kindern durch die Finger ſehen / ſondern dieſelbig von Jugend auff ſtraf - fen. So lang Moyſes die Ruthen in Haͤnden gehabt / iſt ſie ein ſchoͤne Ruthen verbliben / ſo bald ers aber auß der Hand fallen laſſen / verſa eſt in colubrum: da iſtExod. 4. gleich ein Schlangen darauß worden. Alſo auch meine liebſte Eltern / ſo lang ihr die Ruthen in Haͤnden habt / vnd ein gute ſcharpffe Zucht fuͤhret vnder denen Kindern / ſo bleibt alles gut / wann ihr aber die Ruthen fallen laſ - ſet / da wird gleichformig ein Schlang darauß / ich will ſagen / es iſt lauter ſchaͤdliches Gifft den Kindern / ſo man die Ruthen nit in die Haͤnd nim[b]t.
C cDie202Judas der Ertz-Schelm ermordtDie Erd bringt kein Frucht / ſondern Diſtl / wann man ſie nit mit ſcharpffen Pflug-Eyſen durchgrabt: die Jugend thut kein gut / wann man ſie nit ſcharpff haltet. Das Eyſen / ſo erſt auß den knoperten Bergwerck gebro - chen iſt nichts guts / es komme dann der harte Hammer - Stratch darauff. Die Jugend bleibt nichts nutz / ſo man der Straichen verſchonet.
Der Weinſtock wird nit tragen / ſondern verfau - len / ſo nit ein Stecken darbey ſtehet / die Jugend wird nit fleiſſig ſeyn / ſondern faul / wann nit die Ruthen darne - ben ſteckt.
Die Muſte wird auff Katzen-Arth ohngereimbt verbleiben / wann der Tact-Streich deß Capell-Maiſters abgehet; die Jugend wird ſich mehreſt vngereimbt verhal - ten / wann der Tact der Eltern oder deß Præceptors manglet.
Die Leinwad deß Mahlers wird kein ſchoͤne Bildnuß vorſtellen / wann er den Streich-Pembſel nit an die Hand nimbt: die Jugend wird denen Eltern kein Zierde bringen / wann ſie nit wol mit dem buͤrckenen Streich-Pembſel auff die Leib-Farb anhalten.
Wie nennt Clemens Alexandrinus die Kinder? er nennt ſie flores Matrimonij, Blumen deß Eheſtands. Gut / gut! die Blumen muͤſſen vmbzeint ſeyn mit Ru - then vnd Stecken / ſonſt kombt ein jede Sau daruͤber. Wie nennt der H. Vatter Auguſtinus die Kinder? er nennt ſie Naviculas fluctuantes kleine wanckende Schiff - lein. Gut / gut / zu diſem Schifflein muß man Rueder brauchen / die der Beſenbinder fail hat. Wie nennt der H. Gregorius Nazian. die Kinder? oculos ſuorum Pa - rentum Aug-Apffel ihrer Eltern. Gut / gut / aber denen Aug-Apffel hat die Natur Augbraun geſetzt / welche wie die Ruthen geſtalt ſeyn. Wann man aber die Ruthenſpart /203ſeinen leiblichen Vatter Ruben.ſpart / ſo kombt Schand vnd Schad uͤber die Kinder. Nero waͤre kein ſolcher Boͤßwicht worden / wann ihn ſeinSueton. lib. 5. Mutter Agrippina haͤtte ſchaͤrpffer gehalten. Jener Sohn haͤtte bey dem Galgen der Mutter das Ohr nicht abgebiſſen / wann ſie ihn haͤtte beſſer gezuͤchtiget in ſeiner Jugend. Derſelbe Bub waͤr wol nicht ſchlimb worden /Cauſi. P. 1[3] welchen der Beichtvatter befraget / ob er das Vatter vn - ſer koͤnne / der antwort mit Nein / worauff der Pater wi - derſetzt. Ey das iſt nichts nutz. Eben darumben / ſagt der ſchlimme Schelm / hab ich es nicht gelehrnet. Diſer waͤre bey weiten nit ſo boͤß worden / wann ſeine Eltern oͤffters haͤtten die Ruthen gebraucht. Ein anderer iſt drey Jahr in einer Schul / wegen ſeiner Faulkeit vnd Ohnfleiß / ſitzen bliben / welches ihm der Vatter hart verwiſen; deme aber der Sohn zugeredet. Mein Vatter / verwundert euch doch nicht ſo ſehr uͤber diß / iſt doch mein Profeſlor ſchon das vierdte Jahr in diſer Schul. Diſer Mauß-Koͤnig waͤre nicht ſo traͤg vnd faul geweſen / dafern er in der Ju - gend die Ruthen mehrer gekoſtet haͤtte.
In einer gewiſſen Stadt deß Teutſchland / hatte ein Mutter einen einigen Sohn / dem ſie aber allzuvil gehaich - let / vnd von Kindheit auff mit ihm / als mit einem zarten Biſcoten-Taig vmbgangen. Cr war ihr ein einiges Hertzl / Schertzl / er hette im achten Jahr noch kein Ruthen geſe - hen / vnd als man ihm ſolche zeigt / wuſte er gar nicht / was diſes vor ein Meer-Wunder ſeye. Er ſchauete ſie an nicht anderſt / als ein Kuhe ein neues Stadl-Thor / vnd weilen er dazumahl ſchon vnter der Sorg deß Præceptors war / alſo hat ſolcher Pflicht halber einen Ernſt / vnnd keinen Clement abgeben; dann er vermerckte in diſem Knaben die Natur der Brenneßl / wann man ſolche glimff - lich tractirt / ſo brennen ſie / da mans aber ſtarck vnd hartC c 2reibet /204Judas der Ertz-Schelm ermordtreibet / ſo ſchaden ſie nichts. Nahme alſo der gute Præ - ceptor ſtaͤts die Ruthen in die Hand / vnd gedachte wo ſolcher Zeiger ſeye / koͤnne die Uhr nicht vnrecht gehen. A - ber die Mutter wolte ſolches auff kein Weiß zulaſſen / maſſen ein jeder Streich / den der Præceptor verſetzte di - ſem Zucker-Affen / ware ein Echo oder Widerhall in dem Muͤtterlichen Hertzen / alſo zwar / daß ſie ihn nur den groben Treſcher nennte / der kein anders Gewerb verſte - he / als treſchen / treſchen. Eineſt muſte er Noth halber den hiltzernen Cometſtern in die Hand nemmen / vnd wei - len etwann auß Einrathung der boͤſe Bueb ein groſſes Geſchrey verbracht / alſo iſt die Mutter gantz eylends zu - geloffen / den Præceptor mit faimenden Maul wie ein Wißl angeblaſen / huy Treſcher! wie gibts Treſchen auß! worauff der Præceptor geantwort; Frau gar ſchlecht / lauter Stroh / lauter Stroh / kein Trayd auff mein Ayd. Vnd ware dem alſo / dann der Knab ein lauter Strohkopff verbliben / vnd weilen nachmals dem Præceptor die Ruthen gaͤntzlich verbotten worden / alſo iſt diſer ſaubere Geſell ohne Wiſſen vnd Gwiſſen auffge - wachſen. Nach der Mutter Todt hat er das ſeinige fein foͤrderlich durchgejaget. Vivendo luxurioſè: mit luſti - gen / liſtigen / laͤſterlichen Leuthen vmbgangen. Das wa - re bey ihm ein alte Metten / aber ſolche verurſachte ein geſchwinde Complet ſeiner Geld-Mittel. Nach dem ihm nun der Feyerabend in den Beutl kommen / hat er ſich mit dem verlohrnen Sohn entſchloſſen zum Pater zugehen. Ibo ad Patrem. Halt demnach an bey einen gewiſſen Pa - ter Superior vmb den Cloͤſterlichen Habit. Den Orden will ich dißfals verſchweigen / woſelbſt er auff / vnd ange - nohmen worden. In den Orden hielt er ſich wie die Sta - tua deß Koͤnigs Nabuchodonoſoris, welche ein guldenesHaupt205ſeinen leiblichen Vatter Ruben.Haupt / ein ſilberne Bruſt / metallinen Leib / eyſerne Schenckel vnd erdene Fuͤß. Alſo war es anfaͤnglich gut / in wenig Jahren aber mercklich ſchlechter / zu letzt gar jrꝛ - diſch / in deme er das gut Leben von Jugend auff gewohnt ware / ohne Zucht allezeit gelebet / alſo hat er ſich in diſes harte Leben / wie der David in den harten Pantzer vnd Harniſch nicht ſchicken koͤnnen / deſſentwegen den Orden ſpoͤttlich verlaſſen / den Evangeliſchen Glauben ange - nommen / vnd in einen ſchlechten Dorff einen Schulmai - ſter abgeben / weilen ihn aber die Armut gar zu ſtarck truckte vnd dringte / alſo hat er in frembde Sachen die Haͤnd geſtreckt / biß er ſelbſten nachgehends von dem Hen - cker geſtrecket worden / vnd dazumal erſt Ihr Streng zu - ſeyn angefangen / als er ſein Leben mit dem Strang geen - det. O elender Vndergang! waͤre diſer von Jugend auff mit dem Buͤrckenbaum beſſer bekannt geweſen / ſo waͤre er nit alſo mit dem Aichbaum in ein ſo ſpoͤttliche Freund - ſchafft gerathen. Haͤtte ihm die Mutter nicht gar zuvil nachgeſehen / ſo waͤre er nachmahlens auff dem Galgen nit worden alſo hoch geſehen / haͤtten ihm die Eltern zu Zeiten ein gute Ruthen bunden / ſo haͤt ihn mit der Zeit der Hencker nit alſo gebunden. O wie vnbedachtſam hand - let ihr / wann ihr denen Lehrmaiſtern ſo ſchimpfflich nach - redet / als brauchen ſie in der Schul-Cur vnd Buͤrcken - waſſer zu ſehr / vnd verfahren gar zu ſtreng mit euren Kindern. Aber glaubt mir darumb / ein mancher Schil - ling iſt mehr werth / als acht halbe Kreutzer / vnd wann ihr Eltern wolt einmal ein Schatz finden bey euren Kin - dern / ſo laſſet ſeinem Zuchtmaiſter die Wuͤnſch-Ruthen brauchen. Etliche Eltern ſeynd haicklicher mit ihren Kin - dern / als die Venetianer mit ihrem Arſenal.
