PRIMS Full-text transcription (HTML)
Neue Beſchreibung der Pyrmontiſchen Geſund-Bruñen,
Darinnen derſelben Hiſtorie, wahrer mineraliſcher Inhalt und Gebrauch, Beydes Im Trincken und Baden umſtaͤndlich eroͤrthert und vorgeſtellet wird.
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HANOVER, VerlegtsNicolaus Foͤrſter,1717.

Dem Durchlauchtigſten Fuͤrſten und Herrn, H E R R N Friedrich Anton Ulrichen, Des Heil. Roͤmiſchen Reichs Fuͤrſten zu Waldeck, Grafen zu Pyrmont und Rappoltſtein, etc. Meinem Gnaͤdigſten Fuͤrſten und Herrn.

Durchlauchtigſter Fuͤrſt, Gnaͤdigſter Fuͤrſt und Herr.

ES hat GOtt der Allerhoͤchſte Ew. Hoch-Fuͤrſtliche Durchlauchtigkeit Laͤnder unter andern natuͤr -) (3li -lichen Vortheilen auch in die - ſem Stuͤck ſo ſonderlich geſeg - net, daß ſie beydes an gelinden und reichhaltigen minerali - ſchen Waſſern vor vielen Her - ren in Teutſchland unver - gleichliche Schaͤtze der Ge - ſundheit beſitzen.

Was die gelinden Waſſer anbelanget, ſo ſind nach aller Brunnenkuͤndigen Medico - rum Bekaͤnntniß die Wil - dungiſchen mit unter die be - ruͤhmteſten, ſicherſten und angenehmſten zu zaͤhlen, wel - chen es nichts deſto wenigeranan ſonderbaren minerali - ſchen Kraͤfften und heilſa - men Wuͤrckungen nicht feh - let.

Unter denen reichhaltigen Geſund-Brunnen haben die Pyrmontiſchen von Alters her ſo groſſen Ruhm und Nahmen, daß man zu Zei - ten des letzten Grafen von Spiegelberg, durch oͤffentlich angeſchlagene Brunnen-Le - ges verbiethen muͤſſen, daß die Leute dieſem heiligen Waſ - ſer und Wunder-Brunnen) (4nichtnicht gar goͤttliche Ehre er - weiſen ſolten.

Auch iſt von denenſelben noch biß auf dieſe Stunde ſo wohl aus dem fuͤrtrefflichen mineraliſchen Innhalt of - fenbar, als durch die man - nigfaltige Erfahrung und herrliche Curen an unzaͤhlig vielen Hohen und Niedrigen Weltkuͤndig, daß ſolche den Vorzug vor den meiſten, wo nicht vor allen uͤbrigen Sauer-Brunnen mit Fug und Recht verdienen.

Da -

Daher es der Muͤhe wohl werth, eine gruͤndliche und umſtaͤndliche Beſchreibung von dieſem heilſamen Waſſer zu verfertigen, wie denn auch bißher zwey beruͤhmte Medici: Herr Bolmann, und der ſelige D. A. Cu - næus, ein ieder ein beſon - der Buch davon geſchrie - ben.

Weil aber dieſe Autores ihren Nachfolgern noch Ma - terie uͤbrig gelaſſen haben, auch eines und des andern Menſchen Leben, Wiſſen -) (5ſchafftſchafft und Erfahrung nicht genung iſt, alles in einer ſo wichtigen Sache zu ergruͤn - den und auszumachen, ſo habe dieſe Arbeit als der Dritte uͤber mich genommen, und uͤbergebe dieſelbe hiermit in tieffſter Ehrerbietigkeit, ſo gut ſolche vor dieſes mahl gerathen wollen. Ich habe das unterthaͤnigſte Vertrau - en, Eure Hoch-Fuͤrſtliche Durchlauchtigkeit werden mein geringes Werck mit ei - nem gnaͤdigen Blick anſehen, und wo ich nicht in allen Stuͤ -ckencken nach Wunſch ein Ver - gnuͤgen geben koͤnnen, den - noch den guten Willen und die Begierde dem Vaterlan - de nach meinem wenigen Vermoͤgen in einer ſo nuͤtzli - chen Sache zu dienen, nicht verwerffen, ſondern durch Dero fernere hohe Gnade und Schutz Anlaß geben, die uͤbrige Lebens-Zeit zu voll - kommenern Entdeckungen, und practiſchen Anmerckun - gen uͤber Dero unvergleichli - che Geſund-Brunnen, an welchen Ew. HochfuͤrſtlicheDurch -Durchlauchtigkeit und ſo viel tauſend Menſchen Hohen und Niedrigen ſo groß gelegen iſt, auffzuopffern.

Indeſſen wolle der Aller - hoͤchſte Ew. Hochfuͤrſtliche Durchlauchtigkeit und Dero ſaͤmtliches hohes Hauß mit allerley himmliſchen Segen reichlich uͤberſchuͤtten, und bey beſtaͤndigem Gluͤck und hohem Wohlſeyn ſo lange er - halten, als dieſe Qvellen das geſegnete Waſſer herfuͤr brin - gen, und die Grundfeſten der Welt beſtehen werden, wel -chesches mit Hertz und Mund von GOTT dem Allmaͤch - tigen bittet, und mit tieff - ſter Ehrerbiethigkeit wuͤn - ſchet

Durchlauchtigſter Fuͤrſt und Herr, Ew. Hochfuͤrſtl. Durchl.

unterthaͤnigſter treu-ge - horſamſter Knecht Joh. Philipp. Seipp, D.

Ver -

Verzeichniß der Capitel.

  • Cap. I. Auszug hiſtoriſcher Nach - richten von der Grafſchafft Pyrmont, und von der Gele - genheit um und bey denen Ge - ſund-Brunnen. p. 1.
  • Cap. II. Auszug hiſtoriſcher Nach - richten von den mineraliſchen Qvellen ſelbſt. p. 16.
  • Cap. III. Phyſicaliſche oder natuͤr - liche Beſchreibung des Pyr - montiſchen Thals, und anderer in der Naͤhe befindlichen Qvel - len. p. 45.
  • Cap. IV. Eigentliche, Natur-ge - maͤße und Chymiſche Unterſu - chungen und Proben, dadurchderder Innhalt und wahre Ma - terie des Pyrmontiſchen Waſ - ſers deutlich erwieſen und ange - zeiget wird. p. 82.
  • Cap. V. Die vornehmſten Kraͤff - te und Wuͤrckungen dieſes Waſſers im menſchlichen Leibe, auch die Kranckheiten, welche bißher ſonderlich dadurch curi - ret worden. p. 157.
  • Cap. VI. Art und Weiſe das Pyrmontiſche Waſſer Curmaͤſ - ſig zu trincken, nach der gebuͤh - renden Zeit, Vorbereitung, Maaß, Ordnung, Kaͤlte oder Waͤrme, Fortſetzung, Diæt und Artzeneyen; nach Unterſcheid des Alters, des Geſchlechts und derer Temperamenten; als auch wie denen Hinderniſ - ſen und Zufaͤllen bey der Cur zu begegnen, und endlich von de -nennen Nachwuͤrckungen des Waſ - ſers. p. 188.
  • Cap. VII. Aeußerlicher Gebrauch des Pyrmontiſchen Waſſers, oder von dem Bade. p. 249.
  • Cap. VIII. Mißbrauch der mi - neraliſchen Waſſer, und Ein - wuͤrffe gegen den Gebrauch derſelben. p. 277.
Cap. [1]
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CAP. I. Auszug hiſtoriſcher Nachrichten von der Graffſchafft Pyrmont, und von der Gelegenheit um und bey denen Geſund-Brunnen.

§. 1.

DIe Grafſchafft und Schloß Permunt oder Pyrmont, wie auch die mineraliſchen Ge - ſund-Brunnen deſſelben Nahmens ſind zwar uͤber zweyhundert Jahre in denen meiſten Laͤndern Europaͤ nicht unbekannt; jedennoch wird denenjenigen, wel - che nur den Nahmen ohne ſonderliche Umſtaͤn - de nennen hoͤren, und nicht ſelbſt an dem Orte geweſen ſind, eine kurtze Nachricht von der al - ten und neuen Hiſtorie dieſer Landſchafft, und von der Gegend und Gelegenheit, bey dem weit - beruͤhmten Brunnen nicht unangenehm ſeyn koͤnnen.

A§. 2.2Cap. I. Hiſtoriſche Nachrichten

§. 2.

Die aͤlteſte Nachricht,*Die alten Einwohner der Grafſchafft Pyrmont. welche von un - terſchiedlichen gelehrten Hiſtoricis auf die Pyr - montiſche Gegend gedeutet wird, iſt daß die Ambrones,**Ambrones. ante C. N. ein altes Teutſches Volck, wel - ches mit denen Cimbris und Teutonibus ohn - gefehr hundert Jahr vor Chriſti Gebuhrt nach Italien gezogen, daſelbſt gewohnet, und den Nahmen von dem Emmerfluß, Ambra oder Emmera, welcher mitten durch den Pyrmonti - ſchen Thal nach der Weſer hinunter flieſſet, ſoll bekommen haben. R. Reinec. in Comment. Meibom. Ferd. Epiſc. in Monum. Paderbor - nenſ. Piderit. Chron Lipp. Part. I. c. 6.

§. 3.

Um das zehende Jahr nach Chriſti Ge - buhrt haben daſelbſt, und in der Gegend auf beyden Seiten der Weſer zwiſchen Hameln und Minden die Cheruſci,***Cheruſci. A. C. 10. eines der ſtreit - bahreſten und beruͤhmteſten Voͤlcker, ſo zu der Zeit Teutſchland bewohnet, ihren Sitz gehabt, welche ſich noch einen groſſen Strich Landes uͤber den Hartz, biß an die Elbe ausgebreitet.

Des tapffern Hertzogs und Feldherrn der Cherusker Hermanns oder Arminii geweſenes Schloß und Reſidence,****Arminii Reſidentz. liegt zwey kleine Stunden von Pyrmont gegen Suͤd-Weſten auf einem hohen Berge, von welchem auch dergroͤſ -3von der Grafſchafft Pyrmont.groͤſſeſte Theil der oͤbern Flaͤche Pyrmontiſch iſt. Sonſten aber ſcheidet ſich daſelbſt die Grafſchafft Pyrmont und Lippe, wie auch das Paderborniſche Gebiethe, und wird biß auf die - ſen Tag noch von denen Benachbarten geheiſ - ſen die Harmes-Hermins - oder Herlings-Borg. Der Berg hat oben im Umkreiß uͤber 1500 Schritte, liegt ungemein vortheilhafftig, und kan man die Uberbleibſel alter Befeſtigungs - Wercke noch gar wohl beobachten, obgleich der gantze Berg mit vielen groſſen Buͤſchen uͤberwachſen iſt.

§. 4.

Wie dieſer Feld-Herr Arminius mit ſeinen Cheruskern und einigen andern Teut - ſchen Voͤlckern im zwoͤlfften Jahr nach Chriſti Gebuhrt,*Wahlſtatt der Roͤmiſchen Niederlage unter Q. Varo A. C. 12. des alten Roͤmiſchen Kaͤyſers Au - guſti General Quintilium Varum, ſamt drey der beſten Roͤmiſchen Legionen ohngefehr 3 Meilen von Pyrmont, an dem Saltu Teuto - burgenſi, nicht ferne von dem Urſprung der Lippe und Embs, oder zwiſchen Dethmolt und Horn, gaͤntzlich geſchlagen und niedergema - chet, ſolches kan nicht allein in denen alten La - teiniſchen Geſchicht-Schreibern C. Tacito, Suetonio, L. Floro, V. Paterculo, D. Caſſio, Victore Strabone &c. umſtaͤndlich nachgeleſen werden; ſondern es ſind auch alle neuere Au - cores, welche von der Hiſtorie der alten Teut -A 2ſchen4Cap. I. Hiſtoriſche Nachrichtenſchen geſchrieben, davon voll, als Cluverius, Stangevolius, Piderit. Erpold. Lindenbruch. Ferdinandus Epiſc. in Monum. Paderb. Nico - laus Schaten. in Hiſt. Weſtphal. D. C. von Lo - henſtein, in ſeinem großmuͤthigen Feldherrn, Waſſerbach. in Diſſert. de Statua Harminii, und andere. Es nimmt alſo die Grafſchafft Pyrmont mit Theil an denen vornehmſten und merckwuͤrdigſten Alterthuͤmern Teutſchlands.

§. 5.

Es ſind auch einige unter denen Hiſto - ricis der Meynung, daß die beruͤhmte Goͤtzen - Statue die Irminſule*Die Irminſule. der alten Francken, Sachſen und Weſtphaͤlinger auf gemeldeter Hermanns-Borg geſtanden habe, ſonderlich weil verſchiedene von denen alten Autoribus dieſes Goͤtzen-Bild gantz deutlich nennen die Er - menſul, Hermanſaul und Hermenſeul, wie bey dem Reginone, Rolvingio, Sigeberto und andern gefunden wird.

Es haͤtten nehmlich die alten Teutſchen nach ihres Feldherrn Arminii Tod, weil er ſie durch ſeine Tapfferkeit von dem Roͤmiſchen Joch ſo gluͤcklich befreyet, demſelben zu Ehren auf ſei - ner Reſidence eine Gedaͤchtniß-Seule aufge - richtet, welcher hernach die Nachkoͤmmlinge goͤttliche Ehre erwieſen, und einen Schutz-Gott daraus gemachet. Waſſerbach Diſſert. de Sta - tua Harminii. Ob nun gleich aus andern Hi - ſtoricis wahrſcheinlicher iſt, daß die Irminſule,welche5von der Grafſchafft Pyrmont.welche Carolus Magnus A. C. 772. zerſtoͤhret, zu Statberg vor Alters die Eresburg (Mons Martis) genannt, an dem Dimel-Fluß geſtan - den, ſo koͤnte doch wohl ſeyn, daß ſolche zuerſt von dem Arminio, und deſſen Burg ihren An - fang genommen haͤtte, und vielleicht nach der Eresburg transportiret, oder daſelbſt reicher und herrlicher als ein Gott des Krieges nachge - machet worden.

§. 6.

Nach des Fuͤrſten Arminii Zeiten biß auf Carolum Magnum*Caroli M. Haupt-Quartier. A. C. 784. findet man nichts un - ter denen alten Geſchichten, welches den Pyr - montiſchen Dictrict ins beſondere mit betref - fen ſolte. Dieſer groſſe Kaͤyſer aber hat A. C. 784. ſein Haupt-Quartier in dem Pyrmonti - ſchen Thal gehabt zu Luidi oder Lüde, welches noch in dem vorigen Seculo zu der Grafſchafft Pyrmont gehoͤret hat, und erſtlich durch den Vergleich Anno 1668. der Biſchoͤfflich-Pader - borniſchen Regierung gaͤntzlich uͤbergeben wor - den.

Denn als im angefuͤhrten Jahre 784. die Nie - der-Sachſen und Weſtphaͤlinger rebellireten, und ſich in dem Gebuͤrge um die Gegend der Emmer und Weſer zuſammen gezogen hatten, gieng Carolus Magnus mit ſeiner Armee noch im Anfang des Winters von Worms nach Weſtphalen gerade auf ſie loß, und nachdem die Rebellen zerſtreuet, verlegete er ſein Kriegs -A 3Volck6Cap. I. Hiſtoriſche NachrichtenVolck in die angenehmen Thaͤler um den Em - merfluß, ſonderlich von Schidroburg oder Schieder biß nach Lüde, an welchem Ort er ſein Quartier genommen, und Weynachten da - ſelbſt gehalten, wie in denen Annalibus Franci - cis Caniſii, bey dem Reginone, Pithæi Vita Caroli M. Hiſt. Weſtphal. Schateni, und an - dern zu finden iſt.

§. 7.

Um dieſelbe Zeit iſt dieſe luſtige Land - ſchafft und Flaͤche um den Emmer-Fluß zwi - ſchen ſtetem Umkreiß hoher Berge die Emmer - gove genannt, und von Carolo M. zur Graf - ſchafft gemachet,*Carolus M. macht eine Grafſchafft an dem Emmer - fluß. auch zu Schidroburg ein Bi - ſchoff eingeſetzet worden. Wie nun damahls die erſten Grafen geheiſſen, und ob ſie mit Ca - rolo M aus Franckreich kommen, auch die uͤbri - gen Umſtaͤnde der Erb-Folge, der Geſchlecht - Regiſter und Veraͤnderungen der Religion und des Regiments, ſolches iſt dieſesmahl unſere Abſicht nicht nach der Laͤnge anzufuͤh - ren.

Wir melden hier alleine, daß nachdem die erſten Pyrmontiſchen Grafen**Unterſchiedliche alte Graͤffliche Linien in der Grafſchafft Pyrmont. Anno 1494. die Spiegelbergiſchen An. 1557. die Graͤfflich Lippiſche Linie An. 1583. und der letzte Graf von Gleichen Johann Ludwig (welcher ſchonAn -7von der Grafſchafft Pyrmont.Anno 1619. mit ſeinem Herrn Bruder Philipp Ernſt die Herrn Grafen von Waldeck, zu Erb - folgern in der Grafſchafft Pyrmont eingeſe - tzet) Anno 1629. geſtorben, das Illuſtre Hauß Waldeck von ſolcher Zeit her, und ſonderlich nach dem Vergleich, welcher An. 1668. mit dem Biſchoff von Paderborn Ferdinando Frey - Herrn von Fuͤrſtenberg getroffen worden, in ruhigem Beſitz dieſer Grafſchafft geblieben, welches hohe Hauß der Allerhoͤchſte biß ans Ende der Welt in allem Vergnuͤgen und hohen Wohlergehen dabey erhalten wolle.

§. 8.

Was aber nun die gegenwaͤrtigen Umſtaͤnde der Grafſchafft anbelanget,*Situation, Graͤntze, und Eintheilung der Graf - ſchafft. ſo wird Pyrmont in denen meiſten neueren Land-Char - ten unter den 53ſten Grad Latitudinis, und den 30ſten Grad Longitudinis geſetzet, wiewohl an - dere den Ort noch unter den 52ſten Grad Lati - tudinis, und 29ſten Grad Longitudinis rech - nen. Es graͤntzet die Grafſchafft gegen Mit - ternacht und Morgen an das Hannoͤveriſche Amt Artzen; gegen Mittag und Abend, an das Wolffenbuͤttelſche Amt Ottenſtein, das Hannoveriſche Amt Polle, das Lippiſche Amt Schwalenberg und Barndorff, wie auch an das Paderborniſche Gebiethe. Es beſtehet dieſelbe aus zehen Doͤrffern, welche ein Amt und zwey Parochias ausmachen, ſo daß 5 Doͤrf -A 4fer:8Cap. I. Hiſtoriſche Nachrichtenfer: Oeſtorff, Holtzhauſſen, Hagen, Loͤwen - hauſſen und Dahl, zu dem niedern Theil der Grafſchafft, und wieder fuͤnff Doͤrffer: Nehr - ſen, Baarſen, Brauersberg, Kleinenberg und Eichenborn zu dem oͤbern Theil, oder der Pfar - re auf dem Berge gehoͤren.

§. 9.

Der niedere Theil der Graffſchafft, inſonderheit der Thal,*Annehmlichkeit des Pyrmontiſchen Thals. in welchem die Ge - ſund-Brunnen, das Schloß Pyrmont, Oe - ſtorff, Holtzhauſſen, Loͤwenhauſſen und die Pa - derborniſche Stadt Luͤde lieget, iſt die ſchoͤnſte und angenehmſte Gegend, welche man ſich vor - ſtellen kan. Wie dann auch alle Fremde ſo dahin und zum Brunnen kommen, ein ſonder - bahres Vergnuͤgen daran nehmen, und beken - nen dergleichen wenig geſehen zu haben.

Es entſpringen zwar insgemein alle kalte und warme mineraliſche Quellen unten an ho - hen Bergen, als in welchen die Schatz-Kam - mern verborgen liegen, woraus die Waſſer ih - re heilſame Kraͤffte hernehmen, indeſſen liegen faſt alle ſo enge zwiſchen dem Gebuͤrge, daß wenig oder gar kein Proſpect dabey gefunden wird. Hingegen iſt in dem Pyrmontiſchen Thal eine Ebene, faſt auf eine Stunde Weges in die Laͤnge und Breite.

Mitten durch dieſe Plaine flieſſet der Fiſch - reiche Emmer-Fluß, und um dieſelben ſind die ſchoͤnſten und beſten Viehweiden und Wie -ſen -9von der Grafſchafft Pyrmont.ſenwachs, ſo irgendswo koͤnnen gefunden wer - den. Das uͤbrige in dieſem Grunde biß an die Berge hinauff ſind Kornfelder und Ackerbau. Und dann iſt dieſes ſchoͤne und fruchtbare Thal, rings umher mit einem Circul gruͤner hoher Berge eingeſchloſſen, und erfahren diejenige, welche nach Permont reiſen zur Gnuͤge, daß es heiſſe Permontes.

§. 10.

Von dem Schloß Pyrmont,*Hiſtorie des Schloſſes Pyrmont. wel - ches in dieſem ſchoͤnen Thal, zwiſchen Oeſtorff und Holtzhauſſen lieget, und nach welchem an - jetzo die Grafſchafft genennet wird, iſt zu be - mercken, daß A. C. 1184. (wie der Original - Fundations-Brieff in dem Hochfuͤrſtl. Walde - ckiſchen Archiv ausweiſet) zuerſt eine Schloß - und Graͤntz-Feſtung auf dem ſo genannten Schellenberg, von dem Coͤllniſchen Ertz-Bi - ſchoff Philippo Grafen von Heinsberg, zu Zei - ten des Kaͤyſers Friderici Barbaroſſæ erbauet worden. Weil nun daſſelbe in der Grafſchafft und Jurisdiction des Widekindi, welcher ein Graf von Permunt und Schwalenberg ſchon vor beſagter Zeit geſchrieben wird, gelegen war, ſo hat es der Ertz-Biſchoff demſelben und deſſen Erben zu ewigem Beſitz damahls uͤbergeben, und es dem heil. Apoſtel Petro conſecriret, und demſelben den Nahmen Petri Mons bey - geleget.

Man nennet den Berg noch biß auf dieſeA 5Stunde10Cap. I. Hiſtoriſche NachrichtenStunde Schell-Permunt, und ſind noch eini - ge alte Mauer-Stuͤcke daſelbſt zu ſehen. Nach - dem aber dieſes alte Schloß zerfallen, und ver - ſtoͤhret worden, hat nach Hamelmanns Bericht p. m. 406. Fridericus Graf zu Spiegelberg und Pyrmont in der Ebene 400. Schritt von dem heiligen Brunnen, ein neues Caſtel ange - leget, das alte Hauß - oder Schloß-Gebaͤude aber auf demſelben, hatte ſein Sohn Herr Graf Philipp der letzte des Spiegelbergiſchen Stammes Anno 1557. im Fruͤhling deſſelben Jahrs, da er zu Ende des Sommers in der Schlacht bey S. Quintin umkommen, zu bauen angefangen, aber nicht vollendet, wie noch auf einem alten Steine kan geleſen werden. Die - ſes Herrn Schweſter Gemahl, Herr Graf Hermann Simon zur Lippe hat endlich Anno 1562 das Schloß voͤllig ausbauen, und nach der damahligen Art ſehr wohl fortificiren laſſen.

Anno 1583. da die Hochgraͤfl. Lippiſche Li - nie mit dem eintzigen Pyrmontiſchen Erben Philippo wieder verloſchen, nahmen die jungen Herren Grafen von Gleichen (deren Frau Mutter Walpurgis auch eine Schweſter des letzten Grafen von Spiegelberg war) das Schloß Pyrmont mit gewaffneter Hand ein, worauf ſie Henricus Biſchoff zu Paderborn und Hertzog von Sachſen-Lauenburg darinnen belagerte, ſie wurden aber von Hertzog Phi - lipp von Braunſchweig-Grubenhagen entſe -tzet,11von der Grafſchafft Pyrmont.tzet, und in dem Beſitz des Schloſſes und der Grafſchafft geſchuͤtzet (ſiehe opera Hamelman - ni p. m. 754.)

Anno 1629. und 1630. da Ferdinandus Her - tzog in Baͤyern und Churfuͤrſt zu Coͤlln, zugleich Biſchoff zu Paderborn worden, und damahls ſchon das Schloß und die Grafſchafft Pyr - mont, an das Hochgraͤfliche Waldeckiſche Hauß kommen war (D. Speneri Op. Herald. Part. Special. Lib. 3. Cap. 39.) wurde dieſe Fe - ſtung von dem Ferdinando zehen Monat lang belagert, und endlich auch eingenommen. Nicht gar lange hernach nahm es ihm Hertzog Georg von Braunſchweig, im Nahmen des Herren Grafen von Waldeck wieder ab. Nachher haben es die Kaͤyſerl. im dreyßigjaͤhri - gen Kriege unter dem General Goͤtzen erobert, und den Biſchoͤffl. wieder eingeraͤumet.

Anno 1646. hat es der Schwediſche Gene - ral Koͤnigsmarck zum letzten mahl weggenom - men, und die Herren Grafen von Waldeck in Poſſeſſion geſetzet, worinnen ſie bey dem Weſt - phaͤliſchen Frieden confirmiret worden, darauf dann nachmahls Anno 1668. ein umſtaͤndlicher buͤndiger Vergleich, wegen der Grafſchafft Pyrmont mit dem Biſchoff Ferdinando, Frey - herrn von Fuͤrſtenberg geſchloſſen worden.

Anno 1706. haben Ihro Hochfuͤrſtl. Durchl. unſer regierender gnaͤdigſter Landes-Herr, das alte Schloß-Gebaͤude, welches 150. Jahr ge -ſtan -12Cap. I. Hiſtoriſche Nachrichtenſtanden, und ſehr baufaͤllig geworden, abbre - chen, und ein neues, ſchoͤn und bequemes Hauß an des vorigen Stelle auffbauen laſſen, wel - ches ſie dann kuͤnfftig noch mit 2. Fluͤgeln ver - groͤſſern, und zu bequemer logirung dero ſaͤmt - lichen Hof-Statt aptiren laſſen wollen.

§. 11.

Oeſtorff*Oeſtorff. iſt derjenige Ort, welcher dem Brunnen am naͤchſten lieget. Es iſt der - ſelbe ſchon ſehr alt, und findet man in denen Monumentis Paderbornenſ. F. E. p. m. 180. ei - nen Brieff, welcher bey 700. Jahr alt, daraus zu ſehen, daß der Ort ſchon damahls Odisthorp genennet worden, und eine Kirche daſelbſt ge - ſtanden habe.

Vor 50. Jahren, da das Dorff 1667. abge - brannt, haben auf ohngefehr 600. Schritt von dem Brunnen keine Haͤuſer geſtanden, es ſind aber von Jahren zu Jahren mehrere Haͤuſer angebauet worden, ſo daß nun die neue Straſ - ſe biß gantz nahe an die mineraliſchen Quellen gehet, und auff 80. Haͤuſer gezaͤhlet werden, von welchen ein groſſer Theil ſo eingerichtet und aptiret iſt, daß die Einwohner die ankommen - de Brunnen-Gaͤſte aufnehmen, und bequem beherbergen koͤnnen.

§. 12.

Den Sommer uͤber iſts an dieſem Ort wie eine kleine Meſſe oder Jahrmarckt, und kommen allerhand Kauffleute, Buchhaͤnd - ler, Weinſchencken, Caffee-Wirthe, Traiteursund13von der Grafſchafft Pyrmont.und dergleichen dahin, welche meiſtentheils ihre Boutiques bey denen Brunnen und um die Allée haben, theils dieſelben hin und wieder auffſchlagen.

Die Herren Brunnen-Gaͤſte finden zu ih - rem Vergnuͤgen Veraͤnderung und Zeitver - treib,*Veraͤnderung bey der Brunnen-Cur. den Vormittag bey dem Trincken die lu - ſtigen Spatzier-Gaͤnge in der ſchoͤnen Linden - Allée, und daſelbſt eine angenehme Muſic ei - ner geſchickten Geſellſchafft Hautboiſten; auch einen freyen und veraͤnderlichen Umgang mit allerley Perſonen, hohen und niedern Standes, Gelehrten, Geiſtlichen und Weltlichen, mit ei - nem Wort, ein jeder findet ſeines gleichen, und converſiret frey mit wem er will.

§. 13.

Des Nachmittags koͤnnen ſie ſpatzie - ren fahren, erſtlich nach den trefflichen Garten des Herrn Schatz-Raths Barons von Muͤnch - hauſſen zu Schwoͤbber, eine Meile von Pyr - mont, woſelbſt ſie die ſchoͤnſten und rareſten auslaͤndiſchen Gewaͤchſe aus Oſt - und Weſt - Indien: Die unvergleichliche Frucht Ananas, Caffée-Baͤume mit reiffen Caffée-Bohnen, den Campher, Dattel, Maſtix - und Cattun - Baum, Arborem Draconis, viele Cereos, In - dianiſche Feigen-Baͤume mit reiffen Fruͤchten, und hundert dergleichen rare Gewaͤchſe, auch bey zweyhundert Arten von Pomerantzen, Ci - tronen und Limonen, zu ſonderbahrer Ergoͤ -tzung14Cap. I. Hiſtoriſche Nachrichtentzung des Gemuͤths antreffen werden. Auch iſt daſelbſt ein wohlbetzter kleiner Thier-Gar - ten, item zwey ſchoͤne ſchattigte Tannen-Alléen, und mehr dergleichen Luſtbarkeiten.

Auff der Zuruͤck-Reiſe von Schwoͤbber be - ſehen ſie die zu Artzen unter des Herrn Ober - Amtmann Voigts Direction angelegte Treſch - Muͤhle, als eine ſehr nuͤtzliche mechaniſche Er - findung, mit welchen 3 Perſonen taͤglich ſo viel Korn austreſchen, als ſonſt 18 mit Hand-Fle - geln kaum thun koͤnnen. Man findet den Ab - riß und die Beſchreibung derſelben in denen Mi - ſcellaneis Berolinenſibus, welche die Koͤnigl. Societaͤt Anno 1710. heraus gegeben, auch in dem 2dern Theil des Muſæi Muſæorum D. Bernh. Valentini.

(2) Fahren ſie auch ſpatzieren, nach der Arminiusburg §. 3. (3) Nach Schelle-Per - munt §. 10. (4) Nach den Erdfaͤllen uͤber Holtzhauſen Cap. 3. §. 26. (5) Nach der alten Stadt Luͤde §. 6. (6) Nach der Glaß-Huͤt - ten in dem Hochgraͤflichen Lippiſchen Biſcher - feldiſchen Walde, 2 kleine Stunden von Pyr - mont. (7) Gehen oder fahren ſie in die naͤchſt - gelegenen anmuthigen Waͤlder, in den Oeſt - berg, Bomberg und andere.

§. 14.

Wer ein Liebhaber und Kenner iſt, allerhand nuͤtzlicher Kraͤuter, wird in der Pyr - montiſchen Gegend die gebraͤuchlich - und kraͤff - tigſten welche auf Teutſchen Boden wachſen,mei -15von der Grafſchafft Pyrmont.meiſtentheils alle finden. Denn weil der Grund und Boden ſo mancherley, und man alle erdenckliche Situationes, hohe und niedrige Berge und Waͤlder, Huͤgel und Felſen, ſteinig - te und duͤrre Oerter, ſo wohl als fette, ſuͤmpffig - te und moraſtige, auch ſauere und ſuͤſſe Quel - len, Baͤche und Fluͤſſe daſelbſt hat, ſo findet ein jedes Gewaͤchſe ſeinen Gebuhrts-Ort, und iſt ſolches die Urſache, daß man eine ſo groſſe Men - ge ſchoͤner Kraͤuter daſelbſt haben kan.

§. 15.

Andere ſuchen des Nachmittags ihr Vergnuͤgen und Zeitvertreib im Buchladen, mit Durchſehung allerhand gelehrter und neuer Sachen; andere bey denen Aſſemblées und Balls, welche von groſſen Herrn und Fuͤrneh - men von Adel in der Allée, oder in dem Ball - hauſe, auch wohl in einigen Haͤuſern wo Gelegenheit und Raum dazu iſt, gegeben werden. Andere divertiren ſich mit Spielen, auf denen Billards, auf dem Brete, mit Kegeln und dergleichen. Summa, es bringet man - cher ſeine Cur-Zeit zu Pyrmont ſo vergnuͤgt und kurtz hin, daß er keine Urſache findet, uͤber eine verdruͤßliche und langwierige Cur zu klagen, ſondern es heiſſet hier oͤffters: Medice vive - re, optime vivere.

§. 16.

Es dienet auch allen, welche Andacht pflegen,*Gottesdienſt. und ſich bey der Cur in Chriſtlichen Ubungen des goͤttlichen Seegens theilhafftigmachen16Cap. I. Hiſtoriſche Nachrichtenmachen wollen, zur Nachricht, daß der oͤffent - liche Gottesdienſt in der Grafſchafft Pyrmont der Evangeliſche ſey, ſo weit man Nachricht gefunden, ſchon von Anno 1552. da der letzte Spiegelbergiſche Graf regieret hat. Es wird alle Sonntage des Morgens auf dem Schloß, und um 10 Uhr in der Oeſtorffiſchen Kirche ge - prediget, wie auch Sonntages Nachmittages Catechiſmus-Examen, alle Montage des Mor - gens Betſtunde, und die Freytage Wochen - Predigt; auch wird den Sommer uͤber oͤff - ters Mittags nach 4 Uhr in dem Waͤyſen-Hau - ſe von einem Candidato Theologiæ Betſtun - de gehalten. Die Roͤmiſch-Catholiſchen fin - den ihre Religions-Ubung zu Luͤde eine halbe Stunde, die Reformirten in der Lippiſchen Stadt Barndorff zwey Stunden von Pyr - mont.

CAP. II. Auszug Hiſtoriſcher Nachrichten von denen mineraliſchen Geſund-Brun - nen ſelbſt.

§. 1.

WEil wir bißher die hiſtoriſchen Nachrich - ten von der Grafſchafft Pyrmont, wie auch von der Gegend und Gelegenheit, um und bey denen mineraliſchen Brunnen, ſo viel einem Fremden nuͤtzlich und angenehm ſeyn mag, vor -getra -17von denen Pyrmont. Geſund-Brunnen.getragen haben, ſo wenden wir uns zu dieſen Quellen ſelbſt. Da nun den Sommer uͤber von denen Herrn Brunnen-Gaͤſten am mei - ſten gefraget wird, wie lange dieſe Brunnen bekannt, und wie lange ſolche ſchon zur Geſund - heit gebrauchet worden, ſo will ich alle hiſtori - ſche Nachrichten, von denenſelben, ſo viel mir bißher zu Geſichte kommen, von Jahren zu Jah - ren mit der Autorum eigenen Worten anfuͤh - ren, alle Buͤcher und publicirte Schrifften ſpe - cificiren, auch einige Zeugniſſe gelehrter Medi - corum mit dazu nehmen.

§. 2.

Es liegen aber dieſe Brunnen*Alter der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen. zwi - ſchen dem Schloß Pyrmont und Qeſtorff: daß ſolche unter die Fontes perpetuos, oder im - merwaͤhrende Brunnen gehoͤren, und ſo alt als der Welt Anfang, daran iſt wohl wenig zu zweifeln. Auch koͤnnen dieſe Quellen wegen ihrer merckwuͤrdigen Beſchaffenheit und ſon - derlichen Geſchmacks, ſchon im erſten Seculo, da durch dieſes Thal der Fuͤrſt Arminius mit ſeinem Heer und Bundsgenoſſen, auch ver - muthlich die Roͤmer unter dem Feld-Herrn Germanico, 18 Jahr nach Chriſti Gebuhrt hin und wieder nach der Weſer und der Teuto - burgiſchen Gegend marchiret ſind, nicht unbe - kannt geblieben ſeyn. Indeſſen haben da - mahls Schreiber und Druckereyen in Teutſch - land gefehlet, ſonſten wuͤrde man vielleicht un -Bter -18Cap. II. Hiſtoriſche Nachrichtenterſchiedliche artige Nachrichten davon ha - ben.

§. 3.

Der aͤlteſte Nahme dieſes Waſſers iſt wohl,*Die aͤlteſte Benennung: Hyllige Borne. daß die alten Nieder-Sachſen daſſelbe den Hylligen Born, und den Grund, und die Wieſe, auf welchem die Quellen entſpringen, den Hylligen Anger genannt haben. Denn alſo wird der Trinck-Brunnen von undenckli - chen Jahren her von den Einwohnern und Nachbahren geheiſſen, und iſt dieſe Benennung noch heutiges Tages unter denſelben gantz ge - braͤuchlich. Im ſechzehenden Seculo iſt er von denen Autoribus der Spiegelbergiſche und Neubrunn, nach ſolcher Zeit der Pyrmontiſche genannt worden.

§. 4.

Ob nun die alte Saͤchſiſche Benen - nung**Woher der Nahme entſtanden. nach einiger Meynung von Goͤtzen-Bil - dern, welche vor Alters von den Heydniſchen Teutſchen um dieſe Brunnen geſetzet, und da - ſelbſt verehret worden, hergenommen, oder von einer Catholiſchen Kirche, welche auf der heili - gen Wieſe zwiſchen dem Brunnen und dem Schloß geſtanden, (von welcher ohngefehr vor 40 Jahren noch einige zerfallene Mauerſtuͤcke uͤbrig geweſen,) wohin die Catholiſchen von Luͤde und andern benachbahrten Oertern an Feſt - und Feyertagen mit Creutz und Fahnen, Proceſſiones und Wallfahrten gehalten, ſol - ches laͤſſet man an ſeinen Ort geſtellet ſeyn.

§. 5.19von denen Pyrmont. Geſund-Brunnen.

§. 5.

Es iſt aber wahrſcheinlicher, daß die heydniſchen Goͤtzen, und nach Caroli M. Zei - ten die Chriſten-Kirchen eben darum nahe bey dieſen Brunnen auffgerichtet und erbauet wor - den, weil man dieſelben damit erheben und hei - ligen wollen. Denn man wird aus dem unge - woͤhnlichen, beſtaͤndigen und ſtarcken Auff - brudeln der Quellen, und dem beſondern Ge - ſchmack des Waſſers, wie auch ohne Zweiffel aus denen heilſamen Wirckungen deſſelben, die - ſe Brunnen ſchon damahls hoch, und als ein hei - liges Wunder der Natur gehalten haben.

Da die Niederlaͤnder bereits im erſten Se - culo ihren auffbrudelnden, und nach Eiſen ſchmeckenden Brunnen zu Reinigung des Lei - bes, gegen drey-taͤgige Fieber und Stein-Ge - brechen haben zu brauchen wiſſen, wie Plinius ſecundus in Hiſtoria naturali gedencket, ſo iſt zu vermuthen, daß die Cheruſci, und nach - mahls die Francken und Sachſen, nicht weni - ger von ihren Mineral. Quellen gewuſt, und die - ſelben darum werth und heilig werden gehalten haben.

§. 8.

Von dem achten Seculo giebet der Jeſuit Nicolaus Schaten*N. Schateni Nachricht von A. C. 784. in ſeiner Hiſtoria Weſtphaliæ die aͤlteſte Nachricht von dem Brunnen ſelbſt. Denn als Carolus M. Anno C. 784. ſein Haupt-Quartier zu Luͤgde genom - men, (wie wir Cap. I. §. 6. angefuͤhret haben) B 2mel -20Cap. II. Hiſtoriſche Nachrichtenmeldet dieſer Autor unter andern folgendes von ihm: Præter Ambram, qui nunc Emme - ra dicitur, Carolum oblectarunt Pyrmonta - Aquæ in Conſpectu Ludæ, acore & Mede - la celebres. Ob nun gleich der Autor nicht ſchreibet, woher er dieſe Nachricht genommen, ſo iſt doch zu vermuthen, daß er ſolche aus einem alten Manuſcript gezogen, weil dieſer Jeſuit ein ſehr accurater Autor, und gute Gelegenheit gehabt, dergleichen MSta aus dem Paderbor - niſchen Archiv, und bey dem gelehrten Bi - ſchoff Ferdinando, Freyherrn von Fuͤrſten - berg durchzuſuchen.

§. 9.

Im 14ten Seculo hat Henricus de Her - vordia,*Henricus de Hervordia vom 14. Seculo ein Dominicaner-Muͤnch in dem St. Pauli Cloſter zu Minden gelebet, welcher ver - ſchiedene treffliche MSta hinterlaſſen; von der Saͤchſiſchen Hiſtoria, aus dieſem fuͤhret Ferdi - nandus Epiſc. in Monumentis Paderbornenſ. eine Nachricht an, welche alſo lautet: In Weſtphalia juxta oppidum Lude, diœce - ſis Paderbornenſis Fons eſt, qui dicitur SA - CER FONS, de quo ſi quis pronus biberit, in faciem ejus exſilit, & quaſi expergi videtur. Ibidem eſt & alius fons, qui dicitur FONS BULLIENS. Iſte quaſi quadratus eſt, de qua - tuor lateribus æqualibus, quolibet latere for - te 12 pedum exiſtente, & fundus ſubter rube - us ad pallorem declinans &c. Nil in ipſum in -fluit,21von denen Pyrmont. Geſund-Brunnen.fluit, nec effluit, ſed continue bullit & ſonore ſic ut ad jactum baliſtæ poſſit audiri &c. Die - ſer Muͤnch iſt Anno 1370. zu Minden geſtorben und in der Dominicaner-Kirche begraben, ſte - het alſo leicht nach zurechnen, daß der Trinck - Brunnen nach dieſer Erzehlung ſchon vierdte - halb hundert Jahr der heilige Brunn geheiſſen, und der Bade - oder Brodel-Brunn ſchon da - mahls auffgeraͤumet, und ins Viereck gefaſſet geweſen.

§. 10.

Von Anno 1556. ſchreibet Ferdi - nandus Epiſcopus, von Joh. Seileri Chronico Pyrmont. MSto,*An. 1556. Ferdinandus Epiſc. Seileri Chron. daß derſelbe von dieſem hei - ligen Brunnen erzehle, wie ſolcher damahls durch ſeine wunderbahre Krafft, in Heilung vie - ler ſchweren Kranckheiten ſehr beruͤhmet, und unter groſſem Zulauff der Auslaͤnder und Frem - den ſey beſuchet worden. Auch habe Joh. Gi - gas, gebuͤrtig aus Luͤde, ein trefflicher Medicus und Mathematicus, und Henricus Harius J. C. in ſeiner Beſchreibung des Biſchoffthums Pa - derborn, ſchon lange vor ſolcher Zeit dieſen Brunnen ſonderlich geruͤhmet. Der Biſchoff thut hinzu, daß dieſer edle Geſund-Brunnen noch biß auf ſeine Zeit jaͤhrlich von vielen Fuͤr - ſten und groſſen Herren fleißig beſuchet werde.

§. 11.

Von eben dieſem Jahre 1556. ſchrei - bet Bünting**Bünting von An. 1556. in ſeiner Braunſchweig - undB 3Luͤne -22Cap. II. Hiſtoriſche NachrichtenLuͤneburgiſchen Chronica, gedruckt zu Magde - burg 1586. im dritten Theil fol. 72. Zu der - ſelben Zeit war ein Wunder-Gelaͤuff nach den heiligen Brunnen, ſo ſich um dieſe Zeit in der Grafſchafft Pyrmont und Spiegelberg, etwa zwo Meilen von Hameln, bey einem Dorff Diſtorff (Odistorff oder Oeſtorff) genannt, be - funden, und wider mancherley Kranckheiten gebraucht worden, auch etlichen Leuten geholf - fen. Dahero ein Geſchrey ausgebrochen, als ſolte und koͤnte dieſer Brunn alle Seuchen und Gebrechen heilen, da ſahe man auf allen Straſ - ſen zufahren und reiten, und die Krancken auf Karren, Wagen und Schlitten bringen, die andern gebrechlichen Leute herlauffen, gehen und kriechen.

Welche nahe dabey waren, und durch keine andere Mittel die ihren dahin bringen konten, trugen ſie auf dem Ruͤcken zum Brunnen, und waren offt etliche 1000. Menſchen dabey, daß ſie nicht anders als in einem Feld-Lager um den Brunnen herlagen. Dem Grafen des Orts war nicht allzu wohl dabey, auch andere benach - barten Fuͤrſten und Herren ſich einer Vergad - derung befuͤrchten muſten. Es lieſſen ſich auch alte verlebte Weiber dahin fuͤhren, vermeyn - ten vielleicht jung, oder alter Schaden loß zu werden, die doch nicht lange nach ihrer Wieder - kunfft gelebet.

So ſind auch viel geſunder Menſchen dahingezo -23von denen Pyrmont. Geſund-Brunnen.gezogen und geritten, daß ſie den heiligen Brun - nen ſehen moͤchten. Es wurden auch groſſe Faſſe und Kupffen, Legel, Flaſchen und ande - re Gefaͤſſe bey dieſem Brunnen gefuͤllet, und weit und ferne gefuͤhret und getragen, die ab - weſende Krancke damit zu baden und zu traͤn - cken, halff was es kunte, obgleich etliche dar - uͤber ihrer Gebrechen entlediget wurden, die ihre Kruͤcken daſelbſt am Brunnen hangen lieſſen und davon giengen.

§. 12.

Von eben dieſer Zeit ſchreibet auch Leonhard Thurnheiſſer*Thurnheiſſer von An. 1556. zum Thurn, in ſei - nem Buch, von kalten, warmen, mineriſchen und metalliſchen Waſſern, gedruckt zu Franck - furt an der Oder 1572. in fol. im 9. Buch p. 386. In der Grafſchafft Spiegelberg zwiſchen Ha - meln und dem Metborn an der Weſer, iſt ein ſauerlicher Urſprung Waſſers, aus dem drit - ten Grad der Erden, welcher in ſich haltend iſt: Chalcantum, Eiſen, Alaun, Bitumen, Ni - ter &c.

Dieſes Waſſer wird genannt beym Neu - brunnen, zu dem anfaͤnglich ein ſolch Gelaͤuff war, daß auch Leute aus Sicilien dahin (Ge - ſundheit zu erlangen) reiſeten. Er iſt um das Jahr 1544. (ſolches ſcheinet ein Druckfehler bey dem Autore zu ſeyn, und ſoll heiſſen 1554. 56. ) in groſſem Ruff geweſen, hat aber ſeinen Nah - men bald verlohren, ob es vielleicht GottesB 4Wille24Cap. II. Hiſtoriſche NachrichtenWille alſo, dieweil wir ſeine Gaben ſo undanck - bahrlich brauchen ꝛc. Es iſt ſeines Tempe - raments halben ein gutes Waſſer ꝛc.

§. 13.

Jacobus Theodorus Tabernæmon - tanus*J. Theodorus Tabernæmontanus. inſeinem Waſſer-Schatz, welchen er Anno 1584. geſchrieben, meldet von derſelbi - gen Zeit unter andern folgende Umſtaͤnde: Es war vor 20 Jahren dieſer Sauerbrunnen in einem ſolchen Ruff und Geſchrey, daß auch aus fremden Nationen, als Franckreich, Italien und Sicilien, Leute heraus gezogen, dieſen Brunnen zu beſuchen, dann ein ſolch Gelaͤuff zu dieſem Wunder-Brunnen war, wie vor Zei - ten das wuͤtende und raſende Wallen zu der ſchoͤnen Maria und Nothhelfferin zu Regen - ſpurg, denn es war ſchier kein Blinder, Tau - ber, Stummer, oder von Mutterleib Lahmer, wie auch die Sonder-Siechen oder Auſſaͤtzigen, die nicht verhoffeten, durch dieſen Brunnen ih - re Geſundheit zu erlangen ꝛc. Es muß dieſer Autor, welcher ſonſt den Spiegelbergiſchen Brunnen durch allerhand offenbahr falſche Er - dichtungen verkleinern wollen, doch deſſelben groſſen Ruhm und Flor zu ſeiner Zeit, mit ge - ſtehen und erzehlen helffen.

§. 14.

Sonſten haben auch von ſolcher Zeit, und dem groſſen Nahmen und Ruff des Brun - nens noch geſchrieben, Wernerus**Wernerus, Solenander. in ſeinerMag -25von denen Pyrmont. Geſund-Brunnen.Magdeburgiſchen Chronica, item Solenander in Conſil. 9. Sect. 4. p. m. 337. Am umſtaͤnd - lichſten aber und recht ausfuͤhrlich findet man die Geſchichte von Anno 1556. angezeichnet von Johanne Pyrmontano*Johannes Pyrmontanus von An. 1556. alias Feuerberg Lug - denſi, Scholæ Patriæ Moderatore, in ſeinem Tractaͤtlein FONS SACER genannt, Anno 1697. zu Lemgow gedrucket. Es meritiret ſolches geleſen zu werden, und obſchon das alte Buͤchlein nicht mehr zu haben, ſo findet man doch den Auszug deſſelben in des ehmahligen Herrn Guarniſon-Predigers zu Hameln Jo - hannis Rahts Brunnen-Spiegel Anno 1681. zu Rinteln gedruckt pag. 332. ſeqq. Auch hat der ſelige Herr D. Cunæus dieſes Tractaͤtlein ſeiner Beſchreibung des Pyrmontiſchen Brun - nens angehaͤnget, weil er aber vieles von dem ſeinen mit dazu gethan, ſo kan man den alten Text von dem neuen nicht unterſcheiden.

§. 15.

Weil die wenigſte Zeit und Gelegen - heit haben moͤchten, angefuͤhrte letzte Autores nachzuſchlagen, ſo wird dem geneigten Leſer nicht unangenehm ſeyn, wenn das Vornehmſte von derſelben merckwuͤrdigen Zeit aus dem Jo - hanne Pyrmontano, denen vorgemeldeten Nachrichten noch beygefuͤget wird. Es ſchrei - bet derſelbe unter andern alſo: Anno 1556. war dieſer edle heilige Brunnen eines groſſen Anſehens, Wuͤrden und Nahmens, nicht al -B 5lein26Cap. II. Hiſtoriſche Nachrichtenlein in Teuſchland, ſondern auch in allen Pro - vincien durch die gantze Chriſtenheit, in Hi - ſpanien, Franckreich, England, Schottland, Norwegen, Schweden, Dennemarck, Poh - len, Ungarn und gantz Italien beruͤhmt, und ſeiner Tugend halber uͤberaus bekannt und ruchtbahr, alſo daß er unverſehens anfieng, zu unzaͤhligen Kranckheiten nuͤtzlich und heilſam gebraucht zu werden. Und gieng es dieſer Or - ten nicht anders zu, als wenns lauter Aqua vi - , Fons ſalutis, ja Chriſtus der lebendige Brunn ſelbſt geweſen, ſo wuͤrcklich in dieſem Waſſer operiret haͤtte. In Summa Men - ſchen-Zungen, Schreiber und Dichter, haͤtten nicht gnugſam ſeine edle Krafft, Tugend und Operation ausreden, ſchreiben oder verfaſſen moͤgen.

Es kamen zu derſelben Zeit dahin aus allen Landen, allerley Nationen ſo breßhafft, und das Waſſer bey Faͤſſern, Tonnen, Wagen und Karren voll uͤber 10, 20, 40, 50, ja hundert Meilen fuͤhreten, und zu denen Kranckheiten de - rer, ſo nicht uͤber Weg kommen mochten, ge - braucheten.

Unter 4 Wochen waren allhier uͤber zehen tauſend Menſchen, ſo dieſes Wunder zum Theil ardore viſendi, zum Theil durch verur - ſachte Nothdurfft viſitirten. Die benachbar - te Doͤrffer, als Odesdorff und Holtzhauſſen waren Tag und Nacht alſo beſchwehret mitKran -27von denen Pyrmont. Geſund-Brunnen.Krancken und Gebrechlichen, daß man die Be - hauſung, und was ſonſt zur Nothdurfft beduͤrf - fend, nicht zu bekommen wuſte.

Die Stadt Luͤgde, dem Biſchoff zu Pader - born zugehoͤrig, war dermaſſen von krancken Leuten, hohen und niedrigen Perſonen behaff - tet und uͤberzogen, daß kein Raum in der Be - hauſung, kein Bier oder Brodt zu bekommen, und die Aufflage ſo theuer ward, daß das Ar - muth ſich nicht mehr zu behelffen wuſte. Un - ter einem Vierteljahr war eine ſolche Menge Volcks daſelbſt vorhanden, daß das Volck La - ger im Walde auffſchlug, oͤffentliche Schar - ren, Fleiſch, Bier und Brodt-Haͤuſer anſtiff - tete ꝛc.

Zu derſelben Zeit kam dahin Frau Hede - wig, Fuͤrſten Joachim zu Brandenburg Ge - mahl, Tochter des Koͤnigs Sigismundi von Pohlen, und lag zu Pyrmont 5 Wochen, curir - te ſich in dieſem heilſamen Waſſer.

Am Fronleichnams-Tage kam dahin Frau Catharina, Hertzog Johann Ernſt zu Sachſen auff Coburg Gemahlin, und badete auch etli - che Wochen, Deßgleichen Graf Conrad zu Tecklenburg, Graf Sigismund von Gleichen, und ſonſt viel andere Graͤfliche Frauens-Per - ſonen, und unzaͤhlige von Adel, reiche Kauffleu - te, Prediger, gelehrte Doctores und Profeſſo - res: Der hochgelahrte Helmericus Bone, Chriſtophorus Studt, Hermannus Huddæus,Rector,28Cap. II. Hiſtoriſche NachrichtenRector, und hernach Paſtor Supremus zu Min - den, welche drey Perſonen groſſe Laͤhmniß und Podagræ-Schaden an ihren Beinen gehabt, ſind aber durch des Waſſers Nutzung naͤchſt GOtt gebeſſert ꝛc.

§. 16.

Uber dieſes gedencket auch Herr Gol - mann eines alten Briefes und Tractaͤtleins 4. Blaͤtter groß, beyderley Anno 1556. geſchrie - ben und gedruckt, von damahligen Gebrauch und merckwuͤrdigen Begebenheiten bey dem Pyrmontiſchen Brunnen. Ob nun die letz - ten Blaͤtter in des ſeligen Herrn D. Cunæi Be - ſchreibung, welche er unter des Herrn Claus von Poſten Briefſchafften gefunden, eines die - ſer Tractaͤtgen ſey, ſolches iſt wohl zu glauben, ſonſten habe bißher, wo ich auch darnach gefor - ſchet und nachſuchen laſſen, dieſelbe nicht antref - fen koͤnnen.

§. 17.

Noch muß ich von derſelben Zeit an - fuͤhren, die artigen hiſtoriſchen Carmina Her - manni Huddæi*H. Huddæi Carmina. Rectoris Mindenſis de Fonte Pyrmuntano ad Albertum Comitem de Hoya. Es iſt dieſer Huddæus einer der gelehrteſten Maͤnner ſeiner Zeit geweſen, hat mit Philippo Melanchthone correſpondiret. Anno 1564. iſt er noch im Leben geweſen, und iſt zu Minden Paſtor Primarius worden. Ob ſchon dieſe Carmina nicht mehr zu haben, ſo findet man doch im angefuͤhrten Tractaͤtlein Johannis Pyr -mon -29von denen Pyrmont. Geſund-Brunnen.montani, von demſelben verſchiedene artige Stuͤcke, von ihm ſind auch bekannt die Pyr - montiſchen Brunnen-Leges:

PERIOCHA LEGVM AD SA - CRVM FONTEM AFFIXARVM Scripta Anno 1556. d. 3. Maji ab Her - manno Huddæo: Iuſtitiæ fines, ne Tu peregrine viator Ignores, LEGES has Tibi ſemper habe: Primum qui ſacrum cupit hunc inviſere fontem, Et quærit vitæ commoda magna ſuæ, Divinos temere exhibeat, prohibemus ho - nores Huic fonti, procul hinc vana ſuperſtitio! Gloria ſed ſummo ſit, dicito, lausque Pa - renti Qui media iſta ſua pro bonitate dedit. Salvum Conductum concedimus omnibus his, qui Imperii Leges non violare ſtudent, Et parcant ſatis, nulli noceantque mone - mus: Pœnas transgreſſor corpore & ære luet. Candida pax noſtris vigeat, mandamus, in oris, Hoſpitii violes jura ſacrata cave! Merces30Cap. II. Hiſtoriſche NachrichtenMerces qui exoticas, vinumque, cibaria vendunt Sint memores æqui, juſtitiæque ſimul. Verum qui hic tales ſtatuerunt vendere merces Treis groſſos nobis pro ſtatione dabunt Has Comes affixit Generoſus in arbore Le - ges, Si violes, certo pœna parata manet.

§. 18.

Dazumahl hat zu Pyrmont regieret, Herr Graf Philipp, der letzte von dem Spie - gelbergiſchen Stamm, welcher das folgende Jahr 1557. den 10. Aug. vor St. Quintin im 24ſten, (andere ſchreiben im 27ſten Jahr) ſei - nes Alters erſchoſſen, und zu Cammerich in der Haupt-Kirche begraben worden.

Daß nun nach ſolcher Zeit dieſer groſſe Nahme und Ruhm*Verluſt des groſſen Nahmens und Geruͤchts von dem Brunnen. des Brunnens auff ein - mahl wieder verlohren gangen, wird von denen meiſten Autoribus einer unmittelbahren Straf - fe Gottes zugeſchrieben, als wenn GOtt wegen der vielen Unordnungen, Undanckbarkeit und Suͤnden, ſo damahls dabey vorgangen, dem Waſſer die Kraͤffte und den Seegen auf eine Zeitlang wieder entzogen haͤtte, gleichwie der Teich Bethesda zu Jeruſalem (Ev. Joh. 5. v. 2. 3. 4. ) nicht allezeit gleiche Wuͤrckung hatte,ſon -31von denen Pyrmont. Geſund-Brunnen.ſondern durch eine ſonderbahre Bewegung des Engels, jedesmahl auffs neue die Krafft em - pfangen muſte.

Ob man nun genugſame Nachricht und Ur - ſache habe, dergleichen von unſerm Waſſer zu gedencken, mag ein jeder ſelbſt urtheilen. Es iſt zwar leicht zu erachten, daß damahls bey der gar groſſen Menge des Volcks viele Unord - nungen und Suͤnden moͤgen vorgangen ſeyn, es bleibet aber doch die Frage, ob die heutige Welt froͤmmer, und ob nach dem ſechzehenden Seculo mehr Danckbahre wegen des goͤttli - chen Segens im Brunnen, und wieder erlang - ter Geſundheit, als vor ſolcher Zeit, gefunden werden.

§. 19.

Andere Urſachen*Urſachen deſſelben. aber der ſchleuni - gen Verachtung des Brunnens nach ſolcher Zeit, ſind offenbahr und am Tage. Als erſt - lich darff man nicht weit nachſuchen, ſondern nur einige Umſtaͤnde, welche angefuͤhrte Auto - res melden, erwegen, ſo wird man bald finden, daß es nothwendig ſo ergehen muͤſſen. Da man angefangen unmoͤgliche Dinge von dem Waſſer zu prætendiren, alte Weiber dadurch wieder jung machen wollen, wie Bünting redet, da alle von Mutterleibe Blinde, Taube, Stum - me, Lahme und Kruͤppeln, als von Chriſto ſelbſt haben wollen curiret ſeyn, auch den Teufel aus Beſeſſenen damit vertreiben wollen, wie einigeNach -32Cap. II. Hiſtoriſche NachrichtenNachrichten geben (dahero in denen Brun - nen-Legibus des Huddæi ſehr notabel, daß das erſte Verbot dahin gehet, daß man keinen Ab - gott aus dem Brunnen machen ſolle,) mit ei - nem Wort, da auf den Ruff vieler moͤglichen, wahrhafften und herrlichen Curen, alle incura - ble, gebrechliche auf einmahl herbey geſchleppet und lauter uͤbernatuͤrliche goͤttliche Wunder er - wartet worden, ſo konte nicht anders geſchehen, als daß die meiſten wieder hinwandern muſten, wie man ſie hergebracht hatte, welche hernach aus Unverſtand das Waſſer allenthalben ver - achtet.

§. 20.

Zum andern verdroß auch einigen Medicis,*Tabernæmontani Verlaͤumdungen. daß der Spiegelbergiſche Brunnen alleine ſo groſſen Zulauff, und ſie in ihrer Nach - barſchafft nicht ſo viel von der Brunnen-Praxi haben ſolten. Jacobus Theodorus Tabernæ - montanus wohnte zu Worms, und waͤre ihm gelegener geweſen, wenn der Schwalbacher Sauer-Brunnen ſo haͤuffig waͤre frequentiret worden. Es war alſo die kuͤrtzeſte und beſte Er - findung, die Leute von dem Spiegelbergiſchen abzuſchrecken, wenn er ſchrieb, daß dieſes Waſ - ſer einen groſſen Theil von Operment (eine Art von Ratten-Pulver) mit ſich fuͤhrte.

Wer dieſes geglaubet, dem wird der Appe - tit darzu bald vergangen ſeyn. Den Beweiß, daß ſolches nicht anders, findet man auch beydie -33von denen Pyrmont. Geſund-Brunnendieſem Autore, nemlich wenn man Fiſche oder Froͤſche hinein werffe, ſtuͤrben ſie auff der Stund. Sie ſterben aber auch in dem Schwal - bacher und allen ſpirituoͤſen kraͤfftigen minera - liſchen Geſund-Brunnen. Noch viel geſchwin - der aber kommen ſie um in gutem Wein und Brandtwein, welches D. Theodorus wohl ge - wußt, und darum doch beydes zu trincken wohl nicht wird geeckelt haben.

Zum Baden haͤlt der Autor unſern Brun - nen vortrefflich, und machet viel Redens und Ruͤhmens davon, da doch die Arſenicalia, Au - ripigment und Reuſchgelb, ſo wol aͤußerlich als innerlich hoͤchſt ſchaͤdlich ſind, dahero offen - bar, daß der Mann ſelbſt nicht geglaubet, was er andere bereden wollen.

§. 21.

Ob nun gleich Herr Theodorus ſeine Sachen ſo abgeſchmackt und ungegruͤndet her - fuͤrbringet, ſo hat er doch ein leichtglaͤubiges Se - culum vor ſich gehabt, und findet man verſchie - dene unter denen aͤltern Medicis, welche theils aus Unwiſſenheit, theils um des lieben Eigen - nutzes willen ihm nachgeleyert haben, und iſt dieſes alberne Gewaͤſche des Tabernæmontani noch biß auf dieſe Stunde Urſache, daß auch noch von denen heutigen Medicis einige gefun - den werden, welche das Ungluͤck uͤber ſolche al - te Troͤſter gefuͤhret, und keine Erfahrung von dem Waſſer ſelbſt haben, deßhalben ſie den Pyrmontiſchen Brunnen fuͤr allen andern ſon -Cder -34Cap. II. Hiſtoriſche Nachrichtenderlich ſcharff und angreiffend halten, denen a - ber im vierdten und fuͤnfften Capitel durch un - umſtoßliche Beweiß - und Erfahrungs-Gruͤnde ein anders wird gewieſen werden.

§. 22.

Drittens hat auch zu derſelben Zeit unſer Brunnen von Jahren zu Jahren nicht ordentlich beſuchet werden und eine beſtaͤndige Renommée bey Auswaͤrtigen uñ Fremden be - halten koͤnnen, wegen der groſſen und vielen Krieges-Unruhen,*Krieges-Unruhen und Peſt. welche gegen das Ende des 16den Seculi und waͤhrendem 30. jaͤhrigen Krie - ge im folgenden Seculo nicht allein den Nieder - Saͤchſiſchen Creyß und Weſtphalen, ſondern auch den Pyrmontiſchen Diſtrict ins beſondere oͤffters gar hart mit betroffen; wie auch die graͤuliche Peſt damals in Teutſchland aller - hand Zerruͤttungen verurſachet hat.

§. 23.

Wir gehen aber fort zu dem Jahre 1628. von demſelben ſchreibet Herr Bolmann,**Bolmann von An 1628. geweſener Stadt-Phyſicus zu Hameln, in ſei - ner Beſchreibung des Pyrmontiſchen Brun - nens Anno 1661. zum erſten mahl zu Rinteln gedruckt, daß er damahls von dem Kayſerlichen General-Feld-Marechal, Grafen von Pap - penheim, nach Luͤde beruffen worden, da er auf der Durchreiſe den Brunnen beſuchet, und aus dem Geſchmack des Waſſers geurtheilet, daß derſelbe nicht allein zum baden (dazu er damalsmeh -35von denen Pyrmont. Geſund-Brunnen.mehrentheils gebraucht worden) ſondern auch zum Trincken gut ſeyn moͤchte.

