PRIMS Full-text transcription (HTML)
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ODEN und GESÄNGE
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Das Erſte Buch Oden vnd Ge - ſaͤng.

4.[4]
An mein Buch.
MOlan / Buͤchlein / du muſt es wagen /
Zeuch hinauß mit getroſtem muht:
Weil vnſer gewiſſen gantz gut /
So gilt es gleich was man wirt ſagen.
Deemuͤhtig-kuͤſſend zu begruͤeſſen
Einer maͤchtigen Goͤttin hand /
Soll Dich Mißgunſt vnd Vnverſtand
Weder verhindern noch verdrieſſen.
Gefallen ſolt du gar nicht allen /
Vihlen gefallen iſt zuvihl:
Haſt alſo dein gewiſſes ſpihl /
Das du wenigen wirſt gefallen.
Diſer (wie wenig jhrer ſeyen)
Seind gar gnug / weil Sie gut vnd fromb;
Vnd Sie / bey denen du willkomb /
Werden dich ſchon vor vnfall freyhen.
Wan du nu / ſo wol aufgenommen /
Auch vor andern kaͤmeſt herfuͤr /
So wollen froͤlich bald nach dir
Mehr ſchoͤnere geſchwiſtrigt kommen.
An die5.[5]
An die Durchleuchtig - ſte vnd Hochgeborne Fuͤr - ſtin vnd Fraw / Fraw ELISABETH Pfaltzgraͤfin bey Rhein / Churfuͤr - ſtin / Hertzogin in Bayern / ꝛc. Graͤfin zu Vel - dentz vnd Spanheim / ꝛc. Geborne Koͤ - nigliche Princeſſin auß Groß -- Britannien / ꝛc. Meine gnaͤdigſte Fuͤrſtin vnd Fraw / ꝛc.
DEmnach ich mich newlich bedacht /
Welcher Muſen es wolt gebuͤhren /A iij(Vn -6.[6](Vnder denen / die ich hoch-acht)
Euch diſes Buch zu præſentieren:
Da kam ein jede bald zu Mir /
Hoffend ſolche ehr zu erlangen;
Allein zwo kamen nicht herfuͤr /
Welche doch ſunſt vor andern prangen.
Die Roͤmiſche verſagt die ehr /
Weil Jhr Euch nicht vor Rom auch naiget
Vnd die Spanniſche het vilmehr
Solche Ewerm Brudern erzaiget.
Aber die andre all-zumahl
Wolten ſich in ſolches ampt dringen;
Fiengen auch an vmb diſe wahl
Jhr anſprach alſo fuͤr-zu-bringen.
Mu7.[7]

Muſa Latina.

Q ſplendens vagor & culta nitoreper
Orbem, quæ ambroſium ore ab roſeo jubar
Fundo, & nomine quos clara juvant beo,
Me munus decet hoc: Cedite vos, ſacro
Vos quarum ipſa rigo pectoranectare.

The English Muſe.

NOt ſo, faire Muſe: But shee by right,
Who first this Goddeſſe taught to ſpeake,
Will novv best pleaſe her ears and ſight.
Thus my tongue shall prove your tongue
vveake,
By her ſvveet-flovving grace and might.

La Muſe Françoiſe.

TOut beau, Belles. Car veu la grace
De mon langage doux & net,
Il vous faut (quitant voſtre audace)
Medeferer l’honneur de fait,
Que ſeule toutes je ſurpaſſe.

Die Teutſche Muſa.

AJgen lob (ſagt man) iſt vmbſunſt /
Sunſt wolt ich mich ſelbs bald gnug
preiſen:
A iiijDoch8.[8]
Doch hoͤret mir nu zu mit gunſt /
Vnd meine Zung ſoll Euch beweiſen /
Das Sie weder ohn lehr noch kunſt.

Muſa Latina.

MVſarum genus audax! Ego quid diu hîc
Contendam? Genitæ ſic Iove Maximo
Certabant, & Apollo quoque. Non ea
Quæ nôſtis fuerant cuncta mei GenI,
Germana, Angla ſoror, Gallica, dicite?

The English Muſe.

THus to none of vs doeſt thou vvrong,
T’is not thine ovvne all thou doeſt knovv:
Her to ſalute allone my tong
Is fittest, and fittest to shovv
Wits and skills threaſure in her ſong.

La Muſe Françoiſe.

COntentez vous; Ceſte Deeſſe,
Dontle corps, le cœur, & l’eſprit
N’eſt que beauté, grace, & ſageſſe,
Sur toutes autres me cherit,
Et ſe delecte en ma richeſſe.
Die9.[9]

Die Teutſche Muſa.

SAgt was jhr wolt / Es kan nicht ſein /
Vnd ſolt es Euch zumahl verdꝛieſſen.
Jch bin jetz Jhr / vnd Sie iſt mein /
Will Sie auch fuͤr Euch all begruͤeſſen
Mit einem Lied wahr / hell vnd rein.

Muſa Latina.

CVi Pallasq́ue, Venusq́ue, & Charites, Dea,
Ceduntingenio, ac ore, decoreq́ue,
Da cœleſtis Elisa O veniam mihi,
Si, Germana ſuo Muſa quid ore te
Compellans ſapiat, nôſſe animo expeto.

The English Muſe.

O De areſt Dread, that doe excell
In wits, vertues, and beauties threaſure,
My humble hart you knovv full vvell:
Then bee it to you no diſpleaſure
If I let ſpeake vvith vvhom you dvvell.

La Muſe Françoiſe.

TOy donc, dont le chant ne peut plaire
A tes nourriſſens meſmement,
Chante; Pour moy, je ne veux faire
A 5Vne10.[10]
Vne querelle d Allemand:
Pour t’entendre Je me puis taire.

Die Teutſche Muſa.

SChweſtern / es iſt auch nicht ſo lang /
Das jhr ſo koͤſtlich ſeit gezieret /
Schlecht gnug war auch Ewer an -
Doch iſt es gnug gediſputieret /
(fang:
Seit ſtill / ich fang an mein geſang.
JHr keuſche Nymfen diſer welt /
An leib vnd ſehl ſo ſchoͤn-geſtaltet /
Das jhr die Ehr mehr dan das gelt /
Die Zucht mehr dan alles gold haltet;
O all jhr Muſen / deren bruſt
Nur an der warheit jhren luſt;
Deren mund (ſuͤſſer dan die roſen)
Kan erklingen der Goͤtter ehr /
Aber gar nicht mit falſcher lehr
Einem Vnwuͤrdigen liebkoſen.
Kommet her / O loͤbliche ſchar / (Was Euch auch fuͤr ſprachen gefallen)
Laſſet Ewre ſtim ſuͤß vnd klar
Durch den gantzen Vmbkraiß erſchallen:
Singet mir nach / die ich ja nicht
Nur ein einiges wort erdicht /Sin -11.[11]Singet mir nach was jhr ſelbs ſehet /
Das (namlich) aller Schoͤnheit blum /
Vnd diſer welt uͤbriger ruhm
Allein auff Eliſa beſtehet.
Eliſa die Albions ſchatz
Vnd wunder erſtlich war geboren /
Hernach durch des himmels geſatz
Fuͤr des Teutſchlands kleinoth erkoren: Eliſa / deren augen kraft
So Lieb-reich vnd ſo Tugenthaft
Wir ſelbs oft mit verwundrung ſehen /
Das an des ſchoͤnſten tags anfang
Die Sonn ſelbs nicht kan von Aufgang
Klar / wie Sie auß dem Weſt / aufgehen.
Mit ſovil ſuͤſſer lieblichkeit
Kan ſich Cypris ſelbs nicht beſchoͤnen /
Solt Sie auch jhr holdſeeligkeit
Von allen Gratien entloͤhnen:
Der Monat-regierende ſchein
Jſt weit nicht ſo glaͤntzend vnd rein:
So mag ſich Aurora lang zieren /
Wan Sie gern die ſchoͤnſte ſein wolt /
Vnd Cephalus Richter ſein ſolt /
Wuͤrd Sie (ſchamroht) die ſach verlieren.
Jhr12.[12]
Jhr Groß-koͤnigliches geſchlecht
Durch die reiche Scepter vnd Cronen /
So es traͤgt mit Verdienſt vnd Recht /
Macht jhr die Mayeſtet bey wohnen;
Laßt aber den hochmuht gar nicht
Jn jhr gemuͤht noch angeſicht:
Sondern jhre ſtirn (die erzaiget
Das Sie von allen fehlen frey)
Sihet kein hertz / das nicht (getrew)
Mit forcht vnd ehr ſich vor jhr naiget.
Jch gedenck noch wol / da der ſchein
Diſes geſtirns fuͤr Vns zu leuchten
Engelland verließ / wie die pein
Thet jhrer Nymfen augen feuchten:
Vnd wie Neptunus ſelbs den brand
Jhrer ſuͤſſen Schoͤnheit empfand /
Da Er ſein geſicht zu er goͤtzen
Ab diſer buͤrd ſo ſchoͤn vnd zart (Verhindrend jhre uͤberfahrt)
Sie macht die Ancker oftmahls noͤtzen.
Wie gern het ſein entzuͤndter muht (Nach ſeinem wunſch ſeelig zuleben)
Sein gantzes Reich / vnd all ſein gut
Vmb diſe Goͤttin aufgegeben? Wie13.[13]Wie vilmahls / wie ſtarck / wie geſchwind
Macht Er die vnruͤhwigſte wind
Wider jhr vorhaben entſtehen /
Biß endlich Gottes ſtarcke hand (Nach ſeiner zuſag) das Teutſchland
Zu erquicken jhr fort half gehen?
Jch waiß noch / vnd will ewiglich
Gedencken / betrachten / vnd ſegnen
Die ſtund / da diſe Goͤttin ſich
Ernidrigte Vns zubegoͤgnen:
Die ſtund / darin ſich jhr anblick / (Erfuͤllet mit troſt / hail / vnd glück)
Auß vnſerm mund trawren vnd klagen /
Auß vnſern hertzen den vnluſt /
Vnd das ſeufzen auß vnſrer bruſt
Wuͤrdigte gaͤntzlich zu verjagen.
Sidher hat diſer Sonnen glantz
Vns mit ſtehtem Fruͤling erfrewet /
Des Lands berg / feld vnd gaͤrten gantz
Mit frucht vnd blumen uͤberſtroͤwet:
Sidher hat Vns weder verdruß
Sturmwind / gewitter / finſternuß /
Noch winter zuvil uͤberfallen:
Das Wir alſo (O das mein mundSol -14.[14]Solches ruͤhm zu ſeeliger ſtund!)
Nichts haben das vns kan mißfallen.
Sidher hat auch jhre Schoͤnheit (Schoͤnheit vnd Frombkeit gleich vermehret)
Vns / ja die gantze Chriſtenheit /
Deſſen ſo wir wuͤnſchten gewehret:
Jn dem nach Gottes guͤtigkeit
Auß jhrer ſeiten fruchtbarkeit /
Vnd auß des groͤſten Printzens ſamen / (Deſſen Weißheit / Manheit vnd fleiß
Verdient uͤbermenſchlichen preiß)
Schoͤne Soͤhn jhren vrſprung namen.
Diſe Soͤhn / nach der Goͤtter art
Werden in kurtzer zeit aufſchieſſen /
Vnd in dem Sie noch jung vnd zart
Wirt die kirch jhrer vil genuͤeſſen:
Weil Sie verſtaͤndig vnd manhaft
Durch jhrer fauſt maͤchtige kraft
Die feind Gottes werden vernichten;
Wa anderſt ſelbs nicht ſolche that
Der welcher Sie gezeuget hat (Jhnen vorkommend) will verꝛichten.
Jedoch nein. Dan es ja nicht gut
Das Er Vns wider ſolt verlaſſen /Vnd15.[15]Vnd folgend ſeinem helden-muht
Die wafen noch einmahl erfaſſen.
Sein hertz vnd macht ſeind bekant gnug:
Darumb es beſſer / das Er klug
Vnd ruͤhwig woll ſein Land bewahren
Reich / vernuͤget / froͤlich vnd ſtill.
Doch / wan Er ja mehr Palmen will /
So ſuch Er ſie in Ewren haaren.
Aber was mach ich nu vil wort /
O Goͤttin / deren edles leben (Vnſers lebens einiger hort)
Vns kan alle verſichrung geben?
Deren augen glantz gantz Lieb-reich
Regierct Jhn vnd Vns zugleich;
Vnd deren wandel ein exempel /
Vnd ſpiegel aller Tugent iſt /
Das jhr ohn heucheley vnd liſt
Verdienet der Gedechtnus tempel.
Wan dan / O aller Nymfen Roß / (Mit Euch ſelbs allein zu vergleichen)
Ewer verdienſt vnd Ehr ſo groß /
Das ſie die welt allein bereichen:
Vnd wan es vnlaugbar vnd kund /
Das Wir beedes mit hertz vnd mund
Euch (vnd zwar billich) Goͤttin nennen;Auch16.[16]Auch auf vnſers hertzens altar /
Nach vnſrer geluͤbd pur vnd klar
Euch ein Lob vnd Lieb-opfer brennen:
So darf mein nidriges gemuͤht
Sein vertrawen ſovil erhoͤhen /
Es werd auch Ewre gnad vnd guͤht
Diſe ſchlechte gaab nicht verſchmaͤhen:
Sondern (folgend den Goͤttern nach
Welche das hertz / vnd nicht die ſprach /
Noch die gaab der menſchen betrachten)
Jhr werdet das lied ſo ich ſing /
Vnd das geſchenck ſo ich Euch bring /
Als lieblich vnd herꝛlich hoch-achten.
Dan vnlieblich kan es nicht ſein /
Weil Ewre Schoͤnheit ſolches ehret;
So wirt ſeiner herꝛlichkeit ſchein
Durch Ewre herꝛlichkeit vermehret:
Vnd Ewer nam / lob / ruhm vnd preiß /
Von Ewrer aignen Tugent fleiß
Jn der Ewigkeit buch gegraben /
Werden hiemit wol mein geſang /
Mein buch vnd mich durch hohen ſchwang
Mit der Vnſterblichkeit begaben.

Georg-Rodolf Weckherlin.

Das17Das erſte Buch.

Die erſte Ode.

Zu gluͤckſeeliger heim - fuͤhrung Der Durch - leuchtigſten Churfuͤrſtin / ꝛc. Geboꝛnen Pꝛinceſſin auß En - gelland / ꝛc.

Die erſte Strophe.

ALs der Rhein fuͤr gewiß verſtanden
Daß einer Goͤttin treflichkeit
Seines Fuͤrſten hertzens freyheit
Gefaͤncklich hielt in jhren banden:
Hat Er / ligend ab ſolcher lieb
Jn ſeinem gewoͤlbe verdroſſen /
Ein ſolchen zeherfluß vergoſſen /
Daß ſeine herꝛſchafft davon truͤb.
Er fuͤhret Amors liſt zu hertzen;
BSar -18Das erſte Buch.
Sarpedons vnd Leanders ſchmertzen /
Ja deß Peleiden vngluͤck
Verblaichen jhn all augenblick;
Jn dem ein ploͤtzliches getuͤmmel
Welches Er vnverſehens hoͤrt /
Fuͤllet den abgrund vnd die himmel /
Vnd ſeine ſehl noch mehr bethoͤrt.

Die 1. Antiſtrophe.

