Dem Durchlaͤuchtigſten / Hochgebohrnen Fuͤrſten vnd Herren / Herren Johann Georgen / Erb-Printzen der Chur - vnd Hertzogen zu Sachſen / Juͤlich / Cleve vnd Berg / Landgraffen in Thuͤ - ringen / Marggraffen zu Meiſſen / auch Ober - vnd Nieder Laußnitz Graven zu der Marck vnd Ravenſperg / Herren zu Ravenſtein / ꝛc. Meinen Gnaͤdigſten Herren / ꝛc. Durchlaͤuchtichſter / Hochgebohrner / Gnaͤdigſter Fuͤrſt vnd Herr.
DJe Weißheit / durch welche die Koͤnigreiche / Fuͤrſtenthuͤme vnd Lande gluͤck - ſeelig Regieret werden / iſt ihrem Vrſprung nach Goͤttlich / an ſich ſelbſt herrlich vnd vn - vergleichlich / vnd begreifft in ihrer weite vnd Allgemein - heit / alles das jenige / was in andern wiſſenſchafften Stuͤckweiſe ſich befindet. Sie iſt in dem Bezirck eines ieden Lands die vnentbehrliche Sonne / durch welche alles Er - leuchtet / erwaͤrmet vnd ernehret wird. Sie vergleichet ſich einem vnerſchoͤpfflichem Meer / darein alle andere Weißheiten / vnd Kuͤnſte einflieſſen / vnd durch hohe vnd) (iijverbor -DEDICATIO. verborgene Art / zu der gemeinen Wolfarth / durch das gantze Land hinwiederumb außgetrieben vnnd vertheilet werden. Sie iſt ein immer gruͤnendes Paradiß von allen ſchoͤnſten vnd nuͤtzlichſten Pflantzen / der Tugenden vnnd guten Ordnungen / deren iede zu ſeiner Zeit vnd an ihrem Ort erfrewliche Fruͤchte bringt. Dieſe Weißheit hat von dem Allein weiſen / der Koͤnig Salomon zu ſeinem Regie - rungs Stand erbeten / bey welcher Er die allergroͤſten Schaͤtze vnd Reichthuͤmer der Welt nur zu einer Zugabe erlãgt. Thoͤrlich ſind demnach geſiñet die jenigẽ welche ohne Begleitung vnd Gunſt dieſer Goͤttin in die Geheimnuͤſſe der Regiementer ſich eindringen: Groͤblich aber verſuͤndi - gen ſich alle / die auſſerhalb deß Rechten von Gott ge - zeigten / vnd der natuͤrlichen Billigkeit gemaͤſſen wegs / an Stadt ſolcher vortrefflichen / Koͤniglichen vnd hohen Wiſ - ſenſchafft / vnter dem Nahmen deß Stats vnd der Poli - tic, einer verkehrten vnnd zu ihrem eignen / auch gantzer Laͤnder vntergang / hinaußſchlagender Argliſtigkeit / ihre Rathſchlaͤge aufopffern Auß was Vrſachen uñ veranlaſ - ſung Gnaͤdigſter Herr / ich zu publication gegen - wertiger meiner gering ſchatzbaren Arbeit / dariñ ich nach der ſchlechten Maſſe meines ſchwachen Vermoͤgens eini - ge Strahlen dieſer Helleuchtenden Sonnen / einige Tropffen / auß dieſem groſſem Meer / vnnd etliche Fruͤchte auß ſolchem allgemeinen Weligarten zu ſammen faſſen / vnd nach Gelegenheit der Lande vnnd Fuͤrſtenthuͤmer vn -ſersDEDICATIO. ſers Teutſchen Vaterlands / zu Nutze bringen wollen / be - wogen worden / iſt in der vorangeſtelten Vorrede etlicher maſſen angedeutet / auch bey E. Hochfl. Durchlaͤuchtigk. abſonderliche vnterthaͤnigſte entſchuldigung eingewendet / durch was Bewegnuͤß vnter dero hohen Nahmen der vn - vollkommenheit dieſes Buchs / einen Schutz zu ſuchen / ich mich vnterwunden. Es beliebe deroſelben dieſe oͤffent - liche Bezeigung meiner Vnterthaͤnigſten befliſſenheit / der - geſtalt gnaͤdigſt auff zu nehmen / wie Jch ſolche in De - muth vnd hoͤchſter Ehrerbietung hiedurch gehorſamlich verſichere / vnd nach dero gnaͤdigſten willen verharre.
E. Hochfl. Durchlaͤucht. Vnterthaͤnigſter
Veit Ludwig von Seckendorff.
DJe bewegende Vrſache / welche mich zu auß - fertigung dieſes Tractats veranlaſſet / iſt zum Theil euſſerlich vnd von ſolchen Kraͤfften geweſen / deren ich nicht zuwiederſtehen gewuſt: Denn alß auff gnaͤdi - ges begehren eines vornehmen Reichs Fuͤrſten / deme ich ſo viel zu Dienſten ſchuldig bin / alß in meinem wenigem Vermoͤ - gen ſtehet / ich erſtmahls den Zuſtand eines gewiſſen Fuͤrſtenthumbs / auff dieſe Art vnd Eintheilung / wie gegenwertiges Werck verfaſſet iſt / beſchrieben / iſt mir darauff zugemuthet worden / ſolche Beſchreibung ferner weit vnnd alſo einzurichten / daß ſie ſich auff ander Laͤnder vn[nd]Fuͤrſtenthuͤmer auch bequemete / vnd darnechſt zu oͤffentlichen Dr[uck]gebracht werden koͤnte. Jnnerlich aber / vnd bey mir ſel[bſt hat mich]hierzu angefriſchet / wenn ich betrachtet / wie wenig g[ruͤndliche Nach -]richt von dergleichen Sachen vorhanden / denn ob ich w[ol viel zu we -]nig auch keines weges geſinnet bin / die vornehme Schrifft[en]gelehr - ter Leute dißfals zu Tadeln / oder dieſe meine geringe Arbeit der Jhri - gen zu vergleichen / ſo vermeine ich doch / daß ſie dieſen Zweck / wel - chen ich in gegenwertigen Buch mir fuͤrgeſetzt / nicht / ſondern viel ein mehrers oder ein anders fuͤrgehabt / alß entweder die gantze Verfaſſung deß Roͤmiſchen Reichs / oder eine General-Beſchreibung weltlichen oder Geiſtlichen Regiements / oder die Erklaͤrung der Regalien, oder den Proceß der Cantzeleyen / vnd dergleichen mehr: Dahero ſie zum Theil vielerley Nachricht auß den Hiſtorien / Reichsſatzungen / gemei -) () (nenVorredenen Rechtsbuͤchern / vnd Meinungen der gelehrten / Exemplar vnnd Gleichnuͤſſen anfuͤhren muͤſſen / wenig aber haben eigentlich nach den Vmbſtaͤnden einer Policey / wie ſich ſolche gleichſam Handgreifflich ergeben / vnd in der That erweiſen / ihr abſehen genommen: Vorlaͤngſt hat zwar ein erfahrner Hoffmann Herr Loͤhneiſen ein Werck von dergleichen Stats-Regirungs vnnd Hoffſachen in Truck gefertigt / welches ich zwar dißmahl nicht beyhanden gehabt / Errinnere mich aber daß darinnen mancherley Denckwuͤrdige vnnd vnſere Teutſche Hoͤffe abſonderlich betreffende Sachen zu finden: Gleichwol iſt es ein groſſes koſtbahres Buch / auch mit vielen Allegaten vnnd einfuͤh - rungen auß Alten Hiſtoricis vnnd Scribenten erfuͤllet / deren allen ich mich in dieſem Werck bedachtlich enthalten / ob mir gleich ſolche bey - zubringen nicht ſchwer geweſen ſein ſolte: Denn ich habe mir nicht fuͤrgenommen eine Teutſche allgemeine Politic oder gewiſſe Regeln der Regiementer zuſchreiben / denn von dergleichen Buͤchern in allerhand Sprachen bereits eine groſſe Menge vorhanden / ſondern mein Zweck vnd Abſehen iſt auff den Zuſtand / der meiſten Teutſchen Fuͤrſtenthuͤ - mer gerichtet geweſen / wie nemlich ſolche in ihrem vnd gutem Zuſtand beſchaffen zu ſeyn vnd Regieret zu werden pflegen: Denn ohngeach - tet ſo vieler Politiſchen-Buͤcher vnnd Diſcurſen, welche wir in der Ju -[gend auf den]Schulen oder ſonſt zu leſen pflegen / vnd der vielerley dar -[in beſchriebenen]Arten der Regiementer / vnd mancherley Regeln / wie[in dieſem vnd jene]m Stuͤck / Herrn vnd Diener / Obrigkeit vnd Vnter -[thanen ſich beze]igen ſollen / habe ich doch meines wenigen Orts an an -[dern in acht]genommen / vnd bey mir ſelbſt erfahren / daß der jenige wel -[cher wol vi]el Zeit vnd Jahre in ſolchen Politiſchen-Buͤchern zu ge - brach[t denn]och wenn er zu wuͤrcklichen Dienſten getreten / gar wenig gruͤnd[lichen]Bericht / von dem Zuſtand vnnd der Art deß Lands oder auch deß Ampts vnd Dienſts / darinn er Arbeiten ſoll / erlange n koͤn - nen / ſondern hat eine ziemliche Zeit hingehen / vielleicht auch oͤffters fehlen vnd anſtoſſen muͤſſen / ehe er nur die euſſerlichen gemeinen Vmb - ſtaͤnde / die ihme doch zu wiſſen ohnentbehrlich / ihme bekant machen / zu geſchweigen / daß er von denenetwas vnbekanten eigentlichen Stats -regelnVorrederegeln vnd Beſchaffenheiten / auch Gewonheiten vnd herkommen vn - ſerer Teutſchen Fuͤrſtenthuͤmer / ſich ohne Erfahrung vnd uͤbung etli - cher Jahre Informiren koͤnte. Dahero ich zwar offt gewuͤnſchet / daß ein in vornehmen Chur - vnd Fuͤrſtl. geheimen vñ Hoffrathſtuben auch bey Cammer vnd Hoffſachen lange Zeit gebrauchter Mann / vnd der mehr Erfahrung / alß ich in meinem Alter von 29. Jahren / (welches ich am heutigen Tage / da ich dieſes geſchrieben / beſchlieſſe) auch mehr geſchickligkeit / ſolches von ſich zu geben / haben koͤnte / ſich die Muͤhe nicht verdrieſſen moͤchte laſſen / einen gnungſamen vnd außfuͤhrlichen Bericht / dem Vaterland vnd bevorab den jenigẽ / welche entweder Regie - ren / oder in Regiementsſachen dienen / oder doch viel bey Regierungen vnd Hoͤffen zu thun haben / zu Nutz an den Tag zu geben. Nun mir aber dergleichen nicht zu handen kommen / habe ich Erkuͤhnet / zu mahl auff oben gedachte hohe veranlaſſung / das Eiß zu brechen / vnd entwe - der durch meine Farth / oder auch durch meine Fehler / andere zu einen mehrem vnd beſſern zu veranlaſſen.
2. Daß abſehen oder gleichſam das Muſter eines Fuͤrſtenthumbs / hab ich weder allzuhoch vnd weitlaͤufftig / noch allzugering vnnd enge nehmen wollen / ſondern bin ſo viel muͤglich bey der Mittelſtraſſe / die mir auch am meiſten bekant geweſen / beharret / gleichwol vermeine ich ohnſchwer zu ſeyn / die verenderung oder Application auff ein groͤſſers oder kleiners zu machen / vnd nach der Anleytung / die ich hin vnd wieder mit wenigem gegeben / die ſonderbahren Vmbſtaͤnde eines ieden Orts bey zubringen: Dahero auch auſſer meinem Zweck vnnd all[zu]weit ſchweiffend geweſen were / wañ ich alle Namen der Aem[pter vnd Die -]ner / der Einkunfften vnd Gerechtigkeiten / welche nach[vnterſchied der]Lande in Ober - vnd Vnter-Teutſchland / ja offt in ei[nem geringen]Landsbecirck / faſt vnd vnzehlich ſich veꝛendern / mit einand[er anzufuͤhꝛē /]oder zu Erklaͤren / hoffe aber daß die gemeinen Gruͤnde vn[d Regeln / wor]nach ſich dergleichen ſonderbahre Dinge / fuͤgen vnd einrich[ten / bey die -]ſen Tractat gemeldet vñ angedeutet ſeyen / iſt auch laͤngſt durch Gelehrte vnd erfahrne Leute in vnterſchiedlichen Buͤchern dahin gearbeitet / daß ſolche ſonderbare Namen vnd Arten die in Teutſchland bey dergleichen Dingen gebraͤuchlich / gruͤndlich vnd deutlich Erklaͤret ſeynd: Hierbey) () (ijkanVorredekan ich aber nicht verlaugnen / vnd giebt es das Werck an ſich ſelbſten / daß ich mehrentheils auff die Erblichen weltlichen Fuͤrſtenthuͤmer in Teutſchland die Beſchreibung eingerichtet / zum Theil darumb / daß bey denenſelben meiſtentheils etliche mehrere Vmbſtaͤnde fuͤrzufallen pflegen / zum Theil auch / daß zwiſchen beyderley ſo viel die Regierung vnd Verfaſſung anbelangt / außgenommen was die Wahl vnnd andere Befuͤgnuͤß der hohen Stiffts Capitel anreicht kein ſonderbahrer Vn - terſchied iſt: Gleichergeſtalt hab ich mehrentheils auff ſolche Lande ge - ſehen / wo voͤllige Landsfuͤrſtl. Obrigkeit vnd durchgehende Landſaͤſſe - rey iſt: Womit ich aber niemandẽ an ſeiner Exemtion vñ Freyheit / auch meinem freyem Fraͤnckiſchem Vatterlande vnd eigner Ankunft zu wie - der præiudiciren will / ſondern wird alles vnd iedes nach ſeiner Maſſe zu verſtehen / vnd das Speciale durch das gem[e]ine / oder Generale nicht auff - gehaben ſeyn: So wird mich ferner mit Fug niemand verdencken / daß bey dem Punct deß Geiſtlichen oder Kirchen Regiements ich nach dem Gebrauch vnd denen Grundfeſten der Augſpurgiſchen Confeßion, der ich ſelbſt zugethan bin / mich gehalten / bevorab / weil ſonſten nach der andern Meinung dieſe Dinge alle oder mehrentheils von dem weltli - chem Regiement gar abgeſondert / vnd mir alſo dieſe gantze Materi auß dem Tractat entfallen were: Gleichwol iſt mir dißmahls auſſer Sin - nes / auch nicht meiner Profeßion geweſen / die ſtreitige Religions Fragen / in dieſen Politiſchen Tractat einzumiſchẽ / ſondern habe es bey der Erzeh - lung der Vrſachen vnd der Arten / wie es in dieſem Stuͤck bey den Fuͤr - ſtenthuͤmern proteſti renden Theils gehalten wird / bewenden laſſen / Es[wolle ſich au]ch der Guͤnſtige Leſer nicht daran kehren / daß ich in dieſem[gantzem Trac]tat hin vnd wieder das Wort Landsfuͤrſt / Landsfuͤrſtlich /[oder Fuͤrſtent]huͤmer / Fuͤrſtlich / ꝛc. oͤffters gebrauchet / denn ich damit[weder die hoͤh]ern / noch die niedrigen Titul / derer Staͤnde vnd Laͤnder[uͤbergehen / ſo]ndern mehr auff die Macht vnd Hoheit ins gemein ſehen wollen / vnd wird einem iedem gar leicht ſeyn / andere Woͤrter vnnd Ti - tul / ohnbeſchadet der Materi, dabey zuverſtehen.
3. Die Diſpoſition vnd der Stylus wird manchem ohn zweiffel auch bedencklich fuͤrkommen / vnnd habe ich ſelbſt deßwegen / ſo viel die engeZeit /VorredeZeit / vnd meine dabey nicht geſparte taͤgliche Ampts - vnd Privat ge - ſchaͤfften zu gelaſſen / nicht wenig Betrachtung vnd Fuͤrſorge gehabt / endlich aber was die Ordnung belangt mich nach der Anweiſung derer Natur vnnd der Sache ſelbſt / wie ſie ſich nicht eben nach kuͤnſtlicher Außdenckung vnd Eintheilung / ſondern nach dem Handgrieff vnnd euſſerlichen Vmbſtaͤnden ergeben / geachtet / vnnd dißmahls die eigent - liche Regeln der Schulen / in etwas zu ruͤck geſetzet.
So hat mirs auch die Art oder Stylus eines freyen vnnd aneinan - der hengenden Diſcurſus, ſo viel ſich leyden wollen / beſſer alß kurtze vnnd dunckele Saͤtze / vnd deren weitlaͤufftige zergliederte Erklaͤrung / deren ſich etliche in ſolchen Schrifften gebraucht / gefallen / vnnd lebe der Zu - verſicht / daß hiemit mehr Perſonen vnd ſonderlich denen / welche ſich nicht eben vnter die Gelehrten rechnen / gedienet ſein wuͤrde / denen zu ge - fallen ich mich auch der Allegaten, wie obgedacht / geeuſſert / in dem ſie zu ihrem Vnterricht wenig dienen / die Gelehrten aber vor ſich ſelbſt das meiſte weiters bedencken vnd nachſuchen koͤnnen / wiewol auch die Ma - teri alſo beſchaffen daß man ſie mehr auß Erfahrung / alß auß den Buͤchern ſuchen muͤſſen: Sehr gerne hette ich mich auch etlicher La - teiniſchen Worte maͤſſigen / vnd alles Teutſch geben wollen / nach dem Jch aber Augenſcheinlich befunden / daß ich mit vngewoͤnlicher Ver - deutſchung der gebraͤuchlichen vnd laͤuffigen Lateiniſchen Woͤrtern / den Verſtand eines Dinges nicht erleutern / ſondern vielmehr verwi - ckeln wuͤrde / habe ich ie zu weiln ſolchen bekanten Red-Arten / Platz gebẽ muͤſſen: Maſſen ich auch das Wort Stat, ſo ich auff dem Titul, vnd ſonſt mehrmahls gebraucht / mit keinem bequemeren außzuwech - ſeln gewuſt / denn obwol Stand vnd Stat einerley Bedeutung haben ſolten / ſo wird doch jenes mehr von einer Perſoͤnlichen Beſchaffenheit / oder ie in gemeinem Verſtand auffgenommen.
Gleichwol will ich mit ſolchem Wort Stat / das jenige keines weges gemeinet haben / was darunter heute zu Tage oͤffters begrieffen / vnd faſt keine V[n]trew / Schandthat vnd Leichtfertigkeit zu nennen ſein wird / die nichtan etlichen verkehrten Orten / mit dem Stat / ratione Status, oder Statsſachen entſchuldiget werden will.
) () (iij4. SolteVorrede4. Solte iemand gedincken / daß nach der Art / wie die Beſchrei - bung erfordert / vielleicht wenig oder keine Laͤnder in Teutſchland Regieret werden / vnd ich doch hierinn nicht Regelmaͤſſig / ſondern nach der Geſchicht vnd Beſchaffenheit ſchreibẽ wollen / der wolle vnbeſchwert erwegen / daß es viel nuͤtzlicher ſey / das gute alß das boͤſe auß iedem Dinge zu wiſſen vnd anzumerckẽ: Die Gebrechen vnd Laſter der Hoͤffe vnd Policeyen / ſind mir leyder / der ich die meiſte Zeit meines Lebens an Hoͤffen zu gebracht / ſo wenig alß andern verborgen / vnd wird freylich vnordnung ietziger Zeit ſo groß / daß es wol heiſſen mag: Difficile est Satyras non ſcribere, Es iſt Schwer / daß man nicht immer ſcharffe Schrifften / wieder die Laſter vnd Vnart der Leute außgehen laſſen ſoll. Offt habe ich die Feder in abfaſſung dieſes Tractats zu ruͤcke gehalten / vnnd mich entſchlieſſen muͤſſen diß - mahls alſo zu ſchreiben / alß wenn keine oder wenig Fehler bey vnſeren Teutſchen Regierungen anzutreffen weren / oͤffters habe ich die Regul an ſtatt deſſen was ich in der That finden ſolte / aber nirgends oder we - nig angetroffen / ſetzen muͤſſen / ob Gott verleyhen wolte / daß durch dieſe meine geringe Arbeit vnnd gebrauchte Beſcheidenheit ein vnnd anderer daruͤber kommet / auß der Beſchreibung deß rechten gebrauchs / den Mißbrauch moͤchte erkennen lernen.
5. Schließlich bezeuge ich hiemit auffrichtig vnnd ſo hoch ich kan / daß mit dieſem Tractat ich keiner hohen oder niedern Stands Per - ſon / zum allerwenigſten aber der Roͤm. Kaͤyſ. Mayſt. oder den Chur - fuͤrſten vnd Staͤnden deß H. Roͤm. Reichs / ſampt vnd ſonders in eini - gerley Weiſe / mit Vermeldung vnnd beſchreibung ihrer Regalien vnnd Hoheit / zu nahe zu treten oder ichtwas uͤber vnd wieder die Gebuͤhr vnd gruͤndliche Bewandnuͤß iedes Dinges / zu ſetzen / vnd den Leuten vorzu - bilden / iemahls gemeinet geweſen / ſondern Haupt-Fundament auff die loͤblichen Satzungen / Ordnungen / herkommen vnnd Gewonheiten / deß H. Reichs / vnd deſſen vornehmer Fuͤrſtenthuͤmer vnd Laͤnder geſe - tzet / auch mit Vorſatz keines wegen davon abgewichen / Solte uͤber mein wiſſen vnd vornehmen / auß menſchlicher Schwachheit / etwaswiedri -Vorredewiedrig es in dieſem Werck zu finden ſeyn / oder eine Mißdeutung ley - den koͤnnen / werde ich dabey auff Errinnerung vnd befindung nicht be - harren / wird auch ohne das niemands durch meine Privat meinung be - ſchwert oder befreyet ſeyn / vnd will ich mich deſto gelinderen Vrtheils verſehen ie newer vnd ungebaͤhnter mir der Weg zu dieſer Schrifft ge - weſen iſt: Der Allmaͤchtige Gott / der beherſcher deß Erdbodens / vnnd Oberſter Regent aller hohen Haͤupter / vnd Obrigkeiten / wolle mit ſei - ner Goͤttlichen Gnaden ihme das hoͤchſte Haupt vnd die vortrefflichen Glieder vnſers Teutſchen Vaterlands befohlen ſein laſſen: Sie zu im - merwaͤhrenden kraͤfftigen Wachsthum / in erwuͤnſchter zu ſammen ſtimmung erhalten / vnd dadurch ſeine Heilige Kirche / ſampt der Wol - fart aller Staͤnde / biß zu jener gaͤntzlichen Auffloͤſung aller Jrrdiſchen Regiementer / vnd dem erfrewlichem Ewigwaͤhrendem Eintritt ſeines himmliſchen Reichs der Ehren vnd Glori, in warhafftiger gluͤckſeelig - keit / Vaͤterlich vnd maͤchtiglich Handhaben vnd Schuͤtzen. Datum den 20. Mart. Anno. 1656.
NAch dem dieſer Tractat gleich - ſam zu einem Modell dienen kan / darnach ein jedes teutſches Fuͤrſten - thumb oder einem ſolchem nicht vn - gleiche Graff - vnd Herrſchafft beſchri - ben werden mag / alſo daß hierin die gemeinen durchgaͤngige Principia zu finden ſeyn werden / darauff nach Gelegenheit eines jeden Orts die Exempel auß den particular-Vmbſtaͤnden genommen / vnd darzu gezeichnet werden koͤnnen / So erfordert zwar die Diſpo - ſition deſſelben drey Haupttheile / als daß in dem erſten Theil gehandelt werde von einem Land vnd Fuͤrſtenthumb ins gemein vnd materialiter, al[s]von deſſen Vrſprung vnd Namen / Situation natuͤrlichen S[tuͤ]cken / Gebuͤrgen / Fel - den / Walden / Waſſern / Eintheilung / Aemptern / Herr - ſchafften / Staͤdten / Schloͤſſern / Doͤrffer /[Le]hnſchafften / Graͤntzen / Fruchtbarkeit / Arthafftigkeit / Nahrung[vnd]Zuneigung der Vnterthanen / denn von dem St[and vnd]Vnterſcheid der im Lande wohnenden Perſonen /[hohen]vnd niedern. Nach dem aber wie leicht zu vermerck[en die -]ſes in einer Hiſtoriſchen Erzehlung beruhet / welche[jedes]Orts ex facto entſpringet / vnd von denen die deſſen kuͤ[ndi]g ſondern groſſe Muͤhe vnnd Kunſt bey zubringen iſt / als iſt auch dieſer erſte Theil gar kurtz abgehandelt / vnd ſind nur etliche bequemliche Wege gezeiget / wie ſolche materialiſche Beſchreibung nach der Beſchaffenheit jedes Orts einzu - richtenſey
) (Der[W]As die Lands-Fuͤrſtl. Regierung ſey / woduꝛch ſie Hauptſachlich angezeigt / erkennet vnd ermeſſen weꝛ - de / was ihr letzter Zweck ſey: Wie ſie ſich vber geiſt - vnd weltliche Sachen erſtrecken / in welchen Haupt - puneten die weltliche Sachen in eine Lands Regierung gehoͤrig / beſtehen / der allhier vier erzehlet werden / als 1. Daß ein Re - gent ſeinen Stand vnd Weſen / vnd was dem anhaͤngig iſt erhalte. 2. Geſetze vnnd Ordnungen auffrichte. 3. Die Juſtitz adminiſtrire. 4. Die Mittel zu wircklicher Handhabung der vorigen dreyen Pune - ten bey handen habe vnd recht gebrauche.
DAß eine teutſche Fuͤrſtl. Hoheit nicht gar abſolut ſey / ſondern auff Kaͤyſ. Majeſtaͤt vnd das H. Reich ihren vnterthaͤnigen Reſpect habe.
Worin ſolche Maſſe vnd Reſpect beſtehe / nach vnterſchiedlichen Vmbſtaͤnden vnnd Anleitung der im 1. Capitel geſetzten 4. Haupt - Puncten.
WElcher Geſtalt die Regierung der teutſchen Fuͤr[ſtenthuͤmer]vnd Lande einem allein gelaſſen oder vertheilet /[oder in geſamt]behalten werde / wie mancherley Art vnnd Vor[behaͤlt da]rin geſtehen.
Wie wegen deß Rechts der in Fuͤrſtl. Gemeinſchafften verfah - ren werde / was die Agnoten in acht zu nehmen.
WJe die Lands-Fuͤrſtl. Hoheit auch vber die Vnterthanen nit gantz Herriſch vnd eygenwillig / ſondern durch etliche vorbe - halte eingeſchraͤnckt ſey / deren allhie vier erzehlet werden / als die Autonomia in Religions-Sachen / die vnweigerliche adminiſtration der Juſtitz / vnd die Freyheit von Schatzungen / wenn ſie nicht im Reich oder von der Landſchafft ſelbſt gewilliget oder ſonſt rechtmaͤſſig vnnd herkomlich ſind:
Wie auch die Haltung der Vertraͤge vnd Land-Abſchiede.
Wie hiernechſt ferner der Landsherr viel vornehme Regierungs - Geſchaͤffte / wo nicht auß Schuldigkeit doch nutzlich vnd ruͤhmlich mit ſeinen Landſtaͤnden communicire.
[Von der]Art ſolcher Communication, durch beſchreibung der[Landſchafft]auff Landtaͤge / vnnd wie es auff dieſen nach al - len Vmbſtaͤnden pflege herzu gehen.
DAß der Landsherr das Hauptwerck ſeiner Regierung durch ſeine eigene Perſohn verwalte / vnd was ihn darzu bewege.
Wie er zu dem Ende ſeines Landes muͤſſe kuͤndig / vnd der Regierung erfahren ſeyn / vnd wie er darzu gelange / auch worin ſei - ne perſoͤhnliche Bemuͤhung eigentlich beſtehe.
Daß er nothwendig zu der Regiments-Laſt / Raͤhle vnnd Diener haben muͤſſe.
Was er fuͤr Vmbſtaͤnde bey annehmung eines jeden Dieners in acht zu nehmen pflege.
VOn dem Namen vnd Stand der Cantzler vnd Raͤhte.
Was fuͤr ſonderbahre Wiſſenſchafft vnnd Graviteten an ſolchen Perſonen erfordert werden.
Was ihre Verrichtung in gemein ſey / ſo allhier in etliche Punc - ten zuſammen gezogen.
) (iijVon der Anzahl / Ordnung vnd bezeugung der Raͤhte bey ihrem Ampt / von der Direction vnd Ampt eines Cantzlers odeꝛ dergleichen Peꝛ - ſonen Eintheilung der Geſchaͤffte vnd dergleichen / ſo in etlichen Punc - ten erinnert wird.
Wie die Cantzeley mit Secretarien, Regiſtratorn, Cantzeliſten vnd dergleichen Perſohn pflege beſtellt zu werden / vnd was ein jeder verrich - ten muͤſſe.
HAt zwey Theil / der erſte Theil von behauptung dieſes jetzt ge - meldten Puncts an ſich ſelbſt / ohne abſehen auff die Perſon deß Landsherrn.
Die Hauptſtuͤcke darin dieſer erſte Punct beſtehet / vnd deren Er - haltung beſchrieben wird / ſind
WArumb von der Perſon deß Landsherrn allhier auch zu han - deln vnd was einem Lande daran gelegen / daß dieſelbe an Leibs vnd Gemuͤts-gaben wol beſchaffen ſey / weil aber dieſer Punet in vielen vnd faſt vnzehlichen gemeinen politiſchen Buͤchern weitlaͤuff - tig mit Außfuͤhrung vieler ſententien vnd Exempeln beſchrieben wird / ſo geſchiehet hier nur Special Anfuͤhrung / die ſich auff jetzige Zeiten / vnd die teutſche Fuͤrſtenthuͤmer am beſten ſchicket / vnnd wird demnach be - trachtet an der Perſon eines Landes Herren.
ERſtlich wird wiederholet / wie vnd welcher Geſtalt einem Landes - Herrn dieſe Macht zukomme.
Folget wohin ſolche Ordnungen inſonderheit zielen / nehm - lich auff erhaltung der Gerechtigkeit / deß Friedes vnnd der Wollfahrt vnd auffnehmen deß Lands.
Wem ſie angehen / nemblich die Vnterthanen deß Lands / ihre Perſohnen Guͤter vnd Gerechtſamen: Wie fern von deß Lands Herrn Gerechtſamen / Geſetze vnd Ordnungen gemacht werden.
Was pflege geordnet zu werden / zu erhaltung der Gerechtigkeit.
Wie die Ordnung oder Geſetze eingerichtet werden / zu dem an - dern Haupt Punct / der da iſt die Erhaltung Fried vnd Ruhe.
Wie die Geſetze eingerichtet werden in dem dritten Punct zur ge - meinen Wollfahrt deß Lands / die da beſtehet in Erhaltung vnnd Ver - mehrung der Leute vnd ihres Vermoͤgens / wie der Menſchen Geſund - heit vnd Vermehrung durch die Geſetze bedacht ſey.
Wie durch die Geſetze die Mittel zur menſchlichen Nahrung ge - foͤrdert werden.
Wie der Vberfluß deß Lands zu auffnehmen vnnd bereicherung der Leute wol angewendet vnnd durch die Geſetze dahin geziehlet wer - den.
Wie alle ſolche Ordnungen vnd Geſetze publicirt vnd auß Schul - digkeit gehalten werden ſollen.
WAs die Gerichtbarkeit oder gerichtliche Bottmaͤſſig[keit i]n ge - mein ſey / worin ſie beſtehe / wohin ſie Hauptſachlich ziete.
Wie ſolche Gerichtbarkeit auff die Lands Herrn / vnnd von dieſen ferner auff andere Staͤnde im Lande kommen / was dieſe fuͤr Gerichtbarkeiten haben.
Wie die Iurisdiction der hohen Obrigkeit von der andern welche) () (diedie Staͤnde vnnd Vnter-Obrigkeiten deß Lands haben / vnterſchieden ſeyn / nach etlichen Vmbſtaͤnden.
Wie der Lands-Herr die hoͤchſte Gerichtbarkeit durch ſeine ſelbſt Perſon / vnd ſeine Raͤhte exercirt.
Wie etlicher Orten vber daß noch beſondere Hoffgerichte ſeyn.
Wie der Lands-Herr ſeine eigene Gerichtbarkeit in erſter inſtan tz durch die Beampten vben laſſe.
Wie ſolchen auch Commisſion gegeben werde in hoͤhern Sa - chen.
Von andern particulan - Gerichten / welche die Lands-Herrn haben.
Vom rechtem Gebrauch vnd Stylo einer Lands-Fuͤrſtl. Gericht - barkeit werden etliche vnterſchiedliche Erinnerungen angehaͤnget.
Von dem andern Theil deß Capittels / nehmlich der Auffſicht / welche der Lands-Herr vber die Gericht ſeiner Land-Staͤnde vnd Vn - terthanen hat / wird angefuͤhrt.
WArumb dieſer Punct vor den andern dreyen abſonderlich be - trachtet werde.
Was die Handhebungs Mittel ſeyn / wozu ſie nothwen - dig dienen / wie ſie in dem Obrigkeitlichem Zwang beſtehen / wie vnent - behrlich dieſer ſeye.
Wie vielerley derſelben ſey / nehmlich / erſtlich der Gerichtszwang worinnener beſtehe / wie dazu die Gerichts folge / gehoͤre / vnd was ſie ſey / wie der Gerichts-zwang auch denen Vnter-Obrigkeiten gebuͤhre.
Von der andern vnd hoͤhern Art / nemblich dem Heeres zwang / was er ſey / vnnd wie dazu die Heersfolge gehoͤre / vnnd wie ſie von den Staͤnden deß Lands nach Vnterſcheid derſelben geleitet werde / wie man auß der Landsfolge einen Außſchuß vnd Defenſion - Weſe[n mache Fe -]ſtungen vnd Paͤſſe erhalte / oder bawe / wie gar zum K[riege geſchritten]werde / nach zulaſſung der Reichs Conſtitutionen.
Endlich wird auch hiebey angefuͤhrt / durch was Mi[ttel vnd We -]ge die Obrigkeit Auffſicht habe vnd Erkundigung erlange /[was im Lan -]de fuͤrg ehe / darin ſie ihre Zwangs-Mittel zugebrauch[en habe /]deren werden vnterſchiedliche angezeigt.
DAß einer hohen weltlichen Obrigkeit / auch das Regiment in geiſtlichen Sachen zukomme / inſonderheit aber / daß es denen teutſchen Fuͤrſten proteſtiren den Theils / gebuͤhre: Was geiſt - liche Sachen ſeyn / worinnen der hohen Obrigkeit Regierung in geiſtli - chen Sachen Hauptſachlich beſtehe / nemblich.
DAs deß Lands-Herrn Verrichtung in geiſtlichen Sachen nicht mit ſich bringe / daß er zugleich die geiſtlichen Aempter fuͤhre /ſondernſondern vielmehr / daß er die oberſte Direction in dieſen Sachen habe.
Dazu erfordert wird.
lich ein Conſiſtorium, welches allhier nach noͤhtigen Vmbſtaͤnden be - ſchrieben wird / wie es beſetzet werde / wer darfuͤr zu ſtehen ſchuldig / was fuͤr Sachen hinein gehoͤren / wie die geiſtliche Gerichtbarkeit darin ver - fuͤhrt werde.
Welcher Geſtalt vnſere Conſiſtoria oder geiſtliche Gerichte beſtellt werden / nach was fuͤꝛ Geſetze vnnd Ordnungen ſich die Conſiſtoria ins gemein achten.
Wie der Lands-Herr ſelbſt hiebey perſoͤhnlich bemuͤht ſey.
BEy dieſem nothwendigen Stuͤck deß Kirchen-Regiments / wer - den vier Haupt Vmbſtaͤnde ins gemein betrachtet / Als
Ferner wird auch gehandelt von der Beſchaffenheit oder Vnter - ſchied der Kirchen-Aempter.
) () (iijWieWie es damit von Alters her vnd noch bewand ſey / inſonderheit vom Ampt eines Biſchoffs vnd Superintendenten vnnd ſeiner nachge - ordneter.
VOn nothwendigkeit dieſes Puncts / von dem erſten Grad der Schulen / zu pflantzung Chriſtlicher Lehre / vnd etlicher gemei - ner Geſchicklichkeiten / was dabey vnd zu rechter Behauptung dieſes Zwecks zu bedencken.
Von dem andern vnd dritten Grad der Schuhlen nehmlich in Stadt vnd Land-Schulen oder Gymnaſiis, was darin fuͤr vnterſchied - liche Arten der Vnterweiſung gehalten werden muͤſſen.
Von dem vierdten vnd obriſten Grad / nemblich der hohen Schu - len / vnd deren hauptſachlichen Verfaffung in vnterſchiedliche Puncten
AVß was Vrſachen euſſerliche Mittel hierzu erfordert werden.
Was ſolches fuͤr Mittel ſeyn / deren allhier vier vornemb - lich erzehlt werden.
Was der Lands-Herr fuͤr Fleiß vnnd Erkundigung anwende / dardurch er zu Gebrauch der rechten Handhebungs Mittel angewieſen wird.
Ende deß andern Theils.
DJe Nothwendigkeit dieſer Mittel / vnd derſelben Vrſprung.
Der Vnterſcheid der Cammerguͤter / daß etliche ohne: Regalien in gemeiner Art ſind / etliche aber Regalien vnd Fuͤrſt - liche Gerechtigkeiten:
Wie alle dieſe Einkuͤnfften zu ſechs Hauptſachen angewendt werden:
Das allen Regimenten ordentlicher Weyſe dieſe Mittel bey handen ſeyn / wenn damit recht vmbgangen wird.
DJeſe werden allhier erzehlt vnd zwar.
Wie ſie fleiſſig beſchrieben / in ihrem Standt erhalten vnnd zu ge - woͤhnlicher Zeit einbracht werden.
Was inſonderheit ſeyn die Zehenden der Auffſatz / die Geſchoß vñ Bethe / Ein - vnd Abzuggeld / Leibeygenſchafft / Schutzgeld. Daß ſol - che intraden nicht allezeit der Obrigkeit / ſondern auch an - dern zukommen.
Eine Beſchreibung der Regalien nach einander / als da iſt.
1. Das Berg-Regall.
WAs Bergwerck ſey / was davon die hohen Obrigkeiten fuͤr ſon - derbahre Rechten von Alters her haben / vnnd wie es die teut - ſchen Fuͤrſten noch exercirn: Wie ſie andere Leute zum ſchurf - fen oder Bergwercks-Baw zu laſſen / was ihr Nutzen da von ſey / an Zehenden / eigener Außbeute / Vorkauff.
Obwol ſonſt die Berichte von Bergwercken anders wohin gehoͤren / wird doch allhier / weil die Matery rahr iſt / ferner angedeutet.
Wohin die Saltzwercke zu ziehen / vnd was dabey zu wi[ſſen]/ J - tem vom Salpeter vnd Potaſchen.
2 Das Muͤntz-Regall.
Was Muͤntze ſey / vnd woher ſie entſpringe / woher ſolches Regall auff die Fuͤrſten kommen.
) () () (WieWie wegen der Muͤntze / Maſſe vnd Ordnung geſetzet ſey / ſo wol im Gewicht als im Gehalt / warumb der Zuſatz verſtattet ſey / was die Hauptpuncten der Muͤntz-Ordnungen ſeyn: Wie ſolche die Obrig - keiten binden: Daß die Muͤntz kein Gewerb oder Mercantz ſeyn ſoll / vnd wie auff erhaltung guter Muͤntz im Lande mit Fleiß zu ſehen.
3. Geleit vnd Zoll.
Was Gleit vnd Zoll heiſſe / woher das Gleit vnd Zoll entſtanden wie es auff die Fuͤrſten kommen / vnnd vngeachtet manchmahl das Ge - leit gefallen / dennoch der Zoll blieben.
Daß auch geringere Leute Zoll haben / in welchen Faͤllen noch heute zu Tage die Vergleitung beſtehe / wie das Leibgeleit angeordnet werde / wie die Geleits-Herrn die Straſſen-Faͤlle rechtfertigen vnnd ſtraffen laſſen.
Was fuͤr diener als Geleits Hauptleute / Geleits-Maͤnner / Ge - leits-Schreiber / Geleits-Reuter / zu dieſer Regall / vnnd der Zoll-Ein - nahme beſtellet werden. Wie ihnen ſonderlich eine gewiſſe Maſſe deß Zolls eingebunden ſey: Daruͤber ſie nicht ſchreiten / die aber ſolche nicht entrichten / ſtraffen ſollen.
4. Fuͤrſtl. Lehen-Hoͤff.
Daß die Lehenſchafft an ſich ſelbſt kein Regall importire, noch[Vnterthane]n Pflicht auff ſich habe / wenn aber ein Lands-Herr viel[vornehme v]nd Adeliche Lehn-Leute hat / die er am Lehn-Hoff vnter an -[dern auch]mit Regalien belehnt / iſt ſolches auch vnter die Regalien[mit zu rech]nen.
[W]oher die Lehn entſprungen: Wie daruͤber Regiſtratur gehal -[ten gewiſ]ſe Bediente geordnet / eine vnnd andere Solennitet bey der Be -[lehrung]in acht genommen / wie auff die Gerechtigkeit deß Lehen-Her - ren Obſicht gefuͤhrt / wie es mit den Heimfallen gehalten werde.
Daß es nuͤtzlich ſey die Geſchlechter bey Lehen zu erhalten / vnnd mit expectan tz Brieffen behutſam vmbzugehen.
5. Wildbann / Jaͤgerey / Fiſcherey / vnnd Waſſernutzung.
Daß die Jagten von dem gemeinen Mann mehrentheils an die Obrigkeiten kommen.
WieWie vielerley Thiere durch die Jagten gefangen werden / vnd daher hohe vnd niedere Jagten entſtehen.
Die Beſchreibung der Art der Jaͤgerey wird allhier kurtz beruͤh - ret / vnd an andere Orte gewieſen.
Daß die Jagt an ſich ſelbſt zwar auch ein Regall / aber vielen Staͤnden vnd Vnterthanen deß Lands auch zugelaſſen ſey / nach maſ - ſe ihrer Lehnbrieffe oder Herkommens.
Daß das Fuͤrſtl. Regall fuͤrnemblich auff den Wildbann beſte - he / was er Krafft deſſelben fuͤr Ordnungen / vnd maſſen in Jagtſachen fuͤrſchreiben koͤnne / als da iſt / von der Zeit vnd von der Art deß Weyde - wercks / hegung deß Wilds / von der Nachfolge / oder Zufolge.
Was vor Perſonen der Landsherr zu dieſem Regall beſtelle / ſo wol bey Hoff als auff dem Lande.
Von der Perſon vnd Ampt eines Jaͤgermeiſters außfuͤhrlicher Bericht / darauß die gantze Verfaſſung dieſes Regalls Summariſch abzunehmen.
Erinnerung vom Mißbrauch der Jagt / von Fiſchereyen vnd deſ - halben nutzbahrlicher Anſtall vnd Ordnung. Jtem von etlichen an - dern Gerechtigkeiten auff dem Waſſer.
6. Forſtbann vnd Waldnutzung.
Worinn das Regall dißfalls beſtehe / nehmlich in dem Forſtbann oder der Waldordnung / wie auch der Holtzfloͤſſe / dabey aber die gemei - ne Nutzung der Waͤlder / womit ein Landsherr vor andern begabt auch vnd zwar erſt zu betrachten.
Was fuͤr Diener vber Forſtſachen beſtellt ſe[yn / was eine Forſt]ſey / wie derſelbe in erkundigung zu bringen vnd die G[raͤntze zu erhalten]
Von dem erſten vnd vornembſten Nutzen der[Wälder / dem Holtz]verkauff / vnd wie es damit zu halten.
Jnſonderheit auch von der Floͤſſe.
Von rechtſamer angreiffung vnd hegung der[Waͤlder im Lande /]zu behauptung beſtaͤndiger Holtznutzung: Von hegung[vnd ordentli]- chem Gebrauch der Waͤlder / ſo den Vnterthanen ſonderlich den Ge - meinden zu ſtehen. Von verhuͤtung allerhand Schaden vnd Vnfall in Waͤlden / von dem Gebrauch der Trifften vnd Maſt im Wald / von) () () (ijdemdem Hartzſcharren oder Pechnutzung / von Auffſicht der Foͤrſter vber andere vngebuͤhrliche Nutzung vnd Mißbraͤuch der Waͤlder.
7. Lands Steurbarkeit.
Was Steure ſeyn / vnd wie ſie auffkommen.
Wie ſolches Regall allein ordentlicher Weyſe dem Landsherrn zukomme / welcher Geſtalt ſolches gefodert vnd verwilligt werde.
Wie man Steur Regiſter vnd Anſchlaͤge mache / wer darin befrey - et oder nicht.
Wie Reichs-Steuren von den verwilligten Steuren vnterſchie - den ſeyn.
Wie die Einnahme / Außgabe vnd Berechnung der Steur be - ſtellt werden.
Erinnerung vom rechten Gebrauch dieſes Regalls.
8. Fiſcal-Gerechtigkeit vnd dergleichen
Vom Vnterſcheid deß Fiſcals - Recht nach altem Rechten vnnd heutigem Gebrauch / was dazu gehoͤre oder nicht.
Was angariæ vnd parangariæ, Jtem / was das Poſtrecht ſey.
[W]As eine Fuͤrſtliche Cammer heiſſe / mit was Perſonen ſie erſe - tzet werde.
Was fuͤr ein Stylus vnd Ordnung darin gehalten werde. Wie die Expedition der Cammer in 2. Haupt-Puncten beſtehe / Als
1. Jn rechter Einbringung der Fuͤrſtl intraden.
2. Jn gebuͤhrlicher Anwendung derſelben.
Jn den erſten Punct gehoͤren / vnd werden allhier vmbſtaͤndig be - ſchrieben.
1. EineZu dem andern Haupt-Punct nemblich der nutzlichen Außga - be vnd Anwendung deß Landes Einkuͤnfften / werden nachfolgende Stuͤcke angefuͤhret.
Hiernechſt werden wegen der gantzen Cammer-verfaſſung / vnnd der darinnen gewoͤhnlicher vnd nutzlicher Art der Berahtſchlagungen vnd Anſtalten / noch ſechs merckliche Erinnerungen angehaͤnget / als
WAs vnter dem Wort Hoffſtadt verſtanden werde / wird in 7. Puncten angezeigt / vnnd in jedweden betrachtet was fuͤr Die - ner beſtellt werden / wie vnd woher der Vorraht vnd materia - lien verſchafft / vnd wie es angewendt vnd berechnet werde.
Folget
WJe alle nach dieſen 7. Puncten beſtellete Diener in Gottes - furcht / Zucht vnd Erbarkeit vnd Verrichtung ihres Ampts erhalten werden.
Ende deß Dritten Theils
Hiernechſt vnd an ſtatt deß vierdten Theils iſt angehenget ein außfuͤhrlicher Entwurf / etlicher vorneh - mer vnd weitlaͤufftiger Diener Beſtallung / nach anlenung deß vorhergehenden Tractats. Als
ENDE.
GLeich wie in allen Wiſſenſchafften die NaturNothwen - diger / vorbe richt von beſchrei - bung ei - nes Laͤds - oder Fůr - ſtenthums vnd Menſchlicher Verſtandt ſelbſt andie hand gibt / daß ehe man von den rechten Vrſachen / Arten vnd Zufaͤllen eines jeden Dinges / oder auch von der Weiſe vnd Geſchicklichkeit mit demſelben vmbzugehẽ berich - tet werden kan / vorhero noͤtig ſeye / das jenige an ſich ſelbſt / wo von man reden vnd handeln will wo nicht Anfangs eigentlich vnd vmbſtaͤndlich / doch gn - ten-Theils vnd beylaͤufftig zu erkennen / vnd deſſen gewiß zu ſeyn / Alſo wi[rd es]auch bey vorhabender Vnterrichtung / von Regierung der Fuͤrſtenth[uͤmer vnd]Laͤnder / die Ordnung vnuͤmbgaͤnglich erfordern / Daß vorhero gem[eldet werde /]was ein Fuͤrſtenthum vnd Land / vnd wie es nach ſeinem euſſerlichen[Vmbſtaͤn -]den beſchaffen vnd bewand ſeye / Nun haben wir zwar ſo wohl in dem Titul als in der Vorrede dieſes Wercks ſchon angedeutet / das vnſere Handlung vor - nemlich gerichtet ſeye / auff ein jedes Land vnd Provintz des Roͤmiſchen Reichs Teutſcher Nation / welches / einem Fuͤrſtlichen / Graͤfflichen / oder dergleichẽ Ge - ſchlecht vnd auß demſelben einen Regirenden Lands-Herrn mit aller Hoheit vnd Bottmaͤſſigkeit vnterworffen ſeye / vnnd von Jhm beherſchet vnnd regieretAwerde /2Teutſchen Fuͤrſten-Statswerde / daraus jedoch mit leichter Muͤhe auch auf die jenige Regierungen / welche nicht erblich ſondern durch Wahl vnd auf das Leben des Regenten oder auff ei - ne Zeitlang pflegen beſtellet zu werden / die Folge gemacht werden kan: So iſt es auch an deme / daß von den meiſten Laͤndern in Teutſchlandt ſonderbare Chro - nicken vnd Beſchreibungen in offentlichen Druck vor alters vnnd theils bey vn - ſern Zeiten auß gegangen / darinn dieſelbigen nach jhrer Gelegenheit vmbſtand - lich vnd weitlaufftig beſchrieben werden / welche Buͤcher zwar / als fern ſie mit gutem grunde vnd gebuͤhrendem Fleiß verfaſſet ſind / ihren groſſen Nutzen habẽ vnd demjenigen / der den Eſtat ſeine Lands verſtehen will / nicht wol zu entbehrẽ ſeyn / es wird aber von vielen Vornehmen vnnd Gelehrten / oder doch der Laͤnder vnd ihrer Beſchaffenheit erfahrnen Leuten in den meiſten ſolchen Buͤchern ein vnd anderer Mangel vermercket / entweder / daß ſie Alters halben auff vnſere Zei - ten ſich nicht mehr ſchicken / oder daß ſie Vnvollkommen vnd darinn viel merck - liche vnd Vornehme Stuͤcke auß gelaſſen oder daß ſie auff vngewiſſe Berichte vnnd gemeinen Ruff vielmehr als auff die ware gruͤndliche Beſchaffenheit eingerichtet ſind Ja man wird offters befinden / daß gantz falſche jrrige vnnd dem Land auch deſſen Herrſchafft nachtheilige Sachen darinn vorgegeben wer - den / wie ſolches mit vielen Exempeln darzuthun ſtuͤnde / Dahero bey einem Fuͤrſtlichen Regiment ſehr nuͤtzlich vnd vortraͤglich / Ja gantz nothwendig ſein will / daß eine Gruͤndliche auß dem Augenſchein vnd der wuͤrcklichen Gelegen - heit der Sachen / ſelbſtentſpringende Beſchreibung des Lands vnnd Fuͤrſten - thums / ſo wohl nach ſeiner Regierungs Art / (darvon wir in dieſem Werck Hauptſachlich handeln vnd gleichſam ein Modell geben wollen /) als auch nach ſeiner euſſerlichen Beſchaffenheit / verfaſſet ſey / deren ſich die Lands Obrigkeit vnd derobediente in allen Staͤnden / ſo weit jedem noͤtig vnd zulaͤſſig gebrauchen vnd bedienen koͤnnen / Weilen dann dieſe euſſerliche vnd Materialiſche Be - ſchreibung billig voran gehet / ehe man von der Regiments Form eines Landes handelt / an ſich ſelbſt auch leichter vnd anmutiger iſt / vnnd dahero bey Vnter - weiſung Junger Herrſchafften / dahin wir mit dieſem Werck vornehmlich mit[zielen /]mit deſto wenigerm Verdruß tractirt werden kan / So wird dahero billig[der Erſte-Th]eil dieſes Buchs / ſolcher Beſchreibung zu geeignet.
[Demn]ach Wir aber allhie kein Land vnnd Fuͤrſtenthum inſonderheit zu -[beſchreiben vor]vns genom̃en / ſondern vielmehr einen ſolchen Bericht thun wol -[len der ſich au]ff alle oder die meiſten Teutſchen Fuͤrſtenthum vnnd Herrſchaff -[ten ſchickte]vnd bequemete / So iſt gantz ohn ſchwer zu ermeſſen daß wir in die - ſem erſten Theil nichts mehr thun oder an die Hand geben koͤnnen / als nur ein ohnverfaͤnglich Modell oder Art / wornach die Materialiſche Beſchreibung ei - oes jeden Lands eingerichtet werden k Lte / daran wir jedoch keinen binden noch beſſere Ordnung verworffen haben woll / Nut daß gleich wol ein jeder / der nachAnlei3Erſter Theil. Anleitung des andern Theils dieſes Wercks den Stat eines gewiſſen Landes befchreiben oder erlernen will / zu vorhero auch auff dergleichen euſſerliche Be - ſchreibung bedacht ſeye: Welche dennoch mehr Arbeit vnd Fleiß / alß groſſes Nach dencken vnd Kunſt erfordert / die Capitel vnd Hauptpuncten einer ſol - chen Beſchreibung koͤnten folgender Geſtalt eingerichtet werden.
DEr Nahme eines Fuͤrſtenthumbs pflegt mehrentheils zu entſtehen /1. Woher der Name der Fuͤrſtenthuͤ mer zu ent - ſtehẽ pflege entweder von dem Nahmen der Nation oder des Volcks / oder von der Reſidentz-Stadt oder Schloß / oder auch einem alten Stam - hauß des Geſchlechts / durch welches ſolches Land beherrſchet wird / oder vor Zeiten beherrſchet worden / vnd dergleichen Euſſerlichen Vmbſtaͤn - den mehr.
Der Vrſprung derſelben iſt bey dieſem Vorhaben nicht allzu weit vnd2. Woher der Vrſprung einer lands Herrſchaft zu beſchrei - ben. auß den aͤlteſten Hiſtorien / ſondern dahero grundlich zu holen / durch was Gele - genheit ein Fuͤrſtenthum oder Herrſchafft in den Stand / groͤſſe vnd zu gehoͤrung der Laͤnder / wie es ſich jetzo befindet; Vnd an die ietzo regierende Herrſchafft gerahten ſeye / ob es noch in ſeinem alten Weſen / wie etwan vor vielen Jahren durch Keyſerliche Belehnungen / oder andere Wege von den Vorfahren / die Herrſchafft erlanget worden / beſtehe / oder ob es durch Theilung / vnd Erbfaͤllen / newe Handlungen vnd Vergleiche / erweitert oder vermindert ſey.
Bey der Gelegenheit oder Situation iſt nicht allein kuͤrtzlich anzuzeigen /3. Wie die Gelegen - heit eines Lands zu beſchreiben wie es in Teutſchland vnd in welcher namhafften Gegend vnd Kreyß deſſelben es liege / wie hoch der Polus oder Nord Stern allda ſtehe / vnd wie es mit der Tag vnd Nachts Laͤnge daſelbſt bewand ſeye / davon in den Cosmographien vnd Land-Karten Nachricht zu finden / ſondern auch wie es begraͤntzet ſey / wie die Fuͤrſtenthumer vnd Benachbarten Landherrſchafften heiſſen / daran es allent - halben ſtoͤſſet / vnd mit welchen Oertern des Fuͤrſtenthumbs ſolche an graͤntzung geſchehe.
Hirzu iſt nun eine Außfuͤhrliche / gruͤndliche Landtaffel / in dem ſich auff4. Von Ver - faſſung ei - die gedruͤckte vnd Gemeine gantz nicht zu verlaſſen ſtehet / vnd ſolche mehren -A ijtheils4Teutſchen Fuͤrſten-Statsner Gene - ra l Land Carte des Fuͤrſten - thumbs.theils mangelhafft / falſch vnd Jrrig oderie gar zu General vnd alſo darinn viel nothwendige Orten außgelaſſen ſind / ſehr nothwendig / vnd kan auß folgendem Bericht von der Special vnd ſonderbarn Beſchreibunge der Aempter vnd Theille deß Lands leicht abgeſehen werden / wie die General Tafel des Fuͤrſtenthumbs einzurichten ſeye / maſſen / dann auch die Special Marckung / mit was fuͤr fluͤſ - ſen / Steinen vnd andern graͤntz Zeichen das Land an die fremde graͤntzet / Auß der Beſchreibung deſſelben Orts oder Ampts welches an der Grantze liegt / auff zu ſuchen iſt / vnd der weitlaͤufftigkeit halben in die Ceneral Catta zu ſetzen / ſich nicht fuͤget.
Jn dieſer Land-Carta ſind auch nicht zu vergeſſen vnd in dieſem Capitel mit zu vermelden die vornemſten Gebirge / Waͤlder / Ebenen vnd Gefilde / Stroͤ - men / Fluͤſſe / groſſe See / vnd dergleichen merckwuͤrdige Dinge mehr welche im Lande ſich befinden / vnd ſonſt in deſſelben Geographiſche Beſchreibung gehoͤrẽ.
DJe meiſten / ſonderlich aber die groſſen Lande vnd Fuͤrſtenthuͤmer pfle - gen ihre ſonderbahre Eintheilungen zu haben / Theils nach der natuͤr - lichen Gelegenheit derſelben wie ſie etwan durch Gebirge / Waͤlder oder Fluͤſſe vnterſchieden ſeyn / dahero man einen Theil des Landes den Obern / den andern den Vntern oder diß vnd jenſeyt des Stroms nennet / auß welcher Situation vnd ſonderung offters in denen Theilungen der Laͤnder die Portiones oder Erbtheile ihre Verlaſſung haben / oder ſonſt die alſo gleich - ſam von Natur gemachte Theile mit abſonderlichen Regierungen vnd Bedien - ten verſehen werden.
Oder es werden auch die Landſchafften in gewiſſe Creyſſe vnterſchieden / deren Jeder einen beſondern Nahmen vnd verfaſſung / oder wem zum Exempel ein Fuͤrſtenthum von etlichen Graff vnd Herrſchafften zu ſammen gewachſen / bleiben oͤffters ſolche Herrſchafften auch bey ihrem alten Nahmen vnd vorigen Graͤntzen.
Gemeiniglich aber vnd nach Vhraltem teutſchem Gebrauch ſind die Teut - ſchen Fuͤrſtenthumer in gewiſſe Aempter ab - vnd Eingetheilet / alſo daß et -liche5Erſter Theil. liche Staͤdte / Doͤrffer vnd Flecken entweder wie ſie mit einander ererbt oder er -dero zuge - hoͤrungen. handelt / oder ſonſt nach der Gegend vnd bequemligkeit zuſammen geſchlagen vnnd einem Beampten zu verwalten anvertrawet werden. Da bey aber dieſe vnterſchied zu mercken / daß vnter ſolchen Aemptern zwar eigentlich die jenigen Orter begrieffen ſind / welche dem Lands Herrn ohne Mittel zu ſtehen vnd dar - uͤber Er die alleinige Oberſte vnd nieder Botmaͤſſigkeit hat: Jm Fall aber / wie in gar vielen Fuͤrſtenthumen in Teutſchland gebraͤuchlich / auch vnter dem Landsherrn vnd deſſen Hoheit andere Staͤnde / von Prælaten, Graffen / Herꝛn / Ritterſchafften / vnd Staͤdten begrieffen ſind / die Jhre Vnterthanen / vnd dar - uͤber Gericht vnd Gebot haben / pflegt man deroſelben Herrſchafften / Schloͤſſer / Staͤdte / vñ Doͤrffer nit mit vnter die Aempter zu rechnẽ; Die Aempter vñ Herr -4. Herrſchaf - ften vnd gerichte im Lande. ſchafften aber werden bißweilen wiederumb in abſonderliche Gerichte / Volg - teyen / vnd vnter Aempter eingetheilet / Jn einem ieden Ampt oder Herrſchafft fallen nun folgende merckliche vnd namhaffte Stuͤcke vor / alß Staͤdte / Schloͤſ - ſer / Flecken / Dorff ſchafften / Weiler / oder kleine Doͤrffer ohne Kirchen / eintzele Hoͤffe / namhaffte Berge / Waͤlder / Fluͤſſe / groſſe See.
Ob nun wol ein Jedes Ampt vnd Herrſchaft ſeine eigne auß fuͤhrliche Be - ſchreibung billich haben ſoll / ſo kan doch auß derſelben zu der General Landsbeſchreibunge folgende bequemliche Tabell gezogen werden;
A iijTabell6Teutſchen Fuͤrſten-StatsAuff dieſe maſſe kan nun auch eine Tabell vber die Prælaturen vnd Ab - teyen / Graffſchafften / Herrſchafften / vnd Adeliche Gerichte verfertiget werden / in ſolche Tabell kan man ordentlich die Nahmen der Staͤdte / Doͤrffer / Flecken / oder da derer zu viel vnd der Raum zu enge fallen wolten die Anzahl derſelben ſetzen / vnd ſich auff die Special Tabellen beziehen / darauß der Landsherr vnd ein Jeder dem es gebuͤhrt / gleichſam mit einem Anblick alle Orter des Lands ſich be - kant machen kan.
Ferner vnd weiters kan dieſe Beſchreibung noch eigentlichen geſchehen5. Eigentli - che beſchrei bung der Oerter in iedem Amt. vnnd ergantzet werden / wenn man die Aempter vnnd Herrſchafften abſonder - lich fuͤr nimmt vnd außzeichnet / wie viel in ieder Stadt / Flecken / oder Dorff / Fewerſtaͤdten / Pfarrkirchen / Schulen / Hoſpitalien vnd dergleichen Haͤuſer / Rathhaͤuſer / Kauffhaͤuſer / Gemein Haͤuſer / Adeliche Hoͤfe / Freyhoͤffe / Brau - hoͤffe / Brauhaͤuſer / Mahlmuͤhlen / Hammer - vnd andere Muͤhlwercke ſich befinden.
Dieſes laͤſt ſich auch in eine Tabell faſſen auff folgende weiſe:
Wo fern nun die Doͤ[r]ffer vnd Oerter der Herrſchafft gantz vnd allein zu ſtaͤndig / oder doch alſo vnter dero Hoheit begr[ie]ffen ſind / werden deroſelben zu gehoͤrungen alle; Wo ſie aber gemang ſind / nur die jenige Specificirt vnd in die Tabell eingetragen / welche der Herrſchafft an den Orten zu ſtehen nur das gleich wol in der außfuͤhrlichen Beſchreibung jedes Ampts die andern Herr - ſchafften vnd dero Vaterthanen in ſolchen vermangten Orten auch gemeldet werden.
Endlich kan man auch bey dieſem Capitel nicht uͤber gehen die Beſchrei -6. Straſſen / Bruͤcken vnd Paͤſſe. bung der Land - oder Heerſtraſſen; Welche im Lande dafuͤr gehalten werden / wodurch ſie gehen vnd wohin ſie tragen / nichts weniger die Bruͤcken oder Fuͤrthe uͤber die Stroͤme vnd andere vornehme Paͤſſe des Lands / die man leichtlich ſper - ren vnd damit den Feind abhalten / oder ſonſt vnzulaͤſſige durchzuͤge vnd Com - mercien verwehren / oder Fluͤchtige darauff anhalten kan.
DJe Fruchtbarkeit eines Landes ergiebt ſich auß der Beſchaffenheit des1. Võ fruche barkeit der Laͤnder in gemein. Erdreichs vnnd der Witterung des Himmels / gleich wie nun das gantze Teutſchland dißfals mittelmaͤſſiger vnd guter Beſchaffenheit iſt / alſo ſind auch alle deſſen Laͤnder in gemein von Gott alſo geſegnet / daß darinn allerhand Mittel zur menſchlichen Nahrung wol auff zu bringen / gleich wol iſt auch deroſelben vnterſchied nicht zu verleugnen / Jn dem bald die -2. Vnterſchid liche Be - ſchaffenheit der Lands art. ſes zum Ackerbaw / jenes zum Weinwachs / eines zur Viehezucht / ein anders zur Schiffart vnd Handlung beſſer vnnd bequemer gelegen iſt / es iſt[faſt ke]in Land vnd Fuͤrſtenthum welches nicht in einem Ampt vnd Bezi[rck anders als]in dem andern geartet were / dannenhero iſt nothwendig vnnd[kan auß denen]Special Beſchreibungen der Aempter / hieher kuͤrtzlich vnd Summa[riſch zum Be -]3. Sonderba re Stuͤcke / welche in der Be - ſchreibung der Frucht - barkeit desricht angemerckt werden / ſo wol was ins gemein im gantzen Lande am me[iſt]en zu wachſen vnd zu gerahten pflegt / alß auch was von menſchlichen Lebens vnd Narungs mitteln / alß allerley Getreydig / Wein / Viehe / Wildpret / Fiſchwerck / Ho[l]tzung / an dieſem oder jenem Ort Landes am beſten oder haͤuffigſten zu ha - ben vnd hingegen wo es mangelt vnd von andern Orten erholet werden muß /BJn glei -10Teutſchen Fuͤrſten StatsLands zu mercken.Jngleichen was ſchaͤdliches ſich darinnen befindet: So auch das Land ſon - derbare Gewaͤchſe vnd natuͤrliche Gaben hat / damit es Handthierung treibt / oder was ſich fuͤr Berg-Arten vnd mineralien Saltzwercke vnd dergleichen da - riñ ereignen / das alles kan vnd muß in dieſem Capitel mit angeſuͤhret werden.
VOn der Ankunfft / Art vnd[Z]uneigungen / Tugenden vnd Laſtern der Jnwohneren des Landes / pflegt viel bey Alten vnd newen Scribenten gedacht zu werden / welches gleichwol offters ohne Grund / auff vnge - wiſſe Muthmaſſungen geſtellt / vnd etwan von dem Exempel etlicher allzugeſchwinde auff gantze Nation vnd Voͤlcker gezogen iſt.
Darumb in dieſem Capitel der jenige / welcher ſeines Vaterlands Jn - wohner nutzlich Beſchreiben will / ſich mit ſolchen zweiffelhafftigen Dingen nicht auff zu halten hat / vnd bezeuget die Erfahrung / daß an allen Orten gute vnd boͤſe / geſchickte vnd vngeſchickte / fleiſſige vnd faule / Kriegeriſche vnd verza - gete / Liſtige vnd einfaͤltige Leute durch einander gefunden werden / ſo iſt auch in einem kleinẽ Bezirck-Landes der vnterſchied abzunehmẽ daß in erlichẽ Gegendẽ deſſelben mehr oder weniger von ietzt bemelter Beſchaffenheit anzutreffen ſeyn / welches nicht ſo wol der natuͤrlichẽ Art der Leute alß etwa Jhrer Aufferziehung vnd Nahrung zu zu ſchreiben. Findet ſich aber in einem Land durch langwie - rige Auffmerckung / daß die Jnwohner deſſelben mehrentheils zu dieſer oder je - ner Geſchickligkeit Kunſt vnd Tugend oder im Gegentheil zu einem Laſter vnd Mangel fuͤr andern geneigt ſind ſo iſt ſolches in Obacht zu nehmẽ gar fuͤrtraͤg -[lich wie dann a]uch keinem verborgen ſein ſoll / welcher Religion oder Glauben[Bekandtnuͤſſe]die Jnwohner des Lands zugethan ſeyn.
[Nothwen]dig aber iſt zu wiſſen der vnterſchied der Leute im Lande nach Gele -[genheit Jhres]Standes da iſt nun / nach gemeinem Gebrauch Teutſchen Lan - des bekandt / wie faſt aller Orten nechſt den Hohen Standes Perſonen vnnd Lands Obrigkeiten dieſe dreyerley vnterſchiedene Staͤnde zu finden / daß etliche / Edelleute / etliche Buͤrger / etliche Bauren ſeyn / Jn etlichen Landen vnd Fuͤr - ſtenehumen haben die hohe Fuͤrſtl. Obrigkeiten auch Prælaten, Graffen vndHerrn11Erſter TheilHerrn vnter ſich / in etlichen hingegen ſind nicht allein dieſe / ſondern auch die Edelleute von der Lands Fuͤrſtl. Hoheit / vngeachtet ſie mitten im Lande woh - nen / befreyet: Derowegen muß allhie mit vnterſchied verfahren werden / vnd wofern nun der Landsherr voͤllige Bottmaͤſſigkeit uͤber alles was im Lande won - hafft / beguͤtert oder geſeſſen iſt / von Alters her zu uͤben hat / ſo iſt auch von noͤten / daß Er alle ſeine Vnterthanen ohne an ſehen des Stands wiſſe vnd kenne / da - hero denn vmbſtaͤndliche Beſchreibungen / was fuͤr Prælaten, Graffen / Herrn vnd Ritterſtands Perſonen im Lande iedes mahl ſeyn / wie ſie Geſchlechts vnd Nahmens wegen heiſſen / vnd wo ſie wohnen / verfaſſet werden; Wo bey denn zu mercken / daß ſo viel die Prælaten betrifft / zum Theil vnd in denen Landen / da voͤllige Landſaͤſſerey iſt / darunter verſtanden werden die Dom - vnd andere Capi - tel der Stifft vnd Collegial Kirchen / Abte vnd Proͤbſte der Cloͤſter / welche3. Etwas ei - gentlichere anzeige ſol - ches vnter - ſchieds. Landguͤter vnd Herrſchafften haben / vnd die Commenthum der Ritterorden / auch wol die Biſchoffe ſelbſt / wegen der Land vnd Herrſchafften / welche vnter der Lands Fuͤrſtl. Odrigkeit vnnd nicht ohne Mittel vnter dem Relch gelegen. Jn denen Fuͤrſtenthumen aber / wo die Lands-Obrigkeiten der Augſpurgiſchen Confeßion oder der Reformirten Religion zu gethan ſind / pflegen zwar etli - cher Orten auch noch dergleichen Prælaten der andern Religion gefunden zu werden / ins gemein aber ſind ſolche Cloͤſter vnd Stiffter zu Aemptern der Lands - Fuͤrſten gemacht / oder Schulen darinnen auffgericht / vnd eine Gelehrte Per - ſon vnter dem Nahmen eines Abts oder Priorn dem ſelben Ort geſetzet; Deß - gleichen werden auch die Collegia der Profeſſoren auff Hohen Schulen / die zu mahl im Lande mit Guͤtern vnd Herrſchafften begabt ſind / vnter dem Nah - men der Prælaten verſtanden / vnd vor Landſtaͤnde gehalten / die Grafen vnd Herrn / ob ſie gleich ſonſt Jhren Stand von dem Roͤmiſchen Keyſer erlangt / oder auch anderswo / Graff - vnd Herrſchafften haben / daruͤber Sie keinen Landsherrn ſondern allein das Reich zum Obern erkennen / werden doch alß - dann auch fuͤr Landsſtaͤnde vnd Vnterthanen der Teutſchen Fuͤrſten geachtet / wenn ſie Herrſchafften beſitzen welche von Alters her / der Hohen Lands-Obrig - keit des Ores vnterworffen geweſen vnd noch ſind / es moͤgen nun dieſelben zu gleich von dem Landsherrn zu Lehen ruͤhren oder nicht.
Vnter denen von Adel iſt an denen Orten wo Sie der Lands Fuͤrſtlichen Obrigkeit Vnterthaͤnig / vnd nicht zur befreyten Reichs Ritterſchafft gehoͤrig ſind / der Vnterſcheid / daß etliche / vnd gemeiniglich die jenige / welche zu Jhren Guͤtern eigne Vnterthanen / vnd daruͤber Gerichtliche hohe vnd nieder Bott - maͤſſigkeit haben / fuͤr eigentliche Staͤnde des Landes oder Cantzeley Saſſen / welche dem Lands-Fuͤrſten allein ohne Mittel vnterworffen: Andere aber / die zu mahlin den Dorffſchafften vnd Staͤdten der Lands-Herrſchafft geſeſſen vnd beguͤtert ſind / wenn Sie nicht durch Befreyung / oder alt Herkommen denB ijerſten12Teutſchen Fuͤrſten-Statserſten gleich zu achten Ampts-Saſſen / das iſt / ſolche ſind die zu forderſt an des Landsherrn Beampten oder auch die Prælaten vnd Graffen im Lande mit Ge - bot vnd Gehorſam gewieſen / vnd entweder nicht / oder doch auff eine andere Weiſe vnter die Lands-Staͤnde gerechnet zu werden pflegen / vnd hindert hieran nichts / ob ſonſt Jhre Ritter Guͤter vom Landsherrn vnd deſſen Cantzeley oder von den Aemptern deſſelben / oder von andern Lands-Staͤnden / oder auch von außwertigen Fuͤrſten vnd HErrn zu Lehen gehen.
Bey dem Buͤrgerſtand iſt in acht zu nehmen / daß die Staͤdt ſo nicht vn - ter dem Roͤm. Keyſer vnd dem Reich ohne Mittel / ſondern vnter denen Teut - ſchen Fuͤrſten vnd Herrn gelegen / Theils durch Jhre eigene von Jhnen ſelbſt erwehlte / vom Landsherrn aber beſtaͤtigte Raͤhte vnd Burgermeiſter / in der Anzahl vnnd Abwechſelung wie es iedes Orts gebraͤuchlich / regieret werden / auch woll alle Gerichtbarkeit ſolchen Stadt Raͤthen vnd Obrigkeiten zu kom - men / theils aber erwehlen ſie zwar auch ſolche Rathsperſonen / wird ihnen aber / weil ſie die voͤllige Gerichtbarkeit nicht haben / von der Lands-Obrigkeit ein Stadt-Voigt / Stadt Schultes / oder Richter / oder doch ein Beampter des nechſtẽ Fuͤrſtlichẽ Ampts fuͤrgeſetzet / vñ zu geordnet / thels habẽ ein bloſſes Recht einen Rath zu Wehlen / dieſer aber nur etliche wenige geringe faͤlle zu entſchei - den / vnd wird das uͤbrige alles durch des Landsherꝛn Beampte verrichtet: Nach vnterſchied des herkommens / haͤlt man bißweilen die erſte / bißweilen / auch die andere / vnd diedritte Art / ſolcher Statte vnd Jhre Obrigkeiten / fuͤr Staͤnde oder vnmittelbare Vnterthanen des Landsherrn oder fuͤr Amptſaſſen: Hin - gegen findet man auch in Teutſchland groſſe vnd maͤchtige Staͤdte / welche dem Reich nicht ohne Mittel vnterworffen / vnd doch auch denen Fuͤrſten vnd Her - ren des Lands darinnen ſie gelegen vnd wol vor Alters dieſelben vor Jhre Ober - herrn / den noch nicht / oder doch nur auff gewiſſe maſſt Vnterthan ſein wollen / daruͤber etlicher Orten gewiſſe Vertrage auffgerichtet / wofern ihre Rathe vnd Stadt-Obrigkeiten von dem Landsherrn ſich regieren oder einreden laſſen: Etlicher Ortrn beſtehet dieſes noch im Streit / vnd vngewißheit / vnd ſuchet ie - des Theil ſein Vornehmen gegen das ander zu behaupten: Man findet auch in etlichen Fuͤrſtenthumen bloſſe Dorffſchafften deren Schulteſſen / Vorſteher vnnd Gemeinden dennoch nicht / vnter denen Beampten des Landsherrn / ſondern vnter dem ſelben vnd deſſen Cantzeley ohne Mittel ſein wol - len auch wol auff Landtage / neben den ietzt erzehlten vornemſten Perſonen vnd Staͤnden eines Landes mit erfodert werden dahero in Beſchreibung eines Fuͤr - ſtenthums dieſe vnd andere mehr vnterſchiedliche Vmbſtaͤnde bey Betrachtung der Leute vnd Perſonen im Lande wol in acht genommen werden muͤſſen.
Sonſten vnd ſo viel die Buͤrger vnd Bauren abſonderlich betrifft / kan man nicht allein die Anzahl der Mannſchafften / wie ſie ſich ie zu weilen / zu gu -ten vnd13Erſter Theil. ten vnd boͤſen Zeiten befunden / auß der Anzahl der Fewerſtaͤdten / der Muſter - rollen vnd der Seelen Regieſtern / welche die Pfarrherrn halten / gleicher geſtalt auffmercken / ſondern es iſt auch ferner nutzlich zu wiſſen / was fuͤr Handwercker oder Handelsleute / Kuͤnſtler / vnd dergleichen Leute die nicht bloſſe / von ihren Guͤtern ſich nehrende Haußwirthe / Ackerleute / vnd Tagloͤhner ſind / in ieder Stadt vnd Ampt zu finden vnnd anzutreffen / daruͤber man eine Tabell nach Weiſe der obigen gar leicht ich entwerffen kan.
Von der abſonderlichen qualitet der Lehenſchafft / damit dem Lands - herrn nicht alleine ſeine Vnterthanen / ſondern wol außwertige oder befreyete Verwand / kan gleicher Geſtalt eine deſignation vnter dieſes Capitel mit bey - gefuͤget werden: Wie wol davon gehoͤrigen Orten abſonderlicher Bericht ge - ſchiehit / dafern auch in einem Leibeigne / oder auch Juͤden gefunden werden / iſt n[i]cht vndienlich derſelben Anzahl vnnd Ort des auffenthalts in einem R[e]giſte oder Tabell mit bey zu fuͤgen:
So iſt auch hiebey endlich nicht zu vergeſſen / die Hoͤheſte Perſon im Lan -3. Von Per - ſoͤnlichen vnd ſonder baren Ei - genſchafftẽ des Lands Herrn. de / nemlich der Lands Herr ſelbſt welcher bey dieſem erſten Theil zum wenigſten ſo weit zu Betrachten / wie ſein Nahme / Geſchlecht vnd Ehren Titul ſey / wie Alt er ſein muͤſſe / wann er zur Regierung treten ſoll / ob er ſein Land allein vom R[e]i[ch]oder Roͤmiſchen Keyſer / oder auch von andern Staͤnden zu Lehen tragen / o[b]ſolches allzeit an eine Mañs-Perſon oder auch an das Weibliche-Geſchlecht gedeyen koͤnnen / Ob er Bruͤder oder Vaͤtter habe / in deren Nahmen er zu gleich regiere / oder ob ſie ſolches alle zu gleich thun / oder ob dieſelbe gantz davon außgeſchloſſen / ob er Gemahlin vnd Fuͤrſtl Kinder habe / Ob er das Land erb - lich oder alß ein Geiſtlicher Fuͤrſt durch Wahl des Capitels oder auch nur Ver - waltungs weiſe / als ein Vormund habe / vnd ob ſolche Vormundſchafft we - gen naher Anverwandſchafft Rechtswegen verordnet / oder Jhm in Teſtament auffgetragen oder von der Roͤm. Keyſerl. Mayſt. anbefohlen / Jtem / Ob die Vormundſchaffts Regierung Jhme allein vbergeben / oder ob Jhme andere zu geordnet vnd Er zu gleich / oder auff gewiſſe maſſe an etliche Raͤthe oder Land - ſtaͤnde gewieſen ſey / vnnd was dergleichen Perſoͤnliche vnd ſonderbare Vmb - ſtaͤnde mehr ſeyn:
Hierzu kan auch gefuͤgt werden eine Verzeichnuͤß oder Tabell aller Herr -4. Von Ver - zeichnůß der Herr - ſchaffts vñ Regiemẽts - Dienern. ſchaffts Bedienten im Lande / ſo wol auch bey Kirchen vnd Schulen / wie dero aller Ampt vnnd Verrichtung auß folgendem erſcheinen wird / denn ob ſie wol nicht eigentlich Vnterthanen des Lands / ſondern vielmehr gleichſam als Werckzeuge ſind dardurch die erblichen Vnterthanen[r]egieret werden / ſoB iijſind14Teutſchen Fuͤrſten-Stats Erſter Theilſind ſie doch der Bottmaͤſſigkeit des Landsherrn ieder nach ſeiner Maß mit vn - ter worffen / vnd dienet dero nahmentliche Beſchreibung zu Ergantzung dieſes erſten Theils / welcher / wenn er auff dieſe vnd dergleichen nutzliche Weiſe ein gerichtet iſt / zu Vorbereitung vnd Grund der folgenden Vnterrichtung nuͤtzlich zu gebrauchen / darinnen dieſe allhier erzehlte Stuͤcke offters fuͤrkommen / vnd nach Jhren vmbſtaͤn - den betrachtet werden.
