PRIMS Full-text transcription (HTML)
Europaͤiſches Hoff-Ceremoniel,
Worinnen Nachricht gegeben wird, Was fuͤr eine Beſchaffenheit es habe mit der Prærogativ, und dem daraus flieſſenden Ceremoniel, Welches Zwiſchen Kaͤyſer und Koͤnigl. Majeſtaͤ - ten, Churfuͤrſten, Cardinaͤlen und freyen Republiquen, dero Geſandten und Abgeſand - ten beobachtet wird,
Nebſt beygefuͤgtem Unterricht Was ein Legatus à Latere, Nuncius Apo - ſtolicus, Ambaſſadeur, Envoyé, Plenipotentiarius, Reſident, Conſul, Agent, Secretarius, Commiſſarius, Deputatus, ſo wohl ſeiner Wuͤrde als ſeinem Amte nach ſey, und wie es mit derſelben Character, Creditiv, Inſtru - ction, Paſſeport, Quartier, Inviolabilitaͤt, Immunitaͤt, Reception, Magnificentz, Titulatur &c. beſchaffen, Auch was es wegen des Ceremoniels, auf Frieden-Schluͤſſen und bey Hoͤfen, fuͤr Mißhelligkeiten gegeben, Alles aus dem Grunde der Hiſtorie, auch theils aus eigener Experientz gezogen, und zuſammen getragen
Nebſt vollſtaͤndigem Regiſter.
Leipzig1715. beyJoh. Friedr. Gleditſch und Sohn.
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Vorbericht An den Hochgeneigteſten Leſer.

§. 1.

WEñ man ſich bey Publicirung dieſes Werckes, nach der Mei - nung oder Maxime einiger Ge - lehꝛten haͤtte richten wollen, die da ſagen: Daß kein ander Buch geſchrieben werden ſolle, als bloß das jenige welches der Welt abſolut unentbehrlich; So haͤtte nicht nur dieſe gegenwaͤrtige Arbeit im Winckel verborgen liegen: ſondern auch viel tau - ſend Buͤcher, mit welchen die Bibliothequen und Buchladen angefuͤllet, ungeſchrieben bleiben muͤſ - ſen. Weil aber biß dato noch niemand geſaget, oder auch ſagen koͤnnen, welches die unentbehrli - chen: ob man gleich etwan zu ſtatuiren gewuſt, welches die unnoͤthigen Buͤcher ſind; ſo laͤſſet man es darauf ankommen, zu welcher Gattung man dieſes gegenwaͤrtige rechnen werde. Solches aber wird ſich nicht nur etwan aus deſſelben gu - ten Abgange, (denn dieſer iſt ein bloſſes Acciden - tel-Weſen eines Buches; maſſen die Herren) (2Ver -Vorbericht. Verleger der allerſchlimſten Schrifften, ſolche oͤff - ters mit dem groͤſeſten Debit u. Profit, fuͤr andern guten Buͤcheꝛn loß werden) ſondeꝛn daraus zeigen: Weñ vernuͤnfftige und der Materie kundige Leute, das gute Abſehen, welches man gehabt, erreichen, und ihr unpartheyiſches Judicium daruͤber faͤllen werden. Meines Ortes hoffe, und zwar ohne alle Vanitaͤt, daß gegenwaͤrtiger Tractat, ob - gleich nicht allen unentbehrlich, dennoch vielen zu leſen, und deſſen Jnhalt zu wiſſen nuͤtzlich: auch zu - gleich anmuthig ſeyn werde; in welchem Abſehen er auch in gegenwaͤrtige Forme gebracht worden. Damit ich aber meine Hoffnung, bevor ſelbige noch erfuͤllet werde, erweißlich mache: wird noͤthig ſeyn, dreyerley zu avanciren.

  • 1. Was zu Verfertigung dieſes Hof - Ceremoniels Anlaß gegeben, und in was fuͤr einem Abſehen es geſchrie - ben worden.
  • 2. Wem dieſes Buch nuͤtzlich ſeyn koͤnne.
  • 3. Warumb man ſich der darinnen be - findlichen Methode und Schreib-Art bedienet.

§. 2.

Den erſteren Punct anlangende, ſo iſt ohne Zweifel allen denjenigen, welche Profeſſion von der Hiſtoria, oder ſich derer Leſung nur zu Nutze machen wollen, mehr als zu bekandt: daß das ſo genente Ceremoniel, eines der ſublimeſtenThei -Vorbericht. Theile der Hiſtorie; Die Politici, ſonderlich aber practici, wiſſen zugleich auch, daß die Præroga - tiva oder der Vorzug, welchen die irrdiſchen Goͤt - ter auf Erden, einer fuͤr dem andern zu haben præ - tendiren, in der Politica, nebſt dem Jure Maje - ſtatis, das vornehmſte und wichtigſte Capitul aus - mache: ja ein inſeparabile Annexum und Effe - ctus der Majeſtaͤt ſey: deſſen ſich dieſe Vice-Dei niemahlen zu begeben pflegen; unerachtet ſie an - dere ihnen zuſtehende Jura Majeſtatica, oder ſo genennte Regalia, ihren Staͤnden und Untertha - nen, vielmahl mittheilen, oder auch mit ſelbigen gemeinſchafftlich beſitzen; welches letztere man in den Formis Rerum-Publicarum, und Modis Imperandi der Europaͤiſchen Wahl - und Erb - Reiche, zur Genuͤge findet. Je hoͤher nun aber dieſe Scientz, und je gemeiner derer taͤgliche Pra - xis in und auſſer den Hoͤfen; je noͤthiger, aber auch zugleich beſchwerlicher iſt es, ſelbige auf einen fe - ſten Grund zu ſetzen, und in die Formam eines Syſtematis zu bꝛingen. Denn es erheiſchet gar viel Muͤhe und Arbeit, die das Ceremoniel concerni - rende Facta und Exempel, welche man in der Hi - ſtorie da und dort zerſtreuet, vielmahl auch nach Pasſion der Scribenten mit contrairen Bericht und Umbſtaͤnden aufgezeichnet findet, zuſammen zu bringen: an gehoͤrigen Ort zu placiren: aus ei - nem oder auch vielen Actibus Poſſeſſionis, Præ - judiciis, allegirien Argumentis ſive veris ſive) (3vero -Vorbericht. vero-ſimilibus, Lehr-Saͤtze zu machen; an wel - che man ſich als an eine Regul beſtaͤndig halten, und ſich eine Ideam von der Prærogativa und dem Ceremoniel: endlich auch einen Schluß for - miren koͤnne: Wem die Prærogativa oder Vorſitz fuͤr einem andern gebuͤhre, und was fuͤr ein Cere - moniel man dieſem oder jenem Potentaten zu - geſtehen koͤnne. Dieſes und einiges andere hat verurſachet, daß man nunmehro bey 14. Jahren her immer angeſtanden, ein dergleichen Syſtema, und zwar wie gegenwaͤrtiges gerathen iſt, zu ver - fertigen; unerachtet man allerhand Collectanea von dieſer ſublimen Materie beyſammen gehabt. Uber dieſes hat man immer erwartet, ob nicht et - wan ein anderer, in dem Ceremonien-Werck mehr erfahrner, als man ſelbſten nicht iſt, eine Einlei - tung zu dem Ceremoniel zu verfertigen, ſich die Muͤhe nehmen: und dem publico durch ſolche Verfertigung ſich gefaͤllig machen und dienen wuͤrde. Dieſe Erwartung hat man auch erfuͤl - let zu ſehen gemeinet: nachdem zwey Autores zwey Tractate publiciret, denen ſie dergleichen Titul gegeben, aus welchen man nichts anders, als eine gruͤndliche Anweiſung zu dem Ceremoniel darinnen zu finden, abnehmen koͤnnen. Der eine unter denſelben iſt Gregorio Leti, welcher Anno 1685. il Ceremoniale Hiſtorico & Politico: der andere Herr Friedrich von Winterfeld, wel - cher A. 1700. eine Ceremonial-Politicam an dasLichtVorbericht. Licht gegeben. Alleine keiner unter beyden, hat die Materie nach ihrem Fundament; ſondern der ei - ne, ſelbige nur wie ſie von auſſen ſcheinet, (nemlich bloſſe Facta) vorgeſtellet: Der andere aber hat in VI. Tomis, mehr eine Hiſtoriam univerſalem, als ein Ceremoniel geſchrieben. Nach und nebſt dieſen zweyen Scribenten iſt, ſo viel als mir wiſ - ſende, in dieſer Materia Ceremoniali, in Forma eines Compendii nichts mehreres durch oͤffent - lichen Druck zum Vorſchein: mir aber unterdeſ - ſen Gelegenheit vorkommen, meiner nunmehro habenden Profeſſion gemaͤß, einigen von Adel und hoͤheren Standes, und zwar auf derer Spe - cial-Begehren, Unterricht zu ertheilen: Was doch die Prærogativa und das Ceremoniel, fuͤr eine Beſchaffenheit, Fundament, und Nutzen habe: denen ich nach dem Maaß meiner wenigen Wiſ - ſenſchafft, ein Genuͤgen zu thun, nicht anſtehen koͤn - nen: ſondern ihnen ein Collegium privatiſſi - mum daruͤber gehalten, und gegenwaͤrtiges Sy - ſtema, jedoch in einer viel kuͤrtzeren Form als ſel - biges nun iſt, zu einem Fundament gebrauchet. Selbiges iſt bey drey Jahren her, als ein Manu - ſcript im Verborgenen geblieben, und weiter nie - manden, als meinen Herren Auditoribus be - kandt gemacht, und communiciret worden. Nach dem ich aber die Sehnſucht einiger, (und wenn mir auch gleich dieſe nicht waͤre bekandt worden) dennoch den Nutzen, welchen ſich einer) (4oderVorbericht. oder der ander durch Leſung dieſes Buches ma - chen koͤnte, gemercket; Habe ich reſolviret, es in Druck zu befoͤrdern: nicht aber etwan in der Ab - ſicht, meinen Nahmen in der Welt dadurch be - ruͤhmt zu machen; denn darzu gehoͤren andere und mehrere Meriten, als die Verfertigung eines Bu - ches; ſondern vielmehr darum, weil es einem jeden frey ſtehet das jenige was er verfertiget, andern zu communiciren: welches aber auf keine Art be - qvemer, als durch den Druck geſchehen kan. Gleichwie ich mich aber dieſes Werckes halber nicht zu ruͤhmen; alſo habe mich auch deſſelben nicht zu ſchaͤmen: weil es eine ehrliche Geburth, und meiner Profeſſion zuſtehende Arbeit. Jch verſichere aber gleichwohl einen jeden aufrichtigſt, daß wenn ich gewiß wiſſen oder auch nur muth - maſſen koͤnnen: daß jemand anders, von der Præ - rogativa und dem Ceremoniali etwas zuverlaͤß - liches ſchreiben, und mich meiner Arbeit und Muͤ - he uͤberheben wollen; Jch gewiß zu Verfertigung dieſes Wercks nicht Hand angeleget haben wuͤr - de: weil ich andern meiner Profeſſion zugethanen, immer was mehreres und beſſeres als mir ſelbſten zutraue: auch anbey lieber Unterricht annehmen als geben will. Nun aber trifft mich die Ord - nung, daß ich nolens volens der erſtere Epitoma - tor doctrinæ de Prærogativa & Ceremoniis ſeyn: und folgendlich dieſe meine Arbeit das Jus primogenituræ genieſſen muß; obgleich etwanins -Vorbericht. inskuͤnfftige ein anderer, auch von dieſer Materia, entweder in beſſerer oder ſchlimmerer Form und Methode, ſchriebe.

§. 3.

Was den zweyten Punct oder die An - zeige: Weme dieſes Buch nuͤtzlich ſeyn koͤn - ne, betrifft, ſo kan dieſer Nutzen theils

    • 1. General, theils
    • 2. Special ſeyn.
    • 1. Generalement kan es
      • 1. Allen denen zu ſtatten kommen, welche den Nahmen und die Qualité der Curieux fuͤh - ren. Denn gleichwie dieſen Leuten allerhand Gemuͤths-Speiſe ſchmecket, und ſie nach al - len hungert; alſo verachten ſie auch nichts von dem, was man ihnen vorſetzt: ob ſie es gleich eben nicht in ſuccum & ſangvinem vertiren, und zu ihrem Wachsthumb recht verdaͤuen koͤnnen.
      • 2. Denen welche von der Univerſal-Gelehr - ſamkeit Profeſſion machen: und nicht nur ſo, wie etwan ein Handwercks-Mann, v. gr. Schuſter, Schmidt ꝛc. ſtets uͤber einerley Profeſſion liegen: die ſelbige, weil ſie weiter nichts wiſſen noch wiſſen wollen, allen an - dern vorziehen: und dasjenige was nicht von ihrer Profeſſion oder Handwerck iſt, ſo gleich verachten; meiſtens aber aus keiner andern, als dieſer allgemeinen, und dabey intereſſireten Urſache, quia non de pane) (5lu -Vorbericht. lucrando. Dieſe nun, werden dieſes und andere dergleichen Wercke mit veraͤchtlichen Augen anſehen; Hingegen die, die Univerſal - Gelehrſamkeit liebende, vielleicht auch etwas, obgleich ſchon ſehr weniges finden, welches den Schatz ihrer Gelehrſamkeit vermehren kan.
    • 2. Specialement kan und muß gegenwaͤrtiges Werck denſelben dienen und nutzen:
      • 1. Welche Liebhaber der Zeitungen ſeyn, und ſelbige mit Verſtande leſen wollen; denn in dieſen findet man immer etwas, welches zu dieſer Materia zu rechnen.
      • 2. Denen welche reiſen, den Glantz der Welt und der Hoͤfe anſehen, und was ſie daſelbſt ſehen, auch verſtehen wollen. Jch kan diß - falls aus eigener Experientz reden: Denn man darf ſich nicht uͤbrige Zeit in einer Kay - ſerlichen, Koͤniglichen, Chur - oder Fuͤrſtl. Reſidentz, und bey derſelben Hoflager weh - render ſeiner Reiſen aufhalten; ſo wird man immer einmahl uͤber das andere hoͤren und ſehen: Daß Ambaſſadeurs, oder Envoyès ankommen: ihre publique Entrée halten: zu der Audientz fahren: Competentz - Streit unter einander haben: und endlich wiederumb Abſchied nehmen. Wenn nun ein Reiſender, bey dergleichen Dingen auf ſonſten nichts Achtung giebet, als bloß undalleinVorbericht. allein auf die Pracht und Menge der Caroſſen, der Pferde, der Livrée, &c; ſo hat er zwar wohl etwas, aber noch lange nicht dasjenige, worauf er am meiſten Acht haben ſolte, geſe - hen und gelernet; ſondern es kommt hauptſaͤch - lich darauf an, daß man ſich informire:
        • 1. Was fuͤr eine Qualité ein oder der andere Miniſter habe, ob er Ambaſſadeur, En - voyé, Reſident, Agent.
        • 2. Was ſeine Angelegenheiten, die er auszu - richten, ob ſelbige Etats-Affairen. v. gr. Al - liances zu ſtifften, Commercien-Tracta - te, ꝛc. zu ſchlieſſen: oder nur bloſſe Ceremo - nien-Geſandſchafften. v. gr. zu gratuliren, condoliren, ꝛc.
        • 3. Mit was fuͤr einem Ceremoniel, er bey ſeiner Entrée, Audientz. ꝛc. empfangen werde.
        • 4. Was fuͤr Domeſtiquen er umb und bey ſich habe.
        • 5. Wie deſſen Magnificentz und Menage be - ſchaffen. Denn hieraus lernet man den Glantz der Hoͤfe, und zugleich die Autoritaͤt und den Unterſcheid dieſer Miniſter ken - nen; welchen es aber auf ſeinen Reiſen gluͤcket eine Friedens-Conferentz mit an - zuſehen: der wird bey ſelbiger noch mehr als bey Hoͤfen gewahr, und unterrichtet werden: Was das Ceremonien-Werck zu bedeuten:
        undVorbericht. und wie noͤthig es ſey, wenn man dieſe Co - moͤdien mit anſehen will, zuvor ein Pro - gramma oder Buch zu haben, in welchem der Jnhalt des eroͤffneten Theatri zu finden.
  • 3. Denjenigen die ihr Gluͤcke an den Hoͤſen ſuchen wollen, oder welche man ohn ihr Su - chen etwan nach Hofe ziehen moͤchte. Denn ob es gleich an ſich ſelbſt gewiß genung, daß nicht ſo gleich ein jeder, der von dem Hof-Le - ben Profeſſion machet, Introducteur der Ambaſſadeurs oder Ceremonien-Meiſter wird: auch ſolches zu werden nicht verlanget; So iſt doch dieſes hinwiederumb auch ge - wiß, daß die Cammer-Herren und Hof - Juncker, nicht nur die Ceremonie mit an - ſehen: ſondern ſelbige auch mit machen helf - fen; die Geſandten zur Audientz mit abhoh - len, und bedienen muͤſſen. Bey welcher Gele - genheit nicht ſelten allerhand, die Præroga - tivam und das Ceremoniel concernirende Diſcourſe vorfallen: von welchen ein Hof - Mann doch wenigſtens ſo viel verſtehen muß, daß er den Grund und die Urſache deſ - ſen, was er mit anſiehet, ja gar ſelbſten mit machen hilfft, verſtehe: und auf beduͤrfftigem Fall einem andern erklaͤren koͤnne. Am allermeiſten aber, muͤſſen in dem Studio der Prærogativæ und des Ceremoniels, dieſel -bigenVorbericht. bigen verſiret ſeyn, welche aſpiriren, Lega - tion-Secretairs, Envoyés oder gar Am - baſſadeurs zu werden: zu welchen Chargen nicht nur der hohe und mindere Adel, ſon - dern wohl auch diejenigen, welche von der Theologie und Juris prudentz Profeſſion machen, emploiret werden. Denn was iſt doch heut zu Tage gewoͤhnlichers, als daß man Biſchoͤffe, Praͤlaten, und Abbés, Præ - ſidenten, Geheime - oder Etats-Raͤthe, und en general JCtos, zu Envoyés und Am - baſſadeurs auserwehlet; weil ſonderlich dieſe hieꝛ letzt geneñten am faͤhigſten, die zwi - ſchen Souverains entſtandene Streitigkei - ten, durch Geſandſchafften abzuthun. Weil nun aber, weder in der Bibel und in dem Libro Leviticorum, noch in dem Corpo - re Juris, von dem bey Geſandſchafften ge - braͤuchlichen Ceremoniel, und der ſtreitigen; oder auch ſchon eingerichteten Prærogativa etwas befindlich; So muß ein dergleichen Clericus und JCtus, ſeinen Recours zu de - nen Buͤchern nehmen, in welchen er Grund und Nachricht davon findet: im Fall er nicht etwas veꝛſehen, und ſeines hohen Principals Pas und Point d’honneur, in Gefahr oder decadence ſetzen: ſich proſtituiren: und groſſer Verantwortung unterwuͤrffig ma - chen will. Hiebey aber hat es keineswe -gesVorbericht. ges die Meynung, als hielte man dafuͤr: daß ſolches alles in gegenwaͤrtigem Tractat zu finden: und ſelbiger eine Inſtruction und Manuale fuͤr die kuͤnfftigen Ambaſſadeurs und Envoyés abgeben koͤnte. Weit gefeh - let und gar nicht alſo gemeinet! Denn ſo wenig der Catechiſmus einen Theologum, und die Inſtitutiones Juſtinianeæ einen ICtum; alſo wenig wird auch dieſes Compendium, einen Ceremonien-Mei - ſter, oder gar Ambaſſadeur machen; Aber darzu wird es wohl dienlich und behuͤlfflich ſeyn: daß einer, der es recht lieſet, die Fun - damenta der Prærogativæ, nebſt der Delicateſſe des Ceremoniels verſtehen: und ſich zu præcautioniren lerne, daß er, wo nicht practice, dennoch wenigſtens theoretice, keinen Soloeciſmum Cere - monialem begehe.

§. 4.

Was auch endlich die Methode und Schreib-Art, derer man ſich in dieſem Wercke bedienet, anlanget; ſo dienet zu wiſſen, daß man, was die erkieſete Methode in ſpecie betrifft, eine dergleichen Ordnung, wie etwan die Bau-Meiſter zu thun pflegen, gehalten, nemlich: man hat zum erſten den Grund geleget und gewie - ſen, auf welchen das Theatrum der Præroga - tivæ und des Ceremoniel erbauet werden, und be -ruhenVorbericht. ruhen muß; Und hiervon handelt der gantze erſte - re Theil gegenwaͤrtigen Werckes. Nach ge - legten und gezeigetem Grunde, hat man in dem zweyten Theile, ſo gleich die Principal-Per - ſonen mit ihrem Ceremoniel aufgefuͤhret; jedoch aber nicht alle, ſondern derer nur einige; Weil man nach allem euſerſten Bemuͤhen nicht erfahren koͤn - nen, wie eines jeden Hofes Ceremoniel eigendlich beſchaffen: und demnach hiervon nur ſo viel ſchrei - ben und communiciren koͤnnen, als man gewuſt: das uͤbrige aber einem andern auszufuͤhren uͤber - laſſen: oder wenigſtens ſich bey dem geehrteſten Leſer ſo lange Gedult ausbitten muͤſſen, biß man etwan noch darhinter kommen, und was dißfals fehlet, ergaͤntzen koͤnne. Jn dem dritten Thei - le, oder Auftritt, hat man alle diejenigen Per - ſonen von dem erſten biß zum letzten, welche zu dem Ceremoniel gehoͤrig, und von den Souve - rains dazu pflegen emploiret zu werden, nach ih - rem Eſſentiel und Accident, Wuͤrdigkeit und Nahmen vorgeſtellet: Und mit dieſem dritten Theile, haͤtte auch das gantze Werck koͤnnen be - ſchloſſen werden. Weil aber die Prærogativa und der Ceremonien-Streit, auf Friedens-Con - greſſen am allerkentlichſten und diſputirlichſten gemacht wird; ſo hat man nicht nur bloß fuͤr gut, ſondern fuͤr nothwendig erachtet, umb dieſes Werck deſto vollkommener zu machen, in dem vierdten Theile anzufuͤgen: Was auf fuͤnffen ſoge -Vorbericht. genenten General-Frieden, wegen des Ceremo - niels fuͤr Conteſtation vorgefallen: und auf was fuͤr eine beſondere Art ſelbige beygeleget worden; Da deñ umb deſto beſſerer Verſtaͤndnuͤß beſagter fuͤnff Friedens-Schluͤſſe, man 5. Capitul vorhero, und in ſelbigen die General - uud Special-Requi - ſita eines Friedens, weil ſelbige mit dem Ceremo - niel groſſe Verwandnuͤß haben, angemercket. Da aber nicht nur auf Friedens-Schluͤſſen, ſon - dern auch wohl ſo gar in den Hof-Laͤgern der Sou - verains ſelbſt, einige dem Ceremoniel, der Præ - rogativæ, den Juribus und Conduite der Am - baſſadeurs und Envoyés zuwiederlauffende Dinge vorgefallen, und noch vorzufallen pflegen: So hat man einige, jedoch wenige und dazu nette Exempel, in dem fuͤnfften Theil allegiret: welche entweder die in dem erſten und dritten Theil gewieſene Lehr-Saͤtze confirmiren, oder wie man von denſelbigen abgewichen, notificiren. Und ſo viel von der ausgewehlten Methode. Was nun die Schreib-Art an ſich ſelbſt belanget, ſo verſichert man den Hochgeehrteſten Leſer: Daß man ſich fuͤr allen Expreſſionen, welche etwan eine Partialitaͤt bedeuten koͤnnen, moͤglichſt ent - halten: auch was man vorgebracht und erzehlet, nicht en ton de Maitre (und als koͤnte man der einen Majeſtaͤt den Rang und Præcedentz zu - der anderen hingegen ab-erkeñen) gethan; Durchaus nicht! Denn man weiß, daß in litigio Præroga -tivæVorbericht. tivæ kein Menſch auf Erden zu finden, der den Sententz daruͤber ſprechen koͤnne, er ſey dann da - zu als Arbiter erſuchet worden. Weñ aber gleich - wohl etwas in dem Context den Schein eines Beyfalls, welchen man einem fuͤr dem andern in der Prærogativa gegeben, haͤtte; ſo iſt dieſer Schein nur ein Effect der vorgebrachten Argu - mentorum, derer ſich einer oder der andere Sou - verain bedienet: und weiter fuͤr nichts als eine Conſequentz, welche aus den Præmisſis flieſſet, anzunehmen. Deñ man proteſtiret auf das aller - feyerlichſte wieder alle ungleiche Interpretation, ſo etwan ein Criticus gantz unnoͤthiger Weiſe ma - chen moͤchte; weil weder die allegirten Facta, noch auch die mit eingeſtreueten Raiſonnements ſol - len und koͤnnen eine Deciſion abgeben: ſondern die erſteren nur hiſtorice zeigen was geſchehen; die andern aber das geſchehene politice zu be - trachten, Anlaß geben. Wenn man auch etwan einerley Factum und Materiam in dem Context zweymahl geſetzet faͤnde, darf man ſolches nicht ſo bald fuͤr eine Tavtologie ausdeuten, ſondern nur auf den Modum, wie ſolches geſchehen, acht haben; da ſich denn bald euſern wird, daß von einer Sache in einem Orte als ihrem ſede ex profeſſo zu handeln, derer in einem andern Orte wieder - um nur accidentaliter zu gedencken geweſen: Und gleichwie derjenige Ton oder Note, ſo in einer Aria vielfaͤltig vorkommt, dennoch derſelben Melodie) () (nichtVorbericht. nicht verſtellet; alſo wird auch dieſem Wercke des - wegen keine Deformité zuwachſen koͤnnen. Cs haͤtten im uͤbrigen noch viel mehrere Facta koͤnnen allegiret werden: man hat ſich aber derſelben be - dachtſamlich enthalten; theils weil das Werck nur dadurch waͤre vergroͤſſert: theils auch, weil man dadurch en Hazzard waͤre geſetzet worden, ſich ungleiche Judicia uͤber den Halß zu ziehen. Dieſes iſt es, was ich dem Hoͤchſtgeneigten Leſer zum Voraus melden, und ſelbigen anbey erſuchen wollen, ſich dieſe Arbeit und meine dabey gehabte Intention gefallen zu laſſen: auch wo etwan ein Jrthumb mit untergelauffen ſeyn moͤchte, ſelbi - gen beſtens zu excuſiren, quia errare humanum eſt. Der Nutzen dieſes Werckes, wird ſich im uͤbrigen bey denen welche es recht leſen und ge - brauchen wollen, ſchon finden; im Fall nur alle unzeitige Præjudicia und ungleiche Interpreta - tiones bey Seite geſetzet, und die Leſenden dem Verfaſſer, gleichwie dieſer ihnen, guͤnſtig und mit gutem Willen zuge - than bleiben.

Ein -

Eintheilung des gantzen Werckes.

Erſter Theil.

  • Cap. 1. Von dem Ceremoniel insgemein.
  • Cap. 2. Von den General-Fundamentis, auf welche die Majeſtaͤten ihre Præcedentz gruͤnden, derer achte.
    • 1. Das Alterthumb der Monarchie, oder Souverainetaͤt,
    • 2. Das Alterthumb des Chriſtenthumbs,
    • 3. Die Macht, Potentatus, oder Supre - matus,
    • 4. Die Vielheit der Koͤnigreiche,
    • 5. Die Ehren-Tituln, welche eine Majeſtaͤt fuͤr der andern hat,
    • 6. Die abſolute Gewalt,
    • 7. Die beſondern Wohlthaten und Dien - ſte, welche ein Potentat dem Pabſt und der Catholiſchen Kirche erwieſen,
    • 8. Die Wuͤrdigkeit der Vaſallen, uͤber wel - che eine Majeſtaͤt herrſchet.
  • Cap. 3. Von den Special-Fundamentis, auf welche der Roͤm. Deutſche Kayſer ſeine Præcedentz zu gruͤnden pfleget.
  • Cap. 4. Von den Special-Fundamentis der Koͤnige in Hiſpanien.
  • Cap. 5. Von den Special-Fundamentis der Koͤ - nige in Franckreich.
) () (2Cap.
  • Cap. 6. Von den Special-Fundamentis der Koͤ - nige in Engelland.
  • Cap. 7. Von den Special-Fundamentis der Koͤ - nige in Schweden.
  • Cap. 8. Von den Special-Fundamentis der uͤbrigen Europaͤiſchen Koͤnige, ſc.
    • 1. Deſſen von Daͤnnemarck,
    • 2. von Portugal,
    • 3. von Pohlen,
    • 4. von Moſcau,
    • 5. von Preuſſen,
  • Cap. 9. Von der Prærogativa und Præcedentz der Churfuͤrſten, und von der Compe - tentz, welche ſie mit den Cardinaͤlen und freyen Republiquen haben.

Anderer Theil.

  • Cap. 1. Von dem Congreß hoher Potentaten en general.
  • Cap. 2. Von denen Perſonen, bey welchen die Prærogativa und das daraus flieſſen - de Ceremoniel, am meiſten zu beobach - ten iſt.
  • Cap. 3. Was fuͤr ein Ceremoniel bey Zuſam̃en - kunfft Kayſerl. Majeſtaͤt und eines Churfuͤrſten, gewoͤhnlich iſt.
  • Cap. 4. Was fuͤr ein Ceremoniel bey Congreß eines Koͤniges von Ungarn, oder Boͤh - men, mit einem Churfuͤrſten, beobach - tet wird.
Cap.
  • Cap. 5. Von dem Ceremoniel, wenn ein Churfuͤrſt zu Kayſerl. Maj. nach Wien kommt.
  • Cap. 6. Von den Ceremonien, wenn zwey Chur - fuͤrſten zuſammen kommen.
  • Cap. 7. Von den Ceremonien, wenn ein Ertz-Her - tzog von Oeſterreich mit einem Chur - fuͤrſten zuſammen kommt.
  • Cap. 8. Von dem Ceremoniel bey Congreß ei - nes Churfuͤrſten mit einem Koͤniglichen Bruder.
  • Cap. 9. Von dem Ceremoniel eines Churfuͤrſten mit einem Reichs-Fuͤrſten.
  • Cap. 10. Von dem Ceremoniel eines Churfuͤr - ſten mit einem Fuͤrſtlichen Printzen.
  • Cap. 11. Von dem Ceremoniel eines Churfuͤrſten mit einem Biſchoff.
  • Cap. 12. Von dem Ceremoniel eines Churfuͤr - ſten mit einem Grand d’Eſpagne, de Portugal, oder mit einem Duc und Pair de France, oder Woywoden aus Pohlen.

Dritter Theil.

  • Cap. 1. Von denen Geſandten, und derer Ein - theilung uͤberhaupt.
  • Cap. 2. Von den Legatis oder Nunciis Apo - ſtolicis.
  • Cap. 3. Von denen Ambaſſadeurs und En - voyés, was beyde pflegen mit einander gemein zu haben, nemlich) () (31. Die
    • 1. Die Inſtruction,
    • 2. Das Creditiv,
    • 3. Den Paſſeport, oder Salvum Condu - ctum, und die daraus flieſſende In - violabilitaͤt,
    • 4. Die Admiſſion,
    • 5. Die Immunitaͤt.
  • Cap. 4. Von denen Ambaſſadeurs, Geſandten, Bothſchafftern cum charactere ins beſondere.
  • Cap. 5. Von dem Ceremoniel, mit welchem ein Ambaſſadeur beehret wird, allwo von
    • 1. Dem ſolennen Einzug oder publiquen Entréen,
    • 2. Der Abholung zu der Audientz,
    • 3. Der Behauptung des Rangs,
    • 4. Ablegung der Viſiten, und Annehmung der Re-Viſiten,
    • 5. Der Acceptirung oder Empfangung,
    • 6. Dem Titul Excellentz.
  • Cap. 6. von eines Ambaſſadeurs,
      • 1. Magnificentz, welche beſtehet
        • 1. Jn ſeinem Logement,
        • 2. Seiner Tafel,
        • 3. Seinen Domeſtiquen,
        • 4. Seiner Equippage.
      • 2. Diligentz, welche beſtehet, in
        • 5. Seinem Diario,
        • 6. Seinem Protocoll,
        • 7. Seinen Relationibus, und Depeches.
  • Cap. 7. Von Eintheilung der Ambaſſadeurs in Ordinarios und Extraordinarios.
  • Cap. 8. Von denen Ablegatis, Envoyés oder Abgeſandten,
  • Cap. 9. Von denen Reſidenten.
  • Cap. 10. Von denen Plenipotentiariis.
  • Cap. 11. Von denen Conſuls.
  • Cap. 12. Von denen Agenten.
  • Cap. 13. Von denen Secretariis.
  • Cap. 14. Von denen Commiſſariis.
  • Cap. 15. Von denen Deputatis.

Vierdter Theil. Von denen Streitigkeiten, welche wegen der Prærogativa und dem Ceremoniel, auf Friedens-Congreſſen entſtanden.

  • Cap. 1. Von den Præliminair-Friedens-Con - ferentien, und was in ſelbigen pfleget abgehandelt zu werden.
  • Cap. 2. Von dem Orte, in welchem man einen Frieden ſchlieſſen will.
  • Cap. 3. Von den Mediatoribus und derer ſelben Miniſtern.
  • Cap. 4. Von Ertheilung der Paſſeports.
  • Cap. 5. Von der Sprache, derer man ſich be - dienet,
  • Cap. 6. Von dem Streit, welcher wegen des Ce -remo -remoniels, auf dem Weſtphaͤliſchen Frie - den entſtanden.
  • Cap. 7. Von dem Ceremoniel und Streit bey dem Pyrenaͤiſchen Frieden.
  • Cap. 8. Von dem Ceremoniel und Streit bey dem Akiſchen Frieden.
  • Cap. 9. Von dem Ceremoniel und Streit bey dem Niemaͤgiſchen Frieden.
  • Cap. 10. Von dem Ceremoniel und Streit bey dem Rißwigiſchen Frieden.
  • Cap. 11. Von dem Streit, welcher zu Utrecht wegen der Laqvays entſtanden.

Fuͤnffter Theil.

  • Von der, der Conduite, den Juribus, Pri - vilegiis &c. eines Ambaſſadeurs oder Envoyé, in unterſchiedenen Hoͤfen zu wieder gelauffener Praxi, welche ſich in vergangenen Seculo zugetragen.
Des
1

Des Europaͤiſchen Hoff-Ceremoniels Erſtes Capitel. Von dem Ceremoniel insgemein.

§. 1.

Ob das Wort Ceremonia von

  • 1. dem alten Wort Cerus, welches ſo viel als Sanctus bedeutete,
  • 2. der Stadt Cære, oder von
  • 3. Geremonia, à gerendo, wie man ſich ge - berden ſolle, ſeinen Urſprung habe, uͤberlaͤſ - ſet man denjenigen, welche ihre Gelehrſam - keit mehr in den Worten als in dem Wer - cke ſuchen; Wir halten uns vielmehr nur an die heut zu Tage etablirte Bedeutung dieſes Wortes, wohl wiſſende, quod verba valeant ſicut nummi.

§. 2.

Dieſes aber iſt gewiß, und demnach zu betrachten noͤthig, daß durch den Nahmen Cere - moniel zweyerley verſtanden werden koͤnne:

  • 1. Generaliter alle dasjenige, was man ra - tione
    • 1. Der Stellung des Leibes, v. g. Reve - rentz, Kniebeugung,
    • 2. Der Kleidung, v. g. Trauer-Habit, Burgundiſche Kleidung,
    • 3. Des Gehens, Sitzen und Stehens, v. g. zur Rechten oder Lincken, it. voran oder hinten nach, ꝛc. zu thun gewohnet oder genoͤthiget iſt.
A2. Spe -2Europaͤiſches
  • 2. Specialiter, nur allein die Manier mit wel - cher Potentaten, und derer Geſandten ein - ander zu recipiren pflegen, oder auch geſtal - ten Sachen nach muͤſſen.

§ 3.

Jn dem erſten oder generalen Ver - ſtande findet man, daß bey allen Voͤlckern, in und auſſer der Kirchen GOttes, zu allen Zeiten ge - wiſſe Ceremonien

    • 1. Jn ihrem GOttes-Dienſte
    • 2. Jn Regiments-Sachen
    • 3. Jm Heurathen
    • 4. Jn Begraͤbnuͤſſen ꝛc.
    uͤblich gewe - ſen, und auch zu unſern Zei - ten noch uͤb - lich ſind,

allein von dieſem allem iſt hier nichts zu melden, ſondern die Curieux ſind dahin zu beſcheiden, der - gleichen Authores, an welchen es nicht fehlet, auf - zuſchlagen, welche etwas zuverlaͤßliches de Mo - ribus vel Ritibus gentium geſchrieben.

§. 4.

Jn dem andern oder ſpecialen Ver - ſtande, von welchem hier allein geredet werden ſoll, koͤnte man das Ceremoniel ungefehr alſo beſchreiben: Daß es eine unter den Souve - rains, oder ihnen gleichenden Perſonen, ex Pacto, Conſvetudine, Poſſeſſione eingefuͤhrte Ordnung ſey, nach welcher ſie ſich, derer Geſandten und Abgeſandten bey Zuſam - menkuͤnfften zu achten haben, damit kei - nem zu viel noch zu wenig geſchehe.

§. 5.

Der Urſprung ſolches Ceremoniels, iſt nicht, wie etwan bey den Complimentiſten,die3Hoff-Ceremoniel. die Hoͤflichkeit, denn dieſe hat keine Leges, ſon - dern vielmehr die aus einer groͤſſern Dignitaͤt, ſo man fuͤr einem andern zu haben vermeinet, her - ruͤhrende Superbia, welcher man die Qualitaͤten Juris zugeeignet, und ihr den Titul der Præroga - tivæ oder Præcedentiæ gegeben.

§. 6.

Man wird ſich leicht beſcheiden, daß nicht nur unter unvernuͤnfftigen Creaturen, ſon - dern auch ſo gar unter lebloſen Dingen eines dem andern pfleget vorgezogen zu werden, deñ ein Pferd wird hoͤher als ein Eſel oder Ochſe, ein Diamant werther als ein Kieſel-Stein geachtet; und man lachet demnach noch heut zu Tage die Schweitzer aus, daß ſie den unſchaͤtzbahren Dia - mant fuͤr Criſtal, und die aus Gold und Silber zubereiteten Gefaͤſſe, welche ſie von dem Hertzog von Burgund eroberten, fuͤr Zinn verkaufften. Unter den vernuͤnfftigen Menſchen aber ins be - ſondere, wird der Mann der Frauen, der Vater den Kindern, der Alte dem Jungen, der Herr - ſchende dem Gehorchenden, ſo gar auf goͤttlichen Beſehl vorgeſetzt, ſo daß man ſagen koͤnte, daß eines unter denen hier genenneten Correlatis, natura, & ordine a Deo inſtituto, mehr gelten muͤſſe als das andere, und der weniger geltende dem mehr geltenden nothwendig den Vorzug laſſen muͤſſe, ſo daß es allerdings natura & ra - tione eine Prærogativam giebet, krafft derer ei - nes dem andern vorzuziehen.

A 2§. 7. Aber4Europaͤiſches

§. 7.

Aber unter denen Souverains, derer ſich einer ſo hoch und wuͤrdig duͤncket als der an - dere, weil ſie alle von GOtt, und keiner von dem andern dependiren, giebet es alten, langen, und unaufhoͤrlichen Streit, welcher unter ihnen fuͤr den Groͤſten gehalten werden ſolle, gleichwohl aber mit dem Unterſcheid, daß

  • 1. einige abſolut Digniores ſeyn wollen als andere, und deswegen den Vorzug oder Pas
  • 2. andere nur pares, oder ſo gut ſeyn wollen als einer ihres gleichen, und demnach nur in pari paſſu zu gehen prætendiren, mancher will ſo gut ſeyn als der andere, mancher aber will mehr ſeyn als der andere.

§. 8.

Ein jeder dieſer Gewaltigen auf Erden fuͤhret ſeine Urſachen an, der Lis iſt in dieſem Rang-Proceß in hundert und mehreren Ren - contres conteſtiret, aber weil ſie keinen Superi - orem oder Judicem erkennen, ſo hat noch kein dergleichen daurender Entſcheid gegeben werden koͤnnen, der die ſtreitenden Partheyen aus einan - der geſetzet und in Ordnung gebracht haͤtte.

§. 9.

Man hat zwar, umb allen Hinderniſſen und Melirungen, welche ſowohl in Congreſſen hoher Potentaten ſelbſt, als auch derer Geſand - ten zu entſtehen pflegen, vor zu beugen, ziemlich ge - ſchickte Mittel erſonnen, einem jeden eine Stelle und Rang zu asſigniren, mit welchem er zu frie - den ſeyn koͤnte, und durch welche keinem einigesPræ -5Hoff-Ceremoniel. Præjudiz zugezogen wuͤrde; aber auch dieſes iſt biß dato noch von gar keinem Souverainen, ſon - dern nur von einigen alſo genennten alterniren - den Fuͤrſten in Deutſchland angenommen wor - den. Solche vorgeſchlagene Mittel ſind folgen - de geweſen:

  • 1. Durch Compromiß oder Arbitrage die Parteyen zu accomodiren, und alſo bothe ſich An. 1564. Pabſt Pius IV. an, daß er bereit waͤre den zwiſchen Spanien und Franckreich ſchwebenden Præcedenz - Streit, durch Beyſtand der Cardinaͤle, oder auch des Auditorii Rotæ zu entſchei - den, man hat ſich aber ſeinem Arbitrio nicht unterwerffen wollen; theils
    • 1. Weil der Pas eine allzu delicate Sache,
    • 2. Weil es ein mere Temporale, deſſen Deciſion man nicht gerne von dem Roͤm. Stuhl erwarten will;
  • 2. Durch die Alternativam, daß nemlich einer dieſes mahl, ein ander ein andermahl, oder dieſer in dieſem, jener in jenem Orte vor - gehe, welches Expediens noch Anno 1712. im November, in Deutſchland gelungen. Denn als die zwey Hochfuͤrſtliche Haͤuſer Bareuth und Anſpach in einen Compe - tenz-Streit geriethen, und ein jeder auf ſeiner Prærogativa feſt beſtunde, kam es doch endlich dahin, daß ſie Jhro Durch -A 3lauch -6Europaͤiſcheslauchtigkeit, dem Herrn Landgraffen von Heſſen-Caſſel die Mediation und Arbi - trage auftrugen, welcher auch die Sache gluͤcklich dahin vergliech,
    • 1. Daß in dem Fraͤnckiſchen Creiße, (zu welchem beyde Herren Marggrafen gehoͤrig,) und bey deſſelben Directo - rio, alle 3. Jahr zwiſchen ihnen alter - niret werden, und Bareuth hierinnen den Anfang machen ſolle.
    • 2. Jn Comitiis aber ſolle derjenige un - ter den Herren Marggrafen den Vor - zug haben, welcher der aͤlteſte an Jahren, und gleichwie es mit den Herren Principalen, alſo ſolle es auch mit den Miniſtris gehalten werden.
  • 3. Durch den Senioratum, daß nemlich derje - nige Potentat, welcher an Jahren aͤlter als der andere, allen, ſo juͤnger als er, ohne Un - terſcheid vorgezogen werden ſolte, welches in dem itzt angezogenen Exempel der Herren Marggrafen von Bareuth und Anſpach auch ſtatt gefunden. Jm Fall aber dieſes Mittel haͤtte unter Souverainen generale - ment etabliret werden koͤnnen, ſo wuͤrde der alte Koͤnig Ludwig in Franckreich, nu - mehro ſeines Verlangens gewaͤhret, und weil er der aͤlteſte unter allen Chriſtlichen Poten - taten, auch zugleich der vornehmſte ſeyn. Al -lein7Hoff-Ceremoniel. lein es wuͤrde, wenn auch alle andere zu Ver - meidung des continuirlichen und den pu - blicis negotiis ſo nachtheiligen Rang-Di - ſputs, hierein willigten, dennoch der Roͤmi - ſche Deutſche Kaͤyſer, als welcher umb der Hoheit der vierdten Monarchie, welche er be - ſitzet, allen uͤbrigen Potentaten vorzuziehen, in dieſes Mittel nicht mit condeſcendiren koͤnnen, zu mahlen da er allbereit in der Poſ - ſeſſion des Vorzuges, und mit niemanden mehr deswegen in Litigio iſt.

§. 10.

Sind demnach dieſe ſonſt gute Vor - ſchlaͤge bißhero meiſtens nur Vorſchlaͤge geblie - ben, und werden auch wohl vermuthlich in kuͤnff - tigen Zeiten dergleichen bleiben, dannenhero wohl das ſicherſte Mittel, daß ſich ein und der an - dere Potentate mit der Poſſesſion ſchuͤtze, als auf welche die Rang-Ordnung unter ihnen faſt eintzig und allein gegruͤndet iſt.

§. 11.

Man hat zwar ſchon fuͤr langen Zeiten in Rom eine gewiſſe Rang-Ordnung, oder ſo ge - nantes Ceremoniel, verfertiget, wie die Poten - taten daſelbſt in der Paͤbſtlichen Capelle, und an - deren daſelbigen ſolennen Congreſſen ſolten placiret werden, welches der damahlige Cere - monien-Meiſter Paris de Crasſis A. 1504. publi - ciret, und findet man fuͤr die Europaͤiſchen Koͤnige folgende Ordnung, (welche auch auf dem zu Bo - nonien in itzt gemeldetem Jahre gehaltenen Con -A 4cilio8Europaͤiſchescilio beobachtet worden, wiewohl Pabſt Julius II. bald darauf dieſes Ceremoniel in etwas ver - aͤndert, indem er den Koͤnig von Schottland und Navarren ausgelaſſen)

  • 1. Den Kaͤyſer.
  • 2. Den Roͤm. Koͤnig.
  • 3. Den Koͤnig von Franckreich.
  • 4. von Spanien.
  • 5. von Arragonien.
  • 6. von Portugal.
  • 7. von Engelland.
  • 8. von Sicilien.
  • 9. von Schottland.
  • 10. von Ungarn.
  • 11. von Navarren.
  • 12. von Cypern.
  • 13. von Boͤhmen.
  • 14. von Pohlen.

Aber der Koͤnig

    • 1. von Schweden
    • 2. von Daͤnnemarck
    ob ſie gleich damahlen noch unter der Devotion des Roͤm. Paͤbſtl. Stuhls geſtanden, ſind entweder vergeſſen, oder mit Fleiß ausgelaſſen worden, wie inglei - chen auch
  • 3. Der Czar aus Moſcau. Allein dieſe Rangi - rung wird heut zu Tage weiter nicht als ratio - ne der 4. erſteren obſerviret, auſſer Rom aberhat9Hoff-Ceremoniel. hat es, (den Kaͤyſer ubique ausgenommen und vorgezogen) noch unter den Potentaten dißfalls keine Richtigkeit, auſſer daß Franck - reich in gemeldtem Rom und Vonedig Spa - nien, und vice verſa dieſes jenem im Roͤm. Reich und zu Wien vorgezogen wird.

§. 12.

Damit man demnach die Argumenta, worauf ſich ein jeder Potentat wegen des Rangs gruͤndet, wiſſen, und das daraus entſtehende Ce - remoniel judiciren und verſtehen koͤnne, ſo wird es noͤthig ſeyn in folgenden Capiteln ſolche Be - weißthuͤmer zu unterſuchen.

Zweytes Capitul. Von den General-Fundamentis, Auf welche die Majeſtaͤten ihre Præcedenz gruͤnden.

DJe General-Argumenta, welche dieſem oder jenem Souverain zu Behauptung der Præcedenz fuͤr einen andern, dienen ſollen, wer - den meiſtens aus achterley Fontibus ge - ſchoͤpffet.

  • 1. Aus dem Alterthumb der Monarchie oder Souverainite.
  • 2. Aus dem Alterthum des Chriſtenthumbs.
  • 3. Von der Macht.
  • 4. Von Vielheit der Koͤnigreiche.
  • 5. Aus den Ehren-Tituln.
  • 6. Von der abſoluten Gewalt.
A 57. Aus10Europaͤiſches
  • 7. Aus der beſondern Wolthat und Dienſt, welche dem Pabſt und der Catholiſchen Kirche erwieſen worden.
  • 8. Von Wuͤrdigkeit der Vaſallen, uͤber wel - che eine Majeſtaͤt herrſchet.

§. 1.

Aus dem Alterthumb der Mo - narchie oder Souverainite, und da will faſt ein jeder Potentate erweiſen, daß das Reich welches er beherrſchet, das uhraͤlteſte ſey. Damit man demnach nur en general wiſſe, wie weit einer dem andern (den Principiis der Chronologie und Hiſtorie gemaͤß) vermoͤge der aͤlteren Fun - dation ſeines Reiches, vorſtehen und vorgehen koͤnne, ſo wollen wir eines jeden Reiches Datum oder Anfang kuͤrtzlich hier bemercken.

  • 1. Die vierdte Roͤm. Monarchie, welche nach der meiſten Meynung Julius Cæſar eta - bliret, hat ihren Anfang 48. Jahr fuͤr Chriſti Geburth genommen, und ſich dieſer Julius Cæſar, ungefehr 27. Jahr fuͤr der Geburth Chriſti, zum Haupt und Meiſter der 4ten Mo - narchie gemacht, welche Monarchie endlich in der Perſohn Caroli Magni umb das Jahr 801. auf die Teutſchen gebracht worden, daher ſolche Wuͤrde, ſo nunmehro auf dieſer Nation 912. Jahr gehafftet, in der allerhoͤchſten Per - ſon Caroli des VI. erhalten, und dieſem Mo - narchen der Vorzug fuͤr allen andern billig zu - geeignet wird.
2. Spa -11Hoff-Ceremoniel.
  • 2. Spanien iſt zu Anfang unter Auguſti Regie - rung eine Provinz der Roͤmer, hernach durch Einfall der Gothen, Mauren und anderer Nationen, in viel Theile und Koͤnigreiche zer - theilet worden, und Caſtilien, welches Reich den wuͤrdigſten Theil des gantzen Spaniens ausmachet, nur eine Graffſchafft geweſen, biß ihme endlich Sanctius Major Koͤnig von Navarren an den es gegen das Ende des 10. Seculi erblich gefallen, die Qualitaͤt eines Koͤ - nigreiches beygeleget. Ja es hat in Aſturien und Legion biß 1028. zu Veremondi III. Zei - ten eigene Koͤnige gehabt, biß endlich Ferdi - nandus Magnus, des Sanctii Majoris Sohn und Koͤnig von Caſtilien, ſeinen Schwager Veremund erſchlug, und ſich An. 1036. zum Koͤnige von Legion und Aſturien machte, und nachdem er auch Garſiam III. Koͤnig von Na - varren erſchlagen, A. 1053. die Prætenſion auf dieſes Reich behielte, welchen man einiger maſ - ſen fuͤr den Fundatorem der Spaniſchen Monarchie haͤtte halten koͤnnen, in Fall er nicht, als er 1065. verſturbe, ſeine Laͤnder wie - der unter ſeine Soͤhne in 3. Theile vertheilet haͤtte. Und ob ſich auch gleich Alphonſus VIII. Koͤnig in Caſtilien und Leon, von Inno - centio II. Anno 1135. zu einem Kaͤyſer von Spanien machen ließ, iſt doch dieſer Monar - chiſche Titul auf ſeine Succeſſores nicht con -tinui -12Europaͤiſchestinuiret, ſondern durch Tractaten wiederumb abgeſchaffet worden; So daß man das Alter - thumb dieſer Monarchie, in ſo weit ſelbige einen Vorzug fuͤr andern dadurch behaup - ten wolte, ſchwerlich hoͤher hinauf brin - gen kan, als an die Zeiten Ferdinandi Catho - lici Koͤniges von Arragonien, welcher durch Heurath der Iſabellæ aus Caſtilien, Koͤnig Johannis Tochter, Caſtilien und Leon zu ſei - nem Reiche, und nachgehends auch Granada und andere, nach Vertreibung der Mauren unter ſeine Jurisdiction, und Spanien zu der Hoͤhe brachte, daß es andern Reichen formi - dable und von ſelbigen reſpectiret wurde, welches in das Jahr 1474. faͤlt.
  • 3. Franckreich faͤnget zwar ſeine Monarchie ſchon in der Perſon des Pharamundi an, wel - cher im Jahr Chriſti 420. von den Staͤnden zu einem Koͤnige ſoll erwehlet worden, und ſein Vater Marcomirus General der Frantzoͤſi - ſchen Armée geweſen ſeyn, aber Vallemont in ſeinen Elemens de l Hiſtoire p. 464. und Brianville in ſeiner Abrege de l Hiſtoire de France, geben dieſen Alterthum ihrer Koͤnige gar ſchlechten Beyfall. Der erſtere ſaget von dem Pharamundo: On ignore ſes Actions, le lieu de ſa ſepulture, le nom de ſa Femme, & celui de ſes Enfants, excepté de Clodion qui luy ſucceda. Der andere ſpricht, wenn erdas13Hoff-Ceremoniel. das Leben Pharamundi, Clodions, und Mero - vei beſchꝛeibet, von dem erſtern: Mais tout cela ſans preuve; von dem andern, wenn er ihn fuͤr einen Sohn des Pharamundi ausgiebet: mais on n’en a que de foibles conjectures. Von dem dritten: On preſume que (Mero - veé) etoit fils de Clodion ſon Predeceſ - ſeur, & cette incertitude a fait, qu’on a nommé Merovingiens nos Rois de la pre - miere Race, leur deſcendance n’etant con - ſtante que depuis luy. Dieſer Merovæus pasſiret nun fuͤr den erſten ihrer Koͤnige, und faͤlt der Anfang deſſen Regierung in das Jahr 448. nach Chriſti Geburth, ſo daß die Frantzo - ſen ein ziemlich altes Datum des Anfanges ih - rer Monarchie zu haben vermeinen. Allein wann man acht darauf hat, daß der Enckel die - ſes Merovæi (ein Sohn des Childerici) Clodovæus, welcher das Chriſtenthum An. 496. annahm, das Reich unter ſeine 4. Soͤhne zertheilet, und den
    • 1. Clodomir zum Koͤnige von Orleans,
    • 2. Childebert zum Koͤnige von Paris,
    • 3. Clotarium zum Koͤnige von Soiſſons,
    • 4. Thyerri (der zwar der aͤlteſte aber ein Ba - tard war) zum Koͤnige von Metz oder Au - ſtraſien gemacht, und zwar dergeſtalt, daß einer von dem andern gantz independent, und Childebert als Koͤnig von Paris, al -lein14Europaͤiſcheslein der rechte Succeſſor der von Merovæo angefangenen Monarchie, und dabey von ſchlechten Territorio, auch die Uneinig - keit das Reich zu theilen, noch immer je laͤn - ger je groͤſſer, und bey nahe eine Zerruͤttung des Reichs zu beſorgen war, ſo kan man dieſen Merovæum noch ſchwerlich fuͤr den Fundatorem des Fraͤnckiſchen Reichs aus - geben. Denn obgleich Clotarius Koͤnig von Soiſſons, nach dem Tode Koͤniges Chil - deberti ſeines Bruders, Paris bekam, und die Graͤntzen ſeines Reichs ziemlich erwei - terte, ſo theilete er es doch wieder unter ſeine 4. Soͤhne, und gab
      • 1. Dem Cherebert Paris,
      • 2. Dem Contran Orleans u. Burgundien,
      • 3. Dem Siegebert Auſtraſien,
      • 4. Dem Chilperic Soiſſons, alles in der Qualite independenter Koͤnigreiche.
    Dagobertus continuirete dieſe Thei - lung wieder unter ſeine 2. Soͤhne, und gab
    • 1. Sigiberto Auſtraſien,
    • 2. Clodovæo Neuſtrien und Burgun - dien. Von dieſer Zeit an haben nicht allein die Frantzoͤſiſchen Koͤnige ſehr de - generiret, ſondern es iſt auch die Chro - nologie derſelben dermaſſen verruͤcket, daß man nicht weiß, ob Dagobert im Jahr 639, oder 643. geſtorben, und vonden15Hoff-Ceremoniel. den Zeiten Clodovæi des Dagoberti zwey - tem Sohne an, har es hernach lauter nichts - taugliche Koͤnige gegeben, welche die Fran - tzoſen ſelbſt Feneans nennen, ſo daß die Ma - jores Domus, und unter denſelben Pipi - nus, aus einem vornehmen Geſchlechte in Auſtraſien entſproſſen, ſonderlich aber Ca - rolus Martellus ſein Sohn, und Pipinus Junior des Caroli Martelli Sohn, ſich dergeſtalt groß gemacht, daß ſie nicht allein an ſtatt ihrer Koͤnige regiereten, ſondern auch endlich Childericus III. von dem Pipi - no Juniori des Reiches entſetzet, mit Con - ſens des Pabſtes Zachariæ in ein Kloſter geſtoſſen, und Pipinus von den Staͤnden zu Soiſſons zu einem Koͤnige gewehlet, und von dem Ertz-Biſchoff zu Maintz, dem Herrn Bonifacio, in der Cathedral-Kirchen zu Soiſſons A. 751. geſalbet u. gekroͤnet ward. Weil nun die Merovingiſche oder erſte Fa - milie der Frantzoͤſiſchen Koͤnige, nicht allein, wie wir gehoͤret, in ſo vielerley Koͤnigreiche, ſondern auch dem Gemuͤthe nach unter ſich zertheilet, und die letztern zu dem Regiment gantz untuͤchtig und ihre Chronologie un - richtig waren, ſo folget wohl daraus, daß man den Grund und Anfang ihrer Monar - chie allererſt auf die Carolingiſche oder an - dere Linie, derer Autor gemelter PipinusJu -16EuropaͤiſchesJunior oder Brevis, ein Vater Caroli M. geweſen, ſetzen kan, wiewohl einige gar al - lererſt die juſtam ſeriem der Frantzoͤſiſchen Regenten, und den rechten Anfang ihrer Monarchie von dem Hugone Capeto, der im Jahr Chriſti 987. regieret hat, anfangen, und alſo allererſt der dritten oder Capetin - giſchen Familie das Recht einer Monar - chie zuſchreiben.
  • 4. Engelland, das in Europa liegende, aber doch von ſelbigem durch das Meer abgeſonder - te Theil, und beſondere Welt, hat ohne Zwei - fel ſchon vorlaͤngſt, ehe die Roͤmer und derer Haupt Julius Cæſar, noch 62. Jahr fuͤr Chri - ſti Geburth ſeine Conqueſten in ſelbigem ge - macht, ſeine beſondere Koͤnige gehabt, welche man von dem alten Bruto Britannien genen - net. Denn man weiß, daß ſchon umb das Jahr 177. der Pabſt Eleutherius Fugatium und Damianum in Brittannien geſendet, welche den Koͤnig Lucium getauffet. Al - lein es waren der Koͤnige damahlen nicht nur einer, ſondern viele, welche immer meiſtens ge - gen einander zu Felde lagen, ſo daß die zwar alte doch ungewiſſe Series der erſten Brittan - niſchen Koͤnige, keinen Grund leget, auf wel - chen man die Prærogative dieſer Koͤnige fuͤr andern ſetzen koͤnne. Man muß demnach die Periodos der Engliſchen Regenten kurtz durchge -17Hoff-Ceremoniel. gehen, und ſehen in welchem man ungefehr den Terminum a quo finden moͤchte. Der er - ſte Periodus der Koͤnige von Engelland oder Brittannien iſt
    • 1. Der Brittanniſche, auf welchen
    • 2. der Roͤmiſche gefolget, nachdem Julius - ſar ſich dieſes Reiches guten Theils bemaͤch - tiget, und ſich die Engliſchen Koͤnige tributar gemacht, da die Roͤmer durch vier Secula bis auf die Zeiten Valentiniani III. Herren uͤber einen groſſen Theil dieſes Landes ge - weſen. Wie dann der Kaͤyſer Adrianus und Severus ein Denckmahl, wie weit ſich ihre Herrſchafft darinnen erſtrecket, durch die von Carlile biß Nevvcaſtle vom Hiber - niſchen biß Deutſchen Meere aufgefuͤhrete, nun aber zerfallene Mauer, (die doch einige Geographi in ihren Carten noch bemer - cken,) hinterlaſſen. Nach Abzug der Roͤ - mer wehleten ſich die Britten oder Engellaͤn - der wieder einen Koͤnig aus ihrer Nation, Nahmens Vortigernum, weil aber die Scoti (Schotten) und Picti (welche einige fuͤr die an den Grentzen Engellands wohnen - de Schotten, andere aber fuͤr Jrrlaͤnder hal - ten,) in Engelland einfielen, ſelbiges verhee - reten, und ihnen Vortigerius zu widerſtehen nicht capabel war, ruffte er die Angeln, eine Saͤchſiſche Nation, ſo umb und in Hol -Bſtein18Europaͤiſchesſtein wohnete, zu Huͤlffe, welche auch unter ihren Anfuͤhrern Hengiſto und Horſto er - ſchienen, und alſo den
    • 3. Periodum nemlich den Saͤchſiſchen etabli - reten. Denn an ſtatt daß ſie die Britten haͤtten wieder die Scoten und Picten defen - diren ſollen, welche ſie zwar verjagten, ſo machten ſie ſich Meiſter uͤber die Britten, und beſetzten nicht allein das Land mit An - geln, ſondern ſupprimirten auch ſo gar den Nahmen Britannia, und nennten das Land Angliam, theileten auch ſelbiges in 7. differente kleine Koͤnigreiche, welche Egbert Koͤnig der Weſt-Sachſen, umb das Jahr Chriſti 818. theils zu Provintzen machte, und ſie ihm unterwarffe; theils auch in der Qualitaͤt beſonderer Koͤnigreiche lieſſe, derer Koͤnige doch ſeine Oberherrſchafft erkennen muſten, ſo daß man den Anfang der Engliſchen Monarchie, und was von ſel - biger ratione der Præcedentz dependiren kan, in dieſe Zeiten ſetzen muͤſte. Allein weil die Engliſchen Koͤnige von Saͤchſiſcher Ex - traction, und unter ſelbigen der andere Ethelvvolde geneñt, ein Sohn des Egberti, ſo groſſe Submisſion gegen den Pabſt be - zeugete, daß er nicht nur allein den Peters Penny auf das neue einfuͤhrete, ſondern auch Engelland dem Pabſt zur Lehn offeri -ret19Hoff-Ceremoniel. ret haben ſoll, uͤber dieſes die Daͤhnen dieſes Land durch oͤfftere Einfaͤlle beunruhigten, und die Engliſchen Koͤnige ihnen nicht allein tributar machten, ſondern auch gar unter ſich brachten, und den
    • 4. Periodum, nemlich den Daͤhniſchen umb das Jahr 1008. einfuͤhreten, welcher zwar nicht lange, ſondern nur etwan 40. Jahr ge - dauret; ſo laͤſſet es ſich nicht wohl ſtatuiren, daß man die Souverainité von Engelland, und das Datum der Monarchie weiter hin - aus ruͤcke, als auf den
    • 5. Periodum der Koͤnige aus Normandie, welchen Wilhelmus Conqueſtor umb das Jahr Chriſti 1066. eingefuͤhret.
  • 5. Schweden, von dieſem machen theils ihre eigene, theils aber auch auswertige Scriben - ten, eine unerhoͤrt lange und alte Succesſion der Koͤnige, indem ſie ſelbige uͤber 2200. Jahr fuͤr Chriſti Geburth, und zwar von dem Go - mer oder Magog, derer im 1. B. Moſis am 10. Cap. v. 2. gedacht wird, denen Enckeln des Noaͤ anfangen, ja es fehlet denen Scribenten nicht an den Nahmen, wie jeder Koͤnig von den Zeiten Magog, welcher An. 88. nach der Suͤndfluth zu regieren angefangen, geheiſſen. Allein der Herr Baron von Pufendorf will in ſeiner Einleitung zu der Hiſtorie von Schwe - den dieſem alten Weſen keinen Beyfall geben,B 2und20Europaͤiſchesund es iſt auch augenſcheinlich, daß wenn man ein ſolch Alterthum ſtatuiren wolte, man die Hiſtoriam fabuloſam mit der vera vermen - gen, und dieſe letztere durch ſolchen Miſchmaſch verunehren wuͤrde. Dannenhero wenn man mit einiger hiſtoriſchen Sicherheit etwas von dem Alterthum der Schwediſchen Monar - chie ſtatuiren wil, kan man die Sache ſchwer - lich weiter hinaus treiben, als auf die Zeiten Erici Sancti, welcher ungefehr umb das Jahr 1150. regieret. Andere ſetzen das Datum der Schwediſchen Koͤnigl. Regierung erſt in das Jahr 1292. und in die Perſon des Koͤniges Bir - geri II. Weil aber Schweden mit Daͤnemarck vielmahls verknuͤpffet, wiederumb von einan - der abgeſondeꝛt, abeꝛmahl zuſam̃en unter einem Haupte conjungiret, und wieder ſepariret worden, welches beydes zum letzten mahl unter Chriſtiano I. geſchehen, welchen man 1463. des Schwediſchen Reiches entſetzet, und Carl Cnutſon an ſeine Stelle zum Koͤnige in Schweden gewehlet; (nach deſſen Zeiten es auch ein ſeparirtes Koͤnigreich von Daͤnne - marck geblieben) ſo hat man den ſicherſten Pe - riodum der Succesſion der Schwediſchen Koͤnige erſt in dieſe Zeiten rangiret. Wie - wohl diejenigen, welche am alleraccurateſten gehen wollen, die juſtam ſeriem der Koͤnige in Schweden, in ſo fern ſie ein von Daͤnne -marck21Hoff-Ceremoniel. marck ſepariretes Reich und Regierung er - richtet, erſt in der Perſon Guſtavi I. oder in den Periodum derer von Vaſa, und alſo in das Jahr 1523. lociren.
  • 6. Daͤnnemarck iſt wohl unſtreitig ein Reich, in welchem ſchon geraume Zeit fuͤr Chriſti Ge - burth Koͤnige geherrſchet haben, derer Nah - men und Thaten aber ſehr ungewiß, und dem - nach hieher wohl nicht mehr dienlich und gehoͤ - rig feyn wird, als die Periodos derſelben, derer zehen, anzufuͤhren
      • 1. Fuͤr Chriſti Geburth
        • 1. Der Daͤhniſche, oder Cimbriſche (ſ. Jutlaͤndiſche)
        • 2. Der Daͤhniſch-Schwediſche, welcher im 3200tem Jahre der Welt angefangen, in welchem ein Koͤnig Nahmens Frotho III. zu des Kaͤyſers Auguſti Zeiten und der Geburth Chriſti gelebet, welcher ein maͤch - tiger Herr geweſen ſeyn ſoll.
      • 2. Nach Chriſti Geburth
    • 3. Der Gothiſche, welcher ſeinen Anfang umb das Jahr 444. nach Chriſti Ge - burth genommen,
    • 4. Der Scaniſche oder Schoniſche,
    • 5. Der Norwegiſche, in welchem Koͤnig Haraldus VI. und ſein Bruder, die erſten Chriſtl. Koͤnige geweſen,
    • 22
    • 6. Der Engliſch-Daͤhniſche, welcher ſich An. 1015. in der Perſon Canuti II. ange - fangen,
    • 7. Der Engliſch-Schwediſche, in welchem Haraldus 1074. der erſte, und Walde - mar der zehende geweſen, von welchem Waldemar die meiſten Chronologiſten und Genealogiſten den Anfang einer ſicheren Genealogie der Koͤnige in Daͤn - nemarck machen.
    • 8. Der Pommerſche, welcher in Erico VIII. A. 1396. ſeinen Anfang genom - men, und nur dieſen eintzigen Koͤnig dar - aus gehabt.
    • 9. Der Baͤyriſche, der A. 1439. in der Per - ſon Chriſtophori ſeinen Anfang bekom - men, und auch mit ihm beſchloſſen worden.
    • 10. Der Oldenburgiſche, und noch biß dato herrſchende. Man ſiehet nun wohl hier - aus, daß, obgleich die Succesſion der Koͤ - nige in Daͤnnemarck ſehr alt, und auch ziemlich richtig, dennoch das Datum ih - res Anfangs, ſo weit man aus ſelbigem einen Beweiß ihrer Prærogativæ ziehen wolte, dennoch erſt in den ſiebenden, oder Engliſch-Schwediſchen Periodum ge - ſetzet wird. Und das umb deſto mehr, weil es nicht an Scribenten fehlet, welche be - richten, daß Waldemarus I. im Jahr 1164. zum Kaͤyſer Friderico I. nach Be -ſan -23Hoff-Ceremoniel. ſancon kommen, und ſich von ihme in - veſtiren laſſen. Andere, und nahmentlich Helmoldus in Hiſt. Sclavon. c. 40. ge - dencken eines Koͤniges Nahmens Petri, welchen gedachter Kaͤyſer Fridericus I. aus einem Hertzoge der Daͤhnen zu einem Koͤnige, und deſſen Reich zu einem Feudo Imperii gemacht, wie dann Otto Friſin - genſis dieſen Friedericum I. deſſen coætaneus er geweſen, und 2. Buͤcher de geſtis Friderici hinterlaſſen, dieſen Kayſer redende alſo anfuͤhret: Hominio (ſ. homagio) ac fidelitate nobis fa - cta, Coronam de manu noſtra Petrus Danorum Rex ſuſcepit.
  • 7. Portugal wird in dem oben allegirten Ce - remoniali Romano den Koͤnigen von Engel - land zwar vorgeſetzet, allein ſonder Zweiffel aus andern Urſachen, als daß es eine mehrere Antiquitaͤt und Succesſion ſeiner Koͤnige ha - be als Engelland; maſſen zur Gnuͤge bekandt, daß biß umb das Jahr Chriſti 1139. in Por - tugal nur Grafen regieret, biß endlich Alphon - ſus I. in gemeldtem Jahre fuͤnff Mauritaniſche Koͤnige erſchluge, und zu deſſen Gedaͤchtnuͤß auch die 5. Schilder in ſein Wapen ſetzete, ſich anbey den Titul eines Koͤniges geben, und ſich in ſelbigem von dem Pabſt Alexandro III. An. 1169. confirmiren ließ, welches ReichB 4noch24Europaͤiſchesnoch dazu A. 1580. nachdem es Philippus II. conqueſtiret, gar ſupprimiret und mit Spa - nien vereiniget worden, und allererſt An. 1640. in der Perſon des Johannis, Hertzogs von Braganza, wieder zu einem von Spanien be - ſonderen Koͤnigreiche poſtliminio gediehen, ſo daß man den Urſprung ſeiner Koͤnige nicht von einem hoͤheren Alter als von gemeldtem Alphonſo I. und dem 1139. Jahre deriviren kan.
  • 8. Ungarn. Deſſen Koͤnige haben in der Paͤbſtl. Capelle die zehende Stelle. Einige wollen, daß Attila der Hunnen Koͤnig, welcher unter dem Nahmen des Flagelli Dei in der Hiſtorie be - kandt, der erſte Monarche uͤber das Koͤnigreich Ungarn geweſen, umb das Jahr Chriſti 401. Allein man weiß, daß noch zu den Zeiten des Kaͤyſers Arnulphi umb das Jahr 887. ſieben Fuͤrſten zu gleicher Zeit, ohne alle De - pendentz von einander, in Ungarn regieret, darunter einer Almus, aus dem Geſchlechte des Attilæ, der vornehmſte oder maͤchtigſte geweſen, welchem Zoltan, Toxus, und endlich Gaiſa ſeine Deſcendenten in der qualité der Fuͤrſten gefolget. Und dieſer letz - tere ſoll An. 979. der erſte Koͤnig geweſen ſeyn, wiewohl es ſicherer, daß man deſſen Sohn Stephanum den Heiligen, erſt dafuͤr annehme. Von den Zeiten dieſes Stephani an, (oder viel -mehr25Hoff-Ceremoniel. mehr des fuͤnfften Koͤniges nach ihm, des An - dreæ, welcher ein Deſcendent des Gaiſa war) haben dieſe vom Attila herruͤhrende Koͤnige biß auf Andream III. durch drittehalb Secula, biß A. 1301. in beſtaͤndiger ſerie regieret. Welcher Geſtalt ſich hernach die Ungarn aus allerhand hohen Fuͤrſtl. ja Kaͤyſerlichen Fami - lien Koͤnige gewehlet, iſt hier zu erzehlen nicht noͤthig, ſondern nur bloß noch zu erwehnen, daß nach dem Koͤnig Ludovicus der andere ſein Leben An. 1526. bey Mohats in dem Kriege wieder die Tuͤrcken einbuͤſſete, Ferdi - nandus I. der des Ludovici Schweſter An - nam zur Gemahlin hatte, A. 1527. zum Koͤni - ge in Ungarn erwehlet worden, welcher auf ſei - ne Allerdurchl. Nachkommen die Ertz-Hertzoge von Oeſte[rr]eich dieſes Koͤnigreich gebracht hat. Weil nun von deſſen Zeiten an die Koͤnige in Ungarn auch zugleich immer Roͤm. Deut - ſche Kayſer geweſen, ſo iſt die Dignitaͤt und Prærogative der Ungariſchen Koͤnige von Niemanden leichtlich angefochten worden, auſſer von Franckreich, wovon unten etwas mehreres gemeldet werden ſoll.
  • 9. Boͤhmen hat in dem oben angefuͤhrten Paͤbſtl. Ceremoniel die 13. Stelle, und ſte - het dennoch erſt in der vierdten Staffel unter den Ungariſchen Koͤnigen, wie es dann auch heut zu Tage in dem Titul Kaͤyſerl. MajeſtaͤtB 5wel -26Europaͤiſcheswelche zugleich Koͤnig uͤber Ungarn und Boͤh - men ſind, Ungarn nachgeſetzet wird. Das Alterthum dieſes Koͤnigreichs (denn Fuͤrſten hat es von An. Chriſti 550. und von dem Ze - cho an biß 1086. zwey und zwantzig gegeben) deriviret man von den Zeiten Wratislai I. welchen Kaͤyſer Henricus der IV. zu Mayntz zu einem Koͤnige erklaͤrete, umb das Jahr Chri - ſti 1086. weil Wratislaus dem Henrico wieder Rudolphum Hertzog in Schwaben treulich beygeſtanden, allein die auf ihn folgen - den Regenten in Boͤhmen, haben dieſen Koͤ - nigl. Titul wieder negligiret, und ſind mit dem Hertzoglichen ungefaͤhr 60. Jahr vergnuͤget geweſen, in Meinung wie Æneas Sylvius er - zehlet, cap. 24. quod regni decus homini non provinciæ datum fuiſſet, biß daß Kaͤy - ſer Fridericus Barbaroſſa abermahl den Ula - dislaum III. (andere neñen ihn 2dum) den En - ckel des Wratislai I. zu einem Koͤnige in Boͤhmen auf dem Reichs-Convent zu Regen - ſpurg A. 1159. renunciret, und ihm den ro - then Loͤwen mit dem geſpaltenen Schweiff in einem ſilbernen oder weiſſen Felde in ſein Koͤ - nigl. Wapen zuerkennet. Aber auch des Uladislai 2di oder 3tii Nachfolger unter - lieſſen ſich des Koͤniglichen Tituls zu gebrau - chen, biß An. 1199. Kaͤyſer Philippus zum dritten mahl, dem Premislao die KoͤniglicheWuͤr -27Hoff-Ceremoniel. Wuͤrde renovirete und conferirete, und ihme der Nahme Ottocarus gegeben wurde, von welcher Zeit an auch die herrſchenden in Boͤhmen Koͤnige geblieben, und alſo die Deri - vation Koͤniglicher Wuͤrde und Hoheit zum kuͤrtzeſten von dieſem Premislao anzufangen waͤre. Auſſer dieſem allen iſt mehr als zur Gnuͤge bekandt, daß das Koͤnigreich Boͤhmen
    • 1. Ein feudum Imperii, und obgleich dieſer Koͤnig ratione der Infeudation mit treffli - chen Privilegiis verſehen, ſo iſt er doch eini - ger maßen dem Kayſer und dem Reich vin - culiret, ſo daß er certo reſpectu den Kayſer pro ſuperiori zu erkennen hat, welches viel - leicht eine Urſache gegeben haben mag, daß man ihme den Rang nicht hoͤher geſetzet.
    • 2. Dem Roͤm. Kayſer erblich gehoͤre, und des - wegen, gleichwie in regard der Koͤnige in Un - garn, aller Streit wegen der Præcedentz bey einem Koͤnige in Boͤhmen, als Koͤnige, nicht aber als Churfuͤrſt, gegen andere Sou - verains cesſiret, weil es von den Zeiten Ferdinandi I. und alſo von dem 1527. Jah - re an gar unnoͤthig geweſen, von einem Koͤ - nige von Boͤhmen, eigene Geſandten, die Kaͤy - ſerl. Wahl ausgenommen, wohin zu ſenden, ſondern die groſſe Majeſtaͤt eines Kaͤyſers, hat die Koͤnigl. Boͤhmiſche Wuͤrde allemahl zugleich mit ſouteniret, und Gott gebe, daß esauch,28Europaͤiſchesauch ſo biß an der Welt Ende, wie es noch zu unſern Zeiten iſt, verbleibe.
  • 10. Pohlen hat in der Paͤbſtl. Capelle die letz - te oder vierdte Stelle. Das Alterthumb dieſes Koͤnigreichs wird, wenn man ſelbiges auf das weiteſte hinaus rechnet, nicht eher als von den Zeiten und der Regierung Boleslai Chrobry, welchem der Kayſer Otto III. An. 999. zur Danckbarkeit fuͤr das gute Tractament, ſo ihme Boleslaus auf ſeiner Wallfarth nach dem Grabe des Biſchoffes Adalberti in Gneeſen erwieſen, den Koͤnigl. Titul verehret. Hieraus wollen einige ſchlieſſen, daß Pohlen damahlen dem Roͤm. Reich tributair geweſen, zu mah - len Otto III. dem neuen Koͤnige Boleslao al - les ſein Recht nachgelaſſen, ſo die Kayſer vor - hin auf Pohlen prætendiret. Denn fuͤr den Zeiten Boleslai regiereten dieſes Land Hertzo - ge (manchmahl auch Weywoden) darunter Lechus An. 550. der erſte geweſen. Es ha - ben aber dieſen von Ottone dem Boleslao conferirten Koͤnigl. Titul nicht mehr als drey Koͤnige nach einander, nemlich
      • 1. Boleslaus I.
      • 2. Mieceslaus II.
      • 3. Caſimirus I.
      etwan 60. Jahr lang biß An. 1058. gebrauchet.
    Denn als Boleslaus II. oder Audax den Bi - ſchoff zu Cracau Stanislaum fuͤr dem Altar nieder gehauen, und darauf von PabſtGre -29Hoff-Ceremoniel. Gregorio VII. in den Bann gethan, end - lich unſinnig und ſein eigener Moͤrder ge - worden, ſo gelangete deſſen Bruder Uladis - laus I. zum Regiment, welcher aber aus Furcht fuͤr den Pabſt ſich einen Koͤnig zu nennen nicht getrauete, ſo daß dieſer Titul und Dignitaͤt in Pohlen gantzer 290. Jahr, nemlich biß auf das Jahr A. 1370. non uſu verloſchen, und das Reich und Republic von Fuͤrſten gouverniret worden, biß end - lich Ludovicus Koͤnig in Ungarn, A. 1370. auch zum Koͤnige in Pohlen geweh - let ward. Denn obgleich Premislaus An. 1295. ſchon wieder den Titul eines Koͤni - ges annahm, ſo ließ ihn doch ſein Succeſſor Uladislaus III. wieder fahren, und nahm mit den Titul eines Erben von Pohlen vor - lieb. Wiewohl man auch in faveur der Cron Pohlen ſtatuiren koͤnte, daß der Ti - tul und Wuͤrde eines Koͤniges in Pohlen in der Perſon Premislai An. 1295. poſt - liminio reſtituiret worden, welches alſo das eigentliche Datum des Alterthums der Koͤnige in Pohlen ſeyn koͤnte.
  • 11. Moſcau hat wieder in der Paͤbſtlichen Ca - pelle keinen asſignirten Ort, weil er kein Glied der Lateiniſchen Kirche, deſſen Haupt der Pabſt, ſondern Griechiſcher Religion von An - fang zugethan, und zugleich das Hauptder -30Europaͤiſchesderſelben iſt. Sonſten machen die Hiſtorici gemeinlich den Anfang dieſes Reiches von dem Ruſſo, welcher ein Bruder des Zechi und Lechi, derer jener Boͤhmen, dieſer Pohlen fundiret haben ſoll, geweſen, und ſetzen ihn in das Jahr Chriſti A. 500. Man findet aber hie - von, wie auch wie viel Fuͤrſten, und unter was fuͤr einem Titul ſie dieſes Land regieret, ſchlechte Nachricht, biß gegen das Jahr Chriſti 989. da der Fuͤrſt Volodimer regieret. Dieſer hin - terließ aber 12. Kinder, unter welche das Reich zertheilet wurde, und weil ihre Macht dadurch ſehr geſchwaͤchet, ſie auch unter einander unei - nig waren, geriethen ihre Nachkommen nicht allein mit den Liefflaͤndiſchen Creutz-Herren in ſchwere Kriege, ſondern es fielen auch An. 1224. die Tartarn in das Land, und wurde von derer Koͤnig Batto der Ruſſen Fuͤrſt Ge - orge A. 1237. erſchlagen, und die Rußiſchen Fuͤrſten von den Tartarn dependent und ihnen tributar, in welchem elenden Zuſtande dieſes Reich auch biß zu den Zeiten Juan ſ. Jo - han Baſilovvitz, welcher A. 1450. zur Regie - rung kommen, geblieben, und alſo 2. Secula und druͤber unter der Tartarn Joch geſtanden. Aber dieſer Johannes Baſilovvitz (ein Sohn des blinden Baſilii) brachte nicht allein die klei - nen Fuͤrſten in Rußland, unter welche das Reich vertheilet war, unter ſich, ſondern ver -jag -31Hoff-Ceremoniel. jagte auch die Tartarn, von welchen bißhero die Rußiſchen Fuͤrſten hatten die Lehn nehmen muͤſſen, und etablirete nicht nur den Grund einer Monarchie, ſondern auch den Ti - tul eines Groß-Fuͤrſten von Moſcau, und ſtarb A. 1492. Jhm ſuccedirte Baſilius, welcher A. 1533. ſtarb, weil er aber Smolenſco, Siberien und viel andere Plaͤtze erobert, und das Moſcowitiſche Reich biß an den Fluß Oby und Nova Zembla erweitert, hat er ſich den Titul eines Czares, beylegen laſſen, da zu - vor die Moſcowitiſchen Regenten nur mit dem Titul Welikikneſa, oder Groß-Fuͤrſt zu - frieden geweſen. Ja es haben dieſe Groß - Fuͤrſten, oder ſo genennte Czaars, nachdem ſonderlich der Johannes Baſilides die Tarta - riſche Koͤnigreiche Caſan und Aſtracan ero - bert, und ſein Reich biß an das Caſpiſche Meer und Perſien erweitert, ſich den Titul eines Kayſers oder Imperatoris arrogiret, und da - durch andern Europaͤiſchen Potentaten vor - gezogen werden wollen. Weil nun alhier das eigentliche Abſehen einigen Unterricht von der Prærogativa der Souverains zu geben, ſo wird der Muͤhe werth ſeyn, die Krafft und Be - deutung des Wortes Czaar in etwas, wie es grammaticaliter und auch politice genom̃en wird, zu unterſuchen. Verba n. indicant rem. Nachdem, wie allbereits gemeldet worden, derGroß -32EuropaͤiſchesGroß-Fuͤꝛſt Baſilius ſich den Titul eines Czaars beylegen laſſen, ſo haben die Gelehrten unter - ſuchet, was man wohl unter dieſem Wort ver - ſtehen koͤnne. Einige deriviren es von dem Ebraͤiſchen Worte Zarah, welches 1. Moſ. 37, 25. und Jerem. 51, 8 gefunden wird, und auf deutſch einen Geſalbten bedeutet, maſſen denn bekandt, daß der Czaar, gleich wie andere Ma - jeſtaͤten, gekroͤnet und geſalbet wird. Jn der Rutheniſchen und Sclavoniſchen Sprache und Bibel, hat das Wort Czaar keine andere Bedeutung als Koͤnig, denn man findet in ſel - biger v. gr. Czaar Salomon, Czaar David, Czaar Herodes, ꝛc. und irren demnach dieje - nigen, welche ſtatuiren, daß Czaar ſo viel als Kayſer bedeute, maſſen der Herr Baron von Herberſtein de Rebus Moſcovvit. p. 12. ausdruͤcklich meldet; Quod in omnibus eo - rum (ſc. Ruſſorum) hiſtoriis atque Sacra Scriptura, ubique Regis nomen nomine Czaar, Cæſaris vero nomen nomine Keſ - ſar exprimatur. Es ſcheinet auch, daß die Moſcowitiſchen Regenten zu einigen Zeiten, das Wort und den Titul Czaar durch nichts anders und mehreres als Koͤnig erleutern wol - len, indem ja bekandt, daß der Czaar Fedor oder Theodorus, von Pabſt Clemente dem VIII. An. 1593. den Titul eines Koͤniges, nicht aber eines Kaͤyſers gebeten, welchenihme33Hoff-Ceremoniel. ihme auch der Pabſt zu geben verſprochen, im fall er die Griechiſche Religion verlaſſen, und ſich zu der Catholiſchen bekennen wolle. Jn - zwiſchen aber ſo prætendirten doch ſowohl in vorigen als itzigen Zeiten die Beherrſcher des Moſcowitiſchen Reichs, daß das Wort Czaar mehr gelte als Koͤnig, und dem Worte Cæſar oder Imperator gleichmaͤßig ſey, und man ſie als Kaͤyſer und Imperatores tractiren ſolle; wie man denn bey dem Thuano ad An. 1607. angemercket findet, daß Johannes Baſilides Tyrannus, von den Pohlen keine Geſchencke und Briefe annehmen wollen, weil in den letz - teren der Titul Imperatoris und Monarche nicht befindlich war. Hingegen aber pflegen die Ruſſen zu weilen nicht nur dem Roͤmiſchen Kayſer, ſondern auch dem Pabſt, Koͤnige in Schweden und Daͤnnemarck den Titul - ſaris oder Imperatoris zu ertheilen. Man kan alſo daraus leichte muthmaſſen, daß die Moſcowitiſchen Regenten die Qualitaͤt der Kayſer und Imperatorum affectiret, nach - dem ſie nicht allein dieſem offt gedachten Wor - te Czaar die Bedeutung Cæſaris zuerkennet, ſondern auch, gleich dem Roͤmiſchen Kayſer einen zweykoͤpffigen gelben Adler, welcher doch bloß und alleine das beſondere Inſigne Ro - mani Imperii iſt, zu ihrem Wapen erkieſet: und ſich noch darzu den Titul Samoderſchetz,Cwel -34Europaͤiſcheswelches in ſeinem eigentlichen Verſtande ſo viel als αύ / οϰράτωρ, ipſe Dominans, Impe - rator, Selbſtherrſcher, Selbſtregierer, nicht aber, wie man es im deutſchen Titul des Czaars ſo viel als Selbſterhalter uͤberſetzet, bedeutet. Der Pabſt nun weigert biß dato dem Czaar den Titul eines Kayſers zu geben, dannenhero auch vor einigen Jahren die Moſ - cowitiſchen Geſandten, weil ſie von dem Ti - tul eines Kayſers fuͤr ihren Czaar nicht abſtehen wolten, zu Rom keine Audientz erlangen kun - ten. Der Roͤmiſche und Tuͤrckiſche Kayſer geben ihme auch nicht den Kayſerlichen Titul, weil ſie zwey allein ſelbigen zu fuͤhren berechti - get. Jn dem Weſtphaͤliſchen Frieden, in welchen der Czaar mit eingeſchloſſen wurde, nenneten ihn die Schweden nur Magnum Ducem Moſcovviæ, vid. Art. 17. §. 11. Inſtrum. Pac. woruͤber ſich zwar der Czaar ge - gen Schweden beſchwerete, aber zur Antwort bekam: es waͤre ſeiner nur zufaͤlliger Weiſe in dieſem Frieden gedacht worden. Die Poh - len geben ihm, krafft eines zwiſchen Pohlen und Moſcau aufgerichteten Vergleiches, den Titul Majeſtaͤt. Der Koͤnig in Franckreich aber iſt der Complaiſanteſte, maſſen er ſchon An. 1654. dem Czaar in einem Briefe, welchen er an ihn geſchrieben, folgenden Titul gegeben: Autres haut & tres magnanime Prince, leGrand35Hoff-Ceremoniel. Grand Seigneur, Empereur de Rusſie & Moſcovvie. Jhro Roͤm. Kayſerl. Maje - ſtaͤt haben auch bey der letzten Moſcowitiſchen Ambaſſade nach Wien zugeſtanden, daß dem Czaar der Titul Jhrer Majeſtaͤt von denen Kayſerl. Miniſtris, auch andern Perſonen, ſo gar ſelbſt in Gegenwart ſeiner Kaͤyſerl. Ma - jeſtaͤt, und in denen an die Geſandten geliefer - ten Decretis und Schrifften gegeben werde; allein in denen Schrifften, welche der Kayſer ſelbſten von ſich ſtellet, hat man den Titul Ma - jeſtaͤt dem Czaar noch nicht ertheilet. Welches aber doch nicht hindert, daß der Czaar nicht an ſich ſelbſten eine Majeſtaͤt ſey; denn dieſe hat er nicht nur in optima forma, ſondern auch ab - ſolutisſime und in ſummo gradu; allein der Kayſerl. Stylus Curiæ iſt ſo beſchaffen, daß man einigen Europaͤiſchen Koͤnigen nicht den Titul Majeſtaͤt, ſondern nur Koͤnigliche Wuͤr - de, beyleget. Ob aber offt erwehnter Czaar fuͤr einen Kaͤyſer und Imperator pasſiren und gehalten werden muͤſſe, iſt meines Erachtens noch keine ausgemachte Sache.
  • 12. Der Tuͤrckiſche Kayſer welcher auch Groß - Sultan geneñet wird. Denn ſchlecht weg wer - den auch andere auſſer Europa, und zwar von dem Tuͤrcken dependirende Fuͤrſten, Sul - tans genennet, v. gr. der Sultan in Egypten, zu Tripolis. Den gantzen Anfang des Tuͤrcki -C 2ſchen36Europaͤiſchesſchen Reichs zu erzehlen, iſt hieher nichtgehoͤrig, ſondern nur dieſes noͤthig, daß man davon ſo viel, als zu der Behauptung der Prærogativæ dienlich ſeyn kan, beybringe. Es iſt bekandt, welcher geſtalt der Tuͤrckiſche Sultan Maho - met der II. An. 1453. zu den Zeiten des Oc - cidentaliſchen Kaͤyſers Friderici III. die Re - ſidentz der Orientaliſchen Kayſer Conſtan - tinopel eingenommen, und den Conſtanti - num Palæologum erſchlagen, darauf dieſer Mahomet II. und ſeine Succeſſores immer getrachtet, ſich in die Poſſeſſion und Anſehen eines Kayſers zu bringen, welches ihnen auch endlich gelungen, indem Kayſer Rudolphus II. mit dem Tuͤrckiſchen Sultan Achmet I. An. 1606. einen Vergleich getroffen, daß wenn die Geſandten des Rudolphi mit des Achmets ſeinen wuͤrden zuſammen kommen, dieſe den Kaͤyſer Rudolphum Vater, jene den Achmet Sohn nennen, in dem Credential - und andern Schreiben aber, ſo eine und die an - dere Parthey mitbringen und auswechſeln wuͤrden, beyde, nemlich Rudolphus und Achmet den Titul eines Imperatoris genieſ - ſen ſolten. Von dieſem Jahre nun und Ver - trag an zurechnen, hat es in Europa wiede - rumb zwey Kayſer gegeben, den Occidentali - ſchen und Orientaliſchen, ſo daß es keinen Zweiffel giebet, es muͤſſe der Tuͤrcke die erſteStel -37Hoff-Ceremoniel. Stelle nach dem Roͤm. Deutſchen Kayſer ein - nehmen. Alles was nun bißhero zu Behaup - tung der Prærogativæ aus dem Alterthum der Monarchien angefuͤhret, und irgends ge - wieſen worden, in welchen Zeiten man das Da - tum eines und des andern Koͤnigreiches ſetzen koͤnne, hat nicht die Meynung, daß man eines dem andern vorziehen, ſondern dem Leſer zu urtheilen uͤberlaſſen wolle, welcher unter allen wohl den feſteſten Grund und Beweiß ſeines Alters haben koͤnne.

§. 2.

Aus den Alterthum des Chriſten - thumbs. Denn gleichwie der Nahme eines Chri - ſten einem jeden Menſchen, ſonderlich aber de - nen Souverains, der hoͤchſte und liebſte ſeyn muß; alſo hat man ſonderlich die Bekehrung zum Chriſtenthum, und die davon dependirende Præcedentz in denen Conciliis, in welchen viel Potentaten und derer Geſandten erſchienen, alle - giret, dergleichen ſonderlich in dem Baſiliſchen, wie Æneas Sylvius lib. 11. de geſtis Concil. Baſil. fol. 50. erzehlet, und auch in dem Triden - tiniſchen, nach Bericht des Petri Svavis Hiſt. Concil. Trident. lib. 8. geſchehen, in welchem letztern ſich der Frantzoͤſiſche Geſandte ſehr be - ſchweret, daß man ſeinem Principal, als Primo - genito Eccleſiæ, nicht den Rang fuͤr Spanien einraͤumen wollen. Weil nun dieſes Argu - ment, welches man aus dem Alter des Chriſten -C 3thums38Europaͤiſchesthums hohlet, etwas zu Behauptung der Præro - gativæ gelten ſoll, ſo iſt hier zu zeigen unentbehr - lich, zu welcher Zeit ein oder der andere Potentate und Koͤnigreich den Chriſtlichen Glauben ange - nommen.

  • 1. Unter den Kayſern wird insgemein Conſtan - tinus M. fuͤr den erſten Chriſtlichen Kayſer gehalten, welcher etwan umb das Jahr Chriſti 316. zu regieren angefangen. Man findet aber in dem Euſebio c. 11. & 12. daß ſchon ſein Vater Conſtantinus Chlorus, welcher auch Roͤm. Kayſer war, das Chriſtenthum angenommen. Seine Mutter Helena, des Koͤniges Celi in Engelland Tochter, ſoll nach erſt gemeldten Euſebii Bericht, durch ein Ge - ſichte erinnert worden ſeyn, nach Jeruſalem zu reiſen, und daſelbſt den Ort des Leidens nnd Auferſtehung JEſu Chriſti zu betrachten: welches ſie auch gethan, und daſelbſt das Creutz Chriſti ſampt den Naͤgeln, mit welchen der Heyland an daſſelbige gehefftet geweſen, gefunden. Dieſe letztern hat ſie ihrem Sohne mit zuruͤcke gebracht, der aus ſelbigen Pferde - Gebiſſe und Zaͤune, wie auch eine Stuꝛm-Hau - be oder Helm, ſich deſſen im Kriege zu gebrau - chen, verfertigen laſſen. Dannenhero auch der heil. Ambroſius in dem Sermon, welchen er auf den Todt des Conſtantini M. gehalten, die Worte, welche bey dem Propheten Zacha -ria39Hoff-Ceremoniel. ria c. 14. v. 20. gefunden werden, und alſo lau - ren: Zu der Zeit wird die Ruͤſtung der Roſſe dem HErren heilig ſeyn, allego - riſch auf ihn gedeutet. Welcher Geſtalt ih - me hernach bey hellem und heiterem Himmel, als er gegen Maxentium in den Streit zoge, ein Creutze mit Griechiſchen Buchſtaben, die im Latein in hoc vinces bedeuten, erſchie - nen, wie er die Bibel ſich allezeit vortragen laſſen, viele Kirchen erbauet, it. das Concili - um zu Nicea An. 325. verſammlet, und aller - hand actus Chriſtianiſmi erwieſen, iſt hier anzufuͤhren gar nicht, das aber hingegen zu mel - den ſehr noͤthig, daß Conſtantinus Magnus zwar als ein Chriſt gelebet, und was ein Chriſt glauben ſoll, geglaubet, aber anbey doch ein ungetauffter Chriſt geweſen. Denn weil er ſich vorgenommen hatte, die Tauffe gleichwie Chriſtus, in dem Jordan zu empfangen, zu welchem Waſſer er aber ſo bald nicht gelangen kunte, fiel er endlich in der Stadt Ni - comedia in eine Kranckheit, und als er mer - ckete daß er davon nicht geneſen wuͤrde, ließ er ſich kurtz vor ſeinem Todte von dem alldortigen Biſchoff Euſebio tauffen An. 337. Dan - nenhero einige an dem rechten Chriſtenthumb dieſes Kayſers zweifeln, und das Datum Chriſtianiſmi nicht in ſeine Perſon und Fa - milie ſetzen wollen, zumahlen da Julianus,C 4wel -40Europaͤiſcheswelcher ein Sohn des Bruders Conſtantini Magni war, den Chriſtlichen Glauben wiede - rumb ſo ſchaͤndlich verlaſſen, und das Heyden - thum angenommen. Wenn man nun gleich den Anfang des Chriſtenthums allererſt von der Zeit, da Jovianus (des Juliani Succeſſor) An. 363. regieret, rechnen wolte, weil er und die auf ihn folgende Kayſer immer Chriſtlich geweſen, ſo verliehrten die Kayſer in ihrer Prærogativa deswegen doch nichts, weil ſie doch fuͤr allen andern Potentaten die erſten bleiben, welche ſich zum Chriſtenthum be - kehret.
  • 2. Franckreich iſt durch folgende Gelegenheit zum Chriſtenthum bekehret worden: Weil ſich Clodovæus der Frantzoſen Koͤnig in Clo - tildem des Chilperici Koͤniges in Burgun - dien Tochter verliebet, und ſie ihm die Ehe mit dem Bedinge verſprochen, daß er ſolle ein Chriſt werden; ſo hat er es zwar zugeſa - get, aber zu vollziehen lange aufgeſchoben, biß endlich die Allemannier, die ehmahlen aus Franckreich uͤber den Rhein gegangen waren, und deutſche Sitten angenommen hatten, ihr altes Recht auf Franckreich wieder ſucheten, und ſelbiges mit Krieg uͤberzogen. Als nun Clodovæus dieſen Leuten bey dem Orte Juͤ - lich (andere ſagen Tolbiack) unfern dem Rhein begegnete, und eine Schlacht lieferte,fin -41Hoff-Ceremoniel. fingen die Frantzoſen allbereits an zu weichen; da er aber der Clotildis Gott anrieff, und das Geloͤbnuͤß thate, im fall ihm dieſer Gott den Sieg geben wuͤrde, ein Chriſt zu werden: hat er nicht nur den Sieg erlanget, ſondern auch GOtt ſein Verſprechen gehalten. Daher ließ er ſich An. 496. zu Rheims von dem heili - gen Remigio tauffen, wobey nicht nur eine Taube, oder wie andere wollen, ein Engel das heilige Oehl, oder die ſo genannte Ampullam Rhemenſem, ſoll von Himmel gebracht; ſondern auch die Koͤnige wegen ſelbiger den Titul Primogenitorum Eccleſiæ filiorum, und Chriſtianiſſimorum erworben haben. Es haͤtten ſich aber dieſe Titul weit beſſer fuͤr die Roͤmiſchen Kayſer geſchickt, maſſen ſelbige, von Conſtantino M. anzurechnen, gantzer an - derthalb Secula eher Chriſten worden, als die Koͤnige in Franckreich, und alſo nothwendig Primogeniti Eccleſiæ, oder die Erſtgebohr - nen der Kirchen ſeyn muͤſſen.
  • 3. Spanien hat ſonder Zweifel ein ſehr altes Datum des Chriſtenthums, allein es will ſchwer, ja faſt unmoͤglich fallen, denjenigen Koͤ - nig mit Nahmen zu nennen, welcher den Chriſtlichen Glauben am allererſten angenom - men, und hernach ſelbigen in Spanien einge - fuͤhret: zumahlen da die Scriptores hierinnen einander ſo entgegen, und die alten Zeiten ſoC 5ver -42Europaͤiſchesverwirret ſeyn. Es erzehlet zwar Johannes Va - ſæus in ſeinem Chronico rerum Hiſpanica - rum, die Biſchoͤffe und Praͤlaten, welche ſchon zu und bald nach der Apoſtel Zeiten den Chriſt - lichen Glauben in Spanien fortgepflantzet; allein es iſt auch zugleich bekandt, daß der Ari - aniſmus damahlen dermaſſen ſtarck in Spa - nien eingeniſtelt war, daß man die Orthodo - xiam fidei nicht empor kommen ließ, ſo gar das der Gothiſche Koͤnig Leogildus ſeinen Sohn Hermagid, bloß weil er den Catholi - ſchen Glauben angenommen, und den Ari - aniſmum verlaſſen hatte, etwan umb das Jahr Chriſti 572. toͤdten ließ. Recaredo aber, der zweyte Sohn des Leogildi, welcher An. 586. zur Regierung kam, hat ſich zu dem reinen Catholiſchen Glauben bekennet, und ſeine Unterthanen auch von dem Arianiſchen Jrrthum gerettet, dannenhero er auch Catho - licus & Orthodoxus genennet worden, und fuͤr den erſten recht Chriſtlichen Gothiſch-Spa - niſchen Koͤnig zu achten iſt. Allein die unter Roderico An. 713. angefangene Conque - ſten der Mauren in Spanien, welche die - ſes Land uͤberſchemmeten, hat dem Chriſten - thum gar wenig Platz darinnen verſtattet, biß Pelagius, der aus den Stamm und Ge - bluͤthe der Gothiſchen Koͤnige entſproſſen war, nachdem ſie ihn An. 726. zu einem Koͤnigeauf -43Hoff-Ceremoniel. aufgeworffen, den Mauren wieder in etwas geſteuret, deſſen Nachfolger auch als Chriſtl. Koͤnige dieſen Unglaͤubigen einigen Abbruch gethan, und das Chriſtenthumb wieder in die Hoͤhe gebracht. Jedoch ſind die Mauren nicht eher aus Spanien exſtirpiret worden, biß zu den Zeiten Ferdinandi Catholici.
  • 4. Engelland ſtrecket den Anfang ſeines Chri - ſtenthums gewaltig weit hinaus, indem die Engliſchen Hiſtorici darzuthun trachten, daß Joſeph von Arimathia ſolle den Chriſtli - chen Glauben daſelbſt zu erſt, und zugleich eine Art von Hag-Dorn gepflantzet haben, welcher des Jahres zweymahl, nemlich im May, und Weynachten umb Glaſterburg, allwo dieſer Joſephus geſtorben und begraben ſeyn ſoll, gebluͤhet, welcher aber zu den Zeiten Crom - vvels ausgerottet worden; Sie ſagen auch, daß Simon Zelotes, und Ariſtobulus, deſſen letztern Paulus Epiſt. ad Rom. cap. 16. v. 10. gedencket, die erſten Biſchoͤffe in Engelland geweſen, ja Petrus und Paulus ſelbſt alldort ſollen geprediget haben. Sonſt ſtatuiren ſie, daß Koͤnig Lucius der erſte Chriſtliche Kaͤyſer geweſen, welcher An. 180. von zweyen Prie - ſtern, Fugace und Damiano, welche der Pabſt Eleutherius dahin geſendet, getauffet wor - den, daß er Biſchoͤffe eingeſetzet, Kloͤſter und Schulen geſtifftet, und Muͤntzen praͤgen laſſen,auf44Europaͤiſchesauf welchen ein Creutz zu ſehen geweſen. Und ob auch gleich in folgenden Zeiten, und ſonder - lich bey Regierung Diocletiani, die Verfol - gung der Chriſten biß in Engelland gedrungen, und Albanus ihr erſter Martyr worden, auch Emerita des Koͤniges Schweſter umb des Chriſtlichen Glaubens willen verbrennet, und 11000. Jungfrauen verjaget worden; ſo hat ſich doch die Chriſtliche Religion ſonderlich da - ſelbſt gegen gemeldte perſecutiones erhalten, ſo daß der heilige Bernhardus von dieſem Koͤ - nigreiche geruͤhmet, daß es omnium totius Europæ Monaſteriorum parens & altrix ſey, und Hovvel de Præced. Part. 1. Sect. 2. p. 11. erweiſet, daß Engelland in vielen Paͤbſtl. Schreiben Primogenita Eccleſiæ genennet worden. Als auch nachgehends das Chri - ſtenthum in Engelland wiederum zu fallen be - gonnen, habe der Pabſt Gregorius Magnus zwey, einen des Nahmens Auguſtini, den an - dern Melili, nebſt einigen Benedictiner Moͤn - chen dahin geſendet, welche Chriſtum auf das neue verkuͤndiget, und Ethelbertum der Sachſen Koͤnig im Jahr 506. zum Chriſtli - chen Glauben bekehret.
  • 5. Schweden iſt mit gar ſchweren Umbſtaͤnden und unter folgenden Koͤnigen zum Chriſtlichen Glauben gediehen. Anno Chriſti 829. wurde von dem Kayſer Ludovico Pio, Ansgarius,ein45Hoff-Ceremoniel. ein Muͤnch aus dem Kloſter Corvey, der nach - gehends auch Biſchoff zu Bremen worden, an den Koͤnig in Schweden Biorn geſendet, ihn zum Chriſtlichen Glauben zu bekehren, welchem aber gemeldter Koͤnig ſchlechtes Ge - hoͤr gab, ſondern wolte viel lieber ſeines Rei - ches, wie auch hernach geſchahe, verluſtig, als ein Chriſt werden. Deſſen Nachfolger Amund ſtellete eine groſſe Verfolgung wie - der die Chriſten an, in welcher Hilardus ein Prieſter jaͤmmerlich ermartert wurde. Nach dieſem Amund wurde Olaus I. Koͤnig, zu wel - chem beſagter Anſgarius umb das Jahr 853. wieder kam, und einen neuen Verſuch that, der ihm auch gelunge; maſſen ſich Olaus tauf - fen lieſſe, und viele ſeiner Unterthanen ſeinem Exempel folgeten; allein es bekam ihm der neue Glaube weltlicher Weiſe gar uͤbel. Denn als eine groſſe Theurung in Schweden einfiel, und die noch Heydniſchen Schweden davor hielten, ſelbige wuͤrde nachlaſſen, wenn man den Goͤttern zu Upſal opfferte. Olaus aber es ihnen durchaus nicht verſtatten wolte, wur - de ihm die Schuld des Mißwachſes und Theu - rung beyge meſſen, deswegen von dem Vol - cke ſelbſt den Goͤtzen aufgeopffert, und zu ei - nem Maͤrtyrer gemachet. Jhm folgete ſein aͤlteſter Sohn Ingo, und nach ihm Ericus, welcher der Zauberey ſehr ergeben war, undſon -46Europaͤiſchesſonderlich einen Hut trug, mit welchem er die Winde drehen kunte wie er wolte: ferner Eri - cus Segherſell, und denn ſein Sohn Ericus Stenchil, welcher ſich des Chriſtlichen Glau - bens mit groſſem Eyfer annahm, und von dem Biſchoff zu Hamburg zwey Prieſter, Adel - warth und Stephan nach Schweden, zu den Zeiten Kayſers Ottonis III. beruffete, welche eine groſſe Menge der Heydniſchen Schwe - den tauffeten. Als er aber aus dem Heyden - thum ein Ende zu machen, den Goͤtzen-Tempel zu Upſal zu zerſtoͤren, und bey Lebens Straffe, daß man den Goͤttern nicht mehr opffern ſolte, verbiethen ließ, ſchlugen ihn ſeine Abgoͤttiſche Unterthanen, ſamt oben gemeldten zwey Hamburgiſchen Prieſtern todt, und verbren - neten ſie. Sein Bruder Olaus Scotkonung bliebe gleichwohl der Chriſtlichen Religion affectioniret, und ſendete an den Koͤnig Ethel - red in Engelland, ihn erſuchende, daß er ihme einige Chriſtliche Prediger zuſenden wolle, bekam auch drey Gottsfuͤrchtige Maͤnner, Sig - fried, Eſching, und David von dannen, unter welchen, als ſie ankom̃en waren, Sigfried den Koͤnig Olaum Scotkonnung tauffte, davon man biß dato den Brunnen in Schweden zei - get, bey welchen dieſes geſchehen. Seinem Exempel folgete eine groſſe Menge des Vol - ckes, ſo daß von dieſer Zeit an ſich die Chriſt -liche47Hoff-Ceremoniel. liche Religion durch gantz Schweden ausge - breitet, und auch beſtaͤndig darinnen verblie - ben iſt.
  • 6. Daͤnnemarck rechnets von Haraldo dem VI. an, der aus der Familie der Norwegiſchen Koͤnige der Dritte war, und zu Mayntz durch den Biſchoff von Hamburg Anſgarium (wel - cher auch den Koͤnig Olaum I. in Schweden zum Chriſtenthum bekehret) etwan umb das Jahr Chriſti 814. getauffet worden: wie - wohl auch einige dieſes Lob Erico, des Haral - di Bruder beylegen. Doch Gormo oder Wur - mo hat die Chriſten wiederum hefftig verfol - get, wurde aber etwan umb das Jahr 886. von Kayſer Ottone I. welcher Krieg gegen ihn fuͤhrete, weil die Daͤhnen wieder das Voͤlcker - Recht ſeine Geſandten erſchlagen, uͤberwun - den, und zum Chriſtlichen Glauben gebracht. Sein Sohn Harald der VII. continuirte im Chriſtenthum, aber Haraldi Sohn Svenotto fiel wiederumb ab, und verdraͤngete auch den Vater aus dem Reiche, wurde jedoch von den Wenden gefangen, und nach geſchehener Ranzion, von dem Koͤnig in Schweden Erich dem VII. ins Elend verjaget. Da flohe er zu den Schotten und wurde bey ihnen zum Chriſten - thum angewieſen, daher nach Erichs Tode wie - der auf den Daͤhniſchen Thron erhoben, von dem Biſchoff zu Hamburg Adalgo gegen dasEnde48EuropaͤiſchesEnde des 9. Seculi getauffet, und vom Kaͤyſer Ottone als Pathen aus ſelbiger gehoben, auch ſein Koͤnigreich mit Biſchoffen und Prie - ſtern uͤberall verſehen, und alſo das Chriſten - thum in Daͤnnemarck etabliret.
  • 7. Portugal hat mit Spanien, deſſen es in al - ten Zeiten ein Antheil geweſen, wegen des Chriſtenthums faſt gleiche Beſchaffenheit, denn nachdem Luſitanien, nebſt dem uͤbrigen Spanien unter dem letzten Gothiſchen Koͤnige Roderico in der Mauren Gewalt verfallen, iſt von dem Chriſtenthum in ſelbigem wenig uͤbrig geblieben, biß etwan An. 1089. ein bra - ver Held, Nahmens Henricus von Beſan - con gebuͤrthig, welcher ein Deſcendente des Hugonis Capeti geweſen ſeyn ſoll, zu dem Koͤnige in Caſtilien und Legion Alphonſo kommen, und ihme wieder die Mauren beyge - ſtanden. Dieſem hat Alphonſus zur Danck - barkeit ſeine natuͤrliche Tochter Thereſiam zur Gemahlin, und zum Heuraths Gut dasjenige, was die Chriſten in Portugal den Mauren ab - genommen hatten, gegeben, jedoch mit der condition, daß er ein Vaſall vom Koͤnig - reich Legion ſeyn, und ſein Land unter dem Titul einer Graffſchafft beſitzen ſolle. Die - ſer nun ware zwar fuͤr den erſten Chriſtlichen Regenten, nicht aber fuͤr den erſten Chriſtli - chen Koͤnig in Portugall zu achten, weil aberder49Hoff-Ceremoniel. der Præcedentz-Streit nicht zwiſchen Koͤnigen und Graffen, ſondern zwiſchen Koͤnigen oder Majeſtaͤten ſchwebet, und alſo, wie oben ge - meldet, vor Alphonſo dem erſten Portugiſi - ſchen Koͤnige, und vor dem Jahr 1139. nur Grafen und Fuͤrſten dieſes Reich beherr - ſchet, ſo kan man in regard des Alterthums der Chriſtlichen Religion, dieſen Koͤnigen kein aͤlteres Datum zueigenen.
  • 8. Ungarn ſoll, nach etlicher Meynung, ſchon zu den Zeiten des Ungariſchen Fuͤrſten Zoltan, welcher von dem heiligen Adalberto, etwan umb das Jahr Chriſti 744. getauffet worden, den Anfang zum Chriſtenthum gemacht haben. Andere aber ſetzen denſelben in die Perſon des Gaiſa, und in das Jahr 979. machen auch dieſen zum erſten Koͤnige in Ungaꝛn. Von deſſen Sohne, Stephano dem Heiligen, iſt wohl ge - wiß, daß er von dem Pabſt, oder wie andere behaupten wollen, von dem Kayſer Otto dem III. An. 997. zum erſten Chriſtl. Koͤnige er - klaͤret, und ihme eine guͤldene Crone, nebſt ei - nem doppelten Creutze, welches noch im Unga - riſchen Wapen zu ſehen, zugeſendet worden ſey.
  • 9. Boͤhmen iſt nach Bericht des Ænææ Sylvii cap. 22. p. m. 52. unter dem zehenden ſeiner Hertzoge, welche es regieret haben, nemlich dem Borſivojo, umb das Jahr 995. zu derDZeit50EuropaͤiſchesZeit als der Kayſer Arnolphus in Deutſch - land regieret, von dem heiligen Methodio, Ertz-Biſchoff in Maͤhren zum Chriſtenthum bekehret, und gedachter Fuͤrſt Borſivojus mit ſeiner Gemahlin Ludmilla, welche wegen ih - res heiligen Lebens-Wandels und gethaner Wunderwercke ſehr beruͤhmt iſt, von dem Methodio getauffet worden: Wiewohl Henelius in ſeiner Schleſiſchen Chronica lib. 1. c. 11. p. 32. meldet, daß Boͤhmen ſchon An. 895. und alſo 100. Jahr eher als Æneas Sylvius ſetzet, zum Chriſtenthum bekehret worden, und das bey dem Ænea Sylvio ge - ſetzte Datum fuͤr einen Druckfehler haͤlt.
  • 10. Pohlen iſt unter dem Fuͤrſten Miecislao A. 964. auf folgende Art zum Chriſtlichen Glau - ben bekehret worden. Gedachter Fuͤrſt hat - te ſchon unter feinen Unterthanen einige die ſich zum Chriſtenthum bekenneten, aber aus Furcht fuͤr ihrer Heydniſchen Obrigkeit nur in den Waͤldern und abgelegenen Orten ihren Got - tes-Dienſt halten kunten. Nachdem nun Miecislaus, als ein Heyde, der Viel-Weiberey ergeben war, doch aber keine Erben mit ihnen erziehen kunte, riethen ihm einige Deutſche Chriſtliche Perſonen, welche ſich an ſeinem Hofe befanden, er ſolte das Heydenthum und die Heydniſchen Weiber verlaſſen, und ſich ei - ne Chriſtliche Gemahlin beylegen laſſen, wel -ches51Hoff-Ceremoniel. ches er auch thate, und Dambrovvkam Bo - leslai des vierzehenden Hertzoges in Boͤhmen, der ein Bruder des heiligen Wenzeslai, den er auch erſchlagen hatte, war, heurathete, be - vor er aber mit dieſer Princeßin Beylager hil - te, ſich in Guiſen tauffen ließ. Es ſoll dieſer Miecislaus auch den Gebꝛauch eingefuͤhꝛet ha - ben, daß die Pohlen, wenn bey der Meſſe das Evangelium geſungen wird, den Sebel halb ausziehen, und nicht eher wieder in die Schei - de ſtecken, biß die Worte: Gloria Tibi Do - mine im Chor geſungen werden, dadurch an - zudeuten, daß ſie bereit ſeyn fuͤr den Chriſtli - chen Glauben zu ſtreiten. Wurden alſo den 7. Martii oben bemeldten Jahres, welches da - mahlen der Dienſtag nach dem Sontag - tare war, alle Heydniſche Goͤtzen-Bilder zer - brochen und verbrennet, zu deſſen immerweh - renden Gedaͤchtnuͤß noch biß auf den heutigen Tag, in vielen Orten des Koͤnigreichs Pohlen und Hertzogthums Schleſien, welches damah - len zu Pohlen gehoͤrete, und ebenfalls zum Chriſtenthum bekehret wurde, an dem Son - tag Lætare die Kinder mit Mayen in den Staͤdten ſingende herumb gehen, und auf den Doͤrffern der Todt und Popel ausgetrieben wird.
  • 11. Moſcau ruͤhmet ſich, daß es den Anfang des Chriſtenthums ſchon von dem Apoſtel An -D 2drea52Europaͤiſchesdræa, des Simon Petri Bruder empfangen, welcher uͤber den Pontum Euxinum aus Grie - chenland geſchiffet, und hernach durch den Fluß Boryſthenes biß nach der Stadt Kiovv kom - men, die Jnwohner daſelbſt getauffet, ſie die Erkaͤntnuͤs GOttes, wie auch das Creutze zu machen, und ſich damit zu ſegnen gelehret: von dar waͤre er nach Novogrod gereiſet, allwo er das Chriſtenthum auch gepflantzet: und als ſol - ches geſchehen, ſey er uͤber die Oſt - See, und umb Europa durch das Mittellaͤndiſche Meer nach Rom geſegelt, von dar endlich in Pelo - ponneſo oder Morea ankommen, allwo er unter dem Koͤnige Ægo Antipatre waͤre ge - creutziget worden. Die Jnwohner von No - vogorod aber haben in ihren geſchriebenen Annalibus eine Tradition, daß ein gewiſſer Heiliger, Antonius genennet, uͤber den Belt und den lacum Lodoga, durch den Wolga - Fluß auf einen Muͤhlſtein, welchen er ſtatt ei - nes Schiffes gebrauchet, in ihre Stadt No - vogorod kommen, und das Evangelium da - ſelbſt geprediget, deme zu Ehren die Jnwoh - ner nachmahlen ein ſchoͤnes Kloſter fuͤr der Stadt erbauet, worinnen dieſer Muͤhlſtein biß auf den heutigen Tag verwahret, und denen Pilgrams gezeuget wird. Allein es muß des heiligen Apoſtels Andreæ, als auch des heil. Antonii Bekehrung zum Chriſtenthum, wel -che53Hoff-Ceremoniel. che ſie in Reußland angefangen, nicht lange ge - dauret haben, weil man in der wahren Hiſto - rie findet, daß biß auf das Jahr Chriſti 955. in dieſem Reiche lauter Heydniſche Regenten geherrſchet, biß endlich die Princeßin Ola oder Olga, des Fuͤrſten Igor Gemahlin, nach dem Tode ihres Mannes, die Regierung an ſtatt ihres unmuͤndigen Sohnes Stoslai (andere nennen ihn auch Igor) gefuͤhret, nach Con - ſtantinopel zu dem damahligen Kayſer Johan - ni Zimiſco gereiſet, ſich An. 955. tauffen, und den Nahmen Helena geben laſſen: wel - cher Kayſer ſie als Pathe reichlich beſchencket, und wieder nach Hauſe begleiten laſſen. Dieſe Ola iſt noch heut zu Tage bey den Ruſ - ſen in groſſer veneration, indem ſie nicht al - lein von ihnen imago ſolis, weil ſie das Land gleich einer Sonnen mit dem Licht des Chriſt - lichen Glaubens erleuchtet, genennet, ſondern auch unter die Heiligen gezehlet, und ihr Ge - daͤchtnuͤß-Tag den 11. Julii feyerlich began - gen wird. Jhr Coͤrper iſt in der Kirchen der Stadt Pereslaw begraben. Ob ſie nun gleich als eine Chriſtin geſtorben, ſo hat ſie doch ihren Sohn Stoslaum durchaus nicht bereden koͤn - nen, das Chriſtenthum anzunehmen, weil die Heydniſche Abgoͤtterey ſein Hertze zu ſehr ein - genommen hatte, dannenhero das Chriſten - thum wieder in das ſtocken geriethe, biß desD 3Stos -54EuropaͤiſchesStoslai unaͤchter Sohn Woldemir aufs neue, und zwar durch folgende Gelegenheit das Chriſtenthum angenommen und eingefuͤh - ret. Er hatte ſeine zwey Bruͤder, welche aus ehelicher Geburth waren, Olega und Javo - polck uͤberwunden, und nachdem er den letz - tern erſchlagen, deſſen Frau, die ehemahlen ei - ne Religieuſe in Griechenland geweſen war, beſchlaffen, und anbey wohl 800. Kebs-Wei - ber gehalten, und war mit einem Worte, ein recht Heydniſcher und wilder Regente. Weil er ſich aber gantz Reußland, welches vorher in unterſchiedene Herrſchafften ware zertheilet geweſen, unterwuͤrffig, und ſich bey andern, Potentaten anſehnlich und formidable ge - macht, ſendeten einige an ihn, und lieſſen ihme zu ſeinem maͤchtigen Regiment gratuliren, anbey aber auch erſuchen den Chriſtl. Glau - ben anzunehmen, welches Anſuchen er auch bey ſich ſtatt finden, weil aber im Chriſten - thum allerhand Secten befindlich waren, ſich erkundigen ließ, welche Art der Chriſtlichen Religion die beſte und ihm gefaͤlligſte ſeyn moͤchte, da er dann die Griechiſche oder Con - ſtantinopolitaniſche, welcher ſeine Groß-Mut - ter die Ola auch ſchon war zugethan geweſen, allen andern vorzoge, und demnach an den Conſtantinopolitaniſchen Kayſer Baſilium und Conſtantinum eine Geſandſchafft ab -fer -55Hoff-Ceremoniel. fertigte, und ihnen melden ließ, daß er ſeine Goͤtzen und Kebs-Weiber abſchaffen, und ſich zu dem Chriſtl. Griechiſchen Glauben bekeh - ren, auch ihnen die Stadt Corſum nebſt eini - gen an dem Ponto Euxino habenden Land - ſchafften gutwillig abtretten wolte, wenn ſie ihm ihre Schweſter Annam zu einer Gemah - lin geben wolten. Welches als ſie ihm verſpra - chen, iſt er mit den zweyen Conſtantinopolita - niſchen Kayſern bey Corſum zuſammen kom - men, hat ſich daſelbſt tauffen, trauen und Ba - ſilium nennen laſſen: worauf zu Kiovv ein Metropolitanus, zu Novogrod ein Ertz-Bi - ſchoff, in andern Staͤdten aber Biſchoͤffe und Popen eingeſetzet, das Chriſtenthum etabli - ret, und die Inſpection dem Patriarchen zu Conſtantinopel uͤbergeben worden: Welches etwan umb das Jahr 989. geſchehen. Die - ſes nun iſt das eigentliche Datum des einge - fuͤhrten Chriſtianiſmi in Moſcau, welches der Czaar Jvan Baſilovvitz in der Antwort auff die Bekaͤntnuͤß Johannis Rahitæ, eines Pol - niſchen Theologi, welcher An. 1570. bey der Geſandſchafft nach Moſcau Koͤniges Sigis - mundi in Pohlen, gegenwaͤrtig war, mit fol - genden Worten ſelbſt bekennet: Baptizan - tur noſtri in nomine Dei Patris, Filii & Spiritus Sancti, poſtquam primus Proge - nitor, beatus ille & Magnus Czaar Wolo -D 4dimi -56Europaͤiſchesdimirus, divinitus illuſtratus nomen Ba - ſilii ad myſticam undam nactus eſt, a quo tempore usque ad hanc diem, non Roſ - ſiaca ſed Chriſtiana appellatur Fides no - ſtra.

§. 3.

Von der Macht, krafft derer ein Souverain dem andern uͤberlegen. Perus de Præcedentia Hominum diſputiret zwar in ſei - ner XI. Quæſtion, ob die Fuͤrſten ratione Po - tentatus unter ſich differiren, allein man darff nur die hiſtoriam alter und neuer Zeiten anſe - hen, ſo wird man wohl gewahr und uͤberzeiget werden, daß einer maͤchtiger als der andere, und demnach auch hoͤher geachtet ſeyn will als der ſchwaͤchere. Status enim militaris (in welchen die Macht am meiſten kentlich) prævalet toga - to, quia & invitis leges præſcribit, quod eſt ſignum ſuperioritatis & prærogativæ. Furſte - nerus hat in ſeinem Tractat, welchen er de ſu - prematu geſchrieben, die Billigkeit dieſer Præce - dentz auszufuͤhren, ſich hefftig bemuͤhet. Bodi - nus aber de Republica erzehlet unterſchiedene Arten, wie einer tenuior und per conſequentz inferior als der andere koͤnne genennet werden.

  • 1. Clientela, durch das Schutz - oder Schirm - Recht, vermoͤge deſſen ein Schwacher doch an ſich ſelbſt Souverainer Herr oder Etat, unter der Protection eines andern Maͤchtigern oder ſeinem Patrocinio ſtehet, und deswegen Uꝛſachhat57Hoff-Ceremoniel. hat den Maͤchtigern zu veneriren, oder wie die Lateiniſche phraſis lautet, comiter habere. Dieſe Clienten ſind nun zwar nicht ſub do - minio, ſondern nur patrocinio eines andern, ohne einige Verletzung ihrer Maj. oder Supe - rioritaͤt; jedoch werden ſie, wie Sylla und Pro - culus bey dem Appiano redet, dem, deſſen Clienten ſie ſind, und unter deſſen Patrocinio ſie ſtehen, an autoritate, dignitate und jure nicht gleich gerechnet, weil wie Androni - cus Rhodius geſaget: Amicitiæ inter di - ſpares (ſc. potentia non dignitate,) hoc eſt proprium, ut potentiori plus honori, in - firmiori plus auxilii deferatur. Es laſſen ſich zu Erleuterung der Prærogativæ, welche aus dieſem Jure Clientelæ gezogen werden koͤnte, der Tractat, welchen George Gum - pelzhaim de jure Clientelæ, und Martin Mayer a Schönberg de Advocatia armata geſchrieben, gar nuͤtzlich gebrauchen.
  • 2. Tributi ſolutione. Dieſe diminuiret ſonder Zweiffel die Superioritaͤt oder Paritaͤt eines ſonſt ſummum imperium habenden Fuͤr - ſten, in regard deſſelben er deſſen Penſionarius oder Tributarius iſt, weil es ein unfehlbah - res Kennzeichen der Schwaͤche eines Regen - ten, und alſo nach des Appiani Ausſpruch, talis confeſſio infirmitatis de dignitate aliquid delibat. Denn es werden derglei -D 5chen58Europaͤiſcheschen Tributa doch meiſtens a regibus victis, oder von denen die ſich befuͤrchten uͤberwun - den zu werden, geliefert: nun aber iſt die au - toritaͤt victoris allerdings ſuperior victo, weil dieſer letztere gleichſam Qvartier bitten, und ſeine Freyheit, die in Gefahr ſtehet, durch die penſion ranzioniren muß. Dañenhero die in heil. Schrifft hin und wieder befindliche Re - dens-Arthen: daß ſie ihm Geſchencke brachten, wenn man die Umbſtaͤnde recht betrachtet, nichts anders als dergleichen tri - butarios andeutet, welche den Krieg dadurch abgekaufft, und die Freundſchafft cum po - tentiori zugleich unterhalten. Scheinet auch daß Bodinus nicht unrecht ſaget: Quo - ties offenſionibus acceptis Tributum a victoribus imperatur, victi dignitatis præ - rogativam amiſiſſe videntur, quia non eſt æquum, ut qui jura majeſtatis ac dignita - tem ſine diminutione ſervavit illæſo ſtatu, ei, qui antea ſuperior, poſt, accepta clade in alterius clientelam conceſſit, aut tri - butum ſolvere cogitur, dignitate cedat. Jedoch muß man die abzufuͤhꝛende exſolutio - nem einer penſion oder Tributs, auch nicht ſo hoch ſpannen, und etwan ſtatuiren daß ein Souverain, der einem gewaltigern Tribut erleget, allemahl dignitate inferior ſey. Deñ es kan, und iſt auch etwan ſchon geſchehen,daß59Hoff-Ceremoniel. daß eine gewaltige, unruhige und Conqueten zu machen begierige Nation, unter Anfuͤhrung eines Haupts, ein Reich und deſſen Haupt, mit welchem es ratione der Dignitaͤt und Prærogativ in keinen Vergleich kommet, uͤberwindet, und ſelbiges tributar machet, woraus aber nicht ſo gleich folget, daß ein der - gleichen Conquerant oder victor victo di - gnitate ſuperior ſey, ſonſten wuͤrde das ab - ſurdum daraus folgen, daß zu Zeiten Ludovi - ci IV. oder Infantis, da die Ungarn dieſen Kay - ſer bey Augſpurg ſchlugen, und er genoͤthiget war, ihnen einen jaͤhrlichen Tribut zuerlegen, digniores als die Deutſchen, und ihr Heer - fuͤhrer dem Roͤm. Kayſer vorzuziehen geweſen. Ein gleiches muͤſte man von Spaniẽ in regard der Mauren, welchen letztern jene ſo gar Jung - frauen zum Tribut erlegen muſten, und vie - len andern Koͤnigen und Koͤnigreichen ſagen: denn ſo wenig ein vornehmer Herr, der mit ei - nem Geringeren Proceß fuͤhret, dadurch von ſeiner Præcedentz etwas verlieret, ob er gleich pro redimenda vexa, oder des Litigirens entuͤbriget zu ſeyn, dem Geringeren etwas Geld giebet; alſo wenig iſt auch derſelbe Po - tentat, der einem andern, von allen Anfall be - freyet zu bleiben, Tribut erlegen muß, demſel - ben welcher ihn empfaͤnget, nachgeſetzt. Noch weniger aber kan man einen Tribut erlegen -den60Europaͤiſchesden Potentaten fuͤr einen ſubditum aus - ſchreyen, maſſen der ſubditus ex debito, die - ſer aber ex pacto den Tribut abfuͤhret, und jener ſeinem ſuperiori dieſer aber ſeinem vi - ctori ſelbigen erleget.
  • 3. Nexu feudali, oder durch das Lehn-Recht. Grotius wendet in ſeinem gelehrten und be - ruͤhmten Tractat, welchen er de Jure Belli & Pacis geſchrieben, Lib. 1. c. 3, §. 23. den groͤ - ſten Fleiß an, diejenigen Koͤnige, welche ihre Koͤnigreiche per modum feudi haben, von aller inferioritaͤt in regard eines andern Koͤ - niges zu retten: und meinet, daß dergleichen obligatio feudalis einem Koͤnige ſo wenig Summitatem Imperii, als wenig ſie einem andern Vaſallen von geringer Condition die Libertaͤt benehme: und haͤlt darvor, es ſey eine ſolche Koͤnigliche Lehns-Tragung nichts an - ders als eine ſpecies fœderis inæqualis, quo alter alteri operam pollicetur, alter alteri præſidium & tutelam, und ob auch gleich wegen Begehung gewiſſer criminum, ſonderlich der Felonie, ein ſolch Reich ver - lohren gehen kan, ſo haͤlt er es dennoch pro ſummo, und diſtingviret inter rem (vel regnum ipſum) & inter modum rem (vel regnum) habendi. Andere hingegen ſind gar anderer und dem Grotio entgegen ſtehen - der Meinung, indem ſie ihm entgegen ſetzen:Daß61Hoff-Ceremoniel. Daß ein Koͤnig, welcher ein Reich beneficio feudi beherrſchet, in materia Majeſtatica dem domino directo ſubordiniret, ihn zu ehren, Lehns-Pflicht (ſervitia feudalia) zu thun, und treu zu ſeyn, verbunden ſey, und die Koͤnigliche Wuͤrde dem domino infeudanti zn dancken, folgentlich allerdings einige De - pendentz von ihm habe, und machen daraus folgende Schluͤſſe:
    • 1. Quod id, quod dependet, non poſſit eſſe ſummum.
    • 2. Quod is qui ob feloniam regno privari pœnæque ſubjici poſſit, omnino inferior aut impar ſit pœnam infligenti, imo vix Majeſtate formaliter ſumpta gaudeat.
    Es laͤſſet ſich hier nicht beurtheilen, welche un - ter dieſen differenten Meinungen die ſicherſte, jedoch ſcheinet aus dem oben angefuͤhrten Ce - remoniali Romano, daß in der Paͤbſtl. Ca - pelle die opinion des Grotii prævalire, maſſen man den Koͤnig von Sicilien (unter welchen Nahmen ſonder Zweifel der von Ne - apolis mit verſtanden wird) und den Koͤnig von Boͤhmen, obgleich jener ein Vaſall des Pabſtes, dieſer des Roͤm. Kayſers und Rei - ches, dennoch andern Koͤnigen, die Nieman - des Vaſallen, nicht nur gleich geachtet, ſon - dern auch vorgeſetzet. Wiewohl dieſe Com - petentz der Prærogativæ des Koͤniges vonNea -62EuropaͤiſchesNeapolis und Boͤhmen als zweyer infeudi - reten Koͤnige, mit andern die etwan den Rang fuͤr ihnen prætendiren moͤchten, ziemlich lange ſopiret geweſen, maſſen die Koͤnige in Spa - nien jenes, und die Allerdurchl. Ertz-Hertzoge von Oeſterreich und Roͤm. Deutſche Kaͤyſer dieſes beſeſſen, und ſonderlich in Boͤhmen, der dominus directus mit dem vaſallo meiſtens confundiret geweſen. Man wird aber nun gewaͤrtig ſeyn muͤſſen, was der Hertzog von Savoyen als erklaͤrter Koͤnig von Sicilien, kuͤnfftig fuͤr einen Rang prætendiren und er - halten werde.
  • 4. Legum alterius admiſſione, wenn ein Po - tentate oder Koͤnigreich ſich der von einem aus - wertigen Potentaten gegebenen Geſetze ge - brauchet. Nun iſt es zwar bekandt, daß das jus leges ferendi ein Jus Majeſtaticum ſey, und alſo niemand formaliter Geſetze geben koͤnne, als der oder diejenigen, welche Sum - mum Imperium, oder dieſes Recht ex privi - legio haben: hingegen aber auch ſolchen Geſe - tzen niemand als der ein ſubditus und im ter - ritorio iſt, zu gehorchen verbunden: extra territorium enim jus dicenti impune non paretur. Wenn nun eine Majeſtaͤt, die von einer anderen Majeſtaͤt etablirete leges, wegen der darinnen enthaltenen Gerechtigkeit und Billigkeit, auch in ſeinem Lande einfuͤhret,ſo63Hoff-Ceremoniel. ſo thut er ſelbiges nicht als ein ſubditus, ſon - dern als ein imitator boni, und gelten als - deñ dieſe fremde eingefuͤhrete Geſetze nicht au - thoritate deſſen der ſie gemacht, ſondern deſ - ſen der ſie in ſeinem Reiche eingefuͤhret. Dan - nenhero nicht zu ſchlieſſen, daß ein Potentate oder Reich, welches ſich der Geſetze eines aus - wertigen Potentaten bedienet, jenem inferior ſey. Denn wer wolte doch wohl behaupten koͤn - nen, daß die Roͤmer, indem ſie von den Grie - chen die bekanten leges duodecim tabula - rum holen laſſen, ſich dadurch dem imperio der Griechen unterworffen haͤtten, oder ihnen inferiores worden waͤren? und wo man ſon - ſten keine andere Beweißthuͤmer haͤtte, daß Pohlen ehemahlen dem Deutſchen Reich un - terwuͤrffig geweſen, ſo wuͤrde das Argument, daß ſie ſich des Magdeburgiſchen Rechtes be - dienet, von ſchlechten Nachdruck ſeyn. Ja man muͤſte auch ſtatuiren, daß die Roͤm. Mo - narchie, als ſie unter Regierung des Kayſers Tyberii Claudii, in ſeinem hoͤchſten Flor war, gleichwohl den legem Rhodiam von den Jnwohnern dieſer Jnſul, weil darinnen gute Verfuͤgung wegen der Seefahrenden und Handelſchafft enthalten war, angenom - men, ſich deſſen gebrauchet, und endlich ſelbi - ger Lex ſo gar dem Corpori Juris einverlei - bet, dadurch denen Rhodenſern inferior odergar64Europaͤiſchesgar von ihnen waͤre dependent worden: wel - ches aber wieder alle fundamenta hiſtorica und bey nahe auf ein abſurdum hinaus lauf - fen wuͤrde. Und wem iſt unwiſſende, daß dieje - nigen Koͤnigreiche, welche ſich von der Juris - diction des Pabſtes entzogen, gleichwohl noch biß dato in vielen Stuͤcken das Paͤbſtl. Recht behalten, und dem Juri Civili vorziehen? wo - durch aber nicht inferiret werden kan, daß ſie den Pabſt noch fuͤr ihren Oberen erkennen, ſondern ſie haben es darumb behalten, weil ſie in dem Jure Canonico mehr Billigkeit und beſſeren Entſcheid der Caſuum finden, als aus dem Jure Civili ziehen koͤnnen. Jch weiß wohl daß Arturius Duck in ſeinem Tractat de uſu & authoritate Jur. Civil. hin und wieder darzuthun trachtet, daß faſt alle Reiche Euro - ſolches Jus Civile oder Romanum intro - duciret, und alſo einige Dependentz von den Roͤm. Kayſern gehabt; allein man muß ſich dabey auch beſcheiden, daß die meiſten derſel - ben Reiche von den Roͤmern uͤberwunden, zu Provintzien gemacht, und das Jus Romanum jure & impoſitione victoris, non ſponta - nea receptione in ſelbigen eingefuͤhret, und als auch nachgehends das imperium der Roͤmer in ſolchen Reichen aufgehoͤret, es den - noch, theils weil man ſich daran gewehnet, theils weil man es fuͤr gut befunden, geraumeZeit65Hoff-Ceremoniel. Zeit behalten worden, ja noch biß auf den heu - tigen Tag wird in einigen Provintzien Franck - reichs, und in Engelland in Curia des Con - neſtabilis, wie auch Admiralis, das Jus Ci - vile oder Kayſer-Recht in ſubſidium gebrau - chet. Wer wolte aber ſagen, daß dieſe Reiche und Koͤnige, deswegen inferiores waͤren, als das Roͤm. Reich, (ob ſie es gleich aus andern Urſachen ſind) oder gar von dieſem dependi - reten? Und damit die Præcedentz oder Su - perioritaͤt, welche etwan ein Potentate uͤber denſelben, der ſeiner Vorfahren leges in ſeinem Reich eingefuͤhret, prætendiren moͤchte, gantz krafftloß wuͤrde; ſo haben die Koͤnige in Spa - nien ſub capitali pœna verboten, Romano - rum leges pro Jure in regnis ſuis venditare. So iſt auch bekandt, daß Ferdinandus Catho - licus die Leges Tauri (von der Stadt Toro, allwo ſie promulgiret worden, alſo genennet) in Spanien eingefuͤhꝛet. Jngleichen hat Philip - pus Pulcher in Franckreich und das Parlament zu Paris durch ein Edict erklaͤret: Ne quis Romanorum leges majorum ſuorum mo - ribus & legibus opponeret. Und was in Franckreich anitzo fuͤr ein Recht gelte, werden diejenigen wiſſen, denen der Codex Lu - dovicianus etwan bekant iſt. Andere Koͤ - nigreiche zu geſchweigen.

§. 4.

Das vierdte Fundament der Præcedentz,Ewird66Europaͤiſcheswird von der Vielheit der Koͤnigreiche, die ein Potentate beherrſchet, und folgentlich von der Weitlaͤufftigkeit ſeines Imperii genommen. Denn obgleich ein ieder natuͤrlicher Coͤrper, ſein eigenes und beſonderes Haupt haben muß, und gen Haupt nicht vieler Leiber Haupt ſeyn kan, ſo eihet es doch in denen moraliſchen Coͤrpern gar anders her, derer viele nur ein Haupt haben koͤn - nen; alſo findet man in Europa mehr als einen Souverain, welcher mehr als eines Koͤnigreichs Herr iſt, v. gr.

  • 1. der Roͤm. Deutſche Kayſer, welcher
    • 1. Roͤmiſcher
    • 2. Deutſcher
    Kayſer,
    • 3. Jn Ungarn
    • 4. Jn Boͤhmen
    • 5. Zu Neapolis,
    Koͤnig, und wenn er die Spaniſche Monarchie, die ihme von GOtt und Rechts wegen zugefal - len, haͤtte in Poſſeß nehmen koͤnnen, wuͤr - de er nach der Spaniſchen Titulatur, bey nahe ein Koͤnig uͤber 20. Koͤnigreiche ſeyn.
  • 2. Der Koͤnig von Franckreich uͤber Franckreich und Navarren,
  • 3. Der Koͤnig von Engelland, uͤber Engelland, Schottland und Jrrland.
  • 4. Der Koͤnig von Portugal, uͤber Portugal und Algarbe.
  • 5. Der Koͤnig in Schweden, uͤber Schweden, Gothen und Wenden.
6. Der67Hoff-Ceremoniel.
  • 6. Der Koͤnig in Daͤnnemarck, uͤber Daͤnne - marck, Norwegen, Wenden und Gothen.

Jemehr nun einer Reiche beherrſchet, je weiter will er auch einem andern, der derer weniger hat, vorgezogen ſeyn, welche multiplicitatem re - gnorum unter allen, wie wir unten hoͤren wer - den, Spanien am meiſten allegiret, weil dieſer Herr fuͤr andern, theils den Beſitz, theils den Ti - tul vieler Reiche fuͤhret. Dieſelben nun, welche die Præcedentz dieſer vielfaͤltigen Koͤnige zu be - haupten uͤbernehmen, pflegen zu ſagen,

  • 1. Daß gleichwie in der Arithmetica plurali - tas mehr gelte als unitas, nehmlich eine Zwey mehr als eine Eins, und Vier noch einmahl ſo viel als Zwey, alſo auch muͤſte die Perſon, auf welcher eine multiplicirete majeſtas hafftete, einer andern, welche nur eine Majeſtaͤt oder weniger Reiche beſaͤſſe, vorgezogen werden.
  • 2. Daß es einem Potentaten einen mehreren re - ſpect zuziehe, wenn er in vielen Orten der Welt herrſche, u. von vielen an Sprachen und Sitten unterſchiedenen Nationen, welche ſonſten ein - ander unbekandt ſind, gleichwohl aber in der Perſon ihres Koͤniges einander bekant, und nicht ſelten verbunden werden, als eine uͤber ſie herrſchende Majeſtaͤt, verehret werde; wel - ches ſich mit dem Exempel und der allerhoͤch - ſten Perſon der itzt regierenden Kayſerl. Ma - jeſtaͤt Caroli des VI. gar wohl erlaͤutern laͤſ -E 2ſet,68Europaͤiſchesſet; maſſen ſeine Majeſtaͤt ein Kaͤyſer des Deutſchen Reiches, ein in Poſſeß ſtehender Koͤnig des Koͤnigreichs Neapolis, Ungarn und Boͤhmen, und alſo vier differenter Natio - nen, der Deutſchen, Jtalieniſchen, Ungariſchen und Boͤhmiſchen, Herr und Beherrſcher iſt, fol - gentlich Majeſtatem quadruplicem beſitzet.
  • 3. Daß, gleich wie einer der mit vielen Diaman - ten geſchmuͤcket, mehr glaͤntze als einer der nur einen hat, alſo waͤre auch das Haupt, welches mit vielen Cronen gezieret, ſchoͤner und glaͤn - tzender als dasjenige, welches nur eine truͤge.
  • 4. Daß die Vielheit der Koͤnigreiche, woruͤber einer herrſchet, ihme per conſequentz den Poten - tatum zu wege braͤchte, wodurch er ſich for - midable machen, und ſich bey andern in Furcht und veneration ſetzen koͤnne.

Andere wollen ſich alle dieſe rationes nicht ge - fallen laſſen, ſondern wenden ein, daß

  • 1. Ein Koͤnig, welcher viel Reiche beſitze, und multiplicatam Majeſtatem habe, zwar ma - jor Rex, ſed non magis Rex, ein zwar an Reichen groͤſſerer, aber an dignitaͤt nicht beſ - ſerer Koͤnig ſey, als der, welcher nur ein Koͤnig - reich beſitzet: weil dieſe multiplicirte majeſtas nur dignitas uniformis waͤre, gleichwie et - wan ein Biſchoff, welcher viel Bißthuͤmer be - ſitzet, nicht mehr ein Biſchoff iſt, als derſelbige welcher nur eines hat. Denn nur allein die aufeinem69Hoff-Ceremoniel. einem Koͤnigreich und Biſchoffthum hafften - de major dignitas, nicht aber die multipli - catio derſelben, einem die prærogativam er - theile.
  • 2. Geben ſie die Inſtantz von einem Edelmann, welcher ob er gleich in einem, oder auch diffe - renten Fuͤrſtenthuͤmern, viele Guͤter beſitzet, dennoch umb dieſer vielen Guͤter willen, kein beſſerer Edelmann ſey als der, welcher nur ei - nes hat, ob er gleich mehrere Unterthanen hat, und vermoͤgner als ein anderer iſt.
  • 3. Es folge nicht allemahl daß ein Koͤnig, welcher regnis & ditionibus amplior, auch zugleich alio potentior ſey, und fuͤhren ſonderlich die Exempel der Koͤnige in Spanien, Daͤnne - marck ꝛc. an, darunter das erſtere dem Koͤnige in Franckreich, ob dieſer letztere gleich nur ein Koͤnigreich beſitzet (denn von Navarren hat er nur eine kleine portion) von vielen Zeiten her infirmius geweſen.

§. 5.

Das fuͤnffte Fundament der Præce - dentz wird aus den Ehren Tituln, welchen ei - ner oder der andere Souveraine fuͤhret, genom - men, wie denn bekandt, daß

  • 1. Der Kayſer, Advocatus Eccleſiæ,
  • 2. Franckreich, Chriſtianiſimus & primoge - nitus Eccleſiæ,
  • 3. Spanien, Catholicus,
E 34. En -70Europaͤiſches
  • 4. Engelland defenſor fidei genennet wird, welche Titulaturen, ſo viel als zu dieſem Werck noͤthig ſeyn wird, in folgenden Capi - teln ſollen erklaͤret werden.

§. 6.

Das ſechſte pfleget man aus der Abſo - luten oder unumbſchraͤnckten Gewalt ei - nes Potentaten zu nehmen, indem diejenigen Koͤ - nige, bey welchen voluntas pro ratione gelten kan, denen welche die rationem dem voluntati vorziehen, oder vorzuziehen haben, wollen vorge - ſetzet werden. Man giebet vor, daß

  • 1. Ein Koͤnig, welcher abſolut regieret, GOtt in ſeinem Regiment am aͤhnlichſten ſey, und fol - gentlich auch auf dem hoͤchſten Grad der Ma - jeſtaͤt ſtehe.
  • 2. Diejenigen Regenten, welche nicht abſolut herrſchen, nur einen Theil der Majeſtaͤt, nicht aber die gantze haͤtten, weil die Majeſtaͤt zwi - ſchen ihnen und dem Volcke getheilet, und ei - nes von dem andern mutuo dependent waͤre. Derjenige Koͤnig aber, welcher einiger maſſen von dem Volck dependire, koͤnne keine for - mal-Majeſtaͤt haben. Allein die doctores juris gentium machen dieſe Einwuͤrffe durch eine eintzige diſtinction unkraͤfftig, wenn ſie darthun, daß es gar was anders ſey, plenitu - dinem imperii, und wiederumb etwas an - ders, ſummitatem imperii zu haben. Bey denen welche abſolut herrſchen, iſtpleni -71Hoff-Ceremoniel. plenitudo und ſummitas beyſammen, bey denen aber, welche nicht abſolut ſind, iſt den - noch ſummitas oder independentia a po - pulo. Qui itaque ſummus, non habet ſuperiorem, & qui non habet ſuperiorem, eſt Majeſtas, licet non ſemper nomine, ta - men re.

§. 7.

Noch ein ander Argument pfleget man zu Behauptung der Præcedentz, wegen der be - ſonderen Wohlthaten und Dienſte, welche ein Potentat dem Pabſt und der Catho - liſchen Kirchen erwieſen, und der daraus flieſ - ſenden Meriten, zu allegiren, auf welche man in alten Zeiten gar beſondere reflexion gemacht. Wenn nun noch heut zu Tage dieſes Argument in conſideration kommen ſolte, wuͤrde wohl der Roͤm. Deutſche Kayſer bloß und allein aus die - ſem fundament vor allen obenan ſtehen muͤſſen, weil aus der hiſtorie bekant, hier aber nicht an - zufuͤhren noͤthig, daß der Pabſt nicht allein durch die Milde der Imperatorum groß und reich, ſon - dern auch von ihnen als Advocatis Eccleſiæ be - ſchuͤtzet worden.

§. 8.

Das letzte Argument, welches doch fuͤr das erſte und wichtigſte paſſiren koͤnte, nimmt man von der Wuͤrdigkeit der Vaſallen, maſſen wohl gewiß, daß je hoͤherer Dignitaͤt die Gehor - chenden, je hoͤherer Wuͤrde muß der Befeh - lende ſeyn: Nun ſind wohl weder in noch auſſerE 4Euro -72EuropaͤiſchesEuropa vornehmere Staͤnde eines Reichs zu fin - den als in Deutſchland, maſſen unter denſelbigen nicht nur Koͤnigen gleich geachtete Perſonen, der - gleichen die Churfuͤrſten, ſondern auch Koͤnige ſelbſt befindlich, wie dann zu unſern Zeiten derer drey, nemlich der Koͤnig von Boͤhmen, von Poh - len und von Preußen, und vielleicht in einem kur - tzen Raum der Zeit derer noch zwey, nemlich der Koͤnig von Engelland aus dem Chur-Hauß Han - nover, und der Koͤnig von Sicilien, aus dem Hauß Bayern die Koͤnigl. Zahl vermehren moͤch - ten. Dannenhero Kayſer Carl der V. nicht un - recht geruͤhmet und geſaget, daß er ein Herr uͤber Fuͤrſten ſey, welchen Ruhm Kaͤyſer Carolus der VI. viel hoͤher treiben und ſagen kan: Daß er ein Herr uͤber Koͤnige ſey. Denn ob man gleich eben nicht ſtatuiren kan, daß itzt erwehnte hohe Vaſallen unter Kayſerlicher Majeſtaͤt als Koͤnige ſtehen, ſo ſtehen ſie doch als Chur - und Reichs - Fuͤrſten unter ihm, und wenn der Kayſer einem Chur-Fuͤrſten befiehlet, ſo empfindet es ſonder Zweifel der auf dem Chur-Fuͤrſten hafftende Koͤnig zugleich mit, obgleich diverſo plane reſpectu.

Drit -73Hoff-Ceremoniel.

Drittes Capitel. Von den Special-Fundamenten, auf welche der Roͤmiſch-Deutſche Kayſer ſeine Præcedentz zu gruͤnden pfleget.

§. 1.

Daß der Roͤm. Deutſche Kayſer allen andern Monarchen vorgezogen wird, ſolches ge - nieſſet er jure & poſſeſſione, denn

  • 1. Auf ihme hafftet die Dignitaͤt und Dauer der Vierdten Welt-Monarchie, welche in der Per - ſon Caroli M. auf die Deutſchen transferiret worden, und in der Allerhoͤchſten Perſon des Allerdurchlauchtigſten Caroli VI. heut zu Ta - ge glorieuſement erhalten wird. Denn ob ſich gleich Leute, ja auch ſo gar in Corpore juris canonici Texte finden, v. gr. cap. ego Ludovicus 30. diſtinct. 63., welche darthun wollen, daß die vierdte oder Roͤm. Monarchie in der Perſon Caroli M. auf die Francken kommen: wie ſich deñ in angezogenem 30. cap. Ludovicus expreſſe einen Fraͤnckiſchen Koͤ - nig nennet, woraus einige ſchlieſſen wollen, daß weil Carolus Magn. ein Francke geweſen, die dignitas Imperatoria auf die Frantzoſen, nicht aber auf die Deutſchen abgeſtammet ſey; So wird man doch dadurch den Deutſchen ihr Kayſer-Recht nicht abdiſputiren: maſſen zur Genuͤge bekandt, das Franckenland, oderE 5das74Europaͤiſchesdas Fraͤnckiſche Reich, ein Theil von Deutſch - land, und Duisburg die Koͤnigl. Reſidentz ge - weſen, auch das cap. 34. Decretat. Gregor. Tit. de Elect. den vorhero angezogenen Text, deutlich genug erklaͤret, indem Innocentius III. dem Duci Caringiæ folgende Worte zu - ſchreibet: quod Romanum imperium in perſona magnifici Caroli a Græcis in Ger - manos translatum fuerit. Ja daß Carolus ein Deutſcher, und von Jngelheim, dem zwey Meilen von Mayntz liegendem Orte gebuͤrtig geweſen, beweiſet Lupoldus de Bebenburg Biſchoff zu Bamberg, in ſeinem Tractat de Jurib. Regn. & Imperii Romanor. c. 3. & 4., zugeſchweigen, daß in der Perſon Ottonis I. welcher ein Sachſe, und alſo auſſer dem minderſten Zweifel ein Deutſcher geweſen, die Kayſer-Wuͤrde abermahl auf die Deut - ſchen continuiret, und bißhero bey ſelbigen wieder alle Frantzoͤſiſche machinationes er - halten worden.
  • 2. Krafft dieſer Dignitaͤt, daß ſie Haͤupter der vierdten Univerſal-Monarchie ſind, hat ſich nicht nur Kayſer Antoninus, wie leg. 9. ff. leg. Rhod. zuerſehen, Mundi Dominum genen - net, ſondern es haben auch die ſo genenten Ul - tra-montani, oder Jtalieniſche Icti, ſchon von den Zeiten des Kaͤyſers Lotharii an, ih - nen dieſen Titul attribuiret, und Bartholusden -75Hoff-Ceremoniel. denſelben, welcher ſolchen nicht annehmen wuͤrde, pro hæretico erklaͤret, weil man, wenn man ihm dieſen weigere, wieder die heilige Schrifft rede, in welcher Lucæ cap. 2, v. 1. zu leſen, daß Auguſtus ein Geboth ausgehen laſ - ſen, daß alle Welt geſchaͤtzet wuͤrde, woraus ja folge, daß er Herr der gantzen Welt geweſen ſeyn muͤſte. Und es mag noch wohl Carolus IV. Roͤm. Kayſer dieſer Meynung geweſen ſeyn, welches aus der Umbſchrifft der gulde - nen Bullæ zu judiciren, die alſo lautet: Roma caput mundi regit orbis frena rotundi: welche Meynung des Bartholi, Petrus de Andlo lib. 2. de Imper. Rom. c. 8. hefftig ver - theidiget. Auch haben ſich nebſt und nach ihm Leute gefundẽ, welche vermoͤge dieſes ſublimen Tituls, Kayſer Carl dem V. das Recht zuer - kennet, Americam unter ſeine Gewalt zu brin - gen, denen es aber an Widerſprechern, der - gleichen ſonderlich Franciſcus a Victoria in ſeinen Relectionibus, und Vaſquius Lib. 1. cap. 20. geweſen, nicht gefehlet. Ob man nun aber gleich aus dieſem Titul nicht eine der - gleichen Superioritaͤt, daß alle andere Koͤnige dem Kaͤyſer unterwuͤrffig oder von ihme de - pendent ſind, erzwingen kan, ſo bleibet doch dieſes wahr, daß ein Roͤmiſch-Deutſcher Kay - ſer ſich per excellentiam Mundi Domi - num nennen koͤnne, weil in der Welt keinaͤlte -76Europaͤiſchesaͤlterer und vortrefflicher Monarche als der Roͤm. Deutſche Kayſer zu finden iſt.
  • 3. Haben in gewiſſen Zeiten und Faͤllen einige Souverains die Imperatores fuͤr hoͤher, wuͤr - diger als ſich, und vor ſuperiores geachtet, maſſen aus der hiſtoria erweißlich, daß nicht nur Chriſtianus IV. Koͤnig in Daͤnnemarck, und Ludovicus in Ungarn, veniam ætatis bey den Kayſern geſuchet, ſondern auch Boles - laus Chrobry Koͤnig in Pohlen von Ottone III., und Wratislaus in Boͤhmen von Henrico ſich die Koͤnigliche Wuͤrde conferiren, und alſo zur Gnuͤge mercken laſſen, daß ſie denen Kaͤyſern einige Superioritaͤt, und ihnen das Recht Koͤnigl. Dignitaͤten auszutheilen zu - geſtanden.
  • 4. Jſt und wird Kayſerl. Majeſtaͤt Advocatus oder Oberſter Voigt,
  • 1. Der Chriſtenheit oder Chriſtl. Kirche in genere,
  • 2. Des Stuhls zu Rom ſpecialiter,
  • 3. Paͤbſtlicher Heiligkeit ſpecialiſſime genen - net, welches nicht nur titulus dignitatis ſed etiam ſummi officii iſt, krafft deſſen er die Gewalt und Recht hat, die drey gemeld - ten in treulichem Schutz und Schirm zu halten, daß alſo ſein Jus protectionis und defenſionis ſich uͤber die gantze Chriſten - heit extendiret, und folgentlich latiſſimi& emi -77Hoff-Ceremoniel. & eminentiſſimi imperii iſt, welches die erſten Chriſtlichen Kaͤyſer durch die con - vocationem Conciliorum univerſa - lium, und durch das in ſelbigen gefuͤhrete præſidium kraͤfftiglich behauptet. Daß er aber auch ſpecialiter des Stuhls zu Rom, und ſpecialiſſime Paͤbſtlicher Hei - ligkeit Advocatus genennet wird, ſolches iſt von Carolo M. und Ottone I. eingefuͤh - ret, und zu Zeiten auch von den Kayſern dem Pabſt durch ein Jurament verſpro - chen worden, welches einige fuͤr ein jura - mentum ſubjectionis ausgeben, da es doch ein juramentum protectionis iſt. Denn wie koͤnte doch ein advocatus oder patronus ſeinem clienten oder protegen - do das Juramentum ſubjectionis præſti - ren, da je vielmehr durch eine dergleichen paction dem protegenti, wie Grotius re - det, prælatio quædam donatur?
  • 5. Wird der Kayſer mit weit aͤlterem und beſſerem Rechte, als der Koͤnig von Franckreich, Chri - ſtianiſſimus genennet, wie ihme denn auch dieſer Titul biß auf den heutigen Tag, in dem Gebethe, welches man in Rom in die Para - ſceves oder Char-Freytage zu halten pfleget, gegeben, und pro Chriſtianiſſimo Impera - tore gebetet wird.
6. Sind78Europaͤiſches
  • 6. Sind die Kayſerl. Rechte entweder nach ih - rem gantzen tenore, oder doch wenigſtens quoad partem von andern Souverainen und Nationen angenommen, und alſo der Kayſer pro legislatore univerſali erkennet worden. welches Argument weyland zwar etwas gel - ten kunte, heut zu Tage aber, wie wir in vor - hergehenden Capitel n. 4. erwehnet, gar krafftlos worden, nachdem nicht nur auswer - tige Potentaten, ſondern auch ſo gar die Staͤn - de des Roͤm. Reiches, dieſem Juri Civili oder Kayſerl. Rechten derogiret, auch derogiren koͤnnen, wie aus den Saͤchſiſchen, Lubecki - ſchen ꝛc. Recht klaͤrlich erhellet.

§. 2.

Ob nun gleich aus dieſen hier angefuͤhrten Argumenten nebſt noch einigen andern Zeug - nuͤſſen, welche man in denen von den Kayſern ge - gebenen Legibus findet v. gr.

  • 1. Leg. ult. Cod. de Legib. quid n. majus, quid ſanctius Imperiali eſt Majeſtate?
  • 2. Aur. Bull. c. 2. §. 3. Temporale Caput populi Chriſtiani.
  • 3. Jn Reichs-Abſchied de An. 1566. in fin. das heil. Roͤm. Reich bey ſeiner Præemi - nentz und Ehren ꝛc.

klar erhellet, daß ſie ihre Ehre und Wuͤrde kei - nem andern cediren wollen, auch nicht cediret haben noch werden; ſo haben ſich doch, wie wir in folgenden hoͤren werden, einige Koͤnige gefunden,wel -79Hoff-Ceremoniel. welche der Roͤm. Kayſerl. Majeſtaͤt, gleich geach - tet ſeyn, und ihr nichts zum Voraus geben wollen, welche aber, was ſie ambiret biß dato nicht er - halten.

Vierdtes Capitel. Von den Special-Fundamentis des Koͤniges von Spanien.

§. 1.

