PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Pöetiſche Roſen Gepüſche.
1650
Erſtes
Roſen-Ge - puͤſche.
Hall in Sachſen /Gedruckt beyMelchior Oelſchlegels S. Erben/ im Jahr[e]1650.

Denen Wol-Edlen / Deſten / Ehrenveſten / Voracht - baren / Wolweiſen und WolgelartenBarthel von Wolfsberg / ꝛc. Jhrer Hochfuͤrſtl: Durchl: des Herꝛn Pfaltzgrafens und Generalisſimi Ge - heimen Secretarien / ꝛc. , • Herꝛn Chriſtian Brehmen / Jhrer Churfuͤrſtlichen Durchl: zu Sachſen Geheimen Kammer-Diener / des Raths / und Bibliothecarien in Dreßden / ꝛc. , • Herꝛn Johann Rudolphen / wolverordneten Eſtaats-Secre - tarien in Leipzig / ꝛc. , and • Herꝛn Heinrich Alberten / Beyder Rechten Wolbefliſſenen in Nuͤrnberg. Meinen groſſen Goͤnnern / ꝛc.

Wol -
Wol-Edler / Veſter / Ehrnveſte / Vor - achtbare / Wolweiſer / Wolgelarte / ꝛc.

WEnn wir die Zeiten / ſo vor uns geweſen ſind / etwas in Augenſchein nemen ſo befindẽ wir uͤberfluͤſſig / daß die Poeſie bey den alten Teutſchen nicht allein / als wie in einem Traume und Nebel / verborgen gelegen / ſon - dern auch wol gegen unſer jetzigen Zeit wie nichts zu ſchaͤtzen geweſen ſey. Wir haben zwar jhren Fleis / den ſie bey ſo groſſen und ſchweren Kriegen nicht ſterben laſſen / hoͤch - lich zu ruͤhmen / jedoch aber ſcheinen ſie in de - me tadelhaftig zu ſeyn / daß ſie faſt immerdar auf einerley Art und Weiſe geblieben / wie aus den alten Meiſter-Geſaͤngen zu erſehen / biß ſie zun Zeiten Carolus des Groſſen her - fuͤr gebrochen / da ſie den Griechen und R - mern (welche jhre Poeſie erſt 410 Jahr nach erbauung jrer Stadt / wie es Cicero außrech - net / uͤberkommen) nichts bevor gebẽ wollen. Und haben ſich nicht nur gemeine Leute un - terwunden / ſolche zu erheben und zu vermeh - ren; ſondern es iſt auch Fuͤrſtlichen und an -[d]ern hohes Standes Gemuͤhtern belieblich(a) iijgefal -gefallen / jhre beluſtigung zu ſuchen: Geſtalt denn bey Melchior Goldaſten / dem Ritter Teutſcher Zierligkeit / unter andern vieler Fuͤrſten / Grafen / Freyherꝛen / Herꝛen und vornehmer Adlicher Ritter / ja Kaͤyſer Hein - richs / und Conrads Roͤmiſchen Koͤnigs Lie - der und Gedichte angezogen und geruͤhmet werden. Von der Zeit an haben ſich immer je mehr und mehr viel feurige Geiſter gefun - den / welche mit jhren ſcharffen Nachſinnen ſo weit empor geflogen / daß auch die andern in jhren Mutterſprachen ſie zu ereilen nicht vermoͤcht haben. Wie ſchwer uns Teutſchen anfangs die Zunge geweſen / ſo leicht iſt ſie uns nun worden / daß wir nicht allein denen alten Roͤmiſchen / ſondern auch andern A - laͤndiſchen Dichtern / mit hoͤchſt-anmuhtiger fertigkeit nachreden / ſondern auch mit jhrer reinen und unverfaͤlſchten Zierde[u]mſetzen koͤnnen. Wir geben nunmehr keinem frem - den Volcke was bevor. Hat Welſchland ſeine Petrarchen / Dantes / Anguillaren / Taxen / Arioſten / Alamannen / Bemben / Veniren / Goſelinen / Perotten / Sannazaren / Stoen / Fauſte / Bibbienen / Bargueſen / Jovien uñ Camillen; Franckreich ſeine Ronſarde / Sa - luſte / Marotten / Rabelaͤiſe; Engelland ſeine Sidneye; Spanien ſeine Mondogneten; Nie - derland ſeine Heinſe / Scrivere / Lazen undStar -Starter; So hat Teutſchland nunmehr ſei - ne Barthe / Werder / Opitze / Buchner / Ta - che / Flemminge / Lunde / Tzſcherninge / Ri - ſte / Harſtoͤrffer / Bremen / Roberthine / Fin - ckelthauſe / Rumpler / Cahlene / Hartmaͤñer / Zeſie / Clajen / Ziegler / und viel andere ſtat - liche Fruchtbringende Gemuͤhter / daß es da - durch ſtoltz und hochmuͤhtig zu werden ſich wol aufblehen koͤnte / wenn es ſeine alte Auf - richtigkeit und Treue zugeben wolte. Und wenn wir nicht an ſo viel Mecenaten Mangel erlitten / ſo wuͤrden ſich gewiß mehr Marones und Horatzen / als Baff und Meffe blicken uñ ſehen laſſen. Die alten Roͤmiſchen Helden haben es in dieſem fall vor einẽ hohen Ruhm geachtet / ſolche trefliche Geiſter zu beehren / damit die Nachkommen etwas haͤtten / das ſie beydes zu jhrem Lobe / und auch zu billiger Nachfolge anreitzen koͤnte. Scipio hat des Ennius Gedichte ſo hoch gehalten / daß er ſie auch vor das beſte Buch ſeiner Zeit geſchaͤtzet. Cherilus (wiewol er nicht ſehr anmuhtig) und Homerus / welcher zuerſt von dem Spar - taniſchen Geſetzgeber Lycurgus zuſammen gebracht wordẽ / ſind des groſſen Alexanders ſtete Reiſe-geferthen geweſen. Darius hat der Stadt Thebe deßwegen verſchonet / weil der Pindarus in Jhr geboren und erzogen worden. Epius oder (wie Quintilianus aus(a) jvdemdem Varꝛo recht wil) Elius Stolo / hat des Plautus Luſt-Spiele in ſolchem Werth ge - halten / daß er auch ohne ſcheu ſagen doͤrffen: Wo die Muſen haͤtten reden ſollen / ſo wuͤrden ſie ſich ohne zweifel ſeiner Verſe gebrauchet haben. Dieſen loͤblichen Exempeln ſind auch jhꝛer viel zu unſern Zeiten nachgefolget. Der Rath zu Rom hat den vortreflichen Petrar - chen am 8 Tage des Aprilis / wegen ſeiner Ge - ſchickligkeit in Dichten / in dem Capitol oder Haupt Kirche oͤffentlich und vor allem Volck gekroͤnet. Quinctianus Stoa bekam glei - chesfals ſeinen Lorber Krantz / als ein Zeichen hoher Ehre / von Koͤnig Ludwigen dem XII. in Franckreich. Fauſtus wurde zur Zeit K - nigs Franciſci (als wie bey uns Kaͤyſerli - che) Koͤniglicher Poet genennet. Bembus und Bibbiena wurden ſo hoch gewuͤrdiget / daß ſie auf einmahl mit zweyen unterſchiede - nen Kraͤntzen / einem gruͤnen von Lorber / uñ einem Rothen / ohne zweifel von Roſen / ſind verehret worden. Was dem Jrida vor Gunſt und Gnade wiederfahren / das wiſſen ſeine Landsleute. Und damit ich unſers ſel. Opi - tzens nicht vergeſſe / ſo iſt er bey Kaͤyſerlichen / Chur-und Fuͤrſtlichen / ſonderlich an dem uͤm die Teutſche Sprache wolverdienten Anhal - tiſchen Hofe ſo beliebt geweſen / daß er nicht allein gekroͤnet / ſondern auch dermaſſen be -gnaͤdi -gnaͤdiget worden / daß es in ſeinem Leben we - der Er ſelbſt / noch nach ſeinem Tode der hoch - gelarte Riſt mit jhren Goͤttlichen Schriften gnugſam ruͤhmen und erheben koͤnnen. Wie hoch wurde der Edle Fleming gehalten? ſei - ne hinterbliebene und wolgeſetzte Sachen be - zeugen es gewaltig / daß er nicht in ſchlechten Gnaden bey den Ein - und Außlaͤndiſchen ho - hen Haͤuptern muß geſtanden ſeyn. Es iſt a - ber nicht nur bey ſo hoher Beehrung verblie - ben / ſondern auch in der That erwieſen wor - den / daß man jhrer viel noch heutiges Tageſ fuͤr freygebige und milde Printzen zu ruͤh - men und außzuruffen ſatſame Urſach hat / weil ſie / nach des Syneſius Meynung / durch jhre Wolthaten den Goͤttern am aͤhnlichſten worden ſeyn. Cherilus bekam von Alexander dem Groſſen fuͤr einen jeden guten Vers eine Krone. Die Summa / die Virgilius von Kaͤy - ſer Auguſtens Schweſter empfangen / iſt noch aller Welt bekant. Des Edlen Sannazar[o]uͤberſchrift von der Stadt Venedig hat nicht mehr als 600 Ducaten getragen. Was der Herꝛ von Baſſompiere in Franckreich dem Vandero fuͤr eine Comedie verehret / hat ſich (wie es Riſt in der Vorꝛede uͤber ſeine Teut - ſche Muſe erwehnet) auf dreiſſig tauſent Du - caten belauffen. Vor das eintzige und aus dem Seneca zuſam̃en getragene Lied: Wol(a) vdemdem der weit von hohen Dingen; ſol (wie mir glaubwuͤrdig erzehlet worden) der Se - lige Opitz von einem Frey Herꝛn hundert Thaler bekommen haben. Was vor freyge - bige Haͤnde unſer geliebtes Vaterland an - noch getragen / wiſſen die Muſen am beſten. Die Tugend bleibet doch nicht dahinden / Sie iſt immer als wie eine fruchtbare Erde / die in ſich Gold / und auf ſich allerhand Speiſe und Nahrung ſehen laͤſſet. Und ob es wol biß - weilen ſcheinet / als wenn ſie gantz und gar verhaſſet were / ſo finden ſich doch noch allezeit ſolche Goͤnner und Foͤrderer / daß ſie die Al - ten an Gutthaten uͤbertreffen / die Gegenwer - tigen aber und naͤheſten zum heftigſten be - ſchaͤmen.

Jch erinnere mich hier nicht unbillich de - rer groſſen Beliebligkeiten die Meine Groß - guͤnſtige Herꝛen zu meiner wenigen Poeſie jederzeit getragen. Weßwegen ich auch an - laß genommen / hieſige von vornehmen und guten Freunden zur Außfertigung erbetene Lieder unter Jhren Hoch-anſehnlichen Na - men der Spitzfuͤndigen Welt darzuſtellen. Nicht zwar / als wenn ſie wuͤrdig weren / Mei - ne Großg: Herꝛen zu beluſtigen / ſondern deß ich nur ein Zeichen meiner Schuldigkeit aufſtecken moͤchte. Jch befinde mich verpflich - tet / Jhnen ſaͤmtlich nach meinen hoͤchſtenVer -Vermoͤgen aufzuwarten. Ob ich gleich kein Opitz bin / ſo haben doch gegenwertige Lie - der / wie fluͤchtig ſie auch verfertiget / noch je - derzeit jhre Mecenaten gefunden / denen ſie gefallẽ haben. Der von Wolfsberg und Herr Rudolph werden ſich noch unſchwer eriñern / mit was vor Luſt ſie dieſelben / benebenſt ei - ner Violgambe / angehoͤret haben. Mein Großg: Herꝛ Brehme hat ſie jhm ingleichen belieben laſſen / daß Er mir / als einen Unbe - kanten / mit hoher Gunſt beygepflichtet. Du auch mein Freund / Herꝛ Albert / fuͤhreſt ſie noch taͤglich auf deiner lieblichen Zunge.

Weil dann nun Jhre guͤnſtige Gewogen - heit mich verſichert haͤlt / es werde meine we - nigkeit hierinnen gar nicht irren / Als hab ich ſie Jhnen zu ſchreiben und uͤbeꝛſenden wol - len / verhoffende / Sie werden mit jhren Son - nen dieſes ſonſt dunckle Sternlein erhellen und erleuchten / Damit ich verbunden bleibs unter Gottes Schutz zu leben

Jhr Wol-Edl. und Ehren[v]. Leipzig / den XJ. Winter M. M. DC. XLJX. Allzeit aufwartender der in den Loͤb!. Teutſch-geſinnten Genoſſenſchaft Beſchirmende.

An
An den uͤberklugen Leſer.

JCh ſehe es dir faſt an dei - nen Augen an / ſcharfſinniger Le - ſer / daß ich / wegen meiner hieſi - gen Roſen-Gepuͤſche Rechen - ſchaft zu geben / durch dein alzu - zeitiges Urtheil veranlaſſet werde. Verziehe ein wenig und hoͤre mich. Wie ich verſpuͤre / ſo wolteſtu mich gerne beſchuldigen / als weuͤ ich unter den Roſen der Liebe einen grauſa - men Dornenſtrauch verborgen haͤtte / der ſei - ne unverwarneten Spitzen der eitelen Thor - heit und thoͤrichten Eitelkeit zimlich blick en und ſehen lieſſe. Aber wiſſe hierauf mein ver - antworten; Wenn ich mich bey ſo thummen Sinnen befuͤnde / als wie etwan du mit dei - nen Tadelern / ſo muͤſte ich freylich geſtehen / daß das jenige / was der Ehrliebenden Hoͤf - ligkeit von dir zum Feinde gemachet werden wil / deinen anſchauen nach nicht allein un - loͤblich / ſondern auch gar verdamlich were; Dieweil ich aber ſo viel Exempel vornehmer und treflicher Leute (die auch noch ein geſun - des Gehirn in jhrem Haupte tragen / und[d]e[-]nen we -nen weder ich noch du das Waſſer reichen) vor mir habe / ſo werde ich billich veranlaſſet / deine Momiſche Geiferſucht zu verlachen / und an deinen groſſen Maͤngeln mich zu be - luſtigen. Wenn du nur die Brille der uͤber - machten und unzeitigen Klugheit von deiner geruͤmpften Naſe herunter nehmen wolteſt / ſo wuͤrde dir der Dorn nicht ſo groß ſcheinẽ / daß er die darneben bluͤhende Roſen der Anmuh - tigkeit in deinen bloͤden Augen verkleinern wuͤrde. Hat der wolberedte Eraſmus von Roterdam die Narr-oď Thorheit / Apuleius und Heinſius den Eſel / der unvergleichliche Scaliger die Gans / Ovidius / oder wer es ſonſt geweſen iſt die Nuß / Euripides Putea - nus das Ey / Virgilius die Muͤcke / Majora - gius den Koth / Angelus Politian den Bauer / Janus Guilielmus und Acidalius die Roſen / M. Barth. Spataphora die Dienſtbarkeit / der den Storch / ein ander die Fliege / und ich weiß nicht wer / das Fieber mit ſo ſtatlichen Ruhme begaben koͤnnen / Wer wolte es denn mir verargen / wenn ich meiner Jugend den Zaum laſſen und von den jenigen / in welchen ſich ein zweyfacher Zierrath / das iſt / die Tu - gend und unvergleichliche Schoͤnheit / befin - det / mir unterzeiten etwas aufzuſetzen / nach - gehangen habe. Ob ich aber daduꝛch ein ſche - les Auge zu verdienen berechtiget werdenmoͤch -moͤchte / kan ich noch nicht ſehen. Sehr bey - faͤllig und auf meiner Seiten ſcheinet zu ſeyn was der vorneme Niderlaͤnder Daniel Hein - ſius an den Edlen Adrian Mainekern ſchrei - bet / daß wie ein weiſer Mañ / der niemals ge - lachet habe / nicht allerdinge zu loben ſey / alſo auch die jenigen nicht zu billigẽ weren / welche jhre Muſen mit den keuſchẽ Gratien niemals vereinbarten / und alſo allerhand Schertz - reden und luſtige Erquickungen / doch ohne verletzung der Zucht und Erbarkeit / ſich nicht auch belieben lieſſen. Und diß wil uns auch die Natur zu verſtehen geben. Sie hat zwar faſt eine jede Zeit einer vergoͤnlichen Luſt und freyen Ergoͤtzligkeit gewidmet / doch aber mit einer bequemen unb abſonderlichen die Liebe voraus bedencken wollen. Wer ſihet nicht / daß wir auf den rauhen uñ muͤrriſchen Win - ter die allerſchoͤnſte Liebligkeit des anmuhti - gen Fruͤhlings zu gewarten haben? Und dieſe iſt eben die geringe Zeit / welche bey den Alten der Venus geheiliget / uñ daher nicht unrecht von einem vornehmen Poeten die liebe Zeit genennet worden. Du muſt es ja / Leſer / ſelbſt geſtehen / weñ du es genauer erwegen wolteſt / daß die heitere und warme Luft / wenn ſie die Mutter aller Dinge uͤmfaͤnget und in die Ar - men nim̃et / zu verſtehen geben wolle / daß wir nicht lebloſe Felſen uñ unempfindliche Kloͤtzeſeynſeyn ſollen / die Roſenblaͤtter unſerer Jugend ſo gar verwelcken zu laſſen. Man ſehe nur die unvernuͤnftige Vogel an / ob ſie allezeit trau - rig und voller Grillen ſeyn moͤgen? Man ſe - he ſie nur an / wie ſie / als der Liebe gleichgear - tete Kinder / in jhren gruͤnen Sommerlaͤuben uͤm die rauſchenden Quellen die allerbeſten Poeten geben / in dem ſie jhr bruͤnſtigs Leiden einander zuruffen / bald jhrer Bulſchaft er - freuliche gegenwart belachen / bald aber drauf das ſchmertzliche abſeyn beſeufzen und bekla - gen. Ein Roß / das allezeit in den Wagen zur ſchweren Arbeit getrieben wird / tauret nicht ſo lange / als wenn es bißweilen zum Reiten und anderer Kurtzweil gebrauchet wird. Ein Lauteniſt ſpielet nicht ſtets traurige Padua - nen und Maſcaraden / ſondern er gebrauchet[ſi]ch auch der tantzenden Couranten und Sa - rabanden. Die Sonn und der Mond ſind nicht allezeit / bey verurſachter Finſterniß / un - ter den Wolcken verborgen / ſondern ſie laſſen jhre liebliche Angeſichte bißweilen ſehen / daß man ſich druͤber erfreuen / und in jhren ſchoͤ - nen Golde beluſtigen koͤnne. Warum ſolte ſich ein warmer und hitziger Muth die Kaͤlte der Unfreundligkeit daͤmpfen und unterdruͤ - cken laſſen? Waruͤm ſolte er ſich ſolcher an - mutigen und ohne allen Nachtheil lieblichen Ergetzung entſchlagen? Waruͤm ſolte dasnochnoch nicht gegenwertige Alter die Edele Ju - gend zur Furcht bewegen? Jch bekenne es frey / daß ich nach meiner Wenigkeit manche traurige und ſaure ſtunde mir mit Luſt etwas aufzuſetzen verſuͤſſet habe / weil zum theil die allerherrlichſien Wiſſenſchaften / als goͤldne aͤpfel auf einen ſchoͤnen Purpur / zum theil ei - ne Sittſame Hoͤfligkeit / als ein koͤſtlicher Wein in einem theuren Pocale darunter ver - ſtecket und verborgen ligen. Daß ich aber ſo vieler Namen und Bulſchaften gedacht / iſ[t]keines weges dahin zu deuten / als ſolte unter einer jeden Schale eine Nuß / und unter einen jeden verbluͤmten Worte eine abſonderliche Perſon vermum̃et und verbildert ſtehen. J[ch]bin hier denen vortreflichen Leuten / als ein kleiner Schatten einen groſſen Leibe / nach ge - gangen / haben ſie mich verfuͤhret / ſo wil ich mit jhnen dein Urtheil gerne dulden und lei - den. Mich beduͤncket aber / Plato / Cicero / Plinius / Apuleius / Horatius / Naſo / Tibul - lus / Propertius / und andere tapfere Geiſter / denen es am meiſten gelungen / werden deß - wegen nicht zu verwerffen ſeyn / daß ſie jhre Arbeit mit einer angebildeten Liebe / und zwar mit fremden und unbekanten Benamungen / durchſuͤſſet und beſaͤnftiget haben. Wer ſchilt die hohen und faſt Goͤttlichen Maͤnner vor und zu unſerer Zeit? Angerianus liebet Ce -lien /lien / Marullus Neeren / Secundus Julien / Strotza Antien / Eobanus Flavien / Petrar - che Laurẽ / der uͤbermenſchliche Scaliger Cri - ſpillen und Teleſillen / Lotichius Claudien uñ Callyrhoen / der Hollaͤnder Homer Heinſius Leßbien / Roſſen und die Phyllis / Meliſſus Roſinen / Lernutz Hyellen / Jan von der Doͤß ſeine Jda / Acidalius Ninen / Quintien / Pſy - chen und Venerillen / Opitz Flavien / Aſteri - en / Galatheen Delien und Vandalen / Riſt ſeine Galatheen / Mynien / Dorinden / u. d. g. Homburg ſeine Julien / Fillis / Chloris und Dorillen / der tapfere Augſpurger ſeine Flora. Ja alle und jede Poeten haben jhre ſonderli - che Namen / die ſie / als jhre Gebieterinnen / verehren. Wer wolte ſagen / daß der Edele Fleming und ſein Finckelthaus ſoviel Wei - besbilder ſolten geliebet haben / als ſich Na - men in jhren Schriften befinden? Wer ſihet nicht daß er ſie nach begebenheit der Zeit ver - aͤndert / und ſeine Einbildung / wenn ſie jhm Schmertzen erreget / Cordolien / weñ ſie aber ſeiner Meinung geweſen / Concordien / und ſo fort genennet habe? Es wird es mir niemand verargen / daß ich meine Sinnen auch eben an dem Wetzſteine geſchaͤrffet habe / welcher laͤngſt vor mir andern vergoͤnnet geweſen. Es bleibet darbey / und iſt der Poeten Art / wie es Herꝛ Opitz in Nuͤßlers Perſon in ſeiner Her -(b)cyniecynie ſetzet / das ſie der Natur nichts nach zu - geben / offtmals ſachen erdencken / die nie ge - weſen ſind / noch ſeyn werden / Eine liebe ma - chen / die ſie nie in den Sinn gebracht. Vnd zum theil ander Leute buhlſchafften / eitelkei - ten und muͤſſige unruhe / durch ihre erdichtete fuͤrbilden zum theil die einſamkeit / darinnen ſie ſich dieſer zeit befinden / lieber mit dieſen als mit nichts (ich ſetze hinzu als nichts uͤbels thun) erleichtern wollen. Steckt aber ja auch etwas von den anmuthigen uͤbel bey ihnen / ſo muͤſſen ſie dencken / das die gantze Welt der liebe als wie ein Ballenſpiel ſey / darinnen ſie auch uͤmgetrieben werden / und das war ſey was die Liebe in dem Hollaͤndiſchen Sinn - bildern ofterwehnten Heinſiens allen Men - ſchen fuͤrhelt.

Den ſtercken ben ick ſterck / den ſachten ſachte banden /
En toomen werp ick om: bett wyckt doch al myn handen
Al wat de ſchvone Son beſtra〈…〉〈…〉 het iſ een kind
Een Kind / een Kind alleen / dat ſo veel mannen bindt.
Wat wo[n]der iſt dat Haer de Menſchen overgheven
Als ick de Leeuwen toom / en onder my doebeven?
Wat ſt[r]ydt ghi teghen my? alſ doch ſoo weſen moet /
Waerom en〈…〉〈…〉 ert ghy[mek]my komon te ghemoͤet.

Damit du aber auch von dem Titel un - terricht einholen moͤgeſt (das ich weis / das du dich auch darumb bekuͤmmerſt) ſo wiſſe das ich ihn daruͤmb von den Roſen entlehnet / die weil ſie der Liebe geheiliget ſein / wie Auacreon in der JV. Ode ſolches bezeuget. Die ur - ſache gibt Ovidius in der fabel von dem A -donis.donis. Pauſanias ſpricht es ſey wegen des lieblichen geruchs / und der anmuthigen farbe Daher haben die alten den Haſtam / der der Venus zu ſtunde / zur Fruͤhlingſzeit mit einẽ Apffel / den Apffel aber mit Roſen uͤmſchloſ - ſen / anzudeuten / das in die Lentzenzeit / in wel - cher alles zu lieben ſcheinet / herbey kommen / und die Ernde zu hoffen were. Weil ſie auch ein zeichen des ſtillſchweigens und der ver - ſchwiegenheit iſt / und die Liebe ſchwatzhaffti - ge Zungen nicht leiden kan / als wil ich es auch vor eine urſach anziehen. denn die alten Grie - chen hielten ab ſonderlich dieſen brauch / daß damit aus ihren Gaſtereyen oder andern zu - ſammenkunfften nicht austragen wuͤrde / ſie dem Harpocrati dem Gott (die Roͤmer aber der Angorona der Goͤttinn) des Stillſchwei - gens die Roſen aufgeſetzet / und dem / der ir - gend aus unbedacht etwas vorbringen wol - te / gewieſen uñ gezeiget haben. Daher iſt das ſprichwort auch auf uns Teutſchen kommẽ / das wir das / was wir heimlich gehalten ha - ben wollen / fuͤr unter der Roſen geredet / aus - gegeben / wie denn an unterſchiedlichen orten noch heutiges tages groſſe Roſen aus holtze uͤber den Tiſchen zu ſehen ſein. Anderer ur - ſachen (als das die Roſe die liebe erwecke / das ſie bald wie die Liebe wandelbar werde / das ſie vordeſſen zu Kraͤntzen und zum zierrat der(b) ijzimmerzimmer (in deren eins die Cleopatra vor ein Talend hat ſtreuen laſſen) darein die verlieb - te zu ſammen kommen / gebrauchet worden / voraus zu geſchweigen. Roſengepuͤſche abe habe ich es nennen wollen / dieweil ich kein ſonderliche Ordnung gehalten und in acht genommen habe. Diß ſey kurtzlich die ant - wort auf dein ungegruͤndtes vorbringen. Wirſtu nu die Roſen mit glimp[ſſ]e brechen / ſo wird dir kein dorn zu wieder ſein / wirſtu aber mit unvernunfft hinzufahren / ſo wirſtu empfinden / dz ſie dir mehr als du ihnen ſcha - den zu fuͤgen werden. Jch gebrauche mich hier einzig und allein deſſen / das die Roſen Jungfern / das iſt keuſche und reine Blumen ſein / welche niemand zu einigen argen veran - laſſen koͤnnen / und laſſe mir dieſe uͤberſchriffe gefallen / die an einem uͤberaus ſchoͤnen Luſt - garten in Niederland ſtehen ſoll.

MODESTÆ VOLUPTATI, NON VANITATI.

Denn wie manche den wein zur luſt trincken das vollſauffen aber andern befehlen / alſo wil ich meine Poetiſche Ergetzligkeit auch gedeutet haben. Lebe wol.

Vberſchrifften Etlicher vornehmen Freunde.
LAſſe die Lieder / mein lieblicher Schirmer /
Die du vor Jahren gemacher / herauß /
Toͤdte der Zeiten verzehrende Wuͤrmer /
Gib ſie der Ewigkeit Werckſtat zu ha[uf].
Laß ſetzen und druͤcken
Mit tauſent Buchſtuͤcken
Was vielen beliebt /
Wol allen den Lenten /
Wer mit ſeinen Zeiten
(giebt.
Der rad Welt auf Wucher die Kuͤnſte hin -
Feuer / und Motten / und roſtiges Eiſen
Kan dir non ſchaden i[n]Ewigkeit nicht.
Was wir von Troia und andern noch weiſen
Jſt ja noch immer ein gutes Gedicht:
Vor tauſend und mehren
Der Jahre verzehren
Ein Lied ſich entfreyt /
Das auch wo zuweilen
Jn Sprachen und Zeilen
Alle vier Winckel der Erden durchſchreyt.
Wenn uns die Mutter der Menſchen wuͤrd freſſen /
und uns die nach-Welt in Schriften nicht find /
Werden viel tanſend derſelben vergeſſen /
Ob ſie die groͤſten geweſen auch ſind /
Die nichts nicht geſchrieben
Von ſingen und lieben.
Ein feuriger Geiſt /
Der trachtet in Schriften
Sein Ewigs zu ſtiften /
Vnd alſo von Poͤbel ſich ſondert und reiſt.
Alſo pflichtet dem Dichter bey

Der Beſtaͤndige.

(b) iijAn
An ſeinen D. S. SONNET.
WAs weyland Opitz lang / der Meiſter deutſcher ſeiten /
Was Flem̃ings ſcharffer kiel / durch Venus auffgebracht
Von Anemonen ſpielt / was Tzſcherning wol gemacht /
Was Dach und Finckelthaus bey froh-und truͤben zeiteu /
Wan ſie der liebe luſt und laſt der Welt andeuten /
Vnd was der Dichter ſchaar vom Liebes werck erdacht /
Das toͤdtet Jhren Todt / reißt durch die lange nacht.
Durch ſolcherley gedicht ſucht Jhr auch auszubreiten /
Herr Schirmer / euer Lob. Wol / Venus Euch verſpricht /
Das Euret[L]ieder Kunſt ſoll nimmer ſterben nicht.
Der Flammen-Mutter Sohn macht enreu Ruhm bekleiben
Den Roſen Puͤſchen gleich / das eure zierligkeit
Bey Deutſch gelehrter Welt beliebt ſey jederzeit
Weil man von lieben wird in Deutſcher zierde ſchreiben.

M. Frid. Cahlenus K. P.

FLammende Hitze kan Felſen bezwingen.
Feuer zermalmet den haͤrteſten ſtein.
Schleicht ſich bey Sylvien haͤrtigheit ein
Artig weiſt du ſie zum glimpſſe zu bringen:
Deine gla〈…〉〈…〉 zwingt Sie / dein feuriges ſingen
Will gleich Hertz / Augen / Bruſt ſteinern gantz ſeyn
Starrende hand die ergibt ſich hald drein /
Wenn ſie mit deiner erhitzten ſoll ringen
Dieſes koͤmbt Geiſtern / die Phoͤbus entzuͤndet /〈…〉〈…〉
Die ſo auffgluͤen / mein Bruder / wie du /
Derer Gedaͤchenis der Welt ſich einbindet /
Eintzig mir fuͤglick, en rechte nur zu.
Numehr wird Oſten und Weſten bekant
Feuer ſey bey dir Geiſt / Feder und Haud.

dieſespflantzte den lieblichen Roſem gebuͤſche / ſeines vertraueten Freundes vor Jan. Nicolai der R. B.

LRlaube (mein Achat) den Geiſtgefuͤltẽ Gaben /
Der goldnen Feder kraft / der ſuͤß-gelernten
Kunſt /
Zu brechen durch das Thor der braunlich -
ſchwartzen Dunſt / (ben /
Verſilbre durch den Glantz / der naͤchtlich lag vergra -
Auch
Auch endlich unſre Welt. Nun wol! Nun wol! wir
haben
Wornach wir ſo gewuͤnſcht / die edle Liebesbrunſt
Der ſchoͤnen Liederſchaar. Sie findẽ reiche Gunſt /
Auch bey den Muſen ſelbſt / denn jhr betauter Lorben
Von blauen Azidal hat derer Glantz befeuchtet /
Daß ſie als eine Roß auß jhren Kirchen leuchtet /
Vnd durch Auroren Kuß jhr Purpur breitet auß /
Druͤm kanſtu dich nũ wol der Fiuſterniß entreiſſen /
Mein trauter Pilades / durch deinen Roſen-ſtrauß /
Die Muſen ſeynd dir hold: Kein Wind ſol jhn zer -
ſchmeiſſen.

Zuſonder barer Dienſtbezeigung verfertigte dieſes Seinem vielguͤnſtigen Bruder Alexander-Paul Loth.

SONNET.
WOhl / Freund / es iſt erlangt. Die laͤngſt-begehr[ten]
Flammen /
Die bey dir ſtiegen auf beſchauen nun das L[iecht]/
Was dein verſchlagner Geiſt oft Tag und Na[cht]
gedicht /
Wenn dich oft regten an der heiſſen Flammen Ammen /
Auch wenn die leiſe Saat der Traͤume dir zuſammen
Dein Sinnen-werck geruͤckt / als ſey dir im Geſicht
Die teuſche Marni[ſ]/ ſo G[]nſte dir verſpricht /
Daß du den ſuͤſſen Schlaf haſt muͤſſen bald ver dammen /
und greiffen nach dem Kiel. Jch ruͤhme deinen Fieiß /
und helffe ſtecken dir den uimmer-duͤrren Preiß /
Soviel mein ſchlechter Kiel vermag von ſich zu reichen.
Zwar was nehm ich mir vor? We[it]andre ruͤhmen di[ch]/
Der groſſe Sachſe ſelbſt der ruffee dich zu ſich /
und fodert deinen Fieiß / dem ke〈…〉〈…〉 er iſt zu glei〈…〉〈…〉 rn.
Schriebe ſeinem ſonderen Freunde

Jmmanuel Gerber / der Heil. Schrift Befliſſener.

DV[/]haſt nun deinen Krantz von Lorber gar
vertauſchet / (ſchet.
Dieweil der ſuͤſſe Thau der Liebe dich berau -
Jch lobe deinen Mut und ruͤhme deinen Si[].
Seit
Seit daß ich Leipzig dort und dich mein Freund ver -
laſſen /
Har meine Zunge ſich faſt gar nicht hoͤren laſſen
Von deiner Marnien / der ich ſo guͤnſtig bin.
Jetzund nun ſeh ich ſie. Gib auch die Palmen-waͤlder /
Den Myrtenpuſch / den Strauß der gruͤnen Lorber -
Felder /
und die Cypreſſen-Art mir ebſter Zeit herauß.
So lang Aurora wird in jhren Golde ſtehen /
So lang wird Marnia auch in den Roſen geben /
und heben dich empor biß an der Goͤtter Hauß.
Dieſes uͤberſendete auß Nuͤrnberg
S. Braderl. F.

Heinrich Albert.

SONNET.
SEynd denn jetzt allererſt die Knoſpen außgebluͤht /
Die unſerm Bober-Sohn geſckloſſen hinterblieben /
Herr Schirmers Sonnenſchein der hat es aufgetrie -
So / daß ſie jederman in vollen Saamen ſiht / (ben /
Dein Purpur ſchimmert fuͤr durch dein geſchicktes Lied /
und macht / daß wir zugleich mit dir dein lieben ſtehen.
Mein Schirmer / fahre fort / dn haſt ſchon gut geſchrieben /
Weil[ſch]on deen kluger Geiſt biß an die Flamme gluͤht.
Der Teutſche Lieher-Printz der laͤſt jhm ſeine Leyer /
Du Pindar / du Homer / von dir jetzt neu beziehn /
Arion mag fuͤr dir auf den Delphinen fliehn /
Jch mach mich noch zur Zeit von weiten uͤm das Feuer /
Denn dein geklaͤrter Glantz der treibt mir meine Lieder
Auf eine weile noch in ſeinen Nebel nieder.

Dieſes ſch. dein guter Bekanter Joh. Georg Schoch.

