GOtt that den Wehe-Müttern gutes. Weil die Wehe-Muͤtter GOtt fuͤrchteten / bauete Er ihnen Haͤußer.
Das iſt: Er ſegnet ſie in ihrem Beruff und belohnet ihre Treue.
Der Durchlauchtigſten Fuͤrſtin und Frauen / Frauen Sophien Charlotten / Marggraͤffin und Churfuͤrſtin zu Brandenburg / in Preuſſen / zu Magdeburg / Juͤlich / Cleve / Berge / Stettin / Pom - mern / der Caſſuben und Wenden / auch in Schleßien / zu Croſſen und Schwiebus / Hertzogin; gebohrne Hertzogin zu Braun - ſchweig und Luͤnenburg / Burggraͤffin zu Nuͤrnberg / Fuͤrſtin zu Halberſtadt / Minden und Camin / Graͤffin zu Hohenzollern / der Marck und Ravensberg / Frauen zu Ra - venſtein und der Lande Lauen - burg und Buͤtow / ꝛc. ꝛc. ꝛc.
WEil gegenwaͤrtiges Buch unter dem Schutz und Gnadederder Churfürſtlichen Herrſchafft zuſam - men geſchrieben / achte ich mich ſchul - dig zu erſt Eurer Churfuͤrſtlichen Durchlauchtigkeit daſſelbe anzutragen / und nehme deßwegen die unterthaͤ - nigſte Freyheit dero groſſen Nah - men / als einen maͤchtigen Schutz vor - zuſetzen / mit der Bitte / Euere Chur - fuͤrſtliche Durchlauchtigkeit geruhen es gnaͤdigſt anzunehmen: und dem Wunſch / daß Eure Churfuͤrſtliche Durchlauchtigkeit noch zu langen Zei -tenten ein Seegen des Churfuͤrſtlichen Hauſes und des gantzen Landes / und offt eine geſegnete Mutter werden moͤge / wie von Hertzen wuͤnſchet Ew. Churfuͤrſtl. Durchl.
Meiner gnaͤdigſten Churfuͤr - ſtinn und Frauen Unterthaͤnigſte Juſtina Siegmundin.
WEil es gebraͤuchlich / ins gemein den Buͤchern eine Vorrede vorzuſe - tzen / in welchen der Leſer von einem und dem andern Nachricht haben / und deſto mehr Luſt zu dem Buche ſelbſt nehmen moͤge / habe ich auch mei - nem einfaͤltigem doch gruͤndlichem Geſpraͤch von ſchwe - ren Geburten / und wie denſelben durch Gottes Gna - de und Segen / vermittelſt einer geſchickten Hand / moͤ - ge gerathen werden / dieſen Vorbericht / an ſtatt einer Vorrede / vorſetzen wollen; Nehmlich:
Wie ich zu dieſem Beruff und dieſer Wiſ - ſenſchafft gebracht ſey: Was Urſachen mich be - wogen dieſen Unterricht zu ſchreiben / und an): (2dasNoͤthiger Vorberichtdas Tages Licht zu ſtellen / und was drunter ich fuͤr ein Abſehen und Zweck habe.
Zu dem Ende / damit der begierige Leſer deſto mehr Luſt / zu den Leſen; die aber zum Zweiffeln nnd Wider - ſprechen geneigt / einige Uberzeugung finden moͤgen.
Was das Erſte anlanget: wie ich zu dieſem Beruff und dieſer Wißenſchafft gelanget. So kan ich nicht anders / als GOtt die Ehre geben / der mich wunderbahrlich darzu beruffen / und reichlich da - bey geſegnet: daß ob ich ſelbſt zwar kein Kind getragen / viel weniger zur Welt gebracht / dennoch durch Gottes Gnade manchen bey ſchweren Geburten helffen muͤſ - ſen; Welches dann / den Kluͤglingen / bald zu Anfangs fuͤrſtelle / um ihrem Vorwurff zu begegnen / da ſie mei - nen: daß eine / die ſelbſt nie das Kreißen ausgeſtanden / von ſchweren Geburten und gefaͤhrlichen Kreiſſen nicht gruͤndlich ſchreiben koͤnne / und dannenhero ſich einbil - den: mein Unterricht habe keinen Grund; ja ſich wohl unterſtehen / dieſes andern einzureden. Wer aber mit Vernunfft dieſen Vorwurff uͤberleget / wird leicht finden / daß er entweder aus Mißgunſt oder Un - verſtand herruͤhre: Angeſehen / es ja nicht noͤthig: daß einer alle dergleichen Faͤlle an ſeinem eigenem Leibe muͤße erfahren haben / in welchen er anderen wolle rathen / o - der behuͤlfflich ſeyn. Wie unvernuͤnfftig wuͤrde manſchlieſ -an den geneigten Leſer. ſchlieſſen von einem Medico: daß er nicht koͤnne in ge - faͤhrlichen Kranckheiten gute Artzney und Rath geben; darum weil er ſelbſt an dergleichen nie kranck geweſen / als wann er nicht durch unverdroßenen Fleiß / lang - wierige Erfahrung an vielen Krancken / und vielfaͤlti - ge Ubung durch Gottes Gnade und Segen / (ob er nie gleich Schwind-Waſſerſucht / Fieber / oder andere Kranckheiten ausgeſtanden /) gluͤcklich curiren koͤnte. Wie offt weiß ein Medicus einem patienten ſeine Zufaͤl - le gantz deutlich zu beſchreiben / die er doch nicht ge - fuͤhlet; ſondern / entweder aus der Wiſſenſchafft / oder von andern fleißig angemercket hat. Iſt es denn nicht eben ſo möglich; daß eine Heb-Am̃e / ob ſie gleich kein Kind gebohren / doch durch fleißiges Nachfragen / Handgriff und Nachſiñen / nicht allein ſo wohl / ſondern beſſer; als die Kinder zur Welt gebracht / ur - theilen und rathen koͤnne. Wie ungereimt wuͤr - de man ſchließen / von einem Chirurgo: er koͤnte keine Wunde heilen / keinen Bein - oder Arm-Bruch zu recht bringen / kein erſtorbenes Glied abloͤſen / weil er davon keine Erfahrung an ſeinem eigen Leibe gehabt: da er doch zu dieſem geſchicket / wann er gnungſam Wiſſen - ſchafft hat von dem Schaden / und verſtehet die Mittel / ſonderlich / durch vielfaͤltige Erfahrung in dergleichen Schaͤden den rechten Grund gefaſſet.
Was dann in deꝛgleichen Faͤlle deꝛ Augenſchein und die Erfahrung taͤglich giebet / (daß auch Medici, die wenig ge -): (3kran -Noͤthiger Vorbericht. krancket / Chirurgi, die niemahln Wunden gehabt / doch an - deren Kranckheiten koͤnnen rathen / und Wunden heilen / durch Gottes Gnade / vermittelſt ihrer Wiſſenſchafft und Erfahrung) kan alles Widerreden und Gruͤbeln aufheben / daß nehmlich: eine Heb-Amme / ob ſie GOtt zwar nie zu Kinder zu gebaͤhren in ih - rem Eheſtande hat beruffen wollen / doch durch vieler Jahren Erfahrung / ſchweren Geburten zu rathen geſchickt und tuͤchtig machen koͤnne. Haben wir nicht Exempel / daß kluge und verſtaͤndige Medici und Chirur - gi, durch gruͤndliche Wiſſenſchafft und Erfahrung in ſchweren Geburten ſelbſt Hand anlegen / und die Kreiſ - ſenden gluͤcklich erloͤſen helffen; Wo bleibt dann der grundloſe Vorwurff: Die ſelbſt keine Kinder ge - bohren / kan auch nicht in ſchweren Geburten helffen: Den Einfaͤltigen habe ich dieſes ſo deutlich muͤſſen vorſtellen / daß ſie ſich durch die alberne Reden der Eigenſinnigen nicht laſſen irre machen.
Was noch mehr: Ich ſetze den Fall; Es habe eine Frau GOtt in ihrem Eheſtande zehen / zwoͤlff und mehr mahlen geſegnet und Kindeꝛ gebaͤhren laſſen / wuͤrde drauß folgen / dieſe waͤre darum geſchickt / in ſchweren Geburthen zu rathen / und Hand anzulegen / wann ſie ſonſt davon kei - ne Wiſſenſchafft und Erfahrung haͤtte. Entweder ſie hat leichte Geburten gehabt / wie kan ſie denn von ſchwe - ren urtheilen / wie es dann mehrentheils geſchicht / daß die ſo leicht gebaͤhren / offt nicht glauben noch begreiffenwol -an den geneigten Leſer. wolten die Gefahr der ſchweren Geburten; ſondernur - theilen von andern nach ihrer Erfahrung; oder haben ſie ſchwere und unrechte Geburten / ſo werden ſie aus ihren eigenen Schmertzen nicht klug werden / viel we - niger andern rathen koͤnnen; dieweil offt die Schmer - tzen ſo groß / die Zufaͤlle ſo hefftig / daß ſie nicht wißen / wie ihnen geſchiehet; vielweniger draus lernen / und bey andern uͤben können / wie ein Kind zu wenden / oder unrechte Geburten zu handthieren / ob ſie es gleich an ihren Leibe ausſtuͤnden: wo ſie nicht hernach zum Hand - griff angewieſen werden. Zweifel ich alſo nicht / denen die bishero Luſt haben zu zweifeln / oder mit dieſem Vorwurff meinen Unterricht zu widerſprechen / ſcheine hier Licht gnug zu ihrer Vernunfft / und wann ſie die - ſes nicht ſehen wollen / kan ich ihnen nicht rathen / ſie moͤgen ſagen was ſie wollen. Ich weiß daß ich hierinnen aller verſtaͤndigen Medicorum, derer mich unterſchied - liche in meinem Beruff und Erfahrung geſtaͤrcket; ja aller Chriſtlich - und unpaßioniert-geſinneten Leſer Bey - fall finden werde: Daß auch eine Heb-Amme / ob ſie gleich nie Geburts-Schmertzen ausge - ſtanden / durch Kinder gebaͤhren / doch durch Gottes Gnade / vermitelſt fleiſiges Nachſinnen und vieler Jahren Ubung / ſonderlich / wann ſie in die - ſem Beruff GOtt fleißig anruffet / und unverdroſſen denſelben nachhaͤnget / den Kreißenden in den ſchwereſten Geburten beyhuͤlffig und dienlichſeynNoͤthiger Vorberichtſeyn kan; allermeiſt / wann ſie uͤberzeuget / daß GOtt ſie durch ſonderbahre Schickung darzu hat beruffen wollen / wie ich denn an mir / GOtt zur Ehre muß er - kennen und bekennen. Darum ich den Leſer hiemit be - richte / wie ich zu dieſer Wiſſenſchafft durch gewiſſe Stuffen gefuͤhret ſey.
Mein ſeliger Vater / Elias Dittrich / Pfarrherr zum Ronnſtock im Jauriſchen Fuͤrſtenthum / war mir zeitlich geſtorben / und ich von meiner nun auch ſeligen Mutter zu allen Guten in der Einſamkeit erzogen / biß zum neun zehenten Jahre meines Alters / da ich ver - heurathet ward / an meinem noch lebenden Mann / der zu der Zeit Renth-Schreiber war / in Vilgutſchem Ampte / in Bernſtaͤdtſchen Fuͤrſtenthum / in Schle - ſien: In dem 21ten Jahre ward ich von allen Wehe - Muͤttern ſchwanger gehalten / und wie man mit mir die 40. Wochen hatte ausgerechnet / ſolte und muͤſte ich gebaͤhren / oder mich zu der Geburt ſchicken / die We - he-Mutter urtheilete nach ihrem Verſtande; das Kind ſtuͤnde recht / und weil ich nicht anders wußte / als was ſie mir vorſagte / kreißte ich bis in den dritten Tag / a - ber ohne erloͤſet zu werden: Man holete eine Wehe - Mutter nach der andern / bis gar ihrer Viere waren / welche einſtimmig mit der erſten / das Kind ſtuͤnde recht (da doch kein Kind verhanden) muͤßte alſo nach ihrer Meinung in die 14. Tage geqvaͤlet und auf die Marter - Banck gehalten werden / und waͤre mir ehe die Seeleaus -
an dem geneigten Leſer. ausgetrieben / als ein Kind abgebracht; Wie dann auch dieſes der letzte Troſt der Wehe-Mutter war: Ich wuͤrde mit dem Kinde muͤſſen ſterben. So erfah - ren war ſie nach der gemeinen Arth / in ihrer Wiſſen - ſchafft / von mir ein Kind zu haben / das ich doch nicht truge. GOtt aber erbarmete ſich meiner / und ſchickte von ohngefehr eines Soldaten Weib / in das Dorff / wo ich lag: dieſelbe ward von meinem Manne und Mutter zu mir in dieſer euſerſten Noth geholet; Und / weil ſie mehr Grund und Verſtand / als die auch eine Wehe-Mutter war / in dieſem Beruff hatte / urtheile - te ſie: daß kein Kind / ſondern eine Verſtopffung des Gebluͤtes bey mir waͤr / dabey auch eine große Mut - ter-Kranckheit und Senckung; Darauf dann einem Doctor Medicinæ gebrauchte / der mich durch Gottes Segen und gute Mittel wieder zu rechte brachte.