Dieſer Monarche gruͤndet ſeine Præce - dentz darauf,

  • 1. Daß ſeine Herrſchafft ſo weitlaͤufftig, daß auch in ſelbiger die Sonne niemahlen unterge - he, wie dann gewiß, daß Spanien zu den Zeiten Philippi I. Caroli V. und Philippi II. viel weitlaͤufftiger geweſen, als die Roͤm. Monar - chie zu Zeiten Trajani, da ſie doch im hoͤchſten Flor geſtanden: und es laͤſſet ſich leicht aus de - nen groſſen und langen titulis, derer ſich die Koͤnige in Spanien bedienen, von deꝛ Menge ih - rer Reiche urtheilen, worauf aber die Koͤnige in Franckreich zuweilen gar hoͤniſch geweſen; wie denn bekandt, daß Franciſcus I. in Franck - reich, als er von Carolo V. einen Brieff erhal - ten, auf welchem die lange ſeries der Spani - ſchen Koͤnigreiche und Provintzien zu ſehen war, in ſeiner Antwort ſich nur Koͤnig von Franckreich und Herr von Goneſſe (welches ein ſchlechtes Dorff aux environs de Paris) nennete, dadurch anzeigende, ſe unicum (wieRi -80EuropaͤiſchesRichard Zouch in ſeinem Jure feciali redet) regnum Galliæ omnibus imperii ejus pro - vinciis æquale æſtimaſſe. Denn weil es in Franckreich Brauch, daß alles was der Koͤnig gewinnet, der Cron und dem Reich, nicht aber der Perſon des Koͤniges acquiriret wird, da hingegen andere Koͤnige die neuen augmenta ihrer Reiche mehr ihrer Perſon, als dem Reich zueignen, ſo werden auch die acquiſitiones nicht durch neue und vermehrete Titul gemel - det, ſondern unter dem Nahmen Franckreich alles begriffen. Was nun in genere auf die Præcedentz, welche man auf die multipli - cationem regnorum & majeſtatis zu gruͤn - den pfleget, geantwortet wird, iſt in vorherge - hendem andern Capitel num. 4. beygebracht worden, hier aber nur noch noͤthig zum Nach - ſinnen zu uͤberlaſſen, ob auch heut zu Tage, da die Spaniſche Monarchie in ſo viel Theile zer - gliedert, und folgentlich in engere Grentzen ein - geſchloſſen werden ſoll, kuͤnfftig dieſes Argu - ment noch viel werde gelten koͤnnen.
  • 2. Daß er mit allen Chriſtlichen Potentaten in Blut-Freundſchafft gediehen, und zwar der - geſtalt, daß er ſolche Freundſchafft bey weni - gen, viele aber ſelbige bey ihm geſuchet.
  • 3. Daß aus den Spaniſchen Familien 32. Roͤm. Kayſer, (ſonder Zweifel alte) und 143. Koͤnige entſproſſen.
4. Spa -81Hoff-Ceremoniel.
  • 4. Daß Spanien, wenn man Europam unter der Geſtalt einer Jungfrau vorſtellet, das Haupt, und alſo partem principaliorem præſentire.
  • 5. Daß dieſes Koͤnigreich
  • 1. Am erſten zum Chriſtl. Glauben bekehret, de quo ſupra.
  • 2. Die erſte Kirche in ſelbigen erbauet,
  • 3. Das erſte Concilium daſelbſt gehalten,
  • 4. Der erſte Pabſt aus dieſer Nation er - wehlet,
  • 5. Das erſte Paͤbſtl. Breve an deſſen Koͤnig geſendet,
  • 6. Der erſte Heilige bey ihnen aufgehoben worden,
  • Wer etwan in allen, oder einem dieſer 6. Stuͤ - cke ein Mißtrauen haben moͤchte, kan ſich bey dem Valdeſio de Dignitate Reg. Hiſp., Ca - millo Borello de Reg. Cathol. Præſtantia des mehreren erſehen.
  • 6. Daß ſein Koͤnig den Titul eines Koͤniges von Je - ruſalem fuͤhꝛe, welches Recht Kayſer Fridericus II. der auch zugleich Koͤnig bey der Sicilien war, durch die Heurath Jolantæ, Joh. von Brienne Koͤniges zu Tyro und Jeꝛuſalem Tochter 1229. an ſich gebracht, dergeſtalt daß ſeine Nachfol - ger die Koͤnige von Sicilien, auch allemahl zu - gleich Koͤnige von Jeruſalem heiſſen ſolten, welches auch biß auf die Zeiten Conradini, der in Neapolis enthauptet worden, und deſſenFVet -82EuropaͤiſchesVettern, der ein unaͤchter Sohn Frid. II. war, Manfredum, variis tamen fatis, continuiret worden. Dieſes Manfredi Tochter Conſtan - tiam habe Petrus III. von Arragonien geheu - rathet, Sicilien und Jeruſalem dadurch auf die Arragonier 1232., und folgentlich auf die Koͤnige in Spanien gebracht. Bey welchen zwar biß dato der Titul, nicht aber die Poſſes - ſion geblieben, weswegen auch Monſ. Bayle der Koͤnigin Eliſabeth in Engelland Geſandter, dem Spaniſchen Geſandten, als dieſer in ei - ner Conferentz dem Bayle par raillerie fra - gete, ob ſie nicht in Frantzoͤſiſcher Sprache mit einander negotiren wolten, weil die Eliſabeth ſich Koͤnigin von Franckreich ſchriebe, die pi - quante Antwort gabe: ſie wolten lieber Ebraͤiſch reden, weil ſein Principal Philippus III. in Spanien, Koͤnig von Jeruſalem waͤre, dadurch andeutende, Hiſpanis tantum pote - ſtatis in Palæſtinam eſſe, quantum Eliſa - bethæ in Galliam. Es ſcheinet auch, daß Spanien ſeine Prærogativ nicht eben ſo gar præferablement fuͤr andern fundamentis auf das Koͤnigreich Jeruſalem ſetze, maſſen in dem Spaniſchen Titul, dieſes Koͤnigreich erſt die fuͤnffte Stelle einnimmt, und erſt nach den Koͤnigreichen Caſtilien, Leon, Arragonien und Sicilien geſetzet wird.
7. Den83Hoff-Ceremoniel.
  • 7. Den Titul Regis Catholici habe, welchen Titul einige der Spaniſchen autorum ſo alt machen, daß ſie ihn ſchon in das 590. Jahr ſetzen, und dem Gothiſchen Koͤnige Recaredo beylegen, welcher ihn dadurch verdienet ha - ben ſoll, weil er die Arianer, die damahlen uͤberhand nehmen wolten, gedaͤmpffet. Es thun aber diejenigen wohl, welche dißfalls einen Unterſcheid machen.
    • 1. Unter denen Tituln welche man einem Koͤ - nige particulariter als encomia virtu - tis beygeleget, welche auf die Nachkommen nicht fortgepflantzet worden, gleichwie etwan unter den Roͤmiſchen Kayſern Lu - dovicus, Caroli M. Sohn, den Bey-Nah - men Pius, unter den Koͤnigen in Franckreich Ludovicus der IX. den Bey-Nahmen San - ctus, (welche beyde Titul der Bedeutung nach alle Prædicata, ſo einem Chriſtlichen Potentaten koͤnten beygeleget werden, uͤber - treffen) unter den Pohlniſchen Koͤnigen Uladislaus IV. den Bey-Nahmen Ortho - doxus erhalten, und
    • 2. Unter denen Tituln, welche characterem dignitatis beylegen, und nicht bloß einer Per - ſon mitgetheilet, ſondern der Crone in perpe - tuum annectiret werden. Jn dieſer letzeren Bedeutung, iſt der Titul Catholici den Spa - niſchen Koͤnigen erſt in der Perſon FerdinandiF 2Catho -84EuropaͤiſchesCatholici, vom Pabſt Alexander dem VI., und wie Mariana lib. 26. cap. 12. de Reb. Hiſp. ſchreibet, dergeſtalt zugeignet worden: Accepit ab Alexandro pontifice Ferdinan - dus catholici cognomentum, in poſteros cum regno transfuſum ſtabili poſſeſſio - ne. Dem Wort-Verſtande nach, bedeutet nun Catholicus nichts anders als allgemein, allein ſo wohl in ſenſu Theologico als poli - tico, wird dieſer Nahme pro profeſſione puræ & ſinceræ fidei genommen. Jn bey - derley Verſtande kunte er den Koͤnigen in Spanien ehemahlen zugeeignet werden:
      • 1. In ſenſu Theologico vel politico dar - umb, weil Ferdinandus ſein Reich von den unglaͤubigen Juden und Maranen geſau - bert, und derer 17000. Familien aus ſelbi - gem gejaget.
      • 2. In ſenſu grammaticali, weil Philippus II. nachdem er durch die Heurath mit Maria aus Engelland, nahe dabey war catholi - cus vel univerſalis monarcha in Europa zu werden; denn wo die mit der Eliſabetha von Engelland negotirete Vermaͤhlung, und die Union des Koͤnigreichs Franck - reich nach dem Todte Henrici III. mit Spanien, vor ſich gegangen waͤre, ſo haͤtte die Welt noch keinen magis univerſalem vel catholicum regem geſehen, als den von Spanien.
§. 2. Aus85Hoff-Ceremoniel.

§. 2.

Aus dieſen, oder auch andern argu - mentis, und vielleicht aus der Einbildung, daß, nachdem die Koͤnige in Spanien durch Ver - treibung der Mauren Herren uͤber die alten Con - queten der Roͤmer in Spanien worden, auch auf ſie, nicht aber auf die Deutſchen die dignitas im - peratoria transferiret worden ſey, haben ſich ei - nige, ſonderlich aber Alphonſus der VIII. (wel - cher auch von unterſchiedenen der VII. genennet wird) zu Anfang des 12. Seculi, den Titul und die Qualitaͤt eines Kaͤyſers beygeleget, und ſich in ſelbigem von dem Pabſt Innocentio II. confir - miren laſſen, welche angenommene Dignitaͤt aber nicht lange gedauret, ſondern durch Tracta - ten wiederumb abgeſchaffet worden, nachdem die Roͤm. Deutſchen Kayſer dargethan, daß dieſer Titul und Wuͤrde Niemanden als ihnen beygele - get werden koͤnne.

§. 3.

So groß nun Spanien ehemahlen ge - weſen, ſo klein und geringe hat es doch in den Au - gen einiger andrer Koͤnige, welche ihm den Pas zu diſputiren bemuͤhet, geſchienen, darunter

  • 1. Erſtlich Fanckreich. So lange zwar als Ca - rolus V. die Spaniſche Reiche beherrſchet, kunte Franckreich nicht emergiren, denn es war dieſer Herr den Frantzoſen nicht nur zu maͤchtig, ſondern auch zugleich Roͤm. Deut - ſcher Kayſer, und alſo wegen dieſer letzteren Qualitaͤt befuget und berechtiget, dem KoͤnigeF 3in86Europaͤiſchesin Franckreich vorzugehen. Weil nun der Kayſer und Koͤnig in Spanien in einer eintzi - gen, nehmlich der Perſon des Caroli V. haff - tete und verbunden war, ſo wurde, gleich wie Carl der V. unter den Kayſern, alſo auch Carl der Andere in Spanien, dem Franciſco I. in Franckreich allenthalben vorgeſetzt. Als aber dieſer groſſe Kayſer mit Todt abgegangen war, kunte An. 1566. deſſen Nachfolger in Spanien Philippus II. durchaus nicht erhal - ten, daß man ihme in Rom den Rang fuͤr Franckreich gegeben haͤtte. Ja als eben des Philippi II. Ambaſſadeur, Don Stevan de Gamara, den Frantzoͤſiſchen Ambaſſadeur Monſ. de Thou, zu Graven Haag im Spa - tzierfahren rencontrirete, wolte keiner dem andern Platz machen, welcher combat ſur le Pas ungezweifelt den laqays dieſer beyden miniſtres Gelegenheit gegeben haben wuͤrde, einander eine Fauſt-Bataille zu liefern, dafern nicht der Herr von Beurevert, ein vornehmes Glied der Herren Staaten, durch ſeine Ge - genwart und klugen Rath, dieſes expediens erfunden, daß man die Schrancken, zwiſchen welcher auf dem Voorhout (oder prome - nade in der Stadt) die Ambaſſadeurs einan - der begegneten, haͤtte umhauen, und den Frantzoͤſiſchen in grader Linie, den Spaniſchen aber zur Rechten, jedoch etwas ſchraͤge einfah -ren87Hoff-Ceremoniel. ren laſſen. Welcher unter dieſen zweyen da - mahlen den Pas behauptet, uͤberlaͤſſet man ei - nem ieden zum Nachſinnen. Ob nun gleich der Koͤnig in Franckreich zu Rom den Pas fuͤr Spanien behauptet, ſo hat man doch hingegen dem Koͤnig in Spanien, den Rang fuͤr Franck - reich in Wien eingeraͤumet, in welchen zweyen doch differenten Orten, ſich ein jeder in ſeiner poſſeſſion lange Zeit mainteniret, und da - mit jede competirende Parthey, allen Ver - druß meiden, und ſo wohl in Rom als Wien zu gleicher Zeit Spaniſche und Frantzoͤſiſche mi - niſtres gegenwertig ſeyn koͤnten, ſo haͤlt Spa - nien in Wien ſtets einen Abgeordneten vom er - ſten, Franckreich aber nur einen vom andern Rang, vice verſa Franckreich in Rom einen plenipotentiarium vom erſten, Spanien aber einen von andern Rang. Deñ weil en ge - neral alle ambaſſadeurs, ob ſie gleich von no - toriſch minderen Potentien geſendet, dennoch allen Envoyes, wenn ſelbige auch von dem hoͤchſten und maͤchtigſten Potentaten abge - ordnet waͤren, vorgehen, ſo hat keiner ſeinem prætendireten Vorzuge dadurch etwas ver - geben, biß endlich, wie im folgenden Capitul gemeldet werden ſoll, Franckreich dem Koͤnige in Spanien bey nahe das Vortheil und die Præcedentz abgelauffen.
F 4Engel -88Europaͤiſches
  • 2. Engelland, dieſes will Spanien auch nicht den Vorzug fuͤr ihm einraͤumen, dannenhero es An. 1600. auf den Convent zu Bologne, zwiſchen dem Geſandten Philippi III. in Spanien, und der Eliſabethaͤ in Engelland, zu einem harten Wort-Streit gediehe, weil der Engliſche Geſandte dem Spaniſchen abſolut vorgehen und vorſitzen wolte. Und nachdem des Philippi Geſandter zu Behauptung des Rangs fuͤr Engelland, hauptſaͤchlich das Ar - gument von Vielheit der Laͤnder ſeines Koͤ - niges allegirte, reſpondirete ihm doch der Engellaͤnder eben daſſelbe, was Franckreich einzuwenden pfleget, und ſchon im 2. cap. n. 4. erwehnet worden, nemlich: quod ob plu - ralitatem dignitatum aliquis non ſit præ - ferendus. Fuͤgete anbey, daß das Caſtiliani - ſche Reich, welches Spanien in ſeinem Titul allen andern vorſetzt, viel juͤnger als das Koͤ - nigreich Engelland, maſſen in Caſtilien 1017. Jahr fuͤr Chriſti Geburth nur noch Grafen, in Engelland aber ſchon Koͤnige geherrſchet. So waͤre auch in dem aͤlteſten ceremoniali Ro - mano dem Koͤnige in Franckreich, nach dem Kayſer die erſte, und Engelland die andere, die dritte aber allererſt dem Koͤnige von Caſtilien aſſigniret worden. Es haͤtte auch Engelland in dem Concilio zu Coſtnitz, Siena und Ba - ſel, die Stelle fuͤr Spanien genommen, und ſichin89Hoff-Ceremoniel. in der poſſeſſione præcedentiæ mainteni - ret, ja ſelbſt der Pabſt Julius II. haͤtte zu An - fang des 16. ſeculi fuͤr Henricum VIII. in Engelland, wieder Ferdinandum Catholi - cum geſprochen, und dieſen jenem nachgeſetzt.

Fuͤnfftes Capitel. Von den Special-Fundamentis des Koͤniges in Franckreich.

§. 1.

Dieſer Koͤnig will nicht nur allen andern Koͤnigen vorgezogen, ſondern auch dem Roͤm. Deutſchen Kaͤyſer gleich geachtet werden, und fuͤhren die Frantzoͤſiſchen Scribenten, ſonderlich Auberie und Bignon folgende Urſachen ſeiner prætendireten Præcedentz an:

  • 1. Daß Franckreich in den uhralten Zeiten in de - nen conventibus publicis, conciliis und ſynodis allen andern, ſonderlich aber auch Spanien vorgeſeſſen, ſich auch dieſes Rechts biß An. 1558. gebrauchet, und in der poſſeſ - ſion erhalten.
  • 2. Die Frantzoͤſiſchen Koͤnige mehr ruͤhmliche Thaten verrichtet, als alle andere Europaͤiſche Potentaten,
  • 3. Den Titul filii primogeniti Eccleſiæ fuͤhre, welchen er verdienet, weil er den Nutzen und Aufnahme der Catholiſchen Kirchen præfera - blement fuͤr andern befoͤrdert, und den PabſtF 5beſchuͤ -90Europaͤiſchesbeſchuͤtzet, welches Argument Carl von Lo - thringen, ſonſt Cardinal von Guiſe genennet, als er nach dem Tode Franciſci I. von deſſen ſucceſſore Henrico II. An. 1547., umb die legationem obœdientiæ zu verrichten, an den Paſt nach Rom geſendet wurde, treflich zu exaggeriren gewuſt, indem er bey ſeiner Au - dientz, nach Bericht des Thuani lib. 4. dem Pabſt vorgeſtellet: wie die Koͤnige in Franck - reich die Religion und die Paͤbſte allezeit treff - lich wohl geſchuͤtzt haͤtten, daß ſie deswegen wohl die vornehmſten unter den Koͤnigen in der Chriſtenheit ſeyn moͤchten; ſagte auch, wie er deshalben kom̃en waͤꝛe, daß er von wegen ſeines gewaltigſten Koͤniges, als eines erſtgebohrnen Sohnes der Kirchen, und Vorſtehers der Chri - ſten, ſich und alles was er haͤtte, nach ſeiner loͤbl. Vorfahren Gebrauch, der Kirchen unter - werffe. ꝛc. Man kan nicht gewiß, ſondern nur muthmaßlich wiſſen, zu welcher Zeit und durch was fuͤr eine Gelegenheit, die Koͤnige in Franck - reich dieſen Titul acquiriret. Wahrſcheinlich iſt es daß er ſeinen Anfang ſchon unter den Fraͤn - ckiſchen Koͤnigen Martello, Pipino, Carolo M. &c. genommen, weil dieſe den Roͤmiſchen Stuhl und Kirche wohl vertheidiget, und reich - lich beſchencket: dieſes aber weiß man gewiß, daß krafft deſſelbigen, wie aus dem Thuano, welchen wir erſt angefuͤhret, und aus des PetriSva -91Hoff-Ceremoniel. Svavis Hiſt. Concil. Trident. lib. 8. zu er - ſehen, von Franckreich ein dergleichen Vorzug fuͤr andern Koͤnigen geſuchet wird, als etwan ein primogenitus fuͤr ſeinen andern Bruͤdern zu Zeiten des alten Teſtaments gehabt, oder noch heut zu Tage zugenieſſen pfleget, als wel - cher den ſecundo genitis, ob ſie gleich mehre - re meriten und qualitaͤten als der Erſtge - bohrne, haben moͤchten, dennoch abſolut vor - gezogen wird, ſo daß es ſcheinet, es haben ſichdie Frantzoͤſiſche Koͤnige felbigen mit groſſem Be - dacht beylegen laſſen, wiewohl ſie dißfalls an den Engellaͤndern ſtarcke Wieder-Sprecher und Competenten haben, weil dieſe erweiſen koͤnnen, daß Engelland zu unterſchiedenen mahlen von dem Paͤbſtl. Hof dieſer Titul bey - geleget, und die Engliſche Kirche primogeni - ta eccleſiæ genennet worden.
  • 4. Daß es den Titul Chriſtianiſſimi habe, wie man deñ in allen Inſtrumentis publicis, v. gr. Frieden-Schluͤſſen Aliancen ꝛc. findet, daß die Koͤnige in Franckreich majeſtas Chriſtianis - ſima, oder reges Chriſtianiſſimi genennet werden, und alſo dißfalls fuͤr allen andern Po - tentaten einen beſondern, und dem Wort-Ver - ſtande nach, ſehr ruͤhmlichen Titul fuͤhren, von deſſen Urſprung die Scribenten aber nicht uͤber einkommen, denn
  • 1. Einige meinen, er ſey ſchon ſo alt als dieFran -92EuropaͤiſchesFrantzoͤſiſche Monarchie ſelbſt, und dem Clodovæo I. in ſeiner Tauffe mitgetheilet worden, und zwar deswegen, weil als der heil. Remigius den Clodovæum An. 496. zu Rheims getauffet, der Prieſter aber we - gen Gedraͤnge des Volcks das chriſma nicht habe dem heil. Remigio zulangen koͤnnen, ſey ein Engel (andere ſagen eine Taube) vom Himmel kommen, und habe dem heil. Remigio eine phiole mit Oehl angefuͤllet gebracht, mit welchem er den Clodovæum angeſtrichen, welches Oehl hernach biß auf dieſe Stunde in der Abtey St. Remigii zu Rheims aufgehoben, und zur Salbung der Koͤnige angewendet wor - den. Hieraus ſchleuſt nun Caſſanæus in Catalogo gloriæ mundi Conſid. 31. alſo: Rex Franciæ cum ſit Chriſtus, ſcili - cet oleo ſacro divinitus emiſſo unctus & ſacratus, omnibus celſior eſt atque major, ex quo vocatur Chriſtianiſſimus, welchem Quillaume Marlot Groß-Prior des Kloſters St. Nicaſii zu Rheims, in ſeiner Hiſtoria Rhemenſi, welche A. 1666. edi - ret worden, beyſtimmet, indem er alſo ſchrei - bet: Reges Franciæ ea ſolos felicitate frui, ut ungantur digniori liquore, qui unquam e cœlo in terram defluxerit, ob quem dicti ſunt protectores fidei, -93Hoff-Ceremoniel. hæreticorum hoſtes, primogeniti ec - cleſiæ & Chriſtianiſſimi. Allein die Frantzoͤſiſchen Hiſtorici, und nahmentlich Bernard Girard de Haillan lib. 3. de ſtatu & ſucceſſu rerum Francicarum, Scipio du Pleix in ſeiner Hiſtoria Franciæ gene - rali, Chifletius in ſeinem tractat de ampulla Rhemenſi, wie auch Jacobus Auguſtus Thuanus, lib. 108. ad A. 1594. zweifeln ſelbſt an der Warheit dieſer Ge - ſchichte, und folgentlich an dem Urſprunge und Alterthum des Nahmens oder Tituls Chriſtianiſſimi, wie dann gemeldter Thuanus lib. 109. expreſſe ſaget: Amul - tis de eo (ſc. oleo ſancto) ambigitur, cum de illo ipſo St. Remigius in ſuo Teſtamento ſileat, nec Gregorius Turo - num Præſul, aliusve ex veteribus fide dignus autor mentionem ejus fa - ciat. Und in dem 108. Buch erzehlet er unterſchiedene alte Koͤnige, welche anders - wo als zu Rheims gekroͤnet und geſalbet worden. Brianville aber in ſeiner Abre - ge de l Hiſtoire de France, wenn er das Leben Clodovæi, und ſeine Tauffe beſchrei - bet, gebrauchet ſich folgender Worte: Il ſe fit baptiſer enſvite a Rheims par St. Re - my, & fut ſacre avec une huile miracu - leuſe, dont on a depuis ſacré nos Rois,du94Europaͤiſchesdu moins eux de la troiſieme race. Zweiffelt demnach angezogener autor wohl nicht an der ampulla ſelbſt, jedoch daran, ob die Frantzoͤſiſchen Koͤnige aus den andern erſten Familien, nemlich die Merovinger und Carolinger damit geſal - bet worden. Woraus von ſich ſelbſt flieſ - ſet, daß ſie auch nicht haben koͤnnen Chri - ſtianiſſimi genennet werden. Zu dem wird keinem gelehrten oder beleſenem Man - ne unbekandt ſeyn, welcher geſtalt Henri - cus IV. (weil die Gviſianiſche Faction Rheims und die ampullam in ihrem Be - ſitz, und umb dem Henrico in ſeiner Croͤ - nung und Salbung hinderlich zu ſeyn, in der zu Blois An. 1589. gehaltenen Ver - ſammlung decretiret hatten, daß keiner fuͤr einen rechtmaͤßigen Koͤnig ſolle gehalten werden, bevor er nicht zu Rheims mit dem heiligen Oehl, welches in der Abtey des heil. Remigii heilig aufgehoben wird, ſolenni - ter geſalbet worden) ſich 1591. zu Chartre kroͤnen, und mit dem Oehl des heil. Mar - tini, oder Oleo Turoneſi, welches in dem Kloſter Marmonſtrier nahe bey Tours, aufgehoben wird, ſalben laſſen. Welche Salbung nach Zeugnuͤſſe des Thuani, von den Staͤnden nicht allein approbiret, ſon - dern auch das Oleum St. Martini, demOehl95Hoff-Ceremoniel. Oehl in der ampulla Rhemenſi vorgezo - gen worden, und lauten die Worte dieſes Decrets aus dem Thuano alſo: Chriſ - ma quod ab epiſcopis conficitur, ad id (ſc. unctionem) ſufficere. Et ſi cœle - ſte oleum, quo major veneratio con - ſecrationi concilietur, adhiberi opor - teat, longe certioribus teſtimoniis de oleo cœleſti, quod Majore in Mona - ſterio Cæſaroduni Turonum religioſe, aſſervatur, conſtare: quippe quod 112. annis ante Clodovæum ſacro lavacro a St. Remigio ſuſceptum, B. Martino per ſcalas forte prolapſo, cum exanimis jaceret in cellula, Angelum nocte vi - ſum, tanquam ſalutari ungvento ejus vulnera eluiſſe, & contuſi corporis ſu - per leniſſe livores, atque ita poſtero die reſtitutum ſanitati Martinum, ut nihil unquam pertuliſſe incommodi putaretur. Wer wolte aber nun zweifeln oder ſagen, daß Henricus nicht den Titul Regis Chriſtianiſſimi gefuͤhret. Ob er gleich nicht mit dem Oehl aus der ampul - la Rhemenſi geſalbet worden. Daß es demnach gar ein ſchlecht Fundament, wenn die Koͤnige in Franckreich dieſen Titul ſo gar alt machen, und mit deſſen Alter pralen wollen.
2. An -96Europaͤiſches
  • 2. Andere halten dafuͤr, daß dieſer Titul aller - erſt dem Pipino und Carolo M. wegen ih - rer groſſen Freygebigkeit gegen den Pabſt zuerkennet worden, in welcher Meynung Franciſcus Guicciardinus, wie auch der autor des Etat de la France iſt, als welcher bald zu Anfang ſeines Buches ſaget: Le Roy de France eſt appelle tres chretien, pour le grans biens & les ſignalez ſervi - ces que l Egliſe & le ſaint ſiege ont re - ceu de cette couronne. Worbey zwey - erley zu mercken. Erſtlich, daß, weil die Paͤbſte ſolchen Titul den Koͤnigen in Franckreich darumb ertheilet, weil ſie groſſe Wohlthaten von ihnen genoſſen, ſo folget nothwendig auch, daß ſie ſolchen Titul, be - vor die Wohlthaten geſchehen, nicht haben erwerben koͤnnen. Weil nun zu Clodo - væi und ſeiner Nachfolger Zeiten, biß auf Pipinum und Carolum M. keine beſondere Wohlthat an den Pabſt geſchehen, ſo ha - ben ſie auch fuͤr dem Pipino und Carolo M. dieſen Titul nicht empfangen koͤnnen. Zum andern, wo es gewiß waͤre, daß Carolo M. dieſer Titul umb ſeiner Guͤte und Gaben gegen den Roͤm. Stuhl, waͤre zugeeignet worden, ſo waͤre auch wohl gewiß, daß er auf ſeine ſucceſſores im Deutſchen Reiche, nehmlich die Fraͤnckiſchen Kayſer abge -ſtam -97Hoff-Ceremoniel. ſtammet, man muͤſte denn erweiſen, daß er den von Carolo M. abſtammenden Fran - tzoͤſiſchen Koͤnigen nur allein waͤre zuge - wendet worden. Hat aber Carolus die donationem Petri vermehret, und den Paͤbſtl. Stuhl beſchirmet, ſo hat er beydes nur als Kayſer gethan, denn als Koͤnig in Franckreich hatte er nichts weg zu ſchencken, und demnach muß ihme auch dieſer Titul als einem Kayſer, nicht aber als einem Koͤ - nige in Franckreich zu theil worden ſeyn. Man bekommt hierdurch Gelegenheit und Urſache weiter nachzudencken und zu unter - ſuchen, woher es kommen ſeyn mag, daß man in alten Zeiten, und noch heut zu Tage, wie wir in vorhergehenden 3. Cap. §. 1. n. 5. angefuͤhret, zu Rom, am guten Freytage, in dem oͤffentlichen Gebethe pro Chriſtia - niſſimo Imperatore Romano, zu beten, und ihme das Prædicat Chriſtianiſſimi zu geben pfleget. Der Spaniſche Jeſuit Joh. Mariana lib. 26. c. 12. rerum Hi - ſpanicarum trachtet beyzubringen, daß der Titul Chriſtianiſſimi den Koͤnigen in Franckreich nicht eher zu theil worden, als gegen das Mittel des 15. Seculi, und daß Pius II. den Ludovicum XI. zum erſten al - ſo geneñet, ſo daß der Frantzoͤſiſchen Koͤnige prædicat Chriſtianiſſimi nicht viel aͤlterGſey98Europaͤiſchesſey, als der Spaniſchen Koͤnige Titul Ca - tholici. Er ſey nun alt oder neu, ſo iſt doch Franckreich in poſſeſſion deſſelben, unge - achtet es zu einigen mahlen ſchon nahe da - bey geweſen, daß die Paͤbſte den Koͤnigen in Franckreich dieſen Titul abnehmen, und einem andern zueignen wollen, dergleichen Julius II. tentirete, welcher ihn Ludovico XII. entziehen, und Henrico VIII. in Engel - land geben wolte: ein gleiches tentirte Alexander. VII., welcher das prædicat Chriſtianiſſimi Ludovico dem XIV. wie - der abzunehmen, und Philippo IV. in Spa - nien zu geben trachtete, im fall Philippus in faveur der Kirchen die Waffen wieder Franckreich ergreiffen wolte; allein es refu - ſirete dieſer ſelbigen anzunehmen, weil zu beſorgen ſtunde, daß viel uͤble conſequen - tien daraus entſtehen moͤchten, welche mehr koſten duͤrfften als dieſer Titul werth waͤre, zu mahlen es noch nicht ausgemacht, ob Franckreich umb eben dieſes Tituls willen allein, den Vorſitz zu Rom fuͤr Spanien ge - nieſſet, oder ob es nicht vielmehr aus andern motiven geſchehen.
  • 5. Olaude de Rubis, und Hieronymus Bignon de l Excellence des Roys de France haben noch viel andere Argumenta geſammlet, durch welche ſie ihren Koͤnig uͤber alle andere Poten -taten99Hoff-Ceremoniel. taten zu erheben trachten. Sonderlich aber iſt Verwunderns werth, was der autor des etat de la France p. 3. Tom. 1. vorbringet. Dieſer damit er deſto unpartheyiſcher ſcheine, hat Suidam einen alten verlegenen Griechen, welcher ehe man noch an die Frantzoͤſiſche Mo - narchie gedencken koͤnnen, ſchon vermodert ge - weſen, allegiret, welcher dergeſtalt favorable fuͤr Franckreich geweſen, daß er geſchrieben haben ſoll: daß wenn man ſchlecht weg einen Koͤnig nenne, ohne den Zuſatz welchen Reiches, ſo werde durch das Wort Koͤnig allemahl per excellentiam der in Franckreich verſtanden. Man kan allhier die Chronologie zu Huͤlffe nehmen und unterſuchen, wie es ſich der Zeit nach zuſammen reime, daß Suidas von den Koͤ - nigen in Franckreich Erkaͤntnuͤß gehabt habe, und was ſein Ausſpruch als eines Griechen und privat-Perſon fuͤr autoritaͤt haben koͤnne. Ferner beruffet ſich gedachter autor, auf den Mathæum Pariſienſem, einen Moͤnch, wel - cher im 13. ſeculo gelebet, und in ſeiner hiſtoria Anglicana dem Koͤnig in Franckreich das Lob ſo hoch geprieſen, daß er ihm terreſtrium regum regem geheiſſen, welche Redens-Art aber mehr theologiſch als politiſch, und nur un - ſerm Herren GOtt zu zueignen iſt, keinem irr - diſchen Koͤnige aber kan gegeben werden. Er fuͤhret weiter an, daß der Pabſt Gregorius I. G 2lib. 100Europaͤiſcheslib. 5. Epiſt. 6. als er an Childebertum Koͤ - nig in Franckreich geſchrieben, ſich dieſer Ex - preſſion bedienet: que les Rois de France ſurpaſſent autant touts les autres Rois de la Terre, que la dignité Royale eſt relevé par deſſus le reſte des hommes. Man ſie - het aber gar leicht, daß dieſe Encomia keine Influentz zu der prærogativa dieſer Koͤnige haben koͤnnen, und ſolche Argumenta ſind, welche den unverſtaͤndigen, und nur denen die bloͤden Geſichts, nicht aber ſcharff ſehenden, einen Dunſt fuͤr die Augen machen koͤnnen.
  • 6. Bodinus der Frantzoͤſiſche Ictus und Politi - cus, von welchem die Gelehrten dieſes Urtheil faͤllen: quod ſtatuerit ſecum, licitum ſibi ſuorum popularium dignitatem honeſto mendacio tueri, will in ſeinem Buche de republica p. m. 208. ſeinen Koͤnigen darum den Vorzug fuͤr andern Koͤnigen zuerkennen, weil Franckreich jederzeit der Paͤbſte Aſylum geweſen, und ziehet deswegen das Exempel Ludovici des IX. und Pabſt Innocentii des IV. an, welcher A. 1244. aus Furcht fuͤr dem Kayſer Friderico II., von Rom nach Genua und von dar nach Franckreich flohe. Nun weiß man wohl, daß die Paͤbſte zu unterſchie - denen mahlen ihr Refugium nach Avignon genommen, und ihre Reſidentz daſelbſt ge - macht, wie denn von den Zeiten Pabſt Cle -men -101Hoff-Ceremoniel. mentis des V. An. 1305. biß auf die Zeiten Gregorii XI. An. 1377., und alſo durch 70. Jahre ſieben Paͤbſte ſich in Franckreich aufge - halten. Allein wann man die Conjuncturen der damahligen Zeiten anſiehet, wird man gar bald gewahr werden, daß das beneficium und hoſpitium, welches die Koͤnige in Franckreich denen Paͤbſten erzeiget, nicht von groſſer Con - ſideration geweſen, zumalen, da Clemens der VI. An. 1343. den Staat von Avignon, der Johannæ Koͤnigin in Sicilien fuͤr 80000. Guͤlden abgekauffet, und alſo von dieſes Pab - ſtes Zeiten an, ſo offt ſich ſeine Succeſſores in Franckreich aufgehalten, nicht bey dem Koͤni - ge, ſondern in ihrem Souverainen Eigenthum ihr Refugium geſuchet. Zu geſchweigen daß dieſes Aſylum, oder beſſer zu reden, Souve - rains territorium der Paͤbſte, ihnen nicht al - lein von den Koͤnigen offtmahl eingezogen worden, ſondern auch An. 1663. von dem itzi - gen Koͤnige durch das Parlement von Pro - vence, unter dem Prætext
  • 1. Daß Johanna zur Zeit des Verkauffes mi - norennis geweſen,
  • 2. Nicht befuget geweſen Domainen zu ver - kauffen, und
  • 3. Der Pabſt das Kauff-Geld nicht erleget, gantz hat abgeſprochen werden ſollen, ſo daß ſich Bodinus mit dieſem Aſylo nichtG 3zu102Europaͤiſcheszu ruͤhmen, der Pabſt ſelbſt aber ſich deſ - ſelben nicht groß zu getroͤſten hat, en gene - ral aber zu behalten iſt, daß wenn die Paͤb - ſte mit ihrem advocato dem Roͤm. Kay - ſer in guten Verſtaͤndnuͤß ſtehen, ſie ſich zu ihm alles Beyſtandes zu verſehen, und kei - ner fremden Protection von noͤthen haben.
  • 7. Es moͤgen nun aber bißhero von Frantzoͤſiſchen Scriptoribus angefuͤhrte Fundamenta der prætendireten Præcedentz ihres Koͤniges guͤl - tig ſeyn oder nicht, ſo hat er es doch inzwiſchen dahin gebracht, daß er dem Koͤnige in Spa - nien, als mit welchem er ſtets am hitzigſten in der Competentz geſtanden, im Pas vorgekom - men, und ihn uͤberſchritten. Zwar zu den Zei - ten Caroli V., welcher Koͤnig in Spanien, aber auch zugleich Roͤm. Kayſer war, kunte Franckreich dem Spaniſchen Koͤnige den Rang nicht ablauffen, und Philippus II. ſtaͤmmete ſich, ſonderlich An. 1558. zu Vene - dig, gewaltiglich wieder den Vorzug der Cron Franckreich; allein ſelbige Republic folgete dem Exempel des Pabſt Pauli IV. und raͤume - te den Vorzug dem Ambaſſadeur des Koͤni - ges in Franckreich fuͤr Spanien ein. Was aber an einem Orte eingefuͤhret wurde, bliebe in dem andern noch diſputirlich, und muſte Londen das Amphiteatrum des combat des ceremonies oder der diſpute ſur le Pasab -103Hoff-Ceremoniel. abgeben, welche weil es eine von der gewalt - ſamſten geweſen, wohl meritiret, auch faſt in - evitable iſt, allhier doch nach moͤglichſter Kuͤr - tze, angefuͤhret zu werden.
  • 8. Der Anfang war fuͤr Spanien einer Comoͤ - die, der Ausgang aber einer Trajoͤdie gleich, und der gantze Actus dieſer. Jm Jahr 1661. reſidireten des Koͤniges in Spanien Geſand - ter Baron Batteville, wie auch des Koͤniges in Franckreich ſeiner, Comte d Eſtrade in Lon - den zu gleicher Zeit, weil ſie nun beyde einen perſonal-Haß auf einander hatten, vergaß kei - ner, unter dem Prætext, das Recht ihrer hohen Principalen zu mainteniren, alles herfuͤr zu ſuchen, was dem einen Vortheil, dem andern aber Nachtheil bringen koͤnte. Als nun der Graff Brahe Schwediſcher Geſandter, ſeinen oͤffentlichen Einzug den 10. Octobr. A. 1661. in Londen hielte, ſendete ihm d Eſtrades wie gewoͤhnlich, ſeine Caroſſe entgegen, und gab zugleich ſeinen Leuten Ordre, daß ſie, es koſte auch was es wolle, Spanien den Rang neh - men ſolten. B. Batteville, welcher als ein erfahrner Miniſtre ſich aus den Umbſtaͤnden und der Intimation ſeiner vertrauten Freun - de leicht die Rechnung machen kunte, was d Eſtrades im Wercke haben moͤchte, reſolvi - rete dem Frantzoͤſiſchen Miniſtre nicht zu wei - chen. Sendete demnach eine Menge ſeinerG 4Do -104EuropaͤiſchesDomeſtiquen mit ſeiner Caroſſe dem Grafen Brahe auch entgegen, und ließ zu aller moͤglich - ſten Præcaution in die Zug-Riemen der Pfer - de von gehaͤrtetem Eiſen Ketten machen, wel - che capable waren, dem allerſchaͤrffeſten Schwerdſtreich zu wiederſtehen; gewann da - bey viel Engellaͤnder umb Geld, daß ſie auf be - duͤrfftigen Fall ſeinen Leuten beyſtehen ſolten. Der Engliſche Hof, welcher hievon Wind be - kam, ſendete zwar, umb alle Diſordre zu ver - huͤten, von des Hertzoges von Yorck (nach - mahlen Jacobi II. Koͤniges) Regiment 4. Compagnien dahin, allein dieſe Milice kunte nichts anders thun, als nur allen deſſen was geſchahe, ein vielfacher Zeuge ſeyn, weil ſie zu Vermeidung aller partialitaͤt, keiner partie beyſtehen, und das Combat entſcheiden durff - ten. Der Angriff geſchahe nun von Seiten der Spanier, und zwar ziemlich hitzig, und ob ſich gleich die Frantzoſen auf das beſte defen - dirten, ſo wurden doch durch Beyſtand des En - gellaͤndiſchen Poͤbels, des d Etrades Kutſcher, Laquays und Pferde erſchlagen, ſo daß ſeine Caroſſe muſte ſtehen bleiben, und des Batte - ville Wagen gleichſam triumphirende fuͤr dem Graff Brahe allein herfuhre. Als nun d Etrades ſahe, daß er in dieſem combat de Ce - remonies unterlag, referirete er ſolches ſei - nem Principal, welcher es fuͤr einen der groͤſtenAffront105Hoff-Ceremoniel. Affront aufnahm, und ſo gleich dem Graff Fuenſaldagne, Spaniſchen Ambaſſadeur in Paris, anbefehlen ließ, ſich biñen 24. Stunden aus dieſer Stadt zu machen, in keinem Fran - tzoͤſiſcher Jurisdiction unterworffenen Orte aufzuhalten, ſondern ungeſaͤumt das gantze Koͤ - nigreich zu meiden, ſendete anbey den Monſ. Vouldy, an ſeinem Ambaſſadeur in Madrit Monſieur d Aubuſſon, Ertz-Biſchoff zu Ambrun, mit der Inſtruction, daß er von dem Koͤnige in Spanien, wegen dieſes in Londen vorgegangenen facti ſatisfaction fordern, und im fall man ihm ſelbige zu geben weigerte, ſich von dort wegmachen ſolte. Spanien delibe - rirete hieruͤber biß in drey Monathe, erwegen - de, daß
  • 1. Batteville in Londen defenſive agiret,
  • 2. Seines Principalen Hoheit mainteniret,
  • 3. Das jus gentium und legationis nicht violiret,
  • giengen demnach die opiniones dahinaus, daß Spanien lieber alles hazardiren, als des Batteville That fuͤr etwas unbefugtes erklaͤ - ren, und folgentlich Franckreich keine Satisfa - ction geben ſolte. Allein Philippus IV. war alt, die Spaniſche Monarchie in groſſer De - cadentz, Mangel am Gelde und Soldaten, der An. 1659. geſchloſſene Pyreneiſche Friede kaum zur Execution, und Spanien zu RuheG 5kom -106Europaͤiſcheskommen, aus welchen und andern conſide - rationibus, ſondeꝛlich auch daß Philippus IV. ſeinem Sohne Carol II. den Frieden, als ei - nes der beſten Erbtheile, hinterlaſſen wolte, zu Madrit reſolviret wurde, dem Koͤnige in Franckreich auf folgende Art ſatisfaction zu geben:
  • 1. Wurde Batteville von ſeiner Ambaſſade aus Engelland avociret,
  • 2. Der Marquis de Fuentes nach Verſailles geſendet, dem Koͤnige deutlich zu erklaͤren: daß Philippus den in Londen von ſeinem Ambaſſadeur vorgenommenen modum procedendi gar nicht approbire.
  • 3. Seine Catholiſche Majeſtaͤt reſolviret ſey, an alle ſeine Ambaſſadeurs Befehl erge - hen zulaſſen, daß ſich ſelbige von allen So - lennitaͤten und Ceremonien, bey welchen ſich des Ludovici XIV. Ambaſſadeurs einfinden wuͤrden, enthalten, und die Spa - niſche Miniſtri nirgends wo mit den Fran - tzoͤſiſchen concurriren ſolten. Dieſe Pro - poſitiones nun geſchahen den 24. Martii 1662. zu Verſailles, durch vorbemeldten Spaniſchen Plenipotentiarium, in Ge - genwart 30. auswaͤrtiger Miniſtres, der Printzen von Gebluͤt, und Frantzoͤſi - ſchen Etats-Bedienten. So bald Mar - quis de Fuentes in Spaniſcher Sprachemit107Hoff-Ceremoniel. mit expreſſen terminis, den dritten Punct ausgeſprochen, und ſich aus dem Audientz-Zimmer begeben hatte, wendete ſich der Koͤnig in Franckreich zu dem Paͤbſtl. Nuncio und andern auswaͤrtigen Mini - ſtris, und interpretirete den Vortrag des Marquis de Fuentes auf folgende Art: Meſſieurs (ſaget der Koͤnig) ihr habet die Declaration, welche mir der Spaniſche Ambaſſadeur anitzo gethan, mit angehoͤ - ret, ich erſuche euch ſolches an eure Herren Principalen zu berichten, damit ihnen be - kandt werde: Daß der Catholiſche Koͤ - nig an alle ſeine Ambaſſadeurs Ordre ergehen laſſen, den Meinigen in allen Gelegenheiten den Rang zu cediren. Ob nun das Wort enthalten (abſtiniren) und nicht concurriren, ſo viel heiſſe als den Rang cediren, wird man ſchwerlich bey de - nen autoribus, welche de jure interpre - tandi geſchrieben, finden, iſt auch wohl gar ſehr daran zu zweiffeln, daß abſtinere, und non concurrere eben ſo viel bedeuten koͤñe als cedere, vielmehr aber waͤre daraus zu ſchlieſſen, daß Philippus IV. eben deswe - gen ſeine Ambaſſadeurs mit den Frantzoͤſi - ſchen nicht habe wollen concurriren laſſen, damit er ihnen nicht wolle nachgehen, denn wenn Competentz-Streit entſtehet, undman108Europaͤiſchesman alles Unheil und Zanck verhuͤten will, ſo bleibet man eben deswegen auſſen, da - mit man ſich kein Præjudicium in der Poſ - ſeſſion vel quaſi, oder in der Prætenſion des Ranges machen, ſondern die Compe - tentz biß zu gelegener Zeit in ſuſpenſo laſſen koͤnne. Allein Ludovicus der XIV. und Priolus de Reb. Gall. lib. 12. c. 3. mach - ten uͤber dem Vortrag des Marquis de Fuentes eine gantz andere, und zuvor noch nicht bekante Explication, maſſen dieſer angezogene autor alſo ſchreibet: Sic Phi - lippus Regiæ dignitatis immemor in - duit genitorem, non inglorium putans illi cedere cui viſcera ceſſiſſet, & juve - nili ambitioni non invidit ſenex & ſocer. Die Spaniſchen Koͤnige haben zwar in folgenden Zeiten deutlich genug zu verſtehen gegeben, daß ſie mit der Explica - tion Ludovici XIV. und des Prioli nicht zu frieden, und haben auch in Wien und dem Roͤm. Reich den Rang fuͤr Franck - reich erhalten, in andern Hoͤfen aber muß einer den andern etweder meiden, oder der eine einen Ambaſſadeur, der andere einen Envoyé ſenden, wie wohl bey itzigen Con - juncturen, da der Duc d Anjou die Spa - niſche Monarchie in Poſſeſſion hat, er als ein Enckel des Ludovici XIV. ſeinemHerrn109Hoff-Ceremoniel. Herrn Groß-Vater die Præcedentz nicht leichtlich diſputirlich machen wird. Jn - zwiſchen ſcheinet die Maxime der Frantzo - ſen, welche ſie wegen des Rangs haben, von allen Souverains obſerviret zu werden hoͤchſt noͤthig, welche alſo heiſſet: En le droit de precedence on n’en peut rien abattre ny remettre ſans perdre tout.

Sechſtes Capitel. Von den Special-Fundamentis der Præcedentz der Koͤnige von Engelland.

§. 1.

Dieſer Koͤnig will zwar der Aller-Chriſt - lichſten, nicht aber der Catholiſchen Majeſtaͤt die Præcedentz einraͤumen, ſondern vielmehr Spa - nien, und allen andern, den Kayſer und Franckreich ausgenommen, aus folgenden Special-Funda - menten vorgezogen werden:

1. Weil er den Titul defenſoris fidei fuͤhret, und berufft ſich Eduard Chamberlaine in ſeiner Notitia Angliæ, oder State of England part. 2. c. 2. p. m. 72. auf die zu Oxfurth befindliche documenta, Spellmann aber in ſeiner dedi - cation, welche er dem erſten Tom. Concil. Angl. præfigiret, und dem Koͤnig Carolo I. addreſſiret, auf das Archiv des Biſchoffs von Ely, wo man in den Reſcriptis der Koͤnige in Engelland, welche ſie an die Cleriſey erge -hen110Europaͤiſcheshen laſſen, folgende Worte findet: Nos zelo Catholicæ fidei, cujus defenſores & ſum - mus & eſſe volumus. Jacobus Hovvel in ſeinem Tractat de Præced. lib. 1. cap. 1. will er - weiſen, daß ſchon Oſwaldus, ein Koͤnig aus der Anglo-Saxoniſchen Nation ſich defen - ſorem fidei genennet, wodurch ſie dieſem Ti - tul ein ſehr hohes Alter beyzulegen trachten. Gleichwie aber dieſe Meynung von denen, welche Engelland den Rang diſputirlich ma - chen, nicht unangefochten bleibet, alſo iſt doch dieſes auſſer allem Streit und unleugbahr, daß Heinricus VIII., nachdem er An. 1522. ſein Buch de VII. ſacramentis wieder Luthe - rum geſchrieben (davon man das erſte Exem - plar noch zu Rom in der Vaticaniſchen Bi - bliothec verwahret, und dieſe Worte, welche Henricus mit eigener Hand geſchrieben, findet:

Anglorum Rex Henricus, Leoni mittit hoc opus, Fidei teſtem & amicitiæ.)

und des Pabſtes Lehre und autoritaͤt heff - tig defendiret, er bald darauf von gemeldtem Pabſt Leone dem X. eine Bullam mit des Pabſtes und 27. Cardinaͤle Unterſchrifft er - halten, in welcher nicht nur dem Henrico ſondern auch ſeinen Nachkommen, der Titul defenſoris fidei gegeben, und alſo nicht nurein111Hoff-Ceremoniel. ein Titul der Perſon oder Koͤniges, ſondern der Cron worden, worauf Henricus dieſen Titul ſo bald gebrauchet. Und ob er ſich gleich hernach dem Gehorſam des Pabſtes entzogen, und ſich ſelbſt zum Haupt der Engliſchen Kir - chen erklaͤret, ſo hat er doch dieſes von dem Pabſt empfangene Prædicat nicht fahren laſ - ſen wollen: damit er aber ſelbiges nicht ſo wohl dem Pabſt zu dancken, als vielmehr pro - prio jure zu gebrauchen haͤtte, iſt durch ei - ne Parlements-Acte etabliret worden, daß ſolcher Titul hinfuͤhro und immerwehrend dem Cron-Titul einverleibet bleiben ſolle, welchen auch nach ihme alle folgende Koͤnige, ja auch ſo gar die Frauen, nemlich die Koͤnigin Maria Eliſabeth, und noch heut zu Tage die Koͤnigin Anna gefuͤhret, und alſo dieſes Prædicat als was beſonders hochgeachtet.

2. Keines Menſchen, weder geiſtlichen noch welt - lichen Standes Vaſall, und alſo nur alleine von GOtt dependire, wie denn die Engliſchen Scriptores melden, daß der Pabſt Eleuthe - rius im Jahr 177. einen Brief an den Koͤnig Lucium geſchrieben, in welchem er dieſen Koͤ - nig in Engelland vicarium Dei in regno ſuo nennet. Und der oben angefuͤhrte Eduard Chamberlaine ſaget: omnem poteſtatem habet Rex Angliæ in regno ſuo, quam im - perator vindicat in imperio, ideoque eti -am112Europaͤiſchesam utitur corona imperiali. Angefuͤhr - te Autores haben Recht, aber nicht zu allen Zei - ten, dannenhero man nothwendig umb dieſer prærogativæ weder etwas ab-noch beyzule - gen, ſich an das bekante axioma: diſtingve tempora & concordabit ſcriptura, halten, und was die Engliſchen autores avanciren, diſtingvendo annehmen muß, denn es haben zu einigen Zeiten ſo wohl

    • 1. Die Paͤbſte, als auch
    • 2. Die Roͤm. Deutſchen Kayſer
    uͤber En - gelland einige Superioritaͤt prætendiret. Der erſtere darumb, weil
    • 1. Koͤnig Ina oder Ines An. 726. ihme den Peter-Penſe oder Peters-Pfennig offe - riret,
    • 2. Koͤnig Ethelwolf den Peters-Pfennig aufs neue verwilliget An. 848.
    • 3. Koͤnig Johannes Anno. 1212. dem Pabſt nicht nur Engelland und Jrr - land unterworffen, und als ein Lehn von ihm angenommen, ſondern auch jaͤhrlich 2000. Marck Silbers, als einen Zinß da - von, nach Rom geliefert. Allein die En - gellaͤnder antworten, daß der vom Koͤnig Ines und Ethelwolf eingefuͤhrete Peters - Pfennig im geringſten kein Tribut, ſon - dern eine Liberalitaͤt oder ſubſidium ihrer Koͤnige geweſen waͤre, welches ſie demPabſt113Hoff-Ceremoniel. Pabſt zum Unterhalt der in Rom lebenden Engellaͤnder geliefert. Ja ſie produci - ren, nach Bericht Metterani lib. 13., Zeug - nuͤſſe und Brieffe des heil. Eduardi, in wel - chen dieſer Peters-Pfennig eleemoſyna & regis larga benignitas genennet wird. Was aber die Subjection der Koͤnigreiche Engelland und Jrland, welche Koͤnig Jo - hannes dem Pabſt Innocentio dem III. gethan, anlangete, ſo haͤtte der Koͤnig ſel - bige, ohne Conſens ſeiner Staͤnde, nicht thun koͤnnen, wie dann Thomas Morus, ein ſonſt affectionirter Mann fuͤr dem Roͤm. Stuhl, verſichert, daß die Paͤbſte kein eintziges Document ſolcher ihnen of - ferirten ſuperioritaͤt uͤber Engelland pro - duciren koͤnten, welchem aber doch Mat - thias Pariſienſis, und Hermingford ent - gegenſtehen, und das Inſtrumentum Ceſ - ſionis des Koͤniges Johannis, in ſubſtan - tia produciren. Der andere, nemlich der Roͤm. Kaͤyſer, hat nach Erzehlung des Ra - dewici de geſt. Frid. I. vel Barbaroſſæ, von Henrico II. die ſuperioritaͤt uͤber En - gelland erhalten, welcher autor gedachten Henrici II. Brief anfuͤhret, in welchem folgende Worte befindlich, regnum no - ſtrum, & quicquid ubique noſtræ ſub - jicitur ditioni vobis (ſc. Friderico) ex -Hponi -114Europaͤiſchesponimus & veſtræ comittimus pote - teſtati, ut ad veſtrum nutum omnia diſponantur, & in omnibus veſtri fiat voluntas imperii, ita tamen, ut vobis, qui dignitate præminetis, imperando cedat autoritas, nobis non deerit voluntas obſequendi. Welche ſubmiſſion des Koͤnigs von Engelland ge - gen den Kayſer Seldenus de titulis ho - norum lib. 1. c. 2. §. 5. zwar gar nicht in Zweifel ziehet, aber doch darbey erinnert, daß ſich die Kayſer dieſes Rechtes gar nicht gebrauchet, und noch dazu, (als der Kayſer Sigismundus, da er zu dem Henrico V. in Engelland kam) ſolenniter proteſti - ret und ſich erklaͤret haben: nihil ſe in ſu - perioritatem regis prætendere. Nach - dem nun alſo in neuern Zeiten die Kayſer der ſuperioritaͤt uͤber Engelland ſich nicht mehr gebrauchet, und die Dependentz die - ſes Koͤnigreichs von dem Paͤbſtl. Stuhl, zu Zeiten Henrici VIII. auch aufgehoben worden, ſo ſiehet man nun wohl, daß es wahr bleibe, daß die Koͤnige von Engelland keines Menſchen Vaſallen ſeyn, jedoch auch nichts unmoͤgliches waͤre, daß einer oder der andere bey ſich ereignender Gelegenheit ſein altes Recht wieder herfuͤr ſuchen koͤnte.
3. Das115Hoff-Ceremoniel.

3. Daß er das Haupt der Engliſchen Kirchen ſey. Dieſen Titul und Prærogativam, welche kein anderer Chriſtl. Koͤnig in der Welt fuͤhret, ma - chen die Engliſchen Scriptores theils alt, theils jung. Die welche ihm das Anſehen des Alterthums beylegen wollen, ſagen, daß ſchon fuͤr mehr als 1000. Jahren die Engliſchen Koͤ - nige, gleichwie die Hohen-Prieſter im Alten Teſtament, mit Oehl waͤren geſalbet, und in das Recht und Dignitaͤt der Hohen-Prieſter geſetzet worden, wie ſie dann in ihren Rechten ein axioma haben: Rex Angliæ eſt perſo - na mixta cum ſacerdote. Und Jacobus Uſſerius Ertz-Biſchoff zu Armach in Jrland, in ſeinem Tractat de Eccleſiæ Britannicæ privilegiis, will erweiſen, daß die Engliſche Kirche, ob ſie gleich dem Catholiſchen Glau - ben zugethan geweſen, dennoch niemahlen von dem Pabſt zu Rom einige Dependentz ge - habt, ſondern ſtets unter dem Koͤnige als Haupte geſtanden, und fuͤhret vornehmlich an, daß man in Engelland zu keiner Zeit das Oſter - Feſt nach Gebrauch und Art, der Roͤm. oder Occidentaliſchen, ſondern der Orientaliſchen Kirchen gefeyert. Andere wollen dieſe Engli - ſche Kirchen-Freyheit auch dadurch behaupten:

  • 1. Weil keine Legati a latere haben duͤrffen nach Engelland kommen, ſondern ſich zu Calais in Piccardie ſo lange aufhaltenH 2muͤſ -116Europaͤiſchesmuͤſſen, biß ſie zuvorhero des Koͤniges Con - ſens daruͤber ausgebeten und ſelbigen er - halten, auch zuvor den Eyd abgeleget: daß ſie in Engelland nichts zum Nachtheil der Koͤnigl. Autoritaͤt oder der Cron fuͤrneh - men wolten.
  • 2. Daß man aus Engelland nicht nach Rom appelliren duͤrffen,
  • 3. Daß Henricus IV. den Biſchoff von Car - lile, ob er gleich ein Clericus, ohne Vorbe - wuſt und Bericht an den Pabſt, zum Tode verurtheilet. Allein dieſe Argumenta fallen, wenn man die exempla contraria neuer Zeiten anſiehet, alle hin. Denn man weiß, daß nicht nur die Engliche Regenten an die Paͤbſte Legationes obœdientiæ geſen - det, und ſich dadurch des Juris indepen - dentiæ quoad ſpiritualia verziehen, ſon - dern auch, als Johannes Barneſius ein Be - nedictiner-Moͤnch zu Paris gerathen, es moͤchte der Pabſt die Engellaͤndiſche Kirche doch wieder in gremium Eccleſiæ zu brin - gen trachten, ſolte es auch gleich nicht an - ders als mit dieſer Erlaubnuͤß, daß ſie von Rom independent bliebe, geſchehen, die - ſer Conſulent von dem Pabſt ſcharff re - primendiret worden. Ja, als zu Zeiten der Koͤnigin Mariæ, viele der Engliſchen Staͤnde nach Rom eine Legation ſende -ten117Hoff-Ceremoniel. ten, und Abſolution ihres erroris in fide bitten lieſſen, hat ſich der Pabſt nicht anders, ihnen die Abſolution zu ertheilen erklaͤret, als unter dieſer Condition: Wenn er Ex - actores in Engelland ſenden moͤchte, wel - che den ihm gehoͤrigen denarium Petri einfordern duͤrfften. Wird alſo ſchlechte Reflexion auf dieſes caput viſibile regi - um der Engliſchen Kirchen, auſſer ihrem Lande, gemacht, zu mahlen da ſich Henri - cus VIII. dieſen Titul ohne Requiſition und Approbation anderer Potentaten beygeleget, und ſelbiger in der That nichts mehr bedeuten kan, als das ſo genannte Jus Epiſcopale, welches andere proteſtiren - der Religion zugethane Majeſtaͤten und Fuͤrſten, uͤber die in ihrem Lande ſich be - findliche Cleriſey und Kirchen haben. So offt auch eine Frau in Engelland das Regi - ment fuͤhret, enthaͤlt ſie ſich dieſes Tituls, vielleicht darumb, quia mulier tacere de - bet in Eccleſia, oder auch weil es bey den Acatholicis nicht vor noͤthig erachtet wird, daß die Kirche ein ſichtbahrliches Haupt haben duͤrffe.

4. Daß er gegruͤndete Prætenſion auf das Koͤnig - reich Franckreich habe, in maſſen Eduardus III. nach Abſterben Caroli Pulchri, ein naͤheres Recht auf ſelbige Crone gehabt, als PhilippusH 3de118Europaͤiſchesde Valois. Ob dieſer letztere ſich gleich in Poſſeſſion ſelbiges Koͤnigreiches de facto ge - ſetzet, und die Koͤnige in Franckreich biß dato aus ſelbiger nicht haͤtten koͤnnen gebracht wer - den, haͤtten gleichwohl die Frantzoͤſiſchen de - nen Engliſchen Koͤnigen zugeſtehen muͤſ - ſen, daß ſie den Titul und Wapen von Franck - reich fuͤhren moͤchten. Aus welchen allen flieſſe, daß die Koͤnige in Engelland berechtiget, ſich aller derjenigen Prærogativen zugebrau - chen, von welchen die Frantzoͤſiſchen Koͤnige ſich ruͤhmeten in Poſſeſſion zu ſeyn, welches Ar - gument, im Fall es ja auch wieder Franck - reich tanquam poſſidenti, nicht fuͤr guͤltig an - genommen werden wolte, dennoch gegen alle andere Koͤnige, die etwan Engelland den Pas ſtreitig zu machen trachten, guͤltig ſeyn, und an - genommen werden muͤſte.

Siebendes Capitel. Von den Special-Fundamentis der Prærogativæ des Koͤniges in Schweden.

§. 1.

Man kan aus des Nicolai Raval Ertz - Biſchoffes zu Upſal Oration, welche er in dem An. 1431. zu Baſel verſammleten Concilio ge - halten, zur Gnuͤge abſehen, daß dieſer Potentate auch keinem Souverain nachgeſetzet, ſondern, wo nicht vorgezogen, dennoch gleich geachtet werden will.

§. 2. Der -119Hoff-Ceremoniel.

§. 2.

Dergleichen ſpecialiſſima argumen ta, wie etwan Roͤmiſche Kayſerliche Majeſtaͤt, Franckreich, Spanien, und Engelland, zu allegi - ren pflegen, finden ſich zwar bey ſelbigem nicht, ſondern ſie beruhen in generalibus und darinnen,

  • 1. Daß er das alleraͤlteſte Koͤnigreich in Europa, nehmlich das Gothiſche beherrſche, deſſen Jn - wohner aͤlter, oder auch beruͤhmter als alle andere.
  • 2. Ein viel weitlaͤufftigeres Territorium habe als andere,
  • 3. Viel Cronen trage,
  • 4. Nunmehro von An. 1544. ein Erb-Herr, und von An. 1682. ein ſouverainer Regente ge - worden, ſo daß er nicht nur ſumma ſondern auch plenisſima Majeſtate regiere.
  • 5. Potentisſimus waͤre, und viele Potentaten mehr bey ihme, als er bey andern Alliance ſu - cheten.

§. 3.

Ein noch gantz beſonderes, und ſonſt un - ter Potentaten noch nicht gewoͤhnliches Argu - ment, die Præcedentz damahlen fuͤr Franckreich zu behaupten, ſuchte Chriſtina An. 1648. herfuͤr. Denn als ihr der Frantzoͤſiſche Miniſtre Monſ. Chanut vorſtellete, wie zutraͤglich es bißhero den beyden Cronen Franckreich und Schweden ge - weſen, daß ſie in Alliance mit einander geſtan - den, und demnach fuͤr Schweden ins beſondere ferner vortheilhafftig ausſchlagen wuͤrde, wennH 4die120Europaͤiſchesdie Koͤnigin Chriſtina bey Ludovico dem XIV. Anſuchung thaͤte, eine neue und feſtere Alliance zu treffen, gabe ſie ihme zur Antwort: Daß ſie zwar gar geneigt und gerne ſehen wuͤrde mit Franckreich in genauer Buͤndnuͤß und Freund - ſchafft zu treten, ſie muͤſte aber von dem Koͤnige in Franckreich darumb erſuchet werden, weil es nicht Mode, daß ein Frauen-Zimmer ein Manns - Volck umb etwas anſpreche, ſondern es waͤre des Manns-Volckes Schuldigkeit ſich umb die Freundſchafft des Frauen-Zimmers zu bemuͤhen. Ob ſie es im Schertz oder Ernſt gemeinet, hat der gedachte Autor nicht angemercket, hingegen iſt dieſes ſicher, daß Schweden in dem Weſtphaͤli - ſchen Frieden Franckreich, mit welchen es doch uͤbrigens in ſehr guter Verſtaͤndnuͤß lebete, durch - aus den Rang nicht cediren, oder nur etwas zum Voraus geben wolte, ſo gar daß dieſe Compe - tentz eine Urſache mit war, daß die Schwediſchen Plenipotentiarii zu Oßnabruͤg, die Frantzoͤſi - ſchen aber zu Muͤnſter ſich aufhielten, wovon in dem fuͤnfften Theil dieſes Werckes, als welcher hierzu deſtiniret iſt, etwas ausfuͤhrlicher ſoll gehandelt werden.

Achtes121Hoff-Ceremoniel.

Achtes Capitel. Von den Special-Fundamentis der Prærogativæ der uͤbrigen Koͤnige in Europa.

§. 1.

Man ſetzet die uͤbrigen in Europa herr - ſchenden Majeſtaͤten nicht deswegen in ein Capi - tel zuſammen, daß man etwan meinen ſolte, als waͤren ſie den vorhergehenden an dignitate nicht gleich; ſondern die Urſache deſſen iſt, daß weil ſie faſt einerley Argumenta, durch welche ſie ihre Præcedentz behaupten wollen, allegiren, man einerley Ding nicht vielmahl ohne Noth repeti - ren, ſondern ſich der moͤglichſten und angenehmen Kuͤrtze befleißigen wollen, denn das Haupt-Werck beſtehet doch bey einem und dem andern daꝛinnen:

  • 1. Daß ein jeder eine Majeſtaͤt, und folgendlich keinen Superiorem, der ihme zu befehlen, oder auch vorzugehen berechtiget, erkenne, welches auch ſo lange wahr bleibet biß ein an - derer entweder poſſesſione oder pacto den Vorſitz behaupten kan.

§. 2.

Der Koͤnig von Daͤnnemarck nun, pfleget, oder koͤnte auch zu behauptung ſeiner Præ - cedentz fuͤr andern, oder Paritaͤt mit andern Ma - jeſtaͤten, anziehen

  • 1. Das Alterthum ſeines Koͤnigreiches, wovon Part. 1. c. 2. num. 6.
H 52. Das122Europaͤiſches
  • 2. Das Alterthum des Chriſtlichen Glaubens ibid. n. 6.
  • 3. Daß er ehemahlen nicht nur alle drey Nor - diſche Koͤnigreich der Daͤhnen, Schweden und Norwegen, beherrſchet, ſondern auch ei - nen groſſen Theil Engellands conqueſtiret.
  • 4. Daß er nunmehro ſo ſouverain regiere, daß er abſolutisſimum imperium in ſubditos habe.

§. 3.

Diejenigen aber welche Daͤnnemarck den Pas diſputirlich machen wollen, ſetzen ihme entgegen,

  • 1. Daß die Koͤnige in Daͤnnemarck allererſt An. 1163. und benahmentlich Waldemarus I. vom Kayſer Friderico I. zum Koͤnige gemacht, und zu Beſancon inveſtiret worden.
  • 2. Philippus II. in Spanien dem Koͤnig Frideri - co II. in Daͤnnemarck den titulum Majeſta - tis denegiret, welches aber res facti,
  • 3. Daß ſie nunmehro gar ein enges Reich in com - paraiſon anderer Europaͤiſchen Maj. beſitzen, nachdem nicht allein Schweden viel Conque - ten uͤber Daͤnnemarck gemacht, ſondern auch Chriſtianus I. das Reich getheilet, ſeinem aͤl - teſten Herrn Sohn Johanni die Cron Daͤn - nemarck, dem juͤngern aber Friderico Schleß - wig und Holſtein uͤberlaſſen, und das Daͤhni - ſche Territorium nicht allein dadurch ge - ſchmaͤlert, ſondern auch die Macht dieſes Koͤ -niges123Hoff-Ceremoniel. niges umb ein groſſes geſchwaͤchet worden. Allein von was fuͤr einem Werth dieſer Ein - wurff ſeyn koͤnne, iſt oben im 2. Cap. num. 4. jedoch nur problematice gewieſen worden.

§. 4.

Was Portugal anbelanget, ſo iſt aus der Hiſtorie bekandt,

  • 1. Daß biß An. 1139. nach Chriſti Geburth nur Grafen oder Fuͤrſten in Portugall gewe - ſen, biß endlich im gemeldtem Jahre Alphonſ. I. fuͤnff Mauritaniſche Koͤnige geſchlagen, und zwar, wie einige Autores referiren, durch fol - gende merckwuͤrdige Begebnuͤß und Veran - laſſung. Gemeldter Alphonſus I. war An. 1139. gegen fuͤnff Mauritaniſche Koͤnige, wel - che eine Armee von 400000. Mann, er aber nur eine Hand voll Chriſten beyſammen hatte, zu Felde gezogen, umb ihnen bey Ourique eine Schlacht zu liefern. Jn ſolchen Gedancken entſchlieff er an dem Abend fuͤr Jacobi in ſei - nem Gezelt, da ihm den im Traum ein alter Mann erſchiene, welcher ihn gutes Muthes ſeyn hieß, und ihn verſicherte, er wuͤrde mit GOttes Huͤlffe den Sieg wieder die Unglaͤu - bigen erhalten. Jn wehrendem ſeinem Traum wurde der Koͤnig aufgewecket, mit vermelden, er waͤre ein alter Greiß fuͤr ſeinem Zelte, welcher nothwendig mit ihm zu reden haͤtte. Er ließ ſelbigen vor ſich kommen, und erkennte gleich daß es eben die Perſon waͤre, welche ihm indem124Europaͤiſchesdem Traum erſchienen. Dieſer nun war ein Einſiedler der umb ſelbige Gegend in einer Clauſen ein ſtrenges ſolitaͤres Leben fuͤhrete, welcher den Alphonſum peꝛſoͤnlich und muͤnd - lich alles desjenigen, welches ihme im Traum vorkom̃en war, verſicherte, hinzu fuͤgende, daß GOtt die Augen ſeiner Barmhertzigkeit auff ihn und ſeinen Saamen geworffen, intimi - ret ihm zugleich, daß wenn er die inſtehende Nacht die Glocken bey ſeiner Clauſe wuͤrde laͤuten hoͤren, er aus dem Gezelt und Lager, und zwar gantz alleine, gehen ſolte. Alphon - ſus that was ihm der Eremite gerathen, und ſahe morgen werths ein Licht, welches je laͤn - ger je groͤſſer wurde, endlich erſchiene ihm ein Creutz, heller als die Sonne, woran unſer Seeligmacher gehefftet, und unzehlbahre weiß gekleidete Juͤnglinge umb ſich hatte. Alphon - ſus befragete demuͤthig den Heyland: war - umb er ihme als einem Glaͤubigen, nicht aber vielmehr denen Unglaͤubigen erſchiene, ſie da - durch glaͤubig zu machen? Darauf ihm der Heyland geantwortet: Daß er nicht kommen waͤre ſeinen Glauben zu ſtaͤrcken, ſondern ihn zum Streit aufzumuntern und behertzt zu ma - chen, ihme anbey befehlende, den Koͤnigl. Titul, welchen ihm morgen ſeine Soldaten antra - gen wuͤrden, anzunehmen. Welche Bege - benheit der Alphonſus ſelbſt ſchrifftlich undmit125Hoff-Ceremoniel. mit vieler geiſtlichen und weltlichen Herren Unterſchrifft bekraͤfftiget hinterlaſſen, und in Cloſter Alcobaea, welches er geſtifftet, beyge - leget, allwo ſie noch avtentiſch zu finden. Die Schlacht wurde nun gewonnen, die fuͤnff Mauritaniſche Koͤnige geſchlagen, und er zu einem Koͤnige ausgeruffen, und Anno. 1190. von dem Pabſt Alexandro VI. in ſolcher Wuͤrde confirmiret.
  • 2. Daß er fuͤr den erſten Koͤnig in der Chriſtenheit gehalten weꝛden will, und zwaꝛ meiſtens aus ei - nem geographiſchen Fundament, indem ſein Land in dem Bildnuͤß der Jungfer Europæ die Stirne repræſentiret,
  • 3. Seine Herrſchafft in omnes orbis partes extenſa, welches Argument Emanuel de Suſa in ſeinem Epitome de las hiſtorias Por - tugueſes zu behaupten trachtet.
  • 4. Daß er ein Herr des Oceani, und alſo des groͤ - ſten Theils der Welt ſey, wie denn in ſeiner Ti - tulatur ihme das Dominium Maris zugeeig - net, und er Koͤnig diß - und jenſeits des Meeres genennet wird.
  • 5. Jhme die Occupatio Oſt-Jndiens, und des durch Poſſeſſion darinnen uͤberkommenen Dominii orginaliter zuſtehe, maſſen er der erſte geweſen, der ſeine Conqueten mit groſ - ſer Muͤhe und Nutzen des Chriſtenthums, nemine contradicente neque prohibente,dahin126Europaͤiſchesdahin gemacht. Allein alle dieſe Argumenta haben in puncto der Præcedentzs Portugal, keine avantage gemacht, ſondern, nachdem dieſes Reich An. 1580. von Philippo II. in Spanien conquetiret, und gleichſam eine Provintz Spaniens worden, auch die Engel - und Hollaͤnder viel nach Portugal gehoͤrige Territoria in Oſt-Jndien an ſich gebracht, und ihme das Dominium Oceani diſputir - lich, ja faſt gar zu nichte gemacht, hat dieſer Koͤnig das Jus præcedentiæ nicht mehr ſo hoch ſpannen koͤnnen, obgleich An. 1640. ſein Reich von Spanien wieder abgeſondert, und ein beſonderes ſouveraines Koͤnigreich worden.

§. 5.

Pohlen hat, wie oben allbereit gemeldet worden, in dem Ceremoniali Romano die letz - tere Stelle unter den Europaͤiſchen Souverains, und iſt ſo gar dem Koͤnige von Cypern, deſſen Territorium in regard Pohlens (Lithauen mit darzu gerechnet) kaum den dreyßigſten Theil von Pohlen bedeuten kan, nachgeſetzet. Die Argu - menta, welche, was die Præcedentz betrifft, die - ſem Koͤnige zuſtatten kommen koͤnnen, beſtehen darinnen:

  • 1. Daß dieſes Reich, und deſſen Regenten nie - mahlen, gleichwie etwan Spanien, Franck - reich ꝛc. von den Roͤmern conquetiret wor - den, ſondern jederzeit bey ſeiner Macht undFrey -127Hoff-Ceremoniel. Freyheit beſtanden, welches Argument An - dreas Maximil. Fredro, in geſtis populi Po - lonici ſehr guͤltig zu machen weiß.
  • 2. Daß ſelbiges eine groſſe und feſte Vormauer gegen die Tuͤrcken, und nebſt Ungarn, gleichſam das Auſſen-Werck, durch welches Civitas Dei, & Reſpubl. Chriſtiana vor dem Ein - fall der Muſelmaͤnner beſchuͤtzet wird.
  • 3. Dieſer Koͤnig und ſein Reich ſo gar groſſen regard und Eifer fuͤr die Catholiſche Religion und dem Pabſt habe, daß auch ſo gar ein Lex fundamentalis in Pohlen, ne ſit alius Rex quam Catholicus, dergleichen in keinem an - dern Reiche per leges publicas, obgleich et - wan conſvetudine, eingefuͤhret worden.
  • 4. Daß Pabſt Alexander VII. dem Koͤnig Jo - hanni Caſimiro, nachdem ſelbiger An. 1658. die Socinianer und Arrianer, welche die To - lerantz der Disſidenten oder Proteſtirenden mit genieſſen wolten, aus dem Lande verjaget, den ſchoͤnen Titul Regis Orthodoxi ertheilet, welcher ob er gleich nur einem Individuo an - fangs zu Theil worden, dennoch allen Koͤnigen gebraͤuchlich ſeyn muͤſte, weil des Johannis Caſimiri Nachfolger eben die gemeldete - reſin untergedruckt.

§. 6.

Diejenigen hingegen, welche der Pol - niſchen Majeſtaͤt nicht gerne eine andere, als ihrin128Europaͤiſchesin dem Ceremoniali Romano zugeeignete Stelle goͤnnen wollen, wenden ein

  • 1. Daß die Koͤnige in Pohlen, ob ſie gleich die Koͤnigliche Wuͤrde und Majeſtaͤt, in der Per - ſon Boleslai Chrobry von Kayſer Ottone III. erhalten, dennoch ſelbige in der Perſon Boleslai Audacis, welcher den Biſchoff Sta - nislaum zu Cracau ermordet, wieder verloh - ren, und nicht eher als zu den Zeiten Primislai A. 1295. poſtliminio wieder erhalten, und folgendlich krafft dieſer interruptæ ſeriei, ſich aus der Poſſeſſion geſetzt, andern an Ter - ritoriis duͤrfftigern Koͤnigen vorzugehen.
  • 2. Die Gewalt des Koͤniges dermaſſen limitiret, daß faſt mehr Jura Majeſtatica der Republic als dem Koͤnige vorbehalten waͤren, auch als An. 1632. Uladislaus zu einem Koͤnige vorge - ſchlagen worden, der Biſchoff Przemysl Fir - ley, nach Bericht Piaſecii p. 451. ſich aus - druͤcklich der Worte bedienet: daß die Koͤnige in Pohlen, nicht als Beherrſcher ſondern nur als Vorſteher dieſes Reichs zu betrachten. Auf welches Argument aber ſchon geantwortet worden, daß nehmlich ein Koͤnig, welcher nicht Jus plenum Majeſtatis habe, dennoch Sum - mus ſeyn koͤnne, denn ſonſten muͤſte man dem Roͤmiſchen Kayſer propter imperium per Capitulationem limitatum auch den Rang diſputiren, welches aber wieder alle Raiſonund129Hoff-Ceremoniel. und das Herkommen lauffen wuͤrde, maſſen eine fremde Majeſtaͤt die Pacta eines Koͤniges mit ſeinen Unterthanen, krafft derer er den letzteren etwas von ſeinem Jure concediret, ſich ſo wenig zu ſeinem Vortheil oder Præce - dentz bedienen kan, als wenig etwan ein Va - ter, welcher mit ſeinen Kindern rigoureuſe - ment umbzugehen gewohnet, einem andern ſanfftmuͤthigen Vater deswegen die Ober - Stelle nehmen wolte.
  • 3. Daß Pohlen ein Koͤnigreich in welchem man in alten und neuen Zeiten Perſonen erwehlet, wel - che nur von dem mitlerem oder unteren Adel, auch wohl gar nur buͤrgerlicher Extraction ge - weſen: dahingegen einige andere Koͤnigreiche bloß durch ſolche Perſonen regieret worden, welche aus alten Fuͤrſtlichen Geſchlechtern ab - geſtam̃et. Allein auch dieſer Einwurff wird die dignitatem Majeſtaticam der Koͤnige in Pohlen nicht vermindern koͤnnen, maſſen bey dergleichen Dingen nicht ſo wohl die Perſon als das officium, non quis, ſed quid ſit, muß betrachtet werden. Man hat unter den Koͤnigen in Jſrael, auch in der Reyhe der Roͤmiſchen Kayſer unterſchiedliche gewehlet, welche von ſehr geringer Herkunfft geweſen, welches aber, nachdem ſie erwehlet, und in - auguriret geweſen, ihrem Luſtre und Præce - dentz keinen Eintrag gethan, ſondern vielmehrJruͤhnr -130Europaͤiſchesruͤhmlich gefallen, daß ihre Meriten ſo groß ge - weſen, ſelbige mit einer Crone zu belohnen.

§. 7.

Moſcau hat ehemahlen nicht viel mit den Europaͤiſchen Potentien, auſſer mit Schwe - den, Pohlen und dem Tuͤrcken zu thun gehabt, und weil deſſen Geſandſchafften a l ordinair nur zu gemeldten Souverainen abgegangen, iſt der Streit wegen der Præcedentz mit dieſem Herren, nicht gar hoch getrieben worden, zu mahlen die in Rußland herrſchende Regenten lange Zeit mit dem Titul eines Groß-Hertzoges vergnuͤget ge - weſen: und man haͤtte meinen ſollen daß ſie vermoͤ - ge dieſes Groß-Hertzoglichen Characteris keinem getitulirten und formalem Koͤnige den Pas diſpu - tirlich machen koͤnten. Allein als ſie gemercket, daß die Koͤnige von Schweden nicht allein anti - quitate tituli Regii, ſondern auch paſſu vorge - zogen ſeyn wolten, haben ſie ſich gar geweigert, den Koͤniglichen Titul anzunehmen, vorwendende, daß ſie keines hoͤhern Tituls benoͤthiget, indem ſie 300000. Mann Cavallerie, und 200000. In - fanterie in das Feld ſtellen, und demnach nicht nur allein dem Koͤnige von Schweden, ſondern auch wohl noch Groͤſſern und Maͤchtigern ge - wachſen ſeyn koͤnten. Nachdem aber, wie in vor - hergehendem 2. cap. §. 1. num. 11. ſchon gemel - det worden, Baſilius Tyrannis ſich den Nah - men eines Czaars beygeleget, haben dieſe ehemah - ligen Groß-Fuͤrſten, nicht nur Koͤnige, ſondernKay -131Hoff-Ceremoniel. Kayſer ſeyn wollen. Wie weit ſie es aber, ſo - wohl dem Titul als dem Rang nach, noch brin - gen moͤchten, lehret die Zeit: ſo viel iſt gewiß, daß ſich die itzige Moſcowitiſche Majeſtaͤt durch ſeine gethane Reiſen und Kriege, bey anderen Poten - taten in gute Bekandſchafft, Alliance und Re - ſpect geſetzet, und es hierinnen weiter gebracht als alle ſeine Vorfahren.

§. 8.

Der Koͤnig in Preußen wird heut zu Tage als ein noch neuer Koͤnig angeſehen, und man ſolte demnach vielleicht meinen, daß er auch in der Rang-Ordnung der letztere ſeyn muͤſſe. Es moͤchte auch wohl geſchehen, daß ſich ein jeder Souverain, deſſen Reich etwan von einem aͤlte - ren dato iſt, weigerte dieſem Herren die Stelle einzuraͤumen, inzwiſchen aber wird ihn auch pro - pter Jus Majeſtaticum, welches auf ſeiner Per - ſon hafftet, Niemand obligiren koͤnnen, daß er nachgehe. Denn wenn die Regul nur richtig, daß eine Majeſtaͤt ſo gut als die andere, omnes eſſe dignitate pares, ſo kan keiner der erſtere, und keiner der letztere heiſſen, es habe denn, wie ſchon oͤffters erwehnet worden, einer entweder pacto oder poſſeſſione, den Rang uͤber den an - dern erworben, und ſich nur ratione ordinis, nicht aber dignitatis, einem andern vorgeſetzet.

§. 9:

Jnzwiſchen iſt denjenigen, welche es et - wan noch nicht wiſſen, allhier beyzubringen, daß gleichwie dieſes hohe und maͤchtige Hauß, ſchonJ 2gerau -132Europaͤiſchesgeraume Zeit den Zweck gehabt, den Fuͤrſten - und Churfuͤrſten-Hut mit einer Crone zu zieren, alſo hat ſelbiges in regard Preuſſen, eben auch nichts gar neues geſuchet, weil ſchon umb das Jahr Chriſti 1332. die Herrſcher in dieſem Lande den titulum Regum gefuͤhret, ob ſie gleich an Macht den itzigen Koͤnigen nicht beykommen, ſon - dern nur, wie Hartknoch in Chron. Pruſſ. aus dem Juſtino redet, fines imperii tueri magis quam proferre mos fuerit, & intra ſuam cui - que patriam regna finiverint. Es ſind auch Autores verhanden, welche avanciren, daß Pri - mislaus ſich ſchon An. 1100. einen Koͤnig von Brandenburg geſchrieben, und Churfuͤrſt Jo - achim. I. ſoll An. 1500. prophezeyet haben, daß die Geſtirne des Brandenburgiſchen Adlers eine Koͤnigs-Crone verhieſſen.

§. 10.

Dem ſey aber wie ihm wolle, ſo iſt be - kandt, daß der groſſe Friedrich Wilhelm, itziger Preußiſchen Majeſtaͤt Groß-Herr Vater, uͤber die Preußiſche Lande, welche ſeine glorieuſe Vor - fahren als ein Lehn von Pohlen beſeſſen, An. 1657. den 19. Septemb. durch die Welauiſchen Tra - ctaten die Souveraineté uͤberkommen, und dadurch den rechten Grund zu dem heutigen Preußiſchen Koͤnigreiche geleget; wie er dann auch zu Behauptung dieſer Souveranetaͤt, oder derer ihm zuerkenneten Jurium Majeſtatis, nicht nur unterſchiedene nahmentlich die Calovier,Wi -133Hoff-Ceremoniel. Wickarder, und Daͤnnemaͤrcker, in den Adeli - chen Stand erhoben, ſondern auch alle inſtru - menta publica mit einem Sigillo Majeſtatico (nicht Majeſtatis) befeſtiget, und gewieſen, was er in der That ſey, und in ſeinen Nachkommen werden koͤnne. Welches auch erfolget, nach - dem An. 1701. Fridericus Sapiens ſein Sohn, den 18. Jan. zu Koͤnigsberg ſich die Koͤnigliche Crone ſelbſten auf das Haupt geſetzet, zum Be - weiß, daß er ſelbige von Niemanden als von GOtt empfangen zu haben erkenne, worauf auch der da - mahlige Denckſpruch, in welchem das Chrono - diſtichon des Croͤnungs-Jahres zu finden, ge - zielet,

RegIo Monte a Deo hæC Corona.

§. 11.

Weil aber allhier nicht ſo wohl die Hi - ſtoria dieſes Churfuͤrſtlichen Hauſes, und durch erlaubte Wege erhaltene Koͤnigliche Wuͤrde, als nur vielmehr die daraus flieſſende Prærogativ zu unterſuchen, ſo muß man dieſen Souverain, gleichwie er zweyerley Perſonen repræſentiret, auch auf zweyerley Art betrachten,

  • 1. Als einen Churfuͤrſten und maͤchtigen Stand des Roͤm. Deutſchen Reiches, in welcher Conſideration er nichts anders fuͤr andere prætendiren kan, als was die Churfuͤrſten zu - ſammen in genere, oder er auch fuͤr ſich in ſpecie, wegen beſonderer Privilegien, zu præ - tendiren haben. Denn der Koͤnigl. CharacterJ 3oder134Europaͤiſchesoder die Royauté giebet dieſem Herren in dem Deutſchen Reiche nichts mehreres, als er zu - vor, ehe er Koͤnig worden, gehabt; zu mahlen da ſich Fridericus Sapiens, bevor er noch gekroͤnet wurde, gegen die ſaͤmptlichen Reichs - Staͤnde erklaͤren und reverſiren muͤſſen: in allen Reichs-Angelegenheiten, als Koͤnig kei - nen Vorzug zu prætendiren, ſondern mit dem Tractament, welches man ihme als Churfuͤrſt zu geben ſchuldig, verlieb zu nehmen.
  • 2. Als einen Souverain und Koͤnig uͤber Preuſ - ſen, in welcher Qualité ihm alle den Koͤnigen gehoͤrige Prærogativen muͤſſen zu geſtanden weꝛden. Deñ es haben ſchon A. 1656. die Moſco - witer den Preußiſchen Geſandten ein derglei - chen Tractament, als die Daͤhnen daſelbſt ge - nieſſen, gegeben: auch hat ihn Engelland 1660. mit eben dem Ceremoniel, mit welchen es Franckreich beehret; So wird nunmehro, nach - dem Preuſſen ein formaler, und von den mei - ſten Europaͤiſchen Potentien erkenneter und angenommener Koͤnig worden, deſtoweniger daran zu zweiffeln ſeyn, daß ihm nicht alle einer Majeſtaͤt zuſtehende Prærogativen ſolten und muͤſten zugeſtanden werden, zu mahlen wenn wir das Argumentum Potentatus, von wel - chem oben Erwehnung geſchehen, in Conſide - ration ziehen.
Neund -135Hoff-Ceremoniel.

Neundtes Capitel. Von der Prærogativa der Churfuͤr - ſten, und von der Competentz, welche ſie mit den Cardinaͤlen und freyen Republiquen haben.

§. 1.

Dieſe nach einigen Reichs-Abſchieden ſo genennete Saͤulen des Roͤmiſch-Deutſchen Reiches, Koͤnigen gleich geachtete hohe Regen - ten, finden auch einige, welche ihnen wegen des Pas einen Competentz-Streit erregen wollen: die mit ihnen daruͤber ligitirende, aber auch zugleich verſpielende Partien ſind

  • 1. Die Cardinaͤle,
  • 2. Die freyen Republiquen.

§. 2.

Was die erſteren anbetrifft, wollen ſel - bige mit Raiſon und Gewalt den Churfuͤrſten vorgezogen ſeyn, zu dero Behuͤlff anfuͤhrende,

  • 1. Daß ſie den Roͤm. Pabſt erwehlen, und weil der von ihnen gewehlete ſummus Pontifex hoͤ - her waͤre, als der von den Churfuͤrſten erwehle - te Roͤm. Kayſer, muͤſte auch ihr Character und Perſon denen Churfuͤrſten, geiſtlich und welt - lichen Standes vorgezogen werden.
  • 2. Daß ein jeder unter ihnen als ein Candidatus ſummi Pontificatus muͤſte angeſehen wer - den, maſſen auſſer ihrem Collegio kein anderer zu ſolcher geiſtlichen Souveraineté Hoffnung haͤtte.
J 43. Daß136Europaͤiſches
  • 3. Daß ſie den titulum eminentisſimorum durch eine Paͤbſtl. Bulla erhalten haͤtten, wel - chen ihn nunmehreo niemand diſputirlich ma - che, und alſo auch vi vocis die Acatholici ge - nungſam bekenneten, was fuͤr eine Præcedentz ihnen gebuͤhre.

§. 3.

Hingegen wenden die Churfuͤrſten ſaͤmtlich und ſonderlich ein,

  • 1. Daß wenn ein Cardinal nicht zugleich mit ei - nem Biſchoffthum verſehen, er nicht eines Fußbreits Landes beſitze, und zwar auch die - ſes, wenn er es hat, nicht als ſein Eigenthum, ſondern nur uſufructuario modo.
  • 2. Daß ſie keine Geſandten, weder ſecundi noch primi ordinis, das iſt, weder Envoyes noch Ambaſſadeurs abſenden, oder auch abſenden koͤnten, ſondern ſich vielmehr, ſo wohl von Koͤ - nigen als dem Pabſt ſelbſten, zu ſolchen Ver - richtungen gebrauchen lieſſen.
  • 3. Formale Unterthanen des Pabſtes waͤren, und nicht den minderſten Schein einiger Souve - raineté oder auch ſo genennten ſuperioritatis territorialis haͤtten.
  • 4. Kein Koͤnig oder Koͤniglicher Erb-Printz einem Cardinal weiche, weil nun aber die Churfuͤr - ſten den Koͤnigen gleich geachtet, und nach ih - nen immediate die naͤchſten waͤren, ſo koͤnten ſie den Cardinaͤlen ſo wenig den Pas codiren als die Koͤnige ſelber.
5. Daß137Hoff-Ceremoniel.
  • 5. Daß die Cardinaͤle, als geiſtliche Herren, Nachfolger der Apoſtel waͤren, zu welchen aber Chriſtus geſaget: Vos autem non ſic. Matth. 20. v. 26. Gleichwie nun aber die Apo - ſtel, wenn ſie noch in der Welt lebeten, oder ja etwan auferſtehen und wieder kommen ſolten, den Churfuͤrſten vorzugehen nicht prætendiren wuͤrden, alſo koͤnten ſolches die Cardinaͤle auch nicht thun.

§. 4.

Weil nun nicht allein die Argumenta, welche die Churfuͤrſten gegen die Cardinaͤle an - fuͤhren, ſondern auch die Macht der Churfuͤrſten ſtaͤrcker als der Cardinaͤle, ſo haben biß dato die - ſe letzteren in dem Rang-Proceß nichts gewon - nen, ſondern es bezeugen die Exempel und actus poſſeſſionis, als welche dißfalls am meiſten gel - ten, daß die Churfuͤrſten ſich im Range fuͤr den Cardinaͤlen mainteniret. Denn bey der Croͤnung Caroli V. zu Aachen muſten die drey Cardinaͤle, der von Saltzburg, Sedan, und de Croy, alles ihres Einwendens ungeachtet, den Churfuͤrſten nachgehen. So iſt auch der Churfuͤrſt von Coͤln, An. 1556. auf den Reichs-Tage zu Regen - ſpurg, dem Cardinal und Paͤbſtlichen Legaten Maron, und denn wiederumb 1659. dem Cardi - nal von Heſſen nicht gewichen. Da auch die Electores, wenn der Kayſer ſolennen Hoff haͤlt, in deſſen Gegenwart unter Baldachinen ſpeiſen, ſo hat Ferdinandus II. dem Cardinal Cleſel,J 5wel -138Europaͤiſcheswelcher ein gleiches prætendirete, ſolches doch nicht zugeſtatten wollen. Eben dieſer Gebrauch des Baldachin oder Himmels iſt dem Cardinal Dietrichſtein, ob er ſchon zugleich Nuncius in Mayland war, wie auch dem Cardinal Barberi - no, Nuncio in Spanien, abgeſchlagen worden, welcher letztere, als er ſich darauf beruffte, daß man ihme in Franckreich, ſo wohl zu Paris als Lyon, bey ſeinem Einzuge den Gebrauch des Bal - dachins zugeſtanden, von den Spaniern zur Ant - wort bekam: Daß ſie davon in ihrem Archiv nichts faͤnden, womit er auch zu frieden ſeyn muſte.

§. 5.

Fuͤr den uͤbrigen Fuͤrſten in Europa, wel - che Catholiſcher Religion ſind, haben die Cardi - naͤle die Præcedentz v. gr. fuͤr dem Groß-Hertzog von Florentz, dem Hertzoge von Savoyen, wie auch denen freyen Republiquen. Jn Franck - reich iſt den Cardinaͤlen die Stelle nach den Prin - tzen von Gebluͤte des Hauſes Bourbon angewie - ſen, (wiewohl der Cardinal Richelieu ſo gar den Vorſitz fuͤr dem Printz Condé erhielte) jedoch mit dieſer limitation, daß die Caꝛdinaͤle nur in der Kirchen, und bey geiſtl. Verrichtungen denen Printzen vorgezogen werden ſolten.

§. 6.

Die freyen Republiquen, unter dieſen aber ins beſondere Venedig und Holland, wel - ches letztere allererſt auf dem Muͤnſteriſchen Frie - den die Præſeance fuͤr den Churfuͤrſten zu ſuchenan -139Hoff-Ceremoniel. anfieng, wollen ſich auch den Churfuͤrſten vorge - zogen wiſſen, und allegiren zu Behauptung deſ - ſen, was ſie ſuchen, folgende Argumenta:

  • 1. Daß eine freye Republic hoͤher zu achten, als ein Churfuͤrſt, weil dieſer einem Oberen, nem - lich dem Kayſer, unterworffen, jene aber hinge - gen gantz ſouverain waͤre,
  • 2. Daß die freye Republiquen alle Jura Regia und Majeſtatica haͤtten, und auch exercire - ten. Gleichwie nun die Koͤnige, vermoͤge der Aur. Bull. c. 6. denen Churfuͤrſten vorgezo - gen wurden, alſo muͤſſen auch die Republi - quen die Præcedentz fuͤr ihnen haben,
  • 3. Daß die Venetianer An. 1630. ein Decret von Ferdinando II. erhalten haͤtten, durch wel - ches den Churfuͤrſten injungiret worden, daß ihre Geſandten den Venetianiſchen, ſo wohl in dem Kayſerl. Hofe, als auch Comitiis Im - perii die Præcedentz zugeſtehen ſolten.
  • 4. So moͤchte man nur den Tuͤrcken und die auſ - ſer Europa in den uͤbrigen Welt-Theilen herrſchende Potentaten fꝛagen, ob ſie nicht mehr von den Venetianern und Hollaͤndern, als von den Churfuͤrſten hielten.
  • 5. Beſaͤſſen die Hollaͤnder auſſer Europa weit - laͤufftige und maͤchtige Koͤnigreiche, die Chur - fuͤrſten aber geringe, und noch darzu Lehns - Territoria.
§. 7. Hier140Europaͤiſches

§. 7.

Hier wieder verſetzen die Churfuͤrſten,

  • 1. Daß ſie in der A. B. den Koͤnigen gleich geach - tet werden, dannenhero ſie auch ehemahlen den Koͤnigen nicht den Titul Majeſtaͤt, ſondern nur Koͤnigl. Wuͤrde gegeben. Bey dem Weſt - phaͤliſchen Frieden-Schluß aber, haben ſich die Churfuͤrſten mit Franckreich verglichen, daß ſie ihme hinfuͤhro den Titul der Majeſtaͤt ge - ben wolten, er aber ſolte ihnen reciproce den Titul Serenisſimorum und Fratrum, nicht aber nur bloß, wie zuvor geſchehen, Celſisſi - morum und cognatorum geben: und war Chur-Brandenburg der erſte, welchem der Koͤnig in Franckreich An. 1647. dieſen bedun - genen Titul beylegete. Da nun die Chur - fuͤrſten des Koͤniges in Franckreich Bruͤder, ſo wird er wohl eben nicht viel beſſer als ſie ſeyn koͤnnen, maſſen die mit Vernunfft gemachte Bruͤderſchafft paritatem perſonarum in ſich beſchlieſſet, und alles extraordinaire ce - remo niel und veneration bey Seite ſetzet.
  • 2. Haͤtten ſie (welches damahlen alſo ware) ei - nen Koͤnig, nemlich den Boͤhmiſchen, in ihrem Collegio, welcher ſich nicht ſchaͤmete zugleich ein Churfuͤrſt zu ſeyn, da er doch weder ein Noble Venetien noch Staate in Holland (als auf welchen das Exercitium Juris Majeſta - tici am meiſten hafftete und kentlich waͤre) zu werden verlangete, welches Argument heutzu141Hoff-Ceremoniel. zu Tage vielmehu exaggeriret werden koͤnte, nachdem Chur-Sachſen und Chur-Bran - denburg auch zugleich Koͤnige ſeyn, und Chur - Hannover und Baͤyern nicht ferne von dieſer Dignitaͤt ſtehen.
  • 3. Waͤre in dem 5. Articul der Wahl-Capitu - lation des glorwuͤrdigſten Leopoldi (welches in der Capitulation des auch glorwuͤrdigſten Joſephi eod. Art. V., und in der Capitulation des großmaͤchtigſten Caroli VI. Art. 3. wieder - holet zu finden,) ausdruͤcklich verſehen, daß der ſouverainen Republiquen Geſandten unter dem Vorwand, als waͤren ſie gekroͤnten Haͤup - tern gleich zu ſchaͤtzen, denen Churfuͤrſtl. weder an dem Kayſerl. Hofe, noch auſſer demſelben ſolten vorgezogen werden; wie denn auch in eben dieſem Artic. 5. das Decret, welches Ferdinand II. denen Venetianern wegen der Præcedentz fuͤr denen Churfuͤrſten An. 1630. ertheilet, casſiret worden. Zu deme haͤtten die Venetianiſchen Geſandten in dem Tri - dentiniſchen Concilio, den Churfuͤrſtl. den Rang und Vorſitz einraͤumen muͤſſen; ja in der Conferentz des Weſtphaͤliſchen Friedens, haͤtte der Biſchoff von Oßnabruͤg, als Ge - ſandter des Churfuͤrſtl. Collegii, dem Conta - rini Venetianiſchen Geſandten, und zugleich Mediatori, durchaus nicht den Pas gegeben, wovon unten in dem vierdten Theile mit meh - rerem wird gehandelt werden.
4. Daß142Europaͤiſches
  • 4. Daß ſich auch die freye Republiquen als Koͤ - nige tractiret wiſſen wolten, ſolches raͤume - ten ihnen weder die Koͤnige ſelbſten, noch auch die Churfuͤrſten ein: maſſen ſie inter Majeſta - tem perſonalem und realem eine groſſe Diſtinction macheten. Die erſtere beſaͤſſen die Republiquen gar nicht, dannenhero man auch keine derſelben en Majeſté tractirete; die andere haͤtten ſie zwar, welche aber nur ſenſibilis nicht aber viſibilis waͤre, und weil ſie mit Augen nicht geſehen wuͤrde, auch nicht als eine Majeſtaͤt veneriret werden koͤnte.
  • 5. Was die Venetianer von der eſtime der Tuͤr - cken, und die Hollaͤnder von derſelben, welche etwan die Jndianiſchen Koͤnige fuͤr ſie haͤtten, einwendeten, beantworten die Churfuͤrſten auf folgende Art:
  • 1. Daß der Tuͤrcke, oder auch andere auswer - tige Koͤnige, ihnen ihre Prærogativam nicht nehmen und einem andern geben koͤnten.
  • 2. Einige Churfuͤrſten denen Venetianern in Morea Succours gegen den Tuͤrcken zuge - ſendet, und dadurch ihre Force auch dem Tuͤrcken bekandt worden waͤre, auch die Churfuͤrſten durch ihre Macht eher die Ve - netianer von ihren Feinden retten muͤſſen, als die Venetianer die Churfuͤrſten.
  • 3. Daß die Laͤnder, welche Venedig in Euro - pa beſaͤſſe, und die Koͤnigreiche, worauf espræ -143Hoff-Ceremoniel. prætendire v. gr. Candien, Cypern, wie auch diejenigen, welche ſie etwan noch wuͤrcklich beſaͤſſen, als Morea, und einen Theil Dalmatien: wie auch die den Hol - laͤndern auſſer Europa zuſtehende Koͤnig - reiche, dieſe zwey Republiquen zwar reich, aber deswegen nicht wuͤrdiger macheten, als die Chuꝛfuͤrſten waͤren. Weil nun Reich - thum keine Tugend, ſo koͤnne ſelbiges auch keine Præcedentz geben, ſonſten muͤſte man auch ſtatuiren, daß ein reicher Schultze ei - nem armen Edelmann vorzugehen berech - tiget ſey.
  • 6. Daß ſchon A. 1490. in der Paͤbſtlichen Capelle zu Rom, als der Venetianiſche Geſandte dem Chur-Maintziſchen den Rang diſputirlich machen wollen, der Pabſt, welcher gleich ſelbſt zugegen gewe - ſen, fuͤr dem Maintziſchen Ambaſſadeur ge - ſprochen, und ihme die Stelle bald nach den gekroͤneten Haͤuptern, und noch fuͤr Vene - dig zuerkennet.

§. 8.

Haben ſich demnach die Churfuͤrſten biß dato in der Præcedentz gegen die Cardinaͤle und freyen Republiquen mainteniret, und da dieſe Saͤulen des Roͤm. Reichs und der vierdten Univerſal-Monarchie, von Tage zu Tage maͤch - tiger, und Herren uͤber Koͤnigreiche werden, ſo wird ihnen den Rang, welchen ſie poſſesſione ge -nieſſen,144Europaͤiſchesnieſſen, wohl Niemand leichtlich mehr diſputir - lich machen koͤnnen.

§. 9.

Die uͤbrigen Fuͤrſten des Reichs, dar - unter ſonderlich die maͤchtigſten v. gr. Gothe, Braunſchweig, Wuͤrtenberg, Caſſel, trachten wohl auch fuͤr den Cardinaͤlen und freyen Repu - bliquen die Præſeance zu erhalten, allein ſie haben ſich biß dato noch in keine Poſſeſſion gebracht, was aber theoretice davon zu ſtatuiren, kan man bey dem Furſtnero de Jure Su - prematus ſuchen und finden.

Ende des erſten Theils.

Ande -145Hoff-Ceremoniel.

Anderer Theil. Von der perſoͤnlichen Zuſammen - kunfft der Souverains, oder ihnen gleichenden Fuͤrſten, und Wie es ſo wohl weyland als heut zu Tage, bey dergleichen Congreſſu wegen des Ceremoniels gehalten worden, oder noch gehalten wird.

Erſtes Capitel. Von dem Congreß hoher Poten - taten en general.

§. 1.

OB es rathſam, daß Potentaten ſelbſten in hoher Perſon zuſam̃en gehen, hat - clerus in ſeinem Tractat, de Congreſſu Princi - pum unteꝛſuchet, und ſcheinet ſeine Meynung mehr dahin gerichtet zu ſeyn, daß man dergleichen Con - greſſe lieber vermeiden, als bewerckſtelligen ſolle. Man laͤſſet nun zwar dieſes ſonſt beruͤhmten Po - litici Meynung unangefochten, haͤlt aber doch dafuͤr, daß dergleichen hohe Zuſammenkunfft auf Erden, ſo wie etwan der Planeten im Himmel, manchmahl ja ſo nuͤtzlich als etwan ſchaͤdlich ſey, vielmahl auch wegen eines und des andern In - tereſſe nicht vermieden werden koͤnne.

K§. 2. Es146Europaͤiſches

§. 2.

Es geſchiehet aber ſolcher perſoͤnlicher Congreß,

  • 1. Ex civilitate, durch bloſe Beſuchungen,
  • 2. Ex honeſtate, wegen vorhergegangener Invitation zu Hochzeiten, Gevatterſchaff - ten Begraͤbnuͤſſen,
  • 3. Ex utilitate, wenn es zwey oder auch meh - rere Potentaten fuͤr gut befinden, ſich muͤnd - lich zu unterreden.
  • 4. Ex necesſitate, wenn es nicht vermieden werden kan, daß ein Potentate den andern unbeſuchet laſſe, dergleichen nothwendige Zuſam̃enkuͤnffte manchmahl geſchehen muͤſ - ſen, wenn ein Potentate durch des andern Land, und in ſpecie Reſidentz reiſet, oder ei - ne Sache im geheim abzuhandeln iſt, von welcher man auch die ſonſt geheimſten und treuſten Miniſtres nichts will wiſſen laſſen.

§. 3.

Man findet in der Hiſtoria keinen Man - gel an Exempeln, daß dergleichen Zuſammenkuͤnff - te, theils mit gutem theils auch mit ſchlimmen Effect, manches mahl mit beſondern, manches mahl wiederumb faſt ohne alle Ceremonien vor - genommen worden.

§. 4.

Damit man demnach, jedoch nur gleich - ſam von ferne und alſo unvollkommen, erkennen moͤge, ob die aͤlteren Zeiten von den neueren in dem Ceremoniel unterſchieden oder uͤbereinſtimmig,hat147Hoff-Ceremoniel. hat man zwar wenige, jedoch beſondere Exempel hier anzufuͤhren, fuͤr nichts uͤberfluͤßiges oder im - pertinentes zu ſeyn erachtet.

§. 5.

Die beruͤhmteſten Zuſammenkuͤnffte hoher Potentaten welche zwar mit geringem Ce - remoniel, jedoch nicht ſonder groſſes Mißtrauen der zuſammengehenden geſchehen, ſind aus dem Alterthum der Hiſtorie dieſe.

  • 1. Die erſtere erzehlet aus dem Livio, der be - ruͤhmte Engliſche Ictus, Richardus Zoucheus in ſeinem Jure Feciali p. 12. daß, als Philip - pus Koͤnig in Macedonien, und Titus Quin - tius Roͤmiſcher Burgermeiſter, nahe bey Ni - cæa, heut zu Tage Iſnich an dem Ufer des Meeres de Marmora, zu muͤndlicher Con - ferentz angelanget, ſey Titus Quintius an das Ufer getreten, und habe den Koͤnig Philip - pum, der ſich auf das Vordertheil ſeines in An - ckern liegenden Schiffes geſtellet, erſuchet, er moͤchte doch auch an das Land ſteigen, damit ſie umb deſto bequemer mit einander Unterre - dung halten koͤnten. Als ſich aber Philippus deſſen geweigert, habe ihn der Roͤmiſche Bur - germeiſter befraget, was, und wen er denn be - fuͤrchtete? darauf Philippus geantwortet: Er fuͤrchte zwar niemanden als die unſterblichen Goͤtter, allein er traue nicht allen Ætoliern, welche Quintius bey ſich haͤtte, und ſonder - lich dem Phæneas, Prætori der Ætolier; dar -K 2auf148Europaͤiſchesauf der Titus Quintius repliciret: Es haͤtte ja einer wie der andere der zuſammengehen - den zu befuͤrchten, daß ſie einander nicht treu ſeyn wuͤrden, darauf aber Koͤnig Philippus wieder verſetzet: daß wenn man gegen einan - der betruͤglich handeln wolte, ſo wuͤrde doch das Præmium und der Effect der Untreue auf einer Seiten viel groͤſſer ſeyn als auf der an - dern, weil es, wenn ihme dem Philippo von dem Phæneas, oder hinwiederumb dem Phæ - neæ von dem Philippo ein toͤdlicher Streich ſolte beygebracht werden, es den Ætoliern lan - ge nicht ſo ſchwer fallen wuͤrde einen anderen Prætorem, als den Macedoniern ſchwer werden wuͤrde, einen andern Koͤnig zu finden. Aus welchem Facto man einigen Verdacht und Gefahr, aber kein Ceremoniel, unter den zuſammengetretenen Potentien mercken kan.
  • 2. Die andere, der vorhergehenden ratione des Mißtrauens ſehr gleichende Zuſammenkunfft, erzehlet der aus Flandern gebuͤrtige Frantzoͤ - ſiſche Hiſtoricus, Philippus Cominæus, in Rebus geſtis Ludovici XI. Koͤniges in Franckreich, dergeſtalt: Eduardus IV. Koͤ - nig in Engelland, und Ludewig XI. in Franck - reich kamen bey dem Fluß Somme in Picardie mit dieſem Bedinge zuſammen, daß eine Bruͤ - cke uͤber bemelden Fluß geſchlagen, und in der -ſelben149Hoff-Ceremoniel. derſelben Mitte ein Gegitter mit etwas weiten Loͤchern, welches ſich von einem Ende der Bruͤcken zwerch uͤber biß zu dem andern Ende erſtreckte, geſchlagen, und obenher mit einem Wetter-Dache verſehen wuͤrde, und alſo weder auf einer noch andern Seiten dieſer Bruͤcken nicht ſo viel Raum uͤberbliebe, daß etwan ein Hund neben dieſen Mittel-Geſchoß haͤtte paſſiren koͤnnen. Auf dem Fluß ſelbſt war nur ein eintziges Schifflein, mit zweyen Ruder-Knechten gegenwaͤrtig. Ludovicus der XI. machte keine Difficultaͤt ſich auf ge - meldter Bruͤcken am erſten einzufinden, unter andern ihn comitirenden aber, Johannem Hertzogen von Bourbon, und deſſen Herrn Bruder den Cardinal mitzubringen. Eduar - dus ſtellete ſich auch gleich darauf mit ſeinem Herren Bruder dem Hertzoge von Clarence ein. Von beyden Theilen waren 4. Perſo - nen beſtellet, welche obſerviren ſolten, was et - wan unter dieſen zweyen Herren paſſiren wuͤr - de. Als ſie nun bey dem Gegitter ſich einan - der naͤherten, umbfaſſeten ſie ſich beyde durch daſſelbige auf das freundlichſte, und brach Lu - dewig zu erſt in folgende Worte heraus: Es iſt mir die Ankunfft meines Blutverwandten hoͤchſt angenehm, und zwar dergeſtalt, daß ich dieſes Tages keinen andern Fuͤrſten zu ſehen, vielweniger zu ſprechen verlange. Sage dem -K 3nach150Europaͤiſchesnach dem unſter blichen GOtt, durch deſſen Gnade wir eine ewige Freundſchafft unter uns auf zu richten zuſammen kommen, demuͤthigen Danck. Worauf ihme Eduard wieder gantz obligant, und zwar in Frantzoͤſiſcher Spra - che antwortete, und dann darauf ſein Cantz - ler die Rede und den Vergleich gaͤntzlich voll - zoge. Dieſe perſoͤhnliche Unterhandlung zweyer Souverains wurde zwar mit einigem Mißtrauen angefangen, aber mit aller Freund - lichkeit, und beſonderer Ceremonie vollendet.
  • 3. Den dritten, auch hieher gehoͤrigen Con - greß, erzehet Quicciard. lib. 11. Hiſt. von Ludovico XII. in Franckreich, und Ludovi - co Sforzia Hertzog in Mayland, welcher letz - tere mit dem erſteren ſich durchaus zu keiner Zuſammenkunfft beqvemen wollen, es geſche - he dann ſelbige mitten in einem Fluſſe, und auf einer, mit einem Mittel-Geſchoß verwahreten Schiff-Bruͤcke, welche hindere, daß ihme Lu - dovicus XII. keinen Streich anbringen koͤnne. Aus dieſen angefuͤhrten Exempeln, derer es auch noch giebet, koͤnte des Bœcleri Meynung einiger maſſen Beyfall erhalten, allein man ſiehet auch zugleich aus dem zweyten hie vorge - brachtem Exempel, und wird es in folgenden mit mehrerem erſehen, daß die Congreſſus ho - her Potentaten ohne Furcht ſeyn, und gluͤcklich ablauffen koͤnnen, wenn ſelbige, ihrem hohenChara -151Hoff-Ceremoniel. Character gemaͤß, ſincera fide mit einan - der handeln wollen.

§. 6.

Einige Exempel dergleichen Zuſammen - kuͤnfften, in welchen faſt kein Ceremoniel obſer - viret, ſondern ſelbiges ſo gar weit bey Seiten ge - ſetzet worden, daß ein Potentate dem andern viel - mehr mit Hoͤfflichkeit zuvor kommen, als Com - petentz-Streit anfangen wollen, ſind auch zu finden, und zwar

  • 1. Jn der Perſon des Kayſers Henrici II. oder Sancti, und des Roberti Koͤniges von Franck - reich. Dieſe beyde Souverains hielten An. 1023. an der Maaſe (Meuſe) wo der Fluß Cher in ſelbige faͤlt, eine Zuſammenkunfft. die Miniſtres welche eine oder der andere bey ſich hatte, kunten oder vielmehr wolten ſich we - gen des Rangs und Ceremoniels nicht ver - gleichen, und kamen deswegen nicht, auſſer et - wan par rencontre zuſammen. Henricus aber, welcher in dieſer Entrevüe mehr das Eſſentiel als die Formalité ſuchete, als wel - che letztere ſo offt die wichtigſten Etats-Affai - ren, wo nicht gaͤntzlich zerriſſen, dennoch lange Zeit gehemmet: und aus welchen man heut zu Tage nicht nur bey den Souverains, ſondern auch wohl bey Leuten von gar maͤßigem Stan - de, und bey welchen ſich keine Meriten finden, den groͤſſeſten point d honneur machet, war als Kayſer der erſte, welcher mit einer kleinenK 4Svite152EuropaͤiſchesSvite uͤber die Maaße ſchiffete, und als er nur hinuͤber kommen war, ſo gleich den Koͤnig Ro - bert in ſeinem Apartement unangemeldet be - ſuchete, welcher ſich dieſer Kaͤyſerl. Viſite, nicht nur mit aller Civilité ſondern auch mit aller Magnificentz bedienete, indem er den Kayſer u. ihn begleitenden Hoff-Leute ſplendide an ſei - ner Tafel tractirete, und nach vollbrachter Mahl-Zeit ihme dergleichen koſtbahre Ge - ſchencke præſentirete, welche man in vorher - gehenden Zeiten nicht leicht geſehen, und einem anpraͤſentiret hatte. Henricus nahm von allen dieſen Præſenten nichts, als nur eine koſt - bar eingebundene Bibel, und ſeine Gemah - lin Cunigunda bloß ein paar Ohr-Gehencke an, und lieſſen aus Modeſtie und Eckel fuͤr den Vanitaͤten das uͤbrige alles zuruͤcke. Fol - genden Tages darauf, pasſirete Robert auch gemeldten Fluß, und verfuͤgete ſich zu dem Kaͤyſer Henrico, von welchem er hoͤflich, doch aber ohne alles Ceremoniel angenommen, ihme nebſt dem Tractament ein Geſchencke von mehr als 100. Pfund reinen Goldes an - gebothen, doch aber von Roberto nicht ac - ceptiret wurde, damit die Freundſchafft zwi - ſchen beyden nicht interesſiret ſchiene. Jn die - ſen zweyen Conferentien, wurde nicht nur ohne alle Ceremonien die Freundſchafft zwi - ſchen beyden retabliret, ſondern auch ein Frie -den153Hoff-Ceremoniel. den geſchloſſen, welcher 500. Jahr gedauret, dergleichen keiner mehr an Laͤnge und Daure geweſen.
  • 2. Jn der Perſon Kayſers Caroli V. und ſeines beſtaͤndigen Gegners Franciſci I. Dieſe zwey zu ihrer Zeit maͤchtigſte Potentaten, hielten bey - de vor noͤthig in hoher Peꝛſon zuſam̃en zu gehen, welches ſie auch An. 1538. zu Aigue Mortes in Langvedoc bewerckſtelligten, und zwar ſonder vieles Ceremoniel, auſſer daß Fran - ciſcus I. dem Carolo V. die Ehre zugeſtattete, daß er in dem Orte der Conferentz zu erſt mit ſeinem Schiffe anlaͤnden, und ihn hernach Franciſcus gleichſam als in ſeinem, nemlich des Kayſers eignem Territorio die erſte Viſi - te geben moͤchte, da ſich doch Carolus in dem Territorio des Franciſci befande. Solches geſchahe auch folgender Geſtalt, daß nachdem der Kayſer Carolus V. auf Einrathen des Conneſtable, ſein Schiff an den Port fuͤhren laſſen, kam Franciſcus I. nebſt dem Hertzoge von Lothringen und deſſen Bruder dem Car - dinal, zu des Kayſers Galere, da er ihnen dann biß zu dem Einſteigen des Schiffes entgegen gienge, welches dazumahlen den Kaͤyſerl. Pal - laſt repræſentiren muſte. Sie unterhielten ſich etwan eine Stunde mit einander, und fol - genden Tages ſpeiſete Carolus bey Franciſco und deſſen Gemahlin auf dem Lande, bliebeK 5auch154Europaͤiſchesauch ſelbige Nacht in der Stadt, des Tages darauf kam Franciſcus nochmahlen zu Ca - rolo in das Schiff, und nachdem ſie einander eines zugetruncken, ſchieden ſie mit vielem Vergnuͤgen wieder von einander, und nahm Carolus ſeine Reiſe nach Spanien.
  • 3. Das dritte Exempel eines auch gar in vielen Stuͤcken negligirten Ceremoniels, und zu - gleich gar noͤthigen Congreſſes hoher Poten - taten, welcher zwar der Zeit nach aͤlter als das vorher gehende, findet man in der Perſon Kay - ſers Maximil. I, Uladislai Koͤniges in Ungarn, und Sigismundi Koͤniges in Pohlen. Dieſe beyden Koͤnige hatte Maximil. I. nach Preß - burg zu kommen invitiret, umb die zwiſchen ihnen entſtandene Differentien abzuthun, welche ſich auch daſelbſt einfunden. Dan - nenhero Maximilianus ihnen eine viel groͤſſere Ehre, als ſonſt das Kayſerl. Ceremoniel nicht leiden wuͤrde, anthat; indem er ihnen von Wien aus biß Presburg entgegen fuhre, ſie daſelbſt beneventirete, ihnen die Hand bothe, und folgende Worte zu ihnen redete: Diß iſt der Tag, den der Herr gemacht hat, laſt uns lu - ſtig und froͤlich dabey ſeyn. Hat ſie darauf mit nach Wien genommen, allwo ſie beyſam - men luſtig und vertraulich gelebet, auch gute Freundſchafft und Frieden geſtifftet. Dieſe Hiſtorie erzehlet der Autor des Oeſterreichi -ſchen155Hoff-Ceremoniel. ſchen Lorber-Krantzes pag. m. 70., und ſchlieſſet ſelbige mit dieſen Worten: Sie (ſc. dieſe drey Majeſtaͤten) haben mit ihrem Exem - pel des Cominæi und etlicher Politicorum Ausſpruch wiederleget, daß groſſe Herren in ei - gener Perſon nicht leichtlich ſollen zuſammen kommen.

§. 7.

Nicht aber nur allein die alten, ſondern auch die neueren, und von uns erlebete Zeiten, ſind reich an Exempeln, daß Souverains in hoher Per - ſon zuſammen kommen, bey welchem Congreß doch das ſonſt uͤbliche Ceremoniel nicht ſo gar genau beobachtet, ſondern ſelbiges etweder ex civilitate uͤberſchritten, oder etwan aus genom - mener Abrede, und weil die Zuſammenkunfft nur en paſſant geſchehen, dermaſſen moderiret worden, daß man von keiner Seiten einige Præ - rogativam geſucht, ſonder ſich al Pari mit einan - der betragen. Weil aber dieſe in neueren Zeiten geſchehene Zuſammenkuͤnffte, theils in denen or - dinairen Zeitungen, als auch in den Monatli - chen Journals aufgemercket zu finden, die ſpeci - fique Erzehlung derſelben auch zu unſerm Vor - haben nicht erforderlich, ſo enthaͤlt man ſich billich, umb unnoͤthige Weitlaͤufftigkeiten zu vermeiden, derſelben Erzehlung.

§. 8.

Dieſes aber iſt bey dieſem Capitul noch unumbgaͤnglich zu erinnern, daß man daraus wahrnehme,

1: Wie156Europaͤiſches
  • 1. Wie das Ceremonien-Werck, wenn es die Noth erfordert, nicht allemahl ſo gar hoch geſpannet wird,
  • 2. Die alten Zeiten von den neueren in dem Ceremonien-Weſen ſo weit unterſchieden, als das hohe Alter von der zarten Jugend, oder eine alte Kleider-Mode von der heu - tigen,
  • 3. Die hier kuͤrtzlich erzehlete, und andere viel - faͤltige in der Hiſtorie befindliche Facta, dem bey einem oder dem anderen Hofe ein - gefuͤhretem Ceremoniel, ſo wenig in der Poſſesſione der Præcedentz præjudiciren koͤnnen, als wenig es etwan einem geehrte - rem Manne nachtheilig ſeyn kan, wenn er bey Hochzeiten dem Braͤutigam, bey Be - graͤbnuͤſſen den Leidtragenden die Ober - Stelle, welche ihme ſonſten fuͤr dem Braͤu - tigam und Leidtragenden gebuͤhret, zu - eignet.

Zweytes Capitel. Von denen Perſonen bey welchen die Prærogativa, und das dar aus flieſſen - de Ceremoniel am meiſten zu beobachten iſt.

§. 1.

Die Begierde oben anzuſitzen, oder denjenigen Ort, welchen man vielmahl nur ex -opini -157Hoff-Ceremoniel. opinione fuͤr den honoratiorem haͤlt, einzu - nehmen, iſt allen Menſchen ſo gemein und eine der - gleichen Paſſion, die ſich nicht nur bey Hof - und Weltleuten, ſondern auch bey denẽ mercken laͤſſet, welche wegen ihrer Profeſſion, oder auch wegen Nothdurfft, der Welt und ihrer Eitelkeit renun - ciret; es fehlet aber keinem an Beſcheinigungen ſeines Rechts, durch welches er ſuchet andern vor - gezogen zu werden, und wenn man vielmahl an ſich ſelbſt nichts findet, welches zulaͤnglich ſeyn koͤnte, ſich uͤber einen andern zu ſchwingen, ſo haͤlt man ſich an ſein Amt und Stelle, welche man be - kleidet, oder man will ſeinem kuͤnfftigem Succeſ - ſori, welchen man vielmahl ſo wenig als die An - tipodes kennet, und welcher vielleicht nicht ſo Ehren-begierig als ſein Anteceſſor, nichts ver - geben: ob man ſich gleich ſonſten kein Gewiſſen machet, ſeinem Nachfolger alles fuͤr dem Maule wegzunehmen, an welchem ihme mehr gelegen ſeyn koͤnte, als an dem eitelen Vorzuge.

§. 2.

Von dieſer alle Menſchen plagenden Præ - rogativa muß man in der Morale, hier aber nur von denen Perſonen handeln, welche notoriſch einen Vorzug fuͤr andern Menſchen haben, und alſo auch berechtiget, ſelbigen zu ſuchen und zu mainteniren.

§. 3.

Dieſer Perſonen ſind nun nicht mehr als zwey:

1. Die158Europaͤiſches
  • 1. Die Majeſtaͤten und ihnen gleich geachtete,
  • 2. Die von ihnen erkieſete Ambaſſadeurs oder Geſandten, zu welchen man auch die ſo ge - nenneten Vice-Roys und Gouverneurs groſſer Provinzien, jedoch nur in gewiſſem Abſehen zu ꝛechnen pfleget, maſſen dieſe letzt - gemeldete, nur im Territorio, nicht aber ex - tra territorium principis delegantis ih - ren Vorzug fuͤr andern unter ihnen ſtehen - den, die Ambaſſadeurs aber, ubique ihres Herrn Principalen Rang mainteniren koͤnnen, und muͤſſen.

§. 4.

Dieſer aber kan anders nicht fuͤglich kentlich und diſputirlich gemacht werden, als in Zuſammenkuͤnfften, denn wer immer alleine und zu Hauſe bleibet, kan ohne Contradiction eines andern, die Ober-Stelle nach eigenem Wohlge - fallen nehmen.

§. 5.

Wird alſo bey Ausuͤbung des Cere - moniels eine Zuſammenkunfft præſupponiret, welche dreyerley:

  • 1. Erſtlich, wenn Majeſtaͤten ſelbſt, ihnen glei - chende, oder auch in einer etwas mindere Dignitaͤt ſtehende Perſonen, in ſumma, wenn regierende Printzen, ſie moͤgen entwe - der Souverains oder nicht Souverains, an Wuͤrde gleich oder ungleich ſeyn, zuſam - men kommen,
2. Wenn159Hoff-Ceremoniel.
  • 2. Wenn zu dieſen itzt gemeldeten hohen Per - ſonen Geſandten geſendet werden,
  • 3. Wenn Geſandten allein, entweder von un - gefehr, oder vorſetzlich unter ſich zuſammen kommen, welches nicht nur an Hoͤfen, ſon - dern auch auf Friedens-Verſammlungen offt zu geſchehen pfleget.

§. 6.

Bey dergleichen Zuſammenkuͤnfften nun, kommt es ratione des Ceremoniels hauptſaͤch - lich darauf an, daß man darauf regardiret,

  • 1. welcher unter den Souverains an Dignitaͤt hoͤher als der andere, v. gr. ein Kayſer mit ei - nem Koͤnige, ein Koͤnig mit einem Chur - oder Souverainen Fuͤrſten ꝛc.
  • 2. Welcher unter beyden Wirth oder Gaſt, oder ob einer oder der andere, weder die Ob - ligation eines Wirthes noch Gaſtes re - præſentiren, ſondern in loco tertio zu - ſammen treten, da ſie beyde als Fremdlinge zu betrachten,
  • 3. Wie das Ceremoniel bey einem oder dem andern ex conſvetudine, poſſeſſione, pacto eingerichtet,
  • 4. Ob man nicht, ehe man zuſam̃en gehet, etwan zuvor einen Special-Vergleich getꝛoffen, mit was fuͤr Ceremonien man einander empfan - gen und beehren wolle, welche Specialia aber nicht dem gebꝛaͤuchlichem Ceremonielund160Europaͤiſchesund weniger dem tertio einigen Einbruch thun.

§. 7.

Wenn es ſich nun zutraͤget,

  • 1. Daß dignitate impares v. gr. ein Koͤnig Chur - oder anderer Fuͤrſt zu einem Kayſer, oder vice verſa, in ihren Reſidentien zu - ſammen kommen, ſo wird ein Koͤnig oder Churfuͤrſt von Kayſerl. Majeſtaͤt nicht mit ſo groſſen Ceremonien empfangen, als wenn der Kayſer zu einem Koͤnige, Chur - oder an - deren Fuͤrſten kaͤme. Denn der hoͤhere bedienet ſich ſtets eines dergleichen Cere - moniels, es ſey der Congreß in ſeinem territorio oder auch in loco tertio, bey welchem ſeine Prærogativa fuͤr dem andern kentlich bleibet, ob er ihm gleich im Ubrigen extraordinaire Civilitaͤt anthut: der Niedrige aber, er beſuche, oder werde be - ſuchet, muß allemahl ein dergleichen Cere - moniel geben oder annehmen, durch wel - ches er dem hoͤhern was zum Voraus laͤſſet.
  • 2. Dignitate pares v. gr. ein Koͤnig zu dem an - dern, ein Churfuͤrſt mit einem Churfuͤrſt, ein Landes-Fuͤrſt mit einem Landes-Fuͤrſten zu ſammen kommen, als welche Perſonen ein - ander gleich, ſo genieſſen ſie auch ein gleiches Ceremoniel v. gr. im Sitzen, Bedecken ꝛc. jedoch mit der Limitation, daß wenn einer Wirth, er dem Gaſte im Sitzen und Gehendie161Hoff-Ceremoniel. die Ober-Stelle zueignet, denn dieſes er - fordert zwar nicht Jus majoris dignitatis, ſed hoſpitalitatis.

§. 8.

Wenn die Zuſammenkunfft, ſonderlich unter gleichen in loco tertio geſchiehet, ſetzet es ſo wohl unter Potentaten ſelbſt, als auch derer Ambaſſadeurs mehr Diſpuͤt uͤber dem Ceremo - niel, als wenn einer zu dem andern in ſeine Reſi - dentz kommet, und da muß, im fall einer nicht poſſeſſione etwas zum Voraus hat, entweder die Zuſammenkunfft

  • 1. Vor abgeredet und reguliret werden,
  • 2. Per rencontre, oder
  • 3. Incognito geſchehen. Von einem und dem an - dern hat man Exempel, derer einige in dem vierdten und fuͤnfften Theil vorkommen werden.

§. 9.

Auſſer deme iſt wohl nicht zu laͤugnen, und haben wir auch bereits in vorhergehendem Capitel Exempel angefuͤhret, daß durch Civilitaͤt der rigor der Prærogativæ einige mahl tempe - riret, und der Congreß dadurch befoͤrdert und angenehm gemacht worden; allein, gleichwie die - ſe Civilité bey Souverains etwas gar extraor - dinaires, alſo machet auch ſelbige kein ordinai - res Ceremoniel. Deñ was man ex mera gratia & civilitate in faveur des einen gethan, darff deswegen ein anderer der eben ſo gut, als jenerLwar,162Europaͤiſcheswar, nicht prætendiren, weil die Gnade uñ Hoͤflig - keit kein actus, aus welchen ich conſvetudinem introduciren koͤnte, auch kein Pactum, ſondern ein ſo genenter actus meræ facultatis iſt, welchen man continuiren, oder unterlaſſen, und welcher nicht einmahl von deme, welchen man ſelbigen er - wieſen, als eine Schuldigkeit, weniger von einem andern gefordert werden kan. Zum Exempel: Es haͤtten Jhro Kayſerl. Majeſtaͤt, etwan wie die Zei - tungen von Regenſpurg de Anno 1714. vom 14. Martii meldten, dem Koͤniglichen Preußiſchen Herrn Envoyé Grafen von Dohna, die Gnade und Ehre gethan, ſelbigen in dero Retirade, wel - ches was ungewoͤhnliches, zu ruffen, auch als Jhro Kayſerl. Majeſtaͤt den Herrn Envoyé in der Anti-chambre anſichtig worden, ein wenig den Hut geruͤcket; ſo wird doch deswegen kein ande - rer Envoyé ſich auf dieſes Factum zu beruffen haben, weil es Kayſerlicher, wie auch einer jeden Majeſtaͤt, freyſtehet einem Envoyé, deſſen Vor - trag oder auch Perſon angenehm, mehr Gnade und Ehre, als er ſonſten zu prætendiren, anzu - thun; aber dergleichen extraordinaire Gnade ſchwaͤchet deswegen nicht die Regeln des ordi - nairen Ceremoniels ſondern talis exceptio a regula confirmat regulam in caſibus non ex - ceptis, und ſo ſich einer daruͤber beſchweren, oder es zur conſequentz anziehen wolte, koͤnte ihme etwan die Antwort werden: Sieheſtu darumbſcheel,163Hoff-Ceremoniel. ſcheel, daß ich ſo guͤtig bin, nimm was dein iſt, und gehe hin. Dieſes aber gehet wohl an, daß wenn man einem prudentia politica oder calliditate, einen Voꝛtheil im Ceremoniel abgelauffen, ſolche Calliditaͤt per actum poſſeſſionis interpretiret wird, im fall derjenige, in deſſen Præjuditz es ge - ſchiehet, nicht bey Zeiten proteſtiret, oder Gele - genheit ſuchet artem arte eludendi.

§. 10.

Damit nun alſo in dem Ceremonien - Werck, ſo diſputable und variable es ſonſten an ſich ſelber iſt, dennoch einige Ordnung gehalten werde, ſo hat heut zu Tage faſt ein jeder Hoff in Europa, ſo wie ſeine beſondere Einrichtung, In - tereſſe, und Charges, alſo auch ſein beſonderes Ceremoniel, von welchem er auſſer der hoͤchſten Noth oder Civilitaͤt, nicht leicht weichet. Es werden auch zu Handhabung deſſelben gewiſſe Officianten beſtellet, welche Ceremonien-Mei - ſter, oder auch Introducteurs genennet werden, derer officium darinnen beſtehet, die actus ce - remoniales nach dem Herkommen einzurichten, die fremden Ambaſſadeurs und Envoyés zu em - pfangen, zu der Audientz, und daruͤber ein richti - tiges Protocoll zu fuͤhren.

§. 11.

Gleich wie es aber eine allzuweitlaͤuff - tige Arbeit, oder auch wohl Unmoͤglichkeit ſeyn wuͤrde, die bey allen Hoͤfen etablirte Ceremo - niels hier anzufuͤhren, maſſen man der ſchrifftli - chen Verfaſſung derſelben (einige wenige, welcheL 2man164Europaͤiſchesman als MSc. zu ſehen bekommen, ausgenom - men) nicht theilhafftig werden kan; alſo wird es genug ſeyn muͤſſen und auch koͤnnen, wenn man in dieſem Syſtemate nur dasjenige anfuͤhret, welches fuͤr uns Deutſchen (als denen zu Gefallen dieſes Wercklein hauptſaͤchlich verfertiget worden) zu wiſſen am noͤthigſten.

Drittes Capitel. Was fuͤr ein Ceremoniel bey Zu - ſammenkunfft Kaͤyſerl. Majeſtaͤt, und eines Churfuͤrſten ge - woͤhnlich iſt.

§. 1.

Die Churfuͤrſten, ob ſie gleich Koͤnigen gleich geachtet werden, ſo haben ſie dennoch ein Haupt und Superiorem, nemlich den Roͤm. Kay - ſer, und zu Zeiten auch einen Roͤm. Koͤnig. Dero - wegen ſie den erſteren billich mehr verehren als alle andere Potentaten, und im Ceremoniel ihme etwas mehreres zueignen. Hingegen, weil Sie, die Churfuͤrſten, als Glieder des Roͤm. Kay - ſers, Mit-Participanten von deſſen Majeſtaͤt, und fuͤr Seulen des Roͤmiſchen Reiches geachtet werden, ſo genieſſen ſie auch fuͤr andern Fuͤrſten etwas beſonderes, und erwarten hinwiederumb von Kayſerl. Majeſtaͤt diejenige Wuͤrde und Ehre, welche das Haupt dieſen principalſten Glied - maſſen zu erweiſen gewohnet iſt, oder ſich anhei - ſchig gemacht hat.

§. 2. Sie165Hoff-Ceremoniel.

§. 2.

Sie genieſſen demnach dergleichen Præ - rogativ,

  • 1. Daß ſie bey Jhro Kayſerl. Majeſtaͤt die al - lernechſte Stelle nehmen, und zwar in einer Linie mit Derſelben.
  • 2. Laſſen ihnen bey Kayſerl. Croͤnung die Chur - Schwerdter, als ein Zeichen ihrer Souve - rainetaͤt durch den Erb-Marſchall vor - tragen,
  • 3. Sitzen in der Kirche, wie auch in vollende - tem Actu Coronationis, wenn Kaͤyſerl. Majeſtaͤt zum erſten mahl Tafel halten, in einem Zimmer, uͤber einem eigenen Tiſch, unter einem Baldachin,
  • 4. Reden gegen Kayſer mit bedecktem Haupte,
  • 5. Senden auch an dem Kayſer Ambaſſadeurs.

§. 3.

Wenn ein Churfuͤrſt in Perſon zu ihrer Kayſerl. Majeſtaͤt kommt, und Jhnen die Viſite abſtattet, ſo geſchiehet ſelbiges entweder,

  • 1. Auſſer der Kayſerl. Reſidentz, in den Comi - tiis oder bey einem Croͤnungs-Actu,
  • 2. Jn der Kayſerl. Reſidentz, da man denn ob - ſerviret, daß in dieſen zweyen unterſchiede - nen Orten, auch die Ceremonien in etwas unterſchieden.

§. 4.

Jn den Comitiis faͤhret der Churfuͤrſt, nachdem er die Audientz ausbitten laſſen, und ih - me eine Stunde zu ſelbiger gemeldet worden, mitL 3ſeinem166Europaͤiſchesſeinem Hoff-Bedienten, nach des Kayſers Lo - gement, in den Hoff des Hotels aber, faͤhret kei - ne Caroſſe der Churfuͤrſtl. Cavalliers, ſondern nur des Churfuͤrſten alleine.

§. 5.

Beym Ausſteigen aus der Caroſſe wird er von dem Kayſerl. Obriſten Hoff-Marſchall, oder Ober-Hoff-Meiſter, auch zu Zeiten von al - len beyden empfangen, durch die Anti-chambres, in derer letzteren die Kayſerlichen Miniſtri rangi - ret ſtehen, und die Churfuͤrſtl. ſich auch begeben, gefuͤhret.

§. 6.

Jn der letzten Anti-chambre, und faſt bey deren Eingange, empfangen Jhro Majeſtaͤt, welcher einige Miniſtri vortreten, den Churfuͤr - ſten, gehen aber dem Churfuͤrſten zur Rechten, und irgends ein paar Schritte zu vorhero in den Audientz-Saal.

§. 7.

Jn dieſem ſind die Seſſel, und zwar des Kayſers meiſtens von Gold - oder Silber-Brocat, des Churfuͤrſten aber von Carmeſin-Sammet, mit goldenen Frantzen bordiret: des Kayſers wird ſo geſetzet, daß er das Geſichte im ſitzen gegen die Thuͤre des Gemaches, des Churfuͤrſten aber ſtehet, ſeitenwerts, daß ſelbiger wo nicht den gantzen Ruͤcken, dennoch die eine Seite nach der Thuͤre kehret, des Kayſers Stuhl ruͤcket a l or - dinair der Oberſte Caͤmmerer, des Churfuͤrſten aber der Cammer-Herr, welcher die Aufwartung hat.

§. 8. So167Hoff-Ceremoniel.

§. 8.

So bald ſich beyde niedergelaſſen, be - decket ſich der Kayſer, und wincket hernach dem Churfuͤrſten ein gleiches zu thun, die Miniſtri aber gehen nach gemachten Reverentz aus dem Audientz-Zimmer, und wird die Thuͤre deſſelben, oder wenigſtens die Gvardinen zugezogen.

§. 9.

Wenn die in der Anti-chambre auf - wartende Cavalliers mercken, daß beyde aufſte - hen, wird die Thuͤre wieder eroͤffnet, und gehen ſeine Majeſtaͤt der Kayſer, zur Rechten dem Chur - fuͤrſten wieder in die Anti-chambre ein paar Schritte zuvor, und begleiten ſelbigen faſt biß zu der Thuͤre der Anti-chambre, bey welcher der Churfuͤrſt ſtehen bleibet, und dem Kayſer nach - ſiehet, biß er an der Thuͤre des Audientz-Zim - mers tritt, als dann noch einen Reverentz gegen den Kayſer machet, und ſich wieder nach ſeinem Wa - gen, in ſolcher Begleitung wie er recipiret worden, begiebet.

§. 10.

Wie es Kaͤyſerl. Majeſtaͤt mit einem Churfuͤrſten halten, ſo halten ſie es auch mit dem andern, weil ſie alle dignitate einander pares; doch wenn ein Churfuͤrſt mit dem Kayſer in naher Bluts-Verwandnuͤs ſtehet, dergleichen Philip Wilhelm Churfuͤrſt zu Pfaltz war, deſſen Frau Tochter Eleonoram Magdalenam, Leopol - dus I. zu ſeiner dritten Gemahlin hatte, daß alſo dieſer Churfuͤrſt des Kayſers Schwieger-Vater war; ſo pflegten Kayſerl. Majeſtaͤt im ſitzen undL 4gehen168Europaͤiſchesgehen etwas mehreres gegen ihm zu thun, darauf ſich aber ein ander Churfuͤrſt nicht zu beruffen hat.

§. 11.

Wann ein Churfuͤrſt die Kayſerin auf einem Reichs - oder Wahl-Tage, und alſo auſſer Wien beſuchet, ſo geſchiehet ſolche Viſite, meiſtens bald wenn man dem Kayſer die Seinige abgeſtat - tet, und ſo dann wird der Churſuͤrſt von der Kay - ſerin Ober-Hoff-Meiſter, bey dem Anfang des Qvartiers der Kayſerin, empfangen. Bey dem Eingang in das Gemach, empfaͤnget der Kayſerin Obriſte Hoff-Meiſterin den Churfuͤrſten, und etliche Schritte weiter hinein, die Kayſerin denſel - ben, welche ſich bald darauf nach dero Tiſch reti - riret, und manchmahl ſtehende, manchmahl auch ſitzende die Viſite annimmt.

§. 12.

Wenn die Viſite ſtehende geſchiehet, ſo nimmt die Kayſerin denjenigen Platz ein, daß ſie das Geſichte gegen die Thuͤre, der Churfuͤrſt aber den Ruͤcken gegen ſelbige wendet, im ſitzen iſt die Location eben ſo beſchaffen, nur mit dem Unterſcheid, daß der Kayſerin Stuhl von ihrem Ober-Hoff-Meiſter, des Churfuͤrſten aber nur von einem Cammer-Herren geruͤcket wird. Die Thuͤren werden nicht, wie bey dem Kayſer geſchloſ - ſen, ſondern bleiben offen, und meiſtens auch wohl die Ober-Hoff-Meiſterin der Kayſerin aufwar - tend, gegenwaͤrtig, ſo bedecket ſich auch kein Chur - fuͤrſt in Præſentz der Kayſerin, denn dieſes waͤrewie -169Hoff-Ceremoniel. wieder die Civilitaͤt, und Reſpect, welchen man dem Frauen-Zimmer ſchuldig.

§. 13.

Die Begleitung thut die Kayſerin, mei - ſtens ſo weit, als ſie den Churfuͤrſten empfangen, die Ober-Hoff-Meiſterin aber, gehet mit dem Churfuͤrſten biſt an die Treppe, und der Ober - ſte Hoff-Meiſter biß an des Churfuͤrſten Wa - gen.

§. 14.

Dafern ein Churfuͤrſt mit der Kayſerin in naher Blut-Fꝛeundſchafft ſtehet, ſo erzeiget ihme die Kayſerin etwas groͤſſere Civilité als einem andern, dergleichen that die noch lebende Kayſerin Eleonora Magdalena ihrem Herren Vater, dem Churfuͤrſten von der Pfaltz Philipp Wilhelm 1689. zu Regenſpurg, welchem ſie nicht allein weiter, als Chur-Maintz geſchehen war, entgegen gieng, ſondern ihn auch gar auſſer dem Audientz - Zimmer begleiten wolte, allein der Churfuͤrſt zoge ſelbſt die Thuͤre des Gemaches im heraus gehen zu, und kam der Hoͤfligkeit ſeiner Frau Tochter der Kayſerin mit Submisſion zuvor.

§. 15.

Die Gegen-Vſite Kayſerl. Majeſtaͤt, ſo ſelbige einem Churfuͤrſten zu thun, geſchiehet in Comitiis meiſtens folgender Geſtalt:

  • 1. Wenn der Churfuͤrſt mercket, daß Se. Kay - ſerliche Majeſtaͤt ſich ſeinem Qartier naͤ - hern, begiebet er ſich bey Zeiten an die Thuͤ - re des Pallaſts, und gehet biß dahin, wo der Kayſerl. Wagen halten, und der Kayſer ab -L 5ſtei -170Europaͤiſchesſteigen wird, reichet wohl gar Kayſerlicher Majeſtaͤt im Ausſteigen die Hand.
  • 2. So bald der Kayſer den Churfuͤrſten durch Abnehmung des Hutes gegruͤſſet, bedecket er ſich bey Eintrit in das Vor-Hauß wie - der, und wincket, oder heiſſet muͤndlich den Churfuͤrſten ein gleiches zu thun, der auch dann nach einigem Tempo des Kayſers Winck, ſich bedecket.
  • 3. Jm Aufſteigen der Treppen und durch die Anti-chambres, gehet der Churfuͤrſt dem Kayſer zur lincken Seiten, irgends einen, oder nach avenant ein paar Schritte, hinter demſelben.
  • 4. Beym Eintrit in das erſte Zim̃er nehmen ſie beyde die Huͤte ab, ſetzen ſelbige aber bald wieder auf.
  • 5. Jn dem Audientz-Zimmer wird die Stelle dem Kayſer unter einem Baldachin derge - ſtalt gegeben, daß er das Geſichte gegen die Thuͤre wendet, der Churfuͤrſt aber ſitzet ihme entweder e diametro gleich uͤber, oder etwas weniges Seit-werts.
  • 6. Der vornehmſte gegenwaͤrtige Miniſter des Churfuͤrſten, ruͤcket dem Kayſer den Stuhl, und ein Cammer-Herr dem Chur - fuͤrſten den ſeinigen.
7. Wenn171Hoff-Ceremoniel.
  • 7. Wenn die Viſite geendiget, geſchiehet der Ab - march mit gleichen Ceremonien als die An - kunfft war.

Vierdtes Capitel. Wie es mit einem Koͤnige von Un - garn oder Boͤhmen, und einem Chur - fuͤrſten, in Ablegung der Viſite gehalten wird.

§. 1.

Ob wohl die Churfuͤrſten Koͤnigen gleich geachtet werden, ſo haben doch die Koͤnige fuͤr ihnen den Vorzug, dannenhero ein Churfuͤrſt allerdings einem Koͤnige einige Præferentz einzu - raͤumen hat.

§. 2.

Wenn demnach ein Churfuͤrſt einen Koͤ - nig in Ungarn oder Boͤhmen (ſonderlich in Co - mitiis imperii) beſuchen will, ſo faͤhret der Chur - fuͤrſt mit ſeinem Leib-Wagen (die andren ſo ihn begleiten bleiben hauſſen) in den innerſten Hoff des Palais des Koͤniges, und wird von dem Koͤ - nigl. Ober-Hoff-Meiſter und Hoff-Marſchall, nebſt andern Cavaliers, hart an der Kutſchen em - pfangen, und alſo, daß ihm alle vortreten, die Stiegen hinauf gefuͤhret.

§. 3.

Der Koͤnig empfaͤnget den Churfuͤrſten oben an der Stiegen, occupiret aber ſtracks die rechte Hand, gehet auch zu erſt durch die Anti - chambres in das Audientz-Zimmer.

§. 4. Wenn172Europaͤiſches

§. 4.

Wenn es zum ſitzen kommt, ſo werden die Stuͤhle, und zwar des Koͤniges von ſeinem vornehmſten gegenwaͤrtigen Miniſter, des Chur - fuͤrſten aber von einem Koͤnigl. Cammer-Herren dergeſtalt rangiret, daß zwar beyde unter dem Baldachin ſtehen, und beyde Stuͤhle à bras ſind, jedoch iſt des Koͤniges magnifiquer als des Churfuͤrſten, und kehret der Koͤnig das Geſichte, der Churfuͤrſt aber den Ruͤcken gegen die Thuͤr.

Fuͤnfftes Capitel. Von den Ceremonien, wenn ein Churfuͤrſt zu Seiner Kayſerlichen Majeſtaͤt nach Wien kommet.

§. 1.

Es ſind in naͤheren Zeiten unterſchiedene Churfuͤrſten

    • 1. Bayern
    • 2. Sachſen
    • 3. Pfaltz
    in der Kayſerl. Reſidentz Wien erſchienen, und haben daſelbſt Jhro Majeſtaͤt dem Roͤm. Kayſer ihre Viſite ab - geſtattet, bey derer Reception man folgende Ce - remonialien gebraͤuchlich zu ſeyn obſerviret.

§. 2.

Einem ankommenden Churfuͤrſten, ſen - det Kaͤyſerl. Majeſtaͤt, einen Cammer-Herren (oder auch derer zwey, oder nebſt einem Cammer - Herren noch einen andern hohen Hoff-Offician - ten) auſſer der Stadt Wien, und einen Kayſer -lichen173Hoff-Ceremoniel. lichen Leib-Wagen, biß auf die halbe Meile, auch wohl etwas daruͤber entgegen.

§. 3.

Wenn der Churfuͤrſt ſich auff dem Kay - ſerl. Leib-Wagen der Stadt Wien naͤhert, ſo fahren Sr. Kayſerliche Majeſtaͤt (von dem Roͤm. Koͤnige, wenn einer verhanden accompa - gniret) dem Churfuͤrſten ein Feldweges auſſer Wien entgegen, und die Kayſerl. Miniſtri fahren alle auf ihren Caroſſen fuͤr dem Kayſer her, ſo daß niemand reitet, als diejenigen ſo zur Garde gehoͤ - ren, und die Edel-Knaben, oder auch Stall-Mei - ſter: Denn die Entreés zu Pferde ſind fuͤr dem Kayſer, Roͤm. Koͤnig, und Ertz-Hertzoge allein fuͤrbehalten.

§. 4.

Jndem ſich der Kayſer und die Chur - fuͤrſtl. Wagen einander naͤhern, und irgends noch biß auf dreyßig Schritte von einander entfer - net ſeyn, ſteiget der Churfuͤrſt aus dem ſeinigen, und gehet dem Kayſer zu Fuß entgegen, inzwi - ſchen aber, bevor der Churfuͤrſt an die Kayſerliche Caroſſe gelangen kan, ſteiget Kayſerl. Majeſtaͤt auch aus ihrem Wagen, und complimentiren einander ſtehende, jedoch machet der Churfuͤrſt mehrere ceremonias ſubmiſſionis als der Kayſer.

§. 5.

Nimmt der Kayſer ſodann den Churfuͤr - ſten auf ſeinen Wagen, jener ſteiget aber (wie auch der Roͤm. Koͤnig wenn er gegenwaͤrtig) zu erſt in denſelben, ſetzet ſich oben, und der Churfuͤrſtunten174Europaͤiſchesunten an, nemlich in dem fond du Caroſſe, und wenn ſich Kayſerliche Majeſtaͤt bedecket, wincken ſie dem Churfuͤrſten, daß er ein gleiches thue.

§. 6.

So bald ſie alſo mit einander in der Kayſerl. Burg, oder Favorita angelanget, ſteiget der Churfuͤrſt zuerſt aus dem Wagen, und gehet (wie auch der Roͤm. Koͤnig) dem Kayſer auf der Stie - gen, und durch die Anti-chambres biß an die Re - tirade, mit entbloͤßetem Haupt zuvor, der Kayſer aber bedecket ſich, entbloͤſſet aber dann und wann im gehen das Haupt.

§. 7.

Jn dem Audientz-Zimmer oder auch Re - tirade, nimmt der Kayſer nicht nur allein die Ober - Stelle, ſondern deſſen Stuhl iſt auch von koſtbah - rerem Etoffe, meiſtens von drap d’or, des Chur - fuͤrſten aber von Sammet, und mit Frantzen ge - zieret, doch ſind beydes chaiſes à bras, oder fau - teilles.

§. 8.

Wenn der Churfuͤrſt nach einiger Un - terredung, aus der Kayſerl. Retirade oder Au - dientz-Zimmer (wie wohl man bey dergleichen Viſiten ſich mehr in der Retirade als Audientz - Saale entreteniret) wieder hinweg gehet, be - gleitet ihn der Kayſer meiſtens biß an die Thuͤre der andern Anti-chambre, und nachdem ſie an ſelbiger einander noch einen Reverentz gemacht, kehret der Kayſer wieder umb, der Churfuͤrſt aber ſiehet dem Kayſer nicht nach, wie er ſonſten in de - nen Comitiis zu thun pfleget. Woraus einigermaſ -175Hoff-Ceremoniel. maſſen erſcheinet, daß die Majeſtaͤt eines Roͤm. Kayſers in denen Comitiis und Wahl-Tagen mit mehrerer Veneration verehret wird, als auſſer denſelben, vermuthlich weil ſelbige in me - dio ſtatuum germaniæ mit mehren Eclat er - ſcheinet als anders wo.

§. 9.

Speiſer ein Churfuͤrſt mit dem Kayſer, ſo

  • 1. Geſchiehet ſelbiges, umb alle Difficultaͤten der Ceremonien zu vermeiden, auf der ſo genenten Seiten oder Qvartier der Kayſerin, da denn die Bedienung der Tafel von lauter Hoff - Dames verrichtet wird. Denn weil die Ge - ſandten und Abgeſandten auswaͤrtiger Poten - tien, dem Kayſer, wenn er en ceremonie ſpeiſet, aufzuwarten, und nun einige darunter zu ſeyn pflegen, die von den Majeſtaͤten und Souverains mit dem charactere repræſen - tativo gezieret ſind, ſo weigern ſich dieſe bey einer Tafel zu ſtehen, wo ein Churfuͤrſt, an wel - chen ſie nicht geſandt worden, ſitzet.
  • 2. Jſt die Rangierung an der Tafel alſo beſchaf - fen, daß
  • 1. Der Kayſer mitten an der Ober-Seiten der Tafel ſitzet,
  • 2. Jhme zur Rechten die Kayſerin,
  • 3. Zur Lincken der Roͤm. Koͤnig,
  • 4. Auf der rechten Seiten der Tafel die Ertz - Hertzoginnen,
5. Auf176Europaͤiſches
  • 5. Auf der lincken der Churfuͤrſt, waͤre aber keine Ertz-Hertzogin gegenwaͤrtig, ſo wuͤrde der Churfuͤrſt an dieſelbe Seite ge - ſetzet. Man giebet aber dem Churfuͤrſten er ſitze wo er wolle, eine Fauteuil.
  • 3. Jndem es der Kayſer dem Churfuͤrſten zutrin - cket, ſtehet der Churfuͤrſt auf, neiget ſich tieff, und bleibet ſo lange ſtehen, biß daß der Kayſer getruncken, ob auch gleich ſchon, wie zu geſche - hen pfleget, Kayſerl. Majeſtaͤt dem Churfuͤr - ſten, daß er ſich niederlaſſen ſolle, winckten.
  • 4. Wenn auch der Churfuͤrſt des Kayſers Ge - ſundheit trincket, thut er ſolches ſtehende, nei - get ſich vor und nach dem Trunck gantz tieff, der Kayſer aber bleibet ſitzen, und bedancket ſich durch einige Neigung. Des Roͤm. Koͤ - niges Geſundheit trincket der Churfuͤrſt ſitzen - de, wenn ihme aber der Koͤnig zutrincket, er - hebet ſich der Churfuͤrſt in etwas von dem Stuhl.
  • 5. So bald das Confect von der Tafel abgenom - men wird, ſtehet der Churfuͤrſt auf, machet ge - gen dem Kayſer einen tieffen Reverentz, wel - cher ſich mit neigen bedancket, und ſitzen blei - bet. Alsdann tritt der Churfuͤrſt hinter den Kayſer, da er denn von einer Dame eine zu - ſammengelegete Serviette bekommt, welche er entweder von hinten zu dem Kayſer auf die Tafel leget, oder ſelbige dem Roͤm. Koͤnig,wenn177Hoff-Ceremoniel. wenn er gegenwaͤrtig, præſentiret, der ſie denn ferner dem Kayſer vorleget. Der Kayſer nimmt ſelbige mit Neigen an, und breitet ſie ih - me ſelber aus, und nachdem ihme folgendlich eine Dame das Waſſer gegeben, trocknet er die Haͤnde an ſolche Serviette. Jn Aug - ſpurg ſtehen die Churfuͤrſten von der Tafel auf, wenn das Confect noch auf der Tafel ſtehet.

§. 10.

So offt ein in Wien ſich eine Zeit auf - haltender Churfuͤrſt dem Kayſer eine Viſite gie - bet, wird er, wenn er in den Hoff gefahren, beym Ausſteigen aus der Caroſſe, von einigen vorneh - men Kayſerl. Hoff-Cavalliers, von dem Kayſer ſelbſt aber, in der Mitten, oder auch wohl an der Thuͤre der zweyten Anti-chambre empfangen, und in dem Audientz-Saal, jedoch alſo, daß der Kayſer dem Churfuͤrſten zur rechten Hand, und einen oder zwey Schritte zum voraus gehet, ge - fuͤhret. Jm Sitzen bey der Conferentz nimmt der Kayſer die Ober-Stelle gerade gegen der Thuͤren zu, und der Churfuͤrſt ſitzet ihme faſt e diametro gleich uͤber, wenn ſich der Kayſer be - decket hat, wincket er dem Churfuͤrſten ein gleiches zu thun. Bey dem Abſchied wird es wieder wie bey dem Empfang gehalten.

§. 11.

Beſuchet der Kayſer einen in Wien logirenden Churfuͤrſten wieder, wird jener von dieſem an der Caroſſe mit einem tieffen Spani - ſchen Reverentz empfangen, und gehet der Chur -Mfuͤrſt178Europaͤiſchesfuͤrſt die Treppen hinauf, und durch die Anti - chambres voran mit entbloͤßtem Haupte. Jn dem Conferentz-Gemach wird Kaͤyſerlicher Majeſtaͤt eine Fauteuille von drap d’or, dem Churfuͤrſten ein dergleichen Stuhl von rothen Sammet, von eines jeden Ober-Cammer-Her - ren geruͤcket, des Kayſers oben, des Churfuͤrſtens unten an. Wenn ſich der Kayſer bedecket, ſo giebet er dem Churfuͤrſten einen Winck ſich auch zu be - decken, der auch dann ſolches thut, jedoch nach Gelegenheit der Umbſtaͤnde den Hut wieder ab - ziehet. Wenn die Conferentz worbey, und der Kayſer von dem Churfuͤrſten wieder Abſchied nimmt, gehet der Churfuͤrſt abermahl biß an die Caroſſe voran, und zwar unbedeckt, der Kayſer aber bedecket ſich in waͤhrenden gehen, ziehet aber den Hut manchmahl einiges Tempo in den Anti - chambres oder auch auf der Treppen ab. Beym Einſteigen des Kayſers in die Caroſſe, machet der Churfuͤrſt einen tieffen Spaniſchen Reverentz, der Kayſer nur einen Frantzoͤſiſchen, und wenn die Caroſſe abfaͤhret, machet der Churfuͤrſt noch einen Reverentz auff Spaniſche Manier, dargegen ſich der Kayſer in der Caroſſe ſitzend neiget.

Sech -179Hoff-Ceremoniel.

Sechſtes Capitel. Ein Churfuͤrſt mit einem andern Churfuͤrſten.

§. 1.

Die Churfuͤrſten, weil ſie Koͤnigen gleich geachtet werden, ſo empfahen ſie auch einander, wann ſie entweder

    • 1. Auf einem Wahl-Tage
    • 2. Auf einem Reichs-Tage
    • 3. Jn ihren Reſidentien
    und anderswo zuſammen kom - men, mit faſt Koͤniglichen Ceremonien.

§. 2.

Weil nun unter ihnen als Churfuͤrſten und Membris eines Collegii keine differentia dignitatis ſed tantum ordinis, und ſie alſo alle an Wuͤrden und Hoheit einander gleich, ſo ge - ſchiehet es auch, daß der letzt angekommene, wenn er auch gleich der letzte in der Ordnung waͤre, von dem erſt angekommenen, ſo bald er ſeine Ankunfft gehoͤriger maſſen melden laſſen, die erſte Viſite bekommt.

§. 3.

Wenn nun die Kutſche des Beſuchen - den, in den Hoff des Churfuͤrſten, welchen er be - ſuchet gefahren kommt, empfaͤngt der andere Churfuͤrſt dieſen an der Caroſſe, und giebet der Wirth dem Gaſte im Gehen und an der Tafel die rechte Hand. Der Fremde gehet bey Eintritt in ein Zimmer ſtets zuvor in daſſelbe, ſetzen ſich un - ter einem Dais beyde einander gleich uͤber, in glei -M 2che180Europaͤiſchesche chaiſes à bras, und bedecken ſich auch bey - de in einem Tempo. Bey dem Weggehen be - gleiten ſie einander ſolcher Geſtalt, wie bey dem Empfang, und bleibet der Einheimiſche, wenn der Fremde abfaͤhret, ſo lange mit entbloͤßtem Haupte ſtehen, der andere aber in ſeiner Kutſchen auch un - bedeckt, biß ſie einander nicht mehr ſehen koͤnnen.

Siebendes Capitel. Ein Churfuͤrſt mit einem Ertz - Hertzogen von Oeſterreich.

§. 1.

Mit dieſen wird es wegen des Hauſes Alter und Præeminentz, weil bey 300. Jahren her und daruͤber, ſolches in continua ſerie das ſeminarium geweſen, aus welchen man die Roͤm. Koͤnige geholet, und anbey mit beſondern Privilegiis verſehen iſt, faſt ſo als zwiſchen Chur - fuͤrſt und Churfuͤrſt gehalten, nur daß darinnen eine kleine Differentz geſuchet wird, daß ein Chur - fuͤrſt ſich etwas eher bedecken will als ein Ertz - Hertzog, worinnen doch zu Zeiten auch eine Gleich - heit in Obacht genommen worden, in loco ter - tio aber, wenn ein Ertz-Hertzog mit einem Chur - fuͤrſten zuſammen kommen, ſo hat der Churfuͤrſt die Stelle und Præcedentz fuͤr einem Ertz - Hertzoge.

Achtes181Hoff-Ceremoniel.

Achtes Capitel. Ein Churfuͤrſt mit eines Koͤniges Bruder.

§. 1.

Die Zuſammenkunfft dieſer zwey Per - ſonen kan auf folgende Art erfolgen:

  • 1. Jn dem Roͤmiſchen Reich auf Wahl - oder Reichs-Tagen,
  • 2. Auſſer demſelbem und zwar in dem Lande wo der Bruder (des Koͤniglichen Bruders) Koͤnig iſt,
  • 3. Jn der Reſidentz eines Churfuͤrſten,
  • 4. Jn loco tertio, wo der Churfuͤrſt und Koͤ - nigl. Bruder Fremdlinge ſind.

§. 2.

Wie nun generaliter ein Churfuͤrſt, darumb weil er Koͤnigen gleich geachtet wird, und ins beſondere alle Jura Majeſtatica in ſeinem Lan - de exerciret, daran ein Koͤniglicher Bruder kein Theil hat, dem Bruder eines Koͤniges vorgezo - gen wird, alſo wird wenn ein Koͤniglicher Bruder

    • 1. Sich auf einem Wahl-Tage oder Reichs-Tage
    • 2. Jn der Reſidentz eines Chur - fuͤrſten
    einfindet,

das Tractament nicht anders ſeyn, als wenn ein Churfuͤrſt zu dem andern kaͤme.

§. 3.

Wenn aber ein Churfuͤrſt in dem Lande, wo der Koͤnigliche Bruder nebſt dem KoͤnigeM 3wohn -182Europaͤiſcheswohnhafft, ſich einfindet, ſo wird dem Koͤniglichen Bruder die Stelle fuͤr dem Churfuͤrſten asſigniret, wenn ſonderlich der Koͤnigl. Bruder proximus in der Succeſſion nach dem Abſterben des Koͤni - ges waͤre, dergleichen vormahls Carolus VI. war als Joſephus noch lebete. Denn die Erb-Prin - tzen genieſſen eine mehrere Prærogative als die andern, wie man an Jhro Hoheit dem Pfaltz - Grafen, welcher anitzo Stadthalter in Tyrol, und zugleich des Pfaͤltziſchen Churfuͤrſten Herr Bruder und Chur-Printz iſt, wahrnehmen kan. Dergleichen man an dem Churfuͤrſten von Coͤln und Duc d Orleans gewahr worden, welches auch verurſachet, daß ein Churfuͤrſt entweder gar nicht nach Hofe kommt, umb zu verhuͤtten daß er mit den Koͤnigl. Bruͤdern nicht concurrire, wie zu unſerm Zeiten Chur-Baͤyern gethan, oder er beſuchet den Hoff incognito, welches letztere das beſte Mittel, wenn man wegen ſeines Intereſſe den Hoff nicht meiden kan.

Neundtes Capitel. Ein Churfuͤrſt mit einem Reichs - Fuͤrſten.

§. 1.

Man pfleget bey der Reception eines Reichs-Fuͤrſten darauff acht zu haben, ob

  • 1. Der Reichs-Fuͤrſt maͤchtig,
  • 2. Er ein Anverwandter des Churfuͤrſten,
3. Ob183Hoff-Ceremoniel.
  • 3. Ob von beyden keines bey dem Reichs - Fuͤrſten befindlich? und krafft dieſes Unter - ſcheides, pfleget auch das Ceremoniel un - ſchiedlich zu ſeyn.