Nembt ein Lehr nit von mir / ſondern von JEſu Chriſto ſelbſten / wie diſer gebenedeyte Heyland bereits auffC c 3dem206Judas der Ertz-Schelm ermordtdem hohen Berg Calvariæ mit ſeinen / meinen vnd deinen geſtigen / das iſt mit ſeinen Creutz / mit meinen vnd deinen Suͤnden / welche er auff dem Rucken getragen / ſo folgte ihm ein groſſe Menge der Edlfrauen / Burgers Weiber nach / welche alle auß Weichhertzigkeit vnd Mitleyden uͤber den betrangten Chriſtum bitterlich weinten / welches dann ein lobwuͤrdigſte Sach ware Jeſu Nazareni ſchmertz - lichen Paſſion zu beweinen / vngeachtet diſes / wandte der HErꝛ vnd Heyland ſein blutiges Angeſicht gegen ihnen /Luc. 23. vnd redet ſie alſo an. Nolite flere ſuper me, ſed ſuper vos, & ſuper filios veſtros. Meine Weiber von Jeruſalem / weinet nit uͤber mich / ſondern vilmehr uͤber euch / vndDialog. in Paſs. euere Kinder. Die Vrſach deſſen gibt der H. Anſelmus. Wie das diſer Weiber ihre Kinder neben Chriſto dem HErꝛn geloffen / ihn hoͤnniſch außgeſpoͤtlet / ja mit Stei - ner vnd Kottbatzen auff ihn geworffen / vnd allerley Muthwillen vnd Buebenſtuck veruͤbet / alſo wolte der der HErꝛ JEſus diſen Muͤttern zu verſtehen geben / daß es nit gnug ſeye / wann ſie fromm vnd andaͤchtig ſeyn / ſondern ſie ſollen auch ihre Kinder beſſer aufferziehen / vnd in gebuͤhrender Zucht halten. O wie mancher Mut - ter wird es widerfahren / was der Agar mit ihrem Sohn Iſmael geſcheben. Diſer ſchlimme Bueb begienge allerley Muthwillen / vnd war faſt kein Buebenſtuck / welches diſer vngerathene Fratz nit getriben. Weſſentwegen er auß dem Hauß deß Abrahams verjagt worden / vnd nit allein er / ſondern auch ſeiner Mutter hat man den Stroh - ſack vor die Thuͤr geworffen zu einer Straff / ob ſie ſchon fuͤr ſich ſelbſt ein gutes Weibs-Bild war / vmbweilen ſie ihr Kind dem Iſmael nit beſſer erzogen / ſondern ihm garGeneſ. 21. zu vil durch die Finger geſehen. Alſo wird manche Mut - ter auch auß dem Hauß Gottes vnd herꝛlichen Himmels - Saal auff ewig außgeſchloſſen; weilen ſie ihre Kinder nitrecht207ſeinen leiblichen Vatter Ruben.recht aufferzogen. Wen ſoll nit erſchroͤcken der erbaͤrmli - che Vndergang deß Hohenprieſters Heli, der ein Mann war von groſſer Vollkommenheit / auch mit ſondern Lob das Volck Gottes viertzig Jahr regieret hat / gleichwol hat ihn Gott mit dem gaͤhen Todt geſtrafft / vnd wie Greg. Pap. Joan. Chryſoſt. Baſil. Iſidor. Beda, Philippus He - bræ. darvor halten / auch ſeye er ewig verdambt worden / nur darumb / weilen er ſeinen Kindern zu vil nachgeſehen / vnd dero Vbertrettungen nicht geſtrafft.
Die Eltern thun alſo gar offt zu wenig ſtraffen / vnd gar zu vil lieben / ſie ſollen den Iſraelitiſchen Fuͤhrer Moy - ſen nachfolgen / der eineſt in der Wuͤſten ein bitters Waſ - ſer angetroffen / welches er gleich ſuͤß gemacht / ſo bald er ein Holtz hinein geworffen / obs ein Ruthen oder ein Bri - gel iſt geweſt / das weiß ich nit. In dulcedinem verſæ ſunt. Alſo wann ſie ein Kind vermercken / daß es wegenExod. 15. deß Vngehorſambs vnd andern Maͤngel ſie oͤffters erbit - tert / ſo dann ſollen ſie nach dem Exempel Moyſis das Holtz brauchen / vnd zwar das Bůrckene / will verſichern / was vorhero uͤbel geweſt / werde gut ſeyn.
Zu vil / zu vil / zu vil werden die Kinder geliebt. Wie Jeruſalem von Tito Veſpaſiano belaͤgert worden / ware allerſeits in der betrangten Statt groſſes Elend. Erſtlich ſeynd die Hebræer mit groſſer Vngeſtimm oͤffters außge - fallen / die aber alſo von denen Roͤmern begruͤſt worden / daß der Juden in die ſiben vnd neuntzig tauſend gefangen worden / vnd waren diſe Spott-Voͤgel / alſo ſpottwolfeil / daß deren einer vmb ein Haller ſambt den Leibkauff ver - handler worden. Das war ein Elend. Vil tauſend der Juden wolten ſich mit der Flucht ſalviren / ſo aber alle von Arabiſchen vnd Syriſchen Soldaten ertappt / welche ihnen lebendig die Baͤuch auffgeſchnitten / deß Glaubens / als wollen ſie geſchlicktes Geld finden / das war ein Elend! der208Judas der Ertz-Schelm ermordtder gefangenen Hebræer ſeynd alle Tag gegen fuͤnffhundert gecreutziget worden / alſo zwar das gantze Waͤlder zu Creutz Gaͤlgen außgebauet waren / vnd auff die letzt nit der Jud dem Galgen / ſondern der Galgen dem Juden ab - gangen. Das war ein Elend! wie die Statt endlich nach vierthalb Monatlicher Belaͤgerung erobert worden / wa - re ein ſolches Blutvergieſſen / daß / obwollen die Statt allerſeits im Flammen ſtunde / an vilen Orthen das FeurLib. 6. de bellis c. 7. mit lauter Blut geloͤſchet worden. Das war ein Elend! in allen ſchreibt Joſeph ſeynd in die zehenmal hundert tau - ſend Juden zu Grund gangen. Das war ein Elend! aber doch nit das groͤſte / das eyſerſte vnd groͤſte Elend dunckt mich ſeye geweſen der Hunger / alſo zwar / daß ein adeli - che Frau ihr eignes ſaͤugendes Kind gemetzget / kocht vnd geeſſen. O Elend! wir haben / Gott ſeye der hoͤchſte Danck / dergleichen betrangten Zeiten noch nicht erlebt. Aber das Elend / welches ja nit klein / ſehen wir taͤglich / daß etliche Eltern nit auß Hunger / ſondern auß gar vngeordneter Lieb gleichſamb ihre Kinder moͤchten eſſen / deſtwegen all dero dichten / ſchlichten / ſorgen / borgen / lauffen / ſchnauf - fen / ſchauen / bauen / gehen / ſtehen / ſchreiben / treiben dahin zihlt / daß den Kindern wol gehe. Aber laider denckt man nur an dem Leib / vnd nit an die Seel / man ſorgt nur vmb das Zeitliche / vnd nit vmb das Ewige der Kinder.
Bey vilen Eltern gehet der Traum auß / welchen gehabt hat deß Koͤnigs Pharaonis ſein Mundbeck / oder oberſter Pfiſterer / diſem hat getraumbt / als trage er drey Mehl-Koͤrb auff dem Kopff / in dem oberſten aber truge erlauter Semmel vnd Kipffel / die Voͤgel aber fraſſen es. Die zwey Koͤrb waren fleiſſig zugedeckt / worinnen nit vil beſonders / villeicht nur Geſindl Brodt / aber der allerGeneſ. 40. oberſte / in welchem deß Koͤnigs Mund-Semmel / ware offen denen Voͤgeln zu einen Raub. So vnd nit anderſtpflegen209ſeinen leiblichen Vatter Ruben.pflegen vil Eltern zu hauſen / ſie ſchauen auff alle Weeg vnd Steg / wie ſie den Leib der Kinder / ſo ja nur ein ſchwartzes vnd ſperes Hauß-Brodt verſorgen / ſchutzen / verwahren / bedecken / zieren vnd auffbringen / aber die Seel / welche der oberſte Theil / worin / woran das meh - reſte ligt / laſſen ſie vnbewarter offen ſtehen / denen hoͤlli - ſchen Raaben zu einen Raub.
Wann die Eltern ein Kind haben / welches ein Bu - ckel hat / ſo groß wie ein Scherhauffen in Majo; wie ſcha - men ſie ſich ſo ſehr / wanns in den Augen ſchicklet / daß es zwey Buͤcher auff einmal leſen kan / vnd mit einen Aug in die hoͤhe / mit den andern in die nider ſchaut / wie ein Hauß - Ganß. Wie verdruͤſt es ſo ſtarck / wanns auff einer Sei - ten hinckt wie ein Hund / den die Koͤchin mit dem Nudel - walger bewillkommet. Wie ſchmertz nit ſolches die El - tern / wanns im Geſicht ein vngeformbtes Muttermail hat / etwann auff der Naſen ein Kerſchen / daß der Stin - gel ins Maul henckt. Was gaben die Eltern nit darumb daß ein Kernbeiß ſolches Obſt verzehrte. Der geringſte Leibstadl iſt denen Eltern verdruͤßlich / vnd ſucht man Augen-Artzt / Zaͤhn-Artzt / Ohren-Artzt / Naſen-Artzt / Maul-Artzt / Kinder-Artzt vnd Artztin / in allen Orthen vnd Porten / ſolches Vbel zuwenden. Aber wann die Seel iſt wie ein Wuͤſten: wo nit Pachomius, ſondern ein Bauchomius wohnt; wann die Seel iſt wie ein Tem - pel / wo nit ein heiliger Venantius, ſondern ein heilloſe Venus verehret wird / wann die Seel iſt ein Garten / wo - rinnen nit Nuſſen / ſondern Aergernuß / nicht ein riechen - der Salvi, ſondern ein ſtinckende ſalva venia wachſet. Wann die Seel ein Gaſſen iſt / aber nit bey zwoͤlff Apo - ſteln zu Wienn / ſondern im Sauwinckel daſelbſt. Das achten vnd betrachten die Eltern nit / das ſchmertzt ſie nit / wann ein Kind den Fuß bricht / da weinet die Mut -D dter /210Judas der Ertz-Schelm ermordtter / da iſt naͤſſers Wetter als im November. Wanns aber Gott belaydigt / da iſt trucknes Wetter / als im Heu - monat. Das kombt mir juſt vor / als wann einer Ach - tung gabe auff den Schuh / vnd fragt nichts vmb den Fuß / das heiſt die Nußſchalen auffgehebt / vnd den Kern hinder die Thuͤr geworffen / das heiſt die Ducaten außſchit - ten / vnd die Saublatter auffbehalten / das heiſt den Degen verroſten laſſen / vnd die Schaid vergulten / das heiſt die Ganß vor dem Hund werffen / vnd den Flederwiſch auff den Tiſch legen / das heiſt dem Eſau ein Bußl geben / vnd dem Jacob die Feigen zeigen. O bethoͤrte Eltern! ihr ſeyt nit werth / daß ihr Eltern ſolt genennet werden. Wann ihr nit ſeyd wie Abraham vnd Iſaac. Abraham iſt in groͤſten Gnaden bey Gott geweſt / Gott hat ſeinen Saa - men / Stammen vnd Namen vermehret / wie die Stern deß Himmels / vnd den Sand am Uffer deß Meers / er hat ihn gemacht zu einen Patriarchen der Patriarchen. Warumb? darumb / mercks Vatter / gib Achtung Mut -Gen. c. 22. ter / hoͤrt ihr Eltern. Darumb / Quia non peperciſti unigenito filio tuo; weilen nemblich Abraham ſein eini - gen Sohn nit verſchont / alſo meine Eltern verſchont auch euren Kindern nit. Ihr ſolt ſeyn wie der Iſaac. Als ſol - cher alte Taͤttl ſchon gegen dem Abend ſeines Lebens gan - gen / hat er ſeinem Sohn dem Jacob den Vaͤtterlichen Seegen ertheilt / aber den Himmel vor der Erden geſetzet. Geneſ. 27.De rore Cœli, de pinguedine terræ. Gott gebe dir von dem Tau deß Himmels / vnd von der Fettigkeit der Er - den. Alſo ſorgt auch vor allen / wie ihr denen Kindern den Himmel zuwegen bringet / welches geſchicht durch gottsfoͤrchtige Aufferziehung / nachmals kuͤmmert euch erſt vmb das Zeitliche vnd Irꝛdiſche / ſo ihr ihnen wolt verlaſſen.
