PRIMS Full-text transcription (HTML)
Europaͤiſches Hoff-Ceremoniel,
Worinnen Nachricht gegeben wird, Was fuͤr eine Beſchaffenheit es habe mit der Prærogativ, und dem daraus flieſſenden Ceremoniel, Welches Zwiſchen Kaͤyſer und Koͤnigl. Majeſtaͤ - ten, Churfuͤrſten, Cardinaͤlen und freyen Republiquen, dero Geſandten und Abgeſand - ten beobachtet wird,
Nebſt beygefuͤgtem Unterricht Was ein Legatus à Latere, Nuncius Apo - ſtolicus, Ambaſſadeur, Envoyé, Plenipotentiarius, Reſident, Conſul, Agent, Secretarius, Commiſſarius, Deputatus, ſo wohl ſeiner Wuͤrde als ſeinem Amte nach ſey, und wie es mit derſelben Character, Creditiv, Inſtru - ction, Paſſeport, Quartier, Inviolabilitaͤt, Immunitaͤt, Reception, Magnificentz, Titulatur &c. beſchaffen, Auch was es wegen des Ceremoniels, auf Frieden-Schluͤſſen und bey Hoͤfen, fuͤr Mißhelligkeiten gegeben, Alles aus dem Grunde der Hiſtorie, auch theils aus eigener Experientz gezogen, und zuſammen getragen
Nebſt vollſtaͤndigem Regiſter.
Leipzig1715. beyJoh. Friedr. Gleditſch und Sohn.
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Vorbericht An den Hochgeneigteſten Leſer.

§. 1.

WEñ man ſich bey Publicirung dieſes Werckes, nach der Mei - nung oder Maxime einiger Ge - lehꝛten haͤtte richten wollen, die da ſagen: Daß kein ander Buch geſchrieben werden ſolle, als bloß das jenige welches der Welt abſolut unentbehrlich; So haͤtte nicht nur dieſe gegenwaͤrtige Arbeit im Winckel verborgen liegen: ſondern auch viel tau - ſend Buͤcher, mit welchen die Bibliothequen und Buchladen angefuͤllet, ungeſchrieben bleiben muͤſ - ſen. Weil aber biß dato noch niemand geſaget, oder auch ſagen koͤnnen, welches die unentbehrli - chen: ob man gleich etwan zu ſtatuiren gewuſt, welches die unnoͤthigen Buͤcher ſind; ſo laͤſſet man es darauf ankommen, zu welcher Gattung man dieſes gegenwaͤrtige rechnen werde. Solches aber wird ſich nicht nur etwan aus deſſelben gu - ten Abgange, (denn dieſer iſt ein bloſſes Acciden - tel-Weſen eines Buches; maſſen die Herren) (2Ver -Vorbericht. Verleger der allerſchlimſten Schrifften, ſolche oͤff - ters mit dem groͤſeſten Debit u. Profit, fuͤr andern guten Buͤcheꝛn loß werden) ſondeꝛn daraus zeigen: Weñ vernuͤnfftige und der Materie kundige Leute, das gute Abſehen, welches man gehabt, erreichen, und ihr unpartheyiſches Judicium daruͤber faͤllen werden. Meines Ortes hoffe, und zwar ohne alle Vanitaͤt, daß gegenwaͤrtiger Tractat, ob - gleich nicht allen unentbehrlich, dennoch vielen zu leſen, und deſſen Jnhalt zu wiſſen nuͤtzlich: auch zu - gleich anmuthig ſeyn werde; in welchem Abſehen er auch in gegenwaͤrtige Forme gebracht worden. Damit ich aber meine Hoffnung, bevor ſelbige noch erfuͤllet werde, erweißlich mache: wird noͤthig ſeyn, dreyerley zu avanciren.

  • 1. Was zu Verfertigung dieſes Hof - Ceremoniels Anlaß gegeben, und in was fuͤr einem Abſehen es geſchrie - ben worden.
  • 2. Wem dieſes Buch nuͤtzlich ſeyn koͤnne.
  • 3. Warumb man ſich der darinnen be - findlichen Methode und Schreib-Art bedienet.

§. 2.

Den erſteren Punct anlangende, ſo iſt ohne Zweifel allen denjenigen, welche Profeſſion von der Hiſtoria, oder ſich derer Leſung nur zu Nutze machen wollen, mehr als zu bekandt: daß das ſo genente Ceremoniel, eines der ſublimeſtenThei -Vorbericht. Theile der Hiſtorie; Die Politici, ſonderlich aber practici, wiſſen zugleich auch, daß die Præroga - tiva oder der Vorzug, welchen die irrdiſchen Goͤt - ter auf Erden, einer fuͤr dem andern zu haben præ - tendiren, in der Politica, nebſt dem Jure Maje - ſtatis, das vornehmſte und wichtigſte Capitul aus - mache: ja ein inſeparabile Annexum und Effe - ctus der Majeſtaͤt ſey: deſſen ſich dieſe Vice-Dei niemahlen zu begeben pflegen; unerachtet ſie an - dere ihnen zuſtehende Jura Majeſtatica, oder ſo genennte Regalia, ihren Staͤnden und Untertha - nen, vielmahl mittheilen, oder auch mit ſelbigen gemeinſchafftlich beſitzen; welches letztere man in den Formis Rerum-Publicarum, und Modis Imperandi der Europaͤiſchen Wahl - und Erb - Reiche, zur Genuͤge findet. Je hoͤher nun aber dieſe Scientz, und je gemeiner derer taͤgliche Pra - xis in und auſſer den Hoͤfen; je noͤthiger, aber auch zugleich beſchwerlicher iſt es, ſelbige auf einen fe - ſten Grund zu ſetzen, und in die Formam eines Syſtematis zu bꝛingen. Denn es erheiſchet gar viel Muͤhe und Arbeit, die das Ceremoniel concerni - rende Facta und Exempel, welche man in der Hi - ſtorie da und dort zerſtreuet, vielmahl auch nach Pasſion der Scribenten mit contrairen Bericht und Umbſtaͤnden aufgezeichnet findet, zuſammen zu bringen: an gehoͤrigen Ort zu placiren: aus ei - nem oder auch vielen Actibus Poſſeſſionis, Præ - judiciis, allegirien Argumentis ſive veris ſive) (3vero -Vorbericht. vero-ſimilibus, Lehr-Saͤtze zu machen; an wel - che man ſich als an eine Regul beſtaͤndig halten, und ſich eine Ideam von der Prærogativa und dem Ceremoniel: endlich auch einen Schluß for - miren koͤnne: Wem die Prærogativa oder Vorſitz fuͤr einem andern gebuͤhre, und was fuͤr ein Cere - moniel man dieſem oder jenem Potentaten zu - geſtehen koͤnne. Dieſes und einiges andere hat verurſachet, daß man nunmehro bey 14. Jahren her immer angeſtanden, ein dergleichen Syſtema, und zwar wie gegenwaͤrtiges gerathen iſt, zu ver - fertigen; unerachtet man allerhand Collectanea von dieſer ſublimen Materie beyſammen gehabt. Uber dieſes hat man immer erwartet, ob nicht et - wan ein anderer, in dem Ceremonien-Werck mehr erfahrner, als man ſelbſten nicht iſt, eine Einlei - tung zu dem Ceremoniel zu verfertigen, ſich die Muͤhe nehmen: und dem publico durch ſolche Verfertigung ſich gefaͤllig machen und dienen wuͤrde. Dieſe Erwartung hat man auch erfuͤl - let zu ſehen gemeinet: nachdem zwey Autores zwey Tractate publiciret, denen ſie dergleichen Titul gegeben, aus welchen man nichts anders, als eine gruͤndliche Anweiſung zu dem Ceremoniel darinnen zu finden, abnehmen koͤnnen. Der eine unter denſelben iſt Gregorio Leti, welcher Anno 1685. il Ceremoniale Hiſtorico & Politico: der andere Herr Friedrich von Winterfeld, wel - cher A. 1700. eine Ceremonial-Politicam an dasLichtVorbericht. Licht gegeben. Alleine keiner unter beyden, hat die Materie nach ihrem Fundament; ſondern der ei - ne, ſelbige nur wie ſie von auſſen ſcheinet, (nemlich bloſſe Facta) vorgeſtellet: Der andere aber hat in VI. Tomis, mehr eine Hiſtoriam univerſalem, als ein Ceremoniel geſchrieben. Nach und nebſt dieſen zweyen Scribenten iſt, ſo viel als mir wiſ - ſende, in dieſer Materia Ceremoniali, in Forma eines Compendii nichts mehreres durch oͤffent - lichen Druck zum Vorſchein: mir aber unterdeſ - ſen Gelegenheit vorkommen, meiner nunmehro habenden Profeſſion gemaͤß, einigen von Adel und hoͤheren Standes, und zwar auf derer Spe - cial-Begehren, Unterricht zu ertheilen: Was doch die Prærogativa und das Ceremoniel, fuͤr eine Beſchaffenheit, Fundament, und Nutzen habe: denen ich nach dem Maaß meiner wenigen Wiſ - ſenſchafft, ein Genuͤgen zu thun, nicht anſtehen koͤn - nen: ſondern ihnen ein Collegium privatiſſi - mum daruͤber gehalten, und gegenwaͤrtiges Sy - ſtema, jedoch in einer viel kuͤrtzeren Form als ſel - biges nun iſt, zu einem Fundament gebrauchet. Selbiges iſt bey drey Jahren her, als ein Manu - ſcript im Verborgenen geblieben, und weiter nie - manden, als meinen Herren Auditoribus be - kandt gemacht, und communiciret worden. Nach dem ich aber die Sehnſucht einiger, (und wenn mir auch gleich dieſe nicht waͤre bekandt worden) dennoch den Nutzen, welchen ſich einer) (4oderVorbericht. oder der ander durch Leſung dieſes Buches ma - chen koͤnte, gemercket; Habe ich reſolviret, es in Druck zu befoͤrdern: nicht aber etwan in der Ab - ſicht, meinen Nahmen in der Welt dadurch be - ruͤhmt zu machen; denn darzu gehoͤren andere und mehrere Meriten, als die Verfertigung eines Bu - ches; ſondern vielmehr darum, weil es einem jeden frey ſtehet das jenige was er verfertiget, andern zu communiciren: welches aber auf keine Art be - qvemer, als durch den Druck geſchehen kan. Gleichwie ich mich aber dieſes Werckes halber nicht zu ruͤhmen; alſo habe mich auch deſſelben nicht zu ſchaͤmen: weil es eine ehrliche Geburth, und meiner Profeſſion zuſtehende Arbeit. Jch verſichere aber gleichwohl einen jeden aufrichtigſt, daß wenn ich gewiß wiſſen oder auch nur muth - maſſen koͤnnen: daß jemand anders, von der Præ - rogativa und dem Ceremoniali etwas zuverlaͤß - liches ſchreiben, und mich meiner Arbeit und Muͤ - he uͤberheben wollen; Jch gewiß zu Verfertigung dieſes Wercks nicht Hand angeleget haben wuͤr - de: weil ich andern meiner Profeſſion zugethanen, immer was mehreres und beſſeres als mir ſelbſten zutraue: auch anbey lieber Unterricht annehmen als geben will. Nun aber trifft mich die Ord - nung, daß ich nolens volens der erſtere Epitoma - tor doctrinæ de Prærogativa & Ceremoniis ſeyn: und folgendlich dieſe meine Arbeit das Jus primogenituræ genieſſen muß; obgleich etwanins -Vorbericht. inskuͤnfftige ein anderer, auch von dieſer Materia, entweder in beſſerer oder ſchlimmerer Form und Methode, ſchriebe.

§. 3.

Was den zweyten Punct oder die An - zeige: Weme dieſes Buch nuͤtzlich ſeyn koͤn - ne, betrifft, ſo kan dieſer Nutzen theils