Er hat ſich alſo hernach oͤffters zum Brun - nen begeben, und was daſelbſt bey den Brun - nen-Gaͤſten und derſelben Curen vorgefallen, fleißig in Acht genommen und angezeichnet. Das Waſſer hat er 5. mahl abgezogen, und den Brunnen ſelbſt 3. mahl gebrauchet.

Wie nun endlich Anno 1648. der Weſtphaͤ - liſche Friede zum Schluß gebracht, und die Ru - he in Teutſchland wieder erlanget worden, auch die Streitigkeiten zwiſchen Paderborn und dem Hauſe Waldeck, wegen Pyrmont auff gutem Fuß ſtunden, voͤllig beygelegt zu werden, ſo haben nachmahls, ſonderlich Anno 1651. und folgende Jahre wieder viele den Brun - nen beſuchet und innerlich gebrauchet.

§. 24.

Anno 1655.*Anno 1655. & 1660. faͤhret angefuͤhrter Herr Bolmann fort, und Anno 1660. haben den Brunnen Graͤfliche, Adeliche und viele vor - nehme Standes-Perſonen gebraucht, welche ſich alle wohl darnach befunden. Es hat ſich alſo dieſer Autor ſehr verdient um den Bruñen und bey viel tauſend Menſchen, welche ihre Ge - ſundheit nachher durch den Gebrauch deſſelben unter Goͤttlichen Segen wieder erlanget ha - ben, gemacht. Er iſt der erſte Medicus gewe - ſen, welcher den Brunnen aufs neue wieder er - hoben, des Tabernæmontani arſenicaliſcheC 2Ver -36Cap. II. Hiſtoriſche NachrichtenVerlaͤumdungen refutiret, und den ehmahli - gen nuͤtzlichen Gebrauch innerlich ſo wol als aͤußerlich wieder eingefuͤhret hat. Seine Brunnen-Beſchreibung iſt ordentlich, und ſeine practiſche Anmerckungen, was den Gebrauch des Waſſers anbelanget, ſind meiſtentheils richtig und gut. Es iſt auch nach ſolcher Zeit kein Jahr vorbey gangen, daß nicht der Brun - nen von einer groſſen Menge Frembden aller - hand Standes beſucht worden; und wie die Zahl der Jahre, ſo iſt auch der Ruhm deſſel - ben durch mannigfaltige gute Erfahrung jaͤhr - lich angewachſen, bis auf dieſe Zeit.

§. 25.

Anno 1668. hat*Anno 1668. der Hochſelige Fuͤrſt von Waldeck, Georg Friedrich, General-Feld - Marechal der Vereinigten Niederlande, wel - cher ſich ſonderlich ruhmwuͤrdig angelegen ſeyn laſſen, den Ort in guten Stand zu bringen, und denen Cur-Gaͤſten alles Vergnuͤgen und Bequemlichkeit zu verſchaffẽ, eine ſchoͤne Allée**Allée. von 4. Reihen Linden-Baͤumen auf 500. Schritt lang und 40. Schritt breit pflantzen, auch ein groß achteckichtes Brunnen-Hauß***Brunnen-Hauß. 42. Fuß im Diametro und 60. Fuß hoch uͤber dem Trinck-Brunnen aufbauen, und das Waſ - ſer reinlich einfaſſen und ableiten laſſen; wel - ches denn noch bis auf dieſe Stunde in Bau -und37von denen Pyrmont. Geſund-Brunnen.und Beſſerung erhalten wird, damit ſo wol die Qvelle vor aller Unreinigung moͤge bewahret bleiben, als auch, wenn Regen-Wetter ein - faͤllet, man unter Dach ſtehen und trincken koͤnne.

Es wird zwar aus des Johannis Pyrmonta - ni Tractaͤtlein angefuͤhret, daß Herr Graf Phi - lipp Ernſt von Gleichen den Brunnen mit ei - nem ſtatlichen Gebaͤude und mit einer rennli - chen Waſſer-Roͤhre habe verſehen laſſen; weil aber noch viele Leute im Leben ſind, welche gar wohl gedencken, daß der Brunnen unter frey - em Himmel bloß mit Eichen-Holtz eingefaſſet geſtanden, ſo muß entweder ſolches erſtere Ge - baͤude bey denen Krieges-Unruhen gaͤntzlich wieder herunter geriſſen worden, oder dieſe Nachricht muß nicht gar zu richtig ſeyn.

§. 26.

Anno 1677. hat der ſelige Herr D. Andreas Cunæus von Keil,*D. Cunæi Brunnen-Beſchreibung, A. 1677. ein ſehr gelehrter und erfahrner Practicus, gebuͤrtig aus Kalbe in Sachſen, ſeine Beſchreibung des Pyrmon - tiſchen Sauer-Brunnens zum erſten mahl her - aus gegeben, welche nachmahls 3. bis 4. mal wieder aufgelegt, und bißher als ein noͤthiger Unterricht bey dem Brunnen iſt gebraucht worden. Es hat dieſer Herr D. Andræas Cu - næus uͤber 30. Jahr bey dem Pyrmontiſchen Brunnen practiciret, hat denſelben ſelbſt 28. mahl ordentlich gebraucht, und iſt erſt vor 4. C 3Jah -38Cap. II. Hiſtoriſche NachrichtenJahren A. 1713. im 74ſten Jahre ſeines Alters in Sachſen zu Nieder-Roͤblingen auf ſeinen Guͤ - tern geſtorben.

§. 27.

Zu dieſes Medici Zeiten haben auch die beruͤhmten Hochfuͤrſtl. Hannoͤveriſchen und Zelliſchen Leib-Medici,*Andere beruͤhmte Medici bey dem Brunnen. Herr D. Conerding und Herr D. Kotzebu den Brunnen oͤffters be - ſuchet. Noch haben damahls zu Pyrmont or - dentlich practiciret, der ſel. Herr Georgius Cu - næus von Keil (welcher biß 1712, da er geſtor - ben, bey 30. Jahr daſelbſt gewohnet hat,) Herr D. Dreckmeyer von Bilefeld und andere.

Unzaͤhlig viele gelehrte Doctores und Pro - feſſores Medici ſind von Jahren zu Jahren nach Pyrmont kommen, den Brunnen ſelbſt zu ſehen und zu verſuchen, welche alle ſo wol den innerlichen als aͤußerlichen Gebrauch deſſelben gut und nuͤtzlich gefunden und approbirt haben.

§. 28.

Anno 1681.**Anno 1681. iſt das Jahr, da man nebſt der verwittibten Koͤnigin von Denne - marck, Sophia Amalia, Friderici III. Gemah - lin, und gebohrneꝛ Hertzogin von Braunſchweig und Luͤneburg, (welche den 18. Jun. ſt. v. da - ſelbſt angelanget,) 27., etliche melden, 40. biß 50. Fuͤrſtliche Perſonen bey dem Brunnen zu Pyrmont gezaͤhlet. Man findet eine ausfuͤhr - liche Nachricht davon in dem Mercure galant dedié a Monſeigneur le Dauphin; Moisd’Aouſt39von denen Pyrmont. Geſund-Brunnen.d’Aouſt 1681. Imprimé a Paris au Palais, wo - ſelbſt auch die 27. Fuͤrſtlichen Perſonen alle ſpecificiret, und ihre Divertiſſements angefuͤh - ret werden.

§. 29.

Eben daſſelbe Jahr hat Herr Joh. Rath, Guarniſon-Prediger zu Hameln,*Herrn Raths Brunnen-Spiegel. dem Pyrmontiſchen Brunnen zu Ehren, einen Tra - ctat, anderthalb Alphabet lang, durch den Druck heraus gegeben, und denſelben dem da - mahligen Biſchoff zu Oßnabruͤck, Ernſt Augu - ſto, Hertzogen zu Braunſchweig und Luͤneburg, dediciret. Er nennet das Buch einen Brun - nen-Spiegel, und beſtehet aus allerhand theo - logiſchen, hiſtoriſchen und phyſicaliſchen An - merckungen, welche ſich wohl zur Sache ſchi - cken, auch wohl ausgeſuchet, aber ſehr undeut - lich eingetheilet ſind.

§. 30.

Anno 1687. Hat Herr D. à Gehema in einem Send-Schreiben*D. à Gehema Send-Schreiben, A, 1687. an Ihro Hoch - Fuͤrſtl. Durchlauchtigkeit Fuͤrſten Georg Frie - derich hochſel. Andenckens, ſeine Meinung von dem Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen, ans Licht gegeben, darinnen er ſich aber, was den Innhalt des Waſſers anbelanget, gantz mit des ſel. Herrn D. Cunæi Feuer-Proben con - formiret. Indeſſen erinnert er dabey, daß man den Brunnen mit wenig Recht Sauer - Brunnen heiſſe, weil die Saͤurigkeit dieſes undC 4ande -40Cap. II. Hiſtoriſche Nachrichtenanderer Geſund-Brunnen gantz und gar un - terſchieden ſey, von derjenigen Saͤure, welche unſer Gebluͤth dicke mache und coagulire.

In eben dem Jahre iſt noch ein klein Buͤch - lein Deſiderii Gottfrieds Pyrmontiſches Brunnen-Geſpraͤch genannt,*Brunnen-Geſpraͤch. zu Lemgow ge - druckt, in welchem auf die Art, wie in des Hn. Raths Brunnen-Spiegel einige Materien ab - gehandelt werden.

§. 31.

Anno 1700. hat der gelehrte Herr M. Johann Reiscius,**M. Reiskii Commentatio, A. 1700. Rector Scholæ Guelferby - tanæ, ſeine Commentationem phyſicam & hi - ſtoricam de Acidulis Piermontanis heraus ge - geben. Es waͤre zu wuͤnſchen, daß dieſer Au - tor die hiſtoriſchen Anmerckungen weitlaͤuffti - ger und umſtaͤndlicher eroͤrtert, und die uͤbrigen Capita denen Medicis uͤberlaſſen haͤtte. Man ſolte gedencken, daß er zu dem erſtern die ſchoͤn - ſte Gelegenheit gehabt, bey der trefflichen Her - tzoglichen Bibliotheck zu Wolfenbuͤttel, da es an alten Chronicken, Annalibus und allerhand MStis nicht fehlet, aus welchen vielleicht eine vollkommenere Hiſtorie de Comitatu & Aquis mineralibus Piermontanis haͤtten koͤnnen zu - ſammen getragen werden.

§. 32.

Anno 1704, hat der ſel. Herr Ernſt Caſimir Waſſerbach, Hochgraͤflicher Lippi -ſcher41von denen Pyrmont. Geſund-Brunnen.ſcher Amtmann zu Barndorff,*Waſſerbachs ſatyriſche Verſe, A. 1704. einige teutſche ſatyriſche Verſe mit unterſchiedlichen hiſtori - ſchen Anmerckungen unter dem Titel, perpetu - um mobile Pyrmontanum æſtivum, heraus gegeben.

Und Anno 1706. ſind des Herrn Sigis - mund Beermanns Holtzmindenſis, nunmeh - ro wohlmeritirten Predigers,**Beermanns hiſtoriſche Nachrichten, A. 1706. hiſtoriſche Nachrichten von der Grafſchafft Pyrmont und denen Sauer-Brunnen gedruckt worden, wel - che kurtz gefaſſet, und unterſchiedliche ſpeciale Anmerckungen in ſich halten, weil der Herr Au - tor ſich eine geraume Zeit zu Pyrmont aufge - halten.

In eben demſelben Jahre hat der Herr D. Andreas Cunæus***D. Cunæi Fragen vom Tabac, Caffée &c. ein paar Briefe drucken und in denenſelben die Fragen gantz kurtz beant - worten laſſen, ob Taback, Caffee und Thee bey dem Brunnen zu gebrauchen, item, von dem Warm-Trincken des Brunnens; ob ſich die mercurialiſche Salivations-Cur bey dem Brun - nen reime? ꝛc.

§. 33.

Endlich wird das Jahr 1716.****A. 1716. billich unter die beruͤhmten Jahre gezaͤhlet werden, weil im Anfang verwichenen Sommers Ihro Czaariſche Majeſtaͤt, Petrus Alexiewitz, re -C 5gie -42Cap. II. Hiſtoriſche Nachrichtengierender Czaar in Groß-Rußland, als auch acht Wochen hernach Ihro Koͤnigl. Majeſtaͤt von Groß-Britannien, Georg Ludwig, Chur - Fuͤrſt und Hertzog zu Braunſchweig und Luͤne - burg, unſern Brunnen mit dero hohen Gegen - wart beehret haben. Ihro Czaariſche Maje - ſtaͤt haben den Fruͤhling vorher einen Medicum zu den vornehmſten Brunnen und Baͤdern Teutſchlandes voraus geſandt, und dieſelben probiren und examiniren laſſen, worauf dann nachmals nach abgeſtatteten Bericht, von dero hohen Perſon das Pyrmontiſche Waſſer fuͤr andern erwaͤhlet worden. Sie ſind den 6ten Junii bey dem Brunnen ankommen, haben 17. Tage mit mercklichem Vortheil dero Geſund - heit und ſonderbarem Vergnuͤgen das Waſſer ordentlich getruncken, und ſind den 26ſten ejus - dem bey gutem Wohlſeyn wieder abgerei - ſet.

Ihro Koͤnigl. Majeſtaͤt von Groß-Britan - nien langten den 3. Auguſt. zu Pyrmont an, und gebrauchten das Waſſer 15. Tage mit dem gewoͤhnlichen guten Effect, welchen ſie ſchon ſeit Anno 1705. iedesmahl verſpuͤhret, in wel - cher Zeit ſie den Brunnen 6. mahl aus der Qvelle gebrauchet und alle gewuͤnſchte Nutz - barkeit zu dero Geſundheit durch die Cur er - langet haben. GOtt erhalte dieſe hohe Haͤu - pter bey beſtaͤndigem hohen Wohlergehen biß zu den ſpaͤteſten Jahren.

§. 34.43von denen Pyrmont. Geſund-Brunnen.

§. 34.

Zum Schluß dieſes Capitels koͤnten nun noch verſchiedene Zeugniſſe aus denen neu - ern Schrifften gelehrter Medicorum*Zeugniſſe in Schrifften der Medicorum. angefuͤh - ret werden, von denen trefflichen Tugenden und Wuͤrckungen des Pyrmontiſchen Brun - nens, als welches hauptſaͤchlich mit zu der Hi - ſtorie deſſelben gehoͤret.

Denn es ſtehet mir ſelbſt, als einem gebohr - nen Pyrmontaner und Einwohner des Orts, nicht wohl an, den Vorzug, welchen unſer Waſ - ſer vor denen meiſten bekannten Sauer-Brun - nen hat, durch groſſe Lob-Reden vorzuſtellen. Ich wolte alſo lieber andern, denen das Pyr - montiſche Waſſer ſo viel angehet, wie mir die entfernteſten Brunnen, in dieſem Stuͤck das Wort thun laſſen. Es moͤchte aber dieſes Werck zu weitlaͤufftig und dem Leſer verdruͤß - lich fallen, daher wir nur mit ein paar Worten eines gelehrten Mannes Urtheil an ſtatt aller uͤbrigen anfuͤhren, und damit zeigen wollen, in was fuͤr Credit dieſes Waſſer nach allerhand Begebenheiten und Meynungen, endlich gera - then, und was von denen gelehrteſten und er - fahrenſten Medicis und Kennern nunmehro zu unſerer Zeit davon gehalten und ſtatuiret werde:

Es ſchreibet Herr Rath Hoffmann, D. & Profeſſor Med. Primarius auf der Koͤniglichen Preußiſchen Univerſitaͤt Halle, in ſeiner gelehr -ten44Cap. II. Hiſt. Nachr. v. den Pyrmont. ꝛc.ten Diſſertation de Acidularum & Thermarum ratione ingredientium & Virium convenien - tia, welche Anno 1712. gehalten worden von dem Pyrmontiſchen Waſſer §. VI. folgendes: Optimi qui virtute OMNES noſtro quidem judicio antecellunt, ſunt Fontes Pyrmontani. §: IX. ſtellet er dieſes Waſſer pro Exemplari, die Proben darnach zu machen, mit folgenden Worten: Placet in medium proferre Fonti - um Pyrmontenſium examen a nobis non ita pridem inſtitutum, qui noſtro judicio OMNES nobis cognitos ſubtilitate & ſpirituum copia antecellunt. Daß dieſer beruͤhmte Mann unter den heutigen Medicis docentibus in Teutſchland ſein Werck am meiſten davon ge - machet, die mineraliſchen Waſſer zu unterſu - chen, auch die groͤßeſte Wiſſenſchafft und Er - fahrung davon habe, ſolches wird niemand laͤugnen, der ſeine uͤbrige gelehrte Schrifften von dieſer Materie geleſen. Es kan alſo dieſe Approbation inſtar omnium vor dieſes mahl gnug ſeyn.

CAP. 45

CAP. III. Phyſicaliſche oder natuͤrliche Beſchrei - bung des Pyrmontiſchen Thales und derer mineraliſchen auch andereꝛ in der Naͤhe befindlichen Qvellen.

§. 1.

WEnn von der Natur*Nutzen der Natural-Hiſtorie. und dem wahren Inhalt der Waſſer in einer Landſchafft vernuͤnfftig ſoll geurtheilet werden, ſo giebet kein geringes Licht, wenn man die Geographiam phyſicam & ſubterraneam deſſelbigen Orts, oder die Beſchaffenheit des angraͤntzenden Erd - reichs, Grundes und Bodens, aus welchen ſol - che Waſſer herfuͤrqvellen, zuvor wohl gelernet und erforſchet hat.

Wir wollen alſo, ehe wir zu unſern minera - liſchen Qvellen ſelbſt kommen, vorher einige Umſtaͤnde der Natural-Hiſtorie anfuͤhren, und erwaͤgen, welche theils merckwuͤrdig und an - genehm, theils auch unſere uͤbrige Grund-Saͤ - tze und Beweißthuͤmer mehr erlaͤutern und be - ſtaͤtigen koͤnnen.

§. 2.

Es iſt der Pyrmontiſche Thal, wie wir Cap. I. §. 9. erwehnet haben,**Gebuͤrge um den Pyrmontiſchen Thal. rings umher mithohen46Cap. III. Natuͤrliche Beſchreibungenhohen Bergen, oder vielmehr rechten Gebuͤrgen umgeben, welche ſich ſonderlich Nord-Weſt - und Suͤd-waͤrts weit und ferne erſtrecken, daß man einen ziemlichen Spatzier-Weg uͤber die Berge gehen muß, ehe man wieder in eine ſo niedrige Gegend, als die Pyrmontiſche iſt, ge - langet.

In Abſicht auf unſeren Brunnen kommen hier nur die Berge, Huͤgel und Hoͤhen gegen Norden in Conſideration, weil an dem Fuß dererſelben, ob gleich eine gute Ecke herunter, die Qvellen entſpringen, und alſo ohne Zweifel ihren mineraliſchen Innhalt daher fuͤhren.

§. 3.

Der oberſte Theil dieſer Berge und Hoͤ - hen iſt an denen meiſten Orten ein gut und recht fruchtbares Erdreich,*Das Erdreich. auf welchem allerhand Getrayde und Garten-Gewaͤchſe, wie der Au - genſchein jaͤhrlich lehret, gar wohl kan ange - bauet und gezogen werden. Auf dieſe Erde folget ſchichtweiſe gelber oder weiſſer Leimen, Letten, Mergel, Sand ꝛc. an einem Orte dieſes, an einem andern jenes. Nach ſolchen Stratis oder Schichten, wie auch an verſchiedenen Or - ten gleich oben an, findet man ſehr haͤuffig einen braunen und roͤthlichen Stein, ent - weder in groſſen Stuͤcken oder viel kleinem Gebroͤckel.

§. 4.

Ohngefaͤhr 800. Schritt vom Brun -nen47des Pyrmontiſchen Thals.nen gegen Oſten iſt eine Stein-Grube,*Stein-Grube. wo - ſelbſt noch jaͤhrlich dergleichen Steine in groſſer Menge gebrochen werden, weil ſolche vier - eckigt fallen, und alſo gute Mauer-Steine geben.

Es laſſen ſich dieſelben von der Seiten, wie ſie horizontal gelegen, in viele Splitter und gantz duͤnne Blaͤttlein ſpalten, da denn viele in - wendig wie mit ſubtilen Silber-Feilſpaͤnen be - ſtreuet ſind.

Dieſe Steine liegen in der Grube von Na - tur alle in groſſe Stuͤcke geſpalten und ſind zwi - ſchen denenſelben allenthalben Ritzen, welche mit einer zaͤhen klebrichten und roͤthlichen Erde angefuͤllet. Es iſt ſolche geſtaltet wie eine Terra Lemnia, und ziehet einem, wie alle der - gleichen Eiſen-Erde, den Mund gelinde zu - ſammen.

§. 5.

Ob ich nun gleich in dieſem Steinbruch oͤffters nachgeſucht, in Meynung etwas rechtes von Ertz, Pyrites, Eiſen-Steine oder Kieſe zu finden, ſo habe dergleichen doch bis dato an dieſem Orte nicht antreffen koͤnnen.

Indeſſen iſt gewiß, daß, wenn man in die - ſer Gruben tieffer brechen ſolte, da man bißhero nur fortgefahren horizontal in den Huͤgel hinein zu arbeiten, man endlich auf ein ſchwefelichtes Ertz kommen wuͤrde.

Es48Cap. III. Natuͤrliche Beſchreibungen

Es wiſſen auch einige Oeſtorffiſche Einwoh - ner zu erzaͤhlen, daß vor mehr als 20. Jahren an einem Orte etwas tieffer gegraben worden, da denen Arbeitern ein ſo ſtarcker Dunſt entgegen gekommen,*Erſtickende mineraliſche Duͤnſte. daß ſie davon weichen muͤſſen. Auch bin ich vor 2. Jahren an demſelben Ort zu einem Loch kommen, wo etwas Regen-Waſſer zuſammen gelauffen war, von welchem mir ge - ſagt worden, daß oͤffters todte Voͤgel daſelbſt gefunden wuͤrden; daher ich begierig war, ſol - ches ſelbſt zu ſehen, und nach der Urſach zu for - ſchen. Ich habe damahls auf einmahl mehr als zehen Stuͤck allerley kleine Voͤgel, Maͤuſe, Eidexen und Schlangen gezaͤhlet, welche gleich auf der Stelle erſtickt und todt um das Loch herum lagen.

Es haben dieſes Jahr die Steinbrecher auff meine Veranlaſſung an einem Orte wieder an - gefangen in die Tieffe zu brechen, worauff ſich bald die ſchwefelichten Duͤnſte wieder ſpuͤhren laſſen, auch einige Tage angehalten, ob gleich die Oeffnung und Tieffe des Loches noch gar gering war.

§. 6.

Man ſiehet indeſſen hieraus, daß man nicht viel Muͤhe haben wuͤrde, zu Pyrmont eine Grotta del Cane, wie auf dem Lucullianiſchen Huͤgel eine halbe Meile von Napoli gefunden, und von denen Reiſenden bewundert wird, zu verfertigen.

Wie49des Pyrmontiſchen Thals.

Wie mir denn dergleichen duͤnſtige Schwe - fel-Gruben und Keller an andern Orten, wo mineraliſche Waſſer ſind, ſonderlich zu Ems und Schwallbach gezeiget worden, welche ei - nige Autores bereits angefuͤhret und beſchrie - ben haben.

§. 7.

Ich bin zwar nicht der Meinung, daß unſere mineraliſche Qvellen von der Oſt-Sei - te, an welcher beſagte Stein-Grube gelegen iſt, herunter kommen, indeſſen dienen doch ſol - che Umſtaͤnde mit zum Beweiß, daß eine gantz unterirrdiſche Gegend mit einem ſchwefelichten Ertz oder Kies angefuͤllet ſeyn muͤſſe.

Damit aber nicht einige, die von der gleichen Effect derer Schwefel-Duͤnſte keine Wiſſen - ſchafft haben, hierbey auf die Gedancken kom - men moͤgen, als wenn ſolches eine Anzeige, daß etwas gifftiges arſenicaliſches in der Erden vor - handen, ſo muß nur kuͤrtzlich dagegen erinnert werden, wie Exempel genung bekannt, daß Leu - te in groſſen Kellern eben auf eine ſolche Art von denen aufſteigenden Duͤnſten eines gaͤhrenden Weines oder Bieres erſtickt ſind, wie ſolches Cap. 4. §. 42. mit mehrern angefuͤhret wird.

§. 8.

Gegen Norden lieget nun ohngefaͤhr 500. Schritt von dem Brunnen der ſo genann - te Bomberg,*Der Bomberg. ein groſſer, hoher und langer Berg, in welchem oder vielleicht in denen naͤchſt - angelegenen Bergen, ſo viel man wahrſcheinlichDmuth -50Cap. III. Natuͤrliche Beſchreibungenmuthmaſſen kan, ſich das Waſſer zu unſern Qvellen ſammlet, hernach durch den Grund de - rer Berge und die umherliegenden Huͤgel biß an die Oerter, da es Ausgaͤnge und Loͤcher fin - det, ſich herdurch ſencket. Was nun in die - ſen Bergen eigendlich von Mineralien moͤchte gefunden werden, iſt bißhero nicht unterſuchet worden.

§. 9.

Nicht ferne aber von dem Brunnen, auf derſelbigen Seite, oben an dem heiligen Anger findet ſich eine breite, duͤrre, ſteinigte Hoͤhe, welche allenthalben voller Gruben iſt, und ausſiehet, als wenn vor vielen Jahren das unterſte zu oberſt gekehret und tieff hinein gear - beitet worden (welches wohl bey denen offtma - ligen Belagerungen des Schloſſes wird geſche - hen ſeyn.)

Die Art derer Steine iſt daſelbſt loͤchericht und wie ein Toff-Stein*Eiſenhaltige Toff-Steine. anzuſehen, welche von einigen Duff-Steine oder Duck-Steine ge - nennet werden.

Auf dieſer Hoͤhe ſind einige Oeffnungen und Loͤcher, aus welchen man eine Menge Steine mit der Hand heraus brechen kan, welche wie lauter Eiſen-Ruſt ausſehen, einige roͤther, ande - re braun und ſchwartz. Auch habe daſelbſt in einem Loche vor einem Jahr im Fruͤhling ein groſſes Stuͤck petrificirtes oder mit Stein und Eiſen-Ertz eingebeitztes Holtz ge -fun -51des Pyrmontiſchen Thals.funden. *Petrificirtes Holtz.Ich ließ ein paar Loth davon ſtoſ - ſen, und triebe es in meinem Schmeltz-Ofen durch den ſchwartzen Fluß, ließ nachmahls die leichte Schlacken davon abwaſchen, und hielte uͤber das ſchwere getrocknete Sediment einen Magneten, da flogen viele Eiſen-Theilgen an demſelben in die Hoͤhe, und wurde ich alſo des Eiſenhaltes verſichert.

§. 10.

Weil nun viele derer oͤberſten Steine ſol - che Spuhꝛen von Eiſenertz geben, ſo iſt zu vermu - then, daß, wenn man tieffer graben ſolte, man ei - nen groſſen Vorrath von Eiſen und Schwefel - Kieſen antreffen wuͤrde. Viele von beſagten Steinen kommen mir vor als wie ausgelaugete Pyritæ, welche durch Lufft, Regen und Son - nenſchein ihres Schwefelhaltens beraubet wor - den, da denn das Eiſen als ein Crocus oder Ruſt alleine bey der ſteinigten Materie zuruͤck ge - blieben.

§. 11.

Noch etwas weiter hinunter von die - ſer Hoͤhe ohngefaͤhr einen Buͤchſen-Schuß von denen Geſund-Brunnen findet man die Stein - Qvellen,**Stein-Quellen. welche ſich daſelbſt auf einem Huͤ - gel ziemlich weit ausbreiten und rings umher, wo das Waſſer hinflieſſet, den gantzen Boden, Graß, Mooß und andere Sachen mit einer di - cken ſteinernen Kruſte uͤberziehen und bedecken, ſo, daß an etlichen Orten, wenn man etwas da -D 2von52Cap. III. Natuͤrliche Beſchreibungvon haben will, ſolches mit Beil und Hacken loß - gehauen werden muß.

§. 12.

Nimmt man eine Hand voll von dem ſchwartzen Schlamm aus dieſen Qvellen, ſo riechet ſolches wie ein Hepar Sulphuris oder wie der Geruch,*Schwefel-Geruch in demſelben. welchen das Buͤchſen-Pulver in einem Schieß-Gewehr nachlaͤſſet, ſo bald ſolches loßgeſchoſſen iſt. Eben denſelbigen Geruch verſpuͤhret man, wenn dieſe Steine ſtarck gebrannt und hernach ins Waſſer ge - worffen werden.

Daher denn mit nicht geringer Wahrſchein - lichkeit zu ſchlieſſen, daß das Waſſer von dem Schwefel unter der Erden die Eigenſchafft und Krafft bekommen habe, die ſteinigte Materie aufzuloͤſen und in ſich zu faſſen, welche daſſelbe hernach in der freyen Lufft wieder fallen laͤßet.

§. 13.

Weil nun ein groſſer Strich von dem heiligen Anger, nehmlich von dieſem Ort biß an den Schloß-Graben und uͤber den neuen Ca - nal, auch hinunter biß ans Wayſen-Hauß ei - nen Stein oder Felſen**Felſen um die Brunnen. von ſolcher Art, wie unſere Stein-Qvellen, herfuͤr bringen und an - ſetzen, zum Grunde hat, welcher an etlichen Or - ten kaum mit einem Fuß tieff Erde bedecket iſt, ſo iſt glaublich, daß dieſer Felſen mit einander nach und nach auf eben ſolche Art durch dasWaſ -53des Pyrmontiſchen Thals.Waſſer herfuͤr gebracht und gezeuget worden. Man ſiehet anietzo noch an dem Orte, wo wir die Stein-Qvellen beſchrieben haben, daß ſolche bald an der einen Stelle ſich verliehren, weil die Stein-Materie den Ausgang nach und nach zuſchlieſſet, bald an einer andern wieder herfuͤr brechen.

Alſo haben vielleicht die Stein-Qvellen, wer weiß vor wie viel hundert Jahren ihre Ausgaͤn - ge niedriger gehabt, welche ſich nach und nach geſtopffet und mit der felſichten Materie zuge - ſetzet, ſo, daß das Waſſer immer hoͤher ſteigen und durchbrechen muͤſſen.

§. 14.

Denn daß der Felſen ehemahls weich und aufgeloͤſet geweſen, zeigen die vielen Schne - cken-Haͤußlein an,*Schnecken-Haͤußlein in dem Felſen. welche man mitten in de - nen haͤrteſten Stuͤcken auch in denenjeni - gen, welche Anno 1710. mit Pulver tieff aus dem neuen Canal geſprenget worden, findet.

Es ſind auch dieſelben alle von unſern ein - heimiſchen Gattungen, welche alſo eben nicht mit unter die Reliquien der allgemei - nen Suͤndfluth muͤſſen gezaͤhlet werden; biß - her habe noch keine eintzige Meer-Muſchel darinnen finden koͤnnen, welche ſonſt an vielen anderen Orten in Steinen und Mi - neris in groſſer Menge angetroffen wer - den.

D 3§. 15.54Cap. III. Natuͤrliche Beſchreibung

§. 15.

Was die Quellen und Waſſer anbe - langet, welche um die Geſund-Brunnen herum gefunden werden,*Natur der Waſſer in der Nachbarſchafft um die Geſund-Brunnen. und von einigen Hoͤhen und Bergen gegen Norden und Oſten herunter kom - men, ſo iſt von denenſelben anzumercken, daß ſolche alle mit einander etwas von dem ſaͤuerli - chen mineraliſchen Schwefel-Spiritu bey ſich haben, welches ſonderlich diejenigen, welche von andern Oertern herkommen und dergleichen Waſſer ungewohnet ſind, gar eigentlich ſchme - cken koͤnnen.

Nichts deſto weniger da bekannt, daß kein Waſſer ſo rein und lauter, von welchem nicht etwas ſolte zuruͤck bleiben, wenn man es ab - rauchen laͤßt, ſo ſind unter unſern Waſſern die - jenigen, welche von der Oſt-Seite herunter kommen, die ſuͤßeſten, und geben gar ein ge - ringes Sediment. Ich habe von einigen derer - ſelben aus fuͤnff Pfund nur ein Paar Gran bit - terlich Saltz, und das uͤbrige weiſſe Erde, mit einander zehen Gran bekommen.

§. 16.

Wegen der ſuͤſſen Waſſer, welche auff dieſer Seite entſpringen, iſt ein Ort merckwuͤr - dig, woſelbſt vier Quellen nahe bey einander ſind unten an einem Huͤgel, welcher gleich neben der Stein-Grube, die wir §. 4. beſchrieben, gele - gen iſt.

Es55des Pyrmontiſchen Thals.

Es iſt ein altes Gewoͤlbe*Altes Waſſer-Gewoͤlbe. oben mit Mooß und Hecken uͤberwachſen, ohne daß man die geringſte Spuhr und Nachricht hat, daß ein Gebaͤude dabey oder daruͤber geſtanden, alſo, daß ſolches allein wegen derer Qvellen angelegt zu ſeyn ſcheinet. Es wird von hieſigen Ein - wohnern der Eichen-Keller genennet, weil auff dem Huͤgel verſchiedene alte Eichen ſtehen. Das Gewoͤlbe iſt uͤber 60. Fuß lang, unten bey dem Eingang 9. Fuß breit, hernach aber zur rechten Hand hinauf die groͤſſeſte Laͤnge nur 5. Fuß weit, biß es endlich oben noch enger zuſammen gehet. Die Hoͤhe iſt auf 7. Fuß, kan aber nicht eigentlich gemeſſen werden, weil gar viel Erde und Schlamm darinnen zuſam - men gefloſſen.

Oben und zur Seiten gegen den Berg ſind 4. Loͤcher ausgemauret, die Qvellen in das Ge - woͤlbe zu leiten. Unten der Abzug wie auch der Eingang ſind ſo angeleget, daß ſolche leicht koͤnnen zugemachet und alſo das Waſſer nach Belieben auffgeſchwellet werden.

§. 17.

Wie alt nun dieſes Gewoͤlbe, und wer es bauen laſſen, ſolches habe bißhero von nie - manden erfahren koͤnnen; indeſſen iſt nach an - gezeigten Umſtaͤnden wahrſcheinlich, daß daſ - ſelbe wohl ehemahls als ein kaltes Bad mag ge - brauchet worden ſeyn, wozu es denn leicht wie - der koͤnte aufgeraͤumet und zubereitet werden.

D 4Es56Cap. III. Natuͤrliche Beſchreibung

Es iſt bekannt, daß die alten Roͤmer, und nach denenſelben viele andere Nationes die kal - ten Baͤder in ſuͤſſem friſchem Waſſer oͤffters ge - brauchet haben, wie ſolches Sir John Floyer und D. Baynard in ihrem Buch genannt: The Hiſtory of cold Baching both ancient and mo - dern, ausfuͤhrlich beſchrieben, und allerhand groſſe Curen von ihren jetzigen kalten Baͤdern in England angefuͤhret haben. Alſo mag die - ſes Waſſer-Gewoͤlbe vielleicht von einer ehe - mahligen Herrſchafft des Pyrmontiſchen Di - ſtricts zu gleichmaͤßigen Gebrauch angeordnet und erbauet ſeyn.

§. 18.

Noch iſt an dieſer Seite ohngefehr ein paar hundert Schritt von der Stein-Gru - be und dem alten Waſſer-Gewoͤlbe an dem obern Fahrwege nach der Brauerey in einem Garten ein ſehr ſtarcker Sprung eines ſaͤuerli - chen angenehmen Waſſers,*Berg-Saͤuerling. welches viel von dem ſaͤuerlichen mineraliſchen Spiritu participi - ret, ſonſt aber von Eiſen und andern minerali - ſchen Materien, auſſer etwas bitterlich Saltz, und ein wenig ſubtiliſirte Erde, nichts mit ſich fuͤhret.

Wir haben ſolchem in dieſem Tractat den Nahmen Berg-Saͤuerling gegeben, weil er an einem Huͤgel aus einem ſteinigten Grunde, und viel hoͤher als alle unſere andere Sauerquellen entſpringet.

Es57des Pyrmontiſchen Thals.

Es laͤſſet ſich dieſes Waſſer ſonderlich wohl mit dem Wein vermiſchen, efferveſciret und perlet mit demſelbigen und ſchmecket ſehr an - genehm. Man kan es in vielen Stuͤcken mit dem Toͤnnigſteiner Waſſer vergleichen, nur daß es nicht ſo viel Saltz haͤlt. Es iſt Schade, daß man ſolches bißhero ſo wenig geachtet, und nicht zum Gebrauch ſauber eingefaſſet hat; Denn zum wenigſten waͤre es ein ſchoͤnes Waſ - ſer vor diejenigen, welche Waſſer unter dem Wein bey der Cur zu trincken gewohnet ſind, da denen Ungewohnten der ordinaire Sauer - Brunnen uͤber der Mahlzeit zu gebrauchen nicht wohl kan zugelaſſen werden.

§. 19.

Wir gehen weiter zu denen uͤbrigen Waſſern,*Natur der Waſſer an der Nord-Weſt-Seite. welche um den Brunnen gegen Norden und Weſtenwaͤrts entſpringen. Man findet auf dieſer Seite dieſelben insgemein alle ſchwehrer und ſaͤuerlicher als gegen Oſten. Vielleicht daher, weil ſolche viel tieffer als die - ſe hervor kommen, und alſo die Mineralien mehr beruͤhret haben. Es ſind auch hier und da oben auf dem heiligen Anger, wie auch in meinem Garten und Kellern verſchiedene klei - ne Quellen, welche einen ſaͤuerlichen Geſchmack haben, gelbe Eiſen-Erde anſetzen, und ſonſt mit dem Brunnen einerley Halt fuͤhren, doch in ge - ringerer Quantitaͤt.

Auch findet man eine Menge ſolcher Quel -D 5len58Cap. III. Natuͤrliche Beſchreibunglen auf der andern Seite in denen Wieſen, wel - che um die Papier - und Hamborn-Muͤhle lie - gen, ſind aber alle ſchwach ſo wohl an Quanti - taͤt des Haltes, als auch, daß die Quellen gar klein, und nicht haͤuffig Waſſer geben.

Jedennoch, ſo viel dergleichen Quellen ge - funden werden, ſo viel Spuhren und Beweiß - thuͤmer ſind es, daß eine ſolche gantze Gegend unter der Erden, mit Eiſen - und Schwefel-Ge - ſteine angefuͤllet ſey.

§. 20.

Es iſt noch eines von denen Waſſern, welche nahe um den Haupt-Brunnen entſprin - gen, anzumercken. Nur wenig Schritte hin - ter dem Brunnen-Hauß flieſſen verſchiedene kleine Quellen in einen Graben zuſammen, wo - durch ſolche zu der allgemeinen Brunnen-Ba - che geleitet werden.

In dieſem Graben habe ich im Auguſto ver - wichenen Sommers auf einmahl hin und wie - der uͤber 3 Pfund von dem ſchoͤnſten und reine - ſten Lapide ſelenite,*Anwachs des Lapidis Selenitæ. unter welchen Stuͤcke von 24 Loth gefunden, welche in dieſem Waſſer angeſchoſſen und zuſammen gewachſen waren. Es ſind dieſe Qvellen nicht ſonderlich ſaͤuerlich, ſetzen auch keine gelbe Erde ab. Wenn man das Waſſer abrauchen laͤßt, bleibet ein gar ge - ringes Saliniſches und irrdiſches Sediment zu - ruͤck, indeſſen giebt doch dieſe natuͤrliche gene - ration des lapidis ſelenitæ eine Anzeige auf die -jeni -59des Pyrmontiſchen Thals.jenige cryſtalliniſche Materie, welche durch die Kunſt aus unſeren Geſund-Brunnen geſchie - den wird. Cap. IV. §. 116. 117. ſeq.

§. 21.

Wir kommen aber nun zu unſeren mineraliſchen Geſund-Brunnen ſelbſt:*Situation der Geſund-Brunnen ſelbſt. Es entſpringen dieſelben zwar in Vergleichung de - rer Hoͤhen, welche gegen Norden gelegen, nie - drig und im Grunde. In Abſicht aber auf die uͤbrige Flaͤche gegen Suͤden und um den Emmer-Fluß liegen ſolche noch ziemlich hoch. Denn es gehet von unſern Brunnen biß unter die Allée uͤber 500 Schritt noch immer ziem - lich ſtarck Berg unter, daß ſich alſo auch dieſer Urſachen wegen das fremde Gewaͤſſer nicht zu unſern Quellen ſencken kan.

§. 22.

Der Haupt-Brunnen,**Der Trinck-Brunnen. welcher von Alters her eigentlich den Nahmen eines heili - gen Brunnens fuͤhret, iſt wie wir Cap. II. §. 25. angezeiget haben, mit einem groſſen achtecki - gen Hauß uͤberbauet, und wird dadurch von al - ler Verunreinigung, auch dem Zufluß des Re - gens und aͤuſſerlichen Feuchtigkeiten geſchuͤtzet.

Es iſt ſolcher mit eigenen Bretern oder Boh - len in die Runde eingefaſſet, und hat der Platz, wo die Quellen heraufſteigen nur 4 und 1 hal - ben Fuß im Diametro. Das Waſſer ſtehet uͤber denen Quellen 3 und 1 halben Fuß hoch, weil die Waſſer-Rinne nicht wohl niedriger hatkoͤn -60Cap. III. Natuͤrliche Beſchreibungkoͤnnen angeleget werden. Indeſſen iſt das Gewicht des vielen uͤber denen Quellen ſtehen - den Waſſers mit eine Urſache, daß dieſer Brun - nen nicht ſo groſſe und ſtarcke Wellen aufſtoͤſ - ſet, als der Brodel-Brunnen, ſondern nur im - mer kleine Blaͤßlein aufwirfft, wie ein Waſſer das eben anfaͤngt zu ſieden.

Sonſten iſt die Quelle ſehr ſtarck und haͤuf - fig, und habe ich in einer Minute 4 groſſe Ey - mer voll an dem Ausfluß geſchoͤpffet, den Eymer zu 30 Pfund, welches eine groſſe Menge Waſ - ſers ausliefert in 24 Stunden, wie ſolches §. 35. mit mehrerem angezeiget wird.

§. 23.

Zwey und viertzig Fuß von dieſer Quelle ſpringet der groſſe Brodel-Brunnen,*Der groſſe Bade-Brunnen. welcher bißanhero allein aͤuſſerlich zum Baden iſt gebrauchet worden, weil er nicht ſo ſpirituös, ſubtil und helle iſt, wie der Trinck-Brunnen.

Es iſt derſelbe 14 Fuß ins Viereck mit Ei - chen Holtz eingefaſſet, das Waſſer ſtehet da - ſelbſt 2 Fuß uͤber denen Quellen. Es finden ſich in dieſem Raum 30 biß 40 groſſe und kleine aufſtoſſende Wellen oder Brodel, welche ein ſo ſtarck Gethoͤn und Geraͤuſch machen, als wenn eine groſſe Brau-Pfanne im ſtaͤrckſten Sud iſt, daß mans bey ſtillem Wetter auf 50. Schritte hoͤren kan.

§. 24.

Ich weiß nicht, ob dieſes Auffbru - deln,**Urſache des Aufbrodelns. welches faſt allen mineraliſchen Quel -len61des Pyrmontiſchen Thals.len, denen warmen ſo wohl als denen kalten ge - mein iſt, und ſich in unſeren Bade-Brunnen ſo ſonderlich findet, wohl genugſam und gruͤndlich von einem Autore mag ſeyn betrachtet worden.

Ich halte daſſelbe vor nichts anders als eine natuͤrliche Waſſer-Kunſt. Es muͤſſen ſo wohl bey dieſen als andern mineraliſchen Qvellen welche in denen Gruͤnden mit Gewalt aufſtoſ - ſen, und in die Hoͤhe brudeln, mitten in denen dabey herum liegenden Bergen und Hoͤhen, un - terirdiſche Teiche*Unterirdiſche Teiche. oder Verſammlungen des Waſſers ſeyn.

§. 25.

Andere Waſſer flieſſen, ſo bald ſich dieſelben verſammlet haben, aus denen Bergen heraus; dieſe Brunnen-Quellen aber haben ſich vorher an einen hohen Ort ſchon wie in ei - nem Keller oder Behaͤlter verſammlet, aus wel - chen ſolche nicht gleich an denen Bergen Loͤcher und Oeffnungen haben, ſondern es wird nach und nach ein Theil des Waſſers durch tieffe un - terirdiſche Adern und Gaͤnge von der druͤcken - den Laſt und Gewicht des hoͤher ſtehenden Waſſers fortgepreſſet, biß ſolches endlich in de - nen Gruͤnden und niedrigen Oertern ſeinen Ausgang findet, da es denn durch die Oeffnun - gen mit einem Sprung und Brodel in die Hoͤhe fahren muß. Fehlet alſo an dieſer natuͤrlichen Fontaine nichts als eine Spring-Roͤhre, welche den Ausgang enger und feſter machte, daß dasWaſſer62Cap. III. Natuͤrliche BeſchreibungWaſſer mehr gezwungen wuͤrde, und nirgends zur Seiten ausweichen koͤnte.

§. 26.

Daß aber dergleichen Waſſer-Hoͤh - len*Erdfaͤlle und Waſſer-Gruben. in denen Bergen gefunden werden, ſolches iſt nicht allein aus verſchiedenen unterirdiſchen Erd-Beſchreibungen bekandt, ſondern wir ha - ben auch in unſerer Gegend, davon 3 gar deut - liche Merckmahle an denen 3 Erdfaͤllen oder Meeren, wie ſolche von dem gemeinen Mann genennet werden. Es liegen dieſelbe 2500 Schritte von dem Brunnen uͤber dem Dorffe Holtzhauſſen an einem Berge.

Der groſſe Erdfall lieget ziemlich hoch, und hat unten, ſo weit das Waſſer ſtehet, im Diame - tro 280 Fuß. Das Ufer iſt an der oͤberen Seite biß man ans Waſſer kommt 130, unten wo es am niedrigſten 56 Fuß hoch. Die Tief - fe hat man bißher unergruͤndlich gehalten, es iſt aber dieſelbe vorigen Sommer in dem groſſen Erdfall gemeſſen worden, da man das Waſſer 7 Klafftern tieff gefunden.

§. 27.

Die zwey kleineren Erd-Faͤlle liegen ein paar hundert Schritte von dem groſſen wei - ter herunter, und laͤſſet ſich aus des Herrn Bol - manns Brunnen-Beſchreibung nachrechnen, daß das letzte Loch erſtlich An. 1645. entſtanden, da ſolches mit einer ſtarcken Erſchuͤtterung und groſſem Gepraſſel eingefallen, und ſoll eben kurtz zuvor, wie erzehlet wird, ein Ackermannmit63des Pyrmontiſchen Thals.mit Pflug und Pferden vom Lande gezogen ſeyn. Es haben auch vor wenig Jahren noch Leute gelebet, die ſolches dencken koͤnnen.

In dieſen Gruben iſt nun iederzeit die Men - ge Waſſer, und leben auch Fiſche darinnen, in - deſſen ſiehet man ſo wenig wie das Waſſer hin - ein koͤmmt, als wie nirgends ein bekanter Aus - fluß verſpuͤhret wird.

§. 28.

Wir kehren aber wieder zu unſerem Geſund-Brunnen,*Der niedere Bade-Brunnen. woſelbſt wir noch einen dritten gegen Weſten 112 Fuß von dem Trinck - Brunnen finden. Es iſt derſelbe auch mit Ei - chen-Bohlen 22 Fuß in die Laͤnge und 16 Fuß in die Breite eingefaßt. Das Waſſer ſtehet in dieſem Raum 4 Fuß tieff. Man ſiehet dar - innen verſchiedene groſſe und kleine Brodel auf - ſteigen. Dieſer Brunn iſt der ſchwaͤchſte an Gehalt, und ſpuͤhret man auch den ſaͤuerlichen mineraliſchen Spiritum am wenigſten darinnen. Wird als ein kaltes Bad von denen Armen gebraucht, welche den Sommer uͤber hinein ſteigen.

Es iſt Schade, daß dieſe Quellen ſo tieff liegen, und von Schlamm und Erden nicht ſo rein koͤnnen gehalten werden, wie die andern beyden Brunnen, daher man das Waſſer im - mer truͤbe findet.

§. 29.

Dieſe Brunnen nun bringen mit ein - ander, ſo bald ſolche aus der Erden kommen,eine64Cap. III. Natuͤrliche Beſchreibungeine haͤuffige roth-gelbe Erde herfuͤr,*Gelbe Erden in den Brunnen, und um dieſel - ben. welche in denen Brunnen ſelbſt, hernach auch in allen Rinnen und Graben, wodurch das Waſſer flieſſet, biß auf 600 Schritt von denen Qvellen in groſſer Menge kan geſammlet werden.

Auch iſt das gantze Erdreich der Allée, und noch eine gute Breite auf beyden Seiten derſel - ben mit ſolcher gelben Erde angefuͤllet, welche daſelbſt an etlichen Orten gantz rein und lauter uͤber 2. Fuß dick auf einander gefunden und zu einer ſchoͤnen gelben und braun-rothen Farbe ausgegraben und zubereitet wird. Die groſſe Menge dieſer gelben Erde iſt vermuthlich an dieſer Seiten vor undencklichen Jahren, da das Brunnen-Waſſer ſich den Huͤgel hinunter er - goſſen, wo es gewollt und gekonnt hat, mit Laͤnge der Zeit zuſammen gefloſſen. Denn es findet ſich dieſelbe nicht uͤber, ſonder unter den Quel - len auf der niedrigen Seiten gegen Suͤden, auch nicht weiter, als wie man anitzo noch vor Augen ſiehet, daß das Waſſer das Eiſen in der Brun - nen-Bache halten und fuͤhren kan.

§. 30.

Man hat dieſe Erde bißhero eine Ochram oder Ocker-Erde geſcholten,**Was die gelbe Erde ſey. und es haben ſich viele unter dieſem Nahmen etwas ſonderlich Grobes, und mehr Schaͤdliches als Nuͤtzliches vorgeſtellet. Uber dieſes iſt derNahme65des Pyrmontiſchen Thals.Nahme Ochra gar general und dunckel, weil alle gelbe Farben, ſo man aus der Erden graͤ - bet, auch eine gelbe Farbe aus dem Bley unter denen Ocker-Farben begriffen werden. Wenn ich unſere gelbe Erde, ſo wohl diejenige, welche aus denen Quellen und Waſſer-Leitungen ge - ſammlet, als die andere, ſo um die Allée gegra - ben wird, in einem Tiegel in Schmeltz-Ofen bringe, und mit dem Geblaͤſe ſtarck Feuer ge - be, ſo ſchmeltzt dieſelbe zuſammen und wird Eiſen, welches den Magneten anhaͤnget, und wenn ſolche nur von der untergemiſchten Erde und cryſtalliniſchen Cremore (Cap. IV. §. 108.) ge - ſaͤubert iſt, alle Eigenſchafften hat, welche ein vollkommenes Eiſen oder Stahl haben muß.

Es geſchicht dieſes ohne den geringſten Zu - ſatz, da ſonſt nach D. Bechers Experiment aus iedem Leimen mit Zuthuung etwas Lein-Oehls oder einer andern Fettigkeit, Eiſen-Staͤublein koͤnnen herfuͤr gebracht werden.

Man gebe alſo dieſer gelben Materie ihren rechten Nahmen, und nenne ſie Eiſen, oder wenn ſolche ja doch Erde ſeyn ſoll, ſo mag ſie Ei - ſen-Erde heiſſen.

§. 31.

Ob ſich nun gleich dieſe Eiſen-Erde allenthalben, wo das Waſſer herflieſſet, ſo haͤuffig anſetzet, ſo findet man doch bey unſern Geſund-Brunnen*Man findet keinen Toff-Stein in unſern Geſund - Brunnen. weder in denen Waſſer -ERin -66Cap. III. Natuͤrliche BeſchreibungRinnen, noch ſonſt irgendswo den geringſten Tophum oder Toff-Stein, und iſt ſolches um ſo viel merckwuͤrdiger, weil nicht weit von die - ſen Brunnen die Stein-Quellen gefunden wer - den, wie wir §. 2. angefuͤhret haben, welche da - her unter der Erden gar keine Gemeinſchafft mit denen Geſund-Brunnen haben muͤſſen.

In denen warmen mineraliſchen Waſſern iſt der Toff-Stein faſt etwas allgemeines, da ſich um die Ausgaͤnge, in die Roͤhren und allent - halben an die Raͤnde, Bretter und Kaſten, wo - mit dieſelben eingefaſſet, viele Stein-Rinden und groſſe Stuͤcke anlegen, welche oͤffters mit Gewalt muͤſſen weggebrochen werden, damit ſolche nicht alle Gaͤnge und Rinnen verſtopffen und verderben. Daher iſt offenbahr, daß der Halt derer kalten mineraliſchen Waſſer nicht ſo grob und ſchwehr als derer warmen Baͤder ſey.

§. 32.

Wenn die Bewegung der Hitze zu denen Menſtruis*Ein warmes Menſtruum ſolviret ſtaͤrcker als ein kaltes. kommt, ſo ſolviren ſolche viel ſtaͤrcker und hefftiger. Da man zum Ex - empel einen ſchwachen Spiritum Nitri, Vitrio - li &c. uͤber ein Metall gieſſet, und derſelbe ſolches nicht angreiffen will, ſo laͤſſet man es nur auf einem Ofen mit einander erwaͤrmen, als - denn faͤngt der Spiritus bald an zu arbeiten und aufzuloͤſen, auch wohl dasjenige, was er nichthal -67des Pyrmontiſchen Thals.halten kan, ſondern wann es erkaltet wieder fal - len laſſen muß. Auf eben ſolche Art ſtelle ich mir vor, das unterirdiſche Waſſer, wenn ſol - che durch den ſauren mineraliſchen Spiritum der Schwefel-Kieſe geſchaͤrffet, und denenſel - ben eine aufloͤſende Krafft mitgetheilet worden, da ſolche noch uͤber dieſes erhitzet werden, viel ſchaͤrffer grobes und feines, was ihnen unter der Erden begegnet, aufloͤſen und in ſich faſſen. Hingegen kan der mineraliſche Spiritus ohne Erhitzung in kalten Waſſern insgemein nur das ſubtilere und zur Aufloͤſung bequemſte ſolviren, wie hier der Effect und die Erfahrung bezeu - gen.

§. 33.

Aber wieder auf die Eiſen-Erde*Die Quantitaͤt des Eiſens und anderer Materien im Waſſer. zu kommen, ſo iſt nichts mehr offenbahr und vor iedermanns Augen bekannt in unſerem Brun - nen als eben dieſelbige, welche wie ſchon gemel - det, nicht allein in und um die Quellen ſo haͤuf - fig gefunden wird, ſondern ſich auch an alle Ge - faͤſſe, in welchen das Waſſer einige Zeit warm oder kalt gehalten wird, anleget und dieſelben gelb faͤrbet. Deſſen ohngeachtet iſt dieſes Ei - ſen der kleineſte Theil von der ſoliden Subſtantz oder harten Materien, welche dem Waſſer ein - verleibet ſind.

So viel ich bißher erforſchen und nachſu - chen koͤnnen, haͤlt das Pfund Waſſer nur zweyE 2oder68Cap. III. Natuͤrliche Beſchreibungoder anderthalb Gran Eiſen, wenn ſolches, ſo viel moͤglich, von dem cryſtalliniſchen und alcaliſchen Cremore geſaͤubert, und alſo zu ei - nem reinen lauteren Stahl geſchmoltzen iſt. Das gantze Sediment aber, oder alles, was von harter und trockner Materie, nach Abduͤn - ſtung des friſchen Waſſers aus dem Trinck - Brunnen zuruͤck bleibet, iſt 22 Gran ſchwehr, alſo daß das Eiſen auffs hoͤchſte 1 Eilfftheil aus - machet.

§. 34.

Da nun das Eiſen ein ſo geringer Theil von demjenigen iſt, was unſer Waſſer von ſolider Subſtantz in ſich haͤlt, und doch Cent - ners-weiſe in und um die Brunnen kan ge - ſammlet werden, ſo laͤſſet ſich nachrechnen, was fuͤr einen erſtaunlichen Klumpen die Contenta ſolida mit einander ausmachen wuͤrden, wenn man zum Exempel beyſammen ſehen ſolte, wie viel das Waſſer nur in zehen oder hundert Jah - ren aus denen Bergen heraus gefuͤhret hat.

§. 35.

Es iſt §. 22. angezeiget worden, daß an dem Ausfluß des Trinck-Brunnens*Menge des Waſſers und mineraliſchen Halts. in ei - ner Minute 4 groſſe Eymer voll geſchoͤpffet, den Eymer zu 30 Pfund, ſolches machet in 24 Stunden 172 800 Pfund Waſſer. Da nun ein jedes Pfund 22 Gran harter Materie in ſich haͤlt, wie in folgendem Capitel mit mehreren wird erwieſen werden, und dieſe Materie mehr als ein 350-Theil von dem Gewicht des Waſſeꝛsaus69des Pyrmontiſchen Thals.ausmachet, ſo kommen alle 24 Stunden 500 weniger 7 Pfund heraus, welche 7 Pfund wir auf das Waſſer, welches mir im Schoͤpffen ne - ben dem Eymer gelauffen, rechnen wollen; ma - chet alſo in einem eintzigen Jahre 1825. Cent - ner Materie; wenn dieſe Zahl wieder mit 100 oder mit 1000 Jahr multipliciret wird, ſo kommt eine unglaubliche Menge heraus. Nun ſind der Brunnen drey, unter welchen der Bro - del-Brunnen zum wenigſten noch einmahl ſo ſtarck quillet, als angefuͤhrter Trinck-Brun - nen, auch etliche Gran auf jedes Pfund mehr haͤlt.

§. 36.

Es iſt alſo dieſes ſo wohl bey denen unſrigen, als andern mineraliſchen immerwaͤh - renden Quellen,*Mineraliſcher Inhalt nimmt nimmer ab. Geſund-Brunnen, und war - men Baͤdern, wie auch bey denen Saltz-Brun - nen das unbegreifflichſte, daß ſolche in ſo viel hundert Jahren eine ſo gar groſſe Menge Ma - terien herfuͤr bringen, und dennoch immerfort an einem Ort und Stelle mit gleicher Maaß und Gewicht ihres Inhalts continuiren.

Man mag ſich auch den unterirdiſchen Vor - rath von Eiſen - und Schwefel-Kieſen und von anderen Materien, welche man mit dergleichen Waſſer vermiſchet findet, ſo groß vorſtellen, als man immer will, ſo muͤſte doch ſolcher, wo nicht gaͤntzlich erſchoͤpfft, doch endlich gar ſehr vermindert werden.

E 3§. 37.70Cap. III. Natuͤrliche Beſchreibung

37.

Weil aber ſolches nicht geſchicht, und von unſerem Trinck-Brunnen inſonderheit probiret worden, daß ſolcher ohngefehr vor 40 Jahren nach des ſeligen D. Cunæi Proben, das Pfund 20 und 2 Siebentheil Gran gehal - ten, ich aber zwey und zwantzig Gran eher mehr als weniger (doch mit aller moͤglichen Behut - ſamkeit, daß nichts davon verzettelt werde) heraus bringe, ſo ſolte aus dergleichen Umſtaͤn - den wohl wahrſcheinlich werden, daß GOtt der Allmaͤchtige dem unterirdiſchen Mineral-Reiche eben den Segen und die Abwechſelung beygele - get habe, daß in demſelben ſo wohl etwas neues gezeuget, als das alte verzehret, und aus der Erden heraus gebracht werde; wie wir auf ei - ne gleiche Art und Weiſe in dem Reich derer Gewaͤchſe und Thiere taͤglich vor Augen ſehen, wie ſolche vergehen und wieder gebohren wer - den, und man in der gantzen Natur einen im - merwaͤhrenden Circulum und Abwechſelung beobachtet, da das eine erſtirbt und vergehet, das andere aber in deſſen Stelle aus dem Uber - bleibſel der erſtorbenen und aufgeloͤſeten Coͤr - per wiedergebohren und zuſammengeſetzet wird; ob wir gleich die Regenerationes in dem Re - gno Minerali am wenigſten ergruͤnden, und die wahren Urſachen derſelben entdecken koͤñen.

§. 38.

Wie das Waſſer tauſendfaͤltige Ei - genſchafften von allerley Sachen und Materien annehmen und in ſich faſſen koͤnne, ſolches ſehenwir71des Pyrmontiſchen Thals.wir taͤglich vor Augen, und wiſſen ſol - ches alle Koͤche; derowegen iſt kein Wun - der, wenn ein gleiches an Waſſern, wel - che durch mineraliſche Berge fallen, verſpuͤh - ret wird. Auch laͤſſet ſich die Erhitzung des Waſſers in warmen Baͤdern, welche ſonſt An - fangs ſehr fremd und wunderlich ſcheinet, noch wohl begreiffen, und kan ſonderlich deutlich vorgeſtellet werden durch das bekante Experi - ment, da man eine gute Quantitaͤt geſtoſſenen Schwefel und Eiſenfeil mit einander vermi - ſchet, mit Waſſer anfeuchtet, und ſolches in ei - nem Gefaͤß hinſetzet, oder in ein Loch einen Fuß tieff unter die Erde graͤbet, da nach Verlauff zehen oder zwoͤlf Stunden nicht allein eine heff - tige Erhitzung folget, ſondern auch ein Schwe - fel-Rauch Feuer und Flammen aus dieſer Mas - ſa herfuͤr brechen. Journal des Scavants de l An 1703. Tom. 2.

Daß aber in denen Bergen bey einer ſo un - geheuer groſſen Conſumtion (wie wir angezei - get haben) ſo wohl derer erhitzenden als ande - cer Materien, welche die mineraliſchen Waſſer in ſich halten, doch in hundert, tauſend und mehr Jahren kein Mangel, ſondern ein unerſchoͤpff - licher Vorrath und immerwaͤhrender gleich - maͤßiger Zuwachs verſpuͤhret wird, ſolches ver - dienet erwogen und betrachtet zu werden.

§. 39.

Bey dieſer Gelegenheit, da von der Materie, welche das Waſſer mit ſich fuͤhret, iſtE 4gehan -72Cap. III. Natuͤrliche Beſchreibunggehandelt worden, muß auch noch erinnert werden, daß unſere Brunnen*Unſere Geſund-Brunnen haben keinen Zufluß von fremdem Waſſer. weder von tro - ckener noch naſſer Witterung einige Veraͤnde - rung annehmen.

Es iſt bekannt, daß an vielen Orten, wo mi - neraliſche Quellen ſind, geklaget werde, wie ſol - che bey vielen Regen einen Zufluß von fremden und wilden Waſſer bekommen. Dieſes iſt an einigen Brunnen ſo mercklich und offenbahr, daß ſolche auf die Helffte ſchwaͤcher werden, und beym Abrauchen kaum halb ſo viel Materie zu - ruͤck laſſen, als ſonſt bey truckenen Wetter ge - ſchiehet.

§. 40.

Unſer Waſſer hingegen, welches nun einige Jahr her wenigſtens alle Monathe ein paar mahl abziehe, hat den Sommer und Win - ter, Fruͤhling und Herbſt immer einerley Halt. Es mag regnen, daß alle Baͤche und Fluͤſſe uͤber - lauffen, und ſich auffs ſtaͤrckſte ergieſſen, es mag frieren, ſchneyen und wieder aufthauen, daß das gantze Erdreich durchweichet ſcheinet, es mag auch wieder ſo lange Sonnenſchein und trocken Wetter ſeyn als es will, ſo giebt der Trinck-Brunnen dennoch ſeine 22 Gran, und der Brodel-Brunnen bey 24 Gran, auch ſind die Materien faſt iederzeit in gleicher Propor - tion, wie wir Cap. IV. §. 17. angefuͤhret ha - ben, und iſt der Unterſcheid, wenn man anderſtdie73des Pyrmontiſchen Thals.die noͤthige Fuͤrſichtigkeit in allen Stuͤcken bey der Probe gebraucht hat, ſo gering, daß man ſolchen bey ¼, ½ oder einen Gran anmercken, und ſich dabey verwundern muß, wie alles ie - desmahl ſo eigentlich zutreffen koͤnne.

§. 41.

Es irren ſich alſo auch diejenigen, wel - che man oͤffters bey dem Brunnen raiſoniren hoͤret.*Die Kraͤffte ſind allemahl einerley. der Brunnen habe dieſes Jahr, den Morgen, bey dieſem oder jenem Wetter weni - ger Kraͤffte.

