WAs von dem II. theil in der vorrede gemeldet / daß damal alles noch in denſel - bigen zu bringen und das werck zu ſchlieſſen gedacht / aber zu einem III. theil mich entſchlieſſen muͤſſen / habe dißmahl auch zuwie - derholen / daß nemlich die hoffnung wiederum ge - habt / mit bevorſtehender jetziger meß den reſt des wercks in den 2. uͤbrigen capiteln herauß zubringen: und zwahr habe ich / als viel die amts-geſchaͤfften und zuſtand meines alters zugegeben / nicht unterlaſſen / die arbeit zubefordern; es haben ſich aber ſo wol immer der papier mehrere gefunden / und die reviſion mehr zeit erfordert / daß in dem Julio und Auguſto erſt das meiſte nach Halle ſenden koͤnnen; da nicht wol muͤglich war / auffa 2diedie meß mit dem druck fertig zu werden. Daher mir den vor -[ſchlag] nicht mißlieben laſſen / lieber aus den beiden noch reſti - renden capiteln zwey theil zu machen / als die meß zuverſaͤu - men.
Daher in GOTTES nahmen dieſesmal den III. theil außgeben allein aus c. VI. beſtehende. Es faſſet aber daſſel - bige in ſich / nicht allein was meine eigne ſachen / beruffungen / collegium, pia deſideria und dergleichen angehet / ſondern auch unterſchiedliche nachrichten von vielen dingen / welche in - ner 30. jahren in unſerer kirchen vorgegangen / worinnen entweder ſelbs etlichermaſſen mit eingeflochten worden / oder ſie / theils mit freuden / theils betruͤbnuͤß / angeſehen habe. Jch habe aber das capitel abgetheilet in 3. articulos nach den dreyen orten / an denen GOTT in offentlichem amt gedienet / Franckfurt am Mayn / Dreßden und alhier: Dann was den erſten ort anlangt / Straßburg / da auch vierdthalb jahr im predigtamt geſtanden / habe ſo wol wenig wichtige brieffe damal annoch geſchrieben / als auch wo dergleichen geſchehen / keinecopien darvon behalten: welches auch die urſache zimlicher maſſen iſt / warum von den erſten jahren des Franckfurti - ſchen dienſtes wenige erſcheinen. Articulus I. die Franckfur - tiſche zeit angehende wird in 4. diſtinctiones getheilet / nach der folge der jahre. I. von 1666. biß 1676. II. 1677. 8. 9. III. 1680. 1681. IV. 1682. biß 1685. Die ander beyde articuli, mein ver - bleiben in Dreßden und alhier in ſich faſſende / haben keine an - dre diſtiuctiones, als jeder ſeine ſectiones. Es ſind aber alle ant - worten nach der zeit und datis geſetzt / ſo in den andern capi - teln anders gehalten worden / in dieſem aber ſich nicht fuͤg - lich anders ſchicken wollen. Es iſt aber daher geſchehen / daß da einige copien das jahr oder auch tag nicht angezeichnet ge - habt / ich allein nach vermuthung gehen muͤſſen: ſo dann wird faſt einerley in mehrern brieffen / zu weilen wiederholet / welches einigen leſern verdruß erwecken mag / die ich aber um gedult bitte / dabey doch hoffende / daß ſich einige nicht eben daruͤber beſchwehren werden.
JmJm uͤbrigen verſehe mich / was meine dinge betrifft / werde der geneigte leſer leicht finden. 1. Daß ich mich an allen 3. orten (wie zwar auch an den erſten zu Straßburg) eines unzweiffenlich goͤttlichen beruffs habe getroͤſten / da - her worzu mich GOTT in denſelben gelegenheit des guten gezeiget / in demſelben vertrauen getroſt alles angreiffen / und mich dabey des ſegens und ſchutzes von oben unzweif - fenlich verſichern koͤnnen: welches ich nicht vermocht / wo mir nur ein einiger ſcrupul bey einigem beruff uͤbrig geblie - ben / und ich active darinnen concurriret haͤtte.
2. Daß mir vor allen angelegen geweſen / nechſt dem grund der rechtfertigung den fleiß der heiligung / und alſo den lebendigen thaͤtigen glauben (der allein ſolches nahmens wuͤrdig iſt) zu treiben: ſonderlich hats durch GOTTES gnade die erſte ſtarcke bewegung gegeben anno 1669. auff den 6. Sonntag nach Trinit. als ich die falſche und ungnug - ſame gerechtigkeit der Phariſeer beſtraffte / und wie ſich der - gleichen noch viele bey uns befinde darſtellete. Von ſolcher predigt / die auch darnach gedruckt worden / mag ich des HERREN krafft ruͤhmen / die ſich darbey erzeiget / daß ſie insgemein faſt allen durchs hertz gegangen / ob wol mit doppelten und widrigen außgang (wie Apoſt. Geſch. 2 / 37. und 7 / 54.) in dem einige ſolcher anklopffenden wahrheit ſich alſo widerſetzten / daß ſie ſich nimmer in meine predigten (weil ſie nemlich in ihrer ſicherheit ſich ſehr geſtoͤhrt fuͤhleten) zu kommen / verlauten lieſſen; andre hingegen in einen hei - ligen ſchrecken geſetzt und ihres unerkanten heuchelwe - ſens uͤberzeugt zu ernſtlicher buß auffgewecket wurden / auch darauff nach dem rechtſchtſchaffenen weſen in Chriſto JEſu zu trachten ſich befliſſen.
3. Von ſolcher zeit fuhr immer fort / neben der reinen lehr von der gnaͤdigen rechtfertigung / wie ſie ohne alle ab - ſicht auff einige werck allein aus den glauben geſchehe / vor - nehmlich das falſche vertrauen auff einen todten und mund -a 3glaͤu -glauben (dardurch ſo viele tauſend verlohren gehen) am kraͤfftigſten anzugreiffen / und die ſo nothwendig-als muͤg - lichkeit des thaͤtigen Chriſtenthums (unter welchem titul auch 1677. einen ſonderbaren jahrgang gehalten) folglich die ernſtliche innere heiligung und gottſeligkeit zu treiben.
4. Hiezu kam / daß 1670. dem verlangen einiger Chriſt - licher freunde ein gnuͤge zuthun / meine gewiſſe hauß-uͤbung oder ſo genantes collegium pietatis anſtellete / von deſſen ab - ſicht und art in meinem ſchreiben an einen außlandiſchen Theologum ausfuͤhrlich gehandelt / und in dieſen brieffen mehrere nachricht darvon zu finden / daher etwas ferner darvon hier zu melden nicht noͤthig iſt.
5. Da nun die krafft goͤttlichen worts in den predigten / darinnen auch meine treue Collegæ ihres orts meine gute ab - ſicht ſecundirten / auch catechetiſchen examinibus, in vielen hertzen viel gewuͤrcket / auch die gelegenheit des collegii zu einiger begieſſung des gepflantzten / ſonderlich aber zu ſtiff - tung genauerer freundſchafft unter ihre erbauung ſuchen - den ſeelen / gedienet / wuchs das werck des HERREN in Franckfurt durch deſſen ſegen erfreulich / und zeigte ſich eine zimliche zahl von leuten beiderley geſchlechts / die ſich ihr Chri - ſtenthum ernſtlicher als ſonſten lieſſen angelegen ſeyen / die welt und ſich ſelbs zu verleugnen mit vielem eyffer trachte - ten / und andern mit dem exempel vorleuchteten.
6. Da konte es nicht anders geſchehen / als daß der Teuͤf - fel / der ſeines reiches abbruch und ſchaden ſahe / aber noch mehrern forchte / alle ſeine krafft anwendete / den guten an - fang zu ſtoͤhren / daher er ſeine gewoͤhnliche kuͤnſte brauchte mit luͤgen und laͤſterung; dann da wurden wahre und von der gantzen Evangeliſchen kirchen erkante lehren verdrehet und mit verdacht beleget / falſche dinge / daran auch nicht ein ſchein des wahren geweſen / von unſchuldigen leuten ausge - ſprengt / andere dinge die geſchehen und nicht unrecht waren / ſchendlich verkehret / einiger guter aber unverſtaͤndiger leu - te fehler auff das aͤuſſerſte auffgemutzt / und alles dahin ge -rich -richtet / daß ja der gute anfang in Franckfurt jederman ver - daͤchtig und verhaſt gemacht werden moͤchte.
Als 7. ich 1675. meine vorrede uͤber Arndii Poſtill erſt - lich vor dem Buch ſtehend / nachmal allein unter dem nah - men piorum deſideriorum, heraus gegeben / entſtunde eine faſt groſſe bewegung. Sehr viele vornehme ſo Theologi als Politici, denen ich das wercklein geſchickt / bezeugten ihre bey - pflichtung / offt mit ſolchem lob / deſſen mich noch nicht anneh - men kan / zum theil trugen auch das ihrige bey / oder verſuch - ten / was ſich ihres orts practiciren lieſſe / und wieſe ſich faſt insgemein bey allen / die es mit dem werck GOttes treulich meinten / eine ungemeine auffweckung. Hingegen lieſſe ſich bey andern / die etwa zum theil meinten / die gefuͤhrte kla - gen traͤffen ſie mit / oder beſchaͤmten ſie / unwillen ſpuͤhren / und ob wol keiner das hertz nahm / offentlich etwas dagegen zu thun / ſo murreten ſie doch daruͤber / und weil ſie ſorgten / was in Franckfurt angefangen / werde ſich auch anderwerts / das ihnen nicht lieb waͤre / ausbreiten / trachteten ſie unter der hand ſich nach muͤglichkeit zuwiderſetzen. Jndeſſen je mehr die gemuͤther in dem eyffer des guten / andere in deſſen haß / zunahmen / und was vorhin inner den mauren zu Fꝛanckfurt odeꝛ doch nachbarſchafft geblieben / ſich weiteꝛ aus - breitete / ſo viel mehrten ſich auch die vorige laͤſterungen / und breiteten ſich ebenfals immer weiter aus / daß 1677. in meinem ſendſchreiben an einem auswertigen Theologum ſolche abzulehnen veranlaſſet wurde: welches ſchreiben ſo - wol als die pia deſideria nicht ohne ſegen geblieben ſind.
8. Als aber der S. Herr Cammer-Rath Kriegsmañ ſeine Symphoneſin Chriſtianam 1678. edirt, erweckte ſo bald nicht allein ein benachtbarter Theologus daſigen hoff dage - gen / und veranlaſte vieles das gute zu hindern / ſondern es fing nun an von der materie der eintzeln zuſammen kuͤnfften der Chriſten in offentlichen mehr diſputiret zu werden: da vorhin mein gehaltenes collegium zwar immer ſcheel von manchen angeſehen wurde / aber ſich keiner unterſtanden / das ſelbige offentlich anzugreiffen.
9. Der9. Der erſte / der an mir mit offentlicher ſchrifft zum Ritter zu werden getrachtet / war Georg Conrad Dilfeld Diac. zu Nordhauſen / der ſeine Theoſophiam Horbio Spe - nerianam zu ende 1679. heraus lieſſe / ich aber gleich die nech - ſte meß mit meiner allgemeinen GOttes gelehrtheit alſo ant - wortete / daß der gute mann / ob er wol etwas ſich weiter un - terſtehen wollen / doch nicht auffzukommen vermocht.
10. Damit fingen die laͤſterungen zimlich an ſich zu legen / weil was nur ein wenig unpartheyiſche leute waꝛen / je mehr und mehr den ungrund der beſchuldigung oder ver - dachts falſcher lehr erkanten / auch andere ausgeſprengte un - wahrheiten ſich algemach ſelbs widerlegten: indeſſen geſcha - he / daß aus GOttes verhaͤngnuͤß eine andere gefahrlichere hindernuͤß ſich hervor that / wann einige der beſten ſeelen / die andern bißdahin nicht wenig fuͤrgeleuchtet / ſich den eyffer uͤber das gemeine verderben / das vor augen lige / ſo weit ein - nehmen lieſſen / daß ſie mit der offentlichen gemeinde / weil ſo viele / die ſie vor gewiß unwuͤrdig glaͤubten / zu communi - ciren, auß forcht / dadurch in ihre gemeinſchafft zu kommen / ſich ein gewiſſen machten / daher dem gebrauch des heiligen abendmals / ja auch zum theil zimlicher maſſen der offentli - chen verſamlungen ſich entzogen: woraus noch mehrere un - oꝛdnungen entſtanden. Dieſes ungluͤck / dem mich zwaꝛ mit of - fentlichen ſchrifften und predigten / auch beſondern hertzlichen zuſpruͤchen / nach vermoͤgẽ widerſetzt habe / war das jenige / das den ſchoͤnen wachsthum des guten in Franckfurt / den der Sa - tan durch offenbahre feinde / laͤſterung und allerhand zuge - fuͤgtes leiden nicht hintertreiben hatte koͤnnen / gleichſam auff einmal alſo niderſchlug / daß die gantze zeit meines noch daſeyens es wieder in vorigen geſegneten zuſtand zu bringen nicht vermocht habe. Dieſes iſt der kurtzeſte begriff deſſen / was in Franckfurt mich angehend vorgangen / daß theils ein liecht vielen ſchreiben / die art. 1. vorkommen / geben / theils daraus empfangen wird: Darauß ich hoffe / jedem Chriſt - lichen und der wahrheit begierigen leſer werde offenbahrwer -werden: daß 1. ich niemal in einem puͤnctlein von unſrer kir - chen glaubens-lehr / wedeꝛ in oͤffentlichen ſchrifften noch brief - fen abgewichen. 2. Daß auff die nach der rechtfertigung gewiß folgende heiligung / und wie kein anderer als der le - bendige thaͤtige der wahre glaube ſeye / das meiſte getrieben habe / und auch von andern offentlichen und abſonderlich kaum etwas mehr gehandelt worden: daher aller lermen uͤber dieſe unzweifflich goͤttliche wahrheit entſtanden iſt. Darzu 3. gekommen / die nicht weniger goͤttliche wahrheit / daß wie zu dem Studio Theologico und demnach einem rechtſchaffenen Theologo, alſo auch einem wahren Chriſten / und der ſeligmachenden erkaͤntnuͤß / nicht gnug ſeye ein buchſtaͤbliches wiſſen / ſondern die erleuchtung des heiligen Geiſtes nothwendig erfordert werde. 4. Daß ich mich auch den entſtandenen unordnungen nach vermoͤgen / und wie ich fand thunlich zu ſeyen (weil ſie ſonſten durch gewalt und hefftigkeit vielmehr vermehret als abgethan werden) widerſetzt / alſo nicht theil daran genommen. 5. Daß zwar von vielen / die unſre kirche ſelbs hefftiger angreiffen wol - ten / und auch an dero lehr ſich machten / ſolicitiret worden / meinen eyffer auch dahin zuwenden / nur alles nieder zu - reiſſen / aber ihnen nie gewichen ſeye / ſondern muͤndlich und ſchꝛifftlich widerſtanden / daher auch bey ſolchem theil / weil die mittelſtraße beliebte / keinen danck verdienet. Wei - len aber 6. nach allen dieſem / damein nahme bereits in gantz Teutſchland durch boͤſe geruͤchte und gute geruͤchte bekant war worden / das Hochpreißliche Ober Conſiſtori - um in Dreßden mich S. Churf. Durchl. zu Sachſen zu dero wichtigen Ober-Hoffprediger ſtelle angelegenlich vor - geſchlagen / und da deſſen gemuͤth ohne das nicht von mir entfremdet geweſen / die erfolgte vocation veranlaſſet / ſo folget / daß daſſelbe alles vor paſſirte gnugſam unterſucht / und meine unſchuld in lehr / conſiliis und leben erkant / auchbdiedie uͤbrige Churfuͤrſtliche Theologi, die nichts gegen mich eingewandt / ſondern mit bezeugung der freude und gratula - tion mich auffgenommen / mich vor richtig befunden haben muͤſten. Welches mir noch vor jetzige zeit ein kraͤfftiges zeugnuͤß geben kan / da meine lehr / conſilia und leben ſich nicht geaͤndert / ſondern noch finden wie ſie in Franckfurt ge - weſen und doch die probe unter ſo vielen widerſpruͤchen aus - gehalten haben. Daruͤber ich des HERREN guͤte prei - ſe.
