PRIMS Full-text transcription (HTML)
Gewiſſens-Buch: Von PROCESSEN Gegen die Hexen
An Alle Hohe Obrigkeiten in Teudtſch - landt auß nothtringenden moti - ven geſchrieben. Jnſonderheit Den Raͤhten vnd Beicht-Vaͤteren der[Fuͤrſten] / den Inquiſitoren, Brandt-Meiſte - ren / Richteren / Advocaten: Beicht-Vaͤteren der Armen Beklagten vnd Gefangenen: Pre - digeren auch anderen Leuten ſehr nuͤtzlich vnd nothwendig zu leſen.
Anfangs Ohne Nahmen in Lateiniſcher Spraach Außgangen / Jetzo Jn die Teudtſche Vbergeſetzet / Durch JOHAN SEIFERTEN von Vlm / der zeit Schwediſchen Feld - Prediger.
BREMEN /Jn verlegung Joſt Koͤhlers / Buchhaͤndelers. Gedruckt bey Jacob Koͤhler.1647.
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Der Koͤnigl. Mayſt. zu Schwe - den / ꝛc. Hoch-wolbeſtalten Gene - ralen vnd Gouverneurn dero Ertz - vnd Stif - ter Bremen vnd Voͤhrden: wie auch Obri - ſten zu Roß vnd Fuß / ꝛc.

Deme Hoch-wolgebornen Herꝛen / Herꝛen /

Hans Chriſtoff von Koͤ - nigsmarck / meinem gnaͤdigen Herꝛn.

GOttes Schutz in Gefahr: beyſtand gegen die Feind: gluckliches wolgedeyen zu gutem vorhaben: vnd al - les anderß erſprießliches an Leib vnd Seel.

Hoch-wolgebohrner General / Gnadiger Herꝛ:

Bey gegenwertigem Hexen-ſtreit / daß ich nicht an meinem End / vnd noch mehr an dem Jungſten Tag / ein vnvermeidliche Straff Gottes em - pfinden muͤſſe / wenn E. Excellentz ich nicht bericht gebe / in denen dingen /* ijin wel -in welchen Sie informirt zu ſein / etwa noͤtig haͤtten.

Solchem Vnheil vorzubawen iſt dieſes Buͤchlin von mir zum offent - lichen gebrauch / in vnſer Mutter - ſprach befoͤrdert worden.

Ewer Excell. woͤllen ja gebetten bleiben: vnd von dieſen grewlichen ſecretioribus vnd entſetzlichen dingen eher nicht vrtheilen / ſie haben denn zuvor / den Inhalt dieſes Buͤchlins 1. Im Capittel-Regiſter. 2. In der 50. 51. Streit-red / dem Anhang / vnd dann 3. der ordnung nach / von vor - nen her biß hinden auß gantz geleſen.

Ich hab darumb die materi ſo eng eingezogen / daß die dem vngeſtudir - ten Leſer / verhinderliche allegata: ver - drießliche art zu Philoſophiren / ver - gebenes Rhetoriſiren, verwirꝛende Ju - riſten / vnd anderer Scribenten jhre nahmen / vnd was ſonſten vnbegreif - licher prolixitet iſt: nit allerhand auff - haltens machte.

Ich hab mit * die Blaͤtter zahl der Lateiniſchen edition, auß Herꝛn Petri Lucii / Rintel. Acad. Buchtruckers /Exem -Exemplar von An: 31. den Gelehrten zum beſten darumb vnten an die pagi - nam geſetzet: daß etliche das Lateini - ſche Exemplar lieſſen kauffen / le - ſen theten / vnd ſonderlich andere / die noch nicht geleſen / auch ſucheten.

wird das Buͤchlin ſelbſten oh - ne mich genug red-wieder-red vnd antwort / einem jeden warheit lie - benden Leſer geben: wer mir mit Augen recht anſehen / ſein vbel gefa - ſtes vorurtheil caſſiren: ein von Paſ - ſionen gegen mir / oder dem Autor / oder die Richtere / oder die ſchuldige / geſaubertes gemuͤth / hinein bringen wird.

Gute Wein beduͤrffen keinen Crantz / vnd werden durch den Wein - ruͤffer verboͤſeret / vnd nicht verbeſſe - ret: alſo inſonderheit dieſe Sachen / ſo in dem Buͤchlin begriffen / doͤrffen keines ruͤhmens / wenn die Chriſten / ſonſten in allen Staͤnden / das Ge - wiſſen zu raht ziehen wollen.

mag mir feind ſein wer will / ſo muß ichs leiden / vnd Gott fuͤr jhn bitten: Vnterdeſſen muß ich doch* iijmeinsmeins Ampts vnnd Gewiſſens nicht vergeſſen.

Ich will nit hoffen / daß jemanden mir diſe that / werde fuͤr eine eigen - nuͤtzigkeit / oder ehrſucht zu meſſen. Gott kennet dißfallß mein intention am beſten. Ich muß gleichwol conſi - deriren, daß man im feld nicht gantze Bibliothecas kan mit fuͤhren / ſo hat di - ſer ſtreit zu allen zeiten / viel der Ge - lehrteſten vnd geuͤbteſten ſo Theolo - gen: als Juriſten exerciret. Viel nach - dencklicher deciſionen ſein bey Gelehr - ten leuten von diſem handell in ſchrif - ten. Allein niemand doͤrff es wegen der boͤſen Maͤulerwagen / daß er et - was davon an den tag gebe. So iſt Auguſtin Lercheimers Buchlein võ diſer ſachen / auch nicht mehr zu be - kommen. Darumb aber iſt das ex - empel von Ahasverimandato revocatorio in der Bibel angezeichnet: daß inſon - derheit / wir Feldt-Prediger / vnſern Obrigkeiten / bey gelegenheit / ſolches groſſen Herꝛn / ſeine moderation, ſollen zu erkennen geben. Er war ein Herꝛ vber 127. Koͤnigreich vnd laͤnder: erwarwar von Haman vberliſtet: vnnd Gott eroͤffnet jhm durch Heſter / das vngluͤck: deme zu danck er das vori - ge mandat casſiret: vnnd damit ruhm bey allen leuten verdienet hat. Wel - ches denn wie geſaget / fleiſſig muß vnterſuchet werden.

Wolan ſey genug mit dieſem: Gott erfuͤlle an E. Excell. ſeyn gnaͤ - digſtes gedeyen: An vnß allen ſeine Barmhertzigkeit. E. Excellentz aber wollen Gottes vnnd jhrem armen Diener beſtaͤndig gewogen zu ſein auch fuͤr dißmahl in vnterthaͤnigkeit gebeten verbleiben.

Perſcriptum den 7. Tag Se - ptembr. An: 1647. Ewerer Excellentz vnd H. G. Gn. D. vnd G. Gfl. Johannes Seifertus.

* jvVor -

Vorred deß Autoris ſelbſten.

AN die Obrigkeiten Teut - ſchen Landes / habeich diß Buͤchlin geſchrie - ben: an die jenigen die es nicht leſen werden vielmehr / alß die es werden leſen. Vrſach iſt: Dann welche Obrigkeiten ſo viel ſorgfalt werden tragen / daß ſie werden meinen / ſeye noth daß man dieſes leſe / was ich in ſachen der Hexerey hierinne beſchrieben / die haben ſchon ſo viel / warumb ſie dieſes leſen ſolten: Nemblich / fleiß vnd gewiſſenhaffte ſorgfalt dieſe ſachen recht zu eroͤrtern vnd zu richten / alſo iſts nit noth langdar -darvon zu leſen / wo mans wolle hernehmen.

Die aber ſo Sorgloß ſeyn / daß ſie dieſe Dinge weder leſen oder groß achten werden: die ha - ben gewißlich eben am aller noͤ - tigſten hierinnen zu leſen / vnnd hierauß zuſtudiren / was jhnen zu thun vnnd zu laſſen ſey: daß ſie auß dieſem Buch lernen ſorg - faͤltig handlen. Alſo moͤgens die leſen / die es nicht leſen werden: die andern habens zu leſen nicht einmahl vonnoͤhten.

leſe es aber wer da woͤll / ſo bitte ich / er woͤlle nur die 51. Streit-reden / mit dem Anhang zum wenigſten leſen / vnd in allen puncten wol examiniren.

* vRegi -
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Regiſter der Streit-reden dieſes Buchs.

  • i. OB auch warhafftig Hexen vnd Vn - holden ſeyn? Pag: 1. ii. Ob dañn deren mehr in Teutſch - land / dann anderſtwo an andern oͤr - tern? 3 iii. Was fuͤr ein groſſe Malifitz-that dieſes ſey? 7 iv. Ob es vnter die exceptirte gehoͤre: vnd was Crimina excepta? 7 v. Ob man gegen die excepta nach belieben den Proceß moͤg anſtellen? 8 vi. Ob die Teutſchen Fuͤrſten wol daran thun wenn ſie mit der ſchaͤrffe gegen die Hexen Procediren. 10 vii. Ob diß vnzifer zur genuͤge durch ſtren - gen weg; oder ſonſten durch andere mittel koͤnne außgereutet werden. 11 viii. Wie vorſichtig hohe Obrigkeiten / vnd dero bedienten: in diſer peinlichen ſachen zu ver - fahren ſchuldig ſeyen? 12 ix Ob groſſe Herꝛen jhr gewiſſen genug ent - binden: wenn ſie ſich wenig mit diſem werck be -kuͤm -kuͤmmern / vnnd alles nur auff jhre Miniſtros ſchieben? 20 x. Ob zu glauben / daß Gott werde zulaſſen / daß je etwan vnſchuldige mit eingemenget wer - den? 30 xi. Ob zu glauben / daß in vnſerem ſtreit ſichs in der that befunden: daß auch vnſchuldige leut mit zu grund gangen. 31 xii. Ob man denn daß Brandtmeiſters In - quiſitional-proceß wider die Hexen / ſoll ein - ſtellen: wenn es erfindtlich: daß viel vnſchuldige de facto dadurch vmb daß leben vnnd jhre ehre ſeyn gekommen. 35 xiii. So nun aber vnſchuldigen leuten ohne mein gefaͤhrden / mit diſem Proceß einige gefahr zuwuchſe: ſoll ich darumb auffhoͤren die Recht - ſchuldigen zu verfolgen? 38 xiv. Obs recht: daß man hohe Obrigkeiten anhetzet / den Inquiſitional-proceß gegen die Hexen zu fuͤhren? 41 xv. Was doch vornemblich dasjene fuͤr Leute ſeyen: welche bey den Obrigkeiten einen ſolchen Hexen-krieg anrichten? 42 xvi. Wie iſt jhme denn zu thun: daß man im Hexen-Proceß / ſich an vnſchuldigen leuten nicht vergreiffe? 45 xvii. Mag man auch denen von Hexerey wegen verhaffteten leuten / die defenſion zulaſ - ſen / vnd jhnen einen Advocaten zuſtatten? 52xviii. xviii. Was fuͤr anmerckungen auß vorer - zehlten dingen zu nehmen? 56 xix. Ob jemand von Hexereywegen gefan - gen wurde / ſoll man denn alſobalden præſumi - ren: er muſſe nothwendig ſchuldig ſeyn? 61 xx. Von der Tortur oder Peinbanck: ob auch zu foͤrchten / daß die vnſchuldigen / ſo daran kommen / ſich ſelbs moͤchten manchs mal verkuͤr - tzen / vnd alſo gegen ſich ſelbſt / vnd gegen andere die vnwarheit ſagen. 67 xxi. Ob eine von Hexereywegen angeklagte Perſohn zum oͤffteren muͤge torquiret wer - den? 77 xxii. Warumb viel Richter zu diſer zeit die beklagten / alſo ſchwerlich los laſſen / wenn ſie ſchon durch die außgeſtandene tortur ſich pur - giret? 81 xxiii. Wie jhme doch zu thun: daß man ſich mit einigem prætext, bey offt wiederholter fol - ter zu ſchuͤtzen? 82 xxiv. Wie mans machen ſoll: wo keine newe indicia vorhanden / man doch gleichwol deren zu fortſetzung der tortur keinen mangel habe? 84 xxv. Ob ein verzeubertes ſtillſchweigen (ma - leficium taciturnitatis) fuͤr ein newes indici - um zu halten: vnnd man deßwegen die tortur continuiren koͤnne? 86 xxvi. Was fuͤr zauberey zeichen von vner - fahrnen vnd vngewogenen Richteren præten - diret werden? 89xxvii. xxvii. Ob die tortur ein gnugſahmes mit - tel ſeie / damit die warheit zu erfahren? 92 xxviii. Argumenten derer jenen: welche meinen es ſey alles alſobald war / was in der tor - tur bekant wird? Auch dero widerlegung. 93 xxix. Ob die tortur in hoc paſſu, weil es damit ſo gefaͤhrlich hergehet / wol gaͤntzlich abzu - ſchaffen? 97 xxx. Inſtruction fuͤr die Beichtvaͤtter / die an die gefangenen muſſen deputiret werden / wie ſich die zuverhalten. Ein nothwendige lehre. 97 xxxi. Obs recht: Daß man vor der tortur, den beklagten weibsbilderen / die haar durch den Hencker laͤſſet abſchneiden? 104 xxxii. Auß was fundamenten man zu der tortur ſchreiten moͤge? 105 xxxiii. Bey weme das vrtheil ſtehe / außzu - ſprechen: daß die indicia von gnugſahmen qua - litaͤten? 107 xxxiv. Ob allein daß gemeine geſchrey / wenn ſonſten keine andere vnd gnugſahme in - dicia vorhanden / ein gnugſahmes indicium zu der tortur ſeye? 108 xxxv. Ob nicht bey ſo beſchaffenen ſachen der Obrigkeit gebuͤhre / ſich gegen die verleumb - der vnd Calumnianten, mit ernſt vnd mit der execution zu legen? 114 xxxvi. Ob auff den fall: daß fama im rech - ten gegen eine beſagte Perſohn gnugſam erwei - ſet: ſolches genug ſeyn zum indicio ad tortu -ram:ram: weil man ſonſten ſchwerlich koͤnte zum beweißthum gelangen: vnd es ein Crimen ex - ceptum betrifft? 116 xxxvii. Ob dann die probationen: ſo in gemeinen Criminal ſachen nicht gnug zur tor - tur ſeyn: insgemein genug ſeyn in exceptis oder hauptlaſteren? 119 xxxviii. Von dem ſatzſpruch der Richte - re: Ob man dann in verborgenen Criminal haͤndlen: da die beweißthumen ſchwaͤr fallen / nicht ehender zu der tortur moͤge ſchreiten / denn ſonſt in anderen? 122 xxxix. Ob man eine Perſohn: die in der tortur nichts bekant / mit vrtheil vnd recht koͤnne zum tod vervrtheilen? 124 xl. Ob jemand erſtens die Malefitz that der Hexerey bekennet: vnd aber auff dem Richtplatz ſein bekaͤntnis wiederruffet: mag auch ſolche re - vocation gelten? 130 xli. Was von den jenen zu mutmaſſen / wel - che in der gefaͤngnis todt gefunden worden? 136 xlii. Was man dann fuͤr zeichen muß ha - ben / daraus man mit ſicherem gewiſſen ſchlieſſen koͤnte: es ſey ein ſolche todtgefundene Perſohn vom teuffel erwuͤrget: oder man hab ſich ſelbſten den todt in der gefaͤngnis aus verzweiffelung angethan? 140 xliii. Vom Stigmate oder Hexen-zeichen / darvon ſo viel ſagens: ob daſſelbe ein indiciumzurzur tortur: oder auch zu dem todes vrtheil ſein ſoll vnd koͤnne? 142 xliv. Ob man alſo groß auff die (denun - ciationes) beſagung / in Criminal ſachen der Hexerey zum fangen vnd torquiren ſich fuſſen koͤnde? 145 xlv. Es hat Medea Glyzerium fuͤr eine Hexe beſaget: Medea wird darauff zum fewr verdammet / Glyzerium leugnet die that: Me - dea bekehret ſich vor jhrem ende vnd thut buſſe: ſoll ich nicht Glyzerium deßwegen fangen vnd torquiren koͤnnen / weil diſe als ein bußfertige Suͤnderinne / jhre gethane bekaͤntniß mit jhrem todt verſigelt? 152 xlvi. Ob dann endlich dem beſagen zu tra - wen: wann man vnzweifelich gewiß iſt: die Be - ſagerinne (denuncians) habe ſich warhaftig be - kehret? Sie wird ja anders nichts dann die war - heit reden? 154 xlvii. Ob denn dex teuffel in ſeinem Hexen - Convent, auff dem Haͤwberg / zu Oxenhauſen / Blocksberg / ꝛc. vnſchuldiger leuten geſtalt alſo præſentiren koͤnne: daß man meinen muͤſſe / ſie ſeyn warhafftig da geweſen? Vnd was hiervon zu halten. 156 xlviii. Examen der argumenten, mit welchen man ſich vnternimmet zu behaupten: daß der teuffel vnſchuldige leut im Hexen-tantz nicht præſentiren koͤnde? 157 xlix. Examen der jenen argumententen:dada welche erſtreiten wollen: man ſoll der Hexen Beſagen (denunciationibus) kurtzvmb glau - ben: vnd die Beſagten darauff zu torquiren diß ein gnugſames indicium ſeye? 164 l. Weſſen ſich ein Richter hierbey zu reſol - viren / daß er ſicher gehe? Ob ein mittelweg zu finden? Oder ob er meiner oder gegentheils par - thei ſoll zufallen / ꝛc. 176 li. Summariſche erzehlung / von den pro - ceſſen, wie ſie heut zu tag gegen die Hexen ge - fuͤhret werden. Ein Capittel wol zu leſen. 178

Appendix I.

  • Von nachdruck vnnd vermoͤgen der tortur, vnd deß beſagens: was diſe beyde ding außrich - ten koͤnnen. 193 ii. Beſchluß an den Leſer / von noch neun hochbedencklichen Streitfragen / die zu eroͤrtern vnd zu bedencken ſeyn. 199
Ende des Regiſters.
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Gewiſ -
1

Gewiſſens-noͤhtige ver - wahrung / in Peinlichen Sa - chen der Hexerey.

Die Erſte Streit-rede. Ob auch Hexen / Zauberinnen vnnd Vnholden ſeyen?

OB ich woll weiß / daß ettli - che daran gezweiffelt / auch von Hoch-gelehrten vnd Catholiſchen / die mit Namen zu nennen nicht noͤ - tig: Obwoll auch etliche / nicht auß frevelmuth / argwohnen / ſeyen woll eher in der Kirchen die Zeiten alſo bewand geweſen / zu welchen man von Coͤrperlicher zuſammenkunfft der Hexen gezweiffelt: Obwollen ich ſelber auch / der ich viel hierzu hab muͤſſen / bey verſchiedenen dieſer malefiz-that beſchuldigten Perſonen / in Gefaͤngnuͤſſen / mich laſſen brauchen / vnd dahero mit vorſorg / auffmerckung / nachdencken / will nicht ſagen auß vorwitz / mich dermaſſen in Ge - dancken vertieffet / daß ich endlich / was hiervon zu glauben / garvnweiß worden. Dennoch aber / wenn ich der verwirreten Gedancken ſchluß end - lich ſoll geben / waß er ſeye: So ſage ich endlich / man muß darvor halten /*Pag: 2. daß in der Welt war -Ahaff -2hafftig ſolche malefiz-Perſonen ſich finden / vnd daß deren etliche ſeyen / ſolches koͤndte ohne fre - vel-muth oder groben vnverſtand nicht gelaͤug - net werden. Man beſehe die jenen ſo hiervon ge - ſchrieben / alß Remigium, Del’Rio, Bodinum, &c. Das jhrer aber ſo viel / vnd alle die jenen ſchuldig ſeyen / die hierinnen verdaͤchtig vnd ver - brennet werden / das glaub weder ich / noch viel andere Gotts-foͤrchtige Maͤnner mit mir / ſoll mich deß auch niemandt ſo leicht bereden / der nicht mit vngeſtuͤmmen ſchreyen / oder blinder authoritaͤt gegen mich ſtehen / ſondern mit ver - nunfft vnd nachdencken das werck beleuchtigen will. Derentwegen ich dem Leſer bezeuge / durch die Liebe vnſers Geſetz-gebers Chriſti / welche Er vnter den Seinen will in acht genommen haben: Hat jemand eyffer vnd kirret wieder dieſe male - fiz-that der Hexerey / der woll ſich doch nur ſo lang ſelbſt zwingen / biß er mit wiſſenſchafft vnd nachdencken / ſo villeicht noch bey jhme nicht / gnugſam ſich verwahret hat. Aller Eyffer iſt nicht Tugend: etlicher iſt nur auß der Natur. Tugend iſt beſcheiden vnd langſam / hat auch beliebung zu leh - ren / fuͤrchtet nicht deßwegen gerin - geret zu werden / wenn ſie ſich belehren laͤſſet. Wowir aber vngeſtuͤmm herein platzen / wenn wir ſchon alles annehmen / daß wir ein ding wiſſen / vnd wollen doch nicht lernen / waß iſtswun -3wunder daß vns die warheit in vielen dingen ent - laͤufft? Nun ſo woͤll der Leſer doch gebeten blei - ben / mit aller beſcheydenheit mir nur langſam nachzufolgen an die oͤrter / da ich jhn hinfuͤhren will: ſoll jhn nicht gerewen / viele dinge mit ſolcher langmuth vnd gedult betrachtet zu haben.

*pag. 3.Die 2. Streit-rede. Ob denn mehr Hexen / Zaͤuberinnen / vnd Vnholden / in Teutſchland alß anderſtwo?

ANtwort: Daß iſt eine Frag / die ich nicht verſtehe: will doch kurtzweil halber nur ſa - gen von dem jenen / waß jetzund vorlauffet. Dahero hat es nur das anſehen vnd den wahn / daß jhrer mehr in Teutſchland / denn anderſtwo gefunden werden.

Vhrſach: Dann in Teutſchland brennets alles von Holtz-hauffen / dieſes Vnzieffer außzu - reuten: Iſt ja ein heller beweiß / daß alles mit hexerey vergifftet ſey: vnd alſo vnſere Ehr nicht wenig deßwegen bey vnſeren Feinden geſchaͤndet werde / vnd wir nun vor Pharao vnd alle ſeinem Volck ſtinckend worden.

Darnach ſo vnterbawen wir dieſe opinion, von vielheit der Hexen / bey vns / mit zweyen ſehr mercklichen ſtuͤtzen.

i. Mit des tummen Poͤfels vnerfahrenheitA ijvnd4vnd aberglauben: Welches ich alſo beweiſe. Die Naturkuͤndiger erweiſen / daß viel dinge auff das aller natur-maͤſſigſte geſchehen / welche doch das anfehen haben / daß ſie etwas von dem gemeinen lauff der Natur bey ſeyt ſpringen / vnd wol wieder - natuͤrlich heiſſen moͤchten: alß die Wolcken-bruͤch / vnverhoffter Hagel-ſtuͤrm / ſchwaͤre Reiffen / Donnerſchlag bey heiterem Himmel / ꝛc.

*pag. 4.Die Medici lehren / daß das vieh ſo woll alß die menſchen / den Kranckheiten / nach ſeiner complexion, eben ſo woll vnterworffen: fin - den ſich im Menſchen vnd Vieh eben gleich newe vnd vnerhoͤrte zufaͤll / die man nicht gnug erfor - ſchen koͤnne: Es ſeyen viel ding in der Natur verborgen / die taͤglich ſich mit verwunderung derer Leuten eroͤffnen / welche der reichthuͤmen Natuͤrlicher Heimligkeiten vnerfahren ſeyn: Es haͤtten die gelehrteſten Leuth von vielen hundert Jahren hero ſolche dinge nicht genug ergruͤn - den koͤnnen / ꝛc. So reden dieſe. Laſt nun in Teutſchland eins dergleichen kund werden: laſt ein Vieh-ſterben einfallen: laſt vngeſtuͤmme vnd vngewoͤhnliche wetter kommen / der Medicus ſoll in die kranckheit ſich nicht finden koͤnnen / oder die kranckheit ſoll wegen langwirigkeit nicht wol - len der kunſt weichen: laſt endlich ein Vngluͤck kommen was da woͤlle / wann es nur vngewohnt iſt / kommen wir nicht alſobalden / ich weiß nicht was vnd wie vnbedachtſamb / aberglaubiſch vnd vnwiſſend hergeplumpet: Ruffen wir nicht al -ſobald5ſobald vber Hexen vnd zauberey? Da tobet man / ja nun haben wirs funden: da ruffet man / nun iſt man zu der Brunquell des Vnglucks kommen: Gehet etwan eine vorbey / ſtehet ſie bey vns ſtill / kommet ſie ohngefehr zu vns /*pag. 5. ſaget ſie es ſeyn ohngefehre haͤndel / da faͤllet man flux zu (da doch nothwendig dieſes nicht nachbleibet) deutet die woͤrter / vñ meinung anderſt / vnd muß ſie alſobald nach vnſerer boͤßheit arth / in alle nachbarſchafft verſchreyet werden. Iſt alſo nicht wunder / daß inner wenig Jahren / das jmmer wachſende ge - ſchrey / vns mit ſo vielen Hexen hat vberſchwem - met: bevoraus / weil die Geiſtlichen ſich hier auch mit einmiſchen / vnd dapffer auffgieſſen / vnd man noch keine Magiſtraten von vns Teutſchen ge - funden / welche mit jhrem eyffer dieſen teuffliſchen diffamationen wiederſtanden weren / davon vn - ren in der 35. Streit-rede mit mehrerem. Andere Nationen gehen viel behutſamer / iſt ſchand daß ſie vns in dieſem vbertreffen: dann / wenn bey jh - nen etwan ein Kind oder Vieh abgehet / das Wet - ter einen baum ſchlaͤgt / der hagel das getreyd ver - derbet / die lufft vergifftet wird / maͤuß vnd hew - ſchrecken daß feld verwuͤſten / ſo meſſens andere Gott vnd der Natur zu / vnd ehe ſagt man nichts von Hexerey / alß man habe es hand-greifflich al - ſo befunden / daß die Natur / auß der Gelehrten auſſag / in jhren geſetzen nicht ſey gebliben.

ii. Hier iſt abermahl der Poͤfel / wegen ſeinesA iijney -6neydes vnd boßheit ſchuldig:*pag. 6. welches ich alſo erklaͤre. Keine Nation leugnet / daß nicht alle - zeit leut ſeyen / welche Gott vor anderen in zeitli - chen Guͤteren mehr was geſegnet / die nicht mit verkauffen beſſer zu recht kommen als andere / die nicht im kauffen anderen bevor gehen / vnd alſo eher reich werden als etwan ein ander: Hoͤre hier vnſeren Teutſchen Poͤfel! flux kompt ein Nach - bar der zuruͤck bleibet / der ſteckt den kopff mit ſeines gleichen zu hauff / man fanget an muncke - len / gehe mit hexerey zu: erſtlich entſtehet ein argwohn / dieſer waͤchſet / ſo man einen in der Kirchen andaͤchtiger ſiht beten / ꝛc. Ich ſchaͤ - me mich dieſes von vns ſelber zu ſagen / welches bey anderen Nationen doch gar nicht vblich / vnd man dahero ſo viel von hexerey bey jhnen nit weiß / alß bey vns. NB. Ich ſage nicht / daß keine Hexen bey vns ſein: Ich will zugeben / daß wel - che ſeyn: Allein das will ich reden / daß wenn man ſo will procedieren alß man jetzo thut / ſo iſt nicht moͤglich / daß vnter ſo vielen nicht etliche Vnſchuldige ſolten verbrennet worden ſeyn / vnd alſo auß vnſerem proceduren zu beweiſen /**p. 7. daß man noch nicht mit recht dargethan / wer ſchuldig oder vnſchuldig geweſen.

Die7

Die 3. Streit-rede. Was doch die Hexerey fuͤr ein ſchweres Laſter ſey?

ANtwort. Daß groͤßlichſte / ſchwehre - ſte / vnd gar aller abſcheulichſte: weil in dem ſelben zu hauff kommen / die vmbſtaͤn - de der groͤßlichſten Laͤſtere: alß des Abfalls von Gott / Ketzerey / Kirchen-ſchaͤndens / Gotts - laͤſterens / Todtſchlags / vnd Blut-freunds moͤr - dereye / ꝛc. Item andere ſuͤnden / die man ſicherer ſchweiget vmb der Jugend willen. Beſiehe Del - rium lib. 5. ſect. 1. &c.

Die 4. Streit-rede. Ob die Hexerey vnter die Excepta gehoͤre?

EReylich Ja! Dann man muß mer - cken / daß die Juriſten / alle malefiz - haͤndell / in zwo Partheyen abſchei - den. *pag. 8.

Etliche heiſſen ſie gemeine / alß Diebſtall / Tod - ſchlag / ꝛc. andere halten ſie fuͤr groͤßlich vnd ab - ſchewliche / als die mehr wieder Gemeine woll - fahrt ſchreiten / vnd ſolche gar zu entſetzlich an - taſten: alß das Crimen læſ. Majeſtatis, der Ketzerey / der Hexerey / der Verraͤhterey / der falſch - Muͤntzerey / deß Straſſen - vnnd Seeraubs / ꝛc. A jvSolche8Solche heiſſen Excepta, auß der vhrſachen / weiln ſie nicht nach gemeiner Ordnung der ge - ſchriebenen Rechten / geurtheilet werden / alſo daß nicht vonnoͤhten ſich an ordentliche proceß deß Rechtens hierinnen zu halten / ſondern er - laubet ohn ſonderliche ordinari proceſſen, we - gen dero abſchewligkeit / dargegen zu verfahren.

Vhrſach: weil ſie extra-ordinari ſchaͤdt - lich / alſo man auch mit extra-ordinari Mit - teln jhnen muß entgegen gehen. *pag. 9.

Die 5. Streit-rede. Ob man dann wieder Exceptirte ma - lefizthaten moͤge den Proceß nach belieben formaliſiren vnd durchſetzen?

ICh ſage lauter Nein darzu: Auß vrſach. Die geſchriebene Geſetz haben ſie zwar fuͤr ſo Exceptiret gemachet / doch iſt nicht erlaͤubet / daß Geſetz der Natur vnd der Ver - nunfft darbey auff eine ſeyten zu ſetzen. Man formaliſire nun in oder auſſerhalb geſchriebenen Rechtens einen proceß darwieder wie man wol - le / ſo muß er doch alſo ſtaffiret ſein / daß nichts daran zu tadlen / alß ob es geſunder Vernunfft zu wieder: diß iſt fuͤr ſich ſelbſt klar / vnd darff keins beweiſens: wird ja niemand ſein / der da wird ſagen / man moͤge wieder geſunde ver - nunfft handlen. Diß muß ich darumb erinneren / weil ich ſehe / daß etliche Richtere / in dieſem pro -ceß9ceß gar zu freywillig verfahren / mehr alß Recht iſt / ſagende: ſey ein Crimen Exceptum. Dannenhero / NB. wenn ſie ſchon elende indi - cia haben: wenn ſie in der peinlichen Frag ſich verſtoſſen: wenn ſie zu leichtglaͤubig geweſen: wenn ſie die defenſion verſaget / ꝛc. welches doch alles wieder die Vernunfft ſtreitet / ſo iſt das jhr ſchirm vnd ſchild / das es hißt: Es iſt ein Exce - ptum,*pag. 10. man doͤrff deßwegen darinnen nach be - lieben procediren, wie ich diß forthin offt an - deuten werde. Allein wenn wir nicht gern wollen wieder alle billigkeit ſtehen / ſo ſolten alle Gerichts - perſonen dieſes zu jhrer haupt-regull vnnd vn - fehlbaren Wegweiſer / ſich ſelbſten allzeit hierin - nen fuͤr augen ſtellen: NB. daß in keinerley ma - lefiz-haͤndeln / ſie ſeyn wie ſie wollen / keinem Menſchen erlaubt ſey / anderſt / alß nach geſunder Vernunfft / den proceß zu formaliſiren. Zum andern iſt es gantz falſch / daß man ſolte in den Exceptis alles ferneres nachdencken dabey alſo doͤrffen zu ruͤck ſetzen. In etlichen Exceptis iſts erlaubt / aber nicht in allen: dann / anderſt wird niemanden auß einigerley Rechts-Buͤcheren ſchlieſſen koͤnnen: daß man dannenhero ſich vber die Vnerfahrenheit vieler zu beklagen / vnd Fa - rin. q. 37. n. 90. alſo recht lehret / NB. daß die meinung / man doͤrffe in Exceptis nach belieben procediren, vnnd allen ordentlichen weg deß Rechtens fallen laſſen / ſehr falſch ſey: vnd muͤſſeA vallein10allein dann zumal gelten / wenn man von der Straff / nicht vom vorgehenden proceß redt / vnnd man nicht weiterer inquiſition von thun hat / ſonder die that erweiſet worden / vnd alſo woll die ſtraff etwan herter ſein koͤndte / alß ſie ſonſten in den geſchriebenen Rechten angedeutet. Be - ſiehe Maſcard. Vol. 3. Concl. 1311. Iſt ſich alſo nicht laͤnger hier auff zuhalten. *pag. 11.

Die 6. Streit-rede. Ob die Teutſchen Fuͤrſten recht thun / wann ſie gegen die Hexerey mit der ſtren - ge verfahren?

DAs ſey ferne von mir / daß ich der Obrig - keit hierinnen einbruch thun ſolte / wenn ſie wieder dieſes peinliche Laſter ſich mit gewaldt aufleinet: will Gott ſelbſt / daß die Obrigkeit vns gebiete / vnd wir jhro ſollen gehor - chen. Dero Raͤthe die haben jhre bewegliche vr - ſachen / durch die Sie dazu gezwungen werden.

i. So reinigt man (ſagen ſie) daß Land von einer boͤſen plage / die ſonſien wie der Krebs vmb ſich friſſet / vnd erblich ſchadet.

ii. So kommen ſie dem ſchaden vor / wel - chen zu vollbringen / die Hexen dem Teuffel ſich verbunden.

iii. So thun ſie jhrem Ampt vnd Beruff ein genuͤgen darmit /**p. 12. Rom. 13. ſo gar / daß / wo ſie ſolches vnterlieſſen / ſie ſich ſchwaͤrlich verſuͤndig -ten /11ten / vnd frembder Suͤnden theilhafftig wurden: weren auch ſchuldig allen darauß entſtandenen ſchaden von dem jhren eygenen zu erſetzen / wie man diß auß der Juriſten Buͤcher / zur volligen genuͤge / ſattſamlich zu erweiſen hat.

iv. So laſſen ſie jhren eyffer ſehen / den ſie haben vmb Gottes Ehr zu beſchirmen / wenn ſie wieder deſſen Haupt-feinde alſo mit fewer vnnd ſchwerdt graſſieren. Dann die Zauberinnen ſoll man nicht leben laſſen. Exod. 23. v. 18. &c.

Die 7. Streit-rede. Ob diß Vnzieffer durch ſtrengen weg zur genuͤge / oder ſonſten durch andere mittel / koͤnne außgereutet werden?

ES moͤgen Fuͤrſten / brennen wie ſie wol - len / ſo werden ſies doch nimmermehr außbrennen / ſie woͤllen dann jhr gantzes Land verbrennen: man hat geſehen / daß man mehr damit verderbet /*pag. 13. alß der Krieg verherget / vnd doch nichts außrichten koͤnnen / daß woll mit blut zu beweinen. Nun ſeyn / die einen gelin - dern weg vorzuſchlagen ſich vnternommen: dar - unter D. Tanner mich beduncket anderen weit vorzuziehen ſey: wolte man jhme folgen / ſolte niemanden gerewen. Fuͤr meinen theil / hab ich dem handel vielfaͤltig nach geſonnen / wie ich doch ja etwas erfinden moͤchte / welches hierzu dienlich genug waͤre / hab auch Gott mehrmahlen darobange -12augeruffen / vnd weiß daß es andere auch gethan haben / ob doch ſein Barmhertzigkeit vns mit den ſtrahlen ſeiner Guͤte erleuchten wolte / damit die - ſe ſo ſchaͤdliche finſternuß auß Teutſchland moͤcht vertrieben werden. NB. Allein ich ſehe einen ſol - chen zuſtand vnſerer zeiten / daß wenn ſchon das anſehen haͤtte / alß ob ein Mittel hierzu gefun - den were / ſolches doch vnſere Obrigkeiten gar nicht wurden beobachten. Dannenhero kan ich mich nach der zeit nicht erkuͤhnen / daß ich etwas offenbahrte / welches ich nicht weiß alſo zu ſeyn / daß nicht die beſtellte Brandmeiſtere / mich nicht ſolten ſelber angreiffen vnd verfolgen. So aber ja ein Obrigkeit were / die dieſe geheimnuß zu er - forſchen belieben wolte tragen / vnd auff Gott vnd die gemeine wollfahrt wagen / meinen Raht auff die prob ſtellen / vnd nur ein Jahr mit gedult ſolchen experimentiren /*pag. 14. ob es muͤglich jhre Lande in ſolcher zeit von alle dieſem Vngluͤck zu entfreyen / ſo ſolte woll etwas darbey vorgenom - men werden / daß nicht vnfruchtbar waͤre / wor - von dieſes Buͤchlin inſonderheit zu handlen / von mir iſt geſchrieben. **p. 15.

Die 8. Streit-rede. Wie vorſichtig Hohe Obrigkeiten vnd dero Bedienten in dieſer Peinlichen Sache zu verfahren ſchuldig ſeyn.

GLeich wie Hohe Obrigkeiten nicht vbel thun / ſo ſie ernſtlich wie der dieſe malefiz that pro -cedi -13cediren: Alſo handlen Sie auch ſehr vbel / wann Sie nicht hoͤchſter Vorſorg / Klugheit vnd nach - denckens ſich hier bey befleiſſen. So gar / daß nicht nur vnfleiſſiger vnnd vngezimter hierin zu pro - cediren / weiln es ein exceptirter handel / verbot - ten / ſondern viel einer mehreren wachſame vnd ſorgfalt / alß bey anderen peinlichen klagen / von - noͤthen / daß der proceß nicht vnfoͤrmlich / vn - verantwortlich / vnnd vnrechtmaͤſſig gefuͤhret werde.

Derhalben / laſt vns das nachgeben / daß hier - bey in etlichen ſtuͤcken erlaubet ſeye / etwas eyffe - riger zu handlen / dann ſonſten in anderen / die nicht exceptiret ſind. So wiederſpreche ich doch / das man die freyheit nehme / gantz vnvorſichtig vnd vnbehutſam nur nach muthwillen zu hande - len / wie man ſonſten bey den non exceptis zu thun pflegt: Dann ich erforderte hier ein ſonder - lichen fleiß im procediren / ein ſonderliche auff - merckunge / vorſorg vnd behutſamkeit / alß ſon - ſten bey keinem anderen dinge. Vrſach iſt:

i. Diß iſt eins von den verborgneſten Laſte - ren / vnd wie alle geſtehen / ſo wirds bey nacht ge - trieben / im finſternuß vnd vnter den geiſtern: da - hero groſſe vorſichtigkeit vnd nachdenckens von - noͤhten / daß es mit rechter mannier ans liecht komme. *pag. 16.

ii. Wir ſehen / daß ſolch angefangener pro - ceß offt etliche Jahr dauret / vnd damit die zahl der Hexen vermehret worden / ſo gar / daß gantzeDoͤrf -14Doͤrffer im rauch auffgangen / vnd doch nichts außgerichtet worden ſey / alß das alle Regiſter noch voller nahmen ſtehen / von noch anderen / die auch daran ſollen: ſolte man denn fortfahren / ſo kaͤme man nimmermehr zu ende / biß das gantze Laͤnder drauff giengen: iſt auch kein Herꝛ gefun - den / der nicht endlich hat muͤſſen auffhoͤren / vnd ſo hat biß dato ein jeder ſelbſt ende gemachet / vnd daß ende nicht gefunden / welches weil es ein ſchwerer vnd allzuweit auſſehender handel iſt / ſol - te man wol ſo gnugſamen fleiß darbey thun koͤn - nen / daß nicht etwan ein irthum viel vnſchuldi - ge damit verwickelte? Sonderlich weilen wo nur ein eintzige erſtens ſich verſtrickt befindet / ſie alſo - bald zu mehreren anzufaſſen nothwendig vrſach geben muß / wie vnten mit mehrerem gezeiget wer - den ſolle.

iii. So es nu kommt / daß aus vnvorſich - tigkeit auch vnſchuldige mit dieſem Sturm hin - geriſſen werden / ſo muß nohtwendig groß vnheil im Land entſtehen: Nemblich ſo vieler Leute todt / infamation, verſchmaͤhung / nicht allein auch vieler Edlen familien,*pag. 17. ſondern der Chriſtlichen Religion ſelbſten / ſonderlich wann man auch auf die jene zugreiffet / welche ſonſten fuͤr andaͤchtiger gehalten worden alß andere. Ich habe newlich muͤſſen mir die ohren reiben laſſen / daß an theil orthen / der wahnwitz auch woll vornehmer leuten alſo groß worden: daß / NB. wo jemand bey den Catholiſchen ſein Pater noſter fleiſſiger betet / ſichmit15mit dem Weyhwaſſer oͤffter beſprenget / andaͤch - tiger zur Kirchen gehet / vnd ſonſten ſeine devo - tion mehr ſehen laͤſſet / denn andere / er ſich da - mit alſo balden der Hexerey verdaͤchtig mache / alß wann die Hexen auß noth / daß ſie vor dem Teuffel fried gewinnen / dieſes alles thun muͤſten. Dahero es kommet / daß an theil orthen ſich die Leut jetzo ſehr behutſam in dieſen dingen halten / vnnd viel Meßprieſter ſelbſt in jhrem Ampt ſehr nachlaͤſſig werden / damit ſie ſelbſt nicht in ver - dacht kommen. *pag. 18.Alſo kompts / daß da man vn - ter dem ſchein der gerechtigkeit ſo vnvorſichtig ge - het / man zu dem atheiſmo vnd allem boͤſen dem Teuffel die thuͤr mehr oͤffnet als verſchlieſſet / vnd darumb erforderen wir ein ſonderlichen fleiß in dieſem ſtuͤck von den Obrigkeiten.

iv. So ſeyn es gemeiniglich Weiber / gegen die man den proceß anſpannet. Aber von was qualitaͤten? gemeiniglich laͤppiſche / naͤrꝛiſche / thoͤrichte / plauderhafftige / leichtfertige / vnbe - dachtſame / vnbeſtaͤndige / betruͤgliche / luͤgenhaff - te / ꝛc. welche / wenn ſie warhafftige Hexen ſeyn / von jhrem meiſter zu aller boͤßheit abgerichtet wor - den. Zu welcher verhoͤr vnd examinirung eine beſonders groſſe klugheit erfordert wird / wo man nicht in tauſendfaͤltigen labyrinth ſich verſtuͤr - tzen ſoll. hat mir newlich ein Juriſt bezeuget / er finde ſo viel difficultaͤten bey dieſem handell / daß es jhme vnmoͤglich ohne groſſen exceß dar - innen fortzufahren / vnd wann er einmal davonabweh -16abwehre / ſolt jhn ſein tag kein Menſch mehr dazu bringen / vnd wolte keinem Herꝛen rahten / daß er ſich mit dieſem ſpiel verunruhigte.

v. So hoͤre ich / NB. daß an theil orthen / den Inquiſitoren, Brandmeiſteren vnd Schoͤpffen / ein gewiß ſalarium, vnd nemlich 4. oder 5. Thal. von der perſon zu vrtheilen / alß ein Kopff-geldt geſetzet ſeye. *pag. 19.Wer ſiehet hie nicht / daß vmb die - ſer eintzigen vhrſach willen groͤſſer vigilantz von noͤhten / damit nicht etwan die begierd zu gewin - nen den proceß vitios mache? da deſto leichter eine wird muͤſſen ein Hexe ſeyn / je mehr gewinn man jhrent wegen zu hoffen. Iſt warlich ein auß der maſſen wichtiger vnd ertz-gefaͤhrlicher handel: wir ſeyn nicht alle alſo heilig / daß nicht unſer ge - muͤth von dem brand der gewinnſuͤchtigkeit ſolte beruͤhret werden koͤnnen / da denn euſſerſte gefahr hernachmahls folgen muß / welche nicht kan ver - mitten werden.

vi. ſoll aber nichts der Obrigkeit die Au - gen ehen der oͤffnen / alß das / wann man einmahl ſich in dieſen proceſſen hat anfangen verſtoſſen / man ſich ſchwehrlich wieder zu recht finden kan: da in anderen faͤhlern jmmer ein weg zur reſtitu - tion verhanden / hie aber alles verlohren bleibet. Das beweiſe ich dahero: Dann in anderen jrr - thuͤmen finden ſich allewege etliche / welche die fehlende kluͤglichen jhres verſtoſſens vnd mit gu - tem nuͤtzen erinneren koͤnnen / vnd auch ohne jhres nahmens beſchmitzung ſolches zu thun vermoͤ -gen:17gen / allein in vnſerem handel iſt diß / als ich ſehe / gantz vnmoͤglich. *pag. 20.Sintemal einer ſey wer er wolle / ſo er ſich mund - oder ſchrifftlich auch auff daß aller vorſichtigſte hierinnen angiebet / etwas gutes zu rathen / NB. ſo wird er alſobald ver - ſpuͤren / daß man jhme einen klicker anhenget / er foͤrchte ſich der ſeinen / das ſie Hexen ſeyn / oder ſey wol ſelbſten ſchuldig / oder woͤlle den todt de - ren rechen / die jhn angehoͤren / vnd verbrennet worden ſeyn. Item / er muß ein Hexen Patron heiſſen / ein vorbitter der grauſamſten laſter: daß heiſt die welt reformieren: allein woͤllen klug ſein: ob man denn meine / daß ſo groß gelehrte Gerichts-verwalter geirret haben: es ſey eine in - juria wider die hohe Obrigkeiten / ja er wird ſich zum gefaͤhrligſten bey den Potentaten verfux - ſchwaͤntzet / vnd jhme alle wort zum nachtheilig - ſten verdraͤhet worden ſein / befinden. Wer iſt nun ſo reſolut, der der warheit zu ſtewr / ſich / ſein vnd der ſeinen Ehr in die ſchantz hierob zu ſetzen einen heldenmuth zu nehmen nicht beden - cken tragen muſte. Darumb iſts mit rathen vnd verbeſſeren verlohren / ſo bald man in diſem pro - ceß hat angefangen zu irren: ſolchem nun vor - zukommen / will ein gut gewiſſen forderen.

vii. Die taͤglich new anwaxende difficul - taͤten gebehren vnter den gelehrten / ſo geiſt-als weltlichen gantz wiederſpaͤnſtige vrtheil. Delrius vnd Binsfeld haben gemeinet / ſie habens getrof - fen:*p. 21. Aber jetzo kommen andere / die jhnen jhreBpar -18particularia zum ſchaͤrffeſten vmbſtoſſen muͤſ - ſen: NB. Mann findet daß ſie ſich auff die Fa - beln vnnd auff die mit der tortur erpreßten con - feßionen zu viel fundiret: mann findet bey jh - nen gar zu geſtrenge reſolutionen: Item daß es den Richteren zu viel nachgeben: mann muß an den Hexentantz zweiflen: oder auß Tannero be - finden daß nit alles daran war ſeye: weil befind - lich einkommen / daß viel verblendung ſich mit eingemenget: die Indicia ſein falſch / oder ſon - ſten nicht ohne argwohn: haben kein genugſam fundament &c. Wer ſihet hie nit / daß einer groſſen auffmerckunge mehr dann ſonſten von noͤhten?