Nacht -
1.[1]
I Nacht-Lied.
MEine Burg iſt nun erſtuͤrmt
Vnd mit Feuer eingenommen /
Du / du aber biſt bethuͤrmt /
Vnd zu Danaen hinkommen.
Jſt Acriſtus darinnen /
Der / Aſterie / vor dich /
Haͤrter noch zuquaͤlen mich
Eingeſchloſſen deine Sinnen?
Regne doch du Sternen-Heer /
Nur zum Zeugen des Verlangen /
Das vergoͤldte Liebes-Meer
Auff den Glantz der Purpur-Wangen.
Oder / fuͤrchtſtu dich zuflieſſen?
Ach ſo troͤpfle mich zu ihr[!]
Jch wil eine neue Zier
Vm den zarten Leib hergieſſen.
O wie ſanffte ſchlaͤffſt doch du
Bey dem Spiel der ſuͤſſen Traͤume!
Mich nur decken ſonder Ruh /
Die verdorten Mandel-baͤume
Wie der Pan / ſo vor der Sonnen
Offt in ungebaͤhnter Flucht
Die zu ſchnellen Nymfen ſucht:
So bin ich dir nachgeronnen.
ADi[r]2D. S. erſtes
Stellte mir die Tugend frey /
Dir ein opffer anzuſtellen /
Solte / Goͤttin / meine Treu /
Toͤdten mich auf deiner Schwellen.
Ja / ich wolt das Moͤrder-Eyſen /
Davor manchen offt gegrauſt /
Alſobald mit meiner Fauſt
Selber durch mein Hertze weiſen.
Aber Tugend / die du haſt /
Haͤlt mich allzeit noch zuruͤcke /
Biß mich unter meiner Laſt
Dein anſchauen einſt erquicke.
Kan zuletz ich was erlangen /
Ach / ſo gib mir einen Blick /
Deine Tugend iſt der Strick /
Der mich ietzund fuͤhrt gefangen.
Nun ſchlaffwol / Jch bin geſund /
O Aſterie / du Schoͤne!
Jch ſchwehr dir auff deinen Mund /
Daß ich alle Falſchheit hoͤne.
Mir iſt ewig angeſtorben
Der ſehr herbe Lorbeer-Krantz.
Bring ich dich auch an den Tantz /
Ey ſo hab ich gnug erworben
II Sie Liebet Jhn
Fuͤnckelt ihr Goͤldnen Himmels-Sternen[/]
Blitzet jhr hellen Nacht-Laternen /
Jauch -3Roſen-Gepuͤſche.
Jauchzet ihr Stralen an der Sonnen /
Rauſchet ihr kuͤhlen Waſſer-Bronnen /
Aſterie wil ſich zur Liebe verdammen /
Die keuſche Bruſt fuͤhlet die blinckenden Flammen /
Tugend und Gunſt
Mehret die Brunſt /
Welche die rauchenden Geiſter anbrennet.
Hertzgen und Mund
Stehen verwund /
Daß ſich Aſterie ſelber nicht kennet.
Brummende Donner Hagel-ſpitzen /
Feuer-beſtraltes Wetter-blitzen /
Krachende Wolcken / Harte Schlaͤge /
Fliehet Aſterien auß dem Wege /
Beraͤumet die weißlichte Straſſe dort oben /
Aſterie bleibet unſterblich erhoben.
Bleiche nun gantz /
Luna / dein Glantz
Wird die verduͤſterten Augen verlaſſen /
Hinde / ſpann an /
Zeichne die Bahn /
Jhre Hand koͤmmet den Zuͤgel zu faſſen.
Fahre nun wol auß deinen Taͤchern
Zu den vergoͤldeten Liebes Gemaͤchern.
Sage / du wolleſt aller enden
Venus gebutzten Leib beſchaͤnden.
Erzehle wie Paris mit Freuden. gethoͤne
Dir geben den Apffel das Zeichen der Schoͤne.
Melde darbey /
Sylvius ſey /
A ijWel -4D. S. erſtes
Welcher ihn koͤnne durch Tugend erwerben.
Koͤmſtu / mein Gluͤck /
Wieder zuruͤck /
Willich dein willigſter Diener erſterben.
III. Sie ſol der Jugend brauchen.
KOm Liebſte / laß uns Roſen brechen /
Weil ſie noch voll und faͤrbicht ſeyn
Laß andre / was ſie wollen / ſprechen /
Die Flucht ſchleicht ſich den Jahren ein.
Wir muͤſſen unverwendet ſchauen
Wie uns diß alles folgen muß /
Die Jugend traͤgt ſich durch die Auen
Geſchwind mit unvermerckten Fuß.
Das Haar / der Mund und dieſe Wangen
Vergehen offt in kurtzer Zeit.
Der augen-Liechter goͤldne Spangen
Seyn fuͤr dem Tode nicht befreit.
Die edle Schoͤnheit der Geberden /
Die meiner Liebe Mutter iſt /
Kan durch den Wind verwehet werden.
Kom Liebſte / weil du jung noch biſt.
Wer ſucht den Maͤyen unſrer Tage
Hernach / iſt er einmahl vorbey?
Haͤufft ſich des Winters Leid und Plage /
So ſind wir aller Liebe frey.
Wie ſich ein Regenſtrom behende
Von Bergen in die Thaͤler geuſt:
So5Roſen-Gepuͤſche.
So reiſſen wir uns ſelbſt zum ende /
Das uns jtzund ſchon eylen heiſt.
Sind wir in duͤrren Sand geleget /
So werden wir und bleiben bleich.
Ein Stock der keine Zweige traͤget /
Jſt keiner friſchen Myrte gleich.
Druͤmb laß uns lieben / wie es gehet /
Eh noch der Abendſtern anbricht.
Wer in der Liebe nichts verſtehet /
Der braucht der edlen Jugend nicht
IV[.]Von ihren Kuͤſſen.
Cyntia wenn ſie will kuͤſſen /
Wil ſtaͤts eine ſatzung wiſſen /
Wie viel ſic mir geben ſoll.
Weil ſie Tugend ſtaͤts veruͤbet /
Vnd ihr Maß und Ziel beliebet /
Sie das Mittel halten woll.
So viel ſprach ich an dem Rande
Koͤrner liegen in dem Sande:
So viel Naß der Staub annimmt /
So viel Kuͤſſe / ſolſt / mein Leben /
Du ſtaͤts meinen Lippen geben /
Biß in meine Rechnung koͤmmt.
So viel Liechter in den Luͤfften:
So viel in den Wolcken-Kluͤfften
Sternen-Gold verborgen ſteht /
Daß der Jugend auff den Auen /
A iijHeim6D. S. erſtes
Heimlich pfleget zuzuſchauen /
Wenn die ſtille Nacht angeht.
So viel will ich dir entlehnen /
Wilſtu denn dich fuͤr der ſehnen /
Ob ich auch noch weiter kan /
Sollen deines Mundes Klippen
Von den halb verblaßten Lippen
Alle wieder nehmen an.
Doch ich wil dirs beſſer ſagen:
Kuͤſſe biß ich werde fragen:
Schoͤnſte / haſtu keinen mehr?
Oder wilſtu hier noch wehlen /
Bis ich ſelbſt nicht mehr kan zehlen /
Cynthia / als den auffhoͤr.
V Vber ihr Angeſicht.
JHr augen voller Brunſt / und du du Purpur -
Mund / (kunt
Der braunen Suavien / die mir offt rathen
und du / der weiſſen Auen
Benelckte Wangen-zier
Pfleg ich euch anzuſchauen /
Jſt nichts / als Luſt / bey mir. (an
Dich / Venus / und dein Kind ruff ich zum Zeugen
Das meiner Suavien ich bleibe zugethan.
Weil man mich wird behalten
Der greiſen Ewigkeit /
Soll nichts an mir erkalten /
Mein Hertz brennt albereit.
Jhr7Roſen-Gepuͤſche.
Jhr Himmels-Goͤtter ihr / die ihr fortſtecken koͤnt
Des Menſchen Lebensziel / mir leben noch vergoͤnt /
Auf daß ich moͤge ſtillen
Den heiſſen Thraͤnen-ſtreit /
Hergegen nur mit willen
Erſchallen weit und breit:
Jhr Augẽ voller brunſt / und du du Purpurmund
Der braunen Suavien / die mir offt rathen kunt /
und du / der weiſſen Auen
Benelckte Wangen-Zier /
Pfleg ich euch anzuſchauen /
Jſt nichts / als Luſt bey mir.
VI. Seine toͤdtliche Schmertzen an Roſomenen.
BRand / Feuer / Flammen und Hagelſteine
Betaͤuben / O Schoͤne / mein Angeſicht /
Daß ich taͤglich weine.
Meine matten Glieder
Schlagen mich darnieder /
Ob ich ſey der deine /
Gut / Muht / Blut vergehen /
Wenn ſich die Nymphen zun Roſen machen /
und brechen den uͤbernatuͤrlichen Glantz /
Liegen meine Sachen /
Weil ich / Roſomene /
Deine zarte Schoͤne
Vor mir ſehe lachen /
Hand / Pfand / Brand zu toͤdten.
A jvAch8D. S. erſtes
Ach ſolt ich deiner zum beſten gedencken /
und ſehen daß ſilber der reinlichen Bruſt /
Wuͤrde mich nichts kraͤnken /
Mein Hertz wuͤrde leben /
und in Freude ſchweben /
Wenn du wuͤrdeſt lencken
Hertz / Schertz / Schmertz und brennen.
Weil aber deine Beliebligkeiten /
Benebenſt der Tugenden Rauch und Gluth /
Mit einander ſtreiten /
Duͤrffen meine Flammen
Nicht alſo beyſamme[n]
uͤber dich ſich breiten /
Lufft / Klufft / Grufft / zuſchreyen.
Doch hoff ich / Schoͤne / du wirſt noch retten
Den deinen befreundeſten Diener hier
Von den Demant. Ketten.
Denn werd ich zum Fuͤſſen
Willig treten muͤſſen /
Die mich gerne haͤtten /
Leid / Streit / Neid und Haſſen.
Schau an des bleichenden Mundes-Roͤthe /
Beſchaue der Wangen begangenen Mord /
Hier ſind deine Toͤdte.
Die mit Stoltz und Lieben
Deinen Grim veruͤben
An verborgner ſtaͤte /
Pracht / Macht / Nacht die zeugen.
O Roſemene / wilſtu noch trutzen
Beneben den Schatten auff Schoͤnheit und Wind
Die9Roſen-Gepuͤſche
Die gar wenig nuͤtzen?
Schoͤnheit / Wind und Liebe
Stehn in einem Siebe /
Sonder Preiß und ſtuͤtzen /
Wind. Kind / blind zu bleiben.
Wolan / laß dich nur immer verfuͤhren
Deines beroͤhteten Mundes Zier.
Jch / Jch will bezieren
Mit dem Grabeſteine
Glieder und Gebeine /
und mich ſelbſt verlieren.
Noth / Todt / Gott ich ſterbe.
VII Die ſchaͤdliche und nicht ſchaͤd - liche liebe.
KAn wol einer mir anſagen /
Daß er ſehr verliebet ſey?
Niemand / hoff ich / wird ſich klagen
uͤber ſolche Gaͤuckeley.
Venus doch zu Damon ſpricht:
Du / und Laura glaͤubt es nicht.
Die verliebten Augen-blicke
Brennen Hertz und Geiſter an /
Daß man ſich bey rechten Gluͤcke
Jn der Brunſt nicht kennen kan.
Venus doch zu Damon ſpricht;
Du / und Laura glaͤubt es nicht
Auff den zarten Jungfer-Wangen
Bluͤhet Noht / und reiffet Pein.
A vDoͤr -10D. S erſtes
Doͤrner bey den Lippen hangen!
Wer ſie kuͤſſet / ſticht ſich drein.
Venus doch zu Damon ſpricht:
Du / und Laur a glaͤubt es nicht.
Jn den Bruͤſten liegt begraben
Das verfluchte Liebes. Gifft.
Denckt ſich einer da zu laben /
Jhn die aͤrgſte Marter trifft.
Venus doch zu Damon ſpricht:
Du / und Laura glaͤubt es nicht.
Haͤndeſchertzen zwar im lieben!
Doch iſt bey dem Schertze Schmertz /
Der die Liebſten kan betruͤben
und verderben hinterwerts /
Venus doch zu Damon ſpricht:
Du / und Laura glaͤubt es nicht.
Haar-Goldt faͤſſelt / wie die Ketten
Zunge / Mund / Hertz / Geiſt und Sinn.
Die dich kan davon erretten /
Jſt der Clotho Nachbarin.
Venus doch zu Damon ſpricht:
Du / und Laura glaͤubt es nicht.
Hertzen / Kuͤſſen / Haͤnde-druͤcken /
Lieben bey zu ſpaͤter Nacht!
Sich zu Tage hoͤfiſch buͤcken /
Hat offt manchen uͤmgebracht.
Venus doch zu Damon ſpricht:
Du / und Niemand glaͤubt es nicht
VIII. An11Roſen-Gepuͤſche.
VIII. An ſeinen unruhigen Sinn.
VNd ſoll ich mich noch immer kraͤncken
uͤm das / das ich nicht endern kan?
Hoͤr auff mein Sinn / alſo zude[n]cken /
Steh ſteiff und feſter als ein Man.
Jedoch / ſo hoffe noch bereit /
Auff Trauren folget Froͤligkeit
Mit Gott und der Zeit /
Wil Salyben jetzund nicht lachen /
So weine du auch nicht zu viel.
Jch weiß / auff Donner / Blitz und Krachen /
Regt der verliebte Weſt ſein Spiel.
Ob gleich der Winter brauſt und ſchne[y]t /
So lacht der Fruͤhling ander weit
Mit Gott und der Zeit.
Bey Roſen ſtehn zwar ſcharffe Dornen /
daß man ſie ſchwerlich brechen kan.
Setzt aber Muht und Glut von fornen
Mit gantzer Macht behertzter an /
und fraget nicht nach Neid und Streit /
So foͤrderts die Gelegenheit
Mit Gott und der Zeit.
Ein Rebe muß erſt Thraͤnen bringen /
Eh daß er ſuͤſſen Moſt ſchenckt ein /
Soll eine Quelle hoch auffſpringen /
So muß ſie vor geſencket ſeyn.
Ein kuͤhner Muht muß vor ans Leid /
Eh er geneuſt der Froͤligkeit
Mit Gott und der Zeit.
Tritt12D. S. erſtes
Trit her / und kuͤß die weichen Haͤnde /
O Sclave / deiner Koͤnigin /
Biß daß der Vnmuht nimt ein Ende /
Vnd ſchlaͤget allen Frevel hin.
Trit her / es wird die Einigkeit
Verjagen allen Haß und Streit
Mit Gott und der Zeit.
Die Augen ſind zwar voller Flammen /
und toͤdten mich mit einem Blick /
Doch laß dich nicht ſo bald verdammen /
Halt / halt / mein Sinn halt noch zuruͤck!
Was vorhin war mit dir gedreyt /
Das wird zuletzte noch gezweyt
Mit Gott und der zeit.
Der Marmor Leib / der glat polieret /
und als ein reines Silber iſt!
Der hat dich alſo angeſchnuͤret /
Daß du auch dein nicht ſelber biſt.
Doch traue mir / die Hoͤfligkeit
Erbarmt ſich deiner albereit
Mit Gott und der Zeit.
Ja Sie / die edle Salybene /
Die edle Salybene / die
Die Weltgepreiſte Wunder-ſchoͤne /
Ja Sie / die Goͤttin eben Sie /
Sie wird den unverſchuͤldten Neid
Nach Wunſche legen auch beyſeit /
Mit Gott und der Zeit.
Ob du kanſt ihr ſchon nicht gleich gehen /
So iſt doch deine Demut hier.
Ein13Roſen-Gepuͤſche.
Ein tieff gebuͤcktes untenſtehn
Jſt deiner Schoͤnheit gantze Zier.
Laß andre fliehen hoch und weit /
Mit Gott und der Zeit.
Druͤmb lege deine ſorgen nieder /
Du krancker Sinn / und liebe nur.
Vielleicht will dir das Gluͤcke wieder /
und bringt dich endlich auff die ſpur /
Damit duvoller Traurigkeit
Nicht duͤrffeſt ſagen anderwelt.
Mit Gott und der Zeit.
IX An ihre Lippen.
JHr Lippen / die jhr Blut der Purpur-ſchnecke
traget / (get
und den Corallẽ-glantz mit eurer Zierde ſchla -
Wer hat euch ſo verliebt den Roſen eingeetzt /
und ein ſo ſuͤſſes Meth auff euren Mund geſetzt?
Mein Hertze ſprang mir auf / das Lebẽ wolte weichẽ
Jch fing ſchon allgemach fuͤr Sehnen an zubleichen /
Bis eure Fillis kam / und legte ſich darein /
Daß Jch und Jhr und Sie bekuͤſſet muͤſten ſeyn.
Wie wurd ich da entzuckt / als das beſuͤſte knallen
Zu ihr bald / bald zu mir vermiſchet konte fallen
Mit einer zarten Flut! Wol mir nun daß ich wund
Erſt durch euch wordē bin / und wieder auch geſund
Nun ich will / weil ich kan / die ſanffte Wahlſtat
ehren /
und meinen Mund auf euch /[Rubina] / kuͤſſen lehren /
Ver -14D. S. erſtes
Verzeihet aber mir / daß Fillis das gethan /
Sie nam mich jederzeit / durch euch / zum Diener an.
X. Jhre Kuͤß-Roſen.
WEr wil / mag ſtehen nach den Dingen /
Die biß zum blauen Wolcken gehn.
Jch laſſe mich die Pracht bezwingen /
Die ohne wancken kan beſtehn /
Ein ander ruͤhme Blumen-Zier /
Lieb / die Kuͤß-Roſen gehen fuͤr.
Komm ich in gruͤnen fruͤh ſpatziren /
So blincken mich zwar Roſen an.
Kuͤß-Roſen aber die verfuͤhren /
Weil ich ſie luſtig bꝛechen kan.
Ein ander ruͤhme Blumen-Zier /
Lieb / die Kuͤß-Roſen gehen fuͤr. 〈…〉〈…〉
Der Tulipan auß frembden Landen
Steht hier bey uns in groſſen Werth /
Wann die Kuͤß-Roſen ſeyn verhanden /
Hab ich der Tulpen nie begehrt.
Ein ander ruͤhme dieſer Zier /
Lieb / die Kuͤß-Roſen gehen fuͤr.
Ein kluger Gaͤrtner kan wol ſagen:
Belobet iſt der Hyazinth /
Kuͤß-Roſen aber mehr behagen /
Wenn ſie von ſchoͤnen Feldern ſind.
Ein ander ruͤhme dieſer Zier /
Lieb / die Kuͤß-Roſen gehen fuͤr.
Die15Roſen-Gepuͤſche.
Die Sammet-Blumen ſeyn geprieſen /
Weil jhnen keine Zier gebricht.
Kuͤß-Roſen von den Wangen-Wieſen
Verachte warlich keiner nicht.
Ein ander ruͤhme dieſer Zier /
Lieb / die Kuͤß-Roſen gehen fuͤr.
Die Lilje wird belobt genennet
Von dem / der ſie recht brauchen kan.
Wer aber die Kuͤß-Roſen kennet /
Setzt Liljen Schnee-Geruch hindan.
Ein ander ruͤhme dieſer Zier /
Lieb / die Kuͤß-Roſen gehen fuͤr.
Man hebt das Silber der Narciſſen
Hier von der Erden Himmel-an:
Kuͤß-Roſen an den Mundes-Fluͤſſen
Behalten doch die Lobes-Fahn.
Ein ander ruͤhme dieſer Zier /
Lieb / die Kuͤß-Roſen gehen fuͤr.
Die Tauſentſchoͤnen liebt ein jeder /
und zeugt ſie andern Blumen vor.
Weiß aber nicht / daß / jhm zuwider /
Kuͤß-Roſen ſteigen mehr empor.
Ein ander ruͤhme dieſer Zier /
Lieb / die Kuß-Roſen gehen fuͤr.
Thau-Perlen koͤnnen fruͤh erguicken
Den gelb-und halb verdorrten Klee.
Kan ich auf Roſen Roſen pfluͤcken /
Entwehnet ſich das Schmertzen-weh.
Ein ander ruͤhme dieſer Zier /
Lieb / die Kuͤß-Roſen gehen fuͤr.
Nim /16D. S. erſtes
Nim Blumen / Roſen / nim Narziſſen /
Nim Tulpen / Liljen / Tauſendſchoͤn /
Nim die / die von der Sonne wiſſen /
Nim / die in Sammet-Kleidern ſtehn;
Nim Blumen-Pracht / nim alle Zier.
Lieb / die Kuͤß. Roſen gehen fuͤr.
XI. Nichts mehr als ein Kuß.
AMaranth / ich muß dich lieben /
und dir wol gewogen ſeyn /
Eine ſolche Freundſchafft uͤben
Bleibt bey Luſt und ſonder Pein.
Du ſitzſt ſchwartzbraun an den Bronnen /
Der zugleiche mit mir brennt.
Wer mich deinen Liebſten nennt
Redet gar nicht unbeſonnen.
Lieb ich? ſo geſchichts mit Rechte
Nur uͤm einen feuchten Kuß /
Venus hat mich nicht zum Knechte /
Daß ich ſie bedienen muß.
Von den Augen biß zum Lippen
Geht die Liebe / weiter nicht /
Denn wer ſich hierin verbricht /
Der wird Ehr und Gut verſchippen.
Mars der iſt von dir entſprungen /
Jch wil nun Adonis ſeyn /
Welcher Venus vorgeſungen
Seine Lieb und Todes-Pein /
Nur bey deinen braunen Schaffen
/ Auf17Roſen-Gepuͤſche.
Auff den Wieſen in den Klee /
Biß ich wieder von dir geh /
Matt von Kuͤſſen einzuſchlaffen.
Was ein Baum iſt ſonder Blaͤtter:
Bin ich ohn ein junges Bild.
Schlaͤgt der Liebe Donner-Wetter /
Hat es ſchon den Blitz geſtillt.
Druͤmb weil ich dich hab erkohren /
So verbleibe guͤnſtig mir.
Was ich offt geſchworen dir
Jſt und bleibet ſtets geſchworen.
Nun ſo laß dich willig kuͤſſen /
und auff kuͤſſen weiter nichts.
Jch bin nur auff Luſt befliſſen /
und auff Warheit des Gerichts.
Mein Mund ſol an deinen kleben.
Wenn dein Sinn und meiner wil
Heltſtu mir / und ich dir / ſtill /
Kuͤſſen iſt mein liebend Leben.
XII. Lauren Abſchied an Amaranthen.
AMaranthe das iſt war /
Jch und du / wir lieben beyde /
Wir beſingen Mund und Haar
Auff der kuͤhlen Sommer-Weyde /
Wir beſehn das fette Graß /
Wie es blanck beſilbert ſtehet /
Wie der Phoͤbus ſeine Straß
Jm verguͤldten Feuer gehet.
BAma -18D. S. erſtes
Amaranthe / du haſt mich
Jn den Kercker eingeſchloſſen /
Als die Roſen uͤber ſich
Gleich zum andern mal entſproſſen.
Als der weiſſe Silberblick
Heller als die Sternen-Leuchte /
War ich dein / und du mein / Strick /
Der uͤm Hand und Hertzen reichte.
Amaranthe / du haſt mir /
Nach der / Hand / den Mund gegeben /
Darauff haſt auch du bey dir /
Meiner Freyheit Todt und Leben.
Jch bin nun in deinem Sinn /
Als ein Stein in ſeinem Golde.
Wer wil / ſuche ſonſt Gewinn /
Mich vergnuͤget deine Holde.
Amaranthe deinen Mund
Hab ich laulicht angeruͤhret /
Ach / da / da ward ich verwund
Jm Triumphe fort gefuͤhret.
Du blieſt mir die Hitze zu /
Flammen giengen nach dem Hertzen /
Daß ich nun ſo bin / machſtu
Mit den hellen Sonnen-Kertzen.
Amaranthe / meinen Kuß
Satzt ich dir auff deine Wangen /
Da du drauff zum uͤberfluß
Bliebeſt unbeweglich hangen /
Biß der fuſſe Zimmet-Thau
Nach der Lippen Purpur rante /
und19Roſen-Gepuͤſche.
und ich auf der gantzen Au /
Nichts / als deine Roſen / kante.
Amaranthe / nun ich weis /
Daß die Liebe wol bethronet /
Angeregt durch deinen Fleis /
Jn geeinten Kercker wohnet.
Was nur an dir lieben kan /
Hand und Mund / der Kuß / die Lippen /
Schreyt mich deinen Liebſten an
Auff des hohen Hemus Klippen.
Amaranthe / druͤm ſey wahr /
Was ich ohne Schertz-Wort ſchreibe:
Laura bleib nun immerdar /
Weil ſie wolte / Laura bleibe /
Weg mit Lauren / weg mit jhr /
Sie ſey immerhin entronnen /
Die du liebeſt nach gebuͤhr /
Amaranthe / haſt gewonnen.
XIII. Die Steinerne.
GLaͤntzender Strahle der bluͤhenden Jugend /
Muſter der Erden / und Wunder der Welt /
Streue das leuchtende Feuer der Tugend
uͤber dein bluͤhendes Roſen-Gezelt.
Toͤdte dein Hertze / dein Hertze von Stein /
Wilſtu nicht gaͤntzlich von Deamant ſeyn.
Leugneſtu / Schoͤnſte / nach deinem behagen.
Daß du von Steinen zuſammen geſetzt?
Waͤlder und Felder die werden es ſagen /
B ijWie20D. S. erſtes
Wie du mich armen in Blincken verletzt;
Dafne / Narciſſus der harte ſamt Pan /
Klagen die ſteinerne Haͤrtigkeit an.
Glaͤube nicht / Schoͤnſte / daß ich dich wil loben /
Gleichſtu gleich Paphens und Jliums-Pracht /
Wird wol ein Tempel zum Sternen erhoben /
Welcher auß ſchwereſten Steinen gemacht?
Stellſtu dich weicher als waͤchſern / O Zier?
Treugſtu / die Glieder ſind ſteinern an dir.
Jupiter machte die Faden der Haare /
Aber von Chryſolyth und von Magnet /
Chryſopras iſt nur die teuere Waare /
Welche dir / Schoͤne / zum lieblichſten ſteht /
Agtſtein / Berillen und goͤldner Saphir
Sagen / die Haare ſind ſteinern an dir!
Glãntzbar iſt an dir die Stirne zu ſchauen /
Froͤlich und munter / und ohne ver dacht /
Aber / wer darff dir das Angeſicht trauen /
Weil es auß haͤrteſten Marmor gemacht?
Kanſtu nicht lieben / O ſchoͤneſte Zier?
Glaͤub es / die Stirne iſt ſteinern an dir.
Schoͤne / wie? ſihet das Angeſicht dunckel?
Hat dir Cupido die Sterne verletzt?
Haſtu nicht Augen? Ach zweene Carſunckel
Wurden fuͤr Augen hin in dich geſetzt.
Streueſtu goͤldene Stralen zu mir?
Glaͤub es / die Augen ſind ſteinern an dir!
Artlich durchflinckern die Roſen die Wangen /
Wenn ſie durch Laͤcheln geziereter ſeyn.
Wil ich (Ach Schmertze /) ſie kuͤſſend umbfangen[/]
Sind21Roſen-Gepuͤſche.
Sind ſie nicht anders als Sardiſcher Stein.
Wilſtu noch leugnen / O ſchoͤneſte Zier?
Glaͤub es / die Wangen ſind ſteinern an dir!
Traͤgeſtu / Kunſtſtuͤck / auch roͤtliche Lippen /
Welche dem Amor am dienſtlich ſten ſeyn?
Nein. Es ſind harte Corallene Klippen /
Schiffbruch iſt eintzig bey jhnen gemein.
Rege ſie / wie du wilt / Schoͤne / vor mir.
Glaͤub es / die Lippen ſind ſteinern an dir!
Zarte der Schoͤnen / die prallenden Bruͤſte
Sind Alabaſter / mit Tuͤrckiß durchetzt.
An dem beweiſſeten Liebes-Geruͤſte
Stehen Rubine zufoͤrderſt geſetzt.
Hebſtu die Baͤlge / Schoͤninne / vor mir?
Glaͤub es / die Bruͤſte ſind ſteinern an dir!
Summa / die Naͤgel der Finger / die Glieder /
Die du bey andern fuͤr Goͤttlich geacht.
Arme und Beine / des Angeſichts-Lieder /
Wurden von Mutter der Perle gemacht.
Zeigeſtu / Schoͤne / die Perlene Zier?
Treugſtu / die Glieder ſind ſteinern an dir!
Andere ſchreiben von Adamant-Hertzen /
Andere ſetzen den Kieſel darzu.
Jch kan in Warheit / O Hertze nicht ſchertzen /
Hertze der Donnerſtein ſelber biſtu.
Zittert und wallet es / Schoͤne / vor mir?
Glaͤub es / dein Hertzgen iſt ſteinern an dir!
Wuͤrd es ſo leichtlich mit Blute gezwungen /
Wie ſich ſonſt zwingen der Deamant leſt /
Weren mir laͤngſten die Adern geſprungen /
B iijAber22D. S. erſtes
Aber der Donnerſtein bleibet zu feſt /
Daß ich nun ſagen muß / ſteinerne Zier:
Alles iſt haͤrter / als ſteinern / an dir.
XIV. An ſeine Melinde.
Fuͤrſtinne meiner Seelen /
Wie kanſtu mich denn nur
Biß an das Leben quaͤlen /
Du ſchoͤne Creatur?
Kan denn die Marter meiner Liebes-Pein
Durch dich nicht einmal außgetilget ſeyn?
Melinde laß dein wancken /
Nim die Beſtaͤndigkeit
Mit lieblichen Gedancken
Jn deine Sicherheit.
Erzeige meiner angeregten Brunſt
Des Mundes Kuß / und deines Hertzens Gunſt.
Gib her die Gegen-Liebe /
Die du nicht bey dir haſt.
Jch finde was ich uͤbe /
An mir halb Luſt / halb Laſt.
Halb Luſt an deiner Augen-Gold und Glantz /
Halb Laſt / dieweil du mich wilt toͤdten gantz.
Verſchone meines Lebens /
Jch liebe wie ich ſoll.
Biſtu denn gar ver gebens
So groſſer Schoͤnheit voll?
Vmbſonſt iſts nicht / daß dir der Goͤtter Rath
So eine Trefligkeit verliehen hat.
Auf23Roſen-Gepuͤſche.
Auf dieſer gantzen Erden
Hat jedes ſeine Pflicht /
Warum es muſte werden.
Du aber / Schoͤne / nicht.
Zum Lieben biſtu Goͤttin / außerkieſt /
Noch dennoch bleibſtu allzeit wie du biſt.
Koͤnt ich in dir erwuͤrgen
Die groſſe Tyranney /
So wolt ich mich ver buͤrgen /
Mich bald zu machen frey.
Dann wuͤrd ich allzeit / ſonder Angſt und Pein /
Ju deinem Hertzen / O Melinde / ſeyn.
Jch muß mich ſelbſt verfluchen /
Daß meine Redligkeit
Dich ie hat wollen ſuchen
Bey ſolcher truͤben Zeit.
Nun aber kan ich nicht zuruͤcke ziehn /
Du biſt der Strick / der leſt mich nicht entfliehn.
Kom Todt / ich wil dir geben
Ein feiſtes Opffer hin.
Hier iſt mein kranckes Leben /
Hier iſt mein krancker Sinn.
Jhr muͤden Geiſter ſcheidet von mir ab /
Jch eile fort von euch ins finſtre Grab.
Bedencke dich / Melinde /
Ob ich auch ſchuldig ſey
uͤm dich mich ſo geſchwinde
Der Gruft zu ſetzen bey.
Bedencke dich / mein Schatz / ob dieſe Noth
Nicht ſey mein Ruhm und dein gewiſſer Todt.
B jvDoch24D. S. erſtes
Doch gleichwol wil ich hoffen /
Vielleicht koͤmt noch der Tag /
Bey dem ich angetroffen /
Was dieſer nicht vermag.
Vielleicht faͤlt auff den duͤrren Sonnenſchein
Ein Honigſuͤſſer Thau und Regen ein.
XV. An die unbarmhertzige Chloris.
CHloris meine Wonne /
Meiner Augen Sonne /
Meines Hertzens Luſt /
Jſt dir nicht bewuſt /
Was vor Angſt und Pein
Jch von wegen dein
Stuͤndlich muß gewaͤrtig ſeyn?
Soll ich denn verderben
und in Liebe ſterben?
Soll mich meine Noth
Bringen in den Todt?
Ach / ſo laß mir zu /
Daß die letzte Ruh
Jch auff deinen Bruͤſten thu.
Was in meinem Hertzen
Lebet / das ſind Schmertzen
Stets mit Angſt umringt /
Die die Seuftzer zwingt.
Tauſend da lind hier
Stellen dich / O Zier /
Meinen armen Augen fuͤr.
Wenn25Roſen-Gepuͤſche.
Wenn der Morgen leuchtet /
und das Graß befeuchtet.
Wenn die Morgenroͤth
Jn dem Golde ſteht.
Wenn der Himmel lacht /
Wird mir deine Macht
Viel verliebter vorgebracht.
Tauſent Sterne ſtehen /
Tauſent Sterne gehen
Vor mir hin und her /
Wenn ich dein begehr.
Du / mein Abend-Liecht /
Nur du / goͤnſt mir nicht
Dein ſo liebes Angeſicht.
Schaue meine Wangen /
Wie ſie ſeyn umbfangen
Mit ſo groſſer Noht.
Ach / ich bin ſchon todt!
Meiner Seelen Geiſt
Jſt faſt allermeiſt
Jn ſein ſchwartzes Grab gereiſt.
Wilſtu mich noch retten
Von des Todes Ketten /
und noch anderweit
Rathen meiner Zeit /
Ach / ſo kom behend!
Was mich von dir trennt /
Wird durch einen Blick gewendt.
Kan ich hier auff Erden
Nicht erledigt werden
B vMei -26D. S. erſtes
Meiner groſſen Laſt /
So wil ich gefaſt /
Deine Grauſamkeit
Auch nach dieſer Zeit /
Stets erzehlen weit und breit.
Nun / Ade! ich ſterbe.
Ob ich auch verderbe /
Wie e〈…〉〈…〉 Falſcher ſol /
Das bedencke wol.
Chloris / meine Luſt /
Die mir war bewuſt /
Dencke / daß du buͤſſen muſt.
XVI. Die ſchoͤne Philurene.
FLeuch / fleuch / Venus / auß den Waͤldern /
und du / Pallas / Venus nach.
Ziehet beyde von den Feldern
Jn das weite Frauen-Tach /
Wo die nackten Charitinnen
uns die weiſſen Kraͤntze ſpinnen.
Ziehet weg von Philurenen /
Beyden gehet ſie weit vor.
Auf den Angern / bey den Schoͤnen /
Fuͤhret ſie den Jungfer-Chor /
Da die Hirten voller ſpringen
Eintzig jhren Preis beſingen.
Schaut jhr Seiden Haar hinfliehen /
Jhr Camenen / ſchaut den Schnee /
Den27Roſen-Gepuͤſche.
Den ſie willig hin laͤſt ziehen
Auf den rothen Stirnen-Klee,
Vnd jhr / Sterne / ſchaut die Augen /
Die euch zu verfinſtern taugen.
Jhr / jhr Roſen / habt von Wangen
Jhrer liechten Farben Pracht /
Die vol Silber-Thaues hangen /
Euch zum Zierrath angemacht.
Jhre Lippen / jhre Worte /
Ruͤhmet man an allen Orte.
Wem wolt denn nun nicht belieben
Ein ſo ſchoͤnes Wunder-Bild?
Sey von meiner Fauſi geſchrieben /
Philuren / an Famen Schild.
Sie traͤgt dich zum Niederlanden /
Da die Heer den laͤngſt geſtanden.
Alle Triſten ſtehn vol Weiden /
Alle Thaͤler voller Klee /
Wenn du auff den braunen Heiden
Singſt des Daphnis Galathee /
und den Damon an den Buchen /
Der dich taͤglich pflegt zu ſuchen.
Singe wol / O Philurene /
Damon ſtummet ſelbſt vor dir.
Du bleibſt eintzig ſeine Schoͤne /
und der Schaͤferinnen Zier.
Er wil deine Heer de traͤncken /
und ſich dir zur Beute ſchencken.
XVII. Nacht -28D. S. erſtes
XVII. Nacht-Lied an die holdſelige Roſodore.
O Roſodore /
Edele Flore /
Zeige bey Mitternacht Augen und Sternen /
Feuer und Hitze /
Donner und Blitze
Ruͤhren mein trauriges Hertze von fernen.
Koͤnte mit Myrten
Jch dich umbguͤrten /
Wuͤrde mein Lorber-Krantz hoͤher aufſtehen.
Aber weil alles
Spielet des Balles /
Muß ich den Naͤcht lichen irregang gehen.
Sonder Erſchrecken
Wil ich dich wecken /
Biſtu noch anders wie geſtern geſinnet.
Blicke hernieder /
Hoͤre die Lieder /
Ehe von Bruͤnſten mein Hertze zerrinnet.
Vnter den Sternen
Seh ich von fernen
Deine verblendende Wangen-gluht bluͤhen.
Meine Geberden
Muͤſſen auff Erden
Stetig in dunckeln der Liebe Joch ziehen.
Alles was lebet /
Alles was ſchwebet
uͤber29Roſen-Gepuͤſche.
uͤber den Luͤfften und unter den Seen /
Daͤmpffet mit Freuden
Marter und Leiden.
Nur ich / ich armer / muß einſam hier gehen.
Vnter den Baͤumen
Pfleg ich zu traͤumen:
Du aber / Schoͤne / ſchlaͤffſt ohne betruͤben.
Jch muß die Schmertzen
Duppelt im Hertzen /
Aber nur einfach die Liebe veruͤben.
Laß dich erweichen /
Stetig ingleichen
Brennende Flammen im Hertzen zu hegen /
So werd ich haben
Reichthum / und Gaben /
Die mich alleine fuͤr andern bewegen.
XVIII. Er giebet der Aſteris Abſchied.
JCh wolte zwar / O Aſteris / dich loben /
Wie daß du biß zum Sternen ſeyſt erhoben.
Weil aber meinem bitten
Du dieſes angethan /
So laß ich deine Sitten /
und brech die Lobes-Bahn.
Jch haͤtte drauff viel tauſentmal geſchworen /
Du haͤtteſt dir die Pallas außerkoren.
Nun aber muß ſie weichen /
und ohne Schuld allein /
(Koͤmmt Mars mit ſeines gleichen)
von dir vertrieben ſeyn
Wie30D. S. erſtes
Wie haſtu doch durch Hoffart deine Sinnen /
und durch ein Wort / ſo leichtlich beugen koͤnnen?
Jch dachte dir zu trauen
Jn allen / ſonder Weh.
Nun muß ich wanckend ſchauen
Mein Schiff auf truͤber See.
Doch ſchlaͤget mich der Sturm der groſſen Wellen /
Nicht ohne Port / zu den vertieften Quellen.
Jch kan noch ſtille[li]gen
Zu Ancker jederzeit /
und Cynthien beſiegen /
Die mehr / als du / erfreut.
Du meyneſt wol / du ſeyſt alhier alleine.
Diß Haus der Welt ſey niemand ſonſt / als dein[e /]
Denck doch nicht ſolche Sachen /
Die nur vergeblich ſeyn /
Weil ich dich kan verlachen /
So iſt es mehr als mein.
Geh / Aſteris / nur hin zun groſſen Seen /
und ſchaue da viel tauſent Galatheen /
Wie ſie zu groſſen Schaaren
Sich durch die gantze Welt
Mit den Gelehrten paaren /
Da keiner dir gefaͤlt.
Schaͤmſtu dich denn der Goͤttter dieſer Erden?
So muſt auch du mit Recht verſtoſſen werden[.]
Gieng Venus doch / zu laben
Die uͤberſchoͤne Pracht /
Nach einem jungen Knaben /
Der ſie hat froh gemacht.
Der31Roſen-Gepuͤſche.
Der Daphnen Mund verſchloß ſich auf den Heydẽ /
Weil ſie den Gott auß Delos wolte meiden.
Denck an dein ſtoltzes blehen /
O Aſteris / bey zeit.
Wirſtu der Straff entgehen /
Biſtu gewiß befreyt.
Bleib immer hin / O Aſteris / und liebe /
Du biſt es nicht / uͤm die ich mich betruͤbe.
Bleib nun mit deiner Schoͤne /
Die nicht zu Goͤttlich iſt.
Dich hab ich / die ich hoͤne /
Mir eintzig außerkieſt.
Jch wil noch wol die liebe Zeit erleben /
Da du dich mir wirſt willig wiedergeben.
Ach / aber / laß es bleiben /
Du koͤmmſt als denn zu ſpat.
Mir wird die Zeit vertreiben /
Die ſchon mein Hertze hat.
XIX. An ſeine lieblich Schwartzbraune.
OSchwartzbraune Roſilis /
Biſtu des noch nicht gewiß /
Wie ich dich ſo treulich meine?
Ach du weiſt es ſonder mich /
Wie mein Hertze ſehnet ſich
Nach dem goͤldnen Liebes-Scheine!
Gluͤend Eiſen flammet ſehr /
Doch mein Hertz iſt noch vielmehr
Angeregt von deinen Blicken[.]
Von32D. S. erſtes
Von den Blicken deiner Pracht /
Deiner unerwehrten Macht /
Die mich kan zur Erde druͤcken.
Koͤnt ich / wenn mein kalter Geiſt
Jn ſein ſchwartzes Grab gereiſt /
Noch an eine Liebe dencken /
Wolt ich immer fuͤr und fuͤr /
Schoͤnſte Roſilis / nach dir
Eintzig meine Sinnen lencken.
Centner-Worte mach ich nicht /
Damit mancher ſich verpflicht /
Seinen Leib dahin zu geben /
Wenn er in der jungen Zeit
Solt in krancker Einſamkeit
Sonder Gegen-Liebe leben.
Vnd ob Himmel und das Meer
Stetig jhm zuwider wer /
Er von Jhr nicht wancken wolte.
Ja ob Feuer und die Lufft
Alle Krafft zuſammen rufft /
Keins jhn doch abtreiben ſolte.
Morgen doch bey fruͤher Zeit
Wandert er wol anderweit /
Andre gleichfals zu beruͤcken.
Ruͤhmet jhren Mund und Hand /
und den Goͤttlichen Verſtand /
Der ſein Hertze kan beſtricken.
Nein. Ein ſolcher bin ich nicht /
Deiner braunen Augen Liecht /
Roſilis / ich nun erhoͤhe
Mei -33Roſen-Gepuͤſche.
Meiner Liebe Redligkeit
Ligt zu Ancker jederzeit /
Daß ich / mehr als feſte / ſtehe.
Weil ich nun nicht wancken kan /
Ey / ſo laß bey jederman
uns das Gluͤck und Vngluͤck theilen.
Keine Laſt die iſt ſo ſchwer /
Die nicht halb ſo leichte wehr /
Wenn ſie ſteht auff zweyen Seulen.
XX. Er iſt verliebet / an eben ſelbige.
Hoͤre / was ich ſeufzend ſinge /
Roſilis / in meiner Noth.
Ach / daß es dein Hertz bezwinge!
Ach / daß meiner Leftzen Tod
Dieſen Roſen-Mund beſtreite /
und der ſchnelle Stralen-Blitz
Sich auf deinen Diener breite /
Der an dieſer Pforten Sitz
Sich betruͤbet /
Weil Er in dich iſt verliebet.
Jn den warmen Sommer-Zeiten
Sucht ein Hirſch den friſchen Wald /
und wenn Brunſt und Feuer ſtreiten /
Jedes ſeinen Aufenthalt:
Warum ſolt dann ich nicht fliehen
unter deinen Roſenſtrauch?
Der bey ſeinen Purpur-bluͤhen /
Nicht nach alten Liebesbrauch /
CMich34D. S. erſtes
Mich betruͤbet /
Weil ich mich in jhn verliebet.
Wilſtu denn allein uͤmſchatten
Deiner ſtoltzen Augen Schein?
Dencke doch / was duͤrre Matten
Bey den Glantz der Sonnen ſeyn.
Kan auch wol die Roſe gruͤnen /
Wenn des Hundes Feuer rennt?
Wie ſolt doch zu etwas dienen /
