WEñ man ſich bey Publicirung dieſes Werckes, nach der Mei - nung oder Maxime einiger Ge - lehꝛten haͤtte richten wollen, die da ſagen: Daß kein ander Buch geſchrieben werden ſolle, als bloß das jenige welches der Welt abſolut unentbehrlich; So haͤtte nicht nur dieſe gegenwaͤrtige Arbeit im Winckel verborgen liegen: ſondern auch viel tau - ſend Buͤcher, mit welchen die Bibliothequen und Buchladen angefuͤllet, ungeſchrieben bleiben muͤſ - ſen. Weil aber biß dato noch niemand geſaget, oder auch ſagen koͤnnen, welches die unentbehrli - chen: ob man gleich etwan zu ſtatuiren gewuſt, welches die unnoͤthigen Buͤcher ſind; ſo laͤſſet man es darauf ankommen, zu welcher Gattung man dieſes gegenwaͤrtige rechnen werde. Solches aber wird ſich nicht nur etwan aus deſſelben gu - ten Abgange, (denn dieſer iſt ein bloſſes Acciden - tel-Weſen eines Buches; maſſen die Herren) (2Ver -Vorbericht. Verleger der allerſchlimſten Schrifften, ſolche oͤff - ters mit dem groͤſeſten Debit u. Profit, fuͤr andern guten Buͤcheꝛn loß werden) ſondeꝛn daraus zeigen: Weñ vernuͤnfftige und der Materie kundige Leute, das gute Abſehen, welches man gehabt, erreichen, und ihr unpartheyiſches Judicium daruͤber faͤllen werden. Meines Ortes hoffe, und zwar ohne alle Vanitaͤt, daß gegenwaͤrtiger Tractat, ob - gleich nicht allen unentbehrlich, dennoch vielen zu leſen, und deſſen Jnhalt zu wiſſen nuͤtzlich: auch zu - gleich anmuthig ſeyn werde; in welchem Abſehen er auch in gegenwaͤrtige Forme gebracht worden. Damit ich aber meine Hoffnung, bevor ſelbige noch erfuͤllet werde, erweißlich mache: wird noͤthig ſeyn, dreyerley zu avanciren.
Den erſteren Punct anlangende, ſo iſt ohne Zweifel allen denjenigen, welche Profeſſion von der Hiſtoria, oder ſich derer Leſung nur zu Nutze machen wollen, mehr als zu bekandt: daß das ſo genente Ceremoniel, eines der ſublimeſtenThei -Vorbericht. Theile der Hiſtorie; Die Politici, ſonderlich aber practici, wiſſen zugleich auch, daß die Præroga - tiva oder der Vorzug, welchen die irrdiſchen Goͤt - ter auf Erden, einer fuͤr dem andern zu haben præ - tendiren, in der Politica, nebſt dem Jure Maje - ſtatis, das vornehmſte und wichtigſte Capitul aus - mache: ja ein inſeparabile Annexum und Effe - ctus der Majeſtaͤt ſey: deſſen ſich dieſe Vice-Dei niemahlen zu begeben pflegen; unerachtet ſie an - dere ihnen zuſtehende Jura Majeſtatica, oder ſo genennte Regalia, ihren Staͤnden und Untertha - nen, vielmahl mittheilen, oder auch mit ſelbigen gemeinſchafftlich beſitzen; welches letztere man in den Formis Rerum-Publicarum, und Modis Imperandi der Europaͤiſchen Wahl - und Erb - Reiche, zur Genuͤge findet. Je hoͤher nun aber dieſe Scientz, und je gemeiner derer taͤgliche Pra - xis in und auſſer den Hoͤfen; je noͤthiger, aber auch zugleich beſchwerlicher iſt es, ſelbige auf einen fe - ſten Grund zu ſetzen, und in die Formam eines Syſtematis zu bꝛingen. Denn es erheiſchet gar viel Muͤhe und Arbeit, die das Ceremoniel concerni - rende Facta und Exempel, welche man in der Hi - ſtorie da und dort zerſtreuet, vielmahl auch nach Pasſion der Scribenten mit contrairen Bericht und Umbſtaͤnden aufgezeichnet findet, zuſammen zu bringen: an gehoͤrigen Ort zu placiren: aus ei - nem oder auch vielen Actibus Poſſeſſionis, Præ - judiciis, allegirien Argumentis ſive veris ſive) (3vero -Vorbericht. vero-ſimilibus, Lehr-Saͤtze zu machen; an wel - che man ſich als an eine Regul beſtaͤndig halten, und ſich eine Ideam von der Prærogativa und dem Ceremoniel: endlich auch einen Schluß for - miren koͤnne: Wem die Prærogativa oder Vorſitz fuͤr einem andern gebuͤhre, und was fuͤr ein Cere - moniel man dieſem oder jenem Potentaten zu - geſtehen koͤnne. Dieſes und einiges andere hat verurſachet, daß man nunmehro bey 14. Jahren her immer angeſtanden, ein dergleichen Syſtema, und zwar wie gegenwaͤrtiges