NB. Einred. Wenn ich einen approbierten Scribenten hab / den ich darvon lieſe / waß doͤrfts denn viel difficultirens? Es ſagen ja die Theo - logen, wenn bey zwiſtigen ſententien beyder - ſeitig gute fundamenten ſeyen / ſo koͤnte mann woll dem einen vnnd dem anderen auch glauben vnd folgen / ja woll gar von einer mehr geſicherten meinung propter autoritatem alterius abtret - ten: probabilitaͤt heiſſen ſie auch da ein nit gerin - ge motivaanhanget: autoritaͤt aber an dieſem ort reſtringieren ſie auff eines mans Perſon / welcher vortreflicher vñ beruͤmter als andere ꝛc. *pag. 22.

Antwort. 1. Die autoritaͤt allein kan die - ſem handell auß dem fundament vnnd zur ge - nugſamen ſichere nit helffen / wenn die autores des gegentheils meinung nit zur genuͤge wieder -leget19leget haben. Denn ob ſchon die vnerfahrnere von jhnen beſſer preſumiren; gleichwoll wenn hernach andere beſſere fundamenten anzeigen / ſo muͤſſen ſie gleichwoll auch gehoͤret vnnd exa - miniret werden / daß man alſo ſehen konne / wer an dem beſten vnter jhnen beſtanden: darumb man nit nur mit den alten ſich ſo leichtſinnig kan ſchutzen / ſonderen die moderni oder newen muͤſ - ſen auch mit groſſem fleiß durchſehen werden / ꝛc.

Zum 2. Ob zwar mann ins gemein darfuͤr will halten / waß ob eingeredet ſeye war:*pag. 23. So ex - cipiren doch die Theologi außdrucklich darge - gen / vnnd ſagen: Solches ſey alsdann erſt war / wenn dem Naͤchſten kein gefahr oder ſchaden darauß entſtehen koͤnne (welchs mich wundert / daß ſo gelehrte Leut / wie etliche ſein wollen diß nit conſideriren) darumb in vnſerer ſachen / weyl gefahr dabey man nit auff autoritaͤt / ſonder auff daß gewiſſen muß ſehen / vnnd woll bedencken / waß man wolle ſchlieſſen / weme man wolle folgen damit man nit ſein eigene Seele gefaͤhrde: Es laͤſt ſich hie nit ſo hinein platzen / ſorg vnnd forcht muß vns hie munter machen. Auß welchem allem end - lich folget daß jene / waß ich mich vnternommen zu beweiſen / daß nemlich in proceß wieder die Hexen / wegen der gefahr eines vnwiederbringli - chen Seelen / Leibes / Ehren / Gutes vnd Landes ſchadens / mann ein extraordinari vorſorg vnd weit vmb ſich ſehende wachſamkeit muß gebrau - chen / damit wir vns nit mit vnſerer frevellmuͤtig -B ijkeit20keit gewiſſens ſchaͤdlich verſtricken. Welches ich darumb alſo hart einem jeden einbinden muß / weil die heutige Brandtmeiſter in dem wahn ſte - hen / ſie koͤnnen nicht jrꝛen: weil ſie meinen / daß jhre gefangene alle Geiſtlichẽ betriegen koͤnnen: ſie aber vnd jhre beyſitzer von den Laͤyen-Richteren / weren deſſentwegen quaſi privilegiret ꝛc. *pag. 24.

Die 9. Streit-rede. Ob groſſe Herꝛn jhr gewiſſen genug entbinden / wenn ſie ſich wenig mit dieſem werck bekuͤmmern / vnd alles nur auff jhre Miniſtros verſchieben?

ICh ruͤge dieſes / weil kurtzens ein Herr ſich eben damit entſchuldigen woͤllen: Er hett ſeine Raͤth / die ſolten zu ſehen.

Antwort. Es iſt der ſachen hiemit nit genug gethan: ſondern mann muß ſelbſten dran / vnnd Gott vmb weißheit vnd verſtandt an - ruffen. Vrſachen ſein dieſes.

i. Ein Herꝛ iſt ſeiner leuten / wegen jhrer gewiſſenhafftigkeit / vnd experientz nicht allzeit genugſam verſicheret: viel ſein offt vnerfahren / vngeſtuͤmm / vnd vnfromm: welche wenn ſie jren Herꝛen ſehen einen Chriſtlichen eiffer gegen die Hexerey haben / ſo wollen ſie alſobald ſich woll be - dient machen / es werde von jhnen gleich Chriſt - oder hundiſch gegen die verhafftete verfahren:*p. 25. Darumb ligt einem Herꝛen auff ſeinem ge -wiſſen /21wiſſen / das er ein theil der ſorg auff ſich nehme / vnd nicht alles auff frembde ſchulteren lade.

ii. Bey der Haußhaltung / Jagt / Federſpiel ꝛc. Schieben die Herꝛen nicht alles auff andere / ſondern woͤllen alles hievon auff das genaweſte wiſſen: vergeſſen auch offtmals jhrer autoritaͤt nicht wenig darbey: Laſſen woll darzu wichtige Regiments geſchaͤffte veralten.

Hierauß folget / daß ſie ſich nicht werden da - mit genug vor Gott koͤnnen verantworten / weil ſie in ſo geringen dingen ſo fleiſſig vnnd ſorgfaͤltig ſein: Wann ſie inn ſachen Seel / Leib / Guth / vnd Ehr betreffend ſo fahrlaͤſſig vnnd ſorgloß ſich be - zeigen.

iii. So pfleget Gott / von dem alle Oberkeitli - che gewalt allein herkomt / ſonderlich die Fuͤrſten faſt ins gemein / mit einer beſonders begabten hochweiſen diſcretion zu zieren: daß wo ſie ſelb - ſten im Regiment zu ſehen / es auß ſonderer ſchic - kung Gottes / mit allen dingen glucklicher vnnd ſchleuniger daher gehet: daß iſt das talent / wel - ches ſie anzulegen verbunden: von deme ſie auch einis muͤſſen Rechenſchafft geben. *pag. 26.

iv. So ſein Fuͤrſten von Natur eines gelin - den humeurs / vnnd zu Chriſtlich woll anſtaͤndi - ger clemenz mehr als andere geneiget / ſo auch von Gott herkommet. So ſie nun vnterweilen vom Elenden ſtand der gefangenen ſich lieſſen et - waß fleiſſiger informiren: ſo ſie daß aͤngſtigliche ſeufftzen der armen leuten hoͤreten: vnd nicht nurB iijmit22mit frembden augen vnnd ohren jhrer bedienten die proceſſen verhandlen lieſſen: ſo iſt kein zweif - fel / es wuͤrde manchsmahl viel beſſer darmit her - gehen / vnnd menſchenblut nit alſo wie das waſſer vergoſſen werden. NB. Es moͤgen auß den offi - cianten die leut ſo vnbarmhertzig vnd grawſam ſein wie ſie wollen / ſo ſollens die Herꝛen doch nit ſein: Ihre eigenſchafften ſollen ſein leutſeeligkeit vnd gnad allzeit heuffig an ſich ſehen laſſen / nim - mermehr ſollen ſie vngeſtuͤmm ſein: welche deß - wegen / ſo ſie ſolten / die heut zu tag vnmenſchliche art der peinlichen fragen ſelbſten / doch heimlich vnd vnwiſſend der jhren anſchawen / oder durch gewiſſenhaffte Leut eygentlich ſich darvon laſſen informiren vnd zu gemuͤth fuͤhren / ſo ſolte man viel weniger Hexen in Teutſchlandt zehlen. Da doch die ſtrenge der tortur kein zaal in infinitum daran machet. *pag. 27.Es mag diß zwar eine ſtraff vnſerer ſuͤnden mit ſein / daß vns Gott ſo verſtoe - ket: doch ſo ſuͤndigen die Herꝛen ſelbſt damit / wen ſie vns deſſen / ſo jhnen mitgetheilet iſt / vns damit zu ſchutzen vnd zu ſchirmen ſolcher geſtalt berau - ben / in dem ſie vmb vnſer vngluck / mit jhren gna - den augen ſich ſelbſt zu bemuͤhen / vnnd mit jhren leutſeeligen ohren ſolches ſelbs / vns zu entſetzen ſich nit bekuͤm̃eren woͤllen. Ich pfleg zu ſagen / daß groͤſſeſte Elend der armen gefangenen / ſeye / NB. daß ſie des angeſichts jhres Herꝛen muͤſſen berau - bet ſein: in deme mann ſie in ſolche loͤcher verſte - cket / in welche ein Herꝛ nimmermehr ſeiner augenſtrah -23ſtraalen ſchieſſet / der nur durch gefaͤrbte glaͤſer v - bell affectionierter Leuten / die einen ſolchen ſchein von ſich geben / wie ſie ſelbſten ſeind / vnnd daß liecht der warheit verdunckeln. Der eintzige Herꝛ aller Herꝛen / vnd Koͤnig aller Koͤnige / vn - ſer Heyland hat ſich gefunden / vnd hat vnſer E - lend vnnd gefaͤngniß angeſehen / wie wir in vnſe - rem blut lagen / iſt zum liecht worden denen die da ſaſſen im finſterniß vnd ſchatten des todes: Hat ſich vnſer jammeren vnd von hertzen Erbarmen laſſen / daß wir nemlich ann jhme einen ſolchen Fuͤrſprecher bey dem Vatter hetten / der in allem verſuchet were.

iv. Wenn die Officianten ſpuͤren / daß ein Herꝛ ſich in hoc paſſu an nichts kehret / ſo muͤſſen ſie nothwendig nachlaͤſſig vnnd frecher werden. NB. Es iſt diß aller menſchen natur / daß mann in abweſen der Herꝛſchaft vnfleiſſig iſt. NB. Daß wiſſen alle Herꝛen woll: Darumb ſuͤndigen ſie ſchwer / wenn ſie aller ſorgen ſich entbinden: wenn ſie alle Acten vnd proceſſen in einem ſo wichti - gen handell nit ſtaͤts ſelbſten examiniren: nicht mahnen: treiben: nit vorſorg heiſſen brauchen: daß niemandt zu kurtz geſchehe. *pag. 28.Ein Herꝛ iſt ge - halten / mit feinem Exempell der ſeinen fleiß zu ſchaͤrffen: jhnen allegelegenheit zu benehmen / von deren den vnſchuldigen ein ſchaden zu wachſen koͤnne. Er muß inquiriren / ob / wann / wie offt / von weme die gefangenen / vnnd auff waß man - nier ſie beſucht werden: Ob daß gefaͤngniß ſo einB iiijver -24verwahrung ſein ſoll ſcheußlich / ſtinckendt ꝛc. Ob etliche viel zeit geſeſſen mit kaͤlte vnnd hitze geplagt werden: Ob ſie verhoͤret werden zum todt oder le - ben: Wie es bey der tortur hergehe: Wie mann die leut befrage: Waß die geiſtlichen darbey fuͤr experienz vnnd moderation heiſſen brauchen: Ob auch einem jeden ſeine genugſahme defenſi - ons mittel verſtattet werden: Ob man ſich vber die Commiſſarien zu beklagen: Ob ſie geitzig / vnfreundlich: Ob auch vnter allen inquiſitoren einer zu finden / der ehe der beklagte convinciret / vielmehr den armen gefangenen verbitte als ver - damme: Ob er auch ſich mercken laſſe / Er ſehe lie - ber der gefangene were vnſchuldig: Item ſo einer vnſchuldig befunden ob der Inquiſitor darob ſich erzuͤrnet oder gefrewet:*pag. 29. Ob jemand im ge - faͤngniß geſtorben: wie jhme geſchehen: ob mann jhne vnter der galgen vergraben / waß fuͤr indicia man darzu gehabt vnnd dergleichen. Item ein Herꝛ muß inquiriren waß man von dem Hexen handell vrtheile: Er laß jederen frey davon vor ſich diſcuriren: Er beſehe die Protocolla vnnd laſſe ſich darauß vorleſen / ob der gefangenen ex - ceptiones auch verzeichnet: Er mache daß werck diſputierlich / vnd laß darvon vor ſich diſputiren: Er glaub nit alſo bald alles waß man jhme pro - poniret / er laß ein ding woll examiniren von de - nen die daß obſtat zu halten ſich erbieten / ſo kom - met die warheit deſto mehr an den tag: Es ſoll jhm kein ding ſo vngereimt fuͤrkommen: NB. Erlaß25laß es genug examiniren: waß iſit aber heut mehr vngereimt / als daß nit ſo viel Hexen ſein / als man ſaget? vnd dannoch ſo koͤnte man dieſes waar ſein wol erweiſen / wenn nur ein Herꝛ ſo viel patientz wolt nehmen / daß er die rationes hoͤrete / vnd ſich belehren lieſſe: Es iſt nicht alls goldt waß glaͤntzet / vnd iſt nicht alles vnwahr waß wir nicht glauben koͤnnen:*pag. 30. viel ding iſt verborgen / daß man ſolte er - forſchen / vnd Herꝛen ſtands Perſohnen entde - cken: nichtes ſchadet der warheit ſo ſehr / als ein hartnaͤckig gefaßtes vorurtheil. Doch gnug von der fuͤnfften vrſach.

vi. Des jenen ſelbſten / welche in dieſem proceß einem ſolchen eifer haben / vnnd ſich bey dem Poͤfell damit groß machen / woͤllen den na - men haben / daß ſie glauben: Es ſollen jhre Her - ren ſelbſten groſſen fleiß hierbey thun. Dann vn - langſt ein gar Nachweyſer auß jhrem mittell in dieſe wort außgebrochen: vnſere Teutſchen Fuͤr - ſten laſſen jhren eifer gegen die Hexerey tapfer ſe - hen / wer derff dann mit D. Tannero vnd ſeinem anhang vorgeben / Gott laß zu / daß auch vnſchul - dige Leut ins ſpiel kommen? Nota, diß bindet nichts. Dann wenn ich dargegen ein wende / ſol - che Herꝛen thun ſelbſt nichts zur ſach / vnnd laſſen allein jhre leut nach gefallen darinnen ſchalten vñ walten / ſo ligt alles pralen. *pag. 31.Ich will ſagen / daß Tannerus vnd andere gewiſſenhaffte leute / viel ſelbſt mit augen geſehen / vnd mit ohren gehoͤret / vnd auß den Protocollen angemercket vnd mitſcharf -26ſcharffer meditation erwogen / welches ſolchen Fuͤrſten nur auch nit gar zum halben theil / veren - derlich / verſtuͤmlet / vnd ſo vielfaltig verkehret iſt referiret wuͤrden / als viel der Referenten ge - weſen / da ein jeder daß ſeine dazu gethan. Dahero wenn ſie wollen etwaß beweiſen / ſo muͤſſen ſie hier - auff gezwungens bekennen: daß es nothwendig ſey / daß Herren ſelbſt eigen auffſicht allhier brau - chen. Fuͤrſten heiſſen viel gutes verrichten / weil ſie aber nit fleiſſig genug den jenen in die haͤnd ſe - hen / denen ſie es befehlen / ſo verhenget Gott zur ſtraaff vber ſolchen vnfleiß wie in anderen / alſo auch in dieſer ſach viel mehr etwas / daß man nit glaubet. Iſt alſo diſes argument fuͤr / nit wieder mich.

vii. Die Miniſtri præſupponiren ja ſelb - ſten / daß jhre Herꝛen ſie vnd jhre conſcientien gar ſehr in dieſer ſach graviren. Dann wenn wir Geiſtliche / die Herren Officianten bitten: ſie ſol - ten doch vorſichtig verfahren ꝛc. So heiſt es flux. Mein Herꝛ dringt zu hart auff vns / wir muͤſſen woll. *pag. 32.Daher vnlangſt einer alſo ſich entſchul - digt: NB. Ich weiß / daß bey vnſeren proceſſen auch vnſchuldigen Leuten zu viel geſchicht allein vnſer Herr iſt ſehr gewiſſenhafft: der wills ſo ha - ben / er wirds ja wiſſen zu verantworten: er ver - ſtehts am beſten: ich laß jhn ſorgen: ich muß pa - riren ꝛc. Vnd alſo woͤllen die kluͤgſten ſich hie - mit entbinden. Iſt ein feiner handell: der Herꝛ iſt ſicher hierbey / graͤmtſich nichtes / hat gute muß:ſchiebs27ſchiebs auf den Diener vnd deſſen gewiſſen: dieſer eben ſo auff ſein Herren A auff B vnd B auff A. o Gott! o Gott!

viii. So elend gehets nun heut zu tag in dieſer ſo ſchweren ſachen / daß wo Herꝛen nit ſelb - ſten zuſehen / oder geheimbde auffſeher beſtellen / ſo koͤnnen ſie hier nit hinder die warheit kom̃en. *pag. 33.Denn ſollen ſie von jhren Officianten vnnd de - ren Adjuncten etwas hoffen / da doch dieſe woll auff daß jhrige ſehen / vnd keiner den anderen ver - rahten doͤrff alſo auch nit kan / jeder der nimt mit ſeiner portion von dieſer ſuppen vorlieb. Bevor - auß weyl man an theil oͤrten / nicht nur den Welt - lichen Richteren ſondern auch den Beicht-Vaͤt - tern kopfgeldt hierinnen hat geſetzet: So halten ſie auch mit den Brandmeiſteren jhre convivia / ſie pocaliren mit einander alles auß dem blut der verurtheilten: iſt woll gefochten. Von anderen wird ein Herꝛ die warheit zu erforſchen kein mit - tell haben. Denn wer woll zu ſo einem gefaͤhrli - chen werck ſich laſſen brauchen? Solts einer auß ſchuldigkeit Chriſtlicher liebe waagen / ſo wird man hinderen / daß er nicht gehoͤrt werde / oder wann man jhne hoͤret / ſo werden die jenen / ſo den Curs der Iuſtitien angefangen haben zu hem - men / bald ruffen: mann ſey ſelbſt verdaͤchtig wie droben ſchon angedeutet. NB. Welches D. Tannero wiederfahren / weyl Er mit ſeinem ſchreiben dieſer leuten jhre ſtuͤcklein etwaß genaw vnterſuchet /*pag. 34. daß zweene Brandtmeiſter ſich ge -gen28gen mir verſchworn / wenn ſie ſeiner koͤnten maͤch - tig werden / ſo wolten ſie jhne ſelbſt eben darumb laſſen an die folter bringen. Solte einẽ Herꝛen nit daß blut hierob erſtarꝛen? nun man dencke der ju - ſtitien / die man ſo vnbedachtſam vnd gewiſſenloß gegen ſo Armſeelige elende leut brauchet / deren wolte man auch gerne gegen die jenen brauchen / die ſolchen haͤndeln wiederſtreben. *pag. 35.Ich hab mich mehr als 1000 maal bedacht: Ob ich ſoll in dieſer ſachen fortfahren / vnnd hett auch alles fallen laſſen / wenn mich nicht mein or - den / daß ich ein Geiſtlicher bin / vnd mein gewiſ - ſen hetten zu continuiren gezwungen. Ich thue aber nichts anders / alß daß ich nur bloß daß boͤſe verwerffen / vnd daß gute erwehlen lehre. *pag. 36. 37.

ix. Werden Herꝛen ſtands Perſohnen jhr ampt hierinnen ſeumig thun: So werden ſie / wenn ſie ſchon gerne wolten hernach nit reſolvi - ren koͤnnen / ſonderen ſich ſelbs noch mehr verwir - ren / weil ſolche formulen zu reden gefuͤhret wer - den / die man anders nicht als nur auß der praxi lehrnen muß / vnnd in keinen Buͤcheren jhre be - deutnuͤß kan finden. Als:

  • 1. Gaiæ defenſion iſt gehoͤret / aber ſie hat nit genug gethan.
  • 2. Wir haben ſchwere indicia gegen ſie:
  • 3. Wir procediren ſecundum allegata & probata.
  • 4. Sie hat ſich ſchuldig bekent ohne tortur.
    *p. 38.
    *
5. Sie29
  • 5. Sie hat was ſie in der tortur bekandt / gut - willig ratificiret vor der gerichtsbanck.
  • 6. Viel haben in der Beicht vnnd darnach auff ſie bekent / vnd ſein drauff geſtorben.
  • 7. Titia hat alle puncten vnd vmbſtaͤnd / eben wie ſelbige von jhren angeberinnen referiret / be - kandt.
  • 8. Sempronia hat durch Zauberkunſt in der tortur geſchwiegen.
  • 9. Sie in der tortur nichts empfunden / hat gelachet / hat geſchlaaffen.
  • 10. Sie iſt confrontiret vnnd vberzeuget in jhr angeſicht / vnd iſt doch vnbußfertig geblieben.
  • 11. Sie iſt in gefaͤngniß todt gefunden wor - den / der Teuffel hats gethan / vnd hat jhr das ge - nick abgedraͤhet ꝛc.

NB. Hie muß der leſer dieſe articull eher nicht ponderiren / biß daß er folgende Capittull / vnnd ſonderlichen auch den Anhang geleſen / ſonſten kan er ſich nicht in den handell ſchicken / dann all dieſe articull ein ander noch an jhrem ort werden vorkommen.

*pag. 39.Dieſe arten zu reden kan kein Gelehrter mir außlegen / ich kans in keinem Buch finden / ſon - der muͤſſe ſie auß der praxi der proceſſen lehr - nen / wo nit ſo muß ich mich nothwendig auff daß gewiſſenloſeſte verſtoſſen. Darumben in folgen - den Capitteln / nach geleſenem Appendice der leſer achtung gebe / denn faſt die hauptſumma hierinnen beſtehet.

Die30

*pag. 40.Die 10. Streit-rede. Ob zu glauben: daß Gott werde zu laſſen / daß je etwan vnſchuldige mit ein - vermenget wurden?

ETliche ſagen Nein: Darunter Binsfeld ſetzet es haben die Freundt vnnd Kinder Gottes des wegen ein ſonderlichs privi - legium. 1. Wegen Goͤttlicher ver - heiſſungen / deren er viel auß der Bibell pag. 354 zuſammen heufftet. 2. Hab mann die Exem - pell Suſannæ Athanaſii vnd des H. Biſſchoffs Sylvani. *p. 41.3. Schreibt S. Cyprianus von ſich / daß vor ſeiner bekehrung Er ſey ein Zauberer ge - weſen / vnnd hab weder mit des Teuffels Rath / noch der Zeuberey koͤnnen ein Jungfraw zu An - tiochien zur Vnzucht bringen / ꝛc. Delrius vnd andere haltens hierinnen auch mit Binsfeldio.

Ich Antworte aber:*p. 42. Die opinion gilt nicht: Dann ſie eroͤffnet den Richteren Thuͤr vnd Fen - ſter zur fahrlaͤſſigkeit / daß ſie nicht nach notturfft vnd gewiſſen handlen: Vnd ebner maſſen laxiret ſie den Fuͤrſten jhre gewiſſener auch / daß ſie ſich wenig in jhrem ampt bekuͤmmeren / waß fuͤr gute oder erfahrne / verſtaͤndige / oder vnweiſe Raͤth ſie hier zu brauchen: vnd denn ſo wiederſtrebt diß alles auch der warheit / auß folgenden Vrſachen:

i. Dann warumb ſolt Gott nicht zu dieſer Zeit eben das verhaͤngen / was er vor dieſem hatver -31verhaͤnget? da / wie vnten im Anhang zu ſehen / viel heil. Martyrer / den grauwſamſten peinlich - keiten ſeind vntergelegen / die man auch alß Zau - berer hat getoͤdtet. Wo bleibt nun Binsfeldius mit ſeinem ſchluß?

ii. Gott verhaͤnget woll groͤſſere ding / alß dieſe: alß daß er hat laſſen ſeinen Sohn Creutzi - gen: die Juden Zauberey mit / auff Paͤbſtiſche weiß conſecrirten oblaten treiben / ꝛc. War - umb ſolt er nicht zugeben / daß viel geringere ding geſchehen? Wo ſein hie ſiegell vnd brieff? NB.*p. 43. Hie ſihet der leſer ſelbſt Binsfelden be - weiſtumb nichts ſein: Iſts dem teufel verbotten / ſo iſts doch vnbehuͤtſamen vud gewiſſen loſen Richtern noch nicht verwehret / wie vnten wei - ter erhellen wird.

*p. 44.Die 11. Streit-rede. Ob zu glauben / daß in vnſerm ſtreit / ſichs in der that befunden / daß auch vnſchul - dige leut mit zu grund gegangen?

BInsfeldius vnnd Delrius ſcheinen der meinung ſein: es ſey nicht geſchehen.

Antwort: Ich aber ſag ja: abermal auß vrſachen: (1) Tannerus hat vie - ler Theologen zeugnuͤſſen /*p. 45. die bey den Hexen gebraucht worden / vnd befunden vnd bey jhrem gewiſſen außgeſaget: daß vnſchuldige mit ein vnd vmbkommen ſeyn. (11) So bin ich auchmit32mit vielen Geiſtlichen vnd PP. SS. Th. die als Beicht-Vaͤter hierinnen gebraucht worden / vmbgangen / die auff dieſe meine meinung mir mit ja geantwortet.

NB Ich kenne einen Herꝛn / welcher nach dem er eine geraume zeit hefftig wider die Hexen laſſen procedieren: ſeinen Prieſter der ſie zum todt muͤſſen fuͤhren gefraget: ob er auch meine / daß jemands vnſchuldiger darbey vmkomme? Vnnd dieſer mit zuſamen gezogenen ſchulteren / auch mit einem Eydt bey ſeiner ſeelen bezeuget / daß er nicht anders koͤnne dann mit ja antworten: daß derſelbe Herꝛ ſolches ſo ſchwer zu gemuͤth ge - zogen / dann er alſobalden inhibition thun laſ - ſen. (3) wolte der leſer mich etwas laſſen gelten / ſo kan ichs eben ſo hoch bethewren /*p. 46. daß ichs der ich jhrer auch welche zum todt muͤſſen begleiten / eben ſo woll auß vielen vnabſtoͤſſigen vmbſtaͤn - den wargenommen:*p. 47. Ich zeuge Gott wie ſchwer mir daß hertze darob iſt. So dann (4) auch die jenen / ſo ſothanen proceßen vorſtehen muͤſſen / vnerfahren vnd boͤßhaftige leut / zu ſein befunden werden: Item / die grauſame vnd offt widerhol - te torturen: gefaͤhrliche oder liederliche indicia: der modus zu procediren wider alle geſunde vernufft vnd gute geſetze / wie vnten angedeutet werden ſoll / betrachtet wird / wer will mich in mei - ner meinung ſtraffen? Verſtoßt man ſich doch offtmahl / wann man ſchon meinet / man habe woll zu geſehen: (5) ſo hat Tannerus, daß vorwe -33wenigen Jahren zween Hencker / die betrug hier - innen gebraucht / durch die Iuristiſche facultæt von Ingoll-Statt ſein zum todt deß wegen ver - urtheilt. Anders zu geſchweigen. (6) Hat man doch exempel / das auch gerichts Perſohnen ſelb - ſten endlich angegeben / vnd lebendig verbrennet worden. NB Der teufel kan nichts erwuͤnſchters als dieſes ſpil haben / Teutſch-Land in noch mehr blutſchulden zuvertieffen / dann / daß iſt ein nicht geringes mittel ſein reich zu vermehren. Darumb o jhr Herꝛen! gebet doch etwas acht auff eurer bedienten jhr leben. Ich begehr keinen in vn - gnad zu bringen: doch machen mir etliche ge - richts Perſohnen / mit jhrem vbeln wandel noth - wendig bang. Sols woll wahr ſein / daß man jhrer viel ſelten in der kirchen ſihet. NB. Sein ſie zu gegen / ſo leſen ſie adviſen, kauffbrief / lachen / plaudern mit einander: Sehen ſie ein Weibs - perſohn andaͤchtig beten / da gehets an ein fragen / ob man doch nichts von deren gehoͤret / ob kein argwohn von jhr. Solche leut gehen gar zu frey - ſinnig / ſein hoffertig / geitzig / vnerfahren / grim - mig / vnvernunfftig vnd grob ꝛc. Ich hab an - dere davon alſo hoͤren reden / meinen kopff auff die erden gehangen / doch hernach befunden / ich moͤcht mich deſſen ſchaͤmen oder nicht / daß es gleichwol alſo wahr were. NB (Fit hoc plu - ries.) Da dann mir newlich (7) Ein glaubwuͤr - diger Mann / von einem hencker / vnd ſeinem ſtuͤcklein ſolche dinge auch erzehlet / die ſo viel*pag. 48.*p. 49.Cver -34vermoͤchten / daß man ſich vorſehen muß / daß nicht etwa hencker ſolche kunſten brauchen / mit denen ſie dle leut / zu ſagen was man wil / vber - tauben. *p. 50.

NB. Darumb iſts kein Euangelium / das etliche mit Del’rio ſagen: So jemands vnſchul - diger gefangen wird / daß Gott ſein vnſchuld al - ſo balden werde offenbahren. Ja freylich / wenn die aſchen albereyt auff der Donaw biß zu grund geſuncken. Dannenhero (8) gnugſahm erhellet / daß auch vnſchuldige lent de facto koͤnten an - gegeben / vberſchnellet / vnd zum todt gebracht werden. Es laͤſt ſich nicht alles zur hand offen - bahren / weil nunmehr kund / daß woll gar E. B. iſt mit angegeben worden. So wil ich (9) auß Delrio vnnd Binsfeldo meine meinung ſelbſt erhalten: NB. Dann ſie recht ſagen: die Waſſerprob ſey vnrecht: wer darauff gehe: der procedire vnrecht. So muß folgen: wer wegen der Waſſerprob iſt verurtheilt worden / dem iſt vnrecht geſchehen: dann ſo lang ſoll einer fuͤr vn - ſchuldig gehalten werden / biß man daß contrari - um vber jhm einbringet. Nun koͤnnen ſie nicht leugnen / daß mann auff ſolche verbottene proeb procediret, vnnd noch procedire / darumb ſo kommen noch viel de facto vnverſchuldt vmb jhr Leben Seel vnd Ehr. Alſo woͤllen auch Del’Rius vnd Binsfeld, daß die proeb des Hexenzeichens falſch ſey: Item / daß man auff ein oder anderes bekentniß gegen die leut nicht ſollen fuͤſſen / weder*p. 51.zur35zur tortur / oder zum verdammen: iſt aber ſolches nit offt geſchehen? geſchichts nit noch? vnd man ſoll noch muͤſſen vber vnſere fraag viel diſputi - ren: da mann die leut doch auß der taͤglichen v - bung genugſam belehret: waß ſoll man noch mehr thun? *pag. 52.

Die 12. Streit-rede. Ob man dann den Brandtmeiſters Inquiſitional proceß / wieder die Hexen ſoll einſtellen: wenn es erfindlich: daß viel vnſchul - dige mit der taedt ſelbſten dardurch vmb das Leben / vnnd jhr Ehr kommen?

ES iſt gleich erſt num. 2. eines Fuͤrſten ex - empell nit den Gaͤnſen zum beſten / ange - zogen: der auß dieſer vrſach hat heiſſen inn halten.

Daß aber ein eifer-ſuͤchtiger nicht mit mir zor - ne / ſo muͤſſen wir vns einer diſtinction halber mit einander vergleichen. Da der proceß we - gen zweyfaͤltiger faͤllen auch auff zweyerley ver - ſcheidene weiß / gefuͤhret werden muß.

NB. i. Muß man ſo behutſam vnd ſorg - feltig nach den geſchribenen geſetzen / vnd der ver - nunfft geſunden rath gehen: daß wann wir ge - gemelte dinge beyde zugleich faſſen / ſo hats kein gefahr / daß vnſchuldige ſolten etwa benahet werden.

C ijii. Man36

ii Man kan auch wol ſo vnvernuͤnfftig mit den geſchribenen geſetzen / gegen alles geſundes fuͤhlen vnd weiſen rath verfahren / daß auch noth - wendig vnſchuldige leut muͤſſen in die euſſerſte gefahr vnd vnvermeidentlich verwickelt werden. Muͤſſen bey des beſehen. *pag. 53.

Antwort. i. Der letzten art zu procediren muß man ſich gaͤntzlichen entſchlagen: mit der er - ſten hats kein gefahr / weil nichts daran zu tadeln. Allein (ii) muß man in exceptis nicht nur / ſon - der auch in non exceptis anderſt gehen. Vhr - ſachen ſein dieſe: alß

(1) Weil alſo zu procedieren allzeit vnrecht vnd verwerfflich. NB. Dann. Es iſt wieder rechtlich / daß du einen groͤßlich gefaͤhrdeſt / der es nicht verſchuldet hat.

ii Der ſo gehet: thut ein todt ſuͤnd: Dann / er ſtuͤrtzt ſich in die gefahr einer todt ſuͤnd: der nun alſo procediret, was thut er anders ꝛc? *p. 54.Hie fol - get nothwendig man ſoll nachlaſſen: es ſey der Malefitz handel von was qualitæten er ja im - mermehr woͤlle.

Einrede. (1) Es iſt gleichwol dem gemeinen weſen ſehr nuͤtzlich / daß es von diſem vngezifer gereinigt werde: hie iſt ja vhrſach genug fort zu fahren / wens auch ſchon vnſchuldige trifft?

Antwort: Wens auff deinem gewiſſen / vnd verantwortung nit were / vñ durch dein verſchul - den nit kaͤme: ſo moͤcht mans auff ein paar oder 2. wagen. Nun ſuͤndigeſtu doch / der du wiſſende /auff37auff ein verſuch jhnen die gefahr vervhrſacheſt. Soll man dann boͤſes thun / daß gutes drauß folge? NB Wags mit nur wenigen / du wirſt jhrer mehr als zu viel kriegen. Heiſſet daß / daß gemeine Weſen vom vnkraut ſaͤuberen? Du ſucheſt daß du nicht findeſt / vnd findeſt daß dei - ner ſeelen vnd gewiſſen wehe thut! Such dro - ben Streitrede. 8. n. 3. vnd ſtoß dich doch daran. Drumb ſo groß vnheil nicht ſoll gnug ſein zu dei - nem vorhaben / weil du dein ſeel vnd ehr / mit an - derer vnſchuldiger leuten gefahr beſchwereſt.

Einrede (2) So muß man auch nicht krie - gen / weil du Feldt-Prediger wol weiſſeſt / daß mehr vnſchuldige / alß ſchuldige mit getroffen werden?

Antwort: Reim dich; oder ein anders. Dann da kanſtu hinter dem ofen her / nicht darvon re - den. *pag. 55.Im krig kommen die leut vmb per indi - rectum, vnd werden nicht infamiret / du aber thuſt viel ergers / vnd wir wiſſen wol / was wir den vnſerigen ſagen. Dieſes infamiren / daß du begeheſt / iſt ſchwerer als der todt ſelbſten / vnd ſchadet dem gemeinen weſen mehr alß der krieg: da ich vmb mein leben vnd ehr mich noch wehren oder mit geldt loͤſen / oder mit entſchuldigen frey machen / oder mit Recht abſolviret, oder mit Vorbitt wider darvon kan. Wiltu mit deinen gewiſſen-loſen thaten den Krieg ſchmaͤhen? Es ſoll dir einmal etwas koſten! ſoll dein geiſtli - cher Titul dir nicht zu ſtewr kommen. Im KriegC iijver -38verliert man das Leben vnd behaͤlt die Ehr / du nimmſt vnſchuldigen Leuten beydes / vnd dazu Tyranniſch. Denn du ſchmaͤheſt gantze fami - lien, Edell vnd Vnedell / auff ewige tage: Du infamireſt gantz Teutſchland / vnd die Chriſtli - che Religion, vnd deines infamirens iſt kein ende / wie vnten Dubio 20. n. 12. ſoll erhellen: Laß ſeyn / du habeſt noch recht wegen des Kriegs. So iſt doch in particulari wider dich die gleich - nuß Chriſti / Matth. 13. verſ. 24. uſque v. 31. Darvon ich alſo balden handlen will. *p. 56.

Die 13. Streit-rede. So nun aber Vnſchuldigen Leuten ohn mein gefaͤhrden / in dieſem Proceß eynige gefahr zuwuchſe: ſoll ich darumb auffhoͤren die Recht-ſchuldigen zuver - folgen?

DEin meinung hat noch wenig ſtatt. Ich hab im vorigen Capittell vnterſcheid ge - macht / doch weil von newen in genere gefragt wird / ſo muß ich doch antworten: Sage deßwegen alſo:

Haſtu Hohe Obrigkeit ſchon nicht ſchuld / ſo ſoltu doch darumb nicht laſſen fortfahren: wei - len wie D. Tannerus ſchlieſſet:*p. 57.

NB. Erſtlich im Alten Teſtament Gen. 18. Abraham ſelbſten gegen Gott davon verſ. 24. 25. proteſtiret.

NB. ii. 39

NB. ii. Gott aldar ſelbſten Abrahams pro - teſtation mit ſeinem Jawort verſiegelt.

iii. Im Newen Teſtament Matth. 13. ſol - ches wie obangezogen bekraͤfftiget wird. Denn da mercke: Chriſtus ſagt nicht: Daß jhr nicht außrauffet: ſondern er ſetzet zwey zuſammen / vnd ſagt: NB. auff das jhr nicht zugleich den Weitzen mit außrauffet / ſo jhr das Vukraut außgettet / ꝛc. Nemlich / man ſoll ja daß Vnkraut nicht außgetten / wenns mit gefahr des Weitzens geſchiehet: beſiehe den gantzen Text woll. Daß jhr nicht villeicht (hat verſio vulgata) diß iſt woll in acht zu nehmen. *pag. 58.Nun iſt hie kein vnterſcheid geſetzet / wer vrſacher der gefahr were / ſondern ſchlechts vmb der ge - fahr willen. So will der Haußvatter auch nicht leyden / daß ſeine Knechte ſich deren theilhafftig machten.

Einred. Dieſes deuten die Ketzer vor ſich / vnd die Kirche kehrt ſich doch nicht dran.

Antwort: Die Ketzer deutens Vnrecht: dann daß iſt das fundament: ob man auff die conſideration der gefahr ſoll gehen oder nicht. Ich diſputire hie nicht von Ketzeren / die der Kirchen ſchon wiſſend ſeyn. Ich rede von Leuten die du vnd ich / noch niemand kennet / was ſie ſeyn. Von Ketzern zu reden laß ichs dabey bleiben / was Auguſtinus mich vnterſchiedlich gelehret. Hoͤre Thomam 22. q. 10. art. 8. ad 1. text. NonC ivpoſ -40poſſunt. kan nicht alles Ergernuß auß der welt außgereutet werden:*pag. 59. NB. das meiſte muß man toleriren / weil man nicht alles bequemlich kan außreuten. Iſt rathſamer 30. vnd noch mehr Ehrlich machen / alß einen vnſchuldigen Vnehr - lich. Auguſtinus contra Lit. Petiliani. lib. 3. c. 3. So lang man die Sprewer vnter den Wei - tzen hat / ſoll man ſie biß zur gelegenen zeit des ſich - tens nicht abſonderen: ſondern vmb der from - men willen / ſoll man ſich auch mit den boͤſen be - tragen / alß das man ſolte / wider die Liebe gegen den Frommen vmb der boͤſen willen / ſich ver - ſuͤndigen / ꝛc.

So iſt es iv. ein Vnzeitiger eyffer / wenn jeder - man ſo ruffet: die Hexerey ſey ein allergeheimeſte that: der Teuffell auch viele zu ſchlimm vnnd ver - ſchmitzt zum betrug / auch gegen die jenen die all jhr lebtag bey dem Geiſtlichen Stand geweſen: vnd dannoch ein ſolch hoch-gefaͤhrliches werck zu handtieren /*p. 60. vnd mit dem verſchlageneſten geiſt darob zu kaͤmpffen man nur vngelehrten vnd vn - geuͤbten Leyen vnd Welt-leuten vertrawet: hie hat man nichts auß der Bibell / damit man dieſe vnordnung behaupten koͤndte. Gott hatt frey - lich gebotten daß man die Laſter / aber wenn ſie be - kand genug ſeyn / ſolle ſtraffen: wann man ſchul - dige vor vnſchuldigen kan vnterſcheiden: Vom Vnkraut vnnd Weitzen iſt ſchon vorher geredet: Laſſets beydes mit einander auffwachſen biß zur zeit der erndte / ſo werdens denn die Engell außein41einander leſen / vnd das vnkraut ins fewer hin - werffen. Laſſets biß dahin ſtehen. Oder ſein wir ſo klug / daß wirs / wir vngehobelte / vngeuͤbte / vnd vnerfahrne Leut thun koͤnnen / vnd ſo woll zu treffen wiſſen / NB. waß ruffet vnd pralet man dann: ſey ein ſo geheimes werck? Viel andere malefiz-thaten finden ſich / wo bleibt aber da der ſo hoch geruhmte eyffer? Vnd wenn auch ſchon kein gefahr hierbey were / ſo heiſt es doch das Roß vnter dem arß auffgezaͤumet: wenn man die no - torietet haͤtte / lieſſe ſie fahren / vnd fieng im fin - ſteren an zu mauſen.

NB. Woll thun / meines erachtens / die je - nen Republ. welche /*pag. 61. wann ſich etwas von der Hexerey kund geben will / ſolches alſobalden auß - reuten: allein / daß ſie ſolten mit gefehrlichen mit - teln verborgene dinge forſchen / das halten ſie gar zu ſchaͤdlich. Daß man aber diß Buͤchlin nicht gar wegwerffe / ſo will ich nun andere ſeyten auffziehen.

Die 14. Streit-rede. Obs rathſam / das man Hohe Obrig - keiten anhetze / den Inquiſitional-Proceß gegen die Hexen zu fuͤhren?

ANtwort: anderſt nicht / alß das man ſie zugleich derer hievorher erinnerten faͤllen halber informire: gleichwie es nicht tau - get / daß du einen in einem ſchlupffrigen ort fuͤh -C vreſt /42reſt / vnnd jhne im gehen nicht leiten wolteſt.

Ich hab wol Clamanten von den Cantzlen gewaltig hoͤren jhr meiſterſtuͤck hierinnen pro - biren. So hab ich auch in privat diſcurſen eben dergleichen / von eyfferigen vngehaltenen Leuten gehoͤret. *pag. 62. p. 63. p. 64.

Ich ſtraffe diß nicht abſolut: ja ich haltes fuͤr hoch noͤhtig: daß man mit hindan ſetzung aller affecten je bißweilen auff Vnvernuͤnfftiger Brandmeiſter jhre vngegruͤndete Proceſſen ein ſcharff einſehen hette: daß man der vorangedeu - teten vnd folgenden gefahr nicht ſo gar vergeſſen thaͤte / vnd obangezogene Parabell / die vns von Chriſto nicht vmbſonſt hinterlaſſen / nicht alſo liederlich auß den augen ſtellete. *pag. 62. p. 63. p. 64.

Einred: Du ſagſt / man ſoll mich nicht hoͤ - ren / ich ſey ein Hexen-Patron / ꝛc.

*pag. 62. p. 63. p. 64.Antwort: darff nicht viel ſcheltens / man ſiehet woll / waß ich mit der Parabell Chriſti woͤlle / darbey bleib ich vnd doͤrff nicht vieler wor - ten darzu / die folgende Streit-rede ſoll vns an - fangen ſcheiden.

Die 15. Streit-rede. Waß doch vornemlich das jene fuͤr Leut ſeyen: welche bey den Obrigkeiten / einem ſolchen Hexenkrieg anrichten?

ANtwort: Es ſeind ohngefehr viererley ſorten / wir wollen ſie aber fein ordentlich nach einander beſehen.