    • 1. General, theils
    • 2. Special ſeyn.
    • 1. Generalement kan es
      • 1. Allen denen zu ſtatten kommen, welche den Nahmen und die Qualité der Curieux fuͤh - ren. Denn gleichwie dieſen Leuten allerhand Gemuͤths-Speiſe ſchmecket, und ſie nach al - len hungert; alſo verachten ſie auch nichts von dem, was man ihnen vorſetzt: ob ſie es gleich eben nicht in ſuccum & ſangvinem vertiren, und zu ihrem Wachsthumb recht verdaͤuen koͤnnen.
      • 2. Denen welche von der Univerſal-Gelehr - ſamkeit Profeſſion machen: und nicht nur ſo, wie etwan ein Handwercks-Mann, v. gr. Schuſter, Schmidt ꝛc. ſtets uͤber einerley Profeſſion liegen: die ſelbige, weil ſie weiter nichts wiſſen noch wiſſen wollen, allen an - dern vorziehen: und dasjenige was nicht von ihrer Profeſſion oder Handwerck iſt, ſo gleich verachten; meiſtens aber aus keiner andern, als dieſer allgemeinen, und dabey intereſſireten Urſache, quia non de pane) (5lu -Vorbericht. lucrando. Dieſe nun, werden dieſes und andere dergleichen Wercke mit veraͤchtlichen Augen anſehen; Hingegen die, die Univerſal - Gelehrſamkeit liebende, vielleicht auch etwas, obgleich ſchon ſehr weniges finden, welches den Schatz ihrer Gelehrſamkeit vermehren kan.
    • 2. Specialement kan und muß gegenwaͤrtiges Werck denſelben dienen und nutzen:
      • 1. Welche Liebhaber der Zeitungen ſeyn, und ſelbige mit Verſtande leſen wollen; denn in dieſen findet man immer etwas, welches zu dieſer Materia zu rechnen.
      • 2. Denen welche reiſen, den Glantz der Welt und der Hoͤfe anſehen, und was ſie daſelbſt ſehen, auch verſtehen wollen. Jch kan diß - falls aus eigener Experientz reden: Denn man darf ſich nicht uͤbrige Zeit in einer Kay - ſerlichen, Koͤniglichen, Chur - oder Fuͤrſtl. Reſidentz, und bey derſelben Hoflager weh - render ſeiner Reiſen aufhalten; ſo wird man immer einmahl uͤber das andere hoͤren und ſehen: Daß Ambaſſadeurs, oder Envoyès ankommen: ihre publique Entrée halten: zu der Audientz fahren: Competentz - Streit unter einander haben: und endlich wiederumb Abſchied nehmen. Wenn nun ein Reiſender, bey dergleichen Dingen auf ſonſten nichts Achtung giebet, als bloß undalleinVorbericht. allein auf die Pracht und Menge der Caroſſen, der Pferde, der Livrée, &c; ſo hat er zwar wohl etwas, aber noch lange nicht dasjenige, worauf er am meiſten Acht haben ſolte, geſe - hen und gelernet; ſondern es kommt hauptſaͤch - lich darauf an, daß man ſich informire:
        • 1. Was fuͤr eine Qualité ein oder der andere Miniſter habe, ob er Ambaſſadeur, En - voyé, Reſident, Agent.
        • 2. Was ſeine Angelegenheiten, die er auszu - richten, ob ſelbige Etats-Affairen. v. gr. Al - liances zu ſtifften, Commercien-Tracta - te, ꝛc. zu ſchlieſſen: oder nur bloſſe Ceremo - nien-Geſandſchafften. v. gr. zu gratuliren, condoliren, ꝛc.
        • 3. Mit was fuͤr einem Ceremoniel, er bey ſeiner Entrée, Audientz. ꝛc. empfangen werde.
        • 4. Was fuͤr Domeſtiquen er umb und bey ſich habe.
        • 5. Wie deſſen Magnificentz und Menage be - ſchaffen. Denn hieraus lernet man den Glantz der Hoͤfe, und zugleich die Autoritaͤt und den Unterſcheid dieſer Miniſter ken - nen; welchen es aber auf ſeinen Reiſen gluͤcket eine Friedens-Conferentz mit an - zuſehen: der wird bey ſelbiger noch mehr als bey Hoͤfen gewahr, und unterrichtet werden: Was das Ceremonien-Werck zu bedeuten:
        undVorbericht. und wie noͤthig es ſey, wenn man dieſe Co - moͤdien mit anſehen will, zuvor ein Pro - gramma oder Buch zu haben, in welchem der Jnhalt des eroͤffneten Theatri zu finden.
  • 3. Denjenigen die ihr Gluͤcke an den Hoͤſen ſuchen wollen, oder welche man ohn ihr Su - chen etwan nach Hofe ziehen moͤchte. Denn ob es gleich an ſich ſelbſt gewiß genung, daß nicht ſo gleich ein jeder, der von dem Hof-Le - ben Profeſſion machet, Introducteur der Ambaſſadeurs oder Ceremonien-Meiſter wird: auch ſolches zu werden nicht verlanget; So iſt doch dieſes hinwiederumb auch ge - wiß, daß die Cammer-Herren und Hof - Juncker, nicht nur die Ceremonie mit an - ſehen: ſondern ſelbige auch mit machen helf - fen; die Geſandten zur Audientz mit abhoh - len, und bedienen muͤſſen. Bey welcher Gele - genheit nicht ſelten allerhand, die Præroga - tivam und das Ceremoniel concernirende Diſcourſe vorfallen: von welchen ein Hof - Mann doch wenigſtens ſo viel verſtehen muß, daß er den Grund und die Urſache deſ - ſen, was er mit anſiehet, ja gar ſelbſten mit machen hilfft, verſtehe: und auf beduͤrfftigem Fall einem andern erklaͤren koͤnne. Am allermeiſten aber, muͤſſen in dem Studio der Prærogativæ und des Ceremoniels, dieſel -bigenVorbericht. bigen verſiret ſeyn, welche aſpiriren, Lega - tion-Secretairs, Envoyés oder gar Am - baſſadeurs zu werden: zu welchen Chargen nicht nur der hohe und mindere Adel, ſon - dern wohl auch diejenigen, welche von der Theologie und Juris prudentz Profeſſion machen, emploiret werden. Denn was iſt doch heut zu Tage gewoͤhnlichers, als daß man Biſchoͤffe, Praͤlaten, und Abbés, Præ - ſidenten, Geheime - oder Etats-Raͤthe, und en general JCtos, zu Envoyés und Am - baſſadeurs auserwehlet; weil ſonderlich dieſe hieꝛ letzt geneñten am faͤhigſten, die zwi - ſchen Souverains entſtandene Streitigkei - ten, durch Geſandſchafften abzuthun. Weil nun aber, weder in der Bibel und in dem Libro Leviticorum, noch in dem Corpo - re Juris, von dem bey Geſandſchafften ge - braͤuchlichen Ceremoniel, und der ſtreitigen; oder auch ſchon eingerichteten Prærogativa etwas befindlich; So muß ein dergleichen Clericus und JCtus, ſeinen Recours zu de - nen Buͤchern nehmen, in welchen er Grund und Nachricht davon findet: im Fall er nicht etwas veꝛſehen, und ſeines hohen Principals Pas und Point d’honneur, in Gefahr oder decadence ſetzen: ſich proſtituiren: und groſſer Verantwortung unterwuͤrffig ma - chen will. Hiebey aber hat es keineswe -gesVorbericht. ges die Meynung, als hielte man dafuͤr: daß ſolches alles in gegenwaͤrtigem Tractat zu finden: und ſelbiger eine Inſtruction und Manuale fuͤr die kuͤnfftigen Ambaſſadeurs und Envoyés abgeben koͤnte. Weit gefeh - let und gar nicht alſo gemeinet! Denn ſo wenig der Catechiſmus einen Theologum, und die Inſtitutiones Juſtinianeæ einen ICtum; alſo wenig wird auch dieſes Compendium, einen Ceremonien-Mei - ſter, oder gar Ambaſſadeur machen; Aber darzu wird es wohl dienlich und behuͤlfflich ſeyn: daß einer, der es recht lieſet, die Fun - damenta der Prærogativæ, nebſt der Delicateſſe des Ceremoniels verſtehen: und ſich zu præcautioniren lerne, daß er, wo nicht practice, dennoch wenigſtens theoretice, keinen Soloeciſmum Cere - monialem begehe.

§. 4.

Was auch endlich die Methode und Schreib-Art, derer man ſich in dieſem Wercke bedienet, anlanget; ſo dienet zu wiſſen, daß man, was die erkieſete Methode in ſpecie betrifft, eine dergleichen Ordnung, wie etwan die Bau-Meiſter zu thun pflegen, gehalten, nemlich: man hat zum erſten den Grund geleget und gewie - ſen, auf welchen das Theatrum der Præroga - tivæ und des Ceremoniel erbauet werden, und be -ruhenVorbericht. ruhen muß; Und hiervon handelt der gantze erſte - re Theil gegenwaͤrtigen Werckes. Nach ge - legten und gezeigetem Grunde, hat man in dem zweyten Theile, ſo gleich die Principal-Per - ſonen mit ihrem Ceremoniel aufgefuͤhret; jedoch aber nicht alle, ſondern derer nur einige; Weil man nach allem euſerſten Bemuͤhen nicht erfahren koͤn - nen, wie eines jeden Hofes Ceremoniel eigendlich beſchaffen: und demnach hiervon nur ſo viel ſchrei - ben und communiciren koͤnnen, als man gewuſt: das uͤbrige aber einem andern auszufuͤhren uͤber - laſſen: oder wenigſtens ſich bey dem geehrteſten Leſer ſo lange Gedult ausbitten muͤſſen, biß man etwan noch darhinter kommen, und was dißfals fehlet, ergaͤntzen koͤnne. Jn dem dritten Thei - le, oder Auftritt, hat man alle diejenigen Per - ſonen von dem erſten biß zum letzten, welche zu dem Ceremoniel gehoͤrig, und von den Souve - rains dazu pflegen emploiret zu werden, nach ih - rem Eſſentiel und Accident, Wuͤrdigkeit und Nahmen vorgeſtellet: Und mit dieſem dritten Theile, haͤtte auch das gantze Werck koͤnnen be - ſchloſſen werden. Weil aber die Prærogativa und der Ceremonien-Streit, auf Friedens-Con - greſſen am allerkentlichſten und diſputirlichſten gemacht wird; ſo hat man nicht nur bloß fuͤr gut, ſondern fuͤr nothwendig erachtet, umb dieſes Werck deſto vollkommener zu machen, in dem vierdten Theile anzufuͤgen: Was auf fuͤnffen ſoge -Vorbericht. genenten General-Frieden, wegen des Ceremo - niels fuͤr Conteſtation vorgefallen: und auf was fuͤr eine beſondere Art ſelbige beygeleget worden; Da deñ umb deſto beſſerer Verſtaͤndnuͤß beſagter fuͤnff Friedens-Schluͤſſe, man 5. Capitul vorhero, und in ſelbigen die General - uud Special-Requi - ſita eines Friedens, weil ſelbige mit dem Ceremo - niel groſſe Verwandnuͤß haben, angemercket. Da aber nicht nur auf Friedens-Schluͤſſen, ſon - dern auch wohl ſo gar in den Hof-Laͤgern der Sou - verains ſelbſt, einige dem Ceremoniel, der Præ - rogativæ, den Juribus und Conduite der Am - baſſadeurs und Envoyés zuwiederlauffende Dinge vorgefallen, und noch vorzufallen pflegen: So hat man einige, jedoch wenige und dazu nette Exempel, in dem fuͤnfften Theil allegiret: welche entweder die in dem erſten und dritten Theil gewieſene Lehr-Saͤtze confirmiren, oder wie man von denſelbigen abgewichen, notificiren. Und ſo viel von der ausgewehlten Methode. Was nun die Schreib-Art an ſich ſelbſt belanget, ſo verſichert man den Hochgeehrteſten Leſer: Daß man ſich fuͤr allen Expreſſionen, welche etwan eine Partialitaͤt bedeuten koͤnnen, moͤglichſt ent - halten: auch was man vorgebracht und erzehlet, nicht en ton de Maitre (und als koͤnte man der einen Majeſtaͤt den Rang und Præcedentz zu - der anderen hingegen ab-erkeñen) gethan; Durchaus nicht! Denn man weiß, daß in litigio Præroga -tivæVorbericht. tivæ kein Menſch auf Erden zu finden, der den Sententz daruͤber ſprechen koͤnne, er ſey dann da - zu als Arbiter erſuchet worden. Weñ aber gleich - wohl etwas in dem Context den Schein eines Beyfalls, welchen man einem fuͤr dem andern in der Prærogativa gegeben, haͤtte; ſo iſt dieſer Schein nur ein Effect der vorgebrachten Argu - mentorum, derer ſich einer oder der andere Sou - verain bedienet: und weiter fuͤr nichts als eine Conſequentz, welche aus den Præmisſis flieſſet, anzunehmen. Deñ man proteſtiret auf das aller - feyerlichſte wieder alle ungleiche Interpretation, ſo etwan ein Criticus gantz unnoͤthiger Weiſe ma - chen moͤchte; weil weder die allegirten Facta, noch auch die mit eingeſtreueten Raiſonnements ſol - len und koͤnnen eine Deciſion abgeben: ſondern die erſteren nur hiſtorice zeigen was geſchehen; die andern aber das geſchehene politice zu be - trachten, Anlaß geben. Wenn man auch etwan einerley Factum und Materiam in dem Context zweymahl geſetzet faͤnde, darf man ſolches nicht ſo bald fuͤr eine Tavtologie ausdeuten, ſondern nur auf den Modum, wie ſolches geſchehen, acht haben; da ſich denn bald euſern wird, daß von einer Sache in einem Orte als ihrem ſede ex profeſſo zu handeln, derer in einem andern Orte wieder - um nur accidentaliter zu gedencken geweſen: Und gleichwie derjenige Ton oder Note, ſo in einer Aria vielfaͤltig vorkommt, dennoch derſelben Melodie) () (nichtVorbericht. nicht verſtellet; alſo wird auch dieſem Wercke des - wegen keine Deformité zuwachſen koͤnnen. Cs haͤtten im uͤbrigen noch viel mehrere Facta koͤnnen allegiret werden: man hat ſich aber derſelben be - dachtſamlich enthalten; theils weil das Werck nur dadurch waͤre vergroͤſſert: theils auch, weil man dadurch en Hazzard waͤre geſetzet worden, ſich ungleiche Judicia uͤber den Halß zu ziehen. Dieſes iſt es, was ich dem Hoͤchſtgeneigten Leſer zum Voraus melden, und ſelbigen anbey erſuchen wollen, ſich dieſe Arbeit und meine dabey gehabte Intention gefallen zu laſſen: auch wo etwan ein Jrthumb mit untergelauffen ſeyn moͤchte, ſelbi - gen beſtens zu excuſiren, quia errare humanum eſt. Der Nutzen dieſes Werckes, wird ſich im uͤbrigen bey denen welche es recht leſen und ge - brauchen wollen, ſchon finden; im Fall nur alle unzeitige Præjudicia und ungleiche Interpreta - tiones bey Seite geſetzet, und die Leſenden dem Verfaſſer, gleichwie dieſer ihnen, guͤnſtig und mit gutem Willen zuge - than bleiben.

Ein -

Eintheilung des gantzen Werckes.

Erſter Theil.

  • Cap. 1. Von dem Ceremoniel insgemein.
  • Cap. 2. Von den General-Fundamentis, auf welche die Majeſtaͤten ihre Præcedentz gruͤnden, derer achte.
    • 1. Das Alterthumb der Monarchie, oder Souverainetaͤt,
    • 2. Das Alterthumb des Chriſtenthumbs,
    • 3. Die Macht, Potentatus, oder Supre - matus,
    • 4. Die Vielheit der Koͤnigreiche,
    • 5. Die Ehren-Tituln, welche eine Majeſtaͤt fuͤr der andern hat,
    • 6. Die abſolute Gewalt,
    • 7. Die beſondern Wohlthaten und Dien - ſte, welche ein Potentat dem Pabſt und der Catholiſchen Kirche erwieſen,
    • 8. Die Wuͤrdigkeit der Vaſallen, uͤber wel - che eine Majeſtaͤt herrſchet.
  • Cap. 3. Von den Special-Fundamentis, auf welche der Roͤm. Deutſche Kayſer ſeine Præcedentz zu gruͤnden pfleget.
  • Cap. 4. Von den Special-Fundamentis der Koͤnige in Hiſpanien.
  • Cap. 5. Von den Special-Fundamentis der Koͤ - nige in Franckreich.
) () (2Cap.
  • Cap. 6. Von den Special-Fundamentis der Koͤ - nige in Engelland.
  • Cap. 7. Von den Special-Fundamentis der Koͤ - nige in Schweden.
  • Cap. 8. Von den Special-Fundamentis der uͤbrigen Europaͤiſchen Koͤnige, ſc.
    • 1. Deſſen von Daͤnnemarck,
    • 2. von Portugal,
    • 3. von Pohlen,
    • 4. von Moſcau,
    • 5. von Preuſſen,
  • Cap. 9. Von der Prærogativa und Præcedentz der Churfuͤrſten, und von der Compe - tentz, welche ſie mit den Cardinaͤlen und freyen Republiquen haben.

Anderer Theil.

  • Cap. 1. Von dem Congreß hoher Potentaten en general.
  • Cap. 2. Von denen Perſonen, bey welchen die Prærogativa und das daraus flieſſen - de Ceremoniel, am meiſten zu beobach - ten iſt.
  • Cap. 3. Was fuͤr ein Ceremoniel bey Zuſam̃en - kunfft Kayſerl. Majeſtaͤt und eines Churfuͤrſten, gewoͤhnlich iſt.
  • Cap. 4. Was fuͤr ein Ceremoniel bey Congreß eines Koͤniges von Ungarn, oder Boͤh - men, mit einem Churfuͤrſten, beobach - tet wird.
Cap.
  • Cap. 5. Von dem Ceremoniel, wenn ein Churfuͤrſt zu Kayſerl. Maj. nach Wien kommt.
  • Cap. 6. Von den Ceremonien, wenn zwey Chur - fuͤrſten zuſammen kommen.
  • Cap. 7. Von den Ceremonien, wenn ein Ertz-Her - tzog von Oeſterreich mit einem Chur - fuͤrſten zuſammen kommt.
  • Cap. 8. Von dem Ceremoniel bey Congreß ei - nes Churfuͤrſten mit einem Koͤniglichen Bruder.
  • Cap. 9. Von dem Ceremoniel eines Churfuͤrſten mit einem Reichs-Fuͤrſten.
  • Cap. 10. Von dem Ceremoniel eines Churfuͤr - ſten mit einem Fuͤrſtlichen Printzen.
  • Cap. 11. Von dem Ceremoniel eines Churfuͤrſten mit einem Biſchoff.
  • Cap. 12. Von dem Ceremoniel eines Churfuͤr - ſten mit einem Grand d’Eſpagne, de Portugal, oder mit einem Duc und Pair de France, oder Woywoden aus Pohlen.