gerathen iſt, zu ver - fertigen; unerachtet man allerhand Collectanea von dieſer ſublimen Materie beyſammen gehabt. Uber dieſes hat man immer erwartet, ob nicht et - wan ein anderer, in dem Ceremonien-Werck mehr erfahrner, als man ſelbſten nicht iſt, eine Einlei - tung zu dem Ceremoniel zu verfertigen, ſich die Muͤhe nehmen: und dem publico durch ſolche Verfertigung ſich gefaͤllig machen und dienen wuͤrde. Dieſe Erwartung hat man auch erfuͤl - let zu ſehen gemeinet: nachdem zwey Autores zwey Tractate publiciret, denen ſie dergleichen Titul gegeben, aus welchen man nichts anders, als eine gruͤndliche Anweiſung zu dem Ceremoniel darinnen zu finden, abnehmen koͤnnen. Der eine unter denſelben iſt Gregorio Leti, welcher Anno 1685. il Ceremoniale Hiſtorico & Politico: der andere Herr Friedrich von Winterfeld, wel - cher A. 1700. eine Ceremonial-Politicam an dasLichtVorbericht. Licht gegeben. Alleine keiner unter beyden, hat die Materie nach ihrem Fundament; ſondern der ei - ne, ſelbige nur wie ſie von auſſen ſcheinet, (nemlich bloſſe Facta) vorgeſtellet: Der andere aber hat in VI. Tomis, mehr eine Hiſtoriam univerſalem, als ein Ceremoniel geſchrieben. Nach und nebſt dieſen zweyen Scribenten iſt, ſo viel als mir wiſ - ſende, in dieſer Materia Ceremoniali, in Forma eines Compendii nichts mehreres durch oͤffent - lichen Druck zum Vorſchein: mir aber unterdeſ - ſen Gelegenheit vorkommen, meiner nunmehro habenden Profeſſion gemaͤß, einigen von Adel und hoͤheren Standes, und zwar auf derer Spe - cial-Begehren, Unterricht zu ertheilen: Was doch die Prærogativa und das Ceremoniel, fuͤr eine Beſchaffenheit, Fundament, und Nutzen habe: denen ich nach dem Maaß meiner wenigen Wiſ - ſenſchafft, ein Genuͤgen zu thun, nicht anſtehen koͤn - nen: ſondern ihnen ein Collegium privatiſſi - mum daruͤber gehalten, und gegenwaͤrtiges Sy - ſtema, jedoch in einer viel kuͤrtzeren Form als ſel - biges nun iſt, zu einem Fundament gebrauchet. Selbiges iſt bey drey Jahren her, als ein Manu - ſcript im Verborgenen geblieben, und weiter nie - manden, als meinen Herren Auditoribus be - kandt gemacht, und communiciret worden. Nach dem ich aber die Sehnſucht einiger, (und wenn mir auch gleich dieſe nicht waͤre bekandt worden) dennoch den Nutzen, welchen ſich einer) (4oderVorbericht. oder der ander durch Leſung dieſes Buches ma - chen koͤnte, gemercket; Habe ich reſolviret, es in Druck zu befoͤrdern: nicht aber etwan in der Ab - ſicht, meinen Nahmen in der Welt dadurch be - ruͤhmt zu machen; denn darzu gehoͤren andere und mehrere Meriten, als die Verfertigung eines Bu - ches; ſondern vielmehr darum, weil es einem jeden frey ſtehet das jenige was er verfertiget, andern zu communiciren: welches aber auf keine Art be - qvemer, als durch den Druck geſchehen kan. Gleichwie ich mich aber dieſes Werckes halber nicht zu ruͤhmen; alſo habe mich auch deſſelben nicht zu ſchaͤmen: weil es eine ehrliche Geburth, und meiner Profeſſion zuſtehende Arbeit. Jch verſichere aber gleichwohl einen jeden aufrichtigſt, daß wenn ich gewiß wiſſen oder auch nur muth - maſſen koͤnnen: daß jemand anders, von der Præ - rogativa und dem Ceremoniali etwas zuverlaͤß - liches ſchreiben, und mich meiner Arbeit und Muͤ - he uͤberheben wollen; Jch gewiß zu Verfertigung dieſes Wercks nicht Hand angeleget haben wuͤr - de: weil ich andern meiner Profeſſion zugethanen, immer was mehreres und beſſeres als mir ſelbſten zutraue: auch anbey lieber Unterricht annehmen als geben will. Nun aber trifft mich die Ord - nung, daß ich nolens volens der erſtere Epitoma - tor doctrinæ de Prærogativa & Ceremoniis ſeyn: und folgendlich dieſe meine Arbeit das Jus primogenituræ genieſſen muß; obgleich etwanins -Vorbericht. inskuͤnfftige ein anderer, auch von dieſer Materia, entweder in beſſerer oder ſchlimmerer Form und Methode, ſchriebe.