Die43

Die erſten ſein von Theologen vnd Præ - laten / welche in der beſten ruh auff jhren ſtu - dir-ſtuͤblin in den allertieffeſt - vnnd ſubtiliſten ſpeculationibus ſich contentiren: waß aber auſſerhalb geſchehe: waß gefaͤngniſſen ſeyen: die ſchwerigkeit der banden: die inſtrumenten der tortur: daß ſeufftzen der gefangenen ꝛc. Daß iſt jhnen eitell verborgenes weſen: an ſolche oͤrter a - ber zu gehen iſt vber jhre wuͤrdigkeit: waß ſolten denn dieſe Leut nuͤtzlichs hierbey wiſſen zu ver - richten?

In dieſe zaal gehoͤren Geiſtliche Ordensleut / die aber aller haͤndell eben ſo woll vnerfahren ſein / alſo koͤnnen ſie wegen jhrer einfalt der inquiſi - toren vnnd Brandtmeiſter boͤßheit nicht erfor - ſchen.

Dannenhero wann jhnen der armen Hexen zu hauff gepauſſete fabell-thaten vorkommen / ſo iſt alldar eitell zetter vnd fewr / ſo groß iſt der eifer / daß ſie abangezogene parabell Chriſti nicht ver - ſtehen.

Die anderen ſein von Iuriſten die jenen al - lein /*pag. 67. welche bey dieſem handell auff den gewinſt ſehen / die wiſſen denn daß werck ſo zu ſpielen daß man ſich darob zu entſetzen.

Die dritten ſein der tolle / vnſinnige / vnd vnge - haltene poͤfel: dieſe haben das privilegium alles mit laͤſteren auff das gifftigſte zu erbreiten vnd zu ergroͤſſeren / davon vnten Dubio 34. dieſe weder die Obrigkeit / mit ſengen vnd brennen nit anhalt /wiſſen44wiſſen ſie auff das leichtfertigſte ſolches an zu zie - hen: ja ſagen ſie: ſie ſein ſelber Hexen-geſchlechts / ꝛc. warumb laͤſt ſich aber die Oberkeit von die - ſem vngezifer alſo durch die hechell ziehen?

Die vierdten ſeind zwar auch auß dem Poͤfell / allein ſein warhaffte Hexen. *pag. 68. p. 69. p. 70.NB. Daß ſie nun allen argwohn von ſich ableinen / ſo ſchelten ſie auff die Hexerey an den allergifftigſten. Da komtſt doch endlich daß ſie ſelber zum fewr muͤſ - ſen tantzen / vnnd mir dannenhero newlich ein Brandtmeiſter bekandt: NB. wenn er jemand hoͤre ſo vnmaͤſſig auff die Hexerey ſchelten*pag. 68. p. 69. p. 70. ſo ſey es jhme ein gewiſſes indicium daß ſolche Per - ſohn ſchuldig ſeye. Dieſes iſt ein ſehr vngereimte rede / ich wolte kuͤhnlich ſagen / daß die allermeiſte von den Hexen Brandmeiſteren ſelbſten mit der Zauberey beflecket / vnd mit jhren wuͤten ſich nur ſo kluͤglich durch jhre vnrichtige proceduren auß dem ſpiel karten. Allein ſtill hiermit! Vnd daß iſts daß mann daß vnkraut nicht will kennen lehrnen. *pag. 68. p. 69. p. 70.

Die Parabell Chriſti vom vnkraut: ſo ſie ein gebott iſt / warumb wird ſie nicht in acht genom - men? Iſt ſie ein rathgebung / warumb wird ſie nicht beſſer bedacht? NB. Eins iſt hie nicht zu vergeſſen: daß offt auch vnſchuldige / daß ſie daß Hexen brennen mit jhrem maul ſo hitzig befoͤr - dert / auß groſſer marter der gepeinigten noth - wendig muͤſſen angeben / vnnd mit jhrem wohl verdienten ſoldt bezahlet werden: da ſie ſich dennſelbs45ſelbs von der tortur vberwunden befinden / vnnd pein zu vermeiden wiſſentlich auch andere vn - ſchuldige angeben. Jeder mercke diß wol waß ich ſage. Dieſe betriegerey hat man in Spannien vnd Italien ſchon langſten angemercket / vnnd darumb ſein dieſe Nationen hierinnen viel be - huͤtſamer als wir.

*pag. 72.Die 16. Streit-rede. Wie iſt jhme dann zu thun: daß man in proceſſen wider die Hexen ſich an vnſchul - digen Leuten nicht vergreiffe?

ANtwort: Es koͤndte woll etlicher maſſen daß werck vermoͤg folgender Reglen ge - fuͤhret werden:

Cautela. 5. Am allerforderſten muß man zu dieſen proceſſen nehmen recht qualifi - cierte Leute: als Wollgelahrte: Vorſichtige: Fromme: Sanfftmuͤtig - vnd Barmhertzige: daß ſie nichts auß vnerfahrenheit / nichts auß boßheit: Item nichts auß geitz / grauſamkeit / vnachtſah - me vnd vngeſtuͤmmigkeit verhandlen. Diß derff nit viel probirens.

Ich beſchmitze hiemit niemanden / allein ich kan daß mit warheit vber vieler vnerfahrenheit klagen / daß ich mich fort vnd fort verwunderen muͤſſe / wie ſolche Leut offt ſchwartz fuͤr weiß vnnd contra annehmen.

NB. Daß man aber etwa einen Hochgelehr -ten46ten vnd Hochgraduirten Theologanten darzu nehmen ſolte / finde ich gantz vnrathſam / weyl ſein hochmuth*pag. 73. p. 74. (1) mit ſeinem titul allein gegen alles anderes pro autoritate ohne einige conſi - deration durchdringet: ſonſt hat man jhne vnd den Fuͤrſten zum feindt. (2.) So iſt offtmahls bey den leuten die Ehr vnd autoritaͤt ohne ca - pable qualitaten (3.) So laſt die hochheit denen leuten nicht zu: daß ſie ſolten die gefangenen be - ſuchen / ſie mit Vaͤtterlicher ſanfftmuth troͤſten / vnd ſich ſonſten zu dem werck nach notturfft in allen dingen genugſam demuͤtigen (4.) dieſe Leut woͤllen auch zu dem groſſen namen / ein groſ - ſe beſoldung haben: dahero man an theil orten mit dem Hexen brennen in helt / NB. weil mann keine reiche Leut mehr hat / daß man ſich konne darvon bezahlt machen (5.) So ein ſolcher au - toriſierter mann denn noch darzu vngeſtuͤmm iſt / ſo iſt es deſto ſchaͤdlicher: denn damit wirfft er alles in einander.

Cautela ii. Es muͤſſen aber die jenen ſo zu dieſem proceß kommen /*pag. 73. p. 74. ſich euſſerſten fleiſſes bearbeiten: Daß wo jrgendt einige difficultaͤt verfaͤllet: Sie nit nur vnbeweglich auff die bloſſe geſchriebene rechten pochen: beſonder vielmehr gute geſunde vernunfft / vnnd reglen der natur vnd billigkeit zu huͤlff ziehen / vnnd ſo lang alles dunckell / ſich mehr als Patronen des gefangenen denn ſeine verderber in allem bezeigen.

Allein man verſtoſſet ſich wider dieſen punc -ten47ten alles ſeitig vngleublich: mann wuͤtet gegen die arme gefangene wider alle billigkeit: mann ſtuͤrmet auff ſie ein: daß jhnen nichtes zu huͤlff kommen muß noch mag: es ſey ein ding gleich ſo vngereimt befunden wie es woͤlle. NB. Niemand doͤrff fuͤr jhre vnſchuld daß geringſte proponi - ren:*pag. 75. p. 76. ja ſie ſelbſten muͤſſen zu allen dingen ſchwei - gen: alles muͤſſen ſie approbiꝛen / waß man jh - nen aufftringet: als wann alle leut ſich muͤßten laſſen anklagen / aber alle defenſion verbotten were. Dahero wird alles per fas & nefas ver - handelt:*pag. 75. p. 76. wer diß hindert / der laſſe ſich nur nicht ein / er muß ſonſt auch dran / da iſt das murren / gruͤntzen vnd zuͤrnen ſo groß / daß es nicht auß - zuſprechen: da man ſich doch vielmehr frewen ſolte. Heiſſet daß gewiſſenhafft gehandelt? O wehe jhr Obrigkeit!

NB. Vnlangſt hab ich einem die obangezo - gene Regell mit vielen worten vorgehalten: der mich beantwortet: ja ich muß woll mit der ſtren - ge hindurch: mann drucket mich mit vberheuff - ten mandaten vnd ſtehe ſchier in ſorgen / mann moͤcht mich ſelbs greiffen ꝛc. O wehe! iſt daß Teutſch gehandelt?

NB.*pag. 75. p. 76. Mercket hier jhr Fuͤrſten: dieſer hat kein gewiſſen gehabt / ſonſt hett er daß maul auff - gethan: ſolte ein ſolcher etwaß redliches rahten / denn jhr alſo zum gewiſſenloſen mann machet: dencke doch o Leſer / waß iſt daß gehandelt? Mit einem wort Fuͤrſt vnd Raht ſein gewiſſen loß: vndalſo48alſo keine Chriſten: daß iſt ein ſtuck welches macht / daß vnſer Regiment muß umfallen.

Cautela. iii. Man muß alles auß dem weg thun / deſſen die inquiſitoren vnd Brandtmei - ſter / zu jhrem vortheil ſich gebrauchen konnen: daß die gelegenheit ſie nit verleite: Zum exempell mann muß keine Kopffgelder von den gefange - nen geben / ſonder den Richteren ſonſten jhren beſtendigen ſold machen.

Diß iſt ſonſt Henckeriſch / auch in der peinli - chen halßgerichtiſchen ordnung / Art. 205. ver - botten.

NB.*pag. 77. Wenn aber Fuͤrſten / der verurtheilten guͤter zu confiſciren ſich laſſen bereden / hierinnen bedencken ſie jhre ehr ſehr wenig: ich mein es gibt dieſer handell anlaß zu den aller ſchmaͤhlichſten diſcurſen, daß auch woll paſquillen darvon gemacht werden. So laſſen ſich die Brandt - meiſter mit einem honorario beſtellen: ſtellen ſich denn alß wolten ſie den proceß caßiren: da muß man jhnen daß honorarium verehren: vnd geſchicht denn / daß mancher etwaß darzu gibt ſeinem nachbahren zu trotz / wenn denn die Leut vmb jhr gelt genug vexiret worden / ſo macht man der Tragedi doch ein end.

Cautela iv. weylen man vermoͤg 1. Caut. nit eben alſo woll qualificierte Perſonen haben kan: vnd wann ſolches auch ſchon moͤglich were / hette mann ſich doch einer groſſen diverſitaͤt in denn Votiren zu befahren: vnd cauſirete ſolchesein49ein vngleichheit der proceſſen: wie nicht weni - ger allerhandt ergernuͤß vnd verwirꝛung bey dem Regiment. *pag. 79.Bevorauß weil in dieſer halß ſa - chen nunmehr taͤglich newe difficultaͤten vor - fallen / deren mann ſich vor alters nicht verſehen: vnd dannenhero die Carolina Prax. Crim. nicht gnuchſam / alſo wehre zu wuͤnſchen: daß J. Kaͤyſerl. Mayeſt. in hoc puncto mit con - ſens des gantzen Reichs eine newe vnd beſondere conſtitution, in welcher alles woll vorgeſehen were / zu verfaſſen beliebete: NB damit durch ſothanes mittel / daß wenigſte in der Richter ei - gener willkuͤhr gelaſſen / vnd alle gelegenheit zu pecciren abgeſchnitten wurde.

Cautela v. Weilen aber ſeine M. wegen kriegs mit vielen anderen geſchaͤfften beladen: ſo were es nicht vntaͤuglich / beſondern hoch noͤtig: vnd den Fuͤrſten ſampt dero Raͤthen gewiſſens - halber obligende: daß mitlerzeit / ſo ja ein ge - neral inquiſition gegen die hexerey von jeman - den angeſtellet werden wolte: er zuvor ein ſpeci - ale Criminal conſtitution verfaſſen / vnd ſie von ſeinen zu ſolchem hexenhandel deputirten Geiſt - vnd Weltlichen leſen / vnd ſich darnach zu halten verobligiren lieſſe.

Delrius vnnd Tannerus ſein beyde auch mit mir in diſem handel einig. Dann dieſes ein allerhoͤchſt noͤtiges erfordern iſt: Weiln von den meiſten heut zu tag ſo vnrechtmaͤſſig hierinnen procediret wird: redt man dargegen: ſo muß*p. 80.Dman50man hoͤren: hæc eſt hodie praxis. Damit ſolls genug ſein: aber o gewiſſen gewiſſen! NB man ſoll ein ſolche praxin haben / die nicht nur auff autoritaͤt auff den bloſſen buchſtaben / ſon - dern auff gleich / recht / billigkeit / vernunfft vnnd erfahrenheit gegrundet ſey / daß andere inter - eſſenten ſich deren auch zu behelffen.

Caut. vi. Zu verfaſſung einer ſolchen Cri - minal Conſtitution, were ferner von noͤhten: daß man ſie nicht nur von Iuriſten, ſondern auch von Theologen vnd Medicis ließ revidiren: in dieſem meinem buͤchlein ſolle noch viel vorfal - len / ſo darzu dienlich. *pag. 81.Wenn ſie nun fertig / ſolt man ſie vorhin etlich Academien zu ventiliren vnd zu diſputiren vbergeben: darnach erſt rati - ficiren / vnd die Richtere daran verbinden / mit erinnerung: ſo jnnerhalb jahrzeit etwaß vorfiele von newen / vnd nicht gnugſam eroͤrteten diffi - cultaͤten / oder dero dingen etwaß / daß man zu enderen / zu vermehren / oder zu verminderen fuͤr noͤtig funde / ſie ſolches anzeigeten / damit dẽ werck nach notturfft rath geſchaffet werden moͤchte.

Dieſe Regull were der beſte vnd ſicherſte weg / vnd deswegen noͤtig / daß man an Ihr Kaͤyſerl. Mayeſt. vnnd daß gantze Reich darob ſuppli - cirte Sonſten ſiehe ich nicht: daß ein Obrigkeit mit gutem gewiſſen koͤnne fortfahren / ſonder ſoll aufhoͤren / vnd wer nit angefangen / ſoll wegen der vnfoͤrmlichen proceduren nit anfangen / daß er ſein gewiſſen nicht verletze / vnnd vnſchuldig blutnicht51nicht auff ſich vnd ſeine nach kommenſchafft lade. Wer anders rahtet / der weiß vnd verſtehet nicht waß er ſagt oder thut.

Cautel. vii. *p. 82.Weylen auch von vielen will darfuͤr gehalten werden / daß den Richteren zu viel durch die finger geſehen werde / vnnd dannen - hero ſich viel gewiſſenloſe that handlungen ent - ſpinnen: ſo ſolten die hohe Obrigkeiten vorſorg thun / daß ſie moͤchten erfahren / warinnen von jhren Gerichts-halteren in hoc puncto pec - ciret werde. Vnnd wo ſie betretten wuͤrden / auch der vnaußbleiblichen ſtraaff gewaͤrtig ſein muͤßten. Zum exempell: ſo mann jemandt ohne genugſahme indicia hett laſſen an die tortur bringen / man die Richter deswegen ließ mit recht beſprechen vnnd ſie redlich abſtraffen / auch zu wuͤrcklicher ſatisfaction parti læſæ zu thun per modum ſeveræ executionis zwingen. Da wuͤrde denn erfolgen: wenn / ſie / die Gerichts-per - ſohnen ſehen vnnd foͤrchten muͤſſen jhre faͤhler / wehren einer vnvermeidlichen ernſtlichen ſtraaff vnterworffen / ſie behuͤtſanier ſich wuͤrden hal - ten / ꝛc.

Diß were eins von den geſicherteſten / vnnd al - ler durch dringendeſten remedien. *p. 83.Allein wer will hier der katzen die ſchellen anhencken?

Es haben vnlangſt 2. vornehme vom Adel von der ſachen alſo diſcuriret: NB. Ihr Landts - Herꝛ ſoll jhnen vollmacht geben / gegen die Brandtmeiſter mit eben denen proceduren zuD ijver -52verfahren / mit denen ſie Brandtmeiſtere gegen die Leut handelten / ſie woltens gewiß ſein / daß ſie Brandtmeiſtere ſelber die ergeſten Hexenmeiſter befunden wuͤrden / des wolten / ſie die Edlen / Ihr leben zu pfandt ſetzen. Ich verpflichte neben den Edelleuten mich mit ebenmaͤſſiger obligation ſolches gar leicht zu erhalten. Allein man hoͤrets woll: vnnd niemandt achtets: vnnd die Herren Beicht-Vaͤtter ſchweigen auch ſtill: nun ſo wird Gott darein ſehen / vnnd auch Richten vnnd Straffen.

*p. 84.Die 17. Streit-rede. Magman auch denen von Hexerey - wegen verhaffteten Leuten / die defenſion zu laſſen / vnd jhnen einen Advocaten verſtatten?

ANtwort: Schaͤmen muß ich mich dieſer frag halben / wegen der groſſen vngerech - tigkeit / die jetzo in dem ſchwang gehet: vn - erfahren (ja boßhaffte vnnd vngerechte Richtere) woͤllen hierinnen / weyl es ein excep - tirter handell den Leuten alle defenſions mittell kurtz vmb abſchneiden: allein (1.) wenn alle ſa - chen in crimine excepto mit jhren notoriet - ten klaer ſein / ſo iſt freylich kein defenſion zu ver - ſtatten. *p. 85.NB. Denn wenn eine ſagt: ja es iſt die Hexerey ein Freye-Kunſt / oder ich bin vom Teuffel verfuͤhret / oder darzu gezwungen ꝛc. Soiſt53iſt ſolche entſchuldigung von vnkraͤfften. Allein hievon iſt kein ſtreit. Darumb (2) wenn daß laſter der Hexerey nit zur genuͤge iſt erweiſet / ſo ſoll man die Leut zur defenſion vnnd zum Advocaten zu brauchen nicht hinderen / wie ſolches auß vielen ſtattlichen Iuriſten, vnnd vieler Academien ih - ren ſtatuten zu erweiſen. Aber waß doͤrffts vie - ler zeugniſſen? *pag. 86.Es iſt ja natuͤrlichen rechtens / welches kein vernuͤnfftiger leugnen kan / daß man ſich mag defendiren, wenn mann nicht iſt vber - weiſet. So dann eine verhafftete / die that nicht entſchuldiget / ſonderen von ſich ſchiebet vnd ſich ſchuldig zu ſein leugnet / die mann jhr auffdringen will / ſo ſoll mann jhr jhre vollſtaͤndigſte defen - ſion vnd alſo auch einen Advocaten zu laſſen / auch den beſten denn ſie kriegen mag. Ja ſo gar iſt es waar / daß man nicht prætendiren mag / es ſey ein Crimen exceptum / daß vielmehr eben vmb des willen der gefangenen Perſon ein Ad - vocat zu geben / ja faſt auffzutringen iſt. Vr - ſachen ſein:

i. Es iſt laͤcherlich / daß mann ruffet: Es ſey ein Crimen exceptum / eher mann die gefange - ne deſſen vberzeuget. Oder laß alſo ſein: womit haſtu die Perſohn vberweiſet / daß ſie der that ſchuldig ſeye? Oblind theit!

ii. Es iſt natuͤrlichen rechtens / daß mann niemanden ſeine nothwendige defenſion ſoll verſagen / ſo gar / daß wann er ſelber nicht genug darzu geſchicket / mann jhne einen qualificiertenD iijmann54mann darzu verſtatten ſoll:*pag. 87. waß aber natuͤrlichen rechtens iſt: NB. Soll in exceptis & non exceptis ohne vnterſcheid obſerviret werden: drumb iſt dieſer Streit auch nichtſen.

iii. Iſt diß nun natuͤrlichen rechtens / daß mann niemanden ſeine nothwendige gegenwehr verſagen ſoll / ſo ſoll mann ſothane defenſion jh - me deſto weniger verſagen / je noͤtiger ſie jhm zu ſein erhellet / vnd je groͤſſer die aufflag iſt / darwie - der er ſich ſchuͤtzen muß. Zum exempell: Im na - tuͤrlichen recht iſt mir erleubet mich wieder einen Meſſerſtoß zu wehren: wie viel mehr doͤrff ich mich wieder einen Schuß beſchirmen? So fol - get nun: weil die natur mir die rechtliche defen - ſion in einer geringen Rechtens anſpraech ver - ſtattet / ſo verſtat tet ſie mir die defenſion noch vielmehr in einer groſſen / ſonderlich die ſo ſchwer iſt / als hie die Zauberey: vnd alſo je ſchwerer man einen zum Rechten beſpricht / je beſſeren Advo - caten jhme daß natuͤrliche Rechtrahtet.

iv. Eben daß erforderet auch die Chriſtliche liebe: deren natur iſt nicht allein an deiner defen - ſion dich nicht zu verkuͤrtzen / ſonder dir vielmehr zu helffen / vnd hilffsmittell an die handt zn geben: ja je groͤſſer die gefahr iſt / je groͤſſere vnd eilendere huͤlff die Chriſtliche liebe thun / vnnd dir ſelbſt vn - gebeten in die hand geben will. Hierauß folget / daß wer dieſem wiederſpricht: Der ſtoͤſſet alles natuͤrliche Recht vmb / vnd verleugnet gewiſſen - loſer weiſe die Chriſtliche Liebe. Wo bleibt nunder55der Brandtmeiſter jhr Eiffer? Ein Kindt ſoll vmb ſeine Puppen mehr verſtandt / dieſelben zu behalten anwenden / als dieſe Leut vmb daß Chri - ſten blut. Doch mann ſchont nunmehr auch der Geiſtlichen nicht.

v. Dieſe abſurditaͤt / vnvernunfft / vnerfah - renheit / vnd boßheit deſto beſſer auß zu ſtreichen / ſo laſt vns von dem handell noch mehr reden 1. Einer ſagt: ich ſey ein Dieb: daß iſt nun ein groſſe injuria. *pag. 90.Nun dieſe gute Herren werden mir alſo balden gerne die defenſion verſtatten. 2. einer ſagt: ich ſey ein Ehebrecher: diß iſt noch viel er - ger: noch gonnen ſie mir ein Advocaten 3. So mich einer denn der Hexerey beſchuldiget: daß iſt ja daß ergſte von allen: vnd denn ſo muß ichs laſ - ſen Recht ſein / vnnd mich nicht verantworten / e - ben darumb / daß es der groͤffeſten laſter eines iſt: wie ſo der klaͤger leugt? So muß ich doch ſchwei - gen: es iſt ein exceptum: pfuy der vnvernunff - tigen grobheit! *p. 91.

vi. Ein Teutſcher Fuͤrſt hatte etliche Jahr wider die Hexen gerumoret: Es wird ein Geiſt - licher auch angegeben vnd eingezogen / ſeine Col - legen halten vmb daß defenſions mittell an: der Fuͤrſt ſagt nein: er fraget ſeine Raͤhte: ſie ſagen ja: er laͤßt ſich von Academien belehren / die ſa - gen auch eben woll ja: pfuy elendt: ſagt der Fuͤrſt / ſoll ich die defenſion muͤſſen verſtatten / ach wie viel hab ich denn deren / die vnſchuldig verbrandt ſein!

D iiijO56

O wieviel hat dieſer gewiſſens vergeſſener Herꝛ conſorten. O Ihr Geiſtlichen vnd Hoffpredi - ger wo iſt ewer beruff! waß thut ewer gewiſſen! Ihr ſoltet diß wiſſen / vnd bereden. Aber / aber / ꝛc. darumb hat erſtgemelter Fuͤrſt noch nicht nach - gelaſſen / mit vorwenden: NB. *pag. 91.Er wuͤrde damit alle vorhin vnterſchriebene vrtheil muͤſſen caßiren, daß ſey ſeiner ehren zu nahendt: biß ei - ner den Zoren mit diſen worten jhme geſtillet: ſo man findet daß man vnrecht gethan hat / ſo ſoll man darumb nit fortfahren / ſonſt werden ſuͤnden mit ſuͤnden geheuffet: vnd die erſten ſuͤnden wer - den mit den letzten nicht gebuͤſſet ſonder vergroͤſ - ſeret.

Die 18. Streit-rede. Waß fuͤr anmerckungen auß dem vorigen Capittell zu behalten.

DIeſes thue ich zu dem ende / daß der leſer die wichtigkeit einer ſo gefaͤhrlichen han - delung / deſto tieffer zu hertzen nehme.

i. Ich ſag es ſey vnrecht / wenn eine nicht vberweiſet iſt / vnd ſie leugnet daß ſie eine Hexe ſey jhr kein Advocaten wollen geben.

ii. Ja man ſoll jhr viel mehr den beſten vnd den allergeſchickteſten ſchaffen: ja einen den ſie ſelbs beliebet.

iii. Wo ſie es nicht weiſet / oder vor angſt nicht darann gedencket / oder nit verſtehet: ſo ſollmann57mann ſie dieſes privilegii erinneren / vnnd ſie darzu bereden.

iv. Ja mann ſoll jhr viel mehr in der defen - ſion beyſpringen / als daß man ſie hindere.

v. Mann ſoll ſich frewen / vnd nicht zoͤrnen / wenn mittel zur vnſchuld an den tag kommen.

vi. Je ſchwerer die klag iſt / je groͤſſer iſts ge - ſuͤndigt / wenn mann die defenſion benimt: vnd alſo verſuͤndiget man ſich hie am ſchwereſten.

vii. Komt jemand in verhafft / ſo ſoll mann jhm zuvor etliche tag zeit geben zur defenſion, ehe mann jhne ferners vornimt: dann es iſt vn - recht die leut alſo balden mann ſie eingeſetzet an die tortur dahin zu reiſſen. Dann mit ſolchem vber eilen verduͤſtert mann die Leut / daß ſie jhrer ſelbs zu jhrer defenſion nicht maͤchtig ſein: Da doch weder daß Recht der natur / oder Chriſtliche liebe / oder geſunde vernunfft / von den Richteren hie will obſerviret werden.

viii. Es iſt nothwendig / daß man den ge - fangenen ein Copia der indiciorum geb / die wider ſie einkommen: Dann wie mann die de - fenſion vnd Advocaten nicht kan verwehren: alſo folget daß man auch die indicia ſoll herauß geben. *pag. 93.Doch ſoll man die zeugen namen nit eroͤffnen / es were denn kein gefahr dabey.

ix. Mann ſoll denen jenen / ſo die gefange - ne ſprechen wollen / ſolches nicht wehren / beſiehe die peinliche halßgerichts ordnung. Art. 4. Da - hero ſein daß vngerechte Leut / die dieſem wider -*p. 94.D vſpre58ſprechen / vnd hinderen daß nicht etwa ein gelehr - ter mann jhnen hinder die ſpaͤn kommen: oder den armen gefangenen einen guten rath gebe / da mann doch den Leuten / ſo viel muͤglich zu jhrer vnſchuldt verhelffen ſolte. NB. Als ohnlangſt ein Geiſtlicher / doch ins geheimb / den Richteren einen faͤhler auß jhrem Protocoll, exofficio & conſcientia gezeiget / ſo haben ſie die gefangenen eilendes laſſen mit dem ſchwert Richten / dem Prieſter aber die gefangenen zu Viſitiren verbot - ten / vnnd muß ich vernehmen: daß eben derglei - chen vnterſchiedlich geiſtlichen widerfahren.

x. Ein Richter iſt ſelbſten ſchuldig / die vor - ſorg zu thun daß den gefangenen kein Advocat mangle.

xi. Daß ſein vnweiſe Advocaten / die inn dieſen ſachen nicht wollen dienen: vnnd andere davon abſchrecken. Doch ich befinne mich beſſer: ſie ſein kluͤger denn ich: die vrſach iſt: ſie ſolten woll ſelber eingezogen werden / wie mann ſolches D. Tannero gerne thun wolte. *pag. 95.

xii. So kan der gefangene gegen die de - cretirte tortur appelliren / wie auß den Iu - riſten erhellet.

xiii. Faͤhret der Richter / deſſen ohnange - ſehen mit der tortur fort / vnnd er zwingt etwaß darmit: ſo iſt ſolche auſſag von vnkraͤfften.

xiv. Wann indicia zur tortur einkommen: vnd aber beſſere gegen-indicia zur vnſchuld vor - handen / ſo ſoll man mit der tortur nicht proce -*p. 96.diren:59diren: alſo auch in widerwertigen præſumptio - nen &c. Aber wer gibt hierauff achtung?

xv. Daß ſein gewiſſens vergeſſene Leut: die ſich ſtellen als wenn ſie den beklagten die defen - ſion verſtatteten / vnnd doch nichts wenigers thun. Diß muß man alſo erlehren. *p. 97.

NB. Der Brandtmeiſter laſt die gefangene Perſohn vorſtellen: ſpricht: ſie wiß woll war - umb ſie in verhafft ſeye: die vnd die indicia we - re gegen ſie einkommen: Soll ſich alſo drauff verantworten / vnd waß zu jhrer vnſchuld dienet einbringen. Wann ſie nun antwortet / vnd alles fleiſſig ableinet / daß man nichts mehr gegen ſie hat / vnd man die vnſchuldt mit haͤnden greiffen muß (ich red auß erfahrenheit) da folget dann weiters nichts / als daß mann ſie heiſt wieder hin ins gefengniß gehen / vnd iſt eben als hette ſie mit einem todten bild geredt / mann zeichnet jhre wort ſpecifice nicht an: niemandt berahtet ſich darob waß zuthun oder zu laſſen: jhr ſagt man: ſie ſoll ſich beſſer bey jhr ſelbs bedencken / ob ſie bey dem negiren woͤll bleiben: mann werde ſie vber etli - che ſtunden wider einforderen / ꝛc. wann ſie nun wegk gefuͤhret wird: ſo ſchreibt mann alſo ins Protocoll: NB. Gaja gefraget: leugnet noch: darumb iſt beſchloſſen ſie zu torquiren ꝛc.

Wenn ſie nun widerkomt / ſo heiſt es: Gaia, jhr ſeid vor vns geweſen / vnd habt geleugnet / nun wir haben euch bedenck zeit geben / jhr ſolt euch eines beſſeren beſinnen / vnnd die verſtockung fal -len60len laſſen. Waß iſt nun ewer antwort hierauff? Seid jhr noch in der vorigen meinung? leugnet jhr noch? wolt jhr ſo bleiben? ſehet: waß ſtehet hier im protocol: Man hat euch die tortur zu erkandt. Leugnet ſie dennoch eins / ſo wandert mann mit der armen Gaia nach der peinbanck: aber waß ſie zu jhrer vnſchuldt eingebracht / deſſen gedencket man nicht mit einem Buchſtaben / als wens ſo muͤſte ſein / daß man ſich nichts mit jhr muͤſte ſprechen / iſt alſo gleich viel: ſie habe ſich verantwortet oder nicht.

*pag. 98.Solcher proceſſen ſein viel / die alſo gehan - tieret werden: damit bringt mann J. F. Gn. daß Protocoll, darinnen ſtehet:

Gaiæ defenſion iſt gehoͤret / ſie leugnet / thut vns aber nicht gnug / darumb iſt jhr die tortur zu erkandt / ꝛc. Hier ſehet zu jhr Fuͤrſten / ewer vn - achtſamkeit hat ſchuldt / daß vnglaublich viel vn - ſchuldige alſo bedrucket werden. Gott will euch einmall zur rechnung forderen.

xvi. Vnd ob mann gleich auff allegata vnd probata an ſeiten der Richter ſich beruffet / ſo fehlet mann doch eben auch mit dieſem argu - ment groͤblich. *p. 99.Da denn Fuͤrſten vnnd jhre Raͤhte hie die augen woll auff thun ſolten: waß es mit den indiciis fuͤr ein beſchaffenheit habe: ob dieſelben gantz oder halb-genug zum beweiß: waß die beklagte Perſohn antworte / diß ſolte man fein alles fleiſſig laſſen notiren / wenn mann in allen ſachen nicht ſo grob ſich verſtoſſen ſoll. Gewiß hiege -61gehets mit groſſer vnvernunfft her. Darumb Gott hoch zu bitten ſtehet / daß er vns doch Fuͤr - ſten gebe / die ein begierdt haben / die warheit ſol - cher dinge zu lernen.

xviii. Weil auch Geiſtl. Perſonen / auß fal - ſchen indiciis geferdet werdẽ / ſo ſol man hie auch durch K. M. autoritaͤt ſich jrer beſſer annehmen.

xix. So ſoll man auch den leuthen die frey - heit laſſen /*p. 100. p. 101. wenn ſie zum todt gehen / einen Beichtvatter nach eygner willkuͤhr zu wehlen.

xx. Auch ſo jemand guten nahmens / auß dem Gefaͤngniß entkaͤme / daß demſelben erlau - bet wurde / vor dem Kaͤyſer / oder einem anderen vnverdaͤchtigen Oberhaupt ſich zu verantwor - ten / ꝛc. mit condition, wo er ſich denn nicht mit ordentlichen mittlen purgirte / er ſeine ſtraff doch außſtehen ſolte.

* Die 19. Streit-rede. Ob jemand wegen Hexerey gefangen wurde / ſoll man denn alſobalden præſu - miren: er muͤſſe nothwendig ſchul - dig ſeyn?

NB. EIner moͤchte dencken ich ſey ein Narꝛ / daß ich dieſe frag mag mo - viren. Allein die meiſten Geiſtli - chen mit jhrem vnvernuͤnfftigen ei - fer / oder einfalt / daß doch ein lautere vnwiſſen - heit vnd vnverſtand iſt / geben mir zu ſolchemvhrſach62vhrſach. Dann deren etliche / wenn ſie die gefan - genen beſuchen / fahren mit den vorhin aller be - truͤbteſten leuten ſo vbell / drenglen / zwingen / vexiren, ſollicitiren vnd leiten ſie zu bekennen daß / ſo ſie woll nie moͤchten gedacht haben: dar - auß man ſchlieſſen muß ſie habens veſt bey ſich beſchloſſen: niemanden fuͤr vnſchuldig zu halten.

NB. Es moͤgen die armen leut winſeln vnd wehklagen wie ſie woͤllen / ſie muͤgen ſich entſchul - digen wie ſie koͤnnen / ſie muͤgen fundamenta jhrer vnſchuld allegiren was die auch ſeyen / ſie muͤgen ſo elend flehen*pag. 102. alß es immer ſein kan / daß man ſie nur reden laſſe: ſie muͤgen troſt ſu - chen von ſolch einem Geiſtloſen Mann oder nit / ſie muͤgen ſich einbilden: jhnen ſey erlaubet ins geheim alß mit Beicht-Vaͤtern zu reden / troſt vnd rath zu ſuchen / vnd bey ſolchem jhrem groſ - ſen elend ja vnfehlbar zu empfangen / vnd was ſonſten diſer armen leuten hoffnung ſein mag. So finden ſie doch an ſolchen Beicht-Vaͤtern nichts als to dte goͤtzen / oder mit ſinnen vbel ver - wahret / oder nur darzu lebende: daß ſie von nichts anders denn nur von hexerey wiſſen ſollen: von nichts anders reden / vnd die ſitzenden fuͤr ſolche leute zu beſchuldigen / auch gar woll mit ſchmaͤhworten ſie darfuͤr ſchelten: da heiſt es ſie ſeyn verbolgt / hartnaͤckig / ſchandhuren / vom teufel beſeſſen / der teufel ſchein jhnen auß den au - gen / teufels kinder / ſtumme kroͤten ꝛc.

NB. Hierzu kommet: daß meine Herꝛen beydem63dem Richter / Stockmeiſter / Hencker / ꝛc. nichts anders thun / denn daß man darauff ſetzen ſoll mit fragen / foltern vnd peinigen / ꝛc. dieſe oder je - ne ſey ſonderlich verhaͤrtet / der Teuffel hab ſie ohnzweiffelich beſeſſen / er ſcheine jhr auß den au - gen / er woll ſein leben verwetten ſie ſey ein gewiſſe Hexe / vnd was der vngetemperirten woͤrter vnd reden / auß mehr denn Cyclopiſchen vnverſtand weiters herauß geſtoſſen wird. Dahero man weiſſet / daß etliche Perſonen / NB. ſich verneh - men laſſen / ſie wollen lieber den Hencker ſelbs / denn ſo einen Geiſtlichen zu ſich laſſen kommen: Er der Pfaff hab jhnen mehr moleſti gemachet / als der Hencker mit der Peinbanck: vnterdeſſen ſeind die Richter darob ſehr luſtig / daß ſie einen ſolchen ſtattlichen geiſtlichen præſidenten be - kommen / welcher jhren eifer nicht allein wuͤſte nit zu ſtraffen oder zu hinderen / ſonder mehr zu ſchaͤrffen. Derer Geſellen hab ich ſelbs viel ge - kennt vnd geſehen / vnd iſt jhrer ein gute zahll: den ſo mann ſich anderſt anſtellet / ſo iſt mann bey den Brandtmeiſteren nicht genehm / moderation vnd vorſorg / daß iſt eine zagheit: allein ſolche vn - gehaltene vnd vngeſtuͤmme Marterhanſen vnd Hencker-Leutenandten /*p. 103. die doch im geringſten nichts wiſſen / verſtehen / erfahren oder gelehrnet / alſo vagiren / ſauffen / ſchmorotzen / bettelbrodt - freſſen / vnd dergleichen / daß ſein Leut / die mann befoͤrderen muß / die gelten etwaß ꝛc.

Nun ſchicke ich mich die frag zu beantworten /*p. 104.von64von deren ich diß Capittell angefangen / vnd ſage: von denſelben alſo wollen argwohnen / vnnd mit jhnen de facto ſo wollen procediren / wie vor erwehnet: daß iſt gar zu vnverantwortlich gehan - delt: vrſachen.

i. Droben iſt ſchon erweiſet Dub. xi. daß auch vnſchuldige leute mit verwickelt werden.

ii. Drunten Dub. 39. will ich darthun: daß auch die Richter ſelbs mit mir einig ſeyen.

iii. Alle Iuriſten vnnd Theologen ſein darinnen einig / daß eher mann einer ſachen ge - wiß / ſo ſoll mann jmmer des beſten hoffen: dann ſolches ſey dem geſetz der liebe / vnnd auch den ge - ſchriebenen Rechten gemaͤß l. 17. C. de Accu - ſat. Ein Bauren einfalt iſt es: daß mann meint es ſeyen die Richter ſo vnſchuldig / daß ſie nicht jrren ſolten. Hieher gehoͤren die wort auß einer Poſtill auff Ioh. Baptæ. Der iſt nicht alſo baldt ein ſchalck den man gefangen ſetzet / da doch from - men leuten mehrfaͤltig durch falſche anklag zu kurtz geſchehen ꝛc. Item: Oberkeiten vnnd Fuͤr - ſten mißbrauchen offtmals jhres gewalts.

iv. Einem Prieſter gehoͤret hierinn ſanfft - muͤtig vnd Chriſt-mitleidentlich zuverfahren.

v. Laß ſein: daß eine ſchuldig were: ſo wirſtu ſie doch mit deiner vnvernunft nur noch verſtock - ter machen. Woͤllen ſie mit guͤte nicht: Ey pa - tientia! ſein ſie gewiß ſchuldig ſo rede auß Got - tes wort / von Gottes zoren / doch ſo: daß ſie nicht*pag. 104.*pag. 106.meinen65meinen du woͤlleſt ſie des vberweiſen daß dir nicht zukomt. *pag. 107.

vi. Iſt aber eine vnſchuldig / ſo bringt man ſie muthwillens in verzweiflung. Die ſchuldt dieſer importunitaͤt kommet daher: daß mann auß jrꝛ - thumb manchsmall meinet / mann ſende einen verſtaͤndigen mann / daß doch nicht geſchiehet: wehe denen die ſo handlen!

vii. Wie wiltu toller debacchant fahren:*p. 108. wenn du mit deiner vngeſtuͤmen vrſach biſt: daß ſie luͤgenen ſagen: ſiehe da jhr Seel / vnnd aller Seelen die ſie falſch angibt / vnnd deren die dieſe angeben / ſein dir auff deinem Poltergeiſts gewiſ - ſen vnd kopff. Du verleiteſt Hencker vnnd jeder - mann zur grauſamkeit / die muͤſſen denn auch hin zum teuffel. Wie werdet jhr einander am juͤng - ſten tag anſehen?

Ich will hie etwaß abermahl erzehlen / daß ich auß der erfahrenheit habe. Ein ſolcher Geiſtli - cher / wie droben beſchrieben ſein / hatte den brauch das er in der beicht zu den gefangenen ſagte: wo ſie daß vor jhm nicht wider wolten bekennen / waß ſie in der tortur bekandt / ſo woͤll er ſie nicht ab - ſolviren / vnd nit communiciren / ſie ſolten ſter - ben wie ein Hundt ꝛc. Vnd dieſer war mir noch als ein behender mann hochgeruͤhmet ꝛc.

Solchs hat mir vrſach gegeben / daß ich nach - mall / ſelbs anfangen die gefangenen viſitiren: aber ach wehe / waß hab ich fuͤr grewell erfahren /*p. 109.Edaß66daß freylichen waar iſt / waß Salomon in Predi - ger Cap. 4. verſ. 1. ꝛc. klaget. Vnd dannoch fin - det man ſolcher geiſtlichen viel.

ix. Iſts gar vngereimt von einem Geiſtli - chen: vor dem gefangenen ſolche diſcurs fuͤh - ren. Dann 1. iſts ein grobheit 2. iſts ein vrſach zu grewlicher tortur / vnd endlich zur gefahr leibs vnd ſeelen vieler / auch des Beichtvatters. 3. iſts vor verſtaͤndigen leuten deſpectirlich 4. verſte - hen dieſe Leut nicht waß irregularitas ſeye.

NB. Vnlangſt wuͤrd mir einer / dergleichen geruͤhmet:*Pag. 110. derſelbe wuͤſte ſelbs die Leut an zu ge - ben / hieſſe ſie fangen / torquiren / kein alter anſe - hen: dieſer oder jener ſey alt gnug zum Fewr: man ſoll fort machen mit jhme ohne ferneres ſcrupu - liren: es ſey kein beſſerung zu hoffen: er hab ſel - ber welche angezeichnet: item er wohnet der tor - tur fleiſſig bey: hat in terrogatoria bey ſich die er den Richteren vberreichet: weiſſet die Hencker meiſterlich an zu friſchen.

Allein dieſer machet / daß ſich einer ſchaͤmet fuͤr ein geiſtlichen Mann auß zu geben: andere moͤ - gen jhne ruͤhmen wie ſie jmmer wollen. Beicht - Vaͤter werden jhre inſtruction vnten Dubio 30. finden.

Die67

*p. 111.Die 20. Streit-rede. Von der Tortur oder Peinbanck: Ob auch zu fuͤrchten: daß vnſchuldige / ſo ſie daran kommen / ſich ſelbs moͤchten manches mal verkuͤrtzen / vnnd ſo von ſich ſelbs / als auch von anderen die vnwar - heit ſagen?

ANtwort: Es iſt gemeiniglich hiermit alſo bewandt: daß wann ich bedencke / waß ich etwan geleſen / geſehen / gehoͤret vnd ange - mercket / vnd nachgeſonnen: ich nicht an - derſt ſchlieſſen kan: als daß vnſchuldigen Leuten die euſſerſte gefahr viel vnd manchsmall / durch die Tortur angewachſen: vnnd die mutter ſeye / ſo vngleublicher vieler Hexen durch Teutſch - land: vnd aller derer orten / die es dem Teutſch - landt nach thun wurden. Vrſachen ſein nach - folgende:

i. Die Tortur iſt aller orten all zu groß: vnd verurſacht vntraͤgliche ſchmertzen: dieſe ſein er - ger als der Todt: alſo iſt hie ſchon gefahr genug allerſeitig zu foͤrchten.

ii. Diß iſt ſo gar wahr: daß ſie auch dem ſtaͤrckſten vnerleidentlich: ich habs von denen die ſie außgeſtanden hochbetheurlich hoͤren ſagen: daß ſie lieber 10. mall den Todt wolten leiden / vnd eher alles bekennen waß man ſie fraget: vnnd ob woll exempel etwan vorhanden / daß leut in der*p. 112.E ijtortur68tortur beſtendig verblieben / ſo ſagen doch die ge - ſchriebene Rechten: Daß es ein gebrechlich vnd gefaͤhrlich thun darmit ſeye. Befrage die Rechts - buͤcher. *pag. 103.

iii. Daß erſcheinet auch daher / weylen etli - che auß gewiſſens forcht / in der beicht bekennen / ſie haben einigen leuten vnrecht gethan / dieſelben ſeyen vnſchuldig ꝛc. Helt man nun bey jhnen an / ſie ſollen ad bancum juſtitiæ wiederruffen: ſo iſt da zitteren vnd zagen / mit vermelden / ſo muͤſ - ten ſie wieder an die pein / eher woͤllen ſie jhre ſee - len Gott befehlen / der wiſſe daß ſie auß ſchwach - heit geſuͤndiget ꝛc. O Fuͤrſten! Richter! Beicht - vaͤter!

iv. Ich bekenn mein theil von mir: moͤchte aber gerne wiſſen / wie alsdann meiner ſeelen zu rahten were. O Fuͤrſten! o Richter! o Beicht - vaͤter.

v. Waß wollen wir nun in puncto der He - xerey von einer Elenden zarten vnd aller arbeit vngewohnten Weibs-Perſon ſagen?

vi. Weyl man auch ſo gar auß leichten vhr - ſachen / mit dem Torturali Decreto / woll ge - gen wollbenahmte Manns-perſohnen fulmi - niret: als: indicia ſein jhr ſeid angegeben: jhr ſeidt verſchreitꝛc.

vii. So gebraucht man in vnſerem caſu newe art zu torquiren / welches doch von gewiſ - ſenhafften Jctis / verworffen wird.

viii. Item: daß man ſich kein gewiſſen ma -chet:69chet: NB. weder zeit / wie lang / oder modum wie hart zu torquiren ſey zu beobachten: Dahero ich weiß / daß etliche in der tortur ſterben: Etliche zu kroͤppell werden: etliche daß man ſie im außfuͤh - ren / eher ſie zu der Richtſtatt gebracht / hat man muͤſſen exequiren laſſen ꝛc. O Fuͤrſten! o Rich - ter! o Beicht-Vaͤtter! o Gewiſſen!