Dieſe Gefahr nun / nachdem ſie uͤberſtanden / wie ich in dem IV. Cap. dieſes Buchs / p. 37. umſtaͤndlich er - zehlet / war die erſte Stuffe zu meinem Beruff / daß wie ich mich wieder erholete / begierich war / in den Buͤ - chern und Abriſſen / die ich von dieſer materie mir ſchaf - fete / mich zu uͤben / um eines und das andere auf mei - nem Zuſtand zu lernen: Und war dieſes der erſte Be - griff dieſer Wiſſenſchafft / und Erlernung der Geburten: ohne daß ich jemahlen einen Vorſatz hatte / davon Werck zu machen: wann nicht GOtt mir dazu haͤtte Gele - genheit gegeben / und zugleich einem Trieb aus Chriſt -): (): (li -Noͤthiger Vorberichtlicher Liebe und Andencken meiner ausgeſtandenen Noth / meinem Naͤheſten zu dienen / ja gleichſam ohne mein Gedencken darzu beruffen.
Dann weil ich mich zugleich mit den vorgedach - ten Wehe-Muͤttern fleißig unterredete / und ſie derglei - chen Buͤcher und Abbildungen von unterſchiedenen Ge - burten bey mir ſahen / auch von mir die Meinung hat - ten: als haͤtte ich darinnen Grund und Verſtand ge - faſſet / geſchahe es / daß ich in einer euſerſten Noth zu einer kreißenden Baͤurinnen (wie im IV. Cap. des Buchs / p. 35. 36. umſtaͤndlich zu leſen /) von einer dieſer Wehe - Mutter erbaͤten ward. Ich war noch jung und nur 23. Jahr alt / und außer / was ich in den Buͤchern ge - leſen / und die Abbildungen mir eingebildet hatten / kei - nen Verſuch gehabt. Die Noth war groß / die ar - me Baͤuerin hatte ſchon in den dritten Tag gekreißet / die Wehe-Mutter / die doch die Schwiegerin von dieſer Kreißerin / wuſte keinen Rath: weil das Haͤndlein mit dem halben Arm außer dem Leibe heraus gedrungen; Weil man auf mich drung / zu verſuchen / und ich aus Liebe gegen meinen Naͤchſten / mich bereden ließ / und Hand anlegete / nach dem I. Kupffer und Umſtaͤnden der 37. 38. Seite im IV. Cap. gab GOtt ſeine Gnade / mehr / als ich noch zu der Zeit wußte / und dieſe un - rechte Geburt verſtand / daß das Kind / ob zwar ſchwach / gebohren / und die Mutter erloͤſet ward.
Dannenhero ich deſto mehr Luſt und Liebe beymiran den geneigten Leſer. mir fand / als einem Trieb des Goͤttlichen Beruffes / noch fleißiger nachzuleſen und zu ſinnen / ſonderlich weil dieſe gedachte Wehe-Mutter mich dazu anmahnete / und bey vielen Kreißenden mitnahme / wodurch ich je mehr in mehrere Erfahrung kam / und ſonderlich bey den armen Dorff-Leuten; wann eine Gefahr ſich wieſe / ſchwere Geburten waren / von einem Orth zum andern geruffen ward / daß offtermahlen die Kinder ſchon tod / ich alſo durch Gottes Gnade die Muͤtter zu retten die - nen muſte. In ſolcher Schule habe ich mich wohl 12. Jahr geuͤbet / wie mein Mann zu der Zeit Amptmann in den Wartenbergiſchen war / und ich / nachdem eine nach der andern von mir gehoͤret / wohl auf 4. 6. 8. Meilen geholet ward; aber zu lauter ſchweren Faͤllen und Bauers Leuten: da ich denn niemahln / ob zwar davon keine Belohnung hoffen konte / mich gewegert / ſondern weil ich ſahe / daß GOtt meine Arbeit ſegne - te / war mir dieſes Lohn genug / daß ich meinem Nech - ſten koͤnte dienen / und mehr durch die Erfahrung / Grund in dieſer Wiſſenſchafft erlangen. Nachdem ich alſo uͤber 12. Jahr die Lehr-Jahre bey den armen Bau - er-Weibern ausgeſtanden / und bey mancher ſchweren Geburt / unrechte Stellungen der Kinder gelernet / auch wie ein Kind zu wenden / und Gefahr zu verhuͤten / ge - faſſet / war ich zwar noch nicht willens von dieſem Wer - cke profeſſion zu machen; angeſehen ich ſonſt mit mei - nem Manne verſorget war / und dieſes Werck nicht na -): (): (2dersNoͤthiger Vorberichtders / als wie vor erwehnet / bey ſchweren Geburten / und wann ich erfordert ward / uͤbete. So geſchahe es doch / daß ich auch zu einigen Pfarr-Frauen und end - lich zu Adelichen / in ſchweren Faͤllen[geruffen] / und al - ſo den Medicis bekant ward / deren einer bey dem Lignitzſchen Magiſtrat es ohne mein Wiſſen und Su - chen dahin brachte / daß ſie mich zu einer Wehe-Mut - ter fuͤr ihre Stadt verlangeten / und erhielten. In die - ſem Beruff / wie ich ſuchte GOtt und meinen Nechſten zu dienen / und einige Jahre hingebracht / und dabey noch taͤglich wahrgenommen / wie ein Tag den andern lehrete / und mir GOtt immer mehr Licht in meinem Beruff zeigete; Trug ſich ein ſonderbarer Fall zu / der mir zu großen Nachſinnen Anlaß / und in meiner Wiſ - ſenſchafft mercklichen Grund gab: Es war eine hohe Perſon / der ein Gewaͤchß in der Mutter Angewach - ſen / das ſchon anfing zu faulen / und wo es nicht wurde weggenommen / ihr den gewiſſen Tod drohete. Ich haͤtte mich nicht unterſtanden dieſes hier anzufuͤhren / (weiln / wie mein GOtt weiß / ihm in allem die Ehre gebe) wenn es nicht andere zur Nachricht dienlich gehalten / und in gegenwaͤrtigen Kupfferbilde anzuweiſen / mir ge - rathen; Gedachte hohe Perſon war toͤdtlich kranck / hatte ſchwere Zufaͤlle / ſo / daß einer von den Medicis auf die Gedancken kam / ob ein Mohn-Kind verhanden. Es wurden unterſchiedliche Heb-Ammen geſuchet; mir aber ſonderlich von gedachten Medico ein Licht gegeben /undan den geneigten Leſer. und gerathen zu verſuchen / ob ich etwas ergruͤnden koͤnte: Fand alſo / daß in dem innern Mutter-Munde an der rechten Seiten ein Gewaͤchß: Wie alſo dieſes weg zu bringen / war die Frage / und das eintzige Mit - tel; Ich verſuchte / wie das Bild weiſet / es zu faſſen / mit einem Haaken / in Meinung / es allmaͤhlig heraus zu ziehen / fand es aber angewachſen / gab alſo mir GOtt dieſen Einfall ein; Ich nahm ein weißes Band / mach - te draus eine Schlinge / und brachte dieſe vermittelſt meiner rechten Hand und Finger (wie im Kupfferbilde zu ſehen) uͤber dem Gewaͤchſe / und wie das Gewaͤchs recht gefaſſet / zog ich die Schlinge mit der lincken Handzu / und ſchnitte hernach durch eine lange Scheere das Gewaͤchſe ab / ſo gluͤcklich / daß dieſe hohe Perſon noch neun Jahr hernach lebete. Wie dieſes geſchehen / weiſen die drey Kupffere / das erſte / das Anhaaken und Anſchlingen / das andere / die Zuziehung der Schlingen / das dritte / den Schnitt mit der Scheere / dabey denn die geſchling - te Schnure um die letzte zwey Finger / hatte gewunden / damit das Gewaͤchs unter wehrenden Schnitt nicht zu ruͤcke weichen koͤnte. Durch dieſe gluͤckliche Operation, fand ich nicht allein mehr Licht im meiner Wiſſenſchafft / ſondern mehr Gelegenheit an unterſchiedlichen Orten verlangt zu werden / alſo daß ich durch die Fuͤrſtl. Herr - ſchafft / von der Stadt Lignitz / und im einer ordentlichen - Bedienung frey gemacht / und dem Hoff zu folgen / ver - bunden wurde. In dieſem Beruff ward ich bald nach): (): (3Sach -Noͤthiger VorberichtSachſen / bald in Schleßien / und von manchen loß gebethen und gebraucht: wordurch ich dann Gelegenheit erhielt meinem Beruff beßer noch nachzudencken / und von unterſchiedlichen gelehrten Medicis zu lernen.
Endlich fuͤgete es GOtt / daß einer gewiſſen Frau - en zu gefallen hieher / ihr beyzuſtehen in der bevorſtehen - den Geburt herreiſete / und dadurch Gelegenheit erlan - gete dem hochſeligſten Churfuͤrſten / glorwuͤrdigſten An - denckens Friedrich Wilhelm / recommendiret / und von Demſelben gnaͤdigſt zu einer Hoff-Wehe-Mut - ter / beruffen zu werden / in welchem Beruff / auch ietzt re - gierende Churfl. Durchl. Friderich der III. gnaͤdigſt mich confirmiren laſſen: Auf ſolche Wege hat mich GOtt beruffen / und noch bishero geſegnet / daß ich mei - nen Nechſten habe dienen koͤnnen / nicht allein hohen und erlauchten Perſonen / die ich hier benennen koͤnte / ſondern / auch den allergeringſten / ſonderlich / wann ich ſie in der Gefahr geſehen / und darzu geruffen worden / habe mich nichts abhalten laſſen / nach Vermoͤgen zu rahten und zu retten. Dieſes iſt alſo das Erſte / das ich den Chriſtlichen Leſer habe vorberichten wollen / wie ich zu dieſem Beruff und Wiſſenſchafft ge - kommen; daß / ob ich gleich kein Kind gehabt / doch vielen in ſchweren Faͤllen von ihren Kin - dern loß zu werden / oder ihre Kinder zu retten /habean den geneigten Leſer. habe dienen muͤßen. GOtt hat mich darzu beruf - fen / dem ſey auch Lob und Danck geſaget.
