PRIMS Full-text transcription (HTML)
Der Jugend Zeit vertreib Zittau Jn verlegung Johann Chriſtoph Miethens
Zittauiſches THEATRUM
Wie ſolches Anno M DC LXXXII. præſentiret worden / Beſtehende in drey unterſchiedenen Spielen. 1. Von Jacobs doppelter Heyrath. 2. Von dem Neapolitaniſchen Re - bellen MASANIELLO. 3. Jn einer Parodie eines neuen Peter Sqvenzes von lautern Abſur - dis Comicis.
Zittau/Jn verlegung Johann Chriſtoph Miethens / Druckts Michael Hartmann /1683.

Denen Hoch-Edelgebohrnen Herren Hrn. Beorge Herman von Schweinitz / Herrn auf Ober - und Nieder-Crain / und Rudelsdorff. Hrn. Hanß Chriſtoph von Schweinitz / Herrn auf Wieſen - thal / Ludwigs-Frieders-Ru - delsdorff und Gießhuͤbel. Hrn. Heinrich Wilhelm von Panewitz / Herrn auf Peterwitz. Meinen allerſeits Hochgeſchaͤtzten Patronen /

)? (2

DIe Schau-Spiele / welche ſich vor kurtzer Zeit auf einer dun - ckelen Buͤhne / bey ſchwachen Lichtern prœſentiret haben / wollen numehr auch an dem hellen Tage - Lichte geſehen werden. Und alſo wuͤnſchen ſie nochmahls dieſelben Zuſchauer / derer Anweſenheit auch die geringen Erfindungen koſtbar ge - macht hat. Es mag ſeyn daß die Liebe gegen die intereſſiren den Anver - wandten kraͤftiger geweſen iſt / als die Sache / welche gemeiniglich zur un - gluͤckſeligen Stunde / das iſt / mitten in der Unruhe / und bey andern Ver - richtungen nicht erdacht / ſondern ge - ſchrieben wird. Allein ich darf mich der allgemeinen Gewohnheit bedie -nen /nen / da man ſeinem ſelbeigenen Vor - theil niemahls ableget: Und ich wil mir die ſtoltze Einbildung nicht mißgoͤnnen / als waͤre ſolches ge - ſchehen / einige Vornehme Affection gegen mich / als einen geringen Die - ner zu conteſtiren. Endlich bin ich in dem verſichert / daß Gelehrte / und Adelichen Qvalitaͤten zugethane Perſonen / dieſes Werck allerdings nicht verwerffen koͤnnen / darbey die Adeliche Jugend zu eineꝛ geziemenden hardieſſe aufgemuntert / hiernebenſt auch zu einer curieuſen Betrachtung Menſchlicher und Politiſcher Bege - benheiten angefuͤhret wird. Die Schule iſt ein ſchattichter Ort / da man dem rechten Lichte gar ſelten nahe koͤmt. Indeſſen darf ſich der Schat - ten mit einigen Vorſpielen beluſtigen / darbey man des Lichtes nach und nach zu gewohnen pfleget. Ich haͤt - te bald geſaget / das Studieren koͤnne)? (3beybey manchen Gemuͤthern einen Eckel erwecken / wenn die Buͤcher ſelbſt mit dergleichen gelehrter Annehmligkeit nicht recom̃endiret werden. Uber dieß wie koͤnte ich einen zukuͤnfftigen Ca - vallier von meiner Hand wegziehen laſſen / wenn er zwar das Gemuͤ - the mit Lateiniſchen Gedancken / hin - gegen aber die Zunge mit keiner an - ſtaͤndigen Beredſamkeit / viel weni - ger das Geſichte und den Leib zu keiner Leutſeligen Mine diſponirt haͤtte? Ja weil das Menſchliche Leben an ſich ſelbſt einer immerwaͤhrenden Comoͤ - die vergliechen wird / ſo kan ich nicht beſſer thun / als wenn ich die Par - theyen bey guter Zeit abzuſchreiben gebe / welche ſie anitzo in Kurtzweil verſuchen / bald aber im Ernſte vor die Hand nehmen ſollen.