Dritter Theil.

  • Cap. 1. Von denen Geſandten, und derer Ein - theilung uͤberhaupt.
  • Cap. 2. Von den Legatis oder Nunciis Apo - ſtolicis.
  • Cap. 3. Von denen Ambaſſadeurs und En - voyés, was beyde pflegen mit einander gemein zu haben, nemlich) () (31. Die
    • 1. Die Inſtruction,
    • 2. Das Creditiv,
    • 3. Den Paſſeport, oder Salvum Condu - ctum, und die daraus flieſſende In - violabilitaͤt,
    • 4. Die Admiſſion,
    • 5. Die Immunitaͤt.
  • Cap. 4. Von denen Ambaſſadeurs, Geſandten, Bothſchafftern cum charactere ins beſondere.
  • Cap. 5. Von dem Ceremoniel, mit welchem ein Ambaſſadeur beehret wird, allwo von
    • 1. Dem ſolennen Einzug oder publiquen Entréen,
    • 2. Der Abholung zu der Audientz,
    • 3. Der Behauptung des Rangs,
    • 4. Ablegung der Viſiten, und Annehmung der Re-Viſiten,
    • 5. Der Acceptirung oder Empfangung,
    • 6. Dem Titul Excellentz.
  • Cap. 6. von eines Ambaſſadeurs,
      • 1. Magnificentz, welche beſtehet
        • 1. Jn ſeinem Logement,
        • 2. Seiner Tafel,
        • 3. Seinen Domeſtiquen,
        • 4. Seiner Equippage.
      • 2. Diligentz, welche beſtehet, in
        • 5. Seinem Diario,
        • 6. Seinem Protocoll,
        • 7. Seinen Relationibus, und Depeches.
  • Cap. 7. Von Eintheilung der Ambaſſadeurs in Ordinarios und Extraordinarios.
  • Cap. 8. Von denen Ablegatis, Envoyés oder Abgeſandten,
  • Cap. 9. Von denen Reſidenten.
  • Cap. 10. Von denen Plenipotentiariis.
  • Cap. 11. Von denen Conſuls.
  • Cap. 12. Von denen Agenten.
  • Cap. 13. Von denen Secretariis.
  • Cap. 14. Von denen Commiſſariis.
  • Cap. 15. Von denen Deputatis.

Vierdter Theil. Von denen Streitigkeiten, welche wegen der Prærogativa und dem Ceremoniel, auf Friedens-Congreſſen entſtanden.

  • Cap. 1. Von den Præliminair-Friedens-Con - ferentien, und was in ſelbigen pfleget abgehandelt zu werden.
  • Cap. 2. Von dem Orte, in welchem man einen Frieden ſchlieſſen will.
  • Cap. 3. Von den Mediatoribus und derer ſelben Miniſtern.
  • Cap. 4. Von Ertheilung der Paſſeports.
  • Cap. 5. Von der Sprache, derer man ſich be - dienet,
  • Cap. 6. Von dem Streit, welcher wegen des Ce -remo -remoniels, auf dem Weſtphaͤliſchen Frie - den entſtanden.
  • Cap. 7. Von dem Ceremoniel und Streit bey dem Pyrenaͤiſchen Frieden.
  • Cap. 8. Von dem Ceremoniel und Streit bey dem Akiſchen Frieden.
  • Cap. 9. Von dem Ceremoniel und Streit bey dem Niemaͤgiſchen Frieden.
  • Cap. 10. Von dem Ceremoniel und Streit bey dem Rißwigiſchen Frieden.
  • Cap. 11. Von dem Streit, welcher zu Utrecht wegen der Laqvays entſtanden.

Fuͤnffter Theil.

  • Von der, der Conduite, den Juribus, Pri - vilegiis &c. eines Ambaſſadeurs oder Envoyé, in unterſchiedenen Hoͤfen zu wieder gelauffener Praxi, welche ſich in vergangenen Seculo zugetragen.
Des
1

Des Europaͤiſchen Hoff-Ceremoniels Erſtes Capitel. Von dem Ceremoniel insgemein.

§. 1.

Ob das Wort Ceremonia von

  • 1. dem alten Wort Cerus, welches ſo viel als Sanctus bedeutete,
  • 2. der Stadt Cære, oder von
  • 3. Geremonia, à gerendo, wie man ſich ge - berden ſolle, ſeinen Urſprung habe, uͤberlaͤſ - ſet man denjenigen, welche ihre Gelehrſam - keit mehr in den Worten als in dem Wer - cke ſuchen; Wir halten uns vielmehr nur an die heut zu Tage etablirte Bedeutung dieſes Wortes, wohl wiſſende, quod verba valeant ſicut nummi.

§. 2.

Dieſes aber iſt gewiß, und demnach zu betrachten noͤthig, daß durch den Nahmen Cere - moniel zweyerley verſtanden werden koͤnne:

  • 1. Generaliter alle dasjenige, was man ra - tione
    • 1. Der Stellung des Leibes, v. g. Reve - rentz, Kniebeugung,
    • 2. Der Kleidung, v. g. Trauer-Habit, Burgundiſche Kleidung,
    • 3. Des Gehens, Sitzen und Stehens, v. g. zur Rechten oder Lincken, it. voran oder hinten nach, ꝛc. zu thun gewohnet oder genoͤthiget iſt.
A2. Spe -2Europaͤiſches
  • 2. Specialiter, nur allein die Manier mit wel - cher Potentaten, und derer Geſandten ein - ander zu recipiren pflegen, oder auch geſtal - ten Sachen nach muͤſſen.

§ 3.

Jn dem erſten oder generalen Ver - ſtande findet man, daß bey allen Voͤlckern, in und auſſer der Kirchen GOttes, zu allen Zeiten ge - wiſſe Ceremonien

    • 1. Jn ihrem GOttes-Dienſte
    • 2. Jn Regiments-Sachen
    • 3. Jm Heurathen
    • 4. Jn Begraͤbnuͤſſen ꝛc.
    uͤblich gewe - ſen, und auch zu unſern Zei - ten noch uͤb - lich ſind,

allein von dieſem allem iſt hier nichts zu melden, ſondern die Curieux ſind dahin zu beſcheiden, der - gleichen Authores, an welchen es nicht fehlet, auf - zuſchlagen, welche etwas zuverlaͤßliches de Mo - ribus vel Ritibus gentium geſchrieben.

§. 4.

Jn dem andern oder ſpecialen Ver - ſtande, von welchem hier allein geredet werden ſoll, koͤnte man das Ceremoniel ungefehr alſo beſchreiben: Daß es eine unter den Souve - rains, oder ihnen gleichenden Perſonen, ex Pacto, Conſvetudine, Poſſeſſione eingefuͤhrte Ordnung ſey, nach welcher ſie ſich, derer Geſandten und Abgeſandten bey Zuſam - menkuͤnfften zu achten haben, damit kei - nem zu viel noch zu wenig geſchehe.

§. 5.

Der Urſprung ſolches Ceremoniels, iſt nicht, wie etwan bey den Complimentiſten,die3Hoff-Ceremoniel. die Hoͤflichkeit, denn dieſe hat keine Leges, ſon - dern vielmehr die aus einer groͤſſern Dignitaͤt, ſo man fuͤr einem andern zu haben vermeinet, her - ruͤhrende Superbia, welcher man die Qualitaͤten Juris zugeeignet, und ihr den Titul der Præroga - tivæ oder Præcedentiæ gegeben.

§. 6.

Man wird ſich leicht beſcheiden, daß nicht nur unter unvernuͤnfftigen Creaturen, ſon - dern auch ſo gar unter lebloſen Dingen eines dem andern pfleget vorgezogen zu werden, deñ ein Pferd wird hoͤher als ein Eſel oder Ochſe, ein Diamant werther als ein Kieſel-Stein geachtet; und man lachet demnach noch heut zu Tage die Schweitzer aus, daß ſie den unſchaͤtzbahren Dia - mant fuͤr Criſtal, und die aus Gold und Silber zubereiteten Gefaͤſſe, welche ſie von dem Hertzog von Burgund eroberten, fuͤr Zinn verkaufften. Unter den vernuͤnfftigen Menſchen aber ins be - ſondere, wird der Mann der Frauen, der Vater den Kindern, der Alte dem Jungen, der Herr - ſchende dem Gehorchenden, ſo gar auf goͤttlichen Beſehl vorgeſetzt, ſo daß man ſagen koͤnte, daß eines unter denen hier genenneten Correlatis, natura, & ordine a Deo inſtituto, mehr gelten muͤſſe als das andere, und der weniger geltende dem mehr geltenden nothwendig den Vorzug laſſen muͤſſe, ſo daß es allerdings natura & ra - tione eine Prærogativam giebet, krafft derer ei - nes dem andern vorzuziehen.

A 2§. 7. Aber4Europaͤiſches

§. 7.

Aber unter denen Souverains, derer ſich einer ſo hoch und wuͤrdig duͤncket als der an - dere, weil ſie alle von GOtt, und keiner von dem andern dependiren, giebet es alten, langen, und unaufhoͤrlichen Streit, welcher unter ihnen fuͤr den Groͤſten gehalten werden ſolle, gleichwohl aber mit dem Unterſcheid, daß

  • 1. einige abſolut Digniores ſeyn wollen als andere, und deswegen den Vorzug oder Pas
  • 2. andere nur pares, oder ſo gut ſeyn wollen als einer ihres gleichen, und demnach nur in pari paſſu zu gehen prætendiren, mancher will ſo gut ſeyn als der andere, mancher aber will mehr ſeyn als der andere.

§. 8.

Ein jeder dieſer Gewaltigen auf Erden fuͤhret ſeine Urſachen an, der Lis iſt in dieſem Rang-Proceß in hundert und mehreren Ren - contres conteſtiret, aber weil ſie keinen Superi - orem oder Judicem erkennen, ſo hat noch kein dergleichen daurender Entſcheid gegeben werden koͤnnen, der die ſtreitenden Partheyen aus einan - der geſetzet und in Ordnung gebracht haͤtte.

§. 9.

Man hat zwar, umb allen Hinderniſſen und Melirungen, welche ſowohl in Congreſſen hoher Potentaten ſelbſt, als auch derer Geſand - ten zu entſtehen pflegen, vor zu beugen, ziemlich ge - ſchickte Mittel erſonnen, einem jeden eine Stelle und Rang zu asſigniren, mit welchem er zu frie - den ſeyn koͤnte, und durch welche keinem einigesPræ -5Hoff-Ceremoniel. Præjudiz zugezogen wuͤrde; aber auch dieſes iſt biß dato noch von gar keinem Souverainen, ſon - dern nur von einigen alſo genennten alterniren - den Fuͤrſten in Deutſchland angenommen wor - den. Solche vorgeſchlagene Mittel ſind folgen - de geweſen:

  • 1. Durch Compromiß oder Arbitrage die Parteyen zu accomodiren, und alſo bothe ſich An. 1564. Pabſt Pius IV. an, daß er bereit waͤre den zwiſchen Spanien und Franckreich ſchwebenden Præcedenz - Streit, durch Beyſtand der Cardinaͤle, oder auch des Auditorii Rotæ zu entſchei - den, man hat ſich aber ſeinem Arbitrio nicht unterwerffen wollen; theils
    • 1. Weil der Pas eine allzu delicate Sache,
    • 2. Weil es ein mere Temporale, deſſen Deciſion man nicht gerne von dem Roͤm. Stuhl erwarten will;
  • 2. Durch die Alternativam, daß nemlich einer dieſes mahl, ein ander ein andermahl, oder dieſer in dieſem, jener in jenem Orte vor - gehe, welches Expediens noch Anno 1712. im November, in Deutſchland gelungen. Denn als die zwey Hochfuͤrſtliche Haͤuſer Bareuth und Anſpach in einen Compe - tenz-Streit geriethen, und ein jeder auf ſeiner Prærogativa feſt beſtunde, kam es doch endlich dahin, daß ſie Jhro Durch -A 3lauch -6Europaͤiſcheslauchtigkeit, dem Herrn Landgraffen von Heſſen-Caſſel die Mediation und Arbi - trage auftrugen, welcher auch die Sache gluͤcklich dahin vergliech,
    • 1. Daß in dem Fraͤnckiſchen Creiße, (zu welchem beyde Herren Marggrafen gehoͤrig,) und bey deſſelben Directo - rio, alle 3. Jahr zwiſchen ihnen alter - niret werden, und Bareuth hierinnen den Anfang machen ſolle.
    • 2. Jn Comitiis aber ſolle derjenige un - ter den Herren Marggrafen den Vor - zug haben, welcher der aͤlteſte an Jahren, und gleichwie es mit den Herren Principalen, alſo ſolle es auch mit den Miniſtris gehalten werden.
  • 3. Durch den Senioratum, daß nemlich derje - nige Potentat, welcher an Jahren aͤlter als der andere, allen, ſo juͤnger als er, ohne Un - terſcheid vorgezogen werden ſolte, welches in dem itzt angezogenen Exempel der Herren Marggrafen von Bareuth und Anſpach auch ſtatt gefunden. Jm Fall aber dieſes Mittel haͤtte unter Souverainen generale - ment etabliret werden koͤnnen, ſo wuͤrde der alte Koͤnig Ludwig in Franckreich, nu - mehro ſeines Verlangens gewaͤhret, und weil er der aͤlteſte unter allen Chriſtlichen Poten - taten, auch zugleich der vornehmſte ſeyn. Al -lein7Hoff-Ceremoniel. lein es wuͤrde, wenn auch alle andere zu Ver - meidung des continuirlichen und den pu - blicis negotiis ſo nachtheiligen Rang-Di - ſputs, hierein willigten, dennoch der Roͤmi - ſche Deutſche Kaͤyſer, als welcher umb der Hoheit der vierdten Monarchie, welche er be - ſitzet, allen uͤbrigen Potentaten vorzuziehen, in dieſes Mittel nicht mit condeſcendiren koͤnnen, zu mahlen da er allbereit in der Poſ - ſeſſion des Vorzuges, und mit niemanden mehr deswegen in Litigio iſt.

§. 10.

Sind demnach dieſe ſonſt gute Vor - ſchlaͤge bißhero meiſtens nur Vorſchlaͤge geblie - ben, und werden auch wohl vermuthlich in kuͤnff - tigen Zeiten dergleichen bleiben, dannenhero wohl das ſicherſte Mittel, daß ſich ein und der an - dere Potentate mit der Poſſesſion ſchuͤtze, als auf welche die Rang-Ordnung unter ihnen faſt eintzig und allein gegruͤndet iſt.

§. 11.