Summa.
DEmnach in dem vorgehendem Erſten Theil oder viel - mehr deſſen Entwurff Anleytung gegeben worden / welcher Geſtalt man ſich ſo wohl des Lands / von deſſen Stadt man berichte / ſeyn will / alß auch der darinn befindlichen Leute nach deren nothwendigſten Vmbſtaͤnden erkundigen koͤnne. So16Teutſchen Fuͤrſten-StatsSo ſchreyten wir nunmehr zu dem Hauptwerck ſelbſten / da wir dann zu erſt am noͤtigſtẽ befinden / zu mel[d]en. Was deñ die Lands-Regierung ſey / vñ wor[i]ñen ſie1. Daß die Lands Re gierung kei - ne eigẽ wil - lige Herr - ſchafft ſey. beſtehe. Wir wiſſen / GOtt Lob / in Teutſchen Landen von keiner ſolchen Macht / welche von einem einigen Menſchen im Lande / der ſich fuͤr den Oberſtẽ hielte / und die meiſte Gewalt mit oder ohne Recht haͤtte / ube die andern alle / zu ſeinem Nutz vnd Vottheil / nach ſeinem willen vnd belieben allein gefuͤhret / vnd außgeuͤbet wuͤrte / wie etwan ein Herr uͤber ſeine Leib eigene Knechte vnd Maͤgde zu gebieten pflegt / vnd Jhnen bald dieſes bald jenes / was Jhm in ſeinem Hauſe Nutzen bringet / oder wor zu er beliebung traͤgt / anſchafft.
Sondern es iſt die Lands Fuͤrſtl. Regierung in denen Teut - ſchen Fuͤrſtenthumen vnd Landen / wie faſt in einer Jeden rechtmaͤſſig vnd wolbeſt[e]lten Policey / nichts anders / als die Oberſte vnd hoͤch - ſte Bottmaͤſſigkeit des Ordentlich regierenden Lands-Fuͤrſten oder Herrn weiche von Jhme uͤber die Staͤnde vnd Vntertha - nen des Fuͤrſtenthums auch uͤber das Land ſelbſt vnd deſſen zu gehoͤrige Sachen vnd behauptung des gemeinen Nutzens vnd woll Weſens / in Geiſt - vnd weltlichen Stande / vnd zu Er - theilung des Rechtens / gebraucht verfuͤhret wird.
Jn dem wir aber dieſe Oberſte Bottmaͤ[ßig]keit der Perſon des Lands - herrn allein zu ſchreiben / vnnd ſie dannenhero Landes Fuͤrſtlich oder Lands herrlich nennen / So ſetzen wir dardurch beſeyts alle andere Perſonen in einem Lande die wir vorhero im Erſten Theil beſchrieben haben / ob gleich dieſelbe auch mit gewiſſer Herrligkeit vnnd Bottmaͤſſigkeit entweder von dem Landsherrn ſelbſt vnd deſſen Vorfahren / oder auch von andern fremden vnd außwaͤrdi - ſchen Obrigkeiten belehnet vnd begabet ſind / alß ferne nemlich dieſelben nach herkommen der Lande nicht nur bloſſe Lehen Leute oder im Lande bezircket / ſon - dern zu gleich Landſaͤſſig vnd Vnterthanen ſind / Sintemahl ſolchen falls we - der einem oder andern in ſonderheit / wie maͤchtig vnd Reich er auch were / noch denen ſelben mit einander / dergleichen Oberſte Herrſchafft vnd Regierung im Lande zu kommet / ſondern ſie ſind gegen den Landsherrn ins geſamt vnd inſon - derheit fuͤr Vnterthanen zu achten / dieſes gruͤndet ſich nun nechſt dem Vhral -4. Woher ſol ches kom̃e. ten herkommen auch in den meiſten Orten darinnen / Daß (1.) dem Landsher - ren in den Keyſerlichen Lehen-Brieffen oder Confirmation der Regalien ver - liehen vnd gegeben werden / Fuͤrſtenthum / Graff[ſ]chafften / Herrſchaf - ften / Schloͤſſer / Staͤdte / Doͤrffer / Lande / Leute / Mañſchafftẽ / Lehenſchafften / Geiſt - vnd weltliche / Oberſt vnnd Niederſte Gerichte / Regalien / Zoͤlle / Geleyte / Muͤntze / Berckwercke / Wildpann / Fiſchereyen / Renthẽgefallene nutzungen / mit allen vnd ieglichen Obrigkeiten Ehren / Wuͤrden Freyheiten / Herr -ligkeiten17Anderer Theil. ligkeiten vnd allen zu gehoͤrungen / (in welchen ſonderlich die Woͤrter / Fuͤrſtenthum / Land vnd Leute alle vnnd iegliche Obrigkeit / Oberſte vnd Niederſte Gerichte / Regalien Herrligkeiten / Eh - ren vnd Wuͤrden / zu mercken ſind / welche keiner andern Perſon im Lande koͤnnen zu geeignet werden / (2.) erkennen ſolche Hoheit vnd Lands Fuͤrſtl. Re - gierung die andern Staͤnde vnd Vnterthanen des Landes / hohe vnd niedrige ſelbſt / in dem Sie dem Lands-Fuͤrſten nach altem Schuldigem herkommen wenn er in die Regierung tritt / oder wann ſie im Lande ihr Eigenthum zu ver - walten antreten / mit einem leiblichem Eyde die Vnterthaͤnigkeit der Erbhuldi - gung / ſchweren. Vnter andern auch gemeiniglich mit dieſen oder dergleichen Worten / daß Sie ihme wollen getrewe / Holt gehorſam vnd gegen - wertig ſeyn / vnd daß Sie alles thun vnd laſſen wollen / was ge - trewen Vnterthanen von GOttes vnnd Rechtswegen gegen Jhrem Erbherrn vnnd Lands-Fuͤrſten zu thun vnnd zu laſſen wolan ſtehet vnd gebuͤhret / Dahin gegen ein bloſſer Lehenmann Rechts - wegen nicht den Gehorſam ſondern nur die Trewe vnd Gewertigkeit zu Lehen - Dienſten zu ſchweren pfleget / oder doch weiter nicht verbunden iſt.
Man verſtehet vnd mercket auch dieſe Hoheit vnnd Bottmaͤſſigkeit uͤber5. Worauß dieſe voͤlli - ge Land Obrigkeit in gemein / zu erkeñen. das gantze Land vnd alle deſſen Staͤnde in denen Orten / wo dieſelbe alle Land - ſaͤſſig ſind / ſonderlich darauß / daß der Lands-Fuͤrſt nicht allein einem Buͤrger oder Banren oder einen Herrn oder Edelmann abſonderlich / ſondern allen ins geſamt mit folgenden oder dergleichen Worten befiehlet. Wir gebieten allen vnſern Prælaten, Graffen / Herrn / denen von der Ritter - ſchafft / Burgemeiſtern / Richtern vnd Raͤthen der Staͤdte / ꝛc. Schulteiſſen / Dorffs Vorſteherrn / ꝛc. Vnd ins gemein allen vn - ſern Vnterthanen wes Standes oder Wuͤrden die ſeyn. Wenn aber der Adel vnd hoͤhere Staͤnde ihre Befreyung / von der Lands Fuͤrſtlichen Obrigkeit haben / ſo werden auch dieſelben in ſolchen Außſchreiben nicht genen - net / So pflegt auch kein Landſtand heute zu Tage / ob gleich ſolches vor Al - ters nicht vngewoͤhnlich vnd etwa mehr ein Zeichen der Demut alß der Hoheit geweſen / den Titul / von Gottes Gnaden bey ſeinen Nahmen zu ſetzen / oder wenn er gleich Graͤffliches Standes iſt / ſich wenn er mit ſeinem Lands-Fuͤrſten redet / oder Jhme ſchreibet / Wir / heiſſen / wie der Lands-Fuͤrſt von ſich zu ſchrei - ben pflegt / vnnd damit ſeinen hoͤchſten nach Gottes Willen habend[en Regie]- ments Stand / vnd Vorzug vor ſeinen Vnterthanen uͤbligen gebrau[ch na]ch erzeiget. Andere ſonderbare vnterſchiede vnd vorbehaͤltene S[tuͤ]cke vnd[an]zei - gungen / die wir an gehoͤrigen Ort verſparen vnd allhie von der Lands-Fuͤrſtl. Hoheit ins gemein reden / zu ſchweigen.
CEs18Teutſchen Fuͤrſten-StatsEs beſtehet aber wie gedacht die Lands Fuͤrſtliche Regierung in Erhal - tung vnd Behauptung gemeines Nutzes vnnd Wolſtandes in Geiſt - vnd weltlichen Sachen.
Der letzte Zweck zwar aller menſchlichen Handlungen vnd Thaten ſoll ſein die Ehre Gottes / darzu das menſchliche Geſchlecht fuͤrnemlich erſchaffen / inſonderheit aber gebuͤhret denen hohen Obrigkeiten / welche Gottes Stadthal ter auff Erden ſeynd / da hin zu ſehen / daß Jhres hoͤchſten Himmliſchen Ober - herrn Ehre in allen Dingen geſuchet werde / weil aber eben durch Trewe vnnd fleiſſige Außrichtung Jhres Ampts vnd Beruffs / wie derſelbe Goͤttlichem Wort vnd dem natuͤrlichen vnd Land uͤblichen Rechten gemaͤß iſt / vnd zu Geiſt - vnd leiblicher Wolfahrt ziehlet / GOtt dem HErrn ſelbſt gehorſam Ehr vnd Dienſt geleyſtet wird / ſo kan auch auß der Beſchreibung dieſer Jhrer obliegen - den Lands-Fuͤrſtlichen Regierung der letzte Zweck von ſich ſelbſt erſcheinen.
Jns gemein begreifft die Regierung wie gedacht Geiſt - vnnd weltliche Sa - chen / der Geiſtlichen zwar / haben ſich die Landsherrn vorige Zeiten wenig oder nits annehmen doͤrffen ſondern dieſelbe ſind Hauptſachlich der Geiſtligkeit vnd Cleriſey / nit allein mit Lehren vñ Predigẽ auch Reichung der Sacramenta / wel - ches eigentlich denen Kirchen-Dienern zu ſtehet / ſondern auch mit der Oberſten Auff ſicht auf Kirchen vnd Schulen vnd was davon anhangig iſt / gefuͤhret vnd beſtellet werden / Nach dem aber der vor hundert vnd etlichen Jahren wie be - kant / Ein groſſer Theil Teutſchen-Lands ſich zu der Evangeliſchen Religion in Augſpurgiſcher Confeßion begrieffen / gewendet / vnnd das Ampt oder die Gewalt der Bifchoffe dißfals gemaͤſſiget worden / haben damals die Fuͤrſten vnd Staͤnde dieſer Confeßion vnd nunmehr Jhre nachfolger die Regierung in geiſtlichen Sachen / ſo weit ſolche einer Chriſtlichen Obrigkeit zu kommt / vnd wie nicht zu verleugnen in dem erſten vnnd beſten Zeiten der Chriſtlichen Kir - chen / von Chriſtlichen Keyſern vnd Koͤnigen auch gebraucht werden / wieder vber ſich genommen / von der wir hernach / wenn erſt von dem weltlichen Regie - ment alß dem bekanteſten wird ſein gehandelt worden / auch weitern Vnterricht hoͤren werden.
Jn weltlichen Regiements-Sachen aber erweiſet ſich die Lands-Fuͤrſt - liche Hoheit / vnd daher entſpringende Regierung zu dem obigen Zweck des ge - meinen Nutzens vnd Wolſtandes in nachfolgenden alſo vm̃ beſſerer Verſtand -[nuͤß willen]geſetzten Vier Haupt-Puncten.
[Alß]Erſtlich laͤſt ein Landsherr Jhme angelegen ſeyn / vnd iſt es auch[zu forderſt]beſuͤgt / den Stand den Jhme GOtt verliehen / die dazu gehoͤrige Ehre vnd Macht / vnd alles daß jenige was Jhme dazu dienet / vnd Mittel giebt / in ſeinem gebuͤhrlichen Weſen / vor vnordnung Abgang vnd verletzung zu er - halten / damit er das Anſehen vnd die Kraͤffte habe / den Heylſamen Zweck inallen19Anderer Theil. allen Staͤnden zu erreichen / vnd ſeine Regierung uͤber Land vnd Leute nutzbar - lich ſpuͤren vnnd wuͤrcken zu laſſen.
Fuͤrs andere hat er Macht gute Geſetze vñ Ordnungen im Lande auff - zurichten / dadurch Gerechtigkeit / Friede / vnd Ruhe / vnd das Vermoͤgen des Lands vnnd der Leute in ſchwang gebracht / erhalten / das boͤſe geſtrafft vnd das gute geſchuͤtzet werde.
Drittens / gehoͤret auch dem Lands-Fuͤrſten / die hoͤchſte Gerichtbarkeit im Lande nemlich zwiſchen ſeinen Vnterthanen / welche ſtreitig ſind / das recht zu verordnen / vnnd ſonſten einem ieden nach Befindung der Sache vnd ſeines Verdienſts die Gebuͤhr wiederfahren zu laſſen.
Vierdens / wird auch erfodert / die Verordnung / anſtellung vnd Ge - brauch der jenigen Mittel / wordurch die vorigen Stuͤcke wieder vngehorſame Vaterthanen oder außwertige Feinde vnd Gewalt uͤbende koͤnnen auff bedoͤrf - fenden Fall außgerichtet vnd gehandhabt werden.
Summa.
DAmit aber auß dem vorhergehenden Capitel nicht die Meinung ge - ſchoͤpfft werde / alß ob eine Teutſche Lands Herrſchafft ſo gar frey vnd ohne Eingeziel vnd Maſſe ihre Hoheit zu gebrauchen haͤtte. So haben1. Von des Reichs Hoheit uͤ - ber die Teut wir vns zu erinnern wie im Erſten Theil / ſchon kuͤrtzlich gemeldet wor - den / daß wir von ſolchen Landen reden / die im Roͤmiſchen Reich Teutſcher Nation liegen / auch von ſolchen Herrn vnd Staͤnden die von der Keyſ. Mayſt. C ijalß20Teutſchen Fuͤrſten-Statsſchen Fuͤr - ſtenthůmeralß dem hoͤchſten Oberhaupt im Reich mit ihren Landen vnnd Herrſchafften / oder doch mit denen Regalien deroſelben beliehen werden.
Darauß folget nun das Sie auch vnter dem Keyſer vnd dem Reich ſeyn / vnd mit Empfahung ihrer Regalien das Reich / wie in R. A. de Anno 1500. tit. Der Teutſch Orden / geredet wird erkennen: Alſo daß dannen hero ein Teutſcher Fuͤrſt oder Landsherr nicht allein in ſeinem Gewiſſen gegen Gott den Allmaͤchtigen ſeine Regierung vnd Handelung zu verantworten hat / ſon - dern er iſt auch ſchuldig vnd mehrentheils mit Eydes-Pflichten verbunden ei - nem ordentlichem Erwehlten regierenden Roͤmiſchen Keyſer vnnd dem Reich gebuͤhrlichen Reſpect vnd gehorſam zu leyſten. Vnd dem jenigen / was Keyſ. Mayſt. vnd die Chur-Fuͤrſten / Fuͤrſten vnd Staͤnde des Reichs allem herkom - men nach geordnet vnd geſchloſſen haben / vnd noch ſchlieſſen werden fuͤr ſich vnd in ſeiner Lands-Regierung in acht zu nehmen / es were dann daß er eines andern durch gewiſſe Privilegien, Freyheiten vnd bedingungen befugt were.
Solche Schuldigkeit vnd Maſſe der Lands-Fuͤrſtl. Hoheit / deſto beſſer zu verſtehen / wollen wir dieſelbe nach denen vorhero im 1. Capitel geſetzten vier Haupt Puncten der Lands-Fuͤrſtl. Regierung betrachten vnd erklaͤren.
Bey dem erſten / nemlich der Erhaltung ſeines Fuͤrſtlichen Stands / Ehr / Macht vnd Hoheit / iſt erſchuldig zu forderſt den Reſpect, Ehr vnd Hoheit des Teutſchen Reichs vnd der Keyſ. Mayſt. vor Augen zu haben / nicht allein (1.) mit euſſerlichen Worten vnd Titul / daß er nemlich den Roͤmiſchen Keyſer ſei - nen Allergnaͤdigſten Herrn nennet / vnd Jhme den Titul Jhrer Keyſ. Mayſt. giebt / ſich aber einen Vnterthaͤnigſten oder allen Vnterthaͤnigſten gehorſam - ſten Fuͤrſten des Reichs heiſſet / vnd nicht wie gegen andere / ſich von Gottes Gnaden / vnd Wir / ſondern nur / Jch / ſchreibet / vnd was dergleichen gebuͤr - liche Ceremonien vnd Hoͤffligkeiten mehr ſind.
Sondern er iſt auch (2.) mit ſeinen Pflichten dahin gewieſen / daß Er ſich vnd ſein Land vnd Leute bey dem Roͤmiſchen Reich vnd vnter deſſelben hoͤchſten Bottmaͤſſigkeit erhalte / vnd weder ſich ſelbſt davon außziehe / vnd eine mehrere Freyheit / alß ſich von Alters her vnd Rechtswegen gebuͤhrt / mit Gewalt oder Vortheil ſuche noch wenigers aber einem andern Fuͤrſten im Reich / oder gar einem frembden ſich vnterwerffe.
(3.) Da das Roͤmiſche Reich von euſſerlichen Feinden oder innerlichen Auffruͤhren angefallen vnd beleydigt wuͤrde / iſt er Schuldig auff erfordern der Keyſ. Mayſt. vnd des Reichs oder der jenigen die dazu durch einhelligẽ Schluß vnd Satzung verord[net]ſind / mit etlicher oder mit aller Macht ſeiner Land vnd Leute / oder an deſſen Stadt mit einem gewiſſen Gelt / oder Reichsſtewer vor die Freyheit vnnd Beſchuͤtzung des Vatterlands ſich darzu ſtellen vnnd huͤlffe zu leyſten.
(4) Ob21Anderer Theil.4. Ob wol andere hohe Potentaten die keinen Oberherrn in der Welt ha - ben / an Chriſtliche Tugenden / Zucht vnd Erbarkeit / auch das jenige was an - dern Leuten ins gemein recht oder vnrecht iſt / oder mit einem Wort an Goͤtt - liche natuͤrliche vnd aller Voͤlcker recht auch gebunden ſind / ſo kan man doch in den wenigſten Faͤllen / wenn ſie da wieder handeln in dieſer Welt ſich an ihnen erholen / ſondern wer zu mahl ſchwach / oder Jhr Vnterthan iſt / der muß Jhre Faͤhler vnd gewalt Thaten mehrentheils dem Gerechten GOtt zu ſeiner Zeit zu richten heim ſtellen / Ein Fuͤrſt aber des Reichs iſt ſchuldig vnd verbunden dem jenigen den er beleydiget vnd vnrecht thut / vnd wieder Recht vnd ſeine Freyheit vnd Privilegia, die er etwan rechtmaͤſſig erlanget hat / beſchweret / auff deſſen Klage nach Gelegenheit vnd vnterſchied der Falle / auch des herkom̃ens / vor des Reichs hohen Gerichtẽ / oder in andere Wege wie es diß fals die Reichs. Satzun - gen vermoͤgen zu antwortten / vnd was Jhm daſelbſt entlich zu oder aberkennet wird / zu ihun vnd zu laſſen / Alſo daß ſie ſolcher geſtalt die Teutſchen Lands - Herrn nicht allein an oben gemeldete ſondern auch die im Roͤm Reich uͤbliche ſonderbare Rechte vnd gebraͤuche gewieſen ſeynd / vnd darnach Gerechtfertiget werden / Doch haben dißfals die Fuͤrſten vnd Herrn vor andern geringen Per - ſonen einen Vorzug / daß Sie auff gewiſſe weiſe vnnd an gewiſſen Orten nem - lich nach Vnterſchied der Sachen vor einem andern Fuͤrſten des Reichs / den ſie zu einem außtraͤglichen Richter erwehlet oder vor Jhren eigenen Raͤthen / oder am Keyſerlichen Hoffe / oder Kammer-Gericht in Klage ge - nommen werden / auch gegen andere Klagen / damit Jhre angelegenheiten zu erhaltung Jhres Reſpects vnd Stats deſto wichtiger vnd zur gnuͤge betrach - tet vnd Sie nicht vbereylt werden / wie ſolches auß des H. Reichs Kammer - Gerichts Ordnung vnd anderen vom Zuſtand vnd verfaſſung des Roͤmiſchen Reichs außgegangen Buͤchern weitlaͤufftig zu befinden.
Bey dem andern Punct da wir geſaget / daß der Lands-Fuͤrſt Macht habe3. Wie wegẽ der Reichs Satzungen die Lands - Fuͤrſtliche Ordnungẽ zu maͤſſigen ſind. Geſetze vñ Ordnung zu machen / hat er wegen des Reichs uͤber Jhn ſchwebenden Bottmaͤſſigkeit dahin zu ſehen / daß ſolche Ordnungen vnd Geſetze nit wieder die jenigen Geſetze vnnd Ordnungen / welche dem gantzen Teutſchlande durch Keyſ. Mayſt. vnd die ſaͤmptlichen Staͤnde vorgeſchrieben / ſondern viel mehr denſelben gemaͤß vnd nachfolgig ſeyn / Es were denn daß Er dieſelbe auff ſeiner Lande Zuſtand vmbſtaͤndlicher vnd genawer einrichten wolte / oder es were eine Sache in den Reichs-Ordnungen nicht beruͤhret / ſondern im Mittel gelaſſen / oder betraͤffe eine zweiffel hafftige Rechts frage / die einer Erklaͤrung bedoͤrffte / oder es were das Gegenſpiel durch lange gewonheiten oder Begnadigung des Keyſers vnd des Reichs in ſeinem Fuͤrſtenthum vnd Land iederzeit gebraͤuch - lich geweſen.
C iijJa22Teutſchen Fuͤrſten-StatsJa er iſt (2) ſchuldig die Ordnungen vnd Geſetze des Reichs / welche auff gebuͤhrliche Weiſe vnd mit gemeinen Schluß der Staͤnde gemacht worden / in ſeinem Fuͤrſtenthum vnd Landen zu publiciren, auch daß denſelben nach gelebet werde / Verſchaffung zu thun / vnd die uͤbertreter zu ſtraffen / Sintemal auch et - lichen Reichs-Satzungen eine gewiſſe Straffe / wieder die Obrigkeiten die de - nenſelben nach zu kommen ſaͤumig ſind / Einverleibt / welche ſolchen Falls von dem hoͤchſten Reichs-Gericht der Keyſerl. Cammer pflegen eingefordert zu werden.
Bey dem dritten Punct / nemlich der Gerichtbarkeit / koͤnnen vnd moͤgen in vielen Landen / des Reichs die jenige welche mit denen Außſpruͤchen vnd Vr - theilen der Lands Fuͤrſten vnd Jhrer Cantzeleyen vnd Hoff-Gerichte ſich nicht begnuͤgen wollen / ſondern vermeinen daß Sie dadurch wieder Recht beſchwert werden / in gewiſſer Zeit an das Keyſ. Cammer Gericht ſich beruffen / vnd da - ſelbſt die Sache noch einſten erkennen laſſen / Etliche Fuͤrſten vnd Staͤnde aber ſind entweder biß auff eine gewiſſe hohe Summ / deren die Sache wuͤrdig iſt / oder alſo gaͤntzlich durch Keyſ[.]Privilegia vnd Altes herkommen befreyet / daß von Jhren Vrtheilen vnnd beſcheiden zu appelliren niemand zu gelaſſen iſt / gleich wol aber ſind ſie hingehen deſto mehr ſchuldig Gericht vnd Gerechtigkeit den anruffenden / zu ertheilen / vnd die ſtreitigen Sachen ihrer Vnterthanen zu verhoͤren / damit nicht im Fall ſie allzuſehr verzuͤglich weren / oder das Recht gar verſagten / ſie deßhalben verantwortung oder Abforderung ſolcher Sachen an hoͤhere Oerter gewarten moͤchten.
Zum vierdten / Ob wol wie vnten mit mehrem erklaͤrt werden ſoll / zu Handhabung ſeiner Hoheit vnd Vollſtr[e]ckung ſe[in]es Obrigkeitlichen Vorha - bens / der Lands-Fuͤrſt ein vnnd anderezwangs Mittel auch gar eine Krieges verfaſſung im Lande zu gebrauchen vnd auffzurichten hat / ſo iſt doch ſolches in Anſehung Keyſ. Mayſt. vnd des Reichs alſo gemaͤſſiget / daß er wieder dieſelbe ſolche ſeine Macht vnd Gewalt nicht wenden / oder auch einen andern Fuͤrſten vnd Stand des Reichs damit anfallen vnd beleidigen darff / wie er den auch ſei - ne Beſchwerungen die er wieder einen andern ſeines gleichen oder die Nachbarn hat / welche gleich vnd Recht ley den koͤnnen nicht mit Heerszug vnd gewalt / ſon - dern wie im Reich herkoͤmmlich / mit ordentlichem Rechte zu ſuchen / vnnd alſo den Landfrieden im Reich ſo viel an Jhm iſt / vnd er nicht mit Gewal von ei - nem andern angetaſtet wird / zu halten ſchuldig iſt / wie in Beſchreibung dieſes Puncts gehoͤriger Orten mit mehren Erleuterung geſchehen ſoll.
Summa.
BEy denen Teutſchen weltlichen Fuͤrſtenthumern vnd Landen iſt dieſer1. Von dem recht des Erſtgebor - nen in den Teutſchen Fuͤrſten - thumern. mercklicher vnterſchied wol in acht zu nehmen / daß bey vielen / wenn der Landsherr etliche Soͤhne vnd Erben verlaͤßt / dennoch keine Theilung vorgehet / noch die Regierung der Laͤnder in geſamt behalten wird / ſon - dern allezeit dem Erſtgebornen allein zukommt / dergeſtalt / daß er ſeine Bruͤder vnd deren nachkommen entweder ein bloſſes Gelt zu jaͤhrlichem vnter - halt / oder etwas an Aemptern vnd Herrſchafften zu Nutzen eingiebt / vnd ſie alſo vom Lande abtheilt vnd abfindet ſich aber alle Lands Fuͤrſtl. Hoheit daruͤber vorbehaͤlt / oder doch nur etliche wenig Stuͤcke / welche die Regierung an ſich ſelbſt nicht an gehen / noch beeintraͤchtigen ihnen verſtattet / Alß denn inſonder - heit bey den Chur-Fuͤrſtenthumern vnd denen dazu eigentlich gehoͤrigen Lan - den durch die Reichs-Satzungen es alſo verordnet / in andern aber durch her - kommen oder gewiſſe Pacta vnd Privilegia alſo gebraͤuchlich iſt.
Jn etlichen Fuͤrſtenthumen Land vnd Herrſchafften aber pflegt der Erſt -2. Von der Theilung derſelben. geborne kein Vortheil wegen der Erſtgeburt zu haben / kan auch die Lande wie -der ſei24Teutſchen Fuͤrſten-Statsder ſeiner Bruͤder willen nicht beyſammen behalten / ſondern iſt zu theilen ſchul - dig / oder es wird die Regierung des Lands ins geſamt mit einander durch gemeinen Schluß vnd Willen / vnd durch geſante Diener in ſamtlicher Herren vnd eines ieden inſonderheit Nahmen gefuͤhret / oder da gleich etwan dem Eltiſten nebenſt dem Vorſitz / die direction der Iuſtitz, vnd anderer taͤgli - chen gemeinen Sachen in der Herrn Bruͤder Nahmen gegoͤnnet wuͤrde / doch alle wichtige / Regiements vnd Statsſachen von allen zu gleich vorgenommen vnd angeordnet werde.
Nichts weniger aber pflegen offters die Jungen Herrn Bruͤder mit dem Eltiſten ſich alſo freundlich zu vergleichen / oder es hat es auch wol Jhr Herr Vatter vnd Vorfahr am Regiement alſo geordnet / daß das Land nicht alle - zeit wieder getheilet werde / ſonderlich wenn es nicht gar groß vnd weitlaͤufftig iſt / vnnd nicht ein ieder Herr ein eignes im Reich benahmtes Fuͤrſtenthum oder ſo viel daß einem ſolchen were gleich zu ſchaͤtzen geweſen / zu ſeinem Antheil bekom - men kan / vnd bey ſolchem Zuſtande pflegt man dem Eltiſten Herrn die Re - gierung in ſeinem vnd der Herrn Bruͤder Namen zu fuͤhren auff gewiſſe maſſe vnd Weiſe nachzulaſſen / einmahl weiter vnd mehr alß das ander mahl / wie es die Vmbſtaͤnde der Zeit / auch das Alter vnd die Gelegenheit der andern Herrn erfordert / mehrentheils aber wird es alſo gemaͤſſiget / daß der El - tiſte Herr eine direction, das iſt die erſte Vmbfrage in der Berathſchlagung / vñ auf die geſchloſſene Sachen die Anſtalt oder Execution hat / doch allenthal - ben ſeiner Herrn Bruͤder Nahmen mit gedencken: Vnd in wichtigen Dingen / ohne der andern HErrn wiſſen vnd Willen nichts vor nehmen doͤrffe / darneben Jhm zur Ergaͤtzung ſeiner Muͤhe waltung vñ Verlag etlicher gemeiner Koſten / ein gewiſſes auß den geſamten einkom̃en zu vorauß gefolget / das vbrige aber gleich eingetheilt werde / aller maſſen ſolches auß den Vertraͤgen / Erbſtatuten vnd herkommen iedes Lands vmbſtaͤndlich abzunehmen vnnd darauß die Art vnd Form des Regiements eigentlich zu ſchlieſſen.
Auff eine andere aber geringere Weiſe wird auch die Lands Herrn Regie - rung gemaͤſſiget wenn auch nach beſchehener Theilung in gewiſſe Fuͤrſtenthu - mer vnd Lande etliche Stuͤcke außgeſetzt vnd ins gemein behalten werden / in welchen hernach kein Theil haber allein vnd fuͤr ſich etwas anordnen darff / ſon - dern es iſt der Elteſte ſchuldig die andern deßwegen vmb Rath zu fragen / vnd nach der Meinung der ſie ſich mit einander zu vergleichen haben / in der Sache in alle der andern Nahmen wenn es ihme alſo eingeranmet / zu verfahren oder es werden die Anordnungen in allen ſolchen geſamten Sachen wie ſie einmuͤtig von allen beſchloſſen auch von einem ieden Herrn inſonderheit vnd nahmentlich gehtan / vnd beſtehen ſolche außgeſetzte geſamte Dinge zum Theil auff einen ge - wiſſen Antheil vnd Lande / die man nicht fuͤglich hat theilen koͤnnen / Zum Theilaber25Anderer Theil. aber in etlichen ſonderbaren Regalien vnd Gerechtigkeiten / alß zum Exempel in Bergwercken / Muͤntze / Vniverſitaͤten / Beſchreibung der Landſtaͤnde / Stelle vnd Stimm auff Reichstaͤgen vnd derglei - chen mehr.
Andere maͤſſigungen vnd vermiſchungen entſtehen daher / daß an man -5. Von der Gemein - ſchafft der Anerb - ſchafft. chem Ort ein gewiſſer Benachbarter Fuͤrſt oder andere Obrigkeit die dem Lands Herrn nicht vntirworffen / auch eben ſo viel alß der Landsherr oder doch etliche Rechte vnd Gerechtigkeiten hat / dahero ein Herr in demſelbigen Ort / weiter nicht verfahren darff / alß wie es das alte Herkommen oder die auffgerichteten Vertraͤge in ſolchen Gemeinſchaffts-Orten oder Gewerbſchafften / wie ſie genennet werden / außweiſen.
Weil auch die meiſten Fuͤrſtenthumer Land vnnd Herrſchafft dem Heil. 6. Von dem Recht / der Lehens - Herrn vnd Agnaten. Reich / oder an deſſen Stat einem andern Stand Lehenbar ſind / daß daran nicht allein der Lehensherr ſeinem heimfall / ſondern auch die Vaͤttern vñ Agna - ten die von dem ienigem der ſolches Lehen am erſten empfangen / herſtammen / oder mit dem Beſitzer in geſamter Hand vnnd mit Belehnſchafft ſtehen / ihre Erbfolgung haben / ſo folget darauß / daß ein Landsherr auch ſo weit gebunden iſt / daß er ohne wiſſen vnd einwilligung ſeiner mit belehenten Bruͤdern vnd Vaͤt - tern vnd dann des Lehenherrn / ſolche ſeine Lande / oder einen anſehnlichen Theil davon oder die Lands Fuͤrſtliche Regalien Gerechtſam vnd Herrligkeiten / nicht verkauff en verſchencken / im letzten Willen auf andere alß den es Rechtswegen gebuͤhrt verordnen / auch mit beſtande nicht verpfaͤnden / wiederloͤßlich einraͤu - men oder dergleichen mehr thun kan / was die gebraͤuchliche Lehenrechte verbieten wie wol uͤber dieſem Punct vieler Orten ſonderbare Vertraͤge vnd Erbeinungen verfaſſet ſind / auch ſonſt bey ſo anſehlicher Land vnd Leuten wegen ein vnd an - dern Amt / guts vnnd nutzung derſelben durch die Landsherrn ohngeachtet der Lehenbarkeit viel freyer alß etwa bey geringer Ritter Lehen vnd Guͤtern verfahren. Vnd ſolches vieler Vmſtaͤnde halben ſo genaw nicht geſucht wird.
Summa.
AVß dem was wir oben von der Macht des Landsherrn in gemein erin - nert / daß ſie nicht geartet ſey / wie eine eigenwillige Herrſchafft eines Haußwirts vber ſein Geſinde / iſt leicht zu ermeſſen / daß die Vntertha - nen im Lande mit Sclaven vnnd mit Leib vnd Gut ſo bloß hin ihrem Herrn eigenthumlich ergeben ſeyen / ſondern daß ſie regieret vnd in Gehorſam gehalten werden / wie Freygeborne / vnd vnter einem rechtmaͤſſigen Regiement zu ihrer Leibs vnd Seelen Wolfart verſamlete Leute von einer Chriſtlichen vnd an Goͤttliche natuͤrliche vnd des Reichs Rechte angewieſenen Obrigkeit / von Rechts wegen regiert vnnd in acht genommen werden ſollen / allermaſſen von de - nen vornehmſten Stuͤcken einer loͤblichen Regierungs-Form nach gelegenheitder27Anderer Theil. der Teutſchen Fuͤrſtenthumer in folgenden Capiteln mit mehrern gehan - delt wird.
Vber diß aber vnd inſonderheit ſind auch etliche gewiſſe Hauptſachen / die2. Sonderba re Rechte vnd befuͤg - nuͤſſe der Vntertha - nen. der Landsherr in ſeiner Regierung gegen alle ſeine Vnterthanen nicht allein wie in vorgemeldeten gemeinen Stuͤcken gewiſſens halben vnd bey der verantwor - tung / die einſten der hoͤchſte Gott von Jhme fordern wird / ſondern auch euſſerli - cher verbindlicher ſchuldigkeit wegen / in acht nehmen muß / entweder daß Er oder ſeine Vorfahren es alſo verſprochen vnd zu geſagt / oder Jhme in allgemet - nen Teutſchen Rechten vnd Satzungen / auff dieſe maſſe aufferlegt / oder dem alten Herkommen alſo gemaͤß iſt.
Das vornehmſte dieſer Stuͤcke iſt zu achten / die Erhaltung der Re -3. Erſtlich in Religions - Sachen. ligion, wie ſolche im Lande uͤblich vnd gebraͤuchlich iſt / denn nach nun mehri - gen Reichs Satzungen ſind die meiſten Teutſchen Fuͤrſtenthumer vnnd Herr - ſchafften / vnd dero iedes mahl Regierende Obrigkeiten verbunden / die Vnter - thanen wieder ihre Chriſtliche vnd in Religion Frieden zu gelaſſene Glaubens - Bekantnuͤß vnd offentliche oder ſonſt hergebrachte Vbung derſelben nicht zu be - ſchweren / ſondern ſie vielmehr gebuͤhrlich dabey zu ſchuͤtzen / wie hievon vnten im 11. Capitel deutlicher Bericht geſchehen wird.
Fuͤrs andere pflegen die Vnterthanen des Lands / fuͤr ein beſonder Be -4. Zum an - dern wegen Adminiſtra tion der Iu - ſtitz. fuͤgnuͤß zu begehren / vnd iſt auch alſo in Reichs-Satzungen verſehen / daß der Landsherr uͤber Gericht vnd Gerechtigkeit im Lande halten vnd dahin Trachten ſolle daß einem ieden auff ſeine klage Verhoͤr / vnd Beſcheid / vnd auf daß jenige was er im Recht erhaͤlt / gebuͤhrliche huͤlffe an Orten vnd Gerichts ſtellen / wie von alters Herkommen / wie derfahre / auch ohn verhoͤrter vnd vner - kanter Dinge / niemand Verdampt oder geſtrafft werde / denn im Fall die Lands - herrn diß falls keine rechte Anſtalt machen / die Leute recht - vnd huͤlffloß laſſen / oder ohne einige Form des Gerichts / nach eigenem Sinn verfahren wolten haͤt - ten ſich die Staͤnde vnd Vnterthanen des Lands deſſen mit Fug zu beſchweren / auch in beharrlicher verſagung vnd vnordnung bey der hohen Reichs Obrig - keit / vmb vermittelung ſich zu beklagen.
Fuͤrs dritte ſind die Vnterthanen der Teutſchen Lands Herrſchafften bey5. Drittens wegẽ ihrer Hab vnd Gůter. ihren Hab vnd Guͤtern dergeſtalt berechtiget / daß der Landsherr nicht macht hat / dieſelbe Jhnen / wie etwan in etlichen Tyranniſchen / oder ſonſt eigen maͤchti - gen harten Herrſchafften geſchehen mag / gantz oder zum Theil ſeines gefallens zu nehmen / oder mit andern Renten / Zinſſen / vnd Reichungen alß die von al - ters her oder auß newen rechtmaͤſſigen Vrſachen darauff gebracht ſind / zu be - ſchweren / vnnd alſo dieſelben nach ſeinem gut duͤncken zu Schaͤtzen vnnd zu belegen; Wuͤrde aber im gantzen Reich / oder in dem Kreiß / darein das Fuͤrſtenthum oder Land gehoͤret / eine Anlage gemacht / oder auff des LandsherꝛnD ijanſin -28Teutſchen Fuͤrſten-Statsanſinnen auß bewẽgenden Vrſachen von den Staͤnden des Lands et - was gewilliget / alß denn iſt der Landsherr befugt / ſolches von den Vnter - thanen einzubringen / wie hievon part. 3. cap. 3. lit. von der Lands Stewr - barkeit / Vnterricht erfolgen ſoll.
Weren denn / vierdtens / zwiſchen Lands Herrſchafften vnd ihren Staͤn - den vnd Vnterthanen / ſonderbare Vertraͤge / vnd abſchiede auffgerichtet / vnd darinnen diß vnd jenes denenſelben verſprochen vnd zu geſagt / wie den hin vnd wieder dergleichen Exempel zu finden vnd gemeiniglich bey der Erbhuldigung der Vnterthanen / ſolche verſprechungen wiederholet vnnd bekraͤfftiget werden / So haͤtte es dabey dergeſtalt auch ſein bewenden / daß ohne ein willigung vnd nachlaß der Landſtaͤnde / wieder vnd uͤber ſolche Vertraͤge der Landsherr ſeine Macht nicht gebrauchen koͤnte.
Fielen aber bey ſolchen Befuͤgnuͤſſen vnd vorbehaltnuͤſſen der Vntertha - nẽ ſolche Vmbſtaͤnde vor / daß nach gelegenheit der Zeiten vñ laͤufftẽ ein anders alß von alters Herkommen / zu ergreiffen ſeyn wolte / als denn offters mit Steu - ren vnd Anlagen zu geſchehen pfleget / da gebuͤhrt ſich / daß der Landsherr ſeine Landſtaͤnde / deren wir zu Eingang dieſes Wercks parte 1. gedacht / daruͤber ver - nehmen / vnd mit Jhrer einwilligung handeln / damit Sie wiedrigen Falls ſein vornehmen nicht wiederſprechen vnnd etwa in ſchwere Mißhelligkeiten / vnnd Rechtfertigungen mit Jhme gerathen.
Vber dieſe Haupt-Puncten aber ſind nach andere viel / darinn ein Landes - herr / wo nicht auß Schuldigkeit / doch auß Loͤblicher vnd guter gewonheit / ſeine Landſtaͤnde ebenmaͤſſig zu Rath fraget / vnd Jhre Vnterthaͤnige trewe Mei - nung / vnd Erinnerung anhoͤret / auch wenn er gleich nicht eben dran gebun - den / dennoch von denſelben nicht leichtlich abweichet / ſondern da ſie dazu mahl auff gute vernuͤnfftige Vrſachen gegruͤndet / ſolchen gerne folget / vnd geſchiehet dieſes mehrentheils in denen Sachen / welche zu Erhaltung vnd Ret - tung deß Lands-Fuͤrſtl. hohen Stands / vnd zu gehoͤriger Re - galien, wieder beſorgende ſchaͤdliche eingrieffe / wofern anderſt ſolche Dinge verzug leyden vnd nicht gar heimlich zu Handeln ſeyn / oder zu guter Ord - nung vnd verbeſſerung im Lande / der ſich manniglich zu gebrauchen habe / oder zu ſonderbarer bequemlicher Handhabung deſſen / was ſchon loͤblich geordnet iſt / vorgenommen werden. Wie denn ſolche Exempel der Berathſchlagungen / welche die Landsherrn mit Jhren Staͤnden vnd Vnter - thanen diß falls gehalten in Fuͤrſtl. vnd Graͤffl. Archivis vnd Cantzeleyen / auß denen Landtags Acten hin vnd wieder erſcheinen.
Demnach aber ſolche Berathſchlagungen auff Landtaͤgen zu geſchehen pflegen / So iſt von derſelben Beſchreibung vnd Proceſſ folgendes zu wiſſen / der Landsherr / beſchreibet Mittels eines verſchloſſenen Befehls auff einen gewiſſenvnd29Anderer Theil. vnd nicht zu enge angeſetzten Tag / an einen bequemen Ort ſeines Landes / meh - rentheils aber zu ſeiner Hoffſtadt / alle Staͤnde des Lands / die wir im Erſten Theil oben benahmet / verſihet ſie daſelbſt nebenſt Jhren Dienern vnd Pferden / die ein Jeder nach ſeinem Stand vnd altem Herkommen mit ſich bringet / mit Futter vnd Mahl / oder laͤſſet ihnen davor ein gewiſſes zur Außloͤſung reichen. Wann ſie erſchienen / wird gemeiniglich vor dem Anfang der handlung der Gottesdienſt verrichtet / vnd GOtt der Allmaͤchtige vmb gutes gedeyen ange -10. Von der Landtags Propoſition. ruffen / nach demſelben loͤßt der Landsherr in einem Sahl oder vnverſchloſſenen Gemach / durch ſeinen Cantzler oder vornehmſten Rath (er wolte es denn ſelbſt mit wenigen gedencken / vnd die weiter Außfuͤhrung hernach durch jetzt bemelte Perſon thun laſſen /) denen ſamtlichen Staͤnden die Vrſachen / worumb ſie zu ſammen erfodert ſind / auch die Puneten worinn ihr Bedencken vnd Rath be - gehret wird / muͤndlich anzeigen / auch darauff Schrifftlich dem Oberſten auß den Landſtaͤnden / ſo bald vberantworten / vnd ferner begehren / daß ſich die Staͤnden zu ſammen verfuͤgen / die ptoponirte Puncten wol erwegen vnd dar - auff mit Vnterthaͤniger trewer Eroͤffnung ihres Gutdunckens ſich vernehmen ſollen. Dieſelbe Erklaͤren ſich durch Jhre Landsſchaffts Syndicum oder red - ner / (etlicher Orten werden ſie auch Landſchaffts Cantzler genennet) oder ei - nen ihres Mittels / oder auch den Land Marſchalck / welches in etlichen Orten eine erbliche Dignitet, eines Adelichen oder hoͤhern Geſchlechts iſt / nechſt vorher - gehender Danckſagung fuͤr die zu ſammen Beſchreibung vnnd Erforderung ihres Raths / dahin / daß Sie denen proponirten Puncten nachdencken vnnd ihre Vnterthaͤnige Erklaͤrung daruͤber entdecken wolten / bitten vm̃ Aberitt vnd einen Ort der Zuſammenkunfft / Darauff werden ſie in ſondere Gemaͤcher ge -11. Von or - denelichere Berath - ſchlagung uͤber die Pri - poſition. wieſen / alß in Fuͤrſtenthumern vnd Landen / wo vollige Landſaſſerey iſt die Præ - laten in eines / die Graffen vnd Herren in eines / die von der Ritter - ſchafft in ein anders / vnd die Staͤdte auch in ein anders / oder nach Ge - legenheit bleibt es bey zwey oder drey Claſſen, nach dem der Ritter - oder Herren / vnd Prælaten Stand von der Lands-Fuͤrſtl Hoheit eximite iſt oder nicht. Bey einer iedweden Samlung fragt der obenanſitzende / oder wer es nach altem Her - kommen befugt iſt / die Staͤnde umb Jhre Meinung / vnd vergleichen ſich eines gewiſſen Schluſſes denſelben Communiciretiedere Claſſ mit der andern / biß ſie einer einhelligen Meinung ſich vereinbahret / oder da es nicht ſeyn koͤnte / wer - den eines ieden ſaͤmtlichen Stands meinung oder ſchluͤſſe / auffgezeichnet / vnd da nechſt eine Schriffliche antwort an den Lands-Fuͤrſten verfaſſet / vnnd deſſen Cantzler vnd Raͤthen / oder wen Er dazu verordnet / vnnd wie es ge - braͤuchlich iſt / durch etliche de putirte anß den Staͤnden eingehaͤndiget.
Jſt nun der Landsherr mit ſolcher Erklaͤrung / nach dem dieſelbe reifflich12. Von Land tagsſchluß gegen die Propoſitions Puncten uͤberiegt vnd nach Jhren Motiven betrachtetD iijwerden /30Teutſchen Fuͤrſten-Statswerden / zu frieden / So laßt er ihnen ſolches Anzeigen / vnd wird darauff in ſei - ner Cantzley ein Schrifftlicher-Abſchied / was gehandelt vnd geſchloſſen wor - den / verfaſſen / vnd in beyſeyn des Herrn vnd ſaͤmptlicher Staͤnde / oͤffentlich abgeleſen / mit dem Lands herrlichen Siegel vnd Vnterſchrifft bekraͤfftiget / vnd ſo wol in des Herrn Cantzeley / alß in denen Brieff verwahrungen der Landſtaͤn - de / ſo viel Claßen derſelben ſeyn / etlich mahl bey gelegt / fuͤr einen Schluß vnd Geſetz des Landes gehalten / in offenen außſchreiben vnd Patenten verkuͤndet / vnnd die Landſtaͤnde mit gnaͤdigen Danck vnnd erbieten wieder nach Hauß gelaſſen.
Wuͤrden aber die Staͤnde in Jhrer erſten antwort auff die proponirten Puncten / zweiffelhaffte oder gar abſchlaͤgige vnd wiedrige Meinungen fuͤhren. So wird ihnen darauff wo ihre angezogene Vrſachen nicht erheblich ſcheinen / eine gegen Erklaͤrung oder Replica im Nahmen des Landsherrn Schrifftlich zu geſtellet / darauff ſie anderweie in einer ferneren Antwort oder duplic ſich ver - nehmen laſſen muͤſſen vnd geraͤthet oft in wichtigen vnd verdrießlichen Sachen dahin / daß wol noch mehr Schrifften gewechſelt werden / ehe man eines Schluſ - ſes einig werden kan / doch pflegt man vmb weitlaͤufftigkeit zu verhuͤten / nicht gerne in weitere Schrifften ſich einzulaſſen / ſondern durch muͤndliche Confe - rentz zwiſchen des Landsherrn Raͤthen vnnd allen oder etlichen von den Land - ſtaͤnden / die Sachen darumb man vnterſchiedlicher Meinung iſt / gegen einan - der fuͤrzubringen / biß entweder noch der Propoſition des Landsherren / oder ie in andere nuͤtzliche Wege nach dem Rath der Staͤnde / oder der meiſten auß ih - nen / eine Reſolution gefaſſet wird / darinnen denn der Landsherr deſto behutſa - mer verfaͤhret / weil ſolche Landtags ſchluͤſſe nicht nur die beſchriebene Staͤnde vnd ihre Hinterſaſſen / ſondern auch ſeine vnmittelbare Vnterthanen Aempter / welche woll den groͤſſern Theil des Lands mit machen / zu gleich an - geht / vnd er dißfalls fuͤr dieſelben mit ſorgen vnd handeln muß.
Bey ſolchen Zuſammenkunfften pflegen die Landſtaͤnde auch fuͤrbringen zu laſſen / weſſen ſie ſich etwan bey dem Landsherren / wegen ſeiner Regierung / oder ſonſt wegen ein vnd anderen Mißbrauchs / der von ſeinen Beampten vnd Dienern im Lande fuͤrgenommen werden wolte / zu beſchweren haͤtten.
Dieſelbigen gravamina hoͤret der Landsherr an / vnd wenn ſich befindet / daß ſie nicht etwa ein vnd andere Perſon auß der Landsſchafft inſonderheit an - gienge / die dadurch vielleicht ihren Vortheil vnnd daß jenige ſuchten / was ſie ſonſt Ordentlich nicht erlangen koͤnte / ſondern daß es eine gemeine Klage / die entweder das gantze Land / oder etliche vornehme Staͤnde deſſel - ben / oder zwar nur einen oder wenige / aber mit befuͤrchteten Conſe - quentz vnd einfolge auff andere / betreffen thue / So wird er ſich entweder ſo bald / nach dem die angefuͤhrte Beſchwerungen gegruͤndet iſt / zu billig maͤſſt -gem ein -31Anderer Theil. gem einſehen vnd Abſtellung des Mißbrauchs erklaͤren / oder es auff weitere Er - kuͤndigung ſtellen oder allenfalls auch neben ſeinen Raͤthen etliche auß dem Mit - tel der Landſchafft / welche ſie ſelbſt auß den Verſtaͤndigſten vnd ohnparteyiſchen vorzuſchlagen haben deputiren vnd Ordnen / welche in ſolchen gravaminibus oder Beſchwerungen / die jenigen welche es angeht / es ſeyn nun Staͤnde des Lands / oder Herrſchafftliche Beampte / fuͤrfordern / der Sachen Beſchaffen - heit erforſchen / vñ ein billigmaͤſſigs Mittel vnd abſchied treffen ſollen / Was aber Parteyen vnd Privat-Sachen ſind / die weiſet man fuͤr die ordentliche Gerich - te / vnd befihlet denenſelbẽ in der Sache nach gebraͤuchlicher vnd rechtlicher Wei - ſe zu verfahren.
Wann aber dem Landsherrn ſolche Sachen fuͤrfallen / dazu er zwar15. Vom Auß ſchus auff der Land - ſchafft vnd deſſen Be - ſchreibung. eben nicht auß altem Herkommen vnnd ſchuldigkeit die Landſtaͤnde zu Rathe fragen muß / gleichwol aber auch nicht gerne ohne deren vnbewuſt handelt / oder die Sache beſtehet auff bloſſer Anordnung / gehet aber die Vnterthanen ins ge - mein an / oder wird von einem thunlichen Mittel geredet / wie das jenige / was auff Landtagen beſchloſſen am fuͤglichſten ins Werck zu ſtellen ſey / So pflegt der Landsherr nicht alle Landſtaͤnde / ins gemein / ſondern zu Verhuͤtung der ko - ſten / vnd gewinnung der Zeit / offters auch vmb beſſerer geheimhaltung willen / Einen Außſchus auß denſelben zu ſammen zu beſchreiben / Solcher Außſchus oder benennung etlicher Perſonen bald in Engerer bald in groͤſſerer Anzal / wird mehrentheils auß allen Staͤnden oder Claſſen der Landſchafft / auff einem allgemeinen Landtag beſchloſſen / vnd zu Werck geſtellet / damit der Landsherr wiſſe / welche er in obigen faͤllen zu Erfordern habe.
Es geſchieht auch woll daß nach Gelegenheit der Laͤufften vnd Zeiten / ein ſolcher Außſchus von den ſaͤmptlichen Landſtaͤnden / in denen Sachen bevoll - maͤchtiget wird / die ſonſt fuͤr die voͤllige Landſchafft gehoͤreten / weſſen denn der Landsherr auff dieſe Heimſtellung mit denen vom Außſchus einig wird / das iſt eben ſo viel Kraͤfftig / alß wenn es auff einem ordentlichen Landtag ge - ſchehen were.
Wir wollen hiebey auch nicht vergeſſen / daß die Geiſtliche Fuͤrſtenthumer in Teutſchland deren Haͤupter durch das Dom - vnd Stiffts-Capitel erwehlet werden / nicht wenig vnd Verbindung wegen ſolcher Capitel in ihrer Regierung erlangen deßwegẽgemeiniglich ſonderbare Capitulationes bey der Wahl mit Jhnen auffgerichtet werden / auch die beſchrieben Paͤbſt - liche Rechte hierinn etlicher maſſen Nach - richt geben.
Summa.
WElcher geſtalt die Lands Fuͤrſtliche Regierung in weltlichen Sachen in vier Haupt-Puncten beſtehe / vnd wie ſolche wegen vnterſchiedli - cher Betrachtungen gemaͤſſiget vnd vmbſchraͤncket ſey / haben wir in den vorher gehenden Capiteln zu vernehmen gehabt / darauff nun - mehr zu berichten faͤllet / wie dann ſolch Regierung in allen Jhren Puncten gefuͤhrt werde.
Hievon iſt in dieſem Capitel ins gemein ſo viel anzuzeigen / Einmahl / daß der Landherr das Hauptwerck ſeiner Regierung / am allermeiſten durch ſeine ſelbſt Perſon zu Verwalten habe / Worzu Jhn dann nicht allein die Goͤttliche Ordnung / Krafft deren er im Stand der Obrigkeit lebt / ſondern auch das Loͤbliche herkommen / Recht vnd Befugnuͤß ſeiner Land vnd Leute vnd des gantzen Teutſchlands verbindet / Alßfern er nicht nothwendiger Weiſe we - gen anders wo auch habender Land vnd Leute / hoher expedition in Krieges vnd Reichs Sachen / vnd dergleichen / auff eine Zeitlang oder Ordentlich abweſent ſeyn muß / welchen Falls er dennoch durch einen anſehnlichen Stadthalter vnd deme zu geordnete Raͤthe dem Lande vorſtehen laſt / auch wol je zu Zeitenſich33Anderer Theil. ſich ſelbſt dahin verfuͤget / denn es bezeugen die Geſchichte der Lobwuͤrdigſten Teutſchen Regenten wie ſich dieſelbe von Alters her alſo dapffer / Gewiſſenhaft / Trew / vnd empſſig in Jhrem hohen Beruff des Obrigkeitlichen Ampts erwie - ſen / daß die Vnterthanen vermercken vnnd verſpuͤren koͤnnen / wie Jhr ange - borner natuͤrlicher Erbherr / nicht nur den bloſſen Nahmen vnd Titul ſondern auch die Verrichtung vnd Laſt des Regiements auf ſich habe.
Hingegen geben die Exempel anderer Lande / daß im Fall die Landesherrn ſich Jhrer Regierung nicht ſelſt vnterziehen ſondern andern vnnoͤtigen Sachen obliegen / vnd alles an die Diener laſſen / oder gar zu lang auſſer Lands ſich auff - halten / durch ſolche verſaumnuͤß Jhres Beruffs allerhand vnordnung / Vn - gerechtigkeit vnd groſſes verderben / Jhre Land / vnd Leute betroffen / offt auch die Vnterthanen auffruͤhriſch werden vnd nach einem andern vnd beſſern Regie - ment verlanget.
Es erweiſet ſich aber dieſe Perſoͤnliche bemuͤhung / oder eigentliche Amts -2. Worinn die Perſoͤn - liche bemuͤ - hung des Lands - herrn be - ſtehe. Verrichtung vornehmlich hierinnen / daß der Lands Fuͤrſt einmahl ins ge - mein zu forderſt dahin trachtet / die eigentliche Beſchaffenheit ſeines Landes vmbſtaͤndiglich zu wiſſen vnd ſich bekane zu machen / das ge - ſchehe nun durch eine außfuͤhrliche Beſchreibung alles deſſen was im Land / an Grund vnd Boden / Staͤdten vnd Doͤrffern / Leute / Vnterthanen vnd Dienern Gerichten vnd Gerechtigkeiten / Jhme oder ſeinen Landſtaͤnden zu ſtehet / oder daß er durch lange Erfahrung vnd Augenſchein dieſer Dinge kuͤndig ſey / vnd alſo wiſſe / wie weit vnd woruͤber ſich ſeine Macht vnd Regierung erſtrecke / vnd was er darinn gegen das Reich / ſeine gefreunde vnd die Vnterthanen ſelbſt / we - gen gemeiner Satzungen / vertraͤge / vnd andere Befugnuͤß / wie wir bißhero in dem nechſt vorgehendem Capitel angefuͤhrt / Maſſe halten muͤſſe.
So dann auch vnd inſonderheit nach Anleitung oben geſetzter vier Pun -3. Erſtlich wegẽ ſeines Stats. cten / 1. Daß er Warnimmet / fleiſſig nachdencket / oder ſich offters durch ſeine Raͤthe vnd Diener vortragen vnd berichten laſſet / was etwan im Lande oder auſſerhalb deſſelben vorgehen / dardurch er an ſeiner Fuͤrſtlichen Regierung be - eintrachtiget vnd an ſeiner Hoheit / vnd alſo folglich an rechtmaͤſſiger Vbung ſeines Obrigkeitlichen Ampts Nachtheil vnd Hinderung zu gewarten h[aͤtte.]
(2.) Daß er nichts weniger fuͤr ſich ſelſt / wenn er des Zuſtands ſeines4. Zum an - dern wegen guter Ord - nung im Lande. Lands wol berichtet iſt / auch taͤglich oder oͤffters erfaͤhrt / wie es darinn in allen Staͤnden wol oder uͤbel zu gehet / mit Eyfer vnnd trewer Vorſorge beflieſſen iſt / gute Ordnung vñ Anſtalt zu machen das vbel abzuſchaffen vnd den Wolſtand vnd beſſers auffnehmen allenthalben zu fordern / zu dem Ende er die gute Geſetze vnd Ordnung der Vorfahren vnd die er ſelbſt auffgerichtet in gutem Gedaͤcht - nuͤß erhaͤlt / die daruͤber einlangende Berichte zu hoͤren ſich nicht verdrieſſen /Eoffters34Teutſchen Fuͤrſten-Statsoffters daruͤber Bericht einziehen / die Vberfahrer ſtraffen / vnd die Handha - bung derſelben auffs beſte foͤrdern laͤſt.
(3.) Ob wol zu recht vnnd Gerichts-Sachen gewiſſe Perſonen erfordert werden / die in ſolcher weitlaͤufftigen Wiſſenſchafft mit fleiß geuͤbet vnd erfahren ſind / vnd ein Lands-Fuͤrſt mit Anhoͤrung aller Rechts Sachen vnd entſchei - dung ſchwerer Rechts fragen ſich nicht zu beladen hat / So hat er doch hierinn auch nicht geringe Muͤhe / daß er nicht alliin auch nachdencket vnd fleiſſig erfor - ſchet / ob auch in allen Gerichten das Recht ohnparteyiſch vnd mit Verſtande ertheilet / auch die Leute mit Beſcheid vnd rechtmaͤſſiger verordnung gefoͤrdere werden / ſondern / daß er auch die wichtigſten Sachen / die vor ſeiner Cantzeley hangen / oder auch andere / darinn er von iemands angelauffen vnnd erſucht wird / ſonderlich was die Armen betrifft / ſich ſelbſt Vortragen laͤſt / darauff nach gepflogenem Rath einen billigen Schluß faſſet / vnd demſelbigen nachzu - kommen anbefihlet.
(4.) Weil auch ſein Reſpect vnnd Hoheit ſich endlich am meiſten darin - nen erweiſet / daß er denen jenigen / welche ſich vngehorſam erzeigen / oder die Jhme vnd ſeinem Lande feindlich zu wieder ſeyn / mit rechtmaͤſſigen Mitteln wie - derſtehen vnd zu Handhabung vnd Schutz ſeiner vnd der Seinigen durch euſ - ſerliche Macht ſchreyten kan / ſo laſt ſich auch der Landsherr nicht verdrieſſen zu ſolchem Ende befehl zu ertheilen / auff gute anordnung zu gedencken / Bericht einzuholen / die Vnterthanen in Krieges Verfaſſung zu nehmen / auch in euſſer - ſten faͤllen bey Krieges / Zeiten / denſelben in eigner Perſon vorzuſtehen.
Dann ob es wol an dem iſt / daß ein hoher Regent nicht ſelbſt in allen vor - her erzehlten Stuͤcken die Hand anlegt / vnd alles ſelbſt verrichte / ſondern zu dem Ende Raͤthe vnd Diener hat / vnd beſoldet / deren einer in dieſem der ander in ei - nem andern Stuͤcke arbeiten muß / So hat er doch vber alles die ober - ſte auffſicht / durch fleiſſiges nachfragen / nach dencken auffgute Ordnung vnd anſtalten / erforſchung verſtaͤndiger Rathſchla - ge / vnd ſchleunige Werckſtellung deſſen was er ſchluͤſſig wird / zu verfuͤhren.
Darzu dañ in Warheit eine groſſe Wiſſenſchafft / Erfahrung / Auffrich -[tigkeit]vnd Großmuͤtigkeit ſampt vielen andern Tugenden vnnd qualiteten er -[heiſche]t werden / davon in dem Wort Gottes vnd den Buͤchern der Politiſchen[S]cribenten ein außfuͤhrlicher Bericht zu finden / wie auch eine bequemliche Art vnd abfaſſung geſchehen kan / daß ein Herr alles deſſen was in ſeine hohe Ver - richtung laufft einen kurtzen Außzug zu einer ſtaͤten Erinnerung vnnd Nach - richt vor Augen habe / vnd Jhme alſo bey ſo groſſer Maͤnge der Sachen doch leichtlich nichts entfalle.
Auß35Anderer Theil.Auß dieſem iſt nun Vnſchwer abzunehmen / daß der Landes-Fuͤrſt / zu7. Daß ein Lands - herr Die - ner haben muͤſſe. der Verrichtung eines ieden Stuͤcks der Regierung gewiſſer Raͤthe vnd Die - ner nicht entbehren koͤnne / allermaſſen dieſelbe in allẽ Laͤndern vnd Fuͤrſtenthu - mern von der Lands-Herrſchafft nach erforderung der nothurfft beſtelt werden / von welchen nunmehr vnnd was in Jhre Ampts-Verrichtung laufft nach der Ordnung anſuͤhrung zu thun iſt / vnnd ſtehet hierinn nicht eine geringe Muͤhe vnd Vorſichtigkeit deß Landsherrn / daß er nemlich in Erwehlung vnd Beſtel - lung ſolcher Diener vom hoͤchſten zum niedrigſten woll antreffe / vnd ob Er woll hierinn ſeinen Freyen Willen hat / dennoch mit gutem Rath vnnd Reiffer be - dachtſamkeit verfahre / Sintemahl an getrewen / verſtaͤndigen vnd fleiſſigen Dienern in einem Regiement ein groſſes gelegen.
Es ſind aber etliche gemeine Stuͤcke die in Beſtallung aller Diener /8. Etliche ge - meine Stuͤ cke die in annemung der Diener zu beobach - ten. welche zumahl zu Regiements Sachen noͤtig ſind / mit groſſem Nutz pflegen beobachtet zu werden.
Alß (1.) nehmen die Landsherrn nicht leichtlich andere Diener an / alß die der Religion, welche im Lande in Vbung iſt zu gethan ſind / vnd alſo wegen wiedriger Glaubens-Bekaͤntnuͤß kein Mißtrawen / weder bey dem Herren noch bey dem Lande gegen ſich erwecken / etlicher Orten iſt der Diener Pflicht mit ein - verleibt / daß / da ſie auch von der im Land hergebrachten Glaubens-Bekant -1. nuͤs wolten abweichen / Sie ſchuldig ſeyn ſolten / ſolches dem Lands-Fuͤrſten oder dem jenigen / den er Jhnen vorgeſetzt / zu eroͤffnen / vnd ob er Sie ferner in Dienſten leyden wolte oder nicht verordnung zu gewarten.
(2.) Werden vnd ſollen keine befoͤrdert werden / die nicht zu dem Ampt2. dazu man ſie gebrauchen will geſchickt vnd tauglich genung erſcheinen / vnnd nicht nur alſo von Jhren Freunden vnd Goͤnnern vorgeſchlagen vnnd gelobt / ſondern auch durch Erforſchung anderer der Sachen verſtaͤndiger vnd trewer Diener / im Werck befunden werden / auch Ehrliches Nahmens vnd Herkom - mens vnd mit keiner wiſſentlichen Schandthat vnnd vbeln Leutmuth befleckt / ſondern erbars Lebens vnd Wandels ſind.
(3.) Wo man ſolche Perſonen haben kan / die im Lande geborn / gezogen3. oder mit ihren meiſten Vermoͤgen darinn geſeſſen ſind / pflegt man dieſelben / wenn ſie ſonſt geſchickt ſind / vor Fremden vnd Außlaͤndiſchen zu gebrauchen / weil vermuthlich die Landkinder vnd ingeſeſſene mit mehrer Lieb vnd zu neigung alß andere im Lande dienen.
(4.) Ein iedweder wird vmb mehrer vnd beſſerer verſicherung willen mit4. einem Coͤrperlichen Eyd zu GOtt dem Allmaͤchtigen zu ſchweren belegt / daß Er dem Landsherrn / Trew / Hold / gehorſam vñ gewertig / auch in ſeinem Dienſt trewfleiſſig vnd verſchwiegen ſeyn wolle.
E ij(5.) Bey36Teutſchen Fuͤrſten-Stats(5.) Bey annehmung vnd erhaltung eines Dieners wird auch dahin ge - ſehen / daß er ſich mit einer Leydlichen vnd gewoͤhnlichen Beſoldung / begnuͤgen laͤſt / damit durch groſſe koſtbare vnd vngewoͤhnliche Beſoldung andere nicht zu Neyd erwecket / noch die Fuͤrſtl. einkunfften zu ſehr beſchweret werden.
(6.) Zu einem Ampt vnd Dienſt Verrichtung werden die jenigen nicht mit Nutz angenommen / welche in einem oder andern Stuͤck ſo in ihr Ampts Verrichtung laufft / ein eigenes Intereſſe, Jhrer Guͤter oder anderer Gerecht - ſamen wegen / die ſie im Lande haben moͤgen / zu ſuchen oder zu bedencken haͤtten / damit ſie nicht durch Anlaß des Ampts Jhrer Herrſchafft zu ſchaden vnnd zu ihrem Nutz handeln oder ie in ſolchen Sachen kaltſinnig vnd ohne genugſame Eyffer ſich finden laſſen.
(7.) Nimmt man ſonderlich zu etwas hohen Dienſten / nicht gern ſolche Perſonen / die einer andern Herrſchafft mit der man etwa ſtreitig oder Benacht - bart iſt / mit Pflichten verwand / oder vnter derſelben beguͤtert ſind.
(8.) Weil die Dienſt-Verrichtung beym Regiement nicht einerley ſon - dern mancherley / vnd eine der andern nach geordnet vnd vntergeben iſt / oder et - liche Perſonen alß Collegen neben einander beſtallt werden muͤſſen / So wird iedweder Diener zu gehoͤrigem Reſpect gegen die / welche Jhm nechſt dem Lands Herrn vorgeſetzt ſind / vnd zu guter Vertraͤglichkeit mit ſeinen zu geordneten an - gewieſen / auch wol ehe vnd zu vor einer angenommen wird / die jenige / vnter oder neben welche er kommen ſoll zu vorhero ſeiner Perſon halben vnd ob ſie dabey etwas zu bedencken haben / vernommen / damit in guter Eintraͤgtigkeit vnd ge - ſampter fleiß die Aempter verrichtet werden / zu welchem Ende auch woll den Collegen vnd einandern zu vnd nachgeordneten eingebunden wird / daß Sie ein ander ſelbſt / bey verſpuͤrten maͤngeln Chriſtlich vnd Freundlich zu dem was ſich gebuͤhrt vnd ihr Dienſt erfordert ermahnen / endlich aber wenn keine Beſſerung zu hoffen / es anderweit den vorgeſetzten oder dem Landsherrn ſelbſt anzeigen.
Die Aempter vnd Dienſte aber dadurch der Landsherr Seine weltliche Regierung beſtellt / ſind zum Theil zu allen obigen Stuͤcken der Regierung ins gemein verordnet / etliche aber betreffen nur etliche gewiſſe Puncten deroſelben / wie nun mehr fol - gen ſoll.
Summa.
DJe Vornehmſten vnd zu allen Puncten der Lands Regierung beſtel - te Diener / ſind die Regierungs Raͤthe / vnter welchen Namen wir all - hier ins gemein die jenigen meinen / welche ſo woll zu Stats alß Juſtitz Sachen verordnet werden vnnd darunter an den meiſten Orten der Cantzler der vornemſte iſt.
Der Nahme eines Cantzlers iſt auß Welſchen Lande / vor etlich hun -1. Von dem Nahmen / vnd Stand der Cantz - ler vnd Raͤthe. dert Jahren in Teutſchland auffkommen / vnd anfaͤnglich nur von der Koͤnige vnd Keyſers Oberſten bedienten zu Regiements vnd Iuſtitz Sachen / welche denen andern dazu Beſtelten vorgeſetzet waren / vnnd uͤber die Cancellen oder Gittere vnd verwahrung der Gerichts-Stellen vnd geheymen Schreibereyen / die Auff ſicht haͤtten / gebraucht / auch ſolches Ampt mehrentheils geiſtlichen Perſonen / Biſchoffen vnnd Abten vertrawet worden / vnnd wird man bey de - nen Teutſchen Fuͤrſtenthumern ehe man nach vnd nach die Lands Regierung beſſer gefaſſet vnnd ſonderlich die Keyſerlichen Lateiniſchen. Rechte in Teutſch - land in vollenſchwang kommen / dieſen Namen nicht / die Verrichtung aber ſoE iijferne38Teutſchen Fuͤrſten-Statsferne finden daß zum Theil zu der Zeit ſolche durch die vornehmſte Hoffbediente vnd Raͤthe auß der Landſchafft / zum Theil aber durch Gelehrte / die Sie ihre Oberſte Notarien oder Schreiber genennet / verrichtet worden.
Der Nahme vnd Ampt aber eines Raths / oder wie ſie die Alten genent / Rathgebers vnd heimlichen iſt in Teutſchland lange Zeit gebraͤuchlich geweſen / vnd haben deroſelben die Regenten bey ſo weitlaͤufftiger vnnd ſchwerer Verrichtung Jhres Ampts nicht entbehren koͤnnen / ſonderlich nach dem die Kriegeriſche Zeiten vnd eigenwilliges Verfahren in Teutſchland durch die Reichs-Geſetze vnd Verordnung des Lands-Friedens auffgehoben / vnd alſo denen Fuͤrſten vnd Herrn Ruhe vnd Zeit gegeben worden die Regierung Jhrer Laͤnder beſſer zu beſtellen.
Wir reden aber allhier von ſolchen Raͤthen / die man ſonſt wuͤrckliche Re - gierungs Hoff - vnd Iuſtitien Raͤthe nennet / vnd zu der Regierung des Lands in der Rathſtuben vnd Cantzeley gebrauchet / vnter welchen der Obriſte der Cantzler iſt. Denn auſſer vnd neben dieſen pflegen die Fuͤrſten auch etliche vornehmen oder vertrawten Perſonen / von Adel / vnd Gelehrten / Ehren wegen vnd zu Bezeugung Jhrer gnaͤdigen Affection, den Titul eines Raths zu geben / etliche auch nicht zu ſteter Verrichtung / ſondern nur von Hauß auß / daß ſie auff Erfordern in dieſem oder jenem geſchaͤffte dienen muͤſſen / anzunehmen.
Weil deñ nun Cantzler vnd Raͤthe ſolche Perſonen vnd Diener des Lands Fuͤrſten ſind / welche Er in verfuͤhrung ſeines Regiements zu Rathe fraget / vnd die vornehmſten geſchaͤffte ſonderlich aber die Oberſte auffſicht in Regiements - Sachen durchs gantze Land / vnd die Ertheilung der hoͤchſten Iuſtitz vnd Ge - richtbarkeit / durch ſie verrichten laſt / So iſt leichtlich zu ermeſſen / daß dieſelben von guten Eigenſchafften / Verſtand vnd Tugend ſeyn muͤſſen / ſollen ſie an - ders Jhrem Herren vnd dem Lande mit nutze rathen / dienen vnnd vorſtehen koͤnnen.
Darumb pflegt auch der Landsherr in beſtellung vnd annehmung derſel - ben groſſer behutſamkeit zu gebrauchen vnd nicht allein auff die in vorigem Ca - pitel gemeldete gemeine Stuͤcken / ſondern uͤber dieſes auch dahin zu ſehen / daß Sie genugſam Gelehrte vnd nechſt erforderter Wiſſenſchafft in der Chriſtlichen Religion, der Politiſchen Welt Weißheit vnnd der Stuͤcke die zu einem wolbeſtelten Regiement gehoͤren / So dann des gemeinen Keyſerlichen vnd der Landuͤblichen Rechten der Satzungen vnd Beſchaffenheit des Roͤmiſchen Reichs vnd deſſen hoͤchſter Gerichte / wol vnterwieſen vnd erfahren / auch des Lands vnd deſſen Ordnung vnd gewonheit / vnd der ange - legenheit Jhres Herren entweder bereits wiſſent / oder doch ihrer geſchickligkeit nach leichtlich zu informiren ſeyn.
(2.) Jhrem39Anderer Theil.(2.) Jhrem Stand vnd Herkommen nach / werden entweder geborne Edelleute / oder ſolche Perſonen die Jhrer geſchickligkeit vnd Wiſſenſchafft halben auff den Hohen-Schulen mit einem Ehren-Titul vnnd Gradu wie mans nennt eines Doctorn oder Licentiaten gewuͤrdiget werden / oder doch denenſelben gleich zu Schaͤtzen / zu Raͤthen beſtellet.
(3.) Ob wol allen Menſchen alle Gaben nicht verliehen ſind / ſo befleiſſigt ſich doch ein Landsherr dahin / daß neben ſolchen nothwendigen Stuͤcken alle oder etliche ſeine Raͤthe auch ſonſt gute qualiteten, alß Wiſſenſchafft der ſprachen / Beredtſamkeit / hoͤffliche Sitten / Erfahrung vnnd Kundſchafft anderer Laͤnder vnd dergleichen haben moͤgen / da - mit man ſich deroſelben in vnnd auſſerhalb Landes deſto fuͤglicher gebrauchen koͤnne.
(4.) So auch einem ieden Menſchen ſonderlich der einem andern vnnd hoͤhern zu gemeinem Wolſtand dienen will / die Tugend der Gottesfurcht / De - muth / Friedfertigkeit / Sanfftmuth / Keuſchheit / Maͤſſigkeit vnd Erbarkeit / Hoͤffligkeit / Auffrichtigkeit / Redligkeit / Vermeidung des Geitzes / Warhafftig keit / Verſchwiegenheit vnd Genugſamkeit / noͤthig vnd anſtandig ſind / So vielmehr vnd trefflicher werden ſie an denen Perſonen der Cantzler vnd Raͤthe / wegen des hohen Ampts darein ſie der Lands-Fuͤrſt ſetzet darinne ſie auch Got - tes Ehre vnd des Landes Wolfart foͤrdern / das recht maͤnniglich ohnparteyiſch ertheilen vnd das uͤbel im Lande abſchaffen ſollen / vnumbgaͤnglich erheiſchet vnd erfordert / wie Sie denn auch gemeiniglich in Jhren Beſtallungen dahin an - gewieſen vnd verpflichtet werden.
Jhre Verrichtung an ſich ſelbſt iſt in gleicher geſtalt in Jhrer Beſtal -3. Die Ver - richtung der Raͤthe: in ſechs Puncten. lung / auch woll in gewiſſen Cantzeley Ordnungen zu finden / vnd laufft in Summa dahin auß / Daß ſie dem Landsherrn in allen Sachen die Lands - Regierung betreffende / entweder vnd zwar Ordentlich auff ſein Befehl vnnd erforderung oder auch vor ſich wann ſie ihre Pflicht vnd Gewiſſen dazu antrei - bet / So denn auch in allen Rechts Sachen die vorden Landsherrn kommen / Jhren trewen Rath wie in einem vnd andern Stuͤck zu verfahren / was zu thun oder zu laſſen / wie dieſe oder jene Sache zu entſcheiden ſey / vnd frey vnd Gewiſ - ſenhafft eroͤffnen vnd dazu mit Fleiß vnv Verſtand bedient ſeyn ſollen.
Darzu denn erfordert wird / Erſtlich daß ſie ihrem beſten Verſtande nach / ins gemein zwar die Furcht Gottes / Erbarkeit vnd Trew / vor Augen haben / ſo denn nach Gelegenheit iedwedere Sache darauff ſehen vnd Jhr Gemuͤts Mei - nung vnd Rathſchlag darauff Fundiren / was Vertraͤge / Teſtamentẽ, Begna - digung / Privilegia, Conſtitutionen vnnd Ordnungen des Landsherrn vnd deſſen Vorfahren / loͤbliche hergebrachte Gewonheiten / oder in Mangel de - roſelben die Landuͤbliche vnd endlich die gemeine Reichs Rechte vnd Satzungenmit ſich40Teutſchen Fuͤrſten-Statsmit ſich bringen vnd wie in ſolcher Sache den Erſten Punct der Lands Regie - rung betreffende der gemeine Nutz vnd Wolfart / der Land vnd Leute vielmehr alß der Privat-Vortheil vnd eigner Wille / vnd in Iuſtitz-Sachen / was recht - maͤſſig iſt / ohne Gunſt oder Freundſchafft gegen die Parteyen / beobachtet werde.
Vors andere bringt auch Jhr Dienſt mit ſich / daß ſie in ſolchen Regie - rungs-Sachen die Nachrichte vnnd Schrifften oder Acten, wie die in den Fuͤrſtl. Archiven vnd Brieff Gewelben verwahrt oder taͤglich bey der Cantzeley einkommen vnd geſamlet werden fleiſſig Leſen / erwegen darauß verſtaͤndiglich vnd trewlich Referiren oder vorbringen / was darinn enthalten ſey / vnd wovon die frage vorfalle.
Drittens daß ſie daruͤber ihre Meinung vnd Vota deutlich / kuͤrtzlich vnd eigentlich / ſo viel GOTT Verſtand vnd Gnade verliehen / fuͤr bringen vnnd eroͤffnen.