Den du ploͤtzlich angebrennt?
Der betruͤbet
Taͤglich ſich in dich verliebet.
Moͤcht mir eine That frey ſtehen
Jn den Zirck der weiten Welt /
Wolt ich auß ſpatzieren gehen
Auf dein ſchoͤnes Wangen-Feld /
und / den Schnecken gleich / abmeyen
Deiner Roſen ſtarcke Macht /
Daß mein außgepreßtes ſchreyen
Gluͤcklich werde hingebracht.
Weil betruͤbet
Jch mich hab in dich verliebet.
Wie wenn in der Morgen-Stunde
Honig-Thau das Feld benetzt:
Alſo koͤmmt von deinen Munde
Das / was eintzig mich ergetzt.
Gib nur her / es zu genieſſen /
Es vertreibet meinen Schmertz
Das gehaͤufte Thraͤnen-gieſſen
Fleucht von ſolchen hinterwerts /
Weil35Roſen-Gepuͤſche.
Weil betruͤbet
Jch in dich muß ſeyn verliebet.
Jch bekenn es / deine Wangen /
Deine Zucht / dein gehn und ſtehn /
Deines gruͤnen Preiſes prangen /
Deiner Tugend Huld-Gethoͤn /
Die verliebten Augen-Sterne /
Die im Schlaf auch bey mir ſeyn /
Schaffen mir bey nah und ferne
unerhoͤrte Liebes-Pein.
Ach! betruͤbet
Hab ich mich in dich verliebet!
Mehr kan ich jetzund nicht ſagen /
Als daß ich verliebet bin.
Mich mit Liebes-Sorgen plagen
Reiſt mir meine Seele hin.
Druͤm / O Roſilis / mein Leben /
Nim die Treue von mir an.
Jugend / da wir innen ſchweben /
Es am beſten tauren kan.
Denn betruͤbet
Hab ich mich in dich verliebet.
Ob mich Liebe gleich betruͤbet /
Bin ich dennoch des gewiß /
Daß ſich auch in mich verliebet
Meine ſchoͤne Roſilis.
Dafuͤr ſol jhr ſuͤſſer Name
Hier im Hertzen voller Pein /
Die von jhrer Schoͤnheit kame /
Ewig eingeſchloſſen ſeyn /
C ijWeil36D. S. erſtes
Weil betruͤbet
Wir inander ſeyn verliebet.
XXI. An eben ſelbige / als er ſchei - den ſolte.
ROſilis / was fang ich an?
Mein Verhaͤngniß wil mich faſſen /
Jch ſol forthin / weil ich kan /
Deiner Augen Anblick haſſen.
Ach! wie werd ich oft mit Thraͤnen
Deiner keuſchen Liebe Ziel /
Das beſuͤſte Lippen-Spiel /
Der Gedancken-Sorg entlehnen!
Roſilis / mein Hertz iſt wund /
Das mit Blut und Feuer rinnet.
Solte nur dein rother Mund
Mir noch laͤnger ſeyn vergoͤnnet.
Ach / wie ſolt das Gold der Stralen
Dich und deine Trefligkeit /
Nach dem Reſt der jungen Zeit /
Mit vergoͤldtem Silber mahlen!
Roſilis / das kraͤncket mich /
Daß ich nun in Furcht muß leben /
und ſtets dencken / ob du dich
Einem andern hin wirſt geben.
Laß mir zu / daß ich voll Klagen
Von dir einen theuren Eyd /
Nur uͤm die Beſtaͤndigkeit /
Mit mir mag von hinnen tragen.
Roſilis /37Roſen-Gepuͤſche.
Roſilis / ich wil dafuͤr
Meine Treue dir verbinden.
Muß ich jetzund gleich von hier /
Bleibt dir doch mein Hertz dahinden.
Nim die Zaͤhren / ſo verfloſſen /
Als ein ewig Denckmahl an.
Was ich niemahl mir gethan /
Das wird jetzund dir vergoſſen.
Roſilis / nun iſt es Zeit /
Daß ich dir den Leib entwende.
Mein Mund kuͤſſet allbereit
Deinen zarten Schnee der Haͤnde.
Lebe wol / und laß mich bleiben
Den du dir erwehlet haſt.
Jch weiß unſer Joch und Laſt
Allen Cedern ein zuſchreiben.
Roſilis / jetzt geht es fort /
Dencke meiner ſtets in beſten.
Jch wil dir von meinen Ort
Senden zu den ſuͤſſen Weſten /
Der ſol dich und mich erquicken.
Roſilis / gehab dich wol /
Jch muß fort / biß daß ich ſol
Mein Verhaͤngnuͤß unterdruͤcken.
XXII. Er bindet Anemonen an.
HEb auff dein goͤldnes Haͤupt /
Du glaͤntzend Anemone /
Der Mond hat mir erlaͤubt
C iijDaß38D. S. erſtes
Daß ich dir jetzt beywohne /
Weil du mein bleiches Liecht
Jn allen raubeſt hin /
So / daß ich in Geſicht
Mit jhm verdunckelt bin.
Brich Nacht und Nebel ein
Mit deinen ſchoͤnen Haaren.
Laß deiner Augen Schein /
Zu meinen Blicken fahren.
Erhebe deinen Mund /
Der in Corallen ſteht /
Zu dem auß tieffen Grund
Ein Hertz vol Seuftzer geht.
Du biſt ja eben die /
Der ich mich zugeſchworen.
Sol meine ſaure Muͤh
Denn gaͤntzlich ſeyn verlohren?
Jch ſchiff auff deiner See /
Laß keine Klippen ſeyn.
Daß ich voruͤber geh
Bey hellem Sonnenſchein.
Die Tugend iſt der Stern /
Der mir ſo helle ſcheinet.
Des Lebens beſter Kern
Hat ſich mit dir vereinet /
Sie iſt dein ſteter Gaſt /
und traͤgt dich Himmel an /
Da deine zarte Laſt
unendlich bleiben kan.
Wol39Roſen-Gepuͤſche.
Wol mir / wenn ich die Hand
Dir dreymal ſolte kuͤſſen /
So wird ein Deamant
Dich in mein Hertze ſchlieſſen /
Kein Todt / kein rauer Wind
Solt mich von dannen wehn /
Muͤſt ich auch gleich geſchwind
Daruͤber untergehn.
Dein aufgewelbter Leib /
und alle deine Glieder /
Schlaͤgt Jupitern ſein Weib
An Glantz und Schoͤnheit nieder.
Der Griechen Wunderwerck
(Haſtu dich nur bewegt)
Jſt gegen dir ein Berg /
Der keine Blumen traͤgt.
Das Haupt / der Hals / das Haar /
Der Mund / die reiffen Bruͤſte /
Die Hand / das Augenklar /
Sind meines Lebens Luͤſte.
Der Sinnen Macht und Kunſt /
So Tugend angelegt /
und was die Schoͤnheit ſonſt
Bey dir verborgen traͤgt:
Diß iſt das feſte Band /
Mit welchen du kanſt binden
Den haͤreſten Deamant /
Der auf der Welt zu finden.
Der Wangen Gold-Auror /
Der Stirnen Helffenbein.
C jvDie40D. S. erſtes
Die wollen ſtets bevor
Der Lippen Koͤnig ſeyn.
Dein Gang nach Goͤtter Art /
Dein Gruß und die Geberden /
Von denen ich ſo hart
Muß angefeſſelt werden /
Dein Wort / der Zungen Kind /
und ſeine Liebligkeit /
So gleich verſchweſtert ſind /
Berauben mich der Zeit.
Jch ſuche Tag und Nacht
Diß Meer zu uͤberſchwimmen /
Damit mein Lebens-Tacht
Eins heller moͤchte glimmen.
So ſind ich keinen Rath /
Wenn nicht auff meiner Fluth
Dein Leit-Stern fruͤh und ſpat
An mir das beſte thut.
Druͤm zeige Liecht und Land /
Du glaͤntzend Anemone /
und fuͤhre bey der Hand
Mich hin zu deinen Throne.
Daſelbſt wird dich mein Mund
Mit Kuͤſſen binden an /
So daß ſich auf der Stund
Der deine loͤſen kan.
XXIII. An Charibellen.
WJe hab ichs uͤm dich verdienet /
Char jbella / meine Luſt /
Daß41Roſen-Gepuͤſche.
Daß du deſſen dich erkuͤnet /
und darzu mich loben muſt /
Daß du mich heiſt deine Zier /
Die dir ſtetig koͤmmet fuͤr /
Ja / daß ich vor andern allen
Als beſcheiden dir gefallen?
Das zwar kan ich noch eingehen /
Daß die Jugend ſchuld daran.
Lieſſe Jugend Jugend ſtehen /
Wuͤrd ich dich nicht ſehen an /
Druͤm weil Jugend Jugend liebt /
Jugend Jugend ſich ergiebt.
Daß die Jugend Jugend hertzet /
Macht daß Jugend gerne ſchertzet.
Die Beſcheidenheit im reden
Deiner Liebe Mutter iſt /
Die zur Zeit mich armen bloͤden
Anzuſtrengen hat erkiſt.
Als dein Liſpeln ich gehoͤrt /
Ward mir Hertz und Sinn bethoͤrt /
Deine dunckel-rothen Wangen
Namen meinen Geiſt gefangen.
Solt ich / liebſtes Lieb / dir bringen
Jetzt ein weißbeſchaͤumtes Glaß /
Sucht ich erſt vor allen Dingen
Deiner Wangen-Auen Naß /
Das wie Honig-Thau da ſteht /
und von dannen nicht vergeht /
Biß es / wie mit halber Zungen /
Jſt begierig eingeſchlungen.
C vWie42D. S. erſtes
Wie wenn in den Silber-Fluͤſſen
Bluͤht der ſchoͤnen Roſen Blut:
So zeigt / wenn ich dich wolt kuͤſſen /
Sich dein Koſtbar Lippen-Gut /
Das mit Zucker iſt beſtreut /
und mit Cimmet braun verneut /
Daß es gleichet den Rubinen /
Die zu nichts / als Kuͤſſen / dienen.
Vnverwandt war dein Geſichte /
Wenn du mich haſt angeſchielt.
Auf die ſuͤſſen Liebes-Fruͤchte
Haſtu / ſchoͤnes Bild gezielt.
Du haſt eilends mich bekaͤmpfft /
und mit Blicken gantz gedaͤmpfft /
Biß es endlich ſo weit kommen /
Daß du mich gar eingenommen.
Mein Arm war an ſtat der Kette /
Die uͤm deinen Hals hergeht /
Mit dir liebt ich uͤm die Wette
ungeſcheut / ob einer ſteht /
und mißgoͤnnet weil er kan.
Du fingſt erſt zu lieben an /
Als du mit den welchen Haͤnden
Meine kunteſt zu dir wenden.
So kunt ich doch damals lieben
Dich / der gruͤnen Jugend Luſt.
Was ich vorhin nie getrieben /
Wurde mir und dir bewuſt.
Wo ich jetzt nun geh und ſteh /
Jſt mir deinentwegen weh.
Daß43Roſen-Gepuͤſche.
Daß die Felder ſtets nachſchellen:
Damon liebet Charibellen.
Vnterdeſſen bleibe du /
Wie du dich bißher erweiſet /
Denn es hat die Liebs-Vnruh
Mich und dich noch nie geſpeiſet.
Wirſtu nun / O meine Zier /
Halten dich nach Liebs-Gebuͤhr /
Sol Wald / Berg und Thal nachſchellen:
Damon liebet Charibellen.
XXIV. Nacht-Klage.
KOm / Roſetta / ſchoͤnes Liecht /
Das durch meine Sinnen bricht /
Ach / Roſetta / kom doch an /
Daß ich laͤnger leben kan.
Deine Roſen-volle Hand
Hat mein Hertze mir entwand /
Daß kein Glantz kein heller Schein
Wil in meinen Augen ſeyn.
Du verdunckelſt mein Geſicht /
Wenn du / Sonne / dich gericht
Auf mein blaſſes Firmament /
Das ſich ſtets in Liebe brennt.
Schau den truͤben Himmel ich /
Denck ich / Sonne / ſtets an dich.
Schau ich denn mich ſelber an /
Bin ich dir gantz zugethan.
Hier44D. S. erſtes
Hier in dieſer ſchwartzen Nacht /
Da ich gaͤntzlich mich verwacht /
Lieg ich wie ein Liecht ohn Schein /
und kan mein nicht ſelber ſeyn.
Blincken mich die Sternen an
Von der dunckel-ſchwartzen Bahn /
Sprech ich: Weicht / O Himmels-Zier /
Meine Liebſte geht euch fuͤr.
Steht der Monden ohne Glantz /
So erſtirbt mein Geiſt auch gantz.
Er zwar ſucht Endimion /
und ich meiner Liebe Lohn.
Fragſtu / Liebſte / was ich wil?
Weil die gantze Stadt iſt ſtill /
Sol die uͤbergroſſe Pein
Bey dir mein Angeber ſeyn.
Bleich bin ich von Angeſicht /
und das haſtu zugericht /
Ohne Sinnen iſt mein Sinn /
Weil ich nicht in deinem bin.
Wache! wach / wach auff mein Lieb /
Das mich erſt zu lieben trieb.
Hoͤre meinen Seiten zu /
Die mit mir nicht haben Ruh.
Scheub das ſtoltze Fenſter auf /
Laß den blicken jhren Lauf /
Daß mein halb verbrantes Hertz
Nicht mehr fuͤhle ſeinen Schmertz.
Dieſes troͤſtet mich noch ſehr /
Daß du mir gibſt dein Gehoͤr /
Weil45Roſen-Gepuͤſche.
Weil mich deine Gunſt anlacht /
Wuͤnſch ich dir jetzt gute Nacht.
Nun verbirge dein Geſicht /
Weil mein Dienſt auff heint verricht.
Mach das ſelge Fenſter zu /
und gib dich der ſuͤſſen Ruh.
Kan ich heint erwerben hier /
Daß ich morgen komme fuͤr /
So ſol deiner Augen Schein
Mir mehr als die Sonne ſeyn.
Meine Schoͤne / ſchlaffe nu /
Schlaffe wol / ſchlaff / ſchlaff / mein du!
Lieb mich / und was ich dir bracht /
Run ſchlaff wol / Zu guter Nacht /
XXV. An ſeine lieblich Schwartzbraune / als er ſie erzuͤrnet hatte.
KJnd / iſt denn der groſſe Zorn
Nicht einmahl bey dir verrauſchet?
Hab ich denn den ſcharffen Dorn /
Stat der Roſen / mir getauſchet?
Jſt denn meine Gnade hin?
Hat die Liebe denn ein Ende?
So muß ich den krancken Sinn
Liefern in des Todes Haͤnde.
Rette / weil die gute Zeit
Noch zu retten Anlas giebet.
Wer recht auf Beſtaͤndigkeit /
und auß treuen Hertzen liebet /
Der46D. S. erſtes
Der kan ſich nicht bilden ein /
Daß er voller Vngenade
Mit ſo einen Felſen-Stein
Seine Geiſter uͤberlade.
Wenn der goͤldne Roſen-Mund
Mein verdunckelt Angeſichte
Nicht ſo tief / biß auf den Grund /
Mit ſo ſchweren Vrtheil richte /
Ach / ſo wolt ich bald von dir
Einen ſolchen Abſchied nehmen /
Vnd die uͤberſchoͤne Zier
Durch mein auſſen ſeyn beſchaͤmen.
Aber / Lieb / ich kan es nicht
uͤber meine Seele bringen /
Daß nun erſt die Demant-Pflicht
Solt auß jhren Golde ſpringen /
Mein Hertz bleibet / wie vorhin /
Leer an Wancken / vol an Treue /
Wie ich vor geweſen bin /
Bin ich jetzund auch aufs neue.
Laß dein freundlich ſauer ſehn
Nur / nach deines Muhts belieben /
Zweyfach auf mein Hertze gehn /
Mich beſtaͤndig außzuuͤben /
Jch wil leiden / was ich ſol /
Schoͤnſte / nur uͤm deinent willen /
Biß mich der geſetzte Zoll
Wird mit Reichthum uͤberfuͤllen.
O wie wol iſt der daran /
Der der Liebſten Zorn und Haſſen
Mit47Roſen-Gepuͤſche.
Mit Gedult ertragen kan /
Alles Vngluͤck aufzufaſſen!
Was jhm Freude bringet / kraͤnckt /
Was jhn kraͤncket / bringet Freuden.
So / daß er zuletzt nicht denckt
An das alte Thun und Leiden.
Vnterdeſſen bleib ich dir
Doch mit aller Gunſt gewogen /
Ob du mir gleich deine Zier
Durch ein traurig ſeyn entzogen.
Ja dein eigen bleib ich fort.
Weil mein Leben Athem ſpuͤret
Solſtu ſeyn allein der Port /
Der mich wol zu Lande fuͤhret.
XXVI. Lieber treue Freundſchaft / als falſche Buhlſchaft.
JMmer hin / fahr immer hin /
Falſcher Sinn /
Du ſolt mich nicht kraͤucken.
Was mir gar nicht wer den kan /
Wird von dann
Mein Gemuͤthe lencken.
Jch weis meine Zeit
und ein ſolches Leid
Jn den kuͤhlen Wein /
Der mir glatt geht ein /
Wol zu verſencken.
Was48D. S. erſtes
Was iſt das / das mich ſtets quaͤlt
und entſeelt /
Als ein groſſes Leiden?
Dein geſtirntes Angeſicht
Hat zwar Liecht /
Aber wenig Freuden.
Drum wil ich / O Zier /
Mich entſchlagen dir /
Deiner Augen Glantz /
und den Roſen-Krantz
Hinfort zu meiden.
Was frag ich nach deinen Kuß /
Den ich muß
Stets mit Thraͤnen ſuchen.
Jſt mir ſchon dein rother Mund
Nicht vergunt /
Wil ich drum nicht fluchen.
Ein Venediſch Glas
Jſt mir eben das /
Wenn es mit Gethoͤn
Rund herum muß gehn
Bey gruͤnen Buchen.
Wie kan ich die Froͤligkeit
Meiner Zeit
Beſſer niederlegen?
Fuͤr die gar zu faule Luſt
Deiner Bruſt
Greiff ich nach den Degen.
Wo es blutens gilt /
und das Hertze quillt /
Auf49Roſen-Gepuͤſche.
Auf den Hieb und Stoß
Friſch zu ſchlagen loß /
Da waͤchſt mein Segen.
Wenn der kuͤhle Trunck obliegt /
und beſiegt /
Meine friſchen Glieder /
Da bruͤſt ſich der heiſſe Muth /
Biß das Blut
Wallet auf und nieder.
Denn ſo gehen frey
Auf die alte Tren /
Mit Geſang und Klang /
uͤber Tiſch und Banck /
Die ſchoͤnen Lieder.
Eine neue Bruͤderſchafft
Hat mehr Krafft /
Als dein altes haſſen.
Kan ich einen guten Freund /
Der es meynt /
Jn Vertrauen faſſen /
So verraucht die Noth /
Daß ich auch den Todt /
Als ein Helden-Mann /
unverzuͤglich kan
Verweiſen laſſen.
Treulich ſchlagen Hand in Hand
Macht bekant
Meine Redligkeiten.
Da kan ich mein offnes Hertz /
Ohne Schertz /
DZei -50D. S. erſtes
Zeigen allen Leuten.
Da hergegen du /
Auch in einem Nu /
Deiner Falſchheit Ruhm /
Als dein Eigenthum /
Weiſt hoch zu deuten.
Dir / O Edle Companie /
Sol mein Knie
Stets zu Dienſten leben.
Schencke friſch die Glaͤſer ein /
Bier und Wein
Muß der Wirth uns geben.
Auff Geſundheit hin /
Solcher / wie ich bin.
Nim es / Bruder / an /
Wie ich jetzt gethan /
So mach es eben.
Nim imgleichen den Taback.
Das Gelag
Muß beſchloſſen werden.
Blaſe von dir einen Schmauch /
Dampf und Rauch
Bleiben doch auf Erden.
Bruder / friſch daran /
Weil er glimmen kan /
Wird jhr Athem mir
Gar nicht kommen fuͤr
Mit Liebs-Geberden.
Aber / du / fahr immer hin /
Falſcher Sinn /
Du ſolt mich nicht[-]kraͤucken.
Ein51Roſen-Gepuͤſche.
Ein ſchoͤn Glaß / und ſein Geruch
Leſt mein Buch
Nicht ins Grab verſencken.
Fahr hin falſche Treu /
Jch bin franck und frey.
An dein Augen-Liecht
Wil ich gaͤntzlich nicht
Forthin gedencken.
XXVII. An Alamannen / und jhre unver - gleichliche Schoͤnheit.
ALamanna /
Schoͤnſte meiner Schoͤnen
Laß mich deine Zier
Ruͤhmen hier
Mit verliebten ſehnen.
Alamanna!
Alamanna /
Schoͤne Fruͤhlings-Blume /
Du biſt weiß und roth /
Hilf auß Noth /
Dir zu deinem Ruhme.
Alamanna.
Alamanna /
Deine Wangen bluͤhen /
Daß auch eine Bien
Den Rubin
Wolte dir entziehen.
Alamanna.
D ijAla -52D. S. erſtes
Alamanna /
Deiner Augen Fackeln
Trotzen weit und fern
Jeden Stern
Mit verliebten wackeln.
Alamanna.
Alamanna /
Suͤß iſt deine Lippe.
Den Corallen-Stein
Sticht allein
Hin / des Mundes Klippe.
Alamanna.
Alamanna /
Wie von Schnee zwey Ballen:
So ligt deine Bruſt /
Voller Luſt /
Jn geſchwellten prallen.
Alamanna.
Alamanna /
Alle deine Glieder
Stehen außgeputzt:
Wie da ſtutzt
Marmor hin und wieder.
Alamanna.
Alamanna /
Solt ich nun dich haben
Allzeit neben mir /
Wolt ich hier
Mein Hertz an dir laben.
Alamanna.
Ala -53Roſen-Gepuͤſche.
Alamanna /
Zwar / es wird wol kommen
Die gewuͤnſchte Zeit /
Da das Leid
Beyden wird benommen.
Alamanna.
Alamanna /
Bleib mir nur gewogen /
Niemals wirſtu was
Sagen / daß
Wie ich dich betrogen.
Alamanna.
XXVIII. An die falſche Cynthia.
GJb dich / mein feiger Sinn / in deiner Angſt zu
frieden. (verſchieden /
Biß dein ſelbſt Hencker nicht. Jſt jhre Gunſt
und jhre Brunſt verleſcht / ſo dencke diß darbey /
Daß Liebe ſonſten nichts / als eine Kugel ſey.
Laß jhren roten Mund / laß jhre braunẽ Wangen /
Laß jhren Marmor Leib / und nim dich ſelbſt gefangẽ.
Laß jhrer Haare Gold / laß jhre Sitten ſtehn /
Die Hoffart wird mit jhr noch ſelbſt zu Grade gehn.
Ergreiff dein wanckend Hertz / halt die Vernunft
im Zuͤgel /
Setz ſie in Schrauben ein / ſtell ſie in jenen Buͤgel /
Der durch den Lorber-Wald dich nach der Tugend
traͤgt /
und deine blinde Lieb / als einen Feind / erlegt.
D iijDenck54D. S. erſtes
Denck an die Eitelkeit / die Mutter loſer Sachen /
Weil Venus und das Gluͤck dein lieben gantz verla -
chen. (langt /
Was weiß dein blaſſer Mund / wenn er den Kuß er -
An dem viel tauſent Pein und duͤrre Marter hangt.
Nichts wird die bleiche Hand von Tugend Golde
ſchreiben /
Weil ſie bey Cynthien jhr kan die Zeit vertreiben.
Du biſt als wie ein Schiff / daß auf Triebſande ſteht /
Wenn jhm drauf Wind und Fluht im Augenblick
entgeht.
Wil ſie nicht Liebſte ſeyn / ſo laß ſie immer fahren.
Ein andre wird dir wol ſolch Liebes-Leid erſparen.
Fleuch durch den Liebes-Dampf / und bleibe willig
Wer weiß / ob Cynthien diß angeneme ſey. frey.
Bleib / bleib nun Cynthia / bleib / bleib mit deiner
Schoͤne /
Bleib immer wer du biſt / vor ehr ich dich / jetzt hoͤne.
Du liebteſt mit bedacht / uñ nicht nach Buhler-recht /
Druͤm ſag ich: bleibe nũ / du biſt mir viel zu ſchlecht.
XXIX. Die Viel-beneidete
NVn / was hilfft es / ich wil ſchweigen /
und Gott ruffen an zum Zeugen /
Er weiß meine Sache recht.
Mein Gewiffen wird es ſagen /
Daß ich dieſes Joch getragen
Niemals als ein Suͤnden-Knecht.
Tauſent55Roſen-Gepuͤſche.
Tauſent falſche Laͤſter-Zungen
Haben mir mein Hertz durchdrungen /
Das ſich in ſich ſelbſt nicht weis.
Tauſent Maͤuler ſpeyen Flammen
uͤber mich und dich zuſammen /
uͤber dich / du Muſen-Preiß.
Regne Tropfen / blute Thraͤnen /
Hertze / blute Noth und ſehnen /
Blute / blute rohte Pein.
Weine bey den boͤſen Lenten
uͤber die verruchten Zeiten /
und laß alle Freude ſeyn.
Nim vor Myrten die Cypreſſen /
Biß du deiner Angſt vergeſſen /
Wirf die Roſen von dir hin.
Amaranthen ſolſtu tragen /
Aller Blumen dich entſchlagen /
Weil ich ſo verwundet bin.
Doch / was hilfft es / traurig ſtehen /
und in Todes-Kraͤntzen gehen?
Gut Gewiſſen Triumphirt.
Die Gedult ſchwingt jhre Fahnen /
Dir den ſchoͤnen Weg zu bahnen /
Da die Vnſchuld dich beziert.
Laß es hageln / laß es ſchneyen /
Laß die Wolcken Feuer ſpeyen /
Laß es gehen / wie es geht.
Recht kriegt endlich noch zu Lohne
Die verguͤldte Lorber-Krone /
Die in Donner ſtets beſteht.
D jvLuͤget56D. S. erſtes
Luͤget immer / was jhr wollet /
Traget auß / was jhr nicht ſollet /
Naget meinen freyen Sinn.
Keine Palmen hoch aufgehen /
Wenn ſie nicht gedruͤcket ſtehen /
Jch bin doch wol / wer ich bin.
Ein erwachſenes Gebluͤte /
und die Tugend im Gemuͤte /
Fuͤrchten einen Neider nicht.
Was die Laͤſter-Maͤuler ſpeyen
Wird noch jhnen ſelbſt gedeyen /
Wenn ſie Gott es Rache richt.
Vnterdeſſen wird mich ſtuͤtzen /
und fuͤr jhren ſtich beſchuͤtzen /
Vnſchuld / als ein ſtarcker Held /
Der / durch ſeiner Lantzen brechen /
Seinen aͤrgſten Feind kan ſchwaͤchen /
und behalten alles Leid.
Daruͤm wil ich jetzund ſchweigen /
und Gott ruffen an zum Zeugen /
Er weiß meine Sache recht.
Mein Gewiſſen wird es ſagen /
Daß ich dieſes Joch getragen
Niemals / als ein Suͤnden-Knecht.
XXX. Beſſer loß / als angebunden.
JCh[lie]be Reichthum nicht / und goͤldne Sachẽ /
Jch ſo[rg]e nicht vor mich / daß groß ich ſey.
Was m[ei]nen Geiſt uͤmſchwingt / mich zu ver -
lachen /
Ver -57Roſen-Gepuͤſche.
Verlaß ich nun / uͤm daß ich bleibe frey.
Jch liebe Weyden / Wald / Laub und Graß /
und alle Heyden. Jch ſage das /
Wo meine Laura ſaß.
Das ſchnoͤde Prangen bleibt von meinẽ Sinnen.
Mein Sinnen ſtrecket ſich hin durch die Luft.
Mars mag mit Blitz den Krieg und Sieg beginnen /
Jch bleibe / wo ich bin / bey meiner Klufft.
Jch liebe Weyden / Wald / Laub und Graß /
und alle Heyden. Jch ſage das /
Wo meine Laura ſaß.
Jch fliehe taͤglich das / was bruͤnſtig liebet /
Mein hoher Sinn der iſt darzu zu klein.
Der Hoſnung bloſſes Schwerd mich nicht betruͤbet /
Denn was ich lieben kan / kan ſchoͤner ſeyn.
Jch liebe Weyden / Wald / Laub und Graß /
und alle Heyden. Jch ſage das /
Wo meine Laura ſaß.
Wer wil / laß taͤglich ſich in Liede brennen /
Jch ſtehe feſt darauf: Jch bleibe frey.
Wer wolte thoͤrlich ſich jetzt Sclave nennen /
Bey dem ein kluger Sinn in Dienſten ſey.
Jch liebe Weyden / Wald / Laub und Graß /
und alle Heyden. Jch ſage das /
Wo meine Laura ſaß.
Die Jungfern ſind zwar ſchoͤn uñ gut zu ſchauen /
Die Jungfern aber mag ich / glaͤubt es / nicht.
Muß ich mich einer ja noch anvertrauen /
So kuͤß ein kleines Kind mein Angeſicht.
D vJch58D. S. erſtes
Jch liebe Weyden / Wald / Laub und Gras /
und alle Heyden. Jch ſage das /
Wo meine Laura ſaß.
Druͤm laß / O freyer Sinn / die Groſſen fahren /
Die mit dem vollen Mond zu zeiten gehn.
Mit kleinen Juͤngfergen ſich zeitlich paaren /
Bringt eine Lieb hervor / die kan beſtehn.
Jch liebe Weyden / Wald / Laub und Gras /
und alle Heyden. Jch ſage das /
Wo meine Laura ſaß. (prangen /
Weg Reichthum / Gold und Geld / weg ſchnoͤdes
Weg Mars mit deinen Blitz / weg / Liebe / weg.
Weg groſſe Jungfern weg / mein beſt Verlangen
Jſt eine kleine mit der Freyheit zweck.
Druͤm lieb ich Weyden / Wald / Laub uñ Gras /
und alle Heyden. Jch ſage das /
Wo meine Laura ſaß.
XXXI. Die uͤberſchoͤne Mopſa.
DEine Liebe zwinget mich /
Mopſa / daß ich dich muß preiſen /
Meine Feder ſchaͤrffet ſich /
Deinen Preiß der Welt zu weiſen.
Was du fuͤhreſt uͤm und an
Jſt / das ich beſingen kan.
Aus Corallen ſpringt ein Quell /
Wenn ich deine Liechter ſchaue.
Eines leuchtet faſt ſo hell /
Als die Sonn in kuͤhlen Thaue /
Wie59Roſen-Gepuͤſche.
Wie der Mond in vollen Schein /
So bricht auch das andre rein.
Deine Stirne ſteht erhoͤht /
Wie der Berg / der Waͤlder zeuget /
Wenn das Wild zur Weyde geht /
Macht es / daß dein Haͤupt ſich beuget /
Wie die Perlen angeſchnuͤrt:
Faſt ſo ſteht dein Haar geziert.
Jndich-Farbe haͤlt der Mund /
Der den Athem von ſich hauchet /
Wer jhn reucht / wird bald verwund.
Deine Zaͤhne ſind verbrauchet
Vor das allerbeſte Gold /
Wer wolt dir nicht werden hold?
Deiner Schoͤnheit Wangen-Feld
Gleicht ſich Erbſen an der Farbe /
Dein Kinn ſolche glaͤtte haͤlt /
Wie die reiffe Gerſten-Garbe.
Deine Naß iſt faſt ſo klein /
Als der Ruͤſſel an dem Schwein.
Deine Haͤnde ſind ſo weich /
Wie die Rinde von den Dannen /
Kein iſt dir an Schoͤnheit gleich.
Deine Bruſt kan uͤbermannen
Eine Ziege / die da ſteht /
und mit vollen Eutern geht.
Wie du heiſſeſt / weiß ich nicht /
Mopſa nenn en dich die Hirten /
Einer nur hat mich bericht /
Als er ſaſſe bey den Myrten /
Hier /60D. S. erſtes
Hier / ſprach er / iſt Galathe /
Oder die Tiſ[i]phone.
XXXII. Vber die Polite / und jhre Sprichwoͤrter.
JHr / Jungfrau / ſeyd jhr klug allein zu nennen /
Weil jhr vor Erbarkeit euch nicht wolt kennẽ /
Jch halte wol davor / es ſey erlogen /
und wer es mir nicht glaͤubt / der wird betrogen.
Die Erbarkeit ſitzt euch nur auf der Zungen /
Bald iſt mit einem Wort ſie weggeſprungen /
Der euſſerliche Schein der ſchmucken Sitten /
Der ſaget / daß jhr euch laſt gerne bitten.
Jhr ſprecht zwar oftermal: Laſt mich zufrieden.
Laſts bleiben / dieſes iſt euch nicht beſchieden.
Herr laſt mich ungefopt. Jhr werdt nichts finden /
Dahin jhr eure Brunſt vermeynt zu binden.
Was wil der Herr denn wol? Jſt er auch hoͤniſch?
Wil er denn gerne hin? Es iſt argwoͤhniſch:
Bey leibe ſolches nicht. Geſchichts nicht heuer /
So kom er uͤbers Jahr / ich bin zu teuer.
Ach / wie koͤnt einer doch? Laſt dieſe Poſſen.
Jch halt der Herr iſt wol mit Schrot geſchoſſen.
Ey lieber laſt es ſeyn. Was wolt jhr haben?
Nein. Dieſe Woche gibt man keine Gaben. (tig.
Seht doch! was wolt jhr deñ? Jhr ſeyd wol rich -
Mein Herr / Ach dasmal nicht / ich bin nicht tuͤchrig.
Je nein! Wo komt jhr her? Jhr muͤſt euch waſchen /
Eh jhr auf Jungfer-Haut wolt Farbe naſchen.
Heint61Roſen-Gepuͤſche.
Heint ſchlaͤft ein Bauer hier. Herr laſt mich gehẽ.
Die Mutter hat geruft. Nun ſo ſolls ſtehen.
Wiſcht nur den Bart zuvor. Jhr ſeyd beſudelt.
Eſſt kein geſtohlen Gut / das ſonſten hudelt.
Jch wil mein Schweſterchen zuvorhin fragen.
Herr hoͤret wieder her. Denn wil ichs ſagen.
Geht hin zur Bauer-Magd. Kuͤſſt mich in Leibe.
Schafft daß ich fuͤrderhin zu frieden bleibe.
So redet jhr zwar wol vor allen Leuten /
Koͤmmt aber ein Polit zu rechten Zeiten /
So ſeyd jhr warlich nicht recht klug zu nennen /
und wil euch weder Zucht noch Sitten kennen.
XXXIII. Er entſchlaͤget ſich der Melinden.
VErzeihe mir / mein Kind Melinde /
Jch habe deiner faſt genug.
Wenn meinen Weſt die Norden-Winde
Ereilen mit behenden Flug /
So wird die Sommer-Luſt verſehrt /
und endlich durch den Schnee verzehrt.
Was helffen mich der Sonnen Blicke /
Wenn ſie nicht immer auff mich gehn?
Wo mir ein Schatte faͤlt zuruͤcke /
Da muß noch etwas vor mir ſtehn.
Nein / nein / Melinde / meine Brunſt
Jſt forthin unwerth deiner Gunſt.
Wer klug iſt / meidet Fels und Klippen /
und traut ſich nicht der wilden See.
Jch haſſe deine Roſen-Lippen /
Daß62D. S. erſtes
Daß ich nicht etwan untergeh /
Mein frommes Schiff das anckert ein /
Nicht deinen Wellen preiß zu ſeyn.
Nim auß der Luft die wachen Sterne /
Die gantze Welt wird finſter ſtehn.
Entfuͤhr den Mandeln jhre Kerne /
Jhr groſſer Nutz wird bald vergehn.
Brich Blumen uͤm den duͤrren Wald /
Sein ſchoͤner Ruch verſteubt alsbald.
Wo ſind die Roſen / O Melinde /
Die dir der Himmel ſelber gab.
Sind ſie denn von dir ſo geſchwinde
Verfallen in das ſchwartze Grab?
Melinde / deines Krantzes Zier
Jſt todt / du aber lebſt noch hier.
Fort / fort / du Wahlſtat aller Ehren /
Du Todt der keuſchen Redligkeit /
Jch muß mich nun von dir abkehren /
Geh Diebſtahl meiner beſten Zeit /
Geh / geh Melinde / geh dein Sinn
Jſt nun auß deinen Augen hin.
XXXIV. Ein freyer Sinn gehet uͤber alle Dienſtbarkeit.
O Wol dem / der ſich ſelbſt kennet /
und den ungezaͤumten Sinn
Seinen Vnterſaſſen nennet /
Den er mit ſich reiſſet hin /
Wo jhn Fluht und Wind hinſchlaͤgt /
Wenn ſich Vngluͤcks-Sturm erregt.
Fuͤr -63Roſen-Gepuͤſche.
Fuͤrſten herſchen zwar im Lande /
Das bekroͤnten Frieden bringt /
Der iſt viel in hoͤhern Stande /
Der der Sinnen Herrſchaft zwingt /
Weil er / was er uͤm und an /
und ſich ſelbſt betaͤuben kan.
Mancher wil ſich Herrſchaft nennen
uͤber ein gar frommes Hertz /
Daß ſich kan der Laſter ſchaͤmen /
und wil richten hinterwerts.
Wilſtu herſchen mit Gewinn?
Herſch erſt uͤber deinen Sinn.
Scharffe Waffen ſeyn zu ſcheuen /
Die die Helden-Hand beruͤhrt /
Der muß noch vielmehr bereuen /
Der den Sinn gefangen fuͤhrt /
Meiſtert er nicht Krieg und Geld /
Jſt er in der Schlacht gefaͤllt.
Ein Gefangner / der in Ketten
Seine Lebens-Zeit beſchleuſt /
Kan ſich ſelber gar nicht retten /
Biß jhn laͤſt ſein muͤder Geiſt.
Alſo / wenn ſein Sinn obliegt /
Leſt er ſich ſelbſt unbekriegt.
Bey den Sinnen haͤngt das Hertze /
Bey dem Hertzen gleicher Sinn /
Jſt bey dieſem Neides. Schmertze /
Dringt es auch zu jenen hin /
Wilſtu leben ſonder Pein /
Muſtu dein ſelbſt Meiſter ſeyn.
Knecht -64D. S. erſtes
Knechtſchaft ſtuͤnde zwar zu leiden /
Wehr ſie billich vor der Welt /
Aber uͤber bloſſes Neiden
Mir die Herrſchaft mehr gefaͤlt.
Sol ich trauen mich der See /
Wenn ich gut zu Lande geh?
Andre loben was ſie loben /
Der dringt uͤber alles hin /
uͤber aller Neider toben
Geht ein ſo gezaͤumter Sinn /
Wenn Vernunft beyzeite ſiegt /
und den Witz zur Beute kriegt.
Druͤm / wol dem / der ſich ſelbſt kennet /
und den ungezaͤumten Sinn
Seinen Vnterſaſſen nennet /
Den er mit ſich reiſſet hin /
Wo jhn Wind und Fluth hinſchlaͤgt /
Wenn ſich Vngluͤcks-Sturm erregt.
XXXV. Marnia und ein Buch.
NVn empfind ich keinen grauen /
Daß ich / Phoͤbus / fuͤr und fuͤr
Bin geſeſſen neben dir.
Andre moͤgen uͤm ſich ſchauen /
und bey jenen Springe. Quellen
Jn den Wieſen ſich ergehn /
Jch wil bey den Buͤchern ſtehn /
und auf ſie mein Tichten ſtellen.
Artlich65Roſen-Gepuͤſche.
Artlich laͤſt es ſich ſtudiren /
Wenn man weit von Vngemach
Leitet ſeinen Lebens-Bach /
Er / weil wir jhn weißlich fuͤhren /
Wird kein Theil dem Tode werden /
Denn der kluge Geiſt und Sinn
Schwingt ſich durch die Wolcken hin /
und koͤmmt gar nicht in die Erden.
Holla / Junger / geh und frage /
Wo das ſchoͤnſte Buch mag ſeyn /
Laß den Opitz binden ein /
Dieſe Friſt der kurtzen Tage /
Die wir Menſchen auf uns haben /
Wil ich in den Bienen-Saft /
Den die Muſen abgerafft /
Tieffer als in Sand vergraben.
Kauffe gleichfals andre Sachen /
und vergiß den Tſcherning nicht /
Schau daß keiner dir gebricht.
Jener mag recht thoͤrlich lachen /
Der bey ſeinen Gold und Schaͤtzen
Tolle ſich zu kraͤncken pflegt /
und ohn Luſt ſich ſchlaffen legt /
Jch wil mich mit Buͤchern letzen.
Bitte die gelehrten Bruͤder
Auf die Muſic und auf das /
Wobey ſtets der Plato ſaß.
Bringe mit die ſchoͤnen Lieder.
Marnia / dich laß ich erben /
Bey den Buͤchern und bey dir
EWil66D. S. erſtes
Wil ich bleiben fuͤr und fuͤr /
Buͤcher laſſen keinen ſterben.
XXXVI. ECHO.
HJer wo das Wild in dem Gepuͤſche /
und in den Waſſer ſtehn die Fiſche /
Wo Zephyr in den Myrten kracht /
und wo die Turteltaube lacht /
Hier wo der Tag die Nacht zerruͤttet /
und Perlen auß dem Schoſſe ſchuͤttet /
Wo Quelle von der Erden gehn /
und uͤm die feiſten Blumen ſtehn /
Wo Finſternuͤß ſich weit entfernet /
Weil hier die Sonne hlitzt und ſternet /
Beduͤncket rathſam mich zu ſeyn /
Daß ich verlaſſe meine Pein.
Die groſſe Pein / ſo mich im lieben
Zur Freyheit wieder angetrieben /
Fahr immer hin / du falſches Hertz /
Jch fuͤhle nicht mehr ſolchen Schmertz.
Es treibt die Leyer auf den Seiten
Nichts als nur lauter Froͤligkeiten.
Wer wil / lieb oftermal und viel /
Die Lieb iſt wie ein Ballen-Spiel.
E. Spiel.
Jſt jemand hier / der ſich auch uͤbet
Jn dieſes zarte Spiel verliebet?
E. verliebet.
O Echo / haſtu auch noch Flammen /
Die67Roſen-Gepuͤſche.
Die dich zu Wald und Feld verdammen?
E. Ammen.
Die Liebes-Ammen in der Welt
Sind Reichthum nur und groß vergelt.
E. Geld.
Ja ohne Geld kan keiner ſtehen /
Er muß ohn Gunſten untergehen.
E. gehen.
Jſt einer an Ducaten kalt /
Was kan er lieben vor Geſtalt?
E. Alt.
Ein Alte kan die Lieb außharren /
Nur Junge machen uns zu Narren.
E. Narren.
Muͤſt ich ja lieben an der See /
So liebt ich nur die Galathee.
E. Ade.
Kein Mahler kan ſo ſchoͤne mahlen /
Als jhr Geſicht und Reichthum pralen.
E. pralen.
Sie iſt ja Goͤttlich angeziert /
Das Backenroth ſteht unbeſchmiert.
E. beſchmiert.
Sie glaͤntzet wie die ſchoͤne Roſe /
und wie bey Liljen die Zeitloſe.
E. loſe.
Das Gold hat jhren Leib verſchranckt /
Der Zindel hat den Hals uͤmzanckt.
E. zanckt.
Ey nun / ſo wil ich ſie nicht freyen /
E ijEs68D. S. erſtes Roſen-Gepuͤſche.
Es moͤchte mich hernach gereuen /
E. reuen.
Ade du Weibliches Geſchlecht /
Gunſt gehet nur bey dir vor Recht.
E. recht.
Ade du ſchoͤner Jungfer-Hauffe /
Bey dir ich nur ins Elend lauffe.
E. entlauffe.
Ade jhr Nymfen auf der See /
und du auch ſchoͤne Galathee.
E. Ade.
Nun bin ich meiner Noht entkommen /
Wie ich mir hatte vorgenommen.
E. genommen.
Jch liebe Clien / die vor Pein
Mir Nectar ſchenckt zum Labſal ein /
E. allein.
Jhr guter Will iſt ſtets mein Wille /
Da leb ich ſicher und frey ſtille.
E. ey ſtille.
Jch ſchweige nun. Jhr hohen Dannen
Jhr Myrten fleiſſig zu bemannen.
Du Wuͤſteney / du froher Ort /
Der froͤlich ſich und mich gehort.
Gehabt euch wol / jhr Baͤch und Auen /
Euch ſol hinfort kein Schnee begrauen.
Fleuß ſicher ſtets / O Saal und Sool /
Ade du Wald / gehab dich wol -
E. Wol.
[69]