Man lernet forne an in der Phyſica, man ſolle einem Sinne nicht alleine trauen, ſondern dererſelben mehrere zu Huͤlffe nehmen in Er - forſchung derer Wahrheiten. Wie offt wird wohl vielerley Wein aus einem Faß getrun - cken, auch von denenjenigen, die wohl ſchmecken koͤnnen; Und wenn man gleich weiß, daß der Wein aus einem Faß und Keller kommt, ſo wird derſelbe doch nicht eine Zeit wie die andere ſchmecken, ſondern nachdem der Appetit und Durſt groͤſſer, oder nach Unterſcheid derer Speiſen und anderer Getraͤncke, welche man vorhero zu ſich genommen, bald einen lieblichen und kraͤfftigen, bald einen ſchwachen oder wohl gar wiederlichen Geſchmack haben.

§. 42.

Will ſich aber iemand mit auf den Unterſcheid derer Wuͤrckungen beruffen, ſo darf er nur denſelben Morgen, da er ſich das Waſ - ſer ſchwaͤcher eingebildet, zehen und mehr an -E 5dere74Cap. III. Natuͤrliche Beſchreibungdere um den Effect fragen, da er zum wenig - ſten ſo viel Stimmen gegen als vor ſich wird colligiren, und alſo den Schluß machen koͤn - nen, daß die Wuͤrckung nach denen mancherley Natur-Beſchaffenheiten derer Menſchen, auch nach der Veraͤnderlichkeit derer Speiſen, der Lufft, der Bewegung und anderer aͤuſſerlichen Umſtaͤnde in einer Perſon nicht allezeit gleich, ſondern bald mehr bald weniger ſey, und ſeyn muͤſſe.

§. 43.

Man koͤnte dieſen Umſtand von der unveraͤnderlichen Beſtaͤndigkeit des minerali - ſchen Halts in unſeren Brunnen*Urſprung der immerwaͤhrenden Brunnen. mit als einen Beweißthum anfuͤhren, daß die Fontes peren - nes ihr Waſſer nicht vom Regen, Thau, Hagel, Schnee, Reiff und Nebel hernehmen, wie die meiſten Phyſici moderni nicht allein den An - wachs und Vergroͤſſerung, ſondern auch den Urſprung aller Qvellen daher leiten wollen.

Es iſt aber nicht contra leges hydroſtaticas, ſondern es iſt die gemeinſte und eine bekannte Eigenſchafft des Waſſers, daß ſich daſſelbe in Rauch und Dunſt zertheilet, und ſichtbarli - cher oder unſichtbarlicher Weiſe davon flie - get.

§. 44.

Wie ſolches uͤber der Erden taͤglich ge - ſchiehet, ſo werden wir ſonderlich auch an dieſen Ort zwiſchen denen Bergen gewahr, daß das Waſſer in Geſtalt eines haͤuffigen Nebels, biß -weilen75des Pyrmontiſchen Thals.weilen mehr als zu viel aus denen Bergen her - aus dampffet, (wolte man ſagen, es verſammle - ten ſich die Waſſer-Duͤnſte von auſſen um die Berge, ſo werden dagegen die ſchwereſten An - zeigungen gefunden, wie davon bey anderer Gelegenheit mit mehrerem ſoll gehandelt wer - den.)

Kan nun dieſer Waſſer-Dunſt durch die Berge herauf ſteigen, ſo kan ſich ein gleicher Dunſt auch wol in denen Bergen concentri - ren, und an gewiſſen Oertern, da eine ſonderli - che Erde oder Leimen vorhanden, oder das weitere Auffſteigen durch ein Stratum petro - ſum gleich als durch einen ſteinernen Deckel o - der Gewoͤlbe gehindert wird, zuſammen ſetzen und verſammlen.

§. 45.

Es ſcheinet, daß GOtt der Allmaͤch - tige in der Schoͤpffung die Berge zu dieſem Ge - ſchaͤffte eigentlich eingerichtet und zubereitet ha - be, daß ſich in denſelben das Waſſer zu denen Qvellen, Baͤchen und Fluͤſſen verſammlen ſolte, daher dieſelben faſt alle an und um die Berge, auch nicht wenige auf dem hoͤchſten Gipffel de - rerſelben entſpringen.

Wenn nun dieſes mehr durch die aͤußerliche Urſache des Regens, Schnees ꝛc. als durch an - gezeigte innerliche Herauffduͤnſtung zuwege ge - bracht werden ſolte, ſo waͤre kein Ort ungeſchick - ter darzu, als eben die hohen Oerter und Berge; denn nirgends dringet Regen und Schnee we -niger76Cap. III. Natuͤrliche Beſchreibungniger in die Erde als auf denen Bergen. Es ſchieſſet daſelbſt augenblicklich ab, und machet viele Baͤche und Stroͤhme, welche ſich aber mit dem Regen und Schnee gar bald wieder endi - gen. Gar ein geringer Theil, welcher nichts ausmachen kan, hat die Zeit ſich in die Berge hinein zu ſencken.

§. 46.

Wie wir aber dieſes mahl einen Schluß gemachet von dem unveraͤnderlichen Innhalt unſers Waſſers, ſo wollen wir kuͤnff - tig die noͤthige Anſtalten dazu machen, die Men - ge des Waſſers ſelbſt, ſo wohl an dieſer als an - dern beſtaͤndigen Brunn-Qvellen bey trockner und naſſer Jahrs-Zeit zu meſſen und gantz ei - gentlich abzuwiegen, wie viel deſſelben in einer Minute bey unterſchiedlichen Wetter herfuͤr qvellen wird, da denn noch mehr von der Sache wird koͤnnen geurtheilet werden.

§. 47.

Endlich muͤſſen wir auch noch anfuͤh - ren, was bey unſeren Brunnen durch die aͤuſſer - lichen Sinnen koͤnne beobachtet werden. *Was durch die aͤuſſerlichen Sinne bey dem Waſſer beobachtet werde.So bald das Waſſer mit einem Glaſe aus dem Trinck-Brunnen geſchoͤpffet wird, ſiehet man in demſelben unzaͤhlig viele kleine ſchnell auff - ſteigende Perlen oder Blaͤßlein, welche ſich in - ſonderheit haͤuffig finden, wenn das Glaß ſtarck in den Brunnen geſtoſſen, und alſo die Lufft unter und durch das geſchoͤpffte Waſſerge -77des Pyrmontiſchen Thals.gebracht wird, da ſolche in groſſer Menge mit einem Geraͤuſch und wie ein Dampff uͤber das Glaß herauf ſpringen, und wenn man es gegen ſich haͤlt, einem viele Waſſer-Theilgen ins Ge - ſicht ſprenckeln.

§. 48.

Insgemein glaubet man, dieſe auff - ſteigenden Perlen und Blaͤßlein ſeyn die Spiri - tus oder der ſubtileſte Theil und Krafft des Waſſers, daher ſind viele ſehr geſchwind dar - uͤber her, und trincken das Waſſer mitten in ſol - cher Bewegung gleich hinunter, damit die Spi - ritus ihnen nicht entwiſchen moͤgen. Wenn man aber ohne Stoß ſachte aus dem Brunnen ſchoͤpffet, ſiehet man wenig oder keine Bewe - gung in dem Waſſer, und dennoch hat man eben ſo viel vom Spiritu. Es iſt alſo die Lufft,*Sonderbare Vermiſchung der Lufft mit dem Waſſer. welche dieſes angenehme Spiel im Waſſer ma - chet, und ſind alle ſolche Blaͤßlein und Perlen, ſo viel gefangene Lufft-Kuͤglein, welche in dem Waſſer vertheilet, durch daſſelbe aber uͤberwo - gen und herausgedruͤckt werden.

§. 49.

Zwar iſt der Spiritus die Urſache, daß ſich die Lufft mit unſeren Brunnen ſo leicht und haͤuffiger vermiſchet als mit andern Waſſern, wie man ſolches in allen ſpirituoͤſen Liquoribus, am allermeiſten aber in denjenigen, welche durch die Gaͤhrung bereitet, und aus mancher - ley ungleichen Materien, ſonderlich aus einerſub -78Cap. III. Natuͤrliche Beſchreibungſubtiliſirten Fettigkeit und Saͤure zuſammen geſetzet ſind, gewahr wird. Der Spiritus aber ſelbſt verliehret ſich auf eine gantz andere Art und Weiſe, wie Cap. IV. §. 55. ſeq. angezeiget und erwieſen wird.

Von dieſer ſonderlichen Gemeinſchafft der Lufft mit dem Spiritu ruͤhret auch die Elaſtiſche oder ausbreitende Krafft des Waſſers her, wo - durch daſſelbe die Glaͤſer und Gefaͤße, ſonderli - chen diejenigen, in welchen man zugleich durch den Korck die Lufft auf die Oberflaͤche des Waſſers comprimiret hat, zerſprenget. Wie denn auch unter der Antlia zu ſehen, daß mehr Lufft in dergleichen Waſſern als in andern ſey, weil ſie mehr ebulliren.

§. 50.

Die Geſtalt des Waſſers*Geſtalt des Waſſers. iſt zwar Cryſtallen-helle, doch findet man eine kleine Spuhr einer Milch-Farbe darinnen, welche es von denen gemeinen Waſſern unterſcheidet. So bald das Waſſer geſchoͤpffet worden, erſcheinet ſolche am wenigſten, hernach aber vermehret ſich dieſelbe im offenen Glaſe und freyer Lufft von Stunden zu Stunden, und ſolches ſo viel geſchwinder, ie waͤrmer der Ort, da man das Waſſer verwahret, biß endlich die Milch-Far - be ſich allmaͤhlig in roͤthliche truͤbe Wolcken verwandelt, womit das Eiſen ſich ſcheidet und oben eine vielfaͤrbige glaͤntzende Haut erſchei -net,79des Pyrmontiſchen Thals.net, da denn die gantze Mixtur umgekehrt und veraͤndert wird. vid. Cap. IV. §. 8. ſeq.

§. 51.

Der Geſchmack*Geſchmack. des friſchen Waſ - ſers iſt Wein-ſaͤuerlich, ſchaͤrfflich, recht erqvi - ckend und angenehm, doch zuletzt vitrioliſch, ſo daß viele wuͤnſchen, daß man den letzten Ge - ſchmack von dem erſten ſcheiden koͤnte.

Dennoch wird das Waſſer von denen mei - ſten Brunnen-Gaͤſten mit rechter Begierde und groſſem Appetit getruncken, immaßen nicht wenige taͤglich mehr trincken, als ihnen or - diniret iſt, und ſie zu ihrer Cur noͤthig haben, welches ſie mit anderm Waſſer wohl wuͤrden bleiben laſſen.

Wenn die Mixtur des Brunnens durch die Waͤrme und freye Lufft veraͤndert wird, ſo vergehet der ſaͤuerliche und eiſenhaffte Ge - ſchmack allmaͤhlig, biß endlich ein gantz unge - ſchmackt und ſtumpff Waſſer daraus wird.

§. 52.

Durch den Geruch**Subtiler Schwefel-Geruch. wird in unſeren Brunnen ein ſubtiler, ſchwefelichter Dunſt ver - ſpuͤhret, welcher die Waſſer-Schoͤpffer zuwei - len gantz taumelnd und ſchwindelicht machet. Man wird denſelben am meiſten gewahr, wenn die Brunnen tieff biß auf die Ausgaͤnge derer Qvellen ausgeſchoͤpfft werden.

Es iſt dieſer Schwefel-Dunſt auch die Ur - ſache, daß Fiſche und Froͤſche, wie auch Endtenund80Cap. III. Natuͤrliche Beſchreibungund junge Gaͤnſe, wenn man dieſelben auf dieſe Waſſer bringet, taumelend und ohnmaͤchtig werden, auch endlich hinfallen und ſincken, doch geſchiehet ſolches nicht alſobald, ſondern es koͤnnen zum Exempel die Endten zuweilen wohl eine Stunde darauf herum ſchwimmen, ehe man die geringſte Ubligkeit an ihnen verſpuͤh - ret, weil die Auswitterungen des Schwefel - Dunſtes nicht allezeit gleich ſind, ſondern nur dann unn wann durch das Waſſer herauf ſtei - gen, wenn auch dieſe Thiere, da ſie anfangen zu ſincken, bald heraus gezogen werden, thut es de - nenſelben weiter keinen Schaden weder an ih - rem Leben noch Geſundheit, erholen ſich bald wieder, und werden ſo friſch wie zuvor.

Eben dieſer ſaͤuerliche Schwefel-Spiritus machet auch, daß das Waſſer nicht frieret, ſon - dern auch in der ſtrengſten Kaͤlte Anno 1709. und 1716. allenthalben offen und ohne Eiß ge - blieben iſt.

§. 53.

Zum Beſchluß dieſer natuͤrlichen Be - ſchreibung des Brunnens, muͤſſen wir auch noch etwas melden von dem taͤglichen œcono - miſchen Gebrauch deſſelben. *Oeconomiſcher Gebrauch des Brunnens.

Viele Einwohner der Grafſchafft Pyrmont, wie auch einiger nahe gelegenen Oerter, ſonder - lich aber die Leute aus Oeſtorff, gebrauchen das Brunnen-Waſſerdas gantze Jahr durch, Win - ter und Sommer, gegen den Durſt und uͤberdem81des Pyrmontiſchen Thals.dem Eſſen, als ein ordentliches Getraͤnck, und ſiehet man taͤglich um Eſſens-Zeit viele mit Kruͤgen und Gefaͤſſen nach dem Brunnen - Hauſe, wie nach einer Bier-Schencke lauffen. Auf ſolche Art brauchen dieſes Waſſer Jung und Alte, auch viele Krancke und Bettlaͤgerige, ja wohl Kindbetterinnen und ſaͤugende Kinder. Sie fuͤrchten die Schaͤrffe nicht, daß es ihnen Lung und Leber angreiffen, oder ſonſt Schaden thun werde, ſondern wiſſen aus alter Erfah - rung, daß es insgemein allen wohl bekomme, den Magen geſund erhalte, und einen guten Appetit mache.

§. 54.

Es giebt auch friſche, ſtarcke und ge - ſunde Leute in dieſer Grafſchafft, und gelangen viele zu einem hohen Alter, wie denn in der Pa - rochie des niederen Theils der Grafſchafft in denen letzten 30 Jahren mit einander 1515 Menſchen geſtorben, unter welchen 128 ſech - tzig-jaͤhrige; 109 von ſiebentzig; 59 von ach - tzig; 37 von neuntzig, und 6 von hundert jah - ren und druͤber, zuſammen 339 alte Leute ge - zehlet worden, welche alſo beynahe 1 Viertheil, das nach Proportion eine groſſe Zahl iſt, ausmachen.

FCAP. IV. 82Cap. IV. Mineraliſcher Innhalt

CAP. IV. Eigentliche Natur-Gemaͤſſe und chymi - ſche Unterſuchungen und Proben, da - durch der Innhalt und wahre Materie des Pyrmontiſchen Waſſers deut - lich erwieſen und angezeiget wird.

§. 1.

WIr haben zwar aus der einfaͤltigen Natu - ral-Hiſtorie*Anzeigung des Innhalts aus der Natural-Hi - ſtorie. ohne weitlaͤufftige chymi - ſche Kuͤnſte und tieffes Nachſinnen geſehen und in Obacht genommen:

  • 1) Daß ſich ſo wohl in der Stein-Grube, welche nicht weit von dem Brunnen gelegen, als auch in denen Quellen ſelbſt ſpirituöſe Schwe - fel-Duͤnſte finden Cap. III. §. 5. 52.
  • 2) Daß der Geſchmack gantz ungezweiffelt ſaͤuerlich, vitrioliſch, und zwar wie ein Eiſen - Vitriol ſey, welches eine bekannte Materie iſt, die aus Eiſen-und Schwefel-Saͤure beſtehet Cap. III. §. 51.
  • 3) Daß das Eiſen haͤuffig in und um die Brunnen gefunden werde, in Geſtalt einer roth-gelben Erde §. 29. 30. ſeq.
  • 4) Daß auch Eiſenhaltige Steine in groſ -ſer83der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.ſer Menge auf der naͤchſten Hoͤhe hinter denen Brunnen anzutreffen §. 9. 10.
  • 5) Daß ſich in denen naͤchſten Quellen nur 40 Fuß von dem Haupt-Brunnen ein ſchoͤner durchſichtiger Lapis Selenites anſetze §. 20.

§. 2.

Wie viel und wie weit man aus dieſen Umſtaͤnden von dem Innhalt des Waſſers ur - theilen koͤnne, wird wohl nicht ſchwehr zu be - greiffen ſeyn. Ehe wir aber unſere Meynung hieruͤber ſagen, und noch weitere Beweißthuͤ - mer vor uns nehmen, wollen wir zuvor unſere Vorgaͤnger in dieſer Sache hoͤren, damit man nachmahls beydes gegen einander halten und ſehen koͤnne, wie viel ſie von dem Halt unſers Waſſers gewuſt, und was wir nach ihnen durch eigene Erfahrung und Nachſinnen entdecket haben.

§. 3.

D. Leonhard Thurnheiſſer und D. Theodorus Tabernæmontanus*Thurnheiſſer und Tabernæmontanus von dem mine - raliſchen Halt. ſind die aͤlte - ſten, welche die Mixtur und Materie des Waſ - ſers haben kennen und wiſſen wollen, und weil dieſe beyden Autores ſo genau mit einander uͤberein kommen, als wenn es einer von dem andern abgeſchrieben haͤtte, ſo wollen wir hler nur D. Theodori Worte anfuͤhren, welcher weitlaͤufftiger als Thurnheiſſer von der Sache handelt.

Er ſpricht in ſeinem Waſſer-Schatz p.m. 356. F 2Es84Cap. IV. Mineraliſcher InnhaltEs haͤlt dieſer Brunnen in ſeiner Vermiſchung die geiſtlichen Kraͤffte, (wenn man den fingirten Coͤrper nicht erweiſen kan, ſo muß der Geiſt die Schuld haben) und Subtilitaͤt des Ocher-oder Berg-Geels, Niter-Saltzes, rothen Oper - ments, Feuer-Schwefels oder Reuſch-Geels, Vitriols und Alauns. Unter dieſen Stuͤcken aber hat das Ocher-oder Berg-Geel den Pri - mat und Vorzug, folgends der rothe Oper - ment und Vitriol im gleichen Gehalt, darnach der Sal Niter im gleichen Gehalt.

§. 3.

Nach dieſem hat Herr Bolmann*Herr Bolmann. das Brunnen-Waſſer in ſeine Theile zu ſcheiden ſich bemuͤhet, und nachdem er im 4ten Capitel ſeiner Brunnen-Beſchreibung die Methode erzehlet, wie er mit dem Waſſer umgangen, und daſſelbe diſtilliret, ſo machet er endlich den Schluß, daß in demſelben enthalten, Eiſen - Berg-Geel, Eiſen-Vitriol, Salpeter, Alaun, und Cryſtallin-Saltz. Dieſe 5 Stuͤcke ſeyn in folgender Proportion dieſem Waſſer geiſtlich vereiniget, daß 4 Theile Eiſen-Berg-Geel, 3 Theil Eiſen-Vitriol, 2 Theil Salpeter und Alaun und 1 Theil Cryſtallin-Saltz in demſel - ben befindlich.

§. 5.

Herr D. Andreas Cunæus**D. Cunæus. meldet von denen Ingredientien des Waſſers, daß er in 7 Pfund nach der Feuer-Probe gefunden habe 1und85der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.und ein halb Quentlein Eiſen-Erde, ein halb Quentlein und 22 Gran vermiſcht Saltz vom Sale Gemmæ, Nitro und Sale Vitrioli Martis. Die Eiſen-Erde fuͤhre auch einen Metallen - Schwefel und fixes Saltz mit, welches durch Calcination und Extraction zu erfahren ꝛc.

§. 6.

Ich will mich hier nicht aufhalten, die - ſer Medicorum Meynung nach der Laͤnge zu ex - aminiren, ſondern will nun gleich vortragen, was ich durch viele Unterſuchungen und taͤgli - che Proben in dem Waſſer gefunden habe. Wenn ich nachmahls meine Saͤtze werde er - weiſen koͤnnen, ſo wird von ſelbſten offenbahr werden, worinnen andere geirret, und wie vie - le Materien einige, als mit der groͤſſeſten Ge - wißheit angegeben haben, von welchen doch nicht die geringſte Spuhr in dem Waſſer an - getroffen wird. *Unſere Saͤtze von dem mineraliſchen Halt.Wir wollen alſo zu erwei - ſen vor uns nehmen:

  • 1) Daß der Spiritus, welcher die gantze Mix - tur und alle erſte Eigenſchafften des Waſſers erhaͤlt, ein ſubtiler ſaͤuerlicher Schwefel-Spiri - tus ſey.
  • 2) Daß dieſer Spiritus von dem gemeinen Schwefel-Spiritu, darinnen fuͤrnehmlich un - terſchieden, daß er eine beygemiſchte minerali - ſche Fettigkeit mit ſich unter der Erden herfuͤr bringe.
  • 3) Daß dieſer Spiritus gegen aller Auto -F 3rum86Cap. IV. Mineraliſcher Innhaltrum Meynung nicht aus dem Waſſer verfliege oder wegduͤnſte, ſondern im Gegentheil im Waſſer, ie laͤnger ie feſter werde; nehmlich daß
  • 4) Dieſer Spiritus ſich nach u. nach mit der ſubtilen ſuͤſſen Alcaliſchen Erde (welche in allen mineraliſchen Waſſern gefunden wird) vereini - ge, und alſo ein Sal Neutrum wie ein Tartarus vitriolatus, Sal polychreſtum, oder noch naͤher wie ein Sal mirabile Glauberi draus mache.
  • 5) Daß durch dieſe Vereinigung des ſaͤuer - lichen Spiritus mit dem Alcali, derſelbe das auf - geloͤßte und angenommene Eiſen fallen, und al - ſo das Waſſer alle vitrioliſche Qualitaͤten ver - liehren muͤſſe.
  • 6) Daß die ſubtile, ſuͤſſe, Alcaliſche Erde in dem Waſſer den ſaͤuerlichen Spiritum an Men - ge weit uͤbertreffe, und alſo der Brunn in ſei - ner Wuͤrckung mehr alcaliſch als ſauer ſey.
  • 7) Daß ſich noch uͤber dieſe angefuͤhrte Ma - terien eine reine durchſichtige cryſtalliniſche un - geſchmackte Subſtanz, wie ein Lapis Selenites oder ſolvirter Berg-Cryſtall in dem Waſſer finde.

§. 7.

Dieſe Saͤtze ſo viel deutlicher zu erwei - ſen, wollen wir zuerſt die Veraͤnderungen und Scheidungen der Materien, welche ſich in dem Waſſer*Phænomena bey Unterſuchung des Waſſers. ohne die Vermiſchung mit andern Sachen in freyer Lufft und unter der Deſtilla -tion87der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.tion zutragen, und endlich auch was nach gaͤntz - licher Abduͤnſtung des Waſſers zuruͤck bleibet, kuͤrtzlich erzehlen.

§. 8.

Die erſte Veraͤnderung, welche an dem Waſſer unter freyem Himmel verſpuͤret wird, wenn daſſelbe hie und da in einem Loche oder Pfuͤtze ſtehen bleibet, iſt die vielfaͤrbige glaͤntzende Haut*Glaͤntzende Haut. mit ſchimmernden Regen - bogen-Farben, welche oben auf dem Waſſer ſchwimmet, und daſſelbe bedecket.

Eben dieſe vielfaͤrbige Haut erſcheinet, wenn das Waſſer etliche Stunden in der Sonnen, oder uͤber dem Feuer erwaͤrmet wird, doch ie gelinder man die Waͤrme anbringet, ie mehr pflegen ſich die Farben auf dem Waſſer zu ſpie - geln.

§. 9.

Die andere Materie, welche aus dem Waſſer von ſich ſelbſt heraus faͤllet, iſt die mehr erwaͤhnte roͤthliche Eiſen-Erde,**Eiſen-Erde. welche ſich in offener und warmer Lufft, auch in allen auffs beſte verſchloſſenen Glaͤſern, irdenen und an - dern Gefaͤſſen nach und nach heraus ſetzet, und allenthalben gar merckliche Spuhren hinter - laͤſſet, wo das Brunnen-Waſſer hinkommen.

§. 10.

Wenn man dieſe Scheidung der viel - faͤrbigen Haut und roͤthlichen Erde, durch das Geſicht beobachten will, und ein helles Glaß mit dem friſchen Waſſer fuͤllet, und daſſelbe of -F 4fen88Cap. IV. Mineraliſcher Innhaltfen an eine temperirte Lufft ſetzet, ſo gehet die Scheidung gantz langſam, ſtill und unver - merckt von ſtatten, ſo daß man weiter nichts gewahr wird, als daß ſich die Milch-Farbe des Waſſers allmaͤhlich vermehret, biß endlich roͤthliche Wolcken erſcheinen, das Waſſer truͤ - be und mit dem Haͤutlein bedecket wird: Wel - ches aber, nachdem die Lufft kuͤhle iſt, zuweilen 1, 2, 3 biß 4 mahl 24 Stunden dauret, ehe aller Eiſen-und Vitriol-Geſchmack verlohren gehet, und das Waſſer auffhoͤret die Gall-Aepffel Purpur-blau zu faͤrben, obgleich das Waſſer in einem ordinairen offenen Bierglaß hingeſe - tzet worden.

§. 11.

Je mehr aber das Waſſer zugleich er - waͤrmet wird, entweder durch die Sonnen - Strahlen, oder uͤber dem Feuer, auch wenn die Bouteilles mit dem Brunnen in einem Ge - faͤß mit warmen oder ſiedenden Waſſer geſetzt werden, ie mehr Bewegung ſiehet man in dem Waſſer, weil alsdenn unzaͤhlige viele Lufft - Blaͤßlein in dem Glaße mit vielem Geraͤuſche aufſteigen, und durch die Oberflaͤche des Waſ - ſers heraus brechen. Ein iedes Lufftkuͤglein ſcheinet im durchſtreichen ein kleines Theilgen an die blaulichte Haut uͤber dem Waſſer anzu - fuͤhren, welche ſich nach und nach dadurch ver - mehret und dicker wird.

Dieſe Bewegung waͤhret in einer ziemlichen Hitze dennoch bey zwey Stunden, ſo daß dasWaſſer89der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.Waſſer in einem offenen Glaße brennheiß*Erwaͤrmung des Waſſers. werden kan, ehe ſeine erſte Mixtur gaͤntzlich auf - geloͤſet wird, indem es in ſolcher Waͤrme noch eine gute Weile ſtarck nach Eiſen ſchmecket, und die Gallaͤpffel ſchwaͤrtzlich und Purpur - blau faͤrbet.

§. 12.

Endlich aber, wenn alle Bewegun - gen der Lufft-Blaͤßlein aufgehoͤret, das gantze Waſſer gelb und truͤbe, und die Haut uͤber demſelben dicke geworden, ſo wird allmaͤhlich ein gantz ſtumpff abgeſchmackt Waſſer draus, in welchem man keine Spuhr ſeiner erſten Ei - genſchafft mehr antreffen kan. Wenn man alsdenn die Eiſen-Erde einige Tage ſich recht ſetzen, und hernach das Waſſer durch ein Loͤſch - Papier lauffen laͤſſet, ſo hat man wieder ein Cry - ſtallen-helles Waſſer, welches in einem ver - ſchloſſenen Glaſe helle bleibet, aber nach nichts als ein wenig ſaliniſch, wenn man wohl darauf acht hat, ſchmecket.

§. 13.

Bringet man unſer Waſſer in einen glaͤſern Kolben, ſetzet einen Helm darauff, und faͤnget alſo in einem verſchloſſenen Glaſe an zu deſtilliren,**Deſtillation. ſo erſcheinen unten im Kolben eben diejenigen Veraͤnderungen, welche ſich in of - fener freyer Lufft und Waͤrme zutragen. Die ſchoͤnen Farben, welche einige unter der De - ſtillation im Helm obſerviret haben wollen,F 5finden90Cap. IV. Mineraliſcher Innhaltfinden ſich nicht mehr, als wie ſonſt bey Deſtilli - rung des gemeinen Waſſers, das Licht, Glaß und die Waſſertropffen, allerley Wiederſchein und Regenbogen-Farben zu formiren pfle - gen.

§. 14.

Auch hat das heruͤber deſtillirte Waſſer, das erſte ſo wenig als das letzte, keinen ſchwefelichten Geruch noch Geſchmack, wird auch nimmer riechend, wenn es nur vor andern faulenden Sachen verwahret wird. Es ſchme - cket aber ein wenig, als wenn etwas im Kolben angebrannt iſt, ob man gleich mit der gelinde - ſten Waͤrme, und ex Balneo Mariæ deſtilliret hat. Dieſer Brand-Geſchmack vergehet all - maͤhlich, inſonderheit wenn das Glaß, worin - nen das Waſſer verwahret wird, nicht gar zu feſt verſchloſſen iſt. Ziehet man es zum andern mahl ab, ſo bleibet eine kleine Spuhr einer weiſſen Erde zuruͤck, welche mit ſauren Sachen nicht aufwallet, eben wie von andern Waſſern, wenn man ſolche zu zweyen oder mehr mahlen abrauchen laͤſſet, zu haben iſt.

§. 15.

Nimmt man eine groſſe Quantitaͤt friſches Waſſer, thut ſolches in einen groſſen Recipienten oder Kolben, welcher oben ein en - ges Loch hat, und noch nicht abgeſprenget iſt, laͤſſet das Waſſer darinnen ſo geſchwind und ſtarck erhitzen, als immer moͤglich iſt, und haͤlt die Naſe oben druͤber, ſpuͤhret man dennochnicht91der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.nicht das allergeringſte mehr, als gemeinen warmen Waſſer-Dunſt.

§. 16.

Laͤſſet man das Waſſer etwas uͤber die Helffte mit gantz gelinder Waͤrme abrau - chen,*Cryſtalliſation. und ſtellet ſolches 24 Stunden an ei - nen kuͤhlen Ort, ſo pfleget ſich eine Menge klei - ner laͤnglicht durchſichtiger Cryſtallen anzuſe - tzen, welche keinen Geſchmack haben, auch mit ſauren Sachen nicht aufwallen. §. 116.

§. 17.

Wenn man das Waſſer gleich voͤllig nach einander wegrauchen, und gaͤntzlich aus - trocknen laͤſſet,**Sediment. ſo bleibeteine braune roͤthliche, mit etwas weiß untermiſchte Materie zuruͤck: von einem Pfund Waſſer aus dem Trinck - Brunnen 22 Gran ſchwehr; von dem groſſen Brodel-Brunnen 24 Gran; von dem niedern Bade-Brunnen 15 Gran; von dem Berg - Saͤuerling 5 oder 6 Gran.

Uber dieſes Sediment oder zuruͤck gebliebene trockene Materie, gieſſe ich ein wenig deſtilliret rein Waſſer, laſſe ſolches erwaͤrmen und durch ein Loͤſch-Papier lauffen, hernach wieder biß zur Trockne abrauchen, ſo bekomme ein gelin - des weiſſes, bitteres Saltz:***Brunnen-Saltz. von dem Trinck - Brunnen 6 oder 7 Gran, aus einem Pfund Waſſer; von dem Brodel-Brunnen 7 oder 8 Gran, von dem andern Bade-Brunnen 5 oder6 Gran;92Cap. IV. Mineraliſcher Innhalt6 Gran; von dem Berg-Saͤuerling ein paar Gran. Das uͤbrige von dem Sedimento, wel - ches ſich im Waſſer nicht aufloͤſen laͤſſet, iſt die alcaliſche ſuͤſſe Erde, die roͤthliche Eiſen-Erde, und die cryſtalliniſche Subſtantz, von welchen Stuͤcken mit einander im nachfolgenden aus - fuͤhrlich gehandelt wird.

§. 18.

Wenn die bekannte glaͤſerne Waſſer - Wage*Gewichte des Waſſers. in das friſche Waſſer geſetzet wird, ſo ſencket ſich dieſelbe auf dem unterſten Grad; ſo bald aber das Waſſer anfaͤnget truͤbe zu wer - den, und ſeinen ſaͤuerlichen Geſchmack zu ver - liehren, ſincket das Staticum vitreum auf 2 Grad, und bey unſerm gemeinen ſuͤſſen Waſſer gehet es biß an den dritten Grad hinunter.

Weil auch ſonſt von andern Sauer-Brun - nen und Aquis chalybeatis bekannt, daß wenn ſolche alſobald bey der Quelle gewogen worden, dieſelbe ungeachtet ihres mineraliſchen Haltes leichter geweſen, als gemein Waſſer, ja ſelbſt als Regen-und deſtilliret Waſſer, ſo nahm eine glaͤſerne Phiole mit einem langen engen Halſe, that fuͤnff Pfund von unſerm hieſigen gemeinen ſuͤſſen Waſſer hinein, zeichnete mit einem Dia - manten, wie hoch das Waſſer in den Halß rei - chete. Hernach goß dieſes Waſſer hinweg, und wug auf das genaueſte 5 Pfund von unſerm Trinck-Brunnen in die Phiole, ſo kam die Maaß ſo weit mit dem gemeinen Waſſer uͤber -ein,93der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.ein, daß nur 2 Drittheil Quentlein dazu gefuͤl - let werden muſten, mit welchem es dem gemei - nen Waſſer voͤllig gleich kam, alſo daß die Spi - ritus, oder vielmehr die Lufft mit und bey denen Spiritibus die 5 Pfund Waſſer uͤber ein Quent - lein leichter gemachet, als ſolches ſonſten nach Ausrechnung des Sediments haͤtte ſeyn muͤſſen. Nachmahls, da ich dieſes Experiment einige mahle wiederhohlet, habe gefunden, daß dieſe Maaß ſich veraͤndere, und daß das Waſſer, nachdem die Lufft ſchwehrer oder leichter, auch mehr oder weniger von demſelben in ſich nehme, welches D.V. bey einer andern Gelegenheit um - ſtaͤndlicher und gruͤndlicher ſoll unterſuchet werden.

§. 19.

Dieſes ſind nun die vornehmſten Um - ſtaͤnde und Veraͤnderungen des Waſſers, auch die Scheidungen der Materien aus demſelben, welche ſich theils von ſelbſt, theils durch Ver - duͤnſtung des Waſſers von der Sonnen Waͤr - me und durch die Deſtillation uͤber dem Feuer zutragen. Wir wollen alſo die wahren Urſa - chen der angeregten Phænomenorum unterſu - chen, und dieſelben durch andere Natur-ge - maͤſſe Experimenta weiter erlaͤutern, und ein ie - des wohin es gehoͤret auf unſere Saͤtze applici - ren.

§. 20.

Das erſte*Der erſte Satz. ſo wir zu erweiſen und dar - zuthun vorgenommen haben, iſt:

Daß94Cap. IV. Mineraliſcher Innhalt

Daß der Spiritus in unſerm Waſſer, welcher die gantze Mixtur und alle erſte Eigenſchafft des Waſſers erhaͤlt, ein ſub - tiler ſaͤuerlicher Schwefel-Spiritus ſey.

Es wird dieſer Satz wohl den groͤſſeſten Beyfall finden, weil die meiſten Brunnen-kuͤn - dige Medici ſchon vorhin der Meynung ſind, daß die Spirituoſitaͤt in allen mineraliſchen Waſſern, ſonderlich aber in denen ſo genannten Sauer-Brunnen, aus dem Schwefel der Eiſenkieſe herruͤhre.

§. 21.

Weil aber dennoch verſchiedene un - ter denen neuern Autoribus gefunden werden,*Meynungen von der Spirituoſitaͤt. welche, da ſie geſehen, daß das Alcali in denen mineraliſchen Waſſern prædominire, und nicht finden koͤnnen, wo ſich die Saͤuere hin verſte - cke, (weil auch kein Vitriol aus dergleichen Waſſern bereitet werden kan) auf die Gedan - cken gerathen, es ſey gar keine Saͤure vorhan - den geweſen, ſondern der Spiritus ſey mehr ei - ner alcaliſchen Natur, ein Gas Sulphureum ex Marte ohne Saͤure, wie der Dunſt der da auf - ſteiget, wenn man einen Spiritum Sulphuris per Campanam, oder Spiritum vitrioli uͤber Eiſenfeil ſchuͤttet; ſo wollen wir doch hier die - jenigen Anzeigungen und Experimenta anfuͤh - ren, welche zum wenigſten in unſerem Waſſer das Acidum ſulphuris erweiſen, obgleich in demſelben auch das Alcali, wie in andernBrun -95der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.Brunnen den Vorzug hat, und unter dem ſech - ſten Satz §. 108. wird vorgeſtellet werden.

§. 22.

Erſtlich duͤncket mich, daß es hier auch wohl heiſſe; vox populi, vox Dei: Ein ieder der da weiß was ſauer iſt, wird gleich den Ge - ſchmack*Geſchmack. des Waſſers zu dem Geſchlecht der ſauren Sachen zaͤhlen, ob es wohl keine angreif - fende corroſiviſche und widerliche, ſondern viel - mehr eine gebundene Saͤuere iſt: ein ange - nehmer, raͤſcher, bitzelnder Geſchmack auf der Zunge, wie man ſolches von Wein, Breyhan, Bier und andern durch die Gaͤhrung bereiteten Liquoribus zu exprimiren pfleget, wenn dieſel - be ihre rechte Art und Annehmlichkeit durch die Fermentation erlanget haben. Daher denn auch ſolche Waſſer durchgehends den Nah - men Acidulæ, Sauer-Brunnen, Sauer - Waſſer bekommen haben.

§. 23.

Zum andern iſt der Geſchmack, und der geringe metalliſche Geruch des Waſſers ſo offenbahr vitrioliſch, daß auch Kinder ſolchen zu bedeuten, und mit einem Dinten-Geſchmack zu vergleichen wiſſen. Wenn man ein wenig Eiſen-Vitriol in einer guten Quantitaͤt gemein Waſſer aufloͤſet, und etliche Tropffen von dem Spiritu Sulphuris, vel vitrioli volatili dazu thut, ſo riechet und ſchmecket daſſelbe dem Sau - er-Brunnen ſo gleich, daß iemand ſeinen Sin - nen die groͤſſeſte Gewalt anthun muͤſte, welcherlaͤu -96Cap. IV. Mineraliſcher Innhaltlaͤugnen wolte, daß zwiſchen dieſen beyden Li - quoribus keine merckliche Verwandſchafft ſey.

Noch aͤhnlicher ſchmecket dieſe Mixtur dem Sauerbrunnen, wenn man eine friſche Solutio - nem ferri per Spiritum Sulphuris vel Vitrioli in eine gute Portion gemein Waſſer troͤpffelt, und noch etwas von gedachten Spiritibus, auch ein wenig von dem Sale mirabili Glauberi dazu thut.

§. 24.

Drittens haben wir auch Cap. 3. §. 5. angefuͤyret, daß ſo wohl in der Gegend nicht gar ferne von dem Brunnen, als auch in unſern Quellen ſelbſt ſchwefelichte, ſaͤuerliche Aus - daͤmpffungen*Geruch der Ausdaͤmpffungen ꝛc. verſpuͤhret werden, welche in der Stein-Grube ſo durchdringend und haͤuf - fig, daß allerhand kleine Thiere davon wie von gemeinem Schweffel-Rauch erſticket ſind. Cap. 3. §. 5. In denen Quellen ſelbſt bricht zwar dieſer Dunſt nicht in ſolcher Menge aus, daß er ſo geſchwind ſolte erſticken koͤnnen, indeſ - ſen thut er doch allmaͤhlich eben dergleichen Ef - fect, machet Menſchen und Vieh ſchwindlich, taumlend, und endlich gantz ohnmaͤchtig und hinfallend. Cap. 3. §. 52.

Ob nun gleich dieſer Dunſt nicht gaͤntzlich ſeyn kan, wie der Rauch vom angezuͤndeten Schwefel, weil unſere Kieſe unter der Erden nicht brennen, ſo laͤſſet ſich doch leicht ſchlieſſen, auch zum Theil durch den Geruch empfinden, daß dieſer Dunſt, und alſo auch das Waſſer,durch97der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.durch welches er heraus wittert, nicht ohne Saͤure ſey. Auch haben wir Cap. 3. §. 12. an - gemercket, daß der Schlamm und die gebrann - ten Steine aus der Stein-Qvelle wie Schwefel riechen, und alſo vermuthlich das Waſſer da - ſelbſt ſeine Krafft, dieſe groͤbere ſteinigte Ma - terie in ſich zu faſſen, aus der Schwefel-Saͤure hergenommen, daher denn ein gleiches Men - ſtruum in denen Waſſern in der Nachbarſchafft zu vermuthen.

§. 25.

Vierdtens ſind es allein die ſauren Spiritus, welche die Materien, ſo in dem Waſſer enthalten, auffloͤſen, und in der Geſtalt eines hellen Liquoris conſerviren koͤnnen. *Saure Spiritus erhalten das Waſſer helle.Es iſt bekannt, und wir haben es im vorhergehenden gnugſam angezeiget, wie leicht die Mixtur der Sauer-Brunnen aus einander gehet, und die Materien aus denſelben ſich ſcheiden; wenn man aber etliche Tropffen von dem Salpeter oder Saltz-Saͤure, ſonderlich aber von dem Spi - ritu Sulphuris vel Vitrioli dazu miſchet, daß die Saͤure in dem Waſſer anfaͤnget zu prædo - miniren, ſo bleiben alle Materien beſtaͤndig auf - geloͤſet, und das Waſſer bleibt in Kaͤlte und Waͤrme Cryſtallen-helle, es ſcheidet ſich auch nichts aus demſelben, biß man ſolches faſt gaͤntz - lich wegrauchen laſſen.

Hat man ein Waſſer, welches ſchon gantz turbiret iſt, und troͤpffelt von dem Spiritu Vi -Gtrioli98Cap. IV. Mineraliſcher Innhalttrioli etwas dazu, ſo wird uͤber einer gelinden Waͤrme alle Eiſen-Erde, und was das Waſſer ſonſt fallen laſſen, wieder auffgeloͤſet, und wird aufs neue durchaus helle. Daher nicht un - deutlich zu ſchlieſſen, daß das Menſtruum oder dasjenige, welches das Waſſer geſchaͤrffet, und demſelben die Auffloͤſungs-Krafft mitgetheilet, ein Acidum geweſen ſeyn muͤſſe.

§. 26.

Es erregen zwar die ſauren Spiritus in unſerm Waſſeꝛ eine ziemliche Efferveſcentz, wie mit mehrern unter dem 6ten Satz §. 109. ange - deutet wird, indeſſen ſchlagen ſolche doch keine Materien aus demſelben nieder, ſondern erhal - ten vielmehr die Mixtur, und machen ſolche, wie ſchon geſaget, beſtaͤndig; hingegen machen die Alcaliſchen Saltze,*Alcalia machen das Waſſer truͤbe. z. e. eine Solutio von ge - branntem Weinſtein-Saltz, Pott-Aſche und dergleichen, das Waſſer alſobald truͤbe und præcipitiren aus demſelben nach und nach das meiſte, was in demſelben auffgeloͤſet war. De - rowegen auch hier die chymiſche Regul zutrifft, daß was durch ſaure Sachen auffgeloͤſet wor - den, durch Alcalia præcipitiret werde, und vice verſa.

§. 27.

Fuͤnfftens iſt bißher noch nicht erwie - ſen worden, daß aus denen Mineralien ein an - derer als ſaurer Spiritus**Spiritus minerales ſind ſauer. entſtehen oder zube - reitet und in einen Liquorem gebracht werdenkoͤn -99der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.koͤnne, wenn alſo das ſubtile, raͤſche und ſchaͤrff - lichte in dem Waſſer ein Spiritus, und zwar ex Mineralibus ſeyn ſoll, ſo muß ſolcher ſaͤuerlich mit ſeyn. Die Saͤure aber iſt bey denen mei - ſten Mineralien und Metallen allenthalben in und mit dem Schwefel anzutreffen, und ſtecken an vielen Orten gantze groſſe Gebuͤrge und weitlaͤufftige unterirrdiſche Gegenden davon voll. Inſonderheit wird durch den gantzen Erdboden und in denen meiſten Bergwercken Europæ Eiſen und Schwefel in denen Pyritis oder mancherley Arten der Kieſe ſehr haͤuffig beyſammen gefunden.

§. 28.

Da nun von dem gelehrten Englaͤn - der D. Martin Liſter in ſeinem Tractat de Fon - tibus medicatis Angliæ ſchon vor mehr als 30. Jahren gantz deutlich erwieſen, und vor wenig Jahren von dem beruͤhmten Koͤniglichen Pohl - niſchen Leib-Medico und Prof. Publ. zu Wit - tenberg, Herrn D. Bergern, in einer Diſſerta - tion de Thermis Carolinis ſehr umſtaͤndlich ausgefuͤhret worden, daß der wahre Urſprung und alle Ingredientien und Materien*Materien der mineraliſchen Waſſer aus den Kie - ſen. der Sauer-Brunnen und warmen Baͤder in denen angefeuchteten und durch das Waſſer erweiche - ten Pyritis oder Kieſen zu finden, welche Wahr - heit anietzo von allen Brunnen - und Berg-ver - ſtaͤndigen Phyſicis angenommen wird, ſo be -G 2kraͤff -100Cap. IV. Mineraliſcher Innhaltkraͤfftiget auch dieſes, daß der Spiritus der mi - neraliſchen Waſſer aus der Saͤure gebohren werde, weil die Kieſe ſonſt nichts ſpirituoͤſes in ſich haben, und dieſelben aus Schwefel, Eiſen, und einer ſteinigten Materie beſtehen.

§. 29.

Sechſtens haben wir auch einen deut - lichen und uͤberzeugenden Beweiß a poſteriori in unſerm Waſſer gefunden, daß angeregter Spiritus nicht allein ſauer, ſondern auch in ſpecie die Schwefel-Saͤure ſey. *Schwefel-Saͤure in dem Brunnen-Saltz.Wir haben nehm - lich unter dem 4ten Satz §. 55. ſeq. erwieſen, daß das Saltz des Waſſers aus einem Alcali und der Schwefel-Saͤure beſtehe, und durch Zuſatz einer Fettigkeit wieder zu Schwefel, aus dem Schwefel ein Spiritus acidus, oder mit dem Eiſen ein Vitriol koͤnne gemacht werden; Auch kan man nach dem 66ſten §. ohne Zuſatz aus dem bloſſen Brunnen-Saltz eine Portion foͤrm - lichen Schwefel ſublimiren.

Wer nun den Urſprung dieſes Saltzes, wie ſolcher unter angefuͤhrtem Satz erklaͤret wor - den, auch die Generation des Schwefels recht erwaͤgen und die uͤbrigen Anzeigungen und Ex - perimenta dagegen halten will, demſelben wird verhoffentlich wenig Zweiffel uͤbrig bleiben, daß der Spiritus unſers Waſſers aus der Schwefel - Saͤure der Kieſe herſtamme.

§. 30.

Zum ſiebenden wird die Sache gantz ausgemachet und unwiederſprechlich decidiretdurch101der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.durch das Experiment §. 66. da durch die ſim - ple Deſtillation des Brunnen-Saltzes ein Spi - ritus ſulphuris vel vitrioli volatilis heruͤber koͤmmt, mit welchem man aus dem Eiſen Vi - triol machen, den Tartarum vitriolatum com - poniren, und alle bekannte Wuͤrckungen des angeregten Spiritus haben kan.

§. 31.

*Der andere Satz.
*

Wir wollen alſo ferner ſehen: Wie dieſer Spiritus von dem gemeinen Schwe - fel-Spiritu darinnen fuͤrnehmlich unter - ſchieden, daß demſelben eine mineraliſche Fettigkeit oder von dem ſubtiliſirten ver - brennlichen Principio der Kieſe etwas anklebe, und unter der Erden beygemi - ſchet worden. Es iſt zwar bekannt, daß we - nig mineraliſche Waſſer gefunden werden, in welchen ein rechter foͤrmlicher Schwefel anzu - treffen, ſonderlich unter denen kalten Brunnen, indeſſen ſchwatzen doch faſt alle Autores in ih - ren Brunnen-Beſchreibungen, daß ſie einen Schwefel in ihren Waſſern obſerviret, bald ſoll es ein guͤldiſcher Schwefel, bald ein Metal - len-Schwefel, bald ein fixer Eiſen-Schwefel geweſen ſeyn. Es laͤſſet ſich dieſes alles gar leichte ſagen aber ſchwer erweiſen.

§. 32.

Der gemeine Schwefel beſtehet aus viel concentrirter Saͤure und ein wenig Fet - tigkeit und Terreſtritaͤt,**Mixtio des Schwefels. iſt alſo ein offenba -G 3res102Cap. IV. Mineraliſcher Innhaltres Mixtum, welches ſich ohne Zuſatz eines ſcharffen alcaliſchen Saltzes im Waſſer durch - aus nicht auffloͤſen laͤſſet. Wenn aber dieſes geſchiehet entweder durch die Kunſt, oder wenn auch von Natur der Schwefel durch ein Alcali ſolviret in Baͤdern und Bruͤnnen gefunden wird,*Schwefel in Waſſern. ſo giebt derſelbe in ſolcher Beſchaffen - heit dem Waſſer einen ſtarcken faulen Ge - ſchmack; Daher einige Brunnen den Nahmen Faul-Brunnen (wie in Franckfurt in dem Gaſt-Hof zur guͤldenen Birn) bekommen ha - ben, und der Geſchmack verſchiedener warmen Baͤder mit dem Geſchmack fauler Eyer vergli - chen wird, auch dergleichen Waſſer das Sil - ber erſtlich gold-faͤrbig und endlich ſchwartz ma - chen, wie eine gemeine Solutio ſulphuris per Al - cali zu thun pfleget.

§. 33.

Dieſe Merck-Zeichen ſind in unſerm Waſſer keines weges anzutreffen, daher man keinen foͤrmlichen Schwefel in demſelben ſta - tuiren, wol aber aus denen Contentis des Waſ - ſers wieder zuſammen ſetzen kan. §. 66. Daß aber eine Fettigkeit und verbrennliches Weſen darinnen enthalten,**Fettigkeit in dem Sediment unſers Waſſets. ſolches offenbaret ſich erſtlich, wenn man das getrocknete roͤthliche Se - diment des Brunnens auf geſchmoltzenen Sal - peter wirfft, da man gar deutlich ſiehet, daß ſich viele Theilgen von demſelben mit dem Salpe -ter103der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.ter entzuͤnden. Solches geſchiehet noch viel mercklicher, wenn man eine gute Qvantitaͤt von der vielfaͤrbigen Haut von dem Waſſer ſamm - let, trocknet und ebenfalls auf flieſſenden Salpe - ter wirfft, da viele helle Funcken aus der Ma - terie herfuͤr brennen, welches mit ausgebrann - ten Crocis und andern Materien, in welchen nichts verbrennliches ſtecket, nicht alſo von ſtat - ten gehet.

§. 34.

2) Wenn die rothe Eiſen-Erde*In der Eiſen-Erde. des Brunnens in einem verſchloſſenen Tiegel ohne den geringſten Zuſatz geſchmoltzen, nachmahls geſtoſſen wird, ſo folget ſolches mit einander dem Magneten, welches wiederum mit aus - gebrannten Eiſen-Crocis, aus welchen alles verbrennliche gaͤntzlich heraus getrieben, nicht angehet, ſondern ehe der Magnet ſolche wieder bewegen kan, muß denenſelben zuvor ein Zuſatz von fetten oder verbrennlichen Sachen gegeben und eingeſchmoltzen werden.

§. 35.

3) Weil nach dem 14den §. das vom Brunnen abdeſtillirte Waſſer mercklich nach dem Brand ſchmecket,**In dem deſtillirten Waſſer. ſo iſt auch daher zu ver - muthen, daß etwas verbrennliches in demſelben vorhanden ſeyn muͤſſe, inmaſſen dergleichen Ge - ſchmack nur von Fettigkeit und verbrennlichen Sachen herzuruͤhren pfleget. 4) Weil fette Sachen leichte ſind und uͤber dem WaſſerG 4ſchwim -104Cap. IV. Mineraliſcher Innhaltſchwimmen, auch allerhand Farben zu repræ - ſentiren pflegen, ſo hat man das §. 8. beſchrie - bene vielfarbige Haͤutlein bißher als die fuͤr - nehmſte Anzeigung der Fettigkeit gehalten, wel - ches aber dennoch groͤſſeſten theils aus der roͤth - lichen Eiſen-Erde beſtehet, auch zu Eiſen kan geſchmoltzen werden. 5) Weil unter der De - ſtillation des Brunnen-Saltzes*In dem Brunnen-Saltz. wieder ein foͤrmlicher Schwefel miſciret und ſublimiret wird, und ſolches ohne Fettigkeit nicht geſche - hen kan, ſo wird dieſes Principium dadurch un - ſtreitig erwieſen. §. 66.

§. 36.

Woher nun dieſe Fettigkeit in dem Waſſer ihren Urſprung nehme,**Urſprung dieſer Fettigkeit. und wie ſol - che mit denen ſaͤuerlichen Theilgen in demſelben verbunden werde, ſolches kan unter folgenden Umſtaͤnden betrachtet werden: Es iſt zu ver - muthen, daß die Eiſen-Kieſe,***Unterſcheid der Kieſe. woruͤber die kalten mineraliſchen Waſſer lauffen, nicht ſo reichhaltig als andere Kieſe, welche durch Be - feuchtung des Waſſers unter der Erden zu - gleich hefftig erhitzet werden. Wie denn be - kannt, daß nicht allein vielerley Gattung der Kie - ſe in denen Bergwercken gefunden werden, ſon - dern daß auch Kieſe, welche viel Metall und Schwefel-Saͤure in ſich halten, dennoch nicht ſo viel Fettigkeit haben, daß eine gnugſameMen -105der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.Menge Schwefel in denen Schmeltz-Oefen da - von abgetrieben werden und die Ausſchwefe - lung die Unkoſten belohnen koͤnne. Daher man ſolche Kieſe zum Vitriol-machen gebrau - chet, dieſelbe Schicht-weiſe mit Holtz uͤber ein - ander haͤuffet, roͤſtet und die wenige Fettigkeit heraus brennet. Oder wie ſich der Englaͤndi - ſche Kieß tractiren laͤſſet, und ich zu Deptford, unweit London, geſehen, woſelbſt ſolcher in groſſer Menge auf einen Platz bey denen Vitri - ol Haͤuſern in freyer Lufft hingeworffen und ausgebreitet, nach und nach durch Wind und Wetter, Regen und Sonnenſchein muͤrbe ge - machet und erweichet wird, da denn die Fettig - keit mit einem ſchwefelichten Geruch davon flie - get, und die ſchwereſte Saͤure das Eiſen ſamt etwas ſubtiler ſteinigter Materie auffloͤſet, und in die untergelegten Rinnen zuſammen flieſ - ſet.

§. 37.

Wenn nun ein ſolcher Kieß, welcher nicht reichhaltig an Schwefel, und die Saͤure von der Fettigkeit nicht voͤllig ſaturiret iſt, unter der Erden durch Zufluß des Waſſers zu einer innerlichen Erregung und Zuſammenſtoßung ſeiner ſauren, eiſenhafften, fetten und ſubtilen ſteinigten Theilgen gebracht, und alſo reſolvi - ret wird, ſo iſt zwar ſolche Bewegung ſo hefftig, haͤuffig und gedraͤnge an einander ſtoſſend, nicht wie in denen reichhaltigen Kieſen, da eine ſtarcke Erhitzung darauff erfolget; indeſſen kan es dochG 5auch106Cap. IV. Mineraliſcher Innhaltauch ohne Zerreibung, Subtiliſation, und Zer - ſtreuung der Fettigkeit nicht abgehen, welche theils durch die Poros der Erden, theils durch die Adern und Oeffnungen der Qvellen gantz mercklich heraus wittert und herfuͤr duͤnſtet.

Weil aber dieſes alles tieff unter der Erden ohne Zugang und Gemeinſchafft der freyen Lufft vorgehet, ſo bleibet deſto leichter noch et - was von dem zerriebenen fetten, verbrennlichen Weſen an denen ſaͤuerlichen Theilgen, oder zwiſchen der Saͤure und denen Eiſen-Theilgen kleben, welche Eiſen-Theilgen hinwieder durch die Saͤure mit dem Waſſer vereiniget und demſelben einverleibet worden, ſamt einer ziem - lichen Quantitaͤt einer durch die mineraliſche Saͤure ſubtiliſirten und ſolubel gemachten cryſtalliniſchen und alcaliſchen Erde.

§. 38.

Dieſe neue aus dem Kieſe gebohrne Mixtur bleibet in ihrer Vermiſchung und ange - nommenen Eigenſchafften lange Zeit beſtaͤndig, wenn man ſolcher ein Qvartier verſchaffet, wel - ches ihrem Geburths-Ort gleich, nemlich wenn dieſelbe von Gemeinſchafft der freyen Lufft ver - ſchloſſen, und unter der Erden in der Kuͤhle ver - wahret wird. Je mehr aber die freye Lufft und die Waͤrme in die Mixtur eindringen kan, ie ge - ſchwinder verurſachet ſolche*Urſach der Veraͤnderungen im Waſſer. eine neue Bewe - gung und Zuſammenſtoſſung der unterſchiedli - chen und zum Theil wiederwaͤrtigen Materienin107der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.in dem Waſſer, da denn zu erſt ein Theil der Fettigkeit ſtaͤrcker an die Eiſen-Theilgen gerie - ben, und mit denenſelben nach der Ober-Flaͤche des Waſſers getrieben wird: Weil dieſes ver - brennliche Weſen ohnedeß von Natur leicht iſt, und gerne in die Lufft ſteiget; Ein anderer ge - ringer Theil der Fettigkeit bleibt auch in dem Brunnen-Saltze ſtecken nach dem 66ſten §.

§. 39.

Alſo formiren nun die Eiſen-Theilgen mit der Fettigkeit die vielfarbige Haut,*Woraus die vielfaͤrbige Haut beſtehe. und werden durch dieſes fette Weſen ſchwimmend erhalten, da das Eiſen ſonſt das ſchwereſte In - grediens in dem Waſſer iſt, und nothwendig gleich zu Boden fallen muͤſte, wenn es nicht duꝛch etwas leichtes und fluͤchtiges in die Hoͤhe gefuͤh - ret und daſelbſt ſchwimmend erhalten wuͤrde.

Ich habe eine groſſe Bouteille mit einem lan - gen engen Halſe, darinnen 6. Pfund von un - ſerm Waſſer mit Korck und Blaſen wohl zu - gemacht, doch ſo, daß das Waſſer nicht biß an den Korck, ſondern einen halben Zoll unter den - ſelben reichete. Dieſe Bouteille ſtund in mei - ner Studir-Stube ein gantzes Jahr unbeweg - lich, da denn das nach und nach aus der Mixtur gewichene Eiſen alle mit einander oben in den Halß der Bouteille geſtiegen und ſich daſelbſt verſammlet hatte, nichts aber zu Boden gefal - len war.

Wenn im Gegentheil das Waſſer waͤhren -der108Cap. IV. Mineraliſcher Innhaltder Scheidung viel beweget wird, oder man durch ſtarckes Erwaͤrmen einen guten Theil von dem verbrennlichen Weſen in die Lufft zer - ſtreuet, ſo iſt kein Wunder, daß ſich das Eiſen durch ſeine natuͤrliche Schwere ſencket und zu Grunde gehet.

§. 40.

Dieſe Verbindung der ſubtiliſirten Fettigkeit mit dem ſaͤuerlichen Spiritu gibt dem Waſſer den annehmlichen, kraͤfftigen und ſpiri - tuoͤſen Geſchmack,*Woher der kraͤfftige Geſchmack. und daß daſſelbe nicht herb-ſauer wie eine mit dem gemeinen Spiritu Sulphuris aut Vitrioli geſchaͤrfftes Waſſer, auch nicht ſo ſtumpff und ſuͤß wie eine diluirte Solutio Vitrioli Martis, ſondern durchdringend, piquant und weinſaͤurlich ſchmecket.

§. 41.

Es gehet hier in dem Regno minerali in vielen Stuͤcken eben ſo zu wie in dem Regno vegetabili. **Vergleichung der Sauer-Brunnen mit den Liquo - ribus fermentatis. Denn wie aus dem ſuͤſſen dicken und ſchmierichten Moſt, oder aus einem abge - ſchmackten, widerlich-ſuͤſſen Extract des Mal - tzes durch die Gaͤhrung oder innerliche Bewe - gung und Subtiliſation der Fettigkeit und der ſaliniſchen ſaͤuerlichen Theilgen, ſpirituoͤſe, kraͤff - tige, hell und angenehme Liquores bereitet wer - den, ſo wird aus dem groben, todten Kieß durch Zufluß des Waſſers und innerliche Erregung ſeiner Theilgen der herrliche mineraliſche Spi -ritus109der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.ritus der Geſund-Brunnen gleichfalls aus fet - ten und ſaͤuerlichen Materien unter der Erden gezeuget.

§. 42.

Wie die Liquores aus denen Erd - Fruͤchten unter ihrer Gaͤhrung einen ſulphuri - ſchen durchdringenden Dunſt von ſich geben, ſo daß in groſſen verſchloſſenen Kellern oͤffters die Lichter davon ausgehen, und Menſchen ohn - maͤchtig werden und erſticken koͤnnen, ſo erhebet ſich ein gleichmaͤßiger Dunſt von der minerali - ſchen Reſolution der Kieſe, welcher durch die Oeffnungen der Qvellen, oder durch andere gefundene Loͤcher und Ritze der Erden und Stein-Klippen heraus wittert, und Erſtickun - gen an Menſchen und Thieren verurſachen kan. Cap. III. §. 5.

§. 43.

Wie die Liquores fermentati das Haupt einnehmen und truncken zu machen pfle - gen, ſo verſpuͤhret man eben dergleichen Wuͤr - ckungen von denen friſchen an der Qvelle ge - trunckenen ſpirituoͤſen mineraliſchen Waſſern, daß viele davon gantz ſchwindelich, taumelend und gleichſam truncken werden. Cap. III. §. 52.

§. 44.

Wie die Lufft eine ſonderliche Ge - meinſchafft mit Wein, Bier, Cider, Meth und dergleichen durch die Gaͤhrung bekommt, ſo daß ſich dieſelbe haͤuffig darunter miſchen laͤſſet, in und uͤber dem Liquore viel tauſend Blaͤßlein und Schaum formiret, und ſich mit demſelbenex -110Cap. IV. Mineraliſcher Innhaltexpandiret, Glaͤſer und allerhand verſchloſſene Gefaͤſſe zerſprenget, ſo iſt eben dergleichen von denen mineraliſchen Waſſern bekannt. Cap. III. §. 47. 48. 49.

§. 45.

Wie dieſe ſchoͤne Temperatur und zarte Vermiſchung des ſaliniſchen ſaͤuerlichen und fetten Weſens durch freye Lufft und Waͤr - me gar leicht veraͤndert, umgekehret, getrennet und verdorben wird, ſo haben wir eben ſolches von unſerer mineraliſchen Mixtur zur Gnuͤge verſtanden. Wie endlich in dergleichen vege - tabiliſchen Liquoribus die ſaliniſche Saͤuere nach und nach die fette Subſtantz uͤberwaͤltiget und unterdruͤcket, auch etwas von der Fettig - keit verdunſtet, das uͤbrige auch wol verſchim - melt und verfaulet, ſo faͤnget im Gegentheil in denen mineraliſchen Waſſern das Alcali nach und nach an zu prævaliren, verſchlinget alles ſaͤuerliche, und ſchlaͤget die Eiſen-Theilgen nie - der, veraͤndert alſo alle Eigenſchafften des Waſ - ſers. §. 108.

§. 46.

*Der dritte Satz.
*

Daß nun offt erwaͤhnter Spiri - tus gegen aller Autorum Meinung nicht aus dem Waſſer verfliege oder wegdun - ſte, ſondern im Gegentheil in demſelben ie laͤnger ie feſter werde, wie man auch mit dem Waſſer umgehet, ſolches erhellet 1) weil der Geruch des friſch geſchoͤpfften Bꝛunnens nicht durchdringend-ſulphuriſch under -111der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.erſtickend,*Von dem Geruch des Waſſers. wie ſonſt alle wegfliegende Spiri - tus zu ſeyn pflegen, ſondern bloß vitrioliſch, und nur zuweilen ein wenig gelind-ſchwefelicht iſt, als wenn man einen Eiſen-Vitriol im Waſſer auffgeloͤſet, und daruͤber riechet, entweder den Vitriol alleine, oder mit Salpeter, gemein Saltz und andern dergleichen Salibus neutris vermiſchet, welches den Geruch in etwas zu ver - mehren pfleget; Mit einem Wort, es iſt nur ein geringer metalliſcher, etwas ſchwefelichter Geruch, wie man von einem Stuͤck Zinn, Kupffer, Eiſen, Silber, wie auch vom Gold ſelb - ſten ſagen kan, daß ſolches in etwas riechet, oder gering riechende Effluvia hat.