NAchdeme Judas ſeinen jedoch vnbekandten Vat - ter Ruben vmb das Leben gebracht / hat die hin -Pad D. Ip - polito fal - cone Che - rico Regal. nel ſuo Narciſſo al fonte Par. 2. c. 4. derlaſſene Wittib Ciboria ſolchen vnvermuthen Todtfall auff kein Weiß wollen verſchmertzen / ihr ſelbſt nit allein die Haar neben vngeheurigen Heullen außge - raufft / ſondern auch bey Gericht vmb die billiche Abſtraf - fung diſes Todtſchlaͤgers mit groſſer Vngeſtimme ange - halten. Pilato als damahligen Landpfleger ware nit gar wol vmb das Hertz / vnd tragte hieruͤber nit geringe Sorg / wie er doch diſer Hacken moͤchte ein Still finden; dann die Klag der Ciboriæ konte er nit anderſt / als billichen ohne ſondern Nachtheil der Juſtitz vnd Gerechtigkeit. Den Judam aber als einen ſehr angenehmen Hoffmann zur Straff ziehen / wolte ihm auch hart fallen. Pilatus erſin - net endlich ein anderſt Mittel zuſtillen den Rach vnd Zorn Ciboriæ / vnd tragt ihr mit ſanffter Manier vor / wie das nunmehr ein geſchehene Sach ſeye mit dem Todt ihres Manns / ſie ſolle deſſenthalben nit gantz verzagen / es ſeyn noch vil wackere / junge Geſellen vorhanden / welche ihr ein Stuckbrodt vnd ſtandmaͤſſige Vnderhaltung koͤnnen bey - ſchaffen / vnd weilen ihr Gott genommen / ſo ſolle ſie wi - dernemben / vnd wie ware es Frau / ſagt er / wann euch der Judas ſelbſten gefallen wolt? bey ſolcher Vorwendung hat die Klag ein End / vnd ihr einen jungen wackeren Men - ſchen zu einen Mann. Holla! ſolches Glait hat bald das truͤbe Wetter vertriben / vnd ſich gleich der Sonnenſchein gezeigt. Ciboria williget in die Heurath / vnd iſt ſolcheD d 2inner -212Judas der Ertz-Schelm verheyratet ſichinnerhalb wenig Tagen ohne weiters Bedencken oder Be - rathſchlagen beederſeyts vollzogen worden. Ciboria be - kam alſo mit dem Mann einen Sohn / vnd mit dem Sohn einen Mann; Judas erhielt an dem Weib ein Mutter / vnd an der Mutter ein Weib. So gehts / ſo geſchichts / wan man alſo blind ohne einige reiffe Erwegung / ohne ferneres nachforſchen / ohne bedachtſames nachdencken / ohne weite - ren Berathſchlag / ja ohne Gott / vnd Gottes Seegen da - hin heurathet / keinen andern Zweck ſuchet / als etwann einen viehiſchen Wolluſt / ein glattes Geſicht / oder auch ein geſpickten Beutl / vnd reiches Vermoͤgen. So ge - ſchichts / vnd ſo gehts / wann er nit fragt / wie ſie beſchaf - fen / vnd ſie nit nachforſcht / wie er genaturt. O vngluͤck - ſeeliger Eheſtand!
Etliche vergaffen ſich an der ſchoͤnen Geſtalt / vnd er - wegen nicht / daß ſolche wie Glaß vnd Graß gebrechlich / folgen nach jenen geillen Mißfincken / welche in dem Suͤnd - fluß Gott gebadet hat. Videntes filij Dei filias homi - num, quod eſſent pulchræ &c. Vil anderſt hat gethan der Patriarch Abraham, diſer ſchickte eineſt ſeinen Hauß - Verwalter Eliezer in Meſopotanien / daß er in ſelbigen Land ſeinem Sohn ein Braut außerkuͤſſe / das iſt fuͤrwar ein harte Commiſſion. Der fromme Haußpfleger raiſt in nomine Domini pro Domina. Was gedunckt euch aber / was vor Gedancken er Vnterwegs gehabt habe? etwann / ich will ſehen / daß ich eine bekomb die vil tauſend Gulden reich / wann ſie ſchon nit holdſeelig / ſo ſie nur goldſeelig iſt. Ich will Achtung geben / daß ich eine finde / die wol beſteht im Kaſten / wann ſie ſchon nit gar Caſta iſt / ich will Fleiß anwenden / daß ich eine antriff / die ſteiff Patzen hat / wann ſie ſchon ein wenig Paza iſt / ich willſehen /213ſich ſeiner leiblichen Mutter.ſehen / daß ich eine bekomb die ſchoͤn von Augen / vnd kei - ne glaͤſſerne Wammes-Knoͤpff / ſchoͤn von Stirn / vnnd kein wurmſichtiger Furnier-Laden / ſchoͤn von der Naſen / vnd kein hochangeſehene Rotzfrau / ſchoͤn von Maul / vnd keinen flaubigen Muͤhlbeutl / ſchoͤn von Zaͤhnen / vnd kein laͤhres Meſſer-Gſteck / ſchoͤn von Statur / vnd kein buckel - tes Taſchen-Meſſer: oder ich wil ſehen / daß ich ein Braut bekomme von einem alten Hauß / deſſen An-Herꝛ ſchon laͤngſt das Bergwerck oder Zehet eingenommen von dem Weingarten / welchen Noe gebaut ꝛc. Keinen derglei - chen Gedancken hat der treue Eliezer gehabt. Er iſt gan - gen weder auff Schoͤnheit vnd Wolgeſtalt / weder auff hohen Stammen vnd Aembtern / ſondern allein hat er nach Tugend getracht / die gantze Sach Gott beſohlen / mit dem Zuſatz. HErꝛ die jenige ſoll ſeyn / wird ſeyn / muß ſeyn ein Braut meines jungen Herꝛns Iſaac, welche wird ſeyn tugentſam / welche auß Lieb vnd Hoͤfflichkeit mir vnd den Camelen wird zutrincken geben. Das iſt recht vnd gut.
Im Heyrathen muß man Gemuͤther / nit Guͤter ſu - chen / im Heyrathen muß man Mores vnd nicht Muros anſchauen / im Heyrathen muß man die Tugend / nicht die Tuchet betrachten / im Heyrathen muß man gute Ge - baͤrden / vnd nit gute Geburten erwoͤgen / das haiſt als - dann / nubat in Domino, wie der H. Paulus ſagt / in1. Cor. 7. Gottes Nahmen heyrathen. Nit uͤbel hat jener geredt.
vrſpruͤnglich daher / weilen man gantz vnbedachtſame Hey -De Ma - trim. c. 2. rathen eingehet. Wie dann der gelehrte Jeſuit Stenge - lius bezeugt / daß zu ſeiner Zeit einer Vormittag in den Schulen einen Schilling bekommen / Nachmittag zu Hai - lung ſeiner Schmertzen / habe er ein Weib genommen. Ein ſchoͤnes Pflaſter! ein mancher bey einem Viertl Wein wird mit einer bekannt / vnd verliebt ſich gleich in diſes pollierte Raben-Aaß / daß in einer halben Stund die Bekanntſchafft / vnd Verwandtſchafft ſich vergleichen / auch die Ehe verſprechen / ehender ſie einander recht ken - nen. Ich halt jenen Geſellen / von welchem das H. Evan - gelium regiſtrieret / fuͤr einen thoren vnd alberen Men - ſchen / ja gar fůr einen Haber-Narren / welcher zu dem ſtattlichen Abend-Mahl hoͤfflich eingeladen worden / je - doch nit erſchinen / mit vorgewendter Entſchuldigung / daß er derenthalben nicht koͤnne erſcheinen / vnd auffwar - ten / weilen er ein Dorff gekaufft / vnd alſo vonnoͤthen ha -Luc. 14. be hinauß zu gehen / vnd daſſelbige zu beſichtigen. Du Narꝛ / du ſolſt es vorhero beſichtiget haben / ehe du den Kauff eingangen. Alſo ſoll man wol vorhero alles vmb - ſtaͤndig erwoͤgen / alles mit der Winckel-Maaß außmeſ - ſen / alles reifflich erkundigen / Sitten / Gebaͤrden / Nai - gungen / Beſchaffenheit / Herkommens / Vermoͤgen / vnd forderiſt Tugend vnd Untugend betrachten / erforſchen / entoͤrtheren / ehe man den Handſtraich wagt / den Willen verkaufft / die Freyheit bindet / vnd ſich verehelichet.