David Schirmers Ander Roſen-Ge - puͤſche. Gedruckt im Jahr Chriſti 1650.

70D. S. ander
I. Tilian an der Elbe.
TJlian gieng an der Elbe
Leer an Schertzen / vol an Pein /
Gleich als jetzt der Sonnenſchein
An dem hohen Luft Gewelbe
Sich mit jhm halb bleich gekraͤnckt /
Vnd nach Norden abgeſenckt.
Er beklagt ſich / und Serenen /
Sich und jhre Liebligkeit /
Die / bey ſpaͤter Abend-Zeit /
Aller Edlen Hertz und Sehnen
Oftermahl auf friſcher That
Ploͤtzlich angeſtecket hat.
Halb hat ſich das Jahr verſchlungen /
Sang er / halb hat gleich der Froſt
Die beruͤhmte Felder-Koſt
Wieß und Auen abgedrungen /
Es iſt gleich ein halbes Jahr /
Da / Seren / ich bey dir war.
Es wird deinen klugen Sinnen /
O du Schoͤne / wiſſend ſeyn /
Mit was Kummer / Noth und Pein
Jch dich habe laſſen koͤnnen
Weit71Roſen-Gepuͤſche.
Weit noch uͤber jene Stadt
Kraͤnckt mich / die mein Hertze hat.
Laͤnger hett ich dich geſehen
ungeſcheut der Liebes-Pein /
Es wolt aber gar nicht ſeyn /
Jch / ich muſte von dir gehen /
Weil Verhaͤngnuͤß und die Zeit
Mich berufften anderweit.
Fort muſt ich zwar / mit was Gluͤcke
Dencke / Schoͤne / ſelber nach /
Zu der Pleiſſe Sand und Bach /
Biß ich wieder kam zuruͤcke /
Da ich in dich gantz und gar
Mehr / als vor / verliebet war.
Endlich doch muſt ich dich laſſen /
und mein Leipzig ſehen an /
Das mir damals viel gethan /
Da mich auf den freyen Gaſſen
Alle Schaͤffer außgefragt /
und mit mir ſich hart beklagt.
Sie ja / ſie ſind recht geweſen /
Jch war allzeit ohne Sinn /
Kranck wie ich noch jetzund bin.
Paſilus gieng Kraͤuter leſen /
Aber ſeine Kunſt vor ſich
Wolte keinmal helffen mich.
Furcht und Angſt hab ich vertrieben /
Biß daß mich der Elben-Strom /
Da die kleine Welt / mein Rom /
Haͤuffig ſtehet aufgeſchrieben /
E jvMit72D. S. ander
Mit der gelben Fluth benetzt /
und ans ebne Land geſetzt.
Dieſes Vfer / da ich gehe /
Bot mir meinen alten Freund /
Der es ewig gut gemeynt /
Aber ſeit daß ich jhn ſehe /
Hat die Liebe ſich gekehrt /
und aufs neue mich bethoͤrt.
Er wolt meinen tieffen Wunden
Troſt und Labſal ſprechen ein /
Aber jetzt hat gleiche Pein
Sein verliebtes Hertz empfunden /
Baſilee / die ſchwartze Macht /
Daß er mich und ſich nicht acht.
Es gefiel jhm zwar mein ſpielen /
Sprach auch meinen Seiten zu /
Daß er oftermal die Ruh
Seines Leidens kunte fuͤhlen /
Aber ich und meine Pein
Wolten nicht gelindert ſeyn.
Bin ich bey dir / oder ferne /
Es gilt alles eben viel /
Weil ich ſtets mein Armes Spiel
Schoͤne / von dir dichten lerne /
Aber du / mein Spiel / und ich
Koͤnnen niemals hoͤren mich.
Jch blieb bey den alten Sachſen /
Sah der Erden ſchoͤne Frucht /
und die geile Laͤmmer-Zucht
Auf den weiſſen Bergen wachſen /
O wie73Roſen-Gepuͤſche.
O wie wohl / wie wohl iſt dir /
Sprach ich / der du weideſt hier.
Muß ich gleich gedoppelt leiden /
Wil ich doch zu keiner Zeit
Deiner Heerde Liebligkeit /
Lieber Hirte / ferner neiden /
Nur ich muß alleine gehn /
und weit von Serenen ſtehn.
Du ligſt auf den braunen Raſen /
Wenn der Baſileen Hand
Schlaͤget an das feiſte Land /
Seine Blumen abzugraſen /
Jch muß ſingen ohne Sinn:
Wo iſt nun Serene hin?
O wie biſtu ſo entfernet /
Tilian / von deiner Zier /
Die bey Nachte das Refier
Deiner Huͤrden oft beſternet.
Sprich nun: Kanſtu? Dir allein
Wil ich allzeit dienſtbar ſeyn.
Geh / beſuch auch jetzt die Gaſſen /
Da die Schaͤffer bey der Nacht
Manche Flammen hingebracht.
Da Serenen Thun und Laſſen
Jhrer Augen-Liecht entdeckt /
und dich ſtets in Brand geſteckt.
Da ſie dir mit vielen Blicken
Oftermal ein finſter Grab /
und noch oͤfter wieder gab /
Was dich armen kunt erquicken.
E vAber74D. S. ander
Aber jetzt / O weh der Pein /
Muſtu weit weit von mir ſeyn.
Nun ich hab erleben muͤſſen /
Was mir mein Verhaͤngnuͤß bracht /
Daß ein ander durch die Nacht
Jhrer Klarheit kan genieſſen /
Was ich vormahls mir erkieſt /
Hat der / der viel beſſer iſt.
Wol dem / der das Gold der Wangen /
Gold der Freude / gleich wie du /
Jn gewuͤnſchter Raſt und Ruh /
Sonder ſehnen ſihet prangen /
Jch muß ohne Glantz und Liecht
Toͤdten hier mein Angeſicht.
Gerne moͤcht ich fuͤrder gehen /
Bleiches Bild / weit uͤber Meer /
Wenn ich deiner Schoͤnheit Heer
Noch einmal ſolt mich um ſehen /
Weiter aber kan ich nicht /
Weil dein Leit-Stern mir gebricht.
Vm dich gruͤnen volle Blumen /
Weil ſie deines Mundes Weſt
unverhindert wachſen leſt /
Als die Kinder der Jdumen.
Hier iſt aber uͤm das Land
Jetzund Schnee / denn duͤrrer Sand.
Alle Marter wolt ich tauren /
Die zu finden moͤchten ſeyn.
Solte nur dein Sonnenſchein
Auch in dieſen feſten Mauren
Deiner75Roſen-Gepuͤſche.
Deiner klaren Augen Glantz /
Wie die jene / ſehen gantz.
Wenn ich ſchlaffe / wenn ich wache /
Bin ich / Schoͤne / ſtets bey dir /
unterweilen traͤumet mir /
Wie ich mit dir ſitz und lache /
Wie ich auf den Blumen-Plan
Dich mit Roſen werffen kan.
Die dich ſetzen zum Goͤttinnen /
Mund und Lippen / Stirn und Haar /
Haͤnde / Bruſt und Augenklar
Leuchten taͤglich dem beginnen /
Daß dich heute noch mit Fleiß
Mehr und mehr zu loben weis.
Stum an Worten / bleich an Wange[n]
Taub an Ohr / an Augen blind /
An Geberden als ein Kind
Bin ich ofters hier gegangen /
Aber O / O Tilian /
Dieſes iſt umſonſt gethan!
Taͤglich koͤmmt die Morgen Roͤthe /
Legt auch taͤglich ſchlaffen ſich /
Aber O wenn ſeh ich dich /
Ach! es iſt mir viel zu ſpaͤte /
Daich / wenn ſich neigt der Tag /
Dich noch einmahl gruͤſſen mag.
Hett ich Leiden noch geſehen
und jhr reiches Nieder-Land /
Wolt ich erſt / O Saalen-Strand /
Dort an deinen Vfern gehen /
Allda76D. S. ander
Allda wolt ich gantz allein
Ewig dir ergeben ſeyn.
Bleib Serene / bleib indeſſen /
Ohne Trug und ohne Liſt /
Wie du ſtets geweſen biſt.
Deiner wil ich nicht vergeſſen /
Du ſolt ſtets mit Demantſtein
Jn mein Hertz gegraben ſeyn.
Alsdenn nehm ich meine Ruhe
Auf der halb entbloͤßten Bruſt /
Die mir (ach wolt Gott!) bewuſt.
Dann ſo gehet / was ich thue /
Mit weit mehr verliebten Sinn
Auf ſein gutes Ende hin.
Alſo ſang Er Glut und Flammen /
Daß der Elbe gelber Strand
Durch das weite Niederland
Seine Seuftzer trug zuſammen /
Biß der Himmel ſich entdeckt /
und die Sternen angeſteckt.
II. Der freyhende Daphnis / an der Saale.
DAphnis gieng in Luſt und Freuden
An der blancken Saalen Strand /
Spielte mit erfreuter Hand
Sein jhn oft bedruͤcktes Leiden /
Aller Schmertze war vorbey /
Weil er aller Schmertzen frey.
Groſſer77Roſen-Gepuͤſche.
Groſſer Sturm und wuͤſte Wellen /
Sang Er / und des Gluͤckes ſchein
Muſten mir zuwider ſeyn /
Da ich an den friſchen Quellen /
Wenn es ofte kaum getagt /
Daphne dich und mich beklagt.
Phoͤbus machte mir viel Muͤhe /
Eh ich auf der Pindus-Hoͤh
Weggeraubt der Muſen Klee /
Ehe Clio mir verliehe /
Daß ich mich hab hie geſetzt /
Wo man ſonſt Poeten netzt.
Eine Zeit hab ich geſtanden
Bey des Phoͤbus goͤldnen Thron /
Mich genennet ſeinen Sohn /
und mit Fama gruͤnen Banden
Meinen Namen hingethan /
Wo Er ewig bleiben kan.
Es hat mich der Schaͤffer-Orden
Seinen Schaͤffer ſtets gekennt /
Mich den Daphnis nur genennt /
Auch der Damon gegen Norden
Weiß / weil ich es oft gethan /
Daß ich treflich ſpielen kan.
Stets gedacht ich / frey zu leben /
und wie die gelehrte Welt /
Die ſehr werth die Muſen helt /
Mich den Buͤchern zu ergeben /
Nur zu pflegen / wie bewuſt /
Meiner ſuͤſſen Muſen-Luſt.
Gaͤntz -78D. S. ander
Gaͤntzlich hatt ich meine Sinnen
Jn ein Buch gewickelt ein /
Jch wolt immer Daphnis ſeyn /
Aber / Daphnis / dein beginnen
Hat mich jetzt dahin gebracht /
Daß ich keiner Buͤcher acht.
Deine Blumengleiche Wangen /
Deiner zarten Augen Liecht
Hat mich gaͤntzlich dir verpflicht /
Der gebleichten Haar abhangen
Bindet meinen freyen Sinn /
Daß ich nicht mehr Daphnis bin.
Deine Silberweiſſen Haͤnde /
Die mit Tuͤrckiß durchgeetzt /
Haben meinen Sinn verletzt /
Daß ich mich nun zu dir wende /
und bey dir muß ruffen ein:
Daphnis ſol der Daphne ſeyn.
Nun ſo bin ich dir verbunden /
Weil du ſtets / du Roſen-Bild /
Mit den Daphnis weiden wilt /
Nun vergehen meine Wunden /
Die mir deiner Augen Liecht
Hat im Hertzen zugericht.
Laß uns nun die Herde treiben
Nach den Schatten in das Thal /
Wo wir bey den ſchoͤnen Quall
Auß den Auen wollen bleiben /
Treibe / treibe Daphne fort /
Daß wir kommen an den Port.
So79Roſen-Gepuͤſche.
So lies er die Floͤte ſchallen
Mit erfreuter Stimm und Bruſt /
Der Saphirten Felder Luſt /
Echo / lies den Thon nachfallen:
Freut euch Nymphen und Sylvan /
Daphne weiß / was Daphnis kan /
III. Der verliebte Hylas an der Elbe.
HYlas / der Sophien Freyer /
Gieng vol ſehnen ungefehr
An der kalten Elbe her.
Er gedacht an jhren Weyher /
Der / ſeit er ſie angeblickt /
Jhm die Flammen zugeſchickt.
Wolte Gott / ich ſolt dich ſehen /
Sang er / O du Lorber-Wald /
Da mein ſchoͤner Auffenthalt
Kan in deinen Schatten gehen /
Wolte Gott / ich ſolt allein
unter deinen Zweigen ſeyn.
Heller wirffſtu deine Stralen /
Wenn Sophia durch den Weſt
Sanfte dich bewegen leſt.
Deine feiſten Blaͤtter pralen /
Weil ſie vor den Donnerſtein
Durch mein Lieb geſichert ſeyn.
Laß die Perlen haͤuffig nieder
Jn die mehr als zarte Schoß /
Daß80D. S. erſtes
Daß ich alles Jammers bloß
Moͤge zu Jhr kommen wieder /
Eh noch als die Jahres-Friſt
Dem Saturn ein Opfer iſt.
Du haſt mir mein Hertz entwendet /
Du / Sophia / du haſt mir
Meine Sinnen eintzig dir /
Als ein Eigenthum verpfaͤndet /
Deiner Schoͤnheit Glantz und Liecht
Raubet mir mein Angeſicht.
Wie man ſonſt das Volck der Sterne
Sihet in den Luͤften ſtehn:
Alſo hab ich dich geſehn /
Daß ich von dir dichten lerne /
Wie dein Schmuck und goͤldner Schein
uͤber alle Sterne ſeyn.
Du ſchlaͤgſt den geſtuͤckten Zindel /
und den duͤnn-gewebten Flor
Deinen zarten Wangen vor /
Deines Lorbers gruͤne Buͤndel /
Die du druͤber aufgehenckt /
Haben dir mehr Glantz geſchenckt.
Dein ſo hoher Stamm und Adel
Jſt der ungezaͤmte Fleiß /
Der dich ſtets zu ruͤhmen weiß /
Wenn du durch den Streit der Nadel /
Jn den Schleyer eingefuͤhrt /
Was die Ewigkeit gebiert.
Selbſt Natur / das Kind der Goͤtter /
Hat dich auf die Welt gebracht /
Der81Roſen-Gepuͤſche.
Der dich anfangs außgedacht /
Jſt der Geiſt / der ſeine Blaͤtter /
Die er von dem Himmel traͤgt /
Dir auf deinen Mund gelegt.
Jn der Stirnen Hauß und Tache
Jſt der Wirth Beſtaͤndigkeit /
So bey Blitz und Hagel-Streit
Seinem goͤldnen Sitz Gemache /
Wegen einer boͤſen That /
Niemals Abſchied geben hat.
Die zu ſcharffen Schauerinnen /
Deine Blicke / ſind die Bahn /
Die mich armen uͤm und an
Lieblich alſo leiten koͤnnen.
Daß ich brenn je mehr und mehr
Koͤmmt von deinen Augen her.
Nur zwey Roſen deiner Jugend
Streichen deine Wangen an:
Scham / die niemals fallen kan /
Das Gemuͤhte reiner Tugend /
und die Sitten bey dir / Kind /
Geben was ſie ſelber ſind.
Dein Mund ſchenckt den Ambroſinen /
und den beſten Nectar-Wein
Den gelehrten Lippen ein
Du darffſt keiner ſuͤſſen Blenen /
Was auff deiner Zungen ſteht
Reucht wie Nard und Zinnamet.
Jn die mehr als goͤldne Haare
Jſt die Demuht eingedreht /
FDie82D. S. ander
Die ſo leiſe wird beweht /
Als ein Baum in fruͤhen Jahren /
Der das Silber vor dem Weſt
Auf die Roſen fallen laͤſt.
Wie man ſiht den Phoͤbus glaͤntzen /
Wenn er in den Wald ſpatzirt:
So biſtu auch außgeziert
Mit der Keuſchheit goͤldnen Kraͤntzen /
Die des kuͤhnen Vogels Fuß
Tag und Nacht bewachen muß.
Oben uͤm dich ſeyn die Farben /
Die den Muſen zugelegt /
Jn neun Fahnen eingepregt.
Nichts nicht iſt an dir zu darben;
Kan ich finden mich bey dir /
Hab ich alles Reichthum hier.
Dreye / die ich dir nachuͤbe /
(Jſt mirs anders recht bewuſt)
Sind ein Guͤrtel deiner Bruſt.
Schwartz die Arbeit / Roth der Liebe /
und des Neides Feind und Streit /
Weiſſes der Aufrichtigkeit.
Einen Zweig von guten Golde
Haͤlt dein Vogel uͤber dir /
Welcher (raub ich jhn zu mir)
Mich bey deiner Gnad und Hulde /
Es geh uͤbel oder wol /
Jederzeit behalten ſol.
Deines weiſſen Halſes Ketten
Theilen eitel Reichthum auß /
Was83Roſen-Gepuͤſche.
Was der Seelen Sitz und Hauß
Von dem Tode kan erretten /
Lohn und Ehre langer Zeit
Sind uͤm deinen Hals gebreit.
Stets getreu ſeyn / und verſchwiegen /
Jſt gar kuͤnſtlich dran geſetzt /
und der Ketten eingeetzt.
Hieran ſol auch mir genuͤgen /
Denn wo Treue nimmt die Ruh /
Da gehts auch verſchwiegen zu.
Ohne wancken ſind die Tritte /
Denen du die zarte Laſt
Deiner Zier vertrauet haſt /
Ohne ſtraucheln deine Schritte.
Fuͤr den Triebſand nimſtu ein /
Einen breiten Felſen-Stein.
Alles diß ſeh ich von weiten /
Wie es uͤberſchoͤne ſteht /
und mit dir zum Wolcken geht /
Solt ich dich / mein Schatz / begleiten /
Ach! ſo ſolt dich meine Hand
Tragen durch jhr Vaterland.
Bin ich ſechzehn halbe Meilen /
O Goͤttinne / gleich von dir /
So biſtu doch ſtets alhier.
Kan ich dich mit Luſt ereilen /
So ſol weder Berg noch Stein
Mir in meinen Wege ſeyn.
Wuͤrde nur von dir genommen
Deine Decke / die du traͤgſt /
F ijund84D. S. ander
und fuͤr Stirn und Augen legſt /
Ach ſo koͤnt ich zu dir kommen /
Allda muͤſte meine Pein
Schatz / durch dich gelindert ſeyn.
Jedoch wil ich immer hoffen.
Es koͤmmt noch einmal der Tag /
Da ich dich uͤmfangen mag.
Wird die rechte Zeit getroffen
So iſt alles / was mich kraͤnckt /
Jn vergeſſen hingeſenckt.
Alſo gieng er auf und nieder /
und ſah ſeinen Himmel an /
Biß dreymal der weiſſe Schwan
Drauf geſchwungen ſein Gefieder /
Da er denn / bey ſpaͤter Nacht /
Sich nach Hauſe weggemacht.
IV. Der ſterbende Sylvius.
SYlvius gieng vor der Sonnen
Jn den gruͤnen Schaͤffer-Wald /
Satzte ſich zu einen Bronnen /
Der im gantzen Buſche ſchallt /
Klagte mit beliebter Zungen /
Wie jhn Sylvia bezwungen:
Sylvia nur ich allein
Muß von dir verlaſſen ſeyn.
Jetzund wird die Nacht vertrieben
Durch Auroren Purpur-Liecht /
Finſternuͤß muß ſich verſchieben /
Weil85Roſen-Gepuͤſche.
Weil der helle Tag anbricht /
Alle Nymfen in den Heyden
Gehen nach den friſchen Weiden /
Sylvia nur ich allein
Muß von dir verlaſſen ſeyn.
Luft und Himmel ſchallen wieder /
Samt der ſtummen Wuͤſteney /
Alles ſchwinget ſein Gefieder
Durch ein ſuͤſſes Feld-Geſchrey
An den kuͤhlen Waſſer-Fluͤſſen /
Den noch fruͤhen Tag zu gruͤſſen /
Sylvia nur ich allein
Muß von dir verlaſſen ſeyn.
Durch die Nacht hab ich geſtanden /
und den Himmel angeſchaut /
Ob Matuta bald verhanden /
Ob jhr rothes Haar bethaut.
Aber ſeit daß ſie iſt kommen
Hat ſie mich mir ſelbſt genommen /
Sylvia / nur ich allein
Muß von dir verlaſſen ſeyn.
Lieblich lacht der Tag die Wieſen /
und den Tag die Felder an /
Die ſonſt oftermal geprieſen
Seiner Syrinx unſer Pan.
Aber Hertze / Mund und Sinnen
Muͤſſen Traurigkeit beginnen /
Sylvia nur ich allein
Muß von dir verlaſſen ſeyn.
Meine Seel iſt gantz erſtorben /
F iijund86D. S. ander
und der Geiſt hat albereit
Seinen Myrten-Krantz erworben /
Jn der ſtillen Einſamkeit /
Daß jhn weder Tag noch Hecken /
Noch ein Vogel auf wird wecken /
Sylvia / nur ich allein
Muß von dir verlaſſen ſeyn.
Dieſer Tag / der faſt vergangen
Bey der Waͤlder Buͤrgerey /
Kan ſich gar nicht unterfangen /
Daß mein blaſſes Feld-Geſchrey
Mich lies bey den weichen Schaffen
Sicher in den Blumen ſchlaffen /
Sylvia / nur ich allein
Druß von dir verlaſſen ſeyn.
Woich mein Geſicht hinwende /
Jſt mir alles eitel Nacht /
Ob Latona gleich die Haͤnde /
Samt der Flammen Purpur-Pracht
Zeigete der Welt von neuen /
Wuͤrde mich doch nichts erfreuen /
Sylvia / nur ich allein
Muß von dir verlaſſen ſeyn.
Jhr / jhr gruͤnen Amaranthen /
und du kranckes Liljen-Feld /
Jhr / jhr feiſten Alacanthen /
Ach / ſie hat mir nachgeſtellt.
Weil ſie aber uͤmgeſchlagen /
Solt jhr traurig mit mir ſagen:
Sylvia / nur ich allein
Muß von dir verlaſſen ſeyn.
Jhr /87Roſen-Gepuͤſche.
Jhr / jhr Vogel hemmt die Zungen /
Setzet eure Luſt beyſeit.
Sylvius iſt nun verdrungen
Von der ſchoͤnen Liebligkeit /
Jhrer Blicke goͤldne Schaaren
Laſſen mich / mich armen / fahren /
Sylvia / nur ich allein
Muß von dir verlaſſen ſeyn.
Heller Tag iſt meinen Sinnen
Eine lange ſchwartze Nacht /
Liecht und alles mein beginnen
Wird zu Finſternuͤß gemacht /
Weil ich in den Morgen-Thauen
Sylvia / dich nicht kan ſchauen /
Sylvia / nur ich allein
Muß von dir verlaſſen ſeyn.
Wenn Gebuͤſche / Wald und Heyden /
Wenn die Thaͤler weit und breit /
Wenn die Menſchen voller Freuden
Schlaffen ohne Traurigkeit /
Wenn die Voͤgel nicht mehr ſingen /
Muß ich meine Stimme ſchwingen /
Sylvia / nur ich allein
Muß von dir verlaſſen ſeyn.
Kom[/]O Schoͤnſte / kom gegangen /
Kom / beſcheine Wald und Au /
Netze Sylvia die Wangen
Mit den runden Wieſen-Thau /
Koͤmſtu / wird die Nacht verſchwinden /
und der helle Tag ſich finden /
F jvSyl -88D. S. ander
Sylvia / nur ich allein
Muß von dir verlaſſen ſeyn.
Liebſte / liebe mich in Schatten
Bey den Roſen / ſo vor dir
Neulich ſich entfaͤrbet hatten.
Liebſtu mich / O meine Zier /
Wil ich einen Thon erzwingen /
und bey allen Myrten ſingen:
Sylvius der ſol allein
Seiner Liebſten eigen ſeyn.
Als er dieſe Wort beſchloſſen /
Fiel er in das gruͤne Graß /
Das von Bronnen ward begoſſen /
Biß er ſeiner gantz vergaß /
Daphnis / der jhn ſahe ſterben /
Sprach: Sol Sylvius verderben?
Sylvia / du machſt allein /
Daß er muß des Todes ſeyn.
V. Die klagende Roſemunde.
ROſemunde ſaß betruͤbet
unter einen Myrten-ſtrauch /
Da ſie ſich in klagen uͤbet /
Als des Waſſers Dampf und Rauch
Sich in die begruͤnte Schoß
Seiner zarten Mutter goß.
Streue deine Roſen wieder /
Sang ſie / ſchoͤner Gold-Rubin /
Laß des Mondes kleinen Bruͤder
Ruͤck -89Roſen-Gepuͤſche.
Ruͤckwarts nach den Seen ziehn /
Daß mein Seuftzen Tag und Nacht
Werd zu ſeinen Vrſprung bracht.
Ach! wo bleibſtu doch ſo lange /
Meiner Freuden A und O?
Seit daß ich dich nicht uͤmfange
Bin ich niemals worden froh /
Niemahl hat der Roſen Schein
An mir wollen glaͤntzbar ſeyn.
Fuͤrchtſtu Roſen abzubrechen /
Weil ſie unter Dornen ſtehn /
Muth und That die koͤnnen ſchwaͤchen /
Was uns rauh pflegt anzugehn /
Kom / O Roſen-Sonn und Liecht /
Schoͤnſter kom / und ſaͤume nicht.
Denck doch nach / was ohne Meyen
Sonſt der Blumen Sterne ſeyn!
Die verblaſten Lippen ſchreyen /
Daß ſie druͤber gehen ein /
Kom / und netz jhr Roſenblat /
Das faſt keinen Glantz mehr hat.
Kom / O Liebſter / mein Verlangen /
Brich die Roſen ſonder Hand /
Auf den Feldern dieſer Wangen
Wird dir alles zuerkant /
Eh die Roſen-Bluͤth das beſt /
Ruch und Blaͤtter / fallen laͤſt.
Oder nimmeſtu die weiſſen
Lieber als die rothen ein.
Ach! ſo ſchau der Bruͤſte gleiſſen /
F vDie90D. S. ander
Die damit erfuͤllet ſeyn /
Brich erſt rothe / meine Zier /
Denn ſo ſind auch weiſſe hier.
Alſo klagt ſie / und fiel nieder
Auf die halb entbloͤßte Bruſt /
und kam gar nicht zu ſich wieder /
Biß der Weſt-Wind ſeine Koſt
Von den Myrten auf ſie blies /
und Jhr Labſal fallen lies.
VI. Der Troͤſtende Strefon.
FRoſt und Kaͤlte / Wind und Regen
War gleich auß der Welt geſchafft /
Zefyr lies den Nord ſich legen /
Alle Baͤume kriegten Saft /
Als der Strefon gantz bethoͤrt
Roſemunden zugehoͤrt.
Kraͤnckſtu dich / O Roſemunde /
Sang er wiederuͤm / daß du
Die verliebte Morgen-ſtunde
Solſt alleine bringen zu /
Philorhed dein Sonnenſchein
Wird mit ehſten bey dir ſeyn.
Spare doch die heiſſen Thraͤnen /
Die ſich nach den beſten Freund
Auß den bittern Quellen ſehnen /
Wer / wie auß Gewohnheit / weint /
Sagt mit ſtilleſchweigen an /
Daß er nicht recht trauren kan.
Laß91Roſen-Gepuͤſche.
Laß nur deine Roſen ſtehen /
Philorhed iſt ſchon bereit /
Deinen Doͤrnern zu zugehen
Bey der ſpaten Veſper-Zeit /
Welcke nicht / O Roſen-Zier /
Philorhed iſt faſt bey dir.
Er wird deiner nicht vergeſſen /
Du biſt in ſein Hertz gepraͤgt /
Schoͤnſte Nymfe / ſchweig indeſſen /
Dich hat ſchon ſein Thau belegt /
Philorhed der weiß ja wol /
Wie / und wenn er kommen ſol.
Philorhed wird wieder kommen /
Eh die Rofenbluͤthe bleicht /
und der Cauren laute Brommen
Das begruͤnte Feld beſtreicht /
Wird bereit ſein Glantz und Schein
Dir in deinen Armen ſeyn.
Laß nur deinen Stock nicht ſchwaͤchen /
Die verliebte Roſen-Koſt /
Roth und weiſſe wil er brechen /
Roſemund / auf deiner Bruſt.
Es iſt eine groſſe Pein /
Bey berochnen Roſen ſeyn.
Alſo troͤſt er Roſemunden /
Biß er zu der Myrte lief /
Da ſie wiederuͤm von Stunden
Jhm in ſeinen Arm entſchlief /
Daß er kaum noch vor der Nacht
Selber ſie nach Hauſe bracht.
VII. Sela -92D. S. ander
VII. Der ſcheidende Seladon / an der Neiſſe.
SEladon lag auf den Wieſen
An der ſchnellen Neiſſen Strand /
Klagte ſeiner Liebe Pfand /
Das er vormal oft geprieſen /
Das er / eh der Abſchied kam /
Jn die weiſſen Arme nam.
Vnd ich / ſang er / ſol dich laſſen /
Meiner Sinnen Glantz und Port /
Hier allein an dieſen Ort /
Hier in dieſen Krieges-Gaſſen /
Da des wilden Mavors Schein
und Apollo Feinde ſeyn.
Seit daß ich bey dir geweſen /
Hat die Heerde nichts gewuſt /
Als von gruͤner Felder-Luſt /
Beſſer koͤnte ſie geneſen /
Als ich hier ſo mannigfalt
Suchte meinen Aufenthalt.
Aber wie wird ſie doch weiden /
Weil ich ſo entfernet bin /
und mein tief verliebter Sinn
Singen muß von ſeinen Leiden?
Traurig wird ſie mit gethoͤn
Zu den truͤben Bronnen gehn.
Dir / O Schoͤne / wil ich bleiben /
Der ich vor geweſen bin /
Meinen93Roſen-Gepuͤſche.
Meinen hochgeaͤngſten Sinn
Sol kein ſcheiden von dir treiben.
Vnterdeſſen lebe hier /
und verbleibe guͤnſtig mir.
Dieſer blancke Strand ſol zeugen
unſer beyder Liebes-Glut /
Daß du / O mein beſtes Gut /
Dich von mir nicht wolleſt neigen /
Jch / ich bleib in ſtarcken Sinn
Der ich vor geweſen bin.
Lebe / lebe wol in Freuden /
und ergetze dich alhier
An der bundten Meyen Zier /
Weil ich dich jetzund muß meiden /
Klagſtu mich / ſo ſtimm hier an /
Daß es alles hoͤren kan.
Wenn das faſt erblaßte ſcheinen /
Das der Monden in ſich hat /
Sechsmal hat bemahlt die Stadt /
Da ich jetzt muß ſehnlich weinen /
Solſtu mich / O meine Zier /
Haben unverhofft bey dir.
Nun / gehabe dich zum beſten /
Du mein Leit-Stern und mein Port /
Nun / Ade / ich muß jetzt fort /
Meine Liebe ſol der Weſten /
Welcher gleichfals lieber ſehr /
Dir zuruͤcke bringen her.
Jhr / mein Gold / jhr ſchwartzen Haare /
Die jhr Muht und Sinnen bindt /
Die94D. S. ander
Die da nicht zu gleichen ſind /
Ophir deiner teuren Waare /
Jch zieh jetzt hin / wo ich ſol /
Daruͤm lebet Freudenvoll.
Jhr mit Schnee bedeckten Wangen /
Die vol rother Roſen ſtehn /
Weil ich jetzt muß von euch gehn /
Wil mich ſehr nach euch verlangen /
Doch die Reiß iſt angeſtellt /
Bluͤhe wol / du Wangen-Feld.
O jhr rothen Sammet-Lippen /
Die jhr ofte mich gelabt /
Dieſes jetzt zum Denckmal habt /
Was ich bey den rauhen Klippen
Euch zum Abſchied laſſe hier /
unverblaßt ſteht fuͤr und fuͤr.
Liebes-Felder jhr / jhr Bruͤſte /
Da der weiſſe Liljen Schnee /
und der roth beahubte Klee
Oft einander treulich kuͤſte /
Bluͤhet / bluͤhet ohne Leid
Jn der Blumenreichen Zeit.
Liebes-Pfand der Wollen-Haͤnde /
Daß du mit Beſtaͤndigkeit
Haſt verſprochen jederzeit /
Weil ich mich jetzt von dir wende /
So verbleibe treulich mir /
Wie ich werde bleiben dir.
Bluͤhet wol / jhr bundten Felder /
Du95Roſen-Gepuͤſche.
Du mit Rohr bekroͤnter Fluß /
Nim jetzt hin den Abſchieds-Kuß /
und jhr gruͤnen Eichen-Waͤlder.
Gruͤne ſtets du Blumen-Plan /
Du haſt mir viel guts gethan.
Goͤnner und jhr guten Bruͤder /
Meine Freundſchaft bleibt auch hier /
Ob ich ſchon auß dem Refier
Ziehe fort / hier dieſe Lieder
Nehmet / als der Freundſchaft Pfand /
Jn die treue Freundes-Hand.
Wer weiß / ob der Augen Lieder
Dieſen Tag noch ſchauen an /
Den uns Phoͤbus geben kan /
Daß einander wir ſehn wieder /
Lebet wol / der Elben-ſtrand
Jſt es / der mir beut die Hand.
Gute Nacht / jhr Berg und Steine /
Gute Nacht / du gruͤner Saal /
Gute Nacht / du Roſenthal /
Da ich jetzund ſitz und weine /
Gute Nacht / du liebe Stadt /
Die mich oft erquicket hat.
Als er dieſes abgeſungen /
Stund er auf und zohe fort
Nach den kuͤhlen Elben-Port /
Echo nur hat nachgeklungen /
Biß der treue Freundſchaft Chor
Aus den Augen jhn verlor.
VIII. Der96D. S. ander
VIII. Der liebende Damon / an der Strygis.
DAmon ſaß am kuͤhlen Strande /
Da der klare Silber-Fluß
Lieblich beyhin flieſſen muß /
Jn geliebten Vaterlande /
Als die Sonne Seewarts gieng /
und der Tag ſein End empfing.
Er lag an den weiſſen Bruͤſten
Seiner zarten Dorilis.
Ach / ſprach Er / ſeither ich diß /
Wo jetzund die Voͤgel niſten /
Lies in vollen Bluͤthen ſtehn /
Hab ich muͤſſen einſam gehn.
Hylas ſang mir mein abſcheiden /
Daß die ſtille Waͤlder-Luft
Alle Worte nachgeruft /
Aber ich muſt Hylas meiden /
Hylas / den bewerthen Freund /
Der mit Treuen mich gemeynt.
Jch zog wieder zu den Schaffen
Jn das reiche Sachſen-Land /
Die ich faſt zerſtreuet fand /
Sicher kundt ich da nicht ſchlaffen /
Schlaffen kundt ich ſicher nicht /
Weil ſich Laura mir verpflicht.
Du / O Hertze meiner Sinnen /
Laura / warſt mein Aufenthalt /
Der97Roſen-Gepuͤſche.
Der begruͤnte Dannen-Wald
Wuſte dein und mein beginnen.
Dein belobter Name ſteht /
Wo das Wild in Schatten geht.
Hatt ich oftermals geſchnitten
Dich in alle Rinden ein /
Schienſtu mir viel lieber ſeyn.
Aber deine wilden Sitten
Haben wider-Sinn gemacht /
Daß ich deiner nicht mehr acht.
Nach dir hab ich lieb gewonnen
Der Roſetten braun Geſicht /
Aller Schaͤferinnen Liecht /
Das dort bey den Spiegel-Bronnen
Den der Weſt-Wind angehaucht /
Seine Wangen eingetaucht.
Deine Lippen / O du Schoͤne /
Wiſſen noch den letzten Kuß /
Wie ich meinen ſchweren Fuß
Bey der Hirten laut Gethoͤne
Faſt mit Thraͤnen gantz benetzt
Habe von dir weggeſetzt.
Nun / was hilfft es / ich muß laſſen
Dich und deine Schaffe ſtehn /
Die mit vollen Eutern gehn.
Kom ich wieder / wil ich faſſen
Dich in meinen Armen ein /
Da ſolſtu mir lieber ſeyn.
Nachmals bin ich fortgereiſet
Zu der weitberuͤhmten Stadt /
GDie98D. S. ander
Die des Berges Namen hat /
Da der Bembo wird gepreiſet /
Bembo / der belobte Mann /
Der gar artlich ſpielen kan.
Jch war da / doch ſonder Leben /
Weil die Schoͤne / meine Zier /
Nicht / wie vorhin / war bey mir.
Buͤchevn wolt ich mich ergeben /
Aber rechte Buͤcher-Luſt
War in keinem mir bewuſt.
Bald ſpatzirt ich in die Auen /
Bald in ein ſehr liebes Thal /
Da die Hirten alzumal
Kunten meinen Jammer ſchauen /
Aber meine Liebes-Pein
Kunte nicht gemindert ſeyn.
An dem ſanften Elben-ſtrande
Saß mein Thyrſis angelehnt /
Der ſich nach Claretten ſehnt.
Dieſe Wellen / die dem Rande /
Klagt er / geben einen Kuß /
Machen daß ich ſterben muß.
Melibeus wolte retten
Mich auß meiner Liebes-Pein /
Es kunt aber gar nicht ſeyn.
Er lag in den Venus-Ketten /
Die Cupido mit ſich fuͤhrt /
Liebe wegen angeſchnuͤrt.
Der Corimbo / meine Freude /
Schlief in meinen Tra[um]en nicht /
Weil99Roſen-Gepuͤſche.
Weil er ſah mein bleich Geſicht /
Singe / ſprach er / von dem Leide /
Singe nur von deiner Pein /
So kanſtu befreyet ſeyn.
Nun ich habe viel geſungen /
Wie in Sachſen zuvorhin /
Aber mein gekraͤnckter Sinn
Hat ſein Leid noch nie verdrungen /
Biß ich wieder Abſchied nam /
und zu Dorilis hinkam.
Dorilis / du gleiche Schoͤne
Mit Roſetten Angeſicht /
Dich wil ich verlaſſen nicht.
Weil mit einem Kling-Gethoͤne
Ein von Angſt befreyter Hirt
Hier die Laͤmmer weiden wird.
Jhr / jhr Erlen an dem Rande /
Jhr / jhr Buchen weit und breit /
Zeiget jhre Liebligkeit /
Ob ſie nicht von hohen Stande /
Jſt ſie dennoch ſolcher Art /
Da ich auch erzogen ward.
Dorilis / du Preiß der Felder /
Die der Floren weiſſen Fuß
Taͤglich noch betreten muß.
O du Zierrath aller Waͤlder /
Jch wil nun bey dir allein
Forthin in Gedancken ſeyn.
Dein Mund ſtehet glatt erhoben /
Wie Corallen / die die See
G ijReicht100D. S. ander
Reicht der ſchoͤnen Galathee /
uͤber deinen Lippen droben
Bluͤht dein braunes Wangen-Feld /
Das mich nun gefangen helt.
Wie die Morgenroͤthe pralet /
Wenn der Tagebringer koͤmmt /
und die Himmels-Kertz anklimmt:
So werd ich von dir bemahlet /
Wenn der Haare Gold-geruͤſt
Zephyrus ein ſpielen iſt.
Nun ich wil nicht weiter preiſen
Deinen mehr als treuen Sinn /
Weil ich ſchon darinnen bin.
Werd ich kuͤnftig von dir reiſen /
Sol dein Hertz und meine Pein
Noch einmal beſungen ſeyn.
Vnterdeſſen meine Freude /
Dorilis / verbleibe mir /
Wie ich allzeit bleibe dir /
Biß ich weit von meinen Leide /
Weit von Trauren / weit von Pein.
Werd in deinen Armen ſeyn.
Jhr / jhr Weiden / die jhr ſchauet
unſre beyden Hertzen an /
Du / O gruͤner Wieſen-Plan /
und jhr Bircken ſteht betauet
unter euren Schatten hier
Ruhen wir nun fuͤr und fuͤr.
Vnd du Graß der dicken Haynen /
Thal / Wald / Waſſer / Berg und Stein
Hier101Roſen-Gepuͤſche.
Hier ſolt jhr verſchwiegen ſeyn /
unſre Brunſt ſolt jhr verneinen.
Koͤmmt die Venus / ſprecht zu jhr:
Damon iſt auß dem Refier.
Du auch hemme deine Zungen /
Echo / kenn den Damon nicht /
Der ſich Dorilis verpflicht /
Wilſtu anders ſeyn beſungen.
Liebe die allein geſchicht /
Leidet keine Zeugen nicht.
Alſo ſang er bey den Quellen
Biß die Silberbraune Nacht
Drauf die Fackeln hergebracht /
Biß das Vfer nach lies ſchellen /
Wie er einen Kuß bekam /
und drauf von jhr Abſchied nam.
IX. Chloriman und Galathee an dem Belt.
CHloriman und Galathee
Sungen / als der Abend kam /
uͤm den Strand der gruͤnen See /
Daß es Berg und Thal vernam /
Berg und Thaͤler hoͤrten zu /
Biß ſie giengen zu der Ruh.
Chlor: Troja moͤchte ſeyn bezwungen /
Koͤnt ich / Lieb / mit meiner Hand
und mit hunderttauſent Zungen
Ruͤhmen dich und deinen Stand.
G iijGala -102D. S. ander
Galathee du biſts allein /
Der ich ſtets wil dienſtbar ſeyn.
Galathee: Ob ſchon Paris vor mir ſtuͤnde /
Vnd auf tauſend Schiffe hier
Blieſen alle gute Winde /
Moͤcht ich / Schoͤnſter / nicht von dir.
Du biſt der / der mich beſitzt /
Vnd auf mir ſich angeſtuͤtzt.
Chlor: Phebas war ein Kind der Goͤtter /
Jhre Haare hiengen bloß /
Doch wird Sie bey mir kein Retter /
Meine Pein iſt viel zu groß.
Galathee du biſt allein /
Der ich ſtets wil dienſtbar ſeyn.
Gal: Starck war Hector in dem Felde /
Klug war der auß Jthaca /
und Achilles reich von Gelde /
Doch koͤmmt keiner dir ſo nah.
Du biſt der / der mich beſitzt /
und auf mir ſich angeſtuͤtzt.
Chlor: Krieget jhr Amazoninnen!
und du ſchoͤne Helena
Raube Paris Muth und Sinnen /
Was jhr ſeyd / das iſt ſchon da.
Galathee du biſt allein /
Der ich ſtets wil dienſtbar ſeyn.
Gal: Jch laß Pyrrhus langen Haare
Hangen ruͤckwarts Schulter ein.
Liebſter / deine goͤldne Waare
Kan mir noch viel lieber ſeyn.
Du103Roſen-Gepuͤſche.
Du biſt der / der mich beſitzt /
und auf mir ſich angeſtuͤtzt.
Chlor: Biſtu / Schatz / mir treu verbunden?
Nun wolan / ſo kom alsbald /
Nim in meines Hertzens Wunden
Deinen lieben Aufenthalt.
Du biſt die / die mich beſitzt /
und an Jhr mich angeſtuͤtzt.
Gal: Jch wil in den Schatten kommen /
Nicht zwar wie Polyxena /
Wird ein Kuß mir abgenommen /
Ach! ſo bleib ich hier und da
Deſſen / dem ich ſtets allein
Wil in Liebe dienſtbar ſeyn.
Alle beyde: Nun jhr gruͤnen Haſelbuͤſche /
Buͤchen / Bircken / und du Rohr /
Daß am Strande ſeinem Fiſche
Traͤget Koſt und Speiſen vor /
Sagets nach: Wir ſinds allein /
Die einander dienſtbar ſeyn.
X. Der bekraͤntzte Floridan / an der Eiſter.
FLoridan ſaß auf den Vfern
Jn den Speckbuſch an den Kiefern /
Da die Fluhte Silber ſpritzt.
Sein Roſander / der getreuer /
Trieb die Laͤmmer nach dem Weyher
Von der Sonnen angehitzt /
G jvWo104D. S. ander
Wo die Elſter ungetruͤbet
Jhren Schaum der Elbe giebet.
Floridan ſang gleich den Heerden /
Wie ſie ſolten feiſter werden /
Als ein Kleeblat-Nymfen kam.
Die beeiſte Schnee-Graͤfinne /
Salanen und Leuco rinne /
Die der Bruͤſte ſuͤſſen Nam
Jhm vor das ſchon eingefloͤſſet /
Hatten Haar und Leib entbloͤſſet.
Floridan ruft zu den dreyen /
und Roſander half jhm ſchreyen:
Schoͤne Nymfen gebt mir was.
Jede wolt auf freyen Gaſſen
Sich vor andern ſehen laſſen.
Die Graͤfinne ſuchte das /
und wolt Zipripor dein Leben
Myrthen-Laub dem Schaͤffer geben.
Salamene gieng nach Roſen /
Nach Violen und Zeitloſen /
An dem Strande hin und her.
Aber ſie / die Leucorinne /
Rief: Jhr Schweſtern haltet inne /
Hier / hier ſind ich ohngefehr /
Was zum Ewigkeiten gruͤnet /
und vor unſern Hirten dienet.
Brach darauf die Lorber-Reiſer /
Die ein Koͤnig und ein Weiſer /
Als in einem Wapen fuͤhrt.
Seine Haare wurden Blaͤtter /
Mund105Roſen-Gepuͤſche.
Mund und Hand der Zeiten Rettev /
Allen Sternen angeſchnuͤrt.
Daß er auch den Wald in Lentzen
uͤbertraf mit ſeinen Kraͤntzen.
Der Roſander rufte helle /
Wol / wol / wol dir mein Geſelle.
Dreymal ſprung die Elſter drauf.
Dreymal blies den Schaum die Elbe
Zu dem obern Blau-Gewelbe /
Dreymal huͤpften Laͤmmer auf /
Biß der Speckbuſch voller knallen
Aller Freuden beygefallen.
XI. Coridon / an der Mulde.
COridon der gute Hirt
Saß bey einer gruͤnen Myrt
An dem Mulden-Strande /
Er beſang die Stunden /
Die er gluͤcklich funden
Jn dem Vaterlande.
Berg und Klippen hoͤret zu /
Sprach er / und du Felder-Ruh /
Thaͤler und Gefilde /
Hoͤret meine Freuden /
Die jhr pflegt zu weiden
Jn der gruͤnen Wilde.
Schmuͤcke / Sonne / dich aufs beſt /
Jch begeh mein Namen-Feſt /
An den friſchen Quellen /
G vJhr /106D. S. ander
Jhr / jhr Pierinnen /
Reget meine Sinnen /
Mir ein Lied zu ſtellen.
Du / du linder Elben-ſtrand /
Namſt mich erſtlich von der Hand
Meiner Najadillen /
Jch ward ſonder Leben
Deiner Luſt gegeben /
Angſt und Pein zu ſtillen.
Auf den feuchten Wieſen-Plan
Stimmt ich Floͤth und Seiten an /
Liebes-Brunſt zu meiden /
Aber Venus-Feuer
Brant mich ungeheuer /
Daß ich muſte ſcheiden.
Darauf gab ich einen Kuß /
Dir / du alter Pleiſſen-Fluß /
Meine Brunſt zu kuͤhlen
An dem gruͤnen Rande /
Da ich Nymfen fande /
Pflegt ich ſcharf zu ſpielen.
Aber ſpielen half mir nicht /
Bleicher war mein Angeſicht
Taͤglich anzuſchauen /
Meiner Lippen prangen /
und die friſchen Wangen
Welckten wie die Auen.
Jch beſuchte jene Stadt /
Die ſich hingeſetzet hat /
Wo der Saal-ſtrom rinnet /
Aber107Roſen-Gepuͤſche.
Aber in dem Hertzen
Duppelt ich den Schmertzen /
Der mich faſt entſinnet.
Auf den Auen in dem Klee
Fand ich dich / O Galathee /
Samt den Schaͤfferinnen /
Da ward ich / O Schoͤne /
Bey dem Schall-gethoͤne /
Deines Zierraths innen.
Was dir Pan an Schaffen ſchenckt /
Hab ich tauſentmal getraͤnckt /
Auß den klaren Fluͤſſen /
Solten meine Ziegen
Froh in Blumen ligen /
Muſt ich dich bekuͤſſen.
Nun der Neidhard war mir gram /
Biß ich wieder Abſcheid nam
Nach den Meißner-Weiden /
Heerd und alle Hirten
Stunden bey den Myrten
An den feiſten Heyden.
Coridon / du Felder-Ruh /
Ruften ſie / Gluͤck zu / Gluͤck zu /
Dir und deinen Heerden /
Laß auf dieſen Heyden
Deine Laͤmmer weiden /
Biß ſie traͤchtig werden.
Als ich weidet ohngefehr
Jn Gebuͤrge hin und her /
Sah ich Fillis ſtehen /
Ach /108D. S. ander
Ach / ſprach ich im Hertzen /
Sollen meine Schmertzen
Noch einmal angehen.
Jch entſchlug mich jhrer gantz /
Biß ein neuer Roſen-Krantz /
Den ſie mir geſendet /
Jn verdeckten Flammen
Mich und ſie zuſammen
unverſehns geblendet.
Aber wie nicht lange ſteht /
Was ohn grund zum Wolcken geht /
So muſt ich vor allen
Faſt bey Groll und Haſſen
Meine Fillis laſſen /
Lauren zu gefallen.
Lauren / die es jetzt noch kraͤnckt /
War der Ancker faſt geſenckt /
Noch kunt ich nicht bleiben /
Sturm / Wind / Fluth und Wellen
Lieſſen von den Quellen
Schiff und Maſt abtreiben.
Birgt ein Spiegel auch das Liecht /
Wenn auf jhn die Sonne ſticht?
Kaum war ich entgangen /
Hat mich ſchon im gehen /
Meiner Galatheen
Muht und Sinn gefangen.
Die begraute Compagnie
Reitzte mich ſie ſpat und feuͤh
Noch einmal zu kuͤſſen /
Aber109Roſen-Gepuͤſche.
Aber Phoͤbus triebe
Von mir ſolche Liebe /
Daß ich ſie muſt miſſen.
Nachmals hat er mir vertraut
Die Sophia / ſeine Braut /
Daß ſie mein ſolt bleiben /
Von ſehr hohen Dingen
Muſt ich froͤlich ſingen /
Venus zu vertreiben.
Als das Lied geſungen war /
Kroͤnet er mein duͤnnes Haar
Mit den Lorber-Zweigen /
Meine Braut / die Schoͤne /
Sprach er mit Gethoͤne /
Geb ich dir zu eigen.
Laß nun Galatheen ſeyn /
Hieran kuͤhle deine Pein /
Die wie Feuer brennet /
Es wird dir gegeben
Gar ein ander Leben /
Das den Todt nicht kennet.
Nun gehab dich allzeit wol /
Galathee / weil ich ſol
Deinen Anblick haſſen /
Stillſeyn und Getuͤmmel /
Erdreich und der Himmel
Koͤnnen ſich nicht faſſen.
Alſo ſang ich / und zog hin
Zu der ſchoͤnſten Charitin /
Die110D. S. erſtes
Die mich nie betruͤbet /
Haͤnde / Mund und Wangen /
Jhrer Lippen prangen /
Machten mich verliebet.
Jch wil nicht / O Roſalin /
Forthin weiter von dir ziehn.
Du allein ſolſt bleiben /
Die ich unverdroſſen
Jn mich eingeſchioſſen /
Nichts wird mich abtreiben.
Gib indeß mir einen Krantz /
Den der Haͤnde Marmor-Glantz
Nur von Roſen-ſtrauche
Kuͤnſtlich hat uͤmwunden /
Auf daß ich gebunden
Sey nach Liebes-brauche.
Tauſent Jahre ſetz hinzu /
und die goͤldne Felder-Ruh /
Daß die weiſſen Heerden /
Jn den ſuͤſſen Heyden /
Von den gruͤnen Weiden
Nicht gejaget werden.
Dieſen weiten Wieſen-Plan /
Mich / und was ich uͤm und an /
Solſtu von mir haben /
Denn wer ſich laͤſt binden /
Muß ſich abefinden
Mit den beſten Gaben.
Alſo ſang er gar allein /
und ſchnitt jhren Namen ein
Jn111Roſen-Gepuͤſche.
Jn die Myrten-Rinde /
Echo rief von weiten
Die gewuͤnſchten Zeiten
Jn die tieffen Gruͤnde.