ER ſtoſt / vnwiſſend was geſchehen /
Sein moſechtes haubt auß dem fluß /
Vnd weil er forcht einen verdruß /
Will Er / was ſolches ſey / bald ſehen:
Seine horn vnd gebuͤntzte haar
Vil hochſpringende baͤch außgieſſen /
Vor ſeiner naſen vnd bart flieſſen
Vil waſſerzapffen lang vnd klar:
Er ſihet nu zu ſeinen ſeitten
Ein hoͤr gleichſam berait zuſtreitten:
Er hoͤret der Trometen klang /
Der kuglen fliegendes geſang /
Vnd verwundert ſich ab dem wunder
Wie ein eiſiner hagel kompt
Mit ſo ſtarcker kraft macht vnd dunder /
Warumb widrumb die Trum nu brompt.
D[er]19Das erſte Buch.

Der 1. Epod.

D Och ließ Er ſeine forcht fallen /
Da Er manche Nymfelein
Mit den Oreadelein
Hoͤrte jhre ſtim erſchallen.
Die Najaden gleicher weiß
(Welche mit kuͤnſtlichem fleiß
Jhre krauſe haar beſchoͤnet /
Vnd mit kleinoten gekroͤnet)
Schwomen in hertzlichem wohn
Mit dem Neckar / ſo ſie fuͤhrte /
Vnd den auch ein gruͤne Cron
Vnd ein koͤſtliches klaid zierte /
Welcher mit klarem geſicht
Seinen freund alſo beſpricht:

Die 2. Strophe.

Wie / groſſer freund / Was will dzſagt
Das du allein in diſer fraid
Runtzleſt dein angeſicht mit laid /
Als ob du ein vrſach zuklagen?
Oder mag es wol muͤglich ſein /
Das dein gehoͤr noch nicht vernommen /
Wie diſe ſtund alher ſoll kommen
B ijDer20Das erſte Buch.
Der augen luſt / der ſehlen ſchein?
Es iſt ein Fuͤrſtin auſſerkoren /
Von koͤniglichem blut geboren /
Die groͤſte Zier auß Engelland /
Nu aber die erſt in Teutſchland.
Der Poͤfelpfleget Sie zu nennen
Die Churfuͤrſtin Eliſabeth /
Die aber ſo ſie beſſer kennen
Der Schoͤn / vnd Keuſchheit Mayeſteth.

Die 2. Antiſtrophe.

SJe iſt allein / nicht zuvergleichen /
Ein einige volkommenheit:
Der Sonnen gewalt vnd klarheit
Muß jhrer augen klarheit weichen:
Vnd wan jhr engliſche geſtalt
Die Goͤtter vnd menſchen verſehret;
Als dan jhre Tugent verzehret
Der boͤſen gedancken gewalt.
Kurtz / ob wol jhren Leib zuſehen
Cypris ſelbs jhr nach muͤſte gehen /
Jſt Sie doch Pallas in der ſtirn /
Kommend auß eines Koͤnigs hirn /
Welcher auff diſer gantzen erden
An verſtand vnd gerechtigkeit
Muß21Das erſte Buch.
Muß billich der erſt gezoͤhlt werden /
Der wahre Phænix diſer zeit.

Der 2. Epod.

DJe Goͤtter zu vnſerm frommen
Wolten das jhr zarte ſchoß /
Verachtend Amors geſchoß /
Von Hymen wurd eingenommen /
Damit ſie in diſem land
Jhre wunder macht bekant.
Wan vns dan die Goͤtter lieben /
Solle man ſich nicht enttruͤben
Zu einer ſolchen ankunft?
So laß vns zu jhren fuͤſſen
Nu werfen in einer zunft /
Vnd ſie demuͤhtig begruͤſſen
Mit dem ſuͤſſen muſic klang /
Vnd einem frewden geſang.

Die 3. Strophe.

DVrch diſe wort war bald entgruͤndet
Des Rheins angſt / ſo allein erdicht /
Das Er mit klarem angeſicht
Sich bald bey der geſellſchafft findet /
B iijJn22Das erſte Buch.
Jn einem Tyriſchen talar
Von gold vnd kleinoten vmbhangen /
Seine Landsfuͤrſtin zuempfangen
Mit ſeiner gruͤn-blawlechtenſchar /
Darauß etliche ſich zufrayen
Singen vnd dantzen einen rayen;
Andre mit friſchen bluͤmelein
Myrten / gilgen vnd roͤſelein
Volverſetzte ſtraͤuß vnd kraͤntz binden /
Vnd brennen zu mahl von begihr
Sich bey diſem einzug zufinden
Vnd zu frolocken nach gebihr.

Die 3. Antiſtrophe.

HJezwiſchen gienge mit verlangen
Die gantze Churfuͤrſtliche ſtat /
Da der Neckar den anfluß hat
Jhr liebe Fuͤrſtin zuempfangen;
Welche mit groſſem pomp vnd pracht
Vnder vilen Fraͤwlin gefahren
Leuchtet / wie in Nymphiſchen ſcharen
Diana in der hellen macht:
Von perlen vnd edelgeſteinen
Jhr haubt vnd jhre klaider ſcheinen /
Doch glaͤntzet jhre ſchoͤnheit mehr /
Vn[d]23Das erſte Buch.
Vnd iſt ſie ſelbs jhr groͤſte ehr.
Gleich wie auch jhr liebliche Jugent
Schimmert in einem guldin ſtuck:
Alſo Ehr / Gotsforcht / Zucht vnd Tugent
Seind jhrer ſehlen wahrer ſchmuck.

Der 3. Epod.

VMb ſie ſeind jhre jungfrawen /
Welcher ſchoͤn vñ hoͤfllichkeit
Nimmet hinweg die freyheit
Denen / welche ſie anſchawen.
Moͤniglich oͤfnet ſein wohn /
Durch zungen vnd ſaiten thon /
Die luͤft vmb vnd vmb erſchallen
Ab dem gmeinen wolgefallen /
Alſo das die Sehlen bald
Durch die augen oder ohren /
Jn der ſtim oder geſtalt
Suͤßwilliglich ſich verlohren.
Der Rhein mit dem Neckar fro
Beſprach Sie damahls alſo?
B iiijD[ie]24Das erſte Buch.

Die 4. Strophe.

GLeich wie / wan der winter ſich endet /
Apollons fruchtbares geſicht
Der erden hartes hertz zubricht
Alsbald er ſich gegen jhr wendet /
Vnd durch ſeinen glantz allgemein
Zumahl von vnſern ſehl vnd tagen
Pfleget die dunckelheit zu jagen
Mit dem doppelt wuͤrckenden ſchein:
Alſo / Goͤttin / in dem wir ſehen
Alhie deine Sonnen aufgehen /
Empfindet vnſer ſchwache bruſt
Eines fruͤlings troſt-reichen luſt;
Vnd wir / ſo gnaͤdiglich gewehret
Deiner gegenwertigen gunſt /
Sehen vnſere kaͤlt verkehret
Jn ein klar angenehme brunſt.

Die 4. Antlſtrophe.

WJewol deine tugent vnd ehren
Vmbſchwebend in aller leut mund /
Vns zwungẽ dich von hertzengꝛund
Vor vnſer Fuͤrſtin zubegehren:
Wan dir auch vnſer Fuͤrſt vnd Herꝛ /
Gluͤck -25Das erſte Buch.
Gluͤckſeelig fuͤrohin zuleben /
Sein hertz fuͤr ein opfer gegeben /
Da ſein leib noch von dir gar ferꝛ:
Koͤnden Wir doch jetz erſt verſtehen /
Das was an dir die augen ſehen
Ein menſchliche zung nimmermehr
Außzuſprechen geſchickt gnug wer:
Vnd jetz erſt werden wir recht innen /
Wie durch ſeines hertzens verluſt
Er vnd Wir vilfaͤltig gewinnen
Mit deiner kunft / gluͤck / hail vnd luſt.

Der 4. Epod.

DAn wie kont er immer finden
Einer ſchoͤnheit gleichen brand[?]
Vnd was anders ſehlen band
Kont jhn wol ſo hart verbinden?
Sein aug lüfert allezeit
Seine ſehl deiner ſchoͤnheit;
Wa erſein geſicht hinkehret /
Wirt dadurch ſein lieb vermehret:
Dan alle ſchoͤnheiten ſunſt /
Welche ſich je vor Euch naigen
Herꝛlich von Natur vnd kunſt /
Thun nichts dan jhm nur anzaigen /
B vWie -26Das erſte Buch.
Wievil dich der himmeln macht
Treflicher dan Sie gemacht.

Die 5. Strophe.

DErwegen will es ſich gebuͤhren /
Fuͤrſtin gleicher ſchoͤn vnd from̃keit /
Deines Vaterlands ſuͤſſigkeit
Nicht zuvil zu gemuͤht zufuͤhren:
Sondern nu bey deinem gemahl
(Deſſen hertz groß zu allen ſtunden
Nicht konte werden uͤberwunden
Dan durch deiner Zierden anzahl)
Dein gemuͤht nit mehr zubekraͤncken /
Noch deiner Eltern zugedencken:
Wanſchon dein volkomner anfang
Kam von zwifach gecroͤntem rang
Solcher Koͤnig vnd Potentaten /
Welche ſtreitbar / gerecht vnd milt
Mit frids vnd kriegs loͤblichen thaten
Des Vmbkraiſes vier eck erfuͤlt.

Die letzte Antiſtrophe.

HJngegen will auß ſondern gnaden
Der himmel der erden zugut /
Auß27Das erſte Buch.
Auß diſes Fuͤrſten hohem blut
Dich mit ſuͤſſen fruͤchten beladen:
Jn dem auß deinem edlen leib
Entſpringen ſollen groſſe Printzen
Deren tugent mancher Provintzen
Erloͤſung vnd beſchuͤtzung pleib:
Der groß adler ſich zu er goͤtzen
Wuͤrt ſich gern auf jhren ſchilt ſetzen.
Alsdan ſoll jhr gerechter Zorn
Des Monds zwayſpitzig ſtoltzes horn /
Wie auch den getriplierten Cronen
Jn beedem Cæſariſchem ſitz
Zu des Hoͤchſten ehr nicht verſchonen
Mit jhrer woͤhr vnd lantzen ſpitz.

Der letzte Epod.

O Mit wievil Lorboͤrcraͤntzen
Wirt jhr haubt gecroͤnet ſein!
Wie wirt jhrer Sigen ſchein
Die gantze welt uͤberglaͤntzen!
Wolan / Fuͤrſtin fromb vnd zart[/]
Seelig ſey nu dein einfahrt:
Seelig Wir Dich zubegruͤſſen /
Seelig alle zugenuͤeſſen
Einer ſo ſeeligen Eh /Auß28Das erſte Buch.
Außderen Fuͤrſtlichen zuͤchten
Man das Land bedecket ſeh
Stehts mit angenemen fruͤchten!
Hie beſchloß der Rhein den mund /
Vnd ſanck froͤlich in den grund.

Die ander Ode.

An den Regie - renden Hertzogen zu Wir - temberg / ꝛc. H. Johan - Friderichen / ꝛc.

Die 1. Strophe.

GLeich wie ein Patron / welcher lang
Sein ſchif nach nohturft wol verſehẽ /
Pfleget in des hafens außgang
Erwartend guten wind zuſtehen /
Damit Er mit behertzter hand
Moͤge ſeine ſegel aufziehen /
Vnd der armut baͤlder entfliehen
Durch29Das erſte Buch.
Durch des winds gluͤcklichem beiſtand:
Alſo will Jch mich nicht bewoͤgen /
O mein Printz / meine zuverſicht /
Biß jhr meiner Muſen vermoͤgen
Mit verhilflichem angeſicht
Werdet eine ſeglung aufloͤgen.

Antiſtrophe.

ALsdan / wan ewer gnadenblick
Wuͤrdiget Jhꝛe fahrt zurichten /
Soll weder ſturmwind / noch vngluͤck
Durch die flut Jhre raiß vernichten:
Die zwilling-klippen / vnd das ſand /
Vnd die Charybdiſche gefahren
Koͤnden jhr zu euch durch zufahren
Erzaigen keinen widerſtand:
Sondern ſie ſoll khuͤn Euch zu ehꝛen
Durch Ewerer Tugenden moͤhr
Mich forchtloß die ſegel zu kehren /
Ja durch der groͤſten feinden hoͤr
Sicherlich zu paſſieren lehren.
Epod.30Das erſte Buch.

Epod.

ALſo kan der Fuͤrſten gunſt /
Wan ſie die Phæbiſche ſaitten
Verguͤldet / mit ſuͤſſer kunſt
Jhr ewiges lob außſpraitten:
Vnd der Donderende Got /
Zu widerſtehen dem Tod /
Gab das gold den Potentaten /
Damit ſie den Goͤttern gleich
Durch ſeiner Toͤchtern wolthaten
Nicht kaͤmen in Plutons reich
Wie ſonſt gemeine ſoldaten.

Die 2. Strophe.

DJe maͤchtige ſtreitten vmbſunſt /
Vmbſunſt die helden triumfieren /
Wan jhre namen als ein dunſt
Jn kurtzen jahren ſich verlieren.
Es iſt nicht gnug ſeine khuͤnheit
Seiner fluͤchtigen feinden rucken
Mit ſcharpfen eyſen aufzutrucken
Zu ſeines lobs vnſterblichkeit:
Noch der tugent gaͤntzlich ergeben
(Wie O groſſer Printz ewer pracht)
Der31Das erſte Buch.
Der Vergeſſung zu widerſtreben;
Sondern es iſt der Muſen macht
Euch vnzugaͤnglich zubeleben.

Antiſtrophe.

AVch kan das thewreſte metall /
Vnd der marberſtein außgehawen /
Ohn den dreymahl gedꝛeyten ſchall
Nicht ſehr lang ſeine ſtiffter ſchawen.
Die reich Pergamiſche pallaͤſt /
Vnd die mauren ſo vil vermehret /
Seind nu ſo gar zu nichts verkehret /
Das niemand waiſt wa ſie geweſt:
Jhre Ritter weren betrogen
Vmb jhre bekante manheit /
Wa der Poet mit ſuͤſſem bogen
Durch uͤbermenſchliche arbeit
Sie nicht der Parckenhand entzogen.

Epod.

DAs derhalb kein vndergang
Ewer lob vnd ehr bedecken /
Sondern mit wachſendẽ ſchwaͤg
Sie ſich ſtehts moͤgen außſtroͤcken /
Jſt32Das erſte Buch.
Jſt nicht des Golds ſchwacher ſchein /
Vnd der zeit-foͤrchtende ſtein
Jn der wolcken weg zuſetzen;
Sondern ewer aug vnd hand
Soll die Poeten er goͤtzen /
Das ſie ewer macht vnd ſtand
Auf die Vnſterblichkeit etzen.

Die 3. Strophe.

JCh nu das ſchlecht / das ich vermag /
Erwoͤhlend euch ob andern allen /
Mein herꝛ / mein hail / Euch jetz antrag
Vnd hof / es ſoll Euch nicht mißfallen.
Vil wolten mit gleichem geſang
Jhr entlehnete kunſt erzaigen /
Aber jhr ſtoltz vnd lieder naigen /
Ja ſterben in jhrem aufgang;
Jhre dick frembde wort erſticken
Alsbald ſie der erfahrnen prob
(So ſie ney der haſſen) erblicken /
Vnd jhr finger iſt vil zu grob
Die Doriſche harpf recht zu zwicken.
Anti -33Das erſte Buch.

Antiſtrophe.