Das215mit ſeiner leiblichen Mutter.Das Heyrathen kombt mir vor / wie das Fiſchen. Ein mancher fiſcht / fiſcht vnd fangt / hat das Gluͤck / fangt ein ſtattlichen Hauſen / bekombt ein gute Hauſerin /Prov. 31. vnd Hauß-Wuͤrthin / wie bey Salomone beſchriben wird: Die die Weeg ihres Hauß in Acht nimbt / & panem otioſa non comedit, vnd iſſet ihr Brodt nit im Muͤſſig - gang. Ein anderer der fiſcht / fiſcht vnd fangt / hat das Gluͤck / fangt ein trefflichen Karpffen / ziecht ein guten Rogen / bekombt ein Reiche: Ein anderer der fiſcht / fiſcht vnd fangt / hat das Gluͤck / fangt ein Weiß-Fiſch / aber lauter Graͤtten / bekombt ein Weiſſe vnd Schoͤne / aber ohne Mittl / omnia gratis. Ein mancher fiſcht / fiſcht vnd fangt / hat ein ſchlechtes Gluͤck / fangt ein Ahlen / die ſihet der Schlangen gleich / weſſenthalben ſie alſo genennt wird Anguilla, bekombt ein boͤſe Megœram, die zornig / vnd gifftig / wie ein Schlang. Ein anderer fiſcht / fiſcht vnd fangt / was? einen Tuͤck (eſt certa ſpecies piſcium in Danubio) bekombt ein duͤckiſchen Puͤffel / welche kein Cartheuſeriſch / ſondern kahlmaͤuſeriſch Stillſchweigen hat / ein teutſcher Muffti.
Das Heurathen kombt mir vor / wie das hoͤben im Gluͤcks-Haffen; ein manche die hoͤbt / hoͤbt herauß ein Zettel mit numero 20. das iſt ein ſchoͤner ſilberne Schreib - zeuͤg / bekombt ein Seeretari, der die Feder in der Hand / vnd die Fluͤgl am Wammes tragt. Ein andere die hoͤbt / hoͤbt herauß ein Zetl mit num. 16. bekombt ein helffenbai - nenen Kampel / ertappt einen ſolchen / der ſie alle Tag grob abkaͤmplet / bey dem ſie an ſtatt deß Capital / Capitl einnimbt / ein andere die hoͤbt / hoͤbt herauß ein Zetl mit num. 21. ertappt nichts als ein Badſchwamm / bekombt einen ſolchen verſoffenen Geſellen / der alleweil will ſauffen wie ein Schwam. Ein andere die hoͤbt / hoͤbt herauß ein Zetl mit num. 9. ertappt nichts als ein Baſchwuͤrffel /bekombt216Judas der Ertz-Schelm verheurathet ſichbekombt einen Spillumpen zu einen Mann / der bey der Schellen-Sau wenig Speck erſparret. Da heiſt es aller - ſeits.
O haͤtte ich das gewuſt!
Ein mancher verblendt ſich / vnd verbrennt ſich nur an der ſchoͤnen Geſtalt / da doch das gemeine Sprichwort vns erinnert / die Schoͤnheit vergeht / die Tugend beſteht. Ja wan die ſchoͤne Geſtalt der Menſchen beſchaffen waͤren / wie der Iſraeliter ihre Kleider / dazumahlen wie ſie von Moyſe auß Egypten gefuͤhret worden / waͤren ſolche Geſichter Krammer noch in etwas zu entſchuldigen / dann viertzig gantzer Jahr durch ein ſonders Wunderwerck haben die Iſraeliter von ihren Kleidern nit ein Faden zerriſſen oderDeut. 29. verſehrt / non ſunt attrita veſtamenta eorum. Aber mit der ſchoͤnen Geſtalt hat es weit andere Eigenſchafft / dann man bleibt nicht alleweil zu Schoͤnau / man kombt auch nacher Braunau / man bleibt nicht immer zu Glatz in Schleſien / man kombt auch nacher Zwifalt in Schwaben. Freylich wol ſeynd ſchoͤn die guldene Haarlocken / aber nit dauerhafft / mit der Zeit thut auch der Kopff mauſen / wie ein alte Bruth-Henn. Freylich wol ſeynd ſchoͤn die ſchwartze Augen / aber nit beſtaͤndig / mit der Zeit werden ſie rinend vnd roth wie die Cyprianiſche Tauben haben. Freylich wol ſeynd ſchoͤn die rothe Wangen / aber nit be - ſtaͤndig / mit der Zeit werden ſie einfallen / wie ein außge - pfifſener Tudlſack. Freylich wol iſt ſchoͤn ein weiſe vnd gleichſamb alabaſterne Naſen / aber nit beſtaͤndig / mit der Zeit wird ein alter Calender darauß / worinnen ſtaͤts feuch - tes Wetter anzutreffen. Freylich wol iſt ſchoͤn ein Coral - lener Mund / aber nit beſtaͤndig / mit der Zeit ſihet er auch auß / wie ein gerupffte Blaumaiſen. Freylich wol ſeynd ſchoͤn die ſilberweiſe Zaͤhn / aber nit beſtaͤndig / mit der Zeit werden auch geſtumpffte Pallaſaten darauß. Frey -lich217mit ſeiner leiblichen Mutter.lich wol iſt angenemb die ſchoͤne Geſtalt / aber halt nit be - ſtaͤndig / ſie geht mit der Zeit auch zu Truͤmern / wie die Alabaſterne Buͤchſen der Magdalenæ. Aber die Tugend beſteht / die Schoͤnheit vergeht. Ein mancher aber ver - maulafft ſich nur an der ſchoͤnen Geſtalt / verliebt ſich an die Schallen / vnd weiſt nicht wie der Kern / vernarꝛt ſich in die Schaid / vnd weiſt nit wie der Degen / verliehrt ſich an der Haut / vnd weiſt nit / wie die Braut / bekombt ein herꝛliche / aber kein ehrliche. Ein ſolches ſchoͤnes Weib iſt wie die Apodecker Pillulen außwendig vergult / ſchoͤn; einwendig pfui di. Ein ſchoͤnes Weib ohne Tugend iſt wie ein Buch ſchoͤn eingebunden / aber einwendig ein laͤh - res Regiſter. Ein ſchoͤnes Weib ohne Tugend / iſt halt ein guldener Becher / vnd ein ſauerer Landshuter Wein darin: ein ſchoͤnes Weib ohne Tugend iſt halt ein gefuͤrnei - ſtes Toback-Puͤchßl / ein mancher bekombt ein ſolche ſchoͤ - ne / die aber vnrugentlich / eine freundliche / aber mit Ge - fabr / daß ſie nit ihrem Mann das Tuͤrckiſche Wappen auff den Kopff ſetze. Sie macht thm ein Lateiniſch V auff die Stirn / vnd ſie buchſtabirt das Et Cætera. Sie macht ihn den hoͤfflichen Mann zu einen Kirchen Thurn Knopff /Stengel. P. 2. c. 51. worauff ein Haan ſteht. Zu Brundrut iſt ein ſolches Kind gebohren / welche ſeines Vatters Namen gantz na - tuͤrlich hinter den Ohren von Mutterleib gebracht ge - bracht / wann das allezeit geſchahe / waͤre mancher Schlep - ſack behutſamer. Ein ſolcher iſt ja ein ellender Tropff / der an ſeinen Weib hat / was Servius Sulpitius an ſei - ner Poſthumia, Aulus Gabinius an ſeiner Lollia, M. Craſſus an ſeiner Tertullia. Cn. Pompeius an ſeiner Mu - tia. Welche alle nit Eheloß / ſondern Ehrloß ihrer Treu vergeſſen. Ein ſolcher verachter / verlachter Tropff / ver -Sueton. lib. 2. hoͤnter / geeroͤnter Actæon ſchambt ſich nicht wenig / kum - mert ſich nit wenig / ſeufftzet nit ſelten.
E eO haͤtte218Judas der Ertz-Schelm verheurathet ſichO haͤtte ich das gewuſt!
Du mein ſauberer Corneli haͤtteſt nit alſo ſollen gaͤch drein blatzen / dich fein vorhero wol erkundigen / dich nicht gleich in die Schoͤnheit verlieben / wie der Eſau in das Linſenkoch / nicht gleich nach der Schoͤnheit dappen / wie die Eva vmb den Apffel / haͤtteſt du zuvor von fern / vnd nachend weißlich nachgeforſcht / wie diſe beſchaffen ſey / ob ſie dich nur wegen deiner guten Mittel nembe / uͤbri - gen fals in einen andern veramorirt / ſo waͤreſt anjetzo nit ſo ſpoͤttlich mit einer Hirſch Parocken verſehen. Darumb
Ein manche arme Haut bekombt ein Mann / vnd widerfahrt ihr / was den Graͤtzeriſchen Landgutſchern wi - derfahren / welche allemahl zu Wienn bey dem wilden Mann einkehren in der Caͤrnerſtraſſen / alſo wird das Wuͤrthshauß genennt. Sie bekombt einen Mann einen ſolchen groben Gſellen / der beſchaffen / wie St. Gallus Tag im Baurn-Calender / dort iſt ein Beer gemahlen. Diſer Pengl iſt weit anderſt als ein Engel / dann der En - gel / das Jahr einmahl oder zweymahl mit dem Stecken uͤber den Schwemb-Teich kommen zu Jeruſalem; aber diſer Rippels kombt faſt alle Tag mit Pruͤgeln. Wol recht haiſt ein Mann auff Hebraiſch Bachal / auff Griechiſch Anirakitis, auff Waͤlliſch Marito, auff Frantzoͤſtſch Ma - ri, auff Spaniſch Marido de Muger, auff Pollniſch Zo - neck, auff Vngeriſch Feriur, auff Lateiniſch Maritus, welches Wort etwann herſtammet von dem Woͤrtl Ma - re, ſo ein bitteres Meer heiſſet. Freylich wol iſt einer ſol - chen armen Haut das Heurathen verſaltzen / wann er ihr immerzu die ultra marin Farb in das Geſicht ſtreicht / vnd ſich noch deß Fauſtrechts haltet / wie es jener ergangen. Diſe war ein Wittib / vnd traumte ihr von nichts meh -rers /219mit ſeiner leiblichen Mutter.ters / als von heurathen. Weſſentwegen ſie zu dem Herꝛ Pfarrer zu Rath gangen / welcher ihr dann als beſcheider vnd beſchaydner Mann noch eingerathen / noch abgera - ten / ſondern die Sach ihren freyen Willen uͤberlaſſen / ihr meiſtes vorbringen iſt geweſt / wegen deß Knechts / der da ſehr hipſch / jung vnd freundlich / zu dem hatte ſie all ihr Abſehen / vnd ein groſſe Naigung / damit dann der Herꝛ Pfarrer diſes Weibs loß wurde / gab er ihr nachfol - genden Rathſchlag / wie daß ſie ſich nach dem Glocken - ſchall / ſo man wird in die Kirchen leitten / koͤne richten; dafern die Glocken ſollen gutheiſſen ihr Vorhaben / ſo ſoll ſie im Namen Gottes heurathen. Die etwart kaum den naͤchſten Sontag; vnd als man mit zwey Glocken zu den Kirchen Dienſt gelitten / ſo kam ihr vor / als gaben die Glocken keinen andern Hall / vnd Schall / als diſen. Nimb den Knecht; nimb den Knecht. Wor - uͤber ſie dann mit ihrem Knecht ſich verheurathet. Aber bald hernach erfahren / daß ſie auß einer Frau ein Magd worden; maſſen diſer grobe Knoll faſt taͤglich ihr fuͤnff Finger Kraut auffs Maul gelegt / ja es ware alle Tag bey ihm Donnerſtag / allwo es auch oͤffters eingeſchlagen / man ſahe ihrs gar wol im Gſicht an / daß ſie ihrem Mann gar faſt an die Hand gehe / welches dann ihr nit wenig Seufftzer auß dem Hertzen erpreſt / auch ſolches klaͤglich dem Herꝛn Pfarrer vorgebracht vnd vorgeropfft / wie daß er ihr ein ſo uͤblen Rath haͤtte ertheilt. Welcher aber ſehr witzig geantwortet / daß ſie nit haͤtte ſollen dem Gleitt der zwey Glocken folgen / ſondern haͤtte warthen ſollen / biß man zuſammen mit drey Glocken haͤtte geleitt / nachmals waͤre kem anderer Schall zuvernehmen geweſt / als diſer nimb nit den Knecht / nimb nit den Knecht / wie offt waͤre auß ihr zuhoͤren;
E e 2O haͤtte220Judas der Crtz-Schelm verheurathet ſichO haͤtte ich das Ding gewuſt?