DiSanders An der flieſſenden Meiſſe Lieb-Leid - und Lobs-Gedichte / Als der hoch-belobte Schaͤffer THYRSJS Jn den Dobreboriſchen Feldern ſein Namens-Feſt begieng. M. DT. XLJJJ.

ES war nun albereit des blaſſen Mon - des Gold-bruder durch den eroͤfneten Paß der angrentzenden Erden gerennet / als ich an einen beſonders erfreulichen Orte eine loͤbliche Geſellſchaft angetroffen / welche dermaſſen gefrolo - cker / daß es ſchien / als wolte der guͤtige Himmel mit ſeinen weiß-blauen Angeſichte die angefangene Freu - de vermehren helffen. Nach dem ich aber wieder uͤm urlaub genommen / kam ich in ein mit den runden Schnee-ballen verfallenes Thal / in welchen ich eine klaͤgliche Stimme nur von weiten erklingen hoͤrte / ſo daß ich nichts anders draus urtheilete / es weren denen beruͤhmten Schaͤffern an dem Saalen-ſtran - de umher jhre Heerden geraubet / die Huͤrden einge -riſſen /112D. S. anderriſſen / und jhre Triften verunruhiger worden. Als ich aber naͤher hinzu kam / und dem Saͤnger zuzu - ſprechen vornehmens war / erhoͤret ich alſobald / daß mein Aufenthalt Amyntas / der mit dem Dafnis an der flieſſenden Meiſſe ſeine Laͤmmer taͤglich zu weidẽ pflegt / dieſen Trauer-thon erſchallen lieſſe. Jch / nach dem ich jhm (weil wir einander ſonſt wol vermoͤgen) ruͤckwaͤrts zugeſprochẽ / was ſein Thun hier ſeyn muͤ - ſte? was in den kalten Winter das ſo bruͤnſtige ſin - gen bedeutete? Gab Er kuͤrtzlich dieſe Nachricht: Thyrſis iſt dahin / weil jhm Cynthia keine Gunſt - winde und Lebens-kraͤfte / wie ſonſten / wolte zukom - men laſſen. Jch bat darauf / er moͤchte mir dieſes mal in Dienſten ſtehen / und mich das betruͤbte Lied / deſſen Thon ein weitberuͤhmter Orpheus-bruder neulich aufgeſetzet / anhoͤren und betrachten laſſen. Meine Bitte mir / als ſeinem Vertrauteſten / zu ge - wehren / ſtim̃te er gar zitternd an hieſige nachgeſetzte

Ode:
THyrſis lag in tieffen Grunde /
Klagte mit verblichnem Munde /
Seine Sinnen
Wolten wie der klare Bach zerrinnen /
unbeſonnen
War entbronnen
Sein Hertz gegen die / die er gewonnen.
Was? ſprach er / ſol ich mich freuen?
Weil mein Namens-Liecht von neuen
Jetzund blincket /
und mir Phoͤbus mit den Stralen wincket?
Jch113Roſen-Gepuͤſche.
Jch ſol ſingen /
und erklingen /
Aber Pein laͤſt ſich den Geiſt nicht ſchwingen /
Jhr / jhr an den Saalen-ſtrande /
Jhr / jhr Hirten an dem Lande /
Jhr / jhr Haͤynen /
Hoͤret heut mein ſehnlich weinen.
Jhr / jhr Winde /
Laufft geſchwinde /
Saget Cynthien / was ich empfinde.
Sagt es an / jhr Silber-Bronnen /
Die jhr kommet hergeronnen /
Auß den Augen
Muß der Thyrſis bitter Thraͤnen ſaugen /
Als ohn Flehen
Er begehen
Wolt ſein Feſt / muß er in Sorgen ſtehen.
Pan ſol meinen Grabſtein ſetzen /
Durch die Thraͤnen diß drauf etzen:
Schaͤfferinnen
Schlaget euer weiſſes Haar von hinnen /
Geiſt und Leben
Hat aufgeben
Der / der nicht bey Cynthien kunt ſchweben.

Wilſtu / mein Amyntas / ſagt ich nach an - gehoͤrter Oden / ein witziger Schaͤffer ſeyn / und laͤſ - ſeſt dich durch die vielbezungete Goͤttin alſo aufſe - tzen und hintergehen. Gewiß Thyrſis lebet / glaͤub es gewiß / er lebet / und er lebet nicht allein / ſondernHſtehet114D. S. anderſtehet in ſolchen Gnaden bey ſeiner Cynthien / als er vor niemals geſtanden. Diß weiß ich zuvor wol / daß er jhr vor wenig Tagen dieſes zu wiſſen gethan / (nach Art der Buhler / die taͤglich ſterben / und doch niemals todt ſind) daß er jhrentwegen wuͤrde ſeinen Geiſt aufgeben muͤſſen / in dieſen Reimen / die er jhr in ein mit Silber beſchlagenes Buch / das er jhr - berlieffern laſſen / geſchrieben / darneben allenthalben Tropfen / die auß ſeinen Augen / als Zeugen ſeiner gewiſſen Liebe / hinzu gefallen / anzuſchauen. Seine Worte waren dieſe:

Wilſtu mich / Cynthia / nicht mehr wie vorhin
lieben /
So wiſſe / daß mein Leib ſich aͤngſtig wird be -
truͤben.
Er iſt ſchon gantz entſeelt / daß nun Fleiſch / A -
dern / Bein
Wie abgemattet ſtehn / und ſchon im Grabe
ſeyn.

Dieſe Reimen hab ich / ſagt Amyntas / auch geleſen / und nicht anders vermeynet / es were dem alſo / weil die ſchoͤne Cynthia ſie mir / benebenſt dem durch Sil - ber bewaretem Buche / uͤberſchicket. Jhre klaͤgliche Worte und aͤngſtigen Geberden kunte der Coridon nicht gnugſam außreden / wie ſie mit Haar außrauf - fen / mit Haͤnde ringen / mit niedergeſchlagenen Au - gen ſeinen Todt betrauret haͤtte / Auf dieſes nun ha - be ich diß neulich abgeſpieletes Lied hier in dieſer mir von den Schneeflocken erleuchteten Gruben / jhm zu Ehren / und der betruͤbten Cynthien zum Nach den -cken /115Roſen-Gepuͤſche.cken / abgeſungen. Viel ein froͤlichers / fuhr ich fort / wil ich dir / mein Amyntas / zeigen / zog derowegen ei - ne Namens-Feyer-Ode herauß / die dem Thyrſis fuͤr Geſichte kommen ſolte / folgendes Jnhalts:

DJe Sonne pflegt zu prangen /
Was prangen? Koͤmmt gegangen /
und pralet durch die Naͤchte /
Was Naͤchte? Das Geſchlechte
Das Sternen-Gold verbleichet /
Was bleichet? Es entweichet /
Weil dieſer Tag entbronnen /
Weil dieſer Tag gewonnen /
Sein Liecht dir zu zuſchicken /
Was? Dich dadurch zu ſchmuͤcken.
Nun ſol ein Lied ich ſchreiben /
Nun ſol ich einverleiben /
Mein Thyrſis / deinen Namen
Dem goͤldnen Himmels-Saamen /
Was Saamen? Allen Sternen /
Nicht Sternen / weil von fernen
Sie in dem Meere blincken /
Nicht blincken / gantz verſincken.
Dich muß ich heute geben
Dem Leben / nicht dem Leben /
Der Sonnen / die durch pralen
Nicht pralen / durch die Stralen
Dich / Thyrſis / kan verneuen /
und deinen Ruhm außſtreuen.
Hier an dem Saalen-ſtrande /
H ijWas116D. S. ander
Was Strande? dort im Sande /
Was Sande? dort im Lande /
Wo Heſperus im Bande /
Die ſpaͤte Welt am Rande /
Jn jhren alten Stande
Sieht in die Runde lauffen /
Jm Thuele / wo erſauffen
Die Schiffe / wo mit hauffen
Man Geld uͤmſonſt kan kauffen.
Wo alles fluͤchtig gehet /
Wo ſich die Welt ruͤmdrehet /
Wo Zefyr ſtetig wehet /
Wo der Parnaſſus ſtehet /
Wo der Prometheus flehet /
und wo Minerva nehet
Den Schleyer / wo ſie flicket /
Was flicket? Wo ſie ſticket
Das Tuch der grauen Zeiten /
Nicht Zeiten / Ewigkeiten
Wird ſtets dein Lob erſchallen /
Was ſchallen? lautes hallen /
Was hallen? frohes wallen /
Was wallen? lieblich knallen /
Wird deinen Preiß beſchreiten
und aller Welt außdreiten.
Mein Opitz kundte zwingen
Die Seiten / und drein ſingen /
Was ſingen? darein klingen /
Was klingen? durch ſein ſchwingen
Zum117Roſen-Gepuͤſche.
Zum Sternen-Golde ſpringen /
Daß jetzt nach ſeinen Dingen
Ein jederman wil ringen /
Der / der auch in geringen
Nichts weißlich vor kan bringen /
Wil jhn von Himmel dringen.
Du aber / der jhn gleichet
Jn ſingen / der jhm reichet
Die Haͤnde / der nicht weichet
Zu klingen / der verbleichet
Durch gar zu viel ſtudiren /
Wirſt jhm die Wage fuͤhren.
Zu Tage wir ſtu ſtehen /
Wo Titan pflegt zu gehen.
Zu Nacht wird man dich finden
Nicht bey den armen Blinden /
Nicht an der Baͤume Rinden /
Nicht bey den ſchnellen Hinden /
An Polſtern wirſtu leuchten /
Mit kuͤhlen Thau zu feuchten
Die außgeſchlagnen Waͤlder:
Die gruͤn Saphirten Felder
Die werden Blumen tragen /
Wenn du es laͤſſeſt tagen.
Man wird von Thyrſis fragen /
Nicht fragen / ſtetig ſagen /
Weil in den gruͤnen Meyen
Mit frohen Freuden ſchreyen /
Die Hirten werden lachen /
Weil ſie in Buͤſchen wachen /
H iijWeil118D. S. ander
Weil an den Waſſer-Bronnen
Die Nymfen in der Sonnen
Jn gruͤnen Graſe ſpielen /
Jhr Angeſicht zu kuͤhlen /
Weil auf den flachen Heyden
Die klugen Schaͤffer weiden /
Weil bey den weiſſen Schaffen
Der Mopſus ſelbſt wird ſchlaffen /
Nicht Mopſus / weil die Heerden
Den Damon hoͤren werden /
Wird ſich dein Lob aufbeugen /
Zum Grunde wird ſich neigen
Der Neidhard / er wird ſincken /
und in dem Schlamm ertrincken /
und in dem Koht erſticken /
Kein Freund wird jhn erquicken.
Denn wollen wir uns ſchwingen /
Ein Grab-Lied jhm erklingen /
Wenn wir in bundten Meyen
uns in den Waͤldern freuen /
Wenn wir die Blumen brechen /
Wird ſich die Feder rechen /
Die uns Apollo ſpitzet /
Die unſern Namen nuͤtzet /
Die uns nicht laͤſt verderben /
und dieſer Welt abſterben /
Die Cynthien erhebet /
Fuͤr der ein Feind erbebet /
Wenn er ſich an uns machet /
und unſern Fleiß verlachet.
Laß119Roſen-Gepuͤſche.
Laß uns ein Werck beginnen
Biß an die Himmels-Zinnen /
Fuͤr dem der Neid muß bleichen /
Dem an der Hoͤhe weichen
Egypten deine Wunder /
Was Wunder? Auch jetzunder
Der runde Kreiß der Erden
Wird viel zu kleine werden.
Die Muſen werden ſingen /
Die Seiten hoͤher zwingen /
Apollo wird ſich freuen /
Den Helicon verneuen /
Sein Angeſicht wird gruͤnen /
Was gruͤnen? Auch aufdienen /
Wenn du auf deinen Heiden
Wirſt deine Laͤmmer weiden.
Denn wird mit ſuͤſſen Lachen
Dich / Cynthe / froͤlich machen /
Sie wird dich recht ſpatziren
Zu jhren Roſen fuͤhren.
O Cynthia / du Schoͤne /
Wenn ich dein Lob-Gethoͤne
Jetzunder ſol beſinnen /
So muß mein Geiſt zerrinnen:
Die Stirne ſteht gezieret /
Wie Helfenbein polieret:
Die Stirne deiner Haare /
Was Haare? Deiner Waare /
Die Venus dir geſchencket /
Sind auf dein Kleid gehencket /
H jvWie120D. S. ander
Wie / daß ſich niemand ſchaͤmet /
Sonſt Gold wird drauf gebraͤmer.
Jch gleiche ſie den Roſen /
Darinnen lieblich koſen
Die kuͤhlen Weſten-Winde /
Wenn ſolche ſehr gelinde /
Mit den Geruche ſpielen.
Wie Roͤthin in den kuͤhlen
Den rothen Himmel kleidet:
Wie Finſternuͤß abſcheidet /
Wenn Titan es laͤſt tagen /
und ſpannet vor den Wagen
Die Hengſte / die durch ſchnauben
Die Nacht den Tagen rauben:
So prahlen jhre Haare /
Der goͤldnen Venus Waare.
Der Augen helle Sonnen /
Die deinen Geiſt entbronnen /
Entbuͤrden dich der Schmertzen /
Der Schmertzen / die im Hertzen
Dich wie die Sonne brennen.
Du muſt den Mond dich nennen /
Weil ſie dir Brunſt und Leben /
und ſchoͤnen Glantz kan geben.
Sie kan die Stralen ſchieſſen
Auf dich. Sie laͤſſet flieſſen
Die ſanften Liebes-blicke /
Sie ziehn dich gantz zuruͤcke /
Wenn ſie mit jhren ſchielen
Beginnet wie zu ſpielen.
Wo121Roſen-Gepuͤſche.
Wo ſie jetzund hinſchauet /
Da faͤngt es an und tauet /
Wenn ſie in Sommer prahlet /
Wird Wald und Feld bemahlet /
Wenn ſie den Lentz anſihet /
Macht ſie / daß alles bluͤhet /
Laͤſt ſie die Augen ſchweiffen
Jm Herbſte / muͤſſen reiffen
Die Birnen / Epfel / Bohnen /
Die goͤldenen Melonen /
Die gelbſten Citeronen /
Des Obſtes Haupt und Kronen /
Das Gold der Pomerantzen
Muß von den Baͤumen tantzen.
So biſtu / Freund / entbronnen
Von jhren Augen-Sonnen.
Das Feld der keuſchen Wangen
Beginnet mehr zu prangen /
Als Blumen in den Auen.
Kan ich die Wangen ſchauen /
So hab ich einen Garten /
Den Flora pflegt zu warten.
Da ſtehen ſchoͤne Gilgen /
Was Gilgen? weiſſe Lilgen /
Was Lilgen? die nicht welcken /
Die vielbefarbten Nelcken /
Was Nelcken? volle Roſen /
Darunter man kan koſen /
Was koſen? lieblich ſchertzen /
und auf die Lippen hertzen.
H vDa122D. S. ander
Da bluͤhen die Narciſſen /
Narciſſen an den Fluͤſſen /
Was Fluͤſſen? An den Brunnen /
Der rieſelnd koͤmmt gerunnen.
Viel Tulpen / Tauſentſchoͤnen /
Die ſich zur Bluͤth gewehnen /
Zur Bluͤth / von der ſie machet
Den Krantz / der dich anlachet.
So bluͤhn die keuſchen Wangen /
Die Wangen / die ſtets prangen /
Was prangen? die gefangen
Dich halten durch Verlangen.
Wie wenn ich lies gefallen /
Mir jetzund von Corallen
Zu bauen rothe Klippen;
So ſind die Purpur-Lippen
Nach ſchoͤner Luſt erbauet.
Als Venus ſie geſchauet /
Hat drauf ſie Luſt bekommen /
Den Sitz darein genommen.
Cupido lies jhm taugen
Zu ſeinem Platz die Augen /
Darauf er pflegt zu ſchieſſen /
Mit Gold belegten Spieſſen /
Die heiſſen Venus-Pfeile /
Was Pfeile? Venus-Seile /
Nicht Seile / Venus-Braͤnde /
Nicht Braͤnde / Venus-Haͤnde /
Nicht Haͤnde / Venus-Kletten /
Nicht Kletten / Venus-Ketten /
Nicht123Roſen-Gepuͤſche.
Nicht Ketten / Venus-Stricke /
Was Stricke? Venus-Blicke /
Nicht Blicke / Venus Rencke /
Was Rencke? Venus-Schwencke /
Nicht Schwencke / Venus-Feuer /
Was Feuer? Vngeheuer /
Nicht ſolches / Venus-Wunder /
Was Wunder? Venus-Zunder /
Nicht Zunder. Stahl und Eiſen /
Was Eiſen? Venus-Speiſen /
Ja Speiſen / ſuͤſſe Sachen /
Die einen luſtig machen.
Die Lippen ſeyn Rubinen /
Die mir zu kuͤſſen dienen /
Ein Sitz / wo Venus ſitzet /
Wo Amor Pfeile ſpitzet.
Jn jhrem Munde glimmet /
Ein Feuer. Keines; Cimmet /
Was Cimmet? Zucker quillet /
Der alle Schmertzen ſtillet /
Der Honig-Vogel machet /
Sein Koͤnigreich / und wachet /
Daß er nicht werd verdrungen.
Hier Honig auf der Zungen!
Hier Honig in den Worten!
Auß jhres Mundes-Pforten
Koͤmmt Suͤſſigkeit gefahren.
Wer ſein Geld wil erſparen /
Der darf nicht lange lauffen /
Hier kan er Honig kauffen.
Dem124D.S. ander
Dem Athem weicht der Weſten /
Der an den Venus-Feſten
Die Flora weiß zu kuͤhlen /
Auf jhrer Schoß zu ſpielen.
Fleucht er zum Roſen-Stoͤcken /
Kan er die Bluͤth erwecken /
Die Bluͤthe / die da pranget /
und in den Dornen hanget /
Nicht Dornen / in den Hecken /
Was Hecken? an den Ecken /
Da Chloris Saamen ſtreuet /
und jhren Rock verneuet.
Jn Wangen ſeyn zu ſchauen
Die roth bemahlten Auen /
Die Auen / die ich ſinde
Nicht Auen / tieffe Gruͤnde /
Was Gruͤnde? tieffe Thaͤler /
Darein der Hertzen-ſtehler
Sich oftermal verborgen /
Wenn er in Liebes-Sorgen
Ein Hertze hat genommen /
und eines uͤberkommen.
Der Hals von Helffenbeine /
Was Bein? von Marmorſteine /
Nicht Stein? von Alabaſter /
Was? von dem Schoͤnſten Pflaſter /
Darauf Cupido tantzet /
und feſte ſich verſchantzet /
Jſt Wunderwerck zu nennen /
Jn fall ichs kan erkennen.
Subtil125Roſen-Gepuͤſche.
Subtil iſt es erbauet /
Weil man durch flieſſen ſchauet
Des rothen Weines blincken /
Wenn er in vollen ſincken
Sich nach dem Grunde neiget /
Wie ſonſt ein Glaß es zeiget.
Die Bruͤſte ſeyn wie Ballen /
Von Liebes-Schnee gefallen /
Damit Cupido ſpielet /
und nach den Augen zielet /
Nur den damit zu treffen /
Den er vermeynt zu aͤffen.
Jch wil ſie Milch vergleichen /
Durch welche ſich hinſchleichen
Die blauen Tuͤrckiß-Stroͤme /
Der Wolluſt Luſt-Geſaͤme.
Jch gleiche ſie den Wieſen /
Da ſtets die Luͤſte blieſen /
Da Lilgen und Narciſſen
Sich mit dem Klee bekuͤſſen /
Der ſeinen Schmuck erſt heget /
und rothe Haͤupter traͤget.
Sie ſind der Venus Spiegel /
Sie ſind die weiſſen Huͤgel /
Auf denen ſich die Sinnen /
Wie hoch ſie ſteigen koͤnnen /
Erſchwingen nach den Sternen /
uͤm daß ſie ſtehn von fernen.
Das Hertze muß erwarmen
Jn den verliebten Armen /
Dar126D. S. ander
Darinnen oft die Glieder
Zu ſich ſelbſt kommen wieder.
Ein Schloß von ſtaͤhlern Banden /
Ein Band auß Morgenlanden /
Von Demant eine Kette /
Ein Seiden Seil ſo nette /
So nette / daß es bindet /
Daß einem alles ſchwindet /
Kan Armen ſich nicht gleichen /
Stahl / Demant muß hier weichen.
Die Haͤnde / die durch Sinnen
Die Liebe kuͤnſtlich ſpinnen /
Sind wie die Wollen-Kuͤſſen /
Da Amor ſchlaffen muͤſſen.
Fußſtapfen ſeiner Tritte /
Die Gruͤbchen in der mitte
Sind lieblich anzuſchauen /
Doch denen nichts zu trauen.
Der Maſt-Baum und die Segel /
Die Finger / da die Naͤgel
Die Perlemutter ſchaͤnden /
Beginnen anzulaͤnden /
Oft an den Port der Freuden /
Oft an den Port des Leiden.
Von Himmel koͤmmt das reden /
Das einen Liebes-bloͤden
Bald Todt / bald Leben machet /
Lacht ſie / ein Engel lachet.
Auß Franckreich koͤmmt das gehen /
Auß Staͤdten koͤmmt das ſtehen,
Von127Roſen-Gepuͤſche.
Von Hofe die Geberden /
Die hoch gehalten werden.
Ein jeder / der ſie kennet /
Ein Fuͤrſtlich Bild ſie nennet /
Druͤm jetzund jhr aufdienen
Die Nymfen in den gruͤnen /
Jn dem ſie auß den Gruͤnden /
Dir einen Krantz zu winden /
Sich haͤuffig laſſen finden /
Weil ſie die Luſt empfinden /
Jn der du heute ſteheſt /
Jn dem du heut begeheſt /
Mein Freund / die Jahres-blicke /
Darinnen du zuruͤcke
Kanſt / wie in Spiegel / ſehen /
Was dir bißher geſchehen.
Jhr Faunen laßt euch finden /
Nicht Faunen / jhr jhr Pinden /
Jhr Muſen in den Gruͤnden /
Kommt / laßt uns den uͤmwinden /
Kommt / kommt / laßt uns erdencken /
Was dencken? Laßt uns ſchencken
Den Wunſch / den Wunſch von Hertzen /
Dem / der den Himmels-Kertzen
Jſt worden einverleibet /
Daer nun Ewig bleibet.
Weil auf der Himmels-Auen
Sind Liechter anzuſchauen /
Wirſtu das Leben haben /
Mein Freund / die groſſen Gaben /
Die128D. S. ander
Die auß den klugen Sinnen
Gleich einem Bache riunen /
Die werden dich erhoͤhen /
Auf Aon dort zu ſtehen[!]
Nun ſtreue / Flora / ſtreue /
Die Blumen / und verneue /
Durch Buͤſche / Thal und Waͤlder /
Die Sterne deiner Felder.
Kom / Pallas / kom gegangen /
Bemahle deine Wangen /
Kom / Venus / mit den Blicken /
Du ſolſt heut den erquicken /
Der ſich den Muſen giebet /
Was Muſen? der auch liebet
Die nackten Charitillen /
Sein Werck recht zu erfuͤllen.
Nun ſchwinget euch / jhr Hirten /
Nun ſinget bey den Myrten /
Nun lobt den / der euch lobet /
Ob ſchon der Neidhart tobet /
Nichts wird er hier gewinnen.
Der / der ſein Feſt begehet /
Jn Lieb und Freuden ſtehet.

Als ſie Amyntas geleſen / ſagte er / ich ſolte unbeſchwert jhm doch die Art ſolches Ge - dichtes entwerffen / denn er bekaͤnte / er haͤtte Zeit ſei - nes Lebens keines dergleichen geſchauet / vielweniger geleſen. Es iſt / gab ich zur Antwort / eine Ana -creonti -129Roſen-Gepuͤſche.creontiſche Ode / nach Art der Griechen und La - teiner geſetzet / unter welchen der weitgeprieſene Poe - ten-Vater Taubmann ein Meiſter iſt. Mein Opitz klaget ſelbſt / es haͤtte nie kein Anaereon / weder in den Lateiniſchen noch in den goͤldnen Deutſchen / Jhm wol abgehen wollen. So iſts / ſagt Amyntas / eine ungewoͤhnliche Art bey den Deutſchen? Ja / ge - mein iſt ſie nicht / ſprach ich wieder / weil keiner zur Zeit ſolche aufzuſetzen ſich unternommen und erkuͤh - net / ohne einer / deſſen Namen ich mir vorbehalten wil. Koͤmſtu mein Freund / fuhr Amyntas fort / zu den wolbelobten Thyrſis / bitt ich / unbeſchwert auch mein geringes Liedlein ſeinen Haͤnden einzuliefern / damit er verſpuͤre / wie ein Freund hierinnen jhn be - trauren und beklagen wollen. Nach verrichteter - bergebung wolleſtu jhm nichts anders als freund - lich zu wiſſen machen / daß der Jenige / der es ſendet / hoͤchſtes Fleiſſes gebeten / ſolches in Eyl aufgeſetzte nicht uͤbel auffzunehmen / vielweniger fuͤr ſchaͤndli - che Zoilus-Augen und Momus-Bruͤder kommen zu laſſen / Weil der Anfang in einem jeden Dinge die Muͤh und Arbeit zur Mutter zu haben pflegt / Wie denn du auch mit dergleichen Worten jhn be - wegen wirſt / wenn du jhn vermeldeſt / daß dieſes der erſte Deutſche Anacreon ſey / den du jhm / als einem guten Freunde / aufzuſchreiben dich befliſſen habeſt. Lebe wol / und verrichte das dir anbefohlen / kan ich wieder in deinen Dienſten ſtehen / Sihe / ſo bin ich dir allzeit da - Nach dem der Amyntas urlaub ge -Jnom -130D. S. ander Roſen-Gepuͤſche.nom̃en / hab ich durch meinen Knabẽ zu den volkom - menen Freundeszeichen den guͤldenen Ring abzufer - tigen mir angelegen ſeyn laſſen / hieſige mir vertrau - te Sachen / benebenſt beygelegten / gebuͤhrlich einzu - haͤndigen / mit angeheften Wunſche / daß der hochbe - lobte Thyrſis dieſen Tag / weil man der Poeten ge - dencken wird / Freuden-vol tauſentmal und aber tauſentmal ſtets anſchauen / und in vollen Triften Feyerlich begehen moͤge. Nach dem es nun der Thyrſis bekommen / hat der froͤliche Himmel und die wiedererfreute Cynthia den gantzen Tag in Lieb und Freude ſo lange zu - gebracht /

Biß der Abendſtern aufgienge / und die Nacht jhr Gold empfinge.

[131]

David Schirmers Drittes Roſen-Ge - puͤſche. Gedruckt im Jahr Chriſti 1650.

[132]

Denen Wol-Edlen / Geſtrengen / Veſten / Vor - achtbarn und WolgelartenHerman von Wolframs - dorf / ꝛc.  , • Salomon von Canitz / ꝛc.  , • Herꝛn Valentin-Andreas Moͤllen - brocken / der Artzney Licentiaten. , • Herꝛn Heinrich-Andreas Menge - ringen / der Artzney Candidaten. , • Herꝛn Jacob-Heinrich Lentzen / , and • Herꝛn Alexander-Paul Lothen / Beyder Rechten Wolbefliſſenen. 

Wol-Edle / Wolgelarte / ꝛc.

HJer ſehen Sie meine Mar - nia / die ſich nun lange genug in - ne gehalten. Jhre Kleidung iſt faſt ſchlecht / und in etwas un - ſcheinbar worden / daß ſie ſich wol ſchaͤmen moͤchte fuͤr aller Welt herfuͤr zu treten. Weil aber das Frauen Zimmer unter zeiten ohneGold133.[133]Gold und Perlen anmutiger zu ſcheinen pfle - get / als habe ich jhr vergoͤnnet / nach jhren Gefallen der Schoͤnheit zu gebrauchen. Sie wird zwar manches donnerndes Ungewitter auf ſich muͤſſen ſtoſſen laſſen. Jedoch aber wird ſie es / meines beduͤnckẽs / nicht gar groß achten / weil ſie ſchon albereit mit einem gruͤ - nen Lorber-Krantze verſehen iſt. Wer ſich an jhre Roſen wagen wil / der ſehe zu / daß es jhm nicht ergehe / als wie den Nymfen / die ſich ver - wichener Zeit in des Sinnreichen Cats Hol - laͤndiſchen Roſen-Krieg begeben haben. Sie iſt zwar verblichen / deñoch aber lebet ſie noch ſo volkoͤmlich / daß man ſie inſkuͤnftige gar nicht vor todt halten kan. Meine Hochge - ehrten Freunde und Bruͤder geruhen guͤn - ſtig Sie in jhren Schutz zu nehmen / damit Sie hinfuͤrder mir befehlen koͤnne / zu ver - bleiben Jhrer allerſeits

Dienſtfertigſter Leipzig / den XJ. Wintermonats M. DC. XLJX. D. S.