Was den zweyten Punct oder die An - zeige: Weme dieſes Buch nuͤtzlich ſeyn koͤn - ne, betrifft, ſo kan dieſer Nutzen theils
Was auch endlich die Methode und Schreib-Art, derer man ſich in dieſem Wercke bedienet, anlanget; ſo dienet zu wiſſen, daß man, was die erkieſete Methode in ſpecie betrifft, eine dergleichen Ordnung, wie etwan die Bau-Meiſter zu thun pflegen, gehalten, nemlich: man hat zum erſten den Grund geleget und gewie - ſen, auf welchen das Theatrum der Præroga - tivæ und des Ceremoniel erbauet werden, und be -ruhenVorbericht. ruhen muß; Und hiervon handelt der gantze erſte - re Theil gegenwaͤrtigen Werckes. Nach ge - legten und gezeigetem Grunde, hat man in dem zweyten Theile, ſo gleich die Principal-Per - ſonen mit ihrem Ceremoniel aufgefuͤhret; jedoch aber nicht alle, ſondern derer nur einige; Weil man nach allem euſerſten Bemuͤhen nicht erfahren koͤn - nen, wie eines jeden Hofes Ceremoniel eigendlich beſchaffen: und demnach hiervon nur ſo viel ſchrei - ben und communiciren koͤnnen, als man gewuſt: das uͤbrige aber einem andern auszufuͤhren uͤber - laſſen: oder wenigſtens ſich bey dem geehrteſten Leſer ſo lange Gedult ausbitten muͤſſen, biß man etwan noch darhinter kommen, und was dißfals fehlet, ergaͤntzen koͤnne. Jn dem dritten Thei - le, oder Auftritt, hat man alle diejenigen Per - ſonen von dem erſten biß zum letzten, welche zu dem Ceremoniel gehoͤrig, und von den Souve - rains dazu pflegen emploiret zu werden, nach ih - rem Eſſentiel und Accident, Wuͤrdigkeit und Nahmen vorgeſtellet: Und mit dieſem dritten Theile, haͤtte auch das gantze Werck koͤnnen be - ſchloſſen werden. Weil aber die Prærogativa und der Ceremonien-Streit, auf Friedens-Con - greſſen am allerkentlichſten und diſputirlichſten gemacht wird; ſo hat man nicht nur bloß fuͤr gut, ſondern fuͤr nothwendig erachtet, umb dieſes Werck deſto vollkommener zu machen, in dem vierdten Theile anzufuͤgen: Was auf fuͤnffen ſoge -Vorbericht. genenten General-Frieden, wegen des Ceremo - niels fuͤr Conteſtation vorgefallen: und auf was fuͤr eine beſondere Art ſelbige beygeleget worden; Da deñ umb deſto beſſerer Verſtaͤndnuͤß beſagter fuͤnff Friedens-Schluͤſſe, man 5. Capitul vorhero, und in ſelbigen die General - uud Special-Requi - ſita eines Friedens, weil ſelbige mit dem Ceremo - niel groſſe Verwandnuͤß haben, angemercket. Da aber nicht nur auf Friedens-Schluͤſſen, ſon - dern auch wohl ſo gar in den Hof-Laͤgern der Sou - verains ſelbſt, einige dem Ceremoniel, der Præ - rogativæ, den Juribus und Conduite der Am - baſſadeurs und Envoyés zuwiederlauffende Dinge vorgefallen, und noch vorzufallen pflegen: So hat man einige, jedoch wenige und dazu nette Exempel, in dem fuͤnfften Theil allegiret: welche entweder die in dem erſten und dritten Theil gewieſene Lehr-Saͤtze confirmiren, oder wie man von denſelbigen abgewichen, notificiren. Und ſo viel von der ausgewehlten