Du mein groſſe Naͤrrin haſt die Sach gar zu ohnbe - ſunnen angefangen / in dem du nur allein erwegt haſt das rothe Fleſchmaul / ſolſt dir nit eingebildet haben / daß ſich Kapauner-Fleiſch / vnd Kuͤhe-Fleiſch in einem Hoͤffen nit gleich ſieden / ſoll dir nit eingefallen ſeyn / daß ſich der alte Calender mit dem neuen nicht vergleiche / haͤtteſt du nit ſollen dencken / das Neuenmarckt vnd Altenmarckt im Bayrn weit von einander / daß ihr alte kalte Spital-Wahr euch nur ſo gern in die neue Kram miſchet. Ihr wiſt wol / daß Seneca kein angenember Author fuͤr einen jungen Bueben / der noch mit der Naſen auff den Wammes-Er - mel ſchreibt. Ihr koͤnt euch einbilden / vnd muſt euch vor - bilden / daß ein ſolcher nur das euere / nit aber euch lieb habe.
Mancher bekombt ein Weib / die einen Manns - Nahmen hat / nemblich Swighardus, auff teutſch ſchweig hart. Am heiligen Pfingſttag hat ein jeder Apoſtel zwey Zungen gehabt / eine war im Mund / die andere ober dem Haupt / benanntlich der H. Geiſt in Geſtalt einer feuri - gen Zungen. Aber diſes vernuͤnfftige Murmel-Thier hat an einer Zungen zu vil. Andere Muͤhlen haben bißwei - len einen Feyrtag / abſonderlich im Winter / wann der Bach gefrohren / oder im Sommer / wann das Waſſer nicht die Waſſerſucht / ſondern die Schwindſucht bekom - met / aber das Muͤhlrad in ihrem Lauf gehet immerzu. Ihr Katzen-Muſie hat faſt nie kein Pauſam, ſie haͤtte gut zu einen Stund-Außruffer taugt / dann ſie haͤtts nie verſchlaffen. Deſtwegen kein Wunder / daß man nach - mahls mit ſolchen Weibern vmbgehet / wie mit der Stu - ben-Thuͤr / wann ſolche garretzt / vnd kuͤrret / ſo ſchmierbtmans /221mit ſeiner leiblichen Mutter.mans / alsdann ſchweigt der Thuͤr-Angel ſtill. Derglei - chen Thuͤr-Geſchwoͤll hatte einer in Niderland / welcher aber ihr wegen deß ſtaͤtten Zancken oͤffters den Rucken nit mit dem Beſen (ſie ware ohne das boͤß genug) ſondern mit Beſenſtill wacker abgekerꝛt / der gaͤntzlichen Mai - nung / der Still mache ſtill. Solcher Holtz-Marckt wol - te dem vnbaͤndigen Weib gar nit gefallen / ſuchte demnach bey anderen Nachbarinen einen Rathſchlag / wie ſie doch moͤchte ſo vilfaͤltige Kopffſtuck / welche ſie von ihrem Mann empfangen / mit gleicher Muͤntz bezahlen / die dann ſehr ernſtlich zu Rath gangen / vnd endlich alſo geſchloſ - ſen. Sechs auß ihnen wollen ſich beklayden / wie die hei - lige Jungfrauen im Himmel / vnd beynebens mit guten Bruͤglen wol bewaffnet / in der Kammer ſich verbergen / nachgehends auff dero Anruffung erſcheinen / vnd diſen knoperten Geſellen wol mit Holtz-Biern tractieren. Der Handl nimbt ein gute Anſtalt / vnd da ſolcher nach Hauß kommen / fangt ſie ihn gleich anzublaſen / doch nit ſo lieb - lich / wie die Thurner zu Ingolſtatt / vnd weilen ſie ihm die Schmachwort ſub ritu duplici abgeleſen / als konte er nit anderſt / als ſein huͤltzernes Recept ſuchen / diſes Gall - fieber ſeines Weibs zu curieren / auff den erſten Straich rufft ſie alsbald gegen Himmel / die Heiligen wollen ihr beyſpringen / vnd kaum daß ſie geſchryen meine ſechs heili - ge Patroninen / helfft mir / ſo ſeynd alſobald die ver - klaydte Heylloſe zu der Kammer-Thuͤr herauß gewiſcht / vnd vnverzagt darein geſchlagen / daß dem Mann der Bu - ckel geſtaubt / vnd dergeſtalten abgeknittlet / daß ihm ſchier alle Bainer zu Kruſpel worden. Nachdem nun eine nach der anderen wider verſchwunden / ſo fallt er noch ſeinem Weib zu Fuͤſſen / ſprechend / ſeye dir tauſendmahl danckt / mein Weib / GOtt vergelt dirs / mein Schatz / daß es al - ſo noch abgeloffen. Wann du die H. Urſula mit ihrerE e 3Ge -222Judas der Ertz-Schelm verheurathet ſichGeſellſchafft haͤtteſt angeruffen / ſie haͤtten mich zu todt gebruͤglet. Ich Verkauff diſe Wahr fuͤr kein Warheit / gleichwol aber klagt mancher Mann / daß er ein ſtaͤtten Krieg mit ſeinem Weib fuͤhre / vnd glaube ehe ein Armi - ſtitium zwiſchen Hund vnd Katzen / als zwiſchen ihnen / die Koͤpff ſehen zuſammen / wie deß Kayſers ſeine Adler. Deſtwegen ſeye auch kein Seegen Gottes im Hauß / maſſen bekannt / daß GOtt in die Welt kommen / vndMartyr. Rom. auff die Erd herunder geſtigen / toto orbe in pace com - poſito: da die gantze Welt im Friden ware. Wie offt haiſt es dann?
O haͤtte ich das gewuſt!
Du vnbeſunnener Giſpel / du ſolſt in dem Fall nach -Num. 13. gefolgt haben dem Moyſi / welcher nit gleich den geraden Weeg ohne weiters Bedencken dem gelobten Land zuge - ruckt / ſondern bevor etliche dahin geſandt / ſeines Erach - tens geſcheide Maͤnner / welche alles daſelbſt wol ſollen außſpehen / vnd betrachten. Du haͤtteſt ſollen handlen2. Joſue 1. wie der beruͤhmte Kriegsfuͤrſt Joſue, der nicht gleich mit der Armee / vnd gantzem Kriegs-Heer vor die Statt Jeri - cho kommen / ſelbige zu belaͤgeren / ſondern er hat vorhe - ro zwey wackere Maͤnner dahin geſchickt / welche alles vnd jedes gar genau ſollen beſichtigen / vnd verkundtſchafften. Ja du haͤtteſt ſollen vor allen GOtt den Allmaͤchtigen betrachten / welcher den Adam als erſten Weltpfleger kein Weib wolte geben ohne vorgehendes Bedencken / vnndGen. 2. reiffer Erwoͤgung aller Umbſtaͤnd. Es iſt nit gut / daß der Menſch allein ſeye / laſſet vns ihm ein Gehilffe machen / die ihm gleich ſeye. Alſo haͤt - teſt du auch zuvor alles wol beym Liecht ſollen beſchauen / ſo waͤreſt du nicht alſo hinder das Liecht gefuͤhret worden / nit gleich in einem Tag innerhalb wenig Stunden denKauff223mit ſeiner leiblichen Mutter.Kauff machen / welchem nachmahls ein ſo langer Reuͤ - kauff folget. Dann
Was leydet nit ein ſolche arme Julia bey einem ſol - chen October. Den erſten Tag hat Gott der Allmaͤchtige das Liecht erſchaffen / den andern das Firmament / den dritten die Erd ſambt allen Kraͤutern vnd Pflantzen / den vierdten Sonn / Mond vnd Stern / den fuͤnfften Tag hat Gott der HErꝛ die Fiſch vnd Voͤgel auß dem Waſſer er - ſchaffen. Producant aquæ. Gott ſprach: die WaͤſſerGeneſ. 1. bringen kruͤchende Thier herfuͤr / die ein leben - dige Seel haben / vnd das Gefluͤgel auff Er - den vnder dem Firmament deß Himmels. So ſeynd dann das erſtemal die Voͤgel auß dem Waſſer kommen? ja jetzt aber hat es ſich alles vmbkehrt / der Zei - ten kommen die aͤrgeſte Voͤgl / ja die ſchlimeſte Galgen - Voͤgel auß dem Wein / aller maſſen die Trunckenheit ein Wurtzel alles Vbels.