Dann betreffendt die zeit wie lang: ſo helt man nichts mehr von der alten weiß / die war ein viertell ſtundt: etliche brachtens gar auf ein ſtund: jetzo ſo muß es lenger denn ein ſtund wehren: oder mann nimt zwey halbe ſtunden / darvon drunten Dub. 23. mit mehrerem.

Wer iſt nun ſo ſtarck? wer iſt ſo beſtaͤndig? ſolt einer nicht lieber alles bekennen? daß aber et - liche je vnterweylen außhalten / kommet daher: NB. daß ſie mit falſcher bekendtniß auf ſich vnd andere vnſchuldige / jhr ſeel nicht woͤllen in gefahr ſetzen: doch machet mans alſo grauſam / daß auch niemandt mehr beſtehen kan / ich mein da iſt ein jammeren: da ſuchen die Leut troſt / vnd der troſt will nicht hafften: da iſt daß gewiſſen Toͤdtlich verwundet. O wer mir hie ſelbſten Rath gebe / wie ſolchen leuten zu helffen! O Fuͤrſten! o Richter! o jhr Beicht-vaͤter! reddite rationem villicationis veſtræ! Ja jhr Beicht-vaͤter ent - ſchuldiget euch nit mit der vnwiſſenheit / werdet demuͤtig / mitleidig / ſanfftmuͤtig / im Geiſt arm / vorſichtig / befleiſſet euch der warheit / jhr werdet vielerlehrnen / daß jhr vorhin nicht gewuͤſt.

E iijix. Dieſe70

ix. Dieſe gefahr wird dannenhero vermeh - ret: daß ob wol die tortur vnmenſchlich / dannoch deroſelben grauſamkeit weder von Richteren / o - der anderen Recht will betrachtet werden. Denn daß hie groͤſſe vnbarmhertzigkeit mit vnerfahren - heit gebraucht werde / daß befinde ich auß einer jhnen ſehr gemeinen art zu reden: NB. Wann ſie von etlichen ſprechen: ſie haben gutwillig vnd ohne tortur bekennet. Denn ſo hab ich etliche mall nit nur Gerichts perſohnen / ſonderen auch geiſtliche Leut hoͤren von der ſachen reden: ja ſie ſeyen ohne zweiffel Hexen ꝛc. *pag. 119.Aber komm mein lieber leſer / nimme die gedult / vnnd examinire jhr phraſes buch / daß ich dir fein beſchreiben will: darumb ich droden Dub. 9. n. 9. dieſe phraſes außgeſetzet. NB. Sie haben ein Preß / die iſt von eiſſeren / deren vorderſte tafel / mit ſcharffẽ ſtriis oder tieff außgearbeiteten holl kaͤlen eingeſchnit - ten. Darein ſchrauben ſie die ſchienen der fuͤſſe / weil ſie am aller empfindtlichſten ſein / dieſes dru - cket hinten daß fleiſch zu ſamen wie einen kuchen: fornen aber ſpritzet daß blut herauß / worvon ein ſolcher ſchmertzen entſtehen muß / daß auch der ſtarckiſte Kerls ſolchen nicht vberſtehen kan: vnd daß heiſſet jhnen: Man hab ohne tortur (ſcili - cet nach der alten / aber nicht nach dieſer newen / wenig bekandten weiß) bekendt / daß ſchreyet man auß in die Welt: daß ſchreibet man an den Fuͤr - ſten: dieſer mit den ſeinen Raͤhten kehrt ſich auch nicht weiter dran vmb bekuͤmmeret zu ſein waß*p. 120.man71man thue. Vnd alſo muß die tortur keine tor - tur ſein. Waß ſollen woll alle Criminal ſcri - benten hiervon ſagen? Sonſt ſprechen ſie: die forcht der tortur ſey der tortur ſelber gleich / dar - umb man niemandes leichtlich / mit der tortur bedrowen ſoll.

x. *p. 121.Die gefahr davon dieſer titulus redet wird auch vermehret / weil wir kein vnterſcheid der Perſohnen heut zu tag bey der tortur in acht nehmen.

Die Heyden haben nur allein die leibeigenen Knecht laſſen torquiren. Waß aber jhre knech - te fuͤr voͤgell geweſen ſeyen / wiſſen die gelehrten auß der Hey den jhren Poeten vnd anderen Buͤ - cheren. Vnd wir Chriſten thun erger als Hey - den / reſpectiren wegen vnſers Decreti tortu - ralis kein geſchlecht / perſohn / alter / ſtand ꝛc.

xi. *p. 122.Iſt hie niemandt / der da die all zu viele grauſamkeit der Hencker zaͤmete. Ich ſtun - de in der meinung: NB. Einem Hencker ſolt nit ein woͤrtlin zn reden in der folterung vergonnet ſein / ſonderen er muͤſſe ſich einem gemaͤſſenen be - fehlgemaͤß verhalten. Vnd ſo iſt es in den Reichs Staͤtten gebraͤuchlich. Allein jetzund gehets an theils orten viel anderſt / in dem ſie bey der tortur daß præ haben. NB. Sie treiben / fragen / preßirẽ ſtuͤpflen die armen Suͤnder / bedrowen ſie mit den ſchroͤcklichſten worten / ſtrengen auch die folter nach belieben / biß ſie mit jhrer grauſamkeit end - lich die leut erſtritten. Dahero werden ſie nichtE iiijallein72allein geruͤhmet / ſonder ſie ruͤhmen ſich auch ſelb - ſten / vnd ſagen: wenns jhnen verguͤnnet wuͤrde / ſie wolten machen / daß alle Hexen an den oder je - nen ort muſten zuſammen kommen ꝛc.

xii. *pag. 123.Hierzu kommet nun auch der Præ - ſidenten jhre gewiſſenloſſigkeit: in der Juriſten buͤcheren iſt verbotten / daß man keinem / den man peiniget / einigen namen vorleſe / weder deſſen oder eines anderen mitſchuldigen. NB. l. 1. ff. de Quæſtion. Conſt. Crimin. Carel. art. 13. vnd weil dieſes der vernunfft gemaͤß iſt / ſo ſolte mans auch in den Criminibus exceptis gelten laſſen. Allein heut zu tage ſo gehets anders / man fragt Gaia: haſtu Titiam nicht bey dem tantz geſehen ꝛc. Sagt ſie nein / ſo wird ſie / auß des Præſiden - ten geheiß / ſo lang gemarteret / biß ſie ja ſaget: da - mit faͤhrt man fort / man nent woll eine die ſchon vnd vielleicht auch vnſchuldig geſtorben / ſagt: ſie hat auff dich vnd Semproniam auch bekennt / iſt Sempronia auch eine ꝛc. Hencker fahr fort / der Teuffel heiſt ſie ſchweigen / vnd ſo fortan / biß daß ſie gleich woll bekennt.

NB. Dahero vnlangft / als etliche gewiſſen - haffte Juriſten einen Brandtmeiſter inhibiti - on gethan / daß er von niemandes Perſohn mit namen fragte / haben die leut ſich halb im Him - mell zu ſein deswegen geſchaͤtzet. Ach wehe jhr Hoffprediger! Ihr Beichtvaͤtter! Ihr Conſi - liarii / daß jhr dieſes ſo gar nit wiſſet / vnnd nachſol -73ſolchen dingen ſo gar nicht forſchet! O thut noch die augen offen!

*pag. 126.Dahero ich nun ſelber endlich befunden / daß man den Leuten alles mit allen orten / mit al - len vmbſtaͤnden alſo lang auff beſagte vnredliche weiß vnd gewiſſenloſer peinigung vorhelt / biß ſie bekennen / vnd die Protocollen mit Acten voll ſchmieret / als werens eitell Euangelia / darnach ſo ſchicket man daß Protocoll ein. Ich geſchwei - ge: daß ein Prælat mit zoren einem Brandtmei - ſter empfangen: weil derſelbe in der tortur ver - geſſen zu fragen:*pag. 127. ob auch Dorff Pfarrherꝛ oder andere gemeine Pfaffen in der Hexen-zunfft ſeyen? Ja Herꝛ Prælate / laſt euch ſo peinigen / jhr ſolt von euch ſelbſten alles boͤſes bekennen / vnd endlich von Pabſt ſelbſten! Darauff auch new - licher zeit ein anderer Fuͤrſt expreſſe verbotten keiner Geiſtlichen Perſohn weder in genere noch in ſpecie zu gedencken. Aber es iſt nicht obſerviret worden. Darumb were gut daß man wie Dub. 15. am end erwehnet worden / geheimb - de inſpectores verordnete / weil ohnlangſt ein Brandtmeiſter in der erſten frag /*pag. 128. vnter weh - render pein / einer armen Perſohn vorgehalten / ſie ſoll bekennen: NB. Ob ſie nicht auch einige auß den Rahts-Perſohnen ſelbigen ortes / in jh - rem Convent geſehen / auff daß: wenn die Hirten hinwegk! man deſto vngehinderter mit der Rath - loſen Herd nach gefallen procediren moͤge.

E vxiii. 74

xiii. *pag. 129.Dieſer modus procedendi wirdt nunmehr auch von den Henckeren ſelbſten / eben auff vorerzehlte weiß in allen vmbſtaͤnden pra - cticiret / vnnd ſolche Meiſter / ſoilicet, haben noch daß lob: daß ſie die kunſt den Hexen recht - ſchaffen abgefraget: darnach ſchreibt man ins Protocoll: ſie habe diß vnd jenes mit den vnnd allen vmbſtaͤnden / ohngefragt bekennet. Mercke: man ſchreibts nicht darzu daß man ſie gefraget: wie man ſie gefraget: oder wer ſie gefraget: oder waß ſie anfangs geantwortet ꝛc.

xiv. *p. 130.So es dann kommet / daß nur an - fangs eine eintzige vnſchuldige von der tortur v - berwunden wirdt: hilff Gott waß fangt ſie nicht an von vnd auff ſich vnd andere liegen / vorauß wann ſie etwa die grauſamkeit der erſten tortur ſchon vberwunden gehabt: Nun die heutigen Richter faſt kein ander indicium nehmen: als daß angeben vnd auſſagen in der tortur / in ſoei - nem ſchweren gewiſſens handell kein weiter nach - dencken nehmende: ſo heiſt es: Gaia du haſt ja auff dich in der tortur bekennet / ſag was haſtu fuͤr geſpielen / iſt nicht die oder jene auch mit ꝛc. Gaia weil ſie jhrer ſelbſt nicht mehr maͤchtig / wie wills gehen: wie will ſie andere verſchonen? daß ſie vermeintlich jhr gewiſſen nicht beſchwere ſo gibt ſie eine an / die ſchon vorhin beſchreit iſt: die - ſe wird gefangen / vnnd gehet man mit jhr eben vmb / wie mit Gaia / ſo macht ſie es auch ſo / daß ſie der marter entgehe. Wenn wirds dann einend?75ende? Ich weiß wer diß lieſet / der wird beſtuͤrtzet werden / daß er nicht wird wiſſen waß er glauben oder nicht glauben ſoll / vnnd dannoch bin ich ein Narr geweſen / vnd hab nicht allein Remigium, Delrium / vnd Binsfelden geleſen / ſonderen jh - nen ſchier auch geglaubet. O waß fuͤr ſchreckli - che grewell / werden einmall an den juͤngſten Tag offenbahr werden!

xv. Hat nun eine einmall anfangen wollen ſchuldig ſein / ſo iſt fuͤrters kein mittel mehr vbrig daß ſie wider erloͤſet werden koͤnnen. Dann eben darumb / daß ſie hat anfangen (doch auß pein) bekennen / ſo mnß ſie zum anderen mall daran: hilffts noch nicht: ſo muß ſie zum drittenmall daran: wiewoll es vnmoͤglich daß ſie den dritten kampff außſtehe / weil durch die grimmigkeit der Richter die tortur vngleublicher weiß geſcherffet wird. Vnd wenn ſie auch ſchon die dritte tor - tur außſtunde / weil ſie die erſte bekandtnuß leug - net / ſo kan ſie doch / wegen etlicher gewiſſenloſen Scribenten, die noch weiter zu fahren anlaß ge - ben / keines weges erloͤſet werden: vnnd wenn ſie ſchon auß gewiſſenhafftigkeit vor dem holtzhauf - fen / wenn ſie jetzo auff daß Fewr ſollen / wieder - ruffen / ſo muß doch ſolches von vnkraͤfften ſein: ſonder daß bekandtnuß muß gelten / daß ſie judi - cialiter ſc. in der ſo offt wie derholten tortur ge - than hat / vnnd darnach ſchreibt man ins Proto - coll: ſie hats mit jhrem todt verſiegelt.

xvi. *p. 133.Weyl man nun ſiehet: daß ob ſchon*p. 134.eine76eine den ſturm der erſten tortur außgeſtanden / ſie doch damit nit ledig wirdt / ſonder daß recken / daß Peitſchen / daß ſchrauben / daß reittlen wird ſo lang vnd viel angeſtrenget / biß man endlich ſie mit peinigen vbermeiſteret: dann der Richter will nicht vnrecht gethan haben.

*pag. 135.NB Vnlangſt hat ein Geiſtlicher die frag ſei - ner Obrigkeit vorgeleget: ſie ſolten jhme doch ein reſolution geben / wie doch ein vnſchuldig ange - gebne Perſohn ſich ſelbs vnd andere retten koͤnte? Man hat woll viel bedenck zeit genommen / allein jhme mit antwort kein ſatisfaction thun koͤn - nen. Niemand denck daß man hierauff antwor - ten muͤge / eher daß er zuvor durch erfahrung ge - lehrnet / waß man verhandelt. Ja der in guten tagen ob den Buͤcheren ſitzet / oder gar ſein zeit in muͤſſiggang zubringet / vnd ſelber zu ſolchen din - gen nicht kommet / oder nicht mit Leuten redet / die neben mir ſolche mordliche grewell geſehen / der ſoll mir hievon reden / wie der blinde von den farben.

NB. Darumb jhr Herren Richter: greiffet Capuciner, Ieſuiten vnd alle Religioſen an / procediret ſo mit jhnen / ſie werden ſich alle an - geben / will einer nicht / torquiret jhn auff ewer weiß ſo lang biß er bekent: oder ſo er noch faͤſt ſte - het / ſo excommuniciret jhn / laſt jhn exorciſi - ren / ſaget er hab den Teuffell / ſo muß er endlich doch vnten liegen. Gehet darnach fort ſo zu pro - cediren mit dem Prælaten, Canonicis, Do -cto -77ctoribus &c. Die werden auch woll muͤſſen bekennen. Wolt jhr noch mehr leut haben? ich will euch ſelbs bey den koͤpffen laſſen nehmen / vnd mit euch ſo procediren, wie jhrs den ande - ren gemacht habt: laſt jhr mir auch ſo machen / ſo werden wir alle gar miteinander zu Hexenmeiſte - ren werden.

Einred: die geſetz verbieten aber: daß man die tortur ſolcher geſtalt repetire: ſie geben ja ein andere maͤſſigung / alſo ſcheineſt du falſch geredt haben?

NB Antwort: ich frag nicht waß die guten geſetz gebieten / oder verbieten: ich frag: ob mans ob - ſervire, vnd ſage nein darzu. Ein anders iſt es: daß ein ding in den Buͤcheren ſtehet / Ein anders: daß mans nicht helt.

*pag. 138.Die 21. Streit-rede. Ob eine von Hexerey wegen ange - klagte Perſohn / zum offteren moͤge tor - quiret werden?

HIer muß man vorher woll vnterſcheiden / vnd die frag / in 2. Hauptſtuͤck abtheilen:

i. Iſt die frag: Ob eine / die in der er - ſten tortur bekand hat / vnd darnach re - vociret / wieder vnnd zum anderen mall moͤge torquiret werden?

ii. Iſt die frag: Ob eine einmall iſt torqui - ret worden / vnd hat gantz nicht bekennt / fernermoͤ -78moͤge torquiret werden. Wir muͤſſen beydes beſehen.

Antwort: die erſte frag: hat jhre richtig - keit bey den rechts gelehrten: deren einer zu ſagen pfleget: NB Wenn man der erſten tortur we - gen ſolt ablaſſen / ſo wurden galgen vnd rad zu witwen werden: doch daß man vber die dritte tortur, wenn ſie die andere vnd dritte revoci - ren nicht gehe / dann ſolches ſey henckerſch / ſagt Delrius. Ich vermeine / wer auß guten funda - menten die andere tortur mit antwort vmb - ſtieſſe / den ſolt man zum dritten mal nicht mar - teren. Koͤnte doch einer nicht zuſehen / daß man ein katze / ſie moͤcht gleich ſtehlen wie ſie wolte alſo zerfleiſchen ſolte. Laß deinen jaghund alſo tra - ctiren, vnd ſihe zu ob dich ſeiner nicht werde jam - mern?

Antwort ii*p. 140. Ich will auß vielen appro - birten Rechts-gelehrten darthun / daß man / wer eine tortur außgeſtanden / vnd gantz nichts be - kennet / ſolche Perſohn nicht weiter ſoll folteren: es ſein dann argumenta evidentiora daß iſt mercklich gnugſahme vnd groſſe beweiſtthumen verhanden. Delrius will newe / ſtarcke / vnd von verſcheidener art bewehrte indicia haben / ſagt: man ſoll warnehmen / ob die Perſon von leib vnd gemuͤth ſo kraͤftig daß ſich gleichſahm auff ferne - res foltern gehaͤrtet.

Denn die erſte indicia / ob ſie gleich wichtig / ſein durch die erſte außgeſtandene tortur vntuͤch -tig79tig gemacht. So gar / daß man auch ins ge - mein vielmehr ſchlieſſet: Daß vollſtaͤndige be - weißthumen / durch die erſte tortur koͤnnen vmb - geſtoſſen werden.

So muß man nun ſagen: entweder / man moͤg einen jeden ohne vhrſache torquiren; oder man muß bey der anderen tortur vndisputir - liche beweißthumen haben; welches dann ver - nunfftige Rechten alſo auch erforderen: vnd diß muß woll nachgedacht werden. NB. Zudem weil die andere tortur viel ſchwaͤrer faͤllet / ſo ge - hoͤren billigen weges auch ſchwaͤrere vnnd ſtaͤr - ckere beweißthumen zum werck. Vnd muß man guter erfahrenheit des Rechtens brauchen / da dann indicia nicht nur evidentiora,*pag. 141. ſon - dern auch von verſcheidener art bewehret / von den Iuriſten erforderet werden. NB. Zum exempel: bey der erſten tortur hat man geſehen auff deß beklagten boͤſen leumuth / oder daß er in feindſchafft mit dem geſtanden den er belei - diget haben ſoll / hat aber hierauff nichts in der er - ſten tortur bekandt: Es komt darnach ein zeu - ge der ſagt: Er hab geſehen / daß beklagter e. g. den erſchlagenenen hab verwundet / oder er hab ein entbloͤſſeten degen gehabt ꝛc. daß heiſſen newe indicia, vnd haben von den anderen / entweder in jhrem weſen / als verwunden / oder form / als ein bloſſen degen haben. Wenn aber beklagter zeugen fuͤhrete: daß er gutem leumuths ſeye / vnd wehre doch als ein anrichtiger torquiret, vnd*p. 142.hette80hette nichts bekant / ſo kan man jhne nicht wider torquiren: wenn auch ſchon andere zeugen ſein vnſchuld meldeten / ſo hieſſen es darumb nicht newe indicia, ſonder ein newe prob der erſten vnſchuld. Vnd alſo ſchlieſt Farinacius. Weil nun dieſes der billigkeit / den geſetzen / vnd geſun - der vernunfft gemaͤß / ſo ſoll mans billigen wegs auch in den criminibus exceptis gelten laſſen: allein die jetzige gewiſſenloſe praxis thut gantz daß gegenſpiel. *p. 103.Wie Farinacius hierinnen auch uͤber ſich ſelbſten klaget: mit vermelden er habe uͤbel gethan.

So jemand ein todtſuͤnd thut: wenn er ſeinen nechſten 6. oder 7. wunden in den leib mit einem Schwert oder Kolben ſchlaͤget: wie viel groͤſſere todtſuͤnde iſt es / dem nebenmenſchen / ſo vnge - gruͤndeter weiſe / in ein ſolche grauſame pein zum andern oder drittenmahl dahin reiſſen? Iſt es ein todtſuͤnd einen beyde haͤnd abhawen / wie viel - mehr wirds ein todtſuͤnd ſein: ohne gnugſahme vrſachen einen in die andere tortur liferen / ſagt Farinacius quæſt. 42. num. 14.

*p. 104.Einrede. So eine alſobald ſoll abſolvi - ret werden / wenn ſie durch die erſte tortur nicht bezwungen wird / ſo werden wir ohne Hexen vnd proceſſen ſein?

Antwort: Dieſe gewiſſenloſe narren-rede hat ſo viel in den mund: Wann wir nicht thun / was wider geſunde vernunft vnd die billigkeit lauffet / daß iſt wann wir nicht wider daß gewiſſen ſuͤndi -gen /81gen / vnnd die leute von newem folteren / ſo haben wir keine Hexen zu brennen: Nun muͤſſen wir gleichwol zu brennen haben / es gehe gleich wie es woͤlle ꝛc. Allein wir woͤllen dieſe tyrannen folgender Streit-rede beſſer examiniren.

*p. 146.Die 22. Streit-rede. Warumb viel Richter zu dieſer zeit die beklagten ſo ſchwerlich loß laſſen / wenn ſie ſchon in vnd durch die tortur ſich purgiren.

D man meinet der juſtitien eifer thue diſes / daß iſt gar weit gefehlet. Wir muͤſſen gleichwol vrſachen haben / wel - ches meines erachtens nachfolgende:

i Es muͤſſen hexen ſein / die man zu verbren - nen hab / vnd ſolt es 1000. mal per fas & nefas geſchehen.

ii. Der Richter will die ſchand nicht haben / daß er (i) præcipitant vnnd (ii) vnrecht zu der captur vnd tortur geſchritten. Ich habs erlebt / daß man vnlangſt ein ſolche arme Gaiam / darumb / daß jhr jederman feind wahr hat gefan - gen vnd torquiret. *147.Dieſe bekent auff Titiam / die wird auch gefangen vnnd torquiret: allein Titia ſtehet alle marter auß. Gaja kommet zum Fewr: revociret nach gethaner beicht / mit ver - melden / Titia ſey falſch von jhr angegeben / daß woͤll ſie mit jhren todt bezeugen. Gaja mußFbren -82brennen. Titia eben ſo wol. Warumb. Ey mur - melten die Richter / daß were vns ein ſchand weñ ſie loß kaͤme / vnſer leichtfertigkeit moͤcht an tag kommen. O weh des vnchriſtlichen procedi - resn!

iii. Des Henckers ehr / moͤcht auch peri - clitiren / denn er moͤcht bey dem handtwerck in verachtung kommen / als wenn ers nicht recht ge - lehrnet.

iv. Weil man an theil orten kopfgelt / ſo wol an ſeiten des Richters / als des Henckers zu ge - warten: So wuͤrden dieſe Leut jhres gewinſtes beraubet. Laß jhnen kopfgeld fuͤr jedere vnſchul - dige geben / ſie werden viel fangen / wenig tor - quiren / vnd etwa vnter 200 nit eine / vnd auch dieſe nur pro forma verbrennen. Ich geſchwei - ge anderer dingen / davon doch in folgender ſtreit - red mit etwaß.

Die 23. Streit-rede. Wie jhm doch zu thun: daß man ſich mit einigem prætext, bey wiederholter ofterer folter ſchuͤtzen koͤnne?

ANtwort: da iſt gut rath zu:*p. 149. Dann (i) hilfft jhnen Bartolus der Juriſt: der ſtellt ſolches der Richter willkuͤhr anheim. Alſo thun auch Baldus vnd andere mehr. Daß iſt ja recht fuͤr vnſere Herꝛen Richter. Der Richteraber83aber will ſich auff kein geſunde vernunfft geben / ſonder bleibt darbey / ꝛc.

Darnach (ii) Wann die erſte tortur inſuf - ficient geweſen: vnd daß ſtehet abermahl bey Richterlicher willkuͤhr: NB Clarus ſagt: man muß ins Protocoll ſetzen / man laſt dich los / mit der mas / daß wir dich wider wolten laſſen an - ſtrengen. Iſt auch gut fuͤr die Richter. Bekent er ſo iſts gut: wonicht ſo muͤgen wir jhn wider anſpannen / vnd zwar ſo offt wir woͤllen: dann die tortur war inſufficient (3) wir haben ſehr ſtarcke indicia: da doch die meiſten Dd. anders ſtatuiren, ſo haben wir ſehr ſtarcke indicia (4) wir muͤgen woll die tortur continuiren biß auff fuͤnff-virtell ſtunden. Aber diß ſtreitet wider alle geſunde vernunfft / darumb ſo torquiren etliche 2. halbe ſtunden / auff zwei zeiten. Dieſes marte - ret den menſchen viel erger / NB dann wann die pein ohne auffhoͤren hette continuiret (5) bekrefftigen dieſes Sprenger vnd ſein geſell / die alſo ſchreiben: mann ſoll die folter nicht iteri - ren wiederholen; ſondern nur continuiren, ergaͤntzeren / vnd ins Protocoll ſoll man dieſe wort:*pag. 153. Vndwir Richtere ſetzen dir N. N. den vnd den tag / die folter zu continuiren, daß man die warheit auß deinem eigenen mund hoͤre. O teufelskinder mit ewerer diſtinction! (6) ſo viel miſſethat einer begangen / ſo viel mahl kan er tor - quiret werden: vnd darnach abſonderlich we - gen ſeiner mit conſorten. Der leſer befrage ſichF ijhierob84hirob mit Rechts-verſtaͤndigen / aber gewiſſen - hafften leuten.

*pag. 155.Die 24. Streit-rede. Wie ein Scheinheyliger Frommer Richter es machen ſoll / daß wenn keine newe in - dicia vorhanden / man doch gleichwol deren zu fortſetzung der tortur keinen man - gel habe?

ZV dieſem handell / haben tieffſinnige leut drey ſonderliche modellen erdacht / daß ſie den bellenden hund jhres boͤſen gewiſſens ſtillen koͤnden.

Daß i. modell. Wer 1. 2. 3. oder 4. mahl tor - quiret iſt / vnd hat reinen mund gehalten / den ſteck in ein finſteres / kaltes tieffes loch / laß jhne mit ſchwereren banden belegen / daß er ſich im koth vnd in der einſamkeit mit ſeinen grillen vnd außgeſtandenem elend in kuͤmmerniß ſeines hert - zens plag. Laß damit ein zimlich geraume zeit vor - bey gehen. NB Procedire in deſſen gegen andere mit gefaͤngniß vnd tortur / befrag ſie alle auff die bey ſeits geſetzte Perſohn / ob ſie mit intereßiret ſo vnd ſo ſeye? es muß gewiß etwaß kommen / daß zu deinem vortheil iſt: halts wie droben Dub. 20. n. 11. 12. iſt angedeutet worden / hiemit kanſtu alſo baldt ein newes indicium haben: daß proponir der erſt gefangenen: torquire die Perſohn von newem. Ja dein gewiſſen iſt darwieder? Ant - wort: hæc hodie eſt praxis. Oder in deme duvn -85vnterſchiedliche abfrageſt / ſo wird doch endlich ei - ne / auff die erſt gefangene / daß ſie kein vnſchuldi - ge angebe / bekennen /*p. 157. NB. alſo examinire auch auff die / welche du auff caution loß gelaſſen: dann es were dir ein ſchand / daß du nicht ſolteſt Rath finden / wie du dieſelben / deine proceſſen zu beſcheinen / vnd deine ehr zu behalten / wieder ins netz zogeſt. Dann auch dieſes heut zu tag in praxi alſo herkommen. Sihe!

Daß ii. Modell. Gehet daß erſte nicht an / ſo procedire alſo: nimm auß den jenen / die auff die erſte bekennen / eine: confrontire ſie mit de - ren / die du noch nicht vberſtritten / du vnnd der Hencker muͤſſen jhr aber ſagen: NB. wo ſie nicht daß jene / waß ſie von der anderen bekandt hat / deroſelben ins angeſicht frey hinein ſagt / fo woͤl - ſtu ſo vnd ſo mit jhr verfahren ꝛc.

Wenn ſie nun vor einander ſtehen / ſo ſchilt du die angegebene fuͤr halßſtarrig ꝛc. Da ſtehe jtzund eine / die jhr jhre thaten ins angeſicht vorſagen werde / darumb ſoll ſie bekennen: wende dich zu der angeberinne: vnd frag? haſtu nicht daß vnd daß geſagt ꝛc. dieſe weißt ſchon / wenn ſie nach deinem willen nicht redet / waß fuͤr ein hoͤlle jhr bereitet / darumb ſo redt ſie waß du begehreſt. *p. 158.Thut ſie es mit leiſer forchtſamer ſtimme / mit ſeufftzen vnnd wehmuth / nieder geſchlagenem kopff vnnd abge - wendeten augen / vnnd allen denen geberden auß denen erſcheinen kan / daß ſie es vngerne thue: die andere aber fanget an zu excipiren vnnd ſichF iijzu86zu purgiren / ſo reiß du denn proces ab / mach an daß examen ein end / laß die angeberin ohne fer - nere audienz flux an jhren ort bringen: expo - ſtulire mit der angegebenen auff daß bitterſte: ſag jhr / ſie muͤſſe wieder an die pein / vnd wenn ſie ſchon nicht bekenn / ſo wollſtu ſie als ein halßſtar - rige lebendig laſſen brennen / (daß heißt hernach confrontiret) ſpargire die auſſag vnter den poͤf - fel / ſchreib ſie ins Protocoll / ſag aber nicht wie du es gemacht haſt / laß ein conſilium vber dein confrontiren ſtellen: gewiß alle Theologen vnd Doctores muͤſſen dich abſolviren. Nun Gott weiß es / daß mans alſo practiciret. Hæc eſt hodierna praxis.

Daß iii. Modell: Nimm daß newe alſo extorquirte indicium alsdann zu huͤlff / laß den Teuffel an deren die ſich nicht daran kehren will beſchweren: endere denn ort der gefengniß / foltere von newen / ſo haſtu die verzauberte ſtill - ſchwiegenheit ja vberwunden. Hæc eſt hodi - erna praxis.

Die 25. Streit-rede. Ob ein Verzaubertes ſtillſchweigen fuͤr ein newes indicium zu halten: vnnd man deswegen / die tortur wieder vornehmen oder continuiren moͤge?

EIn Verzeubertes ſtillſchweigen / heiſſen ſie daß: wenn man ſich mit verbottenen vnd boͤ -ſen87ſen kuͤnſten / gegen die empfindlichkeit der tortur verhaͤrtet:*pag. 160. 161. Darumb wenn heut zu tag je - mand die tortur ein vnd ander mall / mit beſtaͤn - digem ſtillſchweigen außſtehet / ſo ſagen ſie flux: ſie brauch Zauberey: der Teuffel ſitz jhr auff der zungen: darumb ſey ſie ein Hexe ꝛc. Dieſen han - dell muͤſſen wir auch beſehen.

Antwort: wegen des maleficii taciturnitatis iſt nicht recht / daß man deswegen weiter torqui - re. Vrſachen.

i. Es iſt nicht wahr / daß Titia zwey oder drey torturen mit huͤlff der natur nicht ſolt vber - ſtanden haben / dann noch viel in der natur / daß etliche an ſich haben verborgen. *pag. 162.

ii. Nun ſo hat ſie es gleichwoll außgeſtan - den: entweder mit der huͤlff Gottes / oder mit des Teuffels. So hat man ja ergers mit jhr vorge - nommen als eines menſchen natur hett ertragen koͤnnen. Weil man nun dieſes gethan. So iſt auß den Juriſten erweißlich / daß man weder zur tortur noch zum Todt weiters Recht an ſie hat.

iii. * Es iſt aber dieſes ein newes indicium? Dann ſie iſt ſo gepeiniget worden / daß jhr entwe - der Gott oder der Teuffel hat muͤſſen helffen: ſo hat man ſie zur Zauberey: oder Gott zum wun - derwerck bewogen. Daß verdammet den Rich - ter / daß er ſo ein vnmenſch geworden / dann vn - verdiente ſtarcke tortur probiret nichtes.

F iviv. Ti -88

*pag. 163.iv. Titia hat die erſte tortur außgehal - ten: daß hat ſie gethan mit Gott: oder mit dem Teuffel: So muß der Richter eins vnter beyden gelten laſſen. Iſt daß erſte: ſo hat der Richter Gott verſucht iſt daß andere / ſo muß es der Rich - ter probiren. Daß erſt kan ſein: daß Gott der vn - ſchuldt hat woͤllen helffen: daß ſchilt der Richter fuͤr Teuffels werck: vnnd kans nicht darthun. Doch es ſey alſo: fo iſt doch kein novum indici - um vorhanden. Dann daß keins da war / dar - umb hat man ſie torquiret: vnd der Richter hat noch nicht erweiſet / daß es Teuffels werck ſeye.

v. Wiederumb: bekennet Titia zum ande - ren mall nicht / wer will ſie beſchuldigen? bekennet ſie: ſo iſt es klaar / wir wollens woll auß jhr brin - gen. Du Narꝛ ſo vervhrteil ſie flux zum erſten mahl / auff dieſe deine meinung / ſo kommet ſie der marter ab. O jhr Beicht-vaͤter! jhr ſeidts die jhr ſelber ewer diſputierkunſt / mit dieſen fall ſtricksweiß verknuͤpfeten reden wolt ſehen laſſen / vnd vngerechte Richter damit ſtaͤrcket. Denn waß gewinne man hiemit? nichtes. Daß ich auß den Rechten wol darthun wolte.

vi. Die Juriſten ſagen: mann brauch die tortur / vmb die warheit zu erfahren. Wenn man nun auff jhr hodiernam praxin gehet:*p. 165. ſo ſage mir: folget anders als dieſes? NB. Ein jede die daß erſte mall auff die tortur kommet / iſt vnd muß ein Hexe ſein / denn / wie oben erweiſet / ſo foltert man ja ſo lang / biß ſie es zu mall beken -net89net. Es iſt ja vnmoͤglich bey dieſen procedu - ren vnſchuldig erfunden werden / weylen vn - muͤglich ſolche grauſame / ſo offt wiederholete marter zu vberwinden. Vnd noch muß es heiſ - ſen: man hab ſecundum allegata & probata gehandelt.

Einred:*pag. 166. wenn aber die Titia in der tortur nichts empfindet / wenn ſie lachet / wenn ſie ein - ſchlaͤfft / wenn ſie gepeitſchet wird / vnd kein bluth fleuſſet ꝛc. Daß muß ja Teuffels werck ſein? alſo hab ich auch newe indicia.

Antwort: es iſt auch nichts: wollen aber eine newe red davon anfangen.

Die 26. Streit-rede. Waß fuͤr Zauberey zeichen / von vn - erfahrnen Richteren / prætendiret werden?

D eine nicht bekennet / daß iſt nun ver - geſſen / wir muſſen deswegen auff ande - re zeichen gedencken.

Daß*p. 167. i. Sie ſagen etliche lachen vn - ter der tortur! dieſes hoͤr ich woll: aber es iſt nichs darhinder. NB Denn wann jemandt in der pein / an allen ſeinen kraͤfften nun ſincket / ſo beiſ - ſet er die Zaͤn zuſammen / die lefftzen zerdehnen ſich von einander / er ziehet den odem mit gewalt an ſich / ſo / daß jhm die red vor den ſchmertzen ver - gehet / vnnd doch die pein vberwindet: daß heiſt hie gelachet. Warumb? der Hencker ſagts: EyRich -90Richter ſchaͤme dich doch deines zeugen. O du Teuffels grobe vnerfahrenheit / ſoll dich Gott nit einmall ſtraffen!

*p. 168.Daß ii. Sie ſagen: etliche verſtummen vnd ſchlaaffen ein.

NB. Sie koͤnnen woll verſtummen: aber daß ſie einſchlaffen / daß glaub ich nicht / es were denn mit beglaubten vnnd aydlich verhoͤrten zeugen dargethan. In ein ſehr ſchwere ohnmacht fallen jhrer viele vnter der pein. Ich hab woll geſehẽ daß ſie dann die augen zugethan / vnnd den kopff ſin - cken laſſen: daß muß ſchlaaffen heiſſen: dieſe: weñ ſie zu ſich ſelber kamen / muſten doch zu letzten der ſchweren pein weichen / vnd ſich fuͤr vberwunden bekennen: daß heiſt geſchlaaffen? *p. 169.NB. Die Medici gebens nach / daß etliche vor ſchmert - zen ſo erſtarren / daß man meine ſie ſeyen Raag Todt. Heiſt daß geſchlaffen!

Ich muß dieſen leuten eiu wenig vom ſchlaaff zur wachſamkeit helffen.

NB. Ein gutes einfaͤltiges Dorff-Pfaͤfflein / ſaß bey der tortur in vnſerem caſu: der hat den Richteren gerahten ſie ſolten von einer anderen materia reden / vnd den armen ſuͤnder gewehren laſſen. Der armen ſuͤnder kommet ein weinig zu ſich ſelbſten / daß ſiehet der Pfaff. O ho rufft er gewonnen jhr Herꝛen! Damit ſo muß ich den Teuffel auß jhn beſchweren / vnd denn friſch wie - der an jhn. Dieſer Rath ſtehet keinem Hencker / will geſchweigen einem Prediger oder Geiſtli -chen91chenzu. Ja man ſoll dem Hencker nicht ein wort / ſonder ordre zu reden verſtatten.

*pag. 170.NB. Es machen auch etlich mall die Hen - cker einen tranck / worauß / daß ſagen ſie niemand / mit dieſem machen ſie die Leut redendt. Daß weiß ich / daß die jenen / die jhne genoſſen / mir be - kandt / ſie hetten alſo balden nichts als groſſe ſchaaren Teuffel vmb vnd bey ſich geſchehen. Al - ſo wenn ſie keine Hexen ſein / ſo muß man ſie mit dieſem tranck mit gewalt zu Hexen machen.

Daß iii. Sie ſagen: daß etliche / wenn ſie an der folter hangen / ſo man ſie mit ruten peitſchet / kein blut geben. Ich glaub daß auch nicht / biß es mir mit obangeregter weiſe qualificirten zeu - gen / verificiret werde. Deswegen da ich ſie zur prob getrieben: da ſagten ſie / NB. Ey es ſey et - waß weniges / doch nit viel bluts gefloſſen. Nicht viele heiſſet denen Leuten nichts. Ich hab Me - dicos daruͤber conſuliret / die ſagen mir: Daß vor angſt vnd ſchmertzen / daß gebluͤth in etlichen / gantz inwendig zu dem hertzen lauffe. So ſiehet mans / daß forchtſamen Leuten im a der laſſen / wenn ſchon die ader getroffen / daß blut nicht will flieſſen.

Einred: wens aber erwieſen wurde: daß je - mands in der tortur were vnempflndlich gewe - ſen. Solte daß nicht ein groß indicium ſein / jhne fuͤr ein zauberer zu halten?

Antwort. Es iſt geſagt / vnd noch nicht erwei - ſet / daß ers durch hexerey gethan habe. Es ſeinjetzund92jetzund buͤcher von verbottenen kunſten vorhan - den / die werden auch von groſſen leutẽ gebraucht / darinnen ſtehen recept: zu blut ſtellungen / daß Fieber zu vertreiben: daß dich eine lieb hab: daß du Waffenhart ſeyeſt / ꝛc. Gehe hin / vnd ſag: daß diß zauberey ſey / du ſolt ſchon anlauffen. Vnge - ſchickter! Es ſein verbottene vnd Chriſten vn - anſtaͤndige Kuͤnſten: vnd nichts beſſers / auch nichts ergers.

Die 27. Streit-rede. Ob die tortur ein bedienliches mittel ſeye / vmb die warheit zu erfahren?

ES iſt ſehr gefaͤhrlich hierauff zu ant - worten; auß vrſachen: (i) ſagſtu ja: dann etliche wollen lieber die warheit ſa - gen / dann leiden. Wie laut den das / daß auch das contrarium ſich findet?

*pag. 174.(ii) Vnd weil daß beides wahr iſt / woran kendt man denn / wer wahr redet; oder leuget.

(iii) Deren die in der tortur liegen / ſoll ein groͤſſerer hauffen ſein / darumb: daß der todt dem menſchen leichter vorkommt als die tortur, bey des als der todt / vnd auch nur als ein einbildung / welche ſehrer vor den gegenwertigen tormen - ten erſchrickt / alß vor dem todt.

(iv) Schuldig vnd vnſchuldig / werden gleich beſtaͤndig in der tortur: ja je laſterhafftiger / alſoauch93auch deſto frecher / da ein frommer eher ſoll ge - wonnen geben / als der es nicht gewohnet.

(v) Die vnſchuld aber wird nicht zulaſſen / daß einer liege? o weh! die tormenten ſein viel zu ſchwehr: Gott thut nicht alle tag wunder / wie an den Maccabeeren; oder an Daniel im fewr - ofen.

(vi) Es iſt noch nicht erwie ſen / daß ſecun - hadiernam praxin der Richter damit zu friden: wenn jemand auch in der anderen tortur ſagte er ſey vnſchuldig. Beſihe vnd bedencke / was Au - guſtinus lib. 19. De Civitate Dei. §. quid cum in ſua cauſa &c. klaget / ſo wirſtu ſehen / daß ich nichts newes vorbringe. O jhr Herꝛen geiſt - lichen wie ſtellet jhr ewere / vnd ewerer Obrigkeit ſeelen in ſo groſſe gefahr!

Die 28. Streit-rede. Was die argumenten ſeyn derer jeni - gen; die da meinen es ſey alſobald alles fuͤr ein warheit zu halten: was in der tortur be - kennet wird?

GRoſſe Scribenten,*pag. 177. vnd nicht nur Herꝛ omnes, ſein thoren / vnd fuͤllen jhre buͤcher voll fablen vnd maͤhrlin / derer auſſagen / die in der tortur geſchehen ſeyn / wir woͤllen jhre argumenten hoͤren / vnd darauff ordentlicher weiſe antworten.

Daß i. Argument. In der tortur auff ſichliegen /94liegen / oder auff andere / in peinlichen ſachen / iſt ein groſſe ſuͤnde. Darumb iſts nicht glaublich / daß jemand daß thun werde.

Antwort: Beſihe Lesſium lib. 2. de Juſt & Jure Cap. ii. Dub. 7. n. 41. Ich moͤcht wiſſen / ob der leſer vergeſſen hat / was er nun weiſſt aus vor erzehlten dingen? Ich wuͤnſchete auch einen außfuͤhrlichen bericht vnd belehrung der The - ologen. Suche auch vnten Dub. 30. n. 17. So machet man die leut auch mit der heutigen tortur gantz deſperat, daß ſie alles bekennen / damit man an jhnen die tortur nicht iterire, NB Ich ſolt ſagen / continuire. Darumb iſt diß argument zu ſchwach.

Daß ii. Argument. Wann daß nicht war iſt / was in der tortur bekandt worden / ſo muͤſten leiden viel vrtheil / auff ſchwachen fuͤſſen ſtehen.

*p. 180. 181.Antwort: I daß iſts eben / darvor ich jeder - man gerne wolte warnen / aber hodierna praxis vnnd ſecunda acta & probata hieſſen mich ſchweigen.

Daß iii. Argument: Die erfahrung be - zeugt aber / daß waar ſey / was man in der tortur bekennet; dann die circumſtantien ſein gleich - ſtimmig. NB Nimm ein exempel: Sempro - nia bekennet peinlich / ſie habe Gracho vor drey Monaten ein Kuh verhexet; item vor zwei Jah - ren hab ſie jhm ein kind vmbracht ꝛc. Nun daß findet ſich ſo. Was wiltu nun ſagen?

*p. 180. 181.Antwort: Sempronia hat diß alles wollgewiſt /95gewiſt / allein die grewliche ſchmertzen habens jhr in mund gelegt / da man mit torquiren conti - nuiret hat. Hie faͤhlets denn vnachtſahmen Richtern an dem 60. Articul der peinlichen halsgerichts ordnung. Car. v. da geſagt wirdt: NB alsdann ſoll man der gepeinigten glauben / wenn ſie daß ſage / daß kein vnſchuldiger gewiſt hat / oder hat wiſſen koͤnnen ꝛc. Gracchi kind iſt vor zwey Jahren an der ſchwind ſucht geſtorben / daß weißt ein gantzes kirchſpiel: die Kuh iſt vor drey Monaten vmbgefallen ꝛc.

So gehets auch mit anderen articulen der peinlichen fragen / vnd doch heiſts man hab alles ad Bancum juris ſc. der reckleiter referiret ꝛc.