§. 2.

Dem Reichs-Fuͤrſten von den erſten, zwey Arten, pfleget ein Churfuͤrſt auſſer ſeiner Reſidentz einen Fleck Weges entgegen zu fahren, und ihn zu beneventiren, er wird auf des Chuꝛfuͤr - ſten Wagen genom̃en, ihm die Ober-Stelle gege - ben, und er in das Churfuͤrſtl. Schloß logiret. An der Tafel hat er abermahl die Ober-Stelle, wel - che doch einige Reichs-Fuͤrſten dann und wann nicht acceptiren wollen, dergleichen der Pfaltz - Graff von Simmern, bey dem Churfuͤrſten von der Pfaltz gethan. Wenn der Reichs-Fuͤrſt von der Churfuͤrſtl. Reſidentz wieder abgehet, wird er entweder wieder fuͤr das Thor, und ſo weit hinaus als wo er empfangen worden, begleitet, oder wenn das Wetter oder andere Zufaͤlle ſolches hindern, ſo begleitet ihn der Churfuͤrſt biß an den Wagen, bleibet aber ſelten biß zur Abfarth bey ſelbigen ſtehen.

§. 3.

Wenn ein Appanagireter Reichs-Fuͤrſt, ob er gleich von einem maͤchtigen Hauſe waͤre, und der nicht ſeſſionem & votum in Comitiis hat, zu einem Churfuͤrſten kommet, wird er mit viel minderen Ceremonien, und etwan von dem Churfuͤrſten an der Ober-Stiegen empfangen,M 4ihme184Europaͤiſchesihme auch an der Tafel und ſonſten, nicht die rech - te Hand gegeben.

§. 4.

Auff Wahl - und Reichs-Tagen geben die Reichs-Fuͤrſten den Churfuͤrſten, ob gleich die viel eher ankommen ſind, die erſte Viſite, welches unter ihnen alſo abgeredet und verglichen, und der Vergleich von dem Kayſer confirmiret worden.

Zehendes Capitel. Ein Churfuͤrſt mit einem Fuͤrſtl. Printzen.

§. 1.

Die Fuͤrſtl. Printzen ſind in zweyerley Conſideration, als

  • 1. Erb-Printzen, welche, ob ſie gleich mino - rennes, dennoch, ſo bald der Herr Vater verſtorben, die Regierung uͤberkommen.
  • 2. Cadets, welche an der Regierung non niſi a longinquo theil haben.

§. 2.

Wenn nun ein Erb-Printz, (ſonderlich der ſchon majorennis und ſeine Reiſen voll - bracht) einem Churfuͤrſten die Viſite abſtattet, wird er von dem Churfuͤrſten unten an der Stie - gen empfangen, und in das Gemach gefuͤhret, je - doch dergeſtalt, daß der Erb-Printz im gehen und ſitzen bey der Tafel dem Churfuͤrſten unten gehen und ſitzen muß.

§. 3.

Die Cadets, weil ſelbige als Untertha - nen oder Vaſallen desjenigen regierenden Fuͤr -ſten,185Hoff-Ceremoniel. ſten, deſſen Hauſe ſie zugehoͤren, gehalten werden, empfaͤnget ein Churfuͤrſt nur oben an der Trep - pen, wird auch gar ſelten (wo er nicht ein Freund des Churfuͤrſten, oder von einem gar maͤchtigen Hauſe waͤre) mit an die Churfuͤrſtl. Tafel ge - nommen, ſondern in ſeinem Qvartier auf des Churfuͤrſten Unkoſten, oder an der Tafel des Chur-Printzens, wann einer vorhanden, ge - ſpeiſet.

§. 4.

An dem Chur-Pfaͤltziſchen Hofe pfleget man einem Fuͤrſtl. Cadet dem Chur-Printz an der Tafel vorzuſetzen, von Chur-Brandenburg aber geſchiehet ſolches nicht, vermuthlich wegen der Souveraineté uͤber Preuſſen, oder ja, weil es niemahlẽ an dieſem Hofe braͤuchlich geweſen. Der Pfaltz-Graf von Saltzbach, hat zwar den Rang uͤber den Chur-Brandenburgiſchen Erb-Printzen prætendiret, aber nicht erhalten, und iſt deswegen nicht wieder dahin kommen. So iſt auch dem Koͤnig William, als er noch Printz von Oranien war, und ſich in dem Churfuͤrſtl. Hofe Branden - burg eine Zeit aufhielte, dieſe Stelle nicht gegeben worden. Ja es cediren dieſe Chur-Printzen kei - nem extraordinair-Envoye, wie man an dem Baron de Goes geſehen. Dem Printz von Heſ - ſen hat man einſten die Stelle uͤber den Chur - Printzen gelaſſen, weil er bald nach ſeiner Majo - rennitaͤt die Regierung antreten ſolte.

M 5Eilff -186Europaͤiſches

Eilfftes Capitel. Ein Churfuͤrſt mit einem Biſchoff.

§. 1.

Mit dieſem halten es die Churfuͤrſten, als mit denen regierenden Reichs-Fuͤrſten, daß ſie ſel - bige nemlich ein Stuͤck, meiſtens ein Viertel-we - ges fuͤr der Stadt empfangen, in ihren Wagen nehmen, und ihme darinnen, wie auch im ge - hen, und ſitzen an der Tafel die Ober-Hand ge - ben: welches aber doch nicht durchgehends al - len geſchiehet, denn man hat acht, ob der Biſchoff aus einem alten Fuͤrſtl. Hauſe, oder nur von min - derer Extraction ſey, it. ob ſein Bißthumb mit be - ſonderen Prærogativen qualificiret.

Zwoͤlfftes Capitel. Ein Churfuͤrſt mit einem Grand d Eſpagne, de Portugal, oder mit einem Duc und Pair de France, oder Woywoden aus Pohlen.

§. 1.

Wenn ein bergleichen Herr an einen Churfuͤrſtl. Hoff fuͤr ſeine eigene Perſon (nicht in qualité eines Geſandten) kommet, wird er mit der Churfuͤrſtl. Leib-Kutſche abgeholet, in den inneren Hoff gefuͤhret, da ihn der Marſchall mit etlichen Cavalliers empfaͤnget, Jhro Churfuͤrſt - liche Durchlauchtigkeit empfangen ihn an der Thuͤre der Anti-chambre, fuͤhren ihn in den Au -dientz -187Hoff-Ceremoniel. dientz-Saal, geben ihme aber nicht die Ober - Stelle.

§. 2.

Jm Anreden gebrauchet ſich der Chur - fuͤrſt des pronominis conjunctivi perſonalis in der dritten Perſon, und heiſſen ihn, Sie, wel - ches weniger iſt als Eure Liebden, und mehr als Herr Graff. Waͤre aber der Grand ein Her - tzog von Gebluͤt, ſo wuͤrde man ihme das Wort, Euer Liebden, allerdings beylegen.

§. 3.

Die Grands primi ordinis, weil ſie das Recht haben, ſich in Gegenwart ihrer Koͤnige zu decken, ſo unterlaſſen ſie es auch nicht bey den Churfuͤrſten zu thun. Wenn es aber nur Grands ſecundi oder tertii ordinis ſind, duͤrffen ſie ſich nicht eher decken biß ſie der Churfuͤrſt dazu invi - tiret.

§. 4.

An der Tafel giebet man ihm eine chaiſe à bras, jedoch ſitzet er unter dem Chur - fuͤrſten an einer Seiten der Tafel, und ob man ihme auch gleich das Waſſer præſentiret, nimmt er es doch nicht an.

§. 5.

Die Chur-Printzen weichen ihnen auch nicht, weder im gehen noch ſitzen, und wuͤrden eher von der Tafel und ihrer Converſation bleiben, als ihnen eine dergleichen Præjuditz verſtatten.

Drit -188Europaͤiſches

Dritter Theil. Von Abſendung und Zuſammen - kunfft der Geſandten und Abgeſandten.

Proœmium.

§. 1.

WEil es rar, und vielmahl unmoͤglich, (ſonderlich was die Souverainen Re - publiqven betrifft) daß die Majeſtaͤten, und ihnen gleichende Perſonen zuſammen kommen koͤnnen, ſo werden die unter ihnen abzuſtattende Viſiten und vorfallende Negotia durch Geſandſchafften verrichtet.

§. 2.

Dieſe nun werden geſendet, entweder

  • 1. An einen Hoff eines Souverainen, oder
  • 2. Jn locum tertium, welches meiſtens auff den Frieden-Schluͤſſen, heut zu Tage gar ſelten auf Conciliis geſchiehet,

§. 3.

Wie ſelbige an dieſem oder jenem Hoffe angenommen werden, oder wie ſie ſich ſelbſten unter einander zu empfangen pflegen, werden wir in folgenden Capiteln hoͤren, zuvor aber, was ein Geſandter, und wie viel Arten derſelben ſind, auch was ſonſten zu dieſer Function gehoͤrig, verneh - men muͤſſen.

Erſtes189Hoff-Ceremoniel.

Erſtes Capitel. Von denen Geſandten und ihrer Eintheilung uͤberhaupt.

§. 1.

Was den Henricum Wotton, Groß - Britaniſchen Geſandten, und Drexelium be - wogen, und wie ſie ſich zu juſtificiren haben moͤchten, daß ſie einen Geſandten alſo definiret, Legatus eſt vir bonus peregre miſſus ad men - tiendum reipublicæ cauſa, weiß man nicht, haͤlt aber die Deſcription eines Geſandten, wel - che Quicciardinus gemacht, fuͤr viel beſſer, denn dieſer nennet ſie, lange Haͤnde, Augen, und Oh - ren der Souverainen, welches mit ihrem Thun gar wohl uͤbereintrifft.

§. 2.

Bey dieſer Art Leuten, muß man nun acht haben auff die Perſon

  • 1. Des Sendenden, welcher das Jus Legatum mittendi hat, entweder
  • 1. Aus dem Voͤlcker-Recht, dergleichen alle Souverains beſitzen,
  • 2. Aus dem Buͤrgerlichen Recht, derglei - chen die Staͤnde des Roͤm. Reiches vi Ju - ris ſuperioritatis beſitzen.
  • 2. Des Geſandten, denn dieſe ſind entweder,
1. Un -190Europaͤiſches
  • 1. Unterſchieden wegen
    • 1. Jhrer Dignitaͤt, weil man einige abſendet
      • 1. Mit einem Rang, und zwar
        • 1. Cum charactere repræſentativo, welche hernach Ambaſſadeurs, Bothſchaffter, Geſandten, Legati genennet, und in
        • 1. Ordinarios &
        • 2. Extraordinarios getheilet wer - den,
        • 2. Ohne charactere repræſentati - vo, dieſe nennet man Envoyés oder Abgeſandten, ablegatos.
      • 2. Sonder Rang, die Reſidenten, Agenten, Conſuls.
    • 2. Jhrer Verrichtung, maſſen einige
      • 1. Functiones excubitorias, oder Etats - affaires zu verrichten v. gr. Alliances, Commercien-Tractate, Frieden zu - ſchlieſſen,
      • 2. Functiones officioſas abzuſtatten, ent - weder
        • 1. Zu gratuliren, wegen einer Vermaͤh - lung, Geburth, Victorie, Succeſſion in der Regierung: wie denn der Roͤm. Pabſt dergleichen Succeſſions-Gra - tulationes von allen Catholiſchen Po - tentaten, nach ſeiner Erhoͤhung auf den Paͤbſtl. Stuhl der maſſen prætendi -ret,191Hoff-Ceremoniel. ret, daß er nach Quicciardini Bericht auf den Koͤnig in Spanien, als er ihme nicht in gewoͤhnlicher Zeit einen Geſand - ten zu Ablegung der Gratulation geſen - det, ſehr unwillig worden. Es pflegen auch die Catholiſchen Majeſtaͤten, ihre Er - hoͤhung zu der Koͤnigl. Wuͤrde dem Pabſt durch eine Geſandſchafft notificiren zu laſſen, welche man legationes obœdi - entiæ nennet, dergleichen 1633. den 6. Decemb. der Hertzog von Oſſelin von wegen des Koͤniges in Pohlen Vladis - lai VI. verrichtete, und dieſen Vortrag thate: Vladislaus Koͤnig in Pohlen uͤber - giebet ſich, ſeine Reiche und Waffen ſei - ner Heiligkeit, præſtiret ſeine Obœdientz, und verſpricht von der Autoritaͤt und Hochachtung des heil. Stuhls niemah - len abzuweichen. Jhro Roͤmiſchen Kay - ſerlichen Majeſtaͤt Caroli VI. Ambaſſa - deur, Se. Excellentz, der Marquis de Prie, wurde zu Ende des 1713. Jahres, von hoͤchſtgedachter Kayſerlichen Maje - ſtaͤt beordret, auch die legationem obœdientiæ bey Pabſt Clemente XI. abzulegen, und weil dieſer Kayſerliche Miniſter ſchon geraume Zeit in Rom in der Qualité eines Ambaſſadeurs gelebet, hielte er bey Paͤbſtl. Heiligkeit an, daßman192Europaͤiſchesman ihm bey Ablegung der legationis obœdientiæ diſpenſiren moͤchte, daß er nicht allererſt in Rom eine neue Entrée halten duͤrffte. Endlich erfolgete auch A. 1714. den 16. Febr. dieſe Legation, welche hochgedachter Herr Ambaſſadeur bey Paͤbſtl. Heiligkeit ablegete, und Jhr in Ge - genwart der Cardinaͤle Palucci, Albani, Sacripanti, Cada, Imperiali, und Co - lonna die Kayſerl. Credentiales uͤber - reichete, darauf ihme der Pabſt ein Breve zuſtellete, in welchen Kayſerl Majeſtaͤt das Recht zugeſtanden wurde, ein eintziges mahl, jedoch ohne alle Conſequentz, mit denen in dem Roͤm. Reich vacirenden Be - neficiis Eccleſiaſticis zu diſponiren, wel - ches vormahlen allen Kayſern bey Antre - tung ihrer Regierung zwar verſtattet, aber von Zeiten Kayſers Rudolphi an von den Paͤbſten war aufgehoben, nunmehro aber in der Perſon itzt regierender Kayſerlichen Majeſtaͤt Caroli VI. wiederum poſtli - minio reſtituiret worden.
        • 2. Zu condoliren wegen Abſterben oder an - derer Trauer-Faͤlle, deſſen man ſchon ein gar altes, jedoch ſchrifftmaͤßiges Exem - pel an dem Koͤnige David findet, welcher an den Ammoniter Koͤnig, ihme wegen des Abſterbens ſeines Vaters zu condo -liren193Hoff-Ceremoniel. liren, Geſandte abgeſchickt. Der neuen Exem - pel findet man in den Zeitungen alle Jahre zur Gnuͤge.
        • 2. Einerley ratione
  • 1. Finis, weil ein jeder, er ſey Ambaſſadeur, oder Envoyé, &c. ſeines Herren Befehl auszurichten, und deſſen Intereſſe zu be - obachten hat,
  • 2. Juris Legatis competentis, welches mei - ſtens in
    • 1. Der Inviolabilitaͤt
    • 2. Immunitaͤt
    • 3. Ceremonie
    beſtehet.

Zweytes Capitel. Von den Legatis oder Nunciis Apoſtolicis.

§. 1.

Weil der Roͤm. Pabſt in der Chriſten - heit, und zwar bey denen Catholiſchen, fuͤr das Haupt der Kirchen, derer die Majeſtaͤten nur Glieder: Er der Pabſt als Vater, die Souve - rains aber nur als Kinder conſideriret werden, ſo iſt kein Zweifel, daß die der Roͤm. Catholiſchen Religion zugethane Potentien ihme alle Defe - rence zugeſtatten, und deſſen Geſandten in der Qualité, mit welcher ſie der Pabſt characteriſi - ret annehmen.

N§. 2. Da194Europaͤiſches

§. 2.

Da er nun alſo als Vicarius Dei, Suc - ceſſor Petri, und Caput Eccleſiæ viſibile an - geſehen wird, pflegen ihme ex hac hypotheſi, die Catholiſchen Souverains in ſeinen Legatis mehr Ehre anzuthun, als ſie andern Geſandten weltli - cher Potentaten erweiſen. Dannenhero Hen - ricus IV. in Franckreich, nachdem er ſich zu dem Catholiſchen Glauben bekennet, von Paͤbſtl. Heiligkeit die Abolition ſeiner vorigen Wieder - ſpenſtigkeit gebethen, und darauff die Ehre hatte, daß der Pabſt einen Legatum à latere an ihn ſendete, demſelben in Begleitung viertzig der vornehmſten Herren, eine gantze Tage-Reiſe entgegen gieng, und ihn in Perſon einhohlete. Ein gleiches geſchahe von Philippo IV. Koͤnige in Spanien, An. 1662. Denn als der Cardinal Ba - barino von ſeinem Vetter dem Pabſt Urbano VIII. nach Spanien als Legatus a latere abge - ſendet, nahe an Madrit kommen war, ritte ihm der Koͤnig biß fuͤr das Thor Alcala entgegen, und weil der Koͤnig auf dem Pferde ſitzen blieb, ſo ſtieg der Cardinal auch nicht ab, ritten alſo beyde, doch der Koͤnig die Ober-Stelle nehmende, nach der Kirchen St. Maria, allwo der Koͤnig von dem Cardinal Abſchied nahme. Und als An. 1664. zu dem Monſieur gleichfalls ein Legatus a la - tere geſendet wurde, gieng ihm dieſer eine gantze Meile entgegen, gab ihme die Ober-Stelle, und thate viel ein mehreres, als er einem andern welt -lichen195Hoff-Ceremoniel. lichem Geſandten zu erweiſen nicht gewohnet. Ja itzt regierende Roͤm. Kayſerl. Majeſtaͤt Carolus VI. ritten 1711. dem Paͤbſtl. Nuntio biß an die Thore der Stadte Meyland, in welcher ſie ſich da - mahlen nach dero Retour aus Spanien, das Deutſche Kayſerthumb anzutreten, auf eine Zeit aufhielten, entgegen, und begleiteten ſelbigen, jedoch die Ober-Hand uͤber ihn behaltende, biß an die Haupt-Kirchen gemeldter Haupt-Stadt der Lombardie.

§. 3.

Ob nun gleich an allen Orten, wo der Catholiſche Glaube herrſchet, denen Paͤbſtl. Nun - tiis beſondere Ehre angethan wird, ſo ſind doch ſelbige in Franckreich nicht ſo hoch angeſehen als anders wo, denn

  • 1. So bald ein Paͤbſtl. Legatus mit geiſt - oder weltlichen Verrichtungen in Franckreich ankommt, muß er zu Lyon ſubſiſtiren, und darff nicht weiter in das Koͤnigreich avan - ciren,
  • 2. Sein Breve benebenſt dem Jnhalt ſeiner Verrichtung, ſammt allen ſchrifftlichen Do - cumenten, dem Koͤnig und Parlament zu Paris zuvor uͤberſenden,
  • 3. Ein Decret von dem Koͤnig erwarten, was man in ſeiner Negotiation zulaſſen wolle, da es ihme dann fꝛey ſtehet, ſelbiges zu acceptiren oder wieder nach Hauſe zu keh -N 2ren196Europaͤiſchesren, oder neue Inſtruction von Rom zu erwarten.
  • 4. So bald er aus dem Staat von Avignon auf des Koͤniges Gebiete tritt, muß er das Creutze ſincken laſſen, quia erecta eſt ſignum Jurisdictionis.
  • 5. Wird ihm ein oder auch ein paar Secretarii, ſo von Nation Frantzoſen, zugeordnet, wel - ches der Koͤnig ſonſten keinem andern Sou - verainen zumuthen darff.

§. 4.

Auf Seiten der Proteſtirenden wird der Pabſt als einer der vornehmſten und Souve - raineſten Fuͤrſten von Jtalien regardiret, wel - chen man das Jus Legatos mittendi nicht ver - weigern kan, allein die Majeſtaͤten der proteſti - renden Religion, wie auch die Churfuͤrſten, ſo ſelbiger zugethan, tractiren die Paͤbſtl. Geſand - ten nicht anders als anderer Jtaliaͤniſchen Fuͤr - ſten Geſandten, und geben ihnen nicht den Rang uͤber ſich, gleichwie die Catholiſchen thun. Dan - nenhero es bey den Geſandten der proteſtiren - den Majeſtaͤten, Chur - und Fuͤrſten, wenn ſie mit den Paͤbſtl. Geſandten concurriren, einiger Circumſpection benoͤthiget, ob ſie ſich

  • 1. Mit dem Nuntio in dem Hoffe eines Catho - liſchen Souverains befinden, oder
  • 2. Mit dem Nuntio in loco tertio concur - riren.

§. 5.

Jn dem erſteren Fall, weil es leicht zuver -197Hoff-Ceremoniel. vermuthen, daß der Catholiſche Potentat Chur - oder ander Fuͤrſte, dem Paͤbſtlichen Nuntio den Vorzug fuͤr einem Geſandten eines prote - ſtirenden Koͤniges, Churfuͤrſtens oder Fuͤrſtens einraͤumen wird, ſo hat der proteſtirende Mini - ſter alle Gelegenheit zu meiden, mit dem Nuntio nicht publice in Zuſammenkunfft zu gehen, damit er nicht genoͤthiget werde, etwas zu ſeines Prin - cipalen Præjuditz zu leiden; im fall er aber ver - ſichert, daß der Nuncius ſonſten von ſeiner Con - verſation nicht abhorriret, kan er ſelbigen wohl par rencontre auf den Promenaden, Bals oder auch in privat-Gelegenheiten, nicht in der Qualité als eines Miniſters, ſondern in der Qualité ſeines characteris clericalis v. gr. Ertz-Biſchoffes, Biſchoffes, Abts ꝛc. ſprechen, und mit ihme ohne alles ceremoniale publicum Converſation und Freundſchafft hegen.

§. 6.

Geſchiehet die Zuſammenkunfft eines Nuntii und eines Geſandten proteſtirender Religion in loco tertio, auſſer dem Hoffe eines Catholiſchen Printzen, ſo bleibet es der etablirten Gewohnheit nach dabey, daß der Nuntius dem Geſandten eines proteſtirenden Koͤniges oder Churfuͤrſtens weichen muß. Weil man ihme nicht mehr einraͤumet, als einem Geſandten der uͤbrigen Jtaliaͤniſchen Fuͤrſten. Und dannen - hero wird ein Nuntius, welcher ſpaͤter ankom - men, als ein Koͤnigl. oder Churfuͤrſtl. Abgeſand -N 3ter,198Europaͤiſchester, ſo bald er ſeine Ankunfft gebuͤhrend melden laſſen, von dem Koͤnigl. oder Churfuͤrſtlichen Ge - ſandten zuerſt beſuchet, und ihme Tractament gegeben, als anderen Souverainen Fuͤrſten in Jtalien. Waͤre aber der Paͤbſtliche Nuntius eher ankommen, als der Miniſter eines proteſtirenden Souverains, ſo wuͤrde der Pro - teſtirende allerdings, nachdem er dem Nuntio Apoſtolico ſeine Ankunfft melden laſſen, von ſelbigem reciproce die erſte Viſite erwarten.

§. 7.

Die Arten Paͤbſtl. Legatorum ſind dreyerley.

  • 1. Legati a latere, welche aus dem Collegio der Cardinaͤle genommen, und deswegen alſo genennet werden, weil man ſie pro parte cor - poris Papæ, oder ex latere Papæ, gleichwie etwan die Eva aus der Seiten des Adams, ge - nommen zu ſeyn, achtet. Dannenhero Jvo Car - not Epiſt. ad Pachalem Pont. max. c. 9. ge - ſchrieben: Cum enim a Latere veſtro mit - titis ad nos Cardinales veſtros tanquam filios uterinos, Und bald darauff: Dicunt Apoſtolicam ſedem, ſuam, aut Lateralium ſuorum quærere commoditatem. Dieſe als die vornehmſten, werden geſendet,
    • 1. Einige dem Pabſt unterworffene Provin - tzien mit Geiſt - und weltlicher Gewalt zu regieren v. gr. den Staat von Avignon, Ferrara, Bononien
    • 2. Negotia, zwiſchen dem Pabſte und anderenPo -199Hoff-Ceremoniel. Potentaten zu uͤbeꝛnehmen, deꝛgleichen Ver - richtung Chinelli, oder wie er von den Deutſchen genennet wird, Fabius Chigi - us An. 1648., welcher hernach Pabſt, und Alexander VII. genennet worden, bey dem Weſtphaͤliſchen Frieden, und nach ihme viele andere gehabt. Paͤbſtliche Hei - ligkeit ſenden nun dergleichen Legatos a latere,
      • 1. gar ſelten
      • 2. Auf gar kurtze Zeit, weil die Koſten, welche auf ſelbige zu verwenden, allzu groß, indem ihnen taͤglich wenigſtens 500. vielmahl aber auch mehr, und wohl biß 1000. Scudi (derer jeder faſt 2. Flo - ren. ausmachet) deſtiniret werden.
  • 2. Legati miſſi vel conſtituti, oder die ſo ge - nenneten Nuntii, welche mit denen Legatis a latere, was die auswertigen Verrichtungen anbelanget, in allen Stuͤcken ratione finis, nicht ratione dignitatis oder characteris gleich ſeyn koͤnnen: wiewohl man auch einige Exempel hat, daß einige der Nuntiorum mit einem Charactere verſehen worden. Sie ge - hen allen Ertz-Biſchoͤffen und Biſchoͤffen vor, weil ſie die Perſon des Pabſtes repræſenti - ren. Es giebet auch Internuntios, welche von den Nuntiis meiſtens darinnen differi - ren, daß man ſie nur an dergleichen Oerter ſen -N 4det,200Europaͤiſchesdet, wo kein Souverainer Fuͤrſt oder freye Re - bublique, ſondꝛen nur etwan ein Vice-Roy oder Gouverneur ſich befinden, odeꝛ in eine Reichs - Stadt: ſie werden demnach auch nicht ſo hoch reſpectiret als die Nuntii, ſondern muͤſſen mit einem wenigern Tractement zu frieden ſeyn.
  • 3. Legati nati, (welche hierher zwar eigentlich nicht gehoͤren, maſſen ſie krafft ihrer Præroga - tiv weder im Nahmen des Pabſtes etwas ne - gotiren koͤnnen, noch auch Jurisdictionem als Legati haben) ſind diejenigen, welche wegen der Wuͤrde, ſo demſelbigen Bißthum, wozu man ſie gewehlet beygeleget worden, ipſa ele - ctione Nuntii werden, gleichwie etwan die Geiſtlichen Churfuͤrſtenthuͤmer auff dem Ertz - Biſchoffthum Mayntz, Trier, Coͤln hafften. Und weil ihre Dignitaͤt keiner neuen oder be - ſonderen Confirmation vonnoͤthen, hat man fingiret als haͤtten ſie dieſe Wuͤrde von Ge - burt, und ſind demnach Legati nati genennet worden. Dergleichen Prærogativ be - ſitzet, in Deutſchland der Ertz-Biſchoff von Saltzburg, in Boͤhmen der von Prag, in Pohlen der von Gneſen ꝛc.
Drit -201Hoff-Ceremoniel.

Drittes Capitel. Von denen Ambaſſadeurs und En - voyés, was ſie pflegen mit einander gemein zu haben.

§. 1.

Damit man einerley Sache nicht zwey - mahl ſetze, und das Werck ohne Noth vergroͤſſe - re, ſo hat man in dieſem Capitel von einigen Noth - wendigkeiten ſo zu einem Ambaſſadeur und En - voyé erforderlich, conjunctim handeln wollen.

§. 2.

Einer und der andere empfaͤnget,

    • 1. Von ſeinem Principal
        • 1. Eine Inſtruction, welche entweder
          • 1. Publica, die dergleichen generalia und ſolche Dinge in ſich haͤlt, welche man auf beduͤrfftigen Fall allen Leuten zeigen kan.
          • 2. Secreta, derer Vorſchein keinem zu Ge - ſichte kommt als dem Ambaſſadeur oder Envoyé, und ihme zu einer Regel dienet, wie er ſich in ſeiner Charge auf - zufuͤhren. Denn er wird in ſelbiger an - gewieſen,
            • 1. Mit wem er es halten,
            • 2. Weſſen Partie er ergreiffen,
            • 3. Was fuͤr Demarches er nehmen,
            • 4. Was und wie viel Eſpionen er halten,
            • 5. Auf welcher Sache er feſt beſtehen,
            • 6. Jn welcher er etwas nachgeben,
            • 202
            • 7. Was fuͤr ein Ceremoniel er præten - diren ſolle, ꝛc. und dergleichen Dinge mehr, in welchen es noͤthig einem Mini - ſter Ziel und Maaß zu ſetzen. Dieſe Art der Inſtructionen darff ein Ambaſ - ſadeur oder Envoyé nicht leicht uͤber - ſchreiten, will er nicht auf einmahl ſein Gluͤcke hazardiren; jedoch wenn des Herrn Principals inevitable Intereſſe darunter verſiret, und ein Miniſter nur weiß, wie er mit ſeinem Herren ſtehet, kan er zu Zeiten wohl etwas wagen, was auſ - ſer (præter) nicht aber was wieder (contra) die Inſtruction lauffet. Denn allerdings zu befuͤrchten, daß es ſonſt ei - nem Geſandten ſo ergehen moͤchte, wie es dem Waldemaro, Marggraffens zu Brandenburg, und Anno 1639. dem Brugmann, Hertzoglichen Holſteiniſchen Geſandten nach Perſien ergangen, von welchem erſtern Cranzius Lib. 9. Re - rum Sax. c. 8. von dem andern aber Olearius lib. 6. cap. ult. p. 778. Mel - dung thun.
        • 2. Ein crediti ve oder Vollmacht, durch wel - che ſich ein Geſandter oder Abgeſandter legitimiren kan, eine gewiſſe Affaire zu tractiren und abzuhandeln. Dieſes muß er demjenigen, zu welchem er geſendet wor -den,203Hoff-Ceremoniel. den, noch fuͤr der Audientz einhaͤndigen: bey einem Friedens-Congreß aber dem Miniſtro Mediationis, im fall einer vor - handen, wo aber keiner dar, nur imme - diate dem Miniſter mit welchem er zu ne - gotiren hat, produciren, welches meiſtens durch einen Cavallier oder Legations-Se - cretarium zu geſchehen pfleget: da denn der Mediator hernach das Creditiv mit in die Conferentz nimmt und ablieſet, und wenn ſolches geſchehen, herumb fraget, ob jemand etwas darwieder einzuwenden. Man giebet auch Copien an dieſelbigen welche ſie verlangen, und wenn alſo nie - mand wieder das Creditiv etwas einzu - wenden hat, wird der abgeſchickte Mini - ſter bey Hoffe zur Audientz, bey Friedens - Schluͤſſen aber zur Conferentz admittiret, weil ſolches Creditiv glaubend machet, daß man mit ihme ſicher negotiren koͤnne. Jſt nun das Creditiv mit einem Pleinpou - voir verſehen, ſo kan der Principal, was der Abgeſendete Miniſter ſchleuſt, gar nicht, oder doch gar ſchwerlich retractiren. Ein beſondeꝛes Exempel eines deꝛgleichen Plein - pouvoirs erzehlet Cominæus, daß es der Hertzog Carl von Burgundien ſeinem ab - geordnetem Miniſter an Ludovicum XI. in Franckreich, und zwar dergeſtalt gege -ben,204Europaͤiſchesben, daß er an ſtat der Benennung deſ - ſen, was, und wie weit er negotiren ſolle, ihme eine Charta bianqua ertheilet, da - durch zeigende, daß er ihme poteſtatem liberrimam & illimitatam uͤberlaſſe, alles nach ſeinem Gutduͤncken zu negoti - ren, und ſolches zu ratihabiren: Ein auch gantz abſolutes und ſonſt nicht gewoͤhn - liches Pleinpouvoir, gabe der itzige Koͤ - nig in Franckreich dem Monſ. Lionne, in deme ihme ertheiletem Creditiv an den Koͤnig in Spanien, deſſen Jnhalt dieſer war: Je donne pouvoir au Sieur Li - onne, Conſeiller en mon Conſeil d Etat, d ajouter, conclurre & ſigner, les Articles du Traité de Paix, entre Moy & mon Frere & Oncle le Roy d Eſpa - gne, & promets en Foy & parole de Roy, d’approuver, ratifier, & execu - ter tout ce, que le dit Sieur de Lion - ne aura accordé en mon nom, en ver - tu du Preſent. Wenn ſich aber der Principal die Clauſulam ratihabito - riam vorbehalten, oder wohl gar bedun - gen, daß ſein abgeordneter Miniſter, ohne vorgethane Notification an ſeinen Prin - cipal, nichts zum Schluß bringen ſolle, kan er ſo dann ohne gegebene Nachricht, und ohne darauf erhaltene Reſolutionvon205Hoff-Ceremoniel. von ſeinem Herren, nichts ſchlieſſen. Dieſe letztere verclauſulirte Creditivs oder Voll - machten, ſind denjenigen an welche man ſendet, nicht gar angenehm, weil ſie von langſamer Expedition, gelangen auch ei - nem Abgeordneten zu ſchlechter Reputa - tion, hingegen aber auch zu keiner groſſen Verantwortung. Die generalia oder uſitatiſſima, ſo den Creditiven einverleibet werden, ſind, daß man
          • 1. Die Perſon des Sendenden, meiſtens mit ſeinem gantzen Titel,
          • 2. Die Perſon deſſen an welchen man ſendet,
          • 3. Die Perſon des Miniſtri mit ſeinem Nahmen und Titul ſetzet;
          • 4. Die Qualité und Character des Ab - geordneten exprimiret, da denn in dem Creditiv
            • 1. Eines Ambaſſadeurs dieſe Worte ſtehen: Wollen Euer Majeſtaͤt (Euer Liebden) ſelbigen gleich uns ſelbſt auf - und annehmen, wie wir ihm dann die Macht ertheilet ſich aller uns zuſte - henden Prærogatifs und Ge - rechtigkeit zu gebrauchen.
            • 2. Eines Envoyé folgende Worte be -find -206Europaͤiſchesfindlich: Euer Majeſtaͤt (Euer Lieb - den) wollen ihme in allen was er vor - bringen wird, gleich uns ſelbſten voͤlligen Glauben bey meſſen.
          • 5. Die Urſache warumb man ihn ſendet,
          • 6. Den Ort wo er ſich hin begeben ſoll, wel - ches aber nur bey Friedens-Congreſſen braͤuchlich, auch vielmahl ausgelaſſen wird.
        • 3. Einen Character von welchem unten bey der Perſon des Ambaſſadeurs wird gehan - delt werden, weil ein Envoyé dieſen mit dem Ambaſſadeur nicht gemein hat.
    • 2. Von einem andern als ſeinem Principal, nemlich von
        • 1. Demjenigen durch deſſen Land, und
        • 2. Demjenigen nach deſſen Land
        der Abge - ordnete reiſet, und dieſes nennet man Sal - vum Conductum oder Paſſeport, wobey zu mercken, daß wie alle Menſchen nach dem natuͤrlichen Recht inviolable, weil es ein præceptum juris nat. neminem lædere; ſo ſind die Geſandten noch ins beſondere ex Jure gentium inviolable. Denn weil die Voͤlcker keine Alliancen ſchlieſſen, keinem Kriege geſchickt abhelffen, und keine andere Negotia mit Nachdruck unter ſich treiben oder tractiren koͤnnen, als durch Vermit - telung der abgeordneten Miniſtres, ſo hatdie207Hoff-Ceremoniel. die Nothwendigkeit dieſes Recht eingefuͤh - ret, daß man ſie aller Orten ungehindert paſſiren laſſe. Jedoch aber iſt dieſes Voͤl - cker-Recht heut zu Tage ſo ſchwach worden, daß ſich kein Potentat und deſſen Miniſter ſicher darauf verlaſſen kan, daß man ſeinen Miniſter durch und in ein Land werde frey paſſiren laſſe. Jedoch aber iſt dieſes Voͤl - cker-Recht heut zu Tage ſo ſchwach worden, daß ſich kein Potentat und deſſen Miniſter ſicher darauf verlaſſen kan, daß man ſeinen Miniſter durch und in ein Land werde frey paſſiren laſſen, dafern man ihme nicht zuvor durch ertheilete Paſſeports die Verſiche - rung daruͤber gethan. Scheinet demnach die Perſon eines Abgeordneten aus dem Voͤlcker-Recht nicht ſo gar ſancta und pri - vilegiata zu ſeyn, wenn nicht allemahl durch neu ertheilete Paſſeports dieſe ſanctitas und Privilegium wiederum confirmiret, und diß was das Voͤlcker-Recht eingefuͤh - ret, durch einen neuen Conſenß deſſen an den man ſendet, und durch deſſen Land man ſendet, ratificiret wird.

§. 3.

Dahero wird, wie auf Seiten des ſenden - den Souverains die Inſtruction und Creditiv, alſo auf Seiten deſſen an den man ſendet, dem Abgeordneten folgendes ertheilet:

  • 1. Der Paſſeport, in welchem ſonderlich enthal - ten, daß der abgeordnete Miniſter (oder wenn derer mehr als einer, alle, von denen ſo dann ein jeder mit Nahmen genennet wird) mit ſeiner Equipage und Gefolge frey und ungehin - dert, ohne Erlegung der ordinairen Zoͤlle, undbe -208EuropaͤiſchesBeſchwernuͤſſen, in dem Koͤnigreiche (oder auch durch das Koͤnigreich, wenn nemlich ein Abgeordneter durch das Territorium eines andern, an den er nicht geſendet worden, gehen muß) reiſen, negotiren und aufhalten, paß - und repaſſiren moͤge. Hierdurch wird ein Abgeordneter verſichert, daß er nirgends werde an und aufgehalten, oder wohl gar arreſtiret werden; wagete er es aber, ohne Paſſeport durch und in ein fremdes Territorium zu ge - hen, ſo muͤſte er gewaͤrtig ſeyn, wie man ihn annehmen wuͤrde: und ſo ihme was Wiedri - ges zuſtoͤſſe, wuͤrde er ſich mit dem Jure Gen - tium ſchlecht ſchuͤtzen koͤnnen, weil ein Paſſe - port heut zu Tage mehr als ſelbiges gilt. Jn - zwiſchen muͤſſen die Geſandten dieſe Paſſeporte nicht mißbrauchen, und mehr Effecten, ſon - derlich an vivres bey ſich fuͤhren, als ſie fuͤr ſich conſumiren koͤnnen. Dannenhero noch in dieſem 1712. Jahr, als die Frantzoſen, 280. Oxhoͤfft Wein durch Luͤttich nach Utrecht an die Frantzoͤſiſchen Geſandten fuͤhren wolten, die Herrn Staaten von Holland dem in Utrecht befindlichen Frantzoͤſiſchem Miniſter intimiren laſſen, des Paſſeports nicht zu miß - brauchen, und nicht zum Nachtheil der Jn - wohner mit Wein Trafiquen zu machen.

§. 4.

Wegen dieſer Paſſeporte nun ſetzet esnicht209Hoff-Ceremoniel. nicht ſelten allerhand Wiederwaͤrtigkeit, theils wegen

  • 1. Derer Ertheilung, theils
  • 2. Wegen der Titulaturen.

§. 5.

Die Ertheilung derſelben wird manchmahl gar ſchwerlich erhalten, ſo wohl von demſelben,

  • 1. Durch deſſen Land man reiſen muß, als auch
  • 2. Jn deſſen Lande man die Geſandſchafft verrichten ſoll. Denn wenn derjenige, durch deſſen Territorium ein Geſand - ter ſeinen Weg zu nehmen hat, mit dem ſendenden Potentaten, oder demſelben an welchen geſendet wird, nicht gut Freund iſt, oder befuͤrchtet, daß die Ge - ſandſchafft wieder ſein Intereſſe lauffen moͤchte, wird er ſchwer oder gar nicht zu Aushaͤndigung eines Paſſeports zu bewegen ſeyn, und auf ſolchen Fall muß man entweder
  • 1. Einen groſſen Umweg in der Reiſe neh - men, oder
  • 2. Homines perſonatos unter der Geſtalt eines Geiſtlichen, Kauffmanns ꝛc. ohne alle Svite und Pomp abordnen, welche die Affaire incognito treiben. Der - gleichen verrichtete Calliere, vor den Rißwigiſchen Frieden, indem er nachOAm -210EuropaͤiſchesAmſterdam als ein Kauffmann, nach Utrecht aber als ein Hut-Staffirer kam, in dem letzten Orte aber durch ſei - ne Diſcurſe bald waͤre erkandt worden.

§. 6.

Nicht weniger Schwuͤrigkeit gie - bet es, wenn man gewiſſe Perſonen, welche man ex conſvetudine & mutuo pacto ta - cito ſchon frey und ungehindert zu ſeyn glau - bet, den Paſſeporten nicht mit einverleibet, der - gleichen die Courriers ſind. Und demnach ge - ſchahe es, daß Franckreich bey dem Niemaͤ - giſchen Friedens-Schluß, in dem Paſſeport ſo er Spanien ertheilet, die Clauſul nicht mit eingeruͤcket hatte: Daß die Spaniſchen Cur - riers von Niemaͤgen durch Franckreich un - gehindert nach Spanien gehen moͤchten. Und ob ſich gleich alle Alliirte fuͤr Spanien in - tereſſireten, ſo ware Franckreich doch nicht dahin zu bringen, daß er dieſe Clauſul dem Paſſeport einverleiben wolte. Jn gleichen wol - te Daͤnnemarck nicht geſtatten, daß der Schwediſche Currier durch ſein Territorium reiſen moͤchte, hingegen hat Ludovicus XIV. durch ſeine habende Plenipotentiarios in Ut - recht, bey der Friedens-Conferentz An. 1712., den 4. Junii den Portugiſiſchen Paſſeporte ertheilet, daß ihre Courriers ungehindert von Utrecht nach Portugal gehen moͤchten.

§. 7. Die211Hoff-Ceremoniel.

§. 7.

Die Paſſeporte werden auch von de - nen an welche man ſenden will, entweder,

  • 1. Nur difficultiret, oder
  • 2. Gaͤntzlich refuſiret. Eines oder das an - dere geſchiehet aus erheblichen oder auch nur nichtigen und erdichteten Urſachen, derer ſo viel ſeyn koͤnnen, daß man ſie dieſem Werck einzuverleiben nicht Raum finde.

§. 8.

Ob man nun gleich mit ſicheren Paſ - ſeporten einen Abgeordneten verſehen hat, ſo ſetzet es doch Verdruß wegen der Titulatu - ren; denn wenn ein Souverainer ſeinen Mi - niſter der Legation an einen andern, oder durch eines andern Land ſendet, welcher mit ihme competentiam tituli hat, ſo weigert der den Paſſeport ertheilende Souveraine dem andern den Titul zugeben, uͤber welchen ſie etwan ſtreitig ſind: v. gr. wenn Franckreich dem Koͤ - nige in Spanien oder dem von Engelland ei - nen Paſſeport ertheilen ſoll, weigert ſich ſel - biges jenem den Titel eines Koͤniges von Na - varren, dieſem eines Koͤniges von Franckreich zu geben: und damit man der Sache abhelffe, muß man die Titulaturen nach der Laͤnge gar auslaſſen, und nur den general-Titul Regis Catholici oder Magnæ Brittanniæ geben und annehmen. Gleicher Geſtalt iſt es mit dem Titul des Abgeordneten beſchaffen, denn weil der Character eines abgeordneten Mini -O 2ſters212Europaͤiſchesſters dem Paſſeport alleꝛdings muß eingeꝛuͤcket werden, damit man ihme alle gebuͤhrende Ehre anthue, ſo wird fuͤr einen Affront angenom - men, wenn man in dem Paſſeport nicht eben den Titul und Character, mit welchem ein Potentat ſeinen Miniſter beehret, exprimiret: und dannenhero geſchahe bey dem Niemaͤ - giſchen Friedens-Schluß, daß ſich die Hollaͤn - der einigen Verdruß auf den Hals zogen, als ſie den Lotharingiſchen Ambaſſadeur nur Monſieur Deputé in ihrem Paſſeport genen - net hatten, welches Verſehen ſie durch eine De - claratoriam corrigiren muſten. Aus dem mit getheilten Paſſeport folget als ein Con - ſequens,

  • 2. Die Admiſſion, daß man den Miniſter zu der Audientz und Conferentz laſſe, ihme auch auf ſein Vorbringen Antwort ertheile; wiewohl es auch zuweilen erhebliche Ur - ſachen giebet, daß man einen Legaten nicht admittiret, derer Grotius de Jur. Bell. & Pac. c. 18. §. 3. folgende allegiret:
  • 1. Wenn ein Potentat perfidus iſt, und was er vormahlen durch ſeine Legaten negotiren und zuſagen laſſen, nicht haͤlt, welches ehemahlen Juſtinianus dem Totilæ vorruͤcken laſſen, und vermuth - lich noch heut zu Tage einem und dem andern vorzuruͤcken waͤre.
2. Wenn213Hoff-Ceremoniel.
  • 2. Wenn die Perſon des Legaten bey dem Souverain, an welchen er geſendet wird, verhaſſet, oder auch nicht wuͤrdig genung iſt. Alſo wolte Lyſimachus des Ptolo - mæi Geſandten, den Theodorum, weil er ihm verhaßt war, nicht admittiren: und Schweiger erzehlet ein Exempel in ſeiner Tuͤrckiſchen Geſandſchafft lib. 2. c. 19., daß man einen nicht admittiren wollen, weil er nicht wuͤrdig genung erachtet wor - den. Wiewohl die Unwuͤꝛdigkeit heut zu Ta - ge nicht leichtlich mehr ein obſtacle der Admiſſion ſeyn kan, weil nicht nur die Europaͤiſchen Hoͤffe uͤberhaupt gewohnet, entweder Perſonen von groſſem oder gu - tem Geſchlechte, oder ſo ihnen der Adel der Geburt fehlete, doch Edele von Tugenden und in der Staats-Prudentz excellente Perſonen abzuſenden. Und weil man aus dem zuertheiltem Paſſeport gar wohl zu vorhero wiſſen kan, wie die Perſon, wel - che an einen geſendet werden ſoll, ratio - ne dignitatis beſchaffen, ſo iſt es viel beſ - ſer, man ertheile einem welcher verhaſſet, oder nicht wuͤrdig genug, keinen Paſſe - port, als daß man ihn erſt hernach, wenn er ſchon in loco angelanget, von der Au - dientz ausſchlieſſe. Gar etwas anders aber iſt es, wenn ein Geſandter welchenO 3man214Europaͤiſchesman bereits admittiret, etwan wegen ſei - nes eigenen Verbrechens, oder auch wegen entſtandener Brouillirung zwiſchen ſeinem Herren und dem Souverainen an welchen er geſendet worden, Audientz verwegert wird: denn in ſolchem Fall geſchiehet weder dem Voͤlcker-Recht, noch der Perſon des Geſandten einiger Tort, im fall nur nicht etwan fictæ cauſæ pro veris allegiret werden.
  • 3. Wenn die Affaire, welche der Geſandte vortragen ſoll, ſuſpect. Alſo war die Ge - ſandſchafft Rhabſacis, welche dahin ab - zielete das Volck aufzuwickeln, dem E - zechiæ verdaͤchtig; und die Alliirten ma - chen nicht ſelten unter ſich Veꝛtraͤge, daß kei - nem Theil unter ihnen erlaubet ſeyn ſoll, von ihrem allgemeinem Feinde Geſand - ſchafft ohne den allgemeinen Conſens aller Alliirten zu admittiren: weil man befuͤrch - tet, daß dadurch einer und der andere moͤchte von der Alliance abgezogen werden. Auſſer dieſen Urſachen, und wenn man ei - nen Legaten ohne ſuffiſante Erklaͤrung, warumb? die Admiſſion refuſiret, wird ſolches von dem Sendenden fuͤr eine Vio - lirung des Voͤlcker-Rechts ausgedeutet, und fuͤr eine legitime Urſache Krieg anzu - fangen gehalten: dergleichen der Koͤnig inSchwe -215Hoff-Ceremoniel. Schweden, wie Chemnitz in ſeinem Schwediſchen Kriege Part. 1. n. 3. & 4. erzehlet, An. 1629. gethan, und die Abwei - ſung ſeines Geſandten von der Conferentz zu Luͤbeck, als einen Affront welchen er mit dem Schwerdte raͤchen muͤſte, aufgenom - men. Wenn man einem nun Paſſeport ertheilet, und ihn admittiret, ſo giebet man ihm auch
  • 3. Die Inviolabili taͤt. Und welcher Potentate dieſe bricht, der ſuͤndiget noch haͤrter gegen das Voͤlcker-Recht als derjenige, welcher ei - nem Legaten die Admiſſion weigert. Denn durch die Abweiſung oder non Admiſſion wird einem Geſandten ſeine Qualité und Character nicht zugeſtanden, und iſt die Offenſa welche man ihm hernach thut, nicht ſo wohl gegen eine perſonam publicam als vielmehr privatam geſchehen. Wenn man aber einen Geſandten durch die Admiſſion pro tali erkennet hat, und ihn gleichwohl her - nach violiret, ſo gehet der Actus alsdann directe wieder eine perſonam publicam, welche Art der Violation man ſo gar pro crimine læſæ Majeſtatis haͤlt. Ja die Ca - nones wollen, daß man diejenigen die einen Legaten violiret, aus dem Schooß der Kir - chen ſtoſſen ſolle. Es bezeugen auch ſo wohlO 4alte216Europaͤiſchesalte als neue Exempel, daß man ſelten einen Abgeſandten impune beleidiget.
  • 4. Die Immuni taͤt. Dieſe beſtehet meiſtens dar - innen: daß ein Legat ſo wohl auf der Reiſe, als in dem Ort wo er die Negotia ſeines Prin - cipalen treiben ſoll,
  • 1. Das Exercitium ſeiner Religion frey und ungehindert habe,
  • 2. Von allen Zoͤllen und oneribus exemt,
  • 3. Sein Logement, und
  • 4. Domeſtiquen der Jurisdiction deſſen, an welchen er geſendet worden, eximiret blei - be. Allein dieſes iſt nicht ſo wohl ex Jure gentium, als vielmehr aus der Gewohn - heit und mutuis pactis zu deriviren, dan - nenhero ſelbige auch an einem Orte weit - laͤufftig, an einem andern ſehr einge - ſchrenckt, und an dem dritten (die Invio - labilitaͤt und Exception â Jurisdictione des Legaten ausgenommen) Orte gar nicht im Schwange ſeyn, oder abgeſchaffet werden kan: welches letztere man in Rom an der Qvartier-Freyheit geſehen. Woraus zu ſchlieſſen, daß wenn dergleichen Immuni - taͤten den Legaten nicht zugeſtanden, oder gar abgeſchaffet werden, man deswegen doch nicht die Inviolabilitaͤt negiret, und den Characterem eines Ambaſſadeurs ſo gleich beleidiget habe.
Vierdtes217Hoff-Ceremoniel.

Vierdtes Capitel. Von denen Ambaſſadeurs oder Ge - ſandten cum Charactere.

§. 1.

Bey dieſen iſt zu betrachten:

  • 1. Der Character repræſentativus,
  • 2. Die Ceremonien ſeiner Reception,
  • 3. Derer Magnificentz, in Logirung, Tafel halten, Domeſtiquen, ꝛc. und derer Dili - gentz.
  • 4. Der Ambaſſadeur Eintheilung in ordina - rios und extraordinarios.

§. 2.

Der Character eines Ambaſſadeurs beſtehet, wie ſchon in vorhergehendem Capitul ei - niger maſſen erwehnet worden, darinnen, daß er

  • 1. Eben ſo, als wenn ſein Principal ſelbſten kaͤme, an und aufzunehmen,
  • 2. Jhme freyſtehen ſoll, ſich aller ſeinem Principal zuſtehenden Prærogativen und Gerechtſamkeiten zu gebrauchen.

§. 3.

Dieſes Dignitas effigiata, ſo groß ſie an ſich ſelbſten iſt, ſo iſt ſelbige doch nicht in allen Stuͤcken dem Original gleich, weil doch ein Sou - verainer, wenn er ſelbſt in Perſon zu einem ſei - nes gleichen kommt, mit einem viel groͤſſerem Cere - moniel und Tractament, als ſein Ambaſſadeur empfangen wird.

O 5§. 4. Man218Europaͤiſches

§. 4.

Man koͤnte auch dieſer characteriſire - ten Geſandten in negotiis inter principe & gentes gar entbehren, und waͤren die ſo genenne - ten Envoyés ſchon geſchickt genung, alles dasje - nige was man den Ambaſſadeurs committiret, auszurichten.

§. 5.

Weil aber die Souverains, ihre Magni - ficentz und Hoheit auſſer ihrem Lande auch an - dern Nationen zeigen wollen, ſo hat man dieſe Bothſchaffter cum Charactere eingefuͤhret, und dadurch ein groͤſſeres Ceremoniel und depenſen verurſachet.

§. 6.

Dieſer Character nun eines Ambaſſa - deurs wird von demſelbigen ertheilet, welcher den Geſandten abſendet, und beſtehet darinnen, daß ihn der Souveraine, communicative (nicht ab - dicative) alle ſeine Prærogativen und compe - tentia Jura, ſo viel derer zu der Function des Ambaſſadeurs von noͤthen, mittheilet.

§. 7.

Alſo wird der Ambaſſadeur auf eine Zeit des Glantzes der Souverainetaͤt theilhafftig, und ihme faſt alle Ehre als man der Majeſtaͤt ſelb - ſten thun koͤnte, angethan.

§. 8.

Man ſaget gantz wohl bedaͤchtlich (faſt alle Ehre) denn wie in den §. 3. ſchon erwehnet worden, ſo behaͤlt doch der Souveraine ſich noch viel zuvor, plus enim eſt in perſona quam in effigie. Denn obgleich der Monden von der Son -nen219Hoff-Ceremoniel. nen erleuchtet wird, ſo hat doch die Sonne gar ein ander Licht als der Monden, und eine ſtaͤrckere Jnfluentz als derſelbe. Dannenhero ſiehet man, daß kein Ambaſſadeur,

  • 1. Einem Souverain vorgehet, obgleich ſein Principal in der Poſſeſſion ſelbigen vor - zugehen.
  • 2. Bey demjenigen an welchen er geſendet, bey der Tafel aufwartet, oder wenn er mit zu ſelbiger gezogen wird, dennoch unten an ſitzet, ꝛc.

§. 9.

Aus dieſem Charactere repreſentati - vo entſtehet nun das groſſe Ceremoniel, daß man einen Ambaſſadeur mit groſſer Ehren-Bezeu - gung annimmt, welche man den Envoyés und mindern ſo in Geſandſchafft emploiret werden, weigert. Aus eben demſelben flieſſet die Ma - gnificentz, welche der Ambaſſadeur, in ſeiner Logirung, Tafel, Bedienung, mit Anwendung vieler Unkoſten zeiget, von welchen wir bald was mehreres werden zu vernehmen haben.

Fuͤnfftes Capitel. Von dem Ceremoniel mit welchem ein Ambaſſadeur beehret wird.

§. 1.

Es iſt in vorhergehendem andern Theil cap. 2. §. 10. Meldung geſchehen, daß ein jeder Hof ſein beſonderes etablirtes Ceremoniel habe, vonwel -220Europaͤiſcheswelchen man nicht leicht abzuweichen pfleget: wolte aber ein Potentate etwas mehres bey Re - ception ſeines Ambaſſadeurs im Ceremonien - Werck genieſſen, als man ihm in einem Hoffe biß - hero nicht ertheilet, ſo muͤſte er ihm ſolches ent - weder,

  • 1. Durch Pacta bedingen, oder da man ihm nichts neues einraͤumen wolte,
  • 2. Die Geſandſchafft in eine bloſſe Abgeſand - ſchafft verwandeln.

§. 2.

Jedem Souverainen ſtehet frey, das Ceremoniel gegen einem oder den andern Geſand - ten zu vermehren, und das Tractament zu vergroͤſ - ſern, welches nicht ſelten zu geſchehen pfleget, wenn ein Ambaſſadeur von einem nahen Verwand - ten, oder in favorabilibus, v. gr. eine Ehe, oder Alliance zu ſtifften, geſendet wird; aber kein Sou - verainer kan hingegen, ohne den, von welchem der Ambaſſadeur kommt, zu beleidigen, das ein - mahl eingefuͤhrete Ceremoniel, mindern, weil ſich der Sendende auf das Herkommen und die Poſ - ſeſſion beruffen kan. Denn das Intereſſe des mittentis verſiret mehr in dem Ceremoniel, als das Intereſſe accipientis legationem.

§. 3.

Dieſes Ceremoniel, ob es gleich zur Haupt-Sache der Geſandſchafft nichts contri - buiret, und offtermahls die negotia mehr hindert als befoͤrdert, machet ſelbiges doch meiſtens, nebſt dem Character, von welchen es ein inſepara -bles221Hoff-Ceremoniel. bles attributum iſt, den formalen Unterſcheid eines Ambaſſadeurs von einem Envoyé, dan - nenhero auch die Ambaſſadeurs uͤber nichts ſteif - fer halten, als uͤber dieſem Ceremoniel, oder ſo genenten Tractement.

§. 4.

Zu dieſem aus dem Charactere herflieſ - ſendem Ceremoniel, werden nun gerechnet des Ambaſſadeurs

  • 1. Oeffentlicher ſolenner Einzug in dem - jenigen Orte, wo er von ſeinem Principalen hingeſendet worden. Dieſen nun recht an - ſehnlich zu machen, ſendet nicht nur der Sou - veraine, zu welchem der Geſandte kommt, ei - nen ſeiner Leib-Wagen mit dem Ceremonien - Meiſter, einen vornehmen Hoff-Officier, Pa - gen und Laquayen: ſondern auch die ſich all - dort befindliche auswertige Miniſtri, ihre Wa - gen mit zugehoͤrigen Bedienten, einen darzu deſtinirten Weg entgegen: da ſodann der an - kommende Ambaſſadeur ſich in den Leib - Wagen des Souverainen nebſt dem entgegen geſendten Hoff-Officier ſetzet, der andern auswertigen Miniſters Wagen nach ihrem Range fuͤr ihm her, ſeine eigene Equipage ihme aber nachfaͤhret. Weil das Ceremoniel wie ſchon in vorhergehenden gemeldet, nicht an allen Orten gleich, ſondern nach dem Herkom - men und der Affection eingerichtet; ſo laͤſſet ſich hierinnen keine Regel ſonder Exceptionma -222Europaͤiſchesmachen, ſondern man muß Recours zu jedes Hofes Special-Ceremoniel, uñ der Experientz, wie man es an einem oder dem andern Orte geſehen, nehmen. Jn Engelland werden die Geſandten, wie An. 1700. dem Savoyi - ſchen geſchahe, von Groͤnwitſch aus der Tem - ſe auf einer Koͤnigl. Jagt abgeholet, ſteigen an dem Thor aus, und werden folgendlich auf einem Koͤnigl. Leib-Wagen, in welchen der Ceremonien-Meiſter ruͤckwerts ſitzet, nach Weſtmuͤnſter gefuͤhret. Jn Paris werden ſie, wie dem Graff Portland bald nach dem Rißwigiſchen Frieden geſchahe, bey dem Arc de Triomphe hinter der Fauxbourg St. An - toine eingeholet, und biß in das Palais d Or - leans oder Luxemburg comitiret. Jn dem Haag hat ein Ambaſſadeur auch ſchon ſeine gewiſſe Diſtantz, wie weit man ſelbigen einhole, und alſo auch in andern Orten. Jn vielen Orten werden die Ambaſſadeurs drey Tage nach einandeꝛ auf des Souverains oder der Re - public Koſten, an welchen ſie geſendet worden, tractiret. Mit Schweden haben ſich die Mo - ſcowiter verglichen, daß beyder Theile En - voyés ordinairs und Reſidenten, ſich in ei - nem fremden Hoffe fuͤr ihre eigene Mittel un - terhalten ſollen. Was aber die Extraordi - naire Geſandten anbetrifft, ſo ſoll ein jeder an deſſen Hoff er geſendet wird, denſelbigen freyunter -223Hoff-Ceremoniel. unterhalten, v. gr. der Schwede den Moſco - witiſchen, und der Moſcowitiſche den Schwe - diſchen. Es ſind auch die Exempel vorhanden, daß Ambaſſadeurs ein, zwey, und mehrere Jahre ſich an einem Orte aufgehalten, und ihre negotia getrieben, die publique Entreé aber erſt nach ſolcher Zeit, und manchmahl al - lererſt, wenn ſie bald wieder von dannen ſchei - den wollen, gehalten. Welches ihrem Cha - racter nichts benommen, indem ſie in Viſiten und Reviſiten gleichwohl das ihnen gebuͤhren - de Tractement erhalten, weil man aus ihren producireten Creditiven gewuſt, daß ſie Le - gati cum Charactere geweſen.
  • 2. Abholung zu der Audientz, dieſe geſchie - het nun, wenn ſich ein Ambaſſadeur an dem Hoffe eines Souverainen befindet, und iſt wohl zu unterſcheiden von der Viſite, welche ein Ambaſſadeur dem andern, oder einem Envoyé giebet. Man hohlet demnach den Ambaſſadeur mit drey Caroſſen à ſechs Pfer - den und zugehoͤrigen Pages und Laqvays abe, wobey ein Cammer-Herr mit zugeordneten Cavalliers. Der Ambaſſadeur ſetzet ſich in den letzten Wagen, und der Cammer-Herr zu ihme ruͤckwerts, in dem erſten aber ſitzen des Souverains und Ambaſſadeurs Hof - und Ge - ſandſchaffts-Cavallieꝛe, doch dieſe letzteꝛe jenem oben an. Unter dieſen Wagen faͤhret nurallei -224Europaͤiſchesalleine derſelbige, in dem der Ambaſſadeur ſitzet, in den Baſſa-Cour: die Wache unter dem Schloß-Thore præſentiret das Gewehre unter klingendem Spiel. Der Ober-Hoff - Meiſter, oder der Ober-Marſchall, von einigen Raͤthen und Cavallieren begleitet, empfangen ſelbigen bey Ausſteigen aus dem Wagen, oder auch nach avenant an der unterſten Steigen, welche, wie auch die erſte Anti-chambre oder Vor-Saal mit Hallebardiren und Schwei - tzern beſetzet iſt. Oben an der Stiegen em - pfaͤnget ihn der Premier-Miniſtre, er habe nun Nahmen wie er wolle (v. gr. Oberſter Cammer-Herr, Oberſter Hoff-Meiſter, Ober - ſte Marſchall, Oberſter Stall-Meiſter) und fuͤhret ihn durch die Anti-chambres, welche mit Hoff-Cavalliers angefuͤllet ſind. Der Cammer-Herr, welcher die Aufwartung hat, oͤffnet das Audientz-Zimmer, und der Souve - raiine gehet dem Ambaſſadeur biß an die Thuͤre entgegen, und ſchreitet einen Schritt uͤber die Schwelle, empfaͤnget ſelbigen ſo dann ſtehend oder auch ſitzende, jedoch daß der Souveraine die Ober-Hand behaͤlt und be - decket iſt, auch den Ambaſſadeur ſich zu de - cken noͤthiget: und dafern dieſe Noͤthigung in Vergeſſen geſtellet werden ſolte, wuͤrde der Ambaſſadeur ſich ſeines Characters und Ju - ris tegendi wohl ſelbſten erinnern, und ſichumb225Hoff-Ceremoniel. umb ſeinem Principal kein Præjuditz zu ma - chen, ohne langes Bedencken bedecken. Wenn die Audientz vorbey, geſchiehet die Begleitung wie die Annahme. Auf dieſe Art wird es faſt allerwegen unter gleichen Perſonen oder Maje - ſtaͤten mit der Geſandten Audientz gehalten: wenn aber der Sendende geringer, ſo wird der Ambaſſadeur mit etwas wenigerem Tracta - ment, was ſonderlich das Entgegengehen be - trifft; iſt er aber groͤſſer als der an den er ſendet, wird der Ambaſſadeur mit etwas meh - rerer Civilité empfangen. Denn gleichwie man die Souverainen ſelbſt diverſimodé nach ihrer Hoheit und Wuͤrde annimmt, alſo werden auch ihre Ambaſſadeurs auf un - terſchiedene Art acceptiret.
  • 3. Die Behauptung ſeines Ranges, daß er
    • 1. Generaliter keinem Envoyé, wann auch gleich dieſer von einem groͤſſeren Principal abgeordnet waͤre,
    • 2. Specialiter keinem Ambaſſadeur mit wel - chen er Competentz hat, auch keinem Prin - tzen der in Perſon gegenwaͤrtig, er ſey dann ein Koͤnigl. unmuͤndiger Pupill, welchem die Regierung gebuͤhret, weiche. vid. infr. cap. 7. §. 14.
  • 4. Anſage bey andern Ambaſſadeurs und En - voyés, welche zweyerley:P1. Eine,226Europaͤiſches
    • 1. Eine, durch welche der Ambaſſadeur de - nen andern ſeines gleichen, oder auch En - voyés ſeine Ankunfft, entweder durch ei - nen Cavallier oder Secretarium melden laͤſſet. Dieſe Anmeldung nun hat den Ef - feckt daß diejenigen Ambaſſadeurs und Envoyés, welchen er ſeine Ankunfft no - tificiren laſſen, gehalten ſeyn ihme die erſte Viſite abzuſtatten, worauf er ihnen die Re-Viſite giebet, entweder
      • 1. Nach dem Range der Principalen, oder
      • 2. Nach der Ordnung wie ſie ihn be - ſuchet, oder auch
      • 3. Nach der Affection, mit welcher ein Principal dem andern zugethan.
    • 2. Die andere, durch welche ſich der Ambaſ - ſadeur die Viſite abzuſtatten à l’ordinair durch einen ſeiner Cavalliers melden laͤſſet. Dieſe geſchiehet eine halbe Stunde, manch - mahl auch etwas daruͤber und drunter, zu - vor, ehe der Ambaſſadeur aus ſeinem Lo - gement faͤhret. Der Aufzug zu ſolcher Beſuchung beſtehet meiſtens in dieſen So - lennitaͤten, daß
      • 1. Der Stall-Meiſter, oder in deſſen Er - mangelung ein anderer Cavallier oder Officier, einen geraumen Weg vorhero reitet, damit die Domeſtiquen desjeni - gen, welcher die Viſite annehmen ſoll,der227Hoff-Ceremoniel. der Ankunfft bey Zeiten gewahr werden, ſich an die Thuͤꝛe des Hauſes rangieren, und ihren Herren von der Ankunfft des beſu - chenden Ambaſſadeurs avertiren koͤnnen.
      • 2. Die Cavalliers des die Viſit ablegenden Geſandten in einer Caroſſe à ſechs (manch - mahl auch nur à zwey) Pferden beſpannet fuͤr dem Ambaſſadeur herfahren,
      • 3. Der Ambaſſadeur in ſeiner Etats-Kutſche, welche allemahl mit ſechs beſpannet, gantz alleine, mit allen ſeinen Domeſtiquen zu Fuß, und meiſtens auch entbloͤßtem Haupt, begleitet werde, hierauf folget
  • 5. Die Acceptirung oder Empfangung des Viſit abſtattenden Ambaſſadeurs dergeſtalt, daß derjenige ſo beſuchet wird, den Beſu - chenden
    • 1. Gleich an der Kutſchen empfaͤngt,
    • 2. Demſelben die Ober-Stelle im Gehen und Sitzen giebet,
    • 3. Jhme einen Stuhl à bras, welcher ſchon ge - ruͤckt iſt, und
    • 4. Zwar unter einem Dais anweiſet: da denn wenn es die Gelegenheit des Zimmers leidet,
    • 5. Der Stuhl desbeſuchenden Ambaſſadeurs alſo ſtehet, daß er im ſitzen mit dem Geſichte gegen die Thuͤre, durch welche er in das Ge - mach getreten, ſehen, jedoch dem Parade -P 2Stuhl228EuropaͤiſchesStuhl und Bildnuͤß des Souverainen (wo - von weiter unten) nicht gaͤntzlich den Ruͤ - cken zuwende, mit alle dem aber der Lega - tus viſitans fuͤr dem viſitato den Rang im ſitzen habe.
    • 6. Die Cavalliers in der letzten Anti-cham - bre,
    • 7. Die Pages und Laqvays in den Vorgemaͤ - chern, und alſo ein jeder von ſeines gleichen, ſo lange die Viſite dauret, unterhalten wer - de. Bey dem Abſchied gehet alles wieder mit dergleichen Ceremonien ab, wie ſie an - gelanget, und wird viſitans à viſitato biß an die Kutſche begleitet: da denn der Abfah - rende zwar in Gegenwart des Zuruͤckblei - benden in ſeine Caroſſe ſteiget, alleine er bleibet in ſelbiger ſo lange gekruͤmmet ſte - hen, biß der Wagen einige Schritte gefah - ren, und einer den andern nicht mehr ſehen kan, als dann ſetzet ſich der Abfahrende, und der andere kehret wieder in das Hauß.
  • 6. Der Titel Excellentz welcher dem Ambaſſa - deur von ſeines gleichen u. niedrigen Perſonen, auch wohl zu Zeiten von hoͤhern gegeben wird. Wenn aber ein Geſandter ein Fuͤrſt von Ge - burt, oder ein Cardinal iſt, ſo wird jenem der Titel Alteſſe, dieſem der Eminentz gegeben. Weil dieſer Titel Zeit dem Weſtphaͤliſchen Friedens-Schluß in denen Congreſſen derGe -229Hoff-Ceremoniel. Geſandten ſo viel Streit verurſachet, wird es der Muͤhe werth ſeyn, wo und wann ſelbiger entſtanden, allhier anzufuͤhren. Und zwar ſo wurde er zu Zeiten des Henrici IV. in Franck - reich jung: denn nachdem Louis Hertzog von Nevers und Mantua von gemeldtem Koͤnige en Qualité eines Ambaſſadeurs an den Pabſt geſendet wurde, und fuͤr ſeine eigene Perſon ein groſſer Fuͤrſt in Jtalien war, ſo prætendir - te er auch als Ambaſſadeur, daß man ihme den damahligen Fuͤrſtlichen Titul Excellen - tiæ geben ſolte. Hieruͤber durfſte der Pabſt nicht lange difficultiren, weil dem Duc ohne dem dieſer Titul wegen ſeiner Perſon zukame, und alſo wurde er ihme auch in Rom ertheilet. Der Spaniſche, Savoiſche, und Venetianiſche Geſandte aber, welche zu gleicher Zeit in Rom gegenwaͤrtig waren, weil ſie meyneten, daß Franckreich dadurch anderen Souverainen ei - nen Streich, und ſich etwas beſonderes ma - chen wolte, verlangeten daß man ſie auch en Excellence tractiren ſolte. Und ob ſie ſolches gleich nicht anfangs von dem Pabſt er - halten kunten, ſo nenneten ſie ſich untereinan - der gleichwohl Excellentz, biß endlich der Pabſt Innocentius X. dem Spaniſchen und Savoyiſchen Geſandten, nachgehends auch dem Venetianiſchen ſelbigen verliehe, und dem Ceremoniali einverleiben ließ. Weil nunP 3kein230Europaͤiſcheskein Souverainer dem andern im mindeſten etwas nachgeben will, ſo prætendireten ſie alle dieſen Titul fuͤr ihre Ambaſſadeurs, und nicht nur in Rom, ſondern in allen Hoͤfen und Congreſſen, wo ſich ihre Geſandten finden wuͤrden. Die Churfuͤrſten nun, welche Koͤ - nigen gleich geachtet, und allen andern Fuͤrſten in Europa, wenn ſelbige nicht Majeſtaͤten, vor - gezogen werden, wolten durchaus in dem Weſtphaͤliſchen Friedens-Schluß dieſen Ti - tul auch fuͤr ihre Geſandten haben, welcher ih - nen auch zugeſtanden wurde. Die uͤbrigen Fuͤrſten des Reiches, welche quoad jus Lega - tionis den Churfuͤrſten in allen gleich geachtet ſeyn wollen, prætendireten dieſen Titul mit groͤßter Vehementz, allein die Churfuͤrſten ſetzten ſich ihnen ſtarck entgegen; Jn - dem Niemaͤgiſchen Frieden aber, erhielte ihn das Hauß Neuburg, und Luͤneburg hat ſich ſelbi - gen nunmehro auch aſſeriret. Wenn aber auswaͤrtige Potentaten oder Republiqven an das Churfuͤrſtl. oder Fuͤrſtl. Collegium ſe - paratim, oder an beyde conjunctim auf den Reichs-Tag ſenden (oder auch ſchreiben) prætendiren, die Fuͤrſtl. in corpore den Titul Excellentz. Dannenhero als An. 1712. im Novembr. der Canton Zuͤrich und Bern Secretarios ad Corpus Statuum Evangeli - corum nach Regenſpurg ſendete, und derChur -231Hoff-Ceremoniel. Chur-Saͤchſiſche Miniſter in Gegenwart der andern Evangeliſchen Herrn Geſandten, die Credentiales eroͤffnete, funden ſie, daß in ſel - bigen der Titul Excellentz ausgelaſſen war, und damit man ihꝛe Sachen und Voꝛtrag nicht auf die lange Banck veꝛſchieben duͤꝛffe, ſo wuꝛde ihnen von dem Chur-Saͤchſiſchen Herrn Ge - ſandten im Nahmẽ aller Staͤnde beygebracht, daß man zwar die Credentiales, jedoch mit dem Bedinge wolte annehmen, daß ſie in ei - nem gewiſſen Termin andere liefferten, in wel - chen das Praͤdicat Excellence enthalten, und denn die itzigen zuruͤcke nehmen ſolten. Die - jenigen Reichs-Fuͤrſten nun, welche in Poſſes - ſion dieſes Tituls, derer Geſandten haben kei - ne Difficultaͤt mehr mit den Churfuͤrſtlichen und Koͤnigl. umbzugehen; die uͤbrigen aber, welche noch nicht in der Poſſeſſion deſſelben, gebrauchen ſich zweyerley Wege,
    • 1. Daß ſie keinen Miniſtre cum Charactere ſenden,
    • 2. Daß wenn ſie einen cum Charactere ſen - den, ſelbiger dem Churfuͤrſtl. Ambaſſadeur den Titul Excellentiæ auch nicht giebet, ſondern ihn nur mein Herr Ambaſſadeur anredet.
P 4Sech -232Europaͤiſches

Sechſtes Capitel. Von der Magnificentz eines Ambaſ - ſadeurs, welche aus ſeiner Logirung, Tafel, Domeſtiquen ꝛc. und deſſen Diligentz, wel - che aus ſeinem Diario, Protocoll Conferentz, Relationibus &c. erſcheinet.

§. 1.

Dem Character eines Ambaſladeurs folgen, als der Schatten dem Leibe, zwey Stuͤcke, welche er nicht unterlaſſen darff,

  • 1. Die Magnificentz,
  • 2. Die Diligentz.

§. 2.

Seine Magnificentz zeiget ſich, an

  • 1. Seinem Logement,
  • 2. Seiner Tafel,
  • 3. Seinen Domeſtiquen,
  • 4. Seiner Equipage v. gr. Pferden, Caroſ - ſen, Pferde-Zeug,

§. 3.

Es pfleget oder muß auch wohl ein Am - baſſadeur, auf Befehl ſeines hohen Herrn Prin - cipalen, einen groſſen Staat und Figur machen; Denn weil er die Hoheit und Reichthumb ſeines Souverains der Welt zeigen, und ſeine Perſon ex - tra Teritorium repræſentiren ſoll, iſt allerdings erforderlich, daß er ſich magnifiquement und ſplendidement auffuͤhre: denn dadurch erwirbet ſich ein Potentate nicht weniges Anſehen und Ve -nera -233Hoff-Ceremoniel. neration bey fremden Nationen, weil derglei - chen aͤuſſerlicher ſplendeur eher in die Augen, als in den Verſtand faͤlt, und ſonderlich die ge - meine Leute glaubend machet, ein dergleichen Ambaſſadeur, welcher ſich magnifiquement und mit vielen Gold und Silber prangenden Li - vereen und Caroſſen ꝛc. auffuͤhret, ſey aus einem Lande, in welchem das goldene Seculum befind - lich, geſendet.

§. 4.

Einige der Politicorum wollen zwar dieſe Magnificentz der Ambaſſadeurs nicht ſon - derlich approbiren, weil vielmahlen das Ærari - um der Potentaten erſchoͤpfft, und dadurch ver - urſachet wird, daß man noͤthigere, und dem Etat dienlichere Expenſen nicht herſchieſſen kan. Denn wenn ſond erlich die Soldateſca, ſagen ſie, auf welchen doch meiſten theils die Sicherheit und Reputation eines Etats beruhet, darumb Man - gel leiden ſoll, daß man nur deſto anſehnlichere Ambaſſaden abſchicken koͤnne; ſo waͤre es ein groſſes Verſehen der Staats-Klugheit, weil die neceſſitas defendendi dem Juri Legatos cum Charactere mittendi vorzuziehen: zu mahlen da man Ablegatos ſenden kan, welche einer ſo groſ - ſen Magnificentz und Depenſen nicht benoͤthiget, dennoch aber die Affaires ſo wohl tractiren koͤn - ten als die Legati oder Ambaſſadeurs.

§. 5.

Gleichwie man aber dieſen Einwurff ei - nem jeden, ſonderlich aber denen Souverainen zuP 5uͤber -234Europaͤiſchesuͤberlegen anheim ſtellet, und hier das utile mit dem ſplendido nicht in Conteſtation ſetzen will; als iſt nur noch eines zu betrachten noͤthig, welches dem Kummer dieſer Politicorum abhelffen, und anbey das ærarium principis menagiren kan.

§. 6.

Dieſes Vortheil beſtehet nun darinnen; daß ein Souverainer einen dergleichen Miniſter oder Vaſall zu der Ambaſſade erkieſe, welcher fuͤr ſich ſelbſten von abundanten Vermoͤgen, und den meiſten Theil der hierzu noͤthigen Expenſen de proprio herſchieſſe. Denn

  • 1. Finden ſich unter der Bothmaͤßigkeit der Sou - verainen, in und auſſer derſelben Hoffe, reiche Cavalliere und Staͤnde, welche mehr Ehr-als Geld-geitzig, durch Huͤlffe ihres Geldes gerne fuͤr andern einen Vorzug haben, in der Hiſto - rie einen Ruhm, und ihrem Geſchlechte eine Reputation hinterlaſſen wollen. Dieſen kan nun nicht beſſer gerathen werden, als daß man ſie zu einer ſolchen Dignitaͤt, ſonderlich aber, wenn ſie etwan in Etats-Affairen nicht genung - ſam erfahren waͤren, wenigſtens zu denen Le - gationibus, welche wir oben im andern Theil cap. 1. §. 2. Functiones officioſas genennet, und nur Ambaſſaden ſeyn zu condoliren, gra - tuliren oder eine Succeſſion und Mariage zu intimiren, befoͤrdere: denn zu dergleichen kan ein jeder, der nur natuͤrlichen Verſtand hat, leicht geſchickt ſeyn; ſolten ihme aber Functio -nes235Hoff-Ceremoniel. nes excubitoriæ, dergleichen die Schlieſſun - gen der Alliancen, des Friedens, der Commer - cien ꝛc. ſeyn, anvertrauet werden, und man be - ſorgete daß er dieſe Affairen zur Avantage ſei - nes Principalen abzuthun, nicht faͤhig ſeyn moͤchte; ſo iſt der Sache demnach dadurch ge - rathen, daß man ihme einen habilen Secreta - rium zuordne, welcher die Pfeile ſchmieden, der Ambaſſadeur aber ſelbige verſchieſſen koͤnne. Und dieſer Art reiche Geſandten, ſind boni & virtuoſi cives Reipublicæ, weil ſie die Reputation ihres Herrn, der gantzen Nation, und auch ihre eigene, durch den ohne dem vergaͤnglichen Mammon befoͤrdern, und ſich durch Darwagung eines vergaͤnglichen Gutes, von deſſen Beſitz ſie ohne dem von ei - nem gemeinen oder reichen Kauff - oder andern Mann nicht unterſchieden werden, einen un - vergaͤnglichen Nahmen und Bekandſchafft auf der Welt erwerben.
  • 2. Anderen, ob ſie gleich nach der Function und Ehre eines Ambaſſadeurs nicht adſpiriren, ſondern lieber reich und zu Hauſe ruhig, als in der Welt bekandt ſeyn, und von ihren Vermoͤ - gen etwas hazardiren wollen, kan ein Souve - rainer gleichwohl injungiren eine Ambaſſade und die dazu erforderliche Depenſen, meiſtens de proprio zu uͤbernehmen, theils wegen des Juris eminentis Majeſtati competentis,theils236Europaͤiſchestheils auch wegen des originis des Reich - thums, ſo die Vaſallen meiſtens ex liberali - tate der Majeſtaͤten, oder aus denen Hoff - und Krieges-Chargen, welche ihre Anteceſſores oder ſie auch ſelbſt verwaltet, beſitzen. Zu geſchweigen daß ein Souverain ſolche Ausga - ben eines Ambaſſadeurs mit wichtigen Char - gen belohnen kan, und alſo die Unkoſten welche ein Ambaſſadeur de proprio thut, mehr einen vorgelehnten Capital, als Verluſt verglichen werden koͤnnen.

§. 7.

Die erſte Magnificentz nun eines Am - baſſadeurs beſtehet in deſſen Logement, welches

    • 1. Commodeſeyn muß.
    • 2. Propre
    ſeyn muß.

§. 8.

Die Commodité zeiget ſich,

  • 1. Generaliter in der Situation des Hauſes,
  • 2. Specialiter, daß ſelbiges verſehen
  • 1. Mit einer bequemen Entreé, oder Ein - farth,
  • 2. Raͤumiger Stallung,
  • 3. Lichten und weiten Treppen,
  • 4. Gelegenen kuͤhlen und ſriſchen Kellern
  • 5. Einem feinem Tafel-Zimmer,
  • 6. Einer oder auch zwey Anti-chambres,
  • 7. Einem Audientz-Zimmer,
  • 8. Einer Retirade,
  • 9. Einem Schlaff-Gemach,
  • 10. Einem Cantzelley-Zimmer.
§. 9. Die237Hoff-Ceremoniel.

§. 9.

Die Propreté kommt meiſtens, auf

  • 1. Die allen Leuten von Condition erlaubete Meublirung, welche aus ſchoͤnen Tiſchen, Betten, Stuͤhlen, Spiegeln ꝛc. beſtehet,
  • 2. Dem Ambaſſadeur alleine zuſtaͤndigen Meublirung an, darunter
  • 1. Der Dais oder Baldachin,
  • 2. Der Thron oder Parade-Stuhl,
  • 3. Das Bildnuͤs des Souverains,
  • 4. Das Tiſch-Service,
  • 5. Die Quarde Robe.

§. 10.

Der Dais, Baldachin, der Himmel oder Zelt, welches uͤber den Thron oder Parade - Stuhl ausgeſpannet, iſt von Sammet, auch wohl drap d’or verfertiget, und ein Zeichen der Souve - ranetaͤt oder eines Fuͤrſtlichen Audientz-Zimmers. Auſſer den Souverainen und ihnen gleichenden Perſonen, iſt niemand berechtiget ein Dais in ſei - nem Qvartier aufzuſchlagen.

§. 11.

Der Thron, oder vielmehr der Parade - Stuhl, welcher den Thron bedeuten ſoll, ſtehet un - ter dieſem Dais, und wird wenn ein Ambaſſa - deur Audientz ertheilet, zu rechte geruͤcket, er wird aber niemanden ſich darauf zu ſetzen præſentiret, ſondern iſt gleichſam dem Souverainen alleine vorbehalten. Auſſer der Audientz ſtehet er ver - kehret gegen die Mauer, damit diejenigen welche ſolche Zimmer betrachten, nicht irgends aus Cu -rioſité238EuropaͤiſchesCurioſité oder Inſolentz ſich darauf ſetzen, und dieſen Sedem Sacram profaniren.

§. 12.

Das Portrait des Souverains wel - ches zwiſchen dem Baldachin und Parade - Stuhl, meiſtens nur in Form eines Bruſt-Bildes erhoͤhet zu ſehen, præſentiret die Perſon des Souverainen, gleich als waͤꝛe ſelbige gegenwaͤꝛtig. Dannenhero man auch ſelbigem im ſitzen nicht leicht den Ruͤcken zuwendet, und niemand in das Zimmer, wo das Bildnuͤß eines regierenden Potentaten befindlich, mit bedecktem Haupte (die Ambaſſadeurs ausgenommen) erſcheinen darff, im fall eꝛ nicht reprimandiret werden will.

§. 13.

Das Tiſch-Service, welches à l’ordi - nair von Silber und ſehr vergoldet, ſelten aber von Maßiv Golde, wird zu weilen dem Ambaſſa - deur aus des Souverainen Silber-Kammer mit - gegeben, und ſodann findet man auf ſelbigem des Principalen Wapen geſtochen. Zu weilen aber hat auch ein Ambaſſadeur ſein eigenes, welches er mit ſeinem Wapen bezeichnen laͤſſet.

§. 14.

Die Quarde-Robe iſt das Behaͤlt - nuͤß, in welchem man des Ambaſſadeurs Kleidung und koſtbahren Hauß-Rath verwahret, woruͤber ein eigener Officiante beſtellet, welchen man Quarda Robe nennet.

§. 15.

Die andere Magnificentz eines Am - baſſadeurs erſcheinet aus ſeiner Tafel, denn weilein239Hoff-Ceremoniel. ein ſo hoch Characteriſirter Miniſter, ſich in allen Stuͤcken von Leuten minderer Condition zu di - ſtingviren hat, ſo ſchicket es ſich nicht, daß er bey geſchloſſener Tafel, und in obſcuro ſpeiſe, ſon - dern er muß liberal ſeyn, und publique Tafel halten, und entweder Perſonen ſeines gleichen, oder doch ſolche die er ſeines Tiſches wuͤrdig ach - tet, mit ſich zu Tiſche ſitzen laſſen.

§. 16.

Man findet demnach bey jedem Am - baſſadeur meiſtens fuͤnfferley Tafeln, darunter

  • 1. Die erſte fuͤr des Herren Ambaſſadeurs einige und eigene Perſonen und ſeine Familie, daran ſich niemand ſetzen darff, als den er dazu ein - ladet. Tractiret ein Ambaſſadeur einen ſeines gleichen, ſo wird niemand von ſeinen Domeſtiquen dazu gelaſſen, auſſer dem Ca - vallier welcher die Tafel mit vorlegen bedie - net, welcher doch meiſtens ſtehet, und wenig ſitzet. Wenn aber kein anderer Ambaſſadeur an ſeiner Tafel, ſondern er nur mit Perſonen minderer Condition ſpeiſet, ſo pfleget er auch einigen ſeiner Domeſtiquen, wenn ſie ſonder - lich von einem bel Eſprit, auch wohl anderen fremden Cavalliers, Krieges-Officiers, und Gelehrten die Gnade zu thun, und ſie an ſeinen Tiſch ſitzen zu laſſen.
  • 2. Die andere iſt fuͤr die Cavalliers, welche we - nigſtens Adelichen zuweilen Herren - und auch wohl Graͤfl. Standes ſind. Dieſe iſt auchgar240Europaͤiſchesgar propre, weil ſonſten die Legations-Ca - valliers, auſſer dem Eſſen, Logement, und eini - gen freyen Pferden, nicht viel fuͤr ihre Charge bekommen.
  • 3. Die dritte iſt fuͤr die Cantzelley-Bedienten, Hof - und Stall-Meiſter, bey welcher auch der Le - gations-Prediger, wenn er ſonderlich jung an Jahren, ſeinen Platz hat. Jſt er aber ein Mann von Anſehen, und nicht nur von dem Ambaſ - ſadeur angenommen, ſondern von dem Sou - verainen ſelbſt demſelbigen zugeordnet, ſo hat er ſeinen Sitz, wie auch der Stall - und Hoff - Meiſter, wenn ſie von Adlicher Geburt, oder zu - vor anſehnliche Krieges-Chargen bedienet, an der Cavalliers, und einer und der andere, wenn Raum uͤbrig, wohl gar an der Ambaſſadeurs Tafel, zu welcher ſonderlich der Legations - Prediger oder Beicht-Vater gezogen wird.
  • 4. Die vierdte iſt fuͤr die Pages, Kuͤchen-Keller - Zahl-Meiſter Cammer-Diener und mindere Officiers.
  • 5. Die fuͤnffte iſt fuͤr die Laqvays, Heiducken, Kut - ſcher und Reit-Knechte.

§. 17.

Die dritte Magnificentz eines Am - baſſadeurs ſiehet man in ſeinen Domeſtiquen, darunter

  • 1. Die Cavalliers, derer einer viel, ein anderer wenig, jedoch zu minderſten zwey hat. Derer Verrichtung beſtehet meiſtentheils darinnen, daß1. Sie241Hoff-Ceremoniel.
    • 1. Sie ſich zu beſtimmter Zeit in des Herrn Ambaſſadeurs Anti-chambre einfinden, und alldort ihre Aufwartung machen.
    • 2. Die Fremden, welche mit dem Herrn Am - baſſadeur zu ſprechen haben, aber nicht bald voꝛgelaſſen werden koͤñen, ſo lange mit Civi - lité und Diſcours unterhalten, biß ſie von dem Herrn Geſandten admittiret werden. Weil nun die Jnwohner Europaͤ in vieler - ley Sprachen zertheilet, und allerhand Nationen in einem Koͤnigl. Hoffe oder Friedens-Congreß zuſammen kommen, als iſt dieſen Legations-Cavalliers ſehr noͤthig und nuͤtzlich, wenigſtens dreyer Sprachen, der Lateiniſchen, Jtaliaͤniſchen, und Frantzoͤſiſchen, auch in den ſo genenten belles Sciences, als Geographie, Hiſto - rie, Genealogie, Politique, Matheſi, und denen Exercitiis erfahren zu ſeyn, damit ſie ſich gegen alle expliciren koͤnnen, und im diſcuriren nicht proſtituiren.
    • 3. Des Herrn Ambaſſadeurs Gemahlin, in die Kirchen, Aſſembleen, und Opern, fuͤhren,
    • 4. Deſſen Tafel bedienen,
    • 5. Wenn ſelbiger ausfaͤhret, fuͤr deſſen Wa - gen entweder hergehen, oder in einer be - fonderen Kutſche fahren, wiewohl auch zuweilen die Geſandten einen derer Ca -Qvalliers242Europaͤiſchesvalliers auf ihren Leib-Wagen nehmen da aber der Cavallier ruͤckwerts und un - bedeckt ſitzen muß,
    • 6. Die Viſiten und Complimente bey andern Ambaſſadeurs anmelden und aus - richten,
    • 7. Wenn man die Briefe von Importantz auf der Poſt nicht wohl fort zu bringen ge - trauet, Curriers abgeben,
    • 8. Gut trincken koͤnnen ꝛc. und dennoch nuͤchtern, oder doch wenigſtens, wenn ſie ei - nen Rauſch bekommen, beſcheiden blei - ben.
    • Auſſer dieſen erzehlten Verrichtungen ha - ben ſie ſonſten gute und beqveme Zeit, anbey ſchoͤne Gelegenheit, ſich in den Aſſembleen, Baͤllen, Opera ꝛc. mit Leuten von Qualité bekandt und reſpective familiaͤr, und durch dieſes vielmahl ihr Gluͤcke zu machen, wenn ſie ſonderlich mit alle demjenigen, was zu ei - nem galant homme erfordert wird, ausge - ruͤſtet ſind. Jedoch haben ſie, wie wir ſchon in vorhergehenden angemercket, wenige oder gar keine Beſoldung, und nur bloß die Tafel und Logement, nebſt einem oder zwey Dienern frey, dannenhero ſie aus ihrem Beutel zehren, und vorlieb nehmen muͤſſen, wenn ihnen der Ambaſſadeur irgends eini - ge Praͤſente thut, oder ihnen das Spielenfavo -243Hoff-Ceremoniel. favorable iſt. Gleichwohl finden ſich de - rer viel, welche als Volonteurs dieſe Char - gen zu erlangen trachten.
    • 2. Die Cantzeley Bedienten, derer Haupt ein Le - gations-Secretarius, und nebſt ihme etliche Cantzelliſten ſeyn: daꝛunter jener à l’ordinair, dieſe aber nur manchmahl, in des Herren Principals und nicht bloß in des Herrn Am - baſſadeurs Pflichten ſtehen. Der Secretair muß ſeine Profeßion wohl verſtehen, nicht nur alleine ſeine liebe Mutter-Sprache, und des theuren Lateins, ſondern auch anderer Sprachen kuͤndig, von geſchwinder Expedi - tion, verſchwiegen, und zum eſpioniren ge - ſchickt ſeyn. Seine Occupationes ſind nicht nur, wie der Cavalliers, zum Splen - deur, ſondern zur Nothdurfft: denn er muß die Acta der Negotiation treulich und me - thodice aufzeichnen, das Archiv in Ord - nung halten und verwahren, oͤffters die Re - lationes verfertigen, Memorialia aufſetzen, und nebſt dem Herren Ambaſſadeur die Correſpondentz unterhalten. Mit dieſen Leuten nun muß man ſich hauptſaͤchlich be - kandt machen, denn von ihnen kan man die beſte Nachricht erhalten wie die Affairen lauffen. Weil ſie aber beeydet, ſo brauchet es vielmahl groſſe Kunſt und Vertraulichkeit ihnen etwas heraus zu locken, der Wein undQ 2das244Europaͤiſchesdas Geld loͤſet ihnen doch zuweilen, wie an - dern Menſchen die Zunge, daß ſie ſich wenig - ſtens ſo weit heraus laſſen, ut ſapienti ſa - tis ſit.
    • 3. Die Pages und Laqvayen, derer ein Ambaſ - ſadeur manchmahl viel, manchmahl wenig hat. Die Pagen ſolten von rechtswegen Adelicher und auch hoͤherer Extraction ſeyn, allein es laͤuffet oͤffters etwas buͤrgerliches mit unter, welches dann bey andern Adelichen Ge - legenheit giebet zu querelles. Jhre Verrich - tung beſtehet darinnen, daß ſie
    • 1. Die Speiſen tragen,
    • 2. Bey der Tafel aufwarten,
    • 3. Wind-Lichter tragen,
    • 4. Die Leute anmelden,
    • 5. Wenn der Ambaſſadeur ausfaͤhret nebſt dem Wagen gehen, oder vornen auf den - ſelben ſteigen.
    • 6. Die Kleider auskehren ꝛc. die Laqvays thun geringere Verrichtung als die Pages, denn ſie doͤrffen nicht leichtlich in die Anti-cham - bres, weniger aber in das Tafel-Gemach, wenn der Ambaſſadeur publiquement oder ſolenniter ſpeiſet, kommen: befin - den ſich meiſtens an der Thuͤre, und wenn der Herr Ambaſſadeur ausfaͤhret, gehen ſie bey dem Wagen, oder ſteigen hinten auf:jedoch245Hoff-Ceremoniel. jedoch hat der Cammer - oder Leib-Laqvay fuͤr den uͤbrigen einigen Vorzug.

§. 18.

Die vierdte Magnificentz beſtehet in der Equipage eines Ambaſſadeurs, und nahment - lich:

  • 1. Jn ſchoͤnen Zug - und Reit-Pferden.
  • 2. Jn koſtbahren Pferde-Geſchirre als Sat - tel, Zug-Ruͤhmen ꝛc.
  • 3. Jn koſtbahren Caroſſen, darunter die Leib - Caroſſe vielmahlen von einem ungemeinen Werth und propreté, maſſen man ihnen zu Zeiten die Braut-Caroſſen, welche et - wan ein Koͤnig bey ſeiner Heyrath verferti - gen laſſen, giebet. Ein eintziges und gantz neues Exempel ſtatt vieler zu allegiren, ſo brachte der Hertzog von Oſſuna Spani - ſcher Ambaſſadeur zu den Friedens-Tra - ctaten, nach Utrecht eine Caroſſe von Paris mit, welche
    • 1. Auswendig, vorne hinten und auf den Seiten mit Spiegel-Glaͤſern beſetzt, und mit kuͤnſtl. vergoldeten Schnitzwerck ge - ziehret.
    • 2. Jnwendig mit Drap d’argent, worauf ſtarcke Broderie von Gold, bekleidet,
    • 3. Uberall mit Naͤgeln von Cryſtal, ſo wie Diamanten geſchlieffen, beſetzet,
    • 4. Auf der Decke mit einer praͤchtigen Cro - ne verſehen war. Allein es bediente ſichQ 3der246Europaͤiſchesder Duc d’Oſſuna nicht zu Utrecht dieſes magnifiquen Wagens, weil er nicht vor gut befand, in der Auffuͤhrung mehr als andere Plenipotentiarii zu thun, ließ demnach ſelbige den 20. Julii wieder em - barquiren und nach Franckreich bringen.

§. 19.

Die Diligentz des Herrn Ambaſſa - deurs weiſet ſich darinnen, daß ſelbiger

  • 1. oͤffters mit den Miniſtris converſire,
  • 2. Durch Eſpionen von allen Nachricht ein - hohle,
  • 3. Seines Herren Principals Intereſſe im minderſten nicht verſaͤume,
  • 4. Ein richtiges Diarium fuͤhre, in welchem alles, was bey
    • 1. Den Feſtins
    • 2. Viſiten
    • 3. Promenaden
    • 4. Conferentien
    &c. vorgefallen, taͤglich ein - gezeichnet werde. Gleichwie nun in ſolchem aller - hand beſondere curieuſe Sachen aufgehoben werden, alſo behaͤlt ſich der Ambaſſadeur auch fuͤr, ſelbige alleine fuͤr ſich zu wiſſen und aufzuzeich - nen, und wird nicht leichtlich, auſſer einem gar vertrauteſtem Freunde, jemand andern erlauben dieſes Diarium aufzuſchlagen.
  • 5. Ein Protocoll halte, in welchem die zur Am - baſſade und Etats-Verrichtungen gehoͤri -gen247Hoff-Ceremoniel. gen Acta, und auf was fuͤr Art dieſes und jenes eingerichtet, und in jeder Conferentz geſchloſſen worden, fidelisſime aufgezeich - net werde. Denn dieſes machet fidem pu - blicam, und muß nach geendigter Ambaſ - ſade der Abgeſendete ſelbiges in das Archiv des Principalen lieffern. Damit nun der Ambaſſadeur ſolches deſto richtiger halten koͤnne, wird ihme bey jeder Conferentz Pa - pier, Feder und Dinten an ſeinem Ort gele - get (oder er hat auch Tablettes bey ſich) damit er ſummariter, was von einer Con - ferentz zu der andern auf das Tapet kom - men, aufzeichne: wenn er aber von dannen in ſein Qvartier kommet, ſchreibet er mit al - len gehoͤrigen Umbſtaͤnden, ſelbiges in ſein Protocoll, oder dictiret es auch nur dem Secretario, collationiret auch wohl mit ei - nem andern bey der Conferentz geweſenen und ihme vertrautem Plenipotentiario, uͤber diß was in der Conferentz vorkom - men, damit er keinen zum Protocoll gehoͤ - rigen Umbſtand vergeſſe: weil ſelbiges her - nachmahls nicht nur fidem publicam ma - chet, ſondern auch ein authentiſches Zeug - nuͤs abgeben muß, was fuͤr obſtacula und intrigues ſich in der Conferentz uͤber Ab - thuung einer Materie erhoben, und auf was fuͤr Art ſelbige gehoben oder debattiretQ 4wor -248Europaͤiſchesworden. Und dieſes iſt eine der wichtigſten Diligentz eines Ambaſſadeurs.
  • 6. Relationes an ſeinen Principal mache. Dieſe werden theils aus dem Diario, theils aus dem Protocoll gezogen, und zuweilen von dem Ambaſſadeur, wenn es ſonderlich Sachen von Importantz, und welche Ver - ſchwiegenheit von noͤthen haben, zuweilen auch nur von dem Secretario verfertiget. Und dieſes iſt eben die Arbeit, welche den Ambaſſadeurs die Poſt-Tage und De - peſches ſo ſchwer macht, und zugleich hin - dert, daß man an den Poſt-Tagen mit die - ſen Herren nicht leicht Gelegenheit zu ſpre - chen uͤberkommen kan.

Siebendes Capitel. Von Eintheilung der Ambaſſa - deurs in ordinaires und extra - ordinaires.

§. 1.

Weil die Ambaſſadeurs extraordi - nairs denen Ordinairs vorgezogen werden, als muͤſſen wir auch allhier jene dieſen vorſetzen, und zuerſt von ihnen handeln.

§. 2.

Ein Extraordinair-Ambaſſadeur wird geſendet,

  • 1. ohne alle Intention Reſidentz zu machen,
  • 2. Nur einen Actum zu negotiren, welcherſei -249Hoff-Ceremoniel. ſeinem Creditiv expres einverleibet iſt, dar - unter die gewoͤhnlichſten die Functiones officioſæ v. gr. gratulationes, condo - lences, mariages &c. Wenn dieſer ver - richtet, kehret er wiederumb heim.

§. 3.

Dieſe Ambaſſadeurs extraordinairs, ſind ratione

    • 1. Des Characteris
    • 2. Inviolabilité
    • 3. Immunité
    von den Ordinairs zwar nichts, aber doch ratione
  • 4. Des Ceremoniels und Tractements wohl zu unterſcheiden, maſſen man ſie mit mehrerer Ehren-Bezeugung annimmt, ſie auch mit mehrerer Magnificentz als die Ordinairen ſich aufzufuͤhren pflegen. Und weil dieſe Ambaſſaden ſehr koſtbahr, ſo pfleget man meiſtens Leute von groſſer Geburt und Reichthum dazu zu emploiren, damit der Souveraine etwas in den Depenſen ſuble - viret werde, oder wo man nicht vermoͤgen - de Leute dazu nimmt, ſo laͤſſet man, umb der Menage willen, ſolche Ambaſſaden nicht von langer Daure ſeyn.

§. 4.

Wenn es ſich fuͤget, daß ein Ambaſſa - deur extraordinair mit einem Ordinairen in ei - nem Orte concurriren, ſo hat man acht zu geben,

Q 51. Ob250Europaͤiſches
  • 1. Ob beyde von einem Herren geſendet wor - den, und da gehet der Extraordinaire, ob er er gleich von minderer Condition v. gr. ein Rath oder gentil-homme waͤre, dem Ordinairen, wenn dieſer ſchon ein Graff oder Fuͤrſt waͤre, vor.
  • 2. Ob der extraordinaire Geſandte von einem geringeren Fuͤrſten als der Ordinaire ge - ſendet worden, auf welchen fall der Ordi - naire dem Extraordinairen gleichwohl vorgezogen wird.

§. 5.

Mit den Geſandten des Pabſtes hat es eine gantz beſondere Bewandnuͤß. Denn wenn er einen Legatum à latere, welcher eben ſo viel als ein Ambaſſadeur extraordinair, an einen Ort ſendet, wo er ſchon ſeinen Nuntium hat, (welcher mit dem Ordinair-Ambaſſadeur uͤbereinkommt) ſo kan der Nuntius keine Function ratione der Sendung verrichten, ſondern ſelbige iſt ſo lange ſuſpendiret, biß der Legatus à latere wieder hinweg iſt, und dann reviviſciret ſie poſtlimi - nio, und hat es keines neuen Creditives und In - ſtruction von noͤthen.

§. 6.

Bey Concurs zweyer weltlichen Am - baſſadeurs, nemlich eines Ambaſſadeur extra - ordinairs und ordinairs von einem Souverain, verrichtet ein jeder die Affaire ſo ihme anbefohlen, ſeparatim.

§. 7. Wenn251Hoff-Ceremoniel.

§. 7.

Wenn ein Potentate ſelten oder nie - mahlen einen Ordinair-Ambaſſadeur, ſondern nur zu weilen, und im hoͤchſten Nothfall, einen Extraordinairen an einen Potentaten ſendet, ſo thut der andere ein gleiches, weil man es ſich fuͤr einen Schimpff haͤlt, wenn man nicht einen Or - dinair-Geſandten abſendet. Dannenhero Franckreich den Duc d’Eſtrée faſt gantzer zehen Jahr in Rom, und alſo wieder alle Gewohnheit, als einen Extraordinair-Ambaſſadeur hielte, weil der Pabſt mit welchem er in Differentz war keinen Nuntium in Franckreich ſendete.

§. 8.

Es kan ſonſten aus einem Extraordi - nair ein Ordinarius, und Vice-Verſa gemachet werden, welches changement, zu Vermeidung der Reiſe-Unkoſten, gar offt geſchiehet.

§. 9.

Die Ordinair-Ambaſſadeurs ſind die - jenigen, welche nicht nur zu einem eintzigen Actu, und conſequenter auf eine kurtze Zeit, ſondern zu Verrichtung vieler oder langer Affairen, und auch auf eine geraume Zeit, an dem Hofe eines Souverainen gleichſam Reſidentz zu machen, ge - ſendet werden.

§. 10.

Derer meiſte Verrichtung iſt:

  • 1. Die Freundſchafft zweyer Potentaten zu unterhalten, und allen was dieſelbige tren - nen koͤnte, vorzubeugen. Anbey aber
2. Zu252Europaͤiſches
  • 2. Zu eſpioniren, was an dem Hofe eines Potentaten vorgehet, was er im Schilde fuͤhret ꝛc. Dannenhero auch die Jtaliaͤner ſagen: un Ambaſciatore e un illuſtre é nobile ſpione dello ſtato.

§. 11.

Es haben zwar nun alle Souverains oder die ihnen gleichen, das Jus Legationis, allei - ne es enthalten ſich doch einige von Sendung der Ambaſſadeurs, und dieſes thun ſie darumb,

  • 1. Entweder die Koſten zu ſparen, oder
  • 2. Weil ſie befuͤrchten man moͤchte ihnen nicht das prætendirte Tractement geben, und demnach werden derer Legationes nur durch Abgeſandten oder Envoyés ver - richtet.

§. 12.

Dannenhero obgleich der Koͤnig in Franckreich und Spanien ihre Ordinair-Am - baſſadeurs bey den Schweitzern, zu Bezeugung ihrer Hoheit und Reichthum halten, ſo ſenden doch die Schweitzer hingegen nur Envoyés nach Madrit und Paris, weil ſie Unkoſten erſparen, und keinen Diſput wegen des Ceremoniels anfan - gen wollen, maſſen man weiß, daß die Souverains in Europa mit den Schweitzern gar ſchlechte Ce - remonien machen, wovon man ein gantz neues Exempel in verfloſſenen 1712. Jahre, Monath Novembr. zu Regenſpurg geſehen. Denn als der Canton Zuͤrich und Bern an das CorpusEvan -253Hoff-Ceremoniel. Evangelicum Plenipotentiarios ſendeten, ent - ſtund die Frage, mit was fuͤr einem Ceremoniel man ſelbige annehmen ſolte. Die Electorales meinten, daß ſie den Schweitzern, ſo gar auch in ihrem Qvartier, nicht die Hand oder Stelle ge - ben koͤnten, die Fuͤrſtlichen aber erklaͤreten ſich gleichwohl, daß man ihnen als Stands-Perſo - nen und Cavalliers von einer freyen Republic geſendet, die Ehre anthun und ſie bey der Stiegen empfangen koͤnte. Alſo auch wird ein Reichs - Fuͤrſt (auſſer Luͤneburg und Neuburg und einige andere) nicht leicht einen Ambaſſadeur an einen Churfuͤrſten oder Koͤnig ſenden, weil man ihnen den Titul Excellentz zu geben weigert. Der Pabſt ob er gleich ſeine Nuntios, (welche man den Ordinair-Ambaſſadeurn gleich achtet) nach Turin und Genua ſendet, ſo ſiehet man doch nie - mahlen von dieſen zweyen wieder einigen Ambaſ - ſadeur in Rom, ſondern nur Envoyés, weil man ihnen die Stelle, welche ſie in der Paͤbſtl. Capelle zu haben prætendiren, nicht einraͤumen will.

§. 13.

Nicht weniger Streit giebet es, wenn einer mehr als einen Ambaſſadeur ſendet, ſie ſeyn Ordinairs oder Extraordinairs: denn da will man zu Zeiten nur einen mit dem Charactere, nicht aber alle zwey oder drey beehren; Nun aber iſt bekandt, daß die Hollaͤnder wegen ihrer Pro - vintzen ſtets mehr als einen ſenden, wenn ſie ſon - derlich Frieden ſchlieſſen wollen: andere Poten -taten254Europaͤiſchestaten thun ein gleiches, wie man ſo wohl bey dem Rißwigiſchen, als auch itzt unter Haͤnden ſchwe - benden Utrechtiſchen Friedens-Congreß erſehen kan: auf welchem Engelland den Biſchoff von Briſtol, den Graff Staffort ꝛc., Franckreich auch drey geſendet hat. Allein weil die Ambaſſadeurs ihre Præeminentz nicht intuitu deſſen an welchen, ſondern von welchem ſie geſendet werden, haben, auch derjenige an welchen man ſie ſpediret, dem Sendenden nicht vorzuſchreiben hat, wie viel er Ambaſſadeurs ſchicken will, ſo hat man endlich drein willigen muͤſſen, alle pro talibus zu erkennen und zu tractiren, pro qualibus ſie ihr Principal abgeordnet. Sonderlich iſt in der Capitulation Caroli VI. §. 5. p. m. 5. denen Churfuͤrſten ex - preſſe vorbehalten worden alle ihre cum Chara - ctere abgeordnete Ambaſſadeurs, pro talibus zu erkennen, wie man dann auch ſchon in gar alten Zeiten ſtets mehr als einen Geſandten an aus - wertige Koͤnige zu ſenden pflegen. Jn dem Roͤm. Reich iſt bey den Wahl-Tagen hierinnen noch was eigenes: denn obgleich ein Churfuͤrſt zwey oder drey Geſandten dahin ſenden mag, ſo wird doch nur einer in dem Conclavi pro tali erkennet, und zur Votation admittiret, die andern aber muͤſſen davon weg bleiben.

§. 14.

Ob nun gleich das Axioma politicum alſo lautet: Quod dignitas realis præferatur fictæ, ſo haben doch die Koͤnigl. und auch Chur -fuͤrſtl.255Hoff-Ceremoniel. fuͤrſtl. Ambaſſadeurs dieſe Prærogative, daß ſie allen andern Fuͤrſten in Perſon, ſie moͤgen inner oder auſſer Deutſchland ſeyn, vorgehen, nur bloß diejenigen Fuͤrſten (und derer Ambaſſadeurs) ausgenommen, welche recht tituliret, gekroͤnte, re - gierende Koͤnige, Koͤnigl. Wittwen oder Pupil - len, denen die Regierung, ſo bald ſie ihr gebuͤhren - des Alter erreichet, zu fuͤhren zuſtehet, ſind; denn ſolchen Fuͤrſtl. Perſonen, und deren Ambaſſa - deurs die Churfuͤrſten und ihre Ambaſſadeurs nachgehen. vid. Capitul. Caroli VI. §. 3. p. m. 5. Es haben zwar die uͤbrigen Fuͤrſten des Reichs, welche von alten Herkommen und Macht, ſchon An. 1653. getrachtet es dahin zu bringen, daß ihre Ambaſſadeurs den neugemachten Fuͤrſten, wenn ſie etwan in Perſon gegenwaͤrtig, auch vor - gezogen werden moͤchten, allein es iſt ihnen da - mahlen, und noch biß dato abgeſchlagen worden.

§. 15.

Es iſt auch zu Zeiten die Frage entſtan - ſtanden: Ob, wenn ein Ambaſſadeur irgends in eine Kranckheit verfiele, oder ſonſten durch etwas verhindert wuͤrde, ſein Subſtitutus eben den Vor - zug fuͤr andern haben muͤſte, welcher dem Subſti - tuenti gebuͤhret? Welches wohl nicht anders als dergeſtalt und mit Diſtinction kan beantwor - tet werden: Entweder es hat ein Ambaſſadeur in ſeiner Inſtruction die Clauſulam ſubſti - tuendi

1. Sim -256Europaͤiſches
  • 1. Simpliciter, oder
  • 2. Subſtituendi cum Charactere.

Auf den erſten Fall kan ſein Subſtitutus nicht den Rang des ſubſtituirenden Ambaſſadeurs prætendi - ren, wohl aber in dem andern Fall.

Achtes Capitel. Von denen Ablegatis oder Abge - ſandten, welche die Frantzoſen Envoyés, die Jtaliaͤner Inviati nennen.

§. 1.

Wir haben oben in dem dritten Capitel angemercket, in was fuͤr Stuͤcken ein Ambaſſa - deur und ein Envoyé mit einander uͤbereinkom - men, da dennoch allhier beygefuͤget zu werden uͤbrig, daß ratione finis oder der Etats-Affairen ein Envoyé alles dasjenige ſo gut verrichten kan, was man einem Ambaſſadeur zu negotiren auf - traͤget, ſo daß die differentia ſpecifica dieſer beyden nur bloß im Charactere, und dem daraus flieſſendem Ceremoniel beſtehet.

§. 2.

Sie ſind demnach ſo gut Perſonæ pu - blicæ als der Ambaſſadeur, und ob ſie gleich kei - nen Characterem repræſentativum und groſ - ſes Ceremoniel haben, ſo ſind ſie doch vielmahl in ihrer Auffuͤhrung, Logement und Tafel, nicht viel weniger magnific als mancher Ambaſſadeur.

§. 3.

Ob die Art ihrer Charge aͤlter oder juͤn - ger als der Ambaſſadeurs, oder vice verſa, iſteine257Hoff-Ceremoniel. eine curieuſe Quæſtion, welche pro und contra zu diſputiren, einen unter ihnen, und uns allen zu - ſammen, zu nichts nutzen, hingegen vielmehr ſchaden wuͤrde. Dieſes aber iſt noͤthig zu wiſſen,

  • 1. Warum man zu Zeiten Envoyés ſendet, und
  • 2. Jn was ſie von den Ambaſſadeurs unter - ſchieden?

§. 4.

Die Urſachen daß ſich die Souverains derer bedienen, ſind entweder daß man

  • 1. Die Unkoſten, ſo auf Ambaſſadeurs muͤſ - ſen emploiret werden, erſparen, oder
  • 2. Allen Streit, der wegen des Ceremoniels unter den Ambaſſadeurs zu entſtehen pfle - get, vermeiden will, und dann weil man
  • 3. Durch ſie eben dasjenige ausrichten laſſen kan, was man durch die Ambaſſadeurs ver - richten laͤſſet.

§. 5.

Der Unterſcheid eines Envoyé von ei - nem Ambaſſadeur beſtehet ungefehr darinnen, daß jener

  • 1. Allen Ambaſſadeurs, ohne Unterſcheid ob einer unter ihnen eher oder ſpaͤter ankom - men, die erſte Viſite giebet, denn dieſe ehere und ſpaͤtere arrivée kommt nur zwiſchen Miniſtris gleiches Rangs, nemlich zwiſchen Ambaſſadeurs und Ambaſſadeurs, En - voyés und Envoyés in Conſideration, daRdenn258Europaͤiſchesdenn allezeit der letzt ankommende zuerſt be - ſuchet, und gleichſam bewillkommet wird.
  • 2. Allen Ambaſſadeurs, ob ſelbige gleich von einem notoriſch minderem Principal als der ſeinige iſt, abgeſchicket worden, nachgehe.
  • 3. Denen Ambaſſadeurs den Titul Excel - lentz geben muß, ſelbigen aber nicht wieder fuͤr ſich prætendiren darff, ſondern nur zu Frieden ſeyn muß, wenn man ihn par Monſieur Euvoyé anredet.
  • 4. Von einem Ambaſſadeur, wenn er ſel - bigen beſuchet, bey Ausſteigung aus der Kutſchen, nur durch einen ſeiner Cavalliers empfangen wird, der Am - baſſadeur ſelbſten aber gehet ihme nicht weiter als biß zu der Thuͤre der Anti-cham - bre entgegen, giebet ihm auch in ſeinem ei - genem Logement niemahlen die Ober - Stelle.
  • 5. Dem Envoyé im ſitzen nur ein Stuhl ohne Lehnen, oder doch nur hoͤchſtens eine Siege a dos, niemahlen aber eine à bras gegeben, auch ſelbiger bey der Audientz allemahl der - geſtalt placiret werde, daß der Envoyé den Ruͤcken gegen die Thuͤre wende.
  • 6. Der Envoyé im Weggehen von dem Am - baſſadeur, von dieſem auch nur wieder zu der Thuͤre der Anti-chambre, und fol -gends259Hoff-Ceremoniel. gends ferner von einem oder auch mehren Cavalliers biß an die Caroſſe begleitet wird.

§. 6.

Ob nun zwar zu Zeiten geſchiehet, daß ein Ambaſſadeur

  • 1. Aus Unwiſſenheit des Ceremoniels, oder
  • 2. Aus Affection gegen dem Envoyé, dieſem mehr Ehre anthue, als ihme gebuͤhret, oder auch ein wohl geuͤbeter Envoyé durch ſeine Ad - dreſſe, ſich einen Actum mehrerer Ehren-Bezeu - gungen von einem Ambaſſadeur beyleget, ma - chet doch dieſes dem Tertio keine Præjuditz, und kan ſich ein Envoyé deswegen bey einem andern Ambaſſadeur nicht darauf beruffen, daß ihm die - ſer und jener Ambaſſadeur etwas mehreres an Civilité gethan, v. gr. die Ober-Stelle gegeben, biß zur Steigen begleitet. So viel aber effectui - ret wohl des Ambaſſadeurs Hoͤffligkeit, daß der Envoyê, welcher ſelbige entweder ignorantiæ aut affectione des Ambaſſadeurs, oder artifi - cio ſuo erhalten, ſelbige hernach von eben dieſem Ambaſſadeur wiederumb, auch wohl nach ge - ſtallten Sachen, von einem andern Ambaſſa - deur, ſo aber eben von demſelben Principalen, von welchem der Hoͤffliche geſchicket, prætendiren kan.
R 2Neund -260Europaͤiſches

Neundtes Capitel. Von denen Reſidenten.

§. 1.

Wer da weiß, wie weit ein Deputirter von einem Agenten (welche beyde unten auch er - wehnet werden ſollen) unterſchieden, der wird ſich auch gar leicht eine ideam machen koͤnnen, wie ein Envoyé und Reſidente von einander diſtingvi - ret ſind.

§. 2.

Hieraus iſt wohl zu ſchlieſſen, daß ein Reſident ſelten etwas mehreres verrichten koͤnne, als ſuppliciren, ſollicitiren, erinnern, referiren, eſpioniren, und das Intereſſe ſeines Herrn ob - ſerviren. Dannenhero diejenigen, welche le Re - ſident und l Envoyé ordinair mit einander zu confundiren pflegen, ihre Unwiſſenheit, welche ſie in regard derer Etats-Bedienten haben, zeigen. Deñ obgleich an einigen Hoͤfen die Ordinair-En - voyés oͤffters nur Reſidenten genennet werden, ſo iſt doch dieſe Benennung gantz abuſiva, und wird nur in oppoſition eines Envoyé extraor - dinair alſo genennet, dahingegen ein formaler Reſident von der Qualification eines Envoyé nichts participiret, auſſer dem daß er ein Miniſter publicus iſt.

§. 3.

Man nimmt demnach zu dergleichen Char - ge ſelten oder gar niemahlen Leute von adlicheꝛ Ge - burth, oder ſolche welche in dem Hofe ihres Prin -cipa -261Hoff-Ceremoniel. cipalen eine denen Cavalliers gebuͤhrende Stelle bekleiden: ſondern weil derer appointement gar ſchlecht, meiſtens nur in den Handel-Staͤdten reiche Kauffleute, oder auch wohl gar Juden, die ſich mit dem bloſſen Titul, ohne Beſoldung be - gnuͤgen laſſen; in den Hoͤfen aber der Souverainen haͤlt man einen Gelehrten, oder der von der Feder Profeſſion machet, und im uͤbrigen gute Notitz des Hoffes hat, wo er ſich befindet. Meiſtens ge - ſchiehets auch, daß wenn ein Ambaſſadeur oder Envoyé von ſeinem Principal zuruͤcke geruffen wird, man ſeinen Secretair als Reſidenten hinter - laͤſſet, damit man gleichwohl in Abweſenheit ſol - cher Miniſter jemanden habe, welcher was paſſi - ret, berichtet, oder was man ihm injungiret, ſol - licitiret. So iſt es auch nichts ungewoͤhnliches, daß ein Envoyé, (Ambaſſadeur) und Reſident, welche beyde von einem Herrn dependiren, zu gleicher Zeit ſich an einem auswaͤrtigen Hofe be - finden koͤnnen: ſonderlich aber halten die kleinen Fuͤrſten in dem Kayſerl. und den Hoͤfen ihres glei - chen, Reſidenten.

§. 4.

Die Republiquen nun nehmen es zwar eben nicht ſo genau, ob ein Potentat Envoyés oder Reſidenten zu ihnen ſchicket: allein die Sou - verains leiden dieſe Leute nicht allzugerne umb ſich, weil es ihrer Hoheit nicht anſtaͤndig ſeyn will, Leute welche ohne allen Character und Splen - deur, in ihren Hoͤfen unter andern anſehnlichenR 3Mini -262EuropaͤiſchesMiniſtris paſſiren zu laſſen: ſondern ſie wollen lieber Envoyés ordinairs haben, wie denn der Churfuͤrſt zu Trier, als man ihm einen Frantzoͤſi - ſchen Reſidenten zuſenden wolte, ſolches depre - cirte, und expres einen Envoyé zu haben præ - tendirete.

§. 5.

Die Alten haben dergleichen Leute, weil ſie ſelbige fuͤr eſpions gehalten, in ihren Reichen und Republiquen nicht admittiren wollen, und die Doctores Jur. gent., darunter der vortreffli - che Grotius lib. 2. c. 18. §. 3. n. 2. meinet, daß man ſelbige mit allem Recht abweiſen koͤnte, deſſen Worte ſind folgende: Optimo autem Jure re - jicı poſſunt, quæ nunc in uſu ſunt, Legationes aſſiduæ, quibus quam non ſit opus, docet mos antiqvus cui illæ ignoratæ.

§. 6.

Jedoch aber laͤſſet ſich ſo ſimpliciter nicht ſchlieſſen, daß weil die Alten ſolche Leute nicht gebrauchet oder nicht zugelaſſen, man ſie deswegen heut zu Tage auch ſo gleich verwerffen muͤſſe. Denn daß man bey den Alten Legatos auf kurtze Zeit und ad unum Actum, nicht aber auf immer, wie heut zu Tage Reſidenten, geſen - det, ſolches iſt damahlen Juris gentium geweſen. Nun aber iſt dieſes Jus mutabile, und ſind die heutigen Potentaten alſo an das Verfahren der Alten nicht zu binden. Conſvetudo enim con - ſvetudine contraria tollitur, ſo daß Puffen - dorff in ſeinem Tractat de ſtatu naturali garrecht263Hoff-Ceremoniel. recht lehret: daß weil zwiſchen zweyen Republi - qven manchmahl Negotia fuͤrfallen, welche ab - zuthun es zu koſtbahr fallen wuͤrde, allererſt Lega - ten zu ſenden: uͤber dieſes auch noͤthig daß eine Republic wiſſe, was in der andern zu ihrem beſten oder Nachtheil vorgenommen werde; ſo habe die - ſe Curioſitaͤt nunmehro kein Offenſum bey ſich, weil die moratiores gentes mutuo quaſi con - ſenſu dergleichen Reſidenten zu ſchicken und anzu - nehmen ſich vergliechen.

Zehendes Capitel. Von denen Plenipotentiariis.

§. 1.

Es pfleget zuweilen zu geſchehen, daß man in einem Paſſeport und Creditiv den Spe - cial-Character eines Miniſtri, umb allen Diſput zu vermeiden, mit ſeinem eigenen Nahmen (Am - baſſadeur oder Envoyé) nicht nennen will, und demnach hat man einen General-Titul, nemlich der Plenipotentiariorum erdacht.

§. 2.

Derſelbe iſt nun ſo wohl mit dem En - voyé als Ambaſſadeur compatibilis, maſſen ein jeder Ambaſſadeur oder Envoyé auch zu - gleich ein Plenipotentiarius, nicht aber recipro - ce ein jeder Plenipotentiarius ſo gleich ein Am - baſſadeur oder Envoyé ſeyn kan.

3. 3.

Wenn man demnach dieſe Art der Mi - niſtrorum beſchreiben wolte, ſo koͤnte man ſagen: daß ein Plenipotentiarius in functionibus pu -R 4blicis264Europaͤiſchesblicis derjenige ſey, was in functionibus pri - vatis ein mandatarius oder procurator cum libera, oder wenigſtens ein generalis iſt. Aus dieſer Paritaͤt des procuratoris mit dem Pleni - potentiario erwaͤchſet folgende Definition des letztern; Daß er ein mit einer Vollmacht und Inſtruction zu einem oder mehrern Negotiis von ſeinem Principal verſehener Miniſter, ohne alle genennete Dignitaͤt und Character ſey: denn der Nahme Pleni - potentiarii iſt nicht nomen dignitatis ſondern poteſtatis.

§. 4.

Man ſiehet bald hieraus, daß man bey dieſen Leuten mehr auf ihre Verrichtung, als das ihnen gebuͤhrende Tractament acht zu haben, doch muß man ihnen alle ex Jure gentium einem Legaten zuſtehende Inviolabilitaͤt und Immuni - taͤt einraͤumen.

§. 5.

Es ſcheinet nun zwar, daß ein Plenipo - tentiarius das Mittel zwiſchen einem Ambaſſa - deur und etwas weniger als dieſer, und zwiſchen einem Envoyé, und mehreres als dieſer ſeyn ſolle; allein dieſes Mittel iſt nicht allemahl in medio relictum, maſſen man oͤffters ſo wohl einem Am - baſſadeur als Envoyé zugleich den Plenipoten - tiariatum anfuͤget, und in denen Creditiven ſe - tzet: unſerm Ambaſſadeur (oder Envoyé) und Plenipotentiario; da denn das erſtere Wort,die265Hoff-Ceremoniel. die Wuͤrde, das andere die Verrichtung expri - miren.

§. 6.

Wenn man aber einen bloß in der Qua - lité eines Plenipotentiarii abſendet, ſo iſt er we - der Ambaſſadeur noch Envoyé, und iſt die Art dieſer Miniſtrorum meiſtens aus zweyerley Urſachen entſtanden:

  • 1. Weil die Koͤnige und Churfuͤrſten denen an - dern Fuͤrſten des Reichs nicht zugeſtehen wollen, Ambaſſadeurs ſondern nur En - voyés zu ſenden, haben zwar die Fuͤrſten beſtaͤndig wiederſprochen, indem ſie ſich quoad ſuperioritatem territorialem den Churfuͤrſten allerdings gleich geachtet, auch von Kayſerl. Majeſtaͤt und andern auswertigen Souverains das Jus mit - tendi Legatos primi ordinis erhalten. Weil man aber dieſen Streit nicht gaͤntz - lich beylegen koͤnnen, ſo haben die Fuͤrſten umb denen Tractaten keine Hindernuͤſſe zu machen, hernach Plenipotentiarios geſen - det, nicht reflectirende ob man ihnen die Qualité eines Ambaſſadeurs und Envoyé zu geſtatten wolle.
  • 2. Weil es unter den Geſandten der Souve - rainen ſelbſt, ſonderlich auf denen Frie - dens-Congreſſen, allerhand diſputirens geſetzet, wenn einer und der andere einen Ambaſſadeur dahin geſendet. Denn keinerR 5hat266Europaͤiſcheshat dem andern nach, ſondern ein jeder dem andern vorgehen wollen; So hat man kein ander Mittel geſehen, als daß man zu ſolchen Friedens-Negotiationibus Per - ſonen ohne Nahmen, jedoch mit dem Vor - behalt geſchicket, daß man ihnen hernach zu gelegener Zeit einen Character beylegen moͤge, welchen man wolle. Man ſiehet deswegen noch in dem Briefe der Koͤnigin von Engelland, welchen ſie 1711. den 29. Novembr. an die in Engelland befindli - chen Miniſtros ihrer Alliirten geſendet, ex - preſſe enthalten: daß die Engellaͤndiſchen und Hollaͤndiſchen Miniſter, auf dem bevor - ſtehenden Congreß zu Utrecht, mit keinem andern als generalen Character der Ple - nipotentiariorum erſcheinen, und erſt bey kuͤnfftiger Unterzeichnung des Friedens die Qualité eines Ambaſſadeurs annehmen ſolten.

§. 7.

Hieraus koͤnte man einiger maſſen ſchlieſ - ſen, daß die Plenipotentiarii mehr von dem Character eines Ambaſſadeurs als Envoyé participiren moͤchten.

Eilfftes Capitel. Von denen Conſuls.

§. 1.

Dieſe haben einige Gleichheit mit denSyn -267Hoff-Ceremoniel. Syndicis, weil ſie einer gantzen Nation, gleich - wie jene einem gantzen Collegio, zum Dienſt, und Beſten der Republic, in auswertigen Orten, ſonderlich aber in den groſſen Handels-Staͤdten ſich aufhalten: dannenhero man ſie auch von der gantzen Nation zu nennen pfleget v. gr. der Fran - tzoͤſiſche, der Hollaͤndiſche ꝛc. Conſul.

§. 2.

Diejenigen welche zu dieſer Function emploiret, ſind meiſtens Kauffleute, weil ſie hauptſaͤchlich das Intereſſe der Negotien ihrer Nation befoͤrdern ſollen.

§. 3.

Derer Amt beſtehet ungefehr darinnen, daß ſie

  • 1. Die Wechſel-Briefe wohl befoͤrdern,
  • 2. Den Credit ihrer Nation erhalten, und ih - re Kauffleute unterſtuͤtzen,
  • 3. Die Gelder ſo eine Nation oder Republic, auch Potentate dem andern auszuzahlen hat, lieffern,
  • 4. So wohl den Miniſtris des Fuͤrſten oder Republic in welcher ſie als Conſul leben, als auch der Republic und Kauffmanns - Compagnie ihres Vaterlandes avis geben von den Trafiquen, und dem Concours der fremden Nationen, welche Handel an einem Orte treiben.
  • 5. Die unter ihrer Nation entſtandene Dif - ferentien, ſo weit ſie die Handlung con - cerniren, decidiren.
§. 4. Es268Europaͤiſches

§. 4.

Es giebet ihnen demnach der Souve - raine, oder die Republic derer Unterthanen ſie ſind,

  • 1. Eine Confirmation ihrer Charge,
  • 2. Eine Recommendation an den Souve - rain, oder Stadt-Magiſtrat, bey welchem ſie ſich aufhalten,
  • 3. Ein Protections Patent ſie zu ſchuͤtzen.

§. 5.

Jm uͤbrigen ſind ſie ſo wohl in crimina - libus als civilibus demſelben unterworffen, in deſſen Lande ſie ſich aufhalten, und genieſſen gar keiner perſonal-Freyheit oder Exemption, auſ - ſer daß ſie in einigen Orten exempt ſind, diejeni - gen Impoſten ſo andere Kauffleute zahlen muͤſ - ſen, zu erlegen, und man ſie von andern gemeinen Kauffleuten in Ehren-Bezeugungen diſtin - gviret.

§. 6.

So wohl die Venetianer als Hollaͤnder haben verſuchet, ihrem Conſul an einigen Orten dergleichen Exemption und Authoritaͤt, als die Reſidenten zu genieſſen pflegen, zu verſchaffen; alleine es iſt keinem unter beyden in keinem Orte gelungen.

Zwoͤlfftes Capitel. Von denen Agenten.

§. 1.

Dieſes ſind eigentlich und juſt zu reden Leute, welche die Staͤnde bey ihrem Ober-Hauptehalten269Hoff-Ceremoniel. halten, derer Anſehen wohl nicht gar ſonderlich, ihre Function aber darinnen beſtehet, daß ſie Sup - plicationes machen, Beſcheide ſollicitiren, und Relationes an die, von welchen ſie ihre Beſtal - lungen haben, verfertigen.

§. 2.

Sie muͤſſen demnach etwas mit aus der Schule gebracht haben, oder durch die Praxin in denen Dingen ſo ſie verwalten ſollen, Erfah - rung uͤberkommen haben, wie man denn an vielen Orten gelehrte und verſtaͤndige Agenten, im Ge - gentheil aber auch bißweilen miſerable Zeug mit unter findet.

§. 3.

Jhr Amt zu verwalten, muͤſſen ſie hur - tig, geduldig, und auch zugleich etwas unver - ſchaͤmt, und nicht empfindlich ſeyn: maſſen ſie nicht ſelten von denen Miniſtris hart angefahren und reprimandiret werden.

§. 4.

Es halten aber nicht nur die Staͤnde bey ihrem Superiori, ſondern auch wohl Souveraine bey ihres gleichen und geringeren ihre Agenten: wenn ſie etwas zu verrichten haben, welches der Unkoſten nicht werth waͤre einen formalen Mini - ſter alldort zu haben: und dieſe Art der Agenten ſind meiſtentheils mit zu eſpioniren abgeordnet.

§. 5.

Eine oder die andere Art von Agenten hat keinen Characterem, bekommt auch keine literas credentiales, ſondern nur commen - datitias von ſeinem Principal; Sondern es iſt einbloß270Europaͤiſchesbloß Officium welches ſie verwalten: ſie koͤnnen auch wedeꝛ bey einem Fuͤꝛſten, eꝛ ſey nun denen von denen ſie dependiren ſuperior oder æqualis, oder auch bey einer Republic etwas mit Nachdruck ſchlieſſen, wenn man ſie nicht mit einem Special - Mandat daruͤber ausgeruͤſtet. Spanien ob es gleich in ſeinem Reiche keine Juden duldet, hat doch vielmahlen zu Conſtantinopel einen Agenten der ein Jude, dergleichen andere Potentaten auch dann und wann zu thun pflegen.

§. 6.

Weil ſie nun keinen Characterem, und keinen Theil an den Juribus Legatis ex Jure gentium competentibus haben, ſo folget daß ſie von der Jurisdiction deſſen, bey dem ſie ſich auf - halten, nicht eximiret. Welches, wie es bey denen Agenten, welche a Statibus ad ſuperiorem geſen - det werden, gar keinen Zweifel hat, alſo giebet es bey denjenigen, die von einem andern Souverain, als derſelbige iſt bey dem ſie ſich aufhalten, de - pendiren, in hoc paſſu ein Majus & Minus. Deñ wenn ein Agente ein delictum begienge, ſo hat es derjenige in deſſen Territorio es geſchehen, ab - zuſtraffen, und wenn er es beſtraffet, thut er da - durch nicht wieder das Jus gentium. Jedoch wenn der Agente von einem potentiori oder a - mico dependiret, thut der Dominus territorii beſſer, daß er das delictum an den Principal be - richtet, und dafern ſich ſelbiger erklaͤret, den De - linquenten gebuͤhrend abzuſtraffen, ſelbigen ſo dann zuruͤcke ſchicket.

§. 7. Jn271Hoff-Ceremoniel.

§. 7.

Jn zwiſchen muß man ſie doch conſide - riren als Aulicos und Domeſtiquen deſſelbigen Printzen oder Republic, von welcher ſie abgeord - net worden, und ihnen dergleichen Deferentz thun, daß ihre Principalen nicht choquiret werden.

Dreyzehendes Capitel. Von denen Secretariis.

§. 1.

Es iſt zwar ſchon im vorhergehenden ſech - ſten Capitul einiger maſſen von der Function ei - nes Secretarii Meldung geſchehen, hier aber wird noch zu betrachten ſeyn, daß es zweyerley Secre - tarios giebet.

    • 1. Legations-Secretarios, welche nicht von dem Ambaſſadeur oder Envoyé, ſondern von dem Souverain, welcher die Legation ſendet, conſtituiret, dependiren, und ſala - riret werden: und dieſe ſind perſonæ publi - , uñ genieſſen meiſtens der Inviolabilitaͤt und Immunitaͤt, derer der Ambaſſadeur ſelbſten genieſſet. Dañenhero Henricus IV. in Fꝛanckreich den Legations-Secretarium des Koͤniges in Spanien, welcher einiger Conſpiration wieder den Henricum be - zuͤchtiget worden war, und nach Meynung des Pariſiſchen Senats von dem Henrico ſolte beſtraffet werden, gleichwohl als in - violabilem an ſeinem Herrn Principal, den Koͤnig in Spanien remittirete.
    • 2. Des Ambaſſadeurs oder Envoyé Secreta -rios272Europaͤiſchesrios, welche ſich einer oder der andere annim̃t und ſie ſalariret: dannenhero ſolche auch gantz alleine von ihnen dependiren, und Domeſti - quen, aber nicht publicæ perſonæ ſind.

§. 2.

Dieſe Legations-Secretarii nun, von welchen hier hauptſaͤchlich die Rede, empfangen

  • 1. Jhr beſonder Creditiv, und ſo dann werden ſie nicht viel geringer gehalten als die En - voyés Ordinairs oder Reſidenten,
  • 2. Werden vielmahlen dem Ambaſſadeur in caſum mortis ſubſtituiret, welches doch nur meiſtens geſchiehet, wenn man einen, ſelten aber, wenn man zwey Ambaſſadeurs ſendet.
  • 3. Sie werden in ihrer Inſtruction zwar an - gewieſen, dem Ambaſſadeur zur Hand zu gehen, allein er darff ihnen auſſer dem, was zur Legation und zum Secretariat gehoͤrig, nicht viel zumuthen.

§. 3.

Die Venetianer haben dieſes ins beſon - dere, daß ſie allezeit nebſt ihrem Ambaſſadeur auch zugleich einen Secretarium des Senats ſen - den, welchen der Ambaſſadeur zu allen Audien - tzen und Conferentien mit nehmen muß, und ohne denſelben nichts ſchlieſſen kan; jedoch bede - cket ſich dieſer nicht, und ſitzet auch nicht bey den Audientzen gleichwie der Ambaſſadeur, ſondert bleibet unbedeckt und ſtehend: wenn aber dieſerSecre -273Hoff-Ceremoniel. Secretair alleine erſcheinet, wird ihm ein Stuhl gegeben, und faͤhret auch in Begleitung vieler Be - dienten. Die Secretarii aber, ſo von andern Potentien dem Ambaſſadeur zugeordnet wer - den, darff er eben nicht mit zu der Audientz, noch weniger in die Conferentz nehmen, in welcher ſie auch die andeꝛn Ambaſſadeurs vielmahl nicht ad - mittiren wuͤrden. Wenn auch ein Nuntius nach Pariß kommt, werden ihme von dem Koͤnige ein oder zwey Secretarii zugeordnet, ſo Frantzoſen von Nation oder doch Frantzoͤſiſche Unterthanen ſind.

§. 4.

Je weiter nun ein Potentat ſeinen Am - baſſadeur oder Envoyé von ſeinem Lande zu ei - nem fremden Potentaten ſendet, v. gr. Franck - reich nach den Tuͤrcken, Pohlen nach Spanien ꝛc. je gewoͤhnlicher und noͤthiger iſt es, daß man ihm einen Legations-Secretair zuordnet: damit, wann der Ambaſſadeur kranck wuͤrde, oder wohl auch gar verſtuͤrbe, die Legation nicht unterbro - chen, ſondern von dem Secretario continuiret werde: ja es geſchiehet nicht ſelten, daß ſolche Se - cretarii das Kamp-Rad der Uhr, der Ambaſſa - deur aber nur der Weiſer iſt, welchen jenes, daß er recht gehe, treibet.

Vierzehendes Capitel. Von den Commiſſariis.

§. 1.

Dieſes ſind Abgeſandten, welche ein Lan -Sdes274Europaͤiſchesdes-Fuͤrſt, oder auch eine andere hohe Obrigkeit an ſeine Unterthanen, entweder auf derer Anſu - chen, oder auch freywillig ſendet. Dieſe haben ihre Autoritaͤt nicht ex jure gentium ſondern ex Jure Civili.

§. 2.

Sie ſind entweder

  • 1. Perpetui oder temporanei: das Exempel eines Perpetui Commiſſarii findet man, an dem Kayſerl. Commiſſario nach dem Reichs-Convent zu Regenſpurg, oder nu - mehro zu Augſpurg: das Exempel aber ei - nes Commiſſarii temporanei hat man 1712. an der Perſon des Erb-Printzen von Pfaltz-Sultzbach geſehen, als welchen Kaͤy - ſerl. Majeſtaͤt Carolus VI. zu ihren Com - miſſario erwehleten, und beorderten die Huldigung der Stadt Coͤln in dero Nah - men zu empfangen. Ein gleiches ſiehet man alle Jahr in denen Kayſer - und Koͤnig - lichen Herrn Commiſſariis, welche Jhro Majeſtaͤt nach dem Schleſiſchen Fuͤrſten - Tage beordnen.
  • 2. Cum plenipotentia oder cum poteſtate decidendi, oder absque plenipotentia und nur cum poteſtate examinandi ab - geordnet, welches man aus ihrem Com - miſſariat oder Vollmacht erſehen kan, als welches ſie aufweiſen muͤſſen: da man dann ſelbiges zuweilen ſo vollkommen findet, daßauch275Hoff-Ceremoniel. auch ſo gar die Appellation von einem Commiſſario an den Fuͤrſten verweigert wird.
  • 3. Etats-Kriegs - oder Geiſtliche Geſchaͤffte zu verrichten.

§. 3.

Unter allen Arten der Commiſſario - rum iſt wohl keiner vornehmer als der Commiſ - ſarius Imperatoris auf den Reichs-Tag nach Regenſpurg, welches noch an. 1712. Jhro Emi - nentz der Cardinal von Lamberg und Biſchoff zu Paſſau war, nachdem aber ſeine Eminentz An. 1712. am 7. Novembr. Todes verblichen, iſt Jhro Durchlaucht. der Fuͤrſt von Loͤwenſtein - Wertheim von Jhro Majeſtaͤt dazu denomini - ret worden, und hat ſeine Function im Decemb. ſelbigen Jahres angetreten, von welchem Herr Reichs-Hoff-Rath Lyncker eine beſondere Diſ - ſertation, derer Titel de Commiſſario Imperiali, heraus gegeben.

§. 4.

Ein von einem Landes-Fuͤrſten abgeſen - deter Commiſſarius iſt dem Range nach (ſo lan - ge ſeine Commiſſion dauret) mehr als der groͤſ - ſeſte Magiſtrat oder Stand, welchen der Landes - Fuͤrſt in ſeinem Territorio hat, im fall er nur an den Magiſtrat, oder Staͤnde, immediate abge - ſendet worden: woraus erhellet, daß ſolche hohe Commiſſarii etwas von dem Charactere re - præſentativo participiren, und folgentlich einS 2groſ -276Europaͤiſchesgroſſes und dem Ambaſſadeurs gemaͤſſes Cere - moniel prætendiren, wie dann nur erſt zu An - fang dieſes Jahres von Augſpurg verlautete, daß Jhro Durchl. der Kayſerl. Principal-Commiſ - ſarius zu Augſpurg ſeine Ruͤckkunfft von Muͤn - chen deswegen verzoͤgert, umb ſich mit Jhro Ho - heit dem Koͤnigl. Pohlniſchen und Chur-Saͤchſi - ſchen Chur-Printzen, als welcher von ſeiner Reiſe aus Jtalien ſich nach Augſpurg begeben hatte, wegen des Ceremoniels nicht in embarras zu ſe - tzen, wiewohl es dieſer Præcaution, nachdem ſich hochgedachter Printz incognito und in der Qua - lité eines Graffen von der Laußnitz daſelbſt auf - gehalten, nicht beduͤrfftig geweſen waͤre.

§. 5.

Aller Commiſſariorum Authoritaͤt, ſo groß ſelbige ſeyn kan, erſtrecket ſich nicht weiter als biß an die Graͤntzen des territorii des Ab - ſendenden Fuͤrſten oder Souverains: wann aber ſelbige in ein fremdes Territorium geſendet wer - den, ſo verliehren ſie dieſen Nahmen, und muͤſſen entweder Reſidenten, oder Envoyés, oder Am - baſſadeurs heiſſen. Dannenhero noch zu unter - ſuchen ſtuͤnde, ob in dem Pyrenaͤiſchen Frieden, dem Don Louis d’Haro, und dem Cardinal Ma - zarin, nicht ſo wohl der Titel eines Commiſſarii als Ambaſſadeurs haͤtte koͤnnen beygeleget wer - den, weil die Conferentz dieſer zwey Miniſter, auf dem Grund und Boden jedwedes Principalen geſchahe; allein weil gleichwohl einer und der an -dere277Hoff-Ceremoniel. dere dieſer Potentaten, nicht zu ſeinen Untertha - nen, ſondern zu ſeines gleichen ſendete, und das Negotium einen Frieden betraff, ſo hat man ih - nen die Qualitaͤt der Ambaſſadeurs, nicht aber der Commiſſarien beygeleget.

§. 6.

Unterdeſſen aber, ſo ein oder der andere Souverain jemanden, einen Graͤntz-Streit mit ſeinem Nachbaren abzuthun, ſendet, dergleichen zum oͤfftern zu geſchehen pfleget: ſo ſind dergleichen Abgeordnete nichts anders als Graͤntz-Commiſ - ſarii, unerachret ſie nicht bloß an die Unterthanen, ſondern auch an einem extra fines befindlichen Fuͤrſten geſendet wuͤrden; Deñ weil ſie nicht extra territorium kommen, ſondern ihre Negotia in confinibus zu verrichten haben, wird ihnen kein ander Nahme beygeleget.

§. 7.

Der Krieges-Commiſſarien giebet es unterſchiedene Arten:

  • 1. General-Kriegs-Commiſſarios, welche
    • 1. Die Bezahlung der Voͤlcker zu thun,
    • 2. Derer Muſterung vorzunehmen,
    • 3. Rechnung und Rollen zu fuͤhren,
    • 4. Den Eyd von den Officiren zu nehmen,
    • 5. Die Montirung einzurichten ꝛc. haben: und iſt ihr Amt, nach des General - Lieutenants, zwar nicht das vornehmſte, dennoch das wichtigſte.
S 32. Re -278Europaͤiſches
  • 2. Regiments-Commiſſarios, welche von dem General-Commiſſario dependi - ren, und im uͤbrigen bey jedem Regiment dasjenige zu verrichten haben, was der Ge - neral-Commiſſarius bey der gantzen Armee.
  • 3. Marſch-Commiſſarios, welche denen mar - ſchirenden Tꝛouppen die Marſch-Route und Qvartiere anweiſen: und weil ſie des Lan - des, durch welches der Marſch gehet, muͤſſen kuͤndig ſeyn, ſo nimmt man einen Jnwoh - ner, und ſonderlich einen ſolchen darzu, der irgends vormahlen im Kriege geweſen, und mit Soldaten umzugehen weiß.

§. 8.

Bey der Geiſtlichkeit giebet es auch Commiſſarios, welche zwar ſo wohl den Nah - men als Verrichtung nach, unterſchiedlich. Denn es giebet Vicarios Generales, Officiales, Dele - gatos, welche alle in der That nicht viel anders als Commiſſarii ſind; jedennoch aber hat nur derjenige eigentlich den Nahmen eines Commiſ - ſarii, welcher von dem Biſchoff geſendet oder be - vollmaͤchtiget iſt, in einem Theil der Diœces die Land-Pfarren und Land-Kirchen aus allen Dif - ferentien zu ſetzen, wovon in dem Jure Canoni - co gelehret wird.

§. 9.

Daß man aber diejenigen, welche irgends auf Befehl eines Landes-Fuͤrſten, in ſeinem Landeei -279Hoff-Ceremoniel. einen groſſen Bau zu dirigiren, oder viel Sachen in die Proviant-Haͤuſer einzukauffen, oder auch auſſer Landes etwas einzuſchaffen haben v. gr. Stuͤcke, Holtz zu Maſt-Baͤumen ꝛc., mit dem Nahmen der Commiſſariorum zu belegen pfle - get, ſolches iſt ein Abuſus, uñ hieher nicht gehoͤrig.

Funffzehendes Capitel. Von denen Deputatis.

§. 1.

Gleichwie derjenige, ſo von einem Lan - des-Fuͤrſten an ſeine Staͤnde und Unterthanen, oder von einem Magiſtrat zu derer Jurisdiction gehoͤrigen Einwohnern geſendete, den Titel eines Commiſſarii; alſo fuͤhret im Gegentheil, ein von den Staͤnden an ihren Landes-Fuͤrſten, oder ein von den Jnwohnern an ihren Magiſtrat abgeord - neter den Nahmen eines Deputati, ſc. Landes - Deputirter, oder Landes-Beſtelter, dergleichen jedwedes Fuͤrſtenthum in Schleſien hat.

§. 2.

Ob nun zwar dieſer Nahme hauptſaͤch - lich denjenigen zuſtaͤndig, welche ab inferioribus ad ſuperiores geſendet werden; ſo findet man doch auch, daß wenn Gleiche zugleich ſenden, die Abgeſendete den Titul der Deputatorum be - kommen, welche Titulatur unter den Hollaͤndern und Schweitzern gar bekandt. Deñ wenn von den erſteren eine oder alle Cantons zu einander ſen -S 4den,280Europaͤiſchesden, oder jene im Haag, dieſe in Baden, ihre Zu - mmenkunfften halten, ſo werden die dazu erkieſete Perſonen Deputirete genennet: und dieſe Arten der Deputatorum, weil ſie von einer an ſich ſelbſt Souverainen Provintz oder Canton, an eine an - dere Souveraine, obgleich in ewigen Bund mit - einander ſtehende Provintz und Canton, geſendet werden, und das Jus repræſentandi Provin - ciam & ſouverainitatem haben, muͤſſen der In - violabilitaͤt und Immunitaͤt ſo gut als die Le - gati, genieſſen.

§. 3.

Man findet auch wohl in vorigen Zeiten Exempel, daß Majeſtaͤtiſche Abgeſandten, der - gleichen von Franckreich der Praͤſident Jeannin, und der Engliſche, beyde zu Zeiten des Spani - ſchen Krieges mit Holland waren, von dem Titul Deputatorum nicht abhorriret, ſondern ſich in den Tractaten, welche ſie untereinander, den Still - ſtand und Frieden zwiſchen Spanien und Hol - land zu befoͤrdern, geſchloſſen, ſich ſelber Deputa - tos genennet: vielleicht darum weil ſie damahlen gleichſam wegen der Alliance ein Corpus formi - ret, und communi Conſilio ihre Literas ver - fertiget.

§. 4.

Jn dem Roͤm. Reich hat es zu unter - ſchiedenen mahlen harte Conteſtations geſetzet: denn weil die Abgeordneten der Staͤnde auf einen Reichs-Tag oder auf einen Conventum publi -cum281Hoff-Ceremoniel. cum, der inner den Graͤntzen deſſelben geſchiehet, von Kayſerl. Majeſtaͤt fuͤr nichts anders als De - putatos koͤnnen angeſehen und gehalten werden, ſo geſchahe 1641. in den Præliminar-Tractaten (des Friedens in Weſtphalen) zu Hamburg, daß man die zu kuͤnfftigem Congreß abzuordnende Miniſtros,

  • 1. Der Koͤnige und Fuͤrſten auſſer Deutſchland, mit dem Nahmen Plenipotentiariorum; aber
  • 2. Der Chur - und Fuͤrſten im Reiche, nur Deputa - tos in den auszufertigenden Paſſeporten nen - nen wolte. Welches aus keinem andern Fun - dament, als daraus entſtunde,
    • 1. Das die Status des Reiches, in den darin - nen vorfallenden Zuſammenkuͤnfften, nicht anders als pro ſubditis, und ihre abgeord - nete Miniſtri pro Deputatis gehalten wer - den koͤnten.
    • 2. Wenn man von Kayſerl. Seiten nicht zu ge - ſtehen will, daß die Staͤnde, wenn man mit auswertigen Potentaten etwas zu ſchlieſſen hat, als Souveraine im Reich concurri - ren, und Ambaſſadeurs ſenden koͤnten: ſon - dern daß dieſe Prærogative Kayſerl. Maje - ſtaͤt alleine vorbehalten werde muͤſſen. Und demnach geſchahe auch, daß ob man gleich der Churfuͤrſten Abgeordnete, gleich denS 5Koͤ -282EuropaͤiſchesKoͤnigl. Ambaſſadeurs, von auswertigen Potentien den Titul Excellentz gaͤbe, und ſelbigen die Viſites d honneur nicht weigerte; ſo wurde doch der Weſtphaͤliſche Friedens-Schluß, wie aus dem 12. §. des XVII. Articuls zu erſehen, von den Chur - fuͤrſtl. und Fuͤrſtl. Miniſtris nur als von Deputatis, von den Kayſer - und Koͤnigl. aber als Legatis unterſchrieben: weil dieſer Friedens-Schluß in den viſceribus des Roͤm. Reichs geſchahe.

§. 5.

Die auf dem Reichs-Tage zu Regen - ſpurg abgeordnete Miniſtri der Churfuͤrſten, Fuͤr - ſten, und Staͤnde des Reichs, werden mit aller - hand Nahmen per vices, und bald Geſandten, bald Abgeſandten, bald auch Gevollmaͤchtigte, und endlich auch Deputirte genennet: welches letz - tere ſie auch ſind, weil ſie apud ſuperiorem oder ſuperiorem repræſentantem, nemlich dem Kay - ſerl. Commiſſario, und intra fines Imperii er - ſcheinen. Man darff ſich demnach uͤber der Va - riation der Nahmen nicht wundern, weil auch ſo gar in einigen Receſſibus Imperii, als in dem Receſſu de An. 1603. §. 44. dergleichen Ver - miſchung geſchehen, daß man die Legatos cum Charactere nur Abgeſandten genennet.

§. 6. Man283Hoff-Ceremoniel.

§. 6.

Man koͤnte auch, ſonderlich in den con - fœderireten Republiqven, als der Schweitz und Holland, die Deputatos ſo wie die Ambaſſadeurs und Envoyés, in ordinarios und extraordina - rios unteꝛſcheiden; maſſen es vielmahl zu geſchehen pfleget, daß eine Provintz oder ein Canton zu dem andern Extra-ordinaire Deputirten abſendet: allein dieſe Theilung hat keinen Nutzen, weil der Ordinair-Deputirte nichts geringer als der Extra-Ordinaire.

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Vierd -284Europaͤiſches

Vierdter Theil. Von denen Streitigkeiten,

Welche wegen der Prærogativa und dem Ce - remoniel, auf fuͤnff Friedens-Congreſſen entſtan - den.

Da denn zuvorhero gewieſen wird, was fuͤr eine Beſchaffenheit es habe mit

  • 1. Præliminair-Conferentien in genere,
  • 2. Dem Orte des Friedens-Congreſſes,
  • 3. Denen Mediatoribus, und Miniſtris me - diationis,
  • 4. Der Ertheilung der Paſſeporten,
  • 5. Der Sprache, in welcher man reden will oder ſoll.

Erſtes Capitel. Von den Præliminar-Conferentien.

§. 1.

GLeichwie es groſſer Præparatorien von noͤthen hat, bevor ein Potentate einen Krieg mit Nachdruck anfangen und hinaus fuͤh - ren kan; gleicher geſtalt laͤſſet es ſich auch nicht ſo bald gradezu einen Frieden ſchlieſſen, ohne daß man zuvor einige Dinge præliminariter abthue, welche ſonſten die Vollziehung des Friedens, wo nicht gar hindern, wenigſtens doch verzoͤgern und ſchwerer machen koͤnten.

§. 2. Dan -285Hoff-Ceremoniel.

§. 2.

Dannenhero iſt noͤthig und gewoͤhnlich, daß die in den Krieg verwickelte Theile, eines das andere erforſche, wie weit es bey inſtehen dem Frie - dens-Schluſſe ſeine Prætenſiones treiben, oder wie viel es von denſelben moͤchte fallen laſſen.

§. 3.

Man ſiehet gar leicht hieraus, von was fuͤr einer Conduite und Circumſpection dieje - nigen, welche die Præliminaria einzurichten ha - ben, ſeyn muͤſſen. Denn weil dieſe Præliminaria doch der Grund des kuͤnfftigen Friedens ſeyn, und dieſes, was dem Frieden am hinderlichſten ſchei - net, aus dem Wege raͤumen, und die Friedens - Bahn baͤhnen muͤſſen; ſo brauchet es gewiß einer politiſchen Prudentz, dieſen Grund dergeſtalt zu legen, daß er bey kuͤnfftigen darauf zu bauenden Frieden nicht wancke.

§. 4.

Man darff aber ja nicht meinen, daß des - wegen der Friede ſo gleich richtig und fertig, ob - gleich die Friedens-Præliminaria von denen dazu erkieſeten Plenipotentiariis unterzeichnet, und von dero hohen Principalen ratihabiret worden. Denn ſo wenig als die Sponſalia de Futuro ein Matrimonium verum & confirmatum zu nen - nen, ſo wenig auch kan man denen Friedens-Præli - minarien den Nahmen eines voͤllig geſchloſſenen Friedens beylegen; maſſen der ſtatus belli, ob ſie gleich geſchloſſen, dadurch nicht aufgehoben: ſon - dern nur etwan zum hoͤchſten ein Waffen-Still - Stand gemacht, die Certatio per vim bey Seitegeſe -286Europaͤiſchesgeſetzet, und angefangen wird, rationibus & Ju - ribus zu diſputiren. Ja es giebet der Exempel zur Gnuͤge, daß der kuͤnfftig zu ſchlieſſende Friede, gar anders abgelauffen, als man es in den Præli - minaribus projectiret und verſichert hatte, wel - ches man, (vieler andern Factorum zugeſchwei - gen) mit der einzigen Stadt Straßburg erweiſen kan; Denn obgleich dieſer Ort in den Prælimi - naribus des Rißwigiſchen Friedens expreſſe, dem Deutſchem Reiche wieder reſtituiret zu wer - den, bedungen und verſprochen worden war: ſo wuſte doch Franckreich ſich, bey dem hernach zu Rißwig geſchloſſenen Frieden, ſo meiſterlich von dieſem Præliminar-Puncte loß zu drehen, daß man ihm ſelbigen Ort laſſen, und einen der beſten Præliminar-Articul, gleich als waͤre er nicht zum Friedens-Grunde geleget worden, uͤberſehen mu - ſte. Noch ein anderer und nicht geringerer Be - weißthum, daß die Præliminaria von einem for - malen Frieden ſehr weit unterſchieden, kan aus der Antwort des Koͤniges in Franckreich genom - men werden, welche er bey den Præliminariis des Rißwigiſchen Friedens gabe. Denn als man von dem Aller-Chriſtlichſtem Koͤnige prætendirte, daß er ſich, auſſer Straßburg zu reſtituiren, noch zu was mehrerem erklaͤren moͤchte, gabe er ſeine Erklaͤrung dergeſtalt: Wenn man alles in den Præliminar-Puncten abhandeln wolte, ſo brau - che es keines ferneren Friedens: nun aber waͤ -ren287Hoff-Ceremoniel. ren die Præliminaria nur ein Acheminement zum Frieden, noch lange aber nicht der Friede ſelbſt.

§. 5.

Man pfleget aber bey Friedens-Præli - minarien meiſtens folgende Puncte abzuhandeln:

  • 1. Auf was fuͤr einem Fuß oder Fundament der Friede ſolle geſetzet werden, und von welchen man keines weges abweichen wolle.
  • 2. Den Ort, wo der Friedens-Congreß ſolle gehalten werden.
  • 3. Wer zu dem Frieden zu admittiren, oder davon auszuſchlieſſen.
  • 4. Weme man die Ehre der Mediation und der daraus flieſſenden Garantie uͤber - laſſen wolle.
  • 5. Wie die Paſſeports ſollen ertheilet werden.
  • 6. Was man denen zum Friedens-Congreß abzuordnenden Plenipotentiariis fuͤr ei - nen Character beylegen, und was fuͤr ein Ceremoniel dabey beobachtet werden ſolle.

§. 6.

Der erſte-Punct gehet daß Haupt-Werck des kuͤnfftig zu ſchlieſſenden Friedens an, als auf welchem der Frieden gleichſam als ein Gebaͤude auf ſeinem Grunde beruhen muß; maſſen ſich die die Streitenden, und nun zu accommodirenden Theile, ſtets darauf beruffen, daß man von ſelbi - gem nicht abweichen ſolle: oder auch, quia pro - miſſum (in Præliminaribus) cadit in debi -tum,288Europaͤiſchestum, nicht koͤnne. Und es iſt ein unfehlbahres Zei - chen, daß wenn man den Præliminair-Puncten nicht ſtricte bey kuͤnfftigem Friedens-Schluß inhæriret, ſondern allerhand Chicanen und ter - giverſationes machet, der Frieden auf der einen Seiten ſchlecht ablauffen werde. Auſſer dieſen ſpecifice verfaſſeten Præliminair-Puncten, wird auch meiſtens ein ſchon vorhero geſchloſſener Frie - de, pro Baſi des wiederum zu ſchlieſſenden genom - men: alſo wolten die Hollaͤnder den Utrechtiſchen Frieden mit Franckreich nach dem Niemaͤgiſchen einrichten; und in Deutſchland wird meiſtens ein jeder Friede nach dem Weſtphaͤliſchen, als wel - cher Ex-fundamentalis worden, projectiret: in dem Randſtaͤdiſchen Præliminaribus aber, hat man den Rißwigiſchen zum Grunde mit geleget.

§. 8.