Meine Hochgeneigte Patronen laſſen ſich die Weitlaͤufftigkeit nicht mißfallen / in dem ich einer Sachedasdas Wort rede / welche von hohen und rechtſchaffenen Gemuͤthern nie - mahls verdammet wird. Ihre bey - wohnende Tugend iſt mir ſo bekand / daß ich dem gegenwaͤrtigen Papiere keinen ungluͤcklichen Anblick prophe - zeyen darf. Und jemehr ich in der juͤngſten Reiſe durch das redliche / und GOtt gebe lange Zeit geſegnete Schleſien / zu dieſen Concepte bin veranlaſſet worden / deſto begieriger muß ich ſeyn / alle Gelegenheit zu er - greiffen / darinn meine auffwartſame Danckbarkeit moͤchte / wo nicht er - wieſen / gleichwohl in der Sehnſucht bezeuget werden. Gehet demnach der inbruͤnſtige Wunſch zu dem hoͤch - ſten Urheber aller Hochadelicher und Ritterlicher Tugenden / es wolle der - ſelbe an dero allerſeits Preißwuͤrdig - ſten Perſonen ein vollkommenes E - xempel der Menſchlichen Gluͤckſelig - keit ſehen laſſen / auch dero Hoͤchſt -)? (4ge -geliebte Familien mit ſolchen Wachs - thum erhoͤhen / als dero eig[e]ner Wunſch / und die gegenwaͤrtige Zeit vertragen kan. Und in dem ich durch die Abſtattung dieſer Pietät wuͤnſche recom̃endirt zu ſeyn / uͤbergebe ich dieſe wenige Arbeit zu nochmahliger Guͤ - tigkeit / und nehme im uͤbrigen / auch ehe die Reſolution Ihres vornehmen Ortes erfolgen kan / mir die beſtaͤn - dige Kuͤhnheit Lebenslang zu heiſſen

E. E. E. Hoch-Adl. Herꝛligk. Zittau den 1. Octobr. 1682. Zu allen Dienſten ergebenſter Chriſtian Weiſe.

Erſtes Luſt-Spiel / Von Jacobs doppelter Heyrath / gehalten den 10. Febr. 1682.

Innhalt.

JAcob / Iſaacs des Ertzvaters Sohn / hat ſich bey ſeinem Vetter Laban mit der Be - dingung in Dienſte eingelaſſen / daß jhm die juͤngſte und ſchoͤnſte Tochter Rahel nach ſieben Jahren moͤchte beygeleget werden. Allein weil die aͤltere Tochter Lea mit jhren klaͤglichen Bit - ten darzwiſchen koͤm̃t; Weil ſich auch ein Sy - riſcher Printz bey Labans Kindern / als Rahels Liebhaber / angiebt; ſo wird die Hochzeit zwar angefangen / doch auf den Abend wird Lea / an jh - rer Schweſter ſtat / dem Braͤutigam beygeleget. Aufden Morgen entſteht eine wunderliche Con - fuſion, daß auch Jacob die Flucht nehmen wil. Laban reſolvirt ſich dem Fluͤchtigen nach zuja - gen. Indeſſen erſcheint dem Jacob ein Engel / und verhindert die Flucht ſo weit / biß jhm die andere Schweſter zugleich verſprochen / und in Anſehung eines nochmahligen ſiebenjaͤhrigen Dienſtes beygeleget wird. Alſo vergnuͤget ſich Printz Kemuel mit einer andern Schaͤfferin / und hat die gedoppelte Heyrath einen angeneh - men Außgang.

Per -

Perſonen. An ſtatt des Vorredners.

  • 1. Jedida) zwey Schaͤfferinnen.
  • 2. Achſa)
  • 3. Lamuel) zwey Schaͤffer.
  • 4. Daniel) Engel.
  • 5. Raphael.
  • 6.)
  • 7.)
  • 8. Engel)
  • 9.)
  • 10.)
  • 11.)
  • 12. Laban ein reicher Herr in Haran.
  • 13. Lothan) deſſen Soͤhne.
  • 14. Meres)
  • 15. Lea) deſſen Toͤchter.
  • 16. Rahel)
  • 17. Silpa der Lea Auffwaͤrterin.
  • 18. Bilha der Rahel Auffwaͤrterin.
  • 19. Peninna der Rahel Freundin / hernach Ke - muels Liebſte.
  • 20. Debora der Rahel Amme.
  • 21. Bildad) Labans Nachbarn.
  • 22. Darkon.)
  • 23. Jacob, Labans Vetter und Ober-Ver - walter.
  • 24. Eli -
  • 24. Elidab Unter-Verwalter.
  • 25. Haniel Jacobs Freund.
  • 26. Ebed)
  • 27. Amal) drey ſingende Scháffer.
  • 28. Regu)
  • 29.)
  • 30. ) Singende Schaͤfferinnen.
  • 31.)
  • 32.)
  • 33. Epha eine Schaͤfferin.
  • 34. Kemuel ein Printz aus Syrien in Schaͤf - fer-Habit.
  • 35. Barak, Kemuels Feld-Herr.
  • 36. Ahiman deſſen Hofemeiſter.
  • 37. Haſo Labans luſtiger Schaff-Knecht.
  • 38. Moph Kemuels luſtiger Diener.
  • 39. Boker Ein Mund-Koch.
  • 40. Sebub ein Zauberer.
  • 41. Esbon) Bauren.
  • 42. Gared)
  • 43. Put)
  • 44. Reba) Ihre Weiber.
  • 45. Marcala)
  • 46. Helba)
  • 47.)
  • 48. ) Singende Bauer-Maͤgde.
  • 48.)
  • 50. Etliche ſtumme Bauren.
Die

Die Muſic beſtehet mehrentheils in Pau - cken und Schalmeyen / weil das gantze Spiel eine Schaͤfferey abbilden ſol.