Was aber zum Andern anlanget / warum ich dieſes Buch geſchrieben / und nun zum Druck heraus gebe / auch mit wenigen zu berichten / iſt zu wiſ - ſen: Daß / weil ich von vielen Jaren herd an unterſchied - liche Oerther habe reiſen / und bis zu der Niederkunfft derer Frauen / ſo mich verlanget / aufhalten muͤſſen / fand ich keine beßere Zeit-Vertreib / als meine Ge - dancken und Anmerckungen / bey den ſchwehren Faͤl - len / zu Papier zu bringen: Es war mir leicht eine Feder und Papier zu haben / und den Vorrath hatte ich in meinen Gedancken / aus der angemerckten Er - fahrung. Wann ich alſo ein muͤßiges Stuͤndchen ſahe / ſchrieb ich etwas zuſammen / ohne zu gedencken / daß das ſolte ein Buch fuͤr der Welt werden; Sondern ich ſchrie - be eine und andere Zufaͤlle auf fuͤr mir / es nicht zu ver - geſſen / und bey andern deſto gruͤndlicher davon zu re - den; ſonderlich / weil ich hoͤren muſte / wie ungegruͤndet ſo wohl Wehe-Muͤtter / als andere kluge Frauen offt von unterſchiedlichen Zufaͤllen redeten. Es kam noch dazu / daß ich in einer gewiſſen Angelegenheit / die ich in dem Buch an ſeinem Orth anfuͤhre / mich zu ver - thaͤtigen / vornehmer Medicorum Gutachten und Aus - ſpruch einholen muͤſte / dadurch ward mir Anlaß gege -ben /Noͤthiger Vorbericht. ben / aus voriger Jahre Erfahrung / mich der ſchweren Geburten / die mir vorgefallen / zu erinnern: in dem ich alſo anfing zu ſchreiben / wuchs mir eine Frage aus der andern (und ſehe deren noch kein Ende /) daß ich end - lich dieſen Schluß faſſete / es in ein Geſpraͤch zu brin - gen / daß von Zeit zu Zeit vermehret und verbeßert / auch mit vielen Hochgelahrten Hn. Medicis daruͤber geredet / und vielfaͤltig vornehmen Frauen daraus vorgeleſen habe / die mich offters zum Druck dieſes zu geben ange - mahnet: Ich habe mich aber niemahl recht dazu faſſen koͤnnen / weil bald dieſes / bald jenes mich davon abhielte: bis ich vorm Jahre auf gnaͤdigſten Befehl Seiner Churfuͤrſtl. Durchl. Meines gnaͤdigſten Herrn Ihre Durchl. die Princeßin von Naßau / bey ihrer Niederkunfft unterthaͤnigſt zu dienen in Frieß - land / und von dar weiters nach dem Haag / in Holland / reiſen muſte / und in dem ich allda / ſo wohl vor / als nach der gluͤcklichen Niederkunfft / mich ein Zeit - lang aufhielte / und die Gnade hatte / Ihro Maje - ſtaͤt der jetz-regierenden Koͤnigin in Engelland / dieſe von mir zuſammen getragene und mit einigen Abriſ - ſen ſchon verſehenen Schrifft zu weiſen. Erzeigeten nicht allein Ihre Majeſtaͤt hieruͤber ein gnaͤdigſtes Gefallẽ / ſondern habẽ mich auch angemahnet / dieſes for - derſamſt zum Druck zu verfertigen; uͤber das / weil auch /un -
an den geneigten Leſer. unterſchiedliche Doctores; ſonderlich die Hochfuͤrſtl. Naßowiſche Leib-Medici, mir eben dieſes riethen / und darzu ihre Huͤlffe antrugen / nahm ich dieſem Schluß / und dabey die Gelegenheit war / die noch benoͤthigte Kupffer dort anzugeben und ſtechen zu laſſen / und alſo das Werck zum Druck zu verfertigen. Reiſete auch deß - wegen alſobald / nachverrichteter Hollaͤndiſcher Reiſe nach Franckfurt / an der Oder / um dieſes mein Vorha - ben und Buch der Mediciniſchen Facultaͤt hochverſtaͤndi - gem Cenſur zu untergebẽ / die dañ darzu ſich auch wilfaͤh - rig erwieſen / und nach Durchleſung meines Buchs mich auch zum Druck ermahneten. Solchergeſtalt iſt die - ſes Buch / das lange / wie in einer Geburt geſtecket / ans Liecht gekommen / und ſol / weil ich keine Kinder zur Welt gebohren / das ſeyn / was ich der Welt hinterlaſſe: Ha - be ich alſo nicht noͤthig weitlaͤufftig die Urſachen des Drucks zu rechtfertigen. Einjeder iſt ja ſchuldig ſei - ne Gabe und Wiſſenſchafft ſeinem Nechſten zum beſten anzuwenden / weil wir als Glieder in einem Leibe unter einander ſeyn verbunden / und kan ich ja nicht beſſer mei - nen Nechſten dienen / als daß ich ihnen das durch den Druck offenbahre / was ich durch viele Jahre Wiſſen - ſchafft und Erfahrung gefaſſet habe: mit dem hertzlichen Wunſch / daß es moͤge durch GOttes Gnade / wo es noͤ - thig / mit Nutz angewendet werden. Und weil ſonderlich mein Beruff von der hochſeligſten Churfuͤrſtli -): (): (): (chenNoͤthiger Vorberichtchen Herrſchafft hieſiger Orten dahin ziehlet / andern Wehe-Muͤttern in ſchwehren Faͤllen beyzuſtehen / auch andere zu ſolcher Wiſſenſchafft anzufuͤhren / zu welchem Beruff ich auch noch verbundẽ; Ich aber noch wenig ge - ſehen / die von mir Unterricht verlangen / auſſer daß / wann die Noht bey den Kreiſenden auffs euſſerſte / ſie mich ruf - fen laſſen; Habe ich meine Pflicht nicht beſſer abzuſtat - ten gemeinet / als wann ich einen deutlichen Unterricht / wie dañ dieſe Unterredung iſt / drucken lieſſe / daraus nicht allein die Wehe-Muͤtter lernen; ſondern auch / was Sie fuͤr Grund in ihrer Wiſſenſchafft haben / koͤnten gefraget und manche ſchwere Faͤlle bey den Geburten durch Got - tes Gnade vorſichtig abzuwenden / angewieſen werden. Endlich / weil ich auch taͤglich ab - und in dem Verlangen des Ewigen zunehme / und mein Ende vor Augen ſehe; Habe ich mein Pfund / das iſt / die von GOtt verliehene Wiſſenſchafft / und die von dreyßig Jahren hero bey die - ſen Beruff gehabte Erfahrung / nicht begraben wollen; ſondern GOtt zu Ehren / dem gemeinen Beſten zu Nu - tzen / und aus Liebe zu meinem Nechſten / die Bilder zu den Stellungen der Geburt auf mein eigen Unkoſten laſ - ſen ſtechen und drucken / und dieſes Buch / wie es itzund heraus kommt / verfertigen / damit ich der Welt nichts ſchuldig bleibe / als die Liebe: und das Licht / das mir GOtt in dieſer Welt gegeben / in dieſer Wiſſenſchafft und Erfahrung / nach meinem Tod in der Welt laſſe. Die - ſes ſind meine Urſachen / zu dieſem Druck / wil jemandmiran den geneigten Leſer. mir andere antichten / der wird ſich betrogen finden / und von mir keiner andern Antwort gewertig ſeyn / als daß GOtt unſere Hertzen kenne und wiſſe: daß mich nichts anders / auſſer dem vorgedachten Befehl / und meinem Beruff / zu dieſem Druck gebracht / als die Begierde mei - nem Nechſten zu dienen / in der Zuverſicht / daß vielleicht die itzund Bedencken tragen mich muͤndlich zu fragen / durch dieſe Schrifft Unterricht werden annehmen / mit mehrerm Grund in vorfallenden ſchwehren Geburten / nuͤtzliche Dienſte zu leiſten / welches GOTT aus Gna - den verleihen wolle; Und das
Iſt alſo Drittens mein eintziger Zweck in dieſer Arbeit / und bey dieſen Unkoſten dem allgemeinem Weſen zu dienen; Und zu dem Ende ſonderlich den We - he-Muͤttern ein Liecht zu geben / ſo gar / daß ich wuͤnſch - te / daß ich alles koͤnte mittheilen / umb dadurch den ar - men Kreiſſenden zu rahten. Ich wil hier nicht Klage fuͤhren uͤber die groſſe Unwiſſenheit / die bey vielen zu groſ - ſer Gefahr der darunter Leidenden / geſpuͤhret wird. Es ſind viele die es nie gruͤndlich erfahren: Es ſind an - dere die etwas eigenſinnig. Allen iſt hoͤchſt-noͤhtig / daß ſie dieſen Unterricht leſen / und dann / was ſie wiſſen / und noch nicht wiſſen / draus erkennen / und taͤglich mehr nach - ſinnen. Sonderlich / daß ſie bald von Anfangs in dem rechten Begriff der Geburten und ihrer Stellungen / ei -): (): (): (2nenNoͤthiger Vorberichtnen guten Grund faſſen / und ihnen nach den Abbildun - gen der Figuren einen gruͤndlichen Eindruck einbilden / wie die Kinder in Mutterleibe liegen / und in was Ge - ſtalten ſie zur Geburt ſich ſchicken / und woraus ſie die - ſes / und auf was Grund ergruͤnden koͤnnen; Ob gleich dieſes in dem gantzen Buch angewieſen / ſo habe doch in dieſem Vor-Bericht zu beſſern Eindruck ein Kupf - fer-Bild / ſamt einem vollkommenem Kinde / wie es in Mutterleibe krum; bald ſo / bald anders / doch allemal krum zu liegen pfleget / voꝛſtellen wollẽ / umb deſto beſſer den Wehe-Muͤttern / die hiervon noch keinen Grund haben / einzubilden: das / was ſie in dem folgen - den Kupffern / die nur die Mutter / und die darinn liegen - de Kinder vorſtellen / nicht ſo wol faſſen koͤnnen: Iſt derowegen wol zu betrachten dieſes groſſe Kupffer - Bild / welches weiſet durch folgende ordentliche Buch - ſtaben / und dero Benennung.
wie ein ſchwanger Leib / ſambt dem darinnen lie -gendenan den geneigtes Leſer. genden Kinde / und deſſen Nachgebuhrt / mit allen zugehoͤrigen Haͤutlein beſchaffen ſey; wornach ſich die Wehe-Muͤtter richten koͤnnen und ſollen / wann Sie Ihren Beruff vorſichtig und Chriſtlich zu verrich - ten geſinnet ſeyn: denn es iſt nicht genug / daß eine Wehe-Mutter ſagen kan: Sie habe viel ſchwehre Ge - buhrten unterhaͤnden gehabt; beſſer iſt es wenn ſchwere Gebuhrten Sie zu verhuͤten weiß / daß nicht zwey biß dreytaͤgiges Kreiſſen folgen muͤſſe und doͤrffte. Es ſind mir unterſchiedene unwiſſende Wehe-Muͤtter vorkom - men / die viel ſchwere Gebuhrten erzehlet / welche Ihnen bey langwierigem Kreiſſen / endlich noch gluͤcklich fuͤr die Mutter / offters auch fuͤr die Kinder von ſtatten gegan - gen / und iſt ihnen ohn allen Verſtand und Wiſſenſchaft gerahten: gleich den Spruͤchwort / wie einer blinden Henne / wenn ſie ein Weitzen Korn findet. Es kan un - muͤglich anders ſeyn / weil ſie nicht wiſſen / wie es / da das Kind gebohren worden / zugegangen. Sie ſagen zwar: Wir haben des Kindes Haͤndlein / ſo offt es her - auß gekommen wieder eingebracht / biß der liebe Gott geholffen / und die rechte Stunde zur Gebuhrt verhan - den geweſen; als dann ſey es gluͤcklich von ſtatten ge - gangen: wenn ich aber wiſſen wolte / wie dann dieſe Kinder endlich gekommen / als ſie gebohren worden / ob die Armen bey dem Kopff / und die Frucht ſehr klein geweſen? So haben ſie Nein geſagt. Darauff ich weiter gefragt: ob den die Fuͤſſe ſambt den Haͤndlein): (): (): (3zugleicheNoͤthiger Vorbericht. zugleiche durch und eingedrungen? hat es wieder Nein geheiſſen. Dann hab ich abermals fragen muͤſſen: ob es denn mit dem Hinterſten kommen / und ſo als doppelt beyſammen gebohren worden? Hat es dennoch be - ſtaͤndig Nein geheiſſen. Als dann iſt der Unterricht Ihnen hoͤchſt noͤhtig geweſen: daß nemlich die Kinder / wenn Sie vollkommen / und rechter Groͤſſe ſeyn / wie Sie ſeyn ſollen und muͤſſen / dofern Sie leben ſollen / auff keine andere / als erwehnte drey Arten koͤnten gebohren werden. Zwar / es iſt eines gröſſer und kleiner / als daß andere / doch kan unter vollkommener Geburt auch das kleineſte anders nicht / als auff dieſe drey Arten gebohren werden / es weren denn unzeitige Kinder / als bey dem Mißkram oder Mißgebuhrten / von zwantzig oder etzliche zwantzig wochen / dieſe koͤnnen mit der Nachgebuhrt / und einen klumpen zuſammen gepreſſet kommen / welches ein vollkommen Kind wohl muß bleiben laſſen. Wenn ich Ihnen den ferner zu - geredet: Sie ſolten ja und muͤſten wiſſen / auff welcher - ley Art unter beſagten dreyen die Kinder waͤren kom - men und gebohren worden / weil Sie anders nicht / als wie geſagt kom̃en koͤnten / entweder von ſich ſelber / durch langwierige Wehen endlich gezwungen / oder auch durch Wendung. So iſt doch keine beſſere Rede und Antwort erfolget / in dem Sie gantz keinen Verſtand von der noͤh - tigen Wendung gehabt; darumb iſt auch Ihre ver - meinte Huͤlffe nichtig geweſen / und hat der liebe GOttundan den geneigten Leſer. und die Natur freylich daß beſte dabey thun muͤſſen. Wenn ich denn ſo gar nachdruͤcklich den Grund Ihrer beywohnenden Wiſſenſchaft zuerforſchen nicht ablaſſen wollen / ſo ſeynd Sie endlich zornig worden / und haben mir tolle Gebuhrten daher geſaget: Als wenn die Kin - der in einem Klumpen beyſammen / mit dem Kopff / ſampt den Haͤnden und Fuͤſſen zugleiche weren geboh - ren worden; Ja ſie kaͤmen auch wol mit dem Hinter - ſten / und haͤtten den Kopff doch zwiſchen den Beinen / wuͤrden auch ſo in der Runde gebohren. Zugeſchwei - gen anderer Gebuhrten / die Sie wieder alle Vernunfft erzehlet haben. Dieſen denn zugefallen / weil mich ge - aͤrgert ſolch thumb Ding zu hören / habe ich dieſen Unterricht wollen ſchreiben und noch dazu dieſes Kupferbild vorſetzen / darumb / daß dergleichen Wehe-Muͤtter ſich ſollen erkennen lernen / daß Sie noch keine Wiſſenſchafft haben / und mit deſto mehrer Be - gierde nach dem rechten Grunde forſchen ſollen. Wie - derhohle alſo billich noch einmal: Daß die Kinder auf keine andere Weiſe koͤnnen gebohren werden / als auf o - ben erzehlete drey Arten / es waͤre denn / daß eine un - wiſſende Wehe-Mutter dazukaͤme / und dem Kinde mit Gewalt die Armen / (wie ich woll auff allzuſpaͤtes er - fordern / dergleichen vermeinte / doch klaͤgliche Huͤlffe veruͤben ſehen) ſambt den Rippen / Lunge / Leber / im - gleichen die Beine / und ſo gar die Daͤrme / gantz un - vernuͤnfftig außreiſſe. Wenn nun die Kinder nicht allzugroßNoͤthiger Vorbericht. groß ſeyn / daß ſich dergeſtalt ein Stuͤck nach dem andern abreiſſen laͤſt / ſo mag der Mutter manches mahl das Leben gerettet werden / allein die Geſundheit wird ſie ſchwerlich behalten / doch gehet es / (wo ja gar nicht) doch ſelten ohne groſſe Gewalt und Schaden an / und ob es bey einer ſtarcken Frauen und kleinem Kinde an - gehet / ſo iſt es doch gewaltſahm / unvernuͤnfftig und gantz unverantwortlich gehandelt. Solten denn nun ſolche Wehe-Muͤtter nicht verpflichtet ſeyn / GOtt zu - fuͤrchten / und es beſſer zu lernen / wenn Sie Ihr Ge - wiſſen bewahren / und Ihrem Beruff Chriſtlich zufuͤh - ren trachteten? So lange Sie keinen beſſeren Grund wiſſen / ſehen / hoͤhren oder leſen / ſo moͤchte man Sie in etwas entſchuldigen / wenn aber ein Licht Ihnen auff - geſtecket wird / und Sie dennoch aus hartem verkehrtem Sinn / im Finſtern tappen / oder den guthertzig mitge - theilten Grund der Sache / nicht annehmen / moͤglichſten Fleiſſes nachdencken / und dem nohtleidenden Nechſten zum beſten anwenden wollen / ſo wird ſolcher eigen Sinn dermahleinſt ſchwere Verandwortung nach ſich ziehen. Solches ſtelle ich denen Streitt-Begierigen / Nachlaͤßigen / Wehe-Muͤttern / wohl zu behertzigen anheim / und will hoffen / wenn Sie meinen guten Wil - len des Unterrichtes von ſchweren Gebuhrten / und wo moͤglich / Verhuͤtung derſelben / auch von ge - ſchickter Wendung derer unrechtſtehenden Gebuhr - ten / ohne Affecten / nachdencklich leſen / dem gele -ſenenan den geneigten Leſer. ſenen gruͤndlich nachdencken / auch bey Ihren Bedienun - gen auszuuͤben beſſere Achtung geben werden / Sie wer - den ſolchen Untericht / wo ja nicht offentlich mit Ihrem Munde / jedoch als in Ihrem Hertzen und Gewiſſen uͤberzeuget / Beyfall geben / Ihre bißherige unbedacht - ſame blinde Feindſchafft zum theil / in einſtim̃ige Freund - ſchafft wandeln / und mich als eine tuͤchtige Wehe - Mutter unter Ihrer Geſellſchafft nehmen / ob ich gleich keine Kinder gehabt / in dem ich erwieſen / daß es wenig zur Wiſſenſchafft helffen oder ſchaden koͤnne / ſondern vielmehr offenbar ſey / daß viel unwiſ - ſende Wehe-Muͤtter zufinden / die doch ſelbſten viel Kinder gehabt / und dennoch nichtes kluͤger davon ge - worden ſind.