Uber der Auswehlung eines Orts, in welchem der durch die Præliminarien angefange - ne Frieden, ſolle vollzogen werden, giebet es zu Zeiten harte Conteſtationes: was deſſen Urſache, wird in folgenden Capitul beruͤhret werden, hier aber nur noͤthig ſeyn, ein oder das andere Exempel anzufuͤhren. Der groſſe Weſtphaͤliſche Anno 1648. geſchloſſene Friede, hatte gar ungemeine lange vorhergehende Præliminaria, maſſen ſchon 1634. der Schwediſche Reichs-Cantzler Oxen - ſtiern mit einigen Deutſchen Fuͤrſten zu Franck - furth am Mayn in Deliberation trat, wie und wo ein ſicherer Friede zu ſchlieſſen waͤre. Und derAn. 289Hoff-Ceremoniel. An. 1635. zu Prag zwiſchen Kayſerlicher Maje - jeſtaͤt, und dem Chur-Fuͤrſten zu Sachſen getrof - fene particulair-Friede, ware in regard der an - deren Intereſſenten fuͤr nicht viel anders als eine Præliminair-Convention anzuſehen. Jn dem Anno 1641. zu Regenſpurg gehaltenem Con - ventu, auf welchen man Præliminaria Pacis projectirete, wurde zwar Muͤnſter und Oſnabruͤg zu kuͤnfftiger Friedens-Conferentz auserſehen: al - lein, es war noch weit im Felde, ehe man ſich recht darzu determiniren kunte. Endlich wurde Ham - burg auf inſtaͤndiges Anhalten des Koͤniges von Daͤnnemarck zu den Præliminair-Puncten aus - erwehlet, allwo ſich auch die Daͤhniſchen Pleni - potentiarii zuerſt, hernach die Kayſerl. Frantzoͤ - ſiſchen, und Schwediſchen einfunden; allein weñ man meinete, es wuͤrde nunmehro ein oder der an - dere Punct ſeine Richtigkeit erhalten, fiel doch immer etwas darzwiſchen, welches das abgerede - te gaͤntzlich aufhobe, und wurden gantzer 7. Jahr mit diſputiren zugebracht: biß endlich An. 1641. dieſe Hamburgiſche Præliminaria de dato den 25. Decembr. von Conrad Luͤtzen Kayſerl. und Koͤnigl. Spaniſchen, Claudium, Grafen d Avaux Frantzoͤſiſchen, und Johannem Salvium Schwediſchen Plenipotentiarium beſiegelt, un - terſchrieben: unter vielen andern Conditio - nen aber, die Stadt Muͤnſter und Oßnabruͤg zu der Conferentz des kuͤnfftigen Friedens dergeſtaltTbedun -290Europaͤiſchesbedungen worden, daß man den 28. Martii des inſtehenden 1642. Jahres zu dem termino a quo nehmen ſolte. Allein dieſer Tag erſchiene, ohne daß ſich alle Plenepotentiarii der interes - ſirten Potentien einfanden, wurde demnach die Aſſemblée biß auf den 11. Julii des 1643. Jahres prorogiret; aber auch dieſer Termin ruͤckete wiederum vergeblich heran, weil ſich zwiſchen Kayſerlicher Majeſtaͤt und dem Koͤnige in Franck - reich neue Difficultaͤten ereigneten, und immer ein Theil den andern beſchuldigte, daß er den Frie - den mit Fleiß trainire: ward alſo allererſt Anno 1644. dꝛey Jahr nach den zu Hambuꝛg gemachten Præliminarien, der Weſtphaͤliſche Friede an - gefangen. Jn denen, fuͤr dem Pyrenaͤiſchen Frieden vorhergehenden Præliminaribus, kam anfangs Rom in den Vorſchlag, daß man da - ſelbſt den Frieden in forma ſchlieſſen wolte, wie ſich dann auch ſo wohl der Spaniſche als Fran - tzoͤſiſche Ambaſſadeur auf Anhalten Alexandri VII. dahin begeben hatten; alleine die Frantzoſen excipirten wieder dieſen Ort aus zweyerley ge - gruͤndeten oder (quod idem eſt) ungegruͤndeten Urſachen.

  • 1. Daß der Pabſt als erwehlter Arbiter, gar zu ſehr fuͤr Spanien paſſioniret, welche Paſſion er ſchon zu Muͤnſter als Paͤbſtlicher Nuntius deutlich ſpuͤhren laſſen.
2. Die -291Hoff-Ceremoniel.
  • 2. Dieſe Stadt, wegen des nahe daran graͤntzenden Koͤnigreichs Neapolis, wel - ches Spanien pro Dominante habe, fuͤr die Frantzoſen nicht ſicher genung.

Nicht anders gieng es fuͤr dem Niemaͤ - giſchen Frieden her: deñ dieſer Ort war we - der der einige noch der erſte, welchen man zu der Friedens-Conferentz erwehlete, ſon - dern es kam

  • 1. Coͤln am Rhein in Vorſchlag, allwo ſich auch wuͤrcklich A. 1673. Plenipotentiarii der den Frieden ſuchenden Potentien eingefunden hat - ten; als aber Kayſerl. Majeſtaͤt den Wilhelm von Fuͤrſtenberg, Chur-Coͤllniſchen Geſand - ten, alldort wegnehmen, und nach Wien in priſon bringen laſſen, hielte Franckreich dieſes Verfahren als eine violationem Juris gen - tium, und revocirte ſeine daſige Geſandten, wolte auch weiter von dieſem Orte nichts mehr hoͤren. Nach dem machte man Reflexion auf
    • 2. Franckfurth,
    • 3. Acken,
    • 4. Hamburg,
    weil dieſe 3. aber Reichs-Staͤdte waren, acceptirte Franckreich ſelbige nicht.
    • 5. Breda,
    • 6. Meurs,
    • 7. Cleves,
    kamen auch in Vorſchlag, den erſten Ort wolten die Alliirten und Hollaͤnder, die letz -T 2ten292Europaͤiſchesten zwey aber, weil es Dependentien von dem Roͤm. Reich waͤren, die Frantzoſen nicht ac - ceptiren: biß endlich Niemaͤgen, eine ob gleich den Hollaͤndern gehoͤrige, dennoch gleichſam neutrale Stadt, von allen beliebet, und dem Koͤnige von Engelland, als Mediatori, die Diſpoſition daruͤber eingeraͤumet wurde. Vor dem zu Rißwig geſchloſſenem Frieden, gab es in denen vorhergehenden Præliminarien auch viel diſputirens wegen des Orts, welchen man zu kuͤnfftiger Friedens-Handlung auserſehen ſolte; denn es begehreten Kayſerl. Majeſtaͤt, welche ſich dißfalls, als das Ober-Haupt Chriſtlicher Potentaten, niemanden wolten fuͤrſchreiben laſſen, einen Ort in dem Roͤmi - ſchen Reiche zu erkieſen: und ſchlugen dem - nach (dergleichen auch die meiſten Staͤnde des Reichs thaten) Franckfurth oder Coͤlln fuͤr, weil beyde zu einem dergleichen Congreſſe ſehr bequem gelegen waͤꝛen: dabey einwenden - de, daß man den Hollaͤndern allererſt im Nie - maͤgiſchen Frieden gratificiret, und dieſe ih - nen gehoͤrige Stadt zum Handels-Platze an - genommen haͤtte: dahero aber der Profit nicht immer bloß und allein den Hollaͤndern, ſondern auch andern Laͤndern, welche die one - ra belli empfunden und getragen haͤtten, zu goͤnnen, und anbey Coͤlln und Franckfurth viel wohlfeyler, als die Staͤdte in Holland, waͤren. Von293Hoff-Ceremoniel. Von einigen wurde Maſtrich, Breda, oder Bruͤſſel, von andern auch wiederum Niemaͤ - gen vorgeſchlagen. Jnzwiſchen genoſſe doch Gravenhaag die Ehre, daß man alldort die Friedens-Negotiation treiben ſolte, theils darumb, weil Zeit der An. 1691. gemachten groſſen Aliance ein jeder der Hohen Alliirten im Haag ſeinen Plenipotentiarium gehalten hatte, denen die Angelegenheiten des Krieges, und des darauf zu machenden Friedens am be - ſten bekandt worden waren: als welche ſchon beyſammen, und ſich mit einander eingerichtet hatten, ſo daß es eine unnoͤthige Sache waͤre, ſie erſt an einen andern Ort mit mehren Koſten zu ſenden; theils wurde auch gemeltes Gra - venhaag darumb zu dem Orte des Friedens - Schluſſes beliebet, weil die Hollaͤnder mit ih - ren Præliminair-Puncten ſchon fertig worden waren, und die in den Haag anweſende Mini - ſtri der Hohen Alliirten nicht gerne ihre alldor - tige Commoditaͤt veraͤndern, oder auch etwan umb die Charge der Plenipotentiariorum kommen wolten: weil einige derſelben wohl vor - ausſahen, daß wenn der Friede anderswo als in Haag geſchloſſen wuͤrde, ihre hohe Princi - palen andere Subjecta als ſie, darzu erkieſen moͤchten; und endlich war auch dieſer Ort ſchwerlich mehr zu aͤndern, nachdem der Schwediſche Mediator, die Frantzoſen, En -T 3gel -294Europaͤiſchesgel - und Hollaͤnder ſich ſchon uͤber ſelbigem verglichen hatten. Wobey auch noch in be - ſondere Conſideration kam, daß die Poſten in dem Haag bequem angeleget, uͤbriger Platz und Logementer fuͤr die Herren Plenipotentia - rios daſelbſt zu finden, an den Victualien kein Mangel, die Theurung aber nicht exceſſive, und in regard ſo reicher Herren faſt nicht zu re - gardiren ſey: weil doch einem jeden frey ſtuͤnde, ſeine Magnificentz nach Gefallen zu zeigen, und auch etwan nach dem Hollaͤndiſchen genio zu menagiren. Bliebe es alſo dabey daß Gravenhaag das theatrum Pacis abgeben ſolte: damit aber nicht ſo wohl dem Ceremo - nien-Streit, als auch vielem andern Verdacht moͤglichſt voꝛgebeuget wuͤrde, verabꝛedete man, daß der Alliirten Potentien Plenipotentiarii in dem Haag, die Frantzoͤſiſchen aber zu Delfft, welche beyde Oerter eine maͤßige Meile von einander liegen, ihre Reſidentz nehmen, und die publique Conferentz in dem Dorff Rißwig (welches faſt zwiſchen Haag und Delft in der Mitten lieget) auf dem Luſt-Hauſe des Prin - tzens von Oranien, Neuburg genennet, (weil ein Neuburgiſcher Printz als man den Grund - Stein zu dieſem Gebaͤude geleget, gegenwaͤr - tig geweſen) halten ſolten: und dieſes alles ge - ſchahe auch, wiewohl Kayſerl. Majeſtaͤt dero hohen Confens zu dieſem Orte nicht ſpecificegege -295Hoff-Ceremoniel. gegeben, ſondern vielmehr ungerne geſehen hatte, daß ihn einige der intereſſirten Theile beliebet: dañenhero auch in dem Pleinpouvoir des Kayſ. Geſandten, des Orts, wo die Confe - rentz gehalten werden ſolte, mit keinem Worte gedacht, ſondern ſelbiger gar uͤbergangen wor - den. Warumb man ſelten, oder niemahlen, in denen Reſidentien der Souverains Friedens - Conferentien zu halten pfleget, wird leicht zu errathen, und neben vielen andern Urſachen, auch wohl dieſe eine der richtigſten ſeyn; weil die Jurisdiction des Domini territorii, durante Pacis Negotio ſehr geſchmaͤlert wird, derglei - chen aber ein Souverain in dem loco domi - cilii ordinarii nicht gerne zugeſtatten kan, oder auch will. Bey dem numehro zu Ra - ſtadt den 6. Martii dieſes 1714. Jahres voll - zogenen Friedens-Præliminarien, kamen Franckfurth, Schafhauſen, Baſel und Ba - den in der Schweitz, in Vorſchlag zum kuͤnffti - gen Friedens-Congreß, und iſt der letzte Ort endlich denen andern vorgezogen und zum theatro Pacis futuræ erwehlet worden. Da - mit man aber nicht meyne, als waͤre nur bloß zwiſchen Kayſerl. Majeſtaͤt (dem Deutſchen Reich) Franckreich und Holland dergleichen Conteſtation wegen Erwehlung eines Han - dels-Platzes entſtanden; ſo kan man aus der Hiſtorie verſichern, daß viele andere Nationes daruͤber ſtreitig worden: dergleichen ſonderlichT 4zwi -296Europaͤiſcheszwiſchen Pohlen und Schweden geſchehen. Denn von dieſen beyden Nationen iſt bekandt, daß als ſie 1647. zu einem Frieden ſchreiten wolten, die Pohlen zu dreymahlen ſtets Franck - furth an der Oder, oder auch endlich Lands - berg: die Schweden hingegen beſtaͤndig Ham - burg oder Luͤbeck zu dem Orte der Friedens - Conferentz vorſchlugen, und keines dem andern dißfalls nachgeben wolte: ſo daß auch die Sa - che nur durch Inducias bey Seite geſetzet, der gaͤntzliche Friede aber allererſt zu Oliva, lange Zeit darnach geſchloſſen wurde.

§. 8.

Es wird in denen Friedens-Prælimina - rien auch abgeredet, und meiſtens richtig gemacht, wer bey kuͤnfftig zu machenden Frieden ſolle ad - mittiret werden oder nicht, und wer in ſelbigen ſolle mit ein, oder auch von ſelbigem ausgeſchloſ - ſen werden. Man findet, daß bey allen Friedens - Schluͤſſen, uͤber dieſem Punct viel Conteſtatio - nes vorgefallen, welche alle hier anzufuͤhren zu weitlaͤufftig, auch unnoͤthig ſeyn wuͤrde: und dem - nach zu unſerm Zweck genung ſeyn kan, nur weni - ge Exempel, zu Beſtaͤtigung deſſen was man avanciret, anzufuͤhren. Jn dem Weſtphaͤli - ſchen Frieden wolte Franckreich durchaus nicht zugeſtatten, daß der Heꝛtzog von Lothringem duͤrffe durch ſeine Plenipotentiarios bey ſelbigen Frie - den erſcheinen: unerachtet Kayſerl. Majeſtaͤt und der Koͤnig von Spanien ſich auf das euſſerſte be -muͤhe -297Hoff-Ceremoniel. muͤheten, gemeldten Hertzog dieſes General-Frie - dens theilhafftig zu machen. Hingegen beſtun - de Kayſerl. Majeſtaͤt, der Koͤnig in Spanien, wie auch die Herren Mediatores wiederum feſt dar - auf, daß man den neuen Koͤnig in Portugal nicht zur Friedens-Conferentz admittiren ſolle, uner - achtet ihn Franckreich, Engelland, Schweden und Holland bereits fuͤr einen rechtmaͤßigen Koͤnig er - kennet hatten. Jn dem Pyrenaͤiſchen Frieden, welcher zwar nur durch zweyer Potentaten, nem - lich des Koͤniges in Spanien, und deſſen von Franckreich zwey Premier-Etats-Miniſtres, dem Don Louis de Haro und dem Cardinal Mazarin geſchloſſen wurde: ware zwar das In - tereſſe der meiſten Europaͤiſchen Souverainen mit eingemiſchet, gleichwohl aber mit dieſer Con - dition; daß man einige nicht zur Conferentz laſſen, andere gar nicht in den Frieden ſelbſt mit einſchlieſſen wolte. Und dieſes Ungluͤck der nicht Admittirung zu der Conferentz, oder auch gaͤntz - lichen Excluſion von ſolchen Frieden, betraff hauptſaͤchlich den Roͤm. Pabſt: unerachtet er al - len Fleiß angewendet, viel Briefe an den Koͤnig von Spanien und Franckreich expediret, und viel Nuntios geſendet hatte, durch welche er ſie zum Frieden ermahnete; allein die Rache des Cardinals Mazarin als eines Cardinals, war ge - gen dem Pabſte, ſein Haupt ſo groß, daß er des Pabſtes mit keinem Worte gedachte. Eben -T 5falls298Europaͤiſchesfalls wurde in dieſem Pyrenaͤiſchen Frieden der Printz von Condé von dem Cardinal Mazarin gleich anfangs in den durch Pimentel in Paris gemachten Præliminarien, von aller Friedens - Participation excludiret: wiewohl man ihme nachmahlen, ob gleich denen Præliminaribus Pacis entgegen, einige Avantage bedunge. Sehr empfindlichen fiele es dem im Exilio damahlen ſich befindlichen Koͤnig von Engelland, Carolo II., daß ob er gleich in eigener Perſon bey denen zwey Plenipotentiariis des Pyrenaͤiſchen Frie - dens erſchiene, und ſein Intereſſe dabey in Obacht zu nehmen bathe: man ihn doch nur mit leeren Worten abſpeiſete, und ſeine Angelegenheiten dem Frieden nicht mit einverleiben wolte. Nicht anders ergienge es dem Hertzog von Lothringen, welcher ob er gleich ſein Leben und Vermoͤgen, lange Jahr zu dem Dienſte des Koͤniges in Spa - nien conſacriret, und uͤber 200. Regimenter aus ſeinen Laͤndern geworben und verlohren hatte: auch von Spaniſcher Seiten zu dem Pyrenaͤi - ſchen Friedens-Congreß war invitiret worden; dennoch nicht erhalten kunte, daß man ihn, als er ankam, zu ſelbigen admittirte, ſondern content ſeyn muſte, daß Spanien ihm die Reſtitution ſei - nes Hertzogthums, jedoch unter vielen Bedingun - gen bey Franckreich zu wege brachte. So wurde auch Portugal, welches ſich doch auf Franckreich verlaſſen und gute Hoffnung bekommen hatte,gleich -299Hoff-Ceremoniel. gleichwohl weder zu der Conferentz gelaſſen, noch auch ihme zum beſten etwas denen Friedens-Ar - ticuln einverleibet. Jn dem zu Rißwig geſchloſ - ſenen Frieden, wurde von denen Frantzoſen ein Axioma oder von ihnen ſo genandte Maxime ge - macht: daß was zu dem vorhergehenden Kriege nicht Urſache und Gelegenheit gegeben, bey dem darauf folgenden Frieden, auch zu Eroͤrterung und Beylegung nicht ſolte vorgebracht werden. Dannenhero ihrer nicht wenig mit ihren beſoin abgewieſen wurden, welche alle zu erzehlen un - noͤthig, maſſen die Sache noch von einem friſchen dato, auch Schrifften genug verhanden, welche davon Meldung thun. Was auch den letzthin zu Utrecht geſchloſſenen Frieden anlanget, ſo iſt ja mehr als zu bekandt, wer, und von wem, eine u. die andere Potentz von dem Friedens-Congreſſe ent - weder wuͤrcklich ausgeſchloſſen worden, oder doch haͤtte ausgeſchloſſen bleiben muͤſſen; ja wo den Zei - tungen, welche anitzo (biß man mit der Zeit etwas gruͤndliches erfahren wird) fuͤr eine vera Hiſtoria gelten muͤſſen, nachzureden; ſo ſind durch die zu Raſtatt zwiſchen Kayſerl. Majeſtaͤt, und dem Koͤnige in Franckreich gemachte Præliminair - Tractaten, und den darauf etwan folgenden Friedens-Congreß, der in des Koͤnigreichs Spa - nien Poſſeß ſtehende Duc d Anjou, das Koͤ - nigreich Engelland, die Hollaͤnder, der Hertzog von Savoyen, und Ragozy abgewieſen: bey wel -chen300Europaͤiſcheschen hier angefuͤhrten ſattſamen Exempeln, wel - che unſern Lehr-Satz beſtaͤttigen, man einem je - dem zum Nachdencken uͤberlaͤſt, mit was fuͤr ei - nem Nachdruck, und was fuͤr einem Wort-Ver - ſtand, man dergleichen Frieden dennoch pacem univerſalem nennen koͤnne.

§. 9.

Wird in denen Præliminaribus auch abgehandelt, ob man einen Mediatorem anneh - men, und wen man zu ſolcher eminenten Digni - taͤt erwehlen wolle; weil ſich aber der Unterricht hiervon nicht wohl in einen eintzigen Paragra - phum einſchlieſſen laͤſſet, ſo findet man ſich genoͤ - thiget, ein eigenes und zwar folgendes drittes Ca - pitul davon zu verfaſſen.

Zweytes Capitel. Von dem Orte in welchen man ei - nen Frieden ſchlieſſen will.

§. 1.

Was den Ort, in welchen die Friedens - Handlungen pflegen vorgenommen zu werden, betrifft, ſo iſt man in gar alten und mittleren Zei - ten in deſſelben Wehlung ſo gar ſcrupuleux nicht geweſen, als irgends heut zu Tage: nachdem auch in dieſem Stuͤcke ein Potentate fuͤr dem andern einige Prærogative, und zuweilen auch ſein Inte - reſſe ſuchet. Denn es war den Alten, welche ih - re Etats-Affairen ohne alle Weitlaͤufftigkeit trie - ben, ſchon genung, wenn ſie an einem nicht ſo wohlbeque -301Hoff-Ceremoniel. beqvemen als vielmehr ſichern Orte, ſich zum Frie - den vergleichen kunten: und demnach findet man in denen gar alten Geſchichten, daß man der - gleichen Zuſammenkuͤnffte meiſtens auf denen Graͤntzen vorgenommen, und ſonder groſſen Zeit - Verluſt geendiget.

§. 2.

Nachdem aber heut zu Tage alles auf das Hoͤchſte ſteiget, und die Magnificentz der Sou - verains immer groͤſſer, auch das Etats-Intereſſe in mehrere Intrigues eingewickelt wird: ſo das man dieſen letzteren durch kurtze Conferentz nicht ſo bald abhelffen kan; hat man bevor man ein Friedens-Werck vollfuͤhren koͤnnen, oder wollen, ſich allererſt wegen eines beſondern Handels - Platzes, von welchem der hernach daſelbſt ge - ſchloſſene Friede (wie wir in vorhergehenden Ca - pitul gehoͤret) auch den Nahmen bekommen, ver - gleichen muͤſſen.

§. 3.

Uber Auswehlung dieſer Handels - oder Friedens-Plaͤtze, entſtehet zu Zeiten nicht geringer Diſput, unter denen, zu einer Friedens-Confe - rentz ſchreitenden Partheyen. Denn es machet ſich ein oder der andere Potentate einen point d honneur daraus, wenn ſein Feind in ſeinem Lande, oder ja an einem ſolchen Orte, welcher dem Siegenden und Staͤrckeſten am beqvemſten, er - ſcheinen, und den Frieden gleichſam bey ihm ſu - chen muß; zu geſchweigen des Profits, welchen die Unterthanen eines Souverains, und conſe -quen -302Europaͤiſchesquenter auch der Landes-Herr ſelbſt machen kan, in deſſen Stadt und Bezirck dergleichen Friedens-Werck vorgenommen wird; denn die Conſumtion der Lebens-Mittel, wird durch Concours einer ſo groſſen Menge, lauter Koͤ - nigl. Chur - und Fuͤrſtl. Beuteln, ſplendide le - benden Miniſtren und dero Bedienten, ſehr groß: zu mahlen es im̃er einer dem andern an magnifi - quen Tractementen zuvor thun will: zu geſchwei - gen, daß die Miethungen der Logementer denen Ei - genthums-Herren ein groſſes, einem jeden Kauff - mann, Kuͤnſtler und Handwercker aber, nach Pro - portion nicht ein geringes eintragen.

§. 4.

Auſſer dieſer Conſideration, hat man bey Ausſuchung eines zu den Friedens-Handlun - gen beqvemen Ortes, auch darauf Reflexion zu machen, daß ſelbiger von einer ſolchen Situation und Beſchaffenheit ſey, der allen zum Congreß gehoͤrigen Theilen gelegen und ſicher ſey, welche commodité und Sicherheit darinnen beſtehet.

  • 1. Daß ein Ort von dieſem oder jenem Koͤnigrei - che, welches dem Friedens-Negotio beyzu - wohnen hat, nicht allzuweit entfernet ſey: damit ein jeder Plenipotentiarius ſeinem Herrn Principal, in einen maͤßigen Verlauff der Zeit, Relation thun, und auf ſelbige ſchleunige Ordre erhalten koͤnne: und alſo die Friedens - Negotiation, und die dazu gehoͤrige Con -feren -303Hoff-Ceremoniel. ferentien nicht allzu lange trainiret werden duͤrfen.
  • 2. Die Poſten aus denen Laͤndern, welche in dem Frieden-Schluß intereſſiret, nach dem Platz, wo der Friede ſoll geſchloſſen werden, wohl re - guliret ſind, oder doch wenigſtens gar leichte reguliret werden koͤnten. Denn weil die Cor - reſpondence eines Plenipotentiarii zum Frieden, eine ſeiner Haupt-Occupationen, muß er allemahl Gelegenheit finden, dem Hofe, von welchem er dependiret, daß Noͤthige ohne Zeit-Verluſt zu hinterbringen, quia pericu - lum in mora eſſe poteſt.
  • 3. Die Lebens-Mittel ſo wohl in Abundantz als auch fuͤr einen raiſonablen Preiß zu haben: damit die Jnwohner, welche etwan ſchlechten Vermoͤgens, auch ihr Auskommen bey der Menge ſo vieler frembden und viel conſumi - renden Perſonen finden koͤnnen. Dannenhero auch gemeiniglich die Obrigkeit des Ortes, in welchem die Conferentz gehalten wird, ein reglement wegen des Preißes der vivres zu machen pfleget. Weil auch ein Glaß Wein, und zwar guter, die Tafel zieret, und der Men - ſchen Hertz erfreuet, auch nicht ſelten ein Erfor - ſcher der Menſchlichen Hertzen iſt: anbey aber auch eines der koſtbahrſten Tractementen; ſo geſchiehet es nicht ſelten, daß die Herren Pleni - potentiarii, ſonderlich aber diejenigen, dererhohe304Europaͤiſcheshohe Principals in ihren Laͤndern delicaten Wein-Wachs haben, ſich mit einem Vor - rath dieſes Getraͤnckes von Hauß aus verſehen, damit ſie ihre Tafel mit wenigern Koſten be - ſtellen, und deſto liberaler ſeyn koͤnnen; wie - wohl auch dißfalls a l ordinair von dem Ma - giſtrat des Orts nur ein gewiſſes Quantum einzufuͤhren erlaubet, und genau acht gegeben wird, daß nicht etwan die Herren Plenipoten - tiarii, unter dem Vorwand eigener Noth - durfft, ein heimliches Wein-Commercium exerciren, und den Wein-Haͤndlern an ihrer Nahrung Schaden zufuͤgen.
  • 4. Daß die Logementer zu Einnehmung ſo hoher und vieler Perſonen raͤumlich und zugleich be - quemlich: damit ein jeder Geſandter die Viſi - ten, dem hergebrachten Ceremoniel gemaͤß, annehmen und wieder abſtatten koͤnne: wo - von im vorhergehenden 3ten Theile, Cap. 6. §. 7. ſeqq. ſpecifice Meldung geſchehen.
  • 5. Weil auch die Chriſtenheit numehro in dreyer - ley Religionen oder Arten des Gottes-Dien - ſtes zertheilet: und es meiſtens zu geſchehen pfleget, daß Potentaten wiedriger Religion ſich in weltlichen Streit-Sachen mit einander zu accommodiren, und Frieden zu ſchlieſſen haben; ſo muß ein dergleichen Ort zu denen Friedens-Congreſſen auserſehen werden, in welchem ein jeder das Exercitium ſeiner Reli -gion305Hoff-Ceremoniel. gion frey und zwar publiquement treiben koͤnne. Und man kan glauben, daß dieſes Re - quiſitum eines der ſchwereſten Beſorgungen, welche man bey Choiſirung eines zum Frie - dens-Congreß auszuwehlenden Ortes ha - ben muß; ſonderlich aber iſt hierauf groſſe und beſondere Reflexion zu machen, wenn der Pabſt durch einen Nuntium, entweder als Mediator, oder auch als pars litigans con - curriret: und man wird finden, daß in denen oben genenneten, ja auch in dem letzteren zu Ut - recht gehaltenen Friedens-Congreſſen hierauf gar ſehr reflectiret worden. Jn dem ſo ge - nanten Weſtphaͤliſchen Frieden, war die Di - ſcrepantz der Religion eine der Haupt-Urſa - chen mit, daß man zwey Staͤdte, nemlich Muͤn - ſter und Oßnabruͤg zu der Friedens-Confe - rentz erkieſete: weil in dem erſteren Orte die der Catholiſchen Religion zugethane; in dem an - dern aber die Verwandten der Augſpurgiſchen Confeßion, ihr Exercitium Religionis liber - rime haben kunten. Bey dem Pyrenaͤi - ſchen Frieden hatte es dieſer Præcaution nicht von noͤthen, weil Franckreich und Spanien beyde Catholiſch. Jn dem Ackiſchen auch nicht, weil die Haupt-Intereſſenten, Spanien und Franckreich, Chatholiſcher Religion wa - ren: und obgleich die Hollaͤnder und einige an - dere Acatholici bey ſelbigem concurrireten;Uſo306Europaͤiſchesſo iſt doch bekandt, daß ſo wohl die Augſpurgi - ſchen Confeßions-Verwandten, als auch ſon - derlich die der Reformirten Religion zugethane Potentien, nicht nur in deꝛ Nachbaꝛſchafft die - ſer Stadt Kirchen finden: ſondern auch ſo gar einen Legations-Prediger bey ſich haben, und ihꝛes Gottes-Dienſtes in privat-Haͤuſeꝛn pfle - gen koͤnnen. Jn dem Niemaͤgiſchen Frieden war eine Concurrentz der Miniſtrorum, von Potentien aller drey Religionen; maſſen die Kayſerl. Spaniſchen, Frantzoͤſiſchen, beſon - ders aber Paͤbſtlichen Miniſtri, und zwar dieſe hier letzt genennten in der Qualité der Media - torum als Catholiſche: die Engellaͤndiſchen und Hollaͤndiſchen als Reformirte: die Schwe - diſch - und Daͤnnemaͤrckiſchen als Evangeliſche erſchienen. Nun iſt in dieſem Orte zwar die Religio dominans Reformirtes Glaubens: doch aber den andern beyden das Exercitium Religionis in privat-Haͤuſern zu treiben, gantz frey gelaſſen; war alſo ſelbiger zu dieſem Ne - gotio ſehr beqvem, und wie wir in vorherge - hendem Capitel gehoͤret, andern vorgezogen. Man hat bey dieſem Niemaͤgiſchen Friedens - Negotio als etwas gantz extraordinaires und von dem Paͤbſtlichen Nuntio ſehr com - plaiſantes angemercket: daß ſelbiger, obgleich ſonſten die in Holland lebende und tolerirte Catholiſche Chriſten ſchuldig ſind, die Feſtenach307Hoff-Ceremoniel. nach dem Gregorianiſchen Calender zu hal - ten; er und andere Catholiſche Plenipotentia - rii ſich dennoch ſo gar accommodiret, ihre Feſt-Tage nach dem Julianiſchen Calender zu celebriren. Jn dem Ryßwigiſchen, auf dem daſelbſt befindlichem Luſt-Hauſe Neuburg, ge - ſchloſſenen Frieden, welcher Ort nur ein (zwi - ſchen Haag und Delfft gelegenes) Dorff, und nicht capable, weder ſo vornehme Geſandten zu logiren, noch ihnen das Exercitium ihres unterſchiedenen Glaubens zu gewehren; hat man auf Gravenhaag und Delfft Reflexion gemacht: maſſen ſo wohl in dem erſteren als anderem Orte alle Religionen ihren Gottes - Dienſt ungehindert pflegen koͤnnen: auch die zu ſelbiger Conferentz abgeſendete Plenipoten - tiarii meiſtens in dem Haag, die Frantzoſen aber in Delfft ihr Qvartier genommen. Jn dem letzten abzuhandelnden, und nunmehro taliter qualiter auch abgehandelten Frieden, hat man die Stadt Utrecht eben deswegen aus - erleſen, weil daſelbſt nebſt denen Reformirten, die Catholiſchen, Evangeliſchen, und ſo gar auch die Engliſche Kirche, nach ihren Ceremo - nien ihren Gottes-Dienſt celebriren kan. Aus welchen angefuͤhrten Exempeln man leicht die Folgerung machen kan: daß wenn die Ra - ſtaͤdiſchen Præliminaria einen General-Frie - den nach ſich ziehen, und bey ſelbigem allerhandU 2Reli -308EuropaͤiſchesReligions-Verwandten concurriren ſollen; man auch einen dergleichen Ort ausſehen wuͤrde, in welcher einer jeden Parthey fuͤglich ihren Gottes-Dienſt zu uͤben, gerathen oder proſpiciret werden koͤnte.
  • 6. Hat man auch bey vorzunehmenden Friedens - Conferentien hauptſaͤchlich regard, daß der Ort ſicher: nemlich in keinem Territorio ſey, da man ſich wegen der Potentz, doli, &c. des Domini Territorii etwas zu beſorgen habe. Aus dieſen beygebrachten Motiven iſt nun leicht zu erachten, warumb die meiſten Friedens-Schluͤſſe, dergleichen etwan der Bredaiſche, Niemaͤgiſche, Ryßwigiſche, und Utrechtiſche gewefen, in Holland geſchloſſen worden; nemlich weil die bißhero erzehleten Requiſita eines zu einem Friedens-Schluß deſtinirten Oꝛtes, daſelbſten beſſer als andeꝛs - wo zu finden.

§. 5.

Noch eine Frage (welche unterſchiedene Leute aufgeworffen, aber theils nicht entſcheiden koͤnnen, theils auch nicht wollen, und welche ich zu beantworten, der allerincapableſte) zu geden - cken, wird ſich zu dieſem Capitul wohl ſchicken, und von niemanden fuͤr etwas ausſchweiffendes ge - achtet werden. Man fraget und wundert ſich zu - gleich, warum denn Franckreich, als welches auch in den minderſten nichts, was zu Vermehrung ſei - ner Prærogative und Autoritaͤt gedeyen kan, ver -gißet;309Hoff-Ceremoniel. giſſet; dennoch ſo facil ſey, nicht nur allein die Præliminaria Pacis, ſondern auch ſo gar die formalen Friedens-Schluͤſſe ſelbſt, in ſeiner Feinde Lande einzugehen und zu ſchlieſſen? Hier - auf nun geben einige die Antwort,

    • 1. Ignorantiæ: Sie koͤnten es nicht pene - triren, und dieſen wiſſen alſo nichts,
    • 2. Scientiæ, wenigſtens præſumptivæ.
  • 1. Daß der Koͤnig in Franckreich, gleichwie er meiſtens Autor der Kriege, alſo auch Au - tor der Friedens-Schluͤſſe ſeyn wolle; weil er nun ſelbige andern antruͤge, waͤre der Raiſon gantz gemaͤß, daß der den Frieden ſuchende oder anbiethende Theil, dem an - dern frey laſſen muͤſte, an welchen Orte er ihm ſein Suchen gewehren und ſich mit ihm vergleichen wolle.
  • 2. Daß er ſeines hohen und beſonderen Tituls als Chriſtianisſimi eingedenck, ſich nicht entbrechen wolle, ſich ſelbigem gemaͤß auf - zufuͤhren: und ſich gerne dahin ruffen lieſſe, und durch ſeine Ambaſſadeurs in ziemlich weit entlegenen Orten erſcheine, wohin ihn die Chriſtenheit verlanget. Andere aber meinen,
  • 3. Daß es deswegen geſchehe, weil er wohl wuͤſte, daß ſich nicht leichtlich einer oder der ander ſeiner Contre-Parthie wagen wuͤr - de, in ſein Territorium, umb daſelbſt mitU 3ihm310Europaͤiſchesihm Frieden zu machen, zu kommen; weil er etwan das Compelle mit ihnen ſpielen, oder auch in ſeinem Territorio gar ein an - deres Ceremoniel prætendiren duͤrffte, als er auſſer ſelbigem nicht erlangen kan.
  • 4. Nicht eben, als ein Conquerant, (welchen Titul ihm ſeine Nation ſelbſt als was emi - nentes giebet) umb den Ort in welchem man ihme das was er per vim gewonnen, cediret: ſondern fuͤrnehmlich darum beſor - get ſey; daß man ihm ſelbiges durch ſolen - ne Tractaten, und in facie totius Europæ, jedoch an einem auſſer ſeinem Lande gelege - nem Orte gebe: damit es nicht das Anſehen habe, als waͤren die cedirenden Partheyen dazu metu aut per vim genoͤthiget wor - den: ſondern haͤtten ſelbiges in einem freyen oder neutralen Orte freywillig gethan.

§. 6.

Als ein Corollarium dieſes Capitels kan noch, nicht ſo wohl zur Nachricht, als nur viel - mehr zu des hochgeneigten Leſers Nachdencken, beygefuͤget werden: daß die Oerter welche ſonſten nicht ſonderlich bekandt, oder wenigſtens nicht be - ruͤhmt, durch dergleichen Friedens-Schluͤſſe, gleichwie durch die Schlachten, die etwan an ei - nem Orte gehalten worden, in groſſe Bekandnuͤß gerathen. Denn wer wuͤrde von der Faſanen - Jnſul, dem Cloſter Oliva, Rißwig ꝛc. viel Be -kand -311Hoff-Ceremoniel. kandnuͤß haben, wenn ſelbige nicht durch Frie - dens-Schluͤſſe, den Menſchen ins Gedaͤchtnuͤß und ewiges Andencken waͤren eingepraͤget worden?

Drittes Capitel. Von den Mediatoribus, und ihrem Officio.

§. 1.

Es ſind zwar ſo wohl zu alten als auch itzigen Zeiten, unterſchiedene Frieden ohne Adhi - birung eines Mediatoris geſchloſſen worden, woraus erhellet, daß dieſes Amt kein Eſſentiel - Stuͤcke eines Friedens-Schluſſes; und kan ein Mediator ſo dann am meiſten entbehret werden: wenn ein Friede zwiſchen zweyen oder mehreren an Macht gleichenden Partien abzuhandeln iſt. Deñ alsdenn koͤnnen die Forderungen von keiner Seiten gar zu enorme ſeyn; weil ſich einer fuͤr dem andern fuͤrchtet, und die Furcht an ſich ſelbſt einem jeden Moderation genug, ohne Zuthuung eines Mediatoris, an die Hand giebet; die Saͤi - ten nicht zu uͤberſtimmen, ſondern einen Accord, der beyden gefaͤllig, zu treffen.

§. 2.

Wenn aber die ſtreitenden Partheyen entweder an Macht oder Gluͤcke einander ſehr ungleich, der eine des andern Meiſter, und der an - dere ziemlich auf das aͤuſſerſte gebracht worden: und zu befuͤrchten; es moͤchte der Victor bey etwanU 4noch312Europaͤiſchesnoch ferneren gluͤcklichen Progreſſen ſo inſolent werden, daß er dem Gegentheil ungebuͤhrliche Leges vorſchreibe; ſo ſcheinet das Amt eines Me - diatoris alsdenn unentbehrlich zu ſeyn: welcher entweder freywillig oder auch dazu erbethen, die Gemuͤther zu einem Frieden diſponire: oder, da - fern der eine Theil hartnaͤckich ſeyn, und keine Pro - poſitiones annehmen wolte, ſeine Autoritaͤt und Macht zeige: vermoͤge derer er dem ſich accom - modirenden Theile beyſtehen, und den andern zu einen raiſonablen Frieden forciren koͤnne.

§. 3.

Gleichwie nun dieſes Amt eines der glo - rieuſeſten iſt, welches ein Potentat uͤbernehmen kan: maſſen er dadurch unter zweyen, ihm an Wuͤrde gleichen, (auch wohl hoͤhern) welche ſonſt auf der Welt keinen hoͤhern uͤber ſich als GOtt allein erkennen, willkuͤhrlicher Richter, und certo reſpectu, auf eine Zeit ihr Oberer wird; ſo muß er auch von ſolcher Gewalt und Autoritaͤt ſeyn, daß er die Partheyen auseinander ſetzen, und was abgehandelt worden, mainteniren koͤnne.

§. 4.

Weil aber dieſes Amt, und ſonderlich die daran hafftende Quarantie, einem alleine offt - mahlen zu ſchwer: oder denen intereſſirten Par - theyen bedencklich und beſorglich fallen will, ihre Angelegenheiten und die Moderation ihrer Satis - faction und kuͤnfftigen Wohlſtandes, einem ein - zigem anzuvertrauen; ſo findet man, daß bey den meiſten Friedens-Schluͤſſen mehr als einer, unddem -313Hoff-Ceremoniel. demnach zwey, auch wohl drey Potentaten oder Republiqven, zu ſolchem betraͤchtlichen Amte er - wehlet, oder admittiret worden: wie denn in dem zwiſchen Schweden und Daͤnnemarck, A. 1662. geſchloſſenen Frieden, Franckreich, Engelland, und Holland: in dem zu Coͤlln An. 1674. geſchloſſe - nen Frieden aber, Engelland und Schweden, das Amt der Mediation anvertrauet wurde, anderer zur Genuͤge vorhandener Exempel zu geſchwei - gen.

§. 5.

Eines der ſchwereſten und zugleich em - pfindlichſten Dinge, welches bey dem, ſonderlich freywillig angebothenem Mediations-Amt fuͤr - zufallen pfleget, iſt dieſes: daß theils von dem zum Frieden ſich beqvemenden Partheyen ſelbſt, oder auch von einem auserſehenen oder ſich anerbieten - den Mediatore, ein ander, welcher auch dieſer Ehre mit genieſſen will, davon abgewieſen wird. Weil dieſe Excluſion mehr politica in receſſu, und mehr Theil an dem Ceremoniel hat, als die Vielheit der Mediatorum, von welcher in nechſt vorgehender 4. §. Erwehnung geſchehen; ſo iſt es noͤthig, davon etwas umbſtaͤndlicher zu handeln, und einige Friedens-Schluͤſſe, bey welchen dieſer oder jener Potentate von der Mediation ausge - ſchloſſen worden, anzufuͤhren.

  • 1. Jn dem Weſtphaͤliſchen und, ſpecialiter zu nennen, Oßnabruͤgiſchen Frieden, wolte Daͤnnemarck (unerachtet es An. 1626. ſichU 5zum314Europaͤiſcheszum Haupte des in Deutſchland gegen Kay - ſerl. Majeſtaͤt entſtandenen Krieges aufwerf - fen; nachgehends aber, da ſeine Waffen kei - nen gluͤcklichen Succeß hatten, durch Vermit - telung Churfuͤrſtl. Durchlauchtigkeit zu Sach - ſen, bey Kayſerl. Majeſtaͤt An. 1627. umb ei - nen Frieden anhalten ließ) dennoch Theil an der eminenten Qualité eines Mediatoris haben: welches Amt ihme auch allbereits von vielen zugeſtanden worden. Allein die Schwe - den, welche damahlen denen Daͤhnen ſupe - rieurs, und wie bekandt, gegen ſie jaloux wa - ren, verderbeten ihme gaͤntzlich den Weg zu ſolcher Ehre. Denn ob es gleich den Schwe - den in ihren Krieges-Progreſſen oͤffentlich nicht hinderlich geweſen, entweder aus einer Ratione ſtatus, oder auch etwan aus Unver - moͤgen: und alſo durch ſeine ſcheinbahre Un - partheiligkeit einiger maſſen zu ſolcher hohen Charge ſich tuͤchtig, und angenehm gemacht zu haben ſchiene: auch ſo gar durch ſeine Vermit - telung, die zu Hamburg vorhergehende Præli - minaria Pacis waren zu Stande gebracht worden; ſo fanden es doch die Schweden nicht rathſam, deſſen Mediation zu acceptiren: und damit ſie mehr in der That als nur mit bloſſen Worten und proteſtando wieſen, daß ihnen des Koͤniges in Daͤnnemarck Mediation gantz unanſtaͤndig; fielen ſie An. 1644. in das Holl -ſteini -315Hoff-Ceremoniel. ſteiniſche ein, und brachten dieſen Koͤnig dahin, daß er bey kuͤnfftigen Frieden, ſtatt eines Mediatoris, eine intereſſirte Parthey abge - ben muſte.
  • 2. Jn dem 1659. an dem Pyrenaͤiſchen Gebuͤrge auf der Faſanen-Jnſul geſchloſſenen Frieden, muſte Pabſt Alexand. VII. eben dergleichen, und certo reſpectu, noch mehreren Ver - druß, als Koͤnig Chriſtianus IV. in Daͤnne - marck bey dem Oßnabruͤgiſchen erlitten, aus - ſtehen. Deñ dieſer hatte Zeit wehrenden ſchwe - ren Krieges zwiſchen Spanien und Franck - reich, nicht nur vielfaͤltige Briefe, ſondern auch koſtbahre Nuntiaturen an die litigirende Partheyen geſendet; und ſelbige nicht nur zu ei - nem Frieden exhortiret, ſondern auch Vor - ſchlaͤge gethan, wie ſelber am fuͤglichſten ein - gerichtet werden koͤnte: und damit ſeine Sehn - ſucht und der Frieden ſelbſt deſto eher erfuͤllet wuͤrden; offerirete er ſeine unpartheyiſche Me - diation zwiſchen dem Rege Catholico und Chriſtianisſimo. Als es aber ſelbſt zur Sache kam, vergaſſen die Kinder der Sorge und Autoritaͤt ihres Vaters, und wurde die Friedens-Negotiation, wo ihme nicht gantz unwiſſende, dennoch wenigſtens ohne gege - bene Nachricht, und gleichſam hinter ſeinem Ruͤcken nicht nur angefangen; ſondern, was das allerſchlimſte war, er auch ſo gar als parscon -316Europaͤiſchesconcurrens von dieſem Frieden ausgeſchloſ - ſen: und redete man von ihm ſo wenig als waͤre kein Pabſt in der Welt. Welche dem Pabſte von dem Cardinal Mazarini zugefuͤgete Disgouſtirung, ihren Uhrſprung hauptſaͤchlich aus einer dem Cardinal angebohrnen oder an - gewehnten Rachgierigkeit hatte. Deñ weil der Pabſt dem Cardinal Retz, Ertz-Biſchoff zu Pariß, das Pallium ohne Conſens des Koͤniges und Cardinals zugeſendet hatte; erwieſe ſich gemeldter Cardinal gegen dem Pabſt vindica - tiv und brachte ſelbigen nicht nur umb die Ehre der Mediation, ſondern auch, welches unverantwortlich ſchiene, umb die Admisſion ſeiner bey dieſem Frieden zu entſcheidenden Affairen.
  • 3. Jn dem 1679. zu Niemaͤgen erfolgeten Frie - den, acceptirte der Koͤnig in Franckreich, die von Schweden durch den Magnus de la Garde, und den Graff Koͤnigsmarck angebo - thene Mediation: wie aus des Koͤnigs in Franckreich an den Koͤnig in Schweden vom 15. Octobr. 1672. aus Verſailles datirtem Schreiben zu erſehen; als aber Churfuͤrſtl. Durchl. zu Brandenburg, auch Theil an ſol - cher Mediation nehmen wolte: waren ſelbiger zwar weder Franckreich, noch Holland entge - gen; aber der Koͤnig in Engelland wolte dieſen Con-Mediatorem, nicht neben Schwedenadmit -317Hoff-Ceremoniel. admittiren, ſo daß er von der Prætenſion zu ſelbiger abſtehen muſte.
  • 4. Bey dem zu Ryßwig Anno 1679. geſchloſſe - nen Frieden, machte Franckreich Reflexion auf den maͤchtigen Churfuͤrſten zu Branden - burg: umb ſelbigen die Ehre des Amts eines Mediatoris, und zwar mit guten Conditio - nibus, zu goͤnnen; Allein es trug dieſer da - mahlen ſchon Koͤnigliche Churfuͤrſt, Beden - cken, ſolches Amt zu uͤbernehmen. Paͤbſtl. Hei - ligkeit machten ſich groſſe Hoffnung gemeld - ten Frieden unter dero Mediation anzufangen und zu endigen; weil ſelbige nichts erwinden laſſen, eine geraume Zeit fuͤr dem Frieden, die Catholiſchen Potentien durch ihre vaͤterliche Admonitiones zu einem Frieden zu diſponi - ren: und auch wuͤrcklich von dem Koͤnige in Franckreich dazu angenommen, und andern recommandiret: auch die Stadt Utrecht in Holland bereits von Franckreich deswegen zu dem Orte des Congreſſes auserſehen worden war, weil ein Paͤbſtl. Nuntius in keinem Orte Hollandes das Exercitium ſeiner Religion als daſelbſt, bequemer und freyer exerciren kan; allein weil in dieſem Frieden viel Dinge abzuthun waren, welche das emolumentum und detrimentum der Catholiſchen Reli - gion concernireten, und in welchen ein Nun - tius Apoſtolicus, ohne ſein Gewiſſen zu gra -viren,318Europaͤiſchesviren, nicht in different ſeyn kunte: (deñ man ſolte einen Reformirten Koͤnig in Engelland, Wilhelmum, in ſeiner Poſſesſion conſervi - ren: und den aus Engelland entwichenen Ca - tholiſchen Jacobum II. gaͤntzlich dethroniſi - ren) auch wegen des Ceremoniels, welches ein Paͤbſtlicher Nuntius prætendiret, die Pro - teſtirenden aber ihme ſelbiges nicht zugeſte - hen, viel zu beſorgen ſtunde; wurden die in fa - veur des Pabſtes zu einem Mediatore von Franckreich gethane Recommendationes nicht angenommen. Savoyen gedachte durch ſeinen mit Franckreich, theils ohne Vor - bewuſt, theils ohne Conſens der Hohen Alliir - ten An. 1697. gemachten Particulier-Frie - den, nebſt anderen Avantagen auch dieſe Ehre zu gewinnen: daß man ihn zu der Mediation bey kuͤnfftigen General-Frieden admittiren wuͤrde; wie er denn dem Koͤnige in Franckreich in einem ſeparirten Articul verſprochen, ſich bey denen Alliirten fuͤr ihn zu interesſiren. Allein die Hohen Alliirten gaben ihme faſt unanimiter die Excluſion; theils weil er ihre Partie ſo unverhofft verlaſſen, und ihnen in denen Progreſſen gegen Franckreich hinderlich geweſen: theils auch, weil man ihn nicht an - ders als einen fuͤr Franckreich interesſirten Printzen anſehen kunte; nachdem er in ſeinem ſeparirten Frieden die Heurath zwiſchen demDuc319Hoff-Ceremoniel. Duc de Bourgogne und ſeiner aͤlteſten Prin - ceßin ſtipuliret. Daͤnnemarck hatte Franck - reich nicht nur geraume Zeit fuͤr dem Frieden ſtarcke Hoffnung gemacht, daß ihme das Amt eines Mediatoris, wo nicht gantz allein, den - noch wenigſtens als Con-Mediatori zu Theil werden wuͤrde: und gab ſich dieſer Koͤnig An. 1695. expreſſe zu einem Mediatore an: ja es ſchienen ihme zwey Accidentia, in dem wovon er ſich flattirete, ſehr favorable zu ſeyn; dar - unter das erſtere die Mecklenburgiſche verdruͤß - liche Affaire, welche An. 1697. pasſirete, und an welcher der Schwediſche Oberſte Klingen - Strohm mit theil nahme, daß Kaͤyſerl. Ma - jeſtaͤt dadurch bewogen wurde, von der Schwediſchen Mediation zu Ryßwig gar ein ander Sentiment als vorhero zu faſſen; das andere fuͤr Daͤnnemarck favorable Accident ware, daß der Koͤnig in Schweden Carolus der XI., welchem man das Mediations-Amt ſchon Anno 1693. angetragen hatte, den 15. April. 1697. Todtes verbliche: Denn weil man dieſe Mediation als etwas perſonelles anſahe, daran der Succeſſor kein Jus quæſi - tum haͤtte; fehlete es nicht allzuviel, daß Daͤn - nemarck in die Stelle des Koͤniges in Schwe - den dißfalls geruͤcket waͤre. Weil aber doch keiner damahlen auſſer den ſtreitenden Par - theyen maͤchtiger, auch in dem gantzen Frie -dens -320Europaͤiſchesdens-Werck mehr inſtruiret ware, als die Cron Schweden, bliebe es dabey; daß man dieſen Potentaten zu einem Mediatore be - hielte: welcher, ob man gleich gemeinet war, ihme Daͤnnemarckt zu adjungiren, durch - aus ſelbigen nicht neben ſich leiden wolte; alleine es ſtunde auch gleichwohl Schweden allerhand im Wege, welches aus demſelbigen zu raͤumen, und ihme einen gebaͤhneten Weg zur Mediation zu machen, noch gar beſondere Muͤhe koſtete: welches aber allhier weitlaͤuff - tig anzufuͤhren, ſo viel als auſſer dem Schran - cken lauffen ſeyn wuͤrde.
  • 5. Und damit man auch glaube, daß die gegen - waͤrtigen Zeiten von den vorhergehenden nicht unterſchieden; ſo darff man nur darauff Acht haben, was in deme zu Utrecht fuͤr etwan zwey Jahren zwiſchen Franckreich und Engelland geſchloſſenen, aber noch nicht gaͤntzlich vollzoge - nen Frieden vorgefallen. Denn es meinet die Koͤnigin in Engelland, durch dieſen ſeparaten Frieden nebſt einigen von Franckreich erhalte - nen Vortheilen, auch ſonderlich die Ehre zu ge - winnen, bey kuͤnfftig zwiſchen Kayſerl. Maje - ſtaͤt und dem Koͤnige in Franckreich zu ſchlieſ - ſenden Frieden die Mediation zu erhalten; al - lein es iſt die Brittaniſche Majeſtaͤt nicht zu dero Zweck gediehen, ſondern davon ausge - ſchloſſen blieben. Denn gleichwie ſelbige ohneZu -321Hoff-Ceremoniel. Zuthun eines Mediatoris ſich mit Franckreich zu Utrecht verglichen, alſo haben Kayſerl. Ma - jeſtaͤt, auch zu Radſtadt Mittel und Wege ge - funden, ſich mit Jhro Aller-Chriſtlichen Ma - jeſtaͤt, ohne Mediation dieſer Koͤnigin zu ac - commodiren.

§. 6.

Gleich wie man aber nicht einen jeden Potentaten oder freye Republic zu dem Amt ei - nes Mediatoris admittiret; alſo ſind auch nicht alle unter denſelben, zu allen Zeiten geſchickt, daß ſie ſolches hohe und zugleich ſchwere Amt zu uͤbernehmen vermoͤgen, weil ihnen entweder

    • 1. Die Religion
    • 2. Jhre Schwaͤche
    • 3. Jhre Entlegenheit
    • 4. Jhre Freundſchafft und Alliance,
    • 5. Jhre Theilhabung an einem Kriege
    daran hinder - lich.

§. 7.

Was die Religion anbetrifft, ſo iſt wie - derumb darauf acht zu haben:

  • 1. Ob der Unterſcheid der Religion cauſa des vorgehenden Krieges geweſen, entweder orginaliter oder incidenter, und nun bey dem darauf zu ſchlieſſenden Frieden das Religions-Weſen wieder einzurichten?
  • 2. Ob nur ſub prætextu Religionis, ſich ein Krieg entſponnen, mehr aber die extenſio regionis als Religionis darunter ſey ge - ſuchet worden?
X3. Ob322Europaͤiſches
  • 3. Ob der Krieg ex cauſis mere politicis, welche mit der Religion keine Connexion haben, entſtanden?
  • 4. Ob die Paciſcirenden Theile einerley Re - ligion zugethan, oder
  • 5. Ob ſelbige diverſer Religion ſind?

§. 8.

Der Pabſt nun als das ſichtbahre Haupt der Catholiſchen Kirchen, arbiter conſcientia - rum derer Catholiſchen Potentaten, und wie er ſonſten auch per excellentiam genennet wird, orbis Chriſtianorum Pacator, hat,

  • 1. Als ein Geiſtlicher Herr groſſe Urſache und Recht, das pax vobis ſeinen Kindern zu ertheilen, und ſich als Beatisſimus, die bey dem Matthæo cap. V. vers 9. aufgezeich - nete und verſicherte beatudinem beyzule - gen: Beati pacem facientes, quoniam filiii Dei vocabuntur. Welches er auch niemahlen zu unterlaſſen pfleget, ſondern theils durch Briefe, theils durch Nuncia - turen, die in Krieg verwickelten Partheyen ſeines Glaubens, zum Frieden und Ver - gleich ermahnet: welches ihme auch dann und wann gelungen und zu groſſen Ruhme gediehen. Jn dieſer Qualitaͤt nun iſt er ein ſicherer Mediator, und koͤnnen ſich die Partheyen beſſer auf ſeine als eines andern Vermittelung verlaſſen; weil bey ihme nichtzu323Hoff-Ceremoniel. zu præſumiren, daß er als Pater & Paſtor communis, etwas aus Intereſſe oder Af - fection thun werde. Jn dieſer Meynung nun hat die Cron Spanien und Fanckreich vielfaͤltigmahl des Pabſtes Mediation theils imploriret, theils die offerirte acce - ptiret. Der Verviniſche, der Cron Spanien ſo noͤthige, und der Cron Franckreich ſo nuͤtzliche Friede, war keines andern Men - ſchen Werck, als des Pabſtes Clementis VIII. und wuͤrde ohn ſein Zureden und Vermittelung, weder Philippus II. in Spanien, noch Henricus IV. in Franck - reich, ſo bald das Schwerdt aus den Haͤn - den geworffen, und ſich in Friedens-Hand - lungen eingelaſſen haben; So wolte auch Carolus V. mit Franciſco I. keinen Ver - trag machen, es haͤtten denn Paͤbſtl. Heilig - keit zuvor darein gewilliget, und ihre bons offices dabey emploiret.
  • 2. Als ein weltlicher Herr und Fuͤrſt in Jtalien, hat er nicht nur, das Recht Kriege zu fuͤh - ren, ſondern auch Frieden zu ſchlieſſen, und per conſequens das Amt eines Mediatoris zu uͤbernehmen; welches letztere ihm auch die Acatholici ſelbſt zugeſtehen muͤſſen. Weñ nun ein Krieg ex cauſis mere politicis ent - ſtanden, bey welchem das Religions-We - ſen nichts zu thun gehabt, und nun auch dar -X 2auf324Europaͤiſchesauf ein Frieden wiederumb ob cauſas mere politicas zu ſchlieſſen waͤre; ſo kan der Pabſt ſo dann, nicht nur von ſeinen Glau - bensgenoſſen, ſondern auch ſo gar von de - nen Un-Catholiſchen Potentaten, Fuͤrſten und Republiqven gar wohl angenommen werden; zwar nicht tanquam ſummus Pontifex, ſondern als ein Souverainer Herr, der alle Jura Majeſtatica beſitzet, und mit welchem nicht nur die Chriſten dif - ferenter Religion, ſondern auch ſo gar die Unglaͤubigen ex Jure gentium, wozu die Friedens-Schluͤſſe zu rechnen, converſiren und tractiren koͤnnen; und iſt der Niemaͤ - giſche und unterſchiedene andere Vertraͤge, v. gr. der Verviniſche, Zeugnuͤß genug, daß die Acatholici dem Pabſt die Con - Mediation und Sequeſtration anver - trauet. Ja wenn man ohne alle Pasſion, wie es denn billich ſeyn ſoll, von der Media - tion des Pabſtes etwas politice ſtatuiren will, ſo muß man bekennen, das der Pabſt einer der geſchickteſten Fuͤrſten in Europa, welcher dieſes Officium uͤbernehmen koͤn - ne; Denn einmahl fehlet es ihme, als mei - ſtentheils alten und erfahrnem Herrn, nicht an Politiſchen Wiſſenſchafften, oder an dem rechten Kaͤntnuͤß des wahren Inte - reſſe eines Etats im Chriſtenthumb: worzudie325Hoff-Ceremoniel. die Paͤbſte nebſt andern Mitteln auch da - durch gelangen; weil ſie bevor ſelbige auf den Paͤbſtl. Thron erhoben werden, viele und betraͤchtliche Nunciaturen an den Hoͤ - fen Chriſtlicher Potentaten verrichtet, und das Abſehen, Staͤrcke und Schwaͤche, Furcht und Hoffnung, eines oder des an - dern Hofes kennen lernen: welches Mittel andern Potentaten nicht auf dergleichen Art vorbehalten, und zu ſtatten kommet. Und ob es gleich auch etwan geſchehen, daß zu Zeiten ein Pabſt einem Theile mehr fa - voriſiret als dem andern, ſo iſt und hat ſol - ches propter rationem ſtatus, welchen der Pabſt ſo wenig als ein anderer Poten - tate negligiren kan, geſchehen muͤſſen; wenn aber nur die Furcht fuͤr einem verſchwun - den, ſo hat ſich auch denn der Favor, oder die ſo genennete Partheylichkeit verlohren, und hat die Paͤbſtl. Mediation hernach jeder - zeit den Character einer Billigkeit behal - ten. Allein, wenn die Sache das bloſſe In - tereſſe Religionis Catholicæ ſo wohl quo - ad credenda, quam quoad Jura Eccleſiæ concerniret; ſo iſt es der puren Unmoͤg - lichkeit, daß man dem Pabſte die Media - tion uͤberlaſſen koͤnne; weil er im Gewiſſen verbunden, ſein eignes, odeꝛ ſeines Glaubens - Genoſſen Intereſſe, und die CatholiſcheX 3Reli -326EuropaͤiſchesReligion, gegen alle andere Arten der Reli - gionen zu befoͤrdern; welches man in dem Muͤnſteriſchen Frieden gar deutlich ſehen koͤnnen, auf welchem der Pabſt ſeinem Amte gemaͤß die Aufnahme und Conſer - vation des Catholiſchen Glaubens im Roͤ - miſchen Reiche zu behaupten trachtete: und weil in dem Oßnabruͤgiſchen Frieden aller - hand Dinge zu ſeiner Præjuditz etabliret wurden, ſo ließ Innocentius der X. durch ſeinen Nuntium Fabium Chigi, nicht nur gegen gemeldten Frieden proteſtiren; ſon - dern er publicirte auch ſo gar eine Bullam annulatoriam dieſes Friedens, welche aber von den Deutſchen Fuͤrſten und Staͤnden beyderley Religionen pro inani & nihili, wie die Worte gemeltes Friedens Art. V. §. 1. lauten, und in denen Kayſerl. Wahl - Capitulationibus pro invalida erklaͤret worden. Eben aus dieſem Principio kunte der Koͤnig Wilhelmus in Engelland, die von Franckreich dem Pabſte zuerkennete Mediation, bey dem Rißwigiſchen Frieden nicht acceptiren; weil die Religio in ſelbi - gen gar zu ſehr mit eingemenget war, und der Pabſt in ſeiner Mediation nicht haͤtte indifferent ſeyn koͤnnen.

§. 9.

Nach und neben dem Pabſt, iſt in Jta - lien die Republic Venedig auch gar geſchickt, dieFrie -327Hoff-Ceremoniel. Friedens-Mediationes zu uͤbernehmen; weil die Venetianer gute Politici, und von dem Intereſſe eines odeꝛ des andeꝛn Stꝛeitenden Theils wohl in - formiret. Deñ ob ſie gleich der Catholiſchen Reli - gion zugethan, auch in ihrem Gebiethe das freye Exercitium (auſſer was in einigen Orten de - nen Juͤden und Griechen eingeraͤumet worden) Religionis, denen Acatholicis nicht verſtatten; ſo haben ſich doch die Proteſtirenden Potentien, dennoch der Religion halber keiner Partheylich - keit von ihnen zu beſorgen: weil ſie das Intereſſe Religionis nicht weiter ſuchen, als ſelbiges zu ih - rem Etats-Intereſſe befoͤrderlich: ja ſo gar be - kand iſt, daß ſie den Pabſt ſelbſt wegen Confor - mitaͤt des Glaubens, in ihrem Territorio nichts zu geſtehen, welches ſie etwan meinen ihrer Frey - heit und Intereſſe nachtheilig zu ſeyn: wie ſie denn mit Leone X. zu Anfang des vorigen Seculi in ei - nen ſchweren Krieg verfallen waͤren, im Fall Henricus IV. in Franckreich ſich nicht ins Mittel geſchlagen, und die Feindſchafft wiederumb in Freundſchafft verwandelt haͤtte. So ware es bey Regierung des Pabſtes Urbani VIII. wegen der Range, und einer in odium der Venetianer zu Rom ausgeleſcheten Schrifft, nahe darbey, daß dieſe Republic mit Paͤbſtl. Heiligkeit auf das neue verfallen waͤre, wenn man ihnen nicht ſchleunige Satisfaction gegeben haͤtte. Ob aber nun gleich der reſpectus Religionis die Venetianer anX 4dem328Europaͤiſchesdem Mediations-Amte nicht hindert; ſo ſind doch gleichwohl Urſachen vorhanden, vermoͤge derer man ihnen die Mediation nicht ohne Unter - ſcheid und allemahl anvertrauen kan. Denn

  • 1. Werden die Churfuͤrſten des Reichs ſelten oder niemahlen zugeſtatten, daß bey einem Friedens-Schluß, bey welchen ſie in der Qualité als Churfuͤrſten concurriren, das Amt eines Mediatoris denen Venetianern uͤberlaſſen werde; weil die Churfuͤrſten mit dieſer Republic wegen der Præcedentz competiren, und in poſſesſione des Vor - ganges ſind. Weil man aber einem Me - diatori gleichwohl wegen ſeines tragenden Amts mehr Deferentz, und bey nahe Præ - cedentz, einraͤumen muß, als er ſonſten auſ - ſer dieſer Charge nicht fordern koͤnte; ſo ſte - hen die Churfuͤrſten ſtets auf guter Hut, daß dieſe Republic, unter dem Prætext der Mediation, nicht etwan einen Actum Poſ - ſesſionis in der Præcedentz fuͤr ihnen er - halte, und ſelbige ins kuͤnfftige zu ihrem Vortheil allegire. Wie es denn deswe - gen auf dem Weſtphaͤliſchen Frieden, da - von unten weitere Nachricht gegeben wer - den ſoll, harte Conteſtationes gabe.
  • 2. Jſt die Situation und Macht der Republic Venedig alſo beſchaffen, daß die erſtere in einem Extremo von Europa lieget, und alſobloß329Hoff-Ceremoniel. bloß die Jtaliaͤniſchen Fuͤrſten, den Kayſer wegen einiger Erb-Laͤnder, und den Tuͤr - cken zu einem Nachbar hat; die letztere iſt zwar zur See conſiderable, zu Lande aber nicht betraͤchtlich, und folgendes niemanden gar formidable. Weil nun ein neceſſa - rium Conſequentz des Mediatoris iſt, daß er die Quarantie des Friedens uͤber - nehme; ſo wird ſolche Garantie ſonder er - forderlichen Effect ſeyn, wenn er wegen uͤbeler Situation und gebrechender Macht, nicht im Stande ſelbige zu leiſten. Denn ge - ſetzt, es wehlete Schweden und Pohlen, Pohlen und Moſcau, Engelland und Hol - land, ꝛc. die Republic Venedig zu einem Mediatore des Friedens, welcher Frieden aber nachgehends von einer itzt genannten Parthey nicht gehalten wuͤrde: wie ſolte ſich alsdenn Venedig wohl anſtellen, in dieſen entlegenen Landen, zu welchen man zwar zu Schiffe gelangen kan, aber doch den Krieg mehr im Lande, als auf der See fuͤhren muͤ - ſte, den Fried-bruͤchigen Theil zu Haltung des Friedens zu obligiren? Und was fuͤr eine theure Mediation und Garantie wuͤrde es nicht ſeyn, von Venedig Voͤlcker nach Mo - ſcau, Schweden, Pohlen, ꝛc. zu transpor - tiren. Hingegen ſind die Venetianer in denen Friedens-Schluͤſſen, die etwanX 5zwi -330Europaͤiſcheszwiſchen Franckreich und Spanien, zwi - ſchen dieſen beyden und dem Pabſt, in re - gard der in Jtalien liegenden Koͤnigreiche und Hertzogthuͤmer, und unter andern Jta - liaͤniſchen Fuͤrſten ſollen vollzogen werden, uͤberaus beqveme Mediatores, und kraͤff - tige Garanteurs; weil ſie eines und das an - dere zu præſtiren, ſo wohl ratione ſitus, als des in Jtalien habenden Potentatus, gar geſchickt ſeyn.

§. 10.

Die Schweitzer koͤnnen das Officium Mediatoris, zwiſchen zweyen differenter Reli - gion ſeyender Potentien, gar wohl uͤbernehmen; weil ihre Republic ſelbſt aus zweyerley Reli - gions-Verwandten beſtehet, und ſie wohl verſte - hen, wie weit man das Intereſſe Religionis dem Etats-Intereſſe vorziehen, oder nachſetzen koͤnne: auch dabey das Lob fuͤr vielen andern Nationen haben, daß ſie aufrichtig, redlich, ſteiff uͤber ihrer Zuſage halten, und zu keiner Partialitaͤt, es treibe ſie denn die euſerſte Noth darzu, geneiget; welches alles Qvalitaͤten die bey jedem Mediatore befind - lich ſeyn ſolten. Allein ſie ambiren ſolche Wuͤrde nicht, weil ſie ferne von allem Ehrgeitz, und nicht gerne unnoͤthige Koſten machen, welche doch bey einem Mediatore unentbehrlich: auch ſich nicht gerne in anderer Potentaten Haͤndel verwickeln, davon ſie doch als Quaranteurs nicht befreyet bleiben koͤnten; ſondern lieber ruhig ſitzen, und ihrejunge331Hoff-Ceremoniel. junge Mannſchafft umb Geld verkauffen. So tragen auch die Souverains und Potentiores in Europa bedencken dieſen Etat, deſſen Regiment ſo Democratiſch und Populariſch, die Ehre anzu - thun, und ihn zu dem Mediations-Wercke zu em - ploiren: wuͤrde auch endlich denen Schweitzern an Kraͤfften fehlen, die Quarantie zu leiſten; weil es ihnen an den nervo belli, und alſo an dem beſten, nemlich am Gelde fehlet. So daß ihnen ihre Redligkeit, und andere anklebende Geſchick - lichkeit zur Friedens-Mediation, wegen itzt bey - gebrachter obſtaculorum, nicht wohl zu ſtatten kommen kan.

§. 11.

Die Roͤm. Kayſerl. Majeſtaͤt, der Koͤ - nig von Spanien, Franckreich, Engelland, Schweden, Preußen, ꝛc. wie auch die Republic Holland, ſind wegen ihres Potentatus alle faͤ - hig, das Amt eines Mediatoris zu uͤbernehmen; allein man kan einen, oder auch den andern hoͤchſt - gemeldter Potentaten nicht allemahl, wenn man es wuͤnſchet und will, dazu nehmen, bloß und al - lein darumb: weil allemahl einer und der ander, und offters derer viele auf einmahl, in die Euro - paͤiſchen Kriege, directe oder indirecte ver - wickelt, und demnach Pars litigans nicht zugleich Mediator ſeyn kan; es waͤre denn, daß einer oder der andere zum Voraus ſeinen Frieden à parte gemacht (dergleichen Exempel zur Gnuͤge verhanden) und ſo dann, wenn er mit ſeiner Tra -ctation332Europaͤiſchesctation fertig, einem andern auch zu einem billi - gen Vergleich helffe. Allein dieſe Particulier - Vergleiche ſind einem Potentaten, wenn er ſon - derlich mit anderen in Alliance geſtanden, und ſel - bige verlaſſen, zu Erhaltung der Mediation mehr hinderlich, als befoͤrderlich, wovon gar neue Exem - pel vorhanden.

§. 12.

Engelland ins beſondere, welches ſich zu ruͤhmen pfleget, daß es die Bilance zwiſchen den Europaͤiſchen Potentien erhalte, gleichſam das Zuͤnglein in der Europaͤiſchen Wag-Schale, und demnach nicht nur Moderator des Gluͤckes, des einen unter denen kriegenden und des Ungluͤcks des andern, durch Adjungirung ſeiner Waffen: ſon - dern auch gleichſam bey denen Friedens-Schluͤſ - ſen, bey welchen es nicht interesſiret, Mediator Ordinarius ſeyn koͤnne; hat zu einigen und noch gar neuen Zeiten erwieſen, daß es der Sache ein groß Gewichte und Ausſchlag geben koͤnne. Alleine es iſt ihme auch manchmahl an Behaup - tung dieſer Prærogativæ fehl geſchlagen: und hat das kleine Holland dieſem Arbitro Europæ zur Gnuͤge gewieſen, daß die dißfalls in Engelland etablirte Regul nicht ſonder Exception, und es ſo gut anderer Potentien Huͤlffe und reſpective Mediation, als andere Engellands benoͤthiget.

§. 13.

Uberhaupt kan das Mediations-Amt, cæteris paribus, in beyzulegenden Streitigkeiten,und333Hoff-Ceremoniel. und Friedens-Negotiis anvertrauet werden, zwiſchen

  • 1. Spanien und Franckreich, dem Pabſt, oder Engelland
  • 2. Spanien und Portugal, dem Pabſt oder Engelland,
  • 3. Dem Pabſt und Spanien, Franckreich oder Venedig,
  • 4. Dem Pabſt und Franckreich, Spanien oder Venedig,
  • 5. Dem
    • Kayſer Roͤm. Reich
    und Franckreich, Schweden oder Engelland,
  • 6. Dem
    • Kayſer Roͤm. Reich
    und Schweden, Engelland oder Holland
  • 7. Franckreich und Engelland, Spanien, Schweden oder Holland,
  • 8. Schweden und Daͤnnemarck, der Kayſer, Franckreich, Preuſſen, oder Holland,
  • 9. Engelland und Holland, Schweden, oder Franckreich, ꝛc.

Denn das reciproque Intereſſe hier geſetzter Staaten iſt alſo beſchaffen, daß ſelbige am beſten auf ſolche Art und Mediation koͤnten verglichen werden, im fall nicht etwan ein raro contingens ſelbiges veraͤndere.

§. 14. Das334Europaͤiſches

§. 14.

Daß meiſte was einem Potentaten hinderlich, daß er zu dem Officio Mediatoris nicht koͤnne ernennet oder angenommen werden, iſt ſo wohl ſeiner eigenen Perſon, als auch derer von ihme adhibirten Miniſtrorum Mediatio - nis Partheylichkeit, durch welche er ſich und ſie, einem oder mehreren Theilen verdaͤchtig machet. Denn ob er gleich nicht juſtiſſimus, ſo kan und ſoll er doch æquisſimus Arbitrator, keinem Theil zu viel, und keinem zu wenig affectioniret ſeyn; dan - nenhero die Haupt-Requiſita eines dergleichen Mediatoris dieſe ſind, daß

  • 1. Er das Recht und Intereſſe jeder Parthey wohl verſtehe, und dieſes denen ſtreitenden Theilen wohl beyzubringen wiſſe. Denn ſo bald er einen nur uͤberzeuget haben wird, daß ſeine Prætenſion wieder das Recht und Billigkeit lauffe: und ſein wahres In - tereſſe erfordere den Frieden einem gluͤck - lichen, oder nach avenant ungluͤcklichen Kriege vorzuziehen; ſo wird er die Gemuͤ - ther dadurch leicht zum Frieden und Freund - ſchafft præpariren, und ein gutes Accom - modement treffen koͤnnen.
  • 2. Nicht, wie ſchon gemeldet, partialiſch inte - resſiret und durch Geſchencke zu gewinnen ſey. Denn ob wohl nicht verbothen, ſo wohl dem Mediatori ſelbſt, als auch deſſen Mi - niſtris Mediationis, wegen der uͤbernom -menen335Hoff-Ceremoniel. menen Muͤhe Geſchencke zu thun; ſo muͤſſen doch ſelbige in keinem anderen als nur dieſem Abſehen gegeben und angenommen werden, daß man ſich gegen dem Mediatore danck - bahr bezeigen, und ihn ſein Amt deſto hurtiger zu verrichten aufmuntern, keines weges aber ſel - bigen corrumpiren wolle.
  • 3. Reinen Mund zu halten wiſſe, und keiner Par - tie, der andern ihme eroͤffnete Abſicht, incon - ſiderant, oder doch in keinen andern Abſehen und Meinung entdecke, als ſelbige zu Befoͤde - rung der Freundſchafft und des Friedens dien - lich. Denn wo ein Mediator aus allzu groſſer Vertraulichkeit und zur Unzeit, das Geheim - nuͤß einer Parthey der andern beybringen wolte; wuͤrden die Gemuͤther der paciſciren - den nur dadurch mißtraulicher gemacht, der zu - ſchlieſſende Friede mehr retardiret als beſchlei - niget werden, und eine der Intention der Par - theyen und dieſem Officio gantz contraire Wuͤrckung entſtehen.
  • 4. Die Quarantie uͤbernehmen, ſelbige auch in der That auf beduͤrfftigen Fall leiſten, und den Frieden in Execution bringen und erhalten koͤnne. Denn was wuͤrde es nutzen, wenn man den Frieden durch die Feder auf die ſchoͤnſte und billigſte Art abgefaſſet, ratihabiret und geſchloſſen: nicht aber in Willens haͤtte ſelbi - gen in der That zu vollziehen und heilig zu hal -ten?336Europaͤiſchesten? Welches letztere, weil es doch manchmahl zu emergiren pfleget, ein Mediator muß ver - hindern, und denjenigen Theil, welcher, was er verſprochen nicht præſtiren will, dazu noͤthigen koͤnnen. Dieſe denen Mediatoribus noth - wendig anklebende Guarantie iſt vielmahlen Urſache geweſen: daß ſie durch einen Frieden in einen Krieg verwickelt, und da ſie in dieſem Frieden Mediator geweſen, in einem andern darauf folgenden Frieden, bloß ex capite Me - diationis, pars litigans worden.

§. 15.

Ob nun dieſe und andere requiſita ei - nes Mediatoris, bey allen Friedens-Schluͤſſen ſo genau obſerviret worden, laͤſſet ſich gar leicht be - urtheilen: wenn man ein oder die andere Friedens - Negotia und Tractaten: ſonderlich die Arcana derſelben durchgehet; da man denn wahr befinden wird, daß mancher Frieden gantz anders abge - lauffen waͤre, wenn die Mediatores derſelben an - ders als ſie waren, beſchaffen geweſen. Es iſt aber ſicherer, daß man denenjenigen, welche hiervon gruͤndlich unterrichtet ſeyn wollen, andere Au - tores, welche dergleichen Arcana publiciret, zu leſen anweiſe, als etwan hier viel beſon - ders davon zu ſchreiben, ſich unterſtehe.

Vierd -337Hoff-Ceremoniel.

Vierdtes Capitel. Von denen Paſſeports, oder Literis Salvi Conductus.

§. 1.

Daß die Paſſeports denen Geſandten ein unentbehrliches Stuͤcke, und anbey nicht von ihren hohen Herren Principalen, ſondern von denſelbigen Majeſtaͤten, Fuͤrſten und Herren, durch derer Land ſie reiſen, und an deſſen Hofe ſie negotiren ſollen, zu erbitten, und zu ertheilen, auch was darinnen pfleget enthalten zu ſeyn; iſt in dem dritten Cap. des III. Theils in ſo weit, als es dahin gehoͤrig geweſen, ſchon gemeldet worden, und nur hier noch noͤthig mit wenigen beyzubrin - gen: daß bey Friedens-Congreſſen die formalia der Paſſeports, zwar nicht anders beſchaffen, als wenn man etwan einen Geſandten an eines Sou - verainen Hoff ſendet; jedoch iſt einiger und zwar ziemlich betraͤchtlicher Unterſcheid zwiſchen bey - derley Art Paͤſſen darinnen: daß man bey Frie - dens-Congreſſen in Ertheilung der Paͤſſe,

  • 1. Mehrere Prærogative ſuchet,
  • 2. Mehrerer Arten, oder Exemplaren der - ſelbigen benoͤthiget.

§. 2.

Was das erſtere, oder die Prærogative anbelanget, ſo findet ſich ins gemein dieſe Difficul - taͤt, wer der erſte ſeyn ſoll, welcher dieſelben zu er - theilen. Denn weil ſie von denen concurrirendenYPar -338EuropaͤiſchesPaͤrtheyen reciproce muͤſſen ausgeliefert wer - den; ſo will mancher propter dignitatem der er - ſtere, (welches ſonderlich die Mediatores præ - tendiren) mancher aber wegen ſeines darunter verborgen liegenden Intereſſe, avantage und politique der letztere ſeyn. Denn wenn einer oder der andere ſeine Paſſeporte bereits ausgehaͤndi - get, die ihme benoͤthigten aber noch nicht wieder reciproce empfangen: kan er in Gefahr lauffen, daß man ihn damit aufziehe, oder auch ſelbige wohl gar weigere; welches bey einigen Friedens - Schluͤſſen, ſonderlich aber in dem Weſtphaͤliſchen viel Verdruͤßligkeit verurſachet, und nicht weniger Zeit, den Frieden mit Succeß anzufangen ver - derbet.

§. 3.

Was das andere, oder die Vielheit der Paſſeporten betrifft, ſo kan es geſchehen, daß ein Souverain, welcher einen Miniſter in eines an - dern Souverainen Hof-Lager ſendet, im fall derer Reiche oder Territoria mit einander graͤntzen: nicht mehr als eines eintzigen Paſſes benoͤthiget; weil er ſo dann durch keines Tertii Land reiſen, und alſo auch nicht allererſt eines andern, als bloß nur deſſen an welchen er ſendet, Paſſeports benoͤ - thiget; dergleichen zwiſchen Kayſerl. Majeſtaͤt und Franckreich, Spanien und Franckreich, Poh - len und Moſcau, und vielen andern, wie aus der Geographie zu erſehen, geſchehen kan: und da ja etwan eines Potentaten Territorium, welcheszwi -339Hoff-Ceremoniel. zwiſchen des ſendenden, und deſſen an welchen man ſendet, Reich oder Lande gelegen, zupasſiren waͤre, ſo wuͤrde man nur auch bloß genoͤthiget ſeyn, von demſelben einen Paſſeport zu begeh - ren, im fall er zu bekommen; ſonſt muͤſte man durch einen Umweg zu Lande oder uͤber See, ſein territorium evitiren, dergleichen auch zu unterſchiedenen mahlen ſchon geſchehen; allein bey den Friedens-Congreſſen muß man nicht nur bey denen, durch derer Laͤnder man die Geſandten ſendet, ſondern auch von allen andern, welche bey dem Frieden mit concurriren, ob man gleich derer Laͤnder mit keinem Fuſſe betritt, dennoch Paſſe - porte haben. Deñ zum Exempel: Es waͤre zwiſchen denen itzo im Kriege verwickelten vier Nordiſchen Majeſtaͤten, Schweden, Daͤnnemarck, Pohlen, und Moſcau, Frieden zu erwarten, und zu Braun - ſchweig zu ſchlieſſen, bey ſelbigem auch noch etwan ein Mediator von noͤthen; ſo muͤſte ein jeder unter dieſen Fuͤnffen viererley Paͤſſe haben, umb ſicher zu dem Friedens-Congreß admittiret zu werden: ohne dieſelbigen, welche er noch von denen Landes-Fuͤrſten, derer Territorium er pasſiren muß, auszuwuͤrcken. Denn es muͤſte v. gr. Schwe - den von Daͤnnemarck, Pohlen, Moſcau und dem Mediatore, & vice verſa, zuvor Paſſeporte uͤber - kommen haben, bevor er ſich in dem loco Con - greſſus ſicher zu ſeyn achten koͤnte. Uber der Er -Y 2thei -340Europaͤiſchestheilung nun dieſer vielfaͤltigen Paͤſſe, giebet es viel diſputirens, theils wegen derer

  • 1. Ausfertigung, theils wegen deren
  • 2. Jnhalt: welches alles en detail vorzuſtellen man nicht fuͤr rathſam erachtet, ſondern was dißfalls da und dort geſchehen, in fol - genden Capituln mit einruͤcken wird.

Fuͤnfftes Capitel. Von den Sprachen. Jn ſo weit ſelbige zu dem Ceremonien - Wercke gehoͤrig.

§. 1.

Es hatten die Menſchen biß etwan in das 1931. Jahr nach Eꝛſchaffung der Welt, alle einer - ley Zungen und Sprachen 1. Moſ. 11. v. 1. aber bey Erbauung des Thurmes zu Babel, wurden anfangs die Bau-Leute und Arbeiter, wie einige ausgerechnet haben wollen, in 70. oder 72. unter - ſchiedene Sprachen verwirret: welche Vielheit und Unterſchied der Sprachen, damahlen den Bau des Thurms zu Babel, heut zu Tage aber noch oͤffters die Auffuͤhrung der Gebaͤude der Ein - tracht und des Friedens hindern kan.

§. 2.

Bald auf dieſe Vielheit, Unterſcheid, und Verwirrung der Sprachen, erfolgete eine Separation der menſchlichen Geſellſchafft; im - maſſen ſich nur dieſelben zuſammen hielten, wel - che einander verſtunden, und einerley Sprache re -deten341Hoff-Ceremoniel. deten: welchen Unterſcheid der Sprachen auch ſo bald der Unterſcheid der Sitten und Religionen begleitete.

§. 3.

Dienenigen, welche einander nicht ver - ſtunden, bekamen einen Eckel gegen einander: wel - cher endlich zu einer Unbekandtſchafft und in fol - gender Zeit zu einem Haß gediehe: biß aus dieſer Uneinigkeit der Zungen, auch Zwietracht der Ge - muͤther und zuletzt, nebſt Behauptung des Mei, und Begehrung des Tui, Streit und Krieg ent - ſtunde; maſſen aus keinem Hiſtorico erweißlich, daß vor geſchehener Verwirrung der Sprachen die Menſchen Kriege unter einander gefuͤhret, da ſie conſequenter auch keines Frieden-Schluſſes benoͤthiget geweſen.

§. 4.

So war demnach dazumahl dieſe Viel - heit der Sprachen keine Gabe und Gnade, ſon - dern vielmehr eine Straffe GOttes, durch welche der Menſchen Hochmuth und Vanitaͤt gezuͤchti - get wurde; welches Ubel biß auf unſere Zeit dau - ret, daß man ſolches in der menſchlichen Societaͤt mehr als zu viel, ſonderlich aber bey den Con - greſſen, der von hohen Potentaten abgeordneten Miniſtern, und an denen Hoͤfen und Ceremoniel empfindet.

§. 5.

Es ſind zwar Vorſchlaͤge auf das Tapet, und einige auf die Gedancken kommen, daß dieſem Ubel dadurch koͤnne abgeholffen werden: wennY 3wenig -342Europaͤiſcheswenigſten die Europaͤiſchen Potentaten ſich mit einander beredeten, und ſchluͤßig wuͤrden, einerley Redens-Art und Zunge in ihren Reichen einzu - fuͤhren; allein es iſt auch ſo gleich Kummer vorge - fallen, welche Sprache man den uͤbrigen vorzie - hen, und zu der allgemeinen Sprache wehlen ſolle; und hat ſich bey dieſem projectireten Vergleich, auch zugleich ein Streit uͤber der Prærogativa linguarum ereignet: welche dem guten Vor - ſchlage hinderlich geweſen, und auch wohl bleiben wird; maſſen die Vielheit und Unterſcheid der Sprachen ein Werck GOttes, und Menſchen Rath wieder denſelben kein nuͤtze ſeyn kan.

§. 6.

Jſt demnach das ſicherſte und beſte Mit - tel, daß man aus der Noth eine Tugend, und aus der Straffe eine Gelehrſamkeit mache: und ſich, daſern man zu einer profonden Erudition gelan - gen, ſich in der Welt umbſehen, mit fremden Na - tionen negotiren, und ſonderlich groſſen Poten - taten in auswaͤrtigen Verrichtungen nuͤtzlich wer - den und dienen will, angelegen ſeyn laſſe, nicht nur etwan bloß einen Zwey-Zuͤngler, ſondern gar einen Viel-Zuͤngler abzugeben.

§. 7.

Dem Zweck aber naͤher zu treten, ſo die - net zur Nachricht, daß in denen von uns entlegen - ſten Zeiten, beſtaͤndig gebraͤuchlich geweſen, daß einer der da publiquement mit einem Frembden reden wollen oder ſollen, ſich bey der Audientz und Conferentz, ſeiner Mutter-Sprache bedienet, deran -343Hoff-Ceremoniel. andere aber, welcher darauf hat Antwort geben ſollen oder wollen, ſich ebenfalls der Sprache be - dienet, welche in ſeinem Vaterlande uͤblich; wenn aber zu beſorgen ſtunde: daß dieſe zwey, (wie et - wan die Bau-Leute bey dem Thurm zu Babel) einander nicht verſtuͤnden, hat man einen Dol - metſcher, welcher beyder Sprachen kuͤndig, em - ploiret, der was einer oder der andere geredet, re - ciproce erklaͤret, und ſo zu reden, beyden das Ver - ſtaͤndnuͤß unverſtaͤndlicher Worte eroͤffnet hat.

§. 8.

Solche Gewohnheit iſt auch noch heute zu Tage, an vielen Hoͤfen bey gegebener Audientz braͤuchlich: daß nemlich derjenige welcher ſendet, meiſtens in derſelben Sprache welche in ſeinem Lande geredet wird, den Vortrag thun laͤſſet; der Souverain aber, an welchen ſolche Geſandtſchafft gelanget, in ſeiner Landes-Sprache entweder ſelbſt antwortet, oder durch einen Miniſter ant - worten laͤſſet; und daferne ſo wohl der Souverain als auch der Geſandte beyde Sprachen verſtehen, ſo hat es alsdenn keines Interpretis von noͤthen: wo nicht, ſo laͤſſet man durch ſelbigen die Erklaͤ - rung thun.

§. 9.

Bey denen Friedens-Congreſſen aber, auf welchen vielmahl Perſonen aus gar vielerley Nationen und Zungen concurriren, welchen theils nur einige auswertige, theils auch nur allein ihre Mutter-Sprache bekandt; gehet es gar an - ders als bey denen Audientzen her. Und entſtehetY 4viel -344Europaͤiſchesvielmahl groſſe Verwirrung und Unvernehmen, bloß und allein aus der Sprache; weil mancher, ob er gleich in einer andern Sprache reden koͤnte, dennoch ſich deſſen weigert, und ſich ſtellet, als ob er auſſer ſeiner Mutter-Sprache keine andere ge - lernet: ja lieber die Schande, daß er frembde Sprachen nicht verſtehe, ſich zuziehen, als etwan durch Gebrauch ſeiner in vielen Sprachen geuͤb - ten Zunge, ſeinem Principal einiges Nachtheil in der Prærogativa, und ſich Verantwortung zuzie - hen will.

§. 10.

Dazumahlen als die Etats-Affaires und Geſandtſchafften, nur bloß und alleine denen Geiſtlichen, oder andern Perſonen welche Profeſ - ſion von der Gelehrſamkeit gemacht, anvertrauet wurden; war die Lateiniſche Sprache der com - munis Interpres in dergleichen Handlungen, ſonderlich zwiſchen Chriſtlichen der Catholiſchen oder Lateiniſchen Kirchen zugethanen Potenta - ten; als man aber nachgehends auf Perſonen von Geſchlechte, guter Conduite, Naturel und Mutterwitz, und die an den Hoͤfen erzogen wor - den, mehr als auf Gelehrte ex profeſſo reflecti - ret: und jene dieſen in dergleichen Negotiis vorge - zogen; iſt das liebe und mit vielen Schweiß und Muͤhe erlernete Latein in publiquen Affairen ſehr in Decadence kommen, und haben die mehr in den Hoͤfen als in den Schulen erzogene und ge - lehrt wordene, anbey wohl gereiſete Miniſtri, ihreCon -345Hoff-Ceremoniel. Conferentien in einer ſolchen Sprache gehal - ten, welche ſie verſtanden, und in welcher es ihnen leichte gefallen, ſich deutlich zu expliciren. Gleich - wohl aber hat dennoch die Lateiniſche Sprache, noch immer fuͤr allen andern die Prærogativ er - halten: daß man die zwiſchen Deutſchen, Jtalie - nern, Spaniern, Frantzoſen, Engellaͤndern, Schweden, Daͤhnen, Pohlen ꝛc. gemachte Ver - traͤge und Inſtrumenta publica, in Lateiniſcher Sprache verfaſſet, ob gleich etwan die vorherge - henden Unterhandlungen in anderer Sprache vorgenommen worden.

§. 11.

Es gehet nun aber mit der Prærogativa der Sprache nicht anders her, als mit dem uͤbri - gen Vorzuge, welchen ein Potentate fuͤr dem an - dern zu behaupten trachtet. Denn einige Souve - rains nehmen es ſehr genau, und wollen weder in denen Vortraͤgen welche ſie thun, noch in denen Briefen welche ſie ſchreiben laſſen, ſich einiger an - dern Sprache, auſſer der, welche von dem Lande, welches ſie beherrſchen den Nahmen fuͤhret, be - dienen; wie deñ bekandt, daß Kayſer Fridericus I. oder Barbaroſſa, als er mit dem Pabſt Alexan - dro III. in Venedig zuſammen kommen, mit dem Pabſt durch aus nicht lateiniſch reden wolte: ob er gleich in gemeldter Sprache wohl erfahren war; ſondern er hielt der Deutſchen Nation zu Ehren, ſeine Rede auch in Deutſch: und muſte der Chur - fuͤrſt zu Mayntz einen Dolmetſcher des KayſersY 5und346Europaͤiſchesund des Pabſtes abgeben. Chron. Spirenſ. p. m. 507.

§. 12.

Was das Roͤm. Deutſche Reich an - betrifft, ſo iſt den Hiſtoricis nicht unwiſſende, daß fuͤr und umb die Zeiten Caroli Magni, man in Deutſchland die Acta publica guten Theils noch in Griechifcher Sprache abgefaſſet; weil ſelbige damahlen die Sprache der Gelehrten, und von der zu Marſeille etablirten Griechiſchen Schule, durch die Studioſos auch nach Deutſchland ge - bracht und introduciret worden war; es iſt aber nachgehends die Lateiniſche der Griechiſchen voꝛge - zogen, in negotiis publicis gebrauchet, und von der Griechiſchen das Axioma erfuͤllet worden: Græca ſunt, neque legi neque intelligi de - bent. Denn ob gleich der Gebrauch der Deut - ſchen Sprache, was das Reden anbelanget, all - bereits zu den Zeiten Caroli Magni in Schwang kommen: man auch behaupten will, daß dieſer Kayſer eine Deutſche Grammaticam ver - fertiget, und den Monathen Deutſche Nahmen gegeben; ſo findet man doch fuͤr den Zeiten Fride - rici II. keine Conſtitution, welche in Deutſcher Sprache waͤre promulgiret worden: maſſen die allererſte nicht eher als An. 1236. zum Vorſchein kommen. Rudolphus I. aber ſoll der erſte Kayſer geweſen ſeyn, welcher anbefohlen die Reichs-Ge - ſchaͤffte in Deutſcher Sprache zu verfaſſen.

§. 13. Aus347Hoff-Ceremoniel.

§. 13.

Aus der guͤldenen Bulla Caroli IV. cap. 30. §. 2., welche An. 1356. zu Nuͤrnberg verfertiget worden, iſt zu erſehen: welcher geſtalt man der vier weltlichen Churfuͤrſten, nemlich des Koͤniges von Boͤhmen, des Pfaltz-Graffens beym Rhein, des Hertzogs von Sachſen, und des Marggraffens zu Brandenburg, Soͤhne, Erben und Nachfolger, obligiret, ſich nebſt ihrer Deut - ſchen Mutter-Sprache, auch in der Grammatica (wodurch ſonder Zweifel die Lateiniſche Sprache verſtanden wird) Jtaliaͤniſchen und Sclavoni - ſchen inſtruiren zu laſſen, dergeſtalt: daß ſie noch fuͤr dem vierzehenden Jahre in gemeldten Spra - chen pefectioniret wuͤrden. Woraus gar deut - lich abzunehmen, daß man der Lateiniſchen den Vorzug fuͤr den andern zugeeignet, maſſen denn die guͤldene Bulla ſelbſt in dieſer Sprache verfer - tiget worden; die Jtaliaͤniſche aber deswegen er - lernet werden muͤſſen, weil die Lombardie, als der groͤſte Theil Jtaliens, zu dem Roͤmi - ſchen Reiche gehoͤrig, auch der Churfuͤrſt von Coͤln uͤber ſolches Reich Cantzler geweſen, und ſonder Zweifel ein beſonderes Archiv dieſes Reichs wird gehabt haben. Die Sclavoniſche Sprache aber hielte man deswegen fuͤr die Chur - fuͤrſten und derer Printzen noͤthig, weil ſelbige eine der ſo genenneten lingvarum cardinalium, die damahlige Hof-Sprache, (ſo wie heut zu Tage die Frantzoͤſiſche) und im Koͤnigreich und reſpe -ctive348Europaͤiſchesctive Churfuͤrſtenthumb Boͤhmen uͤblich war. Warumb man aber die Churfuͤrſtlichen Kinder nicht auch angewieſen die Frantzoͤſiſche Sprache zu erlernen, koͤnte vielleicht einem bedencklich fal - len; weil doch bekandt, daß noch zu denen Zeiten als die guͤldene Bulla verfertiget worden, ein groſ - ſer Theil Gallien dem Roͤm. Reich unterwuͤrffig geweſen, und der Churfuͤrſt von Trier das hohe Amt eines Cantzlers uͤber Gallien und das Re - gnum Arelatenſe verwaltet, wozu Provence Dauphine, la Breſſe, Savoyen, und das meiſte was zwiſchen Jtalien und der Rhone lieget, gerech - net worden. Es ſind aber, meinem Erachten nach zweyerley Urſachen, daß man damahlen dem Chur-Printzen, die heut zu Tage ſo gelaͤufige, und in gantz Europa gebraͤuchliche Frantzoͤſiſche Sprache zu lernen, nicht injungiret.

  • 1. Weil zu den Zeiten der guͤldenen Bulla, die Gallier ſelbſt in ihren publiquen Verrich - tungen und Schrifften, nicht ihre Land - Sprache, ſondern die Lateiniſche gebrau - chet: welche bey ihnen auch biß An. 1539. in uſu geblieben, zu welcher Zeit Fran - ciſcus I. durch ein Edict befohlen, daß alle Acta publica in der Frantzoͤſiſchen Sprache abgefaſſet werden ſolten.
  • 2. Weil man in der A. B. durch das Wort Gallien nicht gantz Franckreich, ſondern nur Galliam Belgicam, welches ein StrichLan -349Hoff-Ceremoniel. Landes umb die Seine war, und einen guten Theil Landes von denen Niederlanden in ſich beſchloß, verſtanden: auch Carolus IV. ſelbſt, das Reich von Arelat zu Ville neu - ve (Avignon gleich uͤber gelegen,) dem Koͤnige in Franckreich cedirete. Dieſe ge - melte drey Sprachen nur zu wiſſen, hielte man denen Chur-Printzen fuͤr hoͤchſt noͤ - thig, welches die eigentliche und Authenti - ſche Worte gemeldter guͤldenen Bullæ cap. 30. §. 2. zur Genuͤge darthun, und alſo lau - ten: Cum illud non ſolum utile, im - mo ex cauſis præmisſis ſumme neceſſa - rium habeatur: eo quod illæ lingvæ, ut plurimum ad uſum & neceſſitatem S. Imperii frequentari ſint ſolitæ, & in his plus ardua ipſius Imperii nego - tia ventilentur.

§. 14.

Heut zu Tage, iſt durch den 43. Ar - ticul Capitulat. Leopold I. durch den 42. Ar - ticul Capitulat. Joſeph. I. und durch den 23. Ar - ticul des heut zu Tage allergroßmaͤchtigſten und allergluͤcklichſt regierenden Kayſers Caroli des VI. verſehen: daß in Schrifften und Handlun - gen des Reiches (an dem Kayſerl. Hofe) keine an - dere Zunge noch Sprache gebrauchet werden ſolte, als die Deutſche u. Lateiniſche: es waͤre deñ an Or - ten auſſerhalb des Reiches, da gemeiniglich eine andere Sprache in Ubung waͤre, und im Ge -brauch350Europaͤiſchesbrauch ſtuͤnde: jedoch in alle Wege an unſern Reiches-Hof-Rath der Deutſchen und Lateini - ſchen Sprache unabbruͤchig. Woraus flieſſet, daß zwar intra fines imperii in publicis nego - tiis, auſſer dem Deutſchen und Lateiniſchen keine andere Sprache ſolle gebrauchet werden; jedoch iſt krafft dieſes angefuͤhreten Paragraphi nicht verbothen, ſondern vielmehr expreſſe zugelaſſen, in Orten auſſerhalb des Reiches in derjenigen Sprache zu negotiren, welche in dem loco ne - gotiationis uͤblich: ſo daß man es nunmehro der Deutſchen Nation nicht mehr fuͤr præjudicir - lich achten kan, wenn ſelbige in Spaniſcher, Fran - tzoͤſiſcher, Jtaliaͤniſcher, Engliſcher Sprache ꝛc. einige Friedens - oder andere Handlungen ab - faſſete.

§. 15.

Dieſem aber ungeachtet, ſo haben den - noch ſo wohl die Deutſchen Kayſer, als das Deutſche Reich, wenn es mit auswaͤrtigen Po - tentien zu thun gehabt, welche der Deutſchen Sprache nicht kuͤndig: ſich lieber mit dem Latein behelffen, als einer andern Sprache bedienen wollen: dergleichen andere Potentaten, und derer Miniſtri auch gethan; weil man dafuͤr haͤlt, daß dieſe Sprache keinem Theil præjudicire, weil kein Potentate mehr in der Welt zu finden, der in ſei - nem Lande dieſe Sprache als patriam lingvam gebrauche. Noch auf dem zu Muͤnſter und - nabruͤg geſchloſſenen Frieden, wurden nicht alleindie351Hoff-Ceremoniel. die eingegebene Schrifften, ſondern auch ſo gar die meiſten Conferentien Lateiniſch gehalten: und als die Schweden, Anno 1673. den Hollaͤndern ihre Mediation anbothen, wolten die Geſandten dieſer Crone, Spaar und Ehren - ſtein, ihre muͤndliche Propoſition zwar durchaus in keiner andern als ihrer Schwediſchen Sprache thun; ihre Schrifften aber uͤbergaben ſie dennoch in Lateiniſcher Sprache. Jn denen auf den Weſtphaͤliſchen folgenden Friedens-Schluͤſſen, hat man ſich wohl auch noch meiſtens des Lateins bedienet, oder doch zu bedienen getrachtet; allein es iſt die Frantzoͤſiſche Sprache in denen Confe - rentien dermaſſen eingeſchlichen und uͤblich wor - den, daß man ſonderlich in dem Rißwigiſchen Frieden faſt keine andere Sprache reden hoͤren, als nur die Frantzoͤſiſche: dawieder ſich zwar die Deutſchen, Spanier, und andere opponiret, aber wie in gehoͤrigem Orte gemeldet werden ſoll, nicht viel erhalten.

§. 16.

Es iſt demnach die Frantzoͤſiſche Spra - che heut zu Tage, gleichwie die Frantzoͤſiſche Macht und Mode allen andern prædominans, und faſt, wie ehemahlen das Latein, lingva uni - verſalis worden. Denn ob gleich Paͤbſtl. Heilig - keit als Caput Latinæ Eccleſiæ, nicht leichtlich in einer anderen als der Lateiniſchen dero Inſtru - menta publica zu verfaſſen, ſelbige auch bey Un - terredungen, welche en public geſchehen, zu ge -brau -352Europaͤiſcheschen pfleget; ingleichen Spanien in ſeinen Ne - gotiis mit auswertigen nicht gerne in einem an - dern Idiomate als dem Spaniſchen reden und handeln will; (worinnen es aber gleichwohl auf dem Muͤnſteriſchen Frieden was nachgelaſſen, und mit Beyſeitſetzung der Spanſchen, ſich zu der Frantzoͤſiſchen Sprache accommodiret; denn nachdem die Spaniſchen Plenipotentiarii auf die funffzig von den Mediatoribus verfertigte Articul, ihre Antwort im Spaniſchen eingegeben hatten; weigerte ſich der Duc de Longueville ſolche Spaniſche Antwort anzunehmen: ſo daß ſich die Spanier genoͤthiget fanden, ſich in der Frantzoͤſiſchen Sprache daruͤber zu expliciren.) So ſind doch hingegen andeꝛe hieriñen auf die An - wehrung und den Gebrauch ihrer Landes-Spra - che nicht eben ſo verpicht, ſondern accommodi - ren ſich der Lateiniſchen, oder vielmehr Frantzoͤſi - ſchen: wie denn Engelland, als welches ohne dem den Titul von Franckreich fuͤhret, gar leichtlich zu - giebet, daß man bey Audientzen und publiquen Conferentien, diejenige Sprache rede, an wel - cher es, gleichwie an Franckreich ſelbſt, mit Theil zu haben meinet. Savoyen, Holland, Pohlen und einige andere thun ein gleiches, im fall man das Latein nicht reden oder anwenden will oder kan.

§. 17.

Es ſcheinen aber dreyerley Dinge Ur - ſache zu ſeyn, daß man weder das Latein, nocheine353Hoff-Ceremoniel. eine andere der Europaͤiſchen Sprachen, ſondern nur die Frantzoͤſiſche allein in publiquen Nego - tiis und Conferentien zu gebrauchen pfleget.

  • 1. Weil das Latein bey einem halben Seculo her und daruͤber, nicht nur aus den meiſten Hoͤfen der Souverainen exterminiret, und an deſſen Stelle das Frantzoͤſiſche, Jtaliaͤni - ſche oder auch Spaniſche introduciret: das von den Hoff-Leuten in der Jugend erler - nete Latein dadurch vergeſſen, und man - chen ſchwer worden, ſich hernach in die - ſer Sprache deutlich gnug zu explici - ren. Ja man hat ſelbiges ſo gar auf eini - gen hohen Schulen andern Sprachen nachgeſetzt, und die Erudition und doctri - nam der Jugend lieber, (wiewohl auch mit gutem Succeß) in derjenigen Sprache bey - gebracht, welche in dem Lande uͤblich; wie man denn weiß, daß in Franckreich nicht nur die Lectiones, ſondern auch meiſtens die Diſputationes im Frantzoͤſiſchen: in En - gelland in Engliſcher, in Jtalien in Jtaliaͤ - niſcher, und auf einigen Deutſchen Univer - ſitaͤten theils in Deutſcher, theis in Fran - tzoͤſiſcher Sprache gehalten werden; und haben es auswertige Nationen uns Deut - ſchen ehemahlen fuͤr einen groſſen Jrrthum und Unverſtand ausgedeutet, daß man ſich ſo gar an das Latein binden, und die ſtudi -Zrende354Europaͤiſchesrende Jugend dadurch plagen, guten theils in einiger Ignorantz laſſen, und ihnen die Secreta Eruditionis durch eine nicht gungſam von ihnen excolirte Sprache, noch magis ſecreta machen wollen. Zum Nachtheil und Verachtung der Latei - niſchen Sprache hat noch mehr geholffen, daß man heute zu Tage nicht nur die beſten Buͤcher in dem Deutſchen, Frantzoͤſiſchen, Jtaliaͤniſchen geſchrieben findet; ſondern auch diejenigen, welche vormahlen nur bloß und allein Lateiniſch verfaſſet waren, in das Deutſche oder Frantzoͤſiſche uͤberſetzet: die alten Lateiniſchen Autores mit guten notis erklaͤret und vermehret, und dadurch Anlaß gegeben, daß die Lateiniſche Scripta nicht mehr ſonderlich geſuchet worden; ſo daß die Lateiniſche Sprache nur in die niedrigen Schulen verwieſen und in ſelbigen bey Au - toritaͤt erhalten worden.
  • 2. Jſt die Schreib-Art der Lateiniſchen Spra - che unter allen Nationen zwar einerley, und kan ein Deutſcher gar wohl verſtehen, was ein Frantzoſe, Engellaͤnder, Jtaliaͤner, Pohle ꝛc. in ſelbiger verfertiget und ſchrei - bet, & vice verſa. Wenn aber ge - meldte Nationen zuſammen treten, und mit einander Lateiniſch conferiren ſollen, ſo will es ſchwer hergehen, daß ein Deutſcherein355Hoff-Ceremoniel. einen Lateiniſch redenden Frantzoſen, Jtaliaͤ - ner oder Engellaͤnder, verſtehen koͤnne; ſonderlich aber haben die hier letzt gemeld - ten eine ſo ſehr auf das Griechiſche einge - richtete Pronunciation, daß man faſt aus dem Context und der Connexion, was ſie reden und meinen, nur errathen, als deutlich die Worte verſtehen kan: ſo daß die Collo - quia und reſpective Conferentien ge - meldter Nationen im Latein, ſehr obſcur und unverſtaͤndlich bleiben: und bloß und allein wegen ſo differenter Art zu pro - nunciren, dieſe Sprache als communis interpres nicht mehr wohl emploiret wer - den kan. Da nun der vorherige Interpres communis oder das Latein, nachgehends wie erſt gemeldet, nicht nur ſo veraͤchtlich, ſondern auch ſo unverſtaͤndlich gemacht worden; ſo hat es nicht fehlen koͤnnen, daß eine andere Sprache an deſſen Selle ruͤ - cken, und quaſi univerſalis werden muͤſſen. Weil man aber in keiner Sprache mehr Gunſt und Lieblichkeit gefunden, als in der Frantzoͤſiſchen; ſo iſt es
  • 3. Der Frantzoͤſiſchen gelungen, daß ſelbige nunmehro weiter geredet und gebrauchet wird, als der Frantzoͤſiſche Koͤnig nicht herr - ſchet: daran aber nicht dieſer Souve -Z 2rain356Europaͤiſchesrain ſo ſehr als andere Nationen ſelber Schuld.

a) Weil die Deutſche, Spaniſche, Engel - laͤndiſche, Schwediſche, Daͤniſche, Pohlniſche, Moſcowitiſche ꝛc. Sprachen ſich nicht viel wei - ter erſtrecken, und geredet werden, als in den Rei - chen, darinnen ſie das Buͤrger-Recht beſitzen: auſ - ſer ihrem Vaterlande aber wenig, was ſonderlich das Reden betrifft, gebraͤuchlich, und der Jugend nicht beygebracht werden; dahingegen faſt kein Hoff, Univerſitaͤt, Ritter-Academie, und Tri - vial-Schule zu finden, an welchen man nicht Pro - feſſores, Lectores, oder Sprach-Meiſter, theils ſalariret, theils toleriret, der Jugend, ſonderlich der Adelichen, und welche den Hoff zu frequen - tiren geſonnen, die Frantzoͤſiſche und Jtaliaͤniſche Sprache beyzubringen: dergleichen Gluͤcke das Latein nicht allerwegen, wenigſtens nicht mit ſo guten Profit der Lehrenden hat.

b) Jſt das viele Reiſen der jungen Cavalliers nach Franckreich eine nicht geringe Urſache, daß die Frantzoͤſiſche Sprache allen Nationen ſo fa - miliair worden. Denn weil man keinen fuͤr voll - kommen achtet, welcher nicht eine Zeit ſeine Exer - citia und Sprachen in Franckreich getrieben und erlernet, haͤtte er auch gleich ſonſten auſſer Franck - reich die gantze Welt durchwandert; ſo iſt es faſt ein malum neceſſarium worden, in benentes Koͤnigreich auf eine Zeit zu gehen, von dannenman357Hoff-Ceremoniel. man doch nicht leichtlich wieder zuruͤcke zu kehren pfleget, ohne daß man die Sprache deſſelben Lan - des erlernet, oder doch wenigſtens groſſen Appe - tit zu ſelbiger bekommen: welchen Appetit jungen Leuten die Converſation mit dem Frauen-Zim - mer, die Galanterie-Buͤcher, Opera, Muſic und Commoͤdien zu verurſachen pflegen. Und da der Confluxus auswertiger Nationen in Franckreich manchmahl dermaſſen groß worden, daß man nur alleine in Pariß biß 10000. Etrangers von Deut - ſchen, Schweden, Daͤhnen, Pohlen (denn dieſes ſind die ordinarien Voyageurs) auf einmahl ge - zehlet; ſo iſt kein Zweiffel, es werden unter dieſer Anzahl wenigſtens etwan 100. geweſen ſeyn, welche Hoffnung, und auch endlich ſelbſt das Gluͤcke gehabt, in den Hoͤfen ihrer Souverains, und zu kuͤnfftigen. Negotiis mit auswertigen Potentien emploiret zu werden: welches wenn es ſo dann erfolget, auch zugleich dieſes mit erfol - get, daß ſie in Frantzoͤſiſcher Sprache, ihre nego - tiationes lieber als in einer andern verrichten wollen.

c) Haben die aus Franckreich von dem itzigen Koͤnige vertriebene Hugenotten, welche ſich in andern Europaͤiſchen Koͤnigreichen und Landen, ſonderlich aber in Engelland, Holland, Daͤnne - marck, und einigen Chur - und Fuͤrſtenthuͤmern des Roͤm. Reichs haͤußlich niedergelaſſen, die Fran - tzoͤſiſche Sprache vortrefflich in Auffnehmen ge -Z 3bracht;358Europaͤiſchesbracht; und iſt es kein Zweiffel, daß wo die Be - ſitzung des Koͤnigreichs Spanien, auf dem Duc d Anjou und deſſen Deſcendenten hafften blei - ben: Pohlen aber etwan ins kuͤnfftige wiederum bey einer Wahl Reflexion auf einen Franßoͤſi - ſchen Printzen machen ſolte; in dieſen beyden Koͤ - nigreichen die Frantzoͤſiſche Sprache, (in welchem letzteren ſelbige ohne deme ſchon ſehr gemein, in je - nem und dieſem aber allbereit die heutige Hoff - Sprache worden) mit der Zeit wohl etwan gar die taͤgliche Mutter-Sprache werden koͤnte. Wem daran gelegen, von der Prærogativa der Sprachen etwas mehrers zu wiſſen, als hier nicht hat geſaget werden koͤnnen, wird in denen Scri - ptis, welche Beckmannus und Fritſchius de Ju - re Idiomatis heraus gegeben, gnugſamen Unter - richt finden; wiewohl auch in folgenden Capituln, in welchen die combats de la ceremonie der fuͤnff letzteren Friedens-Schluͤſſe, ſollen repræ - ſentiret werden, der begierige Leſer etwas mehre - res von dieſer Materie zu ſehen haben wird.

Sechſtes Capitel. Von dem Streit, welcher wegen des Ceremoniels auf dem Weſtphaͤli - ſchen Frieden entſtanden.

§. 1.

Gleichwie man in der Hiſtorie ſchwer - lich nach einander Exempel einer dergleichen groſ -ſen,359Hoff-Ceremoniel. ſen, vornehmen, und illuſtren Aſſemblé, auſſer derjenigen welche zu Oßnabruͤg und Muͤnſter ge - halten worden, finden wird; alſo iſt auch niemah - len das Ceremonien-Werck ſo hoch pousſiret und in Conteſtation geſetzet worden, als eben an die - ſen itzt gemeldeten Oertern: ſo daß es hoͤchſt zube - ſorgen geſtanden, es wuͤrde, wenn gleich alles an - dere, welches dem Frieden hinderlich ſchiene, moͤchte abgethan werden koͤnnen, dennoch das Ceremoniel bloß und alleine den gewuͤnſchten Effect, dieſes angeſtelten Congreſſes, und der dabey noͤthigen Conferentien hemmen, oder wohl gar fruchtloß machen; wie denn ein damah - liger groſſer Miniſter, welcher die Umbſtaͤnde des Ceremonien-Werckes und Streits, und den dar - aus zu erwartenden Effect gruͤndlich betrachtete, ſich nicht entbrechen kunte gegen einige ſeiner Freunde zu ſagen: daß gleich wie die Apoſtel kurtz fuͤr dem Leiden und Sterben des Heilandes, nach Bericht des Evangeliſten Lucæ. cap. 22. v. 24. ſq. einen Zanck unter ſich erhoben, welcher unter ih - nen fuͤr den groͤſten ſolte gehalten werden; alſo be - ſorge er auch, es moͤchte der harte Competentz - Streit, auf dem zu Muͤnſter und Oßnabruͤg an - gefangenen Friedens-Congreß, wohl auch et - wan ein præludium des kurtz darauf zu folgenden Ruins von Deutſchland ſeyn; maſſen es gar leicht geſchehen koͤnne, daß wenn keiner den andern zu - vorgehen laſſen wolle, einige von dar wieder zu -Z 4ruͤcke360Europaͤiſchesruͤcke gehen, das Friedens-Negotium Krebs - gaͤngich werden, und ein funeſter Krieg darauf erfolgen wuͤrde: in welchem die Chriſten einander noch ferner, ſo wie in dem dreyßigjaͤhrigen Kriege bereits geſchehen, ſans ceremonie tod ſchlagen wuͤrden.

§. 2.

Es hat aber, ſo viel als mir wiſſend, die - ſen zu Muͤnſter und Oßnabruͤg entſtandenen Ce - remonien-Streit, niemand accurater und voll - ſtaͤndiger beſchrieben, als Vittorio Siri, der be - ruͤhmte Hiſtoricus des Koͤniges in Franckreich. Weil aber dieſer Autor gar ſehr rar und theuer, und in privat-Bibliothequen gar ſelten zu finden; ſo hat man theils aus ſelbigem, theils aus dem Vi - queforth, einen kurtzen Extract ziehen wollen. Wenn ſich aber der begierige Leſer mit ſelbigen nicht vergnuͤgen ſolte, ſondern noch ein mehreres zu wiſſen verlangete, wird er ſeine Curioſitaͤt durch Leſung gemeldter zweyen Autorum ſattſam ſtillen koͤnnen.

§. 3.

Der erſte und zugleich auch hoͤchſte Ce - remonien-Streit, entſtunde zwiſchen zweyen Po - tentien, welche in vorhergehenden Kriege mit ein - ander gute Freunde geweſen, beyſammen geſtan - den, und faſt einerley Intereſſe und Abſicht gehabt hatten; nemlich dem Koͤnige in Franckreich, und der Koͤnigin Chriſtina in Schweden, und zwar uͤber die Prærogative oder Primauté en gene - ral. Denn als die Schweden merckten, daßFranck -361Hoff-Ceremoniel. Franckreich die Præcedentz vor ihnen abſolut haben wolte, erklaͤreten ſie ſich hautement, daß ſie denen Fantzoſen im geringſten nicht wei - chen wuͤrden, ſagende: Daß ob gleich Franck - reich Schweden an Force uͤberlegen, ſo beſaͤſſe doch dieſes eben dieſelbige dignité, und zwar in einem eben ſo hohen degré, als jenes; und weil ſie alſo Majeſtate und independentia pares, ſo koͤnte auch keines von dem andern den minderſten Vorzug prætendiren, inter æquales enim non daretur magis aut minus. Die Conteſtatio - nes waren von beyden Theilen dermaſſen hitzig und hartnaͤckich, daß man kein Mittel mehr ſahe ſelbige zu moderiren, auſſer dem eintzigen: daß man dieſe zwey in dem Kriege beyſammen geſtan - dene, bey nunmehro zu erfolgendem Frieden aber uͤber dem bloſſen Ceremoniel mit einander verfal - lende ſeparirte, und die Frantzoſen in Muͤnſter, die Schweden aber in Oßnabruͤg ihren ſejour zu nehmen anwieſe: welches Expediens zwar von beyden Theilen beliebet und angenommen, aber dem gantzen Ceremonien-Werck dadurch noch kein ſicheres und unſtreitiges Reglement gege - ben wurde: weil nicht zugleich abgeredet worden war, wer unter dieſen beyden dem andern die Vi - ſite d honneur abſtatten ſolte.

§. 4.

Es iſt zwar von Ablegung der Viſiten, welche die Ambaſſadeurs und reſpective En - voyés abzuſtatten pflegen, ſchon in dem III. TheilZ 5die -362Europaͤiſchesdieſes Wercks cap. V. num. 4. & 5. etwas und ſo viel als dahin gehoͤrig geweſen, nemlich von der Anſage, dem Aufzuge, und Empfang gemel - det worden: Hier aber iſt noch beyzufuͤgen,

  • 1. Welcher unter denen Miniſtern dem andern die erſtere abzuſtatten ſchuldig,
  • 2. Welchem hernach die erſte Reviſite wieder - umb zu geben,
  • 3. Ob die deswegen eingefuͤhrte Gewohnheit, zu Oßnabruͤg obſerviret worden, oder nicht?

§. 5.

Den erſten Punct anlangende, ſo iſt conſvetudine und tacito conſenſu zu einer faſt allgemeinen Regul worden: Daß der in ei - nem Orte (es ſey an einem Hoffe, oder bey Frie - dens-Conferentien) zu erſt angekommene Miniſter, dem letzt ankommenden (jedoch cæteris paribus, wenn dieſer nemlich ſeine An - kunfſt melden laſſen, und beyde einander an Cha - ractere gleich ſind, vid. Part. 3. c. 8. §. 5.) die er - ſte Viſite abzuſtatten hat. Durch eine an - dere hergebrachte conſvetudinem contrariam aber, leidet dieſe Regul einige Exception, welche doch gleichwohl regulam in caſibus non exce - ptis deſto mehr confirmiret. Und dieſe Exception beſtehet darinnen, daß

  • 1. Zu Rom die Ambaſſadeurs der gekroͤnten Haͤupter in Poſſesſion ſind, daß andererJta -363Hoff-Ceremoniel. Jtaliaͤniſcher Fuͤrſten Miniſtri, ſie moͤgen nun eher oder ſpaͤter als jene in Rom an - kommen ſeyn oder nicht, dennoch ohne Un - terſcheid dieſe jenen die erſte Viſite abſtat - ten muͤſſen.
  • 2. Die Miniſter des Allerdurchlaͤuchtigſten Ertz-Hertzoglichen Hauſes von Oeſterreich, welches in zwey Linien, die Oeſterreichiſche, oder Kayſerliche in ſpecie, und die Hiſpa - niſche zertheilet geweſen, ſich ſtets unterein - ander die erſte Viſite zu geben pflegen, der - geſtalt: daß wenn zum Exempel ein Kayſer - licher Miniſter an einem Orte etwan ſchon gegenwaͤrtig geweſen, und hernach ein Spaniſcher ankommen, ſo haben dieſe zwey einander allemahl zu erſt die Viſite und Re - viſite reciproquement fuͤr allen andern, auch ſo gar die Nuntios Apoſtolicos aus - geſchloſſen, gegeben: welche Gewohnheit ſchon gar alt und gebraͤuchlich, auch weder fuͤr noch nach dem Weſtphaͤliſchen Frieden in keiner Begebenheit negligiret worden; es waͤre denn, daß zu unſern Zeiten, nach - dem die Spaniſche Linie in Carolo II. An. 1700. ausgegangen, dißfalls zwiſchen Oe - ſterreich und Spanien ein ander Ceremo - niel eingefuͤhret wuͤrde, welches auch wohl vermuthlich geſchehen duͤrffte. Denn weil dieſe beſondere Gewohnheit nichts anderszu364Europaͤiſcheszu ihrem Grunde, als das Jus Sangvinis und den reſpectum unius Familiæ ge - habt; ſo wuͤrde, wenn etwan ein Printz, welcher dem Allerdurchlaͤuchtigſtem Ertz - Hertzoglichen Hauſe nicht auf ſolche Weiſe, als Carolus II. und deſſen allerglorieuſeſte Aſcendenten geweſen, verwandt, den Spa - niſchen Thron behaupten ſolte, dieſes Recht der erſteren Viſite wohl geaͤndert werden.

§. 6.

Den andern Punct oder die Reviſite betreffende, ſo iſt es abermahl zu einer Gewohn - heit und Regul worden: Daß man denjeni - gen, welcher ſich ſeine Viſite abzuſtatten zu erſt melden laͤſſet, nicht nur zu erſt vor - laſſen, ſondern ihme auch die Reviſite wie - derumb am erſten geben ſolle. Es wuͤrde viel Streit verhuͤtet werden, wenn dieſes ſonſt in ſich ſelbſt billige Axioma ſonder Exception ob - ſerviret wuͤrde; allein es giebet einige Miniſter, welche prætendiren, daß man ihnen die Reviſite, wegen Præeminentz ihrer Herren Principalen, eher abſtatten ſolle als einem andern, deſſen Her - ren ſie dem ihrigen etwan nicht gleich achten wol - len: ungeachtet der Miniſter des etwan minderen Potentaten die erſte Viſite eher abgeſtattet habe als ſie. Das beſte iſt, daß es noch gar wenigen gelungen, die erſte Reviſite bloß wegen der Præ - eminentz ihrer Herren Principalen zu bekommen. Deñ es ſind doch die meiſten Miniſter daruͤber in -ſtrui -365Hoff-Ceremoniel. ſtruiret, von der vorſtehenden Regul ohne hoͤchſt - dringende Urſache nicht abzuſchreiten: dieſem aber ungeachtet, weiß dennoch mancher habile Mini - ſtre das Prævenire zu ſpielen, und einem andern das Vortheil auch ſo gar per ambages abzu - lauffen, welches ſo dann fuͤr einen coup d etat pasſiren kan.

§. 7.

Der dritte, dieſem Capitul gantz eigen zugehoͤrige Punct, was es nemlich zu Muͤnſter, oder Oßnabruͤg fuͤr Conteſtation wegen der Ce - remonien der Viſiten und Reviſiten gegeben, be - ſtund in folgenden:

  • 1. Nachdem, wie im 3. §. ſchon gemeldet wor - den, die Frantzoſen und Schweden ſich in zwey ſeparirte Staͤdte, jene in Muͤnſter, dieſe in Oßnabruͤg einlogiret, ſo kunte die Regul: Daß der letzt ankommende von dem zu erſt angekommenen ſolte beſuchet werden, nicht wohl ſtatt finden, und fuͤr eine Regel gelten: maſſen man nicht ſagen kunte, welcher unter beyden Theilen der erſt oder letzt angekommene geweſen ſey; nicht deswegen, daß man nicht etwan ge - wuſt haben ſolte, ob die Frantzoͤſiſchen Ple - nipotentiarii eher oder ſpaͤter zu Muͤnſter als die Schwediſchenvice verſa zu Oßna - bruͤg ankommen waͤren, denn dieſes eher oder ſpaͤtere ankommen war mehr als zu be - kandt; ſondern weil ſie beyde in zweyen rati -one366Europaͤiſchesone ſitus & Jurisdictionis differenten Staͤdten ankamen, und zwaꝛ deswegen, weil ſie zu Verhuͤtung groͤſſern Competentz - Steits, nicht beyſammen ſeyn wolten: ſo kunte man ja nicht eigentlich ſagen, welcher unter ihnen der erſt oder letzt Ankommende ſeyn muͤſſe. Denn dieſes prius & poſterius muß eigentlich nur de eodem tempore & eodem loco ſeinen Unterſcheid gewinnen. Dieſes iſt wohl bekandt und gewiß, daß ex - preß abgeredet und bedungen worden war, daß die Conferentien welche ſeparatim zu Muͤnſter, und diejenigen welche ſeparatim zu Oßnabruͤg wuͤrden gehalten und ge - ſchloſſen werden, von beyden Theilen nicht anders angeſehen werden ſolten, als waͤren ſie an einem und eben denſelben Orte zu Stande kommen: und daß der Muͤnſteri - ſche und Oßnabruͤgiſche Friede nicht fuͤr zwey, ſondern nur fuͤr einen Frieden gelten ſolle; allein man hatte doch dieſe Gleich - Rechnung und Geltung nicht biß zu dem Ceremoniel extendiret, auch nicht wohl gekont: weil ſonſten die zwiſchen Franck - reich und Schweden entſtandene Compe - tentz wegen des Rangs nicht waͤre mode - riret worden. Es erzehlet zwar Vicque - fort, daß man abgeredet haͤtte, einen in dem Mittelwege zwiſchen Muͤnſter und Oßna -bruͤg367Hoff-Ceremoniel. bruͤg liegenden Ort zu dem Congreß und Conferentien auszuwehlen, und daſelbſt ohne allen Rang und Diſtinction zuſam - men zu kommen: auch bereits zwey Haͤuſer auserſehen worden, unter welchen beyden man, eines den Frantzoͤſiſchen Miniſtern fuͤr ſich zu erkieſen freygeſtellet, das andere aber ſey denen Schwediſchen Miniſtris zugeeig - net worden, jedoch mit dem Bedinge: daß ſich dieſe zuerſt, jene aber zuletzt in ihr asſi - gnirtes Hauß begeben, und ſo deñ Schwe - den als erſt ankommendes, Franckreich als letzt ankommenden die erſte Viſite abſtat - ten ſolte. Allein Monſ. du Mont wieder - ſpricht in ſeinen Memoires dieſer Relation des Vicqueforts, als eines fuͤr Franckreich allzu pasſionirten Autoris, und erweiſet zugleich aus dem Vicquefort ſelbſt: daß das Project auf dem Mittelwege, zwiſchen Muͤnſter und Oßnabruͤg zuſammen zu ge - hen, nicht zum Stande gekommen, ſondern dieſer Streit uͤber der erſten Viſite par ha - zard gluͤcklicher und geſchwinder beygele - get woꝛden, als man ſich nicht verſehen. Deñ nachdem Salvius, Schwediſcher Plenipo - tentiarius, genoͤthiget geweſen, eine Reiſe von Oßnabruͤg nach Muͤnſter zu thun, be - dachten ſich die Frantzoſen wenig oder nichts, ihme als letzt Ankommendem, dieViſite368EuropaͤiſchesViſite d honneur abzuſtatten, wodurch die bißherige Competentz zwiſchen beyden umb ein merckliches gemindert wurde.
  • 2. Der Herr Graff Trautmansdorff, Kayſer - licher Majeſtaͤt Principal-Plenipotenti - arius zu dem Weſtphaͤliſchen Frieden, nachdem er zu Muͤnſter angelanget; wurde ſo gleich fuͤr allen andern von dem Spani - ſchen Geſandten beſuchet: und nach dieſer Beſuchung ließ ſeine Excellentz allen an - dern daſelbſt gegenwaͤrtigen Miniſtern dero Ankunfft melden: darauf ſelbige von dem Paͤbſtl. Nuntio, dem Frantzoͤſiſchen, und folgendlich auch andern Plenipotentiariis nach der Reyhe die Gegen-Viſite empfin - gen; zu Anfang des Decembris aber, ohne daß er einem einigen derer Miniſter nur die Zeit der von ihme zugebenden Reviſite ge - meldet oder accordiret, begab er ſich am allererſten zu denen Spaniſchen Miniſtern, nach gehends allererſt zu dem Nuntio Apo - ſtolico und denen uͤbrigen. Als aber einige daruͤber ſich mecontent bezeugeten, mu - ſten ſie mit der Erklaͤrung vorlieb nehmen; daß ſolche zwiſchen dem Allerdurchlaͤuch - tigſten Ertz-Hertzoglichen Hauß Oeſter - reich und der Cron Spanien uͤbliche pre - mier-viſite und Reviſite aus einem alten Herkommen, und anbey deswegen geſche -hen,369Hoff-Ceremoniel. he, weil ſich die Kayſerlichen und Spa - niſchen als Miniſtres einer Familie regar - dirten, und alſo caſum pro amico, wel - cher niemanden nachtheilig, exercireten.
  • 3. Bald nach Ankunfft der Chur-Trieriſchen Herren Plenipotentiariorum zu Muͤnſter, wurden ſelbige von den Frantzoͤſiſchen Ge - ſandten erſuchet, daß ſie nicht von den Spa - niern, ſondern von ihnen, die erſte Viſite annehmen moͤchten; darauf aber die Chur - Trieriſchen, als welche mit dem Nuntio Apoſtolico ſchon hieruͤber deliberiret, zur Antwort gaben; daß ſie dem etablirten Ce - remoniel gemaͤß, niemanden von der erſte - ren Viſite, der ſich ſelbige zu thun melden lieſſe, abweiſen koͤnten: und dergeſtalt Monſ. d Avaux und Monſ. de Servien, im fall, daß ſie die Spanier in der erſten Viſite ih - nen nachgeſetzt wiſſen wolten, ſich bald nach dem Nuncio und Kaͤyſerl. Miniſtris melden laſſen, und bloß allein durch dieſes Mittel den Spaniern in der Viſite vor - kommen muͤſten.

§. §.

Mit dem Venetianiſchen Geſandten Aloyſio Contarini, welcher das anſehnliche und wichtige Amt eines Mediatoris zu verwalten hatte, gab es auch harten Præcedentz - und Cere - monien-Streit, woruͤber er wohl Urſach nehmenA akoͤn -370Europaͤiſcheskoͤnnen, es zu bereuen, daß Venedig und er die Mediation uͤbernommen. Wahr iſt es, daß dieſe Republic vom Kayſer Ferdinando II. An. 1630. ein Decret erhalten, daß ihnen die Chur - fuͤrſtl. Geſandten, ſo wohl an dem Kayſerl. Hofe, als auch anderswo in dem Roͤm. Reiche, den Vorzug einraͤumen ſolten, welcher Kayſerl. Aus - ſpruch auch zu Zeiten dieſes Friedens noch nicht, ja nicht eher als in der Capitulation Kayſers Leopoldi geaͤndert, und ſo denn erſt den Chur - fuͤrſten der Vorzug fuͤr den freyen Republiquen, beſonders aber vor Venedig wieder eingeraͤumet worden iſt, vid. erſter Theil, cap. 9. §. 6. num. 3. & §. 7. n. 3. Es prætendirete demnach Contari - ni immediate nach den Cronen zu gehen, und ein gleiches Ceremoniel mit ihnen zu genieſſen; allein der Biſchoff zu Oßnabruͤg, des Churfuͤrſtl. Collegii Geſandter, wolte ihm ſolches durchaus nicht einraͤumen, ſondern verlangete im Gegen - Theil vielmehr, daß ihme der Mediator nicht al - lein die erſte Viſite abſtatten, ſondern auch in allen Begebenheiten, ſie moͤchten Nahmen haben wie ſie wollen, denn Pas zugeſtehen ſolte, vorwen - dende: daß die Churfuͤrſten einen Koͤnig, nemlich den von Boͤhmen, in ihrem Collegio haͤtten, wel - chem ja Venedig ohne alle Contradiction, als ei - nem gekroͤnten Haupte, weichen muͤſte. Con - tarini opponirte ſich dem Anſuchen des Bi - ſchofs zu Oßnabruͤg gewaltig, und erklaͤrete ſichgegen371Hoff-Ceremoniel. gegen die Spaniſchen und Frantzoͤſiſchen Pleni - potentiarios; daß im fall man ihme nicht bey - ſtehen, und ihme die Præcedentz fuͤr den Chur - fuͤrſten einraͤumen wuͤrde, er ſich von dieſem Frie - dens-Congreß lieber weg, und des Officii Me - diatoris begeben, als der Durchlauchtigſten Re - public, welche in Poſſesſion der Præcedentz fuͤr den Churfuͤrſten waͤre, etwas zum Nachtheil thun oder leiden wolte. Nach dieſer des Contarini ſo deutlichen Erklaͤrung, traten der ſaͤmtlichen Churfuͤrſten Gevollmaͤchtigte zuſammen, und be - redeten ſich, den Rang und Vorzug ihrer hohen Herren Principalen zu behaupten, es moͤchte auch koſten was es wolle: und brachten alle in dem 9. Cap. des erſten Theils in Faveur der Churfuͤrſten befindliche Argumenta fuͤr. Dieſer Diſput wehrete lange Zeit, und ſahe man kein geſchicktes oder acceptable Mittel, ſelbigem abzuhelffen: in - zwiſchen befahlen Kayſerl. Majeſtaͤt dero Pleni - potentiariis, die Churfuͤrſtl. Geſandten, und den Venetianiſchen Mediatorem mit gleichem Cere - moniel zu tractiren, womit beyde Partheyen auch vergnuͤgt zu ſeyn ſchienen: und wie es Kayſerl. Majeſtaͤt dißfalls angefangen, alſo thaten es ſel - biger Spanien, Franckreich, Schweden ꝛc. nach, und wurde hierdurch, obgleich nicht in totum doch in tantum, dieſes mahl der ſo hitzige Streit gekuͤhlet, aber keinem Theil deswegen einige Præ - cedentz zu - oder aberkennet.

A a 2§. 9. Hol -372Europaͤiſches

§. 9.

Holland, ob es gleich ſeine Freyheit ſchon von denen An. 1609. im Haag geſchloſſe - nen Still-Stand deriviren will, maſſen ihnen bey deſſelben Schlieſſung Ertz-Hertzog Albertus durch den Ambaſſadeur Spinolam die Verſiche - rung thun ließ, ſie ad interim als (tanquam) ein freyes Volck zu tractiren; ſo haben ſie doch ihre Freyheit nicht eher formaliter erhalten, als auf dem zu Muͤnſter mit Spanien geſchloſſenen Frieden. Denn als die Hollaͤnder An. 1646. zu Muͤnſter, das mit Spanien abgefaſſte Friedens - Inſtrument unterſchrieben hatten, welcher Friede aber allererſt 1648. publiciret wurde; erklaͤrete ſich der Spaniſche Ambaſſadeur Pigneranda gegen ſelbige in dieſen Worten: Mein Koͤnig hat ſich nun von ſeinem Thron herab begeben, und gruͤſſet euch nicht mehr als ſeine Unterthanen, ſondern als ſeine Freunde. Und durch dieſe kraͤfftige Worte wurden ſie von der Spaniſchen Bothmaͤßigkeit loßgeſprochen. Weil es ihnen nun unentbehrlich auf den Muͤnſteriſchen Frie - dens-Congreß Plenipotentiarios zu ſenden, durch welche ihre damahlen prætendirte Souve - raineté ſolte zu Stande gebracht werden; ſo wa - ren ſie umb zweyerley bekuͤmmert und circum - ſpect.

  • 1. Daß man ihnen das Jus Legationis tan - quam Reipublicæ liberæ zugeſtehe. Denn weil ſonſten kein anderer, welcher nicht Souverain (dieſtatus373Hoff-Ceremoniel. Status Imperii Rom. Germ. ausgenom - men) ex Jure gentium das Recht hat Geſandten zu ſenden, ſo muſten ſie ſich aller - dings zum Voraus bedingen, daß man ih - nen ſolches Recht zugeſtuͤnde: und weil ſie es von Spanien durch den An. 1609. ge - ſchloſſenen Still-Stand, und durch die in ſelbigem enthaltene Expresſion: als ein freyes Volck tractiret zu werden, ſchon er - langet zu haben vermeineten; ſo waren ſie bekuͤmmert, wie ſie ſolches von Franckreich, und Engelland, als geweſenen Mediatori - bus und Garanteurs des An. 1699. ge - ſchloſſenen zwoͤlffjaͤhrigen Still-Standes, und der in ſelbigem enthaltenen Artikeln auch erhalten moͤchten. Weil nun die Fran - tzoͤſiſchen Geſandten d Avaux, Servien, und Thuillerie von dem Koͤnige in Franck - reich An. 1643. befehliget waren, durch den Haag nach Muͤnſter zu reiſen, hielten die Herren Staaten mit ihnen daruͤber Con - ferentz, und funden daß man ihnen das Jus Legatos mittendi, als einer freyen Repu - blic, an ſich ſelbſt nicht diſputirlich machen wolle, oder auch koͤnne. Der andere Punct aber,
  • 2. Daß man ihnen dergleichen Ehre als Vene - dig anthun, und ihnen eben ein ſolch Cere - moniel als gemeldter Republic zugeſtattenA a 3ſolte,374Europaͤiſchesſolte, wurde von denen Frantzoſen als was impertinentes angeſehen. Es berufften ſich zwar die Herren Staaten auf das Exempel Henrici IV. in Franckreich, als welcher den Staatiſchen Geſandten gleiche Ehre, und ein gleiches Ceremoniel wie den Venetianern, zugeſtanden; allein Monſ. Thuillerie antwortete ihnen darauf: daß er, Comte de Avaux, und Servien, ſich nun uͤber zwantzig Jahr in mancherley Am - baſſaden befunden, aber nicht gehoͤret, we - niger geſehen, das man die Staatiſchen Geſandten, denen Koͤnigl. oder der Repu - blic Venedig gleich tractiret; ſondern ſie wuͤrden koͤnnen und muͤſſen zu frieden ſeyn, wenn man ihnen etwan ein gleiches Tracta - ment, mit den Churfuͤrſten, oder Hertzoge von Savoyen einraͤumete. Die Hollaͤn - der wolten ſich mit dieſem Anerbieten nicht vergnuͤgen, und von dem prætendireten Ceremoniel nichts nachlaſſen: erklaͤrten ſich gegen die Frantzoſen, daß wenn man ihnen ſolches verweigerte, ſie lieber nicht auf dem Congreß nach Muͤnſter ſenden, ſondern mit Spanien in einen beſondern Ort zu - ſammen gehen, und ihre Sachen abthun wolten. Die Frantzoͤſiſchen Plenipo - tentiarii, welche ſich einer Separation be - furchten, und der Herren Staaten fermeRe -375Hoff-Ceremoniel. Reſolution wegen des prætendireten Ce - remoniels mercketen; lieſſen damahlen die Sache in ſuſpenſo, vorgebende, ſie waͤren nicht inſtruiret ſich daruͤber poſitivement zu erklaͤren, wolten aber an die Koͤnigin als Regentin ſchreiben, und was ſelbige dißfals in Faveur der Hollaͤnder zu thun beordren wuͤrde, erwarten. Jnzwiſchen ſetzten ſie ihre Reiſe nach Muͤnſter fort, und die Reſo - lution und Antwort der Koͤnigin erfolgete nicht eher, als zu Anfang des 1645 Jahres: da der Comte d Etrade, Frantzoͤſiſcher Miniſter im Haag im Nahmen der Koͤni - gin erklaͤrete, daß man keine Schwuͤrigkeit machen wuͤrde, der Herren Staaten Ge - ſandten ins kuͤnfftige die denen Ambaſſa - deurs zuſtehende Titulaturen und Ehren - Bezeugungen zu accordiren. Auf dieſe Er - klaͤꝛung ſendeten die Hn. General-Staaten ihre Ambaſſadeurs nach Muͤnſter: es fien - gen aber als ſie daſelbſt ankommen waren, Comte d Avaux und Servien, (welchen ſie doch 1643. ihre Intention ſo deutlich er - klaͤret hatten) auf das neue an zu difficulti - ren, ob man den Herren Staaten, das von ihnen prætendirte Ceremoniel, zugeſtehen koͤnte: einwendende, daß zwiſchen Venedig und der neuen Republic Holland, ratione originis, durationis, nobilitatis, mem -A a 4bro -376Europaͤiſchesbrorum, ein groſſer Unterſchied: auch die Schweitzer, welche man ſchon von A. 1320. nach der Victorie bey Morgarten, fuͤr eine freye Republic erkennet (ob gleich ſelbige allererſt durch dieſen An. 1648. zu Muͤnſter geſchloſſenen Frieden, die Exemption von dem Roͤm. Reiche, und die gantze voͤllige Freyheit erhalten) dennoch niemahls weder den Churfuͤrſten noch der Republic Vene - dig gleich tractiret zu werden, verlanget: maſſen auch nicht die Souveraineté alleine, ſondern auch andere Umbſtaͤnde erforder - lich waͤren, wenn man ſich in dem Ceremo - niel mit einem andern pariſiren wolle; die Hollaͤnder auch wegen ihrer Souveraineté mit Spanien noch nicht gantz richtig, und biß dato noch von den wenigſten in Euro - po herrſchenden Potentien, fuͤr eine freye Republic erkennet worden waͤren. Was auch das Exempel Henrici IV. in Franck - reich, welches ſie ſo bien à propos anzufuͤh - ren meineten, betraͤffe; ſo waͤre ihnen, den Frantzoſen bekandt, daß Henricus die Ge - ſandten der Herren Staaten nicht darumb mit einem der Republic Venedig gleichen - den Ceremoniel beehret, daß er geglaubet, es kaͤme ihnen ſelbiges zu; ſondern es waͤre bloß darumb geſchehen, daß man die Spa - nier dadurch mehr chagriniren wollen,wel -377Hoff-Ceremoniel. welches aber der jetzige Koͤnig zu imitiren nicht verbunden, quia ceſſante cauſa eti - am ceſſaret effectus. Auf dieſe trocke - ne Erklaͤrung cunctireten die Hollaͤnder lange Zeit, bevor ſie ihre Plenipotentia - rios nach Muͤnſter abfertigten: als ihnen aber von den Frantzoͤſiſchen war Verſiche - rung gemacht worden, daß man allen noch zu beſorgenden Difficultaͤten abhelffen wuͤrde, und ſie nur getroſt erſcheinen ſolten; geſchahe es auch endlich, daß acht Gevoll - maͤchtigte im Nahmen der Vereinigten Provintzien zu Muͤnſter arrivireten: bey derer Ankunfft aber die Frantzoſen noch das letzte tentirten, und ſich erbothen, dem er - ſten, oder zum hoͤchſten erſten zweyen aus dem Collegio ihrer Plenipotentiario - rum, wenn die Frantzoͤſiſchen Miniſter von den Hollaͤndern beſuchet werden wuͤrden, in ihrem Qvartier zwar die Stelle zu geben: die uͤbrigen ſechſe aber ſolten unter den Frantzoͤſiſchen ſelbſt in ihren Qvartier ſitzen; allein die Hollaͤnder reüsſireten doch end - lich, gleich wie in denen von ihnen gegen Spanien gefuͤhreten Kriegen, alſo auch in dem prætendireten Ceremoniel, und wur - den alle achte zum Friedens-Schluß abge - ordnete Plenipotentiarii, nicht nur dem Range nach, wie die Venetianiſchen,A a 5ſon -378Europaͤiſchesſondern auch mit dem Titul Excellence beehret.

§. 10.

Uber dieſen Titul der Excellentz aber, gab es bey dieſem Friedens-Schluß, wieder neue und harte Conteſtationes, von welchen, was die Fuͤrſten des Roͤm. Reichs betrifft, Cæſarinus Furſtenerius (welcher ſich dieſen Nahmen ſon - der Zweifel darumb gegeben, weil er in Faveur der Fuͤrſten gegen die Churfuͤrſten geſchrieben, aber dem eigentlichen Nahmen nach wohl nie - mand anders als der gelehrte und beruͤhm - te Herr von Leibnitz iſt) ſeinen Tractatum de Suprematu verfertiget; Auf was fuͤr Art die - ſer Titul den Ambaſſadeurs zu Theil worden, hat man ſchon oben in dem III. Theil. cap. V. n. 6. angedeutet. Hier aber iſt, als an gehoͤri - gem Orte, noch noͤthig anzufuͤhren, was fuͤr Streit dieſer Titul zu Muͤnſter und Oßnabruͤg, und Verzoͤgerung des alldortigen Friedens - Schluſſes verurſachet. Des Hertzogs von Sa - voyen Ambaſſadeur, Marquis de St. Maurice, wie auch des Hertzoges von Mantua, Graf Fran - cois Nerli, kunten von dem Paͤbſtl. Nuncio, den Ambaſſadeurs des Kayſers, und des Koͤniges von Spanien auf keine Weiſe erhalten, daß man ſie en excellence angeredet: welches dieſen zwey - en deſto mehren Chagrin verurſachete, weil die Frantzoͤſiſchen Geſandten, ob ſie gleich den Sa - voyiſchen und Mantuaniſchen Miniſtern ſolcheTitu -379Hoff-Ceremoniel. Titulatur bereits accordiret hatten, dennoch ad imitationem des Nuntii, der Kayſerlichen und Spaniſchen Miniſtrorum, wieder revocirten, und ihnen ſelbigen ferner zu geben ſich weigerten. Eben dieſe Frantzoͤſiſche Plenipotentiarii, uner - achtet ſie anfangs gegen die Geſandten der Jta - liaͤniſchen Fuͤrſten, mit dieſem Titul gar liberal waren; wolten ſie doch nicht reſolviren ſelbigen denen Churfuͤrſtl. Geſandten beyzulegen: unge - achtet bekandt, daß die Churfuͤrſten digniores geachtet werden, als die Jtaliaͤniſchen Fuͤrſten: und zwiſchen ihnen dißfals keine Competentz iſt, auſſer etwan mit dem Hertzoge von Savoyen, welcher, wegen der Prætenſion auf das Koͤnig - reich Cypern, den Titul d Alteſſe Royale er - halten, und alſo mit dem Churfuͤrſten du pair ge - hen und gelten will. Wenn man aber die Urſa - chen recht unterſuchet, warumb die Frantzoſen die - ſen Titul, denen Geſandten der den Koͤnigen gleich geachteten Churfuͤrſten difficultiret; ſo wird man gewahr werden, daß ſolches nicht etwan aus ei - nem odio und Geringhaltung der Churfuͤrſten, als derer Præeminentz Franckreich allzuwohl be - kandt, ſondern vielmehr deswegen geſchehen: weil Franckreich Kayſerl. Majeſtaͤt in allen gleich ge - achtet, und im Ceremonien-Werck den Churfuͤr - ſten und Fuͤrſten des Reichs nicht ein mehreres, als Kayſerl. Majeſtaͤt zu thun gewohnet, einraͤu - men will. Allein es iſt ein evidentes falchesPræ -380EuropaͤiſchesPræjudicium von Franckreich, maſſen es hier wohl mit Recht heiſſen kan: Quod duo cum fa - ciantidem, non ſit idem. Der Kayſer iſt das Haupt und Herr des Roͤm. Reichs, deſſen Glie - der und Vaſallen alle Churfuͤrſten und Fuͤrſten ſind. Demnach nun Kayſerl. Maj. mit dieſem, ob gleich maͤchtigen und hohen Vaſallen, ſonderlich in Conferentien welche binnen den Graͤntzen des Roͤm. Reichs geſchehen, nicht anders als mit ſei - nen Statibus negotiren kan: welchen er nicht ſo viel Ehre zu erweiſen, und ein ſo groſſes Ceremo - niel zu geben ſchuldig, als andere Majeſtaͤten, welche den Churfuͤrſten nichts zu befehlen haben, ſondern derer Bruͤder worden ſind; ſo waren auch in dieſem Friedens-Negotio die Kayſerl. Hn. Geſandten die erſteren, welche ſich denen Chur - fuͤrſtl. den Titul Excellentz zu geben weigerten, allegirende: daß man auf dem Reichs-Tage zu Regenſpurg die Churfuͤrſtl. Abgeordneten mit ſel - bigem Titul nicht beehre; Aber es thaten die Fran - tzoͤſiſchen, und folgends auch die Spaniſchen es den Kayſerl. nach: und damit die Churfuͤrſtl. ſich uͤber dieſer verweigerten Titulatur nicht etwan zu hoch beſchweren moͤchten, ſo wurde der Titul Excellentz auch den Geſandten den freyen Re - publiquẽ refuſiret. Die Sache gieng noch weiter, denn es waren auch ſo gar die Staatiſchen Ge - ſandten von dem Printzen von Oranien inſtrui - ret, ſich an den Venetianiſchen zu halten, und ſichnach381Hoff-Ceremoniel. nach ihme zu richten, und dafern ſelbiger den Churfuͤrſtl. nicht den Titul Excellentz gaͤbe, ſol - ten ſie es auch nicht thun. Die Fuͤrſten des Roͤ - miſchen Reichs, welche ſich quoad Jus ſuperiori - tatis territorialis, ſonderlich aber die Maͤchtige - ren unter ihnen, mit denen Churfuͤrſten in gleichem Grad zu ſeyn duͤncken; bemuͤheten ſich anfangs hefftig bey denen Kayſerl. Plenipotentiariis, zu verhindern, daß ſelbige denen Churfuͤrſtl. nicht den Titul Excellentz geben moͤchten: theils weil ſie wuſten, daß man den Fuͤrſtl. Geſandten ſelbi - gen nicht geben wuͤrde; theils auch, weil ſie dem Exempel der Kayſerl. Plenipotentiariorum wuͤr - den folgen, die Churfuͤrſtl. en excellence tracti - ren, und ſich allzu ſehr von dieſen unterſcheiden laſſen muͤſſen. Da ſie aber mercketen, daß dero An - ſuchen nicht wuͤrde rëusſiren, ſuchten ſie darauf ein ſolches Mittel herfuͤr, welches damahlen in ih - rem Pouvoir ſtande, und dieſes war: daß ſie ihren Geſandten ausdruͤcklich verbothen, den Churfuͤrſtl. den Titul Excellentz zu geben, daß dergeſtalt die Churfuͤrſtlichen mit den Fuͤrſtl. den gantzen Friedens-Schluß durch, nicht anders als imperſonaliter, oder in der dritten Perſon rede - ten v. gr. man, oder der Herr Geſandte wird wiſſen, daß dieſes oder jenes alſo einzurichten. Mit dem Duc de Longueville Frantzoͤſiſchen Principal-Geſandten, welcher nicht nur vom Koͤ - niglichen Frantzoͤſiſchen Gebluͤte, und zwar ausCaro -382EuropaͤiſchesCaroli VI. Koͤniges in Franckreich Herren Bru - ders, Louis Duc de Orleans, ausſchweiffender Liebe abſtammend, ſondern auch Souverainer Printz von Neuf-Chatel, (welches nunmehro an den Koͤnig in Preuſſen gefallen) war; gab es we - gen der Titulatur neue Verdruͤßlichkeit. Denn es wolte ſich dieſer Herr mit dem, denen Ambaſſa - deurs ordinairen Titul Excellence, nicht begnuͤ - gen, ſondern Alteſſe tituliren laſſen: Welchen man ihm auch, wiewohl erſt kurtze Zeit fuͤr dem Weſtphaͤliſchen Frieden, in Franckreich ſelbſt, durch des alldortigen Koͤniges expreſſe Einwil - ligung, zugeſtanden hatte; Allein der Paͤbſtliche Nuntius, der Spaniſche Principal - und Kayſer - liche andere Ambaſſadeur, wolten durchaus nicht darein willigen: welches dieſe Herren unter einan - der ſo aufſetzig machte, daß ſie ſich die gantze lange Friedens-Conferentz uͤber, nicht zuſammen be - ſprachen, ſondern was ſie etwan mit einander zu negotiren hatten, entweder ſchrifftlich, oder durch Hin - und Herſendung ihrer Cavalliers und Se - cretarien verrichten lieſſen. Ja es geſchahe ein - ſtens, daß nachdem Duc de Longueville in ein Hauß, worinnen zuvor ein Spaniſcher Geſand - ter logiret geweſen, gezogen, und der Kayſerliche Secretarius ſich anmeldete, Seine Excellentz zu ſprechen; des Duc de Longueville Domeſti - quen ihme zu der Antwort gaben: Seine Excel - lentz waͤren ausgezogen, ſeine Alteſſe der Duc deLon -383Hoff-Ceremoniel. Longeuville aber logireten anitzo in dieſem Hauſe. Mit dem damahligen Biſchoff von Oßnabruͤg, Frantz Wilhelm, Graffen von War - tenberg, und der Roͤmiſchen Kirchen Cardinal, gab es wegen der Titulatur auch dergleichen Streit; denn er prætendirte den ſublimen Ti - tul d Alteſſe, welchen ihm zwar aus leicht zuerra - tenden Urſachen, die Geſandten des Kayſers, des Koͤniges in Franckreich, und faſt die uͤbrigen alle zugeſtunden; doch weigerte der Paͤbſtl. Nun - tius beſtaͤndig ihme dieſen Titul zu geben, einwen - dende: daß die Biſchoͤffe nicht gebohrne ſondern nur gemachte Printzen waͤren; wie er denn auch gemeldten Biſchoff von Oßnabruͤg niemahlen an - ders, als Signoria illusſtriſſima genennet.

§. 11.

Noch eine andere, auch zu dem Cere - moniel-Streit zurechnende Mortification muſte der Duc d’Longueville, wegen ſeines magnifi - quen Aufzuges empfinden. Deñ weil er eine eigene Garde zu ſeinem Dienſte hatte, welche ihn bey Abſtattung der Viſiten und andern ſolennen Ausfahrten begleitete: muſte er mit hoͤchſtem Wiederwillen leiden, und vorlieb nehmen, daß Jhrer Kayſerl. Majeſtaͤt Abgeſandter Graf von Naſſau, welcher keine Garde hatte, dieſem Duc. als er ſich bey dem Grafen zu Ablegung der Vi - ſite melden laſſen, zur Antwort gabe: daß er ſelbi - ge auf keine andere Art annehmen wuͤrde, als wenn er ohne Garde zu ihm kaͤme. Jm uͤbrigenſo384Europaͤiſchesſo war zu Muͤnſter und Oßnabruͤg, gleichwie in vielen andern Dingen, ſonderlich auch in der ſo genanten Parade mehr Exceß als Moderation; die Schweden erſchienen in ihren Ausfahrten mit ungemeiner Pracht, theils weil ſie bey dieſem Frieden ihre Avantage funden, theils auch weil ihre Koͤnigin Chriſtina eine junge und den Splen - deur liebende Dame war. Die Frantzoſen, welche alle Sachen zu ihrem Vortheil zu inter - pretiren wiſſen, hatten zwar ausgeſprenget, daß die Schweden deswegen nicht in Muͤnſter, allwo die Frantzoſen logireten, haͤtten ihr Qvartier neh - men wollen: weil ſie befuͤrchtet, daß ihre Magnifi - centz von der Pracht der Frantzoͤſiſchen Ambaſ - ſadeurs wuͤrde vertunckelt und unanſehnlich wer - den; allein ſie ſahen ſich in ihrer Meinung betro - gen. Denn der Schweden Abzug en ceremonie geſchahe in keiner andern, als ihrer Koͤnige praͤch - tigen Leib-Caroſſe, fuͤr welche eine Menge Caval - liers, Pages und Laqvays, vier Trompeter und ein Paucker, welche ſich hoͤren lieſſen, nebſt denſel - ben aber zwoͤlff Hatſchierer in koſtbahrer Lieverey marſchiereten. Der Kayſerl. Geſandte, Graff von Naſſau, der Spaniſche Graff de Pignaran - da, und der Biſchoff von Oßnabruͤg, machten nicht weniger Figur als die Schweden; ſonderlich aber hatte der Duc de Longueville eine ſehr groſſe Anzahl praͤchtig gekleideter Cavalliers in ſeiner Suite, worinnen er die andern alle uͤber -traff:385Hoff-Ceremoniel. traffe: der magnifiquen Panquets, Bals und Fe - ſtins war kein Aufhoͤren, und eine dergleichen Æmulation unter den Plenipotentiariis darin - nen, das ſich ein jeder bemuͤhete es dem andern vorzuthun, und dafuͤr hielt, etwas im Rang ge - wonnen zu haben, wenn er mehr als ein anderer depenſirete. Der Paͤbſtl. Nuntius ſelbſt nahm, ſo viel ſein geiſtlicher Character und die bienſean - ce zuließ, Theil an dieſen Feſtins: und wer zuvor noch nicht gewuſt oder geſehen, was magnific hieſſe, und wie man des Geldes mit Reputation loß werden koͤnne, kunte es ſo dann zu Muͤnſter und Oßnabruͤg wohl ſehen und lernen.

§. 12.

Ein wegen der Primauté und des Ce - remoniels hoͤchſt beſorglichſter, und am aller - ſchwereſten abzuthuender Punct, war die Unter - ſchreibung und Signatur der abgehandelten, und in Schrifften verfaſſeten Tractaten: Denn man kunte ſich nicht determiniren,

  • 1. Was fuͤr einen Titul man Roͤm. Kayſerl. Majeſtaͤt, und anderen interesſirten Koͤni - gen geben ſolte.
  • 2. Wer ſich bey Communication der Schriff - ten, oben oder unten an ſetzen ſolte.
  • 3. Ob man die Inſtrumenta durch Vermit - telung der Herren Mediatorum, oder ohne dieſelben auswechſeln wolle.
B bDen386Europaͤiſches

Denn weil es doch abſolut unmoͤglich, daß ihrer zwey zugleich auf einmahl unter - ſchreiben und unterſiegeln, oder auch ihren Nahmen und Petſchafft auf einen und eben denſelben Ort ſetzen koͤnnen, ſondern einer zu - vor ſchreiben, und dem andern vorſtehen muß; ſo iſt das hierbey vorfallende Ceremoniel eines der ſchwereſten, es ſo einzurichten, daß es kei - nem Theil præjudicirlich ſcheine. Jedoch willigten endlich die Kayſerl. Plenipotentia - rii, daß man niemahlen in eine und eben die - ſelbe Schrifft das Wort Kayſer, und hernach Koͤnige oder Cronen ſetzen: wenn aber wegen des Contextes es nicht anders geſchehen koͤn - te, als daß man den Kayſer und einen andern Koͤnig in dem Jnſtrument zuſammen nehmen muͤſte, ſo ſolte doch das Wort Majeſtaͤt nicht einem jeden a part beygefuͤget, ſondern beyden zuſammen in communi gegeben werden. v. gr. Jſt zwiſchen Seiner Kayſerl. und Aller - Chriſtl. Majeſtaͤt verabredet und geſchloſſen worden. Wenn auch die Kayſerlichen denen Frantzoſen, und anderen Koͤnigl. Plenipoten - tiariis einige Propoſitiones communiciren wuͤrden, ſolten ſo dann die Kayſerl. den Titul Kayſerl. Majeſtaͤt und ihre Unterſchrifft, an den honorableſten Ort, und ſich den Koͤnigl. vorſetzen; vice verſa aber, wenn die Frantzo - ſen oder andere Koͤnigl. Geſandten denenKay -387Hoff-Ceremoniel. Kayſerl. eine Schrifft uͤberreicheten, ſolten ſich die Koͤnigl. denen Kayſerl. wieder vorſe - tzen, und dißfalls die egalité zwiſchen den Majeſtaͤten obſerviret werden. Man wolte auch, daß die ſo genennte Corteſia oder Unter - ſchrifft, in denen zu uͤbergebenden Schrifften, von keinem Secretario, ſondern von dem Principal ſelbſten, ſo wohl was den Nahmen, als die uͤbrigen Ehren-Bezeugungen anbelan - gete, ſolten unterzeichnet werden. Endlich fing man auch an, wegen der Materie, auf welcher die Ratificationes geſchrieben werden ſolten, einige Ceremonien zu prætendiren: ſon - derlich bezeugete ſich Oxenſtirn auf Bayern unwillig, daß dieſer Churfuͤrſt ſeine Ratifica - tion nur auf einen eintzigen ſchlechten Bogen Papier extendiret, und meinete, es gehoͤre ſich dergleichen authentiſche Schrifft, gleichwie die andern Churfuͤrſten gethan, auf Perga - ment ſchreiben zu laſſen; allein der Kayſerl. Mi - niſter Jſaac von Vollmar machte einen Scheꝛtz daraus, gegen den Oxenſtirna ſagende: man waͤre mit dem armen Hertzoge von Bayern bey juͤngſtem Einfall ſo uͤbel verfahren, daß er kaum ſo viel uͤbrig behalten, ein Pergament zu bezahlen: welcher Schertz zwar ein Gelaͤchter verurſachte, aber gleich wohl der Sache gluͤck - licher abholffe, als wenn man ſelbige ſerieus tractiret haͤtte.

B b 2§. 13. Es388Europaͤiſches

§. 13.

Es ſetzte noch unterſchiedene andere Ceremoniels-Streitigkeiten.

  • 1. Wegen der Sprache. Und ſonderlich waren die Hollaͤndiſchen Geſandten expreſſe in - ſtruiret, wenn ſie mit den Spaniern Unter - redung pflegen, und dieſe ihre Spaniſche Spache gebrauchen wuͤrden, ſie in keiner anderen als der Niederlaͤndiſchen darauf antworten ſolten; weil aber in dieſem paſſu eben nicht allzuhitzige Conteſtationes vor - fielen, ſondeꝛn meiſtens die Lateiniſche Spꝛa - che, ſo wohl in Aufſetzung der Wechſel - Schrifften, als auch in Verfertigung des Inſtrumenti Pacis ſelbſt, emploiret wor - den; ſo wurde gar leicht ein Accommode - ment dißfalls getroffen.
  • 2. Wolte Franckreich empfindlich werden, uͤber dem Creditiv der Spaniſchen Geſand - ten: weil Kayſer Ferdinandus III. in ſelbi - gem ware Muy Amado, (welches Wort Muy in der Caſtilianiſchen Sprache eine ſolche nach denckliche Expresſion hat, daß Muy Amado auf Deutſch nicht anders koͤnte gegeben werden, als, ein dermaſſen geliebter, welchen man im allerhoͤchſten Grad liebet) der Koͤnig in Franckreich aber nur ſchlecht weg Amado genennet worden.
  • 3. Wolte der Paͤbſtl. Nuntius Fabio Chigi, die Compliments von niemanden andern,als389Hoff-Ceremoniel. als Cavallieren, welche der Catholiſchen Religion zugethan waͤren, annehmen; doch wurden dieſe itztgemeldete prætenſiones der Ceremonien gar bald gehoben.

§. 14.