§. 47.

Bringet man 2) das friſche Waſſer in groſſer Menge uͤber das Feuer, welches ſonſt alle ſpirituoͤſe Sachen, die einiger maſſen loß und fluͤchtig ſind, gar bald aufftreibet und ſtarck riechen machet, ſo kan man hier den Kopff ſi - cher uͤber einen gantzen Brau-Keſſel voll fri - ſchen Brunnen, welchen man auf das geſchwin - deſte durch ein ſtarckes Feuer erhitzen laͤſſet, oh - ne alle ſpirituoͤſe Empfindung weder an den Organis des Geruchs, noch der Reſpiration ei - ne gantze Weile halten. Oder, wem dieſes Experiment gar zu maſſif ſcheinet, der mache es ſubtiler und rieche uͤber eine enge Oeffnung eines groſſen glaͤſernen Recipienten, oder Kol - ben, welcher mit dem friſchen Waſſer angefuͤl -let,112Cap. IV. Mineraliſcher Innhaltlet, und ſo geſchwind als moͤglich iſt, erwaͤrmet wird; mehr als gemeinen Waſſer-Dunſt wird er nimmer gewahr werden. v. §. 15.

§. 48.

Iſt nun der Spiritus ſo ſubtil, daß der - ſelbe die Werckzeuge des Geruchs und der Re - ſpiration nicht afficiren kan, ſo mag es wol ein rechter Spiritus ohne Materie ſeyn. Unſere materialiſchen Spiritus aus der gantzen Materia medica & chymica, ie ſubtileꝛ und fluͤchtiger die - ſelben ſind, ie ſtaͤrcker und empfindlicher pflegen ſolche die Nerven des Geruchs zu bewegen und zu irritiren. Oder kan man dieſen wunderba - ren Spiritum nur ſchmecken und nicht riechen, da er doch wegfliegen und ſo leicht und ge - ſchwind in die Hoͤhe ſteigen ſoll.

§. 49.

Machet man hier den Einwurff, wie doch allbereit etliche mahle angefuͤhret worden, daß aus unſern Qvellen ſulphuriſche Duͤnſte herauff ſteigen,*Von den ſchwefelichten Auswitterungen des Waſſers. und daß alſo offenbar gnug, wie der Spiritus fortfliege, ſo dienet aber dieſer Umſtand mehr zu einem Beweiß als Wiederle - gung unſers Satzes. Denn wenn der Spiri - tus im Waſſer eben derſelbige, oder demjeni - gen gleich iſt, welcher als ein ſchwefelichter Dunſt aus denen Qvellen hervor kommt, ſo muͤſſen beyde auch einerley Wuͤrckung haben im Wegfliegen, und muͤſte durch das Erwaͤr - men des Waſſers eben ein ſolcher Dunſt, wel -cher113der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.cher ſchwindlicht, taumelend und ohnmaͤchtig machet, herfuͤr kommen, welches aber nicht ge - ſchiehet.

§. 50.

Man ſtatuiret ja nicht daß der Spiri - tus unter dem Einſchuͤtten in die Gefaͤſſe alle verfliege, ſondern vielmehr ſo lang das Waſſer noch etwas ſchaͤrfflich und vitrioliſch ſchmecket, und die Gallaͤpffel tingiret, daß alsdenn von dem Spiritu noch etwas vorhanden ſey. Die - ſe Anzeigung gibt das Waſſer noch, wenns ſchon bey 2. Stunden in einem offenen Glaſe nach und nach brenn-heiß gemacht worden. §. 11.

Alſo muß der Spiritus ſo ſubtil ſeyn, daß man denſelben im Wegfliegen durch den Geruch nicht empfinden kan, und doch muß eben der - ſelbe zu eben der Zeit, ſo ſchwehr und feſt im Waſſer ſtecken, daß er einen ſolchen Grad der Hitze auf dem Sande, ſo lange, und in einem offenen Glaſe aushalten kan.

§. 51.

Sonſt ſind auch gemeldete Auswitte - rungen der Schwefel-Duͤnſte nicht als ein we - ſentliches Stuͤck, ſondern nur zufaͤlliger weiſe bey dem Waſſer. Und iſt hier die Frage nicht, ob dann und wann uͤberfluͤßige ſulphuriſche Spiritus, welche das Waſſer nicht alle in ſich faſſen koͤnnen, durch die Adern der Qvellen fort - ſtreichen, ſondern es kommt fuͤrnehmlich auff diejenigen Spiritus an, welche eigentlich zu der Mixtur des Waſſers gehoͤren, demſelben ein -Hver -114Cap. IV. Mineraliſcher Innhaltverleibet ſind, und mit demſelben die uͤbrigen Materien combiniren. Daß dieſe Spiritus wegfliegen, ſolches wird keines weges verſpuͤh - ret und niemahls erwieſen werden koͤnnen.

§. 52.

Wenn auch gleich das von dem fri - ſchen Waſſer durch einen wohlverwahrten Kol - ben und Helm abdeſtillirte Waſſer einen ge - ringen Geſchmack wie vom Anbrennen nach dem 4ten §. bey ſich hat,*Brand-Geſchmack des deſtillirten Waſſers. ſo wird doch niemand ſolches vor den Spiritum halten, weil im uͤbri - gen die erſten Tropffen ſo wenig wie die letzten weiter nach nichts in der Welt ſchmecken, auch weder in Solutionibꝰ noch Præcipitationibꝰ den allergeringſten Effect thun, alſo daß auch hier gar keine Spuhr von dem Spiritu anzutreffen.

§. 53.

Man muß aber nicht gedencken, als wenn angezeigte Umſtaͤnde alleine bey dem Pyrmontiſchen als einem vermeinten ſchwere - ren Waſſer anzutreffen, und daß andere Sauer-Brunnen vielleicht mit mehreren und ſubtileren Spiritibus begabt waͤren. **Andere Sauer-Brunnen ſind nicht ſpirituoͤſer.Wer ohne Vorurtheil andere Sauer-Waſſer, wel - che er geiſtreicher, als das Pyrmontiſche (wie - wohl mit Unrecht) zu ſeyn gedencket, examini - ren, und nicht die gantze Subſtantz des Waſ - ſers, welche durch die mit einem geſchwinden Stoß unter das Waſſer gebrachte Lufft in klei - nen Theilgen einem in das Geſicht geſprenckeltwird,115der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.wird, (v. Cap. III. §. 47.) fuͤr ſeparirte Spiritus halten will, der wird im uͤbrigen durch keine Kunſt-Griffe einen wegfliegenden minerali - ſchen Spiritum aus einem Sauer-Brunnen er - weiſen, ſondern eben diejenigen Phænomena fin - den, welche man hier von dem Pyrmontiſchen Waſſer angedeutet hat.

§. 54.

Es ſcheinet, daß gemeldete kleine Theil - gen von der gantzen Subſtantz des Waſſers, welche durch die Lufft in groſſer Menge wie ein Rauch uͤber die Glaͤſer heraus getrieben wer - den, die groͤſſeſte und ſcheinbareſte Urſache ge - geben haben,*Dasjenige, was aus dem Waſſer wegzufliegen ſcheinet. daß die Meinung von dem Weg - fliegen der Brunnen-Geiſterlein ſo allgemein worden, ſonderlich weil dadurch auch Nieſen, Schwindel und allerley lrritationes im Haupte verurſachet werden, welches aber durch die gan - tze Subſtantz des friſchen Waſſers geſchiehet.

Haͤlt man eine glaͤſerne Scheibe uͤber ein Glaß voll Bruñen-Waſſers, welches in ſolcher Bewegung iſt, und faͤnget die herauff ſpritzen - de Waſſer-Theilgen an derſelben, ſo findet man einen Liquorem von eben dem Schrot und Korn, wie derjenige, ſo im Glaſe zuruͤck geblie - ben iſt, der auch eben ſo ein roͤthlich Sediment hinterlaͤſſet, wie das uͤbrige Waſſer.

§. 55.

Wenn nun weiter die Frage iſt, wo der Spiritus denn hinkomme und bleibe, da der -H 2ſelbe116Cap. IV. Mineraliſcher Innhaltſelbe nicht davon fliege, und doch ſo leicht ver - lohren gehe? ſo wird dieſer Nodus Gordius auf - geloͤſet werden, wenn wir ferner erweiſen:*Der vierdte Satz. Daß dieſer Spiritus ſich nach und nach mit der ſubtilen ſuͤſſen alcaliſchen Erde (von welcher in allen mineraliſchen Waſſern etwas gefunden wird) vereinige, und al - ſo ein ſal neutrum, wie ein Tartarus vitriola - tus, ſal polychreſtum, oder noch naͤher, wie ein Sal mirabile Glauberi daraus mache.

§. 56.

Es iſt keine Regel in der Chymie ſo all - gemein, wahr und bekannt, als daß ſaure Sa - chen und Laugen-Saltze oder Alcalia, wenn ſol - che zuſammen kommen, ſich mit einander ver - einigen. **Vereinigung des Acidi und Alcali.

Anfangs ſtreiten und beiſſen ſich (wie denen Chymicis dieſe Redens-Art gefaͤllet) dieſelben tapffer mit einander herum, daß ein ſtarck Ge - raͤuſch, viel Schaum, auch oͤffters Hitze davon entſtehet; hierauf folget alſobald eine genaue und feſte Verbindung, und wird aus beyden ein drittes Saltz, oder ein Liquor, welcher nicht ſauer, auch nicht laugenhafftig, oder ohne Ge - ſchmack, wie eine Terra alcalica, ſondern bloſſer dings ſaltzig iſt.

§. 57.

Die Saltze, welche aus dieſer Ver - einigung entſtehen, werden Salia neutra oder enixa geheiſſen, wie das gemeine Saltz, Salpe -ter,117der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.ter, Alaun, Tartarus vitriolatus, Sal polychre - ſtum, Sal mirabile Glauberi, Terra foliata Tar - tari &c. einige von Natur in ſolcher Verbin - dung gefunden, andere durch die Kunſt alſo be - reitet werden. Und haͤlt die Saͤure, ſo fluͤchtig und ſpirituoͤß dieſelbe auch vorhin geweſen, nachmahls ſo feſte an dem Alcali, daß man ſol - che offt durch das ſtaͤrckeſte Feuer nicht wieder davon treiben kan, es ſey denn, daß ſolches durch Huͤlffe eines Zuſatzes von andern Materien ge - ſchehe.

§. 58.

Weil nun erſtlich der mineraliſche Spiritus der Sauer-Brunnen nach der aller - meiſten alten und neuen Medicorum Meinung, hauptſaͤchlich in einer Saͤure beſtehet,*Acidum & Alcali in den Sauer-Brunnen. nach dem erſten Satz §. 20. ſeq. ; Und zweytens die neueren Brunnen-kuͤndige Autores mit einan - der uͤberein ſtimmen, daß in allen warmen und kalten mineraliſchen Waſſern nicht allein ein Laugen-Saltz, oder alcaliſche Erde vorhanden, ſondern daß das Alcali auch darinnen prædo - minire, nach dem 6ten Satz §. 108; ſo kan ja der ſaͤuerliche Spiritus nicht wegfliegen, ſondern muß ſich nach angefuͤhrter bekannten und un - truͤglichen Regel mit dem Alcali, mit welchem derſelbe in einem Liquore befindlich, combini - ren, und mit demſelben ein Sal neutrum werden, wodurch denn alle Spirituoſitaͤt verſchwindet und verlohren gehet.

H 3§. 59.118Cap. IV. Mineraliſcher Innhalt

§. 59.

Von einem ſolchen aus ſaͤuerlichen Spiritu und Alcali zuſammen geſetzten Sale neu - tro haͤlt unſer Waſſer,*Brunnen-Saltz. aus dem Trinck-Brun - nen das Pfund 6 biß 7 Gran, aus dem Brodel - Brunnen 7 biß 8 Gran, aus dem niedern Ba - de-Brunnen 5 oder 6 Gran, aus dem Berg - Saͤuerling ein paar Gran, wie ſolches §. 17. ſchon angefuͤhret und gewieſen worden, daß das Saltz von denen uͤbrigen Materien gar leicht koͤnne geſchieden werden. Das Gewicht aber iſt zu verſtehen von dem getrockneten Saltze, ſonſt wiegen die Cryſtallen des Saltzes ſchwe - rer, da ſolches ſo viel Waſſer in ſich genommen, als die Cryſtalliſation erfordert.

§. 60.

Wenn man die Cryſtallen anſichtig wird, ſolte man ſolche vor kleine Salpeter - Staͤnglein halten,**Forma Cryſtallorum. wenn man aber ſolche naͤ - her betrachtet und durch Vergroͤſſerungs-Glaͤ - ſer examiniret, findet man nicht ſo viel Ecken und andere vermiſchte Figuren, wie bey dem Salpeter.

Es ſind faſt alle Cryſtallen von unſerm Sal - tze kleine laͤnglichte Parallelo-grammata mit 4 Seiten, und ſind dieſelben platt, weil die oͤberſte und unterſte Seite breiter, als die beyden uͤbri - gen einander horizontal entgegen geſetzten Pla - na, Wenn aber dieſes Saltz per Retortam, oder durch die Calcination in einem Schmeltz -Tie -119der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.Tiegel von dem Spiritu Sulphuris volatili be - freyet, und alsdenn aufs neue cryſtalliſiret wird, ſo werden die beſchriebene Cryſtalli & fi - guræ parallelo-grammaticæ groß, ſchoͤn und durchſichtig, und habe ich eine Menge von den - ſelben, welche uͤber einen halben Zoll lang und ungefaͤhr oder ihrer Laͤnge breit ſind, wel - ches ſehr angenehm anzuſehen; andere liegen kurtz und dick auf einander, doch alle viereckig, wie die Cryſtallen des Salis mirabilis Glau - beri.

Wenn man dieſes Saltz uͤber einer gelinden Waͤrme austrocknen laͤſſet, ſo wird ein ſchnee - weiſſes Pulver daraus. Der Geſchmack*Geſchmack. iſt der gelindeſte unter allen Saltzen, dabey kuͤh - lend und durchaus bitter. Man empfindet a - ber nicht die allergeringſte Spuhr von einem Alaun-Geſchmack, wie einige Autores gantz unrecht und faͤlſchlich vorgeben.

§. 61.

Die Cryſtallen ſind ſo ſolubel,**Solubilitas in Aqua. daß, wenn man gleiches Gewicht z. E. ein Loth Waſ - ſer und eben ſo viel Saltz zuſammen in ein Glaß thut, das Saltz durch Umſchuͤtteln und die ge - linde Waͤrme der Hand gar bald biß auf weni - ge Koͤrnlein zergehet, welches von keinem Sale neutro auſſer dem Tartaro ſolubili und der Terra foliata Tartari, und ſolches doch nicht ſo wol, zu geſchehen pfleget. Wenn man dasH 4auff -120Cap. IV. Mineraliſcher Innhaltauffgeloͤſete Saltz in einem Glaſe einige Tage in freyer Lufft ſtehen laͤſſet, ſo ſteiget daſſelbe - ber das Waſſer heraus, und formiret allerhand Figuren, wie Zweige und Baͤumlein, auff die Art, wie ſonderlich von dem Salpeter, auch von einigen andern Saltzen bekannt iſt.

§. 62.

Wenn man zu der Solution des fri - ſchen Saltzes etwas yon einem ſcharffen auff - geloͤſeten Laugen-Saltze v. g. von Pott-Aſche, Sale Tartari &c. ſchuͤttet,*Præcipitation des Brunnen-Saltzes mit einem Laugen-Saltz. ſo ſchlaͤget ſolches eine ſubtile Schnee-weiße Materie aus dem - ſelben nieder, welche ſich wie kleine Baumwol - len-Loͤckgen nach und nach auf den Grund ſe - tzet, wenn ſolches nachmals von dem Waſſer ge - ſchieden, edulcoriret und getrocknet wird, ſo iſt es eine ſubtile alcaliſche Erde, welche mit ſauren Sachen auffwallet.

Weil ein ſolches ausgebranntes vegetabili - ſches Sal Alcali ſchaͤrffer und mehr ſaliniſch, als das mineraliſche natuͤrliche iſt, ſo ſtoͤſſet jenes die nicht ſaliniſche terreſtre Theilgen von dem ſaͤuerlichen Spiritu ab, und verbindet ſich an de - ren Stelle mit demſelben. Eben eine ſolche Præcipitation verurſachet der Spiritus ſalis Am - moniaci, und andere dergleichen Salia volatilia in der Solution dieſes Saltzes.

§. 63.

Sonſten wird kein Auffwallen noch Bewegung bey dieſem Saltze verſpuͤhret vonaller -121der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.allerhand Acidis und Alcalicis, welche damit vermiſchet werden. *Non efferveſcit cum Acido aut Alcali. Von dem Oleo Vitrio - li aber, oder der concentrirten Saͤure des Vi - triols iſt merckwuͤrdig,**Das Oleum Vitrioli treibt den fluͤchtigen Spi - ritum davon. daß ob gleich ſolcher mit dem Saltze nicht efferveſciret, iedennoch wenn man dieſelbe uͤber das friſche nicht deſtil - lirte oder calcinirte Saltz ſchuͤttet, und mit dem - ſelben vermiſchet, ſo ſteiget in dem Augenblick ein fluͤchtiger, durchdringender, ſaͤuerlicher Schwefel-Spiritus in die Hoͤhe, welcher eine gute Weile nach einander gar empfindlich fort - zuſtreichen continuiret.

§. 64.

Daher denn offenbar wird, daß ein Theil des natuͤrlichen Acidi in unſerm Saltze viel zaͤrter, ſubtiler und fluͤchtiger ſey, als die ge - meine durch die Kunſt bereitete Vitriol-Saͤure welche in dieſem Experiment das natuͤrliche, fluͤchtigere Acidum von ſeinem Alcali abtreibet, und ſich in daſſelbe an des erſtern Stelle ſe - tzet.

Gieſſet man das Oleum Vitrioli uͤber den Tartarum vitriolatum, uͤber das Sal mirabile Glauberi, oder uͤber das gemeine Englaͤndiſche Saltz, ſo wird man gar nichts von einem auff - ſteigenden penetranten Spiritu empfinden, weil in dieſen Salibus neutris die Saͤure eben ſo ſtarck, grob und ſchwer iſt, wie das Oleum Vi -H 5trio -122Cap. IV. Mineraliſcher Innhalttrioli ſelbſt, und alſo demſelben das Gewicht halten kan.

§. 65.

Es koͤmmt alſo unſer Brunnen-Saltz in dem einen Umſtand mit demjenigen ſonder - baren Schwefel-Saltz uͤberein,*Ein Saltz, womit es uͤberein kommt. welches der beruͤhmte Koͤnigliche Preußiſche Leib-Medicus, D. Stahl, in Obſerv. ſelect. Hallenſ. Tom. I. obſerv. 18. beſchreibet, und bereitet wird, wenn man den Dampff des brennenden Schwefels in leinen Tuͤchlein, welche mit einer ſaturirten alcaliſchen Lauge angefeuchtet ſind, aufffaͤnget, daraus denn ein ſchaͤrffliches, etwas ſaͤuerliches weiſſes Saltz entſtehet, aus welchem der fluͤch - tige Schwefel-Spiritus durch das Oleum vi - trioli gleich wieder heraus getrieben werden kan, wie aus unſerm Saltze. Das Acidum Nitri und Salis communis aber kan den Spiri - tum aus unſerm Brunnen-Saltz nicht loßtrei - ben, wie in jenem geſchiehet, auch ſchmecket un - ſeres gantz bitter, und man kan nach dem 67ten §. wieder Schwefel daraus machen, welche Ei - genſchafften bey des Herrn D. Stahls Saltz nicht gefunden werden. Daher denn abzu - nehmen, daß der Spiritus, oder ein Theil deſſel - ben in unſerm Saltze das Mittel halte, und nicht ſo gar fluͤchtig und ſulphuriſch wie der Spi - ritus in angefuͤhrtem kuͤnſtlichen Saltze, im Gegentheil aber auch nicht ſo ſtarck und ſchwer,wie123der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.wie die gemeine Vitriol-und Schwefel-Saͤure beſchaffen ſey.

§. 66.

Wenn unſer Brunnen-Saltz*Deſtillatio Salis noſtri. in ei - ner glaͤſernen Retorte durch ein ſtarckes Re - verberir-Feuer getrieben wird, ſo laͤſſet ſolches den fluͤchtigen ſubtileſten Theil von dem ſaͤuer - lichen Spiritu fahren, welcher wie ein Spiritus Vitrioli volatiliſſimus mit einem ſtarcken Schwefel-Geruch die Fugen und Lutationes unter der Deſtillation durchdringet,**Spiritus Vitrioli volatilis, als der wahre Brun - nen Spiritus. und al - ſo heruͤber in den Recipienten koͤmmt, welches denn der wahre Brunnen-Spiritus iſt, welchem Vogel bißhero ſo viele vergebens nachgeſtellet haben. Von drey viertel Pfund unſers Sal - tzes, welches doch auf einem Stuben-Ofen wohl ausgetrocknet war, bekam ich uͤber 6. Loth des ſauren fluͤchtigen Spiritus, uͤber welchen man gar ſubtil riechen muſte, wenn man nicht halb erſticken wolte.

Alles was man von dem beſten Spiritu vitri - oli volatili ſagen kan, fand ſich in dieſem Li - quore, hatte aber einen ſtarcken empyreuma - tiſchen Geſchmack, wie der Spiritus Tartari aci - dus. In dem Halß der Retorte hatte ſich auch etwas von einem ſchwartzen Ruß angeleget, und (welches ſehr notabel) uͤber ein Quentleinfoͤrm -124Cap. IV. Mineraliſcher Innhaltfoͤrmlicher Schwefel. *Foͤrmlicher Schwefel aus dem Brunnen-Saltz.Daß alſo die hin und wieder in dem Brunnen-Saltz zertheilete und ſupprimirte Fettigkeit ſich durch die Hitze wie - der verſammlet, und zum Theil mit der Saͤure wieder zu Schwefel geworden war.

§. 67.

Im Schmeltz-Feuer flieſſet unſer Saltz durch eine mittelmaͤßige Hitze, und viel leichter als der Tartarus vitriolatus,**Fuſio Salis & inde paratum ſulphur. auch iſt der Fluß ſo ſubtil und duͤnne wie Waſſer. Wirfft man etwas von pulveriſirten Holtz - Kohlen oder auch von andern fetten, oͤhlichten Sachen in das flieſſende Saltz, decket den Schmeltz-Tiegel wohl zu, und laͤſſet es noch ei - ne Weile im Feuer ſtehen, ſo wird ein Hepar Sulphuris daraus, man ſiehet den Schwefel blaulich brennen, und es ſteiget der gewoͤhnliche Schwefel-Geruch davon auf.

§. 68.

Dieſes Hepar Sulphuris hat alle Ei - genſchafften und Wuͤrckungen, wie der gemei - ne Schwefel, wenn ſolcher mit einem Laugen - Saltze vermiſchet und geſchmoltzen wird. Weñ man es mit Waſſer auffloͤſet, und einen deſtil - lirten Wein-Eßig dazu ſchuͤttet, ſo wird ein Lacſulphuris præcipitiret, welches getrocknet und hernach in einem glaͤſern oder irdenen Ge - ſchirr auf heiſſem Sande zu einem foͤrmlichen gelben Schwefel, wie man ſolchen bey Berg - wercken aus denen Pyritis treibet, geſchmoltzenwer -125der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.werden, und aus demſelben wiederum ein ſaureꝛ Schwefel-Spiritus per campanam, mit dem Eiſen ein Vitriol, mit allerhand Oelen, Balſama Sulphuris, und ſonſt alle gewoͤhnliche Schwe - fel-Compoſitiones und Tranſpoſitiones, wie aus dem gemeinen Schwefel bereitet werden koͤnnen.

§. 69

Es vereiniget ſich aber in angefuͤhrtem Experiment die Saͤure unſers Saltzes mit der Fettigkeit der Holtz-Kohlen und anderer ver - brennlicher Sachen, und wird alſo aus der Fet - tigkeit und dieſer Saͤure ein foͤrmlicher Schwe - fel; das Alcali aber in unſerm Saltze formiret das Hepar ſulphuris, und machet den Schwe - fel eine gute Weile feuer-beſtaͤndig, welcher ſonſt in offenem Feuer gar bald nach einander wegduͤnſtet.

§. 70.

Mit dem ſauren Spiritu des Salis communis und des Salpeters, wie auch aus allen andern ſauren Spiritibus*Andere Acida machen keinen Schwefel. kan auf keinerley Weiſe ein foͤrmlicher Schwefel bereitet wer - den, daher denn unſtreitig zu ſchlieſſen, und als ein unfehlbares Kennzeichen zu halten, daß der ſaͤuerliche Spiritus in unſerm Waſſer und Sal - tze das Acidum Sulphuris oder Vitrioli ſey, weil dieſe Saͤure alleine beqvem mit einer Fettig - keit wieder ein Schwefel zu werden, wie ſolche in denen Pyritis oder Kieſen zuvor gewe - ſen.

§. 71.126Cap. IV. Mineraliſcher Innhalt

§. 71.

Wenn man nun weiter unſer Saltz (nehmlich dasjenige, welches zuvor von dem fluͤchtigen Spiritu befreyet worden. §. 66.) mit einer beſondern Gattung der bekannten Saltze, welche aus der Schwefel-oder Vitriol-Saͤure und einem Alcali fixo durch die Kunſt zuſammen geſetzet ſind,*Welchen Saltzen unſer Brunnen-Saltz am aͤhn - lichſten. vergleichen will, ſo iſt ſolches kei - nem aͤhnlicher als dem Sali mirabili Glauberi. **Sal mirabile Glauberi. Es wird ſolches, wie bekannt, aus dem Sale communi und der Vitriol-Saͤure bereitet, da dieſe Saͤure als die Staͤrckeſte und ſchwereſte, die Saͤure des gemeinen Saltzes forttreibet, und ſich an deren Stelle mit dem Alcali Salis communis verbindet. Aus dieſer neuen Com - bination entſtehet ein Sal neutrum, welches 1) in der Cryſtalliſation, 2) nach dem Geſchmack, 3) mit der leichten Auffloͤſung im Waſſer, auch 4) mit der baldigen ſubtilen Fluͤßigkeit im Schmeltz-Feuer, und 5) durch Zuſatz der Holtz - Kohlen darauf folgenden Schwefel-Bereitung gar genau mit unſerm Saltze uͤberein koͤmmt.

§. 72.

Auch iſt dieſem Saltze aͤhnlich und gleich das Englaͤndiſche Purgir-Saltz,***Sal Anglicanum catharctioum. wel - ches man einige Jahr her in groſſer Menge aus England gebracht hat, und nunmehro in unſern meiſten Apothecken diſpenſiret. Es wird die -ſes127der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.ſes gemeine Englaͤndiſche Saltz durchgehends das Epſom-Saltz geheiſſen, auch dafuͤr ausge - geben, es iſt aber nicht das wahre Sal naturale ex aquis mineralibus Ebeshamenſibus, ſondern wird durch die Kunſt von denen Chymicis und Laboranten in London Centner-Weiſe aus ei - ner gemeinen Saltz-Lauge und der Schwefel - oder Vitriol-Saͤure bereitet.

§. 73.

Da nun unſer natuͤrliches Brunnen - Saltz mit derjenigen durch die Kunſt bereiteten Gattung eines Salis neutri ex Acido ſulphuris vel vitrioli am naͤheſten uͤberein koͤmmt, zu de - ren Mixtion das Alcali Salis communis ge - nommen worden, ſo kommen wir der Natur un - ſers Saltzes wieder einen Grad naͤher, und wie wir durch unumſtoͤßliche Experimenta und gegruͤndete Rationes erwieſen haben, daß die Saͤure in unſerm Saltze ſpecie die Schwefel - oder Vitriol-Saͤure ſey, ſo erhellet aus dieſen letztern Umſtaͤnden, daß das Alcali in unſerm Saltze*Sal Alcali ſpeciale in dem Brunnen-Saltz. ſpecie das Alcali ſalis communis ſeyn muͤſſe.

§. 74.

Die eintzige Qualitaͤt und der Cha - racter,**Character ſpecialis ſalis noſtri. wodurch ſich unſer Saltz von dem Sale mirabili und dem gemeinen Englaͤndiſchen Saltz diſtinguiret, iſt daß, ein Theil der Saͤu - re unſers Saltzes zaͤrter, ſubtiler und fluͤchtiger iſt, und noch einige ſubtiliſirte Theilgen desver -128Cap. IV. Mineraliſcher Innhaltverbrennlichen Weſens aus den Kieſen in ſich haͤlt, daher man ſolche durch die gemeine Vi - triol Saͤure (§. 63.) von ihrem Alcali loß trei - ben kan, welches an dem Sale mirabili und dem gemeinen Englaͤndiſchen Saltze nicht geſchie - het.

§. 75.

Weil nun der Urſprung und die Mix - tio unſers Saltzes und deſſelben Theile ſo ge - nau und eigentlich entdecket und vorgeſtellet werden koͤnnen,*Nitrum Calcarium Liſteri. und ein ſolches Saltz nicht al - lein in unſerm Waſſer, ſondern auch in vielen andern Sauer-Brunnen und ſaliniſchen laxi - renden Waſſern gefunden wird, welches gaͤntz - lich oder groͤſſeſten Theils und nach allen Haupt-Eigenſchafften und Wuͤrckungen mit unſerm Brunnen-Saltz uͤberein kommt, ſo haͤtte der gelehrte D. Martin Liſter nicht noͤthig ge - habt ein neues unbekanntes Genus Salium, nehmlich ein Sal oder Nitrum calcarium in de - nen Fontibus medicatis Angliæ zu ſtatuiren, weil ſein Nitrum calcarium nichts anders iſt, als ein aus der Schwefel-oder Vitriol-Saͤure und dem Alcaliſalis communis zuſammen ge - ſetztes Saltz, wie wir in dem vorhergehenden nach allen Umſtaͤnden beſchrieben, und unſer Saltz als ein Model vorgeſtellet haben, nach welchem die uͤbrigen Saltze von dieſer Art in andern mineraliſchen Waſſern koͤnnen beur - theilet und erkannt werden.

§. 76.129der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.

§. 76.

Alles was auch ſonſten andere Auto - res von einem Nitro oder Salpeter (nicht aber das Nitrum oder Natron alcalicum der Alten) gedencken, welchen ſie in ihrem Waſſer zu ſeyn vermeynet,*Das vermeynte Nitrum in andern Waſſern. oder darinnen wollen gefunden ha - ben, ſolches iſt kein anderes als unſer beſchriebe - nes Saltz. Laͤnglichte Cryſtallen und figuræ pri - ſmaticæ machen alleine keinen Salpeter. Die rechten Keñzeichen eines wahꝛen Salpeters ſind, daß ſolcher auf brennenden Kohlen ſich mit ei - nem aus ſeiner eigenen Subſtanz entſtehenden Geblaͤſe und Geraͤuſche in helle Funcken ent - zuͤnde, und gantz wegbrenne, auch daß er durch gebuͤhrende Deſtillation einen Spiritum von ſich gebe, welcher in roͤthlichen Wolcken heruͤ - ber ſteiget, und das Silber ſolviret.

§. 77.

Das Sal vel quaſi Nitri-forme aus denen mineraliſchen Waſſern thut ſolches kei - nes Weges, ſondern wenn man daſſelbe auf brennende Kohlen wirfft, ſo ſiehet man nicht ein Fuͤncklein davon auffſteigen, und bleibet als ei - ne Terra fixa liegen. Der Spiritus, welcher durch die Deſtillation davon getrieben wird (§. 66.) kommt in weiſſen Wolcken heruͤber, und ſolviret kein Silber, ſondern hat alle Ei - genſchafften wie ein Spiritus ſulphuris vel vi - trioli volatilis. Im Gegentheil aber wenn die - ſes Brunnen-Saltz in einem Tiegel geſchmol - tzen, und in daſſelbe Holtzkohlen-Staub oderIandere130Cap. IV. Mineraliſcher Innhaltandere oͤhlichte, fette Sachen gemiſchet werden, ſo wird es ein Hepar ſulphuris, aus welchem ein foͤrmlicher Schwefel præcipitiret werden kan (§. 68.) welches durchaus mit keinem wahren Salpeter, auch mit keinem Saltze, in welchem die Schwefel-oder Vitriol-Saͤuere nicht vor - handen iſt, geſchehen kan.

§. 78.

Ich bin aber nicht der Meynung, daß in allen Sauer-Brunnen und mineraliſchen Waſſern, in welchen ein ſaͤuerlicher Spiritus verſpuͤhret wird, eben das Acidum ſpecie ſul - phureo-vitriolicum befindlich ſey, und alſo ie - desmahl aus der Vereinigung dieſer Saͤure mit dem natuͤrlichen Alcali ein Saltz, wie unſer beſchriebenes Brunnen-Saltz gebohren wer - den muͤſſe.

§. 79.

Es iſt noch eine andere Saͤure,*Acidum ſalis communis in Aquis mineralibus. wel - che in dem Globo Terr-aqueo noch viel gemei - ner iſt, und in groſſer Menge gefunden wird. Das Waſſer iſt faſt in allen Meeren und Seen davon voll, und auf dem Lande iſt in vielen Rei - chen ein groſſer Uberfluß von Saltz-Brunnen, und ſtecken auch an etlichen Orten gantze Berge voll Sal gemmæ, oder Sal foſſile. Es iſt alſo die Saͤure des gemeinen Saltzes, welches wir taͤglich an allen Speiſen eſſen.

§. 80.

Ein ſolch gemeines Kuͤchen-Saltz fin - det ſich ſehr haͤuffig in dem Seltſer Sauer - Brunnen bey dem Chur-Trieriſchen FleckenNie -131der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.Nieder-Selters; item: In dem Sauer - Waſſer zu Carben zwiſchen Friedberg und Franckfurt; Auch participiren die Wildung - ſchen Brunnen etwas von dieſem Saltze, und hat der Herr du Clos in ſeinem Buͤchlein von denen mineraliſchen Waſſern Franckreichs eine gantze Claſſe von kalten weinſaͤuerlichen Waſ - ſern, aus welchen ein Sal commune gezogen worden. In vielen warmen Baͤdern iſt ſol - ches gleichfalls anzutreffen, ſonderlich iſt das Wißbader Waſſer ſo haͤuffig damit angefuͤllet, daß ein iedes Pfund Waſſer aus etlichen Quel - len zu Wißbaden ein gantzes Quentlein Kuͤ - chen-Saltz auslieffert. Die Bourbonniſchen und andere warme Baͤder in Franckreich, in - gleichen das Waſſer aus dem Englaͤndiſchen Bathin Sommerſetshire halten ein Sal com - mune.

§. 81.

Auch ſcheinet das alcaliſche Laugen - Saltz,*Sal lixivioſum Aquarum. welches einige warme Waſſer ſo reich - lich auslieffern, und in verſchiedenen Sauer - Brunnen, obgleich in geringerer Quantitaͤt, ge - funden wird, nichts anders als ſpecie das Al - cali ſalis communis zu ſeyn, und iſt derjenigen Saltz-Lauge gleich, welche in Saltzſiedereyen in denen Pfannen nach der Cryſtalliſation des uͤbrigen Saltzes zuruͤck bleibet, und ſich nicht cryſtalliſiren laͤſſet, ſondern in fluͤßiger FormI 2behar -132Cap. IV. Mineraliſcher Innhaltbeharret, biß man alle Feuchtigkeit wegrau - chen laſſen.

§. 82.

Es iſt zu vermuthen, daß die ſubtile alcaliſche Erde nur halb, oder ein gar geringer Theil von derſelben mit der Saͤure des Salis communis ſaturiret worden, und wenn man ei - ne groſſe Quantitaͤt von einem ſolchen minerali - ſchen Alcali aus dergleichen Brunnen beyſam - men haͤtte, ſo ſtuͤnde zu probiren, ob dieſer ge - ringe Theil des Acidi ſalis communis nicht durch einige Handgriffe heraus zu bringen, und alſo erweißlich waͤre, daß noch wuͤrcklich ein foͤrmlicher Spiritus ſalis acidulus, welchen man vor der Combination mit dem Alcali in dem Waſſer ſchmecken koͤnnen, vorhanden ſey.

§. 83.

Und auf eben ſolche Art moͤgen wohl in einigen Waſſern Saltze ſeyn, von welchen nur ein geringer Theil mit der Schwefel-oder Vitri - ol-Saͤure geſaͤttiget iſt, und weil das Alcali noch prædominiret, als mera & pura Alcalia ange - geben und gehalten werden, welches kuͤnfftig bey einer andern Gelegenheit V. D. weiter ſoll unterſuchet werden.

§. 84.

Weil aber nun aus angefuͤhrten Ex - empeln erhellet, daß in vielen mineraliſchen Waſſern ein Kuͤchen-Saltz*Acidum ſalis communis in Pyritis. gefunden werde, ſo ſolte man glauben, daß auch Eiſen-Kieſe in der Erden ſeyn muͤſten, in welchen an ſtatt der Schwefel-Saͤure und eines wahren foͤrmlichenSchwe -133der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.Schwefels, die Saͤure des gemeinen Kuͤchen - Saltzes, und vielleicht auch zugleich eine mine - raliſche Fettigkeit befindlich, und daß dieſe Kieſe eben auf die Art, wie die gemeinen Pyritæ durch den Zufluß des Waſſers unter der Erden zu ei - ner innerlichen Beweg - und Erregung ihrer Theilgen, Aufloͤſung ihrer Subſtanz und nach Unterſcheid der Kieſe, auch zu einer hefftigen Erhitzung gebracht, und alſo warme Baͤder und Sauer-Brunnen gezeuget wuͤrden, wie §. 36. 37. weitlaͤufftiger angezeiget worden, al - leine mit dieſem Unterſcheid, daß dorten das Acidum Sulphuris, und hier das Acidum ſalis communis in denen Kieſen agire.

§. 85.

Es iſt bekannt, daß ſich das Eiſen durch alle ſaure Sachen und Spiritus ſolviren laſſe;*Das Eiſen laͤſſet ſich von allen ſauren Sachen auf - loͤſen. daher iſt die Saͤure des Kuͤchen-Saltzes ſo be - quem als die Schwefel-Saͤure dieſe Aufloͤſung in denen Kieß-und Eiſenſtein-Gaͤngen unter der Erden zu verrichten, und das ſolvirte Eiſen in erhitzten und kalten Waſſern mit ſich herfuͤr zu bringen.

§. 86.

Es giebet der Augenſchein, daß nicht allein in und um die Quellen des angefuͤhrten Wißbadiſchen und Seltſer Waſſers, in wel - chen doch (auſſer ein wenig prædominirendes Laugen-Saltz und eine gar geringe Portion weiſſe Erde) nichts als ein lauteres Kuͤchen -I 3Saltz134Cap. IV. Mineraliſcher InnhaltSaltz enthalten iſt, eine gelbe Eiſen-Erde ge - funden werde, ſondern ich habe auch in denen reichhaltigen Saltz-Quellen zu Naunheim bey Friedberg in der Wetterau, woſelbſt die be - ruͤhmte Naſſauiſche Saltzmacherey iſt, obſer - viret, daß wo die Quellen aus der Erden her - fuͤr brodeln, welches daſelbſt an unzaͤhlig vielen Oertern geſchiehet, das Saltz-Waſſer allent - halben eine gelbe Eiſen-Erde niederſetze.

§. 87.

Demnach iſt offenbahr, daß ſich das Eiſen unter der Erden in denen mineraliſchen Waſſern ſo bald zu der Saͤure des Kuͤchen - Saltzes, als zu der Schwefel-Saͤure geſelle, mit beyderley Saͤure aber in dieſen Waſſern nicht vereiniget bleiben koͤnne, weil ſolche zu - gleich mit einer prædominirenden ſubtilen, alca - liſchen Erde angefuͤllet ſind, welche die Saͤure allmaͤhlig von denen Eiſen-Theilgen abreiſſet, und ſich an deren Stelle mit der Saͤure ver - einiget.

§. 88.

An einigen Orten moͤgen auch wohl die Kieſe unter der Erden ſo vermiſcht unter ein - ander liegen, oder in einem Kieſe beyderley Aci - da ſulphuris & ſalis communis*Acidum ſalis communis, & Vitrioli in Pyritis. enthalten ſeyn, weil nicht wenige mineraliſche Waſſer ein Sal commune, und zugleich ein Sal wie unſer Brunen-Saltz mit ſich fuͤhren. Mehr andere Arten aber von Saltzen, als dieſe zweyerley ſa - lia enixa, und das dritte, welches alcaliſch, undbald135der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.bald mehr, bald weniger derjenigen Saltz-Lau - ge gleich iſt, welche ſich in denen Saltzſiederey - en nicht will cryſtalliſiren laſſen, habe bißher in keinem mineraliſchen Waſſer finden koͤnnen, ob ich gleich die vornehmſten und gebraͤuchlich - ſten faſt alle ſelbſt probiret habe.

§. 89.

Wenn man dieſe ſimple Wahrheit, welche wir unter dieſem Saltz vorgeſtellet ha - ben, recht einſiehet, und die Veraͤnderungen in den mineraliſchen Waſſern alſo betrachtet, daß ihre ſchaͤrffliche und ſaure Spiritus nicht wegfliegen, ſondern mit dem Alcali Salia enixa werden, ſo wird dadurch zugleich unſer fuͤnffter Satz*Der fuͤnffte Satz. beſtaͤtiget, nehmlich, daß durch die - ſe Vereinigung des ſaͤuerlichen Spiritus mit dem Alcali, derſelbe das aufgeloͤſete und angenommene Eiſen fallen laſſen, und alſo das Waſſer alle vitrioliſche Qua - litaͤten verliehren muͤſſe.

§. 90.

Daß ein vollkommenes Eiſen in un - ſerem Waſſer**Das Eiſen in unſerm Waſſer. enthalten, ſolches iſt ſchon Cap. 3. §. 30. angedeutet worden; wie nun die roth-gelbe Erde, welche in und um die Quellen lieget, im Feuer zuſammen ſchmiltzet, und von den Magneten beweget wird, ſo kan man auch die gelbe Materie ſauber aus dem Waſſer, und von denen uͤbrigen Contentis ſcheiden, hernach in einem Schmeltz-Ofen zuſammen ſchweiſ -I 4ſen136Cap. IV. Mineraliſcher Innhaltſen laſſen, da ſolche alsdenn alle mit einander gar hurtig an den Magneten flieget. Weil ſich aber iedesmahl ein wenig von dem alcali - ſchen und cryſtalliniſchen Cremore (§. 108.) mit untermiſchet, ſo habe bißher noch nicht ei - gentlich determiniren koͤnnen, wie viel Eiſen nach dem Gewicht ein Pfund Waſſer halte.

§. 91.

Indeſſen iſt gewiß, daß unſer Waſſer ſo reichhaltig an Eiſen, daß ich bißher noch kein anderes antreffen koͤnnen, welches dem Pyr - montiſchen daran gleich komme. Es wird auch der Augenſchein einem ieden ſolches zeigen, wenn man das Sediment von einer gleichen Quantitaͤt unterſchiedlicher Waſſer, welche Ei - ſenhaltig, mit dem unſern vergleichet, da man in jenem gar mercklich weniger von der roth - gelben Materie obſerviren, auch andere Sedi - menta blaſſer an Farbe finden wird, als das unſerige. Alle uͤbrige Proben werden ein glei - ches beſtaͤtigen, auf welche man ſich alleine gruͤndet, und ein ieder, welcher in Examine Aquarum mineralium nicht gantz unerfahren iſt, leicht anſtellen, und ſich alſo ſelbſt wird uͤber - zeugen koͤnnen.

§. 92.

Daß ferner dieſes Eiſen in dem fri - ſchen Waſſer mit dem erwieſenen ſaͤuerlichen Schwefel-Spiritu vereiniget ſey, und mit dem - ſelben ein zartes Vitriolum Martis Nativum*Vitriolum Martis. ausmache, ſolches giebt der Geruch und Ge -ſchmack137der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.ſchmack, (§. 23.) auch die bekannte Probe mit den Gallaͤpffeln, welche in unſerm Waſſer ei - ne ſaturirte Purpur-blau-und roͤthliche Farbe verurſachen, ſo deutlich zu erkennen, daß faſt alle Autores mit einem Munde das Vitriolum in denen Aquis mineralibus Chalybeatis vel ferratis agnoſciren, weil ſich aber alle vitrioli - ſche Eigenſchafften ſolcher Waſſer uͤber dem Feuer, und ohne Feuer in der Lufft gaͤntzlich verliehren, und keine Spuhr eines wahren Vitriols von demſelben zuruͤck bleibet, ſo hat ſolches alle Autores confus gemacht, ſo daß ei - ner den Vitriol der mineraliſchen Waſſer einen unreiffen Vitriol, der andere einen fluͤchtigen Vitriol, ein Nitrum vitriolatum, u. ſ. w. nen - net, keiner aber die wahren Urſachen dieſes wunderlichen Verluſtes des Vitrioli erfun - den, und begreifflich vorgeſtellet hat.

§. 93.

Wie aber alle Metalle, von dem ge - ringſten an, biß zu dem edelſten, wenn ſolche durch allerhand ſaure Spiritus aufgeloͤſet,*Niederſchlagung der metalliſchen ſolutionum. und in einen durchſichtigen Liquorem gebracht worden, durch Zumiſchung einer ſubtilen alca - liſchen Erde, oder Laugen-Saltzes wieder da - von abgeriſſen, und zu Boden geworffen wer - den, weil ſich die Saͤure viel leichter mit dem Alcali als mit dem Metall combiniret, ſolches iſt ſo bekannt als wahr, und bedarff keine wei - tere Erklaͤhrung.

I 5§. 94.138Cap. IV. Mineraliſcher Innhalt

§. 94.

Da wir nun in denen mineraliſchen Waſſern gleichmaͤßige Combinationes und Præcipitationes angezeiget haben, ſo fallen hiedurch alle die groſſen Schwierigkeiten hin - weg, welche ſich ſo viele gelehrte Phyſici ma - chen, um die Urſache zu ergruͤnden und zu er - klaͤren: Warum ſich hier der Vitriol ſo leich - te in freyer Lufft, oder durch geringe Waͤrme verliehre, und man durch keinerley Handgriffe einen Vitriol aus dergleichen Waſſern ziehen koͤnne. Der Vitriol hat ſonſt keine ſolche Na - tur, daß er ſich durch ein geringes Feuer de - ſtruiren laſſe, und doch kan man ihn nicht hab - hafft werden, aus Waſſern, in welchen derſel - be, da ſolche friſch waren, ſo deutlich und un - zweiffelbahr nach unterſchiedlichen Special-Ei - genſchafften verſpuͤhret worden.

§. 95.

Es wird aber aus dem Vitriol in de - nen Mineral-Waſſern, was aus einer Solutio - ne vitrioli communis wird, wenn man eine al - caliſche Lauge dazu ſchuͤttet, nehmlich das Aci - dum laͤſſet das Metall fahren, vereiniget ſich mit dem Alcali, und machet mit demſelben ei - nen Tartarum vitriolatum. Unſer Brunnen - Saltz wird auf gleiche Art gebohren, und iſt von eben dieſem Stamm und Geſchlecht, diffe - riret auch in keinem weſentlichen Stuͤcke von demſelben §. 59. ſeq.

§. 96.

Es kommen auch mit dieſen Saͤtzenalle139der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.alle uͤbrige Phænomena,*Explicatio Phænomenorum in Examine Aquarum mineral. welche man bey Un - terſuchung der mineraliſchen Waſſer anmer - cket, uͤberein, und koͤnnen durch dieſelben gruͤndlich und deutlich erklaͤret werden; z. E. warum ſo viele Lufft-Kuͤglein aus dem Sauer - Waſſer aufſteigen,**Aufſteigen der Lufft-Kuͤglein. wenn ſolches in die Waͤr - me gebracht wird? Weil nehmlich neue Com - binationes unterſchiedlicher Materien in dem Waſſer vorgehen. So offt ein Theilgen Saͤu - re, mit einem Theilgen Alcali ſich verknuͤpffet, ſo offt wird die Lufft aus denen Interſtitiis und poris corporum mit einem Nachdruck heraus geſtoſſen, welche ſich denn in ein kleines Blaͤß - lein ausdehnet, und weil ſolches dem Waſſer das Gewicht nicht halten kan, wird es uͤber daſ - ſelbe heraus gedrucket. Wie viel tauſend Lufft - Kuͤglein ſteigen von einem kleinen Stuͤcklein Metall auf, wenn ſolches durch einen ſauren Spiritum aufgeloͤſet und demſelben einverleibet wird. Im Gegentheil aber wenn Spiritus aus einem Liquore hinweg fliegen, geſchicht ſolches gantz incognito, ohne allen Tumult und Erregung eines ſolchen Lufft-Spiels, z. E. die Salia volatilia, Spiritus ardentes, fumantes &c. ſtreichen davon ohne Geraͤuſch und Lufft-Bla - ſen aus dem Waſſer, welches ihnen als ein vehi - culum gedienet.

§. 97.140Cap. IV. Mineraliſcher Innhalt

§. 97.

Warum nun weiter der fluͤchtige, ſub - tile, und penetrante weinſaͤuerliche Spiritus*Warum der Spiritus des Waſſers nicht uͤber den Helm ſteige. der Sauer-Brunnen nicht in und uͤber den Helm zu bringen, wie ſo viele Autores klagen, ſolches wird wiederum durch unſere Saͤtze be - antwortet. Denn es mag ein Acidum ſo fluͤchtig ſeyn als es will, ſo muß daſſelbe doch Stand halten, wenn ein Alcali dazu kommt.

§. 98.

Warum dergleichen Waſſer nach gerade aufhoͤren, die Gallaͤpffel ſchwaͤrtzlich und Purpur-blau zu faͤrben,**Tinctura Gallarum. ſolches iſt ſo we - nig Wunder, als daß eine Dinte von ihrer Schwaͤrtze abfaͤllet, und braun wird, wenn man eine alcaliſche Lauge damit vermiſchet. In beyden Liquoribus verſchwindet zwar we - der das Eiſen, noch die Vitriol-Saͤure, es ent - ſtehet aber eine andere Zuſammenſetzung derer Theilgen. Und obgleich in der natuͤrlichen Mixtur das Vitriolum nativum nicht ſo ſchleu - nig von dem Alcali uͤberwaͤltiget wird, davon wir §. 102. 103. einige Urſachen angefuͤhret ha - ben, ſo geſchiehet ſolches doch allmaͤhlig, wenn die unterſchiedlichen Theilgen in dem Liquore durch Lufft und Waͤrme auffs neue beweget, und an einander getrieben werden.

§. 99.

Warum endlich aus einem ſo ſpirituö - ſen und kraͤfftig ſchmeckenden Liquore ſo leichtein141der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.ein ſtumpff abgeſchmackt Waſſer werden koͤn - ne,*Verluſt der Spirituoſitaͤt. und zwar nach unſerer Hypotheſi, ohne daß der Spiritus aus dem Waſſer wegkomme; ſolches geſchicht auf gleiche Art, wie man z. E. das allerſtaͤrckeſte corroſiviſche Scheide-Waſ - ſer gar bald mit einem Laugen-Saltze ſo ſtumpf und zahm machen kan, daß man es hernach oh - ne Schaden mit Loͤffeln eſſen duͤrffte, und den - noch iſt der Spiritus nicht davon geflogen, ſon - dern alles was das Scheide-Waſſer vorhin ſcharff und ſpirituös machte, noch in dem Li - quore oder in dem neu zuſammen geſetzten Sale medio zu finden, auch wieder heraus zu brin - gen, wie wir ein gleiches von unſerm Brunnen - Saltze angemercket haben §. 66. 68.

§. 100.

Es erhellet auch aus eben dieſem Grunde: Warum die warmen mineraliſchen Waſſer**Warum die warmen Waſſer nicht ſo ſpirituös. bey weiten nicht ſo ſchaͤrfflich und weinſaͤuerlich gefunden werden, auch das Eiſen viel eher niederſetzen, als die kalten Waſſer. Inmaſſen die groſſe Hitze dergleichen Præcipi - tationes, Combinationes und Saturationes, des in denen Kieſen befindlichen ſauren Spiritus, unter der Erden ſchon groͤſſeſten Theils vollfuͤh - ret hat, welche Veraͤnderung die kalten Waſ - ſer erſt uͤber der Erden zu gewarten haben.

§. 101.

Was aber die vornehmſten undſchein -142Cap. IV. Mineraliſcher Innhaltſcheinbareſten Einwuͤrffe*Einwuͤrffe. anbelanget, wel - che gegen unſere Hypotheſin koͤnnen gemachet werden, ſo wird erſtlich die Frage ſeyn: War - um die Vereinigung der Saͤure mit dem Alca - li in denen mineraliſchen Waſſern ſo langſam von ſtatten gehe, und unſer ſauer Waſſer ſo lang und ſtarck koͤnne erwaͤrmet werden, wie wir §. 11. gemeldet haben, ehe die Combinatio - nes gaͤntzlich vollendet. Da im Gegentheil die Acida & Alcalia chymica augenblicklich offt mit groſſer Hefftigkeit in einander lauffen, und mit dergleichen Verbindungen und Præcipita - tionibus gar bald ein Ende machen

§. 102.

Die Urſachen dieſes Unterſcheides ſind folgende: 1) haben wir ſchon erwieſen, daß ob - gleich unſer Spiritus ſpecie die Schwefel-oder Vitriol-Saͤure ſey, dennoch derſelbe als ein na - tuͤrl. Spiritus von dem gemeinen durch die Kunſt bereiteten differire, und mit einer ſubtiliſirten Fettigkeit durchzogen (§. 31. ſeq. ) und dadurch zaͤrter und fluͤchtiger gemacht ſey (§. 64.) als ein gemeiner Schwefel-oder Vitriol-Spiritus. Von dieſer beygemiſchten ſubtilen Fettigkeit ſcheinet der Spiritus auch die Eigenſchafft zu ha - ben, daß er ſo feſte an dem Eiſen als einem fet - ten, oder mit dem verbrennlichen Weſen reich - lich begabeten Metall haͤlt. Wenn aber die - ſes ſubtile fette Weſen allmaͤhlich durch die Lufft (mit welcher es eine ſonderliche Gemein -ſchafft143der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.ſchafft heget, Cap. 3. §. 49.) und Bewegung der Waͤrme, wodurch alle Theilgen auffs neue ſtarck auf einander geſtoſſen werden, aus dem Spiritu getrennet wird, ſo hoͤret damit auch der beſondere Nexus mit dem Eiſen auf, und der ſaure Spiritus gehet voͤllig zu der ſubtilen alcali - ſchen Erde uͤber, mit welcher derſelbe auch vor - hin zum Theil ſchon verknuͤpffet war, und die - ſelbe ſolubel gemachet hatte, allein durch die Fettigkeit und das Eiſen von der gaͤntzlichen Vermiſchung gehindert worden.

§. 103.

2) Iſt auch das natuͤrliche minerali - ſche Alcali*Das alcali naturale iſt nicht ſo ſcharff wie das arti - ficiale. nicht ſo ſcharff und eindringend, als das vegetabiliſche durch das Feuer ausge - brannte, wie leicht zu erachten, auch in einem Experiment kan geſehen werden, wenn man un - ſer Brunnen-Saltz im Waſſer aufloͤſet, und ein ſolvirtes Sal Tartari oder reine Potaſchen - Lauge dazu ſchuͤttet, ſo ſchlaͤget ſolche eine ſub - tile alcaliſche Erde aus dem Saltze nieder, und ſetzet ſich an deren Stelle in die Saͤure deſſelben (§. 62.) Uber dieſes wird auch das Alcali in unſerm Waſſer, zwiſchen einer ziemlichen Quantitaͤt einer cryſtalliniſchen Subſtanz in dem Waſſer gleichſam gebunden gehalten, daß es den gewoͤhnlichen Effect auf die Saͤure nicht eher thun kan, biß durch Lufft und Waͤrme aufsneue144Cap. IV. Mineraliſcher Innhaltneue eine innerliche Bewegung und Zuſam - menreibung aller Theilgen verurſaͤchet wird.

§. 104.

Es erhellet zwar aus dergleichen Um - ſtaͤnden, daß die mineraliſchen Waſſer ſolche natuͤrliche Mixturen ſind, welche durch keine Kunſt koͤnnen nachgemachet werden,*Aquæ minerales koͤnnen durch keine Kunſt nachge - machet werden. indeſſen hindert ſolches nicht, daß man à poſteriori nicht ſolte erforſchen und finden koͤnnen, aus was fuͤr unterſchiedlichen Materien dieſelben zuſammen geſetzet waͤren, als in welche ſie ſich theils ſelbſt reſolviren, theils durch die Kunſt auf eine Na - tur-gemaͤße Art gantz begreifflich und deutlich ſcheiden und theilen laſſen.

§. 105.

Ferner kan gegen unſere Hypotheſin angefuͤhret werden, daß es ſaͤuerliche Waſſer gebe, welche gar kein Saltz,**Aquæ minerales ſine ſale. und nur ein wenig ungeſchmackte Erde, andere nur ein alcaliſches Saltz in ihrem Sedimento zuruͤck laſſen, wo bleibet denn da der ſaͤuerliche Spiritus?

Hierauf dienet zur Antwort, daß dergleichen Sauer-Waſſer wohl ſehr wenige gefunden werden, oder gar wenig ſaͤuerlich ſeyn muͤſſen, daß alſo die gar geringen hin und wieder in dem Waſſer zerſtreueten Particulæ acidæ mit der ſubtilen Erde gantz concreſciren in eine Sub - ſtantiam arenoſam, wie ich ſolche in einigen Waſſern angetroffen habe, und bey einer an -dern145der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.dern Gelegenheit durch Experimenta weiter ſoll eroͤrtert werden.

§. 106.

Was aber die alcaliſche Saltze anbe - langet,*Sal lixivioſum in Aquis mineralibus. welche in vielen Waſſern befindlich, ſo ſind dieſelben groſſen Theils keine Alcalia pura, ſondern halb ſaturiret, und mit Salibus neutris vermiſchet nach dem 83. §. Und wenn auch gleich ein Sal alcali puriſſimum in einigen Waſſern ſolte gefunden werden, ſo ſtatuiren ja verſchie - dene groſſe Chymici, daß die Salia Alcalia aus denen Acidis gebohren werden, wenn dieſe mit allerhand ſubtilen kreitenhafftigen, alcaliſchen Erden (in geringer Quantitaͤt und nicht zu voͤl - liger Saturation) combiniret; oder in denen vegetabiliſchen Coͤrpern die ſubtileſte irdiſche Theilgen mit etwas ſubtiliſirter Saͤure durch die Gewalt und Wirckung des Feuers zuſam - men gehefftet und ſolubel gemachet, die uͤbrigen ſaure, fette und fluͤchtige Theilgen aber ver - brannt und zerſtreuet werden. Daher auch aus dem ſauren Weinſtein durch die Verbren - nung ein Sal Alcali ſo haͤuffig kan bereitet wer - den.

§. 107.

Und es iſt merckwuͤrdig, daß eben in denjenigen mineraliſchen Waſſern,**Iſt in den warmen Waſſern am meiſten. in welchen durch den hefftigen Motum caloris alle ſteinigte und ſubtile irdiſche Theilgen der Kieſe mit de -Knen146Cap. IV. Mineraliſcher Innhaltnen ſauren hefftig durch und an einander getrie - ben und gerieben worden, nehmlich in den war - men Baͤdern, die Salia Alcalia am meiſten ge - funden werden, ſo daß das Pfund Waſſer aus dem Emſer-Bade bey 20 Gran, und aus dem Carls-Bade ein halb Quentlein alcaliſch Saltz auslieffert, deſſen Urſprung ſich nicht wohl von etwas anders deduciren laͤſſet, als von der haͤuf - figen ſubtilen Erde, und der Saͤure in denen Kieſen. Und wie per Ignem actualem in dem vegetabiliſchen Reiche die Salia Alcalia produ - ciret werden, ſo ſcheinet Ignis potentialis in dem Mineral-Reiche viel mit zu der Alcaliſation der ſubtilen Erde beyzutragen. Jedennoch kan auch ohne die Waͤrme nach Beſchaffenheit der irdiſchen Theilgen und der unterſchiedenen Gattung der Saͤure (da das Acidum ſalis com - munis mehr zu der ſaliniſchen Alcaliſation der ſubtilen Erde zu diſponiren ſcheinet, als das Acidum ſulphuris) in einigen kalten minerali - ſchen Waſſern ein Sal Alcali gezeuget werden, ſonderlich wo viele ad Mixtionem alcalicam ſa - linam bequeme ſubtile Erde, und nach Propor - tion deſſelben wenige Particulæ acidæ zugegen ſind.

§. 108.

Wir gehen aber weiter, und ſehen nach dem ſechſten Satz:*Der ſechſte Satz. Wie die ſubtile, ſuͤſſe, alcaliſche Erde in unſerem Waſſer den ſaͤuerlichen Spiritum an Menge weituͤber -147der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.uͤbertreffe, und alſo der Brunnen in ſei - ner Wuͤrckung mehr alcaliſch als ſauer ſeyn muͤſſe.

Daß ein Menſtruum acidum in einem Li - quore, in welchem die alcaliſchen Materien prædominiren, ſeine aufloͤſende Krafft nicht verliehre, und das ſolvirte Metall bey ſich be - halten koͤnne, ſolches iſt bey denen chymiſchen Bereitungen gantz etwas ungewoͤhnliches. Indeſſen ſind ſo viele mineraliſche Waſſer gar deutliche Exempel, daß eine ſolche Mixtur in ei - nem durchſichtigen Cryſtallen-hellen Liquore gar wohl mit einander eine Zeit lang beſtehen koͤnne, wie wir ſolches im vorhergehenden ſchon umſtaͤndlich erwieſen, und die Urſachen hin und wieder erklaͤret haben. An dieſem Ort muß nun ſonderlich angefuͤhret werden: was fuͤr Anzeigungen*Anzeigungen der alcaliniſchen Ratur. der alcaliniſchen Natur ſich in unſerm Waſſer finden, und daß der ſaure Spi - ritus bey weitem nicht gnug ſey, alles Alcali in dem Waſſer zu ſaturiren, ſondern daß nach Proportion noch eine groſſe Menge ſubtile alca - liſche Erde uͤbrig bliebe.

§. 109.

1) Efferveſciret das friſche Waſſer ziemlich ſtarck, mit allerhand ſauren Sachen,**Efferveſcentia cum Acidis. mit Wein, Eßig, Spiritu Nitri, Salis & Vitrio - li. 2) Den Violen-Syrup, und Safft von rothem Kohl machet es zwar nicht Graſe-gruͤn,K 2doch148Cap. IV. Mineraliſcher Innhaltdoch ein wenig gruͤnlich, und wenn ſolche durch Vermiſchung ſaurer Sachen gantz hoch roth worden, bringet es demſelben ihre blaue Farbe wieder. Eben dieſes geſchiehet mit der blauen Torneſol.

§. 110.

3) Eine Solution des gemeinen Vi - triols wird, durch daſſelbe gleich truͤbe, und nach und nach haͤuffig niedergeſchlagen, doch ohne Geraͤuſch und Aufwallen. Die Solution des ſublimats aber turbiret dieſes Waſſer gar nicht, vielweniger præcipitiret*Præcipitationes. es aus demſelben ein roth-gelbes Pomerantzen-farbiges Pulver, wie andere ſcharffe alcalifche Waſſer zu thun pfle - gen. Denn es gehoͤret ein ſcharffes ſaliniſches Alcali dazu, dieſe Farbe aus dem ſublimat zu bringen. Bloſſe alcaliſche Erden thun ſolches nicht, z. E. Kreite, Krebs-Augen, præparirte Muſcheln und dergleichen. Es ſcheinet alſo, daß der alcaliniſche Theil, welcher der ſubtile - ſte und zu der Saltz-Mixtion der bequemſte in unſerm Waſſer durch die Particulas acidas ver - hindert werde, und das uͤbrige Alcali nicht ſub - til, ſaliniſch und ſcharff gnug ſey, in die Com - poſition des ſublimats einzudringen, und den Mercurium in roth-gelber Farbe nieder zu ſchlagen. 4) Wenn das Pyrmontiſche Waſ - ſer mit ſuͤſſer Milch vermiſchet, und damit ge - kochet wird, hindert ſolches die Coagulation**Non coagulat Lac. der -149der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.derſelben mehr, als daß es einiger maſſen dazu diſponiren ſolte, welches nicht geſchehen koͤnte, wenn die Saͤure in dem Waſſer den Vorzug haͤtte.

§. 111.