GOtt bindet ſeine Gaben an keine gewiſſe Perſo - nen / ſondern giebt ſie / wem er wil; Denen er ſie aber gie - bet / giebt er auch zugleich Luſt und Begierde nachzufor - ſchen und nachzuſinnen / und in dieſe Wege ſegnet er als - dann den Fleiß mit mehrerm Gaben und Liecht. In allen ſey auch Ihm die Ehre / wann mein Nechſter mit dieſer Arbeit kan erbauet werden. Ich habe wollmei - nend es zu dem Ende geſchrieben / und noch uͤber die - ſes / vorhergehenden Bericht zu mehrem Licht voran - ſetzen wollen. Muß aber noch etwas hinzuſetzen / ehe ich ſchlieſſe.
Es kan ſeyn / daß einige gar / wann Sie von die - ſem Buch hoͤhren werden / bald dagegen reden: Es ſey): (): (): (): (ausNoͤthiger Vorberichtaus meinem Gehirn nicht gewachſen; andere aber / wann Sie es leſen / fuͤr gar zu einfaͤltig halten werden. Was das Erſte angehet / kan ich jedem gerne ſeine Gedancken frey laſſen / und wird die Art des Buchs gnugſam zeigen / daß es meine Arbeit; dann ſo wie ich es taͤglich bey meinem Beruff finde / ſo pflege ich davon zu reden / und wie ich davon rede / ſo habe ich hier davon geſchrieben / darumb es dann auch allzu ein - faͤltig vielen anſcheinen wird / denen auch zur Nach - richt dienen moͤchte: Eben darumb / weil ich es nach meinem Gutduͤncken geſchrieben / kan es nicht anders als in dieſer Geſtalt erſcheinen; und da ich meine auch am meiſten meinen Zweck mit zuerreichen. Dann ich keinem andern zu gute die Fragen zuſammen getragen / als anfaͤnglich bey ſo vielen erfahrnen Exempeln / daß durch ein geringes Verſehen / [daß doch leicht haͤtte koͤn - nen verhuͤtet werden] Mutter und Kind in euſſerſte Ge - fahr gerahten / einigen Freunden ein Licht zugeben / daß ihnen nicht allein durch eine gewiſſe Erfindung / wie ein Kind koͤnne zu rechtem Geſchick gelencket / oder wann es unrecht ſtuͤnde / gewendet werden / augenſcheinlich vor bildete; ſondern auch deutlich beſchrieben / und dadurch auch den Wehe-Muͤttern ein Licht zu geben und mehr zu - ſchreiben von vielen angemahnet ward. Und zu die - ſem Ende war ja noͤhtig auffs aller deutlichſte dieſe Zu - faͤlle / die ſo wenig bekand / vorzuſtellen / und offt ein Ding zu wiederhohlen / damit es auch die Allereinfaͤl -tigſtenan den geneigten Leſer. tigſten begreiffen moͤgen. Gelahrte Dinge gehoͤren fuͤr die Gelahrte / die aus meinen Unterricht nur die - ſes koͤnnen ſehen / wie ein vorſichtiger Angrieff die Ge - fahr ergruͤnden / und ein ſorgfaͤltiger Handgriff durch Gottes Gnade in der Gefahr dienen und helffen kan. Dafern nicht alles nach der Gelahrten Sinn geſchrie - ben / will mich gerne weiſen laſſen / und ſolte eines und das ander noch beſſer muͤſſen erklaͤhret werden / auch allzeit dazu willig mich ſtellen / ſo weit / als ich aus dem Be - grieff und der Erfahrung davon redenkan. Wo ich ge - irret habe / will ich dem dancken / der mich beſſer mit Grund unterweiſet: Im Fall auch noch einige Faͤlle / die hier nicht berichtet / mir an die Hand gegeben wer - den / wird es mir lieb ſeyn / dieſelbe zu wiſſen / zu meh - rern Grund / weil in der Erfahrung wir taͤglich kluͤger werden koͤnnen und muͤſſen. Wenn alſo mein Zweck und meine Perſon recht betrachtet wird / da ich als eine Wehe-Mutter andere zu unterrichten ſuche / wird nie - mand eine andere Art von ſchreiben / als dieſe deutliche und einfaͤltige von mir erwarten / und alſo deßwegen nicht die darunter vorgeſtellete noͤhtige und nuͤtzliche Dinge verachten. Daß unter dieſer einfaͤltigen Re - dens-Art viele gute Dinge enthalten ſeyn / iſt das Zeug - nuͤß der hochloͤblichen Mediciniſchen Faculitaͤt zu Franckfurt / die ehe ich es zum Druck gegeben / geleſen; und daß nichts Aberglaubiſch und wieder Gottes Wort darinn vorgeſtellet / zeugen nach angeſtelleter durchle -): (): (): (): (2ſungſung die Churfuͤrſtlichen Herren Hoff-Predigere / derer Zeugnuͤß umb die Privilegia zu haben / habe einhohlen muͤſſen: Beyde ſetzen dem Leſer zur Nachricht hier bey / als auß welchem kan dieſe meine einfaͤltige Arbeit / ſo weit es noͤhtig iſt / gerechtfertiget / und womit fuͤglich dieſer Vorbericht beſchloſſen werden.
GOtt zu ehren / durch ſeine Gaben / meinem Nechſten zu dienen mit meinem Beruff / iſt geweſen mein Zweck in dieſem Wercke / und ſoll auch ſeyn mein Ziehl / ſo lange Gott Kraͤffte und Leben giebet / zu deſſen Gnade den geneigten Leſer und mich empfehle / mit dem Wunſch das Gott uns alle in dieſer Zeit wolle zu bereiten / zu ſeinem Lob und ewigen Seeligkeit Amen.
WIr Endesunterſchriebene bekennen und Atteſtiren hiermit / daß im Durchleſung des Buches von ſchweren Geburthen / und wo moͤglich / Verhuͤttung derſelben / wie auch von Wendungen der unrechten Gebuhrten / durch Fr. Juſtinen Siegmundin / Churfuͤrſtl. Brandenb. ge - ſchwornen Hof-Wehe-Mutter / in Frag und Antwort geſtellet / und Uns zu gehoͤriger Cenſur uͤbergeben / Wir nichtes befunden / was wieder Gott und ſein heiliges Wort ſtreite / oder dem Chriſtlichen Glauben im ge - ringſten nachtheilig / ſondern vielmehr alles / ohne ſu - perſtition, der Erbarkeit gemaͤß eingerichtet ſey; ſo daß ihre Chriſtliche intention billich zu loben / und ſolcher ihr Unterricht gar wol und mit Nutzen dem Publico zum beſten gedrucket werden koͤnne. Gegeben Coͤlln an der Spree den 5. April. 1689.
G. C. BERGIUS. D. Churf. Brandenb. Elteſter Hof-Prediger und Con - ſiſtorial Rath.
Heinrich Schmettow / Churf. Hof-Prediger.
ANTONIUS BRUNSENIUS, Churfuͤrſtl. Hof-Prediger.
WIr Decanus, Senior, Doctores und Profeſſores Ordinarii, der Mediciniſchen Fa - cultaͤt / auff der Churfuͤrſtl. Brandenb. Uni - verſitaͤt zu Franckfurt an der Oder / geben hiermit zu vernehmen / das Frau Juſtina Sigis - mundin bey Uns eingegeben und zuverleſen gebehten / ein Buch beſtehend in zweyen Theilen / derer Titel ſind: [I.] Ein Geſpraͤch zweyer Friedliebenden Wehe - Muͤtter / welche / wegen ihres Beruffs oder Ambts ſich treuhertzig mit einander unterreden / wegen ſchwehrer Gebuhrten / wie auch wegen Wendung der unrechten Gebuhrten / darinnen die unterredende Perſonen ſeynd Chriſtina / Juſtina. [II.] Ein ander Geſpraͤch / worinnen hinwieder Juſtina von Chriſtinen durch vielle Fragen vernimmet: Ob Sie auch Ihren Unter - richt verſtanden und gefaſſet? Mit angehenchtem Be - richt / daß wir den darinn befindlichen einfaͤltigen Stylum Uns nicht befrembden laſſen moͤchten / maſſen Sie ſelb - ſten ohne andere Huͤlffe es alſo zuſammen geſchrieben / vornehmlich zu dem Ende / daß einfaͤltige Wehe-Muͤt - ter deſto leichter die darinnen enthaltene Dinge begreif - fen und ſich darauß zum gemeinen Nutzen der Schwan - gern und Gebaͤhrenden erbauen koͤnten.
Wie wir nun dieſe Ihre gute Intention allerdings approbiren / alſo haben Wir auch bey Durchleſung deſſel - ben befunden / daß unter ſolcher Schreibens-Art vielle gute und nuͤtzliche Dinge / geſchickliche Hand-Griffe und Wendungen / ſo vielen / ja leider! den meiſten Wehe -Muͤttern /Muͤttern / zum nicht geringen Nachtheil vieler geſeegne - ten Frauen / bißher wenig bekant ſeynd / angegeben / und nach eigener Erfahrung deutlich beſchrieben ſeynd. Dannenhero Wir denn der Meynung und Hoffnung leben / daß es mit guten Nutzen in offentlichen Druck gegeben / und von denen Wehe-Muͤtteren werde geleſen / auch von den ſaͤmbtlichen Frauen-Zimmer mit groſſen Danck angenommen werden. Solche Unſere Hoff - nunge wolle der Hoͤchſte erfuͤllen / und Ihren Beruff wie bißher / alſo ferner nach ihren eigenen Wunſche geſeegenen. Gegeben unter Unſer Facultaͤt Inſiegel / Franckfurt an der Oder / den 28ten. Martii. Anno 1689.
Decanus, Senior, Doctores und Profeſſores Ordinarii der Medici - niſchen Faculitaͤt auff der Churf. Brandenb. Univerſitaͤt zu Franck - furth an der Oder.
(L. S.)
LIebe Schweſter / ich bitte dich / gieb mir doch gruͤndlichen Bericht von ſchweren Geburten / und / wo moͤglich / Verhuͤtung derſel - ben / auch von geſchickter Wendung der un - recht ſtehenden Geburten. Kan deñ eine Wehe - Mutter in ſolchen offters vorkom̃enden ungewoͤhnlichen Faͤllen / den kreiſtenden Frauen helffen:
Ja / ſie kan auff gewiſſe Art und Weiſe helffen / nemlich / wenn ſie verſtaͤndig / und bey mancherley Geburten Be - dienung gehabt / auch eine geſchickte Hand hat.
Ich weiß / daß du / durch viel-Jaͤhrige Ubung erfahren biſt / darum bitt ich nochmals / du wolleſt / GOtt zu Ehren / und dem Nechſten zu Nutz / deine Wiſſenſchafft mir mit theilen.
Gantz gerne. Zeige mir nur dein Verlangen / und was du inſonderheit zu wiſſen begierig biſt / haſt du denn ſchon viel Frauen in Kindes-Noͤhten bedienet?
Ohngefaͤhr / bey nahe zwey hundert.
So mußt du auch ſchon ziemlichen Grund haben. Sage mir doch / haſt du dann bey ſolcher Anzahl Frauen allezeit rechte Geburten gehabt?
Nein / ich habe viel unrechte Geburten dabey gehabt / da es ſchwer / und gefaͤhrlich zu gegangen iſt.
Melde mir doch ſolche unrechte Geburten: Ob die Kinder mit den Haͤnden oder Fuͤſſen geſtanden / oder wie denn / wann die Wehen / als bey angehender Geburt anhalten / da du anfaſſen mußt / ob es rechte Wehen ſeyn / und ob das Kind zu rech - ter Geburt ſtehet?