Der heilige vnd groſſe Kirchenlehrer AmbroſiusLib. de E - lia & je - junio c. 14. ſchreibt / vnd beſchreibt / wie die Vollſauffer beſchaffen ſeynd. Incerti illi viſus, inſtabilis greſſus, umbras ſæ - pè tranſiliunt ſicut foveas, nutat his cum facie terra, ſubitò erigi & inclinari videntur, & quaſi vertantur, ti - mentes in faciem ruunt, & ſolum manibus apprehen -dunt:224Judas der Ertz-Schelm verheurathet ſichdunt: Welches auff teutſch ſo vil iſt / ein voller Mann der ſicht auß ſo wild / wie ein abgebrennte Glaß-Huͤtten / ſeine Haar ſeynd ihm zerritt / wie ein alter Roß-Kotzen / er hat ein Naſen die iſt roth / wie ein Feyertag im Baurn - Calender / er hat ein Maul / das iſt ſo ſchmutzig wie ein alter Faimb-Leffel / er hat ein baar Backen die brinnen / wie ein Preuſiſch Leder / er geht mit den Fuͤſſen ſo gerad: wie die Donau zu Dillingen / er haſpelt mit den Haͤch - ſen / als wolte er von vnden auff das Weber-Handwerck lehrnen. Er groͤpetzt / vnd ſingt ſolche Magen-Driller / daß man auß diſem Tiſch-Gloͤckel leicht kan abnemmen / man werde bald fuͤr die Saͤu anrichten. Pfuy du Sau - Narꝛ! heiſt das nit das Ebenbild Gottes / welches der Allerhoͤchſte ſo kuͤnſtlich verfertiget / in das Kott werffen? vnd neben allen diſen was Vbel entſpringt? was Vbel? Das hat Herodes erfahren. Was Vbel? das hat erfah - ren Holofernes. Was Vbel? das hat erfahren Loth. Was Vbel? das hat erfahren der Kayſer Zeno, der Koͤ - nig Alexander Magnus, der Fuͤrſt Udo, &c. vnd vil tau - ſend andere mehr. Was groſſes Ubel? das erfahrt man - che arme Troͤpffin / welche ein ſolche Weinfalter gehey - rathet / der von einem Wuͤrthshauß in das andere fliegt.
Alt iſt die Hiſtori / bekannt iſt die Geſchicht / außge - ſchryen iſt die Begebenheit / welche ſich mit dem guten Alt-Vatter Noë zugetragen. Boetius war der erſte / der die Schueh gemacht. Paulinus war der erſte / der die Glo - cken erfunden: Berchtoldus Niger war der erſte / der das Geſchuͤtz erdenckt. Palamedes war der erſte / ſo die Wuͤrffel auffgebracht: Noë war der erſte / ſo ſich im Wein vollgetruncken. Was iſt ihme aber deſſenthalbenGeneſ. 9. geſchehen? Nudatus in tabernaculo ſuo. Spoͤttlich iſt er entbloͤſt worden. Diſe Entbloͤſſung iſt berkommen von der Trunckenheit: Aber ſag her / wie kombts auch / daßman -225mit ſeiner leiblichen Mutter.mancher an Mittlen entbloͤſt wird? die Sau ziecht den Zapffen / der Beutl wird eytl / Weib vnd Kinder ſehen auß / wie die Arbeit bey dem Bain-Traͤxler / Hauß / Kam - mer vnd Zimmer ſeynd auffgeputzt / wie die Altaͤr am Charfreytag / der zuvor ſo wol geſtanden / iſt anjetzo aller Mittl entbloͤſt. Jene Knaben / welche den Propheten Eli - ſæum geſpoͤttlet / ſeynd von denen Beern zerriſſen wor - den. Mein lieber Maiſter Matthe / vnd Barthlme / mein lieber Maiſter Gregori, vnd Honori, mein lieber Mann Jeremias, vnd Zacharias, wie geht es dir vnd den deini - den ſo ſchlecht? ich glaub allen Anſehen nach / dein Wuͤrth - ſchafft thue uͤberauß ſtarck mauſen / du muſt einen from - men Wandel fuͤhren / daß deine Kinder alle Baarfuͤſſer Ordens werden / es hat keines kein Schuh anzulegen / vnd druckts doch der Schuh allenthalben: deine Kleyder ſeynd nach der alten Modi gemacht / doch mit dem Vnderſchid / das jene zerſchniden / die deinige aber zerriſſen. Wer hat dich alſo zugericht? ich wolt es wol errathen / wann du es mir nit wilſt vor Vngut auffnemben. Gleichwie die4. Reg. 2. Beern jene Kinder zerriſſen / welche den Eliſæum fuͤr ei - nem Kahlkopff außgeſchendet / alſo haben dich auch die Thier vnd Beern zugericht / der ſchwartze Beer in der Vor - ſtadt / der guldene Beer in der Herꝛn-Gaſſen / der blaue Beer in der Gmeinſtraſſen; will ſagen die Wuͤrths-Haͤu - ſer mit diſen Schilten / haben dir alſo geſchadet. Darumb kanſt du mit andern / vnd andere mit dir ſingen.
‘Dives eram dudum, fecerunt me tria nudum, Alea, vina, venus tribus his ſum factus egenus. ’ ()Deſſentwegen hat einmahl ein Bettler von einem Haußherꝛn ein Allmoſen begehrt / welcher dazumal gleich auff dem Beth lage / vnd dem armen Mann die Antwort geben / er wolt ihm von Hertzen gern etwas mittheilen / aber koͤnne nit auffſtehen wegen gar zu groſſen Kopff - Schmertzen / auß was Vrſach fragte der Bettler? deme er geantwort / wie daß er ſich geſtern uͤberweindt. O! wan das iſt mein Herꝛ / ſo trinckt euch heut wider voll / es hilfft. Ja ſagt der Herꝛ / Morgen werde ich mehrmahlen die Schmertzen empfinden. Ey! widerſetzt der Bettler / Morgen muͤſt ihr euch mehrmahlen vollſauffen. Auff ſolche Weiß aber kan ich auch uͤbermorgen das Kopffwe - he nit entgehen. Boſſen / ſagt der Bettler / uͤbermorgen muͤſt ihr euch abermahlen einen dicken Rauſch antrincken. Was wird aber endlich darauß werden? ſagt / vnd fragt der Haußherꝛ. Deme der Bettler; ja ihr werdet halt ein ſolcher armer Narꝛ vnd Bettler werden / wie ich bin; dann ich war vor diſem auch bey guten Mittel / aber die oͤfftere Vollheit hat mich alſo laͤhr gemacht. OperariusEccl. 10. ebrioſus non locupletabitur. Wann nun ein Weib ei - nen ſolchen Wein-Egl / vnd Wein-Igl bekombt / wie offt verurſacht ihr der Wein das Weinen. Wie offt haiſt es.
O haͤtte ich das gewuſt!
Aber du mein bethoͤrte Haut / haſt dir diſen Nagel ſelbſten geſpitzt / in den du getretten / du haſt dir diſen Zwiffel ſelbſt ziglet / der dir ſo offt das Waſſer auß den Augen locket / du haſt dir diſes Feur ſelbſt gelegt / welches anjetzo alles das deinige in dem Aſchen gelegt. Du haſtweder227mit ſeiner leiblichen Mutter.weder Gott / noch den Naͤchſten auch ſo gar deine eigne Eltern nit befragt / ſondern darhin geheurathet / als waͤ - ren dir die Schwalmen uͤber die Augen kommen wie dem Tobiæ. Haͤtteſt fein weißlich nachgefragt / ob diſen nit allzeit traume wie dem Mundſchencken deß Koͤnigs Pha - raonis von dem Reben-Safft. Haͤtteſt du nachgeforſchtGen. 40. ob diſer nit oͤffter in der Bibiotech als Bibliotech anzu - treffen / ſo waͤreſt du alſo hinder die Warheit kommen. aber der blinde Bueb ohne Schuh gab dir kein Ruhe. Jetzt iſt es geſchehen / ein anders mahl bedencks wol / vnd nicht gleich oben hin / wie die Hund auß dem Fluß Nilo trincken.
Zwiſchen den Ehe-Leuthen ſoll es hergehen / vnd ein Beſchaffenheit haben / wie bey der Allerheiligiſten Drey - faltigkeit / dann daſelbſten / werden drey Perſohnen ge - zehlt / vnd doch nur ein Gott. Alſo wann ſchon der Ehe - ſtand in zwey Perſohnen beſtehet / ſo ſoll doch gleichſam nur ein Hertz ſeyn / vnd ein Gemuͤth / ja die groͤſte Einig - keit vnder ihnen ſeyn. Der Eheſtand iſt dißfals wie ein Granat-Apffel / diſe ſchoͤne Frucht tragt uͤber ſich ein Cron / ſo lang der Apffel gantz verbleibt. So bald er aber ſich zerſpalt / ſo iſt die Cron hin. Alſo wie lang die zwey vereiniget ſeyn / ſo lang haben ſie gleichſamb eine guldene Cron / fuͤhren ein gutes Regiment / ſo bald ſich aber ein Zwiſpalt ereignet / ſo iſt alles hin. Wol iſt zu erwegen / daß die Enge! den Loth ſambt Weib vnd Kinder auß der ſuͤndigen Statt Sodoma gefuͤhret haben / jedoch nur den Loth angeredet / er ſoll nit vmbſchauen. Noli reſpicereGen. 19. poſt tergum. Weilen nun ſolches Gebott auch das Weib getroffen / warumb daß die Engel nit ſagen. No - lite reſpicere poſt tergum. Schauet nit hinder euch. F f 2Da228Judas der Ertz-Schelm verheyratet ſichIn Evang. tom. 3. cap. 10.Da antwortet der gelehrte Silveira. Wie das die liebe Engel der Mainung geweſt ſeyn / als waͤren diſe zwey Ehelcuth ſo vereinigt / als ſeyn ſie gleichſamb nur eins. Freylich wol ſoll ein ſolche lob-vnd liebreiche Einigkeit ſeyn / aber layder! erfahrt man oͤffter das Widerſpil / vndMarineus l. 11. Rer. Hiſp. zertrent ſolche nit ſelten die ſchmertzliche Eyferſucht. Wie in Spanien die Statt Gerunda vom Carolo Koͤnig in Sicilien, vnd Philippo Koͤnig in Franckreich erobert wor - den / wolten die Frantzoſen das Grab deß H. Narciſſi be - rauben. Seynd aber von diſen ihren gottloſen Vorhaben abgetriben worden durch ein vnzahlbare Menge der Mu - cken / welche wunderbarlicher Weiß auß dem Grab deß H. Narciſſi herauß geflogen. Diſer kleine Feind mit ſeinen kaum ſichtbaren Stilleth hatein groſſe Anzahl der Frantzo - ſen erlegt / die uͤbrige alle ſpoͤttlich in die Flucht gejagt; alſo daß annoch bey den Herren Spaniern das Sprich - wort laufft; die Frantzoſen foͤrchten ſich von denen Spa - niſchen Mucken. Den H. Narciſſum haben die Mucken defendirt, aber ein mancher Narꝛ hat Mucken / vnd macht ihm Mucken / die ihn nur offendiren / vnd ſolche Mucken ſeynd das mehreſte wegen der Eyferſucht. Da ſoll ſie alle - weil hinter dem Offen hocken / wie ein Bayriſcher Gogl - hopf. Sie ſoll ſich das Jahr nur einmahl ſehen laſſen vor andern wie ein Balm-Eſel. Sie ſoll nichts reden / als haͤt - te ſie auff die Cartheiſer Regel Profeſſion gemacht. Alle Schritt vnd Tritt kommen ihm verdaͤchtig vor / wann ſie nur einmal ſeufftzet / ſo winſcht er ſchon / der Seuffer haͤt - te Schellen / oder Gloͤckl an / wie die Schweitzer-Kuͤhe / damit er wuſt / wo er hingehe / er lad niemand ins Hauß / er leit niemand im Hauß / er macht ihm tauſend Mu - cken. ꝛc.