Ob nun gleich das Ceremonien-Werck bey dieſem Frieden mehr als jemahlen in Conte - ſtation kom̃en, ſo waren doch gleichwohl einige un - rer denen concurrirenden Theilen, welche ſich bey dem Ceremonien-Werck nicht aufhalten, ſondern den, vor Deutſchland, ja gantz Europa, ſo hoͤchſt - noͤthigen Frieden beſchleunigen wolten; und dieſe ſendeten, nur umb alle Competentz zu vermeiden, Envoyés oder Plenipotentiarios, das iſt Mini - ſters ſonder Character, welche ſo gar alle Cere - monien bey Seite ſetzeten: daß ſie als letzt ange - kommene nicht einmahl die erſte Viſite zu bekom - men verlangeten, ſondern ſelbige vielmehr und viel eher dem Kayſerl. Ambaſſadeur, Grafen von Trautmansdorff, wie auch d[en]en Schwediſchen, und Frantzoͤſiſchen, ja faſt allen andern Ambaſſa - deurs zu erſt abſtatteten. Gleichwie aber dieſes Expediens hoͤchlich zu loben war, alſo kunte es auch keinem einiges Præjuditz zuziehen; weil man abgeredet hatte, daß alle Titulaturen, Avantagen in der Præcedentz, und dem Ceremoniel, ꝛc. ins kuͤnfftige weder demſelben, welcher dariñen etwas behauptet zum Vortheil, noch demjenigen wel - cher etwas nachgegeben und verlohren, zum Nachtheil gereichen ſolte. Es waren auch uͤber -B b 3haupt390Europaͤiſcheshaupt die Herren Ambaſſadeurs gegen das En - de dieſes Friedens nicht mehr ſo begierig, die Poin - tilles der Ceremonien mehr als den guten Ef - fect und das Ende dieſes Friedens zu ſuchen; weil einer oder der andere wohl gemercket, wie viel Schaden und Hindernuͤß die Delicateſſe der Prærogative dem Haupt-Wercke verurſachet hatte; dannenhero man ſich meiſtens ohne facon unter einander beſprache und beſuchte: und manchmahl derjenige, welcher notoriſch dem an - dern vorzugehen berechtiget, dennoch ſeine Præ - cedentz negligirete, wiſſende, daß, was man zu Muͤnſter und Oßnabruͤg nachgebe, kuͤnfftig an ei - nem andern Orte nicht allegiret werden kunte; jedoch wolten ſich zwey der Herren Geſandten, nemlich Claudius de Meſmes Comte d Avaux, der Koͤnigl. Orden Commendator, und Schatz - Meiſter, und Adrianus Pau, Ritter des Ordens St. Michaelis, O[be]r-Præſident in dem Rath der Domainen, Deputirter von Holland und Weſt - Frießland, Extraordinair Geſandter der Herren General-Staaten von Holland, von ihrem ein - mahl prætendireten Ceremoniel, gar nichts rela - chiren; welches ihnen aber in der Negotirung viele Beſchwerlichkeit verurſachete.

§. 15.

Jn dieſem bißhero kuͤrtzlich gemeldeten, wegen der Prærogativa und des Ceremoniels ent - ſtandenen Streitigkeiten, beſtunde die Dis-har - monie der paciſcirenden Theile, und guten Theilsauch391Hoff-Ceremoniel. auch die Dauer und Verzuͤgerung des endlichen Friedens-Schluſſes, uͤber welcher lange und uͤber fuͤnff Jahr, nemlich vom 11. Julii A. 1643. biß den 13. Octobr. 1648. wehrender Negotia - tion, ſich einige beſchweret, andere aber verwun - dert; allein wann man das damahlige Intereſt der Partheyen gruͤndlich unterſuchet, und anbey betrachtet, daß die Forma Imperii, tam quoad ſecularia quam ſpiritualia, in eine gantz andere Forme, als ſie fuͤr dem dreyßigjaͤhrigen Kriege ge - weſen, ſolte umbgegoſſen werden; ſo wird man ſich eher zu verwundern haben, daß fuͤnff Jahre zu - laͤnglich geweſen, ein ſo groſſes Werck hinaus zu fuͤhren: zu mahlen man gantzer ſieben Jahr zu Hamburg nur bloß uͤber den Præliminarien zu - gebracht hatte.

§. 16.

Zum Beſchluß dieſes Capituls, iſt noch zu melden, daß den 24. Octobr. 1648. an einem Sonnabende, der Friede zu Oßnabruͤg und Muͤn - ſter, und zwar an dieſem letzteren Orte auf folgen - de Art vollzogen und geſchloſſen worden: Nach - Mittags umb 1. Uhr, begaben ſich die Koͤniglichen Schwediſchen Plenipotentiarii, Herr Graff Oxenſtirn, und Herr Salvius, zu denen Kayſerl. Plenipotentiariis Herrn Graffen von Lam - berg, und Herren Cranen, mit fuͤnff Caroſſen: und etwan eine Viertelſtunde darauf, der Frantzoͤſi - ſche Geſandte Comte de Servien, und der Reſi - dent Monſ. de la Cour mit 6. Caroſſen, zu denB b 4an -392Europaͤiſchesandern zweyen Kayſerl. Herren Geſandten, Herrn Grafen von Naſſau und Herrn Vollmar, woſelbſt ſie ſich biß gegen fuͤnff Uhr verweilet und nachdem ſie befunden, daß das Friedens-Inſtru - ment, ſo wie es die Partheyen concipiret, rich - tig, ſelbiges unterſchrieben: darauf ſich die Schwe - diſchen und Frantzoͤſiſchen Geſandten wieder nach Hauſe begeben, welchen die Kayſerl. etwan in ei - ner Viertelſtunde gefolget, und in dem Qvartier der Schweden und Frantzoſen, das Friedens - Inſtrument unterſchrieben. Des Abends gegen neun Uhr aber, ſind die zwey Exemplaria deſſel - ben, denen in einem Logement verſammleten Her - ren Geſandten der Staͤnde des Roͤm. Reichs, und anderer interesſirten Fuͤrſten und Herren, von dem Legations-Secretariis der Kayſerl., Frantzoͤſiſchen, und Schwediſchen Herren Ge - ſandten, zum Unterſchreiben exhibiret: und denn der Friede ſecundum Tenorem abgeleſen wor - den. Zu Oßnabruͤg wurde an eben dieſem Tage in ſolenner Verſammlung der Kayſerl. Schwe - diſchen, und der Staͤnde des Reichs gegenwaͤrti - ger Herren Plenipotentiariorum, von neun Uhr des Morgens biß Abends gegen fuͤnff Uhren, das Inſtrumentum Pacis examiniret, abgeleſen, und unterſchrieben, wie man aus dem letzten §. dieſes Friedens deutlich ſehen kan. Tages darauf den 25. Octobr. an einem Sonntage, geſchahe an beyden Orten die Publication deſſelben, unterTrom -393Hoff-Ceremoniel. Trompeten und Paucken-Schall, und dreymah - liger Loßbrennung des groben und kleineren Ge - ſchuͤtzes, und durch geſchehene Ausruffung von den Secretariis der Staͤdte. Darauf erfolge - ten zu Anfang des 1649. Jahres die Auswech - ſelungen der Ratificationen. Da den 3. No - vembr. S. N. An. 1648. des Kayſerl. Herrn Gevollmaͤchtigten, Graffens von Naſſau Sohn, mit dem Project des gemachten Friedens in Wien zu Waſſer anlangete, auf deſſen Schiff ein Trompeter, in der rechten Hand die Trompete, in der lincken aber eine ſchwartze und gelbe Fahne haltende, geſtanden; iſt der junge Herr Graff von Naſſau, ſo gleich von dem Herrn Grafen Trautmansdorff in ſein Logement genommen, und mit einer Equippage verſehen worden: und daruͤber eine ungemeine Freude entſtanden. Als aber auch zu Nuͤrnberg die Executions-Tracta - ten ihre Endſchafft erreichet, langete der Oberſte Raufft den 30. Julii 1650. zwiſchen 11. und 12. Uhr, zu Wien mit zweyen Poſtilionen, und einem Nuͤrnbergiſchen Trompeter, welche fuͤr ihm her ritten und blieſſen, an: ritte graden Wegs nach der Kayſerl. Burg, und uͤberreichte Seiner Kayſerl. Majeſtaͤt den gantzen Friedens-Schluß und Haupt-Receß unterſchrieben, in blauen Sam - met, und auf dem Schnitt vergoldet, eingebunden: an ſelbiger hingen zwey gantz goldene, Siegel, auf welchen ein Oehl-Zweig, Lorber-Crantz, weiſſeB b 5Tau -394EuropaͤiſchesTaube, mit Edelgeſteinen beſetzet war. Kayſerl. Majeſtaͤt zogen einen Ring von 6000. Rthlr. werth von dem Finger, und verehreten ſelbigen dem Uberbringer, nebſt einer guͤldenen Ketten, mit daran hangendem Kayſerl. Gnaden-Bild - nuͤß, welche 2000. Rthl. geſchaͤtzet wurde: lieſſen darauf gleich Patenta ergehen, in welchen befoh - len wurde, daß jederman das Inſtrumentum Pa - cis in gute Obacht nehmen, und nicht darwieder handeln ſolte. Und mit ſolchen Ceremonien iſt die - ſer Frieden geſchloſſen, und hernach ein Lex Im - perii fundamentalis & perpetua worden.

Siebendes Capitel. Von dem Ceremoniel und Streit bey dem Pyrenaͤiſchen Frieden.

§. 1.

Die Jalouſie, welche Spanien und Franckreich gegen einander im Hertzen hegeten, hatte ſich wohl, ſchon lange Zeit fuͤr dieſem Frie - den, in eine oͤffentliche Feindſchafft und blutigen Krieg verwandelt: welches aber allhier nur quaſi per indicem beyzubringen erlaubet, weil das Vorhaben nicht iſt Kriege, ſondern nur Friedens - Schluͤſſe, und zwar auch dieſe nur in ſo weit, als das Ceremonien-Werck an ſelbigen Theil hat, zu erzehlen. Dieſe Feindſeligkeit gieng ſchon da - zumahlen an, als ſich Franckreich der Hollaͤnder gegen Spanien annahme: Ludovicus der XIII. dem394[395]Hoff-Ceremoniel. dem Duc de Nevers in dem Mantuaniſchen Suc - cesſions-Streit gegen Spanien beyſtunde; fer - ner, nach der 1634. bey Noͤrdlingen, denen Schweden fatalen Schlacht, ſich auf die Seite der Schweden rangirete; und denn letztens Spa - nien die Partie des Printzens von Conti, und Franckreich des Koͤnigs in Portugal ergrieffen: und alſo Spanien, ſo offt ſich nur einige Gelegen - heit ereignete, in die Haare fiele. Sonderlich aber war, der letzte bey zehen Jahren her gefuͤhrte Krieg zwiſchen dieſen beyden, in welchen einer des an - dern Forces probiret und kennen lernen, die mei - ſte Urſache des nunmehro zu ſchlieſſenden Frie - dens.

§. 2.

Der Pabſt Innocentius X. wie auch ei - nige Churfuͤrſten, hatten ſich auf das euſerſte be - muͤhet, zwiſchen Spanien, und Franckreich einen Frieden zu ſtifften: ſonderlich hatte der erſtere viel - faͤltige Breven und Nunciaturen an beyde Koͤni - ge abgehen, und ſelbige zum Frieden ermahnen laſſen, und er ſelbſt ſtarb An. 1654. mitten in dem Kriege, welchen er ſo treulich abgerathen, in lau - ter Friedens-Gedancken. Sein Succeſſor Alexander VII. des Geſchlechts Chigi, welcher zu Muͤnſter Paͤbſtl. Nuntius, und den Frantzo - ſen ſtets contrair, den Spaniern hingegen affe - ctioniret geweſen, auch anbey des Cardinal Ma - zarins groͤſſeſter Rival war: unterließ ebenfalls nichts, was zu einem Frieden dienete, und bezeu -gete396Europaͤiſchesgete bey ſeiner neuen Paͤbſtl. Wuͤrde gegen die Frantzoſen mehrere Affection als vorhero, ſo daß er faſt gegen Spanien und Franckreich indiffe - rent zu ſeyn ſchiene: umb deſto eher zu ſeinem Zweck zu gelangen, und die Mediation bey kuͤnff - tigen Frieden, umb welche er beſtaͤndig anhielte, zu uͤberkommen. Beyde Koͤnige acceptirten ſelbige auch, und zwar mit einer groſſen Bezeu - gung ihres daruͤber geſchoͤpfften Vergnuͤgens: man erwehlte Rom zu einem Handels-Platz, umb daß der Pabſt in Perſon die Mediation uͤber - nehmen koͤnte; Franckreich aber, ob es gleich ſchon daſelbſt durch ſeinen Ambaſſadeur, wie in vor - hergehenden erſten Capitul §. 7. geſaget worden, erſchienen, wolte doch aus daſelbſt gemelten Ur - ſachen das Friedens-Negotium in Rom nicht vollziehen: ſondern ſchlug einen Ort, und ins be - ſonder einen Hafen in dem Liguſtiſchen oder Ge - nueſiſchen Meere fuͤr: nach dem er wohl wuſte, daß weder der Pabſt noch Koͤnig in Spanien, und wo ja einer, doch nicht der andere unter dieſen zweyen in einen dergleichen Ort willigen wuͤrden. Als auch folgends die Friedens-Conferentien auf der Faſanen-Jnſul wuͤrcklich angefangen worden, und man etwan in der dritten beſchaͤffti - get war; gab man dem Pabſt keine Nachricht da - von, vorwendende: weil die Paͤbſtl. Bedienten nicht zu dieſem Frieden cooperiret, und man den zweyen Koͤnigen allein die Ehre laſſen muͤſſe,daß397Hoff-Ceremoniel. daß ſie GOtt immmediate zu einem Frieden er - leuchtet und dirigiret; es waͤre anbey zwar wahr, und bekandt, daß der Pabſt wegen Erhal - tung dieſes Friedens ſehr andaͤchtig zu GOtt ge - bethet, und demnach wuͤrde die gantze Welt auch dem Pabſt ſchon das Lob geben, daß durch ſeine Andacht der Friede zu Stande kommen: mit wel - chem er ſich auch wuͤrde vergnuͤgen koͤnnen.

§. 3.

Damit es aber gleichwohl nicht ſchiene, als wenn der Koͤnig in Franckreich, oder vielmehr der Cardinal Mazarin, keinen Frieden eingehen, und des Pabſtes angebothene Mediation publi - quement verwerffen wolle: ſo that man heimlich, was ſich oͤffentlich, nach Meinung der Frantzoſen, nicht thun laſſen wolte, und konte man einiger maſſen ſagen, daß es mit dem Anfang dieſes Frie - dens, wie mit der verbothenen und heimlichen Lie - be, zugegangen, und das bon mot erfuͤllet wor - den: ſi non caſte tamen caute. Die Sache wurde alſo eingefaͤdelt: Ein anſehnlicher Nieder - laͤnder Caſpar Comte de Bonifacio, reiſete durch Franckreich nach Spanien, und wartete in Franckreich der verwitweten Koͤnigin, Ludovici XIII. hinterlaſſenen Gemahlin, und des damah - ligen Koͤniges in Spanien Philippi IV. Schwe - ſter auf: gegen welche er ſich erklaͤrete, daß Philip - pus des Krieges uͤberdruͤßig, und geſonnen waͤre, einen raiſonablen Frieden mit Franckreich einzu - gehen: im fall man nur en ſecret einen vertrau -ten398Europaͤiſchesten Miniſter nach Madrit ſenden, und dem Koͤ - nige von Spanien, daß es Franckreich ein Ernſt Frieden zu ſchlieſſen, Verſicherung thun laſſen wolte. Dieſer wurde von beſagter Koͤnigin, an den Cardinal Mazarin gewieſen, und nachdem er mit dem Cardinal genugſame Unterredung ge - pflogen, erkieſete dieſer groſſe Etats-Miniſter, zu dieſer gantz geheim zu tractirenden wichtigen Af - faire, den Etats-Secretarium Marquis de Lion - ne, welchen er am capableſten achtete: ruffte ihn demnach von Rom nach Pariß, und nachdem er etwan ein Dutzend geheime Conferentien mit dem Cardinal gehalten, empfing er von dem Koͤ - nige, ein mit deſſen eigner Hand geſchriebenes, und gantz illimitirtes Plein-Pouvoir: deſſen Jn - halt ſchon in dem dritten Capitul des dritten Theils §. 2. angefuͤhret worden: und von welchem keiner der vier Etats-Secretarien, ſonder nur der Koͤnig, die Koͤnigl. Frau Mutter, und der Cardi - nal Wiſſenſchafft hatten; dieſe Vollmacht uͤber - gab der Koͤnig aus ſeiner eigenen Hand in des Cardinals Apartement dem Lionne. Weil aber die Hand des Koͤniges in Franckreich denen Miniſtern zu Madrit nicht bekandt, und man be - ſorgete, es moͤchten ſelbige difficultiren, mit einem Menſchen ſich in Tractaten einzulaſſen, deſſen Vollmacht nicht, wie ſonſt gewoͤhnlich, verfertiget worden: und anbey ſo gar mit allem rato & grato verſehen war; ſo ließ der Koͤnig den ſchon gemeltenaus399Hoff-Ceremoniel. aus Niederland nach Spanien reiſenden Caval - lier, welcher ein Domeſtique des Grafen von Fuenſaldagne war, in das Zimmer des Cardinals kommen, unterſchriebe, unterſiegelte, und uͤber - gab ſein Plein-Pouvoir dem gemelten Lionne in deſſen Gegenwart, und als ſolches geſchehen, wandete ſich der Koͤnig zu dem Spaniſchen Gen - til-homme, zu ihme ſagende: Jhr koͤnt den Koͤnig euren Herrn verſichern, daß ich gegen - waͤrtigen Lionne, welchen ihr ſehet, zu meinem Plenipotentiario mache, den Frieden zu ſchlieſ - ſen, und daß ich ſehnlich wuͤnſche, es moͤchte ſelbi - ger eylfertig vollzogen werden: damit ich in den Stand gedeye, dem Koͤnig meinem Vetter wahre Kenn-Zeichen meiner Affection und Freund - ſchafft zu erweiſen. Lionne gieng hierauf, auf Befehl ſeines Koͤniges und des Cardinals Maza - rin, in der Qualité eines Kauffmanns in geringer Kleidung und Bedienung nach Madrit: und man koͤnte es, wo nicht fuͤr eine Prudentz, dennoch fuͤr ein Omen auslegen, daß dieſer verſtellte Kauff - mann damahlen mehr fuͤr Franckreich negotiret, als alle geſcheuteſte und veritable Kauffleute in Franckreich nicht haͤtten thun koͤnnen. Deñ er fing den Handel umb die Spaniſche Princeßin an, welchen Mazarin nachgehends vollfuͤhret, und ei - ner wie der andere hypothecam conſtituireten, daß Spanien vermittelſt dieſer Braut, an Franck - reich gleichſam verſetzet wurde. Die Zeiten wel -che400Europaͤiſchesche wir erlebet, ſind Zeugnuͤß genug von dieſer verſtelten Negotiation. Damit aber dieſer Kauff - mann vel quaſi, nicht irgends auf der Graͤntze Spaniens in Contribution geſetzet, oder ſeiner Perſon einiges Unheil zugezogen werden moͤchte; ſo gab man dem Spaniſchen Hofe, fuͤr des Lion - ne Abreiſe aus Paris nach Madrit, durch einen vorhergeſandten Courier, Nachricht; als er nun in dem Pyrenaͤiſchen Gebuͤrge angelanget war, wurde er von einer Spaniſchen Convoy daſelbſt angenommen, und biß Madrit begleitet: welche fuͤr einen Kauffmann ungewoͤhnliche Ceremonie, das Geheimnuͤß wohl gar leichte haͤtte verrathen koͤnnen: zumahlen einen maͤßigen Weg fuͤr Ma - drit ihme ein Wagen entgegen geſendet, und er auf ſelbigem in die Koͤnigl. Spaniſche Reſidentz gefuͤhret wurde; welche Ehre man Kauffleuten von Profesſion ſonſten nicht zu erweiſen pfleget. Da - ſelbſt nun producirete er ſein Creditiv, und das ihme von ſeinem Koͤnige gegebene Madatum cum libera, oder ſo geneñte Plein-Pouvoir, uͤber wel - ches man ſich in Spanien nicht wenig verwun - derte: und damit man von Spaniſcher Seiten auch wieſe, wie geneigt man zum Frieden waͤre, ſo ertheilete Philippus IV. dem Don Louis de Haro, oder wie andere, und ſonderlich Nani in ſeiner Hiſtoria Veneta ſaget, dem Pimentel eben ein deꝛgleichen abſolutes Plein-Pouvoir. Woꝛauf dieſe zwey Miniſter in Conferentz traten, welchealle -401Hoff-Ceremoniel. allemahl drey Stunden, und zuſammen etwan drey Monath lang daurete: darauf reiſete Lion - ne wieder nach Pariß, und brachte das Friedens - Project mit zuruͤcke: in welchem der ſchwereſte Punct, die Reſtitution des Printzen von Condé in ſeine vorigen Chargen und Gouvernements war, von welchem aber, weil es auſſer dem Cere - moniel, hier nichts mehres zu melden.

§. 4.

Dieſer Frieden wurde in etwas traini - ret, weil Hugo de Lionne (nebſt dem Duc de Gramont) ein ander Ceremonien-Werck, wel - ches ſo viel, ja weit mehr in Receſſu hatte, als der Pyrenaͤiſche Friede uͤbernehmen: und nicht mehr als ein Kauffmann, ſondern als ein publiquer Ambaſſadeur extraordinair, ſich nach Deutſch - land begeben: und bey dem Churfuͤrſtlichen Col - legio, ſonderlich aber bey Chur-Mayntz, den Koͤ - nig in Fꝛanckreich, nach dem Abſterben Ferdinandi III. An. 1657. zu einem Candidaten des Deut - ſchen Kayſerthumbs recommandiren muſte: wovon aber hier nun en paſſant zu melden, daß dieſe Ambaſſade vergebens, und dem Pyrenaͤi - ſchen Frieden in etwas verzoͤgerlich geweſen.

§. 5.

Noch eine andere, und auch nichts an - ders als eine bloſſe Ceremonie bedeutende Am - baſſade, welche der Koͤnig ſelber, auf Einrathen des Cardinals Mazarin, vornahme, war die A. 1658. vollzogene Reiſe des Koͤniges nach Lion. Denn ob gleich Philippus IV. dem Lionne. 1656. zuC cMa -402EuropaͤiſchesMadrit verſprochen, ſeine Tochter Mariam The - reſiam Ludovico XIV. mit eben den Conditio - nibus, mit welchen Ludovicus XIII. die Infan - tin Annam Mariam geheurathet, zu geben: und alſo Spanien nicht beſorgte, daß durch derglei - chen conditionirte Mariage ſeinen Reichen und Kindern etwas Ubles zugezogen werden koͤnte, weil die Heurath Ludovici XIII. keine boͤſe Folgerun - gen gehabt; ſo wurde doch dieſer in dem Pyrenaͤi - ſchen Frieden abzuthuende Punct dadurch ſchwer, und dem Cardinal verdruͤßlich gemacht: weil Spanien die voͤllige Reſtitution des Printzen von Condé forderte, und davon durchaus nicht deſi - ſtiren wolte. Weil aber des Cardinals hoͤchſte Reputation und Gluͤcke darauf beruhete, daß Condé nicht wieder in totum reſtituiret wuͤrde: doch aber gleichwohl auch des Koͤniges in Franck - reich hoͤchſtes Intereſſe erforderte, die Infantin aus Spanien zu heurathen; ſo gedachte der Car - dinal den Koͤnig Philippum, daß er von der Re - ſtitution des Printzens von Condé ſich relachi - ren, und ſeine Tochter, ohne dieſe Friedens-Con - dition, dem Koͤnige in Franckreich geben ſolte, dadurch zu bewegen: wenn er Finte machete, als wolte Ludovicus XIV. eine andere Printzeßin als die Infantin heurathen. Gieng demnach auf Einrathen gemeldten Cardinals Ludovicus XIV. mit ſeiner gantzen Hoff-Stadt, in ſchon gemelde - tem Jahre ſpaͤte, nehmlich zu anfang des No -vem -403Hoff-Ceremoniel. vembris nach Lion: wohin die Hertzogin von Sa - voyen Chriſtina, Ludovici XIII. Schweſter, mit ihren beyden Printzeßinnen, Margaretha Jo - lanta und Adelais Henrietta, durch einen pe - niblen Weg den 29. Novembr. auch kamen: und zwar wie man bloß vorgabe, und Spanien weiß machen wolte, in dem Abſehen, daß Ludo - vicus XIV. die Princeßin Margaretham, mit welcher er leiblich Geſchwiſter-Kind war, heu - rathen wuͤrde. Der Hertzog von Vendome muſte ihnen biß Volpigliere entgegen gehen, und ſie im Nahmen des Koͤniges complimentiren; zu la Motte aber erwartete dieſer ſo vornehmen Gaͤſte, ſo gar der Cardinal Mazarin: aber dieſer war noch nicht der letzte, ſondern des Koͤniges Bruder Duc d Anjou, gieng ihnen auch bey einer Meile, endlich der Koͤnig ſelbſt eine halbe Meile entge - gen: und indem der Koͤnig zu Pferde ſitzende der Caroſſen der Hertzogin von Savoyen ſich naͤherte, ſtieg er etwan zehen Schritte fuͤr den Wagen ab, dergleichen die Koͤnigliche Frau Mutter, und die Hertzogin von Savoyen nebſt ihren Princeßin - nen faſt in gleichem Tempo auch thaten. Der Koͤ - nig empfing die Hertzogin von Savoyen, nebſt ſei - ner præſumptiven Braut, und Jhrer Schweſter, mit aller Civilité und Vergnuͤgen, und fuhren nach Lyon: wohin an dem 1. December der Her - tzog von Savoyen ſelbſt folgete, welchem der Koͤ - nig nebſt ſeiner Hoff-Stadt eine gantze Meile ent -C c 2gegen404Europaͤiſchesgegen gienge. Dieſes ſichtbahre Ceremoniel war groß, aber die dabey unſichtbahre Politique noch weit groͤſſer. Man ſahe einander einmahl, umb einander nicht mehr zu ſehen; Man that ver - liebt, aber man liebete nicht; man verſprach die Ehe unter Bedingungen, welche in ſich ſelbſt das Verſprechen vernichteten; Es mag ſeyn, daß das Hertze Ludovici durch das lebendige ihm gegen - waͤrtige Bildnuͤß der Savoyiſchen Princeßin mehr geruͤhret worden, als durch das Portrait der Koͤniglichen Infantin in Spanien: gleichwie der Autor des Politiſchen Teſtaments des Monſ. Colbert. p. m. 110. und andere ſolches verſichern wollen: denn es iſt allzu natuͤrlich, daß das Obje - ctum præſens mehr movire als das abſens; Allein es war nicht des Cardinals Abſehen, daß der Koͤnig heurathen, ſondern nur charmiren und charmiret werden, der Koͤnig in Spanien aber zu dem was wir kurtz vorhero gemeldet, bewogen werden ſolte.

§. 6.

Wie es nun der Cardinal projectiret, ſo gelunge es auch. Denn nachdem man in Spanien erfahren, daß der Frantzoͤſiſche und Savoyiſche Hof, in Lion zuſammen kommen wuͤrden, und all - bereits auch ſchon beyſammen waͤren: folgete Phi - lippus juſtement dem Exempel, welches ihm Lu - dovicus zwey Jahr vorhero gegeben hatte; und ſendete den Anton Piementel gantz incognito, und faſt auf gleiche Art, als Lionne nach Madritkom -405Hoff-Ceremoniel. men war, nach Lion: allwo er auch den 2. Decem - ber arrivirete. Der Savoyiſche Hoff kunte, oder ſolte wenigſtens ihn nicht kennen, noch gegen - waͤrtig zu ſeyn wiſſen, und war er und ſein An - bringen niemanden als dem Koͤnige, der Koͤnigl. Frau Mutter, dem Cardinal, und Etats-Miniſter Lionne bekandt. Seine Verrichtung aber beſtun - de darinnen, den Koͤnig und Cardinal zu ver - ſichern, daß ſein Koͤnig eine auffrichtige Neigung zu einem beſtaͤndigen Frieden truͤge; und damit ſelbiger deſto feſter und laͤnger dauren moͤchte, ſo wolte er die Infantin ſeine Tochter dem Ludovi - co, jedoch nur unter der eintzigen Bedingung zu einer Braut verſprochen haben: daß Pimentel die Verſicherung davon thun, der Cardinal aber die Ehre haben ſolte, bey bevorſtehendem Frieden das Werck in voͤllige Richtigkeit zu ſetzen. Welche Propoſition dem Koͤnige, deſſen Frau Mutter und dem Caꝛdinal, uͤbeꝛaus angenehm war; wobey aber gleichwohl der Kummer vorfiel, auf was fuͤr eine Art man die Hertzogin von Savoyen, und dero aͤlteſte Princeßin, befriedigen moͤchte. Dieſe Be - friedigung aber war gar ſchlecht, maſſen ſich der Koͤnig in Franckreich gegen die Hertzogin von Savoyen und derer aͤlteſten Princeßin, in dieſen Terminis erklaͤrete: daß die Inclination, welche er zu der Princeßin Margaretha truͤge, vor dieſes mahl, nachdem gute Friedens-Poſt durch den Pimentel aus Spanien kommen waͤre, nichtC c 3mehr406Europaͤiſchesmehr in ſeinem Hertzen ſo ſenſible ſeyn koͤnte, als ſie vor dem geweſen; jedoch dafern etwan der projectirte Pyrenaͤiſche Friede, und die Heurath mit der Infantin nicht ihren Fortgang gewinnen koͤnte: ſo ſolte alsdenn niemand anders Koͤnigin von Franckreich werden, als die Princeßin Mar - garetha. Welche Erklaͤrung der Princeßin zu ſchlechten Troſt gedeyen kunte; indem ſie ſich durch eine ſo beſchwerliche Reiſe nach Lion bege - ben: daſelbſt dem gantzen Europa als eine Can - didatin der Ehe mit Ludovici XIV. exponiret: nun aber nichts anders dadurch als eine Abwei - ſung erhalten hatte; dannenhero ſelbige gar mal - content wiederum zuruͤcke nach Turin kehren muſte. Es wollen zwar einige verſichern, daß die Hertzogin von Savoyen ſelbſt dem Ludovico XIV. ſolle gerathen haben, die Heurath mit der Infantin, ihrer Princeßin Margarethæ vorzuzie - hen; im fall durch ſelbige nur Frieden zwiſchen Spanien, und Franckreich etabliret werden koͤn - te. Und ob es gleich ſcheinet, daß hochgemeldte Hertzogin, durch dieſe Erklaͤrung ihr eigen Inte - reſſe negligiret; ſo thate ſie doch dadurch was ſich damahls nicht anders thun laſſen wolte. Deñ was wuͤrde es geholffen haben, wenn ſie ſich etwan daruͤber formaliſiren wollen? daß ſie aber von Grund des Hertzens alſo geredet, wird ſchwerlich geglaubet werden koͤnnen.

§. 7. Hier -407Hoff-Ceremoniel.

§. 7.

Hierauf reiſete der Hertzog von Sa - voyen den vierdten, deſſen Gemahlin aber den 8. December wieder mit allen Ehren-Bezeugungen von Lion ab; der Frantzoͤſiſche Koͤnigl. Hoff aber, bliebe biß in dem Monath Februarii daſelbſt, und ſetzte ins Geheim die Conferentien mit dem Pi - mentel fort: nach dem aber, und weil Pimentel eine foͤrmlichere Vollmacht von Madrit erwar - tete, kehreten ſie alle wieder nach Paris. An die - ſem Orte hielte ſich Pimentel beſtaͤndig inco - gnito auf, und verfertigte mit dem Cardinal und Lionne die Præliminair-Articul des Friedens, unter welchen die Heurath Ludovici XIV. der principaleſte war. Als nun dieſe reguliret, ver - langte Pimentel einen Waffen-Stillſtand: der Cardinal, welcher hieraus den ſchlechten Zuſtand der Spanier judicirte, bedachte ſich nicht lange ſelbigen einzugehen, jedoch ſolte er nicht laͤnger als 2. Monath dauren; in welcher Zeit aber der Koͤ - nig in Spanien ſolte gehalten ſeyn, alles was durch den Pimentel abgehandelt worden, zu rati - ficiren. Bevor aber dieſe Ratification noch von Madrit zuruͤcke kam, begab ſich der Cardinal A. 1659. den 24. Junii auf die Reiſe nach dem Py - renaͤiſchen Gebuͤrge: in ſeiner Suite waren der Monſ. Pimentel, Duc de Crequy, der Staats - Secretarius de Lionne, Monſ. de Quiſé, der Graf Arcourt, der Marſchall Clerambaut, der Marſchall Ville-Roy, Monſ. de Ollone, derC c 4Mar -408EuropaͤiſchesMarſchall de la Meilleraye, nebſt ſehr vielen an - deren groſſen Herren aus Franckreich: ſeiner Live - rey Bedienten, waren hundert und funffzig, dar - unter vier und zwantzig Edel-Knaben, und eben ſo viel andere ohne Lieverey; die Garde du Corp be - ſtunde aus hundert Mann Cavallerie, und drey - hundert Jnfanterie: alle in Scharlachnen, mit dem Wapen des Cardinals geſtickten, und mit golde - nen und ſilbernen Galonen bordireten Kleidern. Anbey hatte er vier und zwantzig Maul - Thiere, acht Pack-Wagen, alle mit ſechs Pferden beſpannet, ſieben Caroſſen, und eine Quantitaͤt Hand-Pferde; mit dieſem Gefolge nahm er ſei - nen Weg uͤber Poictiers, und zwar durch einen langſamen Marſch: theils weil er von der Gicht incommodiret, theils auch weil die Ratification aus Spanien noch nicht ankommen war, welche er aber doch endlich unterweges erhielte.

§. 8.

Der Spaniſche Premier-Miniſter Don Lovis de Haro, war eben mit einem ſo groſſen Comitat von Madrit abgegangen, als der Car - dinal von Paris. Denn in deſſen Suite waren, der Hertzog Naxera Grand d Eſpange, und ſein Sohn, welcher auch ein Grand war, der Marquis de Mondejar ein Grand, der Graff de la Buela, der Graff de Lignarez, der Graff de Santo E - ſtavano Vice-Roy de Navarren, Don Manuel Heinriquez, Monſ. de Batteville, und viel an - dere. Seiner Liverey Bedienten aber, warennicht409Hoff-Ceremoniel. nicht ſo viel, auch nicht ſo praͤchtig gekleidet als des Cardinals; hingegen uͤbertraffen des Haro Hand - und Caroſſen-Pfeꝛde, des Cardinals ſeine bey wei - ten: wie auch die Garde du Corp zu Pferde, darun - ter ein jeder ein ſchoͤnes Spaniſches Pferd ritte, welches ſich ein Oberſter zu reiten nicht haͤtte ſchaͤmen duͤrffen, derer zwey hundert und alle in Cuiraſſen waren. Die andere Garde zu Fuß, von ein tauſend und zwey hundert Menſchen, war nicht ſonderlich praͤchtig; aber ſeine mit uͤberaus ſchoͤ - nen Maulthieren beſpannete ſechzehn Caroſſen waren deſto praͤchtiger: und gleichwie ſich jener in die Graͤntz-Stadt und Feſtung St. Sebaſtian einquartirete, alſo bliebe der Cardinal Mazarin in der Stadt St. Jean de Luz: an welchem Orte Pimentel und de Lionne beordert wurden, we - gen der Art, wie die Conferentien gehalten wer - den ſolten, mit einander zu conferiren.

§. 9.

Ehe wir aber zu der ordentlichen Erzeh - lung der daſelbſt obſervirten Ceremonien ſchrei - ten, ſo iſt zum Voraus zu melden, daß ſchon bey langen Zeiten, zwiſchen denen Cardinaͤlen und den Grands d Eſpagne ein Præcedentz-Steit ent - ſtanden, welcher unter ihnen den Vorzug haben ſolle. Dieſer nun wurde bey dieſem Friedens - Congreß auf das neue rege gemacht; Man ge - dachte ihme dadurch abzuhelffen, wenn man die Conferentien in einem dazu neu erbautem Hauſe vornehme, welches dergeſtalt eingerichtet wuͤrde:C c 5daß410Europaͤiſchesdaß deſſen halber Theil auf Spaniſchem, der an - der halbe Theil auf Frantzoͤſiſchem Gebiethe ſtuͤn - de, und alſo ein jeder der hohen Plenipotentiari - orum, bey der Conferentz gleichſam in ſeinem Vaterlande und zu Hauſe waͤre; allein man wur - de gewahr, daß dieſe ſonſt gute Invention und Intention noch nicht zulaͤnglich waͤre, dem Cere - monien-Streit gaͤntzlich abzuhelffen.

§. 10.

Zu dem Orte auf welchen gemeldtes Hauß ſolte erbauet werden, war die Jnſul Carit - te, auf dem Fluß Bidaſſao, der bey Fontara - bien in die See faͤlt, auserſehen. Dieſe Jnſul, welche man auch l Isle de l Hoſpital, heut zu Tag aber meiſtens die Conferentz - oder Faſanen - Jnſul zu nennen pfleget, welcher letztere Nahmen ihr auch ſonderlich in dem Pyrenaͤiſchen Friedens - Inſtrument gegeben: iſt ſchon An. 1528. dadurch beruͤhmet worden, daß ſie zu dem, zwi - ſchen Carolo V. und Franciſco I. vorzunehmen - dem Duell, aus welchen doch nichts wurde, deſti - niret geweſen: und wurde ſchon zu Zeiten des ge - meldten Duells dafuͤr gehalten, daß ſie gleich wie der Fluß Bidaſſao, (oder Vidoſſone) halb nach Spanien, halb aber nach Franckreich gehoͤrig ſey; ob gleich die Frantzoſen einen Sententz welchen die Graͤntz-Commiſſarii An. 1510. geſprochen, und dieſe Jnſul Franckreich gantz, gar, und alleine zuerkennet, vorzeigeten. Aber etliche zwantzig Jahr fuͤr dem Pyrenaͤiſchen Frieden, hatte Spa -nien411Hoff-Ceremoniel. nien ſich dieſelbe gaͤntzlich zugeeignet, und das rechte Ufer gedachten Flußes, fuͤr die Graͤntze zwi - ſchen Spanien und Franckreich gehalten; dan - nenhero man fuͤr der Conferentz, den Frantzoſen dieſe Jnſul wiederum halb zuerkennen, und ſelbige in zweyerley Jurisdiction theilen muſte: welches als es geſchehen, man ein Project des Confe - rentz-Hauſes verfertigte. Man wolte anfaͤng - lich ein viereckichtes Hauß, mitten in den Fluß auf eingeſtampte Pfaͤhle bauen, welcher Vorſchlag aber, wegen laͤnge der zu ſolchem Bau erforder - lichen Zeit, wieder verworffen wurde. Nachge - hends machte man, auf eine in der Gegend liegen - de Abtey, welche man fuͤr eine Domaine der Kir - chen, und dem Pabſt allein unterwuͤrffig hielte, Reflexion; weil ſelbige aber nothwendig dem Car - dinal den Vorzug fuͤr dem Don Lovis de Haro gegeben haͤtte: auch auf Frantzoͤſiſchen Gebiethe, und dem Spaniſchen Miniſter zu weit und nicht bequem lage; recuſirete ſelbiger dieſen Ort: bliebe alſo darbey, daß die Faſanen-Jnſul, welche faſt in gleicher Diſtantz von St. Jean de Luz, und St. Se - baſtian, nehmlich zwey Meilen entlegen war, das Terrain des zu erbauenden Conferentz-Hauſes wurde: und gaben die zwey Herren Plenipoten - tiarii einander reciproquement Declaratio - nes, in welchem ſie erkenneten und zugeſtunden, daß die gegen Abend liegende Helffte der Jnſul nach Spanien, die gegen Morgen liegende nachFranck -412EuropaͤiſchesFanrckreich, ſo lange der Friedens-Congreß dauren wuͤrde, gehoͤrig ſeyn ſolte.

§. 11.

Hierauf gab man Ordre das Hauß zu bauen, und zwar dergeſtalt, daß ſelbiges juſte - ment in die Mitte der Jnſul geſetzet wuͤrde: ſo daß der eine Theil deſſelben auf Spaniſchen, der an - dere auf Frantzoͤſiſchem Gebiethe ſtuͤnde; es wur - den auch von beyden Seiten Bau-Commiſſarii ernennet, und zwey hundert Menſchen zu dem Bau emploiret. Von beyden Seiten wurden Schiff-Bruͤcken oben mit einem Dache verferti - get, an denſelben waren Saͤle fuͤr die Gardes - Corps und Trabanten, und an dieſem Saͤlen drey Anti-chambres fuͤr die Hoff-Officiers und Bedienten: aus der letzteren oder vornehmſten derſelben, gieng man in den Conferntz-Saal, welcher acht und vierzig Schuch lang, vier und zwantzig breit, und zwantzig hoch, in der Mitten des Getaͤffels aber eine Linie war, durch welche das Spaniſche Gebiethe von dem Frantzoͤſiſchen bemercket wurde. Unter dieſer Linie ſtunde ein maͤßiger viereckichter Tiſch, halb auf jener, halb auf dieſer Seiten, und beyderſeits zwey Stuͤhle àbras: welcher Tiſch und Stuͤhle fuͤr die zwey Koͤnige, die, wie wir weiter hoͤren werden, dahin kamen, zubereitet war. Denn in der Conferentz der beyden Miniſtrorum ſelbſt, waren zwey Stuͤhle geſetzet, einer auf der Spaniſchen, der an - dere auf der Frantzoͤſiſchen Seite: und zwar aufzwey413Hoff-Ceremoniel. zwey ausgebreitete Teppiche von unterſchiede - nem Muſter. Nebſt dieſen Stuͤhlen ſtunde rech - ter Seiten ein kleiner Tiſch, und auf demſelbigen ein Schreib-Zeug, und ware alles in einer voll - kommenen Gleichheit. An dieſem Saale Mit - ternacht-werts, waren zwey Cabinets, in wel - che man ſich nach Gelegenheit retiriren kunte: zu Ende des groſſen Conferentz-Saales, war noch ein Sallon in Form eines ungleichen und verſtuͤm - melten Triangels, fuͤr die Herren Coloma und Lionne, welche das Amt der Secretarien ver - walteten, und dann eine galerie der Communi - cation. Der uͤbrige Raum der Jnſul, welcher von dem Gebaͤude nicht war eingenommen wor - den, wurde auf Inſtantz des Don Louis de Haro, juſt in der Mitten mit Bretern verſchlagen, et - wan ein hundert und ſechzig Fuß lang: damit die Spanier und Frantzoſen nicht ſolten koͤnnen zu - ſammen gehen, und etwan Ungelegenheit anfan - gen; wiewohl man meinet, es habe Don Louis de Haro ſolches deswegen verlanget und thun laſſen, damit man nicht ſeinen wenigen und ſchlechten Train, welchen er in regard des Cardinals hatte, mercken ſollen.

§. 12.

Als man nun dieſes Hauß den 5. Au - guſti zu bauen anfinge, wurde die Spa - niſche Seite von Spaniern, die Frantzoͤſiſche von Frantzoſen erbauet. Denn ob gleich Louis de Haro den gantzen Bau alleine uͤber ſich zuneh -414Europaͤiſchesnehmen willens, wolte doch der Cardinal nicht darein willigen; weil es daß Anſehen haben wuͤr - de, als kaͤme der Cardinal in des Don Louis de Haro Hauß, die Conferentien zu halten: welches weil die Jnſul fuͤr neutral erklaͤret worden war, dem Cardinal einiges Nachtheil zuziehen konte. Sendete demnach der Cardinal zu dem Ende, auch viertzig Zimmer-Leute dahin, umb uͤber der Bruͤcken und dem Conferentz-Saale unauf - hoͤrlich zu arbeiten: gab ihnen auch den Sieur de Chouppes und de Sevigny als Bau-Directo - res und Inſpectores mit, mit Ordre, daß ſie mit des Don Louis de Haro Bau-Leuten, uͤber den Bau fleißig conferiren, und unter einander ein - ſtimmig ſeyn ſolten. Es wurden auch von dem Cardinal zwantzig Wagen mit Brettern und an - derem Holtz-Werck hingeſendet, und ſolte der Bau ſo geſchwinde fertig werden, daß der Cardi - nal meinete, und an den Monſ. Tellier berich - tete, daß er den fuͤnfften Tag wuͤrde die Confe - rentz darinnen anfangen koͤnnen.

§. 13.

So bald der Bau fertig, war man be - muͤhet die Zimmer, ſonderlich aber den Confe - rentz-Saal zu meubliren, und zwar ein jeder Theil, die eine Helffte des Zimmers: ſo daß ſelbi - ges mit zweyerley Tapiſſerien ausgeziehret wur - de. Mazarin tractirete dieſes und andere bey - laͤuffige Dinge, nur en bagatelle, meinende, daß weder ſeiner, noch des Don Louis de Haro Re -pu -415Hoff-Ceremoniel. putation deswegen etwas nachtheiliges zuſtoſſen, oder es einem unter ihnen einem Vorzug geben wuͤrde, wenn etwan einer reichere und praͤchtigere Meublen haͤtte als der andere; ja er erklaͤrte ſich ſo muͤndlich als ſchrifftlich, daß wenn er nur wuͤſte daß er der Chriſtenheit, eine eintzige Viertelſtun - de den Frieden eher, als man hoffete, zu wege brin - gen koͤnte, er umb ſelbigem keine Verzoͤgerung zu machen, ſeine Seiten des Conferentz-Saales lieber gantz bloß, und die puren Bretter ſichtbahr laſſen wolte. Jnzwiſchen wurden doch gleich - wohl die Zimmer ausmeubliret, und hat man wahrgenommen, daß dißfals der de Haro dem Cardinal an Magnificentz uͤbertroffen. Denn des Spaniſchen Plenipotentiarii Gemaͤcher und Seite des Conferentz-Saales, waren mit vier - eckichten Tapeten behangen, derer Boden von Carmoſin-Sammet und breiten goldenen Bro - derien, und in der Mitten das Wapen des Don Louis de Haro geſtickt zu ſehen war. Anbelan - gende des Cardinals Apartement und Seite des Conferentz-Gemaches, ſo war ſonderlich dieſes letztere mit einer zwar gar ſchoͤnen, jedoch ſchon etwas alten Tapiſſerie geſchmuͤcket: auff welcher die Apoſtel-Geſchichte gewuͤrckt zu ſehen waren, und ſelbige ehemahlen dem Monſieur Bellievre zuſtaͤndig geweſen. Jn dieſem zwar von auſſen ſchoͤn uͤberzogenen, aber doch hoͤl - tzernen Hauſe, wurde nun ein Papierner Frie -de416Europaͤiſchesde gemacht, welcher keinen ſolidern Grund hatte, als das Gebaͤude ſelbſt; dannenhero auch ſo eines als das andere nicht lange dauren und beſtehen koͤnnen.

§. 14.

Der erſte und wichtigſte Ceremonien - Streit, entſtunde wegen der erſten Viſite. Weil nun der Cardinal Mazarin ſpaͤter als Don Louis de Haro ankommen war; ſo wei - gerte ſich dieſer eben nicht ſonderlich jenem die erſte Beſuchung abzuſtatten: wie er denn all - bereit an den Cardinal geſchrieben und Ver - ſicherung gegeben hatte, daß wenn die Gicht den Cardinal noch ferner incommodiren ſolte, er kein Bedencken tragen wuͤrde, ihn ſo gar in Bayonne und alſo auf Frantzoͤſichen Boden zu beſuchen; jedoch weil man zu Madrit etwan ſich dieſe Hoͤfflichkeit des de Haro mißfallen laſſen moͤchte, hatte er deswegen an den Koͤnig geſchrieben: verſicherte aber den Cardinal, daß er Morgen auf den Abend daruͤber eine Antwort, welche ſeinem Vorſatz nicht contrair ſeyn wuͤrde, erwartete; Er erklaͤrete ſich auch anbey, daß weil der Cardinal dem Louis de Haro in ſeinem eige - nen Qvartier nicht die Stelle geben wolte, der Cardinal ſich bey der erſteren Viſite als ein Pa - tiente im Bette befinden moͤchte. Allein es wa - ren keine Verſicherungen des Don Louis de Haro, daß er dem Cardinal dem Pas cediren, und ihm beſuchen wolte; maſſen die Abſtattung dieſer erſte -ren417Hoff-Ceremoniel. ren Viſite von Zeit zu Zeit verſchoben bliebe. Denn es wolte der Don Louis de Haro, wenn er die er - ſtere Viſite bey dem Cardinal ablegen wuͤrde, abſolut haben, daß man ihm die erſtere Stelle zu - geſtehen ſolte, des ſich aber der Cardinal weigerte; und dafern er den Cardinal wuͤrde zu erſt beſu - chet, und den Rang uͤber ihn erhalten haben, ſo ſolte alsdenn der Cardinal bey der Reviſite ver - gnuͤget ſeyn, daß ihn der Don Louis de Haro im Bette empfinge: daruͤber ſich der Cardinal in ei - nem an den Lionne addreſſirten Schreiben ſehr beſchwerete, und ſich erklaͤrete; daß es ihm ſehr empfindlich, daß de Haro ſich mit dieſen Baga - telles amuſirete: da doch der Cardinal umb bald zu dem Soliden zu ſchreiten, dem de Haro lieber die Præcedentz einraͤumen, ja gar mit einem ein - tzigen Bedienten in der Conferentz ohne alle Ce - remonie erſcheinen wolle, wenn nur der Frieden dadurch beſchleiniget wuͤrde; im uͤbrigen aber waͤ - re man ja in denen zu Paris gemachten Prælimi - narien dißfals ſchon einig worden: auch der gan - tzen Welt bekandt, was fuͤr ein Rang und Vor - zug denen Cardinaͤlen in Deutſchland, Franck - reich und Jtalien, fuͤr andern zugeſtanden wuͤrde. Allein weil dieſe zwey groſſe Miniſter uͤber dem Ceremoniel der erſten Viſite nicht kunten einig werden, bliebe ſelbige nachgehends gaͤntzlich aus - geſetzt.

D d§. 15. Die418Europaͤiſches

§. 15.

Die erſte Zuſammenkunfft dieſer zwey hohen Plenipotentiariorum, geſchahe endlich den 13. Auguſti 1659. fuͤr Mittage, mit folgen - den Ceremonien. Der Cardinal gieng von St. Jean de Luz nach der Conferentz-Jnſul, mit dreyßig Caroſſen mit Sechſen beſpannet, welche alle mit vornehmen Frantzoͤſiſchen Adel erfuͤllet waren: die drey hundert Mann Gardes zu Fuß, wie auch die zu Pferde, nahmen ihr Poſto bey An - fang der Bruͤcken in Form einer Battallion, auf der andern Seiten (der Bruͤcken) waren die Ca - roſſen und Pages rangiret, die uͤbrigen Perſonen zu Pferde, beſetzten das Ufer des Fluſſes; und ſahe man die Jnſul dißſeits mit lauter in Gold und Silber gekleideten Leuten glaͤntzen, welches alles die Spanier mit groſſer Begierde und Verwun - derung betrachteten. Der Spaniſche Plenipo - tentiarius kam jenſeits des Ufers auch mit ſeiner Eſcorte an, welcher aber nicht mit ſolcher Pracht, als die Frantzoſen, erſchiene; unerachtet deſſen Ca - valliere mit vielen Diamanten prangeten, und er ein gantz Regiment zu ſeiner Garde-Corps bey ſich hatte: es war auch die Situation etwas Schuld daran, daß die Frantzoſen mehr Parade machen kunten als die Spanier: weil die Seite der Spa - nier, durch die daran ſtoſſende Berge uneben und enge gemacht wurde. Der Cardinal erſchiene nun etwas eher auf der Conferentz-Jnſul, als Don Louis de Haro. er verweilete ſich aber auf ſelbi -ger419Hoff-Ceremoniel. ger ſo lange, biß der Spaniſche Miniſtriſſimus in das Conferentz-Hauß gegangen ware; wor - auf der Marquis de Lionne, und Don Antonio Pimentel kamen, und den Cardinal in ſein Apar - tement fuͤhren halffen, weil er noch nicht allzu wohl zu Fuſſe ware. So bald beyde Miniſter ein - ander in dem Conferentz-Saale anſichtig wur - den, eilete gleichſam einer zu dem andern, embras - firten ſich mit aller Civilité und Tendreſſe: und wollen einige gar melden und angemercket haben, daß beyden die Augen voll Waſſer geſtanden. Sie occupirten darauf ein jeder ſeinen Stuhl, und nachdem ſich alle Cavalliers aus dem Con - ferentz-Saale retiriret, und beyde gantz alleine waren; fingen ſie die erſte Conferentz an, welche vier Stunden und ein Viertel daurete, (von wel - cher Laͤnge der Zeit faſt die uͤbrigen auch alle ge - weſen, einige auch fuͤnff gantzer Stunden ge - dauret) zeichneten ein jeder dero remarques in bey ſich habende Tabletten. So bald ſie einen Articul des Friedens zu Ende gebracht, uͤbergaben ſie ſelbigen den zweyen Unter-Etats - Miniſtern, dem Petro Coloma und dem Marquis de Lion - ne, ins reine zu bringen, und in das Protocoll ein - zuregiſtriren: welches ſie auch ſo gleich in dem Sal - lon neben dem Conferentz-Zimmer verrichteten. Deñ dieſe zwey waren die einigen, den hohen Prin - cipal-Plenipotentiariis zugeordnete Perſonen, welche von deme was tractiret worden, und nochD d 2fer -420Europaͤiſchesferner tractiret werden ſolte, Wiſſenſchafft hat - ten; wie denn der Cardinal allemahl den Lionne, der Louis de Haro aber den Coloma, bevor ei - ne neue Conferentz gehalten werden ſolte, uͤber den zu tractirenden Articuln zu Rathe gezogen. Bey dem Beſchluß dieſer erſten Conferentz, lieſ - ſen beyde Herren Plenipotentiarii den vornem - ſten Adel in ihrer Suite in das Zimmer kom̃en, und præſentireten dieſelben einander; da denn die von der Spaniſchen Seiten den Cardinal, die von der Frantzoͤſiſchen Seiten den Louis de Haro gruͤſſe - ten, und ſich den Miniſtern, auch beyde Theile un - ter ſich ſelbſt bekandt macheten. Der Cardinal hatte Ordre gegeben, daß kein eintziger von ſeiner Suite ſich in das Qvartier der Spanier begeben ſolte, aus Furcht, daß ſeine leichtſinnige und luſtige Frantzoſen ſich nicht etwan uͤber den Humeur und Port der Spanier moquireten, und dadurch ein Theil mit dem andern in Unvernehmen gerie - the. Man weiß nicht eigentlich ob Louis de Haro ſeinen Spaniern auch verbothen haben mag, oder nicht, auf die Seiten der Frantzoſen zu gehen: dieſes aber weiß man gewiß, daß die Spa - nier die erſten geweſen, welche ſich zu denen Fran - tzoſen heruͤber begeben, von welchen ſie mit aller zu erdencklichen Hoͤfflichkeit empfangen worden. Worauf die Frantzoſen von den Spaniern auf das inſtaͤndigſte gebethen und genoͤthiget worden, die Spanier auch in ihrem Qvartier zu beſuchen:Und421Hoff-Ceremoniel. Und als ſolches geſchehen, ſind dieſe von jenen ebenfals mit der groͤſten Civilité und Ehren-Be - zeugungen angenommen und dimittiret worden; wie denn der Cardinal, in ſeinem an den Monſ. de Lionne abgelaſſenen Schreiben, die reciproque Freundſchafft und Hoͤffligkeit der Spanier und Frantzoſen, nicht genugſam herauszuſtreichen weiß: auch anbey ruͤhmet, daß nicht nur ein auf - richtiger Frieden, ſondern auch noch dieſes zu hof - fen, daß die bißherige Antipathie zwiſchen dieſen beyden Nationen, in eine parfaite Sympathie werde verwandelt werden; indem ſo gar auch die Kuͤchen - und Pferde-Jungen einander hoͤflich tra - ctireten. Und es ſcheinet zu unſern Zeiten, daß Mazarin geweiſſaget, weil, was er damahlen pro - phezeyet, heut zu Tage halb und halb erfuͤllet wor - den iſt. Den Tag nach dieſer Conferentz, be - gab ſich der Marquis de Lionne nach Andaye, einen Flecken nahe bey der Stadt Fuentarabia, allwo er ſich mit dem Spaniſchen Etats-Secreta - rio Coloma unterredete, und den verglichenen Articul voͤllig ins reine bꝛachte: auch zugleich abge - redet wurde, daß ſie beyde Wechſels weiſe einan - der in ihrem Qvartieren beſuchen und conferiren wolten.

§. 16.

Die andere Conferentz wurde den 16. Auguſti gehalten, und wehrete faſt fuͤnff Stun - den: in wehrender Zeit derſelben ließ der Cardinal (gleichwie er auch allemahl gethan) denen Spa -D d 3niſchen422Europaͤiſchesniſchen Cavalliers ein ſo genentes Ambigu, nem - lich Confituren mit eingeſchobenen Speiſen, an - præſentiren. Die Tafel war auf fuͤnff und zwan - tzig Perſonen und dabey ſehr magnific angerich - tet, bey welcher ſich die Spanier ſehr wohl befun - den und luſtig macheten. Jn der darauf folgen - den dritten Conferentz gaben die Spanier denen Frantzoſen Revange, und ſetzeten denen Frantzo - ſen in groſſen ſilbernen ziehrl. vergoldeten Schuͤſ - ſeln koſtbahre Confituren, aber keine Speiſen vor: die Freundſchafft wurde dieſes mahl unter beyden Nationen dermaſſen groß, daß bey nahe eine Confuſion entſtanden, und das Sprichwort, Amor vinumque nihil moderabile ſuadent, mit einem ſolennen Exempel waͤre beſtaͤtiget wor - den; dañenher ſich die zwey Miniſter, umb aller Di - ſordre voꝛzubeugen, genoͤthiget funden, zwey Gaꝛ - des Frantzoſen an das Thor des Apartement des Don Louis de Haro, u. wiederumb zwey Gardes Spanier an das Thor des Cardinals zu poſtiren: damit jene die Frantzoſen, dieſe die Spanier, wenn eine oder die andere Partie in ein fremdes Qvar - tier eindringen wolte, abhielten: und niemanden als den Perſonen von Conſideration frey ſtuͤnde, ſich nach Belieben aus einem Qvartier in das an - dere zu begeben, und ſich zu divertiren. Der Cardinal ruͤhmete, daß dieſe Collations einen gu - ten Effect nach ſich zoͤgen, und daß dieſes was Reel mit demjenigen was ſuperficiel, angenehmver -423Hoff-Ceremoniel. vermiſchet wuͤrde: ſeine expreſſen Worte an den Monſ. Tellier ſind dieſe: Ainſi vous voyez, que les grandes Affaires, qui ſont ſur le Tapis, n empechent pas tous ces Meſſieurs de ſe re - jouir.

§. 17.

Jn der dritten, den 19. Auguſti gehal - tenen Conferentz, hat man, was das Ceremoniel angehet, nichts beſonders zu mercken, auſſer de - me: daß da der Don Louis de Haro beſtaͤndig in allen Conferentien Spaniſch, der Cardinal hin - gegen auch à l ordinair Jtaliaͤniſch (vielleicht weil er ein Jtaliaͤner von Geburth, und ſich in die - ſer Sprache am deutlichſten zu expliciren gewuſt, oder auch weil er ein Cardinal, und folgendlich eines der vornehmſten Glieder der in Jtalien ge - gruͤndeten Catholiſchen Kirchen ware) geredet, er dennoch in dieſer Conferentz meiſtens ſich der Spaniſchen Sprache bedienet.

§. 18.

Die uͤbrigen Conferentien, derer alle zuſammen fuͤnff und zwantzig geweſen, ſind alle hier angefuͤhret zu werden, nicht noͤthig: weil derer viele gehalten worden, an welchen das Ceremoniel keinen Theil gehabt; dannenhero man nur aus allen fuͤnff und zwantzigen dasjenige, was zu un - ſerem Vorſatz dienlich, melden, den geneigten Leſer aber, ſo er die Merita cauſæ dieſes Friedens wiſſen will, zu dem Inſtrumento Pacis dieſes Frieden - Schluſſes, und zu den Autoribus, welche ſel - bigen umbſtaͤndlich beſchrieben, verweiſen wird.

D d 4§. 19. Die424Europaͤiſches

§. 19.

Die groͤſte und wichtigſte Materie der vierdten Conferentz war, wegen der Heurath der Infantin mit dem Koͤnige Ludovico XIV, und weil dieſe das eintzige Fundament des Py - renaͤiſchen Friedens ſeyn ſolte, ohne welches ſelbi - ger nicht wuͤrde zu Stande kommen ſeyn: ſo kam bald anfangs die Frage fuͤr, wegen der Renun - ciation, welche ſo wohl die Infantin, als auch der Koͤnig in Franckreich thun ſolten; der Cardinal inſtruirte deswegen durch ein Schreiben den Lionne, daß da Franckreich an Spanien ſo viel Conqueſten reſtituirete, es ungeraͤumt ſeyn wuͤrde, daß man die Hoffnnng und das Erb - Recht hoͤchſtgemeldter Infantin auf die groſſe Spaniſche Monarchie, durch eine bloſſe Renun - ciation ſolte fahren laſſen; zu mahlen (wie der Cardinal vorgab) der Don Louis de Haro den Monſ. Pimentel nach Lion geſendet haͤtte, die Heurath der Infantin zu proponiren: in welcher Propoſition aber damahlen von einer Renunci - ation nicht daß mindeſte gemeldet worden. Die - ſe Meinung nun des Cardinals gegen dem Lion - ne, trachtete auch dieſe Eminentz in dieſer vierdten Conferentz nach allen Kraͤfften zu behaupten, ge - gen dem Don Louis de Haro erwehnende: Daß hinfuͤhro niemand mehr ſo ſehr, als der Koͤnig in Franckreich, obligiret ſeyn wuͤrde, der Infantin Intereſſe zu befoͤrdern: und weil der Ludovicus XIV. ſo viel ſchwere und ihm nachtheilige Pun -cte,425Hoff-Ceremoniel. cte, umb die Infantin zu ſeiner Gemahlin zu ha - ben, und den Frieden zu beſchleinigen, gar leichte waͤre eingegangen, und ſein beſtes Intereſſe haͤtte fahren laſſen; waͤre ſolches in keinem andern als dieſen Abſehen geſchehen, die Infantin ohne einige Renunciation zu heurathen, glaubete demnach Mazarin: daß ſich niemand wuͤrde einbilden koͤn - nen, daß ſein Koͤnig bloß umb der Heurath alleine ſich ſo vieler Vortheile begeben, wenn er nicht auch zugleich auf das Erb-Recht der Infantin zugleich Reflexion gemacht, und umb dieſer conſequentz der Heyrath ſo prompt geweſen, ſein gegenwaͤr - tiges Intereſſe zu negligiren. Denn im fall ſchon (fuhr der Cardinal zu reden weiter fort) hochge - dachte Infantin die groͤſte Partie von Europa waͤre, ſo waͤre hingegen der Koͤnig in Franckreich ihr nicht ungleich; denn ob zwar der Frantzoͤſiſche Koͤnig kein Kayſer: ſo waͤre doch die Kayſerliche Wuͤrde etwas gar unbeſtaͤndiges, und nicht im - mer auf einer Familie hafftendes: ja es waͤre all - zugewiß, daß ſich der Kayſer fuͤr denn allergluͤck - ſeligſten Printzen in der Welt achten wuͤrde, im fall er nur ſein Kayſerthum mit Spanien oder Franckreich verwechſeln koͤnte. Es iſt bey dieſer von dem Cardinal gethaner Propoſition und Remonſtration, zweyerley wohl anzumercken.

  • 1. Wie ſchwer es dem Koͤnig in Franckreich, und dem Cardinal eingegangen, bey derD d 5Heu -426EuropaͤiſchesHeurath der Infantin auf Spanien zu re - nunciren.
  • 2. Daß die vorgebrachten Argumenta des Cardinals nicht vera ſondern nur appa - rentia geweſen, welche Qualitaͤt er ihnen in ſeinem an dem Monſ. Tellier geſchrie - benen Brieff ſelbſt beyleget: und dieſes letz - tere iſt auch wahr, maſſen wohl nimmer - mehr zu præſupponiren, daß ein Roͤm. Deutſcher Kayſer mit der Koͤniglichen Spaniſchen oder Frantzoͤſiſchen Monarchie, ſo wenig, als etwan ein duͤrfftiger Cardinal ſeinen eminenten Stand mit einem rei - chen Biſchoffthum, oder ein nicht allzu - maͤchtiger Churfuͤrſt, ſeine Churfuͤrſtliche Prærogative mit einem maͤchtigern Fuͤr - ſten als er iſt, vertauſchen werde. Daß aber einem Kayſer, zugleich nebſt dem Kay - ſerthum, der Beſitz von Spanien oder Franckreich wohl anſtehen: oder auch Spanien oder Franckreich gerne ſehen moͤchten, nebſt ihrem Koͤnigreichen die Kay - ſer-Wuͤrde und Præeminentz zu beſitzen, wer wolte daran zweifeln?

§. 20.

Als man nun etwan in der fuͤnfften und ſechſten Conferentz, die Heuraths-Articul abge - handelt, ſo waren die beyden Herren Plenipoten - tiarii beſorget,

1. Mit427Hoff-Ceremoniel.
  • 1. Mit was fuͤr einem Ceremoniel man den Conſens der Spaniſchen Infantin, und ihres Herren Vaters des Koͤniges einhoh - len, wer dieſe Function uͤbernehmen, zu welcher Zeit, und auf was fuͤr eine Art der Ambaſſadeur dahin gehen ſolte?
  • 2. Ob der Koͤnig Philippus IV. auch ſeine Printzeßin, biß an das Pyrenaͤiſche Ge - buͤrge auf die Conferentz-Jnſul, in hoͤchſter Perſon begleiten,
  • 3. Was fuͤr ein Termin zu Vollziehung dieſer Heurath ausgeſetzet werden ſolle?

§. 21.

Was das erſtere anbetrifft, ſo erwehn - te der Cardinal, daß ſein Koͤnig entſchloſſen eine Perſon de qualité nach Madrit zu ſenden: darauf aber Don Louis de Haro antwortete, daß dieſe hinzuſendende Perſon doch nicht geringeren Standes als ein Duc ſeyn koͤnte: man machte demnach anfangs Reflexion auf den Grafen Soiſſon, des groſſen Kayſerlichen General - Lieutenants und Heldens Eugenii Herrn Va - ter. Weil aber dieſer Herr prætendirete (auch prætendiren kunte, maſſen er nicht nur von muͤt - terlicher Seiten ein naher Verwandter des Hau - ſes Bourbon war, ſondern auch ſeinem Herrn Vater Thomæ Franciſco dieſer Titul in Spa - nien ſchon ehemahlen ware zugeſtanden worden) daß man ihm in Spanien den Titul d Alteſſege -428Europaͤiſchesgeben ſolte, deſſen ſich aber die Grands d Eſpa - gne weigerten; ſo wurde er dieſer Verrichtung uͤberhaben, und ſelbige dem Marſchall Duc de Grammont, welcher einer der ſplendideſten Herren, die damahlen lebeten, nicht nur in Franck - reich, ſondern bey nahe in Europa war, zuerken - net. Es offerirete ſich zwar der Cardinal ge - gen dem Don Louis de Haro, dieſe Rciſe nach Madrit ſelber zu uͤbernehmen; allein dieſer wieder - riethe es dem Cardinal umb einiger Apparence wegen, welche der Koͤnigliche Rath zu Madrit nicht leichtlich accordiren moͤchte; bliebe es dem - nach bey dem Marſchall und Duc de Gram - mont, ſonderlich auch darumb: weil ein weltlicher Printz, nehmlich der Hertzog von Lothringen, Charles, Duc von Mayenne genennet, A. 1612. nach Madrit als Extraordinair-Ambaſſadeur von Franckreich, die Heurath zwiſchen Ludovico XIII. und der Infantin Anna zu vollziehen, ware geſendet worden: Und ob gleich der Duc de Gram - mont nicht eben von einem ſo conſiderablen Hauſe als der Duc de Mayenne geweſen; ſo war er doch gleichwohl Duc und Pair de France, und redete en perfection Spaniſch, wodurch er ſich umb deſto angenehmer bey dem Koͤnige in Spa - nien und der Infantin machen koͤnte. Als man nun mit der Perſon, welche nach Madrit geſendet werden ſolte, richtig war, entſtunde ein neuer Zwei - fel uͤber der Zeit, in welcher der Duc de Gram -mont429Hoff-Ceremoniel. mont ſeine Reiſe antreten ſolte. Denn ob man gleich ſchon in der ſechſten Conferentz reſolvi - ret hatte, dieſen Herrn zu depeſchiren: ſo wurde doch allererſt in der eilfften Conferentz exami - niret, ob ſeine ſo geſchwinde Abreiſe auch practi - cable: denn er ſolte doch biß ein hundert und vier - tzig Perſonen bey ſich haben, darunter vier und zwantzig Cavalliers, achtzehn Pages, und acht - zehn Laqvays mit gerechnet waren; Hierzu nun ſol - te Don Louis de Haro ſechs und zwantzig Maul - Thiere nach Iron, der Cardinal aber ſechs Caroſ - ſen procuriren, die Equippage aber der Duc de Grammont in einem Monath ſich dazu anſchaf - fen. Weil nun der Termin zu Verfertigung die - ſer letzteren allzu kurtz abgemeſſen war: verzoͤgerte es ſich biß zu der vierzehenden Conferentz, in welcher Don Louis die Abreiſe ſehr presſirete, und von der favorablen Reception des Duc de Grammont in Madrit viel Gutes verſprache. Weil nun beyden, den Cardinal und de Haro dar - an gelegen ware, die Ausbittung der Infantin zu beſchleinigen: maſſen ſelbige nicht nur das Funda - ment des gantzen Friedens, ſondern auch Ludo - vicus XIV. nachdem man ihme die Qualitaͤten der ſchoͤnen und angenehmen Infantin beyge - bracht, ſelbige bald zu ſehen und zu embrasſiren ſehr begierig, vier hundert Frantzoͤſiſche Lieues ih - rentwegen allbereit gereiſet: und der Cardinal in Furchten war, daß wenn etwan dieſes Wercknicht430Europaͤiſchesnicht beſchleuniget wuͤrde, der Confident unge - duldig werden, und mit des Cardinals Muhme neue Intrigues anfangen moͤchte; ſo gieng erſt nach der funffzehenden Conferentz, den 28. Se - ptember der Duc de Grammont aus dem Qvartier des Mazarin nach Iron: jedoch unter expreſſer, von dem Cardinal ihme durch den Lionne zu inſinuirender Condition, daß er von dieſem Orte nicht eher weiter avanciren ſolte, bevor es ihme von ihro Eminentz waͤre injungi - ret worden. Aber den letzteren September ſendete der Cardinal einen Edelmann an den Marſchall de Grammont, und ließ ſelbigen er - ſuchen wieder zuruͤcke zu kommen, und Tages dar - auf das Mittags-Mahl mit ihme einzunehmen; denen in Iron bey ſich habenden Domeſtiquen und Volontairs aber zu inſinuiren, daß ſich kei - ner unterſtehen ſolte, etwan die Reiſe nach Ma - drit zum Voraus und in des Marſchalls Abweſen - heit zu continuiren. Woruͤber als es der de Haro erfuhre, er ſich bekuͤm̃erte Gedancken machte, bald aber gewahr wurde, daß nichts anders daran Schuld, als daß de Haro in dem Project, welches er, die Reſtitution des Printzens von Condé be - treffende, gemacht, demſelben alle Titulaturen beygeleget, welche er gehabt, bevor er die Partie gegen den Koͤnig ergriffen. Dieſes war, nach Bericht des Cardinals an den Monſ. Tellier, dem Koͤnig in Franckreich, deſſen Frau Mutter,dem431Hoff-Ceremoniel. dem Etats-Rathe ſo ſcandaleux vorkommen: daß man dem Cardinal Ordre zugeſendet, ſich, im fall Don Louis de Haro dieſe Titulatu - ren nicht aͤndere, von der Conferentz-Jnſul zu re - tiriren: und das gantze Friedens-Werck abzubre - chen; Weil aber Don Louis ſein Project nachge - hends aͤnderte, und den Cardinal nochmahlen inſtaͤndig erſuchte, daß er doch den Duc de Gram - mont wolle von Iron aufbrechen, und ſeine Reiſe nach Madrit beſchleinigen laſſen; ſo gieng der Duc de Grammont auch endlich den 3. Octob. nach Schlieſſung der ſiebenzehenden Conferentz, von ſeinen Iron weg nach Madrit: da ihn zuvor Don Louis de Haro verſichern laſſen, daß er da - ſelbſt ſehr gnaͤdig und mit allen Ehren-Bezeugun - gen wuͤrde empfangen werden, und zwar derge - ſtalt: daß ihn der alleranſehnlichſte an dem Spa - niſchen Hof, nemlich der Amirante von Caſtilien empfangen wuͤrde. Nun ware noch uͤbrig ab - zuthun: mit was fuͤr einer Gelegenheit der Fran - tzoͤſiſche Ambaſſadeur ſeine Reiſe verrichten ſolte, und weil die Zeit kurtz, auch der Winter je laͤnger je naͤher anruͤckete; ſo wurde man ſchluͤßig, daß er mit der Poſt dahin abreiſen moͤchte, welches et - wan ſo viel bedeuten ſolte, als daß dieſe Reiſe ohne Ceremonie und ſonder magnifique Equippage ſolte vollendet werden. Weil nun aber dieſe Poſt, wie wir ſchon gemeldet, mit Maul-Thieren beſpannet wurde, ſo gieng ſelbige nicht allzu hur -tig;432Europaͤiſchestig; maſſen er gantzer vierzehn Tage, nemlich vom 3. biß 16. October biß Madrit unterwegens zubrachte. Auf ſeiner Reiſe wurde er allenthalben mit extraordinairen Ehren angenommen und be - willkommet, zu Burgos, der Haupt-Stadt in Alt-Caſtilien, gieng ihm der Stadt-Rath eine gantze Meile entgegen, daſelbſt wurde er auch magnific regaliret, und ihm zu Ehren Stier-Ge - fechte und Comoͤdien gehalten: und ein gleiches geſchahe faſt auf Ordre des Koͤniges von Spa - nien, in allen vornehmen und groſſen Staͤdten welche er pasſiren muſte, und in welchen er ſich aufhalten kunte oder wolte. Den 16. Octobr. wel - ches der Tag nach St. Hedvvigis iſt, arrivirete er zu Alcobonda, und bald darauf zu Mandez einem etwan eine Viertel-Meile von Madrit ge - legenem Dorffe, allwo ihn ſeine voraus geſendete Bagage etliche Tage erwartet hatte. Hier fand er einen General-Lieutenant der Poſt, ſechs Mai - tres des Couriers, und acht Poſtilions nebſt vier - tzig Pferden, welche ihm der Koͤnig in Spanien entgegen geſendet. Weil dieſes nun Poſt-Pfer - de waren, oder doch wenigſtens fuͤr ſolche pasſiren muſten; ſo hielte der Duc de Grammont dafuͤr, daß es ihme als einem Ambaſſadeur eines jun - gen und verliebten Koͤniges, wohl anſtehen wuͤr - de, wenn er in vollem Galop in und durch die Stadt Madrit, biß an den Koͤniglichen Pallaſt ritte: welches auch, und zwar in folgender Ord -nung433Hoff-Ceremoniel. nung geſchahe. Zu Anfang ritte ein Lieutenant der Poſt, dann die ſechs Maitres des Couriers, nach ihnen die acht Poſtillons in Satin-Roſen - Farbenen Roͤcken mit Silber reichlich chamarri - ret; nach ihnen kam der General-Lieutenant der Poſten, und ſo dann der Duc de Grammont gantz alleine, hinter ſich in guter Ordnung ſeine Cavalliers und andere Bediente habende. Als er in den Koͤniglichen Pallaſt eingeritten und ab - geſtiegen war, wurde er unten an der Stiegen von dem Conneſtable von Caſtilien empfangen, und ſo gleich zu der Audientz bey dem Koͤnige, der Koͤ - nigin, und der Infantin gefuͤhret, von allen mit hoͤchſter Freundlichkeit empfangen: und ſo dann den 20. Octobr. in einen praͤchtig aufgeputzten Pallaſt logiret und magnifiquement bedienet. Etwan vierzehn Tage darauf, brachte ihm der Etats-Secretarius Ferdinand de Contreras das Ja-Wort und die Abfertigung: welches der Koͤ - nig hernach bey ertheilter Abſchieds-Audientz ſelbſt muͤndlich wiederholete, und ihme eine Dia - mantene Hut-Schnure von hohen Werth ver - ehrete; die Koͤnigin und Infantin, nunmehro wuͤrckliche Braut des Ludovici XIV. dimitti - reten ihn auch mit groͤſter Freundlichkeit.

§. 22.

Die andere bey dieſer Heurath vorfal - lende Beſorgung wegen des Ceremoniels, be - ſtunde, wie zu Anfang des vorſtehenden §. 20. erwehnet worden, darinnen; Ob der Koͤnig Phi -E elip -434Europaͤiſcheslippus IV. auch die Infantin in hoͤchſter Perſon auf die Conferentz-Jnſul begleiten ſolte? Der Cardinal befragete den Don Louis de Haro ex - preſſe daruͤber, zugleich meldende, daß die Koͤni - gin in Franckreich eine unausſprechliche Freude empfinden wuͤrde, daferne ſie das Gluͤcke genieſ - ſen koͤnte, ihren Herrn Bruder Philippum IV. zu ſehen, und zu embrasſiren. Don Louis de Haro antwortete hierauf gantz categoriſch, daß ſein Koͤnig ſo viel Sehnſucht nach der Koͤnigin in Franckreich ſeiner Frau Schweſter, als dieſe et - wan nach ihme haͤtte, und gewiß die Infantin nach der Conferentz-Jnſul begleiten wuͤrde; al - lein der Cardinal bekam daruͤber gleichwohl einen Zweifel, weil einige vornehme Spaniſche Herren, welche in der Suite des Don Louis waren, ſich veꝛlauten laſſen: Daß der Koͤnig in Spanien in den Armen durch einen Schlag-Fluß einige Laͤhmung haͤtte, welche ihm nicht wuͤrden zulaſſen eine ſo lange Reiſe, und zwar in dem Winter zu thun, folgentlich ſchlechte Apparence waͤre, daß er ſel - ber auf die Conferentz-Jnſul kommen koͤnne, ob er gleich etwan ſchon wolte. Dieſe Nachricht nahm der Cardinal dergeſtalt an, daß man etwan ins kuͤnfftige dieſe des Koͤniges Kranckheit zu ei - nem Prætext ſeines nicht Erſcheinens, und nicht Accompagnirung der Infantin brauchen moͤch - te; allein er wurde ſeines Mißtrauens bald be - freyet, nachdem Don Pedro Coloma demMonſ. 435Hoff-Ceremoniel. Monſ. de Lionne einen Brieff, welchen ihme ſeine Frau aus Spanien geſchrieben, en confi - dence zeigete: in welchem enthalten war, daß der Koͤnig Philippus IV. ſo wenig ſeine Infantin Mariam Thereſiam unbegleitet von Madrit wuͤrde weggehen laſſen, als wenig ſein Herr Va - ter Philippus III. ſeine Princeßin Annam Mari - am, Ludovici XIII. in Franckreich Gemahlin unbegleitet von ſich gelaſſen haͤtte; maſſen er ſeine Princeßin und Tochter eben ſo hertzlich liebe, als Philippus III. die ſeine geliebet. Und dieſe Beglei - tung erfolgete auch endlich in der That. Jedoch wurde auch zum Voraus abgeredet, daß ein jeder der beyden Koͤnige bey ſeiner Ankunfft auf der Conferentz-Jnſul, nicht mehr Perſonen mit ſich bringen moͤchte, als derer nur etwan zu dero Be - dienung unentbehrlich von noͤthen; denn dieſes wuͤrde nicht nur groſſe Depenſes, ſondern auch alle Diſordre, welche die Menge verurſachen koͤnte, verhuͤten. Bey dieſer Bedingung machte der Cardinal einen politiſchen Streich, deſſen er ſich ſelbſt in einem an den Monſ. Tellier geſende - ten Schreiben ruͤhmete, und bekante, daß er den Don Louis dißfals hintergangen; indem er ſel - bigem weiß gemacht, daß ſein Koͤnig Ludovicus XIV. ſich gegen die Groſſen ſeines Reichs, welche ihn begleiten wolten, bedancket, ſo daß ſie genoͤthi - get waͤren zuruͤcke zu bleiben; da er doch in eben demſelben Schreiben bekennete, daß der Koͤnigl. E e 2Fran -436EuropaͤiſchesFrantzoͤſiſche Hoff, bey denen damahligen Trou - blen und Conjuncturen, dermaſſen von Perſonen de qualité entbloͤſſet, daß ſich die Ducs, Pairs, und Officiers der Crone ſelber entſchuldiget, den Koͤ - nig in Franckreich, ob er es gleich gerne geſehen, nach der Conferentz-Jnſul zu begleiten. Man trug auch Vorſorge, wie viel die Infantin Dome - ſtiquen aus Spanien mit ſich nach Franckreich nehmen, und von was fuͤr einer qualité ſelbige ſeyn ſolten; da denn der Cardinal den Don Louis, durch den Pimentel rathen lieſſe, daß man derer der Infantin nicht mehr zuordnen ſolte, als ſie ſel - biger unumbgaͤnglich benoͤthiget; weil zu beſorgen ſtuͤnde, man moͤchte, wenn ſie derer einen Uber - fluß und unnoͤthige mitbraͤchte, ſelbiger viele ſo dann von Pariß aus wieder zuruͤcke nach Madrit ſenden, gleichwie ſchon ehemahlen zu Zeiten Lu - dovici XIII. geſchehen. Und ob gleich Don Louis meinete, es wuͤrde die Infantin Maria Thereſia dißfalls nicht zu frieden ſeyn koͤnnen, wenn ſie et - wan ihre Hoff-Stadt enger einziehen ſolte, als ih - res Herrn Vaters Schweſter Anna Maria, des Ludovici XIII. Gemahlin nicht gethan; ſo repli - cirte doch der Cardinal, daß der Infantin gantz frey ſtuͤnde, biß auf die Graͤntzen ſo viel Domeſti - quen mit zu bringen, als ſie zu ihrer Magnificentz noͤthig erachtete: jedoch wuͤrde es im uͤbrigen ge - nung ſeyn koͤnnen, nach Pariß derer nicht mehr mit zu nehmen, als etwan einen Beicht-Vater,Me -437Hoff-Ceremoniel. Medicum, Chirurgum, Apothecker, und etwan drey Frauen-Zimmer zu derer Bedienung, jedoch auch dieſe letzteren nicht etwan in dem Abſehen die vornehmſten Charges bey ihr zu bedienen: denn fuͤr dieſe und das uͤbrige haͤtte, nach Ge - wohnheit, der Koͤnig ſchon Vorſorge getragen.

§. 23.

Der dritte bey Vollziehung der Heu - rath vorfallende Punct, war der Termin, binnen welchem ſelbige ſolte vollzogen werden. Denn un - erachtet der Cardinal vorſchluge, ſelbige im October zu vollziehen; ſo eraͤuſerten ſich doch al - lerhand Hindernuͤſſe: als nemlich die Paͤbſtl. Di - ſpenſation, welche zu erbitten und zu erwarten waͤre, davon in folgendem ein mehres zu melden: die Incommoditaͤt welche der Koͤnig Philippus, damahlen ſchon ein Herr von 55. Jahren, auszu - ſtehen haben wuͤrde, wenn er ſich bey Eingang des Winters, auf eine ſo lange Reiſe begeben ſolte; die vielen Præparatoria, derer man von noͤthen, und welche doch in einem ſo engen Raum der Zeit unmoͤglich koͤnten verfertiget werden: wie denn der Don Louis de Haro den Cardinal verſicherte, daß man in Madrit binnen zwey Monathen nicht fertig haben koͤnte, was man in Pariß etwan nur binnen vierzehn Tagen verfertigte: denn man fin - det in Spanien nicht ſo viele hurtige Arbeiter als in Franckreich. Ja es geſtunde Pimentel dem Cardinal, daß wenn der Koͤnig in Spanien gleich eine Million Goldes zum Voraus bezahlen wolte,E e 3er438Europaͤiſcheser doch dadurch die Arbeiter nicht dahin wuͤrde bringen koͤnnen, daß ſie die Arbeit, umb etwan nur vier Tage eher als gewoͤhnlich, fertig macheten: und uͤber dieſes die Grands d Eſpagne, welche den Koͤnig und die Infantin, in Anſehung der Hoff-Charges welche ſie beſitzen, begleiten ſolten, von noͤthen haͤtten, allererſt nach Neapolis oder Meyland zu ſenden, und daſelbſt ihre Kleider und Livereyen verfertigen zu laſſen. Wurde demnach von dem Don Louis de Haro dem Cardinal vor - geſchlagen, man ſolte die Abhohlung der Infantin biß auf den Martium kuͤnfftigen Jahres ver - ſchieben: in welches der Cardinal wohl nicht gar ſehr willigen wolte, jedoch auch gleichwohl nicht Urſache hatte, die Heuraths-Vollziehung allzu hefftig zu pousſiren; weil ſein Koͤnig dam ahlen al - lerhand Liebes Intrigues vorhatte, als man am meiſten umb die Heurath beſorget war. Dannen - hero er auch der Koͤnigl. Frau Mutter freyſtellete, ob ſie die Heurath auf den October, November, oder Martium wolte vollzogen wiſſen. Es wurde aber ſelbige aus hier gemeldeten und andern Ur - ſachen biß auf den 9. Junium des 1660. Jahres ausgeſtellet.

§. 24.

Ob gleich die Paͤbſtl. Diſpenſation, von welcher wir in vorhergehendem §. Erweh - nung gethan, bey denen im verbothenen gradi - bus zu vollziehenden Heurathen, als eine Cauſa ſine qua non, oder auch als ein Eſſential-Stuͤckeanzu -439Hoff-Ceremoniel. anzuſehen: und man umb Erhaltung derſelben vornehmlich muß beſorget ſeyn; ſo ſchiene es doch daß man ſelbige dieſes mahl faſt als eine Ceremo - nie tractiren wolte. Denn ob gleich die beyden Herren Plenipotentiarii abgeredet hatten, ihre hoͤchſte Herren Principalen dahin zu vermoͤgen, daß ſelbige conjunctim an Paͤbſtl. Heiligkeit ſchreiben, und die Diſpenſation aus bitten moͤch - ten; ſo meinete doch Don Louis de Haro, daß ſein Koͤnig zwar fuͤr gut befunden, daß beyde Cronen deswegen gleichſtimmig waͤren, und zugleich nach Rom ſchrieben; allein es waͤre ſolches auch nicht eben ſo wohl umb der Diſpenſation des Pabſtes, als welcher doch ſelbige ohne dem nicht abſchla - gen koͤnte, als vielmehr darumb noͤthig: daß man in Rom der Wuͤrckung dieſes Friedens und der Veꝛeinigung dieſer beyden Cronen gewahr wuͤꝛde. So koͤnte auch ſeine Catholiſche Majeſtaͤt nicht begreiffen, warumb man ſolche Diſpenſation ſo eilfertig, und bevor noch die Heuraths-Articul unterſchrieben und unterſiegelt waͤren, (und der Duc de Grammont die Infantin ausgebethen haͤtte) ſuchen ſolte; weil doch nicht zu vermuthen, daß man das Letztere fuͤr dem Erſteren thun wolle, maſſen man zuvor eine Braut, als die Diſpenſa - tion haben muͤſſe. Demnach ſchrieben die bey - den Plenipotentiarii allererſt nach der letzten Conferentz nach Rom, an die Spaniſchen und Frantzoͤſiſchen daſelbſt befindlichen Miniſter, mitE e 4der440Europaͤiſchesder Verordnung, daß ſelbige dem Pabſt wiſſend machen ſolten, daß der Friede nunmehro nebſt der Heurath geſchloſſen: und ſo wohl die Catholiſche als Aller-Chriſtlichſte Majeſtaͤt mit eheſtem Ex - preſſen abordnen wuͤrden, welche den Pabſt umb die Diſpenſation erſuchen ſolten, welches auch alſo erfolgete, und die Diſpenſation ertheilet wurde.

§. 25.

Man ſolte nun zwar anitzo, wenn man die Ordnung der Conferentien nach der Chro - nologie oder der Tage, in welcher ſelbige gehal - ten worden, genau beobachten wolte, anderer und derer Dinge, welche wegen des Ceremoniels nach - einander vorkamen, gedencken; allein es wird viel dienlicher ſeyn, bey der Conexion zu bleiben, und ehe man zu was andern ſchreitet, den Verlauff der Heuraths-Ceremonien zum Voraus, jedoch auf das kuͤrtzte, zu erzehlen. Als man nun den Heuraths-Contract unterzeichnen wolte, fiel die - ſes beſondere wegen des Ceremoniels fuͤr: daß ob gleich weder der Cardinal noch Don Louis de Haro, bey Unterzeichnung der Friedens-Articul, von ihren Stuͤhlen und Tiſchen ſich bewegeten, ſondern ein jeder an ſeinem Orte ſitzend bleibende, Don Louis den in Spaniſcher Sprache, der Cardinal aber das Exemplar des in Frantzoͤſiſcher Sprache verfaſſeten Friedens, in einem Tempo unterſchrieben: und hernach Coloma das Spa - niſche Exemplar dem Cardinal, der Lionne dasFran -441Hoff-Ceremoniel. Frantzoͤſiche dem Don Louis auch zu unterſchrei - ben auf ihre Tiſche legeten, und alſo alles auf ei - nerley Art und zu gleicher Zeit geſchahe; ſo wurde es doch bey Unterzeichnung des Heuraths-Con - tracts gantz andeꝛs gehalten. Denn man eroͤffnete die Thuͤren des Conferentz-Saales, damit der hohe Adel beyder Nationen hinein treten kunte: dieſe rangireten ſich in gute Ordnung, die Spa - nier auf der Spaniſchen, die Frantzoſen auf der Frantzoͤſiſchen Seiten des Conferentz-Zim̃ers: ſo denn ſtunden die beyden Premier - Miniſter von ihren Stuͤhlen auf, und blieben bey denſelben unbeweglich ſtehen: und laſe der Spaniſche Etat - Secretarius Don Pedro de Coloma den Ehe - Contract in Spaniſcher Sprache mit erhobener Stimme ab: und nachdem dieſes geſchehen, legte er ſelbigen auf den Tiſch des Don Louis de Haro: So dann gieng der Cardinal zu dem erſten und einzigen mahle hinuͤber zu des Don Louis de Haro Tiſche, und unterzeichnete dieſen Contract in duplo, nicht etwan aus einer deference gegen Spanien und den Don Louis, ſondern weil es gebraͤuchlich, daß man dergleichen Contracte in dem Domicilio der Braut zu ſiegeln und zu unterſchreiben pfleget. Weil nun der Theil des Conferentz-Zimmers, welches Don Louis de Haro eingenommen hatte, auf Spaniſchen Grund und Boden gebauet war; ſo achtete man dieſen Theil, und die auf ſelbigem von dem CardinalE e 5ver -442Europaͤiſchesverrichtete Unterzeichnung, gleich als waͤre ſelbige in Madrit geſchehen; zu mahlen der Duc de Mayenne auch die Heurath Ludovici XIII. mit der Infantin Anna Maria in Madrit unterzeich - net hatte. Damit auch bey Unterſchreibung der Zeugen, wegen des Rangs keine Difficultaͤt ent - ſtuͤnde, wurde fuͤr gut befunden: daß die Frantzoͤ - ſiſchen Cavalliers, welche als Zeugen emploiret wurden, ſich in dem Frantzoͤſiſchen Exemplar zu erſt und oben an, die Spaniſchen aber hingegen in dem Spaniſchen Exemplar ſich zu erſt und oben an ſetzen und ſchreiben ſolten; und mit dieſem Ceremoniel bekame dieſer Ehe-Contract auch ſeine Richtigkeit.

§. 26.

Nun iſt noch uͤbrig in gebuͤhrender Kuͤrtze anzufuͤhren, mit was fuͤr beſonderen Cere - monien die Heurath ſelbſt vollzogen worden. Die - ſe erſolgete aber nicht ſo bald als ſich der Cardinal und Don Louis im Anfang eingebildet; weil die noͤthigen Einregiſtrirungen, die Einſchickungen, der Ratificationen und derer Auswechſelungen, nicht ſo geſchwinde zu Stande gebracht werden und erfolgen kunten. Jedoch lieff ſo wohl die Frantzoͤſiſche, als auch Spaniſche Ratification noch im bemelten 1659. Jahre ein: da jene zu Thoulouſe den 24. Novembr., dieſe zu Madrit den 10. Decembr. ware ausgefertiget worden. An. 1660. den 23. Januarii wurden gemeldete, ſo wohl Friedens, als Heuraths-Ratificationeszu443Hoff-Ceremoniel. zu St. Jean de Luz ausgewechſelt: und ſo bald die Frantzoͤſiſche nach Madrit uͤberbracht worden war, wuͤnſchete Philippus IV. ſeiner Princeßin Gluͤck zu ihrem Verloͤbnuͤß, und ertheilete ihr ſo gleich den Titul, Aller-Chriſtlichſte Majeſtaͤt. Als auch ferner hin die Paͤbſtl. Diſpenſation in Ma - drit ankom̃en, wurde Anſtalt zu der Reiſe nach der Conferentz-Jnſul, und endlich der Anfang der - ſelbigen den 15. April. S. N. gemacht; da denn der Koͤnig in Spanien faſt nach einer Monathli - chen Reiſe, ungefehr im Mittel des May zu St. Sebaſtian; der Koͤnig in Franckreich aber, zu St. Jean de Luz ankamen. Den 2. Junii hielten Se. Catholiſche Majeſtaͤt dero Einzug mit der Infan - tin in Fontarabia Abends zwiſchen 6. und 7. Uhr: Die Caroſſe auf welcher dieſe beyde Perſonen ſaſ - ſen, waren mit ſechs Maul-Thieren beſpannet, die Gaſſen von dem Thor an, biß zu dem Schloſſe, auf beyden Seiten mit Soldaten von der Gar - niſon beſetzet. Jm uͤbrigen geſchahe der Einzug in ſchlechter Ordnung; denn ob man gleich viel Ca - roſſen groſſer Herren ſahe, ſo fuhren doch ſelbige ſeltſam durch einander; Fuͤr der Koͤniglichen Ca - roſſen ritten ſieben Trompetter, und hinter der Caroſſen drey oder vier Diener. Den 3. Julii gieng der Actus Copulationis in itzt bemelter Stadt vor ſich, jedoch ſpaͤter, als man die Zeit zu ſolcher Ceremonie ausgeſetzet hatte; welcher Ver - ſchub daher entſtanden, weil man das PaͤbſtlicheDi -444EuropaͤiſchesDiploma Diſpenſationis verleget hatte, und ſel - biges lange Zeit ſuchen muſte, bevor man es kunte wieder finden: Als man es abeꝛ doch endlich zu Ge - ſichte bekommen, begaben ſich Seine Majeſtaͤt der Koͤnig in Spanien und die Infantin nach der Haupt-Kirchen, wurden an der Thuͤre von der gantzen Cleriſey unter einer Muſic empfangen: und nachdem ihnen beyden der Ertz-Biſchoff von Pampelona, welcher dieſe Koͤnigliche Copula - tion zu verrichten hatte, das Creutz zu kuͤſſen dar - gereichet, nach dem Chor, und zu dem in ſelbigem auferbaueten Thron begleitet. Uber dieſem Thron war ein Baldachin von Seide, und mit goldenen Blumen gewuͤrcket. Die Infantin ſetzte ſich zu der lincken Seiten des Koͤniges auf ſelbigen. Bey dieſer ſolennen Ceremonie, be - fanden ſich nicht mehr als zwoͤlff vornehme Fran - tzoͤſiſche Herren, wie auch eben ſo viel Damen, mehrere wurden von dieſer Nation nicht eingelaſ - ſen; Als der Ertz-Biſchoff die Meſſe zu ſingen an - fing, kniete der Koͤnig nebſt der Infantin nieder, und wurde das Te Deum geſungen. Nach vol - lendeter Meſſe ſtunden ſie beyde wieder auf, und bedeckte ſich ſo dann der Koͤnig. Hierauf trat der Groß-Patriarche von Jndien, der Ertz-Biſchoff von Pampelona, der Biſchoff von Frejus, ein Jtaliaͤner von Geburth, und Favorit des Car - dinal Mazarin, welcher im Nahmen des Koͤniges von Franckreich dieſer Vermaͤhlungs-Ceremo -nie445Hoff-Ceremoniel. nie als Zeuge beywohnete, und den Don Louis de Haro fuͤr dem Thron; da denn der hier letzt ge - nente dem ſchon gemeldteten Ertz-Biſchoffe das Koͤnigliche Frantzoͤſiſche Procuratorium, laut deſſen er die Infantin im Nahmen Ludovici XIV. ceremonialiter ſich antrauen laſſen moͤch - te, uͤberreichete: welcher ſelbiges alsdann, wie auch des Pabſtes Diſpenſation, und der Infan - tin Renunciation uͤber die Succesſion und Præ - tenſion auf Spanien ablaſe: und ihr folgends den Eyd, womit ſie oͤffentlich renuncirete, abfra - gete. Als nun dieſes geſchehen, wurde die In - fantin von dem Ertz-Biſchoff drey mahl gefra - get: Ob ſie den Koͤnig in Franckreich zu ihrem Ehe-Gemahl haben wolte? auf welche wieder - hohlete Frage ſie ſich jedes mahl zu ihrem Herren Vater wendete, und damit ſtillſchweigende ſei - nen Conſens begehrete: und als er ihr ſelbigen durch Minen zu verſtehen gegeben, hat ſie auch alle drey mahl die Frage mit Ja beantwortet. Darauf wurde ſie an den Don Louis de Haro Vicarium des Koͤniges in Franckreich getrauet: da denn der Koͤnig Philippus IV. ihr einen koſt - bahren Ring an den Finger geſtecket; nach deſſen Empfang machte die Infantin einen tieffen Re - verentz gegen ihrem Herrn Vater, der ſie ſo dann aus der Kirchen fuͤhrete, und ihr die Ober-Stelle zueignete: welches ſie aber nicht anzunehmen ſchie - ne, maſſen ſie nicht grade neben, ſondern etwashin -446Europaͤiſcheshinter dem Herrn Vater hergienge. Gleichwohl aber fande ſie ſich beym Aufſteigen in die Caroſſe genoͤthiget, uͤber den Herꝛn Vater die Ober-Stelle zu nehmen: da ſie denn mit einander in das Schloß fuhren, und ein jedes unter Jhnen beyden, das Mit - tags-Mahl in ſeparirten Zimmern und Taffeln einnahmen.

§. 27.

Den 4. Junii fruͤhe, kam der Duc de Crequy mit einer groſſen Suite Fuͤrſtlichen und Graͤffl. Perſonen zu Andaye an, und brachte die Koͤnigl. Præſenten an die Infantin von ihrem Majeſtaͤtiſchen Braͤutigam: darunter ein paar Ohr-Gehencke von vier Diamanten waren, de - rer Werth ſich auf 200000. Rthlr. belieffen. Eben an dieſem Tage nach Mittage, geſchahe die Entreveüe zwiſchen dem Koͤnige in Hiſpanien, der Infantin, und der verwitweten Koͤnigin von Franckreich, Ludovici XIV. Frau Mutter, und Philippi IV. Frau Schweſter; Sie kame zu Lande nebſt der bey ſich habenden Suite in die Confe - rentz-Jnſul, bey ſich habende Son Alteſſe Royale des Koͤniges Herrn Bruder, damahlen Duc d Anjou, die Mademoiſelle d Orleans, und ei - nige andere Fuͤrſtl. Perſonen. Etwan eine halbe Stunde darauf kam der Koͤnig in Spanien nach Mittage umb 3. Uhr, zu Waſſer auch dahin ge - ſchiffet: fuͤr ihm her fuhren einige Grands in gar wohl ausgeziehrten Schiffen, und dann der Koͤ - nig in Spanien und die Infantin in zweyen Fre -gat -447Hoff-Ceremoniel. gatten: welche innen und auſſen ſtarck verguͤldet, und kuͤnſtlich gemahlet, auch mit goldenen und ſilbernen Stuͤcken behenget, und den Werth nach auf 30000. geſchaͤtzet waren; ein jedes hatte neun Ruder-Knechte, welche in rothen Taffet geklei - det, und ihre Ruder und Seule verguͤldet waren. Jedes wurde von drey andern Schiffen gezogen, in welchen die Trompeter und Paucker ſich luſtig hoͤren lieſſen, auch nicht eher aufhoͤreten, biß der Koͤnig in das Conferentz-Hauß getreten war. Jn der erſteren dieſer Fregatte ſaß der Louis de Haro, nebſt einigen Grands d Eſpagne, in der letzteren aber der Spaniſche Koͤnig und ſeine In - fantin. Beyde Ufer des Fluſſes Bidaſſao, auf welchen die Schiffarth geſchahe, waren mit Spa - niſcher und Frantzoͤſiſcher Garde beſetzet: Etwan eine halbe Stunde darauf kam der Koͤnig in Franckreich, von denen umb ſich habenden vor - nehmſten Herren begleitet, auch auf die Confe - rentz-Jnſul, wiewohl incognito, weswegen er auch ſeinen Ritter-Orden abgeleget hatte. Er that anfangs eine Cavalcade laͤngſt dem Fluß Bidaſſao hin, in ſeiner Retour aber begab er ſich nach dem Conferentz-Saal: woſelbſt er die In - fantin beſchauete, ohne daß ſie es wuſte, oder doch nicht wiſſen ſolte, und ein beſonderes Con - tentement an derer Perſon empfunde. Als dieſe Entreveüe zwiſchen Philippo IV. und ſeiner Fr. Schweſter des Koͤniges Ludovici XIII. Wittib,etwan448Europaͤiſchesetwan anderthalbe Stunde gedauret; ſeparire - ten ſich dieſe hoͤchſte Perſonen wieder von einan - der, und nahm der Koͤnig in Spanien ſeinen Ruͤck - weg, ſo wie er auch ankommen war, wiederumb zu Schiffe. Der Koͤnig von Franckreich verſaͤu - mete hierbey nicht die Gelegenheit ſeine angeneh - me Braut noch einmahl incognito zu ſehen, ritte demnach mit ſeinen Cavalliers an einen engen Ort des Fluſſes, welchen die Infantin pasſiren muſte, und hielt an dem Ufer zu Pferde mit ent - bloͤſſetem Haupte.

§. 28.

Den 6. Junii ward die andere Zuſam - menkunfft gehalten, und zwar darumb, daß beyde in eigener allerhoͤchſten Perſon die Friedens-Ar - ticul beſchweren ſolten. Zu mehrer Solennitaͤt aber, wurde auſſer der beyden Cronen Officiers, niemand fremdes admittiret. Der Koͤnig in Franckreich kam uͤber Land, in einer Caroſſen mit vielem Gefolge; der Koͤnig in Spanien aber wiederumb zu Waſſer in der Conferentz-Jnſul an, beyde Majeſtaͤten waren auf das praͤchtigſte gekleidet. Und zwar erſchiene der Koͤnig in Spanien, in einem ſchwartzen Kleide, uͤber wel - chen er den Orden des guͤldenen Vlieſſes mit uͤber - aus groſſen Diamanten beſetzet hangen, auf der Crempe des Hutes aber ein Kleinod hatte, wel - ches den Zuſchauern trefflich in die Augen blin - ckerte. Die Infantin war in ein, mit den koͤſt - lichſten Diamanten garnirtes Silber-Stuͤckgeklei -449Hoff-Ceremoniel. gekleidet: Don Louis de Haro erſchiene in einem Kleide mit Silber bordiret, trug an dem Halſe eine gantz Diamantene Kette, und auf der Bruſt den Orden von Alcantara, an einer goldenen Kette voller groſſen Diamanten abhaͤngend. Mit faſt dergleichen Ketten und Hut-Schnuͤren pran - geten auch die uͤbrigen Grands d Eſpagne und Cron-Officiers. Der Koͤnig in Franckreich hatte ein ſchoͤnes koſtbahres geſticktes Kleid, und uͤber ſelbigem den Orden St. Eſprit hangen: die umb ihn ſeyende Ducs und Pairs waren nach Frantzoͤſiſcher Mode auf das magnifiqueſte an - geleget. Die Koͤniglichen Pages trugen rothe brocatene ſtarck bordirete Kleidung, und dar - uͤber Maͤntel von blau-ſilbernen Lacken: die Koͤ - nigliche Garde aus acht hundert Mann beſtehen - de, welche an den Fluß Bidaſſao rangiret war, bey welchen der Koͤnig in Spanien vorbey pasſi - ren muſte, ware in Caſaquen von blauem Tuch gekleidet: welche mit Silber reichlich bordiret, und an den Enden mit ſeidenen Flammen und einem ſchoͤnen Creutz, uͤber welchen eine Crone ſtunde, geziehret waren. Jn des Frantzoͤſiſchen Koͤniges Suite waren Jhro Majeſtaͤt deſſen Frau Mutter, der Duc d Anjou, die Princeßin von Orleans, von Alencon, und Valois, nebſt vie - len andern Groſſen des Reichs. So bald als beyde Koͤnige in das Conferentz-Hauß getreten waren, giengen ſie einander mit gleichen und ab -F fgemeſ -450Europaͤiſchesgemeſſenen Schritten entgegen, biß an die Linie welche in dem Conferentz-Saale gemacht wor - den ware, und von welcher ſchon oben Meldung geſchehen; Daſelbſt ſetzte ein jeder ein Knie auf die Erden, und embrasſirten einander auf das freundlichſte. Nachgehends gruͤſſete der Koͤnig in Franckreich ſeine Braut, und kuͤſſete ſie: der Koͤ - nig in Spanien aber ſeine Frau Schweſter, wel - che ſich gegen den Philippum IV. ihren Herrn Bruder ſehr manierlich bedanckete, daß Sei - ne Catholiſche Majeſtaͤt ſich in dero hohen Alter die Muͤhe nehmen, und eine ſo ſchwere Reiſe an - treten wollen; Darauf ihr gemeldter Koͤnig mit einer beſondern Freundlichkeit antwortete: Da - fern er etwan nicht, weder zu Wagen, noch zu Pferde, auf ſeiner Reiſe haͤtte fortkommen koͤn - nen, wuͤrde er doch nicht unterlaſſen haben, ſel - bige zu Fuſſe zu verrichten; weil ſeine Sehnſucht allzu groß geweſen, den Koͤnig in Franckreich, ſei - nen Vetter und Eydam zu ſehen: Sie aber die Koͤ - nigin ſeine Frau Schweſter, fuͤr ſeinem Ende noch einmahl zu embrasſiren. Hierauf præſentirete die alte Koͤnigin von Franckreich ihrem Herrn Bruder, alle Groſſen des Frantzoͤſiſchen Hofes, ſo gar auch den Cardinal Mazarin, unerachtet dieſer dem Koͤnig Philippo ſchon bekandt worden war; Don Louis de Haro aber, præſentirete im Gegentheil die Groſſen des Spaniſchen Hofes dem Koͤnige von Franckreich. Zeit wehrenderdie -451Hoff-Ceremoniel. dieſer reciproquen Præſentation, brachte man eine Tafel in das Conferentz-Zimmer, breitete einen Teppich auf die Erden, auf welchen beyde Koͤnige jeder auf ſeiner Seite u. Iurisdiction nie - derknieten. Der Cardinal Mazarin verrichtete das Amt eines Grand-Aumoniers von Franckreich, und uͤberreichte ſeinem Koͤnige das Evangelium und Crucifix: dergleichen Dienſte leiſtete der Pa - triarche von Jndien dem Koͤnige in Spanien; Beyde Koͤnige zugleich, ein jeder aber in ſeiner Sprache, legten den Eyd ab, und ſchwuren den Frieden unverbruͤchlich und ewig zu halten; Der Koͤnig in Franckreich fuͤgete noch hinzu: Er ſchwe - re der Catholiſchen Majeſtaͤt, eine aufrichtige und ewige Freundſchafft; worauf Philippus den Lu - dovicum tendrement umbfaſſete, und feſt an ſich druͤckte. Als dieſer Actus und Ceremonien geendet, ward von denen auf der Conferentz-Jn - ſul befindlichen Frantzoͤſiſchen und Spaniſchen Soldaten Salve geſchoſſen: darunter die Fran - tzoͤſiſchen den Anfang machten, die Spanier aber jenen folgeten, und zwar zu drey mahlen; da man denn gewahr worden, daß die Frantzoſen ihren Schuß in gleichem Tempo, die Spanier aber gar zottlich verrichtet. Nach Schlieſſung dieſer Conferentz, welche etwan eine ſtarcke Stunde gedauret, ſeparireten ſich beyde Majeſtaͤten wie - der, und zwar mit dieſem Ceremoniel: daß ſelbige ruͤckwerts gegen die Thuͤre, durch welche ſie ein -F f 2gegan -452Europaͤiſchesgegangen waren, avancirten: in dieſem ruͤcklichen Ruͤck-Marſch einander einige mahl ſalutirten, und alſo einander biß zum Ausgang der Thuͤre ſtets das Geſichte zuwendeten.

§. 29.

Den 7. Junii kamen dieſe hoͤchſte Koͤnigl. Perſonen, und die in ihrem Gefolge befindliche Groſſen beyder Koͤnigreiche, abermahlen mit eben der Art und Ceremoniel als den 6. Junii, wieder in das Conferentz-Zimmer zuſammen: in wel - cher Zuſammenkunfft die Infantin dem Koͤnige in Franckreich ausgelieffert, und anbey recipro - quement Abſchied genommen wurde: welche entreveüe bey zwey Stunden lang wehrete; da denn die Infantin ſich von ihrem Herrn Vater beurlaubete. Welches ob es gleich nicht ſonder Betruͤbnuͤß abgieng, hat man dennoch bemercket: daß hoͤchſtgedachte Infantin im Herausgehen aus dem Conferentz-Hauſe gar eine froͤliche Mine gewieſen, und noch auf Spaniſche Mode ange - kleidet geweſen; ihr Spaniſch Frauen-Zimmer aber vergoſſen bey dieſer Vermaͤhlung viel Thraͤ - nen: einige darumb, daß ſie Spanien ihr Vater - land verlaſſen und nach Franckreich reiſen: andere, daß ſie die Infantin verlaſſen, und wieder nach Spanien zuruͤcke kehren muſten. Man ſetzte die Infantin zu der verwitweten Koͤnigin von Franck - reich in den Wagen, und fuͤhrete ſelbige nach Jean de Luz. Der Koͤnig in Spanien und der von Franckreich beurlaubeten ſich mit einander,mit453Hoff-Ceremoniel. mit einem dergleichen Ceremoniel, als des Tages zuvor, und reiſete ſo dann jener nach Fontarabien, von dannen er den 8. Junii nach Madrit aufbra - che: dieſer nach Jean de Luz zu ſeiner Braut und reſpective Gemahlin; An welchem Orte den 9. Junii die Copulation beyder Koͤnigl. Perſo - nen, oder beſſer zu reden, nur die Einſegnung, durch den Biſchoff von Bayonne mit groſſer So - lennité und Pracht geſchahe: und kurtz darauf der Aufbruch nach Pariß erfolgete. Was in dieſer Stadt fuͤr Solennitaͤten und Ceremonien began - gen worden, iſt zu erzehlen zu weitlaͤufftig, auch an dieſen Ort eben nicht gehoͤrig.

§. 30.

Eines faͤlt noch fuͤr wegen der Præce - dentz allhier anzumercken; Es iſt bekandt, daß die Ambaſſadeurs als characteriſirete Perſo - nen, den Rang uͤber alle Menſchen prætendiren, welche minderer Condition als ihre hoͤchſten Principalen, von welchen ſie abgeordnet, ſind; Aus dieſem an ſich ſelbſt richtigen Fundament, wolten die, bey dieſen Frieden ſich befindliche Ambaſſadeurs, derer unterſchiedliche waren, den Marechaux von Franckreich nicht den Pas cediren; weil aber der Marſchall de Fabret dar - thate, daß an Tagen groſſer Solennitaͤten die Marechaux de France die Macht des Koͤnig - reiches repræſentireten, und in dieſer Repræſen - tation allen Fremden vorgezogen wuͤrden; ſo er - hielte er auch bey dem Cardinal Mazarin, daß erF f 3und454Europaͤiſchesund ſeines gleichen dißfals den Vorzug fuͤr aus - wertigen Ambaſſadeurs haben ſolten. Dannen - hero die Ambaſſadeurs, umb ihren hohen Herren Principalen kein Præjuditz zu machen, ſich bey dem Einzuge und derer Solennitaͤten nicht ein - funden.

§. 31.

Sonſten gab es bey wehrenden Frie - dens-Conferentien allerhand Diſput und Avantures wegen des Ceremoniels; ſonderlich befremdete den Cardinal Mazarin, daß der Am - baſſadeur (oder Envoye) des noch nicht in Poſ - ſesſion ſeines Koͤnigreichs ſtehenden Koͤniges von Engelland, Caroli II. (welcher Miniſter ſich biß - hero an dem Spaniſchen Hofe aufgehalten, nun - mehro aber ſeines Koͤniges Intereſſe bey vorha - benden Frieden zu beobachten, ſich in dem Qvar - tier des Don Louis de Haro befunden hatte) unangeſaget in des Cardinals Logement, ihme ſeine Viſite abzuſtatten kommen: ohne alle Cere - monien in das Gemach des Cardinals eingetre - ten: und gegen demſelben ſo familiair geweſen ware, gleich als waͤre der Cardinal ſein bekandte - ſter und beſter Freund; da doch ſein Herr Caro - lus II. ſich bißhero an Spanien, nicht aber an Franckreich addresſiret hatte. Dannenhero ließ ihn der Cardinal durch den Sieur Beſmeaux zu wiſſen thun, daß er ſein Verfahren und negli - giretes Ceremoniel ſehr apprehendire, und ihn zu der Audientz nicht laſſen wuͤrde; indem er be -ſorge -455Hoff-Ceremoniel. beſorgete, daß er dergleichen procedere mit dem Don Louis de Haro concertiret haben: und ſelbiges dem Monſ. Lockar Ambaſſadeur des Cromvvels und der Engliſchen Republic, einige Ombrage, denen Affairen ſelbſt aber einiges Hindernuͤß verurſachen moͤchte; ihm auch anbey im Geheim beybringen ließ, daß er der Cardinal ſeinem Herrn Principalen mehr Dienſte leiſten koͤnte, wenn ſie einander nicht ſpraͤchen, als wenn er ihme die Audientz und Particulier-Confe - rentz verſtattete.

§. 32.

Eben dieſe Ceremonie der Viſite, wur - de dem Sieur Laine und Caillet, Miniſtern des Printzen von Condé abgeſchlagen. Denn nach - dem der Don Louis de Haro in der ſiebenzehen - den Conferentz dieſe beyde dem Cardinal mit Nachdruck recommendirete: daß er ſelbige in den Conferentz-Saal moͤchte treten, und ihme ihre Aufwartung thun, und was ſie etwan im Nahmen ihrer hohen Principalen vorzutragen haͤtten, beybringen laſſen; wolte der Cardinal ſol - ches durchaus nicht zugeben: ſondern es erklaͤrte ſich gedachte Eminentz bloß dahin, ſelbige, wenn ſie es geziehmend bey ihme weiter ſuchen wuͤrden, zu einer privat-Audientz zu admittiren: mit wel - chem Entſchluß des Cardinals es auch Don Louis und die zwey Abgeordnete des Printzens von Condé muſten bewenden laſſen.

F f 4§. 33. Et -456Europaͤiſches

§. 33.

Etwan umb die zwantzigſte Conferentz, kam der Koͤnig von Engelland Carolus II. en Poſte nur mit acht Perſonen begleitet, darunter die vornehmſten der Marquis d Ormont und der Marquis de Briſtol waren, zu Fontarabien an. Don Louis fuhre ihme, unerachtet es hefftig regnete, mit ſeiner gantzen Hoff-Stadt und der Garde zu Pferde entgegen, und bezeugete ihme alle, einem Koͤnige gebuͤhrende Ehre. Carolus II. ſetzte ſich gantz alleine in die Caroſſe des Don Louis, ungeachtet derſelbe annoch zweene Sitze fuͤr dieſes Koͤniges vornehmſte Bediente freyge - laſſen hatte. Bey geſchehener Annaͤherung an die Feſtung Fontarabien, wurde er mit einer drey - fachen Loͤſung der Canonen empfangen, und auf das Schloß in des Koͤniges von Spanien Zim - mer logiret, welche ihm Don Louis de Haro, der ſelbige bißhero innen gehabt, aus Ehrerbietung einraumete, und ſich indeſſen in das Qvartier des Commendanten Frey-Herren von Batteville begabe: So lange als der Engliſche Koͤnig zu Fontarabien verweilete, ward er eben mit ſolcher Pracht, als der Koͤnig in Spanien ſelbſt, und nichts geringer als waͤre er ſchon wuͤrcklichen und in richtigem Beſitz des Koͤnigreichs Engelland, be - dienet. Als ihme Don Louis die erſte Viſite auf dem Schloß abſtattete, hielte er ſich mit Fleiß einige Zeit in der Anti-chambre auf; unerachtet ihn der Koͤnig ohne einigen Verzug, ſo bald er nuran -457Hoff-Ceremoniel. ankommen, vor ſich laſſen wolte. Der Koͤnig ließ dieſem groſſen Miniſter, eben ſo einen Stuhl als er ſelber hatte, und zwar neben ſich ſetzen, und diſcurireten ſie mit einander bey einer Stunde lang. Bey der Mittags-Taffel des Koͤniges, wolte ſo gar Don Louis demſelben, nach Engliſcher Art, den Trunck kniende reichen; deſſen ſich aber der Koͤnig hoͤflich weigerte; Demnach wurde dieſe Ehre und Function der Bedienung, dem Hoff-Marſchall des Don Louis, und anderen Spaniſchen Grandibus, zuerkennet. Dieſer Koͤnig nun verlangte mit beyden hohen Miniſtern in eine Conferentz zu treten, wozu Don Louis nicht ungeneigt ware, und deswegen mit dem Cardinal redete; aber dieſer wuſte allerhand war - hafftige oder doch wahrſcheinliche Einwendung und Entſchuldigungen vorzubringen, daß er den Koͤnig von Engelland nicht ſprechen koͤnte; maſſen er vorſchuͤtzete, daß er von ſeinem Koͤnige keine Ordre habe, auf was fuͤr eine Manier er ſich gegen dieſem Koͤnige auffuͤhren ſolte, vor ſich ſelbſt aber dißfals nichts reſolviren koͤnte; anbey nicht glau - bete, daß es zu dem Dienſt und Avantage des Koͤ - niges von Engelland gereichen koͤnne: vielmehr aber nur Gelegenheit geben wuͤrde, daß die Feinde dieſes Koͤniges dadurch hitziger und derer etwan noch mehr werden wuͤrden; da hingegen, wenn der Engliſchen Republic Ambaſſadeur Lockar ſe - hen wuͤrde, daß der Cardinal mit dem KoͤnigeF f 5keine458Europaͤiſcheskeine Unterredung gepflogen, er auch nichts nach Engelland berichten, und etwan apprehendiren koͤnte, daß Franckreich ſich fuͤr den Koͤnig von En - gelland interesſiren moͤchte. So wuͤſte ja auch ſo wohl der Don Louis de Haro als der Cardinal, daß Carolus II. noch ein Koͤnig ohne Reich; und ob man gleich ein ſo uͤbles Exempel, als die Engel - laͤnder an deſſen Herrn Vater ausgeuͤbet, nicht billigen, ſondern etwan ihn wiederumb auf ſeinen Thron zu retabliren trachten moͤchte; ſo koͤnte doch der Koͤnig von Engelland, dem Cardinal hieruͤber bey einer verlangten Unterredung kein mehrers eclairciſſement, als er allbereits ſchon haͤtte, geben; das Gewiſſeſte unter allen aber waͤre, daß weder Spanien noch Franckreich die Partie Caroli II. eher ergreiffen koͤnten, bevor ſie nicht ſattſam verſichert, daß einer und der andere, dadurch nicht etwan ſein eigen und Particulier - Intereſſe hazardirete und verſaͤumete; maſſen es ja in der Welt eine bekante und etablirte Maxi - me, quod caritas bene ordinata incipiat a ſe ipſa. Dieſe des Cardinals ſo plauſible Ein - wendung und Entſchuldigungen, gaben weder dem Koͤnig von Engelland noch dem Don Louis Troſt und Satisfaction; dannenhero dieſe beyde mit ein - ander verabredeten, daß an einem zukuͤnfftigen Conferentz-Tage, der Marquis d Ormont nach Jean de Luz reiten, dem Cardinal, wenn er ſich nach der Conferentz-Jnſul wuͤrde begeben,begeg -459Hoff-Ceremoniel. begegnen, ihn nach gemeldter Jnſul begleiten, und in dieſer Begleitung ihm des Koͤniges in Engel - land Anliegen entdecken ſolle; zu dem Ende der Don Louis de Haro zu einer ſpaͤteren Zeit, als gewoͤhnlich, ſich in dem Conferentz-Hauſe ein - finden wolte: dem Cardinal und Marquis d Or - mont dadurch Zeit einzuraͤumen, daß ſie auf dem Wege nach der Jnſul nicht eilen, ſondern ihr Ge - ſpraͤche a loiſir mit einander halten koͤnten. Weil dieſe Rencontre par hazard des Cardinals und Marquis d Ormont, eine von beyden Miniſtern abgekartete Sache war, und der Cardinal dem d Ormont, deſto bequemere Gelegenheit ſich ge - gen ihm zu expliciren, verſchaffen wolte; ſo fuhre, er zwar aus ſeinem ordinairen Qvartier zu Wa - gen nach der Conferentz-Jnſul: als er aber von dem Flecken Sieburg weiter gehen wolte, ſetzte er ſich zu Pferde, ritten alſo dieſe beyde unter wehren - dem diſcouriren mit einander fort. Worinnen ihr Geſpraͤche eigentlich beſtanden, kan man ſo genau nicht wiſſen, weil keiner kein Protocoll auf den Pferde bey ſich gefuͤhret; jedoch ſind ei - nige, ich weiß nicht durch was fuͤr Mittel, hinter das Geheimnuͤß kommen, und debitiren, daß der Marquis d Ormont damahlen verſprochen, 1. Die Feſtung Dünkerken an die Frantzoſen zu uͤberlaſſen, 2. Eine unzertrennliche Alliance zwiſchen dem Koͤnige in Franckreich und dem von Engelland aufzurichten. 3. Eine Heurath mitCaro -460EuropaͤiſchesCarolo II. und einer Muhme des Cardinals zu ſtifften; durch welche der Cardinal die Kinder aus dieſer Ehe, und per conſequens ſeine Bluts - Verwandten, einſtens als Koͤnige oder Koͤnigin - nen von Engelland ſehen oder hinterlaſſen koͤnte. So ſchoͤn und angenehm dieſe, und noch einige andere von dem Marquis d Ormont dem Car - dinal gethane Propoſitiones an ſich ſelbſt waren; ſo antwortete doch der Cardinal auf ſelbige nicht, nach Verlangen des gemeldten Engliſchen Mini - ſters, ſondern nur in generalen terminis: daß man Carolo II. als einem Bluts-Verwandten des Koͤniges von Franckreich, gerne Huͤlffe thun wolte, aber zur Zeit noch nicht koͤnte: und wenn es auch endlich geſchehen ſolte, ſo wuͤrde doch Spa - nien den Anfang darzu machen muͤſſen. Wor - uͤber der Marquis d Ormont zwar gar hoͤflich, aber doch zugleich auch gar unvergnuͤgt von dem Cardinal Abſchied nahme, und von dieſer Unter - redung an, jederzeit einen groſſen Haß gegen die Cron Franckreich und derſelben Miniſterium getragen. Der Koͤnig Carl hielte ſich darauf gantz und allein an die Cron Spanien, und eroͤf - nete ſich dem Don Louis de Haro ſo deutlich, als ſeine damahlige Nothdurfft erforderte: er muſte aber auch nur mit den zu Anfang dieſes §. erzehle - ten Ceremonien vorlieb nehmen; denn in der That wurde ihm von dem Spaniſchen Miniſter ſo we - nig Reelles verſprochen, als von dem Frantzoͤſi -ſchen.461Hoff-Ceremoniel. ſchen. Und demnach hatte Carolus ſeine Reiſe nach Fontarabien vergeblich gethan, und muſte wieder ſeine Retour, nicht ſonder vielen Chagrin, nach Flandern nehmen. Die veritable Urſa - che dieſer Kaltſinnigkeit des Cardinals und des Don Louis de Haro aber war dieſe: daß Franck - reich mit dem Cromwell und dem Parlement in Engelland in Alliance ſtunde: Spanien mit Portugall noch nicht richtig war; einer aber als der ander den Cromwell und das Parlement fuͤr rechtmaͤßige Regenten erkennet: den Engliſchen Extraordinair-Ambaſſadeur Lockart zu der Conferentz admittiret: und ihm ein dergleichen Ceremoniel zugeſtanden hatten, als man denen characteriſireten Miniſtern der Majeſtaͤten gie - bet. Auſſer dem bekame dieſer Koͤnig von En - gelland noch zwey andere Mortifications von Franckreich. Die erſtere wegen des Paſſeports; deñ er kunte von dem Koͤnigl. Hoffe in Franckreich keinen erhalten, und war alſo in Gefahr, ehe er ſich auf die Conferentz-Jnſul begabe, unterwe - gens, oder auch wohl von dem Cardinal ſelbſt in Arreſt genommen zu werden; wie er denn auch aus dieſer Furcht, in ſeiner Reiſe nach Fontara - bia ein hundert und zwantzig Frantzoͤſiſche Mei - len umbgienge: indem er ſeinen Weg von Tho - louſe aus, durch den Thal Aran in dem Pyrenaͤi - ſchen Gebuͤrge nach Saragoſſa nahme: da er doch viel gerader, naͤher, und beqvemer uͤber Aux undBayon -462EuropaͤiſchesBayonne haͤtte nach Fontarabien gelangen koͤn - nen. Die andere Mortification wiederfuhr ihm zu Bourdeaux. Denn nachdem daſelbſt einer der Domeſtiquen dieſes Koͤniges von Engelland, den Wirth im rothen Hut, welcher ohne Noth mit ihme Haͤndel angefangen, toͤdlich blesſiret hatte; wurde dieſer Domeſtique ins Gefaͤngniß geworffen, und ihme der Proceß gemacht; ohne alle Conſideration ſeines Souverainen Herrns, und der demſelben zuſtehenden Immunitaͤt; und unerachtet der Koͤnig von Engelland eine unge - meine Liebe gegen dieſen ſeinen Bedienten, und Verlangen truge, daß man ihn aus dem Gefaͤng - nuͤß und vom Tode frey laſſen moͤchte: daruͤber ſich hochgedachter Koͤnig gegen den Holſteiniſchen Reſidenten deutlich gnug erklaͤrete, und ſo gar einige Tage umb dieſes ſeines Dieners willen, ſei - ne ſonſt presſirete Reiſe nach Flandern verzoͤ - gerte; ſo halff doch alles nichts, und muſte der Koͤ - nig nur uͤber ſeinen lieben Domeſtiquen ergehen laſſen, was GOtt uͤber ſelbigen verhangen, und die Frantzoͤſiſche Juſtitz uͤber ihn beſchloſſen hatte.

§. 34.

Der in der Hiſtorie mehr als zu be - kandte Hertzog von Lothringen Carolus, deſſen Leben mehr einer Romaine als veritablen Hi - ſtorie gleichet, wurde, nachdem er ſich der Cron Spanien verdaͤchtig gemacht, endlich zu Bruͤſſel in dem Pallaſt des Hertzoges, durch Anfuͤhrung des Grafen Fuenſaldagne, Spaniſchen Mini -ſter463Hoff-Ceremoniel. ſters an dem Hoff zu Bruͤſſel, in Arreſt genom - men, nach der Citadelle zu Antwerpen, von dar aber gar nach Spanien gebracht, und daſelbſt ſo lange genau verwahret, biß man die durch den Pi - mentel zu Pariß geſchloſſene Præliminarien des Pyrenaͤiſchen Friedens nach Madrit brachte. So dann wurde er etwas freyer tractiret, maſſen ihm der Koͤnig in Spanien durch den Baron d Au - chi, der ein vornehmes Glied des Spaniſchen Raths von Flandern war, melden lieſſe, daß er nunmehro in, oder auſſer der Stadt, ſich diver - tiren moͤchte, jedoch gleichwohl ſeines Arreſtes noch nicht gaͤntzlich entlediget ſeyn ſolte. Aber et - wan 2. Monath darauf, nachdem die zwey Mini - ſter auf der Conferentz-Jnſul die Friedens-Tra - ctaten ſo weit gebracht hatten, daß an derſelben Execution nichts mehr zu befuͤrchten ſtunde; wur - de dieſer Hertzog in voͤllige Freyheit geſetzet, und ihm im Nahmen des Koͤniges von Spanien, von dem Baron d Auchi beygebracht, daß er ſich nach der Conferentz-Jnſul, und anbey auch wo es ihme ſonſten hin beliebte, begeben koͤnte. Ehe er ſich nun aber in erſt bemeldten Ort zu gehen fer - tig machte, ſo wolte er noch zuvor dem Koͤnige in Spanien ſeinen Reverentz machen, und Abſchied bey ihm nehmen: wie er denn ſich wuͤrcklich durch den Baron d Auchi bey der Catholiſchen Maje - jeſtaͤt die Audientz ausbitten lieſſe; welches als es geſchehen, man dem Hertzog melden ließ, daß erſich464Europaͤiſchesſich fuͤr dieſer Audientz anderthalb Tage zu Ca - ramandel, in einem zwey kleine Meilen von Ma - drit gelegenen Hauſe, aufhalten ſolte; welches er auch thate, aber daſelbſt keine fernere Nachricht bekam, wenn ſeine verlangte Audientz ſolte vor ſich gehen. Derentwegen ſendete er einen ſeiner Requeten-Meiſter, Nahmens Monſ. Abbé nach Madrit, umb ſich zu erkundigen, ob es nunmehro Jhro Catholiſchen Majeſtaͤt gefaͤllig, ihme Er - laubnuͤß zu ertheilen ſeinen ſchuldigen Reverentz zu machen. Der gemeldte Baron d Auchi aber, an welchen ſich Monſ. Abbé addresſiret hatte, gabe dieſem zur Antwort, daß weil dieſen Tag das Feſt der heiligen Thereſiæ, welches in Spanien ſehr heilig und hoch gefeyret wird, einfiele, ſo wuͤr - den Seine Catholiſche Majeſtaͤt dieſen gantzen Tag in Devotion zubringen, und alſo keine Ge - legenheit ſeyn, daß der Hertzog ſeinen Reverentz abſtatten koͤnne; ſo waͤre auch der darauf folgen - de Tag, ſchon zu der Audientz fuͤr den Marſchall de Grammont, welcher die Infantin fuͤr Ludo - vicum XIV. zu einer Braut ausbitten wuͤrde, be - ſtimmt; daß ſich demnach der Hertzog noch zwey oder drey Tage gedulden muͤſſe. Der Hertzog argwoͤhnete, daß dieſe Verzoͤgerung ſeiner Ver - langten Audientz ein politiſcher Streich waͤre, durch welchen man ihn nur ungeduldig machen und dahin bringen wolte, aus Verdruß, ohne dem Koͤnige ſeinen Reverentz gemacht zu haben / ausSpa -465Hoff-Ceremoniel. Spanien zu gehen: damit man nachgehends ſa - gen koͤnne, er ſey unvergnuͤgt davon gegangen: und daferne der Koͤnig in Spanien deſſen Jnter - eſſe nachmahlen abandonirete, man es dem Hertzoge imputiren koͤnte, daß er ſelber daran Schuld ſey; Demnach ließ er dem Baron d Au - chi zu wiſſen thun, daß nachdem Seine Catholi - ſche Majeſtaͤt ihn den Hertzog haͤtte erinnern laſ - ſen, auf das eheſte als es moͤglich, nach der Confe - rentz-Jnſul, und bevor der ihn in den Frieden concernirende Articul geſchloſſen wuͤrde, zu ge - hen: er nicht begreiffen koͤnne, wie man ihn mit Ab - ſtattung ſeines Reverentzes, welches eine Affaire die in wenigen Minuten koͤnne expediret werden, ſo viel Tage aufhielte; darauf ihme endlich der Baron d Auchi deutlich meldete: Der Etats - Rath von Spanien finde nicht rathſam, daß der Hertzog bey dem Koͤnige Audientz nehme, und er wuͤrde wohl thun, ohne den Koͤnig geſprochen zu haben, nach der Conferentz-Jnſul zu reiſen. Was die wahre Urſache dieſer dem Hertzoge de - negireten Audientz mag geweſen ſeyn, kan man etwan ſo gar poſitivement nicht wiſſen; wenn man aber den Memoires des Marquis de Beau - vau Glauben beymeſſen will, ſo ſoll die Audientz dem Hertzog deswegen verſaget worden ſeyn: weil das Spaniſche Miniſterium befuͤrchtet, es moͤchten dem Hertzoge etwan gegen den Koͤnig, wegen ſeines gehabten Arreſts, einige unbedacht -G gſame466Europaͤiſchesſame und wieder den Koͤniglichen Reſpect lauf - fende Worte entfahren, welche ſo dann eine boͤſe Conſequentz verurſachen duͤrfften. Jnzwiſchen hatte der Duc de Guiſé den Marquis d Ar - court, und den Marquis de Baſſompiere an den Hertzog geſendet, und ihn erſuchen laſſen, ſei - ne Reiſe zu beſchleinigen: darauf er ſich auch bald ohne Verzug auf den Weg machte, zuvor ſich aber von dem Koͤnigl. Spaniſchen Hofe jemand ausbathe, welcher ihn auf ſeiner Reiſe begleitete, und ihme Qvartiere verſchaffete; da man ihme deñ einen Alcaide, nebſt einigen Officiers zuord - nete, welche fuͤr ihme her giengen, und von Ort zu Ort fuͤr ihn und ſeine Domeſtiquen, welche faſt aus lauter Spaniſchen Edelleuten beſtunden, die Quartiere zubereiteten. So bald Don Louis de Haro von des Hertzoges Annaͤherung nach Fon - tarabien verſtaͤndiget worden: ſendete er ihm ei - nen Cavallier biß Tholoſette, umb ihn daſelbſt zu empfangen, und ihn biß nach Trou zu begleiten, entgegen; allwo der Baron Batteville des Her - tzogs erwartete, welcher ihn daſelbſt mit vielen Ceremonien empfinge, ihn beqvem logirte, und defrayirte. Tages darauf arrivirte er zu St. Se - baſtian, allwo er von dem Don Louis die Viſite, und in ſelbiger die Nachricht empfinge, wie es mit ſeinen Sachen ſtuͤnde; welche, weil ſie nicht ſo ein - gerichtet worden waren, wie es der Hertzog ver - langet und gewuͤnſchet: dieſen ohne dem zum Zornge -467Hoff-Ceremoniel. geneigten Printzen zu einem dergleichen empor - tement brachte, daß er gegen den Don Louis mit Ungeſtuͤmm ſagte: Er haͤtte keinem Menſchen, wer der auch ſey, ein Mandat ertheilet, ſeine Affai - ren auf dieſem Frieden zu tractiren; und demnach wolte er, ſo lange er einen Degen an der Seiten fuͤhren, und in dem Stande ſeyn wuͤrde, ſich deſſen zu bedienen, nicht ruhen, biß er ſeine Lande wieder erobert, oder da dieſes nicht geſchehen koͤnte, den - noch ſeine Ehre und Reputation, als ein ſouve - rainer Printz, wuͤrde gerettet haben. Don Louis de Haro hoͤrete dieſes alles mit groſſer Gedult und Moderation an; Er muſte aber folgendes Tages, als ihm der Hertzog die Reviſite abſtat - tete, noch ein weit mehreres und formale Re - prochen und Beſchwerungen, welche der Her - tzog uͤber das Spaniſche Miniſterium, darunter Don Louis der Principaleſte war, anfuͤhrete, vernehmen; ſo daß auch endlich Don Louis bey ſich beſchloſſe den Hertzog auf das neue in Arreſt nehmen zu laſſen: welches doch aber unterbliebe, weil man muſte, oder zum wenigſten glaubete, daß der Zorn dieſes Hertzoges Spanien nicht ſcha - den koͤnne, wenn man ihn gleich in ſeiner Freyheit, und alſo Gelegenheit zu Ausuͤbung ſeiner Rev an - ge uͤberlieſſe. Mit dieſem Emportement und Bedrohung, gieng er von dem Don Louis de Haro, gꝛaden Weges nach dem Fluß Bidaſſao auf das Frantzoͤſiſche Gebiethe, ſeinen Weg nach St. G g 2Jean468EuropaͤiſchesJean de Luz nehmende; und weil der Cardinal von ſeiner Ankunfft benachrichtiget worden ware, fuhr er ihm mit einer groſſen Hoff-Stadt auf ei - ne halbe Meile entgegen, und nahm ihn mit groſ - ſen Ehren-Bezeugungen an: jedoch gab er ihme bey der Viſite nicht die rechte Hand oder Ober - Stelle; ließ ihn im uͤbrigen ſehr propre einqvarti - ren, gabe ihme ſeine Caroſſen, Cavalliers und Pa - ges zu ſeiner Bedienung: mit welchem allem der Hertzog ſehr vergnuͤget, und in groſſer Hoffnung war, er wuͤrde durch Vermittelung des Cardinals von dem Koͤnige in Franckreich mehr erlangen, als er von Spanien nicht haͤtte erhalten koͤnnen. Alleine er wurde bald gewahr, daß die Ceremo - nien und Hoͤfligkeit, welche man einem bezeuget, mit dem Eſſentiel-Wercke keinen rapport ha - ben. Denn als er dem Cardinal vortruge, daß er ihme doch behuͤlfflich ſeyn moͤchte, das Hertzog - thum Baar wieder zu bekommen, dagegen er Be - ſancon an Franckreich, auch ſelbiger Cron eine freye Paſſage durch ſein Land nach Elſaß, und noch einige andere Plaͤtze einraͤumen wolle; ſo gab ihm der Cardinal darauf doch keine andere Antwort als dieſe: daß wenn der Hertzog dem Cardinal zuvor wuͤrde ſagen koͤnnen, was ihm Don Louis dißfals verſprochen, ſo wolte alsdenn auch der Cardinal ſeines Orts dem Hertzoge mel - den, was er in Faveur ſeiner thun koͤnte; ihm an - bey verſprechende alle Muͤhe anzuwenden, daß ervon469Hoff-Ceremoniel. von ſeinem Koͤnige wohl tractiret wuͤrde. Al - lein dieſe nichts determinirende Antwort des Cardinals, ſetzte den Hertzog in neuen Chagrin, dergeſtalt; daß er, ob gleich die Nacht fuͤr der Thuͤre, und hefftiges Regen-Wetter war, den - noch nicht laͤnger zu St. Jean de Luz bleiben wolte: ſondern ſich ſo gleich nach Iron begabe, folgendes Tages den Koͤnig von Engelland zu ſprechen. Seine damahlige Revange gegen den Cardinal und Don Louis de Haro, kunte er nun nicht an - ders als dadurch nehmen; daß er wieder den ihn concernirenden Articul, in Gegenwart des Nun - tii und anderer anweſenden Geſandten, ſo muͤnd - lich als ſchrifftlich proteſtirete: und ſo dann ſeine Abreiſe, mit eben ſo wenigem Vergnuͤgen als Ca - rolus II. Koͤnig aus Engelland nahme; welche Proteſtation aber eben ſo viel gefruchtet, als des Nuncii Apoſtolici zu Oßnabruͤg und Muͤnſter; Denn das Proteſtiren hat bey dergleichen pu - bliquen Affairen keine andere Wuͤrckung, als daß man ſeinen Diſconſenß dadurch zeiget: der Sache aber, wieder welche man Proteſtation ein - leget, dadurch keinen Nachtheil zuziehet, oder ſel - bige Krafft-loß machet; deficiente enim judice, vana eſt Proteſtatio jusſuum conſervans.

§. 35.

Eine unvermuthete und zugleich trau - rige Gelegenheit zu einem beſondern Ceremoniel, aͤuſerete ſich bey dieſem Friedens-Schluß, durch den Todt des juͤngſten Infant von Spanien, Nah - mens Philip Proſper, welcher zu Madrit, ZeitG g 3weh -470Europaͤiſcheswehrender Conferentz auf der Faſanen-Jnſul, in dem zweyten Jahre ſeines Alters mit Tode ab - gegangen; weil von maͤnnlichen Erben niemand mehr uͤbrig war, als ein eintziger Infant, der noch nicht zwey Jahr erreichet: und Koͤnig Philippus IV. beſorgete, daß dieſer etwan auch, wie alle ſeine vorigen Kinder, an eben dieſer Kranckheit ſterben moͤchte. Dieſer Todes-Fall ſetzte den Cardi - nal, wie auch den Don Louis de Haro in Sor - gen, ob nicht etwan Philippus IV. den ſchon ange - fangenen Frieden und die in ſelbigem concertirte Mariage, wo nicht gantz abbrechen, doch auf die lange Banck verſchleben moͤchte. Allein der Cardinal faſſete doch als ein habiler Politicus, bey dieſen Accident einen guten Muth, und ver - ſicherte den Monſ. Tellier, daß ſelbiges dem Frieden und der Heurath nicht die geringſte Hin - dernuͤß geben wuͤrde. Damit man aber dem Koͤnige in Spanien das extreme Betruͤbnuͤß, welches man Frantzoͤſiſcher Seiten uͤber dieſem Todes-Fall haͤtte, wieſe; ſo ſchriebe der Cardinal nicht nur fuͤr ſeine Perſon, an den zu Andaye ſich aufhaltenden Lionne, und beklagte dieſen Todt: ſondern er ſendete auch den Chevalier de Gaut expreß an den Don Louis de Haro, und ließ bey ſelbigem ſeine Condolentz-Complimente ab - legen, und ihn verſichern, daß er mit eheſtem der - gleichen in Perſon verrichten wuͤrde. Hierbey aber bliebe es nicht, ſondern er berichtete auch das Ab -ſter -471Hoff-Ceremoniel. ſterben des Infants an dem Monſ. Tellier, daß er Jhro Majeſtaͤt dem Koͤnige in Franckreich, und der Koͤnigl. Frau Mutter ſelbiges hinterbringen, und ſie beyde animiren ſolte: der Catholiſchen Majeſtaͤt, und zwar in den aller-obliganteſten terminis als es immer moͤglich, zu condoliren: ihm dem Cardinal aber, hernach dieſe Condo - lentz-Brieffe zu ſenden, welche er denn ferner durch einen Cavallier nach Madrit befoͤrdern laſ - ſen wolte. Jn dieſen Condolentz-Briefen aber, ſolte expreſſe (welches ſonſt nicht gebraͤuchlich) mit enthalten ſeyn, daß Jhro Majeſtaͤt der Koͤnig von Franckreich und deſſen Frau Mutter, dieſen Expreſſen bloß u. allein, ihre Condolentz-Briefe zu uͤberbringen, abgeordnet haͤtten. Ob gleich die - ſes Inſerat aus denen beyden Condodolentz - Schreiben haͤtte ausgelaſſen, und an dem Spani - ſchẽ Hof gleichwohl geuꝛtheilet weꝛden koͤñen, daß der abgeſendete Cavallier, in keinem andern Abſe - hen als bloß und allein umb der Condolentz wil - len, waͤre nach Madrit geſendet worden; ſo wolte doch der Cardinal dadurch nachdruͤckliche De - monſtration thun, wie ſehr der Frantzoͤſiſche Hof an dem Gluͤck und Ungluͤck des Koͤniges Philippi und deſſen Koͤnigl. Familie Theil nehme; ob es gleich im uͤbrigen nicht zu vermuthen, daß der Tod - tes-Fall des erwehnten Infant, dem Koͤnige in Franckreich, und dem Cardinal ſo gar ſchmertzhaft gefallen. Ja es verlangete beſagte Eminentz,G g 4daß,472Europaͤiſchesdaß, weil der Frieden nebſt der Heurath ſo gut als richtig, der Koͤnig in Franckreich und deſſen Frau Mutter, mit eigner Hand dieſe Condo - lentz-Briefe ſchreiben: Monſ. Tellier aber ihm die Copias derſelben, damit er ſie dem Don Louis de Haro zeigen koͤnte, zuſenden ſolte; wel - ches Ceremoniel zu einer andern Zeit, und bey an - dern Conjuncturen, vielleicht nicht ſo genau waͤre obſerviret worden, Mais chaque Temps a ſa Politique & ſon Ceremoniel.

§. 36.

Nach der ein und zwantzigſten Con - ferentz, als das Friedens-Inſtrument durch den Marquis de Lionne zu Papier ſolte gebracht werden; entſtunde bey dem Cardinal allerhand Zweifel, wohin man diejenigen Potentien, derer in dieſem Frieden muͤſte gedacht werden, placi - ren, und wie man einen und den andern tituliren ſolte. Endlich reſolvirte der Cardinal, daß man den Hertzog von Savoyen und Modena nicht Alliés de France, ſondern nur generaliter Al - liés nennen ſolte; Die Printzen aber, welche in der Rheiniſchen Ligue mit begriffen, ſolte man Confederez avec ſa Majeſte tres Chrêtienne pour la Manutention de la Paix de Münſter tituliren: Damit auch den Churfuͤrſten, ein an - ſehnlicher Vorzug fuͤr den uͤbrigen Fuͤrſten des Reichs, in dieſem Friedens-Inſtrument gegeben wuͤrde; ſolte Lionne nicht nur die generale Ex - presſion, Les Princes d Empire, ſondern di -ſti -473Hoff-Ceremoniel. ſtinctim, les Electeurs & les Princes d Empire ſetzen. So offt man Seiner Paͤbſtl. Heiligkeit im Frieden zu erwehnen haͤtte, ſolte man ſich der Phraſi gebrauchen: Der Pabſt und heil. Stuhl zu Rom; Die Cantons in der Schweitz ſolten nicht expreſſe; der Doge von Venedig und die Republic ohne Zuſatz: ci devant Mediatrice de cette Paix genennet; gleich nach dem Pabſt aber die Churfuͤrſten am Rhein: (darunter wie bekandt drey Geiſtliche) ſo dann die Reichs-Fuͤrſten des Reichs, welche mit Franckreich in Alliance ſtun - den (als Membra eines Corporis) bald nach ein - ander; darauf erſt Schweden, und denn die Re - public Venedig und Schweitz geſetzet werden.

§. 37.

Wegen der Titulatur, derer ſich die beyden Miniſter in dem Friedens-Inſtrument bedienen, und ſie von denen Conflans-und Cerdai - gniſchen Commiſſariis haben wolten; entſtunde ſonderlich zwiſchen dem Cardinal und dem Par - lement zu Pariß einiger Diſput. Denn es wolte ſich der Cardinal und Don Louis Premier-Mi - niſtres nennen; weil nun aber das Parlement zu Pariß, in welchem dem Herkommen gemaͤß, alle Acta publica, und alſo auch dieſer Frieden einre - giſtriret und verificiret werden muͤſſen, uͤber den Titul Premier-Miniſtre chicanirete: indem ſelbiges ſich das Primum Miniſterium arrogi - rete; ſo war der Cardinal unwillig, daß man ſol - chen Titul, welchen ihm der Koͤnig ertheilet, nichtG g 5pas -474Europaͤiſchespasſiren laſſen wolte: jedoch aber, nach reiffer Uberlegung beqvemete er ſich, ſich und den Don Louis Plenipotentiarios zu nennen; weil der Frieden unter ihnen, ohne dem mehr in der qua - lité zweyer Plenipotentiarien, als zweyer Pre - mier-Miniſtren war verfertiget und geſchloſſen worden.

§. 38.

Als der ſchwere Punct wegen Reſtitu - tion des Printzens von Condé endlich in der vier und zwantzigſten Conferentz auch abgethan, und ihm wieder nach Franckreich zu kommen verſtat - tet worden war: beſorgete ſich der Cardinal, daß gemeldeter Printz ſeiner Eminentz den Pas wuͤrde ſtreitig machen, und ihm vorgezogen werden wol - len; Weil nun, was dieſe prærogativam con - cerniret, in den Friedens-Articuln nichts abge - handelt worden war: ſtunde der Cardinal auf ſei - ner Hut, und ließ durch den Monſ. de Lionne dem Sieur Lainet und Caillet, des Printzens Abgeordneten, zu wiſſen thun: wie ſich der Cardi - nal und Printz bey Zuſammenkunfften wegen des Rangs mit einander wuͤrden zu comportiren haben; da deñ des Cardinals deutliche Erklaͤrung dahinaus lieffe: daß er dem Printzen, wenn er den Cardinal in ſeinem Logement beſuchen wuͤrde, zwar jederzeit die Ober-Stelle: im fall ſie ſich aber alle beyde in loco tertio befinden wuͤrden, der Printz dem Cardinal den Vorſitz unweigerlich geben ſolle. Er berufſte ſich deswegen auf dasExem -475Hoff-Ceremoniel. Exempel des Cardinals de Richelieu, und des Cardinals de Lion, als welche beyde den Vorzug uͤber den Printzen von Conty und den Grafen von Soiſſon erhalten; und meinete, daß er eben dieſes, was dieſe zwey in dem Range genoſſen, zu prætendiren haͤtte: ſonderlich weil ſich die Cardinaͤle dadurch in Poſſeſſion gebracht, und er der Mazarin eben ſo viel Faveur bey dem Koͤnige haͤtte, als ehemahlen der Cardinal Richelieu: auch die Reputation der Cron Franckreich ſo gut, als gemeldter ſein Vorfahre, biß dato unterſtuͤ - tzet haͤtte; Er fuͤgete noch hinzu, daß dieſe Art des Ceremoniels, deſſen er ſich gegen dem Printzen von Condé bedienen wolte, zu gemeldten Prin - tzens Avantage gereichete, weil doch bekandt, daß der Cardinal Richelieu den Printzen von Gebluͤ - te, und andern ſouverainen Printzen, auch ſo gar in ſeinem eigenen Qvartier nicht die Stelle gegeben: er wolte ſich gegen dem Printzen von Condé ſo weit accomodiren, daß er ſelbigem in ſeinem eigenen Hauſe, wenn er von gedachten Printzen wuͤrde beſuchet werden, die Ober-Hand verſtatten wolle. Dafern nun aber offt erwehn - ter Printz mit dieſem Traitement, welches ihm der Cardinal zu geben entſchloſſen, nicht content ſeyn moͤchte: ſo erklaͤrete ſich der Cardinal, daß er ihm ein mehrers nicht einraͤumen koͤnte, duͤrffte, noch wolte; weil ſeine Eminentz Recht und Rai - ſon haͤtten auf ſolche Art das Ceremoniel einzu -rich -476Europaͤiſchesrichten und zu behaupten: und wo ſich der Printz ihm nicht accommodirete, wuͤrde er es fuͤr ein Zeichen der Verachtung ſeiner Perſon und Freundſchafft anzunehmen haben. Es erklaͤrete ſich auch noch ferner der Cardinal, daß er den Printzen gar nicht noͤthigen wolle mit ihm umb - zugehen, und ihn in ſeinem Hauſe zu beſuchen; wann er aber gleichwohl den Cardinal frequen - tiren und die Ober-Stelle bey ihm annehmen wolte; (die er doch keinem eintzigen Souverain zugeſtattete) ſo waͤre es ſo dann geziehmend und indiſpenſabel, daß der Printz in uͤbrigen aller Or - ten, es ſey im Louvre oder ſonſt wo, dem Cardinal weichen muͤſſe. Hierdurch gabe dieſe Eminentz deutlich genung zu erkennen, daß die Cardinaͤle keinem ſouverainen Printzen, er ſey ſo hoch und maͤchtig als er wolle, die Majeſtaͤten alleine aus - genommen, die Præcedentz einraͤumen wollen; worinnen ſie auch zimlich reüsſiret, auſſer daß die Churfuͤrſten ihnen noch den Rang diſputirlich machen; wovon aber ſchon in dem erſten Theil die - ſes Wercks gehandelt worden.

§. 39.

Bey der Signatur dieſes Friedens, welche den 7. Novembr. in der vier und zwan - tzigſten Conferentz erfolget, wurden beyderſeits gleiche, und zwar dieſe Ceremonien gebrauchet. Ein jeder der zwey hohen Herren Plenipotentia - riorum, hatte ſein Exemplar des Friedens, der Cardinal das ſeinige in Frantzoͤſiſcher, der DonLou -477Hoff-Ceremoniel. Louis de Haro in Spaniſcher Sprache, nebſt noch einigen zu dem Frieden gehoͤrigen Schriff - ten liegen: und unterzeichneten ſelbige zugleich; Als dieſes geſchehen, (und zugleich der Ehe-Contract, von welchem ſchon in vorhergehenden geſaget war, abgeleſen worden) embrasſireten die beyde Premier-Miniſtres einander: Sieur de Colo - ma und de Lionne thaten desgleichen: die uͤbri - gen gegenwaͤrtigen Spaniſchen und Frantzoͤſi - ſchen Herren machten einander auf unterſchiedli - che Arten ihre Civilité, giengen zuſammen in die Appartements: und erwieſen durch Schertz und Lachen, daß ihnen die Schlieſſung dieſes Frie - dens allerſeits angenehm. Tages darauf wurde zu St. Jean de Luz von dem Biſchoff zu Bayon - ne, zu Fontarabien aber von dem Biſchoff zu Pampelona das Te Deum geſungen: und wurde des Pulvers, aus allerhand Geſchuͤtze Freuden - Schuͤſſe zu thun, wie auch anderer zu dergleichen Feſtins gehoͤrigen Dinge nicht geſchonet. Den 11. November wurde die fuͤnff und zwantzigſte Conferentz gehalten, und in ſelbiger nichts an - ders als die Abſchieds-Ceremonien vorgenom̃en: welche nicht allein von beyden Principal-Mini - ſtern, ſondern auch en general von allen Spa - niſchen und Frantzoͤſiſchen vornehmen Herren, ja biß auf die Gemeineſten, mit der groͤſten Civi - litaͤt und Conteſtation beſtaͤndiger Freund - ſchafft geſchehen; wobey noch zweyerley ſehr no - table war.

1. Daß478Europaͤiſches
  • 1. Daß der Marſchall de Grammont juſte - ment bey dieſer Abſchieds-Conferentz von Madrit zuruͤcke kam, und dieſen zwey Miniſtern eine exacte Relation thate, was in ſeiner Reiſe pasſiret: welches Don Louis de Haro mit dem groͤſſeſtem Plaiſir anhoͤrete; weil die meiſte Erzehlung dieſes Marſchalls zu der Avantage des Koͤniges und der Infantin von Spanien, und ins be - ſondere auch der Familie des Don Louis de Haro war.
  • 2. Gemeldter Don Louis de Haro den Cardi - nal erſuchete, ſeinet wegen eine Commiſ - ſion uͤber ſich zu nehmen: und als ihm der Cardinal die Verſicherung that, alles zu thun, was er von ihm dißfalls exigiren wuͤrde; beſtunde ſelbige darinnen, daß er ſeine Eminentz in gar civilen terminis bat, fuͤr ihm bey dem Koͤnige in Franck - reich Pardon auszubitten, daß er dieſes Friedens-Negotium mit einem ſo groſſen Phlegme, und ſo langweilig tractiret; weil er wuͤſte, daß ihn der Aller-Chriſtlichſte Koͤnig deswegen bey unterſchiedenen Ge - legenheiten uͤbel angeſehen. Dieſes war eine ungewoͤhnliche Galanterie des Don Louis, und gabe ihm der Cardinal darauf die Verſicherung, daß ſein Koͤnig ihme ſeinVer -479Hoff-Ceremoniel. Verlangen gewehren, und alles, was et - wan pasſiret, vergeben und vergeſſen wuͤrde.

§. 40.

Mit einem dergleichen Ceremoniel, wurde nun dieſer Frieden angefangen, fortgeſe - tzet, und beſchloſſen: welchen der Cardinal kein Bedencken truge eine Comoͤdie zu nennen, ob aus Schertz oder Ernſt iſt unbewuſt; wenn man aber bey dem Termino oder Vergleich des Cardinals bleiben ſolte, ſo koͤnte man ſagen: daß noch auf kei - nem Theatro dergleichen vornehme und wohl ge - kleidete Actores als auf dieſem, welches in die Faſanen-Jnſul erbauet worden, erſchienen; Denn man hat auf demſelben fuͤnff Majeſtaͤten, den Koͤ - nig Philippum in Spanien, Ludovicum XIV. die Koͤnigl. Frau Mutter in Franckreich, die In - fantin, Carolum II. Koͤnig von Engelland, (wie - wohl dieſe letzteren nur gleichſam hinter den Spa - niſchen Waͤnden des Theatri) anbey den Hertzog von Lothringen, die zwey hohen Plenipotentia - rios, allerhand Ambaſſadeurs geſehen: da einer oder der andere ſeine Perſon en naturel, der an - dere aber en maſque geſpielet; welche damahlige ſo genente ſchoͤne Comoͤdie, nach der Zeit in eine traurige Trajoͤdie verwandelt worden; Omnium enim rerum vicisſitudo.

Achtes480Europaͤiſches

Achtes Capitel. Von dem Ceremoniel und Streit bey dem Akiſchen Frieden.

§. 1.

Die bey dieſem Wercke vorgeſetzte Methode, fuͤhret uns der Ordnung nach zu dem An. 1668. den 2. May zu Acken geſchloſſenen Frieden; von welchem man, was wegen des Cere - moniels daſelbſt beſonders vorgefallen, nach der Laͤnge, gleichwie in vorgehenden zweyen Capituln von dem Weſtphaͤliſchen und Pyrenaͤiſchen Frie - dens-Ceremonien geſchehen, erzehlen koͤnte: gleich - wie man auch anfangs willens geweſen; weil aber dieſes Werck, wieder alles Vermuthen und vor - hero gemachte Uberlegung, bereits ſchon groͤſſer erwachſen, als man es intentiret: und zu be - ſorgen ſtuͤnde, daß dieſer Tractat allzugroß wer - den, und faſt nicht mehr fuͤr eine Einleitung oder Syſtema (fuͤr welches man es doch ausgiebet,) wuͤrde pasſiren koͤnnen: ſo iſt man genoͤthiget, je - doch dem Abſehen und Wercke an ſich ſelbſt ohne Schaden, in dieſem und dem darauf folgenden Capitul, viel Dinge zu retrenchiren, welche man bereits ſchon zuſam̃en colligiret hatte; zu mahlen das folgende 10de Capitul, welches von dem Ce - remoniel des Rißwygſchen Friedens handeln ſoll, noch einiger gar beſonderen Erzehlungen, und fol - gendlich einiger Weitlaͤufftigkeit von noͤthen ha - ben wird.

§. 2. Gleich481Hoff-Ceremoniel.

§. 2.

Gleichwie der fuͤr dieſem Frieden vorher - gehende Krieg, hauptſaͤchlich nur zwiſchen der Ca - tholiſchen und Aller-Chriſtlichſten Majeſtaͤt ent - ſtanden, und ein boͤſer Effect der auf der Faſanen - Jnſul zwiſchen Ludovico dem XIV. und der Princeßin Philippi IV. vollzogenen Heurath war; alſo auch ware der zu Acken geſchloſſene Frieden faſt fuͤr nichts anders als einen Particu - lair-Frieden erſtgemeldter zweyer Majeſtaͤten, welcher die uͤbrigen Europaͤiſchen Souverains directe nicht (auſſer Portugall und andere je - doch wenige, die etwan par maniere d Alliez dazu zu rechnen) concernirete, anzuſehen. Denn nachdem Philippus IV. Anno 1665. mit Tode abgieng, wolte ſein Herr Schwieger-Sohn Lu - dovicus IV. die Spaniſche Niederlande, ver - moͤge des ſo genenneten Juris devolutionis er - ben; wodurch er zeitlich genung wieſe, mit was fuͤr einer Intention er ſeine Renunciation auf die Spaniſche Succesſion in dem Pyrenaͤiſchen Frieden gethan hatte.

§. 3.

Das 1666. Jahr wurde mit Negotia - tions und vielen Schrifften der Doctorum Jur. gentium und erfahrner Politicorum, derer einige fuͤr Spanien, andere fuͤr Franckreich ſchrieben, zugebracht: unter welchen Scribenten ſich auch der Baron d Jſola in ſeinem Bouclier d Etat und Clavs le Politique du Tems ſignaliſiret; welchem weil er in Faveur Spaniens geſchrieben,H hſich482Europaͤiſchesſich nicht nur viel Frantzoͤſiſche Scribenten durch ihre Feder, ſondern auch der Koͤnig in Franckreich ſelbſt durch den Degen ſeiner Soldaten opponi - ret, und dieſes Bouclier d Etat, ſo feſt ſonſten deſ - ſelben Mateꝛie war, gleichwohl duꝛchloͤcheꝛt; indem deſſen Gewalt wieder das Recht obtiniret hat. Weil nun die Progreſſen des Koͤniges in Franck - reich ſo extraordinair gluͤcklich waren, und zu be - ſorgen ſtunde, daß Franckreich durch Huͤlffe Portugalls, die Spaniſche Monarchie nicht nur in ihren Auſſen-Wercken, ſondern wohl gar in der inneren Fortification, (ſcil. Spanien) wel - ches damahlen einen Souverain Carolum II., der noch nicht vollkommen vier Jahr alt war, hatte, angreiffen moͤchte; ſo muſte ſich Spanien wohl reſolviren einen Frieden, er moͤchte nun re - putirlich heiſſen oder nicht, einzugehen.

§. 4.

Was nun das Ceremonien-Werck, welches bey dieſem Frieden vorgefallen, anlan - get, ſo kan ich laut der Nachricht der Authorum, welche etwas zuverlaͤßliches davon aufgezeich - net, zwar nicht laͤugnen, daß eines und das andere zu dieſem Wercke gehoͤrige paſſiret; nachdem ich aber ſelbiges gegen den zu Muͤnſter und Oßna - bruͤg, in dem Pyrenaͤiſchen Gebuͤrge, zu Niemaͤ - gen und Ryßwig geſchloſſenen Frieden halte: fin - de ich nichts particulieres, welches nicht auch et - wan, in den allererſt gemelten Frieden-Schluͤſſen ratione des Ceremoniels vorkommen ſey; Und damei -483Hoff-Ceremoniel. meine Intention nicht iſt, ein Exempel-Buch oder Locos Communes zu ſchreiben, ſondern nur, und zwar durch wenige Exempel zu zeigen, wie da und dort, in caſibus ſingularisſimis das etablirete Ceremoniel obſerviret oder negligiret worden; ſo uͤbergehe ich mit Fleiß das Ceremoniel dieſes Friedens, und ſchreite zu folgendem Capitul.

Neuntes Capitel. Von dem Ceremoniel und Streit bey dem Niemaͤgiſchen Frieden.

§. 1.