Vierdtens daß ſie auch das jenige was beſchloſſen iſt / entweder nach dem es wichtig / ſelbſt Schrifftlich in Reiner Teutſcher Sprache zierlich vnd nach Gewonheit oder Stylo der Cantzeley abfaſſen / oder den Jnhalt / wie es von den Secretarien auffgeſetzet werden ſoll / in ein ſonderliche Regiſtratur dictiren vnd auffzeichnen laſſen.
Fuͤnfftens ſo ſtreitige Partheyen oder andere / mit denen der Landsherr re - den oder ſie auff Jhr begehren hoͤren laſſen will / fuͤr die Rathſtuben beſchieden werden / gebuͤhrt einem Rath die Anzeige vnd Eroͤffnung muͤndlich mit Glimpf vnd Verſtande zu thun / worauff ſi[ch]der vorbeſchiedene herauß laſſen ſoll / oder worinn man Jhn hoͤren wolle / nichts weniger das fuͤrbringen in die Raths - Buͤcher oder Protocoll zu ſchreiben vnnd einzuzeichnen / auch auff gemachten Schluß den Beſcheid oder Antwort muͤndlich zu eroͤffnen oder daß es in Schrifften geſchehen ſoll anzudeuten.
Sechſtens / fielen aber Sachen vor / darinn der Landsherr durch einen Rath auch auſſerhalb der Rathſtuben entweder im Land mit ſeinen Vntertha - nen vnd Staͤnden oder mit ſeinen Dienern oder Fremden ankommende Ge - ſandten etwas wolte reden handeln vnnd vornehmen laſſen / oder er wolte Jhn auch anders wohin an andere Fuͤrſten Herren oder Perſonen mit denen man zu thun hat / alß einen Geſandten oder abgeordneten ſchicken / So iſt der Rath Schuldig ſich dazu in Ehrlichen vnverkleinerlichen Werbungen / vnnd hand - lungen gebrauchen zu laſſen / vnd das jenige Mund vnd Schrifflich vorzubrin - gen was Jhm entweder muͤndlich / oder in Schrifftlichen Inſtiuctionen an - befohlen iſt / auch was er verrichtet / trewlich vnnd fleiſſig ſeinem Herrn zu referiren.
Damit41Anderer Theil.Damit aber dieſe Jhre Ampts Verrichtung deſto ſchleuniger / auch or - dentlicher vnd bequemlicher von ſtatten gehe / Jſt dabey ferner auß loͤblicher Ge - wonheit wolbeſtalter Polliceyen zu mercken.
(1.) Daß der Regierungs oder Hoffraͤthe zu beſſerer Verrichtung vnd4. Etliche vñ ſtaͤnde bey dem Ampt der Raͤthe / alß erſtlich die Anzahl Außtheilung der Sachen / auch mehr gute Rathſchlaͤge vnd Gedancken zu haben eine gnugſame Anzahl nach Gelegenheit des Lands vnnd fuͤrfallen der Verrichtung ſeyn muͤſſen.
(2.) Daß darunter einer zu einem Præſidenten, vnd Directorn mehren - theils vnter dem Nahmen vnd Titul eines Cantzlers / verordnet iſt / welcher fuͤr den andern den Vorzug vnd Reſpect hat / Eine Sache in Abweſen vnnd an5. Zum an - dern die Di - roction durch das Ampt des Cantzlers. Statt des Landes-Fuͤrſten oder die jenige welche der Herr ſelbſt nicht zu Propo - niren pflegt zu Berathſchlagung in die Vmbfrage zu bringen / der Raͤthe mei - nung daruͤber zu begehren den Schluß nach den mehrern Stim̃en zu machen / denſelben zu ſeiner Abfaſſung in die Cantzeley anzubefehlen.
Alſo auch bey verhoͤren vnd Vorbeſchieden den Vortrag zu thun vnd Ant - wort zu geben / dem Lands-Fuͤrſten einen Schlus der ſaͤmptlichen Raͤthe zu Re - feriren, alles was in der Cantzeley auffgeſetzet wird / zu forderſt zu durch ſehen / zu verbeſſern auch wenn es ins Reine geſchrieben / was nicht gar wichtige Sa - chen ſind vnd von Landes-Fuͤrſten ſelſt vnterſchrieben werden / im Nahmen deſſelben oder der Reglerung vnd Cantzeley zu vnterſchreiben / auch daß es mit dem Fuͤrſtlichen Wapen vnd Secret, bedruͤcket werde / anzuordnen / maſſen er denn vber ſolch Siegel die Inſpection vnd Verwahrung hat / Jngleichen hat er vor andern auff die Bedienten der Cantzeley gute auffſicht zu haben / vorgehende Maͤngel ihn anzuzeigen vnd abzuſchaffen.
(3.) Vnter den andern Raͤthen / wird vmb Verhuͤtung Streits vñ Con -6. Drittens die Ord - nung vnd Vorgang vnter den Raͤthen. fuſion, die Ordnung gehalten / daß ein iedweder den Stand vnd Ehrenſtelle nimmt nach der Zeit / wie er zu einem Rath angenommen werde / Es wolte dann der Landes-Fuͤrſt auß bewegenden Vrſachen ein anders Verordenen vnd nach ſolcher Ordnung legen ſie auch Jhre Vota vnd Relationen ab / dirigirt auch in Abweſen des Cantzlers vnd veriritt deſſen Stell der Aelteſte oder erſte nach Jhm in der Raths-Ordnung / doch wenn der Raͤthe einer etwas ordentlich fuͤr ſich vorbringt / vnd raferirt, wird Er mit ſeiner Meinung zu erſt gehoͤrt / vnd wieder dergleichen gute Ordnung pflegt nicht gehandelt noch von einem dem ander[n]zur Vngebuͤhr ins Wort gefallen vnd vorgegrieffen / viel weniger er wegen[ſei -]ner Meinung verdrießlich auff gezogen oder verachtet zu werden / Sondern wird zu des Herrn oder der mehrern Stimmen Außſchlag geſtalt / welche Meinung zu ergreiffen ſey. Bey anſehnlichen groſſen Lands Fuͤrſtlichen Regierungen wird zwar dieſe Ordnung auch / aber dabey dieſes[V]bung gehalten / daß zwey Baͤncke oder Reihen der Raͤthe ſind / auff de[ren]erſten die Adels oderFhoͤhern42Teutſchen Fuͤrſten-Statshoͤhern Standes-Perſonen auff der andern die Gelehrte vnnd Graduirten ſitzen.
(4.) Damit ein iedweder Rath in ſeinen Votis deſto Freyer vnd Gewiſ - ſen haffter ſeye / auch die andern nicht hieran hindere / So pflegt man nicht gern zu leyden / daß Einer in eines andern Herrn Neben-Beſtallung ſich einlaſſe / viel weniger einer oder andern Partey ſonderbaren Vorſpruch vnd Sollicitatur auff ſich nehme / gebuͤhrt ſich auch / daß er in Sachen / die Jhn oder ſeine nahe Freunde betreffen / abtrete vnd ſich Votirens vnd Anordens enthalte / ins ge - mein auch in keiner Sache / die vor der Regierung anhaͤngig oder dahin gehoͤrig iſt / denen Intereſſenten ſeinen Rath ertheile.
Der Zeit halben iſt es wegen vieler Regiements-Geſchaͤffte gebraͤuchlich / noͤtig / vnd alſo geordnet / daß die Cantzler vnd Raͤthe offters vnd mehrentheils taͤglich in der Rathſtuben zu ſammen kommen / vnd Jhrer Verrichtung ab - warten / auch ohne Erlaubnuͤs des Landsherrn vnd Anzeige ins Collegium, nicht verreiſen noch auſſen bleiben / doch ſind Sonn vnd Feſttage wie auch zu ihren Privat-Geſchaͤfften vñ in etwas zu ruhen etlicher Orten die Nachmittags ſtunden alle Tage / anderswo wochentlich zween oder drey Nachmittage auß - geſetzet.
Jngleichen damit die Sachen der Lands Regierung abſonderlich / vnd die Gerichtbarkeit betreffende ein ander nicht hemmen vnnd auffhalten / Sind an den meiſten Orten gewiſſe Tage geſetzt / auff welchen vorbeſchiede vnnd Ge - richts-Haͤndel an zu Ordnen / oder die Sachen welche die Wochen uͤber ſich ge - haͤufft vnd in zwiſchen von den Raͤthen abſonderlich geleſen oder vorgenommen worden / in Beyſeyn aller Raͤthe vorzutragen vnd zu ſchlieſſen.
Zum ſechſten / nach dem der Geſchaͤffte in einer Lands-Regierung ſehr mancherley ſind vnd etliche den Stat oder die Erhaltung der Fuͤrſtl. Hoheit an ſich ſelbſt / Etliche die Vnterthanen des Landes vñ Jhre angelegenheiten betref - fen / So pflegen in groſſen Fuͤrſtenthumern dieſe Sachen geſondert / vnd zu de - nen jenigen welche Jhrer wichtigkeit nach in den erſten / andern vnnd dritten Punct der Regierungs-Geſchaͤffte lauffen / beſondere Raͤthe / welche man Ge - heime nennt / beſtelt zu werden / darinne wiederumb ein gewiſſer Director, Stadthalter / Præſident oder Cantzler verordnet / welche mit den gemeinen Land[vnd]Iuſtitz-Sachen nichts zu thun / ſondern allein in ietzt gedachten vornemſten[Re]gierungs Puncten / die wir hiernechſt erklaͤren werden / Jhre Rathſchlaͤge[zu]faſſen haben / Jn mittelmaͤſſigen Fuͤrſtenthumen vnd Landen aber / pflegt man zwar die Raͤthe alle in einer Wuͤrde vnd zu beyderley alß nemlich ſo wol zu Stats alß Iuſtitz Sachen zu beſtellen / doch damit keine Verwirrung der Haͤn - del vorgehe vnd eines das ander hemme / ſo werden entweder auß dem Mittel der Raͤthe etliche abſonderlich zu ſolchen Sachen alß zu gleich Geheime oderStats43Anderer Theil. Stats Raͤthe beſtellt / oder es pflegt der Landsherr nach ſeinem Belieben zu gewiſſer Zeit ſolche Dinge fuͤr zu nehmen / vnd etliche der Raͤthe nach Belie - bung vnd die er zu derſelben Sache am tauglichſten achtet / oder bey der Hand hat / zu brauchen / vnd die vbrigen bey den Iuſtitz Sachenzu laſſen.
(7.) Weil viel Sachen vorlauffen die zum Theil die weltliche Regierung /10. Zum Sie - benden die Communi - cation mit andern Col - legiis. theils aber das Geiſtliche Kirchen vnd Schulweſen / theils auch des Lands - herrn Einkunfften vnd alſo genante Cammer-Sachen betreffen / ſo iſt ſolchen Falls gewoͤnlich / daß die Regierungs-Raͤthe entweder die Bedienten in den an - dern beyden Stuͤcken / welche hierunten auch beſchrieben werden ſollen / zu ſich ziehen / vnd ihr Gutduͤncken auch vernehmen / oder einen ihres Mittels zu den - ſelben ordnen / damit deſto gruͤndlicher vnd mit genugſamen Bericht alles ge - handelt werde.
(8.) Entlich weil ſich bißweilen bey der Regierung die Geſchaͤffte vber -11. Erleichte - rung der Rathſtu - ben durch Commiſſio - nes. hauffen / oder doch ſolche Sachen fuͤrfallen / die durch Augenſchein / muͤndlich vnterredung / vnd guͤtliche Fuͤrſchlaͤge leichter zu verrichten ſcheinen / oder ſo ge - ring ſind / daß man damit eine gantze Samlung der Raͤthe nit zu bemuͤhen hat / ſo werden in ſolchen Regiements auch ſonderlich in Gerichts-Sachen entweder vom Landesherrn / oder deſſen Regierung / Commißionen vnnd Befehle / an einen oder den andern Rath / Beampten oder andern Diener oder Stand im Lande ertheilet / auch gewiſſe Puncten vnd Inſtructiones fuͤrgeſchrieben / daß ſolche Commiſſarien entweder das jenige / was ſonſt die Regierungs-Raͤthe ſelbſt thun ſollen voͤllig außrichten vnd Verordnen oder doch daruͤber nothduͤrf - ftige Erkundigung vnd Vorbereitung anſtellen vnd den Verlauff dem Lands - herrn zur fernern Verordnung berichten ſollen.
Denen Cantzler vnnd Raͤthen ſind nun nachgeordnet die Bedienten der12. Beſtellung der Cantze - ley. Cantzeley / nemlich die Secretarien, Regiſtratorn vnd Cantzeliſten. Der Secre - tarien Ampt iſt / daß Sie daß jenige was in der Rathſtuben geſchloſſen vnd Jh - nen daſelbſt anbefohlen oder in der Schrifftlichen Regiſtratur der Rathſchluͤſſe Jhnen vbergeben wird / in gebuͤhrlicher Form vnd gewoͤnlichem Stylo oder rede13. Ampt vnd vnterſchied liche Be - ſtellung der Secretarien. vnd ſchreib-Art der Cantzeley vnd des Hoffs / zu Papyr bringen vnnd Concipi - ren, es ſeyn nun Befehle / Außſchreiben / Reſolutiones auff einkommende Sup - plicationen, Beſcheide / Abſchiede / Inſtructionen, memorialen, oder Schrei - ben vnd Brieff wechſelungen / Jngleichen haben ſie in der Rathſtuben das Pro - tocoll oder niederſchreibung deſſen was die Parteyen vnd andere vorbringen / zu fuͤhren / vnd ſonſten muͤndliche andeutungen vnd Vortraͤge auff ſich zu neh - men die Jhnen in der Rathſtuben auffgetragen werden / An etlichen Orten pfle - gen ſie auch die Schluͤſſe der Raͤthe / dem Landsherrn allein zu referiten, wel - ches aber anders wo nicht geſchieht / ſondern vielmehr fuͤr einen Mißbrauch ge - halten wird. Nach dem aber der Geſchaͤffte mancherley ſind / ſo werden auchF ijbey44Teutſchen Fuͤrſten-Statsbey denen Cantzeleyen die Verrichtungen vnter den Secretarien vnterſchiedlich befunden / denn wo beſondere geheime Raͤthe ſind / da werden auch geheime Se - cretarien vnnd Cantzeliſten gehalten / ſind aber ſolche Sachen gleich in einer Rathſtuben zu ſammen geſchlagen / ſo iſt ein gewiſſer Cammer oder Geheimer Secretarius zu den Stats oder Reichs oder Kriegs-Sachen / ein ande - rer zu den Lehen oder Adels-Sachen / ein ander zu den Gerichts - Sachen / vnd nach Gelegenheit des Landes / einer zu den Sachen dieſes oder jenes Creyſes vnd bezircks im Lande der andere zu andern beſtelt.
Die Regiſtratoren vnd Actuarii werden zu dem Ende gehalten / daß ſie in der Cantzeley die Acten vnd Schrifften / wie ſie die Secretarien ſamlen vnnd ordnen / zu ſammen bringen an gehoͤrige Ort legen / zeichnen / einhefften vnnd foliiren laſſen / auch nach Gelegenheit den Jnhalt derſelben Summariſch dar - auff ſchreiben / in der Rathſtuben aber die Summ der ein kommenden Suppli - cationen vnd Schrifften / wie ſie die Raͤthe dictiren oder es Jhnen ſelbſt her - auß zu ziehen anbefehlen / ſo wol auch das Decret oder den Schluß darauff in gewiſſe Verzeichnuͤß vnd Regiſtratur bringen / etlicher Orten gebuͤhrt Jhnen auch den Tax der Cantzeley gebuͤrend anzuſetzen / oder es iſt dazu in groſſen Can - tzeleyen ein eigener Taxator verordnet.
Darneben beſtellt man auch einen Archivarium, oder Vorſteher des Brieffs-gewelbs / darinn die Original, Vrkunde allerhand Sachen zu Lands - Regierung gehoͤrig / wie auch der Parteyen geſchloſſene vnnd abgeurtheilete Sachen in Schrifften verwahret / vnd in richtiger Ordnung gehalten werden muͤſſen / damit man dieſelbe auff beduͤrffenden Fall bald finden / vnd ſich ſaitſa - men Berichts darauß erholen koͤnne / hierbey liegt dem Archivario ob / eine rich - tige Regiſtratur daruͤber zu halten / was man bedarff auff Befehl herauß zu ge - ben / wieder abzufodern / vnnd an gehoͤrigen Ort zu legen / die Schrifften ſelbſt / daß ſie nicht Schadhafftig werden / in acht zu nehmen / wo noͤtig dieſelbe Copi - ren zu laſſen / außwendig / auff die Acten den Titul oder Rubric zu bringen vnd darnechſt die Stuͤcke / ſo darinn befindlich / Summariſch zu verzeichnen.
Cantzeliſten ſind beſtellet die Schriffliche Auffſaͤtze der Raͤthe vnd Secre - tatien ins Reine zierlich vnd Recht vmbzuſchreiben / gebuͤhrliche Titul Eingang vnd Schluß / darzu ſie eine ſonderliche Nachricht vnd Titulatur Buch bey der Cantzeley haben / dazu zu bringen / die Concepta wieder an ihren Ort zu uͤberge - ben / in Recht haͤngigen Sachen der Parteyen vnd ihrer Advocaten anbrin - gen / wie ſie es etlicher Orten muͤndlich in die Feder Dictiren, nach zu ſchreiben / vnd was ſonſt mehr Jhnen mit ſchreiben Copiren vnd dergleichen obliegt / zu verrichten / Der Erſte vnter denenſelben hat gemeiniglich uͤber diß das Ampt17. Deß Bo - thenmei - ſters. eines Bothenmeiſters / in dem er alle Brieff / Schreiben vnd Befehle der Herr - ſchafft auß der Cantzeley ins Reich vnd ins Land entweder durch eigene vnndverpflich -45Anderer Theil. verpflichtete Cantzeley Bothen / die deßwegen Wartgeld vñ gewiſſen Lohn haben / oder ſonſt andere gewiſſe Gelegenheit / vnd denen ordentlichen Poſten beſtellen / wie wohin vnd wann Sie gelchickt worden auffzeichnen / in gleichen von denen die bey der Cantzley ankommen / die Brieffe auffnehmen / die Zeit der Præſen - tation darauff ſchreiben / vnd in die Rathſtuben / oder dem Landsherrn ſelbſt / wenn ſie von vornehmen Orten kommen / oder zu ſeinen eigenen Haͤnden hal - ten / angeben muß.
Endlich wird auch ein oder mehr Cantzley Diener denen Raͤthen vnnd18. Vnd der Cantzley Diener. Cantzeley Verwandten bey der Rathſtuben vnd Cantzeley mit einer vnd andern Auffwartung / Anſchaffung vnd verrichtung ihres Befehls an die Hand zu ge - hen / die Gemaͤcher heitzen / ſaubern / auff vnd zu ſchlieſſen zu laſſen / beſtellet / vber welchen allen man ſich in den Cantzley Ordnungen weitlaͤufftig erſehen kan.
Summa.
Weil47Anderer Theil.
DEn erſten Punct der Landes Regierung haben wir oben alſo beſchrie - ben / wie er darinne beſtehe / daß der von GOtt verliehene Stand die dazu gehoͤrige Ehr vnd Macht / vnd alles daß jenige / was darzu dienet vnd Mittel giebt / in ſeinem gebuͤhrlichen Weſen / vor Vnordnung / Abgang vnd verletzung / zu erhalten / damit der Landes-Fuͤrſt daß anſehen vnd die Kraͤffte habe den Heylſamen Zweck in allen Staͤnden zu erreichen vnd ſeine Regierung vber Land vnd Leute nutzbarlich ſpuͤren vnd mercken zu laſſen.
Dieſes nun Stuͤck weiſe vnnd zwar alſo wie es ſich in den meiſten Teut -1. Einthei - lung dieſes. Capitels. ſchen Fuͤrſtenthumen vnd Landen / vnſerm ietzo vorgenommen Zwecke / nach be - findet / zu erklaͤren muͤſſen wir vnſer Abſehen richten / Einmahl auff die ſonderbahre Dinge / darinnen die Erhaltung der Landes-Fuͤrſtlichen Macht vnd Hoheit beſtehet / oder auch im Gegenſpiel / dadurch ſie angegrieffen vnd ver - mindert wuͤrde; So dann auch auff etliche Arten vnd Weiſen / die bey Ver - richtung vñ Behauptung ſolcher Stuͤcke uͤber die Gemeine Erinnerungen / die wir in vorhergehenden Titul angezogen vom Landes-Fuͤrſten vnnd deſſen Raͤ - then in Acht genommen werden.
Daß Erſte Theil dieſes Capitels / nemlich die Special Stuͤcke / wo -2. Erſte: Theil nem - lich die er - zehlung der Stuͤcke dar inne die Stats er - haltung be - ſtehet. 3. Alß erſt - lich die Er - haltung der reinen Reli - gion. rinnen die Behauptung des Erſten Puncts in Regiement beſtehe / belangend. So iſt Anfangs / nach dem vns an der Seelen Wolfart mehr / alß an Erhal - tung des ſterblichen Leibes gelegen / allhier zu erinnern / daß auch dem Lands - herrn / alß weltlichen Regenten / vnd alſo nach Jhm ſeinem Cantzler vnd Raͤ - then zu foͤderſt obliege / darauff neben denen zu den Geiſtlichen Sachen verord - neten / bedacht zu ſeyn / wie die Chriſtliche Religion mit Predigen des Goͤtt - lichen Worts vnd Adminiſtration der H. Sacramenten im Lande lauter vnd vnverfaͤlſcht erhalten / geſchuͤtzet vnd gehandhabet / vnnd darwieder weder im Hauptwerck / noch auch in euſſerlichen Kirchen-gebraͤuchen vnd Ordnungen ohne ſonderbahre erhebliche Vrſach nichts geendert werde. Vnnd wird ein Chriſtlicher Regent ſich gewiß verſichern / daß an Beobachtung dieſes notwen - digen Puncts vñ Erhaltung des thewren Kleinods des Goͤttlichen Worts alle ſeine beſtaͤndige Wolfart vnnd rechte Gluͤckſeeligkeit auch in zeitlichem Regie - ment hange vnnd herflieſſe / ohne dieſes hoͤchſte Gut auch alle andere zeitliche Macht vnd Hoheit vergeblich vnd nichtig ſey: Weil wir aber vom Geiſtlichen Regiement abſonderlich hiernechſt handeln werden / ſo laͤſſet man auch weitere Außfuͤhrung dieſes Stuͤcks dahin verſchoben ſeyn.
Nach48Teutſchen Fuͤrſten-StatsNach dieſem wird zu erſt erheiſchet vnd dahin geſehen / daß die Landes - Fuͤrſtliche Hoheit vnd Oberbottmaͤſſigkeit an ſich ſelbſt vnd ins gemein vnver - ſehrt erhalten vnd im Lande befeſtiget werde:
Erſtlich zwar gegen die Vnterthanen. 1. Zu foͤderſt in dem daß niemand darinn gelitten vnd haͤußlich ſich nieder zu laſſen geduldet werde / welcher nicht den Herrn des Landes fuͤr ſeine hoͤchſte Landes Obrigkeit erkenne / vnd zu dem Ende den Vnterthaͤnigen gehorſam mit einem leiblichen Eyde der Erbhnldigung ſchweren / welches denn nicht allein bey Antretung vnd ver -5. Einmahl gegen die Vntertha - nẽ in 3. Pun cten. enderung des Regiements / ſondern auch alßdenn geſchehen vnd angeordnet werden muß / wenn ſich newe Vnterthanen in Staͤdten vnd Aemptern nieder - laſſen / oder auß der Vnmuͤndigkeit zu thren Voigtbahren vnd eigenen Gewerb gelangen oder die Perſonen von Staͤnden der Grafen Herꝛn vnd Ritterſchaft ihre Lehn zu erſt empfangen / oderſonſt ihr Weſen im Lande anſtellen / ſintemahl hiervon keiner / auch in denen Landen der Proteſtirenden Fuͤrſten die Geiſtlichen Perſonen nicht auß genommen / vnd werden die Burger von der Stadt Obrig - keiten / die Baursieute von den Beampten / vnnd die Staͤnde deß Landes oder Cantzleyſaſſen durch die Cantzler vnd Raͤthe pflichtbar gemacht: Die Vnter - thanen oder hinterſaſſen der Landſtaͤnde aber / ob Sie gleich ihrem Erbherrn zu foͤderſt Gehorſam ſchweren oder zu ſagen werden / dennoch Kraft des Eydes / den gedacht er Jhr Erb: oder Gerichtsherr dem Landes-Fuͤrſtẽ thut / vnd daß in ihrer Huldigung der Landsherr allezeit Rechtswegen vorauß verſtanden vnd außge - nommen iſt / dem Landes-Fuͤrſten gleicher geſtalt verbunden / alles nach dem her - kommen vnnd in vnterſchiedlichen Fuͤrſtenthumen deßwegen abgelaſenen ſon - derbahren Ordnungen vnd Eydes Formulen. 2. Daß auch ins gemein vber dieſer Pflichtbarkeit gehalten / vnd niemand verſtattet werde / Schrifftlich oder Muͤndlich / oder mit der That ſelbſten dieſer Oberſten Bottmaͤſſigkeit zu wieder - ſprechen / ſich da wieder zu ſetzen / vnd ſich vor frey oder einer andern Obrigkeit unterworffen zu halten / ſondern daß dergleichen Beginnen mit ernſtlichen vor - haltungen vnd ab Warnungen / dann auch mit Straffen / vnd andern wuͤrckli - eben Anordnungen vnnd Forttreibung der Landes-Fuͤrſtl. Hoheit entgegen ge - gangen / oder etwan der Vngehorſame ſo viel zu wege braͤchte / daß daruͤber vor den hohen Reichs Gerichten ein Streit vnd Klage entdecket wuͤrde / ſolche Sa - che / wie ſichs auffs beſte vnd Vorſichtigſte gebuͤhret / in Acht genommen vnd die Notturfft deß Landes-Fuͤrſten hierinn Behauptet werde. 3. Daß von iedem Stande vnd Vnterthanen des Landes / dem Lands-Fuͤrſten oder Herrn ſein gebuͤhrlicher Titul in Reden vnd Schreiben gegeben / daß anreden auff vorge - hende Anſuchung mit entbloͤſtem Haupt vnd ſtehend / auch ſonſt mit gebuͤhrlicher Ehr[-]erzeigung in Worten vnd Wercken vorgehe / vnnd hiewieder / es geſchehe denn auß Einfalt vnnd verſehen / Vorſetzlich nichts verſtattet / ſondern uͤberReſpect49Anderer Theil. Reſpect vnnd Bezeigung der Hoheit gehalten / auch hingegen denen Staͤnden vnd Vnterthanen ſolche Titul vnd andere Erweiſung wiederfahre / die durch das alte herkommen behauptet / vnnd der unterſcheid zwiſchen Obrigkeit vnd Vnterthanen in acht genommen werde / wie denn von dem Stylo, ſonderlich im ſchreiben vnnd reden bey denen Rathſtuben vnnd Cantzeleyen der Fuͤrſten vnd Herrn dißfals nottuͤrfftige Nachricht vorhanden / oder wo ſie nicht iſt / auffzu - zeichnen noͤtig faͤllet.
Gegen außwertige wird ins gemein die Hoheit des Landes-Fuͤrſten auch behauptet.
I. Jn dem er ſich laͤſſet angelegen ſeyn die Graͤntzen des Landes /6. Gegen auß wertige ins gemein / ein mahl mit Erhaltung der Graͤn - tzen. wie erſie von Alters her gefunden / oder durch Vertraͤge mit denen Benachtbar - ten geteydigt vnd eingerichtet / zu erhalten / Jn dem er Jaͤhrlich durch die Be - ampte die Graͤntze bereiten vnd beziehen / auch auf der Benachtbarten thun vnd laſſen bey den Graͤntzen gute achtung geben / vnd daruͤber allenthalben ſchrifft - liche Nachricht vnd Vrkunde auffrichten laͤſſet / darwieder niemand verſtattet / daß er ſeine frembde Bottmaͤſſigkeit uͤber die Graͤntzen erſtrecke / Land vnd Leute darauß / vnd zu ſeinem Gehorſam ziehen oder ſonſt vber die Graͤntze mit ſeiner Macht ruͤcken moͤge: Solte aber ſolches heimlich geſchehen / wird es alſobald in Schrifften oder Muͤndlich durch abgeſchickte Wiederſprochen / vnd Abſtel - lung des wiedrigen Beginnens begehret / do es nichts verfinge auf friſcher That mit ziemender Macht darwieder gehandelt / da man ſich aber darzu zu Schwach befinden oder groͤſſere Vngelegenheit vnd Verderben der Leute daher befahrete / ſo wird entweder die Sache an gehoͤrigen Orten / nach dem der gegen Part be - ſchaffen iſt / Klagbar gemacht / oder zur guͤtlichen Vergleichung Anlaß genom - men / bey welcher ſo woll auff das Jeni[g]e / warumb man ſtreitig iſt / welches offt ein geringes außtraͤgt / alß auch auff die Ehr vnd Reſpect des Landesherrn geſe - hen wird / daß ſolche darbey nicht hindangeſetzt / vnd wieder klare Vertraͤge oder Freveler ſchimpfflicher Weiſe ohne alle Vrſache vnd Zweyffelhafftigkeit gehan - delt werde. Wens zum Vergleich kommet / werden die darzu geordnete fleiſſig vnterrichtet / wie ſie eigentlich handeln ſollen / inſonderheit daß die Graͤntzen des Lands vnd davon anhaͤngige Hoheit auffs deutlichſte gezogen / von andern Particular Merckungen / dadurch etwan bloſſer Gerichts Zwang / Zoll / Trifft / Jagt oder Eigenthumb bedeutet wird / wol vnterſchieden / auch waͤhrhafften Stuͤcken alß beſtaͤndigen kundbaren Fluͤſſen / Bergen / Rainen / S[teinen v]nd nicht mit vergaͤnglichen Graͤben / Baͤumen vnd dergleichen abgezeichnet / vnd vber dem allen deutliche Vertraͤge vnd Vergleiche auffgerichtet / auch ſo dann derſelben zu folge Jaͤhrlich nach ſolchen Graͤntzẽ geſehen / vnd wo daran Scha - den vnd Gebrechen vorfielen mit zuziehung der Nachtbaren beſſerung vorge - nommen werde.
GII. Solte50Teutſchen Fuͤrſten-StatsII. Solte ſich dann ein Außwuͤrdiſcher oder Benachbarter Potentat un - terfangen dem Lands-Fuͤrſten ſeine Macht vnnd Hoheit vber ſeine Vntertha - nen / oder einen Theil derſelben offentlich anzufechten entweder durch Klagen oder mit Gewalt / So iſt hoͤerinn durch fleiſſige Vorſorge des Landsherrn vnd ſeiner Raͤthe nach zu dencken / wie in dem erſten Fall mit Grunde an gehoͤrigen Orten zu antworten / Jm andern aber vnd bey vorgenommener Gewaltthat / wie derſelben entweder durch Klage / oder mit zu gelaſſener Gegenwehr zu wie - derſtehen / vnd die jenigen Mittel zu brauchen / welche in dem vierdten Punct der Regierungs Geſchaͤffte hierunten beſchrieben werden ſollen.
III. So aber ein Stuck des Landes ſchon vorlangen Jahren in frem - de Gewalt kommen were / dazu man gleichwol Recht vnd Fug haͤtte / ſo gebuͤh - ret dem Landsherrn nach muͤglichſtem Fleiß vnd durch geziemende Wege wie - der darnach zu Trachten / vnd deßwegen guten Rathſchluß zur Guͤte oder recht - liche Außuͤbung zu faſſen.
Nach dem auch manches Land vnnd Fuͤrſtenthum an etlichen Orten die Landes Fuͤrſtliche vnd Obrigkeitliche Hoheit nicht allein / ſondern mit andern9. Erhaltung der Hoheit gegen die / mit welchẽ man in Ge - meinſchafft ſitzet. Fuͤrſten oder Staͤnden vnnd befreyten gemein hat: So wird ſolche auff die - Weiſe ſonderlich in acht genommen. 1. Daß man im Fall gewiſſe Vertraͤge etwa bey denen Erbtheilungen oder ſonſt hieruͤber auffgerichtet ſind / vber den - ſelben feſtiglich haͤlt / vnd daß nach Jhren vom rechten Verſtande vnd Jnhalt von vnd mit dem andern Fuͤrſtl. Theil habern gehandelt werde / fleiſſig zu ſihet. 2. Sonſt aber vnd ins Gemein dahin bedacht iſt / daß die Landes Fuͤrſtl. Ge - rechtſame an ſolchem gemeinen Orte nicht verabſaͤumet / oder in des anderen Nahmen allein gefuͤhret / oder 3. Jn denſelben etwas ungewoͤnlichs vnd wiedri - ges Einſeytig vorgenommen / ſondern 4. alles mit dem Mitlandes Herrn zu vorhero Communicirt, deſſen Meinung auch angehoͤret / oder durch Jhn / wenn das Directorium oder die erſte Anſtalt vnd umbfrage an Jhm / oder der andere Intereſſent etwas verzoͤglich iſt / von dem andern begehret / vnd alſo daß Jenige / was man ſich vergleichet / oder wie es in gewoͤnlichen geſampten Sa - chen die meiſten gehalten haben wollen / zu Werck geſtellet. 5. auch wo geſampte Diener dazu beſtellet ſeynd / dieſelbe mit ihrer Pflicht vnd Verantwortung ihrer Ampts Verrichtung an alle Herren gewieſen werden.
Das were alſo von der Erhaltung der Lands-Fuͤrſtl. Hoheit ins gemein zu[mercken:]Weil wir aber oben gemeldet / daß dieſelbe in unterſchiedlichen R[eſpecten]vnd Betrachtungen / Theils gegen das Reich / Theils auch gegen an - dere Staͤnde / Theils auch gegen die Vnterthanen ihre Maſſe vnd Einrichtung habe / So erfodert des Landsherrn vnd ſeiner Raͤthe Ampt vnd Pflicht in Er - haltung deß Stats oder Hoheit des Landsherrn / auch auff die Beobachtung ſolcher obangefuͤhrten Stuͤcke zu gedencken / vnd darinn weder zu wenig noch zuviel51Anderer Theil. viel zu thun / ſondern die Form vnd Art deß Regiements in ſeinem gebuͤhrlichenHoheit / welche obẽ in dem 2. 3. 4. Capitel beſchrieben werden / Alß 1. Gegen Keyſerl. Mayſt. vñ das Reich. rechtmaͤſſigen Weſen zu erhalten / Alß Erſtlich gegen Keyſ. Mayſt. vnd das Reich haͤlt man ſich in des Lands Fuͤrſten Geheimer Rathſtuben gefaſſet / vnd weiß. 1. Wie man dem Roͤmiſchen Keyſer in Schreiben vnd auch im re - den vnd auffwarten / da der Landsherr in Perſon vor ihrer Mayſt. erſcheinen ſolte / den ſchuldigen Reſpect erweiſen ſoll / aller maſſen da von gewiſſe Nachricht auß dem Exempel der Vorfahren vnd vnſerer Zeiten in Schrifften zu finden. 2. So offt ſich enderung der Keyſerl. Perſon oder auch bey dem Landsherrn zu nuͤge / gebuͤhret ſich daß umb die gewoͤnliche Belehnung mit dem Fuͤrſtenthumb vnd Annehmung der Pflicht oder Reichshuldigung angeſucht werde / deßwe - gen bey der Cantzley die Art vnd Weiſe / wie ſolches nach altem Herkommen / geſchehen muͤſſe / was fuͤr Perſonen vnd Koſten darzu gehoͤren / zu finden. 3. Die Keyſerliche Befehle vnd Anordnungen an den Landsherrn werden nicht allein angenommen vnd geleſen ſondern auch in ſchuldigſter Gebuͤhr erwogen / vnnd nach dem Sie den Reichsſchluſſen vnd herkommen Gemaͤß / durch Fuͤrſtl. Auß - ſchreiben ins Land publiciret. 4. Gebuͤhret dem Landsherrn vnd deſſen Raͤthen zu wiſſen / wie viel an Geld vnd Volck in gemeinen Reichsnoͤthen oder gewillig - ten Anlagen das Land dem Roͤmiſchen Keyſer vnd dem Reich gebe vnd Co[n]- tribuire, auch wie vnd was Maſſe es außgeſchrieben vnnd eingenommen wer - den ſoll / zu verordnen. 5. So der Landsherr von einem andern verklagt wird / haͤtt er zu bedencken / wie er nach Gelegenheit der Sache / vnd Außweiſung der Reichs Conſtitutionen, ſich einzulaſſen / vñ ſeine Notturfft vor zu bringẽ habe / alſo auch im Gegentheil / wo er wieder iemands eine Sache haͤtte / die fuͤr des Reichs außtraͤge oder hoͤchſte Gerichte gehoͤret / wo vnd wie er dieſelbige Anhaͤn - gig machen wollen / damit weder in der Sache ſelbſt / noch in der Art vnd Weiſe ſolche zu fuͤhren / oder im Proceſſ, verſtoſſen werde / zu ſolchem Ende wird erfo - dert / daß der Landsherr am Keyſerl. Hoff vnd am Keyſ. Cammer-Gericht ſei - ne beſteite Agenten, Procuratores vnd Advocaten halte / denenſelben gewiſſe Inſtruction auch Beſoldung gebe. Jngleichen 6. Zu unterhaltung Keyſerl. Cammer-Gerichts Jaͤhrlich ein gewiſſes / ſo Jhme in der Reichs-Ordnung zu getheilet / beyſchieſſen / auch was daſelbſt vnd am Keyſ. Hoff vor Gebuͤhren vnd Sportulen erheiſcht werden / gehoͤriger Maſſen abtragen laſſe / Gleichwie aber der Landsherr vor ſich vnd durch ſeine Raͤthe dem Jenigen nachkommen muß / worzu Jhn die Schuldigkeit gegen Keyſerl. Mayſt vnd das Reich verbindes / alſo pflegt er auch / vnd iſt Jhm nicht weniger zu Erhaltung ſeiner Hoheit vnnd Stats angelegen dahin zu ſehen / daß Jhme auch ſeine Lands-Fůrſtl. Regierung / Freyheiten vnd Privilegien dißfals vngeſchmaͤlert bleiben / in deme er nicht zu giebet / ſondern da gegen ſeine Notturfft gebuͤhr - lich anzufuͤhren bedacht iſt / wann 1. Jhme in ſeiner Regierung / Landes Ord -G ijnung52Teutſchen Fuͤrſten-Statsnung vnnd Ertheilung der Iuſtitz, eine andere Maſſe vnnd Ordnung ſuͤrge - ſchrieben werden wolte / alß welche den Reichs-Satzungen vnnd herkommen Gemaͤß iſt. 2. Wann man Jhme ſeine Vnterthanen von ſeinen Gehorſam / Gerichtbarkeit vnd Obrigkeits zwang abfodern vnnd zur Vngebuͤhr ſchaͤtzen wolte. 3. Wann Jhme in Religions vnd andern Sachen ſolche Dinge anbe - fohlen vnd zu gemuthet wuͤrden / welche den Reichs-Satzungen zu wieder we - ren. 4. Wann Jhme vñ ſeinen Vnterthanen Stewer vnd Schatzungen / wel - che nicht im Reich gewilligt worden / oder mehr alß Jhme zu kaͤhme / aufferlegt vnd angeheiſcht wuͤrden. 5. Wann Jhme ein ander Stand im Reich / oder ein frembder Potentat zum Oberherrn in etlichen oder allen Sachen wolte auf - getrungen werden. 6. Wann Jhme die Gerichtsſtellen da Fuͤrſten vnd Herꝛn ihre Sachen klagen vnd verantworten / wolten verſperret / vnnd Er oder ſeine Vnterthanen an andere Orte gezogen / vnd an auß Vbung des Rechtens ver - kurtzt vnd vbereylt werden. 7. Wann Jhme an ſeinem Reichs-Fuͤrſten Stan - de / Ehr / Herrligkeit / Vorzug vñ Wuͤrden Abbruch vnd beſchimpffung wolte zu gezogen werdẽ / Jn ſolchen vnd dergleichẽ Faͤllẽ iſt gute Behutſamkeit vnd weiſer Rath von noͤthen / wie ſolchen Beſchwerden / wann ſie zu mahl auß uͤbelen Be - richt oder Vngeſtuͤmmen anhalten eines Gegentheils / oder in unruhigen Zei - ten vnd Zerruͤttung deß gantzen Reichs von hoͤhern Orten herruͤhren / mit ge - ziemender verantwortung / Remonſtration, Schrifftlich oder durch Geſand - ſchafften / durch Rath vnd Handlung anderervertrawter Chur vnd Fuͤrſten / ſonderlich der nechſten angewandten / durch Beſchwerungen auff Reichstaͤgen / vnd andere nach Erzeigung der Faͤlle zu laͤſſige Mittel unverletztes Gewiſſens vnd ſonder groſſe Gefahr Land vnd Leute / abzuhelffen ſey? Jngleichen wie gegen andere Staͤnde des Reichs oder fremde / ſo ſich dieſelbe etlicher dergleichen Dinge vnterſtuͤnden in vnd auſſerhalb Reichs / in gute oder mit zu gelaſſener Wehr zu verfahren.
Zum andern wegen der Maſſe / die dem Landsherrn auß Vertraͤ - gen / Pacten vnd Teſtamenten, gegen ſeine Gebruͤdere / Freunde vnd Ver - wandten oblieget / vnd in 3. Capitel beſchrieben worden / fallen zu Behaͤuptung des erſten Regiements-Puncts vnterſchiedliche Stuͤcke im Rathſchlagen vor / Alß 1. Daß ſolche Vertraͤge / Erbpacta vnd Teſtamenta, darauß die Thei - lung vnd Regierung der Lande herkommet / fuͤr die Richtſchnur vnd Norm / in denen Puncten / davon Sie melden / geachtet / nicht liederlich / ſondern daruͤber ſteiff vnnd feſt gehalten. 2. Wiederden Grund vnd Hauptbegrieff derſelben keine newe Vergleiche eingefuͤhret. 3. Bey vorfallenden Jrrungen vber derſel - ben Verſtand ein guͤtlicher vnd ſchleuniger Außtrag entweder wie er ſchon ver - glichen iſt / vorgenommen / oder ein newer bedacht vnnd auffgerichtet werde. 4. Jm fall newe Vertraͤge vor giengen / daß dennoch / wie Gedacht das Funda -ment53Anderer Theil. mont der alten Vertraͤge vnd der Lands Verfaſſung / alß nach Vnterſchied des - herkommens / das Primogenitur Recht / oder im Gegentheil die gleiche Wuͤrde zur Landes-Regierung ohne Anſehung der Primogenitur, behauptet / im vbrigen aber alles aufs deutlichſte / ohn umbſchraͤnckt vnd ohne zweyffelhafftige Clauſuln abgefaſſet / von denen Herren / die es angehet / ſelbſt vollzogen / wol ver - waret / auch nach Gelegenheit von der Keyſ. Mayſt. zu bekraͤfftigen gebeten vnd verſchafft werden. 5. Was ſonſt wegen vorbehaltener gemeiner Stuͤcke auß ſolchen Vertraͤgen oben im andern vnd 3. Capitel angezeigt worden / deſſen Art vnd Weiſe / wie es zu behaupten / iſt in vorhergehenden Punct bey der Lands - Fuͤrſtl. Hoheit ins Gemein angefuͤhrt / vnd auff ſolche Maſſe wird auch in an - dern Gemeinen vorbehaltenen Particular Stuͤcken / auch Rechtfertigung vnnd Anwartungen / die nicht eben Directò die Lands Fuͤrſtl. Hoheit betreffen / ver - fahren. 6. Weil auch auß ſolchen Vertraͤgen vnd Theilungen die Mitbelehn - ſchafften vnd anwartungen ein vnd andern Landes oder Herrſchafft den Lands - herren zu zu kom̃en pflegen / oder hinwider ſeine Freunde dergleichen Rechte an - ſeinem Lande haben / So erfodert die Notturfft / daß ſo wol der Lands Fuͤrſt. 1. Auff die Faͤlle der andern Fuͤrſtenthumer fleiſſige Obſicht habe / vnd nach de - ren Begebenheit ſein Recht vnd Belehnung am Keyſ. Hoffe / vnnd wo ſichs ſonſt gebuͤhret / zu ſuchen nicht verſaͤume / auch die Lehnbrieffe vnd andere Vr - kunden daruͤber in guter Verwahrung habe. 2. Alß auch in Verpfaͤndung vnd Vereuſſerung ſolcher vornehmẽ Stuͤcke nit ſonder rechtmaͤſſige tringende Vr - ſache willige. 3. Hinwieder auch an ſeinem Land vnd Fuͤrſtenthum das Recht ſeiner Verwandten erhaltẽ helffe / vnd ſich da durch ihre gute Freundſchafft vnd Aſſiſtentz deſtomehr verſichere / wie hievon oben auch ſchon Andeutung ge - ſchehen.
Wie der Lands-Fuͤrſt ſeine Hoheit ins gemein im gantzen Lande vnd vber12. Gegen die Vntertha - nen. alle deſſen Jnwohnere uͤben vnd Behaupten ſoll / iſt ſchon angezeigt / weil wir aber etliche Freyheiten vnd Befugnuſſe / deren ſich die Vnterthanen zu gebrau - chen haben / vnnd darwieder nicht beſchweret werden doͤrffen im 4. Capitel be - ſchrieben / So erfodert auch das Landes Obrigkeitliche Ampt / vnd laͤufft in die Verrichtung ſeiner Raͤthe / daß Sie ſolches Recht der Landſchafft auch fuͤr Augen haben / die Sachen die hohe Landes Regierung betreffend / dar - innen die Land Staͤnde entweder nothwendig oder umb beſſerer Werckſtellung willen zu beſchreiben vnd zu Rath zu ziehen ſind / nicht fuͤr ſich alleine angreiffen / ſondern auff die Anſtellung eines Landtags vnd gebuͤhrliche Propoſition vnnd Handlung mit denẽ Staͤnden gedencken / Maſſen ſolches außfuͤhrlich in oben - gemelten Capitel zu finden / vnd thun hierinn die Landsherrn offters vnd lieber ein vbrigs / daß Sie nemlich die Land-Staͤnde zu Rathe fragen / alß daß Sie vor ſich ſelbſt verfahren / ob Sie gleich deſſen befugt vnnd berechtigt ſind / dennG iijdurch54Teutſchen Fuͤrſten Statsdurch ſolche Berathſchlagung vnd Landtagsſchluſſe gewinnen ſie die Gemuͤter / der Vnterthanen / geben Jhnen ihr gutes Vorhaben vnnd die dazu bewegende Vrſachen deſto deutlicher zu vernehmen / vnd verbinden dieſelbe zu deſto willi - gern Gehorſam / kan jhnen auch deſto weniger verargt werdẽ / weñ ſie uͤber ſolchẽ Schluſſen eyfferig halten / vñ die uͤberfahrer deſto ſchaͤrffer anſehen / iedoch muß dabey auch eine Maſſe gehalten / vnnd nicht daß Jenige erſt in weitlaͤufftige Vberlegung gebracht vnd Ruchtbar gemacht werden / was einer geſchwinden Eylſamen vnd unvermerckten Anordnung bedarff / oder eine Kleinmuͤtigkeit vnd Mißtrawen anzeigte / wenn man erſt in ſolchen faͤllen Rath vnd Einwilli - gung begehren wolte / darinn die Vernunfft vnd die Rechte deß Landes ſchon klare Maſſe geben.
Nach dem auch einem Landsherrn Krafft ſeiner hohen Landes Obrig - keit / auch Keyſerl. Belehnung vnd alten Herkommens ſonderbahre Vorzuge vnd præeminentien zu kommen / die Theils zu ſeinem Reſpect vnd Ehrenſtan - de dienen / Theils auch Jhme Einkunffte vnd Mittel zu ſeiner vnd des Regie - ments Vnterhaltung bringen / von welchen in dem drittẽ Theil dieſes Berichts gehandelt werden ſoll / So ſind zwar darzu / wie wir daſelbſt hoͤren werden / ge - wiſſe bediente vnd Beampte verordnet / Gleichwol aber liegt dem Landsherrn vnd ſeinem Geheimen Rathe ob / uͤber dieſelben Regalien eine Oberſte auff ſicht zu fuͤhren vnd nicht zu geſtatten / daß ſich ein Stand oder Vnterthan des Lan - des ohne ſonderbahres Recht vnd Verguͤnſtigung deß Herrn oder ſeiner Vor - fahren derſelben ſelbſt gegen andere anmaſſe / oder ſich davon nach Gelegenheit / außziehe vnd frey mache / Sondern wieder ſolches beginnen muſtẽ Anordnun - gen gemacht / oder dem / welche auff deß Lands Fuͤrſten Befehl nicht pariren ſondern Klage anfangen wolte / der Gebuͤhr nach begegnet werden / ins Gemein gehoͤret hieher die Beobachtung aller Gerechtſame in Regalien, welche die Aempter des Landsherrn wieder die Staͤnde des Lands oder ſonderliche Vnter - thanen / oder dieſe hinwieder gegen die Aempter prætendiren, daß nemlich ſol - che Grundlich erwogen vnd in gute oder gebuͤhrliche wege Rechtens auffgeho - ben / vnd unnoͤtiger Streit / Jrrung vnd daher entſprieſſende Spildung der Zeit vnd Koſtens ſampt verbitterung der Gemuͤter abgeſchnitten vnnd vermieden werde.
Wann auch ein Benachtbarter oder hoͤherer nicht die gantze Landes-Fuͤrſtl. Hoheit / ſondern nur ein deroſelben ſonſt ordentlich anhaͤngend Regal oder præeminentz Stuck dem Landsherrn ſtreitig machte / vnd Jhn darinnen wie - der das herkommen beunruhigte / ſo werden die Wege gebrauchet vnnd Rath - ſam erwogen / welche kurtzvorher im 2. vnd 3. Haupt-Punct dieſes Capitels angezeigt worden.
Treffen55Anderer Theil.Treffen auch gleich etliche Regalien, Gerechtigkeiten / oder andere Stuͤ -14. Zum-fuͤnf - ften in Er - haltung der Acci - dental Stuͤ - cke die ein Herr auch auſſerhalb Landes hatt / an Re - galien vnd Hoheit an. cke an Land vnd Leuten / geſampte Belehnungen / Anwartungen / Rechtferti - gungen / Bundsgenoſſenſchafften / vnd dergleichen nicht eigentlich des Lands - herrn Fuͤrſtenthumb oder Lande an / gehoͤren aber gleichwol ſonſt dem Lands - herrn gantz oder zum Theil zu / wie den ſolcher Exempel viel ſind / daß die Teut - ſchen Fuͤrſten vnd Herrn auſſerhalb ihrer Erb-Lande vnterſchiedliche Angtle - genheiten / Herrligkeiten vnd Einkunffte oder doch Anwartungen vnnd Erb - ſchaffts Rechte haben: So gehoͤret doch auch zu dem erſten Punct der Lands. Regierung / daß der Herr vnd ſeinr Raͤthe auch an dieſen Hoheiten vnnd Ge - rechtſamen ihre Sorgfalt vnd Fleiß anwenden vnd dahin ſehen / daß ſolche Jhnen nicht ſchwer gemacht / verderbet oder entzogen werden / Sondern daß er deren allen in gebuͤhrender Vbung bleibe oder die deßwegen habende Rechtfer - tigung außuͤbe / den Verlag dazu verordne / Diener darzu beſtelle / vnd was ſich ſonſt hierin gebuͤhren will / in acht nehme / Sintemahl ſolche Vorzuge / Herr - ligkeiten Mittel vnd Regalien, die der Herr anderſtwo haͤtt ſeinen Reſpect vnd hohen Stand im Lande deſtomehr befaͤſtigen vnd zieren.
Endlich / obwol die Einkunffte des Landsherrn an Gelde vnnd andern15. Zum ſech - ſten in Er - haltung ſeiner Ein - kunffte. Mitteln ebener geſtalt ihre ſonderliche Verwaltung haben / davon der dritte Theil dieſes Berichts verfaſſet iſt: So liegt doch an rechter Anſtalt vnnd Behauptung der Fuͤrſtl. Cammernutzung ſehr viel / vnd greiffen die darinn entſtehende Maͤngel vnd Vaordnungen endlich auch die Krafft der Re - gierung ſelbſten an / darumb gehoͤret auch dieſes in Reiffe vnd geheime Berath - ſchlagung bey dem erſten Punct des Regiementes / wie nemlich die Fuͤrſtl. Ein - kunffte ohne Beſchwerde der Vnterthanen vnd anderer auffs beſte zu erhalten vnd zu vermehren / auch newe Nutzbarkeiten zu erheben / wie die Beſchwerung der Fuͤrſtl. Cammer / alß Schuldenlaſt / Pfandſchafften vnd Verſchreibungen mit Nutz vnd Billigkeit davon zu bringen / unnoͤtiger Auffgang einzuziehen / hingegen wie etwan ein Vorrath / den GOtt beſcheret / wol vnd ſicher anzuwen - den / was der Landsherr an andern zu fodern hat / wol einzubringen / wie Guͤter vnd Stuͤcke des Lands / die man nur Pfandweiſe hatt / in Erblichkeit durch rechtliche vnd thunliche Mittel zu verwandeln oder loß zu werden / vnnd der - gleichen.
Bißhero haben wir die Landes Fuͤrſtliche Hoheit vnd Macht / in welchen16. Von Er - haltung der Regierung durch Con - ſervation der Perſon: deß Lands Stuͤcken ſie erhalten vnnd bedacht werden muſte ſampt ihren Wirckungen vnd Anhaͤngen / abſonderlich vnd fuͤr ſich ſelbſt erwogen / vnd kein Hauptſachliches abſehen auf die Perſon des Landsherrn gehabt / in dem dieſe ſterblich iſt / vnd ſich offters endert / Jene aber / alſo in menſchliche Sachen zu reden / ihre beſtaͤndige - ſtaͤte Form vnd Art hatt.
Weil56Teutſchen Fuͤrſten-StatsWeil aber die Hoheit vnnd Macht der hoͤchſten Perſon des Landes oder dem Landesherrn / der ie zu Zeit regieret / ſo gar Anhaͤngig vnd nachfolgig iſt / daß ohne dieſelbe er fuͤr keinen Landesherrn geachtet werden kan / auch das Heyl vnnd die Wolfahrt deß Lands hinwiederumb nicht wenig an der Perſon des Herrn ſo fern gebunden / daß deſſen Todt vnd Abwechſelung oder uͤbele Be - ſchaffenheit ohne groſſe Gefahr vnnd zerruͤttung des Regiements ſelten zu ge - ſchehen pfleget / So dienet auch zu dem erſten Punct der Regierung / zu Erhal - tung des Stats vnd Regiements im Lande alles das / was zu Erhaltung / Ehr / auffnehmen vnd Erſprießligkeit des Landsherrn Perſon vnd der Seinigen erfordert wird / vnd gehoͤret alſo dieſe Betrachtung vnd Sorgfalt gleicher geſtalt in die Werckſtat einer wolbeſtelten Rathſtuben / oder in vertraͤwliche Einrahtung eines vnnd andern trewen vnnd fuͤrſichtigen Raths vnd Dieners.
Nun ſind zwar etliche Perſoͤnliche Eigenſchafften an einem Landsherrn faſt unverenderlich vnd nothwendig / deren wir im erſten Theil Cap. 4. gedacht / wir ſind aber allhier gemeinet die jenigen Summariſch anzuzeigen / welche ſich nach der Gelegenheit vnd Wilkuͤhr der Perſonen zu endern / vnd entweder fuͤr Tugenden vnd anſtaͤndige Dinge / oder fuͤr das Gegentheil geachtet zu werden pflegen.
Wann die Perſon des Landes-Fuͤrſten ſo wol an Leibs vnnd Gemuͤths Gaben dermaſſen verſehen iſt / daß er ſich ſelbſt in allen nothwendigen Dingen rathen vnd helffen kan / hat man Gott hoͤchlich dafuͤr zu dancken vnd ein Land ſich an einen ſolchen Regenten trefflich zu erfrewen / Nach dem aber dieſelben auch Menſchen ſind / vnd dahero an Leibes-Geſundheit vnd Kraͤfften / ſo wol auch am Verſtande vnd Tugenden zu weilen mangel leyden / So erfodert die Noth / daß ſie in ſolchen Stuͤcken guten Raht nicht verſchmaͤhen / vnd dahero entweder fuͤr ſich ſelbſt darauff dencken / oder die Jenigen / die Jhnen hierinn bey raͤthig ſeyn / gerne hoͤren; Zu welchem Ende denn die Vernuͤnfftige Be - rathſchlagung ſolcher Angelegenheiten mit vertrawten Raͤthen gantz noth - wendig.
Bey der Betrachtung dieſes Puncts ereignet ſich nun weitlaͤufftiger An - laß von denen Leibs vnd Gemuͤts Beſchaffenheiten eines loͤblichen Regenten zu reden; Demnach aber davon in den Politiſchen Buͤchern ins gemein or - dentliche Außfuͤhrung zu finden / thun wir uns Hauptſachlich dahin beziehen / vnd wollen allhier / nur von den Tugenden oder Gaben des Leibs vnd Gemuͤts / die einem Regenten in ſeinem Ampt zu Behauptung ſeines Stands vnd Anſe - hens nothwendig vnd wol Anſtaͤndig ſeyn / kuͤrtzlich / vnd alß ferne ſie ſich auff die Gelegenheit der Teutſchen Fuͤrſtenthumer vnd ietzige Zeiten deutlich appli -ciren57Anderer Theil. ciren laſſen / etwas anfuͤhrẽ: Jns gemein dabey andeutende / daß alle Chriſtliche Tugenden / wie die einem ieden Chriſten in den Heiligen Zehen Geboten fuͤrge - ſchrieben / auch ſonſt in der Sitten Lehre Erklaͤrt werden / von ſich ſelbſt vnd vor - auß verſtanden vnnd einem Regenten Recommendirt ſeyn ſollen / alldieweil et ein Menſch vnd ein Chriſt; Vnd alſo gleichmaͤſſiger Schuldigkeit diß fals wie andere vnterworffen iſt / ja umb ſo viel deſto mehr / weil er in einem hohen Stande lebt / vnd mit ſeinem Exempel / thun / vnd Leben das gantze Land entwe - der beſſern oder aͤrgern kan.
Von den Tugenden des Verſtands / welche ſonſt von den Gelehr -17. Von den Tugenden des Ver - ſtands an einem Lands - herrn / vnd wie ſie zu erlangen. ten unterſchieden / ins Gemein aber vnter den Namen der Weißheit / Klug - heit vnd Kunſt begrieffen werden / den Anfang zu machen / So wird nie - mand zweiffeln / daß ſolche im Regenten Stande zum allernoͤtigſten ſeyn / deß - wegen auch der Koͤnig Salomon zu ſeiner Koͤniglichen Regierung nichts hoͤ - hers vnd beſſers alß die Weißheit von dem Allmaͤchtigen GOTT zu bitten ge - wuſt; Ob gleich nun die Teutſchen Fuͤrſtenthume eben keine Koͤnigreiche ſind / darinn groſſe weit gelegene Landſchafften / vielerley Sprachen vnd Nationen / mancherley Sitten vnnd Arten der Voͤlcker / wiederſpenſtige Vnterthanen / maͤchtige feindſelige Nachbarn / vnd andere ſo gar ſchwere wichtige Vmbſtaͤn - de / wie bey den groſſen Reichen der Welt ſonſt zu ſeyn pflegen / anzutreffen / ſo iſt doch dazu ein groſſer Verſtand vnd ſtattliche Vorſichtigkeit vnd Klugheit eben ſo wol noͤhtig / ſoll anders dem Lande im Geiſt - vnd weltlichem Stande wol fuͤr - geſtanden vnd der gemeine Nutz befoͤrdert werden; Sintemahl auch eine klei - ne vnd ſchwache Policey / davor doch die meiſten Teutſchen Fuͤrſtenthume nicht zu halten / mit deſto groͤſſerm Verſtand will gefuͤhret vnnd erhalten ſeyn / kan auch dadurch zu groſſen Ehren vnd auffnehmen gedeyhen; Da hingegen auch die groͤſte Gewalt vnd Macht ohne Verſtand keine Wuͤrckung hatt: Jrren demnach die Jenigen weit / vnd ſind ſchaͤdliche Rathgeber / welche nicht dafuͤr halten / daß ein Fuͤrſt / der zum Regiement geborn iſt / groſſen Verſtand / Wiſ - ſenſchafft vnd Vorſichtigkeit haben muſte / ſondern wol beſſer ſey / daß er nur etlicher maſſen ſich koͤnne berichten laſſen / vnd etwa andere euſſerliche Eigen - ſchafften mit Leibes vbungen vnd dergleichen an ſich habe / Jm uͤbrigen aber verſtaͤndige Raͤthe halte / wie denn ſolche verkehrte Meinung zu nicht geringen der Land vnd Leute / vnd Beſchimpffung hoher Standes Perſonen / an denen man heut zu Tage einen etwas hohen Verſtand / vnnd Wiſſenſchafft ihres Ampts faſt fuͤr ein Wunder haͤlt / gereichen thut / vnd dem Exempel der Alten dapffern Teutſchen Helden / welche / nach ihrer Zeit vnd Gelegenheit / Jhr Ampt ſelbſt mit Vernunfft vnd eyffer gefuͤhret / vnd ſich deſſen nicht geſchaͤmet / gar nicht gemaͤß iſt. Es erlangen aber Fuͤrſten vnd Herrn die Tugend der Weißheit / verſtandes vnd Geſchickligkeit nechſt der Gnaden Gottes / der dar -Humb58Teutſchen Fuͤrſten-Statsumb angeruffen ſeyn will / einmahl vnd ordentlicher Weile durch ihre gute Aufferziehung vnd fleiſſige Vnterweiſung in den Stuͤcken / welche einem Chriſtlichen Regenten zu wiſſen von noͤthen ſind / ſo wol in Religion alß weltli - chen Sachen / weil aber ſolche Information zu Zeit ihrer Jugend / vnd wann Sie noch nicht im Regiement ſeyn / vorgehen muß / ſo iſt auch davon an einem andern Ort außfuͤhrlich vnd beſſer / auch vnten in dieſem Capitel etlicher Maſ - ſen vnd Summariſch zu handeln.
Ferner wiewol mit groͤſſer Muͤhe / wenn die Aufferziehung nicht vorher - gehet / erlangen Sie auch Weißhei[t]vnd Verſtand durch Erfahrung / wenn ſie entweder vor Antretung der Regierung in Reiſen vñ Auffhaltung an groſſer Herren / oder ihrer eigenen Eitern vnd Befreunden Hoͤffen auff Regie - ments Sachen vnd Welthaͤndel fleiſſige acht geben / oder auch nach etlicher Jahre ſelbſt gefuͤhrter Regierung / ſich unter Hand im Verſtand vnd Klug - heit erbawen / Ja dem ſie die vorfallende Sachen wol Betrachten / nach ihren Vrſachen vnd Wuͤrckungen erwogen / ſich deren mit Fleiß errinnern / vnd von einer uff die andere mit gutem unterſchied ſchlieſſen lernen.
Wohnet nun einem Herrn der Verſtand ſeiner Ampts-Verrichtung vñ anderer noͤtiger wol anſtaͤndiger Dinge bey / So erfodert ſeiner vnnd ſeiner Raͤthe ſchuldigkeit / daß ſolcher bey Jhme mit fleiß erhalten / geuͤbet vnd vermeh - ret / vnd alſo nach Vernunfft vnd Verſtand / vnd nicht nach Affecten vnd eyl - ſamen Wanckelmuͤtigen Einfallen / in allen Dingen verfahren / auch ſolche Ga - be des Verſtands bey dem Regenten nicht / wie von Vntrewen boͤſen Dienern zu ihren ſelbſt Eigennutzen vnd erlangung ungebuͤhrlicher Gewalt vnd Hoheit geſchicht / verdunckeit / verhindert / auff andere ungebuͤhrliche vergebliche Dinge abgeleytet / vnd auſſer Vbung gebracht werde: Es kan aber ſolche Vbung vnd Erhaltung auch vermehrung des Verſtands nicht beſſer geſchehen / alß wenn der Landsherr in ſeiner Beruffs-Arbeit fleiſſig iſt / vnd andere unnoͤtige Dinge / fuͤrwitzige Wiſſenſchafften / vergebliche thoͤrichte Kuͤnſte / muͤſſiggang / vnd dañ auch die Wolluͤſte vnd ſchaͤndliche Laſter / dadurch der Verſtand verderbet / vnd der Menſch thumm unbedacht / Viehiſch vnd frevelhafft wird / mit hoͤchſtem Fleiß vermeidet / oder da er alß ein Menſch hierin faͤhlete / ſich von trewen Die -[nern]mit Beſcheidenheit gerne errinnern vnnd zu ſeinem Ampte anweiſen laͤſſet.
Ein ander Hauptmittel aber iſt die Tugend des Verſtandes bey den Re - genten zu uͤben vnnd zu erhalten / nemlich die Annehmung guter Rath - ſchlaͤge: Denn darumb hat ein Herr vnd Regent Raͤthe vnd Diener / daß er ſich durch dieſelbe in wichtigen Dingen / die Jhme ſchwer vnd bedencklich fal - len / berichten / vnnd ſeinen Verſtand dadurch gleichſam erwecken vnd erleuch - ten laſſe. Denn es iſt die Regiements Arbeit ſo groß vnnd wichtig / daß vonallen59Anderer Theil. allen vernuͤnfftigen Leuten ieder Zeit dafuͤr gehalten worden / es ſey kein Regent vnd Fuͤrſt ſo hochbegabet / Weiſe vnd Verſtaͤndig / daß er anderer Leute Rath entbehren koͤnne / vnd gleich wie es ſchaͤndlich ſtehet / wenn ein Herr ohne Ver - ſtand vnd Klugheit dahin gehet / alles an ſeine Diener laͤſſet / vnnd den bloſſen Nahmen vnd Titul eines Regenten behaͤlt / alſo iſt es auch ſehr ſchaͤdlich vnnd gewinnet ſchlechten Außgang / wenn ein Regent ohne Raht verſtaͤndiger Leute nach eigenen Kopff handelt / oder die Rathſchlaͤge zwar hoͤret / aber ſeine gedan - cken fuͤr die beſten allezeit haͤlt / vnd ſich ſchaͤmet / einem andern / ob er gleich beſſe - re vnd vernuͤnfftigere Vorſchlaͤge thut zu folgen.
Darumb iſt es eine groſſe Tugend / vnd nechſt der erſten / nemlich der ſelbſt eigenen Weißheit / Klugheit vnd Erfahrung an einem Regenten die vornemſte: Wann Er in allen wichtigen Sachen / deren er ſich unterfaͤn - get / daran ſeiner vnd der ſeinigen Ehre / Nutz vnd Wolſtand vnd dann die Wolfahrt des Landes vnd deſſen zugehoͤrungen / oder auch eines vnnd andern Vnterthanen Leib / Ehr vnnd Gut gelegen / reifflichen vernuͤnfftigen Rath von ſeinen darzu beſtel - ten vornemſten Dienern / Geiſt - oder weltlichen / oder nach Ge - legenheit den Landſtaͤnden / vnd nicht etwa von geringen Hoͤf - lingen vnd Ohren-blaͤſſern / in guter geheim / zu rechter Zeit / wenn der Sache noch zu rathen iſt / mit Gedult vnd ohne Ver - druß / wens gleich wieder ſeine vorgefaſte Meinung were / in gu - ter Auffmerckung vnd mit Verſtande / anhoͤret vnd einnimmet / auch dem Jenigen folget / was er in der Furcht Gottes / Erbar - keit vnd Gerechtigkeit am beſten gegrůndet vnnd am bequem - ſten Außzurichten zu ſeyn erachtet / auch dabey ſich Standhaft vnd ohn enderlich erzeiget / Wie denn auff ſolche Maſſe vnnd bey loͤbli - cher Intention, Gottesfurcht / vnd fleiſſige Gebet eines ſolchen Regenten der goͤttliche Segen nicht auſſen bleibet / ſondern der Allmaͤchtige GOTT / welcher der Fuͤrſten vnd Koͤnige Hertzen in ſeinen Haͤnden hatt / dennoch ſeinen Ver - ſtand / wenn er gleich ſonſt nicht ſo fuͤrtreffliche Gaben haͤtte / zu dem guten vnnd beſten Wege zu leyten vnd zu fuͤhren pfleget.
Auß der Tugend der Weißheit vnd des Verſtandes flieſſen auch her die Wiſſenſchafften zu Reden vnd zu Schreiben. Ob es nun wol ſcheinet / daß zu mahl nach Gelegenheit unſerer Teutſchen Fuͤrſtenthumer hierinn keine ſonderbare durch gehende Vortreffligkeit an einem Regenten võ hoher Not erfo - dert werde / denn ſie ſolches beederley mehrentheils durch andere Verrichten laſſen / So ſind doch ſolche Eigenſchafften auff gewiſſe Maſſe noͤttig vnd unent - behrlich / vnd iſt dahero die Aufferziehung eines Herrn dahin auch zu richten / wie an ſeinem Ort gehoͤrt werden ſoll / dem es aber hieran gemangelt / vnd ſollH ijgleich -60Teutſchen Fuͤrſten Statsgleichwol Noth halben etwas foͤrmlichs Reden / zum Exempel / einen wichtigen Vortrag ſeinen Raͤthen oder andern thun / einem frembden Potentaten oder der Keyſ. Mayſt. ſelbſt / oder dero Abgeſandten etwas muͤndlich zu vernehmen geben / alſo auch in vertrawten Sachen ſelbſt etwas ſchreiben / der muß ſich fuͤr - war hierzu auch uͤben / vnd allenfals durch ſeine Raͤthe berichten laſſen / damit hierin zu ſeinem Deſpect oder Schaden nicht verſtoſſen oder doch ſeine Mei - nung nicht eingenommen werde.
Vnter die Gaben des Verſtands vnnd zwar die Jenige ſo man Kuͤnſte nennet / die zum Theil im nachdencken / zum Theil aber auch im Handgrieff vnd einem euſſerlichen Werck beſtehen / wird[an]einem Regenten vnd Teutſchen Fuͤrſten auch die Krieges-Kunſt erfodert / ſampt dem was deroſelben in allen Stuͤcken anhaͤngig iſt; Denn ob gleich das Roͤmiſche Reich durch ge - wiſſe Satzungen zu Friede vnd Ruhe eingerichtet / vnd ein Teutſcher Fuͤrſt vor ſich ordentlicher Weiſe ein friedſamer Regent ſeyn ſolte / ſo vervrſachen doch die innerliche Vnruhen / denen unſer Vaterland durch Gottesſtraffe vnd ſeine ei - gene Maͤngel vielfaͤltig Vnterworffen / ſo wol auch daß dadurch ein Landsherr dem gantzen Vaterland wieder einen außwuͤrdigen Feinde dienen kan / daß ein Teutſcher Fuͤrſt der Kriegeriſchen Wiſſenſchafft vnd Vbung nicht unerfahren ſeyn ſolle / nur daß er ſich mit Gebrauch derſelben / wie in andern ſeinen Thun / in den Schrancken der Gebuͤhr vnd der Reichs-Satzungen / Creyß-Verfaſ - ſungen vnd Kriegs-Ordnungen halte; Jn der Kriegs-Kunſt an ſich ſelbſt aber kan vnnd mag er ſich zu mahl in der Jugend durch ſelbſt eigene zu laͤſſige Vbung / bekant machen oder Verſtaͤndiger Leute Raͤth gebrauchen vnnd in ſei - nen Landen zu dieſem Ende allerhand nutzliche Ordnungen vnd Verfaſſungen18. Von den Tugenden des Ge - muͤts die an einem Re - genten zu loben / alß da iſt Erſt lich die Gottes - furcht. anſtellen.
Vnter denen Tugenden des Gemuͤts oder der Sitten iſt die Gottes - furcht / Gottſeeligkeit / oder Chriſtliche froͤmmigkeit / das Funda - ment vnd der Begrieff der andern allen / vnd darf ſolche / weil ſie auß dem Wort Gottes vnd andern nutzbarlichen Buͤchern gnugſam bekant / allhier nicht be - ſchrieben werden / daß Sie aber auch einem Regenten ſeines Ampts wegen noͤt - tig vnd nutzlich ſey / hatt niemand alß etliche Gottloſe vnnd verruͤchte Leute ge - zweiffelt welche einen Gottesfuͤrchtigen Herrn fuͤr Aberglaͤubiſch / Kleinmuͤ - tig / vnd einen ſolchen der ſich ſelbſt in Vermehrung ſeiner Macht vnd Hoheit wiedrig were / laͤſterlich außruffen / vnd Jhn hingegen im Hertzen / ſicher vnnd Gewiſſen loß / oder doch nur mit Worten vnd euſſerlichen Schein from vnnd Gottesfuͤrchtig / aber falſch vnd Heuchleriſch machen wollen / ſoll er anders / wie ſie Boßhafftiglich ſagen / bey ſeiner Hoheit vnnd Macht bleiben vnd auffkom - men: Wie denn wegen ſolches Gottloſen fuͤrgebens der Machiavellus noch immerfort verfluchet wird / ungeachtet er leyder viel aͤrgere vnnd ſchaͤdlichereNach -61Anderer Theil. Nachfolgere hin vnd wieder verlaſſen / wir ſetzen deme entgegen vnd allhier zu ei - nem unwieder treiblichen Fundament, daß die Gottesfurcht / vnd Chriſtliche Froͤmmigkeit / wie zu allen Dingen / alſo auch zum Regiement ſelbſten / einem Regenten vnd Landsherrn nothwendig vnd nutzlich ſey / vnd er dahero ſolche in allen ſeinen Regierungs Wercken / ſo wol alß in ſeinem Leben vnd Wandelſolle rechtſchaffen ſpuͤren vnnd mercken laſſen / wie denn dieſes auß Gottes Wort Ja auch etlicher Maſſe auß Heydniſchen Scribenten ſo klar / daß es keiner Auß - fuͤhrung bedarff / vnnd folget dahero die gewiſſe Erfahrung / daß einen Herrn vnd Regenten nichts ſo ſehr alß die Gottesfurcht in ſeinem Wolſtande erhalten denn es ſonſt auch nicht wol muͤglich were / vnd durch keine Gewalt oder Gunſt mit Beſtande behauptet werden koͤnte / daß ein einiger Menſch vor andern ſo maͤchtig ſeyn / vnd in ſolchem Reſpect vnd ſeiner Hoheit bleiben koͤnte / wo nicht Gottes Allmacht vnd Gnade vber Jhn ſchwebete / deren ſich aber nur die Got - tesfuͤrchtigen zu ihrem Troſt vnnd mit Nutze zu getroͤſten haben; Hingegen wenn Gottes Gnade vnd Segen von einem Herrn welchen / ſo iſt auch alle deſ - ſen Macht / anſehen vnd Hoheit dahin vnnd vergeblich / alſo daß wann Jhn GOtt verlaͤſſet / er auch von allen Menſchen vnd allen zeitlichen Dingen ver - laſſen / bloß vnd Huͤlffloß geſtellet wird / So kan vnd ſoll auch unſere Teutſche Regenten nicht unbillich zur Gottſeeligkeit bewegen nicht allein daß Sie Fůr - ſten vnnd Staͤnde eines Chriſtlichen weltberůhmten Reichs ſind / darinnen zu iederzeit ſo viel Satzungen vnd Ordnungen wieder Ruchlo - ſigkeit vnd Gottloſes Weſen auffgerichtet worden / alß das Jhnen auch / vnd ſonderlich denen die der Evangeliſchen Religion zu gethan ſind / die Vorſorge vnd Verpflegung in Geiſtlichen vnnd Kirchen-Sachen mit ob - lieget / darinne Sie nimmermehr etwas nutzliches ſchaffen wuͤrden / wo Sie ſelbſt mit boͤſem Leben vnd Vnchriſtlichen Wandel die Gemeinde GOttes in Jhrem Lande aͤrgern.
Nechſt dieſem iſt die Gerechtigkeit auch eine ſolche Haupt-Tugend /19. Von der Tugend der Gerech - tigkeit. welche im weitem Verſtande alle die andere in ſich begreifft; Jn dem ſie erfo - dert / Erbar vnd Gerecht für ſich ſelbſt zu Leben einem Jeden die Gebuͤhr wiederfahren zu laſſen / vnd niemanden zu beleydigen; Wie weit nun die Gerechtigkeit gegen andere zu uͤben / einem Regenten zu kom - met / das iſt deutlich zu vernehmen auß dem Jenigen / was wir bereits oben von unterſchiedlichen Stuͤcken / die er gegen hoͤhere / gegen ſeines gleichen / vnd gegen ſeine Vnterthanen / bey der Art deß Regiements in acht zu nehmen hat / ange - fuͤhrt / vnnd hiernechſt im 9. Capitel von Adminiſtration der Iuſtitz außfuͤhr - lich berichten werden: Allhier bleiben wir in der Betrachtung der Gerechtig - keit / alß ferne Sie eine Tugend des Gemuͤts iſt / welche ein Landsherr bey ſich er - halten / auch daß es deſto beſſer geſchehe / Seine Raͤthe auch dahin arbeiten ſol -H iijlen:62Teutſchen Fuͤrſten-Statslen: Nemlich / daß er von Hertzen der Gerechtigkeit ergeben ſey / welches umb deß willen ſo viel noͤtiger / alldieweil ein Regent ſo viel Mittel vnnd Macht hatt wieder die Gerechtigkeit zu handeln / denn daß mancher einem an - dern nicht Vnrecht thut / iſt oͤffters nicht ſeiner Tugend / ſondern der Vrſache zu zu ſchreiben / daß er nicht maͤchtig gnug iſt ſein Vnrechtes fuͤrhaben zu behau - pten; Derowegen erfordern wir daß Hertz vnd Gemuͤte des Regenten ſelbſt zum Sitz dieſer vortrefflichen Tugend der Gerechtigkeit; Der geſtalt daß er ſich ſelbſt nach Recht vnd Billigkeit weiſen vnd gewinnen laſſe / vnd nach der guͤlde - nen Regel des HErrn Chriſti / kein ander Recht begehre / oder anders mit den Leuten vmbgehe / alß er ſich ſelbſt gethan haben wolte: Es iſt recht vnd loͤblich / daß ein Regent ein guter vnd rechtmaͤſſiger Richter zwiſchen ſeinen Vntertha - nen ſeye / die etwa miteinander zu ſtreiten haben / aber Ja ſo nothwendig vnnd noch loͤblicher iſt es / wenn Er ſeine eigene hand ungen / Vorhaben vnd Begin - nen nach der Richtſchnur des Rechts vnd der Billigkeit ſelbſt uͤberleget / oder ſonderlich / da Jhn eine Sache angienge / vnd er dazu oder davon ſonderbahre Gemuͤts-neygung befuͤnde / daß ſolche Erwegung durch verſtaͤndige Raͤthe ge - ſchehe / wol leyden vnd denſelben folgen mag: Vnd were ja ſchaͤndlich / wenn der Regent iederman das Recht wiederfahren lieſſe / vor ſich ſelbſt aber mit Ge - walt / nach eigener Luſt vnd Begierde / oder ſeinen Freunden oder Dienern zur Freundſchafft vnd gefallen / oder auß Zorn vnd Rachgier / unbetrachtet was Erbar vnd Wolſtaͤndig vnd was des andern Recht vnd Befugnuͤs were / ver - fahren wolten. Von dieſer Tugend eines Fuͤrſten / vnd was Sie darzu bewegen ſoll findet man ins Gemein auß Gottes Wort vnd denen Schrifften Weltwei - ſer Leute nachricht gnugſam / nach Gelegenheit aber der Teutſchen Fuͤrſtenthu - mer ſind etliche Vmbſtaͤnde / welche den Landsherrn zur Gerechtigkeit inſon - derheit Anreitzen vnd treiben ſollen mercklich Einmahl / daß bey Einnehmung der Erbhuldigung in den meiſten Orten / der Landsherr / Vhralten herkommen nach / gegen die Vnterthanen ſich Fuͤrſtlich vnd traͤfftiglich erklaͤrt / nicht allein daß er Sie bey gleich vnd recht unter einander ſchuͤtzen / ſondern auch / daß er fuͤr ſich ſelbſt den Geſetzen vnd Rechten gemaͤß handeln / vnnd ſich denenſelben vnterwerffen wolle; Wie denn abſonderlich in Sachen da wegen der Fuͤrſtl: Cammer Guͤter / Gerechtigkeiten / vnd Aempter etwas im Lande fuͤrgehet / vnd darwieder von Jemand zu klagen oder beſchwerlich anzufuͤhren were / durch mancherley Ordnungen vnnd Abſchiede der Laͤnder verſehen iſt / wie ſolche Jr - rungen rechtlich zwiſchen den Landsherrn vnnd ſeinen Staͤnden zu entſcheiden. Zum andern haben wir oben ſchon angezeigt / daß ein Teutſcher Fuͤrſt vnd Re - gent vor denen Reichs-Gerichten auff ein oder ander Weiſe endlich ſtehen / vnd dem Jenigen / der wieder Jhn klagt / antworten laſſen vnd des Beſcheids gewar - ten muͤſten / wolte es nun gleich ein Herr darauff wagen / vnd die ſchwere Suͤndefuͤr63Anderer Theil. fuͤr GOtt nicht achten / daß er in ſeinem Thun vngerecht ſich erzeigte / So gienge doch ſolches auch fuͤr der Welt vnnd des Reichs hohen Obrigkeit nicht an / ſondern er muſte leyden / daß Jhm ſolches vnrechtmaͤſſiges fuͤrnehmen vnd gewaltſame Beſchwerung zu groſſen Schimpff vnnd Schaden eingelegt wuͤr - de vnd da gleich wieder etliche Schwache / geringe / verzagte vnd arme Vnter - thanen des Landes oder frembde unvermoͤgende Perſonen ein vnd anders vn - rechtes vortheilhafftiges Beginnen / wie leyder am manchen Orte geſchiehet / durchgetrieben wird / auch ungeklagt vnd ungeanthet hingienge / So werde er doch einſten an einem vnnd andern antreffen / der das Recht gegen Jhme mit beſtande fuͤrnehme vñ hinauß fuͤhren. Zum drittẽ ſo[l]eydet auch die Beſchaf - fenheit / Gegelegenheit vnd Vermoͤgen des Landes an den meiſten Orten es nit anders / vnd wuͤrde ein Herr zwiſchen ſo vielen Nachbarn von unterſchiedlicher Religion vnd groͤſſerer Macht uͤbel ſitzen / vnd in groſſer Gefahr ſtehen / wo er nicht in ſeinem Fuͤrnehmen die Erbarkeit vnnd die Satzungen deß Vaterlan - des fuͤr Augen / vnd alſo ſeine Handlungen mit gutem Grunde vnd gewiſſen zu behaupten hatte / ſondern Gewaltſam / Muthwillig vnd zueigenen Nutze geba - ren wolte.