Man hat zwar ſchon fuͤr langen Zeiten in Rom eine gewiſſe Rang-Ordnung, oder ſo ge - nantes Ceremoniel, verfertiget, wie die Poten - taten daſelbſt in der Paͤbſtlichen Capelle, und an - deren daſelbigen ſolennen Congreſſen ſolten placiret werden, welches der damahlige Cere - monien-Meiſter Paris de Crasſis A. 1504. publi - ciret, und findet man fuͤr die Europaͤiſchen Koͤnige folgende Ordnung, (welche auch auf dem zu Bo - nonien in itzt gemeldetem Jahre gehaltenen Con -A 4cilio8Europaͤiſchescilio beobachtet worden, wiewohl Pabſt Julius II. bald darauf dieſes Ceremoniel in etwas ver - aͤndert, indem er den Koͤnig von Schottland und Navarren ausgelaſſen)

  • 1. Den Kaͤyſer.
  • 2. Den Roͤm. Koͤnig.
  • 3. Den Koͤnig von Franckreich.
  • 4. von Spanien.
  • 5. von Arragonien.
  • 6. von Portugal.
  • 7. von Engelland.
  • 8. von Sicilien.
  • 9. von Schottland.
  • 10. von Ungarn.
  • 11. von Navarren.
  • 12. von Cypern.
  • 13. von Boͤhmen.
  • 14. von Pohlen.

Aber der Koͤnig

    • 1. von Schweden
    • 2. von Daͤnnemarck
    ob ſie gleich damahlen noch unter der Devotion des Roͤm. Paͤbſtl. Stuhls geſtanden, ſind entweder vergeſſen, oder mit Fleiß ausgelaſſen worden, wie inglei - chen auch
  • 3. Der Czar aus Moſcau. Allein dieſe Rangi - rung wird heut zu Tage weiter nicht als ratio - ne der 4. erſteren obſerviret, auſſer Rom aberhat9Hoff-Ceremoniel. hat es, (den Kaͤyſer ubique ausgenommen und vorgezogen) noch unter den Potentaten dißfalls keine Richtigkeit, auſſer daß Franck - reich in gemeldtem Rom und Vonedig Spa - nien, und vice verſa dieſes jenem im Roͤm. Reich und zu Wien vorgezogen wird.

§. 12.

Damit man demnach die Argumenta, worauf ſich ein jeder Potentat wegen des Rangs gruͤndet, wiſſen, und das daraus entſtehende Ce - remoniel judiciren und verſtehen koͤnne, ſo wird es noͤthig ſeyn in folgenden Capiteln ſolche Be - weißthuͤmer zu unterſuchen.

Zweytes Capitul. Von den General-Fundamentis, Auf welche die Majeſtaͤten ihre Præcedenz gruͤnden.

DJe General-Argumenta, welche dieſem oder jenem Souverain zu Behauptung der Præcedenz fuͤr einen andern, dienen ſollen, wer - den meiſtens aus achterley Fontibus ge - ſchoͤpffet.

  • 1. Aus dem Alterthumb der Monarchie oder Souverainite.
  • 2. Aus dem Alterthum des Chriſtenthumbs.
  • 3. Von der Macht.
  • 4. Von Vielheit der Koͤnigreiche.
  • 5. Aus den Ehren-Tituln.
  • 6. Von der abſoluten Gewalt.
A 57. Aus10Europaͤiſches
  • 7. Aus der beſondern Wolthat und Dienſt, welche dem Pabſt und der Catholiſchen Kirche erwieſen worden.
  • 8. Von Wuͤrdigkeit der Vaſallen, uͤber wel - che eine Majeſtaͤt herrſchet.

§. 1.

Aus dem Alterthumb der Mo - narchie oder Souverainite, und da will faſt ein jeder Potentate erweiſen, daß das Reich welches er beherrſchet, das uhraͤlteſte ſey. Damit man demnach nur en general wiſſe, wie weit einer dem andern (den Principiis der Chronologie und Hiſtorie gemaͤß) vermoͤge der aͤlteren Fun - dation ſeines Reiches, vorſtehen und vorgehen koͤnne, ſo wollen wir eines jeden Reiches Datum oder Anfang kuͤrtzlich hier bemercken.