Die allerkuͤrtzeſte Nachricht, welche man von dem dieſem Frieden vorhergehendem Kriege geben kan, iſt dieſe, daß bemeldter An. 1672. an - gefangene Krieg aus folgenden Urſachen ent - ſtanden:

  • 1. Wegen der Triple-Alliance, derer meiſte Urſache die Hollaͤnder waren, ſo durch ſelbige Franckreichs Progreſſen in Flan - dern hinderten: welche Alliance doch Franckreich ſo finement zu zerreiſſen, Schweden zu der Neutralitaͤt, Engelland aber gar auf ſeine Seite zu bringen wuſte, daß Holland unvermuthet von ſeinen Alliir - ten abandoniret wurde, und ſich ohne alle Asſiſtence ſahe.
  • 2. Wegen der Injurien, welche die Hollaͤnder dem Koͤnig in Franckreich angethan habenH h 2ſol -484Europaͤiſchesſolten und muſten, und zwar dadurch, daß ſie
    • 1. Den Ackiſchen Frieden nicht nur be - foͤrdert, ſondern auch auf eine derglei - chen Art moderiret, daß die zwey Koͤni - ge, von Franckreich und Spanien, ſelbi - gen nicht etwan wie ſie, ſondern wie die Hollaͤnder wolten, ſchlieſſen muͤſſen.
    • 2. Bey ihnen waren Muͤntzen geſchlagen worden, welche dem Koͤnig in Franck - reich hoͤchſt nachtheilig: darunter eine, auf welcher der Burgermeiſter zu Am - ſterdam van Beuningen zu ſehen war, welcher ſich gegen die (Franckreich be - deutende) Sonne geſtellet, und laut der beyſtehenden Worte: In conſpectu meo ſtetit Sol, gleichſam die Waffen und die Progreſſen dieſes Koͤniges hem - mete. Auf der andern ware eine In - ſcription, dergleichen ſich weyland die Roͤmer, nach erhaltenen gluͤcklichen Vi - ctorien und Conqueſten, bedienet; Dieſe war hochmuͤthig, weil in ſelbiger die Worte befindlich: Aſſertis legibus & Sacris, defenſis exteris Regibus. Dannenhero auch der Præſident des Parlements zu Pariß, Monſ. Lampig - non zu dem Petro de Groot, des be - ruͤhmten Hugonis de Groot Sohne,wel -485Hoff-Ceremoniel. welcher damahlen Hollaͤndiſcher Miniſter an dem Frantzoͤſiſchen Hofe war, ſagete: Daß, nachdem die Roͤmer Numantiam in Spanien, und Carthago in Africa zerſtoͤ - ret, man nicht ſo hochtrabende Worte von ihnen, als anitzo von den Hollaͤndern, ge - hoͤret.

§. 2.

Dieſes nun zoge den Hollaͤndern einen ſchweren Krieg auf den Halß, welcher ihrer Re - public bey nahe den Garaus gemacht haͤtte, ſo daß Franckreich und ſie die Haupt-Perſonen des An. 1672. entſtandenen Krieges waren: in wel - chen aber auch noch andere Potentien auf beyden Seiten eingemiſchet wurden, die man allhier, umb die darauf folgende Niemaͤgiſche Friedens-Con - ferentz, und den dabey vorgefallenen Ceremonien - Streit deſto beſſer zu verſtehen, anfuͤhren, und ge - gen einander gleichſam en Bataille ſtellen muß. So waren alſo auf

  • 1. Einer Seiten
    • 1. Koͤnig Ludovicus XIV. in Franckreich.
    • 2. Carolus II. in Engelland, deſſen Schwe - ſter Henriette, Gemahlin Philippi Duc d Orleans, deswegen nach Engelland, unterm Prætext ihrem Herrn Bruder eine Viſite abzuſtatten, reiſete; allein die Haupt-Abſicht war ihren Herrn Brn - der dahin zu bringen, daß er mit Franck - reich in Alliance trete: welches auch ge -H h 3lun -486Europaͤiſcheslunge, und wurde zum Vorwand ge - nommen, daß die Hollaͤnder Engelland affrontiret, in dem ſie die Themſe hin - auf biß nach Chattam gelauffen, und die Engliſche Schiffe verbrennet; auch der Lieutenant-Admiral von Ghent eine Engliſche Jacht nicht gegruͤſſet hatte: Man auch dem Engliſchen Ambaſſa - deur in Haag keine Satisfaction gege - ben, und was etwan dergleichen Vor - wendungen mehr waren.
    • 3. Der Biſchoff von Muͤnſter Chriſtoph Bernhard von Galen.
    • 4. Der Churfuͤrſt von Coͤlln, Maximilian Heinrich, Hertzog von Bayern.
  • 2. Auf der anderen Seiten,
    • 1. Die Hollaͤnder. Weil ſich aber dieſe alleine nicht baſtand befanden einer ſolchen Macht zu wiederſtehen, und ſich nach auswertiger Huͤlffe umbſehen muſten: ſo gelunge es ihnen endlich, daß ſie folgen - de Hohe Alliirte bekamen.
    • 2. Kaͤyſerliche Majeſtaͤt, wozu der Herr Ba - ron d Iſola ſehr behuͤlfflich war.
    • 3. Der Koͤnig in Spanien.
    • 4. Der Koͤnig in Daͤnnemarck.
    • 5. Der Churfuͤrſt von Brandenburg.
    • 6. Der Hertzog von Braunſchweig-Luͤne - burg-Zell.
§. 3. Als487Hoff-Ceremoniel.

§. 3.

Als nun dieſer Krieg etwan vier Jahr gedauret, ſo fing man ſonderlich Hollaͤndiſcher Seiten an, an einen Frieden zu gedencken, und wurden die Præparatoria zu demſelben A. 1676. gemacht; da man denn gleich zu Anfang aller - hand Streit uͤber den Ort hatte, in welchem dieſer Friedens-Congreß ſolte gehalten werden: wovon aber in dem erſten Capitul, §. 7. des IV. Theils ſchon Meldung geſchehen.

§. 4.

Endlich wurde doch Niemaͤgen, eine in der Betaw, an dem Wahl-Fluß, welcher ein Arm des Rheines iſt, gelegene Stadt hierzu auserſe - hen und beliebet. Ob nun gleich dieſer Ort ter - ritorialiter den Hollaͤndern gehoͤrete, in vorher - gehendem Kriege aber ihnen ſelbiger von Franck - reich abgenommen worden, und noch quaſi ſub Judice lis war, welchen man unter dieſen beyden die Souveraineté daruͤber zueignen ſolte; ſo wur - de doch Niemaͤgen, umb die Friedens-Confe - rentz ſicher daſelbſt anzufangen und fortzuſetzen, als ein neutraler Ort angeſehen und erklaͤret, die Diſpoſition, und einiger maſſen die Jurisdiction daruͤber, dem Koͤnig von Engelland, als Media - tori eingeraͤumet; maſſen die Herren Staaten dem Magiſtrat zu Niemaͤgen expreſſe Ordre ertheileten, alles was der Engliſche Ambaſſa - deur ratione der Policey daſelbſten verordnen wuͤrde, zu befolgen.

H h 4§. 5. Ei -488Europaͤiſches

§. 5.

Eines der groͤſſeſten Obſtacles, daß man nicht zu dieſem Frieden ſchreiten kunte, ent - ſtande wegen des Wilhelm Egon von Fuͤrſten - berg; welchen Kayſerliche Majeſtaͤt An. 1674. in Coͤlln, allwo er in der Qualité eines Frantzoͤ - ſiſchen Plenipotentiarii ſich aufhielte, und dem Kayſer allerhand hoͤchſt empfindliche und zum Nachtheil gereichende Dinge vornahme, gefan - gen nehmen, und nach Neuſtadt in Oeſterreich bringen ließ, allwo er auch biß zu dem Niemaͤgi - ſchen Frieden eingeſperret bliebe. Dieſen nun wolte der Koͤnig in Franckreich, bevor er ſich mit Kayſerl. Maj. in einen Frieden einlieſſe, abſolut auf freyen Fuß geſtellet wiſſen: hoͤchſtgedachte Kayſ. Maj. aber, wolten ſelbigen durchaus nicht loßgeben. Dieſe Conteſtation war deſto hitziger, weil ſie den Point d honneur dieſer zweyen Po - tentaten concernirete; der Kayſer regardirete den Fuͤrſten von Fuͤrſtenberg als ſeinen Vaſal - len, welches er auch vere war: Der Koͤnig in Franckreich aber als ſeinen Miniſter, welches er nur ficte, oder doch nur dergeſtalt war, daß er ſich dazu nicht legitimiret; maſſen er von Kayſerl. Majeſtaͤt keine Paſſeports begehret, auch ſeine Vollmacht nicht produciret hatte. So kam es demnach auf die Behauptung der Prærogati - dieſer zweyen Majeſtaͤten an, welcher unter beyden, in regard der Perſon des von Fuͤrſten - berg, mehr gelten muͤſſe: ob der Dominus Vaſalli,wel -489Hoff-Ceremoniel. welches der Kayſer war, oder der Dominus mit - tens, welches Franckreich ſeyn wolte. Wie nun dergleichen Dinge nicht ſo wohl ſecundum Jus (quia deficit Judex) welches doch unſtrei - tig auf Kayſerlichen Seiten ſtunde, ſondern ſe - cundum Potentiam pfleget entſchieden zu wer - den; ſo ware faſt allen bey dieſem Frieden inte - reſſireten, ſonderlich denen Mediatoribus bange, wie dieſer delicate Point d honneur, ohne daß er einem der beyden ſtreitigen Majeſtaͤten zur Conſequentz gereiche, abzuthun; denn es hatte ſich Franckreich allbereit verlauten laſſen, daß er zu dieſer Niemaͤgiſchen Friedens-Conferentz keine Ambaſſadeurs ſenden, auch derer andern ihme entgegenſtehenden Potentien Miniſtern keine Paſſeports, welche doch unentbehrlich wa - ren, ertheilen wolle. Es kame demnach anfaͤng - lich in Vorſchlag, es moͤchten Kayſerl. Majeſtaͤt den von Fuͤrſtenberg in die Gewalt eines Seque - ſtre auslieffern; allein durch dieſes Expediens ware der Kayſerlichen allerhoͤchſten Gewalt und Reputation nicht genug proſpiciret, einmahl darum; weil die Ubergabe und Ausliefferung die - ſes Etats-Gefangenen an einen Sequeſtre, in der That nichts anders ware, als eine Loßlaſſung aus dem Arreſt; ſo dann hatten Kaͤyſerl. Majeſtaͤt auch zu beſorgen, daß im Fall der Frieden etwan nicht fuͤr ſich gienge, der Sequeſtre, den ihm ausgelieferten Fuͤrſt von Fuͤrſtenberg, nicht anH h 5Kay -490EuropaͤiſchesKayſerliche Majeſtaͤt reſtituiren, und ſelbigen umb dero Jus bringen moͤchte. Damit aber gleichwohl allerhoͤchſt und oͤffters gedachte Kay - ſerliche Majeſtaͤt zeigeten, wie geneigt ſelbige zu einem Frieden waͤren; lieſſen ſie ſich erklaͤren, daß die erſtere Conferentz des Niemaͤgiſchen Frie - dens von der Freylaſſung des Fuͤrſten von Fuͤr - ſtenberg handeln, und inzwiſchen alles Gerichtli - che Verfahren gegen ihn ceſſiren ſolte: ſo daß er mehr fuͤr einen der in depoſito waͤre, als einen In - quiſiten angeſehen und gehalten werden ſolte; welche Kayſerl. Erklaͤrung die Herren Staaten von Holland nach allen Kraͤfften billigten und un - terſtuͤtzeten, zu mahlen da ihnen nicht unwiſſende, daß der von Fuͤrſtenberg nicht nur etwan ein Va - ſall des Kayſers und des Roͤm. Reichs; ſondern in ſpecie ein Vaſall und Erb-Unterthan des Aller - durchlauchtigſten Ertz-Hertzoglichen Hauſes von Oeſterreich, anbey auch fax & tuba des Kriegs und Ungluͤckes der Hollaͤnder war: wie er ſich denn ſelbſt gegen einem Hollaͤndiſchen Ambaſſa - deur verlauten laſſen, daß er funffzehn gantzer Jahre daran gearbeitet, wie er Holland in den aͤuſerſten Ruin moͤge ſetzen helffen. Damit nun aber gleichwohl umb einer einigen, und zwar des Fuͤrſten von Fuͤrſtenberg Perſon halben, der gan - tze Friede nicht etwan in ſeiner Bluͤthe erſtickete, beſanne ſich der Koͤnig in Engelland Carolus II. auf ein ander und zwar dieſes Expediens. Esſchrie -491Hoff-Ceremoniel. ſchriebe hoͤchſtgedachter Koͤnig von Engelland an den Franciſcum Egon Biſchoff zu Straßburg, des Wilhelm Egon, von welchem hier haupt - ſaͤchlich die Rede, aͤlteren Herrn Bruder, ihn an - langende: er ſolte nebſt dem Koͤnige von En - gelland den Koͤnig von Franckreich erſuchen, daß ſich derſelbe von dem Verlangen, den Fuͤrſten von Fuͤrſtenberg auf freyen Fuß geſtellet zu ſehen, relachiren, ſeine Ambaſſa - deurs nach Niemaͤgen ſenden, und das allgemeine Wohl der gantzen Chriſtenheit, dem Faveur und Intereſſe einer einzelen Perſon vorziehen moͤchte. Eben zu gleicher Zeit, ſchrieb der Koͤnig in Engel - land auch an den arreſtireten Fuͤrſten von Fuͤr - ſtenberg ſelbſt, und ermahnete ihn ſein eigen und beſonders Wohl dem publiquen Intereſſe nach - zuſetzen. Der Biſchoff von Straßburg gab eine publique Declaration heraus, in welcher er be - zeugete, daß er die publique Avantage des Frie - dens, der Freyheit ſeines Bruders vorziehe, und vorgezogen haben wolte. Er ſelbſt der gefan - gene Fuͤrſt Wilhelm ſchrieb einen vom 6. Febr. 1676. aus Neuſtadt datirten Brieff an den Koͤ - nig von Engelland, in welchem er ſich gantz und gar, und ſeine Affaires, gemeltem Koͤnige, als Mediatori, reſignirete, und darein willigte, daß er biß zu Ausgang des Niemaͤgiſchen Friedens in dem Verhafft bleiben wolte. Da nun der Koͤ - nig in Franckreich die von Kayſerl. Majeſtaͤt vor - gebrachte Argumenta, warumb ſelbige den Fuͤr -ſten492Europaͤiſchesſten von Fuͤrſtenberg des Arreſts nicht entlaſſen koͤnten, recht erwogen, und von dem Koͤnige von Engelland und Biſchoff von Straßburg ſo in - ſtaͤndigſt erſuchet wurde; beſanne er ſich endlich auf die Billigkeit, und verſprach ſeine Ambaſſa - deurs auf den Niemaͤgiſchen Friedens-Congreß zu ſenden: ernennete auch kurtz darauf den Duc de Vitry, den Marquis de Croiſſy, und den Gra - fen d Avaux zu ſeinen Plenipotentiariis; darun - ter die zwey letzteren den 3. Jan. 1676. zu Charle - ville ankamen, und daſelbſt ziemlich lange auf die Hollaͤndiſche und anderer Potentien Paſſeporte warten muſten, umb nachgehends auf der Meuſe nach Niemaͤgen abzufahren; der Duc de Vitry blieb aber wegen einer zugeſtoſſenen Kranckheit noch einige Zeit in Franckreich zuruͤcke. Hierin - nen nun beſtunde die groͤſte Verzoͤgerung des An - feinges dieſes Friedens; und ich habe es abſolut fuͤr unentbehrlich erachtet es mit anzufuͤhren, weil dieſe erſt erzehlete Conteſtation, man betrachte ſelbige von welcher Seiten man wolle, fuͤglicher zu nichts anderem als dem ſchon gemeldeten Point de honneur, folgendlich zu der Præ - rogative, welche einen Theil der Materia ſo hier tractiret wird ausmachet, kan gezogen werden.

§. 6.

Eine noch andere dem ordinairen Ce - remoniel und Geſandſchafft recht zuwieder lauf - fende Begebenheit, welche Kayſerl. Majeſtaͤt ſehruͤbel493Hoff-Ceremoniel. uͤbel aufnahmen und aufzunehmen hatten, ent - ſtunde ebenfalls in Anſehung dieſes Fuͤrſten von Fuͤrſtenberg; Selbiger war, wie bereits gemel - det worden, nicht nur ein Erb-Unterthaner des Kayſers, ſondern auch ein Gefangener, und nun - mehro ſchon gar Inquiſite: gleichwohl aber ſen - dete Carolus II. von Engelland den Sieur Du - cker, welchen er hauptſchaͤchlich an hoͤchſtge - dachte Kaͤyſerl. Majeſtaͤt abgeordnet, auch zu - gleich an dieſen Gefangenen nach Neuſtadt. Weil dieſes nun eine gantz ungewoͤhnliche und unerhoͤrte Sache war; maſſen ja ein Unterthan und Gefangener weder des Juris mittendi noch recipiendi Ablegatos faͤhig ſeyn kan; ſo ware dieſes einer Kaͤyſerl. Majeſtaͤt hoͤchſtnachtheiliges Verfahren, und deliberirete man an dem Kay - ſerl. Hofe, den Sieur Ducker, welcher ohne dem nicht ein unter Engelland ſtehender, ſondern ein Officiant des Churfuͤrſten von Coͤlln, nemlich ſein Rath und General-Krieges-Commiſſarius war, ohne den Fuͤrſten von Fuͤrſtenberg zu Neu - ſtadt geſehen oder geſprochen zu haben, zuruͤck zu ſenden. Jedoch als man genungſame Erwe - gung gemacht, wie hinderlich dieſes dem Friedens - Negotio ſeyn moͤchte: und anbey befande, daß Sieur Ducker nicht als ein Envoyé, ſondern nur als ein Gentil. homme, und bloſſer Uberbringer der vom Koͤnige von Engelland abgeſendeten Schreiben zu regardiren waͤre: auch die Confe -rentz494Europaͤiſchesrentz welche er mit dem Fuͤrſten von Fuͤrſtenberg vorzunehmen, nicht anders als in preſence Kay - ſerlicher Commiſſariorum geſchehen ſolte; wil - ligten endlich Kayſerl. Maj. in dieſe Conferentz, weil ſelbige Kayſerl. Majeſtaͤt nicht nachtheilig, dem Frieden aber befoͤrderlich fallen kunte.

§. 7.

Eine andere Hindernuͤß und Verzoͤge - rung dieſes Friedens, verurſacheten die ausgehaͤn - diget zu werdende Paſſeports, und dieſes zwar auf unterſchiedene Art und Weiſe. Denn

  • 1. Wolte der Koͤnig von Franckreich dem Her - tzog von Lothringen, in deme ihme zuerthei - lenden Paſſeport, nicht den Titul eines Hertzoges und Bruders geben, welche Titu - latur er doch ſchon ehemahlen dem vorigen Hertzog ertheilet hatte: ſondern nennete ihn nur Prince und Couſin, Fuͤrſt und Vetter; woruͤber ſich die gegen Franckreich ſtehende hohen Alliirten allarmireten und ſchluͤßig wurden, nimmermehr nach dem Congreß zu Niemaͤgen zu kommen, bevor der Koͤnig in Franckreich dem Hertzog von Lothringen ſeine gebuͤhrende Titulatur gegeben. Der Koͤnig in Franckreich aber unterließ nicht, ſich durch einen von Monſ. Pompone an den Monſ. Temple geſchriebenen Brief daruͤber zu erklaͤren, in welchen die Urſache der dem Hertzog von Lothringen geweiger - ten Titulatur zu leſen, und dieſe war: daß der Koͤnig in Franckreich das HertzogthumLoth -495Hoff-Ceremoniel. Lothringen als ein ihm gehoͤriges Land re - gardire, weil ihm ſelbiges An. 1662. von Carolo durch ſolenne Tractaten waͤre cediret worden; Folgendlich dem Koͤnig in Franckreich befremde, daß man von ihme prætendire, dem Hertzoge, bevor noch durch den bevorſtehenden Frieden der End - ſcheid gemacht worden waͤre, ob der Hertzog in ſein Land reſtituiret werden koͤnte oder nicht, den Titul eines Hertzoges von Loth - ringen beyzulegen. Denn dadurch wuͤrde der Koͤnig ja wieder ſich ſelbſten und zu ſei - nem Præjuditz ſchreiben. Was aber den Titul Bruder anbetraͤffe, ſo waͤre ſelbiger nur ein annexum des Tituls Hertzog; da man nun dem Printz von Lothringen dieſen erſten zu geben ſich weigern muͤſte, folge per bonam conſequentiam, daß man ihm den andern auch nicht ertheilen koͤnne. Hier - auf replicirten aber die Herren Staaten von Holland fuͤr ſich und im Nahmen ihrer hohen Aliirten; daß Carolus Hertzog von Lothringen die Tractaten wegen Ceſſion gedachten Hertzogthums an Franckreich An. 1662. nicht ſchlieſſen koͤnnen: weil ge - meldter Hertzog Carl weder Recht, noch Urſache gehabt, zum Præjuditz ſeiner Agna - ten und rechtmaͤßigen Succeſſorum, das Hertzogthum Lothringen zu veralieniren;anbey496Europaͤiſchesanbey der Koͤnig in Franckreich von ſeiner Seiten die gemachten Tractaten auch nicht erfuͤllet: auch als Franckreich den Hertzog An. 1663. mit Krieg angegriffen, man der An. 1662. geſchloſſenen Tractaten im min - derſten nicht gedacht: und uͤber dieſes Caro - lus ſich expreſſe bedungen, daß er und ſeine Nachkom̃en den Titul eines Hertzoges von Lothringen, der Ceſſion ungeachtet genieſſen ſolten: Wunderten ſich alſo, daß der aller - Chriſtlichſte Koͤnig von Jahr zu Jahr die gehoͤrige Paſſeports fuͤr den Hertzog von Lothringen auszuhaͤndigen ſich geweigert, und dadurch die Verſammlung zu Niemaͤ - gen ſo lange verzoͤgert. Der Koͤnig von Engelland als Mediator, ſchluge dieſe Dif - ferentien zu heben ein neues, und zwar die - ſes Expediens fuͤr: daß man ihme als Me - diatori die Gewalt einraͤumen ſolle, die Paſſeports an alle Miniſter auszutheilen, und die Parteyen, welchen ſonſten dieſe Paſſeporte zu geben zuſtuͤnde, nur ihre Ra - tificationes nachgehends beylegen ſolten. Allein dieſes von Engelland erſonnene Ex - pediens, wurde von den Hollaͤndern und denen hohen Alliirten unanimiter, als eine gantz neue und niemahlen erhoͤrte Sache, verworffen: und bey dem Koͤnige in Engel - land als Mediatori inſtaͤndigſt geſuchet,den497Hoff-Ceremoniel. den Koͤnig von Franckreich dahin zu diſpo - niren, und reſpective zu obligiren, dem Hertzog von Lothringen die Paſſeports, und in ſelbigen den ihme gebuͤhrenden Titul zu ertheilen; zu dem Ende ſie das Exempel des Koͤniges von Schweden, und Biſchoffs zu Straßburg, anfuͤhreten: darunter der erſte - re, ob er gleich in dieſem Kriege einige ſeiner Provintzien verlohren, dennoch ſelbige in ſeiner Titulatur fuͤhre, und behalten, auch daruͤber von niemanden biß dato Anſtoß gelitten: Der andere aber, waͤre durch Kaͤyſerl. Majeſtaͤt und das Reich ſeines Bißthums entſetzet worden, und alſo nicht mehr in dem Beſitz deſſelben, dennoch habe Kayſerl. Majeſtaͤt, aus Liebe zum Frieden, ſeinen Miniſtern, die Paſſeports bey dem Frieden erſcheinen und negotiren zu koͤnnen, in gebuͤhrenden Terminis er - theilet. Hierauf wurde endlich der Koͤnig in Franckreich durch gethane Remonſtration des Koͤniges von Engelland dahin gebracht, daß er dem Hertzog von Lothringen durch die Hand des Mediatoris die Paſſeports, in verlangter und gebuͤhrender Form, zuſtel - len ließ: jedoch mit einer beygelegten Prote - ſtation, daß ihm ſolches an ſeiner Præten - ſion auf Lothringen nicht præjudicirlich ſeyn ſolle.
J i2. Ver -498Europaͤiſches
  • 2. Verlangeten diejenigen Miniſtri, welche ge - noͤthiget waren, ihre Courriers durch eines Fremden, und damahlen nach feindlichen Souverainen Land, wehrenden Friedens - Negotii, an ihre hohen Herren Principalen abzuſenden: daß man denen ihnen zuerthei - lenden Paſſeporten, auch die freye Hin - und Wieder-Abſendung ſolcher Courriers ein - verleiben ſolle. Dieſes aber hatte der Koͤnig in Franckreich in dem Paſſeport, welches er dem Spaniſchen Ambaſſadeur ertheilet, ausgelaſſen: wodurch folgendlich dem Ca - tholiſchen Koͤnige die Abſchickung ſeiner Courriers durch Franckreich geweigert wur - de. Dieſes ſchiene denen Hohen Allirten ins - gemein etwas ſo unbilliges zu ſeyn, daß ſie ſich des Koͤniges von Spanien annahmen, und die freye Paſſage ſeiner Courriers durch Franckreich inſtaͤndigſt urgirten. Daͤnne - marck alleine approbirete Franckreichs diß - fallige Denegirung der Spaniſchen Cour - riers durch ſein Land; nicht etwan in odium Spaniens, ſondern weil er dem Koͤnig in Schweden, und deſſen Miniſtern zu Niemaͤ - gen, auch nicht die Hin - und Herſendung derer Couriers, durch ſein Land verſtatten wolte: und alſo deſto eher ſeinen Zweck zu erreichen gedachte, im Fall Franckreich in regard Spanien von ſeiner Verweige -rung499Hoff-Ceremoniel. rung nicht deſiſtire. Man hatte auch in eben dieſem Frantzoͤſiſchen Paſſeport fuͤr Spanien entweder vergeſſen, oder mit Fleiß ausgelaſſen, daß denen Spaniſchen Am - baſſadeurs freyſtehen ſolle, unter ihrer Ba - gage auch die zu dieſen Frieden noͤthige Schrifften mit zu bringen: woruͤber man ſich bey dem Mediatori beſchwehrete, und ſel - bigen umb Remedirung dieſes Inconve - nients erſuchete; welcher auch nicht unter - ließ ſeine bons offices zu emploiren, und was einem Mediatori zukommt, zu uͤber - nehmen. Es lieff aber von dem Monſ. de Pompone an den Monſ. Temple ein Schreiben ein, in welchem ſich jener im Nahmen ſeines Koͤniges gegen dieſen erklaͤrete: Daß die Papiers, oder Schriff - ten, ein dermaſſen principales und noͤthi - ges Stuͤck der Bagage eines Ambaſſa - deurs waͤren, daß man es gar fuͤr unnoͤthig hielte, ſelbige allererſt in den Paſſeports zu ſpecificiren; jedoch dafern man von Seiten Spaniens es verlange, daß ſolches Wort dem Paſſeport einverleibet werden moͤchte, wuͤrde ſich ſeine Aller-Chriſtlichſte Maje - ſtaͤt nicht weigern, ſolches ohne Anſtand zu thun. Was aber die freye Paſſage der Spaniſchen Courriers durch ſein Land, und hinwieder der Frantzoͤſiſchen durch dasJ i 2Spa -500EuropaͤiſchesSpaniſche Gebiethe, nemlich die Nieder - lande, betreffe; ſo finde der Koͤnig in Franck - reich, daß dieſe Freyheit der beyderſeitigen Courriers, bey noch wehrendem Statu Belli, allerhand Inconvenientien nach ſich ziehen wuͤrde, welche dem Friedens-Negotio groſſe Alteration verurſachen moͤchten; und gleichwie Franckreich nicht verlange, daß man in denen von Spanien ihme zuer - theilenden Paſſeports, die Freyheit ſeiner Courriers durch das Spaniſche Territo - rium exprimiren und verſichern duͤrffe: alſo koͤnte man auch reciproce von ihme nicht fordern, daß er ſolche Freyheit den Spaniern in ſeinen Paſſeports accordire. Zu dem haͤtte ſich Spanien hieruͤber umb deſto weniger zu beklagen, weil bekandt: daß durch einen eigenen Tractat man abgere - det und verglichen, daß der Gouverneur der Spaniſchen Niederlande, einige Extra - ordinairs-Couriers durch Franckreich nach Madrit ſenden moͤchte; Wenn nun die Spaniſchen Plenipotentiarii zu Niemaͤ - gen, geſonnen oder genoͤthiget waͤꝛen, der Ca - tholiſchen Majeſtaͤt durch einen Courrier et - was zu hinterbringen: koͤnten ſie ſelbigen nach Bruͤſſel ſenden, und von dort aus, ab - geredeter maſſen, ein anderer durch Franck - reich nach Madrit gehen.
3. Die501Hoff-Ceremoniel.
  • 3. Die Herren Staaten von Holland, welche ſchon ſo viel Schwuͤrigkeiten in Ausferti - gung der Paſſeporte ſahen, und derer noch mehr beſorgten, reſolvireten und erklaͤre - ten ſich gegen dem Engliſchen Miniſter Monſ. Temple: daß ſie ihre Paſſeporte en blanc, oder auf eine ſolche Art ertheilen wolten, als es gedachtem Engliſchen Mini - ſter gefaͤllig: jedoch aber mit der Condition, daß der Koͤnig von Franckreich und deſſen Aliirte, die ihrigen in eben der Form, als ſie thaͤten, oder thun wuͤrden, ihnen und ih - ren Hohen Aliirten wiederumb recipro - quement zuſtellen ſolten; und demnach wurde dem Monſ. Temple aufgetragen, dieſe allerſeitige Paſſeporte zu empfangen und auszutheilen: wodurch er genoͤthiget wurde, ſich etliche Monath laͤnger in dem Haag aufzuhalten, als er nicht geſonnen ge - weſen.
  • 4. Als es endlich ſchiene, daß alle wegen der Paſſeports entſtandene Differentien ab - gethan waͤren, entſtunde dennoch dißfalls was neues; indeme einige Miniſter der Alliirten (welche nicht gerne ſahen daß man den Friedens-Congreß fuͤr Endigung der Campagne anfinge) die Herren Staa - ten obligirten, eine Deputation an Monſ. Temple abzuordnen, umb ihn zu erſuchen,J i 3daß502Europaͤiſchesdaß er dem Hertzog von Neuburg, und uͤber - haupt allen Printzen, welche mit in die Al - liance treten wolten, Paſſeporte ertheilen, und procuriren wolle, dabey erklaͤrende: daß im fall der Koͤnig in Franckreich ſich ſei - nes Orts weigerte, ſie alles was bißhero ge - ſchehen und gehandelt worden, fuͤr nul und nichtig achten wolten. Hieruͤber erſchrack Monſ. Temple nicht wenig, und erklaͤrete ſich gegen dieſen Deputirten, daß es abſolut unmoͤglich, dieſes Begehren in Execution zu bringen; Deñ nachdem der Koͤnig in Engel - land ſein Herr, fuͤr alle Puiſſances, welche mit in den Krieg verwickelt waren, allbe - reits Paſſeporte ausgebracht, und man nun im Begrieff waͤre, die Friedens-Tractaten anzufangen, ſo waͤre dieſes Anſuchen wieder den Reſpect ſeines Koͤniges: als welches das Friedens-Werck wieder ſtutzend ma - chen, und deſſen Amt eines Mediatoris un - fruchtbahr machen wuͤrde; zumahlen er auch gewiß verſichert waͤre, daß weder der Koͤnig in Franckreich, noch ein einiger deſſen Alliirten, als welche die daraus entſtehen - den uͤbelen Folgerungen gar wohl voraus ſaͤhen, ihren Conſens hierzu geben wuͤr - den: es auch wieder allen Gebrauch waͤre, Paſſeporte fuͤr Perſonen, die man nicht mit ihren Nahmen nennen wolte, zu fodern. Die503Hoff-Ceremoniel. Die Deputirten referirten den Herren Staaten die von Monſ. Temple erhalten ne Antwort: darauf ihme dieſe wiſſen lieſ - ſen, daß ſie von ihrem gethanen Vortrag deſiſtireten, und nur bloß noch dieſes ver - langeten; daß der Koͤnig von Engelland als Mediator, fuͤr den Hertzog von Neuburg Paſſeporte ausbringen moͤchte: welches er auch ohne vieles Bedencken verſprach.

§. 8.

Der Titul Excellence kam auch wieder in Conteſtation: denn nachdem einige Reichs - Fuͤrſten ſelbigen allzuhitzig ſucheten, gieng es mit demſelbigen faſt wie auf den Weſtphaͤliſchen Frieden. Die Geſandten des Hertzoges von Neuburg, uͤberreicheten denen Engliſchen Mini - ſtris Mediationis eine in Frantzoͤſiſcher Sprache verfaſſete Schrifft, derer Jnhalt, das Haupt - Werck betreffende, in dieſen Terminis verfaſſet war: Bonnes & valables raiſons, qui font voir, que les Miniſtres que les Princes doi - vent envoyer aux Traittés de paix qui ſe font à Niemegue, ont autant de droit de pre ten - dre la Qualité d Ambaſſadeur (que les Rois de France & de Suede par une nouveauté mal fondée Leur refuſent dans Leurs Paſſe - ports) que ceux des Electeurs, & qu’on ne peut pas bien obliger les Princes de l’Empire a renoncer à Leurs legitimes pretenſions ſur ce ſujet. Da nun die Fuͤrſten des Reichs,J i 4ſon -504Europaͤiſchesſonderlich aber das Durchlauchtigſte Fuͤrſtl. Hauß Neuburg, darthate, daß denen Fuͤrſten des Reichs, ſo gut als den Churfuͤrſten geziehme und zuſtuͤnde, Legatos primi ordinis oder Ambaſſa - deurs zu ſenden: maſſen die Churfuͤrſten fuͤr denen Fuͤrſten nichts als das Jus eligendi Imperato - rem zu voraus haͤtten; ſo folge auch unfehlbahr daraus, daß man dieſe ihre Ambaſſadeurs mit dem Titul Excellence beehren muͤſſe. Man al - legirete auch ſonderlich von dem Hauſe Neuburg, Actus Poſſeſſionis dieſes Tituls, den einen von An. 1669. den andern von 1674., da die Geſand - ten dieſes Hertzoges in Pohlen, ſich nicht nur in Gegenwart des Pohlniſchen Koͤniges und deſſen Gemahlin, ungeachtet ſelbige Kayſerl. Majeſtaͤt Frau Schweſter geweſen, bedecket, ſondern auch den Titul Excellentz bekommen. Dieſes nun wu - ſten die Frantzoſen allzuwohl, dannenhero auch der Koͤnig in Franckreich, als er hochgedachten Hertzog von Neuburg den Paſſeport zu dem Nie - maͤgiſchen Frieden zu kommen, verfertigen, in ſel - bigen exprés die Miniſter dieſes Herrn, Am - baſſadeurs, nicht Envoyés nennen ließ: unerach - tet hernach dieſer Paſſeport, bevor er noch hoch - gemeldtem Hertzoge durch die Hand des Engli - ſchen Miniſtri, welcher ſelbigen von Franckreich empfangen hatte, ausgelieffert wurde, wiederumb von Franckreich revociret, das Wort Ambaſſa - deur in ſelbigen geaͤndert, und fuͤr einen Fehlerdeſſen505Hoff-Ceremoniel. deſſen, der ſelbigen geſchrieben, ausgeleget wurde. Die Herren Staaten von Holland lieſſen ſich dieſes Erſuchen der Reichs-Fuͤrſten (wegen des prætendirenden Rechts Ambaſſadeurs zu ſen - den, und ihnen den Titul Excellentz zu geben) ſonderlich aber die ſpecial-Angelegenheit des Hertzoges von Neuburg, Luͤneburg, und Lothrin - gen daruͤber, recommendiret ſeyn: deputireten demnach den Herrn von Beverning an den Eng - liſchen Miniſtrum Mediationis, und andere Mi - niſtern der hohen Alliirten, umb zu ſondiren, was dißfals etwan zu erhalten waͤre. Die Frantzoͤ - ſiſchen Plenipotentiarii erklaͤreten ſich, hochge - dachten Fuͤrſtl. Haͤuſern nicht entgegen zu ſeyn, ſondern ſich nach andern, welche in derer Faveur etwas thun wuͤrden, zu conformiren; der Kayſerl. Ambaſſadeur aber Graf Kinsky, wendete darge - gen ein, daß er nicht eher dem Suchen dieſer Fuͤr - ſten annuiren koͤnne, bevor ſelbige ſich bey Kay - ſerlicher Majeſtaͤt deshalben geziehmend gemel - det: und er auch anbey verſichert wuͤrde, daß im Fall allerhoͤchſtgedachte Kayſerliche Majeſtaͤt de - nen Hertzogen zu gratificiren geneigt, und derer Verlangen gewehreten, die Frantzoſen ſo dann auch gewiß dem Exempel des Kayſers folgeten, und nicht etwan dieſen Reichs-Fuͤrſten ein weni - gers, als Kayſerl. Majeſtaͤt, ratione dieſes Cere - moniels zugeſtuͤnden. Monſ. Skelton Engliſcher Extraordinair-Envoyé an dem Kayſerl. Hofe,J i 5that506Europaͤiſchesthat auch ſein Moͤgliches, offt gemeldten Fuͤrſten des Reichs, dis was ſie verlangten, bey Kayſerl. Majeſtaͤt auszuwuͤrcken; allein es wurde ihm dar - uͤber keine poſitive Reſolution ertheilet.

§. 9.

Wegen der Mediation, welche der Pabſt und Koͤnig von Engelland conjunctim uͤbernommen hatten, emergireten auch allerhand Dinge, welche dieſen Niemaͤgiſchen Frieden dif - ficultireten. Deñ anfangs wolte der Pabſt nicht willigen, daß gedachter Friede ſolte zu Niemaͤgen, als an einem Orte, da die Religio Proteſtanti - um Dominans, und folgendlich die Authorité des Pabſtes nicht in ſolcher Veneration, als es fuͤr ihn erforderlich iſt, ſolte vorgenommen wer - den: und ließ demnach bey Kayſerlicher Majeſtaͤt durch ſeinen Nuntium extraordinarium Bevi - laqua inſtaͤndigſt anhalten, daß der Kayſer den Friedens-Congreß anders wohin verlegen moͤchte. Darauf ihm aber zur Antwort wurde: daß Kayſerliche Majeſtaͤt mit groſſer Beſorgung, ſo bald man von einen Frieden das Concept for - miret, getrachtet einen Catholiſchen Ort im Roͤ - miſchen Reiche zu deſſen Vollziehung zu erkieſen: auch unterſchiedene in Vorſchlag kommen waͤren, in welchen man die Authoritaͤt ſeiner Heiligkeit agnoſcire: oder doch wenigſtens, daß ſelbige ſo beſchaffen waͤren, wie es beyden Religionen an - ſtaͤndig. Nachdem ſich aber Franckreich dißfals obſtiniret, einen in dem Roͤmiſchen Reiche gele -genen507Hoff-Ceremoniel. genen Ort zu acceptiren; haͤtten Seine Kayſer - liche Majeſtaͤt endlich auch reſolviret, daß Nie - maͤgen der Ort des kuͤnfftigen Congreſſes ſeyn moͤchte: worein ſie aber mehr darumb gewilliget, umb durch Refus dieſer Stadt, nicht in Verdacht zugerathen, als waͤre es ihnen kein Ernſt zum Frie - den, als etwan darumb, daß ſie dieſen Ort dazu von Hertzen beliebt und auserſehen. Jnzwiſchen ſtuͤnde nicht zu beſorgen, daß der Autorité Paͤbſtl. Heiligkeit und des Nuntii ſelbſt, dadurch einiges Præjuditz zugezogen werden wuͤrde; weil Raven - ſtein, welches dem Hertzog von Neuburg zuſtaͤn - dig, eine kleine Diſtantz von Niemaͤgen an der Meuſe laͤge, Catholiſcher Religion, und alſo ſehr geſchickt waͤre, daß der Nuntius Apoſtolicus, gantz liberrime das Exercitium ſeiner Religion, und den Character ſeiner Nunciatur, ausuͤben koͤnne; auch im uͤbrigen, weil ſeine Mediation nur zwiſchem dem Kayſer, Spanien und Franck - reich angenommen worden waͤre, nicht von noͤ - then habe, ſtets in Niemaͤgen gegenwaͤrtig, ſon - dern oͤffters, nach Belieben, in gedachtem Ra - venſtein zu ſeyn. Hierbey nun muſte es ſein Be - wenden haben, und machte ſich demnach Bevila - qua als Paͤbſtlicher Nuncius und Miniſter Me - diationis, auf die Reiſe nach Niemaͤgen fertig: allwo er auch den 1. Junii 1677. anlangete, und ſein Amt anzutreten gedachte; allein die Proteſti - renden interesſirten Theile, meideten das mitihm508Europaͤiſchesihme etablirete Ceremoniel ſo gut als ſie kunten; das Mediations-Amt aber erkenneten ſie ihme ihres Ortes gar nicht zu: unter dem Prætext, daß der Koͤnig von Engelland als Con-Mediator mit dem Pabſt nicht koͤnne einſtimmig werden; wurde alſo dieſes Officium Mediationis gleich - ſam von einander ſepariret, ſo daß die Catholi - ſchen Potentien den Pabſt; die Proteſtirenden aber den Koͤnig von Engelland als ihren Media - torem erkenneten. Die ohne dem in Holland ordinaire Curioſité des gemeinen Volckes, ware hier faſt extraordinaire; maſſen eine unzehliche Menge Menſchen, von denen umb Niemaͤgen lie - genden Oertern zuſammen in dieſe Stadt lieffen, umb den Nuncium des Pabſtes, von welchem ſie ſich wundeꝛliche Ideen formiret, zu ſehen: welchen ſie aber gantz anders funden, als ſie ſich ſelbigen eingebildet. Die Buͤrgermeiſter der Stadt Niemaͤgen beſuchten ſo gleich den Nuntium, und offerireten ihme zu ſeinem freyen und beqvemen Exercitio Religionis, alles was er nur verlangen kunte, und ſich practiciren lieſſe; und ob er gleich ſeinen Gottes-Dienſt haͤtte daſelbſt viel ſplen - dider halten koͤnnen: ſo ware er doch zu frieden, daß man ihm in ſeinem Logement, gleichwie dem Kayſerl. und Frantzoͤſiſchen Ambaſſadeurs ge - ſchehen, eine Capelle zubereitete: in dieſer nun hielte er ſo publiquement und ungehindert ſeinen Got - tes-Dienſt, als etwan zu Pariß, Madrit, oderRom509Hoff-Ceremoniel. Rom ſelbſt haͤtte geſchehen moͤgen. Weil nun aber die Catholiſchen Jnwohner und Buͤrger in Holland, ſonderlich aber auch in dieſer Stadt, das Oſter-Feſt, und die davon dependirenden Sonn - und Feſt-Tage, nicht nach dem Gregorianiſchen oder neuen, ſondern nach dem Julianiſchen oder ſo genenneten alten Calender zu feyren gewohnet; ſo accommodireten ſich Anfangs die Frantzoſen, wiewohl ohne alle Noth, auch dieſem Stylo: wel - chen nachgehends die Kayſerl. und Spaniſchen Geſandten, ja der Paͤbſtl. Nuntius ſelbſten dar - innen folgete; welches wohl vermuthlich darumb geſchehen, daß man das Herkommen des Orts dadurch nicht negligiren, noch die Feſt-Tage verdoppeln wollen, welches letztere die Friedens - Congreſſe wuͤrde ſeltener, und den gantzen Frie - dens-Schluß ſelbſt ſpaͤter fertig gemacht haben.

§. 10.

Etwas gar ungewoͤhnliches, dem Amt und Reputation des Engliſchen Koͤniges und Me - diatoris zuwieder lauffendes war, daß der Koͤnig in Franckreich,

  • 1. Das von Engelland exhibirte Friedens - Project verwarffe, und ein anders ihme an - ſtaͤndigers verfertigte.
  • 2. Die Hollaͤnder wieder Vorbewuſt und Einwilligung des Engliſchen Mediatoris ihren Frieden mit Franckreich ſchloſſen.
Was510Europaͤiſches

Was das erſtere anbetrifft, ſo hatten zwar ſo wohl die Hollaͤnder ſelbſt, als auch der Me - diator, die von ihnen gemachten Friedens - Projects an Franckreich communiciret; aber es ware dieſem Koͤnige ſo eines als das andere nicht anſtaͤndig. Dannenhero gab er ſich ſelbſt die Muͤhe, mit eigener Hand den Plan, wie ſol - cher Friede ſolte eingerichtet ſeyn, zu verferti - gen: dieſen ließ er den 9. April. 1678. in Nie - maͤgen public, und denen Hohen gegen ihn Alliirten zugleich wiſſend machen: daß ſie biß auf den 10. May Bedenck-Zeit nehmen koͤn - ten, zu was ſie ſich reſolviren wolten, ob die vorgeſchriebene Conditiones unweigerlich einzugehen, oder den Krieg ferner zu continui - ren: er ſeines Orts waͤre ad utrumque para - tus. Weil nun dieſe von Franckreich vorge - ſchlagene Conditiones ſehr harte, und anbey gantz anders waren, als ſie der Koͤnig von En - gelland und die Herren Staaten formiret; ſo wurden ſelbige von einigen Miniſtern trotzig - lich wiederſprochen und verworffen: worunter ſonderlich die Miniſter der Engliſchen Media - tion die ſtaͤrckeſten Contradicenten waren; als welche ſich und denen Alliirten die Hoff - nung gemacht hatten, es wuͤrden aus Engel - land in weniger Zeit 2500. Mann transpor - tiret werden: aus welcher Hoffnung aber nichts wurde. Auch fuͤrchteten ſich die Frantzoſen fuͤrdie -511Hoff-Ceremoniel. dieſem gedraueten Transport nicht, ſondern redeten en ton de Maitres & d Autorité in Niemaͤgen, daß ſie einige Miniſter, ſon - derlich aber die Hollaͤnder nicht wenig inti - midireten. Hierauf folgete nun der andere dem Koͤnige in Engelland als Mediatori hoͤchſt nachtheilige Punct. Denn es nah - men gedachte Hollaͤnder, die ihnen von Franck - reich vorgelegete Friedens-Conditiones mit beyden Haͤnden an, ſetzeten die Mediation des Koͤniges von Engelland an die Seite, und ſchꝛitten ohne deſſen Concurrentz zum Fꝛieden. Ob man nun durch dieſen Actum der Hollaͤn - der, oder vielmehr durch ihren hardien Streich, welchen ſie in dem vorhergehenden Kriege mit Engelland gemacht, indem ſie die Themſe hinauf gelauffen, die Ketten bey dem Fort Cherneſſe zerſprenget, die Engliſche Schiffe verbrennet hatten, und wieder gluͤck - lich echappiret waren, das Sprichwort von dieſer Republic gemacht, Er gehet durch wie ein Hollaͤnder, laͤſſet man an ſeinen Ort geſtellet ſeyn; dieſes iſt inzwiſchen ge - wiß, daß ſie den 25. May gemeldten Jahres, eine extraordinaire Ambaſſade an den Koͤ - niglichen Frantzoͤſiſchen Hoff, welcher ſich da - mahlen bey Gand aufhielte, abgeſendet: wel - che auch durch dieſe der Hollaͤnder Submiſ - ſion, alle Satisfaction, welche die Herren Staa -ten512Europaͤiſchesten nur wuͤnſchen kunten, erhielte. Dieſes der Hollaͤnder Verfahren war ein rechter Coup d Etat, und ihren Hohen Alliirten deſto em - pfindlicher; daß, da ſie ſich bloß umb Erhaltung der Vereinigten Provintzen in dieſen Krieg en - gagiret, die Hollaͤnder aus ſelbigen mit Repu - tation und Gewinſt ſcheiden: ſich aber noch darinnen verwickelt, und noch dazu das Mira - culum politicum ſahen; daß Holland als die principal-interesſirete Parthey, ſich ſo hoch geſchwungen, daß ſie in dieſem Frieden Me - diatores zwiſchen Franckreich und Spanien wurden. So wurde demnach ihr mit Franck - reich gemachter Particulier-Friede den 10. Auguſti, und zwar in der Nacht zwiſchen 11. und 12. Uhr, unterzeichnet, daruͤber ſich Monſ. Temple hefftig emportirete, ſagende: Daß er ohne Nachtheil ſeines hohen Princi - palen, dieſen Frieden nicht unterſchreiben koͤn - ne, weil ihn Selbiger zu einem General-nicht aber Particulair-Frieden geſendet und bevoll - maͤchtiget. Dieſe des Monſ. Temple Er - bitterung und reſpective Proteſtation, war aber umbſonſt; denn die Hollaͤnder thaten doch dieſes, was ſie ihrem Intereſſe convena - ble zu ſeyn erachteten: und waren anitzo nicht ſo beſorget, wie ſie ihren Hohen Alliirten danckbahr und gefaͤllig ſeyn moͤchten, als ſie A. 1672. beſorget geweſen, ſelbige auf ihre Seitezu513Hoff-Ceremoniel. zu bringen, wohl wiſſende, daß die Reconnoi - ſance nur eine privat-nicht aber eine Etats - Tugend.

§. 11.

Jn dieſen hier erzehlten, und etwan noch wenig andern Formalitaͤten, beſtunde dieſes Friedens-Negotium; weme mehr hiervon zu wiſſen entweder noͤthig oder nur gefaͤllig, der kan ſich an des Valkenier verwirrtes Europa, an des Monſ. Temple Memoires, das Theatrum und Diarium Europæum, ſonderlich aber an des Didier Hiſtoire des Negotiations de Nie - megue, wie auch an des Bizot Hiſtoire Metal - lique und andere halten: allwo er uͤberfluͤßige, und meiſtens uniforme Nachricht, folgendlich mehr als hieher gehoͤrig, finden wird.

Zehendes Capitel. Von dem Ceremoniel und Streit bey dem Rißwigiſchen Frieden.

§. 1.

Es iſt in dem vorhergehenden 7 den Capitul, und zwar in deſſelben dritten §. angezeiget wor - den, welcher geſtalt des Pyrenaͤiſchen Friedens Præliminaria durch einen maſquireten Kauff - mann, nemlich den Marquis de Lionne ange - fangen worden; auf dergleichen Schlag nun wurden auch die Præparatoria zu dieſem Riß - wigiſchen Frieden gemacht. Denn es gab der Koͤnig in Franckreich dem Monſ. Calliers einemK kdurch -514Europaͤiſchesdurchtriebenen Manne Ordre ſich nach Holland zu begeben, umb denen Herren Staaten von Hol - land beſſere Friedens-Conditiones als die vor - hergehenden, welche er und Monſ. Harlay dem Herrn von Dyckfeld zu Maſtrich gethan, nicht geweſen, und von den Hollaͤndern abgeſchlagen worden waren, zu proponiren. Dieſer Calliers gieng nun An. 1694. von Pariß aus nach Bruͤſ - ſel, als er zuvor von dem Churfuͤrſten von Bay - ern, damahligen Stadthalter der Niederlande, einen Paſſeport fuͤr ſich, als einen Kauffmann, welcher in der Oſt-Jndianiſchen Compagnie mit intereßiret, ausgewuͤrcket hatte. Durch deſſen Credit nun wurde der Ryßwigiſche Friede von dem Koͤnig in Franckreich, gleichwie ehemahlen der Pyrenaͤiſche, auf recht Kauffmanniſch, oder a bon credit, und ohne einige contente Zah - lung an die Hohen Alliirten angefangen. Die - ſer verſtellte Kauffmann begab ſich nach erhalte - nem Paſſeport nach Gent, dahin Monſ. Borell, Burgemeiſter von Amſterdam, auch ein Kauff - mann der groͤſſeſten Handels-Stadt in der Welt, von den Herren Staaten abgeſendet wurde: Herr von Dyckfeld aber muſte, damit der Han - del nicht etwan verrathen wuͤrde, zuruͤcke bleiben. Allein ſo verdecket als ſelbiger negotiret wurde, ſo bekamen dennoch[die]im Haag reſidirende Miniſtres der Hohen Alliirten Wind von den frembden Oſt-Jndianiſchen Waaren des Kauff -manns515Hoff-Ceremoniel. manns Calliers; dannenhero Don Quiros Spaniſcher Ambaſſadeur ſich nach Bruͤſſel be - gabe, allwo er den Paſſeport des Callieres ein - regiſtriret, und den Tag ſeiner Ankunfft zu Gent aufgezeichnet fande. Schon eine geraume Zeit zuvor, als Herr von Dyckfeld mit dem Callieres Unterredung zu Maſtrich gehalten, und von dar wieder nach dem Haag revertirete: wurde die - ſer alte meritirete, und ſchon in dem Niemaͤgi - ſchen Frieden bekandt gewordene Miniſter der Herren General-Staaten, von den Don Qui - ros, Spaniſchen Ambaſſadeur uͤbel empfangen, indem dieſer jenen fragete: S’il netoit pas Trai - tre, welche Frage der von Dyckfeld uͤbel aufnah - me: daher dieſe beyde in hitzig Wort-Gezaͤncke ge - riethen, welches von einer uͤbelen, und den ſaͤmpt - lichen Hohen Alliirten nachtheiligen Folgerung haͤtte ſeyn koͤnnen, im Fall ſich die uͤbrigen Mini - ſtri nicht ins Mittel geſchlagen und ſie beyde aus einander geſetzet haͤtten. Allein der Herr von Dyckfeld legitimirete ſich, indem er das Project ſeiner Negotiation verfertigte, und ſelbiges dem Kayſerl. Miniſtris communicirte: mit welchem ſie auch zu frieden ſeyn kunten, weil Monſ. Dyck - feld in Faveur des Reiches die Reſtitution der Stadt Straßburg ſehr urgiret hatte.

§. 2.

Aber wieder zu dem Haupt-Wercke zu kommen, ſo gieng die heimliche Conferentz mit dem Callieres, unerachtet der Ombrage, welcheK k 2ſelbi -516Europaͤiſchesſelbige denen Alliirten verurſachete, immer je laͤn - ger je weiter fort, und nachdem der Winter annaͤ - herte, und ſchlimmes Wetter einfiehle, welches dem Monſ. Borell und Herrn von Dyckfeld, im - mer ab und zu zu reiſen beſchwerlich fiehle; ſo er - theileten die Herren Staaten dem Monſ. Calliers einen Paſſeport, krafft deſſen er mit aller Sicher - heit, jedoch nicht anders als in der Qvalitaͤt eines Kauffmanns, nach Holland kommen mochte: darauf er ſich denn auch unverzoͤgerlich in dieſe Provincien begabe, und ſich Wechſels-weiſe bald zu Amſterdam, bald zu Rotterdam, Delft, und Utrecht aufhielte, und ſeine Galanterie-Waaren wohl anzuwerden wuſte.

§. 3.

Zu Amſterdam hielt er ſich meiſtentheils bey ſeinem intimeſten Freunde dem Monſ. Molo, Polniſchen Reſidenten, einem klugen Jtaliaͤner von Geburth, auf, und bekame daſelbſt Gelegenheit mit dem Burgemeiſter Borell oͤf - ters zu conferiren, und mit ihm ein Friedens - Project zu formiren; zu Utrecht aber, an wel - chem Ort er ſich fuͤr einen Hut-Staffierer ausge - geben, haͤtte er ſich bey nahe verrathen. Denn als er daſelbſten einſtens mit dem Gelehrten Grævio an einer Tafel ſpeiſete, und man inter pranden - dum von den gegenwaͤrtigen Conjuncturen di - ſcurirete: er aber ſein Wort auch darzu gabe, und das Divide und Impera auch ſo gut Frantzoͤſiſch und à propos zu erklaͤren wuſte; muthmaſſetenge -517Hoff-Ceremoniel. gedachter Grævius und andere, daß dieſer Per - ſonatus Mercator mehr Verſtand im Kopffe haͤtte, als zu einem Hut-Staffirer, deſſen Arbeit ſo wohl die tummen als klugen Koͤpffe bedecket, nicht aber formiret, gehoͤrig. Ob es gleich nicht rathſam, daß die Herren Staaten den Callieres nach dem Haag kommen lieſſen, ſo wurde er doch nach dem Dorffe Voorbourg, welches eine klei - ne Meile von dem Haag entlegen, geruffen, allwo er lange Zeit incognito lebete, und zwiſchen ihme und den Hollaͤndern faſt taͤgliche Conferentien gepflogen wurden.

§. 4.

Als man nun naͤher zuſammen ruͤckete, dieſen Friedens-Schluß vorzunehmen, ſo ware man Præliminariter beſorget,

  • 1. Umb den Ort, in welchem der Congreß ge - halten werden ſolte,
  • 2. Wem man das Amt eines Mediatoris an - vertrauen wolle.

§. 5.

Daß erſtere, oder den Ort anlangende, ſo iſt in dem erſten Capitul des vorhergehenden IV. Theils, §. 7. ſchon einiger maſſen Erweh - nung geſchehen, was fuͤr Mißhelligkeit hieruͤber entſtanden; es iſt aber allhier noch beyzubringen, daß nebſt Kayſerl. Majeſtaͤt, auch der Koͤnig in Spanien gewaltig darauf drungen, daß dieſer vorſtehende Friede in einer zum Roͤmiſchen Reich gehoͤrigen Stadt moͤchte vorgenommen werden: und kamen ſonderlich Augſpurg, Coͤlln, Franck -K k 3furth,518Europaͤiſchesfurth, Aachen, endlich auch Baſel, von dieſen zwey - en Majeſtaͤten in Vorſchlag, wiewohl auch Spa - nien allenfalls gerne geſehen, wenn man Antwer - pen zu den Friedens-Tractaten auserwehlet haͤt - te. Der Koͤnig in Engelland hingegen, nebſt den Herren General-Staaten, beſtunden feſt und ein - muͤthig darauf, daß dieſer Frieden in einem in den ſieben Vereinigten Provincien gelegenem Orte ſolte geſchloſſen werden; dannenhero ſie Niemaͤ - gen, Maſtrich, Utrecht, Breda, Bois le Duc, Delft, oder endlich Graven-Haag ſelbſt recom - mendireten. Einige der Hohen Alliirten, wel - che in ihren Territoriis nicht bequeme Staͤdte, ſelbige vorzuſchlagen hatten, wolten doch gleich - wohl auch nicht einem andern Mit-Alliirten gerne den Vorzug und die Ehre goͤnnen, daß der Friede in ihrem Territorio geſchloſſen wuͤrde; waren demnach Sinnes den Friedens-Congreß in ei - nen neutralen Ort zu verlegen, und wehleten demnach Hamburg, oder einen Ort in der Schweitz, welcher hierzu commode ſeyn moͤchte: im Fall ja aber ihr Vorſchlag nicht acceptiret wuͤrde, hielten ſie dafuͤr am geſchickteſten und bil - lichſten zu ſeyn, daß man dem Herrn Mediatori zu Ehren die Friedens-Conferentz zu Stockholm halten ſolle. Allein gleichwie dieſer letztere Ort allzuweit, und gantz uͤber der See gelegen, folgent - lich den wenigſten zu dieſem Congreß gehoͤrigen beqvem fallen kunte; alſo hatte ins beſondereder519Hoff-Ceremoniel. der Koͤnig in Franckreich zu ſelbigem kein Belie - ben, ſondern dem Callieres præciſe Ordre gege - ben, daß im Fall er von den Alliirten nicht erhal - ten koͤnte, daß dieſe Negotiation in einem Franckreich zuſtaͤndigen Orte vorgenommen wuͤrde, er feſt und ſteiff dabey beſtehen und mel - den ſolle: Daß deꝛ Koͤnig in Fꝛanckreich keinen auſ - ſer der Jurisdiction der Hollaͤnder gelegenen Ort acceptiren wuͤrde, und zwar a Condition, daß ſeine Aller-Chriſtlichſte Majeſtaͤt drey in Holland gelegene Plaͤtze denominiren wolle, un - ter welchen den Herren Staaten einen zu erweh - len, welchen ſie wolten, freyſtehen ſolle: oder es moͤchten die Herren Staaten ihme drey Oerter vorſchlagen, und ſo dann wolle er einen davon, welcher ihme am anſtaͤndigſten, erkieſen. Als der Hohen Herren Alliirten Miniſtri in Haag ſol - ches mercketen, forſcheten ſie von den Frantzoͤſi - ſchen Plenipotentiariis, welche Oerter ihrem Koͤnige am anſtaͤndigſten ſchienen: darauf ſie ſich gar bald erklaͤreten, und Gravenhaag, Utrecht, und Breda darzu benenneten. Gleichwie aber der Koͤnig in Franckreich ſich hautement erklaͤ - ren laſſen, nimmermehr darein zu willigen, daß der Friede an einem Orte des Roͤmiſchen Reiches vollzogen wuͤrde, weil man in Coͤlln den Fuͤrſten von Fuͤrſtenberg weggenommen; alſo erklaͤreten ſich im Gegentheil die Kayſerlichen Herren Am - baſſadeurs auch nettement, daß ſie von JhrerK k 4Kay -520EuropaͤiſchesKayſerl. Majeſtaͤt beordret waͤren, weder Haag noch Utrecht zu einem Friedens-Congreß zu ac - ceptiren: und weil ſie nicht beyfuͤgeten, warumb die beyden Oerter von Seiten Kayſerl. Majeſtaͤt refuſiret wuͤrden, ſo waren einige der Hohen Alliirten mit dieſem Entſchluß nicht allzuwohl zu frieden, ſelbigen fuͤr einen Prætext nehmende, als wolle man den Frieden nur trainiren: umb weil der Koͤnig in Spanien je laͤnger je gefaͤhrlicher er - kranckete, die Alliance beyſammen zu halten, und ſich derer auf den Nothfall bey kuͤnfftigem Suc - ceſſions-Streit Spaniens zu bedienen. Er - ſuchten demnach die Miniſtri der Hohen Alliirten Seine Excellentz den Herrn Grafen von Straatemann bey Jhro Kayſerlichen Majeſtaͤt anzuhalten und auszuwuͤrcken, daß ſelbige ſich ge - fallen laſſen, und einwilligen moͤchten, daß der Friede entweder in dem Haag, oder zu Utrecht an - gefangen und vollzogen wuͤrde: welches Anbrin - gen der Alliirten hochgedachter Graf an Seine Kayſerliche Majeſtaͤt zwar berichtete, aber keine poſitive Antwort darauf erhielte. Jnzwiſchen ſahe man ſchon zum Voraus, daß die Herren Hollaͤnder nicht abweichen wuͤrden den Frieden in ihrem Lande, in welchem ſich der Krieg ent - ſponnen, zu ſchlieſſen, ſonderlich da ſie wuſten, daß ſie von Franckreich und Engelland dißfalls unter - ſtuͤtzet wurden. Es hielten zwar der Engellaͤn - diſche und Hollaͤndiſche Reſident zu Wien beyKay -521Hoff-Ceremoniel. Kayſerl. Majeſtaͤt inſtaͤndig an, daß Seine Ma - jeſtaͤt in ihr Suchen condeſcendiren, und einwil - ligen moͤchte, daß dieſes wichtige und noͤthige Frie - dens-Negotium im Haag vorgenommen wuͤrde: allein dero Suchen war biß dato vergebens; nichts deſtoweniger fingen die Herren Staaten an, das Koͤnigl. Hauß zu Rißwig repariren zu laſ - ſen, in der intention, der bevorſtehende Friede muͤſſe und ſolle dafelbſt geſchloſſen werden: wel - ches den Kayſerlichen Herꝛen Miniſtern einige Be - ſorgung verurſachete, zu mahlen, als Monſ. Har - lay Frantzoͤſiſcher Premier-Ambaſſadeur gegen den Monſ. Borell ſich ſo ſehr beſchwerete, daß Kayſerliche Majeſtaͤt beſtaͤndig refuſireten den Frieden in Rißwig anzufangen: und anbey erklaͤ - rete, daß er und ſeine Herren Collegen eher nach Franckreich zuruͤcke zu kehren, als in einem andern Ort, auſſer dem Haag, zu dem Friedens-Nego - tio einwilligen wuͤrden. Hierauf nun wurde bey dem Miniſtro Mediationis mit den meiſten Plenipotentiariis der Hohen Alliirten eine Conferentz gehalten, in welcher dieſe alle, auſſer denen Kayſerlichen, einwilligten, daß die Frie - dens-Aſſemblée nirgends anderswo, als auf dem Hauſe Neuburg zu Rißwig ſolte gehalten werden; nach welchem Entſchluß der Miniſter Mediationis noch ſelbigen Nachmittag, in Be - gleitung des Herrn von Dyckfeld, ſich auf Riß - wig begabe, umb das alldortige Hauß, wieK k 5weit522Europaͤiſchesweit man in deſſen Adaptirung kommen, und wie ſelbiges beſchaffen waͤre, zu beſehen: damit man den ſaͤmptlichen Miniſtern der Hohen Alliirten davon genungſamen Unterricht geben koͤnte. End - lich ſo muſte es auch bey dieſem Orte ſein Verblei - ben, und der Friede daſelbſt ſeinen Anfang und Endigung, conſequenter auch ſeinen Nahmen in und von dem Dorff Rißwig haben; ob man ſelbigem gleich mit beſſeren Recht den Nahmen eines Haagiſchen Friedens, weil das meiſte da - ſelbſt abgethan worden: oder doch wenigſtens ei - nes Neuburgiſchen Friedens, weil das Confe - rentz-Hauß alſo hieſſe, haͤtte beylegen koͤnnen.

§. 6.

Der andere Præliminariſche Punct, wegen Erwehlung eines Mediatoris, erregete gleichfalls nicht geringe Streitigkeiten, weil der Competenten und Candidaten zu dieſem an - ſehnlichen Amte mehr waren, als man von noͤthen hatte und acceptiren kunte: dieſe aber waren fol - gende.

  • 1. Paͤbſtl. Heiligkeit, welche bey Kayſerlicher Majeſtaͤt, dem Aller-Chriſtlichſten Koͤnige, und uͤberhaupt bey allen Catholiſchen Po - tentaten durch ihre Nuncios groſſe In - ſtantz, einen Frieden einzugehen machen, und anbey ihre Mediation offeriren lieſſen; weil ſie ſich, ohne der ihnen zuſtehenden Friedens-Stiffung, auch Zeit waͤhrenden Krieges neutral erwieſen, und folgendlich dadurch zu dem Amt eines Mediatoris ge -nung -523Hoff-Ceremoniel. nungſam qualificirt gemacht hatten. Kay - ſerl. Majeſtaͤt, und einige andere Catholiſche Souverains, waren nicht ungeneigt dieſe Paͤbſtl. Mediation anzunehmen; allein die Proteſtirenden ſetzten ſich uͤberhaupt, ins beſondere aber der Koͤnig von Engelland, dargegen: deſſen ſpeciale Urſachen bereits in dem 3ten Capitul, des IV. Theils, §. 5. n. 4. angefuͤhret worden.
  • 2. Der Koͤnig in Portugal, welcher die Neu - tralitaͤt auch exactitiſſime obſerviret, und ſich im vorhergehendem Kriege zu keiner Partie geſchlagen hatte: Dieſer addreßi - rete ſich hauptſaͤchlich duꝛch ſeinen Miniſter, den Marquis de Caſcaes, an den Aller - Chriſtlichſten Koͤnig, als an das primum mobile ſeines Suchens, und ließ dem Lu - dovico XIV. vorſtellen, daß im fall ihme ſeine angebothene Mediation beliebig, er ſich ſo dann auch bey denen Hohen Alliirten angeben, und umb ſelbige bewerben wolte. Allein er erhielte eine dergleichen zweifel - hafte und troſtloſe Antwort, aus welcher er gar wohl ſchlieſſen kunte, daß ihn der Koͤ - nig in Franckreich mit Gewehrung ſeines Suchens, gleichwie er Venedig, Daͤne - marck, und den Schweitzern gethan, nur flattiren und amuſiren, nicht aber poſitive - ment ihme dieſes Amt zuerkennen wuͤrde. Dannenhero er ſich recht genereuſementent -524Europaͤiſchesentſchloſſe, kein Wort mehr deswegen bey Franckreich zu verliehren, ſondern zu erwar - ten, daß wenn man ihn zu einem Mediatori erkieſen wolte, man ihn deshalben in Liſa - bon ſuchen und darumb erſuchen ſolte.
  • 3. Venedig gienge es ebenfals, wie dem Koͤnige von Portugall, welches ſich aber daruͤber nicht ſehr chagrinirete, vornehmlich weil es daran gedachte, was ihrem Miniſtro Mediationis dem Contarini auf dem Weſtphaͤliſchen Frieden begegnet.
  • 4. Savoyen meldete ſich auch, und zwar zu erſt an dem Kayſerl. Hofe, unerachtet er ſich bey ſelbigem, und generalement bey allen Ho - hen Allirten, durch ſeinen mit Franckreich geſchloſſenen Particulir-Frieden hoͤchſt ver - haſſet gemacht. Er ließ an Allerhoͤchſtge - dachtem Kayſerlichen Hofe, trefflich wohl ausgeſonnene Politiſche Vortraͤge und wahrſcheinlich machen, daß der Friede Kay - ſerlicher Majeſtaͤt ſehr noͤthig, er aber zu einem raiſonablen Frieden behuͤlfflich zu ſeyn, nunmehro in dem Stande waͤre. Al - lein die gruͤndliche Politique des Aller - durchl. Ertz-Hertzoglichen Hauſes von Oe - ſterreich, uͤbertraff die ſuperficielle des Hertzoges von Savoyen: und wurde er mit ſeiner Prætenſion einen Mediatorem ab - zugeben nach Hof-Manier, daß iſt, hoͤfflich,jedoch525Hoff-Ceremoniel. jedoch auch zugleich plat abgewieſen. Allein in dem Haag kunte ſich gedachtes Hertzoges Miniſter Monſ. de la Tour einer derglei - chen Hoͤflichkeit nicht ruͤhmen, maſſen er da - ſelbſt von allen Miniſtern der Alliirten ſcheel angeſehen wurde, und zwar dergeſtalt, daß faſt keiner derſelben mit ihme umbgehen wolte; maſſen es ſich zutruge, daß als der Spaniſche Ambaſſadeur Don Quiros, und folgentlich der Portugiſiſche Monſ. Pachieto, faſt alle ſich im Haag befindli - che Miniſtros, worunter auch Monſ. de la Tour begriffen war, tractirete; kein ein - tziger gemelter Miniſtrorum (auſſer dem Chur-Brandenburgiſchen Monſ. Schmet - tau) mit ihm redete; ja es fehlete nicht viel daß ſich die Populace nicht an ihme ver - griffen haͤtte. Welchem Unheil vorzukom - men die Herren Staaten eine Eſcadron von der blauen Reuter-Garde fuͤr ſein Hauß, ſelbiges zu bewahꝛen commandiꝛen, u. man gleichwohl noch beſorgen muſte, daß dieſes Mittel nicht zulaͤnglich ſeyn moͤchte; biß ſie ihn endlich, jedoch mit ſeinem Wil - len, aus dem Haag Abſchied nehmen, und biß auf ihre Graͤntzen convoiren lieſſen: da er ſich denn nach Bruͤſſel begabe, und ſei - nen Sejour daſelbſten ſo lange machte, biß endlich die Friedens-Tractaten ihren An -fang526Europaͤiſchesfang nahmen, und er im Nahmen ſeines Herrn Principalen in der Qualité eines Ambaſſadeur Plenipotentiaire bey ſel - bigen erſchiene.
  • 5. Daͤnnemarck war einer welcher ſich die ſtaͤr - ckeſte Hoffnung gemacht, die Ehre eines Mediatoris bey dieſem Frieden, wo nicht gaͤntzlich und alleine, dennoch wenigſtens conjunctim mit Schweden zu uͤberkom - kommen: und hatte dieſe Crone ſchon Zeit An. 1695. umb dieſes hohe Mittler Amt bey Franckreich angehalten; welches auch hoͤchſtgedachtem Daͤniſchen Koͤnig mit der Hoffnung flattiret ihme dieſe Ehre zu zu - wenden: nicht daß es Franckreich ein Ernſt geweſen waͤre, ſondern bloß daß es Daͤnne - maͤrck durch dieſe Hoffnung dahin braͤchte, ſich nicht etwan auf die Seiten der Alliirten zu ſchlagen. Ob nun gleich niemand dem Koͤnig von Daͤnnemarck die Mediation aufgetragen oder accordiret, und er fol - gentlich bey dem Friedens-Congreß wenig oder nichts (die Commercien-Tractaten ausgenommen) zu negotiren hatte; ſo un - terließ er doch nicht Monſ. de Pleſſen, ſei - nen Geheimden-Rath, als Ambaſſadeur Plenipotentiaire nach dem Haag zu ſen - den: welcher auch daſelbſt nebſt ſeiner Ge - mahlin und gantzen Familie arrivirete, undzwar527Hoff-Ceremoniel. zwar auf eine gantz beſondere und ſehr ſplendide Art; maſſen er nicht allein biß dreyßig Cavaliers, darunter einige von dem erſten Rang und Qualité, nemlich Gentils - Hommes de la Chambre des Daͤniſchen Koͤniges waren, in ſeiner Suite hatte: ſon - dern auch ſo propre logiret war, daß er Monathlich 1300. Hollaͤndiſche Gulden fuͤr ſein Qvartier zahlen muſte. Man er - kennete ihn im Haag, nachdem er ſich durch ſeine Credentialien legitimiret, als einen Extraordinair-Ambaſſadeur, und ſtatte - ten ihm viele Miniſtri, darunter die Hollaͤn - diſchen die erſten waren, die Viſites d honneur abe; Jnzwiſchen kame es doch einigen Speculatifs bedencklich fuͤr, war - umb der Koͤnig in Daͤnnemarck ſo viel Un - koſten machete, und eine ſo magnifique Extraordinair-Geſandſchafft nach dem Haag abordne, da er doch weder mit Franckreich noch mit den Hohen Alliirten etwas zu demeliren haͤtte. Einige meinten die Sache zu errathen, und ihr Muthmaſſen war eben nicht ſo gar ſonder Fundament, welches darauf beruhete: daß einige Chur - Fuͤrſten und Fuͤrſten des Reichs, ſchon fuͤr geraumer Zeit, die Daͤniſche Mediation angenommen, obgleich ſelbige nicht gaͤntz - lich kunte zu Stande gebracht werden. Unddem -528Europaͤiſchesdemnach dachte der Koͤnig in Daͤnnemarck ſich dadurch in die Poſſeß eines Mediatoris zu bringen, wenn er durch ſeinen Ambaſſa - deur im Haag gegenwaͤrtig und denen Alliirten Miniſtern ſtets fuͤr Augen und im Andencken waͤre: damit wenn etwas von der Daͤniſchen Mediation auf das Tapet kaͤme, man ſo gleich, ohne erſt nach Coppen - hagen zu ſchreiben, ſich an den Herrn von Pleſſen addreßiren koͤnne. Zu dieſem Mittler-Amte nun zu gelangen, war fuͤr Daͤnnemarck deſto groͤſſere Apparence, weil der Koͤnig in Schweden Carolus XI., welchem die Mediation ware angetragen, und auch von ihme acceptiret worden, mit - ten in den Friedens-Præparatoriis Anno 1697. den 15. April. verſturbe: und einen Printzen von 14. Jahren, Carolum den XII. hinterlieſſe, welcher noch unter der Tu - tel ſeiner Koͤnigl. Frau Groß-Mutter, und der vier Cron-Officiers und Reichs-Raͤthe ſtunde: folgentlich nicht ſo wohl der Koͤnig in Schweden, als vielmehr nur die Koͤnigl. Frau Groß-Mutter und Reichs-Raͤthe das Officium Mediatoris verwalten wuͤrden; welches einigen Hohen Alliirten nicht anſtaͤndig ſeyn wolte, als welche allbe - reits zu raiſonniren anfingen, daß das Of - ficium Mediatoris ein Munus perſonale,wel -529Hoff-Ceremoniel. welches eben nicht auf den Succeſſorem ſtammen muͤſſe, quia fidelitas, experien - tia & induſtria Perſonæ Caroli des XI. die meiſte Urſache geweſen, daß man ſelbi - gem das hohe Mittler-Amt conferiret; wel - ches alles ſich bey deſſen Herrn Sohne, we - gen ſeiner Jugend, noch nicht in erforderli - cher Vollkommenheit finde: und alſo denen Alliirten nunmehro freyſtuͤnde, ſich nach ei - nem andern Mediatore umbzuſehen. Noch favorabler ſchiene fuͤr Daͤnnemarck die Mecklenburgiſche Guſtrauiſche Affaire, nach dem An. 1695. erfolgeten Tode Her - tzoges Guſtav Adolphi: durch welche ſich die Cron Schweden, als Hertzog von Breh - men, an dem Kayſerlichen Hofe dermaſſen verhaſſet gemacht, daß man daſelbſt ſo gar ſeinem Envoyé, dem Grafen Oxenſtirna, den Hoff verbothe; ungeachtet er dawieder proteſtiren und remonſtriren wolte, daß er keines weges ſolche Ungenade und Ab - weiſung von dem Kayſerl. Hofe verdienet, weil er nicht in Qualité eines Hertzoglichen Bremiſchen, ſondern eines Koͤniglichen Schwediſchen Miniſtri in Wien reſidire; Allein es kunte ihm dieſe Diſtinction und Remonſtration wenig helffen: denn er mu - ſte doch von der Frequentirung des Kay - ſerl. Hofes ausgeſchloſſen bleiben. Wor -L lauf530Europaͤiſchesauf man zu Stockholm dem Kayſerlichen Miniſter, Grafen von Stahrenberg, hin - wiederumb den Hof verbothe und durch ſol - ches beyderſeitige Verfahren An. 1697. das gute Verſtaͤndnuͤß und die Commu - nication dieſer zweyen Hoͤfe gaͤntzlich un - terbrochen; daß deswegen Kayſerliche Ma - jeſtaͤt ſchluͤßig wurden, die Mediation des Schwediſchen Hofes, welcher ſich ſeinen Kayſerlichen Juribus und Prætenſioni - bus ſo violent wiedeꝛſetzte, nicht zu accepti - ren. Dieſe nun und noch andere Urſa - chen gaben zwar dem Koͤnige in Daͤnne - marck ſtarcke Hoffnung in ſeinem Ge - ſuch der Mediation zu reüſſiren; Allein weil nicht allein Franckreich gleich Anfangs dem Koͤnige in Schweden Carolo XI. durch den Grafen d Avaux: ſondern ihm auch der Koͤnig von Engelland und die Herren Ge - neral-Staaten das importante Media - tions-Amt hatten offeriren: ſich auch ge - dachter Koͤnig ſehr angelegen ſeyn laſſen, ſei - ne bons offices, die Gemuͤther zu einem Frieden zu diſponiren, anzuwenden: und endlich ſo gar ſeinen Miniſter, Baron de Lilien-Roth in dem Haag deswegen zu in - ſtruiren; er auch Kraͤffte ein ſolch Werck zu uͤbernehmen und auszufuͤhren hatte, als der ſchon ehemahlen die Quarantie des Weſt -phaͤli -531Hoff-Ceremoniel. phaͤliſchen Friedens uͤbernom̃en, und ſich be - reits von A. 1691. viel Unkoſten und Muͤhe, der Chriſtenheit einen Frieden zu veꝛſchaffen, gemacht hatte; anbey aber keinen Con - Mediatorem, am wenigſten aber Daͤnne - marck, neben ſich haben wolte; So blieb der Koͤnig in Daͤnnemarck von dieſer Ehre, nicht ohne Chagrin vieler Alliirten, ausge - ſchloſſen, und Schweden allein Mediator dieſes Friedens; jedoch mit mehrerer Muͤhe als man in Schweden zu Anfang nicht ge - dacht haben mochte. Welches aber alles auſſer dem Ceremoniel, und hieher nicht, ſon - dern dieſes nur noch zu melden gehoͤrig und noͤthig: daß der Koͤnig in Schweden an ſei - nen in dem Haag habenden Miniſter Ba - ron de Lilien-Roth, Ordre ergehen ließ, den Character eines Ambaſſadeurs anzu - nehmen, ſelbiges den daſelbſt befindlichen Miniſtris der Hohen Aliirten zu notifici - ren, ihnen ſeine Mediation anzutragen, und ſie zu einem aufrichtigen Frieden anzu - mahnen. Welche Declaration auch der von Lilien-Roth, der empfangenen Ordre ge - maͤß, an alle und jede Miniſtros der Hohen Alliirten thate, welche einige derſelben geꝛne, andere ungerne, und noch einige derſelben kaltſinnig anhoͤreten. Nachdem aber auf dieſe von Monſ. Lilien-Roth gethane Pro -L l 2poſi -532Europaͤiſchespoſition einige Miniſtri der Alliirten mit einander in Conferentz getreten waren, und genungſam unterſuchet hatten, ob auch al - len und jeden die Schwediſche Mediation anſtaͤndig und ſicher genung ſeyn koͤnte; So reſolvireten ſie endlich alle, den Spaniſchen Ambaſſadeur ausgenommen, in pleno Congreſſu, die Schwediſche Mediation anzunehmen: wurden deswegen einig, daß Seine Excellentz der Herr Graf von Cau - nitz, Premier-Plenipotentiaire Kayſerl. Majeſtaͤt, ſich zu dem Herrn Baron von Lilien-Roth begeben, und ihme die Me - diation im Nahmen aller offeriren moͤchte. Worauf ein jeder Miniſter auch noch ins beſondere dieſe Offerte im Nahmen ſeines Herrn Principalen dem Schwediſchen Ambaſſadeur thun wolte und auch folgen - des wuͤrcklich thate. Dieſen Vorſchlag und Anſuchen agreirete Herr Graf von Cau - nitz, und begab ſich en ceremonie zu dem Herrn Baron von Lilien-Roth, welchem er von wegen der ſaͤmtlichen Hohen Herren Alliirten das Officium Mediationis an - truge: und zugleich Meldung thate, in was fuͤr Hoffnung die ſaͤmtlichen Herren Alliir - ten, und derer im Haag verſammlete Mini - ſtri ſtuͤnden, durch ſeine Vermittelung bil - lige und honorables Friedens-Conditio -nes533Hoff-Ceremoniel. nes von Franckreich zu erhalten; erſuchte den Herrn Mediatorem anbey noch ins beſondere, das vorſtehende Friedens-Ne - gotium dergeſtalt einzurichten, daß der Weſtphaͤliſche Friede zu einem Modell und Grunde des Rißwigiſchen moͤchte genom - men werden. Auf dieſen des Herrn Gra - ſens von Caunitz gethanen Vortrag, ant - wortete der Herr Baron von Lilien-Roth: Daß er ſeinem hohen Herrn Principalen, dem Koͤnig von Schweden, von des Herrn Grafen von Caunitz im Nahmen der ſaͤmt - lichen Herren Alliirten gethanen Anbringen mit eheſten benachrichtigen: inzwiſchen aber verſichern wolle und koͤnne, daß die Media - tion ſeines hohen Herrn Principalen ſo ge - recht und billich ſeyn wuͤrde, daß keiner der Hohen Herren Alliirten Urſache haben wuͤr - de, die Confiance, welche ſie auf Seine Koͤ - nigliche Schwediſche Majeſtaͤt geſetzet, zu bereuen; und er ſelbſt, als kuͤnfftiger Mini - ſter Mediationis, wolle ſich ſeiner Pflicht dermaſſen wohl aquitiren, daß ſich nie - mand uͤber ihn im geringſten wuͤrde zu be - klagen haben. Tages darauf beſuchten alle uͤbrige Miniſter der Hohen Alliirten (den Spaniſchen ausgenommen, als wel - cher noch nicht von ſeiner Catholiſchen Ma - jeſtaͤt beordret war, die Schwediſche Me -L l 3dia -534Europaͤiſchesdiation zu acceptiren) den Schwediſchen Ambaſſadeur, und offerireten ihme mit gleicher Hoͤflichkeit, als Herr Graf Caunitz gethan, die Mediation; und alſo bliebe der Koͤnig von Schweden, aller oben beruͤhre - ten Obſtaculorum ungeachtet, dennoch, und zwar bloß und allein, bey dieſem Frie - den generalement angenommener und authoriſirter Mediator.

§. 7.

Nachdem man nun alſo wegen des Orts, in welchem die Friedens-Conferentz ſolte gehal - ten werden, und denn auch wegen des Mediato - ris einig und ſchluͤßig worden ware; machte der Miniſter Mediationis, jedoch mit Vorbewuſt und Conſens der ſaͤmtlichen zum Frieden gehoͤri - gen und Gevollmaͤchtigten Miniſter ein Regle - ment,

  • 1. Wegen des Hauſes Rißwig, auf welchen der Frieden ſolte negotiret werden.
  • 2. Wegen der Policey und Ceremoniel in ge - nere.

§. 8.

Anlangende das erſtere, ſo durffte ſelbi - ges nicht allererſt, wie das auf der Faſanen-Jn - ſul, zu Zeiten des Pyrenaͤiſchen Friedens, gebauet werden; ſondern es war ſelbiges ſchon fuͤr gerau - mer Zeit von dem Printzen von Oranien, und Gouverneur in Holland, Fridrich Heinrich erbauet: und weil ein Hertzog von Neuburg denGrund -535Hoff-Ceremoniel. Grund-Stein darzu geleget, das Hauß Neuburg genennet worden, welchen Nahmen es auch biß auf den heutigen Tag behalten. Es lieget ſelbi - ges zwiſchen dem Haag und Delft faſt im Mit - tel-Wege, etwan einen Muſqveten-Schuß von dem Dorffe Rißwig, und eine halbe Meile ſo wohl von einer als der andern erſtgemelten zwey Staͤdte: es iſt auch der Weg von Haag und Delft dahin mit gebrenneten Ziegeln gepflaſtert, ſo daß auch bey dem garſtigſten Wetter dennoch reinlich dahin zu fahren und zu gehen. Ob es nun gleich, wie leicht zu erachten, in keinem andern Ab - ſehen erbauet worden, als daß ſich der Printz von Oranien in ſelbigen divertiren koͤnte, nicht aber gemeinet geweſen, daß man darinnen Friedens - Congreß halten ſolle; ſo iſt doch quaſi durch ein Omen dieſes Gebaͤude dermaſſen wohl zu der - gleichen Congreß ajuſtiret, daß wenn man auch a deſſein ein eigen Friedens-Hauß aufer - bauen wolte, man ſelbiges nicht beqvemer als die - ſes iſt, eintheilen koͤnte. Die darinnen befindli - chen Zimmer ſind folgende:

  • 1. Ein groſſer Saal, damahlen mit gruͤnen Tapiſſerien und ſchoͤnen Gemaͤlden aus - geziehret. An dieſen ſtoſſen auf der einen, und zwar ſo genenten lincken Seiten, zwey Zimmer, darunter
L l 42. Das536Europaͤiſches
  • 2. Das nechſte gegen die Einfahrt, denen Mi - niſtern der Hohen Alliirten ſtatt einer An - ti-chambre dienete. Jn dieſem ſtunde eine lange mit gruͤnem Tuch bedeckte Tafel, auf welcher beſtaͤndig Tinten-Faͤſſer, Pa - pier ꝛc. befindlich waren: damit ein jeder der Miniſtrorum, was, und wenn es ihn noͤthig duͤnckete, ſchrifftlich aufzeichnen kunte; und zwar ſonder angewieſenen Rang und Stelle: wie ſich denn auch die Herren Miniſtri niemahlen alle auf einmahl an ſel - bige niederſetzten. Deſſen Urſache war, weil die drey Herren Ambaſſadeurs Kayſerl. Majeſtaͤt, an dieſer Tafel die Ober-Stelle zu haben prætendireten, welches ihnen aber die uͤbrigen Miniſtri der Hohen Alliir - ten nicht zugeſtehen wolten, vorwendende: daß wenn man den Kaͤyſerl. Herren Ge - ſandten die Ober-Stelle einraͤumete, eine Schwerigkeit entſtehen wuͤrde: den Rang der Koͤniglichen Ambaſſadeurs. v. gr. deſſen von Spanien und Engelland: wie nicht we - niger der Churfuͤrſtl. und freyen Republi - qven Miniſtren, als zwiſchen welchen eine bekante Concurrentz, zu regliren; anbey ſchuͤtzten der Alliirten Plenipotentiarii fuͤr, daß dieſe Ober-Stelle muͤſſe fuͤr den Mi - niſtrum Mediationis, wenn er etwan in die Conferentz kaͤme, vorbehalten werden. Dan -537Hoff-Ceremoniel. Dañenhero ſetzte man ſich an ſelbige péle - méle, gleichwie man zuvor in denen im Haag gehaltenen Conferentien gethan hatte.
  • 3. Das daran ſtoſſende zu dem Conferentz - Zimmer der Hohen Alliirten Miniſter aus - erſehen worden. Gleichuͤber auf der rech - ten Seiten des groſſen Saales, waren wie - derumb zwey Zimmer, welche denen Fran - tzoͤſiſchen Miniſtern waren eingeraͤumet worden: und zwar dienete das
  • 4. Gegen die Einfahrt oder Thuͤr gelegene, ihnen zu einer Anti-chambre: das
  • 5. Daranſtoſſende zu ihrem Conferentz-Ge - mache. An das Conferentz-Zimmer, ſo wohl der Hohen Alliirten als Frantzoͤſiſchen Miniſtrorum ſtieſſen, und zwar an ein je - des noch zwey kleine, zuſammen aber vier Apartements, welche ſich der Miniſter Mediationis auserſehen hatte. Die Alliir - ten hielten mit ihm in einem auf ihꝛer Seiten gelegenem; die Frantzoſen in einem in ihrem Qvartier befindlichem, Unterredungen: in deꝛer einem iſt der Fꝛieden zwiſchen Spanien Franckreich, Engelland, und Holland un - terzeichnet worden. Gantz hinter dieſen kleinen Appartements, war noch ein an - ders, welches ſich der Miniſter Mediatio - nis auserleſen. Denn man hatte, bevor dieſeL l 5Frie -538EuropaͤiſchesFriedens-Negotiation angefangen wurde, dem Herrn Baron Lilien-Roth freygeſtel - let, was fuͤr ein Apartement er ſich erkie - ſen wolte: und demnach wehlete er dasjenige, welches ihme am convenableſten ſchiene, und ratione ſitus in der That auch ware. Die Kayſerlichen Herren Geſandten wehle - ten ſich, weil es ihnen die Frantzoſen zum er - ſten mahl zugelaſſen, die ſchon gemeldete, ihnen wegen der Einfahrt bequemeſte Sei - ten: jedoch mit Condition, daß ſie mit den Frantzoͤſiſchen wehrender Friedens-Con - ferentz mit den Zimmern alterniren ſolten; allein der Mediator brachte durch gute raiſons die Frantzoͤſiſchen Plenipoten - tiarios gleichwohl dahin, daß ſie beſtaͤndig das einmahl erkieſete Qvartier des Hauſes Neuburg behielten: dabey ſich die Frantzoͤ - ſiſchen gleichwohl noch expreſſe bedungen, daß man das Qvartier der Hohen Alliirten durch aus nicht anders als das Qvartier der Kayſerlichen nennen ſolte: umb dadurch zu verhuͤten, daß man nicht etwan glaube und ſage, als haͤtten die Frantzoſen andern unter den Alliirten begriffenen Koͤnigen, den Rang und die Præcedentz zugeſtanden. Die Herren General-Staaten vergaſſen anbey ihre Civilité und gebuͤhrendes Ce - remoniel gegen die Miniſter der HohenAlliir -539Hoff-Ceremoniel. Alliirten zu bezeigen, keines weges; ſondern empfingen ſelbige bey der erſten Confe - rentz auf dem Hauſe Neuburg. Und weil die Frantzoͤſiſchen Plenipotentiarii ſich expreſſe ausgedungen hatten, von einer dergleichen honorablen Perſon, als dieje - nige ſeyn wuͤrde, welche die Kayſerlichen Herren Miniſter zu recipiren beordret, be - neventiret zu werden; ſo wehleten die Her - ren General-Staaten, umb ſich bey keiner Partie odieus zu machen, und durch un - gleiches Ceremoniel den Friedens-Con - greß etwan zu verzoͤgern, den Herrn von Roſenboom, ihren Introducteur der Ge - ſandten, und Monſ. de Heſſel ihren Maitre d Hotel, dieſe Function zu verrichten, und zwar dergeſtalt: daß dieſe zwey looſen mu - ſten, welcher unter ihnen die Kayſerl. und der uͤbrigen Alliirten; und welcher hinwie - derumb die Frantzoͤſiſchen empfangen ſolte: da denn auf den Monſ. de Heſſel das Looß fiele die Kayſerlichen und Alliirten Mini - ſter; auf den Monſ. de Roſenboon aber die Frantzoͤſiſchen zu complimentiren: welcher letztere auch ein gleiches dem Mini - ſtro Mediationis thun muſte, weil man zum Voraus abgeredet, daß derjenige, wel - cher die Frantzoſen, auch zugleich den Me - diatorem zu empfangen haben ſolte.
§. 9. Den540Europaͤiſches

§. 9.

Den andern Punct, oder die Policey und Ceremoniels-Einrichtung betreffende, durch welche man aller, wegen des Ceremoniel und Auf - fuͤhrung zubeſorgender Wiederwaͤrtigkeit vorzu - beugen gedachte; ſo publicirete der Mediator, An. 1697. den 29. May, jedoch nicht ſonder viele vorhergehende Conteſtationes der umb die Prærogativa ſtreitenden Parteyen, folgendes Reglement.

  • 1. Daß alle Intimationes der Ankunfft der Herren Ambaſſadeurs, wie auch die ſonſt gewoͤhnlichen Viſiten und Reviſiten, ja uͤberhaupt alles, welches zu dem Ceremoniel zu rechnen, negligiret, und einem jeden freygeſtellet bleiben ſolte, wenn, und auf was fuͤr eine Art ein Ambaſſadeur den an - dern beſuchen wolle; ja es wurde Verfuͤ - gung gethan, daß man dieſe Viſites d honneur nicht als eine Schuldigkeit von einander prætendiren, oder auch was et - wan dißfals geſchehen oder unteꝛlaſſen wuͤꝛ - de, ins kuͤnfftige zu einem Præjuditz und Conſequentz allegiren ſolte. Allein es wurde dieſer Principal-Punct ſo wenig als die zehen Geboth gehalten, maſſen einer oder der andere der Herren Ambaſſadeurs nicht unterließ, einigen Vortheil in der Præ - rogativa und Rang fuͤr ſeinen HerrnPrin -541Hoff-Ceremoniel. Principal zu erhalten; wovon in folgenden genungſame Exempel vorkommen werden.
  • 2. Daß alle ankommende Miniſtri ihr Plein - Pouvoir dem Miniſtro Mediationis zu produciren, und dieſer ſo dann ſelbiges de - nen anderen Herren Plenipotentiariis zu notificiren verbunden ſeyn, auſſer dem aber kein Miniſter zu dem Friedens-Congreß admittiret werden ſolte.
  • 3. Die Herren Ambaſſadeurs in dem Con - ferentz-Orte mit keiner groͤſſeren Suite, als nur etwan einem paar Edelleuten einem oder zweyen Pages, zum hoͤchſten drey La - quays erſcheinen: in den Hoff des Hauſes Neuburg nur bloß die Leib-Caroſſe der Ambaſſadeurs einfahren, diejenigen Wa - gen aber, auf welchen ſich die Cavaliers be - finden, auſſer dem Hofe ſtehen bleiben ſol - ten; welches alles nicht allein bey dem Con - ferentz-Hauſe, ſondern auch bey allen an - dern Gelegenheiten, da ein Concours der Miniſtrorum zu vermuthen, v. gr. bey den Comoͤdien, ſolennen Feſtins, Bals ꝛc. zu obſerviren ſeyn wuͤrde.
  • 4. Die von Kayſerlicher Majeſtaͤt abgeordnete Herren Ambaſſadeurs, wie auch der uͤbri - gen Hohen Alliirten, ihre Einfarth in den Hoff des Conferentz-Hauſes, durch die exprés gemachte, gegen den Haag gele -gene,542Europaͤiſchesgene Eroͤffnung: auch auf der in ſelbiger Seiten verfertigten Treppe, in das Con - ferentz-Zimmer ſteigen ſolten. Hingegen wuͤrden die Frantzoͤſiſche Ambaſſadeurs ihre Entrée in gemeldes Conferentz-Hauß, durch die gegen Delft gelegene gantz neu ge - machte Pforte und Bruͤcke zu nehmen, und die an dero Appartement ſtoſſende Trep - pen nach ihren Zimmern aufzuſteigen ha - ben; der Miniſter Mediationis aber ſolle einig und alleine berechtiget ſeyn, durch die groſſe mittlere Einfarth und Bruͤcken ſeine Entrée zu halten, und die groſſe Treppe hinauf zu ſteigen.
  • 5. Jm fall etwan ein paar Caroſſen einander auf engen Wegen begegneten, da nothwen - dig eine der anderen Platz zu machen haͤtte: ſolte derjenige Kutſcher, welchen man zu erſt avertiret, weichen und Platz machen; da aber augenſcheinlich waͤre, daß der andere Wagen, welcher das Zeichen zum weichen gegeben, bequemer als der angeſchryen worden, Raum machen koͤnte: ſolte ihm ob - liegen, Gelegenheit, daß beyde Wagen ein - ander paßiren koͤnten, zu geben.
  • 6. Auf den ordinairen Promenaden v. gr. auf der Voorhaut, Mallien-Bahn ꝛc. ſolte es, ſo wie es daſelbſt Herkommens, auch ſein Verbleiben haben: daß nemlich unterzwey -543Hoff-Ceremonel. zweyen oder mehreren einander begegnen - den Caroſſen, eine jede ſich auf die rechte Seite hielte, welches ebenfals auf den Gaſ - ſen und Straſſen, ohne alle Conſideration der auf den Caroſſen ſitzenden Perſonen, ſolte beobachtet werden.
  • 7. Die Pages, Laqvays, und uͤberhaupt alles was in Liverey gekleidet ginge, ſolten weder Degen, Stab, Puffer, Meſſer, und uͤber - haupt nichts, welches zur Offenſion ge - ſchickt, in keinem Orte, weder oͤffentlich noch heimlich, an und bey ſich tragen: Wenn aber die Herren Ambaſſadeurs nach dem Hauſe Rißwig fuͤhren, ſolte zum hoͤchſten den Pages Baguettes zu tragen erlaubet ſeyn. So ſolten auch die Domeſtiquen der Herren Ambaſſadeurs ohne expreſſe Ordre ihrer Herren nicht ausgehen, welche aber hierwieder handelten, ernſtlich beſtraf - fet, oder auch wohl aus dem Dienſte ver - ſtoſſen werden: Da auch ein Domeſtique eines Ambaſſadeurs dergleichen deli - ctum, welches tranquillitatem publicam turbiret, begangen: ſolte er in die Haͤnde des Judicis Loci ordinarii zur Beſtraf - fung uͤberliefert, und deswegen von denen im Haag anweſenden Herren Ambaſſa - deurs, der ihnen ſonſt zuſtaͤndigen Immu -ni -544Europaͤiſchesnitaͤt, Protection, und uͤber dero Bediente habenden Privilegien renunciret werden.
  • 8. Dafern aber etwan ein Domeſtique eines Ambaſſadeurs, eines andern dergleichen Miniſtri ſeinen, auf eine Art, da die Tran - quillitas publica nicht Nachtheil litte, beleidigte; ſolte der autor rixæ ſo gleich in die Gewalt deſſelben Ambaſſadeurs, deſſen Diener beleidiget worden, zu beliebiger Straffe extradiret werden.
  • 9. Doch ſolle dieſes alles nur ſeinen Werth und Geltung wehrenden Friedens-Con - greß im Haag haben; auſſer dieſem Orte und Gelegenheit aber, nirgends anderswo und zu keiner Zeit mehr gelten, oder als ein Præjuditz allegiret werden.

§. 10.

Als nun alles auf beſagte Maſſe war reguliret worden, ſo daß man haͤtte glauben ſol - len, es wuͤrde das ſonſt picquante Ceremonien - Werck dadurch ein wenig ſtumpff gemacht wer - den; bliebe es dennoch bey der alten Art: nemlich bey der Diſputirung, und hervor geſuchter und kuͤnſtlich meditireter Ablauffung des Ranges: ſo daß man den gantzen Friedens-Congreß uͤber immer etwas dißfals zu entſcheiden gehabt, wel - ches man, ſo gut es ſich thun laͤſſet, in folgender Ordnung und Kuͤrtze vorzutragen noͤthig und nuͤtzlich erachtet.

§. 11. Haupt -545Hoff-Ceremoniel.

§. 11.

Hauptſaͤchlich bezoge man ſich, wenn et - wan ein oder das andere Dubium wegen des Ce - remoniels, in was fuͤr einem Puncte deſſelben es auch nnr ſeyn kunte, auf dasjenige, was dißfals zu Niemaͤgen, oder auch in einem vorhergehenden Friedens-Schluſſe war practiciret worden; und obgleich dieſes die beſte Art ware, zweifelhaffte Ce - remonien durch Præjudicia und Actus Poſſeßio - nis zu entſcheiden, weil biß dato keine Leges dar - uͤber geſchrieben und promulgiret worden; ſo wurden doch, bald von dieſem bald von jenem, ei - nige exceptiones und limitationes gemacht.

§. 12.

Die Provocatio auf dem Niemaͤgi - ſchen Frieden nun geſchahe ins beſondere uͤber dem Diſput,

  • 1. Wie die Entrevües der Kayſerlichen und Frantzoͤſiſchen Miniſter in dem Conferentz - Hauſe geſchehen,
  • 2. Jn was fuͤr einer Sprache man zuſammen reden ſolle: da zwar das Latein, als com - munis interpres, zum Gebrauch vorge - ſchlagen: aber von den Frantzoͤſiſchen Mi - niſtern gegen ſelbiges eingewendet wurde, daß ſie es zu reden nicht faͤhig, und alſo ſich ein jeder in einer Sprache, welche ihm ge - laͤuffig, expliciren muͤſſe.

§. 13.

Nachdem alſo ziemlich lange Zeit mit allerhand diſputiren uͤber noͤthige und unnoͤthigeM mDin -546EuropaͤiſchesDinge war hingebracht, und endlich alle Obſta - cula aus dem Wege geraͤumet worden: daß man dem Frieden einen Anfang machen, und die dazu gehoͤrigen Plenipotentiarios zu ſelbigen admit - tiren kunte; ſo lage jedwedem, welcher an der Friedens-Conferentz, ja an dem Frieden ſelbſten mit Theil haben wolte, ob, ſich durch Produci - rung ſeines Plein-Pouvoirs dazu qualificiret zu machen; denn auſſer dieſen Vollmachten haͤtte man nicht gewuſt, wie weit ſich eine Partie, ja ein Miniſter mit dem andern, ſicher engagiren koͤnte.

§. 14.

Damit nun dieſe Plein-Pouvoirs nicht hin und wieder critiſiret und angefochten wer - den moͤchten; wurden die Miniſtri der Hohen Alliirten untereinander einig, daß ſelbige auf die Art, wie ſie im Niemaͤgiſchen Frieden geweſen, ſolten eingerichtet werden; als aber dieſes nicht practicable zu ſeyn ſchiene, formirte der Media - tor ein Project, wie dieſe Plein-Pouvoirs ihrem tenore nach ſeyn koͤnten; eines aber ſo wohl als das andere war ein vergeblicher Vorſchlag. Von denjenigen Plein-Pouvoirs, welche unangefoch - ten bleiben, wird hier nichts, ſondern nur von den - jenigen, welche diſputirlich gemacht worden, oder etwas beſonders in ſich beſchloſſen, einiges, jedoch weniges und zwar diſtinctim, in folgender Ord - nung zu melden ſeyn.

1. Jn547Hoff-Ceremoniel.
  • 1. Jn dem Plein-Pouvoir des Miniſtri Me - diationis, Herrn Baron von Lilienroths, fande man: daß ihn ſein hoher Herr Princi - pal, der Koͤnig von Schweden, wegen ſei - ner Prudentz, Treue, und groſſe Experientz ſehr geruͤhmet: ihme anbey voͤllige Gewalt ertheilet, alle dasjenige, was zu dem Amt eines Mediatoris erforderlich, entweder fuͤr ſich gantz alleine, oder auch conjunctim mit dem ihme zu adjungirendem Herrn Collegen (welches der Herr Graf Bonde ſeyn ſolte, aber gar ſpaͤthe, nemlich allererſt den 31. Julii 1697. durch eine Vollmacht dazu qualificiret wurde) zu verrichten: im Nahmen des Koͤniges von Schweden, als Mediatoris, zu unterſchreiben und zu ſie - geln: auch, dafern es die Parteyen verlan - geten, die Quarantie zu leiſten; welches al - les der Koͤnig von Schweden ratum und gratum zu haben, bey ſeinem Koͤniglichen Worte, und Krafft des dem Herrn Baron von Lilien-Roth ertheileten Plein-Pouvoirs verſprache. Dieſer Plein-Pouvoirs wa - ren zwey Exemplaria, jedoch beyde durch - gehends von gantz gleichen Jnhalt: ohne daß in dem einen, der Koͤnig von Engelland dem Koͤnig von Spanien, und vice verſa in dem andern, dieſer jenem vorgeſetzet wor - den war. Weil aber der Koͤnig von Schwe -M m 2den,548Europaͤiſchesden, Carolus XI., wie oben ſchon gemeldet worden, den 15. Aprilis 1697. und etwan einen Monath eher als die Friedens-Con - ferentien ihren Anfang nahmen, verſtor - ben war; ſo hatte der Miniſter Mediatio - nis Baron von Lilienroth eines neuen von ſei - nem neuen Koͤnige Carolo XII. von noͤthen. Weil aber ſelbiger damahlen noch nicht Majorennis und die Regierung nicht an - getreten hatte; ſo wurde dieſes neue Plein - Pouvoir von deſſen Vormuͤnden, als der Hedwigis Eleonora ſeiner Frau Groß - Mutter, dem Oxenſtirna, Guldenſtirna, Wrede, Guldenſtolpe, und Wallenſtedt unterſchrieben: in welchem aber nichts von dem, was in dem erſteren enthalten, geaͤn - dert war.
  • 2. Jn dem Churfuͤrſtl. Bayriſchen, dem Baron Prielmeyer gegebenem Plein-Pouvoir, war dieſes beſondere: daß ſich Churfuͤrſtl. Durchlauchtigkeit vorbehielte, nebſt er - wehnetem Gevollmaͤchtigten Miniſter, auch mehrere nach dem Friedens-Tractat, und zwar mit gleichem Charactere zu ſenden: welche eben, Krafft dieſes dem Herrn Ba - ron Prielmeyer eꝛtheilten Plein-Pouvoirs, ohne erſt ein beſonderes zu empfangen und vorzuzeigen, ſolten authoriſiret ſeyn, imNah -549Hoff-Ceremoniel. Nahmen Churfuͤrſtlicher Durchlauchtig - keit zu erſcheinen, zu tractiren, und zu ſchlieſſen.
  • 3. Der Churfuͤrſt von Hannover hatte in dem ſeinem Miniſter, dem Baron von Both - mar, ertheilten Plein-Pouvoir, ſich nicht als ein bloſſer Hertzog, ſonder als ein Churfuͤrſt unterſchrieben, und gedachten Miniſter als einen Churfuͤrſtl. qualificiret. Hierdurch nun wurden viele der Plenipotentiario - rum, derer Herren Principalen ihn noch nicht dafuͤr erkennet, allarmiret: und præ - ſentireten dem Miniſtro Mediationis den 5. Septembr. 1697. eine Proteſtation, in welcher enthalten war; daß ſie den Hertzog von Hannover fuͤr keinen Churfuͤrſten, und ſeinen Miniſter, Herrn Baron von Both - mar, deſſen Perſon ihnen im uͤbrigen hoͤchſt angenehm waͤre, fuͤr keinen Churfuͤrſtl. Mi - niſter erkennen koͤnten und wolten; ſo lange als hochgedachter Hertzog nicht durch Con - ſens aller Staͤnde des Roͤmiſchen Reichs, nach Jnhalt der guͤldenen Bulle, und an - dern Reichs-Geſetzen gemaͤß, fuͤr einen Churfuͤrſten waͤre erkennet, und ihren hohen Principalen deswegen Satisfaction gege - ben worden: daß man ſelbigen nicht zu rech - ter Zeit, und nach Gebuͤhr von dieſer neund - ten und neuen Chur Nachricht gegeben;M m 3Wel -550EuropaͤiſchesWelche Proteſtation, ſie den 12. Septemb. noch einmahl wiederhohleten und dem Me - diatori uͤbergaben, noch beyfuͤgende: daß weil dieſe neundte Chur ein Werck waͤre, welches zu Regenſpurg, nicht aber zu Riß - wig abzuthun, ſich der Mediator in ſelbige nicht einmiſchen und in Faveur des Fuͤrſtl. Hauſes Hannover etwas vornehmen moͤchte. Hieran aber kehrete ſich Herr Baron von Bothmar wenig oder nichts, ſondern er zeigete nicht nur dem Miniſtro Mediationis das Original ſeines Plein - Pouvoirs, und gabe ihme hernach eine mit ſeiner eigenen Hand unterſchriebene und beſiegelte Copie deſſelben; ſondern er exhi - birete ſolches auch dem Herrn Grafen von Caunitz, Premier-Ambaſſadeur Kayſer - licher Majeſtaͤt: und gabe allen im Haag gegenwaͤrtigen Miniſtris, welche den Her - tzog von Hannover fuͤr einen Churfuͤrſten erkenneten, Abſchrifften davon; er erſchiene anbey magnifiquement, ließ uͤber die Thuͤre ſeines Qvartiers das Chur-Wa - pen ſeines hohen Herrn Principalen ſetzen: gab in den Conferentien ſein Votum als ein Churfuͤrſtlicher Miniſter: und eben in dieſer Qualité die Viſiten und Reviſiten, mit allen den Churfuͤrſten gebuͤhrenden Ce - remonien. Der Muͤnſter - und Wuͤrtem -ber -551Hoff-Ceremoniel. bergiſche Plenipotentiarius meineten die - ſer Sache dadurch vorzukommen; indem ſie ſich an dem Herrn Baron Lilienroth ad - dreßireten, und ſelbigen erſuchten, daß er das Plein-Pouvoir von dem Hannoveri - ſchen Miniſter nicht annehmen moͤchte; al - lein er gab ihnen zur Antwort, daß er dieſen Hannoveriſchen Miniſter nicht geringer und anders tractiren koͤnte, als ſein Herr, der Koͤnig in Schweden, deſſen Principal tractire. Nach dieſem wurde bey dem Mayntziſchen Directore eine Conferentz unter den Miniſtris der Alliirten des Roͤm. Reichs gehalten: in welcher ſich der Herr Baron von Bothmar auch befande, und bey von ihme gegebenem Voto, ſeinen Herꝛn Principalen einen Churfuͤrſten nennete. Daruͤber einige Miniſtri der Deutſchen Chur - und Fuͤrſten ſich formaliſireten, und ſich beredeten, in kuͤnfftiger Conferentz, welche den 2. Septembr. Anno 1697. ge - halten wurde, eine Proteſtation einzule - gen, welches auch geſchahe. Der Wuͤrtem - bergiſche Miniſter fuͤhrete das Wort, wel - chem einige folgeten, viele ſich aber auch nicht darein miſchen wolten. Der Chur - Saͤchſiſche, Brandenburgiſche, und Baye - riſche Miniſter aber nahmen die Partey des Churfuͤrſtens von Hannover, und refuſire -M m 4ten552Europaͤiſchesten die Proteſtation: das Mayntziſche Di - rectorium erſuchende, ſelbige von den an - dern nicht anzunehmen: welches Anſuchen gedachter Director ihnen auch gewehrete; der Chur-Trieriſche, Coͤllniſche, und Pfaͤl - tziſche Miniſter aber begaben ſich zu dem Mediatori, umb ihme eine Proteſtation ge - gen die Hannoveriſche Chur-Wuͤrde zu uͤberreichen. Der Baron von Lilienroth, nachdem er derer Anbringen angehoͤret, und die von ihnen eingegebene Schrifft durch - leſen, machte ihnen nachdruͤckliche Remon - ſtration uͤber ihr Suchen, mit Bitte: ſie moͤchten einen favorablen Bericht an ihre Herren Principalen thun, und etwan zu Wege bringen, daß ſelbige die Proteſtatio - nes wieder Hannover, als welche dem ge - meinen Beſten ſo nachtheilig fiehlen, ein - ſtelleten. Als ſie dieſe Antwort von dem Me - diatore vernommen, lieſſen ſie ihre Schriff - ten zuruͤcke, und verſprachen an ihre Herren Principalen mit nechſten zu ſchreiben. Den 14. Septembr. verfuͤgten ſich nochmahlen der Wolfenbuͤtteliſche, und Wuͤrtembergi - ſche Plenipotentiarius, ſo wohl fuͤr ihre ei - gene Perſon, als auch im Nahmen einiger anderer Chur - und Fuͤrſten, zu dem Media - tori, umb ihme eine Schrifft, welcher ſie den Titul einer Declaration gaben, zu uͤber -rei -553Hoff-Ceremoniel. reichen: welche als ſie gedachter Mediator duꝛchleſen, gab er ihnen zu veꝛſtehen, daß eꝛ in ſelbiger gar picquantes expreßiones fin - de, welche verurſacheten, daß er ſich nicht reſolviren koͤnte ſelbige anzunehmen. Die wieder die Hannoveriſche Chur-Wuͤrde Proteſtirenden richteten alſo nichts aus, weil ſich die Kayſerlichen, Koͤniglichen, und anderer Churfuͤrſten Miniſtri, welche den Hertzog von Hannover fuͤr einen Churfuͤr - ſten erkennet, gar nicht hindern lieſſen, dem Herrn Baron von Bothmar alles Chur - fuͤſtliche Tractament zu zu geſtehen; zu - mahlen, da der Miniſter Mediationis ihn allerwege in dieſer Qualité annahme und paßiren ließ. Es hatte im uͤbrigen vielge - dachter Herr Baron von Bothmar das Gluͤcke und Ehre, daß ihme die Herren Ge - neral-Staaten als einen Churfuͤrſtl. Mini - ſter und Ambaſſadeur eine guͤldene Kette von 6000. Livres, und dem Geſand - ſchaffts-Secretario eine von 600. Livres verehreten.

§. 15.

Der Chur-Brandenburgiſche Mini - ſter, Herr Baron von Danckelmann, prætendi - rete das ehemahlen zu Niemaͤgen denen Bran - denburgiſchen Miniſtren zugeſtandene Tracta - ment, als ein Extraordinair-Ambaſſadeur auch bey dieſen Friedens-Congreß wiederumbM m 5zu554Europaͤiſcheszu erhalten: daruͤber aber Kayſerl. Majeſtaͤt ge - dachtem Chur-Brandenburgiſchen Miniſter in Wien den 15. Martii 1697. ein Decret uͤber ſein Suchen ertheileten, in welchem ſelbige wiederrie - then, daß Chur-Brandenburg, wegen uͤbler Con - ſequentien, ſolches nicht prætendiren: ſondern, aus Liebe zu dem gemeinen Beſten und Befoͤrde - rung des Friedens Miniſtros ſonder Character nach dem Friedens-Congreß abſenden ſolte; jedoch da dieſer Vorſchlag dem Churfuͤrſten von Brandenburg nicht beliebig ſeyn ſolte, ſo waͤren Kayſerliche Majeſtaͤt zwar willig und geneigt, nicht nur dem Premier-Chur-Brandenburgi - ſchen, ſondern auch dem andern ihme zu adjungi - renden fuͤr dieſes mahl, und weil ſonderlich die Friedens-Conferentien auſſer dem Roͤmiſchen Reiche gehalten wuͤrden, ſo wie im Niemaͤgen ge - ſchehen, das Tractament zu geben. Jedoch un - ter keiner andern Bedingung, als daß die Chur - Brandenburgiſchen Legati Primarii, dennoch den Kayſerlichen Secundariis, ſo wohl bey oͤffent - lichen als privat-Zuſammenkunfften die Ober - Hand und Vorſitz cediren: in den Reichs-Con - venten aber ein dergleichen Tractament nicht prætendiren noch gewaͤrtig ſeyn ſolten. Es blie - be aber hierbey nicht, ſondern der Chur-Bran - denburgiſche Miniſter verfertigte Anno 1697. den 12. Julii ein Memorial, in welchem er præ - tendirete, und aus der Hiſtorie zu erweiſen trach -tete,555Hoff-Ceremoniel. tete: daß die Churfuͤrſtl. Brandenburgiſchen Ge - ſandten alle, ſo viel derer irgendswo gegenwaͤrtig geweſen, und nicht nur allein der Premier unter ihnen, waͤren im Ceremoniel bey einem Seculo her ſtets, inſonderheit aber von den Spaniſchen Herren Ambaſſadeurs, den Koͤniglichen gleich tractiret worden: und alſo Chur-Brandenburg in regard Spaniens in Poſſeßione; und folgent - lich berechtiget, bey dem Rißwigiſchen Frie - dens-Congreß dasjenige, was ihnen ehemahlen zugeſtanden worden, wiederumb zu begehren; Koͤnte auch den Spaniſchen Ambaſſadeurs gar nicht zu ſtatten kommen, daß ſich ſelbe auf das Exempel der Frantzoͤſiſchen Miniſtrorum, als welche dem Secundo Legato des Churfuͤrſten von Brandenburg, das Ceremoniel und Præce - dentz weigerten, beruffeten; maſſen mehr als zu bekandt, daß

  • 1. Franckreich des Churfuͤrſten von Branden - burg und vicißim dieſer jenes Feind ſey: welches ſich in vorhergehendem Kriege zur Genuͤge erwieſen; hingegen waͤre der Koͤnig in Spanien nicht nur des Churfuͤr - ſten von Brandenburg Alliirter und Freund, ſondern es haͤtten auch Churfuͤrſtl. Durch - lauchtigkeit, in den Spaniſchen Niederlan - den, Zeit wehrenden Krieges faſt auf ihre ei - gene Koſten 12. Battallions, und 23. Eſca - drons auf den Beinen gehalten: zu dererUnter -556EuropaͤiſchesUnterhalt Spanien zwar 20. Millionen Thl. verſprochen, aber uͤbel bezahlet haͤtte. Vor dieſen von Chur-Brandenburg der Cron Spanien geleiſteten Dienſt u. Huͤlffe, ſolte nun hochgedachter Churfuͤrſt dieſes ſtatt einer Erkentlichkeit haben, daß man ihn aus der Poſſeßion des ſeinen Miniſtris uͤberall gegebenen Ceremoniel ſetzen, und ſelbigen gleichſam degradiren wolle.
  • 2. Solten ſich die Spaniſchen Herren Pleni - potentiarii mehr nach dem Exempel ande - rer Koͤnige und Alliirten, welche Chur - Brandenburg das Ceremoniel ſeines zwey - ten Ambaſſadeurs gantz unſtreitig mach - ten, als nach dem Exempel der Frantzoſen richten.
  • 3. Waͤre es bey dem Ceremonien-Werck eine ausgemachte Sache, daß man ſich mit dem, uti poßidetis in ſeinem einmahl erworbe - nen Rang und Prærogativa maniteniren koͤnne und muͤſſe.

Noch eine andere Beſchwernuͤß fuͤhreten die Chur-Brandenburgiſchen An. 1697. den 29. Septembr. daruͤber, daß der Koͤnig in Engel - land dem Churfuͤrſten von Brandenburg in einem Tractat nicht den Titul Serenißimus, ſondern nur celſißimus gegeben: und erwieſen, daß ſolche Titulatur ihrem hohen Principalnicht557Hoff-Ceremoniel. nicht allein zu unterſchiedenen mahlen von den Koͤnigen in Engelland, ja von dem itzt regie - renden Koͤnige Quillaume ſelbſt, ſondern auch von Kayſerlicher Majeſtaͤt und dem Koͤnige in Franckreich, welcher auch dem Churfuͤrſten von Coͤlln ſolchen nicht geweigert, waͤre verlie - hen worden; ſo daß man dißfalls von Chur - Brandenburg nichts neues, ſondern nur das - jenige, welches man vormahlen ſchon genoſſen, zu erhalten, und eine dergleichen Titulatur ſu - che, welche Franckreich ſo gar dem Hertzoge von Lothringen zugeſtuͤnde. Jm uͤbrigen wol - ten vielgedachte Chur-Brandenburgiſche Am - baſſadeurs auch nicht zu frieden ſeyn: daß in dem Plein-Pouvoir der Frantzoͤſiſchen Mini - ſtern des Churfuͤrſten von Brandenburg nicht ſpecialiter waͤre gedacht, ſondern ſelbiger nur generaliter unter dem Nahmen der Hohen Alliirten mit verſtanden worden; verfertigten demnach den 23. May 1697. eine Schrifft, in welcher ſie prætendireten, daß die Miniſtri und Plenipotentiarii des Koͤnigs in Franck - reich, mit ihnen ein beſonders Plein-Pouvoir auswechſeln ſolten: daruͤber allegirende, daß Chur-Brandenburg nicht nur als ein vorneh - mes Reichs-Glied ſein Contingent bey dem vorhergehenden Kriege hergeſchoſſen; ſondern auch noch uͤber dieſes obligiret geweſen, daß als die Cron Franckreich in ſeine CleviſcheLande558EuropaͤiſchesLande eingebrochen, und Holland in groͤſſeſter Gefahr geſtanden, es in ſeinem eigenen, nicht nur aber allein des Roͤm. Reichs Nahmen, ſei - ne Armee ſchon An. 1689. dahin geſendet: und noch eher als Engelland und Spanien im Felde gegen Franckreich, nicht nur als eine Partie, ſondern en Chef erſchienen; es folgendlich bil - lig und noͤthig waͤre, daß man mit ihme auch als einem geweſenen Chef des Krieges durch Exhibirung eines beſondern Plein-Pouvoirs die Friedens-Tractaten anfinge; zu mahlen Franckreich auf dem An. 1675. zu Niemaͤgen gehandelten Frieden allbereit ein gleiches ge - than. Ob man ihnen nun gleich vorſtellete, daß der Koͤnig in Engelland in dem Plein - Pouvoir der Frantzoͤſiſchen Miniſter auch nicht ſpecifice genennet worden; (wovon bald im folgendem was mehꝛes zu melden ſeyn wiꝛd) ſo wolten ſich die Chur-Brandenburgiſchen Geſandten doch mit dieſem Einwurff nicht be - gnuͤgen: ſondern uͤbergaben An. 1697. den 28. Julii ein Memorial an den Miniſtrum Mediationis, in welchem enthalten ware: daß

  • 1. Das Fundament der reciproquen Friedens-Handlungen in der Vollmacht der Miniſtrorum beſtehe: weil nun aber die Frantzoͤſiſchen nicht ſpecialiter und no - minetenus auf Chur-Brandenburg mit eingerichtet, ſo koͤnten ſeine ChurfuͤrſtlicheDurch -559Hoff-Ceremoniel. Durchlauchtigkeit aus Ermangelung die - ſes Fundaments, auch nicht in die Frie - dens-Handlung mit Franckreich mitein - treten.
  • 2. Bekandt genung waͤre, daß Seine Chur - fuͤrſtl. Durchlauchtigkeit zu Anfang dieſes Krieges, auf der Hohen Alliirten Anſuchen, die von der Cron Franckreich durch den Herrn Cardinal von Fuͤrſtenberg ihnen un - ter vortheilhafften Conditionen angetra - gene Neutralitaͤt dero Cleviſchen und zuge - hoͤrigen Landen ausgeſchlagen, und hinge - gen gemeldter Crone ſeparatim den Krieg oͤffentlich declariret.
  • 3. Da man nun von Seiten der Hohen Alliir - ten, Churfuͤrſtl. Durchlauchtigkeit zu ſolcher Krieges-Declaration nachdruͤcklich exhor - tiret; ſo erfordere es auch nunmehro die Rai - ſon und Billigkeit, den Frieden ohne ſie nicht zu tractiren; zumahlen in denen Inſtru - menten der mit Chur-Brandenburg errich - teten Alliancen expreſſe enthalten, daß ohne dero Zuziehung und Conſenß kein Friede tractiret werden ſolle. Haͤtte demnach das Vertrauen zu dero Hohen Mit-Alliirten, und ſonderlich denen Mit-Staͤnden des Roͤm. Reichs, daß man ſie in dero Su - chen ſecundiren, nnd dero Jura kraͤfftigſt unterſtuͤtzen helffen wuͤrde.
Allein560Europaͤiſches
  • Allein es kunten die Chur-Brandenburgiſchen Ambaſſadeurs (unerachtet einige der Hohen Alliirten ſich Dero Suchen zu accomodiren geneigt ſchienen, nachdem ſelbigen ſonderlich Vorſtellung gemacht worden war, daß Chur - Brandenburg 2600. Mann Zeit wehrenden Krieges gegen Franckreich gefuͤhret) von Franckreich dennoch wegen dieſes Plein-Pou - voirs nichts erhalten, unter Vorwand: daß ihr Koͤnig niemahlen einige Nachricht eingezogen, daß ihme Chur-Brandenburg den Krieg ſe - paratim ſolenniter angekuͤndiget: (unerach - tet ſolches durch oͤffentlichen Trommelſchlag geſchehen ware) Es wuͤſte der Aller-Chriſtlich - ſte Koͤnig zwar, daß 2600. Chur-Brandenbur - giſche Voͤlcker im Felde geſtanden: allein dieſes waͤre Jhme unbekandt, daß ſelbige als Chur - fuͤrſtl. Trouppen agiret, weil ſelbige Spanien und Engelland unterhalten.

§. 19.

Der Koͤnig von Engelland Wilhelmus, hatte auch einige des Ceremoniel regardirende Dinge abzuthun: denn

  • 1. Wolten ihme die Frantzoͤſiſchen Miniſtri nicht den Titul Regis Franciæ geben, wor - uͤber ſich die Engliſchen Plenipotentiarii bey dem Mediatori, durch ein ihme den 11. Octobr. 1697. uͤberreichtes Certificat beſchwereten: u. in ſelbigem darthaten, daßden561Hoff-Ceremoniel. den Koͤnigen von Engelland in allen Tra - ctaten, und juͤngſthin auch auf dem Frie - den zu Breda von den Frantzoſen ſelbſten, dieſer Titul waͤre gegeben worden.
  • 2. Wurde dieſer Koͤnig in dem Plein-Pouvoir der Frantzoͤſiſchen Ambaſſadeurs nicht ſpecifice genennet, ſondern wo deſſen Nah - me und Titul haͤtte ſtehen ſollen ein Spaci - um gelaſſen, unerachtet er einer der princi - paleſten unter denen Hohen Alliirten mit war; allein dieſes war hoͤchſtgemeldtem Koͤnige nicht entgegen, weil zwiſchem ihme und Franckreich abgeredet worden, daß man ihn nicht eher, als biß die Tractaten zu Rißwig wuͤrcklich unter den Haͤnden ſeyn wuͤrden, fuͤr einen Koͤnig in Groß-Britta - nien erkennen duͤrffe. Weil nun die Plein - Pouvoirs fuͤr dem Friedens-Congreß nicht allein verfertiget, ſondern auch pro - duciret werden muſten; ſo ware es unmoͤg - lich, daß man ihme fuͤr dem Frieden ſeine ge - buͤhrliche Titulatur geben, folgendlich ihn auch nicht ſpecifice in das Frantzoͤſiſche Plein-Pouvoir ſetzen konte.

§. 17.

Mit Savoyen gab es auch wegen des Ceremoniels neue Arbeit; denn es hatte ſich dieſer Hertzog in dem mit Franckreich geſchloſſenen ſe - parireten Frieden expreſſe bedungen, und auchN nvon562Europaͤiſchesvon gemeldtem Koͤnige erhalten, daß die Savoyi - ſchen Ambaſſadeurs ins kuͤnfftige, ſie moͤchten Ordinairs, oder Extraordinairs ſeyn, in dem Frantzoͤſiſchen Hofe und anderswo auſſer demſel - ben, ja ſo gar auch Rom und Wien nicht ausge - nommen, ſonder einige Exception oder Limita - tion, auf eben eine ſolche Art als die Ambaſſa - deurs der gekroͤnten Haͤupter ſolten tractiret werden: jedoch mit der Reſtriction, daß ſolches neue Koͤnigl. Tractament ſeinen Anfang nicht eher nehmen ſolte, biß der Heuraths-Contract zwiſchen dem Duc de Bourgogne und der Sa - voyiſchen Princeßin, wuͤrde unterſchrieben und geſiegelt worden ſeyn. Allein es kehrete ſich da - mahlen niemand an den zwiſchen Franckreich und Savoyen, wegen eines neuen Ceremoniels ge - machten Vergleich: ſondern man ließ es lediglich nur bey demſelben, was bißhero mit Spanien braͤuchlich geweſen, bewenden.

§. 18.

Der Herr Baron von Lilienroth, præ - tendirete in der Quaalité eines Miniſtri Media - tionis, daß man ihm bey kuͤnfftigen bevorſtehen - den Friedens-Conferentien, allemahl unwei - gerlich die Ober-Stelle geben moͤchte: und truge dieſes denen Kayſerlichen Herren Ge - ſandten, als ſie ihn den 11. April. An. 1697. in ſeinem Qvartier beſucheten, umbſtaͤndlich fuͤr. Darauf dieſe gemeldete Kayſerlichen Herren Miniſtri, ſich in die Conferentz der Ho -hen563Hoff-Ceremoniel. hen Alliirten im Haag begaben, und lange Un - terredung uͤber dieſer von dem Mediatore getha - nen Propoſition, und andern Ceremonien-Streit hielten. Die Frantzoſen ihres Orts, willigten ohne vieles Bedencken in des Miniſtri Media - tionis Verlangen: entweder weil ſie glaubten, daß ſolche Præferentz ein Annexum der Media - tion: oder weil ſie ſelbiges als einen Caſum pro Amico tractireten; oder auch weil ſie befuͤrchte - ten, es wuͤrde ſich der Herr Baron von Lilienroth von ſeiner Prætenſion nicht relachiren, und alſo fuͤr eine Staats-Prudentz achteten, ihme gut - willig und bey Zeiten dasjenige zu concediren, welches ſie doch nachgehends etwan gezwungen, und wenn ſie von den Hohen Alliirten uͤberſtimmt wuͤrden, thun muͤſten; Jedoch geſchahe ihre Erklaͤ - rung mit der Reſervation und Condition, daß die Kayſerl. ihme gleichfalls den Rang zugeſtehen ſolten. Dieſe aber waren, dem Mediatori ſolches einzuraͤumen, nicht ſo leichtſinnig als die Frantzoͤ - ſiſchen Plenipotentiarii: ſondern trachteten die Kayſerliche Prærogativa auch dißfals zu behaup - ten; weil ſie meineten, daß einer wohl Mediator ſeyn koͤnne, ohne daß man ihme dem Pas und Ober-Hand cedire. Blieben alſo dabey, daß Kay - ſerlicher Majeſtaͤt und ihnen, deſſen Perſon ſie repræſentireten, in privat - und public-Confe - rentien der Vorſitz gebuͤhre; reſolvireten dem - nach ſich keiner Conferentz, welche man bey demN n 2Medi -564EuropaͤiſchesMediatori, oder auch in loco tertio halten wuͤrde, beyzuwohnen: und verlangten anbey, daß man ihnen zugeſtehen ſolte, daß ſie die Miniſtros der Hohen Alliirten, ſie moͤchten Koͤnigliche oder Reichs-Churfuͤrſtliche und Fuͤrſtliche ſeyn, von denen zu haltenden Conferentien benachrichti - gen, und ſelbige ihnen, wann und wo ſie gehalten werden ſolten, intimiren duͤrfften; Allein es wurde dieſer Ceremonien-Streit dennoch in Faveur des Mediatoris per plurima debattiret, und dem Herrn Baron von Lilienroth die Ober-Stelle in denen Conferentien eingeraͤumet.

§. 19.

Es entſtunde auch ein Streit wegen

  • 1. Der Paſſeports,
  • 2. Der erſteren Viſite,
  • 3. Des Vorgeſpan an die Caroſſen.

Wegen der erſteren wurde man ſchluͤßig, daß man derer zweyerley wuͤrde von noͤthen haben: die erſten fuͤr die Miniſtros ſelbſt, welche ad Tractatus Pacis kaͤmen, die andern fuͤr die Courriers: und zwar dieſe in forma conſveta, nemlich en blanc, umb die Nahmen der Cour - riers, ſo man abſenden wolle, den Paſſeports einverleiben zu koͤnnen. Wegen des andern, ſo wurde von den Kayſerlichen Herren Mini - ſtris erinnert, daß man, jedoch ohne Præjuditz eines oder des andern Souverains, von der er - ſteꝛen Viſite abſtrahiꝛen moͤchte: welchen Voꝛ - ſchlag die Spaniſchen, Engliſchen, und Hol -laͤn -565Hoff-Ceremoniel. laͤndiſchen Miniſtri approbireten: der Chur - Brandenburgiſche Miniſter aber, Herr von Smettau, nur noch die einige Inſtantz dabey machte, daß alle neu ankommende Miniſtri auch zugleich avertiret werden muͤſten, â no - tificatione ihrer Ankunfft zu abſtrahiren; maſſen die Notification mit zum Ceremoniale gehoͤre, und eben zu dem Ende geſchehe, daß man die erſte Viſite prætendire und empfan - gen wolle; welches auch allerſeits acceptiret wurde. Wegen des dritten kam, jedoch nur par maniere de diſcours vor: ob man mit 2. oder 6. Pferden, mit einer oder mehreren Ca - roſſen, nach Rißwig auf die Conferentz fah - ren ſolle? und hielte man davor, daß die Be - ſpannung mit 2. oder 6. Pferden in eines je - den Belieben zu ſtellen: jedoch zu recommen - diren, daß ein jeder Miniſter nicht mehr als eine Caroſſe mit bringen ſolte; welches letztere aber nicht obſerviret, ſondern theils mit einer, theils mit zweyen, und mehreren Caroſſen, wie weiter unten zu vernehmen ſeyn wird, gefahren worden.

§. 20.

Eine der groͤſſeſten, ja man koͤnte ſagen gefaͤhrlichſten Ceremonien-Streitigkeiten, verur - ſachete die ſo genente Reichs-Deputation nach der Friedens-Conferentz zu Rißwig; welcher Streit aber von einem und dem andern, der ſich die Muͤhe nimmt dieſen Tractat zu leſen, nichtN n 3recht566Europaͤiſchesrecht verſtanden werden moͤchte, daferne ihme nicht zum Voraus der Grund dieſer Reichs-De - putation gezeiget worden.

§. 21.

Selbige nun iſt eine gantz neue Perſo - nage, welche ſich auf dem Theatro der Præcedentz und des Ceremoniels præſentiret. Es iſt be - kant, daß die Staͤnde des Roͤmiſchen Reichs nicht allein das Jus comitiorum, vermoͤge deſſen ſie ihre Deputatos auf den Reichs-Tag ſchicken koͤn - nen, ſondern auch das hohe und ſouveraine recht Legatos ad exteros mittendi haben; jedoch die - ſes letztere bloß auf dieſe Art und Weiſe, daß ein jeder fuͤr ſich ratione ſuperioritatis territoria - lis, und alſo in Anſehung des Landes, welches er im Roͤm. Reiche beſitzet, Envoyés oder auch wohl Ambaſſadeurs ſenden koͤnne; wovon die Doctores Jur. publ. zu conſuliren. Daß aber die Staͤnde des Roͤmiſchen Reichs, nebſt Kayſerli - cher Majeſtaͤt als dero Haupt, im Nahmen und von wegen des Corporis Imperii, zu auswerts geſchloſſenen Friedens-Congreß beſondere Ple - nipotentiarios zu ſenden berechtiget: iſt ein gantz neues Jus, welches ſie auf dem Weſtphaͤliſchen Frieden geſuchet, aber doch nur taliter qualiter, und nicht vollkommentlich erhalten: Denn in vorhergehenden Zeiten, wenn etwas von Reichs wegen mit auswaͤrtigen Potentaten zu ſchlieſſen geweſen, hat man ſolches im Nahmen und mit Conſenß des geſamten Reichs abzuhandeln, alle -mahl567Hoff-Ceremoniel. mahl Kayſerlicher Majeſtaͤt, und deſſen Ambaſſa - deurs alleine uͤberlaſſen.

§. 22.

Allein etwan umb das 1641ſte Jahr, als man den 30jaͤhrigen Krieg zu Ende bringen wolte, fingen die Staͤnde des Roͤm. Reichs, ſon - derlich aber diejenigen, welche der Augſpurgi - ſchen Confeſſion zugethan waren, an, auf dieſe Reichs-Deputation bedacht zu ſeyn: und zwar aus Urſachen, weil man in dem Weſtphaͤliſchen Frieden die Reſtitution des Churfuͤrſtens von der Pfaltz, und anbey die Freyheit der Augſpurgiſchen Religion zu behaupten tꝛachten wolte: deꝛer beydes Kayſerliche Majeſtaͤt im Nahmen des geſammten Reichs zu tractiren, und in Effect zu bringen, un - moͤglich anzutragen war; weil doch nimmermehr zu vermuthen, daß hoͤchſtgedachte Majeſtaͤt, wie - der dero eigene Autoritaͤt und Intereſſe, in Faveur der Staͤnde negotiren wolten, oder auch koͤnten. Dañenhero kein ander Mittel uͤbrig ware, als eine neue Art der Geſandten und Plenipotentiario - rum zu erdencken, welcher man den Nahmen ei - ner Reichs-Deputation beylegete. Weil aber die Staͤnde des Roͤm. Reichs ſich uͤber ſelbiger nicht vergleichen kunten; ſo bliebe zwar ſolche for - male Reichs-Deputation damahlen noch unter - wegens: wurde aber gleichwohl verabredet, daß die Kayſ. Herren Geſandten, ohne Vorwiſſen und Einwilligen, der ohne dem in Privat-Angelegen - heiten, auf bemeldtem Friedens-Schluß verſam̃ -N n 4leten568Europaͤiſchesleten Chur - und Fuͤrſtlichen Geſandten, nichts tractiren, abfaſſen, viel weniger aber ſchlieſſen moͤchten; ſo daß gemeldter Reichs-Staͤnde Ge - ſandten, die meditirete Reichs-Deputation in der That zwar vertraten, aber ſelbiger dennoch die Forma fehlete; weil ſelbige nicht in das Con - ferentz-Zimmer, in welchen die Kayſerlichen Herren Geſandten mit auswaͤrtigen Potentien tractireten, treten durfften: ſondern ſich begnuͤgen laſſen muſten, daß die Kayſerlichen Miniſtri, in ei - nem a part gelegenem Zim̃er ihr Gutachtem ein - hohleten, und hernach wiederumb was ihrentwe - gen in dem publiquen Conferentz-Gemach war vorkommen, referireten. Aber nachdem der Weſtphaͤliſche Friedens-Schluß zu Papier gebracht wurde, haben die Reichs-Staͤnde, ver - moͤge des 8. Articuls §. 2. gandeant. deſſelben, das Jus der Reichs-Deputation nunmehro er - halten.

§. 23.

Als aber An. 1676. die Præambula zu dem Niemaͤgiſchen Frieden auf das Tapet ka - men, wolten ſich bey ſelbigem die Staͤnde des Roͤm. Reichs, dieſes in dem Weſtphaͤliſchen Frie - den bedungenen und zugeſtandenen Rechts be - dienen, und einen Actum Poſſeßionis exerciren, und mit Kayſerlicher Majeſtaͤt concurriren; Da aber allerhoͤchſtgedachte Kayſerliche Majeſtaͤt, den Staͤnden des Reichs ihr dißfalls erworbenes Recht zwar nicht diſputirlich, jedoch nachdruͤck -liche569Hoff-Ceremoniel. liche Remonſtration machten: wie unnoͤthig und dem bevorſtehenden Friedens-Werck hin - derlich dieſe Reichs-Deputation ſeyn wuͤrde, fuͤh - reten zu dem Ende folgende Argumenta an:

  • 1. Daß Kayſerliche Majeſtaͤt allemahl treu - lich gefliſſen, der Staͤnde Prærogativ und Jura zu conſerviren,
  • 2. Seiner Kayſerlichen Majeſtaͤt ſehr empfind - lich fiehle, daß man von Seiten der Staͤn - de ſo groſſe Diffidentz in ſie ſetze.
  • 3. Wolten ſie den Staͤnden in nichts præju - diciren, auch in denen Dingen, welche das geſammte Reich angiengen, ohne der Staͤnde Conſenß nichts negotiren und ſchlieſſen.
  • 4. Wuͤrde es dem gantzen Reiche hoͤchſtnach - theilig fallen, wenn man Franckreich zeigete, daß das Haupt und die Glieder des Reichs unter einander mißtrauiſch und uneinig.
  • 5. Waͤre der zu Niemaͤgen zu ſchlieſſende Frie - de ein gantz Profan-Werck, bey welchem die Religion gar keine Ingredientz haͤtte: und alſo keiner Deputation von Proteſti - render Seiten noͤthig ſey; weil Kaͤyſerliche Majeſtaͤt die profan-negotia des Reichs gar wohl uͤber ſich alleine nehmen, und negotiren koͤnten.
N n 56. Koͤn -570Europaͤiſches
  • 6. Koͤnten auch uͤber dieſes die Staͤnde ihre Nothdurfft auf dem Reichs-Tage zu Re - genſpurg beſorgen; dahin die Kayſerlichen Herren Ambaſſadeurs von Niemaͤgen aus, allemahl ohne Zeit-Verluſt relationi - ren wolten, was Reichs wegen auf genenten Friedens-Congreß vorfallen, und abzu - thun ſeyn wuͤrde.
  • 7. Waͤren Muͤnſter und Oßnabruͤg beydes in Deutſchland gelegene Staͤdte, und folgent - lich die Reichs-Deputation in ſelbigen eher zulaͤßlich geweſen, als zu Niemaͤgen, wel - cher Ort auſſer Deutſchland auf fremden Gebiethe gelegen; woſelbſt fuͤglich niemand anders nomine Imperii als Kayſerliche Majeſtaͤt alleine, durch dero Gevollmaͤch - tigte erſcheinen koͤnten.

Dieſe Remonſtration nun, und die eilfertige Negotirung des Niemaͤgiſchen Friedens, nebſt der Cunctation, daß man die Reichs-Deputa - tion, zu rechter Zeit nicht zu Stande bringen kunte, verurſacheten, daß auch dieſes mahl die Reichs-Deputation in Forma unterbliebe.

§. 24.

Weil nun aber der zu Niemaͤgen ge - ſchloſſene Frieden fuͤr das Roͤm. Reich nicht zum beſten ablieff; ſo dachten die Churfuͤrſten und uͤbri - gen Staͤnde des Reichs, auf dem Anno 1681. zu Franckfurth angeſtelleten Congreß, die Diffe -ren -571Hoff-Ceremoniel. rentien uͤber Elſaß mit Franckreich beſſer abzu - handeln, wenn ſie ihre beſondere Reichs-Depu - tation dahin ſendeten; zu mahlen dieſer Ort in fi - nibus Imperii gelegen: und alſo dem 7den Punct vorhergeſetzter und von Kayſerlichen Majeſtaͤt gemachter Remonſtrationum, nicht entgegen waͤre. Solche nun wurde effectivement da - hin abgefertiget, mit der expreſſen Inſtruction: mit der Kayſerlichen Geſandſchafft daſelbſt, als das Corpo des Imperii repræſentirende, zu concurriren. Dieſes war alſo die erſte formale Reichs-Deputation, welche biß zu dieſem dato ſeit des Weſtphaͤliſchen Friedens noch im̃er me - nagiret worden, nunmehro aber zur Wuͤrckligkeit gekommen. Es hat aber bald bey derer Anfang allerhand Difficultaͤten wegen des Ceremoniels geſetzt. Denn die Kayſerl. Herren Plenipoten - tiarii wolten nicht zugeſtatten, daß die Reichs - Deputirte in dem Congreß mit dem Frantzoͤſi - ſchen Miniſtris, nebſt den Kayſerl. zugleich mit - erſcheinen, und ihre Vota geben; ſondern nur zu frieden ſeyn ſolten, wenn die Kayſerlichen alles mit ihnen communicireten und uͤberlegeten, be - vor ein Schluß abgefaſſet wuͤrde. Allein die Reichs-Deputati wendeten darwieder ein, daß ſie ſo dann nur bloß den Nahmen einer Reichs - Deputation, nicht aber auch zugleich die Autori - taͤt derſelben haben, und was ihnen zuſtuͤnde, zum Effect bringen wuͤrden. So wurde auch dasReich572EuropaͤiſchesReich unter ſich ſelbſt uneinig; indem die Chur - fuͤrſtl. mit den Fuͤrſtlichen nicht an einer Taffel ſitzen wolten: die Kayſerl. Herren Geſandten aber wolten, die Churfuͤrſtlichen nicht als Ambaſſa - deurs oder Miniſtros cum charactere erken - nen: die Frantzoſen refuſireten auch dem Legato ſecundo von Chur-Mayntz den Character eines Ambaſſadeurs zuzugeſtehen; Und wurde des Ce - remonien-Streits ſo viel, daß ſich endlich die gan - tze Conferentz zerſchluge.

§. 25.

Dieſes nun dachten die Reichs-Staͤn - de auf dieſem Rißwigiſchen Frieden zu verbeſſern, und die Reichs-Deputation in mehrere Autori - taͤt zu ſetzen; beſtunden demnach, bevor dieſer Frie - den ſeinen Anfang nehmen ſolte, zu Regenſpurg ſteiff und feſte darauf, eine Reichs-Deputation dahin zu ſenden, und ſich in Poſſeßion zu bringen; ſonderlich weil ſie die Negotirung wegen des Stiffts und der Stadt Straßburg, Kayſerlicher Majeſtaͤt alleine nicht uͤberlaſſen, ſondern ſelbſt fuͤr ſich mit Hand anlegen wolten. Kayſerliche Majeſtaͤt, welche die Urgirung dieſer Reichs - Deputation als etwas neues, und die allerhoͤchſte Kayſerl. Autoritaͤt limitirendes achteten: kunten ſelbige nicht mit gnaͤdigen Augen anſehen; und riethen dannenhero den Staͤndten des Reichs abermahl durch ein Commiſſions-Decret, von der projectireten Reichs-Deputation abzuſte - hen. Alleine die Majora der Staͤnde fiehlen proDepu -573Hoff-Ceremoniel. Deputatione aus, und die Kayſerliche Remon - ſtration wurde nicht von allen Reichs-Staͤnden befolget, ſondern geſchloſſen eine Deputation von dem Reiche nach dem Haag abzuſenden. Die - ſem gleichwohl ungeachtet, entſtunden faſt unab - lehnliche Schwierigkeiten, offt gemeldte Deputa - tion in Richtigkeit zu bringen. Denn

  • 1. Wolten diejenigen Churfuͤrſten und Fuͤr - ſten des Reichs, welche der Hannoveriſchen oder neundten Chur entgegen waren, ſich nicht zu Rathe begeben: und die dieſer Chur contrairen Churfuͤrſtl. Geſandten, wolten den Hannoveriſchen zu Regenſpurg nicht in ihr Collegium admittiren, drohende, daß im fall der Hannoveriſche Miniſter etwan de facto in ſelbiges eintraͤte, ſie davon ge - hen wolten. Weil nun Hannover nicht mehr in das Fuͤrſtl. Collegium gehen wol - te, in das Churfuͤrſtl. aber nicht duͤrffte; ſo gabe dieſes der Reichs-Deputation einen gewaltigen Stoß: und ſahe man lange Zeit kein Mittel dieſer Competentz abzuhelffen, biß endlich der Chur-Saͤchſiſche Geſandte, die ſaͤmtlichen zu Regenſpurg verſammle - ten Miniſtros der Reichs-Staͤnde er - mahnete, umb dieſer Differentz willen die Reichs-Deputation nicht zu negligiren: und ſich letztens Hannover beqvemete ſein Votum an Zelle zu uͤbergeben.
2. Ent -574Europaͤiſches
  • 2. Entſtunde zwiſchen dem Ertz-Hertzoglichen Oeſterreichiſchen Geſandten, und dem Chur-Bayeriſchen eine Mißhelligkeit. Deñ es hatte ſich dieſer, als er zu Regenſpurg an - kommen, bey jenem nicht melden laſſen: welchem doch die Anſage als Directori des Churfuͤrſtl. Collegii gebuͤhrete; und dem - nach ließ er auch den Bayeriſchen nicht zum Reichs-Rath convociren. Nun hatte zwar Saltzburg als Condirector, die Con - vocation thun koͤnnen; alleine dieſer muſte verreiſen: und blieben alſo die Deliberatio - nes wegen der Reichs-Deputation in ſu - ſpenſo und ziemlich langer Verzoͤgerung, ſo daß
  • 3. Die Conferentien in dem Haag allbereits ihren Anfang genommen, ehe man mit der Reichs-Deputation fertig werden konte, und vielen ſchon zu ſpaͤte ſchiene, an ſelbige mehr zu gedencken.
  • 4. Bekamen ihrer viele vor der Deputation eine Abſcheu, weil ſelbige zu Franckfurth ſo ſchlecht abgelauffen ware.
  • 5. Gab es uͤber den modum deputandi aller - hand Diſputationes, indem einige der Meynung waren, man ſolte wegen Kuͤrtze der Zeit, denen bereits im Haag, im Nah - men der Reichs-Staͤnde ſich ſchon befind - lichen Plenipotentiariis, die Reichs-De -puta -575Hoff-Ceremoniel. Deputation auftragen: Andere ſchlugen vor, daß man per Circulos Imperii de - putiren: und zwar aus jedem Circulo den Directorem dazu erkieſen ſolte; welcher Vorſchlag Kayſerlicher Seiten unter allen andern am angenehmſten ware; Allein nicht nur die Reichs-Staͤdte legten ſich darwie - der, ſondern es wurde auch dieſer Vor - ſchlag dadurch vernichtet: weil die zu Re - genſpurg verſam̃leten Miniſtri der Reichs - Staͤnde nach dieſer Ehre aſpirireten, und da man ihnen ſolche nicht goͤnnen wolte, verhinderten, daß der Creiß-Directorum Miniſtri, nicht nach dem Haag geſendet wurden. Endlich fiel der Schluß dahin - aus, daß man aus allen dreyen Reichs - Collegiis, und zwar von beyden Religio - nen, die Reichs-Deputation nehmen ſolte: wurden demnach vier aus dem Churfuͤrſtl., vier und zwantzig aus dem Fuͤrſtl., und vier aus dem Staͤdtiſchen Collegio genommen, welche zuſammmen zwey und dreyßig Per - ſonen, und dieſe Deputation faſt ſo viel Plenipotentiarios ausmachte, als der uͤbrigen Hohen Alliirten in dem Haag ha - benden Miniſtrorum kaum alle zuſammen waren.
  • 6. Da nun dieſes ſeine Richtigkeit hatte, war die Frage, was fuͤr eines Characteres ſichdieſe576Europaͤiſchesdieſe Deputirte bedienen ſolten? da denn die plurima dahinaus fiehlen: Daß ſie durch - gehends von dem Charactere repræſenta - tivo abſtrahiren, und unter den Deputir - ten aus den drey unterſchiedenen Reichs - Collegiis, eine Gleichheit hierinnen gehal - ten werden ſolte: damit nicht, wenn etwan die Churfuͤrſtl. den Titul Ambaſſadeur gebraucheten, Kayſerliche Majeſtaͤt ihnen ſelbigen, wie allbereit zu Franckfurth ge - ſchehen, zu geben ſich weigern: oder auch die Fuͤrſtl., Repreſſalien gegen die Chur - fuͤrſtl., gleichwie auf dem Weſtphaͤliſchen Frieden geſchehen, gebrauchen moͤchten, wenn man etwan gedachte Churfuͤrſtl. en excellence tractiren, den Fuͤrſtl. aber ſol - chen Titul nicht zugeſtehen wolte.
  • 7. Wurde befuͤrchtet, daß die Miniſtri der aus - waͤrtigen Potentaten im Haag, ſich auch nach Kayſerl. Majeſtaͤt richten, und wenn dieſe den Reichs-Deputirten den Titul Excellentz zu geben weigerten, andere Mi - niſtri auch ſolchem Exempel folgen, und ih - nen ſelbigen nicht zugeſtehen duͤrfften.

§. 26.

Weil nun an dieſer Reichs-Deputa - tion, den meiſten Staͤnden des Reichs ſo gar viel gelegen ware, daß einige lieber etwas von ihrem prætendireten Ceremoniel, als die Reichs-De -puta -577Hoff-Ceremonel. putation ſelbſten wolten fahren laſſen: die Chur - fuͤrſtlichen auch anbey mercketen, daß die Fuͤrſtl. wegen dieſes Tituls und anderer Ceremonien, die Reichs-Deputation an ihrem Fortgange hem - men wuͤrden; (indem die Fuͤrſtl. allbereits vorga - ben, daß ſie das Reich nebſt den Churfuͤrſtl. en commun repræſentireten, und zu Rißwig nicht als ein beſonderes von den Churfuͤrſten unterſchie - denes Collegium, wie etwan zu Regenſpurg ge - ſchehe: ſondern ratione ſuperioritatis territo - rialis ihrer hohen Herren Principalen, und eben in der qualité als die Electorales erſchienen; weil daſelbſt keine Kayſerl. Wahl, ſondern ein Frieden vorzunehmen) So beliebte denen Churfuͤrſtl. zu Regenſpurg verſammleten Miniſtris, zwi - ſchen ihnen und den Fuͤrſtlichen den Indifferen - tiſſmum dißfalls einzufuͤhren: wozu der Chur - Saͤchſiſche und Chur-Brandenburgiſche Ge - ſandte zu Regenſpurg den Vorſchlag thaten, und ſich beredeten, daß man die qualité eines Am - baſſadeurs und Titul Excellentz wolte fahren laſſen; zumahlen weil die Geiſtlichen Churfuͤrſten hierzu geneigt ſchienen, und ſchon einige ihre Præ - ferentz fuͤr den Fuͤrſtl. temperiret: auch die Chur - fuͤrſtl. ſolches ihr Vorhaben mit den Miniſtern Kayſerl. Majeſtaͤt bereits communiciret hatten.

§. 27.

Allein dieſes von ſchon gemeldten Chur - fuͤrſtlichen Geſandten zu Regenſpurg vorgeſchla - gene und auch beliebete Expediens, ware denenO ovon578Europaͤiſchesvon Chur-Sachſen und Chur-Brandenburg, nach dem Haag geſendeten Miniſtris gar nicht anſtaͤndig; dannenhero ſie ihren hohen Herren Principalen nachdruͤcklich vorſtelleten, daß

  • 1. Dieſe zu Regenſpurg projectirete Paritaͤt der Churfuͤrſtl. mit den Fuͤrſtlichen, jenem hoͤchſt nachtheilig.
  • 2. Der Koͤnig in Franckreich und die Fuͤrſten des Reichs, dadurch Gelegenheit nehmen wuͤrden, das den Churfuͤrſten gebuͤhrende und erworbene Ceremoniel, ins kuͤnfftige et - wan zu verringern.

Welche Vorſtellungen ſo viel wuͤrcketen, daß die Churfuͤrſten, die zu Regenſpurg von ihren Miniſtris projectirete, und eingegangene Pa - ritaͤt mit den Fuͤrſten, wiederumb caßireten, oder vielmehr nicht gaͤntzlich darein willigten: ſondern vielmehr ihren zu Regenſpurg gegen - waͤrtigen Miniſtris, wie ingleichen denen nach dem Haag geſendeten anbefohlen, den Chur - fuͤrſtl. Vorzug fuͤr den Fuͤrſtlichen, auf das kraͤfftigſte zu mainteniren. Allein es blieben die Kayſerl. Miniſtri bey der einmahl zu Re - genſpurg gethanen Erklaͤrung, den Churfuͤrſtl. ſteiff und feſte vorſtellende: daß was einmahl voluntatis geweſen, nunmehro neceßitatis ſeyn muͤſte: darwieder man ſich zwar Chur - fuͤrſtlicher Seiten in dem Haag ſehr ſtaͤmmete, jedoch nichts anders, als was einmahl zu Re -gen -579Hoff-Ceremoniel. genſpurg war abgehandelt worden, erhal - ten kunte: Denn Chur-Sachſen befande ſich damahlen in Pohlen, Chur-Brandenburg aber in Preuſſen: und kunte derer beyder - ſeitige Entfernung aus dem Roͤm. Reiche, ſo ſchleinige remedia, als man etwan fuͤr noͤthig erachtet, nicht fuͤrkehren; bliebe alſo dabey, daß man von Kayſerlicher Seiten die Churfuͤrſtlichen Plenipotentiarios der Reichs-Deputation, im Haag nicht als Ambaſſadeurs, auch nicht en excellence tractirete; Weil auch viele zu der Reichs - Deputation erkieſete Membra theils zu langſam in dem Haag arrivireten: theils auch unter denen welche ſich zu fruͤher Zeit daſelbſt eingefunden, deñoch einige mit ihrer Einrichtung nicht fertig werden kunten: die Friedens-Tractaten aber theils unter der Hand, theils publice hurtig fortgiengen; So entſtande ein neuer Kummer, ob man auch die Reichs-Deputation, weil der nu - merus noch nicht complet, eroͤffnen duͤrf - fe? Damit nun inzwiſchen die anweſenden Deputirten ſich gleichwohl der Reichs-Af - fairen annehmen und negotiren koͤnten, ſo producireten ſie dem von Chur-Maintz nach dem Haag deputiretem Miniſter, ihre Vollmachten. Denn es war alſo zu Regen - ſpurg abgeredet worden, daß die Reichs -O o 2De -580EuropaͤiſchesDeputati, ſelbige nicht immediate an den Mediatorem, ſondern an den Churfuͤrſten von Maintz: dieſer aber die erwehneten Plein-Pouvoirs an die Kayſerlichen Her - ren Ambaſſadeurs: und endlich dieſe ſelbi - ge allererſt an den Mediatorem uͤberrei - chen ſolten. Dahingegen die Ambaſſa - deurs der Churfuͤrſten, ihre Arrivée gehoͤri - ger Orten meldeten, und ihre Creditive, nebſt den Plein-Pouvoirs dem Mediatori vorzeigeten: der ſelbige folgends mit in die Aſſemblée nahme, und die Perſonen der Miniſtrorum legitimirete. Dieſe Reichs - Deputirte hielten auch ihre Zuſammen - kunfften in dem Chur-Maintziſchen Qvar - tier, uͤber eine groſſe lange Tafel. Es ent - ſtunde aber bey ſolchen Seſſionibus vieler - ley Zweiffel und Streit, uͤber den Rang und Ceremoniel: denn es hatte Chur-Maintz ne - ben einem Ambaſſadeur, der das Directo - rium fuͤhrete, noch zwey Hof-Raͤthe, dar - unter der eine als Deputirter gebrauchet werden ſolte. Dieſer nun begehrete den Rang ſeines Principals, den ihme aber die andern Churfuͤrſtl. Ambaſſadeurs nicht zugeſtehen wolten, vorgebende: daß es eine ausgemachte Sache, daß ein Ambaſſadeur einem Envoyé, er ſey von wem er wolle, vor - gehe; dargegen aber der Chur-MaintziſcheDepu -581Hoff-Ceremoniel. Deputirte antwortete: Die Churfuͤrſtl. waͤren hier nicht als Ambaſſadeurs, ſon - dern, nach dem Regenſpurgiſchen Ver - gleich, nur als Deputirete ſine charactere anzuſehen. Wogegen die Churfuͤrſtl. repli - cireten: Daß ihre Principalen dieſen Feh - ler, welchen ihre zu Regenſpurg ſubſiſti - rende Miniſtri begangen, nicht genehm ge - halten, ſondern redreſſiret haͤtten. Damit nun dieſer Zanck wegen der Præſeſſion, der Reichs-Deputation nicht noch je laͤnger je mehr hinderlich fiele, wurde man ſchluͤßig eine Quer-Banck in das Zimmer zu ſetzen, auf welcher die nicht characteriſireten Mi - niſtri ihren Platz nehmen ſolten; Allein es wolte ſich dieſe Placirung auch nicht ſchi - cken. Dannenhero man endlich beſchloß, - le-méle ſich an die Tafel zu ſetzen; worauf die Churfuͤrſtl. Fuͤrſtl. und Staͤdtiſchen Miniſtri durcheinander ſaſſen, wie es ſich traffe. Allein der Chur-Maintziſche Dire - ctor, nebſt ſeinen zwey Raͤthen, ſahen doch immer, wie ſie ihren Rang und den Vorſitz behaupten konten; Als aber der Chur - Maintziſche Geſandte Herr von Schoͤn - born, einſtens an dem Podagra darnieder lage, ſo delegirete er einen andern an ſeine Stelle: welchen die Reichs-Deputirte zwar zulieſſen; alleine er muſte ſeinen Stuhl uͤberO o 3eine582Europaͤiſcheseine Elle weit von dem Tiſch zuruͤcke ruͤ - cken. Man votirete in dieſen Seſſionibus absque ordine, und zwar nicht ſecundum majora, ſondern ſecundum ſaniora. Nebſt dieſem ſchiene der Reichs-Deputa - tion noch das ſchwereſte zu ſeyn, wie ſelbige dieſes, was ſie in der Seſſion abgehandelt, mit denen Kayſerl. Geſandten communi - ciren moͤchten. Denn als man etliche aus den Membris der Reichs-Deputation dar - zu emploiren wolte, verſageten die Kayſer - lichen denen Churfuͤrſtl. das Tractament, welches dieſe als Ambaſſadeurs præten - direten, einwendende: daß ſie Kayſerliche die Churfuͤrſtl. zwar als Ambaſſadeurs von ihren Principalen en particulier eꝛken - nen wolten; welchen Character aber, wenn ſie als Reichs-Deputirte erſchienen, ſie ab - legen muͤſten; weil Kayſerl. Majeſtaͤt als Capo, wenn die Staͤnde als Membra to - tius Imperii Corporis concurrireten, ſel - bigen dieſe Prærogativ nimmermehr zuge - ſtehen koͤnte. Und hierauf entſtunde aber - mahl die Frage: Ob nicht die Churfuͤrſten nebens ihren in dem Haag habenden Am - baſſadeurs, noch andere Miniſtros zur Reichs-Deputation halten ſolten? darauf Chur-Sachſen, Chur-Brandenburg und Chur-Bayern die negativam ſoutenire -ten,583Hoff-Ceremoniel. ten, anziehende: daß man dadurch, der Churfuͤrſtl. Prærogativæ, Ambaſſadeurs zu ſenden, was nachtheiliges begehen wuͤrde. Und darauf war alle Correſpondentz und Zuſammenkunfft zwiſchen denen Kayſerl. und Churfuͤrſtl. als Deputatis aufgehoben. Damit doch aber gleichwohl die Reichs - Deputation nicht gar umbſonſt im Haag verſammlet waͤre; ſo wurde endlich der Ver - gleich getroffen, daß die Chur-Maintziſche zwey Hof-Raͤthe in Communication mit den Kayſerl. ſolten gebraucht werden; als welche, weil ſie keinen Characterem re - præſentativum hatten, auch kein groſſes Tractament und Ceremoniel verlangen kunten: Da man zuvor willens und ſchluͤßig geweſen, zwey Churfuͤrſtl. nemlich den von Chur-Maintz und Chur-Sachſen: zwey Fuͤrſtliche den Fuͤrſtlichen Wuͤrtenber - giſchen, und Fuͤrſtl. Saͤchſiſchen; zwey Staͤdtiſche, den Franckfurthiſchen und Coͤllniſchen Deputirten, zu dieſer Function der Communication mit den Kayſerl. zu gebrauchen. Da nun dieſes ſeine Richtigkeit hatte, fuhren die Reichs-Deputirte auch nach Rißwig, und ſtelleten ſich im Gemach der andern Hohen Alliirten, in welchem eben keine Rang-Ordnung gehalten wurde, und zwar derer ſo viel ein: daß manchmahlO o 4kaum584Europaͤiſcheskaum Platz fuͤr die uͤbrigen war; wie es denn an ſich ſelbſt unmoͤglich war, daß das gan - tze Roͤm. Reich in einem mittelmaͤßigen Zimmer Raum finden kunte. Die Staͤd - tiſchen Abgeordneten aber hatten hierbey ihre beſondere Anfechtungen, und muſten ihre Gedult exerciren laſſen. Als auch nachgehends die Kayſerlichen mit denen Frantzoſen zu muͤndlicher Conferentz in ein Zimmer traten, verlangten die Reichs - Deputireten auch bey ſolcher Unterredung mit zu erſcheinen; alleine dieſes wurde ihnen von den Kayſerl. Geſandten rund abge - ſchlagen, und zwar aus folgenden gar pro - bablen Urſachen; Weil die Staͤnde zu Re - genſpurg ein ſolches nicht verlanget haͤtten: es der Allerhoͤchſten Kayſerl. Autoritaͤt, auch der zu Muͤnſter und Oßnabruͤg, wie auch zu Franckfurth etablirten Gewohnheit zuwiederlieffe. Ob nun gleich die ſaͤmpt - lichen Reichs-Deputirete, abſonderlich aber die Churfuͤrſtl. dargegen einwendeten, daß ihre Principals, in dem von den Chur - fuͤrſtl. Miniſtris daſelbſt projectireten Schluß, niemahlen conſentiret haͤtten: auch dasjenige was per leges publicas, nem - lich den Oßnabruͤgiſchen Frieden und durch deſſelben 8. Artic. §. gandeant, denen Staͤnden des Reichs zukaͤme, durch keineCon -585Hoff-Ceremoniel. Conſequentz, die man etwan daraus zu machen trachtete, ſich dieſes Recht aus den Haͤnden winden lieſſen; maſſen wenn ſie an denen Relationen der Kayſerl. hochloͤbl. Geſandtſchafft ſich ſolten begnuͤgen laſſen, ſie nicht fuͤr ſich als ein Corpo operiren und negotiren koͤnten: und folgentlich beſ - ſer geweſen waͤre, eine ſo koſtbahre und weitlaͤuffige Deputation zu Hauſe, nemlich zu Regenſpurg zu laſſen, welche von dort - aus die deliberationes mit den Frantzoſen, extra congreſſum haͤtte tractiren koͤnnen. Aber dieſem, der Churfuͤrſtl. Miniſtrorum Einwenden ungeachtet, blieben die Kayſerl. Herren Ambaſſadeurs, bey deme was ſie der Kayſerl. allerhoͤchſten Autoritaͤt con - venable zu ſeyn erachteten: und wurde es bey denen Friedens-Tractaten alſo gehal - ten: Daß die Kayſerl. Herren Plenipoten - tiarii, nach gehaltenem Congreß mit denen Frantzoſen, an ſtatt der ſaͤmptlichen Reichs - Deputirten, nur die zwey Chur-Maintzi - ſche Hof-Raͤthe zu ſich erfordern lieſſen, und ihnen von demjenigen, was mit den Frantzo - ſen vorgegangen, muͤndliche Relation tha - ten: welche gemeldte zwey Hof-Raͤthe nach - gehends zu Papier brachten: ſolches denen Kayſerl. Herren Geſandten alsdann, ob ſie Hof-Raͤthe auch alles recht eingenommen,O o 5wie -586Europaͤiſcheswiederumb zu examiniren uͤberreicheten: und wenn dieſes geſchehen, denen bey Chur - Maintz verſammleten Reichs-Deputireten im Haag, wieder communicireten, und ad Dictaturam brachten. Was die Reichs - Staͤnde aber dabey zu erinnern gehabt, wurde reciproce durch die Chur-Maintzi - ſche zwey Hof-Raͤthe, denen Kayſerl. wie - derumb hinterbracht, und durch dieſer zwey - er Hin - und Wiederſendung, der Vergleich uͤber die Reichs-Affairen getroffen und ge - ſchloſſen. Und ſolcher Geſtalt lieff es mit dem Ceremoniel der Reichs-Deputation, bey dem Rißwigiſchen Frieden ab, woraus allzu handgreifflich abzunehmen, wie viel der Ceremonien-Streit der cauſæ com - muni nachtheilig fallen koͤnne.