Von Artic. II. und III. finde nicht noͤthig etwas hiezu erinnern / als insgemein / daß daraus erhellen werde / wie immerfort den zuſtand unſerer zeiten insgemein / und wo ab - ſonderliche ſtuͤcke vorgekommen / angeſehen / beſeuffzet / und meine gedancken vorgeſtellet habe; ſonderlich weil ſo viel aus den jenigen / was 1689. zu Leipzig angefangen / entſtanden iſt / daraus die feinde der gottſeligkeit eine ſonderbare ſecte des Pietismi gemacht / und damit unwiederbringlichere aͤrger - nuͤß geſtifftet haben / koͤnnen vor allen andern art. II. ſect. 31. 32. die beyde auff gnaͤdigſten befehl aus den geſamten actis unterthaͤnigſt abgefaſte relationen und gutachten darzu die - nen / um zu ſehen / wie ſo gantz ungegruͤndet die erſte beſchul - digungen geweſen / und daraus zuſchlieſſen / was auch von andern vorgeben zu glauben; insgeſamt iſts eine anzei - gung einer guten ſache / und die von GOTT herkomme / wann ſich der Satan dagegen hefftig ſetzet / dieſer aber ver - raͤth ſich an ſeinen wercken und eigenen waffen (dero ſich der heilige Geiſt nimmer brauchet) nemlich neid / hadder / laͤ - ſterung / boͤſer argwohn / ſchulgezaͤnck. 1. Tim. 6 / 4. 5. Wo ſich alſo dieſe hervorthun / ſchlieſſet man leicht / wer da - hinter ſtecken muͤſſe / und hat mans bißdaher gnug erfah - ren. Es ſeye aber darmit gnug.
Nun habe noch einiges zu bemercken / daß viele darvor -vorhalten werden / ein guter theil der bedencken / weil ſie von gewiſſen materien / die in den vorigen capiteln vorgekom - men handeln / haͤtten mit mehrerem recht in dieſelbe mit ge - bracht / oder in die paralipomena c. VII. rerſpahret / hier a - ber nur gleichſam / was zur hiſtorie gehoͤret / geleſen wer - den ſollen. Jch will auch von vielen nicht in abrede ſeyen / daß ſie ſich an andern ſtellen nicht uͤbel geſchickt: es ſind mir aber viele erſt in die haͤnde gefallen / da jene bereits verfertigt geweſen / ſo habe in dieſen antworten / die ohne das nicht an einander haͤngen / an einer genauen ordnung vieles gelegen zu ſeyen / eben nicht davoꝛ gehalten / ſonderlich weil an dero ſtelle ein regiſter / ſo angehenget werden ſolle / dem beſſer zu ſtatten kommen und jenen mangel erſetzen kan: ſo ſchicken ſich auch viele materien / ob ſie wol auch anderswo ihre beſon - dere ſtellen haben koͤnten / in dieſes capitel in die ordnung der zeit / zu ſehen / was jedesmal vorgegangen.
Es ſolle ſich auch keiner daran ſtoſſen / wie ich in dieſem von dem in den uͤbrigen capiteln behaltenen vorſatz / die nah - men der freunde / an die ſie geſchrieben / außzulaſſen / abge - wichen bin / und etliche mal dieſelbige außgedruckt habe: in dem ſolches nie anders geſchehen / als wo ſolche aus druckung noͤthig gehalten / und zwar insgemein allein bey bereits verſtorbenen / denen dahero kein verdruß oder nachtheil ent - ſtehen kan / da ſonſt die liebe verletzet wuͤrde.
Hiemit hat alſo der Chriſtliche leſer / was etwa noch zum vorbericht dienlich geglaubet / das letzte capitel oder IV. theil aber in kurtzen ſamt dem regiſter zu erwar - ten.
Der himmliſche Vater laſſe auch dieſe arbeit nicht ver - gebens ſeyen / und da ſie meiſtens betruͤbte materien begreifft / und einen elenden zuſtand unſrer kirchen vorſtellet / ruͤhre er dadurch die hertzen zu inniglichen erbarmen uͤber dieſelbe / und zum verlangen nach ihrer beſſerung / auch daran / auffswe -wenigſte mit unablaͤßigem gebet / zu arbeiten / ſonderlich aber die etwa an andern gezeigte ſteine des anſtoſſes Chriſt-kluͤg - lich zu vermeiden: Er trete aber ſelbs bald in das mittel / und was menſchen zurecht zu bringen nicht vermoͤgen / ja offt wann ſie es beſſern wollen / nur mehr verderben / richte Er aus / und wehre nach ſeiner krafft und weißheit dem auffs hoͤchſte geſtiegenen verderben durch endliche erfuͤllung ſeiner ſo herrlichen verheiſſungen um ſeines liebſten Sohnes un - ſers Heylands JEſu willen Amen. Berlin den 19. Sept. 1701.
Antwort-ſchreiben an Herr Philipp Schultzen ICTUM der 10. Elſaͤßiſchen Vereinſtaͤtte Rath und abge - ſannte nach Regenſpurg [nachmal Keyſ. Reichs-Hoff - rath] als er mir wegen der ſttat Franckfurt das Seniorat des miniſterii auffgetragen.
WAs aus Franckfurt de dato 13. hujus demſelben beliebet an mich ab - zugeben / habe ich zurecht erhalten / und den innhalt ableſend zur gnuͤge veꝛ - ſtanden. Jch geſtehe gern / daß ſol - cher vortrag / ſo vielmehr derſelbe ohne meine vermuthung kom̃en / ſo vielmehꝛ mich afficiret / und nicht wenig die ru - he des gemuͤths / mit welcher ſonſt / [dem Allerhoͤchſten ſey danck vor ſolche gabe!] ich nach einigem hohen nicht trachtende / dem meinigen nach ver - moͤgen abzuwarten bißhero gepfleget / turbiret / daß ich das werck angeſehen / als welches nicht alſobalden a primo limine zu hintertreiben / ſondern vielmehr / ob vor eine goͤttliche verſuchung / wie ich einiges uͤber mein vermoͤgen gehendes be - gierig annehmen / oder meiner wenigkeit mich gebuͤhrlich errinnern wuͤrde / es zu - halten / oder eine vorbereitung zu von ſeiner goͤttlichen providenz deſtinirender vocation daraus abzunehmen / ich ſchuldig ſeye / billich in reiffe betrachtung zuzie - hen; Darzu aber andaͤchtigen gebets / damit GOtt die hertzen alleine zu ſeinen eh - ren zu cooperiren lencken / und guten ausſchlag in zweiffelhafftiger ſache geben wolle / benebens gottsfuͤrchtiger wolmeinender leute raths vonnoͤthen haben werde. Einigen voͤlligen entſchluß anitzo zugeben / hoffe ich nicht / das auch nur mir faſt koͤnne angeſonnen werden / in einer ſo hochwichtigen und das gewiſſen ſo vielfaͤltig betreffenden ſache. Damit aber gleichwol auf gethanes großguͤnſtiges begeh - ren / allein ich[ſ]o viel eroͤffnung als in dieſen der gedancke erſten conflictu geſchehen mag / thue / habe an meinem großguͤnſt. hochgeehrten Herrn allein antwortlichvor5ARTIC. I. DISTINC. I. SECTIO I. vor dißmahl dieſe zeilen abgeben wollen. Wie ich nun zu erſt gegen demſelben / wegen der nicht nur nomine publico uͤbernommener muͤhewaltung / ſondern ohne zweiffel / durch welche dieſe gute gedancken von mir bey den jenigen / denen ich unbekant / moͤgen erreget ſeyn worden / darzu gethane recommendation auffs hoͤchſte zu bedancken / und dergleichen wie ſchon in mehreren auch deſſen ge - gen mich erfahrne gewogenheit zuerkennen; nicht weniger dannenhero nach moͤg - ligkeit mit reſpect und ander ſchuldigkeit zu demeriren / ich mich befleiſſen wer - de. Alſo habe ich zuvorderſt ſolche hochloͤblicher ſtatt Franckfurt [deren Proce - ribus ich gleichwol durch einige merita anders nicht als vieleicht gute freunde und goͤnner von mir faſſende miltere judicia bekant worden ſeyn kan] auff mich werffende inclination, mit ſchuldiger demuth / obſervanz und zu dem allgnaͤ - digen GOtt vor dero wolfarth und ſegnung derer zu gemeinen geiſt - und weltli - chem beſten richtender conſiliorum, thuenden gebet zu veneriren. Was nun dero propoſitum an ſich betrifft / einen fremden Doctorem Theologiæ ſelb - ſten zuberuffen / iſt wiederum dieſes nicht / daß ich mir darinnen / ob ſolches rath - ſam und thulich / die erkaͤntnuͤß nehme. Vielmehr bleibet ſolches derſelben ohne zweiffel reiffer gethaner deliberation heimgewieſen / die in was rechten dieſelbe ſtehen / und wie dero kirchen beſtes am bequemſten zubefoͤrdern / am ſatſamſten verſtehen / und ſichs angelegen ſeyn laſſen. Daß aber meine wenige perſon da - bey in conſideration gekommen / und dannenhero bey mir / was vor erklaͤrung von mir zuerwarten zu forſchen begehret worden / iſts das einige dem ich piè und circumſpectè nachzudencken habe. Gegen meinen großg. hochg. Herrn nehme ich mir / aus dem zu ihm habenden vertrauen / eine mehrere freyheit / aperter heraus zugehen / weil ich mich verſehe / ſolches mir nicht verarget werde werden. So finde ich auch / daß meinen ſcrupulis derſelbige aus ſo wol meines zuſtandes als dieſer ſtelle requiſitorum habender wiſſenſchafft ſtattlich wird begegnen und zu einigen entſchluß gelegenheit geben koͤnnen. Demnach bin ich nicht in ab - rede / daß ich die gantze intention hochloͤblicher ſtatt nicht allerdings noch alſo faſſe / oder der ſtand der kirchen mir alſo bekant / wie es ſcheinet vonnoͤthen zuſeyn. Jch rede hier nicht von beſoldung oder zeitlichen emolumentis, derer anſehen ich gerne auffs letzte verſpahre / und nicht damit zu marchandiren mir jemahl vor - genommen: Auch endlich auf das hoͤchſte uͤber die beziehung eines fremden mir noch unbekanten orts / nicht ſonderlich ſcrupul machte. Sondern wo nach mich zu wiſſen verlangt / waͤre / in was verrichtungen eigentlich dieſes amt beſtuͤnde? Was nicht alleine die arbeit der predigten an ſich ſelbſt [da ich mich auch ſchweh - rer arbeit nicht leicht entziehe / ſo lange GOtt die gaben und kraͤffte dazu geben mag] ſondern auch ob einige particular cura animarum dabey / auch wieweit dieſelbe ſich erſtrecke / ſo wol wegen der gemeinden als auch in was weiſe man mit ſeinen Herren collegis ſtehen moͤge? und was dergleichen zu derA 3ſache6Das ſechſte Capitel. ſache ſelbſten / die ich mir billich ſchwehr einbilde / gehoͤren mag. Von meinen weſen iſt meinen großguͤnſtigen hochgeehrten Herrn am beſten be - kant / in me quid ſolidum crepet, aut mendoſo tinniat ære. Kan alſo ſolcher aus betrachtung des majoris / welcher die erwegung des dienſtes geben mag / und aus eigener wiſſenſchafft machenden minori leicht vorſehen / was vor concluſion ſich vermuthen laſſen. Meine ſtudia ſind bißhero allein auff die theorie gegan - gen / ja numehro faſt eine zeithero / aus erforderung der collegien auff die hiſtorie und politiſche materien. So hat auch das officium eines frey-predigers / wel - ches ich ſo hoch liebe / wegen der dabey von GOTT goͤnnenden tranquillitaͤt / keine abſonderliche ſeelſorge anhaͤngend. Stehet alſo zu erwegen / ob hochloͤbliche ſtatt bey betrachtung ſolcher umſtaͤnde dergleichen wichtige ſtelle einer perſon / die ſich in dieſen ſtuͤcken / da proben erfordert werden / keiner erfahrung austhun kan / und ſich dannenhero uͤber die deswegen auff adende verantwortung nicht wenig entſetzet / auffzutragen gedencken / damit nicht etwa in faſſender hoffnung man ſich endlich betrogen faͤnde. Jſt derjenige punct / uͤber welchen ich meines großguͤnſtigen hoch geehrten Herrn eigene meinung zu wiſſen wuͤnſchete / als welcher davon treff - lich zu judiciren vermag. Solte nun etwa zwiſchen uns das werck der unmuͤg - lichkeit halber / daran das meiſte liget / beygeleget werden koͤnnen / [ſo lange ich denn auch allerdings hievon hieſigen orts nichts melde / auch verſicherung hiemit thue / daß ohne Herrn Stollium / an den ich ſelbs gewieſen bin / und alſo davon et - was part geben ſolle / ich nicht mehr als mit einem einigen vornehmen mann / deſſen gutachten ich hieruͤber vertraulich vernehmen wollen / hieraus geredet / oder vor em - pfange der antwort reden werde] ſo waͤre alsdann zeit / allererſt zu der handlung ſelbs naͤher zu gehen. Wiewohl ich nachmaln / als der ich in officio publico ſtehe / und von hieſiger hochloͤblichen republic ordentliche vocation habe / demnach hin - derrucks derſelben und ohne gepflogene communication in verbuͤndliche tracta - ten / gewiſſens halber / und daß ich von ſelbſten vielmahl keine andere dienſte zu ſu - chen mich erklaͤret / mich nicht voͤllig einlaſſen / vielweniger endliche reſolution ge - ben duͤrffte / dieſelbe von ſolchen meinen gnaͤdigen Herrn und Oberen alsdann zu ſu - chen waͤre. Auch moͤchte die dimiſſion ſo viel leichter erfolgen / weil meine weni - ge ſtelle als die fꝛey-prædicatur zu eꝛſetzen an ſubjectis ſondeꝛlich kein mangel etwa nicht erſcheinen wird. Gleichwohl iſt von allem dem nicht zu reden / ſo lange nicht das erſte vorhin expediret und von meinem großguͤnſtigen hochgeehrten Herrn in ſolchem mir das werck mit deſſen vernuͤnfftigem judicio / bericht und rath etwas erlaͤutert und erleichtert wird / alsdann in Gottes nahmen ſolchen nach zugedencken. Er der grund guͤtige Gott regiere alle conſilia dahin daß menſchliche abſichten bey - ſeit geſetzet / zu ſeiner ehre alles ausſchlage. Jn deſſen getreuen und maͤchtigen gnaden-ſchutz dieſelbe eyffrigſt empfehlende / und mich nechſt antwort / deren ich /aus7ARTIC. I. DISTINCTIO I. SECTIO II. aus dem ſtatu ambiguo zu kom̃en begierig bin / beharrlicher dero gunſten zuver - ſichtlich getroͤſtende ich allezeit ſeyn werde etc. 19. Febr. 1666.