WJe aber ſolche rey merey
Vnd ſolche Laͤſterer nicht wehren /
Alſo die hohe Poeſey
Kan ſtehts gruͤn nimmer mehr verjaͤhren.
O das mich Ewer gnadenglantz
Wolte fruchtbarlich uͤberſcheinen /
Vnd mich zuflechten wehrt vermeinen
Ewerer haaren Lorboͤrcrantz!
So wolt Jch muhtig zu ergruͤnden
Der Muſen weißheit / Euch zu preiß
Lauffend jhren berg uͤberwuͤnden /
Vnd mit vnnachthunlichem fleiß
Meiner nachvolger aug verblinden.

Epod.

SO woͤllet nu gnaͤdiglich
Mich võ foꝛcht vñ ſorgẽ freihẽ /
Vnd dan auch freygebiglich
Ehr vnd guͤter mir verleyhen /
Dan die tugent vnd das gut
Zuſamen groͤſſen den muht:
Alsdan daͤmpfend mein begehren
Mit reich vnd fuͤrſtlicher hand /
CSoll34Das erſte Buch.
Soll ewer nam vnd ruhm wehren
Alslang man in dem Teutſchland
Wirt das Volck teutſch reden hoͤren.

Die 3. Ode.

Von hochermel - ter ſeiner F. Gn.

SJh ich nicht einen Got daher kommẽ / Deſſen hand
Maͤchtig in jhꝛen ſchutz hat genommẽ Diſes Land?
Ja / es iſt der wafen ſtarcker Got /
Der machet vnſern feind zu ſpot.
Aber Mars kan ſo freundlich nicht ſehen; Sein gehoͤr
Achtet auch nicht der ellenden flehen Noch begehr:
Vnd ſein haubt faſſet nicht ſovil kunſt /
Noch ſein hertz ſovil gnad vnd gunſt.
So35Das erſte Buch.
So kan Er wol Hermes genant werden / Dan es kund /
Das die Zier ſeiner ſuͤſſen geberden / Vnd ſein mund /
Reich an gnad / reich an wolredenheit
Seind voll loͤblicher lieblichkeit.
Aber / wie kan Mercurius haben So vil macht /
Mayeſtet / herꝛlichkeit / reiche gaben Kraft vnd pracht?
Freylich nein / Hermes iſt nicht ſo klar /
Vnd hat auch nicht ſo ſchoͤne haar.
So muß man jhm des Gots namen geben / Der allein
Kan fruchtreich alle geſchoͤpf beleben Mit dem ſchein.
Doch iſt auch zu manlich ſein geſicht /
Darumb iſt Er Apollo nicht.
Nun ſih ich das ſein glantz mich verfuͤhret / Dan Jch merck /
Das es mein groſſer Printz ſo regieret Wirtemberg:
Deſſen fauſt / mund / ſtirn zaiget Vns an
Was Mars / Hermes vnd Phæbus kan.
C ijDie36Das erſte Buch.

Die 4. Ode.

Vber die heim fuͤhrung ꝛc. Frawen Bar - bara / Marggraͤfin zu Ba - den / Geborner Hertzogin zu Wuͤrtemberg / ꝛc.

DA Marggraf Friderich
Kont billich triumfieren /
Weil man jhm praͤchtiglich
Sein gemahl heim wolt fuͤhren;
Offenbahrten mit ſuͤſſem klang
Die Nymfen bald jhr wolgefallen /
Vnd machten von diſem geſang
Berg / thal / feld vnd waͤld widerhallen.

Die Bademiſche Nymfen.

Phæbus mag nah vnd fern
Sich in der welt vmbſehen /So37Das erſte Buch.
So wirt Er Vns doch gern
Mit der wahrheit geſtehen /
Das gleich wie einen gruͤnen wald
Ein ſchoͤner Cedarbaum kan ehren;
Alſo andrer herꝛen geſtalt
Vnſers Fuͤrſten geſtalt vermehren.
Gleich wie Achilles ſich
Von anfang ſeiner Jugent /
Fruͤh vnd ſpaht muhtiglich
Befliſſe aller tugent:
Alſo ließ vnſer junge Printz
Sich in ſeins alters fruͤling lehren /
Das Er das gluͤck ſeiner Provintz
Kan fridlich vnd froͤlich vermehren.
Sein Fuͤrſtliches gemuͤht (Darinnen Gotsforcht bluͤhet)
Fruchtbar an gnad vnd guͤt
Allen muͤſſiggang fliehet;
Hat Er luſt in einem Turnier
Sich mit dem harniſch zubeſchweren /
Kan Er alsbald mit groſſer Zier
Sein lob vnd lieb in Vns vermehren.
C iijSein38Das erſte Buch.
Sein hertz ſo khuͤn vnd groß /
Vnd der frombkeit ergeben /
Verſichert Vns forchtloß
Jn ſeinem ſchutz zuleben.
O wie fro muß die Fuͤrſtin ſein /
Deren augen ſein hertz verſehren!
Vnd die durch jhren ſuͤſſen ſchein
Jhr / ſein / vnd vnſer frewd vermehren!

Die Wirtembergiſche Nymfen.

O wie groß iſt der luſt
Welchen Er nu empfindet!
Weil ein ſo ſchoͤne bruſt
Die lieb in jhm anzindet.
Dan der Schoͤnheit Goͤttin kan nicht
Sovil ſchoͤnheit fuͤr augen bringen /
Als diſer Fuͤrſtin angeſicht /
Deren preiß alle Nymfen ſingen.
Jn jhrem krauſen haar
Die Sehlen ſich verfliegen;
Jhre blick ſcharpf vnd klar
Das hertz lieblich betriegen;
Jhre augen / als ein geſtirn /
Mit ehr die anſchawer durchtringen;Zucht39Das erſte Buch.
Zucht loſieret auff jhrer ſtirn /
Deren preiß alle Nymfen ſingen.
Jhre Lippen ſo ſchoͤn
Seind rubin anzuſehen /
Darunder jhre Zaͤn
Wie gute perlen ſtehen;
Doch oͤfnet ſich jhr mund allein
Verſtaͤndige wort fuͤr zubringen;
Vnd jhr leib iſt ſo zart vnd rein
Das ſein lob alle Nymfen ſingen.
Nu will Vns diſe blum
Ewer Fuͤrſt hinweg fuͤhren /
Das wir alſo den ruhm
Vnſrer Nymfen verlieren:
Jhre heimfahrt (Vns ſawr / Euch ſuͤß)
Wird vns mehr laid / dan euch frewd bꝛingen /
Wa Sie nicht ſchweſtern nach Jhr ließ /
Deren preiß alle Nymfen ſingen.

Alle Nymfen zuſamen.

Das Goͤtliche geſatz /
So Vns lehret recht leben /C iiijHat40Das erſte Buch.
Hat auß des himmels ſchatz
Vns diſes pahr gegeben /
Deren augen / der Sonnen gleich /
Die erden mit blumen verehren /
Vnd machen Vns ſo frewdenreich /
Das Wir billich jhr lob vermehren.
Diſer Goͤttin ankunft
Die Zuſeher erquicket /
Diſes Printzen vernunft
Vnd muth alles begluͤcket:
Deßwegen Wir in ſicherheit
Froͤlich moͤgen dantzen vnd ſpringen /
Vnd Gott loben / deſſen weißheit
Vnd guͤte alle Voͤlcker ſingen.
O Fuͤrſtin / deren ſich /
Ein ſolcher Fuͤrſt verbunden;
O Fuͤrſt / der du gern dich
Jhr gabeſt uͤberwunden /
O das ewer luſt / kurtzweil / wohn /
Vnd liebe moͤg ewiglich wehren!
O das auf das nechſt Jahr ein Sohn
Moͤg die gemeine frewd vermehren!
O Got41Das erſte Buch.
O Got gib deine gnad /
Das Sie kinds-kinder ſehen /
Die in deines worts pfad
Mit jhren eltern gehen;
Gib / das ſie fromb / gerecht / ſigreich /
Dein vnd jhre feind moͤgen zwingen /
Auf das alle Zungen zugleich
Dein lob / vnd Jhre thaten ſingen!

Die fuͤnfte Ode.

Von ꝛc. HErꝛen Moritzen Printzen zu Vra - nien / Grafen von Naſſaw / ꝛc.

MOꝛitz / dein Nam / ruhm / pꝛeiß vñ ehꝛ /
Darab deine Feind noch verblaichẽ /
Koͤnden durch aigne kraft numehr
Eine ſolche hoͤhin erꝛaichen:
Das wer mit ſeiner federn ſpitz
Vermeinet ſie recht zuberuͤhren /
Derſelbig wird ſelbs bald probieren /C vDas42Das erſte Buch.
Das Er ohn ſcham oder ohn witz:
Vnd Er wer wehrt / ſein vnverſtand /
Der ſo hoher Ding nicht verſchonet /
Wurd gar nicht mit danck barer hand /
Sondern mit ſcharpfer ſtraf belohnet.
Darumb / wiſſend wievil zuſchwach
Meine ſtim iſt dein lob zuſingen /
Begehr ich nicht mit groſſer ſchmach
Wie der zuſtoltze froſch zuſpꝛingen:
Dan ja ein ſolche fauſt allein /
So die Muſen ſo wol gelehret /
Als Pallas deine fauſt bewehret /
Kan dich zu ruͤhmen wuͤrdig ſein.
So iſt es auch allein billich
Apelli / vnd ſunſt keinem andern
Zu contrafehen aigentlich
Einen ſo wahren Alexandern.
Vnd wan ich ſchon mit hoͤchſtem fleiß /
Dich erhub nach meinem verlangen /
Kan dein vnvermehrlicher preiß /
Wol davon fernern glantz empfangen?
Sah man auch wol zu einer ſtund
Von einer zu flieſſenden quellen
Sich vermehren die flut der wellenJn43Das erſte Buch.
Jn des brauſenden Moͤhrs abgrund?
Nein / Printz / dein Nam leuchtet ſo ſehr /
Das welcher ein Ort wolt ergruͤnden /
Da dein lob noch vnbekant wer /
Der muͤſt noch ein newe Welt finden.
Jedoch wie in einem abriß /
Darin Himel vnd erd zuſehen /
Oftmahls eines puͤnctlins außwiß
Ein gantzes land gibt zuverſtehen:
Alſo ich hie nu ſchlecht abmahl / (Setzend deinen hochwehrten Namen /
Vnd deine thaten eng zuſamen)
Deiner Tugenten groſſe zahl /
Damit des himmels guͤtigkeit
Dich ſo freygebiglich begluͤcket /
Das dein Nam die Vnſterbligkeit
Der Hiſtorien allein ſchmuͤcket.
Dan alles was des menſchen Sin
Fuͤr einen Fuͤrſten kan begehren /
Deſſen kanſt du jhn mit gewin
Vnd uͤberfluß gar bald gewehren.
Begehrt er Gotsfoꝛcht / Maͤſſigkeit /
Fuͤrſichtigkeit wol zu regieren /
Dapferkeit ſtehts zu triumfieren /Guͤte /44Das erſte Buch.
Guͤte / Demuht / Gerechtigkeit /
Verſtand voll tieffer kunſt vnd lehr /
Muht vnd ſtaͤrck alles außzuſtehen /
Ja / was andern zu wuͤnſchen wer /
Das wuͤrt Er reichlich in dir ſehen.
Das Gluͤck ſelbs hat ſich mit beſtand
Deiner Tugent alſo ergeben /
Das nichts kan deiner ſtarcken hand
Vnd ſtaͤrckerm hertzen widerſtreben:
Nichts kan deinem lauf / wan du wilt /
Eine verhinderung vervrſachen /
Vnmuͤglich kanſt du muͤglich machen /
Du biſt der deinen ſchwert vnd ſchilt /
Welcher / wan noht / angſt vñ gefahr
Vber ſie anfangen zu regnen /
Bedoͤcket alſo jhre ſchar /
Das Sie dem Feind ſicher begoͤgnen.
Welches alten Helden kuͤnheit
Hat jemahls ſolche Sig gewonnen?
Vnd wer iſt ſeines Feinds boßheit
Auch fridenszeit ſo oft entronnen?
Welcher Cæſar hat ſeine macht
Mit ſo tief geetzten buchſtabenAuf45Das erſte Buch.
Auf ſeiner Feind Koͤpf eingegraben
Als du gethan in mancher ſchlacht?
Da dan dein ſchwert / von blut ſtehts warm /
Verkuͤndigte aller welt augen /
Wie fein ein ſtarck geuͤbter arm /
Vnd gutes Recht zuſamen taugen.
Zu Sommer vnd zu Winters zeit
Die fluͤß / berg / feld vnd Moͤhr zu zwingen /
Machen daß die ſcharmůtzel / ſtreit /
Belaͤgrungen vnd ſtuͤrm gelingen:
Zumahl als haupt vnd als Soldat
Wol befehlen / vnd wol verꝛichten;
Des Feinds begird vnd werck vernichten
Mit weiſſem raht / vnd ſchneller that:
Des feinds vorhaben / liſt / betrug /
Vnd raht ſo wol als Er ſelbs wiſſen /
Jn anraitzung / angrif / aufzug /
So verſtaͤndig ſein als gefliſſen:
Einen Soldaten / der ſein blut
Zufrech verlieren will / erhalten;
Der Jungen vnerfahrnen muht
Jn gefahr nicht laſſen erkalten:
Verachten weder klein noch groß /
Eines jeden natur erkennen /Einen46Das erſte Buch.
Einen jeden mit namen nennen /
Vnd behertzen den der hertzloß;
Das ſeind ſachen die dir allein
Alle zu vollſtroͤcken gebuͤhren /
Ja / diſe kunſt / die einig dein /
Kont in andern noch niemand ſpuͤhren.
Gleich wie ein ſturm / oder Windsbraut
Ein ſchif mit vngeſtuͤm zuſchmeiſſet /
Mit ſtraichen ſtoltz / ſchnell / ſtreng / ſtarck / laut /
Maſt / ſegel / vnd ſailer zureiſſet:
Oder gleich wie ein ſtarcker fluß /
Darein ſich die wolcken außgieſſen /
Vnd die abgehende ſchnee flieſſen
Mit ſchnell vnd rauſchendem außguß /
Vnd ſeinem laut brauſenden Zorn
Ein gruͤnes fruchtfeld bald entehret /
Des ackermans hofnung vnd korn /
Baͤum / hecken / vnd ſtauden zuſtoͤret:
Alſo / vnd ſchroͤcklicher hat dich
Der ſtoltze feind oft wargenommen /
Das er beſſere fuͤß fuͤr Sich /
Dan haͤnde wider Dich bekommen:
Wie der dunder war deine ſtim /
Wie plitz deineblick anzuſchawen /Der47Das erſte Buch.
Der ſtral kan nicht ſo tief durchhawen
Als deiner ſtraichen ſchwerer grim:
So das deines ſchwerts wetterlaich
Einen blut-regen mit ſich brachten /
Vnd deine Dunder-gleiche ſtraich
Ein zuſchmaͤttertes ellend machten.
Vor Dir / vnd hinder Dir der Tod
Mit toben / wuͤhten / ſchroͤcken / ſchreyhen /
Mit forcht / grauß / grim / grewel vnd noht
Bracht den khuͤneſten ein abſchewen:
Geſpaltne koͤpf / ſchenckel / haͤnd / woͤhr /
Helm / ſchilt / ſpieß / fahnen / pfeil vnd bogen
Mit kuglen in dem rauch vmbflogen /
Das blut machte gleichſam ein Moͤhr /
Alda freind vnd feind / herꝛ vnd knecht /
Pferd vnd man / all auf einem hauffen /
Blutdurſtig / boͤß / from / hoch vnd ſchlecht /
Muſten ſich ſat (zwar vngern) ſauffen.
Da ſah man Macht / Stoͤrcke / Khuͤnheit
Dich belaiten zu beeden ſeitten /
Ja Gluͤck vnd Sig deiner manheit
Nach folgen / vnd dir helfen ſtreittent
Da ſah man den luft ſchwartz vnd dick
Voll bech / pulver vnd kuglen brennen /Vnd48Das erſte Buch.
Vnd dein geſchwader ſigreich rennen
Vber die Feind mit ſtehtem gluͤck;
Alſo das du in mancher ſchlacht /
Strafend die / ſo vns vmbſunſt haſſen /
Die hoͤll durch Sie volckreich gemacht /
Vnd jhr feld gantz einoͤd verlaſſen.
O wievil widerwaͤrtigkeit
Wuͤrden wol vil Laͤnder erfahren /
Wa nicht Got deine Dapferkeit
Bewahrte ſolche zubewahren!
Der Griechen fruchtbarer verſtand
Hat nicht mehr wunderwerck erdichtet /
Dan du in der wahrheit verꝛichtet
So wol mit dem haupt als der hand.
Aber zuferꝛ iſt diſes Zihl /
Vnd meine ſchwachheit zuvermeſſen:
Deine thaten / deren ſo vil /
Kan man nicht zoͤhlen noch vergeſſen.
Jch geſchweig deines leibs vnd muhts /
Welche von keiner muͤh muͤd werden;
Des Vrſprungs deines Helden-bluts /
Deiner ſo loͤblichen geberden /
Jch geſchweig deiner gnad vnd guͤt /
So die gehorſame erquicket /Wie49Das erſte Buch.
Wie dein billicher zorn entgluͤcket
Des auffgeblaßnen Feinds gemuͤht;
Jch geſchweig deſſen / das dein mund
Vilerlay ſprachen wol erfahren /
Deiner reden / die kurtz vnd rund
Deiner ſehlen ſchaͤtz offenbaren.
Jch geſchweig deiner freundlichkeit /
Davon ich (ruhmhaft) gutes wiſſen /
Weil ich hat die gluͤckſeeligkeit
Dein ſtehts-ſigreiche hand zu küſſen:
Dan es gewiß / das meine jahr
Sich ehe dan mein lied wuͤrden enden /
Wan ich mit gnugſamen Vmbſtaͤnden
Wolt dein Lob ſingen gantz vnd gar:
Weil Dir ja kein Held (das ſey gnug)
Der vor Dir in der Cronic ſtehet /
Wie immer gerecht / khuͤn vnd klug /
Tugent vnd thaten halb vorgehet.
Wolan Printz / Held / Mars / der Welt Zier /
O das dich je nichts moͤg betruͤben!
Leb / ſtreit / ſig fort / vnd triumfier /
Das dich himmel vnd erden lieben!
Leb / ſtreit / ſig vnd triumfier fort /
Vnd dan gib deiner thaten fruͤchtenDDem /50Das erſte Buch.
Dem / welcher ſie Dir hilft verꝛichten /
Bewahrend (wie Du thuſt) ſein wort;
Damit Er / welcher in dem ſtreit
Dein fauſt zu ſigen thut regieren /
Moͤg gefaͤlliglich fridens zeit
Vnder ſeinem Volck triumfieren.