§. 28.

Noch ein anderer Ceremonien-Streit, zwiſchen den Herren Miniſtris des Haupts des Roͤm. Reichs, und den Herren Miniſtris der Stuͤ - tzen u. Glieder deſſelben, entſtunde aus folgenden Urſachen: Dieſe letzteren uͤbergaben den 20. April. 1697. der Kayſerlichen Geſandſchafft im Haag eine Remonſtration, in welcher ſie vorſtel - leten, daß Churfuͤrſtl. und Fuͤrſtl. Plenipoten - tiarii befuget, mit den Kayſerl. in allen, das ge - ſampte Roͤm. Reich concernierenden Confe - rentien des Friedens zu concurriren: bezogen ſich in ſelbiger auch ſonderlich auf eine, von JhroEx -587Hoff-Ceremoniel. Excellentz dem Herrn Graf Caunitz im Octobr. An. 1696. denen Staͤnden gethane Erklaͤrung, in welcher ſich ſelbiger heraus gelaſſen: daß der Kayſerl. Geſandſchafft Intention nicht ſey, das Friedens-Werck mit Ausſchlus der Alliirten Staͤnde, alleine fuͤr ſich zu ziehen. Wie deme aber, haͤtte man doch eine Zeit wahrnehmen muͤſ - ſen, daß zwiſchen der Kayſerl. Geſandſchafft, wie auch denen Koͤnigl. Schwediſchen, Spaniſchen, Engliſchen und Staatiſchen Miniſtris, nicht nur privatim unterſchiedliche Conferentien gehal - ten, ſondern ſo gar in Haupt-Sachen Reſolutio - nes abgefaſſet worden: ohne daß man den Mini - ſtris der Staͤnde des Reichs die Vertrauligkeit erwieſen, und ſie zu dergleichen Conferentien ge - zogen: oder zuvor ihre Meynung vernommen; ſon - dern ihnen nur ex poſt facto eine ſimple Notifi - cation gethan hatte: Wurde demnach die Kayſerl. Geſandſchafft im Nahmen aller gegenwaͤrtigen Plenipotentiarien erſuchet, ſich ihrer ſelbſt eige - nen gethanen Conteſtation zu erinnern, und de - nenſelben den verlangten Effect zu geben; daß man nemlich mit den Chur - und Fuͤrſtl. Plenipo - tentiarien, nicht allein in hoc negotio Pacis ver - traulich communicire, ſondern auch ohne dero Rath und Zuthun in keiner Sache voraus gehe: viel weniger in etwas verbindliches, welches das gantze Reich concernire, einlaſſe: ſondern den durch den §. 8. Inſtrument. Pac. Weſtphal., dieKay -588EuropaͤiſchesKayſ. Wahl-Capitulation §. 10., und die groſſe Alliance, vorgeſchriebenen Modum tractandi beobachtete, ꝛc. Dieſes der Chur - und Fuͤrſtlichen Plenipotentiariorum Verlangen, wurde nun zwar von der Kayſerl. Geſandſchafft angenom - men, und dergeſtalt eingerichtet, daß man der Reichs-Staͤnde Geſandſchafften mit in die De - liberation zoge; allein der Schluß eines und des anderen Punctes, wurde doch meiſtens alleine durch die Kayſerl. Herren Geſandten abgefaſſet, und mit dem Gegentheil in Richtigkeit gebracht.

§. 29.

Die Churfuͤrſtliche Plenipotentiarii formireten noch eine gantz beſondere Prætenſion, eines ihnen zuſtehenden Ceremoniels, an die Kay - ſerl. und Frantzoͤſiſche Geſandſchafft, nemlich: daß man ſie als Miniſtros repræſentantes tra - ctiren, den Titul Excellentz, und ihnen, wenn ſie einen Kayſerl., oder Frantzoͤſiſchen Miniſter be - ſucheten, den Pas geben ſolte: bezogen ſich dißfalls auf das An. 1682. zu Franckfurth gefuͤhrete Pro - tocoll, mit der Bedrohung, daß im fall man ih - nen ihr Suchen weigere, ſie Churfuͤrſtl. ſo dann auch denen Kayſerl. und Frantzoͤſiſchen hinwie - derumb ein gleiches thun, und ihnen keine Viſite mehr abſtatten wolten. Dieſes Verlangen der Churfuͤrſtl. bekame aber einen groſſen Anſtoß. Denn als die Kayſerl. Geſandſchafft den 4. May 1697. durch dero Legations-Secretarium, bey dem Chur-Bayeꝛiſchen Plenipotentiario zu einerCon -589Hoff-Ceremoniel. Conferentz, welche bey dem Herrn Graf Cau - nitz ſolte gehalten werden, Intimation thun: und durch ſelbigen die andere Churfuͤrſtl. Pleni - potentiarios, bey ſelbiger Nachmittage umb 3. Uhr zu erſcheinen mit invitiren ließ; ſo meldete ge - dachter Kayſ. Legations-Secretarius dem Chur - Bayeriſchen Plenipotentiario zugleich, daß ſei - ne Excellentz Herr Graf von Caunitz, in ſeinem eigenen Qvartier die Ober-Hand oder den Rang uͤber die Churfuͤrſtl. Plenipotentiarios nehmen wuͤrde; theils darumb, weil dergleichen ſchon ehe - mahlen in dem Qvartier des Herrn Grafen von Stratemann geſchehen; theils auch darumb, weil dieſer Congreß als eine Reichs-Conferentz wuͤrde zu betrachten ſeyn. Von dieſer geſchehe - nen Intimation verfertigte der Chur-Beyeriſche Miniſter drey Billets, derer eines er dem Herrn Baron von Schrottenberg, das andere dem Herrn Baron von Schmettau, das dritte dem Herrn von Huniken zuſendete, dem Kayſerl. Legation - Secretario aber, auf ſeinen gethanen muͤndlichen Vortrag, auch muͤndlich antwortete: daß

  • 1. Er nicht begreiffen koͤnte, wie dieſes eine Reichs-Conferentz ſeyn ſolte; weil biß da - to von einer Reichs-Deputation noch nichts bewuſt, noch auch die Churfuͤrſtl. qua tales, ſondern als Reichs Mit-Alliirte im Haag verſammlet und gegenwaͤrtig waͤ - ren; jedoch der Kayſerl. Geſandſchafft an - heimſtellete, was ſelbige dißfalls thun wolle.
2. Den590Europaͤiſches
  • 2. Den Rang anbelangende, welchen die Kay - ſerl. Herren Plenipotentiarii in ihrem ei - genen Qvartier uͤber die Churfuͤrſtl. nehmen wolten, koͤnte ihnen von dieſen, aus dem Principio, daß ſie Churfuͤrſtliche, nicht als Reichs-Deputirte, ſondern Alliirte erſchei - nen, ſolcher Rang nicht zugeſtanden wer - den: es waͤre deñ bloß und alleine, daß es die Kayſerl. Herren Plenipotentiarii vermoͤ - ge ihres habenden Characteris repræſen - tativi, behaupten wolten. Et ſi hoc, wuͤr - den in ſpecie die Churfuͤrſtl. probabiliter, umb ihren Herren Principalen dadurch nichts zu præjudiciren, desgleichen thun muͤſſen, daß ſie nemlich denen Kayſerl. auch in ihrem eigenen Churfuͤrſtl. Qvartier vor - und nicht nachſaͤſſen: obgleich ſolcher Chur - fuͤrſtl. Nach-Sitz in loco tertio geſchehen koͤnte.

Hierauf nun wurden die Churfuͤrſtl. Pleni - potentiarii einig, daß der Chur-Bayeriſche Miniſter der Loͤbl. Kayſerl. Geſandſchafft mit einem hoͤflichen Compliment, und feiner Ma - nier inſinuiren laſſen moͤchte: daß die Chur - fuͤrſtl. ſich zuvor mit einander beſprechen muͤ - ſten, ehe ſie ſich in das Qvartier des Herrn Grafen von Caunitz, zu der intimireten Con - ferentz begeben koͤnten: welches auch der Chur - Bayeriſche Miniſter durch ſeinen Legation -Secre -591Hoff-Ceremoniel. Secretarium, abgeredeter maſſen, thun ließ; Als nun folgendlich der Churfuͤrſtl. Reichs - Alliirten Miniſtri, der von Kaiſersfeld, von Smettau, von Sigel, von Hunnicken, von Schrottenberg, von Mean, von Norff, ſich in dem Chur-Bayeriſchen Qvartier verſammlet, und ihre Deliberation an einer Ovalen Tafel, an welcher ſie péle-méle ſaſſen, voꝛgenommen hatten; wurden ſie einmuͤthigen Schluſſes, daß der Loͤbl. Kayſerl. Geſandſchafft durch den Chur-Saͤchſiſchen Hof - und Adſiſtentz-Rath, Herrn Willius; Der Chur-Saͤchſiſche und Chuꝛ-Brandenburgiſche Miniſter aber, Herr von Boſen, und Herr von Smettau, dem Mi - niſtro Mediationis folgende Erklaͤrung thun moͤchten; daß

  • 1. Die Miniſtri Electorales und anderer Reichs-Staͤnde, mit der hochanſehnlichen Kayſerl. Geſandſchafft uͤber des Reichs Angelegenheiten zu conferiren, und in dero Qvartier zu erſcheinen, zwar willig und be - reit; weil aber die Loͤbl. Kayſerl. Geſand - ſchafft hierunter, und ſonderlich in dem Ce - remoniali, was neues und ungewoͤhnliches ſuchte; ſo waͤren die Miniſtri der Alliirten Churfuͤrſten und Fuͤrſten des Reichs nicht in dem Stande, in der Kayſerlichen Am - baſſadeurs Behauſung auf prætendirete Art zu erſcheinen: doch damit dem Friedens -Werck592EuropaͤiſchesWerck dadurch keine Verzoͤgerung verur - ſachet wuͤꝛde, wolten ſie in loco tertio, ſonderlich aber auch in der ordinarien be - kanten Congreß-Kammer, in welchem dieſe Quæſtio Ceremonialis nicht zu eroͤr - tern und abzuthun ſeyn wuͤrde, alle Augen - blick, und ſo gar noch dieſen Abend erſchei - nen. Als nun gedachter Willius Seiner Ex - cellentz dem Herrn Grafen von Caunitz die - ſen Vortrag gethan, und dieſer Kayſerliche Ambaſſadeur bereits im Begriff war, darauf zu antworten; trat des Herrn Gra - fen von Caunitz Herr Collega Herr von Seillern, ſo gleich in das Zimmer, und mu - ſte der Hof-Rath Willius ſeinen ſchon ge - thanen Vortrag, auf Verlangen des Herrn Grafen von Caunitz, noch einmahl thun: Darauf dieſe beyde Kayſerl. Herren Am - baſſadeurs antworteten: daß es zwar nicht ohne, daß Kayſerl. Geſandſchafft mit allen aus dem Reich Anweſenden, und wegen das Reich concernirender Sachen, noch dieſes Tages Conferentz halten wolten, weil morgen gar fruͤhe die abgefaſſete Re - ſolution von ihnen zu geben ſeyn wuͤrde: deswegen auch dieſe Zuſammenkunfft in des Herrn Grafen von Caunitz Logement waͤre anberaͤumet, und den Churfuͤrſtl. zu - gleich zu wiſſen gemacht worden, was fuͤreinen593Hoff-Ceremoniel. einen Character die Kayſerl. Herren Ple - nipotentiarii von Kayſerlicher Majeſtaͤt bekommen: und wie ſie vermoͤge deſſelben, alle ihnen zuſtehende Prærogativen main - teniren wuͤrden. Weil nun die aus dem Reich im Haag anweſenden Miniſtri, der - gleichen Character nicht haͤtten; ſo waͤre ſich wohl ſehr zu verwundern, daß man auf dieſen angezogenen Fuß zu denen Kayſerl. Geſandten zu kom̃en, ſich weigere: und ihnen den von Kayſ. Maj. allergnaͤdigſt zuerkenne - ten Character ſchwer, und gleichſam diſpu - tirlich machen wolte. So begehre auch die Kayſerl. Geſandſchafft dißfalls nichts neues, mithin niemanden in ſeinen Juribus zu præjudiciren; maſſen man auch die In - tention nicht gehabt, einem oder dem an - dern ſein ſuchendes Ceremoniel anzufechten, von welchem ſie ohnedem biß dato noch nicht inſtruiret waͤren: ſondern nur per modum Conferentiæ uͤber des Reichs Angelegenheiten, wobey ſie ohnedem die Direction haͤtten, ſich miteinander zu ver - nehmen. In loco tertio aber zuſammen zu kommen, waͤre Kayſerl. Geſandſchafft be - dencklich, ja gar nicht practicable, oder ih - nen zuzumuthen: nachdem die Sache in eine dergleichen Contradiction gediehen; Auf der gewoͤhnlichen Congreß-Cam̃er aber zuP per -594Europaͤiſcheserſcheinen, koͤnte deswegen nicht geſchehen: weil ſelbe nur denen General-Verſamm - lungen der ſaͤmtlichen Hohen Alliirten ge - wiedmet: dieſe intimirte Conferentz aber, bloß und alleine zwiſchen der Kayſerlichen Geſandſchafft, und denen aus dem Reich anweſenden Miniſtris, und folgendlich inter Caput & membra vorzunehmen. Sie waͤren zwar nicht gemeinet, jemanden von ſeinen Rechten zu verdringen, oder ohne Communication an die Reichs-Staͤnde etwas zu ſchlieſſen: wolten demnach hoffen, weil Mora Congreſſus & Reſolutionis Periculum verurſachen koͤnte; es wuͤrden ſich der Reichs-Alliirten Miniſtri eines an - dern beſinnen, und ohne einiges Præjuditz zu ihnen kommen; zu dem Ende ſie dann mit ihrer Declarirung noch biß gegen Mittage tardiren: nach dieſem aber nomine - ſaris & Imperii dasjenige thun wolten, was ſie nicht mehr aͤndern oder differiren koͤn - ten: und im uͤbrigen bey ſo bekandten Um - ſtaͤnden von keines Beſchwerden part neh - men, ſondern ſich dargegen de meliori ver - wahret haben wolten. Man ſolte uͤbri - gens doch wohl bedencken, was man thaͤte: notorium waͤre, daß von denen aus dem Reich anweſenden Miniſtris, dem Kayſerl. Legato ſecundario und tertio, niemanddie595Hoff-Ceremoniel. die Hand ſtritte; Nun aber gaͤben dieſe bey - de ſelbſt, dem Herrn Grafen von Caunitz als Primario die Hand in ſeinem eigenen Hau - fe: und dieſes in omni actu Legationem concernente: ja auch, wenn ſie drey nur alleine, mit einander in des Herrn Grafen von Caunitz Qvartier conferireten. Wenn nun dieſes alſo ſey, wie es auch waͤre, koͤnten ſie nicht abſehen, wie man ihnen dieſes mit Fug diſputiren moͤge. Dieſem fuͤgete Herr Baron von Seilern noch an: wie er ſich we - der nach den von Chur-Bayeriſchen Mini - ſtro, noch auch des Chur-Saͤchſiſchen Hof - Raths Willii Vortragrichten koͤnte; ange - ſehen er und andere daraus wahrnehmen, und faſt ſchlieſſen muͤſte, die Churfuͤrſtl. Miniſtri wolten ſelbſt mit denen Fuͤrſtl. eine. Parification machen: welches die Kayſerl Ambaſſadeurs gar wohl geſchehen laſſen - aber nicht glauben koͤnten, daß es derer Churfuͤrſtl. Miniſtrorum hoher Herren Principalen Intention gemaͤß waͤre; Er aufs wenigſte, als er noch in Chur-Pfaͤltzi - ſchen Dienſten geſtanden, haͤtte etwas der - gleichen, bey ſeines verſtorbenen gnaͤdigſten Herrns Churfuͤrſtl. Durchlauchtigkeit nicht zu verantworten getrauet. Das erſte Mem - brum dieſer von denen Kayſerlichen Herren Ambaſſadeurs gethanen Replic, nahmeP p 2der596Europaͤiſchesder Chur-Saͤchſiſche Hof-Rath Willius in geziehmender Beſcheidenheit ad refe - rendum an; auf das letztere aber, wegen der Parification, welche die Churfuͤrſtl. mit den Fuͤrſtl. dißfalls einfuͤhren wolten und wuͤrden, ſagte Monſ. Willius mit weni - gen: daß dieſes in einer ſo eminenten Ma - teria, eine unzulaͤngliche, und nicht feſt ge - gruͤndete Explication und Opinion des Herrn Grafen von Seilern waͤre; nahme darauf, weil die Kayſerl. Herren Geſand - ten preßiret waren, mit den Spaniſchen Miniſtres in Conferentz zu gehen, nach aufgetragenem Compliment an ſaͤmtliche Herren Miniſtros aus dem Reich, ſeinen Abſchied: und referirete an die Churfuͤrſtl. Plenipotentiarios, was er von den Kay - ſerl. Herren Ambaſſadeurs gehoͤret, und zur Ausrichtung uͤbernommen hatte.
  • 2. Der oben gemeldete Chur-Saͤchſiſ. und der Chur-Brandenburgiſche Miniſter, hatten inzwiſchen auch in eben dieſer materia Ce - remoniali, ihren Vortrag bey dem Mini - ſtro Mediationis gethan: von dannen ſie Abends umb 9. Uhr in dem Chur-Bayeri - ſchen Qvartier, in welchem einige der Reichs-Churfuͤrſtl. und Fuͤrſtl. Miniſter auf ſie gewartet, revertireren, und referi - reten: Daß der Mediator der Reichs-Alliir -ten597Hoff-Ceremoniel. ten Conduite in allen approbire: anbey die Kayſerl. Geſandſchafft beſchuldige, daß ſelbe die wuͤrckliche Eroͤffnung der Frie - dens-Tractaten, nur zu trainiren trachte. Giengen demnach die Churfuͤrſtlichen und Fuͤrſtlichen Miniſtri, in dem Chur-Bayeri - ſchen Qvartier von neuen zu Rathe, und beſchloſſen: dem Raths-Penſionario von Holland, durch den Herrn von Smettau, und Herrn von Schrottenberg, von dem Verlauf dieſer Sache Rapport thun zu laſ - ſen, und zugleich in glimpflichen terminis zu verſtehen zu geben: wie man von Seiten der Reichs-Alliirten haͤtte gewuͤnſchet, daß man das Friedens-Werck, an welchem billig alle Confœderireten Theil haben ſol - ten, ins kuͤnfftige nicht ſo einſeitiger Weiſe, und mit Ausſchluß der Reichs-Alliirten tractiren wolle. Der Chur-Saͤchſiſche Hof-Rath Willius aber, ſolte ſich morgen - den Sontag Vor-Mittage, zu der Loͤblichen Kayſerlichen Geſandſchafft begeben, und derſelben expliciren, wie es die Reichs-Al - liirte eigentlich gemeinet, und warumb ſie den locum tertium fuͤrgeſchlagen; dafern es aber den Kayſerlichen Herren Geſandten nochmahlen nicht anſtaͤndig, ſo waͤre als - denn die Schuld nicht bey den Alliirten: und hoffe man, wenn ja die Conferentz aufP p 3mor -598Europaͤiſchesmorgen mit ihrer Ausſchlieſſung fortgehen ſolte; ſo wuͤrden doch die Kayſerlichen Her - ren Ambaſſadeurs alleine Cæſareo, und nicht zugleich auch Imperii nomine reden; als welches Kayſerliche Majeſtaͤt ohne or - dentliches Reichs-Gutachten, de quo jam non conſtaret, niemahlen zu thun gewoh - net. Sontags den 5. May, redete Herr Ba - ron von Schrottenberg und Herr Baron von Smettau, mit dem Chur-Bayeriſchen bald nach geendigten Gottes-Dienſte, re - ferirende: daß der Penſionarius, zu einer prætendireten Unterredung mit ihme, kei - ne fruͤhere Stunde, als umb eilff Uhr aſſi - gniren koͤnne. Herr Baron von Smet - tau eroͤffnete anbey ſeine Gedancken, die ihme etwan wegen dieſes Ceremoniels me - ditando waren beygefallen, welche dieſe waren: Man moͤchte den Chur-Saͤchſi - ſchen Hof-Rath Willium, bey nochmahli - ger Abfertigung an die hoͤchſtanſehnliche Kayſerliche Geſandſchafft, noch den Vor - ſchlag thun laſſen: Daß weñ denen Kayſer - lichen Herren Geſandten der dritte Ort nicht anſtaͤndig, wolten ein paar von der Reichs-Alliirten Miniſtris, zu ihren Excel - lentien kommen, welche des Ceremoniels halber, weder mit denen Kayſerlichen noch Churfuͤrſtl., ſo dem Characterem repræ -ſen -599Hoff-Ceremoniel. ſentativum angenommen, oder noch an - nehmen wuͤrden, einige Competentz haͤt - ten; umb durch ſelbige zu vernehmen, was man Seiten Kayſerl. Ambaſſade propo - niren wolle. Da nun die Kayſerlichen dieſen Vorſchlag zu acceptiren beliebeten, waͤre etwan Herr Baron von Schrotten - berg, des Fraͤnckiſchen Kreyſes Plenipo - tentiarius, und noch ein anderer zu erbit - ten, noch fuͤr 12. Uhren zu denen Kayſerl. ſich zu bemuͤhen: wodurch das Haupt - Werck ſalviret wuͤrde; Solte ſolches aber denen Kayſerlichen Herren Geſandten aber - mahlen nicht anſtaͤndig ſeyn, ſo haͤtte man ſich ſo dann auf eine andere Art vorzuſehen. Allein dieſer Vorſchlag, welchen erſt er - wehnete drey Miniſtri gemacht, kam nicht zum Stande; weil der Reichs-Alliirten Mi - niſtri, bey der in dem Chur-Bayeriſchen Qvartier gehaltenen Conferentz, daruͤber nicht einig werden kunten: ſondern die ma - jora dahinaus fiehlen: den Herrn Hof - Rath Willium abermahl an die Kayſerli - chen Herren Geſandten zu deputiren, wel - ches auch noch ſelbigen Tages geſchahe. Dieſer nun proponirete, im Nahmen der Reichs-Alliirten, der Kayſerl. hochloͤbl. Geſandſchafft præmißis præmittendis: Daß denen Herren Alliirten aus dem Reich,P p 4die600Europaͤiſchesdie Meinung der Kayſerl. Herren Ambaſ - ſadeurs gar unvermuthlich geweſen, wel - che ſie zwar dahin geſtellet ſeyn lieſſen; Nachdem aber unter der Reichs-Alliirten Miniſtris einige vorhanden, welche den characterem repræſentativum haͤtten: andere hingegen mit ſelbigen nicht bekleidet waͤren; jene aber, ohne daß man ihnen die Hand, und alle von einem ſo ſublimen Charactere dependirende Præeminentz geben wuͤrde (gleichwie die Kayſerl. Ge - ſandſchafft ſelbſt wiſſen werde) mit an - dern, ſo ob defectum ſolches characteris dergleichen nicht zu prætendiren, bey denen Kayſerlichen Herren Geſandten nicht er - ſcheinen koͤnten; So haͤtte man unter denen Alliirten kein beſſeres und impræjudicir - licher Expediens erfinden koͤnnen: als die Kayſerliche Geſandſchafft zu erſuchen, wie man ſelbige auch hiermit noch eins darumb gantz inſtaͤndigſt erſuchet haben wolte, ſich gefallen zu laſſen, in loco tertio die ver - langte Zuſammenkunfft zu veranſtalten: oder bey etwan morgen bevorſtehendem Ordinair-Congreß, die Zeit alſo zu anti - cipiren, damit man fuͤr Ankunfft derer an - dern Auslaͤndiſchen Alliirten, ſich allda mit einander genungſam vernehmen koͤnte; mit noch einem angehaͤngten inſtaͤndigen Erſu -chen601Hoff-Ceremoniel. chen: es moͤchten die Kayſerl. Herren Ge - ſandten, ſich hieruͤber doch eines beſſeren be - ſinnen. Auf dieſe Propoſition erſuchten die Kayſerl. Herren Ambaſſadeurs den an ſie abgeordneten Hof-Rath Willium, ei - nen Abtrit zu thun: und nachdem ſie etwan eine Viertel Stunde ſich mit einander be - redet, und gemeldeten Herrn Hof-Rath wieder in dero Zimmer beruffen, gaben ſie Jhme (ſo wie ſie ſelbigen auch angehoͤret) allerſeits ſitzende, (da denn Jhro Excel - lentz Herr Graf vvn Caunitz oben und zu erſt: nebſt ihm Herr Graf von Straate - mann: und an deſſen linckerer Seiten Herr Graf von Seilern; Monſ. Willius aber dem Herrn Grafen von Straatemann, ê diametro entgegen geſeſſen, und ſeinen Ruͤcken gegen die Thuͤre des Audientz - Zimmers gewendet) durch den Herrn Gra - fen von Caunitz dieſe Antwort: Man waͤre, wie ſie mercketen, von Seiten derjenigen, welche unter denen aus dem Reich anwe - ſenden Miniſtris der Alliirten, mit einem Charactere ſublimiori bekleidet ſeyn moͤchten, in einem gar irrigen Præſuppoſi - to; wenn man glauben wolte, daß ſie Kay - ſerliche, in rebus Imperium tangenti - bus, einigen auch in ihrem Hauſe die Hand geben wuͤrden; im uͤbrigen aber koͤnten ſieP p 5Monſ. 602EuropaͤiſchesMonſ. Willio nicht verhalten, daß in der bewuſten importanten Angelegenheit, ſie zwar ſchon heute fruͤhe ihre Reſulution von ſich zu geben verſprochen; allein weil ſie dennoch auch zuvoꝛ, deꝛer aus dem Reich an - weſenden Alliirten Gedancken gern dar - uͤber vernommen haͤtten: und deshalben den gantzen Morgen auf eine Reſolution ge - wartet; waͤre von ihnen eine Nothdurfft zu ſeyn erachtet worden, bey dem Herrn Medi - atore umb eine Dilation anzuhalten: welche er ihnen auch biß umb eilf Uhr zu Mittage gegeben; deme ſie nunmehro nachkommen muͤſten. Das gantze Werck aber, woruͤber ſie mit denen aus dem Reich anweſenden Miniſtris ſich vornehmen wolten, waͤre die - ſes: Nachdem man ſo wohl von Seiten der Engellaͤnder, Hollaͤnder, des Herrn Me - diatoris, der Spanier, ja auch gar nun erſtbeſagter Alliirten Miniſtern aus dem Reich, alſo in ſie gedrungen, daß beſagte Reſolution von ſich zu geben, es nun auf Stunden ankomme; moͤchten ſie gerne wiſ - ſen, was denn eigentlich ihr der Herren Al - liirten Miniſtren aus dem Reich, Gedan - cken hierunter ſeyne: ſonderlich da ſaͤmtliche auſſer dem Reich Alliirte Potentien gar ſehr conteſtiret, daß ſie dasjenige, was von ihnen in der groſſen Alliance des Reichs-In -tereſſe603Hoff-Ceremoniel. tereſſe halber verſprochen worden, bey de - nen Principal-Tractaten adimpliren und dabey feſt beſtehen wolten. Gleichwie nun die Zeit, in welcher ſie bey dem Mediatore erſcheinen, und ihre Reſolution in einer ſo wichtigen Sache uͤberbringen ſolten, ei - nes theils gar kurtz; andern theils ſie aber auch nicht gerne den Nahmen haben moͤch - ten, daß ſie ſolches, ohne zuvor eingenomme - ne Gedancken der aus dem Reich anweſen - den Herren Miniſtern, gethan haͤtten; So wolten ſie den Herrn Hof-Rath Willium erſuchet haben, denenſelben alles aufs ſchleunigſte zu rapportiren, und ſo fort, was das Reſultat daruͤber, oder vielmehr derer Meinungen in tanto Momento, ihnen denen Kayſerlichen wieder zuruͤck zu brin - gen: damit ſie mit der gegebenen Stunde bey dem Mediatore einhalten koͤnten. Herr Hof-Rath Willius bedanckte ſich, abſon - derlich wegen der in materia Pacis futuræ gegebenen Reſolution: erinnerte aber da - bey: daß, nachdem nunmehro wuͤrcklich Mittag waͤre, und die aus dem Reich Al - liirte Miniſtri dieſes ſo hochwichtige Werck der Schwerigkeit nach noch unter ſich reif - lich erwegen muͤſten; ob nicht thulich, daß man bey dem Herrn Mediatore abermahl, nur umb eine kleine Dilation anzuſuchen,ſich604Europaͤiſchesſich ob bonum publicum gefallen laſſe? unterdeſſen koͤnte es ſich fuͤgen, daß die Re - ſolution auf dieſes ſo importante Werck, denen Kayſerlichen Herren Geſandten, weñ es ihnen anſtaͤndig waͤre, entweder von zweyen aus denen Herren Alliirten, welche ratione ihres obhabenden Characteris da - bey kein Præjuditz zu befahren haͤtten: oder ja abermahl durch ihn den Hrn. Willium uͤberbracht werden moͤchte. Darauf die Kayſerlichen Herren Geſandten ſich heraus lieſſen und ſageten: daß es ihnen eben eins waͤre, durch wem ſie die Gedancken der Herren Alliirten zuverlaͤßig einnehmen wuͤrden: wolten demnach darauf je eher je lieber warten; und abermahl amore boni publici, auch zu Bezeigung ihrer aufrichti - gen Intention, und zu Conſerviruug guter Harmonie zwiſchen Haupt und Gliedern, bey dem Schwediſchen Miniſter umb eine Dilation biß gegen Abend anhalten laſſen: welches deñ auch ſo fort noch in Gegenwart des Hn. Hof-Rath Willii, von den Kayſer - lichen Herren Ambaſſadeurs, einem ihrer Domeſtiquen zu verrichten, anbefohlen wurde. Worauf offt erwehnter Herr Willius ſeinen Abſchied nahme, und ſo gleich denen noch beyſammen verbliebenen. Alliirten Miniſtris, von allem ausfuͤhrlicheRela -605Hoff-Ceremoniel. Relation abſtattete. Welche bald darauf Umb-Frage gemacht und uͤberleget, was fuͤr ein Weg zu ergreiffen waͤre, denen Kay - ſerlichen Herren Geſandten der ſaͤmtlichen anweſenden Alliirten Miniſtrorum Mey - nung, in einer ſo wichtigen Sache zu hinter - bringen? ob ſolches durch zwey Membra ihres Collegii, oder aber durch den Herrn Hof-Rath Willium geſchehen ſolle? Bey welchem Dubio der Chur-Trieriſche und Chur-Brandenburgiſche behaupten wol - ten: wenn man eine Parifications-Erzwin - gung evitiren wolte, muͤſte ſolches durch zwey andere Membra geſchehen; die uͤbri - gen aber, und alſo die Majora, hatten da - fuͤr gehalten, man ſolte auf dem einmahl angefangenen Wege bleiben, und die ge - nommene Reſolution durch den Herrn Willium uͤberbringen laſſen. Wobey es auch verblieben; und ſo fort durch den Chur - Brandenburgiſchen die Reſolution, wel - che denen Kayſerlichen in einer ſo impor - tanten Sache gegeben werden ſolte proje - ctiret, oͤffentlich vorgeleſen, und unanimi - ter approbiret; dabey aber auch fuͤr gut befunden worden, daß ſolche der Kayſerli - che Geſandſchafft, wenn ſie noch beyſam - men, oder in Entſtehung deſſen, dem Herren Grafen von Caunitz vorgeleſen: auch aufVer -606EuropaͤiſchesVerlangen eine Abſchrifft davon gegeben werden moͤchte. Als nun der Schluß der - geſtalt vorgenommen worden, begabe ſich Herr Hof-Rath Willius gegen 2. Uhren nach Mittage, in des Herrn Graf Caunitz Qvartier, und laſe ihme alleine die abgefaſ - ſete Reſolution der Reichs-Alliirten deut - lich fuͤr, deſſen Jnhalt war Præmisſis præ - mittendis: Man waͤre an Seiten der all - hieſigen Miniſtrorum der Reichs-Alliiꝛten, ſtets bereit / unter Jhro Kayſerlichen Maje - ſtaͤt allerhoͤchſten Direction, alles was noͤ - thig iſt zu dem gemeinen Beſten, Wohl - farth und Sicherheit des Reichs, in ſpecie was zu voͤlliger Retablirung des Weſt - phaͤliſchen Friedens-Schluſſes gereichet, beyzutragen, und darauf bey itzigen Tra - ctaten feſt zu beſtehen. Was aber in ſpe - cie diejenige Quæſtion anbelanget, ſo waͤ - re erinnerlich, daß die hochloͤbliche Kayſer - liche Geſandſchafft, das neue Anbringen in Præliminaribus, per Mediatorem an die Koͤnigliche Frantzoͤſiſche Miniſtros ge - bracht, und nomine Imperii mitgeſpro - chen: ohne daß vorhero mit allhieſigen Mi - niſtris der Reichs-Alliirten daruͤber etwas concertiret worden; Deshalben man ſich auch genoͤthiget gefunden, der hochloͤblichen Kayſerlichen Geſandſchafft die bekañte Re -præ -607Hoff-Ceremoniel. præſentation zu thun. Weil man nun von deme, was gedachten Anbringens halber vorgegangen, und denen Difficultaͤten ſo daruͤber entſtanden, nur ex poſt facto Communication gehabt; ſo ſey man Seiten der Reichs-Miniſtrorum erfreuet, daß gedachte Difficultaͤten gehoben wuͤr - den: und zwar wie man vernehme, durch eine neue Declaration der auswaͤrtigen Hohen Alliirten, daß ſie den Effect desjeni - gen, was von ihnen in der groſſen Alliance des Reichs-Intereſſe halber verſprochen worden, bey denen Principal-Tractaten adimpliren und dabey feſt ſtehen wolten. Auf dieſes Suppoſitum wuͤrden allhieſige Miniſtri der Reichs-Alliirten ſehr gerne ſe - hen, daß die Friedens-Negotiation je ehen - der je lieber conjunctim eroͤffnet: und da - durch die hoͤchſtnoͤthige voͤllige Harmonie unter geſamten Alliirten conſerviret wuͤr - de. Auf dieſen Vortrag ſagte Herr Graf von Caunitz: Wie er dabey nichts zu eriñern haͤtte: ſondern denſelben ex omni parte annehmen: auch ſo dann nach dieſem Fuß die Reſolution, ſo dieſen Abend dem Schwediſchen Mediatori gegeben werden muͤſte, einzurichten ſich angelegen ſeyn laſ - ſen wolte: alles in Hoffnung, Kayſerl. Ma - jeſtaͤt, von der ſie zwar deswegen noch kei -nen608Europaͤiſchesnen Befehl haͤtten, wuͤrden damit allergnaͤ - digſt zu frieden ſeyn: Darinnen aber geſchaͤ - he der Kayſerl. Geſandſchafft unguͤtlich und zu viel, wenn man ihr vorwerffen wolte, ob haͤtte ſie in allen dieſen, mit denen aus dem Reich anweſenden Miniſtris, nicht ge - nungſam communiciret: oder ihnen das geringſte ſo vorgegangen, verhalten; Sie wuͤrden auch zu Bezeigung ihrer Sincerité uͤber dieſes alles nicht ermangeln, bey Mor - gen vorſeyendem Congreſs ſo dann die Veranſtaltung zu machen: damit man, ehe andere auslaͤndiſche Miniſtri gegenwaͤrtig ſeyn wuͤrden, zeitlich in loco congreſſus ordinarii zuſammen komme: mit dem An - hange, ob man ihme, weil ſeine beyde Herꝛen Collegen nicht gegenwaͤrtig, und daß man ſich dieſer Erklaͤrung der Herren Alliirten aus dem Reich, auch bey dem Herrn Me - diatore bedienen koͤnne, den erſt geleſenen Vortrag nicht in ſcriptis communiciren wolle? welches Herr Hof-Rath Willius auch thate, und damit, weil der Herr Graf nach der Tafel eilete, ſeinen Abſchied nahm.

§. 30.

Der Chur-Brandenburgiſche Mini - ſter, war in dem Ceremonien-Streit gegen die Kayſerliche Hochloͤbl. Geſandſchafft, am allerhi - tzigſten, und verfertigte den 4. May 1697. eine Schrifft folgenden Jnhalts: Auf das empfan -gene609Hoff-Ceremoniel. gene Billet, von dem Chur-Bayeriſchen Pleni - potentiario dem Herrn von Prielmeyer, waͤre er Chur-Brandenburgiſcher Miniſter der ohne - maßgeblichen Meinung: Daß der hochloͤbl. Kay - ſerlichen Geſandſchafft unvermuthetes Zumu - then, aus dem Negotio Pacis eine Reichs-Con - ferentz zu machen, von der Importantz und Con - ſequentz ſey; daß man ſich dazu nicht verſtehen koͤnne, und dannenhero noͤthig habe unter ſich dar - uͤber zu conferiren, und zuvor die Acta des Weſt - phaͤliſchen, Niemaͤgiſchen und Franckfurthiſchen Congreſſes nachzuſchlagen; befrembde ihn auch nicht wenig, daß man dergeſtalt mit den Electo - ralibus umbgehe, und die juͤngſte bey dem Herrn Grafen von Stratemann gehaltene Seſſion, pro actu poſſeſſorio anziehen wolle: da doch der Vernunfft gemaͤß, daß ihro Exccellentz dem Herrn Grafen von Caunitz, und dem Frey-Her - ren von Seilern, in des Herrn Grafen von Strate - mans Behauſung, als ratione ihrer in loco ter - tio, die Hand gebuͤhre; Daß aber Herr Graf von Stratemann, als im Bette liegende, dieſelbe bey ſich prætendiret habe, haͤtte man ſich kaum koͤñen per ſomnium vorkommen laſſen: Dafern man auch die Sache an Seiten hochloͤbl. Kayſerlicher Geſandſchafft, auf den Characterem repræſen - tativum nehme; ſo wuͤrden es diejenigen Chur - fuͤrſtl. Miniſtri, ſo denſelben auch haben, auf eben dieſen Fuß nehmen: und ex hoc capite nicht ce -Q qdiren610Europaͤiſchesdiren koͤnnen. Weiters, ſo erſcheine man im Haag noch zu Zeiten nomine Principalium, nicht quà Reichs-Deputirete, ſondern qua Fœderati: Und geſetzt, daß die Reichs-Deputation hiernechſt re - ſolviret wuͤrde; ſo folge nicht, daß die hieſige loͤbl. Kaͤyſerliche Geſandſchafft, in das Ceremoniel ei - nes Kayſerlichen Principal-Commiſſarii bey dem Reichs-Tage, welcher allezeit der Dignitaͤt nach ein Reichs-Fuͤrſt ſeyn ſolle, ſich ſtellen: noch hier im Haag in Congreſſu Pacis generalis cum exteris Potentiis, das Regenſpurgiſche Ce - remoniel introduciren koͤñe. Nach welchem auch, wiewohl es hier pro exemplo nicht anzufuͤh - ren, der Kayſerliche Principal-Commiſſarius dasjenige, was er nomine Cæſaris anzuzeigen hat, ſchrifftlich an die Reichs-Collegia bringen: nicht aber die Reichs-Deputatos in ſein Loge - ment fordern laͤſt. Bey dieſem præjudicirlichen und weit ausſehenden Zumuthen, waͤre er Chur - Brandenburgiſcher Miniſter der ohnmaßgebli - chen Meynung: Daß man umb 3. Uhr bey dem Herrn von Prielmeyer zuſammen komme: und indeſſen der loͤbl. Kayſerlichen Geſandſchafft hoͤf - lich zu wiſſen thue, daß die Umbſtaͤnde, mit wel - chen man den Churfuͤrſtl. und Fuͤrſtl. zur Confe - rentz anſagen laſſen, ſo beſchaffen, daß man noth - wendig vorhero an Seiten der Reichs-Alliirten Churfuͤrſtl. und Fuͤrſtl. Miniſtrorum, ſich dar - uͤber miteinander unterreden muͤſſe; dannen -hero611Hoff-Ceremoniel. hero entſchuldigenlieſſe, daß man umb 3. Uhr nicht die Ehre wuͤrde haben koͤnnen, in Jhro Excellentz des Herrn Grafen von Caunitz Behauſung zu erſcheinen: Man wolte aber etwan umb 4. Uhr wiſſen laſſen, was man ohne Præjuditz derer ho - hen Principalen Dignitaͤt und gerechtſamen Wuͤrde, thun koͤnne: Und thaͤte abſonderlich de - nen Churfuͤrſtl. Miniſtris leid, daß ſolche unver - muthete Prætenſiones und Difficultaͤten auf das Tapet kommen: und zwar eben itzo, da die an - dere Hohen Alliirten auf die Eroͤffnung der Ne - gotiation dringen thaͤten: obiges Compliment koͤnte der Herr von Prielmeyer per Secretarium thun laſſen. Salvo meliore.

§. 31.

Aus dieſen bißher erzehlten, von den Churfuͤrſten und Staͤnden des Reichs præten - direten Ceremoniel, iſt Sonnen-klar, daß nicht allein die Churfuͤrſten und einige Fuͤrſten des Reichs, fuͤr ihre Perſon das Exercitium Juris Majeſtatici extra Imperium, und zwar mit Concurrentz oder zugleich neben Kayſerliche Majeſtaͤt prætendiren: ſondern auch die Reichs - Deputation, unter welcher doch viel Fuͤrſten und Reichs-Staͤdte, welchen man biß dato Legatos cum charactere zu ſenden, nicht zugeſtanden, en ſouverain extra Imperium nebſt Kayſerlicher Majeſtaͤt erſcheinen wolle; welches, ſonderlich aber die Reichs-Deputation, wie ſehr ſelbige wieder die Formam Imperii MonarchicamQ q 2lauffe,612Europaͤiſcheslauffe, einem jeden, der in dem Studio politico und Juris publici nur halbig verſiret, groſſes Nachſinnen machen kan; ob dieſe Reichs-De - putation zulaͤßlich, oder nicht viel beſſer, und dem Roͤm. Reiche glorieuſer waͤre, wenn man die Affairen cum exteris, Kayſerlicher Majeſtaͤt zn tractiren einig und alleine uͤberlieſſe? in welchem delicaten Recht, und daraus flieſſendem Cere - monien-Streit, man ſich doch beſcheidentlicher enthaͤlt etwas zu ſtatuiren, weil ſolches keinem privato zu thun erlaubet.

§. 32.

Unter dieſen vielfaͤltigen und lange Zeit daurenden Ceremonien-Streit, ruͤckte nun endlich die Zeit, in welcher man den Friedens-Congreſs zu Rißwig auf dem Hauſe Neuburg eroͤffnen wolte, an: und verſammleten ſich demnach den 9. May, An. 1697. die zum Friedens-Schluß legi - timirete und gehoͤrige Miniſter, an erſt gemelde - tem Orte zum erſtenmahl. Der Miniſter Media - tionis Herr Baron von Lilienroth, arrivirete da - ſelbſt umb halb 4. Uhr nach Mittage zuerſt, und nahm ſeinen Weg uͤber die mittlere Bruͤcke, und durch das groſſe Thor des Schloſſes, in einer mit 6. Pferden beſpanneten Caroſſe, bey ſich den Hn. Baron Muͤller, und noch einen andern Cavallier ſitzen habende: ſie waren alle drey ſchwartz geklei - det, wegen des Abſterbens ihres Koͤniges Caroli des XI., die Caroſſe aber und Liverey-Bedienten hatten Kleider von rother Couleur, weil dieTrau -613Hoff-Ceremoniel. Trauer fuͤr ſie nicht fertig worden war. Un - gefehr umb 4. Uhr kam der Herr Baron von Prielmeyer Chur-Bayeriſcher Ambaſſadeur, auch in einer Caroſſe mit 6. beſpannet an, ſeinen Sohn, Capellan, und einen Cavallier bey ſich ha - bende: deſſen Caroſſe mit reitenden, und auf derſel - ben ſtehenden Bedienten, begleitet und beſtiegen war. Bald darauf fanden ſich die Gefandten der Herren General-Staaten Monſ. Borell, Dyckfeld, und von Haaren, alle drey in einer mit 6. beſpannten Caroſſe ſitzende, ein, denen noch ei - ne andere auch mit 6. beſpannete folgete, und mit 4. Hollaͤndiſchen Cavalliers beſetzet war. So dann erſchienen die Kayſerlichen Herren Geſand - ten, und zwar magnifiquement zu Rißwig, maſſen ſie ihren Aufzug mit 5. Caroſſen, jede der - ſelben mit 6. Pferden, und noch 3. anderen mit 2. beſpannet, hielten. Fuͤr ihnen her ritten ihrer zwey in der Liverey des Herren Grafen von Cau - nitz. Jn den erſteren 2. Caroſſen befanden ſich Monſ. Hayeck Kayſerlicher Geſandſchafft Se - cretarius, und die Cavalliers und Hauß-Secre - tarii. Jn der dritten ſaſſen Jhro Excellentz der Herr Graf von Caunitz, neben ihme der Herr Graf von Straatemann / und ruͤckwaͤrts, der da - mahlige Herr Baron von Seilern, welche Caroſſe von 2. Stall-Meiſtern und 4. Pages zu Pferde begleitet wurde. Die 5. uͤbrigen Caroſſen wa - ren von den zwey Herren Soͤhnen des HerrnQ q 3Gra -614EuropaͤiſchesGrafen von Caunitz, denen Herren Grafen von Harrach, von Trautmansdorff, von Ditrich - ſtein, von Queſtenberg, von Lamberg, und ande - ren Baronen und Cavalliers eingenommen. Nach den Kayſerlichen ſolgeten die Spaniſchen Mini - ſtri / in 2. Caroſſen mit 6. Pferden, in derer erſte - ren Don Bernhard de Quiros oben an, neben ihm der Herr Graf de Tyremont: in der ande - ren Don Barnabas de Ramos, des Don Quiros Legations Secretair, und einige Spaniſche Ca - valliers ſaſſen: fuͤr der erſteren Caroſſe ritten 6. Spaniſche Cavalliers und Pages welche wohl equippiret waren. Nach den Spaniſchen lan - geten die Engellaͤnder in zweyen Caroſſen mit 6. beſpannet an: in der erſten derſelben befande ſich oben an Mylord Pembrock, welcher, weil er erſt Tages zuvor im Haag angekommen, ſeine Equippage noch nicht hatte verfertigen laſſen koͤnnen: ihme zur Lincken ſaſſe Mylord Villiers, nachgehends Graf von Jernſey genennet. Jn der zweyten Caroſſe war Monſ. Prior Legations - Secretair, nebſt einigen Cavalliers und Hauß - Secretariis. Die uͤbrigen Miniſtri der Hohen und Reichs-Alliirten, kamen nach und nach an, bey derer Auffuͤhrung aber nichts beſonders zu remarquiren: auſſer daß der Herr von Smettau, ſich zu dem Herrn von Boſen, und zwar zur Lin - cken geſetzet, ſeine Caroſſe aber mit 6. beſpannet ledig folgte: und der Lothringiſche Geſandte undPræ -615Hoff-Ceremoniel. Præſident, nur mit einer einzigen Caroſſe mit 2. beſpannet, ſeine Einfahrt hielte.

§. 33.

Etwan gegen drey Viertel auf 5. Uhr, ſahe man die Frantzoͤſiſchen Ambaſſadeurs, von der Seiten der Stadt Delph, in 3. Caroſſen mit 6. beſpannet, und zwar wegen Abſterbens der verwitweten Koͤnigin von Spanien, in der Trau - er ankommen: unerachtet der Frantzoͤſiſche Hof zu Verſailles, die Trauer ſchon den 1. May und alſo 8. Tage vorhero abgeleget hatte. Jn der erſte - ren ſaſſen Monſ. Harlay le Comte de Crecy, Monſ. de Callieres, und noch ein ander Monſ. de Harlay Conſeiller d Etat, welcher der Am - baſſade ſine charactere beywohnete. Fuͤr dieſer erſteren Caroſſe ritte ein einzeler Stall - Meiſter. Jn den andern 3. Caroſſen der Fran - tzoſen, ware der Abbé Theſur als Plenipoten - tiarius des Duc d’Orleans, der Abbé de Thou und andere Frantzoͤſiſche Cavalliers. Sie hiel - ten ihre Einfarth uͤber die 3te Bruͤcken des Schloſ - ſes Rißwig. Die Herren General-Staaten ſendeten einen Troup Schweitzer nach dem Hau - ſe Neuburg, umb alle etwan entſtehende Diſor - dre, und das Eindringen des Volcks zu ver - wehren.

§. 34.

Wegen dieſer Einfahrt der Herren Ambaſſadeurs, entſtunde nun bald Streit und Zwietracht. Denn ob man gleich abgeredet hatte, was fuͤr Plaͤtze die Caroſſen daſelbſt einnehmen,Q q 4und616Europaͤiſchesund wie ſie fahren ſolten; Da denn dem Media - tori der Mittlere, denen Hohen Alliirten der zur rechten Hand denen Frantzoſen der Weg zur lin - cken angewieſen wurde: welche Fahrten auch von jedem zwar fleißig obſerviret und gehalten wur - den; So prætendireten doch die Kayſerl. Herren Geſandten, daß man ihnen auf ihrer Linie und Fahrt, allemahl den oberſten und beqvemeſten Platz zu Haltung ihrer Caroſſen einraͤumen ſolte: welches ihnen aber die Koͤnigl., und unter ſelbigen ſonderlich die Spaniſchen Ambaſſadeurs, nicht zugeſtehen wolten: einwendende, daß gleichwie ſich die Koͤnigl. in dem Hofe haltende Caroſſen, mit den Churfl. und der freyen Republicqven ihren vermengen muͤſten, alſo waͤre es auch billig, daß die Caroſſen der Kayſerl. Herren Geſandten, mit den Koͤnigl. péle-méle rangiret wuͤrden. Der Mediator trachtete, dieſe Caroſſen-Ceremonie durch folgende Raiſonnements beyzulegen, in - dem er opinirete:

  • 1. Daß, dafern die Kayſerl. Herren Geſandten fuͤr ſich den erſten Platz affectireten, wuͤrde ſo dann kein Mittel mehr uͤbrig ſeyn, die uͤbrigen Koͤnigl. Alliirten dißfalls mit ein - ander zu vereinigen, u. in Ordnung zu brin - gen: weil ein jeder, auch ſeinen Caroſſen - Rang fuͤr dem andern zu behaupten, trach - ten wuͤrde.
2. Da617Hoff-Ceremoniel.
  • 2. Da man ſelbige auch zu einem diſſeitigen Vergleich diſponirete: wuͤrden ſie doch nicht alle Platz finden; Denn weil ſie nicht alle auf einmahl arrivireten, ſo muͤſſe doch fuͤr jeden derjenige Platz, welchen ſeine Caroſſen einzunehmen haͤtten, ledig und of - fen ſtehen bleiben, wozu ein mehrerer Raum, als in dem Hofe des Neuburgiſchen Hauſes befindlich, von noͤthen waͤre: da - hingegen, wenn man die Caroſſen der Hn. Ambaſſadeurs au haſard rangire, eine jedere derſelben Raum und Commo dité finden wuͤrde.
  • 3. Wenn man die Caroſſen en colomne rangirete, wuͤrden die Alliirten mit denen Frantzoſen dißfalls ein gleiches Traite - ment genieſſen: weñ man aber unter denen Alliirten eine Rang-Ordnung der Caroſſen beobachten wolte, wuͤrden ſo dann die Frantzoſen uͤber ſie die Avantage haben; maſſen dieſe in ihrem Hofe des Confe - rentz-Hauſes Neuburg, die einigen und zu - gleich erſteren und auch letzteren; die Koͤ - nigl. Alliirten aber, in regard der Kayſerl. nach avenant nur die andern, dritten, ꝛc. in der Ordnung der Caroſſen ſeyn koͤnten.

Die Kayſerl. hochloͤbl. Geſandſchafft merckete nunmehr allzuwohl, daß dieſes Raiſon ne - ment des Miniſtri Mediationis, auf nichtsQ q 5an -618Europaͤiſchesanders abziehlete, als eine Paritaͤt unter den Kayſerl. und Koͤnigl. Caroſſen einzufuͤhren: und weil hierinne fuͤr die Kayſerl. kein beſſer Expediens war, als das prævenire zu ſpie - len; ſo fanden ſich die Kayſerl. Herren Ambaſ - ſadeurs meiſtens zu erſt auf dem Hauſe Neu - burg ein, damit derer Caroſſen die beſte und vornehmſte Station des Hofes einnehmen kon - ten; welches als es die Miniſtri der uͤbrigen Hohen Alliirten mercketen, lieſſen ſie niemah - len dero Caroſſen wehrender Conferentz in dem Hofe auf ſich warten: ſondern gaben Or - dre, daß ſelbige in dem dabey gelegenem Luſt - Waͤldgen hielten: welches die Kayſerlichen gar wohl zugeben konten: weil dieſe der Hohen Al - liirten Caroſſen Retirade, in der That nichts anders ware, als eine tacite und indirecte Kayſerl. Majeſtaͤt und dero Herren Ambaſſa - deurs zuerkennete Prærogativa; welches an - bey ein ſchoͤnes politiſches Exempel der bekan - ten Regul abgiebet: Prior Tempore prior Jure, oder auch umbgekehrt Prior Jure prior Tempore.

§. 35.

Jn dieſer erſteren Conferentz, fiele ſonſten wegen des Ceremoniels nichts remar - quable fuͤr: auſſer daß die Plein-Pouvoirs, und zwar erſtlich von den Kayſerlichen, hernach denen Spaniſchen, und uͤbrigen Miniſtris derer Hohen Alliirten: ſo denn ferner auch von den Frantzoͤſi -ſchen619Hoff-Ceremoniel. ſchen, dem Herrn Mediatori eingehaͤndiget wur - den; da er dann, jener ihre dieſen, und dieſer ihre jenen communicirete: dabey beyden Theilen er - klaͤrende, daß die in ſelbigen geſetzte oder ausgelaſ - ſene Titulaturen, niemanden im geringſten etwas præjudiciren ſolten. Nach dem wurde dieſe er - ſtere Conferentz Abends gegen halb 8. Uhr geen - diget, und fuhren die Kayſerl. Herren Geſandten zuerſt in Begleitung der Reichs-Ambaſſade, welche ihnen auch im hinausfahren gefolget, der Mediator aber zuletzt von dannen.

§. 36.

Jn der zweyten den 11ten May zu Riß - wig gehaltenen Conferentz, begehreten die Kay - ſerlichen Herren Ambaſſadeurs, daß man ihnen in dem Hofe des Hauſes Neuburg einen beſtaͤn - digen, und zwar den an der Thuͤre des Hauſes Neuburg am nechſten gelegenen Platz, zu ihren Caroſſen zugeſtehen ſolle: prætendirende anbey auch ein fuͤr ſich apartes Zimmer, umb in demſel - ben uͤber die ihren allerhoͤchſten Principal, Kay - ſerl. Majeſtaͤt allein concernirende Affaires zu deliberiren; Allein ſie ſunden in dero Geſuch, an den Miniſtris der uͤbrigen Koͤnigl. Alliirten einen harten Wiederſtand: wie denn auch den 14. dar - auf in dem Haag, unter einigen Miniſtris der Ho - hen Alliirten Conferentz gehalten, und uͤber der geſuchten Prærogativa und Diſtinction der Kay - ſerl. Herren Ambaſſadeurs deliberiret, in ſelbi - ger aber beſchloſſen wurde: hochgedachten Kay -ſerl.620Europaͤiſchesſerl. Herren Miniſtris dero Verlangen nicht zu ge - waͤhren: dargegen bey dem Miniſtro Mediatio - nis einzuwenden, daß es nicht zulaͤßlich, der Kay - ſerl. Geſandſchafft einen eigenen und zwar be - qvemſten Ort fuͤr ihre Caroſſen einzuraͤumen: weil dadurch die anderen wuͤrden in ihrer Beqvemlig - keit Nachtheil und Abbruch leiden. Und dafern auch hochgedachte Kayſerl. Geſandſchafft darauf beſtuͤnde, ein beſonderes Apartement zu haben, veꝛlangeten gleichfals ein jeder der Hohen Alliiꝛten auch ein beſonderes fuͤr ſich: welches, wo es haͤtte ins Werck gerichtet werden ſollen, man das Hauß Neuburg umb ein merckliches haͤtte vergroͤſſern, und gantz anders adaptiren muͤſſen.

§. 37.

Jn der dritten, den 15. May gehalte - nen Conferentz, proponirete der Mediator, daß die Hohen Alliirten ſich mit denen Frantzoͤſiſchen, und reciproce dieſe mit jenen, unter einander er - ſehen, und nach avenant beſprechen moͤchten. Alleine keine Partie wolte hierinnen den Anfang machen: Darauf er den Vorſchlag thate, daß dieſe Entrevüe in ſeinem Cabinet geſchehen koͤnte, wo - ſelbſt hin die Frantzoſen zuerſt, unter dem Prætext als haͤtten ſie mit dem Mediatore etwas zu ſpre - chen: die Kayſerlichen darauf aber in eben dieſes des Mediatoris Zimmer quaſi par hazzard kom - men: und beyde Theile ſo dann Gelegenheit mit einander ſich zu complimentiren, nehmen ſolten. Die Frantzoſen willigten hierein, die Kayſerl. abernicht:621Hoff-Ceremoniel. nicht: weil ſie beſorgten, man moͤchte dieſe Art der Entreviie dergeſtalt interpretiren, als haͤtten ſie denen Frantzoſen den erſten Pas gegeben, und haͤtten ſelbige gleichſam geſucht, oder waͤren ihnen nachgegangen. Der Mediator ſuchte noch ein ander Mittel hervor, welches darinnen beſtunde: daß die Kayſerl. und Frantzoͤſiſchen Miniſtri, in ei - nem Tempo zu zweyen unterſchiedenen Thuͤren, in des Mediatoris Zimmer eintreten, und in glei - chen Schritten gegen den Ort, wo ſich der Media - tor befinden wuͤrde, avanciren ſolten; aber auch dieſer Vorſchlag gefiehle den Kayſerl. Herren Ambaſſadeurs nicht allerdings: weil ſie bey ſelbi - gem nicht diejenige Præferentz, welche Kayſerl. Majeſtaͤt fuͤr dem Koͤnige in Franckreich gebuͤh - ret, funden; daß demnach dieſe Entrevüe fuͤr die - ſes mahl muſte ausgeſetzet bleiben. Jnzwiſchen trugen die Kayſerl. Herren Geſandten ihro bißhe - rige Prætenſion in dem Ceremoniel, dem Media - tori auf das neue fuͤr; welcher ihnen aber weit - laͤufftige Vorſtellung machte: Wie ſehr dero Ge - ſuch dem Friedens-Werck hinderlich fallen wuͤr - de: und daß gleichwie kein eintziger Miniſter Kay - ſerl. Majeſtaͤt den Rang und Vorzug fuͤr andern Souverains ſtreitig machte, weil die Poſſesſion in welcher ſich ein Roͤm. Deutſcher Kayſer diß - falls mainteniret, zu einer conſvetudine und folgendlich lege worden, welchem niemand de - rogiren koͤnte, oder auch nicht wolte; alſo haͤttenauch622Europaͤiſchesauch Jhro Excellentz nicht zu befahren, daß dero allerhoͤchſter Principal, dißfals etwas verliehren wuͤrde. Das beſondere Zimmer, welches ſie zu ihrer Privat-Conferentz verlangeten; koͤnte ihnen deshalben nichteingeraͤumetwerden, weil die uͤbri - gen Alliirten auch feſt darauf beſtuͤnden, ein jeder ſein beſonderes zu haben: da doch in dem Koͤnigl. Hauß Neuburg der Zimmer nicht ſo viel als der Alliirten Partien, vorhanden; So ihnen aber noͤ - thig duͤnckete, eine Tafel in das Conferentz-Zim - mer zu ſetzen, muͤſte ſelbige zu der Commoditaͤt aller Miniſtres dresſiret werden; Was auch end - lich den Platz fuͤr dero Caroſſen anlangete, wuͤrde es wohl ſchweꝛlich anders ſeyn koͤnnen, als daß die - jenigen, welche in dem Hofe des Hauſes Neu - burg arrivireten, auch den erſten und beqvemeſten Platz an der Thuͤre, ohne alle Obſervation des Rangs, und zu Vermeidung vieler Confuſion behielten. Die Frantzoͤſiſchen Ambaſſadeurs hatten bey ihrer Ankunfft zu dieſer dritten Con - ferentz, und in der Abfahrt von ſelbiger, auch et - was neues und zu dem Ceremoniel gehoͤriges ge - macht: Denn es ware ihnen nicht mehr anſtaͤndig, die erſtere den Hohen Alliirten deſtinirete, und die mittlere dem Mediatori angewiefene Bruͤcke, fuͤr dem Hauſe Neuburg vorbey zu fahren, und allererſt die dritte ihnen zu ihrer Entreé zuſtaͤndig, zu pasſiren; dannenhero wageten ſie es, hinter dem Hauſe Rißwig einen neuen Weg, und zwar uͤberdie623Hoff-Ceremoniel. die Aecker und Wieſen eines Privati zu fahren, und vermoͤge dieſes Weges gleich zu ihrer Bruͤcke zu gelangen; weil ſich aber der Eigenthums-Herr darwieder legete, konten ſie in dieſem Wege nicht fort fahren, ſondern muſten ſich wieder auf den er - ſteren halten.

§. 38.

Jn dem vierdten den 18. May angeſt el - ten Congreſs, uͤberreicheten die Chur-Coͤllniſchen Miniſtri dem Mediatori, die Poſtulata ihres Hn. Principalen an Franckreich: woruͤber die Kayſerl. Herren Geſandten ſich beſchwereten, und zu er - weiſen trachteten, daß die Ubergebung der Præ - tenſionum und Poſtulatorum der Reichs - Staͤnde, nicht immediate an den Mediatorem, ſondern an ſie Kayſerl. geſchehen muͤſſe; weil ſich die Glieder des Reichs hauptſaͤchlich an ihr Haupt den Roͤm. Kayſer zu addresſiren haͤtten: wie dann hochgemeldte Kayſerl. Herren Geſand - ten dißfalls einen Actum poſſeſſorium vel qua - ſi, welcher ſich bey dem Niemaͤgiſchen Frieden ereignet, haͤtten allegiren koͤnnen; allein es wurde dieſes mahl nichts darauf reſolviret. Weil auch bißhero die bey dem Hauſe Neuburg Wache hal - tende Schweitzer-Guarde, denen Herren Ambaſ - ſadeurs noch niemahlen das Gewehre præſenti - ret hatte: welche Ehre doch ſo gar in den Hoͤfen der Majeſtaͤten und Souverains, den Geſandten cum charactere erwieſen zu werden pfleget; als prætendirete Seine Excellentz der Herr Grafvon624Europaͤiſchesvon Caunitz, daß man ihn hinfuͤhro mit Præſenti - rung des Gewehres empfangen ſolle: und damit er in dieſem ſeinen Geſuch deſto eher reüsſiren moͤchte, zohe er den Spaniſchen Principal-Ge - ſandten Don Quiros in ſeine Partie, daß er eben ein gleiches Ehren-Traitement forderte: da ſie derm beyde conjunctim die Hn. General-Staa - ten erſucheten, Ordre zu ſtellen, daß ins kuͤnfftige die gemeldte Garde das Gewehr fuͤr ihnen præ - ſentirete. Als aber die Herren General-Staa - ten ihnen dieſes Ceremoniel unter allerhand Præ - text abſchlugen; reſolvireten dieſe beyde chara - cteriſirte Plenipotentiarii, dieſen Tag nicht nach Rißwig zu fahren: ſondern nur bloß, umb den Friedens-Negntio keinen Anſtand zu machen, die ihnen adjungireten Herren Collegen den Hn. Grafen von Strateman, und den Comte de Ti - rimont dahin zu ſenden; welches auch alſo ge - ſchahe. Woraus gar deutlich abzunehmen, daß ſich die Premier-Geſandten eines Souverains, von denen ihnen adjungireten Neben-Geſand - ten, ob ſelbige gleich auch den Characterem re - præſentativum haben, gleichwohl noch in vielen Stuͤcken diſtinguiren, und ein ſublimeres und groͤſſeres Ceremoniel fuͤr dieſen ſuchen.

§. 39.

Als man den 22. May die fuͤnffte Conferentz vornahme, wurden einige das Eſſen - tiel des Friedens angehende Dinge vorgenom - men: ſonderlich aber die Poſtulata der Kayſerli -chen625Hoff-Ceremoniel. chen, Spaniſchen, und Reichs-Alliirten gegen Franckreich, an den Mediatorem uͤbergeben: an - bey aber gleich wiederum ein Ceremonien - Streit auf das Tapet gebracht. Denn es wol - ten die Kayſerl. Herren Geſandten, denen Chur - fuͤrſtlichen Ambaſſadeurs nicht den Titul Excel - lentz zugeſtehen: darauf dieſe die Urſache dieſer verweigerten Titulatur zu wiſſen verlangeten, ſonderlich weil man ihnen allbereits in dem Weſt - phaͤliſchen und Niemaͤgiſchen Friedens-Con - greſs dieſen Titul beygeleget; daruͤber ſich die Kay - ſerlichen Herren Geſandten dergeſtalt erklaͤreten: Daß in gemeldten zwey Fꝛiedens-Verſammlun - gen, Kayſerl. Majeſtaͤt den Churfuͤrſtlichen, zwar den Titul Excellentz, aber aus keiner andern Motif, als aus einer beſondeꝛn Gnade und Com - plaiſance gegeben: welches ſie aber dieſesmahl wiederum zu thun, nicht a propos zu ſeyn, erachte - ten. Der Saͤchſiſche Geſandte, bezeigete uͤber dieſer Erklaͤrung einiges emportement, und brach in ſelbigem in dieſe Worte aus: Dafern Kayſerliche Majeſtaͤt die Churfuͤrſtlichen Mini - ſtros dergeſtalt tractiren wolten, wuͤrde der Chur - fuͤrſt, ſein Principal, nicht mehr die confœderir - te Armee in Hungarn commandiren, ſondern ſeine daſelbſt habende Trouppen gar zuruͤcke zie - hen. Darauf ihm aber der Hr. Graf von Cau - nitz gar beſcheidentlich antwortete: Daß er kei - nen Zweifel truͤge, daß Se. Kayſerl. Majeſtaͤt,R rauch626Europaͤiſchesauch dieſes mahl denen Churfuͤrſtlichen Geſand - ten noch dergleichen Ehre anthun wuͤrden, welche Sie ihnen ſchon etwan zu anderer Zeit zugeſtan - den haͤtten, daruͤber er auch allbereits Ordre er - wartete; Hingegen aber wuͤrde auch billig, recht und erforderlich ſeyn, daß man von Churfuͤrſtlicher Seiten mehrere Complaiſance, als bißhero nicht geſchehen, gegen Kayſerliche Majeſtaͤt bezeige: und ſich ſelbiger in Errichtung der neundten Chur, und in dem Geſuch des Koͤniges und Churfuͤrſtens Boͤhmen, nicht ſo ſteif widerſetze. So bald es nun die Koͤnigl. Miniſtri gewahr wurden, daß die Kayſerlichen den Churfuͤrſtlichen den Titul Excellentz weigerten, erklaͤreten ſie ſich gleich - falls, daß ſie ſolche Titulatur ihnen auch nicht zu - geſtehen wolten. Es kam auch in Deliberation, ob die Premier-Geſandten einer jeden Majeſtaͤt, Souverains und Republic denen Seconds-Am - baſſadeurs vorgehen ſolten? v. g. Ob Monſ. Harlay Frantzoͤſiſcher Premier-Geſandte dem Herrn Graf Stratemann, Kayſerl. Second - Ambaſſadeur ſolte vorgezogen, oder erſt hinter alle drey Kayſerliche Herren Geſandten placiret werden? und ſo ferner. Don Quiros, Spani - ſcher Premier-Ambaſſadeur, verlangete expreſ - ſe immediate nach dem Herrn Grafen von Cau - nitz: ſein Herr Collega aber, der Comte de Ti - rimont, nach dem Herrn Grafen von Strate - mann placiret zu ſeyn: Dargegen ſich aber dieKayſerl627Hoff-Ceremoniel. Kayſerl. Herren Geſandten ſetzten, vorſtellende: daß es eine lange und beſtaͤndige Gewohnheit ge - weſen, daß man die caracteriſireten Miniſtros einer zuſammengehoͤrigen Ambaſſade, in den Rang nicht von einander ſepariret haͤtte; wurde alſo hierdurch Don Quiros von ſeinem Geſuch abgewieſen. Weil nun dieſer Ceremonien - Streit ſo gar uͤberhand nahm, und man beſorge - te, es wuͤrde ſelbiger allerhand Uneinigkeit, und dem Friedens-Negotio groſſe Verzoͤgerung ver - urſachen; bate ſich der Lothringiſche alte Etats - Miniſter und Præſident, Monſ. Canon, die Er - laubniß aus, einige Worte fuͤrzubringen: und als man ihn anzuhoͤren beliebet hatte, hielte er folgen - den wohlgemeynten Diſcours: Meine Herren,

Mein hohes Alter und groſſe Leibes-Schwach - heit erlauben mir zwar nicht viel zu reden, dannen - hero ich nur dieſes erinnern und ſagen wollen: daß wir allhier einen Frieden zu ſchlieſſen, nicht aber den Rang zu diſputiren und einzurichten verſam̃ - let ſind; Einmahl iſt gewiß, daß alle Potentaten in der Welt dem Roͤm. Deutſchen Kayſer, die Præcedentz fuͤr ihnen zugeſtehen: und iſt nicht ein einiger der ihm ſelbige diſputire, ſo gar auch ſeine und unſere Feinde nicht. Uber dieſes haben die zu dieſem Frieden authoriſirete Miniſtri, durch Vermittelung unſers Mediatoris, unter ſich ein - muͤthig abgeredet und beſchloſſen: daß keine Ti -R r 2tula -628Europaͤiſchestulatur, gebrauchtes oder unterlaſſenes Ceremo - niel, jemanden zum Præjuditz gereichen ſolle; welche Acte man fuͤr etwas gar Vernuͤnftiges er - achtet: und aus welcher richtig folget, daß alle Prætenſiones des Sitzes und Vorſitzes, welche einer oder der andere ihm zuſtaͤndig zu ſeyn mey - net, dadurch ſalviret werden. Mich ſelbſt an - belangende, begehre ich nicht jemanden vorzuge - hen: allein ich kan auch nicht zugeben, daß etwas der Koͤnigin, meiner Frauen, noch dem Durch - lauchtigſten Hertzog, ihrem Sohne, welcher Sou - verain iſt, zum Præjuditz geſchehe, und dieſes iſt genug. Auſſer dem aber wuͤrde ich ſagen: daß ich den Koͤnig von Jeruſalem repræſentire: ein anderer wuͤrde kommen und ſich Koͤnig von Cy - pern nennen: die Herren General-Staaten wuͤr - den behaupten wollen, daß Sie Koͤnige uͤber viele Koͤnigreiche in Jndien, welches Sie auch in der That ſind; Allein hiervon iſt in Gegenwart nicht die Rede. Denn wie ſchon gemeldet, ſind wir anitzo nicht allhier verſammlet de Gloria Mundi zu diſputiren, und ſelbige zu regliren: ſon - dern nur einen Frieden einmuͤthig zu ſchlieſſen; wel - cher auch geſchloſſen und von GOTT verliehen werden wird, im Fall wir dieſen GOtt, uns Ho - hen Alliirten beywohnend haben werden, ꝛc.

Dieſer an ſich ſelbſt wohlgemeynte, von einem alten Miniſter ausgeſprochene Diſcours, wurde zwar von allẽ Gegenwaͤrtigẽ angehoͤret, nicht aberdeß -629Hoff-Ceremoniel. deßwegen auch von allen approbiret; Deñ einige dancketen ihm wegen ſeines Eyfers, welchen er zu dem gemeinen Beſten bezeugete: andere aber cri - tiquireten ſeine gehaltene Rede. Laudabatur ab his, culpabatur ab illis.

§. 40.

Jn der ſechſten den 25ten Maji vorge - nommenen Conferentz, præſentirete der Media - tor den ſaͤm̃tlichen Herren Miniſtris, das oben er - wehnte Reglement der Policey-Ordnung, ſelbi - ge erſuchende: daß man es bey der naͤchſten Seſ - ſion in Execution zu bringen belieben wolle. Die Plenipotentiarii der proteſtirenden Staͤnde in Deutſchland, erinnerten anbey die Kayſerl. Her - ren Geſandten: Daß Sie die in denen von ihnen eingegebenen Poſtulatis befindliche Worte, Pa - cem Monaſterienſem, in die Expreſſion, Pa - cem Weſtphalicam verwandeln moͤchten; weil durch dieſe letztere Redens-Art, auch der Oßna - bruͤgiſche Friede mit verſtanden, und zum Grunde des Ryßwickiſchen geleget wuͤrde; Allein ſie er - hielten dißfalls nichts, unerachtet die meiſten der Catholiſchen Religion zugethanen Staͤnde Mini - ſtri, ſchon in der Proteſtirenden Suchen gewilli - get hatten.

§. 41.

Bey der ſiebenden, auf den 29. Maji anberaumeten Conferentz, fande ſich Monſ. Wil - liam Sohn, dritter Engliſcher Ambaſſadeur, zum erſtenmahl ein: und kehrete nach derer Endi - gung wieder nach Rotterdam; allwo er damahlenR r 3noch,630Europaͤiſchesnoch, und als ſeparatim von den uͤbrigen im Haag verſammleten Miniſtris der Hohen Alliir - ten, logiret war; weil ſeine Apartements im Haag, noch nicht dreſſiret worden waren. Jn - gleichen erſchiene bey dieſeꝛ ſiebenden Conferentz, Herr Baron von Loͤw, Jhro Hoch-Fuͤrſtlichen Durchlauchtigkeit des Herrn Hoch - und Deutſch - Meiſteꝛs Gevollmaͤchtigter, auch zum erſtenmahl; anbey uͤbergabe Herr von Kayſersfeld, Chur - Mayntziſcher Miniſter, ſeines Chur-Fuͤrſtens Poſtulata an Franckreich; nicht wie der Chur - Coͤllniſche gethan, immediate an den Mediato - rem, ſondern an die Kayſerl. Herren Ambaſſa - deurs: welche ſie ſodann allererſt an gedachten Herrn Mediatorem befoͤrderten. Man hielte anbey noch einige Unterredungen uͤber das Cere - moniel, jedoch ohne allen Entſchluß. Den auf dieſe Conferentz folgenden Tag, bemuͤhete ſich Monſ. de la Tour, Savoyiſcher Miniſter in dem Haag, (von welchem ſchon oben gemeldet worden, daß er fuͤr Anfang des Ryßwigiſchen Friedens an dieſem Orte geweſen, und fuͤr ſeinen Herrn Principalen das Mediator-Amt negoti - ret, aber von ſelbigem gar plat, und zugleich aus dem Haag ohne alles Ceremoniel abgewieſen worden) um einen Paſsport zu erhalten, daß er als Miniſter concurrens ad Pacem, ſodann koͤn - ne admittiret werden. Die Herren General - Staaten waren anfaͤnglich nicht geneigt, ihn zuad -631Hoff-Ceremoniel. admittiren; nachdem aber ſein Secretarius, wel - cher ſich bishero ſtets in dem Haag aufgehalten, Jhro Hochmoͤgenden ein Memorial uͤbergeben, und des Grafen de la Tour Admiſſion in ſelbi - gem geſuchet: auch die Frantzoͤſiſchen Geſandten zugleich ihre bons offices fuͤr ihn emploiret hat - ten; beſchloſſen die Herren General-Staaten, ihn zu admittiren. Dabey aber doch noch der Zweifel entſtunde, ob man ihn unter die Partie der Ho - hen Alliirten, oder viel mehr der ihr entgegenſte - hende Feinde, rangiren ſolte? denn wuͤrde ihm die erſtere Qualitaͤt zuerkennet, ſo muͤſſe er ſein Quartier nothwendig in dem Haag; wuͤrde ihm aber die andere zugeeignet, ſo muͤſſe er im Gegen - theil, ſelbiges bey denen Frantzoſen in Delph neh - men. Weil man nun aber nicht zu determini - ren wuſte oder auch wolte, in was fuͤr einem egard man ihn zu den Conferentzien des Frie - dens laſſen koͤnte; ertheilete man ihm endlich den verlangten Paſsport: und ſtellete ihm zugleich frey, zu welcher Partie er ſich rangiren, und in wel - chem Oꝛt er ſeinẽ Aufenthalt nehmen wolte. Dar - auf er en politique in dem Hollaͤndiſchen Ter - ritorio ankam: und damit er ſich gegen beyde Parteyen neutral bezeige, weder im Haag noch Delph, ſondern in einem zwiſchen beyden ge - meldten Orten, unweit Ryßwick gelegenem Luſt - Hauſe ſein Quartier nahm; woſelbſt er ſich nebſtR r 4ſeinem632Europaͤiſchesſeinem Collegen Monſ. Frichinioni, die gantze Zeit beſtaͤndig aufgehalten.

§. 42.

Jn der achten, den 1. Junii gehabten Seſſion, kam wegen des Ceremoniels nichts be - ſonders: in der darauf den 4. ejusdem gehalte - nen neundten aber, deſto mehres fuͤr. Die Kay - ſerlichen Herren Ambaſſadeurs, ſuchten in ſelbi - ger als getreue und verſtaͤndige Miniſtri ihres allerhoͤchſten Herrn Principals, die einem Roͤm. Kayſer zuſtehende Prærogativam und Diſtin - ction vor andern, auf das kraͤftigſte zu behaupten; Allein die Frantzoͤſiſchen, eine Gleichheit zwiſchen dem Roͤm. Kayſer und ihrem Koͤnige affectiren - de Miniſtri, ſetzten ſich ihnen gewaltig entgegen: und diſputireten ihnen auch die minderſte Avan - tage: ja ſie verlangeten ſo gar, daß man in die Protocolle der abgehandelten und noch abzu - handelnden Friedens-Acten, in welchen man Meldung des Kayſers, der Hohen Alliirten, und des Frantzoͤſiſchen Koͤniges thun muͤſte, den Kayſer und deſſen Hohe Alliirten, ihrem Koͤnige ja nicht vorſetzen ſolte; anfuͤgende, daß ſie keinem Menſchen wichen, auch uͤber Spanien und an - dere Koͤnige ſchon den Rang haͤtten. Sie brachten auch wegen des Thores, durch welches ſie in den Hof des Hauſes Neuburg fuhren, was Neues auf die Bahn; welches man aber fuͤr dieſesmahl nicht ſehr regardirete.

§. 43.

Die zehende Conferentz lieffe ohne al -len633Hoff-Ceremoniel. len Ceremonien-Streit und Einrichtung ab: in der eilften aber, welche den 12. Junii celebriret wurde, notificirete der Miniſter Mediationis allererſt ſeines Herꝛn Principalen, Caroli des XI. in Schweden Todt, in pleno Conſeſſu: (daduꝛch alles groſſe Ceremoniel, der genommenen Ab - rede gemaͤß, zu vermeiden: denn wenn er es ei - nem jeden haͤtte in ſein Logement vermelden laſ - ſen, waͤre ſodann auch ein jeglicher obligirt ge - weſen, a part ihm die Condolentz abzuſtatten) und empfieng darauf auch zugleich von ihnen die Condolentz-Complimente; wie ſich denn auch, darauf folgenden 13ten Junii, faſt alle im Haag Gegenwaͤrtige, wie auch die Frantzoͤſiſchen Mi - niſtri, wegen des Todes des Koͤniges in Schwe - den, in die Trauer kleideten. Nebſt dieſem ent - ſtunde die Frage: Ob man dem zweyten Geſand - ten eines Churfuͤrſten, eben ein dergleichen Cere - moniel und Traitement zugeſtehen ſolle, als dem erſteren? Monſ. B. de Smettau, Chur - Brandenburgiſcher Premier-Ambaſſadeur, be - hauptete durch viel angezogene Exempel und Actus Poſſeſſionis, welche disfalls immer das kraͤfftig - ſte Argument ſind, die Affirmativam: und be - zoge ſich ſonderlich auf die Weſtphaͤliſche und Niemagiſche Friedens-Conferentz; in welchen beyden man den zweyten Geſandten hoͤchſter - wehnten Churfuͤrſtens, auf eben dergleichen Art, und ohne den geringſten Unterſcheid, eben ſo wieR r 5den634Europaͤiſchesden erſteren tractiret; darauf aber die Kayſerl. Hochloͤbliche Geſandſchafft antwortete: daß ſol - ches nur aus einer Kayſerl. beſonderen Gnade ge - ſchehen: nun aber wolten Kayſerliche Majeſtaͤt es denen Chur-Brandenburgiſchen, aus Furcht, man moͤchte die Continuation dieſer Gnade als Jus Poſſeſſionis hinfuͤhro anfuͤhren, nicht mehr zugeſtehen; Die Frantzoͤſiſchen Ambaſſadeurs opponireten ſich der Affirmativæ des Herrn B. von Smettau noch viel hefftiger als die Kayſerli - chen, und bliebe dieſer Ceremonien-Streit den - noch unentſchieden. Dritten Tages auf dieſe Conferentz, nemlich den 14. Junii, als die Hol - laͤndiſche Geſandten nach Spuy fuhren, begegne - te ihnen in der Pooten-Gaſſe, eine ledige, dem Herrn Grafen von Caunitz zuſtaͤndige Caroſſe: und weil die Paſſage in gemeldter Gaſſen dermaſ - ſen enge, daß zwey einander begegnende Caroſſen nicht wohl ausweichen und Platz machen koͤnnen, im Fall die eine nicht auf der einen Seiten ſtille haͤlt; ſo lieſſen die Hollaͤndiſchen Geſandten den Kutſcher des Herrn Grafen von Caunitz bedeu - ten, daß er auf der einen Seiten ſtille halten, und ſie paſſiren laſſen moͤchte: Allein der Kutſcher fuhr immer auf Sie zu, um zuerſt bey den Hollaͤn - dern vorbey zu fahren. Darauf die Hollaͤndiſche Geſandten ex tempore reſolvireten, Sr. Ex - cellentz dem Herrn Grafen von Caunitz von die - ſem Accident ſchleunige Nachricht thun zu laſſen:wel -635Hoff-Ceremoniel. welches, als es geſchehen, hochgedachter Mini - ſter ſogleich ſeinem Kutſcher Befehl ertheilen ließ, denen Hollaͤndiſchen Miniſtris Platz zu machen, jedoch anfuͤgende: daß er dieſes nur zu Folge des entrichteten und von allerſeits beliebeten Regle - ment, nicht aber aus einer Schuldigkeit thaͤte, und auſſer dem auch nicht thun wuͤrde.

§. 44.

Jn der zwoͤlften, den 15. Junii gehal - tenen Conferentz, lieſſen die Kayſerlichen Herren Geſandten an den Miniſtrum Mediationis ge - langen: daß er die Frantzoͤſiſchen Ambaſſadeurs diſponiren moͤchte, daß ſelbige mit denen Kay - ſerlichen ſich in eine particuliere Audientz und Conferentz einlieſſen; indem die Kayſerlichen etwas zu proponiren, welches ſie nicht gerne in Præſentz der anderen thun wolten. Der Media - tor nahm die Commiſſion uͤber ſich, und meldete das Verlangen der Kayſerlichen Herren Geſand - ten bey denen Frantzoͤſiſchen; Allein dieſe ſchlugen die verlangete Privat-Audientz und Conferentz ab, ſagende: Daß Sie das Geheimniß des Su - chens der Kayſerlichen Geſandſchafft nicht be - greiffen koͤnten: indem Hochgedachte Kayſerliche Miniſtri, ja ſo gut die Angelegenheiten ihres aller - hoͤchſten Principals, in den ordinairen Confe - rentzien, als in einer Privat-Audientz, mit ihnen, den Frantzoͤſiſchen tractiren koͤnten: Dafern aber etwas en particulier zu tractiren waͤre, ſo moͤch - ten die Kayſerlichen, und benahmtlich der HerrGraf636EuropaͤiſchesGraf von Caunitz, und der Herr Graf von Stra - temann, als beyde erſtangekommene, zu ihnen, denen Frantzoſen, ſich begeben: und nach dem wolten ſodann die Frantzoſen dem dritten und zu - letzt angelangeten Kayſerl. Geſandten, Herrn B. von Seillern, ihre erſte Viſite abſtatten. Mit dieſer der Frantzoſen, durch den Herrn Mediato - rem an die Kayſerlichen gebrachten Antwort, waren die Kayſerl. Herren Miniſtri nicht aller - dings zufrieden: und ſagten gegen den Mediato - rem weiter nichts, als daß ſie wegen der Viſite Uberlegung thun wolten. Den erſten Tag nach dieſer Conferentz, fuhr der Koͤnigl. Daͤhniſche Ambaſſadeur zum erſtenmahl, und zwar mit ei - ner alle andere uͤbertreffende Pracht und Parade aus, in die Kirche; Die Frantzoſen aber, welche, wenn ſie nur zu profitiren wiſſen, kein Bedencken tragen, dem Ceremoniel die Civilité vorzuzie - hen: machten ihr Condolentz-Compliment mit drey Caroſſen, dem Mediatori in dem Haag gantz a part; unerachtet ſie ſelbigem, wie bereits gemeldet worden, ſchon in oͤffentlichen Congreſs ihre Condolentz abgeſtattet: und dem etablire - ten Reglement dadurch eine Genuͤge gethan hat - ten. Es wurde auch an eben dieſem Tage, durch den Herrn von Rooſenboom, den neutralen in dem Haag anweſenden Miniſtris, und ins be - ſondere dem Daͤhniſchen und Portugiſiſchen, das etablirete Reglement wegen der Pages undLa -637Hoff-Ceremoniel. Laqvays, daß ſelbe nemlich kein Gewehr und Staͤ - be tragen ſolten, inſinuiret: und ſelbige erſuchet, daß ſie ihren in Liverey gekleideten Domeſtiquen, ein gleiches zu beobachten anbefehlen moͤchten: da denn ſo einer als der andere ſich dieſem Regle - ment zu accommodiren, ſondeꝛlich aber der Poꝛ - tugiſiſche Miniſter Monſ. Pachieco, es mit einem recht wohl abgefaſten Compliment verſprache.

§. 45.

Jn der dreyzehenden, auf den 19. Ju - nii verlegten Conferentz, fiel in regard des Ce - remoniels nichts fuͤr: aber den 21. ejusdem dar - auf hatte der Miniſter Mediationis Herr Baron von Lilienroth, bey den Herren General-Staaten eine Audientz: in welcher er ihnen den Tod ſeines Koͤniges Caroli XI. notificirete. Er wurde zu dieſer ſolennen Audientz, in der groſſen Etats - Caroſſe der Herren General-Staaten abgeholet: und von einer groſſen Menge, denen Hollaͤndiſchen Cavalliers zuſtaͤndiger Caroſſen, darunter alleine 18. mit 6. beſpannet waren, begleitet: ſeine eigene Equippage beſtunde in dreyen mit ſchwartzen Tuch bekleideten, und mit 6. Pferden beſpanne - ten Caroſſen, welche von vielen ihme zugehoͤrigen Cavalliers, Pages und Laqvays begleitet wur - den; aber nicht ein einziger der auswaͤrtigen Mi - niſter ſendete ihm ſeine Caroſſe, welches doch ſonſten gebraͤuchlich, entgegen: nicht etwan aus Haß, ſondern nur zu Vermeidung aller diſor - dre, welche wegen des Rangs haͤtte entſtehenkoͤn -638Europaͤiſcheskoͤnnen; unerachtet alle dißfals prætendirete Præ - cedentz durch das errichtete Reglement, ſchon abgethan worden war: und alſo ein jeder ohne ei - niges Nachtheil; ohne obſervirte Ordnung péle - méle, haͤtte mit ſeinen Caroſſen erſcheinen koͤnnen. Die einzigen Hollaͤndiſchen Ambaſſadeurs, ſen - deten ihme 3. Caroſſen mit 6. beſpannet entgegen, welche bald nach dem Wagen des Mediatoris rangiret worden. So bald als dieſer Schwe - diſche Miniſter in die Audientz-Cammer der Herren General-Staaten eingetreten, und an ſeinen gehoͤrigen Ort placiret worden ware; hielte er ſeine Rede in Schwediſcher Sprache, welche er aber zugleich dem Herren von der Lieer, da - mahligen Præſidenten, in Latein uͤberreichete; welche hier anzufuͤhren nicht noͤthig. Der ge - meldte Præſident, antwortete dem Schwediſchen Herrn Ambaſſadeur, in ſehr obliganten ter - minis: und ſo dann fuhre er in voriger Ordnung, aus der Audientz wiederumb in ſein Qvartier.

§. 46.

Jn der vierzehen den Seſſion, welche auf den 22. Junii war verleget worden, erſchiene Hr. Baron von Bothmar, in der Qualité eines Chur - Hannoveriſchen Plenipotentiarii; da er zuvor nur als Fuͤrſtl. Zelliſcher ware erſchienen und an - genommen worden; und zwar mit dieſer Præcau - tion. Er hatte ſich zuvor mit dem Miniſtro Mediationis, denen Miniſtris von Engelland, von Holland, von Chur-Brandenburg, und uͤber -haupt639Hoff-Ceremoniel. haupt mit allen derer hohe Principalen der neund - ten Chur favoriſireten, unterredet und abgeredet: daß er ſich zeitlicher als die andern, ſeinem Prin - cipal wegen der Chur-Wuͤrde entgegen ſtehende Miniſtri, in dem Conferentz-Hauſe Neuburg einfinden ſolte; welches er auch alſo ins Werck richtete: und daſelbſt dem Mediatori ſein Plein - Pouvoir als Churfuͤrſtl. Geſandter, in Gegen - wart der ihme favoriſirenden Plenipotentiario - rum, uͤbergabe: und ihn, ſelbiges in ſein Proto - collum Mediationis einregiſtriren zu laſſen, ihm auch ein Certificat daruͤber zu ertheilen, erſuchte; welches alles er auch erhielte. Nebſt dieſem er - neureten die Churfuͤrſtl. Miniſtri ihr Geſuch an die Kayſerl. hochloͤbl. Geſandtſchafft, und an an - dere Puiſſances, daß man ihnen doch das Trai - tement, welches ſie zu Muͤnſter und Oßnabruͤg, wie auch zu Niemaͤgen genoſſen, abermahl zuge - ſtehen moͤchte. Allein ſie mochten ſagen und ein - wenden was ſie kunten und wolten, ſo wurde ih - nen doch dißfals von den Kayſerl. Hn. Geſandten nichts accordiret: als welche darauf beſtunden, daß dasjenige Traitement, welches Kayſerl. Majeſtaͤt denen Churfuͤrſtl. etwan bey dem Weſt - phaͤliſchen und Niemaͤgiſchen Frieden zugeſtan - den, nur eine beſondere Gnade geweſen, welche ſie ihnen anitzo nicht mehr thun wolten; indem man Se. Kayſerl. Majeſtaͤt von Seiten der Churfuͤr - ſten durch beharrliche Oppoſition gegen die Kay -ſerl.640Europaͤiſchesſerl. Reſolutiones, und ſonderlich gegen die neundte Chur ſehr irritiret haͤtte: Dem Chur - Saͤchſiſchen, und Chur-Brandenburgiſ. Ambaſ - ſadeuren, entfuhren zwar in dieſer Unterredung einige harte Expreſſiones: welche aber die Sache deswegen nicht beſſer machten. Den Tag nach dieſer Conferentz, hielten die Miniſtri, derer Her - ren Principals der neundten Chur entgegen wa - ren, eine Conferentz; in welcher ſie den Schluß faſſeten, eine Deputation an den Herren Media - torem abzuſenden und ihn zu erſuchen: daß er ihre aufgeſetzte Proteſtation, welche ſie ihm in ſcripto uͤberreicheten, ad Protocollum nehmen: und ſie dadurch bey ihren Herren Principalen excuſiret werden moͤchten, daß ſie in die neundte Chur, und was in der letzten Conferentz vorgegangen, nicht gewilliget haͤtten.

§. 47.

Bey der funffzehenden den 25. Junii angeſtelleten Conferentz, wurde wegen des Ce - remoniels nichts gedacht, aber den 28. ejusdem darauf, arrivirete Herr von Danckelmann: biß - hero zu Wien geweſener Chur-Brandenburgi - ſcher Extraordinair-Envoyé: nunmehro aber als Chur-Brandenburgiſcher characteriſireter Se - cond-Ambaſſadeur in dem Haag; und nahm ſein Logement bey ſeinem Hn. Collegen dem B. von Smettau. Eben ſelbigen Tages ſtattete Don Quiros und Comte de Tirimont Spani - ſche Ambaſſadeurs, ihre erſtere Viſite bey denenDaͤni -641Hoff-Ceremoniel. Daͤniſchen Ambaſſadeurs ab; unerachtet Herr von Lenthe zweyter Ambaſſadeur der Cron Daͤnnemarck, eher im Haag als die Spaniſchen arriviret war: und ihm alſo, nach dem gewoͤhnli - chen Ceremoniel, obgelegen haͤtte, ſeine erſtere Viſite bey den Spaniſchen zu verrichten. Weil er aber bey ſeiner Ankunfft in dem Haag, nur die Qualité eines Extraordinair-Envoyé gehabt, mit dem charactere repræſentativo eines Am - baſſadeurs aber, ſpaͤter als die Spaniſchen ange - kommen, war bekleidet worden; ſo rechneten die Spaniſchen Ambaſſadeurs gleichſam ſeine neu - empfangene Inveſtitur, fuͤr eine ſpaͤtere Ankunfft, als die Jhrige geweſen waͤre: welches ein gar be - ſondres Exempel, der Differentz eines Ambaſſa - deurs von einem Envoyé.

§. 48.

Jn der ſechzehenden den 29. Junii ge - haltenen Conferentz wurde deliberiret, ob die - jenigen anweſenden Herren Miniſtri, welche ein - ander die Viſite noch nicht abgeſtattet, ſelbige nunmehro noch ablegen ſolten? und wurde die Af - firmativa beliebet, und zwar daß man ſelbige, mit einem dergleichen Ceremoniel, als bißhero ge - braͤuchlich geweſen, verrichte: nemlich daß die erſt angekommenen die letzt arrivireten zuerſt be - ſuchen ſolten. Weil nun die erſteren zwey Kay - ſerl. Herren Geſandten, Herr Graf[von]Caunitz, und Herr Graf von Stratemann, eher in dem Haag als die Frantzoͤſiſchen zu Delph angelanget;S ſſo642Europaͤiſchesſo kunte oder ſolte es nun, mit Ablegung dieſer Vi - ſiten nicht anders gehen, als daß dieſe zwey hoch - gemeldete Kayſerl. Geſandten, ihre Beſuchung zuerſt bey den 3. Frantzoͤſiſchen; Hingegen die 3. Frantzoͤſiſchen Ambaſſadeurs wiederumb zu - erſt, bey dem dritten Kayſerl. Ambaſſadeur Hn. Baron von Seillern, weil er ſpaͤter als die Frantzo - ſen ankommen war, die ihrige ablegeten. Auf eben dieſen Fuß, haͤtte Don Quiros als erſt an - kommener im Haag, den Frantzoͤſiſchen Geſand - ten, weil ſie ſpaͤter in Delph arriviret, zuerſt: hin - wiederumb die gemeldten 3. Frantzoͤſiſchen Ple - nipotentiarii, dem zweyten Spaniſchen Mini - ſter Comte de Tirimont, welcher ſpaͤter als ſie ankommen war, wiederumb die Viſite zuerſt ab - ſtatten ſollen; welche erſtere reciproque Viſiten - Abſtattung, weil ſie viel diſputirens verurſachen kunte, ſchwer einzurichten, und noch gar viel Deli - beration daruͤber zu nehmen war. Jedoch den fol - genden 30. Junii, accommodireten ſich die zwey erſten Kayſerl. Herren Geſandten der Gewohn - heit des Ceremoniels, und gaben den Frantzoͤſiſchen dreyen zu Delph, die erſtere Viſite. Jn eben dieſer ſechzehenden Conferentz, erſchiene der Herr von Danckelmann; alleine es wolte ihm kein eini - ger der Alliirten Miniſter, dergleichen Tracta - men[t],[als]ſelbige ſeinem Herrn Collegen und Premie[r -]Geſandten von Brandenburg, Herr B. von Smettau thaten, zugeſtehen, vorſchuͤtzende:daß643Hoff-Ceremoniel. daß ſo lange als die Kayſerl. Herren Geſandten dem Second Ambaſſadeur von Chur-Branden - burg, das geſuchte Ceremoniel weigerten, ſie ihme ſelbiges auch nicht einraͤumen koͤnten. So bald aber hochgedachte Kayſerl. Miniſtri ihme ſelbiges accordiret haben wuͤrden, ſo gleich wolten ſie ohne alle fernere Difficultaͤt ſich darzu beqvemen; maſſen ſie auſſer dem alle Hochachtung fuͤr Monſ. de Danckelmann, als welcher mit allen einem Etats-Miniſter und Ambaſſadeur erfor - derlichen Qualitaͤten ausgeziehret waͤre, haͤtten.

§. 49.

Den 1. Julii nach Mittage, kamen die Frantzoͤſiſchen Herren Geſandten, ein jeder mit ſeinem Train ins beſondere, nach dem Haag, umb ihre Viſiten bey den Kayſerl. Herren Ambaſſa - deurs (welche gleich ſelbigen Tages ihren Be - dienten neue Lieverey gegeben, und das Kayſerl. Wapen uͤber ihre Thuͤre hatten ſetzen laſſen) in folgender Geſtalt abzuſtatten. Monſ. de Har - lay machte den Anfang, und fuhr gantz alleine zu dem Herrn Grafen von Caunitz: nachgehends zu dem Herrn Grafen von Stratemann; und ſo bald er bey dieſem ware, kame der zweyte Fran - tzoͤſiſche Geſandte Monſ. Crecy auch zu dem Hn. Grafen von Caunitz: und fuhre ſo dann auch zu dem Herrn Grafen von Straatemann; da denn an deſſen Stelle Monſ. de Callieres, bey dem Hn. Grafen von Caunitz mit ſeiner Viſite auch erſchiene; inzwiſchen ſich aber Monſ. Harlay zuS ſ 2dem644Europaͤiſchesdem dritten Kayſerl. Geſandten Hn. B. von Seil - lern begeben hatte: So daß anfangs bey jeglichem Kayſerl. Ambaſſadeur, auch ein beſonderer Fran - tzoͤſiſcher Ambaſſadeur gegenwaͤrtig war: und alſo dieſe Viſiten ſucceſſivement, und nach der Ordnung, von einem Miniſter zu dem andern ab - geleget, und ſelbige auf beyden Theilen gar ver - gnuͤgt abſolviret wurden; man ſich anbey auch flattirete, daß die Friedens-Negotiation nun - mehro beſſer avanciren wuͤrde, nachdem man ſich auf ſolche Art mit einander bekandt gemacht, und beſprochen hatte.

§. 50.

Jn dieſem bißhero erzehleten, und zwar nach der Ordnung der Conferentien, und nach dem dato der Monath-Tage bemercketen Cere - monien-Streit, beſtunden nun die zu dieſem Tra - ctat gehoͤrige, und das Friedens-Werck verzoͤ - gernde Competentien. Denn ob gleich derer noch mehr vorgefallen, auch uͤber das Eſſentiale Pacis, mehr Conferentien als man hier erzehlet, gehalten worden; So gehoͤren doch dieſe letzteren hierher nicht: die erſteren aber hat man in keine ſo richtige Seriem der Tage und Conferentien bringen koͤnnen; weil ſelbige mehr als einmahl, und noch dazu meiſtens auſſer denen Conferen - tien vorgefallen.

§. 51.

Weil die Livereyen, und zwar dero Koſt - barkeit, zu der Magnificentz eines Ambaſſadeurs gehoͤrig: derer Couleur und façon aber, weme ſiezu -645Hoff-Ceremoniel. zugehoͤrig anzeiget; So gehoͤret ſelbige folgendlich auch in dieſem regard, mit zu dem Ceremoniel - Werck: ob gleich nur etwan mit der Nothwendig - keit und Gleichnuͤß, als die Feder zu einem Hut. Einige der Hn. Ambaſſadeurs und reſpective Envoyés ſind nun hierinnen ſomtueux, andere aber wiederumb menagers; Einige fangen die Sache hoch und praͤchtig an: beſchlieſſen ſelbige aber pauvrement; andere hingegen halten ihre Leute anfangs gar ſchlecht, am Ende aber uͤber - aus propres. Dergeſtalt gieng es ſchon in dem Weſtphaͤliſchen Frieden her, allwo faſt ein jeder anfaͤnglich mit excesſiver Pracht erſchiene: im Fortgange aber gar viel in der Koſtbarkeit und Menge der Livreyen nachließ; Dannenhero man auch par raillerie uͤber dieſem Changement ſa - gete: Es haͤtten ſich auf dem Weſtphaͤliſchen Friedens-Congreſs, die 4. Poetiſchen Secula, nemlich

  • 1. Aureum,
  • 2. Argenteum,
  • 3. Stanneum,
  • 4. Plumbeum,

Jn den Livrées præſentiret. Bey dieſem Riß - wigiſchen Frieden aber, gieng es mit den Livrées faſt wie mit den Friedens Geſchaͤfften, Poſtulatis, und dem Competentz-Streit ſelbſt, gantz wie - drig und verkehrt her. Denn einige Miniſtri ga - ben ihren Laqvays, ſonderlich aber ihren Pages,S ſ 3der -646Europaͤiſchesdermaſſen reichlich bordirte Roͤcke, und zu ſelbi - gen von drap d or oder d’argent verfeꝛtigte We - ſten, ſeydene Struͤmpffe, Plumes, koſtbahre Waͤſche, ꝛc. daß man faſt einen Pagen von einem Cavallier nicht wohl unterſcheiden kunte. Hin - gegen waren andere, welche anfangs ihre Leute in gar ſchlechte Liverey ſetzten: auch wohl gar die Trauer laͤnger als es noͤthig war behielten; umb das Ende aber allererſt wieſen, daß ſie auch dißfals was zu depenſiren vermoͤchten. Die Frantzoͤ - ſiſchen Ambaſſadeurs kamen, wie vorhergehends ſchon gemeldet worden, in trauriger Equip - page an: und bedieneten ſich dieſer ſchwartzen Farbe laͤnger: als der Koͤnig in Franckreich ſelb - ſten nicht thate. Nachdem auch der Koͤnig in Schweden ſo unvermuthet verſtorben, legeten ſie die Trauer auf das neue an; nachgehends aber, als ſie den Frieden in einer ſo traurigen Geſtalt zu ih - res Koͤniges Avantage eingerichtet: erſchienen ſie in ihrer Livrée ſo propre und freudig, daß es ihnen faſt niemand gleich thate. So war auch re - marquable, daß der Herren Geſandten insge - ſamt Pages und Laqvays, der Façon nach a la Francoiſe gekleidet waren, ſo gar auch, daß der Spaniſchen, Portugiſiſchen ꝛc. Ambaſſadeurs Pages und Laqvays, diejenige Form des Habits, welche ſie ſonſt in den Hoͤfen ihrer Potentaten zu tragen pflegen, bey dieſem Frieden negligi - reten.

§. 52. An647Hoff-Ceremoniel.

§. 52.

An Koſtbahrkeit und Propreté der Ca - roſſen war auch kein Mangel; indem derer mehr als eine zu ſehen war, welche biß 10000. Rthlr. und daruͤber gekoſtet: ſonderlich war Jhro Excel - lentz des Herrn Grafen von Caunitz ſeine, wel - che er ſich in Paris hatte verfertigen laſſen, extra - ordinair-ſchoͤn: und die Caroſſe der Frau Gemah - lin Sr. Excellentz des Hn. Grafen von Straa - temann, wurde deswegen von vielen bewundert, weil ſelbige den Himmel von auſſen mit rothen Sammet bedecket hatte; Welches ſonſten in Pa - ris niemanden, als den ſo genanten Ducs und Pairs, oder vornehmen Fuͤrſtl. Perſonen erlau - bet: und dieſe Wuͤrckung daſelbſt hat, daß alle an - dere Caroſſen, einer mit rothem Sammet bedeck - ten ausweichen. Die Frantzoͤſiſchen Ambaſſa - deurs, ob ſie gleich anfangs mit gar ſchlechten Ca - roſſen verſehen waren; ſo kame doch umb die letzt der Monſ. de Harlay, mit einer dermaſſen ma - gnifiquen Caroſſe herfuͤr gefahren, daß man ſe - hen und ſagen kunte, daß ſelbige alle andere uͤber - traffe; Denn es war an ſelbiger ſo von innen als auſſen nichts als Gold und Silber zu ſehen. Da - mit auch deſto kentlicher waͤre, wem eine oder die andere Caroſſe zuſtaͤndig: ſo lieſſen die meiſten Herren Geſandten dero Wapen an ſelbige ſchil - dern; wobey aber doch einiger Jrrthum unterlieffe. Denn weil einige der Herren Ambaſſadeurs, die geweſenen Braut-Wagen ihrer hohen HerrenS ſ 4Prin -648EuropaͤiſchesPrincipalen, zu Machung ihrer Parade hatten: auf welchen des Principals Wapen gemahlet ſtunde; begiengen die in der Arte Heraldicâ un - verſtaͤndige Mahler, und andere den Fehler: daß ſie dieſe der hohen Principalen Wapen, fuͤr das Familien-Wapen der Herren Ambaſſadeurs anſahen und abcopireten. Jedoch wurde An. 1697. in dem Haag ein Buch unter dem Titul: Relation de ce qui ſ’eſt paſſé devant & dans la negotiation de la paix a Riſwig, publiciret: in welchem zwar, was der Titul promittiret, nicht: aber gleichwohl die Wapen der Herren Geſandten, derer Nahmen und gegebene Li - vrées befindlich: durch welches Buches Huͤlffe ein jeder, ohne andere Anweifung, die Hn. Ambaſſa - deurs, derer Caroſſen und Domeſtiquen, gar be - qvem kunte kennen lernen; An Schoͤnheit der Reit - und Kutſch-Pferde, thaten es die Koͤnigl. Daͤniſchen und Chur-Mayntziſchen Ambaſſa - deurs allen andern zuvor; maſſen hochgedachter Maintziſcher Churfuͤrſt eine vortreffliche Stutte - rey von Spaniſchen Pferden, und aus ſelbiger die allergenereuſeſten, fuͤr ſeine Ambaſſadeurs auserleſen hatte. Es waren in uͤbrigen die Ca - roſſen der Herren Ambaſſadeurs, meiſtens und a l’ordinair mit ſechſen beſpannet: zu Zeiten, jedoch gar ſehr ſelten, und etwan bey privat-Ausfahrten mit zweyen: niemahlen aber mit achten; jedoch er - ſchiene einſtens die Frau Gemahlin eines ſehrhohen649Hoff-Ceremoniel. ho hen Ambaſſadeurs in ihrer Caroſſe, mit achten beſpannet: welches, als es die Frantzoͤſiſchen ſa - hen, ſo gleich imitireten, aber mit ſchlechtem Suc - ceſs und Approbation der Speculateurs. Denn ſie hatten ſechs ſchoͤne reinliche Schecken fuͤr ihrer Caroſſe, mit welcher ſie gute Parade machen kun - ten; Als ſie aber die Æmulation dahin brachte, mit achten zu fahren, kunten ſie ſo bald nicht ein paar Schecken, welche ſich der Taille und Guͤte nach, zu den uͤbꝛigen ſechſen geſchicket, finden: ſon - dern muſten, um ihren Appetit zu ſtillen, mit zwey mittelmaͤßigen, und in egard der andern, gar ſchlechten Pferden vorlieb nehmen; welche, als man ſie zu den uͤbrigen ſechſen, und alſo den Wa - gen mit achten beſpannet hatte, ihr Vorgeſpann mehr verſtelleten als ziereten. Noch eine derglei - chen Imitation und Æmulation begiengen ſie in einer andern und zwar dieſer Gelegenheit: Fuͤr dem Hauſe Neuburg war ein ſchoͤnes Pavé von Alabaſter, auf welches, um ſelbiges nicht zu ver - derben, keiner der Herren Ambaſſadeurs gefah - ren war. Als aber einſtens in einem Conferentz - Tage heftiges Regen-Wetter eingefallen, Jhro Excell. der Kayſeꝛl. Premier-Ambaſſadeur aber, beym Ausſteigen aus der Caroſſe, fuͤr dem Hauſe Neuburg nicht naß werden wolten: befahl er dem Kutſcher, in dieſen gepflaſterten Hof, und bis an die Thuͤre des Hauſes zu fahren; da er denn ſofort abſtiege. Nachdem die Fꝛantzoͤſ. AmbaſſadeursS ſ 5hier -650Europaͤiſcheshiervon Nachricht eingezogen, interpretirten ſie dieſes nicht fuͤr einen Actum neceſſitatis aut commoditatis, ſondern Prærogativæ: und weil ſie denen Kayſerl. Herren Geſandten im minder - ſten nichts zum Voraus laſſen wolten, kamen ſie folgendes Tages auch in gemeldtes Conferentz - Hauß; Und ob es gleich ſchoͤn helles Wetter und Sonnen-Schein war, fuhren ſie dennoch uͤber das Pavé bis an die Hauß-Thuͤre: und ſuchten da - durch abermahl eine Paritaͤt mit denen Kayſerli - chen, von welcher ſie doch dißfalls ohne alle Con - ſequentz, haͤtten abſtiniren koͤnnen.

§. 53.

Es iſt in dem vorhergehenden dritten Theil, und zwar deſſelben 6. Cap. zur Gnuͤge bey - gebracht worden, daß eines Ambaſſadeurs prin - cipaleſte Beſorgung mit ſeyn muͤſſe, daß er be - quem logiren koͤnne: denn wo er an dieſer Be - quemlichkeit Mangel leiden muß, kan er ſeinen Staat und Ceremoniel nicht recht ausfuͤhren. Dannenhero war ein jeder unter den Herren Am - baſſadeurs ſehr, und einige derſelben bey Zeiten beſorget: wie ſie in dem Haag ein anſtaͤndiges Lo - gement finden moͤchten. Nun ſehlte es zwar in gemeldtem Orte nicht, an dergleichen Haͤufern: ſondern es ſind derer eher ein Uberfluß als Man - gel; allein es war die Sorge, daß man ſelbige auch fuͤr einen raiſonablen Preiß eingeraͤumet be - kommen moͤchte. Es flattireten ſich anfangs eini - ge mit der Hoffnung, es wuͤrde dißfalls im Haagder -651Hoff-Ceremoniel. deꝛgleichen Anſtalt, wie ehemahlen zu Niemaͤgen geſchehen, gemacht weꝛden: denn daſelbſt ſetzte der Rath einen ziemlich billigen Preiß, auf die den Herren Ambaſſadeurs zur Vermiethung erſehe - ne Haͤuſer; Allein in dem Haag wolte ſich ein gleiches nicht practiciren laſſen. Denn weil die alldort befindlichen Palais, meiſtens Peꝛſonen von Condition oder Capitaliſten zuſtaͤndig, und die Meubles derſelben ſehr koſtbar: ſo war kein Rath uͤber dergleichen Haͤuſer eine gerichtliche und billi - ge Miethungs-Taxa zu machen; weil die Beſitzer derſelbigen lieber ihre Palais ledig ſtehen, als ſelbi - ge ſchaͤtzen laſſen wolten. Wurden demnach eini - ge der Herren Ambaſſadeurs genoͤthiget, eine ex - ceſſive Miethungs-Penſion fuͤr ihre eingenom̃e - ne Quartiere zu erlegen. Jhro Excell. der Kayſerl. Premier-Geſandte, hatte ſchon bey guter Zeit, und noch fuͤr Anfang des dahin verlegten Frie - dens-Congreſſes, das Waldeckiſche Hauß fuͤr einen, nach Art des Orts, ziemlich guten Preiß, nemlich fuͤr 1500. Rthlꝛ. gemiethet: welches Mie - thungs-Pretium, als hernach Haag zu dem Frie - dens-Congreſs war denominiret worden, man ihm gerne auf das alterum tantum verſteigert; Allein er blieb bey ſeinem erſteren Contract, und gabe forthin nichts mehreres. Der Chur-Mayn - tziſche muſte monathlich 1800. der Chur-Saͤchſi - ſche 1300. Gulden: und andere, nach Gelegenheit und Bequemlichkeit des eingenommenen Hauſes,mehr652Europaͤiſchesmehr oder weniger, ein jeder aber doch ſehr viel zahlen; ſo, daß ſich mancher in dem Dorffe Haag Poſſeſſionireter, ein Jahꝛ uͤber, mit einem eintzigen Hauſe mehr, als etwa ein anderer mit vielen Doͤꝛf - fern verdienete; Damit man aber auch jeden Ge - ſandten deſto bequemer finden, und deſſen Hauß reſpectiren moͤchte: ſtelleten einige die Wapen ihrer Hohen Herren Principalen, groß geſchildert uͤber die Thuͤren: dergleichen ſonderlich die Kay - ſerlichen, Schwediſchen, Daͤhniſchen, Churfuͤrſt - lichen, und einige andere thaten. Diejenigen aber, welche entweder ihre eigene Haͤuſer in dem Haag, oder doch ein von langen Zeiten her gemiethetes und allen Leuten bekañtes Quartier hatten, unter - lieſſen die Aufſetzung der Wapen ihrer Hohen Principalen; Dannenhero ſahe man dergleichen nicht uͤber dem, dem Koͤnige von Spanien eigen - thuͤmlich zuſtehenden, und in Weſtende gelegenen Palais: auch nicht uͤber dem Quartier des Engli - ſchen und der Hollaͤndiſchen: wie auch nicht in Delph, uͤber der Frantzoͤſiſchen Geſandten; wel - che letzteren es deſto weniger benoͤthiget, weil ſie daſelbſt gantz alleine einlogiret waren. Der Mi - niſter des Hannoveriſchen Churfuͤrſten, richtete ſei - nes Hohen Herren Principalen Wapen nicht eher auf, bis ihn die Koͤniglichen Miniſters insgeſamt (Franckreich und Daͤnnemarck ausgenommen) pro Electorali erkennet hatten; jedoch war der Platz des Bruſt-Schildleins, in welchem dasReichs -653Hoff-Ceremoniel. Reichs-Pannier ſtehen ſolte, damahlen noch le - dig, weil ihm das Hauß Wuͤrtemberg ſolches Signum noch diſputirlich machte.

§. 54.

Derer bey denen Geſandſchafften ſich befindlichen Cavaliers, war eine ziemliche Anzahl. Der Kayſerl. Premier-Ambaſſadeur hatte derer wohlachte, unter welchen Graͤfl. und Freyherrl. Perſonen befindlich waren, von welchen in dem vorhergehenden 32. §. ſchon einige, was fuͤr einen Geſchlechts-Nahmen ſelbige gehabt, genennet worden; Einige der Ambaſſadeurs hatten derer wenige, und erſetzten den Mangel dadurch: daß ſie die von ihrer Nation in dem Haag fuͤr ihr Geld, und en privé lebende Cavaliers, zu Vermehrung ihres Ceremoniels und Parade emploireten; welche es ſich fuͤr eine Ehre und Avantage achte - ten, ſich als Domeſtiquen der Geſandten ihres Landes-Fuͤrſtem, aufzufuͤhren: um dadurch nicht allein mit andern Ambaſſadeurs und vornehmen Leuten bekannt: ſondern auch dadurch von der Ju - risdiction des Ordinarii eximiret zu werden. Es paſſireten auch einige mit unter als Cavaliers, ob ſie es gleich dem Geſchlechte und Ahnen nach nicht waren: ſondern durch Adeliche, ſonderlich militariſche Charges und gute Meriten, ſich in Cavalieriſchen Eſtim und Rang geſchwungen hat - ten. Nicht wenige dieſer Cavaliers, profitireten von dieſer ihrer Qualité; maſſen einige durch das Spielen gluͤcklich, einige aber durch fleißige Leſungder654Europaͤiſchesder Fꝛiedens-Acten und Frequentirung der Can - tzelleyen, gelehrt und klug wurden; Sonderlich kunten ſich die Cavalliers des Chur-Bayeriſ. Ge - ſandten gratuliren, daß ſie ſelbiger von denen zum Frieden erforderlichen und obſchwebenden Din - gen ſo leutſelig unterrichtete.

§. 55.

Eine nicht geringe Verwunderung ver - urſachete, daß die Gemahlin des Schwediſchen Herrn Ambaſſadeurs und Mediatoris, in ihrem Apartement einen Dais hatte: weil man nicht er - rathen kunte, warum ſie ſich dieſer Singularité be - dienete: Denn einmahl wuſte man, daß der junge Koͤnig in Schweden, Carolus XII. keine Gemah - lin, welche ſie haͤtte repræſentiren koͤnnen, hatte; Es war auch wohl bekannt, daß Herꝛ Baron von Lilienroth Repreſentant ſeines Koͤniges: es hatte aber noch bis dato keines Geſandten Frau, eini - ges Creditif oder Plein-Pouveir produciret: und ſich dadurch legitimiret, daß ſie die Perſon ihrer Koͤnigin repræſentiren ſolte. Jm uͤbrigen ſo war doch gleichwohl keine unter den andern vornehmen Dames, welche der Baroneſſe von Li - lienroth, es hierinnen nachthun wolte.

§. 56.

Gleichwie ſich nun dieſer Frieden mit allerhand Ceremonien-Streit angefangen, und fortgebracht hatte; alſo wurde er auch mit zuvor diſputireten, endlich aber doch accordireten Ce - remonien beſchloſſen. Die Kayſ. Herren Ge - ſandten prætendireten, daß die Fꝛantzoͤſiſchen, ſo,wie655Hoff-Ceremoniel. wie zu Muͤnſter und Riemaͤgen geſchehen, in dem Saale, in welchem das verfertigte Friedens-In - ſtrument ſolte unterſchrieben werden, ſich zuerſt einfinden: und auf die Kayſerlichen nur wenige Zeit warten ſolten; Allein die Frantzoſen ſchlugen ſol - ches beſtaͤndig ab: und demnach wuꝛde deꝛ Schluß gefaſſet, daß man ſich von beyden Theilen ohne alle Ceremonien in den Saal des Mediatoris begeben, und daſelbſt die Friedens-Articul unter - ſchreiben wolle, wobey es auch bliebe; maſſen die Kayſerl. und Frantzoͤſ. jeder durch ſeine Thuͤre in des Mediatoris Zimmer kamen: deñ auch ein jeder Theil auf derſelben Seiten, wo er in das Zimmer kommen, ſich an eine ovale Taffel: der Mediator aber unten an ſetzte; aus egard, daß dieſe Zuſam - menkunfft in ſeinem Zimmer geſchehe, in welchem er Wirth waͤre.

§. 57.

Noch eine andere Competentz errege - te ſich, und zwar daruͤber: daß man nicht einig werden kunte, welche unter denen Hohen Alliirten, ihren mit Franckreich getroffenen Frieden, am er - ſten unterzeichnen ſolten. Man machte zwar fol - gendes Argument: daß derjenige, welcher am erſten ſeinen Frieden mit Franckreich zu Stande gebracht, ſelbigen auch am erſten unterſchreiben und beſiegeln ſolte. Nun aber waren die Spanier dißfalls die erſteren; allein die Frantzoſen refuſi - reten den Frieden mit Spanien zu unterzeichnen, bevor die Engellaͤnder und Hollaͤnder, die mitFranck -656EuropaͤiſchesFranckreich getroffene Articulos Pacis, durch re - ciproque Unteꝛzeichnung beſtaͤtiget haͤtten. Nach - dem aber die Hollaͤnder gewahr wurden, daß die Engellaͤnder Bedencken trugen, dißfalls die erſte - ren zu ſeyn; reſolvirten ſich jene, nach einer vor - hergehenden kleinen Conteſtation, zuerſt zu un - terſchreiben: wodurch auch dieſem ſtreitigen Cere - moniel abgeholffen ward. Unterzeichneten dem - nach der Hohen Alliirten Miniſtri ihre Tabulas Pacis in dem Zimmer des Herrn Mediatoris, in folgender Ordnung:

  • 1. Die Hollaͤnder den 20. Sept. 1697. un - gefehr um 1. Uhr nach Mitternacht.
  • 2. Die Engellaͤnder in eben dieſer Nacht um 2. Uhr.
  • 3. Die Spanier auch in dieſer Nacht, Mor - gens gegen 3. Uhr.

§. 58.

Kayſerl. Majeſtaͤt und das Roͤm. Reich, kunten mit ihrem Frieden mit Franckreich nicht ſo bald, als itztgemeldte Potentzien, fertig werden: ſondern es verzoge ſich deſſelben Unterzeichnung bis auf den 30. Oct. 1697. Ob nun gleich an die - ſem bemeldten Tage, die Kayſerlichen, Chuꝛfuͤrſtl. Fuͤrſtl. und anderer Staͤnde des Reichs, wie in - gleichen die Frantzoͤſ. Plenipotentiarii, ſchon um 4. Uhr auf dem Hauſe Neubuꝛg verſam̃let waren; So wurde doch dieſer Frieden nicht eher als um 4. Uhr nach Mitteꝛnacht: und alſo mehr den 31. Oct. als den 30. unterſchꝛieben. Wiewohl man das hierletzt657Hoff-Ceremoniel. letzt geſetzte Datum pro Die ſubſcriptionis be - halten. Die Urſache ſolcher Verzoͤgerung war, daß der Hr. Baron von Seilern, Kayſ. Ambaſſa - deur, mit dem Frantzoͤſ. Monſ. Callieres, die Tractaten zuvor noch einmahl fleißig und genau collationireten: und nachdem dieſes geſchehen, den Frieden, bevor er unterſchrieben und beſiegelt wurde, mit folgendem Ceremoniel publiciren lieſſen: Man machte die Thuͤren des Conferentz - Zimmers auf allen Seiten auf: und wurden alle anweſende Cavaliers, und auch andere Leute, ſo viel derer etwan in beſagtem Zimmer Raum ha - ben kunten, eingelaſſen. Und als es darauf ſtille worden, fieng der Kayſerliche Geſandte, Herr B. von Seilern, das Friedens-Inſtrument an zu le - ſen, und fuhr in ſeiner Lectur bis auf die Helffte deſſelben fort: da ſodann der Frantzoͤſ. Ambaſſa - deur die andere Helffte ablaſe. Womit eine gute Zeit hinlieffe, zumahlen Monſ. Callieres in waͤh - rendem Leſen die Worte, welche in ſeinem Exem - plar falſch geſchrieben waren, corrigirte. So dann unterſchrieben die Kayſerlichen und Frantzoͤ - ſiſchen Herren Geſandten, in der Mediatorum Zimmer, und zwar in derer Gegenwart, das Frie - dens-Inſtrument.

§. 59.

Als dieſes dergeſtalt bewerckſtelliget worden war, ſendete man die Tabulas Pacis de - nen Reichs-Deputirten, welche in einer andern Cammer verſammlet waren, zu: um ſelbige zu be -T tſie -658Europaͤiſchesſiegeln, und zu unterſchreiben. Bey dieſem letz - teren Actu, fanden ſich die Miniſtri Mediationis, Graf von Bonde und Baron von Lilienroth, nicht mehr ein: ſondern retirirten ſich in ihr Quartier nach dem Haag; und lieſſen nur ihren Legations - Secretair, Monſ. de Frieſendorf, zuruͤcke, wie man meynet, darum: weil dieſer Frieden eine nicht geringe breche in den Weſtphaͤliſchen Frieden, deſſen Guarantie der Koͤnig in Schweden uͤber - nommen, gemacht hatte; welches, daß es die Urſache geweſen ſey, aus der Reſervation, welche die Schwediſchen Miniſtri Mediationis, bald nach der von Kayſerl. und Frantzoͤſiſchen Pleni - potentiariis geſchehener Friedens-Unterzeich - nung, und als man von dem Tiſche aufſtunde, dieſen beyden Theilen uͤberreicheten, gar deutlich abzunehmen.

§. 60.

Jn dieſer von dem Schwediſchen Mi - niſtris gethanen Reſervation und Declaration, welche dem Rißwigiſchen Frieden auch mit ange - heftet worden, findet man in expreſſen Terminis: Daß, weil die Stadt Straßburg durch dieſen Frie - den dem Roͤm. Reich nicht hat wieder incorpo - riret werden koͤnnen: und anbey etwas neues in Eccleſiaſticis, welche im Weſtphaͤliſchen Frie - dens-Schluß feſt geſetzet geweſen, entſtanden; ſich die Schwediſchen Miniſtri ausdruͤcklich reſervi - reten: innerhalb der Zeit, da die Ratificationes ausgewechſelt werden ſollen, Jhrer Koͤnigl. Ma -jeſtaͤt659Hoff-Ceremoniel. jeſtaͤt von Schweden Willen und Meynung, hier - uͤber zu erklaͤren.

§. 61.

Weil nun aber der Reichs-Alliirten und Staͤnde Plenipotentiariorum, eine zimli - che Anzahl, welche alle unterſchreiben ſolten, war; ſo wurde umb den Platz und Zeit zu erſpahren, ver - abredet: daß man bey dem Unterſchreiben, ein meh - reres nicht als den Nahmen des Miniſtri, und in weſſen Nahmen er unterſchrieben, ſetzen ſolle. Die Kayſerlichen, wie auch die Frantzoͤſiſchen Herren Geſandten, nebſt einigen anderen reſpective Ambaſſadeurs, und Plenipotentiariis, obſer - vireten dieſe genommene Abrede exact; wie aus den gedruckten Tabulis Pacis und derer Signa - tur zu erſehen iſt; Allein einige kunten ſich doch umb ihre hohe Charges und Geſchlechter der Welt bekandt zu machen, nicht entbrechen: der genommenen Abrede zu wieder ein mehres als ihren Nahmen zu unterzeichnen; wie man aber - mahlen aus ipſisſimis Pacis Riſwicenſis Tabu - lis, wer ſelbige geweſen, erſehen kan.

§. 62.

Bey dieſer Unterſchrifft fiel nun aber - mahl ein Præcedentz-Streit, ratione Locatio - nis nominum ſubſcribendorum, fuͤr. Denn als die zwey Chur-Mayntziſchen Plenipotentia - rii, als Miniſtri ſonder charactere repræſenta - tivo, von welchen ſchon oben bey Erzehlung der Reichs-Deputation Meldung geſchehen: gleich - wohl immediate nach dem Hn. B. von Schoͤn -T t 2born,660Europaͤiſchesborn, Chur-Maintziſchen Ambaſſadeur unter - ſchrieben; wolte der Chur-Bayeriſche Geſandte cum charactere, dieſen zweyen nicht nachſtehen; ſondern ſatzte ſeinen Nahmen neben den Herrn Baron von Schoͤnborn: und zwar auf die Seite auf welcher ſich die Frantzoͤſiſchen Ambaſſadeurs unterſchrieben, und unter dieſelben: druͤckte auch ſein Signet auf die Schnure der Frantzoſen. Von welcher Aꝛt deꝛ Subſcription einige eine Plai - ſanterie und kein gutes Omen machten: daß ſich Franckreich und Chur-Bayern durch die Nah - men ihrer Plenipotentiariorum ſo nahe zuſam - men hielten. Eben dieſer Chur-Bayeriſche Mi - niſter hatte ſich, der gethanen Abrede zu wieder, Legatum extraordinarium und Plenipotenti - arium unterſchrieben: welche Titulatur man noch heut zu Tage, in dem Lateiniſchen und Deutſchen Exemplar dieſes Fꝛiedens, alſo findet; der Fꝛantzoͤſi - ſche Interpres aber dieſes Friedens, hatte an ſtatt des Worts Legati, Envoyé Extraordinair geſe - tzet; Woruͤber dieſer Chur-Bayeriſche Miniſter ſich nicht wenig emportirete, und anbefohle: daß die Bogen, wo Envoyé Extraordinair ſtuͤnde, moͤchten umbgedruckt werden.

§. 63.

Die Plenipotentiarii der Stadt Coͤlln hatten ſich dergeſtalt unterſchrieben: No - mine Liberæ & Imperialis Civitatis Coloniæ Agrippinæ Plenipotentiarii; da hingegen die Plenipotentiarii der Stadt Augſpurg und Franckfurth am Mayn, ſich nur bloß Plenipo -ten -661Hoff-Ceremoniel. tentiarios liberæ civitatis unterſchrieben: das Wort Imperialis aber, weggelaſſen hatten. Die - ſes thaten die Coͤllniſchen nur deswegen, ihr Jus und Poſſeſſion zu zeigen und zu behaupten: weil bekannt, daß der Churfuͤrſt von Coͤlln, ihnen das Prædicat, Civitatis Imperialis, ſtreitig machet; Welches zu einer groͤſſeren Colliſion, als GOtt Lob, gleichwohl nicht geſchehen, haͤtte Anlaß ge - ben koͤnnen; Sondern es war ſich vielmehr zu ver - wundern, daß Johannes Conradus Norff Chur - Coͤllniſcher Plenipotentiarius, ſich nicht dar - wieder movirete: ſondern vielmehr dem Coͤllni - ſchen die Feder, mit welcher er zuvor unterſchrie - ben hatte, zureichte; wiewohl, wenn man die Un - terſchrifft des Monſ. Norff recht anſiehet, man finden wird, daß er nicht ſo wohl von wegen des Churfuͤrſten von Coͤlln, als des Biſchoffs von Luͤt - tich unterſchrieben: und folgentlich in die Unter - ſchrifft des Staͤdtiſchen Coͤllniſchen Plenipoten - tiarii, condeſcendiren koͤnnen.

§. 64.

Einiger zu dieſem Frieden gehoͤrigen, und in ſelbigem auch genenneten Reichs-Alliirten Miniſtri, unterſchrieben dieſen Frieden gleichwohl gar nicht: wie man ſolches aus den gedruckten Ta - bulis Pacis, und denen darinnen befindlichen Un - terſchrifften ſehen kan. Diejenigen nun, welche ſich ſelbigen zu unterſchreiben weigerten, waren uͤberhaupt die Miniſtri der Proteſtirenden Reichs-Alliirten und Staͤnde in Deutſchland;T t 3Maſ -662EuropaͤiſchesMaſſen deꝛer nicht mehr als die Heꝛtzoglich-Wuͤꝛ - tembergiſchen: die von der Graͤflichen Wetterau - iſchen Banck: die Staͤdtiſchen Augſpurgiſchen und Franckfurthiſchen unterſchrieben; Von den uͤbrigen aber, ſiehet man keine Unterſchrifft oder Signatur, deſſen Urſache war: Daß man den 4ten Articul dieſes Friedens Franckreich zugeſtanden: und nicht, gleichwie der Mediator darzu anfaͤng - lich Hoffnung gemacht, redresſiret hatte. Weil nun dieſes, nicht nur als eine dem Weſtphaͤliſchen Frieden, ſondern auch denen Inſtructionen der Proteſtirenden Churfuͤrſten, Fuͤrſten und Staͤnde Miniſtrorum, zuwieder lauffende Sache ange - geben wurde; ſo entſchuldigten ſich dieſe der pro - teſtirenden Staͤnde Miniſtri, daß man von ihnen nicht begehren koͤnne noch ſolle, etwas zu unter - ſchreiben, welches ihrer Inſtruction Schnur - ſtracks zuwieder lieffe. Daß aber Hr. von Culpis, und Herr von Heſpen, Hertzoglich Wuͤrtembergi - ſche Miniſtri, und nebſt ihnen noch einige umb den Rhein gelegene der proteſtirenden Religion zugethane Staͤnde, gleichwohl unterſchrieben, ge - ſchahe deswegen; weil ſie beſorgeten, daß wenn der Friede gleichwohl ohne ihre Signatur von Kayſerlicher Majeſtaͤt und dem Reich geſchloſſen, wuͤrde: ſie aber von demſelbigen ausgeſchloſſen blieben; Franckreich hernach die Territoria ihrer Herren Principalen uͤberfallen, und in gaͤntzlichen Ruin bringen moͤchte. Und obgleich der Hol -laͤn -663Hoff-Ceremoniel. laͤndiſche Penſionarius Heinſius, bey denen Frantzoͤſiſchen Geſandten, noch eine Friſt von 6. Wochen fuͤr die Proteſtirenden Staͤnde aus - brachte: wegen dieſes 4. Articuls zu deliberiren, und zu trachten, ob ſich etwan Franckreich von demſelbigen relachiren moͤchte; ſo bliebe doch Franckreich beſtaͤndig dabey, vorwendende:

  • 1. Daß dasjenige, welches zu dem vorherge - henden Kriege keinen Anlaß gegeben, auch in dieſem Frieden nicht abgethan werden ſolte; Weil nun die Religion zu ſolchem kei - nen Anlaß gegeben, Ergo.
  • 2. Die Religions-Angelegenheiten der Staͤnde des Roͤmiſchen Deutſchen Reichs, intra Imperium auf dem Reichs-Tage: nicht aber extra illud bey einem auswaͤrtigen Frieden abzuthun waͤren.

Und alſo bliebe der 4dte Articul, welcher noch zu gegenwaͤrtigen Zeiten ſo viel Diſputirens un - ter den Staͤnden des Reichs machet, in ſeiner Situation: zugleich aber auch, unterbliebe die Signatur der, der Proteſtirenden Religion zu - gethanen Churfuͤrſten, Fuͤrſten und Staͤnde des Reiches.

§. 65.

Bevor man die Erzehlung dieſes Riß - wigiſchen Friedens-Schluſſes noch gaͤntzlich ſchlieſſet, ſo wird zu deſſen Beſchluß noch anzu - fuͤhren ſeyn: was etwan ratione des Ceremoniels,T t 4oder664Europaͤiſchesoder der demſelben verwandten Dinge, bey der Ra - tification dieſes Fꝛiedens voꝛgefallen. Deñ die an - dern Affairen, welche zu Regenſpurg wegen des 4ten Articuls, unter denen daſelbſt verſammleten Staͤnden, in quæſtionem Juris & æquitatis ge - fallen u. ventiliret worden: ſind unſerem Abſehen nicht mit unterworffen, und allhier nach der Laͤnge nicht zuerzehlen; ob ſelbige gleich hauptſaͤchlich ad validitatem Pacis hujus mit gehoͤrig. Nach ge - ſchloſſenem Frieden, uͤberreicheten die daſelbſt an - weſende Miniſtri der Reichs-Staͤnde ein Gut - achten, und uͤberlieferten ſelbiges den 26. No - vembr. 1697. dem Kayſerlichen hoͤchſtanſehnli - chen Herrn Commiſſario: in welchem ſie Kay - ſerlicher Majeſtaͤt gehorſamſten Danck, fuͤr die bey dem Frieden angewendete Vaͤteꝛliche Voꝛſor - ge des Reichs abſtatteten: anbey ſelbige allerun - terthaͤnigſt erſucheten, daß ſie dieſen Frieden, gleichwie ſie Reichs-Staͤnde hiermit thaͤten, auch ihres allerhoͤchſten Ortes zu ratificiren, geruhen wolten; jedoch dergeſtalt, daß

  • 1. Der Articulus ſeparatus wegen der Her - tzogin von Orleans,
  • 2. Der bey dem Frieden vorgefallene Modus tractandi und communicandi mit der Reichs-Deputation,
  • 3. Was dem Inſtrumento Pacis Weſtpha - licæ entgegen, zu Rißwig abgehandeltwor -665Hoff-Ceremoniel. worden, dem Reich weder anitzo, noch ins kuͤnftige præjudicirlich ſeyn:
  • 4. Der Koͤnig von Pohlen, Auguſtus, auch in dieſen Frieden miteingeſchloſſen werden moͤchte.

Hierauf bekamen die Staͤnde des Reichs, von Kayſerl. Majeſtaͤt, den 3ten December eine gar gnaͤdige Antwort; in welcher doch gleichwohl dem Reich Vorſtellung gemacht wurde, daß es hors de la Saiſon ſeyn moͤchte: ihr Verlangen dem Koͤnige in Franckreich eodem modo, als ſie es begehrten, vorzutragen. Darauf erfolgte die Kayſerl. den 7. Decembr. in Wien ausgefertigte Ratification, in Lateiniſcher Sprache: welche aber in kurtzen und generalen Terminis beſtunde. Es erſchiene auch die Frantzoͤſiſche vom 14. Nov. zu Meudon unterſchriebene Ratification: welche aber auch nur in generalen und zu der Sache ge - hoͤrigen Terminis verfaſſet war. So wohl nun die Ratification Kayſ. Majeſtaͤt, und des Koͤniges von Franckreich, als auch der Staͤnde des Roͤm. Reichs, wurden, um ausgewechſelt zu werden, nach dem Haag geſendet; welche Auswechſelung auch daſelbſt mit dieſem Ceremoniel geſchahe: Daß ſich der Kayſerliche, der Chur-Coͤllniſche, (deñ der Chur-Mayntziſche war ſchon von dem Haag abgegangen, hatte aber dem Chur-Coͤllniſchen kein Mandat hinterlaſſen) der Frantzoͤſiſche und der Schwediſche Legations-Secretarius: ein je -T t 5der666Europaͤiſchesder mit etlichen Cavaliers, nach dem Hauſe Neu - burg begaben, und die Auswechſelungen daſelbſt vornahmen. Wobey ſich doch noch zweyerley ſin - gularia ereigneten:

  • 1. Denn die Frantzoſen hatten nur ein eintzi - ges Exemplar in originali von Meudon erhalten: und wolten demnach den Staͤn - den des Reichs, nur eine vidimirte Copie aushaͤndigen: worgegen ſich zwar die Staͤnde ſetzten, und ſich auf die Acta des Weſtphaͤliſchen und Niemaͤgiſchen Frie - dens, wie auch auf die Armiſtitz-Tracta - ten berufften: aber nichts anders erhal - ten kunten. Hingegen
  • 2. Muſten die Frantzoſen auch vorlieb nehmen, daß die Reichs-Ratification nicht von dem Churfuͤrſten von Mayntz ſelbſt: ſondern nur von denen Chur-Mayntziſchen Geſandten zu Regenſpurg war unterſchrieben worden: Wurde demnach eine Imperfectio mit der andern compenſiret.

Nach dieſen, nahmen die im Haag verſam̃let geweſenen Ambaſſadeurs und Plenipotentiarii, einer nach dem andern von einander, ins beſonde - re aber auch von den Herren General-Staaten, und zwar die meiſten in oͤffentlicher Audientz, Ab - ſchied; da ſich denn noch zu guter letzt ein Cere - monien-Streit auf folgende Art ereignete: Die Herren General-Staaten, welche gleichwie an -dere667Hoff-Ceremoniel. dere Souverains, dergleichen ſie præſentiren, kei - nem eintzigen Ambaſſadeur, er mag ſo hoch, und geſendet ſeyn von wem er koͤnne und wolle, den Titul Excellentz geben: hatten doch gleichwohl durch ihren Præſidenten, dem Daͤhniſchen Am - baſſadeur, als er von ihnen Abſchied nahm, die - ſes Ehren-Wort ertheilet. Der Hr. Baron Li - lienroth, als welcher auch entſchloſſen war, mit eheſtem ſeine Abſchieds-Audientz bey den Herren General-Staaten zu nehmen, redete dißfalls mit dem Herrn de Lier, damahligen Præſidenten: und prætendirte von ihm und den Herren Gene - ral-Staaten, daß man ihm, wenn er publiquen Abſchied nehmen wuͤrde, dieſen Titul auch geben ſolte. Allein er bekam den Beſcheid und die Er - klaͤrung: Daß der Præſident, welcher damahlen das Præſidium gehabt, und noch niemahlen zu - vor das Wort gefuͤhret, ſolches gegen die Daͤhni - ſchen Ambaſſadeurs, ohne zuvor gehabte Delibe - ration und Conſens mit den Herren General - Staaten, und aus einer bloſſen Inadvertance ge - than; ins kuͤnftige aber ſolche Titulatur keinem Ambaſſadeur mehr gegeben werden: ſondern ſel - bige nur ſo wie bißhero bey ihnen gebraͤuchlich ge - weſen, tractiret werden wuͤrden. Welches alſo dem Daͤhniſchen keine Avantage, ihm aber, dem Schwediſchen, kein Præjuditz machen koͤnte; als fuͤr deſſen Perſon ſie im uͤbrigen, alle beſondereEſtime668EuropaͤiſchesEſtime hegten; und alſo kam auch dieſe Cere - monie noch zu einem guten Ende.

Eilfftes Capitel. Von dem Streit, welcher auf dem Utrechtiſchen Frieden, wegen der La - quays entſtanden.

§. 1.

Bey dieſem Frieden iſt wegen des groſ - ſen Ceremoniels, zwar nicht viel ſondeꝛliches vor - gefallen; weil man, wie an ſeinem Orte ſchon ge - meldet worden, bald Anfangs die Abrede genom - men: daß die dahin geſendeten Miniſtri, bis zu der Signatur des Friedens, nur als Plenipotentiarii, nicht aber als Ambaſſadeurs, angeſehen und tra - ctiret werden ſolten. Hingegen entſtunde da - ſelbſt eine Laquays-Affaire Anno 1712. den 27. Julii: welche die Herren Ambaſſadeurs, ja gar dero Hohen Principalen in Unvernehmen mit ein - wickelte. Denn gemeldten Tages fruͤh um 10. Uhr, fuhr Adolph Heinrich, Graf von Rechtern, der Herren General-Staaten bey bemeldtem Frieden Plenipotentiarius, bey dem Hauſe des nunmehro ſchon verſtorbenen Monſ. Menager, Frantzoͤſiſchen Plenipotentiarii, vorbey: um den Monſ. Moermont, auch Staatiſchen Geſand - ten, zu ſprechen: als in der Thuͤre des Frantzoͤſi - ſchen Plenipotentiarii, ſich deſſen Schweitzer und einige Laquays befunden. Da denn die Fꝛantzoͤſi - ſchen Laquays, auf die Hollaͤndiſchen im Vorbey -fah -669Hoff-Ceremoniel. fahren, mit Fingern wieſen, lachten, pfiffen und ſich uͤber ſie moquirten. Weil nun der Graf Rechtern, den Hꝛn. von Moermont auf dem Jo - hannis-Platz antraf; ſetzte er ſich nebſt demſelben in ſeine Caroſſe, um eine Tour nach der Maillen - Bahn zu thun: Von welcher ſie wieder zuruͤck ka - men, und abermahl bey dem Hauſe des Mr. Me - nager voꝛbey fuhren. Da ſich deñ der Schweitzer und einige Laquayen wieder in der Thuͤre deſſen Logement befanden: und die Laquays des Gra - fen Rechtern und Mr. Moermont, wie zuvor ge - ſchehen, agireten; Darauf ſich die Hollaͤndiſchen Laquays bey ihren Herrn beſchwerten: welche auch deßwegen Tages darauf, nemlich den 28ten Julii, ihren Secretair, Rumpf, zu dem Monſ. Menager ſendeten: um ihm ihre Beſchwerniß vorzutragen, und auf eine obligeante und freund - liche Art Reparation zu bitten, mit Ordre: Daß im Fall der Monſ. Menager ſelbige zu geben, ab - ſolut weigerte, ihn der Secretarius noͤthigen ſol - te, eine poſitive Antwort zu geben; So aber Mr. Menager weder Reparation noch poſitive Ant - wort geben wolte: ſolte der Secretair ableſen, was ihm auf einen Zettel waͤre geſchrieben wor - den. Welche Schrifft nichts anders in ſich hielte, als 1. das Factum der Frantzoͤſiſchen Laquays; 2. Eine Anſuchung an den Frantzoͤſiſchen Pleni - potentiarium, ſeinen inſolenten Laquays eine Correction zu geben; 3. Eine Allegirung der inUtrecht,670EuropaͤiſchesUtrecht, bey Anfang des Friedens-Congreſſes, etablireten Policey-Ordnung, krafft welcher ſich die Plenipotentarii unter einander verglichen: Daß, wenn ein Domeſtique eines Plenipoten - tiarii, mit eines andern Miniſtri Domeſtiquen in Querell geriethen, der Aggreſſor ſo gleich dem - ſelben Herrn zur Beſtraffung ſolte extradiret werden, deſſen Domeſtiquen er beleidiget. 4. Eine Proteſtation, daß Mr. Menager die Staa - tiſchen Plenipotentiarios nicht etwan forciren ſolte, daß ſie ſich ſelbſt Recht ſchaffen muͤſten. Der Secretair der Staatiſchen Miniſter, brach - te ſeinen Principalen hierauf die Antwort: Daß er den Monſ. Menager zwar geſpꝛochen, ihm das Factum vorgetragen, und mit honetten Ter - minis Reparation gefordert; Allein daß der Monſ. Menager daruͤber viel Difficultirens ge - macht, und unterſchiedene Raiſons fuͤrgebracht: jedoch endlich, nach vieler von dem Secretario ge - thaner Repræſentation und Inſtance, darein ge - williget: daß die Laquays des Hrn. Graf Rech - tern, und des Monſ. Moermont, ſich nach Mit - tage um 3. Uhr in das Logement des Mr. Me - nager einfinden, und ſich mit deſſen Domeſtiquen confrontiren laſſen ſolten. Auf dieſe Nach - richt, hat der Graf Rechtern und Mr. Moermont dem Herrn von Riel geſagt: Daß er ſich mit den Hollaͤndiſchen Laquays um 3. Uhr in das Quar - tier des Monſ. Menager begeben: daſelbſt dasWort671Hoff-Ceremoniel. Wort fuͤhren, und der Confrontation beywoh - nen ſolte; damit alles in guter Ordre und mit ge - buͤhrendem Reſpect, ſo viel nur moͤglich, vorge - nommen wuͤrde. Anbey haben die Staatiſchen Plenipotentiarii ihren Laquays ſcharf befohlen: ſie ſolten bey Vermeidung ihrer Ungnade, keinen Laquayen von des Monſ. Menager anklagen, von welchem ſie nicht gewiß ſagen koͤnten, daß er mit unter denen Frevelern geweſen, und ſie inju - riret. Darnach iſt der Graf Rechtern gegen 1. Uhr nach Hauſe gekehret: und als er kaum eine halbe Stunde zu Hauſe geweſen, kam ein Gentil - homme, von Monſ. Menager geſchickt, zu ihm, und ſagte ihm von wegen ſeines Principalen: Daß ſelbiger zwar darein gewilliget, daß um 3. Uhr nach Mittage ſich die Laquayen der Staa - tiſchen Geſandten zu ihm verfuͤgen ſolten, um mit den Seinigen confrontiret zu werden; weil aber zweye von den Domeſtiquen des Monſ. Mena - ger, mit ſeiner Erlaubniß aus der Stadt ge - gangen: und erſt gegen Abend wieder kommen wuͤrden; ſo wuͤnſchte er, daß die Confrontation bis auf den morgenden Tag moͤchte verſchoben werden, weil ſodann alle ſeine Domeſtiquen wuͤrden beyſammen ſeyn; Welches der Hr. Graf Rechtern auch accordiret, und darauf Abends, wegen einiger vorgefallener Affaires, nach dem Haag verreiſen muͤſſen.

§. 2.672Europaͤiſches

§. 2.

Den 29. Julii, ſendete Monſ. Menager, gegen Mittag ſeinen Cavallier zu dem Monſ. de Mo[e]rmont, welcher ihn berichtete: daß nachdem Monſ. Menagers zwey Domeſtiquen von ihrem Spatzier-Gange wieder kommen, ſie und alle ſei - ne Laquays uͤber das Attentat examiniret wor - den waͤren; Allein ſie haͤtten alle gelaͤugnet, daß ſie etwas dergleichen gethan; jedoch (ließ er ferner ſagen) wo man vor rathſam hielte, ſich uͤber die - ſes bey dem Schweitzer zu erkundigen, wer unter ſeinen Domeſtiquen moͤchte coupable ſeyn, wolt er ihn zu dem Monſ. Moermont ſchicken. Dar - auf aber dieſer repliciret; daß man ſich mit dieſer Antwort nicht vergnuͤgen koͤnne: ſondern, weil Monſ. Menager den 28. Julii eingewilliget haͤt - te, daß er die Domeſtiquen von beyden Theilen confrontiren laſſen wolte; ſo hielte man ſich dar - an, umb die Sache in Richtigkeit zu bringen. Je - doch weil der Graf Rechtern anitzo nicht in Utrecht gegenwaͤrtig, als welcher zweyfach bey der Sache intereſſiret: ſo ſchiene es ihm geſchickter, ſelbige biß zu ſeiner Wiederkunfft zu verſchieben. Alleine zwey Tage darauf wurde Monſ. Moermont toͤdlich kranck: und der Graf Rechtern bliebe gan - tzer 14. Tage im Haag. Als nun jener einiger maſ - ſen von der Kranckheit retabliret, dieſer aber in Utrecht wieder retournirt war; ſahen es die zwey Hoͤllaͤndiſche Miniſtri fuͤr gut an, noch einmahl den 15. Auguſti, den Secretair Rumpff, umbrai -673Hoff-Ceremoniel. raiſonable Satisfaction anzuhalten, und die Dif - ferentz dadurch zu endigen, zu dem Monſ. Mena - ger abzuſenden.

§. 3.

Der Secretair wurde wuͤrcklich an ihn geſchickt, und brachte dieſe Antwort zuruͤcke: Daß er zwar die Ehre gehabt, mit dem Monſ. Menager zu ſprechen: aber nichts anders zur Antwort erhal - ten, als: Daß er einen ſeiner Cavallier an den Gra - fen Rechtern, mit eben derjenigen Antwort, welche er den 29. Julii hatte an Monſ. Moermont thun laſſen, ſenden wolte; wie denn auch den 16. Au - guſti der verſprochene Cavallier von ihm bey dem Grafen Rechtern ſich einſtellete, und ihm im Nahmen ſeines Principalen meldete: daß ſelbiger, wehrender Abreiſe des Herrn Graf Rechtern von Utrecht nach dem Haag, ſeine Domeſtiques, auf die Beſchwerung des Monſ. Moermont nnd Herr Graf Rechtern, examiniret; daß aber ſeine Domeſtiquen die That, uͤber welche man ſie beſchuldigte, gelaͤugnet: und daß er wolte den Schweitzer, als welcher gegenwaͤrtig geweſen und alles geſehen haͤtte, ihme zuſchicken.

§. 4.

Worauf der Graf Rechtern dem Caval - lier zur Antwort gegeben: Daß ihm durch dieſe Nachricht duͤnckete, daß Monſ. Menager ſeine Domeſtiquen viel mehr protegiren: und wieder alle Billigkeit und ſeine eigene Promeſſe, welche er im 8. Articul des Policey-Reglements gethan, Ausflucht und Entſchuldigung ſuchen; aber keineU uan -674Europaͤiſchesanſtaͤndige und gebuͤhrende Satisfaction thun wolte: Und daß der Schweitzer eben ſo wohl an dem Affront Theil habe als die andern: und fol - gendlich Monſ. Menager, nichts anders als die Confrontation, zwiſchen beyderſeits Laqvays vorzunehmen: (gleichwie man daruͤber einig wor - den waͤre,) und dadurch zu bezeigen haͤtte, daß er die Warheit wiſſen wolle, welche ſich auch ſo dann gar bald zeigen wuͤrde; Daß auch Mr. Menager einer Seits verſichert ſeyn koͤnte, daß weder Mr. Moermont, noch auch der Graf Rechtern, die verlangte Satisfaction nicht ſo hoch ſpannen wuͤr - den: daß ſie einen Domeſtiquen dadurch un - gluͤcklich zu machen tꝛachteten; Daß aber auch an - derſeits Monſ. Menager nicht laͤnger difficulti - ren ſolte, dem Decoro ein Genuͤgen zu leiſten, und ihnen eine raiſonable Satisfaction zu geben: wie ſie deñ (die Staatiſchen Plenipotentiarii) dem - nach erwarteten, daß Monſ. Menager auf das eheſte Satisfaction verſchaffen wuͤrde.

§. 5.

Jnzwiſchen, ehe dieſe Diffierentz debat - tiret wurde, gieng den 18. Auguſti der Graf Rech - tern mit dem Monſ. de Randwyck und Buys auf der Mallien-Bahn ſpatzieren: dahin wenige Zeit darauf Monſ. Menager auch kam, und ſich zu ih - nen begabe. Nachdem ſie nun einige Zeit von einigen indifferenten Sachen geredet, fieng der Graf Rechtern an, und ſagte zu dem Monſ. Me - nager: Die Affaire zwiſchen unſeren Domeſti -quen675Hoff-Ceremoniel. quen ſchwebet noch: und ich wuͤnſchte gleichwohl, daß der Herr eine raiſonable Satisfaction darin - nen thun laſſen wolte. Worauf der Monſ. Me - nager ihm antwortete: Jch habe meinen Caval - lier zu dem Herrn geſendet, umb ihm zu melden, daß ich meine Domeſtiquen examiniret habe, und daß ſie die That, derer man ſie beſchuldiget, gelaͤugnet; daß ich auch willig geweſen, meinen Schweitzer zu ihm zu ſenden, umb von demſelben Information einzuziehen: ob einer meiner Do - meſtiqueu etwas dergleichen gethan, da ruͤber man ihn anklaget. Darauf der Graf Rechtern verſetzte: Was fuͤr eine Apparentz iſt es wohl, daß die Laqvays des Monſ. Moermont, und die Mei - nigen, ſolten des Herrn Domeſtiquen faͤlſchlich angeklaget haben? ſein Schweitzer iſt eben ſo viel daran verbrechlich als die anderen: und alſo hat ſie der Herr nur mit einander zu confrontiren, ſo wie man anfangs mit einander daruͤber eins wor - den; und ſeinen Domeſtiquen zu zeigen, daß er die Warheit von ihnen wiſſen wolle, die ſich denn gar bald zeigen wird. Hierauf gabe Mr. Menager ferner zur Antwort: Daß auf ſolche Art ein Theil die Klaͤger ſeyn, die andere aber die Klage laͤug - nen wuͤrden: und daß er ein dergleichen Bruit nicht in ſeinem Hauſe haben wolle: auch ſich in dieſer Affaire nicht zum Richter aufwerffen moͤch - te. Wogegen der Graf Rechtern einwendete; Es geziehmet gleichwohl dem Herrn, ſeine Domeſti -U u 2quen676Europaͤiſchesquen in ihrem Devoir zu halten: anlangende aber das Bruit in ſeinem Hauſe, wird man gute Sor - ge tragen, daß die Confrontation, von Seiten unſerer Laqvays, mit allem Reſpect und moͤglich - ſter Ordnung geſchehe. Allein der Monſ. Me - nager wiederhohlete nur, ſtatt fernerer Antwort, noch einmahl: daß er ſeine Domeſtiquen exami - niret, und daß ſie ſaͤmtlich die That gelaͤugnet haͤt - ten: er auch weiter kein Bruit in ſeinem Hauſe mit der Confrontation haben: und ſich zu keinem Richter aufwerffen wolte.

§. 6.

Endlich ſagete Mr. Buys auch gegen den Mr. Menager: Daß ſeine Domeſtiquen ohne Zweifel unrecht waͤren, und das umb deſtomehr; Weil ſich die Laqvays auch gegen ihn beſchweret haͤtten, daß ſie ſeine Domeſtiquen ausgepfiffen: und haͤtten zugleich bey ihm um Erlaubnuͤß gebe - then, ſich ſelbſt raͤchen zu duͤrffen: und daß er alſo, nach ſeiner Meinung, den Staatiſchen Herrn Ple - nipotentiarien Reparation zu thun haͤtte. Allein Mr. Menager weigerte beſtaͤndig, diß was man an ihn gelangete zu thun: daß endlich der Graf Rechtern ſich genoͤthiget funde in dieſe Worte auszubrechen: Mein Herr, er will keine Satisfa - ction verſchaffen: und dieſe Nachricht iſt uns alſo genung. Dannenhero es nicht wird anders ſeyn koͤnnen, als die Laqvays an einander zu laſſen, da - mit ſie ihre Querelles unter ſich abthun. Sagte demnach zu ſeinen Laqvays: daß er von Mr. Mena -ger677Hoff-Ceremoniel. ger keine Satisfaction erhalten koͤnne: und dem - nach ſie ihre Haͤndel unter einander ſchlichten moͤchten. Worauf die Plenipotentiarii noch ein wenig mit einander auf und ab ſpatziereten: ſo gleich aber ein Laqvay des Mr. Menager, mit 4. anderen ſeiner Cameraden begleitet, zu dem Mr. Menager kame, und klagete: Daß ein Laqvay des Graf Rechtern ihn inſultiret. Darauf aber des Graf Rechtern ſeine ſich auch naͤherten, und der Thaͤter antwortete: daß es wahr, daß er dem Frantzoͤſiſchen Laqvay ein paar Ohrfeigen gege - ben; weil dieſes eben derſelbige waͤre der ſie gehoͤ - net und ausgepfiffen: der es auch nicht laͤugnete. Darauf der Graf Rechtern dem klagenden Fran - tzoͤſichen Laqvay antwortete: Da ſehet ihr was es nutzet, wenn man andere Leute inſultiret und kei - ne Satisfaction geben will! noch dieſe Worte dazu fuͤgende: ſo offt meine Domeſtiquen dergleichen (ſich ſc. Satisfaction zu hohlen) thun werden, will ich ſie recompenſiren: und wo ſie es unterlieſſen, will ich ſie aus meinen Dienſt ſtoſſen.

§. 7.