  • 1. Die vierdte Roͤm. Monarchie, welche nach der meiſten Meynung Julius Cæſar eta - bliret, hat ihren Anfang 48. Jahr fuͤr Chriſti Geburth genommen, und ſich dieſer Julius Cæſar, ungefehr 27. Jahr fuͤr der Geburth Chriſti, zum Haupt und Meiſter der 4ten Mo - narchie gemacht, welche Monarchie endlich in der Perſohn Caroli Magni umb das Jahr 801. auf die Teutſchen gebracht worden, daher ſolche Wuͤrde, ſo nunmehro auf dieſer Nation 912. Jahr gehafftet, in der allerhoͤchſten Per - ſon Caroli des VI. erhalten, und dieſem Mo - narchen der Vorzug fuͤr allen andern billig zu - geeignet wird.
2. Spa -11Hoff-Ceremoniel.
  • 2. Spanien iſt zu Anfang unter Auguſti Regie - rung eine Provinz der Roͤmer, hernach durch Einfall der Gothen, Mauren und anderer Nationen, in viel Theile und Koͤnigreiche zer - theilet worden, und Caſtilien, welches Reich den wuͤrdigſten Theil des gantzen Spaniens ausmachet, nur eine Graffſchafft geweſen, biß ihme endlich Sanctius Major Koͤnig von Navarren an den es gegen das Ende des 10. Seculi erblich gefallen, die Qualitaͤt eines Koͤ - nigreiches beygeleget. Ja es hat in Aſturien und Legion biß 1028. zu Veremondi III. Zei - ten eigene Koͤnige gehabt, biß endlich Ferdi - nandus Magnus, des Sanctii Majoris Sohn und Koͤnig von Caſtilien, ſeinen Schwager Veremund erſchlug, und ſich An. 1036. zum Koͤnige von Legion und Aſturien machte, und nachdem er auch Garſiam III. Koͤnig von Na - varren erſchlagen, A. 1053. die Prætenſion auf dieſes Reich behielte, welchen man einiger maſ - ſen fuͤr den Fundatorem der Spaniſchen Monarchie haͤtte halten koͤnnen, in Fall er nicht, als er 1065. verſturbe, ſeine Laͤnder wie - der unter ſeine Soͤhne in 3. Theile vertheilet haͤtte. Und ob ſich auch gleich Alphonſus VIII. Koͤnig in Caſtilien und Leon, von Inno - centio II. Anno 1135. zu einem Kaͤyſer von Spanien machen ließ, iſt doch dieſer Monar - chiſche Titul auf ſeine Succeſſores nicht con -tinui -12Europaͤiſchestinuiret, ſondern durch Tractaten wiederumb abgeſchaffet worden; So daß man das Alter - thumb dieſer Monarchie, in ſo weit ſelbige einen Vorzug fuͤr andern dadurch behaup - ten wolte, ſchwerlich hoͤher hinauf brin - gen kan, als an die Zeiten Ferdinandi Catho - lici Koͤniges von Arragonien, welcher durch Heurath der Iſabellæ aus Caſtilien, Koͤnig Johannis Tochter, Caſtilien und Leon zu ſei - nem Reiche, und nachgehends auch Granada und andere, nach Vertreibung der Mauren unter ſeine Jurisdiction, und Spanien zu der Hoͤhe brachte, daß es andern Reichen formi - dable und von ſelbigen reſpectiret wurde, welches in das Jahr 1474. faͤlt.
  • 3. Franckreich faͤnget zwar ſeine Monarchie ſchon in der Perſon des Pharamundi an, wel - cher im Jahr Chriſti 420. von den Staͤnden zu einem Koͤnige ſoll erwehlet worden, und ſein Vater Marcomirus General der Frantzoͤſi - ſchen Armée geweſen ſeyn, aber Vallemont in ſeinen Elemens de l Hiſtoire p. 464. und Brianville in ſeiner Abrege de l Hiſtoire de France, geben dieſen Alterthum ihrer Koͤnige gar ſchlechten Beyfall. Der erſtere ſaget von dem Pharamundo: On ignore ſes Actions, le lieu de ſa ſepulture, le nom de ſa Femme, & celui de ſes Enfants, excepté de Clodion qui luy ſucceda. Der andere ſpricht, wenn erdas13Hoff-Ceremoniel. das Leben Pharamundi, Clodions, und Mero - vei beſchꝛeibet, von dem erſtern: Mais tout cela ſans preuve; von dem andern, wenn er ihn fuͤr einen Sohn des Pharamundi ausgiebet: mais on n’en a que de foibles conjectures. Von dem dritten: On preſume que (Mero - veé) etoit fils de Clodion ſon Predeceſ - ſeur, & cette incertitude a fait, qu’on a nommé Merovingiens nos Rois de la pre - miere Race, leur deſcendance n’etant con - ſtante que depuis luy. Dieſer Merovæus pasſiret nun fuͤr den erſten ihrer Koͤnige, und faͤlt der Anfang deſſen Regierung in das Jahr 448. nach Chriſti Geburth, ſo daß die Frantzo - ſen ein ziemlich altes Datum des Anfanges ih - rer Monarchie zu haben vermeinen. Allein wann man acht darauf hat, daß der Enckel die - ſes Merovæi (ein Sohn des Childerici) Clodovæus, welcher das Chriſtenthum An. 496. annahm, das Reich unter ſeine 4. Soͤhne zertheilet, und den
    • 1. Clodomir zum Koͤnige von Orleans,
    • 2. Childebert zum Koͤnige von Paris,
    • 3. Clotarium zum Koͤnige von Soiſſons,
    • 4. Thyerri (der zwar der aͤlteſte aber ein Ba - tard war) zum Koͤnige von Metz oder Au - ſtraſien gemacht, und zwar dergeſtalt, daß einer von dem andern gantz independent, und Childebert als Koͤnig von Paris, al -lein14Europaͤiſcheslein der rechte Succeſſor der von Merovæo angefangenen Monarchie, und dabey von ſchlechten Territorio, auch die Uneinig - keit das Reich zu theilen, noch immer je laͤn - ger je groͤſſer, und bey nahe eine Zerruͤttung des Reichs zu beſorgen war, ſo kan man dieſen Merovæum noch ſchwerlich fuͤr den Fundatorem des Fraͤnckiſchen Reichs aus - geben. Denn obgleich Clotarius Koͤnig von Soiſſons, nach dem Tode Koͤniges Chil - deberti ſeines Bruders, Paris bekam, und die Graͤntzen ſeines Reichs ziemlich erwei - terte, ſo theilete er es doch wieder unter ſeine 4. Soͤhne, und gab
      • 1. Dem Cherebert Paris,
      • 2. Dem Contran Orleans u. Burgundien,
      • 3. Dem Siegebert Auſtraſien,
      • 4. Dem Chilperic Soiſſons, alles in der Qualite independenter Koͤnigreiche.
    Dagobertus continuirete dieſe Thei - lung wieder unter ſeine 2. Soͤhne, und gab
    • 1. Sigiberto Auſtraſien,
    • 2. Clodovæo Neuſtrien und Burgun - dien. Von dieſer Zeit an haben nicht allein die Frantzoͤſiſchen Koͤnige ſehr de - generiret, ſondern es iſt auch die Chro - nologie derſelben dermaſſen verruͤcket, daß man nicht weiß, ob Dagobert im Jahr 639, oder 643. geſtorben, und vonden15Hoff-Ceremoniel. den Zeiten Clodovæi des Dagoberti zwey - tem Sohne an, har es hernach lauter nichts - taugliche Koͤnige gegeben, welche die Fran - tzoſen ſelbſt Feneans nennen, ſo daß die Ma - jores Domus, und unter denſelben Pipi - nus, aus einem vornehmen Geſchlechte in Auſtraſien entſproſſen, ſonderlich aber Ca - rolus Martellus ſein Sohn, und Pipinus Junior des Caroli Martelli Sohn, ſich dergeſtalt groß gemacht, daß ſie nicht allein an ſtatt ihrer Koͤnige regiereten, ſondern auch endlich Childericus III. von dem Pipi - no Juniori des Reiches entſetzet, mit Con - ſens des Pabſtes Zachariæ in ein Kloſter geſtoſſen, und Pipinus von den Staͤnden zu Soiſſons zu einem Koͤnige gewehlet, und von dem Ertz-Biſchoff zu Maintz, dem Herrn Bonifacio, in der Cathedral-Kirchen zu Soiſſons A. 751. geſalbet u. gekroͤnet ward. Weil nun die Merovingiſche oder erſte Fa - milie der Frantzoͤſiſchen Koͤnige, nicht allein, wie wir gehoͤret, in ſo vielerley Koͤnigreiche, ſondern auch dem Gemuͤthe nach unter ſich zertheilet, und die letztern zu dem Regiment gantz untuͤchtig und ihre Chronologie un - richtig waren, ſo folget wohl daraus, daß man den Grund und Anfang ihrer Monar - chie allererſt auf die Carolingiſche oder an - dere Linie, derer Autor gemelter PipinusJu -16EuropaͤiſchesJunior oder Brevis, ein Vater Caroli M. geweſen, ſetzen kan, wiewohl einige gar al - lererſt die juſtam ſeriem der Frantzoͤſiſchen Regenten, und den rechten Anfang ihrer Monarchie von dem Hugone Capeto, der im Jahr Chriſti 987. regieret hat, anfangen, und alſo allererſt der dritten oder Capetin - giſchen Familie das Recht einer Monar - chie zuſchreiben.
  • 4. Engelland, das in Europa liegende, aber doch von ſelbigem durch das Meer abgeſonder - te Theil, und beſondere Welt, hat ohne Zwei - fel ſchon vorlaͤngſt, ehe die Roͤmer und derer Haupt Julius Cæſar, noch 62. Jahr fuͤr Chri - ſti Geburth ſeine Conqueſten in ſelbigem ge - macht, ſeine beſondere Koͤnige gehabt, welche man von dem alten Bruto Britannien genen - net. Denn man weiß, daß ſchon umb das Jahr 177. der Pabſt Eleutherius Fugatium und Damianum in Brittannien geſendet, welche den Koͤnig Lucium getauffet. Al - lein es waren der Koͤnige damahlen nicht nur einer, ſondern viele, welche immer meiſtens ge - gen einander zu Felde lagen, ſo daß die zwar alte doch ungewiſſe Series der erſten Brittan - niſchen Koͤnige, keinen Grund leget, auf wel - chen man die Prærogative dieſer Koͤnige fuͤr andern ſetzen koͤnne. Man muß demnach die Periodos der Engliſchen Regenten kurtz durchge -17Hoff-Ceremoniel. gehen, und ſehen in welchem man ungefehr den Terminum a quo finden moͤchte. Der er - ſte Periodus der Koͤnige von Engelland oder Brittannien iſt
    • 1. Der Brittanniſche, auf welchen
    • 2. der Roͤmiſche gefolget, nachdem Julius - ſar ſich dieſes Reiches guten Theils bemaͤch - tiget, und ſich die Engliſchen Koͤnige tributar gemacht, da die Roͤmer durch vier Secula bis auf die Zeiten Valentiniani III. Herren uͤber einen groſſen Theil dieſes Landes ge - weſen. Wie dann der Kaͤyſer Adrianus und Severus ein Denckmahl, wie weit ſich ihre Herrſchafft darinnen erſtrecket, durch die von Carlile biß Nevvcaſtle vom Hiber - niſchen biß Deutſchen Meere aufgefuͤhrete, nun aber zerfallene Mauer, (die doch einige Geographi in ihren Carten noch bemer - cken,) hinterlaſſen. Nach Abzug der Roͤ - mer wehleten ſich die Britten oder Engellaͤn - der wieder einen Koͤnig aus ihrer Nation, Nahmens Vortigernum, weil aber die Scoti (Schotten) und Picti (welche einige fuͤr die an den Grentzen Engellands wohnen - de Schotten, andere aber fuͤr Jrrlaͤnder hal - ten,) in Engelland einfielen, ſelbiges verhee - reten, und ihnen Vortigerius zu widerſtehen nicht capabel war, ruffte er die Angeln, eine Saͤchſiſche Nation, ſo umb und in Hol -Bſtein18Europaͤiſchesſtein wohnete, zu Huͤlffe, welche auch unter ihren Anfuͤhrern Hengiſto und Horſto er - ſchienen, und alſo den
    • 3. Periodum nemlich den Saͤchſiſchen etabli - reten. Denn an ſtatt daß ſie die Britten haͤtten wieder die Scoten und Picten defen - diren ſollen, welche ſie zwar verjagten, ſo machten ſie ſich Meiſter uͤber die Britten, und beſetzten nicht allein das Land mit An - geln, ſondern ſupprimirten auch ſo gar den Nahmen Britannia, und nennten das Land Angliam, theileten auch ſelbiges in 7. differente kleine Koͤnigreiche, welche Egbert Koͤnig der Weſt-Sachſen, umb das Jahr Chriſti 818. theils zu Provintzen machte, und ſie ihm unterwarffe; theils auch in der Qualitaͤt beſonderer Koͤnigreiche lieſſe, derer Koͤnige doch ſeine Oberherrſchafft erkennen muſten, ſo daß man den Anfang der Engliſchen Monarchie, und was von ſel - biger ratione der Præcedentz dependiren kan, in dieſe Zeiten ſetzen muͤſte. Allein weil die Engliſchen Koͤnige von Saͤchſiſcher Ex - traction, und unter ſelbigen der andere Ethelvvolde geneñt, ein Sohn des Egberti, ſo groſſe Submisſion gegen den Pabſt be - zeugete, daß er nicht nur allein den Peters Penny auf das neue einfuͤhrete, ſondern auch Engelland dem Pabſt zur Lehn offeri -ret19Hoff-Ceremoniel. ret haben ſoll, uͤber dieſes die Daͤhnen dieſes Land durch oͤfftere Einfaͤlle beunruhigten, und die Engliſchen Koͤnige ihnen nicht allein tributar machten, ſondern auch gar unter ſich brachten, und den
    • 4. Periodum, nemlich den Daͤhniſchen umb das Jahr 1008. einfuͤhreten, welcher zwar nicht lange, ſondern nur etwan 40. Jahr ge - dauret; ſo laͤſſet es ſich nicht wohl ſtatuiren, daß man die Souverainité von Engelland, und das Datum der Monarchie weiter hin - aus ruͤcke, als auf den
    • 5. Periodum der Koͤnige aus Normandie, welchen Wilhelmus Conqueſtor umb das Jahr Chriſti 1066. eingefuͤhret.
  • 5. Schweden, von dieſem machen theils ihre eigene, theils aber auch auswertige Scriben - ten, eine unerhoͤrt lange und alte Succesſion der Koͤnige, indem ſie ſelbige uͤber 2200. Jahr fuͤr Chriſti Geburth, und zwar von dem Go - mer oder Magog, derer im 1. B. Moſis am 10. Cap. v. 2. gedacht wird, denen Enckeln des Noaͤ anfangen, ja es fehlet denen Scribenten nicht an den Nahmen, wie jeder Koͤnig von den Zeiten Magog, welcher An. 88. nach der Suͤndfluth zu regieren angefangen, geheiſſen. Allein der Herr Baron von Pufendorf will in ſeiner Einleitung zu der Hiſtorie von Schwe - den dieſem alten Weſen keinen Beyfall geben,B 2und20Europaͤiſchesund es iſt auch augenſcheinlich, daß wenn man ein ſolch Alterthum ſtatuiren wolte, man die Hiſtoriam fabuloſam mit der vera vermen - gen, und dieſe letztere durch ſolchen Miſchmaſch verunehren wuͤrde. Dannenhero wenn man mit einiger hiſtoriſchen Sicherheit etwas von dem Alterthum der Schwediſchen Monar - chie ſtatuiren wil, kan man die Sache ſchwer - lich weiter hinaus treiben, als auf die Zeiten Erici Sancti, welcher ungefehr umb das Jahr 1150. regieret. Andere ſetzen das Datum der Schwediſchen Koͤnigl. Regierung erſt in das Jahr 1292. und in die Perſon des Koͤniges Bir - geri II. Weil aber Schweden mit Daͤnemarck vielmahls verknuͤpffet, wiederumb von einan - der abgeſondeꝛt, abeꝛmahl zuſam̃en unter einem Haupte conjungiret, und wieder ſepariret worden, welches beydes zum letzten mahl unter Chriſtiano I. geſchehen, welchen man 1463. des Schwediſchen Reiches entſetzet, und Carl Cnutſon an ſeine Stelle zum Koͤnige in Schweden gewehlet; (nach deſſen Zeiten es auch ein ſeparirtes Koͤnigreich von Daͤnne - marck geblieben) ſo hat man den ſicherſten Pe - riodum der Succesſion der Schwediſchen Koͤnige erſt in dieſe Zeiten rangiret. Wie - wohl diejenigen, welche am alleraccurateſten gehen wollen, die juſtam ſeriem der Koͤnige in Schweden, in ſo fern ſie ein von Daͤnne -marck21Hoff-Ceremoniel. marck ſepariretes Reich und Regierung er - richtet, erſt in der Perſon Guſtavi I. oder in den Periodum derer von Vaſa, und alſo in das Jahr 1523. lociren.
  • 6. Daͤnnemarck iſt wohl unſtreitig ein Reich, in welchem ſchon geraume Zeit fuͤr Chriſti Ge - burth Koͤnige geherrſchet haben, derer Nah - men und Thaten aber ſehr ungewiß, und dem - nach hieher wohl nicht mehr dienlich und gehoͤ - rig feyn wird, als die Periodos derſelben, derer zehen, anzufuͤhren
      • 1. Fuͤr Chriſti Geburth
        • 1. Der Daͤhniſche, oder Cimbriſche (ſ. Jutlaͤndiſche)
        • 2. Der Daͤhniſch-Schwediſche, welcher im 3200tem Jahre der Welt angefangen, in welchem ein Koͤnig Nahmens Frotho III. zu des Kaͤyſers Auguſti Zeiten und der Geburth Chriſti gelebet, welcher ein maͤch - tiger Herr geweſen ſeyn ſoll.
      • 2. Nach Chriſti Geburth
    • 3. Der Gothiſche, welcher ſeinen Anfang umb das Jahr 444. nach Chriſti Ge - burth genommen,
    • 4. Der Scaniſche oder Schoniſche,
    • 5. Der Norwegiſche, in welchem Koͤnig Haraldus VI. und ſein Bruder, die erſten Chriſtl. Koͤnige geweſen,
    • 22
    • 6. Der Engliſch-Daͤhniſche, welcher ſich An. 1015. in der Perſon Canuti II. ange - fangen,
    • 7. Der Engliſch-Schwediſche, in welchem Haraldus 1074. der erſte, und Walde - mar der zehende geweſen, von welchem Waldemar die meiſten Chronologiſten und Genealogiſten den Anfang einer ſicheren Genealogie der Koͤnige in Daͤn - nemarck machen.
    • 8. Der Pommerſche, welcher in Erico VIII. A. 1396. ſeinen Anfang genom - men, und nur dieſen eintzigen Koͤnig dar - aus gehabt.
    • 9. Der Baͤyriſche, der A. 1439. in der Per - ſon Chriſtophori ſeinen Anfang bekom - men, und auch mit ihm beſchloſſen worden.
    • 10. Der Oldenburgiſche, und noch biß dato herrſchende. Man ſiehet nun wohl hier - aus, daß, obgleich die Succesſion der Koͤ - nige in Daͤnnemarck ſehr alt, und auch ziemlich richtig, dennoch das Datum ih - res Anfangs, ſo weit man aus ſelbigem einen Beweiß ihrer Prærogativæ ziehen wolte, dennoch erſt in den ſiebenden, oder Engliſch-Schwediſchen Periodum ge - ſetzet wird. Und das umb deſto mehr, weil es nicht an Scribenten fehlet, welche be - richten, daß Waldemarus I. im Jahr 1164. zum Kaͤyſer Friderico I. nach Be -ſan -23Hoff-Ceremoniel. ſancon kommen, und ſich von ihme in - veſtiren laſſen. Andere, und nahmentlich Helmoldus in Hiſt. Sclavon. c. 40. ge - dencken eines Koͤniges Nahmens Petri, welchen gedachter Kaͤyſer Fridericus I. aus einem Hertzoge der Daͤhnen zu einem Koͤnige, und deſſen Reich zu einem Feudo Imperii gemacht, wie dann Otto Friſin - genſis dieſen Friedericum I. deſſen coætaneus er geweſen, und 2. Buͤcher de geſtis Friderici hinterlaſſen, dieſen Kayſer redende alſo anfuͤhret: Hominio (ſ. homagio) ac fidelitate nobis fa - cta, Coronam de manu noſtra Petrus Danorum Rex ſuſcepit.
  • 7. Portugal wird in dem oben allegirten Ce - remoniali Romano den Koͤnigen von Engel - land zwar vorgeſetzet, allein ſonder Zweiffel aus andern Urſachen, als daß es eine mehrere Antiquitaͤt und Succesſion ſeiner Koͤnige ha - be als Engelland; maſſen zur Gnuͤge bekandt, daß biß umb das Jahr Chriſti 1139. in Por - tugal nur Grafen regieret, biß endlich Alphon - ſus I. in gemeldtem Jahre fuͤnff Mauritaniſche Koͤnige erſchluge, und zu deſſen Gedaͤchtnuͤß auch die 5. Schilder in ſein Wapen ſetzete, ſich anbey den Titul eines Koͤniges geben, und ſich in ſelbigem von dem Pabſt Alexandro III. An. 1169. confirmiren ließ, welches ReichB 4noch24Europaͤiſchesnoch dazu A. 1580. nachdem es Philippus II. conqueſtiret, gar ſupprimiret und mit Spa - nien vereiniget worden, und allererſt An. 1640. in der Perſon des Johannis, Hertzogs von Braganza, wieder zu einem von Spanien be - ſonderen Koͤnigreiche poſtliminio gediehen, ſo daß man den Urſprung ſeiner Koͤnige nicht von einem hoͤheren Alter als von gemeldtem Alphonſo I. und dem 1139. Jahre deriviren kan.