Die 6. Ode.

An Herꝛn Craf - ten Grafen von Ho - henloe.

JCh empfind nu in meiner bruſt
Sich eine begird anzuzinden /
Die mich treibet mit groſſem luſt
Ein newes geſang zuerfinden.
Neyd / Vnerfahrenheit / Mißgunſt
Moͤgen außſpeyen was ſie woͤllen /
Haben doch meine ſtim zuſtoͤllen
Sie weder gnug gewalt / noch kunſt:
Deren Tugenten groſſe ehr /Da -51Das erſte Buch.
Davon meine ſaiten erklingen /
Erleuchtet mein gemuͤht ſo ſehr /
Das ich kan muhtiglich fort ſingen.
Ob wol niemand ſo toll vnd grob /
Der nicht wolt deinen namen preiſen /
Kan doch niemand dein hohes lob /
O Hohenloe recht gnug außweiſen:
Darumb ich / durch Apollons glantz
Vnd durch der Muſen gnad belaitet /
Hab mit jhnen fuͤr Dich beraitet
Einen wuͤrdigen Lorboͤr-crantz /
Welcher mit nicht geringerm ſchein
Moͤg vnverwaͤlcklich dein haupt kroͤnen /
Dan deine ſehl vnd leib allein
Die laſterhafte welt beſchoͤnen.
Wan deine thaten vnd weißheit
Zu deinem ruhm nicht gnugſam weren /
Wolt ich deines geſchlechts hochheit
Vermelden / dein lob zuvermehren:
Aber gleich wie ein Circul rund
Vnd volkommen wirt vmb gewendet /
Das Er endloß in ſich ſelbs endet /
Alſo wirt auch ein lob recht kund.
Dan warlich der Voraͤlter preißD ijJhre52Das erſte Buch.
Jhre nach koͤmling nicht vil zieret /
Wa nicht die Tugent gleicher weiß
Sie in jhre fußſtapfen fuͤhret.
Zwar bedarf es ſich auch gar nicht
Deintwegen zu pindariſieren /
Vnd auß einem alten gedicht
Ein newes lob zu diſtillieren:
Dein aigner verdienſt / ſo ſchon lang
Die Goͤtter vnd menſchen erquicket /
Hat die neun ſchweſtern ſelbs begluͤcket
Mit einem wahren lob geſang;
Jn dem deiner Tugenten macht
Vnd anzahl jhr geſicht ergoͤtzet /
Recht wie das Firmament zu nacht
Leuchtet mit ſternen uͤber ſetzet.
Achilles war hoch von ſtatur /
Jn aller kurtzweil wol geuͤbet /
Schoͤn / luſtig / freundlich von Natur /
Vnd von frawen billich geliebet:
Aber wuͤrde man noch wol heut
Einiges wiſſen von jhm tragen /
Wa Er ſich nicht hertzhaft zu wagen
Selbs geworfen het in den ſtreit?
Gar nicht. Sein leib vnd lob zugleichHet -53Das erſte Buch.
Hetten muͤſſen durch tod verblaichen /
Wa Er ſie nicht khuͤn vnd ſigreich
Aufgezaichnet mit rohten zaichen.
Mit ſolcher farb hat deine hand
Den allerſtreitbarſten Soldaten
Jn Vngern vnd in Niderland
Fuͤrgemahlet vil groſſe thaten.
Wie oft hat deine Dapferkeit
Vbermenſchliche werck verꝛichtet /
Vnd deines feinds hoch muht vernichte[t]
Durch ſein verdiente Dienſtbarkeit?
Wievil ſehlen hat deine woͤhr
Auß den ſtoltzen coͤrpern getriben /
Das das feld von der feinden hoͤr
Einer ſchedelſtat gleich gebliben?
Seind nicht die Thonaw vnd der Rhein
Oft roht worden von deinen ſtichen?
Seind nicht ab deiner wafen ſchein
Die dapferſte feind oft verblichen?
Aber / es iſt gar nicht mein will / (Wie es dan auch nicht mein vermoͤgen)
Deine thaten hie außzuloͤgen /
Darumb halt ich nu jetzund ſtill:
Weil auch tauſſent Tugenten mehrD iijDich54Das erſte Buch.
Dich mit verſtand vnd wolſtand zieren /
Vnd billich jhr goͤtliche ehr
Auf meinen ſaitten zu beruͤhren.
Du biſt milt / fuͤr ſichtig / vnd weiß /
An dir iſt kein mangel zu mercken;
Ja / du biſt vnſers alters preiß /
Taugenlich zu worten vnd wercken:
Tugent iſt deine aigenſchaft /
Du biſt vmbſunſt nicht Craft genennet;
Staͤrck dich fuͤr jhre kraft erkennet /
Dapferkeit iſt ohn dich ohn kraft:
Mars wohnet in deinem gemuͤht /
Hoͤflichkeit in deinen geberden /
Amor erfuͤllet dich mit guͤt /
Das dir alle menſchen hold werden.
Darumb hat dich Gots guͤtigkeit
Mit der ſchoͤnen Fuͤrſtin begabet /
Das du durch jhre ſuͤſſigkeit
Werdeſt den Goͤttern gleich erlabet;
Das du in ſtehter lieb vnd ruh
Moͤgeſt dein leben wol verbringen /
Vnd das der welt auß Euch entſpꝛingen
Junge helden / welche wie du /
Durch die kraft jhrer koͤpf vnd haͤndAllen55Das erſte Buch.
Allen widerſtand uͤberwinden /
Das ewers lobs vnd namens end
Vor der welt end nicht zuerfinden.

Die 7. Ode.

Von Eſaia vom Mars / H. von Mont - martin.

Die erſte Strophe.

WAn jhr / goͤtliche Liebelein /
Mir gantz gnaͤdiglich zugeſaget /
Da ich bey ewerm bruͤnnelein
Euch zu begruͤſſen mich gewaget /
Durch meiner Oden ſuͤſſigkeit
Jener thorheit kundbar zumachen /
Welche auß aigenſinnigkeit
Die Teutſche Poeſy verlachen:
So machet nu / O ſuͤſſe ſchar
Jetzmahls ewere Zuſag wahr;
D iiijVnd56Das erſte Buch.
Vnd helfet mir meine wort ſetzen /
Das ſie die Goͤtter ſelbs ergoͤtzen.

Antiſtrophe.

MOntmartin / der halb-goͤtter zier /
Vñ võ dẽ Muſen ſelbs geſchmuͤcket /
Das lob / ſo ich von dir formier
Jſt nicht auß fremb dem ſchmuck geſtuͤcket:
Jch nem dazu auch nicht das lob
Deines Vatters ſo hochgepriſen /
Welcher / Marſchalck / mit khuͤner prob
Seinem koͤnig vil dienſt erwiſen:
Jn dir find ich ein aͤrnd reich gnug /
Davon ich dan mit gutem fug
Zuſamen ſamle diſe fruͤchten /
Dir diſes opfer zuzurichten.

Epod.

ABer einer Nymſen hand
Kan ehe / einen krantz zubinden /
Die ſchoͤnſte blumen außfinden
Jn dem vollen blumenland /
Dan ich / der ich (gantz verfuͤhret
Von deiner Tugenten glantz /
Wel -57Das erſte Buch.
Welcher / wie der ſternen dantz
Den himmel / deine ſehl ziehret)
Zweifelhaftig nicht kan woͤhlen /
Was ich erſtlich ſoll erzoͤhlen.

Die 2. Strophe.

SEitenmahl wan die Mayeſtehe
Der gravitetiſchen geberden /
Welche auf deiner ſtirnen ſteht /
Von mir ſolte geſungen werden;
Dein angeborne freundligkeit /
Damit du jederman gewogen /
Erzaiget jhre wuͤrdigkeit /
Auf das ſie werd herfuͤr gezogen.
Vnd wan ich zuſingen berait
Dein flieſſende wolredenheit /
Will mich alßbald dein wolſtand zwingen /
Seine zierlichkeit vorzuſingen.

Antiſtrophe.

LOb ich dein wiſſenheit vnd lehr /
Was du geſehen vnd er fahren;
Spricht dein verſtand / das ſeine ehr
Vnd treflichkeit hie nicht zuſpahren:
D vWan58Das erſte Buch.
Wan ich den gluͤcklichen fortgang
Deiner werck begehr zuerklingen /
Will deine weißheit / mein geſang
Soll ſie des Gluͤcks vrſach fuͤrbringen /
Welche erwegend aigentlich
All Ort vnd Zeit belaitet dich /
Vnd das Gluͤck / ſolches zuregieren /
Pfleget in dem haupt zu boſieren.

Epod.

DArf dan deiner Hochheit grund
Zuberuͤhren ich mich wagen;
Foͤrcht ich / das ich anzuklagen
Durch deiner Zuͤchtigkeit mund /
Welche vngezwungen ehret /
Vnd gern dienet jedem ſtand /
Alſo den wahren verſtand
Der herꝛen hochheit vnslehret /
Das auch mehr durch gunſt dã prangẽ /
Der menſchen lieb zu erlangen.
Die59Das erſte Buch.

Die 3. Strophe.

FAng ich dan an ein lobgeſang
Von deinem blut auf meinen ſaiten /
Will die Tugent / das ich anfang
An jhr dein lob recht außzuſpraiten;
Als welche allein ohn betrug
Die ſterbliche mit gotheit zieret /
Vnd ſie mit ſchnell-geradem flug
Jn der Goͤtter gemeinſchaft fuͤhret.
Hercules durch jhren beyſtand
Eroͤfnete ſein Vatterland;
Die zwilling auf dem Moͤhrgeehret
Haben durch ſie die ſtern gemehret.

Antiſtrophe.

DJſe hat dich in jhren ſchutz
Genommen alsbald du geboren /
Du deßgleichen der welt zu nutz
Sie fuͤr deinen glaitsman erkoren:
Diſe hat zu meyden die aaß
Des kurtzen wolluſts dich beraittet /
Vnd raiſend auf der engen ſtraß
Durch mehr ſtaͤt vnd laͤnder belaittet /
Dan der Griech an weißheit ſehr groß
(Von60Das erſte Buch.
(Von deſſen zung der honig floß /
Wie die ſchnee fruͤlingszeit zugehen
Von dem gebuͤrg) jemahls geſehen.

Epod.

ALda nu bald nach vnd nach
Was der ſubtil Gꝛiech gedichtet /
Der ſuͤß-ſchwer roͤmer berichtet
Die reich Englaͤndiſche ſprach /
Was die Hochteutſche außlegen /
Der Toſcaner lieblichkeit /
Der Flandern geſchwindigkeit /
Was auch die Spanier waͤgen /
Vnd was vns je zugelaſſen
Deine Jugent wol erfaſſen.

Die 4. Strophe.

ANdere kuͤnſten gleicherweiß /
Welche den adel edel machen /
Seind ſo einig mit deinem fließ /
Das du ruͤhmlich in allen ſachen:
Phæbus / dem du an gaiſt vnd haar
Gleich ſiheſt / hat dir uͤber geben
Die Caſtaliſch geneünte ſchar /
Jhr61Das erſte Buch.
Jhr geſang wider zu beleben;
Vnd du machſt das ich vnderfang /
Der Erſt mit vngezwungnem klang
Die Goͤtter auf Doriſchen ſaiten
Teutſch-lieblich ſpilend auß zubraiten.

Antiſtrophe.

VNd wa laß ich die Dapferkeit /
Dadurch du Mars nit nur võ ſtam̃ẽ /
Sõdern an ſtaͤrck / muht / munderkeit
Ein wahrer Mars an that vnd namen?
Wie oft hat dein ſchroͤckliches ſchwert
Mit Martialiſchen buchſtaben
Deinen namen ſo klar vnd wert
Auf Jberiſche haͤut gegraben?
Alſo das die Cimbriſche Cron
Wolt ſich (zu deiner Tugent lohn /
Vnd jhrem preiß) vmbſunſt bemuͤhen /
Dich deinem Koͤnig zu entziehen.

Epod.

ABer / zarte Liebelein /
Wie geh ich mich zu verlieren?
Kan ich diſes lied volfuͤhren /
Schoͤn -62Das erſte Buch.
Schoͤn-aͤugige Nymfelein?
Ach! vergoͤnnet mir zu weichen
Seiner Tugent buͤrd ſo ſchwer /
Das das gluͤck ſich nimmermehr
Jhrem verdienſt kan vergleichen /
Vnd laſſet mich nu vmb wenden /
Mein lied hipſchlich zu vollenden.

Die 5. Strophe.