Hieꝛbey bliebe es nun damahlen. Jnzwiſchen hatte Mr. Menager einen Bericht daruͤber an ſei - nen Koͤnig gethan; welcher ob er dem Facto wie es an ſich ſelbſten ſich begeben, gleichfoͤꝛmig odeꝛ nicht moͤge geweſen ſeyn, nicht gewiß geſaget: jedoch dubitiret werden kan. Deñ der Koͤnig ließ an den Mr. Menager einen Befehl ergehen, welchen er den Plenipotentiariis von Engelland commu -U u 3nici -678Europaͤiſchesniciren ſolte: in welchem folgende Puncta ent - halten:

  • 1. Daß die Frantzoͤſiſchen Plenipotentiarii von ihrem Koͤnige beordert waͤren, die Frie - dens-Negotiation zu ſuſpendiren: biß ſie Satisfaction wegen der von dem Graf Rechtern, an den Mr. Menager veruͤbten Inſultation, erhalten.
  • 2. Die Herren General-Staaten ſolten be - fraget werden: ob der Graf Rechtern diß was er geredet, und ſeine Laqvays ausge - uͤbet, auf ihre Ordre, oder nur fuͤr ſich ſelbſt gethan?
  • 3. Wo die Herren General-Staaten geſtuͤn - den, daß es auf ihre Ordre geſchehen; ſolten ſie, weil die Frantzoͤſiſchen Plenipotentia - rii dadurch keine Sicherheit mehr in Utrecht faͤnden, dem Koͤnige daruͤber Rechenſchaſt geben.
  • 4. Dafern ſie aber die Conduite des Herrn Grafen Rechtern mißbilligten, prætendi - rete der Koͤnig: daß da die Offenſe public geweſen, die Reparation derſelben auch publiquement geſchehe.
  • 5. Daß nebſt dem Herrn Graf Rechtern, auch alle andere Plenipotentiarii von Holland, ſich zu einem Plenipotentiario von Franck - reich, allwo die andern zwey ſeiner HerrnCol -679Hoff-Ceremoniel. Collegen ſich auch einfinden wuͤrden, bege - ben ſolten, ſcil. daſelbſt die Reparation zu thun.
  • 6. Daß dieſe Staatiſche Herren Plenipoten - tiarii, ſie, die Fꝛantzoͤſiſchen, im Namen ihrer Herren Principalen verſichern ſolten: daß der Graf Rechtern niemahlen Ordre von ihnen erhalten, welche deſſen Conduite authoriſiret haͤtte: Und daß ſie ſelbige miß - billigen, und ihren Gram daruͤber bezeigen ſolten: daß Seine Majeſtaͤt waͤre zu glau - ben bewogen worden, daß ihre Intention geweſen, ihme den ihm gebuͤhrenden Re - ſpect zu weigern.
  • 7. Daß der Koͤnig uͤber dieſes alles verlange: Daß man den Graf Rechtern von ſeiner Charge rappelliren, und einen andern an ſeine Stelle ſetzen ſolle; weil es ſeinem Ple - nipotentiariis unmoͤglich: ferner mit einem Miniſter, welcher wider das Voͤlckeꝛ-Recht gehandelt, zu negotiren.
  • 8. Daß dieſes die eintzige Satisfaction waͤre, welche ſeine Majeſtaͤt verlangte und zuge - ſtuͤnde: und daß ſeine Plenipotentiarii kei - ne andere annehmen wuͤrden.

§. 8.

Als nun der Herr Graf Rechtern ſahe, wie hoch der Koͤnig die Laqvayen-Affaire ſpanne - te; kam er der prætendireten Satisfaction da -U u 4durch680Europaͤiſchesdurch einiger maſſen zuvor: Daß er durch ein, den 5. Septembr. an die Herren General-Staten uͤberreichtes Memorial, ſeine Charges, die er biß 32. Jahr verwaltet, und ins beſondere ſein Ple - nipotentiariat zum Utrechtiſchen Friedens - Congreſs reſignirete. Worauf die Hrn. Gene - ral-Staaten, den 20. Septembr. eine Reſolu - tion verfaſſeten, und felbige an die Herren Pleni - potentiarios von Groß-Brittanien addresſire - ten: in welcher ſie bezeigeten,

  • 1. Daß ihnen von der Querelle, welche zwi - ſchen denen Laqvays vorgefallen, und her - nach einiger maſſen ihre Herren meliret, nichts gewuſt: weniger aber dazu Ordre ge - geben; und demnach diß, was ihnen unwiſ - ſend, und wieder ihre Ordre geſchehen, miß - billigten.
  • 2. Wohl gewuͤnſchet haͤtten: daß dieſe Affaire moͤchte keine ſolche Folgerung gehabt ha - ben, und allererſt fuͤr Jhre Aller-Chriſtlich - ſte Majeſtaͤt gebracht worden ſeyn; Doch weil es nunmehro alſo geſchehen, ſo hielten ſie doch nichts weniger dafuͤr: Daß, ob ſie gleich das Ungluͤck haͤtten, mit dem Koͤnige in Franckreich Krieg zu fuͤhren; ihnen doch ihre Majeſtaͤt die Billigkeit zuerkennen und glauben wuͤrde: daß ſie niemahlen den Re - ſpect und Hochachtung, welche eine Repu - blic einem ſo groſſen Koͤnige ſchuldig, (undwel -681Hoff-Ceremoniel. welche ſie allemahl bey ſich geheget, auch unaufhoͤrlich obſerviren wuͤrden) niemah - len aus den Augen geſetzet: und es ihnen gar nahe gehen und kuͤmmerlich ſeyn wuͤrde, wenn ihre Majeſtaͤt andere Meinung von ihnen haben ſolte.
  • 3. Sie auch anitzo, ihr Verlangen und Zunei - gung zu Befoͤrderung des Friedens zu be - zeigen, den Graf Rechtern nicht mehr als ihren Plenipotentiarium zu den Confe - rentien emploiren: ſondern, nach Ge - wohnheit und Herkommen ihres Gouver - nements, einen andern benennen wolten.
  • 4. Die Herꝛen General-Staaten, den Groß - Brittaniſchen Herren Plenipotentiariis ſchrifftliche Erklaͤrung, umb ſelbige den Frantzoͤſiſchen Herren Plenipotentiariis zu communiciren, thun: und dadurch bezeigen wolten; wie ſehr ihnen daran gelegen, alle Hindernuͤß, welche den Friedens-Tracta - ten ſchaͤdlich ſeyn koͤnten, aus dem Wege zu raͤumen: Und ſich dabey verſpraͤchen, daß die Hn. Plenipotentiarii von Groß-Brit - tanien, nicht allein der Condeſcendance Jhro Hochmoͤgenden, ſondern auch daß ſie dergeſtalt verfuͤhren, uͤberzeuget; und anbey behuͤlfflich ſeyn wuͤrden, daß die Hn. Pleni - potentiarii von Franckreich damit zu frieden ſeyn moͤchten.
U u 5Fuͤnff -682Europaͤiſches

Fuͤnfter Theil.

Erſtes Capitel. Von der, der Conduite, den Juribus, Privilegiis, &c. eines Ambaſſadeurs oder Envoyé, in unteꝛſchiedenen Hoͤfen zuwider - gelauffenen Praxi, welche ſich in ver - gangenen Seculo zuge - tragen.

§. 1.

DEr Frantzoſen Hoch - und Ubermuth hat, wie ſo viele unnoͤthige Kriege, alſo auch viele Differentien und Stꝛeit, duꝛch dero Ge - ſandten verurſachet; Zu Anfang des vorigen Se - culi, nemlich 1601. bey Regierung Henrici IV. in Franckreich, und Philippi III. in Spanien, wurde Antoine de Sylly Comte de Rochepot, nach Madrit geſendet. Deſſen zugeordnete Lega - tions-Cavalliers, unter welchen auch ſein Vetter war, badeten ſich einſtens in dem Fluß Xarama: und weil ſie ſich mit ungeziemenden Geberden, und liederlichen Worten, denen zuſehenden Spaniern. præſentirten; nennten dieſe die Frantzoſen Vella - cos (oder Schelmen) und Borachos. Darauf die Frantzoſen mit den Spaniern Handgemein, und zwey Spanier todt geſchlagen wurden; Die Frantzoſen retirirten ſich in des Ambaſſadeurs Logement; allein die Freunde der maſſacrirten, erregten das Volck: daß ſie die Thaͤter aus demHauſe683Hoff-Ceremoniel. Hauſe fordern, oder das Hauß pluͤndern und ver - brennen ſolten. Die Obrigkeit, um das wuͤten - de Volck zu beſaͤnftigen, ließ mit Gewalt in des Ambaſſadeurs Hauß, die Bedienten der Stadt - Juſtitz eindringen: und zogen die Todt-Schlaͤger, unter andern aber auch des Ambaſſadeurs Vet - ter, heraus. Der Poͤbel drunge zugleich mit in das Quartier des Ambaſſadeurs, pluͤnderte ſel - biges, und entfuͤhreten das meiſte Silber-Werck, und andere Mobilien. Der Koͤnig in Franck - reich achtete ſich dadurch hoͤchſt beleidiget; weil man die Inviolabilitaͤt und Quartiers-Freyheit dadurch gebrochen haͤtte: revocirte ſeinen Am - baſſadeur: verboth den Frantzoſen die Commer - cia mit Spanien: und waͤre bey nahe zu einer Ruptur ausgebrochen; im Fall ſich nicht der Pabſt ins Mittel gelegt, und die gefangengenom - mene Frantzoſen, welche ihm der Koͤnig in Spa - nien auslieffern ließ, dem Frantzoͤſiſchen Ambaſ - ſadeur, zu Rom wieder reſtituiret; und durch ei - ne Erklaͤrung den Streit geendiget haͤtte.

§. 2.

Hingegen wurde Anno 105. der Spa - niſche Secretarius, Bruneau: weil er mit einem Edelmann aus Provence, Nahmens Mairar - gues, den See-Hafen Marſeille an die Spa - nier zu verrathen, correſpondiret hatte, in ge - faͤnglichen Verhafft genommen: woruͤber ſich der Spaniſche Ambaſſadeur Cuniga, zwar ſehr be - klagte, und mit dem Koͤnige in Franckreich Hen -rico684Europaͤiſchesrico IV. in harte Wort-Wechſelung geriethe, vorgebende: das Jus gentium waͤre dadurch vio - liret worden. Der Koͤnig aber antwortete ihm klug und nette: Ein Ambaſſadeur oder ſeine Leute, die Verraͤtherey in eines Herrn Lande ſtif - ten, machen ſich des Rechts der Inviolabilitaͤt verluſtig; Jedoch wurde der Secretair wieder auf freyen Fuß geſtellet.

§. 3.

Anno 1617. erlitte der Frantzoͤſiſ. Am - baſſadeur zu Conſtantinopel, einen haꝛten Affront, und zwar durch folgende Gelegenheit: Ein Pol - niſcher von Adel, Koretzky, war im Kriege ge - fangen, und nachgehends in gemeldtem Conſtan - tinopel in das Gefaͤngniß geworffen worden; aus welchem er aber durch eine Strick-Leiter echapi - ret. Weil nun die Tuͤrcken einen Argwohn be - kamen, als haͤtte ihn der Frantzoͤſiſche Ambaſſa - deur in ſein Quartier aufgenommen, und darin - nen verſtecket: lieſſen ſie ihn erſuchen, ſelbigen her - aus zu geben; Weil er aber verſicherte, daß er von dieſem Polen nichts wuͤſte: ſendeten ſie die Scher - gen in deſſen Pallaſt, und lieſſen alles viſitiren; Da man aber den Koretzky nicht darinnen fand, nahmen ſie aus Zorne den Ambaſſadeur ſelbſt in Arreſt, und fuͤhrten ihn fuͤr den Groß-Vezier: welcher ihn nicht allein mit harten Worten em - pfieng, ſondern auch gar bey ſich behielte. Ob er nun gleich endlich wieder in ſeine Freyheit geſtel - let wurde; muſten doch der Secretair, Koch, undnoch685Hoff-Ceremoniel. noch fuͤnf andere Perſonen des Ambaſſadeurs, die man am meiſten in Verdacht hielte, in dem Arreſt bleiben; bis man ſie nach einigen Jahren auch unſchuldig befande, und loß lieſſe. Sayedro, welcher in ſeinen Memoires Hiſtoriques des Ot - tomanns pag. 601. dieſes Factum erzehlet, ſetzet gar mit gutem Gꝛunde dieſes Raiſonnement dar - zu: Wenn ſonſt ein Chriſtlicher Potentat, einen dergleichen Miniſter dergeſtalt affrontiret haͤtte: wuͤrde es fuͤr eine rechtmaͤßige Art des Krieges ge - achtet worden ſeyn; Allein Franckreich reflectir - te auf zweyerley:

  • 1. Auf die Tuͤrckiſche Barbarey.
  • 2. Auf die Entlegenheit des Ortes; weil er ihn mit keinem Kriege fuͤglich uͤberziehen kunte.

§. 4.

Die Moſcowitiſche Nation, war ehe - mahlen nicht ſo civiliſiret als anitzo: nachdem der heutige Czaar, durch ſeine eigene Reiſen, und bis - hero gefuͤhrte Kriege und Alliantzen, ſeine Unter - thanen gar gewandt gemachet. Demnach ge - ſchahe es, daß An. 1615. bey Regierung des Kay - ſers Matthiaͤ, ein Moſcowitiſ. Geſandter, Nah - mens Ivan Fominin, nach Wien kam: welcher ſich aber bey der Audientz ſehr unbeſcheiden und hoffaͤrtig verhielte; ſo, daß man ihn nicht nur al - lein unbegleitet wieder nach Hauſe gehen: ſondern auch zu Hauſe verwahren lieſſe; zu mahlen, da er ohne einiges Paſsport, in die Kayſerl. Lande kom -men686Europaͤiſchesmen war. Nachdem er ſich aber mit der Un - wiſſenheit entſchuldigte, und ſeine Fehler erkenne - te; gabe man ihm vor dieſesmahl, nebſt einem nachdruͤcklichen Verweiß, ſeine Abfertigung: und reſſentirte ſeine Inſolentz nicht weiter.

§. 5.

Auſſer Europa finden ſich auch Exempel, daß es Streit zwiſchen den Geſandten der Un - chriſtlichen Potentaten gegeben: Denn als Anno 1613. der Perſianer eine Geſandſchafft nach Conſtantinopel geſendet; empfieng man ſelbige nicht allein gar kaltſinnig: ſondern man nennete auch die Menge Seyden, welche er mit zum Præ - ſent brachte, eine Contribution: welche der Per - ſer an die Pforte abfuͤhren muͤſte; Und wolte rund aus nicht Frieden machen, es haͤtte denn zuvor der Perſianer alles, was er den Tuͤrcken abgenom - men, wieder reſtituiret. Weil ſich nun der Per - ſer an dem Tuͤrcken zu raͤchen, nicht getrauete, mu - ſte ſein Geſandter, als deſſen Conduite er alles zuſchriebe, herhalten; welchem er die Augen aus - ſtechen ließ.

§. 6.

Jn puncto des Paſsports, gab es Anno 1614. auch Widerwaͤrtigkeit. Denn es hatte der Tuͤrckiſche Kayſer, einen Abgeſandten an die Her - ren General-Staaten nach Holland geſendet: welcher aber zu Antorf, im Nahmen des Koͤniges von Spanien, angehalten wurde, aus Vorwen - den: Weil der Koͤnig in Spanien des Tuͤrcken Feind, ſo haͤtte der Abgeſandte nicht ohne Paßdurch687Hoff-Ceremoniel. durch deſſen Lande gehen ſollen. Allein die Tuͤr - cken wuſten ſich gut genug zu rechtfertigen, ſagen - de: Die Niederlande waͤren von dem Koͤnig in Spanien, dem Ertz-Hertzog Albert in dotem - bergeben worden, und alſo fuͤr eines Oeſterreichi - ſchen Herrn Land zu achten: mit welchem der Tuͤr - cke anitzo in Friede und Freundſchafft ſtuͤnde. Weil nun anbey die General-Staaten fuͤr die Relaxirung dieſes Geſandten inſtaͤndigſt anhiel - ten: und man darzu von Seiten Spaniens keine Indicia einiger geheimen, und Spanien zuwider - lauffenden Negotiation ſpuͤren kunte; ſo wurde der Geſandte endlich wieder auf freyen Fuß ge - ſtellet.

§. 7.

Als Anno 1618. ſich in Venedig eine Conſpiration angeſponnen, dieſe Welt-beruͤhm - te Stadt an dem Himmelfarths-Tage, (an wel - chem ſich der Doge mit dem Adriatiſchen Meer zu vermaͤhlen pflegt) an viertzig Orten in den Brand zu ſtecken: die Sache aber durch zwey Frantzoſen, welche mit in der Conſpiration in - tereſſiret waren, derer Nahmen Gabriel Mon - tecaſſino und Balthaſar Juven, dem Collegio der Zehener hinterbracht, und befunden wurde: Daß Alphonſo de la Cueva, Spaniſcher Abge - ſandter, dieſe Conſpiration mit foviret, und man in deſſen Hauſe Pulver, Waffen, Petarden und Feuer-Roͤhre von allerhand Gattung gefunden hatte; So viſitirte man dieſes Spaniſchen Mi -niſtri688Europaͤiſchesniſtri Hauß, unerachtet alles ſeines Proteſtirens, gerichtlich: und fande allen Vorrath, zu Entzuͤn - dung eines Feuers, in demſelben. Und ob er ſich gleich folgendes Tages, in einer Audientz hoͤchlich beſchwerte: als ob man ſeines Principalen Re - ſpect, und ſeine Quartiers-Freyheit violiret haͤt - te; Wurde ihm doch in das Geſichte geſaget: Man wuͤſte die geheime Correſpondentz, die er mit den uͤberzeigten Verraͤthern gepflogen, nun mehr als zu wohl: Der Catholiſche Koͤnig waͤre viel zu gerecht und redlich, daß er ihn dergleichen boͤſe Dinge geheiſſen haben ſolte; Man wuͤſte einen Koͤnigl. Geſandten wohl zu reſpectiren: wenn er aber aus dem Schrancken ſeines Amts trete, und dergleichen Haͤndel fuͤr ſich anfienge; koͤnte man ihn anders nicht als eine Privat-Perſon conſide - riren; und hiermit muſte der Spaniſche Abge - ſandte vorlieb nehmen.

§. 8.

Wegen des Ceremoniels gab es Ann. 1627. zwiſchen dem Fꝛantzoͤſiſchen Ambaſſadeur, Marquis de Rampuillet, und dem Spaniſchen auch einen neuen Streit; Denn er prætendirte von einem Grand d’Eſpagne (welches Perſonen von groſſen Anſehen ſind, und ſonderlich das Jus tegendi caput in Gegenwart ihres Koͤniges ha - ben) eingeholet zu ſeyn; weil der Spaniſche Graf Gondemar, von einem Marechal de France waͤre eingeholet, und zu der Audientz gefuͤhret worden: Allein, gleich wie ein Grand d’Eſpagnein689Hoff-Ceremoniel. in ſeinem Lande viel mehr gilt, als in Franckreich ein Mareſchal, alſo ſagten die Spanier: Es waͤre in ihrem Lande nicht braͤuchlich, daß ein Grand d’Eſpagne einen auswaͤrtigen Ambaſſadeur ein - hole: ſondern ſo wohl der Roͤm. Kayſer als Pabſt waͤren content, daß man derer Ambaſſadeurs und Nuncios, durch einen Hof-Marſchall einhole; Alſo muſte es Rambouillet dabey bewenden laſſen. Allein er erregete noch einen andern Diſput, wegen der Titulatur; Deñ ob gleich die Ambaſſa - deurs, wie wir oben gehoͤret, den Titul Excellentz genieſſen; ſo war es doch Herkommens worden, daß der Spaniſche Premier-Miniſter, Duca de Olivaretz, ſo wohl den Paͤbſtl. als Kayſerl. und Koͤnigl. Miniſtris, keinen andern Titul beylegete, als vos ſignoria illuſtriſſima: ſie ihn aber hinge - gen Excellentz nenneten. Rambouillet hielte die - ſes fuͤr ungereimt, und prætendirte: Daß ihm der Duca den gebuͤhꝛenden Titul, Excellentz, geben ſol - te: wo nicht, ſo wuͤrde er ihm reciproce auch ſol - chen Titul denegiren. Damit nun um eines Wortes willen die Affairen und Harmonie bey - der Koͤnige, nicht Schaden litte; muſte der Duca condeſcendiren, und dem Frantzoͤſiſ. Ambaſſa - deur en excellence tractiren: welches er her - nach auch andern Ambaſſadeurs zu thun genoͤ - thiget ward.

§. 9.

Der Prefetto di Roma, Stadthalter uͤber die Stadt Rom, prætendiret wegen ſeinerX xhohen690Europaͤiſcheshohen Function in Rom, allen Ambaſſadeurs vorzugehen: weswegen mit dem Venetianiſchen Geſandten Peſari, A. 1632. ein Streit entſtunde. Denn als einſtens der Venetianiſche Geſandte, dem Prefetto di Roma, Nahmens Barbarino auf der Gaſſen begegnete; ſo ſtellete ſich des Am - caſſadeurs Kutſcher, welcher ſich hatte beſtechen laſſen, als waͤre ihm der Hut entfallen: hielte dem - nach ſtille, und ließ den Barbariner vorbey fah - ren. Der Venetianer, welcher dieſen Betrug des Kutſchers merckete, war kaum nach Hauſe kom - men: ſo wolte er den Kutſcher gebuͤhrend beſtraf - fen. Allein er wurde von einigen bewehrten Leuten entfuͤhrt, und in Sicherheit gebracht; wodurch des Barbarini Machinationes an den Tag ka - men. Die Venetianeꝛ empfunden ſolches hoch, und befahlen daß ihr Geſandter, von Rom ohn allen Abſchied, nach Hauſe kommen ſolte: und zu glei - cher Zeit, verweigerte man dem Nuncio zu Vene - dig, alle Audientz. Aber bey der Regierung Pabſt Innocenti X., wurde der Prefetto wieder de - gradiret: jedoch heut zu Tage hat er wieder ſeinen Vorzug. Denn als den 6. Septembr. 1712. der Marquis de Prié Kayſerlicher Geſandter in Rom, in der Paͤbſtl. Capelle zum erſtenmahl er - ſchiene: hat er dem Prefetto di Roma Mr. Scoti die Ober-Stelle gegeben: welches alſo zwiſchen Kayſerl. Majeſtaͤt und dem Pabſt, als Carolus VI. anf ſeiner Ruͤckkehr nach Deutſchland, inMay -691Hoff-Ceremoniel. Mayland war, durch Interpoſition des Cardinals Imperiali, verglichen worden; und zwar auf fol - gende Art: Que, parceque le Gouverneur de Rome doit neceſſairement ſe tenir aupres du Pape dans ſa chapelle, ou il arriue fort ſouvent, que ſa Sainteté a beſoin de l’employ - er à diverſes choſes dans cette fonction pu - blique de Religion, laquelle ne peut dero - ger en aucune maniere a la Preſeance civile des Ambaſſadeurs, qui ne Luy eſt jamais ce - dée dans les autres occaſions, ou il ne ſe trouve jamais a cauſe de cela. Hierzu kam noch ein anderer Verdruß, nemlich der Titul Eminentz; welchen ſich die Cardinaͤle mit Conſens des Pabſts hatten geben laſſen: und dabey beſchloſſen, die alte Titulatur Reverendis - ſimo, von niemanden, als nur den gekroͤnten Haͤuptern anzunehmen. Weil ſich nun, wie oben ſchon erwehnet worden, die Republic Venedig den Koͤnigen gleich achtet: und nicht minder als ſelbige tractiret werden will; bliebe ſie auch bey dem Titul Reverendiſſimo: derer Briefe aber ein und anderer Cardinal, weil keine Eminenza darauf ſtunde, anzunehmen weigerten; Welches beydes bald zu groſſer Weitlaͤufftigkeit ausge - ſchlagen waͤre: im Fall nicht der Koͤnig in Franck - reich ſich darzwiſchen geleget, und den Pabſt da - hin perſvadiret haͤtte, ſich dergeſtalt zu erklaͤren: Daß er von ſeines Vettern des Barberini, undX x 2des692Europaͤiſchesdes Venetianiſchen Geſandten Rencontre nichts gewuſt: auch der Barberino von der Kutſchers Corruption nicht participiret: die Entfuͤhrer deſ - ſelben ſo gleich aus Rom verwieſen worden; Und weil die Republic Venedig allezeit den Koͤnigen waͤre gleich geachtet worden: ſo ſolt es auch mit ihnen bey der alten Titulatur der Cardinaͤle bleiben.

§. 10.

Die Tuͤrcken, welche noch gar ein gro - bes Ceremoniel haben, begiengen 1635. nicht ei - nen geringen Fehler wieder die Inviolabilitaͤt: und ſonderlich wieder die Autoritaͤt der Paſſe - ports. Deñ nachdem die Moſcowitiſchen Geſand - ten nach Conſtantinopel kommen, und daſelbſt nicht allzu manierlich waren tractiret worden; ſo geſchahe noch zum Uberfluß, daß ſie in der Stadt Caffa auf ihrer Ruͤckreiſe von dem Baſſa in Arreſt genommen wurden: und ſich rantzioniren muſten; Uber welcher That der Baſſa gar keine Verant - wortung thun durffte: woraus erhellet, daß dieſes Attentat von dem Tuͤrckiſchen Kayſer war ge - nehm gehalten worden.

§. 11.

Wegen Ermangelung eines gehoͤrigen Creditivs geſchahe es A. 1637., daß als ſich von George Ragozy, Fuͤrſten in Siebenbuͤrgen, ein Abgeſandter, Nahmens Heinrich Meerboth, in Schweden einfande; aber nichts anders als einen Brief vorzuzeigen hatte, in welchem ihm befohlen wurde: allerhand Handwercker in Deutſchlandzu693Hoff-Ceremoniel. zu ſuchen, und nach Siebenbuͤrgen zu befoͤrdern; Man ihn nicht fuͤr einen Miniſter erkennen, nach ſich mit ihm in Tractaten einlaſſen wolte. Er ent - ſchuldigte zwar den Mangel des Cretitivs da - durch: daß er ohne Leibes - und Lebens-Gefahr, mit demſelben nicht wuͤrde haben durch Pohlen koͤn - nen durchreiſen; als man aber dieſe Excuſe auch nicht fuͤr tuͤchtig genung hielte: brachte er endlich einen Brief mit Ziffern an den Tag, verſichernde: daß ihm derſelbe von ſeinem Principal, durch einen Reiſenden, in einer Piſtole verborgen, uͤber Dantzig waͤre nachgeſchicket worden, aus wel - chen er herlaſe: Daß ſein Principal begehre, das alte Buͤndnuͤß mit der Cron Schweden, auf die Weiſe, wie ſolches vor dieſem mit dem Koͤnig Guſtavo Adolpho waͤre concertiret worden, zu erneuren; Allein die Schweden antworteten ihm: Wenn er ein foͤrmlich Creditiv produci - ren wuͤrde, wolle man ſich ohne alles Bedencken daruͤber einlaſſen.

§. 12.

Jn eben dieſem Jahre 1637. kam der Schwediſche Geſandte Hugo Grotius nach Pa - ris; und geriethe mit dem alldort anweſenden Englichen Grafen von Leiceſter, in Competentz wegen des Rangs. Denn ſie hatten beyde more ſolito, dem neu ankommenden Hollaͤndiſchen Geſandten, ihre Caroſſen entgegen geſendet. Die Schwediſche Caroſſe und zugehoͤrige Diener, wa - ren eher ankom̃en[,][a]ls des Engellaͤnders: und alſoX x 3dem694Europaͤiſchesdem Engellaͤnder vorgefahren; welcher es nicht leiden wolte, dannenhero kam es zum Zanck und Entbloͤſung der Degen. Endlich legete ſich der Marſchall de la Force, welcher den Geſandten einzuhohlen von ſeinem Koͤnige beordret, und alſo den Haͤndeln gegenwaͤrtig war, ins Mittel, ſa - gende: Zu Koͤnig Henrici des III. Zeiten, waͤre beſchloſſen worden, daß die Engellaͤnder den Vor - zug fuͤr den Schweden haben ſolten; des Grotii Leute aber wolten davon nichts wiſſen, und mei - neten: daß damahlen kein Schwediſcher Geſand - ter waͤre gegenwaͤrtig geweſen. Weil nun keines dem andern weichen wolte, ſo war das beſte Ver - gleichungs-Mittel: daß bey de Theile wieder nach Hauſe fuhren, und den neuen Geſandten unbe - gleitet lieſſen.

§. 13.

Engelland gieng in ſeiner Præcedentz noch weiter. Denn, als A. 1639. der Roͤm. Kayſer den B. Kinsky in Qualité eines Envoyé nach Conſtantinopel geſendet: ſich aber auch zugleich ein Engellaͤndiſcher Ambaſſadeur daſelbſt einge - funden hatte; wolten die Tuͤrcken dem Kayſerl. Envoyé die Præcedentz fuͤr dem Engliſchen Am - baſſadeur einraͤumen. Allein der Engellaͤnder wie - derſprach es, einwendende: Er haͤtte den Chara - cter eines Ambaſſadeurs, jener aber nur eines Envoyé. Der Kayſerl. replicirete darauf: Die Engliſchen Ambaſſadeurs zu Conſtantinopel, waͤren eigentlich nur Gevollmaͤchtigte, von derKauff -695Hoff-Ceremoniel. Kauffmannſchafft, oder der ſo genenneten Tuͤr - ckiſchen Compagnie geſendet: ob ſie gleich ein Creditiv von dem Koͤnige bekaͤmen, und der Con - dition nach Ritter waͤren; Er aber Baron Kins - ky waͤre ein Etats-Miniſter, und von dem ober - ſten Haupte der Chriſtenheit geſendet. Der En - gellaͤnder getrauete ſich mit keinem Argument beſſer durchzudringen, als daß er dem Caimacan 15. Beutel Goldes verehrete, und dadurch den Vorzug fuͤr dem Kayſeel. Miniſter erhalten wol - te; Allein die Auslage war vergebens: denn der Kayſerl. meidete alle Concurrentz mit dem Eng - liſchen, und kamen in loco tertio niemahlen zu - ſammen: gieng auch wieder zeitlicher fort als der Engellaͤnder; und brachte ſich dadurch in quaſi Poſſeſſionem, daß ein Kayſerl. Envoyé einem Engliſchen Ambaſſadeur, welcher nur wegen der Comercia geſendet wuͤrde, in Conſtantinopel vorgehen koͤnte.

§. 14.

Wegen des Ranges ſetzte es An. 1646. in Pohlen einigen Streit; deñ nachdem der Koͤnig Uladislaus Sigismundus, zur andern Ehe, Mari - am Luiſam, Caroli von Mantua Tochter heu - rathete: welche an dem Frantzoͤſiſchen Hofe ware erzogen worden; ſendete der Koͤnig Ludovicus XIV. (oder vielmehr ſeine Frau Mutter und die Vormuͤnder) die Marſchallin Quebrian mit ihr nach Pohlen; und zwar unter dem Character ei - ner Ambaſſadrice: welchen Titul fuͤr ihr wohlX x 4noch696Europaͤiſchesnoch keine Dame gefuͤhret hatte. Dieſe nun foder - te eben ein ſolches Tractament von den Pohlen, als man A. 1637. der Ertz-Hertzogin von Oeſter - reich, welche die vorige Koͤnigin des Uladislai Si - gismundi, die Ceciliam Renatam, Kayſers Fer - dinandi II. Tochter, dahin begleitet, gegebẽ hatte. Allein die Pohlen machten doch einen Unterſcheid, zwiſchen einer Ertz-Hertzogin und einer Am - baſſadrice: welche ohne dem eine gantz neue Art von Miniſtris in langen Hoſen war.

§. 15.

Jn eben dieſem Jahre und Koͤnigreich, erregete der Vicomte de Bregy, Frantzoͤſiſ. Am - baſſadeur, auch einen Competentz-Streit, ge - gen Printz Carln Biſchoff von Plotzco, des Koͤ - niges Uladislai Sigismundi Bruder. (welcher nachgehends Biſchoff zu Breßlau worden) Deñ als der gemeldte Printz Carl, der neuen Koͤnigin, mit einem anſehnlichen Comitat biß 2. Meilen v. Oliva, entgegen zoge; wolte ihm gedachter Bregy vorgehen. Welches aber jederman fuͤr unge - reimt hielte; weil die Frantzoͤſiſ. Geſandten zu Tu - rin den Printzen und Erben von dem Hertzoglichen Hauſe nachgehen: auch ihnen die Ober-Hand in ihren Gemaͤchern laſſen muͤſſen. Einige zwar wol - len nicht gelten laſſen, daß man das Argument von den Savoyiſchen Printzen, auf die Pollniſchen interpretire; Denn weil das Koͤnigreich Pohlen ein Wahl-Reich, und in ſelbigen keine Cron-Prin - tzen und Erb-Printzen ſeyn koͤnnen: ſondern nurKoͤ -697Hoff-Ceremoniel. Koͤnigl. Kinder oder Bruͤder, (dergleichen Printz Carl war) die an die Cron ex Succeſſione nichts zu prætendiren; ſomeinen ſie, daß ein Ambaſſa - deur den Rang fuͤr einen dergleichen Printzen prætendiren koͤñe; Allein es wird der gantze Aus - ſpruch daruͤber, wohl auf nichts anders als die Poſſeſſion ankommen koͤnnen: Wie denn auch der Frantzoͤſiſche Geſandte de Bregy, ſich accom - modirete, und dieſem Printz Carl an der Hoch - zeit Tafel die Stelle cedirete. Denn die Locirung an derſelben, war in folgender Ordnung.

  • 1. Die Braut und der Braͤutigam,
  • 2. Der Printz Carl,
  • 3. Der Paͤbſtliche Nuncius,
  • 4. Der Frantzoͤſiſche Geſandte,
  • 5. Der Mantuaniſche Geſandte,
  • 6. Der Pfaltz-Neuburgiſche.

§. 16.

Was die Præcedentz zwiſchen den Spaniſchen und Frantzoͤſiſchen Ambaſſadeur, A. 1661. in Londen fuͤr Lermens verurſachet, und wie die Sache abgelauffen; haben wir bereits oben in dem 4ten Cap. §. 4. & ſeq. angefuͤhret.

§. 17.

Die hitzigſten und am weiteſten aus - ſehende Conteſtations, ſind in naͤheren Zeiten dieſelben geweſen, welche ſich in vorigem Seculo zu Rom zugetragen.

§. 18.

Die erſtere darunter geſchahe, 1662. den 20. Aug. auf folgende Art: Zwey oder drey unbe - kannte Perſonen, wurden von zehn Corſaren oderX x 5Gar -698EuropaͤiſchesGardes des Pabſts Alexandri VII. verfolget: und nahmen demnach ihr Refugium, in die Stallun - gen des Tarneſiſchen Palais, welches der Fꝛantzoͤſ. Ambaſſadeur, Duc de Crequy, gemiethet hatte. Deſſen Domeſtiquen, welche dieſer Schlaͤgerey inne wurden, trieben die Corſaren zuruͤcke; allein dieſe kamen verſtaͤrcket wieder, und jagten des Am - baſſadeurs Leute, wieder mit guten Schlaͤgen bis an die Pforte des Palais. Der Duc de Crequy, welcher kurtz darauf duꝛch ein anderes Thor in ſein Quartier fuhr, und dieſe Zeitung vernahm, befahl ſo gleich daß ſich ſeine Leute retiriren ſolten: Allein ſeine Præcaution dienete zu nichts anders, als zu Vermehrung der Inſolentz der Corſairen; welche noch einmahl, mit klingendem Spiel, wieder um - kehrten, und von ihren Officieren gefuͤhrt wurden. Sie berenneten den Palais: ſetzten Schildwach - ten auf die Avenüen: und ſchoſſen laͤnger als eine Stunde in deſſen Thuͤren und Fenſter; ja es fehl - te nicht viel daß ſie den Ambaſſadeur, welcher ſich, um die Corſairen zu bedeuten, und was paſſirte anzuſehen, auf einen Balconi begabe, nicht ſelbſten erſchoſſen haͤtten. Als auch des Ambaſſadeurs Gemahlin, die ausgefahren geweſen war, in die - ſem Tumult wieder nach Hauſe kam, ohne daß ſie etwas von demſelbigen gewuſt; fielen ſie ihre Ca - roſſe an: ſchlugen den im Schlag ſitzenden Pagen todt: und bleßirten einen Laquayen gefaͤhrlich. Zu gleicher Zeit fiengen die Sbirren, oder Haͤſcher inRom699Hoff-Ceremoniel. Rom an, alle Frantzoſen, welche ſie attrapiren kunten, niederzumachen; Und damit die Sache zum hoͤchſten Grad einer Unordnung gediehe: ſo ließ der Cardinal Imperiale, Gouverneur der Stadt Rom, den Tarneſiſ. Pallaſt auf das neue bloquiren; unter dem Vorwand: daß der Am - baſſadeur mit ſtaͤrckerer Suite, als gewoͤhnlich, en public erſchiene. Der Duc de Crequy abſentir - te ſich, nach einer dergleichen Affront von Rom, und retirirte ſich in das Toſcaniſche Territorium. Man that keine Inquiſition, auſſer allererſt nach neun Tagen: nachdem die meiſten Thaͤter bereits echappiret waren; Und als man auf das Funda - ment des gantzen Unweſens drang, kunte man nichts weiter erfahren: als daß ſich der Ambaſſa - deur dadurch odieux gemacht haͤtte: Daß er ver - zoͤgert, die erſte Viſite den weltl. Bluts-Verwand - ten des Pabſts abzuſtatten. Weil aber dieſes Ce - remoniel der erſten Beſuchung, von einem Am - baſſadeur an des Pabſts Freunde, noch nicht gaͤntzlich reguliret; ſo gab der Ambaſſadeur vor: er haͤtte deßwegen an ſeinen Koͤnig geſchrieben, und ſeine Ordre daruͤber erwartet. Der Koͤnig nun, als er genugſamen Bericht von der gantzen Sache eingezogen, erwartete einige Satisfaction von dem Pabſt: Als aber ſelbige ein gantzes Jahr lang nicht erfolgte, ließ er ſeine Trouppen in Jtali - en anmarchiren. Weil aber der Pabſt einen Krieg ablehnen, und mit dem Filio Primogenito nichtin700Europaͤiſchesin ein Fauſtgemenge gerathen wolte; ſo wurde Anno 1664. den 12. Febr. zu Piſa ein Tractat ge - ſchloſſen, und in ſelbigem bedungen: Daß 1. der Pabſt den Cardinal Patron, in der Qualitaͤt ei - nes Legaten nach Franckreich ſchicken, und ſelbi - ger das Attentat der Corſairen verfluchen ſolle. 2. Daß der Legat conteſtiren ſolle, daß weder er, noch jemand von ſeinem Hauſe, an dieſem Atten - tat Theil habe: und daß er und die Seinigen, ins kuͤnftige dem Koͤnige Proben ihres Eyfers fuͤr ihn, ihres Gehorſams und ihrer Tꝛeue ablegen wolten. 3. Daß der Bruder des Pabſts auch ſchrifftlich eine dergleichen Declaration, als der Legat ge - than, thun, und ſo lange aus Rom ſich begeben wolle, biß der Legatus alle Satisfaction gethan. 4. Daß der Cardinal Imperiale nach Franckreich kommen, ſich alldort juſtificiren: und wenn es der Koͤnig haben wolte, ſich deſſen Diſcretion unter - werffen ſolle. 5. Daß die gantze Nation der Cor - ſairen, fuͤr unwuͤrdig erklaͤret werden ſolten, je - mahlen in dem Kirchen-Staat zu dienen; und man fuͤr ihre Corps de Garde, zu ewigem Ge - daͤchtniß, eine Saͤule aufrichten: und den Sententz ihrer Banniſirung darein hauen ſolle. Dieſes al - les nun wurde ponctüel erfuͤllet; jedoch aber drey Jahr darauf, auf Vorbitte des Pabſts Clementis des IX. von dem Koͤnige erlaubet, daß dieſe Saͤu - le wieder umgeriſſen werden moͤchte.

§. 19.

Die andere, in Rom Anno 1687. ent -ſtan -701Hoff-Ceremoniel. ſtandene Streitigkeit, ruͤhrete aus der Immunitaͤt und Quartiers-Freyheit der Ambaſſadeurs her. Denn weil man die Wohnungen der Ambaſſa - deurs, nicht ſo wohl fuͤr ihre, als vielmehr ihren Principalen zuſtehende Haͤuſer, zu regardiren; ſo ſind ſolche ſtets fuͤr inviolable gehalten worden. Weil nun die in Rom ſich befindliche Ambaſſa - deure der Souverains, eine groſſe Suite pflegen bey ſich zu haben; ſo waren zu Logirung ihrer Do - meſtiquen die Palais nicht allemahl raͤumlich ge - nung: und demnach logirten ſie ſelbige in die um - liegende Haͤuſer: und rechneten ſodann ſelbige zu dem Quartier und der Freyheit des Logements des Ambaſſadeurs; wodurch gantze Gaſſen und Viertel, der ordinairen Stadt-Jurisdiction ent - zogen: denen Ambaſſadeurs unterworffen: und Aſyla wurden. Weil nun aber mit der Zeit, dieſe Immunitaͤt zu einem Mißbrauch gedienet hatte; indem ſich viel Schuldner, Filoux, Diebe ꝛc. da - hin retirirten: und der Stadt Magiſtrat ſolche nicht zur Straffe ziehen kunte; So hatten die Paͤb - ſte ſchon lange Zeit getrachtet, wie man dieſe Quartiers-Freyheit, und ſonderlich den in ſelbi - ger eingeſchlichenen Mißbrauch, abthun koͤnte. Weil aber die Cronen ſtets darwider proteſtiret und ſelbige behauptet: fieng endlich Innocentius der XI. wiederumb an, ſolches eingefuͤhrte Recht abzuſchaffen. Damit aber wegen dieſer Abolition keine Unordnung entſtehen moͤchte; ſo ſendete derPabſt702EuropaͤiſchesPabſt an alle ſeine Nuncios Befehl: den Poten - taten, in derer Hoͤfe ſie ſich befanden, auf das nachdruͤcklichſte vorzuſtellen: was fuͤr Nachtheil Paͤbſtl. Souverainetaͤt uͤber Rom, durch dieſe Qvartier-Freyheit erwuͤchſe. Es fande dieſer Vortrag des Pabſtes bey einigen Potentaten, und ſonderlich auch bey dem Koͤnige in Franck - reich, anfaͤnglich guten Ingreß; zu mahlen der Koͤnigl. Beicht-Vater Pere de la Chaiſe, die Sache in Faveur des Pabſtes, dem Koͤnige re - commendirete: und einem caſum conſcien - tiæ daraus machte; Allein der Koͤnig war doch zu keinem Entſchluß, in des Pabſt Anſuchen zu condeſcendiren, zu bringen. Und demnach fiehl der Pabſt auf dieſes Mittel, daß er die Qvartiers - Freyheit denen gegenwaͤrtigen Geſandten der Cronen connivendo noch ſo lange, als ſie ihre Function in Rom zu verrichten haͤtten, zwar ge - ſtatten: wenn aber neue Ambaſſadeurs ankom - men wuͤrden, er ſelbige nicht eher annehmen wol - te, ſie haͤtten denn zuvor der Qvartiers-Freyheit renunciret. Er brachte auch ſeinen Vorſatz, bey dem Venetianiſchen, Pohlniſchen, Engel - laͤndiſchen, Spaniſchen, obgleich mit einiger Schwerigkeit zur Execution. Als nun der Duc d Etreé, geweſener Ambaſſadeur von Franck - reich, Anno 1687. den 30. Januarii in Rom ſtarb; wurde an ſeine Stelle der Marquis de La - vardin von dem Koͤnige, und zwar mit der Ordreda -703Hoff-Ceremoniel. dahin geſendet, die Qvartiers-Freyheit auf alle Weiſe zu behaupten; ungeachtet der Pabſt nach Abſterben des Duc d Etrée, dem Koͤnige noch - mahlige Remonſtration thun laſſen: daß er dieſe Freyheit keinem Ambaſſadeur mehr zugeſtatten koͤnne: und viel lieber keinen Geſandten, als ei - nen der mit dieſer Intention nach Rom kaͤme, haben wolte. Als aber der Koͤnig davon nicht abzuhalten war; grieff der Pabſt zu ſeinem letzte - ren Mittel: und that alle diejenigen Ambaſſa - deurs eventualiter in den groſſen Kirchen - Bann, welche dieſe Freyheit wuͤrden ferner be - haupten wollen. Und dieſe Bulla wurde den 12. May 1687. publiciret. Als nun Lavar - din den 16. Novemb. mit ungemeiner, und darzu bewehrter Suite, ſeinen Einzug in Rom hielte, den Farneſiſchen Pallaſt bezoge, und Mine machte die Qvartiers-Freyheit zu behaupten; ſo fiel er ipſo facto in den Bann: und der Pabſt ge - ſtattete ihm keine Audientz. Dieſem ungeach - tet, begab er ſich in der Chriſt-Nacht in die Kirche St. Ludewig: und darauf ertheilete der Pabſt Befehl, ſelbige zu zuſperren; alſo bliebe er im Bann, und iſt endlich die Sache nach und nach beygeleget, und die Qvartiers-Freyheit nebſt de - rer Mißbrauch abgeſchaffet: doch aber den Am - baſſadeurs fuͤr ihre Perſon, die Immunitaͤt con - ſerviret worden; maſſen die Immunitaͤt mit der Qvartiers-Freyheit keine Connexion hat.

Dieſe704Europaͤiſches

Dieſe Facta nun werden zulaͤnglich ſeyn, zu erwei - ſen: daß das Ceꝛemoniel-Weſen noch nicht in voͤlli - ger Richtigkeit: anbey aber ein dergleichen Ding, von welchen ſich die Potentaten eben ſo ungerne relachiren, als von ihrem Throne ſelbſt ſtuͤrtzen laſſen; Und hat ein Ambaſſadeur dißfals ja ſo viel Circumſpection, daß er ſeinem Herrn Princi - pal in ſeiner Prærogativa und Range nichts ver - ſehe, zu gebrauchen, und zu verantworten: als et - wan ein en Chef commandirender General: welcher durch ſeines Principalen Armee, deſſen Thron unterſtuͤtzen: und den Erhalt oder Ver - luſt eines Reichs, auf einige Schlacht ankommen laſſen ſoll.

ENDE.

Vollſtaͤn -[705]

Vollſtaͤndiges Regiſter, uͤber alle in dieſem Werck enthaltene Materien, nach dem Blat, auf welchem ſie befindlich, angemercket.

A.

  • ABgeſandter, was ſelbiger mit einem Ambaſſadeur ge - meinſchafftlich hat, pag. 201. deſſen Creditiv, 206. Paſſeport. ib. Admiſſion, 212. darff von dem, an wel - chen er geſendet, nicht allemahl vorgelaſſen werden, 212. deſſen Inviolabilitaͤt, 215. iſt Perſona publica, doch ſonder charactere repræſentativo, 256. warum man ihn ſendet, 257. deſſen Unterſcheid von einem Ambaſ - ſadeur, 257. bekomt nicht den Titul Excellentz, 258. auch von den Ambaſſadeurs kein groſſes Ceremoniel. 258. kan durch fineſſe im Ceremoniel etwas gewinnen259
  • Abſchieds-Audientz, ſiehe Audientz.
  • Abſendung der Geſandten, wenn, und wohin ſie geſchehe188
  • Abſolute Regierung: Ob ſie eine Prærogativam gebe? 70. welcher Koͤnig dergleichen hatib.
  • Abſterben des Koͤnigs in Schweden, wird von dem Schwed. Miniſtro Med. zu Rißwig, in pleno conſeſſu mit Fleiß ſpaͤte notiſiciret, 633. die Condolentz-Com - plimente werden ihm auch von allen zugleich abgeſtat - tet, ib. alle Miniſtri legen deswegen die Trauer an, ib. Franckreich ſtattet die Condolentz a part im Haag ab,636
  • Ackiſcher Friede, 480. vid. Friede.
  • Admiſſion der Geſandten212
  • Advocatus Eccleſiæ iſt des Kayſers Titul und Officium76
  • Agenten, was ſie ſind, 268. was derer Amt, 269. ſind theils gelehrt, theils nicht, ib. werden ab inferioribus ad ſuperiores abgeordnet, ib. manchmahl auch a ſupe - rioribus ad inferiores und ab æqualibus ad æquales, ib. Y yhaben[706]Regiſter. haben keinen characterem, auch keine credentiales, ib. be - kommen aber recommendatitias, ib ſind eines ſpecial - Mandats benoͤthiget, 270. von der Jurisdiction deſſen, bey deme ſie ſich aufhalten nicht eximiret, ib. werden unter die Hoff-Officiers mit gerechnet271
  • Alteꝛthum, der Monarchien oder Koͤnigreiche, ſoll die Præ - rogativ machen, 10. des Roͤm. deutſchen Kayſerthums ib. Spaniens, 11. & 12. Franckreichs, 12. Engellands, 16. Schwedens, 19. Portugals, 23. Ungarns, 24. Pohlens, 28. Moſcau, 30. des Tuͤrckens35
  • Alteſſe, Frantzoͤſiſcher Geſandte prætendiret dieſen Titul, 382. wie auch der Biſchoff von Oſnabrug, 383. und der Graff von Soiſſon427
  • Ambaſſadeurs, gehen allen Abgeſandten ohne Unterſcheid vor, 87. ein Ambaſſadeur hat mehr circumſpection von noͤthen, die Prætogativam ſeines Principals zu main - teniren, als ein General, auf deſſen Armee des Landes Sicherheit beruhet, 704. werden in Spanien nur mit Hoff Marſchallen eingeholet, 689. ob einer vor den Koͤnigl. Kindern und Bruͤdern in einen Wahl - Reiche, den Rang prætendiren koͤnne, 697. vid. Ge - ſandten.
  • Ambaſſadrice, aus Franckreich in Pohlen, die Marcheſe Quebrian, 695. verlanget ein Tractament, wie eine Ertz-Hertzogin, aber vergebens696
  • Ampulla zu Rheims, 41. & 92. Zweifel uͤber derſelben93
  • Angeln, wer ſie geweſen, 17. conquetiren Britannienibid.
  • Anſpach, hat mit Bareuth Competentz-Streit, 5. wie ſel - biger beygeleget worden6
  • Antipathie, zwiſchen Spaniern nnd Frantzoſen wird zu einer Sympath[i]e421. &422
  • Anſage, eines Geſandten zu der Viſite, 225. derer Effectibid.
  • Argumenta, welche die Majeſtaͤten und Souverains zu Behauptung der Prærogativæ anfuͤhren,9ſeqq.
  • Attila, erſter Koͤnig der Ungarn24
  • Audientz der Geſandten, 223. des Schwed. Mediatorisim[707]Regiſter. im Haag 637. 638. geſchicht ohne entgegen geſchickte Caroſſen der auswaͤrtigen Miniſter, 637. Abſchieds - Audientzen zu Rißwig, 666. Ceremonien-Streit da - bey, 667. eines Moſcowitiſchen Geſandten in Wien, der ſich ſehr unbeſcheiden und ſtoltz aufffuͤhret, 685. muß unbegleitet nach Hauſe gehen, und wird daſelbſt veꝛwahꝛet, b. entſchuldigtſich mit der Unwiſſenheit, und erkennet ſeinen Fehler, 686. war ohne Paſſport kom - men685
  • Auffzug, praͤchtiger der Geſandten, 383. des Frantzoͤſi - ſchen, 383. des Schwediſchen, 384. des Daͤniſchen636
  • Avignon, iſt des Pabſts Aſylum, 100. deſſen Eigenthum, 101. wird von Franckreich offt eingezogen, ib. dem Pabſt gar abjudiciretib.
  • Augſpurg, warum es den Rißwigiſchen Frieden unter - ſchreiben muͤſſen662

B.

  • Baldachin, wem es zukomme, 237. Churfuͤrſten ſpeiſen in præſentz des Kayſers darunter187
  • Bareith, hat Competentz-Streit mit Anſpach, 5. wie ſel - biger beygeleget worden6
  • Bayern, Churfuͤrſt, bedinget ſich mehr als einen characte - riſireten Miniſter zu ſenden, 548. Bayriſcher Miniſter unterſchreibt ſich und ſiegelt den Rißwigiſchen Frie - den neben den Frantzoͤſiſchen auf eine Seite, 660. es wird vor kein gut Omen gehalten, ib. nimmts uͤbel auf daß der Frantzoͤſiſche Interpres des Friedens, ihn Envoyé genennt, ib. handelt der genommenen Abre - de bey dieſer Unterſchrifft zuwieder .ib.
  • Bild eines Souveranen, deſſen Stelle und veneration283
  • Biſchoff der nur ein Biſithum hat, gilt ſo viel als einer welcher derer viele beſitzet, 68. deſſen Ceremoniel mit einem Chnrfuͤrſten186
  • Boͤhmen, deſſen Koͤnig hat die 13 de Stelle in der Paͤbſtl. Capelle, 25. gehet dem Ungariſchen Koͤnige nach, 26. deſſen Alterthum, ib. deſſen Fuͤrſt Wratislaw wird von Kayſer Henrico IV. zu einem Koͤnige gemacht, ib. ne - gligiret den Koͤniglichen Titul, ib. wird zum zweytenY y 2und[708]Regiſter. und dritten mahl zum Koͤnig gemacht, ib. iſt ein Feudum Imperii, 27. gehoͤret dem Ertz-Hertzoglichen Hauſe von Oeſterreich erblich, ib. wird zum Chriſtenthum bekeh - ret, 49. des Koͤniges Ceremoniel mit einem Churfuͤr - ſten171
  • Bodinus, Urtheil der Gelehrten von dieſem Scribenten100
  • Bothmar, (Baron) ſouteniret ſeines Herrn Principalen des Churfuͤrſten von Hannover Authorité im Haag, 550. erſcheinet mit ſonderl. oræcaution als Churfuͤrſtl. Plenipotentiarius zum erſtenmahl638
  • Brandenburg, (Churfuͤrſt) wird Souverain uͤber Preuſſen, 132. creiret in dieſer Qualité Edel-Leute, ibid wird zum Koͤnige gekroͤnet, 133. iſt auf zweyerley Art zu regardiren, ib. hat als Koͤnig in dem Roͤm. Reich fuͤr den andern Churfuͤrſten keine Prærogativam, 134. deſ - ſen Miniſtre Herr B. von Danckelman, prætendiret zu Rißwig das ehemahlen zu Niemaͤgen genoſſene Tra - ctement. 553. worein Kayſerliche Majeſtaͤt mit ge - wiſſer Bedingung willigen, 554. deſſen Legati prima - rii ſollen den Kayſerlichen Secundariis weichen, ibid. deſſen Geſandter will darthun, daß den Chur-Bran - denburgiſchen Secundariis eben das Tractament wie dem Primario gebuͤhre, 555. 633. wird von Engelland nur celſiſſimus nicht Sereniſſimus tituliret, 556. verlan - get, daß man es in den Plein. pouvoirs der Frantzoſen ſpecialiſſime nenne, 557. unterſtuͤtzt den Rang der Reichs-Deputirten in Rißwig609ſq.
  • Breve, Paͤbſtliches allererſte iſt an den Koͤnig in Spanien geſendet worden81
  • Brunnen, in welchem ein Koͤnig von Schweden getauchet worden46

C.

  • Calender, Julianiſcher wird zu Niemaͤgen von dem Nuncio Apoſtolico und andern Ambaſſadeurs der Ca - tholiſchen Potentien obſerviret307 &509
  • Callieres, verſtellet ſich in einen Kauffmann, 513. be - kommt zu Bruͤſſel von dem Gouverneur einen Kauff - manns-Paſſeport, 514. auch einen dergletchen von denHerren[709]Regiſter. Herren Staaten, 516. kommt nach Holland, ib. nach Amſterdam, giebet ſich fuͤr einen Hutſtaffierer aus, ib. wird erkennet, daß er dergleichen nicht ſeyib.
  • Cancelley-Bediente der Geſandten, worinnen ſie beſte - hen243
  • Canon, Mſr. Lothring. Etats-Miniſter, haͤlt eine Rede zu Rißwig wieder den Ceremonien-Streit627ſq.
  • Caracter eines Ambaſſadeurs worinnen er beruhe217
  • Carolus Magn. bringet die vierdte Monarchie auf die Deutſchen, 73. wo er gebohren, 74. ob er ein Deut - ſcher geweſen, ibid. vermehret die Donationem Petri97
  • Cardinaͤle, competiren mit den Churfuͤrſten, 135. derer Argumenta ihrer præcedentz, ib. koͤnnen Paͤbſte wer - den, ib. haben den Titul Eminentz, 136. werden Ge - ſandten des Pabſtes, ſenden aber ſelber keine, ib. ge - hen den Erb-Cron-Printzen nach, ib. ſind Nachfolger der Apoſtel, 137. gehen Souverainen Printzen fuͤr, 138. 144. & 476. gehen in Franckreich nach den En - fants de France, 138. haben Præcedentz-Streit mit den Grands d Eſpagne, 409. Cardinal Mazarin, vid. Ma - zarin, Eminentz.
  • Caroſſen, der Geſandten, 245. ſind koſtbahr, ib. des Du - ca d Oſſuna zu Utrecht, ib ſollen bey Friedens-Con - greſſen einander weichen, 542. eine ledige des Gra - fen von Kaunitz, will den Hollaͤndiſchen Geſandten nicht gleich Platz machen, 634. koſten eine 10000. thl. 647. einer mit rothen Sammt bedeckten, muͤſſen alle andre in Paris ausweichen, ib. des Frantzoͤſ. Ambaſ - ſadeurs zu Rißwig uͤbertrifft alle andere, ib. fuͤhren das Wapen der Geſandten, ib. theils Geſandten fuͤhren die Braut-Waͤgen ihrer hohen Principalen, 648. aller Ge - ſandten zu Rißwig, wo ſie beſchrieben, 648. fahren nur mit ſechſen, ib. eines hohen Ambaſſadeurs Gemah - lin faͤhrt mit 8. ib. welches die Frantzoſen mit ſchlech - ten ſplendeur nachthun, 649. Kaͤyſerl. faͤhrt bey ſtar - cken Regen auf das ſchoͤne Pavé zu Neuburg, ib. die Frantzoſen thuns bey ſchoͤnen Wetter nach, 650. ſol - len dem Hollaͤndiſchen Geſandten aus Paris entgegenY y 3geſen -[710]Regiſter. geſendet werden, ſo aber wegen des ſtreitigen Ranges zwiſchen den Engliſchen und Schwediſchen Miniſter unverrichteteter Sachen zuruͤcke kommen693
  • Caſtilien, vid Spanien.
  • Catholiſcher Koͤnig, wird der in Spanien genennet, 83. welcher Koͤnig dieſen Titul am erſten gebraucht, ibid. was ſelbiger bedeute, 84. iſt faſt ſo alt, als der Titul Chriſtianiſſimi98
  • Catholiſche Ambaſſadeurs, obſerviren zu Niemaͤgen den Julianiſchen Calender307 &509
  • Cavalliers, der Geſandten. was derer Verrichtung, 240. 241. Nuncius will durch keine proteſtirender Religion zugethane complimentiret ſeyn, 389. des Kayſerl. Pre - mier-Geſandten in Rißwig, ſind Graͤffl. und Freyherrl. Geſchlechts, 653. wie einige Ambaſſadeurs deren Mangel erſetzet, ib. was man davon vor Nutzen ha - ben kan, 653. ſq. es paſſiren mit unter von Buͤrgerl. Geſchlechteib.
  • Ceremonia, was dieſes Wort bedeute1
  • Ceremoniel, was dadurch verſtanden werde, 1. deſſen Definition, oder Beſchreibung, 2. deſſen Urſprung, 2. in der Paͤbſtlichen Capelle, 7. wird zuweilen negligi - ret, 156. auf was ſelbiges hauptſaͤchlich ankomme, 159. zwiſchen dignitate paribus und imparibus, 160. in loco tertio, 161. durch civilité temperiret, ib. extra - ordinaire Gnade giebet und benimt ſelbigem nichts, ib. jeder Hoff hat ſein beſonderes, 163. die zu ſelbi - gem gehoͤrigen Officianten, ib. zwiſchen Kayſerlicher Majeſtaͤt und einem Churfuͤrſten, 164. 165. & 172. Churfuͤrſten haben in egard Kayſerlicher Majeſtaͤt al - le ein gleichfoͤrmiges, 167. iedoch manchmahl einiger unter ihnen etwas zum voraus, ib. der Kayſerin mit einem Churfuͤrſten, 168. des Koͤniges in Ungarn oder Boͤhmen mit einem Churfuͤrſten, 171. eines Churfuͤr - ſten mit dem andern, 179. eines Churfuͤrſten mit ei - nem Ertz-Hertzoge, 180. eines Churfuͤrſten mit einem Koͤniglichen Bruder, 181. eines Churfuͤrſten mit ei - nem Reichs-Fuͤrſten, 182. eines Churfuͤrſten mit ei - nem Fuͤrſtlichen Printzen, 184. eines Churfuͤrſten miteinem[711]Regiſter. einem Biſchoffe, 186. eines Churfuͤrſten mit einem Grand d Eſpagne, de Portugal, Pair de France, Woywo - den aus Pohlen, 186. Ambaſſadeurs haben ein groſſes, Envoyés aber ein minderers, 219. mit was fuͤr einem ein Ambaſſadeur ordinair beehret wird, ibid. wird bißweilen bedungen, 220. kan vermehret, aber nicht gemindert werden, ib. Ambaſſ[a]deurs haben ſteiff und feſte daruͤber zu halten, 221. 704. kom̃t auf das Herkom - men an, ib. bey der Audientz-Nehmung der Ambaſſa - deurs, 223. wird in dem Weſtphaͤliſchen Frieden eini - ger maſſen negligiret, 389. bey dem erſten Congrés des Pyrenæiſchen Friedens, 418. mit was fuͤr einem der Spaniſchen Infantin Heyrath-Conſenß ſoll eingehohlet werden, 427. bey Unterſchreibung des Heyrath-Con - tracts Ludovici XIV. mit der Infantin, 440. bey Voll - ziehung dieſer Heyrath, 442. bey Zuſammenkunfft des Spaniſchen und Frantzoͤſiſchen Koͤniges, 446. mit was vor einem der Koͤnig von Engelland Carol. II. von Don Louis de Haro empfangen worden, 456. wegen der Trauer des Infant von Spanien, 470. ſoll auf dem Rißwigiſchen Frieden negligiret werden, 540. wird zu Rißwig auf den Fuß des Niemaͤgiſchen geſetzt, ſiehe Rißwig, Niemaͤgen, Weſtphalen ꝛc. 545
  • Ceremonien ſind zu allen Zeiten uͤblich geweſen2
  • Ceremonien-Streit, auf dem Weſtphaͤliſchen Frieden, 360, wie man ſelbigen abzuthun getrachtet, 361. we - gen der erſteren Viſite, 365. 416. wie er beygeleget wor - den, 367. wegen der Reviſite 368. wegen des Tituls Excell. 378. bey der Signatur, 385. 654. 657. ſq. wegen der Materia auf welche man ſchreiben ſoll, 387. wegen der Sprache 388. wegen der Creditivs, 388. bey dem Pyrenæiſchen Frieden, 409. wegen Locirung der Perſo - nen in dem Friedens-Jnſtrument, 472. 659. bey dem Niemaͤgiſchen Frieden, vid. Niemaͤgen. bey dem Rißwigiſchen Frieden, vid, Rißwig, Haag und Neu - burg.
  • Childericus III. wird des Reichs entſetzt15
  • Chriſtinæ, Koͤnigin in Schweden, beſonderes Argument vorgezogen zu werden119
Y y 4Chri -[712]Regiſter.
  • Chriſtenthum, deſſen Alter machet eine Prærogative 37. welcher Kayſer es zuerſt angenommen, 38. Kayſer Julianus verlaͤſt ſelbiges, 39. Kayſer Jovianus nimt es wieder an, 40. zu ſelben werden bekehret Franckreich, 40. Spanien, 41. & 81. Engelland, 43. Schweden, 44. Daͤnnemarck, 47. Portugall, 48. Ungarn, 49. Boͤhmen, ib. Pohlen, 50. Moſcau51
  • Chriſtlichſte, (Aller-Chriſtlichſte) Koͤnig, wird Franckreich tituliret, 41. & 91. welcher Titul den Kayſern beſſer zuſtaͤndig, ib. & 96. Kayſer wird auch ſo genennet, 77. & 97. woher dieſer Titul entſtanden, 91. 96. & 97. Zweifel uͤber ſelbigen, 93. ſoll dem Koͤnige in Franck - reich genommen werden, 98. Koͤnigin, wird die Spa - niſche Infantin noch fuͤr dem Beylager mit Ludovico XIV. tituliret443
  • Chur, (Hannoveriſche) neue und neunte, wird bey dem Rißwigiſchen Frieden hart angefochten, 549. dar - wieder proteſtiret640
  • Churfuͤrſten, werden Koͤnigen gleich geachtet, 135. 140. & 179. haben Præcodentz-Streit mit den Cardinaͤlen und freyen Republiquen, 135. ſind maͤchtiger als die Cardinaͤle, 137. ſpeiſen unter Baldachinen, ib. gehen den freyen Republiquen vor, 138. 141. & 143. geben den Koͤnigen den Titul Majeſtaͤt, 140. werden von den Koͤnigen Bruͤder genennet, ibid. haben in ihrem Collegio Koͤnige, ib. ſenden den Republiquen Huͤlffe, 142. haben alle in egard des Kayſers ein gleichfoͤrmi - ges Ceremoniel, 167. jedoch einige unter ihnen manch - mahl etwas zum voraus, 167. derer Ceremoniel mit der Kayſerin, 164. Ceremoniel eines Churfuͤrſten mit dem andern. vid. Ceremoniel. moͤgen mehr als einen Geſandten ſenden, 254. derer Geſandten werden al - le, ſo wohl ſecundarii als primus, pro talibus erkennet, ib. welches doch bey der Kayſer-Wahl ſeine Exception hat, ib. derer Geſandten gehen Fuͤrſten in Perſon fuͤr, 255. bekommen auf dem Weſtphaͤliſchen Frieden Præ - cedentz-Streit mit Venedig, 370. ſind Digniores als die Jtaliaͤniſchen Fuͤrſten, 379. ihren Geſandten wird auf dem Weſtphaͤliſchen Frieden der Titul Excellentzgewei -[713]Regiſter. geweigert, 379. & 380. Franckreich tractiret ſie wie der Kayſer, ib. Fuͤrſten des Reichs denegiren derer Ge - ſandten den Titul Excellentz, 381. werden in dem Py - renaͤiſchen Frieden a part von den Fuͤrſten des Reichs benennet 473. derer Geſandten raͤumen den Fuͤrſtl. den Indifferentiſmum Characteris und Tituli mit ihnen ein, 577. welches aber redresſiret wird, 578. derer Geſandten wollen fuͤr den Kayſerlichen und Frantzoͤ - ſiſchen, wenn dieſe von jenen beſuchet werden, den Pas haben, 588. ob ihre zweyte Geſandten mit denen Premiers gleiches Ceremoniel zu prætendiren, 633. verlangen zu Rißwig vergebl. von den Kayſerli - chen, das zu Niemaͤgen und Weſtphalen gehabte Cere - moniel, 639. vid. Geſandten.
  • Clientel, ob ſelbe der Prærogativæ etwas gebe oder be - nehme58
  • Coͤllniſche (Chur) Miniſtri, uͤbergeben ihre Poſtulata an Franckreich immed. dem Mediatori zu Rißwig, 623. warum ſie ſich nicht wieder die Unterſchrifft der Stadt Coͤlln als Imperialis, movirt, 661. unterſchreiben nur in Nahmen des Biſchoffs von Luͤttich,ib.
  • Coͤlln (der Stadt) Miniſtri nennen, dieſe Stadt liberam Imperialem bey der Unterſchrifft, 660. warum, 661. iſt dieſes Tituls wegen mit ihren Churfuͤrſten ſtreitigibid.
  • Commiſſarii, was ſie ſind, 273. haben ihre Dignitaͤt ex Jure Civili, 274. ſind unterſchiedlich, ib. perpetui oder temporanei, ib. der Kayſerl. nach dem Reichs-Tage iſt der allervornehmſte, 275. ſind dem Range nach ſehr groß, ib. participiren etwas von dem Charactere re - præſentativo, 275. derer Dignitaͤt und Autoritaͤt gilt nur binnen dem Territorio deſſen, der ſie ſendet, 276. ob die Plenipotentiarii zu dem Pyrenaͤiſchen Frieden Commiſſarii zu nennen, ib. Graͤntz-Commiſſarii, 277. General Kriegs-Commiſſarii, derer Verrichtung, ib. Regiments, 278. der Marſch-Route, ib. Mißbrauch dieſes Nahmens279
  • Comoͤdie, Pyrenaͤiſcher Friede wird von dem Cardinal Mazarin alſo genennet479
Y y 5Com -[714]Regiſter.
  • Competentz iſt zwiſchen Anſpach und Bareith479
  • Concilium, erſtes iſt in Spanien gehalten worden81
  • Concurriren, wie das Wort, nicht concurriren, von Franckreich erklaͤret worden106
  • Condolentz wegen des Koͤnigs in Schweden Abſterben, wird in pleno conſeſſu zugleich abgeſtattet von allen, 633. aber die Frantzoͤſiſchen Miniſter ſtatten ſolche a part im Haag ab636
  • Conferentz, en particolier zwiſchen den Kayſerlichen und Frantzoͤſiſchen zu Rißwig, wird von den Kayſerlichen verlangt, von den Frantzoͤſiſchen abgeſchlagen 635. und dis wegen der prætendirten erſtern Viſite636
  • Congreß hoher Potentaten, ob er rathſam, 145. vid. Zu - ſammenkunfft.
  • Conqueten welche Franckreich machet, werden der Crone einverleibet80
  • Conſtantinus M. ob er erſter Chriſtl. Kayſer geweſen, 38. ſiehet ein Creutz im Him̃el, 39. hat als ein Chriſt lange ohne Tauffe gelebet, ibid. deſſen Chriſtenthumb wird in Zweifel gezogenibid.
  • Conſuls, derer Gleichheit mit den Syndicis 266. ſind mei - ſtens Kauffleute 267. derer Amt ibid. werden recom - mendiret und confirmiret, 268. bekommen ein Pro - tections-Patent. ib. haben keine Exemption von der Jurisdiction des Territorial-Herrnib.
  • Courriers, ſind vielmahl Cavalliers. vid. Cavallier. muͤſ - ſen Paſſeports haben, 201. & 498. ihrent halben entſte - het Streit zu Niemaͤgenib.
  • Corſaren zu Rom, turbiren die Qvartiers-Freyheit des Frantzoͤſiſchen Ambaſſadeurs zu Rom, 698. vergreif - fen ſich an ſeinen Leuten, ib. berennen und beſchieſ - ſen den Pallaſt, ib. ſchlagen ſeiner Gemahlin einen Pagen auf der Kutſche todt ꝛc. ib. weil er den Paͤbſtl. Verwandten die Viſite noch nicht abgeſtattet, 699. werden aus Rom cum infamia verbannet700
  • Creditiv, wer es giebet, und weme es vorzuzeigen, 192. was in ſelbigen enthalten, 205. eines Ambaſſadeurs, ib. zeiget was fuͤr ein Miniſter der ſelbiges exhibiren - te ſey. 223. Streit daruͤber auf dem WeſtphaͤliſchenFrie -[715]Regiſter. Frieden, 388. mangelt einem Ragotziſchem Geſand - ten in Schweden, 629. und werden ihm deswegen die Tractaten abgeſchlagen, ib. er kriegt hernach eines in Ziffern geſchrieben, ſo aber nicht angenommen wird693
  • Crone, eine ziehret nicht ſo ſehr als derer viele, 68. Preußniſche, was auf ſelbiger ſtehet133
  • Czaar, hat in der Paͤbſtlichen Capelle keinen aſſignirten Ort, 29. iſt Griechiſcher Religion, ib. deſſen Reichs - Alterthumb, 30. Johannes Baſilowitz vertreibet die Tartarn, ib. nennet ſich Groß-Fuͤrſt von Moſcau, 31. & 130. nennet ſich Czaar, ib. nennet ſich einen Kayſer, 31. & 33. was dieſes Wort bedeute, 32. bit - tet von dem Pabſt, wie auch einigen Koͤnigen, den Titul Imperator oder Cæſar, ib. hat einen zweykoͤpffichten Adler im Wapen, ib. nennet ſich einen Selbſt-Herr - ſcher oder Regierer, 34. wolte gerne Kayſer genen - net werden, ib. Schweden nennet ihn nur Magnum Ducem Moſcoviæ, daruͤber er ſich beſchweret, ib. Poh - len geben ihm den Titul Majeſtaͤt, ib. Franckreich tituliret ihn Empereur, 35. iſt eine Majeſtaͤt, welche ihme alle Potentaten zugeſtehen, ib. will den Koͤnigl. Titul nicht annehmen, 130. ruͤhmet ſich ſeiner Macht, ib. vid. Moſcau.

D.

  • Danckelmann, Chur-Brandenburgiſcher Ambaſſadeurs im Haag, 646. genieſt nicht gleiche Ehre als der Pre - mier Geſandte zu Rißwig642
  • Daͤhnen, erobern Engelland19
  • Daͤniſcher Ambaſſadeur, kriegt von ungefehr den Titul Excellentz vom Præſidenten im Haag, bey ſeiner Ab - ſchieds-Audientz667
  • Daͤnnemarck, mit Schweden verknuͤpfft, 20. von Schwe - den ſepariret, ib. Periodi der Daͤniſchen Koͤnige, 21. 22. Koͤnig wird vom Kayſer Friderico dazu gemacht, ib. & 23. wird Chriſtlich, 47. Special-Fundamente ſei - ner Prærogative, 121. will Mediator zu Rißwig wer -den,[716]Regiſter. den, 526. deſſen Geſandter fuͤhret ſich magnifique - ment auf526. 636
  • Dais des Thrones, 237. der Gemahlin des Schwedi - ſchen Ambaſſadeurs in ihrem Zimmer, wird mit beſon - ſondern Reflexions bemerckt654
  • Deputation des Reichs nach einigen Friedens Schluͤſ - ſen, 565. derer Anfang, Hinderniß und Fortgang, ib. & ſeqq. bey ſelbiger vorgefallener Ceremonien - Streit. 572. 573. der Deputirten zu Rißwig ſind 32. Perſonen. 575. vid. Reich.
  • Deputirte, werden ab ioferiore ad ſuperiorem geſendt, 279. auch von gleichen zu gleichen, welche der Inviola - bilité und Immunitaͤt genieſſen, 280. Abgeſandten werden oͤffters ſo genennet, 280. Staͤnde des Reichs ſenden auf den Reichs-Tag re vera nur Deputirte, 281. 282. welches aus dem Weſtphaͤliſchen Frieden er - weißlich, 282. des Reichs, haben Ceremonien-Streit unter ſich, 580. des Reichs, will man nicht Kayſerl. Seiten als Ambaſſadeurs erkennen, 587. wie ſelbige auf dem Rißwigiſchen Frieden mit den Kayſerl. Ge - ſandten Communication gepflogen, 583. & 585. des Reichs werden von der muͤndlichen Conferentz mit den Frantzoͤſiſchen Miniſtern, durch die Kayſerlichen plat abgewieſen. 584
  • Deutſche Sprache, vid. Sprache.
  • Diamant, viele glaͤntzen mehr als einer68
  • Diarium der Geſandten246
  • Diligentz eines Ambaſſadeurs,246
  • Diſpenſation des Pabſts wird en Ceremoniel tractiret, 438. Diploma derſelben wird verleget444
  • Dolmetſcher wenn er noͤthig343
  • Domeſtiquen der Geſandten, 240. was derer Verrich - tung, ib. wie viel ihrer die Infantin nach Franckreich bringen mag436

E.

  • Eccleſiaſtica, darinn entſtehet was neues im Rißwigi - ſchen Frieden, welches aber per Clauſulam Koͤnigl. Schwediſcher Declaration reſervirt wird658
Edel -[717]Regiſter.
  • Edelmann welcher ein Gut hat, iſt ſo wuͤrdig als derje - nige welcher derer viele beſitzet69
  • Eilff tauſend Jungfrauen aus Engelland verjaget44
  • Einzug oder Entrée der Ambaſſadeurs, 221. in Londen, 222. in Pariß, ib. im Haag, ib. halten ſelbigen zu - weilen gar ſpaͤth, 223. in Rißwig, 612. 613. Streit daruͤber615 .ſq.
  • Eminentz, Titul der Cardinaͤle, 136. den haben ſie mit Conſens des Pabſtes ſich geben laſſen, 691. prætendi - ren ihn durchaus von Venedig, ib. nehmen deswegen die Brieffe nicht an, ib. und geben dadurch zu groſſer Weitlaͤufftigkeit Anlas, ib. muͤſſen ſich mit der alten Tit. Reverendiſſimo bey Venedig vergnuͤgen692
  • Empfangung eines Ambaſſadeurs bey der Viſite227
  • Engelland, deſſen Alterthum, 16. & 18. hat viel Koͤnige auf einmahl gehabt, ibid. Periodi ihrer Koͤnige, 17. hat ſeinen Nahmen von den Angeln, 18. fubmit - tiret ſich dem Pabſt und zahlet den Peters-Pfennig, ib. & 112. wird von den Daͤnen eingenommen, 19. von den Normaͤnnern, ib. zum Chriſtlichen Glau - ben bekehret, 43. & 44. deſſen erſterer Martyr, 44. eilftauſend Jungfrauen werden daraus verjaget, ib. Lob welches St Bernhardus dieſem Koͤnigreiche giebet, ib. deſſen Koͤnig nennet ſich auch Koͤnig von Franck - reich, 82. Raillerie uͤber dieſen Titul von Franckreich, ib. diſputiret Spanien den Rang, 88. & 109. præten - diret den Titul, Primogenitus Eccleſiæ, 91. ſoll den Titul Chriſtianiſſimi bekommen, 98. Koͤnig wird De - fenſor Fidei genennet, 109. bedienet ſich einer Kay - ſerl. Crone 112. wird dem Kayſer als Ober-Herrn uͤbergeben, 113. welches aber der Kayſer nicht an - nehmen will, 114. deſſen Koͤnig iſt das Haupt der Engliſchen Kirchen, 115. hat Hohe-Prieſterliche Di - gnitaͤt, ib. iſt dem Pabſt nicht unterwuͤrffig geweſen, ib. prætendiret auf Franckreich, 117. iſt geſchickt Media - tor zu ſeyn, 332. wird zu Niemaͤgen Mediator, 487. ſendet einen Abgeſandten an den Fuͤrſten von Fuͤr - ſtenberg, welches Kayſerl. Majeſtaͤt uͤbel empfunden, 493. deſſen Koͤnig Carol II. wird von de Haro en Cere -mo -[718]Regiſter. monie empfangen, 456. Cardinal Mazarin, will deſſen Koͤnig nicht fuͤr ſich laſſen, 457. wird Mediator zu Niemaͤgen, 506. ihme wird von Franckreich der Titul Regis Franciæ geweigert, 560. Koͤnig Wilhelm wird in dem Plein-Pouvoir der Frantzoſen zu Rißwig, nicht mit Nahmen genennet561
  • Engliſcher dritter Ambaſſadeur zu Rißwig logirte an - fangs ſeparatim in Rotterdam630
  • Engliſcher Ambaſſadeur in Pariß, competiret mit dem Schwediſchen wegen des Rangs, bey der dem ankom - menden Hollaͤndiſchen zugedachten Entgegenſendung der Caroſſen, 693. in Conſtantinopel, muß dem Kay - ſerl. Envoyé weichen, 694. ſq. ſpendiret vergebens 15. Beutel Goldes deswegen .ib.
  • Enthalten, wie Franckreich dieſes Wort ausgeleget hat106
  • Envoyés, gehen allen Ambaſſadeurs ohne Unterſcheid nach, 87. vid. Abgeſandter.
  • Equippage der Geſandten, in was ſie beſtehe. 245
  • Erſtgebohrner Sohn der Kirchen wird Franckreich ge - nennet, 41. & 89. welcher Titul dem Roͤm. Kayſer mehr zuſtaͤndig, ib. was dieſer Titul fuͤr einen Effect haben ſolle. 91. Engellaͤndiſche Kirche ambiret den - ſelbenib.
  • Excellentz, iſt der ordinaire Titul der Ambaſſadeurs, 228. wer ſelbigen unter ihnen am erſten bekommen, 229. wird von allen Geſandten prætendiret, 230. die Churfuͤrſtl. Ambaſſadeurs prætendiren ihn auch, 230. auch der Reichs-Fuͤrſten, ib. Neuburg hat ſelbigen in dem Niemaͤgiſchen Frieden erhalten, ib. wird auf dem Weſtphaͤliſchen Frieden dem Savoyiſchen und Man - tuaniſchen Geſandten geweigert, 378. die Kayſerli - chen und Frantzoͤſiſchen weigern ihn den Churfuͤrſtl. 379. wird den Geſandten der Republiquen dentgiret. 380. Fuͤrſten des Reichs wollen ihn den Churfuͤrſtl. nicht geben, 381. Streit daruͤber im Niemaͤgiſchen Frieden, 503. Neuburg erweiſet daß ſolcher Titul den Fuͤrſtl. Geſandten gebuͤhre, 503. Churfuͤrſten wollenſich[719]Regiſter. ſich deſſelben vor ihre Plenipotent. zu Rißwig begeben, 577. wird ihren Ambaſſadeurs zu Rißwig von den Kayſerl. denegirt, 625. darauf auch von andern Koͤ - niglichen, 626. weil ſie ſich der 9ten Chur ꝛc. wieder - ſetzet, 626. aber in Weſtphaͤliſchen und Niemaͤgiſchen Frieden aus Kayſerl. Gnade gegeben, 625. deſſen De - negirung bringet den Saͤchſiſchen Geſandten zu einem emportement, ib. wird von denen General-Staaten, ſo ſich Koͤnigen gleich achten, keinem Ambaſſadeur ge - geben, 667. aus einer Inadvertence dem Daͤniſchen gegeben, ibid. deswegen auch von dem Schwediſchen prætendiret, ib. aber vergeblichib.
  • Extraordinair-Geſandter, warum er geſendet wird, 248. hat ein groͤſſer Ceremoniel als der Ordinarius, 249. was bey Concurrentz eines Extraordinarii mit einem Ordinario zu beobachten249

F.

  • Ferdinandus Catholicus, leget den Grund zu der Spani - ſchen Monarchie13
  • Franckfurth, warum es den Rißwigiſchen Frieden un - terſchreiben muͤſſen662
  • Franckreich, deſſen Alterthum, 12. erſter Koͤnig, 13. wird zertheilet, ib. & p 14. deſſen Koͤnige degeneriren, ib. rechter Anfang deſſen Monarchie, 15. & 16. nen - net den Czaar Empereur, 35. beſchweret ſich, daß man ihm den Rang nicht fuͤr Spanien einraͤumen wolte, 37. wird zum Chriſtlichen Glauben bekehret, 40. deſ - ſen conqueten werden alle der Cron einverleibet, 80. diſputiret Spanien die Prærogative, 85. & 89. hat den Rang uͤber Spanien, 86. Præcedentz-Streit in Haag und Londen mit Spanien, 86. & 102. haͤlt in Rom Ambaſſadeurs, in Wien aber nur Envoyés, 87. deſſen Special-Fundamente der Prærogativ, 89. Koͤnige in Franckreich haben mehr ruͤhmliche Thaten verrichtet als andere Potentaten, ib. hat den Titul Primogeniti Eccleſiæ, ib. deſſen Legatio obœdientiæ, 90. nennet ſich einen Vorſteher der Chriſten, ib. heiſſet der aller - Chriſtlichſte Koͤnig, 91. Koͤnige ſind nicht alle zuRheims[720]Regiſter. Rheims mit dem heil. Oehl geſalbet worden, 93. ſon - dern mit dem Oehl des Heil. Martini, 94. ruͤhmet ſich dem Pabſt und der Kirchen groſſe Wohlthaten erwie - ſen zu haben, 96. wird per Excellentiam ein Koͤnig ge - nennet, 99. will dem Pabſt den Staat von Avignon einziehen, 101. tractiret die Churfuͤrſten wie der Kay - ſer, 379. deſſen Geſandter prætendiret den Titul Alteſ - ſe, 382. will an ſtatt Leopoldi Kayſer werden, 401. Koͤnig reiſet nach Lion, 401. ſimuliret eine Heyrath, 402. verwirfft das Project des Niemaͤgiſchen Frie - dens, 509. machet mit eigener Hand ein anderes, 510. will niemanden auch dem Kayſer nicht weichen, 632. will die Religions-Angelegenheiten auf dem Rißwi - giſchen Frieden nicht tractiren, 663. ſpannet die Satis - faction in der Laqveyen-Affaire ſehr hoch, 678. ſq der Frantzoſen Hochmuth giebt zu vielen Krieg und Streit Anlaß, 682. ihre Legations Cavalliere zu Madrit ſchla - gen 2. Spanier todt, 682. werden aus des Ambaſſa - deurs Pallaſt gezogen, 683. der Pallaſt vom Poͤbel ge - pluͤndert, ib. daruͤber waͤre es bald zur Ruptur kommen, ib. wenn ihnen die Todtſchlaͤger in Rom nicht waͤren reſtituirt worden, ib. muß einen harten Affront in Con - ſtantinopel leiden, 684. warum es ſolchen nicht ſcharff geahndet, 685. hat einen hitzigen Præcedentz-Streit mit Spanien in Londen, 102. 103. & 697. muß von den Corſaren in Rom ein groſſes leiden, 698. kriegt aber verlangte Satisfaction700
  • Frantzoſen und Spanier tractiren einander hoͤfflich, 420. & 422. Omen dieſer Hoͤffligkeit, 421. nehmen den Spaniſchen Secretarium gefangen82
  • Frantzoͤſiſche Miniſtri, wollen den Ka[y]ſer ihrem Koͤnige in dem Portocoll nicht vorſetzen laſſen, 632. ſuchen bey der Einfahrt in Rißwig neue Dinge, 622. 632. Mſr. Menager will keine Satisfaction von ſeinen Laquays, we - gen des den Hollaͤndiſchen angethanen Affronts ſchaf - fen, 670. 671. ſq. Rambouillet verlanget in Madrit durch einen Grand d Eſpagne eingehohlet zu werden, 688. extorquiret den Titnl Excellentz von dem Duca de Olivarez689
Fran -[721]Regiſter.
  • Frantzoͤſiſche Ambaſſadrice in Pohlen, 695. ſq. Ambaſſa - deur will uͤber des Koͤniges in Pohlen Bꝛuder den Rang haben, 696. ſiehe Franckreich.
  • Frantzoͤſiſche Legations-Cavalliers fuͤhren ſich in Fluß - Bade zu Madrit ſehr negligant auf, 682. werden ver - ſpottet, und ſchlagen deswegen zwey Spanier todt, ib. werden mit Gewalt aus des Ambaſſadeurs Logis gezo - gen, 683. und dieſes von dem Poͤbel gepluͤndertib.
  • Frantzoͤſiſche Sprache, vid. Sprache.
  • Frauenzimmer, will dem Mannsvolcke vorgezogen wer - den120
  • Friede, wird ſelten ohne Præliminaria geſchloſſen, 286. ein Vorhergehender wird zum Fundament des dar - auf folgenden geleget, 288. Ort, wo derſelbe ſoll ge - ſchloſſen werden, verurſachet Conteſtation, 288. 290 & 300. waꝛum ſelbiger ſelten in den Reſidentien der Souve - rains geſchloſſen wird, 295. wer zu ſelbigem zu admitti - ren oder nicht, 296. welche von einem oder dem andern ausgeſchloſſen worden, ibid. Ort, wo er zu ſchlieſſen, muß das freye Exercitium Religionis haben, 304. Ort muß ſicher ſeyn, 308. warum Franckreich ſelbigen meiſtens auſſer ſeinem Territorio zu ſchlieſſen pfleget, 308. deſſen Mediator, 311. deſſen zu Niemaͤgen Pro - ject verwirfft Franckreich, 510. wie der Rißwigiſche unterſchrieben, und vor der Unterſchrifft publiciret worden, 655. 656. & 657. das Jnſtrument wurde von jedweden Theile oͤffentlich halb abgeleſen, 657. Weſtphaͤliſcher, Pyrenæiſcher, Ackiſcher, Niemaͤgi - ſcher, Rißwigiſcher, vid. Weſtphalen, Pyrenæiſch, Acken, Niemaͤgen, Rißwig.
  • Fuͤrſten des Reichs wollen den Churfuͤrſten gleich geach - tet ſeyn577
  • Fuͤrſtenberg, Egon Fuͤrſt von Fuͤrſtenberg, wird in Coͤlln weggenommen, welches den Niemaͤgiſchen Frieden hemmet, 488. kurtze Erzehlung von ihm, 488. Koͤnig in Engelland ſendet einen Abgeſandten an ihn, wel - ches Kayſerliche Majeſtaͤt uͤbel aufnehmen493
Z zGeſand -[722]Regiſter.

G.

  • Geſandter oder Geſandten, wenn und wohin ſie geſendet werden, 188. derer definition, 189. wer ſie ſendet, ibid. derer Unterſcheid, 190. derer Gleichheit, 193. was ſie mit denen Envoyés gemeinſchaftlich haben, 201. derer Creditif, 205. ſind in violables, 206. nicht aber ſo wohl ex Jure gentium als vermoͤge der Paſſeports, 207. & 208. derer Admiſſion, 212. duͤrffen von dem, an welchen ſie geſendet worden, nicht allemahl vorge - laſſen werden, ibid. & 213. derer Inviolabilité, 215. was bey derer Perſon zu betrachten, 217. wie ſie ein - getheilet werden, ib. was derer Character andeute, ib. koͤnten entbehret werden, 218. ihnen wird ihrer Prin - cipalen Prærogativa communicative nicht abdicative mitgetheilet, ib. haben nur dignitatem effigiatam, ib. mit was fuͤr einem Ceremoniel ſie ordentlich zu beeh - ren, 219. halten uͤber nichts feſter als uͤber dem Cere - moniel, 221. derer Einzug, ib. ihr Tractement, 222. derer Audientz und Ceremonien bey ſelbiger, 223. der - ſelben Viſite, ib. bedecken ſich in Gegenwart der Ma - jeſtaͤten, 224. werden nach der dignitaͤt ihres Princi - palen tractiret, 225. muͤſſen derer Rang behaupten, ib. derer Anſage zu der Viſite, 226. wie ſie bey Abſtat - tung derſelben empfangen werden, 227. werden Ex - cellentz genennet, 228. derer Magnificentz, 232. Lo - gement, 236. derer Tiſch-Service, 238. derer Gvarde - Robe, ib. derer Taffel, 238. welche fuͤnfferley, 239. derer Cavalliers und Domeſt quen, 240. derer Can - celley-Bediente, 243. derer Secretarii, ib. derer Pa - ges und Laquays, 244. derer Equippage, 245. derer Caroſſen, ib. derer Diligentz, 246. derer Diarium, ib. derer Protocoll, 247. derer Relationes, 248. ſind in Poſt-Tagen nicht leichtlich zu ſprechen, ib. werden in Ordinarios und Extraordinarios getheilet, ib. Extraor - dinarius warum er geſendet wird, ib. Extraordinarii, haben ein groͤſſer Ceremoniel als die Ordinarii, 249. was bey Concours dieſer zweyen zu beobachten, ibid. wenn[723]Regiſter. weñ man nur ſtets extraordinarios ſendet, wird es uͤbel aufgenommen, 251. aus einem Ordinario kan ein ex - traordinarius & viciſſim gemacht werden, ib. ordinarii wer ſie ſind, und was ſie zu verrichten, ib. einige Poten - tien ſenden nur Abgeſandten, aber nicht Geſandten, 252. Exemples hievon, 253. wenn derer mehr als ei - ner von einem geſendet werden, ſollen ſie alle pro tali - bus erkennet, und ihnen das gebuͤhrende Tractement gegeben werden, 253. welches aber auf dem Wahl - Tage eines Kayſers Exception leidet, 254. wenn ſie kranck werden, ob ſie ſubſtituiren koͤnnen, 255. koͤnnen durch Hoͤffligkeit oder Affection etwas verſehen, und im Ceremoniel verliehren, 259. Frantzoͤſiſcher præ - tendiret den Titul Alteſſe, 382. derer praͤchtiger Auf - zug zu Oſnabruͤg und Muͤnſter, 384. Fuͤrſten des Reichs, ſondeꝛlich aber Neubuꝛg, haben das Recht cha - racteriſirte zu ſenden, 504. Daͤniſcher fuͤhret ſich bey dem Rißwigiſchen Frieden magnific auf, 526. des Churfuͤrſten von Hannover zu dem Rißwigiſchen Frie - den, 550. Brandenburgiſche Primarii ſollen den Kay - ſerl. Secundariis weichen, 554. & 555. des Hertzogs von Savoyen wollen wie die Koͤnigl. tractiret werden, 561. Churfuͤrſtliche raͤumen den Fuͤrſtlichen den In - differentiſmum ein, 577. welches aber redresſiret wird, 578. Kayſerliche gerathen mit den Churfuͤrſtl. in Diffe - rentz, 586. Churfuͤrſtl. prætendiren in dem Quartier der Kayſerl. und Frantzoͤſiſchen den Pas, 589. & 601. Churfl. wollen mit den Kayſerl. in loco tertio zuſam̃en kommen, welches aber dieſe jenen abſchlagen, 593. Kayſerliche Secundarii und tertii gehen den Churfuͤrſt - lichen Primariis fuͤr594
  • Gentil-homme, abgeſendeter iſt nicht ſo gleich ein Envoyé493
  • Geſchencke, was die Phraſis in der Schrifft: Daß ſie ihm Geſchencke braͤchten, andeute58
  • Geſetze, ob die von einem Potentaten gemachten, und von einem andern Potentaten in ſeinem Lande eingefuͤhre - ten, dieſem letzteren an ſeiner Prærogativa etwas be - nehmen62
Z z 2Gewalt[724]Regiſter.
  • Gewalt, unumſchrenckte, ob ſie eine Prærogativam gebe70
  • Gnade, giebet oder benimmt dem Ceremoniel nichts161
  • Gouverneur, ſiehe Stadthalter.
  • Grammont, (Duc de) gehet nach Madrit, der Infantin con - ſens zur Heyrath einzuhohlen, 428. deſſen Magnifi - quer Eintrit in Madrit432
  • Grands d Eſpagne, competiren mit den Cardinaͤlen, 409. wollen ſich mit keinen Mareſchal de France vergleichen laſſen689
  • Griechiſche Sprache in Deutſchland eingefuͤhret346
  • Grotius (Hugo) Schwed. Miniſter in Pariß, geraͤth in Rang-Streit mit den Graff Leiceſter693
  • Gutachten der Reichs-Staͤnde, wegen Ratification des Rißwigiſchen Friedens, dem Kayſer uͤbergeben 664ſq.

H.

  • Haag, warum der Frieden daſelbſt geſchloſſen worden293
  • Hannover, deſſen Plein Pouvoir zum Rißwigiſchen Frie - den, 549. iſt als von einem Churfuͤrſten unterſchrie - ben, ibid. proteſtatio welche einige dargegen gethan, 549. bekommt auf dem Reichs-Tage wegen der Chur Verdruͤßligkeit, 573. ſetzt ſich zu Rißwig kluͤgl. in die Poſſeß des Churfuͤrſtl. Rangs, 638. 639. richtet das Churfuͤrſtl. Wapen im Haag nicht eher auf, biß er pro Electorali vom meiſten erkennet worden, 652. laͤſt darinn einen Platz vor das Reichs-Pannier, Wuͤrten - bergs wegen, ledig653
  • Haupt, ſichtbares der Kirchen, iſt der Pabſt, vid. Pabſt. ſichtbahres der Engliſchen Kirche, iſt der Koͤnig ſelbigen Reichs, 115. was dieſer Titul in Engelland bedeuten koͤnne, 117. die Engliſche Koͤniginnen enthalten ſich deſſelbenib.
  • Haro, (Don Louis de) Spaniſcher Premier-Miniſtrc, deſ - ſen Magnificentz und Reiſe nach dem Pyrenæiſchen Ge -buͤrge,[725]Regiſter. buͤrge, 408. empfaͤnget den Hertzog von Lothringen mit vielen Ceremonien, 466. wie auch den Koͤnig von Engelland, 456. deſſen nachdruͤckliches Compliment an den Cardinal Mazarin478
  • Hauß, auf der Faſanen-Jnſul zur Friedens-Conferentz erbauet, 410. wie ſelbiges eingerichtet geweſen, 411. wie es meubliret worden, 414. Neuburg zu Rißwig, deſſen Beſchreibung, 534. Frantzoſen wollen in ſelbi - gen mit den Zimmern alterniren, 538. der Alliirten Zim - mer daſelbſt ſoll man das Kayſerliche nennen538
  • Heiliger, der erſte iſt in Spanien aufgehoben81
  • Helena, Kayſers Conſtantini M. Mutter, 38. reiſet nach Jeruſalem, ib. findet das Creutz Chriſti daſelbſt, wie auch die Naͤgelib.
  • Heyrath, von Franckreich ſimuliret, 402. des Ludovici XIV. mit der Infantin aus Spanien projectiret, 407. und zwar ohne Condition einiger Renunciation auf Spanien, 424. mit was fuͤr einem Ceremoniel man den Cenſens der Infantin dazu eingeholet, 427. mit der Infantin iſt das einige Fundament des gantzen Py - renæiſchen Friedens, 429. der Infantin kommt wegen einiger Titulaturen in das Stecken, 430. wenn die zwiſchen Ludovico XIV. und der Infantin ſoll vollzogen werden, 437. Ceremoniel bey Unterzeichnung des Contracts dieſer Heyrath, 440. Ceremonien bey der - ſelben Vollziehung, 442. derer actus copulationis, 443. Geſchencke, welche der Braͤutigam der Braut & viciſſim gethan, 446. Carolus II. in Engelland, will des Cardinal Mazarins Muhme heyrathen, 460. der In - fantin mit Ludovico XIV., waͤre bey nahe durch den Todt ihres Bruders, des Infant von Spanien, zu nichte gegangen470
  • Himmel, uͤber einem Throne, oder Parade-Stuhl237
  • Holland erhaͤlt ſeine Souveraineté, 372. bemuͤhet ſich das Jus Legationis als eine freye Republic zu erhalten, 378. will ein gleiches Ceremoniel mit Venedig ha - ben, 373. groſſer Unterſcheid zwiſchen Venedig und Holland, 375. ihme wird das Ceremoniel ſchwer ge - macht, ib. erhaͤlt ſein prætendiretes Ceremoniel, undZ z 3deſſen[726]Regiſter. deſſen Geſandten den Titul Excellentz, 377. giebet Anlaß zum Kriege, 484. wen es in den Krieg mit eingewickelt, 485. ihre Schiffe lauffen die Themſe hinauf biß nach Chattan, 486. Fuͤrſt von Fuͤrſtenberg meditiret ihren Untergang, 490, ſetzet die Engliſche Mediation zu Niemaͤgen an die Seite, 511. Sprich - wort von ſelbigem: Er gehet durch wie Hollaͤnder, ib. wird zu Niemaͤgen zwiſchen Spanien und Franck - reich Mediator, 512. beneventiret durch ſeine Abge - ordnete zu Rißwig, die Herren Ambaſſadeurs, 538. ſind Koͤnige uͤber viel Koͤnigreiche in Jndien628.
  • Hollaͤnder ſollen ihren Gram uͤber des Graf Rechtern verfahren bezeigen679
  • Hollaͤndiſche Declaration gegen den Koͤnig in Franckreich auf ſeine Anforderungen, in der Laquayen-Affaire680ſq.

J.

  • Jalouſie, zwiſchen Spanien und Franckreich394
  • Jeruſalem, wer Koͤnig druͤber ſey, 81. Raillerie uͤber deſſen Koͤnig82
  • Imperialis, warum ſich Coͤlln alſo zu Rißwig unterſchrie - ben661
  • Immunitaͤt, eines Geſandten und Abgeſandten, 216. iſt nicht ex Jure gentium, ſondern nur mutuo pacto. ibid. kan gar abgeſchaffet werden, ib. wird Carolo II. in En - gelland in ſeiner Reiſe durch Franckreich geweigert462
  • Inſtruction iſt zweyerley, 201. darff nicht leichtlich uͤber - ſchritten werden202
  • Jnſul (Faſanen) wird zum Friedens-Congreß auserſe - hen, 396. ein Hauß auf ſelbige gebauet, 410. & 411. zum Duell zwiſchen Carolo V. und Franciſco I. deſtini - ret, 410. iſt ſtreitiger Jurisdiction, ib. wird getheilet411
  • Inviolabilitaͤt, der Geſandten und Abgeſandten, 215. hoͤrt bey Verraͤthern auf684
Joſeph[727]Regiſter.
  • Joſeph von Arimathia, bekehret Engelland zum Chriſten - thum43
  • Iſola, (Barond) deſſen Bouclier d Etat und le Politique du Tems481
  • Juden, koͤnnen Reſidenten ſeyn, 261. auch Agenten270
  • Jungfer, Europa in derer Geſtalt vorgeſtellet81
  • Jurament, welches der Kayſer dem Pabſt ſchweret, was es zu bedeuten77
  • Jus civile, benimmt den Potentaten, welche es in dero Lande eingefuͤhret, nichts an ihrer Prærogativa64

K.

  • Kauffleute, werden Reſidenten, 261. Conſuls, 267. Lionne Frantzoͤſiſcher Plenipotentiarius, giebet ſich fuͤr einen Kauffmann aus, 399. empfaͤnget mehrere Ehre als Kauffleuten gebuͤhret, 400. Callieres Frantzoͤſi - ſcher Miniſter, verſtellet ſich in einen Kauffmann513
  • Kayſer, gehet allen andern Potentaten oben an, 9. ma - chet Koͤnige, 23. 26. 28. & 76. Czaar nennet ſich einen 31. geſtehet dem Czaar den Titul Majeſtaͤt zu, 35. titulirt einige Koͤnige nur Koͤnigliche Wuͤrden, ib. Tuͤrckiſcher wird Groß-Sultan genennet, 35. Tuͤrcki - ſcher, 36. giebet derer zwey in Europa, ib. wird ein Chriſt, 38. iſt ein Herr vieler Laͤnder, 66. & 67. deſ - ſen Prærogativa und derer Special-Fundamenta, 73. & 78. unterſtuͤtzet die vierdte Monarchie, ib. wird Mundi Dominus genennet, und in was fuͤr einem Ver - ſtande, 74. iſt wuͤrdiger als alle andere Potenta - ten, 76. iſt Advocatus Eccleſiæ, 76. wird Chriſtianis - ſimus genennet, 77. ob er Legislator univerſalis, 78. Koͤnig in Spanien laͤſſet ſich einen nennen, 85. die von ihm gemachten oder authoriſireten Jura, ſind in ei - nigen Landen abgeſchaffet worden, 65. & 78. wird Ober-Herr uͤber Engelland, 113. acceptiret aber dieſe Ober-Herrſchafft nicht, 114. deſſen Ceremoniel mit einem Churfuͤrſten, 164. & 172. Kayſer wolte gerneZ z 4ſein[728]Regiſter. ſein Kayſerthum mit Spanien vertauſchen, 425. ob ſolches glaublich, 426. wiederraͤth die Reichs-De - putation nach Rißwig, 569. ihm diſputiret niemand, auch ſeine Feinde nicht, die Præcedentz, 627. deſſen Geſandten vid. Geſandten.
  • Kayſerliche Ambaſſadeurs in Rißwig, 613. prætendiren die beſte Fahrt ohne Erfolg 616. ſeqq. wollen den Churfuͤrſtlichen den Titul Excellence nicht geben, 625. weil ſie ſich der neunten Chur ꝛc. wiederſetzet, 626. unterzeichnen den Frieden zuletzt656
  • Kirche, erſtere in Spanien erbauet, 81. der Engliſchen ihr Haupt iſt der Koͤnig ſelbigen Reichs, 115. Eng - liſche iſt dem Pabſt niemahlen unterwuͤrffig geweſen,ib.
  • Koͤnige, dieſes Wort deutet per Excellentiam den von Franckreich an, 99. derer Bruͤder, was ſie mit den Churfuͤrſten fuͤr ein Ceremoniel haben, 181. welche mehr als ein Koͤnigreich beſitzen, 66. derer abſolute Gewalt, 70. von Jeruſalem, 81. vid. Spanien, Franckreich, Engelland ꝛc.
  • Kutſchen, ſiehe Caroſſen.

L.

  • Laqvays, der Geſandten, 244. ſollen zu Rißwig kein Gewehr tragen, 543. werden theils ſo praͤchtig ge - halten, daß man Cavalliere und Pagen nicht unter - ſcheiden koͤnnen, 646. Streit unter denen Laqvays zu Rißwig, verwickelt die Ambaſſadeurs und hohe Princi - palen, 668. Frantzoͤſiſche, weiſen mit Fingern auf die Hollaͤndiſchen, lachen, pfeiffen und moquiren ſich uͤber ſie, ib. die Hollaͤndiſchen beſchweren ſich uͤber jene, ib. Inſtruction des dißfalls an Monſ. Menager abgeſchickten Secretarii, ib. gruͤndet ſich auf die ver - glichene Policey-Ordnung, 670. richtet nichts aus 671. ſeqq. Graff Rechtern, geraͤth daruͤber in Wort - Wechſel mit Monſ. Menager 676. giebt ſeinen La - qvayen Urlaub, ihre Haͤndel ſelbſt zu ſchlichten, 677. da[729]Regiſter. da kriegt ein Frantzoͤſiſcher eine Ohrfeige, ib. des Koͤ - nigs in Franckreich Anforderungen deswegen an die General-Staaten678 .ſq.
  • Latein, Kayſer Barbaroſſa will ſelbiges nicht reden, 345. in Deutſchland eingefuͤhret, 346. & 347. machet keine Prærogativa, auch kein Præjuditz, 350. wird bey dem Weſtphaͤliſchen Frieden noch ſehr gebrauchet, 351. & 388. Pabſt dedienet ſich dieſer Sprache, 351. wo - her es ſo negligiret worden353
  • Legati, a Latere, durfften ehemahlen ohne Conſens des Koͤniges von Engelland, nicht in deſſen Land kommen, 115. genieſſen mehrere Ehre als andere Geſandten, 194 ſind in Franckreich nicht in ſolcher Autorité als anderswo, 195. wie ſelbige von den Proteſtirenden angenommen werden, 196. was ſie ſind, und wie viel Arten derſelben, 198. misſi. 199. nati. 200. ſuſpen - diren den Character der Nunciorum, wenn ſie beyde mit einander concurriren250
  • Legatio Obœdientiæ des Koͤniges von Franckreich, 90. des Koͤniges von Engelland, 116. der itzt Regieren - den Kayſerlichen Majeſtaͤt, 191. des Koͤniges von Pohlenibid.
  • Lehns-Pflicht, ob ſelbige die Prærogativam mindere60
  • Lion, Reiſe des Ludovici XIV. dahin402
  • Lionne (Marquis de) giebet ſich fuͤr einen Kauffmann aus399
  • Livrée, der Geſandten236
  • Livreen gehoͤren mit zum Ceremoniel und wie ferne? 645. im Weſtphaͤliſchen Frieden, gleichen den vier Seculis der Poeten, 645. changiren ſehr, ibid. ſind zu Rißwig theils ſo reich, daß man Pagen von den Ca - valiern nicht unterſcheiden koͤnnen, 646. die Trauer wird wegen der Menage verlaͤngert, 646. ſie ſind da - ſelbſt a la Francoiſe gemachtibid.
  • Logis, ein beqvemes ſollen Ambaſſadeurs vor allen Cere - moniel beſorgen, 650. und umb raiſonnablen Preiß ib. zu Niemaͤgen taxirete ſie der Rath, 651. aber inZ z 5Haag[730]Regiſter. Haag gehets nicht an, ib. uͤbermaͤßige Miethungs - Penſion daſelbſt, ib. die Kayſerlichen hatten eines umb zeimlichen guten Preißib.
  • London, Præcedentz-Streit daſelbſt zwiſchen Spanien und Franckreich102
  • Lothringen, Hertzog wird in Arreſt genommen, 463. kan bey dem Koͤnige in Spanien nicht Audientz erhal - ten, 464. wird von Don Louis de Haro wohl empfan - gen, 466. ihme wird von dem Cardinal Mazarin nicht der Pas gegeben, 468. was ihme Franckreich in ſei - nem Paſſeport fuͤr einen Titul gegeben, 494. kan ſa - gen, daß ſein Geſandter den Koͤnig von Jeruſalem repræſentire628

M.

  • Macht, iſt ein Fundament der Prærogativæ56
  • Madrit, ſchlechte Arbeiter daſelbſt437
  • Magnificentz der Ambaſſadeurs, worinnen ſie beſtehe, 232. 236. 238. 240. & 245. ob ſelbige zu approbiren, 233 wie ſie ohne Schaden des Souverains koͤnte gewieſen werden, 234. des Cardinal Mazarin, 408. des Don Louis de Haro408
  • Majeſtaͤt, eine iſt ſo hoch und wuͤrdig als wie die andere,231
  • Majores Domus in Franckreich, werden Koͤnige15
  • Marechaux de France, werden den Ambaſſadeurs vorgezo - gen, 453. kommen denen Grands d Eſpagne nicht bey, 689. fuͤhren die Ambaſſadeurs in Franckreich zur Audientz688
  • Mazarin, Cardinal, reiſet nach dem Pyrenaͤiſchen Ge - buͤrge, 407 deſſen Magnificentz, 408. macht dem Don Louis einen politiſchen Streich, 435. will den Koͤnig von Engelland Carolum II. nicht fuͤr ſich laſſen, 457. reitet nach einer Conferentz in dem Pyrenaͤiſch in Frieden, 459 empfaͤnget den Hertzog von Lothring[e]n mit vielen Ceremonien, giebet ihm aber nicht die Ober-Stelle, 468. bekommt mit dem ParlamenteStreit,[731]Regiſter. Streit, wegen ſeines Tituls, 473. erklaͤret ſich dem Printz Condé ſo offt er zu ihme kommen wird, die Ober-Stelle, in loco tertio aber ſelbige ihme nicht zu geben474
  • Mediator, des Friedens, 311. iſt kein Eſſentiel-Stuͤcke eines Frieden-Schluſſes, ib. wenn ſelbiger noͤthig, ib. iſt eines der glorieuſeſten Aemter, 312. ihrer wer - den oͤffters mehr als einer emploiret, ib. einige werden von dieſem Amte abgewieſen, 313. Exempel davon an den Pabſt, 315. & 317. an Brandenburg, 316. an Savoyen, 318. an Daͤnnemarck, 313. & 319. an Engelland, 320. wer dazu geſchickt oder nicht, 321. Religion daran hinderlich. 321. Pabſt dazu ſehr geſchickt, 322. doch nicht alle mahl, 325. Venedig darzu geſchickt, 326. auch nicht alle mahl, 328. muß die Friedens-Quarantie uͤbernehmen, 329. & 335. Schweitzer koͤnnen es ſeyn, 330. verlangen es aber nicht, ib. koͤnnen es manchmahl auch nicht ſeyn. 331. Kayſer, Spanien, Franckreich, Schweden, Preuſſen, koͤnnen es ſeyn, ib. ſonderlich kan es Engelland ſeyn, ib. & 332. Haupt-Reqviſita deſſelben, 334. muß das Intereſſe der Parteyen verſtehen, ib. nicht intresſiret ſeyn, ib. muß reinen Mund halten, 335. wird oͤffters Pars L[i]tigans, 336. des Weſtphaͤliſchen Friedens, Ve - nedig, 369. Pabſt ſuchet es zu werden 369. aber ver - geblich, ib. zu Niemaͤgen, 487. will daſelbſt die Paſſe - ports austheilen, 496. Streit uͤber denſelben zu Nie - maͤgen, 506. die Proteſtirenden negligiren daſelbſt des Pabſtes Mediation, 508. zu Niemaͤgen iſt es En - gelland, jedoch mit ſeinem Nachtheil, 510. Hollaͤnder werden es zu Niemaͤgen, zwiſchen Spanien und Franckreich, 512. Engliſcher, will den Frieden der Hollaͤnder zu Niemaͤgen nicht unterzeichnen, ib. des Rißwigiſchen Friedens wird Schweden, 522. Pabſt aſpiriret es zu werden, 523. Portugall will es werden, ib. Venedig, Savoyen, Daͤnnemarck prætendiren es vergeblich, 524. & 526. Schweden waͤre zu Rißwig bald umb dieſes Amt kommen, 528. wird endlich von allen, auſſer von Spanien nicht, dazu angenommen532[732]Regiſter. 532. Schweden wird es mit beſonderen Ceremonien, ib. ihm gebuͤhret die Ober-Stelle, 536. prætendiret auch den Rang, 562. ihm wird der Rang von den Kayſerl. wiederſprochen, 563. die Præcedentz wird ihme eingeraͤumet, 564. approbiret das von den Chur - fuͤrſtlichen geſuchte Ceremoniel, gegen die Kaͤyſerli - chen zu Rißwig, 597. ſein Einzug in Rißwig, 612. er erwehlet bey Unterzeichung des Friedens in ſeinem Zimmer die unterſte Stelle, 655. abſentiret ſich bey der Unterſchrifft der Reichs-Deputirten, und warum, 658. verlangt von den General-Staaten bey ſeiner Abſchieds-Audientz, mit dem Titul Excellentz beehret zu werden, aber vergeblich667
  • Menge, der Koͤnigreiche welche ein Potentat beherr - ſchet, mehren die Prærogativam66
  • Monarchie, vierdte auf die Deutſchen gebracht73
  • Moſcau, hat in der Paͤbſtlichen Capelle keinen aſſignir - ten Ort, 29. deſſen Alterthumb, 30. zum Chriſten - thumb bekehret, 51. & 53. verlaͤſſet wieder das Chri - ſtenthumb, ib. nimmt es wieder an, 54. und zwar die Griechiſche Religion, ib. deſſen Special-Fundamenta der Prærogativæ, 130. vid. Czaar.
  • Moſcowitiſcher Geſandte zu Wien, fuͤhret ſich ſehr unbe - ſcheiden nnd hoffaͤrtig bey der Audientz auf, 685. muß unbegleitet nach Hauſe gehen, und wird daſelbſt ver - wahretibid.
  • Mundi Dominus, wird der Kayſer genennet74
  • Muͤnſteriſcher Friede, dadurch verſtehen die Kayſerli - chen in ihren Poſtulatis zu Rißwig, nicht den gantzen Weſtphaͤliſchen629

N.

  • Naͤgel, des Creutzes Chriſti, was aus ſelbigen ſoll ge - macht worden ſeyn38
  • Neuburg, Hertzog, bekommt einen beſonderen Paſſeport zu dem Niemaͤgiſchen Frieden, 503. erweiſet daß denFuͤrſtl.[733]Regiſter. Fuͤrſtl. Geſandten der Titul Excellentz gebuͤhre, 503. iſt in Poſſesſion Ambaſſadeurs zu ſenden504
  • Neuburg, heiſſet das Hauß auf welchen der Rißwigiſche Frieden geſchloſſen worden, 521. & 522. Beſchrei - bung deſſelben, 534. Frantzoſen wollen in ſelbigem mit den Kayſerl. ratione der Zimmer alterniren, 538. das den Alliirten daſelbſt eingeraͤumte Zimmer, ſoll man das Kayſerliche nennen, ib. Hollaͤnder beneven - tiren daſelbſt die Herren Ambaſſadeurs mit beſonde - rem Ceremoniel, 539. wie die Einfahrten in dieſes Hauß ſollen gehalten werden542
  • Niemaͤgen, der daſelbſt gehaltene Friede, 306. die Ca - tholiſchen Geſandten celebriren daſelbſt den Juliani - ſchen Calender, 307. & 508. was zu dem fuͤr dieſem Frieden gefuͤhrten Kriege Anlaß gegeben, 483. Streit wo dieſer Friede ſoll gehalten werden, 487. wird fuͤr einen neutralen Ort gehalten, ib. Mediator des daſelbſt gehaltenen Friedens, ib. & 487. Gefan - gennehmung des Fuͤrſten von Fuͤrſtenberg hemmet ſelbigen, 488. Franckreich will dazu keine Paſſeports ertheilen, 489. Streit uͤber die daſelbſt zuertheilende Paſſeports, 494. Streit daſelbſt wegen der Courriers, 498. Streit wegen des Tituls Excellentz, 503. Streit wegen der Mediation, 506. Pabſt will daſelbſt den Frieden nicht vornehmen, ibid. iſt Mediator, ibid. Kayſerliche Majeſtaͤt belieben dieſen Ort, nur aus ge - wiſſen Motiven, zu einen Friedens-Congreß, 507. Paͤbſtlicher Nuncius hat daſelbſt ſein gantz freyes Exercitium Religionis. 508. Project des daſelbſt zu ſchlieſſenden Friedens, 509. Franckreich verwirfft ſelbiges und macht eigenhaͤndig ein anderes, 510. Hollaͤnder werden daſelbſt Mediatores, 512. Engel - land will der Hollaͤnder mit Franckreich geſchloſſenen Frieden, nicht unterſchreiben, 512. vid. Friede.
  • Normaͤnner, erobern Engelland19
  • Nuncii Apoſtolici, was ſie ſind, 199. was ein Internun - cius, ibid. derer Character wird durch die Præſentz ei - nes Legati a Latere ſuſpendiret, 250. in dem Ort woſie[734]Regiſter. ſie ſich aufhalten ſollen, muß der Catholiſche Glaube ſein freyes Exercitium haben, 305. celebriret zu Nie - maͤgen die Sonn - und Feſt-Taͤge, nach dem Juliani - ſchen Ca lender, 307. will durch keine Cavalliers wel - che nicht ſeines Glaubens, die Complimente annehmen, 389. zu Niemaͤgen iſt der gemeine Mann begierig ihn zu ſehen, 508 der Rath daſelbſt empfaͤngt den Nuncium mit gebuͤhrenden Ceremonien, ib. haͤlt das Exercitium ſeiner Religion daſelbſt mit einer derglei - chen Freyheit als zu Rom. 508

O.

  • Obœdientiæ Legationes, was ſie ſind, 191. vid. Le - gatio.
  • Oeſterreich, Ertz-Hertzoge, werden Koͤnige von Ungarn, 25. derer Ceremoniel mit einem Churfuͤrſten180
  • Oehl, heiliges zu Rheims, alle Koͤnige ſind mit ſelbigem nicht geſalbet worden, 94. des heiligen Martini, 94. vid. Ampulla, & Franckreich.
  • Ordinair-Geſandten, vid. Geſandten
  • Orleans (Hertzogin von) der ihrent halben formirte Ar - ticulus Separatus in Rißwigiſchen Frieden, wird be - fuͤrchtet dem Reich præjudicirlich zu ſeyn664
  • Ort, wo ein Frieden zu ſchlieſſen, wird heut zu Tage oͤf - ters ſehr diſputirlich gemacht. 289. in alten Zeiten wurde ſelbiger umb ein leichtes erkieſet, 301. giebet dem Frieden den Nahmen, 301. & 310. muß be - qvem ſeyn, 302. worinnen dieſe Beqvemlichkeit be - ſtehe, 303. muß ſicher ſeyn308

P.

  • Pabſt, weigert dem Czaar den Titul Kayſer, 34. der er - ſte iſt ein Spanier geweſen, 81. deſſen und ſeiner Ge - ſandten Autoritaͤt bey Catholiſchen Souverains, 193. was ihme die Proteſtirenden fuͤr eine Prærogativam zu - geſtehen, 196. iſt geſchickt einen Friedens-Mediato - rem abzugeben, 322. welches doch ſeine Exception lei -det[735]Regiſter. det, 325. ſuchet Frieden zu ſtifften, 394. trachtet Me - diator zu werden, 396. wird davon abgewieſen, ib. deſ - ſen Diſpenſation wird en ceremoniel tractiret, 438. wird Mediator zu Niemaͤgen, 506. will nicht daß der Friede zu Niemaͤgen tractiret werde, ibid. die Proteſti - renden negligiren ſeine Mediation, 508. will Mediator zu Rißwig werden, 522. wie die Souverains in ſeiner Capelle lociret werden7
  • Pages, der Geſandten, 244. derer Verrichtungen, ib. ſol - len zu Rißwig kein Gewehr tragen543
  • Papier, Ceremoniel daruͤber, 387.
  • Paſſeports, wer ſie ertheilet, 206. & 207. was darinnen enthalten, ibid. geben Gelegenheit zu allerhand Wie - derwaͤrtigkeit, 209. ſonderlich wegen der Titulaturen, 211. werden oͤffters gar ſchwer ertheilet, 209. was bey deren Verweigerung zu thun, ib. muͤſſen auch fuͤr die Courriers ertheilet werden, 210. Carolus II in Engelland, kan von Franckreich keinen erhalten, 461. Fuͤrſt Egon von Fuͤrſtenberg hat keinen, ſich zu legiti - miren, 488. Franckreich will keine zu dem Niemaͤgi - ſchen Frieden ertheilen, 489. Streit wegen derſelben zu Niemaͤgen, 494. derer Unterſcheid, wenn man ſie an einem Hoff, oder auf einem Friedensſchluß zu ge - hen ertheilet, 337. wer ſelbige bey Friedens-Schluͤſſen zuerſt oder zuletzt ertheilen will oder ſoll, 338. derer Vielheit, ib. muͤſſen auch von denen derer Territorium man nicht betritt erlanget werden, 339. was der Koͤ - nig in Franckreich dem Hertzoge von Lothringen fuͤr einen Titul in dem ihme ertheileten gegeben 494. Me - diator will ſelbige zu Niemaͤgen austheilen, 496. ſel - bigen ſind die abzuſendenden Courriers einzuverlei - ben, 498. die Schrifften welche einer bey ſich fuͤhret, duͤrffen nicht darinnen erwehnet werden, 499. Hol - laͤnder geben ihre en blanq 501. in ſelbigen muͤſſen die Nahmen der Perſonen ſpecifice enthalten ſeyn, 502. ſollen fuͤr den Hertzog zu Neuburg zu Niemaͤ - gen ertheilet werden, 503. Callieres bekommt einen als ein Kaufmann, 514. noch einen dergleichen von denen Hollaͤndern, 516. ein Moſcowitiſcher Abge -ſandte,[736]Regiſter. ſandte, ſo ohne Paſſeport nach Wien kommen, und ſich nicht wohl aufgefuͤhret, wird in ſeinen Logis verwah - ret686
  • Pele-mele, wird in der Reichs-Deputation geſeſſen, 581. wie auch bey Zuſammenkuͤnfften der Churfuͤrſt. Am - baſſadeurs591
  • Perſianiſche Geſandſchafft, wird ſehr ſchlecht in Conſtan - tinopel tractiret, 686. und dem Geſandten bey ſei - ner Ruͤckkunfft die Augen deswegen ausgeſtochen686
  • Peters-Pfennig in Engelland18 &112
  • Petrus und Paulus haben das Evangelium in Enge - land geprediget43
  • Pferde, ſchoͤne des Don Louis de Haro, 409. mit wie vie - len man nach der Conferentz nach Rißwig fahren ſoll, 565. Reit - und Kutſch-Pferde des Daͤniſchen und Mayntziſchen Ambaſſadeurs zu Rißwig, ſind die pro - preſten, 648. die Ambaſſadeurs beſpannen ihre Kut - ſchen ordentlich mit ſechſen 648. eines Ambaſſadeurs Gemahlin fuhr mit 8. ib. welches die Frantzoſen mit ſchlechter Ehre imitiren649
  • Pimentel, deſſen Reiſe nach Lion incognito, 405. gehei - me Negotiation407
  • Pipinus wird Koͤnig in Franckreich15
  • Piſaniſche Tractat, zwiſchen den Pabſt und Franckreich wegen des Tumults der Corſaren700
  • Pyrenæiſcher Friede, 394. Pabſt ſuchet ihn zu ſtifften, ib. Cardinal Mazarins Reiſe dahin, 407. wo ſelbiger hat ſollen anfaͤnglich geſchloſſen werden, 411. Hauß da - zu erbauet, ib. Streit wegen der erſtern Viſite, 416. deſſen Ceremoniel bey dem erſteren Congreß, 418. wird mit beſonderen Ceremonien beſchworen, 451. Abſchied bey ſelbigem der beyde Koͤnige von Spanien und Franckreich, 452. Proteſtation wieder dieſen und andere Friedens-Schluͤſſe hilfft nicht, 469. waͤre bald zu nichte worden, 470. Streit wegen der Titulaturen, und Locirung der Perſonen, welche in ſelbigen einzu - ſchlieſſen, 472. Signatur deſſelben, 476. Abſchieds-Ce -remo -[737]Regiſter. remonien bey ſelbigem, 477. der Cardinal nennet ihn eine Comoͤdie479
  • Plein-pouvoir des Marquis de Lionne, 398. ſetzet Spani - en in Verwunderung, 400. des Pimentel, ib. ſoll zu Rißwig dem Mediatori eingehaͤndiget werden, 541. wie ſie zu Rißwig eingehaͤndiget worden, 546. des Miniſtri Mediationis, Herr B. von Lilienroths, 547. des Bayriſchen Ambaſſadeurs, 548. des Churfuͤrſtl. Hannoveriſchen Miniſtri, 549. Brandenburgiſche Miniſtri prætendiren, daß der Koͤnig in Franckreich ih - res hohen Principals in ſeinen ertheileten Plein-pou - voirs ſpecialisſime Meldung thun ſolle, 557. der Reichs - Deputireten, wird an Chur-Maintz geliefert, 579. in demſelben beſtehet das Fundament der Negotiations, 558. in den Frantzoͤſiſchen zu Rißwig ertheileten, wird des Koͤniges von Engelland nicht gedacht561
  • Plenipotentiarius, iſt ein General-Titul, 263. kan ſo wohl einen Ambaſſadeur als Envoyé zugleich mit heiſſen, ib. & 264. derer definition, ib. genieſſen der Inviolabilitaͤt und Immunitaͤt, ib. ſind an ſich ſelbſt weder Envoyés noch Ambaſſadeurs, 265. warum man dieſe Art der Miniſtrorum erdacht, ib. dergleichen ſind die Miniſtres bey dem Utrechtiſchen Frieden, 266. Mazarin und de Haro geben ſich dieſen Titul474
  • Pohlen, deſſen Alterthum, 28. hat in der Paͤbſtl. Capelle die letztere Stelle, ib. & 126. deſſen Fuͤrſten werden Koͤnige, ib. iſt dem Roͤm. Reiche tributair, ib. negli - giret den Koͤnigl. Titul, ib. deſſen Koͤnig Boleslaus in Bann gethan, 29. bekommt den Koͤnigl. Titul wie - der, ibid. nennet den Czaar Majeſtaͤt, 34. wird zum Chriſtlichen Glauben bekehret, 50. ziehen bey der Meſſe den Sebel aus, 51. deſſen Special-Fundamente der Prærogativ, 126. iſt von den Roͤmern niemahlen conquetiret worden, ib. iſt die Vormauer gegen die Tuͤrcken, 127. deſſen Koͤnig gut Catholiſch, ib. Koͤnig bekomt den Nahmen Orthodoxi, ib. deſſen Prærogati - va wiederſprochen, 128. hat gemeine Leuthe zu Koͤ - nigen gewehlet, 129. den Koͤnig in Pohlen AuguſtumA a awollen[738]Regiſter. wollen die Reichs-Staͤnde in den Rißwigiſchen Frie - den eingeſchloſſen wiſſen, 665. des Koͤnigs in Pohlen Agnaten, werden denen in Erb-Koͤnigreichen nicht gleich geachtet696
  • Policey-Ordnung auf dem Congꝛeß zu Rißwig, 629. wiꝛd dem Daͤniſchen und Portugieſiſchen Miniſtris ins be - ſondere inſinuiret637
  • Portrait, eines Souverains in einem Zimmer erhoͤhetes, was es bedeute238
  • Portugal, deſſen Alterthum, 23. wird Engelland in dem Ceremoniali Romano vorgeſetzt, ib. hat nur Grafen zu Regenten, ib. deſſen erſter Koͤnig Alphonſus I. ib. & 123. Wapen der Koͤnige, ib. wird eine Conquéte von Spanien, 24. wiederum ein Souveraines Koͤnig - reich, ib. wird zum Chriſtenthum bekehret, 48. deſſen Koͤnig ein Vaſall von dem Reich Legion, ib. Special - Fundamenta deſſen Prærogativæ123 &126
  • Poſtulata an Franckreich, werden zu Rißwig dem Media - tori uͤbergeben, 624. 625. & 630. der Kayſerlichen, verſtehen durch pacem Monaſterienſem nicht Weſtpha - licam, 629. der Reichs-Staͤnde werden durch die Kayſerlichen dem Mediatori uͤbergeben, 630. imme - diate623
  • Potentatus, iſt ein Fundament der Prærogativæ,56
  • Poſt Tage, ſind den Ambaſſadeurs arbeitſam248
  • Poſten, muͤſſen in dem Orte, wo ein Frieden zu ſchlieſſen, wohl beſtellet ſeyn303
  • Poſſesſion, iſt das ſicherſte Fundament der Prærogativæ7
  • Præcedentz, der Souverains in der Paͤbſtlichen Capelle, 8. derer General-Fundamenta, 9. wird Spanien von Franckreich diſputiret, 85. & 86. wie auch von En - gelland, 88. Streit daruͤber zwiſchen Spanien und Franckreich in Londen, 102. in ſelbiger muß man nicht das geringſte nachgeben, aus Beſorgung daß man alles verliere, 109. Kaͤyſerliche prætendiren ſel - bige zu Rißwig, 536. vid. Prærogativa.
  • Prælimi[n]aria, eines Friedens, 284. warum ſelbige noͤ - thig, ib. diejenigen welche ſie einzurichten, muͤſſenvon[739]Regiſter. von beſonderer Conduite ſeyn, 285. ſind der Grund - riß eines Friedens, ib. noch lange aber nicht der Frie - de ſelbſt, ib. & 286. ihnen laufft der Friede oͤffters zu wieder ab, ib. was in ſelbigen pfleget abgehanbelt zu werden, 287. & 296. it. 300. was in ſelbigen verſpro - chen worden, ſoll bey kuͤnfftigen Frieden erfuͤllet wer - den, 287. handeln den Ort ab, wo der kuͤnfftige Frie - de zu ſchlieſſen, 288. Weſtphaͤliſcher Friede hat ſehr lange daurende, 288. des Weſtphaͤliſchen Friedens werden zu Hamburg gehalten, 289. fuͤr dem Pyrenæi - ſchen Frieden, 290. fuͤr dem Rißwigiſchen Frieden, 292. ſiebenjaͤhrige, 391. werden heimlich und durch verſtellete Kauffleute gemacht397 &399 it. 513
  • Prærogativa, daruͤber entſtandener Streit, kan nicht ent - ſchieden werden, 4. vorgeſchlagene Mittel zu derer Entſcheid, 5. derer General-Fundamenta, 9. wegen der Macht, 56. der Clientel, ib. wegen der Tribut-For - derung, 57. wegen der Lehns-Gerechtigkeit, 60. we - gen der Geſetz-Gebung, 62. wegen Vielheit der Koͤ - nigreiche, 66. wegen der abſoͤluten Gewalt, 70. we - gen der dem Pabſt und der Kirchen erwieſenen Wohl - thaten, 71. der Wuͤrdigkeit der Vaſallen, ib. in was ſie eigentlich beruhe, 121. Kayſerlicher Majeſtaͤt, 73. des Koͤniges in Spanien, 79. des Koͤniges in Franck - reich, 89. des Koͤniges in Engelland, 109. des Koͤni - ges in Schweden, 118. des Koͤniges in Daͤnnemarck, 121. des Koͤniges von Portugal, 123. des Koͤniges von Pohlen, 126. des Czaars in Moſcau, 130. des Koͤniges von Preuſſen, 131. der Churfuͤrſten, 135. der Cardinaͤle, ib. welchen es zuſtehe ſelbige zu præ - rendiren, 158. wo ſelbige kenntlich und diſputirlich ge - macht werden kan, ib. wird durch civilité temperiret, 161. Hoͤffligkeit machet ſelbiger kein Præjuditz, 162. extraordinaire Gnade giebet und benimmt ſelbiger nichts, ib. Calliditaͤt machet ihr ein Præjuditz163
  • Praͤſentirung des Gewehrs, wird denen Ambaſſadeurs in Rißwig denegiret, 623. ſq. dieſe bleiben deswegen von der Conferentzib.
  • Premier-Geſandten, ſuchen ein groͤſſer Ceremoniel vorA aa 2den[740]Regiſter. den ihnen adjungirten, 624. 633. einer jeden Maje - ſtaͤt, ob ſie allen Seconds-Ambaſſadeurs vorgehen626
  • Preuſſen, wird als ein neuer Koͤnig angeſehen, 231. ob er der letzte im Range, ib. hat ſchon fuͤr langen Zeiten Koͤ - nige gehabt. 132. Brandenburg bekommt die Souve - raineté daruͤber, ib. der Churfuͤrſt Fridericus Sapiens laͤſſet ſich zum Koͤnige kroͤnen, 133. Preußniſche Cro - ne, ib. dieſes Koͤnigreich giebet Chur-Brandenburg im Roͤm. Reiche keine Prærogativam, 134. deſſen Ge - ſandten haben ſchon ehemahlen ein gleiches Tracta - ment mit den Daͤniſchen genoſſen133
  • Prié (Marquis de) giebt dem Prefetto di Roma die Oberſtel - le in der Paͤbſtlichen Capelle, 690. præjudicirt damit nicht der Preſeance civile691
  • Privat-Conferentz zu Rißwig ſchlagen die Frantzoſen denen Kayſerlichen ab, 635. wegen der prætendir - ten erſten viſite636
  • Primogenitus Eccleſiæ, vid. Erſtgebohrner.
  • Printz, deſſen Ceremoniel mit einem Churfuͤrſten184
  • Proteſtatio, wieder die Friedens-Schluͤſſe, hilfft nichts369
  • Proteſtirende zu Rißwig, wollen den Weſtphaͤliſchen Frieden nicht bloß Monaſterienſem nennen laſſen, 629. erlangens nichtib.
  • Protocoll, der Geſandten247
  • Publication, des Weſtphaͤliſchen Friedens392

Q.

  • Quarantie, muß der Mediator leiſten koͤnnen335
  • Quarde-Robe, eines Geſandten238
  • Quartiers-Freyheit in Rom, wird ſehr extendiret, auch auf die nachbarlichen Haͤuſer, 702. dienet zum Miß - brauch, ib. wird von den Paͤbſten zu unterdruͤcken ge - ſucht, ib. ſchaffet Innocent XI. mit groſſer Muͤhe und ſonderer præcaution ab, 701. ſq. thut den Frantzoͤſi - ſchen Ambaſſadeur deswegen in Bann, und laͤſt ihn in der Kirche verſperren, 703. hat keine connexion mitder[741]Regiſter. der Immunitaͤt der Ambaſſadeurs vor ihre Perſohnenib.
  • Quiros, (Don) entdecket des Callieres Paſſeport, 515. be - kommt mit monſ. Dyckfeld Differentienib.

R.

  • Ragotziſcher Geſandte, koͤmmt ohne Creditiv in Schwe - den, 692. kriegt einen Brieff mit Ziffern in einer Pi - ſtole uͤber Dantzig geſchickt, welcher das Creditiv ſeyn ſoll, aber davor nicht angenommen wird693
  • Ratification, des Weſtphaͤliſchen Friedens, 393. des Rißwigiſchen Friedens, 665. die Auswechſelung der - ſelben geſchiehet zu Rißwig, 665. Gutachten der Reichs-Staͤnde dem Kayſer deswegen zuvor uͤberge - ben, 664. die Kayſerliche iſt kurtz in generalen terminis verfaſſet, 665. die Frantzoͤſiſche wird nur in vidimir - ter Copie ausgehaͤndiget, 666. die Chur-Mayntziſche war bloß von ſeinen Miniſtro unterſchriebenib.
  • Rechtern, (Gr.) Hollaͤnd. Plenipot. zu Utrecht, giebt ſeinen Laquayen-Urlaub, ihre Haͤndel mit den Frantzoͤſ. ſelbſt zu ſchlichten, 676. ſq. muß deswegen ſeinen Chara - cter reſigniren686
  • Regenſpurgiſches Ceremoniel obſerviret man nicht in Rißwig610
  • Reglement, ſiehe Policey-Ordnung.
  • Reichs-Alliirte, unterſchrieben den Rißwig. Frieden zum Theil gar nicht, 661. warum662
  • Reichs-Deputation, derſelben Anfang, Hinderniß und Fortgang, 565. bey ſelbiger vorgefallener Ceremoni - en-Streit, 572. der Deputirten ſind 32. bey dem Rißwigiſchen Frieden, 575. Ceremonien-Streit un - ter den Reichs-Deputirten ſelbſt, 580. die Miniſtri der - ſelben, werden von den Kayſerlichen nicht fuͤr Ambaſſa - deurs erkennet, 582. wie derſelben Communication mit den Kayſerlichen eingerichtet geweſen, 583. 585. iſt von der Reichs-Conferentz weit unterſchieden, 609. exercirt jus Majeſtaticum extra Imperium, zugleich mit dem Kayſer, 611. was davon zu halten, 612. bedin - get ſich, daß ihr der Rißwigiſche modus communicandi & tractandi nicht præjudicirlich ſey664
A aa 3Reichs -[742]Regiſter.
  • Reichs-Fuͤrſt, deſſen Ceremoniel mit einem Churfuͤrſten182
  • Reichs-Staͤnde, uͤbergeben ihre Poſtulata an Franckreich, immediate dem Mediatori zu Rißwig, 623. ihnen wer - den die Tabulas Pacis, erſt nach der Publication des un - terzeichneten Friedens zur Unterſchrifft uͤberſendet, 657. wobey die Miniſtri Mediationis ſich abſentiret, 658. warum ib. uͤbergeben ein nachdenckl. Gutach - ten, wegen Ratificirung des Rißwig. Friedens, dem Kayſer664 .ſq.
  • Relationes der Geſandten248
  • Religion, Griechiſche in Moſcau eingefuͤhret, 54. eine jede muß in dem Ort wo ein Frieden zu fchlieſſen, zum Exercitio erlaubet ſeyn, 204. Catholiſche muß, wo ein Paͤbſtlicher Nuncius ſich einfinden ſoll, keinen An - ſtoß haben, 305. war Urſache daß man den Weſtphaͤ - liſchen Frieden in zweyen Orten hielte, ib. hinderlich dem Amte eines Mediatoris, 321. Religions-Ange - legenheiten des Deutſchen Reichs, warum Franck - reich zu Rißwig nicht tractiren wollen, ſondern auff den Reichs-Tag verwieſen, 663. werden zu Regen - ſpurg ventiliret664
  • Renunciation, des Koͤniges in Franckreich auf Spanien, bey ſeiner Heyrath, 424. wird vom Mazarin abgeleh - net, ib. iſt von ſchlechten Effect481
  • Republiquen, freye, wollen den Chur-Fuͤrſten vorgehen, 138. & 139. warum, ib. werden den Chur-Fuͤrſten nach - geſetzt 141. haben nur Majeſtatem ſenſibilem, nicht aber viſibilem 142. ſind reicher als die Chur-Fuͤrſten, aber nicht wuͤrdiger143
  • Reſident, wie er von einem Envoyé unterſchieden, 260. was ſeine Verrichtungen 260. ſind ſelten Leute von Geburt 261. koͤnnen nebſt den Ambaſſadeurs oder En - voyés an einem auswaͤrtigen Hofe ſeyn ib. werden nicht gerne an den Hoͤfen oder Souverains gelitten 262. ob man ſie mit Recht aus den Hoͤfen weiſen koͤnneib.
  • Re-viſite, wie ſie von denen Geſandten abzuſtatten226. &364
Rheims[743]Regiſter.
  • Rheims, Ampulla daſelbſt41
  • Rißwick, (Friede zu) deſſen Præliminaria 513. gefaͤllt dem Kayſer und Koͤnige in Spanien nicht zu einer Frie - dens-Conferentz 517. ſondern einige andere Oerter ib. Streit uͤber dieſen Ort 518. wird endlich von allen Alliirten, auſſer der Kayſerlichen Majeſtaͤt, zum Friedens-Congrés beliebet 521. Mediator daſelbſt und Streit daruͤber 522. vid. Mediator. deſſen Grund ſoll der Weſtphaͤliſche Friede ſeyn 533. Re - glement dieſes Friedens 534. & 540. Hauß, in wel - chem ſelbiger tractiret und geſchloſſen worden 535. Frantzoſen wollen daſelbſt mit den Kayſerlichen mit den Zimmern alterniren 538. alles Ceremoniel ſoll daſelbſt negligiret werden 540. vid. Friede & Media - tor. Wie die Ambaſſadeurs daſelbſt ihre Einzuͤge ge - halten 613. 614. ſq. Abrede dabey 615. ſq. Kayſerl. prætendiren ohne Effect die oͤberſte Fahrt ib. 619. 621. ſq. welche Parthey den Anfang zur erſten En - trevue machen ſoll, wird lange geſtritten und nicht er - oͤrtert 620. ſq. Frantzoſen ſuchen auch was neues bey der Einfahrt 622. der erſte Congreß 612. da werden die Plein-pouvoirs dem Mediatori uͤbergeben 618. ſq. der andre 619. dritte 620. vierdte 623. fuͤnffte 624. ſechſte und ſiebende 629. neunte 632. eilffte 633. zwoͤlffte 635. dreyzehende 637. vier - zehende 638. funffzehende 640. ſechzehende 641. warum man nicht aller gedacht 644. Streit, wer ſich zuerſt zu Unterſchreibung des Friedens-Jnſtru - ments, einfinden ſoll 655. mit was vor einer Rang - Ordnung ſolches unterſchrieben worden 655. ſq. wer den Frieden am erſten unterzeichnen ſolle 655. die Unterſchrifft des Roͤm. Reichs verzieht ſich biß fruͤh um 4. Uhr 656. die Urſach ſolcher Verzoͤgerung 657. die ſolenne Publication des Friedens, mit was vor Ce - remonien ſie geſchehen ib. macht eine Breche in den Weſtphaͤliſchen 658. die Clauſula Reſervatoria wegen Straßburg, und der Neuerungen in rebus Eccleſiaſti - cis wird angehaͤngt, und warum der Mediator bey der Unterſchrifft der Reichs Deputation nicht zugegen ge -A a a 4weſen[744]Regiſter. weſen 657. 658. Ordnung bey der Unterſchrifft der Reichs-Alliirten 659 - Ein Theil der Reichs-Alliir - ten unterſchreiben ihn gar nicht 661. ſq. warum Franckreich in den 4ten Articul nicht nachgeben wol - len 663. dem Kayſer deßwegen uͤberreichtes Gut - achten der Reichs-Staͤnde664 .ſq.
  • Rom, wird zu einem Friedens-Congrés fuͤr-aber auch ab - geſchlagen396

S.

  • Saͤchſiſcher Geſandte, wird zu Rißwig durch die Dene - girung des Tituls Excellense zu einem Emportement gegen die Kayſerlichen gebracht625
  • Salvus conductus, Vid. Paſſeports.
  • Savoyen, deſſen Printzeßin ſoll Ludovici XIV. Braut werden 403. Miniſtre dieſes Hertzogs wird im Haag uͤbel angenommen 525. wird endlich zu Rißwig mit admittiret 630. ſq. ob er zu den Alliirten oder ihren Feinden zu logiren 631. nimmt ein a part Quartier ib. deſſen Geſandten werden von Franckreich den Koͤniglichen gleich tractiret561
  • Schirm-Recht, ob es der Prærogativæ was gebe oder be - nehme57
  • Schwach, auf was fuͤr Art ein Potentate ſchwaͤcher ge - nennet wird als ein anderer56
  • Schweden, deſſen Alterthum 19. ſcheinet unglaublich ib. mit Daͤnnemarck verknuͤpffet 20. wenn es beſtaͤn - dig von Daͤnnemarck ſepariret worden ib. wenn es zum Chriſtenthum bekehret worden 44. deſſen Mar - tyrer 45. hat einen Koͤnig, welcher ein Zauberer ib. Koͤnig wird gekaufft 46. des Koͤniges Fundamenta ſeiner Prærogativæ 118. beſonderes Argument der Koͤnigin Chriſtinaͤ119
  • Schwediſcher Miniſter Mediationis, Baron von Lilien - roth, haͤlt ſeinen Einzug in Rißwig 612. notificiret ſeines Koͤnigs Tod ſehr ſpaͤte in pleno conſeſſu 636. denen General-Staaten in einer Particulier-Audientz im Haag 637. ſeine Gemahlin hatte in ihrem Zim - mer einen Dais 654. Critique daruͤber ib. Er abſenti - ret ſich bey der Unterſchrifft der Reichs-Deputirten658.[745]Regiſter. 658. warum ib. ſeine deßwegen angehaͤngte Clau - ſula reſervatoria658
  • Schwediſcher Geſandter, Hugo Grotius, competiret mit dem Engliſchen in Paris, bey Entgegenſendung der Caroſſen693
  • Schweitzer, ſenden keine Ambaſſadeurs, ſondern nur En - voyés 252. koͤnnen Friedens-Mediatores ſeyn 330. verlangen es aber nicht ib. koͤnnen nicht Mediatores ſeyn 331. verlangen nicht ein ſo groſſes Ceremoniel als die Chur-Fuͤrſten oder Venedig376
  • Second-Ambaſſadeurs der Chur-Fuͤrſten, genieſſen glei - ches Ceremoniel mit denen Premiers 634. ſolches ne - giren ihnen die Kayſerl. und Frantzoͤſiſchen 634. dem Hn. Danckelmann von Brandenburg will es nie - mand zugeſtehen642
  • Secretairs der Legation, 243. deſſen Verrichtung ib. wer - den offt zu Reſidenten gemacht 261. derer ſind zwey - erley 271. bekommen ein Creditiv ib. werden manch - mahl denen Ambaſſadeurs ſubſtituiret 272. dependi - ren nicht in allen Stuͤcken von dem Ambaſſadeur ib. der Venetianiſche hat etwas beſonderes 272. kom - men zu keiner Audientz oder Conferentz 273. wenn ſel - bige am noͤthigſtenib.
  • Service, (Tiſch) eines Ambaſſadeurs238
  • Signatur der Friedens-Schluͤſſe und Streit bey ſelbiger385
  • Souverains duͤncken ſich alle einander gleich zu ſeyn 4. einer will dignior als der andere ſeynib.
  • Spanien, war anfangs nur eine Grafſchafft 11. wird ein Koͤnigreich ib. wird getheilet ib. deſſen Koͤnig will ein Kayſer heiſſen ib. Fundator der Spaniſchen Monarchie 12. wenn es zum Chriſtenthum bekeh - ret worden 41. Fundament der Prærogativæ der Koͤ - nige 79. hat ſo weitlaͤufftige Laͤnder, daß die Sonne in ſelbigen niemahlen untergehet ib. iſt weitlaͤuffti - ger als die Roͤm. Monarchie zu Zeiten Trajani ib. Koͤ - nig hat einen ſehr langen Titul, darauf die Frantzo - ſen gar hoͤniſch ſind ib. iſt mit allen Chriſtlichen Po - tentaten in Blut-Freundſchafft gediehen 80. ausA a a 5dieſem[746]Regiſter. dieſem Lande ſind 32. Roͤm. Kayſer geholet worden ib. repræſentiret das Haupt der Jungfer Europaͤ 81. der erſte Pabſt iſt aus dieſer Nation geweſen ib. die die erſte Kirche daſelbſt erbauet worden ib. das erſte Concilium daſelbſt gehalten worden ib. erſtes Paͤbſtl. Breve an den Koͤnig geſendet worden ib. erſter Heili - ge wird darinnen aufgehoben ib. fuͤhret den Titul von Jeruſalem ib. hat den Titul eines Catholiſchen Koͤniges 83. laͤſſet ſich einen Kayſer nennen 85. Franckreich diſputiret ihme die Prærogativam ib. & 86. hat den Rang uͤber Franckreich in Wien 87. haͤlt in Wien Ambaſſadeurs, in Rom aber nur Envoyés ib. ihme wird der Rang von Engelland ſtreitig gemacht 88. ſoll den Titul Chriſtianiſſimi bekommen ib. Spa - nier und Frantzoſen tractiren ein ander hoͤflich 420. Omen daruͤber 421. will ſeinem Ambaſſadeur in Riß - wig, das Gewehr von der Guarde præſentiret haben624
  • Spaniſcher Secretarius in Pariß, will den Seehafen von Marſeille an die Spanier verrathen 683. wird ge - fangen geſetzt ib. harter Wortwechſel des Spani - ſchen Ambaſſadeurs mit dem Koͤnig in Franckreich daruͤberib .ſq.
  • Spaniſcher Abgeſandte in Venedig, conſpiriret, die Stadt an 40. Orten in den Brand zu ſtecken 687. man viſitiret ſein Hauß ohnerachtet ſeines Proteſti - rens ib. ſq. wird deßwegen als eine Privat-Perſon conſideriret688
  • Spaniſcher Premier-Miniſter Duca de Olivarez, giebet den Titul Excellentz keinem andern, genießet ihn aber von andern689
  • Sprache, im Anfang war nur eine 340. wird verwir - ret ib. derer Verwirrung machet auch Separation un - ter den Menſchen ib. ehe ſelbige verwirret worden, iſt weder Krieg gefuͤhret, noch auch Frieden geſchloſſen worden 341. derer Verwirrung eine Straffe GOt - tes ib. derer Prærogativa 342. derer Vereinigung wird geſuchet ib. viele wiſſen iſt noͤthig ib. weyland redete ein jeder bey Zuſammenkunfften ſeine Mutter -Spra -[747]Regiſter. Sprache 343. erreget Unvernehmen 344. derer Wiſſenſchafft diſſimuliren einige ib. Lateiniſche war ehemahlen Interpres communis ib. aus ihr wird eine Prærogativa gemacht 345. Griechiſche wird in Deutſchland eingefuͤhret 346. Lateiniſche wird in Deutſchland eingefuͤhret ib. welche die Chur-Fuͤrſtl. Printzen lernen ſollen 347. warum die Chur-Fuͤrſtl. Printzen nicht die Frantzoͤſiſche erlernen duͤrffen 348. die Lateiniſche und Deutſche, ſollen in Handlungen des Reichs nur alleine gebrauchet werden 349. auſſer dem Reich moͤgen die Deutſchen in negotiis publicis auch eine andere gebrauchen ib. Lateiniſche, præjudi - ciret wegen der Prærogativæ keinem Potentaten 350. Frantzoͤſiſche ſchleichet ſich in den publiquen Affairen ein 351. & 353. Frantzoͤſiſche iſt heut zu Tage præ - dominans ib. Pabſt gebrauchet ſich der Lateiniſchen 351. Spanier bequemen ſich zu der Frantzoͤſiſchen 352. Frantzoͤſiſche in vielen Hoͤfen angenommen ib. Frantzoͤſiſche herrſchet weiter als der Koͤnig in Franck - reich 355. Streit uͤber derſelben auf dem Muͤnſteri - ſchen Frieden 388. auf dem Pyrenæiſchen Frieden wird die Spaniſche und Jtaliaͤniſche geredet 423. welche zu Rißwig hat gebraucht werden ſollen, und gebraucht worden iſt545
  • Stadthalter in Rom, geht allen Ambaſſadeurs vor 690. beſticht des Venetianiſchen Ambaſſadeurs Kutſcher, daß er bey der Rencontre mit ihm, mit der Caroſſe inne haͤlt ib. und bringt gedachten Kutſcher in Sicher - heit ib. wird von Innocent. X. degradiret ib. hat ſol - chen Rang nun wieder erhalten in der Paͤbſtl. Capelle, ib. wie man ſolches vom Kayſer erhalten ib. ſq. dieſer Rang ſoll ſich nicht auf die Preſeance civile erſtrecken691
  • Straßburg ſoll an das Roͤm. Reich cediret werden 515. Clauſula reſervatoria deßwegen dem Rißwigiſchem Frieden angehaͤngt658
  • Stuhl, Parade-Stuhl237
  • Sultan, wer ſo genennet wird 35. Groß-Sultan iſt der Titul des Tuͤrckiſchen Kayſersib.
Tafel[748]Regiſter.

T.

  • Tafel der Geſandten 238. iſt fuͤnfffaͤchtig239
  • Thron237
  • Titul des Kayſers, Koͤniges in Spanien, Franckreich ꝛc. vid. Kayſer, Spanien ꝛc. langer, der Koͤnige in Spanien, wird von den Frantzoſen verhoͤnet 79. wel - che ſich der Cardinal Mazarin und Don Louis de Haro auf dem Pyrenæiſchen Frieden gegeben 473. welchen Franckreich dem Hertzoge von Lothringen in dem zu Niemaͤgen ertheileten Paſſeport gegeben 494. von denen Provintzen ſo ein Potentate verlohren, aber nicht cediret, ſind ihme zu geben 497. Regis Franciæ, will Engelland von Franckreich nicht zugeſtanden werden560
  • Trauer, derer Ceremonien uͤber den Tod des Infant von Spanien 470. in den Libereyen, wird Menage halber verlaͤngert646
  • Tribut, deſſen Erlegung iſt der Prærogativæ nachtheilig 57. jedoch nicht allemahl 58. iſt kein Zeichen der Un - terthaͤnigkeit60
  • Tuͤrcke, heiſſet auch Groß-Sultan 35. Alterthum, deſſen Reichs 36. wird ein Kayſer ibid. iſt der naͤchſte nach dem Roͤm. Kayſer37
  • Tuͤrcken, viſitiren aus falſchen Argwohn des Frantzoͤſi - ſchen Ambaſſadeurs Quartier zu Conſtantinopel 684. nehmen den Ambaſſadeur ſelbſt in Arreſt ibid. und laſſen 5. ſeiner Domeſtiquen etliche Jahre im Gefaͤng - nuͤſſe ſitzen 685. tractiren die Perſianiſche Geſand - ſchafft uͤbel 686. nennen ihre Præſente Contribution ibid. ſchicken durchs Spaniſche Gebiethe einen Ge - ſandten nach Holland ohne Paßport ibid. der wird deßwegen zu Antorff angehalten ibid. tractiren die Moſcowitiſchen Geſandten ſehr grob, nehmen ſie auf der Ruͤckreiſe in Arreſt, und fodern von ihnen ſtar - cke Ranzion692

V.

  • Vaſallen, derer Wuͤrdigkeit iſt ein Argument der Præro -gativæ[749]Regiſter. gativæ 71. im Deutſchen Reich ſind die wuͤrdigſten72
  • Uberwinder, gilt mehr als der uͤberwundene58
  • Venedig, will den Chur-Fuͤrſten vorgehen 138. be - kommet von dem Kayſer ein Decret der Prærogativæ fuͤr den Chur-Fuͤrſten 139. & 370. wird den Chur - Fuͤrſten nachgeſetzt 141. iſt geſchickt Friedens-Me - diator zu werden 326. manchmahl auch nicht zu dem Mediations-Amte geſchickt 328. wird auf dem Weſt - phaͤliſchen Frieden Mediator 369. bekommt mit den Chur-Fuͤrſten Præcedentz Streit 379. achtet ſich Koͤ - nigen gleich 691. Venedig, giebt den Cardinaͤlen nur den Titul Reverendiſſimo, nicht Eminentz691 .692.
  • Venetianiſchen Ambaſſadeurs Kutſcher laͤſt ſich beſtechen, daß er in der Rencontre mit dem Gouverneur von Rom, ſtille haͤlt 690. und wird darauf dem Ambaſſa - deur entfuͤhret ib. die Venetianer empfinden ſolches hochibid.
  • Vielheit, (der Koͤnigreiche) vermehret dem Poſſidenti nicht die Prærogativam 66. & 88. gilt mehr als We - nigkeit 67. machet mehren Reſpect ib. machet nicht allemahl maͤchtiger69
  • Vierte Monarchie auf die Deutſchen gebracht73
  • Ungarn, deſſen Koͤnig iſt in dem Range der Zehende 24. wer deſſen erſter Koͤnig geweſen ibid. hat viele auf einmahl regierende Fuͤrſten ibid. Ertz-Hertzoge von Oeſterreich werden Koͤnige uͤber Ungarn 25. zum Chriſtenthum bekehret 49. deſſen Wapen iſt ein doppeltes Creutze ibid. des Koͤniges Ceremoniel mit einem Chur-Fuͤrſten471
  • Viſite, Anſage zu ſelbiger 225. dieſer Anſage Effect ib. in was fuͤr Ordnung ſelbige abzuſtatten 362. Streit daruͤber 365. Frantzoſen verlaugen von dem Chur - Trieriſchen Geſandten præferablement fuͤr den Spa - niern, die erſte 369. Streit daruͤber in dem Pyrenæi - ſchen Frieden 416. wird unterlaſſen 417. der Eng - liſche Geſandte giebet ſelbige dem Cardinal Mazarin, unangeſaat 454. wird des Printzens von Condé Mi - niſtre von dem Cardinal Mazarin abgeſchlagen 455. erſte[750]Regiſter. erſte ſoll in dem Rißwigiſchen Frieden unterlaſſen werden 564. wird aber endlich beliebet 641. die Frantzoſen prætendiren ſolche von den Kayſeolichen 636. die Spanier ſtatten ſie dem Daͤniſchen ab, ob er gleich eher im Haag angekommen, weil er den Ti - tul des Ambaſſadeurs ſpaͤter bekommen 641. die erſt - angekommen geben durchgehends den ſpaͤter ange - kommenen die erſte Viſite 641. ſq. die Frantzoſen ge - ben denen Kayſerl mit beſondern Umſtaͤnden ihre Ge - gen-Viſite643
  • Voigt, der Kirchen iſt der Kayſer77
  • Vollmacht, wer ſie giebet, und wem ſie zu zeigen 202. was darinnen enthalten205
  • Vorzug, der Creaturen einer, fuͤr der andern 3. Streit daruͤber kan nicht entſchieden werden 4. vorgeſchla - gene Mittel, ſelbige zu entſcheiden5
  • Utrecht, zu dem Friedens-Congreß daſelbſt werden nur Plenipotentiarii, nicht Ambaſſadeurs geſendet 266. die Laquayen-Affaire, ſo daſelbſt Haͤndel verurſacht 668. 669. ſq. flechtet die hohen Principalen mit ein 668. die Frantzoͤſiſchen moquiren ſich uͤber die Hollaͤndi - ſchen 669. es wird ein Hollaͤndiſ. Secretarius an Mſr. Menager geſandt mit gemeſſener Inſtruction 669. ſq. bringt unter andern die Einwilligung zur Confron - tation zur Antwort zuruͤck 670. Hollaͤndiſche Anſtalt zur Confrontation ib. ſq. Menager laͤſſet ſeine Laquays weggehen und um Aufſchub der Confrontation anhal - ten 671. examinirt die ſeinigen ſelber 672. will ſeinen coupablen Schweitzer durchaus zum Zeugen machen ibid. die Hollaͤnder ſenden den Secretair nochmahls ab, und richten nichts mit aus 673. thun weitere Re - monſtration 674. Graf Rechtern remonſtrirt es ſelb - ſten muͤndlich dem Mſr. Menager, gleichfalls ohne Ef - fect 675. ſq. Siehe Gr. Rechtern und Laquays it. Hol - laͤnder.
  • Utrechtiſche Friedens-Negoriation, wird wegen des La - quayen-Streits ſuſpendiret678
Wa -[751]Regiſter.

W.

  • Wapen, (Geſchlechts) fuͤhren die Geſandten auf ihren Caroſſen 647. Jrrthum dabey 647. ſq. der Geſand - ten zu Rißwig, wo ſie beſchrieben 648. der Principa - len, ſtehen uͤber der Geſandten Thuͤre 652. warum etliche ſolche nicht aufgeſtellet ib. der Hannoveriſche richtet das Chur-Fuͤrſtl. Wapen nicht bald aufib.
  • Wein, moͤgen die Geſandten mit ſich bringen303
  • Weſtphalen, der daſelbſt geſchloſſene Friede, wird erſt drey Jahr nach dem vorhero gemachten Præliminari - en angefangen 290. Friede dauret 5. Jahr 391. deſſen Schluß ib. Publication 392. Ratification 393. wird Kayſerl. Majeſtaͤt mit beſondern Ceremonien uͤberbracht 394. Ceremonien-Streit bey ſelbigem 359. welcher dem Præcedentz-Streit der Apoſtel ver - glichen wird ib. wer dieſen Frieden beſchrieben 360. wird in den Poſtulatis der Kayſerl. zu Rißwig durch den Muͤnſteriſchen nicht verſtanden 629. wird in dem Rißwigiſchen durchloͤchert 658. ſolche Neue - rung dem Roͤm. Reich præjudicirlich zu ſeyn, von den Staͤnden gefuͤrchtet664 .ſq.
  • Wetterauiſche (Graͤfliche) Banck, warum ſie den Rißwi - giſchen Frieden unterſchrieben662
  • Wohlthaten, dem Pabſt erwieſen, ſind ein Argument der Prærogativæ71
  • Wuͤrdigkeit der Vaſallen, iſt ein Argument der Præroga - tivæ71
  • Wuͤrtembergiſche Legati, warum ſie den Rißwigiſchen Frieden unterſchreiben muͤſſen662

Z.

  • Zuſammenkunfft hoher Potentaten, ob ſelbige rathſam 145. in was fuͤr Abſehen ſie geſchiehet 146. Exemples derſelben 147. gebrauchte Præcaution bey ſelbiger148.[752]Regiſter. 148. geſchiehet ohne einiges oder beſonderes Cere - moniel 151. bey ſelbiger wird die Prærogativa am meiſten kaͤntlich158.

ENDE.

Woͤrter, welche in dem Text zu corrigiren.

Pag. 15. waren, liß ware. p. 29. wieder deleatur. p. 43. Kayſer, l. Koͤnig. p. 50. erziehen, l. erziehlen. p. 57. Er deſſen, l. deſſen Er. p. 66. gen, l. ein. ibid. eihet, l. gehet. p. 150. noch, l. noch mehr. p. 169. riſite, l. viſite. ibid. zu thun, l. thun. p. 170. Tempo des l. Tempo auf des. p. 192. Cada, 1. Data. p. 218. principe, l. principes. p. 222. aus, l. auf. ibid. Thor, l. Tower. p. 358. nach l. noch. p. 393. Rauft, l. Ranft. p. 481. Clavs, 1. dans. p. 560. 2600. l. 26000. p. 592. Seilern, l. Baron von Seilern.

[753][754][755][756]

About this transcription

TextEuropäisches Hoff-Ceremoniel
Author Gottfried Stieve
Extent784 images; 141241 tokens; 17760 types; 1040008 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationEuropäisches Hoff-Ceremoniel Worinnen Nachricht gegeben wird, Was für eine Beschaffenheit es habe mit der Prærogativ, und dem daraus fliessenden Ceremoniel, Welches Zwischen Käyser und Königl. Majestäten, Churfürsten, Cardinälen und freyen Republiquen, dero Gesandten und Abgesandten beobachtet wird, Nebst beygefügtem Unterricht Was ein Legatus à Latere, Nuncius Apostolicus, Ambassadeur, Envoyé, Plenipotentiarius, Resident, Consul, Agent, Secretarius, Commissarius, Deputatus, so wohl seiner Würde als seinem Amte nach sey, und wie es mit derselben Character, Creditiv, Instruction, Passeport, Quartier, Inviolabilität, Immunität, Reception, Magnificentz, Titulatur &c. beschaffen, Auch was es wegen des Ceremoniels, auf Frieden-Schlüssen und bey Höfen, für Mißhelligkeiten gegeben, Alles aus dem Grunde der Historie, auch theils aus eigener Experientz gezogen, und zusammen getragen Gottfried Stieve. . [12] Bl., 704 S., [24] Bl. GleditschLeipzig1715.

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HAB Wolfenbüttel HAB Wolfenbüttel, M: Sf 776

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Anstandsliteratur; Gebrauchsliteratur; Anstandsliteratur; core; ready; china

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