Was auch von Schaͤfern und Engeln deswegen eingemiſchet iſt / daß rechtſchaffene Leute jhre kleine Kinder darbey wiſſen und an - ſehen moͤgen / daß kan nach Belieben ohne Ab - gang einiger Action ausgelaſſen werden. Ja weme es an Perſonen ermangeln moͤchte / der koͤnte in der mitten manche Scene weniger ma - chen. Wie es in den beſten Muſicken herge - het / da bißweilen etliche Stimmen ſtille ſchwei - gen. Wer die Kunſt verſteht / dem iſt leicht zu rathen. G. B.

NB.

NB.

Ob man wol wegen der Druckfehler etwas haͤtte erinnern ſollen / ſo werden doch die meiſten von einem auffwachtſamen Leſer zu ver - beſſern ſeyn. Auſſer ein einziges iſt im Bogen B. am Ende pag. 32. eingeſchlichen / da etliche Zeilen dergeſtalt muͤſſen Supliret werden: Wenn alle Jungfern an den Freyern verzweifeln wolten / welche ſich biß - weilen von ruhmraͤthigen Perſonen muͤſſen bereden laſſen / ſo wuͤrde bey dem Frauen-Zimmer die Freude ſel - tzam ſeyn. Und hierauf koͤmt zu Anfang des Bogens C. Labans Antwort.

[figure]
[1]

Vorſpiel. Jedida, Achſa, Lamuel, Daniel.

Jed.

HIer oͤffnet ſich der Platz / hier zeiget ſich die Stelle /

Da Jacob lehren ſoll / durch was vor Ungluͤcks-Faͤlle

Die Tugend dringen muß. Ihr lieben ſteht uns bey /

Der beſte Schaͤffer macht die beſte Schaͤfferey.

Lam.

Ach Schweſter ſollen wir von Jacobs Tugend ſpie - len /

So muͤſſen wir zugleich deſſelben Flammen fuͤhlen.

Es iſt wohl leicht gethan / daß man den Mund be - wegt /

Und einen lauten Schall vor tapffre Leute traͤgt:

Allein wo ſteckt die Macht? wer nicht mit klugen Spruͤchen

Auf hohe Sachen zielt / der mag ſich bald verkrie - (chen.

Ach.

Es iſt einmahl geſchehn. Der Anfang iſt gemacht /

Und wo man ſtille ſchweigt ſowird man ausgelacht.

Jed.

Die Heyden wollen ſonſt mit jhren Schaͤfern pran - gen /

Wils GOtt / wir koͤnnen auch daſſelbe Lob erlangen.

AEin[2]

Ein Chriſte ſchaue nur die Patriarchen an /

Die haben jhrer Pflicht als Schaͤffer gnung gethan

Lam.

Was nach der Bibel ſchmeckt / das muß auch wohl belieben;

Denn dieſe Feder hat aus Gottes Krafft geſchrieben.

Drum wer von Jacob lernt / der ſchickt ſich in die Welt /

Doch alſo / daß er auch dem Himmel wohl gefaͤlt.

Jed.

Wohlan wir ſind bereit das Schau-Spiel außzu - ruffen /

Die Baͤncke ſind erfuͤllt / die hocherhabnen Stuffen

Erſcheinen ziemlich voll. Der Hoͤchſte ſey gelobt /

Daß weder Krieg noch Todt in unſern Mauern tobt.

So koͤnnen wir den Platz zu rechter Zeit betreten

Und mitten in der Luſt vor unſer Zittau beten:

Es fehlt nicht an der Schaar die ſich zuſchauen giebt

Noch minder an der Gunſt der ſolches Thun beliebt.

Ach.

Ein ſchwartzes Trauer Jahr hat uns den Orth verſchloſſen:

Doch iſt die ſtille Friſt ſo gluͤcklich hin gefloſſen /

Daß auch das Schaͤfer-Volck in dieſem Lande

ſchreyt:

GOtt lob der neue Printz giebt neue Froͤligkeit!

Jed. [3]
Jed.

Ach ja / wir zweifeln nicht an der gewuͤnſchten Guͤte

Derhalben ſeyd getroſt: wir pruͤfen das Gemuͤhe

An jhrer Gegenwart. Sie ſind uns zugethan /

Und alſo friſchen Sie die Muſen ferner an.

Lam.

Es bliebet wohl gewiß / die Muſen koͤnnen ſpielen /

Weil ſie von ſolcher Gunſt das Leben gleichſam fuͤhlen.