VJl tauſent tugenten in dir
(ben /
Sih ich haufenweiß vm̃ mich ſchwe -
Das ich nicht kannach der gebihr
Einer jeden jhre ſtoͤll geben.
Alſo mein Muſa irꝛend vmb
Wie in dem Cretenſiſchen garten /
Findet weder anfang noch trumb
Auf deiner tugenten irꝛfarten.
Was fahr ich dan noch weiters fort /
Das ich mich nicht mach in den port /
Weil es ſich ja nicht will gebuͤhren /
Der Goͤtter ehr zu profanieren?
An -63Das erſte Buch.

Antiſtrophe.

DArumb beſchließ ich meinen mund
Vnd will dir mein hertz uͤbergeben;
Sih / du wirſt es erfinden rund /
Auch der Tugent allein nachſtreben /
Biß einmahl mit vil hoͤherm klang
Jn deiner Lorboͤrcraͤntzen ſchatten
Die Goͤtter ein newes geſang
Von dir zuſingen mir geſtatten;
Wan mir namlich einmahl das Gluͤck
Gibt einen freindlichern anblick /
Vnd von mir all vnruh vnd plagen /
So die armut gibt / wirdt verjagen.

Epod.

WOlan ſo fahr Odelein /
Zu dem / von dẽ du erſchallen /
Sag jhm weil es ſein gefallen
Mir ſo gar freundlich zuſein /
Das ich leichtlich doͤrf ohn grawen
(Zwar frembd / jung / vnd wenig klug)
Zu den himmeln meinen flug
Seiner gunſt fluͤgeln vertrawen /
Fluͤgel / deren glantz belebet
Vnder beeden himmeln ſchwebet.
Die64Das erſte Buch.

Die 8. Ode.

An Benjamin Buwinckhauſen von Walmerode / ꝛc.

Die 1. Strophe.

WAch auf / meine ſehl / es iſt zeit /
Deine ſchuld der welt zu bezeugen;
Es iſt eine ſchand ſtill zuſchweigen /
Wan die nohtdurft die red gebeut.
O Buwinck hauſen / deſſen gunſt
Kan mich nach wunſch von ſorgen freyhen /
Verachte nicht die newe kunſt /
So mir dir neun ſchweſtern verleihen;
Sondern hoͤr mit wie ſuͤſſem klang
Meiner niemahls beruͤhꝛten ſaiten
Jch dein lob in meinem geſang
Will durch die weite welt außſpraiten.
Anti -65Das erſte Buch.

Antiſtrophe.

OBwol der ſuͤß-ſpihlende Got
(laubet
Die zweig ſtehtsgruͤn vnd friſch-be -
Allen abzubrechen erlaubet
Welche nichts fragen nach dem Tod:
Kan doch eines jeden verſtand
Nicht das ſtehts-wehrende trumb finden /
Damit Er moͤg mit wehrter Hand
Den vnver waͤlcklichen crantz binden;
Sondern ſehr klein iſt die anzahl /
(Darunder Jch verhoff zubleiben)
Welche in der Ewigkeit ſahl
Koͤnden einen namen aufſchreiben.

Epod.

DEinen namen nu ſo groß /
Vnd dein lob ſo hoch erhaben /
Will Jch mit einem geſchoß
Tief in die gedechtnus graben:
Vnd wan ja der Muſen kunſt
Nicht gar eytel vnd vmbſunſt /
Soll nicht weniger auf erden /
Dein preiß / deine ehr vnd zier /
Dan ich begehr das von dir
Meine Vers / geliebet werden.
EDie66Das erſte Buch.

Die 2. Strophe.

GLeich wie ein Kaufman / deſſen Sin
Nach anders nichts dan reichthumb
trachtet /
Das er alle arbeit verachtet /
Halb verblindet durch den gewin /
Wan er nach vil muͤh vnd gefahr
Kan das erwuͤnſchte geſtad gruͤſſen /
Vnd numehr mit koͤſtlicher wahr
Seinen geitzigen hunger buͤſſen /
Da in der kleinoten vnzahl
Sein aug vnd gemuͤht ſich bewoͤgen /
Das Er nicht waiſt / arm in der wahl /
Was zu nemen / was weg zuloͤgen.

Antiſtrophe.

ALſo wan meine ſchuldigkeit
Meinen geiſttreibet zuerdichten /
Was dir fuͤr ein werck aufzurichten /
Welches der Jahren fraͤſſigkeit
Mit dem reichen ſchmuck der warheit
Moͤg vnveraͤltlich widerſtehen
Macht deiner Tugenten klarheit
Mit wunder mein geſicht vergehen;
Vnd67Das erſte Buch.
Vnd jemehr ich bedencke mich
Welches lob erſtlich anzuwenden /
Je weniger / forchtſam / waiß ich /
Wa anzufangen vnd zu enden.

Epod.

WAn es ein vortheil ſoll ſein /
Der welt ſeinen alten ſtamen
Zuerzoͤhlen / deſſen ſchein
Schoͤner machet vnſern namen:
Wer zweiflet / das nicht mit recht
Dein fuͤrtrefliches geſchlecht
Seinen Vrſprung zu beweiſen /
Sich ab dem edlen gebluͤt /
Weiſen vnd ſtarcken gemuͤht
Deiner Anherꝛen kan preiſen?

Die 3. Strophe.

ABer ſeiner tugenden prob
Auß ſeiner Vaͤtter grab zuziehen /
Muß ſich allein jener bemuͤhen /
Jn deſſen ſehl kein aigenlob.
Nicht du / der du gantz danckbarlich
Alle gaben von Got empfangen /
Wel[-]68Das erſte Buch.
Welche die Tugent wuͤrdiglich
Kan immer von dem Glück erlangen;
Nicht du / der da niemand den lohn
Seines verdienſts wolteſt verneinen /
Begehreſt / klar gnug / wie der Mohn
Mit entloͤhnetem glantz zuſcheinen.

Antiſtrophe.

WAn die mißgunſt / das arge thier /
Welches jedermans ehr verloͤtzet /
Sein blaiches geſicht auf dich ſetzet /
Vnd dich erfindet ſo voll zier /
Muß es mit zitterender ſehl
Wider ſeinen willen geſtehen /
Das es ſo pur von allem fehl
Keinen andern als dich geſehen:
Ja / ſein giftig vnd weitter rach
Wirt ſchier mit geſaͤuberter zungen /
Vnd mit vngewohnlicher ſprach
Deinleben zu loben gezwungen.

Epod.

JN welches ruͤhmliche land
Kan ſich ein man wol vergehen /
Alda69Das erſte Buch.
Alda Er deinen wolſtand
Vnd namen nicht moͤg verſtehen?
Taub iſt der / deſſen gehoͤr
Die weit-vmb fliegende mehr
Deiner Weißheit nicht vernommen;
Vnd wer da will hoͤflichkeit /
Freundlichkeit vnd zierlichkeit
Sehen / der muß zu dir kommen.

Die 4. Strophe.

WJe oft hat dich dein Vatterland /
Wan du von meinẽ groſſen Pꝛintzen
Jn vil ferꝛ-ligende Provintzen
Wuͤrdiglich wareſt außgeſant /
Zumahl voll trawrigkeit vnd fraid
Mit hail vnd gluͤckwuͤnſchung geehret?
Wiſſend wie dein abweſen ſein laid /
Vnd auch ſeinen nutzen vermehret:
Dieweil deine wolredenheit
Kan an dich lieblich ohn bemuͤhen
Der groͤſten Monarchen hochheit /
Vnd die Sehl durch die ohren ziehen.
E iijDie70Das erſte Buch.

Die 4. Antiſtrophe.

WJe der ſtarcke Thetiſche ſohn
Allerhand Ritterſpihl geliebet /
Vnd ſich taͤglich darin geuͤbet /
Trachtend ſtehts nach der ehren-cron:
Als wolgeſchickt zu rechter zeit
Zu dantzen / ringen / vnd turnieren /
Als vnver gleichlich in dem ſtreit
Vber den feind zu triumfieren:
Alſo hat deiner wafen glantz
Jn ſchimpf den ſig oft weggefuͤhret /
Vnd den ſchwaiſſigen Lorboͤr-crantz
Jn ernſt mit deinem haupt gezieret.

Epod.

ABer der zeit flucht ſo ſchnell
Solt mir ehe dan die red fehlen[;]
So iſt auch dein Nam ſo hell
Das jhn gar nichts kan verhaͤlen:
Vnd der worten uͤberfluß
Jſt gemeinglich voll verdruß.
Darumb will ich nu beſchlieſſen /
Damit nicht was ich gern wolt /
Das dir wolgefallen ſolt /
Dich villeicht moͤchte verdrieſſen.
Die71Das erſte Buch.

Die 5. vnd letzte Strofe.

DEr Zweck / welchen ich mir fuͤrnem /
Darnach begihriglich zuzihlen /
Jſt allein / das ich wuͤnſch zu fihlen /
Das dir diſe gab angenem.
O du / vnder dem ſich mein glück
Vor keinem anſtoß darf befahren /
Laß mir mit einem frewden-blick
Deiner gunſt zaichen widerfahren:
Vnd wan diſes ſo ich dir bring
Dein verlangen nicht ſolt erfuͤllen /
Gedenck / das keine gaab gering /
Wan Sie geſchicht mit reichem willen.

Antiſtrophe.

ALſo wolle der Goͤtter gnad
Dir ſtehts newe guͤter beraiten /
Vnd deinen gang froͤlich belaiten
Ohn ſtrauchlung durch der Tugent pfad[:]
Alſo ſoll dein Nam / lob vnd ehr
Vontag zu tag lieblicher bluͤhen;
Alſo ſoll das gluͤck mehr vnd mehr /
Dem neyd zu trutz / dich herfuͤr ziehen:
Vnd alſo ab deß Vngluͤcksliſt /
Damit die Hohe oft geſchlagen /
E iiijHab72Das erſte Buch.
Hab ſich dein hauß zu keiner friſt
Weder zu foͤrchten / noch zuklagen.

Epod.

VNd wan die gluͤckſeeligkeit
Dich auch ſo hoch ſolt erhoͤhẽ /
Das man dich in herꝛlichkeit
Vnverbeſſerlich kont ſehen:
So ſag ich doch diſes frey /
Wie groß deine wolfahrt ſey /
Das Sie meinem wunſch muß weichẽ;
Vnd das dein ruhm / preiß vnd ehr
(Wie hoch immer) nimmermehr
Deinem verdienſt zuver gleichen.
Die73Das erſte Buch.

Die 9. Ode.

An Georg-E - berhard Horneck von Wein - heim / Obriſten / ꝛc.

ES iſt vnrecht / eine perſon /
Deren thaten jhr lob erweiſen /
Vnd die ſchon traͤgt der Siger-eron /
Jhrem verdienſt nach nicht zupreiſen.
Warumb dan / Horneck / der du dir
Meine Verslaſt gantz wol gefallen /
Laß ich nach ſchuldiger gebuͤhr
Von dir nicht mein geſang erſchallen?
Waͤr mein Vnd anckbare traͤgheit
Nicht billich von dir anzuklagen /
Wa ich nicht ſolt mit der warheit
Deines lobs vnd namens klarheit
Vor der welt zuſingen mich wagen?
Die neun Goͤttinin / deren lehrE vZie[-]74Das erſte Buch.
Zieret jhre diener mit craͤntzen /
Rein zu erhalten jhre Ehr /
Koͤnden nicht wie Dienſtmaͤgd fuchs - ſchwaͤntzen:
Doch ſeind Sie auch ſo gar ſtoltz nicht /
Wie jetz mehrerthails Jungfrawen /
Die mit gefaͤlſchtem angeſicht /
Mit ſawr vnd erhabnen augbrawen /
Mit einem eyßkalten anblick /
Mit ſchimpflichem lachen vnd gaffen /
Einen / welcher (in jhrem ſtrick)
Sie ehret als ſein beſtes glück /
Sie liebet vnd lobet / abſchaffen.
Die Tugent / als die beſte frucht /
So in jhrer ſchul zuerfaſſen /
Macht Sie mit aller laſter flucht
Die Vndanckbarkeit gar ſehr haſſen;
Vnd ein Lehr reiches lob geſang /
Ab deſſen er quickendem klang
Der Goͤtter hertz ſich ſelbs ergoͤtzet /
Dancket denen / welche mit gunſt
Jhnen die Poeten verbinden /
Vnd lobet Sie mit ſolcher kunſt /
Das ſich die Zeit bemuͤht vmb-ſunſt
Jhr ſtehtes lob zu uͤberwinden.
Nu75Das erſte Buch.
Nu verſprich ich dir / vnd gelob / (Will dir es auch ferners ſteif halten)
Daß deiner Tugent ruhm vnd lob
Soll weder ſterben noch veralten:
Dan ich will Sie ſo tief vnd klar
Auf der Ewigkeit tafel etzen /
Das auch das all-freſſende Jahr
Sie niemahls wirt koͤnden verloͤtzen:
Jch will mit ſo getrewem mund (Wan ja die Muſen nicht betriegen)
Machen dei[n]ehr der welt ſo kund /
Das ſie ſich dar ab alle ſtund
Soll / wie du dich ab mir / vernuͤegen.
Gleich wie man in der fuͤnſtern nacht
Das Firmament voll ſtern kan ſehen;
Alſo aller Tugenten pracht
Sihet man nur auf dir beſtehen.
Du biſt recht den Halb-goͤttern gleich
So die Alten ſo hoch geehret;
Amor vnd Mars haben jhr reich
Durch dein geſicht vnd muht vermehret:
Foͤrtigkeit / Hoͤflichkeit / Wolſtand
Haben dein gantz edle ſehl innen /
Daß duleichtlicht in allemlandMit76Das erſte Buch.
Mit lieb oder macht deiner Hand
Der menſchen hertzen kanſt gewinnen.
Das geſtirn / ſo durch ſeine raiß
Taͤglich der gantzen welt muß zinden /
Sicht zwar alles in dem Vmbkraiß /
Kan aber dir niemand gleich finden.
Dein glaub / trew / vnd beſtaͤndigkeit
Seind an purheit nicht zuvergleichen;
So darf auch deine Dapferkeit
Keines Helden dapferkeit weichen:
Vnd deines fruͤlings ſuͤſſe bluſt
Reuchet ſchon ſo lieblich auf erden /
Das das Teutſchland in ſeiner bruſt
Spricht mit wunder vnd hoͤchſtem luſt
Das dein Herbſt gar fruchtreich muͤß wer - den.
Doch / wievil fruͤchten hat es ſchon
Von deiner dapfern fauſt empfangen?
Sicht man nicht einen baum mit wohn
Zumahl voll bluſt vnd fruͤchten hangen?
Alſo biſt du. Dir iſt nicht gnug
Deines Churfuͤrſten hof zuzieren /
Vnd erfahren / beredt / vnd klug
Jn vilen ſprachen zu ſtudierenSon -77Das erſte Buch.
Sondern du zeuchſt hertzhaft hinauß /
Vnd wilt in dem laͤger einkehren
Vil lieber dan in einem hauß /
Da du dan deine feind mit grauß
Was du erlernt pflegeſt zu lehren.
Ein ſchlechtes vnd verzagtes hertz
Foͤrchtet ſich allzeit vor gefahren /
Vnd ſeine forcht / die ſelbs ein ſchmertz /
Kan es ſicher gnug nie bewahren;
Ja / iſt es nicht ein groſſe ſchmach /
Das die / ſo nur zuſterben leben /
So faul von lieb / von muth ſo ſchwach /
Sich nicht doͤrfen dem krieg ergeben?
Ellend iſt der / der durch kleinmuht
Muß lang kranck auf ſeinem beth zagen;
Seelig iſt der / welcher ſein blut /
Seine ruh / ſein leben vnd gut
Fuͤr Gottes ehr in wind darf ſchlagen.
Alſo thuſt du. Jtalia
Wirt ein ſolches all zeit bezeugen;
Niderland / Teutſchland / Jſtria
Koͤnden ſolches auch nicht verſchweigen.
Aber / Wan ich mit hoͤherm thon
Einmahl ſing von dem Potentaten /Der78Das erſte Buch.
Der bekant wie der khuͤn Jaſon (Doch getrewer) durch ſeine thaten;
Alß dan ſoll dein vnd deren preiß /
Die jhm dienen / laͤuter erſchallen;
Hiezwiſchen laß nach deiner weiß /
Horneck / dir diſen ſchlechten fleiß /
Den mein hertz reich macht / nicht miß fal - len.