Methode. Was nun die Schreib-Art an ſich ſelbſt belanget, ſo verſichert man den Hochgeehrteſten Leſer: Daß man ſich fuͤr allen Expreſſionen, welche etwan eine Partialitaͤt bedeuten koͤnnen, moͤglichſt ent - halten: auch was man vorgebracht und erzehlet, nicht en ton de Maitre (und als koͤnte man der einen Majeſtaͤt den Rang und Præcedentz zu - der anderen hingegen ab-erkeñen) gethan; Durchaus nicht! Denn man weiß, daß in litigio Præroga -tivæVorbericht. tivæ kein Menſch auf Erden zu finden, der den Sententz daruͤber ſprechen koͤnne, er ſey dann da - zu als Arbiter erſuchet worden. Weñ aber gleich - wohl etwas in dem Context den Schein eines Beyfalls, welchen man einem fuͤr dem andern in der Prærogativa gegeben, haͤtte; ſo iſt dieſer Schein nur ein Effect der vorgebrachten Argu - mentorum, derer ſich einer oder der andere Sou - verain bedienet: und weiter fuͤr nichts als eine Conſequentz, welche aus den Præmisſis flieſſet, anzunehmen. Deñ man proteſtiret auf das aller - feyerlichſte wieder alle ungleiche Interpretation, ſo etwan ein Criticus gantz unnoͤthiger Weiſe ma - chen moͤchte; weil weder die allegirten Facta, noch auch die mit eingeſtreueten Raiſonnements ſol - len und koͤnnen eine Deciſion abgeben: ſondern die erſteren nur hiſtorice zeigen was geſchehen; die andern aber das geſchehene politice zu be - trachten, Anlaß geben. Wenn man auch etwan einerley Factum und Materiam in dem Context zweymahl geſetzet faͤnde, darf man ſolches nicht ſo bald fuͤr eine Tavtologie ausdeuten, ſondern nur auf den Modum, wie ſolches geſchehen, acht haben; da ſich denn bald euſern wird, daß von einer Sache in einem Orte als ihrem ſede ex profeſſo zu handeln, derer in einem andern Orte wieder - um nur accidentaliter zu gedencken geweſen: Und gleichwie derjenige Ton oder Note, ſo in einer Aria vielfaͤltig vorkommt, dennoch derſelben Melodie) () (nichtVorbericht. nicht verſtellet; alſo wird auch dieſem Wercke des - wegen keine Deformité zuwachſen koͤnnen. Cs haͤtten im uͤbrigen noch viel mehrere Facta koͤnnen allegiret werden: man hat ſich aber derſelben be - dachtſamlich enthalten; theils weil das Werck nur dadurch waͤre vergroͤſſert: theils auch, weil man dadurch en Hazzard waͤre geſetzet worden, ſich ungleiche Judicia uͤber den Halß zu ziehen. Dieſes iſt es, was ich dem Hoͤchſtgeneigten Leſer zum Voraus melden, und ſelbigen anbey erſuchen wollen, ſich dieſe Arbeit und meine dabey gehabte Intention gefallen zu laſſen: auch wo etwan ein Jrthumb mit untergelauffen ſeyn moͤchte, ſelbi - gen beſtens zu excuſiren, quia errare humanum eſt. Der Nutzen dieſes Werckes, wird ſich im uͤbrigen bey denen welche es recht leſen und ge - brauchen wollen, ſchon finden; im Fall nur alle unzeitige Præjudicia und ungleiche Interpreta - tiones bey Seite geſetzet, und die Leſenden dem Verfaſſer, gleichwie dieſer ihnen, guͤnſtig und mit gutem Willen zuge - than bleiben.