Daß iv. Argument: Wann aber Sem - pronia Gracchum angibet / daß er auff dem Hexenplatz mit dieſer oder jener in ſolch vnd ſol - chem Kleid getantzet ꝛc. Sie hab daß zu der vnd der zeit von jhme gelehrnet ꝛc. Grachus gefan - gen / getorquiret bekennet es eben ſo. Waß ſagt man hier zu?

*p. 183.Antwort: i. lieber leſer erſiehe dich daroben Dub. 20. per totum. So wird ſich es baldt finden / daß mans jhnen ſo hat vorgeleſen / vnnd die marter hats auß jhnen gezwungen.

ii. Hats der examinator nicht ſo gemacht / ſo hat er es den Hencker thun laſſen. Ich wolt woll ein anderen mann mit nahmen nennen / der den Hencker vnd examinatoren dieſer muͤh-v - berhebt. Such droben Dub. 20. rat. oder num. 11.

iii. Ha -96

iii. Habens denn weder examinator, noch hencker / noch Commentarienſis gethan / ſo iſt es alſo ergangen.

Die gerichtsperſonen / vnd geiſtlichen ſein dar - bey vngehaltene leut geweſen / vnd haben heuti - gen mißbrauch nach / die heimligkeiten auß vnter den poͤfel geplauderet / daher iſts Graccho kund worden / was man von jhm halte / weil er nun die marter nicht mehr muß ſtehen koͤnnen / vnd Sem - pronia in der confrontation Dub 24. Mod. 2. jhn ins angeſicht vberzeuget / in maſſen ad bancum Iuris alſo ihm vorgehalten worden / ſo hat ers bekennt. Daher die verſchreyeten Leut nun Rath ſuchen: ob ſie fliehen ſollen / weyl es alſo gehet.

iv. Laſt man auch vnverſtaͤndige Kinder / ja offtmahl vnverſchaͤmtes Frawen-zimmer / heim - lich zu der tortur / jhre augen an jhren Feindinnen zu ſpeiſen / doch heimlich gelangen / die darnach alles nachklappern.

v. Sein noch mehr dergleichen ſachen: auff die einer jeden hohen Obrigkeit / ſonder reſpect dieſer oder anderer prætendirten / doch nicht producirten / oder woll gar falſch allegirten privilegien. Deren man offt in præjudicium innocentis mißbrauchet / von gewiſſens gefahr wegen / inquiſition zu thun gebuͤhret / vorhan - den / die man aber dißmall in jhren wuͤrden ſtehen laſſet.

NB Eine Fraw hat muͤſſen gefangen werden /tor -97torquiret, vnd verbrennet / nur darumb / daß ſie jemands gerathfraget: ſie ſey angegeben / ob ſie flihen ſollen: vnd daß ſie nicht geflohen / weil ſie vnſchuldig war / ſo hat ſie dran gemuͤſt.

*p. 186.Die 29. Streit-rede. Ob die Tortur in hoc paſſu / weyl es dar - mit ſo gefaͤhrlich hergehet / woll gaͤntzlich abzuſchaffen?

SO offt man ein Mißbrauch / der groſſe gefahr auff ſich hat entdecket: ſo offt ver - dient man nur vndanck. Jeder gehe in ſein eigen gewiſſen / vnd betrachte: daß einem jeden vergolten werden wird nach dem Er gehandelt hat bey leibes leben / es ſey gutes oder boͤſes. Man hat Academien / man hat Theo - logen / man hat Juriſten / die moͤgen rahten: es iſt mir genug daß ich die Leut / von vnchriſtlichen proceduren informire: Ich ſage: wo gefahr dem weitzen wil zu wachſen / ſo ſagt Chriſtus / man ſoll daß vnkraut ſtehen laſſen ꝛc.

Die 30. Streit-rede. Waß der Beichtvaͤtteren hier - bey ob liege.

NB. BEy den Evangeliſchen wills auch faͤhlen / vnd faͤhlet auch manchesmal wann die Richter allzuviel privile -Ggirt98girt ſein / vnd der Geiſtliche HERR etwan we - nig erfahrenheit. Darumb ſo will ich des autoris meinung herſetzen / er nennts Documenta. Iſt ein diſcurs Jungen Predigeren nothwendig zu wiſſen.

*pag. 189.Document i. Zu dieſen handell muß man Leut haben / die jhr ampt woll verſtehen / mit dem Geiſt Chriſti begabet / gelind / ſanfftmuͤtig / eines ſcharffen verſtandes / beruͤhmter andacht vnnd maͤſſigkeit / gewiſſenhafftig / Gott mehr ehrende als die Welt / geſchicket bekuͤmmerte hertzen zu handtieren: die nicht vngeſtuͤmm ſeyen / nicht hochtrabendt / nicht einbildiſch / nicht jhren eige - nen affecten ergeben: welche alles nach dem ge - wiſſen vnnd geſunder vernunfft examiniren: daß nichts præcipitanter vnd im eifer / oder im trunck / oder vmb gunſt ꝛc. von jemanden ge - ſchehe.

*p. 190.Document ii. So ſie ſollen zu den ge - fangenen gehen: ſo gehoͤret ein andaͤchtiges gebet darzu / daß Gott ſie ſelbſt mit ſeinem Geiſt wolle regieren. Inſonderheit ſollen ſie Gott fuͤr die ar - me gefangene / vorhero zu hauß bitten: So man zu denſelben kommet / ſoll man ſein mitleiden be - zeigen: ſich nicht laſſen mercken / daß man wiſſen - ſchafft vmb jhr verbrechen habe: NB. Am we - nigſten ſolcher maſſen mit jhnen procediren / daß man ſie jhr verbrechen der Obrigkeit zu be - kennen ſolte anſtrengen / dann dieſes noch gar zu fruͤhe zeittig / vnd den Geiſtlichen nit anſtaͤndig. Hier99Hier muß man mit Spruͤchen vnd[Exempeln] der Heyligen Schrifft: von Gnaden-reicher verge - bung der ſuͤnden / von Rechtfertigung des armen ſuͤnders vor Gott / von dem Mittler Ampt Chri - ſti ꝛc. wollgefaſſet ſein / (Beſiehe M. Eraſm. Winther. Theſaur. Conſol. in Caſib. trag. & inop. aliis parte ſecunda, & alios) die Rich - ter muͤſſen immerdar ſo viel muͤglig / von den geiſtlichen / der tortur halber nicht angefriſchet ſonder ja immer zu ruck gehalten werden: geiſt - liche Leut ſollen ſich aller vnbarmhertzigen dingen enthalten: nicht vngeſtuͤmm gegen die gefange - nen ſein: ſie nicht ſtaͤtigs mit vnfreundlichen wor - ten moleſtiren: von jhrem verbrechen noch zur zeit in jhrer præſenz nicht reden: ſie nicht ſchel - ten: oder mit vngeſtuͤmme verunruhigen: ſonde - ren jhre halßſtarrigkeit auß Gottes wort / mit ſanfftmuth brechen.

*pag. 194.Document. iii. Daß aber die meiſten Beicht-vaͤter / nur einig vnd allein auff die beicht tringen: vnd wenn ſie die erhalten / faſt darob tii - umphiren / daß gefaͤllt mir gar nichtes: dann ſo jemandt warhafftig die Hexerey getrieben / ſo muß er von wahrer buß beſſer inſtituiret werden ꝛc. Nota, der Autor iſt ein Papiſt / darumb hab ich hie ſeine wort nicht alle geſetzet.

Document. iv. Der Beichtvatter ſoll ſich des wercks nit vnternehmen / man hab jhm dann genugſamm verſicheret / daß die Perſohnen ſchuldig.

G ij* Do -100

*pag. 195.Document. v. Mann mag woll auch vorher / der halßſtarrigkeit vorzubawen / auß Got - tes wort mit den gefangnen handlen / doch ſoll man nur in generalibus verbleiben.

Document. vi. Ein Beichtvatter ſoll ſich vor aller æquivocation huͤten / daß er wo ſolche offenbahr / ſein ampt nicht deſpectirlich mache. Sie ſtehet auch einem Richter nit zu.

Document. vii. Huͤten ſoll ſich der Beicht - vatter / daß er ja nicht von der tortur rede / wie ſie anzuſtrengen: denn das iſt Henckermaͤſſig: zur milterung mag er woll ein vorbitt thun.

NB. Document. viii. Offentlich ſoll er bey der tortur nicht ſitzen: heimlich / daß es nicht ſo Teuffliſch zugehe / wie obgemelt / ſolte man jhne ja laſſen zu ſehen / jhm ein mittleiden gegen die ge - fangene zu erwecken.

Document. ix. Daß iſt auch wegen des Richters von noͤhten / damit man jhme zu reden moͤge.

*pag. 198.NB Docum. x. Kein Geiſtlicher ſoll auff ſich nehmen / daß endvrtheil den malificanten anzudeuten.

NB Docum. xi. Dann darumb heiſſet Er Beichtvatter: iſt ein ſchweres Ampt / daß viel auff ſich hat / darumben mann nur geiſtreiche Leut dar - zu foͤrderen ſolte.

* Document. xii. Er ſoll die gefangenen verſicheren / daß waß er mit jhnen handtlet / nie -mandt101mandt erfahren ſoll. Vnd daß iſt er auch zu hal - ten ſchuldig.

Docum. xiii. Dann er iſt ein botte Gottes an die menſchen / aber nicht an die Richtere / jh - nen auch nur daß geringſte zu offenbahren. Er hat daß exempell Chriſti / der Apoſtell / vnnd wah - ren Kirchen Vaͤtter vor ſich ꝛc.

*pag. 201.NB. Document. xiv. Viel Beicht-vaͤt - ter machen mit jhrer importunitaͤt / daß etliche deswegen ſich ſchuldig bekennen / die doch vn - ſchuldig / davon Dub. 19. num. 4. 5. item: Daß ſie foͤrchten ſie muͤſſen wider an die tortur: dar - umb frag ſie in der Beicht waß du wilt / ſie werden zu allen dingen ja ſagen: daß bring darnach auff die Cantzell ꝛc. o Elendt vber alles Elend.

NB. Docum. xv. Wenn der Beichtvat - ter daß maul nit halten kan:*pag. 205. ſo cauſirt er den gefangenen 1. ein newe tortur: vorauß wenn man von der Cantzell fein luſtig herunter donnert 2. ſtaͤrckt er den Richter in ſeiner gewiſſenloſen vnachtſamkeit / wie vnlangſt einer ſich geruͤhmt: er habe niemand brennen laſſen / er hette es denn an dem Beichtvatter gemercket / daß die Perſohn nicht vnſchuldig. 3. macht man die beicht hie - mit deſpectirlich / vnd ſetzen darnach andere ein mißtrawen in einem jeden Beichtvatter.

NB. Vnlangſt hat einer ſich hoͤren laſſen: Man ſoll nur getroſt mit brennen fortfahren /*p. 216. er wiß daß noch keine gebrandt ſey / die nicht war -G iijhafftig102hafftig eine Hexe geweſen. Wo gehoͤrt daß ding auff die Cantzell? woher weiſt er daß? Aber ſolche heyloſe Leut will man gerne haben. Es hat mir einer wegen derſelben Predigt ſo viel zu verſtehen geben: wenns jhm frey ſtunde / er wolte erweiſen / daß die meiſten vnſchuldig geweſen: allein er muͤſte ſorgen man wurd jhn ſelbſten angreiffen / oder doch ſo bedrengen / daß er lieber auß dem Landt were. Ich weiß woll warumb ich mich nit nenne.

*p. 209.Docum. xvi. Wenn der Beichtvatter / auß gewiſen anmerckungen verſpuͤret: daß je - mandt waarhafftig vnſchuldig / welches nach Tanneri meinung woll muͤglich / ſo ſoll er den Richter ins geheim erinneren. Dann daß heiſ - ſet jhne Salomo: NB. In den ſpruͤchen capit. 24. v. 11. Errette die / ſo man toͤdten will / vnnd entzeuch dich nicht von denen / die man wuͤrgen will. Sprichſtu: wir verſtehens nicht. Meinſtu nicht / der die hertzen weiſet / merckets? vnnd der auff die ſeelen acht hat kennets vnnd vergilt dem menſchen nach ſeinem werck. Daß ſein keine Sil - logiſmi. NB Er mag den Richteren dieſes in geheimbden ſagen / vnd eben ſo reinen mund hal - ten / denn ſonſten in der Beicht. Vnd der Richter ſoll nicht zuͤrnen: zuͤrnet er / ſo laß man jhne den 58. vnd 82. Pſalmen leſen / vnnd legs jhm fein ſel - ber auß / daß er ſich nicht entſchuldigen koͤnne. Merck waß Paulus ſaget: 1. Cor. 6. v. 3. wiſſet jhr nicht / daß wir vber die engell Richten wer - den / ꝛc.

NB. 103

*p. 210.NB. Docum. xvii. So jemandt beich - tet: er hab vor groſſem ſchmertzen der tortur vn - ſchuldige Leut angegeben / will aber auß forcht ei - ner newen tortur nit wiederruffen / beſiehe Dub. 40. drunten / ſo ſoll jhn der Beichtvatter doch ſo viel muͤglich / mit aller ſanfftmuth verſuchen / zu diſponiren / daß er ſolche revocation vor dem endturtheil thue: kans zu letzt nicht anderſt ſein / ſo laß jhm doch vor dem todt revociren vnd de - preciren. Hat denn gleich der Richter kein ge - wiſſen / daß muſtu Gott befehlen. Conſulæ Ca - ſiſtas.

*p. 211.Docum. xviii. Wenn nun jemand / al - ſo bloß vor ſeinem Todt wiederrufft / vnd ſolches vorhin auß forcht der pein nicht hat thun doͤrf - fen / dieſer widerruff iſt kraͤfftig / vnnd wenn die Richtere / die vnſchuldig angegebne nit loß laſſen / ſo ſein ſie Todtſchlaͤger. NB. hie ſoll denn daß Miniſterium hernachmal daß maul auffthun!

*p. 213.Docum. xix. Ich kan es mit einem eydt zu Gott bezeugen / daß ich noch nie keine zum todt begleitet von deren ich ſagen koͤnte / nachdem ich alle heimlichkeiten zu erfahren / ſo groſſen fleiß an - gewendet / daß ſie waarhafftig oder doch ſo grob ſchuldig geweſen. Denn ſetz einen fall / nimm ein malefiz that welche du wilt / vnd laß die proceſ - ſen ſo formaliſiren / wie du nun vnterrichtet biſt / es ſollen darinnen mehr Maleficanten / als in der Hexerey befunden werden. Aber genug mit dieſem.

G ivDie104

*pag. 214.Die 31. Streit-rede. Ob es Recht: daß man vor der tortur, den beklagten Weibesbilderen die Haar durch den Hencker laß abſchneiden.

DIeſes geſchicht / wie ſie ſagen: daß kein Zauberey darunter ſtecke. Allein 1. Chri - ſten ſolten ſich deſſen ſchaͤmen 2. iſts mit gefahr der keuſchheit / 3. mag der ſchelm der Hencker daß Weibsbild nach muthwillen be - taſten / 4. iſt es einem Weibsbildt vnehrlich ſo ſchaamloß mit dem Hencker / in einem ſchandt - gewoͤlb allein ſtehen muͤſſen / 5. hat man noch nie - mahls etwaß mit dieſem mittel außgericht. 6. Warumb thun ſie daß nicht auch an den maͤn - neren / doch duͤrfftens vielleicht die Boͤßwichter woll endlich an den ephebis verſuchen woͤllen. 7. Warumb geſchichts mehr an Jungen als an Alten? 8. ſo koͤndte ſolches die Henckerin an den Weibsbilderen verrichten. 9. iſt es eben ſo eine groſſe heimliche ſchandt / als der Roͤmer geheime Bacchanalia bey dem Livio. 10. Iſts res mali exempli &c. O Teutſchland: ſag ja nichts ge - gen der Italiener Florentiniſche Hochzeit: oder der Spanier Ziegen-ſehandtluſt! mercket diß jhr Richtere!

Die105

*pag. 218.Die 32. Streit-rede. Auß waß fundamenten man zu der tortur wuͤge ſchreitten?

ANtwort. Weylen es ſo ein gefaͤhrlich vnd vnvberwindtlich ding / ſecundum alle - gata & probata vnſer gewiſſens-vergeſ - ſenen Brandtmeiſter / vmb die tortur iſt: ſo ſoll man ſich nicht ſo furioſè darzu reſolvi - ren: ſonder mann muß indicia haben / die daß maaß / alſo zu reden / gar vberfluͤſſig voll machen. Indicia heiſſen alle die dinge / auß welchen man ſchlieſſen / nicht nur muthmaſſen kan / daß ein menſch / dieſe oder jene Malefiz that begangen. Deren ſeind nun dreyerley. Groſſe: Groͤſſere: vnn die Allergroͤſſeſten. Hiebey woͤllen wir beſe - hen / welche genug ſeyen / 1. zum fangen / 2. zur tortur / 3. zum verurtheilen.

i. Zur verhafftung gehoͤren groſſe indicia: dann auß geringen vrſachen jemand mit gefaͤng - niß belegen / daß iſt ein groſſe vnbilligkeit / vnnd je wuͤrdiger die Perſon iſt / je groͤſſer iſt die ſchmaech: darumb vber wuͤrdige Perſohnen man groͤſſerer indicien von noͤhten.

ii. Zu dem verurtheilen / muß man die aller - groͤſſeſte indicia bey der handt haben / es muͤſſen probationem ſein klaͤrer als die ſonne / ſie muͤſ - ſen nottrungenliche ſachen ſein / ſie muͤſſen die be - klagten*p. 219. zur vollen gnuͤge vberweiſen / vnd jhnenG vjhre106jhre ſchuldt alſo vnter die augen ſtellen / daß man nichts dagegen finden kan. Daß wo ſolche indi - cia vorhanden / man der tortur aller dings nicht benoͤtiget ſeye: man heiſt es auch woll probatio - nes per excellentiam &c.

iii. Zur Tortur, iſts nicht gnug / daß man habe indicia magna. Weil die tortur vielfal - tig beſchwerlicher / als die verhafftung: maxima hat man nicht von noͤthen / ſonderen man kan majora annehmen: doch daß ſie von ſolchen qua - litten ſeyen / daß ein weiſer mann nicht billich einen zweiffel muß dran haben / ſondern ſich dar - auff verlaſſen koͤnde: werden den groͤſſeſten nicht wenig ſondern faſt gleich geſchaͤtzet / halb - oder ſchier-vollkommene beweißtumen: daß iſt / die al - ſo beweiſen / daß ſie einen doch nicht gar vberwei - ſen / doch gar nahend einer vollenkommenen pro - bation gleich ſein: als wie der Mon / wenn er bald voll iſt:*pag.. 220. vnd man muͤſſe befahren / es habe einer daß jene begangen / deſſen man jne bezuͤchtet / vnd zu voller gewißheit gar nichts mehr mangle / als des beklagten bekandtniſſe. Beſiehe die Ju - riſten.

NB. Solche indicia muͤſſen auch / durch zween beglaubete zeugen beſchworen ſein: wie die Juriſten lehren.

Die107

*pag. 221.Die 33. Streit-rede. Bey weme daß Vrtheil ſtehe: auß zuſprechen: daß die indicia von genug - ſamen qualitaten?

ANtwort: es iſt ein ſchwerer handell: dar - umb gewiſſenhaffte Richter die indicia zu legitimiren an Academien zu ver - ſchicken pflegen / wiewoll hierinnen auch ſchon groſſe gefaͤhrdung einſchleichen will.

Einred: daß nimt all zu viell zeit / vnnd vnko - ſtung: daß will ſich nicht ſchicken ꝛc. *222..

Antwort: 1. Die red iſt hie von einer ſehr zweiffelhafften tortur, vnd ſehr diſputirlichen indiciis: die der intereſſent noch vmbſtoſſen kan. 2. Oder thu du das / prætendir privile - gia, gib kein indicium herauß / laß niemand zu dem Gefangenen / der jhm einen guten Raht ge - be / vnd practicire, was droben Dub. 24. per tot. vorgeſchrieben / ſo iſt die Sach klar. 3. Ich rahte aber daß du gedult nehmeſt vmb deſto ſiche - rer zu gehen! Wiltu lieber gefahr vnd Seelen - ſchaden / deiner vnd der intereſſenten veruhr - ſachen / oder wiltu lieber gedult haben? Deine Einred iſt wider Chriſtliche Liebe / vnd geſunde Vernunfft. Soll man ſo marteren vnnd bren - nen? NB. Gott weiß es / du wilt vnter dem ſchein deiner Juſtitz den Erdbodem ohne Leut machen / die Hoͤll fuͤllen /*223. vnd ſelbs auch mit hinein.

Vn -108

Vnlangſt ſagte ein Brandtmeiſter zu mir: wir ſolten ja deinem Raht folgen: Aber ſo fallen vnſere proceſſen in den brunnen: Es iſt gnug das es alſo practiciret wird / was ſollen wir erſt viel ſcrupulirens zulaſſen / ꝛc.

NB Hierauß kan ein jeder ſelbſt ſchlieſſen / was ſolche Leuth heut zu tag fuͤr ein Gewiſſen haben. Iſt ſo viel geſagt: Wenn die Leut die augen auff - theten / ſo koͤndten ſie ſehen: daß ſie aber nicht ſe - hen / ſo muß man die augen auffzuthun jhnen nit verſtatten. Iſt das nicht ſchroͤcklich / das man keine andere alß nur dieſe kahle / obangezogene entſchuldigung in einer ſolchen ſachen hat?

Wer iſt der mich zum Blutrichter in dieſer Sachen will ſetzen / ſo will ich mit dieſer entſchul - digung / vnd mit obangezogenen vnd genug an die Handt gegebenen proceſſen zu Hexen ma - chen / welche ich will. Will die Hohe Obrigkeiten vor erſten angreiffen / daß ſie meinen mißbrauch in allegandis & ne producendis quidem privilegiis nicht ſtraffe / darnach in jederman wuͤten / wie droben Dub. 18. Coroll. 15. zu ſe - hen / ſo iſt ja der handell klaar / vnd was doͤrffs viel maͤuß / ich bin ja die Katze?

Die 34. Streit-rede. Ob allein das gemeine geſchrey / wenn ſonſten keine andere vnnd gnugſame indicia vorhanden / ein genugſames indicium zu der tortur ſeye?

ANtwort: i. Julius Clarus, vnd andere / de -ren109ren Er genugſam citiret, ſagen allzumahl nein darzu. Vrſachen 1. Theologen vnnd Juriſten ſeyn hierinnen gleich einig: daß ſie ſagen: daß Fama allein in criminalibus nichts probire, wiewol es eine halbe anklag ſeye. Nun kan nie - mand auff bloſſe anklag / ohne eingebrachten be - weiß torquiret werden / E. 2. Fama weiſet den Richter nur an / vmb beſſeren beweißthumb zu ſuchen. 3. iſt Fama ſehr mißlich vnd betriglich.

4. will Farinacius: daß die indicia zur tor - tur nit nur einen ſchein der ſach ſollen haben / ſon - deren ſie ſollen ſchwer / durchtringend / gewis / lau - ter vnd klar ſein. Beſihe Dub. 32. *pag. 226. p. 227.

Antwort ii. Es iſt dieſes auch alſo waar / daß man auch in crimine der Hexerey / das dif - famiren, wann ſchon andere indicia darzu kom - men / nit ſoll annemmen. Iſt auch ſonſten heut zu tag wider aller Rechts-verſtaͤndigen vrtheil: auß vrſachen NB. 1. Weil jetzige verſchreyung / meiſtens herkommet / vom hader / zanck / ſchelten / vbell nachreden / boͤſem argwohnen / frevlem vor - urtheil vnd ſplittergericht / verbottenem waarſa - gen / neidt / haß / mißgunſt / leichtfertiger Jugend / vnglaublicher begierde zu klapperen / vnd vnge - zimter luſt ſchand vnd ſchaden anzurichten. Die - ſes / weil es niemanden hinderet oder beſtraffet / oder außzureuten ſich vnternimmet / ſo breitet ſich nah vnd ferne / alß eine groſſe Sturm-flut / die Teich vnnd Damm durchgebrochen hat auß. Vnnd alſo gibts die geſunde Vernunfft an diehand /110hand / daß man nichts darauff fuſſen koͤndte. Ich verwundere mich offt / wenn ich vnſere aller-ver - derbteſte zeiten betrachte / in welchen alles voller falſchen angebens /*p. 228. vnd boßhaftigen verleumb - dens. So / daß wann vns ein wenig etwas vn - gluͤck anſtoſſet / ſo haben wir flux einen argwohn auff dieſe oder jene / ſie hab vns verzaͤubert oder verhexet / da laufft man zu den Chriſtall ſehern / die ſagen vns / was wir wollen / da muͤſſen ſich die vornehmſte Matronen in argwohn ſtellen laſſen / das gifft der freveln vorurtheil vnd verdamlichen ſplitter gerichts breitet ſich deſto vngehewrer in der finſterniß fort / je haͤrter die Obrigkeiten / ſol - che klafferey zu ſtraffen / in tieffen ſchlaaff der conniventz ſtill bleiben. Daß liſplen vnd muͤn - ckeln kreuchet von hauß zu hauß heruͤmber / der waſcher ſteg / braw-bach-waſch-hauß / badtſtuben / alle maͤrckt / bier-wein-brandwein-met-haͤuſer / Tabacks-rauchſtuben / alles erſchallet darvon. Ja vnſeren tiſch vnd bett laſſen wir ſelbs von weib vnd Kinderen / alß mit angenehmen ſpielleuten / darmit beſingen. Hiemit waͤchſet der argwohn / vnd kommt zu einer vermeinten gewißheit. Noch will die Obrigkeit nicht auffwachen / daß ſie ſolten in die erſten anfaͤnger dieſer peſtilentziſchen ca - lumnien inquiriren. Doch die geiſtlichen theils / van der Cantzell Canoniſiren diß. O vn - verſtandt! ſolte man daß loſe Lumpengeſindtlein nicht antaſten / fangen / (heiſt es) ſolten wir dieſe oder jene nicht torquiren / ſolten ſie vnſchuldigſein111ſein koͤnnen / ſie ſein Hexen vnd bleiben Hexen?

O vnvernunfft: dieſe gifftige zungen ſolt man vor erſt hemmen / die vrheber ſolchen geſchreyes ſtraffen / jhnen die zungen auß dem nacken reiſſen / vnd an den pranger / kaacken vnnd ſchandtſeulen haͤfften / vnd denn / ſo man ein ſchock zungen het - te ſo geraͤucheret / waß gilts daß laͤſteren ſolt nach - bleiben. So muß eine Fama oder diffamation / wann ſie fuͤr ein indicium zur tortur gelten*p. 229. ſoll NB. 2. mit zweyen vn-umbſtoͤſſigen zeugen Eydtlich bewehret ſein: die man vorher belehren muß / auff waß fuͤr einen ſchweren puncten ſie den eydt werdenmuͤſſen ablegen: waß vnd wie ſchwer der eidt ſeye: vnd daß ſie ein gutes fundament jhrer wiſſen ſchafft haben. Dieſe meine redt will ich mit mehr als 50. Rechtsgelehrten beweiſen ꝛc. Nun aber geſchicht daß hie nicht / waß ſoll mann dann zur captur oder tortur auff ein ſolch heilloß fundament bawen?

[NB Ich will einen vorſchlag thun:*p. 230. man las aller Brantmeiſter protocollen 1. exami - niren, ob aller verurtheilten Fama ſolcher geſtalt judicialiter ſey probiret worden. Delrius ci - tiret vornehme Iuriſten, welche von jhren zei - ten ſchreiben / ſie wiſten nicht / daß die fama je - mahls judicialiter ſey probiret worden. Doch dieſes argument aus Del’rio doͤrfften gewiſſen - loſe Richter wol fuͤr ſich als præſcriptionem longi temporis anzihen. 2. Wenn man nun dis urgiret, ſo bekomm ich die antwort: hæc eſtho -112hodierna praxis:*pag. 231. p. 233. NB ſolten wir ſo fahren wie du wilt / ſo hetten wir keine Hexen / ſo weren keine proceſſen &c. Nun muͤſſen wir proceſ - ſen haben / Hexen torquiren vnd brennen ergo: ſo muß die gantz vngegruͤndete diffamation ge - nug ſein zum beweis ad torturam &c.] 3. fol - get endlich / daß der ſolcher maſſen iſt gefolteret / daß: ſein bekaͤntnus weder gegen jhm ſelbſten / o - der gegen andere gantz nichſten gilt: daß ein Rich - ter zum vnverantwortlichſten ſuͤndiget / wenn er aus ſolchen vngegruͤndeten indiciis torquiren laſſet / vnd ein todtſchlaͤger wird: daß Obrigkeiten ein vnverantwortliche ſuͤnd mit jhren mandatis proceſſuum auff ſich haben: vnd auff andere la - den.

Meines Amptes iſt erinneren: daß gehoͤrt ſich auß Chriſtlicher liebe zu thun: der haſſet ſeinen Naͤchſten / der jhn wegen der gefahr nicht warnet / wenn ers beſſer verſtehet vnd doch ſchweiget. Ich kan etwaß begreiffen / daß nicht iſt: ich kan etwaß vnd nicht wenig jrren / weylich nun etwaß finde daß vnrecht iſt / ſo ſoll ich auch nicht ſchweigen.

* Einred i. man hat aber neben der Fam, noch mehr indicia / vermoͤg deren man proce - diret.

Antwort: wann man ſolche indicia bey der Fam hat / daß ſie vor ſich ſelbſten gnug zur tortur ſein / ſo hat es ſeinen weg. Wann aber die indi - cia nicht genug ſein / ſondern muͤſſen jhren nach - druck von der Fam nehmen ſo procediret manvbell113vbel noch gegenwertiger Fam, vnd iſt der pro - ceß von vnkraͤfften.

Einred 2. Es gilt in der Hexerey ſagt Bins - feld. p. 619. gleichviel: dann daß es alſo ſeye / daß verſtehet ſich ohne daß genug.

Antwort: die Fama ſoll judicialiter beſchwo - ren vnd außgefuͤhrt ſein / daß es nicht gehe / wie droben num. 1. in dieſem Capittel iſt geklaget worden.

Einred 3. Die Richter ſagen: was ſie nach dieſem Pfaffen geſchrey zu fragen: es ſeyn ſchul - fuͤxiſche diſputationen: Sie haben praxin ho - diernam vor ſich / vnd den Jeſuitam Del’rio, der ſey der geuͤbteſte meiſter in diſen ſachen / der verſtehe auch etwas / ꝛc.

Antwort: 1. Ich ſehe nicht auff die praxin, ſonder auff argumenten, die aus geſunder ver - nunfft geflloſſen ſeyn 2. die Fuͤrſten leſen Del - rium ſelber nicht: ſonſt wurden ſie es[finden]: daß Delrius eben das in puncto famæ haben will / was ich erfordere 3. ſo iſts nicht genug / daß man ſagen muß: ja ſo werden die Herꝛen hinder das liecht gefuͤhret 4 hilffts nicht / daß man ſprechen will: ein Fuͤrſt laſt ſeine Raͤth darfuͤr ſorgen. Al - lein hie mangelts an den Geiſtlichen / die man nit hoͤren will / wenn ſie ſchon reden / ſo werden ſie verachtet vnd verlachet. Interim ſihet man daß es alſo hergehet.

1. Es iſt nit noth / daß man ein rechtlich oder gerichtlich beſchwornes indicium famæ habe.

*p. 235.
*H2. Vnd114

2. Vnd gleichwoll procediret man / allerſei - tig ex indicio famæ / gegen die Hexerey in Teutſchland.

3. Man kan faſt nicht finden / daß fama in dieſen proceſſen jemal ſey legitimè probiret worden.

4. Wann fama legitimè probiret wuͤrde / ſo koͤndten die Richter nit procediren.

5. Es mag niemandt die Richter des vnrech - tens halber / wenns ſchon waar iſt / ſtraffen: Man muß woll glauben / daß alles richtig zu gegangen: die fuͤr ein Hexe erklaͤret worden / die iſt vnd bleibt ein Hexe: wers anderſt redt / iſt ſelbs ein Hexen - meiſter: wer anders erweiſet: kommet in ver - dacht / vnd muß gewertig ſein / daß man auch mit jhm ſpielt / wie oben in der 24. Streitred / vnnd ſonſten anßgefuͤhrt: waß ſoll man den thun? *p. 237.

Die 35. Streit-rede. Ob nit bey ſo beſchaffenen ſachen: der Obrigkeit gebuͤhre / ſich gegen die verleumbder vnd Calumnianten mit ernſt vnd der ex - ecution zu legen?

ICh ſage ja: aus vhrſachen 1. weil diſes vnchriſtliche laſter allzuweit eingeriſſen / ſo gar / daß etliche nunmehr lieber in der Thurkey wohnen wolten / weil man ge - gen die leut alſo ex puncto famæ procediret. NB Ohnlaͤngſt ward ein Staͤttrechner / oderkaͤm -115kaͤmmerey Herꝛ ex l. repetundarum, wegen ſeiner vnredlichen gemeinen geldts verwaltung angeſprochen: diſer reiſet zu dem lands-Fuͤrſten / vnd infamiret ſeine Statt:*pag. 238. 239. Sie ſey voller Hexen / vnnd darumb daß er dagegen geredt / ſo muͤß er leyden / der Fuͤrſt iſt ein kind / vnd glaubts / vnd ſchicketeinen Brandmeiſter dahin / alſo blieb diſer redlich. Dis iſt der beſte weg zur eigenen raach. Darnach 2. warumb inquiriret man ultrò ſo hefftig in die Hexen? Vnd nicht auch auff falſche maͤuler? Hett dieſer Fuͤrſt gemach gethan / vnd vor die andere parthei auch gehoͤret / daß were recht geweſt. Alſo 3. wie man aus der bloſſen fam, welches man jetzo anfanget leugnen / gegen die Hexen / mit gefaͤngnus / tortur, feur vnnd todt inquiriret vnnd procediret, ſo ſolt mans gegen falſche zungen auch ſo machen 4. damit wurden / die heutigen proceſſen nicht we - nig an ſich ſelbſten geſeubert werden. Es ſollen aber die Lehrer vnd Prediger / 5. hie nicht ſelber die leute angeben: nicht ſelber in den heuſern ver - ſchrauffte reden fuͤhren / ſonderen 6. wie jhrer et - liche vnbedachte diſcurſen von der Hexerey in jhren Predigten fuͤhren / alſo ſollen ſie vielmehr aus Gottes wort / die verleumbder ſtraffen: ſo duͤrffte man nicht ſagen / was bey dem Ezech. ſtehet. cap. 9. verſ. 6. *pag. 238. 239.NB Fahet aber an an meinem heyligthumb [ich finde: daß ſolche vntugent kommet aus vnwiſſenheit. Wer hat Wierum de præſtigiis Dœmon: geleſen? WerH ij -116Gœdellmannum? Niemand kennet Tanneri ſchrifften von diſen ſachen] NB Iſt nun 6. et - wan daß gemeine geſchrey vber ein armes weib / die iſt zu ſchlecht / hat keinen helffer / wie alle arme verlaſſen ſein: iſts ein reiche die ſo infamiret wer - den will / komt man von jhrentwegen vnd klaget: wens wol gehet / ſo heiſt es: es ſein kinderpoſſen / interim bleibet der ſchimpff auff jhrem mann / kindern / vnd der gantzen freundſchafft. O wehe dir Obrigkeit / mord vnd todtſchlag wird noch darans kommen / vnd niemand will das betrach - ten / vorkommen / vnd die diffamanten ſtraffen.

Ja ob auch 7. jemand reicher ſein ehr /*pag. 142. 143. mit rechtens auſſpruch erhielte: ſo iſt doch der ſachen nicht zu helffen: dann der einmal angehengte ſchandflecken bleibet: darumb ſchlies ich: NB daß ein Obrigkeit ſchuldig / nemine urgente, wegen dieſes diffamirens executivè in die dif - famanten, vnd zwar mit dem ſtrengſten ernſt zu verfahren / ſo were groſſem vnheil noch woll vor - zukommen.

*pag. 142. 143.Die 36. Streit-rede. Ob auff den fall: daß Fama im rech - ten gegen eine beklagte Perſohn gnugſahm er - weiſet: ſolche genug ſey / zum indicio ad tortu - ram: wenn man ſonſt ſchwerlich kan zum beweis - thum gelangen: vnd es ein crimen exce - ptum betrifft?

IUlii Clari ſchluß / aus vielen Rechtens al -lega -117legaten ſcheinet ſein: daß er ſage ja. Vrſach: in atrocisſimis moͤge man die Rechten vber - ſchreiten /*pag. 245. 247. vnnd die erforderte ſolennitaͤten außlaſſen: quia in his ordo ſit, ordinem non ſervare, es ſey hie recht / daß man nach keiner - ley rechtens formul ſich richte. So gar libe - ral reden ſie.

Meine meinung iſt gantz anders aus denen vrſachen:

i. Wo die geſetz keinen vnterſcheid machen / da ſoll man auch keinen tichten: es zwinge vns dann die groſſe noth darzu: wenn nun die pro - bationen gar liederlich / ſo folget man lieber vnd gewiſſer den geſetzen / denn ſolchen grauſamen autoritaͤten.

ii. Daß geſetze der Rechten will haben: die probation ſoll alſo vergnuͤglich ſein / daß faſt nichtſen / als nur eigne bekentnuͤs mangele. So nun daß nicht vorhanden / ſo hat man noch kein recht zu torquiren.

iii. Sein viel Doctores meiner meinung /*pag. 245. 247. als auch Delrius ſelbſten: NB der ſagt: es ſey zu grauſam vnd wieder rechtlich / wenn man / nur bey loſer leuten auſſag verbleibe / vnd ſonſt nichts habe: vnd Farinaceus ſchelte ſie billich: darum - ben man in hexerey / aus der bloſſen Fam nit ſoll procediren.

iv. Daß lehret vns auch die geſunde ver - nunfft: dann weil die tortur ein vber die maſſen groſſe beſchwernus / vnd deswegen ſehr gefaͤhr -H iijlich:118lich: ſo ſoll man ja mit ſo geringen indicien ſich nicht vbereilen.

v. Vnd dieſes hat inſonderheit auch ſtatt in Criminibus exceptis: weil ſchmertzen vnd ge - fahr der tortur, ſecundum hodierna allegata & probata: & hodiernam praxin nit gerin - ger: ſonder viel groͤſſer ſeyn. Darumben muß man nit ſo gegen alles Recht vnd geſunde Ver - nunfft ſtreiten.

vi. Warumb ſoll Fama in exceptis genug ſeyn: da ſie doch in levioribus nicht genug? was iſt das fuͤr eine newe Philoſophia? Iſts denn alſobald waar / was die Leut liegen: So kan man des Richters eygne Frawen / ſeine Toͤchtere / ſeine Soͤhne / vnd denn jhn ſelber letztlich alſo angeben / vnd tractiren ſie alle / wie droben Dub. 18. & Dub. 24. auch ſonſten außgefuͤhret. Herꝛ Rich - ter / laſt mich mit euch vnd den eweren: ſecun - dum veſtra allegata & probata, per praxin hodiernam alſo procediren! Wollan / was einer nicht will / das man jhm mit vnrecht thue / daß ſoll er auch an anderen zu thun / ein bedencken tragen.

vii. In gemeinen malefiz-thaten: ſoll Fa - ma ein allzuweit geſuchtes indicium ſein. War - umb nit noch weiter zu holen in exceptis? War - umb nit gefaͤhrlicher? Wol / wir wollen dieſes weiter examiniren.

Die119

*p. 251.Die 37. Streit-rede. Ob dann die probationen: ſo in gemei - nen Criminal ſachen nicht genug zur tortur ſein: ins gemein genug ſeyen in exce - ptis oder hauptlaſteren?

ANtwort:*p. 251. es mag ſubtiliſiret werden / waß will / ſo hab ich vrſachen zu ſagen / Nein:

i. Dann erſtlich hat gegentheil kein fundament. Denn waß den Rechten vnd ge - ſunder vernunfft nicht gemaͤß / daß verwirffet Farinacius in hoc puncto mit mir / eben dar - umb daß es kein fundament hat.

ii. Die gefahr lebens vnd der ehren iſt ja in exceptis / ſonderlich in der Hexerey groͤſſer: dar - umben Hippolitus Rim. Conſ. 88. vnnd ſon - ſten alſo redet: NB. Je groͤſſer ein Criminal ſachen iſt / je groͤſſere / vnd ſtaͤrckere probationen muß man / gefahr zu vermeiden / bey der handt haben.

iii. Iſts denn genug / daß ich ſag: es iſt ein grewlichs laſter / ſie muß es gethan haben / daß kan ich weißlich mich bereden? ſoll ich nicht viel mehr daß contrarium hoffen / wenn nur die bloſſe dif - famation vorhanden.

iv. Soll man in verborgenen dingen / neben der betrieglichen diffamation: auff muthmaſ - ſungen vnnd einbildungen gehen? in geringenH ivhaͤn -120haͤndeln will man mit muthmaſſungen nicht be - ſtehen / wie dann in groͤſſeren?

Einred: wer daß beſſer nicht kan haben / der nimt daß geringer.

Antwort: 1. Sprichwoͤrter probiren nichts / die Jungen moͤchten dich fuͤr ein Hexen-Meiſter ſchelten: Kinder vnnd Narren ſagen die warheit vnwiſſendt / ergo nimb vorlieb. Iſt alſo 2. ge - faͤhlet / daß man mit geringem eben daß erhalte / waß mit dem beſſeren. 3. Kan dein argument woll gelten weiters nach zu fragen / aber / zu tor - quiren / zum verurtheilen / zum todt / da iſt es zu ſchwach: waſſer kan den durſt leſſchen / hat aber kein tugendt zu naͤhren wie daß bier / viel weniger die krafft die der wein hat. Es gilt hier leben / ſeel / vnd ehr / dir vnd den deinen ſo woll / als den ge - fangenen: dann gehe hin vnnd lehrne den 82. Pſalmen woll verſtehen / vnd beſiehe waß Exod. cap. 20. v. 5. ſtehet.

v. Gegentheil ſchlieſſet alſo: daß laſter iſt zu groß: darumb muß man auch einen den aller - geſtrengſten ernſt ſehen laſſen / daß auch kein ſchatten dar von nachbleiben. *pag. 225.Ich antworte: 1. je groͤſſer daß laſter / vnnd je noͤtiger daß auß - rotten / je mehr ſoll man doch / daß Euangelium Matt. 13. nicht vergeſſen. So hat man auch 2. deſto groͤſſere vnnd beſſere fundamenten zu der tortur vnnd verurtheilung von noͤhten 3. ſo iſt doch darbey nicht erlaubet ohne recht / ohne ge - ſunde vernunfft / ohne Chriſtliche liebe / den naͤch -ſten121ſten mit præcipitirter tortur / mit vnertraͤgli - cher wiederholung / doch ich ſolt ſagen continui - rung derſelben / wider alles gewiſſen / nur dein autoritet zu erhalten / an ehr / geſundtheit / leben vnd ſeeligkeit / ſo vnverantwortlichen zu kraͤncken.

vi. Laſt vns ein exempell nehmen: Titia hat auff Semproniam bekendt ſie ſey ein Hexe. Ergo ſo iſt es wahr. In welcher ſchul gilt dieſe Dialectic! zeugen auſſag / haben ſie jhre krafft auß den worten? Ich mein M. Iacobus Honol - dus werde dir in ſeinen Canonibus Logicis Lib. Dial. 1. cap. ultim de Teſtim. humano, einen knaben von 14. jahren zum ſchullmeiſter ge - ben. Es iſt bey allen in der diſputir kunſt erfahr - nen dieſes bekandt: daß man die zeugen auſſag nicht ex quantitate der woͤrter / ſonder equali - tate des deponenten zu æſtimiren pfleget. Ach in die ſchull mit ſolchen leuten. Einanders iſt ein rechnung ſtellen: Item geltpracticken erdencken: vnd weit einanders / in Criminal ſachen / daß ziel treffen. So hoͤre ich woll ein Hex oder Dieb ſollen eben ſo gut zu der warheit ſein / als ehrliche leute! O laͤcherliche boſſen / ja zu lachen were es / wenns etwa einen Jaghund oder ein pferd golte / da doch dieſe muthwillens vmbzubringen Rom. 8. verſ. 19. ſeqq. ein Menſch bedencken nehmen ſoll.

*p. 256.Wir woͤllen dieſes alſo erleuteren: Hexerey iſt groͤſſer als der Diebſtall. Ein vberwieſener Dieb ſagt: Titius iſt ein Dieb / E. ſo ſoll man*p. 257.H vjhn122jhn auch fangen / denn er hat mir helffen ſtehlen. Hie ſprichſtu es ſey dieſes indicium nicht ſtarck genug.

Ein vberzeugete wahre Hexe / ſagt Sempro - nia iſt auch ein Hexe: ſie hat mit mir gehexet ꝛc. Da ruffſtu ja ſie ſoll mit fort.

Nun laſt ſehen. Titia die wahre Hexe / hat ſie nicht erger gelebt / vnd gehandelt als ein Dieb? iſt ſie nicht nur ein Weibsbildt? Iſt nicht Titi - us ein Mann: iſt er nicht reſpectivè beſſer als ein Hex. Nun weiß mir auß deiner Dialectic wie ich mich in dieſen handell ſolle ſchicken: dann jetzo will ich vngelehrte Richter fahren laſſen. Leichte ding leicht glauben: vnnd ſchwere ding ſchwerlich glauben iſt natuͤrlich.

*pag. 259.Die 38. Streit-rede. Von dem Satzſpruch der Richter ob man dann in verborgenen Criminal haͤn - deln: da die beweißthumen ſchwer fallen / nit ehender zu der tortur moͤge ſchreit - ten: denn ſonſten in an - deren?