Das iſt wol eine wunderbare Frage! wer kan bey - oder durch den ſo fruͤhen Angriff bey anfangenden Wehen wiſſen / wie ein Kind ſtehet / da noch kein Waſſer geſprungen iſt: da iſt das Kind noch hoch im Leibe / und man kan es nicht erreichen / bis das Waſſer ſpringet / denn koͤmmt es erſt in die Geburt / und wenn die Kinder unrecht ſtehen / ſo koͤmmt dasſelbe Glied des Kindes heraus vor die Geburt / es ſey nun Hand oder Fuß / offters auch wol die Nabel-Schnur.
Geſetzt / die Hand / oder die Nabel-Schnur kaͤme mit dem Waſſer hervor / wie liegt denn das Kind im Mutter-Leibe?
Es lieget unrecht; Wenn es recht lieget / ſo koͤm̃et nichts hervor: Als / wenn der Kopf gebohren wird / ſo iſt alles zugleich beyſammen / wenn aber die Hand / oder die Nabel-Schnur / oder die Fuͤſſe kommen / ſo waͤhret es offters lange / zu weilen auch nicht allzulange.
Warum waͤhret denn die Geburt bey einer Frauen laͤnger als die andere / wenn die Kinder doch / wie du ſageſt / un - recht ſtehen / auff einerley Weiſe?
Wer kan denn das wiſſen / wenn Gott nicht helffen wil / wer kan es denn nehmen / man muß die rechte Stunde doch erwarten / bis Gott hilfft.
Aber / hilffeſt du denn nichts / wann das Kind mit der Hand / oder der Nabel-Schnur gebohren wird / und wie hilffeſt du?
Wie kan ich anders helffen / als daß ich die Hand und die Nabel-Schnur / ſo lange es moͤglich ſeyn kan / wieder zuruͤck bringe / und ſo lange zuruͤck halte / bis das Kind koͤmmt und gebohren wird.
Wann es aber in etlichen Tagen nicht kan gebohren werden / halteſt du denn den Arm des Kindes allezeit zuruͤcke?
Ja / wenn das Kind todt iſt / und es zu lange waͤhret / ſo muß man es gehen laſſen / wer kan da helffen?
Weiſt du denn ſonſt keine Huͤlffe / als das zuruͤcke brin - gen / und zuruͤcke halten des Armes / oder der Nabel-Schnur?
Ich muß auff alle Weiſe ſehen / daß ich helffe wenn es naͤher hervor koͤmmt / und alsdann hilfft der liebe Gott auch.
Ich glaube wol / daß es dann gehet / wenn GOTT hilfft und helffen wil; Ich wil aber wiſſen / wie du hilffeſt / und / als noͤhtig / helffen kanſt?
Ich fuͤhle immer bey dem Arme nauff / undA 2ſchie -4Eing. Unterred. zweyer Friedl. Wehe-Muͤtter. ſchiebe das Kind ſo gut ich kan auff alle Weiſe / wie es ſeyn kan / daß es doch endlich gebohren wird.
Laͤſſet es ſich denn ſchieben / wann das Waſſer ſchon gebrochen und verfloſſen iſt / und liegen denn die Kinder auff ei - nerley Weiſe mit dem Leibe zur Geburt / wenn die Haͤndlein ge - bohren werden?
Wer kan alles ſo eigendlich wiſſen? der liebe Gott hilffet doch wol / wenn Er helffen wil / ich thue ſo viel ich kan dabey / ſchiebe und helffe dem Kinde auff alle Wei - ſe / bis es endlich koͤmmt.
Ich hoͤre und verſtehe wol / daß es dir nur blind ge - rahte / du haſt noch ſchlechte Wiſſenſchafft. Wenn du es aber verlangeſt / ſo wil ich dir ein mehres weiſen: Als nemlich / wie ich in der Vorrede gemeldet / daß die Kinder auff keine andere Art oder Stellung / weder von Natur / oder durch die Wendung koͤn - nen gebohren werden / als dieſe dreyerley Geburten: 1. Mit dem Kopff / als rechte. 2. Mit beyden Fuͤſſen / und 3. mit dem Steuß. Wenn ich dich gleich weiter fragen wolte / wie denn die Kinder endlich kommen weren / als ſie gebohren worden / ſo wuͤr - de es / wenn du dich recht bedaͤchteſt / eben alſo heraus kommen / weil es anders nicht geſchehen kan / und welche Kinder nicht durch ſtarcke Wehen / und ſtarcke Frauen / bey noch moͤglichem Lager auff dero gleichen Stellungen koͤñen gezwungen werden / da muͤſ - ſen Muͤtter und Kinder das Leben verlieren / wenn keine Wehe - Mutter / welche wenden kan / verhanden iſt. Die jenigen Wehe - Muͤtter / ſo das Wenden recht verſtehen / laſſen es zu keiner ſolchen Gefahr kommen / wie ich auff dein Verlangen und Bitten / weiter berichten wil. Vor allen Dingen mußt du von der Mutter / und was dazu gehoͤret / fragen / damit du dieſelbe / nebſt ihrem inne - ren Munde / wol und gruͤndlich erkennen lerneſt / hernach wird ſich alles ordentlich finden.
Sage mir doch / liebe Schweſter / ob bey allen Frauen eine Mutter verhanden ſey?
Ja! Es muͤſſen alle Frauen eine Mutter haben / ſollen ſie empfangen und Kinder gebaͤren.
Sind denn nicht mehr Theile der Geburts - Glieder / als eigendlich die Mutter?
Uber die euſerlichen Theile iſt mir mehr nicht / als die Scheide / oder der Hals / der mich zum inneren Mutter-Munde weiſet / bewuſt.
Was iſt denn der innere Mutter-Mund / wie iſt er zu ſuchen oder zu ergruͤnden?
Der innere Mutter-Mund iſt eine Zu - oder Verſchluͤſſung des innerlichen Leibes / als der Mutter / darinnen das Kind empfangen / getragen / und bis zur Natuͤrlichen Geburt erhalten wird / es waͤre denn / daß ihr die ſchwer-gehende Frau Gewalt anthaͤte / oder wie offt geſchiehet / ihr ſonſt was gewaltſames wieder - fuͤhre / daß die Frucht zum Fortgange verurſachet wuͤrde. Alſo kanſt du bey dergleichen Zuſtande dich nach dem Mutter - Munde richten. Eine Frau habe Wehen wie ſie wil / wenn ſich nur der Mutter-Mund dabey nicht oͤffnet / ſo iſt die Frucht leicht - lich zuerhalten / und die Wehen zu ſtillen / da dann Raht bey de - nen Herren Medicis zu ſuchen noͤhtig. Wie denn auch gute Hauß-Mittel bekandt ſeyn / die man in Ermangelung eines Me -A 3dici6Das I. Capiteldici gebrauchen kan. Greifft / oder druͤcket aber die Frucht in den Mutter-Mund / daß er ſich von Wehen zu Wehen erweitert / ſo ſind alle Mittel verloren / die Frucht zu erhalten; Alſo kanſt du nach dem Zuſtande des Mutter-Mundes gruͤndliche Bericht geben. Imgleichen verhaͤlt es ſich auch bey zeitiger Geburt mit dem Mutter-Munde wegen der Erweiterung von Wehen zu Wehen / wenn es rechte Wehen zur Geburt ſeyn; Wo es aber unrechte Wehen ſeyn / da ziehet ſich der Mutter-Mund mehr zu als von ſammen. Du wirſt auch viel Unterſcheid zu mercken haben / was rechte / oder unrechte Wehen mit ſich bringen / wel - ches nicht moͤglich iſt alles zu beſchreiben oder zu betrachten. Deñ wenn du nicht den innerlichen Eingang des Leibes weiſt / ſo kanſt du auch mit Grund von keinem Unterſcheide reden / weder von zeitiger noch unzeitiger Geburt / weder von recht - oder unrecht lie - genden Kindern / und mußt nur ſolches erwarten / wie es koͤmmt / alsdann iſt ſchon viel verſehen und verſaͤumet / wenn es ins Ge - drange kommt. Es iſt am beſten im Geranmen umbzukehren / ich halte viel davon / es koͤnnen viel Schmertzen und Ungluͤcks - Faͤlle dabey verhuͤttet werden.
Wenn ich nun gleich den Mutter-Mund wuͤrde finden und kennen lernen / wie verhuͤte ich denn die vielmahl ſich ereugende Zufaͤlle / ſonderlich bey verſchloſſe - nem Mutter-Munde / der ſich wol unter der Geburt erſt oͤffnet / auch gar nicht oͤffnen wil / wenn gleich manche Frau einen gantzen Tag kreiſtet / ſo fuͤhle ich doch keine Oeffnung / hernach kommt es mit ſtarcken Wehen zuſammen / und iſt faſt alles in der Geburt zugleiche.
Bey verſchloſſenem Mutter-Munde haſt du nichts noͤhtig zu thun / ſo darffſt du auch weder bey GOtt noch Men - ſchen davon antworten / denn im Verborgenen kan kein Menſch wuͤrcken. Hingegen mußt du auch wiſſen / daß / wo recht Kreiſten iſt / ich niemahln einigen verſchloſſenen Mutter-Mund gefundenhabe.7Von der Mutter. habe. So heiſſet es auch bey verſchloſſenem Mutter-Munde nicht Kreiſten bey den aller erſten anfangenden Wehen / es waͤre denn eine Erſtlinge / die bey Jahren waͤre / daß der Leib vom Tra - gen des Kindes nicht nachgeben wolte / welches aber gar ſelten ge - ſchiehet. Solcher Zuſtand iſt nicht zu verhuͤten / und haben ſolche Leute gemeiniglich ſchweres Kreiſten. Es iſt ihnen wol etwas zu helffen / ich weiß es dir aber / wegen deiner noch Unerfahrenheit / nicht zum Verſtande zu bringen / es moͤchte mehr ſchaͤdlich als nuͤtzlich ſeyn. Jedoch mußt du Achtung drauff geben / nem - lich auff den Mutter-Mund / da wirſt du befinden / wie viel dutzent Wehen bey ſolchen ſtrengen Geburten wenig Oeff - nung machen / und wirſt wiſſen mit Grunde dabey zu troͤ - ſten von einer Stunde zu der andern / wie viel es ſich aͤn - dert. Du haſt noͤhtig / ſo bald ſich die Oeffnung giebet / daß du mit zwey Fingern hinnein kanſt / den Mutter-Mund zuruͤck zu halten / weil bey ſolcher harten Geburt leichtlich Mutterſenckung folget. Du kanſt ihn nicht ſo wol in acht neh - men / es iſt deſtobeſſer ihn zuruͤckhalten / (ich rede nicht von zu har - tem zuruͤckſtoſſen / ſondern nur vom zuruͤck - oder anhalten des innern Mutter-Mundes / daß der nicht in den ſtarck durchdrin - genden Wchen Schaden leide) denn im zuruͤckhalten des Mut - ter-Mundes kan kein Schade geſchehen / wie ich es meyne; Aber wenn er mit Gewalt zuruͤck gedruͤckt wird / ſo wuͤrde die Frucht auffgehalten / oder muͤßte der Mutter-Mund Schaden leiden / welches keines zu verantworten waͤre. In nothduͤrfftigem zu - ruͤckhalten verhuͤttet es die Gefahr wegen Ausſenckung der Schei - de und des innern Mutter-Mundes / fordert auch zur Geburt / weil die Wehen durchgehen koͤnnen / und ſich nicht dabey hem̃en. Hier wil ich auch des Ausweichens oder Vorzugs des Mutter - Mundes gedencken. Ich nenne es einen Vorzug vor den Kopff. Damit du es aber deſtobeſſer faſſen moͤgeſt / wil ich es dir beſchreiben. Die meiſten Wehe-Muͤtter / welche gleichwolſo8Das I. Capitelſo viel verſtehen / daß was vor dem Kinde vorgezogen iſt / oder vorlieget / pflegen zu ſagen: die Baͤhr-Mutter / (wie ſie es nennen) hat ſich vorgelegt. Es betrifft ingemein ſol - che Leiber / bey denen der Mutter-Mund tieff und naͤher gegen dem Affter als vorſich lieget / ſo fuͤhlen ſie das / was vor dem Kinde lieget / wiſſen aber nicht / daß die Mutter eine Oeffnung haben muß / oder einen Mutter-Mund hat / und ſeyn ſo unerfahren wie du / und meinen / nach vielem Baͤhen und beraͤuchern gehe es endlich auff einmahl fort. Es geſchiehet aber durch nichts anders / als mit ſtarcken Wehen / und wiſſen alſo nicht / wie es zugegangen iſt.