Ob das Wort Ceremonia von
Dieſes aber iſt gewiß, und demnach zu betrachten noͤthig, daß durch den Nahmen Cere - moniel zweyerley verſtanden werden koͤnne:
Jn dem erſten oder generalen Ver - ſtande findet man, daß bey allen Voͤlckern, in und auſſer der Kirchen GOttes, zu allen Zeiten ge - wiſſe Ceremonien
allein von dieſem allem iſt hier nichts zu melden, ſondern die Curieux ſind dahin zu beſcheiden, der - gleichen Authores, an welchen es nicht fehlet, auf - zuſchlagen, welche etwas zuverlaͤßliches de Mo - ribus vel Ritibus gentium geſchrieben.
Jn dem andern oder ſpecialen Ver - ſtande, von welchem hier allein geredet werden ſoll, koͤnte man das Ceremoniel ungefehr alſo beſchreiben: Daß es eine unter den Souve - rains, oder ihnen gleichenden Perſonen, ex Pacto, Conſvetudine, Poſſeſſione eingefuͤhrte Ordnung ſey, nach welcher ſie ſich, derer Geſandten und Abgeſandten bey Zuſam - menkuͤnfften zu achten haben, damit kei - nem zu viel noch zu wenig geſchehe.
Der Urſprung ſolches Ceremoniels, iſt nicht, wie etwan bey den Complimentiſten,die3Hoff-Ceremoniel. die Hoͤflichkeit, denn dieſe hat keine Leges, ſon - dern vielmehr die aus einer groͤſſern Dignitaͤt, ſo man fuͤr einem andern zu haben vermeinet, her - ruͤhrende Superbia, welcher man die Qualitaͤten Juris zugeeignet, und ihr den Titul der Præroga - tivæ oder Præcedentiæ gegeben.
Man wird ſich leicht beſcheiden, daß nicht nur unter unvernuͤnfftigen Creaturen, ſon - dern auch ſo gar unter lebloſen Dingen eines dem andern pfleget vorgezogen zu werden, deñ ein Pferd wird hoͤher als ein Eſel oder Ochſe, ein Diamant werther als ein Kieſel-Stein geachtet; und man lachet demnach noch heut zu Tage die Schweitzer aus, daß ſie den unſchaͤtzbahren Dia - mant fuͤr Criſtal, und die aus Gold und Silber zubereiteten Gefaͤſſe, welche ſie von dem Hertzog von Burgund eroberten, fuͤr Zinn verkaufften. Unter den vernuͤnfftigen Menſchen aber ins be - ſondere, wird der Mann der Frauen, der Vater den Kindern, der Alte dem Jungen, der Herr - ſchende dem Gehorchenden, ſo gar auf goͤttlichen Beſehl vorgeſetzt, ſo daß man ſagen koͤnte, daß eines unter denen hier genenneten Correlatis, natura, & ordine a Deo inſtituto, mehr gelten muͤſſe als das andere, und der weniger geltende dem mehr geltenden nothwendig den Vorzug laſſen muͤſſe, ſo daß es allerdings natura & ra - tione eine Prærogativam giebet, krafft derer ei - nes dem andern vorzuziehen.
Aber unter denen Souverains, derer ſich einer ſo hoch und wuͤrdig duͤncket als der an - dere, weil ſie alle von GOtt, und keiner von dem andern dependiren, giebet es alten, langen, und unaufhoͤrlichen Streit, welcher unter ihnen fuͤr den Groͤſten gehalten werden ſolle, gleichwohl aber mit dem Unterſcheid, daß
Ein jeder dieſer Gewaltigen auf Erden fuͤhret ſeine Urſachen an, der Lis iſt in dieſem Rang-Proceß in hundert und mehreren Ren - contres conteſtiret, aber weil ſie keinen Superi - orem oder Judicem erkennen, ſo hat noch kein dergleichen daurender Entſcheid gegeben werden koͤnnen, der die ſtreitenden Partheyen aus einan - der geſetzet und in Ordnung gebracht haͤtte.