Die antwort an eben denſelbigen.
MEins großg. hochg. Herrn abermahl beliebiges zur antwort auff mein vo - riges habe ich voꝛ 8. tagen von der poſt zuꝛecht empfangen. Wiewohl weil in ſolcher ſtunde gleich dieſelbe wieder abgehet / nicht alſobald antworten koͤnnen / ſondern es biß auff jetzo verſchieben muͤſſen. Bedancke mich zu foͤrdriſt / gegen meinen großguͤnſtigen hochgeehrten Herrn / daß ſolcher mit ſo vielem auff mein begehren die beſchaffenheit der condition mir zu erlaͤutern / und damit die in - tention hochloͤblicher ſtatt recht zu verſtehen zugeben großguͤnſtig beliebet. Und bleibe denſelben / wie der getreue GOTT es auch noch ferner fuͤgen wird / allzeit deßwegen zu gefliſſener danckbahrkeit hoͤchſtens verbunden. Das werck ſelbſten belangend / ſo finde ich unterſchiedliches bey beſchreibenden amt / welches ich mir bey ſolchen faſt nicht vermuthet / und dannenhero der empfangene bericht mir ſo viel noͤ - tiger geweſen / indeme daß alle partes der abſonderlichen ſellenſorge beyſammen ſte - hen / und noch der direction der geiſtlichen zuſammenkuͤnfften / welcherley bey ſol - cher ſtatt gebraͤuchlich zu ſeyn / ich gar nicht wuſte / dazu geſetzet wird. So ma - chet dieſes das werck / ſo in anſehung der verrichtungen ſelbs / als daß nechſt er - wehnter maſſen ich in gegenwaͤrdiger ſtelle auſſer der predigten zu keinen weitern kirchengeſchaͤfften gehalten / oder deſſen bißher gewohnt geweſen / ſo viel ſchwehrer / als die wichtigkeit des dienſtes groͤſſer: daß dannenher nechſt angezogene urſachen / wo ich mich mit mir ſelbs berathen wolte / alle in ſo viel mehrerer krafft ſtehen blei - ben / und mir einen entſchluß zufaſſen / ſo lange ich auff mich ſelbs ſehe / faſt ſchwehr zulaſſen. Wann aber ich mich auch wohl beſinne / wie daß eines theils zwar das urtheil uͤber ſich nicht bloſſer dings einem jeglichen ſelbſten / da aus bald dieſem bald jenem affect es ſich verſtoſſen mag / ohne anderer beyziehung zu uͤberlaſſen / andern theils aber / wie mein großguͤnſtiger hochgeehrter Herr gleicher maſſen in den ſei - nigen erinnert / der ſchickende mit noͤthigen gaben auch geſchickt zu machen ſo kraͤff - tig vermag / als ohn zweiffenlich verſpreche; Habe endlichen ich bey mir ſelbs in den nahmen des Hoͤchſten / mit deme und in dem gebet zu ihm ich gantzes dieſes werck faſt bißher noch alleine zu belegen gehabt / dieſen ſchluß gefaſſet / einen er - kaͤntlich-goͤttlichen beruff / wie ohne das dieſes die gewiſſens pflicht mit ſich bringet / nicht aus handen zu gehen / ſondern auch ohn angeſehen alles anderen der ſtimme deſſen zu folgen / der wie er mich anfangs hier auff die cantzel durch ordentl. beruff geſetzet / alſo ſeine ungebundene hand uͤber ſeinen knecht ſich vorbehalten / auch an - ders wohin nach ſeinem willen ihn zuſchicken. Auff das aber ob gegenwaͤrtiges an -brin -8Das ſechſte Capitel. bringen / davon bißher die gedancken und zwiſchen uns communication gepflo - gen worden / aus ſolchem des allguͤtigen GOttes gnaͤdigen rath / der meine wenige dienſte einer andern als hieſiger kirchen mir bißher unbekant nach ſeiner freyheit be - ſtimmet / herflieſſen / und ich ſolchen characterem daran zu veneriren von mir ge - wiß erkannt moͤge werden / ja aber ich in ſolchem mich nicht vergreiffe / habe ich mich in allem paſſive zuhalten / und ſeiner nicht weniger maͤchtigen als weiſen pro - videnz / und beyderſeyts hoher intereſſirter Obrigkeit ohnbedingt und ohn vorgrif - fen die ſache heimzu weiſen. So dann hiemit von mir beſchihet / und mich dahin er - klaͤhre / daß weiln ich nicht mein eigen / ſondern aus goͤttlichen beruff hieſiger auch hochloͤblicher ſtatt mit pflichten verwandt [ſo nechſt angeregter maſſen mir nicht zulaͤſſt / ohne communication mit ſolchen meinen Obern einige verbuͤndliche deter - minirte reſolution zu geben] ich uͤber mich diſponiren laſſen / und was hochloͤb - liche ſtatt Franckfurt / da dieſelbe in gefaſſter meinung beharret / mit meinen gnaͤdi - gen Herrn allhier / nach ohne das zwiſchen denſelben unterhaltenden freundlichen vertrauen / wegen meiner zu tractiren belieben wird / und etwa alsdenn hochernenn - ten ſolchen meinen gnaͤdigẽ Obern nach befindung ihres orts / als denẽ ich auch nicht maß zuſetzen / mir ihren Obrigkeitl. willen andeuten werden / allerdings genehm hal - ten / und nichts an allem hindern wolle. Jch hoffe an meinem ort / daß uͤber dieſe re - ſolution nicht mehr von mir erfordert werden / oder ich mit gutem gewiſſen weiter heraus zugehen vermoͤge / als auff dieſe weiſe das werck ſchlechter dings aus han - den zu geben. Der allguͤtige GOTT und HERR ſeiner kirchen / regiere aller - ſeits alle hertzen / rathſchlaͤge und handlungen nach ſeinem weiſen rath / wie er uns wiſſend oder unwiſſend / ſolches zu ſeinen ehren und ſeiner gemeinde beſten noͤthig und dienlich zu ſeyn erkennet. Jn deſſen maͤchtigen ſchutz ich meinen großguͤnſti - gen hochgeehrten Herrn nechſt freundlicher bitte / auff ſelbs beſtermaſſen wiſſende weiſe gegenwaͤrtige reſolution gehoͤriger orten zu hinderbringen / mit bißheriger groſſer affection gegen mich zu continuiren / und wo ichs zu muthen darff / ohn - beſchw ehrt etwa mit einigen zeilen fernerer gedancken eroͤffnung zu thun / mit eiff - rigen wunſch und gebet ſchlieſſlichen empfehle etc. 19. Mart. 1666.
An den Magiſtrat zu Straßburg / als von der Statt Franckfurt meinetwegen an ſolchen geſchrieben / und darauff von mir mei - ne erklaͤhrung verlanget wor - den.
DAß Eure Gnaden das an dieſelbe von der hochloͤblichen ſtatt Franckfurt mei - ner perſon wegen abgegangenes ſchreiben mir zuſtellen / und was in ſolchen werck meine wenige gedancken waͤren / oder wie ich ſolches ſelbs anſehe zu be - fragen gnaͤdig geruhet / ſolches habe ich an meinen ort vor eine hohe gnade zuhalten / und mich dero wie anderer biß daher empfangener gnaden unterthaͤnig zubedan - cken; Wo aberzu Ew. Gnaden gnaͤdigen begehrens gehorſamer erfuͤllung / ich wie vorhin ſeiter dem [gleichwohl aller dings unverfaͤnglich] præliminariter durch eine andere mittel perſon / wegen anmuhtender vocation mit mir gehandelt wor - den / alſo auff geſchehen dieſe communication in der furcht GOttes / ich dem gantzen wercke / ſo viel ich davon faſſen und verſtehen moͤgen / nachgedacht / finde ich auff beyde ſeiten / ſo viel wichtige urſachen / deren einige zu dergleichen aͤnderung / auff vorgehenden Ew. Gnaden conſens / kraͤfftiglich anzutreiben ſcheinen / andere hingegen mit nicht wenigern nachtruck davon abhalten wollen; daß alſo ich ſchwer bey mir ſelbſt urtheilen kan / ob aus allen umſtaͤnden ich dieſe anmuthung anzuſehen als eine aus goͤttlichen weiſen rath flieſſende ernſtliche vocation / deren ohne ver - letzung des gewiſſens / ich mich nicht zu entziehen haͤtte / oder etwa vor einen goͤttli - chen verſuch / der durch menſchliche Conſilia / wie ich mich ſelbs pruͤffen / oder aus zeitlichen abſichten etwa bewegen laſſen wuͤrde mich auff die probe ſetze / und ich dem - nach ſolches vielmehr abzuſchlagen haben wuͤrde. Jch geſtehe gerne / daß ſolche anmuhtung als eine goͤttliche ſchickung anzuſehen nicht weniges angezogen werden mag. Wenn ich betrachte / daß ohne die wenigſte vermuhtung / will nicht ſagen geſuch oder gebung einiger gelegenheit / [maſſen ich des orts ſelbs allerdings keine kundſchafft habe /] dergleichen auffgetragen / und gegen eine perſon / von deren ſie einige proben der tuͤchtigkeit zu vorſchlagenden amte / auch nur anderwertlich her nicht gehoͤret haben koͤnnen / weniger geſehen haͤtten / eine ſonderbahre zuneigung der hohen obrigkeit / und neben derſelben in dero raht repræſentirenden gemeinde be - zeiget / gleichfalls eines venerandi Miniſterii daſelbſt angenehmer conſens mit bedeutet worden. Welche ohne unſer zuthun conſpirirende vota einem hoͤhern antrieb faſt nothwendig beygeleget werden muͤſſen. So iſt auch dieſelbe an ſich ſelbs [nicht zuſagen von zeitlichen genuß und reichlichen auskommen /] alſo bewant / daß bey einer ſo vornehmen gemeinde / die der geſamten Evangeliſchen kirchen ein vornehmes glied iſt / durch eine perſon / die mit darzugehoͤrigen gaben gnugſam aus - geruͤſtet / und in dem werck des HERRN an ihren eyffer und fleiß nichts erman - geln laſſen will / herrlicher nutze durch GOttes ſeegen geſchaffet werden koͤnte: hingegen zu der dabey aufflegenden arbeit bey ordentlichen beruff man auch die bey ſich noch nicht befindliche kraͤffte in glaubigen vertrauen zu erwarten; kaͤme auch noch darzu / daß irgend an meinem ort ich noch von dem alter / gleichfalls die haus - haltung noch in ſolcher enge / daß eine mutation zu dieſer zeit weniger als etwa bey andern beſchwehrde ſchaffen wuͤrde. So denn endlich die anſehung jetziges zu -Bſtandes /10Das ſechſte Capitel. ſtandes / die alſo bewandt / daß wie Ew. Gnaden deren gnade [indem alles bey mei - ner perſon ich als auſſer ordentliche gaben von denſelben bißher anzuſehen gehabt] an mir ſonſt gerne mit unterthaͤnigen danck erkenne / ſelbſten wohl ermeſſen / in der - gleichen und auff dieſe weiſe einige zeit laͤnger zu verharren / wie gerne ich auch wol - te / mir faſt unmuͤglich fallen wuͤrde / oder ich auff eine oder andre ſeite den ruin der haushaltung / mich in ſchulden zuſtecken / oder wo mit ſolcher ſtrengen anhal - tung / wie bißher geſchehen muͤſſen / durch die Collegia die ſuſtentation mei - ſtens zu ſuchen / der geſundheit vor augen ſehen / und alſo / womit ich etwa nach GOttes willen laͤnger arbeiten ſollen in weniger friſt die kraͤffte conſumiren muͤ - ſte. Welche ſaͤmtliche momenta von der wichtigkeit ſind / daß vielleicht einige ohn angeſehen der gegengewichte / wol alſo bald ſie ſich auff ſolche ſeite lencken laſ - ſen ſolten. Jch habe aber dabey billig auch auff der andern ſeiten nicht nur zu er - kennen / die groſſe ſchwehre dieſes dienſtes / in welchem wie groſſer nutzen zuſchaffen / alſo durch eine darzu nehmende nicht allerdings tuͤchtige perſon / eben ſo viel ſchaden auch gethan werden koͤnte / da ich hingegen auff meiner ſeiten / wo ich mit mir ſelbs zu rathe gehe / und nicht alleine nach vorhin ausgemachter frage / ob GOttes be - fehl mich jetzo dahin ſchicke / von ſeiner gnade die gaben / die ich noch nicht finde / ob - gedachter maſſen erwarten will / freylich dieſe tuͤchtigkeit nicht ſelbs an mir erken - ne; indem nicht allein die leibes kraͤfften nicht am ſtaͤrckſten / ſondern ich bißher al - lein in theoria Theologica und eine zeither aus erforderung der in dieſem ſtand ietzo noͤthiger collegien / hiſtoriſch und politiſchen ſtudiis / mich auffgehalten / ja aber ohn die predigten / die noch nicht das werck allerdings ausmachen / zu andern pfarr-verrichtungen und abſonderlichen ſeelen ſorge nicht gebraucht worden oder dero gewohnt geweſen; ſondern ich bedencke auch billig / wie ich ſo wohl vor 3. jahren / als Eure Gnaden nach des allguͤtigen weiſen GOttes willen mich zu jetzo tragender frey prædicatur gnaͤdig beruffen / mit freudigem gemuͤth denſelben be - ruff angenommen / und dem hoͤchſten GOTT gedancket / der nicht nur mich bey ſolcher hochloͤblichen ſtart / da bey meine beyderſeits Voreltern verbuͤrgert und theils in wuͤrden und dienſten geweſen / darzu auch zu dergleichen dienſt / bey dem ohne die arbeit ſelbs keine ſorgen nicht waͤren / und alſo die von mir ſo hochliebende tranquillitaͤt ich erhalten moͤchte / nach ſeinen rath befordern wollen; alſo auch bißher die feſte reſolution gefaſſet gehabt / auch dero mich unterſchiedlich verlau - ten laſſen mein leben in ſolchen amt und hieſigen orts [wo ich ſo von andern als nem - lich gnaͤdigen Obrigkeit und dero perſonen ſamt und ſonders mich dero gnade und vieler gutthaten bißher ruͤhmen auch ins kuͤnfftige verſichern koͤnte] nach des hoͤch - ſten willen zu zubringen und zu ſchlieſſen. Welche gegen-momenta denn wiede - rum nicht gering zu ſchaͤtzen / ſondern endlich mich dahin bewegen / daß in ſolchen werck ich vor mich keinen ſchluß ſelbs zu finden vermag. Jſt alſo allein das uͤbrig /nach11ARTIC. I. DISTINCTIO I. SECTIO IV. nach dem Ew. Gnaden als meine ordentliche Obrigkeit / von mir / meinem vermoͤ - gen / und ob bey derſelben kirchen und nach dero willen kuͤnfftig etwa univerſitaͤt dieſelbe meine dienſte ferner nuͤtzlicher zugebrauchen wuͤſten / oder aber bey auch hochloͤblicher ſtatt Franckfurt / da ſie dieſelbe darzu tuͤchtig erachteten / lieber angewendet ſehen / zu judiciren vermoͤgen / daß ich eure gnaden den entſcheid / weil ohne das vocations-wercke / die das gewiſſen ſo vielfaͤltig beruͤhren / verſicherter durch andere als die vocandos ſelbſten / die ſich pasſivè zuhalten / ausgeꝛichtet wer - den / in unterthaͤniger gelaſſenheit uͤbergebe / und meinen willen in den goͤttlichen / [deſſen entſcheid ich aus derſelbe nun erwarte] reſignire; dabey das ſchuldige unter - thaͤnige vertrauen habe / wie dieſelbe ohne das auff diejenige zwecke / ſo hieher gehoͤ - ren / und die in ein und anderem ſtuͤck beobachtende muͤglichkeit / nach dero hohen verſtand und prudenz / auch bißher gegen mir bezeugte Obrigkeitlichen gnade / gnugſam ſehen / und auch ſolchen dero gnaͤdigen entſchluß mir wieder andeuten werden. Jch ruffe den getreuen GOTT und HERRN ſeiner kirchen inbruͤn - ſtig an / daß derſelbe wie er aus pruͤffung des hertzens und anſehung kuͤnfftiger be - gebenheit allein wohl verſtehet / wen er zu jeglichen geſchickt gemacht / das werck al - ſo in regierung der hertzen / entweder hindern oder fordern wolle / wie ſeine ehre da - durch befordert / und ſein wille mir dadurch eroͤffnet mag werden. Deſſen allge - waltige u. allguͤtige rechte halte Eure Gnaden zu ſamt gantzer hieſiger hochloͤbl. ſtatt und kirchen noch ferner u. allezeit in guten ſchutz / frieden / wohlſtand / ſegen und ver - gnuͤglichkeit / nechſt welchen wunſch und unterthaͤniger zuverſicht daß Eure Gnaden dieſe erklaͤhrung in gnaden auffnehmen werden verbleibe ‒ ‒ ‒ Apr. 1666.