ANtwort: dieſe regull iſt waar / wann man ſie recht erklaͤret. 1. Ohne ein faſt volle probation (abſque ferè vel ſemiple - na) kan dieſes nicht geſchehen / wie dro - ben genug außgefuͤhret worden. 2. wann aber dergleichen vorhanden / vnd der verhaffteten per -ſon,123ſon, oder deren intereſſenten ſchrifftliche copia in gewiſſer zeit ſich davon zu purgiren eingehaͤn - diget worden / wie dieſes dem recht: der natur: deinen ehren: deinem gewiſſen / vnd tragenden hochverantwortlichen Ampt / bey gefahr deiner ſeeligkeit gemaͤß iſt: ſo kanſtu freylich daß recht der tortur zu huͤlff nehmen / allein 3. muß man ſolche indicia / alle exceptionen zu verwerffen / wenn die verhafftete Perſohn / vnd dero intereſ - ſenten nichts beweißlichs in contrarium mehr auff jhrer ſeiten haben: mit ſampt der excipi - renden jhren exceptionen / von Academien ventiliren laſſen / dannenhero niemandt ſich 4. mit verweigerung die indicia herauß zu geben / durch einige prætendirung habender privile - gien / mit ehren vnnd gutem gewiſſen ſchutzen kan. Dann bey ſo geſtalten ſachen: wird man nicht leichtlich eine probationem plenam er - halten. Allein man huͤte ſich vor aller præcipi - tanz / vor aller vnachtſame / vor aller vngeſtuͤme: will nicht ſagen vor aller doloſitaͤt: etwan ſeine autoritaͤt zu erhalten / daß man nicht die ſchandt habe / man hab ſich verſtoſſen / oder man ſey zu weit gegangen: man ſehe woll zu daß man vor Gott vnd in ſeinem gewiſſen verwahret ſey: man hab allen muͤglichen fleiß gethan / probationes plenas zu erhalten / vnd hab doch nicht darzu kommen koͤnnen. Nim ein exempell. Titij cri - minal ſachen iſt ſehr dunckell. Auff Sempro - nium ſolteſtu ehre koͤnnen beweißthum einbrin -gen:124gen: Du haſt von beyder wegen probationes ſemiplenas: Alſo kanſtu auch mit beyden an die Tortur: doch mit dem beſcheid: daß du mit Sempronio nicht noth haſt zu eylen / wegen hof - nung / es moͤchte dir vnfeilbar / mit gelegenheit der zeit noch ein beſſere probation einkommen. Allein mit Titio kanſtu laſſen fortfahren / weyll ſeine ſachen / wieder alle vorher gebrauchte mittel ſo intricat ſein / daß dir keine hoffnung weiters ohne tortur auß dem handell zu kommen.

Darumb heiſt es auff die ſache recht ſehen: vnd rechts-ſpruͤch recht woll examiniret: Es ſein nicht alle koͤch / die groſſe verſilberte meſſer tra - gen / ꝛc.

*p. 263.Die 39. Streit-rede. Ob man eine Perſohn: die in der tortur nichts bekandt / mit vrtheil vnd recht koͤnne zum todt verurtheilen?

I.

ICh ſetz daß zum vorauß: daß niemandt kan noch ſoll vervrtheilt werden / er ſey denn gewiß vberweiſet.

ii. Vnſchuldige ſoll man nicht toͤd - ten / vnd ſchuldige ſoll man nit leben laſſen.

iii. Ein jeder wird ſo lang fuͤr vnſchuldig gehalten: ſo lang man daß contrarium nit von jhme weiſt.

iv. Hierzu zu kommen / ſein zween weg: wennder125der beklagte entweder mit recht zur bekandtnuß gebracht: oder durch ſonnen klare beweißthumen der that vollentkommentlich vberfuͤhrt worden.

5. Eins vnter dieſen beyden iſt genug zum vrtheil des todes.

6. Denn daß beyde zuſamen kommen muͤſ - ſen / iſt ein vberfluß.

Hierauff antworte ich: wer in der tortur nicht - ſen bekennet hat / den kan man aus geſunder ver - nunfft / vnd ſalvâ æquitate zum todt nicht ver - vrtheilen. Wie woll man ut hodie fert praxis viel mahlen dieſes anjetzo / ohn einige conſide - ration vberſchreitet. Ich ſage von ſolchen pro - ceduren noch ein mahl: daß ſie vnrechtmaͤſſig ſeyen: dann*pag. 264.

i. So ſeyen ſolche Leut noch nicht gnugſam außfuͤhrlich vberweiſet geweſen.

ii. Ich moͤcht von ſolchen Leuten gerne wiſ - ſen / zu was end ſie der Richter haͤtt laſſen foltern? daß die tortur jhre miſſethat villeicht ſtraffe? oder das er den weg zur warheit dardurch funde? Wieder die Rechten iſts / daß man miſſethaten durch die tortur ſtraffe. Zudem iſt hie noch keine miſſethat vorhanden / weil man ſie mit der tortur geſuchet vnd nicht gefunden. Daß iſt ja ein Teuf - feliſche grauſamkeit. *p. 265.

iii. Iſts vonnoͤhten geweſen / daß ſolche leut bekennen / oder iſts ohne noth geweſen? Wars vonnoͤ then / vnd ſie haben nicht bekandt: warumb hat erdie Leut laſſen verbrennen? Waͤrs aber nitvon126vonnoͤhten zu bekennen / ſo iſts ein grawſamkeit / daß man die Leut zum todt prædeſtiniret, ſie ſeyen gleich ſchuldig oder nicht / vnd ſie noch vor - hin ſo grewlich in der marter laſſen tractiren.

NB. Einred: Ey ſie ſeyn torquiret, nicht die warheit zu ſuchen / ſonderen zu confirmi - ren / daß man des handels deſto gewiſer ſeye.

Antwort: Vbell vnnd vnerfahren heiſt das ſecundum hodiernam praxin verfahren. Dann ein ſolcher vnmenſch kan ſeine rede vnd thaten auß den Rechten nimmermehr behau - pten / oder verantworten: alle Theologen vnd Rechtsgelehrten / ſtehen gegen dieſe procedu - ram odioſam vnd ſtoſſen dieſe einrede vber ein hauffen. Ja ein ſolchen Richter ſchelten ſie nicht allein fuͤr einen Narren / ſonderen reden noch haͤrter darvon.

NB. iv. Durch die torturen /*pag. 266. werden alle indicia vnd auch die probationes plenæ auff - gehoben: das wenn beklagter / in vnd nach der tortur, die that beſtaͤndigſter maſſen verneinet / man jhne abſolviren ſoll / wie Delrius vnd Fa - rinacius ſelbſt bekennen. *p. 267.Nun weiß ichs ge - wiß / das vnterſchiedene torquiret ſeyn / nichts bekand / vnd doch daran gemuͤſt haben: da ſie doch vor jhrem todt noch wieder den Richter proteſtiret. NB. Dann was man ohnmittelbar vor ſeinem letzten ende redet / das iſt nicht von geringer conſideration. NB. Es koͤnnen etli - che doch ſchuldig ſeyn. Doch ſoll mann denmehr227[127]mehr ſicheren weg / deß loßgebens gehen / vnd lie - ber zehen ſchuldige gehen laſſen / auß forcht / moͤcht etwa ein vnſchuldige Perſon ſein. Allein crepant & nil præſtant. Was will ſo ein ver - derbeter Richter am Juͤngſten Tag thun? wie muß jhm an ſeinem letzten end zu muth ſein? doch vber die geiſtlichen / das denen die augen jhrer conſcientz alſo gebunden ſein / muß ich mich zum hoͤchſten entſetzen. *pag. 268.Dann jhrer etliche dießfals nicht nur blind ſein / ſondern ohn Gottes forcht fahren / deſſen ich ein Exempel dem Leſer fuͤr au - gen ſtellen will / ſo ich ſelbſten geſehen. Es wurd ohnlaͤngſt eine zu dem todt verdampt / daß man ſie darumben lebendig verbrennen ſolte: weil ſie bey außgeſtandener grewlicher marter / vnd erlit - tener vieler importunitaͤt des zu jhr geſendeten vnbeſonnenen Beichtvatters / gleichwohl vaͤſt darauff beſtanden / daß ſie vnſchuldig ſeye. Wie nun dis arme opffer vor dem holtz-hauffen in ſei - ner vnſchuld ſtehet / (dann anderſt ſoll man nit von jhnen vrtheilen / wenn ſie die tortur außge - ſtanden / vnd darbey nichts erweißliches auff ſie einkommen) ſo faͤngt der Pfaff an die grawſam - keit des Fewrs jhr zu erzehlen / vnnd macht jhr hoffnung eines gnaͤdigern Vrtheils / ſie ſoll ſich doch ſchuldig bekennen / hiemit laͤſſt ſie ſich doch endlich bereden / vnd ſagt: NB. Ach! ich bin ſchuldig: weiter aber redet ſie nicht: hiemit ſpringt das Herꝛlein herzu / vnd abſolviret ſie fluxs auff vnſer weiſe. Darauff haͤlt man innen: Er laufftzum128zum Richter / vnnd bittet vmb ein gnaͤdigers vr - theil / weil ſie bekent hette: der Richter wird vnge - ſtuͤmm / vnd ſagt nein: die gnaden zeit ſeye auß / ſie hab zu lang gewartet / man ſoll fort fahren / da - mit muͤſte ſie gleichwoll lebendig gebrennt wer - den. Es iſt nicht auß zuſprechen / wie dieſer geiſt - liche hernach / von der Cantzell vnd in allen zu - ſammenkuͤnfften dieſes wiſſen herauß zu ſtrei - chen / waß nemlich die Hexerey fuͤr ein grewli - ches laſter waͤre / man ſoll ja keiner Hexen mehr trawen / ꝛc.

Wir muͤſſen dem einfeltigen leſer zum nach - richt / ſein gewiſſen informiren / vnd dieſes geiſt - lichen ſeine groſſe faͤhler andeuten: Es ſein aber ohngefehr dieſe: 1. waß hat er vrſach gehabt ſie per fas & nefas mit allem hinterliſt / auff ein ſol - che antwort zu bringen / die man doch viel mehr fuͤr vnſchuldig haͤtt ſollen halten? Dann auß ſei - ner geſunden vernunft / haͤtt er 2. ſie ſollen fuͤr vn - ſchuldig halten: weyl ſie nullo modo convin - ciret worden / weyl ſie durch die torturen ſich purgiret / weil ſie in der heimlichen beicht jhm nichts offenbahret / vnnd weyl ſie vor dem Holtz - hauffen / nach angehoͤrtem endt-vrtheil ſchon ge - ſtanden / vnd noch von jhrer vnſchuldt proteſti - ret. Vnd haͤtt er 3. ſchon gewiß gewuͤſt / ſie haͤtt in der beicht gelogen / ſo wer jhm doch / als einem Prieſter / ſozu procediren nicht erlaubet. Heiſt daß ſeine Theologiam geſtudiret? Auch ſiehet man auß allen vmbſtaͤnden 4. daß ſie der hoff -*pag. 269.nung129nung eines gnaͤdigen vrtheils / vnnd des impor - tunirenden geiſtlichen / ſo vielem anligen endlich iſt mit dieſen ſo verſchraufften worten gewichen. Sintemal ſich 5. jhre wenige wort noch draͤhen laſſen wie man will. Da dann zum 6. ſein vn - verſtandt noch viel groͤblicher darauß erhellet:*p. 230. daß geſetzt / ſie ſeye ſchuldig geweſen / er nicht et - waß gute zeit verzogen / biß er ſie beſſer im gewiſ - ſen examiniret / vnd darnach auß Gottes wort informiret hette: ſo hoͤr ich woll / es iſt weiters nichts noͤtig geweſen / als nur zu dem Richter zu lauffen / vnnd vmb eine enderung des vrtheils an zu halten: Es ſtunde jhre ſeele mit Gott / wie ſie immer wolte. Dann es 7. ein vnverſtandt war / daß einmall ratificierte vrtheil geendert wollen haben. Vnd wenn 8. es were geenderet worden / vnd man hett moram gegeben / vnd daß medium daß gewiſſen zu examiniren vnd auß Gottes wort zu informiren gebrauchet / ſo were ſie vielleicht zu jhr ſelber kommen / vnd bey der er - ſten beſtaͤndigkeit verblieben. Damit hett 9. der Richter den ſchimpff behalten / vnd der geiſtliche Herꝛ von der Hexen boßheit / auff gut Schullfu - xiſch nichtes zu Rhetoriſiren gehabt. Wie woll 10. der Richter ſelbſten auch grewlich hierinnen geſuͤndiget / vnd der Beichtvatter 11. noch am ergſten / daß er den Richter / auff zu halten / gnad zu geben / zeit zu ertheilen / vnd daß mittel beſſerer information zu befoͤrderen / mit betrawung des zorens Gottes / nicht per Euangelicam autori -Jta -130tatem / ampts vnnd gewiſſens halber verſuchet auffs euſſerſte zu bereden: ja im widrigen fall hett er 12. daß vmbſtehende volck coram Deo pro - teſtando zum zeugen nehmen / vnd ſtante pede wieder den Richter ad ſupremum Magiſtra - tum appelliren, vnnd der privilegien ſo die geiſtlichen haben nicht vergeſſen / oder aber 13. daß jus migrandi lieber erwehlen / als einen ſolchen ſolæciſmum begehen ſollen.

*p. 271.Die 40. Streit-rede. Ob jemandt vorhin die Malefiz that bekennet: vnnd aber an der gerichts ſtell ſein bekendtnuß wiederruffet: ſothane wie - derruffung gelten ſoll.

PRaxis ſagt nein darzu: Ich aber antwor - te: Ein verſtaͤndiger Beichtvatter kan mercken / ob eine wahre Bußfertigkeit vor - her gegangen: So er nun rechte Bußzei - chen verſpuͤret / ſo iſts gewiß / daß man ſolch wie - derruffen nicht verwerffen ſoll: ſonderlich wenn ſie bezeugen: ſie hetten vnſchuldige Leut angege - ben. Rationes ſein dieſe:

i. Die Natur gibts: daß man von ſterben - den præſumirt, ſie bedencken jhre ſeele: vnnd werden nun nit liegen.

*p. 272.Einred: Vnholden ſein keine Heyligen / vnd ſein im kopff verwirꝛet.

Antwort: Beydes iſt nicht abſolut waar:denn131denn erſtlich iſt die fraag / ob die wiederruffenden / waarhafftige Hexen ſeyen? Alſo muß man nicht ſchlieſſen ſie ſein Hexen / darumb ſoll man ſie nit hoͤren. Sonder ſo ſolt man ſchlieſſen.

Sie wiederruffen zu der zeit / da ſie fuͤr Gottes Richterſtuel muͤſſen / ſolten ſie nicht jetzo mercken / waß jhnen bevor ſtehet? darumb iſt zu zweiflen / daß ſie Hexen ſeyen.

ii. Wann man dieſe revocation verwirfft / warumb muß es gelten / wann ſie jemandts ange - geben / daß man ſagt: ſie haben ſolch angeben mit jhrem Todt verſiegelt?

*pag. 273.Doch wenn ſie daß mit dem Todt verfieg - len / daß fuͤr den Richter iſt / ſo ſein ſie bey jhrem verſtandt / vnd contra ſo Regieret ſie der Teuffel! quæ, qualis, quanta!

iii. So will die Peinliche Halßgerichts ord - nung: Caroli V. Artic. 90. daß man im fall ſolches wiederruffs in halten / vnd daß werck noch mehr beleuchtigen ſoll.

*p. 274.Tannerus ſchlieſt recht / man ſoll die wort dieſes angezogenen 90. Articuls nicht fallen laſ - ſen / ſo werde man finden / daß ſolche revocation anzunehmen / wann auch nur geſucht wurd den gerichts zwang zu hinderen.

Einrede. i. Sie ſein gemeiniglich im Kopff verwirꝛet.

Antwort: daß gegentheil iſt vielmehr waar / daß bezeuget die erfahrung.

Einred. ii. Die importunitaͤt derer / ſoJ ijvon132von jhnen angegeben worden / macht ſie im Kopff verwirꝛet.

*p. 277.Antwort: wer hats denn dieſen Leuten ge - ſagt / daß ſie angegeben ſeyen. Thut es der Rich - ter / vnd oͤffnet die Acta / ſo iſt er meineydig / daß er daß gethan / thut es der Beichtvatter / ſo iſt er noch viel meineydiger / denn er nicht darzu beſtelt / daß er auß der Beicht ſchwatze. So ſoll man die angegebenen / ſonderlich bey dem außfuͤhren zum Todt / nit zu den verurtheilten verſtatten. Kompt aber jemands freywillig / auß boͤſem gewiſſen / den ſoll man woll verwahrlich zu ruck halten. Drumb heiſt es / ſiehe woll zu / wer mit den gefangenen außgehet. NB. Doch praxis hodierna iſt ſel - ber ſo klug / daß ſie auch Kinder zu den Elteren / vnd Maͤnner zu jhren Weiberen nicht verſtattet / auch zu der zeit / da noch nichts erweißlichs einge - bracht.

Einred. iii. Die erſte bekandtnuß iſt ju - dicialiter geſchehen: die revocation aber nicht: darumb gilt dieſe nicht.

*p. 277.Antwort. Ich ſag nicht / daß man den wie - derruff / der erſten bekendtniß vorziehen / ſonder den 90. Artic. Conſt. Crim. Carol. beobachten ſoll. Allein die Herꝛen koͤnnen nichts mehr auff diß excipiren / als: waß gehts den Pfaffen an / er hat Jura vnd Leges nicht geſtudirt ꝛc. Nein lie - ben Herꝛen / man ſoll noch woll daß contrarium bey etlichen finden / thaͤtet jhr die augen recht auf / ſo hettet jhr dieſes erinnerens nit von noͤten.

Ein -133

Einred. iv. Des ſterbenden wort gelten nit / daß man einen anderen darauff ſoll torquiren: nicht im Todtſchlag: nicht wieder den Richter / als hett er falſch geurtheilt / nicht im Diebſtall / ꝛc. daß iſt die praxis. Alſo gilt auch ſolche revoca - tion nicht / daß erſte bekantniß vmbzuſtoſſen / ꝛc.

Antwort: daß heiſt die Leges citiret, wie der Teuffel den Pſalter l. ſi in gravi §. 1. ff. ad Sct. Syllan. Dann in ſelben ort ſtehen die woͤrter: ſo ein verwundeter / auff dem Todt ſagt: Titius hab jhne verwundet / ſo glaubt mans nicht / biß auff beſſeren beweiß. Zu dem: waß gehoͤret diß hieher: Gajus hat ein Toͤdtliche wunde / ſagt Ti - tius habs gethan. Sempronia ſoll vons Hen - ckers Handt ſtertzen / iſt noch bey vollen kraͤfften / ſpricht / ſie hab auß groſſer pein vnſchuldige Leut angeben / koͤnne mit gutem gewiſſen alſo nicht ſterben. O ſchuͤtzen knaben auß der ſchull her / daß ſie dieſes argumentexaminiren: ſo doͤrffen wir nicht Art. 28. Conſt. Crim. Car. V. allegi - ren. NB.*pag. 279. Sagt doch Binsfeld ſelbſten / daß ein ſolcher wiederruff ein groſſes vor Gott gelte / vnd auch vor den menſchen / ob ſie zwar die erſte vhr - gicht nicht koͤnne vmbſtoſſen / weyl die ſterbende Perſohn exculpire / die ſie vorhin beſchuldiget habe.

Einred. v. Warumb hat ſothane Perſohn / jhr gewiſſen nicht erleuteret / da jhr die Confeßi - on ad bancum Juris / nach der tortur zu ratifi -J iijciren,134ciren, oder vmbzuſtoſſen / iſt vorgehalten wor - den.

Antwort: 1. daß iſt baldt geſagt / laͤſt ſich a - ber vor euch nicht practiſiren. NB. Dann ſo muͤſte man 2. flux wieder an ewer nicht repetir - te ſonder continuirte tortur. Beſſer biß hie - her geſpart / daß man nicht ſo grewliche Marter muß außſtehen. Ich habs ja geſehen / daß man die Leut ſo viel mal gemarteret / daß ſie vor dem banco juris der revocation endlich vergeſſen. Dann zu mahl ſchreibt man ins protocol: NB. hat freywillig vor dem banco juris bekendt. Nun ſieht der leſer / waß bancum juris iſt / nemlich die hoͤll. Vnſinnig wer einer / der vor dieſer Banck anderſt vorthin redete / als daß / waß der Richter will.

NB.*pag. 281. Ich kenn einen Brandmeiſter / wann der die Leut will exequiren laſſen / ſo laſt er ſie des vorher erinneren mit vermelden / ſie ſollen daß revociren auß laſſen / oder von newem tor - quiret / vnd doch denſelben tag noch verbrandt werden / er thuts auch / daß weiß ich. Eben er ſagt den Beichtvaͤtteren / ſie ſollen niemandt / der revociret, abſolviren, ja ſagen den Leuten / wo ſie revociren / ſo ſollen ſie lebendig brennen. Ec - ce homo! ecce conſcientiam confeßario - rum!

Mocht einer ſagen: daß wiſſen die hohe Obrig - keiten nicht: Darumb ſein ſie entſchuldiget: wuͤſten ſie dieſes / ſie ſoltens hart genug ſtraffen.

Trau -135

Trauwen ja / ich geb daß gerne zu: aber daß ſie deswegen entſchuldiget ſeyen / da ſag ich nein dar - zu. Wann ſie ſelbs wolten / ſo koͤnnen ſie frey - lich woll nicht nur dieſes / ſonder noch ein meh - rers wiſſen.

Dann woher wiſſen ſie gantze Volumina von der Hexerey zuſamen zu lappen? Doch moͤgen die anderen Richter / daß erſt angezogene exem - pell in acht nehmen / vnd es practiciren / ſo koͤn - nen ſie mir mein Buͤchlein am beſten wiederle - gen. Die Herren Beichtvaͤtter des gleichen / wenn ſie alles thun / waß man ſie heiſſet / ſo bleiben ſie in gnaden.

*p. 283.Ich muß noch ein kunſt ſtuͤcklein / des vor - gemelten Brandtmeiſters erzehlen: wann er eine torquiren laͤſt / ſo laͤſt er ſie / auff die ſo ſchon ver - brandt iſt abfragen: weyl ſie nun ohne daß gerne auff die todten außagen / daß ſie nicht muͤſſen le - bendige vnſchuldige angeben / ſo komts ohn dif - ficultiren / daß man auff die / ſo da revociren wollen / ein bekendtnuß erhellt: daß lieſet man ad bancum juris mit groſſem pralen / vnd vnerhoͤr - ter verlaͤſterung der nun abgeſcheidenen vor / mit vermelden / da ſehe man jetzo jhre vnſchuldt ꝛc. da ſtehet denn der Poͤfell / vnd meint es ſeyen lauter Euangelia.

*p. 283.NB. Es iſt nicht genug daß man die wun - den entdecket: man muß auch mit der Cur darzu? Antwort: Obrigkeiten ſolten inquiriren laſſen / vnd gewiſſe Leut darzu privilegiren / ſo wuͤrdenJ ivdie136die vngerechten Richter anfangen lauffen / da ſolt dann ein gerichts zwang den anderen die hand bieten / vnnd ſolche Voͤgell in keine protection nehmen / ſo were der ſachen zu helffen.

*pag. 284.Die 41. Streit-rede. Waß von denen jenen zu muthmaſ - ſen / welche in den gefaͤngniſſen Todt gefunden worden?

ANtwort. So die verſtorbene mit beſtaͤn - digen Rechtsmittlen nicht vberfuͤhret we - re: ſo ſoll man von jhrentwegen muthmaſ - ſen / ſie ſey eines natuͤrlichen Todts ver - fahren: es wehre dann daß contrarium auß ge - wiſſen merckzeichen zur genuͤge darzu thun. Die - ſes iſt abermahl contra praxin vieler vnerfahre - nen geredet: wir wollen ſie vberweiſen:

i. Theologen, Juriſten, vnd Jus naturæ ſeind ſo ferne einig: daß ſie ſagen: ſo lang man vnehr auff jemandt nicht beſtaͤndiglich kan mit guten fundamenten bringen / ſo lang ſoll man ſich aller ehren zu jhme vermuten. Alſo muß es hie auch gehalten werden E.

ii. Die Rechten vermoͤgen / daß wo jemand im gefengniß Todt gefunden wird / man nit wieder den Todten*p. 285. ſonder den Stockmeiſter zu præ - ſumiren. Damhand. prax. Crim. cap. ii.

iii. Hier ſein immerdar vrſachen / welche vns einen natuͤrlich / vnd ehrlichen Todt rahten:

1. Iſt137

1. Iſt ſie wegen pein der tortur verſchmach - tet. Daher Auguſtinus ſagt: daß es moͤglich ſey / nach außgeſtandener Pein zu verſchmach - ten.

2. Die ſchweren eyſin vnd banden haben ſie ohnkraͤfftig gemacht.

3. Der geſtanck vnnd abſchewligkeit des ge - faͤngniß hat jhr zum todt geholffen.

4. Sie iſt vor trawmuth verſuncken / welche auch einen mann toͤdten kan / vnd offt groſſe Leut mit dem end vbereylet.

5. Sie iſt ohn allen Troſt geweſen: der Prie - ſter / zu deme ſie ſich alles gutes haͤt verſehen ſol - len / hat jhr villeicht mehr vuluſts gemacht alß der Hencker.

Darumb / wenn man jemands todt findet / vnd keine ſehr merckliche kennzeichen / das contra - rium weiſen / ſo ſollen jetzt erzehlete vhrſachen gelten: Es waͤre dann jemand ſo boßhafftig / daß er meinete / die fuͤnff erzehlete ſtuͤck waͤren nicht gnug / ein armes / elendes / gebrechliches gefaͤß vnd ſchwachen werckzeuch / in ſcherben vnd ſtuͤc - ker zerbrechen / vnd jhr die arme / verhungerte / vnd verkummerte Seel / mit gewaldt auß dem Leib zu treiben. *pag. 286.

NB. Ich bin etwa vor zwey Jahren / bey ei - nem vornehmen Herꝛen zu gaſt geweſen: vnter dem mittags Imbiß / kompt des Stockmeiſters Knecht / vnd laͤſſt andeuten / waͤre jemand von den gefangenen Hexen todt im Gefaͤngniß ge -J vfun -138funden / der Teuffel haͤtt jhr den Halß vmbgedre - het. Ein Medicus ſaß mit an der Taffell / vnd wir haͤtten eben angefangen / von ſolchen mate - rien reden. Nach vielem diſputiren / daß man nicht auff die einige autoritaͤt des Henckers (welchem man allein ohne ferneres nachdencken allzuviel glauben ohne wiederſprechen / mehr als einem ehrlichen Mann / zuzuſtellen pfleget) ſich muͤſte fundiren / ſo gehet der Herꝛ ſelbſten mit / vmb den Coͤrper zu beſehen. Sie kommen wider / mit vermelden: NB. ja es ſey nicht anderſt / der Teuffel habs gethan / der gantz leib ſey ſtarrendt / der Kopff falle hin vnd her auff beyde axlen. Ich lachte der vnwiſſenheit / mit vermelden / wenn daß genug iſt / ſo hat der Teuffel allen vnſeren Elteren die haͤlß gebrochen. NB. Der Hencker hat all ſein tag / keinen natuͤrlich entleibeten Coͤrper ſehen handtieren / da doch an allen Todten Coͤrperen alle glieder ſtarr vnd ſteiff / allein der Kopff fuͤr ſich vnnd an alle ſeiten wo man jhn hangen laͤſt / hinfaͤllet. Ihr habt ſelbs auch daß Hertz nicht ei - nen Coͤrper anzuruͤhren / oder darbey zu ſein / weñ man jhme daß Todtenkeidt anleget / vnd ſonſten zur letzten ruh bereitet. Alſo verſtehet jhr alle nichtes. Der ſteckenknecht hat ja ſelber geſagt: die Perſohn / ſey geſteren vnertraͤglich gepeiniget worden. Deſſen vngeachtet hat man den Coͤr - per doch vnter den galgen begraben.

*pag.. 289.Hierauß ſiehet man / wie die Gerichts-Per - ſohnen ſo vnachtſahm ſein / vnd zu allen abſurdi -taͤten139taͤten / von den Henckeren ſich bereden laſſen: jhr gewiſſen verfahrlaͤſſigen / vnd jhres ampts / auch aller Chriſtlichen liebe / geſunder vernunfft / vnnd natuͤrlicher eingebung vergeſſende. O wie ein ſchweren ſtandt werden ſolche Leut an jhrem end haben! Einer gedenck bey dieſem exempell.

i. Dieſer verſtorbene iſt mit dem geringſten ordentlichen rechtens mittell nicht vberwunden.

ii. Viel weniger ein Teuffels zeichen / oder ein anmerckung eigner handtanlegung an jhm befunden.

iii. Iſt bewuſt / daß er vnertraͤgliche pein / in der tortur außgeſtanden: gleichwoll ſo begehet man ein ſolche Todtſuͤnde an jhm / vnnd beraubet jhne nit allein der ehrlichen begraͤbnuͤß: ſonder vielmehr

iv. Muß jhn der Hencker vnter den galgen graben / vnd damit / daß ja vnfugs genug began - gen ſeye: ſo wird er

v. Hiemit als ſchuldig verurtheilt.

vi. Vnd ſein gantze freundtſchafft / damit zu gleich geſchmaͤcht: welchs deſto ſchwehrer zu achten je ehrlicher daß geſchlecht.

Ja wer kan daß alles wiſſen! ey ſo ſolteſtu es bedencken / vnd von anderen lehrnen.

Die140

*pag. 291.Die 42. Streit-rede. Waß man dann fuͤr zeichen muß ha - ben / darauß man mit ſicheren gewiſſen ſchlieſſen koͤnne / es ſeye einer vom Teuffel vmbgebracht / oder hab ſich ſelbſten den Todt in der ge - faͤngniß angethan?

ICh antworte: daß kan man auß nachfol - genden kennzeichenvrtheilen:

1. Es wird ſich der ſtrick noch an dem halß finden.

2. Oder wenn der Kopff gar vmgedraͤhet iſt / daß das Angeſicht nach dem rucken geradt ab - warts / vnnd nicht nur auff ein oder ander ſeiten ſtehet. Welches woll zu mercken.

3. Muß man einen hochverſtaͤndigen Medi - cum laſſen zuſehen: ob auch am Halß herumber / einige zeichen vnd linien vorhanden / welche man alſo befindet / daß ſie gantz new / vnnd des vorigen tags nicht daran geweſen. So kan man finden ob der Teuffel den ſtrick hinwegh genommen.

4. Wann / welches ohne groſſen gewallt nicht geſchehen koͤnnen / die erſte vertebra oder wirbel - bein im genick auß jhrem ort oder ſchuͤſſell gantz vnd gar / alſo verrucket / daß das vnter oder ober - theil / als abgeſcheiden / vnnd mit gewalt verſetzet: mercklich vnd greifflich herauß raget.

5. Wenn wieder den Stockmeiſter vnd Hen - cker nicht zu præſumiren / daß ſie etwaß dabeyge -141gethan: [vnd da muͤſſen die guten Herꝛen nicht zornig werden / dann man auß Hiſtorien woll er - wieſen kan / daß vngerechten Richteren zum be - ſten / woll ergere dinge von jhres gleichen geſche - hen:]

Wenn aber dieſe vnnd andere dergleichen zei - chen nicht vorhanden / ſo ſoll man den Coͤrper fuͤr Ehrlich vnd Natuͤrlich abgeleibet ſein / erklaͤh - ren.

Es kan der Teuffell jemandt erwuͤrgen / vnnd auch kein zeichen hinterlaſſen / doch ſollen vnnd koͤnnen wir ſolches ohne zeichen /*pag. 292. nicht ſicherli - chen glauben.

Darumben beiſt es: alles fleiſſig vorbedencken / denn hie iſt kein reftitutio wenn einmal pecci - ret worden.

Vnlangſt hat man eine grewlich genug ge - marteret: vmb ein wenige zeit / eher ſie die erſten ſchmertzen vergeſſen / holet man ſie von newens an die folter / ſie ſtirbet / vnd im hinfallen / ſo bleibt jhr der halß auff der ſeiten beſtehen. Da rufft flux der Herr Beichtvatter: o der Teuffel hat dieſer loſen Hexen den Halß vmbgedruͤhet. Sagt her - nach: er haͤt geſehen / daß der halß gantz gebrochen geweſen ſeye. Daß hat darnach von ſeinetwegen jedermann fuͤr ein Euangelium gehalten. Allein ich ſag: Geiſtliche Leut ſollen ſich ſolcher ſachen gantz vnd gar enthalten.

Die142

*pag. 296.Die 43. Streit-rede. Von dem Hexenzeichen / darvon ſo viel ſagens: Ob daß ſelbige ein indicium zur tortur, oder zu dem Todes vrtheyl ſein ſoll / vnd koͤnne?

ICh antworte: wenn man kein halbvolle prob hat / ſo ſoll man von dem Hencker / der ſeine luſt darinnen buͤſſen kan / ein Weibsbildt nicht laſſen beruͤhren. Hat man aber ſemiplenam probationem ſo ſchreit - tet man mit beſſeren ehren zu der tortur. Ohne probation / ein Welbsbildt ab infami ſcurra ſo entbloͤſſen laſſen / iſt mancher Perſohn erger / als der Todt. Es ſtehet hie alles auff des Hen - ckers parol, ſein tag iſt noch mit beſtandt der warheit / von eydlich beſchwornen Ehrlichen Leu - ten / nicht erweiſet worden / daß ſo ein zeichen ſeye. In die protocolla mags gezeichnet ſein ex ore carnificis / der muß daß oraculum ſein. Daß man ſich doch endlich einmal lehrnete ſolcher boͤ - ſen haͤndell ſchaͤmen!

Zum andern eher man dem Hexen zeichen glau - ben zuſtellet / ſoll man nachfolgende conſidera - tionen wol beobachten:

*p. 297.i. Daß man dem hencker / weilen er hiebey zu proſperiren allein nicht trawe: weil ſie offt - mals ſelbſten zeuberer ſein: NB. ja man will mit fleiß an jhnen haben / daß ſie zeuberen koͤnnen. Hoc docet nos praxis. [In einer vornehmenRe -143Republiq, hat ein Superintendens, einem hen - cker zu wegen bringen woͤllen / daß deſſen Sohn / weil er ſchoͤner geſtalt / vnd eines aus der maſſen ſtattlichen ingenii geweſen / ehrlich gemacht wurde per reſcriptum Cæſaris / vnd allerdings ſtudiren moͤchte. Der Vatter hat den Sohn darzu gehalten / der knab war damal von 16. Jah - ren / vnd wurd von menniglichen ſehr beliebet / aber ſihe! haud ignota loquor: die benachbar - ten Hencker haben mit incantamentis ſo viel ge - ſpenſterey gemacht / daß man den knaben in ſei - nem beſten curs hat muͤſſen von der ſchul hin - weg nehmen / die anmuͤtigkeit der geſtalt iſt ver - fallen / vnd er am gemuͤt gantz geenderet worden] daß mag der leſer mercken.

ii. Muß man nicht ein jedwederes natuͤrli - ches maal / oder flecken / wenn es ſchon natuͤrlich / fuͤr ein Hexen zeichen halten / denn hier von ver - ſtaͤndigen Medicis genugſame vrſachen koͤnnen eingeholet werden.

iii. Daß maalzeichen muß man nicht ſuchen / weyl die arme ſuͤnderin noch in der tortur han - get: daß nicht der ſchrecken daß blut auffhalte / wie bey etlichen in der aderlaͤſſe geſchehen.

iv. Man ſoll auch ein verſtaͤndigen Medi - cum daruͤber hoͤren.

v. Man ſoll auch auff daß alter / vnd die ge - ſtalt der Perſohnen achtung geben.

vi. Mann ſoll auch dem Hencker woll auff die finger ſehen / ſo wird der betrug ſich gewiß fin - den.

vii. 144

vii. Es wehre beſſer / daß man ohne des Henckers vorbewuſt / wenn er ſagt er habs gefun - den / woll merckete den ort / welchen er gezeiget / vnd darnach ein vnberuͤchtigte frawen / die viel bey geburtsnoͤhten geweſen / den ort wieder beſe - hen vnd befuͤhlen lieſſe: der betrug wuͤrde ſich ge - wißlich euſſeren.

viii. Man ſoll wol zuſehen / daß der hencker / niemanden / doloſé an ſeinem fleiſch mortifi - cire: od er nur ein wenig mit der ſuchnadell ſtup - fe: oder ſich nur ſtelle: als wann er geſtupfft het - te / wie ohnlaͤngſt ein boͤſewicht gethan / vnd doch geruffen er hab das zeichen gefunden / worauff man hernach zur tortur præcipitiret.

ix. Man ſoll die ſtupffnadeln dem hencker geben / vnnd jhne beſuchen / daß er keine verzau - berte / eigene / im gefaͤngniß verborgen herfuͤr lange: oder in den kleideren bey ſich verſtaͤcket tra - ge: auch daß ſie nicht mit kunſt bereitet ſein / zu ſtechen / oder den ſtachel zu bergen / wie man bey den Gauckleren dergleichen inſtrumenta findet damit ſie die Bauren vexiren. *pag. 298.

x. Daß der Hencker kein wiſſenſchafft von Zauberiſcher blutſtellung habe / ſie geſchehe mit beſchwaͤhrung oder aber ſonſten: daß fleiſch blut - loß vnd hart zu machen / welches wegen ein Hen - cker betretten / vnd ſelbſten verbrennt worden.

xi. Daß die Richter genugſahme funda - menten haben: daß weder durch des Teuffels /oder145oder der waaren Hexen / oder des Henckers liſt / den frommen ſolche zeichen koͤnnen angethan werden.

xii. Darumb folget nicht: Gott wird es nit zu laſſen. E. So wirds auch nit geſchehen: dann ſolcher ſchluß iſt zu ſchwach. Davon vnten Dub. 48. Argum. 6. ſoll gehandlet werden.

xiii. Der Teuffel muͤſte gar ein Narꝛ ſein / daß er ſolt ſeine ſchaaff zeichnen / daß man ſie ken - nete vnd abſchlachtete.

Darumben gehoͤret ein mehrers darzu / als daß. man auff dieſe ſignaturen alſo bloß gehen ſoll Delrius verwirffts mit mir / auch Binsfeld.

*p. 300.Die 44. Streit-rede. Ob man alſo groß auff die auſſag der mit-Conſortinnen / in Criminal ſachen / der Hexerey / zum fangen / vnnd torqui - ren ſich fuſſen koͤnne.

AN dieſem ort kommen wir mit Binsfel - dio zu ſtreiten: muͤſſen ſehen wie wir / daß ziel treffen:

*p. 301.Mein antwort iſt: Man helt zwaar darfuͤr: daß ordinariè man auff 3. oder 4. vhr - gichten auff eine Perſohn / mit der captur vnnd tortur koͤnne procediren / wenn jemandt ſchon ſonſten guten Leumuths were geweſen. Allein / wenn es auch noch mehr weren / ſo ſein ſolche vhr -Kgich -146gichten / oder beſagungen / falſch / betrieglich / arg - woͤhniſch oder verdaͤchtig.

Ratio. i. Tannerus beweiſet meine mei - nung / auß gar vielen Juriſten / daß ſie nit new ſonder alt vnd vielmehr approbat ſeye.

ii. So findet man vor ſolchem beſagen / fuͤr meine wiederſacher nichts in der Peinlichen halß - gerichts Ordnung.

iii. Iſts vngereimt: daß vnehrliche Perſo - nen / wie viel deren auch weren / eine ehrliche vber - zeugen ſollen.

iv. Wann die angeberinne kein Hexe wehre / wie ſolt ſie denn wiſſen wer Hexen ſeyen. Die tor - tur zwinget ſie / zu ſagen / waß man jhr vorlieſet. Iſt ſie eine Hexe / ſo kan ſie dem Teuffel nicht beſ - ſer / denn auff dieſe weiß / bevorauß ſo ſich zu trug / daß ſie auch drauff ſturbe / dienen. Die Auto res Mallei ſein mit mir eins / vnd ſagen: jhrem ange - ben wehre nicht zu glauben / weyl der Teuffel ein luͤgner: wenn nicht zugleich andere indicia vnd zeugen auſſag de facto darzu gekommen waͤren.

v. Anrichtige leut koͤnnen zur zeugen auſſag nicht produciret werden: Hexen werden fuͤr infam gehalten. E.

Einred. i. Gaja iſt ein Hexe / vnnd iſt deſſen mit recht vberzeuget: dieſe ſagt Sempronia iſt auch ein Hex. Nun iſt Gaja de facto & jure infamis: alſo kan ich jhr nicht glauben. Wenn ſie nun torquiret wird auff Semproniam / vnd ſie beſtehet: ſo iſt ſie wider ehrlich / vnnd darumb kan ſie die warheit zeugen.

Ant -147

Antwort 1. Sie bleibt gleichwoll ein Hex / al - ſo bleibt ſie infamis. 2. Keyſer Carol. V. weiſt nichts von ſolchen einreden in ſeiner Conſtitut. Crimin. 3. Die vnerweiſete anklag / die wirdt woll durch die tortur aboliret / aber wo man ein mal mit recht beſchuldigt worden / ſo iſt die infa - mia vnaußloͤſchlich. 4. vnnd wenn ſie ſchon nach der tortur ſo bleibet in jhrem bekendtniß: ſo iſt ſie doch ſchon ein Hex / vnd kan jhrem Meiſter dem Teuffel kein beſſeren dienſt / deſſen reich zu vermehren / als dieſen leiſten.

*p. 306.Einrede. ii. Es iſt heut zu tag im rech - ten herkommen: daß man auch perſonas infa - mes / auß noth in Exceptis Criminibus ad - mittiret. Dieſes probiret Binsfeld / auß vie - len Scribenren.

Antwort: 1. Es iſt natuͤrlichen rechtens / nit allein / ſonder auch Juris poſitivi: daß anruchti - gen Perſohnen in zeugen auſſag nicht geglaubet wird 2. muß man wiſſen / daß etliche nur mit boͤ - ſem wandell / als freſſen / ſauffen / ſpielen ꝛc. Sich zu infamibus machen: andere aber infamiret werden mit der that / als Dieb / vnnd noch mehr vberweiſete Hexen. Die erſten werden im noth - fall zu zeugen verſtattet: die anderen koͤnnen nit / weil all jhr autoritaͤt gantz vnd gar vernichtet iſt. Nun ein waarhafftig vnd mit recht vberwieſene Hexe / dieſelbe iſt ein Perſohn die all jhren credit verſchertzet. Drumb kan man auff jhr auſſag mit recht nicht gehen.

K ijRa -148

*pag. 308. 309.Ratio vi. Bettler / jtem ſonſten Lump - haffte Perſohnen / Narꝛen / wahnwitzige / thorhaf - te Leute / werden in allen rechten bey der zeugen verhoͤr verworffen. Dann ſolches gibt vns auch die geſunde vernunfft / vnd die natur an die hand / daß man an ſolche Leut / wie auch an der beſeſſenen jhre wort in Criminal ſachen / vnd keinerley ſon - ſten ſoll ſich kehren. Dieſes findet ſich aber faſt all - zeit bey denen Hexen / die man anfaͤnglich einzie - het / biß daß ſie groſſe Leut / auch auß neydt / oder marter / wenn man jhnen die nahmen vorhero vorgeleſen / angeben. So ſoll man jhnen ſonder - lich inder tortur nicht glauben.

*pag. 308. 309.Ratio vii. Alle Theologen vnd Juri - ſten ſeind darinnen einig / daß man auch in Ex - ceptis den Todtfeinden nicht ſoll glauben. Daß aber warhaffte vnnd vberzeugete Hexen des menſchlichen geſchlechtes Todtfeindinne ſeyen / ſolches leugnet niemandt. NB. Tannerus ſagt hiervon gar deutlich: wann auß dem natuͤr - lichen rechten / oder ſonſten ein feindſeeligkeit des anklagers kan erweiſet werden / oder zu præſu - miren were / das der zeug alſo beſchaffen / ſo faͤllt daß indicium verlohren. Solten wir daß nicht auch von den Vnholden ſagen / die als nicht-hold jhren nahmen von jhrer Todtfeindtſchaft tragen / daß mann auff jhr angeben niemanden torqui - ren ſoll.

*pag. 308. 309.Drumb kan ich nicht ſehen / wie Binsfeld mit mir zu recht komt: daß er lehret 1. man ſolleines149eines Todtfeinds beſagen nicht annehmen 2. Es ſeyen die Hexen aller menſchen feindinnen / vnnd 3. doch will erſtreitten / jhr beſagen ſoll koͤnnen gelten. Jeder vrtheile ſelbs heruͤber.

Ratio viii. Es iſt ein gemeines vrtheil / wenn ein Perfohn gleichen laſters mit der ande - ren / die andere angibet / hat aber viele defecten an ſich / als ſie iſt Lumphafftig / veraͤchtlich / mein - eydig / ein ſcholderer ꝛc. So mag man auß jhrem beſagen / kein indicium auff die tortur / nicht zur captur am wenigſten zur ſpecial inquiſition nehmen. Dann auch ein einiger von dieſen de - fecten / daß beſagen vernichtet: wie wenn ſie denn alle zu hauff kommen? Waß aber waarhafftige / mit beſtaͤndigem grund des rechtens vberweiſete Hexen fuͤr einen credit oder gute qualitaͤten ha - ben / daß verſtehet der geringſte menſch.