Dieſe Experimenta erweiſen nun die alcaliſche Natur des Waſſers gantz untruͤglich und klar, daher wir auch die uͤbrigen Vermi - ſchungen und Præcipitationes mit allerhand metalliſchen Solutionibus, und anderen Liquo - ribus, welche zu dem Beweiß und Erklaͤrung unſerer Saͤtze nicht ſo viel beytragen, deren wir ſonſt noch ein gantz Regiſter bey einander ha - ben, dieſes mahl mit Stillſchweigen uͤberge - hen. Allein hier muß noch angefuͤhret wer - den, wie auch ein Alcali nach voͤlliger Verrauchung des Waſſers zuruͤck bleibe.

§. 112.

Wir haben in dem vorigen §. ſchon angemercket, daß der ſubtileſte, ſaliniſche, alca - liſche Theil mit der Saͤure vereiniget werde, auch iſt ſolcher alleine nicht gnug den ſauren Spiritum zu ſaturiren, daher derſelbe auch et - was von dem irdiſchen Alcali in die Vermi - ſchung des Brunnen-Saltzes nimmt, welches durch ein ſcharffes Laugen-Saltz noch kan her - aus præcipitiret werden. (§. 62.) Es iſt alſo das Alcali, welches nach der Evaporation zu - ruͤck bleibet, ein Alcali terreum und kein Sali - num.

§. 113.

Wenn man das Sal neutrum ausK 3dem150Cap. IV. Mineraliſcher Innhaltdem Sedimento des Waſſers geſeiget hat,*Reſiduum alcalicum. ſo bleiben 2 Drittheil einer ungeſchmackten, roth-gelben Erde zuruͤck, nehmlich von einem Pfund des Trinck-Waſſers 14 oder 15 Gran, hievon koͤnnen 2 Gran abgerechnet werden als Eiſen, und denn noch ohngefehr 1 Drittheil Materiæ ſeleniticæ, ſo bleiben 8 Gr. Cremoris & Terræ ſubtilis alcalicæ wie præparirte Krebs - Steine uͤbrig, welche mit allen ſauren Sachen hefftig aufwallet, ſchaͤumet, und groſſen Theils dadurch wieder aufgeloͤſet wird.

§. 114.

So man das Eiſen vor der Evapo - ration gaͤntzlich von dem Waſſer geſchieden hat, ſo bleibet dieſe alcaliſche Erde**Subtilitaͤt der alcaliſchen Erde. ſo weiß wie der Schnee zuruͤck, und iſt ſo fein und zart, als præparirte Perlen-Mutter, weichet alſo keiner alcaliſchen Erde an ſubtilitaͤt und Tugend, wie auch leicht zu erachten, da ſolche in einem ſo durchſichtigen, Cryſtallen-hellen Waſſer un - ſichtbahr, und aufgeloͤſet geweſen.

§. 115.

Woher dieſe alcaliſche Erde ihren Urſprung***Urſprung derſelben. nehme, darff meines Erachtens nicht ferne geſucht werden. Es beſtehen die Pyritæ nicht nur aus Schwefel und Eiſen, ſon - dern ſie haben auch Nomen & Omen, daß ſie Steine ſind, und findet ſich zugleich in denen - ſelben bald mehr bald weniger von einer hartenſtei -151der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.ſteinigten Subſtanz, welche in einigen Pyritis grob und ſproͤde, in andern ſubtiler, feiner und weicher iſt.

§. 116.

Wenn nun der ſaure Schwefel - Spiritus, und das Eiſen in denen Kieſen durch die Befeuchtigung des Waſſers anfangen in einander zu wircken, ſo wird die ſteinigte Ma - terie zugleich mit afficiret, und durch den mine - raliſchen Spiritum durchdrungen, ſubtiliſiret und aufgeloͤſet. Der ſubtileſte Theil derſel - ben nimmt Mixtionem ſalinam an, und wird nachmahls, wenn uͤber der Erde das Eiſen von dem ſauren Spiritu getrennet wird, von der Saͤure voͤllig ſaturiret, ein anderer Theil iſt be - ſagte zartealcaliſche Erde, und aus einigen Kieſen wird ein dritter Theil dieſer ſteinigten Subſtan - ze, wie es ſcheinet, mit etwas Schwefel-Saͤure gantz intime miſciret, und conſtituiret alſo die Materie, von welcher im ſiebenden Satz*Der ſiebende Satz. ge - meldet wird, daß in dem Waſſer auch eine reine, durchſichtige, cryſtalliniſche un - geſchmackte Subſtanz wie ein Lapis ſeleni - tes, oder wie kleine Berg-Cryſtallen ge - funden werde.

§. 117.

Wenn man mit der Deſtillation oder Evaporation unſeres Brunnen-Waſſers**Cryſtalli ſeleniricæ. gantz gelinde und langſam verfaͤhret, ſo ſetzet ſich dieſe eryſtalliniſche Subſtanz, nachdem dasK 4Waſ -152Cap. IV. Mineraliſcher InnhaltWaſſer groͤſſeſten Theils weggerauchet, und kalt worden iſt, allenthalben an den alcaliſchen Cremorem. Je langſamer und ſtiller das Ver - duͤnſten zugangen, ie groͤſſer wachſen die Cry - ſtallen zuſammen. Zuweilen ſind es lauter kleine weiſſe glaͤntzende Kluͤmplein und Scha - len, welche durch das bloſſe Geſicht nicht wohl zu unterſcheiden, wenn man aber Vergroͤſſe - rungs-Glaͤſer daruͤber haͤlt, ſo ſiehet man, daß dieſe Schalen aus lauter durchſichtigen Sta - cheln zuſammen geſetzet ſind.

§. 118.

Bald fallen die Cryſtallen*Figura Cryſtallorum. ein we - nig groͤſſer, und ſind wie kleine Beſen anzuſe - hen, indem derſelben viele an der einen Seite zuſammen und in einander gehen, und an der andern Seite in viele Spitzen vertheilet ſind; von ſolchen faſciculis Cryſtallorum ſtoſſen biß - weilen 2, 3 biß 4 auf einem Centro zuſammen, welches durch Macroſcopia ſehr artig anzuſe - hen iſt. Wieder auf eine andere Zeit wird man viele duͤnne, durchſichtige Lamellas und viereckige, laͤngliche, platte Stuͤcklein bekom - men, welche den Lapidem ſelenitem gar ſicht - barlich vorſtellen. Es iſt dieſe Materie ohne allen Geſchmack, knirſchet nicht unter den Zaͤh - nen wie Sand, ſondern iſt weich unter denſel - ben wie der Selenites.

§. 119.

Von gelinder Hitze des Feuers, wenn zum Exempel dieſe Cryſtallen auf einen Stu -ben -153der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.ben-Ofen geleget werden, verliehren dieſelben allen Glantz und Durchſichtigkeit, wie auch durch die Calcination in offenem Feuer, und werden zu einem weiſſen Pulver, welches ſelbſt den Schnee an Weiſſe und Reinigkeit uͤber - trifft. Es hat aber ſolches gantz die Art nicht wie Kalck, denn es erhitzet ſich nach der Calci - nation nicht, wenn Waſſer daruͤber gegoſſen wird, wallet auch mit ſauren Sachen gar nicht auf, mit einem Wort, wie ein reiner Lapis ſe - lenites iſt, ſo findet man dieſe cryſtalliniſche Materie nach allen Haupt-Qualitaͤten.

§. 120.

Daß ich aber folche auch mit dem Berg-Cryſtall verglichen, iſt die Urſache, weil dieſe Materie, nachdem man mit der Evapora - tion langſamer oder geſchwinder umgangen, ſich auf ſo mancherley Art in lauter kleine laͤng - liche Spieſſe und Stacheln cryſtalliſiren laͤſſet, welches man bey der natuͤrlichen Zeugung des Lapidis ſelenitæ nicht alſo obſerviret, ſondern bey derſelben ſetzet ſich gemeiniglich immer ein duͤnnes Blaͤtlein auf das andere, und werden alſo lauter platte, breite Stuͤcke daraus formi - ret.

§. 121.

Es iſt auch zu vermuthen, daß der Berg-Cryſtall, Tropff-Stein und allerley cryſtalliniſches, durchſichtiges Geſteine und Druͤſen in denen Bergwercken, auf eben eine ſolche Art generiret werden, indem der natuͤr - liche, ſaͤuerliche, ſaliniſche Spiritus allerhandK 5ſub -154Cap. IV. Mineraliſcher Innhaltſubtiles Geſteine durchdringet, aufloͤſet und nachmahls durchaus in und mit demſelben un - zertrennlich ſich vereiniget; da ſolcher denn wieder nach Unterſcheid der Stein-Arten bald mehr bald weniger Haͤrtigkeit annimmt. Denn daß dergleichen Sachen vorhin weich und aufgeloͤſet geweſen, daran wird wohl nie - mand zweiffeln, und die cryſtalliniſchen Figu - ren ſind Zeichen ihrer ſaliniſchen Natur, welche auch oͤffters denen Cryſtallis ſalium nach al - len aͤuſſerlichen Umſtaͤnden ſo gleich ſehen, daß kein Ey dem andern aͤhnlicher ſeyn kan.

§. 122.

Wir kehren aber wieder zu dem Se - lenites-Stein,*Selenites-Stein. als wofuͤr wir eigentlich die Cryſtallen unſers Waſſers halten, auch ſchon Cap. 3. §. 20. angefuͤhret haben, daß derſelbe nur wenig Schritte von dem Trinck-Brunnen in einem kleinen Baͤchlein zuſammen wachſe, und in groſſen Stuͤcken gefunden worden. Einige Englaͤndiſche Medici haben dergleichen in ihren mineraliſchen Qvellen, ſonderlich zu Epſom, Kenſington und Acton angetroffen. Von denen mineraliſchen Waſſern in Teutſch - land aber habe noch in keiner Beſchreibung et - was davon finden koͤnnen, ſondern man redet immer viel von einer Terra calcaria, da doch der Kalck durchaus kein Naturale, ſondern ein durch die aͤuſſerſte Gewalt des Feuers bereite - tes corroſiviſches Alcali iſt, mit welchem we -der155der Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen.der die alcaliſche Erde, noch der cryſtalliniſche Cremor der mineraliſchen Waſſer fuͤglich kan verglichen werden.

§. 123.

Ich glaͤube daß dieſe Materia ſeleni - tica in mehrern Waſſern koͤnte gefunden wer - den, wie in einigen an deren ſtatt ſich eine ſan - dichte Materie,*Sandige Materie in mineraliſchen Waſſern. oder ein veritabler harter Sand, welcher ſtarck unter den Zaͤhnen knir - ſchet, anſetzet, wie man in dem Wildungifchen, item in dem Toͤnnigſteiner-Waſſer unten am Boden zuſammen gewachſen findet, wenn ſol - ches ein halb Jahr oder laͤnger in Gefaͤſſen ge - ſtanden hat. Die Materiam ſeleniticam aber habe auch ſehr haͤuffig in dem Paderborniſchen Driburger Brunnen angetroffen, und iſt das Driburgiſche Waſſer von dem Pyrmonti - ſchen darinnen fuͤrnehmlich mit unterſchieden, daß dieſes mehr Eiſen, und jenes mehr von dem Selenites-Stein bey ſich fuͤhret.

§. 124.

Es mag aber dieſes mahl von dem ſpiritualiſchen und materialiſchen Innhalt des Pyrmontiſchen Waſſers gnug ſeyn, und bin ich nun ein unpartheyiſches Urtheil von Brun - nen-kuͤndigen Gelehrten uͤber dieſe Saͤtze, wel - che vielen wohl erſt paradox, und unglaublich ſcheinen moͤchten, gewaͤrtig. Indeſſen lebe verſichert, daß ſo viele Beweiß-und Erfahrungs - Gruͤnde angefuͤhret worden, daß ein Liebhaber der Wahrheit, welcher in abgehandelten Sa -chen156Cap. IV. Mineraliſcher Innhalt der ꝛc.chen nicht gantz ohne Wiſſenſchafft iſt, Gele - genheit haben werde ſich zu vergnuͤgen und zu uͤberzeugen, ſonderlich wenn er ſelbſt die Hand anlegen, und die mineraliſchen Waſſer durch vernuͤnfftige und deutliche Proben erforſchen will. Solte aber nichts deſto weniger jemand gegruͤndete Urſachen und andere contraire Experimenta gefunden zu haben vermeynen, und ſolche ins beſondere communiciren, oder auch im Druck unſern Saͤtzen entgegen ſtellen will, ſo werde nicht ermangeln, wenn ſolches ohne anzuͤgliche Redens-Arten, welche zur Sa - che nicht dienen, geſchiehet, dieſelben noch viel umſtaͤndlicher und weitlaͤufftiger zu erklaͤ - ren.

§. 125.

So man mir auch vorwerffen wol - te, daß ich nicht der erſte, ſo dieſe Verbindung der Spirituum in denen mineraliſchen Waſſern mit der alcaliſchen Erde erfunden, ſo geſtehe ich, und gebe mit beyden Haͤnden zu, daß dieſe Wahrheit gantz ſimple und klar, und alſo un - moͤglich anders ſeyn koͤnnen, als daß einige ſo wohl von denen alten als neuern Autoribus auf dergleichen Gedancken kommen. Weil ſie aber die wahren Grund-Urſachen dieſer Combinationum nicht eingeſchen, und ihnen diejenigen Experimenta gefehlet, welche am al - lermeiſten beweiſen, ſo widerſprechen ſich auch alle dieſe Autores, und was ſie auf einem Blat - te ſtatuiret, werffen ſie auf dem andern wiederuͤber157uͤber einen Hauffen. Daher ich denn die vor - getragenen Saͤtze, nicht ſo wohl auf anderer unvollkommene Gedancken und Meynungen, als auf eigene Erfahrung und Natur-gemaͤſſes Nachforſchen gruͤnden wollen.

CAP. V. Die vornehmſten Kraͤffte und Wirckun - gen des Pyrmontiſchen Waſſers im menſchlichen Leibe, auch die Kranckhei - ten, welche bißher ſonderlich dadurch curirt worden.

§. 1.

NAchdem wir den mineraliſchen Innhalt, oder dasjenige, was die Pyrmontiſchen Geſund-Brunnen von dem gemeinen Waſſer unterſcheidet, klar und deutlich geſehen, und nach denen merckwuͤrdigſten Umſtaͤnden betrachtet haben, ſo muͤſſen wir nun auch die Kraͤffte und Wirckungen derſelben unterſuchen, als woran dem menſchlichen Geſchlechte am allermeiſten gelegen iſt.

§. 2.

Es wircken zwar die mineraliſchen Waſſer nach allen ihren einverleibeten Mate - rien zugleich,*Gewiſſeſte Anzeigungen der Kraͤffte und Tugen - den. und iſt das ſicherſte und ge - wiſſeſte, daß man durch offt wiederhohlteErfah -158Cap. V. Kraͤffte und WirckungenErfahrung und vielfaͤltige Exempel, die Tu - genden und den Nutzen eines Waſſers kennen lerne. Indeſſen ſind doch alle Betrachtungen à priori nicht zu verwerffen, ſonderlich wenn man nicht ein Chaos chimeriſcher Materien, ſondern eine wahre Anatomie derer unter - ſchiedlichen Theile des Waſſer-Gehaltes zum Grunde hat; denn durch dieſelbe erlanget man eine vernuͤnfftige Erfahrung, und es wird die Erfahrung dadurch beſtaͤtiget, und unwan - delbahr gemachet, da es ſonſt oͤffters geſchiehet, daß Medici in ihren Brunnen-Beſchreibungen ſich ſelbſten widerſprechen, und ſo viel unge - reimte Sachen von denen Kraͤfften ihrer Waſ - ſer erdichten, daß was heute einige ſtatuiret haben, morgen von andern wieder umgeſtoſſen wird.

§. 3.

Wir wollen alſo, ehe wir die allgemei - nen Wirckungen des Waſſers*Die Materien des Waſſers. vor uns neh - men, zuerſt die erwieſenen Stuͤcke, als 1) den ſaͤuerlichen Schwefel-Spiritum, 2) das Vitrio - lum Martis nativum, 3) das Brunnen-Saltz, 4) den Stahl oder das Eiſen, 5) die alcaliſche Erde, und 6) die cryſtalliniſche Subſtanz, ein iedes ins beſonder nach ſeinen bekannten Eigen - ſchafften und Wirckungen erwaͤgen und vor - ſtellen.

§. 4.

Es iſt demnach das erſte der ſaͤuerlicheSchwe -159des Pyrmontiſchen Waſſers.Schwefel-Spiritus:*Der ſaure Schwefel-Spiritus. Daß die Saͤure aus dem Schwefel und dem Vitriol einerley Gat - tung ſey, ſolches iſt unter denen gelehrteſten Chymicis eine ausgemachte Sache, und kan man auch mit dem Schwefel-Vitriol, und mit der Vitriol-Saͤure wie der Schwefel, eines aus dem andern, ſo offt und viel man will, durch leichte Hand-Griffe verfertigen; daher wir auch in dem vorigen Capitel den ſauren Spiri - tum des Schwefels und Vitriols iedesmahl als eine Sache angefuͤhret haben.

§. 5.

Daß aber der Spiritus ſulphuris & vi - trioli ein Medicament ſey,**Iſt ſicher zu gebrauchen. welches ohne alle Vermiſchung und Zuſatz zu 10, 15 Tropffen, auch wenn dergleichen Spiritus ſehr waͤſ - ſerig ſind, wohl ein Scrupel und mehr auf einmahl, ohne die geringſte Gefahr und Scha - den koͤnne eingenommen werden, ſolches be - kraͤfftigen die meiſten Stimmen der gelehrte - ſten und erfahrenſten Practicorum, und wird wohl von niemand, als wenn noch hie und da ein abſoluter Bontekuiſt uͤbrig geblieben, ge - laͤugnet werden.

§. 6.

Und nicht allein thut dieſe Saͤure kei - nen Schaden,***Nutzbarkeit und Wirckung deſſelben. ſondern wenn ſolche mit Un - terſcheid der Naturen, und in gebuͤhrender Zeit, und Ordnung gebrauchet wird, ſo ſtaͤrcket die -ſelbe160Cap. V. Kraͤffte und Wirckungenſelbe den Magen, erwecket den verlohrnen Ap - petit, daͤmpffet die uͤberfluͤßige gallichte Schaͤrf - fe, ſo wohl in dem Magen und Gedaͤrmen, als auch in dem Gebluͤte, und treibet dergleichen Materien ziemlich ſtarck durch den Urin ab. Gegen die Fieber-Hitze, ſonderlich in anſte - ckenden hitzigen Fieber hat man iederzeit dieſes Acidum ſehr nuͤtzlich gefunden, und pfleget man 12, 15 biß 20 Tropffen zu einer gelinden Saͤure ins Getraͤncke zu vermiſchen, wodurch denn das gar zu ſehr ſubtiliſirte Gebluͤt ein wenig verdi - cket, die fluͤchtig gemachte gallichte Fettigkeit gebunden, durch den Urin abgefuͤhret, und alſo eine faulende Reſolution des Gebluͤts gehindert wird. Darum hat man auch ſolche Saͤure de - nen Bezoar-Tincturen, und ſo vielen andern Me - dicamenten, welche taͤglich verſchrieben und ge - brauchet werden, zugeſetzet.

§. 7.

Was nun den ſauren Schwefel-oder Vitriol-Spiritum, welcher ſich in unſerm Waſ - ſer am meiſten ſpuͤhren laͤſſet, anbelanget, ſo ha - ben wir Cap. 4. §. 20. 30. ſeq. angezeiget, daß ſolcher dem Spiritui Vitrioli volatili*Spiritus Vitrioli volatilis. gantz aͤhnlich und gleich ſey. Ein ſolcher Spiritus hat zwar einen ſehr ſtarcken, durchdringenden Ge - ruch, wie angezuͤndeter Schwefel, indeſſen iſt der Geſchmack, wie auch der corrodirende Ef - fect deſſelben bey weitem nicht ſo ſtarck, wie eine gemeine Vitriol-Saͤure, oder ein anderer ſau -rer161des Pyrmontiſchen Waſſers.rer Chymiſcher Spiritus, ja es iſt derſelbe noch viel gelinder als der Eßig, welcher taͤglich an vielen Speiſen geſſen wird.

§. 8.

Die Urſache der Gelindigkeit dieſes fluͤchtigen Spiritus, da derſelbe doch ſpecie eben die Gattung Saͤure iſt, wie die gemeine Vitriol - Saͤure (auch durch geringe Handgriffe der gemeine Spiritus in einen Fluͤchtigen, und der Fluͤchtige wieder in einen Gemeinen kan ver - wandelt werden) haben wir unter dem zweyten Satz Cap. IV. vorgeſtellet, daß nehmlich die beygemiſchete ſubtiliſirte Fettigkeit, die ſauren Saltz-Theilgen zwar fluͤchtiger machet, zugleich aber nach der bekannten Art aller oͤhnlichten und fetten Sachen, die Schaͤrffe und Spitzen der - ſelben einwickelt und abſtumpffet. Nicht allein aber dieſes, ſondern es wird dieſer Spiritus in unſerm Waſſer auch von aller nagenden und zerfreſſenden Schaͤrffe gaͤntzlich gehindert, auf der einen Seite durch das auffgeloͤſete Eiſen, mit welchem er combiniret iſt, (Theſ. 5.) auff der andern Seite durch das Alcali (Theſ. 6.) Es iſt alſo unmoͤglich, daß hier die Saͤure, wel - cher doch ſonſt wol die meiſte Schuld moͤchte gegeben werden, etwas auch das allergeringſte und ſolubelſte ſolte corrodiren koͤnnen.

§. 9.

Im Gegentheil werden die Kraͤffte und Tugenden eines ſolchen fluͤchtigen Spiritus von vielen Chymicis und Practicis gegen die Epile - pſie, Hertzklopffen ꝛc. auch zu kraͤfftiger Reſolu -Ltion162Cap. V. Kraͤffte und Wuͤrckungention allerhand Verſtopffungen und zaͤher ſchleimichter Feuchtigkeiten mit ſolchen groſſen Lob-Reden heraus geſtrichen,*Deſſen Ruhm und Tugenden. daß, wenn nur die Halbſcheid davon wahr iſt, man ſolchen als eine herrliche Artzeney anzuſehen hat. Son - derlich auch weil unſer natuͤrlicher Spiritus, vor den durch die Kunſt und Feuer bereiteten einen Vorzug haben, und noch viel ſicherer und beſſer zum Gebrauch ſeyn muß.

§. 10.

Es iſt aber dieſes fluͤchtige ſamt einem Theil von dem fixeren Acido in unſerm Waſſer nach dem fuͤnfften Satz Cap. IV. §. 8. 9. ſeq. mit dem Eiſen verknuͤpffet, und conſtituiret mit demſelben ein zartes Vitriolum Martis nati - vum,**2) Vitriolum Martis. welches alſo des andern Ingrediens iſt, welches wir hier nach ſeinen Medicinal-Eigen - ſchafften und Kraͤfften erwaͤgen muͤſſen.

§. 11.

Ein reiner Eiſen-Vitriol wird nicht al - lein von allen Practicis als ein ſehr nuͤtzliches und ſicheres Medicament, alleine und in allerhand Arten der Formularum und Recepten vermi - ſchet, taͤglich gebrauchet,***Sicherer Gebrauch und Kraͤffte deſſelben. ſondern man ſteiget auch wol mit der Doſi biß zu 10. 12. 15. Gran, und continuiret damit taͤglich einige Wochen nach einander. Es eroͤffnet derſelbe die Ver - ſtopffungen in denen Eingeweiden des Unter - Leibes, ſtaͤrcket dieſelben, verbeſſert die ſchaͤdli -che163des Pyrmontiſchen Waſſers.che Laxitaͤt durch die gelind zuſammenziehende Krafft des Eiſens, reſolviret den Schleim und toͤdtet Wuͤrme und Ungezieffer. Es wird die ſehr gebraͤuchliche und nuͤtzliche Tinctura Mar - tis Ludovici Tartariſata daraus gemachet, und in dem beruͤhmten Pulvere abſorbente Wede - lii tragen auch die vorſichtigſten Practici kein Bedencken, den Eiſen-Vitriol Wochen-Kin - dern zu verſchreiben.

§. 12.

Wenn nichts deſto weniger iemand ſolte gefunden werden, welcher den gemeinen Eiſen-Vitriol verdaͤchtig hielte, und denſelben einer heimlichen corrodirenden Schaͤrffe und Saͤure beſchuldigen wolte, ſo laͤſſet ſich doch ſol - ches von dem Vitriolo Martis in unſerm Waſſeꝛ*Beſchaffenheit des Vitriols in dem Waſſer. im geringſten nicht gedencken. Denn weil nach dem ſechſten Satz das Alcali in dem Waſ - ſer prædominiret, ſo kan die Saͤure durchaus zu keiner corrodirenden Wuͤrckung kommen, ſondern ſo bald ein Sauer-Theilgen von dem Eiſen loß kommt, wird daſſelbe in dem Augen - blick von dem Alcali (Cap. IV. §. 108.) ergriffen, und mit demſelben ſo feſte vereiniget, daß durch die allerſtaͤrckeſte Gewalt des Feuers mit ge - nauer Noth ein Theil von demſelben wieder loßgetrieben werden kan.

§. 13.

Aus dieſer Vereinigung der Saͤure mit dem Alcali entſtehet nun unſer Brunnen -L 2Saltz,164Cap. V. Kraͤffte und WuͤrckungenSaltz,*3) Das Brunnen-Saltz. wie wir unter dem vierdten Satz er - wieſen, und daſſelbe mit dem Tartaro vitriolato, Sale mirabili Glauberi verglichen haben.

§. 14.

Was fuͤr herrliche Tugenden und ſi - chere gelinde Wuͤrckungen dergleichen Salia media,**Tugenden deſſelben. welche aus der Vitriol Saͤure und ei - nem Alcali zuſammen geſetzet ſind, durch man - nigfaltige Erfahrung von ſich ſpuͤhren laſſen, ſolches geben gleich Anfangs die ſonderbaren groſſen Titel zu erkennen, indem man ſolchen die Nahmen Salia polychreſta, Arcanum du - plicatum, Panaceam Holſaticam &c. beygele - get. Es verduͤnnen, zertheilen und reſolviren dieſe Salia den zaͤhen Schleim und allerhand ſchleimichte Verhaͤrtungen und Verſtopffun - gen im Magen, in denen Gedaͤrmen, in dem Gekroͤſe, Miltz, Leber und andern glanduloͤſen Eingeweiden. Sie gehoͤren mit unter die bewaͤhrteſten und ſicherſten Fieber-Mittel, curi - ren allerley Art kalte Fieber, und werden auch mit groͤßtem Nutzen denen Bezoardicis fixis in hitzigen Fiebern zugeſetzt. In Cachexie, Schwulſt und Waſſerſucht kan viel damit ef - fectuiret werden. Den Urin treiben ſie ſehr ſtarck, und reinigen die Nieren und Blaſe von Grieß, Sand und Stein-Gebroͤckel.

§. 15.

Es diſponiren dieſelben zu gelinderEr -165des Pyrmontiſchen Waſſers.Eroͤffnung des Leibes,*Gelindigkeit. und darff man mit ei - nigen derſelben, zum Exempel mit dem Sale mi - rabili Glauberi, wie auch mit dem bekannten Englaͤndiſchen Purgir-Saltz (wenn ſolche an - derſt durch die noͤthigen Handgriffe von aller uͤberfluͤßigen prædominirenden Schaͤrffe be - freyet ſind) von einem Qventlein biß zu zwey Loth mit der Doſi ſteigen, und nach Unterſcheid der Naturen acht, vierzehen und mehr Tage alle Morgen damit continuiren; Da ſolche denn den Schleim der Eingeweide verduͤnnen, in ein Waſſer reſolviren, und ohne Bauchgrim - men und groſſe Ubligkeit, wie ſonſt die meiſten Purgantia, welche in Quantitaͤt abfuͤhren ſollen, zu thun pflegen, ihre Wuͤrckung verrichten.

§. 16,

Dieſes ſind aber nicht allein untruͤgli - che Kennzeichen einer ſonderlichen ſicheren Wuͤrckung dieſer Art Saltze, ſondern daß ſol - che auch in dem gantzen Saltz-Geſchlecht die gelindeſten unter allen ſeyn, und die wenigſte angreiffende und nagende Schaͤrffe bey ſich ha - ben muͤſſen.

§. 17.

Das gemeine Kuͤchen-Saltz,**Das gemeine Kuͤchen-Saltz iſt ſchaͤrffer als das Brunnen-Saltz. welches wir taͤglich faſt an allen Speiſen eſſen, und deſ - ſen unſere Natur von Jugend auf gewohnet iſt, wenn ſolches zu etlichen Quentlein oder ein Loth des Morgens mit etwas Waſſer in den ledigenL 3Ma -166Cap. V. Kraͤffte und WuͤrckungenMagen genommen wird, pflegt denſelben ſo an - zugreiffen und zu irritiren, daß eine groſſe Ublig - keit und ſtarckes Erbrechen darauf erfolget. Im Gegentheil koͤnnen angefuͤhrte Saltze zu zwey Loth eingenommen werden, ohne daß man un - ter zehnmahl einmahl eine ſonderliche Ubligkeit oder Erbrechen drauf verſpuͤhret. Weil nun unſer Brunnen-Saltz von eben dieſer Gattung iſt, wie wir unter dem 4ten Satz umſtaͤndlich er - wieſen haben, ſo darf man von demſelben gleich - falls nicht die geringſte Corroſion beſorgen, ſon - derlich da in einem Pfund Waſſer nur ſieben Gran Saltz verhanden, und es in demſelben mit einer prædominirenden alcaliſchen Erde vermiſchet und umgeben iſt, nach dem ſechſten Satz §. 108. Cap. IV.

§. 18.

Wir kommen nun nach der Ord - nung auf das Eiſen*4) Das Eiſen. in unſerm Waſſer, wie das Eiſen in dem gemeinen Leben zu aller - hand mechaniſchen Gebrauch das nuͤtzliche Me - tall iſt, ſo hat daſſelbe bißher auch den Vorzug unter allen uͤbrigen Metallen in der Medicin, und werden aus demſelben die meiſten, ſicher - ſten und gebraͤuchlichſten Artzeneyen verfertiget, ja es wird das rohe Eiſen-Feil gar offt verſchrie - ben und nicht ohne Nutzen eingenommen.

§. 19.

Die vornehmſte Medicinal-Wuͤr - ckung des Eiſens**Medicinal-Wuͤrckungen des Eiſens. in dem menſchlichen Leibe iſt, daß ſolches alle Eingeweide ſtaͤrcket und ge -lin -167des Pyrmontiſchen Waſſers.linde zuſammen ziehet. In denen meiſten langwierigen Kranckheiten findet ſich eine ſehr ſchaͤdliche Laxitaͤt und Erweichung der Faͤſer - lein aller innerlichen Theile; von der ſulphuri - ſchen, trockenen, alcaliſchen Erde des Eiſens aber erlangen dieſelben ihre natuͤrliche Staͤrcke und Fettigkeit wieder; Die fibræ motrices partium membranoſarum, vaſculoſarum & glandulo - ſarum ziehen ſich wieder gebuͤhrend zuſammen; Und durch dieſe Bewegung werden die be - ſchwerlichen Verſammlungen der Feuchtigkei - ten von denen Eingeweiden abgetrieben, und die ſchleimichten tartariſchen Verſtopffungen (wenn ſolche nicht ſchon gaͤntzlich veraltet und verhaͤrtet ſind) aus denen Druͤſen, Roͤhrlein und Gaͤngen heraus gepreßet. Auf ſolche Art oͤffnet denn das Eiſen und ziehet zuſammen. Aus angeregten Urſachen aber thun die Stahl - oder Eiſen-Brunnen ſo herrliche Wuͤrckungen in dem Malo hypochondriaco, Mutter Be - ſchwerungen, allerhand Gebrechen der Daͤu - ungs-Eingeweide, langwierigen Durchfaͤllen, Verſtopffungen des Gekroͤſes, des Miltzen, der Leber ꝛc.

§. 20.

Je weniger Eiſen in einem minerali - ſchen Waſſer iſt,*Vorzug der reichhaltigen Stahl-Waſſer. ie eher koͤnnen die Einge - weide Schaden durch den Gebrauch deſſelben leiden, es mag auch ſonſt ſo viel oͤffnen, laxiren und den Urin treiben, wie es will. InmaſſenL 4durch168Cap. V. Kraͤffte und Wuͤrckungendurch die viele Waͤſſerigkeiten die Nerven-Faͤ - ſerlein gar zu ſehr erweichet und ſchlapp ge - macht werden, welches nicht allemal durch bloſ - ſe Salia, wol aber durch die Eiſen-Theilgen ge - hindert wird. Weil demnach unſer Waſſer ſo reich an Eiſen iſt, daß demſelben faſt keines dar - an gleich koͤmmt, (Cap. IV. §. 91.) ſo ſind deſſen Tugenden ſo viel groͤſſer, und der Gebrauch ſo viel ſicherer.

§. 21.

Es laͤßet ſich auch der Unterſcheid, wel - cher zwiſchen einem reichhaltigen Eiſen-Waſſer und einem andern, das wenig oder nichts von Eiſen bey ſich fuͤhret, ſonderlich wohl an unſerm Waſſer obſerviren. Denn ie laͤnger man daſſelbe ſtehen laͤſſet, daß ſich das Eiſen uͤber ſich und unter ſich heraus ſetzet, je mehr pflegt ſol - ches zu purgiren, und erfahren ſolches auch diejenigen, welche das verfahrne Pyrmontiſche Brunnen-Waſſer*Der halb verdorbene Brunnen purgiret mehr als das friſche Waſſer. (welches zuweilen durch warmes Wetter gar viel in ſeiner Mixtur ver - aͤndert wird, da ſich der groͤſſeſte Theil des Ei - ſens inwendig an die irdene oder glaͤſerne Ge - faͤſſe ſetzet) zu Hauſe trincken. Von denenſel - ben hoͤret man oͤffters erzaͤhlen, daß ſie zu Hau - ſe viel mehr Wuͤrckung von dem Brunnen ge - habt, als ſie nun bey der Qvelle verſpuͤhreten. Dieſe Wuͤrckung aber rechnen ſie nach dem oͤff - tern Purgiren.

§. 22.169des Pyrmontiſchen Waſſers.

§. 22.

Was hilfft es aber, wenn der Leib noch ſo wol durch die Salia gereiniget, und durch das Waſſer ausgeſpuͤhlet worden, wenn nicht zu gleicher Zeit denen Eingeweiden ihre gebuͤh - rende Staͤrcke, Feſtigkeit und zuſammenziehen - de Bewegung wiedergebracht wird. *Bloſſe Reinigung des Leibes iſt nicht genug.Geſchie - het dieſes nicht, ſo ſammlen ſich oͤffters die ſchaͤdlichen Saͤffte in denen ſchlappen und wel - cken Viſceribus ſo geſchwinde wieder, als ſolche hinaus geſchaffet worden, und iſt alſo der Nu - tzen ſehr geringe, welchen man von einer ſolchen Waſſer-Cur erlanget hat.

§. 23.

Wegen des Eiſens oder Stahls iſt nun noch eine Frage uͤbrig; Nehmlich ob das Eiſen des Waſſers in unſerem Leibe, als ein Vitrio - lum oder wie ein Crocus Martis ſeinen Effect præſtire? **Das Eiſen des Waſſers wuͤrcket fuͤrnehmlich als ein Grocus Martis. Es iſt in dem vorigen Capitel umſtaͤndlich erwieſen worden, daß das Waſſer in freyer Lufft, u. ſonderlich durch das Erwaͤrmen (wie ſolches in denen Eingeweiden und Adern geſchiehet) nach und nach alle vitrioliſche Ei - genſchafften verliehren und das Eiſen fallen laſ - ſen muͤſſe. Auch wird das Waſſer in dem Magen und Gedaͤrmen mit allerhand ſauren, gallichten und groben irdiſchen Materien ver - miſchet, da ſonderlich die Particulæ terreo - pingues ſich an das zarte Eiſen-Vitriolum haͤn -L 5gen,170Cap. V. Kraͤffte und Wuͤrckungengen, daſſelbe niederſchlagen, und mit demſelben eine ſchwartze Dinten-Farbe ausmachen, wie ſolches von denen Excrementis bey dem Ge - brauch der Stahl-Waſſer bekannt iſt.

§. 24.

Es leget alſo das Waſſer in primis viis ſeine vitrioliſche Qualitaͤten ab, und wenn noch etwas Eiſen mit dem uͤbrigen Gehalt des Waſſers in das Gebluͤthe fortgefuͤhret wird, ſo thut ſolches ſeinen Effect mehr als ein ſubtiler Eiſen-Crocus, befeſtiget, und ſtaͤrcket alle re - laxirte Partes ſolidas, als daß es einiger maßen durch prævalirende vitrioliſche Eigenſchafften denen Nerven ſchaͤdlich ſeyn ſolte, wie einige Autores argwoͤhnen und befuͤrchten wollen.

§. 25.

Sonderlich aber hindert die prædo - minirende ſubtile alcaliſche Erde*5) Subtile alcaliſche Erde. (welche das fuͤnffte Ingrediens iſt, welches wir hier nach ſei - nen Wuͤrckungen betrachten muͤſſen) daß we - der die Saͤure noch der Vitriol des Waſſers einigen angreiffenden oder corrodirenden Ef - fect thun koͤnne, wie ſolches ſchon im vorherge - henden umſtaͤndlich erklaͤret und dargethan worden. Was ſonſten dergleichen ſubtile al - caliſche Erden in unſerm Leibe wuͤrcken, und wie ſicher und nuͤtzlich dieſelben zu gebrauchen, ſol - ches wiſſen anietzo faſt alle Hauß-Muͤtter, und werden auch von denen Medicis wenig Pulver - Recepte verſchrieben, in welchen man nicht præparirte Krebs-Steine, Muſchel-Scha -len,171des Pyrmontiſchen Waſſers.len, Perlen-Mutter und dergleichen finden ſolte.

§. 26.

Da nun das Alcali in unſerm Waſſer eben eine ſolche ſubtile Erde iſt,*Gebrauch derſelben. und zwar von der zarteſten Gattung, welche in einem Cryſtal - len-hellen Waſſer auffgeloͤſet iſt, (Cap. IV. §. 114.) ſo muß dieſelbe einen gleichmaͤßigen und noch viel ſubtilern Effect thun, die uͤberfluͤßige Saͤure, gallichte und ſaliniſche Schaͤrffe in dem Magen und Gedaͤrmen, wie auch in der gan - tzen Maſſa Humorum zu daͤmpffen und an ſich zu nehmen, welche nachmahls gleich durch die uͤbrige reinigende und austreibende Krafft des Waſſers aus dem Leibe fortgeſchaffet, und durch die Reinigungs-Werckzeuge ausgeworf - fen wird.

§. 27.

Endlich iſt die ungeſchmackte Cryſtal - liniſche Subſtantz des Waſſers (Cap. IV. §. 116. ſeq. ) noch uͤbrig,**6) Der Selenites-Stein. und muͤſſen wir ſehen, ob ſol - che auch einige Artzney-Tugenden beſitze. Wir haben zu Ende des vorigen Capitels gemeldet, daß dieſe durchſichtige Cryſtallen nichts anders, als ein reiner Selenites-Stein ſeyn. Ein ſol - cher Stein iſt eine ſonderlich zarte, muͤrbe und weiche Erde, welche nicht unter den Zaͤhnen knirſchet, auch ſich gar leichte zu einem ſubtilen unfuͤhlbaren Mehl reiben laͤſſet.

§. 28.

Ob nun gleich das Pulver ſo wol vondem172Cap. V. Kraͤffte und Wuͤrckungendem rohen als calcinirten Selenite mit ſauren Sachen nicht auffwallet, ſo iſt doch eben dieſes von dem præparirten Berg-Cryſtall, auch von vielen Lapidibus pretioſis, & minus pretioſis bekannt, welchen nichts deſto weniger von de - nen meiſten Practicis ſonderliche Tugenden und medicinal-Kraͤffte beygeleget werden. Am allermeiſten wird der præparirte Berg-Cryſtall Kindern und Alten gegen Uberfluß ſcharffer und nagender Galle, in der Cholera, Bauch - fluͤſſen, Ruhr, Nieren-Stein, lauffender Gicht, Fluore albo, auch zu Vermehrung der Milch bey ſaͤugenden Frauen, mit groſſen Nutzen gar viel und oͤffters gebrauchet.

§. 29.

*Deſſen Gebrauch.Weil nun die Materia ſelenitica nur nicht von ſolcher Haͤrte und Feſtigkeit, im uͤbrigen aber mit der Subſtantz des Berg-Cry - ſtalles gantz uͤberein zu kommen, und wegen ih - rer Weiche und Muͤrbigkeit noch wol mehr Ein - gang und Wuͤrckung in die Feuchtigkeiten un - ſers Leibes zu haben ſcheinet, ſo habe bißher in meiner Praxi ſo wol die Cryſtalliniſche Materie unſers Waſſers, als auch ſonſt einen reinen La - pidem ſeliniten in obgedachten Faͤllen, gegen welche der Berg-Cryſtall recommendiret wor - den, alleine und mit andern Sachen vermiſchet, oͤffters gebrauchet, und iederzeit einen zuverlaͤſ - ſigen Effectum præcipitantem davon erhal - ten.

§. 30.173des Pyrmontiſchen Waſſers.

§. 30.

Uber dieſes iſt auch ſonſten der Lapis ſelenites nicht allein zu mechaniſchen Sachen, und aͤußerlich zur Schmincke vor das Frauen - zimmer gebrauchet worden, ſondern es haben auch einige erfahrne Practici denſelben innerlich als ein ſehr gutes Antiſpaſmodicum gegen die Epilepſie, gegen Paroxyſmos habituales kalter Fieber und dergleichen. Kindern und Erwach - ſenen mit ſehr gutem Succeſs eingegeben.

§. 31.

Dieſes ſind alſo die Eigenſchafften, Kraͤffte und Wuͤrckungen derjenigen Materi - en, aus welchen der mineraliſche Innhalt un - ſers Waſſers zuſammen geſetzet iſt. *Alle dieſe Materien ſind ohne Schaͤrffe.In wel - chem Stuͤcke nun das Schaͤdliche und Corro - ſiviſche verborgen liege, oder welche Materie des Waſſers corrodiren koͤnne, ſolches wird wol mit der Wuͤndſchel-Ruthe muͤſſen ausge - funden werden; Im Gegentheil aber wird ein ieder Kenner der Materiæ Medicæ geſtehen 1) daß das Pyrmontiſche Waſſer nach denen er - wieſenen Kraͤfften der unterſchiedlichen Stuͤcke des mineraliſchen Innhalts mehr ein verſuͤſſen - des als Sauer-Waſſer genennet zu werden den verdiene; 2) daß taͤglich denen ſchwaͤcheſten Krancken, auch denjenigen, welche mit inner - lichen Geſchwuͤhren behafftet, Saltze und aller - hand Materien verordnet und zugelaſſen wer - den, welche ſchaͤrffer und angreiffender als unſe - re Brunnen-Contenta; Und daß folglich alledas174Cap. V. Kraͤffte und Wuͤrckungendas Gewaͤſche und Vorgeben von der gar zu groſſen Staͤrcke und Schaͤrffe dieſes Waſſers, in lauter chimæriſchen Schwierigkeiten, ſo theils der Neid, theils die Unwiſſenheit auff die Bahn gebracht, beſtehe, welche hiermit nun - ber einen Hauffen fallen.

§. 32.

Sind aber diejenigen Materien, wel - che das Pyrmontiſche Waſſer in ſich haͤlt, gut, ſicher und nuͤtzlich zu gebrauchen, ſo iſt deſto beſ - ſer, daß man ſolche nicht gar zu weitlaͤufftig in dem Waſſer ausgebreitet findet. *Vorzug der reichhaltigen mineraliſchen Waſſer.Man haͤlt ja mehr von concentrirten kraͤfftigen Artzney - en, mit welchen man in weniger Doſi viel aus - richten kan, als von langen Galeniſchen Bruͤ - chen und duͤnnen abgeſchmackten Traͤn - cken.

§. 33.

Den groͤſſeſten Unterſcheid, welchen man bey unpartheyiſcher Unterſuchung unſeres und anderer Sauer-Brunnen, welche gelinder, ſubtiler und leichter heiſſen, findet, beſtehet dar - innen, daß dieſe Waſſer reicher ſind. Wann man zum Exempel ein Maaß Pyrmontiſch Waſſer mit ein oder 2. Maaß gemein friſch Brunnenqvellen-Waſſer vermiſchet, ſo iſt der - ſelbe eben ſo leicht, ſo ſubtil und gelinde.

§. 34.

Es moͤgen alſo andere von denen ſpi - ritualiſchen Kraͤfften ihrer Waſſer und denen unſichtbaren aſtraliſchen Geiſterlein in denen - ſelben ſo viel ruͤhmen und ſchreiben wie ſie wol -len175des Pyrmontiſchen Waſſers.len (welches ſonderlich von einigen hier und dar entdeckten neuen Waſſern, in welchen nichts beſonders Coͤrperliches anzutreffen, und doch mit Gewalt groſſe Geſund-Brunnen ſeyn ſol - len, bißweilen auf eine recht laͤcherliche Art ge - ſchiehet) ſo ſind wir im Gegentheil wohl zufrie - den, daß man in unſerm Waſſer kaͤnntliche und begreiffliche Materien, und ſolche nach Propor - tion des Waſſers in ziemlicher Quantitaͤt fin - det, deren medicinal-Kraͤffte nicht koͤnnen ge - laͤugnet werden.

§. 35.

Wenn man es der Muͤhe werth hielte, ſo koͤnten in der Pyrmontiſchen Gegend viele gelinde Sauer-Brunnen auffgeraͤumet wer - den, weil dergleichen Qvellen in groſſer Menge von allerhand Gattungen daſelbſt vorhanden, wie in dem dritten Capitel angezeiget habe. Indeſſen werden doch hiermit alle geringhalti - ge mineraliſche Waſſer nicht verworffen,*Gebrauch der geringhaltigen Waſſer. ſon - dern bey denjenigen Perſonen, welchen mehr ſimple Dilutiones und Verſuͤßungen der Hu - morum, als viele Abfuͤhrungen und Auswuͤrf - fe dienlich ſind, haben dieſelben auch ihren Nu - tzen und Gebrauch, wenn nur durch gute Medi - camenten dabey gehindert wird, daß die Viſce - ra nicht zu ſehr relaxiret, und eine uͤberfluͤßige Waͤßerigkeit in denenſelben, wie auch in de - nen Humoribus zuruͤck bleibe und verhalten werde.

§. 36.176Cap. V. Kraͤffte und Wuͤrckungen

§. 36.

Uber dieſes wird auch niemand laͤug - nen, und iſt von vielen alten und neuen Autori - bus weitlaͤufftig vorgeſtellet, wie geſund das ſimple gemeine Waſſer ſey, und wie groſſe Cu - ren daſſelbe thun koͤnne. *Nutzen des gemeinen Waſſers.Da zum Exempel denjenigen, welche durch den Mißbrauch vieler ſauren, ſaltzigen und ſtarck gewuͤrtzten Speiſen, wie auch durch unmaͤßig Wein-und Brandte - wein-Trincken ihre Eingeweide erhitzet und ausgetrocknet, und die Humores gar zu ſul - phuriſch und auffwallend gemachet haben, das Weſer-Waſſer zuweilen an ſtatt eines guten Geſund-Brunnens dienen kan. Ob nun gleich, wie gemeldet, alles dieſes nicht widerſprochen wird, ſo bleibt dennoch gewiß, daß, wenn man von einem Waſſer mit Wahrheit mehrere Kraͤffte und Wuͤrckungen, als von dem gemei - nen Waſſer ruͤhmen wolle, man auch Materien darinnen zeigen muͤſſe, von welchen ſolches her - ruͤhren koͤnne, oder ſonſten wird der geruͤhmte Effect deſſelben eqvivoc und zweiffelhafft bleiben.

§. 37.

Wir muͤſſen aber nun weiter ſehen, wie das friſch-getrunckene Pyrmontiſche Waſ - ſer mit dem zuſammengefuͤgten mineraliſchen Halt in unſerm Leibe wuͤrcke,**Allgemeine Wuͤrckungen des Pyrmontiſchen Waſſers. und was fuͤr Effecte insgemein durch die Erfahrung davonver -177des Pyrmontiſchen Waſſers.verſpuͤhret werden. Die offenbareſte und be - kannteſte Wuͤrckung des Waſſers, wenn ſol - ches in gehoͤriger Maaß getruncken wird, iſt, daß es die natuͤrlichen Abfuͤhrungen und Aus - wuͤrffe durch alle Scheidungs-und Reinigungs - Werckzeuge unſers Leibes haͤuffig vermeh - ret.

§. 38. *Durch alle Reinigungs-Werckzeuge des Leibes.

In dem Munde wird durch daſſelbe bey einigen eine ſtarcke und viele Tage nach einander anhaltende Salivation erwecket. Durch die Glandulas des Gaumens, Schlunds und der Lufft-Roͤhre, wie auch durch die Naſe treibet es eine Menge Schleim aus, loͤſet und verduͤnnet denſelben. Der Magen wird von demſelben bey denjenigen, ſo dazu geneigt, zum Erbrechen erreget, und viele Unreinigkeiten - ber ſich ausgeworffen. Aus denen Gedaͤrmen ſpuͤhlet das Waſſer durch ſeine laxirende Krafft die verhaltenen groben Unreinigkeiten, den Schleim und die ſcharffe Galle durch den Stuhlgang weg, ſo, daß ſolche oͤffters einige Tage nach einander mit Erhitzen und Brennen gar empfindlich fortgehet.

§. 39.

Durch die Nieren und Blaſen treibet es am allermeiſten, und paſſiret bey vielen durch den Urin alleine taͤglich eine gleiche oder groͤſſere Maaß Waſſer wieder weg als ſie getruncken haben. Auff der gantzen Oberflaͤ - che der Haut wird nicht allein der Schweiß ſehrMmerck -178Cap. V. Kraͤffte und Wuͤrckungenmercklich getrieben, auch bey denjenigen, welche ſonſt ſehr ſchwer dazu zu bewegen, oder wie ei - nige klagen, viele Jahre nicht recht ſchwitzen koͤnnen, ſondern wenn die Humores ſehr ſaltzig und gallicht ſind, verurſachet es auch ein Aus - fahren uͤber die gantze Haut, welches aber bald wieder vergehet, oder zu Ende der Cur durch das Bad gehoben wird. Die verhaltene ge - woͤhnliche Blut-Fluͤſſe bey Weibs-und Mañs - Perſonen, von welchen ſo viele Beſchwerungen und Kranckheiten zu entſtehen pflegen, bringet das Waſſer ſo gewiß und ſicher wieder zurechte, als ſonſten von keinem bekannten Mittel kan ge - ſaget werden.

§. 40.

Alle dieſe Reinigungen des Leibes ge - hen auf eine ſo gelinde und angenehme Art von ſtatten*Gelindigkeit der Wuͤrckungen. (wenn anderſt die Cur regelmaͤßig ge - fuͤhret wird) daß keine Artzeneyen, noch ande - res Mediciniren damit zu vergleichen. Und ob ſich wol viele das Pyrmontiſche Waſſer ſo ſtarck und angreiffend vorſtellen laſſen, ſo wer - den doch insgemein alle, welche daſſelbe in ge - buͤhrender Ordnung getruncken haben, aus der Erfahrung das Gegentheil bezeugen und be - kennen muͤſſen, daß es ohne alle Beſchwerungen, Ubligkeit und Entkraͤfftungen, welches ſonſt faſt alle uͤbrige Reinigungs-Mittel, ſo in Quantitaͤt evacuiren ſollen, zu verurſachen pflegen, ſeine Wuͤrckungen verrichte, ja daß mancher ſpielendund179des Pyrmontiſchen Waſſers.und gleichſam vor die lange Weile die Brun - nen-Cur halten koͤnne.

§. 41.

Es thut aber das Waſſer nicht allein angezeigte allgemeine ſichtbarliche Wuͤrckun - gen, ſondern nach denen erwieſenen Theilen ſei - nes mineraliſchen Innhalts muͤſſen auch noch die uͤbrigen Haupt-Effecte, welche zu Wieder - bringung der Geſundheit erfodert werden, und wir bereits im vorhergehenden unter einem ie - den Stuͤck ins beſonder angefuͤhret haben, noth - wendig folgen, daß es nehmlich die ſaure, ſcharf - ſaltzige und gallichte Feuchtigkeiten ſo wohl in dem Magen und Gedaͤrmen als in der gantzen Maſſa Humorum veraͤndert, daͤmpffet und ver - ſuͤſſet,*Verſuͤſſungen der ſchaͤdlichen Feuchtigkeiten und Eroͤffnungen. den Schleim und das zaͤhe coagulirte Weſen, wie auch allerhand Verſtopffungen des Gekroͤſes, der Leber, des Miltzen, der Nieren, der Lungen und aller Haar-kleinen Roͤhrlein und Gaͤnge derer uͤbrigen Eingeweide in denen ſaͤmtlichen dreyen Haupt-Hoͤhlen des menſch - lichen Leibes auffloͤſet, verduͤnnet und zertheilet, welcher præparirte und beweglich gemachte Un - rath nachmahls durch alle Excretoria (§. 38.) ausgeworffen wird.

§. 42.

Und da allerley ſchaͤdliche Feuchtig - keiten und Verſtopffungen bey einer geſchwaͤ - cheten Natur und Leibe, aus der gewoͤhnlichen taͤglichen Nahrung gar leicht wieder gezeugetM 2wer -180Cap. V. Kraͤffte und Wuͤrckungenwerden und entſtehen koͤnnen, wenn dieſelben gleich einmal noch ſo rein aus dem Leibe geſchaf - fet geweſen, ſo wird unter angezeigten Reinigun - gen und Abfuͤhrungen zu gleicher Zeit der To - nus & Elater partium ſolidarum & fibrarum motricium oder die natuͤrliche Feſtigkeit,*Staͤrckung der feſten Theile. leb - haffte zuſammen ziehende und ſpannende Be - wegung der Nerven-Faͤſerlein, (welche ſonder - lich in denen poroͤſen, ſchwammichten und alle - zeit feuchten Eingeweiden gar offt mit groſſem Schaden der Geſundheit zu fehlen pfleget) durch die austrocknende ſulphuriſch-balſami - ſche Eiſen-Erde des Waſſers wieder gebracht, geſtaͤrcket, und folglich die neuen Verſammlun - gen ſchaͤdlicher Saͤffte und Materien in denen Viſceribus nachdruͤcklich gehindert und verhuͤ - tet. S. §. 19.

§. 43.

Da nun durch oben gemeldete (§. 38.) natuͤrliche und gewoͤhnliche Reinigungen und Austreibungen derer Unreinigkeiten die Ge - ſundheit und das Leben des Menſchen erhalten, und durch Vermehrung ein und anderer Excre - tion, oder unterſchiedlicher Ausfuͤhrungen zu - gleich faſt alle Kranckheiten curiret, auch die uͤbrigen Haupt-Indicationes curativæ 1) in Eroͤffnung der Verſtopffungen,**Indicationes curativæ principales werden von den Wuͤrckungen des Waſſers erfuͤllet. 2) Verbeſſe - rung und Edulcoration derer ſchaͤdlichen Feuch -tig -181des Pyrmontiſchen Waſſers.tigkeiten, und 3) Wiederbringung des Toni Partium fibroſarum, von der Wuͤrckung des Waſſers erfuͤllet werden, ſo iſt daraus offenbar, daß, wenn unter denen natuͤrlichen Geſund - heits-Mitteln eine Art gefunden wird, welche den Nahmen einer Panaceæ verdienet, ſolches gewißlich die Geſund-Brunnen, und in ſpecie nach beſchriebenen Umſtaͤnden das geſegnete Pyrmontiſche Waſſer eines von denen allerbe - ſten mit ſeyn muͤſſe.

§. 44.

Inſonderheit hat GOtt der Aller - hoͤchſte die mineraliſchen Waſſer, als ein allge - meines Mittel gegen die Morbos chronicos o - der allerley langwierige Kranckheiten (einige wenige ausgenommen) gegeben,*Allgemeines Mittel der langwierigen Kranck - heiten. am aller - meiſten ehe dieſelbigen gaͤntzlich eingewurtzelt und veraltet; da ſolche mit Ubereinſtimmung de - rer gelehrteſten und erfahrenſten Practicorum, als die beſten und gewiſſeſten Artzneyen, und das letzte Aſylum, nach dem man durch alle Prædicamenta Remediorum ohne Beſſerung und Huͤlffe gelauffen, gefunden werden.

§. 45.

Damit wir aber hier von denen Cu - ren unſers Waſſers weder zu viel noch zu wenig ſagen moͤgen, ſo wollen wir kuͤrtzlich diejenigen Kranckheiten mit Nahmen anfuͤhren,**Nahmen der Kranckheiten. gegen welche nunmehro wieder ein beſtaͤndiger 70M 3biß182Cap. V. Kraͤffte und Wuͤrckungenbiß 80 jaͤhriger innerlicher Gebrauch des Waſ - ſers (Cap. II. §. 23.) nachdem ſolcher im 16den ſeculo interrumpirt geweſen, (ibid. §. 18. ſeq. ) ſonderbare Wuͤrckungen gethan, und durch die Erfahrung unzaͤhlig viele herrliche Exempel der Geſundmachung dargeſtellet hat. Wir wollen die vornehmſten Kranckheiten nach de - nen Haupt-Theilen des Leibes anfuͤhren, auff daß ein ieder gleich einen ieden Affect, gegen welchen das Waſſer dienlich, nachſuchen und finden koͤnne. Es curiret alſo das Waſſer:

§. 46.

Von Kranckheiten am Haupte.

Kopff-Schmertzen, Hemicranias, Schwin - del, ſtarcke Haupt-Fluͤſſe, Krampffzuͤge und an - dere Vorboten des Schlages, Epilèpſias ſym - pathicas von verhaltenen Blut-Fluͤſſen, Wuͤr - mern und dergleichen. Miltzſuͤchtige Phanta - ſien und Aberwitz, Schlaffloſigkeit, Raſe - rey ꝛc.

Allerley Maͤngel derer aͤußerlichen Sinne: des Geſichts, Gehoͤrs, Geruchs, Geſchmacks und Sprache; ſo viel derſelben von ſcharffſaltzi - gen, ſchleimichten Fluͤſſen und Verſtopffungen herruͤhren, und die feſten Theile, Nerven und Werckzeuge dieſer Sinnen noch nicht verletzt, durch Eyter und andere ſcharffe Feuchtigkeiten zerfreſſen, oder mit Fellen und andern verhaͤrte - ten Materien durchwachſen ſind. Naſen-Blu - ten, Naſen-Geſchwuͤre, Catarrhen, faules ſcor - butiſches Zahn-Fleiſch ꝛc.

§. 47.183des Pyrmontiſchen Waſſers.

§. 47.

Von Kranckheiten der Bruſt.

Præſerviret dieſes Waſſer fuͤr der Lungen - ſucht, Lungen-Geſchwuͤhren, Blutſpeyen und Steck-Fluͤſſen, indem es die ſcharff-ſaltzige Hu - mores verſuͤſſet, das aufwallende hitzige Ge - bluͤth temperirt, von der Lungen abtreibet, und die ſoliden Theile derſelben durch ſeine gelinde zuſammenziehende und heilende Krafft ſtaͤrcket und befeſtiget.

Es curiret die alten beſchwerlichen Huſten, Heiſſerigkeit, Keichen, ſchweren Athem, Engbruͤ - ſtigkeit, (Aſthmaſcorbuticum ut vocant) ſcor - butiſche Auszehrung mit Huſten und vielen Auswerffen, Druͤcken und Stechen auff der Bruſt, da die ſubtilen Roͤhrlein, Druͤſen und Lufft-Blaͤßlein in der ſchwammichten Subſtantz der Lungen mit haͤuffigem zaͤhen Schleim und vielen ſcharffſaltzigen Unreinigkeiten angefuͤllet, verſtopffet, ausgedehnet und rodiret werden, woraus endlich Lungen-Geſchwuͤre, Fiſtel - Schaden und die rechte Schwindſucht entſte - hen koͤnnen.

Ja es recommendiret auch der ſelige Doctor Cunæus dieſes Waſſer gegen die wuͤrckliche Lungen - und Bruſt-Geſchwuͤre ſelbſt, gegen Seiten-Stechen, verſtockten Bruſt-Eyter, ſtin - ckenden Athem, Blutſpeyen, Anfang zur Schwindſucht ꝛc. weil der Brunnen kuͤhle, ab - wiſche und zugleich zuſammen ziehe. Er fuͤh - ret auch verſchiedene Exempel an von Krancken,M 4wel -184Cap. V. Kraͤffte und Wuͤrckungenwelche Eyter und Blut ausgehuſtet, und mit andern ſchwindſuͤchtigen Zufaͤllen mehr behaff - tet geweſen, welche nichts deſto weniger durch Gebrauch des Brunnens und einiger guten Bruſt-Medicamenten voͤllig reſtituiret wor - den. Und gewißlich iſt dieſes alten Brunnen - Practici Erfahrung nicht ohne Grund, und ha - be ich ſelbſt nicht einen oder den andern, ſondern eine ziemliche Anzahl ſolcher Perſonen theils von hieſigen Einwohnern, theils von Fremden in der Cur gehabt, welche nicht ruhen wolten, biß man ihnen auf ihre eigene Gefahr den Ge - brauch des Brunnens zulaſſen muͤſſen, da ſich ſonſten bey ihnen alle gewiſſe Anzeigungen ei - ner wahren Lungenſucht, als oͤffters Blut-und fauler Eyter auswerffen, hectiſche Fieber-Hi - tzen, Inflammationes peripneumonicæ perio - dicæ cum ejectione ſanguinis & puris fœten - tis &c. gefunden, von welchen dennoch einige ſich recht wohl darauf befunden, denen andern aber hat das Waſſer, da ſie nicht dadurch ge - beſſert worden, doch auch keinen Schaden zu - gefuͤget.

Es wird aber dieſes nicht darum angefuͤhret, als wenn man nun auf einmahl allen Schwind - ſuͤchtigen ohne Unterſcheid das Pyrmontiſche Waſſer rathen wolte, ſondern daß, wenn ja zu - weilen in vielen Jahren ein Schwindſuͤchtiger, welchem etwa ſchon vorhin die gantze Lunge durchfaulet und durchfreſſen geweſen, und be -reits185des Pyrmontiſchen Waſſers.bereits den einen Fuß in Charons Schiff ge - habt, nach der Brunnen-Cur geſtorben, ſolches nicht gleich einer angreiffenden Schaͤrffe und corrodirenden Wirckung, welche, wie erwie - ſen iſt, in unſerm Waſſer im geringſten keinen Platz hat, moͤge zugeſchrieben werden.

Im uͤbrigen hat wenigſtens in oben gemeld - deten Bruſtbeſchwehrungen unſer Waſſer ſon - derbahre Tugenden und Kraͤffte, doch daß es nicht kalt, ſondern uͤberſchlagen und laulicht ge - truncken werde. Denn wenn man demſelben nur die zufaͤllige Eigenſchafft der Kaͤlte, welche der Bruſt durchaus ſchaͤdlich iſt, benimmet, ſo wird nachmahs einem jeden die Erfahrung leh - ren, daß dieſes Waſſer als ein recht gelinder, ſicherer und nuͤtzlicher Bruſt-Tranck gegen vie - le Bruſt-Beſchwehrungen koͤnne gebrauchet werden.

Noch iſt das Waſſer uͤberaus nuͤtzlich gegen Hertzklopffen, Hertzens-Angſt, Hertz-Coliquen, welche mit unter die Kranckheiten der Bruſt ge - zehlet werden.

§. 48.

Von Kranckheiten des Unter-Leibes curiret das Waſſer allerley Beſchwehrungen und Maͤngel des Magens: verlohrnen Appe - tit, uͤble Verdauung, Eckel und Erbrechen, Cardialgias, Auffblehungen, Angſt und Ban - gigkeit, Druͤcken, Sodbrennen, uͤberfluͤßige ſaure und ſcharffe gallichte Feuchtigkeiten ꝛc.

Der Gedaͤrme: Colicas pituitoſas, flatu -M 5len -186Cap. V. Kraͤffte und Wuͤrckungenlentas, bilioſas & hæmorrhoidales, langwieri - ge Durchfaͤlle, Lienterias; Troͤckne und Ver - haͤrtung des Leibes, verhaltenen zaͤhen Schleim und Galle, Verſtopffungen derer Druͤſen, Milch und Waſſer-Adern des Gekroͤſes; toͤd - tet und treibet aus allerley Wuͤrme, und ande - res Ungezieffer, wenn gleich alle andere Mittel nicht helffen wollen.