An die Herren Scholarchen in Franckfurt am Mayn wegen annehmung der vocation.
JCh zweiffle nicht / daß uͤber ſo langen verzug und auffſchub der endlichen antwort Ew. Geſtrengen und herrlichkeiten ſich nicht wenig befremdet haben werden / kan auch nicht in abrede ſeyn / daß jeglicher / weme nicht bekant / wie gewoͤhnlich alle geſchaͤffte hieſigen orts / die von einiger importanz zu ſeyn ſcheinen / etwas langſam expediret werden / daruͤber andere gedancken zu faſſen / moͤchten wohl urſach finden. Jedoch zweiffle ich hinwieder nicht / daß ſo wohl meine O - bern allhier ihres ſolchen verzugs / [weil nach hieſiger manier dergleichen geſchaͤffte bey unterſchiedlichen collegiis nacheinander vorgetragen und in bedacht gezogen werden muͤſſen / ehe ein endlicher entſcheid erfolge] gegen hochloͤbliche ſtatt Franck - furt die urſach darthun / als auch auffs wenigſte mir an meinem orte einige ſchuld deſſen nicht beygemeſſen werde werden. Das geſchaͤffte ſelbs betreffend / habe ich dieſe zeit uͤber in GOttes nahmen erwartet / was deſſen gnaͤdigſter wille ſeye / undB 2ſich12Das ſechſte Capitel. ſich declariren werde / gleichwohl einige mahl gehoͤriger orten um beſchleunigung angehalten. Auff welches dann / nachdem meine erklaͤhrung begehret / und dahin von mir eingerichtet worden / daß ich mich pasſivè haltende die momenta des wercks zu betrachten / und von meiner perſon zu judiciren / meinen gnaͤdigen O - bern uͤberlieſſe / von loͤblichem hieſigen Magiſtrat [vor der auch die Herren Theo - logen dabey erſuchet / und demnach nichts ſo zu verſicherung der gewiſſen gehoͤret unterlaſſen] der entſchluß vorgeſtern dahin gemachet worden / daß mir hiermit er - forderter conſens die anmuthende vocation in dem nahmen GOttes anzuneh - men / ertheilet wuͤrde. Jch habe ſolches nicht nur als ein Obrigkeitlich erlaubnuͤß mit gehoͤrigem reſpect / ſondern als ein wort des HERRN / ſo durch meine vor - geſetzte vom himmel herab mir zugeruffen waͤre / mit tieffſter demuth angenommen / ſeinem uͤber mich zu dieſem wercke nunmehr diſponirenden willen zu gehorſamen. Wie nun hoͤchſtgedachte hochloͤbliche ſtatt an ihrem ort ſolche dero antwort ſelb - ſten an auch hochloͤbliche ſtatt Franckfurt ohne zweiffel heut ſchrifftlich dieſes in - hal[t]s ergehen laſſen wird / alſo habe es hier mit auch meines orts ich Eurer Geſtreng. und herrlichkeit mit ſchuldiger obſervantz zu berichten noͤhtig befunden / als der auff erhaltenen meiner Obern willen / hiermit mich hochloͤblicher ſtatt Franckfurt be - liebenden vertroͤſteter vocation mit allem gehorſam bequemen u. deꝛo befehls folg - lich erwarten werde. Wann aber ich der verrichtungen / ſo mir zuſtehen ſollen / noch nicht ſo voͤllig wiſſenſchafft habe / als dem der zuſtand der kirchen nicht gnug - ſam bekant / ſtuͤnde auch an Eure Geſtrengen / und herrligk. mein gehorſames bitten / ſolche geruhten nebens folgender vocation großguͤnſtigen mir um etwas mehrers derſelben erlaͤuterung zu thun. Was diejenige von Herrn Philipp Schultzen JCto mir in eigenem brieff und communicirten extract benennete verrichtungen anlanget / verſtehe ich mich zu ſolchen / dieſelbe vermittelſt goͤttlicher gnade zu uͤber - nehmen. Solten aber uͤber dieſelbigen ferner in particulari cura animarum einige andere ſeyn / bitte ich nochmahln obſervanter ſie zu communiciren / um in der furcht GOttes bey mir zuerwegen / was ich in kraͤfften finden ſolte / des zuver - ſichtlichen vertrauens / da in einigen aber ſonderlichen neben umſtaͤnden ſich ein weniges bedencken faͤnde / eine hochloͤbliche ſtatt / die ihre gnade bereit ſo weit gegen einen unbekanten herrlich bezeuget / ſelbs auch in dergleichẽ ſtuͤck guͤtig geruhen wer - de / dasjenige ſo zu facilitirung der hauptverrichtung dienen moͤchte / da gleichwohl nichts wider geziemende ordnung geſuchet wird / gern zu bewilligen. Alles ſolches aber beyſeits geſetzet / bleibet das principal werck auff meiner ſeiten in ſeiner rich - tigkeit / da hochloͤbliche ſtatt noch ihre vorige guͤtige gedancken auff mich behaͤlt. Jch ruffe wiederum den getreuen und allguͤtigen GOTT von grund der ſeelen an / daß ſeine weiſe regierung / ſo bißher wider in dieſer ſtatt vieler menſchen gedancken das werck kraͤfftig gefuͤhret / es alſo hinaus fuͤhre / wie dero ehren beforderung es erfordert. Solcher groſſe GOtt ſegne alle hochloͤbliche ſtatt und in derſelben auchzu13ARTIC. I. DISTINCT. I. SECTIO V. zu dero beſten E. Geſtr. und Herligkeit handlungen und ratſchlaͤge mit ſtatlichem fortgang und gluͤcklicher erfuͤllung. Welches wie es mein taͤgliches gebeth nun ſeyn ſoll / alſo auch vor dißmahl von mir abgeleget wird / der ich ſchließlich ꝛc. 14. Maj. 1666.
Antwort an die ſtatt Franckfurt am Mayn auff dero vocation.
WAs Ew. Wohl Edl. Geſtreng und Herrligkeit in dem bißher durch vor - nemlich die aus dero mittel verordnete hochanſehnliche Herren Scholar - chen vocations geſchaͤfft præliminariter mit meiner wenigkeit zu com - municiren / meine dimiſſion von gegenwertig meiner gnaͤdigen Obrigkeit zu - begehren / ſo dann itzo nach erfolgeter ſelbiger durch eignes geneigtes ſchreiben alles obige zu confirmiren / und mir das hochwichtige bey dero Evangeliſchen gemein - de durch den todt des nu von unterſchiedlichen monaten her in GOtt ruhenden / vorhin aber geweßnen treufleißigen Pfarherrn und Senioris des Ehrw. und hochgel. Herrn Chriſtiani Gerlachii vacirendes pfarr-amt und Seniorat auff - zutragen und anzubefehlen beliebet: Habe ich billich gantze ſolche zeit uͤber in den nahmen des Hoͤchſten und ſeiner furcht bey mir zuerwegen und auff ſeine leitung achtung zu geben gehabt / auch darinnen augenſcheinlich warnehmen muͤſſen / wie der allweiſe regierer ſolches alles jemehr und mehr zu erwuͤnſchenden zweck gefuͤh - ret / und nun in ſolchem werck / darinn ich um verſicherung des gewiſſens willen mich allerdings paſſive gehalten / und hoͤher direction uͤbergelaſſen / ſeinen goͤtt - lichen willen und befehl dadurch offenbahren / biß endlich deſſen gewißheit mir nun - mehro durch beyderſeits hohe obrigkeitliche ſo dimiſſion - als vocations - werck gleichſam aus ſeinem munde angefuͤget und damit aller ſcrupel benommen worden. Wie ich nun goͤttlicher providenz / weiſe und unerforſchliche regierung in de - muͤthigen gehorſam zu veneriren / und deroſelben mit tieffſter demuth danckzuſa - gen / die da ihren knecht / welcher bißher vor der gleichen vornehmen dienſten aus anſehung ſeiner ſchwachheit ſich mehr entſetzet / als dieſelbe wuͤnſchen moͤgen / gleich - wol durch ihre gnade zu einen ſolchen in geſamter Evangeliſchen kirchen vorneh - men gemeinde gnaͤdigſt beruffen wollen / auch mit glaͤubigen vertrauen mich zuver - ſichern / daß der maͤchtigſte geber und fuͤger alles guten auch durch ſchwache werck - zeuge ſein werck und ehre zu befordern / weißlich verſtehe und kraͤfftig vermoͤge; als habe ich nechſt ſolchen Ew. Wohl Edl. Geſtr. und Herrligk. guͤtige auff mich unbekandten geworffne affection, die da vor allen etwa tuͤchtigern perſonen / die zu dergleichen importirender ſtelle anderweitlich her leicht zu holen / haͤtten moͤgen ſeyn / meine wenigkeit erwehlet / gleichfals gehorſamen danck zu ſagen / vornemlichB 3aber14Das ſechſte Capitel. aber in dem nahmen des Hoͤchſten vor deroſelben mich hiermit zuerklaͤhren daß ich das aufftragendes pfarr-amt und ſeniorat mit allen gehorſam auffnehme / auch mich kraͤfftig dahin obligire, nach allem dem vermoͤgen / ſo der grundguͤtige GOtt / den ich darum taͤglich anzuflehen habe / verleihen wird / zu forderſt mich allen o - brigkeitlichem befehl in ſchuldigen reſpect zu unterwerffen / hiernechſt anbefohlen - dem amt und deſſen anhaͤngenden verrichtungen getreulichſt abzuwarten / goͤttliches wort in reiner lehr und nach der form / der darinnen klahrſt gegruͤndeter Augſp. Confeſſion und uͤbriger Symboliſchen buͤcher mit fleiß und eyffer zuverkuͤndigen / die heiligen Sacramenten nach des HErren einſetzung behutſam zu adminiſtri - ren / und die anvertrauende gemeinde an meinem ort zuerbauen; wie ich nicht allein vor denſelben denen die oberhut krafft obrigkeitlichen amts rechtmaͤßig gebuͤhret / deßwegen in verantwortung ſtehe / ſondern vor meinen Erloͤſer dermaleinſt rechen - ſchafft zugeben bedencken muß. Er der groſſe GOtt / von deſſen ſegen gleich - wol alles alleine zuerwarten / wolle ſolches heilige werck ſelbſten foͤrdern / und wie es nicht menſchen ſondern ſeine ehre vornehmlich betrifft / geiſt / muth / verſtand und eyffer nach ſeiner reichlichen gnade verleihen / daß ſeines knechts lehr und leben von ihm kraͤfftig regieret / bey ſeiner lieben kirchen den nutzen / der gehoffet wird / ſchaffe / ja aber durch ſeine ſchwachheit und fehler / dero auffhelffen und er ſie verhuͤten und vergeben wolle / nichts verabſaͤumet noch gefaßte hoffnung fruſtriret werde. Sei - ne unendliche guͤte walte auch in uͤbrigen allen uͤber Ew. Wohl Edle Geſtr. und Herrligkeit / und geſamte loͤbliche ſtatt / regiere dieſelbe mit ſeinem Geiſt und wei - ſen rath / beſchuͤtze ſie unter den fluͤgeln ſeiner macht / und erfuͤlle ſie mit frieden / ſe - gen und aller hohen vergnuͤglichen wolfarth.
Antwort-ſchreiben des Miniſterii zu Franckfurt am Mayn an den Rath zu Erffurt wegen Johann Melchior Stengers ſchriff - ten.