Ein ſolcher iſt geweſt Ludovicus Severus Hertzog in Bayrn / welcher ohne allem Grund ſeyn Frau Gemah -lin229mit ſeiner leiblichen Mutter.lin Mariam, als ein hohe Princeſſin von dem Stammen - Hauß der Fuͤrſten in Brabant, in einen gottloſen Ver - dacht gezogen wegen eines Schreiben zu Ruchonem den Graffen. Alſo zwar / daß er auß Ubergwalt der Eyffer - ſucht in einen Zorn / von dem Zorn in ein Furi / von der Furi in einen fuͤnfffachen Todtſchlag gerathen / dann er nit allein vier andere ſeines bethoͤrten Wahns nach be - ſchuldigte Perſonen hingerichtet / ſondern auch ſein Hoch - fuͤrſtliche Gemahlin von deß Henckers Haͤnden / ob ſie ſchon die Unſchuld ſelbſten war / tyranniſch enthaupten laſſen zu Donawerdt; Die folgende Nacht darauff iſt er dergeſtalten thails vom aignen Gewiſſen / thails auch durch den Geiſt Mariæ ſeiner Gemahlin alſo geplaget / vnd beaͤngſtiget worden / daß er als ein junger Fuͤrſt mit 26. Jahren ſchlaffen gangen / aber zu Morgens als ein ſechtzigjaͤhriger Taͤtl gantz Eyßgrau auffgeſtanden / wel - cher nachmahls zu einer Buß / ſo ihme Pabſt Alexander der Vierdte aufferlegt / das ſtattliche Ciſtertzienſer CloſterRader. P. 2. Bavar. Sanct. An - nal. Erd - for. 1275. Fuͤrſtenfeld zwiſchen Augſpurg vnd Muͤnchen erbaut / vnd mit groſſen Renten verſehen. Da ſicht man / was nit ſolche eyfferſuͤchtige Mucken fuͤr ein Gewalt haben.
Dergleichen Mucken hat auch gehabt jener Rhein - Graff / welcher auß uͤblen Verdacht einen edlen Ritter enthaupten laſſen / vnd nachgehends den Kopff ſeiner Frauen / als einer vermainten Ehebrecherin / ein gantzes Jahr hindurch an den Halß gehenckt / welchen nachmahls der H. Ulrich Biſchoff zu Augſpurg wunderbarlich befoh - len / er ſolle die Warheit offenbahren / worauff die ſchon verfaulte Zung diſe klare Wort / ſo von viertzig anderen Beyweſenden verſtanden worden / offentlich geſprochen. Ego cum hac fœmina non peccavi: Ich hab mit di -Steng. in mundo Theor. P. 3. c. 34. ſem Weib nit geſuͤndiget. Nit vil anderſt hat ſich ver - halten jener reiche Burger / mit Nahmen ChriſtophorusF f 3Bon -230Judas der Crtz-Schelm verheurathet ſichBongartner, Anno 1528. zu Baßl in Schweitzerland / welcher uͤber allemaſſen geeyffert mit ſeinem Weib / vnd da er eineſt ein ſeidenes Band an ſeinem Diener erſehen / welches er glaubte / als ſeye es ſein geweſen / vnd das Weib diſes dem Diener geſpendiert. Diſes hat ſeine Mu - cken dergeſtalten vermehrt / daß er ſein ſchwangeresSurius in Chron. An. 1528. Weib ermordt / ſein kleines Toͤchterl erwuͤrget / vnd nach dem er einen Brieff verfertiget zu dem Senat daſelbſten / hat er ſich von den oberſten Gaden ſeines Hauß auff die ſtainige Gaſſen herunder geſtuͤrtzt / vnd den Halß gebro - chen. Das ſeynd die ſaubere Fruͤchten der Eyfferſucht: Solche Brunſten erwecket der Sathan durch die wintzig - ſte Funcken; weilen er nichts anderſt ſucht / als die Einig - keit im Eheſtand zu zerſtoͤhren / welche allweg ſoll verblei -Matth. 27. ben / wie der Under-Rock Chriſti deß HErꝛn / der da ohne Nad / ſondern ein gantz vereinigtes Klayd / vnd ſolchem wolte Gottes Sohn nit zulaſſen / daß er zerthailt / oder zertrent werde.
Von dergleichen Mucken ſeynd ſehr vil Weiber auch nit befreyt. Ja diſe kommen mir vor / wie die Froͤſch im Sommer / diſe gruͤnhoſende Lacken-Treſcher verbrin - gen ja ein verdrießliche Muſte / die mehreſte Zeit / wann ſie auff einem moſigen Geſtatt eines Fiſch-Weyers oder Teicht ihr Pfund-Goſchen auffſperren / daß faſt der Kopff nit ſicher iſt / daß er nit zum Maul hinauß falle; ſie ma - chen ſolche Driller in ihrem Geſang / daß gegen ihnen ein kropffeter Pintzger ein lieblicher Amphion im Singen ſcheint zu ſeyn / vnd ſo vil man den Text ihres liederlichen Lieds verſteht / ſo quagetzen ſie nichts anderſt als gib acht / gib acht / gib acht. Der eyfferſichtige Wei - ber-Gedancken redet nichts anders / als eben diſe Froͤſch - Sprach gib acht. Wann der Mann nur auß demHauß231mit ſeiner leiblichen Mutter.Hauß geht / ſo haiſt es gib acht / wo er den Weeg hin - nimbt. Wann er einer anderen ein guten Morgen gibt / ſo glaubt ſie / es ſeye ſchon der Abend ſeiner Treu vor - handen / da haiſt es / gib acht / wie er ſie nit anlacht? wann er bey einem hochzeitlichen Ehren-Tantz zwaymahl mit einer tantzt / ſo haiſt es ſchon / gib acht / ob er ihr nit die Haͤnd truckt; ich hab ſelbſt eine gekennt / welche der anderen mit einem ſcharpffen Taſchen-Meſſer das Angeſicht Creutzweiß zerſchnitten / vmb weilen ſie ihren Mann mit dem Ellenbogen ſchertzweiß geſtoſſen. Gib acht / gib acht. Ein andere iſt geweſt / welche einen ſehr Gottsfoͤrchtigen Ehemann gehabt / gleichwol mit ih - me dermaſſen geeyffert / daß bey ihr faſt nichts anzutreffen war / als das ſtaͤtte gib acht: vnder anderen hat ſie acht geben / daß er alle Tag ſo eyffrig nur an einem Orth deß Bett-Buͤchleins geleſen / welches ſie veranlaſt hat zu ſehen / was es doch fuͤr ein Gebett ſeye. Und ſihe! da nimbt ſie wahr / daß die Blaͤtter gantz ſchmutzig / wo die ſiben Buß-Pſalmen deß Davids ſtunden / gleich hierauff ſchoͤpfft ſie den Argwohn / weilen David ein Ehebruch be - gangen / habe er diſe Buß-Pſalmen gebettet / vnd weilenStengel. P. 2. c. 36. dergleichen Andacht bey ihrem Mann / ſo ſeye auch ein gleicher Verdacht bey ihm / welche Eyfferſucht dergeſtal - ten ſie gequeller / daß ſie ihr endlich ſelbſten den Todt an - gethan. Bey einem ſolchen / bey einer ſolchen ſeufftzt man oͤffter.
O haͤtte ich das Ding gewuſt!
Ihr aber haͤttet es wol wiſſen ſollen / dann vnder anderen Trangſahlen / welche in dem Eheſtand einſchlei - chen / iſt auch die mißtrauende Lieb / vnd vnruhige Eyffer - ſucht nit die geringſte / welche der gerechte GOtt bißwei -len232Judas der Ertz-Schelm verheurathet ſichlen derentwegen zulaſſet / damit die Freud deß Eheſtands / vnd wolluſtige Lieb in etwas gemaͤſſiget bleibe. Mehre -1. Corint. cap. 7. ſtes aber ruͤhren ſolche Truͤbſahlen (tribulationem ta - men carnis habebunt EIUSMODI) vnnd ſolche W in der E daher / weilen man den Stand gar zu gaͤh vnd vnbeſunnen antritt / auch den allmaͤchtigen GOtt deſ - ſentwegen nit vmb Rath gefragt / welcher ohne Zweiffel auff eyffriges Anerſuchen / vnd innbruͤnſtiges Gebett dasProv. c. 19. Gemuͤth erleuchten thut. Darumb ſpricht der weiſe Salomon. Domus & divitiæ dantur à Parentibus, à Domino autem propriè uxor prudens: Hauß vnd Reichthumb wird von den Elteren gegeben / aber ein vernuͤnfftiges Weib kombt eigentlich von GOtt dem HErꝛn. Wer dann ein gutes from - mes Weib verlangt zu bekommen / der muß ſich nit vmb ein alte / zahnloſe Kupplerin vmbſehen / welche mit ihrem Hueſten-Gwerb ſolche Heyrath zuſamb baͤndlet / ſondern er muß mit auffgehebten Haͤnden den jenigen eyffrig er - ſuchen / welcher den H. Eheſtand eingeſtellt in dem Luſt - Garten deß Paradeyß. Ein rechtes Weib / ſagt einmahl einer / muß lauter vnd haben / erſtlich ein rothen Mvnd / huͤpſch geſvnd / gehorſamb zu aller Stvnd / Gold vnd Gelt nach dem Pfvnd / die nit bellt wie ein Hvnd / die einem Mann alles gutes vergvnd / die nicht wird vnge - dultig / ſo mans auch ſchvnd / die fein hurtig vnd rvnd / daß man kein beſſere ſvnd. Auff ſolche Weiß wolt es der Phantaſt gar gekiechlet haben. Aber wahr iſt es doch / der ein gutes Weib wuͤnſcht zu haben / die in allen ihme ein Wolgefallen laiſten ſolle / der ſuchs von GOtt / à Do - mino. Wo aber der Eheſtand vngluͤckſeelig außſchlagt /ver -233mit ſeiner leiblichen Mutter.verſichert euch / daß euer aigne Schuld ſolchen bittern Wermuth gepflantzet habe / dann entweders ſeyt ihr zu - ſammen kommen / ſicut equus & mulus, quibus non eſt intellectus: Wie Roß vnd Maulthier / die keinen Verſtand haben. Oder ihr habt diſes H. Sacrament nitPſal. 31. im Stand der Goͤttlichen Gnaden empfangen / oder euer Zihl / vnd gezimmendes End war nit das jenige / welches GOtt / vnd nach ihm die Kirchen vorgeſchriben / oder ihr heyrathet in ein nahende Verwandtſchafft ohne groſſer Noth / wie Judas der Ertz-Schelm / ꝛc.