Miltz-Beſchwehrungen, Verſtopffungen und Verhaͤrtungen der Miltz und Leber, gelbe und ſchwartze Sucht, Verhaltungen und Be - ſchwehrungen der guͤldnen Ader, wie nicht weni - ger den allzu ſtarcken Fluß derſelben, Waſſer - ſucht, da die Eingeweide noch nicht gantz ver - dorben. Der Nieren, Blaſe und Partium ge - nitalium: Blut-Harnen, Grieß, Sand, Schleim und Stein-Gebroͤckel in denen Nie - ren, Harn-Gaͤngen und Blaſe, die Strangurie, Pollutiones nocturnas, Gonorrhœas &c.

§. 49. Von Kranckheiten der aͤuſ - ſerlichen Theile und Glieder:

Allerhand gichtiſche Fluͤſſe, Krampffziehun - gen und ſchmertzhaffte Spannungen, lauffende Gicht, Podagra, Chiragra, Gonagra, Huͤfft - Schmertzen, Contractur, Graͤtze, Auſſatz, ſcorbutiſches Ausfahren und Flecken, finnich - te Geſichter, allerley alte faule Schaden, und offene Geſchwuͤhre, Geſchwulſt der Fuͤſſe und Haͤnde ꝛc.

§. 50.187des Pyrmontiſchen Waſſers.

§. 50. Von Kranckheiten des Gebluͤts und derer uͤbrigen Feuchtigkeiten.

Verduͤnnet, zertheilet und verſuͤſſet das dicke, zaͤhe, ſchleimichte, ſcharffſaltzige und gallichte Gebluͤte. Curirt den Anfang und die Reli - quias Luisvenereæ, den Scharbock, Cache - xie, Anaſarcam &c.

§. 51. Von Fiebern.

Febriliſches Wallen und Hitze im Gebluͤte, ſcorbutiſche auszehrende Fieber und fliegende Hitzen, nachlaſſende Fieber, als taͤgliches, drey - taͤgiges und Quartan-Fieber, Febres eryſipela - todes &c.

§. 52. Von Kranckheiten des weib - lichen Geſchlechts.

Mangel und Verſtopffungen der vier-Wo - chen Zeit, auch maͤßiget das Waſſer den allzu ſtarcken Fluß derſelben, Bleichſucht der Jung - fern, Decolorationes Menſium, weiſſen Fluß, Verſchleimung und Relaxation der Mutter, und derſelben Theile, Unfruchtbarkeit, Mutter - Beſchwehrungen, Geſchwuͤhre der Mut - ter ꝛc.

§, 53.

Eine iede von angefuͤhrten Kranckhei - ten, koͤnte man nun mit mannigfaltigen Exem - peln belegen, und nach vielerley Umſtaͤnden und Symptomatibus derſelben, wie ſolche durch un - ſer Waſſer curiret worden, erweiſen.*Nutzbarkeit hiſtoriſcher Anmerckungen der Waſſer - Curen. Wirwollen188Cap. V. Kraͤffte und Wuͤrckungenwollen aber ſolches auf eine andere Zeit ver - ſpahren, und indeſſen, wenn GOtt Leben und Geſundheit verleihet, alle merckwuͤrdige Exem - pel und Curen fleißiger und umſtaͤndlicher, als bißhero geſchehen, anzeichnen, damit ein voll - ſtaͤndiger Curſus der Medicinal-Hiſtorie und Curen des Pyrmontiſchen Waſſers, welche ein groſſes Licht in der Brunnen-Praxi geben, und die Brunnen-Veraͤchter am allermeiſten uͤber - zeugen wird, daraus koͤnne formiret werden, wie ſolches viele gelehrte Medici in ihren Schrifften gewuͤnſchet und verlanget haben.

CAP. VI. Art und Weiſe das Pyrmontiſche Waſ - ſer Cur-maͤßig zu trincken, nach der ge - buͤhrenden Zeit, Vorbereitung, Maaß, Ordnung, Kaͤlte oder Waͤrme, Fortſe - tzung, Diæt und Artzeneyen; Nach Un - terſcheid des Alters, des Geſchlechts und derer Temperamenten; als auch, wie denen Hinderniſſen und Zufaͤllen bey der Cur zu begegnen, und endlich von denen Nachwirckungen des Waſſers.

§. 1.

OBgleich die Kraͤffte und Wirckungen des Waſſers zu Erhaltung und Wiederbrin -gung189das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen.gung der Geſundheit in dem vorhergehenden Capitel ſind angezeiget worden, ſo muͤſſen wir doch auch die Regeln und Bedienungen, un - ter welchen man ſo viele herrliche Nutzbarkeiten und Vortheile durch den Gebrauch deſſelben erlangen koͤnne, nothwendig vor uns nehmen*Wie noͤthig die Maaß und Ordnung, bey Ge - brauch der Mittel ſey.; Weil ſonſten die Vernunfft und Erfahrung lehret, daß alle, ſo wohl die Nahrungs-als Ge - ſundherts-Mittel, wenn ſolche nicht in gezie - mender Maaß und Ordnung gebrauchet wer - den, dieſelben dem menſchlichen Leben mehr Schaden als Nutzen zubringen, und daß dasje - nige, was den Menſchen naͤhret und erhaͤlt, den - ſelben auch verzehren und umbringen koͤnne.

§. 2.

Das erſte, was bey Gebrauch der Ge - ſund-Brunnen in acht genommen wird, iſt die Zeit. Wir haben Cap. 3. §. 40. angezeiget, daß unſer Waſſer im Sommer und Winter, und bey allerley Veraͤnderungen der Zeit und des Wetters, iedesmahl gleiche Kraͤffte habe. Daher kan man daſſelbe zu allen Jahres-Zei - ten,**Das Waſſer kan das gantze Jahr durch gebrau - chet werden. wenn es von einem verſtaͤndigen Medico nuͤtzlich gefunden wird, und der Patient durch andere Artzeneyen ermuͤdet iſt, und einen Wi - derwillen und Eckel gegen dieſelben gefaſſet hat, als ein kraͤfftiges und nuͤtzliches Medicament gebrauchen. Es iſt auch kein Monat im gan -tzen190Cap. VI. Art und Weiſetzen Jahre, von welchem man nicht Exempel anfuͤhren koͤnte, daß das Waſſer in demſelben mit allem erwuͤnſchten Effect und Nutzen ge - brauchet worden.

§. 3.

Da aber die Sauer-Brunnen mei - ſtentheils kalt getruncken werden, und die Cur an ſich ſelbſt mehr temperirend und kuͤhlend, als erwaͤrmend iſt, ſo kan man leicht erachten, daß die warmen Fruͤhlings-und Sommer-Mo - nate: Majus, Junius, Julius und Auguſtus, die bequemſten vor der uͤbrigen Jahres-Zeit*Die bequemſte Jahrs-Zeit. zu dem Gebrauch des Brunnens ſeyn muͤſſen.

Inſonderheit da auch dieſe Zeit, wegen ihrer Annehmligkeit und langen Tage Gelegenheit zu vieler Bewegung des Leibes in freyer Lufft, und zu allerhand Luſtbarkeiten und Veraͤnde - rungen, welches bey der Cur ſo noͤthig iſt, an die Hand giebet.

§. 4.

Es haben zwar einige eine uͤbele Mey - nung gegen die Hunds-Tage,**Hunds-Tage. welche im Ju - lio und Auguſto einfallen, gefaſſet, als wenn in ſolcher Zeit die Sauer-Brunnen zu gebrau - chen nicht zutraͤglich und erlaubet ſey. Wie aber dasjenige, was die Griechiſchen und Ara - biſchen Autores von denen Hunds-Tagen ge - ſchrieben, und in Puncto des Medicinirens ver - bothen und gebothen haben, ſich durchaus auf unſer Clima und Witterung nicht applicirenlaͤſſet,191das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen.laͤſſet, ſo lehret auch die Erfahrung, und gehet nicht ein Jahr voruͤber, daß nicht viel hundert Menſchen, ſo wohl an dieſem Ort, als anders - wo, zu ſolcher Zeit die Waſſer-Cur gebrauchen und alle erwuͤnſchte Wirckung und Nutzen da - von verſpuͤhren ſolten.

§. 5.

Von dem Verfahren*In welchen Monathen das Waſſer zu verfahren. des Brunnens aber vor diejenigen, welche das Waſſer nicht bey der Quelle trincken koͤnnen, iſt zu mercken, daß ſolches am beſten im Mertz, April und May geſchehe, ehe denn die hefftige Sommer-Hitze und ſchwuhlwarmen Tage ankommen, da das Waſſer zuweilen drey, vier und mehr mahl un - ter Wegens von der Sonnen erwaͤrmet und laulicht gemachet wird, die Nacht aber wieder erkaltet, wodurch denn die Spirituoſitaͤt des Waſſers gedaͤmpffet, und die Stahl-Theilgen an die Gefaͤſſe niedergeſchlagen werden. Cap. 5.

§. 21.

Dieſes iſt bey weitem nicht ſo viel zu be - ſorgen, wenn man das Waſſer bey kuͤhlem Wetter ſchoͤpffen und fahren, nachmahls in guten kalten Kellern, biß zum Gebrauch verwah - ren laͤſſet. (Cap. 4. §. 38.)

§. 6.

Die Zeit nach dem Mond-Wechſel**Mond-Wechſel. wollen auch einige Medici bey denen Waſſer - Curen beobachtet wiſſen; Daß man zum Ex - empel eine Woche, oder drey, vier Tage vor dem vollen Mond die Cur anfangen ſolle, da -mit192Cap. VI. Art und Weiſemit dieſelbe nachmahls bey abnehmendem Lich - te, da die Feuchtigkeiten des Leibes ſich am leich - teſten verringern lieſſen, geſchloſſen werden koͤn - te. Man weiß aber nicht allemahl vorher, wie lang, oder wie viel Tage die Cur zu continuiren (§. 21.) ſondern man muß ſolches erſtlich von der Wirckung des Waſſers abnehmen, daher man dieſe Einrichtung der Cur nicht ſo eigent - lich treffen kan, auch nicht ſo groß daran gele - gen iſt, daß man ſich daran binden ſolte.

§. 7.

Die Zeit des Tages, das Waſſer Cur - maͤßig zu trincken,*Die beſte Zeit des Tages zum Brunnen trincken. iſt alleine des Morgens nuͤchtern; Nachdem die Kraͤffte durch eine gnugſame Nacht-Ruhe erholet, und die Natur am allerwenigſten mit Zubereitung und Aus - theilung der Nahrungs-Saͤffte beſchaͤfftiget iſt. Alsdenn ſchicken ſich die Excretiones oder Ausfuͤhrungen (Cap. 5. §. 38. 39. ) welche der Brunnen zu verurſachen pfleget, am allerbe - ſten.

§. 8.

Man laſſe auch die Sonne die feuch - ten Duͤnſte zuvor ein wenig vertreiben, und die kalte Morgen-Lufft erwaͤrmen. Wenn man um 5 Uhr aufſtehet, und unter dem Anklei - den die vom Schlaff und Waͤrme des Bettes vermehrte Ausdaͤmpffung, oder Schweiß all - maͤhlich vergehen laͤſſet, nachmahls um 6 Uhr zum Brunnen kommt, ſo hat man die beſte Zeit und Weile gnung, ein ieder ſeinen Theil Waſ -ſer193das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen.ſer einzunehmen. In 2 Stunden, von 6 biß 8 koͤnnen die meiſten Brunnen-Gaͤſte, wenn ſie gleich die groͤſſeſte Doſin trincken, gantz bequem fertig werden; Und in 4 Stunden, nehmlich von 8 biß 12, welches die gewoͤhnliche Stunde zur Mittags-Mahlzeit iſt, hat der Brunnen ſeine meiſte Wirckungen, wenn ſolcher nur ei - niger maſſen wohl paſſiret, ſchon verrichtet. Faͤnget man gar zu fruͤhe an zu trincken, ſo wird man durch die naſſe und kalte Morgen-Lufft gar zu ſehr incommodiret, und die Zeit biß zur Tafel waͤhret einem gar zu lange, auch pfleget der Appetit gar zu ſtarck anzuwachſen.

§. 9.

Es iſt ſchon ein alter Gebrauch, daß man des Nachmittags*Ob des Nachmittags von dem Waſſer zu trincken. um 4 oder 5 Uhr, nach - dem die Verdaͤuung groͤſſeſten Theils vollen - det iſt, und man den Magen von denen Spei - ſen erleichtert findet, einige Glaͤſer Brunnen trincket. Solches gehoͤret nicht als ein noͤthi - ges Stuͤck zur Cur, indeſſen kan es doch wohl von denenjenigen geſchehen, welche um dieſelbe Zeit Durſt und Belieben darzu haben, und ſich wohl darnach befinden. Des Nachmittags aber viel, und wohl eben die Quantitaͤt, als des Morgens zu trincken, (wie mir einige bekannt, welche alſo gethan haben) ſolches iſt gantz un - gereimt und ſchaͤdlich. Denn es laͤufft wider alle geſunde Vernunfft, daß man die Natur zu der Zeit, da dieſelbe im Werck begriffen, denNNah -194Cap. VI. Art und WeiſeNahrungs-Safft zu Erhaltung und Staͤr - ckung des Leibes zu bereiten, zu verſammlen und auszutheilen, zu allerhand Auswuͤrffen und Abfuͤhrungen antreiben moͤge.

§. 10.

II. Zweytens muͤſſen hier die noͤthig - ſten Stuͤcke der Vorbereitung*Vorbereitung zur Cur. zur Cur ange - mercket werden. Diejenigen welche gewohnt ſind um das Æquinoctium Ader zu laſſen, ſol - len, wenn ſie ſich vorgenommen haben, den Brunnen einige Zeit hernach zu gebrauchen, ſol - ches deßfalls nicht ausſetzen. Denen Vollbluͤ - tigen, und welche ein aufwallend, hitzig Ge - bluͤte haben, kan auch wohl kurtz vor der Cur ei - ne Ader geoͤffnet werden. Doch lehret die Er - fahrung, daß es insgemein denen Patienten beſ - ſer bekoͤmmet, wenn ſolches einige Zeit vorher geſchehen iſt; Inmaſſen der Magen und Ein - geweide bey vielen gleich auf das Aderlaſſen et - was empfindlicher und ſchwaͤcher zu ſeyn pfle - gen, und alſo von der Kaͤlte des Waſſers leich - ter lædiret werden. Auch folget ſonſten eine Evacuation gar zu geſchwinde auf die andere, wodurch die Natur auf einmahl gar zu viel aus - gemergelt und abgemattet werden kan. Um eben dieſer Urſache Willen, ſich nicht gar zu ſehr zu fatiguiren, da die Natur nicht will uͤbertrie - ben, ſondern allmaͤhlig gefuͤhret ſeyn, thun auch diejenigen wohl, welche von einer langen oder beſchwehrlichen Reiſe zum Brunnen kommen,daß195das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen.daß ſie zuvor ein oder zwey Tage ausruhen, ehe ſie die Brunnen-Cur anfangen.

§. 11.

Das Purgiren vor der Cur,*Ob man vor der Cur purgiren muͤſſe. welches von allen alten Medicis ſo noͤthig gehalten wor - den, verwerffen etliche Neue, und geben es als ſchaͤdlich oder unnuͤtzlich an. Es iſt zu verwun - dern, wie auf beyden Seiten ſo gar general koͤnne geſprochen werden, da doch die Natur und Beſchaffenheit der Leiber, wie auch die Kranckheiten und derſelben Umſtaͤnde und Zu - faͤlle ſo mancherley, daß auch hier keine Regel ſo allgemein iſt, welche nicht ihre Ausnahme haben ſolte.

§. 12.

Zuweilen iſt der Magen, die Gedaͤr - me und Gekroͤs-Aederlein mit ſo viel Cruditaͤ - ten, und einer Verſammlung eines alten zaͤhen Schleims, und Galle beſetzet und angefuͤllet, welche das Waſſer als ein gelindes Reini - gungs-Mittel nicht ſo bald aus dem Wege raͤumen kan, ſondern dadurch lange in ſeiner freyen Wirckung gehindert wird. Zuweilen aber haben die Patienten bereits kurtz vor der Waſſer-Cur ſchon vomiret, purgiret, und al - lerhand allgemeine Ausfuͤhrungen gebrauchet, oder man iſt bey einigen keinen ſonderlichen Un - rath in primis viis vermuthend, welche alſo we - nige oder keine Purgir-Mittel von noͤthen ha - ben.

§. 13.

Bey welchen man nun ohne derglei -N 2chen196Cap. VI. Art und Weiſechen Artzeneyen, oder mit bloſſen Digeſtivis und Laxir-Saltzen koͤnne fertig werden, und wo man ſtaͤrckere Purgantia informa Pilular. Pulv. Infuſ. Potionis, Elixiris, &c. noͤthig habe, ohne welche manchmahl der Brunnen Anfangs gar nicht frey durch paſſiren will, ſolches iſt des Medici Amt zu beurtheilen, und nach denen ſich eraͤugenden Umſtaͤnden zu unterſcheiden, nicht aber ex Tripode, allen einerley zu verordnen.

§. 14.

III. Die Maaß,*Maaß. oder wie viel auf einmahl von unſerem Waſſer muͤſſe getruncken werden, laͤſſet ſich zwar nicht gaͤntzlich deter - miniren, ſondern man muß nach eines ieden Natur und Kranckheit, wie auch nach der er - folgenden Wirckung, welche bey einigen gar bald und leichte, bey andern aber ſchwehr und langſam von ſtatten gehet, die Doſes abmeſſen; Wie ſolches auf gleiche Art mit allen uͤbrigen Artzeneyen und Geſundheits-Mitteln geſchie - het. Indeſſen haben doch die allermeiſten an 3, 4, 5, biß 6 Pfund Waſſer gnung auf einen Morgen, und verſpuͤren insgemein von ſolcher Portion eine vollkommene Wirckung, ſo wohl per ſedes, als durch den Urin. Uber 8 Pfund laſſe ich auch die Staͤrckeſten nicht gerne trin - cken. Die erſteren bekommen mit dem Waſ - ſer uͤber 1 halb Loth, und die Letzteren bey 3 Viertheil Loth Mineralien in den Leib, welches vor eine Doſin gnung ſeyn kan.

§. 15.197das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen.

§. 15.

IV. In welcher Ordnung nun eine von angezeigter Maaß und Quantitaͤt Waſſer zu trincken ſey,*Ordnung im Trincken. ſolches kan unter folgenden Re - geln angemercket werden:

  • 1) Solten die Glaͤſer nicht groͤſſer ſeyn, als daß dieſelben aufs hoͤchſte 1 Viertheil Pfund oder 8 Loth hielten.
  • 2) Solcher Glaͤſer koͤnten diejenigen, wel - che von mittelmaͤßigem Alter, und warmes Ge - bluͤte, und ſtarcke Eingeweyde haben, alle Vier - telſtunden 4 nach einander trincken.
  • 3) Diejenigen aber, welchen es an gnugſa - mer innerlichen Waͤrme fehlet, und eine be - ſchwehrliche Empfindung von der Kaͤlte verſpuͤ - ren, trincken ohngefehr alle halbe Viertelſtun - den 2 ſolcher Glaͤſer, oder nur ein halb Pfund auf einmahl, damit es der wenigen Waͤrme der Eingeweide auf einmahl nicht zu viel werde, das empfangene kalte Waſſer zu erwaͤrmen.
  • 4) Ob ſchon die gemeldete Glaͤſer-Maaß klein iſt, ſoll dieſelbe doch eben nicht in einem Zug und Athem, ſondern allmaͤhlig getruncken werden, ſo verliehret das Waſſer im Munde etwas von der Kaͤlte. Diejenigen aber, wel - che fuͤrchten, daß die Spiritus unter dem lang - ſam trincken davon gehen moͤchten, die wiſſen nicht, was der mineraliſche Spiritus der Sauer - Brunnen ſey. Cap. 3. §. 47.
  • 5) Auf ſolche Art koͤnnen den erſten Mor -N 3gen198Cap. VI. Art und Weiſegen 2 biß 3 Pf. den andern 4 biß 5 Pf. den drit - ten 6 Pf. getruncken, und ſolches ſo viel Tage nach einander continuiret werden, als die Um - ſtaͤnde und erfolgende Wirckung anzeigen wer - den, daß es nuͤtzlich und zutraͤglich ſey. (§. 21.)
  • 6) Iſt man nicht an eine ſolche Ordnung ſo unveraͤnderlich gebunden, daß man nicht den einen Morgen ein Paar Glaͤßlein mehr, und den andern ein Paar weniger ſolte trincken duͤrffen. Man richte ſich hierinnen ein jeder nach ſeinem Appetit, oder Widerwillen, und nach der Wirckung, wie ſolche den einen Mor - gen vor den andern, leichter oder ſchwehrer von ſtatten gehet.
  • 7) Das Abſteigen in denen letzten Tagen der Cur, iſt ſo noͤthig nicht, wie das Aufſteigen im Anfang, weil es die Eingeweide nicht ſo viel alteriren kan, wenn man mit Waſſer trin - cken nachlaͤſſet, als wenn man anfaͤnget, dem nuͤchternen Magen ſo ungewoͤhnliche kalte Tra - ctamenten anzubiethen.
  • 8. Diejenigen, ſo das Waſſer zuvor uͤber - ſchlagen und erwaͤrmen laſſen, koͤnnen ohne Gefahr groͤſſere Glaͤſer nehmen und geſchwin - der trincken, doch muß auch hier Maaß und Ziel nicht uͤberſchritten werden.

§. 16.

V. Was das kalt oder warm-Trin - cken*Kalt oder warm-Trincken. anbelanget, ſo koͤnten zwar die meiſten Brunnen-Gaͤſte, oder 2 Drittheil derſelben daskalte199das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen.kalte Trincken wohl vertragen, ſonderlich wenn angefuͤhrte Regeln beobachtet wuͤrden. Die - jenigen aber, welchen viel rathſamer und dienli - cher, ja zuweilen gantz noͤthig waͤre, uͤberſchla - gen und warm zu trincken, ſollen wohl einen dritten Theil ausmachen. Man laͤſſet nehm - lich das friſche aus der Quelle geſchoͤpffte Waſ - ſer in einem glaͤſernen oder irdenen Gefaͤſſe, wel - ches oben mit einem Korck zugeſtopffet, und in einen Topff oder Keſſel mit warmen Waſſer geſetzet wird, die ſtrenge Kaͤlte ein wenig verlieh - ren, oder nach Unterſcheid der Natur und Kranckheit, auch wohl Milchwarm werden.

§. 17.

Wenn das Waſſer auf ſolche Weiſe gleich bey der Quelle getruncken wird, verlieh - ret man von deſſen Kraͤfften weniger, als ins - gemein durch das Verfahren geſchiehet,*Ob das Erwaͤrmen dem Waſſer die Kraͤffte be - nehme? wel - ches der Augenſchein und die Erfahrung bezeu - gen; Denn 1) wird ſich in denen Gefaͤſſen, worinnen man das Waſſer waͤrmet, die roͤth - liche Eiſen-Erde nicht ſo anſetzen, wie man in denen Glaͤſern und Kruͤgen obſerviret, in wel - chen das Waſſer verfahren worden. 2) Faͤr - bet das Waſſer die Gallaͤpffel, wenn es gleich bey der Quelle warm gemachet wird, noch eben ſo Purpur-blau und ſchwartz wie zuvor, da es kalt war, (Cap. IV. §. 11.) welches nicht geſchie - het, wenn alle Spiritus der mineraliſchen Stahl -N 4Waſſer200Cap. VI. Art und WeiſeWaſſer gedaͤmpffet und verlohren worden. 3) Haben wir auch in dem vierdten Capitel umſtaͤndlich erwieſen, daß die Spiritus nicht da - von fliegen; werden ſolche gleich ein wenig ge - daͤmpffet, ſo iſt doch unſer Waſſer, ſonderlich bey der Quelle ſo geiſtreich, daß es auf ein we - nig nicht ankommt, ſondern es prævaliret bey obgedachter Erwaͤrmung die Spirituoſitaͤt noch ſo viel, daß man alle erwuͤnſchte Wirckungen der Subtilitaͤt, Penetranz und Staͤrckung davon verſpuͤhret.

§. 18.

Wir haben in dem vierdten Capitel eine Vergleichung*Vergleichung des Waſſers mit Bier und Wein. angeſtellet zwiſchen den Sauer-Brunnen, und denen durch die Gaͤh - rung bereiteten Liquoribus. Es laͤſſet ſich dieſelbe noch in einem Umſtand bey dem Er - waͤrmen appliciren. Denn wenn ein guter ſpirituöſer Wein oder Bier, gelinde erwaͤrmet wird, ſo behalten ſolche Liquores die Wirckung der Spirituoſitaͤt vorerſt eine Zeit lang in voller Krafft, und machen wohl eher truncken, als wenn man dieſelben kalt trincket. Wenn aber die Erwaͤrmung gar zu ſtarck und lange waͤh - ret, oder wenn man dergleichen Liquores wie - derum kalt werden laͤſſet, ſo veraͤndert ſich die gantze Mixtur, und wird ein widerliches und ſaures Weſen daraus.

Es iſt bey dieſer Vergleichung nur der Un - terſcheid, daß durch anhaltende ſtarcke Hitzeder201das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen.der Spiritus endlich aus denen Liquoribus fer - mentatis loß geriſſen wird, und als ein Brand - tewein davon flieget. Der mineraliſche Spiri - tus aber, wird durch die ſuͤſſe alcaliſche Erde des Waſſers verſchlungen, und in dem bitterlichen Saltz verborgen gehalten, wie wir Cap. 4. §. 55 erwieſen haben.

§. 19.

Wenn das Brunnen-Waſſer allbe - reit durch das Verfahren, viel von ſeinen Spi - ritibus und Eiſen-Erde verlohren hat, und unter Wegens in heiſſen Sommer-Tagen bald lau - licht, bald wieder kalt worden, und denn noch einmahl zum Trincken erwaͤrmet wird, ſo iſt leicht zu gedencken, daß endlich ein ſtumpffes, abgeſchmacktes, krafftloſes Waſſer daraus werden muͤſſe. Bey der Quelle aber iſt die ge - ringe Daͤmpffung der Spirituoſitaͤt eines ſo geiſtreichen Waſſers wenig zu achten; Im Gegentheil iſt ſolche fuͤr diejenigen, welche zar - te und empfindliche Fibras und Nerven haben, und zu Schwindel, Convulſionibus und Krampffziehungen geneigt ſind, auch denen Engbruͤſtigen, ſo viel Huſten und gar keine ſti - mulationes auf der Bruſt vertragen koͤnnen, oͤffters ſehr nuͤtzlich und noͤthig.

§. 20.

Es giebt uns auch jaͤhrlich die Erfah - rung*Erfahrung von dem Warm-Trincken. Exempel gnug an die Hand, daß der - gleichen Perſonen, welchen das kalte Waſſer Anfangs gar nicht anſchlagen wollen, und dieN 5Cur202Cap. IV. Art und WeiſeCur haͤtten einſtellen muͤſſen, da ihnen gerathen worden uͤberſchlagen zu trincken, ſich gleich dar - auf wohl befunden, und eine gluͤckliche Cur ge - halten. Daher denn zu hoffen, daß gnaͤdigſte Landes-Herrſchafft wegen des groſſen Nutzens, und zu Verhuͤtung vielen Schadens, ſo aus dem unvorſichtigen Kalt-Trincken zu entſtehen pfleget (Cap. 8. §. 3. ſeq. ) gnaͤdigſt anordnen und befehlen werden, daß in hieſigem Brun - nen-Hauſe eine bequeme Einrichtung und An - ſtalten gemachet werden, damit ein ieder, wel - chen dienlicher uͤberſchlagen und warm zu trin - cken, ſolches ohne Muͤhe und weitlaͤufftige Um - ſtaͤnde, auf gebuͤhrende Art, nicht zu warm und nicht zu kalt, haben koͤnne.

§. 21.

Ferner iſt die Fortſetzung*Fortſetzung der Cur. der Brun - nen-Cur, oder wie lange und wie viel Tage nach einander man trincken muͤſſe, zu bemer - cken. Es iſt zwar hier wiederum die Einthei - lung nach Unterſcheid der Kranckheiten, und nach denen Wirckungen des Waſſers zu ma - chen, und kan man nicht allen eine gleiche Zahl Tage anſetzen, ſondern es haben einige an einer Cur von 10, 12, 14 Tagen gnug. Andere koͤn - nen nicht ohne Schaden vor 3 biß 4 Wochen auffhoͤren. Ja man hat Exempel, daß das Pyrmontiſche Waſſer ein Viertel Jahr nach einander alle Tage getruncken, auch wohl die Cur zwey, dreymahl in einem Jahre mit Nu -tzen203das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen.tzen und Vortheil der Geſundheit wiederhohlet worden. Es koͤnnen aber dennoch wegen der Continuation und Laͤnge der Cur folgende Re - geln*Regeln bey der Fortſetzung der Cur. beobachtet werden:

  • 1) Daß es durchgehends ſicherer und beſſer, nicht zu viel auf einmahl zu trincken, und der Natur dadurch Gewalt zu thun, ſondern daß man vielmehr die Cur ein, zwey biß drey Wo - chen laͤnger fortſetze, und es taͤglich bey einer maͤßigen Wirckung bewenden laſſe.
  • 2) Auch kan man auf ſolche Weiſe eine ge - linde Cur im Majo halten, und dieſelbe hernach im Julio oder Auguſto wiederhohlen.
  • 3) Wenn das Waſſer gleich von dem erſten Tage an leicht und wohl fortgehet, und taͤglich alſo continuiret, ſo kan mit einer kurtzen Cur von 14 oder 16 Tagen viel ausgerichtet werden ſonderlich in Kranckheiten, welche noch nicht alt und eingewurtzelt ſind.
  • 4) Wenn aber das Waſſer nach acht oder vierzehen-taͤgigem Gebrauch erſt anfaͤnget recht durchzudringen, wie nicht wenigen wiederfaͤh - ret, ſo iſt leicht zu erachten, daß man die Cur biß zu gnugſamer Erweichung der Verſtopf - fungen, und Reinigung des Leibes fortſetzen muͤſſe.
  • Wie viel Jahre nach einander die Cur zu wiederhohlen, wird einem jeden ſein Zuſtand und Befinden in der Jahres-Zeit nach der Curlehren.204Cap. VI. Art und Weiſelehren. Man hat aber viele Exempel, daß wann es geſchienen, daß das Waſſer das erſte und andere Jahr den Affect wenig, oder gar nicht geaͤndert, die Patienten nichts deſtoweni - ger das dritte oder vierdte Jahr voͤllig curiret worden.
  • 6) Diejenigen, welche von vielen Jahren her gewohnt ſind, die Waſſer-Cur zu gebrau - chen, koͤnnen ſolche endlich nicht ohne Schaden ihrer Geſundheit unterlaſſen, ſondern verſpuͤh - ren um die Jahrs-Zeit allerhand Regungen und Zufaͤlle ihrer vorigen Kranckheiten, welche alsdenn hartnaͤckig anhalten, und nicht nach - laſſen wollen, biß die gewoͤhnliche Cur wieder - hohlet worden.
  • 7) Man hat aber nicht noͤthig, ſich ſo gar ſehr an das Waſſer zu gewoͤhnen, daß man daſ - ſelbe jaͤhrlich gebrauchen muͤſſe, ſondern wenn man geſund worden, und ſich wohl befindet, ſo ſtelle man die Cur etliche Jahr, oder ſo lange ein, biß man wieder einige Vorboten des vori - gen Ubels vermercket.
  • 8) Wenn aber die Geſundheit, oder ein er - traͤglicher Zuſtand des Leibes, nicht anders Be - ſtand haben will, als wenn die Natur durch eine ſolche allgemeine Reinigung jaͤhrlich wieder er - neuret wird, ſo hat man auch im geringſten nicht zu fuͤrchten, daß die Natur endlich dadurch werde geſchwaͤchet, und vor der Zeit verzehret werden, ſondern es ſind viele Exempel bekanntund205das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen.und noch vorhanden, daß das Pyrmontiſche Waſſer 30 biß 40 Jahre nach einander, und zuweilen 2 mahl in einem Jahr getruncken, und uͤber das ſiebentzigſte Jahr des Alters mit er - wuͤnſchtem Effect und Nutzen continuiret wor - den.
  • 9) Die Zeichen, daß man mit den Trin - cken aufhoͤren, und die Cur beſchlieſſen muͤſ - ſe, welche von dem Urin hergenommen wer - den, wenn ſolcher gantz helle und klar weggehet, oder wenn die Excrementa nicht mehr ſchwartz tingiret werden, ſind ungewiß und falſch.
  • 10) Man continuire ſo lange, biß man Er - leichterung, oder wenigſtens eine merckliche Veraͤnderung und gnugſame Reinigung des Leibes verſpuͤhret; Und man hoͤre auf, wenn man anfaͤnget, gar zu ſehr ermuͤdet zu werden, und einen Eckel und Widerwillen gegen das Waſſer zu empfinden. Wem dieſe Nach - richt nicht gnug iſt, der laſſe einen Medicum uͤber ſeine Umſtaͤnde und Anzeigungen urthei - len, damit man des Guten nicht zu viel, noch zu wenig gebrauche.

§. 22.

VI. Hiernaͤchſt muͤſſen wir nun auf die Diæt*Diæt. Acht haben, welche von denen Alten Anima Curationum, oder die Seele der Ge - ſundmachung genennet worden, ohne welche wir alſo wenig Gutes von unſerer Waſſer-Cur zu hoffen haben. Es beſtehet aber die Diætnicht206Cap. VI. Art und Weiſenicht allein in geſunden und ordentlichen Eſſen und Trincken, ſondern es wird darunter auch begriffen die Beſchaffenheit der Lufft, die Be - wegung und Ruhe, die Reinigung des Leibes, Schlaffen und Wachen, und die Gemuͤths - Bewegungen.

§. 23.

Erſtlich iſt dann der Gebrauch der Speiſen*Speiſen. bey der Cur ſo gezwungen und einge - ſchraͤnckt nicht, als ſich viele vorſtellen, auch ei - nige Medici gebiethen, welche den Gebrauch der Garten-Gewaͤchſe, und andere unſchaͤdli - che Sachen nicht zulaſſen wollen. Wenn nur die ſchwehren, harten, ſcharff-ſaure, gar zu ſal - tzige, und unmaͤßig ſtarck gewuͤrtzten Speiſen gemieden werden;**Verbotene Speiſen. Zum Exempel, gar zu fri - ſches teigiges, und nicht recht ausgebackenes Brodt, fette Kuchen und Geback-Werck, Kaͤ - ſe, truckene Erbſen und Bonen, Sauerkraut, Schweinefleiſch, allerhand altes und zaͤhes Fleiſch, von zahmen Vieh und Wildpraͤt, ſo wohl das friſche von ſolcher Art, als das in Pe - ckel gelegte, geraͤucherte und gedoͤrrete. Die klebrichte, ſchleimichte und ſtopffende Theile der Thiere, als Kaͤlber und Schoͤpſen-Koͤpffe und Fuͤſſe, Gehirn, Leber ꝛc. Eingeſaltzene, getrucknete und geraͤucherte Fiſche, auch die un - geſunden, harten und ſchleimichten Fiſche, als alte Hechte, Teich-Karpffen, Schleyen, Aale, und dergleichen.

Aller -207das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen.

Allerhand rohes Obſt und Fruͤchte, Schwaͤmme, Melonen, Gurcken, Salat, wo - durch der Magen und die Eingeweide verſchlei - met, erkaͤltet und relaxiret werden koͤnnen, daß ſchaͤdliche Durchfaͤlle, Lienteriæ und Coliquen drauf erfolgen.

§. 24.

Das uͤbrige Zugemuͤſe, oder das mei - ſte friſche Garten-Gewaͤchſe, ſonderlich wenn ſolches noch jung, zart, und wohl verdaulich, auch wohl gekochet und zubereitet wird, iſt nicht allein erlaubet und zugelaſſen,*Erlaubte Speiſen. ſondern es dis - poniret daſſelbe auch zu gelinder Eroͤffnung des Leibes, welche bey der Brunnen-Cur eher be - foͤrdert werden muß, als daß man viele Exempel haben ſolte, daß das Laxiren gar zu viel erfol - gete. Wir nehmen indeſſen hier diejenigen Perſonen aus, welchen die Erfahrung gelehret, daß ſie die Garten-Gewaͤchſe nicht vertragen koͤnnen, ſondern einige Beſchwehrungen dar - nach verſpuͤhren, deren doch eben ſo viel nicht gefunden werden.

§. 25.

Zu denen Milch-Speiſen wollen wir zwar nicht rathen,**Anmerckung wegen der Milch-Speiſen. weil auch viele ſind, welche auſſer der Brunnen-Cur die Milch gar nicht vertragen koͤnnen, und dieſelbe bißweilen zu Durchfaͤllen diſponiren moͤchte. Daß aber einige Medici ſolche darum ſo gefaͤhrlich und ſchaͤdlich machen wollen, weil die Saͤure desBrun -208Cap. VI. Art und WeiſeBrunnens die Milch zu lauter zaͤhen Schleim und harten Kaͤſelab mache, ſolches iſt falſch und ohne Grund. Wir haben Cap. 4. §. 110. ange - zeiget, daß unſer Brunnen-Waſſer durch ſeine prædominirende alcaliſche Natur, die Coagu - lation der Milch mehr verhindere als verurſa - che. Wie man nun ſonſten vor einer Milch - Cur den Leib durch Alcalia zu præpariren pfle - get, ſo habe auch an mir ſelbſt und andern ſchon die Probe genommen, daß man die Milchſpei - ſen beſſer nach der Brunnen-Cur, als vorhin vertragen koͤnne.

§. 26.

Auſſer denen wenigen Speiſen nun, welche wir angefuͤhret haben, ſind faſt alle uͤbri - ge gewoͤhnliche Arten unſchaͤdlich und zugelaſ - ſen. Es wird alſo ein ieder leicht nachrechnen koͤnnen, daß wenn gleich der Brunnen 4 Wo - chen und laͤnger gebrauchet wird, man doch ſo vielerley Arten von Speiſen*Veraͤnderung von Speiſen. (welche alle mit Nahmen anzufuͤhren unnoͤthig iſt) uͤbrig behal - te, daß man ſich taͤglich einen neuen Kuͤchen - Zettel machen, und ohne groſſe Quaal und Ver - drießligkeit wegen Mangel der Veraͤnderung, wohl ſeine gantze Lebens-Zeit eine Brunnen - Diæt im Eſſen halten koͤnte. Es iſt demnach zu hoffen, daß die Liebhaber der Geſundheit die Vernunfft ſo viel uͤber ihre Affecten werden herrſchen laſſen, daß ſie zum wenigſten die kur - tze Zeit in und nach der Cur das Unſichere undSchaͤd -209das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen.Schaͤdliche gaͤntzlich meiden, und das Sichere und Gute wehlen und gebrauchen.

§. 27.

Die Eſſens-Zeit, oder erſtlich die Stunde das Mittags-Mahl zu halten,*Stunde zum Mittags-Mahl. iſt ohn - gefaͤhr 4 Stunden, nachdem man ſeinen Theil abgetruncken hat. Diejenigen, welche von 6 biß 8 abtrincken, ſpeiſen um 12 Uhr die aber von 7 biß 9 mit ihrer Portion erſt fertig werden, muͤſ - ſen biß um 1 Uhr mit der Tafel warten. Und obwohl das Waſſer bey vielen in 2 oder 3 Stun - den und wohl eher groͤſſeſten Theils paſſiret iſt, ſo thun dieſelben doch wohl, daß ſie gleichfals die 4 Stunden vorbey gehen laſſen, ehe ſie ſpei - ſen. Auch iſt das allerbeſte, daß man in ſol - cher Zeit, von der Stunde an, da man abge - truncken hat, gar nichts, weder Naſſes noch Truckenes zu ſich nehme, und das Waſſer in freyer Wirckung unturbiret laſſe, biß etwa ei - ne halbe oder gantze Stunde vor der Mahlzeit ein gutes Magen-Medicament mit ein Paar Loͤffel voll Wein oder Aqua vitæ ſeinen Nutzen haben kan, wie §. 62. mit mehrern angezeiget wird.

§. 28.

Des Mittags mag man eine gute Mahlzeit halten, und ſeinem Appetit ein Gnuͤ - gen thun, nur daß man nicht zu geſchwind eſſe,**Geſchwind-Eſſen iſt ſchaͤdlich. und alſo den Ausſpruch der alten Arabiſchen Medicorum erfuͤlle: Quicunque Maſticatio -Onem210Cap. VI. Art und Weiſenem negligit, Animam ſeu vitam ſuam odit, wer nicht wohl kaͤuet, haſſet ſein eigen Leben. Denn weil der Appetit bey dem Brunnen - Trincken insgemein ungewoͤhnlich ſtarck iſt, ſo pfleget man oͤffters gar zu geſchwind zu eſſen, da denn die Speiſen nicht gnug zertheilet, und mit dem Speichel als dem wahren Daͤuungs - und Gaͤhrungs-Safft vermiſchet werden, und alſo Undaͤuen, Magendruͤcken, Blehungen und al - lerhand Ungelegenheiten davon entſtehen muͤſ - ſen. Auch verleitet inſonderheit die Varietaͤt und der Uberfluß von allerhand Speiſen zu Uberladung des Magens, daher es beſſer, daß man ſich einige wenige und gute Speiſen, und nicht gar zu viele Geruͤchte, auftragen laͤſſet, da - mit man ſich nicht mit gar zu vielem Eſſen be - ſchwehre, und die Cur dadurch hindere und zu - ruͤck ſetze.

§. 29.

Das Abend-Eſſen*Das Abend-Eſſen. muß nicht zu ſpaͤt, und laͤngſtens um 7 Uhr gehalten werden, auch nur in einer Suppe, und gar wenig gekochten Fleiſch, (denn das gebratne ſtopffet mehr) etwa von gutem wohlverdaulichen Gefluͤgel, und ein wenig gekochtem Obſt beſtehen.

Die Fuͤrnehmen und Groſſen pflegen es hierinnen mehrentheils zu verſehen, an deren Geſundheit und Conſervation doch am aller - meiſten gelegen waͤre. Denn es muͤſſen oͤff - ters die Balls und andere Divertiſſements erſtabge -211das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen.abgewartet ſeyn, und wie ſie vorhin gewohnet, ſo muß ſolches bey der Brunnen-Cur, es mag ſchaͤdlich ſeyn oder nicht, continuiret werden: Man thut was man will, und leidet was man kan. Die Abend-Mahlzeit*Das ſpaͤte Abend-Eſſen iſt ſchaͤdlich. wird manchmahl um 9, 10, 11 Uhr erſtlich gehalten, da durch das lange Warten, und die viele Bewegung des Leibes der Appetit ſtarck anwaͤchſet, folglich wohl mehr als des Mittags geſpeiſet wird. Man begiebt ſich darauf bald zur Ruhe, es fol - get ein unruhiger Schlaf darauf, und des Mor - gens, wenn die bequemſte Zeit zum Trincken heran kom̃t, iſt der Leib noch matt und muͤde, und der Magen noch voll Cruditaͤten. Daß alſo das Brunnen-Waſſer mit genauer Noth ſo viel wegraͤumen und abfuͤhren kan, als man in ei - ner Nacht Schaͤdliches geſammlet, geſchweige daß ſolches die kraͤnckliche Beſchaffenheit des gantzen Leibes, und aller Feuchtigkeiten zu be - ſtaͤndiger Geſundheit auf das Zukuͤnfftige ſolte verbeſſern koͤnnen, welches doch die Abſicht, und der fuͤrnehmſte Endzweck der Brunnen - Cur iſt.

§. 30.

Das Getraͤncke**Getraͤncke. uͤber der Mahlzeit, kan ein ieder gebrauchen, wie er gewohnt iſt. Es iſt gar kein Geſetz, und haben es auch, die vor mir von dem Brunnen geſchrieben, weder Herr Bohlmann, noch D. Cunæus ſtatuiret, daß man bey Gebrauch des Pyrmontiſchen Waſ -O 2ſers212Cap. VI. Art und Weiſeſers kein Bier trincken duͤrffe,*Ob man Bier bey der Brunnen-Cur trincken duͤrffe. wie nicht wenige mit einem ſolchen Verbot von ihren Medicis hergeſandt werden. Unſere meiſten Brunnen - Gaͤſte ſind keine Weinlaͤnder, ſondern ſie ſind faſt alle zu dem Biere, als ihrem ordentlichen Getraͤncke gewoͤhnet, und koͤnnen alſo den Durſt mit dem Wein alleine nicht ſtillen, oder ſie muͤſſen deſſen zu viel trincken, und ſich da - durch erhitzen. Es iſt alſo beſſer, daß ein ieder hierinnen bey ſeiner Gewohnheit bleibe, und zu Vergnuͤgung des Durſtes das Bier, weiß oder braunes gebrauche, wie einem jeden aus eige - ner Erfahrung bekannt, nach welchem er ſich am beſten befinde. Die Biere aber muͤſſen ihre rechte Art und Alter haben, nicht zu friſch und voller Hefen, auch nicht zu alt und ſauer, ſondern ſollen wohl gekocht, helle, gelind, ſchaͤrff - lich und ſpirituös ſeyn.

§. 31.

Es iſt ein groſſer Irrthum, daß man insgemein den ſchwachen Magen vorſchuͤtzet, weil das Waſſer den Magen ſchwaͤche,**Das Waſſer ſchwaͤchet den Magen nicht. muͤſſe man viel Wein trincken. Das Gegentheil aber iſt die Wahrheit, daß nehmlich das Pyr - montiſche Waſſer den Magen ſtaͤrcke, wie durchgehends der gute Appetit anzeiget; Noch mehr aber lehren es die vielfaͤltigen Exempel derjenigen Perſonen, welche gantz verdorbene Magen, langwierige Durchfaͤlle, Lienterias,(da213das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen.(da die Speiſen unverdaͤuet wieder fortgan - gen) gehabt, und ſich vorhin mit dem Eſſen wie Kindbetterinnen halten muͤſſen, nachmahls durch unſer Waſſer voͤllig curiret worden, daß ſie wieder allerley Speiſen vertragen koͤnnen. Sind aber einige, welchen der Magen nach der Cur ſchwach worden, dieſelben werden die Ur - ſache entweder in der unordentlichen Diæt, oder in dem ſchaͤdlichen Kalt-Trincken und unvor - ſichtigen hinunter gieſſen groſſer Glaͤſer finden koͤnnen. S. Cap. 8.

§. 32.

Indeſſen iſt doch der maͤßige Gebrauch eines guten Weins*Gebrauch des Weins. uͤber der Mahlzeit ſehr nuͤtzlich und dienlich bey der Brunnen-Cur, und wird der Magen allerdings dadurch erwaͤr - met, geſtaͤrcket, und die Gaͤhrung und Ver - dauung der Speiſen befoͤrdert und vollkomme - ner gemachet. Ein guter Rhein-Wein iſt wohl der beſte fuͤr einen teutſchen Magen, auch am dienlichſten bey der Brunnen-Cur. Es ſoll derſelbe aber nicht zu viel Saͤure haben, auch nicht zu ſtarck geſchwefelt ſeyn. Ein gar alter hitziger Rhein-Wein muß mehr wie eine Artzeney in geringer Maaß, etwa ein Paar klei - ne Spitz-Glaͤſer voll, als wie ein Getraͤncke in groͤſſerer Quantitaͤt genommen werden.

§. 33.

Gute Frantzoͤſiſche Weine ſind auch bey der Cur nicht undienlich, und habe ich biß - her am nuͤtzlichſten gefunden, daß ein jeder beyO 3der214Cap. VI. Art und Weiſeder Art Wein gelaſſen, welche er vorhin am meiſten gewohnet, und am beſten vertragen koͤnnen.

Sonſten kan der Unterſcheid gemachet wer - den, daß diejenigen, welche ſich nach dem Bier nicht wohl befinden, und alſo mehr Wein als andere trincken muͤſſen, beſſer thun, daß ſie ei - nen gelinden nicht gar alten Rheinwein, oder einen guten Moſeler wehlen, von welchem ohne Schaden und Erhitzung, eine ziemliche Quan - titaͤt mag getruncken werden; Frantzoͤſiſche, Spaniſche und andere ſuͤſſe hitzige Weine aber muß man in geringerer Quantitaͤt bloß zu Staͤrckung des Magens, und nicht als zu Loͤ - ſchung des Durſtes gebrauchen.

§. 34.

Wenn man eine Stunde oder etliche nach der Mahlzeit Durſt verſpuͤhret,*Ander Getraͤncke gegen den Nachmittags-Durſt. ſo mag man wohl einige Schaͤlgen Thee oder Caffee zu ſich nehmen, nur daß man nicht zu viel thue, und die Eingeweide gar zu ſehr uͤberſchwemme, und durch die viele Waͤſſerigkeit relaxire. Will man 3 biß 4 Stunden nach dem Eſſen zur Er - friſchung und Loͤſchung des Durſtes ein Paar Glaͤſer Sauer-Waſſer trincken, ſolches kan ein jeder nach Belieben und Befinden thun oder laſſen. Uber dem Eſſen aber das Pyrmonti - ſche Waſſer zu trincken, oder mit dem Wein zu vermiſchen, finde gar nicht rathſam, obgleich hieſige Einwohner ſolches ohne Wein taͤglichzu215das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen.zu thun pflegen, und ſich wohl darnach befin - den. (Cap. 3. §. 53.) Denen Ungewohnten aber treibet es die Speiſen gar zu geſchwind aus dem Magen, und verurſachet dadurch allerhand Ungelegenheiten. Iſt jemand welcher kein Bier trincket, und Waſſer unter ſeinen Wein zu miſchen gewohnet iſt, demſelben recommen - diren wir das Waſſer aus dem Berg-Saͤuer - ling (Cap. 3. §. 18.) welches ein gelindes, ange - nehmes und geſundes Waſſer iſt.

§. 35.

Das andere Stuͤck der Diæt iſt die Lufft*Von der Lufft. und das Wetter, welche man nicht ſo wohl in ſeiner Macht hat, als das Eſſen und Trincken, ſondern verlieb nehmen muß, wie ſol - che in dem Macrocoſmo arriviret. Indeſſen haben wir die Lufft noch viel noͤthiger, als Speiß und Tranck, wir koͤnnen dieſelbe nur we - nig Augenblicke entbehren; Und da die Ober - flaͤche unſeres Leibes allezeit damit umgeben, und gedruͤcket wird, ſo werden die Pori oder Daͤmpff und Schweiß-Loͤcher der Haut, wie auch der Lauff der Feuchtigkeiten in denen aͤuſ - ſerlichen Theilen des Leibes ſehr offt dadurch veraͤndert, und die unempfindliche Ausduͤn - ſtung, die eine Zeit vermehret, auf ein ander mahl gar ſehr verringert, und zuweilen faſt gaͤntzlich aufgehoben.

§. 36.

Es verurſachet alſo die warme und kalte, trockene und naſſe, helle und truͤbe, ſchwereO 4und216Cap. VI. Art und Weiſeund leichte, ſtille oder ſtuͤrmichte Lufft und Wet - ter, auch bey der Brunnen-Cur allerhand un - ausbleibliche Veraͤnderungen in dem menſch - lichen Leibe, und kan die Wirckung des Waſ - ſers (ohngeachtet ſolches an ſich ſelbſt iederzeit einerley iſt) auch um dieſer Urſache willen in ei - ner Perſon und Kranckheit nicht allemahl gleich, ſondern muß nothwendig unterſchieden und mancherley ſeyn.

§. 37.

Ob nun zwar eine temperirte und warme Lufft die bequemſte und beſte zur Brun - nen-Cur iſt, wie wir §. 3. ſchon angezeiget ha - ben, ſo hat man doch darinnen nicht allemahl eine freye Wahl, denn es treffen die Calender ſo præciſe nicht ein, und kan auch eine ſchaͤdli - che kalte und feuchte Lufft bißweilen, ſo wohl in denen Hundes-Tagen, wie im Mertz einfallen. Wenn man alsdenn in der Cur begriffen iſt, oder in ſolchem Wetter zum Brunnen kommt, ſo laͤſſet es ſich nicht allezeit auf gut Wetter war - ten, ſondern man muß ſich gegen Wind und Wetter auffs beſte verwahren, und verhindern, daß man nicht von auſſen durch die Lufft, und von innen durch das kalte Waſſer und alſo alle fluͤßige und feſte Theile gar zu ſehr erkaͤlten und erſtarren, welches denn, wie leicht zu erachten, ohne Schaden nicht abgehen kan. Cap. 8. §. 3. ſeq.

§. 38.

Das allerbeſte und ſicherſte waͤre, daß man bey ſtuͤrmichter, naſſer und kalter Lufftdie217das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen.die Cur wie eine Winter-Cur hielte, und das Waſſer ein wenig uͤberſchlagen, bey einem gu - ten Camin-Feuer traͤncke, in einem Saal oder groſſen Zimmer, da man ſpatzieren gehen, und ſich gnugſame Bewegung machen koͤnte.

Denenjenigen welche ſehr phlegmatiſch und ſchwaͤchlich ſind, und die Kaͤlte gar nicht ver - tragen koͤnnen, mag auch wohl zugelaſſen wer - den, daß ſie das Waſſer uͤberſchlagen im Bette trincken. Man muß aber keine Gewohnheit und Mode daraus machen, und nachmahls wenn man aufſtehet, die Bewegung deſto laͤn - ger continuiren. Die aber ſtarcker Natur ſind, viel Waͤrme haben, und ſich einen gerin - gen Rauch nicht beiſſen laſſen, ſondern ungeach - tet des ſchlimmen Wetters das Waſſer aus der Quelle trincken, und ſich in freyer Lufft bewe - gen wollen, muͤſſen ſich deſto beſſer mit Klei - dern verwahren, kleine Glaͤſer und langſam trincken, damit alle ſchaͤdliche Erkaͤltung, wel - che ſo gar gemein bey Gebrauch der Sauer - brunnen iſt, verhuͤthet werde.

§. 39.

Gar zu warme Lufft, heiſſe Tage und ſchwuͤhl Wetter, iſt auch beſchwehrlich bey dem Trincken, weil man gar zu matt und ſchwitzig wird, welches die Wirckung des Waſſers auf - haͤlt und hindert. Man muß alſo zu ſolcher Zeit, die kuͤhlen und temperirten Morgen - Stunden nicht verſaͤumen, und die ſchattichtenO 5Oerter218Cap. VI. Art und WeiſeOerter ſuchen, wozu es hier an guter Gelegen - heit in der Allee nicht fehlet.

§. 40.

Drittens iſt dann auch die Bewe - gung*Bewegung. zu obſerviren. Man kan ſich zwar bey der Brunnen-Cur nicht zu viel und zu offt bewe - gen, und muß eine gnugſame Bewegung des Leibes allerdings als ein noͤthiges Stuͤck der Diæt beobachtet werden; Eine gar zu ſtarcke und hefftige Bewegung aber, wodurch das Ge - bluͤt erhitzet, ein ſchaͤdliches Aufwallen deſſel - ben, und ein haͤuffiger uͤberfluͤßiger Schweiß verurſachet wird, muß durchgehends gemieden werden. Man laſſe die Bewegung allmaͤhlig angehen, wiederhole dieſelbe deſto oͤffter, und continuire ſolche ſo viel laͤnger. Auch richtet man ſich nach dem Wetter, wenn es kalt, mag man ſich ſtaͤrcker bewegen, wenn es aber ſehr warm iſt, machet man ſich eine gelinde Bewe - gung, auf daß man nicht erhitzet, und der Schweiß gar zu viel erreget werde.

Diejenigen welche nicht wohl zu Fuß ſind, muͤſſen ſich viel herum fahren laſſen. Auch iſt das Reiten eine gute Motion, und Zeitvertreib bey Gebrauch des Brunnens, wenn man des Reitens gewohnet iſt, und gute Pferde hat, die einen ſanfften Schritt gehen.

§. 41.

Vierdtens muͤſſen die Reinigungen des Leibes**Reinigungen des Leibes. nicht allein ihren Fortgang haben,ſon -219das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen.ſondern auch durch die Brunnen-Cur mercklich vermehret werden, wie Cap. 5. §. 37. ſeq. ange - zeiget worden. Am allermeiſten aber wird auf die Eroͤffnungen des Leibes, und den Ab - gang des Urins Acht gegeben, welchen die ge - buͤhrende Moderation und Abwartung des Schweiſſes noch beygefuͤget werden muß.

§. 42.

Unterſchiedliche von denen beruͤhmte - ſten Sauer-Brunnen treiben ſehr ſtarck durch den Urin, machen aber wenig Eroͤffnung des Leibes. Im Gegentheil befoͤdert das Pyr - montiſche Waſſer in einer mittelmaͤßigen Doſi beyderley Excretiones*Das Pyrmontiſche Waſſer laxiret die meiſten gnungſam. bey denen allermeiſten ſo wohl, daß nach Proportion gar wenige ge - funden werden, welche nicht gnungſame Se - des, und dabey auch ein ſtarckes Treiben des Urins haben ſolten, und ſcheinet ſonderlich das bittere Saltz unſers Waſſers die laxirende Wirckung vor vielen andern kraͤfftig, Geſund - Brunnen zu vermehren und zu verurſachen. Wie nuͤtzlich aber es ſey, und wie ſehr es erleich - tere, wenn man alle Morgen neben der Wir - ckung durch den Urin, auch einige Sedes von dem Waſſer habe, und daß ſolches allerdings mit zu einem vollkommenen Effect gehoͤre, ſol - ches wird einem ieden die Erfahrung lehren. Es rathen auch alle Brunnen-Practici, daß wenn nicht alle Morgen etliche Sedes von ſelbſtdurch220Cap. VI. Art und Weiſedurch die Wirckung der Waſſer erfolgen wol - ten, man ſolche durch gute laxirende Mittel be - foͤrdern muͤſſe.

§. 43.

Es iſt zwar ungereimt, daß man die - jenige Operation vor die beſte halten will,*Welche Operation die beſte. wo ſich die meiſten Sedes finden. (Cap. 5. §. 21. 22.) Wann es auf das Purgiren hauptſaͤchlich an - kaͤme, koͤnte man ohne Geſund-Brunnen ſolches gar leicht alle Morgen zu wege bringen; In - deſſen iſt doch wie geſagt, die Eroͤffnung des Lei - bes ein nuͤtzliches und noͤthiges Stuͤck der Wir - ckung, und wenn dieſelbe nachbleibet, pflegen gleich Magen-Druͤcken, Blehungen, Mangel des Appetits, und andere Beſchwehrungen zu erfolgen.

§. 44.

In denjenigen Kranckheiten, welche ihren Sitz im Magen, in denen Gedaͤrmen, Gekroͤs und naͤchſt angelegenen Eingeweiden haben, kan die Wirckung per Alvum ein groſ - ſes zu einer gluͤcklichen Cur beytragen. Wo aber die gantze Maſſa Humorum muß verbeſſert, ver - duͤnnet und verſuͤſſet werden, wenn Nieren und Blaſe von Schleim, Grieß und Sand ſoll ge - reiniget, oder die Lunge und andere abgelegene Viſcera, von ſchleimichten Verſtopffungen, und Zufluß ſcharffer Feuchtigkeiten befreyet, die Nerven geſtaͤrcket und eroͤffnet, wie auch die Kranckheiten der aͤuſſerlichen Glieder, und feſtenTheile221das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen.Theile curiret werden ſollen, ſo hat die Wir - ckung per Urinam den Vorzug.

§. 45.

Denn dasjenige, was durch den Urin weggehet, muß nach denen Geſetzen der Circu - lation des Gebluͤts durch alle Theile des Leibes gefuͤhret worden ſeyn (da bißher noch keine an - dere Wege zu denen Nieren und der Blaſe ge - wieſen worden) woſelbſt alſo das Brunnen - Waſſer, was erfodert wird, und was ſeine me - dicinale Eigenſchafften mit ſich bringen, durch eine wirckliche materialiſche Vermiſchung und Beruͤhrung hat verrichten koͤnnen.

Sonſten hat man nicht noͤthig wegen Ab - gang des Urins ſehr beſorget zu ſeyn, weil ſol - ches die allgemeineſte Wirckung unſers Waſ - ſers iſt, und da es wenige giebet, welchen es an Eroͤffnung des Leibes fehlet, ſo werden noch viel wenigere gefunden, welchen der Urin nicht gnug - ſam paſſiren ſolte.

§. 46.

Was den Schweiß anbelanget,*Der Schweiß. ſo iſt ſolcher gleichfalls eine ſehr gemeine und nuͤtz - liche Excretion bey dem Brunnen, durch wel - chen nach Unterſcheid der Kranckheiten viel Schaͤdliches kan ausgetrieben, und das Gebluͤt gereiniget werden. Jedennoch iſt zu mercken, daß der Schweiß des Morgens wenn man trin - cket, und noch keine Operation per Alvum & Urinam erfolget iſt, auf alle moͤgliche Art muͤſſemode -222Cap. VI. Art und Weiſemoderiret, oder wohl gaͤntzlich vermieden wer - den.

§. 47.

Wenn man gleich unter dem Trin - cken anfaͤnget zu ſchwitzen,*Vieler Schweiß unter den Trincken, hindert die uͤbrigen Wirckungen. ſo tritt das Waſſer mit dem Blute gar zu ſtarck in die aͤuſſerlichen Theile des Leibes, und wird alſo die Austrei - bung durch den Urin vermindert, und die Er - oͤffnung des Leibes aufgehalten, durch welche beyderley Excretiones doch der allergroͤſſeſte Theil des Waſſers wieder fortgehen muß.

Im Gegentheil hat man die Erleichterung nicht, ſondern es iſt ſehr beſchwehrlich, wenn man das meiſte Waſſer ausſchwitzen ſoll.

§. 48.

Und eben dieſes iſt die Urſache, war - um diejenigen, welche zu einer ſtarcken Aus - duͤnſtung und zu vielem Schwitzen geneigt ſind, bey kuͤhlem, und nicht gar zu warmen Wetter, da die Schweißloͤcher der Haut enger zuſam - men gezogen, und die Feuchtigkeiten mehr zu denen Eingeweiden und innerlichen Theilen getrieben werden, die beſte Wirckung, wie ſie ſprechen, verſpuͤhren, nehmlich, daß ſie alsdenn mehr Eroͤffnungen des Leibes, und ſtaͤrckeren Abgang des Urins haben, und ſich dabey am beſten befinden.

Man muß alſo die Bewegung des Leibes, wie ſchon gemeldet, nach dem Schweiß einrich - ten, wenn ſolcher gleich im Anfang des Trin -ckens223das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen.ckens ſtarck ausbrechen will, muß man ſich gantz gelinde bewegen, ſchattigte und kuͤhle Oerter ſuchen, auch lieber ſich ein wenig nieder ſetzen, und den herfuͤr brechenden Schweiß vergehen laſſen.

§. 48.

Derjenige Schweiß aber,*Welcher Schweiß bey der Brunnen-Cur der beſte ſey? welcher bey einer moderirten Bewegung erfolget, wenn man abgetruncken hat, und das meiſte Waſſer per Alvum & Urinam ſchon wieder fortgangen, iſt ſehr nuͤtzlich und geſund. Auch muß der Nacht-Schweiß, wenn man anfaͤnget bey der Brunnen-Cur mehr als gewoͤhnlich zu ſchwi - tzen, durch maͤßige Zudeckung des Leibes befoͤ - dert, und mit Fleiß abgewartet werden, und ſollen dergleichen Perſonen des Morgens ſich alſobald behutſam ankleiden, und ſich nicht gar zu geſchwind in die naß-kalte Morgen-Lufft be - geben, ſondern zuvor eine Weile auf ihrem Zimmer ſpatzieren gehen, und den heraus drin - genden Schweiß, oder die vermehrte Ausduͤn - ſtung allmaͤhlig ſich verliehren laſſen.

§. 50.

Fuͤnfftens iſt die beſte Zeit zum Schlaf**Schlaf. bey der Brunnen-Cur von 9 oder 10 Uhr Abends, biß 4 oder 5 Uhr des Morgens, und ſorgen diejenigen am beſten fuͤr ihre Ge - ſundheit, welche des Abends um 7 Uhr ihre Suppe eſſen, ſich hernach noch eine gelindeBewe -224Cap. VI. Art und WeiſeBewegung machen, und denn zu rechter Zeit ſchlafen gehen, von dieſer Ordnung aber ſich keine Geſellſchafft noch Divertiſſements ab - halten laſſen. Denn ſo folget ein ruhiger Schlaf, und die Kraͤffte werden zu bequemer Abwartung und Fortſetzung der Cur iedesmahl gnugſam wieder erholet.

§. 51.