Die dritte Haupt Tugend eines Regenten iſt die Guͤtigkeit / Gnade20. Von der Guͤtigkeit oder Mil - dig keit. oder Mildigkeit / mit welcher er Gott dem HErrn / alß der hoͤchſten Obrig - keit / nochahmen / vñ ſich alſo gegen die geringern / Gnaͤdig / Milde / Freund lich vnd Leutſeelig erweiſen ſoll: Jnſonderheit aber iſt man es in Teutſch - land vnd deſſen Fuͤrſtenthumen vnd Landen nicht gewohnet / daß die Landes - herren ſich auff die Art etlicher Barbariſchen Koͤnige vnd Potentaten nicht ſe - hen / nicht anſprechen / noch zu etwas erbitten noch erweichen laſſen; Sondern man ſihet / daß die loͤbliche Regenten ihre Vnterthanen / hohe vnd niedern / nicht allein durch ihre Raͤthe vnd Diener / ſondern auch wol nach Gelegenheit in ei - gener Perſon anreden nach Beſchaffenheit ihres Standes gruͤſſen vnnd die Hand geben / ihr Anliegen hoͤren / ihre vnterthaͤnige Schrifften annehmen / auf Beſcheid vertroͤſten / die vornemſten zu ſich an ihre Tafeln zur ſpeiſung vnnd Geſpraͤche ziehen / bey Jhnen hinwiederumb zu weilen bey Ehren Gelagen er - ſcheinen / So dann auch in ihren bitten vnd Anlagen gnaͤdiglicherhoͤren / vnnd Jhnen in einem vnd andern zu willen ſeyn / in Anſehung ihres vnvermoͤgens vnd zu geſtandenen Schadens ihre Herrſchafftliche gefaͤlle maͤſſigen / oder auff eine Zeit erloͤſen / auch die Straffen / welche nicht zu vermeiden / auff ihr Ver - moͤgen vnd mit Gelindigkeit / zur Beſſerung vñ nichtzum Verderben anſetzen / vnd ſonderlich was auff ſolche Weiſe an Geldeinkommet / nicht eben zu einem Schatz vnd Reichthum ſamlen / ſondern hinwieder zu milden Sachen auff an - dere arme Vnterthanen / oder Belonung trewer Diener anwenden / viel Be - leydigung aber vmb verhoffter Beſſerung vnd auß Mildigkeit verzeihen oderuͤber -64Teutſchen Fuͤrſten-Statsuͤberſehen; Vnd daß thun Sie nicht allein auß ſolcher hertzlicher Guͤtigkeit / welche groſſen Fuͤrſtl. Gemuͤtern faſt angeborn vnd ihr rechtes Zeichen iſt / ſon - dern auch nach dem Exempel der lobſeeligen Vorfahren / welche dieſe Tu - gend nicht allein an ſich gehabt / ſondern auch deren viele in ihren Teſtamenten vnd letzten Vermahnungen zum fleiſſigſten den Nachkommen Recommendi - ret, Ja ſie thun auch dieſes zu ihrem groſſen Nutz / denn die Erfahrung bezeugt / daß ſtrenge unfreundliche Regenten / von denen ſich niemand oder we - nige eines gnaͤdigen Worts / geſchweige anderer Gutthaten vnd Mildigkeiten verſehen / viel dapffere Leute vnd Diener von ſich treiben / die Vnterthanen auß dem Lande verjagen / oder doch von Jhnen wiederumb keinen guten Willen vnd zuneygunge / daran doch einem Herrn ſeine Vergnuͤgung vñ Scherheit gelegen iſt / verſpuͤren / auch ſich bey den Nachbarn verhaſſet machen / doch wird hierbey auch die rechte Maſſe gehalten daß die Gelindigkeit nicht gar zu groß ſey / vnd dadurch das Anſehen des Regentens / oder die Zucht vnd ſchuldige Gebuͤhr der Vnterthanen verringert werde / welches geſchicht / wenn ſich der Landes Fuͤrſt gar zu gemein / zu mahl mit unverſtaͤndigen liederlichen / oder mit hoffaͤrtigen / Ehrgeitzigen Leuten machen / mit Jhnen ohne Reſpect umbgehen / allzu viel umb vnd unter Jhnen ſeyn / grobe Fehler nicht ſtraffen / alles uͤberſehen / unverſchaͤmtes begehren nicht abſchlagen / vnd alſo ſeine Fuͤrſtliche Hoheit vnnd Ampt nicht gnugſam brauchen wolte.
Die vierdte Haupt-Tugend ſetzen wir allhier die Beſcheidenheit / das iſt eine rechte Mittelſtraſſe vnd wol gemaͤſſigte Bezeigung des Landes Fuͤrſten / welche auß vermiſchung vnnd rechten Gebrauch anderer Tugenden / alß der Großmuͤtigkeit / Großthaͤtigkeit / Dapfferkeit / Anſehnligkeit oder Magnificentz, Freygebigkeit vnnd denn der Demuth vnnd Freundligkeit entſtehet.
Die Beſcheidenheit zwar iſt eine ſolche Tugend / die auch dem groͤſſeſten Monarchen vnd maͤchtigſten Koͤnige in der Welt wol anſtaͤndig iſt / vnd beſte - het darinn / daß ein Regent von ſich ſelbſt vnnd ſeiner Macht vnd Hoheit Vernuͤnfftig vnd Beſcheidentlich Vrtheilt vnd ſich darinnen Maͤſſig vnd Recht bezeiget; Vnd ſchlieſſen wir damit nicht auß / daß ein Regent ſoll ſeyn Großmůtig / in dem er einen dapffern Muth / unverzagtes Hertz / hohe Anſchlaͤge vnd Fuͤrſtliche Gedancken hat / vnd ſich von Wiederwertigkeit / vnd Vngluͤck nicht ſo bald uͤberwinden vnd einſchrecken laͤſ - ſet / ſondern beſtaͤndig vnd unverendert bleibt. Großthaͤtig / Anſehlig vnd Freygebig / daß er / zum Exempel / ſtattliche Gebeude verfuͤhret / anſehnlichen Hoff haͤlt / ſich Fuͤrſtlich vnd Herrlich kleidet / reiche Præſenten und verehrun - gen Außtheilet / groſſe Stifftungen zu Geiſt - vnd weltlichen Sachen auffrich - tet / Seine Anſchlaͤge ſtattlich hinnauß fuͤhret / vnd ſo fort an / Sintemahl dieſesvnd65Anderer Theil. vnd dergleichen niemand anders alß groſſen Herren vnnd Regenten gebuͤhret / kan es auch ſonſt niemand thun vnnd erwecken Jhnen ſolche Dinge hohes An - ſehen vnd Herrligkeit.
Allein erfodern wir hingegen auch die Beſcheidenheit vnd geziemende De - mut / vnd wollen dabey außgeſchloſſen haben / Stoltz vnd Hoffart / vber - fluͤſſigen Pracht / unnoͤtige koſtbare Geldſpildung / Rühmſuͤch - tige vergebliche Anſchlaͤge / Verſchwendung vñ Verminderung der Landes Einkunfften Frevel vnd Vnbeſonnenheit / vnd was Vnheil mehr auß allzuhoher Einbildung herkommet; Daß wir es aber abſonderlich auff die Teutſche Fuͤrſtenthumer vnnd dergleichen mittel - maͤſſige Regimenter appliciren, So iſt die Tugend der Beſcheidenheit vmb ſo viel deſto noͤtiger / weil die Regenten deſſelben / wie wir in vorgehenden berich - tet ſind / auff mancherley Wege ſich zu bedencken vnd uͤber ſich / auff ſich / neben ſich vnd unter ſich bey Verfuͤhrung ihres Stats zu ſehen haben; Das Fun - dament dieſer Tugend iſt die hertzliche Erkaͤntnus ſeiner ſelbſt / oder die Demut / daß nemlich der Landsherr weiß vnd erkennet / daß er gleichwol wie andere ein ſterblicher Suͤndiger Menſch / vnter GOtt / Ja auch einer hohen weltlichen Obrigkeit ſeye / auch ſein Vermoͤgen vnd Macht nicht unendlich / ſondern auff gewiſſe Maſſe gebunden / auff einen gewiſſen Bezirck Landes / vnd auff ein Mittelmaͤſſige vnd erſchoͤpffliche Einkunfft gegruͤndet ſey: Wo dieſer Grund recht gelegt iſt / ſo wird ſich die Tugend der Beſcheidenheit von ſich ſelbſt finden / vnd ſpuͤren laſſen / daß er nemlich nicht mehr von ſich haͤlt / redet / ſchrei - bet / vnd von andern geredet / vnd geruͤhmet haben will / alß der bekante Stand mit ſich bringet / er wird keine hoͤhere Titul / mehrere ungebraͤuchliche Auffwar - tung / groͤſſere Anzahl oder hoͤhere Diener / koſtbarere Gebeude / Speiſung / Klei - dung vnd dergleichen gebrauchen vnnd begehren / keine groͤſſere Begnadigun - gen vnd Schenckungẽ thun / wichtigere vnd hoͤhere Anſchlaͤge vnd newe Anſtal - ten fuͤrnehmen / alß ſein Stand nach guter vnd alter Gewonheit des Reichs vñ Landes vnd die Gelegenheit ſeines ordentlichen Einkommens vnd Vermoͤgens erfordert vnd mit ſich bringet: Denn wo er hierinnen unter dem falſchen Schein einer Großmuͤtigkeit / Dapfferkeit / Fuͤrſtlichen Standes Hoheit Magnificen[tz]vnd Anſehnligkeit / aber eigentlich davon zu reden auß Hochmuth / Vnbeſon - nenheit / Ehrgeitz / nachahmung vnd Eyffer gegen andere hoͤhere oder niedrigere / eyteler Hochhaltung vnd Einfuͤhrung des frembden vnd Außwuͤrdiſchen / vnd anderer Thorheit anders verfaͤhrt / Seinen Stat noch vorhergeſetzte Stuͤcke allzuhoch erſtreckt / oder weitlaͤufftige ſeltzame Anſchlaͤge vornimmet / vnd nicht zuvor ſich ſelbſt / vnd die Maſſe ſeines Vermuͤgens / die Nutzbarkeit des Vorha - bens / die Gebuͤhr des Standes / vnnd dergleichen noͤtige Vmbſtaͤnde wol er - wegt / oder durch ſeine Raͤthe betrachten vnd ſich rathen laͤſt / wird er damit nechſtJdem66Teutſchen Fuͤrſten-Statsdem er ſich an GOtt verſuͤndigt / andere hohe Potentaten vnnd Nachbarn zu Neyd vnd Eyffer / ſeine Diener vnd Vnterthanen aber zu Vnwillen vnd Haß bewegen / Sein Einkommen erſchoͤpffen / ſich in Schulden ſtecken / oder die al - ten Beſchwerungen behalten / zu noͤtigen Außgaben die Mittel verlieren / dar nechſt auff newe Auffſaͤtze vnd vortheilhaffte Grieffe dencken / in ſeinen Vnrath - ſamen Vorhaben deñoch wol zu ruͤck bleiben / vnd an Stat verhofften Ruhms / Ehre vnd Hoheit / nichts alß Schimpff vnd groſſen Schaden / auch ſchwaͤ - chung ſeiner Macht vnd Wuͤrde davon bringen.
Dieſe bißhero beſchriebene vier Tugenden erſtrecken vnnd erweiſen ſich nun nit allein im gemeinen Leben vnd Wandel / ſondern vornem[l]ich auch in al - len Regiements-geſchaͤfften des Landesherrn / vnd kan er damit zweyerley ſeiner Perſon gantz unentbehrliche Stuͤcke erlangen / Nemlich / die Gunſt vnnd Trewen willen ſeiner Vnterthanen / vnd denn ein Anſehen vnnd Ehrerbietung / ſo wol von denſelben / alß ſeinen Nachbarn / auch ſo gar den Feinden ſelbſt.
Dieſer Haupt Geſellſchafft der Tugenden folgen auch die andere / welche ſonſt in den Buͤchern der Sitten Lehrer weitlaͤufftig beſchrieben werden / alß die Maͤſſigkeit in Eſſen vnd Trincken / welche einem Regenten ſo viel noͤtiger / alldieweil er ſeiner Geſundheit bey ſchwerer Ampts-Verrichtung wol warzu - nehmen / vnd ſich ſonderlich fuͤr dem ſchaͤndlichen Laſter Vollſauffens vnnd Schwelgerey / dadurch Er nicht nur ſich ſelbſt vnd etwa etliche wenig Leute / wie ein Jeder gemeiner Mann / ſondern dem gantzen Lande ſchaden thut / in dem Er ſich zu Zorn vnnd Vnbedachtſamkeit dadurch bewegen leſt / ſein hochnoͤtiges Ampt verſaͤumet / vnd allen Vntetthanen boͤſes Exempel giebt.
Die Keuſchheit iſt an einem Regenten uͤber die gemeine Chriſtenſchul digkeit deßwegen zu lieben / damit er mit deſto beſſerm Gewiſſen die Laſter / ſo wie - der die Keuſchheit ſtreiten / im Lande abſchaffen vnd Straffen / auch ſich ſelbſt fuͤr Gefahr vnnd groſſen Haß ſeiner Vnterthanen verwahre / vnnd gute Ge - ſundheit vnd Zuſtand des Leibs vnd Gemuͤts erhalte / denn die Exempel geben / daß durch Vnkeuſchheit vnnd ſonderlich Vnzuͤchtiges gewaltſames Begin - nen der Oberherren / manches Land in Aufruhr / oder mancher dapfferer Mann[vnd]Vnterthanen zu einer ſchweren That wieder die Regenten bewogen wer - den / vnd er dadurch umb ſeine Hoheit / Ja garumb ſein Leben kommen.
Die Warheit vnd Aufrichtigkeit im reden vnd allemthun / die Verſchwiegenheit / Vermeidung aller Falſchheit vñ Heuche - ley / inſonderheit aber die faſthaltung deſſen was verſprochen / oder verſchrieben / oder von den Vorfahren auff die Erben verbindlich gebracht worden / iſt eine ſo noͤtige Fuͤrſtl. Tugend / daß auch ein Jedweder da - fuͤr halt / es ſey nichts vngereimters vnd ſchaͤndlichers / alß wenn man einemFuͤrſten67Anderer Theil. Fuͤrſten oder Herrn / ſolte das Gegenſpiel / die Vnwarheit / Waſchhafftigkeit / vnd die Brechung der Zuſage / vnd Fuͤrſtlicher Brieff vnd Siegel / mit beſtande zumeſſen koͤnte / es were auch ſolches / Jhnen zum hoͤchſten ſchimpfflich / vnnd wuͤrde er dadurch ein groſſes Mißtrawen vnd Verachtung bey maͤnniglich ge - gen ſich erwecken / vnnd da es in wichtigen Dingen geſchehe / groſſen Streit / vnd Feindſchafft / Ja Krieg vnd Verderben vber ſich laden.
Die Hoͤffligkeit / ſonderlich aber die rechte Art mit Jederman nach Standes Gebuͤhr umb zu gehen / ſich Ehrerbietig gegen hoͤhere / freundlich gegen ſeines gleichen / Milde vnd Guͤnſtig gegen andere vornehme Leute / leutſeelig vnd gnaͤdig gegen Diener vnd untergebene mit Worten vnnd Geberden ſich zu erweiſen / iſt gleicher geſtalt eine eigene Fuͤrſtliche Tugend vnd qualitet, der ſich alle loͤbliche Regenten befleiſſigen vnnd ſolche fuͤr Jhr beſtes Meiſterſtuͤcke halten / die Gemuͤter der Leute an ſich zu ziehen / vnd alſo Gunſt vnd Anſehen / zu erwecken.
Die gemeine Freygebigkeit vnd Gutthaͤtigkeit gegën Arme / gegen wolverdiente vnd betraͤngte Perſonen / auch gegen gute Freunde vnnd Goͤnnere / iſt zum Theil oben unter der Tugend der Clementz gemeinet / vnnd wann ſie zu rechter Zeit gegen Leute / da es angelegt / mit froͤlichem Muthe / vnd ohne verdrießliche Auffruͤckung vnnd zurechnung / auch nach Gelegenheit der Einkunfften vnd der Beſchaffenheit des bittens geſchicht / wird dadurch dem Herrn groſſe Liebe vnd Danckbarkeit erwecket / wie davon in mehr angezogenen Sittenlehren weitere Außfuͤhrung zu finden / hingegen iſt es uͤber die Maſſe ſchaͤndlich / wann die Regenten geitzig ſeyn / alles zuſammẽ ſparen vnd ſcharren / weder Jhnen ſelbſt noch den Jhrigen die Gebuͤhr wiederfahren laſſen / vnd nie - mand zu willen ſeyn wollen / das geſchehe nun durch Vngerechte / gewaltthaͤtige Mittel / vnd weitere unordentliche Außbreitung ihres Vermoͤgens / oder auch ohne dieſelbe / wenn Sie das / was Jhnen ſonſt gebuͤhret / nicht zu noͤtigen Sa - chen vnd zu ihren Reſpect vnd Ehrenſtand anwenden / noch davon etwas zur Ehre Gottes / Erfrewung vnd Erquickung armer / vnd anderer Perſonen die es verdienen / anlegen / ſich niemands Erbarmen / ſondern nur das vergaͤngliche Geld ſamlen / vnd ſich damit ſehr Gluͤckſeelig ſchaͤtzen / oder da ſie Ja etwas ge - ben wollen / Jhnen doch damit allzulang nachlauffen vnd wieder willen / gezwun - gen / vnd gleichſam Schande halben geben / daſſelbe hoch rechnen / ꝛc. Vnd was dergleichen Laſter eines geitzigen vnd neydiſchen Menſchen mehr ſind / welche einem Regenten viel weniger alß anderen anſtehen / alldieweil er ſo viel mehr Mittel vnd Wege hat gutes zu thun / auch ſolch Einkommen vnd Vorzug nicht eben zu ſeinen bloſſen eigenen Nutz / ſondern zu Troſt vnd Frewde vieler Leute / nach dem Exempel des guͤtigſten Gottes / deſſen ſtelle er vertrit / anlegen ſolte: Auff der andern Seyten iſt es auch ſehr ſchaͤndlich vnnd uͤbelanſtaͤndig / wannJ ijdie68Teutſchen Fuͤrſten-Statsdie Landsherren im geben vnnd ſchencken allzu frey vnnd unbedachtſam ſeyn / entweder wenn ſie ihre Regalia vnd ſonderbare Fuͤrſtl. Vorzuͤge verſchlaudern / oder unverdienten liederlichẽ Leuten / die ſich wol mit einem geringern behuͤlffen / oder nichts Wuͤrdig ſind / oder in trunckener Weiſe / da ſie es hernach rewet / vnd durch allerhand Vorwand das verſprechen wieder zu ruͤck gezogen werden muß / oder zu der Zeit / wenn Sie etwa viel noͤtigere vnd ſchuldige Außgabẽ haͤt - ten / vnd ſolche daruͤber ins ſtecken bringẽ / ihre Freygebigkeit oder vielmehr Ver - ſchwendung wollen ſpuͤren laſſen / noch aͤrger aber iſt es / wann Sie nicht von den Jhrigen oder ihrem Vberſchuß / ſondern mit frembden Gut / oder auff das Vermoͤgen vnd ſauren Schweiß ihrer armen Vnterthanen die Schenckung thun / welches geſchicht mit Anweiſung groſſer Geldſtraffen / die einem andern zu gefallen ſo hoch vnd ohne Erlaß geſteigert werden. Jtem mit newen Anla - gen / ſonderbahrer Freyheiten vnd Privilegien, die mancher zum Verfang / vnd Verderben anderer ſeines Gleichen außbitten / vnnd in andere beſchwerliche Wege mehr.
Nach dem auch zu Vbung der Tugenden die Gaben deß Leibs er - fodert werden / So erheiſchet die Gebuͤhr / daß auch ein groſſer Herr auff ſeinen Leib / deſſen Kraͤffte / vnd Erquickung gute Sorgfalt anwende.
Vnd zwar weil Staͤrcke vnd Hurtigkeit des Leibs nechſt der natuͤrli - chen Art deſſelben / guten Theils der Aufferziehung vnd uͤbung in der Jugend zu zu ſchreiben / ſo iſt auch dieſes ein nothwendiger Punct bey Aufferziehung Junger Herrſchafft / daß Sie zu erlangung ſolcher qualiteten des Leibs vnnd Erhaltung guter Geſundheit in rechter diæt oder Ordnung der Speiſe / der Ar - beit / der Ruhe / der Ergetzungen / vnnd nutzliche uͤbungen in Acht genommen vnd unterwieſen werden.
Ein Regent aber der in fleiſſiger Verrichtung ſeines Ampts begrieffen iſt / vnd dadurch die Kraͤffte ſeines Leibs angreiffet vnnd ſchwaͤchet / hat mit Fleiß dahin zu ſehen / auch ſeine Raͤthe darauff trewliche Errinnerung / wo es noͤtig were / zu thun / daß er ſeine Leibsgeſundheit mit der Huͤlffe Gottes / vnd ſo viel in menſchlichen Vermuͤgen ſtehet / erhalte / vnd die Kraͤffte deſſelben erſetze: Sol -24. Von den Mitteln die zu Er - haltung der Geſund heit noͤtig. ches geſchicht. 1. Durch ein ordentliches maͤſſiges Leben / vnd gute diæt ins Gemein / wie ſolche der Vernunfft vnnd Conſtitution deß Herren / auch guter Gewonheit gemaͤß iſt / vnd im Nothfall die Aertzte / vnd inſonderheit des Landsherren beſtelle vnd vereydete Leib Medici, denen die Leibsgelegenheit ihres Herrn bekant iſt / darinn weiter rathen koͤnnen / zu ſolchem Ende pflegen hohe Perſonen gelehrte Gewiſſenhaffte vnd trewe Aertzte / auch fleiſſige vñ trewe Diener die mit ihren Speis vnd Tranck / Kleidungen vnd andern Leibwartun - gen umbgehen / zu beſtellen. 2. Durch vernuͤnfftige Außtheilung der Arbeit / der Ruhe vnd Erquick. Stunden: Es iſt zwar ein Regent mit vielenvnd69Anderer Theil. vnd vnterſchiedlichen Sachen bemuͤhet / dieſelbe erzeigen ſich auch nicht alle in ſtaͤter Ordnung vnd auff einerley Weiſe / ſondern fallen einmahl haͤuffiger / eyl - ſamer vnd ungewoͤnlicher vor alß das andere mahl / alſo daß er eben dißfals kei - ne ſo gar gnawe Zeit vnd Maſſe ſeiner Arbeit halten kan / Ordentlich aber vnd gemeiniglich iſt er nach Gelegenheit des Lands billich dahin bedacht / daß er ge - wiſſe Tage zu dieſer / andere zu einer andern Verrichtung / auch die Stunden des Tages alſo eintheile / daß Jhme zu noͤtigen Dingen die Zeit nicht ermangele / vnd dennoch auch zu ſeiner Ergetzung vnd Ruhe etwas uͤbrig bleibe / welches er denn wol vnd fuͤglich wird thun koͤnnen / wenn er eigentlich betrachtet vnd vnter - ſcheidet / was das Ampt eines Regenten / oder die verrichtung eines Dieners erfodert / alſo ſich mit vnnoͤtiger Muͤhe nicht beladen / ſeine Kraͤffte damit ver - derbe / das noͤtigſte Hindanſetze / vnd einanders / ſo wol warten koͤnte / vorziehe; Daher gebrauchen etliche loͤbliche Regenten diß Mittel einer feinen bequehmen Schrifftlichen Abfaſſung vnd Begrieff aller Dinge / worinn ihre meiſte Ver - richtung vnd Arbeit beſtehet / welche nach allen Vmbſtaͤnden der Zeit / der Oer - ter oder der Diener / die dazu gebraucht werden / Verfaſſet ſind / wie oben auch angedeutet worden. 3. Jnſonderheit aber hatt er ſich wol in Achtzu nehmen / vñ ſeine trewe Raͤthe ſollen ſo viel muͤglich davor ſeyn / daß er mit ſtarcken Gemůts-Bewegungen alß da ſind ſonderlich der Zorn / ſchre - cken vnd groſſer Trawrigkeit nicht uͤberfallen werde / welches denn unter andern auff ſolche Weiſe vermieden wird / daß der Regent nicht ſelbſt vnd in eigener Perſon mit verdrießlichen Sachen vnnd zumahl da nur mit unbe - ſcheidenen vnd groben Leuten zu handeln iſt / ſich bemuͤhen / ſondern daſſelbige lieber durch ſeine Diener thun laſſe / daß Jhnen auch wiederwertige Zufaͤlle mit guten Glimpff vnd Vorbereitung vnd nicht ploͤtzlich von haͤfftig vorgebracht / auch[wenn] er alß ein Menſch ſich in Zorn oder Eyffer bewegt / vnd ſeinen Die - nern auß Vnter haͤniger trewer Liebe vnd Reſpect, ſo viel Gewiſſens vnd Ehre halben muͤglich / Jhme nach gegeben / ſeiner hohen Perſon vnd ſchweren Ampts geſchonet / vnd weiter Vngluͤck verhuͤtet / auch da gleich einem Diener etwa in der Eyl zu viel geſchehe die Verantwortung oder Erinnerung lieber zur andern Zeit auß geſetzt werde / vñ was dergleichen Behutſamkeiten mehr ſind / die Herꝛn vnd Bediente hierinn gebrauchen koͤnnen. 4. Endlich hat auch ein Regent zu25. Von Er - getzligkeit deß Lands herrn. gelaſſene vnd anſtaͤndige Ergetzligkeiten zu gebrauchen / alß da ſind nach unſerer Teutſchen Landes Art vnd gewonheit: Spatzieren gehẽ / Reitẽ vnd Fahrẽ / in der Reyterey vnd Ritterſpielen ſich uͤben / im Ballhauſe vnd mit Ballonen ſpielen / Jagt vnd Weydwerck gebrauchen / Fiſchereyen vor nehmen / Fuͤrſtl. Gaſtmahle vnd Banquet zu weilen halten / vnd ſich mit ſeinen vornem - ſten Dienern dabey beſprachen vnnd ergetzen / andere Fuͤrſten vnd Herren beſu - chen / oder auch bey Ehrlichen Außrichtungen ſeiner Landſtaͤnde oder DienerJ iijſich70Teutſchen Fuͤrſten-Statsſich finden laſſen bey kuͤnſtlichen Auffzuͤgen / Daͤntzen / Balleten, Comœdien, Muſic, Fewerwerck / Buͤchſen vnd Armbruſt ſchieſſen / in Mahlerey / Garten - werck / vnd andern dergleichen Dingen ſich erluſtigen; Bey welchen allen aber gute Maſſe vnd Vorſichtigkeit in Acht zu nehmen / daß ein Regent durch ſolche Ergetzligkeiten ſich nicht zu ſehr einnehmen laſſe / denſelben meiſten Theils ob - liege / vnd ſeine nothwendige Regierungs-Arbeit damit verſaͤume. 2. die Koſten darzu vnd zumahl bey Truͤbſeligen Zeiten vnd bey vberhaͤufften andern noͤtigen Auffwendungen nicht uͤbermaͤſſig machen / ſondern bedencken wie viel er ohne ſonderbahren Abgang der notturfft / vnnd zu Ehren vnd Luſt entrathen koͤnne / auch ſeine Leibesgeſundheit dabey beobachte / vnd allzu ſtarcke Bewegung vnd Abbrechung an gebuͤhrlicher Ruhe damit vermeide / Niemanden der zu einem vnd andern nicht Luſt hatt / dazu noͤtige / Jhn darumb anfeinde vnd verachte / oder die Leute / welche in ſolchen Stuͤcken etwa eine ſonderbahre Hurtigkeit ha - ben / vber die Gebuͤhr Ehre / vorziehe vnd begnadige / dadurch andere vnd nutzli - chere Diener betruͤbe vnd verdroſſen mache / Endlich auch ſolcher Luſt / welche ſeiner Perſon vnd Reſpect nicht wol anſtehet / oder damit er ſich verſuͤndigt / ſich gaͤntzlich enthalte; Denn es ſtehet zum Exempel / einen Regenten vbel an / wenn er ſelbſt in Mummerey vnd Comœdien ſich gebrauchen / vor andern Leu - ten Muſiciren oder ſolche Leibesuͤbung / die einer gemeinen Handthierung ſich vergleichen / oder Laͤppiſch vnd veraͤchtlich ſeyn / obliegen wolte / Suͤndl[i]che kurtz - weilen aber ſind / einem gewinnſuͤchtigen Carten vnd Wuͤrffelſpiel / nachhaͤn - gen / an Armen naͤrriſchen Menſchen Spott vnd Ergetzung ſuchen / auch wol Schwachſinnige Perſonen gar umb ihren Verſtand bringen / ſchandbahre Zoten vnd Poſſen anhoͤren / ſchaͤdliche vnd Frevelhaffte gefaͤhrliche Dinge vor - nehmen laſſen / dadurch die Diener vnd Vnterthanen in Gefahr-Leibs vnnd ihre Geſundheit kommen / dazu auch gehoͤret der in Teutſchland leyder nicht un - gewoͤnliche Mißbrauch der Jagten / wenn die Herren darauß ein Handwerck machen / ihre meiſte Zeit damit zu bringen / vnd zu dem Ende die Vnterthanen mit ſtaͤten Jagtfrohnen von ihrer Nahrung abhalten oder auch in gefaͤhrlichen Jagten derſelben Todt oder Verletzung liederlich verurſachen.
Bißhero haben wir einen Landsherrn / wie er zu Erhaltung ſeines Regie - ments ſich fuͤr ſeine Perſon in ſeiner gantzen Regierung bey Verſtand / Tu - gend vnd Leibes Kraͤfften erhalten / auch daß ſeine Raͤthe ihre Anſchlaͤge zu die - ſem Zweck richten ſollen / ins gemein betrachtet / hierbey iſt noch uͤbrig / daß wir auch unſer beſonders Abſehen auff ſeine Heyrath oder Gemahlin auffſeine Fuͤrſtl. Kinder / denn auff ſeine Freunde / vnd endlich auffſeine Diener wenden / vnd anzeigen wie ein Herr ſich in dieſen vier - ley Betrachtungen auch Klug / Fuͤrſichtig vnd Tugendhafft erweiſe / daraußdenn71Anderer Theil. denn erſcheinen wird / was trewer Raͤthe vnd Diener Pflicht vnd Schuldigkeit auch in ſolchen Stuͤcken erfordere.
I. Wegen der Heyrath / iſt kein zweiffel nach dem der Landsherr die vor -26. Von eines Regenten Fuͤrſichtig - keit vnd Ampt in Anſehung ſeiner Hey - rath. nemſte Perſon des gantzen Landes iſt / vnd maͤnniglich auff ſein Thun vnnd Le - ben die Augen wiefft / groſſe Herren auch mehrentheils vielen boͤſſen nach reden manchmal ohn ihr verſchulden / auß Neyd des boͤſen Feindes vnd ſeiner Werck - zeuge / unterworffen / daß alle gute Vorſichtigkeiten vnd Errinnerungen / die ſonſt bey vorhabender Heyrath vnnd im Eheſtande ſelbſt Vernuͤnfftigen vnnd Chriſtlichen Leuten gegeben werden / ſo viel mehr vnd nothwendig bey verheyra - thung Fuͤrſtlicher vnd dergleichen hoher Perſonen / vnd zu ihrem Eheſtande in acht zu nehmen ſeyn: Alß / daß Heyrathen mit dem Gebet vnnd Chriſtlichem guten Vorſatz angefangen / auff Tugend vnd Froͤmmigkeit / gute geſtalt / rech - tes Alter / Ehrliches Geſchlecht geſehen: Jm Eheſtande ſelbſt / rechte Trewe / beſtaͤndige Liebe / gedult in Creutz vnd Schwachheiten / nothwendige Verſor - gung des Ehegatten vnd dergleichen in acht genommen werden; Weßwegen man in andern Geiſtlichen vnd weltlichen Buͤchern nachricht findet; Allhier aber wollen wir nur etliche Vmbſtaͤnde / die ein Regent nach Gelegenheit des Vaterlandes in ſolchem Stuͤck in acht zu nehmen / pflegt / erinnern.
1. Nach alten herkommen des Teutſchlandes verheyrathen ſich die Teut ſchen Fuͤrſten vnnd vornehme Reichs Graffen an keine andere Perſon / alß welche auß Fuͤrſtl. Graͤfflichen oder denenſelbengleich geachteten Gelchlecht / welches zu mahl im Reich bekant / vnd etwa auch dem Lands Fuͤr - ſten der da Heyrathet nicht unterworffen oder Landſaͤſſig were / gebohren iſt / vnd ſind Exempel anzuziehen / daß im Fall es eine Fuͤrſtliche vnd hohe Perſon hie - rinn anders gehalten / vnnd an eines gemeinen von Adel oder Buͤrgerlichen Stands Perſon ſich vermaͤhlet / es Jhnen nicht allein zu boͤſer Nachrede gerei - chet / ſondern auch denen alſo erzielten Kindern ihr Stand vñ Recht zur Landes Regierung ſehr beſchnitten / auch wol aberkant / oder Sie mit geringen Guͤtern abgewieſen worden.
2. Pflegen ſie alß denn gemeiniglich vnnd mit groͤſſern Reſpect vnnd be - quemligkeit zu Heyrathen wenn Sie zur Landes-Regierung wůrck - lich getreten / es weren denn andere ſonderbahre wichtige Vrſachen / alß da ſind der befuͤrchtende Abgang deß Geſchlechts / oder eine bevorſtehende ſtattliche Gelegenheit zu Heyrathen / vnd dergleichen / daß alſo ein Herr auch zuvor vñ bey Lebzeiten ſeiner Eltern / oder derer die das Regiement haͤtten / ſich in Eheſtand begebe.
3. Erwehlen ſie auch gerne eine Gleichheit des Standes / in dem daß Sie nicht leichtlich an einen ſolchen Ort ſich machen / da das Vermoͤgen vnd Anſehen der Eltern vnd der Perſon gar weit groͤſſer / oder im Gegentheilviel72Teutſchen Fuͤrſten-Statsviel geringer were; Denn auß Jenem vberladen ſich die Herren mit vielen vergeblichen Vnkoſten / vnd im andern Fall haben Sie auch nicht wenig unge - legenheit.
4. Jſt es muͤglich / ſo nehmen Sie eine ſolche Gemahlin / die Jhrer Religion iſt / ſo wol des Ehelichen Vertrawens / alß auch Land vnnd Leute vnd ihrer Kinder halben / welche wiedrigen Falls offt deßwegen in Ge - fahr / oder im Argwon vnd zerruͤttung kommen / daher auch in manchen Fuͤrſt - lichen vnd hoͤhern Hauſe durch Teſtamenta der Vorfahren ſolcher Punct be - ſonders Recommendirt vnd aufferlegt iſt.
5. Wenn ſonſt vorhergeſetzte Stuͤcke / vnd dann die gemeine Vmbſtaͤn - de der Perſon halben ſich wol befinden / Sind unſere Teutſche Fuͤrſten vnd Lan - desherren eben nit ſo ſehr auf das Vermoͤgen oder Reichthumb der Gemahlin bedacht / ſintemahl in den meiſten Fuͤrſtl. vnd Graͤffl. Haͤuſern in Teutſchland die Toͤchter nur mit einem gewiſſen vnd bekanten Stuͤck Gelds auß geſtattet vnd von der Succeſſion des Landes damit abgewieſen werden / da - bey leſt es der Heyrathende Herr billich bewenden / vnd macht ſich daruͤber keins keine weitere Anſchlaͤge / wenn es nicht vngefehr vnd auß ſchickung Gottes ſich zu truͤge / daß er mit guten Vergnuͤgen an einen ſolchen Ort geriethe / da die Erb - ſchafft der Land vnd Leute auff die Gemahlin fiele / oder ſonſt ein zufaͤlliges an - derweitiges Vermoͤgen dabey zu hoffen / welches denn zu einem ſonderbahren auffnemen des Lands / wenn die andern Eigenſchafften einer loͤblichen Gemah - lin auch dabey ſind / manchmahl gedeyhen kan.
6. Dabey pflegen ſie auch in der Verſorgung oder gegen Ver - maͤchtnus / welche denen Fuͤrſtlichen vnd Graͤfflichen Gemahlin vor vollen - ziehung des Beylagers mit guten Rath vnnd Vorbetrachtung auffgerichtet werdẽ / ſich nach der Gelegenheit des Einbringens der Gemahlin vnd dem Ver - moͤgen des Landes zu richten / ſolche Leibgedinge oder Einkunffte / die einer Ge - mahlin nach zu tragenden Tode eines Herrn; Vnnd ſolche Außgaben oder Handgelder / die ſie in waͤhrenden Eheſtande Jaͤhrlich haben ſoll / zu verord - nen / daß damit das Land nicht zu ſehr beſchweret / vnd den Nachkommen zu viel an Intraden entzogen / oder ſonſt andere Vngelegenheit darauß verurſacht werde.
7. Jn waͤhrenden Eheſtande werden ſolche Fuͤrſtl. Gemahlinnen mit gnugſamer Auffwartung / vnd was die euſſerliche Ceremonien belanget / auff dit Weiſe / wie der Landsherr ſelbſt / geehrt vnnd vnterhalten. Wie unten im Capitel von der Hoffſtadt wird zu vernehmen ſeyn / einige Bottmaͤſſigkeit oder mit Regierung deroſelbẽ oder eine abgeſonderte Hoffſtadt aber iſt ungewoͤn - lich / auch dem Landsherrn zum Theil ſchimpfflich / vnd in viel Wege ſchaͤdlich / doch pflegen denſelben wol Cammer / Guͤter vnd Haußhaltungs-Sachen zuErgetz -73Anderer Theil. Ergetzligkeit nach Beliebung / ſo die Fuͤrſtliche Eheleute darzu haben / unterge - ben zu werden. Alles was nun zu Erhaltung gluͤckſeliger Ehe vnd gebuͤhrli - chen Standes einer Gemahlin des Landsherrn kan bedacht / vnd was dißfalls fuͤr Vngelegenheit / Vbelſtand vnd Aergernus kan abgewendet werden / das gereichet dem Herrn ſelbſt mit zur Ehre / Frewd vnd Vergnuͤgung / vnd iſt alſo nicht ein gering Stuͤck / welches er fuͤr ſich vnd mit Vertrawten vernuͤnfftigen Raͤthen zu erwegen vnd wol zu verordnen hat.
II. Was die Fuͤrſtl. Kinder eines Landsherren betrifft /27. Von des Lands - herrn Ampt in Anſe - hung ſeiner Kinder. wiederholen wir die offtmalige Errinnerungen / daß die gemeine Schuldigkeit Chriſtlicher Eltern gegen ihre Kinder ſolchen hohen Standes-Perſonen noch viel haͤrter obliege / alldieweil ſolche Kinder / ſonderlich was die Soͤhne belanget / nicht nur vmb der Eltern / oder Jhrer ſelbſt / ſondern umb ſo vieler andern Leute / des gantzen Reichs / des hohen Geſchlechts / vnd der ſaͤmptlichen Vnterthanen willen wol in Acht genommen werden muͤſſen / zu mahl die Anreitzung vnd An - leytung zum boͤſen in hohen Stande / vnd bey vielen Mitteln vnd Vermoͤgen viel groͤſſer alß bey gemeinen Leuten / dieſe auch einer Obrigkeit vnnd genauen Obſicht / auch im Alter unterworffen ſind / da hingegen ſolche hohe Perſonen zu ihrem freyhen Willen mehrentheils gerathen / vnd alſo durch Gottes Beyſtand ſich ſelbſt allein regieren vnnd maͤſſigen muͤſſen.
Das vornemſte aber nun / daß ein Landsherr bey ſeinen Kindern / Jungen Herrn / Soͤhnen vnd Fraͤwlein / Toͤchtern / vber die Gemeine Chriſten vnd El - tern Pflicht thun kan / iſt. 1. Die Aufferziehung zum Fuͤrſtlichen vnd hohen Stande vnd Tugenden.
2. Die gebůhrende fernere Verſorgung / wenn ſie Aufferzo - gen ſind / denn weil dergleichen Standes Perſonen menſchlicher Weiſe die gewiſſe Hoffnung haben in was fuͤr Stand vnd Ampt ihre liebe Kinder einſten leben werden / welches andere Leute von den Jhrigen nicht leichtlich vnd eigent - lich wiſſen koͤnnen / ſo were ja Thoͤrlich gehandelt / wenn man dieſelben in andern Tugenden / Wiſſenſchafften vnd qualiteten erziehen wolte / alß die Jhnen in ihrem Ampt vnd Beruff / den man vor Augen ſihet / noͤtig vnd wol anſtaͤndig er - meſſen werden: Dahero Jrren vnd verſuͤndigen ſich die Fuͤrſten vnd Landes Regenten weit vnd groͤblich / wenn Sie Jhre Junge Herren wild vnnd[frech]nach eigenen Willen auffwachſen / oderzu etlichen zwar nicht verwerfflichen Sachen / alß zu. Jagen / Reiten / Kriegsuͤbung / einer oder andern frembden Sprache / allein / aber zu dem noͤtigſten vnd dem Hauptwerck der Regierung nit ziehen noch anweiſen laſſen. Wie vnd welcher Geſtalt aber die rechte Erzie - hung geſchehen ſollen / davon hatt ein Landsherr reiffen Rath zu pflegen / ſeines Lands Gelegenheit / vnd die Beſchaffenheit vnd fehigkeit ſeiner Kinder vnd ver - hofften Landes Succeſſorn wol fuͤr Augen zu haben / Sie mit verſtaͤndigen Tu -Kgend -74Teutſchen Fuͤrſten-Statsgendhafften Dienern / Hoffmeiſtern / Præceptorn vnd Auffſehern zu verſehen / gegen alle gleiche Liebe vnd Vorſorge zu erweiſen / vnd alſo keines dem andern zur Vngebuͤhr vorzuziehen / vnd die Wurtzel des Neyds unter ſie zu Pflantzen / dieſelben / da ihrer zu mahl wenig oder nur einiges were / deß wegen nicht in Ei - genwilligkeit zu verzaͤrtelen / zum oͤfftern nach ihrem Thun vnd Weſen zu fra - gen / vnd Jhnen ſelbſt mit gutem Exempel vorzugehen; Von dieſem Punct koͤnte auß fuͤhrlicher geredet werden / weil er aber eine ſonderliche Tractation er - fordert / auch davon bey Fuͤrſtlichen Hoffſtaͤtten / viel weitlaͤufftige Ordnungen / Rathſchlaͤge vnd Verfaſſungen auffgerichtet ſind / wollen wir dißmahl nur die Hauptſtuͤcke ſolcher Aufferziehung Summariſch andeuten / worinn nemlich Fuͤrſtliche vnd Graͤffliche Kinder Vnterwieſen und worzu Sie ſollen gehalten werden.
Wolte man auch einen Jungen Herrn nach befindung ſeiner zuneygung zu mehren Philoſophiſchen Wiſſenſchafften oder andern Sprachen anfuͤhren / koͤnte Jhnen zwar ſolches nicht Schaden / vnd Jhn gelehrt / auch Anſehnlich vnd beliebt machen aber es wird dabey dahin geſehen / daß dadurch das noth - wendige nicht verabſaͤumet / auch der Geſundheit vnd Gemuͤts der Perſon ge - ſchonet / vnd er dadurch nicht zu einem einſamen Leben vnd ſtaͤten Buͤcherleſen von ſeiner Beruffs-Arbeit abgeleytet werde / welches eben ſo wol ſchaͤdlich vnd unverantworlich were.
Nechſt dieſen Dingen / wodurch Tugenden deß Verſtandes vnd Gemuͤts gepflantzet werden / ſind Fuͤrſtl. Eltern auch auff die Leibes Gelegenheit ihrer Fuͤrſtl. Kinder bedacht / daß auch in ſolchen Stuͤcken ſie. 1. Zu anſtaͤndigen uͤbungen. 2. Jngeziemender Ergetzligkeit gehalten werden.
Die77Anderer Theil.Die Leibesůbungen der Jungen Herren beſtehen in allerhand Hur -29. Von Lei - bes uͤbungẽ Junger Herrſchaf - ften. tigkeiten vnd Exercitien, welche anderswo in beſondern Buͤchern beſchrieben ſind / alß Tantzen / Reiten / Rennen / Fechten; So wol auch in zierlichen Geber - den / die Jhnen nach Standes gelegenheit anſtehen / vnnd durch ſolche Dinge Jhnen ein Anſehn vnd Beliebung machen / Jhre hoͤffligkeit damit uͤben / auch wol in Kriegsfaͤllen ſich deren gebrauchen koͤnnen; man kan auch hieher ziehen etliche Kuͤnſte / welche ſonſt unter die Wiſſenſchafften gerechnet werden / alß etwas von der Muſic doch gemeine vnnd der Geſundheit ſchaͤdliche Art derſel - ben / alß da ſind welche mit Starcken blaſſen verrichtet werden / außgenommen: So dann auch etwas von der Mahlerey / vnd Kunſt zu reiſen / davon ſie Luſt vñ Nutz bey Vorhabenden Gebenden / vnd deren Zierrathen / auch ſonſt zu aller - hand feinen Inventionen haben koͤnnen.
Die Ergetzligkeit beſtehet in allerhand zu laͤſſigen vnd maͤſſigen Spie - len nach unterſcheid des Alters / alß Ballen / Ballonen ſchlagen / mit Kugeln werffen / Schacht vnd andern Kunſtreichen ſpielen ohne Gewinn vnd Eyffer vornehmen / mit allerley Geſchoß / wenns ohne Gefahr geſchehen kan / ſich erlu - ſtigen / mit der Jaͤgerey vnnd Weydwerck umbgehen / Beitzen / Fiſchen mit einer Reiſe an andere ſchoͤne Oerter / mit Converſation bey ihren Freunden vnnd Verwandten / oder auch geringern Standes wol gezogenen Juͤnglin - gen / vnd was des Dinges mehr iſt / Jedoch das es ohne verſaͤumung der noͤtig - ſten Vnterrichtung in vorhergeſetzten Stuͤcken / vnd mit gebuͤhrender umbwech - ſelung geſchehen / ein Junger Herr auch ſich nicht gar zu viel daran verliebe / ſonderlich auch ſeine Leibes Conſtitution daruͤber beobachtet / vnnd unmaͤſſige Bewegung verhuͤtet werde.
Die Fuͤrſtl. vnd Graͤffliche Fraͤwlein werden auch nutzlich vnd wol angehalten / zu feinẽ Geberden / zierlichẽ Daͤntzen / zu allerhand Frawenzim - mers Arbeit mit kuͤnſtlichen Nehen vnd Stuͤcken / mit abreiſen / ſo dann mit zu richtung etlicher guten Confecturen; vnd Artzneyen / gebrandten Waſſers / ſon - derbahren Speiſen vnd dergleichen / was ſolchen Stands Perſonen anſtaͤndig / vnd zu Jhren Fuͤrſtl. Eltern / oder in kuͤnfftigen Eheſtande Jhrer Herren vnd Gemahl Beliebung gereichen kan:
Jhre Ergetzligkeiten werden angeſtellet in zulaͤſſigen / Kunſtreichen / unaͤr - gerlichen Spielen / ſpatzierfahren zu Jagten vnd Fiſchereyen: Anhoͤrung der Muſic, oder daß Sie ſelbſt etwas davon lernen / Jn der Jugend auch bey Herrn vnd Fraͤwlein / daß ſie ſelbſt bey artigen Auffzuͤgen vnd Comœdien unter der Anweiſung vnd Auffſicht ihrer vorgeſetzten ſich brauchen laſſen; Oder da ſte erwachſen / dergleichen anſchawen / vnd ſich damit beluſtigen.
II. Die anderweite fernere Verſorgung / nach dem die Fuͤrſtl.30. Von Ver - ſorgung der Jungen: vnd dergleichen Kinder etwas erwachſen / vnd in denen nothwendigen Stuͤcken /K iijdie wir78Teutſchen Fuͤrſten-StatsHerrſchaf - ften / wann ſie erwach - ſen ſind.die wir vorhero beylaͤufftig Angezeigt / angewieſen werden / welches nach Vn - terſchied ihrer Art vnd faͤhigkeit gegen das 16 oder 18. Jahr bey Jungen Her - ren zu geſchehen pflegt / erachten wir darinn zu beſtehen / daß Sie alß denn zu einer Erfahrung der Sachen / die Jhnen noͤtig / nutzlich oder wol anſtaͤndig / nach Gelegenheit entweder zu einer vnd anderer fuͤrnehmen Verrich - tung bey den Regiements-Geſchaͤfften gezogen / oder anfremde Hoͤffe vnd Laͤnder oder hohe Schulen / doch mit guter Behurſamkeit gebuͤhrlicher Inſtruction vñ trewen Dienern / oder in rechtmaͤſſige Kriege fuͤr das Vaterland / oder eine bekante redliche Sache / gefuͤhret werden / darzu denn auff einen gebuͤhrenden Verlag vnd nothwendige bedienung zu geden - cken iſt.
Es pflegen auch wol die Regierenden Herren / wenn ſie in ein hohes Alter kommen vnd erwachſene Soͤhne haben / die wol erzogen vnd Tugendhafft ſind / vnd ſich ſonderlich gegen ihre Eltern in rechtſchaffener trewer Liebe finden laſſen / ein gewiſſes Stuͤck Landes oder etliche Einkuͤnffte / oder wie man Exempel hat / eine gantze Regierung abzutreten / doch daß Jhr Nahme vnd Reſpect dabey betrachtet vnd biß in die Grube erhalten werde.
Eine Haupt-Vorſorge aber des Landsherrn fuͤr Jhre Fuͤrſtl. Kin - der oder nechſte Erben beſtehet darinn / daß ſie Jhnen auffs muͤglichſte ihre Alt vaͤterliche Lande Fuͤrſtenthume oder Herrſchafften erhalten / dieſelbe nicht mit Schulden vnd andern Vnrath beſchweren / Kriege / ſchwere Rechtfertigungen / oder groſſe Feindſchafft / oder uͤbele Anordnung in dieſem oder jenem Stuͤck / Boͤſe / Vntrewe / hochmuͤtige vnd eigennutzige Diener / vnd was mehr Jhnen zu ſchaden dienen kan / verlaſſen / vnnd aufferben / ſondern vielmehr wie ſie Jh - nen ins kuͤnfftige ein friedfertiges vnnd wol geordnetes Regiement nach ihrem Tode einraͤumen moͤgen / in Jhrer Regierung ſtets bedacht ſeyn / auch durch be - dachtſame / Chriſtliche Teſtament vnnd letzte Geſchaͤffte / guten Rath vnd Er - rinnerung mittheilen / was ſie etwan Zeit Jhres Regiements nutzlichs oder ſchaͤdlichs in acht genommen welches die Nachfolger auch brauchen oder mei - den koͤnten / oder was Sie auch zu rechter Einigkeit vnd billichmaͤſſiger Ver - theilung vnter den Fuͤrſtl. Succeſſoren dienlich zu ſeyn erachten / ſo weit es ſich nach der Landes gelegenheit / alten Vertraͤgen vnd herkommen thun laͤſſet / an - ſchaffen vnd verordnen / damit einem Jeden ſein Stand vñ außkom̃en erhalten auch Anlaß gegeben werde / etwas nutzlichs zu des Landes beſten mit verrichten zu helffen.
Hierzu gehoͤret auch eine Vorſorge fuͤr eine Chriſtliche Fuͤrſtliche vnd anſtaͤndige Heyrath / daß die Regenten in dieſem Stuͤck fuͤr ihre Kinder ins geſampt Sorgfaͤltig / vnd Jhnen darzu bey rechtem Alter vnd be - vorſtehender guten Gelegenheit befoͤrderlich ſeyn / hingegen da Sie ſehen / daßdißfals79Anderer Theil. dißfals zur Vngebuͤhr / Vnzeit vnd mit Schaden verfahren werden wolte / ſol - ches muͤglichſt abwenden: Jnſonderheit aber die Fuͤrſtl. vnd dergleichen Fraͤw - lein betreffende / pflegen die Eltern nicht weniger dahin zu ſehen / daß ſo wol bey ihren Leben / alß auch nach ihren toͤdtlichen Hintrit von ihren Herren Soͤhnen an gehoͤriger Auffwartung / Kleidung / Schmuck vnd Vnterhaltung / wenn ſie zu Jahren kommen denen Fraͤwlein die Gebuͤhr verſchaffet / auch ſie nach Goͤttlicher ſchickung zu guter Heyrath an Chriſt - vnd Fuͤrſtl. oder hohe vnd ge - maͤſſe Stands Perſonen / bey welchen gleiche Religion, Tugend / Ehr vnd ge - buͤhrliches Außkommen zu finden / nicht gehindert / ſondern vielmehr dazu befoͤ - dert werden; Vnd Jhnen die gebuͤhrende Außſtattung auß den Fuͤrſtl. ein - kommen / oder der Landſtaͤnde Fraͤwleins Stewer / wie es das Herkommen erfodert / wiederfahren / Sie hingegen durch gewoͤnlichen Verzicht von fernern Zuſpruch auff die Erbſchafft des Landes abgewieſen / auch hinwiederumb durch Rath ihrer Eltern oder Herren Bruͤder mit gebuͤhrenden gegen Vermaͤchtnus verſehen werde; Verheyrathete ſich aber eine ſolche Fuͤrſtliche vnd dergleichen Tochter nicht / So wird Jhr nichts deſto weniger bey der Hoffſtaͤt Jhrer Fuͤrſtl. Eltern oder Herren Bruͤder die gebuͤhrende Fuͤrſtl. Vnterhaltung Zeit ihres Lebens verſchaffet. Vor der Reformation der Religion iſt bey Fuͤrſtl. Haͤu - ſern gebraͤuchlich geweſen von den Jungen Herren vnd Fraͤwlein / ſo viel alß muͤglich / vnnd man zur Lands-Regierung entrathen / oder nicht wol ver - heyrathen koͤnnen / auff Geiſtliche Stiffter vnnd Cloͤſter / theils ohne ihren Willen zu bringen / vñ Sie mit Geluͤbden zu einem Leben auſſer der Ehe zu ver - binden / dagegen Sie an ſolchen Orten theils groſſe / oder doch nottuͤrfftige Ein - kunfften ohne Beſchwerung des Landes darauß Sie gebohren / gefunden / wel - ches denn noch heute zu Tage in Teutſchland / vornemlich bey den Roͤmiſch Ca - tholiſchen / zum Theil auch noch vff etlich wenig Reformirten Stifftern / darzu man durch wol der darinn ſchon ſitzen den Perſonen / welche man Capitularen nennet / oder durch Verordnung der Landes-Fuͤrſten gelanget / alſo gehalten wird. Wie nun das erſte Mittel von denen Jenigen / die einer andern Reli - gion ſind / mit guten Gew[i]ſſen nicht ergrieffen werden kan / alſo iſt auch diß letztre mit den Reformirten Stifftern heute zu Tage ſehr eingeſchraͤncket haben auch Landes Herren dahin zu ſehen / daß ſie hierinn mit Behutſamkeit verfah - ren / vnd die Jhrige / bey ſolchen Faͤllen alſo verſorgen / daß dadurch nicht etwa andern / die mehr dazu berechtiget / oder deren Ehe bedoͤrffen unterdruͤcket / vnd Hindangeſetzet / oder auch Jhren Kindern wieder ihre Zuneygung vnd Gelegen - heit etwas auffgebuͤrdet oder Jhnen auch Anlaß zu muͤſſigen vnnd aͤrgerlichen freyhen Leben gegeben werden.
III. Nach der dritten Betrachtung eines Regenten / gegen31. Von eines Lands - herrn Ver - Seine Freunde / erfodert deſſen Angelegenheit vnd die Beſchaffenheit desTeut -80Teutſchen Fuͤrſten-Statshaltung ge - gen Freun - de vñ Nach barn.Teutſchen Reichs / welches auß ſo vielen Fuͤrſten vnd Staͤnden beſtehet / daß ein Landsherr ſich bemuͤhe nicht allein mit Seinen Bluts vnnd Stamsbefreun - den / ſondern auch mit andern vornehmen Staͤnden vnd ſonderlich den Be - nachtbarten in guter Freundſchafft vnd vernehmen zu ſtehen / doch werden hier - in gewiſſe unterſchiede gehalten / denn mit etlichen / alß den Blutsfreunden / nahen Nachbarn vnd Religions-Verwandten gehet ein Landesherr anderſt umb / alß mit weit entlegenen vnd anderer Religion zu gethanen / denn die Freundſchafft vnd Vertrawen hat ſeine gewiſſe Maſſe vnd Gradus.
Die gemeine Bezeigungen gegen alle Bekandte vnd Freun - de beſtehen darinn / daß Jhnen der Landes Fuͤrſt freundliche Gruͤſſe / vnd zu Entbietungen bey Gelegenheit / da ſeine Diener oder andere Bekandte vornehme Leute von ihnen zu jenen Reiſen / wiederfahren vnd ſich umb ihren Zuſtand befragen laſſe / dergleichen auch hinwiederumb von Jhnen mit hoͤffli - chen Danck annimpt. 2. Daß er Jhnen auf die Neue Jahrstage Gluͤck - wünſchungs Schreiben ſchicket. 3. Daß er im Fall ſie durchs Land reiſen / vnd ſonderlich da ſie es Jhme zu wiſſen thun / ſie freundlich empfahen / in ſeine Hoffſtatt laden / oder ſonſt Bewirten / vnd alß deñ Jhnen die Oberſtelle vnd alle Ehr vñ Vorzug / wie es der Gebrauch vñ Hoffſittẽ erfodern wiederfahrẽ laͤſſet. 4. Jhre Geſandten / die ſie zu ihme ſchicken / gerne annimpt / vertrewlich hoͤrt / Jhnen alle Ehr / nach der Art / wie ſie geſandt ſeyn / vnnd es des Herrn Creditiv Schreiben erfodert / vnd ſonderlich wenn Sie an ihrer Stadt die Ge - ſandten Ordnen / oder Jhnen ſo viel alß ſich ſelbſt zu getrawet haben wollen / er - zeigen leſt. 5. Jhre andere vornehme Diener die etwa ſonſt Reiſen / oder nur etwas wenigs vnd nicht alß Geſandte anzubringen haben / zu ſich erfodert / mit Jhnen von ihres Herrn Zuſtand ſich hoͤfflich beſpracht / dieſelbe auch nach Gelegenheit zu Hoffe zeucht / oder Koſtfrey haͤlt. 6. So ſie etwas zu ihrer Hoff - ſtatt gehoͤrig durchs Land fuͤhren laſſen / vnd daruͤber gebuͤhrenden Schein er - theilen wird / wird ihnen ſolches Zoll frey paßiret, vnd ſonſt ihnen vnd den Jh - rigen / auch denen die ſie Recommendiren, gute Foͤrderung vnd Vorſchub ge - than.
Jſt aber die Verwandſchafft vnnd Vertrawligkeit etwas groͤſſer / So pfleget der Landsherr alle ſeine frewdige vnnd leydige zufaͤlle Schrifftlich ihnen zu Notificiren alß in frewden Faͤllen die Geburt oder verheyrathung Fuͤrſtlicher Kinder / antreꝛung einer Regierung / gluͤckliche Erb - vertheilung vnd andere wichtige Vertraͤge: Jn Leyd / das Abſterben ſeiner nahen Angehoͤrigen / oder ſonſt einen groſſen Schaden der ihnen vnd ſeinem Lan - de bevorſtunde. Solche Notificationes bekommet er nun wiederumb von ſei - nen Freunden / vnd nimpt dieſelbe gerne an / antwortet darauff vnnd gratulirt ihnen in frewden / oder condolirt in Leydes faͤllen / wie denn bey Fuͤrſtl. Cantze -leyen81Anderer Theil. leyen die Art / wie ſolches vnd an wem es geſchicht / mit Fleiß auffgezeichnet zu finden. 2. Pfleget er dieſelbe auf begehren auch Perſoͤnlich bey etlichen vorher - geſetzten Begebenheiten zu beſuchen oder ſeine Geſandten darzu zu ſchicken / auch daß es Jhnen hinwieder von denſelben geſchehe / zu bitten / er nimmet auch wol ſonſt Anlaß auſſer ſolchen Faͤllen zu vertrawlicher Converſarion vnd Vn - terredung zu ihnen zu Reiſen / ſich mit ihnen bey der Hoffſtatt / oder auf der Jagt mit Fuͤrſtl. vnd gebuͤhrlichen uͤbungen vnnd freundlicher Annehmung deſſen / was ihnen zu Ehren wiederfaͤhrt / zu ergetzen / vnd daß desgleichen von Jenen hinwiederumb bey ihnen geſchehe / zu begehren vnd zu veranlaſſen. 3. Eine an - zeige guter Freundſchafft vnd Vertrawens iſt auch dieſes / wenn Fuͤrſtl. Perſo - nen einander bey den Fuͤrſtl. Kindern die Gott beſcheret / zu Gefattern bit - ten / vnd durch ſolches Chriſtliches Werck bezeugen / daß ſie das Jenige / was einem Chriſtlichen Tauffbathen zu thun gebuͤhret / gegen ihre liebe Fuͤrſtl. Kin - der ſich bey einer ſolchen Perſon verſehen. 4. Das vornemſte aber einer Ver - trawten Freundſchafft iſt / wenn ein Landsherr mit dem andern ſeine Ange - legenheiten in ſchweren Regierungs-Reichs-vñ Lands Sachẽ offenhertzig / theilhafftig machet / trewen Rath daruͤber begehret / auch hinwiederumb mittheilet / ihme auch mit allerhand Mitteln / nach der Sachen Beſchaffenheit / dazu dienet vnd befoͤrderlich iſt / alß mit Vorſchuß an Geld / zu ſchickung Kriegs Volcks / Munition, Vorrat / an Lebens-Mitteln / Schickung verſtaͤndiger Leute / vorbitten bey hoher Reichs-Obrigkeit / Vnterhandlung bey einem dritten / mit deme man in verwirreten Sachen ſtehet / getrewer Vmbtre - tung in geſampten Anliegen / vnnd desgleichen / was trewe vnd wolgemeinte Freunde gegen einnader zu erweiſen pflegen.
Bey dieſen Freundſchafften ins gemein nimmet ein Lands-Fuͤrſt vnd deſ - ſen trewe verſtaͤndige Raͤthe fleiſſig in acht. 1. Daß auch die erſt angefuͤhrten vnd gemeinen Hoͤffligkeiten gegen die Jenigen / mit denen man ſolche lang gepflogen oder die dazu von newen freundlichen Anlaß geben / niemals unterlaſſen werden / denn dadurch achten ſich dieſelben Perſonen beſchimpfft / vnd wird ohne gnugſame Vrſache Mißgunſt erwecket. 2. Daß er auch gegen die / mit welchen er ſolche Kundſchafft noch nicht hat / mit Reſpect ſich verhal - te / vnd entweder da ſie hoͤher vnd maͤchtiger / oder doch gleich / vnd ihres Ruhms vnd Fuͤrſtl. verhaltens wegen Ehre vnd Liebe wuͤrdig / auch ſich gegen Jhnen nie unfreundlich erwieſen / Jhnen damit zu vor kommet / was aber geringere ſeyn / oder ſonſt alſo Beſchaffen daß man ſich ihrer Freundſchafft nicht ſonders zu wuͤnſchen haͤtte / dieſelbe den Anfang vnd Anlaß machen leſt. 3. Jn der Con - verſation, die er mit Jhnen ſelbſt / oder ihren Abgeſandten vnd Dienern haͤlt / braucht er gute Vorſichtigkeit / daß er Jhnen mit gehoͤrigem Titul vnnd anderer Bezeigung hoͤfflich vnd nach Gebuͤhr begegnet / in ſeiner NachfrageLnicht82Teutſchen Fuͤrſten-Statsnicht zu Fuͤrwitzig vñ eigentlich / in Entdeckung ſeiner Gemuͤts-Meinung nicht zu ſchnell vnd vertrawlich ſich erweiſet / auch alßdenn vnd ſonſt bey maͤnniglich / da es außgebreitet werden koͤnte / deroſelben nie anders alß mit Ehren vnd zum wenigſten ohne hoͤniſche vnd ſchimpffliche Reden gedencket: Denn wo in ſol - chen Vmbſtaͤnden verſtoſſen wird / pflegt die Freundſchafft nicht zu beſtehen / ſondern nur Haß vnd Wiederwillen / davon man einſten unvermuthete Vnge - legenheit hat / zu entſpringen. 4. Darneben thut Er auch darauffſehen / vnd ſich Erkundigen / wie hingegen Jhme vnd den Seinigen von ſolchen Freunden vnd Bekandten begegnet werde / vnd da etwas vorgienge / ſo zu ſeinen Schimpff hinnauß lieffe / leſt er ſolches nach Gelegenheit vnnd vnterſchied der Sache der Gebuͤhr nach errinnern / oder giebt es ſonſt hoͤfflich vnd bey guten Anlaß hinwieder zu erkennen / daß er ſeiner Hoheit vñ Re - ſpects, welch[e]n[e]in Regent in keinerley Wege verwarloſen muß / auch Einge - denck ſey. 5. Jn dem letzten Grad der Vertrawligkeit vnnd Freundſchafft wird die groͤſte Behutſamkeit gebrauchet / daß ein Landes-Fuͤrſt den Je - nigen / mit welchen er alle ſeine vornemſte Angelegenheiten Communiciret, oder ihme in den Seinigen rathen will / wol betrachtet / ob er Chriſtenthums vnd Tugendhalben eines ſonderbahren Vertrawens wuͤrdig / ob er auch verſtaͤn - dige / verſchwiegene vnd trewe Raͤthe vñ Diener habe / ob er auch Rath vñ Mittel von darzu gewarten; Denn die Erfahrung vnd Vernunfft bezeugt / daß mit Hochmuͤtigen / Eigennutzigen / Vngerechten vnd in verwirten Handeln ſchwe - bende Regenten wenig außzurichten / vnd von ihrer Freundſchafft nur ſchaden zu gewarten / Jnſonderheit aber wird dahin geſehen / daß mit dem Rath vnd Huͤlffe / die man einen nahen oder vertrawten Freunde thut / niemand wieder Recht angegrieffen vnd beleydigt / auch des Reichs-Satzungen vnd hoheit in Acht genommen werden / zu welchem Ende ſehr vortraͤglich daß ſich die Lands - herren Verbuͤndnuͤſſen mit andern Staͤnden / da durch Sie gehalten weren ſich jener in allen Angelegenheiten anzunehmen auffs muͤglichſte huͤten vnd euſſern; Denn ob gleich darin die Reichs-Satzung außgenommen werden / ſo geſchicht es doch durch Mißdeutung vnd ungeſtuͤmmes Anhalten / daß mancher Fuͤrſt vnd Herr daruͤber zu wett gehet / vnd wegen ſeiner Bundsgenoſſen ſich vnd ſein Land in Vngluͤck ſtuͤrtzet. 6. Ob gleich auch ein Regent keinen ſolchen Freund findet / mit dem erin voͤlligen Vertrawen ſtuͤnde / ſo erheiſchet es doch manch - mahl[di]e Noth vnd Beſchaffenheit der Sache / daß er in etlichen Dingen einem andern Eroͤffnung thun / Rath vñ Huͤlffe begehrn; Vnd hinwieder - umb dergleichen von ſich verſpuͤren laſſen muß ſolchen Falls wird bedachtſam - lich erwogen / mit was Gelegenheit / wie weit vnd auff welche dienliche Maſſe ſolches geſchehen koͤnne / vnd ſonderlich das keinem nichts wieder Gebuͤhr / Ver - nunfft vnd Hoͤffligkeit angemuthet / vnd alſo zu dergleichen von ſich zu begehrennicht83Anderer Theil. nicht Anlaß gegeben werde / nichts weniger daßman zu foͤderſt mit denen in Ver - nehmen vnd Correſpondentz vber einer Sachen ſtehe / welche diß fals einerley Hauptmeinung vnnd gleichmaͤſſige Vrſachen zur Wolfahrt haben / in dieſem oder jenem Dinge / alſo wie verhofft wird / ſich zu erzeigen / denn wegen der unter - ſchiedenen Religionen, mancherley Intereſſen vnd Vorhaben / Befreundung vnd Verwandnuß / Rechtfertigung vnd Streitigkeiten fuͤhren die Fuͤrſten vnd Staͤnde des Reichs gar vnterſchiedliche Anſchlaͤge vnd abſehen / welche man beylaͤufftig wiſſen / vnd fuͤr Augen haben muß / wo mit denſelben in wichtigen Sachen gehandelt werden ſoll. 7. Endlich / weil an der Nachbarn vnd anſtoſſender Potentaten Freundſchafft oder Feindſchaft viel gelegen / So erwei - ſet ſich darinn eines Landes-Fuͤrſten Verſtand vnd Tugend nicht wenig / wenn er durch Obenbeſchriebene vnd andere Wege ihre Gewogenheit vnd gutes Ver - nehmen zu erhalten oder in fuͤrfallenden Streitigkeitẽ ſich mit ihnen nach Recht vnd Billigkeit zu vergleichen trachtet / inſonderheit aber da Er etwas vermercket / was ihren Landen Schaden oder auch Nutzen bringen / vnd alſo endlich das Seinige auch mit betreffen koͤnte / hat er nicht zu unterlaſſen Jhnen darinn / ſo viel nur muͤglich vnd es zu Danck angenommen werden will / Beyraͤthig zu ſeyn / oder auch nach Befuͤgnus der Sachen trewliche Errinnerung / Nachricht vnd Warnung zu ertheilen / zu dem Ende wird erfodert / daß man des Zuſtands der Nachbarn ſich mit guter Beſcheidenheit iederzeit informirt halte / vnd alſo auff den gemeinen Nutzen vnd Schaden / welchen Nachbarn von vnd mit ein - ander haben koͤnnen / deſto beſſer vnnd mit Grunde zu gedencken gefaſt ſeyn moͤge;
IV. Was denn endlich vnd zum vierdten die Vorſichtig -32. Von der loͤblichen Bezeigung eines Lãds herrn gegẽ ſeine Die - ner. keit vnd Tugend eines Regenten / die er ſonderlich gegenſeine Diener verſpuͤren laͤſſet / anreicht / da haben wir ſchon oben angefuͤhrt / vnd wird noch ferner in Fortgang dieſes Wercks erſcheinen / was er ins gemein vnd denn bey Jedwedern Ampt vnd Dienſt fuͤr Eigenſchafften an den Dienern ſu - chet / vnd was er Jedem zu Verrichtung ſeines Ampts inſonderheit aufferleget. Allhier aber ſind noch etliche andere Errinnerungen uͤbrig / die von einem loͤbli - chen Regenten gegen ſeine Diener in acht genommen werden / vnnd von der Tugend vnd Weißheit deſſelben herruͤhren.
1. Daß auch bey Annehmung vornehmer Diener / der Landsherr ſich nicht ůbereylet / vnd einem andern zu gefallen / oder auß geſchwinden Ein - fal ohne gnugſame Erkundigung / vnd Vorbetrachtung dieſem oderjenem Be - foͤderung zu einem Dienſt zuſage oder leyſte / ſondern ſich nicht reuen laſſe / auch ſolches Vorhaben trewen Raͤthen vnd Dienern zu eroͤffnen / vnd ihre Gemuͤts - Meinung daruͤber zu begehren / ſich auch alßdenn nach Befindung mit ver - nuͤnfftiger Reſolution herauß zu laſſen / denn wo hierinn zu Eylſam auß Anſe -L ijhung84Teutſchen Fuͤrſten-Statshung ein oder ander Euſſerlichen qualitet, ungeſtuͤmmen Anhaltens vnnd be - weglicher Recommendation verfahren wird / pflegt ſolche Dienſt-Beſtellung offters uͤbel zu gerathen / vnnd zu Schimpff vnd Vngelegenheit hinnauß zu ſchlagen.
2. Sonderlich aber iſt ſolche Erwegung noͤtig / wann etwa der Lands - herr ein newes ſonderbahres Ampt vnd Dienſt-Verrichtung / welches vorher der Orten nicht gebraͤuchlich geweſen / anordnen / oder newe Ehren-Titul vnd Vorzuͤge einem Diener ertheilen will / denn ſolches iſt vielen Neyd vnnd Nachrede unterworffen / vnd daher entweder gar zu vnterlaſſen / vnd bey alten Tituln vnnd herkommen zu beharren / oder doch mit reiffer Betrachtung aller Vmbſtaͤnde die Anſtalt zu thun.
3. Die gebuͤrliche vñ vernuͤnfftige Erweiſung eines Herrn gegẽ ſeine Diener beſtehet ſonderlich in deme / daß er einem Jeden in dem Ampt / daß er ihme anvertrawt / nach Maſſe vnd Jnhalt ſeiner Inſtruction vnd Beſtellung / er - haͤlt vnd ſchuͤtzt / vnnd Jhn darinnen nicht betruͤben noch beſchimpffen / viel we - niger geringere oder ſeine vntergebene das Jenige verrichten / vnd ihnen die Ehre vñ Vorthel davon leſt / was den andern und vorgeſetzten gebuͤhret; Einen Jeden auch mit ſeinen Vnterthaͤnigen Errinnerungen vnd Berichten / auch da ihme etwas wiedriges Schuld gegeben wuͤrde / mit geziemender Verantwortung vor ſich oder andern Dienern / den er es befihlet / zu laͤſt / vnd ehe ſolches geſchicht / vnd er ſchuldig befunden wird / keinen Groll vnd Haß auff ihn wirfft / viel weni - ger auff geringes verſehen / ſtracks abſchafft oder Praſtet / ſondern die Art einer Chriſtlichen vnnd gnaͤdigung Vermahnung vorhergebraucht; Seine Be - ſoldung / wie ſie ihme zu geſagt iſt / zu rechter Zeit reichen vnd ihn damit nicht auf - halten oder bevortheilen leſt / damit er ſeine Dienſte mit Frewden vnd ziemlicher Ergetzung verrichte / vnd ſo viel weniger Anlaß zu untrew vnnd Ergreiffung un - gebuͤhrlicher Mittel habe; ſonderbahre fleiſſige Dienſte vnd Trewe / auch auſſer - halb der Beſoldung / nach Gelegenheit der Vmbſtaͤnde begnadiget / im Alter vnd Schwachheit / ſo Dienern zu mahl bey wehrenden Dienſte zu ſtehet / nicht verſtoͤſt / ſondern zum wenigſten mit etwas Vnterhalt / wenn er zu mahl Arm vnd beduͤrfftig iſt / verſorget / auch trewer Diener Kinder vnd Erben / welche ſich ſonſt wol halten fuͤr andern ſich befohlen ſeyn leſt / Es pflegen auch loͤbliche vnd Tugendhaffte Herren da ſie zu Jahren kommen vnd Jhres Lebens Ende vermu - then / ihren Nach folgern die Alte vnd von ihnen beſtelte Diener in gutem zu be - fehlen / daß ſie ſolche ohne erhebliche Vrſache nicht aͤndern vnd abſetzen ſollen / hingegen auch / da ſie ſonderbahre Maͤngel an einem vnd andern / oder eine ge - wiſſe Art / wie ſie dieſen oder einen andern wol gebrauchen koͤnten / auß Erfah - rung erkandt haben / ihnen gleicher geſtalt zu ihrer Nachricht vnd Vorſichtig - keit zu eroͤffnen. Auff dieſe vnnd dergleichen Weiſe vervrſacht ein Herr ſeineDiener85Anderer Theil. Diener zu deſto mehrer Trew vnd Fleiß / kan ſie mit deſto beſſerem Nachdruck zu - ihren fleiſſigen Ampts-Verrichtungen antreiben / vnd reitzet auch andere Ehr - liche vnd dapffere Leute ſich deſto ehr vnnd lieber zu ſeinen Dienſten gebrauchen zu laſſen.