WJe wir nicht zweiflen wollen / daß unſer neuliches von dem 6. hujus werde zu rechter zeit wohl uͤberkommen / und die entſchuldigung des laͤn - gern verzugs / von Ew. Wohl Edel. Geſtr. auch E. E. F. und Weißh. ſo wohl erkant / als Großg. aufgenommen worden ſeyn / als haben wir endlich un - ſer von uns erfordertes neulich vertroͤſtetes / und nunmehr durch goͤttlichen bey - ſtand verfertigtes / Theologiſches bedencken und judicium uͤber derſelben kir - chen Diaconi Herr Johann Melchior Stengers zwey communicirte ſchrifften / wie fern wir die darinnen befindliche lehren und redensarten goͤttlichem wort /un -15ARTIC. I. DISTINCT. I. SECT. VI. VII. unſern Symboliſchen buͤchern / und ausgehendigten reverſalen gemaͤß oder un - gemaͤß achten zu ſeyn / denenſelben hiemit zufertigen ſollen: Der troͤſtlichen hoff - nung gelebende / daß Ew. Wohl Edel. Geſtr. und E. E. F. und Weißh. wie ins - geſamt / auch ſonſten derer kirchen anliegen ihnen eyfrig in obacht zunehmen ange - legen ſeyn laſſen / alſo abſonderlich dieſer unſerer arbeit dazu bedienen werden / daß Herr Johann Melchior Stenger zum foͤrderſten durch ſolche und etwa / wo andersher dergleichen eingelauffen / ferner bruͤderliche erinnerungen / die wir ihme communiciret zuwerden hoffen und bitten / gewonnen / und entweder durch theils erlaͤuterung der zweifelhafften reden / theils der uͤbrigen verbeſſerung / oder auff andere weiſe / wie dero kirchen es am vortraͤglichſten ſeyn mag / alle gelegenheit wei - teren aͤrgernuͤſſes aus dem weg geraͤumet / hingegen zu ungehinderter aufferbau - ung ſo viel kraͤfftiger alles in guten ſtand geſetzet werde. Zu allem ſolchen und alſo auch darinnen befoͤrderung ſeiner ehre / wolle der dreyeinige GOTT / deſſen ſach es iſt / dieſelbe mit ſeinem Geiſt der weißheit / verſtandes / raths / ſtaͤrcke / er - kaͤntnuͤß und furcht des HErrn ausruͤſten / die beſte mittel zu erwehlen / und nach - mals ſolche ſegnen / zu ſeiner kirchen auffnehmen. Jn deſſen gnade wir ſchließ - lich auch insgeſamt zu gluͤcklicher und geſegneter regierung und allem wohlſtand eyfrigſt empfehlen. Franckfurt am Mayn / den 20. Jul. 1670.
Ew. Wohl-Edel. Geſtr. auch E. E. F. und G. Zu gebeth und dienſten bereitwilligſte Senior und geſamte Prediger det Evangeliſchen gemeinde in Franckfurth am Mayn.
Des gedachten Miniſterii cenſur, uͤber gedachte 2. Stengeriſchen ſchrifften. IN NOMINE JESU.
ES iſt nicht das geringſte / welches wir aus goͤttlichem befehl unſerm nech - ſten ſchuldig ſind / daß wir nicht nur in andern ſtuͤcken allezeit deſſelben ehre und unſchuld zu retten ſuchen / ſondern auch wie eyfferig uns dieſelbe ange - legen ſey / damit zu verſtehen geben / daß wir / wo wir etwas von demſelben hoͤren / und ſehen / allezeit ſo lange ſolches noch zum beſten gedeutet werden mag / es lieber dahin annehmen und anſehen / als einen uͤblern verſtand / der etwa darunter ge - ſucht werden moͤchte / ohne gnugſame urſach vermuthen. Wie nun ſolches ins -ge -16Das ſechſte Capitel. geſamt in dem gemeinen leben geſchehen ſoll / alſo auch wo man von eines lehrers und ſcribenten lehr und ſchrifften zu urtheilen hat / ſolle billich dieſe regel allemal zu foͤrderſt vor augen ſtehen / daß gleich wie auff einer ſeiten nicht wieder die chriſt - liche warheit / alſo anderſeits nicht wider die chriſtliche liebe geſuͤndiget werde. Ja es iſt unmuͤglich daß nicht auch wider die warheit gefehlet werde / wo nicht die chriſtliche liebe der jenigen gemuͤther regieret welche urtheilen ſollen / und wegen mangel derſelben / aus ungnugſamen urſachen undvermuthungen einen uͤblern ver - ſtand in eines mannes worten wuͤrden vermeinen gefunden zuhaben; Aber eben damit des wahren und von ihme intendirten verſtandes verfehleten.
Wann denn uns uͤber Herr Johann Melchior Stengern Diaconi zu Erf - furt zwey ſcripta, nemlich das buch der Bußpredigten / und Einſchaͤrffung zweyer puncten, unſere meynung zugeben von den jenigen ſo ſolches zu begehren fug ha - ben / zugemuthet worden / wir auch aus allgemeiner pflicht der kirchen beſtes aller orten nach vermoͤgen zubefoͤrdern / ſothanen chriſtlichen begehren ſtatt zu geben uns verbunden achten / ſo ſetzen wir uns billig in wahrer furcht GOttes zum aller forderſten die angedeutete regul vor augen / auff daß wir (wie es ſich ſonſt ohne das in allem / ohne menſchliche und privat affecten / in dergleichen heiligen und der kir - chen ruh mercklich betreffenden werck zuverfahren geziemet) ſo wohl insgeſamt ge - wiſſenhafft und bedaͤchtlich / als die dem jenigen / deſſen ſache es ſelbs und er der hertzenskuͤndiger iſt / deßwegen rechenſchafft geben muͤſſen / das vorgelegte erwegen / und dannenher ſonderlich niemanden / wider chriſtliche liebe eini - ges auffbuͤrden moͤgten / ſo deſſelben meinung nicht waͤre / und wir nach reiffer erwegung / aus gnugſamen umſtaͤnden / daß ein beſſerer verſtand in einigen worten zu ſuchen ſey / uns uͤberzeugt befinden: Hingegen auch ohngeſcheut was wir irrig erkennen andeuten / und gegen der regul der geſunden glaubens lehre halten. Dazu wir uns bey chriſtlichem dieſem vorſatz / des goͤttlichen beyſtandes / den wir demuͤthig darum erſucht / mit glaubigen vertrauen gewiß verſehen / und nochmals erſuchen.
Wir finden aber zum allerfoͤrderſten / ehe noch zur ſache ſelbſt geſchritten werde / dieſe obſervation, und anmerckung hoͤchſtnothwendig: Daß gemeinig - lich die betrachtung des jenigen der eine ſache redet oder ſchreibet / zu dem ver - ſtand deſſelben viel thue / und dahero ein groſſer unterſcheid ſey / nachdem jemand etwas geredet oder geſchrieben.
Nicht ob koͤnten ſonſten rechtglaͤubige nicht zuweilen ſich auch mit irrthum verſtoſſen / und hingegen / welche ſich zu falſcher religion bekennen / zuweilen etwas wahres lehren und ſchreiben; Oder aber muͤſten als dann allezeit jene irrthume des wegen gebilliget / und aus anſehen der perſon vor warheiten angenommen; Dieſer zu weilen nicht falſche ſaͤtze aber um ihrent willen verworffen werden. Sondern dar - zu dienet ſolche anmerckung / daß wo etwa die worte und redensarten eines lehrersetwas17ARTIC. I. DIST. I. SECT. VII. etwas zweiffelhafftig ſind / und man dieſelbe in beſſerem oder auch boͤſerm verſtand annehmen koͤnte / die betrachtung des jenigen / welcher ſolche gefuͤhret / beygeſetzt / daß ohne das angeregter maſſen die chriſtliche liebe allezeit auff das gelimpflichſte ſich neiget / ſo bald das gewicht auff die ſeite giebt / daß der beſte verſtand auch vor den wahreſten gehalten werde. Jn dem die gegenhaltung der glaubens bekaͤnt - nuͤß zu welcher die perſon ſich ſonſt gehalten / und weil daß ſie in andern ſtuͤcken der - ſelben wird haben widerſprechen wollen / ohne wichtige urſach oder den klaren au - genſchein / nicht anders als unbillich vermuthet wuͤrde / bereits ein liecht giebt / aus dem die dunckelere reden muͤſſen erhellet werden. Alſo wenn unſer theure mann GOttes Lutherus in dem buch de ſervo arbitrio, oder daß der freye wille nichts ſey / unterſchiedliche worte und arthen zureden gebraucht / welche ſonſten bey uns nicht / hingegen von Calvino und den ſeinigen gefuͤhret werden / geſtehen wir drum dieſen nicht / das ſie mit recht des beyfals ſolches unſern werthen Vaters ſich zu ruͤhmen haben. Sondern haben bißher chriſtliche und gelehrte Theologi viel - mehr ſich bemuͤhet zu zeigen / daß aus ſo wol betrachtung der gantzen ſchrifft / des zwecks derſelben und des unterſchiedlich mahl vorkommenden gebrauchs der ar - ten zu reden / die zweiffelhafft ſcheinen / als auch erwegung ſolches ſeligen mannes von den ſtreitigen puncten gefuͤhrter und anders her bekanter eigener lehre gnug - ſam erhelle / daß ein groſſer unterſcheid ſey / wo der ſeiner lehre halben uns billich gantz unverdaͤchtige Lutherus, und hingegen ein anderer ſeiner falſchen meinung nach aus der oͤffentlichen bekaͤntnuͤß ſeiner kirchen bekanter irrglaͤubiger einerley worte fuͤhren.
Nicht ob wuͤrde das einmahl falſch geweſene wort in des andern mund erſt zur warheit / ſondern weil es nicht mehr ein wort iſt / deſſen anderer verſtand aus des jenigen bekaͤntnuͤß erlernet wird / der es gefuͤhret. Alſo wenn der wohlver - diente und geiſtreiche Arndt / und irrgeiſt Weigel einerley worte zufuͤhren ſchei - nen: Jſts abermal eigentlich nicht einerley / ſondern iſt daſſelbe aus jenes munde gantz anders / nemlich aus jenes / des lehrers oͤffenlicher bekaͤntnuͤß / und erleute - rung ſeine geſamten buͤcher / bey dieſem aber aus der gantzen analogi ſeiner ir - rigen lehre anzunehmen und zuverſtehen. Wie es gleichermaſſen taͤglich ge - ſchicht / daß wir die von unterſchiedlichen widerſachern zu weilen anfuͤhrende ſtel - len der alten kirchen-vaͤter / welche etwa ſcheinen dieſen irrigen meinungen ge - gen uns beyfall zugeben / nicht nur durch genaue unterſuchung der worte ſelbſt / und alſo fleißige auslegung derſelben / ſondern auch auff dieſe weiſe zu retten pfle - gen / daß wir derſelben eigentliche meinung von den etwa ſtreitigen articuln aus anderen der ſtellen oder wol dero allgemeinen bekaͤntnuͤß der kirchen ſolcher zeit / wie dieſelbe aus andern ſchrifften erweißlich / erweiſen / und alsdann ſolche zur richt - ſchnur / wie die dunckel und zweiffelhafft ſcheinende worte zu erklaͤren ſeyen / ſetzen: Vorausgeſetzt dieſes / haben wir in gegenwaͤrtiger hypotheſi an Herr Joh Mel -Cchior18Das ſechſte Capitel. chior Stengern / als Autore der ſchrifften / daruͤber Wir befraget werden / ei - nen ſolchen mann / auff den wir anders her einiger falſchen religion argwohn mit recht nicht werffen koͤnnen / als der von ſeinen auſſer allen zweiffel allezeit vor or - thodox erkandten / und um die kirche wohlverdienten Herrn vater / ſo dann al - ler orthen / ſo viel uns wiſſend / von lauter reinen lehrern und Præceptoribus in der Theologi unterrichtet worden / ausdruͤcklich [als Einſchaͤrf. p. 44. 46. und an - derswo] ſich auff von uns vor rechtglaͤubig erkandte Academien berufft / und oͤffentlich zu unſern Symboliſchen buͤchern ſich bekennet: Hingegen ſelbſt in dieſen ſchrifften mit nahmentlicher verwerffung der irrglaͤuben der Calviniſten oder Reformirten [p. 78. 106. 107. Einſchaͤrff p. 32.] Papiſten. [p. 349. Einſchaͤrff. p. 16.] Photinianer [p. 233.] und Wiedertaͤuffer [p. 349.] ſich von deroſelben ge - meinden und lehrern abſondert; Da wir gantz ohnlaͤugbare argumenta haben muͤſſen; wo wir wider ſeine bekaͤntnuͤß eine gemeinſchafft mit jener lehr bey ihm vermuthen ſolten: Ja es richtet dieſe bemerckung ſo viel aus / daß auch diejenigen irrthum wo er ſich verſtoſſen und von der richtigen glaubens - und redens regel / ab - gewichen zuſeyn befunden werden mag / nicht vor boßhafftige irrthum / damit er ſich ſolcher falſchglaͤubigen kirchen theilhafftig gemacht / hingegen von uns abgetreten were; ſondern vor menſchliche fehler / da er aus uͤberſehen und uͤbereilung unwiſ - ſend in ſeiner kirchen lehr angeſtoſſen habe / zu achten ſind. Nach dem haben wir auch aus ableſung der ſchrifft insgeſamt nicht anders ſpuͤhren und abnehmen koͤn - nen / als einen hertzlichen eyfer vor GOttes ehre und der gemeinde erbauung. Es iſt ja freylich leider dahin kommen / da der teuffel geſehen / daß er mit einfuͤhrung falſcher lehr / an vielen orthen nicht durchdringen kan / ſondern die wahrheit der lehr bißher zur gnuͤge uñ alſo behauptet iſt worden / daß ſie gegen ihre feinde ſiegreich tri - umphiret / und wir nicht ſorgen doͤrffen / daß jemand wer nur will das geſchriebe - ne leſen / aus mangel unterrichts / und wegen noch einiger nicht gnugſam beantwor - teter zweiffel zu falſcher religion abzutreten werde urſache finden: Hat ers auff an - dere weiſe anzugreiffen / nach ſeiner liſt nothwendig erachtet / wie nemlich er den je - nigen / die eigenlich keinen glaubens irrthum nicht haben / ſondern bey der kirchen leben und derſelben beypflichten / deren lehre gegen alle anderwertige gnugſam be - ſtetiget iſt; (ob wol deren viel von ſolcher ihrer kirchen lehr leider ſehr wenig wiſ - ſen) ein ſolches Chriſtenthum wider ihre eigene bekaͤntnuͤß beybraͤchte / welches nur in ruhm des wort glaubens euſſerlichen heuleriſchen GOttesdienſt und etlicher maſſen erbahren leben beſtehe: Da gleichwol in Chriſto JEſu / ein rechtſchaffenes weſen ſeyn ſolle. Eph. 4. und ſolche leute weder von glauben noch deſſen wahren fruͤchten mehr / als den nahmen und eitelen ruhm haben. Denn da weiß der tau - ſendkuͤnſtler / daß er wo er ſolches erhaͤlt / eben ſo viel als er durch falſche lehr zur ver - damnuͤß bringen moͤge. Es iſt auch nicht zu laͤugnen / daß der arge feind nicht we - nig damit zur hellen geriſſen: Hingegen aber viel eiferige und GOttes gelehrtemaͤnner19ARTIC. I. DISTINCTIO I. SECTIO VII. maͤnner ſolchen greuel der verwuͤſtung / ſich durch goͤttliche gnade ernſtlich wider - ſetzet / und dem uͤbel geſteuret haben. Wie nun derſelben arbeit in dem HErrn nicht vergebens geweſen iſt / als haben noch jetzo alle treue lehrer und prediger / wol - len ſie den nahmen der treue behalten / und der kirchen noth ihnen laſſen zu hertzen gehen / in deroſelben fußſtapffen zu treten / und mit eyfer ſich dem von jenem ſeligen Theologo Paulo Tarnovio alſo genanten und beklagten neuen Evangelio, bey einem