Die 10. Ode.

Kennzaichen ei - nes Gluͤckſeeligen Le - bens. An Alexandern vom Rueſt / ꝛc.

WJe gluͤckſeelig iſt deſſen leben /
Dem keines andern will gebeut;
Der ohn neyd / miſtgunſt oder ſtreit
Sicht andrer gluͤck fuͤr uͤber ſchweben.
Der79Das erſte Buch.
Der ſelbs ſeine begird regieret /
Deſſen frumb vnd redlicher muth
Jſt ſein beſte ruͤſtung vnd hut;
Deſſen gewiſſen kriumfieret.
Welcher keines geſchrays begehret /
Dem die Warheit die groͤſte kunſt;
Den des Fuͤrſten noch Poͤfels gunſt /
Weder hofnung noch forcht bethoͤret.
Der die Fuchsſchwaͤntzer fort laßt gehen /
Vnd nicht ſpeiſet von ſeinem gut;
Vnd deſſen fall oder armut
Kan ſeine haͤſſer nicht erhoͤhen.
Der ſelbs nicht waiſt / wie uͤbel ſchmuͤrtzet
Des boͤſen lob / des frommen fluch;
Dem ein guter freund oder buch
Seine ſchadloſe zeit verkuͤrtzet.
Deſſen gemuͤht ſich vor nichts ſcheyhet /
Als allzeit ber ait fuͤr den Tod;
Der ernſtlich fruͤh vnd ſpaht zu Got
Mehr vmb gnad / dan vmb guͤter ſchreyhet.
Der80Das erſte Buch.
Der menſch beſorgt ſich keines falles /
Sondern iſt gantz frey / reich vnd groß /
Sein ſelbs Herꝛ / ob Er wol Land-loß /
Vnd habend nichts hat Er doch alles.

Die 11. Ode.

Von des Tods gewißheit vnd der Tu - gent. An Hanß Hartman von Botzheim / ꝛc.

MAn findet nichts vollkommen in der welt /
Wir menſchen ſeind mit ſorgen / pein / vnd plagen /
All ort vnd zeit / in ſtaͤtten / auf dem feld /
Von himmel / luft / moͤhr vnd vns ſelbs ge - ſchlagen:
Ja81Das erſte Buch.
Ja auch der Goͤtter macht
Hat jhr wohnung vollkommen /
Vnd ſeelig nicht gemacht.
Wer hat nicht wargenommen /
Wie Sonn vnd Mohn gemein
Verfuͤnſtern jhren ſchein?
Vnd wie deß himmel zeichen
Oft mangelhaft verblaichen?
Mit wievil angſt / gefahren / muͤh vnd noht
Seind ohn ablaß Wir menſchen vm̃gegeben?
Diſe mit liſt uͤber gibt man dem Tod /
Jener hertzhaft verkrieget ſelbs ſein leben;
Diſer auß vil verdruß /
Vnd[tr]awren will verderben;
Jener erbaͤrmdlich muß
Jn der gefencknus ſterben;
Etlich duͤrſtig nach gut /
Fliehen vor der armut /
Vnd jhren geitz verſincken /
Wan Sie im Moͤhr ertrincken.
Diſe mit gift / waſſer / ſchwert oder ſtrick
Vber ſich ſelbs ſchroͤcklich ein vrthail ſpꝛechẽ /
Vnd roͤttend ſich von zu ſchwerem vnglück /
Zweiflen Sie nicht ſich wider ſich zurechen:FJene82Das erſte Buch.
Jene kommend mit zwang
Jn diſes lebens leyden /
Finden gleich den Außgang /
Vnd andre muͤh vermeyden;
Oder ſich in ihr grab
Ehe ſie einige gaab
Des tags (ſeelig) genieſſen /
Jn muterleib beſchlieſſen.
Der Tod gewiß klopfet mit einem bein
An groſſer Herꝛn wolcken-tragende ſchloͤſſer /
Vnd armer leut ligende hüttelein /
Vnd iſt fuͤr beed weder boͤſer noch beſſer
Den leib ein Tod allein
Mit vnhailbaren plagen /
Vnentflielicher pein /
Vnd vndienſtlichen klagen
Engſtiget tag vnd nacht;
Vnd die ſehl wirt gebracht
Vor Minos / der kein flehen
Pfleget mehr anzuſehen.
Der weg iſt brait in das fuͤnſtere hauß /
Offen die thuͤr / das man ſtets hinein gehet;
Aber widerumb zu entrinnen darauß /
Hierauf das werck / hier auf die muͤh beſtehet. Der83Das erſte Buch.
Der Tugent weg iſt ſchmal /
Mit dornen wol verſchloſſen /
Vnd gering die anzahl
Deren die vnverdroſſen /
Vnd durch der Goͤtter gunſt /
Vnd der Tugent inbrunſt
Von dem poͤfel entzogen
Zu dem geſtirn geflogen.
Der / deſſen hertz mit Tugent armiert iſt /
Gleich wie / Botzheim / dein edles hertz zuſehen /
Der kan deß Gluͤcks zorn / wanckelmuht vnd
Voͤſt wie ein foͤlß / vnzaghaft widerſtehẽ;
(liſt /
Er iſt allzeit forchtloß /
Vor dem ſtrahl vnverblichen /
Weißheit macht ſein hertz groß /
Stehts ſigreich / vnverglichen;
Er / der fuͤr ſeinen lohn
Sucht der Seeligkeit cron /
Nichts Jrꝛdiſchem nachſtrebet /
Vnd ſich ſelbs uͤberlebet.
F ijKlag84Das erſte Buch.

Die 12. Ode.

Klag uͤber die Lieb.

MEin junges hertz durch vnd durch wund /
Ohn hofnung aller hilf vñ gnaden /
Wartet des Tods zu aller ſtund /
Mit mehr pein dan jahren beladen.
Doch die / deren mit ſolcher noht
Ein opfer ich nu muß verbrennen /
Ob Sie ſchon ſihet meinen tod /
Will ſie doch mein laid nicht erkennen.
Sondern gleich wie ein foͤlß dem Moͤhr /
Widerſtehet ſie meinem ſchreyhen /
Vnd ſpoͤꝛret jhr miltes gehoͤr /
Auß forcht ſich jhres zorns zu reyhen.
Ohar -85Das erſte Buch.
Oharte Vngerechtigkeit /
Damit die himmel mich beſchwehren!
Muß ich die / deren grewlichkeit
Mich toͤdtet / anrufen vnd ehren?
Wolan dan / armes hertz / halt ſtill /
Wer kan den Goͤttern widerſtehen?
Sie ziehen den / welcher nicht will /
Vnd laitten den / der gern will gehen.
Meines tods vrſach iſt mein lob /
Groͤſſern ruhm kan ich nicht erwerben;
Vnd das end iſt des maiſters prob /
Darumb will ich mit frewden ſterben.

13.

Vber einen Krantz.

DJſe Roſen in deinem Krantz
Seind roht / wie deiner leftzen glantz /F iijDie86Das erſte Buch.
Die friſche gilgen ſich vergleichen
Deiner zarten vnd glatten hand /
Vnd dasleuchtend guͤldine band
Muß deinem krauß-gelben haar weichen.
Wa nu / hertzlieb / dir witz gnug wer /
Zu verſtehen diſes wercks lehr /
Lieſſeſt du die zeit nicht hingehen
Auß zu junger vnachtſambkeit /
Sondern mit mehr fuͤrſichtigkeit
Wuͤrdeſt du den nachthail vorſehen.
Ein tag iſt der Roſen abgang /
Die Gilgen bluͤhen auch nicht lang /
Vnd deine blum ohn widerkehren
Veraltet / vnd verwaͤlcket ſich /
Wie dan auch diſer goldfad dich
Soll dein bruͤchiges leben lehren.
Warumb biſt du dan ſo feindlich /
Warumb redſt du ſo vnfreundlich /
Warumb thuſt du mich ſtehts betruͤben?
Erbarmſt du dich nicht uͤber mich /
So erbarm dich doch uͤber Dich /
Vnd laß vns nu einander lieben.
Schoͤn -87Das erſte Buch.

14.

Schoͤnheit nicht wehrhaft.

LAßt vns in den garten gehen /
Schoͤnes lieb / damit wir ſehen /
Ob der blumen ehr / die Roß /
So Euch ewre farb gezaiget /
Da Sie heut der Taw aufſchloß /
Jhren pracht noch nicht abnaiget.
Sih doch / von wie wenig ſtunden
Jhr friſcher ſchmuck uͤberwunden /
Wie zu grund ligt all jhr ruhm!
Natur / wie ſolt man dich ehren /
Da du doch ein ſolche bluhm
Kaum einen tag laſſeſt wehren?
Was iſt es dan das jhr fliehet /
Jn dem ewer alter bluͤhet
Von meiner lieb ſuͤſſigkeit? F iiijGenuͤeſ -88Das erſte Buch.
Genuͤeſſet nu ewrer Jahren /
Die zeit würt ewre ſchoͤnheit
Nicht mehr dan diſe blum ſpahren.

15.

Amorbetrogen.

CVp[i]do einmahl ſehr verdroſſen /
Das Er hat ſovil pfeil vmbſunſt
Auf meine Myrta loß-geſchoſſen /
Welche verachtet ſeine kunſt /
Erwoͤhlet jhre zarte ſchoß
Zu wunden ein ſcharpfes geſchoß.
Alſo flog Er bald in den garten /
Da Er dieſelb zu ſein gedacht /
Vnd nemend-wahr von fern der zarten /
Die Jhn in diſe welt gebracht /
Wolan / ſprach Er / Myrta dein blut
Soll jetzt büſſen deinen hoch muht.
Er89Das erſte Buch.
Er ſpannet (vnweiß) ſeinen bogen /
Zihlet nach dem hertzen ohn gnad /
Vnd ſchoß jhn ploͤtzlich loß (betrogen)
Jn ſeiner muter bruſt gerad;
Alſo das ein grewlicher ſchmertz
Vergifftet jhr goͤtliches hertz.
Ach weh! was magſt du wol gedencken /
Sprach Sie / du vndanckbarer knab /
Wie kanſt du ſo toͤdlich bekraͤncken
Die / welche dir das leben gab?
Vnd ſpareſt gleichwol deine macht
Gegen deren die dich verlacht?
Solches das kind ſo ſehr erſchroͤckte /
Das es bald ſeine waͤngelein
Mit haiſſen zehern uͤberdoͤckte /
Vnd ſchryh / Ach! liebes muͤterlein /
Ach! verzeihet mir / ich nam Euch
Fuͤr Myrta / deren Jhr gar gleich.
F vDie90Das erſte Buch.

16.

Beſtaͤhtigung der Lieb.

DAs jhr von vilen ſeit geehret /
Das jhr von vilen werd begehret /
Mag wol wahr ſein:
Das aber jhr andere ſehlen
So ſehr als die meine koͤnt quehlen /
Hat keinen ſchein.
Das vil ſchoͤnheiten hie auf erden
Gelobet vnd verwundert werden /
Mag wol wahr ſein:
Das aber auch eine auß allen
Den Goͤttern moͤg / wie jhr / gefallen /
Hat keinen ſchein.
Das ein jeder / ſo euch erſehen /
Ewern dienſt wolte vnder gehen /
Mag wol wahr ſein:Das91Das erſte Buch.
Das jhr aber moͤcht einen finden /
Den jhr ſo hart als mich koͤnt binden /
Hat keinen ſchein.
Das durch ewere ſuͤſſe ſitten
Jch nicht allein vil muͤh erlitten /
Mag wol wahr ſein:
Das aber darumb andre hertzen
Leiden dem meinen gleiche ſchmertzen /
Hat keinen ſchein.
Das endlich ſolche pein zufliehen
Meine vernunft ſich woll bemuͤhen /
Mag wol wahr ſein:
Das aber von ſo ſchoͤnen haͤnden
Jch mich zu andrer dienſt woll wenden /
Hat keinen ſchein.
Das der Tod allein meine klagen /
Vnd ewern hochmuht werd vertragen /
Mag wol wahr ſein:
Das aber durch ewer belaiden
Mein hertz koͤnde von Euch abſchaiden /
Hat keinen ſchein.
Stum -92Das erſte Buch.

17.

Stummered der Lieb.

WAn zureden vnd ſtill-zu-ſchweigen
Zumahl verhindert vnſer glück /
So laß vns vnſer hertz bezeugen
Durch ſich beſpra chende anblick /
Amor / welchen wir allzeit ehren /
Wirt vns ſolche ſtumme ſprach lehren.
Laß die anblick hin vnd herfliegen /
Getrewe botten deiner gunſt /
Der Neyder torheit zu betriegen /
Toll vnd doͤlpiſch zu diſer kunſt;
Dan Amor / welchen ſie nicht ehren /
Wirt ſie die ſtumme ſprach nicht lehren.
Wan aber diſer blicken fahrt
Auch irgends jemand ſolt verdrieſſen /
So laß vns / nach der Engeln art /
Vns mit den gedancken begruͤſſen:Amor /93Das erſte Buch.
Amor / welchen wir allzeit ehren /
Wirt vns ſolche ſtumme ſprach lehꝛen.
Alſo durch die liſtige kunſt
Wollen wir die ſchwetzer betruͤegen /
Vnd lachend ab jhrer vngunſt /
Vnſre hertzen nach luſt vernuͤegen;
Weil Sie toꝛrecht Amorn nicht ehren /
Wirt Er ſie diſe ſprach niche lehren.

18.

Anacreontiſch. Es iſt vngluͤck zu buhlen vnd nicht zu buhlen.

DEr ſo buhlet ley det vil plag /
Der nicht buhlet findet all tag
Auch muͤh gnug ſein hertz zu verdꝛieſſen:
Aber der hat mehr pein vnd rew /Wel -94Das erſte Buch.
Welcher nach langer lieb vnd trew
Kan ſeiner dienſten nicht genuͤeſſen.
Weißheit / Adel / Tugent vnd Zucht
Bringen zu der Lieb keine frucht /
Den kuͤnſten die leut nichts nachfragen;
Die Jungfrawen jetziger zeit /
Mehrer thails fail / erhoͤben weit
Die / ſo am mehrſten gelt zutragen.
O das der jaͤmerlich verderb /
Vnd ewig ſterb vnd widerſterb /〈…〉〈…〉 lcher das gold erſtlich erfunden! [D]ardurch ſich die nechſte blutsfreund /〈…〉〈…〉 dan natuͤrliche Tods-feind /
Haſſen / durch den geitz uͤberwunden.
Dannenher kommet alle noht /
Verdruß / neyd / zwitracht / krieg vnd Tod /
Trawren / angſt / ſorgen vnd mißtrawen.
Darumb jhr geſellen ſeit weiß /
Euch zu huͤten mit allem fleiß
Vor allen geitzigen Jungfrawen.
Vnbe -95Das erſte Buch.