4. Ein ſonderbahres Kunſtſtuͤcke aber eines Herrn beſtehet darinn / daß er ſeine Diener ſonderlich die vornemſten an ihren Gemuͤt vnd Gaben / ſo wol auch an ihren Fehler vnd Maͤngel wol kennet / vnd ſich nit einbildet daß erlauter untadelhafftige vollkommene Leute / die nach ſeiner guten Intention vnd willen ſich gaͤntzlich ſchickten / vnd alle erfoderte Eigenſchafften uͤberfluͤſſig an ſich fuͤhreten / haben / die andere aber meiden vnd gering halten wolte / denn in dieſer menſchlichen Schwachheit muͤſſen die Leute alſo genommen vnnd ge - braucht werden / wie man ſie nach fleiſſiger Nachfrage vnd angewandter Sorg - falt auffs beſte vnd leydlichſte haben kan / darumb wenn ein Herr ſeiner Diener vnd dero guter vnd boͤſer Eigenſchafften (darunter man iedoch keine vorſetzliche Laſter vnd ungeſchickligkeit in ihrem Ampt / ſondern Schwachheiten vnnd menſchliche Maͤngel verſtehet) wol Kuͤndig iſt / ſo weiß er ſie auch mit Nutz zu gebrauchen / vnd ihren Fehlern mit Manier zu begegnen / ſolche bey ihnen durch gute Errinnerung vnd andere Fuͤrſichtigkeiten abzuſtellen / oder doch ihre gute Gaben alſo anzuwenden / daß durch die Fehler den gemeinen Weſen in ihrem Dienſt kein Schade geſchehe.
Auß dieſem Grunde wird auch dieſes herflieſſen / daß ein Herr alle ſeine Diener nach unterſcheid ihres Standes vnd Verrichtung mit gleicher Gnade vnd wol Meinung liebet vnd achtet / eines ieden Dienſte erkennet / auch Jedwe - den bey ſeiner Verrichtung bleiben leſt / vnnd ſich nicht an einen oder etliche we - nige dergeſtalt haͤnget / daß dieſelbe allein alles wol Thun / in allen Stuͤcken bey ihm gelten / vnd durchdringen / vnd alle andere Diener unter ſich / vnd ihr gluͤck / Gnade oder Straͤffe in ihren Haͤnden haben / dadurch endlich andere Ehrliche Leute vertrieben werden / vnd ein Herr ſelbſt an Statt daß er der hoͤchſte vnnd Oberſte ſein ſolte / in die Haͤnde vnd Bottmaͤſſigkeit ſeines alſo zu ſehr erhoben - vnd einig geliebten Dieners dergeſtalt gerathen thut / daß er ohne deſſen Wil - len nichts vermag / vnd unter ſeinen Namen alles was ein ſolcher Liebling will / gut - vnd boͤſes / vorgehen laſſen muß / welches fuͤr war ein groſſer Fehler vnnd merckliches Vngluͤck fuͤr Regenten iſt / die ſich oͤffters nicht allein durch vorneh - me vnd geſchickte Perſonen / ſondern auch wol durch geringe / nichtswuͤrdige Leute alſo bethoͤren vnd beſitzen laſſen;
5. Endlich thut ſich auch ein Herr darinn ins gemein vorſehen / daß er auff alle ſeine Diener vnd deren Verrichtung Thun vnd Leben ein wachendes Auge hat / nicht zu viel Trawet / vnd alles durch Sie wol außgerichtet haͤlt / ſondern vielmehr durch fleiſſiges Nachforſchen vnnd willige Anhoͤrung deſſen /L iijwas86Teutſchen Fuͤrſten-Statswas dißfals geklagt wird / Jhrer Handlungen ſich erkundigt / Sie daruͤber zur Rede ſetzet / ſonderlich zu Anfang durch andere ihnen zu ſprechen leſt vnd letzlich nach klarer Befindung / die Schalckheit vnd Boßheit / ohne anſehen der Perſo - nen / ob es gleich ſeine liebe vnd nutzliche Diener weren / nach Außweiſung der Rechte / ſtraffet / vnd alſo Gottloſe ungerechte boͤſe Leute / daran keine Beſſerung hilfft noch angewand iſt / von ſich thut / dadurch er denn frembden Suͤnden vnd Schwerer verantwortung loß wird / vnd bey den Vnterthanen vnd andern Die - nern ſeine Gerechtigkeit vnd Fuͤrſtliches anſehn zu erkennen giebt.
Dieſes weren nun die vornemſten Dinge darinnen der Erſte Punet der Landes Regierung beſtehet / damit ſich der Landes Fuͤrſt vnd ſeine Raͤthe zu be - muͤhen haben / wie wir Eingangs dieſes Capitels gemeldet.
Nun iſt noch uͤbrig zu beſchreiben die ſonderbahre Art vnd Weiſe / die bey Berathſchlagung vnnd Verrichtung dieſer Dinge uͤber die gemeine Errinne - rungen / welche in vorhergehenden Capitel zu finden / in acht genommen wird.
1. Weil dieſe Sachen des Landesherrn Hoheit / Sicherheit / Ehre / Ver - moͤgen / vnd nachfolgend alles das gute / was er an ſeinen Land vñ Leuten / durch Gottes Gnade thun vnd erweiſen kan / auch ſeine ſelbſt hohe Perſon vnd die liebſten Seinigen / auch ſeine Freunde vnd ſeine trewe Diener antreffen / vnd ſehr viel nach ſich ziehen / So pflegt vnd ſoll auch billich ein Landeherr in dieſen Pun - cten ſeinen Verſtand / nachdencken vnnd Sorgfalt ſelbſt zu ge - brauchen / vnd ſolche nicht vornemlich auf ſeine Diener ſtellen / oder erwarten / was ihme etwa dieſelbe hierinn fuͤr ſich Vorſchlagen werden / ſondern er iſt hier - auff zu foͤderſt / vnd mit guten Nachſinnen / weil es ihn ſelbſt an meiſten beruͤhrt / bemuͤhet / bringt alſo wol vnerrinnert ſolche Dinge in Berathſchlagung / woh - net denſelben ſo viel muͤglich ſelbſt bey / hoͤret eines Jeden Meinung mit Ver - nunfft vnd erweget die Vmbſtaͤnde ſo gut er kan / vnd goͤttliche Allmacht dar - in Gnade verleyhet.
2. Jn groſſen Fuͤrſtenthumen / wo man der Raͤthe vnd geſchickten Leute viel beſolden vnd haben kan / werden zu dieſen vnd etlichen andern Sachen / die zum Theil oben Summariſch angedeutet / vnd hierunten gehoͤriger Orten noch ferner auß gefuͤhrt werden / wie ſchon erwehnt ſonderbahre Geheime Raͤthe / die fuͤr andern der Reichs vnd Lands-Sachen vnd des Fuͤrſtlichen Hoffweſens wol erfahren / beſtellet; Jn etlichen Orten aber zielet der Landsherr mit Anneh - mung aller ſeiner Raͤthe dahin / daß ſie ihme ſo wol in dieſen / alß in den Iuſtitz Sachen beyraͤthig ſeyn koͤnnen / damit aber ſolchen Falls die Arbeit bey der Re - girung zertheilt / auch in geheimen Sachen nit alles ſo bald in die Verſamlung ſo vieler Perſonen gebracht werde; So brauchet man ſich hierinn einer gewiſ - ſen Außtheilung der Zeit vnnd der Perſonen / alſo / daß ſolche Sachen nachGele -87Anderer TheilGelegenheit vnd Wichtigkeit entweder mit etlichen oder mit allen Raͤthen com - municirt werden;
3. Ob wol die Verſchwiegenheit allen Raͤthen vnd Cantzeley bedien - ten ihren ſchweren Pflichten nach oblieget / der Landsherr auch ſelbſt ſich in ſei - nen Vorhaben verſchwiegen vnd heimlich haͤlt / ſo iſt es doch in dieſen Puncten noch viel noͤtiger / alß in den andern gemeinen Land vnd Iuſtitz Sachen / denn in dieſen Faͤllen offt durch unbeſonnene Außbreitung mancher vernuͤnfftiger Rathſchlag zu nichte oder ſonſt Schimpff vnd Vngluͤck verurſacht wird / dar - umb gehoͤren auch hierzu vertrawte / geheime Secretari; Denen die Regiſtra - tur, Verfaſſung vnd Verwarung der Briefflichen Nachrichte / Schreiben vnd Vrkunden hierinn auffgetragen wird.
4. Die vornemſten vnd geheimeſten Schrifften / die inſolchen Sa - chen abzufaſſen ſind / werden gemeiniglich durch Vertrawte vnd hierzu ſonder - lich geſchickte Raͤthe auffgeſetzet / in gefaͤhrlichen Zeiten an Statt der Buchſta - ben Ziffern vnd dergleichen verborgene Schrifften gebraucht / was im Nahmen des Lands-Fuͤrſten außgehet / von ihme ſelbſt Vnterſchrieben / anch wol ver - trawte Handbriefflein võ ihme ſelbſt verfaſſet / mit Ringpieſchafften oder Gehei - men Siegel / welches nit zu taͤglichen Cantzeley Gebrauch gehoͤret / bekraͤfftiget / es were denn daß Giimpffs oder andern wichtigen Vrſachen halben etliche Sa - chen im Nahmen der Raͤthe oder der Cantzeley außzulaſſen gut befunden wuͤrde.
5. Weil auch zu ſolchen Sachen offt ſchnelle Entſchlieſſung gefaſſet wer - den muͤſſen / vnd man dazu nicht lange Friſten vnd gute weile / wie in andern Dingẽ hat auch an gruͤndlicher vnd beſtaͤndiger Nachricht / wie es in einem vnd andern bey den Vorfahren gehalten / vnd was ſonſt in ſolchen hin vnd her vor - genommen worden / ein groſſes gelegen / ſo wird den Raͤthen võ dem Landsheꝛrn dieſes unter andern mit Nutz eingebunden / daß ſie in ſolchen Sachen auß den Acten ſich unter der Hand / vnd ob ſie gleich noch nicht in wuͤrckliche Berath - ſchlagung vnd Streit kommen / nicht allein wol Informiren, vnd ſolche fleiſ - ſig Leſen / ſondern auch / daß nach wichtigkeit derſelben bey Zeit vnd wenn man von andern Geſchaͤfften Ruhe hat gruͤndliche Relationes, Bedencken / vnd Rathſchlaͤge daruͤber auffgeſetzet / vnd zu kuͤnfftigem Gebrauch beygelegt werden.
6. Es ſeynd auch etliche dieſer Puncten alſo bewandt / daß ſie durch Schrifften nicht / ſondern durch Perſoͤnliche Reiſen des Landsherrn oder durch Schickung eines ordentlichen Abgeſandten / oder vertrawten Die - ners oder Beſtellung eines geſchickten Agenten vnd Sollicitanten, oder durch interpoſition eines andern Potentaten, oder ſonſt eines anſehnlichen Man - nes außgerichtet vnnd behauptet / auch mit Freunden vnd Nachbarn / oder mitStaͤnden88Teutſchen Fuͤrſten-StatsStaͤnden des Reichs darauß vorher Correſpondentz gepflogen / auch wol Be - gnadigungen vnd Schenckungen darauff gewand werden muͤſſen / welches in andern gemeinen Lands - vnd Iuſtitz Sachen nicht leichtlich von noͤthen / dar - umb auch auff die Art vnd Weiſe des rechten fuͤrbringens vnd Fruchtbarlichen Angrieffs / bey Berathſchlagung derſelben vornemlich geſehen wird.
Summa.
Erſtlich wird wiederholet / wie vnd welcher Geſtalt einem Lan - desherrn dieſe Macht zu komme.
Folget / wohin ſolche Ordnungen inſonderheit Zielen / nemlich / auff Erhaltung der Gerechtigkeit des Friedens vnnd der Wolfarth vnd auffnehmen des Lands.
Wen ſie angehen / Nemlich / die Vnterthanen des Lands / Jhre Perſonen / Guͤter vnd Gerechtſamen: Wiefern von deß Landsherrn Gerechtſamen / Geſetze vnd Ordnungen ge - macht werden.
Was pflege geordnet zu werden zu Erhaltung der Gerech - tigkeit.
1. Daß die Vnterthanen Erbar vnd Zuͤchtig leben.
2. Daß ſie gegen einander in Gerechtigkeit vnd Billig - keit ſich finden laſſen.
3. Daß ſie Laſter vnd Miſſethaten meyden / nach Auß - weiſung der gemeinen vnd Landrechte: Dahin ſich zwar die Ordnungen der Obrigkeit ins gemein Re - mittiren, etliche noͤtige Puncten aber abſonderlich ver - ordnen / deren etliche erzehlt werden.
Wie die Ordnungen oder Geſetze eingerichtet werden / zu dem an dern Punct / der da iſt / die Erhaltung Fried vnd Ruhe.
Wie die Geſetze eingerichtet werden / in dem dritten Punct zur gemeinen Wolfahrt des Lands / die da beſtehet in Erhal - tung vnd Vermehrung der Leute vnd ihres Vermoͤgens.
Wie der Menſchen Geſundheit vnd Vermehrung durch die Ge - ſetze bedacht ſey.
Wie durch die Geſetze die Mittel zur menſchlichen Nahrung gefoͤdert werden.
Wie der Vberfluß des Lands zu auffnehmen vnd Bereicherung der Leute wol angewendet vnnd durch die Geſetze gezielet werde.
Wie alle ſolche Ordnungen vnd Geſetze publicirt, vñ auß Schul - digkeit gehalten werden ſollen.
DAmit wir nun mehr zu dem andern Haupt-Punct der Regie - ments-Geſchaͤffte ſchreyten / welcher beſtehet in Auffrichtung gu - ter Geſetze vnnd Ordnungen / dadurch Gerechtigkeit Friede vnd Ruhe ſampt dem Vermoͤgen deß Lands vnd der Leute in Schwang gebracht / erhalten vnnd alſo das Boͤſe vnd Schaͤdliche abgeſchaft / vnd das gute vnd Loͤbliche gehand habt werde. Da haben wir auß vorhergehenden kuͤrtzlich zu wiederholen /1. Wie der Landsherꝛ macht ha - be / Ord - nungen vñ Geſetze auf zurichten. daß die Macht vnd Befugnuß ſolcher Ordnungen auffzurichten allein ei - nem Landsherrn vnd Regenten zu komme / vnd Jhnen auch obliege / ſolches nach beſten Verſtande vnd wiſſen zu thun / Allermaſſen ſolches im 1. vnd 5. Capitel angezeigt worden. Wie er auch bey Auffrichtung ſolcher Ordnung / die Hoheit vnd Satzungen des Reichs fuͤr Augen haben vnd ſich darnach ach - ten / wie er Seine Mit Regenten oder Theilhabere darzu ziehen / vnd ſich mit Jhnen daruͤber vergleichen / wie er ſeine Landſtaͤnde in wichtigen newen Anſtal - ten / oder die mit ihren Willen muͤſten geordnet werden / zu Rath fragen thue / das alles iſt in vorhergehenden Capiteln / Cap. 2. 3. 4. zur Notturfft berichtet / auch zu wiſſen / daß ſolcher Punct die Auffrichtung vnd Beſſerung einer Lands - oder Policey Ordnung belangende / nebenſt den Dingen / die wir vorher Be - ſchrieben / von dem Lands-Fuͤrſten ſelbſt mit ſeinen Geheimen Raͤthen / oder die er an derſelben Statt gebrauchet Berathſchlaget werde.
Allhier iſt nun ferner abſonderlich Anzufuͤhren / wohin doch ſolche Ord -2. Der Haupt - zweck aller Ordnungẽ nungen in weltlichen Sachen gerichtet zu werden pflegen / oder was Sie be - treffen / ins Gemein zwar iſt gedacht / daß dadurch / Gerechtigkeit / Fried vnd Auffnehmen oder Wolfahrt deß Lands vnd der Leute geſucht werde.
MNun90Teutſchen Fuͤrſten-StatsNun beſtehet aber die Gerechtigkeit / wie Bekandt iſt / auff dieſen dreyen Haupt-Reguln / Nemlich / daß ein Jedweder Erbar vñ Zuͤchtig lebe / einem Jeden daß Jenige / was ihme gebuͤhret gebe / vnd wieder - fahren laſſe / vnd niemand beleydige.
Der Friede / oder die innerliche Ruhe des Landes vnd Sicherheit vor den Feinden flieſſet her auß der Gerechtigkeit / vnd die wird hinwiederumb durch Fried vnd Ruhe befoͤrdert / alſo / daß dieſe beede Stuͤcke freylich nach der Lehre des Koͤnigs Davids einander Kuͤſſen / vnd eines ohne das andere nicht wol be - ſtehet / Endlich das Auffnehmen vnd die Wolfahrt gruͤnden ſich zwar vornemlich in den zwey vorhergehenden Gaben Gottes / erweiſen ſich aber auch abſonderlich in guter Nahrung vnd Vermehrung der Leute vnd ihres Vermoͤ - gens / Handels vnd Wandels / der Haupt-Zweck deſſen allen iſt die Hey - ſame erhaltung der Policey / oder gantzen Regiements in ſeiner Ehre / Krafft vnd Hoheit / vnd das letzte Ziel iſt die Ehre Gottes / wie wir anderſtwo auch vermeldet.
Nach dieſem Abſehen vnd auff dieſen Grund / nicht aber auff Eigennutz / vnbillichen Vortheil oder ſonderbahren Perſonen zu gefallen werden nun auch die Geſetze vnd Ordnungen eins Lands vnd Fuͤrſtenthumbs billich eingerichtet vnd darinnen die Perſonen / vnd was denſelben Anhaͤngig / vnd die Sa - chen oder Guͤter bewegliche vnd unbewegliche / auch Gerechtſame vnd Befugnuͤſſe der Vnterthanen des Landes beobachtet vnnd in guter Maſſe er - halten: Denn ſolche Lands / oder Policey Ordnungen gehen eigentlich auff die Einwohner vnd Vnterthanen des Lands / oder doch auff die Guͤter / die im Lande gelegen ſind / vnd die Gerechtſame / die darinnen geuͤbet vnd gebrauchet werden.
Was aber den Landsherrn ſelbſt / deſſen hohe Gerechtſame vnd Obrigkeit vnd alſo den Erſten Punct der Regierung betrifft / davon wird in ſolcher Poli - cey Ordnung vornemlich nichts / alß ſo fern es den Vnterthanẽ zu ihrer Nach - richt vnd Achtung zu wiſſen von noͤthen enthalten. Welche Stuͤcke wir in kurtz vorhergehenden 7. Capitel betrachtet. Jngleichen wird auch darinn von ei - nem vnd andern Lands Fuͤrſtlichen Regal - vnd anderer Gerechtigkeit / wie ſich die Vnterthanen dargegen verhalten ſollen / Verordnung gethan / davon unten mit mehrerm.
Was aber die Vnterthanen / oder / wie gedacht / Jhre Perſonen vnd Sa - chen anbelangt / darunter iſt das Erſte / ein Erbarvnd zuͤchtiges Leben / vnd Wandel: Es iſt zwar ſonſten zueinem weltlichen Regiement daß Abſehen der Geſetze mehr auff die andern beeden Puncten der Gerechtigkeit vnd Abſchaffung der groben Verbrechen dadurch andere Leute an Jhren Per - ſonen oder Guͤtern beleydigt werden / alß etwa auff die innerliche Pflantzungder91Anderer Theil. der Tugenden des Gemuͤts / die einen Jeden abſonderlich angehen / gerichtet / vnd wird die Vnterweiſung vnd Anfuͤhrung zu guten Sitten vnnd Tugenden nicht ſo leicht durch euſſerlichen Zwang vnd Bottmaͤſſigkeit erhalten / ſondern will eine flete Annehmung vnd Vbung erfordern / welche bey den Heydniſchen Alten Voͤlckern der Griechen vnnd Lateiner durch mancherley Vnterrichtung der Gelehrten Philoſophen vnd Poeten geſucht werden; Aber zu einer Chriſt - lichen Policey kan vnd muß die Obrigkeit hierin auch weiter gehen / vnd nicht allein ihre Ordnung auff die groben Euſſerlichen Mißhandlungen / welche wie - der die menſchliche Geſellſchafft / Einigkeit vnd Friede der Vnterthanen gantz offenbarlich ſtreiten / ſondern auch etwas weiters / auff Pflantzung Ehr vnd Tugend in den Gemuͤtern vnd gemeinen Leben vnnd Wandel richten / weil aber nicht alle ungebuͤhrliche Thaten vnnd Beginnen der Menſchen / der groſſen Schwachheit nach / die vns anklebt / alſo balden mit weltlicher gewiſſer Straffe zu belegen / ſondern gar viel auff eines Jeden Verantwortung in ſeinem Ge - wiſſen vnd fuͤr GOtt dem hoͤchſten geſtellet werden muß / So werden auch die allermeiſten Tugenden vnd Laſter / welche ſonderlich einen Jeden vor ſich ange - hen / vnd nicht zu Nutz oder Schaden des Nechſten alſobald gereichen / mehr durch fleiſſige Ermahnung vnd bewegliche Vnterweiſung / alß durch Art eines weltlichen Geſetzes vnnd darauff geſetzter Straffe den Vnterthanen eingebun - den / alſo daß dieſes erſte Haupt-Geſetz der Gerechtigkeit / eines Erbarn / vnd kurtz zu ſagen / Chriſtlichen Wandels vornemlich in die Kirchẽ Diſciplin, auch die Aufferziehung der Jugend zu Hauſe vnd in den Schulen / davon wir her - nach Reden wollen / alß in daß weltliche laufft: Gleichwol aber ſind auch etliche Stuͤcke / die vornemlich eines ieden Gemuͤt vnd Perſon betreffen / Nachfolgig aber auch ſeinen mit Vnterthanen zu Aergernuß vnd Schaden gereichen koͤn - nen / in den Landes-Ordnungen bedacht / alß da iſt / eine gebuͤhrliche Euſſerliche Feyer der Sonn vnd Feſttage / ein nuͤchtern vnd maͤſſiges Leben vnd Vermei - dung des ſchaͤndlichen Vollſauffens / dadurch die Leute ihre eigene Leiber unge - ſund machen / vnd ihre Gemuͤter zu vielen Laſtern vnd uͤbeles vornehmen gegen andere reitzen / vnnd was zu dem Ende von gewiſſer Zeit des Tages / da man mit Zechen vnd Schencken auffhoͤren muß / geordnet. Ferner ein rechtmaͤſſiger Beruff vnnd Handthierung vnd Vermeidung des Muͤſſiggangs; Durch welche die Verderbung Leibs vnd Gemuͤts / eine Verſchwendung der Guͤter / vnd endlich eine Belaͤſtigung anderer Leute erfolget / zu welchem Zweck auch die Anordnung eines Zuchthauſes fuͤr dergleichẽ unartige Perſonen / zu Beſſerung ihres Lebens vnd beruhigung anderer Leute ein vortrefflich Mittel iſt: Die Er - haltung einer gebuͤhrlichen Ordnung vnnd Vorzugs zwiſchen den Staͤnden vnd Vnterthanen des Lands nach ihren Ehrenſtande vnd Ampt bey allen Be - gebenheiten vnnd Zuſammenkunfften / ſo wol auch in Kleidung vnd andernM ijeuſſer -92Teutſchen Fuͤrſten-Statseuſſerlichen Dingen / darauf zum Theil in der Policey vñ Gaſtungs Ordnung / Theils in der Kleider-Ordnung geſehen wird / damit es alſo auch dißfals im Lande Ehrlich vnd Ordentlich hergehe / vnd zerruͤttung / Mißverſtand vnd aͤrger - nuß verhuͤtet werde; Vnd was etwan dergleichen mehr ſeyn kan / welches die Tugend vnd auch die Ehre vnd Stand einer ieden Perſon der Vnterthanen betrifft.
Nach dem andern vnd dritten Haupt-Punct der Gerech - tigkeit / nemlich / daß ein Jeder dem andern die Gebuͤhr erſtatte vnd keiner den andern Beleydige / gehen nun die Geſetze vnd Ordnungen des Landes auff alle der Vnterthanen Eigenſchafften / Handthierung / thun vnd laſſen / alß fern ſolches einen andern vnd dritten angehet / vnd beſtehet hierinn vornemlich die Gerechtigkeit oder Billigkeit / welche durch die Geſetze geſucht wird / vnd zwar was die Gebuͤhr / gleiches Recht vnd Billigkeit erfordern / in allen Handel vnd Wandel / die zwiſchen etlichen Perſonen / es ſey umb was es wolle / fuͤrgehẽ was auch einem Jeden allein von ſeiner Perſon vñ mit ſeinem Vermoͤgen zu thun oder vorzunehmen zu komme / wie ferne er damit nach un - terſchied Standes vnnd Alters fuͤr ſich oder unter der Hand ſeiner Eltern vnnd Vormuͤnden zu gebahren habe / bey ſeinem Leben / oder mit Verordnung nach ſeinem Tode / wie es mit Erbſchafften eine Bewandnuß vnd rechmaͤſſige Be - ſchaffenheit habe / was fuͤr Mißhandlungen verbothen ſeyn / wie vnd an wem Sie geſtrafft werden / auch wie alle dieſe Dinge recht vorgenommen / wenn ſie Streitig werden / gebuͤhrlich geklagt / gehoͤriger Orten entſchieden / vnd alſo das Recht ertheilet werde; Davon geben die loͤbliche Gewonheiten / abſon - derliche Stadtrechte vnd willkühre / Landůbliche / ſo wol auch die Rechte des gantzen Roͤmiſchen-Reichs außfuͤhrliche nach - weiſung / vnd wird ſich darauff in den meiſten Lands Ordnungen / ins gemein bezogen / vnd nach unterſcheid der Faͤlle die Norm vnd Richtſchnur / wornach die Gerechtigkeit vnd Billigkeit in iedweder Sacht ermeſſen werden ſolle / deut - lich gezeiget; Weil aber die Wiſſenſchafft ſolches Rechtens ſchwer / wichtig vnd weitlaͤufftig iſt ſo werden auch deßwegen die Gerichte / da die Vnterthanen in ſolchen Faͤllen des Rechtens gewarten / vnnd ſich weiſen laſſen muͤſſen / mit Fleiß beſtellet / auch zu dem Ende Advocaten oder Fuͤrſprecher / ſonderlich den Einfaͤltigen zum beſten gehalten / vnd von den fuͤrnemſten Stuͤcken / wie es in Gerichten herzugehen pflegt / in der Lands-Ordnung / auch andern Außſchrei - ben abſonderliche Verſehung gethan / welche Puncte wir aber in das nach fol - gende Capitel zu weiter Außfuͤhrung verſparen; Von andern Dingen aber / die ſonſt in den Rechten vnd denen davon geſchriebenen Buͤchern mit mehrern zu finden / werden gleichwol auch etliche in denen Landes-Satzungen abſonder - lich beruͤhret / entweder daß es vmb dieſelbe im Lande eine ſonderbahre Beſchaß -ſenheit93Anderer Theil. ſenheit hat / oder daß groſſe Mißbraͤuche darwieder eingeriſſen / die man Nach - druͤcklich abſchafft / oder daß ſie den gemeinen Nutz ſonderbahr angehen / vnd ſie alſo maͤnniglich wiſſen vnd ſich daran ſtets Errinnern muß / auß ſolchen Vrſa - chen werden nun alle die groͤbſten Laſter vnd Verbrechen wieder Goͤttliche / na - tuͤrliche vnd Landrechte / in den Lands Ordnungen nahmentlich verbothen / vnd die Straffen / die Rechtswegen darauff verordnet / ſind / dabey vermeldet / da - mit ſich niemand der Vnwiſſenheit zu entſchuldigen habe / Es werden auch ſol - che verbothe mehr geſchaͤrfft vnd ſtraͤcklicher exequirt, wenn die Mißhandlun - gen im Lande gemein werden / vnd die Straffen der gemeinen Rechte die Leute nicht gnugſam abſchrecken; Vnd beſtehet in abſchaffung ſolcher Laſter vnd Miſſethaten durch heylſame Ordnung ein groſſes Stuͤck der Obrigkeitlichen Pflicht / denn eben vmb des Willen / daß man fuͤr denen boͤſen vnd ſchaͤdlichen Leuten ſeinen Leib / Ehr vnd Gut ſicher haͤtte / haben ſich Anfaͤnglich durch Goͤtt - liche ſchickung ſo viel Tauſendt Leute unter den Schutz einer oder wenig Perſo - nen begeben / vnnd denſelben ſo viel Macht / Vorzug / vnnd Gewalt einge - raumet.
Auffdie Gůter der Vnterthannen wird uͤber daß / was wir bald von ihrer Nahrung vnnd Vermoͤgen aufuͤhren werden / auff etliche ſonderbahre Punete die im Lande gar gemein ſind / abſonderliche Verordnung gethan / Alß / zum Exempel: Nach dem die Buͤrger vnd ſonderlich das Baursvolck wegen ihrer Guͤter mit vnterſchiedlichen Beſchwerden von Alters her beladen / alß mit Erbzinſen Guͤlten / Frohnen / Dienſten / Hauptrechten / Leibeigenſchafften / Ze - henden / Abzuggeld ꝛc. Deßwegen oͤffters zwiſchen den Aemptern des Lands - Fuͤrſten / oder denen Staͤnden vnd andern Perſonen des Landes / welchen ſol - che Rechte gebuͤhren / viel Jrrung vorfaͤlt / So geſchicht deßwegen auch vmb verhuͤtung unnoͤtigen Streits / oder doch zu deſſelben richtiger Entſcheidung in den Landes-Ordnungen außfuͤhrliche Verſehung: Darumb auch in den mei - ſten Oerten geordnet / daß allerhand Contract vnd Handlung / die ſolcher vnd anderer unbeweglichen Guͤter wegen vorgehen / mit vorwiſſen der Obrigkeit ge - ſchehen / vnd die Brieffe daruͤber in den Aemptern vnd Gerichten auffgerichtet werden muͤſſen; Vnd wird daruͤber mit Nutz gehalten / daß keiner kein Gut ver - handeln / vereuſſern / oder vertauſchen darff mit dem Gedinge / daß er die darauff hafftende Beſchwerden vnd Schuldigkeiten davon bringen / auff ſeiner Perſon behalten / oder anders wohin weltzen wolte / ſondern er muß es dißfals bey dem alten Herkommen bleiben laſſen;
Wegen der Felder / Wieſen / Hoͤltzer / vnd anderer liegenden Grunde wird zum Exempel verordnet / daß ſie an aller Orten richtig verſteinet vnd verreinet / auch daruͤber eine nottuͤrfftige Beſchreibung vnd Flurbuch gehalten / alle Jahr auch die Graͤntzen / oder Flur der Felder umbgangen werden / vmb einen JedenM iijbey den94Teutſchen Fuͤrſten-Statsbey den Seinigen deſto beſſer zu erhalten / vnd daß Verwechſeln abpfluͤgen / vnd andere Vervortheilung bey ſolchen Guͤtern deſto kraͤfftiger zu vorkommen.
Wegen der Wohnungen vnd Gebewden der Vnterthanen / geſchicht nicht allein ins gemein die Vorſorge / daß allerhand tuͤchtige Materialien an Holtz / Stein / Kalck / Ziegel vnd dergleichen / ſonderlich bey den Staͤdten / umb ein leydlichs im Vorrath ſey / ſondern es werden auch wol ſonderbahre Baw - Ordnungen auff gerichtet / vnd darinnen die Leute dahin gehalten / daß ſie bey ihren Gebewden auff die Waͤrhafftigkeit / Wolſtand vnd Geſundheit / ſehen muͤſſen. Jngleichen weil durch Verwarloſung vnd Vngluͤck groſſer Schade mit Fewers-Brunſten in Staͤdten / Schloͤſſern / Doͤrffern / auch Felden vnd Walden geſchehen kan / wird deßwegen eine ſonderbahre Fewer-Ordnung auß - gefertigt / wie man ſich fuͤr Veranlaſſung ſolches Schadens auff vielerley Wegehůten / gute Bereitſchafft zu Vorkommung deſſelben halten / auch wie man in entſtehender Brunſt zu huͤlffe kommen ſoll.
Der innerliche Fried vnd Ruhe zwiſchen den Vnterthanen des Landes wird in den Lands-Ordnungen vnd Geſetzen auch bedacht / vnd an ſich ſelbſt gefoͤdert.
1. Durch gute Verordnung der Gerichtbarkeiten / vnd Ge - brauch heylſamer Geſetze / daß dieſelbe im rechten Schwang behauptet / die un - ter Obrigkeit vnd Beampten in allen Staͤnden wol verordnet / oder da ſie Erb - lich ſind / in guter Beſchaffenheit erhalten / vnd alſo maͤnniglich zu dem / was er Rechtswegen befugt nach Gebuͤhr vnnd foͤderlich verholffen werde / welcher Punct von uns abſonderlich hiernechſt betrachtet werden ſoll / denn es iſt kein groͤſſerer Anlaß zu Vnwillen / Aufftuhr / vnd Krieg in groſſen vnd kleinen Re - giementern / alß die uͤbele Beſchaffenheit der Geſetze vnd Gerichtsſtellen / ſinte - mahl die Erfahrung bezeugt / daß endlich die Jenigen / welche ihr Recht mit huͤlffe der Obrigkeit nicht erlangen koͤnnen / ſolches mit der That ſuchen / vnd Auffruhr vnd Krieg erwecken.
2. Durch ernſtliche Verbietung aller ſelbthaͤtligkeit vnd Ge - waltsuͤbung im Lande / ſonderlich aber Vngehorſams gegen die Obrigkeiten / Schlaͤgerey / Außforderungen / Bevehdungen / Droͤhungen / vnd andern Tro - tzes vnd Muthwillens.
3. Durch gute Verfaſſung vnd Bereitſchafft der Perſonen vnd anderer Dinge / dadurch auff beduͤrffenden Fall den unruhigen wiederſpenſti - gen Vnterthanen begegnet werden kan / davon in der Lands-Satzungen viel verordnung geſchehen / von vns aber in dem 10. Capitel dieſes Theils mit meh - rern erklaͤrt werden ſoll / dahin wir denn auch verſparen wollen / was zu Schutz vnd Sicherheit fuͤr außwuͤrdiſche Feinde dienet / vnd gebraucht wird / Wiewol auch dieſe bißhero erzehlte drey Stuͤcke / wenn nemlich. 1. Ein Landsherrdie95Anderer Theil. die Gerechtigkeit in ſeinem Lande vnd gegen Freunde liebt vnd hegt / vnd alſo niemand Beleydigt vnd Benachtheiligt. 2. Keine ſelbthaͤtligkeit / ſo lange er des Rechtens genieſſen kan / vornim - met / noch den Seinigen geſtattet / vnd 3. in guter Ruͤſtung ſi - tzet / ihm nach Gottes Willen den Frieden vnd Ruhe ſeines Lan - des wol erwerben vnd erhalten koͤnnen.
Der dritte Punct / welcher durch gute Ordnung gefoͤdert werden muß /7. Wie durch die Lands - Satzungẽ auff Erhal - tung der Leute ge - dacht wird. iſt nun die Erhaltung vnd Vermehrung der Leute vnd ihres Ver - moͤgens: Was die Leute betrifft / welche wir allhier nur ihrer Anzahl hal - ben vnd weil durch ihre Maͤnge alle Nahrung vnd Vermoͤgen geſucht vnd er - langt wird / betrachten / gehet der Zweck der Geſetze dahin / daß der Leute vñ Vnterthanen viel vnd dieſelbe auch Geſund / vnd alſo zu ihrer Ver - richtung tauglich vnd geſchickt ſeyn moͤgen.
Nechſt der Seelen Wolfahrt iſt nichts edlers einem Jedwedern Menſchen alß die Geſundheit vnd gute Leibes Conſtitution, So iſt auch in einem Regie - ment kein beſſerer Schatz / alß die maͤnge vieler Leute vnd Vnterthanen / die an Leibs vnd Gemuͤts Gaben wol Beſchaffen ſind / zu ſolchem Zwecke dienet nun nicht allein daß bey dem Geiſtlichen Regiement der Eheſtand in ſeinem rechten Stande erhalten / auch durch weltliche Geſetze alle darwieder ſtreitende Laſter geſtrafft vnd abgeſchafft werden / Sondern was auch zu Erhaltung der auff die Welt kommenden Jugend in den Geſetzen vnd Ordnungen vieler Laͤnder vnnd Fuͤrſtenthumer geordnet zu finden / zum Exempel von Hebammen vnd Wehe - Muͤttern / von Verſorgung der unmuͤndigen Jungen Leute / denen die Eltern abſterben / durch die Vormuͤnder / von Beſtellung Gelehrter vnd Erfahrner Aertzte vnnd Ballbierer / der man ſich in fuͤrfallen Leibes-Schwachheiten vnd Gebrechen mit Ruth vnd Nutz bedienen koͤnnen. Von guter Ordnung vnnd Fuͤrſichtigkeit zu Zeit einreiſſender Peſtilentz vnnd ſonſt anderer anſteckender Kranckheit; Von abſchaffung oder maͤſſigem Gebrauch etlicher der Geſund - heit ſchaͤdlichen Dingen / alß etwan in etlichen Landen des Mißbrauchs wegen der Brandewein vnd Taback zu achten. Von erhaltung reines Waſſers / vnd guten Lufft / durch Sauberung vnd rein Erhaltung der Staͤdte; Von ver - ſchaffung tuͤchtiger Nahrungs Mittel / vnd Vermeidung deſſen / was dißfals der Geſundheit zu wieder / alß ſonderlich untuͤchtigen Fleiſch verkauffs vbelge - backenen Brodts / verfaͤlſchten nichts wuͤrdigen getraͤnckes:
Von Erhaltung armer vnd nottuͤrfftiger Leute / Theils durch Hoſpitalien vnd Allmoſen / davon bey den Geiſtlichen Regiements-Sachen mehrere Nach - richt folgen wird / Theils auch durch ſonderbahre Pfleghaͤuſer / darinn die Jenige die nicht Arbeiten koͤnnen / ihren Vaterhalt haben moͤgen / vnnd der -gleichen96Teutſchen Fuͤrſten-Statsgleichen mehr / deſſen man ſich auß den getruckten vielfaͤltigen Landes vnd Po - licey Ordnungen erholen kan.
Was aber die Nahrung vnd Vermoͤgen der Vnterthanen / daß dieſelbe in gutẽ Schwang vñ Auffnehmen erhalten werde anlangt / da pflegt der Landsherr alß Geſetzgeber ſein Abſehen auff vielerley Vmbſtaͤnde zu rich - ten / vornemlich aber den Zuſtand ſeiner Land vnd Leute / wie ſolcher nach Anley - tung des Erſten Theils dieſes Wercks beſchrieben / fuͤr Augen zu haben / vnd be - ſtehet ins gemein darinn; Daß 1. keinem Vnterthanen die Notturfft zu ſeinen Lebens-Mitteln / auſſer ſonderbahrer Straffe vnd Verhaͤngnuß Gottes vnd ſein ſelbſt Verſchulden / mangele / ſondern er ſeine Nahrung in guter Ordnung vnd ohne ungebuͤhrliche Hinderung durch fleiſſige Arbeit vnd rechten Brauch des Seinigen haben moͤge. 2. Der Vberfluß oder ſon - derbahre Gaben deß Lands wol in Acht genommen / angewen - det vnd nutzlich vertrieben werden / damit auch von andern Orten / was noͤhtig vnd nutzlich iſt / ins Land komme.
Der erſte Punct / die Mittel zu nottuͤrfftiger Nahrung betreffende / wird nun durch unterſchiedliche gute Fuͤrſorge behauptet. 1. Geſtehet der Grund deſ - ſelben in guter Aufferziehung der Jugend / daß ſolche in der Kindheit von Muͤſſiggang / Verzaͤrtlung / Schalckhafftigkeit / Verſchwendung vnd der - gleichen Laſtern abgehalten / auch hingegen zu Hauß vnnd in der Schulen zu Fleiß / Arbeit / Sparſamkeit / Begnugſamkeit / Gehorſam / Einigkeit / Demut / vnd liebe zu guter O[r]nung angewieſen / Jhnen auch hiernechſt gemeiner Vn - terricht von allerhand nutzlichen vnnd noͤthigen Lebens-Arten / dadurch Nah - rungs-Mittelerworben / oder Erhalten werden / wiederfahre / deßwegen unten mehrer Nachricht zu finden; Denn wo das unter bleibet / vnd der Menſch in der Jugend zu nichts gutes vnnd nutzliches gewehnet wird / iſt es hernach im Alter ſchwer vnd mißlich / Jhn zu einen rechten / fleiſſigen anſtaͤndigen Beruff zu bringen.
2. Wird hierzu erheiſchet eine gute Fuͤrſichtige Anſtalt vnd Ordnung uͤber alle Handthierung vnd Nahrung im Lande / welche darinnen nach der Beſchaffenheit vnd natuͤrlicher Arthafftigkeit deſſelben mit Nutz vnnd zur Notturfft getrieben werden kan vnd muß: Damit ein Jedweder Gewerb durch ſo viel Leute / alß es noͤthig vnd muͤglich gefuͤhret / Jhnen die nottuͤrfftige Materialien dazu in Bereitſchafft gehalten / vnd von andern / die es nicht wol koͤnnen vnd gelernet haben / gleiche Buͤrden vnd Beſchwerung auch nicht tra - gen / oder ſonſt andere Mittel vnd Beruff haben / kein Eingrieff geſchehe / auch bevorab die Eigennutzige Zuſammenſchlagung wucheriſcher Leute die eine vnd dere Handthierung gantz an ſich ziehen / vnnd hernach die Leute ihres gefallens ſteigern / Vberſetzen vnd von ihrer Nahrung bringen / verhuͤtet werde / zu dieſemEnde97Anderer Theil. Ende findet man in der Lands-Ordnung die gemeine Satzung / daß ein Jeder Stand bey ſeiner hergebrachten Nahrung bleiben / der Adel zum Exempel ſeiner Guͤter ſich nehren / die Buͤrger der Kauffmanſchafft vnd Handwercks auch Brauens vnd ſchenckens ſich gebrauchen / vnd der Baursmann dem Ackerbatt obliegen ſol / doch alles nach Maſſe des alten Herkom̃ens vñ iedes Orts Gelegen - heit; Hiernechſt haben auch die meiſte Handwercker ihre ſonderbahre Zunfft vnd Hanckwercks Reguln oder Gilden / vnd Jnnungsbrieffe / welche Jhnen die Obrigkeit auffrichten leſt oder beſtaͤtiget / vnd wird darinnen nechſt deme was zu Erlernung vnd rechtmaͤſſiger Bbung eines Jedern Hand - wercks abſonderlich fuͤrfaͤlt / ins gemein dieſes in Acht genommen / daß ein iede Handthierungs Zunfft / bey deme / was zu deroſelben Eigentlich gehoͤret / ge - laſſen / vnd von andern Jhnen kein Eintrag geſchehe / eine gute Obſicht unter Jhnen geſtifftee / auch Rottirung ſelbthaͤtigkeit vnd Anmaſſung ſonderbahren Gerichtbarkeit verhuͤtet werden; Sie aber hingegen ehrlich vnnd Fleiſſig ler - nen / billich Preiß halten / vnd niemand durch vortheilhaffte Grieffe vberſetzen / auch die Handwercks Purſche von Muͤſſiggaag / Vmblauff vnd Zechen ab - vnd zu fleiſſiger Arbeit / damit niemand an ſeiner Notturfft verhindert ſeye an - gehalten werden / vnd was dergleichen Obſichten mehr ſeyn: Weil auch die Jnnungen Allerhandwercker nicht ins Gemein bekandt / viel auch vnd die vor - nemſten Kauff vnd Handelsleute damit nicht verſehen ſind / ſo wird auch in vielen Lands Ordnungen von den noͤtigſten vnnd vornemſten Handelsleuten auch Handwerckern abſonderliche Verordnung gutẽ / wie ſie ſich in ihrem Han - del der Billigkeit befleiſſigen / vnd tuͤchtige Warhafftige unverdorbene Waaren vnd Arbeit fuͤhren vnd machen / vnd ſich ſonſt in ihrem Handwerck erbarlich er - weiſen ſollen / alß zum Exempel / von Kraͤmern vnd Gewandſchneidern / Gold - ſchmieden / Wuͤrtz vnd Zucker-Krahmen. Leder vnnd Fellwercks Haͤndlern / Fiſchhaͤndlern / Hoͤcken / Tuchhaͤndlern / Farbern / Becken / Fleſchhauern / Garnhaͤndlern / Muͤllern / ꝛc.
3. Můſſen die aller / meinſten Arten der Nahrung / oder die unentbehrlichſten Stuͤcke die der Menſch am meiſten bedarff / alß da ſind die Feldfruͤchte / Viehezucht vnd Gehoͤltz / Eyſenhaͤndel / daß Geſpinſt / oder G[arn]vnd wollen Handthierung / ꝛc. Fuͤr allen andern in Acht genommen vnd dar - auff Ordnung gemacht werden / daß ſo viel durch menſchliche Fuͤrſichtigkeit muͤglich / an denſelben kein Mangel erſcheine / ſondern die damit umbgehen / vnd ſolches zu wege bringen / in alle Wege gefoͤdert werden; Dahin wird nun durch unterſchiedliche gute Anſtalten in den Lands / Satzungen geſehen / alß wegen des Getreydigs vnd gebuͤhrlichen Schutz vnd Erhaltung des Ackerbaues / daß daſſelbe nicht in Abnehmen vnd Verwuͤſtung komme / welches geſchicht / wenn Baursmann mit newen Beſchwerden belegt / oder auff ſeine Pferde vnd Acker -Nviehe /98Teutſchen Fuͤrſten-Statsviehe / oder auch das Getreyde / vnnd dergleichen nothwendige Stuͤcke mehr / newerliche Anlegen vnd Auffſaͤtze gemachet / oder durch Wucher vnd ſchaͤdli - chen auff vnd Vorkauff / auch vortheilhafftige darleyhung auf die Fruͤchte / daß Armut außgeſogen / oder auch in den Felden vnd Gaͤrten Dieberey / vnd Ver - derbung derſelben durch allerhand Mißbrauch / ungebuͤhrliche Wege / Hetzen / Hegung vieles Wildprets vnd dergleichen Schaden gethan wird.
Bey der Viehezucht / daß dieſelbige ſonderlich denen vergoͤnnet werde / welche dazu der Weyde vnd Ackerwercks halben die bequemeſten Mittel haben / vnd nicht andern Leuten zu ſchaden Viehe halten / doͤrffen das auch die Trifften mit Viehe nicht uͤberlegt / ſondern gebuͤhrliche Außtheilung gemacht / auch zu deſſen beſſern Ernehrung die Hut vnd Weyden nicht geſperret; Oder wo Man gel an der Weyde iſt / alte Leyden vnd Trifftoͤrter zu Abbruch der Viehe nutzung nicht umbgeriſſen vnd zu Aeckern gemacht werden.
Wegen des Holtzes / daß ſonderlich an den Orten / wo man deſſen keinen Vberfluß hat / damit auffs beſte Vmbgegangen / ſolches gebuͤhrlich gehegt / zu ſeinem rechten Wuchs geſparet / auch von den Landleuten / nicht allein Frucht - bare-Baͤume / ſondern auch andere / die zu Fewrung dienen / alß vieler Orten die Weydenbaͤume ſind gepflantzet / alſo den Jnwohnern ein ſteter Zugang dieſes unentbehrlichen Stuͤcks erhalten / vnd Sie deßwegen nicht einſten / gedrungen werden / ſolche Notturfft thewer zu kauffen / oder Jhre Wohnung vnd Nahrung daruͤber zu verlaſſen / davon denn in denen Waldordnungen hin vnnd wieder außfuͤhrliche Satzung zu finden.
Wegen anderer nothwendigen Stuͤcke / alß des Saltzes / wo daſſelbige in einem Lande durch Gottes Segen ſich ereignet / vnd ſo gut vnd wolfeyl alß das frembde zu haben iſt / erfodert die Lands Ordnung / daß ſolcher Handel auffs beſte befoͤrdert werde. Alſo wird auch wegen der Fiſchbaͤche / wie dieſelbe gebuͤhr - lich gehegt / vnd in guten Nutz erhalten werden ſollen. Wegen der Obſtbaͤume / daß man dieſelbe Hegen vnd mehren ſoll. Wegen der Kleidung / daß den Tuch - machern im Lande die Notturfft an wollen nicht mangeln moͤge / Allerhand nutz - liche Verſehung gethan / dahin gehen auch die Verordnung auff die nothwen - digſten Handwercker der Becken / Metzger / Muͤller / die mit menſchlicher Na - rung am meiſten umbgehen / davon vorhero ſchon Meldung gethan worden.
4. Jſt auch zu nottuͤrfftiger Vnterhaltung vnd Nahrung der Leute ſehr noͤtig / daß die gemeineſten waren / auch Handwercks Arbeiten nach einer billich maͤſſigen Proportion gewuͤrdet / daruͤber eine richtige Tax-Ordnung auffgerichtet / vnd uͤber dieſelbe durch die Haͤndler vnd Handwercks-Leute nie - mand beſchweret werde / denn auſſer deme geſchicht es gar gewoͤnlich / daß ſolche Leute in den Stuͤcken / darinn man Jhrer nicht entbehren kan / ſich gantz Vn - billich vnd uͤbermaͤſſig erweiſen / vnd den anderen Jnwohnern die Nahrungs -Mittel99Anderer Theil. Mittel ſehr ſchwer machen / Jnſonderheit aber muß zu mahl zu den Zeiten / da wegen vorhergehender Kriege vnnd Sterbens laͤuffte der Leute nicht viel zu be - kommen ſind / auff die Tagloͤhner vnd Dienſtboten genawes Auffſehen gefuͤhret werden / daß Sie bey billigen Lohn vnd fleiſſiger Arbeit bleiben / denn ohne die - ſelben werden alle andere Handthierungen vnd Haußhaltungen geſtopffet und gehindert.
5. Gehoͤret auch zu rechter befoͤrderung Handels vnd Wandels vnd Er - haltung der Vermoͤgen / eine richtige billichmaͤſſige Muͤntz-Ord - nung / Abſchaffung alles deſſen / wodurch die Muͤntze verfaͤlſcht / verringert / gu - tes Geld durch ungebuͤhrliche Steigerung vnnd Auffwechſel auß dem Lande / vnd Schlimmers hinnein gewechſelt / Jtem wordurch die Metallen zur Muͤntze / alß Silber vnd Gold unnoͤtig vnd uͤbermaͤſſig verderbet vnd Mißbraucht wer - den / davon kan man ſich in der Reichs-Muͤntz / auch Policey Ordnung / dar - uͤber der Landherr auch halten muß / mit mehrern erſehen. Denn in Mangel guter bequemer Muͤntze vnd durch einſchleichung loſen Geldes faͤlt zu gleich alle Handthierung des Landes / die Benachtbarten ſchewen ſich hinein zu Handeln vnnd die Jnwohner werden unvermerckt in Abfall ihres Vermoͤgens ge - bracht.
6. Jngleichen iſt hochnothwendig die Abſchaffung des Wuchers vnd allerhand wucherlicher Contracten, wie wir auch ſchon etwas gedacht deñ durch ſolche unbillige Handlungen wird der gemeine Mann / der dem Lande das meiſte Gewerb machet / allgemachſam außgeſogen / vnd deren Erwerb vnnd Vermoͤgen auff etliche wenige Geitzhaͤlſe gebracht; Vnnd werden auch auß ſolchen Vrſachen / vmb den Wucher zu verhuͤten / vnnd die Handthierung der Vnterthanen nicht zu Stopffen / in vielen Landen keine Juden geduldet / noch Jhnen darinn zu Handeln zu gelaſſen / alldieweil nach boͤſem Gebrauch ihre gantze Nahrung auff Wucher beſtehet: Oder wo man dieſelben von Alters her geduldet / wird doch gewiſſe Maaß vnd Ordnung geſetzet / wie ſie ſich mit ih - rem Handel vnd Wandel verhalten ſollen.
7. Zu ebenmaͤſſigen Zweck zielen auch die Verordnung rechter Maſſe / Gewicht vnd Elle / damit in Kauffen vnd Verkauffen vnd aller - hand anderer Handthierung gleichheit gehalten / vnd Betrug vnd vervorthei - lung deſto mehr vorkommen werde.
8. Vornemlich dienet auch zu Erhaltung des Lands vnnd eines Jeden Vermoͤgens / Ein gute Anordnung in allerhand Zehrungen Ga - ſtungen vnd Auffwendungen / welche bey mancherley Begebenheit / in frewdigen vnd leydigen Faͤllen pflegen vorzugehen / alß denn geſchicht bey Kind - teufften / Hochzeiten / Begraͤbnuſſen / bey Jahrmaͤrckten vnd Kirmeſſen oder Kirch weyhen / auch ſonſt bey gemeinen Zuſammenſetzung der Gaͤſte vnd aller -N ijhand100Teutſchen Fuͤrſten-Statshand Zechen; Denn wenn hierinn keine gewiſſe Maaß der Perſonen / der Speiß vnd getraͤncks vnnd der Zeit halben gehalten wird / ſo geſchichet auß Vbermuth vnd nach ahmung anderer / Theils auch auß Gewinnſucht / vnd ſonſt auß Vppigkeit / ſolche Vberfahrung / daß durch unmaͤſſige Zehrung / die Leute in groſſes Verderben gerathen / der Vnordnung / Vnflaͤterey vnd ſuͤnd - lichen Vberfluſſes vnd Anfuͤllung dabey zu geſchweigen.
9. Eine gleichmaͤſſige Bewandnuß hat es auch mit der Kleidung / darinn ſich mancher vber ſein Vermoͤgen vbernimmet / vnd frembde koſtbahre Waaren mit groſſen Schaden an ſich kauffete / oder ie ſonſt uͤber ſeinen Stand ſich ſehen laſſen will / welchem Vnheil daß zu gleich einen groſſen Vbelſtand vñ Zerruͤttung der Ehrenſtaͤnde mit ſich bringt / durch eine feine nutzliche Klei - der-Ordnung abgeholffen wird.
10. Vnd iſt ins gemein in der Auffſicht / uͤber Handel vnd Wandel vnd alle bißhero erzehlte Stuͤcke dahin zu Trachten / daß ſie die Vnterthanen ſo viel muͤglich / fuͤr frembden Waaren zu ihren Kleidungen ſpeiſen vnd anderer not - tuͤrfftig huͤten / alldieweil dieſelbe weit zu gefuͤhret / durch viel Zoͤll vnd Aufflagen beſchwert / vnd in groͤſſern werth / alß das Jnlaͤndiſche geben werden / vnd doch offters geringe oder doch unwaͤrhaffter Art / oder zur Speiſe ungewoͤnlich / unge - ſund vnd Leckerhafftig ſind / daß man Jhrer wol entbehren kan; Vnd ſoll viel - mehr durch Befoͤrderung der Handthierung dahin gearbeitet werden daß aller - hand notturfft im Lande ſelbſt gezeuget / vnd bereitet / vnd alſo die Mittel dar - innen behalten / oder nur zu noͤthlichen außwuͤrdiſchen Dingen angewendet werden.
11. Jn gemein muͤſſen auch durch gute Ordnungen allerhand ſchaͤdliche Leute / welche mit anderer fleiſſiger Vnterthanen ſchaden vñ Vberlaſt ſich neh - ren / oder daß Jhrige ihnen vnnd ihren Nachkommen zu ſchaden ſchaͤndlich ver - thun / abgeſchafft oder geſtrafft vnd zur Beſſerung gehalten werden / alß da ſind / Spitzbuben vnd Spieler / Ganckler vnd Narrenſpiel treiber Luͤgenhaffte unge - ſchickte Marckſchreyer vnd Storger muthwillige Borger vnd Bancorottirer / Faulentzer vnd Muͤſſiggaͤnger / ſtarcke Bettler vnd Vaganten / Gardbruͤder / umblauffende muͤſſige Handwerber / ꝛc. Vnd was des Lotterbubiſchen Geſinds mehr iſt / So wol auch verſchwender vnd thoͤrichte Haußhalter / den man Vor - muͤnder vnd Verwalter Jhrer Guͤter ſetzen / oder Sie ſonſt im Zaum halten muß.
12. Weil auch vieler Orten die gemeinde der Staͤdte vnd Doͤrffer unter - ſchiedliche Einkunfften vnd Guͤter haben / welche die Raͤthe in Staͤdten / vnd auff den Doͤrffern die Vorſteher einnehmen vnnd berechnen / davon zwar ein Jeder inſonderheit vnd in ſeine Haußhaltung vñ Beutel ſo mercklich nichtsParti -101Anderer TheilParticipiret, gleichwol aber deſſen nicht wenig gebeſſert iſt / alldieweil davon dem Ort / da er wohnet / allerhand Nutzen mit gemeinen Gebaͤuen / abſtattung herrſchafftlicher Gefaͤlle / erhaltung gemeinen Koſten vnd Diener zu Geiſt - vnd weltlichen Dingen geſchaffet werden kan / worzu ſonſt / wenn ſolche Guͤter vnd Einkunffte nicht da weren / ein Jeder eine ſonderbahre auffwendung thun mu - ſte / welches Jhme an ſeiner Nahrung abgienge; So iſt die hohe Obrigkeit auch in dieſem Stuck ſorgfaͤltlg / daß ſolche gemeine Guͤter recht ver - waltet / der Ertrag wol eingenommen vnd außgegeben / auch gebuͤhrlich alle Jahr vor der unmittelbahren Obrigkeit berechnet werden / worzu unterſchied - liche gute Anſtalten in denen Lands-Ordnungen zu finden.
Der ander Haupt-Punct dieſes Stucks / welcher iſt / daß die Ga -10. Von rechter an - wendung des Vber - fluſſes im Lande / in 5. Puncten. ben oder der Vberfluß des Lands / darauß die Jnwohner deſſelben / vber die un - entbehrliche notturfft / Nutzen ſchaffen / vnd ihr Vermoͤgen dadurch vermehren koͤnnen / recht angewendet werden / wird dergeſtalt Befoͤdert vnd in acht genom - men wenn 1. dieſelbigen Stucke / darinn der Segen des Landes vnd ieden Orte beſtehet / alß zum Exempel / daß Getreydig / Wein / Wollen / Tuch / Holtz / vnd hoͤltzerne Waaren / Garn / Leinwand / etlicher Orten die Kraͤuter zum Farben Weyd vnd Saffler / vnd was dergleichen mehr iſt ſonderlich Erkundigt / beobacht / die ſolches Zeugen vnd bereiten in guter Anzahl / Ordnung vnd rechter Wiſſenſchafft ihrer Kunſt erhalten / auß unzeitiger Begierde durch die Obrigkeit mit Aufflagen vber die Gebuͤhr nicht beſchwert / ſondern zu forttrei - bung ihres Thuns auffs muͤglichſte angehalten / vnd was ſie zu Verlag ihres Wercks beduͤrffen umb einbilliches Jhnen verſchafft werde / dazu denn etliche oben ſchon beym Erſten Punct erzehlte Errinnerungen auch dienlich ſeyn.
2. Wann auch die Obrigkeit dahin bedacht iſt / daß Sie in dero Landeie mehr vnd mehr was nutzlich vnd Außtraͤglich ſeyn kan / nach Gelegenheit deſſelben vnnd auff reiffliche vorbetrachtung aller Vmbſtaͤnde vernuͤnfftig ein - fuͤhren / vnnd die Leute dazu durch allerhand guͤtliche Mittel vnd befreyhungen anleyten / vnd alſo nicht in Gedancken ſtehen / daß es eben im alten Weſen blei - ben muſte / vnd nichts verbeſſert werden koͤnte; Denn wo die Vorfahren der - gleichen Meinung gehabt haͤtten / wuͤrden in manchen Landen vielleicht mehr Wildnuß vnd geringe Nahrung / alß ſo viel fruchtbare Acker / Weinberge vnd Handthierungen zu finden ſeyn.
3. Muͤſſen die Frembde / die in daß Land handeln / ſolche Waaren ho - len / vnd Geld oder andere nutzliche Dinge da hingegen hinnein fuͤhren / auch der Billigkeit nach in acht genommen werden Theils / daß Jhnen freyher Handel vnd Wandel / ſonderlich auff den Jahrmaͤrckten verſtattet / die Straſſen wol gebeſſert vnd erhalten / Sie mit newen ungebuͤhrlichen Zollen vnd Aufflagen nicht abgetrieben / auch auff den Landſtraſſen gute Sicherheit gehandhabt / denN iijWirthen102Teutſchen Fuͤrſten-StatsWirthen vnd Gaſtgebern / da man ſich der Zehrung vnd Einkahr gebrauchen muß / keine Vberſetzung nach gelaſſen / ſondern billicher Tax gemachet / daß recht auff begeben ſchleunig ertheilet / vnnd anders mehr was die Handelsleute vnd frembden ins Land zu reiſen vnd zu Handeln anreitzet / angeſtelt / hingegen was ſie beſchweret vnd zur Vngebuͤhr drucket / abgewendet wird.
4. Auff die Vnterthanen ſelbſt aber / welche den Vorrath deß Lan - des an andere Orte bringen / vnnd damit handeln wollen / gebuͤhret de[r]hohen Obrigkeit ebener Maſſen daß einſehen zu haben / Theils daß ſolche Leute den handel verſtehen / vnd redlich fuͤhren / alſo durch Vnbeſonnenheit oder auch durch Schalckheit an andern Orten ſich ſelbſt vnnd ihre Landsleute nicht in Schaden bringen / Theils / daß ſie auch in andern Herrſchafften nach gleich vnd recht gehalten vnd ihre Handthierung nicht zur ungebuͤhr vñ wieder die Reichs Satzungen vnd herkommen geſtopfft / ſondern wo dergleichen vorgehen wolte / on die Obrigkeiten derſelben Oerter umb abſtellung angehalten / vnd die recht - maͤſſige Freyheit der Handlung behauptet werde.
5. Nichts weniger gehoͤrt auch hieher die Auffſicht daß durch ſchaͤdlichen auff - vnd Vorkauff / die Vnterthanen ſelbſt einander den handel nicht ſchwer machen / die Bauersleute ihr erwachſenen Vorrath zu offentlichen Marckt in die Staͤdte fuͤhren / daß Haußiren vnd unterſchleiffen mit allerhand Waaren / die ſonſt auff Maͤrckten vnd vor maͤnniglich Feyl ſind / abgeſchafft / auch ſonder - lich frembden nicht geſtattet werde im Lande die Waaren / vor dem Einheimi - ſchen / der damit handeln wolte / zu Beſprechen / auffzukauffen / zu vertheuren / vnd Jhnen den Vortheil auß den Haͤnden zuziehen;
Dieſe bißhero erzehlte vnd dergleichen mehr nutzliche Dinge / werden nach dem dritten Punct der Lands-Fuͤrſtl. Regierungs Geſchaͤffte / vermittels der Ordnungen vnd Geſetzen des Landes beobachtet / allermaſſen dieſelbe / nach dem ſie / wie Eingangs dieſes Capitels vermeldet / vom Landsherrn mit ſeinen Raͤ - then berathſchlaget / auch wol nach Gelegenheit mit den Land-Staͤnden Com - municiret, vnnd deutlich vnnd Vmbſtaͤndig verfaſſet ſind / in oͤffentlichen Druck oder auch Schrifflich auß der Cantzeley unter deß Landes-Fuͤrſten Na - men / Vorrede vnd Beſchluß an alle Staͤnde deß Lands / auch alle Herrſchaffts Beampte / welchen die Gerichtbarkeit anvertrawet iſt / außgefertigt / einem Je - den ein Exemplar mit dem Fuͤrſtl. oder Landes herrlichen Siegel zu ende be - truckt / zu geſchickt / vnd darauff alß ein Geſetz der Hohen-Obrigkeit / dem man Pflicht vnd Gewiſſens halben zu gehorſamen / ſchuldig / in allerhand an - ſtalten / Vrtheilen vnd Straffen geſehen vnd geſprochen / auch zu dero Handhabung allerhand dienliche Mittel angewendet werden.
Summa.
Was die Gerichtbarkeit oder Gerichtliche Bottmaͤſſigkeit ins gemein ſey / worinn Sie beſtehe / vnd wie ſie auf 3. Haupt - Puncte ziele.
Wie ſolche Gerichtbarkeit auff die Landsherrn / vnd von die - ſen ferner auff andere Staͤnde im Lande kommen was dieſe für Gerichtbarkeiten haben.
Wie die Iurisdiction der Hohen Obrigkeit von der andern / welche die Staͤnde vnd Vnter-Obrigkeiten des Lands haben un - terſchieden ſeyn / nach etlichen Vmbſtaͤnden.
Wie der Landsherꝛ die hoͤchſte Gerichtbarkeit durch ſeine ſelbſt Perſon vnd ſeine Raͤthe exercirt.
Wie etlicher Orten uͤber das / noch beſondere Hoff-Gerichte ſeyn.
Wie der Landsherr ſeine eigene Gerichtbarkeit in erſter Inſtantz durch die Beampten uͤben laſſe.
Wie ſolchen auch Commißion gegeben werde in etlichẽ Sachen.
Von andern Particular-Gerichten / welche die Landsherrn ha - ben.
Vom rechten Gebrauch vnd Stylo einer Lands-Fuͤrſtlichen Ge - richtbarkeit / werden etliche unterſchiedliche Errinnerun - gen angehaͤngt.
Von dem andern Theil des Capitels / nemlich der Auffſicht / welche der Landsherr uͤber die Gerichte ſeiner. Land -ſtaͤnde104Teutſchen Fuͤrſten-Statsſtaͤnde vnd Vnterthanen hat / wird angefůhrt. 1. Wie da - hin geſehen werde / daß ſie ihre Gerichtsſtellen mit tůchti - gen Leuten verſehen. 2. Wie ihnen der Landsherr den Ge - richtslauff laſſe. 3. Wie die Appellation vnnd dergleichen Mittel an die hohen Gerichtsſtellen des Lands Fuͤrſten von dannen abgehen / vnd wie es damit gehalten werden.
DEmnach bißhero Bericht geſchehen wie der Lands Fuͤrſt ſeinen Stand vnd Hoheit erhalte / auch Geſetze vnd Ordnung mache; So folget nunmehr Zum dritten / wie er Krafft ſolcher Seiner Lands Fuͤrſtl. Hoheit vnd Obrigkeit vnd nach Außweiſung des Lands Ordnung Satzungen vnnd Rechten / die Gerichtbarkeit im Lande uͤber ſeine Vnterthanen uͤbe / vnd ihnen daß Recht wiederfahren vnnd ertheilen laſſe;
Die Gerichtbarkeit oder Gerichtliche Bottmaͤſſigkeit / ins gemein / vnnd nach heutiger Art vnd Gebrauch unſerer Zeiten vnd des Vater - landes zu reden iſt nichts anders / alß eine Macht vnd Befugnuß von Peinli - chen vnd Buͤrgerlichen-Sachen rechtliche Erkandtnuß vnnd Verordnung zu thun:
Peinliche Sachen vnd Peinliche Gerichte nennen wir die hohe Bot - maͤſſigkeit / alle Laſter vnd Verbrechen / welche mit Lebens vnd Leibs, oder an - dern hohen Straff an Ehr vnd Gut pflegen belegt zu werden / nach erheiſchung der Rechte zu ſtraffen.
Buͤrgerliche Sachen vnd Buͤrgerliche Gerichtenennen wir / zum Theil / die macht / etliche geringer Verbrechen mit geringerer Straffe anzuſe - hen / zum Theil / die Erkaͤndtnuß in allen ſtreitigen Haͤndeln / zu ſpruͤchen / vnnd Forderungen der Leute / die ſie gegen einander haben / es ſey umb Schuld / oder Eigenthum auff perſoͤnliche Verpflichtung oder die Guͤter ſelbſten ergehen zu leſſen / vnnd dann auch die Bottmaͤſſigkeit in allerhand Gerichtlichen Anord - nungen / vollziehung der Vrtheile / Pfaͤndungen / Verordnung der Vormuͤn - der vnd Pflegere / einweiſung in den Beſitz eines Guts / beſtetigung allerhand Handlungen / die vor Gericht zu geſchehen pflegen Erhaltung der Handwercks Jnnungen / Aufſicht vber die Maſſe vnd Gewichte / vnd dergleichen.
Erſcheinet alſo / daß die Gerichtbarkeit ins gemein zu dieſem Ende notwen - dig ſey / daß 1. Verbrechen vnd Laſter dadurch goͤttlicher Zorn uͤber daß Land verurſacht / der nechſte an Leib / Ehr vnd Gut angegrieffen / gemeine Ruhe vnd Sicherheit zerſtoͤret / oder ſonſt groſſe Aergernuß gegeben wird / im Lande be - ſtrafft / vnd die unſchuldigen dafuͤr gerettet vnd geſchaͤtzet / auch Jhnen zu ergaͤn tzung erlittenen Schadens wieder geholffen werden. 2. Das vorfallende Jr - rungen in allerhand menſchlichen Handlungen vnd vornehmen / daruͤber ſichdie Leute105Anderer Theil. die Leute nicht vergleichen koͤnnen / vnd ihr Vermoͤgen liegend vnd fahrend / auch ein vnd andere Gerechtigkeit / Freyheit vnd Befugnuß betrifft / theils auch ihren guten Namen vnd Leumuth angehet / nach Recht vnd Billigkeit entſchei - den / vnd alſo einem Jeden zu gleich vnd recht geholffen. 3. Auch etliche ſonder - bahre Dinge / die nicht im Winckel vnd durch Privat-Leute / ſondern vmb beſſe - rer Einrichtung vnd ſteiffer Handhabung willen von der Obrigkeit oder Ge - richts-Perſonen / oder durch dieſelbe zu thun vnd zu verordnen von Rechts vnd Gewonheit wegen gebraͤuchlich ſind / durch die Gerichte vnd vor denſelben ver - richtet werden.
Dieſe Gerichtliche Bottmaͤſſigkeit iſt in dem Roͤmiſchen Reich / wie es3. Wie ſol - che gericht - liche Bott - maͤſſigkeit auf die Her ren oder Staͤnde ei - nes Lan - des kom̃en. vor Alters unter denen Keyſern zu Rom vnd Conſtantinopel beſtanden / auch hernach noch eine gute Zeit / alß es auff die Teutſchen kommen / ein ſonderbah - res anhaͤngiges Stuͤck der hoͤchſten Obrigkeit vnd Keyſerl. oder Koͤnigl. Hoheit geweſen / dergeſtalt / daß niemand eine Gerichtbarkeit uͤben vnd gebrauchen koͤn - ne / alß wenn es die hoͤchſte Obrigkeit abſonderlich befehle vnd Jhn darzu beſtel - let vnd iſt doch wol Anfangs ungewoͤnlich geweſen / daß Sie auch den ordentli - chen Beampten in den Landſchafften / oder den Obrigkeiten in den Staͤdten mehr alß nur Buͤrgerliche Gerichtbarkeit vnnd doch nicht vollkoͤmlich anver - trawet / Sondern ſie haben die hohe peinliche Gerichte vnnd etliche andere Stucke durch abſonderliche befehle vnd Commißiones angeordnet / oder Jh - nen ſolche gar vorbehalten / durch ihre nechſte Bediente zu verwalten / nach der Zeit aber iſt es in Teutſchland vnd andern Reichen allgemachſam dahin kom - men / daß mit den Stadthaltereyen vnd Verwaltungen der Landſchafften vnnd Provintzen des Reichs welche ſonſt von Keyſern vñ Koͤnigen nach Beliebung vnd auf daß Leben einer Perſon außgetheilet worden / auch die Gerichtbarkeiten Erblich / vnd von denenſelben hiernechſt nicht allein weiter auf ihre Diener ſon - dern auch auff andere Perſonen im Lande gleicher geſtalt Erblich gebracht vnd verliehen / oder durch langen Gebrauch ſolche an ſich zu ziehen nachgeſehen deß - gleichen auch denen Raͤthen der Staͤdte uͤber ihre Buͤrger eine gerichtliche Bot maͤſſigkeit entweder in allen oder in etlichen Stuͤcken vergoͤnnet worden / alſo daß heute zu Tage an gar vielen Orten ſolche Gerichtbarkeiten / doch auff[un -]terſchiedliche Weiſe / erblich ſeyn / vnd dahero dergeſtalt nicht mehr ein Zeichen oder eigentliches Ampt der hoͤchſten Obrigkeit zu achten / ſondern bey mancher - ley Perſonen in dem Lande / die ſonſt dem Landsherrn unterworffen ſind / ſich befinden / doch mit dem Vnterſchied / daß etliche deroſelben alle beeden Arten der Iurisdiction, nemlich Peinliche vnd Buͤrgerliche haben / welches man in den meiſten Orten Hohe vnd Nieder-Gerichte nennet / etlichen aber nur die Nieder / oder wie mans heiſſet / Erbgerichte oder Voigteyligkeit zu kommen. Dieſes haben wir umb deß Willen von der Gerichtbarkeit ins gemein vorher berich -Oten106Teutſchen Fuͤrſten-Statsten muͤſſen / damit wir hiernechſt beſſer verſtehen koͤnnen / was denn dem Lands - herrn fuͤr eine Gerichtbarkeit zu komme / vnd was der andern halben / die im Lande vnd Fuͤrſtenthum durch ſeine Staͤnde vnd vornehmſten Vnterthanen / welche Gerichtsherren ſind / gefuͤhret wird / ſeines hohen Obrigkeitlichen Ampts vnd Vorzugs ſey.
Weil nun dieſes zwey unterſchiedene Puncte ſeyn / So iſt von dem Erſten / nemlich der Gerichtbarkeit / welche der Landes-Fuͤrſt uͤbet / ſo viel zu wiſſen / daß ſolche an vnd vor ſich ſelbſt eben eine ſolche ſey / vnd keine andere Puncten in ſich begreiffe / alß die wir vorher angezeigt / nur daß Sie wegen vitler Vmbſtaͤnde / alß deß Richters / der Perſonen die davor ſtehen muͤſſen / vnd des Proceß ſelbſten / ſonderlich aber wegen deſſen / was wir beym andern Punet be - trachten werden / So viel groͤſſeres Anſehen vnd Vorzug vor andern Gerich - ten im Lande hat: Vnd verſtehen wir allhier Erſtlich die Gerichtbarkeit / welche der Landsherr in vnd durch ſeinen Iuſtitz Rath verwalten laͤſt; Denn / Erſt - lich / was den Richter betrifft / ſo dirigirt in Ertheilung der Iuſtitz bey ſeiner Rathſtuben der Lands-Fuͤrſt oder Herr ſo ferne ſelbſt / daß er alle wichtige Sachen / wie anderswo ſchon Berichtet / ſich ſelbſt vortragen laͤſt auch alles un - ter ſeinen oder ſeiner Cantzley Nahmen außgefertigt wird: Die Perſonen / welche Gerichtliche verhoͤr halten vnd Beſcheid geben / ſind die Cantzler vnnd Hoff - oder Iuſtitien Raͤthe / von welchen wir oben ſchon auß fuͤhrliche Meldung gethan / vnd Vertritt unter denſelben der Cantzler / oder wie nach unterſchied der Lande / dieſe Oberſte Perſon genennet wird / der Præſident, Director, Land - oder Hoffrichter / die ſtelle des Lands Fuͤrſten in allen Sachen / denen er ſelbſt nicht Beywohnen mag / vnd eigentlich zum Proceß vnd Gerichtshandlung erfor - dert werden: Zu Auffſetzung der Gerichtlichen befehlen / beſcheide / Re - ceſſen Reſolutionen, &c. Zu abhoͤrung der Zeugen / zu Prothocollirung der Parteyen vorbringen vnd ſetze / vnd anders / werden gebracht die Secretarien, Actuarien vnd Cantzeliſten / die wir oben beſchrieben: So wird auch eine Per - ſon zum Fiſcal oder Advocato Fiſci geordnet daß er uff die Verbrecher im Lan - de fleiſſige Obſicht haben / auff ihre Beſtraffung oder Einbringung vnd verfuͤ - gung der ſchon verordneten Straffe klagen vnd das richterliche Ampt anruffen[ſoll]. Vor dieſem hoͤchſten Gerichte im Lande muͤſſen ſtehen vnnd ſich beklagen laſſen / alle Staͤnde deß Lands / Prælaten, Grafen / Herren / Edelleute / Raͤthe der Staͤdte / vnd in etlichen Landen auch die Jenige alle / die von dem Landsherren Lehn vnd anwartung haben / deßgleichen alle Hoffbediente vnd Beampte der Herrſchafft auff dem Lande / welche vom Landsherrn beſtellet / vnd verpflichtet / vnd keiner unter Obrigkeit ſonſt untergeben werden / welches denn auch alſo zu verſtehen / von allen Guͤtern vnd den Gerechtſamen / welche vom Landsherrn verliehẽ oder ſonſt keinem Vnter Gerichte võ Alters hero unterworffen;107Anderer Theil. worffen; Jngleichen werden auch vor den Rathſtuben ordentlich keine ande - re / alß gewiſſe vereydete Hoff-Advocaten zu gelaſſen / welche mit ſonderer In - ſtruction auf den Proceſſ der Cantzeley vñ ſonſt zu andern nutzlichen Puncten / inſonderheit auch / daß Sie armen unvermuͤgenden Leuten umbſonſt dienen muͤſſen / angewieſen werden;
Was den Proceſſ belangt / Jſt zwar ſonſt in gemeinen / vnd ſonderli - chen Landrechten / Gerichts - vnd Proceß-Ordnungen verſehen / wie vnd zu wel - cher Zeit man in ieder Sachen klagen / antworten / beweiß fuͤhren / beſcheids ge - warten / vnd Execution des Vrtheils leyden muͤſſen / ſo wol in Peinlichen vnd Buͤrgerlichen Sachen / an welchen Proceß andere Vntergerichte genaw ge - bunden ſind / vnd darauß nicht ſchreyten doͤrffen / weil aber daß hoͤchſte Gericht im Lande von der Lands Obrigkeit durch gnugſame vnd verſtaͤndige Perſonen beſtellet vnd verwaltet wird / auch der Sachen gar zu viel daſelbſt Vorfallen / ſo wird es gemeiniglich darinnen mit ſolchem Proceß oder Gerichts-Ordnung in etlichen Stuͤcken anders gehalten / kurtzer verfahren / vnd zur Hauptſache vnd derer entſcheidung unverzuglicher geſchritten / oder durch ſonderbahre Com - miſſiones das Werck vorgenommen vnd erledigt / oder davon Bericht eingezo - gen / davon koͤnnen die außgegangene Proceſſ vnd Cantzeley oder Lands-Ord - nungen der Teutſchen Fuͤrſtenthumer vnnd Laͤnder mit mehrern Nachricht ge - ben. Wie wir denn auch in vorgehenden Capitel angezeigt / was daß Geſetz oder Recht ſey / darnach die Gerichte Adminiſtriret, vnd Vrthel vnd Recht er - theilet wird.