lauten in der that aber allein heuchel-maul - und wahn-Chriſtenthum ſelig zu werden / zu widerſetzen. Dieſe Intention erkennen wir auch bey Herrn Stengern zu ſeyn / und haben alſo ſeine / ſo predigten als ſchrifften / als auff dieſen zweck zielend / und demnach aus begierde ſeinen GOTT nach ſeinem vermoͤgen zu dienen herkommend / an zuſehen. Wie ferne aber die ſache ſelbſt ſolches ſeiner in - tention correſpondire oder nicht / wird in den folgenden zuſehen ſeyn. Es iſt a - ber auch darbey in acht zunehmen / daß dieſes vorhaben / den teuffel an dieſen orth / da ihm am weheſten thut / anzugreiffen / alſo bewandt ſey / daß kein vernuͤnfftiger / wo ers gleich am gottſeligſten und vorſichtigſten thut / ihm darbey menſchen tage ſuchen oder verſprechen / und alſo durch abſicht auff zeitliche gunſt / ehre / reichthum und anderes dergleichen / wodurch zu weilen die menſchen ſich von der rechten bahn abfuͤhren laſſen / darzu bewogen werden koͤnne. Daraus wiederum abzunehmen / daß es bloß ein an ſich loͤblicher (wolte GOTT / auch vorſichtiger!) eyfer gewe - ſen / dadurch der mann zu dieſen ſchrifften getrieben iſt worden. Welches aber - mahl eine gute præſumption vor ihn giebt / theils ſeine reden in beſſern verſtand anzunehmen / theils ſeine fehler nicht mit hoͤchſter ſchaͤrffe zubeurtheilen. Daher wir auch das jenige wo er von ſich ſelbſt redet / und ſich zum exempel anzeucht / lie - ber aus guten gemuͤth als ruhmſucht geſchehen zuſeyn / nach chriſtlicher liebe regul urtheilen wollen. Dem allen auch noch ſchließlichen beyzufuͤgen iſt / daß er ſelbſt (in Præfat. p. 27.) bittet / wo etwan / nach jemands beduncken noch moͤgte ein feh - ler vorgegangen ſeyn / deſſen privatim erinnert zu werden / um dadurch daß er ſeine erklaͤrung thun koͤnte / gelegenheit zu haben: Welches auch wiederum uns ſo viel beſſere gedancken von ihm zuſchoͤpffen anlaß giebt. Wann wir aber nun - mehr / vorausgeſetzt der dinge / die bereits erinnert / daß ſie bey des Autoris per - ſon in acht zunehmen / zur ſache ſelbſt zu ſchreiten / und alſo unſer Theologiſch ur - thel geben ſollen / uͤber die in beyden buͤchern enthaltene lehren / in deme keine gewiſ - ſe allein benambſet / und wir deßwegen alle die jenige / welche einigen zweiffel erre - gen moͤgten (ohne allein was die anfuͤhrende exempel aus der ſchrifft anlangt / von welchen wir aus guten urſachen unſer urtel zugeben dißmahl in bedencken ziehen) anzufuͤhren eine nothwendigkeit erachten: So koͤnnen wir die puncten / ſo wir anzufuͤhren geſonnen ſind / am fuͤglichſten abtheilen in zweyerley: 1. daß wir beſehen / unterſchiedliche lehren und redens-arten / welche einen ſchein haben moͤgten / daß ſie unrecht weren / von der allgemeinen bekaͤntnuͤß abtreten / und irri -C 2gen20Das ſechſte Capitel. gen lehrern gemein ſeyen: Da gleichwol nach reifflicher erwegung bey theils der - ſelben / ſo wohl die arten zu reden / als lehren ſelbſt richtig und gut ſich befinden. Jn theils aber die meynung ſelbſt des Autoris und ſeine lehre / wo ſie unter beſſern Terminis gegeben wuͤrde / nicht zutadeln iſt / aber die redens-arten billich zu corrigiren ſind. 2. Sollen einige lehren angezeiget werden / wo wir we - der mit der meynung noch redens-Formuln zu frieden ſeyn koͤnnen.
WAs dann die redens-arthen und lehren anlanget / welche etwa uͤbeln verſtand bey einigen haben / deßwegen als irrig und unſerer Evangeliſchen warheit nachtheilig moͤgen angeſehen werden / in der that aber und in ih - rem rechten verſtand nicht zuverwerffen ſind / oder doch die meynung derſelben nicht boͤſe iſt. So hetten wir insgemein wuͤnſchen moͤgen / daß Herr Stenger zu weilen lieber mit der kirchen als mit einigen formulen und arthen / zu reden ſich befliſſen haͤtte: Er nimt zwar zur entſchuldigung Einſchaͤrff. p. 50. daß man nicht mordicus muͤſte allerdings an den alten formuln halten: und præfat. p. 16. ſu - chet er auff gethanen vorwurff der novitaͤt ſeiner redens-arten zu antworten. Nun mag alles / was daſelbſt geſagt wird / in ſeiner maſſe wol ſtehen / daß nem - lich wir in der erkaͤntnuͤß wachſen / keiner ſein pfund vergraben und mit der ſchrifft und dero worten zu reden auch mehrere aufferbauung zu ſuchen jeglichen erlaubet ſeyn ſolle. Es erſcheinet aber die krafft des vorwurffs / ſo ihm mag geſchehen ſeyn / noch nicht mit den angefuͤhrten entſchuldigungen / genug widerleget: Denn zum gebrauch einer vorhin gantz ungewohnten / und zu ungleichem verſtand anlaß ge - bender formul, iſt noch nicht gnug / ob ſchon ſolche nicht in den Symboliſchen buͤ - chern deutlich verworffen / ſie auch etwa mit einigen ſpruch der ſchrifft / die zuwei - len etwas dunckler und von unterſchiedlichen auff unterſchiedliche weiſe pflegen verſtanden zu werden / uͤbereinkommen ſcheinen / auch mehrer nutzen dadurch ge - ſuchet wird / in dem / daß etwa im gegentheil entſtehende aͤrgernuͤß der ſchwachen und andere abſicht / auff die ruhe der kirchen / welche damit turbiret werden mag / billich den jenigen / dem das heyl derſelben angelegen iſt / anweiſen ſoll / da er einerley lehre mit ſeinen vorfahren fuͤhret / auch einerley formulen zu behalten / und mit denſelben das jenige eben ſo nachdrucklich und ernſtlich zu treiben / was man mit neuen formulen thun moͤgte / deren neuligkeit / der lehr vielmehr einigen nachtheil zuzeucht / als mehrern nachdruck giebt. Wie wir denn nicht ſehen / daß einiges von ihm Herr Stengern / getrieben worden / das nicht eben ſo kraͤfftig mit den gewoͤhnlichen redens-arten haͤtte geſchehen koͤnnen. Daß daher die abſicht auff mehrern nutzen der kirchen / welcher nicht erſcheinet / die ſache nicht bloß aus - gemacht; Alſo ſeind wir zwar darinnen wol mit ihm einer meinung / daß mannicht21ARTIC. I. DISTINCTIO I. SECTIO VII. nicht mordicus muͤſſe allerdings an den alten formulen halten / wie ja jetzo auch einige formulen alt ſind / welche eine zeit neue / und doch deßwegen nicht verwerf - lich geweſen; Aber das gehoͤrt darzu / daß gleichwol ſo lange bey den alten for - mulen zu bleiben iſt / als uns nicht die noth davon / und zu einfuͤhrung neuer for - mulen treibet / wo nemlich mit den alten nicht mehr eben das jenige kan ausge - richtet werden / was mit dieſen geſuchet wird. Und dieſes halten wir die meynung dieſes vorwurffs zu ſeyn / welcher zimlich wichtig / und Herr Stenger billig zu - weilen haͤtte etwas inne halten ſollen. Vorausgeſetzet dieſes / kommen uns nach - folgende formulen vor. (1) Finden ſich unterſchiedliche orthe / welche bey ei - nigen vielleicht einen argwohn eines Weigelianiſchen oder Quackeriſchen ſchwarms machen moͤgten. Als wenn p. 17. Von den glaͤubigen geſagt wird; Sie hoͤren am ſabbath dem heiligen Geiſte / dem innerlichen lehrer zu / der in ihrer ſeele wohnet. p. 312. Solches innerliche einſprechen des heili - gen Geiſtes iſt ein ſehr herrlich uͤber natuͤrlich zengnuͤß / daß der fromme hat / uͤber ſeiner kindſchafft bey GOTT. p. 315. GOTTES vaͤterliche liebes-zeichen habe ich bißher gnug geſpuͤret / auch in meiner ſeelen taͤglich mit GOTT geredet / und da ſeine troͤſtliche antwort gehoͤret in ſeinem hei - ligthum. p. 381. Der innwendige lehrer der heilige Geiſt / der in ihnen woh - net. p. 382. Es muß endlich ein jeder Chriſt fuͤr ſich in ſeinem hertzen und gewiſſen durch einſpruch deß inwohnenden heiligen Geiſtes verſichert wer - den der kindſchafft GOTTES. Einſchaͤrf. p. 20. daß der inwendige himmliſche lehrer der heilige Geiſt ihre hertzen bereite und zurichte / und p. 55. Wo der wahre glaube / der heilige Geiſt / die liebe Chriſti in eines menſchen hertz iſt / die wird ihm ſchon Chriſti willen und befehl anzeigen. Wer dieſe worte anſihet moͤgte leicht auff den argwohn kommen / ob halte es der Autor mit den Quackern und andern dergleichen Enthuſiaſten / welche ſolcher redens-arthen ſich auch gebrauchen. Zum exempel: Das Hamburgiſche Mi - niſterium citirt aus den Qvackern folgende reden: Jhr habt keine lehre noͤ - thig / wofern ihr die gnade annehmet / wann ihr darinnen wartet / ſo wird es euch zu GOTT fuͤhren / allda iſt euer lehrer. So werden ſich auch bey Schwenck - felden und Weigeln / ſo denn derſelben nachfolgern / ein und andere dergleichen reden finden. Ob nun ſchon es ſolte ſcheinen / einerley reden zuſeyn / die Herr Stenger fuͤhret mit ſolchen von uns billig verworffenen / ſind es doch in der that nicht einerley reden: indem Herr Stenger von den unmittelbar / und nicht durch das wort / deſſelben anhoͤrung und betrachtung / ſo denn die heilige Sacramenten / geſchehenden offenbahrungen und wuͤrckungen durchaus nicht redet; ſondern von den wuͤrckungen / welche GOTT durch die mittel bey den menſchen wuͤrcket: Weil ja freylich die aͤuſſerliche mittel nicht aͤuſſerlich bleiben / ſondern in das hertz[d]ringen / und in demſelben durch ſie der heilige Geiſt kraͤfftig ſeyn ſolle (wie obenC 3an -22Das ſechſte Capitel. angezogenes Rever. Miniſter. Hamb. in Quacker greuel C. 4. pag. 146. auch nicht alle innerliche wuͤrckungen des heiligen geiſtes in den hertzen der menſchen auffge - hoben haben will) Daher pag. 312. gleich nach angezogenen worten erklaͤhrungs weiſe folget: Wenn denn nun der heilige Geiſt bey der predigt des Evange - lii einen Chriſten iu ſeinem hertzen ſo lieblich troͤſtet; Alſo wann er ſaget pag. 197. Was ein erwachſener menſch iſt / der muß das Evangelium von JE - ſu CHriſto gehoͤret haben / es muß ihm ſeyn geſagt / geprediget / bekant ge - macht worden. p. 207. GOTT hat ſich einmahl mit ſeiner krafft verbunden an das wort / daß nimmermehr ein wort GOttes zu uns geredt wird / das unkraͤfftig were. Welche materie er p. 226. mit mehrern ausfuͤhret / und ſich darmit gnugſam von den irrgeiſtern / welche bey ihren vorgebenden unmittelbahren offenbahrungen und einſprechungen dergleichen nichts ſagen koͤnnen / ſondern die krafft des gepredigten goͤttlichen worts ſo viel an ihnen iſt vernichten / abſondert; Weßwegen / wo wir die ſache recht betrachten / ſagt Herr Stenger nicht mehr als der heilige geiſt durch ſeine heilige maͤnner vorgeſprochen hat Rom. 8 / 14. und folgenden: Welche der Geiſt GOttes treibet / die ſind GOttes kinder. Denn ihr habet nicht einen knechtiſchen geiſt empfangen / daß ihr euch a - bermahl fuͤrchten muͤſſet; ſondern ihr habet einen kindlichen geiſt empfan - gen / durch welchen wir ruffen Abba / lieber vater; derſtlbe geiſt giebt zeug - nuͤß unſerm geiſt / daß wir GOttes kinder ſind. 1. Joh. 2. 27. Die ſalbung / die ihr von ihm empfangen habet / bleibet bey euch / und doͤrffet nicht / daß euch jemaud lehre / ſondern wie euch die ſalbung allerhand lehret / ſo iſts wahr / und iſt keine luͤgen / und wie ſie euch gelehret hat / ſo bleibet bey dem - ſelbigen (daruͤber man des theuren Herrn Lutheri wort ſehen mag Tom. II. Eis - leb. pag. 373. Daß mirs der heilige Geiſt eben ſo im hertzenſagt / wie ichs mit den ohren hier im glauben hoͤre; Und wiederum: Wie der heilige Geiſt ihm in ſeinem hertzen predigt / und auch deß alten Auguſtini wort denckwuͤrdig ſind: Sonus Verborum noſtrorum aures percutit, Magiſter intus eſt. Ma - giſteria forinſecus adjutoria quædam ſunt & admonitiones: Cathedram in Cœlo habet qui corda docet) und 5. 6. der geiſt iſts / der da zeuget / daß geiſt warheit iſt. Anderer mehr orthe der Schrifft jetzo zu geſchweigen. (2. Mag auch einigen es als eine harte rede vorkommen / wann pag. 127. geſagt wird: GOTT erbarmet ſich nicht aller menſchen / ſondern nur etlicher / die ſich auch recht in ſeine vorgeſchriebene ordnung ſchicken. Und pag. 154. Er will nicht allen und jeden ſuͤndern gnaͤdig ſeyn. Es ſolte das anſehen haben daß dieſe worte mit Bezæ und der uͤbrigen Calviniſten lehr uͤberein kommen / wann jene ſich deutlich herausgelaſſen / daß keine zeit geweſen ſey / noch kommen werde / da GOTT ſich aller und jeder zu erbarmen gewolt habe / wolle / oder noch wollen werde. Reſp. ad act. Coll. Montiſp. p. 2. p. 194. Es mag aber auch ſolcherarg -23ARTIC. I. DISTINCTIO I. SECTIO VII. argwohn Herrn Stengern mit recht nicht graviren; Als welcher ſich gantz hell und deutlich der grauſamen Calviniſchen lehr von dem bloſſen rathſchluß / darzu ſolcher ſatz gehoͤret / entgegen geſetzt. Nicht nur da er p. 319. austruͤcklich ſetzt / daß wenig Chriſten ſelig werden / koͤmt nicht daher / als ob ſie GOTT nicht alle wolle ſeelig haben: ſondern auch da er pag. 314. die jenige verkehrte lehrer ſchilt / die da wehnen / GOttes wort ſey nur bey etlichen / und nur zu weilen kraͤfftig. Welches er pag. 206. 207. mit ernſt treibet / und ſolchen einwurff / da man zu erhaltung des glaubens ohne die predigt des Evangelii meine / daß es liege an einer ſonderbahren heimlichen gnade GOttes / eine gottloſe rede und meinung nennet. Daraus gnugſam erhellet / daß er nicht rede von dem vorge - henden willen GOttes / mit welchem freylich er aller menſchen heil will / ſondern von dem nachfolgenden / nach welchem er aus gerechtem gericht allein ſich der jeni - gen erbarmet / und zur ſeeligkeit wuͤrcklich bringet / welche ſolche ſeine barmhertzig - keit nicht von ſich ſtoſſen / oder ſich derſelben unfaͤhig machen. Daher auch an beyden orthen der mittel oder ordnung gedacht wird / nach welcher ſolche erbar - mung ſich richte.