Einrede. i. So muß man mit torquiren alle dieſe defecten hinwegh nehmen?

*pag. 310.Antwort. 1. Ich ſehe nit wo dieſes mar - teren hinauß will. So iſt 2. droben ſchon er - weiſet: daß die Hexen mit dieſer beſtaͤndigkeit in der tortur jhrem meiſter ſein Reich bawen. Vnd 3. daß infamia autorizate nicht abolirt wirdt per torturam. 4. iſt es Kindiſch die Leut ſol - cher geſtalt in jhrer boßheit zu ſtaͤrcken. Fahr a - ber 5. fort mit dem torquiren, non repete, ſecundum praxin hodiernam: ſed continua, meineſtu der Teuffell hab als denn deß Heiligen Geiſtes krafft in ſeinen Schlavinnen / daß ſie be -K iijſte -150ſtehen werden: da doch vnſchuldige vber marty - ret werden / wenns zu viel kommet.

Einrede. i. D. Goehauſen PP. Rintelen - ſis ſagt: es ſeyen die defecten der Hexen zu vn - terſcheiden / vnnd ſubtiliſiret gar ſeltzam in ſeim Buch Proceſſus Juridicus contra Sagas pag. 99. & 100.

Antwort: 1. Er probiret nichtſen. 2. die au - toritaͤt der eintzigen Doctoren von Freyburg im Bryßgaw iſt zu ſchwach. Weylen ſie 3. ſelb - ſten ſich zum vnverantwortlichſten / in Hexen proceſſen / mit allerhandt faͤhleren verſtoſ - ſen. 4. ſo muß einer der ein verraͤhter / todtſchlaͤ - ger / chebrecher vnd gifftbereiter / ſo vnredtlich nit ſein / weyl er in einem caſu zugleich / alles dieſes be - gangen / als wenn er diß jahr eins / vber 2. Jahr daß ander / vber 1. Jahr wieder eins / vnd ſo fort begangen hette / doch dieſe abſurditaͤt gibt ſich ſelbs kundt.

Einrede. ii. So hette man dann gar keinen zeugen?

Antwort: vnd darmit gibt man auch verloh - ren. Doch Dub. 49. Argum. 1. & 3. drunten weiter.

Ratio ix. Wenn der Richter den Beicht - vatter zu den Hexen ſchicket / ſo muß man erſt des Richters ſchuͤler werden / der kompt mir dann auß der Rhetoric, per Tropos & omnes Fi - gures, vnd ich muß all mein ſtudiren fallen laſ - ſen / vnnd hoͤren: Wie er mich vor der Hexen jh -*p. 314.rem151rem liegen warnet: daß ich mich ja nicht vberre - den laß von jhnen / ſie ſeyen vnſchuldig. Da iſt kein waarheit in jhnen per omnia genera cau - ſarum. Nota! Wann er ſie aber ſo lang torqui - ret / daß ſie vor ſchmertzen / ſich deren zu liberi - ren zu allem ja ſagen / waß er jhnen laͤſt vorhalten: ſie kommen ad bancum juris zu ratificiren: ſie wiſſen wenn ſie revociren: daß ſie von newem daran muͤſſen: waß ſie denn ſagen / daß ſie an den ort der folterqual nicht wiedermuͤſſen / daß iſt alles wahr. O Elendt! ſoll ein Prediger von dieſen Blutſchuldeneren erſt lehrnen / waß Hexen boß - heit ſey. Du ſolteſt vom Prediger lehrnen waß vngerechtigkeit / vnd deine proceduren ſeyen. Wenn aber die geiſtlichen ſelbs blind vnd blinde leiter werden / waß kan denn Fruchtbahrliches folgen.

Ich ſage: der dieſen haͤndeln recht in der forcht Gottes nachdencket / den mocht ſein hertz darob zerſchmeltzen.

Einrede. i. Man procediret heut nicht nur auff daß beſagen: ſonder es kommen andere in - dicia darzu.

*pag. 317.Antwort: 1. des Teuffels vnd ſeiner glieder auſſag / 2. die eintzige fama, die doch droben Dub. 34. auß jhrer nichtigkeit beſchrieben wor - den: vnd alſo omni jure 3. dahin gefallen 4. ho - dierna praxis: bancum juris: &c. daß ſein die ſchoͤne indicia, die examinir ad Dub. 24. droben.

K jv* Ein -152

*pag. 318.Einred. ii. Wie wenn ſich eine bekehrte / &c.

Antwort: davon woͤllen wir jetzundt handlen.

Die 45. Streit-rede. Es hat Medea, Glyzerium fuͤr ein Hexen beſa - get: Medea wird darauff zum Feur verdammet. Glyzerium leugnet: Medea bekehret ſich vor jhrem todt vnd thut buß: ſoll ich nicht der an - deren an den halß mit captur vnnd tortur konnen / weil dieſe vor jh - rem endt ſich bekehret?

ANtwort: Alſo wolten freylich gerne etliche die vorhin vinbgeworffene Dubia wider auffrichten: Aber es gehet doch nicht an: wie man leichtlich finden kan: dann

i. So wird 1. die beſagung in das proto - coll geſchrieben / eher man die Perſon / derer buß ſo hoch æſtimiret werden will / verurtheilet: da doch 2. freylich nach D. Tanners rath / ſol - ches nicht ſolt geſchehen / daß man ſie befragte vmb jhre mit geſpielen / biß ſie daß endurtheil nit allein hette gehoͤret / ſonder ſich auch zu rechter buß geſchicket. 3. ſolt man jhr gar keine mit nah - men genennet haben / ſonder jhr ſolches in jhr ge - wiſſen ſchieben.

Allein: den Richteren dienet dieſes nicht: vnd Fuͤrſten vnd Herꝛen leſen nicht: Fromme Raͤth muͤſſen auch ſchweigen / daß ſie die jhren nicht inge -153gefahr ſetzen: ja nicht gar ſelbs verdacht werden. Praxis will es alſo haben.

ii. Wann die beſagung fuͤr den Richter iſt / vnd zu ſeinem vortheil gehet: ſo wird die Perſohn pro verè pœnitente gehalten / wo aber nicht: ſo iſt ſie ein betriegerin: der Teuffel redet die revo - cation auß jhr / ſie iſt nicht bey ſinnen. Vnd muß daß ein Euangelium ſein: waß eine gar verſtock - te Hexe ſaget. NB. Wie noch ohnlangſt mit einer geſchehen / die auch gar nicht beten wollen / vnd vnſchuldige Leut / dem Teuffel ohn zweiffel zu willen / beſaget. In ſumma: der wuͤrffel fall wie erw olle / ſo hat ein ſolcher Richter recht / vnd bleibt jhme recht vber. O thorheit!

iii. *pag. 323.So ſie rechte Hexen ſein: ſo iſt es zu foͤrch - ten / es ſey mit der pœnitenz ein ſpielwerck / daß weiſt jeder verſtaͤndiger gahr woll. Dann die Brandt-Meiſter geben dieſe cautelam denn Beichtvaͤteren ja ſelber an die Handt / mit jhrer inſtruction. Dub. 44. num. 9. Darnach ſo wiſſen wir daß auß der Richter mund / wann eine revociret / ſo ſoll man jhr nicht glauben. So glaubt man denn Beicht-Vatter nicht / wenn er ſchon Tauſendtfaͤltig bezeuͤgen koͤnne / ſie hette recht buß gethan. In foro Eccleſiæ glaubt man dem Richter nicht / wenn er von der buß will vr - theilen / dann er greiffet Gott in ſein ampt / der Richter will dem Beicht-Vatter auch nit glau - ben: waß ſoll man denn auff die buß koͤnnen fuͤſ - ſen / weyl ſie von allen in zweiffell gezogen wirdt?

K viv. 154

iv. Iſt Titia ein rechte Hexe / ſo kan ſie dem Teuffel den groͤſſeſten / dienſt thun / ſo ſie ſich hey - lig ſtellet / vorauß / wenn man jhr hoffnung ma - chet: ſo ſie beſtandig in dem beſagen verbleibe / ſo ſoll ſie nicht lebendig brennen: alſo auch ein vn - ſchuldige / damit ſie nit noch einmall vom Richt - platz an die marter muͤſſe. Darvon hiernaͤchſt.

*p. 326.Die 46. Streit-rede. Ob dann endlichen dem Beſagen zu trawen: wann man vnzweifelich gewiß iſt / die Beſagerinne hab ſich waarhafftig be - kehret / vnd woͤlle nur die waar - heit reden?

ANtwort: dieſes hat wol einen ſchein: kan aber weder mir / noch einem anderen weit auſſehenden mann ein genuͤgen thun. Vr - ſachen ſein:

i. Die Richter laſſen ſie / wo ſie revociren / wiederumb an die marter bringen / daß muß jhr der Hencker vorher / ſeiner art nach bitter-betroͤw - lich andeuten: Waß ſoll man hierzu ſagen? Sie muß doch einmal dran. Soll ſie dann wieder an die tortur? Menſchliche ſchwachheit laſt ſie die marter nit wider erwoͤhlen. Etwaß revociren ſie etwan / vnnd daß / waß ſie meinen / daß es dem Richter nicht mißfalle / anderſt doͤrffen ſie / anderſt koͤnnen ſie auch nicht: alſo wuͤtet der Richter de - ſto vngeſtuͤmer vnd vnverhinderter. Ja er heltauch155auch dieſe geſtuͤmmelte revocation fuͤr nichtig. Hierauff kan kein groſſe Dame, die nur in wollu - ſten ſitzet / vnd fuͤr zaͤrtligkeit Deut. 28. jhren fuß nie auff die erden geſetzet / oder deren jhr tag kein finger weh gethan / ein vrtheil ſprechen.

ii. So koͤnnen meine wiederſacher nit leug - nen / vnd Tannerus vberweiſet ſie: daß die He - xen nicht allzeit waarhafftig dahin kommen / wo ſie woll meinen / auch nicht allzeit waarhafftig daß ſehen vnnd treiben / wie ſie es zwar meinen / weyl der Teuffel jnen ſolche blendtniſſen machen kan / deren exempell genug vor handen. Ich weiß woll daß ſie ſchwoͤren ſie hetten diß vnnd daß ge - ſehen / wiſſens auch nicht anderſt / koͤnnen auch v - berweiſet worden / daß ſie nicht auß geweſen / weñ mann heimlich den Coͤrper verwachet / deſſen wan genug exempell hat / da man jhnen mahlzei - chen geſchlagen / vnd ſie doch nicht darvon auff - gewachet. Waß hat dann jhr beſagen fuͤr fun - damenta?

Bedencke hierbey / waß von Natur fuͤr thoͤrin - nen / vnd zur thorheit diſponirte arme Weiblin vnter den Hexen ſich finden / denen der Teuffell daß gehirn zuverwirꝛen / gute gelegenheit hat. Liß darvon Wierum de præſtigiis Dæmonum, die edition in quarto, mit columnis diſtin - guiret zu Baſell vor dieſem gedrucket.

iii. Wie denn: Titia iſt doch warhafftig auff dem Hexen tantz geweſen. Ich ſag ja: Gib es vollkommentlich nach / frag aber: ſag mir Ti -tia156tia hat Gajam auff dem Hexen-Tantz geſehen? Wie wenn der Teuffel die Perſohn Gajæ repræ - ſentiret hette?

*pag. 331.Die 47. Streit-rede. Ob deñ der Teuffell / in ſeinem Hexen convent / auff dem Haͤwberg / zu Oxenhauſen / Blocksberg ꝛc. Vnſchuldiger leut geſtalten præſentiren koͤnne / ſo: daß man mei - nen muͤß / ſie ſeyen / waarhafftig da geweſen?

ANtwort:*pag. 331. Ich ſage ja / vnd nicht nur ſtillſitzende / wie etliche meinen / ſondern gar / daß ſie auch mit dantzen / vnd alles mit treiben / was die andern thun.

Dann i. ſo hat man deſſen gnugſame exem - pell. Die Hexen haben einen frommen religi - oſen angegeben / daß er die vnd die nacht / mit deren vnd deren / bey jhnen auff dem convent getantzet hab / vnd iſt doch befunden worden / daß er in derſelben ſtund mit anderen ordensleuten im Chor geweſen / vnd ſeinen Gottesdienſt ver - richtet. So haben die Hexen entwed er auff jhm gelogen aus pein der tortur / oder aus boͤßheit: oder der teufel hat ſein geſtaldt auff dem tantz præſentiret. Ja ich wolt gar Fuͤrſtliche Perſo - nen nennen / auff welche die Hexen bekennet ha - ben ii. ſo kan ſich ja der teuffel in einen Engel des liechts verſtellen iii. wer diſes leugnet / dermuß157muß es mit guten fundamenten, die dem ge - wiſſen genug thun / vmbſtoſſen iv. die wider - ſacher ſagen: der teuffel kans nicht thun: vnd be - wehren es mit jhren bluͤtigen proceſſen: ſo muß ichs jhnen in jhr gewiſſen ſchieben / zu beantwor - ten: daß es nicht ſo ſeye wie ich ſage: drumb will ich diſes nicht weiter außfuͤhren / ſonder anderen uͤberlaſſen / biß mein gewiſſen eines anderen uͤber - zeuget werden kan.

*pag. 335.Die 48. Streit-rede. Von den Argumenten, mit welchen man ſich vnternimt zu behaupten: das der teu - ffel: vnſchuldige leut im Hexentantz nit repreſentiren koͤnne?

ARgument. i. Der teuffel koͤnte diß thun: wenns jhm Gott zu lieſſe: daß es aber Gott zu gelaſſen / nemlichen in der Hexerey / hab ich noch nie gehoͤret oder geleſen. Laſt es Gott aber zu / ſo oͤffnet er doch den betrug bald / entweder wegen jhrer ſuͤnden / ſie dar - mit zur buß zu locken / oder ſie deſto vnſchuldiger / vnd glorificirter zu machen. So ſagt Delrius.

Antwort:*p. 336. i. Eh iſt nicht genug diſer oder je - ner / hat diß oder jenes nicht geleſen E. So iſt nichts dran

Zum ii. hierauß kan ich alles vmbſtoſſen / was die Brandtmeiſter / mit der vnertraͤglichen mar - ter in der tortur, aus den leuten erpreſſen: wannich158ich ſag: Ich hab mein tag nichts darvon gehoͤrt vnd geleſen. Sagen ſie Gott laß es zu / daß die ding geſehen / die ſie in die protocoll ſchmiren. Trawen ja: ſo leſt er auch zu / daß der teuffel vn - ſchuldige leut præſentiret: denn was ich euch muß nachgeben / daß koͤnt jhr mir nit vmbſtoſſen. Zum iii. die beſagt werden / die helt man fuͤr ſchuldig / ſie werden torquiret, man helt darfuͤr ſie ſeyn Coͤrperlich vnd warhafftig aldort gewe - ſen: man torquiret ſie ſo lang / biß ſie es beken - nen: ſeind dann welche die alle tortur vberwin - den / ſo brennet man ſie lebendig / als verſtockte Hexen / dann durch den banck hinweg / muͤſſen ſie alle ſchuld haben / was iſts denn wunder: das Delrius niemal gehoͤret / vnd geleſen / daß der teuffel vnſchuldige leut in Hexentantz præſen - tiret? Wiltu iv. ſagen:*pag. 337. Es iſt nit waar / was ich hoͤre / man laßt die vnſchuldigenwider loß. Be - ne, ſo hett es Delrius wol hoͤren vnd leſen ſollen / daß diſe vnſchuldige ſeyn præſentiret geweſen.

Argum. ii. Der teuffel begehrets nicht zu thun. Denn er weiſet aus der heil. Schrifft: daß Gott die außerwehlten nicht laßt verſucht wer - den / als zu jhrer prob, vnd zum guten.

Antwort: i. wo bleibet die hiſtoria Hiobs? Hat er nicht in ſeiner noth vielfaltig geſundigt? Iſts zum guten geſchehen / ſo wird ſich der teuffel wenig darumb bekummert haben: aber eben da - mit muſte man Hiobs vnnd aller menſchen ſchwachheit ſehen.

Ant -159

Antwort: ii. Es iſt noch nicht gnugſam mei - nem gewiſſen mit diſen argument geholffen / dann es verwirret mehr alß es beweiſet.

Argum. iii. Binsfeld ſagt: kein vnſchuldi - ger iſt in ſeinem gewiſſen bekummeret / daß jhm der teuffel werde præſentiren. Darumb ſo kan der teuffel ſolchs auch nit.

Antwort: 1. Kein vnſchuldiger foͤrchtet ſich / daß er von Hexen verzaubert werde: vnd ſolches geſchicht offt mannichsmal / daß fromme leut von den Hexen anſtoß leiden.

Zum 2. So ſeyn die frommen ohne forcht / weil ſie glauben / wenn ſie ſchon vom Teuffel præſentirt werden / ſo ſoll es jhnen doch nicht ſchaden: wenn ſie aber auß dieſem Buͤchlein ewre proceduren: ſic hodie fert praxis wer - den leſen / ſo muͤſſen ſie ſich nun foͤrchten.

Vnd deſſen verſichere ſich jedermann / daß es ſchon ſo weit kommen / daß jhrer viel vor der jetzi - gen Richter Tyranney in nicht wenige forcht ge - rahten: Man hat ſich deswegen mit mir beſpro - chen: die zu mir kommen ſein hat man gefangen: als verdaͤchtige / die da hetten wollen fliehen: Gott hab ſie gezwungen wider zu kehren: man hat ſie zu keiner defenſion verſtattet: ich weiß daß jhrer etliche bey ſich ſelbſten reſolviret / ſie wollen / der tortur zu entgehen / ſich fuͤr ſchuldig bekennen / ſie haben mit ſich meditiret: waß ſie ſagen woͤllen / daß man die tortur an jhnen nicht continuire:*pag. 338.Mann160Mann hat mich gefragt: ob man auß forcht der tortur: oder in der tortur / wann der ſchmertzen einen Menſchen vberwunden / daß er vnſchul - dige beſaget: auch ein Todtſuͤnde begehe / vnnd ſein ſeeligkeit verſchertze? vnnd waß dieſer gewiſ - ſens gefaͤhrdungen mehr ſein / in deren etlichen ich mir ſelber nit kan helffen / vnnd es ſchier nicht waagen darff auß zu reiſen / vmb der boͤſen Maͤu - ler willen. Darumb moͤchten Binsfeld vnnd ſei - nes gleichen / als in Criminal ſachen vngeuͤbte Leut / mit ſolchen Argumenten beſſer inne halten.

Argum. iv. Es iſt niemal / oder ſelten / auß beharꝛlichen oder beſtaͤndigen beſagniſſen erhel - let / daß vnſchuldige Leut ſeyen præſentiret wor - den: die experienz gibts nicht E.

Antwort: Binsfeld ſagt viel vnd beweiſt nichts Wehe dem / der einmal in der Richter haͤnde kommt. Er muß an die tortur: die vberwindet jhne. Vberwindet er aber die tortur: ſo iſt er / wie ſie ſagen mit dem Teuffel beſeſſen / vnd muß lebendig auffs fewr. Dahero ſag ich: NB. Daß wir nicht alle Hexen-Meiſter ſein / daß machts daß man vns nicht alle torquiret. Es hat ſich NB. ein Brandtweiſter ohnlengſt in Trunck ge - ruͤhmet / wenn er den Pabſt in ſeine gewalt bekaͤh - men / er wolte denſelben zum Hexen Mann ma - chen. So wolt ich Binsfelden darzu machen: ein anderer mich / vnd ſo fortan.

*p. 341.Argum. v. Wann der Teuffel vnſchul -*p. 342.dige161bige Leut kan auf dem Hexen-tantz præſentiren: ſo kan er ſie auch bey morthaten / im Hurenhauß / im Ehebruch ꝛc. præſentiren. Darmit ſo kan ſich darnach ein ſolcher vbelthaͤter entſchuldigen: er ſey es nicht geweſen / der Teuffell habs ge - than / ꝛc.

Antwort: Man muß die Caſus vnterſcheiden:

Dann wann ein beſtimter ort were / an wel - chem man wuͤſte / daß zu beſtimmten zeiten / aller - handt wunderliche geſpaͤnſter / in allerhandt ſelt - zamen geſtalten / mit allerhandt verlarfftem gau - ckellſpiel / erſchienen / vnnd affen poſſierlich alles mit einander thaͤten / waß ſonſten / rechte men - ſchen thun / die keine geſpaͤnſter ſein. Es kaͤme aber Sempronius / vnnd verklagte Grachum / daß er jhne eben an dem ort der geſpaͤnſter / eben zu der zeit vnnd ſtundt / haͤtt geſehen ein Todtſchlag begehen / ſo muͤſte freylich / ein verſtaͤndiger Rich - ter zweiflen: ob es waarhafftig Gracchus gewe - ſen ſeye: oder ob nit ſothanes werck mit eitell ge - ſpaͤnſterey zugegangen / wenn er nun keine andere indicia haͤtt: als ob jrꝛgendt ein Todtſchlag all dort geſchehen ꝛc. Vnd erkennete dem Graccho nur auß dieſem fundament die tortur zu / ſolt er woll daran thun?

Daß aber viel geſpaͤnſterey / mit allerley larven / von allerhandt dingen / thieren / ſpeiſen getraͤnck / bulſchafft / Muſic &c. auff dem Hexenplatz vor - gehe: daß kan Binsfeld nit leugnen. Solte denn der Teuffell nicht auch einen menſchen / der an der*pag.. 343.LHe -162Hexerey vnſchuldig / aber ſonſten in Todtſuͤnden ſtecket / præſentiren?

Darumb wo etwaß geſchicht: da keine geſpaͤn - ſter erſcheinen: ſo kan man ſich auch mit dem Teu - fell nicht entſchuldigen.

Argum. vi. Gott wirds dem Teuffel woll nimmermehr zu laſſen / daß er vnſchuldige Leut præſentire.

*pag. 345.Antwort: woher weiſt man daß gewiß? wo bleibt denn die Hiſtoria von Samuel / 1. Sam. 28? waß ſiehet man nicht bey den Chriſtall ſcha - weren / vnd anderen waarſageren? Hat nicht ein Abt von Trittenheim Keyſer Maximiliano I. alle Patriarchen des alten Teſtaments / neben etlichen Helden der Griechen vnnd Roͤmer gezei - get / vnd in einem Saal præſentiret?

*p. 346.Einred: wenn der Teuffel ſolcher geſtallt vnſchuldige Leut præſentiren kan / ſo muß groß vnheil darauß folgen.

Antwort: i. Iſt es dann beweiſet / daß Gott dem Teuffell wehret groß vngluck im Regiment zu ſtifften? Waß iſt denn daß / waß Dan. cap. 10. V. 13. ſtehet? Daß iſt ja viel ein groͤſſers. Laͤſt doch Gott dem Teuffell zu / daß er den Hexen daß gifft gibet: Item daß man mit conſecrirten ho - ſtien Zuͤuberey treibet / ꝛc.

Antwort: ii. Freylich muß groſſe vnrichtig - keit in gemeinen weſen entſtehen. Denn auß ewe - rem ſchluß: Laͤſſet Gott ſolches nicht zu / daß vn - ſchuldige præſentiret werden: Alſo muͤſſen euchalle163alle ſchuldig ſein / die man daſelbſten geſehen wor - den ſein beſaget: Die muͤſſen gefangen / mit ite - rirter: Ich ſoll ſagen mit continuirter tortur zum bekennen gezwungen / eben darmit vom re - vociren vor jhrem lebens endt abgeſchroͤcket o - der als halßſtarrig lebendig verbrennet / ja gar zu ruck vorhin wieder zur tortur geriſſen werden. Sonſten hab ich Binfelden droben auch auff ſeine weißheit Dub. 10. geantwortet. NB. Ohn - langſt hat ein Herꝛ mit ſeinem Geiſtlichen vatter [ohne noth die Leut zu nennen] vnter der malzeit hefftig vber dieſen puncten diſputiret: vnd nach langer red / dem guten Herꝛen die Acta vor die au - gen legen laſſen / da es jhme dem Geiſtlichen allzu fruͤe waar worden / daß der Teuffel auch die jenen præſentire / die daß Hexenwerck niemahlen ge - trieben.

*p. 349.Argum. vii. Es ſein gleichwoll groſſe Doctores der meinung / der Teuffell koͤnne die - ſes nicht.

Antwort: Wenn man vnſere meinung nur wird anfangen examiniren: ſo wird ſichs baldt geben. Wir ſtreitten auß gutem grundt geſun - der vernunfft: vnnd nicht mit autoritatibus: noch weniger nehme ich die autoritaͤt der Hexen fuͤr genug. Chriſtus ſpricht im Euangelio: wenn ich von mir ſelbs zeuge / ſo iſt mein zeugniß nicht wahr: diß argument Binsfeldi will er ſtreitten: wenn der Teuffell von ſich ſelbs durch die Hexen zeuget / ſo iſt ſein zeugniß wahr. Man ſihets ge -L iinug:164nug: wenn erſtlich nur ein eintzige vnſchuldige be - ſaget wird / ſo macht hodierna praxis baldt vn - zehlich viel ſchuldige. In ſumma: wir wollen die waarheit muthwillens nicht wiſſen. Gewiß es gehoͤret viel beweiſens darzu: daß man mich v - berrede / es ſey alles wahr / waß auch die Rechten Hexen / auff ſich ſelbſten bekennen.

*p. 351.Die 49. Streit-rede. Waß man fuͤr Argumenten hat / an ſeiten derer jenen / welche erſtreitten wollen: man ſoll der Hexen jhrem Beſagen / oder Angeben / kurtzumb glauben: vnnd die Beſagten oder Angegebenen zu torquiren / ſeye die - ſes ein genugſames indi - cium?

ES wird viel zeugs auff die bahn gebracht / ſo aber alſo baldt faͤllt / wenn mans recht examiniret.

Argum. i. Der Richter iſt ſchuldig / ein malefiz-Perſohn in hoc crimine / vmb jhre geſell-vnd geſpielſchafft zu fragen: vnd die befrag - ten ſein ſchuldig andere anzuſagen / vnd man ſoll den befragten glauben. Denn ſonſt were frag / vnd antwort nit noͤtig.

Antwort: i. Es iſt an anderen orten zur ge - nuͤge gezeigt / daß in hoc paſſu daß beſagen / ſelbs zu erzwingen / nit noͤtig ſeye.

Antwort ii. Geſetzt: der Richter iſt ſolcheszu165zu thun ſchuldig: darauß folgt noch nicht / daß er die waarheit hoͤren werde / bevorauß ſic hodie tenet praxis. Es muͤſſen ſolche neben proba - tionen darmit vnd darneben einkommen / daß man ſehen kan es iſt kein betrug darhinder. Waß aber in acht zu nehmen / das iſt ſchon anderſt woh angedeutet.

Argum. ii. Es iſt waar: daß man keinen vber anderer Leut thun vnd laſſen peinlich fragen kan: aber in der Hexerey / weyl es ein crimen ex - ceptum, ſo muß es ſein. Sonſt were kein vnter - ſcheidt in Malefiz-haͤndeln zwiſchen Exceptis / hauptlaſteren: vnnd anderen gemeinem laſtern.

*pag. 353.Antwort. i. Es iſt nicht recht diſtingui - ret. Dann ſo ſolt man reden: daß in exceptis nicht alle rechtens formulen ſolten muͤſſen ge - braucht werden: da doch anderſtwo daß contra - rium erweiſet. Aber den vngegruͤndeten beſa - gungen glauben muͤſſen / daß iſt wider gute geſetz / wieder geſunde vernunfft / wieder daß recht der natur / vnd gute ſitten.

Antwort ii. In anderen exceptirten Ma - lefiz-haͤndeln / mag man etwa den beſagungen glauben. Aber in Hexerey ſachen / haben wir be - ſondere fundamenten gezeiget / warumb ſolches nicht ſein koͤnne.

Argum. iii. Die rechten ſagen L. fin. C. de malef. & mathem. man ſoll die Malefican - ten vmb jhre geſellſchafft befragen: vnnd jhrerL iijauſ -166auſſag glauben. Ich denck nicht daß man dieſes vmbſtoſſen kan.

*p. 354.Antwort. i. Man ſoll ja nicht von den Rechten weichen: ſed oſtendendo fallaciam: nun hab ich fauten genug gezeiget / welche guter raiſon zu wiederlauffen / alſo repetir ichs nicht weiter.

Antwort. ii. Es kan auff zweyerley weiß von den Hexen dißfalls gefragt werden 1. waß ſie fuͤr mit conſorten gehabt / wenn ſie Leut vnnd vieh mit gifft vmbgebracht / wenn ſie ſonſten greifflichen ſchaden gethan haben. 2. aber von jhren conventen / tantzen / wer darbey geweſen / waß ſie fuͤr kurtzweil dabey gehabt / ꝛc.

Von der erſten ſort moͤgen die rechten zuver - ſtehen ſein / ſo ferne: wenn dergleichen vmbſtaͤnde mit vnterlauffen / die einem verſtaͤndigen gewiſ - ſenhafften mann ſatisfaction thun: als das man der ſachen in der tortur nicht zu viel thue / ꝛc. Al - lein von der anderen ſort ſie zu fragen / iſt nit rath - ſam / weyl ſie die waarheit zu ſagen verhindert werden / auß vrſachen / die wir genug außgefuͤhret haben. Ob wol aber Binsfeld dieſes nicht an - nehmen wolte: ſo iſt er droben Dub. 37. num. 7. zur genuͤge abgeweiſet. Ich alſo nicht noͤtig ſol - che ding zu repetiren.

Argum. iv. Man glaubt aber anderen Ma - leficanten / wenn ſie jhre mit conſorten an - geben.

Antwort: Es iſt der vnterſcheidt zwiſchen denCri -167Criminal-haͤndeln vnnd der Hexerey / ſampt nothwendigen erinnerungen droben mehrfaͤltig außgefuͤhret / iſt alſo hie vnnoͤtig.

Argum. v. Man ſoͤll dem glauben der die waarheit redet: die erfahrung bezeugt / daß die Hexen die waarheit ſagen / wie mans auß den proceſſen darthun kan. Antwort eins iſt wahr: daß ander aber falſch. Waß die proceſſen an - langet / beſiehe vnter anderen / die 48. Streitrede Arg. 1. reſp. 3, vnd Arg. 4.

Argum. vi. Nota, es iſt in der prob dem er - ſten gleich / alſo nit noth zu ſetzen. Such die ant - wort Dub. hoc bey dem erſten.

Argum. vii. Es iſt aber Praxis Eccleſiæ, daß man den Hexen glauben ſoll: denn zu allen zeiten haben die Richtere jhren inquiſitional - proces hierauß angefangen.

Antwort i. Etliche vnd die meiſte thun daß / aber nit alle: wie anderſtwo erwieſen.

Antwort ii. Laß ſein / daß wir ein anders / zei - geten: eben darumb weil wir einen beſſeren weg finden vnd zeigen / ſoll man vns nit verwerffen.

Antwort iii. Der Richter praxis muß nicht praxis Eccleſiæ genennet werden. Dann die Kirchen muß gewiſſenloſe proceſſen nicht be - maͤntlen. Soll man die waſſerprob auch praxin Eccleſiæ heiſſen / die man ſo vnterſchiedlich falſch hat gefunden?

Argum. ix. Es ſtimmen aber die beſagun - gen jhrer vielen: all auff eine Perſohn.

*pag. 358.
*L ivAnt -168

Antwort: daß thut der ſachen auch nicht genug. Entweder ſo ſein ſie rechte Hexen geweſen: oder ſolche die man mit continuirlicher tortur, ſic hodie habet praxis zur auſſag gezwungen.

*p. 359.So es waarhaffte Hexen ſein geweſen. NB. Alſo haben ſie ſich 1. miteinander auß boß - heit auff eine gewiſſe Perſohn koͤnnen bereden / daß / wo ſie einmahl der Obrigkeit kundt wur - den / vnd in verhafft kaͤmen / ſo wolten ſie einſtim - mig / in allen vmbſtaͤnden auff eine gewiſſe perſon bekennen / deſſen genugſame exempell: 2. So hat der Teuffell koͤnnen ein vnſchuldige Perſohn præſentiret haben / da den die vielheit der Beſa - gerinnen abermahl vngrundtlich: 3. ſo hat der Teuffel jhnen ſelber koͤnnen alles alſo eingege - ben / vnd befohlen haben / daß ja vnſchuldige Leut gefaͤhrdet werden.

  • Sein ſie aber keine waare Hexen geweſen / ſo iſt die vielheit des gleichauſſagens deſto ſchwaͤcher.

Dann wo 1. viel alſo grewlich torquiret vnnd befraget werden / ſo kan auch ohngefehr geſche - hen: daß jhrer viel alle auff eine Perſon ſtimmen: bevorauß wenn man jhnen ſo zuſetzet. Zu dem 2. weyl die vnſchuldigen keine andere wiſſen / ſo denominiren ſie gemeiniglich die jenen / welche am Meiſten verſchreyet ſein / weylen 3. die Rich - ter ſelber an meniglich daß / waß in geheimen ver - handelt worden außpraͤdtlen: daß nun ſich eine von der tortur loͤſe / ſo bekendt ſie auff ſolch eine*p. 360.die169die ſchon etwa auch gefangen geſeſſen / vnnd daß gehet denn auff der reigen alſo fort.

Nun jhr Obrigkeiten jhr koͤndt hier gar keines weges entſchuldiget werden / daß ſie ſo ein weites gewiſſen haben / vnnd ſolche proceduren nicht hemmen. Es iſt ja dieſes ſo ein faͤhler den man woll konte corrigiren / vnd Richteren wie auch Chriſtlichen / daß nachklapperen abwehren / daß nicht ein gantze Stadt / mit fingeren auff die Leut die angegeben ſein / zu weiſen habe: ſo muß mans aber gehen laſſen / ſo kan man vber ein jahr ex fa - ma den inquiſitional proces anfangen. Vnd daß iſt hernach ein eifer / daß boͤſe auß zu reutten. Ich will nicht ſagen: daß man auß raachgier 4. ſelber oder durch den Hencker den leuten vorliſet / auff wen / vnd waß ſie bekennen ſollen. Wie ſol - ches an anderen orten genug angedeutet.

Argum. ix. Man ſiehet ja auß den Crimi - nal proceſſen, daß gemeiniglich alle beſagte / ſich ſelbs endlich in der tortur angeben / darumb muß man ſolch angeben nicht fuͤr vngrundtlich hal - ten.

NB. Antwort: dieſes argument will ich ſo hart nicht ſtraffen / wie jener wilder vnſinniger Fuͤrſt: welcher ſeine raͤth / wenn ſie einem die tor - tur zu erkandt: vorher mit gewalt eine halbe ſtundt an die folter hat ſpannen laſſen. Dann er hat geſagt: ſie wiſſen nit was ſie decretiret: So muͤſten ſie es von der erfahrenheit lehrnen.

Naͤrriſch were eine / wann ſie einmal angege -*pag. 361.L vben170ben worden / die ſich nicht alſo balden fuͤr ſchuldig bekennete / weyl man ſie doch mit der tortur dar - zu zwinget. Vberſtehet ſie die tortur / ſo muß ſie den Teuffel haben / verſtockt ſein / vnnd lebendig / auch ohne pulverſack verbrennt worden. Wer nicht weitter als 4. oder 6. ſchuh / von ſeinen Vat - terlandt kommen / der weiſt viel drumb / wie es auſſerhalb zu gehet.

Der leſer repetire hie Dub. 28. Argum. 4. Argum. x. iſt D. Goehauſens. P. P. Rintelen - ſis, vnd hat den verſtandt: Man ſiehet waß man fuͤr arbeit muß haben / biß mans darzu bringet: das eine die andere ſolte beſagen / dann der Teuf - fel hinderet dieſes mit macht darumb / daß mit der ſtraaff ſein reich nicht gemindert werde / vnd alſo andere ſich abſchroͤcken laſſen. *pag. 363.Derowegen ſoll man deſto gewiſſer darfuͤr halten / daß dieſe denuntiationes oder beſagungen waar ſeyen / weyl wir wiſſen / daß ſie invitißimo dæmone / wieder allen willen des Teuffels geſchehen / vnd darumben ſo nennen ſie ſo gerne die ſchon Todt ſein.

Antwort: i. dieſes argument iſt fuͤr / vnd nit wider vns. Dann ad majorem.

i. Der Teuffel iſt (invitißimus) gar vnge - halten / daß ſeine Dienerinnen ſolten die recht - ſchuldigen angeben / er laͤſt ihnen nicht zu: ſo muß er ja nicht invitißimus ſein: daß die rechtſchul - digen verſchwigen / vnd andere an dero ſtell ange - geben werden / wird ſich volentißimum darzuer -171erklaͤren. Alſo ſchließ ich vor mich hierauß / ſie werden mit beſten belieben jhres Meiſters viel eher vnſchuldige beſagen: als wieder ſeinen willen die rechtſchuldigen melden.

ii. Der Teuffell / wie D. Goehauſen / an ei - nem anderen ort will / verbeutet mit dem eydt - ſchwur / denn er von den ſeinen nimmet / daß ſie einander nicht ſollen verrahten / daß ſchweret ein jeder newe Hexe auff dem Tummellplatz. Im gegentheil / ſo nimmt er keinen eydt vber die vn - ſchuldigen. Warumb ſolten denn ſeine vnter - thaͤnigſte Dienerinnen / jhren eydt nit halten.

iii. Wenn ſie rechte Hexen angeben / ſo wirdt des Teuffels reich geminderet. So ſie andere angeben / ſo wirdt es nicht geminderet. Iſt denn des Tenffels reich vnter ſich ſo vneins / daß ſie ſol - ten ſich ſelbs verrahten?

*pag. 364.iv. Wenn ſie ſich ſelbs nennen / ſo werden andere abgeſchroͤcket. Wenn ſie vnſchuldige nennen / ſo werden die ſchuldigen geſtercket / weyl ſie ſehen / daß die raach nicht jhr eigene / ſonder ein andere herdt triffet.

Einredt: dieſes argumentes ſinn iſt verkeh - ret. Dann ich will ſo viell ſagen: wann die He - xen vnſchuldige benahmten / ſo wuͤrden ſie ſolchs ohne tortur woll thun. Nun thun ſie nichſt oh - ne tortur, ſo muß ja folgen / daß ſie die recht-ſchul - digen benennen.

Antwort: Ohne weiten wort-ſtreit / droben Dub. 44. rat. 5. iſt diß ſchen erleuteret: darumbdiß172diß argument zu erhalten / ſo muß man immer - fort vnd fort torquiren, ſo haben wir immer Hexen vollauff. O elend vnd vnachtſamkeit et - licher Gelehrten!

Nochmehr antwort;*pag. 366. auff daß x. argu - ment: die jenen / ſo andere angeben ſollen: ſein ent - weder waare Hexen: oder werden nur alſo genen - net / ob ſie zwar keine ſein / ſonder vi tormento - rum daß bekennet / daß nicht waar iſt. So es wa - re Hexen ſein: ſo iſt die folgerey oder nochtruck deß arguments falſch.

Dann ich retorquire diſes alſo / die rechte Hexen / ſo ſie angeben muͤſſen jhre mit Conſor - ten, ſo werden ſie bereit willig ſein nur vnſchul - dige anzugeben: welchs D. Gœhauſen nicht in abred iſt: nun aber alle die jetzund andere deno - miniren, die ſein nicht bereit willig darzu. Ergo die jetzunder andere angeben / die ſein keine waare Hexen.

Alſo faͤllet zu nicht daß / ſo im argumentſtund: daß die Hexen darumb nur allein die todten angeben.

Es were gut / daß man woll waar nehme / was ich jetzund ſagen will.

Die meiſten Richter ſein ſorgloß / vnerfahren / viel auch geldtgeitzig / vnd boßhafftig: die reiſſen mit gewalt zu jhrem vortheil / auß den liederlich - ſten indicien, die leut ins gefaͤngniß / vnd laſſen ſie torquiren: die gewalt der tortur iſt ein mut - ter derer Hexen / die keine Hexen ſein: weil aberHexen173Hexen ſein muſſen: ſo muſſen diſe jhre lehrmeiſte - rinnen nennen / jhre juͤngerinne / vnd mittgeſpie - len. Dieſes nun gibt dem gewiſſen viel zu ſchaf - fen: darumb ſo wollen ſie nicht daran biß man ſie Peiniget / vnd bekennen ehr nichts / biß die viel - heit der tortur jhnen zu ſchwer vnd vnertraͤglich faͤllet: wenn ſie nun alſo die Pein nicht mehr be - ſtehen koͤnnen / ſo nennen ſie die jenen / mit wel - chen ſie jhr wort moͤgen beglaubt machrn / vnd jh - nen doch ſo viel moͤglich nicht ſchaden: der leib iſt zwar vberwunden / aber daß gewiſſen / daß ſtehet noch veſt / darumb nennen ſie die jenen / ſo ſchon geſtorben / oder als Hexen ſchon verbrennet ſein. Nun noͤtiget man ſie weiter / ſo nennen ſie auch dir noch leben / vnd zwar ſolche / die genug ſchon diffamiret ſein: die von anderen ſein angege - ben / oder ſchon gefangen / oder deßwegen gefan - gen geweſen ꝛc. NB ſag ich mit willen die vn - warhait: ſo thue mir Gott diß vnd daß. NB Ver - ba autoris latina: Id enim ita pasſim fieri, ſi ſciensfallo; tum Pater omnipotens adigat me fulmine ad umbras: Ich weis aber was ich rede: vnd woher ichs wiſſe / daß wil ich den Obrig - keiten am juͤngſten gericht gnugſahm zeigen / ſie werdens auch wol innen werden / weil ſie es jetzo wiſſen ſolten / vnd nicht wollen / wie ſie dann von vielen vnſchuldigen anitzo dahin citiret werden. Wer daß lieſet der mercke drauff / waß ich ſage!

Argum. xi. Soll man dem Beſagen nit glauben / ſo hat man kein mittel die Hexen zu ertap -*pag. 367.pen /174pen / vnd außzurutten: ſo mag daß gemeine weſen von boͤſen weibern nit geſeubert werden. Darum ſo muß man dem beſagen glauben.

Antwort. i.*pag. 369. Es iſt nicht wahr / denn es ſein noch andere vnnd beſſere indicia vnd mittel / die ſuch bey Tannero, &c.

Einredt: Obwolln indicia etwa weren / ſo fin - det man nur gemeine Hexen: aber man kan alſo an jhre Oberhaͤupter nit kommen. Dann man hat nie keine vornehme Hexen ſehen daß thun / was die dorff-Hexen mit jhren ceremonien?

Antwort: ii. * Was ligt daran? ſoll ich dar - umb gewiſſenloſe mittel vnd weg brauchen? Ent - weder hat man gewiſſens gegruͤndete mittel / oder keine. Hat man jene / ſo brauch man ſie: hat man aber jhrer keins / ſo rath ich man ſoll nachlaſſen. Wer zwinget die Leut zu ſolchen gewiſſens loſen mitteln.

Antwort iii. Es iſt kein anders mittel: Ergo ſo iſt das beſagen ein gutes mittel. Iſt eben ſo viel / Ich ſoll Meß halten / hab keinen Wein / ſo iſt der Eſſig gut darzu / dann er iſt ja naß.

Einred: daß heiſſet den Hexen den rucken gehalten.

Antwort: das kan mir der Bawr ſagen: Ich gehe mit guten rationibus meine meinung zu behaupten / vnd nicht mit Sophiſterey. Tan - nerus ſagt: das heiſt nicht den Hexen / ſondern den vnſchuldigen huͤlff thun.

Ant -155[175]

Antwort iv. Ich will nachgeben / daß man dem beſagen glauben ſoll / ſo folget:

i. Man hat mit dem betrieglichſten mittel / ohnglaublich viel Hexen gemacht.

ii. Alles iſt voller Hexen: warumb? die He - xen vnd der Teuffel bezeugen das.

iii. Binsfeld ſtreitet / man koͤnne kein gewiſ - ſes indicium haben / als die denunciationen: andere ſagen wir haben ſchwaͤre indicia.

iv. Wir folgen der gemeinen praxi, ſo koͤn - nen wir nicht faͤhlen.

v. Der gemeine mann meint: Es ſeyen die Richter-Stuͤl mit eytel reinen Engelen beſetzet. Woher? Die Hexen ſagens.

vi. Ich halts fuͤr ein ſchmach dem Teutſchen nahmen / auß einem ſolchen fundament, die proceſſen zu rechtfertigen.

vii. Noch aͤrger iſts / daß man auch der geiſt - lichen in hoc paſſu nicht ſchonet.

viii. Vnd das man ſo weit kommen / daß auch Hohe-Fuͤrſtliche Perſonen / vngeſcheucht / mit ſolchem Beſagen beſchmitzet werden.

ix. Item: daß man bettel-jungen zu Zeugen argliſtiger weiſe dinget: die muͤſſen denn daher ſagen / ſie haͤtten diß vnd jenes geſehen / ꝛc.

x. Newlich iſt eine entronnen / vnd mit einem Landsknecht davon gezogen: So haben die Rich - tere geſagt: Der Teuffel hab ſie geholet. Solche maͤhrlein werden protocolliret.

Die176

*pag. 376.Die 50. Streit-rede. Weſſen ein Richter ſich hierinnen zu reſolviren / daß er ſicher gehe: Ob ein mittel - weg zu finden: oder ob er der andern Parthey ſoll beyfallen: oder aber vnſerer meinung folgen: die das beſagen oder ange - ben der Hexen gantz ver - wirffet?