Der Mittags-Schlaf*Mittags-Schlaf. von welchem ſo viel geſprochen wird, ob ſolcher erlaubet oder verbothen ſey, kan gar leicht vermieden werden: 1) Wenn man nicht zu geſchwinde, und gar zu viel iſſet, und den Magen dadurch uͤberladet und beſchwehret. 2) Wenn man den Wein maͤßig gebrauchet. 3) Wenn man nicht al - leine und in der Stille bleibet, ſondern ſich un - ter Aufſicht anderer Leute, und in Geſellſchafft begiebt. 4) So man gleich nach der Mahl - zeit hinaus und ſpatzieren gehet, wann nach - mahls ein Paar Stunden nach dem Eſſen vor - bey gangen, ſo wird man nicht mehr vom Schlaf incommodiret.

§. 52.

Wolte man ſagen, es waͤre denenjeni - gen, welche dazu gewoͤhnet, eine Stunde nach der Mahlzeit ein klein Mittags-Schlaͤfgen auf einem Lehn-Stuhl zu halten erlaubet, ſo moͤch - ten ſich viele den gantzen Nachmittag hinlegen und ſchlafen, zu groſſem Schaden und Nach - theil ihrer Geſundheit und Cur. S. Cap. 8.

§. 53.

Sechſtens muß man auch die Ge -muͤths -225das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen.muͤths-Bewegungen,*Gemuͤths Bewegungen. wie zu aller Zeit, wenn man ſeiner Geſundheit wohl vorſtehen will, alſo inſonderheit bey der Brunnen-Cur, da der Fort - gang der ſo hochnoͤthigen Reinigung der Feuch - tigkeiten des Leibes durch alle Excretoria ſo leicht dadurch kan geſtoͤhret, gehindert oder - bertrieben werden, maͤßigen. Der Eyffer und Zorn muß alſo gemieden, und alle Sorgen, Bekuͤmmerniß und Traurigkeit zu Hauſe ge - laſſen werden. Im Gegentheil bitte man GOtt um Zufriedenheit und um ein ruhiges, vergnuͤgtes und froͤliches Hertz. Man ſuche eine gute Converſation, und mache ſich aller - hand zulaͤßige Ergoͤtzungen, Zeit-Vertreib und Veraͤnderungen (Cap. I. §. 12. ſeq. ) ſo hat man ſich unter goͤttlichem Seegen einer gluͤcklichen Cur zu getroͤſten.

§. 54.

VII. Die Artzeneyen,**Medicamenten. welche man bey der Brunnen-Cur zu Huͤlffe nimmt, muͤſ - ſen in wenigen und auserleſenen Sachen beſte - hen, ſonderlich da das Pyrmontiſche Waſſer an ſich ſelbſt kraͤfftig und reichhaltig an guten me - dicinalen Ingredientien iſt, und alſo deſto weni - ger Huͤlffe bedarff. Es haben die alten Brun - nen-Practici groſſe und lange Regiſter voll Me - dicamenten geſchrieben, welche man bey denen Waſſer-Curen gebrauchen muͤſſe, dafuͤr ein Patient, welcher vorhin ſchon alle Claſſes derPMa -226Cap. VI. Art und WeiſeMateriæ medicæ durchgehen muͤſſen, wol er - ſchrecken moͤchte. Von denen heutigen Medi - cis aber verwerffen einige faſt allen Gebrauch der Medicamenten bey dergleichen Curen. Al - ſo faͤllet der menſchliche Verſtand oͤffters von einem Extremo auf das andere.

§. 55.

Es wuͤrde zwar hier zu weitlaͤufftig ſeyn, wenn man gegen alle Arten der Kranckhei - ten, welche wir zu Ende des vorigen Capitels ge - nennet haben, beſondere Medicamenten anfuͤh - ren wolte, iſt auch gar nicht allemahl noͤthig; Indeſſen geben wir denen Practicis zu beden - cken, und ſtellen es eines ieden Erfahrung an - heim, was dann und wann zum Exempel in de - nen Bruſt-Beſchwerungen und alten ſchlei - michten Huſten durch gute balſamiſche Pecto - ralia mit Stomachicis vermiſchet. In Schwulſt und Anfang der Waſſerſucht durch diuretiſche Tincturen, reſolvirende Salia und bittere Ex - tracta; In Reliquiis Luis venereæ, Gonorr - hœa, Fluore albo &c. mit heilenden balſami - ſchen Eſſenzen und Pillen; In kalten Wechſel - Fiebern durch gute Digeſtiva und Antifebrilia ante Paroxyſmum; In Morbis convulſivis durch Antiſpaſmodica; In Mania per Nitro - ſa &c. die Brunnen-Cur vor ſichere und nach - druͤckliche Beyhuͤlffe haben koͤnne. Wenn zu - weilen dergleichen Mittel vorher gar nicht helf - fen noch anſchlagen wollen, ſo geſchiehet ſolches waͤhrender Brunnen-Cur unter den vielen all -ge -227das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen.gemeinen Reinigungen des Leibes, oder bald nach denſelben. Und alſo kan durch die Mine - ralia oͤffters ein guter Grund zu einer beſtaͤndi - gen Cur geleget, und dieſelbe durch wenige heil - ſame und Specifica vegetabilia ausgefuͤhret und vollkommen gemacht werden.

§. 56.

Was ſonſten die allgemeinen und or - dinairen Medicamenten betrifft, welche bey der Brunnen-Cur gebrauchet werden, ſo haben wir §. 10. ſeq. ſchon etwas davon gemeldet, ſo viel zur Vorbereitung gehoͤret. Bey der Cur ſelbſt ſind ſonderlich die laxirende und Magen - ſtaͤrckende Artzeneyen gebraͤuchlich. Unter de - nen laxirenden Mitteln*Laxirende Mittel. haben bey der heutigen Brunnen-Praxi faſt allenthalben die eroͤffnen - den und erweichenden Salia den Vorzug, als da ſind: Der Tartarus vitriolatus, das Sal polychreſtum, Arcanum duplicatum, Cremor Tartari, Tartarus ſolubilis, Sal Anglicanum ca - tharticum, Sal mirabile Glauberi, Nitrum, Vitriolum Martis &c.

§. 57.

Weil dergleichen Salia zum Theil mit dem natuͤrlichen Saltze des Waſſers uͤberein kommen, ſo iſt vernuͤnfftig, daß wenn die Wuͤr - ckung deſſelben in ein oder anderem Stuͤcke nicht promt erfolgen will, man dieſelbe durch ſolche Salia am fuͤglichſten verſtaͤrcken koͤnne. Auch lehret die Erfahrung, daß wenn dieſe Salia wohl zubereitet ſind und geſchickt gebrauchtP 2wer -228Cap. VI. Art und Weiſewerden, ſolche ohne alle Ubligkeit, Bauchgrim - men und Erhitzung ihre Wuͤrckung verrichten, und mit der Waͤßerigkeit durch den Urin oder Stuhlgang gleich wieder fortgehen, und man alſo dieſelben gantz ſicher gebrauchen, und wo es noͤthig, auch oͤffters wiederhohlen duͤrffe.

§. 58.

Es waͤre zwar das allerbeſte, wenn man dem Brunnen-Waſſer ſein eigen Saltz zuſetzte, und alſo die Wuͤrckung vermehrete, al - lein weil das Pfund Waſſer nur 7 Gran Saltz haͤlt, ſo iſt es muͤhſam und koſtbar ſolches in ge - nugſamer Quantitaͤt zur Diſpenſation daraus zu verfertigen; Daher man diejenigen Salia er - waͤhlen kan, welche mit denen Eigenſchafften des natuͤrlichen am naͤheſten uͤberein kommen. Doch ſchlaͤgt nach Unterſcheid der Naturen dem einen dieſes, dem andern jenes beſſer an, und kan man nicht allen einerley verordnen. Auch ſind die Salia bey dem Gebrauch unſers Waſſers (welches, wie ſchon erwehnet, ins - gemein durch ſein eigen Saltz und Kraͤffte ge - nugſame Wuͤrckung thut) denen allermeiſten Cur-Gaͤſten unnoͤthig.

§. 59.

Andere ſichere Purgir-Mittel ſind bey Gebrauch des Brunnens auch nicht zu verwerf - fen. Es iſt ſo wol das Waſſer, als die ange - fuͤhrten Salia gelinde, und wuͤrcken zuweilen nur als Digeſtiva, machen die Materiam peccan - tem in Primis viis, in den Gekroͤß-Druͤſen und andern Eingeweiden weich und beweglich. Beyſol -229das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen.ſolchen Umſtaͤnden ſchicket ſich in waͤhrender Cur ein ſtaͤrckeres Purgans uͤberaus wohl, und fuͤhret den præparirten und mobil gemachten Unrath vollends ab, daß alſo nicht wenig Pa - tienten ſehr dadurch erleichtert werden, und ihre Cur deſto gluͤcklicher fortſetzen koͤnnen. Und um eben dieſer Urſache willen iſt auch das ſi - cherſte und beſte, daß man zum Schluß der Cur ein Purgans nehme, das nicht gar zu gelinde, ſon - dern beqvem und kraͤfftig genug ſey, alles, was irgend von ſchaͤdlichen, ſchleimichten und ver - ſtopffenden Materien, welche das Brunnen - Waſſer erweichet und beweglich gemachet hat, wie auch dasjenige, ſo bey ein und andern Pati - enten von uͤberfluͤßiger Waͤßerigkeit in denen Viſceribus ſpongioſis ſtecken blieben und ver - halten worden, mit einander abzufuͤhren.

§. 60.

Denn ob man gleich keine gnugſame Anzeigungen hat, daß etwas von Mineralien, es mag Ochra oder anderſt heiſſen, in dem Leibe als ſchaͤdlich zuruͤck bleibe,*Ob nach Gebrauch des Brunnens etwas ſchaͤdli - ches von Mineralien zuruͤck bleibe? wie ſolches einige Brunnen-Medici ſo gar gefaͤhrlich vorgeſtellet haben, ſo geben doch angeregte Urſachen ſatt - ſam zu erkennen, daß man in dieſem Stuͤck wohl thue bey der alten Gewohnheit zu bleiben, und den Leib zum Beſchluß noch mit einem guten Purgir-Mittel zu reinigen.

P 3§. 61.230Cap. VI. Art und Weiſe

§. 61.

Ein ſolches Mittel mag nun in aller - hand Formulis, wie ſolche ein ieder am beſten vertragen kan, und gegen welche die Patienten am wenigſten Eckel haben, gegeben werden. Es ſind aber doch die ſo genannten Abend-oder Nacht-Pillen am beqvemſten und dienlichſten bey der Cur. Dieſelben muͤſſen aus guten reſolvirenden Gummatibus, Extractis amaris und dergleichen beſtehen, welchen dann und wann, wo es noͤthig, ein wohl præparirtes Sti - mulans kan zugeſetzet werden. Man kan die - ſelben ſo zubereiten, daß ein ruhiger Schlaff von 6 biß 7 Stunden darauf koͤnne gehalten werden, und daß ſolche ohne Ubligkeit, Reiſſen und Mattigkeit des Morgens einige gnugſame Sedes verurſachen, ſo kan man, wenn ſolche im Anfang oder mitten in der Cur genommen wer - den, des Morgens gleich eine Portion Waſſer darauf trincken, und alſo die Cur unverhindert fortſetzen. Zu Ende der Cur aber nimmt man des Morgens auf die Pillen etwas Thée oder eine duͤnne Suppe.

§. 62.

Die Magen-Medicamenten,*Magen-Medicamenten. wel - che man bey der Waſſer-Cur vor dem Eſſen ge - brauchet, werden nicht verordnet um Appetit zu machen, welcher ohnedem bey den meiſten ſtarck gnug zu ſeyn pfleget, ſondern wenn etwa die Verſammlung des Speichels und der Gaͤhrungs-Safft aus dem Magen durch dieWuͤr -231das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen. Wuͤrckung und Menge des Waſſers gar zu reine weggeſpuͤhlet worden, oder wenn der Ma - gen und die naͤchſt daran gelegene Viſcera durch die Kaͤlte des Waſſers Schaden gelitten, und daher eine unvollkommene Daͤuung entſtehen koͤnte, ſolches in Zeiten verhuͤtet, der Mangel des Gaͤhrung-Saffts durch gute bittere Sa - chen erſetzet, und die noͤthige Waͤrme der Ein - geweide durch gelind erwaͤrmende, balſamiſche und aromatiſche Eſſenzen wieder gebracht weꝛ - de; welche Dinge denn nach eines ieden Tem - perament und Conſtitution koͤnnen ausgele - ſen werden.

§. 63.

Wegen Unterſcheid des Alters*Unterſcheid des Alters. iſt wegen Gebrauch des Brunnens anzumercken, wie ſchon im vorhergehenden hin und wieder angezeiget und erwieſen worden, daß das Pyr - montiſche Waſſer ſo wenig als andere Sauer - Brunnen unter die ſtarcken und angreiffenden, ſondern vielmehr unter die ſicheren und gelin - den Geſundheits-Mittel gehoͤre, und alſo von dem Gebrauch deſſelben weder die Alten noch die Kinder gaͤntzlich koͤnnen ausgeſchloſſen wer - den. Es waͤre denn daß die Kinder noch gar zu zart und jung von Jahren, da man ſie nicht bedeuten und in keiner Ordnung halten kan, auch die Alten gantz abgelebet, krafftloß und hinfaͤllig waͤren.

P 4Son -232Cap. VI. Art und Weiſe

Sonſten aber wenn Kinder uͤber 7. Jahre ſind, und die Alten noch Kraͤffte haben, auch die uͤbrigen Umſtaͤnde zu erkennen geben, daß ihnen das Waſſer zutraͤglicher, als andere Me - dicationes, (durch welche man ſie manchmahl gantz matt und uͤberdruͤßig gemachet hat) ſeyn koͤnte, ſo mag ihnen die Cur gar wohl zugelaſ - ſen werden, und wir haben Exempel genung, daß ihnen das Waſſer weder zu ſtarck noch zu ſcharff geweſen, ſondern mit groſſem Nutzen gebrauchet worden. Man laſſe ſie aber vor al - len Dingen die angewieſenen Regeln beobach - ten, ſonderlich daß ſie wenig, langſam und uͤber - ſchlagen trincken.

§. 64.

Was den Unterſcheid des Geſchlechts*Unterſcheid des Geſchlechts. anbelanget, ſo ſind einige der Meinung, daß die Sauer-Brunnen denen Manns-Perſonen, und die warmen Waſſer dem weiblichen Ge - ſchlecht insgemein am beſten bekaͤmen.

Es iſt ſolches auch nicht gantz ohne Grund und Erfahrung. Wenn man aber nach der Urſache forſchet, ſo wird man finden, daß ſolches von dem Kalt - oder Warm-Trincken herruͤhre. Denn weil das weibliche Geſchlecht mehr phlegmatiſch iſt, nicht ſo viel Waͤrme hat, und das viele kalte Trincken noch weniger gewoh - net iſt, als die Manns-Perſonen, ſo befinden ſie ſich nach dem Warm-Trincken weit beſſer, und leiden im Gegentheil von dem Kalt-Trinckenſo233das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen. ſo viel mehr; Daher leicht zu erachten, daß, wenn man denen Sauer-Brunnen nur die Kaͤl - te nehmen wuͤrde, ſolche dem Frauenzimmer e - ben ſo gut anſchlagen koͤnten, als die natuͤrlich warmen Waſſer.

§. 65.

Sonſten hat auch das Frauenzimmer bey der Brunnen-Cur noch Acht zu geben auff die vier Wochen Zeit. Wenn ſolche einfaͤl - let, muͤſſen ſie 2, 3 biß 4 Tage ausſetzen. Es waͤre denn daß man aus einer beſondern Ab - ſicht einige Perſonen, welche ſtarcke Naturen haben, warm fort trincken lieſſe, die Evacuatio - nem menſtruam, wo es noͤthig und zutraͤglich, durch das mineraliſche Waſſer zu befoͤdern und anzutreiben. Diejenigen, welche die Wuͤr - ckung der vier Wochen gar zu ſtarck und haͤuf - fig, auch wol ohne Auffhoͤren verſpuͤhren, fin - den auch (wenn es nicht allbereit mit ſolchen Perſonen auf das aͤußerſte kommen iſt) bey dem Pyrmontiſchen Waſſer ihre Huͤlffe. Sie muͤſſen aber die Cur gantz gelinde und vorſich - tig fuͤhren, und das Waſſer ebenfalls nicht an - derſt als uͤberſchlagen oder warm gebrau - chen.

§. 66.

Schwangere Perſonen*Ob Schwangeren das Waſſer dienlich? thun beſſer, daß ſie ſich ein wenig gedulden; Oder wenn ih - nen ein und andere Beſchwerungen neun Mo - nate lang zu erleiden unertraͤglich ſcheinet, durch andere Mittel, bey deren Gebrauch nicht ſo vie -P 5le234Cap. VI. Art und Weiſele und offt wiederhohlte Evacuationes noͤthig ſind, eine Erleichterung ſuchen.

Zwar ſind mir nicht wenige Exempel be - kannt, auch von vornehmen und zaͤrtlichen Da - men, welche das Pyrmontiſche Waſſer wol in denen erſten Monaten ihrer Schwangerſchafft einige Wochen lang ohne Schaden gebrauchet, und nachmahls friſche und geſunde Kinder zur Welt gebracht.

Es iſt mir auch bißher noch kein Exempel vorkommen, daß durch das Waſſer eine unzeiti - ge Geburth waͤre verurſachet worden. Je - dennoch habe bey denen meiſten obſerviret, daß ſie viel Eckel und Erbrechen, wie auch wenige, langſame und muͤhſame Operationes von dem Waſſer gehabt, und die Natur gleichſam mit Gewalt die Evacuationes zuruͤck gehalten, und einen Widerwillen dagegen bezeiget. Daher bey ſolchen Umſtaͤnden wenig mit der Cur aus - zurichten, und es der Muͤhe nicht werth, ſolche anzuſtellen.

§. 67.

Frauen, die ihre Kinder ſtillen,*Frauen, die Kinder ſtillen, moͤgen das Waſſer ge - brauchen. haben bißher oͤffters mit gutem Nutzen den Brunnen gebrauchet, und ſind zuweilen die ſaͤugenden Kinder mit ihnen von ein und andern Beſchwe - rungen gluͤcklich curiret worden.

Des Morgens, ehe ſie das Waſſer trincken, laſſen ſie ſich die Kinder ausſaugen, und wennge -235das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen. gegen zehen Uhr die meiſten Wuͤrckungen vor - uͤber, und ſie aufs neue Milch verſpuͤhren, moͤ - gen ſie die Kinder wieder ein wenig anlegen, o - der biß auf den Nachmittag damit warten. Sie muͤſſen aber alle Morgen gnungſame Eroͤffnun - gen des Leibes haben, und ſollen alle Wuͤrckun - gen, wenn ſolche nicht von ſelbſt mit einander hurtig von ſtatten gehen, durch dienliche Mittel befoͤrdert werden; Sonſt pflegen die Kinder von dem bey der Mutter verhaltenen Waſſer ſtarck zu purgiren, und was denen Muͤttern ge - fehlet, wiederfaͤhret denen Kindern gedoppelt. Die Milch aber wird durch den Gebrauch des Brunnens eher vermehret und verbeſſert, als daß einiger maßen ein Mangel daran verſpuͤh - ret werden ſolte.

§. 68.

Nach Beſchaffenheit der Tempera - menten*Unterſcheid der Temperamenten. bekommt der Sauer-Brunnen de - nen Sanguineis und Cholericis am allerbeſten, koͤnnen auch das kalte Trincken wohl vertra - gen, und das Waſſer operiret bey ihnen viel ge - ſchwinder und in geringerer Quantitaͤt. Bey denen Phlegmaticis und ſonderlich bey denen Melancholicis pfleget es viel ſchwerer und lang - ſamer von ſtatten zu gehen. Derowegen pfle - gen ſie insgemein eine groͤſſere Portion zu trin - cken, oder die Operation muß durch gute Salia befoͤrdert werden, und vielen unter ihnen waͤreer -236Cap. VI. Art und Weiſeertraͤglicher und dienlicher, daß ſie uͤberſchlagen und laulicht traͤncken.

§. 69.

Die Zufaͤlle und Hinderniße bey der Brunnen-Cur*Zufaͤlle bey der Brunnen-Cur. ſind zwar ſo gar gemein nicht, und findet man wol unter zwantzig nicht einen, welchem ein beſorglicher Zufall begegnen ſolte, ſonderlich wenn ſich die Patienten ordentlich und Cur-maͤßig auffuͤhren. Indeſſen ſind doch diejenigen Umſtaͤnde, welche zuweilen vor - fallen, und eine beſondere Vorſorge erfodern, unter andern hauptſaͤchlich folgende; Als 1.) gaͤntzliche Verhaltung des getrunckenen Waſ - ſers, 2.) Erbrechen, 3.) Verſtopffung des Lei - bes, 4.) Mangel des Appetits, 5.) Verhaltung des Urins, wie auch Brennen und Schneiden deſſelben, 6.) Durchfaͤlle, 7.) Coliqven, 8.) Wun - digkeit und Hitze des Maſt-Darms, 9.) Jucken und Ausfahren uͤber die gantze Haut, 10.) un - gewoͤhnliche Schlaͤfrigkeit, 11.) ſchlafloſe und unruhige Naͤchte, 12.) Schwindel und Kopff - Schmertzen, 13.) Krampffziehungen in denen Waden und uͤbrigen Gliedern, 14.) Schmer - tzen und Regungen aller Gebrechen.

§. 70.

Der allerſchlimmeſte Zufall iſt die gaͤntzliche Verhaltung des getruncke - nen Waſſers,**Verhaltung des getrunckenen Waſſers. da ſolches weder durch den Stuhlgang, Urin noch Schweiß wieder fortgehen will, ſondern den Leib beſchwehret und ausdehnet. In ein oder zwey Tagen thut ſol -ches237das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen. ches eben keinen Schaden, wenn man nicht gar uͤbermaͤßig viel getruncken hat. Es iſt auch nicht allemahl gleich eine Anzeigung, daß man gaͤntzlich an der Cur deſperiren muͤſſe, und nichts weiter verſuchen duͤrffe. Man gebrau - che eine gute abfuͤhrende und Waſſer-treiben - de Purgantz, und ſetze die folgende Tage in dem erſten Glaſe dem Waſſer ſein eigen Saltz, oder andere gute eroͤffnende und diuretiſche Salia zu. Alsdenn pflegt manchmahl die Operation und Wunſch ſo geſchwind und wohl von ſtatten zu gehen, ſo gefaͤhrlich und ſchwehr auch der An - fang geſchienen. Wenn aber keine Wuͤrckung anderſt, als durch taͤglich wiederhohlte Purgir - Mittel erfolgen will, und der Leib immer mehr beſchwehret wird, ſo iſt beſſer, daß man ablaſſe und auf eine andere Cur bedacht ſey, als daß man mit Gewalt, und durch eine unmaͤßige Menge Waſſer den Durchbruch und die Wuͤr - ckung zu erzwingen ſuche.

§. 71.

Das Erbrechen*Erbrechen. thut bey denen mei - ſten einen gar guten Effect, und reiniget den Magen von allerley zaͤhen Schleim und Un - rath, continuiret auch insgemein nicht laͤnger als ein, zwey biß drey Tage. Wenn es aber mit groſſer Beſchwehrung und Abmattung des Patienten continuiren und die uͤbrigen noͤthi - gen Wuͤrckungen zuruͤck halten wolte, ſo muß man ſolches, ſo viel moͤglich, ſtillen und verhin -dern.238Cap. VI. Art und Weiſedern. Die Patienten muͤſſen langſam und wenig trincken. Bey einigen hoͤret das Erbre - chen auf, ſo bald ſie anfangen uͤberſchlagen zu trincken; andere brechen das gewaͤrmete Waſ - ſer eher wieder aus als das kalte. Einem ieden kan es alſo nach ſeiner Natur und Wohlbefin - den verordnet werden. Wenn das viele Er - brechen von gar ſchwaͤchlichen und kalten Ma - gen herruͤhret, ſo thun gute aromatiſche uñ bitte - re Eſſentzen, ſonderlich wenn ſolche auch Abends vor ſchlaffen gehen genommen werden, einen ſehr nuͤtzlichen und zuverlaͤßigen Effect.

§. 72.

Die Verſtopffung des Leibes*Verſtopffung des Leibes. iſt manchmahl die groͤſſeſte Urſache des Eckels und Erbrechens, wie auch anderer beſchwerli - chen Zufaͤlle bey der Cur. Daher man ſolche gleich Anfangs verhuͤten und taͤglich gnugſame Eroͤffnungen zuwege zu bringen ſuchen muß. Es geſchiehet ſolches 1.) wenn man die Speiſen darnach einrichtet, viel Suppen, geſunde Gar - ten-Gewaͤchſe, wie auch Obſt, Qvetſchen, Pru - nellen, Roſinen, Corinthen und dergleichen bey dem Eſſen gebrauchet. 2.) Wenn man das Waſſer waͤrmet, denn ſo purgiren offt 12. Glaͤ - ſer mehr, als ſonſt 24. 3.) Wenn man nicht gar zu langſam trincket, da das Waſſer ſich zu ſehr vertheilet, und durch das Gekroͤs alle in das Gebluͤt uͤbergehet. So man uͤberſchlagen trincket, laſſen ſich die Portiones ohne Gefahrge -239das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen. geſchwinder auf einander nehmen. 4.) Kan man auch die Purgantia mit Vorſichtigkeit zu Huͤlffe nehmen, und ſind ſonderlich die eroͤff - nenden Salia (§. 56.) die allerbeſten, beqvemſten und ſicherſten Mittel, durch welche mit aller Gelindigkeit ohne Erhitzung, Bauchgrimmen und andern Ungelegenheiten, wie das Waſſer ſelbſt wuͤrcket, gnungſame Sedes auch bey gantz Hartleibigen und Verſtopfften ſo viel und offt man will, koͤnnen zuwege gebracht werden. Denn ob gleich die meiſten Salia ſonderlich auf den Urin treiben, ſo hat man doch unterſchiedli - che Gattungen, und was bey einigen Perſonen durch die eine Art nicht kan ausgerichtet wer - den, ſolches erlanget man durch den Gebrauch eines andern. Clyſtire von warm gemachten Brunnen-Waſſer, und was ſonſt dazu gehoͤret, ſind auch gar gut und nuͤtzlich zu gebrauchen, ſonderlich wenn die Patienten dergleichen ge - wohnet ſind, und es die uͤbrigen Umſtaͤnde lei - den wollen.

§. 73.

Der Mangel des Appetits*Mangel des Appetits. kommt zwar ſehr ſelten vor, weil diejenigen, welche ihr lebetage noch nicht recht gewuſt, was Appetit und Hunger ſey, ſolches zu Pyrmont bey Ge - brauch des Waſſers lernen koͤnnen. Wo aber der Appetit fehlet und ausbleibet, ruͤhret ſolches insgemein von Verſtopffung oder nicht genug - ſamer Eroͤffnung des Leibes her, und ſo bald ſol -cher240Cap. VI. Art und Weiſecher geholffen iſt, pflegt ſich auch die Luſt zum Eſſen einzuſtellen. Finden ſich aber andere Umſtaͤnde, welche den Appetit verhindern, ſo wird ein Medicus ſolches zu beurtheilen, und demſelben durch allerhand gute Magen-Medi - camenten auffzuhelffen wiſſen.

§. 74.

Eine gaͤntzliche Verhaltung des U - rins*Verhaltung des Urins. iſt mir bißher noch nicht vorkommen, ob ich gleich unterſchiedliche ſo wol Manns-als Weibs-Perſonen, welche nach allen Umſtaͤn - den groſſe Steine in der Blaſe hatten, in der Cur gehabt. Wenn indeſſen ſolches um die - ſer oder anderer Urſachen halben iemand wie - derfahren ſolte, und andere Mittel nicht gleich helffen wolten, muͤſte ein Catheter appliciret werden. Oder wenn die Ureteres verſtopffet, muͤſſen gute gelinde Diuretica, Antiſpaſmodi - ca &c. wie auch Clyſteres emollientes das be - ſte thun. Man hat aber dergleichen nicht zu beſorgen, wenn nur die Cur gelinde und vorſich - tig gefuͤhret wird.

Das Schneiden und Brennen des Urins**Schneiden des Urins. findet ſich 1.) wenn viel Gries und Sand aus den Nieren durch das Waſſer fortgetrieben wird; 2.) Wenn viele ſaliniſche und gallichte Schaͤrffe weggehet; 3.) In Gonorrhœis, oder wenn etwas von einer halb-curirten Gonor - rhœa zuruͤck geblieben. Solte dieſe Beſchwe -rung241das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen. rung zu hefftig werden oder zu lange anhalten, da dieſelbe ſonſten insgemein ſich in wenig Ta - gen wieder zu verliehren pfleget, ſo kan Abends vor ſchlaffen gehen eine gute Doſis von einem Pulvere temperante, friſch, ſuͤß Mandel-Oel; oder in Gonorrhœa, Specifica antivenerea genommen werden.

§. 75.

Wenn durch den Urin gar zu wenig und durch den Stuhlgang faſt alles Waſſer fortgehet, und wol gar aus beſondern Urſachen ein Durchfall erfolgen ſolte*Durchfall. (da ſonſt das Pyrmontiſche Waſſer wegen des reichen Stahl-Gehalts eher zu verſtopffen als zu rela - xiren pfleget) ſo muß man gantz langſam trin - cken, damit das Waſſer Zeit habe ſich durch das Meſenterium zu ſencken, man gebrauche kraͤfftige diuretiſche Tincturen, und bittere a - romariſche Eſſentzen, auch wol, wenn es noͤthig, gelind-anhaltende, ſtillende und balſamiſche Pillen oder Electuaria, ſo wird ſichs bald aͤn - dern, und die Wuͤrckung, wie ſichs gehoͤret, er - folgen.

§. 76.

Die Coliqven bey**Coliqven. der Brunnen-Cur kommen gemeiniglich von Erkaͤltung des Ma - gens und der Gedaͤrme her; darum diejenigen, welche zu Coliqven geneigt ſind, ſo viel mehr Ur - ſache haben, das Waſſer uͤberſchlagen, oder langſam und mit kleinen Glaͤſern zu trincken. QSind242Cap. VI. Art und WeiſeSind aber die Coliqven von Verſtopffung des Leibes entſtanden, ſo muß man denſelben durch dienliche laxirende Mittel eroͤffnen.

Wenn Bauchgrimmen und Beaͤngſtigun - gen durch Flatus und Blehungen verurſachet werden, muͤſſen die Patienten gute Eſſentias carminativas zu Huͤlffe nehmen, und der Leib muß iederzeit offen gehalten werden, ſo wird auch dieſer Zufall ertraͤglich ſeyn, und nicht viel zu bedeuten haben.

§. 77.

Die Wundigkeit und Hitze des Maſt - Darms*Wundigkeit des Maſt-Darms. wird von vielen der Schaͤrffe des Waſſers zugeſchrieben, ſo muͤſte ſolches aber alle Tage aͤrger werden, und endlich alle Cal - daunen nach einander wegfreſſen. Weil die - ſes nicht geſchiehet, ſondern bey den meiſten in 3, 4 Tagen von dem Brunnen-Waſſer wieder geheilet wird, ſo iſt dieſer Einwurff ſchon gnug - ſam wiederleget. Es iſt aber die verhaltene ſcharffe Galle, welche hin und wieder in denen Gedaͤrmen geſtecket, durch das mineraliſche Waſſer aber loßgeweichet und fortgefuͤhret wird, ſo dieſe Rohigkeit und Hitze verurſachet. Wenn nun ſolche wegen Uberfluß der Schaͤrf - fe und Galle bißweilen gar zu lange anhalten, und dem Patienten zu beſchwerlich ſeyn ſolte, ſo iſt ein ſicheres und wohlfeiles Mittel, daß man ſich fleißig mit dem Sauer-Waſſer waͤſchet, oder das Bad ein paar mahl gebrauchet, ſopflegt243das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen. pflegt es insgemein in wenig Tagen zu verge - hen. Auch kan man ſich mit dem Unguento Populeonis, de Linaria, mit dem Oleo Ver - baſci, Hyperici und dergleichen ſchmieren, ſo wird man deſto eher davon befreyet.

§. 78.

Das Jucken und Ausfahren uͤber die gantze Haut*Jucken und Ausfahren. wiederfaͤhret denenjenigen, welche ein ſcharffes, gallichtes und ſcorbutiſches Ge - bluͤthe haben, und iſt eine ſehr nuͤtzliche Wuͤr - ckung des Sauer-Brunnens zu Reinigung al - ler Feuchtigkeiten, hat auch noch niemand ge - ſchadet, ſondern vergehet bald wieder, wenn die uͤberfluͤßige Schaͤrffe gedaͤmpffet und ausge - trieben iſt. Oder man gebrauchet gegen Ende der Cur das Bad, welches denn alle derglei - chen Unreinigkeiten aus der Haut voͤllig weg - nimmt.

§. 79.

Die Schlaͤffrigkeit**Ungewoͤhnliche Schlaͤſſrigkeit. findet ſich zwar faſt bey allen Brunnen-Gaͤſten, theils wegen der ſulphuriſchen Spirituoſitaͤt des Waſſers, theils wegen der vielen Bewegung und Ermuͤ - dung des Leibes des Morgens unter waͤhren - dem Trincken, theils auch wegen der ſtarcken Mahlzeiten, welche auf den guten Appetit zu folgen pflegen. Wenn aber die Schlaͤffrig - keit gantz ungewoͤhnlich und faſt unertraͤglich iſt, ſo pfleget ſolche von einem dicken, zaͤhen, ſchleimichten und zu freyer Bewegung und Um -Q 2lauff244Cap. VI. Art und Weiſelauff unbeqvemen und traͤgen Gebluͤth, wo - durch das Haupt und die Roͤhrlein und Ner - ven des Gehirns beſchwehret und niedergedruͤ - cket werden, herzuruͤhren, und ſind ſonderlich phlegmatiſche Temperamenten damit be - ſchweret. Es verliehret ſich aber dieſe Incom - moditaͤt, wenn das Waſſer anfaͤnget viele Ab - fuͤhrungen und ein gnugſames Vacuum in dem Leibe zu machen. Auch kan ſolches mit guten abfuͤhrenden Pillen befoͤrdert und der Leib in Zeiten von der beſchwerlichen Laſt der uͤberfluͤſ - ſigen ſchleimichten Feuchtigkeiten entlediget werden.

§. 80.

Durch Schlafloſigkeit und unruhige Naͤchte,*Schlaffloſigkeit. wenn ſolche bey der Brunnen-Cur continuiren, werden die Patienten uͤberaus ab - gemattet. Es finden ſich zuweilen die Voll - bluͤtigen, Cholerici und Melancholici damit incommodiret. Man kan ſolches verhuͤten, wenn vor der Cur eine Ader geoͤffnet, und die gebuͤhrende Quantitaͤt Blut gelaſſen wird. Auch kan Abends vor ſchlaffen gehen ein gutes temperirendes, kuͤhlendes und beſaͤnfftigendes Medicament (doch keine Opiata, welche die noͤ - thige Reinigungen und Austreibungen des mineraliſchen Waſſers zuruͤck halten) einge - nommen werden.

§. 81.

Mit Schwindel und Kopffſchmertzen**Schwindel und Kopffſchmertzen.ſind245das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen. ſind eben dergleichen hitzige und truckene Natu - ren am allermeiſten beſchwehret, es pfleget aber mehrentheils ertraͤglich zu ſeyn, oder vergehet in wenigen Tagen. Sonſten kan dieſem Zufall auf eine gleiche Art abgeholffen werden, wie von der Schlaffloſigkeit angezeiget iſt. Auch ſind Specifica cephalica, gnugſame Eroͤffnung des Leibes, Fuß-Baͤder und dergleichen darzu dien - lich.

§. 82.

Das Spannen und Krampffziehun - gen in den Waden und uͤbrigen Gliedern des Leibes,*Spannen und Krampffziehungen. iſt zwar eine nicht ungewoͤhnliche Wuͤrckung des Waſſers, indem daſſelbe alle Theile des Leibes durchgehet. Jedennoch iſt ſolches nicht ſo ſtarck, daß es nicht zu ertragen ſeyn ſolte, wird auch leicht durch das Bad und Anſtreichen mit Anhaltiſchen Waſſer, Spiritu Vini Camphorato, Spiritu Formicarum und dergleichen gelindert und vertrieben.

§. 83.

Die Schmertzen und Regungen alter Gebrechen,**Schmertzen und Erregung alter Gebrechen. welche man ehemals hin und wieder an denen feſten Theilen des Leibes ge - habt, ſind ſonderlich merckwuͤrdig: Da zum Exempel zugeheilete Wunden und alte Scha - den wieder auffbrechen; Fluͤße und Schmer - tzen des einen oder andern Theiles, mit welchen man einige Zeit vor der Brunnen-Cur behafftet geweſen, und welche allbereit vergangen undQ 3ver -246Cap. VI. Art und Weiſevergeſſen geweſen, ſich wieder einſtellen; Druͤ - cken, Spannen und Stiche des Miltzen, der Le - ber, der Nieren und anderer Eingeweide ſich eher zu vermehren als zu verliehren ſcheinen; Paroxyſmiarthritici, wie auch uͤbel curirte und ſupprimirte Fieber-Paroxyſmi aufs neue erre - get werden und wieder kommen. Alle dieſe Umſtaͤnde wuͤrden ſehr ſchaͤdlich und gefaͤhrlich ſeyn, wenn nicht die taͤgliche Erfahrung lehrete, daß dergleichen Empfindungen und Zufaͤlle, welche das mineraliſche Waſſer wieder zu er - wecken pfleget, nicht allein mehrentheils gantz leidlich und ertraͤglich waͤren, ſondern daß auch eine vollkommene und beſtaͤndige Heilung und Geneſung darauff zu folgen pflege, und daß man insgemein ie mehr Regungen man an dem leidenden Theil verſpuͤhret hat, deſto ge - wiſſere und beſtaͤndigere Huͤlffe von der Cur zu ge[w]arten habe.

§. 84.

Und auf eben eine ſolche Erfahrung gruͤnden ſich die beruͤhmten Nachwuͤrckungen der mineraliſchen Waſſer,*Nachwuͤrckungen des Waſſers. von welchen ſo wol die alten als neuen Brunnen-Medici hin und wieder Meldung thun; Wie nehmlich die mei - ſten Patienten erſt einige Wochen und Monate nach der Cur die groͤſſeſte Beſſerung und Huͤlf - fe erlangen. Ja wohl ein Viertel-Jahr und noch laͤnger nach der Cur vom Schlag, Laͤh - mung, Mangel des Geſichts, Gehoͤrs und ande -rer247das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen. rer beſonderen und gefaͤhrlichen Zufaͤlle allmaͤh - lich, oder auch zuweilen auf einmahl gluͤcklich, und gegen aller Menſchen Vermuthen befreyet worden.

§. 85.

Uber die Urſachen ſolcher Nachwuͤr - ckungen*Urſachen derſelben. wird vielerley raiſonniret. Ich mei - nes Orts ſtelle mir die Sache folgender maßen vor: Daß bekannt, wie von dem Ovulo und unſerer erſten Erzeugung an, die feſten Theile aus denen Fluͤßigen gebohren und zuſammen geſetzet werden. Daß nachmahls die feſten Theile immer von denen fluͤßigen afficiret wer - den, und ſich nach deren Beſchaffenheit richten muͤſſen; Wenn dieſe unrein und verdorben, ſo leyden jene allmaͤhlig auch Schaden. Wird denen fluͤßigen Theilen wieder geholffen, ſo wer - den auch die feſten Theile wieder ausgebeſſert. (wenn nicht die gantze Textur derſelben de - ſtruirt, oder mit unaufloͤßlichen Materien durch - wachſen und angefuͤllet iſt.) Insgemein aber wiederfaͤhret denen feſten Theilen die letzte Huͤlffe, weil ſolche, wie leicht zu erachten, nicht ſo geſchwinden Veraͤnderungen unterworffen, wie die fluͤßigen Theile. Es werden die feſten Theile nicht ſo bald beſchaͤdiget (nehmlich von innerlichen Urſachen) als die Humores, wenn ſie aber geſchwaͤchet und beſchaͤdiget ſind, ſo ge - het es dann auch mit ihrer Beſſerung und Wie - derbringung zu ihrer ehemahligen voll -Q 4kom -248Cap. VI. Art und Weiſekommenen Function deſto langſamer von ſtatten.

§. 86.

Wenn nun das mineraliſche Waſſer noch in ſeiner Wuͤrckung iſt, ſo durchdringet es alle Theile, treibet die geſchwaͤcheten gebrechli - chen und verſtopfften Theile auf, und verurſa - chet durch dieſe Extenſion neue Empfindungen und beſchwerliche Regungen der ehmahligen Kranckheiten, daß es manchmahl in waͤhren - der Cur ſcheinet, man werde keine Huͤlffe er - langen, ſondern im Gegentheil immer ſchlimmer werden. Wenn aber nur das mineraliſche Waſſer gebuͤhrender maßen durch alle Excre - toria fortgehet, ſo werden durch die bekannten herrlichen Wuͤrckungen, Verbeſſerungen, Ver - ſuͤſſungen und Reinigungen zu erſt am allermei - ſten die Humores in einen guten Stand ge - bracht.

§. 87

Da nun die Natur dieſe gute Huͤlffe empfunden, und von der beſchwerlichen und unertraͤglichen Laſt der uͤberfluͤßigen und ſchaͤd - lichen Feuchtigkeiten befreyet worden, ſo iſt ſie nachmahls ihr eigener allerbeſter Artzt, und ver - beſſer nach und nach durch das wiedererlangte gute geſunde Blut und Feuchtigkeiten, alles was nach der Cur an denen feſten Theilen noch gebrechlich und mangelhafft uͤbrig geblieben, ſo viel moͤglich iſt und geſchehen kan; Daher denn ſolche treffliche und zuweilen recht wunderba - re Nachwuͤrckungen ihren Urſprung nehmen.

Es249das Pyrmont. Waſſer zu gebrauchen.

Es werden ſich alſo die Liebhaber ihrer Ge - ſundheit den groſſen Nutzen und die ſonderliche Vortheile, welche einige Zeit nach vollendeter Cur zu erfolgen pflegen, recommendiret ſeyn laſſen,*Wie man ſich nach der Cur verhalten muͤſſe. ſich alles weitlaͤufftigen Medicinirens auf die Brunnen-Cur enthalten, eine gute ac - curate Diæt in allen Stuͤcken ie laͤnger ie beſſer obſerviren, und eine gluͤckliche Nachwuͤrckung unter dem Segen des Allerhoͤchſten abwar - ten.

CAP. VII. Aeußerlicher Gebrauch des Pyrmonti - ſchen Waſſers, oder von dem Bade.

§. 1.

ES wird zwar hin und wieder diſputiret, auch von einigen gleich blindlings verworf - fen, daß man die kalten mineraliſchen Waſſer oder Sauer-Brunnen nicht erwaͤrmen und zum Bade zubereiten ſolle,**Ob man das Sauer-Brunnen-Waſſer zum Ba - den erwaͤrmen moͤge? weil GOtt an vielen Oertern gnung natuͤrlich warme Waſſer gegeben habe, welche zu dem aͤußerlichen Ge - brauch eigentlich deſtiniret, und viel beqvemerQ 5und250Cap. VII. Aeußerlicher Gebrauchund nuͤtzlicher zu denen Kranckheiten und Ge - brechen waͤren, gegen welche ein warmes mi - neraliſches Bad erſprießlich zu ſeyn pfle - get.

§. 2.

Es folget aber ſo wenig, daß die Gaben, welche GOtt dem Menſchen zu Beſchuͤtzung und Wiederbringung der verlohrnen Geſund - heit gegeben hat, eben in der Beſchaffenheit muͤſſen gelaſſen und gebrauchet werden, wie ſol - che aus der Erden herfuͤr kommen; ſo wenig es durch die Erfahrung gut gefunden worden, die Nahrungs-Mittel zu taͤglicher Erhaltung des Lebens roh und ohne Zubereitung zu ge - nieſſen.

Im Gegentheil lieget zuweilen der rechte Gebrauch der allerbeſten Sachen am allermei - ſten verborgen; GOtt aber hat dem Menſchen Verſtand und Geſchicklichkeit gegeben, daß er durch fleißiges Nachſinnen, Auffmerckſamkeit und vernuͤnfftige Proben ausforſchen und ent - decken koͤnne, auf was Art und Weiſe ein iedes Geſchoͤpffe zu des Menſchen Vortheil und Nu - tzen am beſten koͤnne angewandt und gebraucht werden, da denn nachmahls durch offt wieder - hohlte Proben eine beſtaͤndige Erfahrung er - lernet wird.

§. 3.

Und damit wir nicht zu weit von unſe - rer Handlung abweichen, ſondern bey Betrach - tung der mineraliſchen Waſſer beharren, und ein Exempel daher nehmen, ſo entſpringen javiele251des Pyrmontiſchen Waſſers. viele Baͤder in einem ſolchen Grad der Waͤr - me, daß man dieſelben nicht gleich, wie ſie her - fuͤr qvellen, gebrauchen kan, wenn man nicht Haut und Haar dabey zufetzen will, ſondern es muß das Waſſer zuvor in einem Bade - Raum verſammlet, und zu Verliehrung ſeiner hefftigen Hitze, manchmahl zehen, zwoͤlff, ja wol 24 Stunden und noch laͤnger ſtehen gelaſſen werden,*Warme Baͤder, welche man abkuͤhlen laſſen muß. ehe man ſich hinein wagen, und es als ein Bad gebrauchen darff.

Hat man nun hier aus der Noth eine Tu - gend gemachet, und laͤſſet das natuͤrliche war - me Waſſer die ſchaͤdliche und uͤberfluͤßige Hitze verliehren, ſo iſt wol eben ſo geſchickt und ver - nuͤnfftig, daß man denen kalten mineraliſchen Waſſern durch die Kunſt ſo viel Waͤrme gie - bet, als man denen warmen Baͤdern nehmen muß, oder ſo viel nuͤtzlich und noͤthig iſt.

§. 4.

Zweytens iſt es auch nunmehro unter denen gelehrteſten Phyſicis und Medicis eine ausgemachte Sache, wie in dem vierdten Capi - tel mit mehrerem angezeiget worden, daß ſo wol die kalten als warmen mineraliſchen Waſſer ei - nerley Urſprung aus dem Kieſe haben,**Kalte und warme mineraliſche Waſſer haben einerley Urſprung. und alſo auch die Materien, Kraͤffte und Wuͤrckun - gen derſelben ſehr mit einander uͤberein kom̃en, folglich von denen kalten Geſund-Brunnen,wenn252Cap. VII. Aeußerlicher Gebrauchwenn ſolche gewaͤrmet werden, auch aͤußerlich gleichmaͤßige gute Effecte gegen die Kranckhei - ten und Gebrechen des menſchlichen Leibes zu erwarten, wie von denen natuͤrlich warmen Waſſern.

§. 5.

Drittens geben einige Umſtaͤnde zu er - kennen, daß kraͤfftige und reichhaltige Sauer - Brunnen, wenn ſolche gleich friſch erwaͤrmet, und als ein warmes Bad zubereitet werden, auf gewiſſe Art noch einen Vorzug vor denen na - tuͤrlich warmen Baͤdern behalten. *Vorzug der kalten Mineral-Waſſer.Es iſt be - kannt, daß die kalten mineraliſchen Waſſer ins - gemein ſpirituoͤſer, (Cap. IV. §. 100.) und ihre Ingredientien ſubtiler (Cap. III. §. 31. ſeq. ) als in dem Waſſer der warmen Baͤder ſind. Auch daß inſonderheit das Pyrmontiſche Waſſer bey zwey Stunden erwaͤrmet und brenn-heiß koͤnne gemachet werden, ehe die innerliche Fer - mentation und Bewegung der ſubtilen Theil - gen geſtillet, und alle Spirituoſitaͤt gedaͤmpffet und verlohren gangen. Cap. IV. §. 11.

§. 6.

Wenn man nun in einem ſolchen Waſ - ſer badet, in welchem dieſe innerliche Bewegung derer Spirituum noch in voller Wuͤrckung iſt, ſo muß ſolches die feſten Theile des Leibes mehr afficiren und ſtaͤrcker penetriren, als ein bloſſes ſaliniſches Waſſer,**Wuͤrckung des Sauer-Brunnen-Bades iſt ſtaͤr - cker, als anderer mineraliſchen Baͤder. deſſen Spiritus und ſub -tile253des Pyrmontiſchen Waſſers. tile Theilgen ſich ſchon laͤngſt in der alcaliſchen Erde concentriret, geaͤndert und verlohren haben.

So man das Sauer-Waſſer laͤnger als 2. Stunden uͤber dem Feuer haͤlt, auf einmahl gar ſtarck erhitzen, oder ſolches zum zweyten mahl auffwaͤrmen laͤſſet, alsdenn kommt ihre Wuͤrckung uͤberein mit der Wuͤrckung vieler warmen Baͤder, welche man ſo viel Stunden hat muͤſſen ſtehen und abkuͤhlen laſſen, biß nichts mehr in dem Waſſer uͤbrig, als Saltz, ein wenig Eiſen-Crocus, eine kreitenhafftige Erde, und ein geringer bituminoͤſer Dunſt; Von welchen Materien das Pyrmontiſche Waſſer iederzeit noch genung behaͤlt, wenn gleich noch ſo unge - ſchickt mit dem Erwaͤrmen umgegangen wird.

§. 6.

Und dieſes iſt auch die Urſache, warum ein Sauer-Brunnen-Bad mit viel mehr Un - terſcheid und Vorſichtigkeit will gebrauchet ſeyn, als ein natuͤrlich warmes Bad,*Sauer-Brunnen-Baͤder muͤſſen mit mehr Vor - ſichtigkeit gebrauchet werden. weil je - ner Wuͤrckung ſtaͤrcker, durchdringender und angreiffender iſt, welche man iedoch gar leicht moderiren, und durch eine vernuͤnfftige Metho - de nach eigenem Wohlgefallen abmeſſen und einrichten kan, wie in nachfolgendem weiter wird angezeiget werden.

§. 8.254Cap. VII. Aeußerlicher Gebrauch

§. 8.

Vierdtens hat denn auch die Erfah - rung in ſpecie von dem Pyrmontiſchen Sauer - Waſſer ſchon, ſo weit man Nachricht findet, von dem Jahre 1556. an, (Cap. II. §. 10. 11. ſeq. ) biß auf dieſe Zeit gelehret,*Alter Gebrauch des Pyrmontiſchen Waſſers zum baden. daß der aͤußerliche Gebrauch, oder das Baden in dieſem Waſſer iederzeit ſo viel herrliche und offt recht Wun - derns-wuͤrdige Curen gethan, daß von keinem andern mineraliſchen Waſſer, es ſey warm oder kalt, groͤſſere Exempel koͤnnen angefuͤhret werden.

Da auch der innerliche Gebrauch unſers Waſſers gegen das Ende des 16den und im An - fang des 17den Seculi eingeſtellet worden; (Cap. II. §. 18.) ſo hat man doch von dem gemel - deten 1556ſten Jahre an den aͤußerlichen Ge - brauch beybehalten und continuiret, und iſt nachmahls zu Herrn Bolmanns Zeiten (Cap. 2. §. 23. 24. ) der innerliche Gebrauch bey dem Baden allmaͤhlig wieder angelernet worden.

§. 9.

Von Anno 1556.**Anno 1556. ſchreibet Buͤnting, wie wir Cap. II. §. 11. angefuͤhret haben, daß etli - che ihrer Gebrechen entlediget worden, die ihre Kruͤcken zu Pyrmont bey dem Brunnen han - gen laſſen,***Kruͤcken am Brunnen-Hauſe. und davon gangen. Bey dieſer alten Gewohnheit hat man GOtt lob! von dem -ſel -255des Pyrmontiſchen Waſſers. ſelben Jahre an biß auf dieſe Zeit bleiben koͤn - nen, und ſind Kruͤcken und Trage-Stuͤtzen die Faͤhnlein und Sieges-Zeichen, von welchen hie - ſiges Brunnen-Hauß noch jaͤhrlich einige da - von traͤget und damit behangen wird.

Und wie die uͤbrigen Umſtaͤnde bey beſagtem Autore zu erkennen geben, daß dieſe groſſe Cu - ren mit durch das Bad und den aͤußerlichen Gebrauch des Waſſers ausgefuͤhret worden, ſo wird noch biß auf dieſe Stunde durch vorſich - tigen Gebrauch des Bades fuͤrnehmlich an aͤuſ - ſerlichen Gebrechen groſſer Nutzen geſchaffet.

§. 10.

Anno 1571.*Anno 1571. ſchreibet Gallus Etſchen - reuter unter andern von dem Spiegelbergi - ſchen Sauer-Brunnen, daß das Bad deſſelben die Geſchwulſt am Leibe, Lenden-Weh, Podal, harte Knoten, Auſſatz, Flechten und alte Scha - den curire. Entſchlaffene und erſtarrete Glie - der zurechte bringe, Glieder-Fluͤſſe kraͤfftig verzehre, ſchwaches und bloͤdes Geſicht ſtaͤrcke und erhalte. ꝛc.

§. 11.

Anno 1584.**Anno 1584. ſchreibet mehrerwaͤhn - ter D. Theodorus Tabernæmontanus in ſei - nem Waſſer-Schatz, in welchem ſonſt der in - nerliche Gebrauch unſers Waſſers gar ſchlecht recommendiret wird, (Cap. II. §. 20.) daß das Waſſer aͤußerlich zu nachfolgenden Kranckhei -ten256Cap. VII. Aeußerlicher Gebrauchten nuͤtzlich gebrauchet werde. *Kranckheiten, gegen welche das Waſſer aͤußerlich zu gebrauchen. Es eroͤffne die Verſtopffungen der Leber und des Miltzen, verzehre die Waſſerſucht und alle andere Ge - ſchwulſt am Leibe, ſonderlich der Schenckel; Erwaͤrme und reinige die erkaltete und ver - ſchleimte Mutter, und bringe die verruckte wie - der zurecht, wende die Unfruchtbarkeit, und helffe zu der Empfaͤngniß; Verzehre den weiſſen Fluß der Weiber, und den Saamen - Fluß Gonorrhœam; Verzehre das faule Fleiſch in den Fiſteln, in dem Krebs, und in al - len alten, faulen, ſtinckenden Schaͤden, Wun - den und Geſchwuͤhren, reinige und heile ſie; Vertreibe und heile den friſchen Auſſatz, Fran - tzoſen, Reuden, Grind, Zitter-Maͤhler, den Haar-Wurm, allerhand boͤſen Grind und aͤußerliche Gebrechen des Leibes und der Haut; Vertreibe das kalte Geſuͤcht der Gliedſucht, Podagra und Zipperlein, und verzehre die har - ten Knollen oder Beulen der Gelencke, die das Zipperlein oder Gliedſucht verurſachet und auffgeworffen; Truckne auch und verzehre die Fluͤſſe des Haupts, der Augen und aller an - dern Glieder des gantzen Leibes, bringe die er - ſtarrete erſchlaffene Glieder wieder zurecht. Zu erzaͤhlten Gebrechen ſey auch trefflich gut und heilſam der mineriſche Letten oder Schie - fer, den dieſer Brunnen unſichtbar mit ſich fuͤh - ret ꝛc.

§. 12.257des Pyrmontiſchen Waſſers.

§. 12.

Anno 1628.*Anno 1628. hat der Kaͤyſerliche General Feld-Marſchall, Herr Graf von Pap - penheim das Pyrmontiſche Waſſer nach Luͤde, eine halbe Stunde von Pyrmont bringen laſ - ſen, und hat es daſelbſt zum Baden gebrauchet, wie Herr Bolmann meldet, und weil dieſer Autor zu derſelben Zeit die Brunnen-Praxin ſo beſchaffen gefunden, daß man damahls das Waſſer mehrentheils aͤuſſerlich zum Baden ge - brauchet, ſo hat er, nachdem der innerliche Ge - brauch auch wieder eingefuͤhret worden, ſeine Brunnen-Beſchreibung in 2 Haupt-Theile abgetheilet; in dem erſten Theile handelt er von dem innerlichen Gebrauch des Waſſers, und in dem andern gantzen Theile von dem Ba - de. Er fuͤhret auch in dem vierdten Capitel dieſes Theils 3 recht miraculoͤſe Exempel von denenjenigen an, welche zu ſeiner Zeit, da er bey dem Brunnen practiciret, durch das Bad ge - neſen worden. Im uͤbrigen bekraͤfftiget er aus ſeiner Erfahrung, und recommendiret das Bad gegen alle dergleichen Kranckheiten und Gebrechen, welche wir aus dem Tabernæmon - tano angefuͤhret haben. Und dieſer Praxi ha - ben nachmahls die beyden Herren Cunæi, wie auch alle uͤbrige erfahrne Brunnen-Medici mit einem Munde beygepflichtet, und den Gebrauch des Bades mit viel Frucht und Nutzen fortſe - tzen laſſen, biß auf unſere Zeit.

R§. 13.258Cap. VII. Aeuſſerlicher Gebrauch

§. 13.

Weil nun der aͤuſſerliche Gebrauch des Pyrmontiſchen Waſſers durch eine ſo alte Erfahrung, und ſo mannigfaltige herrliche Cu - ren, (deren noch viel mehr wuͤrden geweſen ſeyn, wenn nur die Zubereitung und Einrichtung des Bades verſtaͤndiger und ordentlicher angeſtel - let worden) auch die alten und neuen Brunnen - kuͤndige Medici, einhellig mit einander ſo viel Werck davon machen, ſo waͤre gantz unverant - wortlich, wenn man das Kind mit dem Bade ausſchuͤtten, und den aͤuſſerlichen Gebrauch dieſes Waſſers wiederrathen, oder anſtehen laſſen wolte, wie einige Medici, denen aber die Wirckungen des Waſſers nicht gnungſam be - kannt, dahin ſtimmen wollen. Man ſolte viel - mehr beflieſſen ſeyn, wie man den Methodum, oder die Art und Weiſe das Bad zu præpari - ren und nuͤtzlich zu gebrauchen, immer mehr verbeſſern, im Gegentheil aber die vielen gro - ben Fehler und Mißbraͤuche, ſo dabey vorgehen, kennen und abſtellen lernete. Cap. 8. §. 25. ſeq.

§. 14.

Auf was Art und Weiſe nun das Waſſer aͤuſſerlich wircke,*Wie das Waſſer aͤuſſerlich wircke. ſolches muß ſon - derlich nach zweyerley Umſtaͤnden betrachtet werden: I. So lange die innerliche Bewegung der ſubtilen Theilgen waͤhret,**Erſte Art der Wirckung. und die Spiri - tuoſitaͤt des Waſſers noch nicht alle gedaͤmpf - fet, und in die alcaliſche Erde concentriret iſt,ſo259des Pyrmontiſchen Waſſers. ſo greiffet daſſelbe ſtaͤrcker an, ſtimuliret die Extremitates Nervorum, dringet in die Partes nervoſas & membranoſas ein, und verurſachet allerhand Erregungen, und eine Zuſammen - ziehung der aͤuſſerlichen feſten Theile; Das Genus nervoſum wird dadurch geſtaͤrcket, und eroͤffnet, die relaxirten und ſchlaff gemachten Fibræ motrices, bekommen ihren natuͤrlichen Tonum und Feſtigkeit wieder, und alſo werden die Materiæ peccantes, welche hin und wieder in denen aͤuſſerlichen Theilen und in allen Roͤhr - lein und Gaͤngen derſelben ſtecken, zertheilet, theils durch den Schweiß ausgetrieben, theils in die gemeine Maſſam Humorum zuruͤck, und in die Circulation gebracht, daß ſolche nach - mahls durch die Scheidungs - und Reinigungs - Werckzeuge des Leibes, hin und wieder koͤnnen ausgetrieben werden.

Und wo die Partes membranoſæ & muſculo - ſæ gar zu ſehr befeuchtet, erweichet und ausge - dehnet, durch viele dicke, ſchleimichte Humores angefuͤllet, oder mit kalten waſſerſuͤchtigen Ver - ſammlungen aufgetrieben und geſchwollen ſind, werden dieſe Theile wieder geſtaͤrcket und zu - ſammen gezogen, und alſo die Geſchwulſt zer - theilet und vertrieben.

Mit einem Worte, diejenigen Theile des Leibes, welche zu ſchlaff, feuchte und weich ſind, werden durch das Waſſer wieder befeſtiget, welche aber vertrocknet, verhaͤrtet, zuſammenR 2ge -260Cap. VII. Aeuſſerlicher Gebrauchgeſchrumpelt, verkuͤrtzet und verſtopffet ſind, werden befeuchtet, erweichet und eroͤffnet.

§. 15.

II. Wenn aber zweytens die innerli - che Fermentation des Waſſers ſich geſtillet hat,*Zweyte Art der Wirckung. alle Spirituoſitaͤt verſchwunden, und die Eiſen-Erde præcipitiret iſt, ſo wird nachmahls die Wirckung viel gelinder, und kommt alsdenn mehrentheils mit der Wirckung der natuͤrlichen warmen Baͤder uͤberein. Es erweichet als - dann vielmehr wie[h]vorhin, zwar ſtaͤrcket es auch durch die balſamiſch-ſulphuriſche Eiſen-Erde die feſten Theile, und dringet durch ſeine ſali - niſche reinigende Krafft ein, alles aber gehet viel gelinder und langſamer von ſtatten.

§. 16.

Die erſte Art der Wirckung, iſt vor ſtarcke Naturen,**Die Wirckung vor Starcke. und wo man gnugſam ver - ſichert iſt, daß der Leib von denen meiſten uͤber - fluͤßigen und unreinen Feuchtigkeiten durch die innerliche Cur befreyet iſt, und die Eingeweide noch geſund und wohl beſchaffen ſind. Bey denenſelben bringet ein ſolches Bad gegen die aͤuſſerlichen Zufaͤlle und Gebrechen oͤffters eine ſchleunige Huͤlffe, und thut auf 5 oder 6 mahl mehr, als andere Baͤder auf zehen oder zwan - tzig mahl.

§. 17.

Vor zarte und ſchwache Naturen aber,***Wirckung vor Schwaͤchliche. und wo noch viele Unreinigkeiten in derMaſſa261des Pyrmontiſchen Waſſers. Maſſa Humorum zu vermuthen, oder wo ſich eine groſſe œdematöſe Geſchwulſt findet, bey ſolchen iſt die letztere Mixtur und Beſchaffenheit des Waſſers am ſicherſten und beſten; Man muß zum wenigſten den Anfang des Badens damit machen, und nach gerade das Bad, nach - dem ſich die inneren Zuſtaͤnde aͤndern, immer ſpirituöſer præpariren laſſen, damit nicht auf einmahl alle uͤberfluͤßige und ſchaͤdliche Mate - rien in die Eingeweide und inneren Theile zuruͤck getrieben, allerhand Beſchwehrungen erreget, und wohl gar Stockungen und Entzuͤndungen in denenſelben verurſachet werden moͤgen.

§. 18.

Wie nun weiter dieſe zweyfache Be - ſchaffenheit und Wirckung des Waſſers*Nutzen in der Praxi von dieſer Wiſſenſchafft. bey allerhand Zuſtaͤnden koͤnne obſerviret, und nuͤtzlich angewandt werden, ſolches wird ein Medicus, der ein Kenner des Waſſers iſt, nach Unterſcheid der Naturen, und Zufaͤlle der Kranckheiten zu beurtheilen und einzurichten wiſſen. Und wenn man denn alle noͤthige Stuͤcke beobachtet, ſo wohl was wir ietzt ange - fuͤhret haben, als was ferner bey der Bade-Cur ſoll erinnert werden, ſo wird einem ieden die Erfahrung, und die jaͤhrliche vielfaͤltige Exem - pel lehren, daß nicht allein die Beſchwehrun - gen und Gebrechen, welche wir aus dem Ta - bernæmontano angefuͤhret haben, ſondern auch alle uͤbrige Kranckheiten, gegen welche iemalsR 3ein262Cap. VII. Aeuſſerlicher Gebrauchein warmes mineraliſches Bad nuͤtzlich gefun - den worden, durch das gewaͤrmte Pyrmonti - ſche Waſſer curiret werden koͤnnen.

Daher wir nun fortfahren und ſehen wol - len, wie die Bade-Cur mit gebuͤhrender Vor - bereitung anzufangen, zu welcher Zeit das Bad zu gebrauchen, wie lange man continuiren muͤſſe, auch die Zubereitung des Waſſers, das Verhalten im Bade, und alle noͤthigſte Re - geln, ſo vor, in und nach dem Bade zu beobach - ten ſind.

§. 19.