Du aber ſuche bald im Anfange den Mutter-Mund / wie ich dir angewieſen / ſo wirſt du des Vorfalls bald kundig werden / was es iſt / und wie ihm zu helffen / nemlich: Mit gelindem Erheben gegen des Kindes Haupt / ſo foͤrdert ſich die Ge - burt / und wird damit die ausfallende Mutterſenckung ver - huͤtet / da / wenn es liegen bleibet / bis es die gewaltige We - hen zwingen / gar leicht Schaden geſchiehet / wie denn der - gleichen Menſchen mehr als zu viel / die mir nur bekand worden / hin und wieder verhanden ſeyn. Sonderlich geſchiehet dieſer Zufall / wenn bey dergleichen Zuſtande die Wehen ſtarck getrieben wer - den / und die Weh-Mutter mit Gewalt auff Huͤlffe ſchreyet. Zu wuͤnſchen waͤre es / daß alle Weh-Muͤtter den Mutter - Mund verſtuͤnden / ſo wuͤrden viel geſunde Leiber den Frau - en erhalten werden / und duͤrfften nicht in Verdacht kom̃en / daß durch ſie der Schaden verurſachet wuͤrde. Sie ſind auch Schuld daran / aber es geſchiehet ihnen unwiſſend / weil ſie nicht beſſer Wiſſenſchafft davon haben. Die Gewalt der Wehen und das Kind / welches in dem vorgezogenen Mutter-Munde lie - get / reiſſet alles ſo mit Gewalt vor den Leib / und wird es eine ſolche Frau nicht gewahr / weder auch die Weh-Mutter / bis die Sechswoͤcherin zum Auffſtehen kommt / alsdann findet ſichs nachund9Von der Mutter. und nach je mehr und mehr / und wird ſolcher Zuſtand ſelten beſ - ſer / aber allgemein ſchlimmer. Es geſchiehet zwar auch derglei - chen Vorfall / wenn eine Sechswoͤcherin zu fruͤhe ſich auffmachet / ſchwer hebet / unvorſichtig gleitet / oder faͤllt gewaltſahm in den erſten neun Tagen / ſo kan eine ſolche Frau gar leicht ihre Geſund - heit verlieren auff ſolche und andere Weiſe / wenn Sie ſich uͤbel haͤlt / dafuͤr kan keine Weh-Mutter gut ſprechen. Wenn du nur die Frau bey der Geburt wol in acht nimſt / und den Mut - ter-Mund in Zeiten bewahreſt / ſo wirſt du ſolcher Gefahr und ſchweren Verantwortung mit gutem Gewiſſen entge - hen. Ingleichen auch dieſem Irrthum / da du meineſt / daß man - che Frau einen gantzen Tag im Kreyſten waͤre / und finde ſich doch keine Oeffnung / hernach kaͤme es mit einem ſtarcken Wehen zugleich in die Geburt. Eben dieſe deine Meinung iſt der Irr - thum / weil du den Mutter-Mund nicht weiſt zu ſuchen / ſo bildeſt du dir ein bey ſolchem vorgezogenen Mutter-Munde / es ſey keine Oeffnung / weil dieſelbe gegen dem Maſtdarm tieff in die Hoͤhe gezogen iſt. Lerne den Mutter-Mund ſuchen / ſo wirſt du gantz anders reden / und viel Gefahr verhuͤten koͤnnen / ich werde dir ſchon weiter Nachricht davon geben. Nachdem ich dir nun die Mutter und den innern Mutter-Mund / nach Weiber Art zu re - den / mit dem natuͤrlichen Angriffe habe bekandt gemacht; Als wil ich dir hier die Mutter ſambt den Mutter-Baͤnden / wie auch den innern Mutter-Mund ſichtbar zeigen in dieſem Kupffer / unter dem Buchſtaben A, wie ſie an ſich ſelbſt Natuͤrlich iſt / durch einen fuͤrnehmen Medicum, Regnerus de Graaff / erklaͤret und ins Kupffer gebracht / davon kanſt du viel Nachricht nehmen / wenn du es wol betrachteſt / was und wie eigentlich die Mutter beſchaf - fen iſt. Sie iſt / wie ſie nach der hinterſten Seite lieget / hier zu ſehen / und deßwegen ſieheſt du ſo wol den inneren Mutter-Mund / damit du nicht irre wirſt / als laͤge derſelbe ſo nahe vor ſich bey dem Angriffe. Er lieget mehr hinter ſich gegen dem Maſtdarm /Bwie10Das I. Capitel von der Mutter. wie dir die Buchſtaben in dem Kupffer zeigen. Und ſo viel ſey von dem Mutter-Munde und verſchloſſenen harten Leibern ge - redet / welches (GOtt ſey danck) nicht gemein iſt.
Sage mir doch / wie iſt es mit den Geburts - Schloͤſſern der Frauen beſchaffen / in dem gleichwol hier von dem Mutter-Munde viel gemeldet / und von jenen nichts gedacht worden / da doch die meiſten der Meinung ſeyn / daß bey allen Geburten die Schloͤſſer ſich außeinan - der geben muͤßten?
Was meine Meinung iſt wegen der Geburts - Schloͤſſer / daß ſie ſich von ſammen geben muͤßten bey den gebaͤh - renden Frauen / ſo ſage ich dir / daß ich nichts davon halte; Je - doch laſſe ich einem jeden ſeine Gedancken / und habe dir nichts an - ders anweiſen wollen / weil du und ich uns genugſam nach dem innern Mutter-Munde / wie viel ſich der Leib bey hartem oder leichtem Kreiſten zur Geburt ergeben muß / richten koͤnnen / durch das natuͤrliche Fuͤhlen mit den Fingern / in dem er unter der Ge - burts-Stunde zu erreichen iſt. Geſetzt / daß ſich die Schloͤſſer aus einander geben muͤßten / ſo iſt es doch nicht moͤglich zu wiſſen / weil mit den Fingern wegen des bewachſenen Fleiſches umb dieB 2Geburt12Das II. CapitelGeburt die Schloͤſſer nicht koͤnnen gefuͤhlet werden. So iſt es auch weder dir noch mir zu wiſſen noͤhtig / weil wir dabey keinen Grund oder Nachricht haben koͤnnen. Muͤßten ſie ſich auch von ſammen geben; ſo richtet ſich doch der innere Mutter-Mund nach den Schloͤſſern / und weiſet uns den Grund / wie eines bey dem andern ſich ergiebt / darnach wir Wehe-Muͤtter uns richten koͤnnen und muͤſſen / wie ich dir ſchon gnugſahme Nachricht davon gegeben habe. Warumb ich aber nicht glaube / daß ſich die Schloͤſ - ſer auseinander geben koͤnnen / iſt diß meine Urſache: Ich bin zu ſehr viel ſchweren Geburten / ſo wol bey Adelichen / als bey andern / zu Huͤlffe geholet worden / da Sie in harter und ſchwerer Geburt drey und mehr Tage gearbeitet / und die Weh-Muͤtter ihrer nicht geſchonet / ja Sie ſo unvernuͤnfftig tractiret haben / daß ſie den Kindern mit Gewalt die Armen außgeriſſen / auch wol die Beine / welche ich in den Stuben gefunden / weil Sie ſie in der Angſt von ſich geworffen / und haben doch weiter nicht gekont. Wie ich der - gleichen Oerter / wo es geſchehen / nahmhafft machen koͤnte / wenn es erfordert wuͤrde. Ja ich habe auch gefunden / daß ſie des Kin - des Rippen vom Bruſtbein loß geriſſen / und ſich damit in die Fin - ger geſchnitten. Sie haben mit Gewalt an denen loßgebrochenen Rippen mit Tuͤchern gezogen / und doch nicht helffen koͤnnen / in - dem ihnen von der Wendung nichts bewuſt geweſen. Dieſes und mehrers iſt mir unter Handen kommen / dennoch hat mir der lie - be GOtt allezeit die Kinder helffen von den Muͤttern bringen / daß Sie mir mit Freuden dafuͤr gedancket haben. Es ſind unter - ſchiedene / und zwar die meiſten Muͤtter mit dem Leben davon kom - men / etliche aber auch / die zu lange ohne rechte Huͤlfe haben lei - den muͤſſen / ſind nach geſtorben. Wenn es nun moͤglich waͤre / daß ſich die Knoͤrpel zwiſchen den harten Beinen ziehen und von - ſammen geben muͤßten / wie viel ungeſunde Menſchen wuͤrden bey dergleichen ſchweren Geburten von unbeſcheidenen Wehe-Muͤt - tern gemacht werden? Aber ich habe mein Tage keinen Bruch o -der13Von den Geburts-Schloͤſſern. der Verraͤnckung des Schloßbeines geſehen oder klagen hoͤren / da doch andere Bruͤche / wie auch Vor - und Ausfaͤlle der Mutter oder der Mutter-Scheide mehr als zu viel durch ſchwere Gebur - ten geſchehen und geſchehen koͤnnen. Es kan zwar der unterſte Knoͤrpel als das letzte vom Ruͤckgrad Schaden leiden und gebro - chen werden / wenn er von der Weh-Mutter nicht wol in acht ge - nommen wird; Aber das iſt nicht das Schloß / oder die Schloß - Beiner / ſonſten wuͤrde es / wo nicht allen / jedoch den meiſten / die ſchwere Geburten und unerfahrene Weh-Muͤtter haben / von einander verruͤcket werden. Wiewol ich mich deßwegen mit niemanden in Streit einlaſſen wil / ſondern laſſe einem jeden ſei - ne Gedancken hievon zu haben. Gnug iſt es vor mich und dich / daß wir uns nach dem Mutter-Munde mit Grund richten koͤñen.
Liebe Schweſter / ſage mir doch / ob es wahr und gur iſt / bey harter Geburt / daß man der Frauen Leib ausdehne durch den Angriff / oder denſelben außeinander ſpanne / ehe und wenn die Kinder eintreten und zum Durch - bruche kom̃en / auff daß ſie zu letzt nicht ſtecken bleiben / wenn die Geburt zu ſtrenge / und das Kind zu groß waͤre?
Wenn die Geburt hart iſt / und keine andere Urſache der harten Geburt verhanden / als die Enge - und Strengikeit des Leibes / nemlich der vorderen Schoß / ſo mußt du der Frauen Zeit laſſen / und ja nichts durch deine Finger ausdehnen / oder ausein - ander ſpannen / wie der allgemeine Irrthum iſt / denn dieſes ſcharffe ausdehnen macht der Frauen Leib wund / und bringet Schwulſt / ehe das Kind hervor und dahin koͤmmet / als denn iſt der Schmertz des Durchbruches deſto groͤſſer wegen der Schwulſt und des verwundten Leibes / welches ich wargenommen / daß es mehr ſchaden / als helffen kan. Die rechte Huͤlffe muß bey des Kin - des Kopff / und wo er am gedraͤngeſten ſtecket / geſchehen / und nicht vornen / wo kein Kind iſt: Koͤmmet das Kind nur bis an die vor - dere Schoß / ſo koͤmmet es wol weiter / wenn es gleich da etwas ſte -B 3cken14Das II. Capitelcken bleibet / ſo mußt du etwas Zeit laſſen / wenn nur der Kopff noch nicht gebohren iſt / ſo ſchadet es weder dem Kinde / noch der Frauen nichts. Es ſchadet der Frauen Leib eher / wenn du den - ſelben ausdehnen oder aus einander ſpannen wolteſt / daß ſie zu ſehr auffreiſſen wuͤrde; Es iſt noͤhtiger dem Leibe Schutz hal - ten / als auszudehnen / ſoll die Schoß nicht gewaltſam auffreiſſen / wie es offters geſchiehet / daß der Riß den Maſtdarm mit ergreiffet / und einen Schaden behaͤlt / daß es ſich nicht mehr ſchluͤſſen kan / welches dann ein groſſes Ungluͤck fuͤr die Frau iſt / denn ſie kan hernach den Stuhlgang nicht mehr auffhalten / wie und wenn ſie will.
Lieber / iſt ſolche Gefahr bey dem Auffreiſſen! Es geſchiehet bey denen Erſtlingen gantz offters. Es iſt ja nichts zu aͤndern / wenn die Kinder im Durchbruche all - da ſtecken bleiben / wie kan man es denn verhuͤten / wenn es ſo gefaͤhrlich wegen der Frauen iſt?
Es iſt unter dem Auffreiſſen ein groſſer Unterſcheid / zwiſchen gewaltſamen Auffreiſſen / oder bey Erſtlingen / da es frey - lich nicht allemahl moͤglich zu verhuͤten iſt / daß ſie nicht etwas reiſ - ſen ſolten; Aber ſo gewaltſam zu reiſſen / iſt es wol zu verhuͤten / weñ du nur das unnoͤhtige und ungeſchickte ausdehnen / oder aus - ſpannen unterlaͤſſeſt / und ſonderlich / wenn das Kind eintritt / da es wol von ſich ſelbſt ſpannet / daß der Leib berſten moͤchte / weñ Gottes Guͤte nicht ſo groß waͤhre / als kanſt du wol dencken / wie es zu ge - het / wenn die Wehe-Mutter noch mehr Gewalt mit ihren Fin - gern veruͤbete / und den Leib auszubrechen ſich erkuͤhnete / ſo muͤß - ten die Frauen wol reiſſen / wenn es gleich keine Erſtlinge waͤh - ren / welches offters geſchiehet / dabey nim dich wol in acht / denn es iſt gantz unverantwortlich / daß du es nicht thuſt; Die Natur hilfft ihr ſchon ſelber / es waͤre denn / daß das Kind zu ſehr gegen dem Maſtdarmeingedrungen waͤre / oder eindringen wolte / ſo kanſt du nur dem Kopff in die Hoͤhe helffen / ſohebt15Von den Geburts-Schloͤſſern. hebt es ſich aus / und gehet ſtracks. Das Ausheben iſt noͤhtig bey dergleichen Zufall / ſol das Kind nicht lange ſtecken bleiben / denn es kan nicht eher loß und gebohren werden / bis der Leib boͤrſtet / ſo hat die Frau eben das Ungluͤck zu fuͤrchten / wie ſchon gemeldet / daß der Maſtdarm verletzet werde / drum kan eine Wehe-Mutter bey dieſem Zuſtande wol helffen / jedoch vernuͤnfftig.
Hilff Gott! wie ſind doch die Zufaͤlle und Ge - faͤhrlichkeiten einer kreiſtenden Frauen ſo mannigfaͤltig / die Luſt vergehet mir faſt eine Wehe-Mutter zu ſeyn.