Man hat zwar, umb allen Hinderniſſen und Melirungen, welche ſowohl in Congreſſen hoher Potentaten ſelbſt, als auch derer Geſand - ten zu entſtehen pflegen, vor zu beugen, ziemlich ge - ſchickte Mittel erſonnen, einem jeden eine Stelle und Rang zu asſigniren, mit welchem er zu frie - den ſeyn koͤnte, und durch welche keinem einigesPræ -5Hoff-Ceremoniel. Præjudiz zugezogen wuͤrde; aber auch dieſes iſt biß dato noch von gar keinem Souverainen, ſon - dern nur von einigen alſo genennten alterniren - den Fuͤrſten in Deutſchland angenommen wor - den. Solche vorgeſchlagene Mittel ſind folgen - de geweſen:
Sind demnach dieſe ſonſt gute Vor - ſchlaͤge bißhero meiſtens nur Vorſchlaͤge geblie - ben, und werden auch wohl vermuthlich in kuͤnff - tigen Zeiten dergleichen bleiben, dannenhero wohl das ſicherſte Mittel, daß ſich ein und der an - dere Potentate mit der Poſſesſion ſchuͤtze, als auf welche die Rang-Ordnung unter ihnen faſt eintzig und allein gegruͤndet iſt.
Man hat zwar ſchon fuͤr langen Zeiten in Rom eine gewiſſe Rang-Ordnung, oder ſo ge - nantes Ceremoniel, verfertiget, wie die Poten - taten daſelbſt in der Paͤbſtlichen Capelle, und an - deren daſelbigen ſolennen Congreſſen ſolten placiret werden, welches der damahlige Cere - monien-Meiſter Paris de Crasſis A. 1504. publi - ciret, und findet man fuͤr die Europaͤiſchen Koͤnige folgende Ordnung, (welche auch auf dem zu Bo - nonien in itzt gemeldetem Jahre gehaltenen Con -A 4cilio8Europaͤiſchescilio beobachtet worden, wiewohl Pabſt Julius II. bald darauf dieſes Ceremoniel in etwas ver - aͤndert, indem er den Koͤnig von Schottland und Navarren ausgelaſſen)
Aber der Koͤnig
Damit man demnach die Argumenta, worauf ſich ein jeder Potentat wegen des Rangs gruͤndet, wiſſen, und das daraus entſtehende Ce - remoniel judiciren und verſtehen koͤnne, ſo wird es noͤthig ſeyn in folgenden Capiteln ſolche Be - weißthuͤmer zu unterſuchen.
DJe General-Argumenta, welche dieſem oder jenem Souverain zu Behauptung der Præcedenz fuͤr einen andern, dienen ſollen, wer - den meiſtens aus achterley Fontibus ge - ſchoͤpffet.
Aus dem Alterthumb der Mo - narchie oder Souverainite, und da will faſt ein jeder Potentate erweiſen, daß das Reich welches er beherrſchet, das uhraͤlteſte ſey. Damit man demnach nur en general wiſſe, wie weit einer dem andern (den Principiis der Chronologie und Hiſtorie gemaͤß) vermoͤge der aͤlteren Fun - dation ſeines Reiches, vorſtehen und vorgehen koͤnne, ſo wollen wir eines jeden Reiches Datum oder Anfang kuͤrtzlich hier bemercken.
Aus den Alterthum des Chriſten - thumbs. Denn gleichwie der Nahme eines Chri - ſten einem jeden Menſchen, ſonderlich aber de - nen Souverains, der hoͤchſte und liebſte ſeyn muß; alſo hat man ſonderlich die Bekehrung zum Chriſtenthum, und die davon dependirende Præcedentz in denen Conciliis, in welchen viel Potentaten und derer Geſandten erſchienen, alle - giret, dergleichen ſonderlich in dem Baſiliſchen, wie Æneas Sylvius lib. 11. de geſtis Concil. Baſil. fol. 50. erzehlet, und auch in dem Triden - tiniſchen, nach Bericht des Petri Svavis Hiſt. Concil. Trident. lib. 8. geſchehen, in welchem letztern ſich der Frantzoͤſiſche Geſandte ſehr be - ſchweret, daß man ſeinem Principal, als Primo - genito Eccleſiæ, nicht den Rang fuͤr Spanien einraͤumen wollen. Weil nun dieſes Argu - ment, welches man aus dem Alter des Chriſten -C 3thums38Europaͤiſchesthums hohlet, etwas zu Behauptung der Præro - gativæ gelten ſoll, ſo iſt hier zu zeigen unentbehr - lich, zu welcher Zeit ein oder der andere Potentate und Koͤnigreich den Chriſtlichen Glauben ange - nommen.