NAchdem Judas durch oͤffteres Geſpraͤch mit ſeiner Ciboria ſo weite Nachricht erforſcht / daß er war - hafftig ſeinen eignen Vatter ermordet / vnd hier - uͤber noch ſein leibliche Mutter fuͤr ein Ehegatten mißbrau - che / hat er Theils durch eignen gwiſſen Zwang / vnd inner - lichen Antrib / wie nit weniger durch der Ciboriæ beweg -Jacob. de Vorag. in Con. S. Matth. liche Anmahnung gaͤntzlich beſchloſſen ein haylſamen Buß - wandl anzuheben / vnd weilen dazumahlen Chriſtus JE - ſus von Nazareth ohne das wegen ſeiner Lehr vnd Werck ſehr beruͤmbt ware / alſo hat er mit groſſen Eyfer geſucht / wie er moͤchte in Chriſti Geſellſchafft kommen / welches dann ihme alſo wol gelungen / daß er bald mit ſondern Troſt zu einen Juͤnger vnd Apoſtel deß HErꝛn iſt erkuͤſen worden. Weil nun Abulenſis in c. 10. Matth. Ruper - tus in c. 6. Joan. Auguſt. in Pſal. 34. Con. 1. Kraͤfftig darfuͤr halten / als ſeye Judas allzeit ein Schelm geweſt. G gEnt -234Judas ein angehendterEntgegen Tertul. l. de Præſcript. adverſus Hæreſ. c. 3. Cyrill. l. 4. in Joan. cap. 30. Chryſoſt. l. 3. contra Pelag. c. 2. Item Ammonius, Leontius, Theophylactus, Ca - jetanus, Maldonatus ad cap. 10. Matth. der widrigen Außſag ſeyn / vnd wollen / daß Judas anfaͤnglich ein from - mer vnd gwiſſenhaffter Menſch ſeye geweſen / wie er in das Apoſtoliſche Collegium ſeye auffgenomben worden. Alſo moͤchte hierinfals zum Behuͤlff beeder Sententz zu glauben ſeyn / als ſeye zwar Judas ein gottloſer Boͤß - wicht geweſen vorhero; damahlens aber / als er vnder die Apoſtlen Chriſti iſt gezehlet worden / durch innerliche Reu vnd Bußfertigkeit ſchon den Nahmen eines Gerech - ten verdient habe. Dermahlen eraignet ſich ein ſehr wich - tige Frag / warumben doch der ſeeligmachende Heyland habe Judam fuͤr einen Apoſtel erkiſen? da er doch vermoͤg ſeiner Goͤttlichen Allwiſſenheit erkannte / daß diſer ein raudiges Schaaf vnder ſeinem geheiligten Heerde werde abgeben / vnd endlich als ein gewiſſenloſer Ertz-Schalck ſeinen aignen HErꝛn vnd Maiſter denen Feinden uͤber -S. Ambr. l. 5. in Lu - cam. geben. Der H. Ambroſius antwort / es habe darumben JEſus Judam zu einen Apoſil erwoͤhlt / da er doch hat vorgeſehen / daß er zu einem Schelm wird werden / damit du auch mit Gedult uͤbertrageſt / wann dein Frater anS. P. Aug. l. 18. de Civit. c. 49. dir ein Verraͤther wird. Der H. Vatter Auguſtinus iſt der Mainung / es habe der Heyland derenthalben Judam in ſein Apoſtoliſche Geſellſchafft auffgenommen / da er doch vorgeſehen diſes Menſchen verruchte Boßheit / da - mit er auch auß dem Boͤſen koͤnne etwas Guts ſchmidten / zumahlen diſer ſchlimme Lotters Geſell ein WerckzeugS. Thom. in cap. 10. Matth. ware deß Leydens Chriſti. Mir gefallt aber dißfalls vor - derſt die Lehr deß Engliſchen Doctors / welcher gaͤntzlich vermaint / daß der heylwuͤrckende JEſus habe dem Judæ ein Stell in dem Apoſtoliſchen Gremio vergunnt / obſchon235Juͤnger deß HErꝛns.ſchon er vorgeſehen deſſen verfluchte That / vnd groſſen Undergang / damit er zaige / daß kein einiger Stand ſeye ohne Schand-Fleck / vnd mitten vnder den Guten auch ein Boͤßwicht lebe. Deſſenthalben aber ein H. Religion / ein Orden / ein Cloſter nit zuverwerffen / vmbweilen einer oder der andere darinnen ſich nicht gut verhalt.
Hoͤrt ein wenig ihr Ehrenſtutzer / ihr Ehrenſtunpler / ihr Ehrabſchneider / ihr Ehrnſchender / ihr Ehrenſchin - der / ihr Ehrendieb / die ihr ein gantze Zeit die Geiſtliche im Maul herumb tragt / welches doch immer ſchad / daß ein ſolches gutes Biſſel in ein ſolche ſchlimme Goſchen kombt. Hoͤrt was einmahl der groſſe H. Vatter Augu - ſtinus von ſeinem Cloſter / vnd Orden geredt / daß redet noch ein Benedictus, ein Dominicus, ein Franciſcus, ein Bernard ein Norbert. ein Ignatius von den ſeinen. Non eſt melior Domus mea, quam Domus Domini; mein Hauß iſt nicht beſſer / als vnſers Herꝛn ſein Hauß. Daß Judas Iſcarioth ein Laſter Menſch geweſen / muͤſſen es / vnd ſollen es andere Apoſtel nit entgelten. Die Catholi -Cauſſin. tom 1. Aul. Sane. ſche Kirch zelt eilff Millionen der Martyrer / wie Cauſ - ſinus bezengt / die Statt Rom prangt allein mit dreymal hundert tauſend Martyrer / wie es Thomas Pozius be -Thom. Poz. l. 7. de ſig. Ec - cſeſ. c. [5]. hauptet. Vnder dem Diocletiano ſeynd in einem Mo - nath 17000. durch vnderſchidliche Peinen gemartert wor - den / durch Pfeil der H. Sebaſtianus, &c. durch Stein der H. Stephanus, &c. durch Bruͤgel der H. Maurus, &c. durch das Waſſer der H. Sabas, &c. durch das Creutz vnd Galgen im Lufft der H. Strata, &c. durch die Erd vnd lebendige Begraͤbnuß der H. Chryſanthus, &c. durch Feuer der H. Laurentius, &c. durch wilde Thier der H. Sylvanus, &c. durch Schinden der H. Bartholomæus, &c. durch Zungen Außſchneidung die H. Baſiliſſa, &c. durch eiſerne Ruth der H. Lycarion. &c. durch ein SagG g 2ein236Judas ein angehendter.aber ein einiger Apoſtel / vnd die H. Tarbula ein Schwe - ſter deß H. Biſchoff Simeonis. Der Zeiten aber ſeynd faſt alle geiſtliche Martyrer / vnd werden gepeiniget durch Sagen / dann wo iſt ein Orth / oder Port? wo iſt ein Land oder Stand? wo iſt ein Hauß oder Schmauß? wo man nit thut Vbels Sagen von denen Geiſtlichen. Die Sag mit der der heilige Apoſtel ſambt der H. Tarbulâ iſt gemartert worden / hat ſehr peynliche Zaͤhn gehabt / aber wer leidet mehrers vnd oͤffter von den Zaͤhnen vnd biſſigenApud An - ton. tit 19. c. 8. Maͤulern als eben die Geiſtliche? Joannes de Plano ſambt mehrern ſagt ernſtlich auß / daß in der Tarterey ſehr vil Leuth forderſt die Mannsbilder rechte natuͤrliche Hunds - Koͤpff haben / deren beſte Waffen wider ihre Feind die ſcharffe Zaͤhn ſeynd. Ich meines Theils rath keinen diſen vnnoͤthigen Vorwitz zubuͤſſen / daß er in ſolche ferne Land ziehe / maſſen er dergleichen Abentheuer wol in vnſern Laͤndern antreffe / er frage nur vns arme Geiſtliche vmb Bericht / die wir faſt taͤglich ſolche Hunds-Koͤpff / ſolche Hunds-Zaͤhn / Hunds-Zungen / Hunds-Murꝛn / Hunds - Beiſſen empfinden.
Die gottloſe / ehrloſe / gwiſſenloſe / hayloſe / treulo - ſe / grundloſe Leuth ſeynd natuͤrlich wie die Egl / welche nur das ſchlimbe Blut ſutzlen vnd ſaugen / in dem ſie nur auff Defect vnd nit Profect, auff das boͤſe vnd nicht auff das beſte / auff das hailoſe / vnd nicht das heilige Achtung geben. Sie tretten gar embſig in die Fußſtapffen jener Phariſeiſchen Bſchnarcher / welche dem HErꝛn vorge - worffen / daß ſeine Juͤnger nach Satzung der Elteſten ih - re Haͤnd nicht waſchen / bevor ſie das Brodt eſſen. EßMatth. 15. Lumpenhund! waſcht ihr lieber euere vngereimbte vnd vngeraumbte Goſchen / von andern Tugenden vnd Voll - kommenheiten ſeyd ihr gaͤntzlich ſtill / welche ihr doch taͤg -lich237Juͤnger deß HErꝛns.lich vnd ſtuͤndlich bey den Apoſteln wahrnembt / diß einige / was ihr ſelbſt fuͤr einen wintzigen Mangel haltet / aͤrgert euch. Alſo ſeynd