  • 8. Ungarn. Deſſen Koͤnige haben in der Paͤbſtl. Capelle die zehende Stelle. Einige wollen, daß Attila der Hunnen Koͤnig, welcher unter dem Nahmen des Flagelli Dei in der Hiſtorie be - kandt, der erſte Monarche uͤber das Koͤnigreich Ungarn geweſen, umb das Jahr Chriſti 401. Allein man weiß, daß noch zu den Zeiten des Kaͤyſers Arnulphi umb das Jahr 887. ſieben Fuͤrſten zu gleicher Zeit, ohne alle De - pendentz von einander, in Ungarn regieret, darunter einer Almus, aus dem Geſchlechte des Attilæ, der vornehmſte oder maͤchtigſte geweſen, welchem Zoltan, Toxus, und endlich Gaiſa ſeine Deſcendenten in der qualité der Fuͤrſten gefolget. Und dieſer letz - tere ſoll An. 979. der erſte Koͤnig geweſen ſeyn, wiewohl es ſicherer, daß man deſſen Sohn Stephanum den Heiligen, erſt dafuͤr annehme. Von den Zeiten dieſes Stephani an, (oder viel -mehr25Hoff-Ceremoniel. mehr des fuͤnfften Koͤniges nach ihm, des An - dreæ, welcher ein Deſcendent des Gaiſa war) haben dieſe vom Attila herruͤhrende Koͤnige biß auf Andream III. durch drittehalb Secula, biß A. 1301. in beſtaͤndiger ſerie regieret. Welcher Geſtalt ſich hernach die Ungarn aus allerhand hohen Fuͤrſtl. ja Kaͤyſerlichen Fami - lien Koͤnige gewehlet, iſt hier zu erzehlen nicht noͤthig, ſondern nur bloß noch zu erwehnen, daß nach dem Koͤnig Ludovicus der andere ſein Leben An. 1526. bey Mohats in dem Kriege wieder die Tuͤrcken einbuͤſſete, Ferdi - nandus I. der des Ludovici Schweſter An - nam zur Gemahlin hatte, A. 1527. zum Koͤni - ge in Ungarn erwehlet worden, welcher auf ſei - ne Allerdurchl. Nachkommen die Ertz-Hertzoge von Oeſte[rr]eich dieſes Koͤnigreich gebracht hat. Weil nun von deſſen Zeiten an die Koͤnige in Ungarn auch zugleich immer Roͤm. Deut - ſche Kayſer geweſen, ſo iſt die Dignitaͤt und Prærogative der Ungariſchen Koͤnige von Niemanden leichtlich angefochten worden, auſſer von Franckreich, wovon unten etwas mehreres gemeldet werden ſoll.
  • 9. Boͤhmen hat in dem oben angefuͤhrten Paͤbſtl. Ceremoniel die 13. Stelle, und ſte - het dennoch erſt in der vierdten Staffel unter den Ungariſchen Koͤnigen, wie es dann auch heut zu Tage in dem Titul Kaͤyſerl. MajeſtaͤtB 5wel -26Europaͤiſcheswelche zugleich Koͤnig uͤber Ungarn und Boͤh - men ſind, Ungarn nachgeſetzet wird. Das Alterthum dieſes Koͤnigreichs (denn Fuͤrſten hat es von An. Chriſti 550. und von dem Ze - cho an biß 1086. zwey und zwantzig gegeben) deriviret man von den Zeiten Wratislai I. welchen Kaͤyſer Henricus der IV. zu Mayntz zu einem Koͤnige erklaͤrete, umb das Jahr Chri - ſti 1086. weil Wratislaus dem Henrico wieder Rudolphum Hertzog in Schwaben treulich beygeſtanden, allein die auf ihn folgen - den Regenten in Boͤhmen, haben dieſen Koͤ - nigl. Titul wieder negligiret, und ſind mit dem Hertzoglichen ungefaͤhr 60. Jahr vergnuͤget geweſen, in Meinung wie Æneas Sylvius er - zehlet, cap. 24. quod regni decus homini non provinciæ datum fuiſſet, biß daß Kaͤy - ſer Fridericus Barbaroſſa abermahl den Ula - dislaum III. (andere neñen ihn 2dum) den En - ckel des Wratislai I. zu einem Koͤnige in Boͤhmen auf dem Reichs-Convent zu Regen - ſpurg A. 1159. renunciret, und ihm den ro - then Loͤwen mit dem geſpaltenen Schweiff in einem ſilbernen oder weiſſen Felde in ſein Koͤ - nigl. Wapen zuerkennet. Aber auch des Uladislai 2di oder 3tii Nachfolger unter - lieſſen ſich des Koͤniglichen Tituls zu gebrau - chen, biß An. 1199. Kaͤyſer Philippus zum dritten mahl, dem Premislao die KoͤniglicheWuͤr -27Hoff-Ceremoniel. Wuͤrde renovirete und conferirete, und ihme der Nahme Ottocarus gegeben wurde, von welcher Zeit an auch die herrſchenden in Boͤhmen Koͤnige geblieben, und alſo die Deri - vation Koͤniglicher Wuͤrde und Hoheit zum kuͤrtzeſten von dieſem Premislao anzufangen waͤre. Auſſer dieſem allen iſt mehr als zur Gnuͤge bekandt, daß das Koͤnigreich Boͤhmen
    • 1. Ein feudum Imperii, und obgleich dieſer Koͤnig ratione der Infeudation mit treffli - chen Privilegiis verſehen, ſo iſt er doch eini - ger maßen dem Kayſer und dem Reich vin - culiret, ſo daß er certo reſpectu den Kayſer pro ſuperiori zu erkennen hat, welches viel - leicht eine Urſache gegeben haben mag, daß man ihme den Rang nicht hoͤher geſetzet.
    • 2. Dem Roͤm. Kayſer erblich gehoͤre, und des - wegen, gleichwie in regard der Koͤnige in Un - garn, aller Streit wegen der Præcedentz bey einem Koͤnige in Boͤhmen, als Koͤnige, nicht aber als Churfuͤrſt, gegen andere Sou - verains cesſiret, weil es von den Zeiten Ferdinandi I. und alſo von dem 1527. Jah - re an gar unnoͤthig geweſen, von einem Koͤ - nige von Boͤhmen, eigene Geſandten, die Kaͤy - ſerl. Wahl ausgenommen, wohin zu ſenden, ſondern die groſſe Majeſtaͤt eines Kaͤyſers, hat die Koͤnigl. Boͤhmiſche Wuͤrde allemahl zugleich mit ſouteniret, und Gott gebe, daß esauch,28Europaͤiſchesauch ſo biß an der Welt Ende, wie es noch zu unſern Zeiten iſt, verbleibe.
  • 10. Pohlen hat in der Paͤbſtl. Capelle die letz - te oder vierdte Stelle. Das Alterthumb dieſes Koͤnigreichs wird, wenn man ſelbiges auf das weiteſte hinaus rechnet, nicht eher als von den Zeiten und der Regierung Boleslai Chrobry, welchem der Kayſer Otto III. An. 999. zur Danckbarkeit fuͤr das gute Tractament, ſo ihme Boleslaus auf ſeiner Wallfarth nach dem Grabe des Biſchoffes Adalberti in Gneeſen erwieſen, den Koͤnigl. Titul verehret. Hieraus wollen einige ſchlieſſen, daß Pohlen damahlen dem Roͤm. Reich tributair geweſen, zu mah - len Otto III. dem neuen Koͤnige Boleslao al - les ſein Recht nachgelaſſen, ſo die Kayſer vor - hin auf Pohlen prætendiret. Denn fuͤr den Zeiten Boleslai regiereten dieſes Land Hertzo - ge (manchmahl auch Weywoden) darunter Lechus An. 550. der erſte geweſen. Es ha - ben aber dieſen von Ottone dem Boleslao conferirten Koͤnigl. Titul nicht mehr als drey Koͤnige nach einander, nemlich
      • 1. Boleslaus I.
      • 2. Mieceslaus II.
      • 3. Caſimirus I.
      etwan 60. Jahr lang biß An. 1058. gebrauchet.
    Denn als Boleslaus II. oder Audax den Bi - ſchoff zu Cracau Stanislaum fuͤr dem Altar nieder gehauen, und darauf von PabſtGre -29Hoff-Ceremoniel. Gregorio VII. in den Bann gethan, end - lich unſinnig und ſein eigener Moͤrder ge - worden, ſo gelangete deſſen Bruder Uladis - laus I. zum Regiment, welcher aber aus Furcht fuͤr den Pabſt ſich einen Koͤnig zu nennen nicht getrauete, ſo daß dieſer Titul und Dignitaͤt in Pohlen gantzer 290. Jahr, nemlich biß auf das Jahr A. 1370. non uſu verloſchen, und das Reich und Republic von Fuͤrſten gouverniret worden, biß end - lich Ludovicus Koͤnig in Ungarn, A. 1370. auch zum Koͤnige in Pohlen geweh - let ward. Denn obgleich Premislaus An. 1295. ſchon wieder den Titul eines Koͤni - ges annahm, ſo ließ ihn doch ſein Succeſſor Uladislaus III. wieder fahren, und nahm mit den Titul eines Erben von Pohlen vor - lieb. Wiewohl man auch in faveur der Cron Pohlen ſtatuiren koͤnte, daß der Ti - tul und Wuͤrde eines Koͤniges in Pohlen in der Perſon Premislai An. 1295. poſt - liminio reſtituiret worden, welches alſo das eigentliche Datum des Alterthums der Koͤnige in Pohlen ſeyn koͤnte.
  • 11. Moſcau hat wieder in der Paͤbſtlichen Ca - pelle keinen asſignirten Ort, weil er kein Glied der Lateiniſchen Kirche, deſſen Haupt der Pabſt, ſondern Griechiſcher Religion von An - fang zugethan, und zugleich das Hauptder -30Europaͤiſchesderſelben iſt. Sonſten machen die Hiſtorici gemeinlich den Anfang dieſes Reiches von dem Ruſſo, welcher ein Bruder des Zechi und Lechi, derer jener Boͤhmen, dieſer Pohlen fundiret haben ſoll, geweſen, und ſetzen ihn in das Jahr Chriſti A. 500. Man findet aber hie - von, wie auch wie viel Fuͤrſten, und unter was fuͤr einem Titul ſie dieſes Land regieret, ſchlechte Nachricht, biß gegen das Jahr Chriſti 989. da der Fuͤrſt Volodimer regieret. Dieſer hin - terließ aber 12. Kinder, unter welche das Reich zertheilet wurde, und weil ihre Macht dadurch ſehr geſchwaͤchet, ſie auch unter einander unei - nig waren, geriethen ihre Nachkommen nicht allein mit den Liefflaͤndiſchen Creutz-Herren in ſchwere Kriege, ſondern es fielen auch An. 1224. die Tartarn in das Land, und wurde von derer Koͤnig Batto der Ruſſen Fuͤrſt Ge - orge A. 1237. erſchlagen, und die Rußiſchen Fuͤrſten von den Tartarn dependent und ihnen tributar, in welchem elenden Zuſtande dieſes Reich auch biß zu den Zeiten Juan ſ. Jo - han Baſilovvitz, welcher A. 1450. zur Regie - rung kommen, geblieben, und alſo 2. Secula und druͤber unter der Tartarn Joch geſtanden. Aber dieſer Johannes Baſilovvitz (ein Sohn des blinden Baſilii) brachte nicht allein die klei - nen Fuͤrſten in Rußland, unter welche das Reich vertheilet war, unter ſich, ſondern ver -jag -31Hoff-Ceremoniel. jagte auch die Tartarn, von welchen bißhero die Rußiſchen Fuͤrſten hatten die Lehn nehmen muͤſſen, und etablirete nicht nur den Grund einer Monarchie, ſondern auch den Ti - tul eines Groß-Fuͤrſten von Moſcau, und ſtarb A. 1492. Jhm ſuccedirte Baſilius, welcher A. 1533. ſtarb, weil er aber Smolenſco, Siberien und viel andere Plaͤtze erobert, und das Moſcowitiſche Reich biß an den Fluß Oby und Nova Zembla erweitert, hat er ſich den Titul eines Czares, beylegen laſſen, da zu - vor die Moſcowitiſchen Regenten nur mit dem Titul Welikikneſa, oder Groß-Fuͤrſt zu - frieden geweſen. Ja es haben dieſe Groß - Fuͤrſten, oder ſo genennte Czaars, nachdem ſonderlich der Johannes Baſilides die Tarta - riſche Koͤnigreiche Caſan und Aſtracan ero - bert, und ſein Reich biß an das Caſpiſche Meer und Perſien erweitert, ſich den Titul eines Kayſers oder Imperatoris arrogiret, und da - durch andern Europaͤiſchen Potentaten vor - gezogen werden wollen. Weil nun alhier das eigentliche Abſehen einigen Unterricht von der Prærogativa der Souverains zu geben, ſo wird der Muͤhe werth ſeyn, die Krafft und Be - deutung des Wortes Czaar in etwas, wie es grammaticaliter und auch politice genom̃en wird, zu unterſuchen. Verba n. indicant rem. Nachdem, wie allbereits gemeldet worden, derGroß -32EuropaͤiſchesGroß-Fuͤꝛſt Baſilius ſich den Titul eines Czaars beylegen laſſen, ſo haben die Gelehrten unter - ſuchet, was man wohl unter dieſem Wort ver - ſtehen koͤnne. Einige deriviren es von dem Ebraͤiſchen Worte Zarah, welches 1. Moſ. 37, 25. und Jerem. 51, 8 gefunden wird, und auf deutſch einen Geſalbten bedeutet, maſſen denn bekandt, daß der Czaar, gleich wie andere Ma - jeſtaͤten, gekroͤnet und geſalbet wird. Jn der Rutheniſchen und Sclavoniſchen Sprache und Bibel, hat das Wort Czaar keine andere Bedeutung als Koͤnig, denn man findet in ſel - biger v. gr. Czaar Salomon, Czaar David, Czaar Herodes, ꝛc. und irren demnach dieje - nigen, welche ſtatuiren, daß Czaar ſo viel als Kayſer bedeute, maſſen der Herr Baron von Herberſtein de Rebus Moſcovvit. p. 12. ausdruͤcklich meldet; Quod in omnibus eo - rum (ſc. Ruſſorum) hiſtoriis atque Sacra Scriptura, ubique Regis nomen nomine Czaar, Cæſaris vero nomen nomine Keſ - ſar exprimatur. Es ſcheinet auch, daß die Moſcowitiſchen Regenten zu einigen Zeiten, das Wort und den Titul Czaar durch nichts anders und mehreres als Koͤnig erleutern wol - len, indem ja bekandt, daß der Czaar Fedor oder Theodorus, von Pabſt Clemente dem VIII. An. 1593. den Titul eines Koͤniges, nicht aber eines Kaͤyſers gebeten, welchenihme33Hoff-Ceremoniel. ihme auch der Pabſt zu geben verſprochen, im fall er die Griechiſche Religion verlaſſen, und ſich zu der Catholiſchen bekennen wolle. Jn - zwiſchen aber ſo prætendirten doch ſowohl in vorigen als itzigen Zeiten die Beherrſcher des Moſcowitiſchen Reichs, daß das Wort Czaar mehr gelte als Koͤnig, und dem Worte Cæſar oder Imperator gleichmaͤßig ſey, und man ſie als Kaͤyſer und Imperatores tractiren ſolle; wie man denn bey dem Thuano ad An. 1607. angemercket findet, daß Johannes Baſilides Tyrannus, von den Pohlen keine Geſchencke und Briefe annehmen wollen, weil in den letz - teren der Titul Imperatoris und Monarche nicht befindlich war. Hingegen aber pflegen die Ruſſen zu weilen nicht nur dem Roͤmiſchen Kayſer, ſondern auch dem Pabſt, Koͤnige in Schweden und Daͤnnemarck den Titul - ſaris oder Imperatoris zu ertheilen. Man kan alſo daraus leichte muthmaſſen, daß die Moſcowitiſchen Regenten die Qualitaͤt der Kayſer und Imperatorum affectiret, nach - dem ſie nicht allein dieſem offt gedachten Wor - te Czaar die Bedeutung Cæſaris zuerkennet, ſondern auch, gleich dem Roͤmiſchen Kayſer einen zweykoͤpffigen gelben Adler, welcher doch bloß und alleine das beſondere Inſigne Ro - mani Imperii iſt, zu ihrem Wapen erkieſet: und ſich noch darzu den Titul Samoderſchetz,Cwel -34Europaͤiſcheswelches in ſeinem eigentlichen Verſtande ſo viel als αύ / οϰράτωρ, ipſe Dominans, Impe - rator, Selbſtherrſcher, Selbſtregierer, nicht aber, wie man es im deutſchen Titul des Czaars ſo viel als Selbſterhalter uͤberſetzet, bedeutet. Der Pabſt nun weigert biß dato dem Czaar den Titul eines Kayſers zu geben, dannenhero auch vor einigen Jahren die Moſ - cowitiſchen Geſandten, weil ſie von dem Ti - tul eines Kayſers fuͤr ihren Czaar nicht abſtehen wolten, zu Rom keine Audientz erlangen kun - ten. Der Roͤmiſche und Tuͤrckiſche Kayſer geben ihme auch nicht den Kayſerlichen Titul, weil ſie zwey allein ſelbigen zu fuͤhren berechti - get. Jn dem Weſtphaͤliſchen Frieden, in welchen der Czaar mit eingeſchloſſen wurde, nenneten ihn die Schweden nur Magnum Ducem Moſcovviæ, vid. Art. 17. §. 11. Inſtrum. Pac. woruͤber ſich zwar der Czaar ge - gen Schweden beſchwerete, aber zur Antwort bekam: es waͤre ſeiner nur zufaͤlliger Weiſe in dieſem Frieden gedacht worden. Die Poh - len geben ihm, krafft eines zwiſchen Pohlen und Moſcau aufgerichteten Vergleiches, den Titul Majeſtaͤt. Der Koͤnig in Franckreich aber iſt der Complaiſanteſte, maſſen er ſchon An. 1654. dem Czaar in einem Briefe, welchen er an ihn geſchrieben, folgenden Titul gegeben: Autres haut & tres magnanime Prince, leGrand35Hoff-Ceremoniel. Grand Seigneur, Empereur de Rusſie & Moſcovvie. Jhro Roͤm. Kayſerl. Maje - ſtaͤt haben auch bey der letzten Moſcowitiſchen Ambaſſade nach Wien zugeſtanden, daß dem Czaar der Titul Jhrer Majeſtaͤt von denen Kayſerl. Miniſtris, auch andern Perſonen, ſo gar ſelbſt in Gegenwart ſeiner Kaͤyſerl. Ma - jeſtaͤt, und in denen an die Geſandten geliefer - ten Decretis und Schrifften gegeben werde; allein in denen Schrifften, welche der Kayſer ſelbſten von ſich ſtellet, hat man den Titul Ma - jeſtaͤt dem Czaar noch nicht ertheilet. Welches aber doch nicht hindert, daß der Czaar nicht an ſich ſelbſten eine Majeſtaͤt ſey; denn dieſe hat er nicht nur in optima forma, ſondern auch ab - ſolutisſime und in ſummo gradu; allein der Kayſerl. Stylus Curiæ iſt ſo beſchaffen, daß man einigen Europaͤiſchen Koͤnigen nicht den Titul Majeſtaͤt, ſondern nur Koͤnigliche Wuͤr - de, beyleget. Ob aber offt erwehnter Czaar fuͤr einen Kaͤyſer und Imperator pasſiren und gehalten werden muͤſſe, iſt meines Erachtens noch keine ausgemachte Sache.
  • 12. Der Tuͤrckiſche Kayſer welcher auch Groß - Sultan geneñet wird. Denn ſchlecht weg wer - den auch andere auſſer Europa, und zwar von dem Tuͤrcken dependirende Fuͤrſten, Sul - tans genennet, v. gr. der Sultan in Egypten, zu Tripolis. Den gantzen Anfang des Tuͤrcki -C 2ſchen36Europaͤiſchesſchen Reichs zu erzehlen, iſt hieher nichtgehoͤrig, ſondern nur dieſes noͤthig, daß man davon ſo viel, als zu der Behauptung der Prærogativæ dienlich ſeyn kan, beybringe. Es iſt bekandt, welcher geſtalt der Tuͤrckiſche Sultan Maho - met der II. An. 1453. zu den Zeiten des Oc - cidentaliſchen Kaͤyſers Friderici III. die Re - ſidentz der Orientaliſchen Kayſer Conſtan - tinopel eingenommen, und den Conſtanti - num Palæologum erſchlagen, darauf dieſer Mahomet II. und ſeine Succeſſores immer getrachtet, ſich in die Poſſeſſion und Anſehen eines Kayſers zu bringen, welches ihnen auch endlich gelungen, indem Kayſer Rudolphus II. mit dem Tuͤrckiſchen Sultan Achmet I. An. 1606. einen Vergleich getroffen, daß wenn die Geſandten des Rudolphi mit des Achmets ſeinen wuͤrden zuſammen kommen, dieſe den Kaͤyſer Rudolphum Vater, jene den Achmet Sohn nennen, in dem Credential - und andern Schreiben aber, ſo eine und die an - dere Parthey mitbringen und auswechſeln wuͤrden, beyde, nemlich Rudolphus und Achmet den Titul eines Imperatoris genieſ - ſen ſolten. Von dieſem Jahre nun und Ver - trag an zurechnen, hat es in Europa wiede - rumb zwey Kayſer gegeben, den Occidentali - ſchen und Orientaliſchen, ſo daß es keinen Zweiffel giebet, es muͤſſe der Tuͤrcke die erſteStel -37Hoff-Ceremoniel. Stelle nach dem Roͤm. Deutſchen Kayſer ein - nehmen. Alles was nun bißhero zu Behaup - tung der Prærogativæ aus dem Alterthum der Monarchien angefuͤhret, und irgends ge - wieſen worden, in welchen Zeiten man das Da - tum eines und des andern Koͤnigreiches ſetzen koͤnne, hat nicht die Meynung, daß man eines dem andern vorziehen, ſondern dem Leſer zu urtheilen uͤberlaſſen wolle, welcher unter allen wohl den feſteſten Grund und Beweiß ſeines Alters haben koͤnne.