Nechſt dieſem / vnd damit ſonderlich die Staͤnde des Lands vnd andere /5. Von dem Hoff - vnd Landge - richten. welche ſonſt / wie gedacht / alſobald vor deren Regierungen oder Cantzeleyen des Lands-Fuͤrſten zu rechte ſtehen muͤſſen / vnd keinen Vntergericht unterworffen ſind / gleichwol noch eine andere Gerichtſtelle haͤtten / damit gantz ordentlichen Proceß verfahren wird / auch die Sachen durch ſo thane vermehrung der Ge - richtsſtellen deſto foͤrderlicher Expedirt werden moͤchten / haben unterſchiedliche Fuͤrſten vnd Staͤnde / in Teutſchland vorlangen Zeiten noch eine andere hohe Gerichtbarkeit zu weilen an dero Hoff mehrentheils aber an einem andern beque - men vnd etwa im Mittel gelegenen Ort Landes angeſtellet / welche man Hoff - gerichte / Landgerichte / Cammer oder Quarthal-Gerichte nen - net / dieſelbe ſind mit unterſchiedlichen / vnd mehrentheils halb von Edelleuten / halb von andern Gelehrten vnd graduirten Perſonen / alß Beyſitzern beſetzet / vnd wird der Oberſte welcher die Direction fuͤhret; Der Hoff oder Land-Richter genennet / daſelbſt werden alle die Jenigen / die ſonſt fuͤr der Regierung oder Rathſtuben des Lands-Fuͤrſten verklagt werden koͤnnen / nach des Klaͤgers be - lieben vnd Wahl / wann die Sache nicht ſchon vor der Regierungs Cantzley anhaͤngig / belangt / doch iſt an vielen Orten zwiſchen demſelben vnd der CantzleyO ijeines108Teutſchen Fuͤrſten-Statseines Landes-Fuͤrſten dieſer merckliche unterſchied nicht nur / daß von dem Hof - gericht an die Landesherren ſich beruffen oder appellirt wird / vnd uͤber daſſelbe die hohe Auffſicht vñ verordnung dem Lands Fuͤrſten zu kommet / ſondern auch daß nur zu gewiſſer Zeit / nemlich alle Quarthal darinnen geurtheilet / auch ge - meiniglich keine Peinliche / ſondern allein Buͤrgerliche Sachen daſelbſt Ge - rechtfertigt werden / vnd ſonſt in vielen Dingen ſeinen ſondern Proceß / ſonder - liche bediente / alß Protonotarien, Actuarien, gewiſſe Advocaten, Anwaͤlde / Fiſcal vnd Hoffgerichtsboten hat / von welchen allen die in Druck außgegange - ne Hoffgerichts-Ordnungen unterſchiedlicher Laͤnder mit mehrern Nachricht geben / vnd darauß zu erſehen / mit was Maſſe vnd Weiſe ſolche Hoffgerichte be - ſtellet ſind / ob ſie neben den Rathſtuben / oder unter denſelben / oder auch gantz allein zu den Rechtsſachen geordnet / vnd alſo fuͤr den Rathſtuben der Lands - herren dergleichen nichts fuͤrgenommen werde: Man findet auch in etlichen Fuͤrſtenthumen ſonderliche Landgerichte / welche von den Roͤmiſchen Keyſern Privilegirt, daß ſie gleichſam an Statt deroſelben vnnd des Reichs uͤber einen gewiſſen Bezirck / ob gleich ſolcher dem Landsherrn nicht gar unterworffen / daß Recht ſprechen ſollen; Weil aber dieſelbe ihre gewiſſe Art haben / vnd bey ſolcher Bewandnuß ſo wol vor Landes herrliche alß Reichsgerichte gehalten werden / ſo iſt derſelben Beſchreibung auch hieher eigentlich nicht gehoͤrig.
Vber diß exercirt vnd fuͤhrt auch der Landsherr ſeine eigne vnd den Staͤn - den / oder andern im Lande nicht verliehene oder ſonſt zu kommende Gerichtbar - keit uͤber alle Vnterthanen ſeiner Staͤdte vnd Aempter / die Jhme unmittelbar vnd nicht ſeinen Landſtaͤnden mit Pflichten verwand ſind / dazu er denn in iedes Ampt gewiſſe Perſonen / alß Haupt vnd Amptleute / Ober vnd Vn - tervoigte / oder Fauthe / Pfleger / Troͤſte / Verweſer / Ampt - Schultheſſen / Amptſchoͤſſer / Ampts-Verwalter / oder wie er Sie / nach Gelegenheit des Orts vnd der Perſon / die man gebraucht / nennen will / verordnet / welche die Gerichtbarkeit hohe vnd niedere / Buͤrgerliche vnd Pein - liche / ſo weit man derſelben iedes Orts berechtigt iſt / nach Außweiſung der Erb - vnd Sahlbuͤcher / vnnd Ampts-Beſchreibungen verwalten muͤſſen. Einem ieden Beampten aber / der zu den Gerichtsſachen beſtellt / werden auch nach Ge - legenheit gewiſſe Perſonen zum Protocoll vnd Schreiberey / vnd zu wuͤrcklicher volſtreckung der Vrthel gehalten / Alß Amptſchreiber / Ampts oder Landrichter / Richter / Vntervoigte / Kelner oder Caſtner / Stadt vnd Gerichts-Schultzen / Gerichtsknechte / Amptsboten / auch etliche[r]Orten des Landes die Peinliche Executores oder Scharffrichter / ſich deren auff beduͤrffenden Fall zu gebrau - chen / gehalten.
Vber dieſe gemeine vnd durchgangene ordentliche Arten der Gerichtbar - keit ſind in etlichen Provintzen des Teutſchlandes vielerley ſonderbahre Ge -richte /109Anderer Theil. richte / welche nicht eben der Landsherrſchafft oder der ordentlichen Obrigkeit /Arten der Gerichtbar keit / welche zum Theil die Lands - herren auch anderer Or ten / auß alten Her - kommen / vnd nicht wegen Lan des herrli - cher Hoheit haben. ſondern offt einem andern Herrn oder Stande in frembden Orten auſſerhalb ſeiner ordentlichen Iurisdiction allein oder nebenſt dem ordentlichen oder Voig - tey Herrn zu kommet / unter ſolchen iſt ſehr beruͤhmt die Cent / oder Zent - gericht / welches ein ſolch Befugnus iſt / daß der / welcher dieſe Centbarliche Gerechtigkeit hergebracht / etliche gewiſſe Hauptverbrechen mehrentheils viere / die man die vier hohe Rugen nennet / alß / Mord / Diebſtahl / Brand vnd Nothzucht / oder Vhede / Mord / Raub vnd Nothzucht / in einen gewiſſen Bezirck ungeachtet er darinnen keine oder wenige Vnterthanen hat / beſtraffen mag dazu aber etlicher Orten vielmehr Gerichtsfaͤlle gezogen / auch die Centbahre Leute oder Gerichts Vnterthanen alle Jahr auff gewiſſe hohe Centgerichts-Tage zu ſammen gefodert / vnd was bey Jhnen ſtraffbares fuͤr - gangen zu Rugen oder anzuzeigen angehalten werden: Man beſtellet in ſolcher Gerichtsuͤbung Centgraffen oder Volgt / Schoͤpffen / Ruger / Buttel / etc. Haͤlt darbey mancherley Gebrauch / wie es iedes Orts herkommens iſt / vnd ent - ſtehet oͤffters wegen Mißbrauch dieſer Cent Gerechtigkeit vieler Orten groſſer Streit vnd Vnluſt / ſcheint aber daß von Altershero eigentlich wieder die grebe Landſchaͤdliche Laſter dadurch gemeine Ruhe vnd Sicherheit mercklich zerſtoͤrt wird / ſolche Centgerichte von den Keyſern beſtelt / vnd den maͤchtigſten im Lan - de anvertrawt / nach vnd nach aber verendert vnd gemehret worden: Etlicher Orten nennet man dieſes Recht / die hohe oder Malefitz Obrigkeit / die Fraiß / oder Fraißliche Obrigkeit / den Blutban / ꝛc. Vnd werden nicht allenthalbe Ru - gen oder gewiſſe Gerichte gehalten / ſondern diejenige Obrigkeit / welche ſolche peinliche Faͤlle nicht zu Rechtfertigung hat / leſt ſo offt ſich Einfall begiebt die ſtraffbare Vnterthanen dem Fraißherrn zu gebuͤhrlicher beſtraffung auß ant - worten welches alles auß den Gewonheiten vnd Ordnungen der Laͤnder / auch den Buͤchern der Rechtsgelehrten iedes Orts abzunehmen vnnd zu unter - ſcheiden.
So iſt ferner die Voigtey / darunter wir aber nicht die ordentliche O - brigkeitliche Iurisdiction, wieſſie von der Zeit: Oder den peinlichen Gerichten unterſchieden wird / ſondern eine andere ſonderbahre Art / die man auch etlicher Orten die Caſtenvolgtey oder Obervoigtey / Jtem / uff gewiſſe Maſſe die Schutz Gerechtigkeit heiſt / verſtehen / eine ſonderbahre Art der Bottmaͤſſigkeit / welche mehrentheils die nechſtgeſeſſene Landsherren uͤber die bey Jhnen gelegene Cloͤ - ſter vnd Geiſtliche Stiffter von Altersher haben / daß ſie alle Peinliche oder doch gewiſſe vnd ſonderbahre Faͤlle an Orten vnd Enden die ſolchen Stifftungen zu ſtehen / zu uͤben / auch daneben gewiſſe Einkunffte davon haben / etlicher Orten kommet / ſolches Recht der Voygtey zwar ſie den Biſchoffen zu / vnd verrichten aber ſolches durch ihre Burggraffen Schulteſſen oder Voigte / die ſie zumO iijTheil110Teutſchen Fuͤrſten-StatsTheil erblich damit beliehen / vnd ſolches fuͤr hohe Graͤffliche digniteten etliche Orten geachtet werden. Wir geſchweigen anderer vielerley Special Arten der Gerichte / Voigtgerichte / Rugegerichte / Berggerichte / Feld vnd Mahlgerichte / Stabgerichte / Burggerichte / Gowgerichte Huͤlffsgerichte vnd dergleichen / davor zum Theil gewiſſe Verbrechen vnd Frevel / geruget vnd geſtrafft / zum Theil gewiſſe Streitigkeiten entſchieden werden.
Etlicher Orten ſind uͤber die Vormundſchaffts Sachen zu beſtellung der Pfleger vnd Vormuͤnder / Abhoͤrung ihrer Rechnung vnd deßgleichen ſonder - bahre Gerichte vnd Com̃ißiones geordnet. Von Lehngerichten / Waldgerich - ten / Berggerichten / wollen wir gehoͤriger Orten auch etwas vermelden / vnd errinnert man ſich hierbey Billig / mit Fleiß / daß dieſe bißher erzehlte vnd an - dere vielmehr Orten der ſonderbahren Gerichtbarkeiten / welche noch von den Zelten der alten Teutſchen / welche in dieſem Fall Stuͤckweiſe vnd nicht auff ein - mahl der Sachen abzuhelffen / vnd die Iurisdiction zu beſtellen gewuſt / nicht eben Vorzuge vnd Herrligkeiten der hohen Landes Obrigkeit ſeyn / Sondern offt vnd vielfaͤltig an Orten vnd Enden / die auſſer des Lands vñ Fuͤrſtenthums vnd deſſen hoher Territorial Hoheitliegen / geuͤbet werden / auch wol geringern Standes Perſonen / zu kommen: So achten wir unnoͤtig von dem Alten Kampffgerichte / da die ſtreitige Parteyen ihre Sachen mit dem Schwerd außfechten muͤſſen. Jtem von den Alten Weſtphaliſchen frey - oder Faimgerichten / weil ſolche abkommen / vnd bey den Hiſtorien-Schreibern davon meldung zu finden / allhier Anfuͤhrung zu thun.
Bey der eigenen Gerichtbarkeit deß Landes-Fuͤrſten / die er vornemlich in ſeiner Rathſtuben / denn auch durch ein Hoffgericht / vnd auff eine andere Weiſe durch ſeine Beampten verwalten leſt / iſt zum Theil oben angefuͤhrt / vnd allhier ferner kuͤrtzlich zu errinnern. 1. Daß die Adminiſtration der Iuſtitz an einem Regenten ein ſehr Vornehmes / ja ein ſolches Stuͤck ſey / deſſen willen ihn ſeine Vnterthanen am meiſten Anlauffen / auch ſich daruͤber / nach dem Jhnen dißfals wehe oder wol geſchicht / am meiſten frewen / oder betruͤben / ſintemahl in andern Puncten der Regierung ſie nicht ſo deutlich abſehen koͤnnen / was der Landes Fuͤrſt dabey thut oder laͤſſet / ſondern ſolches offt andern Vrſachen zu ſchreiben / darumb denn auch die loͤbliche Landes herren ſich gar nicht ſchaͤmen in dieſem Stuͤck ihre eigene hohe Perſon in einen vnnd andern zu bemuͤhen / wie wir vben ſchon angezeigt. 2. Jſt auch in den meiſten Lands Ordnungen verſe - hen vnd ſonſt ſehr loͤblich / daß dieſe Gerichte / die der Landsherr ſelber haͤlt vnd halten laͤſſet / weil Sie uͤber andere verordnet / vnd ſonſt zu guten Exempel die - nen ſollen / am aller fleiſſigſten mit tüchtigen Perſonen beſtellt / Jhnen auch gute Ordnungen / wornach ſie ſich zu richten fuͤrgeſchrieben wer -den /111Anderer Theil. den / wie ſolcher Hoffgerichts vnnd Cantzeley Ordnungen hin vnd wieder in Truck außgegangen.
So iſt auch ſehr nutzlich / wenn zu Information der Beampten / dazu man nicht allemahl hochgelahrte Leute haben kan / ſonderbahre deutliche Inſtru - ction, wie ſich dieſelbe in Buͤrgerlichen vnd peinlichen Faͤllen / mit dem Proceß ordentlich vnd nach Gebuͤhr verhalten ſollen / verfaſſet werden. 3. Weil auch allenthalben gebraͤuchlich / daß in Rechtsſachen dem Gerichte etwas zur Ge - bůhr / welches man ſportulen nennet / gegeben wird / iſt ſolches auch mit gewiſ - ſer Ordnung zu bedencken / vnd ſo wol in der Cantzeley / Hoffgerichte / alß ande - ren den Beampten anbefohlenen / auch allen im Lande befindlichen Gerichten / ein leydlicher Tax zu machen / wie viel vnnd von welchen Sachen man etwas geben ſoll / daruͤber man niemand beſchweren doͤrffe. 4. Die Advocaten vnd Redner / welche von der Cantzeley vnd Hoffgericht ordentlich / in wichtigen Dingen aber auch vor den Beampten des Landsherrn gebraucht werden / ſind auch wie ſchon in etwas beruͤhrt / an gewiſſe nutzliche Ordnungen zn weiſen / daß ſie in ihrem Ampt Trew / zur Guͤte mehr / alß zu weitlaͤufftigkeit Raͤthig vnd ge - neigt ſeyn / vnnd mit ihren Foderungen auff daß Recht vnd ihr Gewiſſen ſich grunden / oder allenfals nur daß Jenige / was die Parteyen / die ſich an ihre Er - rinnerung nicht kehren wollen / eigentlich begehren vnd weiter nichts / Reden vnd ſchreiben ſollen / damit verbitterung / vnd verhetzung der Leute zu Proceſſen vnd vergebliche Koſten auffs muͤglichſte verhuͤtet werden. 5. Erfodert anch die Noth / daß von etlichen Puncten / den Rechtlichen Proceſſ betref - fend / die etwa auff eine gewiſſe Zeit oder Maſſe eingeſchrenckt / vnd die Jenige / die ſich darnach nicht halten / mit ihrem ſuchen abgewieſen werden / dem gemei - nen Mann zum beſten / in den offentlichen Landes Ordnungen Verſehung ge - than / auch wol Patents weiſe vor den Gerichtsſtellen angeſchlagen werde / 6. Jnſonderheit aber / ſo etwas im Lande von Altershero bey Ge - richten herkommen / welches von der Art der gemeinen beſchriebenen Key - ſerl. Rechte abweichet / vnd zu abkurtzung des Proceß / oder ſchleuniger Rechts - verhelffung dienet / wird ſolches wie Billig / alß eine ſonderbahre Art vnd Ge - wonheit der Lande / bey den Gerichten in acht genommen / vnd daruͤber Steiff vnd Feſtgehalten / alß zum Exempel / daß in etlichen Landen vnd zu mahl / wo Sachſen Recht gilt / die ſtreitigen Parteyen nicht Schrifften gegen einander eingeben / ſondern ihre Notturfft durch die Advocaten muͤndlich vorbringen / vnd ſtracks von Munde auß nachſchreiben laſſen / Jtem / daß etlicher Orten auf Brieff vnnd Siegel ſchleunige Execution geſchicht / vnnd die dawieder einge - brachte behelffe zu beſonderer Außfuͤhrung verwieſen werden vnnd dergleichen. 7. Jſt auch dieſes vieler Orten weißlich umb deſto beſſerer vnnd bedachtlicher Ertheilung des Rechtens willen / geordnet / daß in den Sachen / die zum ordent -lichen112Teutſchen Fuͤrſten-Statslichen Rechtlichen außfuͤhrung gedeyhen / inſonderheit aber in allen Peinlichen Sachen durch die Gerichte / auch ſo gar die Regierung ſelbſt / auff die Acten oder fuͤrbringen der Partheyen / oder die eingezogene Erkundigung / in peinlichen Faͤllen ordentlich / nicht durch die Cantzler vnd Raͤthe ſelbſten / noch durch die Lands Fuͤrſtlichen Beampten / das Recht geſprochen / ſondern ſolche auff ein ſonderbahr / entweder im Lande darzu geordnetes Collegium, unpartheiſcher Rechtsgelehrte / welche man Schoͤppen vnd ihre Verſamlung den Schoͤpffen - ſtuhl nennet / oder auff eine Iuriſten Facultet auff Vniverſiteten verſchicket / Vrtheil von ihnen eingeholet / vnnd nachmals in des Landesherrn oder deſſen Beampeen Nahmen eroͤffnet werden;
Bey dem andern Punct dieſes Capitels / was nemlich des Lands - herrn auch deſſen Regierung Ampt vnd verrichtung in Gerichtsſachen ſey / ge - gen vnd wegen der ander Gerichte / welche die Staͤnde deß Landes von ihm zu Lehn oder ſonſt in uͤbligen zu gelaſſenen Gebrauch haben / fallen nachfolgende Stuͤcke vor. 1. Kommet dem Landsherrn zu vnnd iſt ſein Ampt / darauff zu ſehen / daß alle dieſelbe Gerichte / die ſeyn nun der Prælaten, oder Graffen vnd Herren Cantzeleyen / die ſie mit Raͤthen vnd Secretarien beſtellen / oder deren von der Ritterſchafft Gerichte / dazu ſie Gerichts-Verwalter / vnd Gerichts - Schreiber annehmen / ſo wol auch die Gerichte der Staͤdte / darinn die Buͤrge - meiſter vnd Rathsperſonen ſitzen / vnnd ſich eines oder mehr Stadtſchreibers oder Syndicen dazu gebrauchen wol vnd mit tuͤchtigen Perſonen be - ſetzet / durch Rechtsgelehrte Verwalter vnd ihnen von der Gerichte Eigen - thumbsherrn daran kein unordentlicher Thaͤtlicher einhalt / vnd Verwirrung wiederfahre / auch daſelbſt kein ander Recht vnd Ordnung / alß wie ſie der Lan - desherr verordnet vnd Landsgedraͤuchlich oder den Statuten Gemaͤß ſind / ge - halten / vnd ſonſten auch alles / was wegen der Gerichte des Landsherrn in vor - gehender 3. 4. 5. 6. 7. Errinnerung angefuͤhrt worden / auch allhier in acht ge - nommen werde.
2. Pflegt der Landesherr dem herkommen / denen Vntergerichte / ſo wol auch denen / die er ſelbſt nach vnd unter der Regierung beſtellt / keinen Eingrieff zuthun / daß er etwan die Parteyen vnd Sachen / die zu erſt vor ſolchen Gerichtsſtellen erſcheinen muͤſſen / dazu denn eines ieden Gerichtsver - pflichtete Vnterthanen / oder die ſich darunter auffhalten / verbunden ſind / et - wan abfodern / oder mit uͤbergehung der ordentlichen Vnter-Obrigkeit ſolche fuͤr ſeine Raͤthe / noch weniger aber eines anderen Vntergerichts Erkaͤndtnuß ziehen laſſen wolte ſondern es werden die dahin gehoͤrige Perſonen vnd Sachẽ in erſter Inſtantz oder klage allda gelaſſen / vnnd dahin gewieſen / auch die ſich muthwilliger Weiſe davon entziehen wolten / mit Straffen darzu angehalten / Sintemahl die Billigkeit erfodert / daß dem Herkommen / vnnd eines jedenGericht -113Anderer Theil. Gerichtbarkeit vnd Reſpect vber ſeine Vnterthanen erhalten werde / kan auch der Lands Fuͤrſt ohne huͤlff vnd Vnterauffſicht ſolcher Gerichtsherren nicht al - les beſtreiten / vnd geſchehe den Leuten ſelbſt zu viel vnd wehe / wenn ſie alſo balden von ihrem ordentlichen Richter / den ſie in der naͤhe haben / vnd offt mit geringen Koſten entſchieden werden koͤnnen / an die Landes Fuͤrſtl. hohe Gerichte ohne Noth gezogen wuͤrden / wolte aber der Vnterrichter in der Sache nicht gebuͤhr - lich verfahren / oder erweiſete ſich Parteyiſch vnd verdaͤchtig / oder were ſonſt die Sache Rechtswegen alſo beſchaffen / daß ſie vor Jhn nicht wol koͤnte Expedirt werden / dann wird er von deß Landsherrn Cantzeley nach Gelegenheit zu fleiſſi - ger Adminiſtration ermahnet / oder Jhn ein Commiſſarius zu geordnet / oder auch der Handel gar von ihm abgefodert.
3. Jn allen Sachen aber / etzliche wenige / welche[ die] Rechtsgelehrte wiſ - ſen / vnd gemeiniglich die Peinliche / außgenommen / darinn vor ſolchen Gerich - ten der Staͤnde / vnd dem Gerichte / welche der Lands Fuͤrſt ſelbſt durch ſeine Beampte beſtellet / Vrthel oder Beſcheid ertheilet wird / deſſen ſich ein oder berde Theile beſchweret befinden / ſtehet denſelben frey an den Landsherrn deſ - ſen Regierung Hoff - oder Landgerichte durch daß rechtliche Mittel der Appellation, oder einanders / welches man Supplication nen - net / in gewiſſer Zeit ſich zu beruffen / vnd die Sache daſelbſt anderweit anzubrin - gen vnd außzufuͤhren / dazu ſind in etlichen Landen ſonderbahre Appellation Raͤthe vnd Gerichte verordnet / mit eigenen Ordnungen / ſo wol auch bedienten vnd Advocaten verſehen: So findet man auch Exempel / daß von manchen Stand oder Stadt im Reich / an andere Fuͤrſten vnd Staͤnde in Rechtsſachen auff gewiſſe Maſſe appellirt wird / welche ſonſt nicht ordentliche Landsherren daſelbſt ſind / oder doch die Vbung ihrer Hoheit nicht in Beſitz haben.
4. Von der Regierung vnd Cantzeley des Landsherrn aber gehen nun die Appellationen an die hohe Gerichte des Reichs / wie davon in des Roͤm: Reichs Cammer-Gerichts Ordnung gnugſame Nachricht zu finden: Jedoch hat ſolches nicht allenthalben Statt / ſondern wie wir anderswo gemel - det / ſind viel Chur vnd Fuͤrſten des Reichs alſo Privilegirt, daß von Jhnen kei - ne weitere Appellation oder Beruffung / es moͤgen gleich die Sachen von ei - nem Vntergerichte dahin gerathen / oder in erſter Inſtantz daſelbſt angebracht ſeyn / an die Keyſerl. Cammer verſtattet werden / Sondern bey dem / was daſelbſt endlich Erkandt worden / muß es allerdings verbleiben / vnd werden die Jenige / die ſich auff verſtattete rechtliche Verhoͤr vnnd Proceſſ damit nicht erſaͤttigen / ſondern an die hohe Reichsgerichte oder ſonſt Appelliren vnd dergleichen Re - media brauchen wollen / ernſtlich geſtrafft / damit ſich aber niemand der uͤberei - lung zu beſchweren / werden in denſelben Landen die Gerichts Inſtantien deſtoPbeſſer114Teutſchen Fuͤrſten-Statsbeſſer vnd foͤrmlicher / auch deren unterſchiedlich viel angeordnet / vnd iſt inſon - derheit nach Sachſenrecht gebraͤuchlich / daß auff die erſte Vrtheile / auch wol auff die ander / Leuterungen vnd Oberleuterung / dadurch der beſchwerte Theil Erklaͤrung der Vrthel auff ferners anbringen ſeiner Notturfft erlangen mag / verſtattet werden / nach Maſſe vnnd Jnhalt der daruͤber auffgerichteten Ord - nungen.
5. Vber dieſe Landes-Fuͤrſtl. hohe Direction vnd Vorzug uͤber die Vn - tergerichte im Lande / durch allerhand Anordnung in Gerichts vnnd Proceſſ - Sachen / durch Avocation, Appellation, wie auch durch Viſitation derſel - ben / Jſt auch dieſes an den meiſten Orten noch ein ſonderbahrer vorbehalt / daß in Peinlichen Sachen die Langſaͤſſige Gerichtsherren welche hohe Iuris - diction haben / nicht allein in allen Stuͤcken ſich des Rechtens bey den Schoͤp - penſtuͤhlen / oder Iuriſten Faculteten belernen / auch dem Jenigen / was daſelbſt Erkandt wird / nachkommen / vnd hierinnen nicht nach eigenen Willen verfah - ren muͤſſen; Sondern auch daß ſie keine Verwirckte vnnd zu erkante Todes - ſtraffen erlaſſen / die Peinliche Proceß Buͤrgerlich machen / oder Geldſtraffe dafuͤr nehmen doͤrffen / ſondern wo auß erheblichen Vrſachen eine milders vor - zunehmen / haben ſie ſolches dem Landsherrn zu berichten vnnd deſſen verord - nung zu gewarten.
Summa.
Warumb dieſer Punct vor den andern dreyen abſonderlich be - trachtet werde.
Was die Handhabungs-Mittel ſeyn wozu ſie nothwendig die - nen / wie ſie in dem Obrigkeitlichen zwang beſtehen / wie unentbehrlich dieſer ſeye.
Wie vielerley derſelben ſey / nemlich / Erſtlich / der Gerichts - Zwang / worinnen er beſtehe / wie dazu die Gerichtsfolge gehoͤre / vnd was ſie ſey / wie der Gerichts-Zwang auch de - nen Vnter-Obrigkeiten gebůhre.
Von der andern vnd hoͤhern Art / nemlich dem Heeres-Zwang was er ſey / vnd wie dazu die Heerfolge gehoͤre / vnd wie ſie von den Staͤnden des Landes nach unterſchied derſelben geleyſtet werde wie man auß der Landes folge einen Auß - ſchuß vnd Defenſion Weſen mache / Feſtungen vnd Paͤſſe er - halte oder bawe / wie gar zum Kriege geſchritten werde / nach zu laſſung der Reichs Conſtitutionen.
Eudlich wird auch hierbey angefuͤhrt / durch was Mittel vnd Wege die Obrigkeit Auffſicht habe vnd Erkundigung er - lange / was im Lande fůrgehe / darinnen ſie ihre Zwangs - Mittel zu gebrauchen habe / deren werden unterſchiedliche angezeigt.
OB es wol an dem iſt / daß dieſer Punct der Handhabung vnd Manute - nentz vielmehr ein nothwendig anhangendes Stuͤck der vorigen drey - en Regierungs-Handlungen / iſt / alſo gar / daß dieſelben ohne ſolche euſſerliche Mittel nicht geuͤbet werden koͤnnen. So haben wir doch / weil ſolcher Bericht ſonſt in drey Stuͤcke zertheilet haͤtte werden muͤſſen / ſolches lieber uff einmahl / in dieſes Capitel verſchieben wollen / umb ſo viel deſto mehr / weil zu rechter Bereitung vnd Anſchaffung dieſer Dinge der Landsherr mit ſei - nen Raͤthen hierinn ſonderbahre Berathſchlagung vñ vernuͤnfftiges bedencken in viel Wege gebrauchen muß / ob man gleich ſolche Mittel nicht allezeit bedarff / vnd Wuͤrck uͤbet / auch dazu andere Leute gebrauche.
Es ſind aber ſolche Handhabungs-Mittel nichts anders / alß der1. Was die Handha - bungsmit - tel ſeyn. hohen Lands Obrigkeit rechtmaͤſſige Anordnungen vnd Thaten / dadurch daß Jenige / was zu Erhaltung ihres Stands vnd Hoheit / zu behauptung ihrer Ge - ſetze vnd Ordnungen / vnd zu vollziehung deſſen was Vrtheil vnnd Recht inP ijBuͤrger -116Teutſchen Fuͤrſten-StatsBuͤrgerlichen vnd peinlichen Faͤllen mit ſich bringet / von noͤthen iſt / angeſchafft vnd im Werck verrichtet wird / ſo wol gegen Vnterthane alß andere / die man dißfalls in Guͤte / vnnd ohn ſolches Ernſtliches verfahren / nicht gewinnen kan.
So wir nun zu ruck gehen / vnd uns auß vorhergehenden Capiteln errin - nern / wie viel nothwendige vnd wichtige Dinge / in denen dreyen Regierungs - Puncten zu erlangung des heylſamen Zwecks bey einem Jeden derſelben vorge - nommen werden muͤſſen / gegen Vnterthanen vnd gegen Nachbarn / ſo werden wir nicht zweiffeln / daß auch die Mittel zur Handhabung einem Regenten ſehr noͤthig vnd unentbehrlich ſeyn / alß die durch feinen gantzen Regiement-Stat vñ alle deſſen Geſchaͤffte uͤberall erfordert werden.
Es beſtehen aber ſolche Mittel Hauptſaͤchlich vnnd ins gemein in dem Obrigkeitlichen Zwang vnd rechtmaͤſſiger Gewalt / welche nach goͤttlicher vnd aller Voͤlcker Ordnung vnd Recht / deroſelben zu kommet / vnd zu vollen - ſtreckung ihres Ampts unabſonderlich gehoͤret / denn auſſer dem wo etwa einer alſo genanten Obrigkeit nur eine bloſſe Ehr vnd Vorzug / oder ein bloſſe Auff - richtung der Ordnungen / oder die Außſprechung der Vrthel / einem andern aber die Macht ſolche zu Exequiren, vnd daruͤber zu halten / zu kaͤme / ſo iſt es ei - ne gewiſſe Anzeige / daß die Rechte all einige Krafft der hohen Obrigkeit bey ei - nem ſolchen Magiſtrat nicht / ſondern vielmehr etwa ein praͤchtiger Titul / oder eine ſehr gemaͤſſigte vnd gebundene Macht zu finden ſey:
Dieſem nach nun iſt ein Landsherr / alß die rechte vnd einige unmittelbare Obrigkeit / eines ſolchen Zwangs vnd derer dazu gehoͤriger Mittel / Rechts vnd goͤttlicher Ordnung wegen befugt.
Wir ſetzen zwar / wie oben auch erwehnt / zuvor / daß nechſt der Goͤttlichen ſchickung vnd Aßiſtentz, dadurch die Stuͤcke vnd Throne der hohen Obrigkeit auff Erden auch ins geheim vnd unvermerckter Dinge befeſtiget werden / auch die Ehre vnd daß anſehen eines Regenten die er ihme durch Tugend vnd gebuͤr - liche verfuͤhrung ſeines hohen Ampts erwirbet mehr Wuͤrcke vnd außrichte / alß viel euſſerliche Zwangs-Mittel; Dennoch aber weil die Boßheit der Menſchen ſo groß / daß ſie bey vielen nicht anders alß mit Gewalt vnd Furcht auß - oder ja dahln getrieben werden muß / daß ſie den Nechſten nicht ſchadet / ſo gebuͤhret auch der Obrigkeit auf dieſen Fall daß Schwerd / daß ſind die euſſerliche Zwãgs Mittel / nicht umbſonſt zu fuͤhren / Sondern es wird endlich erheiſchet / daß zum Exempel die Jenigen / welche nach dem erſten Punct der Regierungs-Ge - ſchaͤffte dem Landsherrn ſeine Ehre / Macht vnd Hoheit in zweiffel ziehen / ſich darwieder ſetzen / Jhme oder ſeinen angehoͤrigen Schaden thun oder nach dem andern Punct wieder die Geſetze vnnd Ordnungen des Lands handel - ten / Fried vnd Ruhe zerſtoͤrten nach dem dritten / ſich mit demrecht -117Anderer Theil. rechtlichen Außſpruch nicht begnuͤgen laſſen / oder demſelben keine folge thun wolten / oder Miſſethaten vnd Frevel begehen / nach Gelegenheit und unterſchied ihres verfahrens zur Verhoͤr gebracht / in gefaͤngliche Hafft genom - men / an ihnen mit Gewalt vnd Zwang die Straff an Leib oder Gut vollzogen / oder ihnen Wiederſtand gethan / ſie abgetrieben / verjagt / oder zu erhaltung Frie - dens / vnd erlangung deſſen / was ſie dem Lande ſchaden gethan / hinwieder an - gegrieffen / vnd durch ſolche Weiſe zur Gebuͤhr angehalten werden.
Hierzu gebrauchat ſich nun der Landsherr ſeiner Vnterthanen vnd Die - ner / vnd iſt umb ſo viel deſto ſtaͤrcker vnd maͤchtiger / nachdeme er mit vielen Leuten gefaſt iſt / wiewol dazu auch die Gelegenheit der Oerter vnd dergleichen Vmbſtaͤnde / wie wir ietzo hoͤren wollen / auch von noͤthen.
Die geringſte vnd gemeinſte Art / welche auch faſt mehrentheils nur bey4. Von der erſten Art der Hand - habung / nemlich dem Ge - richts - Zwang. dem Punct der Regierung vorlaufft / iſt der Gerichts-Zwang / welcher durch die Gerichts Diener vnd Boehen / Landknechte / Stadtknechte / Haͤſcher / Buͤttel / vnd endlich die Scharffrichter verrichtet wird / daß nemlich verklagte oder ungehorſame / oder auch mißthaͤtige Perſonen auff Anordnung der Ge - richte nicht nur daſelbſt vnd vor der Obrigkeit zu erſcheinen / erfodert / ſondern im Fall des auſſenbleibens / oder da ſie daß Jenige nicht / was ihnen aufferlegt wird / vollenbringen / oder wieder die Rechte vnd Geſetze mißthaͤtig handeln / mit Gewalt geholet / angeſchloſſen / ins Gefaͤngnuß geworffen / ihnen etwas von ih - rer habe außgepfaͤndet / vnd in die Gerichte oder denen / welchen es mit mehrern Recht zu ſtehet / uͤberlieffert / oder ſie auß dem Beſitz der Guͤter / worein ſie nicht mehr gehoͤren / auß getrieben / oder welches den Nachrichtern zu kommet / an ih - rem Leibe geſtaupet / gezuͤchtigt / oder gar vom Leben zum Tode durch allerhand Arten der rechtmaͤſſigen Straff gebracht werde.
Zu rechter außuͤbung dieſes Gerichts Zwangs wird erheiſchet eine Ge -5. Von der Gerichts - folge. richtsfolge / daß nemlich / die Vnterthanen eines jeden Gerichts-Stadt oder Dorffs auff Anordnung der Obrigkeit / alle ins geſampt / ſo viel gegenwertig vnd zu bekommen ſind / oder etliche auß denſelben auffbeſonders Gebot / den Gerichts Dienern / die man zur Außuͤbung ſolches Zwangs haben muß / Bey - ſtand vnd Schutz leyſten / daß er ſein anbefohlen Werck verrichten / vnd ihnen darbey der Wiederſpenſtige vnd mißthaͤtige nicht ſchaden / oder nicht entrinnen koͤñen / ſonderlich aber / daß dem fluͤchtigen Vbelthaͤtern / bevorab den Raͤubern vnd Landes beſchaͤdigern / auch von einem Gerichte vnd gebiet ins andere nach - geeylet werde davon in den Ordnungen vnd Satzungen unterſchiedlicher Laͤn - der vnd Fuͤrſtenthumer viel zu finden;
Nichts weniger gehoͤret auch zu dieſem Grad / die verſchaffung der Ge -6. Von Ge - faͤngnuſſen faͤngnuſſe vnd verwahrung fuͤr allerhand Perſonen / die man verdachts oder Mißhandlung halber zur Hafft bringt / welche denn alſo zu gerichtet ſeyn ſollen /P iijdaß118Teutſchen Fuͤrſten-Statsdaß dadurch der Zweck der Gefaͤngnuß nemlich der Leute biß zu außfuͤhrung ihres Rechtens maͤchtig zu ſeyn / nicht uͤberſchritten werde / welches geſchicht wenn ſolche Oerter ſo gar ungehewer / vnd aller nottuͤrfftigen bequemligkeiten entbloͤſet ſind / daß dadurch die Menſchen an ihrer Geſundheit ſchaden leyden.
Dieſer Gerichts-Zwang kommet nun nicht allein dem Lands-Fuͤrſten / ſondern auch denen Staͤnden des Lands / welche Gerichte haben / ledoch nach ihrer Maſſe / vnd ſo weit eines ieden Gerichtbarkeit es mit ſich bringt / zu / liegt aber dem Lands Fuͤrſten ob / uͤber dieſelben die Obſicht zu fuͤhren / vnd daruͤber zu halten / daß damit Recht gebaret / vnd der gehorſam der Vnterthanen ſampt Ruhe vnd Fried des Landes / dadurch behauptet werde.
Der andere vnd hoͤhere Grad der Obrigkeitlichen macht iſt der Heers - Zwang / daß nemlich ein Landsherr befugt iſt / durch eine Zahl vnnd maͤnge bewerther Leute / oder ein Heer vnd Kriegsvolck ſein Land zu ſchuͤtzen / vnd die wiederſpenſtigen vnd Feinde anzugreiffen; Zu dieſem Ende gebrauchet er ſich der Folge / oder Heersfolge / oder der Reiß / wie es anderswo geneñet wird / welches ein ſolches Fuͤrſtliches oder hohes Obrigkeitliches recht iſt / daß uff dero erfodern die Vnterthanen ſchuldig ſeyen mit ihrem Leib vnd Perſon in der Ruͤ - ſtung / wie es braͤuchlich vnd die Notturfft erfodert / zu erſcheinen / vnd Gegen - wehr oder Angrieff zu thun. Solches rechts gebrauchen ſich nun alle hohe O - brigkeiten der Laͤnder vnd reiche der Welt / doch werden dabey unterſchiedliche9. Von un - terſchiedli - chen Vmb - ſtaͤnden bey der Heers - folge. Vmbſtaͤnde in acht genommen / nach der meiſten Teutſchen Fuͤrſtenthumer Gelegenheit iſt es zwar an deme / daß alle Vnterthanen ohne unterſchied des Standes ſolche folge ſchuldig ſind / wie man denn auß den Geſchichten der Vorfahren die Nachricht hat / daß offters die helffte / offt zwey dritt Theil / oder drey Viertel auß iedwedern Ort auff geboten vnd zu Feldzuͤgen wieder die ein - brechende oder gefuͤrchtete Feinde mit genommen werden / zu weilen hat man es auch bey dem fuͤnfften / zehenden / zwantzigſten vnd dreyſigſten Mann bleiben laſſen / vnd ſind die andere zu Beſchuͤtzung des Landes vnd jhrer Wohnungen daheim gelaſſen worden: Solte aber deß feindes Einfall ſo gar ſchwer ſeyn ſo muſte endlich ein Jedweder vnnd alſo Mann fuͤr Mann / wer nur Leibes Kraͤffte vnd Alters wegen fortkommen kan / zur Gegenwehr greiffen.
2. Vnter denen Perſonen / des Lands haͤlt man mehrentheils dieſen unterſcheid / daß den Graffen / Herren vnd Adels Perſonen / wo dieſelbe Landſaͤſſig / vnd nicht nur bloſſe Lehnleute / oder gar Exemt ſeyn / eine gewiſſe Anzahl der Ritter-Pferde / die ſie von ihrem Lehn halten / vnd geruͤſtet einſchi - cken muͤſſen / aufferlegt werden: So aber dergleichen Perſonen auch gleich kein ſolch Lehngut vnd gewiſſe Ritterdienſte haͤtten / wuͤrde er doch im Fall der Noth alß ein Vnterthaner ſich gebrauchen laſſen muͤſſen / doch daß in ſeinem Standenach /119Anderer Theil. nach / nicht zu Fuß / wie andere gemeine Vnterthanen / ſondern geruͤſtet zu Pferde ſich darſt[e]llet / auch daruͤber ſein Vnterhalt empfinge.
3. Jngleichen ſind von Alters her in den meiſten Laͤndern gewiſſe Heer - wagen zu fortfuͤhrung allerhand Kriegs-notturfft außgetheilet worden / wel - che die Staͤdte vnd Dorffſchafften gnugſam beſpannet ſchicken muͤſſen:
Vnd iſt 4. Die Art der Ruͤſtung nach altem Gebrauch gleicher geſtalt an den meiſten Orten benahmet / vnd geſchiehet. 5. Je zu weilen eine durchge - hende muſterung / Fuͤrforderung vnd Beſichtigung / der Vnterthanen des Lan - des / wie ſtarck / vnd wie ſie geruͤſtet ſeyn / daruͤber man gewiſſe Muſter Rollen oder Regiſter auffrichtet. 6. Nach dem man aber mit der Zeit vermerckt / daß ſol - che allgemeine Schuldigkeit der Vnterthanen deßwegen wenig gebraucht wer - den koͤnnen / alldieweil nicht Jederman zu ſolchen Dingen geuͤbt vnd geſchickt iſt / auch daß Reich mit gewiſſen Ordnungen vnd Geſetzen verfaſt / daß durch Gottes Gnaden daſſelbe offt lange Jahrein Ruhe vnd Friede geſtanden / alſo in zwiſchen die Vnterthanen der Kriegsuͤbungen gar abkommen / auch an andern Orten immittels nur Arten vnd Vortheile der Waffen vnnd anderer Kriegs - Ruͤſtungen entſtehen / deren man ungewohnt / vnd alſo gegen dieſelbe uͤber ver - wahrt iſt / ſo ſind die Landsherren mehrentheils auff dieſen Vorſchlag kommen / das auß allen ihren eigenen vnnd Jhret Landſtaͤnde Vnterhanen ein Auß - ſchuß der ſtaͤrckſten vnd beſt geſchickteſten Manſchafft gemacht worden / die ſich Alters / geſundheit auch Standes halben / zu Kriegsuͤbungen am tauglich - ſten befunden / auß demſelben werden wiederumb gewiſſe Officirer, Hauptleute / Leutenante / Fendriche / Corporale, Serganten, Fuͤhrer / Rottmeiſter / vnd wie ſie auch nach heutiger Art genennet werden / auſſerleſen / oder Jhnen ſonſt umb eine leydliche Beſtallung vorgeſetzet / welche ſolche außgeſchoſſene oder zu De - fenſion des Landes in gewiſſe Rollen vnd Verzeichnuß gebrachte / vnd mit Ge - wehr verſehene Perſonen in ieder Stadt / Ampt / Herrſchafft oder Gerichte diß - falls untergeben werden / daß ſie dieſelbe in gebrauch ihres Gewehrs / rechtem Stande / gang vnd Ordnung in allerhand Kriegs haͤndeln zu gewiſſer beque - mer Zeit uͤben / vnd im Fall man eine oder alle ſolche auffgerichtete hauffen vnd Compagnien beduͤrffte vnd erfoderte / ihnen vorſtehen vnd ſie fuͤhren muſten / wie denn uͤber alle dieſelbe ein oder mehr Landes Hauptmann vnnd Ober Offi - cirer beſtellet / welcher auß Befehl des Landsherrn in ſolchen Sachen zu Com - mandiren hat / die Ritterpferde werden auf dem Nothfall auch in gewiſſe Ein - theilung vnd unter ordentliche Officirer gebracht / Jngleichen auch wol den zur Lands Defenſion beſtellten Officirern frey gelaſſen / ihre untergebene Knechte zu eylen der nachfolge zu Pferde zu bringen / daß vornemſte aber / was bey ſolchen Defenſion vnd Kriegs-Verfaſſungs Werck von den bewehrten in Außſchuß begrieffenen Vnterthanen vnnd Officirern oder Befehlhabern bey Zug vnndWache120Teutſchen Fuͤrſten-StatsWache in Beſetzung der Paͤß vnd Oerter / in nachfolge vnd dergleichen in acht genommen werden muß / daß wird zum Theil einem Articuls Brieffe / der ihnen vorgeſchrieben iſt / vnd darauff ſie Beeydigt worden / theils ſo viel die Officirer ſonderlich betrifft / in einer ſonderbahren Beſtellung vnnd Inſtruction be - grieffen.
Entſpringt auch auß dieſer Verfaſſung noch ferner der Nutzen / daß nach ſolcher Ordnung nach die Gerichtsfolge fuͤglicher gebraucht wird / dann in allerhand Lauff / tumult / oder Fewersbrunſten / gleichẽr geſtalt eine eylende vnd ordentliche Folge vnd Samlung der Leute deſto bequemlicher erlangt wer - den kan.
7. Zu dieſem Recht des Heerzwangs vnnd deſſen nutzlichen Gebrauch wird nun auch erheiſcht / daß der Landsherr in ſeinem Lande auff Erbawung oder Erhaltung feſter Plaͤtze / Schloͤſſer vnd Staͤdte nach der beſten vnd be - quemſten Art / wie die heute zu Tage gegen vorige Zeiten ſehr hoch geſtiegen / be - dacht iſt / darein ſich ſeine Vnterthanen in Kriegsnoͤthen begeben vnd ſich dar - auß wehren koͤnnen / Jngleichen / daß er gewiſſe Oerter vnd Landwehren / da man den Feinden oder fluͤchtigen Vbelthaͤtern vorbiegen / ſie in einen engen Weg vnd Paß ſperren vnd bringen / oder auch da man unvermerckt durchkom - men ingleichen da einer dem andern Zeichen vnd Loſung geben koͤnne; Wie denn dißfalls dem Landsherrn in ſeinem Gebiet vnd Lande keine Maſſe vorge - ſchrieben / er auch an allen Schloͤſſern vnd feſten Oerten / die ſeine Vnterthanen haben / der Oeffnung / daß iſt / daß ſie ihn vnd ſein Kriegvolck darein laſſen muͤſſen befugt iſt; Nichts wenigers gehoͤret auch hierzu. 8. Die Vorſorge / daß im Lande allerhand Vorrath an Geſchuͤtz / Waffen / Pulver / Bley / vnd anderer Kriegs bereitſchafft / an Lebens-Mitteln vnd was man mehr zu dieſem Ende bedarff / ſonderlich in den feſten Oertern / vorhanden ſey / damit man nicht allein die Feinde abhalten / vnd Gegenwehr in der naͤhe vnd fern thun / ſondern auch feindliche Oerter angreiffen vnd uͤberwaͤltigen / auch dabey Mittel zu un - terhaltung des Kriegsvolcks haben koͤnne: Wie wol ſonſt / gemeiniglich das auf geboten Landvolck ſich ſelbſt Proviantiren muß / ſo lang man nicht auſſerhalb Lands damit ziehet; Jeden Ritterpferden aber pflegt man nothduͤrfftigen Vnterhalt zu geben. Fuͤr allen Dingen aber iſt zu dieſem Ende noͤthig / daß der Herr des Lands auff die Maͤnge vnd Anzahl der Leute / wie wir oben ins ge - mein Errinnert / alß darinn durch Gottes Segen die Macht beſtehet / bedacht ſey da es ihme auch im Lande daran fehlete / muſte er ſolche an andern Orten umb gewiſſen Sold werben laſſen; Dazu denn die Landſchafft umb ſich der Kriegsuͤbung zu entbrechen / die Mittel oͤffters vnd lieber darſchieſſen; Weil aber maͤnge ohne Ordnung vnd Wiſſenſchafft nichts dienet / ſo muß er. 9. Auch ſelbſt ein Kriegs verſtaͤndiger ſeyn / vnd hat zu dem Ende in wichtigen /fuͤrfal -121Anderer Theilfuͤrfallender angelegenhelt / verſtaͤndige Raͤthe vnd Kriegsleute zu gebrauchen / vnd dahin zu ſehen / daß auch in Friedens-Zeiten die Orte vnd Vortheil der Kriegsuͤbung an andern Orten wie ſich ſolche von Zeit zu Zeit anlaſſen gefor - ſchet / die Landkinder ſonderlich von Adels Perſonen / daß ſie ſich dartnnen uͤben vnd bekandt machen / an ſolchen Ort zu ziehen veranlaſſet / auch wol frembde er - fahrne Perſonen ins Land geholet werden.
Es pfleget aber die Lands-Fuͤrſtl. Obrigkeit mit dem Gebrauch dieſer biß -10. Von der behut - ſamkeit bey den Hand - habungs - Mitteln. her Summariſch erzehlter Handhabungs-Mittel / wie billich behutſamlich umbzugehen eines Theils / daß ſie damit ſich / nicht ůbereylen / ſondern alle andere Gradus vñ Wege vorhergehen laſſen ehe ſie zu wuͤrcklicher Anordnung / ſo wol in Gerichts: alß Heerszwang ſchreyten. Jn Summa / durch den Ge - richtszwangleſt man keine Execution oder beſtraffung vorgehen / es ſey denn in Buͤrgerlichen Faͤllen eine Perſon des ungehorſams gnugſam uͤberfuͤhret / vnd davor zum Vberfluß durch guͤtliche vnnd ernſtliche Anmahnung / wo nicht eine offenbahre Thaͤtligkeit vor Augen / gewarnet / Jn peinlichen Faͤllen aber Rechtmaͤſſige bedachtlicheverhoͤr vnd Erkundigung eingezogen / vnd Vrthel vnd Recht geſprochen. Bey dem Kriegszwang iſt noch mehrer Vorſich - tigkeit von noͤthen / nicht allein ins gemein darumb / daß dieſes in allen Regie - menten daß aller ſchwerſte vnd letzte Mittel iſt / welches mit groſſer Gefahr un - ſchuldiger Leute vnd ihres Bluts vnd guts gefuͤhret / auch dadurch manches Land vnd Policey gar leicht zerſtoͤret wird / darvon man auß den Geſchichten aller Zeiten gnugſame Exempel nebenſt der eigenen Erfahrung / vor Augen hat / ſondern auch darumb / das daß Roͤmiſche Reich dißfals mit gewiſſen Rech - ten vnd Satzungen verſehen / daß zwar einem Lands-Fuͤrſten / vnd Herrn unge - wehrt iſt feſte Plaͤtze zu haben vnnd zu bawen / Kriegsvolck zu unterhalten / oder gute Verfaſſung zu Kriegsſachen in ſeinem Lande anzuſtellen / aber gleichwol ihme gewiſſe Schrancken geſetzet / worinne er ſich damit halten muß: Wie wir dañ oben im 2. Capitel ins gemein Andeutung gethan / was dißfalls wegen der Hoheit des Reichs / vnd Keyſerl. Mayſt. in acht zu nehmen ſey; Jnſonderheit aber hat er die Ordnung vnd Reichsſatzung vom Landfrieden / wie ſolche in vie - len Reichs abſchieden auffgerichtet vnd wiederholet / wol vor Augen zu haben / welche dahin Hauptſachlich gehet / daß er keinen Fuͤrſten vnd Stand des Reichs oder wer ſonſt Friedlich lebt / vnd des rechtlichen Außtrags gewertig iſt / mit Heersmacht uͤberziehẽ / daß er auch keine Werbung oder Samlung des Kriegs - volcks in anderen Herrſchafften vnnd gebieten ohne Vorwiſſen deß in iedem Creyß des Reichs verordneten Obriſten / vnd der ordentlichen Obrigkeit deſſel - ben Orts vornehmen / noch daß dergleichen von andern in ſeinem Lande geſche - hen / vnd dahero den Nachbarn eine Furcht / nachdencken vnd Gefahr erwecket werde / verſtattet: Daß er anderer Obrigkeiten ihre Vnterthanen wieder dieſelbeQnicht122Teutſchen Fuͤrſten-Statsnicht ſchuͤtzen noch auffnehmen / oder ſonſt Plackerey / zu ſammen Rottirung loſſes Geſindes vnd anderer Vnordnung nachſehen / ſeine Kriegs-Verfaſſung aber zu abwehrung ſolcher ungebuͤhrlichen Dinge / die etwa andere vornehmen / vnd denn auch wieder ſtreiffende Rotten vnnd unbefugte einfaͤlle der Nachbarn gebrauchen / vnd ſich damit auff des Reichs vnd Creyſes erfordern dem gemei - nem Vaterlande zu huͤlffe zu kommen gefaſt halten ſollen; Wie ſolches alles zu ſeiner Zeit auß den Reichsſatzungen vnnd daruͤber gemachten Bericht er - ſcheinen wird.
Gleich wie aber auff dieſer Seyten / wann eine Obrigkeit die Maſſe vnd Behutſamkeit im gebrauch ihrer gewalt vnd Zwangs-Mittel uͤberſchreytet / vnd damit allzu hitzig vnd fruͤ eylend iſt / groſſe ungelegenheit Erwecket / vnd Vnge - rechtigkeit begangen / auch eine ſchwere Verantwortung verurſacht wird / dar - uͤber die hohe Reichs Obrigkeit endlich ſich auffmachen vnnd den Frevelen be - ginnen ſteuren vnd wehren muß: Alſo iſt es im gegen Theil auff den an - dern Seyten nicht weniger ſchaͤdlich / wenn die Landsherren in dieſem Stuͤck allzuſchlaͤfferig ſeyn / vnd auff keine gebuͤhrende Vollenſtreckung deſſen / was ſie geordnet / vnd ihres Reſpects auch Rechts halben noͤtig iſt / gedencken / noch die erforderte Mittel / ſich vnd ihr Land vnd Leute zu Schuͤtzen bey der Hand haben; Denn dadurch ihre Ehre vnd Hoheit mercklichen Abbruch leydet / ihre Geſetze / Ordnungen vnd Rechte ohne Nutzen / vnd Land vnd Leute vor raube - riſchen Geſinde vnd anderer Gewaltthaͤtigkeiten wenig ſicher ſind / darumb ſind nun obige Mittel hiezu deſto fleiſſiger in Bereitſchafft zu halten.
Vnd iſt hierbey nicht zu vergeſſen / daß umb ſolchen Schutz vnd Hand - habung zu genieſſen etliche ſonſt freye / oder doch dem Landsherrn nicht voͤllig unterworffene Staͤnde im Reich / bevorab etliche Reichs Staͤdte vnd Geiſtliche Stiffter einen nahe geſeſſenen maͤchtigern Landsherrn zu einem Schutz - herrn entweder willkuͤhrlich erbeten oder auch Erblich außerkohren / dem ſie Jaͤhrlich Schutzgeld geben / auch wenn ſein Land vnd Leute noth leyden / hinwie - derumb eine gewiſſe huͤlffe zu geſagt / alſo gar / daß oft auß ſolchen Erbſchutz eine gaͤntzliche Landes-Fuͤrſtl. Hoheit entſtanden / ſonſt aber die eigentliche Beſchaf - fenheit ſolcher Schutzverwandnuß iedes Orts auß denen daruͤber auffgerichte - ten Vertraͤgen abzunehmen.
Es dienet aber ſonſt zu rechtem Brauch der Handhabungs Mittel / vnd damit man wiſſe / wenn man zum Gebrauch ſolcher Mittel ſchreyten ſoll / auch dieſes / daß die hohe Obrigkeit ein wachſames Auge auff alle ihre Regiements - Geſchaͤffte / wie wir ſolche in vorigen drey Capiteln beſchrieben / ohne unterlaß fuͤhre / vnd nicht erwarte / biß ihnen alle Sache gleichſam in die Haͤnde gehen vnd von ſich ſelbſt fuͤr Augen treten / weil aber einem Menſchen alles zu erfah - ren / zu ſehen vnd in Gedaͤchtnuß zu haben nicht muͤglich / ſo gehoͤren auch zudieſem123Anderer Theil. dieſem Zweck unterſchiedliche Wege vnd Mittel da durch die Obrigkeit Erkun - digen vnd Erfahren / ob vnd wie dißfalls 1. Jhr Stand / Macht vnd Anſehen in acht genommen. 2. Jhren Ordnungen nachgelebet vnd 3. Gericht vnnd Recht erhalten werde. Vnd alſo darauß ſchlieſſen koͤnnen / ob vnd wie der vierd - te Punct / nemlich die werckliche Handhabung vnd Anordnung von noͤthen. Die wollen wir zum Beſchluß dieſes Capitels / vnd des Berichts vom weltli - chen Regiements mit anhaͤngen / daß gemeineſte vnd erſte iſt / die Beſtel - lung fleiſſiger / Trewer vnd verſtaͤndiger Diener in allen Orten des Landes / ſonderlich an die Graͤntzen / vnd wo man ſich Streits oder Wie - derſpenſtigkeit am meiſten vermuthet / denn ſolche Beampte ſind nach ihrer Beſtallung ſchuldig / fleiſſige Nachfrage vnd Auffſicht auff alle obige Puncte / inſonderheit auch auff das vornehmen der Nachbarn / wie oben ſchon erwehnt / auff frembde Perſonen / die durchs Land reiſen oder unterſchleiff ſuchen / zu ha - ben / vnd im Fall darinn mangel vnd Nachdencken vorfiele / ſolchen alſobald nach Gelegenheit zu begegnen / daß Verbrechen zu ſtraffen vnd gewalt abzutrei - ben / oder da die Sache zu ſchwer vnd wichtig were / dem Landsherrn zu berichten: Nichts wenigers auch werden den Staͤnden die Gerichte haben gute Ordnun - gen fuͤrgeſchrieben / vnd ſie ihren Pflichten nach / dahin gewieſen / daß ſie Sachen von wichtigkeit / die Land vnd Leute betreffen / an die hohe Obrigkeit berichten / was aber gute Policey vnd die Gerichtbarkeit erfodert / ſolche mit Fleiß nach den vorgeſchriebenen Ordnungen vnd Inſtruction in acht nehmen muͤſſen; Vnd weil dennoch der Oerter des Landes viel ſeynd / in der wenigſten die Obrigkeiten vnd dero Beaͤmpte wohnen / ſo iſts ſehr nutzlich / wenn auch die Schultheſſen der Doͤrffer dahin verpflichtet werden / daß ſie uff gewiſſe nothwendige Dinge was bey ihnen vnd ihren Mitnachbarn vorgehet / Auffſicht haben theils ſelbſt an / vnd abſchaffen / daß vornemſte aber an ihre Obrigkeit vnnd vorgeſetzte Berichten muͤſſen. 2. Nach Gelegenheit der Zeiten vnd laͤuffte / oder des Zuſtandes im Lande pflegen auch die Landes-Fuͤrſten auſſerhalb des Landes an anderen Orten Jhre vertrawte Leute vnnd Correſpondenten zu haben / die ihnen von den Zuſtande der Nachbarſchafft / von Fried vnnd Krieg / be - glaubten / vnd wo noͤthig / unvermerckten Bericht thun / darnach ſie ſich in ih - ren Anſtalten achten vnnd Richten koͤnnen. 3. Was ſonderlich den andern vnd dritten Punct der Regiements-Geſchaͤffte / alß die Ordnungen vnd Ge - richtbarkeit betrifft / gebrauchet der Lands-Fuͤrſt mit groſſem Nutz daß Mittel einer Viſitation, da er in gewiſſen Jahren etliche ſeine vertrawte Raͤthe vnd Diener befehlicht / in alle Aempter vnd Gerichte des Lands umbher zu ziehen / die Beampten vnd Jnhaber derſelben ſampt den vornemſten Vnterthanen vor zu beſche den / vnd nach den wichtigſten Puncten / welche Landes-Fuͤrſtl. Rega - lien, gute Ordnung vnd richtige Adminiſtration der Iuſtitz betreffen / zu fra -Q ijgen / ob124Teutſchen Fuͤrſten-Statsgen / ob denſelben nachgelobt / oder darwieder gehandelt werde / da ſich nun bey Obrigkeit / Beampten oder Vnterthanen mangel vnd Gebrechen befinden / wer den dieſelbe entweder ſo bald durch die Viſitatorn, oder der wichtigkeit nach / auf ihren Bericht vom Landsherrn ſelbſt / nach befindung durch ernſte Anmahnung vnd Befehl abgeſchafft / die uͤberfahrung beſtrafft / vnd beſſerung in allen Staͤn - den eingefuͤhrt. 4. Damit auch allerhand unordnung / Laſter vnd Mißhand - lungen deſto weniger verſchwiegen bleiben / gebraucht man mit Nutze im Lande / in allen Staͤdten / Aemptern vnd Gerichten das Mittel einer gerichtlichen Nachfrage / oder nach alten Landsbrauch zu reden / einer Rug / oder Ruge - gerichts / Voigtgericht Policeygericht oder wie es nach unterſchiedliche Lands - Art genennt wird / da nemlich alle Vnterthanen zu gewiſſer Zeit 2. 3. oder 4. mahl des Jahrs vorgefodert / Jhnen die vornemſten Puncte der Lands - vnd der - gleichen Ordnungen vorgeleſen / vnd darauff ein Jeder abſonderlich guͤtlich be - fraget wird / ob er etwas ſo wieder Ordnung vnd Recht / auch wieder Chriſtliche Religion Zucht vnd Erbarkeit laufft von Jemands zu ſagen wiſſe Es werden auch ins geheim beſondere Leute beſtelt die darauff acht geben / vnd es den ver - ordneten zu ſolchem Rugegerichte anzeigen ſollen: So nun etwas dergleichen an Tag kommet / werden die Jenigen / die es angehet / nach Gelegenheit guͤtlich abgemahnt / oder umb ein leydliches / zu ihrer Beſſerung geſtrafft / oder nach be - findung / die Sache in die ordentliche Geiſt - oder weltliche Gerichte zu ferner ver - ordnung gewieſen. Wann aber ſolche Rugen nur auffetliche geringe oder we - nige Verbrechen geſehen vnd denn nicht auff beſſerung vnnd gebuͤhrliche Gra - dus, ſondern auff Geldſtraffen oder Zechen vornemlich geſehen wird / wie vieler Orten geſchiehet kan damit obiger Zweck nicht erlangt werden. Es dienet hier - zu auch mercklich / wenn die Schrifften oder Protocolla ſolcher Gerichte zu Landsherrn Regierung iedesmal von den Aemptern vnd Staͤdten eingeſchickt vnd durch geſehen werden / ob durch ſolche Berichte ein vnd anders erſcheine / vñ war zu nehmen ſey darauff man anderweite Anordnung machen / vnd die O - brigkeitliche Vorſorge vnd Macht gebrauchen ſolle / vnd wird auff ſolche Weiſe deß Landsherrn Ordnungen ein Anſehen gemacht / dem Rohen hauffen / der allezeit Zucht haſſet wo nicht liebe zur Tugend / doch Furcht der Straffe / womit ſich endlich die weltliche Obrigkeit begnuͤgen muß / eingejagt / vnd alſo durch dieſe vnd dergleichen Mittel auf ſolche Erkundigung nach unterſchied der Faͤlle daß Jenige / was loͤblich geordnet vnd bedacht / oder ſonſt der Vnterthanen pflicht vñ der Obrigkeitlichẽ hoheit gemaͤß iſt deſto beſſer vñ Nachdencklicher gehandhabt / welches denn der nothwendige Effect vnd Beſchluß der Regiements-Ge - ſchaͤffte iſt / vnd den heylſamen Nutzen / die Wolfahrt der Vn - terthanen vnd Obrigkeit unzweiffelig nach ſich fuͤhret.
Summa.
Daß einer hohen weltlichen Obrigkeit auch daß Regiement in Geiſtlichen-Sachen zu komme / inſonderheit aber / daß es denen Teutſchen Fuͤrſten Proteſtirenden Theils gebuͤhre / was Geiſtliche-Sachen ſeyen. Worinnen der hohen O - brigkeit Regierung in Geiſtlichen-Sachen Hauptſach - lich beſtehe / nemlich.
I. Jn auffrichtung gewiſſer Geſetze vñ Ordnung wegen oͤffent - licher uͤbung des Gottesdienſts im Lande / welches ſonſt auch Ius reformandi genennet wird / iedoch nach Maſſe der Reichs Conſtitutionen.
Was durch ſolche Geſetzgebung geſucht werde / in fünff Haupt - Puncten.
II. Jn der Geiſtlichen Gerichtbarkeit.
III. Jn einer gemeinen Bottmaͤſſigkeit / darauß vornemlich die Beſtallung der Kirchen-Aempter entſtehet.
NAch dem wir in denen biß anhero gegebenen Berichten die Beſchaf - fenheit der Landes Fuͤrſtl. Regierung in weltlichen Sachen / der laͤnge nach betrachtet / Eingangs aber dieſes theils Andeutung gethan ha - ben / daß das Obrigkeitliche hohe Regiement in Teutſchen Landen vnd Fuͤrſtenthumen / ſonderlich aber in denen / welche der Augſpurgiſchen Confeßi - on zu gethan ſind / auch in Geiſtlichen Religions vnd Kirchenſachen ſein Ampt vnd Verrichtung habe / alß werden wir erheiſchender Ordnung nach nunmehr ſolchen andern Haupt-Punct der Regierung ins gemein auch vor - nehmen;
Q iijDaß126Teutſchen Fuͤrſten-StatsDaß aber die Hohe weltliche Obrigkeiten / welche niemand alß den hoͤch - ſten Gott vber ſich haben / oder eine andere weltliche Gewalt auff gewiſſe Maſſe vnnd mit vor behalt der vornemſten Obrigk eitlichen Bottmaͤſſigkeiten Ehren vnd erkennen / auch in Geiſtlichen - vnd Kirchenſachen / nach ihre Maſſe daß Regiement zu fuͤhren haben / lernen wir auß dem Wort Gottes / wel - ches dißfalls keine Außnahme macht / ſondern alles der Obrigkeit untergiebt / vns auch den Zweck oder End urſache dieſer goͤttlichen Ordnung ins gemein anzeigt / daß ſie nemlich uns zu gute / ihr Schwerd vnd Macht fuͤhre gleich wie aber der Seelen Wolfarth daß allerhoͤchſte vnd beſte Gut iſt / alſo iſt auch kein zweiffel / Es ſey zu dieſem Ende die Obrigkeit ihre Vnterthanen zu befoͤdern auch ſchuldig / warumb wir denn nach der Lehre des H. Apoſtels unter an - dern bitten ſollen / daß wir unter unſer Obrigkeit ein geruhiges vnd ſtilles Leben fuͤhren moͤgen in aller Gottſeeligkeit vnnd Erbarkeit; Dahin zielen auch die Goͤttliche Vermahnungen an die hohen Obrigkeiten / daß ſie goͤttliches Geſetz ſtets fuͤr Angen haben / dem Herren dienen ihn Kuͤſſen / vnd ſeiner Kir - chen Pfleger vnd Seugammen ſeyn ſollen / davon haben ſie auch den groſſen Nutzen / daß der allerhoͤchſte dieſes ihr Regiement / dadurch ſie Gottes Ehr vnd Lehr befoͤdern / Segnet vnd Benedeyet / welches auch die Heyden etlicher Maſſen erkandt haben / Jngleichen / daß ihre Vnterthanen durch anfuͤhrung zu Got - tes furcht deſto Beſcheidener / gehorſamer vnd Williger werden zu allen guten / auch in weltlichen Sachen / allermaſſen ſolches auß den Exempeln aller Laͤnder / vnd den Zeugnuſſen der Gelehrten / Chriſtlichen vnd Heydniſchen Scribenten zu erweiſen ſtuͤnde.
Ob nun wol etliche hundert Jahr heroden weltlichen Obrigkeiten / durch den Geiſtlichen Stand / vnd die Anſtalten des Paͤbſtlichen Stuls zu Rom an dieſem Stuͤck des Regiements groſſer Abbruch geſchehen / vnd daruͤber zwiſchen denen ſtreitigen Religionen viel zwieſpalt entſtanden. So iſt doch ſolches recht durch ſonderliche Abſchiede vnd Satzungen des Reichs / bevorab die numehr vor 100. Jahren in Anno 1555. zu Augſpurg von damaliger Keyſerl. Mayſt. vnd den Churfuͤrſten vnd Staͤnden des Reichs / auffgerichtet worden bekraͤffti - get / vnd darinn Außtruͤcklich geſetzt / daß die Teutſchen-Fuͤrſten vnnd Staͤnde / welche von denen Roͤmiſch-Catholiſchen ſich in Glaubensſachen geſondert / bey der Augſpurgiſchen Confeſſions Religion, Glauben / Kirchen-gebraͤuchen / Ordnungen vnd Ceremonien, ſo ſie auffge - richtet / oder nachmahls auffrichten moͤchten / Ruhiglich vnd Friedlich gelaſſen vnd geſchuͤtzt / auch der Roͤmiſch-geiſtlichen Biſchoͤffe Iurisdiction wieder dieſelbe / und ſolche ihre Confeſſion, Religion, Glauben / Kirchen-gebraͤuche / Ordnung vnd Ceremo - nien auffgehaben ſeyn ſoll: Vnd obwol ſolcher Religion Fried vnd Sa -tzung127Anderer Theil. tzung nicht ohne groſſe Zerruͤttung / Muͤhe / Gefahr vnd Koſten damals / nach außweiſung der Hiſtorien / erworben / ſeythero auch zu erhalten gleicher geſtalt / wie die vorgeweſene Vnfaͤlle vnd betruͤbte laͤuffte bezeugen / ſehr ſchwer geweſen / ſo iſt doch ſolcher anderweit mit einhelligem Schluß des Teutſchen Reichs / auch anderer Benachtbarten. Staͤnde durch den bekandten Friedenſchluß An. 1648. auffs newe befeſtigt worden / alſo daß die Landsherren des Proteſtirenden Theils / ſo wol nach dem Grunde goͤttlicher vnd natuͤrlicher / alß auch nach zu laſung der uͤblichen Reichs Rechte vnnd Satzun - gen / nebenſt dem weltlichen auch das geiſtliche Regiement / ſo weit einer Chriſt - lichen Obrigkeit zu kommet / zu fuͤhren haben: Maſſen ſie denn dieſes / wie Bil - lig ſeiner vortreffligkeit vnd wichtigkeit nach / vor das groͤſte Regal oder Obrig - keitlich Recht halten vnd achten / vnd ſolches euſſerlich zu behaupten / alle die Mittel vnd Wege brauchen / die wir oben in weltlichen Regiementsſachen bey dem erſten Punct der Regierung / erzehlet.
Wir verſtehen aber hier unter den Nahmen Geiſtlicher-Sachen vornem -3. Was un ter Geiſtli - chen Sachẽ verſtanden werde. lich / die Religion vnd Glaubens-Bekandtnuß ſelbſt / ſo dann derſel - ben anhaͤngige Kirchen-gebraͤuche / Ordnung vnd Ceremonien, nach Jnhalt vorangezogener Reichs-Satzungen / nach folgig auch die euſſer - liche Zucht vnd Lebensart / nach erheiſchung der Religion vnd Glau - bens lehren; Hierzu ſind nun ferner Theils auß weltlichen Regiementsſachen / oder umb der nahen Verwandnuß willen / andere mehr gezogen worden / alß da ſind / alle Sachen / welche die euſſerliche Mittel zu Vnterhaltung der Kirchen vnd ihrer Diener betreffen / die Erkaͤndtnuß in Eheſachen / die unterweiſung der Jugend in hohen vnd niedern Schulen / die Vnterhaltung der armen in Hoſpi - talien vnd anders mehr.
Vnd beſtehet die Regierung der hohen Obrigkeit in dieſen geiſtlichen Din -4. Worin - nen das O - brigkeitli - che Regie - mẽtin Geiſt - lichen Sa - chẽ Haupt - ſachlich be - ſtehe. gen Hauptſachlich vnd ins gemein darinnen. 1. Daß ſie hieruͤber macht haben Geſetz vnd Ordnungen auffzurichten. 2. Das ſie daruͤ - ber Richten / Vrtheilen / Gebet vnd Verbot Straffen vnd der - gleichen anordnen. 3. Daß ſie auch ſonſt noch eine gemeine Bottmaͤſſigkeit haben / eine vnd andere Anſt[a]lt / ſo zu dieſen Sachen von noͤthen iſt / alß ſonderlich die Beſtellung der Kirchen / vnd alſo auch der Schuldienſte zu verfuͤgen / vnd dergleichen mehr / ꝛc. Wie abſonderlich folgen ſoll.
Was das Erſte / nemlich / Geſetz vnd Ordnung in Religions vnd5. Von den erſtẽ Stuͤck - nemlich / Geſetz vnd Ordnung in Religions Sachen. Glaubens Bekaͤndtnuſſen zu machen anlangt; Ob es wol ſonſt an dem iſt / daß eine hoͤchſte weltliche-Obrigkeit die euſſerliche Macht vnnd Zwang nimmet / Gottesdienſt im Lande anzuordnen / auſſer dem ſonſt kei - ner gelitten werden duͤrffe / Maſſen ſolches die Exempel Geiſt - vnd weltlicher Ge -ſchichte128Teutſchen Fuͤrſten-Statsſchichte gnugſam an Tag geben / auch die Vnterthanen ſich ſolchen Falls der euſſerlichen Anſtalt nicht wegern / nach darwiederſetzen koͤnnen / ſondern bey Vermeidung ungehorſams vnnd weltlicher Straffe hierinn ihre Oberherren muͤſſen walten laſſen / ungeachtet ſich dieſelbe zu einem falſchen Gottesdienſte wenden / iedoch daß darumb die Hertzen vnd gewiſſen der Vnterthanen nicht auch ſchuldig ſind / der verkehrten Glaubens-Bekaͤndtnuß anzuhangen / ſon - dern vielmehr die rechte Religion zu behalten / vnd daruͤber / was Jhnen wieder - wertiges begegnet / zu leyden / denn man muß auff ſolche weiſe GOtt mehr gehorchen / alß den Menſchen; So hat es doch im Roͤmiſchen Reich dieſe beſon - dere Beſchaffenheit / daß den hohen Lands Obrigkeiten dißfals gewiſſe Schran - cken vnd Ordnungen durch die Reichsſatzungen geſetzet ſind / darinn ſie ſich halten muͤſſen: Denn einmahl ſind ſie gehalten keine andere / alß die Chriſt - liche Religion in ihren Landen vnd gebieten zu verordnen vnd uͤben zu laſſen / vnd zwar weil leyder / ſolche in viel Meinungen vnd Secten zerſpalten / deren viel gar von dem Fundament deß Chriſtlichen Glaubens unter einander unei - nig ſind ſo ordnet der oben angezogene Religion Friede / daß allein die zweyer - ley Glaubens Bekandtnuſſe einem Land Fuͤrſten in ſeinem gebiet anzuordnen zu kommen ſoll / Nemlich die Roͤmiſche Catholiſche / oder wie ſie daſelbſt genennet wird / Alte Religion, vnd die Augſpurgiſche Confeſſion; Jn dem letzten Frieden-Schluß aber iſt auch die dritte / welche von der erſten Aug - ſpurgiſchen Confeßion, die man ſonſt Lutheriſch nennet / in etlichen Stuͤcken unterſchieden iſt / vnd ſonſt die Reformirte genennt wird / im Roͤmiſchen Reich vnnd deſſen Provincien zu gelaſſen worden. 2. Jſt auch durch die Reichsſa - tzung in vor erwehntem Friedenſchluß dieſes Ziel der hohen Obrigkeit geſtecket / daß ſie gleichwol nicht / wie ſie ſonſt / auff ihre Verantwortung durch Obrigkeit - liche gewalt thun koͤnten die Vnterthanen / welche ein ander Glaubens Bekant. nuß haben / alß das Jenige / welchem der Landsherr zu gethan iſt / vnd Er in ſei - nem Lande verordnet hat / darumb bloß hin verjagen / vnd an Leib / Ehr oder Gut ſtraffen / ſondern dieſelbe auff gewiſſe Maſſe oder Zeit dulden / oder auch / wenn ſie nach Außweiſung des Friedenſchluſſes im Jahr 1624. eine andere Reli - gion in oͤffentlicher oder andern gewiſſen V[b]ung gehabt / ſie dabey allerdings bleiben laſſen ſollen / wie ſolches mit mehrerm auß der Verordnung ſolches Friedenſchluſſes zu leſen. Daß nun der Landsherrin dieſer Maſſe vnd vorbe - haltung / welche die Reichs Conſtitutionen geben bleibet / ſo iſt er befugt Ord - nung vnd Geſetz auffzurichten / welche Religion in ſeinem Lande vnd Fuͤrſten - thumb alleine geuͤbet vnd gehalten werden ſoll / wie denn in vielen Fuͤrſtlichen Kirchen vnd Lands Ordnungen dergleichen gebothe vnd Anordnungen zu fin - den / vnd betreffen ſolche Satzungen die gantze Religion vnnd Glaubens Be - kaͤndtnuß / wie ſolches oͤffentlich im Lande gelehret werden ſoll / dabey aber inacht129Anderer Theil. acht zu nehmen / daß durch ſolche Ordnung keine newe Religion gemacht / ſondern allein oͤffentlich zu Verkuͤndigen verfugt werde. Sintemahl es an de - me iſt / daß eine weltliche Obrigkeit Rechts vnd Gewiſſens wegen / denn was mit Gewalt vnd auß Jrrigen wahn geſchiehet / iſt darumb bey Gott nicht zu ent ſchuldigen / ſondern vielmehr Zeitlich vnd ewiger Straffe unterworffen / keine andere Religion vnd Glaubenslehr Ordnen vnd gebleten kan / alß welche dem Wort Gottes gemaͤß iſt / welches denn in den Glaubens-Articuln / die den Men - ſchen zu ſeiner Seulen Seeligkeit unentbehrlich / ſo klar vnd hell / daß unvon - noͤthen deßwegen einen ſonderbahren Außleger vnd gebietenden Oberherrn / der nicht fehlen / vnd den rechtẽ Verſtand maͤnniglich eroͤffnen koͤnte / in der Welt in Geiſt - oder weltlichẽ Stande zu ſuchen; Sintemal wir keine Verheiſſung haben / daß dazu eine oder viel Perſonen von Gott dem Herrn geordnet weten / darumb kan nun eine Chriſtliche Obrigkeit nichts gebieten / was Gott verbeut / noch ver - bieten / was Gottes Wort klaͤrlich ordnet / viel weniger kan ſie die Form vnd Art des Predig Ampts oder des Gebrauchs der H. Sacramenten anderſt alß ſie in Gottes Wort beſchrieben anſtellen / noch auch newe Glaubens-Articul / die man bey Verluſt der Seeligkeit glauben muſte / auffrichten / vnd ob ſie gleich dieſer vnd dergleichen Satzungen ſich thaͤtlich anmaſte / ſo ware doch niemand in ſei - nem Gewiſſen ſchuldig / ſolchem Glauben anzuhaͤngen / ſondern er muſte ſol - chen falls Gott gehorchen / vnnd daruͤber von einer verfuͤhriſchen Obrigkeit ehe leyden vnd außſtehen / was ſie wolte / ehe er wieder Gottes klares Wort vnd das Gewiſſen glaubte vnd handelte.
Wann denn nach vorhergeſetztem Grunde / die rechte Chriſtliche Reli - gion zu Glauben vnd Lehren allein verordnet wird / dieſelbe aber Hauptſachlich ohne das in H. Schrifft offenbahrt / vnd in den Confeßions-Buͤchern vnnd Symboliſchen Schrifften der Kirchen wiederholet / dennoch aber von der Lands Fuͤrſtl. Obrigkeit / Kirchen-Ordnungen / Agenten vnnd andere Geiſtliche auß - ſchreiben hin vnd wieder außgefertigt ſind / vnd maͤnniglich vor Augen liegen. 6. Was duꝛch ſolche Geſetze vnd Ordnung befohlen vnd geſucht werde.So zielen vnd dienen ſelbige Hauptſaͤchlich dahin / Erſtlich / daß durch ſol - ches Gebot der hohen Obrigkeit eine newe Verbindung der Vnterthanen ge - ſchicht denn in den Sachen / die Gottes Wort nicht zu wieder / ſondern zu mahl Gemaͤß gehen / ſeynd die Vnterthanen gewiſſen halben ſchuldig zu gehorchen / vnd alſo uͤber die gemeine Pflicht / die iedwedern Menſchen zu kommet / auch durch Satzung ihrer Obern verbunden / die rechte Religion zu ergreiffen / die vornemſten Perſonen aber des Lands / in Geiſt vnd weltlichen Stande werden an vielen Orten mit einem Coͤrperlichen Eydesſchwur Pflicht bar gemacht / bey der wahren Religion zu bleiben / oder da ſie ja davon abtreten wolten / ſolches dem Landsherrn anzuzeigen / damit er mit Jhnen enderung treffen koͤnne / vnd durch ſie kein Aergernuß im Lande einſchleiche.