19.

Vnbeſtãdbꝛingt Vnbeſtand.

SJe / welche ich ſo lang geehret /
Weil ich jhr lieb ſtandhaft gedacht /
Hat durch jhr vntrew jhren pracht /
Meine hofnung vnd frewd zuſtoͤret.
Aber gluͤckſeelig iſt die pein /
Die die buhler lehret weiß ſein.
Sie / die jhre angen zufeuchten
Meinetwegen allein oft ſchwur /
Laſſet ſie / wie ein andre hur /
Moͤniglich zu erdappen leuchten:
Darumb haß ich nu jhren ſchein /
Dan ſchoͤn iſt nicht was zu gemein.
Wie oft hat ſie faͤlſchlich geſchworen /
Das jhr hertz von betrug gantz frey;Aber96Das erſte Buch.
Aber jhre wort / lieb vnd trew
Seind zu mahl in dem wind verlohren;
Vnd jetzund mein ſchlechter verdruß (Jhr groſſe ſchand) iſt meine buß.
Diſer verdruß kan nicht lang wehren /
Weil jhr toꝛrechter wanckelmuht
Folget nach uͤbergebnem gut /
Vnd nach dem verluſt jhrer ehren. Zuſpaht / vnd vmbſunſt iſt die flucht / Wan man behaftet mit der ſucht.
Jch kan zwar / vnd will nicht verneinen /
Das jhr fuͤrtrefliche ſchoͤnheit
Gewan meines hertzens freyheit /
Mit liebkoſen / klagen vnd weinen:
Nu aber ſchaidet meine Rew
Meine lieb von jhrer vntrew.
Jch war jhr hertz / jhr troſt vnd leben /
Sie war die Goͤttin meiner Bruſt;
Jetz hab ich bey jhr keinen luſt /
Will auch jhr keine frewd mehr geben.
Jhr vnbeſtand vnd mein verſtand
Loͤſchen auß Amors ſuͤſſen brand.
Vnd97Das erſte Buch.
Vnd ob ſie ſchon wolt wider ſchwoͤren /
Als ob jhr mein verdruß ſehr laid /
So ſoll mich doch kein newer ayd (Wie hoch vnd ſuͤß Er auch) bethoͤren.
Ein leichtfoͤrtig doppelter fehl
Jſt zu ſchaͤdlich fuͤr leib vnd ſehl.

20.

Klag uͤber die antwort / Jch waiß nicht.

F.
ACh! ſoll dan mein ewiges flehen
Keinen andern bericht /
Dan die toͤdtende wort verſtehen
Jch waiß nicht?
Ach! ſoll ich (mein hoͤchſtes begehren)
Nach meiner wahren lieb vnd klag /
Nach ſolcher zweifelfreyen plag
Allzeit zweifelhafte wort hoͤren?
GWol -98Das erſte Buch.
Wollet jhr dan zu hart mich zwingen /
Mit ſeuftzen vnerdicht
Meinen tag vor nacht zu volbringen?
A.
Jch waiß nicht.
F.
Wiſſet / mein gaiſt kan ſich bemuͤhen /
O mein einige aufenthalt /
Wol durch meiner ſeufzen gewalt
Den leib vnd nicht die lieb zufliehen.
Wie lang ſollen die zehern flieſſen
Vber mein angeſicht
Eh ich eines troſts zugenieſſen?
A.
Jch waiß nicht.
F.
Wiſſet / O himeliſche zaichen /
Schoͤne augen / daß mein verdruß /
Will durch ſtehtigen zeherfluß
Euch oder den Tod ſelbs erwaichen.
Glaubet jhr villeicht das mein bitten
Sey allein ein gedicht
Nach anderer Liebhaber ſitten?
A.
Jch waiß nicht.
F.
Wiſſet / wie niemand kan erwoͤhlen
Ein loͤblichere Dienſtbarkeit /
Das auch niemand jhre rawheit
Dan wer ſie leydet kan er zoͤhlen.
Woͤl -99Das erſte Buch.
Woͤllet jhr ſeufzen / zehern / klagen /
Vnd mein getrewe pflicht (Vnerbitlich) in den Wind ſchlagen?
A.
Jch waiß nicht.
F.
Wiſſet / das zehern / ſeufzen / flehen
Koͤnden ſich veraͤndern in rew:
Aber die wahre lieb vnd trew
Koͤnden ewiglich nicht vergehen.
Wie zweiflet dan / O ſuͤſſes leben /
Ewer weiſes gericht
Mir mit troſt-worten gnad zu geben?
A.
Jch waiß nicht.
F.
Jch waiß / Ewere wort voll frewden /
Jn einem mund ſo ſuͤß vnd rein
Kuͤßreiche Jnwohner zuſein /
Wollen darauß mit nichten ſchaiden.

21.

Von der vorigẽ antwort / Waiß Jch nicht.

G ijWie100Das erſte Buch.
WJe lang ich mich hab zubeklagen /
Vnd wie lang ich hilfloß zu zagen
Waiß ich nicht:
Das aber ich in meinem hertzen
Meine von Euch kommende ſchmertzen
Hoͤchlich liebe / iſt kein gedicht.
Was jhr / mich allzeit zubekraͤncken /
Mit ſtillſchweigen moͤget gedencken /
Waiß ich nicht:
Das aber wie ich Euch erkoren /
Alſo ich auch allein geboren
Euch zu lieben / iſt kein gedicht.
Warumb meine Liebe zu noͤhren /
Jhr meiner pein nicht wollet woͤhren
Waiß ich nicht:
Das aber gar kein ſchmertz zufinden /
Der meine liebe moͤg entgruͤnden /
Vnd verꝛingern / iſt kein gedicht.
Ob Euch andere ſehr zu lieben
Sich mit warhaffter angſt betruͤben /
Waiß ich nicht:
Das ich aber hab keinen gleichen /
Vnd mir alle Liebhaber weichen
An trew vnd lieb / iſt kein gedicht.
Wie /101Das erſte Buch.
Wie / einiger troſt meiner ſehlen /
Jhr mich ſo troſt-loß moͤget quaͤhlen
Waiß ich nicht:
Das ſich aber ſtehts / Euch zu ehren /
Mein ſchmertz vnd lieb zugleich vermehren /
Gelob ich Euch / iſt kein gedicht.
Wan jhr wollet mein laid zuenden
Ewer hertz vnd lieb zu mir wenden /
Waiß ich nicht:
Das ich aber durch lieb muß ſterben /
Wan ich dieſelb nicht kan erwerben /
Gelob ich Euch iſt kein gedicht.

22.

Horatianiſch. Geſpraͤchs weiß.

Φ.

A lang mir dein Hertz war kund /
Das ſein ſuͤſſer Roſen-mund
G iijNie -102Das erſte Buch.
Niemand dan mich wolt erlaben;
War ich ſo ſeelig vnd reich /
Das ich Koͤnig in Franckreich
Zuſein nicht gewuͤnſcht wolt haben.

S.

Als lang ich dir ſo lieb war /
Das meine gelb-krauſe haar
Dich allein hielten gefangen;
Kont mich meinen ſuͤſſen ſtand
Nicht mit der Cron Engelland
Zuvertauſchen je verlangen.

Φ.

All mein gluͤck war / das ich ſah /
Wie dir nichts beſſers geſchah /
Dan dich hertzlich vmb zufangen;
Vnd das kein liebers halßband
Dan meine arm mit wolſtand
Vmb deinen halß konte hangen.

S.

All mein gluͤck war / das ich wußt /
Das dein hertz in keiner bruſt /
Dan in der meinen loſieret;
Biß ich jetz (gleich wol ſpaht) ſpuͤhr /
Daß die ſchwartze Phillis mir
Solches liſtiglich entfuͤhret.
Wie103Das erſte Buch.

Φ.

Wiewol es zwar nicht gar ohn /
Das die Phillis nicht wie rohn /
Vnd an ſchoͤnheit dir mag weichen;
Biſt du doch an freundlichkeit /
Vnd ſuͤſſer holdſeeligkeit
Jhr villeicht nicht zuvergleichen.

S.

Ob es wol nicht ohn mag ſein /
Das ſich Ladon nicht ſo fein /
Vnd wacker als du kan ſtoͤllen;
Jſidoch ſeine ſitſamkeit /
Wie deine geſchwindigkeit /
Villeicht nicht ſo bald zufaͤllen.

Φ.

Obwol a[u]ch die Phillis nicht
Mich[lo]bet in mein geſicht /
Brenn[i]ch doch vmb ſie zu werben;
V[nd]wan ich hoͤr jhr geſang /
Wuͤnſ[ch]ich / damit ſie leb lang /
Das ich[o]ft fuͤr ſie moͤg ſterben.

S.

Obwol auch[d]er Ladon nicht
Durch poe[t]iſches gedicht
G iiijMein104Das erſte Buch.
Mein lob / wie du / kan beleben;
Sitzt Er doch ſo wol zu pferd /
Daß fuͤr jhn / ſo lieb vnd wehrt /
Jch mich in den tod wolt geben.

Φ.

Wie? wan ich ohn heucheley
Mich wider ergib / getrew
Jn deinem dienſt mich zu uͤben /
Vnd keine mehr dan dich preiß;
Wilt du mich nicht gleicherweiß
Wider / vnd jhn nicht mehr lieben?

S.

Wiewol Er ſo hipſch vnd groß /
Wiewol du ſo gedult-loß /
Das dich alle ding verdrieſſen:
Jedoch / wa dir ernſt mit mir /
Wuͤnſch ich mehr nicht dan mit dir
Mein leben gantz zubeſchlieſſen.
Sei -105Das erſte Buch.

23.

Seiner Lieb - ſten lob.

VJl ſchoͤner dan der Sonnen-glantz /
Vil ſuͤſſer dan ein blumen-crantz
Jſt meine Myrta anzuſchawen;
Sie iſt ein tag aller klarheit /
Sie iſt der ruhm aller ſchoͤnheit /
Vnder den lieblichſten Jungfrawen.
Jhre augen ſeind Amors brand /
Jhre ſitten ſeind voll wolſtand /
So iſt jhr leben nichts dan Tugent /
Vnd wie an jhrem leib kein fehl /
So iſt voll ehren jhre ſehl /
Vnd Sie iſt ein wunder der Jugent.
Alſo diſe Sonn / diſe blum /
Diſer tag / diſer ſchoͤnheit ruhm /
Diſe augen / diſe geberden /G vDiſe106Das erſte Buch.
Diſe Tugent vnd diſe Ehr
Machen das ich Sie lieb ſo ſehr /
Das jhr lieb mein leben auff Erden.

24.

Muſicaliſche Lieb.

MEinen gaiſt / muht / ſehl vnd hertz /
Amor mit klag / forcht vnd ſchmertz
Recht componieret;
Jnlaid aͤndert ſich mein ſchertz /
Angſt mit mir accordieret.
Marter iſt mein Muſic-klang /
Ach vnd weh iſt mein geſang /
Gantz ohn pauſieren /
Dan allein das mich oft lang
Amor macht ſuſpirieren.
Lieblich kan es zwar nicht ſein
Einig107Das erſte Buch.
Einig ſingend ſtehts von pein
Nicht zu mutieren;
Aber weil ich ſing allein
Muß ich wol colorieren.
Ach hertzlieb thu doch mit mir (Greiffend den thon nach gebuͤhr)
Nu moderieren;
Vnd alsdan will ich mit dir
Schon tief gnug intonieren.

25.

Von lieben haͤn - den.

ACh gib mir diſe zarte hand /
Damit ich ſie doch gnug moͤg kuͤſſen /
Diſe hand / meiner hofnung pfand /
So mich auß verzweiflung geriſſen;
Darumb gib mir ſie her /
Das ich Sie kuͤß mit ehr.
Wie108Das erſte Buch.
Wie! kuͤſſen diſe hand ſo frech /
So mir mein hertz doͤrfte außreiſſen?
Nein. Es iſt zeit das ich mich rech /
Darumb will ich ſie vilmehr beiſſen /
Damit jhrer vntrew /
Vnd boßheit Sie ſich rew.
Aber / was nutzet doch mein zorn
Wider ſo ſuͤſſe gilg vnd roſen /
Die allein / ſtehts friſch vnd ohn dorn /
Koͤnden meinem hertzen liebkoſen?
Darumb gib mir ſie her /
Das ich Sie kuͤß mit ehr.
Ohand / warumb kuͤß ich dich lang /
Da ich mehr vrſach dich zu haſſen /
Vnd zudrucken mit gleichem zwang /
Als du mein armes hertz erfaſſen!
Damit deiner Vntrew /
Vnd boßheit dich auch rew.
Schoͤne hand / meiner augen waid /
Laß dich meinen zorn nicht betruͤben /
Ob du mir ſchon vil thuſt zulaid /
Muß ich doch deine thaten lieben;
Darumb ſo kom nu her /
Das ich dich kuͤß mit ehr.
Je109Das erſte Buch.
Je mehr ich kuͤß / je mehr dein ſchnee
Mein hertz wunderbarlich anzündet /
Darumb ich billich nu abſteh /
Eh mich dein ſchein gaͤntzlich verblindet /
Das nicht deiner Vntrew
Zu ſpaht vns beede rew.
O das ich (vnſerm verdienſt nach)
Diſer hand lieblichen muhtwillen /
Vnd meines hertzens ſuͤſſe rach
Moͤg vnabloͤßlich kuͤſſend ſtillen!
Vnd Sie wahre rew lehr /
Kuͤſſend Sie mehr vnd mehr!

26.

Abweſenheit.

EBen gleich wie die Erd
Wuͤrt mit finſternus uͤberſpraitet /
Wan Phæbus ſeine pferd
Hat in den Nidergang belaitet:
Alſo iſt mein geſicht verblichen
Dieweil Myrta mein Liebelein /Vnd110Das erſte Buch.
Vnd meines hertzens diebelein
Von Mir hinweg gewichen.
Gleich wie / wan ſich die Son
Abends in jhr Weſthauß verſtoͤcket /
Mit den ſternen der Mohn
Das klare Firmament bedoͤcket:
Alſo bin ich mit laid vmbfaſſen /
Sydher Myrta mein Nymfelein /
Mein troͤſtelein / mein ſchimpfelein
Mich hinder jhr gelaſſen.
Gleich wie Apollons pracht
Mit dem lieblich-froͤlichen morgen
Hinweg-treibet die nacht /
Vnd zumahl die naͤchtliche ſorgen:
Alſo wirt mein ſchmeꝛtz weggenommen /
Alßbald Myrta mein hertzelein /
Mein wohnelein / mein ſchertzelein
Wirt wider zu Mir kommen.
Gleich wie der Sonnen kraft
Alle ding auf Erden ergoͤtzet /
Vnd die gewaͤchs mit ſaft /
Vnd das feld mit blumen beſetzet:
Alſo ſoll ich mehr luſts genuͤeſſen /
Wan mich Myrta mein ſchaͤtzelein /Mein111Das erſte Buch.
Mein hertz-kuͤtzlendes ſchmaͤtzelein /
Wuͤrt mit kuͤſſen begruͤſſen.

27.

Der Lieb vnzaͤh - liche Zahl.