3. Solte es gleichfalls eine harte und irrige lehre ſcheinen / wann pag. 107. geſagt wird: Kein menſch werde verdamt um der ſunde willen. Jn dem ja GOttes zorn wider die ſuͤnde entbrennet / und wir allezeit geſtehen muͤſſen / daß wir mit der ſuͤnde zeitliche und ewige ſtraffe wohl verſchulden. Pſa. 90 / 8. 9. Das macht dein zorn / daß wir ſo vergehen / und dein grimm / daß wir ſo ploͤtz - lich dahin muͤſſen. Denn unſere miſſethat ſtelleſtu fuͤr dich: Unſere uner - kante ſuͤnde ins liecht vor deinem angeſicht. So iſt der todt (und alſo alles / was die Schrift unter dem namen des todes zu verſtehen pflegt / darunter der andere oder verdamnuͤß tod freylich auch begriffen / ja wegen des gegenſatzes des ewigen lebens vornemlich hie mit zu faſſen iſt) der ſuͤnden ſold. Rom. 6 / 23. Wo aber die ſache und auch art zureden recht angeſehen wird / werden wir finden / daß dieſelbe nicht wider die Schrifft / oder unſere uͤbrige rechtglaubige lehre ſtreiten. Marc. 16. wird nicht geſagt; Wer da einige andere ſuͤnde / ſo groß ſie ſey und wolle / gethan hat / ſondern wer nicht glaubet / der wird verdamt. Joh. 16 / 8. 9. Wird deßwe - gen von Chriſto allein der unglaube / daß die welt nicht an ihn glaube / die ſuͤnde ge - nennet. Sonderlich ſchoͤn aber wirds gezeuget Johan. 3 / 36. Wer dem Sohn nicht glaͤubet / der wird das leben nicht ſehen / ſondern der zorn GOttes bleibet uͤber ihm. Hie wird geredet von dem zorn GOttes / wel[ch]er alle zeitliche und ewige ſtraffe nach ſich zeucht / und von allen ſuͤnden verdienet wird / ja deßwe - gen uͤber allen menſchen iſt / aber er bleibet nicht uͤber allen / und bringet alſo nicht wuͤrcklich das gericht uͤber alle / ſondern er bleibet alleine uͤber denen die nicht glau - ben: Denn von den jenigen / welche glauben / weichet er um ihres glaubens wil - len: Alſo daß die jenige urſache / warum der zorn GOttes endlich den menſchenwuͤrck -24Das ſechſte Capitel. wuͤrcklich mit verdamnuͤß beſtraffe / nicht ſo wohl in der ſuͤnde ſelbs / dardurch er erreget worden / ſondern in dem unglauben zu ſuchen iſt / welcher das mittel / wor - durch jenes haͤtte abgelehnet werden koͤnnen / wegſtoſſet. Daher wir auff ſolche ſchrifftmaͤßige weiſe finden werden / daß auch andere Chriſtliche lehrer auff gleichen ſchlag gelehret / daß der einige unglaube verdamme / die uͤbrige ſuͤnden aber ver - dammen zwar nach dero verdienſt / ſie ſind der verdamnuͤß wohl wuͤrdig / nicht aber thaͤtlich oder wuͤrcklich / es kaͤme denn der unglaube darzu. Apiſtia ſola damnat actu propriè & immediatè, alias omne peccatum demeritorie damnat. D. Dannhauer Hodoſoph. Phæn. 11. pag. 1412. und Catechiſm. Milch p. 6. Pred. 56. p. 684. Gleich wie allein der biß ans ende beharrliche glaube ſeelig ma - chet: Alſo im gegentheil verdammet der allein biß ans ende beharrliche unglaube. Und ſolches iſt eben Herr Stengers meinung pag. 243. Es moͤgen auch deine ſuͤnde noch ſo groß ſeyn / ſo wiſſen wir wohl / daß Gott nicht verdamt um der ſuͤnde willen / ſondern um der unbußfertigkeit willen / und ſo ein menſch ge - fallen traͤgt an der ſuͤnde. Sihe auch pag. 108. deutlicher aber pag. 157. Es iſt nicht mehr als ein zwiefacher weg zum verdamnuͤß / der eine heiſt der mangel der wahren reue / der ander heiſt der mangel des Evangelii. Die - ſes ſind ſo zu reden 2. wege / die anfangs etwas unterſchieden ſind / endlich a - ber lauffen ſie beyde in einander / und wird daraus der einige weg des un - glaubens. Wie die ſache daſelbſt noch weiter erklaͤhret wird / daß man daran keinen tadel haben mag. Er giebt aber ſeine meinung auch noch mehr zu verſtehen Einſchaͤrff. p. 10. wo er gar ſaget: Daß auch die menſchen nicht um des bloſſen unglaubens willen verdamt werden (weil wir alle von natur unglauben an uns haben) ſondern der muthwillige unglaube ſey es / der die verdamnuͤß bringet. Daher was hier Herr Stenger lehret / hat gleichfalls der theure Lutherus gelehret / Tom. 2. Jen. p. 144. Wie der glaube allein alle gerechtigkeit iſt und thut / alſo iſt und thut allein der unglaube alle ſuͤnde. Daher zeucht Chriſtus keine ſuͤnde an Joh. 16. denn den unglauben: Da er ſpricht das iſt die ſuͤnde / daß ſie nicht glauben an mich. Und eben uͤber ſolche wort 7. Jen. p. 185. Der unglaube wider CHriſtum / der wird die ſuͤnde gar mit einander / ſo den menſchen ins verdamnuͤß fuͤhret / daß ihm nicht zuhelffen iſt. Und bald. Allhier wird nicht allein der unglau - be / ſo von Adam in die menſchliche natur gepflantzet iſt / angezogen (iſt Herr Stengers diſtinction zwiſchen dem bloſſen unglauben und muthwilligen unglauben) ſondern deutlich ſolcher unglaube / daß man nicht glaubet an Chriſtum / nehmlich ſo das Evangelium von Chriſto geprediget wird / daß wir unſere ſuͤnde erkennen / und durch CHriſtum gnadſuchen25ARTIC. I. DISTINCTIO I. SECT. VII. ſuchen / underlangen ſollen. Denn nach dem Chriſtus kommen iſt / hat er die ſuͤnde Adams und des gantzen menſchlichen geſchlechts (nehmlich den vorigen unglauben und ungehorſam) fuͤr GOTT auffgehaben durch ſein leiden und ſterben / und einen himmel gebauet der gnaden und vergebung. Daß ſolche von Adam uns angebohr - ne ſuͤnde hin fort nicht ſoll unter GOttes zorn und verdamnuͤß behal - ten / ſo wir an dieſen Heyland glauben. Und ſoll hinfort heiſſen / wer da verdamt wird / der darff uͤber Adam und ſeine angebohrne ſuͤnde nicht klagen / ſondern muß uͤber ſeinen eigenen halß ſchreyen / daß er dieſen Chriſtum den Teuffels-Kopff-tretter und ſuͤnden-wuͤr - ger nicht hat angenommen / noch an ihn geglaͤubet.
4. Wie es nun das anſehen haͤtte haben moͤgen / daß durch vorigen puncten das geſetz unkraͤfftig gemacht wuͤrde / weilen wegen deſſelben uͤbertretung niemand verdamt werde (da wir bereits geſehen / daß ſolcher verdacht vergebens) als ſolte auch noch dieſes eine vermuhtung machen / ob favoriſirte der Autor den Anti - nomis und geſetzſtuͤrmern / welche in den vergangenen Seculo ſchon zu den zeiten des Herrn Lutheri ſeel. der wider ſolche geſchrieben Tom. VII. Jen. die kirche ver - unruhiget / und hingegen von den wahren lehrern beſtaͤndig verworffen ſind wor - den. Denen moͤgte das wort geredet ſcheinen. p. 3. Was gehet mich Moſes an? was breitet er ſich mit ſeinen geſetz taffeln? Einſchaͤrff p. 9. Man pre - diget itzt nicht das geſetz Moſis ſondern Chriſti geſetz. Nun wird ſich zwar drunten mit mehrem finden / daß dieſe machende diſtinction zwiſchen CHriſti und Moſis geſetze / und ſolche arten zu reden / die davon kommen / billich geaͤndert wer - den ſollen. Aber gleichwohl hat der argwohn Antinomiæ keinen platz: Und wo die formul: Moſis geſetz und Chriſti geſetz nicht an ſich incommoda waͤre / moͤchte man wohl ſagen / man predige nicht jenes ſondern dieſes / das iſt / ob man wohl je - nes prediget / werde doch durch die lehre von der gnade GOttes / wie dieſelbe den kindern GOttes / um des glaubens willen auch ihre ſchwachheit fehler zu gut halte / und nicht zurechne / die ſtrenge etwas gemildert. Die erſte angezogene formul / wird austruͤcklich einem wahren und in goͤttlicher gnade ſtehenden Chriſten zuge - ſchrieben / wie er ſich gegen das trohen des geſetzes verwahre / und ſeine gerechtig - keit nicht darinnen ſuche / hingegen wegen derſelben ſich auch von dem geſetz nicht ſchrecken laſſe. Da iſt nun nicht ungleich geredet / und werden ſich dergleichen formuln ſelbs in den Schrifften des ſeeligen Herrn Lutheri finden laſſen. Was aber Herr Stengers meinung von der ſache ſelbs anlanget / geſtehet er ſo wohl den uſum Didacticum als Pædagogicum des geſetzes / Einſchaͤrff. p. 9. Er erkennet / daß ſelbs der fromme und gerechte / wo er mercke / daß ſich der alte Adam wolle wider den geiſt gewaltig aufflehnen / ihn mit dem Moſaiſchen geſetze und deſſen tro -Dhungen26Das ſechſte Capitel. hungen zuͤchtige und zaͤhme. Einſchaͤrff. p. 13. So geſtehet er auch in angezoge - nem orth / pag. 2. v. 3. Daß auch bey frommen Chriſten / der alte Adam / der euſſerliche menſch billig mit dem geſetz gezuͤchtiget / und geſchrecket wer - de. Alſo daß man wohl mit ihm zufrieden ſeyn kan.
5. Wie hoch uns an dem Articul der rechtfertigung aus der gnade GOttes und deme dieſelbe ergreiffenden einigen glauben gelegen ſeye / iſt bekand. Es hat aber wiederum das anſehen / ob gienge auch in denſelben Herr Stenger wieder un - ſere lehre. Wenn er pag. 402. die rede / nichts deſto weniger (nehmlich ob wir ſchon nicht recht Chriſtlich leben) werden wir ſeelig durch den glauben an Chri - ſtum / nennet das rechte teuffels netze / da er mit heut zu tage die meiſte Chri - ſten fahet und beſtricket. Damit uͤberein kommet Einſchaͤrff. p. 21. daß er die rede verwirfft: Ob einer gleich an ſeinem ende kein ander zeugnuͤß hab / als daß er haͤtte gelebet wie ein teuffels kind / wo er doch aber glaubt / ſo wird er ſeelig / und præf. p. 8. dieſe einbildung: der glaube mache ſo alleine ſeelig / daß nun nichts dran lige / ob man Chriſti gebot hal - te oder nicht. Dahin gehoͤret p. 258. Lebſt du fromm / ſo wirſtu ſeelig / lebſtu nicht fromm / ſo wirſtu verdammt / da wird nichts anders aus. So p. 275. wiederholet wird. p. 274. Chriſtus will keinen ſeelig machen / er fuͤhre denn auch in dieſer welt einen wandel / der ihm dem HERRN CHRJSTO wohlgefaͤllt. Alſo p. 325. erfordert er zwey ſtuͤck / wo wir wollen der verdamnuͤß e[nt]gehen. 1. Glaube beſtaͤndig an JEſum Chri - ſtum. 2. Halte auch deines HERRN und Meiſters CHriſti gebot. Und pag. 395. Chriſtus habe bezeuget / daß die nicht in guten wercken ſich geuͤbet / in dieſer welt / deren keiner werde das reich GOttes er - erben. Aber wie wir ſeine lehre von der rechtfertigung gantz rein und ohne ma - ckel leſen. p. 165. von der verwechſelung der perſonen vor GOttes gericht: Und auch 237. da er ſaget / daß dieſes gehoͤre zu der rechten glaubens kunſt / daß ein Chriſt muß koͤnnen ſich aller ſeiner eigen heiligkeit und verdienſts er - wegen / und bloß ledig allein hangen an der gnade CHRJSTJ: Wo vor und nachgehends gleichfalls ſeine Orthodoxiam in dieſem Articul gnug - ſam bezeuget. Alſo bringen auch die angezogene worte nichts anders oder wiedri - ges mit ſich. Dann es iſt der vorwand des glaubens (denn daß er nicht von dem wahren glauben rede / zeigt dieſes / weil es ein ſolcher glaube iſt / dabey man nicht recht Chriſtlich / ſondern als ein teuffels kind lebet) freylich ſolches gefaͤhrliche teu - fels netze: So werden auch von dem / der der verdamnuͤß entgehen ſolle / billig beyde ſtuͤcke erfordert / der glaube und die haltung der gebot / das iſt Chriſtlicher wandel / aber auff unterſchiedliche weiſe / davon er ſich anderwaͤrtlich erklaͤhret / je -ner27ARTIC. I. DISTINCTIO I. SECTIO VII. ner als die einige Inſtrumental-urſach / dieſe als theils das zeugnuͤß / theils die ohn - außbleibliche frucht der einigen angezogenen urſach (man ſehe hievon p. 32.) werden alſo zwar beyde von den menſchen erfordert / aber nicht beyde als zur ſeeligkeit / ſon - dern als demzenigen / der ſeelig werden will / nothwendig. Womit auch die letz - te art zu reden gleichfals erklaͤhret iſt / daß verſtand und wort ſchrifftmaͤßig ſeyn / und damit der ehre des allein ſeeligmachenden / und alſo ohne die werck ſeligmachenden / aber nicht ohne die werck befindlichen / glaubens nicht geſchmaͤhlert werde.