RZum130Teutſchen Fuͤrſten-StatsZum andern / daß durch die Kirchen Ordnungen der Obrigkeiten die euſſerlichen Vmbſtaͤnde der Zeit / Orts / vnd der Maſſe vnd Weiſe / welche in Goͤttlichen vnd Religions-Sachen zu halten / vnd ſonderlich / da ſolche Vmbſtaͤnde in Gottes Wort nicht abſonderlich oder unenderlich fuͤrgeſchrie - ben ſind / geordnet werden / damit alles Ehrlich / vnd ordentlich / andaͤchtig vnd ſein zu gehe / zu ſolchem Ende dienen nun allerhand heylſame Puncten der Kir - chen vnd Lands Ordnung / alß da ſind / daß wir dieſelben Summariſch begreif - fen / die Anordnung der Kirchen Agenten, oder Ceremonien, wie es bey dem oͤffentlichen Gottesdienſt Predigt vnd Feyer der Sonn - vnd Feſttage / vnd bey Reichung der H. Sacramenten / der Tauffe vnd H. Abendmals auch anderen Chriſtlichen handlungen / alß Hochzeiten vnd Begraͤbnuſſen auch Troͤſtung der Krancken vñ ſterbenden / vieler Vmbſtaͤnde halben / zu halten / zu welcher Zeit eins vnd anders geſchehen / was vor Gebete / Geſaͤnge / Vermahnungen vnnd anredungen / dabey vorgehen ſollen / was fuͤr Ceremonien mit Creutzen / Klei - dungen / Liechten / Glockenleuten vnd dergleichen zu halten / von welchen allen ein gewiß Formular oder Kirchen Agent in vielen Fuͤrſtenthumb vnnd Landen verfertigt / oder ſonſt gebraͤuchlich / vnd in den Kirchen befindlich / darnechſt wer - den auch wol in Kirchen vnnd Landes-Ordnungen von allen dieſen Puncten dem gemeinen Mann vnd maͤnniglich zum beſten / etliche vornehme Stuͤcke von iedweder ſolchen Heiligen vnd Chriſtlichen handlung verfaſſet / vnd publi - ciret welche dabey zu erweckung Chriſtlicher Andacht / erhaltung Wolſtands / zu abwendung des Aergernuß in acht genommen werden muͤſſen / So weiſen auch ſolche Ordnungen darauff / wie doch die Chriſtliche Lehr Jungen vnd Al - ten wol beygebracht / vnd bey maͤnniglich die rechte Wiſſenſchafft von warer Religion ſampt der Gottſeeligkeit vnd Chriſtlichem Wandel gepflantzt werde / dazu denn nicht allein die oͤffentliche zu gewiſſer Zeit angeſtelte Predigten / darin ſolches alles deutlich / ordentlich vnd einfaͤltig Gelehrt werden muß / ſondern die Anordnung der Chriſtlichen erziehung in den Schulen / die ſonderbahre Infor - mationes der Jugend vnnd anderer unwiſſenden Leute auß dem Catechiſmo oder kurtzen Begrieff Chriſtlicher Lehr / die Chriſtliche nachforſchung vnd Spe - cial Vnterweiſung / auch Bruͤderliche Vermahnung eines ieden inſonderheit / vnd dann die Chriſtliche Haußzucht dienet vnd Anleitung / von welchen in un - terſchiedlichen Evangeliſchen Kirchen-Ordnungen ſtattliche Nachricht zu fin - den: Vnd iſt alſo der Hauptnutz bey dieſem Stuͤck. 1. Die Pflantzung der Chriſtlichen Religion von Kindsbeinen auff bey Jungen vnnd Alten durch allerhand vorhergeſetzte Wege. 2. Eine oͤfftere uͤbung des Lobs vnd Dienſtes Gottes zu aller bequemlichen vnd gewoͤhnlichen Zeit vnnd Gelegenheit. 3. Eine vermehrung der Chriſt-glaͤubigen Seelen / daß immer mehr vnd mehr zum wahren Chriſtenthumb gebracht werden. 4. Einegleich -131Anderer Theil. gleichfoͤrmige ſtifftung Chriſtlicher Ceremonien, denen zwar kein Verdienſt zu geſchrieben / gleichwol damit Andacht erweckt / vnd Aergernuß / wann man dieſelbe oͤffters abſchaffen vnd Endern wolte / bey den einfaͤltigen ver huͤtet wuͤrde.
Zum dritten / gehen ſolche Geiſtliche Ordnungen der Hohen Obrig - keit dahin auß / daß die hinternuſſe / Anlaſſe vnd verleytungen / dardurch dem wahren Gottesdienſt abbruch geſchehe / vnd zu falſcher Religion vnd ſuͤndli - chem Leben der Weg bereitet wuͤrde / auffs muͤglichſte abgewandt / vnd auß dem Wege gereumet werden / dahin denn in vorigen Zeiten gezielet worden / durch abſchaffung allerhand Aberglaͤubiſcher uͤberfluͤſſiger Kirchen-Ceremonien, Bilderwercks / Lateiniſcher unbekanter Gebet vnd Geſaͤnge / alſo genanter Geiſt - lichen Orden der Muͤnche vnd Nonnen / vnd was dergleichen mehr geweſen / noch heute zu Tage aber behauptet wird / durch allerhand nutzliche Anſtalten / damit die Entheiligung der Feyertage / verſeumung des Gottesdienſts mit zu ſammen / Kunfften in Zechen / mit Spielen / Schlaffen / Plaudern / unnoͤtigen Reiſen in Oerter / da falſche Lehre getrieben wird / ohne gnugſamen Vnterricht der wahren Religion, mit abhaltung der Jugend von den Schulen / vnd von der Information deß Catechiſmi vermieden / auch bey der zu laſſung zur Beicht vñ H. Abendmahl / bey der Tauffe / Hochzeit / Begraͤbnuſſe / allerley Hindernuß / Aberglauben / vnd Mißbrauch verboten wird / davon in denen unterſchiedlichen Kirchen vnd Lands-Ordnungen viel noch geleſen werden kan.
Zum vierdten / wird durch die Kirchen-Ordnungen der Obrigkeit auch dieſes geſuchet / daß die Leute / welche ſich auß Gottes Wort vnd ihren eige - nen Gewiſſen fuͤr falſcher Lehr / oder aͤrgerlichen Leben nicht huͤten wollen / durch ſonderbahre Straffen davon abgehalten werden; Dieſelben ſtraffen ſind nun zum Theil gantz weltlich / alß das nicht allein die wieder ihren Nechſten durch allerhand Miſſethaten / ſuͤndigen ſondern auch die Gotteslaͤſterer / Zaube - rer / vnd oͤffentliche verdammete Ketzer / durch allerhand ſtraffen an Leib vnd Le - ben / Ehr oder Gut / verweiſung des Lands / vnd dergleichen / angeſehen werden / zum Theil aber ſind es Kirchen Cenſuren mit anhangenden weltlichẽ Straf - fen vnd Executionen, welche zu dem Ende fuͤrgenommen werden / daß die Je - nigen / welche ſich mit falſcher Lehr oder Vnchriſtlichem Leben vnd Wandel ver - grieffen / vnd dadurch die Chriſtliche gemeine geaͤrgert vnd boͤſes Exempel gege - ben / unbeſchadet der weltlichen Straffe / alß welche abſonderlich verordnet wird / nicht ohne ſonderbahre Bezeigung / demuͤtige abbittung / vnd oͤffentlich Fuͤrſtel - lung / vnd vorhaltung ihres Vnrechts / wieder zur Chriſtlichen Gemeinſchafft mit andern frommen Leuten vnd zum genoß der H. Sacramenten / auch andern Chriſtlichen handlungen zu gelaſſen / vnd alſo ſie ſelbſt vor Suͤnden deſto mehr gewarnet / vnd andern gut Exempel zur beſſerung gegeben: Da ſie aber deſſenR ijallen132Teutſchen Fuͤrſten-Statsallen ſich auf unterſchiedene Errinnerungen vnd gebrauchte Gradus vnd Maſſe derſelben weigern / vnd in unbußfertigen unbekehrten Sinn dahin gehen wol - ten / gar auß der Chriſtlichen Verſamlung geſtoſſen / vnd in den Bann gethan werden / biß ſo lange ſie ſich zu Chriſtlicher bekehrung vnd oͤffentlichen Kirchen Diſciplin wenden.
Zum fuͤnfften / vnd Endlich zielen die Kirchenſatzungen / der Obrig - keiten auch dahin / daß dem Gottesdienſt durch allerhand Fuͤrſchub / unterhal - tung der dazu erfoderten Gebewden / vnd Diener / vnd in alle ungleiche Wege befoͤderung geſchafft werde; Zu dem Ende ſind angeſehen die verordnungen von richtiger Beſoldung der Kirchen - vnnd Schul-Diener: Von nutzbar - li der Beſtellung ihrer Guͤter / Zehenden / Zinſen vnd einkommen von erhaltung vnd beſſerung der Gebeude an Kirchen vnd Schulen vñ der Geiſtlichen Woh - nungen / von Immunitäten, Freyheiten vnd Ehrenſtellen derſelben Perſonen; Von ſamlung eines Vorraths zu mehrern Verlag ſolcher Dinge durch an - ſtellung der Gottes Kaſten / vnd ſonſt in andere Wege Jtem / von der Auffſicht vnd Aſſiſtentz der weltlichen Beampten / welche zu dieſen Zweck erfodert wird; Vnd flieſſet auß dieſem Grunde auch / was wir oben von etlichen Sachen an - gedeutet die der Vrſachen halber zu dem Geiſtlichen Regiement gezogen wer - den / weil ſie zu deſſelben Befoͤderung dienen / oder auß Gottes Wort vnd dem Chriſtenthumb ihre beſte Anſtalt vnd entſcheidung finden / oder Alter gewon - heit nach / der Geiſtlichen in Auffſicht befohlen worden / woruͤber denn die welt - liche Obrigkeiten gleicher geſtalt ihre Satzungen außgehen laſſen / alß da ſind allerley Verordnungen von hohen vnd niedern Schulen / darinn nicht allein die unterweiſung in Chriſtlicher Lehre / ſondern auch in andern Kuͤnſten wiſſen - ſchafften vnd Sprachen geſchicht; Hiernechſt auch von Anſtalt vnd Verwal - tung der Hoſpitalien Weiſenhaͤuſer / Siechhaͤuſer vnd dergleichen. Alſo auch von der Ordnung des H. Eheſtands / ſo wol wie derſelbe nach Gottes Wort vnd weltlichen Rechten in unverbotener Verwandſchafft / alß auch ſonſt nach willen der Eltern / rechten Conſens der Eheleute mit gebraͤuchlichen Chriſtlichen Ceremonien angefangen vnd vollenzogen werden ſoll.
Das andere Hauptſtůck des Geiſtlichen Regiements haben wir be - ſchrieben / daß es beſtehe in einer Gerichtbarkeit / daß ſonſt bey der Predigt Goͤttliches Worts / vnd Adminiſtration der H. Sacramenten keine euſſerliche Gerichtbarkeit uͤber ſtreitige Sachen oder Mißhandlungen zu erkennen oder zu Vrtheilen ſich befinde / deſſen ſind wir auß Gottes Wort gewiß / Jedoch daß nach Außweiſung deſſelben den verordneten Kirchendienern zu kommet nicht allein in ihren Predigten die Suͤnde zu ſtraffen / ſondern auch einen Jeden ihrer Zuhoͤrer abſonderlich zu vermahnen vnd daß Ampt der Schluͤſſel mit Erthei - lung oder zu ruck behaltung der H. Abſolution vnd Gebrauch der H. Sacra -menten133Anderer Theil. menten zu gebrauchen / welches denn eine Art vnd anſehen eines Geiſtlichen Gerichts hatt. Was aber uͤber dieſes entweder einem ieden Kirchendiener ab - ſonderlich / oder den Biſchoffen in vorigen Zeiten vnd noch zu kommet / in an - dern Geiſtlichen Sachen zwiſchen ſtreitigen Perfonen / oder vor ſich ſelbſt / es treffe nun die Religion, oder die euſſerliche Vbung des Gottesdienſts / oder an - dere anhaͤngige Stuͤcke deſſelben / die wir oben erzehlt / oder die Verbreche in Geiſtlichen Dingen an / zu verhoͤren / zu erkennen / zu ſtraffen - oder loß zu zehlen / daß alles von Obrigkeitlicher Macht her / vnd iſt durch die hohe Haͤupter der Chriſtenheit anfangs guter Meinung den Geiſtlichen Biſchoffen vnd Kirchen - dienern in etwas eingereumet / von dieſen aber hernachmals gar zu ſich / vnd von weltlicher Gerichtbarkeit abgezogen worden / denen ſie zum hoͤchſten allein die Execution oder wuͤrckliche Vollenſtreckung deſſen / was ſie erkennet vnd geur - theilet / gelaſſen / biß ſich dieſes Rechts nach goͤttlicher ſchickung in vorigen Zei - ten die Regenten vieler andern Lande wiederum̃ angemaſt / wie wir oben gedacht; Welcher geſtalt aber ſolche Geiſtliche Gerichtbarkeit gefuͤhret werde / vnd wor - in ſie abſonderlich beſtehe / werden wir im nachfolgenden Capitel anfuͤhren.
Daß dritte Hauptwerck der Geiſtlichen Regierung haben wir be -8. Von dem drittẽ Haupt - ſtuͤck deß Geiſtlichẽ Regie - ments. ſchrieben / daß es ſey eine gemeine Bottmaͤſſigkeit die Aempter der Kirchen zu beſtellen: Daß Predig Ampt zwar an ſich ſelbſt / welches be - ſtehet in der Lehr des Worts Gottes vnd auß pendung der H. Sacramenten / iſt kein Werck / ſo von der weltlichen Obrigkeit herkoͤmt / ſondern es iſt von Gott geordnet den Menſchen zur Seeligkeit / aber ſolches Ampt einer gewiſſen Perſon anzuvertrawen / derſelben einen Ort / da ſie es Vben ſoll / zu uͤbergeben / ſie auch darzu zu beſtetigen / vnd dabey zu Handhaben / diß alles ſind Wercke vnd Ver - richtungen / welche in der Chriſtlichen Kirchen von den Landes-Obrigkeiten ſelbſt angeordnet / oder in Obſicht gehabt vnd Regieret werden / vnd verſtehen wir ſolches auch von andern Aemptern / die dem Predigampt zur huͤlff vnd ſonſt zu Geiſtlichen vnd milden Sachen geordnet ſind / alß nemlich / die Schuldien - ſte / die Voeſteher der Allmoſen vnd Geiſtlichen Einkunfften vnd dergleichen / wir wollen aber auch den außfuͤhrlichen Bericht hiervon / von wem / vnd wie dieſe Dienſte beſtellet werden / vnd zu gleich / was eines ieden Ampt vnd Verrichtung ſey / in nachfolgenden Capiteln abſonderlich abhandeln.
Summa.
Daß des Landsherrn verrichtung in Geiſtlichen-Sachen nicht mit ſich bringe / daß er zu gleich die Geiſtlichen Aempter fůhre / ſondern vielmehr / daß er die Oberſte Direction in die - ſen Sachen habe.
Dazu erfodert wird. 1. Daß er ſolche Dinge zur gnuͤge verſte - he / vnd 2. Daß er auch dabey ſelbſt Gottesfuͤrchtig ſey 3.
Ferner daß er trewe Raͤthe vnd Diener / dazu beſtelle / Nemlich / ein Kirchen Conſiſtorium, welches allhier nach noͤtigẽ Vmb - ſtaͤnden beſchriebẽ wird / wie es beſetzt werde / wer dafuͤr zu ſtehen ſchuldig / was fuͤr Sachen hinnein gehoͤren / wie die Geiſtliche Gerichtbarkeit darinn verführet werde.
Welcher geſtalt Vnter-Conſiſtoria oder Geiſtliche Gericht be - ſtellet werden: Nach was fuͤr Geſetze vnnd Ordnungen ſich die Conſiſtoria ins gemein zu achten.
Wie der Landsherr ſelbſt hierbey Perſoͤnlich bemůhet ſey.
JN den vorgebenden Capitel iſt gleichſam in einer Summa kuͤrtzlich an - gezeigt / worinne daß hohe Obrigkeitliche anſehen / Macht vnd Bott - maͤſſigkeit im Geiſtlichen Regiement beſtehe; Numehr iſt noͤtig beyzu - bringen / wie ſolches Regiement gefuͤhret werde / da denn Anſaͤnglich zu betrachten fuͤrfaͤlt. Was der Lands-Fuͤrſt durch ſeine ſelbſt eigene Perſon bey dieſem vornehmen Stuͤck ſeiner Regierung zu thun pflege.
Man135Anderer Theil.Man befindet zwar ſo wol in H. Goͤttlicher Schrifft / alß weltlichen Hi -1. Was ei - nes Lands herrn eige - ne Verrich tung ſey im Geiſtli - chen Regie - ment. ſtorien / welcher Geſtalt in der erſten Zeit der Welt nicht ungewoͤnlich geweſen / daß die Oberſte Haͤupter eines ieden Geſchlechts vnd foͤrders die Koͤnige vnnd Fuͤrſten daß Prieſterliche-Ampt / ſo wol in der wahren Kirchen Gottes / alß bey Heydniſchen Aberglaubiſchen Voͤlckern ſelbſt neben der Oberkeitlichen vnnd Koͤniglichen Hoheit gebrauchet / biß es hernachmals durch das Moſaiſche Ge - ſetz auff goͤttlichen Befehl abgeſondert / vnd in der Juͤdiſchen Policey zu deß Prie ſterlichen Ampts-Verrichtung andere Perſonen beſtellet worden / nichts weni - ger aber / wie wir obẽ gemelt / die Aufſicht vnd Obrigkeitliche behauptung des Kir - chen Weſens dem Koͤnige obgelegen; Ob nun zwar in der Kirchen Newen Teſtaments ſolche Levitiſche-Prieſterſchafft auffgehoben / vnd es ſcheinet / daß es eben nicht klaͤrlich verboten ſey daß einer nicht zu gleich ein Regent / vnnd ein Kirchendiener ſeyn koͤnne / So iſt es doch der großwichtigkeit dieſer beyderley Verrichtungen halber vor ſich ſelbſt nicht muͤglich / daß eine Perſon allen beeden Recht vorſtehen koͤnne / Maſſen dañenhero nach der Gewonheit der erſtẽ Chriſt - lichen Kirchen / Ja durch etlich mahl gemachte allgemeine Schluſſe ſehr geun - billigt worden / wann ein weltlicher Herr zu gleich deß Kirchen-Ampts ſelbſt / oder hingegen ein Kirchendiener einer weltlichen Herrſchaft ſich angemaſſet / wie wol es nachmals vnd ſchon laͤngſt dahin kommen / daß Geiſtliche Biſchoffe vnd Prælaten an vielen Orten zu gleich groſſe vnnd maͤchtige weltliche Fuͤrſten - thumer beſitzen vnd Verwalten / auch dabey durch Ordnung der Reiche vnnd Landen geſchuͤtzet vnd gehandhabt / werden. Nach obigem Grunde aber ſetzen wir / daß ordentlicher Weiſe einem Landsherrn nicht zu ſtehe / daß er ſelbſt Lehre / Predige / die Sacramenta reiche / vnd dergleichen eigentlicher Kirchen-Ampts Verrichtungen ſich anmaſſe. Damit er aber dem Jenigen / was wir in vorher - gehenden Capitel ſeines hohen Ampts dißfals zu ſeyn vermeldet / recht vor ſeyn / So erheiſchet die Notturfft / daß er gleich wol einen Verſtand vnd Wiſ - ſenſchafft davon habe / denn wie kan vnd will er ſonſt von ſolchen wichti - gen Dingen / welche der Menſchen Seeligkeit vnd den Gottesdienſt / alſo das hoͤchſte vnd beſte in ſeinem Regiements Weſen betrifft / Vrtheilen / ordnen vnd ſchaffen / wo er der Chriſtlichen Religion, der Kirchen Ordnung vnd gebraͤu - che / vnd der Beſchaffenheit ſeines Landes in Kirchenſachen nicht zur gnuͤge er - fahren vnd kundig iſt. Schaͤmen ſich derowegen Chriſtliche Landsherren gar nicht / von Jugend auff in dieſem Stuͤck viel zu Leſen zu hoͤren / vnd zu erfahren / vnd folgen hierinn dem goͤttlichen Gebot / daß Er vor Zeiten den Fuͤrſten vnd Koͤnigen / ſeines Außerwehlten Volcks gethan / daß ſie nemlich das Ge - ſetz Gottes ſollen betrachten Tag vnd Nacht / daß iſt zum fleiſſig - ſten / alß es muͤglich; Sie folgen nach dem Exempel aller Chriſtlichen Koͤnige vnd Potentaten / welche von ſich in Jhren oͤffentlichen Satzungen vnd Paten -ten ge -136Teutſchen Fuͤrſten-Statsten geſchrieben haben / daß in der Wiſſenſchafft vnd Verſtande der Religion vnd Kirchenſachen / ihre groͤſte Sorge vnd Mühe be - ſtehe; Vnd ob gleich ſolche Wiſſenſchafft nicht auffs hoͤchſte kan getrieben werden / wie etwan von denen Jenigen / die ihre gantze / Lebenzeit damit zu bringẽ / So kan doch die nottuͤrfftige Nachricht / was zu Chriſtlicher Religion vnnd Glaubens Bekandtnuß / guter Kirchen Ordnung vnd Diſciplin, nutzlicher Anſtalt in Schulen / vnd zu andern milden Sachen / auß denen daruͤber ſo viel - faͤltig verfaſten Schrifften / Ordnungen vnd auffſaͤtzen / einem Regenten nicht ermangeln / vnd iſt davon goͤttlicher Segen reichlich zu erwarten / denn Gott giebt ſein Gericht / Verſtand vnd Weißheit in ſolchen Dingen den Koͤ - nigen / er leſt ſie wiſſen die verborgene oder heimliche Weißheit / Er leytet ihre Hertzen / vnd erweiſt ſich wie in einem ieden Glaubigen Chriſten alſo / noch vielmehr vnd kraͤfftiger in denen Perſonen der hohen Obrigkeiten / die diß - falls Jhn darumb anruffen / die Weißheit von ihn bitten / vnd ſolches hohen Stuͤcks ihrer Regierung halben ſorgfaͤltig vnd fleiſſig ſeyn.
Nechſt dieſer Wiſſenſchafft vnnd Erkundigung / welche die Perſon des Lands-Fuͤrſten bey dieſer ihrer Verrichtung haben muß / gehoͤrt vnd leſt ſich nuͤtzlich ſpuͤren / auch vornemlich die Tugend der Gottesfurcht / davon wir ins gemein oben Bericht gethan / daß obwol auch Gottloſe boͤſe Regemen / ja gar Ketzeriſche vnd Aberglaͤubige eine Wiſſenſchafft von Chriſtlicher Reli - gion vnd Kirchenſachen haben / vnd dahero / wie wir deſſen viel Exempel finden / ſich auch einer Bottmaͤſſigkeit gebrauchen / vnd ein vnd anders verordnen koͤn - nen / ſo iſt doch Handgreifflich / mit wie viel groͤſſern Segen vnd Nutz der Land vnd Leute das Geiſtliche Regiement gefuͤhrt werde / wenn der Landsherr nicht allein ſolche Dinge verſtehet / ſondern auch mit wahrer Furcht Gottes in recht - ſchaffener Trew vnd Froͤmmigkeit ſolche Sachen fuͤhret vnd Dirigirt.
Gleich wie wir oben Cap. 5. Andeutung gethan / wie vnd auß was Vrſachen der Landsherr zu ſeiner weltlichen Regiement-Arbeit trewe Raͤthe vnd Diener haben muß / Alſo wiederholen wir ſolches auch hieher / vnd iſt an deme / daß wie zu ietzt gedachten weltlichen Regierungs-Geſchaͤfften in Fuͤrſtenthumern vnnd Landen eine Rathſtuben von Cantzler vñ Raͤthen / alſo zu verfuͤhrung des Geiſt - lichen Regiements ein Conſiſtorium von dem Landsherrn geordnet iſt.
Jn Beſchreibung eines ſolchen Geiſtlichen - oder Kirchen Conſi - ſtorii koͤnnen wir allhier deſto kuͤrtzer gehen; Weil in den meiſten ge - meinen Puncten es eben die Beſchaffenheit / wie bey der Rathſtuben oder Cantz - ley des Landsherrn hat / nur daß im Conſiſtorio neben etlichen Rechts-verſtaͤn - digen Raͤthen ordentlich auch etliche Geiſtliche zu Aſſeſſorn oder Conſiſtorial Raͤthen verordnet ſind. Jhrer qualiteten halben / wie auch in der Ordnung vnd weiſe zu votiren, zu Rathſchlagen / Schrifften zu verfaſſen / Vortraͤge zuthun /137Anderer Theil. thun / wird die Maſſe / wie bey der Cantzeley / gehalten / vñ wie allhier der Cantzler / alſo Dirigirt alldort ein Præſident, oder der Oberſte Rath / vnd weltlicher Aſ - ſeſſor im Nahmen des Lands Fuͤrſten: Zu der Expedition ihrer Schluͤſſe / Beſcheide vnd anderer Schrifften / werden ihnen Secretarii, Actuarii vnd Copi - ſten gehalten / ihre Vrkunden werden abſonderlich verwahrt / ſie gebrauchen ſich eines Fuͤrſtl. oder Landsherrlichen Conſiſtorial Siegels / vnd verrichten die un - terſchrifften der Præſident oder Aelteſte weltliche Beyſitzer des Conſiſtorii: Weil auch der Geſchaͤffte allda ſo viel nicht alß bey der Regierung / auch theils der weltlichen Raͤthe zu gleich Conſiſtoriales ſeyn / ſo wird ihre Zuſam̃enkunfft nicht aller Ortentaͤglich ſondern mehrentheils 2. oder dreymahl in der Wochen gehalten. Jn einem ſolchen Conſiſtorio werden nun alle die Dinge / welche wir in vorgehenden Capitel Summariſch in gewiſſe Puncten vorgelegt / vnd zum Theil in folgenden noch weiters beruͤhrt wird / berathſchlaget vnnd ange - ordnet weil denn ſolche Puncte die Chriſtliche Lehr / auch die Zucht vnd Diſci - plin betreffen / vnd alſo maͤnniglich angehen; So iſt leicht zu ermeſſen / daß alſo alle Staͤnde vnd Vnterthanen deß Landes ſich der Anordnung vnd Bott - maͤſſigkeit des Conſiſtorii alß Chriſten unterwerffen muͤſſen; Maſſen ſich auch ein Landsherr ſelbſt ſeines Chriſten-Stands nicht unbillich zu Errinnern / vnd in ſolchen Sachen / da ein Chriſt die Gemeinde / oder die an deroſelben Stadt in ſolchen Dingen vorgeſetzet ſind gewiſſens halben zu ſeiner Erbawung vnd beſſe rung / nach Außweiſung goͤttlichen Worts zu hoͤren ſchuldig iſt / die Errinne - rung trewen Conſiſtorial Raͤthe nicht außzuſchlagen hat.
Jnſonderheit aber wird in denen Conſiſtoriis auch verrichtet vnd gefuͤhret3. Von der Geiſtlichẽ Gerichtbar keit des Con ſiſtorii. die Geiſtliche Gerichtbarkeit in allerhand ſtreitigẽ Faͤllen / welche in de - nen Sachen / die ins Conſiſtorium gehoͤren / ſich ereignen / da denn die irrige Parteyen vorbeſchieden / gehoͤret / mit Beſcheide verſehen / auf beduͤrffenden Fall / durch etliche gelinde Wege vnd maͤſſige Straffen zum gehorſam gebracht / oder an die weltliche Iurisdiction zur Execution gewieſen / oder auch die Geiſtliche Kirchen Cenſur vnd entlich gar der Bann angeordnet / vnd alſo vielfaͤltig eine Art vnd Weiſe eines Gerichtlichen Proceß gehalten wird / nur daß dißfalls / weil die Sachen gemeiniglich keinen Verzug leyden / vnd der Leute Chriſten - thumb / oder die H. Ehe / oder milde Sachen vnd daß Armuth betreffen / ohne weitlaͤufftigkeit / vnd ordentliche Rechts friſten / auff ſchlechte vnd einfaͤltige Er - kundigung der Sachen verfahren wird:
Nach dem aber daß Conſiſtorium in dahin gehoͤrigen Sachen die Oberſte Inſpection hat / vnd die hoͤchſte Stelle im Lande iſt / aber nicht wol muͤglich faͤl - let / ohne Beyhuͤlff anderer nach geordneten Auff ſichten dero hohes Ampt mit rechtem Nachdruck zu uͤben / So ſind in etlichen groſſen Fuͤrſtenthumen ſolcher Conſiſtorien mehr alß eins zu finden / auch wol etlichen vornemſten Landſtaͤn -Sden /138Teutſchen Fuͤrſten-Statsden / gewiſſe Geiſtliche unter Conſiſtoria oder Ehegerichte verſtattet / zu dem iſt ſehr nutzlich vnd in etlichen Orten gebraͤuchlich / daß auch hin vnd wieder im Lande vnd in etlichen zu ſammen geſchlagenen Doͤrſſern vnnd Bezircken nicht nur Special Superintendenten, ſondern auch Geiſtliche Vntergerichte durch der Landsherren befehlich verordnet werden / davor ſolche Sachen / die ſonſt zwar ins Conſiſtorium gehoͤren / aber nicht Anfangs ſo gar groß wichtig vnd nachdencklich ſind / erſt Verhoͤrt / der vergleich verſucht / oder was ſeine entſcheidung bald haben kan / angeordnet / vnd verſchafft / alſo daß Conſiſto - rium vieler Muͤhe in geringen Sachen uͤberhoben / oder doch gruͤndlich vnnd Vmbſtaͤndig berichtet wird; Wie denn auch ſonſt dem Conſiſtorio die Ober auff ſicht vnd Direction uͤber dieſe Vntergerichte gebuͤhret / vnd von dieſen die Appellationes dahin geſchehen.
Sonſten wie wir obengemeldet / daß die Chriſtliche Landes Obrigkeit ihre gewiſſe Schranck[e]n haͤlt / darinn ſie ihre Anordnung in Geiſtlichen Sachen er - ſtrecket / alſo liegt auch dergleichen Vorſichtigkeit ihrem Conſiſtorio ab / vnd iſt denenſelben diß falls ebenmaͤſſig gewiſſe Norm vnnd Maaß gegeben / darnach ihre Anordnungen vnd beſcheide ſich richten muͤſſen; Denn in Sachen / ſo die Chriſtliche Religion vnd Lehr betreffen / haͤlt ſich daſſelbe / wie billich / nach der Richtſchnur des Worts Gottes vnnd der darauß verfaſſeten Symboli - ſchen Buͤcher oder Confeßionen, in enſſerlichen Dingen / die Kirchen gebraͤu - che vnd Ceremonien, den euſſerlichen Gottesdienſt / die Schulen vnd Hoſpi - talien belangende / nach der Kirchen-Ordnung / Agenten, Conſiſtorial - Schul vnd dergleichen Ordnung / auch Chriſtlichen vnd loͤblichen gewonhei - ten der Laͤnder / inſonderheit auch nach denen Vertraͤgen / die etwa zwiſchen den Benachtbarten Lands-Herrſchafften / oder mit den Staͤnden des Lands auff - gerichtet ſind / in Eheſachen / der natuͤrlichen / goͤttlichen / Keyſerl. vnd Landuͤbli - chen Rechte / vernuͤnfftigen Meinungen der Chriſtlichen Theologen vnd be - wehrter Exempel anderer Rechtglaͤubigen Oerter.
Wie denn auch im Fall die auß dem weltlichen Recht zum Theil entſchie - den werden muͤſſen / gleicher geſtalt auff daſſelbe zu mahl wie es in ſolchen Din - gen der loͤbliche Gebrauch mit ſich bringet / geſehen wird.
Demnach aber die Zeiten vnd laͤuffte manchen Fall an den Tag bringen / darauff man vorhero nicht gedacht / die Diſciplin auch immer mehr vnd mehr faͤllet / vnd falſche Lehr vnd Meinungen fuͤrkommen / dadurch die Kirche Got - tes zerruͤttet wird / ſo pflegt der Landsherr mit ſeinem Conſiſtorio deſto ſorgſa - mer vnd fleiſſiger zu ſeyn / uͤber den Alten wol bedachten Ordnungen nicht allein zu halten / ſondern auch auff ferner gute Anſtalten zu gedencken / da denn nach Art vnnd Anleytung der Alten Chriſtlichen Exempel in etlichen Orten gewoͤn - lich / vnd mit Nutz einzufuͤhren / daß die verſtaͤndigſten vnnd erfahrneſten Kir -chendie -139Anderer Theil. chendiener / auff verfuͤgung der Landes-Fuͤrſtl. Obrigkeit zu ſammen gefodert / ein Synodus gehalten mit Jhnen uͤber den entſtandenen Faͤllen vnd bedenck - lichen fragen Chriſtliche Berathſchlagung vorgenommen / ein Schluß ge - macht / vnd ſo denn dem Landes Fuͤrſten zu ſeiner Erſehung / auch ferner Errin - nerung oder Approbation fuͤrgetragen wird / da denn ſolche Synodalſchluͤſſe wenigers nicht / alß andere Ordnungen im Lande in acht genommen werden muͤſſen.
Bey dieſem alſo geordneten Conſiſtotio wird nun des Landsherrn Per -6. Deß Lands - herrn eige - ne Verrich tung beym Conſiſtorio. ſoͤnliche bemuͤhung wenigers nicht alß bey der Regierung in weltlichen Sachen erheiſchet / vmb ſo viel mehr / weil dieſes / wie ſchon mehrmals angezeigt / ſol - che hohe vnd treffliche Dinge betrifft; Jſt dem nach hierzu nach ſeiner Maſſe zu wiederholẽ alles daß Jenige / was wir oben võ deß Lands Fuͤrſten Ampt vnnd perſoͤnlichen Verrichtung in weltlichen Regierungs Geſchaͤfften errinnert / vnd laufft dahinnauß / daß er nicht allein dieſer Geiſtlichen vnnd Kirchen Regie - ments Sachen / inſonderheit auch des Zuſtands ſeiner Lande diß falls ſich ſtets Erkundiget / ſondern auch daß das Conſiſtorium in ſeinem rechten Lauff vnnd Ordnung bleibe / fleiſſige Auffſicht habe / dar[i] nn ſelbſt zum oͤfftern in wichtigen Sachen proponirt, umbfragt / Schluß machet / oder ihm ſolche vorhero ehe ſie zum entlichen Beſcheid vnd erledigung gedeyhen / vortragen leſt / Hauptſaͤch - liche Anordnungen ſelbſt vollenziehet vnd unterſchreibet / in wichtigen Dingen andere Perſonen von ſeinen Raͤthen / oder auch erfahrne Theologen weiters zu Rath ziehet / vnd was diß falls mehr nach Anleytung deſſen / was oben gedacht / von Jhme nutzliches geſchehen kan / vnd daß Jhme dergeſtalt obliegende hohe Biſchoffliche Recht erfodert.
Summa.
DJe Beſtellung des H. Predig-Ampts / vnd alle daruͤber vorgehende Anordnung iſt eine der wichtigſten Verrichtungen der hohen Landes - Obrigkeit vnd deroſelben beſtelten Geiſtlichen Conſiſtorii, Maſſen wir im Cap. ſolches vor den dritten Haupt Punct der Obrigkeitli - lichen Befugnuß in Geiſtlichen Sachen geſetzet: Damit aber in dieſem Stuͤck nothduͤrfftiger vnd gruͤndlicher Bericht nach der Meinung der Evangeliſchen1. Bey Be - ſtellung der Kirchen - Aempter ſind vier Vmbſtaͤn - de wol in acht zu neh men / Alß erſtlich daß Predig - Ampt an ſich ſelbſt. Kirchen / in der kurtze vnd Einfalt erſtattet werde; So iſt zu wiſſen / auch an ietzt gedachten Orte kuͤrtzlich Angedeutet / daß bey der Beſtellung der Kirchen - Aempter dieſe vier Vmbſtaͤnde oder Verrichtungen wol zu unterſcheiden / Alß Erſtlich die rechte Einſetzung des Predig-Ampts / zu Verkuͤndi - gung des H. Worts GOttes vnd darreichung der H. Sacramenten / welche von Gott dem Allmaͤchtigen herkommet / vnd dahero mit guten Gewiſſen nicht geendert / noch durch menſchliche Satzung verſehen werden kan / daß ein beſtel - ter Prediger nicht ſolte Gottes Wort predigen noch die Sacramenta Admini - ſtriren, oder darinn eine andere Weiſe brauchen / alß in dem Wort Gottes klaͤr - lich offenbahret iſt / vnd in ſolcher Betrachtung ſind die Kirchendiener alß Got - tesdiener / vnd in ſolchem ihren Hauptwerck der menſchlichen Bottmaͤſſigkeit Rechtswegen nicht unterworffen / ob ſie gleich daruͤber unbefuͤgte Gewalt vnd Verfolgung von Vnglaͤubigen oder Gottloſen Obrigkeiten leyden vnd auß - ſtehen / vnd ſich darwieder / alß die gedultige nicht ſetzen koͤnnen; Dahero wird auch in dieſem Stuͤck / in den Lands - vnd Kirchen-Ordnungen anders nichts verſehen / alß daß die Pfarrer vnd Kirchendiener bey ſolchem ihrem Ampt / zu Trew / fleiß vnd guter Ordnung angeleytet vnnd dabey geſchuͤtzt vnd gehand - habt werde / alſo der Predigt goͤttlichs Worts vnd Gebrauch der H. Sacra - menten alle Foͤrderung / vnd hinwegreumung der hinternuſſe wiederfahre.
Daß141Anderer Theil.Daß andere / ſo hierbey vorfaͤllet iſt die Anweiſung dieſes hohen2. Die Or - dination. Ampts an eine gewiſſe Perſon / oder daß ein Menſch durch eine gewiſſe Bezeugung vor einen ſolchen / der macht habe zu lehren vnd zu Predigen / auch die Sacramenta außzutheilen Erklaͤrt werde / ſolches geſchicht nun / in dem der Allmaͤchtige GOtt durch Mittel handelt / vnd der unmittelbahre Beruff im Newen Teſtament allein den H. Apoſteln vnd Juͤngern Chriſti wiederfahren / durch die Vhralte von den Apoſtoliſchen Zeiten hergebrachte Ordination, wel - che von andern Kirchendienern geſchicht / vnnd dadurch einer Chriſtlichen ge - ſchickten Perſon macht vnd fug gegeben wird / ihr Ampt / wie vorgemelt / zu ver - richten. Ob es nun gleich ſcheinet / alß ob die Wahl oder Beſtellung an einen ge - wiſſen Ort vorhergehen / oder doch bald folgen muͤſſe wie es denn noͤtiger Vr - ſachen halben alſo gehalten wird / So gehet doch dieſe Chriſtliche Ordination eigentlich auff die Perſon des Kirchendieners / vnd machet ihn zu ſeinem Ampt faͤhig / ob er gleich darnach an einen andern Ort kaͤhme / oder auſſer demſelben auff zu laͤſſige Weiſe ſein Ampt verrichtete: Dieſes Stuͤck laͤſſet zwar die Lands - Obrigkeit vnd daß Conſiſtorium Hauptſachlich auch in ſeinem Stande betu - hen / wie ſich ſolcher auß Gottes Wort / vnnd Chriſtlicher alter Gewonheit er giebet / gleichwol aber wird in den Kirchen-Ordnungen der notturfft vnd Vmb - ſtaͤnden der Sachen nach / nutzliche Verſehung gethan / wie einer der zum Pre - dig-Ampt Ordinirt zu werden begehret / vorher von dem Conſiſtorio mit zuzie - hung noch mehrer Kirchendiener in dem Wort Gottes Altes vnd Newen Te - ſtaments / Chriſtlichen Glaubens-Bekaͤntnuß vnd Symboliſchen Buͤchern / ſtreitigen Religions-Articuln / Grundſprachen der H. Schrifft / in Gewiſſens fragen vnd dergleichen Examinirt vnd erforſchet / mit einer Predigt zu Erkundi - gung ſeiner Gaben / gehoͤret / ſeines Lebens vnd Wandels halben Zeugnuß vnd Nachricht eingenommen / denn auch wenn vorhero ihme ein gewiſſer Kirchen - dienſt / davon wir hernach reden werden) anvertrawet / Chriſtliche Gemeinde oͤffentlich vorgeſtellet / Chriſtliche Vermahnung an ihn gethan / die Haͤnde durch die vornemſten Kirchendiener des Orts auff ihn gelegt / vnd uͤber ihn ge - betet / auch Segen vnd gedeyhen gewuͤnſchet / vnd deſſen allen ein Schrifftliches Zeugnuß ihme zu geſtellet werden ſoll.
Daß dritte / ſo allhier zu mercken iſt die Beſtellung einer Perſon3. Die Be - ſtellung an einen ge - wiſſen Ort. die zum Predig-Ampt geſchickt vnd entweder ſchon Ordinirt, oder deſſen ver - ſichert iſt / zu einer gewiſſen Pfarr / oder in eine gewiſſe Gemeinde / Stadt oder Dorff / welches recht ſonſt die Election, der Pfarrſatz / Ius Patrona - tus, Kirchen-beſtellung beruffung / Collatur, Pfarrlehn / vnd ſo fort an / pfleget genennet zu werden: Nun iſt es zwar an ſich ſe[l]bſt natuͤrlichen vnd goͤttlichen Rechten gemaͤß daß iede Chriſtliche Gemeinde macht habe / ihr einen Seelſorger vnd Kirchendiener durch gemeine Wahl / einſtimmung vndS iijberuf -142Teutſchen Fuͤrſten-Statsberuffung anzunehmen / weil aber gleich wol dieſe Art vnnd Weiſe in Gottes Wort formlich nicht fuͤrgeſchrieben / ſo bleibt es dannenhero Billich iedes Orts bey der Gewonheit / die von Altershero auffkommen / alß daß etlicher Orten die weltliche hohe Obrigkeiten allein / etliche Arten / die Kirchendie - ner vnd Biſchoffe anderswo auch wol die Vnter Obrigkeiten / oder auch Privat-Perſonen dieſe Wahl / benennung vnd beruffung einer Perſon zum Predig Ampt an dieſen oder jenen Ort verrichten; Denn weil von der Zeit der erſten Kirchen her diß falls viel unterſchiedene Arten vnd Weiſen der Pfarrbe - ſtellungen gefunden werden / auch daruͤber viel Streit vnd Jrrungen ſich erho - ben / ſo iſt es doch bey ſolcher Bewandnuß das ſicherſte / daß es bey iedes Orts alter Gewonheit gelaſſen / vnd keine nothwendigkeit erzwungen werde / daß die Gemeinden allein / oder die Biſchoffe vnd Geiſtlichen alleine / oder die weltliche Obrigkeit / oder auch alle drey zu gleich / dieſe Wahl vnd benennung verrichten muͤſſen; Denn es wird der Kirchen Gottes dißfalls kein ſchade geſchehen / wenn nur daß erſte vnd ander Stuͤck / ſo wir vorhergeſetzt / recht in acht genommen wird / dazu denn die guten Ordnungen / welche die hohen Obrigkeiten hieriñ auf richten / mercklich dienen: Sonderlich aber iſt dieſes gantz Chriſtlich vnd in wolbeſtelten Kirchenweſen gewoͤnlich / daß ob wol die Pfarrbeſtellung an ſich ſelbſt nicht in den Stimmen / oder Wahl der Gemeinde beſtehet / ſondern ſolche Benennung die Obrigkeiten oder Privat Leute haben / dennoch uͤber der vorge - ſchlagenen Perſon / die Gemeinde des Orts vernommen / vnd ihnen zu gelaſſen wird / ob ſie an dem Kirchendiener der ihnen fuͤrgeſtellet worden / ſeiner Lehr / Ampt / Gaben oder Lebens halben etwas wichtiges zu bedencken oder zu Errin - nern haͤtten / auch da ſie erhebliche Maͤngel vnnd Vrſachen anzeigen koͤnnen / denſelben vorgebawt / oder eine andere tuͤchtige Perſon ihnen fuͤrgeſetzt wird.
Von dieſen allen iſt in denen Kirchen-Ordnungen der Augſpurgiſchen Confeßions verwanten Reichs Staͤnde Chriſtliche vnnd ſtattliche verfaſſung zu finden / vnd darinn Vmbſtaͤndlich enthalten wie zu einem Kirchendienſt der Collator oder Patron der Pfarr / oder da ſolches Recht dem Lands Fuͤrſten / oder deſſen Aemptern ſelbſt zu ſtunde / daß Conſiſtorium ſelbſt eine Chriſtliche ge - lehrte vnd geſchickte Perſon vorſchlagen / wie ſie dabey den wuͤrdigſten vorzie - hen / kein andern Reſpect alß die Wolfahrt des Kirchſpiels vor Augen haben / den nominirten vorhero beylaͤufftig erforſchen / mit einer Predigt hoͤren / ſo dañ eine Probpredigt an den Ort / dahin er vor geſchlagen wird / thun laſſen / die Gemeinde in oͤffentlicher Verſamlung daruͤber vernehmen / vnd im Fall ſie mit des fuͤrgeſchlagenen Perſon / Lehr vnd Wandel zu frieden / oder nichts erheb - liches darwieder einzuwenden / Jhm ſo dann von dem Patrono die Vocation oder Schrifftlichen Beruff auß haͤndigen / vnd ferner / wo er nicht vorhero imPredig -143Anderer Theil. Predigampt begrieffẽ / daß ordentliche Examen, ſo vor der Ordination noͤtig iſt / mit ihme anſtellen / endlich auch die Ordination Werckſtellig machẽ laſſen ſollẽ.
Entlich / vnd zum vierdten faͤllet bey der Pfarrbeſtellung vor die Con4. Die Con - firmation. vnd einfuͤh - rung. firmation oder Beſtetigung / welche nach dem Gebrauch der Vhralten Zeiten der hohen Landes Obrigkeit zu kommet vnd folget auß derſelben vornem lich dieſes / daß darauff der Pfarrer vnd Seelſorger unter dem Schutz vnd an - ſehn der hohen Obrigkeit ſein Ampt oͤffentlich verrichten / ſeine Beſoldung em - pfahen ſeine Freyheiten vnd Immuniteren genieſſen / auch ohne vorwiſſen vnd Anordnung der ſelben an ſolchem ſeinem Ampt nicht gehindert / noch weniger davon verſtoſſen vnd entſetzt werden kan;
Jn den meiſten Landen / wenn die vorige Puncten ihre Richtigkeit haben /5. Gewoͤn - licher Pro - ceſſ der Pfarrbe - ſtellung / oder veren - derung. ſo wird zu foͤderſt der newe Pfarrherr oder Kirchendiener in den Fuͤrſtl. Conſi - ſtorio mit einem Coͤrperlichen Eyde verpflichtet / dem Lands Fuͤrſten vnd deſſen Couſiſtorio gehorſam vnd gewaͤrtig zu ſeyn / ſo dann ſeinem Ampte rechtſchaf - fen fuͤrzuſtehen auch ein Chriſtlich erbahres Leben zu fuͤhren / darauf wird ihme eine Confirmation vnd beſtetigungs Brieff unter des Landsherrn Namen vnd Siegel auffgeſetzt / darinn begrieffen / daß Jhn die eingepfarte deß Orts fuͤr ih - ren Pfarrherrn vnd Seelſorger Ehrẽ vñ Reſpectiren, ſeine Beſoldung reichẽ / vnd die unter Obrigkeiten vnd Collatorn ihn darbey nechſt dem Landsherrn er - halten vnd Schuͤtzen ſollen / darauff geſchicht die oͤffentliche einfuͤhrung / In - troduction vnd Inauguration durch den Oberſten Pfarrer oder General Su - perintendenten des Fuͤrſtenthumbs / oder weme es etwa das Conſiſtorium nach Gelegenheit ſonſt aufftraͤgt / dabey ſolche Confirmation oͤffentlich vor der Gemeinde nach gehaltener Predigt abgeleſen / auch nutzliche Vermahnung an dieſelbe vnd an den Pfarrer gethan: Hiernechſt ihm auch das Pfarrhauß vnd deſſen zu gehoͤrung / die Verzeichnuß vnd Vhrkunde uͤber die Beſoldung vnnd dergleichen außgeantwortet werden. Wie ſolches alles die Vmbſtaͤnde der Ord - nungen vnd Chriſtlichen gewonheiten unterſchiedlich mit ſich bringen: So iſt auch gewiſſe Verſehung gethan / auß was Vrſachen / vnd wie nach reiffer Er - kaͤntnuß des Conſiſtorii vnnd nicht auß eigenen Willen der eingepfarten oder Pfarr-Lehnherrn ein Kirchendiener wegen ſtraͤfflicher Bezeigung in ſeinem Ampt nach Gelegenheit des Verbrechens entweder an einen andern Ort zu ſe - tzen / oder ſeines Ampts gar zu erlaſſen / oder ihme in ſeinem Alter vnd Schwach - heit ein helffer vnd Subſtitut zu ordnen / wie er vnd ſeine Wittben vnd Weiſen in Noth vnd Armuth zu verſorgen / vnd wie in ſolchen Faͤllen ordentlich vnnd Chriſtlich zu handeln ſey. Auch was ihnen fuͤr Freyheiten aller perſoͤnlichen Beſchwerden / vor Ehren ſtellen vnd anders gegoͤnnet ſeyen.
Nechſt dieſem iſt nun auch von dem unterſchied vnnd Ordnung6. Von dem unterſchied der Kirchẽ - der Kirchen-Aempter zu reden / denn man findet in der GoͤttlichenSchrifft144Teutſchen Fuͤrſten-StatsAempter vnd deſſen Vrſprung.Schrifft Newen Teſtaments / daß ſchon bey der Apoſtel Zeiten zweyerley Aem - pter bey dem Kirchenweſen uͤblich geweſen / darinn die Apoſtel vnd Juͤnger des Herrn haben gelehret vnd geprediget / auch die Sacramenta Adminiſtrirt, an - dere ſind der Einſamlung der Chriſtlichen Allmoſen / damit im Anfang der Chriſtenheit viel zu thun geweſen / vnd anderer Verrichtung fuͤrgeſetzt geweſen / welche man Diaconos genennet / wie wol heute zu Tage bey unſern Kirchen die - ſer Nahme auch einem Prediger / der nit der erſten oder fuͤrnemſte eines Orts iſt / gegeben / vnd die Verrichtung / welche zu ſelbiger Zeit vortrefflichen / geiſtreichen Leuten anvertrawet worden / ietzo etlichen auß der Gemeinde / alß Altarleuten / Kirchen vnd Kaſten / Vorſtehern vnd den Kirchnern oder Kuͤſtern faſt zu kom - met: Vber diß kan man auß etlichen Orten der Apoſtoliſchen Schrifften ſo wol auch denen Eltiſten Kirchen Scribenten abnehmen / daß noch zu / oder doch alſobald nach den Zeiten der H Apoſteln in denen Kirchen Aemptern ein Vor - zug vnd Ordnung geweſen / daß uͤber etliche Prediger vnd Kirchendiener einer Stadt oder Bezircks / einer auß ihrem Mittel / der begabteſte vnd erfahrneſte / zum Auffſeher / oder wie wirs nach dem Griechiſchen Wort nennen / Biſchoff erwehlt vnd ſuͤrgeſetzt worden / deſſen Auffſicht fuͤrnemlich dahin gangen / daß er die andern Kirchendiener zu fleiſſiger Verrichtung ihres Ampts er mahnet vnd angewieſen; Jhnen in ſchweren Faͤllen Rath ertheilet / oder Verſamlung aller ſeiner anbefohlenen Geiſtlichen Bruͤder vnd Amptsgenoſſen gehalten / vnd ein Schluß gemacht / die geringen Kirchendienſte beſtellet / bey der Ordination der Prediger die Direction vnd daß Wort gefuͤhret / vnd dergleichen; Vnd wird dafuͤr gehalten / daß die erſten Biſchoͤffe durch die Apoſteln ſelbſt beſtellet / die an - dern durch die ſaͤmptliche Kirchendiener iedis Orts / auch wol die Elteſten vnd Anſehnlichſten auß der Gemeinde gewehlet worden nach der Zeit alß die Keyſer vnd Koͤnige zur Chriſtlichen Religion getreten / haben dieſe Biſchoffe welche unter Heydniſchen Obrigkeiten ſich ſehr demuͤtigen / vnd bloß daß Geiſtliche Ampt / ſonder einiges weltlichs Anſehen / fuͤhren muͤſſen / etwas mehr Ehr vnd Autoritet erlangt / die Chriſtliche Potentaten haben ihnen viel Beyſtand geley - ſtet / vnd dahin gerichtet / daß ſie mit mehrern einkommen / Ehrenſtand / vnd einer gewiſſen Bottmaͤſſigkeit verſehen / auch uͤber etliche Biſchoffe wieder umb Ertz - biſchoffl. vnd Oberſte Auffſeher mit noch mehrer Autoritet verordnet worden / nach folglich iſt es dahin gedihen / daß Sie ie mehr vnd mehr Anſehnlich vnnd maͤchtig worden / vnd die andere Kirchendiener allzu ſehr gedrucket / alſo / daß daruͤber ſchon vor langẽ Zeiten viel geklagt / vñ wieder die Biſchoͤffliche Macht / ja wieder daß Ampt ſelbſt / alß ob es unnoͤtig / vñ in Gottes Wort vnd der Alten Kirchen gebranch nicht gegruͤndet were / gar geſtritten worden / daran ſich aber die Biſchoffe wenig gekehret ſondern pielmehr immer hoͤher geſtiegen / vnd ſon - derlich in dem Roͤmiſchen Reich unter den Schirm des Roͤmiſchen Biſchoffs /oder145Anderer Theil. oder Pabſts der ſich einer Oberſtẽ Bottmaͤſſigkeit uͤber alle die andern angemaſt / vñ der weltlichen Oberſten gewalt des Roͤmiſchen Keyſers ſich wiederſetzt auch endlich da von gar loß vnd frey gemacht / zu groſſen weltlichen Herrn vnd Re - genten worden / wie ſolches auß den Hiſtorien voriger Zeiten vnd den noch fuͤr Augen ſtehenden Exempeln Teutſchlandes am Tage iſt / ietzunder zu geſchwei - gen / was groſſe zerruͤttung / empoͤrung vnd Kriege uͤber der Wahl vnd beſteti - gung ſolchet Biſchoffe hin vnd wieder entſtanden / in dem daruͤber bald der ge - meine Poͤfel / bald die Geiſtlichen des Biſtumbs / oder der diœces (wie der Bezirck / daruͤber ein Biſchoff verordnet wird / genennet wird) bald nur etli - che ſeine nechſte zu geordnete / die nach der Zeit Canonici, Collegiati, Dom - vnd Capitelherren genennet worden / vornemlich aber die Keyſer vnd Koͤ - nige / vnd denn anders die Paͤbſtegegen einander geſtritten / vnd ſolches Recht zu ſich ziehen wollen.
Bey Zeiten der Reformation in Religions-Sachen / welche in vorigem7. Von der Beſchaffen heit dieſes unterſchids in den Ev - angeliſchen Kirchen. Seculo in Teutſchland vorgangen / iſt dieſe Biſchoffliche gewalt unter andern eine groſſe Vrſache der Klagen vnd Beſchwerungen / auch der vorgenomme - nen Endetung geweſen / alſo gar / daß etliche Oerter vnd Landſchafften / die von gehorſam des Roͤmiſchen Stuls ſich entzogen / nicht allein den Biſchoͤfflichen Nahmen / ſondern auch daß Ampt gar abgeſchafft / die Lehrer vnd Prediger alle in gleiche wuͤrden geſetzt / vnnd eine andere Art eines Geiſtlichen Regiements oder Inſpection durch zu ſammen Ordnung vieler Geiſtlicher vnnd weltlicher Perſonen beſtellet / anderswo hat man den Titul vnd anſehen der Biſchoͤffe ge - laſſen / doch ihre Macht vnd Einkunffte ziemlich eingezogen / vnd ihr Ampt wie - der Hauptſachlich auff die vorigen Zeiten eingerichtet / vnd die ietzo ermelte Art des Prieſterlichen Regiements nicht fuͤr Rathſam gehalten.
Jn den meiſten Landen der Chur vnd Fuͤrſten / welche der Augſpurgiſchen Confeßion zu gethan ſind iſt durch Weiſe vnd vernuͤnfftige Berathſchlagung der Nahme der Biſchoffe / ob er gleich an ſich ſelbſt nur ſo viel alß ein Auffſeher heiſt / bey dem Kirchenweſen zu verhuͤtung des Anlaſſes zu voriger Hoheit / auch der boͤſen Nachrede / der man ſich der Wiederſacher halben beſorget / unterlaſſen gleichwol aber der unterſcheid der Kirchen-Aempter behalten worden / alſo daß in Orten / wo mehr alß ein Prediger von noͤthen geweſen / einer inſonderheit ein Pfarrer / die andern aber Diaconi oder Cappellane genant / vnd dem Pfarrer den Vorſitz auch eine gewiſſe Inſpection uͤber die andern gegeben worden:
Weiters hat man uͤber etliche Pfarrer einen Superintendenten, vnd in8. Von Be ſtellung vñ Ampt der Superinten - denten. einem Lande / da deren nach Anzahl der Oerter etliche ſeyn muͤſſen einen Gene - ral Superintendenten beſtellet / in Anſehung deſſen die andern Auffſeher oder Superintendenten Speciales oder Adjuncti des Oberſten / oder auch Decani, wie es iedes Orts gebraͤuchlich / genennet werden: Vnd zwar werden ſolcheTSupe146Teutſchen Fuͤrſten-StatsSuperintendenten von der hohen Obrigkeit vnnd deren Conſiſtorio beruffen vnd verordnet / welches denn von der Biſchofflichen macht vnd Hoheit heifleuſt / da von oben gemeld / Alſo / das wenn gleich die Vnter-Obrigkeiten im Lande ſonſt Pfarrer zu beſtellen haben / ſie doch deß wegen keine Superintendenten ord - nen koͤnnen / es ſey denn ſolches Jhnen abſonderlich von der Lands-Fuͤrſtl. Ho - heit vergoͤnnet vnd nach gelaſſen; Von dem Ampt der Special Superinten - denten oder Adjuncten, wie auch deß Gen: Superintendenten, welches bee - des eine Auffſicht uͤber die untergebene Geiſtliche / vnd dern Ampt / Leben vnnd Wandel ins gemein Auffſicht hatt / iſt in denen in Druck gefertigten Kirchen - Ordnungen unterſchiedlicher Laͤnder / auch in ſonderbahren auß ſuͤhrlichen In - ſtructionen Chriſtliche verſehung zu finden / wie die Specialen oder Adjuncti, ieder in ſeinem anbefohlenen Bezirck darauff ſehen ſoll / daß die reine Lehre ſampt der Chriſtlichen Kirchen-Ordnung erhalten / Einigkeit zwiſchen den Kirchen - dienern vnd Pfarrkindern gepflantzet / den entſtehenden Jrrungen guͤtlich vor - gebawet / daß Ampt mit rechtem Fleiß getrieben / vnd von allen wichtigen Din - gen erſtlich an die Special folgends durch dieſe an den Gen: Superintendenten berichtet werde / hierzu ſind Sie dahin ferner dahin gewieſen / richtige Buͤcher vñ Verzeichnuß der Namen ihrer Inſpection befohlenen Kirchen vnnd Schul - diener / der Kirchen / Pfarr - vnd Schulen einkommen / Jtem der Mobilien, auch der Anzahl der eingepfarten Seelen zu halten / vnd den General Superin - tendenten zu ſenden; Jeder ſoll auch offters in ſeiner anbefohlenen Inſpecti - on Viſitiren, vnd nach obigen Dingen / wie ſich etwa die Pfarrkinder in ihrem Leben vnd Wandel / vnd inſonder heit gegen ihren Seelforger / vnd dieſer hinge - gen bey denen ſelben halte vnd Bezeige / nachfrage haben / in leichten Faͤllen gute Anſtalt machen / die wichtigen aber berichten / bey vorfallen der Kranckheit oder Hindernuß der Kirchendiener / die Interims beſtellung des Gottesdienſts / durch die Benachbarte Pfarrer Anordnen / die Todes faͤlle der Kirchen vnd Schul - diener den General Superintendenten umb foͤrderlicher Beſtellung willen Vmbſtaͤndlich anzeigen / auch wie oben erwehnt / eine gewiſſe Geiſtliche Vnter - Gerichtbarkeit neben den weltlichen Beampten fuͤhren vnd Verwalten.
Zu deſſen allen ſteifferer Handhabung ſind uͤber daß die Beampten vnd Gerichts-Verwalter in den Kirchen - vnd Lands-Ordnun - gen hin vnd wieder dahin angewieſen / wie ſie ihres Orts den Kirchen - Aemptern / vnd inſonderheit den Superintendenten vnd Adjuncten die huͤlff - liche Handbieten / vnd mit Gebrauch der weltlichen Gerichtbarkeit gute Ord - nung in Kirchenſachen erhalten hilffen ſollen / allermaſſen der Landsherr in wichtigen Faͤllen vor ſich vnd durch ſeine Raͤthe vnd Regierung / bey dem Con - ſiſtorio vnnd dem Ampt des General Superintendenten dergleichen auch zu thun pflegt.
Was147Anderer Theil.Was ſonſt des ietzt gedachten General Superintendenten Ampts-Ver -9. Vom Ampt deß General Su - perintenden - ten. richtung dißfalls belangt / denn ſo fern er / wie an den meiſten Orten gebraͤuch - lich / ein Aſſeſſor deß Conſiſtorii: oder ein Pfarrer der Stadt iſt / erſcheinet ſeine Verrichtung auß dem gemeinen Bericht / der in obigen hieruͤber geſchehen: So iſt dieſelbe gleicher geſtalt in denen Ordnungen vnnd ſonderbahren Inſtru - ctionen abgefaſt / vñ was wegen der Lehr / Leben / Ampt der Prediger ein Special Superintendens uͤber etliche Pfarrer thun ſoll / daß liegt dem General Super - intendenten hinwiederumb gegen vnd uͤber die Speciales vnd vermittelſt dero - ſelben uͤber alle Kirchendiener des Landes ob / alſo / daß er in fuͤrfallenden Man - gel felbſt Rath ſchaffe / oder in wichtigen Dingen dem Conſiſtorio Bericht er - ſtatte; Zu dem Ende er auch ſeine General Verzeichnuſſe der Perſonen vñ zu ge - hoͤrungen / wie vorher gemelt / zu halten / die Berichte von den Special Superin - tendenten ordentlich auffzunehmen / zu Regiſtriren / vnd darauß dem Conſi - ſtorio nottuͤrfftigen Bericht zu thun hat: Jn dem Conſiſtorio hat er auch fuͤr allen Aſſeſſorn auff die Befoͤrderung deſſen / was der Kirchen notturfft erfo - dert, fleiſſige Anregung zu thun / in begreiffung Geiſtlicher außſchreiben vnd ge - meiner Anordnungen eiu Feder anzuſetzen / auff tuͤchtige Perſonen in Kirchen vnd Schuldienſten fleiſſig zu gedencken / die Examina derſelben vornemlich zu Dirigiren, in den Kirchen Viſitationibus fuͤr andern ſich zu bemuͤhen / vnd bey dem Schullweſen eine ſonderbahre Inſpection zu haben / davon in folgenden Capitel etwas mehrers gemeldet wird / auß dem erſtatteten Bericht aber abzu - nehmen / wie viel daran gelegen ſey / daß Chriſtliche / gelthrte / erfahrne vnd be - ſcheidene Perſonen zu ſolchem Ampt gebrauchet vnd gefoͤdert / vnd dadurch der Kirchen Heyl vnd Wolſtand behauptet werde.
Summa.
ES darff keines weitlaͤufftigen Anfuͤhrens / ſondern iſt allerdings bekant / vnd bey allen Voͤlckern / die ihre Vernunfft wol gebrauchen / geſchwei - ge denn bey Chriſtlichen Policeyen / zu iederzeit gaͤntzlich dafuͤr gehalten worden / daß an aufferziehung der Jugend in einem Regiement ſehr viel gelegen; Ja daß von den Leuten ſelten ein ander Leben / thun vnd Wandel zu hoffen ſey / alß wozu ſie von Kindesbeinen an erzogen vnnd gewehnet worden; Jſt nun ſolche Erziehung vnd gewehnung gut vnd tauglich / ſo hat man ſich auch redlicher vnd geſchickter Leute beym Regiement in allen Staͤnden; Wie - drigen falls aber nichts anders alß eines unartigen vnd wilden Weſens zu ver - ſehen.
Es pflegt ſich aber ein iedes Land hierinn nach der Art ſeiner Nahrung vnd meiſten Verrichtung zu achten: Kriegriſche vnd Rauberiſche Voͤlcker / zum Exempel / werden ihre Kinder vornemlich von Jugend auff zu Kriegs - uͤbung gewehnen: Die ſich der Seefarth nehren / werden ſie bald zu Schwim - men / Fiſchen vnd Schiffen / andere anders an fuͤhren:
Betrachten wir aber den Zuſtand unſers Vaterlandes Teutſcher Na - tion, ſo iſt zwar derſelbe ſehr verenderlich / alſo daß den wenigſten Eltern bekant oder gewiß fuͤrgeſetzet iſt / wozu ſie ihre Kinder / ſonderlich die Soͤhne / erziehen wollen / die meiſten ſtellen es auff die zu Neigung des Kindes ſelbſt / vnd auff die begebende Faͤlle vnd Gelegenheiten; Ein ieder aber der ein Chriſt vnd ſeiner Vernunfft maͤchtig iſt hat gleichwol zu Wuͤnſchen vnd dahin Trachten / daß ſeine Kinder in zarten Jahren / da ſie ohne daß zu andern Verrichtungen unbe - quem ſeynd / in der Chriſtlichen Religion wol unterrichtet / vnd auch zu ſol - chen Dingen angewieſen werden / deren ſie ſich in allen Staͤnden / dar - ein ſie etwa Gott dermaleinſt ſetzen moͤchte / wol vnd nutzlich gebrauchen koͤn - nen. Welches denn geſchicht durch Anfuͤhrung der Jugend zu denen Schu - len / darinn ſolche beederley Stuͤcke getrieben werden / Sintemahl die Erkaͤndt - nuß der wahren Religion in der Jugend nicht ſo wol durch die oͤffentliche Pre - digten / welche vornemlich den Erwachſenen vnd Verſtaͤndigen geſchehen / alßdurch149Anderer Theil. durch eigentliche / einfaͤltige vnd ſtetige Vnterweiſung / nach forſchung vnd Auffſicht derer dazu geſchieckten Perſonen gepflantzet wird / vnd werden ſolcher Vrſachen halben die Schulen vnd daß gantze Schul-Regiement / weil die un - terrichtung in Chriſtlicher Lehre dero erſtes vnd wichtigſtes Stuͤck iſt / billich vor Werckſtaͤdte vnd vorbereitungs Oerter der Chriſtlichen Kirchen geachtet / auch deren Verordnung vnd Beſtellung vor eine Verrichtung des Geiſtlichen-Re - giements gehalten dabey gleichwol auff den fernern Zweck / nemlich / die Vn - terrichtung in andern nutzlichen Dingen vnnd Wiſſenſchafften auch mit ge - ſehen;
Hierauß kan man nun leichtlich ſchlieſſen / daß die Erſte vnd Nie -2. Von der erſten vnd nied erſten Art der Schulen vnd denen Stuͤcken / die zu deren guten Be - ſtellung ge - hoͤren. derſte gleichwol aber noͤtigſte vnd unentbehrlichſte Art der Schulen die jenigẽ ſeyn / darinn ſolche beede Stuͤcke / nemlich der nottuͤrfftige Vnterricht Chriſtlicher Lehr vnnd die Erlernung gemeiner zu allen Staͤn - den erforderten Geſchickligkeiten / alß da iſt leſen / ſchreiben vnd derglei - chen getrieben werden; Dahero denn auch in den Landen der Augſpurgiſchen Confeßion die Chriſtliche hohe Obrigkeiten vorlaͤngſten vñ ſonderlich nach der Zeit der Reformation dahin gearbeitet / vñ ſich auch noch ſtets loͤblich bemuͤhẽ daß es nicht leichtlich an keinem Ort des Lands / wo Leute beyſammen wohnen / vnd Kinder gezogen werden / an einer ſolchen Schule mangele / oder Ja dieſelbe nicht ferne da von / ſondern bequemlich gelegen vnd zu finden ſey. Es ſind auch vieler Orten beſondere Ordnungen vnnd Schulverfaſſungen nicht allein auff - gerichtet / ſondern auch in oͤffentlichen Druck außgangen / beſtehet aber ſonder - lich vnnd Hauptſachlich was zu Behuff dieſer Schulen geordnet werden kan darinn.
1. Daß in den Schulen Gottesfuͤrchtige / Erbare / Lehrhaffte vnd ge - ſchickte Perſonen zũ Schulmeiſtern verordnet werden ſollen / es habe gleich die Lands-Herrſchafft vnnd dero Conſiſtorium ſelbſt / oder wie gemeiniglich geſchicht / die Gemeinde vnd Kirchſpiel ſolchen Schuldienſt zu beſetzen / denn nichts deſto weniger die vorgeſchlagen Perſon von dem Superintendenten Exa minirt, vnd nicht ehe / alß wenn Sie tuͤchtig befunden worden / zu zulaſſen iſt.
2. Daß den Schulmeiſtern gnugſame Art vnd Weiſein Schrifft lichen Ordnungen gezeiget wird / wie ſie ſich bey ihren Vnterweiſung verhalten / vnd wie ſie in einem vnd andern Stuͤck verfahren ſollen / damit nit auff viel vnd unterſchiedliche Weiſe nach eines ieden Kopff vnnd Vnverſtand die Jugend zerruͤttet / ſondern im Lernen eine natuͤrlicht / anmutige Art / wenig vnd einerley Schulbuͤcher / vnd denn auch eine gewiſſe Zeit vnd Eintheilung der Schuͤler in etliche Hauffen nach unterſchied deſſen / was ſie begrieffen / gehalten / vnnd die gemeine Jugend / deren man zu mahl auff den Doͤrffern nicht lange ent -T iijbehren150Teutſchen Fuͤrſten-Statsbehren kan ihren Eltern vnnd Freunden zu Dienſt deſto ehe wieder auß der Schulen entlaſen werde.
3. Daß in verordnung der Lectionen eine rechte Wahl vnd nothwen - diger unterſchied gehalten werde / damit daß noͤtige / alß da iſt ſonderlich die Vnterrichtung in Chriſtlicher Lehre zu foͤderſt geſchehe / vnd denn die gemein nu - tzigen Stuͤcke / Leſen / Schreiben / Rechnen / Singen / vnd was etwa mehr in Teutſcher-Sprach einen vernuͤnfftigen Menſchen zu allerhand guter Nach - richt in allen Staͤnden dienẽ kan / der Jugend beygebracht / Vberfluß aber Ver - mieden / vnd die Jenige / welche nach der Eltern gelegenheit vnd ihrer faͤhigkeit mehr wiſſen ſollen / in die weitere vñ hoͤhere Schulen zu rechter Zeit geſchafft werden.
4. Daß man die Schulmeiſter dahin weiſet / daß ſie bey der Jugend ne - ben der Wiſſenſchafft / vornemlich auff Pflantzung der Tugend / Gottes - furcht / Erbarkeit / Gehorſam / Demuth / ſtilles vnd eingezogenes Weſen / Ver - traͤgligkeit / Zuͤchtige Geberden / vnd was mehr Chriſtlich vnd loͤblich iſt / ihr Abſehen haben.
5. Daß die Eltern / Vormůndere vnd Pfleger der Jugend / daß Jhrige bey dem Schulweſen zu thun / auch angewieſen vnd gehalten wer - den / alß / daß ſie die Jugend zu rechter Zeit vnd zum laͤngſten im fuͤnfften Jahre ihres Alters in die Schule ſchicken / davon keines Weges abhalten / ſie zu Hauſe nicht aͤrgern / ſondern vielmehr zu Erholung vnd Beobachtung deſſen was ſie in Schulen gutes lernen / anweiſen.
6. Daß uͤber die Schulen eine richtige Inſpection gefuͤhret werde / vnd ſonderlich die Pfarrer iedes Orts auff ihre Schulmeiſter vnd die unterge - bene Jugend ein wachſames Auge haben / daß Chriſtlicher vnd nuͤtzlicher Ord - nung allenthalben nachgelebt werde / wie dann ſonderbahre verordnung hin vnd wieder gethan iſt / wie vnd wann die erforſchungen oder Examina der Jugend zu bequemen Jahrs gelegenheiten / alß da iſt die Zeit vor der Erndte / angeſtelt / wie davon an den General Superintendenten vnnd fuͤrter ans Conſiſtorium Bericht geſchehen / vnd den ereigenden Maͤngeln abgeholffen werden ſoll:
7. Muß auch die hohe vnnd niedere Obrigkeit vnnd dero Be - ampte vnd bediente uͤber ſolchen Schulen halten / diehohe zwar nicht allein mit Verfaſſung guter Ordnung nach den bißhero erzehlten Stuͤcken / ſondern auch daß ſie ſelbſt Luſt vnnd beliebung trage / in dem Conſiſtorio oͤffters nach dem Schulweſen zu fragen / auff deſſen verbeſſerung zu gedencken / vnnd dem Mangel vor zu ſeyn / nach tuͤchtigen Leuten zu trachten vnnd Jhnen gnugſames außkommen bey ihrem Dienſt zu verſchaffen / Sie auch unerkanter Dinge ſolches ihres Dienſts nicht entſetzen laſſen: Die Beampte vnd Ge - richts-Verwalter aber / daß ſie uͤber den Schul-Ordnungen ſteiff halten / denExa -151Anderer Theil. Examinibus Beywohnen / die Schuldiener bey ihrem Ampt / auch dabey ge - woͤnlicher Freyheit vnd Immunitet Schutz leyſten / Jhnen zu ihrer Beſoldung / Erhaltung ihrer Wonungen vnd Dienſt-Guͤter verhelffen / vnd alle muͤglichſte foͤrderung erzeigen.
Nechſt dieſer erſten vnnd niederſten Art der Schulen / dergleichen faſt in3. Von der andern Art / nem - lich denen Lateini - ſchen oder Stadtſchu - len. allen Dorffſchafften vnd in Staͤdten zu finden / ſind nun auch zu erlernung der Lateiniſchen auch wol Griechiſchen vnd Hebreiſchen Sprach / ſo dann einer vñ anderer Geſchickligkeit / welche die Jugend / die einſten in Kirchen vnd Schul - aͤmptern / oder bey Gerichten vnd Rathſtellen ſich nutzlich gebrauchen will / nicht entrathen kan / noch weitere Lateiniſche Schulen / vnd dann Gymna - ſia oder Landſchulen / wie mans nent / noͤtig / die gemeinen Lateini - ſchen Schulen ſind nun von Alters hero in etlichen groſſen Flecken vnnd Doͤrffern mehrentheils aber in allen Staͤdten / auch wol auff groſſen Flecken vnd Dorffſchafften angeordnet oder noch mit Nutz zu Fundiren: Jn Staͤd - ten ſind die Schulen in etliche hauffen oder Claßes eingetheilet / vnnd ihnen un - terſchiedliche Præceptores fuͤrgeſetzt / alſo daß die Jugend nach unterſchied des Alters vnd Faͤhigkeit ordentlich gefuͤhrt / vnd die Knaben die einerley Geſchick - ligkeit haben / unter ihren Præceptorn ſo lange gelaſſen vnd Vnterwieſen wer - den / biß ſie auff gehabte Erforſchũg weiters in die hoͤhere Claſſes fortgeſetzet / vnd endlich die Jenigen / welche beym Studieren bleiden wollen / in daß Gymnaſium befoͤdert werden koͤnnen. Bey dieſen Schulen muͤſſen nun die vorhergeſetzten 7. Puncte ebener Geſtalt in acht genommen werden / vnd wird ie mehr vnd mehr fleiſſige Inſpection, ie hoͤher die Vnterweiſung ſteiget / erheiſchet; Weil man auch in einem Regiement viel geſchickter Leute bedarff / auch viel Zeit / Muͤhe vnnd Koſten auff ſolche Schulen gewendet werden / vnd auch die Jenige / ſo dar - ein gehen / nicht alle Auffkommen vnd gerathen / ſo ſollen die Inſpectorn vnnd Præceptorn der Schulen / alß die Geiſtlichen vnd die Vnter-Obrigkeiten bil - lich bedacht ſeyn / daß ſie die Eltern / welche Vermoͤgens ſind / vnd deren Kinder ſeine Ingenia haben / dazu halten vnd bewegen / daß ſie ſolche ihre Kinder bey den Schulen laſſen biß ſie weiter vnd mehr in Erlernung der Sprachen vnnd Wiſ - ſenſchafften fortkommen koͤnnen; Da ſie auch Armuths halben ſolches nicht thun koͤnten / haben ſie es an hoͤhere Orte zu des Landsherrn weiterer milder ver - ordnung vnnd huͤlffe zu berichten; Ob wol auch / wie ietzt beruͤhrt nicht alle Schul-Jugend / die ſich der Lateiniſchen Schulen gebrauchen / zu hohen Wiſ - ſenſchafft gelanget / Theils daß ſie nicht alle gleicher Faͤhigkeit ſind / oder Mlttel haben dem Studieren abzuwarten / auch daß gemeine Weſen allerley Leute er - fodert / vnd nicht alle Gelehrt zu hohen Dienſten befoͤdert werden koͤnnen; So hat doch ſolche Schul-Vnterweiſung nicht geringen Nutz in dem die Jenigen / die einen Anfang von Sprachen vnd Wiſſenſchafften / zu guten Sitten / inSchulen152Teutſchen Fuͤrſten-StatsSchulen angehalten / vnd ihr Verſtand in etwas geuͤbet worden / hernachmals / da ſie etwan zu anderer Handehierung ſchreyten / darzu viel geſchickter vnd hur - tiger / vnd in gemeinen Leben zu allerhand ehrlichen Handlungen / vnd ſonder - lich in ihrem Vaterland zu Verrichtung eines vnd andern Dienſts beſſer zu gebrauchen ſind / vnd were dahero zu wuͤnſchen daß in den Stadtſchulen / oder etlichen Orten auff dem Lande / neben den Lateinichen Sprach vnd Schulkuͤn - ſten / auch etwan in Teutſcher-Sprach ein ander Bericht der Jugend wieder - fuͤhre / von andern Dingen / die ein kuͤnfftiger Haußdater / Buͤrger vnnd Jn - wohner des Lands / von allerhand natuͤrlichen vnd vernuͤnfftigen Sachen be - ſchaffenheit des Lands-Regiements vnd Haußweſens in allen Staͤnden mit Nutz wiſſen vnd gebrauchen koͤnte;
Gleich wie aber in den gemeinen Stadtſchulen neben einer mehrern Vn - terweiſung in dem Catechiſmo vnd Vbung deß Chriſtenthumbs / die Lateini - ſche Sprache nur ſo weit mit Nutz getrieben wird / daß die Schuͤler nach erfo - derung der Sprachkunſt oder Grammatic etwas fuͤglich zu ſammen ſetzen / vnd leichte Lateiniſchen Schrifften verſtehen vnnd erklaͤren lernen / auch in der Grie - chiſchen-Sprach nur der erſte Anfang gemacht wird / alſo faͤhret in der dritten Art der Schulen / nemlich einem Gymnaſio oder Land - ſchul / die Ordnung der Vnterweiſung immer weiter fort. Jn der Chriſtli - chen Lehr wird ein mehrer Bericht auß Gottes Wort vnd den Symboliſchen Buͤchern / von den goͤttlichen Geheimnuſſen vnd Glaubens Areiculn / auch et - was von den ſtreitigen Religions fragen nach Anleytung eines Compendii Theologici gethan: Jm Latein vnd Griechiſcher-Sprach werden ſolche Buͤ - cher oder Autores geleſen / die darinn vor andern Excelliren, damit die Jugend in dieſen Sprachen ſolche verſtehen / auch darauß Reden vnd Schreiben lernen ſo wol in Freyher / alß gebundener oder Poetiſcher Art: So wird auch wol / vornemlich zum behuff des Studii Theologici, darzu man wegen der Kirchen vnd Schulen viel Leute erziehen muß / ein Anfang in der Ebreiſchen Sprache gemacht / vnd dadurch der Weg bereitet / daß ſie daß Wort Gottes Altes vnd Newen Teſtaments in ſolcher Ebreiſchen vnd Griechiſchen-Sprache ſelbſt leſ - fen / vnd ſich alſo nicht allein auff die Lateiniſche vnd Teutſche Bibeln / die dar - auß vberſetzet worden / verlaſſen doͤrffen.