Bey unſerem Beruff muß es heiſſen: Fuͤrchte Gott / thue Recht / ſcheue Niemanden; Du weiſt ja / daß es ein Goͤttlicher Beruff iſt / und wenn du denſelben / ſo viel nur immer moͤglich / und ſo weit GOtt Segen darzu verleihet / vorſichtig und fleißig in acht nimſt / ſo haſt du zeitlichen und ewigen Lohn dafuͤr zu gewar - ten. Die ſo viel beſchriebene ſchwere Faͤlle bey und unter den Geburten / ſo ich dir zeigen werde / ſollen dich darum nicht abhalten; Ich zeige ſie dir nicht zum Schrecken / ſondern nur zur Warnung und Vorſichtigkeit; So ſind ſie auch ſo gemein nicht / und kom - men wol viertzig auch mehr gluͤckliche Geburten / ehe dergleichen eine kom̃t / ſonſt wuͤrden ſo viel unerfahrene Wehe-Muͤtter nicht koͤnnen zu rechte kommen / die / wenn ſie ſolten unterſuchet werden / nicht mehr Wiſſenſchafft haben / als ein Kind zu loͤſen. Dennoch hilfft der liebe GOtt meiſtens gluͤcklich. Darum iſt es Gottes Werck / wiewol dabey die Wiſſenſchafft nicht kan verworf - fen werden / denn Gottes Gnade und Segen muß bey gu - ter Wiſſenſchafft feſte beyſammen bleiben. So bald wir mit unſerer Wiſſenſchafft uns was ſonderliches einbilden / ſo verſchertzen wir den Seegen Gottes / und werden blinde Leuthe und Thoren aus uns. Und alſo gehets auch offters denen Frauen / die eine zu groſſe Hoffnung auff beruͤhmte und erfahrene Weh-Muͤtter ſetzen / und meinen / ſie wollen durch dieſe / Kinder ohne Schmertzen bekom̃en / oder auffswenig -16Das II. Capitelwenigſte weniger Schmertzen / gluͤckliche Geburten und ge - ſunde Kinder haben. Geſchiehet es nun nicht / ſo wird die Schuld auff die Weh-Mutter geleget. Es iſt mir ſelbſt bey mei - ner vielen Muͤhe und groſſem Fleiß alſo begegnet. Aber was iſt bey ſolchen unvernuͤnfftigen Leuten mehr zu thun noͤhtig / als Ge - dult und ein gutes Gewiſſen zu haben. Ich habe mir itzo vor - genommen / und pflege es auch zu ſagen / wenn mich eine Frau / die ich zuvor nicht bedienet / verlanget: Wenn ihr ein rechtes Ver - trauen zu mir habt / ſo bin ich euch ſchuldig Gewiſſens wegen zu dienen; Aber ihr muͤſſet keine irrige Meinung von mir haben / daß ihr leichter und gluͤcklicher Geburt haben wollet / als ihr gehabt / und GOtt haben wollen. Es geſchiehet offters / daß manche Frau unterſchiedene ſchwere Geburten nacheinander gehabt / wenn ihr Leib nicht recht geſchickt zum gebaͤhren iſt / daß ſich die Kinder wegen vieler Urſachen hemmen. Wenn aber ſolches mit guter Wiſſenſchafft durch Gottes Segen abgewendet wird / ſo kommt eine ſolche Frau freylich leichter davon / als zuvor geſche - hen. Hingegen geſchiehet es auch wol / daß eine oder die andere Frau fuͤnff / ſechs auch wol mehr gluͤckliche und leichte Geburten gehabt / und GOtt ſchicket ihr doch hernach was hartes zu / daß Sie das Leben druͤber laſſen muß / ſonderlich bey einer Weh-Mut - ter / die das Wenden nicht verſtehet. Und wenn gleich die Weh - Mutter wenden kan / dennoch ſolche unrecht-liegende Kinder das Leben dabey laſſen muͤſſen / und die Frau ſehr harte und ſchwere Geburt hat / daß Sie ihr Leben kaum zur Ausbeute davon brin - get. Ob mir zwar noch alle Kinder bey den gebaͤhrenden Frau - en / (wiewol eines leichter als das ander) moͤglich von Mutter - leibe zu bringen geweſen / und mir alſo keine Frau mit dem Kinde hat duͤrffen untergehen / wenn Sie ſich nur regieren laſſen wil / (dafuͤr ich auch dem hoͤchſten Gott dancke) jedennoch kan ich keiner Frauen dafuͤr gut ſeyn / wenn GOTT uͤber Sie oder ihr Kind dem Tode gebieten moͤchte / daß ich ſie retten wolle. GOtt kandie17Von den Geburts-Schloͤſſern. die Sehenden blind / und die Blinden ſehend machen / Er kan ſo bald ohne Mittel / als durch Mittel / helffen. Darum nehme ich keines auff meinen Ruhm / wie mir von boͤſen Menſchen wil auf - gebuͤrdet werden / als: Ich braͤchte den Frauen die Kinder ohne Schmertzen / und ſtuͤnde den Frauen und Kindern vor ihr Leben. Es iſt alles falſch uͤber mich ertichtet. Denn ob ich gleich mit Ge - wiſſen ſagen kan / daß kein Kind mir vorgekommen / ſo nicht moͤg - lich von der Mutter zu bringen geweſen waͤre; So ſage ich doch nicht / daß es mir nicht noch begegnen koͤnte / es waͤre eine Ver - meſſenheit wieder GOTT. Es iſt wol geſchehen / daß ich todte Kinder von den Frauen gebracht / offt leichte / offt auch gar ſchwer / und ſind doch die Muͤtter hernach geſtorben. So habe ich auch offt gantz leicht und gluͤckliche Geburten unter Haͤnden gehabt / und ſind doch Zufaͤlle in den Sechswochen uͤber die Frauen und Kinder kommen / daß ſie geſtorben ſind. Derowegen ſtehet der Menſchen Leben in der Hand des HErrn vor der Geburt / unter der Geburt / und nach der Geburt / und darff keine Frau ſich mehr auff mich verlaſſen / als Gott Segen und Gnade dazu giebt.
Liebe Schweſter / ſo ſage mir doch eigentlich die Urſach / warum eine Frau haͤrter / als die andere / zu ge - baͤhren hat?
Die rechte gruͤndliche Urſach ſtehet wol bey dem lie - ben GOtt / der alles in ſeinen Haͤnden hat / Leben und Tod / Gluͤck und Ungluͤck / wie auch ſeine eigene Worte lauten: Mit Schmertzen ſolt du Kinder gebaͤhren. Daß es aber einer Frau - en ſchwerer als der andern kommt / iſt vielleicht auch eine Goͤtt - liche Probe uͤber fromme Chriſten. Und iſt dem lieben GOtt am beſten bekandt / warum Er offters Fromme mit Creutz beleget / und Gottloſe lauffen laͤſſet. Im uͤbrigen berichte ich dich / daß auch viel Natuͤrliche Urſachen dabey ſeyn / denen mit guter Wiſ - ſenſchafft kan abgeholffen werden / (wo nicht gaͤntzlich / doch ziem - lich / wenn GOtt Segen dazu giebt) daß es nicht ſo lange waͤhren darff. Der harte Durchbruch kan nicht geaͤndert werden; Aber dem Stecken und Anſetzen der Frucht / wie auch der Hervorzie - hung des Mutter-Mundes vor des Kindes Haupt / woran viel gelegen / kan wol durch gute Wiſſenſchafft gewehret werden / daß nicht ſo langwaͤrendes Kreiſten / auch nicht ſolche Gefahr / wie offters geſchiehet / daraus folge / da doch dieſes alles zu rechter Ge - burt kan genennet werden. Darum gieb nur Achtung drauff / was fuͤr Unterſcheid dabey zu mercken / du wirſt dich verwun - dern. Denn:
Wie kan ich Achtung drauff geben / es iſt ja im Verborgenen / ich kan es nicht ſehen.
Du kanſt es freilich nicht ſehen / aber du kanſts im An - griffe haben.
Wie kan ichs im Angriffe haben / es kreiſtet man - che Frau einen gantzen Tag / und ich kan nichts erreichen?
Du mußt wiſſen / daß der Mutter-Mund tieff lieget. Weil dir derſelbe noch nicht bekant / ſo kanſt du auch nichts errei - chen. Ich wil es dir aber ausfuͤhrlich beſchreiben / damit du / was moͤglich iſt / ehe es zur Gefahr kommt / verhuͤten kanſt. Wenn eine Frau einen Tag Wehen leiden ſol / ſo iſt gewiß eine Urſache dabey / die noͤhtig zu wiſſen und abzuwenden iſt / oder auffs we - nigſte iſt es noͤhtig zu wiſſen / ob es rechte Wehen ſeyn / oder nicht / wie auch / wenn ſich des Kindes Haupt wo angeſetzet hat. Item: wie zeitige oder unzeitige Wehen zu erkennen / ſo wol: wie rechte und unrechte Geburt zu entſcheiden ſind. Dieſes alles wird dir der Mutter-Mund und der Angriff durch denſelben zeigen. Nimſt du ſolches nicht in acht / ſo biſt du gefangen / denn je laͤnger die Wehen das angeſetzte Kind andraͤngen / je weniger kanſt du dir hernach helffen / ſolches abzukriegen. Solch angeſetztes Kindblei -23Von dem Angrif bey rechter Geburt. bleibet / ſo lange es lebet und noch Krafft hat / hoch ſtehen / und zie - het die Oeffnung gegen ſich in die Hoͤhe. Iſt das Kind nun klein / und hat ſo viel Krafft / daß es ſich durch Bewegung / wenn es die Oeffnung / ſo viel als noͤhtig hat / abweltzet / ſo kommt dann die Oeffnung ſambt dem Kinde auff einen groſſen Wehen in die Ge - burt / und wird alſo / wie du meineſt / alles zugleich fertig / und das Kind gebohren. Aber du biſt in deinen Gedancken betrogen / in dem dir der innere Mutter-Mund noch nicht bekandt iſt. Se - tzet ſich nun ein groß Kind ſo auff / ſo iſt Gefahr dabey / ob es von ſich ſelber / weil es lebet / abkommen kan. Wenn es aber die Wehen verfolgen / ſo giebt es ſich / wie es durch die Wehen gezwungen wird / und darnach es Platz hat / in die Breite oder ſcheeff / und fuͤllet alſo die Geburt / und das Kind kan doch nicht fort / und die Frau hat die groͤſſeſte Gefahr davon. Ich bin etliche mahl zu ſolcher Gefahr geholet worden / daß die Frauen zwey bis drey Tage wegen des angeſetzten Haupts kreiſten muͤſſen / wovon ich die Kinder ſchon todt / und die Mutter in hoͤchſter Lebens-Gefahr gefunden / in dem ſich des Kindes Haupt an dem Schoßbein durch ſtarcke Wehen ſo harte angeſe - tzet / wie auch durch zu ſtarckes Streichen des Leibes / welches von den anweſenden Frauen geſchiehet / ſo der Kreiſterin gar zu fruͤhe den Leib ſtreichen / und damit helffen wollen / auch die Wehe - Muͤtter nicht beſſern Grund davon haben / wenn ſie nur des Kin - des Haupt fuͤhlen / und doch nicht wiſſen / ob es auff einer Seite ſtaͤrcker als auff der andern angeſetzet iſt / oder: ob es zu ſehr auf den Affter-Darm zugedrungen / oder zu feſt auf dem Schoßbein geblieben iſt / und auch / wenn die Kinder zu groſſe Haͤupter ha - ben. Kan nun eine Weh-Mutter von dieſen unterſchiedenen Zu - faͤllen keinen Unterſcheid machen / ſo ſaget ſie: das Kind ſtehe recht / und fehle nur an Wehen. Da ſie doch ſehr irret. Es pflegen gemeiniglich die Wehen bey dergleichen Zufaͤllen ſchwache und wilde Wehen genennet zu werden / da ſie doch weder ſchwach nochwilde24Das III. Capitelwilde ſeyn / ſondern durch das angeſetzte Kind nicht die Staͤrcke brauchen koͤnnen / wie ſie ſolten. Wenn ſich nun die Frucht oder das Kind an dem Anſatz haͤlt / ſo wird durch Eingeben bey ſolchem Zuſtande mit Gewalt geholffen / und von der Weh-Mutter / wie auch von denen anweſenden Frauen / ſcharff angemahnet / daß ihr die Kreiſterin helffen ſol. Dann beuget ſich des Kindes Haupt / als die Hirnſchale / und ſetzet einen Rand oder Reiffen (wie er ge - nennet wird) hernach ſitzen ſie / bis das Kind todt iſt. Ja es muß auch wohl die Frau ihr Leben druͤber laſſen / denn es giebt ſich ſchwer von ihm ſelber ab / auch vielmahl gar nicht / ſonderlich / weñ es ein groß Kind iſt. Wenn nun die Weh-Mutter nicht weiß / woran es fehlet / ſo weiß ſie auch nicht zu helffen / ſonſt haͤtte ſie im Anfang dergleichen Gefahr verhuͤtet. Dieſes dienet dir zur Nach - richt / du kanſt es bey nachdencklichem Angriffe gewahr werden.
Liebe Schweſter / mache mir doch dieſes / was bishero erzehlet / beſſer bekandt.