§. 2.

Aus den Alterthum des Chriſten - thumbs. Denn gleichwie der Nahme eines Chri - ſten einem jeden Menſchen, ſonderlich aber de - nen Souverains, der hoͤchſte und liebſte ſeyn muß; alſo hat man ſonderlich die Bekehrung zum Chriſtenthum, und die davon dependirende Præcedentz in denen Conciliis, in welchen viel Potentaten und derer Geſandten erſchienen, alle - giret, dergleichen ſonderlich in dem Baſiliſchen, wie Æneas Sylvius lib. 11. de geſtis Concil. Baſil. fol. 50. erzehlet, und auch in dem Triden - tiniſchen, nach Bericht des Petri Svavis Hiſt. Concil. Trident. lib. 8. geſchehen, in welchem letztern ſich der Frantzoͤſiſche Geſandte ſehr be - ſchweret, daß man ſeinem Principal, als Primo - genito Eccleſiæ, nicht den Rang fuͤr Spanien einraͤumen wollen. Weil nun dieſes Argu - ment, welches man aus dem Alter des Chriſten -C 3thums38Europaͤiſchesthums hohlet, etwas zu Behauptung der Præro - gativæ gelten ſoll, ſo iſt hier zu zeigen unentbehr - lich, zu welcher Zeit ein oder der andere Potentate und Koͤnigreich den Chriſtlichen Glauben ange - nommen.