ANtwort: Er kan mit Gegentheils mei - nung nicht ſicher gehen: auß vhrſachen / wie folget

i. muß in allen zweiffelhafften Dingen der ſichere Weg gegangen werden.

ii. Ich hab mit gutem Exempeln geweiſet / gegentheils Meinung koͤnte nit ſtehen: Alſo muß man mich widerlegen vnd beſſeres zeigen / oder aber mir folgen.

iii. Die Rechten wollen / daß man (in du - biis) da man zu zweifflen hat / mehr auff deß be - klagten Seiten ſey / denn auff deß Klaͤgers.

iv. Ein Richter ſoll ſecuriorem interpre - tationem ein mehr geſicherte außlegung anneh - men. Juxta cap. ad audientiam &c. ſignifi - caſti 2. de Homicidio.

Einred: Binsfeld rufft aber / auff die weiß werde dem gemeinen weſen nicht geholffen:

Antwort:*pag. 376. iſt ein vergebnes geplaͤrꝛ: Ich mein man kan auß nunmehr außgefuͤhretenStreit -177Streitreden gnugſam colligiren, wann man dem Beſagen ſo viel autoritaͤt ſoll muͤſſen zu - meſſen. So werde man den Weitzen der vnſchul - digen mit dem vnkraut außgetten. So hoͤr ich woll: das heiſſet das Land ſaͤuberen / wann man ſo gefaͤhrliche Mittel brauchet: daß auch ſchwer - lich der aller vnſchuldigſte ſicher were?

Alle Inquiſitoren, die ruffen vnd ſchreyen: die Hexerey ſey ein aller geheimeſtes Laſter: Ob es aber ſo geheimb ſey / da das Mittel deß beſa - gens / ſo hoch autoriſiret were / daß ſicht ein Kind wol / daß ſolch jhr ruffen vnd toben Thorheit iſt.

Einred ii. Nit ohn iſt es / deine Meynung / die iſt wegen deß beſagten etwas gelinder: Allein die andere iſt wegen deß gemeinen beſten vnnd deß gantzen Landes viel nutzlicher: Dann auff dieſen Weg werden die Proceſſen befoͤrdert / vnd erleich - teret man die execution der Proceſſen / ſagt D. Goͤhauſen P P. Rintelenſis.

Antwort: Vnſer Meynung iſt freylich gelin - der / aber auch viel ſicherer / wegen deß Angebers / vnd des beſagten / vnd deß Landes.

Dann der Beſagte kompt auß der gefahr: vnd der Beſager eben ſo wol / ſo er vnſchuldig: ſo wird das Land auch nicht verwuͤſtet / wenn man etliche wenige boͤſe geduldet: daß man den From - men nicht ſchaden thue. *pag. 377.So iſt die promotion deß Juſtitien weſens / wann man ſie ſo durchtrei - ben will dem Landt mehr ſchaͤdlich als fuͤrtraͤglich beſihe drob. Dub. 8. n. 3.

MEinred178

Einred iii. Gib boͤſen Buben Gnad: vnd ſich was daß den Frommen ſchad? Mit dieſer Gnad kommen viel zu kurtz idem Rintelenſis.

Antwort: Das reimt ſich hiehero nicht. Ich red nicht von Leuten die mit Recht / vnd ex pro - priis factis uͤberfuͤhret ſeyn: Sondern von de - nen / die man auß deß Teuffels / vnd ſeiner inſtru - menten Luͤgenmund / oder vnſchuldiger / mit Pein Erzwungener / vnd mit Forcht erpreſſeter Vhrgicht: oder auß leichtfertiger Leuten diffa - miren, mit gewalt perfas & nefas will zu Hexen machen. Der iſt viel mehr grimmig / der ut hodie ſicfert praxis, argumentiret als ich. Iſt gar zu Kindiſch von ſo einem groſſem Doctor.

*pag. 178.Die 51. Streit-rede. Eine kurtze Erzehlung / wie heut zu Tag die Proceſſen / gegen die Vnholden oder He - xen in Teutſchland / angefangen / formaliſiret, fortgeſetzet / vnd bey den meiſten geendiget wer - den: Ein Handel deme wol vnd fleiſſig nachzudencken?

ANtwort: Es haͤtte der Leſer / das gantze Werck ohne mich / auß dieſem tractat zur genuͤge koͤnnen colligiren: Weil aber ei - nen Summariſchen begriff zu verfaſſen mir viel behaͤnder faͤllet / ſo will jhne her zuſetzen ich mich nicht laſſen ver drieſſen / wiewol viel auß wird gelaſſen / welches auch nicht fuͤglich haͤttemit179mit einkommen moͤgen: worob man ſich auß denen Dingen / ſo bißher gezeiget worden zur ge - nuͤge belehren kan / vnd ein jeder ſelbſt der Sa - chen weiter nachdencken.

i. Der erſte conſiderations-puncten beſte - het darinn: daß in Teutſchlandt (vnter den Ca - tholiſchen am allermeiſten) bey dem gemeinen Poͤfel / deſſen man ſich wol ſchaͤmen muß: Ein vnglaͤublich vnd vnſaͤglicher Aberglauben / Neyd / Verlaͤumbdungen / boͤſes Nachreden / gifftiges Ohrenblaſen vnd Klapperwerck / vnd was dar - auß folget / uͤblich.

Die Obrigkeit ſtrafft nicht: Die Prediger eyferens nicht / Verſtaͤndige verachtens nicht. *pag. 379.Darauß entſtehet am aller erſten der Argwohn von der Hexerey. Was GOtt den Leuten boͤſes in ſeinem Wort bedrowet / wenn es kommet / ſo ſagt man: das kompt von Hexen her. So gar / daß Gott vnd die Natur nichts mehr thun: ſon - dern allein die Hexen die muͤſſen mit gewalt alles gethan haben.

ii. Daher ruffet jederman mit Vngeſtuͤm - me: Ein Obrigkeit ſoll ein einſehen thun: man ſoll nachfragen / wer doch die Hexen ſeyen / deren keine als durch boͤſe Maͤuler gemachet / vor - handen.

iii. Hierauff ſo kommen Befelch auß den Hoff-Cantzeleyen: Richter vnd Raͤth follen Pro - ceſſen gegen die Hexen anſtellen.

iv. Dieſen wiſſen dem Werck keinen AnfangM ijzu ge -180zu geben: Vrſach ſie haben keine indicia, vnnd probationen: Das Gewiſſen ſagts jhnen ge - nug / man ſoll in hoc paſſu nichts freventli - chen vornehmen.

v. In deſſen kommen Befehl uͤber Befehl / ſie ſollen fortfahren. Der gemeine Poͤfel ruffet vnd ſchreyet: daß ſolches Verzoͤgeren etwas an - ders hinder ſich habe. Vnd die Herꝛen laſſen ſich endlich ſelbſt auff eine ſolche Meinunge bringen.

vi. Daß man aber jhnen nicht ſolt obſequi - ren, vnd jhr Vngnad auff ſich laden: Das haͤlt man fuͤr ein ſchweres Ding in Teutſchlandt: Faſt alle Geiſtlichen ſeyn gemeiniglich in dieſem vnd andern Stuͤcken heuchler / vnd heiſſen alles gut was jhre Fuͤrſten haben wollen:*pag. 380. geben keine achtung drauff / von weme jhre Herꝛen / die von Natur Fromb ſeyn / auffgehitzet werden.

vii. Alſo pariren denn endlich die Herꝛn Raͤth / Richter / ꝛc. Vnd findet ſich denn etwa ſo obenhin ein Weg zum Anfang.

viii. Oder ſo ſie ja noch hæriren, vnd ſo ein gefaͤhrliches Werck nicht angreiffen woͤllen / ſo ſendet man einen Inſonderheit darzu deputir - ten inquiſitoren oder Brandtmeiſter. Welcher wann er mit der Vnerfahrenheit bekleidet iſt / vnd mit eifferſichtiger vngeſtuͤmme beguͤrtete: wie es dann bey Menſchlichen affecten gehet / ſo muß es in dieſer Sachen kein Zornmuͤtigkeit heiſſen / ſondern enderet ſein boͤſen Anhang / vnd wird ein Gottſeliger Eyffer genennet: Solcherver -181vermehret ſich durch gewinnſuͤchtigkeit: alles vn - ter den ſchoͤnen Nahmen der Juſtitien: bevor - auß wann er eine hungerige Muͤcke vnd darbey geitzig iſt / vnd das Hauß voller Kinder hatt: da man dann jhme von jeder Hexen / die er Richten laſſet / etliche Thaller aßigniret, beneben daß er ſeine accidentien ſonſten darbey als ordentliche Collecten vnd Contributionen zu heben hat / darzu jhme die Dorffſchafften / vmb der Hexen / wie ſie beredt ſeynd loß zu werden / gutwillig helffen.

ix. Wann nun ein Ertzverboͤſter Landtbub etwan ein Wort hat laſſen fahren / oder ſonſt etwa ein boͤſes Geſchrey / uͤber ein arme alte verachtete Gaja (dann andere indicia oder famam pro - batam hat man nimmermehr) er gehet / ſo muß die Alte dran / vnd die erſte werden.

x. Daß es aber den Nahmen nicht habe / man gehe nur bloß auff daß gemeine Geſchrey / ohne Reſpect andere indicia auch zu brauchen: ſiehe*pag. 381. ſo findet ſich flux ein Zwickmuͤhlin: dann die alte Gaja iſt eines boͤſen verruchten lebens: oder ſie iſt fromb vnd einfaͤltig. Iſt ſie boͤß geweſen: ſo ſagt man: daß iſt ein groß indicium: dann von Boßheit auff Boß heit zu præſumiren iſt jeder - man ſehr geneiget. Iſt ſie fromb: Ja heiſts / alſo gehets / ſo muͤſſen ſich die Hexen bergen / daß man ſie nicht kenne / ſondern fuͤr ehrlich halte.

xi. Damit ſo faͤhrt man mit Gaia zum Loch: Da iſt eine newe Zwickmuͤhlin bey derM iijHand.182Hand. Dann entweder ſtellet ſie ſich forchtſamb: oder aber keckmuͤtig. Iſt ſie forchtſamb / weil ſie offt gehoͤret / wie grawſamb die Vbelthaͤter in der tortur hantieret werden / das iſt ſchon ein indi - cium: jhr Gewiſſen klaget ſie an / ſagen ſie. Ver - laͤſt ſie ſich auff jhr Vnſchuld / vnd iſt getroſt: daß iſt das rechte indicium: dann das iſt proprii - ſimum, das eigentlichſte Zeichen / daran man die Hexen kennet / daß ſie auff jhr Vnſchuld ſich be - ruffen / vnd ſich fuͤr fromb außgeben.

xii. Daß aber den Inquiſitoren an andern indicien nichts mangle: ſo haben ſie jhre eigene beſtelte Leut darzu / gemeiniglich rechte Landt - ſchelmen vnd Lotterbuben (dann ein ehrlich Ge - muͤth ſoll lieber hungern vnd das Brod betteln /) die muͤſſen auff der Gaiæ gantzes Leben biß zuruͤck hinauff in dero kindliches Alter inquiriren:*pag. 382. da es dann vnmoͤglich / daß nicht etwas vorfalle von Worten oder Thaten / welches von uͤbel-Außle - gern / nicht auff die Hexerey ſolt koͤnnen gezogen werden / dañ da muß ſich alles biegen vnd draͤhen laſſen / wie es die Leut ſelbſt wollen haben: vnd ſo hat man ja wieder einen Weg zu indicien.

xiii. Hat ſie nun Mißgoͤnner bißhero gehabt / ſo iſt diß ein außerleſeneſtes Mittel jhr auffs eu - ſerſt zu ſchaden: dann da iſt kein ſchonen / man laͤ - ſtert / verlaͤumbdet vnnd leuget das ſich die Bal - cken biegen moͤchten: vnd da muß es aller orten lauten / man finde ſie mit groſſen indicien be - ſchwehret.

xiv. Deß -183

xiv. Deßwegen flux 80. Stuffen im Thurn / in den Keller hinab: den Marterſpiegel her / her - fuͤr mit den Schweininen-ſchuhen / Daumen - ſchranffen / ꝛc. Wo man ſie nicht gleich den er - ſten Tag ſchon / da ſie in verhafft kam an die Folter hat gebracht.

xv. Dann da muß man kein Advocaten verſtatten: Es muß einer jeden die Defenſion jhrer Ehren nicht verſtattet werden / vnnd Gaia hat nichts: So iſt es ein Crimen exceptum, in welchem wo einer Advociren will / vnd die De - fenſion vornchmen / ſo wird er ſelber verdaͤchtig: Dann auch ein jeder der die Richter zu erinneren ſich annimmet / das ſie behutſam gehen ſollen / fuͤr ein Hexenmann geſcholten / vnd fuͤr ein Hexen - patronen traduciret werden muß. Alſo werden jedermann die Maͤuler geſtopffet / vnnd die Schreibfedern auß der Hand geriſſen / daß nie - mandes reden oder ſchreiben doͤrff.

xvi. Daß es aber einen Nahmen habe / man habe jhr die Defenſion nicht verſaget: So ſtelt man ſie zum Schein fuͤr / vnd liſet jhr die indicia vor: ob man aber jhre Gegenantwort anzeichne / das weiß ich nicht / ſcheinet man hoͤret ſie nicht viel.

xvii. Oder ob man ſie hoͤret / vnd ſie alles zu dem reineſten ablehnet / vnd zu den lauterſten wi - derleget / da gibt man kein Achtung auff: Viel we - niger wirds protocolliret: es bleibt alles ande - res in vorigen Valor, ſie moͤg es haben gruͤnd -M iiijlich184lich vmbgeſtoſſen / wie ſie immer woͤlle: damit heiſt man ſie wieder in das Loch fuͤhren / mit ver - melden / ſie ſoll ſich eines beſſeren bedencken / ob ſie ſo Halßſtarrig woͤll verbleiben: Dann darumb / daß ſie ſich wol verantwortet / ſo heiſt man ſie verftocket.

xviii. Wann ſie ſich nun bedacht: ſo kom - met man / vnnd ſtellet ſie einen andern Tag wie - derumben vor: damit liſet man jhr fuͤr: die tor - rur ſey jhr zuerkant: als wann ſie gar vorhin nichtſen ſich verantwortet haͤtte.

xix. Eher man ſie aber an die Marter fuͤhret / ſo bringet ſie der Hencker beyſeits: vnd daß ſie nit Zauberey wider die Folter bey ſich habe / ſo ziehet ſie der Hencker nackend auß: ſchneidet vnd ſchiret ihr die Haar aller orten ab: O ſchand uͤber ſchand an vns Catholiſchen / da man Exempel hat / das ſolches meiſt an jungen Weibsperſonen veruͤbt worden / da man ſie mit Henckersfingern ich weiß nicht wo hat laſſen ſchand - vnnd ſchamloß befuͤh - len! Es iſt gleichwol niemal bey keiner dergleichen was gefunden worden / dannoch muß man der Geilheit eines ehrloſen Henckersbuben ſolche ſchandthat verſtatten.

xx. Aber man hat ſolches auch an Geiſtli - chen / nicht nur Alten: ſondern jungen Perſonen / wider alle jhre privilegia: an Mannsperſonen laſſen veruͤben / ꝛc.

xxi. *pag. 384.Wann man nun Gaian Kahl ge - macht / vnd allesan jhr befuͤhlet vnd beſuchet / ſowird185wird ſie dann gepeyniget / daß ſie die Waarheit bekenne. Das iſt ſie ſoll ohne fernere außred / ſich fuͤr eine Hexen bekennen. Was ſie anderſt wird ſagen / das muß gelogen ſeyn / es iſt kein War - heit dran.

xxii. Das iſt nun die erſte Art / nemlich et - was gelinders mit der tortur verfahren: das muß man ſo verſtehen / ob wol dieſe tortur bitter genug iſt / ſo iſt ſie doch in reſpect der andern folgenden / ſo ſie in der erſten nichts bekennet / fuͤr gelinder zu halten. Dahero / wann ſie das erſte - mal flux bekennet / ſo ſpargiret man auß / ſie hab gutwillig ohne tortur bekent.

xxiii. Wann nun ſolches gen Hof berichtet wird / vnd vnter die Leut kommet / wer ſolt nicht meinen / daß Gaia ſchuldig ſey / weil ſie ohne tor - tur hat bekent?

xxiv. Alſo nimpt man weiter kein Gewiſſen / ſie an die Gerichtsſtatt zu bringen vnnd zu ver - brennen / dann ſie iſt ein Hex / vnd muß ein Hexe ſterben / ſie ſey es oder nicht. Dann wann man einmal mit der tortur hat angefangen / ſo iſt es mit Gaia gethan / ſie kan nicht loß kommen / fort muß ſie / da hilfft nichts dargegen.

xxv. *pag. 385.Dann entweder ſo bekennet ſie: oder ſie bekennet nicht. So ſie bekennet / ſo iſt der han - del klaar / vnd hat die Tragœdi ein end: Vnnd ſie wird gerichtet / darnach verbrent: Alles revo - ciren iſt vergebens / wie droben / an andern Or - ten weitlaͤufftig erweiſet worden. So ſie aber nitM vbekent /186bekent / ſo repetiret continuiret man die tortur 1. 2. 3. 4. ꝛc. mal: Dann weil es ein ex - ceptum Crimen, ſo iſt hie alle Grauſamkeit er - laubet / man bedenckt kein Zeitlaͤnge / kein ſchmer - tzen / kein andern vmbſtand / ſo gar / daß man nicht Grimmigkeit zu erſinnen weiſet. Die Richter meinen daß ſie hier nichtſen ſich im Gewiſſen verſuͤndigen / ſonder meinen allein das Schonen / moͤchte ſie beſchwehren /

xxvi. Wann nun einen gefunden wird / ſo die tortur etlichmal uͤberſtandẽ / vnd doch reinen Mund gehalten: wann ſie in der tortur die Au - gen verkehret / oder gar ohnmaͤchtig wird / ꝛc. Da ruffen die Henckersknecht: ſie lache / ſie ſchlaaffe / ſie ſey gegen die tortur vom Teuffel verzauberet: vnd ſeye aͤrger als keine. Der Richter laͤſt ſie deß - wegen lebendig verbrennen: deren Exempel ja ge - nug vorhanden. Vnd das ſcheinet deßwegen zu geſchehen / daß man den andern damit einen ſchrecken einjage: dann was kan den Menſchen ſehrer erſchrecken als der Todt deß Fewers?

xxvii. Vnd daß heiſſen dann vnſere Geiſt - lichen vnd Beichtvaͤter: ohne Buß / in Halß - ſtarrigkeit / vnnd Verſtockung dahin geſtorben ſeyn: man hab ſich nicht wollen bekehren / ſie hab jhren beyliger den Teuffel geſehen / dem hab ſie wollen trew berbleiben. Vnd davon muß man dann auch auff der Cantzel reden.

xxviii. Begibt es ſich aber / das eine von ſo vieler grawſamer tortur jhr Seelaußblaſet:ſo ſa -187ſo ſagen ſie: der Teuffel hab jhr den Halß abge - draͤhet: Vnd da brauchen ſie ſo ein ſchoͤnen be - weiß zu /*pag. 386. daß wann er gelten ſolte / jedermann eines ſo boͤſen Todes muͤſt geſtorben ſeyn / wie droben ſchon erweiſet worden.

xxix. Darumb ſo iſts billich / daß der Hen - cker ſolchen Coͤrper hinauß ſchleifft / vnnd vnter - den Galgen begrabe.

xxx. Stirb nun Gaia nicht: iſt etwan einer mit widerholung / ich ſoll ſagen Continuirung der tortur Scrupulos, vnd wolt gerne newe in - dicia haben / will ſie auch nicht brennen / weil ſie nicht bekant: ſo laſt er ſie doch nicht loß / ſondern behaͤlt ſie in der Gefaͤngniß? vnd laſſet ſie haͤrter ſchlieſſen / vnd in allem uͤbler dann zuvor tracti - ren: kein Menſch muß zu jhr kommen / Nie - mand als ein vngeſtuͤmmer Geiſtlicher muß ſie troͤſten / ſie mag alſo Jahr vnd Tag dahin ligen / ob ſie alſo / als im Eſſig gebeitzet / koͤnt uͤberwun - den werden.

xxxi. Dann ſie mag ſo biel torturen auß - ſtehen als ſie immer kan / ſo kan ſie ſich nicht dar - mit purgiren / oder das einmal auffgebuͤrdete La - ſter ablegen. Es moͤgen die Rechten gleich dar - von ſtatuiren / was ſie immer wollen. Es were ja den Brandtmeiſtern ein ſchand / das ſie eine alſo ſolten loß laſſen. Sie muß perfas & nefas ſchuld haben / weil ſie einmal in verhafft kom - men.

xxxii. Indeſſen gebraucht man allzeit / vn -erſah -188erfahner Geiſtlichen jhrer Viſiten, man nimmet vngeſchlachte / vngeſtuͤmme / vnbarmhertzige Leut / die den Gefangenen mehr beſchwerlich ſeyn / als die Hencker ſelbſten: deren Ordre vnd Ampt iſt: die Gefangene auff das vnſchlindigſte zu importuniren, biß ſie ſich zu letzt ſie ſey ein Hex oder ſey keine fuͤr ſchuldig angiebet: will ſie ſich fuͤr keine bekennen / ſo ſagen die Pfaffen: ſie koͤnten ſie nicht beicht hoͤren / ſie koͤnten nicht ſee - lig werden / man koͤnte jhnen das Sacrament nicht reichen.

xxxiii. *pag. 387.Man ſiehet ſich aber zum fleiſig - ſten vor: daß nicht etwan geiſtliche Leut / die von etwas Verſtand ſein zu dieſen actionen kom - men / dann ſie moͤchten auß der Schul ſchwetzen. So muß auch ſonſt niemand zu den Gefangenen verſtattet werden / der jhr beſtes wiſſen / jhnen Ra - then / helffen / vnd das Werck an den Landsfuͤr - ſten bringen koͤnte. Darumben ſo muͤſſen der Jungen Herꝛn Hoffmeiſter / vnd der Alten jhre Beichtvaͤtter zu dieſen ſpiel zu kommen / weit weit abgehalteu werden. Dann man nichts mehrers / als das foͤrchtet / das Spiel moͤcht an den Tag kommen: Darumb wann die Gefan - genen ſolche Leut zu ſich / auß alter kundſchafft / bitten / ſo ſchlaͤgts mans jhnen ab. Ja es haben die Brandtmeiſter ſich vernehmen laſſen: es ſoll ein Fuͤrſt / als turbatores juſtitiæ, ſolche Leut abſchaffen / vnd jhnen das Land berbieten. [Der Autor ſiehet mit dieſem Articul auff vornehmeLeut /189Leut / Edle / Cantzler / dero Soͤhne / ꝛc. welche ich weiß von ſolcher Furie auch hinweg geriſſen worden ſeyn] der Leſer frag nur der Sachen weiter nach.

xxxiv. Damit nun Gaia auch lebendig ver - brent werden muͤſſe / ſo ſchickt man Sothane Acta, wie oben außgefuͤhret an Academien. Dieſelbe wiſſen vmb die heimlichkeiten nicht - ſen / vnd alſo heiſt es: wir thun niemands Vn - recht / die Acten ſeynd mit dem Vrtheil von der Academien wieder kommen.

xxxv. Etliche aber /*pag. 388. daß ſie alles erfuͤllen / laſſen bey den Catholiſchen einen Exorciſten zu der Geſangenen holen: da fuͤhrt man ſie in ein ander Gefaͤngniß / dann im vorigen ſo wohnet der Teuffel / im newen Ort beſchweret man den Teuffel / er ſoll nicht mehr hinderniß an der Juſti - tien machen / da ſolt einer ein Spiel ſehen. Ihr narren enderung deß Orts wird den Teuffel nit außtreiben! Setzet Gaia auff den Altar / ſo jhr ſie wegfuͤhret / kann er nicht wieder in ſie fahren / es were dann Sach / daß jhr die Henckerey auff dem Altar / zu Entweyhung der Heyligen Oerter / woltet an jhr mit allen ſchand Ceremonien treiben laſſen: Daß heiſſet das maleficium ta - citurnitatis, oder die verzauberte Stillſchwie - genheit vertreiben. So daß auch nicht hilfft / ſo verbrent man ſie lebendig als ein Eigenthumb deß Teuffels: ſag mir einer durch Gottes Barm - hertzigkeit / wo iſt doch hierbey eine Hoffnung /daß190daß auch die vnſchuldigſte Perſon koͤnte darvon kommen? O du aller armeſte Gaia, waß haſtu gehoffet? warumb haſtu den erſten Fußtritt zum Gefaͤngniß nicht alſobald geſagt: du ſeyeſt eine Hexe? O du aller elendeſtes weibliches Ge - ſchlecht / warumb biſtu ſo naͤrriſch / daß du nicht einen Todt / fuͤr ſo viel grawſames nicht-ſterben koͤnnen / erwehleſt? Folg doch gutem Rath / vnd ſag: duſeyeſt ſchuldig. Vnd ſtirb: dann das will der vnſinnige Teutſche Juſtitien-eyffer einmal fuͤr allemal von dir haben.

xxxvi. Dann wann eine vor Schmertzen / ſich einmal faͤlſchlich hat ſchuldig geben / ſo iſt jhr Elend nicht mehr außzuſprechen. Dann es iſt hie gantz kein mittel mehr / wieder ledig zu kommen. Sie mus jhre Geſpielen angeben / deren ſie doch keine hat vnd kennet / vnd die man jhr doch in der tortur vorliſet: welches ſtuͤcklein ohnlaͤngſt ein Lutriſcher Prediger auch von den Catholiſchen gelernet: oder der Hencker gibt jhr ein / welche ſie beſagen ſoll: oder ſie ſaget ſelbſt welche an / die vorhin verſchreyet oder verbrennet / oder einmal wegen Hexerey geſeſſen / vnd auff Caution vnd andere weg wieder loß kommen: dieſelben muͤſſen dann auch andere: jene wiederumben andere / vnd ſo fort angeben: Wer ſiehet hie nicht / daß das Spiel in infinitum will hinauß lauffen?

xxxvii. Darumben muͤſſen die Richter ent - weder dieſe Proceſſen vnnd boͤſe Kuͤnſten ein - ſtellen /*pag. 389. oder ſich vnnd alle die jhrigen vor -her191her ſelbſten verbrennen laſſen: dann daß betrieg - liche beſagen / ſo lange daß torquiren wehret / alle Menſchen nothwendig zu Hexen machen muß.

xxxviii. Vnd alſo muͤſſen zu letzten die je - nen / auß gerechten Vrtheil Gottes ſelber auch dran / die das Fewer am erſten auffgeblaſen.

xxxix. Wiewol nach ſo vnwiederbringli - chem Ehren-Seelen-Leibs - vnd Gutsſchanden / den Leuten ein wenig einmal die Augen auffge - hen wollen.

xl. Es koͤntens ja die Richter nichtlaͤugnen / daß ſie blos auff das beſagen gehen. Ich hab ſie deſſen nun vorhin Dub. 39. genug auß jhrem Maul uͤberweiſet. Mit der Fama, vnd Hexen - zeichen kan man auch nicht beſtehen / vnd nimpt mich wunder / daß das Hexenzeichen / als ein Henckers Schelmenſtuͤcklein / von niemanden noch iſt auff die rechte Prob zu ſetzen / verſucht / oder als ein Ertzbetrug vermercket worden. Es iſt ja der Handel an ſich ſelbſten ſchwer genung: vnd were nicht noth jhn ſo leicht zu machen.

xli. In deſſen nun alle proceſſen ſo hitzig fortgehen /*pag. 390. vnd das Fewer nimmer außliſchet / da eine die andere anzugeben kein auffhoͤrens. So muß; waß im geheim bey der peinlichen Verhoͤr iſt vorgangen alles außkommen. Dann daß iſt der Weg zu den newen indicien. Wann nun jemand fliehet / ſo gibt er ſich ſchuldig: fliehet er nicht / vnnd iſt beſaget / ſo iſt er doch ſchuldig:Dann192Dann der Teuffel will jhne nicht laſſen fliehen / ſagen ſie: vorhin ſagten ſie / Gott reiſſe die Leut zur Straff: jetzo kommen ſie / vnd ſagen: der Teuffel halte die ſchuldigen / daß ſie nicht flihen koͤnnen.

xlii. Noch mehr / wann man will wiſſen ob man beſaget ſey: vnd zu den defenſions-Mit - teln greiffen / ſo nimpt der Brandtmeiſter die Leut bey den Kopff / ſagt ſie haben ein boͤſes Ge - wiſſen. Daß mus ein indicium zur captur ſeyn.

xliii. Hiermit /*pag. 391. wann er ſchon noch nicht torquiret wird / ſo kompt er doch den Leuten in die Maͤuler / in einem paar Jahr / ſo iſt die Fama ſo hoch geſtiegen: daß man ſie zum indicio ad torturam braucht / ob ſie ſchon auß einem fal - ſchen fundament, deß beſagens herkommen.

xliv. Eben alſo gehets auch denen / welche durch boͤſer Leute Maͤuler in Verdacht kommen. Dann fangen ſie mit den Calumnianten an zu Rechten: So muͤſſen ſie ſchuld haben: laſſen ſie es: ſo ſeyn ſie auch ſchuldig / dann ſagt man ſie haben ein boͤſes Gewiſſen.

xlv. So iſt nun nichts gefaͤhrlichers / als daß dieſe Leute nicht auch in der tortur beſagt werden.

xlvi. Darumb wer nur einen Feind hat: er ſey wer er wolle / der wiß fuͤr gewiß / er muß zu der ſtundt dem Brandtmeiſter in die Hand / zu welcher ers nicht gemeint haͤtte. Merck dieſes Leſer.

Nun193

Nun ich wuͤnſchete / daß einer ſich uͤber dieſes Buͤchlein / vnſerem Vatterlandt zum beſten / ſetzte vnd es Teutſch machte. Gott wird an jenem Gerichtstage noch mehr grewel offenbahren.

APPENDIX. Von nachtrucken vnd Krafft der tortur: vnd deß beſagens: was dieſe Ding außrichten koͤnnen. *pag. 393.

ANtwort: Faſt gar alles. Daher newlichs einer geſagt: die tortur iſt allmaͤchtig. Es ſeyn Exempel verhanden / daß Leut auff ſich ſelbſt bekaͤnt haben: daß ſie haͤtten die - ſen vnnd jenen den Todt angethan / ſeyn auch drauff gebrennet: uͤber etlich Zeit hat man die Leut noch lebendig geſehen / von denen bekant war / ſie ſeyen zu Todt gehexet. Ich hab das Papier mit ſolchen dingen nicht moͤgen verklickern / dann das kan ein jeder: vnnd weil die noch lebenden die Schand nicht wolten haben / daß jhrer gedacht wuͤrde. Ein einiges will ich doch allhero ſetzen / welches ein vnglaubliche menge Menſchen be - greifft / vnnd wundert mich / daß man noch nie - maln ſolches beſſer beobachtet hat.

Ein merckens-wuͤrdige Geſchicht. Zum Zei - ten Kaͤyſer Neronis ward zu Rom ein Fewers -Nbrunſt:194brunſt: obs ohngefehr / oder durch deſſelben Herꝛn anſtifften geſchehen / iſt noch zweifflig: liß Taci - rum, Suetonium, Dionem, Sulpitium, Ba - ronium, andere / ꝛc. *pag. 394.Daß beſtaͤndigſte Ge - ſchrey hat auff Neronem gelautet / er hat aber die ſchuld flux auff die Chriſten geſchoben: deren lies er flux / weil ſie damal als laſterhaffte Leut / vnd vnredliche Perſonen vom Poͤfel geachtet worden / etliche fangen / vnnd peinigen. Dieſe durch die Pein uͤberwunden / haben auff ſich ſelbſt bekennet: haben auch andere beſaget: Alſo daß hiervontwe - gen in ſchneller eyl ein ſehr groſſe Menge iſt ange - geben worden / vnd uͤberzeuget geblieben: daß ſie nicht allein ſchuld an den Brandt / ſondern auch an allen andern vnmenſchlichen Thaten haͤtten. Alſo wurden ſie darob als Mordbrenner / vnd Feind menſchlichen Geſchlechts auff mancherley weiß hingerichtet: Dann etliche wurden in wilde Thiers-haͤuten genaͤhet / vnd von Hunden darinnen zerriſſen: andere wurden ge - creutziget: etliche verbrennet: etliche wurden an ſtatt der Nacht-pfannen die Gaſſen zu beleuchten / in der Nacht angetzuͤndet: da man ſie auff den Schawſpiel-plaͤtzen auff Pfaͤl vnd Pfeiler oder pilarem gebunden / mit einem Strick erwuͤrget vnd darnach angezuͤndet: wann man ſie vorher mit Haartz vnd Pech an den Kleidern uͤber vnd uͤber begoſſen: Alſo verbronnen ſie wie Nachtlich - ter: darauff Juvenalis in ſeinen Spottgedicht / Sat. 1. geſpielet:

Pone195Pone Tigillinum: tæda lucebis in illa Qua ſtantes ardent, qui fixo gutture fu - mant. ()

Daß iſt es ſoll ja keiner das Hertz nehmen / vnnd Tigillini Sodomitiſche Vnzucht / mie deren er ſeinen Leib / dem Neroni verkauffet / mit paſ - quilliren antaſten: oder man werde einen zum Nachtlicht machen. Cornelij Taciti eines vn - verwerfflichen Scribenten Wort / von oberzehl - tem handel lauten lib. 15. Annalium zu vnſern Teutſchen alſo:*pag. 395. Darumb ließ Nero das Ge - ſchrey / ſo von jhm gienge / von ſich zuſchieben / an - dere beſchuldigte einſchieben: vnd mit den graw - ſamſten Straaffen die jenen hinrichten / welche vmb jhrer Laſter willen dem gemeinen Mann ver - haſt waren / die man ſonſten Chriſten nennet / ꝛc. Weiter: Erſtlich hat man welche gefangen: die bekanten. Darnach iſt durch jhr angeben ein groſſe Menge / nicht ſo ſehr vmb deß Brands wegen als anderer Thaten menſchli - chem Geſchlecht zuſchaden odio gene - ris humani uͤberzeugt worden. Dieſe wurden im Todt geſchmaͤhet / in deme man ſie mit wilden Thiers-haͤuten bekleidet / vnd den Hunden zu zer - reiſſen vorgeworffen: oder man hat ſie an Creutze gehaͤfftet: oder ſie muſten brennen / da man ſie an ſtatt der Nachtlichter gebrauchet. So viel Tac.

Bey dieſem Exempel woͤll der Leſer / auff nach - folgende Stuͤck achtung geben / vnnd ſie wol be - trachten:

N iji. Ne -196

i. Neronis Proceß / gegen ein ſolche Menge iſt auff folgenden indiciis oder probationibus beſtanden: 1. auff der Fam, da man dann das aͤrgſte von den Chriſten geredet / 2. auff eigener Bekaͤntniß / ſo man durch die tortur erpreſſet / 3. auff Leuten / die dem beſagen faͤſtiglich ge - glaubet: Dann diß war daß letzte / damit man deß Brands vnnd Todt-feindſchafft gegen das menſchliche Geſchlecht / die vnſchuldigſten Leut uͤberzeuget.

ii. Gott hat zugelaſſen / daß nicht nur etliche wenige / ſondern ihre viel / vnd ein groſſe Menge ſo zu grund giengen.

iii. Alle dieſe / welche ſolcher maſſen uͤber - zeuget worden / hat die Kirchen fuͤr Maͤrtyrer er - klaͤret / vnd feyret jhnen zum gedaͤchtniß Jaͤhrlich im Junio einen Tag zu Ehren. Vide Miſſale Romanum. *pag. 397.In dem Martyrologio Ro - mano ſchreibet man alſo von jhnen: NB. Dieſe alle waren der Apoſtel Juͤngere / vnd Erſtlinge der Maͤrtyrer / NB. welche die Roͤmiſche Kir - chen / ein fruchbahrer Acker der Maͤrtyrer / vor der Apoſtel Todt zum Herꝛn uͤbergeſendet.

iv. Es hat der Ehr deß Martyrij nicht ge - ſchadet: daß ſie auß Pein der tortur auff ſich vnd andere zum Todt gelogen. Dann das Martyro - logium nennet ſie alle gleich durch ohne exce - ption Maͤrtyrer. Ja das Martyrologium be - rufft ſich auff Tacitum, vnnd nimmet ſeineWort197Wort zum Zeugniß / daß mans ja nicht von an - dern verſtehe. Beſiehe auch Annales Baronij Anno Chriſti 66. & Sulpit. Severum lib. 2.

v. Nun hat ſich in dieſen Maͤrtyrer / Juͤngern der Apoſteln / vnd beſten eifferigſten Chriſten / bey der tortur kein ſolche Beſtaͤndigkeit gefunden / welche genug were geweſen wider die tortur vnd das Beſagen / ſolche zu uͤberwinden / vnd von andern zu ſchweigen / oder ſich ſelbſt nicht anzu - geben.

vi. Vnd das iſt Neronis abſehen geweſen / daß ſie in der tortur ſolten bekennen. Wann das nicht heut zu Tag auch vnſerer rortur intention iſt / was hat man dann fuͤr andere intention? manzeig mirs. Bedenck was oben geſagt iſt.

vii. Laß ſeyn:*pag. 397. die Richter hatten ein an - dere intention als Nero. Iſt dann der Schmertzen vnnd Empfindligkeit bey vnſern zei - ten in der tortur geringer / als zu den zeiten Ne - ronis? Wann auch indicien genug da weren / ſo werden ſie den ſchmertzen nicht ringern. Nun gleich wie damal das Beſagen / vnd die tor - tur maͤchtig genug geweſen / jedermann zu uͤber - winden: Alſo hat es mit der Zeit vnd an andern Perſonen / in dieſen dingen ſein Krafft noch. Seyn jetzund warhafftig die jenen ſchuldig / die man jetzo ex hoc fundemento beſagen laſſet: ſo muͤſten die andern zu denſelbigen Zeiten auch rechtſchuldig an allem dem geweſen ſeyn / deſſenN iijman198man ſie bezuͤchtet. Gewißlich die Richter wuſten vmb Neronis intention nichtſen / vnnd doch muſten die Leut nach jhrem Vrtheil ſtreben.

viii. Weil Nero mit der tortur vnnd Beſagen ein ſolche groſſe Menge ſo vieler heiligen Leuten / zu Vbelthaͤtern gemacht: ſo iſt kein zweiffel wann er luſt haͤtte gehabt fort zu fahren / er haͤtte kein end gefunden / es were auch an die Heyden kommen / darumb hat er muͤſ - ſen nachlaſſen / daß der andern Vnſchuld nicht außkaͤme. Dann wie ſo ein groſſe Menge / mit der tortur vnnd Beſagen iſt uͤberzeuget worden / alſo haͤtten die andern alle nothwendig auch muͤſſen uͤberzeuget werden: vnd das iſt die Vrſach / daß ſo lang wir dem Beſagen heut zu Tag trawen / vnd alſo fortfahren / ſo kommen wir zu keinem ende.

Einrede: Baronius meinet Tacitus hab auff die Chriſten gelogen: daß jhrer etliche vor ſchmer - tzen der tortur, auff ſich vnnd andere bekennet haͤtten.

Antwort: Andere die ſich beſſer auff die tortur verſtehen / dann ſolche Leut / die mit dieſer Einred angetretten kommen / es hab Tacitus nicht gelo - tzen. Dann die tortur vnd Sententz ſeyn alles ju - dicialiter ergangen / welches nicht zu glauben / daß man contra inconfeſſos procediret: dañ das haͤtte Neronem nicht geholffen / ſonder vor vor ſeinen eigenen Richtern beruchtiget. So iſtTaci -199Tacitus in dieſer Sachen / den Chriſten mehr zu - gethan / als Neroni: liſe nur den textum recht: ſo merckeſtu / daß er die Chriſten fuͤr vnſchuldige Leut in dieſer Sachen haͤltet. Sonſten doͤrff ſich Baronius uͤber ſolche heylige Leut gar nicht ver - wundern: Dann wann man heut zu Tag die hei - ligſten Leut ſolte alſo tractiren, wie man ex mandato Cæſareo Neronis, damal mit den Leuten iſt vmbgangen / ſie ſolten auch Succum - biren. Vnd daß muß ein jeder von ſeiner eigenen Perſon bekennen: wann jhme verguͤnſtiget wuͤr - de / allen Dingen / in der tortur beyzuwohnen.

Ach der Juͤngſte Tag: der wird viel der er - ſchroͤckligſten Dingen offenbahren / an die jetzt kein Menſch gedencket. Leſer gehab dich wol / vnd dencke denen Sachen nach: vnnd lerne Gott foͤrchten.

Beſchluß an den Leſer.

ES were zu wuͤnſchen / das einer / an dieſe hier nachfo lgende Streitt-reden / weil der auctor Todt / ſich machte / vnd ſie er - oͤrterte.

i. Ob die Obrigkeiten / wann ſie Regalien von der Roͤm: Kaͤyſ: Majeſtaͤt empfangen / vnd deß Reichsſatzungen eydlich beſchwoͤh - ren / Krafft deſſelben juraments, in jhren Ober vnd Niedern / Hoff - Landgerichten / gehalten ſeyen vorſehung zu thun: das wie die an - dern ordentlichen Criminal-Richter ſchuldig ſeyn den Eyd abzu - legen / welcher vornen an in der Peinlichen Halßgerichts-Ordnung Caroli V. ſtehet: ſelbigen auch die Brandmeiſter / oder Inquiſito - ren uͤber die Hexerey / ebener maſſen vorhero ablegen / eher ſie ad - mittirt werden.

ii. Vnd ſo die Inquiſitoren ſolches biß dato nicht præſtiret, vnnd ſothane Conſtitution Carol. V. gaͤntzlich vorbey in jhren Proceſſen gegangen: Ob ſie auch deßwegen entſchuldiget ſeyen.

iii. Vnd200

iii. Vnd wo dann die Vnterthanen / welche von ſo gemeiten Proceſſen / ſich euſſerſt gravirer befinden / das gantze Laͤnder dadurch verwuͤſtet werden / jhre Klag wol anſtellen ſolten.

iv. Ob die Nieder vnd Landrichtere in den gemeinden / welche hochgemelte Conſtitution beſchwoͤhren / gehalten ſeyen / ſelbige auch in Crimine der Hexerey zu obſerviren: oder welches eins iſt: Ob das Crimen Magiæ von gemelter Conſtitutione Carolina except.

v. Vnd daß man hier nicht irre: Ob / wie / wann vnd wo der Kaͤyſer dagegen / auch durch wene excipiret.

vi. Ob die exception durch ein andern pro auctoritate, ohne den Kaͤyſer geſchehen koͤnten: vnd weil ſolches nicht erlaͤubet / wie vnd was geſtalt ein ſolcher rechtlich zubeſprechen.

vii. Vnd weil etliche von der Hexerey wegen gefangen worden / angeklagt werden / daß ſie auß dem Gefaͤngniß gebrochen: ſie aber klagen daß von den Inquifitoren auff das widerrechtlichfte gegen ſie procediret worden / vnd ſie ſich erbieten: ſie wollen jhr Vn - ſchuld oͤffentlich an den Tag geben / wann mans jhnen nur ver - ſtatten wolle. Ob ſie ſollen gehoͤret werden.

viii. Vnd wann ſie ſich belehren laſſen: ob ſie hieroben ſollen ein Supplication vnd Apologia ſenden an die fuͤrſtliche Obrigkei - ten / in deren Bottmaͤſtgkeit ſie auß den banden entgangen: oder ob ſie viel mehr immediate an ſein Kaͤyſerl. Majeſtaͤt oder den Pabſt / ſie ſeyen gleich geiſt - oder aber weitlichen Standes / jhre Vn - ſchuld außfuͤhren / was doch am beſten dißfals jhnen zu rathen?

ix. Vnd dann anlangend geiſtliche Perſonen: wann dieſelben ſich in hoc puncto nicht allein von den Inquiſitoren. ſondern auch den Obrigkeiten ſelbſt graviret befunden / vnd daſſelbe außzufuͤh - ren ſich erboͤten / jhrem Orden zum favor zu hoffen: wann ſie jhre Klagen immediatè an den Kaͤyſer oder Paͤbſtliche Heil. dirigi - reten &c. Ich hoffe es ſoll jemand gefunden werden der ſich hier - an machen ſolte wollen. Gott ſtehe den Vnſchuldigen bey / vnd eroͤffne den Obrigkeiten jhre Augen.

ENDE.

About this transcription

TextGewissens-Buch: Von Processen Gegen die Hexen
Author Friedrich von Spee
Extent224 images; 42967 tokens; 8045 types; 291898 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationGewissens-Buch: Von Processen Gegen die Hexen An Alle Hohe Obrigkeiten in Teudtschlandt auß nothtringenden motiven geschrieben. Jnsonderheit Den Rähten vnd Beicht-Väteren der Fürsten/ den Inquisitoren, Brandt-Meisteren/ Richteren, Advocaten: Beicht-Väteren der Armen Beklagten vnd Gefangenen: Predigeren auch anderen Leuten sehr nützlich vnd nothwendig zu lesen Anfangs Ohne Nahmen in Lateinischer Spraach Außgangen/ Jetzo Jn die Teudtsche Vbergesetzet Friedrich von Spee. Johann Seyffert (ed.) . [8] Bl., 200 S. KöhlerBremen1647.

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SLUB Dresden SLUB Dresden, Jus.crim.532.bhttp://slubdd.de/katalog?libero_mab21052376

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ClassificationFachtext; Ordensliteratur:Jesuiten; Wissenschaft; Ordensliteratur:Jesuiten; core; ready; china

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  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
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