J iijEr134D. S. drittes
I. Er liebet.
MEin liebſter Freund iſt wund /
mit mir hats nun Gefahr /
Weil meine Marnia ſo ploͤtzlich ſich
erwecket /
und uͤm mein Hertz heruͤm jhr Bildnuͤß aufgeſtecket.
Mein liebſter Freund iſt wund / ich brenne gantz und
gar.
Wo biſtu Freyheit nun / die mein ſo zartes Haar
Mit jhres Goldes Glantz hat allezeit verdecket?
Wo biſtu Phoͤbus hin? Wer hat dich ſo erſchrecket?
Bleib hier / verlaß mich nicht / bleib hier mit deiner
Schaar.
Apollo / ja du bleibſt auf meinen Helicon.
So kom und ſetze dich zu Venus kleinen Sohn /
und meiner Marnjen / die meine Feder reitzen.
Auf! Schoͤnſte von der Welt / dir geb ich eintzig
mich /
Apollo bleibt mir hold / mein Verß ſteigt uͤber ſich.
Nun mag ich Eulen nicht / ich kan mit Falckẽ beitzen.
II. Auß den Anacreon.
GOld iſt zuwider mir. Groß Reichthum mag ich
nicht.
Ein135Roſen-Gepuͤſche.
Ein Scepter iſt zu ſchwer. Die Herꝛſchaft zu ver -
meſſen.
Der Krieg verderbt zu viel. Die Liebe taug indeſſen /
Die iſt der Aufenthalt / der meinen Vnmuht bricht.
Heut leben / das iſt gut. Druͤm leb ich / weil die
Pflicht (preſſen?
Des Todes mich noch ſpart. Wer wolte ſich auch
Weil mein Goldgelbes Haar von Jahrẽ unbeſeſſen.
Auf / Goldſchmid! Auf / Vulcan! mach mir den
weitſten Becher /
Setz auf den Boden hin den allergroͤſten Zecher /
Das zarte Reben-Laub / und einen Epheu-Krantz.
Des Himmels ſein Boot / die Sterne ſamt der
Henne / (kenne /
Mars und ſein groſſer Spieß / die ich zur Zeit nicht
Die taugen mir noch nicht. Geh bald / und mach jhn
gantz.
III. An einen Kirſchbaum.
Du wolbeſetzter Baum mit deinẽ weiſſen Bluͤten /
Verzeihe meiner Luſt / ich ſetze mich zu dir / (fuͤr /
Mit lauter freud uͤmringt. Nichts koͤmt mir ſchoͤner
Als dein ſo gruͤnes Laub / das ich dir wil behuͤten.
Es ſol kein Kefer dir den giftgen Biß anbieten /
Kein Nordwind gleichesfals dir kochen deine Zier:
Nur du ſolſt Koͤnig ſeyn. Der Wald iſt dein Logir /
Selbſt Zefyr wehret ſchon des Sonnenfeuers wuͤtẽ.
Sey nur getroſt / o Baum! erſaͤtge mein Begehr /
und gib mit guter Hand mir einen Puͤſchel her /
J jvDaß136D. S. drittes
Daß ich jhn Marnien / der Schoͤnſten / zu kan ſendẽ.
Setzt jhn mein Lieb denn auf / und raubt den
Schmuck jhm hin /
So zuͤrne nicht mit mir. Deßwegen iſt mein Sinn
Jn deinen Schatten froh / daß ſie den Puſch kan
blenden.
IV. An jhre Klarheit / als er ſpatziren gehen wolte.
SPatziren geht die Sonn am hohen Himmels -
Saal.
Spatziren geht die Luft / und alle kuͤhlen Winde.
Spatziren geht das Wild. Der Hirſch bey ſeiner
Hinde
Geht durch den freyen Puſch hin in das hole Thal.
Der hohe Goͤtter-Rath ſpatziret alzumal /
Der zu den Buchen hin / und der zur hohen Linde /
Der Coridon geht auch und ſchneidet in die Rinde
Sonnet und Oden ein / nach einer neuen Zahl.
Es geht ein Jedes faſt. Die Ceres durch die Saa -
Die Flora durch den Wald in alle Gaͤrten hin / (ten /
Die durch den gantzen Tag an Phoͤbus Hitze braten.
Spatzirt nun Sonne / Luft / der Hirſch in frechen
Sinn /
Die Goͤtter / Coridon / und andre Feld. Goͤttinnen;
Wer wolte / Klarheit / uns ſpatziren nicht vergoͤñen?
V. Vber ſeine Traͤume.
SJnd Traͤume lauter nichts / wie daß ſie mich be -
wegen?
Sind137Roſen-Gepuͤſche.
Sind ſie deñ Freud und Luſt / wie daß ich traurig bin?
Sind ſie vol Liebligkeit / wie daß mein todter Sinn
Sich muß / O Marnie / zu deinen Fuͤſſen legen.
Jch ſahe heint zu Nacht dich deiner Liebe pflegen.
Du warſt es ja gewiß / O ſchoͤne halb-Goͤttin.
Ein nacket Nymfen-Bild lief zu den Schwanẽ hin /
Zum Schwanen / die im Thal ſtets jhre Lieder hegen.
Vnd kuͤſſet eines Mund. Jch fuͤhlte Suͤſſigkeit.
Die Liebe ſties alsbald nach meinen kranckẽ Hertzen.
Drauf lies ich meinen Schlaf. Nichts blieb als tau -
ſent Schmertzen /
Die ich noch klagen muß bey ſpaͤter Abends-Zeit.
Sie ſind nun was ſie ſind / ſo glaͤub in vollen Soꝛ -
gen /
Jm Traume Nebel liegt die Warheit doch verborgẽ.
VI. An den Linden-Brunnen.
SEy nun auch / Linden-Quell / den Cedern ange -
bunden /
Weil du den Sterbenden ein kraͤftig Labſal biſt.
Kein Buhler weit und breit / der voller Flammen iſt /
Hat eine ſolche Kraft / wie ich an dir / empfunden.
Du friſches Schlaf-Gemach / den Nymphen nen
erfunden.
Du Wohnhaus der Natur / daß alle Sorgen friſt.
Du kuͤhler Sommerwein / den Ganimedes miſt.
Laß deinen Aderſprung ſtets kuͤhlen meine Wunden.
Dein Silber ſpringe wol bey deiner Linden Tach!
Laß dein Chriſtallen-Gut uͤm meinetwillen rinnen.
J vKoͤmt138D. S. drittes
Koͤmt aber Marnia mit weit entfernten Sinnen /
Zu klagen meine Noht und jhren Thraͤnen-Bach /
So ſprich: O Marnia! Jch wil dich gar nicht
kennen / (brennen.
Sonſt muͤſt ich mich vor Brunſt zu lauter Aſche
VII. An Marnien / uͤber die uͤberreich - ten Tauſent-Schoͤnen.
NJm / Tauſent-Schoͤne / hin dierohten Tauſent -
ſchoͤnen /
Jch brach ſie mit der Hand / die ſie dir reichet / ab.
Der linden Elſter Strom benetzt jhr altes Grab /
Auß dem ſie ſich hervor aufs neue kunten lehnen.
Der Floren bunter Mann / der Zefyr / gieng ohn
ſehnen /
Als ſie der zarte Stock in meine Finger gab /
Zu ſeinẽ Blumen hin / und ſprach: brich was ich hab
Auf meinen Kleidern hier / dein Lieb damit zu kroͤnen.
Da / Lieb / da ſind ſie nun. Dein Haupt / dein brau -
nes Haar
Ermunter jhren Glantz / ſich ſteiffer außzuputzen.
Recht ſo / ich ſeh ſie ſchon mit mehr eꝛn Purpur ſtutzẽ /
Die Schoͤnheit wird jetztrecht an jhnen offenbar.
Nun / Lieb / trag ſie vor mich / und lerne diß von jh -
Daß unſre Liebe ſtets auch alſo moͤge gruͤnen. (nen /
IIX. Als ſie den Krantz von den Tauſent - Schoͤnen truge.
DEr Krantz von Floramor ziert deine Stiꝛne wol /
O Aller -139Roſen-Gepuͤſche.
O Allerliebſtes Kind / und macht mich voller Freudẽ.
Nichts kan mich fuͤr der hin uͤm deinet willen neiden /
Mein Zeichen ſteht an dir / als wie es ſtehen ſol.
Die Liebe die iſt reif / und fordert jhren Zoll.
Wol / Lieb / hier haſtu jhn. Kein von dir ſeyn / kein
ſcheiden
Wird deine Liebligkeit auß meinen Siñe ſchneiden /
Die Treu / die treulich heiſt / iſt immer Roſenvol.
Nie ſchoͤner biſtu mir / verliebte / vorgekommen.
So glaͤntzt das Morgen-Weib / ſo glaͤntzt der Tages -
Mann / (len kan.
Wenn uͤm den Purpur Schlaf der Weſt Wind ſpie -
So glaͤntzt der Himmel ſelbſt / weñ er iſt aufgeklom -
men. (vor.
Druͤm zieh ich deine Pracht auch allen Dingen
Du biſt mein Tauſentſchoͤn / und ich dein Floramor.
IX. An ſeine Augen.
DAnck habt jhr Augen jhr / jhr Fenſter meiner
Sinnen / brant.
Danck habt vor eure Glut / die meinen Schatz ent -
Durch euch beruͤhr ich jetzt die zarte Wollen-Hand -
Habt Danck / daß ich durch Euch ſie habe kuͤſſen
koͤnnen.
Durch Euch / ja nur durch Euch muß ſie mich
lieb gewinnen /
Die Außer wehlte die. Jhr machter Euch bekant /
Giengt uͤm die Blicke her / die ſie mir zugeſant.
und blieſt ein Feuer auf uͤm jhres Hertzens Zinnen.
Die140D. S. drittes
Die Flammen flohen hoch / und zuͤndten mich
auch an /
Daß ich nicht ohne Sie / ſie ohn mich nicht ſeyn kan /
Jtzt brennen wir zugleich / doch ſtum und ohne Rede.
Jhr Augen ſagt es jhr / ſagt jhr es an vor mich /
Daß ſie auf Ant wort auch hinfort ſol ſchicken ſich /
Mein Mund iſt gegen Sie jetzunder noch zu bloͤde.
X. Seine beſtaͤndige Treue.
WJe? laſtſ Schoͤne dich denn ewig von mir bit -
ten?
und fragſtu heimlich nach / ob ich auch ſtandhaft ſey?
Kom her / hier iſt mein Hertz von fremder Liebe frey /
Mein Hertze das iſt hier eroͤfnet in der mitten.
Jch bin von Flandern nicht / der mit behenden
Schritten
Wol hundert hie und da ſucht ſonder allen ſcheu.
Nein / viel begehr ich nicht. Jch bin und bleibe treu.
Die erſt und letzte Brunſt ſind deiner Tugend Sittẽ.
Sorgſt aber du ja noch / und wilſt vol Soꝛge ſeyn /
So ſorge wie du mich an Treu wollſt uͤberreichen /
Biß[/]daß an Treue wir einander koͤnnen gleichen /
und ſchlaffen unbetruͤbt an Bruſt und Armen ein.
Das iſt das beſte Thun / die Luſt der gantze Erden /
Beſtaͤndig wie man liebt / auch ſo geliebet werden.
XI. Bey uͤberreichung eines Ringes.
NJm hin / O treues Hertz / den Ring von meinen
Haͤnden /
Den141Roſen-Gepuͤſche.
Den ich / auf dein Begehr / verlobe mit der Hand /
Die mir jetzt noch zur Zeit am beſten iſt bekant /
Jn dem du niemals dich haſt von mir wollẽ wenden.
Ein ander Pracher mag geringe Gaben ſchaͤn den /
und geben noch dar zu / was jenes reiche Land
Jhm uͤberfluͤſſig reicht. Der Gold uñ Silber Sand
Wil noch ſo haͤuffig nicht auf meinen Schiff anlaͤn -
den. (ben?
Jch gebe was du wilſt. Vnd wilſtu noch mehr ha -
So nim jhn Marnia / und ſetze mich darein /
So werd ich glaͤntzẽ deñ wie ſonſt ein ſchoͤner Stein.
Doch nein / du ſolſt da ſtehn mit deiner Jugend
Gaben / (ben:
Dann wil mit Demant ich tief in dein Hertze ſchrei -
Weil dieſer Ring alhier / ſo kan ich ſtets bekleiben.
XII. Auf jhre Geſundheit.
WJe koͤmmt es doch / daß jhr / jhr außerwehlten
Bruͤder /
Mit euren andern Du ſo voller Freude ſeyd?
Jo! unſer Marnia / das Liecht der ſchoͤnen Zeit /
Bekraͤntzet Haar und Hand zu jhrem Feſte wieder.
Sol ich alleine ſeyn / der embſig auf und nieder
Die leichte Feder ſchwingt? Nein. Jch bin ſchon
bereit /
Zu ſtuͤrtzen Schaum und Glaß. Jch kem̃e ja ſo weit.
Was ich fuͤr mich nicht kan / das ſprechen meine Lieď.
Jhr lieben Humpen jhr / jhr hellen Glaͤſer quellt /
Begieſſet mildiglich das duͤrre Zungen-Feld /
und142D. S. drittes
und loͤſet auf jhr Band. Wer wolte wol nicht trin -
Weil ſich das liebe Kind ſo willig letzen muß. cken /
Sa! auf Geſundheit hin / und einen derben Kuß.
Weñ ich nach Hauſe ſol / wil mir die Sonne wincken[.]
XIII. Bey uͤberſendung eines Krantzes.
NJm hin / O Marnia / von mir den buntẽ Krantz /
Jhn hab ich ſelber dir mit eigner Hand gebundẽ /
Viel Blumen mancher Art / die ich nur habe funden /
Beſternen ſeine Zier / und geben jhm den Glantz.
Die Silber-Lilien beſtehn den runden Tantz.
Der ſchoͤne Roſen-Kelch / das Kind der Venus -
Wunden /
Die riechend Anemon / der Schatz der Thalimunden /
Narciß und Veilgen auch verfertigten jhn gantz.
Hiermit uͤmſchleuß dein Haar / und deine ſtoltze
Stirne /
und laß die Hoffart nach, die ſtets in deinen Hirne /
Als Flut auß Quellen / koͤmt / und dencke ſtets dabey:
Wie dieſe Blumen jtzt in friſchen Safte bluͤhen /
und / eh der Abend koͤmt / den Kuͤrtzern muͤſſen ziehen:
So iſt es auch mit dir / du ſtoltzes Kind / gethan.
XIV. Vber Marniens verborgene Liebe.
SJe / Marnia / ſagt ſtets: Mein Freund / ich liebe
nicht.
Sie leugnet ihre Brunſt in ihren harten Hertzen /
Vnd kan doch nimmermehr die groſſe Gluht ver -
ſchmertzen /
Die143Roſen-Gepuͤſche.
Die jetzt noch taͤglich quaͤlt jhr braunes Angeſicht.
Bald ſteht / bald geht ſie fort. Der Athem thut
Verzicht /
und koͤmmet wieder an. Der Wangen volle Kertzen
Bewegen ſich zuviel. Der Mund iſt ohne ſchertzen /
und weiß zu keiner Zeit die Worte / die er ſpricht.
Der Kopf hangt unterhin. Die runden Bruͤſte
ſchwellen.
Der gantze Leib iſt laß / beweget von den Wellen
Der ſuͤſſen Liebligkeit. Noch wil ſie Vrtheil faͤllen.
Jhr Paphos-Geiſter jhr / macht jhre Wangen
truͤbe /
Steckt alle Fackeln an jhr kleinen Hertzens-Diebe /
Biß daß ſie klaͤglich ſchreyt: Hoͤr auf / Jch lieb / ich
liebe.
XV. Von ſeinem erſten Gruß an Sie / nach dem Er Sie erzuͤrnet.
OMarnie / die Venus Tochter heiſt /
und Pallas Kind / nim auß dem andern Munde
Den feigen Gruß / und ſetz jhn eine Stunde /
Nach dem er wird ſeyn bey dir eingereiſt /
Auf deine Bruſt. Mein Hertze ſteht beeiſt /
Der Sinn verſchneyt. Du machſt mir eine Wunde,
Heilſtu ſie nicht O Artzt / auß ſeinem Grunde /
So hat mein Todt mein Leben faſt verweiſt.
Fahr hin / O Gruß / erwirb was dir befohlen /
Lach jhren Mund / lach Hand und Augen an /
und diene wol / als wie ich dienen kan.
und144D. S. drittes
und laß die Gunſt mein Hertze dir nachholen.
Jſt es denn nichts und dancket niemand dir /
So kom zuruͤck / ich warte deiner hier.
XVI. An ſein Hertze / uͤber ſelben Gruß.
SEy Felſen-Art / O Hertze! ſtehe feſt /
Weich keiner Furcht / hoff mehr als je zu hoffen.
Vnd hat dein Gruß das Kind nicht angetroffen /
Das liebe Kind / das mich nicht ſterben laͤſt /
So dencke dn noch immerdar das beſt.
Jſt er nur nicht in Vngunſt gar erſoffen /
So wird er Jhr durch alle Felder ruffen / (Weſt.
Selbſt Bot und Brief / ſelbſt Schifmann / See und
Er koͤmmet ein / und ſaget der ſo retten (ten.
Bon Brunſt und Glut / von Banden und von Ket -
Er koͤmmet ein / und klaget deine Noht.
Jſts ja / daß er die Schoͤne nicht kan finden /
und etwa bleibt bey jhrer Thuͤr dahinden;
Sey Felſen-Art! Nicht dein / ſein iſt der Spott.
XVII. Eben von Selbigen.
Nun ſchlinge dich O Krantz der Myrten uͤm mein
Haar /
Run ſchlinge dich / mein Gruß iſt angenommen.
Er iſt fuͤr Sie / das liebe Kind / gekommen.
Das liebe / liebe Kind / das mir ſo guͤnſtig war.
Jhr Gruß / jhr Kuß / die Hand / der Blicke gantze
Schaar /
Des Hertzens Brunſt / die wieder angeklommen /
Koͤmmt145Roſen-Gepuͤſche.
Koͤmmt haͤuffig itzt in meinen Port geſchwommen /
und ſtellet unverfaͤlſcht ſich meinen Willen dar.
Wilkommen Tag! Wilkommen Edle Stunden /
An welchen ich den Schatz / den ich zuerſt verlohr /
Mit meiner frohen Hand nun wieder heb empor.
Wilkommen Tag! Mir haſtu jhn gefunden.
Nun ſchlinge dich / O Krantz der Myrten / uͤm
mein Haar /
Die Beute die iſt hier / die erſt verlohren war.
XIIX. Seine Schwartze.
JHr ſchwartzen Augen jhr / und du auch ſchwartzes
Haar / (ſende /
Nemt hin von meiner Hand / nemt hin was ich euch
Durch was ich meine Schuld ein wenig nur ver -
pfaͤnde /
Das duͤrſtet jetzund noch nach eurer Blicke Schaar.
Schwartz lieb ich auf der Welt. Schwartz wil
ich immerdar. (de /
Schwartz iſt mein Ruheſtab der faſt zu muͤden Haͤn -
Schwartz iſt der beſte Glantz. Schwartz macht daß
ich mich wende
Zum ſchwartzen Angeſicht / zu ſchwartzen Augenklar.
Laß roth / laß weiß / laß blau in ſeiner ſchoͤne gehẽ /
und auf des Kaͤyſers Haupt ein Gold in Golde ſeyn /
Laß Demant-Farbe bluͤhn / laß jeden Edelſtein
Sein farbicht Angeſicht bey allen Glantz auf blehen.
Mein Schwartz vergnuͤget mir / druͤm ſprech ich
immerdar: (Haar -
Jhr ſchwartzen Augen jhr / und du auch ſch wartzes
KXIX. An146D. S. drittes
XIX. An ſeinen Freund / als er der Sere - nen Brodt kuͤſſete.
JCh liebe nicht wie du. Jch auch nicht derglei -
chen.
Legt aber ſich ein Mund auf meinen Lippen an /
So hab ich eine Koſt / die mich erhalten kan /
Von ſolcher ſchlechten Pracht muͤſt ich ja mehr ver -
bleichen.
Wie thoͤrlich thuſtu doch / daß du der Liebe Zeichen
Auf Eitelkeiten ſtellſt. Haͤtt ich alſo gethan /
So wuͤrde ſich mein Geiſt erkieſen eine Bahn /
Die mir zum Acheron und Plutus wuͤrde reichen.
Solt ich ein ſteter Gaſt bey deiner Speiſe ſitzen /
So wehr ich laͤngſt ſchon kalt. Kein Leben lebt in mir
Wenn dein ſo ſchlechtes Brodt mein Hertze ſolte ſtuͤ -
tzen.
Mein Freund das thu ich nicht. Hier wend ich
mich von dir.
Wilſt aber / wie du wilſt / ein Eſſen du genieſſen /
So kanſtu tauſentmal Serenen taͤglich kuͤſſen.
XX. An die Sterne / als Er nicht bey Marnien war.
JHr Kinder ſuͤſſer Nacht / jhr Feuervollen Bruͤder /
Du kleines Heer der Luft / du Him̃els. Buͤrgerey /
Die du durchs blaue Feld nach reiner Melodey
Erhebeſt deinen Tantz und deine ſchoͤnen Glieder.
Weñ jetzt der faule Schlaf die muͤden Augenlieder
Durch147Roſen-Gepuͤſche.
Durch einen faulen Sieg den Sinnen leget bey /
Damit kein wachen mehr an uns zu ſpuͤren ſey.
Jhr Kinder ſuͤſſer Nacht legt eure Fackeln nieder /
Was ſteht Jhr / wie zuvor / und lacht den Welt -
Kreiß an? (ſcheiben.
Laufft durch das goͤldne Hauß / verlaſt die Fenſter -
Geht ruͤckwerts wie jhr ſolt / Jch wil euch ruͤckwerts
ſchreiben.
Geht ruͤckwerts wider hin die alte finſtre Bahn.
Geht Kinder / wie jhr ſolt / flieht Liechter / flieht von
mir. (allhier.
Mein Liecht / mein Augen Stern / mein Liecht iſt nicht
XXI. Als er ohne Sie ſeinen Geburts - Tagbegieng.
SO winde du den Krantz / du Schoͤnſte der El -
binnen /
Weil mich das liebe Kind jetzund nicht binden kan.
So winde du den Krantz / und ſchling jhn willig an
An diß mein liechtes Haar / an dieſes Hauptes Ziñen.
Kom Elſter / kom geharnſcht / du Luſt Spiel hoher
Sinnen /
Kom / kom vor Marnien / uñ nach der Nymfen bahn.
Treib deinen Weſtwind auf / ſteig alle Verg hinan /
Damit uͤm deinen Strand die Blumen wachſen
koͤnnen. ( Hand /
Brich Lorber uͤm mein Haar / und Myrten in die
Damit auch du durch ſie ſeyſt aller Welt bekant.
K ijGeuß148D. S. drittes
Geuß Wein auf meinen Schlaf / und Meth auf mei -
ne Stirne.
Sprich drauf zu Marnien: Verzeihe dieſes mir.
Jch thue das vor dich / und ehre deine Zier /
Jch bleibe ſeine Magd / du aber ſeine Dirne.
XXII. Feuer und Waſſer an ſie.
KAum hatt ich dich erſehn / O Liebſte / meine Luſt /
Erweckt in mir dein Glantz ein ſehnliches Ver -
langen. (gen /
Der Augen helles Liecht / der Hals / die rothen Wan -
Der Stirne Helffenbein / das Silber deiner Bruſt /
Die brennen meinen Muth / und toͤdten aufgefuſt
Des Hertzens Tapferkeit / daß ich / nun faſt gefangen /
Die uͤbergroſſe Gluht der Liebe hab empfangen /
Daß ich nun forthin bin nichts als nur Aſch und
Wuſt.
Es wehr uͤm mich geſchehn / wenn ich nicht deine
Flammen
Mit meinen Thraͤnen hier noch wuͤſte zuverdam̃en /
So wein ich fort uñ fort. Vnd lies mich deine Glut /
Der Augen Liecht / der Hals / die Wangen / Vruſt
und Stirne /
Jn ſolchen Thraͤnen ſeyn / ertraͤncke mein Gehirue.
Druͤm iſt dein Feuer mir und auch mein Waſſer gut.
XXIII. Er liebet heftig.
MEin gantzer Muht verdirbt. Jch wancke hin
und het /
Jch149Roſen-Gepuͤſche.
Jch leide groſſe Pein in meinen matten Hertzen /
Bald bin ich hier / bald da / bald hab ich tauſendt
Schmertzen.
Jch ſeh mein Angeſicht / und weiß nicht wie und wer /
und wo ich Stuͤndlich bin. Vnd wenn ich Troſt
begehr /
So iſt es meinen Lieb auch nur ein bloſſes ſchertzen.
Der Vnfall der iſt groß / noch ſtellt ſie Brand und
Kertzen
Auf meine welcke Bruſt / und fraget: Wer iſt der?
Die Liebes. Goͤttin gibt jhr Weſen an den Tag /
und ihre Grauſamkeit / die ich nicht dulden mag.
Jedoch ſo bin ich ſtets bereit jhr nach zugehen /
und / mir zum Schaden auch / auf jhren Glantz zu
ſehen /
Wer eine Stunde mir wird wenden dieſe Pein /
Der ſol mir Foͤbus ſelbſt / ja mehr als Foͤbus ſeyn.
XXIV. Gleich und ungleich.
MEin Lieb das redet wol: Der Amor auch in -
gleichen.
Sie ſchlaͤgt die Augen auf: Er thut es auch wie ſie.
Sie ſchlaͤft: Er ſchlaͤft mit jhr. Sie ſteht alleine hie:
Er auch. Sie lacht: und Er. Sie giebet Freuden -
Zeichen: (weichen /
Er freuet ſich auch mit. Sie huͤpfft: Er wil nicht
und huͤpſſet auch. Sie ſingt: und Er. Sie weint:
Die Muͤh (nie.
Nimt er auch an. Sie ſpielt ein Lied: Das laͤſt Er
K iijSie150D. S. drittes
Sie geht: Er gehet auch mit jhr heruͤm zu ſchleichẽ.
Was nur mein Lieb vor Luſt und Kurtzweil nim -
met fuͤr /
Das thut jhr Amor nach / und findet ſich bey Jhr.
Jn einem eintzgen nur / in einem eintzgen Stuͤcke
Da treffen allebeyd auch gar nicht uͤberein.
Er iſt gelind und gut / wie er ſonſt pflegt zu ſeyn
Bey denen die er liebt: Sie aber voller Tuͤcke.
XXV. Seine Schoͤne / jedoch Stoltze.
ES ſah der Goͤtter-ſchaar dein ſchoͤnes Angeſicht /
Den Helffenbeinern Hals / den Mund und deine
Wangen / (gen.
Sie ſahen deinen Glantz vor andern Nymfen pran -
Waruͤm liebt Jupiter / ſprach einer / dieſe nicht?
Jſts daruͤm / daß ihm Brunſt und heiſſe Glut ge -
bricht? (gen?
Hat denn ſein brennend Hertz in kalt-ſeyn angefan -
Wie? Oder iſt jhm denn das Lieben gar vergangen?
Verſchmaͤhet deñ ſein Mund ein ſolches Angeſicht?
Europe giebt jhr nach: Die Danae die weicht:
Die Leda taug nicht mehr / daß ſie jhr Waſſer reicht.
Ste iſt ja Koͤnigin in Frauen-Zimmer Orden?
Drauf hub der Amor an / und ſprach: Du redeſt
Vorzeiten lebte nur ein guͤtiges Geſchlecht / (recht.
Jtzt aber iſt es hoch / frech / ſtoltz uñ praͤchtig worden.
XXVI. Vber jhre Augen.
WEnn deiner Augen Glantz hin nach dem Him -
mel ſieht /
So151Roſen-Gepuͤſche.
So freuet ſich der Pol mit ſeinen liechten Sternen.
Wenn du die Erde ſchauſt / ſo muß ſie breñen lernen /
Das uͤm jhr buntes Haupt ein jedes Kraͤutlein
bluͤht.
Thuſtu die Augen auf / ſo ſihet mein Gemuͤht
Der Venus Stirnblat an. Gehſtu dich zu entfernẽ /
Zeuchſt deine Kleider ab / dich nacket zu entkernen /
und thuſt die Augen zu / ſo ſeh ich den Cupid.
So bald du aber gar zu ſchlaffen dich gewand /
Die liechte Gluht verſchickt in ein verfinſtert Land /
und niemand mehr den Glantz der Flammen ſihet
wackeln:
So balde trauret auch der Himmel ohne Liecht:
Die Erde fonder Brunſt: Die Venus ohn Geſicht /
und (das erbaͤrmlich iſt) Cupido ſonder Fackeln.
XXVII. Sie ſol der Jugend brauchen.
MEin Lieb / ich ſende dir hier Liljen und Violen /
Violen brach ich heut / die Liljen geſtern ab.
Damit du ſehen kanſt / wie balde dich das Grab /
Jn deiner beſten Bluͤht auch etwan moͤchte holen.
So ſchaue ſie wol an. Was jhnen iſt befohlen /
und was ich jhnen mit auf jhre Reiſe gab /
Das iſt die Fluͤchtigkeit / die reiſt dich auch hinab
Zu dem / daß jhnen jetzt die Schoͤnheit abgeſtohlen.
Die Liljen ſeyn verwelckt in ſolcher kurtzen Zeit /
Nur die Violen ſtehn noch gnug uñ friſch zuſchauen.
Druͤm nim der Jugend war / und laß dir gar nich
grauen /
K jvenn Dt152D. S. drittes
Denn morgen gehn ſie auch den Weg der Eitelkeit /
Wer in den Lentzen nicht die Roſen ab wil brechen /
Der muß / mein Lieb / hernach ſich in die Dornen
XXIX. (ſtechen. Jhre gedupelte Schoͤne.
D dir dein langes Haar biß auf die Fuͤſſe geht:
Daß dich der Mund / der Hals / die weiſſen Zaͤh -
nezieren: (fuͤhren:
Daß dich der Stirnen Schnee weiß hoch empor zu
Daß dir dein Backen Roht ſo treflich ſchoͤne ſteht:
Daß deiner Augen Stern ſo lieblich ſich verdreht:
Daß dich der Haͤnde Glantz weiß zu vermarmorirẽ:
Daß dich dein glatter Leib weiß zu veralbaſtriren:
Daß dich dein Edler Stamm / dein Geld und Gut
aufbleht:
Jſt noch nicht gnug vor dich. Witz / Fromheit /
kluge Sinnen /
Zucht / Tugend / Redligkeit / Scham / Demut / Mut /
Verſtand / (Land /
Fleiß / Weißheit / Ehr und Ruhm durch dieſes weite
Die ſind der Schoͤnheit Preiß / die muß ich lieb ge -
winnen. (vergeht:
Was dein Leib an ſich hat / verſteubt / verfleucht /
Was dein Gemuͤte weiß / Lieb / das / nur das beſteht.
XXIX. An die Taffel / auf der jhr faſt aͤhn - liches Bildnuͤß ſtunde.
Du Taffel du / auf der mein Bild gemahlet ſteht /
Wie gerne ſchau ich dich uñ deine Trefligkeiten /
Der153Roſen-Gepuͤſche.
Der Mund / der Hals / diß Kinn / die / Venus / dich
begleiten /
Die haben manche Gluht hier in mir angeweht.
Nim dieſe Roſen an nim dieſen Zinnamet /
Nim dieſen feuchten Krantz und dieſe frohe Zeiten.
Hinfuͤrder hab ich nichts / als Kummer / Angſt und
Streiten /
Weil mit mir Noht und Leid zu Tiſch uñ Bette geht.
Ach! waruͤm kuͤß ich nicht der Lippen Glut und
Brand?
Jſt diß der zarte Mund? Jſt diß die Wollen Hand?
Jch wil. Wie aber? Wie? Wie? Was ſind das vor
Flammen?
Ach ja / nun ſeh ich ſie. Diß Feuer koͤmmt von mir.
Als ich bekuͤſſen wolt mein ſchoͤnes Lieb auf dir /
Kam ich und meine Glut in voller Brunſt zuſam̃en.
XXX. Er iſt der Liebe Spiel.
WJe wann der kuͤhle Schnee nach Thal und Au -
en rinnt.
und das zu ſeige Wachs im Sommeꝛ muß vergehen /
Wenn ſich der Sonnen Bild in wilder Gluht laͤſt
ſehen:
So bin ich auch vor dir / weil du mich angezuͤndt.
Kein Glied iſt ohne Brunſt. Wie ſich der Dor -
nen Kind
Mit ſeinem Haupte neigt / uñ nicht veꝛmag zu ſtehen /
Wenn deine warme Bruſt mit jhren Amberwehen /