Ich wil es dir und meinem Nechſten zum beſten / ſo viel mir bekandt worden / ausfuͤhrlich machen. Weil du denn meineſt / daß offte die Frauen einen Tag kreiſten / da doch nichts zu fuͤhlen iſt; Als biſt du hierin irrig. Denn wenn eine Frau einen Tag kreiſten ſol (ich ſage kreiſten / und nicht unnoͤhtige o - der wilde Wehen / wie ſie genennet werden / wie offt geſchiehet / daß die Frauen wol zwey Tage kreiſten auf das allerhaͤrteſte) ſo muß einige Urſache verhanden ſeyn. Ich bin mehr als zu viel dazu geholet worden / daß ich die Weh-Muͤtter und Kreiſterin - nen entſcheiden muͤſſen / und ſind die Frauen hernach noch 4. oder 5. Wochen gegangen. Was iſt nun da vor eine Wiſſen - ſchafft der Weh-Mutter / oder woran fehlet es ihr? daß ſie nicht weiß / was Mutter-Mund iſt / ſonſt wuͤrde ſie das rechte und un - rechte kreiſten gar leicht unterſcheiden koͤnnen. Ich wil auf die allgemeine Geburt kommen / und dir deinen Irrthum zeigen we - gen der Oeffnung / da du vermeineſt / es kaͤme mit einem ſtarckenWehen25Von dem Angrif bey rechter Geburt. Wehen auff einmahl / wenn gleich das Kreiſten einen gantzen Tag gewaͤhret haͤtte. Lerne nur mit Geſchicke / bald beym Anfang einer klagenden Frau den Mutter-Mund ſuchen / der wird dir gar ein anders weiſen. Du wirſt bey allen Frauen auffs wenigſte 14. Tage auch vier und mehr Wochen vorher / darnach eine Frau leichte zum Gebaͤhren iſt / deſto eher und mehr Offnung bey ihr finden: Weil es aber bey manchen Frauen tieff zu finden / und ſehr nach dem Affter darm lieget / ſo kanſt du dich leicht betriegen / denn es oͤffnet ſich in der Hoͤhe ſo ſehr / daß es freylich mit einem ſtarcken Wehen / wenn die Oeffnung weit gnug iſt / und ſich nicht mehr erhalten kan / auff einmahl in die Geburt eintritt. Aber iſt dabey ein unrechtliegendes Kind / ſo ſey ihm Gott gnaͤdig / denn da iſt nichts zu thun / als die Mutter zu retten / und das Kind auffs geſchicklichſte zufoͤrdern / als ihm moͤglich beyzukommen iſt. Lieget es aber recht / und hat ſich auch nirgends angeſetzet / ſo iſt es gar gut / und gehet auff einen ſtarcken Wehen gluͤcklich fort. Ich rathe dir aber / traue nicht zu viel. Ich halte es mit dem Suchen des Mutter-Mundes / wovon ich dir im erſten Capitel an - gewieſen / da wirſt du befinden / daß die Oeffnung / wie du meineſt / nicht auff ein oder zwey Wehen kommen kan. Es ſind zwar Frauen / die mit zwey oder drey Wehen Kinder haben; Sol - che Leuthe aber haben im Schwergehen bey ſechs und mehr Wo - chen vor ihrer Niederkunfft volle Mutter-Oeffnung / daß ich off - ters ſage: wenn die Frau ſtarck Huſten ſolte / ſo entfiehle ihr das Kind. Es ſind aber dergleichen Leiber auch nicht viel. Dero - wegen iſt der Unterſcheid gar leicht einer Weh-Mutter zu wiſ - ſen / ehe noch die Frau zum Kreiſten kom̃t / wo es geſchwinde oder hart zugehen wird. Darumb halte ich am meiſten davon / mit wem ich zuthun habe / daß Sie mich bey guter Zeitruffen laſſen / damit ich mich erkundigen kan / wie es umb Mutter und Kind ſte - he / ſonderlich bey denen Leibern / die ſchwerer Geburt unterworf - fen ſeyn. Solche Leuthe lernet auch wol die Noth bey ZeitenDRath26Das III. CapitelRath zu ſuchen / und darff ſie niemand darumb bitten / ſie kom - men wol von ſich ſelbſt. Welche Frauen aber ertraͤgliches Krei - ſten haben / beduͤrffen ſolcher Fuͤrſorge nicht. Doch iſt es aber beſſer ſich wol vorzuſehen / als ſo ſicher zu gehen. Es geſchiehet manchmahl / daß eine Frau drey und mehr Kinder gluͤcklich hat / es kombt doch hernach was hartes uͤber ſie. Ich rathe dir noch einmahl / ſuche in Zeiten den Mutter-Mund / damit du wiſſen moͤgeſt / ob die Frucht auch gewiß recht ſtehet.
Was ſol ich verſtehen durch das Suchen in Zeiten / es trifft ſich / daß manche Frau wunderlich iſt / und ſich nicht gerne angreiffen laſſen wil / bis die groͤßte Noth vorhanden.
Vor der Zeit die Frau zu quaͤlen iſt unnoͤthig / wie es denn auch keine geſchehen laſſen wird ohne Kreiſten; Aber wenn Kreiſten und Schmertzen vorhanden / ſo warte auch nicht zu lange / es ſeyen rechte oder unrechte Wehen / weil du ſie wirſt durch den Angriff unterſcheiden / und Nachricht geben koͤnnen / was dabey zuthun iſt. Solte es aber eine wunderliche Frau treffen / die ſich bey ankom̃ender Angſt nicht wolte anruͤhren laſſen / ſo ſtehet es bey ihr / auff Gluͤck und Ungluͤck zu warten / und darff hernach nicht ſchreyen uͤber die Wehe-Mutter / wenn was ungluͤckliches folget. Wem nicht zu rathen / dem iſt auch nicht zuhelffen. Es faͤnget eine Frau nicht leicht an zu Kreiſten ohne et - was eroͤffnetem Mutter-Munde / (wie bereits im erſten Capitel gemeldet /) und iſt dieſe Oeffnung auch bey den allerſchwereſten Kreiſterinnen im Anfange des Kreiſtens doch ſo viel / daß man mit zwey Fingern gar wol zu ihnen kommen kan / es waͤre denn eine Erſtlinge / wie oben gedacht / oder eine Weh-Mutter mit gar zu ungeſchickten Fingern / die auch nicht gut ſeyn.
Wenn ich nun Oeffnung finde / wie erfahre ich / ob das Kindrecht mit dem Kopffe zur Geburt kom̃t / oder ob ſichs wo damit angeſetzet hat?
Wenn du den Mutter-Mund und deſſen Oeff - nung gefunden / ſo faſſe ihn mit zwey Fingern ſo gelinde / als es moͤglich iſt / und fuͤhle in die offene Mutter. Ste - het das Kind recht / ſo ſtoͤſſeſt du bald an den Kopff. Den Kopff kanſt du nicht anders erkennen lernen / als daß er rund und hart ſich angreiffen laͤßt / und wenn ſich das Kind beweget / ſo wirſt du das offene Haͤuptlein fuͤhlen / du darffſt keinen Finger dazu ruͤhren. Doch wenn du es gruͤndlicher wiſſen wilt / ſo kanſt du ohne Schaden mit den zwey Fingern / wie mit einem Zirckel / umb des Kindes Haupt herumbfuͤhlen / es kan kein Schade davon kommen / wenn du nur gelinde fuͤhleſt. Der Kopff laͤſſet ſich wol angreiffen / aber vor dem Netze / welches uͤber das Kind / und Waſſer geſchloſſen iſt / als ein Theil der Nachge - buhrt / mußt du dich wol in acht nehmen / ſonderlich wenn die Frau Wehen hat / denn da blaͤſet es ſich ſo harte auff / daß wenn du es unter den Wehen ſtarck angreiffeſt / ſo ſpringet das Waſſer / wiewol ein Netze auch ſtaͤrcker iſt / als das ander. Es wird dir mit der Zeit bekandt werden / wie ſichs angreiffen laͤßt. Doch wil ich lieber / daß du zu gelinde / als zu har - te geheſt. Kommet nun ſo ein Wehe / wenn du bey der Frauen biſt / du darffſt die Finger nicht wegnehmen / doch drucke auch nicht das Waſſer / ſondern laß die Finger zwiſchen dem Mutter-Mun - de und vor dem Waſſer beharren / ſo wirſt du die rechten We - hen bald kennen lernen. So bald die Wehe kommt / ſo wird das Waſſer hart / und dringet zwiſchen den Mutter-Mund hefftig; Wenn aber die Wehen nachlaſſen / ſo wird das Netze weich / als ein Tuͤchlein / und man fuͤhlet das Haupt gantz eigentlich. Bey den Wehen aber kanſt du das Haupt nicht ſo gut fuͤhlen / weil du wegen des harten Waſſers nicht drucken darffſt / aus Furcht / daß es nicht zu zeitig ſpringe / denn zei - tiges Waſſerſpringen macht ſchwere Geburt. Darumb mußtD 2du28Das III. Capiteldu deſto beſſer Achtung drauff geben / wenn keine Wehen ſind / zu fuͤhlen mit den zwey Fingern umb das gantze Haupt / ob es ſich in die Geburt gleiche einſencket. Du wirſt bald mercken / ob es auff einer Seite mehr angeſetzet iſt / als auff der andern. Weñ keine Wehen ſind / ſo laͤſſet es ſich bewegen / wie du wilt / dann lencke es gleich ein / daß wenn die Wehen kommen / ſo wer - den ſie es faſſen / und gleiche eindraͤngen. Das thue ſo lan - ge / biß du befindeſt / daß es gleiche kom̃t. Es geſchiehet auch zuweilen / daß die Kinder den Kopff bey dem Einlencken nach ſich ziehen wollen / dabey die Außwendung zu befuͤrchten iſt / wo ſie Platz dazu haben / da muß das Einlencken bleiben / bis das Waſſer geſprungen. Springet es aber nicht von ſich ſelbſt / ſo iſt es noͤthig zu ſprengen / wo nicht ſol Ungluͤck geſchehen. Solte aber das Waſſer daruͤber ſpringen / und waͤre noch nicht gleiche einge - lencket / ſo kanſt du ihm deſto beſſer helffen. Denn wenn das Waſſer weg iſt / ſo haſt du nichts zu fuͤrchten / daß du kanſt Scha - den thun / als das offene Haͤuptlein in acht zu nehmen / daß du ihm da nicht zu nahe kommeſt / und kanſt / wo das Haupt am meiſten angedrungen / weil keine Wehen ſind / die Finger da - zwiſchen ſtecken / daß / wenn die Wehen kommen / der Kopff abgleiten muß. Du mußt aber die Finger ſtecken laſſen / bis die Wehen vorbey / es waͤre denn / daß du fuͤhleſt / daß es ſich bald ablencken lieſſe / ſo darffſt du nicht ſo ſtandhafft hal - ten / ſonſt dringeſt du das Kind zu ſehr auff die andere Sei - te. Mit gutem Bedacht mußt du deine Gedancken beyder Hand und dem Fuͤhlen haben / wilt du der Sache recht kundig werden. Es iſt wol mit Grunde zu mercken / aber es gehoͤret genaues Nachdencken dazu. Dieſe Ablenckung verhuͤtet die vorer - zehlte Gefahr aller Anſaͤtze des Kindes Haupts / es ſey am Affter / oder am Schoß-Bein / wie auch nach der Seite.
Wenn ich nun dergleichen erzehlten Zuſtand finde / iſt es gut / daß ich die Wehen ſtaͤrcke / und die Frau ihr zu helffen vermahne?
Dabey mußt du dich in acht nehmen / daß du die Frau nicht gar zu ſtarck ihr zu helffen vermahneſt / biß du des Kin - des Haupt recht eingelencket haſt / und es gaͤntzlich im Abſchieben iſt / daß es fort kan. So huͤte dich auch / daß du vor der Zeit zu keinen Wehen eingiebeſt. Denn ſtehet das Haupt nicht recht innen / ſo treiben es die Wehen und die unzeitige Huͤlffe zu der obbemeldten groſſen Gefahr / da es von Natur nicht ſo hart an - getrieben wird. So iſt ihm auch beſſer abzuhelffen / denn je eher das Haupt abgelencket wird / je beſſer iſt es vor Mutter und Kind. Ich wil dir ferner zeigen / was fuͤr Gefahr von unwiſſenden Wehe-Muͤttern und unvernuͤnfftigem Antreiben folgen kan. Ließ das achte gerichtliche Zeugniß hinter den vorhergehenden / ſo vom noͤthigen Waſſerſprengen zeugen / welches Frau Barbara Vogtin iſt / die ſehr unvernuͤnfftig angetrieben worden / daß ſie ſo gearbeitet / daß auch der Kreyß-Stuhl unter ihr gebrochen. Die - ſes unvernuͤnfftige Treiben iſt am Sonnabend bald den erſten Tag geſchehen / und ſie iſt erſt den Dinſtag drauff gegen Morgen erloͤſet und gerettet worden / und zwar bey groſſer Gefahr / wie du in dem Zeugniß befindeſt / denn ich bin erſt Montags gegen A - bend dazu gekommen.
Liebes Kind / meineſt du / daß dieſe ungluͤckli - che Geburt durch das zu fruͤhe oder zu ſtarcke Treiben ſey verurſachet worden / und das Kind ſich dadurch ſo verruͤ - cket? Es kan wol ſeyn / daß ſich das Kind ſo verruͤcket / wie der Stuhl gebrochen iſt.
Die erſte Urſache iſt doch vom Treiben herkommen / daß die Frau ſo ſtarck angetrieben worden / weil ſie den Kreyß - Stuhl unter ſich zerbrochen hat / wie ſie ſelber ausſaget. Es kan freylich dieſer Fall viel zu dergleichen Gefahr geholffen haben. Aber die Sache recht zu betrachten / ſo muß anfangs das Kind mit dem Kopffe ſchon ſcheff gegen den Maſtdarm / und noch hoch