  • 1. Unter den Kayſern wird insgemein Conſtan - tinus M. fuͤr den erſten Chriſtlichen Kayſer gehalten, welcher etwan umb das Jahr Chriſti 316. zu regieren angefangen. Man findet aber in dem Euſebio c. 11. & 12. daß ſchon ſein Vater Conſtantinus Chlorus, welcher auch Roͤm. Kayſer war, das Chriſtenthum angenommen. Seine Mutter Helena, des Koͤniges Celi in Engelland Tochter, ſoll nach erſt gemeldten Euſebii Bericht, durch ein Ge - ſichte erinnert worden ſeyn, nach Jeruſalem zu reiſen, und daſelbſt den Ort des Leidens nnd Auferſtehung JEſu Chriſti zu betrachten: welches ſie auch gethan, und daſelbſt das Creutz Chriſti ſampt den Naͤgeln, mit welchen der Heyland an daſſelbige gehefftet geweſen, gefunden. Dieſe letztern hat ſie ihrem Sohne mit zuruͤcke gebracht, der aus ſelbigen Pferde - Gebiſſe und Zaͤune, wie auch eine Stuꝛm-Hau - be oder Helm, ſich deſſen im Kriege zu gebrau - chen, verfertigen laſſen. Dannenhero auch der heil. Ambroſius in dem Sermon, welchen er auf den Todt des Conſtantini M. gehalten, die Worte, welche bey dem Propheten Zacha -ria39Hoff-Ceremoniel. ria c. 14. v. 20. gefunden werden, und alſo lau - ren: Zu der Zeit wird die Ruͤſtung der Roſſe dem HErren heilig ſeyn, allego - riſch auf ihn gedeutet. Welcher Geſtalt ih - me hernach bey hellem und heiterem Himmel, als er gegen Maxentium in den Streit zoge, ein Creutze mit Griechiſchen Buchſtaben, die im Latein in hoc vinces bedeuten, erſchie - nen, wie er die Bibel ſich allezeit vortragen laſſen, viele Kirchen erbauet, it. das Concili - um zu Nicea An. 325. verſammlet, und aller - hand actus Chriſtianiſmi erwieſen, iſt hier anzufuͤhren gar nicht, das aber hingegen zu mel - den ſehr noͤthig, daß Conſtantinus Magnus zwar als ein Chriſt gelebet, und was ein Chriſt glauben ſoll, geglaubet, aber anbey doch ein ungetauffter Chriſt geweſen. Denn weil er ſich vorgenommen hatte, die Tauffe gleichwie Chriſtus, in dem Jordan zu empfangen, zu welchem Waſſer er aber ſo bald nicht gelangen kunte, fiel er endlich in der Stadt Ni - comedia in eine Kranckheit, und als er mer - ckete daß er davon nicht geneſen wuͤrde, ließ er ſich kurtz vor ſeinem Todte von dem alldortigen Biſchoff Euſebio tauffen An. 337. Dan - nenhero einige an dem rechten Chriſtenthumb dieſes Kayſers zweifeln, und das Datum Chriſtianiſmi nicht in ſeine Perſon und Fa - milie ſetzen wollen, zumahlen da Julianus,C 4wel -40Europaͤiſcheswelcher ein Sohn des Bruders Conſtantini Magni war, den Chriſtlichen Glauben wiede - rumb ſo ſchaͤndlich verlaſſen, und das Heyden - thum angenommen. Wenn man nun gleich den Anfang des Chriſtenthums allererſt von der Zeit, da Jovianus (des Juliani Succeſſor) An. 363. regieret, rechnen wolte, weil er und die auf ihn folgende Kayſer immer Chriſtlich geweſen, ſo verliehrten die Kayſer in ihrer Prærogativa deswegen doch nichts, weil ſie doch fuͤr allen andern Potentaten die erſten bleiben, welche ſich zum Chriſtenthum be - kehret.
  • 2. Franckreich iſt durch folgende Gelegenheit zum Chriſtenthum bekehret worden: Weil ſich Clodovæus der Frantzoſen Koͤnig in Clo - tildem des Chilperici Koͤniges in Burgun - dien Tochter verliebet, und ſie ihm die Ehe mit dem Bedinge verſprochen, daß er ſolle ein Chriſt werden; ſo hat er es zwar zugeſa - get, aber zu vollziehen lange aufgeſchoben, biß endlich die Allemannier, die ehmahlen aus Franckreich uͤber den Rhein gegangen waren, und deutſche Sitten angenommen hatten, ihr altes Recht auf Franckreich wieder ſucheten, und ſelbiges mit Krieg uͤberzogen. Als nun Clodovæus dieſen Leuten bey dem Orte Juͤ - lich (andere ſagen Tolbiack) unfern dem Rhein begegnete, und eine Schlacht lieferte,fin -41Hoff-Ceremoniel. fingen die Frantzoſen allbereits an zu weichen; da er aber der Clotildis Gott anrieff, und das Geloͤbnuͤß thate, im fall ihm dieſer Gott den Sieg geben wuͤrde, ein Chriſt zu werden: hat er nicht nur den Sieg erlanget, ſondern auch GOtt ſein Verſprechen gehalten. Daher ließ er ſich An. 496. zu Rheims von dem heili - gen Remigio tauffen, wobey nicht nur eine Taube, oder wie andere wollen, ein Engel das heilige Oehl, oder die ſo genannte Ampullam Rhemenſem, ſoll von Himmel gebracht; ſondern auch die Koͤnige wegen ſelbiger den Titul Primogenitorum Eccleſiæ filiorum, und Chriſtianiſſimorum erworben haben. Es haͤtten ſich aber dieſe Titul weit beſſer fuͤr die Roͤmiſchen Kayſer geſchickt, maſſen ſelbige, von Conſtantino M. anzurechnen, gantzer an - derthalb Secula eher Chriſten worden, als die Koͤnige in Franckreich, und alſo nothwendig Primogeniti Eccleſiæ, oder die Erſtgebohr - nen der Kirchen ſeyn muͤſſen.
  • 3. Spanien hat ſonder Zweifel ein ſehr altes Datum des Chriſtenthums, allein es will ſchwer, ja faſt unmoͤglich fallen, denjenigen Koͤ - nig mit Nahmen zu nennen, welcher den Chriſtlichen Glauben am allererſten angenom - men, und hernach ſelbigen in Spanien einge - fuͤhret: zumahlen da die Scriptores hierinnen einander ſo entgegen, und die alten Zeiten ſoC 5ver -42Europaͤiſchesverwirret ſeyn. Es erzehlet zwar Johannes Va - ſæus in ſeinem Chronico rerum Hiſpanica - rum, die Biſchoͤffe und Praͤlaten, welche ſchon zu und bald nach der Apoſtel Zeiten den Chriſt - lichen Glauben in Spanien fortgepflantzet; allein es iſt auch zugleich bekandt, daß der Ari - aniſmus damahlen dermaſſen ſtarck in Spa - nien eingeniſtelt war, daß man die Orthodo - xiam fidei nicht empor kommen ließ, ſo gar das der Gothiſche Koͤnig Leogildus ſeinen Sohn Hermagid, bloß weil er den Catholi - ſchen Glauben angenommen, und den Ari - aniſmum verlaſſen hatte, etwan umb das Jahr Chriſti 572. toͤdten ließ. Recaredo aber, der zweyte Sohn des Leogildi, welcher An. 586. zur Regierung kam, hat ſich zu dem reinen Catholiſchen Glauben bekennet, und ſeine Unterthanen auch von dem Arianiſchen Jrrthum gerettet, dannenhero er auch Catho - licus & Orthodoxus genennet worden, und fuͤr den erſten recht Chriſtlichen Gothiſch-Spa - niſchen Koͤnig zu achten iſt. Allein die unter Roderico An. 713. angefangene Conque - ſten der Mauren in Spanien, welche die - ſes Land uͤberſchemmeten, hat dem Chriſten - thum gar wenig Platz darinnen verſtattet, biß Pelagius, der aus den Stamm und Ge - bluͤthe der Gothiſchen Koͤnige entſproſſen war, nachdem ſie ihn An. 726. zu einem Koͤnigeauf -43Hoff-Ceremoniel. aufgeworffen, den Mauren wieder in etwas geſteuret, deſſen Nachfolger auch als Chriſtl. Koͤnige dieſen Unglaͤubigen einigen Abbruch gethan, und das Chriſtenthumb wieder in die Hoͤhe gebracht. Jedoch ſind die Mauren nicht eher aus Spanien exſtirpiret worden, biß zu den Zeiten Ferdinandi Catholici.
  • 4. Engelland ſtrecket den Anfang ſeines Chri - ſtenthums gewaltig weit hinaus, indem die Engliſchen Hiſtorici darzuthun trachten, daß Joſeph von Arimathia ſolle den Chriſtli - chen Glauben daſelbſt zu erſt, und zugleich eine Art von Hag-Dorn gepflantzet haben, welcher des Jahres zweymahl, nemlich im May, und Weynachten umb Glaſterburg, allwo dieſer Joſephus geſtorben und begraben ſeyn ſoll, gebluͤhet, welcher aber zu den Zeiten Crom - vvels ausgerottet worden; Sie ſagen auch, daß Simon Zelotes, und Ariſtobulus, deſſen letztern Paulus Epiſt. ad Rom. cap. 16. v. 10. gedencket, die erſten Biſchoͤffe in Engelland geweſen, ja Petrus und Paulus ſelbſt alldort ſollen geprediget haben. Sonſt ſtatuiren ſie, daß Koͤnig Lucius der erſte Chriſtliche Kaͤyſer geweſen, welcher An. 180. von zweyen Prie - ſtern, Fugace und Damiano, welche der Pabſt Eleutherius dahin geſendet, getauffet wor - den, daß er Biſchoͤffe eingeſetzet, Kloͤſter und Schulen geſtifftet, und Muͤntzen praͤgen laſſen,auf44Europaͤiſchesauf welchen ein Creutz zu ſehen geweſen. Und ob auch gleich in folgenden Zeiten, und ſonder - lich bey Regierung Diocletiani, die Verfol - gung der Chriſten biß in Engelland gedrungen, und Albanus ihr erſter Martyr worden, auch Emerita des Koͤniges Schweſter umb des Chriſtlichen Glaubens willen verbrennet, und 11000. Jungfrauen verjaget worden; ſo hat ſich doch die Chriſtliche Religion ſonderlich da - ſelbſt gegen gemeldte perſecutiones erhalten, ſo daß der heilige Bernhardus von dieſem Koͤ - nigreiche geruͤhmet, daß es omnium totius Europæ Monaſteriorum parens & altrix ſey, und Hovvel de Præced. Part. 1. Sect. 2. p. 11. erweiſet, daß Engelland in vielen Paͤbſtl. Schreiben Primogenita Eccleſiæ genennet worden. Als auch nachgehends das Chri - ſtenthum in Engelland wiederum zu fallen be - gonnen, habe der Pabſt Gregorius Magnus zwey, einen des Nahmens Auguſtini, den an - dern Melili, nebſt einigen Benedictiner Moͤn - chen dahin geſendet, welche Chriſtum auf das neue verkuͤndiget, und Ethelbertum der Sachſen Koͤnig im Jahr 506. zum Chriſtli - chen Glauben bekehret.
  • 5. Schweden iſt mit gar ſchweren Umbſtaͤnden und unter folgenden Koͤnigen zum Chriſtlichen Glauben gediehen. Anno Chriſti 829. wurde von dem Kayſer Ludovico Pio, Ansgarius,ein45Hoff-Ceremoniel. ein Muͤnch aus dem Kloſter Corvey, der nach - gehends auch Biſchoff zu Bremen worden, an den Koͤnig in Schweden Biorn geſendet, ihn zum Chriſtlichen Glauben zu bekehren, welchem aber gemeldter Koͤnig ſchlechtes Ge - hoͤr gab, ſondern wolte viel lieber ſeines Rei - ches, wie auch hernach geſchahe, verluſtig, als ein Chriſt werden. Deſſen Nachfolger Amund ſtellete eine groſſe Verfolgung wie - der die Chriſten an, in welcher Hilardus ein Prieſter jaͤmmerlich ermartert wurde. Nach dieſem Amund wurde Olaus I. Koͤnig, zu wel - chem beſagter Anſgarius umb das Jahr 853. wieder kam, und einen neuen Verſuch that, der ihm auch gelunge; maſſen ſich Olaus tauf - fen lieſſe, und viele ſeiner Unterthanen ſeinem Exempel folgeten; allein es bekam ihm der neue Glaube weltlicher Weiſe gar uͤbel. Denn als eine groſſe Theurung in Schweden einfiel, und die noch Heydniſchen Schweden davor hielten, ſelbige wuͤrde nachlaſſen, wenn man den Goͤttern zu Upſal opfferte. Olaus aber es ihnen durchaus nicht verſtatten wolte, wur - de ihm die Schuld des Mißwachſes und Theu - rung beyge meſſen, deswegen von dem Vol - cke ſelbſt den Goͤtzen aufgeopffert, und zu ei - nem Maͤrtyrer gemachet. Jhm folgete ſein aͤlteſter Sohn Ingo, und nach ihm Ericus, welcher der Zauberey ſehr ergeben war, undſon -46Europaͤiſchesſonderlich einen Hut trug, mit welchem er die Winde drehen kunte wie er wolte: ferner Eri - cus Segherſell, und denn ſein Sohn Ericus Stenchil, welcher ſich des Chriſtlichen Glau - bens mit groſſem Eyfer annahm, und von dem Biſchoff zu Hamburg zwey Prieſter, Adel - warth und Stephan nach Schweden, zu den Zeiten Kayſers Ottonis III. beruffete, welche eine groſſe Menge der Heydniſchen Schwe - den tauffeten. Als er aber aus dem Heyden - thum ein Ende zu machen, den Goͤtzen-Tempel zu Upſal zu zerſtoͤren, und bey Lebens Straffe, daß man den Goͤttern nicht mehr opffern ſolte, verbiethen ließ, ſchlugen ihn ſeine Abgoͤttiſche Unterthanen, ſamt oben gemeldten zwey Hamburgiſchen Prieſtern todt, und verbren - neten ſie. Sein Bruder Olaus Scotkonung bliebe gleichwohl der Chriſtlichen Religion affectioniret, und ſendete an den Koͤnig Ethel - red in Engelland, ihn erſuchende, daß er ihme einige Chriſtliche Prediger zuſenden wolle, bekam auch drey Gottsfuͤrchtige Maͤnner, Sig - fried, Eſching, und David von dannen, unter welchen, als ſie ankom̃en waren, Sigfried den Koͤnig Olaum Scotkonnung tauffte, davon man biß dato den Brunnen in Schweden zei - get, bey welchen dieſes geſchehen. Seinem Exempel folgete eine groſſe Menge des Vol - ckes, ſo daß von dieſer Zeit an ſich die Chriſt -liche47Hoff-Ceremoniel. liche Religion durch gantz Schweden ausge - breitet, und auch beſtaͤndig darinnen verblie - ben iſt.
  • 6. Daͤnnemarck rechnets von Haraldo dem VI. an, der aus der Familie der Norwegiſchen Koͤnige der Dritte war, und zu Mayntz durch den Biſchoff von Hamburg Anſgarium (wel - cher auch den Koͤnig Olaum I. in Schweden zum Chriſtenthum bekehret) etwan umb das Jahr Chriſti 814. getauffet worden: wie - wohl auch einige dieſes Lob Erico, des Haral - di Bruder beylegen. Doch Gormo oder Wur - mo hat die Chriſten wiederum hefftig verfol - get, wurde aber etwan umb das Jahr 886. von Kayſer Ottone I. welcher Krieg gegen ihn fuͤhrete, weil die Daͤhnen wieder das Voͤlcker - Recht ſeine Geſandten erſchlagen, uͤberwun - den, und zum Chriſtlichen Glauben gebracht. Sein Sohn Harald der VII. continuirte im Chriſtenthum, aber Haraldi Sohn Svenotto fiel wiederumb ab, und verdraͤngete auch den Vater aus dem Reiche, wurde jedoch von den Wenden gefangen, und nach geſchehener Ranzion, von dem Koͤnig in Schweden Erich dem VII. ins Elend verjaget. Da flohe er zu den Schotten und wurde bey ihnen zum Chriſten - thum angewieſen, daher nach Erichs Tode wie - der auf den Daͤhniſchen Thron erhoben, von dem Biſchoff zu Hamburg Adalgo gegen dasEnde48EuropaͤiſchesEnde des 9. Seculi getauffet, und vom Kaͤyſer Ottone als Pathen aus ſelbiger gehoben, auch ſein Koͤnigreich mit Biſchoffen und Prie - ſtern uͤberall verſehen, und alſo das Chriſten - thum in Daͤnnemarck etabliret.
  • 7. Portugal hat mit Spanien, deſſen es in al - ten Zeiten ein Antheil geweſen, wegen des Chriſtenthums faſt gleiche Beſchaffenheit, denn nachdem Luſitanien, nebſt dem uͤbrigen Spanien unter dem letzten Gothiſchen Koͤnige Roderico in der Mauren Gewalt verfallen, iſt von dem Chriſtenthum in ſelbigem wenig uͤbrig geblieben, biß etwan An. 1089. ein bra - ver Held, Nahmens Henricus von Beſan - con gebuͤrthig, welcher ein Deſcendente des Hugonis Capeti geweſen ſeyn ſoll, zu dem Koͤnige in Caſtilien und Legion Alphonſo kommen, und ihme wieder die Mauren beyge - ſtanden. Dieſem hat Alphonſus zur Danck - barkeit ſeine natuͤrliche Tochter Thereſiam zur Gemahlin, und zum Heuraths Gut dasjenige, was die Chriſten in Portugal den Mauren ab - genommen hatten, gegeben, jedoch mit der condition, daß er ein Vaſall vom Koͤnig - reich Legion ſeyn, und ſein Land unter dem Titul einer Graffſchafft beſitzen ſolle. Die - ſer nun ware zwar fuͤr den erſten Chriſtlichen Regenten, nicht aber fuͤr den erſten Chriſtli - chen Koͤnig in Portugall zu achten, weil aberder49Hoff-Ceremoniel. der Præcedentz-Streit nicht zwiſchen Koͤnigen und Graffen, ſondern zwiſchen Koͤnigen oder Majeſtaͤten ſchwebet, und alſo, wie oben ge - meldet, vor Alphonſo dem erſten Portugiſi - ſchen Koͤnige, und vor dem Jahr 1139. nur Grafen und Fuͤrſten dieſes Reich beherr - ſchet, ſo kan man in regard des Alterthums der Chriſtlichen Religion, dieſen Koͤnigen kein aͤlteres Datum zueigenen.
  • 8. Ungarn ſoll, nach etlicher Meynung, ſchon zu den Zeiten des Ungariſchen Fuͤrſten Zoltan, welcher von dem heiligen Adalberto, etwan umb das Jahr Chriſti 744. getauffet worden, den Anfang zum Chriſtenthum gemacht haben. Andere aber ſetzen denſelben in die Perſon des Gaiſa, und in das Jahr 979. machen auch dieſen zum erſten Koͤnige in Ungaꝛn. Von deſſen Sohne, Stephano dem Heiligen, iſt wohl ge - wiß, daß er von dem Pabſt, oder wie andere behaupten wollen, von dem Kayſer Otto dem III. An. 997. zum erſten Chriſtl. Koͤnige er - klaͤret, und ihme eine guͤldene Crone, nebſt ei - nem doppelten Creutze, welches noch im Unga - riſchen Wapen zu ſehen, zugeſendet worden ſey.
  • 9. Boͤhmen iſt nach Bericht des Ænææ Sylvii cap. 22. p. m. 52. unter dem zehenden ſeiner Hertzoge, welche es regieret haben, nemlich dem Borſivojo, umb das Jahr 995. zu derDZeit50EuropaͤiſchesZeit als der Kayſer Arnolphus in Deutſch - land regieret, von dem heiligen Methodio, Ertz-Biſchoff in Maͤhren zum Chriſtenthum bekehret, und gedachter Fuͤrſt Borſivojus mit ſeiner Gemahlin Ludmilla, welche wegen ih - res heiligen Lebens-Wandels und gethaner Wunderwercke ſehr beruͤhmt iſt, von dem Methodio getauffet worden: Wiewohl Henelius in ſeiner Schleſiſchen Chronica lib. 1. c. 11. p. 32. meldet, daß Boͤhmen ſchon An. 895. und alſo 100. Jahr eher als Æneas Sylvius ſetzet, zum Chriſtenthum bekehret worden, und das bey dem Ænea Sylvio ge - ſetzte Datum fuͤr einen Druckfehler haͤlt.
  • 10. Pohlen iſt unter dem Fuͤrſten Miecislao A. 964. auf folgende Art zum Chriſtlichen Glau - ben bekehret worden. Gedachter Fuͤrſt hat - te ſchon unter feinen Unterthanen einige die ſich zum Chriſtenthum bekenneten, aber aus Furcht fuͤr ihrer Heydniſchen Obrigkeit nur in den Waͤldern und abgelegenen Orten ihren Got - tes-Dienſt halten kunten. Nachdem nun Miecislaus, als ein Heyde, der Viel-Weiberey ergeben war, doch aber keine Erben mit ihnen erziehen kunte, riethen ihm einige Deutſche Chriſtliche Perſonen, welche ſich an ſeinem Hofe befanden, er ſolte das Heydenthum und die Heydniſchen Weiber verlaſſen, und ſich ei - ne Chriſtliche Gemahlin beylegen laſſen, wel -ches51Hoff-Ceremoniel. ches er auch thate, und Dambrovvkam Bo - leslai des vierzehenden Hertzoges in Boͤhmen, der ein Bruder des heiligen Wenzeslai, den er auch erſchlagen hatte, war, heurathete, be - vor er aber mit dieſer Princeßin Beylager hil - te, ſich in Guiſen tauffen ließ. Es ſoll dieſer Miecislaus auch den Gebꝛauch eingefuͤhꝛet ha - ben, daß die Pohlen, wenn bey der Meſſe das Evangelium geſungen wird, den Sebel halb ausziehen, und nicht eher wieder in die Schei - de ſtecken, biß die Worte: Gloria Tibi Do - mine im Chor geſungen werden, dadurch an - zudeuten, daß ſie bereit ſeyn fuͤr den Chriſtli - chen Glauben zu ſtreiten. Wurden alſo den 7. Martii oben bemeldten Jahres, welches da - mahlen der Dienſtag nach dem Sontag - tare war, alle Heydniſche Goͤtzen-Bilder zer - brochen und verbrennet, zu deſſen immerweh - renden Gedaͤchtnuͤß noch biß auf den heutigen Tag, in vielen Orten des Koͤnigreichs Pohlen und Hertzogthums Schleſien, welches damah - len zu Pohlen gehoͤrete, und ebenfalls zum Chriſtenthum bekehret wurde, an dem Son - tag Lætare die Kinder mit Mayen in den Staͤdten ſingende herumb gehen, und auf den Doͤrffern der Todt und Popel ausgetrieben wird.
  • 11. Moſcau ruͤhmet ſich, daß es den Anfang des Chriſtenthums ſchon von dem Apoſtel An -D 2drea52Europaͤiſchesdræa, des Simon Petri Bruder empfangen, welcher uͤber den Pontum Euxinum aus Grie - chenland geſchiffet, und hernach durch den Fluß Boryſthenes biß nach der Stadt Kiovv kom - men, die Jnwohner daſelbſt getauffet, ſie die Erkaͤntnuͤs GOttes, wie auch das Creutze zu machen, und ſich damit zu ſegnen gelehret: von dar waͤre er nach Novogrod gereiſet, allwo er das Chriſtenthum auch gepflantzet: und als ſol - ches geſchehen, ſey er uͤber die Oſt - See, und umb Europa durch das Mittellaͤndiſche Meer nach Rom geſegelt, von dar endlich in Pelo - ponneſo oder Morea ankommen, allwo er unter dem Koͤnige Ægo Antipatre waͤre ge - creutziget worden. Die Jnwohner von No - vogorod aber haben in ihren geſchriebenen Annalibus eine Tradition, daß ein gewiſſer Heiliger, Antonius genennet, uͤber den Belt und den lacum Lodoga, durch den Wolga - Fluß auf einen Muͤhlſtein, welchen er ſtatt ei - nes Schiffes gebrauchet, in ihre Stadt No - vogorod kommen, und das Evangelium da - ſelbſt geprediget, deme zu Ehren die Jnwoh - ner nachmahlen ein ſchoͤnes Kloſter fuͤr der Stadt erbauet, worinnen dieſer Muͤhlſtein biß auf den heutigen Tag verwahret, und denen Pilgrams gezeuget wird. Allein es muß des heiligen Apoſtels Andreæ, als auch des heil. Antonii Bekehrung zum Chriſtenthum, wel -che53Hoff-Ceremoniel. che ſie in Reußland angefangen, nicht lange ge - dauret haben, weil man in der wahren Hiſto - rie findet, daß biß auf das Jahr Chriſti 955. in dieſem Reiche lauter Heydniſche Regenten geherrſchet, biß endlich die Princeßin Ola oder Olga, des Fuͤrſten Igor Gemahlin, nach dem Tode ihres Mannes, die Regierung an ſtatt ihres unmuͤndigen Sohnes Stoslai (andere nennen ihn auch Igor) gefuͤhret, nach Con - ſtantinopel zu dem damahligen Kayſer Johan - ni Zimiſco gereiſet, ſich An. 955. tauffen, und den Nahmen Helena geben laſſen: wel - cher Kayſer ſie als Pathe reichlich beſchencket, und wieder nach Hauſe begleiten laſſen. Dieſe Ola iſt noch heut zu Tage bey den Ruſ - ſen in groſſer veneration, indem ſie nicht al - lein von ihnen imago ſolis, weil ſie das Land gleich einer Sonnen mit dem Licht des Chriſt - lichen Glaubens erleuchtet, genennet, ſondern auch unter die