Es unter ſich gedruckt: So fall ich auch geſchwind
K vFuͤr154D. S. drittes
Fuͤr deinen Fuͤſſen hin. Jch werde mat und muͤde /
Die Farbe wird verkehrt / der Muht iſt auſſer mir.
Kein Tag / nur lauteꝛ Nacht koͤmt meinen Augen fuͤr.
Jn ſchlaffen hab ich Streit / in wachen keinẽ Friede /
Biß daß ď friſche Quell mir meine Glieder kuͤhlt /
Damit aufs neu hernach dein Feuer mit mir ſpielt.
XXXI. Vber einen Kuß.
JN dem ich / Marnia / dir unverhofft den Kuß
Auß deinem Munde nam / entwich mir meine
Seele /
und bliebe gantz und gar in der Corallen-Hoͤle /
So daß in erwas ich die Geiſter miſſen muß. (Fuß
Jch ſtarb vor Liebe hin. Es ſchlich ſich Fuß fuͤr
Das Leben von mir aus / uͤm daß ich mich faſt quaͤle /
und jeden Augenblick der ſuͤſſen Ruͤckkunft zehle.
Der Todt der blieb in mir / und dein gemachter
Schluß.
Mein Hertze muſt hernach / die Seele zuerfragen.
Jn dem es aber auch / mein Lieb / dich hat erblickt /
Da blieb es auch in dir gefangen und beſtrickt /
So / daß ich fuͤrdeꝛ nicht von jhrer Flucht darf ſagen.
Vnd haͤtt ich durch den Kuß nicht deine Seel er -
worben /
So wer ich gantz und gar an deineꝛ Bruſt geſtorben.
XXXII. Als Er ſie erzuͤrnet.
JE mehr ſich / Marnia / mein Hertze dir ergiebet /
Je mehr der Flam̃en Rauch mein Feueꝛ zeiget an /
Je155Roſen-Gepuͤſche.
Je mehr ich in der Brunſt an dich gedencken kan /
Je mehr mein Hertze ſich in deinen Blick verliebet /
Je mehr haſtu mein Hertz mit deinen Haß betruͤ -
bet.
Jſt meine Hofnung denn nun gar uͤmſonſt gethan?
Nicht meine Gegenwart / nicht meiner Liebe Bahn /
Nicht meine Bitte hat ſo groſſe Schuld veruͤbet.
Jedoch du ſiheſt nicht / daß es dein Schade ſey /
Wenn ſich dein Groll und Haß noch weiter hin er -
ſtrecket /
und mich mit friſchen Sand in kurtzer Zeit bedecket.
Du bringeſt mir den Todt in ſolcher Liebe bey.
Doch nein. Mir ſterb ich nicht. Weil du mich dir
erworben /
So bin ich / Marnia / dir und nicht mir geſtorben.
XXXIII. Die Unbeſtaͤndige.
LJeb / biſtu weiß als Schnee / wie ſeyn denn deine
Wangen
Mit Purpur uͤberdeckt? Biſtu dem Purpur gleich /
Wie ſeyn die Lippen denn in jhrer Roͤthe bleich?
Biſtu denn bleich / wie ſeyn deñ deine liechten Span -
gen (gen /
und Haare lauter Gold? Biſtu denn voller Pran -
Wie Gold zu prangen ſteht / wie iſt der Augen Reich
Mit ſchwartzen Maueꝛwerck / als wie ein Silberteich
Jn ſeinem Tamme ſteht / gezieret und uͤmfangen.
Was ſagſtu nun von dir? Jm fall du Lilienweiß /
Bleich / Goͤlden / Purpur-roth und ſchwartz? Was
vor ein Preiß
Wird156D. S. drittes
Wird dir ertheilet ſeyn von denen die dich kennen?
So fern ich richten ſol (verzeih es aber mir)
So muß ich ohne ſcheu vor aller Welt alhier
Dich voller unbeſtand und bunt an Farbe nennen.
XXXIV. Cupido von Marnien.
HJer laß ich Pfeil und Glut / die Roſen mit den
Myrten /
Durch die ich vor der Zeit in Himmel kunte gehn.
Hier laß ich Krantz und Riet und alle Waffen ſtehn -
Jch flieh / ich fliehe fort / und laß es Euch / jhr Hirten.
Kein Spiel / kein froͤlich ſeyn / kein ſuͤſſes Hals -
uͤmguͤrten /
und keine Nymfe ſol mit Schallen und Gethoͤn /
Mich fuͤrderhin durch Thal / durch Puͤſch und Auen
ſehn. (wirten.
Kein Weſt-Wind ſol mich mehr mit ſuͤſſen Thau be -
Weil Marnia mit Glantz / Gluht / Feuer / Liecht
und Gift /
Pfeil / Koͤcher / Krantz und Spiel / uñ alles uͤbertrift.
Ade ich gehe fort zu den entfernten Wuͤſten.
Doch nemt hier Warnung an / und hoͤret noch ein
Wort /
Jhr Sterblichen / weñ ich jetzund von euch bin fort /
Laſt euch nach Marnien (ſie toͤdtet) nicht geluͤſten.
XXXV. An ſein Hertze.
BRenn / Hertze / wie du brennſt, die Zunder jhrer
Gluht /
Gib157Roſen-Gepuͤſche.
Gib Hitze / wie bißher mit aufgeſchoßnen Flammen /
Ruf alles Feuerwerck auf deiner Poſt zuſammen /
Daß ſie auch breñen kan ſich und jhr keuſches Blut /
Brenn immer Tag und Nacht / ob ſchon der fre -
che Muth
Nicht alſobald erkent den Quell der Liebes-Ammen /
Sie macht es ſo mit dir / wie der / der auf den Dam̃en
Mir endlich noch ein Spiel ſtat hoher Freundſchaft
thut.
Durch Hitze wird zuletzt das klare Silber rein.
Ein Feuer-Ofen zwingt den harten Eiſenſtein /
Der Koͤnig des Metalls laͤſt ſich auch feige finden /
Brenn Hertze wie du brennſt. Jhr auſerleſnes
Gold
Wird noch von deiner Gluht Bergunter hingerollt.
Brenn Hertze / wie du brennſt. Sie wird ſich wol
entzuͤnden.
XXXVI. An die unertraͤgliche Liebe.
JSt denn der Himmels. Saal dein rechtes Va -
terland?
Hat denn die Venus dich / ſo / wie man ſagt / geboren?
Jſt denn der Nectar dir zu deinen Tranck erkoren?
Jſt dir denn Ambroſin zur Speiſe zuerkant?
Waruͤm denn wanderſtu alhier durch See und
Land? (ren?
Waruͤm haſtu denn / mich zu quaͤlen / dich verſchwo -
Waruͤm denn brenneſtu den / der bereit verlohren?
Der Freyheit theures Gold / mit deiner ſtoltzẽ Hand?
Waruͤm158D. S. drittes
Waruͤm denn trinckſtu nichts als meine naſſen
Thraͤnen? nen?)
Muſtu dich denn in mir an Marck und Bein geweh -
O wilde Grauſamkeit! O Felſenharte Nohr!
Von Himmel biſtu nicht auf Erden hergegangen /
Styx und ſein Acheron die haben dich empfangen.
Was quaͤlſtu mich noch viel? Jetzunder bin ich todt.
XXXVII. Sie iſt Steinern.
STein biſtu / liebſtes Lieb / und wirſt auch Stein
genant /
Kein ander Nam iſt noht / damit dich zu belegen.
Nicht zwar / nur Lieb / uͤm das / daß deine Pracht zu -
gegenwand:)
Des Marmors weiſſen Schnee an Schoͤnheit uͤber -
Nicht daß dein Angeſicht / das Kinn / der Hals /
die Hand /
Des Alabaſters Zier zum Kampf an dir erregen:
Nicht daß die Muſcheln auch vor dir erſchrecken
moͤgen /
Wenn ſie〈…〉〈…〉 Nymfen Choꝛ liſt uͤm den Meeres ſtrand:
Mein / daruͤm gaͤntzlich nicht. Daß dein ſo harter
Schluß
Gar nicht zu zwingẽ iſt / als wie deꝛ Caucaſus / (chen:
Diß / Lieb / nur eintzig nur / diß ſind die ſteinern Sa -
Das Hertz iſt Stein. Der Sinn iſt Stein. Das
Wort iſt Stein.
Was thu ich / Lieb / darbey? Jch wil das Feuer ſeyn /
Das deinen Aetna kan zu Staub und Aſche machen.
Sie re -159Roſen-Gepuͤſche.
XXXVIII. Sie regieret uͤber Jhn.
VOrzeiten war der Brauch / kein eintzigs Jung -
fer-Bild
Wurd in das Regiment und Sorgen-Amt genom -
men / (men.
Jhr Rathſchluß durfte nicht zu hohen Sachen kom -
Jhr Thun war Woll und Flachs / und was bey jh -
nen gilt.
Ein alzuloſer Wahn (nicht recht daß man ſie ſchilt)
War allent halben hier und da hervor geglommen:
Daß unter jhrer Zunft die beſte von den Frommen
Mit Boßheit / Trug und Liſt ohn Ende ſey erfuͤllt.
Jetzunder aber / Lieb / jetzt wendet ſich das Blat.
Wer iſt / der ſo viel Lob / Preiß / Ruhm und Ehre hat?
Ein jeder unter uns laͤſt alles uͤm ſie fahren.
Erzuͤrn dich nicht darob. Jetzt iſt ein andre Welt /
Du / Lieb / du wirſt von mir zum Regiment beſtellt /
Druͤm giltſtu bey mir mehr / als alle ſonſt vor Jah -
ren.
XXIX. An die Nachtigale.
DV / die du Tag uñ Nacht in deinen Liedern lebeſt /
Kom / Nachtigale / kom! ich reitze deinẽ Mund /
Den Preiß der Marnien hinfort zu machen kund:
Ob du vor Thereus gleich in Furcht und Zittern be -
beſt. (beſt /
Kom / Philomela / kom / hier wo du jetzund ſchwe -
Jſt lauter Sicherheit. Mein Lieb iſt mir vergunt.
Du160D. S. drittes
Du weiſt / Luſcinia / mein Thun / Jch bin geſund.
Loͤß auf den Freudẽklang / durch den du dich erhebeſt /
Kom / Freulein / Mund der Nacht / Luſt Freundin /
Jage-Leiden / (Zeit /
Laut Saͤngrin / Felder Troſt / kom Wald Thon / es iſt
Die Puͤſche ſchlaffen ein / Jch wache bey der Meinen.
Klein Schnabel / Groß Geſchrey / Luft Fuͤrſtin /
Himmels Kind /
Herzu / es faͤngt ſchon an der ſuͤſſe Weſten-Wind.
Vnd koͤmſtu nicht herzu / ſo lob ſie bey den Deinen.
XL. Als ſie in Gruͤnen ſchlief.
HJer liegt mein Paradeiß mit Roſen uͤberdeckt.
Die Bruͤſte regen ſich / mich mehr und-mehr zu
quaͤlen.
Der Ambra ſteigt empor auß jhrer ſuͤſſen Kehlen.
Hier liegt mein Paradeiß in gruͤnen außgeſtreckt.
Kom / geuß auf jhren Mund dein Perlenes Con -
fect /
Du linder Zefyr du / bring jhr die ſanften Seelen
Auß deinen Blumen her / mit jhr mich zu verwaͤlen /
Schaff aber / daß ſie nicht daduꝛch werd aufgeweckt.
St. Dryas! St. Napee / bleibt dort in dem Ge -
puͤſche /
Dieweil ich manchen Kuß auf jren Mund erwiſche /
Sol euer ſchoͤner Chor nicht mit jhr ſpielen gehn.
Jndeſſen ſchlaffe du hier unter dieſen Baͤumen /
Sehnſtu denn aber dich nach ſanften Liebestraͤumẽ /
So wache ploͤtzlich auf / hier kanſtu einen ſehn.
XLI. An161Roſen-Gepuͤſche.
XLII. An die Unpaͤßliche Marnia.
Du koͤmſt mir / Marnia / recht etwas ſchlaͤffrig fuͤꝛ /
Als wie du etwa pflegſt / wenn du biſt aufgeſtan -
den. ( Banden.
Das Haar fleucht uͤm dich her / befreyt von allen
Die Wangen haben nicht / wie ſonſten / jhre Zier.
Die Lippen ſehen blaß / der Mund iſt duͤrre dir.
Den Augen iſt jhr Glantz nicht / wie zuvor verhandẽ.
Das Hertze wegert ſich in deiner Bruſt zu ſtranden /
Der gantze Leib iſt mat / und faul und ſchlaͤffrig hieꝛ.
Was ſol ich / Marnia / auß dieſem Stande ſchlieſ -
ſen?
Vielleicht haſtu die Nacht zu ſehr vergnuͤgẽ muͤſſen?
Wol ſelig iſt denn der / der dir geſtanden bey.
Koͤmt aber ohngefehr das / das du etwas truͤbe
und etwas Waͤſſricht ſiehſt / von deiner heiſſen Liebe /
So wolt ich / Lieb / daß ich deſſelben Vrſach ſey.
XLIII. Nur Marniens Kuß.
DJe Galathea ſchmatzt / und reichet lange Kuͤſſe.
Sie / meine Marnia / gibt was gelinder ſie.
Die Doris zwickt darzu / und naget je und je
Des Mundes Widerpart uͤm die gewuͤnſchtẽ Fluͤſſe.
Wolan / erwehle dir den beſten / der recht ſuͤſſe
und recht verzuckert iſt. Kein hoͤren das gilt hie /
Der Schmack / nur der vergnuͤgt. Was eine kleine
Muͤh
und lange Kuꝛtzweil hat / das / das hat Haͤnd uñ Fuͤſſe.
LMan162D. S. ander
Man irꝛt zwar oftermals. Jedoch geſteh ich frey /
Daß meine Marnia die beſt in kuͤſſen ſey.
Sie giebet klaren Thau und Honig von der Zungen /
Hier hang ich unbewegt an jhr. Sie hat dẽ Preiß.
Jſt aber einer hier / der dieſes beſſer weiß /
So thu er / was er wil / hier bleib ich unverdrungen.
XLIV. Als Er an eine Stadt zuruͤck dachte.
Du / Churfuͤrſtinne / du der Weltbekantẽ Sachſen /
Feſt / heilig / lang und klein / denck ich an deinen
Fluß /
[und] an den klaren Quell / den ich jetzt meiden muß /
So werd ich als ein Spiel bey den geſcheuchten
Dachſen. (wachſen
Die du in deiner Schos ſo ſchoͤn lieſt aufwerts
Die liebe Marnia / die lencket meinen Fuß.
Sie Jch / Sie meine Zeit / Sie mein ſtets ſuͤſſer Kuß.
Sie iſt beruͤhmt in dir biß an des Himmels Achſen.
Jch geb dir zwar den Preiß / du Graͤntzhauß deiner
Laſt /
Weil du die Wiſſenſchaft in deinen Mauren haſt /
und nun ein Trutz-Wort biſt der Raut-bekraͤntzten
Printzen.
Mehr aber lob ich dich / weil meiner Sinnẽ Kunſt
Zu einen Nachbar hat ſo eine zarte Brunſt /
Die ſich auch ſehen laͤſt in aller Welt Provintzen.
XLV. An den Abend-Stern.
STeh auf / du Tag der Nacht / ſteh auf mit deinen
Flammen /
Steh163Roſen-Gepuͤſche.
Steh auf / und komme bald / ich ſehne mich nach dir /
Steh auf uñ ſeume nicht / die Mutter ſcheint dir fuͤꝛ /
und rufft das goͤldne Heer auf ſeiner Wacht zuſam -
men. (Ammen
Kom / Ruhe Freund / kom an / die liechten Silber -
Beleuchten jhren Saal. Dianens blaſſe Zier
Traͤgt ſchon den Schlaftrunck auf. Vergoͤlde dein
Logir /
O Heſperus und kom / mein Hertzleid zu verdam̃en.
Der Sonnen Rad entſinckt. Die Waͤlder wer -
den blau /
Die Nacht leſt Oeta ſtehn / und ſtreut den Abendthau
Mit jhrer braunen Hand auf die beſchmauchten
Huͤtten. (ſe Poſt /
Kom an / O Stern / Du koͤmſt. So bring jhr die -
und ſprich: Der Zefyrus hat deines Liebſten Koſt /
Der ſol bey fruͤher Zeit ſie auf dein Lager ſchuͤtten.
XLVI. An Pomonen / in jhrer letzten Kranckheit.
LAuf / lauf / Pomone / lauf / mein Lieb das roͤchelt
noch.
Der Geiſt lebt noch in jhr. Lauf / mir ſie zu erquicken.
Sprich wider Aſtrachan / ſie ſol jhr Traubẽ ſchicken.
Lauf hin in Spanien / und brich der Baͤume Joch
Die Pomerantzen ab. Pomone / lauf / lauf doch /
Jch ſteh jetzt an der Noht. Mich wil der Jammer
druͤcken.
Jch ſol mein liebes Lieb nichtmehr / wie vor / anblickẽ.
L ijFleug164D. S. drittes
Fleug meine Dienerin / eh ſie das ſchwartz Loch
Der Erden in ſich ſchlingt. Hier haſtu Citeronen.
Nim Datteln / nim Canel / nim Pfirſchken und Me -
lonen /
und gib ſie Marnien / der liebſten Krancken ein.
Vnd weñ du das gethan / ſo fleug alsbald zuruͤcke /
und hole von mir ab viel tauſent Kuͤß und Blicke.
Hilfft deñ der keines nicht / muß ſie und ich todt ſeyn.
XLVII. Als ſeine Marnia verſtorben.
OBrief! O Donner Wort / mein ſchoͤnes Lieb iſt
hin. ( Armen?
Was mach ich nun mit mir? mit mir / Ach! mit mir
Wer wird ſich uͤber mich hinfort / wie vor / erbarmẽ?
Jch ſterb / ich ſterbe mit / daß ich ſtaͤtſ bey jhr bin.
Hier haſtu / Marnia / hier haſtu meinen Sinn.
Hier haſtu meinen Geiſt / den lieben / den noch war -
men. (men.
Hier haſtu meinen Muht. Hier haſtu Pein und Har -
Hier haſtu mich / dein Gantz / du Himmels Buͤrgerin.
Rauß / Hertze / ranß / Jhr nach. Rauß / folge del -
ner Schoͤnen.
Rauß / Seele / rauß / empor. Such jhre Liebligkeit.
Fahr in Elyſien / und kuͤrtz jhr jhre Zeit.
Diß eintzig iſt mein Troſt / diß eintzig iſt mein
Sehnen:
Lebſtu nicht / Marnia / ſo lebſtu doch in mir.
und ſterb ich nicht alsbald / ſo ſterb ich doch in dir.
XLIIX. Er165Roſen-Gepuͤſche.
XLIIX. Er betrauret Sie.
DEr Himmel iſt mir ſchwartz. Die Sonne ſcheint
nicht mehr.
Mein Lieb das iſt nun fort / und ſtehet auf deꝛ Bahre /
So daß ich algemach mit jhr von hinnen fahre,
Jn meinen Hertzen wacht der Sorgen gantzes Heer.
Der Lippen Purpur bleicht. Die Zung iſt Zucker -
lerr.
Die Augen ſehen ſtarꝛ. Das Gold der friſchen Jahre
Die Roſen des Geſichts / der Fallſtrick jhrer Haare
Macht mir mein Leben auch im Tode noch zu ſchwer.
Die Galle meiner Luſt / die Wermut meineꝛ Freude /
Die Wahlſtat meines Thuns gibt Feuer meinem
Leide.
Sie / und zugleich jhr Todt / ſie machen traurig mich.
O Anfang meiner Pein / O Ende meines Lebens /
Du biſt nun Finſternuͤß / nach dir ſeh ich vergebens /
Kom / ſchau mich auch / ich bin wie du / mein gantzes
Jch.
XLIX. Vber jhr Grab.
HJer liget Marnia begraben gar allein. (Knabe
Doch auch alleine nicht / weil Venus leichter
Jhꝛ zum Begraͤbnuͤß nach den Pfeil uñ Bogen gabe /
Den Koͤcher / und was ſonſt ſtaͤts ſeine Waffen ſeyn.
Der Hals / der rothe Mund / der Augen heller
Schein /
Der Lippen ſuͤſſe Glut / des Hauptes Zier uñ Hobe /
L iijDes166D. S. drittes
Das Purpurbraune Haar ligt auch mit jhr zu Gra -
und jhre zarte Schos bedeckt der Leichenſtein. (be /
Ziert / Nymfen / dieſe Gruft mit den bethauten
Roſen /
Bringt Amaranthen her / und Liljen / eure Luſt /
Setzt einen Myrtenſtrauß auf jhre weiſſe Bruſt /
und deckt den leichten Staub mit Schoͤnheit der
Zeirloſen. ( Zier /
Schont keiner Blume nicht / des Lentzens beſte
Die eine Blume war die liget nun allhier.
L. Er haͤlt ſein Verſprechen.
DJe ſchuld die iſt bezahlt. Hier iſt ſie / Marnia!
Was ich dir dort verſprach / das hab ich nun ge -
halten.
Muß gleich dein ſchoͤner Leib in ſeiner Gruft erkaltẽ /
So ſtirbet doch dein Todt / der grimme hier und da.
Dein Leben lebet noch. Die Nymfen auf der Rha /
und wo du wirſt gehoͤrt / die werden gleich den Alten /
uͤm deinen Lorberkrantz ein ſchoͤnes thun verwalten.
Der Erden biſtu loß / dem Himmel koͤmſtu nah.
Den Edlen von der Doͤß muß Jda uͤberleben.
Secund hat Julten / Heinß Roſſen groß gemacht.
Anger lobt Coͤliens / Lernutz Hyellens Pracht /
Callirhoen Lotich / Strotz Antiens ergeben.
Bey dieſen biſtu auch. Du lebſt nun ſonder Noth /
Jch nur bin gegen dir und dieſen mehr als todt.
LI. Vber ſeinen Eyd. Dir167Roſen-Gepuͤſche.
DJr / meine Marnia / dir ſchwur ich einen Eyd
Auf doiner Aſche dort / und dort auf deinen Bei -
nen /
Jch wolte keine mehr / als dich alleine meynen.
Jtzt ſol ich treuloß ſeyn / jetzt findet ſich der Streit.
Hier iſt dein Ebenbild. Hier geht mein nenes Leid /
Der Mund / das braune Haar / die ſehen gleich den
Deinen /
Kein Roſenblat kan ſich ſo miteinander einen /
Als jhre ſchoͤne Zucht und deine Trefligkeit.
Was fang ich endlich an mit jhr / mit mir / und dir /
Jch bin aufs neue wund. Sie goͤnnt mir jhre Blicke.
Dich nur / nur eintzig dich / dich halt ich nicht zuruͤcke.
Diß iſt die neue Pein / die mich ſelbſt raubet mir.
Sey ruhig Marnia / laß ſich den Eyfer ſtillen.
LII. An die verſiorbene Marnia / wegen ſeiner neuen Liebe.
SJe iſt mir hertzlich lieb / ich muß es dir geſtehen /
Bild meiner erſten Glut / Sie iſt mir hertzlich
lieb.
Laß es nur daruͤm ſeyn / Mein eintzig angetrieb
Hofft nur auf deine Gunſt und auf jhr wolergehen.
Leander der bin ich. Du biſt der ſturm der Seen /
Kalt / neidiſch / und mein Feind. Vnd ſie / ſie iſt ein
Dieb.
Bin ich von ihr geraubt / ſo darſ der Hoſnung Sieb /
Nechſt andern / das mich ſtuͤrtzt mir nicht das Liecht
verdrehen.
L jvVon168D. S. drittes
Von dir / O Marnia / und Jhr / da laß ich nicht.
Leib / Ehre / Gut und Blut hab ich dir zugeſchworen.
Zieh keinen Groll auf mich. Wirſtu nur neu geboren
Jn deiner Freundligkeit / ſo halt ich meine Pflicht.
Meiſt biſtu ſchuld daran. Jch bleibe voller Treue /
Senck dich nur her in ſie / ſo lieb ich dich aufs neue.
LIII. Er hat Verguͤnſtigung.
SJe war und war es nicht. Noch denn kam ſie
mir fuͤr /
Die todte Marnia / mit froͤlichen Geberden.
Geh / ſprach ſie / mein Poet / du magſt verliebet weꝛdẽ.
Geh / mein geweſner Schatz / geh / ich vergoͤnn es dir.
Sie / die dir wolgefaͤllt / iſt aͤhnlich meiner Zier /
So ſich jetzund durch dich noch zeigt ď kalten Erden.
Geh / nim mein Bildniß an / wo mein und deine Heer -
Jn gruͤuen dort ſich ſat geweidet neben mir. (den
Wir beyde geben dir den Krantz der Ewigkeiten /
Jch an dem Elbenſtrom ſie uͤm den Elſterſtrand.
Fang an / und ſtim auf ſie die uͤbergoͤldten Seiten.
Jch bleibe nun durch dich / wie ſie durch mich bekant.
Wol uns! Wir ſterben nicht. Das Reichthum
der Poeten
Kan unſern letzten Todt auch in dem Todetoͤdten.
LIV. An ſich Selbſt.
Du / waruͤm biſtu blaß? Das Blut entgehet mir /
und nimmt die Zuflucht hin zu meinen krancken
Hertzen.
War -169Roſen-Gepuͤſche.
Waruͤm denn weineſtu? Die Thraͤnen ſollen hier
Der Liebe Glut und Brunſt ertoͤdten fuͤr uñ fuͤr /
Denn meine Flamme brennt in jhren vollen Kertzen.
Was hilfft das ſeuftzen dich? Die Hitze zu ver -
ſchertzen /
und mit gekuͤhlter Luft zu daͤmpfen die Begier.
Waruͤm biſtu allein? Jch fuͤhl allein das Band.
Wer mir nicht glaͤuben wil / ď fang nur an und liebe.
Kreiſcht dich das Feuer nun ſo bleich / ſo matt und
truͤbe / (brant?
Waruͤm denn wirſtu nicht zu Staub und Aſch ver -
Jhr Eiß / jhr kalter Sinn / jhr Eiß / jhr kaltes
Weſen /
Das hindert meine Gluht / das ſie nicht kan geneſen.
LV. An ſeine Neue Buhlſchaft.
SJe / meine Marnia / kam an das todte Meer /
Der Charon ſolte ſie mit andern uͤberfuͤhren.
Du / Schoͤne / wer du biſt / rief er / hier gilt kein zieren.
Leg deine Schoͤnheit ab / und denn kom wieder her /
Sie that / was er befahl. Was ich nicht mehr be -
gehr / (ruͤhren /
Sprach ſie / das nim nur hin. Hier ligt des Hertzens
Hier ligt der Wangen Blut / hier ligt der Pracht
dupliren /
Hier ligt mein gantzer Leib / ja hier / hier liget er.
Mercur / der ſah jhr zu / und ſprach: ſoll denn dein
Lachen / (ſeyn?
Der Mund / der Hals / diß Haar ſo gar verdorben
L vNein170D. S. drittes
Nein / Edle Marnia / nein / Edle Nymfe / nein /
Sie ſollen deinen Schatz noch oftermals anlachen.
Drauf hub er alles auf / uñ bracht es / Nymfe / dir.
Nun lieb ich dupelt dich von wegen dein und jhr.
LVI. An das Roſenthal.
Du biſt es Roſenthal / das mich ſo traurig ſah
umb ſeine Wieſen her mit rothen Augen gehen.
Du biſt es du / nur du / du ſchienſt mir beyzuſtehen /
Als ich betraurete die liebe Marnia. (da /
Nun mach dich wieder auf. An deinen Stroͤmen
Da geht ein ſchoͤnes Kind / das leſt ſich dich bewehen.
Den blauen Najaden / den liſpelnden Napeen
Koͤmt ſie mit jhrer Zier auch gar / auch gar zu nah.
Vnd diß iſt meine Glut. Hilf / hilf vor dieſes mal /
Du Spielhaus der Natur / und gib ſie mir zu eigen /
Jch wil mich gegen dir recht danckbarlich erzeigen /
Hilf / weil du helffen kanſt / du werthes Roſenthal.
Wie aber / fragſtu mich uͤm ſie und jhre Sitten?
Sie iſt bey jenes Laub lebhoftig angeſchnitten.
LVII. An eine andere.
Hier / wo das klare Gold uͤm deine Wurtzeln quillt /
und Jederman dich ehrt als Koͤnigin der Linden /
Hier / wo man einen Strauß von Roſen pflegt zu
binden /
und dein Chriſtallẽſtrom hier durch die Felder trillt /
Da hier / hier nim mein Buch / des Himmels E -
benbild /
Die171Roſen-Gepuͤſche.
Die Schweſter Marniens / den Lob-ſpruch unſrer
Pinden /
Das Kind der Najaden / uͤm daß wir Kraͤntze windẽ /
Der Faunen Lieb und Brunſt ſey deines Endes
Schild.
Jch gehe nun von dir / befreyt von allen Sorgen.
Koͤmt aber etwan ſie / als wie ſie pflegt zu Morgen /
uͤm daß das braune Haar von Thauen ſo benetzt /
So gib jhr jhren Glantz / rein ewig und befluͤgelt /
und ſprich / hier ſteh Jhr Ruhm / als wie er ſol / be -
ſpiegelt /
Jndeſſen bleibe du ſtets gruͤn und unverletzt.
LVIII. Über dieſes ſein Buch / an ſeine Holdſelige.
DAs Buch der Marnien / das ſchlechtſte von den
Meinen /
Das dich beruͤmet macht / mein Lieb / das geb ich dir /
Nim es mit Freuden hin / Es muß ſich jhre Zier
Mit deiner Goͤttligkeit und deiner Zucht vereinen.
Eh wolt ich auf der Welt mein Leben gar ver -
neinen /
Eh ich dein hohes Lob / den Blitz uͤm diß Refier /
Den ſchoͤnen Silberſtern verſchweigen wolt alhier /
Was aber ſchenckſtu / Lieb / mir wieder von den Dei -
nen /
Ein Kuß / ein ſuͤſſer Kuß / Ach der verrichtet viel /
Der iſt mein eintzgeꝛ Zweck / der iſt mein eintzgeſ Ziel /
und172D. S. drittes
und ſchenckeſtu mir den / ſo iſt es ſchon erſtattet.
Jetzt / liß nun deinen Preiß / der dich ſo ſchoͤn uͤm -
ſchatten / (nah /
Was hier geſchrieben ſteht / das koͤmmt dir alles
Nur daß du nicht todt biſt / ſonſt biſtu Marnia.
LIX. An ſeinen Leſer.
HJer nim auch du mein Buch / du ſcharf-geſinter
Leſer /
und liß es / wie du wilſt. Jch bin kein Opitz nicht /
Der Gold iſt / und Gold ſchreibt. Was Fleming hat
gedicht /
Was Buchner / Brehm und Tach / was Tſcherning
uͤm die Graͤſer
Der Roſenſtoͤcke ſpielt / das hat begruͤnte Faͤſer /
Daß es aufwachſen kan biß an der Sonnen Liecht /
Gibt mir die Elbe nur ein Ewiges Geruͤcht /
Als wie ſie thut / ſo frag ich gar nichts nach ď Weſer.
Wer gar zu weit außkoͤmmt / der hat der Rich -
ter viel.
Ein jeder leyert jhm ſelbßſelbſt ein eigen Spiel /
und dahin ſol mein Verß ſich allezeit auch ſchicken?
Nein Leſer / gaͤntzlich nicht. Jch toͤdte meine Zeit /
Die mir zu lang wil ſeyn / mit ſolcher Froͤligkeit.
Wer hier nicht reiten wil / der gehe nur auf Kruͤcken.
LX. An des Neides Feindſchaft.
VNd iſt es dennoch wahr / was mir mein Hertze
ſaget /
Du173Roſen-Gepuͤſche.
Du uͤberduͤrrer Neid / ſo wage dich an mich?
An mich und Marnien / und die / die Ewiglich
Wird in den Himmel ſtehn / wenn die Aurora taget.
Kom her / kom / ich bin hier. Was dich wol etwa
plaget
uͤm die und diß und das / das gibt mir keinen[ſt]ich.
Sie / meiner Liebe Luſt / Sie mein erfreutes Jch /
Sie iſts / die meinen Mund / und nicht den Deinen
naget.
Lach / weil du lachen kanſt / denn wein auch etwas
drein /
Deñ du kanſt ohne diß dir ſelbſt nicht pflichtig ſeyn /
Lach / weil du lachen kanſt / Jch laß dir dein behagen.
Sie / die mir gaͤntzlich nicht / nur dir iſtunbekant /
Die reitzet allererſt die Feder meiner Hand /
Jch lob ſie kuͤnftig mehr / nur deinen Trutz zu wagen.
[174]