Auch erklaͤhret ſich der Autor p. 258. daß er dem allein ſeeligmachenden glau - ben nichts benimmt: Der glaube macht allein ſeelig: die guten wercke verdienen den himmel nicht. Ja freylich: Aber Chriſti ſpruch bleibt auch wahr: Keiner wird in himmel kommen; der ſich nicht auch hat fleißig geuͤbt in guten wercken. Denn wo kein heiliges le - ben iſt / keine wahre froͤmmigkeit / da iſt auch der rechte glaube nicht. Da wir ſehen daß er die wercke erfordere / nicht als ein nebens mittel der rechtferti - gung / ſondern als eine frucht und zeugnuͤß des rechtfertigenden glaubens / und als eine eigenſchafft / die ſich bey dem gerechtfertigten finden muͤſſe / nicht aber als eine bedingung der rechtfertigung / viel weniger als eine urſache der ſeligkeit.
6. Eben ſo wenig ſtoſſen die wahre lehre um folgende redens-arthen. Der keiner wird erhalten werden / der in dieſem leben beharrlich nur eine eintzige muthwillige ſuͤnde getrieben. p. 89. Jch muß aller muth - willigen ſuͤnde entſagen. p. 132. Wer da nur eine einige muthwilli - ge ſuͤnde forttreibet / und ſie nicht ernſtlich und ewig verſchweret / der darff ſich keine hoffnung machen zu dieſem erbe. p. 103. Wer nicht fuͤhret einen recht gottſeligen wandel / ohne alle muthwillige ſuͤnden / der wird nicht ſelig. p. 171 Wer nur noch einmahl muthwillig zu ſuͤndigen gedencket / der wird nicht ſelig. p. 381. Es weiß ein Chriſt in ſeinem hertzen wohl / daß er nicht lebet in muthwilligen ſuͤnden. p. 381. Keinen muthwilligen ſuͤnder macht das Evangelium ſelig. Gedenckeſtu nun noch auch nur eine eintzige muthwillige ſuͤnde dein lebenlang zu begehen / ſo haſtu dich des Evangelii nicht zugetroͤſten / p. 403. Wenns gleich nur eine einige ſuͤnde waͤre / die du muthwillig wolteſt begehen ſo biſtu um der willen verdamt / darwider wird we - der glaube noch Evangelium helffen. p. 129. Wer in einer eintzigen muthwilligen ſuͤnde lebet / der hat kein theil am reich CHriſti / er gehoͤret nicht zu ſeinem ſchaffſtall / er iſt kein Evangeliſcher Luthe - riſcher Chriſt. p. 62. Einſchaͤrff. p. 7. Die muthwilligen ſuͤnder / die nicht nur ſuͤnde haben / ſondern ſie auch thun / deren erbarmet ſichD 2GOtt28Das ſechſte Capitel. GOTT nicht. p. 12. Wer nicht rein wird von muthwilligen ſuͤn - den / alsdenn auch der boͤſe vorſatz ſelbſt auff gewiſſe maſſe eine muth - willige ſuͤnde heiſſet / wer nun den boͤſen vorſatz behaͤlt ſein lebenlang / ein ſolcher verdirbt auch gar in ſeiner gottloſigkeit. Und wiederum: das kan nicht beyſammen ſtehen: Ein wahrer Chriſt ſeyn / und in muthwilligen ſuͤnden leben. Man ſehe auch in dem buch p. 148. 247. 364. 377 wo gleich lautendes angetroffen wird werden. Dahin gehoͤren auch die wort pag. 320. Gott hatt nur die beſten Chꝛiſten außeꝛwehlt / die will er ſe - lig machen. Alle ſolche arten zureden und propoſitiones moͤgten nun leicht in ſolchen verſtand gefaſſet werden / welcher gantz falſch und ketzeriſch waͤre / nehm - lich ob waͤre GOTT keinen gnaͤdig / der einmahl eine todſuͤnde begangen / oder eine zeitlang darinnen beharret haͤtte / wie wir ſehen / daß einige ſich bey gehaltenen pre - digten ſolches eingebildet. Aber p. 384. und Einſchaͤrff. p. 10. begegnet er denſel - ben alſo gnugſam / und zeiget in dem gantzen buch / daß ſeine meynung nicht ſeye / den jenigen / welche muthwillig geſuͤndiget / die buß und goͤttliche gnade abzuſprechen / ſondern / allein zuzeigen / daß vor ablegung ſolcher muthwilligen ſuͤnde kei - ner zu gnaden kommen / oder vor einen bußfertigen erkandt werden koͤnne. Da - her / wo man die worte nicht obenhin / ſondern genau betrachtet / iſt ſo wohl an den - ſelben / als an der ſache ſelbſt kein fehler. Aber das muß dabey gemercket werden daß ſolche Propoſitiones zuverſtehen ſeyen in ſenſu compoſito / wie man in ſchu - len redet. Wer in einer eintzigen muthwilligen ſuͤnden lebt / (nehmlich ſo fern und ſo lang er darinnen lebt) hat keinen theil am reich Chriſti u. ſ. f. Daher in etli - chen gar wohl darzu geſetzt wird / beharrlich / item forttreibet. Daß alſo von denen geredet werde / welche in ſolcher ihrer boßheit verharren / und darinnen hin - ſterben. Gleichwohl gehets andere auch an / als lang und viel ſie muthwillig in ſolcher boßheit verharren / ob wohl dieſen noch die gnadenthuͤr offenſtehet / aber wo ſie ihre boßheit verlaſſen: So lang ſie aber in ſolcher verbleiben / ſo gilt es ih - nen gleichfalls (wie alſo auch allein in ſolchem ſenſu compoſito zunehmen ſind / die wort Præf. p. 4. Gleich als ob ein ſolcher / der ſo gelebet / gleichwohl ordent - licher weiſe ſeligkeit hoffenkoͤnte. Und / als ob ſolche koͤnten auch hoffnung haben zur ſeligkeit / die die ſ[uͤ]nde immer wieder in ſich herrſchen laſſen. Jn dem buch pag. 9. Welcher menſch nicht ſo viel als er kan in dieſer ſchwachheit ſich befleißiget in geiſtlichem erkaͤntnuͤß zu wachſen / der darff keine ſeligkeit hoffen. Und welche wort weiterer erlaͤuterung bedoͤrffen. Præf. p. 26. 27. Wer nicht auch in dieſem leben gelangt zu der ihm gleichwohl geziemenden Chriſtlichen vollkommenheit / auch in erkaͤntnuͤß / der wird auch die himm - liſche vollkommenheit gar nicht erlangen) Dieſe lehre ins geſamt / daß bey ei - ner herrſchenden und muthwilligen ſuͤnde keine ſeeligkeit zuhoffen ſeye / iſt unter an -dern29ARTIC. I. DISTINCT. I. SECT. VII. dern von unſern geſamten kirchen oͤffentlich bekant in den ſo genanten Schmal - kaldiſchen articuln in dem 3. theil art. 3. der heilige Geiſt laͤſt die ſuͤnde nicht wal - ten und uͤberhand gewinnen / daß ſie vollnbracht werde / ſondern ſteuret und weh - ret / daß ſie nicht muß thun / was ſie will. Thut ſie aber was ſie will / ſo iſt der hei - lige Geiſt und glaube nicht darbey (ohne dieſe aber iſt kein augenblick die ſeligkeit) dann es heiſt / wie S. Johannes ſagt / I. 3. 9. Wer aus GOt gebohren iſt / der ſuͤndiget nicht / und kan nicht ſuͤndigen. So ſagt der chriſtliche Theologus D. Ægidius Hunnius ad 1. Johannis 3. 6. Renaſcentiam & peccandi pro - poſitum ſic eſſe oppoſita, ut ſe mutuo ex neceſſitate tollant, ac conſiſtere in eodem homine ſimul eodemque tempore minime queant. Jtem noch neuli - cher Herr D. Huͤllſemann / in Calixtiniſchen gewiſſens W. C. 4. pag. 380. Weil der ſeeligmachende glaub / und alſo auch die gnade GOttes / durch welche er ſuͤnde vergibt / nicht kommet in ein hertz mit boͤſem vorſatz beladen / oder in eine boß - hafftige ſeele / die nach boßheit ſtrebet und trachtet: Weißh. 1 / 4. So muß der wuͤrckliche boͤſe vorſatz in der ordnung zuvor im hertzen des ſuͤnders nachlaſſen und pauſiren / ehe der glaube hinein kommet. Die letzte Formul / von nur den beſten Chriſten die ſelig werden / hat zwar auch an angezognen ort ihre gnugſame erlaͤu - terung / daß bey ſolcher erklaͤrung nichts mehr dran zuſtraffen. Aber ſolchen ver - ſtand wird nicht einer bald vor ſich ſelbſt aus den worten faſſen / ſondern vielmehr darvor halten / es ſeyen dieſes allein die beſte Chriſten / welche es in ihrem Chri - ſtenthum am weiteſten bringen / und niemahl von GOTT abgewichen waͤren / al - ſo / daß der einmahl von GOtt abgetreten / gantz ausgeſchloſſen waͤre. Wie nun in ſolchem verſtand / die propoſition gantz falſch waͤre / und wider goͤttliche barm - hertzigkeit ſtreitete / alſo iſt ſie wegen ſolches leicht daraus faſſenden unrechten ver - ſtandes gefaͤhrlich und nicht wohl zugebrauchen. Wie auch die Schrifft alſo nicht zureden pfleget. Hieher gehoͤret auch der orth Einſchaͤrff. p. 7. da dem an - ſehen nach es ſcheinen ſolte / ob wuͤrde dem jenigen / welcher mit auffgereckter hand GOtt beleidiget / allerdings alle gnade abgeſprochen / weil ſolche ſeele ſchlecht aus - gerottet werden ſolle; Aber er erlaͤutert ſich gleich ſelbſt / daß er rede von der zeitli - chen ſtraff / hingegen ſolte ein ſolcher freveler ſuͤnder deß ewigen todes nicht ſter - ben / wenn er hertzliche buſſe thaͤt. Daher wenn bald wiederum darauff folget: Wo eine ſeele aus frevel ſuͤndiget / die muthwillige ſuͤnde kan Gott nicht leiden / verſtehe mit der angezeigten condition / wo keine buſſe folgen wuͤrde.
7. Hierauff ſolgen billich die jenige / welche ſcheinen mit ſich zu bringen / gleich ob koͤnte ein menſch hier in dieſer welt bereits zu der vollkommenheit und erfuͤllung goͤttlichen geſetzes gelangen. Einſchaͤrff. p. 14. Rechtſchaffene Chriſten und kinder GOttes fuͤhren ihren wandel ſo in dieſer welt / daß ſieD 3Chri -30Das ſechſte Capitel. Chriſti geboth halten / und das koͤnnen ſie von ſich bekennen. Und diß iſt der ordentliche lauff der außerwehlten / daß ſie bey ihren leb - zeiten wandeln in gehorſam der gebot Chriſti / und an ihrem lebens ende koͤnnen ſie mit wahrheit von ſich ſagen / daß ſie haben gewan - delt in der liebe Chriſti / und in gehorſam ſeiner gebot p. 296. Wañ ich von jemand werde gefragt / ob ich die gebote meines Heylandes halte / und ich bejahe es denn / und ſage freylich ja / wehe mir / ſo ich nicht meines HErrn Chriſti gebothe halte. Einſchaͤrff. p. 13. Wo ein Chriſt ſich nur zur rechten buſſe kehrt / wird rechtglaͤu - big und wiedergebohren / darnach fleuſt aus der wiedergeburt und aus dem glauben ſchon heraus ein williger freudiger gehorſam / daß man dem allen nachkoͤmt / was Chriſtus in ſeinen geboten erfor - dert / und thut ſolches ohn knechtiſche forcht / mit lauter hertzens luſt. Dergleichen orth finden ſich noch mehr / und werden auch exempel angefuͤhrt / der - jenigen / die im Alten und Neuen Teſtament die gebot Chriſti gehalten haben. Solte aber dieſes nicht / zu geſchweigen der alten Pelagianer auff Paͤpſtiſch und Photinianiſch gelehret ſeyn? Denn alſo heiſſets bey den Tridentiſchen Patribus Sesſ. 5. de Juſtific. c. 11. GOtt befiehlet nichts unmuͤgliches / ſondern mit den be - fehlen erinnert er / man ſolle thun was man koͤnne / und fordern was man nicht koͤn - ne / und hilfft / daß mans koͤnne. Seine gebote ſind nicht ſchwer. Sein Joch iſt ſanfft / und ſeine laſt iſt leicht. Denn welche GOttes kinder ſind / die lieben Chriſtum / welche ihn aber lieben / wie er ſelbſt zeuget / halten ſeine wort / welches ſie freylich mit goͤttlicher huͤlffe leiſten koͤnnen.
Daher die rede verflucht wird. Can. 18. DEI præcepta homini juſtifi - cato ad obſervandum impoſſibilia, goͤttliche gebote ſeyen einem gerechtfertig - ten zuhalten unmuͤglich. So behaupten auch die Socinianer die muͤglichkeit der haltung des goͤttlichen geſetzes. Auch wird in der Form. Concord. c. 12. dieſer Schwenckfeldiſche irrthum verworffen: Daß ein Chriſt / der warhaff - tig wiedergebohren / das geſetz GOttes in dieſem leben vollkommen