NAch dem die Nymf auß Albion (der From̃keit vnd der Tugent Cron)
Jhrer diener verdienſt erwegen:
Zog Sie jhren Landshuͤrten vor
Den frembdling / welcher Filodor
Genant iſt / ſeiner tugent wegen.
Fieng demnach an (fuͤr ſeine pein
Vnd pure trew danckbar zuſein)
Jhm mit gleicher lieb zubegoͤgnen;
Das Er ſeinen entfreyten ſtand /
Vnd Amors Tyranniſchen brand
Vnd ſtralen nu anfieng zuſegnen.
Alſo jhr beeder ſchertz vnd ſchmertz
Wurd112Das erſte Buch.
Wurd gleich / gleich wurd jhr will vnd hertz /
Zu laid vilen jhren Landts-leuten;
Sie lieben einander ſo ſehr /
Das all jhr ſorg iſt / welches mehr
Das ander lieben kan / zuſtreiten.
Nu einmahl an deß Moͤhrs geſtad
Sprach Er zu jhr / O deren gnad
Vnd lieb mich ewiglich verbinden /
Fuͤr dich hab ich mehr quahl vnd muͤh /
Dan man kan koͤrnlein ſands alhie /
Oder tropfen in dem Moͤhr finden.
Myrta gab jhm hier auf antwort /
Suͤſſe ſehl meiner ſehlen hort /
Jch trag zu dir in meinem hertzen
Mehr lieb dan minuten ein Jahr /
Mehr dan ſtern hat der himmel klar
Leid ich fuͤr dich heimliche ſchmertzen.
Alßdan der huͤrt mit groſſem luſt
Zog diſe wort auß ſeiner bruſt /
Sovil ſuͤſſigkeit laß Vns fuͤhlen /
Wievil blumen zieren das feld;
Vnd wievil laub tragen die waͤld /
So vil laß vns ſchertzen vnd ſpihlen.
Dar -113Das erſte Buch.
Darauf mit ſuͤß-ſchmollendem mund
Sprach Sie zu jhm von hertzengrund;
So laß vns einmuͤhtiglich lieben /
Vnd laß vns nu fuͤr tauſſent pein /
Das die frewd dem laid gleich moͤg ſein /
Mit tauſſent küſſen auch entruͤeben.

28.

Liebliches Ge - ſpraͤch von der Liebe. Myrta vnd Filodor.

M.
FJlodor / ſag mir doch frey /
Liebſt du mich mit wahrer trew?
F.
Ja Myrta / ich lieb dich ſehr /
Vnd ich lieb dich mehr vnd mehr.
M.
Sag mir / wie ſehr liebſt du mich?
F.
Jch lieb dich wie eben dich:
Jch lieb dich mein ſchaͤtzelein /
Wie dich ſelbs mein hertzelein.
HM. Du114Das erſte Buch.
M
Du vernuͤge ſtmich nicht recht;
Antwort mir fein rund vnd ſchlecht.
F.
Die warheit allein ich ſag /
Auf dein zweifelloſe frag.
M.
So ſag mir wie liebſt du mich?
F.
Jch lieb dich / wie eben dich /
Jch lieb dich mein bluͤmelein /
Wie dich ſelbs mein roͤſelein.
M.
Warumb antworteſt du nicht /
Jch lieb dich wie mein geſicht?
F.
Kan mir mein geſicht lieb ſein /
So ein vrſach meiner pein?
M.
Lieber / wie dan liebſt du mich?
F.
Jch lieb dich eben wie dich /
Jch lieb dich mein Nymfelein
Wie dich ſelbs mein Engelein.
M.
Lieber / kein geſpoͤt mehr treib /
Sag wie deine ſehl vnd leib.
F.
Mein armer lieb durch lieb tod /
Hat kein ſehl dan angſt vnd noht.
M.
So ſag ſunſt / wie liebſt du mich?
F.
Jch lieb dich eben wie dich /
Jch lieb dich mein Sehlelein /
Wie dich ſelbs mein troͤſtelein.
M. Sag115Das erſte Buch.
M.
Sag nicht mehr eben wie dich /
Sonder ich lieb dich wie mich.
F.
Jch haß mich in meinem ſin /
Weil ich dir nicht recht lieb bin.
M.
So ſag doch wie liebſt du mich?
F.
Jch lieb dich / wie eben dich /
Jch lieb dich mein liebelein /
Wie dich ſelbs mein lebelein.

29.

Anacreontiſch. Froͤlich zu leben.

WAn ich mit guter geſelſchaft
Vnder vollen glaͤſern geſeſſen /
Macht mich der ſuͤſſe Rebenſaft
Alles laids vnd vnmuhts vergeſſen:
Jch will ſtehts ſpringen an den dantz
Gecroͤnet mit dem Ebhew-crantz.
H ijMein116Das erſte Buch.
Mein hirn erhitzet durch ein glaß
Vermeinet mehr reichthumb zu haben /
Dan Mydas vnd Cræſus beſaß:
Groſſer Herꝛen gunſt vnd gaben /
Dienſt / aͤmpter / gluͤck vnd herꝛlichkeit
Trit ich zu grund als eytelkeit.
Wolan / bring her ein volle Flaſch /
Die ſorg auß meinem kopf zujagen /
Vnd das ich lung vnd leber waſch /
Was hilft es ſich ſelbs vil zuplagen?
Es iſt beſſer zu beth voll wein /
Dan Tod in die bahr gelegt ſein.

30.

Vernuͤeget vnd froͤlich.

HO! laß vns gut geſchirꝛ machen /
Weil wir die gelegenheit /
Laß vns ſingen / ſpringen / lachen /Ohn117Das erſte Buch.
Ohn fuͤrſorg vnd trawrigkeit;
Laß vns ſorg vnd muͤh betriegen /
So vns vnſer frewd bekriegen.
Laß vns erfriſchend purgieren
Alle daͤmpf / ſo vnſer hirn
Mit geitz vnd ehr geitz beſchmieren /
Vnd mit ruͤntzlen vnſer ſtirn /
Vnd die vns den kopf zureiſſen /
Vnd das haar vor der zeit weiſſen.
Laß vns vnverdruͤßlich leben
Recht auf gut Philoſophiſch /
Vnſere ſehl nicht einweben
Melancoliſch wie Stockfiſch /
Sondern fliehen vnd vermeiden /
So vil muͤglich / alles leiden.
Ein gemuͤht / das nach gut trachtet
Verleuͤret ruh / wohn / vnd witz;
Charon / der alles guts achtet
Als einer ſpinadlen ſpitz /
Laſſet ſich weder die bawren
Noch groſſe herꝛen betawren.
Darumb laß vns nu vergeſſen
H iijAller118Das erſte Buch.
Aller ſorg / angſt vnd gedichts /
Froͤlich an dem tiſch geſeſſen /
Vernuͤeget mit vnſerm nichts;
Den ſchedel wir nur zubrechen /
Wan wir gelt zuſamen rechen.
Wan mein Muſa mich gewehret /
Wan ich will der Poeſy /
Jſt das ſo mein hertz begehret
Ohn andere Fantaſy. Ein frey wolvernuͤgtes leben Jſt nicht vmb ein Land zugeben.

31.

Von der Tu - gent / vnd mancher lay Jr - tumben der menſchen.

NEin / Es iſt nicht der Tugent ſchein /
So vns die wahre frewd kan geben /
Sondern die Tugent ſelbs allein
Kan vns machen gluͤckſeelig leben;Die119Das erſte Buch.
Die Tugent ſelbs hat das vermoͤgen
Alle muͤh von vns ab zuloͤgen.
Die Tugent macht den menſchen reich /
Das jhn die armut nie beſchwehret;
Gluͤck vnd Vngluͤck gilt jhm gantz gleich /
Der hagel ſein feld nicht entehret;
Gott jhn mit ſolchem gut belohnet /
Welches allzeit in jhm ſelbs wohnet.
Die Tugent gibt adel vnd ehr /
Wer ſie hat der iſt wolgeboren /
Ob Er wol weder Fuͤrſt noch Herꝛ /
Jſt Er doch von Got außerkohren:
Dan Er uͤber ſein hertz regieret /
Vnd uͤber die welt triumfieret.
Obwol der Natur freye hand
Seine glider nicht wolgeſtaltet /
Wuͤrt der beharꝛliche wolſtand
Seiner ſehlen doch nie veraltet:
Soll man nu wegen guter lehren
Den hut oder das haupt mehr ehren?
Leibsgeſundheit iſt eine gaab /
Damit vns die Natur erlabet;H iiijAber120Das erſte Buch.
Aber beſſer iſt deſſen haab /
Der mit geſunder Sehl begabet /
Welche kein zufall kan erſchroͤcken /
Bekraͤncken / ſchwaͤchen noch befloͤcken.
Was hilft es / das in meinem hirn
Der Zenon vnd Platon ſelbs ſtecket;
Das witzig ſcheinet meine ſtirn /
Vnd mein mund ſtehts von Weißheit gecket:
Wan in der Einfaͤltigen ſehlen
Sich die Tugent pflegt zuverhaͤlen?
Was hilft es das ich geb bericht
Von allem / was jemahls geweſen;
Das ich die kunſt-reiche gedicht
Aller Poeten wol geleſen:
Wan Sie durch jhr liebliches liegen (Mein zeit verkuͤrtzend) mich betriegen?
Was hilft es / das Gemaͤhld / Geſang /
Die Zahl vnd Maaß wol zuverſtehen;
Der Sternen lauf / der Welt fortgang /
Vnd alle Laͤnder zubeſehen:
Wan in ſich ſelbs mein hertz (verblindet)
Kein zihl / maaß / zahl / noch regul findet?
Was121Das erſte Buch.
Was hilft es / andern Raht / Artzney /
Oder mein Reden zuverkauffen;
Jn frembde Land vmb ſpetzerey /
Oder khuͤn dem Krieg zu-zulauffen:
(get /
Wan mich kranckheit vnd zanck ſelbs pla -
Vnd mir der Tod allzeit nachjaget?
Was hilft es mich / blind / taub / vnd ſtum
An groſſer Herꝛen hoͤf zu wohnen /
Vnd durch Geſundheit vnd Willkum
Weder gaiſts noch leibs zu verſchonen /
Erlangend nichts mit muͤh vnd ſorgen /
Dan villeicht einen guten morgen?
Jſt es nicht fein / eh man guts thut
Sich bitten vnd ſchmieren zulaſſen /
Mit krum-auf genagletem hut
Sich braiter machen dan dan die gaſſen;
Vnd mit ſawr-erhabnen augbrawen
Den der beſſer iſt ſchlim anſchawen?
Jſt es nicht ein feine mißgunſt /
Das die / ſo ſunſt die kuͤnſten fliehen /
Hochgeſtigen durch des gelts kunſt
Die laitter nach jhnen aufziehen /H vDamit122Das Erſte Buch.
Damit die / deren werck bezeugen
Jhre verdienſt / nicht hin-nach ſteigen?
Jſt es nicht artlich / andre leut
Wollen der Seeligkeit berauben /
Vnd doch ſelbs nicht wiſſen den ſtreit /
Noch was / wie vnd warumb zu glauben?
Artlich iſt es / andre zu ſchmaͤhen
Vnd ſeine aigne fehl nicht ſehen.
Es iſt gar hoͤflich / ſeine ſprach
Mit frembden worten zu parlieren /
Vnd ſie mit eines andern ſchmach /
Mit fluchen vnd boſſen zuzieren;
Von ſpihlen / ſchlimmen / ſtechen / ſchlagen /
Huren / hetzen / baitzen zuſagen.
Lieblich iſt es / das arme leut
Sich vor dir naigen zu der erden:
Statlich iſt es / in kurtzer zeit
Bey ſeinem dienſt gar reich zu werden /
Vnd doch noch dolle wort außgieſſen /
Wie man dabey muͤß vil einbuͤeſſen.
Es iſt fein / das ein frembdling ſich
Kan in ein gutes hauß einniſten /Vnd123Das erſte Buch.
Vnd mit dem fuchsſchwantz liſtiglich
Wol auß butzet andrer leut kuͤſten;
Vnd dan / als ein ſubtiler ſpoͤtter /
Ruͤhmet die Goͤtter ſeine voͤtter.
Es iſt herꝛlich / ein reiches weib (Wie Sie ſunſt ſein mag) zu erdappen;
Vnd dann bey jhr in ſtehtem keib
Leben vnder der Narꝛen-kappen:
Oder ein jungfraw-Baß zufreyhen /
Damit die Herꝛen guͤnſtig ſeyen.
Es iſt kuͤnſtlich / wan einer kan
Vil guts zu nichts verdiſtillieren:
Es iſt treflich / mit jederman
Von jedem ding zu diſputieren:
Sich in gutem gluͤck zu erfrewen /
Vnd ſich ſelbs weiß zuſein beſchrayhen.
Nein. Der bemuͤhet ſich vmb ſunſt
Ein wahres vernuͤgen zufinden / (Er ſey gleich wie Er woͤll voll kunſt)
Der ſich ſelbs nicht kan uͤberwinden;
Vnd der ſein frewd vnd ſein vernuͤgen
Auſſerhalb Sich ſelbs will erkriegen.
Dan124Das erſte Buch.
Dan es ja nicht der Tugent ſchein /
So vns die wahre frewd kan geben;
Sonder die Tugent ſelbs allein
Kan Vns machen gluͤckſeelig leben:
Sie ſelbs / die Sich einig verbindet
Mit der Gotsforcht / ſtehts uͤberwindet.

32.

Anacreontiſch. Reichthumb vermag nichts wider den Tod.

WAn Vns ja das gold vnd gelt
Jn der welt
Vor des Tods gewalt kont friſten:
So ſolt man begihriglich
Vnd billich
Schaͤtz einſamlen in die kuͤſten.
Damit in dem fall der noht
Man den Tod
Vmb das leben moͤcht beſtechen /Das125Das erſte Buch.
Das Er nach empfangner Sum
Vnſer Trum
Nicht mehr moͤrdriſch doͤrft abbrechen.
Weil aber des lebens lauf
Garkein kauf /
Kein geſchenck / noch gold kan ſtoͤllen;
Was hilft es mit groſſer muͤh
Stehts alhie
Vil guts einſamlen zu woͤllen.
Beſſer iſt es der Weißheit /
Vnd Warheit
Sich gefliſſen zu ergeben /
So vns eh kan dan das gelt
Jn der welt
Nach dem Tod wider beleben.

Ende deß erſten Buchs.

[126]

Etliche faͤhl ſo uͤberſehen worden.

  • Jn dem 18. blat der 15. Lini / fuͤr vor liſe Von. 22. lin. 21 fuͤr macht liſe nacht. 58. liſe den 8. vers alſo / Pfleget in dein Haupt zu loſieren. 74. den 5. vers liſe: Wie jetz mehrerthails die Jungfrawen. Eben in demſelbi - gen blat nach dem 17. vers / vnd ein lehr-reiches lob - geſang / Jſt diſer gantze außgelaſſen 2 Mit muͤh vnd zier recht außgeſetzet. 77. vers 12. liſe leib fuͤr lieb. 93. vers 8. liſe nicht.

Was uͤbrig were / wuͤrt der leſer ſelbs wiſſen zu corrigieren.

[127]

Stutgardt /

[figure]

Getruckt bey Johan-Weyrich Roͤßlin / Jm Jahr 1618.

[128]
[129][130][131][132][133][134]

About this transcription

TextOden vnd Gesäng
Author Georg Rodolf Weckherlin
Extent138 images; 13042 tokens; 3898 types; 85898 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationOden vnd Gesäng Das Erste Buch Georg Rodolf Weckherlin. . 125 S., [1] Bl. : Kupfert. RösslinStuttgart1618.

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Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz SBB-PK, Yh 8781-1/2

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationBelletristik; Lyrik; Belletristik; Lyrik; core; ready; china

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