Ferner werden in den Gymnaſiis die erſten vndleichteſten præcepta Rhe - torica & Logica, auch wol Phyſica vnd Mathematica nichts weniger auch ein kurtzer Außzug der Welt vnd Kirchen Geſchichte getrieben / vnd der Jugend kurtz vnd deutlich vorgelegt dazu wird ferner erfodert / daß man wegen der Sit - ten vnd guten Zucht ſonderbahre Statuten vnnd Ordnungen verfaſſe / deren Vberfaͤhrer nach Gelegenheitt mit der Ruthen / Gefaͤngnuß / oder gar mit Anßſtoſſung auß der Schulen abſtraffe: Ein General Superintendens aberoder153Anderer Theil. oder andere deß Landsherren Geiſt vnd weltliche Raͤthe fuͤhren nechſt denſelben in ſolchen Gymnaſiis die Oberſte Inſpection, haben zu dem Ende gewiſſe In - ſtructiones vnd liegt ihnen ob / die Præceptores Gymnaſii oͤffters zu Viſitiren vnd erforſchung zu haben / wie ſie dem fuͤr geſchriebenen Methodo nachgehen / dergleichen nach forſchung haben ſie auch auff Anzeigung der Præceptorn bey den Schuͤlern vnd Diſcipuln des Gymnaſii zu thun: Bey den Examinibus vnd fortſetzung der Schul Jugend von einer Claſſ zur andern hat man auch fleiſſiges nachſehen / daß darinn nach Ordnung verfahren werde / ohne der In - ſpectorn vorwiſſen / vnd ehe der Curſus ſtudiorum zu Ende gebracht / ſoll man auch keinen Schuͤler / der zu mahl auß dem Lande buͤrtig / vnd zum ſtudieren tauglich were / auß dem Gymnaſio entlaſſen: Vnd was dergleichen Puncten mehr ſind / welche bey wol verfaſten ſolchen Schulen pflegt in acht genommen zu werden.
Die vierdte vnd oberſte Art der Schulen ſind / die Vniverſite -5. Von den hohẽ Schu - len oder Vniverſite - ten. ten, Academien, oder ſtudia Generalia, wie ſolche hohe Schulen unterſchied - lich genennet werden: Vnd findet man zwar / daß auch bey Heydniſchen Voͤlckern dergleichen Oerter geweſen / allwo die hohe Geſchickligkeiten oder Fa - culteten, dadurch die Leute in aller hand vernuͤnfftigen Wiſſenſchafftẽ von ie - dem Dinge recht / zu ertheilen in der Erforſchung der natuͤrlichen Eigenſchaf - ften / in der Meß vnd Rechenkunſt / in des Himmelslauff / in der Welt-oder Re - giements Weißheit / in der Sittenlehre / in der Haußhaltungs Kunſt / in der Lehre vom rechten vnd gerichtlichen Proceß / in der Artzney / vnd Wiſſenſchafft zu heylen / ſind unterwieſen worden / wie denn ſonderlich die Schulen zu Athen, zu Rom / zu Marſilien, vnd anders wo auß den Hiſtorien bekandt ſind / auch zu Rom / ehe es noch zum Chriſtlichen Glauben kommen / ſchon allerhand Wiſſen - ſchafft haͤuffig gelehrt worden.
Mit Außbreitung aber der Chriſtlichen Religion ſeynd auch durch goͤtt - lichẽ Segen alle ſolche Kuͤnſte vnd Wiſſenſchafften geſtiegen / vnd in alle Welt fortgepflantzet worden / alſo daß in Teutſchland / da in der Heydenſchafft von dergleichen Dingen gar nichts bekandt geweſen hin vnd wieder vnd faſt in allen Fuͤrſtenthumen vnd Landen ſolche hohe Schulen zu finden welche die Lands - herren geſtifftet / gelehrte Leute in allerhand Faculteten noch immerfort dahin Ordnen / Beſolden / Collegia oder Gebaͤwde / darinn die Kuͤnſte gelehret wer - den / erhalten / vnd hieruͤber von der hohen Reichs-Obrigkeit dem Roͤmiſchen Keyſer ſonderbahre Freyheiten vnd Privilegia bey Anfang ſolcher Vniverſitet auß gebracht. Denn von Alters her ohne verguͤnſtigung deſſelben keine ſolche offentliche Hohe-Schul angeſtellt oder in Anſehen gehalten worden.
Krafft ſolcher Stiffeung vnd Keyſerl begnadigung werden nun auf der6. Von Be - ſtellung der Pro - Vniverſitet oder hohen Schulen die vier hohen Faculteten, alß die Theo -Vlogia,154Teutſchen Fuͤrſten-Statsfeſſorn vnd deß Rectoris. logia, Iurisprudentia, Medicina vnd Philoſophia oͤffentlich gelehret: Jn ei - nerieden Facultet ſind etliche Doctores vnd Profeſſores geordnet / dieſelbe ha - ben gewiſſe Ordnung unter ſich auffgerichtet / vnd von Lands Fuͤrſtl: Herrſchaft beſtetigen laſſen / was ein Jeder der ſtudierenden Jugend leſen vnd fuͤrtragen / auch wie er daruͤber in ſeiner Profeſſion, Diſputationes Jaͤhrlich vnnd oͤffters nach Gebrauch der Vniverſiteten halten ſoll; Jn einer ieden Facultet hat einer den Vorſitz ein Jahr umb daß ander vnd wird der Decanus genennet / welcher ſeine Ampts-Genoſſen zu ſammen berufft / mit Jhnen von fuͤrfallenden Ge - ſchaͤfften Rathſchlagt / ihre gemeine brieffliche Vrkunden vnd Jnſiegel in ver - wahrung hat / vnd deß gleichen mehr verrichtet. Auß allen dieſen Profeſſorn, vnnd zwar auß einer Facultet nach der andern wird Jaͤhrlich / oder alle halbe Jahr einer zum Rectore erwehlt / vnd von den Lands Fuͤrſten beſtetigt / welcher die unmittelbahre Obrigkeit der andern vnnd der ſaͤmptlichen ſtudierenden Ju - gend iſt / vor den ſie etlicher Orten in allen Faͤllen / anderswo ſind die hohe Pein - liche verbrechen auß genommen / Recht nehmen vnd geben / auch durch denſel - ben in Zucht vnd Diſciplin erhalten werden / Maſſen auch der Rector macht habe / auff Berathſchlagung mit ſeinen Collegen mit ernſten Verweiß die uͤberfahrer anzuſchen / mit Gefaͤngnuß zu belegen / auch endlich der Vniverſitet auff eine Zeit / oder auff Lebens lang zu verweiſen vnd zu Relegiren: Es ge - ſchicht auch wol / wenn ſich vornehme Fuͤrſtl. Graͤffl. oder Herren Stands Perſonen auff der Univerſitet ſtudierens halben auffhalten / daß denenſelben zu Reſpect vnd Ehren daß Officium Rectoratus von den Profeſſorn auffgetra - gen / vnd zu der wuͤrcklichen Ampts Verrichtung auß ihren Mittel ein Vica - rius oder Pro Rector geordnet wird. Die Profeſſoren einer Jeden Facultet ha - ben auch auß ſolchen Keyſerl. Privilegien macht / die Jenige welche nach Alter gewonheit die Ehrentitul der Gelehrten / alß da ſind Baccalaurei, Magiſtri, Li - centiati, Doctores, begehren / wenn ſie ſich bey Jhnen anmelden / vnd in ge - habten Examinibus tuͤchtig befunden werden / damit oͤffentlich vnd mit gewiſ - ſen Solenniteten zu begaben / darauff dieſe Perſonen unterſchiedliche Freyhei - ten vnd Ehrenſtellen / auch Befugnuß in ſolcher Wiſſenſchafft zu lehren vnnd ihre Meinung zu eroͤffnen / erlangen. Ein iede ſolche Facultet pflegt auch auff an ſie gelangende Fragen / die ihrer Wiſſenſchafft ſind / ihre Pflichtmaͤſſige ver - nuͤnfftige Conſilia vnd Antwort / unter ihren gemeinen Jnſiegel von ſich zu ſtellen / Jnmaſſen ſolches ſonderlich bey der Iuriſten Facultet geſchicht / darinn an etlichen Orten der Elteſte vnd vornemſte Profeſſor, der Ordinarius genent wird / der allezeit in ſolchen Faͤllen die umbfrag vnd Anordnung zu thun hat.
Die ſtudierende Jugend / vnd ein Jeder inſonderheit / der ſich auff die Vniverſitet begeben will / ſo er anderſt etwas nutzliches außrichten vnnd ler - nen ſoll / muß vorhero in den niedern Schulen vnnd Gymnaſiis zu den hoͤhernWiſſen -155Anderer Theil. Wiſſenſchafften durch anfuͤhrung in den niedern Kuͤnſten vnnd Sprachen zu bereitet ſeyn / wie denn an etzlichen Orten mit Nutz verordnet / daß keiner mit Gunſt vnd Willen / oder vertroͤſtung kuͤnfftiger foͤderung auß den Schulen da - hin gelaſſen wird / biß er / wie ietzt gemelt / in Examinibus beſtanden / daſelbſt / weñ es anders wo auff einer Vniverſitet noch nicht geſchehen / wird er Anfangs / nach einer Alten gewonheit mit gewiſſen vnd zwar faſt Laͤcherichen Ceremonien (de - rowegen auch dieſer Gebrauch ſehr abkommet) durch eine dazu beſtelte Perſon / Deponirt wie mans nennt / vnd zu dem Stande eines Studenten gleichſam ein - geweyhet / vnd dadurch bedeutet / daß er die Grobheit vnd ungeſchickligkeit abzu - legen vnd deß ſtudierens vnnd erbarer Sitten ſich zu befleiſſigen gedencke / Er wird dabey auch in etwas Examinirt, vnd darauff muß er ſich bey dem Rectore der Vniveſitet an geben / ſeinen Nahmen in die Matricul vnd gewoͤnliche Ver - zeichnuß einſchreiben laſſen / auch dabey Eydlich oder an Eydesſtadt angeloben / daß er ſeines ſtudierens abwarten / erbar Leben / auch dem Rectori vnd Profeſſo - ribus Reſpect vnd gehorſam leyſten wolle.
Von dieſen allen findet man in den Stiefftungs-Brieffen vnd Statuten8. Von et - lichen noͤti - gen Pun - cten zu gu - ter Ord - nung auff Vniverſite - ten. einer Vniverſitet gnugſamen außfuͤhrlichen Nachricht. Es befleiſſigen aber die Lands Fuͤrſten vnd Stifftungs-Herren der Vniverſitet fuͤr ſich vnnd durch ihre Conſiſtoria dahin / daß 1. uͤber der Stifftung ſelbſt mit reichung der beſol - dung / Vnterhaltung der Perſonen / außtheilung ihrer Aempter vnd verrich - tungen vnd dergleichen gehalten. 2. Denen Statutis, darnach ſich die Profeſſo - res vnd Studioſi richten ſollen / ſtraͤcklich nachgelebt / ie zu weilen Nachfrag vnd Viſitationes darauff angeſtelt / vnd zu foͤrderſt darnach geſehen vnd getrachtet werde / daß die Chriſtliche reine Religion, an ſolchen Orten rechtſchaffen erhal - ten vnd von dardurch die daſelbſt erzogene Lehrer / Kirchen - vnd Schuldiener weiters vnd Beſtaͤndig forgepflantzet werden moͤge. 3. Nichts weniger weil an ſolchem Ort eine groſſe Maͤnge ſtudierender vnnd erwachſene Junge Leute ſich auffhaͤlt / welche ſich ziemlicher Freyheit anmaſſen / vnd Jeder ſeines gefallens Leben will / (wie dann etliche Jahr hero ein ſolch uͤppiges vnd verkehrtes We - ſen / daß alſo genanten Pennaliſirens dadurch die new ankommende Studen - tenjaͤmmerlich geplaget / vnd umb ihre Zeit / ſtudieren vnd Lebens-Mittel / auch wol umb ihre Geſundheit gebracht werden / entſtanden / ſo wird durch alle dienliche Mittel dahin gearbeitet / daß ſolche in guter Zucht und ſtillen Weſen erhaltẽ / ihuen auch umb ihre billiche bezahlung die Anſchaffung der Lebens mit - tel befoͤrdert werde. 4. Weil gleich wol manches feines Ingenium auß Man - gel des Verlags nichts lernet / die reichen aber dafuͤr halten / daß ſie deſſen nicht beduͤrffen / vnd dahero in allen Staͤnden groſſer Mangel geſchickter Leute / ſon - derlich bey Kirchen vnd Schuldienſten auch bey Gerichtsſtellen / ſich ereignet: So haben von Alters her die Landsherren / ſonderlich nach der Religions ende -V ijrung /156Teutſchen Fuͤrſten-Statsrung / vnd da man ein vnd ander Kloſter vnd Stifft eingezogen / vnd dieſelbe Cleriſey ſampt ihren Einkommen abgeſchafft / viel Stipendia, oder Jaͤhrliche reichung eines gewiſſen Geldes vor arme ſtudierende Jugend / ſo wol in Gym - naſiis alß auff Vniverſiteten verordnet / zu welchen vor andern die armen Land - kinder / ſo tuͤchtige Ingenia haben / befoͤrdert / vnd hingegen mittelſt eines Schrift - lichen Scheins verpflichtet werden / ihren Studiis, fleiſſig ob zu ſeyn / vnd ſich ein - ſten umb gebuͤhrliche Beſoldung in Dienſten gebrauchen zu laſſen / auch ohne des Herrn / deſſen Stipendium ſie genieſſen / Willen vnd wiſſen / andere Dienſte nicht anzunehmen / wie denn deßwegen / vnnd daß ſolche gute Intention ihre wuͤrckligkeit erreiche / auff den Gymnaſiis ein beſonder Inſpector, auff den Vni - verfiteten gleicher geſtalt einer zum Auffſeher uͤber ſolche Stipendiaten geordnet iſt / ſo hat auch auff dieſelbe ein General Superintendens des Fuͤrſtenthumbs ſein ſonderlich Abſehen / erkundigt ſich ihrer Gelegenheit vnd verhaltens / vnd laſſet ſich ſolche zu bevorſtehender Befoͤrderung befohlen ſeyn / wird Jhnen auch nach Gelegenheit ihres Fuͤrhabens auß denen Conſiſtoriis etwa ein Methodus ſtudiorum vorgeſchrieben. Solchem Exempel der Landsherten ſind auch an - dere Chriſtliche Perſonen nachgefolget / welche zu Behuff der ſtudierenden Ju - gend / thetls auch ihrer eigenen Nachkommen vnd Gefreunde ſolche Stipendia verordnet / dabey aber daß Fuͤrſtl. Conſiſtorium oder auch die Vnter-Obrig - keiten die Obſicht haben / daß denen ſelben Stifftungen nach gegangen / vnnd nach begebenden Faͤllen die wuͤrdigſten / vnd die es am meiſten befugt / damit ver - ſehen werden:
Ein andere Gutthat geſchicht auch der ſtudierenden Jugend damit / daß auff Gymnaſiis vnnd Vniverſiteten eine gewiſſe Perſon / Oeconomus oder Speiſer verordnet / welcher eine ziemliche Anzahl armer / oder doch nicht ſonder - lich vermoͤgender Schuͤler vnd Studenten umb ein geringes Koſtgeld / an ei - nem beſondern Ort mit einanderſpeiſet / welches man die Communitet nennet / darzu denn die Herrſchafft / oder auch andere ehrliche Leute einen zuſchuß Jaͤhr - lich thun / damit dieſelbe Speiſer ohne ſchaden ſeyn.
5. Weil es gebraͤuchlich / daß bey Abſterben oder Abzug eines Profeſſorn die uͤbrigen derſelben Faculteten dem Rectori der Vniverſitet etliche Perſo - nen Nominiren vnd vorſchlagen / die ſie zu dem verledigten Ampttuͤchtig er - achten / vnd dieſer es fuͤrter an der Landsherrn Hoͤffe berichtet: So wird da - ſelbſt durch die Conſiſtoria reifflich erwogen / welcher auß denenſelben dem an - dern der Geſchickligkeiten halben vorzuziehen vnd anzunehmen ſey / ſintemahl an Gelehrten / fleiſſigen vnnd Gottsfuͤrchtigen Profeſſorn daß gantze auffneh - men der Vniverſitet beruhet 6. Wird auch Anſta tgemacht / daß zu Ehrlichen vnnd Anſtaͤndigen Leibesuͤbungen / auch zu Erlernung frembden Sprachenauff157Anderer Theil. auff den Vniverſiteten, oder auch wol auff Gymnaſiis, Fecht - vnd Tantzmeiſter / Bereiter / Frantzoͤſch - vnd Jtaliaͤniſche Sprach meiſter / Lauteniſten / Fuͤrſchnei - der / vnnd dergleichen umb leydliche Belohnung zu haben ſeyen. 7. Nach dem auch viel von den Jenigen / welche auff Vniverſiteten ſtudieren / in frembde Lan - de zu mehrer Erlernung vorhergedachter Exercitien vnd Sprachen / auch Be - ſchawung fernent legenen / beruͤhmten Oerter außzureiſſen / vnd zu peregriniren pflegen / dabey aber groſſer Mißbrauch / mit vergeblichen Geldverſchwenden / Verluſt der Zeit / der Geſundheit / offt auch der Religion vnd des Lebens vorge - het: So were noͤtig / daß in Conſiſtoriis ſonderlich gegen die Landkinder / wo dergleichen Reiſen vorgenom̃en werden / gute Ermahnung vorher gethan / auch Jhnen wol beyraͤthige Inſtruction an die Hand gegeben wuͤrde / wie ſie ſich nutz - lich vnd Chriſtlich in ſolchen Reiſen verhalten ſollen / dergleichen Vorſichtigkeit auch gegen andere / die Handwercks oder Kriegsdienſte halben in die frembde ziehen / vorzuwenden ſtuͤnde. 8. Damit auch die ſtu[d]ierende Jugend deſto mehr zu Fleiß angereitzt werde / ſo iſt billich vnd gebraͤuchlich / daß die Jenigen / welche auff der Vniverſitet ſich wol verhalten vnd fleiſſig ſtudieren / auch deſſen oͤffent - liche vnd beglaubte Zeugnuſſe haben / fuͤr andern geehret vnd befoͤrdert / die Je - nigen aber die daſelbſt boͤſen Wandel gefuͤhet / ſtrafffaͤllig oder gar Verwieſen worden / ohne ſonderbahre verſpuͤrte Rew vnd Beſſerung nicht hervorgezogen / noch mit Dienſten verſehen werden.
Dieſe beede Puncte des Kirchen - vnd Schulweſens / die Beſtellung der Aempter betreffend / ſind nun / wie auß dieſem vnd vorhergehenden Capitel abzu - nehmen von groſſer Wichtigkeit / vnd haben daheroetwas weiter außgefuͤhret werdẽ muͤſſen. Was ſonſt mehr fuͤr Sachẽ in die Verrichtung eines Conſiſtorii lauffen / die haben wir oben im 11. Capitel Sect. 6. §. 5. in fin. Summariſch angefuͤhrt / dabey wir es / weil ſolche Dinge nicht unbekant vnnd vielfaͤltig be - ſchrieben / auch mancherley Ordnungen davon auffgerichtet ſind / wollen be - wenden laſſen.
Summa.
V iijWas158Teutſchen Fuͤrſten-Stats
WJe wir oben beym Beſchluß der Beſchreibung des weltlichen Regie - ments in einem ſonderbahren Capitel von der Handhabung vnnd wuͤrcklichen Behauptung deſſelben gehandelt / alſo iſt auch allhier kuͤrtzlich dergleichen anfuͤhrung zu thun.
Der Zweck des gantzen Geiſtlichen Regiements / wie auß vorhergehen - den bekant iſt gehet dahin / daß erſtlich die reine vnverfaͤlſchte Lehr vnd ordent - licher Gottesdienſt / zum andern Chriſtliche Tugend / Zucht / Erbarkeit / liebe vnnd mildigkeit erhalten / hingegen aͤrgernuß / Schand vnd Laſter verhuͤtet werde: Ob nun wol / wie oben im 11. Capitel auß fuͤhrlich vermeldet / dieſes heylſame Werck durch die Predigt des goͤttlichen Worts / welches der Allmaͤch - tige GOtt auß Gnaden vnd Barmhertzigkeit zu dem menſchlichen Geſchlecht / verkuͤndigen leſt / Hauptſachlich geſtifftet / vnd dazu eben nothwendiger Weiſe keine euſſerliche Handhabung erfodert wird / ſondern die Krafft des Worts Gottes vnd daß Ampt des H. Geiſtes vor ſich allein kraͤfftig vnd maͤchtig iſt die Hertzen zu bekehren / vnd den Suͤnden zu wehren / daher auch die erſte außbrei - tung der Chriſtlichen Lehre zu ſolcher Zeit durch Gottes wunderbahre Guͤtig - keit vnd Verſehung / am allermeiſten geſchehen / da keine Obrigkeit dieſelbe ge - foͤdert / die bekehrten Chriſten / vnd die Lehrer vnd Prediger auch damals in hoͤch ſter Verfolgung vnd Schmach gelebet / vnnd gar keine andere gewalt alß ihr Ampt vnd den Gebrauch des Bind - vnd Loͤſeſchluͤſſels / vnnd der abſonderung oder Vermeidung eines aͤrgerlichen unbußfertigen Menſchen / gehabt vnd ge - braucht: So iſt es doch durch goͤttliche Mildigkeit dahin mit der Zeit kommen / daß ſeine Kirche in ſo vielen Orten vnd Reichen der Welt nicht unter den Heyd - niſchen Voͤlckern vnd deren Tyranniſchen Bottmaͤſſigkeit ſtecken blieben / ſon - dern ihre Koͤnige vnd Fuͤrſten ſelbſt zur Chriſtlichen Religion gebracht falſcher Gottesdienſt oͤffentlich abgeſchafft / vnd alſo dem Kirchenweſen ein Schutz vnd2. Vom er - ſten Hand - habungs - mittel dem Bann. Anſehen erweckt worden: Dahero es denn nun an deme / daß die Chriſtlichen Obrigkeiten von ihrer weltlichen Macht vnd Handhabungs-Mitteln den Kir - chendienern zu deſto ſicherer vnd beſſerer Verrichtung ihres Ampts viel mit ge - theilet / alſo daß auch die Kirchen Cenſur derkleine vnd groſſe Bann / davon wir in gedachten 11. Capitel geredet / vnd daß erſte vnd eigentliche Hand - habungs-Mittel des Kirchen-Regiements iſt / auff ſolche Maß / vnd ſo viel die dabey mit unterlauffende wuͤrckliche Anſtalten vnd Zwangs-Mittel belangt / mit weltlicher Macht vnd euſſerlichem Nachdruck zu beſtaͤrcken geweſen: Vnd iſt ſolcher euſſerlicher Zwang vnd Handhabung ſo viel noͤtiger / alldieweil die Gottloſen boͤſen / vnd Heuchleriſchen Leute / nach dem der oͤffentliche ChriſtlicheGottes -159Anderer Theil. Gottesdienſt in allen Landen eingefuͤhrt worden / mitten unter den Frommen vermaͤngt / vnd in der euſſerlichen Verſamlung der Kirchen mit begrieffen ſind / da in der erſten Kirchen dieſelbe mehrentheils ſich ſelbſt von der Chriſtlichen Ge - meinde außgeſchloſſen / vnd es mit den unglaͤubigen Heyden gehalten.
Daß andere vornemſte Handhabungs Mittel / welches zwar auch3. Von dem an - dern Mit - tel / daß Ius Reformandis genent. von der weltlichen Macht herkommet / iſt die Obrigkeitliche verſchaf - fung / daß keine andere / alß die rechte Religion, in Kirchen / Schulen vnnd Haͤuſern geuͤbet / gelehret vnd gepredigt werden darff / ſondern die Jenigen / die ſichs Anmaſſen / geſtrafft vnd weg geſchafft werden / dieſes nennet man nach heutiger Art / da die Chriſtliche Lehre in ſo viel Meinung geſpalten iſt / vnd ieder Theil die Seinige fuͤr die beſte vnd reineſte haͤlt / daß Ius Reformandi, vnd iſt da von / wie es zu mahl ietziger Zeit nach Außweiſung der Reichs-Satzungen vnd Friedenſchluſſe da mit bewandt / Cap. 11. auch etwas Anzeige gethan wor - den. Dieſem haͤnget nun auch die Anſtalt an / daß man anderer falſchen Reli - gion Buͤcher vnd Schrifften / dadurch dieſelbe unter den gemeinen Mañ auß - gebreitet werden / nicht auffkommen / noch wenigers aber ſolche im Land vnnd Fuͤrſtenthumb trucken laͤſſet / darumb denn unter andern auch denen Buchtru - ckern im Lande / mehrentheils außtruͤcklich verbothen / daß ſie kein Buch ohne verguͤnſtigung entweder deß Conſiſtorii, oder des General Superintendenten oder auch der Facultet auff Vniverſiteten, vor die es ſeiner Materi nach / gehoͤret Drucken doͤrffen / damit ſonſt nichts aͤrgerliches oder ungeſchicktes durch den Druck außgebreitet werde.
Daß dritte Hauptſachliche Handhabungs-Mittel iſt der Gebrauch der weltlichen Gerichtbarkeit gegen die Jenige / welche der Geiſtlichen vnd auff gewiſſe Maſſe in vorhergeſetzten Gradibus mit weltlicher Macht vermiſchten Iurisdiction nicht gehorchen wollen; Denn die ſich an dieſe nicht kehren / vor ihren Pfarrherren vnd Seelſorgern / Geiſtlichen Vntergerichte / oder dem Con - ſiſtorio ſelbſt nicht erſcheinen / der Chriſtlichen Vermahnung / der auch der Kirchẽ Cenſur nit gehorſamẽ / noch ſich dadurch beſſern wollẽ uͤber dieſelbe wird endlich die weltliche Anſtalt bey den Fuͤrſtl. Regierungen / Gerichtsherren vnd Beampten / nach dem ein Jeder ſonſt ſeine Gerichtsſtelle vnd Obrigkeit hat von den Geiſtlichen Gerichten implorirt, oder die Sache gar dahin gewieſen / welche Anordnungen man ſonſt die huͤlffe des weltlichen Arms oder Brachii Secularis genent / alldieweil man hiebr vor dafuͤr gehalten / daß die weltliche Obrigkeiten bey dem Kirchweſen ſonſt faſt nichts alß dieſes letztere zu thun haͤtten.
Solten aber / vierdtens / wieder die Chriſtliche vnnd ordentliche An -4. Von dem letzten Mittel durch Aſſi - ſtontz der hohẽ Obrig ſtalten der Lands Obrigkeit in Kirchenſachen / oder wieder die oͤffentliche Vbung des Gottesdienſts ſich groſſe Wiederſetzligkeiten vnnd Thaͤtligkeiten von Be - nachtbarten / oder Vnterthanen / oder auch hoͤhern Orten ſich ſpuͤren laſſen / da werden die jenige Mittel vnd gegen Befugnuſſe gebraucht / die ſonſt das weltliche160Teutſchen Fuͤrſten-Statskeitlichen macht.liche Regiement zu erhaltung Landes-Fuͤrſtlicher Hoheit vnnd Regalien bey Haͤnden haben kan / vnd wie oben Cap. 7. vnd 10. beſchrieben.
Damit aber ein Landsherr vnnd deſſen Conſiſtorium wiſſen moͤge / wie vnd zu welcher Zeit ſie ihre Habungsmittel mit Gebot vnd verboth / vnd aller gehoͤrigen Anſtalt gebrauchen moͤgen / vnd alſo eine ſtetswehrende Auffſicht auff alle Hauptſtuͤcke des Geiſtlichen Regiements ſeyn. So dienen darzu. 1. Rich - tige Buͤcher vnd Verzeichnuſſe / aller Beſchaffenheit in Kirchen vnd Schull - weſen / welche die Pfarrer / Schulmeiſter / der General Superintendens vnd end - lich daß Conſiſtorium ſelbſt haͤlt / vnd ſich darinn offters erſihet / der Landsherr auch ſich darauß Referiren laͤſſet. 2. Die Berichte der Pfarrherren vnnd Spe - cial-Superintendenten, welche ſie an ihren Generalen oder ans Conſiſtorium von ieder Begebenheit / die in das Kirchenweſen laufft / zu thun haben / wie denn auch alle Beampte vnnd Gerichtsherren ſolche berichte / zumahl in wichtigen Faͤllen zu erſtatten ebenmaͤſſig ſchuldig / vnd billich anzuweiſen ſind. 3. Die in vielen Landen gebraͤuchliche vnd oben ſchon beſchriebene Policey / Voigt vnd Rugegerichte / dadurch vielerley / ſo wieder Chriſtliche Lehr / auch Erbarkeit vnd Zucht laufft / herauß kommet / vnd an die Geiſtliche Gerichte hernach gebracht wird. 4. Die Special Viſitationes der Adjuncten vnnd Superintendenten bey ihren Pfarrherren vnd deſſelben Gemeinden / davon auch gemelt. 5. Die Schull Examina, welche Jaͤhrlich vorgenommen werden. 6. Vnnd endlich die General Kirchen Viſitationes, welche offters nach verflieſſung etlicher Jahre durch den Landsherrn angeordnet / vnd darzu etliche Conſiſtorial - oder auch an - dere Raͤthe neben einem General Superintendenten gebraucht / vnd ſolche in gantzem Lande vnd Fuͤrſtenthumb herumb geſchickt werden / dazu ihnen denn eine außfuͤhrliche Inſtruction ertheilet wird wie ſie nach allen Puncten / welche ins Kirchen Regiement vnd Auffſicht deß Conſiſtorii gehoͤren / umbſtaͤndlich fragen / Pfarrer vnd Schuldiener / Gerichtsherren vnd Beampte / auch die Ge - meinden vnd Vnterthanen ſelbſt vorbeſcheiden vnd hoͤren / in befundenen maͤn - geln Errinnerung / vernewrung vnd wuͤrckliche Anſtalt vornehmen / oder ſolches zu ferner Verordnung bey ihrer zu ruͤckkunfft in ihrer anßfuͤhrlichen Relation dem Landsherren hinterbringen / davon etliche in Druck gefertigte Kir - chen Ordnungen / auch in den Conſiſtoriis befindliche Viſitations Puncte außfuͤhrliche Nach - richt geben.
Ende des andern Theils.
Summa.
XWie162Teutſchen Fuͤrſten-Stats
AVß Betrachtũg des vorhergehenden andern Theils iſt leichtlich abzunehmen / wie groſſe vnd ſchwere Ko - ſten Muͤhe vnd Arbeit / wie viel Diener vnd Leute zu der ver - fuͤhrung eines Fuͤrſtlichen Regiements von noͤthen ſeyn / da - mit Ordnung Friede / Recht vnd Wohlſtand im Lande erhal - ten / auch dem Landsherrn vnd ſeinen angehoͤrigen / ihr gezie - mendes Anſtaͤndiges außkommen erfolge / vnd Er darneben ſeiner ſchweren Re - giements laſt ergetzet werde: Es iſt auch nicht zu zweiffeln wo ein Volck vnd Landſchafft / daß von ſich ſelbſt frey vnd noch unter keiner Herrſchafft were / noch heute zu Tage ihme einen Koͤnig oder Fuͤrſten erwehlen wolte / der zumahl nicht von ſeinen eignen Mitteln reichlich Leben koͤnte / daß dieſes die Erſte vnd nechſte Frage bey der aufftragung ſolcher Regiements laſt ſeyn wuͤrde / wie vnd anff was Maſſe die Koſten zu Verlag ſolches Stands vnnd gebuͤhrlicher erge - tzung des Regenten auß gemeinen / oder zuſammen ſchiſſung auß eines ieden Privat Mitteln auffzubringen: Jnmaſſen denn auß H. Schrifft bekant / daß alß das Volck Jſraelihnen einen Koͤnig fuͤrzuſetzen von den Propheten Sa - muel begehrten / dieſer ihnen auß Gottes Befehl alſobald entdeckte / wie der newe - Koͤnig ſeinen Vnterhalt auß ihren beſten Aeckern vnd Weinbergen / auß den Zehenden von derſelben Ertrag vnnd auß dem Dienſte der Vnterthanen neh - men wuͤrde.
Bey denen Erblichen Koͤnigreichen / Fuͤrſtenthumen vnd Herrſchafften / die ſchon in der Welt vor langen Zeiten her auffkommen / ſind auch allenthal - ben Theils bey ihren erſten Vrſprung / Theils durch nachmalige Vermehrung gewiſſe Guͤter / Einkunfften / vnd Vorzuge zu finden / deren ſich die Landsher - ren zu ihrer Vnterhaltung vnd verfuͤhrung des Regiements gebrauchen / wel - che ins gemein Cammer - oder auch Tafelguͤter / vnnd Herrſchaffts Einkunfften genennet werden / darumb / daß ſolche in des Landsherrn eige - nem gewarſam / vnd beſonders dazu verordneten Oertern die man Cammern nent / oder zu ſeiner Tafel oder mehrentheils eingebracht werden; Alſo daß nunmehr nicht von der Art vnd Stifftung / ſondern nur von der gegenwertigen Beſchaffenheit rechter Adminiſtration vnd Gebrauch derſelben zu reden / Maſ - ſen wir denn auch in dieſem Bericht thun werden.
Jns163Dritter Theil.Jns gemein iſt zu wiſſen / daß ob man wol den Fuͤrſten des Landes fuͤr ei -2. Daß der Lands - herr an den Guͤtern ſei - ner Vnter - thanen kein Eigen - thum habe. nen Herrn deſſelben erkennet / ſo verſtehet ſich doch ſolche Herrſchafft nicht eben auff daß Eigenthumb aller in Lande gelegenen unbeweglichen oder beweglichen Guͤter / alſo daß die Perſonen der Vnterthanen / die Haͤuſer / Aecker / Wein - berge / ꝛc. oder alles Geld / Viehe / Getreydig oder anderer Vorrath des Landes / des Landsherrn eigen / vnd in ſeiner Macht ſtuͤnde / ſolches nach ſeinem gefallen / alß ſein Eigenthumb / gantz oder zum Theil zu nehmen / vnd damit zu gebahren / wie etwa Tuͤrckiſche vnd andere Barbariſche Herrſchafften ſich dergleichen an - maſſen / vnd auß der H. Schrifft zu leſen / daß der Koͤnig in Egypten daß Eigen - thumb alles Ackers ſeiner Vnterthanen in der groſſen Thewrung an ſich erhan delt: Sondern es iſt die allgemeine Herrſchafft des Lands Fuͤrſten nichts an - ders alß die hohe Bottmaͤſſigkeit / welche wir in vorgehenden andern Theil nach der laͤnge beſchrieben: Was er aber an eigenen Guͤtern vnd Einkunfften im Lande hatt / vnd was ihme fuͤr Vorzug vnd Regalien zu ſeiner beſſern Vnter - haltung vnd Ergetzligkeit / auch verfuͤhrung des Regiements zu kommen / daß entſpringt alles auß ſonderbahren Rechten vnd Alten herkommen.
Es ſeynd aber ſolche eigene oder Cammer Guͤter / vnnd Fuͤrſtliche oder3. Vnter - ſchied der Cammer - Gaͤter. Landsherrliche Einkunffte in dieſem unterſchied / daß deren etliche denen Guͤtern vnnd Vermoͤgen anderer Leute allerdings ihrer Art nach gleich / aber nur in dem unterſchieden ſind daß der Landsherr deren mehr in groͤſſerer Anzahl vnd vortreffligkeit beſitzet / alß da ſind allerhand unbewegliche Güter an Haͤuſern / Schloͤſſern / Forwercken / Hoͤfen Aecker vnd Werbergen Wieſen vnd Hoͤltzern / ſo dann an Einkunfften / die auff dergleichen Guͤtern beſtaͤn - dig beſtehen / vnnd alſo auch fuͤr unbeweglich geachtet werden / alß Erbzin - ſen / Zehenden / Guͤlten / Frohnen / Trifften / ꝛc. Endlich auch an beweglichen Guͤtern Geld / Silber vnd Gold / Viehe / Getreyde vnd allerley Vorrath / ſo etwan von den Vorfahren geſamlet / oder noch taͤglich einbracht wird; Andere aber ſind ſolche Einkunffte / welche auß ſonderlichen Vorzugen oder Regalien, wie mans nent / deß Landsherrn / guten Theils herkommen / derglei - chen ſonſt ordentlich ſeine Vnterthanen vnd Landſtaͤnde nicht haben / es weren ihnen denn dieſelbe durch Jhn auff gewiſſe Maſſe verſtattet / oder ſonſt / welches iedoch nicht in allen Stuͤcken angehet / durch Altes unſtreitiges herkommen auf ſie gebracht / vnd haben ſolche Regalien die Landsherrn vornemlich nach heuti - ger Art auß ihren Belehnungen von Keyſerl. Mayſt vnd dem Reich / davon an gehoͤrigen Ort gemeldet / zu gebrauchen / daher ſie auch den Nahmen Rega - lien oder Koͤniglicher Rechte haben; Zwar haben wir daß vornemſte Regal der hohen Landes Fuͤrſti. Obrigkeit ſelbſt vñ was dahero fuͤr oberſte Bottmaͤſſig - keit / Gerichte vnd Heersfolge dem Landsherrn gebuͤhret / ſchon in vorigen Theil beſchrieben / all hier aber werden wir nur dieſe Betrachten / auß welchen er ge -X ijwiſſe164Teutſchen Fuͤrſten-Statswiſſe Gefaͤlle vnd Einkunffte zu erheben haͤtt / darneben ſie Theils auch groſſes Anſehen / auch wol ſonderbahre Luſt vnd Ergetzung dem Landsherrn bringen / wie dann dieſelbe vnd worinn ein Jedes beſtehe / weil ſie gar unterſchiedlicher Art ſind / in folgenden Capitel ſollen ordentlich vnd kuͤrtzlich beſchrieben werden.
Die Endurſach vnd rechter Brauch derſelben iſt ohn ſchwer auß dem bereits geſchehenen Berichte zu ſchlieſſen: Einmahl iſts an deme / daß gleichwol der Landsherr vor andern ſeinen Vnterthanen / zu ſeiner vnd ſeinen angehoͤrigen / Gemahlin vnnd Kindern taͤglichen Vnterhaltung in geziemender Speiſung / Kleidung vnd auffwartung ſein Ehrliches außkommen haben muß / aller maſ - ſen ſolches goͤttlicher Ordnung vnd aller Voͤlcker Recht nicht ungemaͤß iſt; So erfodert fürs andere / die Beſoldung ſo vieler Diener / hoher vnd niederer / bey Hoff vnd auff dem Lande zu erhaltung deß Rechts vnd gemeinen Nutzes auch nicht ein geringes: Drittens / gehet ein groſſes auff allerhand Verrichtun - gen vnd Geſchaͤffte in vnd auſſerhalb Landes / auch in Reichs - vnd Creyßſachẽ / dadurch gegen Hohe vnd Niedere / auch ſeines gleichen / der Fuͤrſtl vnd hohe Stand / die Freyheit vnd Befugnuß des Lands vnd gute Nachbarſchaft erhal - ten wird. Vierdtens / muͤſſen auch die Fuͤrſtl. Schloͤſſer / Ampthaͤuſer / vnd dergleichen Gebewde / auch wol Feſtungen / Landſtraſſen vnd Bruͤcken in ihrem gewoͤnlichen Stande erhalten werden. Fuͤnfftens / wie ein Jeder Chriſt nach ſeinem Vermoͤgen / alſo pflegt vnd hat auch billich der Landsherr zu allerhand milden Sachen / befoͤderung / Kirchen vñ Schulen / unterhaltung des Armuts / Belohnung verdienter Leute / verehrungen vnd dergleichen / vor andern ein An - ſehnliches auffzuwenden: Sechſtens kan ihme auch nicht verdacht werden / da er zu Erquickung in muͤheſeliger Regiements Arbeit / etwas auff Fuͤrſtl. Er - getzligkeiten vnd Vbungen anleget.
Ob es nun wol ſcheinet / daß dieſe Außgaben ſo viel vnd haͤuffig einem Regenten fuͤrfallen / daß faſt nicht muͤglich were mit ſeinen Einkunfften ſolche zu erſetzen / in maſſen denn nicht ungewoͤnlich / daß auch bey Koͤnigl. vnd Fuͤrſtl. Einkunfften groſſer Mangel vnd unrichtigkeit fuͤrfaͤllet / anders Theils aber der gemeine Mann in den gedancken ſtehet / auch wol etlichen Regenten vorgebildet wird / es were ein Fuͤrſtl. Cammer einkommen / weil es ſo mannigfaltig iſt / vnd ſich durchs gantze Land erſtrecket auch faſt ein Jeder etwas darzu giebet / nicht zu erſchoͤpffen / ſondern es koͤnte alle Außgaben ertragen / So iſt doch gewiß / daß durch goͤttliche Providentz, auch der Vorfahren fleiß / ein iedes ordent - liches vnnd in friedlichem unverruckten Stande befindliches Regiement ſo viel Mittel hat / vnd mit goͤttlichen Segen erlanget / daß es damit hin kom̃en vñ ſeinẽ Stand erhalten kan / wofern nur mit rechter ordentlicher Verwaltung vnd Ge - brauch den Einkunfften / vorgeſtãdẽ vñ zu mal der ietzt gemelte ſchaͤdliche Wahnabgelegt165Dritter Theil. abgelegt wird / alß wenn nicht auch ein ſehr groſſes vnd wichtiges Reichthumb leichtlich und unnutzbarlich verſchwendet werden / vnd alſo auch Koͤnige vnd Fuͤrſten in Armuth vnd verderb ihrer Hoheit vnd gewalts durch einen unordent - lichen Hauß haltung gelangen koͤnten / von welchen allen / wenn wir in folgen - den Capiteln von der Beſchaffenheit auch ordentlicher Verwaltung Fuͤrſtl. vnnd Landsherrlicher Einkunfften reden werden / Gruͤndlicher wird zu Vr - theilen ſeyn.
Summa.
DJe Fuͤrſtl. Cammer oder eigene Guͤter nach Geltgenheit unſers Vor -1. Von Lau deshe[r]rli - chẽ Schloͤſ - ſern / Haͤu - habens zu reden / ſind Erſtlich. Fuͤrſtl Schloͤſſer / Ampthaͤu - ſer / Forwerck / oder Meyereyen / Korn - vnd Kellerey /X iijJagt /166Teutſchen Fuͤrſten-Statsſern vnd ge - bewden / vnd wie ſol che in acht genommen werden.Jagt / Forſtzeug-Zollhaͤuſer vnd andere Wonungen / darein ſie zum Theil ihre Reſidentz vnd Einkehr nehmen / oder doch ihre Diener an einen oder andere Ort ſetzen / Maſſen alle ſolche Stuͤcke nach Anleytung des Erſten Theils dieſes Wercks in der Lands vnd Aempter Beſchreibung billich mit Nah - men vnd Vmbſtaͤnden zu verzeichnen.
Auff dieſelben muͤſſen nun die Amptleute vnnd dergleichen bediente iedes Orts die Auffſicht haben / daß ſie in baulichen Weſen erhalten / einem Jeden er - eigenden Mangel an Dach vnd Fach bey Zeiten vnd ehe es zu groſſen Schaden vnd Koſten gelanget / vorgebawet / vnd da es gering iſt / ſelbſt verſchaffet vnd der Herrſchafft berechnet / oder an die Fuͤrſtl. Cammer berichtet / ein uͤberſchlag des Koſtens mit geſchickt / vnd Beſcheid darauff erwartet / auch da die Noth ver - handen / darumb fleiſſig angehalten werde / ſolche deſto ehe vnd beſtaͤndiger zu er - halten / gebuͤhret ſich daß bey einer Fuͤrſtl. Cammer von allen Herrſchaffts-Ge - bewden richtige Abriſſe / vnd dergleichen auch in iedem Ampte ſeyn. So iſt auch zu ſolchem Ende vnd zu mahl bey groſſen Gebewden noͤtig auf ſtetten Vorrath / oder leichte anſchaffung Bauholtzes / ſo zu rechter Jahrzeit gehawen / Kalck - ſteine / Ziegel vnd dergleichen Materialien, wie auch / daß man allerley zum Baw vnd beſſerung nothwendige Handwercker an iedem Orte oder in der nahe haben koͤnne / zugedencken.
Vnd nach dem in ſolchen Herrſchaffts-Haͤuſern allerhand Mobilien an Haußrath / ſo denn an den Gemaͤchern oder Gebewden ſelbſt ſolche Stuͤcke ſind / die man zwar anſchlaͤgt oder annagelt / aber leicht Abbrechen vnd verder - ben kan / alß Thuͤren / Fenſter / Schloͤſſer / Schraͤncke / Baͤncke vnd dergleichen; So iſt daruͤber ein richtiges Verzeichnuß allenthalben zu verfaſſen / vnd ſo wol in Fuͤrſtl. Cammer / alß in dem Ampt auffzuheben; Der Abgang vnd verbeſſe - rung wird ie zu Hand dazu gebracht / oͤffters nach ſolchem Inventario durch ei - nen dazu auß der Cammer abſonderlich abgefertigten / oder etwa bey Anweſen - heit der Herrſchafft ſelbſt geſehen: Sind auch Herrſchaffts-Haͤuſer vnd Ge - bewde wichtig / wird neben den gemeinen Beampten wol ein eigener Schloß - Hauptman / Burg oder Haußvoigt / oder zum wenigſten ein Thorhuͤter dar - auff beſtellet / der den Baw vnd theils Mobilien in acht nehmen / vnd daruͤber zeitliche Errinnerung thun / auch auff Fewer vnd Liecht / daß damit keine Ver - wahrloſung geſchehe / acht geben muß: Sind aber die Herrſchaffts-Haͤuſer einem oder andern Diener zur Wonung eingethan / ſo iſt ſolcher ſchuldig ſich in der Haußhaltung fuͤr allen ſchaden fuͤrzuſehen / vnd den Jenigen den er ſelbſt an einem oder andern durch ſich oder die Seinigen verurſachet / zu erſetzen / auch die Mobilien vnd dergleichen / ſo im Inventario ihme beym Einzug uͤberlaſſen wird / zu Conſerviren vnd zu erſtatten; Da aber an Haupt gebewden / Dachungvnd167Dritter Theil. vnd ſonſt ohne deſſen verſchuldung Schade vnd Mangel vorgienge / ſolches bey Zeiten dem vorgeſetzten zu entdecken / vnd umb die beſſerung zu errinnern.
An den meiſten Orten haben die Herrſchafftliche Schloͤſſer vnd Haͤuſer dieſe Gerechtigkeit / daß etliche Dorffſchaffeen oder Vnterthanen zu deroſelben Baw vnd beſſerung Baufrohnen thun / daß iſt / die Anſpanner Holtz / Kalck / Leitnen / Ziegel vnd dergleichen zu fuͤhren / aber die Handfrohnen / Hinterſettler / Soͤldner Kotner oder Gaͤrtner / wie ſie hin vñ wieder genennet werden / allerhand Arbeit mit abreumung des Schuts / zu reichung Leimens / Kalcks / Ziegel / auff - richtung des Gebewes vnnd dergleichen / was ein Jeder mit der Hand ohne Kunſt verrichten kan / bey ſolchen Baw vnd beſſerung leyſten muͤſſen; Vber dieſe vnd alle andere Baufrohnen wird fleiſſige Auffſicht gehalten / daß man de - rer eine Gewißheit vnd richtige Beſchreibung zu verhuͤtung Zancks vnd wieder willens / haben etliche Leute vnd dero Guͤter / darauf Frohnen hafften den andern Mitnachbarn vnd endlich der Herrſchafft ſelbſt zum ſchaden / deren nicht be - freyhet / noch ſonſt dieſe Dienſte / weil man nicht ſtets buwet / in Abgang vnd ver - geſſenheit gebracht / ſondern auch bey geringen Faͤllen / wie es iedes Orts daß her - kommen mit ſich bringt / geuͤbet / auch wol einem Jeden new anziehenden Vn - terthanen / da er deſſen nicht vorher kundig / zum Vberfluß / wann er ohne daß der Herrſchafft pflicht leyſtet / vermeldet werden.
Vnd hatt ſonſt ins gemein / wie mit allen / alſo auch mit dieſen Frohnen die Bewandnuß / daß ſie allein auß dem Herkommen vnd Erbgerechtigkeit er - meſſen / vnd dahero weiters nicht erſtrecket / ſchwerer gemacht / vnd den Leuten die Dienſtbarkeit durch einen oder andern Weg vermehret / da auch gebraͤuch - lich / daß ihnen hingegen etwas an Speiſe / Tranck oder Geld zu reichen / ſolches unauffhaͤltlich gefolget werde. Sintemahl ſolches die natuͤrliche Billigkeit / die Rechte vnd Gotteswort erfodern.
Zum andern / hat auch die Fuͤrſtl. Herrſchafft im Lande ihre Cam - merhoͤffe / Fuhrwercke / Meyereyen Schaͤffereyen / Halbhoͤfe vñ dergleichen / darzu Ackerwerck / Wieſen / Weinberge / Holtzung vnd Weyden zu taͤglichen Gebrauch / denn von groſſer Waldnutzung ſoll in folgenden gehandelt werden / Hopfenberge / Gaͤrten vnd Kleinot - Laͤnder zu allerhand Kuͤchenſpeiß vnnd geſaͤmig / auch Rind - vnnd Schaffviehe-Trifften / Teiche vnd Fiſchwaſſer gehoͤren / iedoch alles nach unterſcheid der Oerter / wie es von den Vorfahren an die Herrſchafft kommen oder auch von andere dazu erkaufft vnnd geſchlagen wor - den; Solche werden nun zwar nach ieder Landes Art vnd Gelegenheit auff die Weiſe beſtellet vnd genoſſen wie andere vernuͤnfftige Hauß wirthe zu thun pflegen / vnd davon in ſonder bahren Buͤchern von der Haußhaltung / außfuͤh - rung geſchicht: Auff die Gebewde derſelben werden vieler Orten eben ſo wolFrohn -168Teutſchen Fuͤrſten-StatsFrohndienſte alß auff die Schloͤſſer vnd Wohnhaͤuſer ſelbſt gethan / aber in der Verwaltung ſolcher Guͤter wird es auch unterſchiedlich gehalten / denn Theils deroſelben ſind mit Frohndienſten dergeſtalt von Altershero verſehen / daß die Herrſchafft darauff zum Acker / keine Pferde noch Geſchirr / oder ie ein weniges / in gleichen zu abhau - vnd auffmachung des Heues: Jtem zum Holtz machen in die Haußhaltung / zum Weinbergsbau ꝛc. Keine Tagloͤhner oder Arbeiter / zu Einſamlung keine Lohn - oder Zehenſchnitter halten darff / ſondern dieſes alles die Vnterthanen vnd Froͤhner umbſonſt oder umb ein leydliches vnd ge - wiſſes verrichten muͤſſen: Oder es pfleget der Landsherr mit denen Vntertha - nen die ſonſt andere Frohnen zu thun ſchuldig ſind / auff gewiſſe Frohntage zu handeln / vnd hernach ſo viel alß zu Vergattung einen ſolches Guts von noͤten / dazu zu gebrauchen / Theils Guͤter aber muͤſſen mit eigenen Geſchirr vnd Pfer - den ſampt allerley Geſinde zum Ackerwerck vnnd Viehezucht / Hoffmeiſtern oder Meyern / Schirrmeiſtern / Ackerknechtẽ / Viehemaͤgdẽ Schaͤffern vnd dero Knechten / Kuͤhe / Schwein vñ Gaͤnſehirten / Fiſchern / Teich vñ Holtzknechten / Wieſen Volgten / Weingaͤrtnern vnd dergleichen verſehen werden: Man pflegt auch wol die dazu gehoͤrige Frohnbeſtellung gar fahren zu laſſen / vnd da - fuͤr ein gewiß Geld zu nehmen / oder werden vmb den balben Theil der Fruͤchte beſtellet / oder auch umb eine Summa Geldes / oder Getreydichs / oder einen gewiſſen Theil an der Viehe vnd Schaffnutzung verpachtet vnd außgelaſſen.
Wie es nun nach unterſchied der Zeiten zu halten / vnd welche Art der Be - ſtellung die außeraͤglichſte vnnd bequemſte ſey / davon wird ein vernuͤnfftiger Schluß vnd Anſtalt in des Landsherrn Cammer gemacht / vnd auff die Vmb - ſtaͤnde geſehen / ob zu der Zeit das Geſindewenig oder viel zu halten Koſten / ob die Froͤhner wol beſpannet / oder in guter Anzahl vorhanden / oder hingegen ver - armet vnd verderbt ſeyn / vnd alſo entweder die gebraͤuchlichen Dienſte zu neh - men / oder eine Zeit lang lieber zu verſchonung der Vnterthanen ein ertraͤglich Frohngeld davor ein zu heben: Ob daß Getreyde / vnd anderer ertrag der Guͤter thewer vnd wol auß zu bringen / alſo daß es die Koſten der eigenen Beſtellung vnd Geſinde Lohns ertrage: oder ob es Wolfeil vnd geringſchaͤtzig / vnd alſo beſſer vnd nutzlicher ſolchen Leuten zu verpachten / die durch ihren vnd der Jh[ri]- gen Fleiß vnnd Arbeit ſolch Gut beſſer alß die Herrſchafft durch daß koſtbahre Geſinde nutzen koͤnne: Nach dem nun ein oder andere Art erwehlet wird / nach dem wird auch die Inſpection vnd Auffſicht gefuͤhrt / bey eigenen Geſinde muß ein fleiſſiger Amptſchreiber / Keiner / Laſtner oder ein eigener Vorwercks-Ver - walter / bey den Frohnen ebenmaͤſſig ein richtiger Auffſeher vnd antreiber gehal - ten werden; Bey Pacht vnd Beſtands Leuten darffs zwar ſo groſſer Muͤhe nicht / gleichwol muß darnach durch die Beampte oͤffters auch getrachtet wer - den / daß ſie dem Pachtbrieffe nachkommen / daß Ackerwerck vnd allerley zu ge -hoͤrung169Dritter Theil. hoͤrung wol beſtellet / vñ nicht bey Außgang der Pacht-Jahre / wie offt geſchicht / daß Gut außgeſogen vnd verderbt liegen laſſen; Jngleichen / ob wol keine an - der / alß geſeſſene vnnd beguͤterte Leute / oder die eine richtige Caution auffgerich - tet / zum Pachte oder Beſtand gelaſſen werden / ſo iſt doch mancher in ſeiner Haußhaltung ſo unrichtig / daß er mit ſeinem verſprochenen Pachtgelde oder Getreydig nicht zu haͤlt / auch wol ſolchen Vnrath ſtifftet / daß die Caution nicht zu reichen kan / derowegen muß man auff ihr Thun vnd laſſen Auffſicht fuͤh - ren / alle Jahr den Pacht richtig einbringen vnd keine Vnordnung einreiſſen laſſen / oder bald Enderung treffen.
An manchen Ort des Landes giebt es auch die Gelegenheit / daß nicht allein Rind vnd Schaffviehe des Sommers in guter Weyd vnd trifft / vnd im Winter auß dem Hew / vnd dem Geſtroͤhe von Ackerbawerhalten / ſondern auch wol eine Stuterey oder Fuͤllenzucht anzuſtellen / worzu auch eine eigene Vor - ſichtigkeit vnd Anordnung / gehoͤret / daß geſunde vnd wolbeſtalte Pferde gezo - gen / vnd da mit die Fuͤrſtl. Staͤlle verſehen werden / auch wol auß dem Vber - fluß ein guter ertrag zu machen.
Vber ſolche Herrſchaffts Guͤter in gemein muß ein richtig Lager vnnd Fundbuch gehalten / darinn die Graͤntze / groͤſſe vnd Maſſe / Nachbarn vnd an - ſtoſſende Gerechtigkeiten vnd Beſchwerungen iedes Stuͤcks auß richtiger ab - maſſung deutlich vermeldet / oͤffters Revidirt, vnd der Zuſatz vnd Abgang da - zu fleiſſig Notiret werden.
Zum dritten beſtehen der Herrſchafft gemeine Einkunffte auff ſolchen5. Von Renten o - der Gefaͤl - len vnd de - roſelben mancher - ley vnter - ſchied. Gefaͤllen / welche die Leute von ihren Guͤtern / Haͤuſern / Muͤhlen / Aeckern / Wie - ſen / Gehoͤltz / Wein - vnd Hopfenbergen / Trifften / Hutweiden / Waſſern / Brau / Schenck / Backhaͤuſern / vñ dergleichen unbeweglichen Guͤtern vnd Gerechtig - keiten / reichen / die nennet man Ampts oder Herrſchaffts Gefaͤlle / Renten / und Erbeinkunfften; Vnd ſich dahero entſtanden / entweder daß ſolche Stuͤcke anfangs der Herrſchafft ſelbſt geweſen / vnd zu der Zeit / alß die Laͤnder nicht ſo ſtarck bewohnt / noch die Land guͤter ſo wol zu Nutzen waren / umb einen leydlichen Jaͤhrlichen Zins oder Canonem, wie es zu Recht genent wird / hingelaſſen worden / welcher Zins in ſolchen Faͤllen gar gering zu ſeyn pflegt / hingegen bleibt der Herrſchafft daß Eigenthumb / der Erbzins muß rich - tig bey Verluſt ſolches Erbzinslehens gelieffert werden / vnd bey allen Ver - kauff gebuͤhrt der Eingenthumbs Herrſchafft der Vorkauff vnnd ein gewiſſer Theil des Kauffgeldes: Dieſe Art / in Rechten Emphyteuſis genant / iſt vor Zeiten gar gebraͤuchlich geweſen / aber in den meiſten Laͤndern faſt unbekant / vñ im Zweiffel vnd Mangel gewiſſer Nachricht / nicht vermuthlich.
Eine andere vnnd gewoͤhnlichere Art vnnd Vrſprung der Erbzinſen iſt daher kommen / daß entweder die Herrſchafften ihre Guͤter Eigenthum -Ylich170Teutſchen Fuͤrſten-Statslich umb ein leydlichs verkaufft vnd vererbet / vnnd dagegen einen Jaͤhrlichen Erbzins / oder Guͤlt von Gelde oder Getreydig darauff geſetzet / oder den Leuten ein ſtuͤck Geldes zu ihrer Notturfft vor Alters vor die reichung eines ſolchen Jaͤr lichen Zinſes gegeben / oder auch an ſtatt des Zehenden / den vor Zeiten die Herrſchafften oder Geiſtligkeit ordentlich gehabt / ein gewiſſes bedinget.
Jn ſolchen Faͤllen iſt zwar daß Eigenthumb den Zinsleuten / ungeachtet ſolche Zinsguͤter / auch ins gemein Lehenſchafften heiſſen / aber es hat der Lehn vnd Zinsherr ſich an dem Werth derſelben unterpfaͤndlich zu erholen; Geſchicht auch denen Leuten daran Jaͤhrlich wegen Miß wachs vnd dergleichen kein er - laß / wo nicht groſſe unvermeidliche Kriegs oder dergleichen Noth fuͤrgefallen / vnd die Zinſen an ſich ſelbſt hoch vnd einem Jaͤhrlichen Pacht gleich ſeyn:
Es pflegen auch von ſolchen Guͤtern nicht nur allein Geld oder Getreydig / ſondern auch aller Hand andere Stuͤcke / alß Gaͤnſe / Huͤner / Capaunen / Lambsbauche oder außgeſchlachte Laͤmmer / Haͤmel / Kuͤhe / Eyer / Kaͤſe / Ho - nig / Wachs / Vnſchlit / Saltz / Hering / auch wol Gewuͤrtze / Semmel oder We - cken / vnd anders mehr gegeben zu werden: Vber diß iſt nicht weniger her kom - mens daß bey Verkauff Vertauſch - oder verenderung ſolcher Guͤter / der Herr - ſchafft / niedere / Mittelmaͤſſige oder hohe Lehnwahr / oder Landlohn / nemlich ein gewiſſer Theil vom Kauffſchilling gereichet wird / Alß der zwantzig - ſte / funffzehende / zehende: Anderer Orten giebt der Kaͤuffer ein gewiſſes zum Lehngelde / daß er nemlich ins Lehn vnnd Zinsbuch eingeſchrieben werde / vnd der Verkaͤuffer ein Aufflaßgeld / daß er ſein Recht einem andern auff - laſſen vnd uͤbergeben darff viele vnd ſonderlich wo die Erbzinſen gar ſtarck ſeyn vnd ſich einem Pacht vergleichen / ſind von den Lehnwahren oder Handlohn befreyhet / vnd muͤſſen zwar ihre Vorhabende verkauff-vereuſſerungen vnnd Erbfaͤlle alle dem Lehnherrn anzeigen / geben aber fuͤr die einſchreibung ein ge - ringes zum Schreibſchilling / Lehn vnd Aufflaßgelde / alles nach Jnhalt der Erbſall - oder Lagerbuͤcher iedes Orts / dabey man es billich bleiben leſt / auch eine Chriſtliche Herrſchafft in ſolchen Faͤllen ehe zu wenig alß zu viel thut.
Man findet auch bloſſe Zinſen von außgeliehenen Gelde / die man wieder - kaͤuflich nennet / alſo daß ſie der Zinsman laͤnger nicht giebt / alß biß er eine ge - wiſſe Summa Capitals wieder abgetragen / welches mehrentheils in ſeiner wil - kuͤhr / bißweilen auch / vnd nach dem es der Contract mit ſich bringt / in des Schuldherrn auffkundigung beruhet / vnd ſich ſolche außleyhungen mehren - theils zu der Zeit geſchehen / wenn man den Vberſchuß vnd ertrag eiens vnnd andern Herrſchafftlichen Ampts / ſonſt nicht beſſer vnnd noͤtiger anzuwenden gewuſt / Jſt auch an dern nicht geliehen worden / alß welche mit gnugſamen vnd ſonſt nicht ſonders beſchwerten Guͤtern unterpfaͤndliche verſicherungen thun koͤnnen.
Bey171Dritter Theil.Bey allen dieſen Guͤtern muß mit Fleiß da hin getrachtet werden / daß man gewiſſe Nachricht habe / was zu iedwedern gehoͤret / vnd wo es gelegen / die - ſelbige ohne Verwilligung vnnd bewuſt der Zins Herrſchafft nicht vereinzelen oder trennen viel weniger verpfaͤnden / vnd mit newen Aufflagen beſchweren laſ - ſen / die Leute auch zu fleiſſigem Anbaw / oder da ſie denen nicht fuͤrſtehen koͤnten / zu foͤrderlicher Verenderung anhalten / wie denn von dieſen vnnd dergleichen in den Lands-Ordnungen der Teutſchen Fuͤrſtenthumer vielerley Anſtalten zu finden;
Andere Herrſchafft Guͤter ſind bloß vor Laßguͤter vnnd zum Be - ſtand außgethan / alſo / daß es zu allen Zeiten bey der Herrſchafft ſtehet / von den Jnhabern ſolche wieder abzufodern / vnd vor den Laßzins ſelbſt zu brauchen / oder einem andern zu uͤbergeben.
Endlich genieſſet auch etlicher Orten die Herrſchaft des Zehenden von allen Jahrwuchs in dieſer oder Jener Stadt / Dorff vnd Fleck / znm Theil zwar nur vom Getreyd / welches man den groſſen Zehenden nennt / zum Theil aber auch von andern Feldgewaͤchſen / Obſt / Wein / Kraut / Ruben / Flachs vnd der - gleichen / wie auch von der Jaͤhrichen Zucht vnd mehrung des Viehes vnd Fe - derwercks / ſolche Zehenden nun werden entweder / wie ſie gefallen / ein geſamlet / wie den vieler Orten deßwegen ſonderbahre Zehendſcheuren der Herrſchafft zu ſtehen / oder die Muͤhe vnd Koſten die dazu gehoͤren / zu erſparen / umb ein gewiſ - ſes verliehen vnd außgelaſſen.
Alle dieſe Stuͤcke muͤſſen gemeiniglich im Herbſt von Michaelis biß gegẽ Martini vnd Weinachten auff gewiſſe Tage gefallẽ / etliche aber alß / Faſtnachts - huͤner / Eyer vnd Lambsbauche / auch wol etwas an Gelde auff Faſtnacht / Oſtern / VValpurgis Tag / oder auff den der von den Zinsherrn angeſetzt wird; So ſind auch die Leute ſchuldig daß Geld in guten uͤblichen Sorten / vnd daß Getreydig mit tuͤchtigen Koͤrnern / ſo gut es Jhnen erwachſen / die andern Stuͤcke aber in ihrer Art / es wolte denn der Lehnherr ein gewiß vnd herkomlich Geld dafuͤr nehmen / abzuſtatten / wie denn darauf die Beampte vnd Einnehmer ſolcher Zinſen acht geben muͤſſen / ſoll auch billich denen Leuten zu ihrem eigenen vnd der Herrſchafft / vnd Beſchwerung ihrer Guͤter kein Jahrzins zum andern geſtuͤndet / ſondern derſelbe / wie es recht iſt / eingefodert werden. Es wuͤrde denn ſolches auß ſonderbahren Vrſachen von der Herrſchafft ſelbſt verſtattet / vnd im andern Jahr mit Gelde oder Getreyde bezahlt genommen / oder erlittener Schaͤde vnd Armuth halben gar erlaſſen.
Etlicher Orten hat die Herrſchafft auch diß ſonderbahren Recht / daß ſie auff gewiſſe Victualien vnd Getreyde / alß mehrentheils Butter vnd Haffer / auch Haͤmmel / Huͤner / ꝛc. Jn ein vnd andern Bezirck oder Dorffſchafft einen Auffſatz oder Auffſchlag von einer gewiſſen Summ machen doͤrffen / die ſieY ijlieffern172Teutſchen Fuͤrſten-Statsliefern vnnd umb einen leydlichen Werth bezahlt nehmen muͤſſen / welches von Alters ohne zweiffel zu der Zeit auffkommen / daß die Herrſchafften zum Ver - lag ihrer Hoffhaltung die Notturfft auff dieſe Weiſe angeſchafft / vnnd haben etlicher Orten die Leute umb dieſes Auffſatzes ſich zu entheben / der Herrſchafft ein gewiſſes darvor Erblich vnd ohne Entgeld verſprochen.
Eine andere Einkunfft iſt die Jenige / wenn eine Stadt oder Gemeinde ein Jaͤhrlichs Geld zu Geſchoß / Landbethe / oder Jahr Renthe ent - richtet / welches mehrentheils alſo beſchaffen daß die Communen, ſolche auff ihre Buͤrger vnd Jnwohner außtheilen / vnd der Herrſchafft darnach in einer gewiſſen vnd beſtaͤndigen Summ entrichten / etlicher Orten wird es nicht alſo / nach erheiſchung der Notturfft / nach dem der Leute viel oder wenig / vnd nach dem ihre Guͤter beſchaffen / außgetheilet / ſondern einem ieden Vnterthanen ein gewiſſes abgefodert / welches Falls die Summa der Herrſchafft Einkunfft diß - falls nach Gelegenheit der Zeiten ſteigen vnnd fallen kan / So wird auch bey Einzug eines ieden Vnterthanen von ihnen an den meiſten Orten / ein gewiſſes Anzuggeld erlegt / nach iedes Orts herkommen / daran bißweilen die Gemein - den einen Theil / oder auch ſolches allein bekommen; Bey Abzug eines Jnwoh - ners in ein an der Ort / zu mahl auſſer des Lands / iſt die Nachſtewer oder Abzuggeld auch gebraͤuchlich / vnd wird etlicher Orten mit dem Ze - henden Theil des Vermoͤgens / gemeiniglich aber mit einer gewiſſen hergebrach - ten Summa bezahlt / vnd gegen die Jenige / wenn es gleich ſonſt nicht herkom - mens iſt / ſolches am meiſten geuͤbet / welche an einen ſolchen Ort ziehen / da die - ſes ſcharffe Recht im Gebrauch iſt.
An andern Orten Teutſchen-Landes iſt auch noch eine Art der Leibei - genſchafft ſo ferne zu finden / daß gewiſſe Perſonen vnd ihre Nachkommen erblich vnd ewiglich ein gewiſſes wegen ihrer ſelbſt eigenen Leiber / ohne abſehen auff einiges Gut oder liegenden Grund eine Herrſchafft / ob ſie gleich ſonſt dero Vnterthanen nicht ſind / entrichten muͤſſen ohne deren willen nicht wegziehen / noch ſich dieſes Rechts entbrechen koͤnnen / auch nach ihrem Tode entweder ihre gantze Fahrnuß / oder daß beſte darvon der Herrſchafft gebuͤhret. Jn etlichen Oreen iſt uͤblich / daß die beſitzere dieſes oder jenes Guͤtleins nach abſterben des vorigen daß thewerſte Haͤupt / Nemlich / daß beſte Pferd / oder die beſte Kuͤhe vnd ſo fort der Herrſchafft folgen laſſen oder derſelben abkaͤuffen muͤſſen / Hieher koͤnte man auch ziehen daß an etlichen Orten uͤbliche Schutz oder Vorſpruch Geld von ieden Vnterthanen / Rauchhuͤner oder Herd vnd Fewerſtadt Geld / von Jedem der Fewer vnd Rauch haͤlt / ꝛc. Vnd der - gleichen.
So iſt auch ins gemein bey vorigen Zinſen vnd Gefaͤllen zu mercken daß nicht allenthalben die Herrſchafft / welche den Zins erhebt / zu gleich des Zins -mans173Dritter Theil. mans ordentliche oder Lands-Obrigkeit iſt / ſondern es geſchicht oͤffters / daß die Zins vnd Guͤltleute / die Zehenden vnd andere Gefaͤlle offt in einem andern Ge - richte / vnd wol gar in einer anderen Lands Obrigkeit gegeben werden / alſo daß man auch nicht allenthalben befugt iſt die Seumigen ſelbſt zur Gebuͤhr anzu - halten / ſondern die huͤlffliche Handbietungen von ihren ordentlichen Obrigkei - ten erlangen muß / hingegen hatt auch ein Landsherr viel Vnterthanen in ſei - nen Gerichten / oder in ſeinem Fuͤrſtenthumb / welche einen andern Zins - vnd Lehnherrn in oder auſſerhalb Landes haben / welches alles den Beampten vnnd Beſtellten zu ſolcher Einnahm bekandt / vñ verhuͤtung Streits vnd Vnrichtig - keit eigentlich beſchrieben ſeyn muß.
Summa.
7. Forſt -176Teutſchen Fuͤrſten-Stats
9. Fiſcal177Dritter Theil.
BErgwercke nennet man ſolche Oerter / allwo allerhand Metallen, Ertz / Mineralien, auch koͤſtliche Steine gefunden / auß gegraben / auch zu bereitet werden / Alß da iſt Gold / Silber / Kupffer / Zien / Bley / Eiſen / Queckſilber / Alaun / Vitriol / Schweffel / Kobold / darauß blaue Farbe gemacht wird / Menning vnd Cinnober zu rother vnd gelber Farbe Spiesglaß / Bergſaltz / Jaſpis / vnd andere koͤſtliche Marmel vnd Steine:
Sintemahl gemeine Steine / Thon vnd Leimen fuͤr keine Bergart gehal - ten / ſondern dieſelbe zu graben / vnd ſeines Gefallens damit zu handeln / einem Jeden Herrn des Ackers oder der Gemeinde iedes Orts verſtattet wird.
Mit denen vorgenanten Metallen, Mineren vnnd Steinen aber hat es2. Von al - ter Beſchaf fenheit die - ſes Re - gals, auch Vererbung deſſelben auff die Teutſchen Fuͤrſten - thumer. dieſe Bewandnuß / daß / ob zwar der natuͤrlichen Billigkeit auch gemaͤß ſchei - net / daß einem ieden in ſeinem Eigenthum ſolche fuͤr ſich zu ſuchen vnd zu ge - brauchen frey ſtunde / ſo iſt es doch von allen Zeiten alſo herkommen / daß in die - ſem Stuͤck die hohen Obrigkeiten / aller bekanten Reiche / vnd inſonderheit auch die Roͤmiſche Keyſer einen ſonderbahren hohen vnnd Regaliſchen Vorzug ge - habt / welcher Hauptſachlich darinn beſtanden / daß von allen vnd ſonderlich den hohen vnd beſten Metallen vnd Mineren, welche auff eines ieden Reichs Vnterthanen Grund vnnd Boden gefunden werden / der Zehende Theil dem Keyſer hat gereicht werden muͤſſen / die Keyſere auch auff des Reichs ge - meinen Gebirgen vnd Oertern / oder des Keyſerl. Hoffs-Cammer-Guͤtern ſol - che Bergwercke ſelbſt vnnd zwar nach damaligem Gebrauch durch Leibeigene oder Miſſethat halben zu der ſauten Bergarbeit verurtheilte Leute / Bauen laſ - ſen / auch nichts weniger Macht vnd Fug gehabt / auff eines ieden Vnterthanen Eigenthumb nach Metallen ſuchen zu laſſen / iedoch daß von dem Ertrag der - ſelben zu foͤderſt zwar der Keyſerl. Zehend abgerichtet / denn dem Eigenthumbs -ZHerrn178Teutſchen Fuͤrſten-StatsHerrn zu ſeiner Ergetzligkeit anderweit der Zehende Theil gefolget worden / da - von kan man in den Beſchriebenen Keyſerl. Rechten / unterſchiedliche Satzun - gen der alten Roͤmiſchen vnd Griechiſchen Keyſer nachleſen.
Solche Hoheit iſt auch bey denen nach folgenden Teutſchen Keyſern lan - ge Zeit geblieben / wie dem Keyſer Fridericus I. Jn der bekandten Conſtitu - tion, quæ ſint Regalia, ſolches Recht mit anzeucht; Es iſt aber mit auff - richtung der Erblichen Fuͤrſtenthumer auch dieſes Regale auff die Teutſchen Fuͤrſten / Graffen vnd Herrn / auch geringere Staͤnde / welche keinem andern Reichsſtande unterworffen / durch langen Gebrauch / oder außtruͤckliche Key - ſerliche Belehnung kommen:
Wie deñ in der Conſtitution Caroli IV. Welche man die Guͤldene Bull nennt / diß falls wegen der Churfuͤrſten des Reichs abſonderliche verordnung geſchehen / alſo daß numehr ſchwerlich ein Exempel ſeyn wird / daß ein Regie - render Teutſcher Keyſerirgendswo ſolch Berg-Regal auſſer ſeinen Erblanden in Vbung habe.
Dahero gebrauchen ſich vorbemelte Staͤnde heut zu Tage aller derer Ge - rechtſame in Bergwercks-Sachen / welche ſonſt die Keyſer vnd Koͤnige allein Exercirt, Erheben ihren Bergzehenden auß den Ertrag der Metallen vnnd richten gewiſſe Bergordnung auff / beſtellen alle Bergampter / vnd Ertheilen durch dieſelbe daß Recht in ſtreitigen Bergſachen / ſie laſſen auch / wo es der Er - trag leyden will / die Bergwercke vnd Fundgruben ſelbſt Bauen / ins gemein aber / weil nicht aller Orten ſich die Ertze reichlich ſpuͤren laſſen / vnd viel Koſten vnd Verlag dazu gehoͤret / Verkunden ſie durch offene Patent iederman ein freyhes Schurffen / daß nemlich ein ieder Fug vnd Macht habe / wo er wolle vnd gedencke nach Bergarten zu graben vnnd zu ſuchen; Nur daß er ſich vor - hero bey den Bergmeiſter angebe / vnd den Ort / da er einſchlagen wille Muthe vnd Benahme / ihm ſolchen umbeine geringe Gebuͤhr zu ſchreiben / vnd einen gewiſſen Raum / welches man einzeichenet / vnnd gemeiniglich 42. Lachter in die laͤnge / vnnd 7. in die breite / oder an flache Orter 42. Lachter ins gevierdte haͤlt / ab meſſen laſſe / darinn er ſeine Fundgruben anſtelle / Kubel vnd Seil ein werffen moͤge / vnd davor alle Quarthal einen Muthgroſchen erlege / da mit man wiſſe / ob er ſolchen Ort noch anzubawen geſonnen ſey / denn ſolchen Fals darff ihm vnd ſeinen zu ſich genommenen Geſellen vnd Theilhabern / die man Ge - wercken heiſſet / niem and eingreiffen: Muthet er aber nicht / ſondern erweiſet ſich / zu mahl auf Errinnerung / ſeumig / oder er will auch auff Ermahnung nicht bawen / noch andern es verſtatten / ſo faͤllet auffs laͤngſte in Jahr vnd Tag ſol - cher Ort wieder ins Freyhe / vnd ſtehee einem Jedweden bevor / denſelben anderweit ihm zu ſchreiben zu laſſen.
Was179Dritter Theil.Was ſonſt in iedem Land vnnd Fuͤrſtenthumb fuͤr Bergarten ſich erwei - ſen / vnd wo ſolche anzutreffen / daß muß nach Anleytung des Erſten Theils dieſes Wercksfleiſſig beſchrieben ſeyn. Es beſtehet aber der Nutz der von dem Regal des Bergwercks herkommet in den Zehenden oder andernherge - brachten Antheil: (Wie denn die Eiſenberg-Wercke theils keinen Zehen - den / ſondern einen andern hergebrachten Zins geben: (Von der Außbeu - te oder Vberſchuß eines ieden Bergwercks im Lande; Sonſt aber / da der Landsherr ſelbſt mit Anbauen leſt / oder in Gewerckſchafft mit an - dern Eintrit / gebuͤhret ihme auch neben dem Zehenden daß einkommen / deſſen / was ſolche Privat Bergtheile / oder Kuckuß / wie mans nent / außtragen / vnd iſt ſo fern die Einkunfft kein Regal, ſondern unter die gemeine Art der Gefaͤlle vnd Gewerbe zu rechnen.
Ferner entſpringt auch auß dem Berg-Regal der Vorkauff an denen Metallen, welche die Privat Gewercken gewinnen / ſonderlich an Silber / damit daſſelbe deſto ehe im Lande vnnd zum Behuff der Muͤntze gebraucht werden koͤnne.
Sonſten iſt es eine abſonderliche weitlaͤufftige