David Schirmers Vierdtes Roſen-Ge - Puͤſche. Gedruckt im Jahr Chriſti 1650.

175D. S. vierdtes Roſen-Gepuͤſche.
I. An die Marnia / als die Sonne durch eine Scheibe auf jhre Wangen ſchien.
JCh hab es / Marnia mit nichten wollen
glaͤuben /
Daß du / du ſchoͤnes Bild / auch ſeyſt den
Goͤttern gleich /
Jetzt / als ich dich geſchaut / begunt ein goͤldner Dieb /
Der Phoͤbus / durch die Scheib dir einen Kuß zu
rauben.
Es bleibet aber dir kein Zeichen von den Kuͤſſen /
Wehr Phoͤbus ich geweſt / ich haͤtte dich gebiſſen.
II. An Marnien / als ſie einen Kuß empfangen.
FRagſtu / waruͤm ſich doch beroͤten deine Wangen /
O ſchoͤne Marnia? laß dich das wundern nicht /
Hier dieſer treue Mund ſagt dir es an / und ſpricht:
Du haſt die Liebesglut von meinen Kuß empfangen.
III. An die Hofnung und Gluͤck.
JCh hab den Port erreicht / die Hofnung ſchnell
zu triegen /
B〈…〉〈…〉176D. S. drittes
Bnd du / du leichtes Gluͤck / gehabet euch nun wol /
Jch lebe / wie ich wil / und liebe / wie ich ſel.
Jhr ſolt nicht oben mehr / und ich nicht unten ligen.
IV. An die Charitille /
Aus des weitberuͤhmten Niederlaͤndiſchen
Poeten Jan Dontzens Lateiniſchen.
BEgehr ich deiner oft zu Nachts / O Charitille /
So gibſtu zu verſtehn / es ſey gar nicht dein
Wille /
Weil du ein Kind mich heiſt / verſuche was ich kan /
So wirſtu ſagen deñ: Das Kind iſt doch ein Mann.
V. An Cynthien / Aus dem Lateiniſchen.
O mehr und aber mehr als ſelig war die Stunde /
Da ich dich ſah / und du mich gruͤßteſt mit dem
Munde /
Verliebte Cynthia. Vielmehr ſolt ſelger ſeyn
Die Nacht. Verſtehſtu mich / du Turteltaͤubelein.
VI. Die Zwey-aͤugige.
Du giebeſt Worte vor / die einen faſt beruͤcken /
Jm fall ich reden ſol von deiner Augen blicken /
So ſind ſie zweyfach ſtets. Das eine ſiht auf mich /
Das ander anderweit. Druͤm packe / packe dich.
VII. An177Roſen-Gepuͤſche.
VII. An einen Straus.
Du ſchoͤner Nelcken-ſtraus / du biſt zwar hart ge -
bunden /
Noch fuͤhlſtu keinen Band / der dich / wie mich be -
ruͤhrt.
Dein Band macht / daß du ſtehſt beyſammen wol -
geziert.
Jch fuͤhl im Hertzen nur von deinetwegen Wunden.
VIII. Er liebet heftig.
GJb die Poeten her / dieſelben durchzulauffen /
Schreib alle Liebes-Brunſt / ſag aller Buhler
Hauffen.
Nenn der Corinnen Mann und alle hohe Geiſter /
Jch / der ich lieben muß / bin jhrer aller Meiſter.
IX. Sie muß bitten.
WJe iſt mein altes Lieb von ungereimten Sitten.
Nicht wolt ſie / da ich wolt / ſie war ſtets wider
mich.
Grif ich nach jhrer Hand / zog ſie ſie hinter ſich /
Jetzt aber muß ſie mich uͤm Gnad und Liebe bitten.
X. Auf jhr Nadel-buͤchslein.
WEg du behertztes Volck / weg jhr Lemniadillen /
Weg jhr Amazonen! die dieſen Koͤcher fuͤllen /
MDie178D. S. vierdtes
Die Waffen gehen vor. Zieht jhr gleich hier in
Streit /
So ſag ich / daß auch jhr hier uͤberwunden ſeyd.
XI. Als Er Jhr mit jhren Wedel die Hitze lindern wolte.
NJcht Hitze / ſondern der / der dir die Luft zuwehet /
Der macht / daß dir dein Hertz in Hitze bald ver -
gehet.
XII. Als Sie ſich in den Finger ſtach.
SOl dich / O ſchoͤnes Bild / die Nadel nicht mehr
ſtechen /
So brauch den Fingerhut / der wird den Vorwitz
rechen.
Oder:
STeck deinen Fingerhut an deiner Fingeꝛ Schnee /
Damit die Nadel nicht noch einmahl durchhin
geh.
Oder:
D dich nicht noch einmal die Radel ſtechen kan /
So ſteck / O ſchoͤnes Bild des Hutes Silber an.
XIII. Auf jhr Schnuptuch.
O / was du hier beſchauſt / kunt durch der Nadel
ſtrahlen
Die zarte Junfer Hand in jhrer Arbeit mahlen.
Auf179Roſen-Gepuͤſche.
XIV. Auf ein goͤldnes Halsband.
DEin Halsband leget ſich uͤm deine Bruͤſte her /
Daß uͤm das Helffenbein auch Gold zu ſchauen
wer.
XV. Auf ein goͤldnes Armband.
KNuͤpfſtu hier meiner Hand dein linckes Arm -
band an /
So iſt es mir ein Ring / den ich wol tragen kan.
XVI. Auf einen Fechel.
D nicht die Sonn an dir hab einen Liebsgewiñ /
So nim / O zartes Bild / den ſchoͤnen Fechel hin.
XVII. Auf ein boͤſes Weib.
HJer dieſer ſchwartze Rock / der dieſes zeiget an /
wem die / die eꝛ uͤmſchleuſt / ohn zweifel zugethan /
Der iſt der Hellen gleich. Jch ſag es ohne ſcheu /
Daß drinnen gar gewiß ein boͤſer Teufel ſey.
XVIII. Mann und Weib.
DJe Frau iſt Herr zu Nacht / der Mann bey hel -
len Tagen.
Waruͤm? ſie gleicht dem Mond / Er / Sonne dei -
nen Wagen.
M ijXIX. uͤber -180D. S. vierdtes
XIX. Vberſchrift
Virginien Seulen im Capitol zu Rom.
DJe dieſen groſſen Bau bey unzertrenten Leben
Der Zucht und Gottesfurcht zu eigen eingege -
ben /
Kriegt jhn nun wiederuͤm. Schau jren Leib hier an /
Die Seele wird dadurch den Goͤttern zugethan.
XX. Heyrathen.
LJebſtu / ſo freye bald / ein Weib hilfft dir anß Noͤh -
ten.
Wir muͤſſen unſer Fleiſch in jhrem Schoſſe toͤdten.
XXI. Auf eine Jungfrau.
GLeich wie an Himmel glaͤntzt die Sonn / in jhr
das Liecht /
So wohnet Tugend auch in jhren Angeſicht /
Wer dich zu ſehen koͤmt / wird alſo entzuͤndet /
Weil bey den Tugenden ſich doppelt Schoͤne findet.
XXII. Auß des Virgils Lateinſchen.
EJn ſchoͤnes Nymfenbild gieng Epfel abzureiſſen /
und ſtuͤtzt mit jeder Hand des Baumes zarte Laſt.
Jn dem ſie aber ſo den gruͤnen Zweig gefaſt /
Entfaͤlt das leichte Kleid von jhrer Bruͤſte gleiſſen.
Sie zeigt das Apfelpaar des Faunus geilen Augen /
Die zur Ergetzligkeit er auf ſie hingericht /
Nein /181Roſen-Gepuͤſche.
Nein / nein / die todte Frucht / ſprach Er / begehr ich
nicht /
Die voller Leben iſt / ſol meinem Hertzen taugen.
XXIII. Die Leichte.
DEin Haar iſt uͤm und uͤm mit Federn uͤberdecket /
Die weiſſen Fuͤſſe gehn in leichten Korck verſte -
cket.
Wer wolte laͤugnen denn / und nicht bekennen frey /
Daß ein recht leichtes Blut in deinen Adern ſey.
XXIV. Mars und Venus.
WEr in der Liebe lebt / der lebt in ſteten Kriegen /
Der Amor pfleget auch im Felde ſo zu ligen /
Er ſchlaͤgt ſein Lager auf / ſowol als jener thut /
Wer dir Gradivus taug / iſt auch der Venus gut.
XXV. An ſeinen Freund.
Du ſprichſt / ich habe Gluht / noch minder als die
Stoltze /
Die mich zu keiner Zeit / dich aber immer kennt.
Du haſt gut ſagen du / mein Hertze / das da brennt /
Hat Feuer / nur von Stroh / und deines ſteht von
Oder: (Holtze.
Du ſprichſt / du liebeſt mehꝛ als ich die dicke / ſtoltze /
Mein Feuer iſt auch nur von Stroh / und deins von
XXVI. (Holtze An Pulcrinen. M iijDu182D. S. vierdtes
Du haſt / Pulcrin / an dir der Junen Angeſicht.
Der Pallas iſt die Hand / ď Venus deine Bruͤſte.
Der Thetis iſt der Leib / das ſchoͤne Bau-geruͤſte.
Von allen Muſen her koͤmt deines Glantzes Liecht.
Gluͤckſelig / der dich ſchaut / mehr / der dich hoͤret ſat.
Ein halb Gott / der dich liebt. Ein gantzer ď dich hat.
XXVII. An Maͤoniſſen.
Als Jupiters ſein Weib / die Juno / mit Minerven
Die ſchoͤne Maͤonis ſah in den Roſen gehn /
und ſie die glatte Bruſt dem Richter wolt entwerffẽ /
Da rufften ſie alsbald: laß deinen Zindel ſtehn /
Wir wollen gerne dir die goͤldne Frucht beſcheiden /
Daß wir nicht / uns zur Schmach / ein zweyfach Vr -
thel leiden.
XXVIII. Rothe Roſen.
Die goͤldne Venus gieng in Garten Roſen brechẽ /
Adonis jhren Schatz zu winden einen Krantz /
Als aber jetzt ein Dorn die Hand begunt zu ſtechen /
Biß auf das zarte Blut / verblaſt ſie gar und gantz.
Der kuͤhne Strauch erſchrack / vermeynt / ſie wuͤrde
ſterben.
Die Roſen aber / weil ſie nicht gewilligt drein /
Begunten algemach vor ſcham ſich zu entferben /
Daß ſie noch heute ſtets als Blut gefaͤrbet ſeyn.
XXIX. Jupiter und Amor.
ES ſchalt der Jupiter des Amors Schelmerey /
Wie183Roſen-Gepuͤſche.
Wie er zu liederlich mit ſeinem Feuer ſey.
Sol mir / ſprach Amor drauf / nicht mehr die Fackel
glimmen /
So muſtu / ſelbſt ein Schwan / auf kalten Waſſer
ſchwimmen.
XXX. Die Liebe.
LEſch deine Liebe nicht mit außgepreßten Thraͤnen /
Mit Tropfen leſt ſie ſich ſo leichte nicht entwehnẽ.
Gold wil ſie / durch das Gold kanſtu ſie bald ver -
kauffen.
Druͤm wolt ſie an das Land / und nicht im Meer er -
ſauffen.
XXXI. Die Unbeſtaͤndige.
DEr Himmels Koͤnig ſchuf dich erſt ſo wolgeſtalt /
und ſeine Koͤnigin regierte deine Glieder /
Jn deinem Angeſicht geht Phoͤbus auf und nieder.
Jm Hertzen herſcht der Mond. Druͤm aͤnderſt du
dich bald.

ENDE.

About this transcription

TextErstes Poetische Rosen-Gepüsche
Author David Schirmer
Extent217 images; 31295 tokens; 7176 types; 201382 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationErstes Poetische Rosen-Gepüsche David Schirmer. . [12] Bl., 138 [i.e. 183] S. : Kupfert. OelschlegelHalle1650.

Identification

SUB Göttingen SUB Göttingen, 8 P GERM II, 6822

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationBelletristik; Lyrik; Belletristik; Lyrik; core; ready; china

Editorial statement

Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

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  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
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ImprintBerlin 2019-12-09T17:34:33Z
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Holding LibrarySUB Göttingen
ShelfmarkSUB Göttingen, 8 P GERM II, 6822
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