Die allerbeſte Vorbereitung zum Bade,*Vorbereitung zum Bade. iſt der innerliche Gebrauch des Brun - nens, deñ bey demſelben wird der Leib durch alle Excretoria ſo ſonderlich gereiniget, wie im fuͤnfften Capitel umſtaͤndlich angedeutet wor - den, daß man nachmahls nicht zu befuͤrchten hat, daß die uͤberfluͤßigen Feuchtigkeiten von dem Bade, in eine gar zu ſtarcke Erhitzung und Aufwallen gebracht, oder etwas ſchaͤdliches aus denen aͤuſſerlichen Theilen und Gliedern in die Eingeweide getrieben werden moͤchte, ſondern da zuvor Raum in denen Adern und Gaͤngen gemachet worden, ſo kan alsdenn was noch hin und wieder in dem Leibe zuruͤck geblieben, oder in denen Gliedern feſte geſtecket, ſicher loß ge - trieben und zertheilet werden, welches endlich unter dem freyen Umlauff des Gebluͤts, und der anhaltenden Wirckung des getrunckenenSau -263des Pyrmontiſchen Waſſers. Sauer-Brunnens nach und nach vollends aus dem Leibe geſchafft wird.

§. 20.

Wenn man aber ſonderlicher Urſa - chen halben das Bad alleine, und nicht die in - nerliche Cur des Waſſers zutraͤglich findet, wel - ches doch ſehr ſelten geſchiehet, ſo muß der Leib zuvor durch bequeme Laxantia gereiniget, und hernach auch unter waͤhrender Bade-Curtaͤg - lich offen gehalten werden.

Vollbluͤtigen, und wo es ſonſten die Umſtaͤn - de erfodern, kan auch einige Tage vor der Ba - de-Cur zur Ader gelaſſen werden.

§. 21.

Was wegen der Zeit bey dem aͤuſſer - lichen Gebrauch des Waſſers zu beobachten,*Regeln wegen der Zeit zum Baden. kan unter folgenden Stuͤcken angemercket wer - den:

  • 1) Iſt die beſte Jahrs-Zeit zum Baden in denen warmen Monaten, und bey gutem Wet - ter und warmen Tagen, da man am wenigſten eine Erkaͤltung und ſchleunige Verſtopffung der Schweiß-Loͤcher zu befuͤrchten hat.
  • 2) Wenn man alsdenn die innerliche Cur 8, 10, 12 oder 14 Tage, nachdem die Wirckun - gen des Waſſers eher oder ſpaͤter von ſtatten gehen, und man den Leib erleichtert und gerei - niget findet, gebrauchet hat, ſo kan man in Gottes Nahmen den Anfang zum Baden machen.
R 43) Man264Cap. VII. Aeuſſerlicher Gebrauch
  • 3) Man hat nicht allemahl noͤthig, eine be - ſondere Zeit zur Bade-Cur auszuſetzen, wie nicht wenige Medici der Meynung ſind, ſondern gleichwie viele warme Waſſer des Morgens getruncken werden, und man ſich doch darne - ben taͤglich (viele wohl zweymahl in einem Ta - ge) badet, und ſolches 2, 3 biß 4 Wochen nach einander continuiret, ſo kan man das Pyr - montiſche Waſſer auch gar wohl des Morgens trincken, und ſich dieſelben Tage auch darin - nen baden. Man findet gantz keine ſtreitige Wirckungen dabey, ſondern die Erfahrung hat von vielen Jahren her gewieſen, daß beydes gar wohl mit einander beſtehen koͤnne, wenn nur ſo wohl die innerliche als aͤuſſerliche Cur moderi - ret, und auf gehoͤrige Art gefuͤhret wird.
  • 4) Im Gegentheil dienet ein maͤßiger in - nerlicher Gebrauch des Brunnens, neben dem Bade unter andern auch darzu, daß die Ver - ſtopffungen und Verhaͤrtungen des Leibes ver - huͤtet werden, welche ſonſten denen Bade-Gaͤ - ſten ſehr gemein ſind, und allerhand Beſchweh - rungen zu verurſachen pflegen, auch ſonſt mit andern laxirenden Mitteln muͤſſen geholffen werden, welches aber nicht bequemer geſchehen kan, als durch gelinden innerlichen Gebrauch des Waſſers.
  • 5) Doch iſt noͤthig, daß diejenigen, welche ihr Werck ſo wohl von der Bade-Cur, als von dem innerlichen Gebrauch des Waſſers machenwol -265des Pyrmontiſchen Waſſers. wollen, eine laͤngere Zeit als etwa 14 Tage oder 3 Wochen zu ihrer Cur beſtimmen, damit man nicht noͤthig habe den Gebrauch zu uͤbereilen, ſondern daß man denſelben mit gebuͤhrender Vorſichtigkeit und Gelindigkeit fortſetzen koͤnne.
  • 6) Auch iſt nicht verbothen, 8 Tage und laͤnger nach der innerlichen Cur mit dem Baden fortzufahren, oder zuweilen die gantze Bade - Cur dem Trincken nachzuſetzen. Wie es des Patienten Umſtaͤnde erfordern, und am beſten leiden wollen, ſo kan die Zeit dazu genommen und abgetheilet werden.
  • 7) Die Zeit des Tages, wenn das Bad zu gebrauchen, iſt ſo wohl des Vormittags um 9 Uhr, als gegen Abend nach 5 Uhr, wenn die Daͤuung vollendet, und der Magen von den Speiſen entlediget iſt.
  • 8) Vollbluͤthigen und fetten Perſonen pfle - get das Bad des Vormittags am beſten zu be - kommen, da der Leib leichte, und die Adern nicht ſo voll ſind, als wenn nach der Mahlzeit eine groſſe Quantitaͤt des neuen Chyli in das Gebluͤte gefuͤhret worden. Man kan ein Paar mahl abwechſeln, das eine mahl Vormittags, und das andere mahl gegen Abend baden, ſo wird ein ieder bald empfinden, was ſeiner Na - tur am zutraͤglichſten ſey.
  • 9) Diejenigen, welche des Mittags nicht zu Hauſe ſpeiſen koͤnnen, ſondern ſich bald nachR 5dem266Cap. VII. Aeuſſerlicher Gebrauchdem Bade in die freye Lufft (welche manch - mahl auch im Sommer kalt und naß iſt) bege - ben muͤſſen, auch die, welchen der Appetit nach dem Bade zu vergehen pfleget, oder wenn die Patienten hernach des Mittags gar zu unge - woͤhnlich matt und ſchlaͤffrig werden, dieſelben thun beſſer, daß ſie ihr Baden des Abends ver - richten.
  • 10) Wie offt und wie lange das Bad zu ge - brauchen, werden die Bade-Gaͤſte theils ſelbſt an ſich verſpuͤren, nemlich wie viel ſie vertragen und ohne ſonderliche Abmattung aushalten koͤnnen; ob ihre Beſchwehrungen gelindert, die Glieder leichter werden ꝛc. theils muß ſol - ches von dem Medico, deſſen Direction man ſeine Cur anvertrauet, beurtheilet, und nach Unterſcheid der Kranckheiten angeordnet werden.
  • 11) Ob man in ſeiner Bade-Cur alle Tage nach einander, oder einen Tag um den andern, oder zwey Tage baden, und den dritten wieder ruhen muͤſſe, ſolches werden die Kraͤffte des Pa - tienten anzeigen. Wir haben zwar §. 6 gemel - det, daß die gewaͤrmten Sauer-Brunnen-Baͤ - der ſtaͤrcker angreiffen, als die natuͤrlich war - men Waſſer; Nichts deſto weniger fehlt es doch nicht an Exempeln, daß das Pyrmontiſche Bad zehen, zwoͤlff und mehr mahl alle Tage nach einander ohne groſſe Abmattung mit gu - tem Nutzen gebrauchet worden.
§. 22.267des Pyrmontiſchen Waſſers.

§. 22.

Das Waſſer, welches zum Baden geſchoͤpffet und zubereitet wird,*Zubereitung des Waſſers zum Bade. hat man biß - her aus dem groſſen Brodel-Brunnen, welchen wir Cap. 3. §. 23. beſchrieben haben, genom - men. Nicht als wenn das Waſſer aus dem Trinck-Brunnen nicht eben ſo gut zum Baden waͤre, ſondern weil man denſelben wegen des innerlichen Gebrauchs, durch das viele und ſtar - cke Schoͤpffen nicht truͤbe machen, noch die Trinckenden dadurch verhindern darff. Auch iſt das Waſſer aus dem Brodel-Brunnen gantz gut und bequem zum Baden; denn ob es gleich nicht ſo ſubtil, ſpirituös und helle, als das Waſ - ſer aus dem Trinck-Brunnen iſt, ſo muͤſſen doch alle dergleichen Waſſer durch das Erwaͤr - men zum Bade-Gebrauch einen Theil ihrer Spirituoſitaͤt verliehren; Und was die uͤbrigen Contenta des Waſſers angehet, welche in dem Bade-Waſſer unveraͤndert und beſtaͤndig blei - ben, ſo iſt dieſes Waſſer an iedem Pfunde etli - che Grana reicher, als das Trinck-Brunnen - Waſſer.

§. 23.

Solches Waſſer nun, will Herr Bol - mann**Herr Bolmanns Methode das Waſſer zum Bade zu bereiten. in einer Bade-Wannen mit einem Deckel durch gluͤende Kieſelſteine, Kugeln oder Schmiede-Schlacken gewaͤrmet haben, weil ſonſt alle Spiritus, darinnen die Kraͤffte ſtaͤcken,ſich268Cap. VII. Aeuſſerlicher Gebrauchſich uͤber dem Feuer aus dem Koſſel verliehren und ausrauchen moͤchten. Weil aber dieſe Methode gar zu weitlaͤufftig und beſchwehrlich, auch unnoͤthig iſt, ſo hat man nach Bolmanns Zeiten, wie auch ietzo noch uͤblich und gebraͤuch - lich iſt,*Die ietzige gebraͤuchliche Art. einen Theil des Waſſers uͤber dem Feuer warm gemachet, und demſelben in der Wanne ſo viel friſches Sauerbrunnen-Waſ - ſer zugemiſchet, daß man es erleiden und als ein Bad gebrauchen koͤnnen.

§. 24.

Dieſe Art der Zubereitung des Waſ - ſers, kan gar wohl beybehalten werden, weil bey derſelben die Spirituoſitaͤt des friſch zuge - goſſenen Waſſers noch eine gute Weile in vol - ler Bewegung und Fermentation bleibet, und alſo der Effect, welchen wir §. 14 angezeiget ha - ben, noch ziemlicher maſſen dadurch kan er - langet werden.

§. 25.

Es waͤre aber das Allerbeſte, wenn die noͤthigen Anſtalten dazu gemacht wuͤrden,**Unterſchiedliche Art das Waſſer zum Bade zu be - reiten. daß man das Waſſer nicht allein auf ſolche Weiſe zum Baden gebrauchen koͤnte, ſondern daß man auch nach Unterſcheid der Perſonen und Kranckheiten, die gantze Portion Waſſer, ſo viel zum Baden erfodert wird, durch ein ge - lindes Feuer auf einmahl zu dem gebuͤhrenden Grad der Erwaͤrmung zubereitet haben koͤnte. Oder269des Pyrmontiſchen Waſſers. Oder daß man, wie §. 15. 17. erinnert worden, vor ſchwache Naturen, und ſehr unreine oder ge - ſchwollene Leiber durch eine gelinde Waͤrme, das Waſſer allmaͤhlig ſeine Spirituoſitaͤt und ſtarck penetrirende Wirckung verliehren lieſſe.

Man wuͤrde durch dergleichen vernuͤnfftig unterſchiedene Bereitungen des Waſſers viel mehr Nutzen ſchaffen, als man Anfangs den - cken ſolte, welches denn nicht ohne Erfahrung und angeſtellete Proben angezeiget, ſondern zu weiteren Unterſuchungen recommendiret wird.

§. 26.

Wenn nun das Waſſer auf ein oder andere Weiſe zum Bade zubereitet und fertig iſt, ſo muͤſſen folgende Regeln*Die Regeln welche in und nach dem Bade zu be - obachten. bey dem Ge - brauch deſſelben in Obacht genommen wer - den:

  • 1) Muß vor allen Dingen darnach geſehen werden, daß das Waſſer nicht mehr als Milch - warm, oder wie die natuͤrliche Waͤrme unſers Bluts und Feuchtigkeiten, ſeyn moͤge.
  • 2) Wenn man dieſes probiret und empfun - den hat, ſo ſteiget man in einem dazu verfertig - ten Bade-Hemd (weil ſonſt alles Leinen durch die roth-gelbe Eiſen-Erde angefaͤrbet wird) in die Wanne.
  • 3) Wer ſtarck, und das Baden mehr ge - wohnet iſt, ſetzet ſich gleich darinnen nieder aufeinen270Cap. VII. Aeuſſerlicher Gebraucheinen in die Wanne gelegten Krantz, oder Kuͤſ - ſen von zuſammen gefaltenen leinen Zeuge.
  • 4) Schwaͤchliche aber und empfindliche Perſonen, und diejenigen welche aus der Er - fahrung wiſſen, daß ſie durch die Baͤder ſehr alteriret und angegriffen werden, ſetzen ſich vor - her etliche Minuten alleine mit den Fuͤſſen hin - ein, hernach auf die Knie, und endlich ſetzen ſie ſich gantz darinnen nieder, ſo koͤnnen ſie nach - mahls viel beſſer aushalten.
  • 5) Wenn man ſich gantz eingeſetzet hat, muß die Bade-Wanne mit einem Deckel, oder mit Tuͤchern wohl zugedecket werden, und bleibet alleine das Haupt frey, die uͤbrigen Theile aber uͤber dem Bade-Waſſer werden durch den auf - ſteigenden warmen Dunſt zu einem gelinden Schweiß beweget.
  • 6) Insgemein pfleget man hier nicht tieffer biß an den Nabel, oder biß unter und nicht uͤber dem Magen zu baden, als wenn das Waſſer ſo ſtarck und angreiffend waͤre, daß mans nicht wagen duͤrffte, tieffer hinein zu ſitzen. Es ruͤh - ret aber dieſe Gefahr theils von dem ungeſchick - ten heiß-machen des Bades, theils von den Wannen her, in welchen nur ſo viel Raum, daß einer Perſon von etwas groſſer Statur ſchon dadurch verboten iſt, tieffer zu baden. Wenn es aber der Affect erfodert, das Bad ſeine ge - buͤhrende Waͤrme hat, und der Bade-Raum bequem darzu iſt, ſo kan in dem PyrmontiſchenWaſſer271des Pyrmontiſchen Waſſers. Waſſer, wenns noͤthig, ſo wohl biß uͤber die Schultern ohne Leib und Lebens-Gefahr geba - det werden, wie in andern mineraliſchen Waſ - ſern.
  • 7) Wenn aber verſpuͤhret wird, daß man das tieffe Einſitzen im Bade durchaus nicht vertragen koͤnne, und die oͤbern Theile eben wol die Huͤlffe und Wirckung des Waſſers von noͤ - then haben, ſo kan das warme Waſſer iedes - mahl, wenn ſich der Patiente im Bade befin - det, aufgetroͤpffelt, oder mit einem Schwamm oder naß gemachten Tuche aufgeleget werden.
  • 8) Wenn man in dem Bade empfindet, daß der Leib nicht gnugſam dadurch erwaͤrmet werde, und man es gar wohl heiſſer vertragen koͤnte, ſo laͤſſet man allmaͤhlig ein wenig warm Waſſer nachgieſſen, biß man urtheilet daß es gnung, und ein gelinder Schweiß anfaͤnget aus - zubrechen.
  • 9) Es iſt zwar am beſten, daß iedesmahl in dem Bade ein gelinder Schweiß erfolge, weil durch den Schweiß viel Schaͤdliches ausgetrie - ben wird, auch durch die eroͤffneten Schweiß - Loͤcher die mineraliſchen Kraͤffte des Waſſers beſſer in die feſten Theile eindringen koͤnnen. Jedennoch ſoll man lieber gar nicht ſchwitzen, als daß man durch ein allzu heiſſes Bad den Schweiß mit Gewalt heraus zu preſſen ſich be - muͤhen wolte. Man hat nicht wenige Exem -pel,272Cap. VII. Aeuſſerlicher Gebrauchpel, daß das Bad auch ohne Schwitzen guten Nutzen geſchaffet.
  • 10) Es haben die alten Medici die Frictio - nes oder das Reiben des Leibes mit einem rau - hen und ſcharffen Tuch in dem Bade gar ſehr angerathen, und gute Curen in aͤuſſerlichen Be - ſchwehrungen damit verrichtet. Solches waͤ - re wohl vielen, und ſonderlich denenjenigen ſehr dienlich, welche in dem Bade wenig oder gar nicht ſchwitzen koͤnnen. Denn es werden die Nerven dadurch gereitzet, der Tonus Partium beweget, und die Schweiß-Loͤcher eroͤffnet, daß alſo auch ohne Schweiß die Kraͤffte des Waſ - ſers beſſer eindringen, und ihre Wirckung voll - fuͤhren moͤgen.
  • 11) Auch hat man die Embrochationes, ſtil - licidia, oder das Auftroͤpffeln des Waſſers von einer Hoͤhe herunter, auf die beſchwehrten Theile des Leibes, durch welches doch oͤffters in Gichtiſchen Fluͤſſen und Glieder-Schmertzen, auch in andern Gebrechen, ſonderlich groſſer Nutzen geſchaffet worden, bißher gar zu ſelten gebrauchet; und koͤnte man ein ſolches Tropff - Bad bey der uͤbrigen Bade-Cur bißweilen mit gutem Vortheil zu Huͤlffe nehmen.
  • 12) Wie lange man ſich in dem Bade auf - halten muͤſſe, ſolches iſt unterſchiedlich. Die erſten mahle ſoll man nicht laͤnger als eine halbe Stunde darinnen verweilen, hernach kan man nach gerade ¾ eine, 1 und eine halbe, biß auffshoͤch -273des Pyrmontiſchen Waſſers. hoͤchſte 2 Stunden darinnen bleiben. Laͤnger aber in dem Bade zu ſitzen, iſt weder noͤthig noch nuͤtzlich, ob ſolches gleich zu Herr Bol - manns Zeiten geſchehen, auch bey warmen Baͤ - dern ſonſt nicht ungewoͤhnlich iſt, daß man 3 Stunden Vormittags, und wohl eben ſo lange des Nachmittags badet.
  • 13) Wenn man anfaͤnget in dem Bade uͤbel, ſchwindelicht und ohnmaͤchtig zu werden, auch ſtarckes Hertzklopffen empfindet, ſo ſoll man nicht ſo lange warten, biß man gantz darinnen uͤbern Hauffen faͤllet, ſondern man begiebt ſich heraus und ins Bette, und laͤſſet es daſſelbe mahl dabey bewenden, biß man die folgenden Tage das Bad allmaͤhlig beſſer vertragen lernet.
  • 14) Es koͤnnen auch ſchwaͤchliche Perſonen, welche zu Ohnmachten, Schwindel und der - gleichen geneigt ſind, ein gut Sal volatile, An - haltiſch Waſſer, oder Schlagbalſam in der Naͤhe halten, damit ſie ſich, wenns noͤthig, da - durch im Bade aufmuntern und ſtaͤrcken, und alſo ihre Zeit deſto beſſer aushalten koͤnnen.
  • 15) Das Ausſteigen aus dem Bade geſchie - het am beſten bey einem Camin-Feuer, oder ſonſten an einem laulichten Orte, da man vor kalter Lufft gnugſam verwahret, und ſich in der Waͤrme mit warmen Tuͤchern wohl abtrock - nen, und ein friſches Hembd anlegen kan; Worauf man ſich gleich in ein gewaͤrmtes Bet -Ste274Cap. VII. Aeuſſerlicher Gebrauchte begiebt, und den Schweiß allmaͤhlich wieder vergehen laͤſſet.
  • 16) Ob man vor oder nach dem Bade et - was zu ſchwitzen einnehmen, Bezoar-Tinctu - ren, Eſſentias alexipharmacas und dergleichen gebrauchen muͤſſe, ſolches habe ſehr ſelten nuͤtz - lich gefunden. Man ſchwitzet insgemein von dem Bade alleine gnung, und oͤffters mehr als noͤthig iſt. Und diejenigen, welche ſehr ſchwehr zum Schweiß zu bewegen, koͤnnen die etwas hitzige Schweiß-treibende Mittel gar uͤbel ver - tragen.
  • 17) Vielmehr iſt denenjenigen, welchen leicht ein Aufwallen im Gebluͤthe, Hertzklopf - fen, Schwindel und dergleichen zu entſtehen pfleget, eine gute Doſis von einem Pulvere tem - perante, von kuͤhlenden Salibus und derglei - chen ſehr dienlich, welchen Sachen man zuwei - len einige Bezoardica fixa zuſetzen kan. Man nimmt dieſe Pulver 1 viertel oder halbe Stun - de vor dem Bade, mit ein Paar Loͤffel voll Wein, und man hat oͤffters den Nutzen davon, daß diejenigen, welche vorhin die groͤſſeſten Ebullitiones ſanguinis im Bade empfunden, nachmahls gar nicht weiter incommodiret wor - den. Auch folget zuweilen auf ſolche Sachen ein gnugſamer Schweiß, da die Patienten zu - vor mit ſtarcken Bezoar-Tincturen nicht ſchwi -[tz]en koͤnnen.
18) Wenn275des Pyrmontiſchen Waſſers.
  • 18) Wenn man des Vormittags ohnge - fehr von 9 biß 10 im Bade iſt, und von 10 biß gegen 11 Uhr im Bette bleibet, ſo hat man noch zum wenigſten eine Stunde biß zur Mahlzeit, in welcher Zeit man ſich allmaͤhlich wieder er - friſchen, und ein Glaͤßlein Wein, oder ein we - nig Aqua vitæ mit einer guten Magen-Eſſentz nehmen kan. Doch iſt beſſer, daß man den - ſelben Mittag zu Hauſe ſpeiſe, und ſich erſtlich nach der Tafel in die freye Lufft begebe.
  • 19) Des Abends iſt eine warme Suppe nach dem Bade beſſer, als eine kalte Schaale, wodurch oͤffters groſſer Schaden geſchiehet. Man thut wohl, daß man ſich denſelben Abend nicht in die kalte Lufft begiebt, ſondern die we - nigen Stunden biß zur Nacht-Ruhe im Schlaf - Rock ſpatziren gehet, oder zu Hauſe in guter Ge - ſellſchafft die Zeit paſſiret. Man ſoll aber nach dem Bade im Bette nicht liegen bleiben, weil ſonſt insgemein Aufwallungen des Gebluͤts, und unruhige ſchlafloſe Naͤchte darauf zu folgen pflegen.

Die uͤbrige Diæt*Diæt. und Lebens-Ordnung bey der Bade-Cur, muß, wie wir im vorhergehen - den Capitel bey dem Trincken angezeiget ha - ben, obſerviret werden, weil die innerliche und aͤuſſerliche Cur des Waſſers faſt allemahl zu - ſammen gefuͤget, und entweder zugleich, oderS 2die276Cap. VII. Aeuſſerlicher Gebrauch des ꝛc. die letztere kurtz auf die erſtere angeſtellet wird.

§. 21.

N. 3. 4.

§. 27.

Was aber ferner mit dem aͤuſſerli - chen Gebrauch unſers Waſſers*Vielfaͤltiger aͤuſſerlicher Gebrauch des Waſ - ſers. durch Baͤhun - gen, Beſtreichen, Waſchen, Gurgeln, Einſpruͤ - tzen, Clyſtiren ꝛc. auszurichten, und wie daſſel - be alſo weiter als ein gutes Topicum applici - ret werden koͤnne, ſolches wird ein Medicus welchem die Kraͤffte, Tugenden und beſondere Eigenſchafften des Waſſers bekannt, nach Un - terſcheid der Zufaͤlle zu verordnen wiſſen, und es wird die Erfahrung lehren, daß was von ei - nem guten mineraliſchen Waſſer zu hoffen, in dieſem Waſſer nicht weniger gefunden werde.

§. 28.

Was auch endlich das kalte Baden**Vom kalten Baden. in einem ſo kraͤfftigen Sauerbrunnen vor Nu - tzen haben moͤchte, auf die Art wie die Englaͤn - diſchen Medici ſo merckwuͤrdige Obſervationes gemachet, und ſo viele Curen von ihren kalten Baͤdern, welche aber meiſtentheils in ſuͤſſen Waſſern beſtehen, angezeichnet haben (Cap. 3. §. 17.) ſolches ſtellen wir der weitern Erfahrung und vorſichtigen Proben anheim. Zum we - nigſten iſt es bey denen Pyrmontiſchen Bade - Brunnen ſchon ein alter Gebrauch, daß den Sommer uͤber einige Bauers-Leute und arme Gebrechliche in das kalte Waſſer ſteigen, ſicheine277eine Weile in die Quellen ſetzen, und mit der ro - then Eiſen-Erde ihre offene Schaͤden reiben und verbinden. Welches kalte Baden ieden - noch alleine in dem niedern Bade-Brunnen (Cap. 3. §. 28.) zugelaſſen wird, damit das Waſ - ſer, welches ordinair zu den warmen Baden aus dem groſſen Brodel-Brunnen geſchoͤpffet wird, nicht verunreiniget werde. Cap. 3. §. 23.

CAP. VIII. Mißbraͤuche und Fehler, welche bey der Brunnen-Cur begangen, und wo - durch dieſelbe gefaͤhrlich und ſchaͤd - lich koͤnne gemachet werden.

§. 1.

WIr haben im Anfang des ſechſten Capi - tels allbereit angefuͤhret, daß alle Mittel und Gaben, welche GOtt den Menſchen zur Nahrung und Geſundheit gegeben, wenn man ſolche nicht recht gebrauchet, ungeſund und ſchaͤdlich werden koͤnnen.

Auch iſt kein Geſundheits-Mittel in der Welt bekannt, welches alle Kranckheiten, oder nur eine geringe Art derſelben iedesmahl ohn - fehlbar curiren ſolte. Dieſes hat GOtt ſeiner Allmacht vorbehalten. Daher denn kein Wunder, daß auch durch die beſten minerali -S 3ſchen278Cap. VIII. Mißbraͤuche und Fehlerſchen Waſſer*Warum die mineraliſchen Waſſer zuweilen ſchaͤd - lich ſind? nicht allein nicht alle Krancke wieder geſund werden, ſondern auch einige Schaden davon leiden, andere dieſelben gar nicht gebrauchen duͤrffen.

§. 2.

Was aber dennoch von einem guten Mittel zu hoffen, ſolches ſtellet uns jaͤhrlich die Erfahrung von dem Pyrmontiſchen Waſſer durch vielfaͤltige Curen, auch in Kranckheiten, welche man incurabel gehalten, und an wel - chen alle uͤbrige Medicationes fehl geſchlagen, vor; wie im vorhergehenden ſchon gnungſam angezeiget worden. Und weil offenbahr iſt, daß noch viel mehrere Krancken koͤnten curi - ret werden, wenn die Mißbraͤuche**Die Mißbraͤuche und Fehler hindern viele C[u]- ten. und alle uͤbele Lebens-Arten bey der Brunnen-Cur ab - geſtellet wuͤrden, ſo haͤtten diejenigen, welche ſich ſo ſehr bemuͤhet haben, die mineraliſchen Waſ - ſer zu verkleinern, und zu verachten, und aller - hand Einwuͤrffe gegen den Gebrauch derſelben zu machen, dem gemeinen Beſten wohl groͤſ - ſeren Nutzen geſchaffet, wenn ſie vielmehr ihr Ingenium daran exerciren wollen, wie die Me - thode dergleichen Waſſer zu gebrauchen noch in ein und andern Stuͤcke zu verbeſſern und voll - kommener zu machen, auch wie die Unordnun - gen und Mißbraͤuche zu verhuͤten und abzu -ſchaf -279bey der Brunnen-Cur. ſchaffen. Derowegen wollen wir zum Be - ſchluß unſerer Brunnen-Beſchreibung noch kuͤrtzlich etwas von denen vornehmſten Miß - braͤuchen und Fehlern melden, welche bey dem innerlichen und aͤuſſerlichen Gebrauch unſers Waſſers begangen werden.

§. 3.

I. Es iſt alſo erſtlich das unordentliche und unvorſichtige Kalt-Trincken,*Das kalte Trincken. wodurch der allermeiſte Schade geſchiehet. Denn ob - gleich ſonſten durch ſo viele traurige Exempel ie - dermann bekannt gnung iſt, wie groſſen Scha - den man durch kalte Truͤncke an ſeiner Geſund - heit leiden koͤnne, ſo bedencket man doch ſolches bey Gebrauch der Geſund-Brunnen am aller - wenigſten, ſondern trincket, oder gieſſet und ſtuͤrtzet das Eiß-kalte Waſſer manchmahl ohne Athem hohlen und Bart wiſchen mit groſſen Glaͤſern hinunter. Wenn nur die Quantitaͤt Waſſer, welche man ſich vorgeſetzet hat, in den Leib koͤmmt; weiter haben viele nichts dabey zu bedencken, ſondern weil man aus einem Ge - ſund-Brunnen trincket, ſo ſoll das Waſſer nach allen ſeinen weſentlichen und zufaͤlligen Eigen - ſchafften geſund und unſchaͤdlich ſeyn.

Es mag aber ein ieder recht erwegen, ob es wohl moͤglich, daß die natuͤrliche innerliche Hi - tze bey allen Cur-Gaͤſten ſtarck gnung ſey, ſechs acht und mehr Pfund Eiß-kaltes Waſſer (wel - ches mancher in einer oder anderthalben Stun -S 4den280Cap. VIII. Mißbraͤuche und Fehlerden trincket, und welche Quantitaͤt 1 Drittheil oder 1 Viertheil aller circulirenden Feuchtig - keiten, ſo ein Menſch in allen Adern, und im gantzen Leibe hat, ausmachet) in ſo kurtzer Zeit zu erwaͤrmen, ohne daß viele, ehe ſolches geſchie - het, groſſen Schaden dadurch ſolten leiden muͤſſen?

§. 4.

Es ruhet der Magen auf der Leber und auf der Miltzen, wie auf zwey Kuͤſſen. Beyde ſind ſehr empfindliche Eingeweide und der Kaͤl - te ſehr ungewohnet. Auch iſt ihre Subſtanz wie ein Schwamm, und beſtehet aus lauter klei - nen Roͤhrlein und ſubtilen Gaͤngen; dieſelben ſind mit Blut und andern Feuchtigkeiten ange - fuͤllet, welche wie eine Gelée oder Gallert von der Kaͤlte gerinnen und ſtocken. Wie dann iedermann weiß, daß das Blut, wenn man zur Ader gelaſſen, in der Lufft wie eine Leber zu - ſammen rinnet, und alſo offenbahr iſt, daß die Feuchtigkeiten unſers Leibes alleine durch die Bewegung und Waͤrme fluͤßig erhalten, von der Kaͤlte aber coaguliret, und zur Bewegung untuͤchtig gemachet werden. Nun beſtehet aber unſer Leben in der Bewegung, und in dem freyen Umlauff aller Feuchtigkeiten durch alle Theile, und durch alle ſubtile haarkleine Roͤhr - lein und Gaͤnge der Eingeweide. Was dieſe Bewegung und den freyen Lauff hindert, und die Feuchtigkeiten coaguliret, ſonderlich in de - nen Eingeweiden, ohne welche das Leben desMen -281bey der Brunnen-Cur. Menſchen nicht beſtehen kan, ſolches muß der Geſundheit durchaus ſchaͤdlich ſeyn.

§. 5.

Wenn nun der Magen mit einer ſo groſſen Menge eißkaltes Waſſers ſchleunig an - gefuͤllet wird, ſo iſt weder ſeine eigene, noch der benachbarten Eingeweide, und derer in den - ſelben circulirenden Feuchtigkeiten Waͤrme ca - pable, ſolches ſo bald es noͤthig waͤre, zu erwaͤr - men, ſondern es wird die Leber und der Miltz durch den Magen, die Lunge durch den Oeſo - phagum und Diaphragma, die Gedaͤrme, das Gekroͤſe, und alle Druͤſen in demſelben mit der ungewoͤhnlichen Kaͤlte durchdrungen, zuſam - men gezogen, und die Humores gerinnen und ſtocken in denenſelben.

§. 6.

Und da ſolches mit guten geſunden Feuchtigkeiten ſo zugehet, was wird die ſtrenge Kaͤlte wohl aus denen verdorbenen, dicken, zaͤ - hen und ſchleimichten machen, wenn die Ein - geweide allbereit damit beſetzet, uͤberhaͤuffet, verſtopffet und geſchwaͤchet ſind? Wie denn die allermeiſten Brunnen-Gaͤſte dergleichen et - was, mehr oder weniger mitbringen, als wo - her ihre Beſchwehrungen entſtanden, gegen welche ſie die Cur gebrauchen wollen. Da ſie aber bey dieſer Cur ihre Eingeweide aufs neue beleidigen, und eine ſo ſchaͤdliche Erkaͤltung in denenſelben verurſachen, ſo muͤſſen ſich ja die Verſtopffungen, und Stockungen der Feuch - tigkeiten daſelbſt vermehren, verhaͤrten undS 5gantz282Cap. VIII. Mißbraͤuche und Fehlergantz unaufloͤßlich werden, da ſolche doch ſon - ſten durch die herrliche Tugenden des Waſ - ſers haͤtten koͤnnen gehoben, und curiret wer - den.

§. 7.

Und daher kommt es denn auch her - nach, daß man klagen hoͤret:*Urſachen der Beſchwehrungen nach der Brunnen Cur. das Waſſer ſey dem Magen zu ſtarck geweſen; man habe dem Magen damit verdorben; der Brunnen habe ein kaltes Fieber erwecket, bey welchem man viel nach der Brunnen-Cur ausſtehen muͤſſen; die Bruſt ſey ſchwaͤcher worden, man habe viel Huſten gehabt ꝛc. Alles aber ruͤhret von dem unvorſichtigen Kalt-Trincken her, und von denen offt wiederholten ungewoͤhnlichen Erkaͤltungen der Eingeweide, und ſind diejeni - gen noch gluͤcklich, denen deßhalben nicht noch etwas aͤrgeres wiederfaͤhret.

§. 8.

Unſere Natur iſt nach der heutigen Le - bens-Art gar nicht zu ſolchen kalten Tracta - menten gewoͤhnet. In den erſten Jahren bekommen die Kinder warme Milch, Suͤpp - lein und Bruͤhen; Erwachſene nehmen des Morgens Thee, Caffée, Chocolade, oder ſonſt etwas warmes. Unter hundert Perſo - nen von Diſtinction iſt manchmahl nicht eine, welche gewohnt iſt des Morgens etwas Kaltes zu trincken. Und wie viele ſind wohl unter de - nen Dames und zarten Frauenzimmer, welcheihre283bey der Brunnen-Cur. ihre gantze Lebens-Zeit keinen kalten Tropffen Waſſer im Magen gefuͤhlet haben. Solte ſolchen nachmahls nicht hoͤchſt gefaͤhrlich und ſchaͤdlich ſeyn, wenn der Magen mit eißkalten Sauerwaſſer bey gantzen Pfunden ſo ploͤtzlich begoſſen wird, welches man offt ohne Schme - cken und Kaͤuen, um bald mit der Portion fer - tig zu werden, hinunter bringet.

§. 9.

Es ſchadet zwar ein kalter Trunck*Ein kalter Trunck des mineraliſchen Waſſers iſt nicht ſo gar ſchaͤdlich wie von andern Waſ - ſer. von unſerm mineraliſchen Waſſer nicht ſo offt und ſehr, wie das gemeine Waſſer, oder wie andere kalte waͤſſerige Liquores, ſonſten man noch viel mehrere traurige Exempel davon ha - ben wuͤrde. Im Gegentheil ſiehet man oͤff - ters in heiſſen Sommer-Tagen viele junge Leu - te, welche ſich erhitzt, und voller Schweiß ſind, herzu lauffen, und eine gute Quantitaͤt Sauer - Waſſer trincken, ohne daß ſie ſich ſo leicht uͤbel darnach befinden, als von anderem kalten waͤſ - ſerigem Getraͤncke. Denn der mineraliſche Spiritus, und deſſen innerliche Fermentation, Bewegung und Zuſammenſtoſſung der ſubti - len Theilgen, machen eine kleine Erwaͤrmung, auch ſeine uͤbrige eroͤffnende und reſolvirende Kraͤffte verhindern manchmahl, daß die Kaͤlte nicht ſo bald ſchaden kan.

§. 10.

Wie aber ein Eiß-kalter TrunckWein284Cap. VIII. Mißbraͤuche und FehlerWein,*Ein kalter Trunck Wein thut auch zuweilen Schaden. ohnerachtet ſolcher einen haͤuffigen, hitzigen, brennenden Spiritum in ſich hat, den - noch mit der zufaͤlligen Eigenſchafft der Kaͤlte oͤffters auf einmahl den Lauff des Blutes in ein oder andern Eingeweide hemmet, ein Zu - ſammenrinnen und Stockungen der Feuch - tigkeiten, und alles Ubel, was ſonſt von einem andern unvorſichtigen kalten Trunck zu ent - ſtehen pfleget, verurſachet; So bleibt auch die ſchaͤdliche Wirckung der Kaͤlte in denen Eingeweiden von unſerm Waſſer nicht aus, ſo wohl bey ſtarcken und hitzigen Naturen, wenn man das kalte Trincken gar zu unvor - ſichtig treibet, als fuͤrnehmlich bey kalten, phle - gmatiſchen und ſchwaͤchlichen Naturen, und bey denjenigen, welche viele unreine Feuch - tigkeiten und verſtopffete und geſchwaͤchete Eingeweide haben. Dieſelben werden oͤffters ehe man ſichs verſiehet, dadurch beleidiget, und alſo die Patienten alles Nutzens, wel - chen ſie ſonſt von denen Tugenden des mi - neraliſchen Waſſers haͤtten erlangen koͤnnen, beraubet.

§. 11.

Es koͤnte hiergegen nun noch ſon - derlich eingewendet werden, was viele Medici bezeugen, daß ein kalter Trunck**Alles kalte Trincken iſt nicht ſchaͤdlich. zuweilen den Magen ſtaͤrcke, in denen Nerven-Faͤ -ſer -285bey der Brunnen-Cur. ſerlein eine zuſammenziehende Bewegung ver - urſache, und alſo den Tonum Ventriculi rela - xati wiederbringe. Es wird aber ſolches nicht gelaͤugnet, auch das Kalt-Trincken des Waſ - ſers nicht ſchlechter dings verworffen. In - deſſen iſt doch gewiß, daß was von der guten Wirckung eines kalten Truncks geruͤhmet wird, von einem vorſichtigen kalten Trunck, und mehr in Singulari als in Plurali zu verſte - hen ſey. Ein Glaß oder etliche von einem kalten Getraͤncke, oder ſo viel der Magen und die Eingeweide nach gerade erwaͤrmen koͤnnen, wird eben niemand ſchaden, aber ſo viele kalte Truͤncke, eine ſo groſſe Menge Waſſer, und welches ſo unbedachtſam viele Morgen nach einander in den Magen gegoſſen wird, ſolches machet einen groſſen Unterſcheid, und kan das Letztere durchaus nicht ohne groſſe Gefahr und Schaden geſchehen.

§. 12.

Es muß auch noch dem Frauenzim - mer zur Warnung erinnert werden,*Das Frauenzimmer leidet leichtlich Schaden vom kalten Trincken. daß wenn ſie waͤhrender Vierwochen-Zeit das kal - te Trincken continuiren, ſie ihre Geſundheit auf die Probe und in groſſe Gefahr ſetzen; Denn obgleich das kalte mineraliſche Waſſer nicht ſo leichte Schaden thut, wie ein anderer kalter Trunck (§. 9.) ſo bringet doch die Men -ge286Cap. VIII. Mißbraͤuche und Fehlerge des kalten Sauerwaſſers zu wege, was ein weniges nicht wuͤrde gethan haben, und fehlet es nicht an Exempeln, daß die monatliche Rei - nigungen nach der Cur daruͤber in Unordnung und Stecken gerathen. Und iſt alſo zu bekla - gen, daß dasjenige Mittel, welches jaͤhrlich ſo vielen Weibs-Perſonen in dieſem Stuͤck wieder zu ihrer Geſundheit hilfft, durch un - vorſichtigen Gebrauch andere verderben muß.

§. 13.

II. Zum andern iſt es eine ſchaͤdliche Sache bey der Brunnen-Cur, wenn das Waſſer in gar zu groſſer Menge, mit groſſen Glaͤſern, und geſchwinde auf einander ge - truncken wird. *Gar zu viel und geſchwind trincken.Es iſt dieſer uͤbele Gebrauch ſehr gemein, und ſchon lange Mode geweſen, daß wenn das Waſſer ſich nicht gantz mit der Caprice einiger Patienten conformiren, und ſo viele Sedes verurſachen wollen, daß man ſolche mit mehr als einer Ziffer anzeich - nen muͤſſen; und noch viel mehr, wenns gar nicht purgiret, da einer dem andern den all - gemeinen Rath gegeben, man muͤſſe mehr Waſſer drauf ſetzen, ein Keil muͤſſe den an - dern treiben, und alſo ſind viele biß auf eine Portion von fuͤnff, ſechs Kannen und wohl noch hoͤher geſtiegen.

§. 14.

Wie aber dieſe Quantitaͤt bey vielendie287bey der Brunnen-Cur. die Helffte des gantzen Gebluͤts ausmachet, welches ohnedem nur lau oder Milch-warm iſt, ſo muß ja ohnfehlbar die im vorhergehenden an - gezeigte ſchaͤdliche Erkaͤltung der Eingeweide darauf erfolgen, (man mag ſich auch ſo ſtarck und hitzig von Gebluͤte halten, wie man will) alle innerlichen Theile, Adern, ſubtile Gaͤnge, Druͤſen und Waſſergefaͤſſe (vaſa lymphatica) werden durch die groſſe Menge und Gewicht des Waſſers gar zu ſtarck ausgedehnet, und aus einander getrieben, daß ſich dieſelben nach - mahls nicht wieder gebuͤhrlich zuſammen zie - hen koͤnnen. Und alſo bleiben die von der Kaͤl - te coagulirte gelatinoͤſe Feuchtigkeiten deſto gewiſſer darinnen ſtecken, verurſachen neue Obſtructiones Viſcerum, und das Ubel wel - ches der Brunnen haͤtte curiren koͤnnen und ſollen, wird durch dieſen Mißbrauch befoͤdert und zuwege gebracht.

§. 15.

Iſt hernach die Cur uͤbel gerathen, ſo muß das Waſſer die Schuld haben, und der Brunnen ſoll zu ſtarck und zu ſcharff geweſen ſeyn. Haͤtte man es aber bey einer gelinden und offt wiederholten Wirckung bewenden laſſen, und eine gehoͤrige Maaß nicht uͤber - ſchritten, ſondern (wenn es ja noͤthig gewe - ſen waͤre) die Sedes vielmehr durch gute Sa - lia und andere dienliche laxirende Mittel be - foͤdert, wie im ſechſten Capitel umſtaͤndlich an -gezei -288Cap. VIII. Mißbraͤuche und Fehlergezeiget worden, ſo wuͤrde man das Waſſer weder zu ſcharff noch zu ſtarck, ſondern als ein ſicheres, gelindes und doch kraͤfftiges Mittel ge - funden haben.

§. 16.

III. Eben auf ſolche Art verſehen es auch die Eyl-Gaͤſte,*Eine uͤbereilende Cur iſt ſchaͤdlich. welche ſich andere Sa - chen, ihre Hauß-Geſchaͤffte, und womit ſonſt das Gemuͤthe des Menſchen diſtrahiret werden kan, mehr angelegen ſeyn laſſen, als ihre Geſundheit, die Cur als ein Nebenwerck tractiren, und ſolche nur im Vorbeygehen mit - nehmen wollen. Es wird demnach das Trin - cken und Baden in ſo viel Tagen verrichtet, ſo viele Wochen manchmahl zu der Cur ihres Affects noͤthig waͤren. Wer aber ſein Werck nicht voͤllig von der Brunnen-Cur machen, die gebuͤhrende Zeit dazu nehmen, und alle noͤthi - ge Regeln beobachten will, der thut viel beſſer, daß er die gantze Cur unterlaͤſſet, als daß er auf ſolche Weiſe durch uͤbertriebene Evacua - tiones die Natur abmattet und ſchwaͤchet, und an ſtatt des Nutzens groſſen Schaden da - von traͤget.

§. 17.

IV. Die uͤbrigen gemeinſten Miß - braͤuche und Fehler werden in der Diæt began - gen;**Fehler in der Diaͤt. Als erſtlich thun ſich Einige Schaden mit allerhand Naſchereyen, welche ſie desMor -289bey der Brunnen-Cur. Morgens unter dem Trincken, oder bald auf das Waſſer zu ſich nehmen: z. E. gar zu viele uͤberzuckerte und eingemachte Sachen, Honig - Kuchen, Prunellen, Corinthen ꝛc. wodurch das Waſſer in ſeiner freyen Wuͤrckung gehindert, eine ſchaͤdliche ſcharff-ſaure Gaͤhrung in dem Magen und Gedaͤrme erreget, auch Schleim und Unrath generiret wird. Und wenn gleich das Waſſer ſolches zuweilen bald wieder weg - ſpuͤhlet, ſo iſt doch leicht zu erachten, daß es viel beſſer waͤre, wenn man ſolche Hinderungen nicht in den Weglegte. Es bleibt auch leicht etwas ſchaͤdliches davon zuruͤck, verderbet den Appe - tit, machet eine unvollkommene Daͤuung, Ble - hung und dergleichen.

§. 18.

V. Wenn man gar zu bald auff das getrunckene Brunnen-Waſſer ſpeiſet,*Wenn die Speiſen mit dem Brunnen-Waſſer ver - menget werden. ehe die Primæ viæ groͤßeſten theils von dem Waſſer wieder befreyet ſind, ſo entſtehen davon eben dergleichen Beſchwerungen, oder die Speiſen gehen mit dem zuruͤck geblieben Waſſer gar zu geſchwind wieder fort, es kommt ein roher uͤbel verdaueter Nahrungs-Safft in das Gedaͤrme und Gekroͤs, und darauf folgen Coliqven, Ob - ſtructiones Glandularum &c. Gibt man dem guten Appetit bey dem Brunnen gar zu viel nach, iſſet zu geſchwinde, thut gar zu ſtarckeTMahl -290Cap. VIII. Mißbraͤuche und FehlerMahlzeiten, ſonderlich des Abends ſpaͤt, oder man gebrauchet das friſche Obſt ohne Scheu wie man ſonſt gewohnet, ſo verderbet mancher Brunnen-Gaſt ſeine gantze Cur, und kan ſich al - lerley gefaͤhrliche Zufaͤlle und Beſchwerungen zuziehen, wie wir dieſe Stuͤcke Cap. VI. §. 23. 28. 29. allbereit vorgeſtellet haben.

§. 19.

VI. Mit dem Gebrauch der gewoͤhn - lichen Getraͤncke gehet es auch nicht allemahl ſo ordentlich zu,*Undienlicher Gohrauch des Getraͤnckes bey der Cur. daß nicht Verſchiedene ihre Cur dadurch hindern ſolten; Es nehmen einige, ſo bald ſie abgetruncken haben, eine groſſe Quan - titaͤt Caffé, Thée, Chocolade &c. turbiren aber damit die Operation, uͤberſchwemmen die Ein - geweide mit den vielen Waͤßerigkeiten, und was das mineraliſche Waſſer durch ſeine Spi - rituoſitaͤt und ſubtile Stahl-Erde geſtaͤrcket, ſolches wird zum Theil wieder relaxiret, oder wenigſtens die gute Wuͤrckung unvollkomme - ner gemachet. Man vermeynet bißweilen das kalte Waſſer durch dergleichen heiſſes Getraͤn - cke wieder zu waͤrmen; wenn aber die Kaͤlte nicht ſchaden ſoll, ſo iſt beſſer daß man das Waſſer, ehe daſſelbe in den Leib kommt, ein we - nig uͤberſchlagen laͤſſet, (Cap. VI. §. 16.) als daß ſolches hernach erſtlich, wenn die Kaͤlte allbereit ihren ſchaͤdlichen Effect in denen Eingeweidenge -291bey der Brunnen-Cur. gethan hat, durch andere Waſſer ſoll gewaͤrmet werden, damit aber nichts gewiſſer ausrichtet, als daß das mineraliſche Waſſer weitlaͤufftig diluiret, und an ſeinen Kraͤfften und Wuͤrckun - gen geſchwaͤchet wird.

§. 20.

VII. Diejenigen, welche bey der Cur faſt ſo viel Wein als Brunnen-Waſſer trin - cken,*Mißbrauch des Weins. thun ihrer Geſundheit gleichfalls groſſen Schaden. Man ſtehet insgemein in der Meynung, wie wir Cap. VI. §. 31. ſchon gemeldet haben, daß man zu Staͤrckung des ſchwachen Magens viel Wein bey der Waſſer-Cur trin - cken muͤſſe. Die Liebhaber nehmen dieſe Re - gel gar gerne an, und da ihnen der Wein vor der Brunnen-Cur wol von ihren Medicis ver - boten geweſen, oder ſie ſolchen gar maͤßig ge - brauchen muͤſſen, ſo dencket man, bey der Waſ - ſer-Cur habe man wieder volle Freyheit. Wenn aber ihre Kranckheiten mehrentheils von dem ummaͤßigen Gebrauch der hitzigen Getraͤncke herruͤhren, und das erhitzte ausgetrocknete gar zu ſcharff und gallichte Gebluͤte durch das mi - neraliſche Waſſer ſoll diluiret, gekuͤhlet, tempe - riret, verbeſſert und gereiniget werden; Die Pa - tienten im Gegentheil ihre vorige Miſſethaten, wodurch ihre Beſchwerungen verurſachet wor - den, bey der Cur wiederhohlen und fortſetzen, ſoT 2kan292Cap. VIII. Mißbraͤuche und Fehlerkan ja das allerbeſte Mittel wenig helffen, ſon - dern man machet offt das Ubel aͤrger.

§. 21.

VIII. Ein langer Mittags-Schlaff,*Mittags-Schlaff. da man ſich wol den gantzen Mittag aufs Bette leget und ſchlaͤffet, hat zuweilen ſehr ſchlimme Zufaͤlle bey der Brunnen-Cur verurſachet, als Convulſiones, Schlagfluͤſſe und dergleichen; Denn weil das Waſſer durch ſeine Spirituoſi - taͤt und ſubtile ſulphuriſche Fettigkeit ſtarck auf das Haupt wuͤrcket, und eine ſubtile Bewegung in denen Aederlein und Nerven des Gehirns erwecket, ſo kan in dem Schlaff leicht eine con - fuſe Bewegung in denen Nerven entſtehen, ſon - derlich bey fetten, vollbluͤtigen Naturen, und die vorhin zu deꝛgleichen Zufaͤllen diſponiret und ge - neigt ſind. Auch folget insgemein auf einen tieffen und langen Mittags-Schlaf eine uͤbele Daͤuung und ſchleimichter Chylus, Magendruͤ - cken, Blehungen, Mattigkeit und Traͤgheit, daher iſt rathſam, daß man einen ſolchen Schlaf und alles was dazu helffen kan, vermeide. Cap. VI. §. 51.

§. 22.

IX. Faſt eben ſo ſchaͤdlich wie dieſer Schlaff ſind die Spiele gleich nach dem Eſſen,**Spiele nach dem Eſſen. dabey man ſcharff dencken und ſtill ſitzen muß, und welche manchmal nicht ohne allerhand em - pfindliche Gemuͤths-Bewegungen abgehen.

Was293bey der Brunnen-Cur.

Was auch ſonſten die Gemuͤths-Bewegun - gen,*Gemuͤths-Bewegungen. als Zorn, Eyffer, Schrecken, Sorge und Bekuͤmmerniß anbelanget, ſo iſt bekannt, wie groſſen Schaden dieſelben ſo wol denen Geſun - den, als am allermeiſten denen Geſchwaͤcheten und Krancken, ſonderlich wenn dieſelben in einer Cur begriffen, durch welche alle Humores erre - get ſind, und gleichſam in einer Fermentation und Criſi ſtehen. Es iſt nichts ſo ſchaͤdlich und gefaͤhrlich, was denen Patienten alsdenn nicht ſolte begegnen koͤnnen, und ſie durch dergleichen hefftige Affecten ihrer Geſundheit ſchleunig verluſtig gemachet werden koͤnnen. Wie aber ſolches am beſten zu vermeiden, iſt ſchon Cap. VI. §. 53. gemeldet worden.

§. 23.

X. Gar zu ſtarcke Bewegungen des Leibes ſind gemeiner bey der Brunnen-Cur,**Starcke Bewegungen des Leibes. als man Anfangs gedencken ſolte. Denn weil es eine bekannte gute Regel iſt, daß man ſich viel bewegen muͤſſe, ſo geſchiehet ſolches bißweilen inſonderheit von denenjenigen zu viel, welche vom lange Stillſitzen herkommen und der Be - wegung am wenigſten gewohnet ſind. Wenn dieſelben unter dem Trincken ihre Motiones nicht maͤßigen, ſo erfolget ein hefftiger Schweiß, die uͤbrigen Wuͤrckungen werden dadurch ge - hindert, und folgen allerhand BeſchwerungenT 3dar -294Cap. VIII. Mißbraͤuche und Fehlerdarauf, wie Cap. VI. §. 40. 46. 47. ſeq. angezei - get worden.

§. 24.

Auch fatiguiren ſich viele Brunnen - Gaͤſte und ſchwaͤchliches zartes Frauenzimmer bey denen Balls,*Gar zu ſtarckes Tantzen. welche oͤffters bey der Brunnen-Cur gehalten werden, auf das aͤußer - ſte, wiederhohlen den Tantz zu offt, und conti - nuiren ſolchen ſo hefftig und lange, biß ſie gantz erhitzet, ohnmaͤchtig und durſtig werden. Und denn mangelt es bey dergleichen Aſſem - blées nicht an Confect, Caffé, Thée, Limona - de, Wein, Breyhahn ꝛc. mit welchen Sachen manchmahl ein ſchaͤdliches Olipodrigo in dem Magen angerichtet, und alſo der Leib ſchlecht zu der Waſſer-Cur auf den naͤchſten Morgen præ - pariret wird, daß nachmahls die Patienten nicht allein von ihren Kranckheiten nicht curiret, ſon - dern auch wohl mit vielen neuen Beſchwerun - gen, welche von gar zu hefftiger Bewegung, Erhitzung und darauf folgender Erkaͤltung zu entſtehen pflegen, befallen werden.

§. 25.

XI. Wegen der Fehler, ſo bey dem Baden begangen werden,**Mißbraͤuche bey dem Baden. iſt kuͤrtzlich zu be - mercken, daß, wie bey der innerlichen Cur das unvorſichtige kalte Trincken den meiſten und groͤſſeſten Schaden verurſachet, ſo geſchiehet ſolches im Gegentheil bey dem aͤußerlichen Ge -brauch295bey der Brunnen-Cur. brauch durch das ungeſchickte heiß-machen des Bades. Denn weil die meiſten Bade-Frau - en, wie auch die Patienten ſelbſt in den Gedan - cken ſtehen, das Bad koͤnne keinen Nutzen ſchaf - fen, wenn nicht der Schweiß uͤber den gantzen Leib hauffenweiß heraus braͤche, ſo machen ſie das Bad ſo heiß, als es immer moͤglich zu erlei - den, und kommen die Patienten insgemein ſo roth heraus, wie geſottene Krebſe.

Es entſtehen aber von einem gar zu heiſſen Bade allerley ſchaͤdliche und ſchwere Zufaͤlle: als gar zu vieler Schweiß und Verluſt der nuͤtz - lichen Feuchtigkeiten, groſſer Durſt, hefftiges Auffwallen des Gebluͤths, Kopff-ſchmertzen, Schwindel, Hertzklopffen, Angſt, Engbruͤſtig - keit, Mattigkeit, Ohnmachten, unruhige ſchlaff - loſe Naͤchte, verlohrner Appetit, Blutſtuͤrtzun - gen, Fieber ꝛc.

§. 26.

Alle medicinale Qualitaͤten und Wuͤr - ckungen des Bades, welche ſonſt allerdings kraͤfftig in unſerm Waſſer ſind, und nachdruͤck - lich eindringen und angreiffen koͤnnen, wie Cap. VII. §. 5. 6. angezeiget worden, machen doch bey weiten ſo groſſe Alterationes nicht, als die zufaͤllige Eigenſchafft der uͤberfluͤßigen und ſchaͤdlichen Hitze alleine zu machen pfleget, wel - che man doch in ſeiner Macht hat, und nach ei - genem Willen und Wohlgefallen temperiren und maͤßigen kan. Wenn ſich aber viele nachT 4dem296Cap. VIII. Mißbraͤuche und Fehlerdem Pyrmontiſchen gar zu heiß gemachten Ba - de uͤbel befinden, und mit angeregten Zufaͤllen beſchweret werden, ſo wird ſolches dem Waſſer ſelbſt zugeſchrieben, als wenn ſolches zu ſtarck und unbeqvem zum Baden waͤre, da doch ande - re, welchen man das Bad, wie ſichs gebuͤhret, zu - bereitet, auch ſelbſt Schwaͤchliche und Em - pfindliche, ſolches als vor die lange Weile ge - brauchen, und manchmahl zwey Stunden und laͤnger ohne die geringſte Beſchwerung darin - nen aushalten koͤnnen.

§. 27.

Sonſten iſt das Bad auch ſchaͤdlich in waͤhrenden Paroxyſmis, oder in der Heff - tigkeit der Gicht-Schmertzen. Es halten ins - gemein dergleichen Kranckheiten ihren Perio - dum und Abwechſelung, verliehren ſich eine Zeit lang, und kommen nachmahls zu gewiſſer Jahrs-Zeit wieder. Wenn man nun zu ſol - cher Zeit badet, ſo empfinden die Glieder der - gleichen Irritationes und Befeuchtungen ſehr uͤbel, man verſchlimmert die Beſchwehrungen, und machet die Schmertzen groͤſſer, daß man lange Zeit nicht wieder zu rechte kommen kan; Wenn es aber in der guten Zeit geſchiehet, ſo kommt man denen Paroxyſmis mit dem vorſich - tigen Gebrauch des Bades zuvor, præſerviret ſich das gantze Jahr, und wird auch wol gaͤntz - lich, wenn das Ubel nicht ſchon zu ſehr eingewur - tzelt iſt, davon befreyet.

§. 28.297bey der Brunnen-Cur.

§. 28.

Wenn man durch das Bad eine groſ - ſe Geſchwulſt der Fuͤſſe gar zu geſchwind zerthei - let und zuruͤck treibet, ſo entſtehen davon aller - hand innerliche Beſchwerungen, daher ſolches mit Vorſichtigkeit und allmaͤhlig geſchehen muß.

Auch muß man die Geſchwuͤhre und alte Schaͤden der Glieder an unreinen cachecti - ſchen Leibern, welche leicht inflammiren und mit der Roſe incommodiret werden, nicht zu fruͤhe mit dem Bade angreiffen, biß der Leib zuvor gnungſam gereiniget, und die uͤberfluͤßige, ſcharffe und gallichte Feuchtigkeiten abgefuͤh - ret und ausgetrieben ſind; Wie denn dieſe vor - hergehende Reinigungen des Leibes bey allen Kranckheiten, wo man das Bad ſicher und ohne Gefahr und Schaden gebrauchen will, nuͤtzlich und noͤthig ſind. Cap. VII. §. 19. 20.

§. 29.

XII. Endlich iſt denn auch ein grober Mißbrauch,*Welche die Brunnen-Cur gar nicht gebrauchen duͤrffen. wenn gantz Alte, Abgelebte, welche weder Krafft noch Safft mehr haben, durch lange hectiſche Fieber und innerliche Geſchwuͤ - re Ausgezehrte, Schwindſuͤchtige und Lungen - ſuͤchtige, alte Waſſerſuͤchtige, da die Eingewei - de ſchon verdorben, oder andere Krancke, wel - chen durch kein Kraut und Medicin mehr zu helffen iſt, ſondern ſchon vollkommene Todes -T 5Can -298Cap. VIII. Mißbraͤuche und FehlerCandidaten ſind, zu dem Brunnen, als einem Baum des Lebens, ihre letzte Zuflucht nehmen, und denſelben gebrauchen wollen. Mit ei - nem Wort, alle diejenigen Krancken, mit wel - chen es heiſſet: Noli me tangere, welche man auf keinerley Weife durch Medicationes ſtimuliren darff, und keine außerordentliche Excretiones weder gelind noch ſtarck mehr vertragen koͤn - nen, ſolche thun beſſer, daß ſie ihr Stuͤndlein mit Gedult abwarten, als daß ſie den Tod durch die Brunnen-Cur befoͤrdern, und dem ſonſt unſchaͤdlichen Waſſer einen uͤblen Nah - men dadurch machen.

§. 30.

Wenn nun dieſe Mißbraͤuche und Fehler, auch was wir davon allbereit im ſech - ſten Capitel hin und wieder erinnert haben, ver - huͤtet werden, ſo ceſſiren damit die vornehm - ſten Einwuͤrffe, welche man insgemein gegen den Gebrauch der mineraliſchen Waſſer zu ma - chen pfleget. Denjenigen Medicis aber, wel - che nichts deſto weniger die Waſſer-Curen gar indifferent und gering halten, wollen wir nur noch dieſe Frage vorlegen: Auf was Art und Weiſe ſie denn ihre Krancke curiren?

  • 1. Geſchiehet es durch Evacuationes oder Reinigungen des Leibes; ſo haben wir Cap. V. §. 37. 38. angezeiget, daß das Pyrmontiſche Waſſer durch alle Excretoria reinige und aus -trei -299bey der Brunnen-Cur. treibe, und ſolches genungſam und doch ſicher und gelinde. l. c. §. 40.
  • 2.) Sollen die Verſtopffungen wieder er - oͤffnet werden? ſo ſind die Ingredientien des Waſſers ſo beſchaffen, daß ſolche mit unter die beſten Aperientia gehoͤren. Cap. V. §. 11. 14.
  • 3.) Sollen die relaxirten ſchlaffen Theile und Fibræ motrices wieder geſtaͤrcket und be - feſtiget werden, ſo haben wir dieſe Wuͤrckung gantz kraͤfftig von dem reichen Stahl-Gehalt unſers Waſſers. l. c. §. 11. 18.
  • 4.) Sollen die ſcharff-ſauren, ſaltzigen und gallichten Feuchtigkeiten verſuͤſſet, gedaͤmpffet und verbeſſert werden, ſo geſchiehet ſolches durch die ſubtile alcaliſche Erde und cryſtallini - ſche Subſtantz des Waſſers. l. c. §. 25. 26. 27. Wie denn auch alle uͤbrige Correctiones Hu - morum durch die Wuͤrckungen des Waſſers nachdruͤcklich befoͤrdert werden. §. 41.

§. 31.

Wenn aber dieſe Haupt-Wuͤrckun - gen in einem Geſundheits-Mittel beyſammen ſind, und man von ſolchen nicht etwas ſon - derliches gegen viele Kranckheiten des menſch - lichen Leibes zu gewarten hat, ſo weiß ich nicht, wo man etwas beſſeres hernehmen will, Doch iſt nicht Allen alles und einerley gut. Wir wuͤnſchen aber zum Beſchluß dieſes Wercks, daß der Allerhoͤchſte, als der unend -liche300C. VIII. Mißbr. u. Fehl. bey der B. C. liche Brunn alles Guten, das Pyrmontiſche Waſſer ferner an allen und ieden, welche das - ſelbige in rechter Ordnung gebrauchen werden, mildiglich ſegnen wolle, und daß die wiederer - langte Geſundheit mit Danckſagung empfan - gen, und zu ſeines Nahmens Ehre und Ruhm aufgeopffert wer - den moͤge!

ENDE.

[figure]

August Tost Buchbinderei Braunschweig Magnithor 13

About this transcription

TextNeue Beschreibung der Pyrmontischen Gesund-Brunnen
Author Johann Philipp Seip
Extent324 images; 55072 tokens; 8935 types; 406609 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationNeue Beschreibung der Pyrmontischen Gesund-Brunnen Darinnen derselben Historie, wahrer mineralischer Jnhalt und Gebrauch, Beydes Jm Trincken und Baden umständlich erörthert und vorgestellet wird Johann Philipp Seip. . [8] Bl., [1] gef. Bl., 300 S. : Ill. (Kupferst.) FörsterHannover1717.

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HAB Wolfenbüttel HAB Wolfenbüttel, M: Gn 11392Dig: http://diglib.hab.de/drucke/gn-11392/start.htm

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ClassificationFachtext; Medizin; Wissenschaft; Medizin; core; ready; china

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ShelfmarkHAB Wolfenbüttel, M: Gn 11392
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