Wie ſind die Augen doch auf dieſen Platz gericht!

So iſt der Anfang gut / ſo wanckt das Ende nicht.

Ach.

Seht unſern Jacob an / wie er die Tugend ehret;

Jed.

Und wie das Gluͤcke nichts an ſeiner Luſt verſehres.

Ach.

Die Welt verſucht jhn zwar durch unverdiente Liſt;

Jed.

Doch endlich ſiehet man wer GOtt am liebſten iſt.

Ach.

Der Laban iſt bemuͤht den Vetter zubetriegen /

Jed.

Und eben der Betrug befoͤrdert ſein Vergnuͤgen.

Ach.

Indem jhn Lea faͤngt / ſo wird er ſchlim beruͤckt.

Jed.

Und ſchleunig wird er auch in Rahels Gunſt erqvickt.

Ach.

Ach bey der erſten Braut ſchien aller Troſt verloh - ren.

Jed. [4]
Jed.

Und aus derſelben Stam̃ ward CHriſtus noch ge - bohren.

Ach.

Hat Rahel in der Welt im Lieben mehr gethan /

Jed.

So ſitzet Lea doch im Himmel oben an.

Ach.

Ein rechtes Wunderwerck! Was from̃e Schaͤfer leiden.

Jed.

So muß ein bloͤdes Schaf in bittern Kꝛaute weiden.

Ach.

Ein neues Wunderwerck / weñ Tugend uͤberwind’t /

Jed.

Und wenn das frohe Schaf die ſuͤſſe Weide find’t.

Lam.

Die Sache lobet ſich. Ihr hochgeſchaͤtzten Gaͤſte /

Bleibt guͤnſtig wie jhr ſeyd / ſonſt fehlet noch das Beſte:

Wir ſtellen unſern Fleiß mit manchem Fehler ein /

Weil wir im Spielen nicht Comoͤdianten ſeyn.

Die Ubung geht zur Luſt / man ſieht und thut es ſelten /

Und alſo wollen wir deswegen nichts entgelten.

Wo niemand unter uns einmahl im Ampte fehlt /

So wird ein Fehltrit hier vergebens nach gezehlt.

Ach.

Ach ja / wer niemahls fehlt / der ſey vor ſich ein

Meiſter /Jed. [5]
Jed.

Doch dieſes Handwerck ſteht nicht vor beruͤhmte Geiſter.

Ach.

Der Zucker iſt beliebt / wo man jhn maͤßig ſtreu[t :]

Jed.

Allein der Uberfluß verdeckt die Suͤßigkeit.

Ach.

Hier iſt kein ſtoltzer Klang / wir ſpielen auf Schall - meyen.

Jed.

Und gleichwohl kan das Volck ſich bey dem Klan - ge freuen.

Ach.

Das ſchlechte Paucken-Spiel ſtimt in die Pfeif - fen ein /

Jed.

Indeſſen darff die Luſt nicht unvollkommen ſeyn.

O ſelig wer das Feld in Sicherheit bewohnet /

Dem GOtt vor ſeinen Fleiß mit ſolcher Freude lohnet.

Diß iſt ein ſchoͤner Stand / man lobe was man wil.

Von einer Compagnie im Gruͤnen halt ich viel.

A 3Ach6Jacobs
Lam.

Ach meine Rahel koͤmt / ich kenne ſie von weiten /

Sie zwinget jhren Thon in ungezwungne Seyten.

Ihr Schweſtern folget nach! weil Sie uns gerne ſieht /

So goͤnne Sie uns auch ein ſuͤſſes Schaͤffer-Lied.

Dan.
Ich armes Kind ich bin zu klein /
Ich treibe wenig Laͤmmer ein /
Und doch wil ich ein Schaͤfer ſeyn.

Erſter Handlung

Erſter Aufftrit.

(Die mittelſte Scene eroͤffnet ſich / Rahel und das Chorder Schaͤferinnen ſinget folgen - des.)
I.
LAcht uns an jhr ſchoͤnen Wieſen /
Weil die Zeit mit Blumen ſpielt:
Lacht uns an / biß jhr nach dieſen
Neben uns den Winter fuͤhlt.
Ach freylich die Felder beginnen zu lachen /
Da lebet und liebet die gantze Natur:
Weil Kraͤuter und Thiere was luſtiges machen /
So finden wir Nympfen die froͤliche Spur.
II. Seht7Heyrath.
II.
Seht die Blumen in der Jugend
Und in jhren Wachsthum an:
Ach ſo wird mit keuſcher Tugend
Dieſe Schoͤnheit nachgethan.
Ein ſandiger Boden wird ſelten erwehlet /
Da weder Violen noch Lilien ſtehn.
Wo Keuſchheit Tugend der Schaͤferin fehlet /
Da werden wir langſam die Hochzeit begehn.
III.
Nun wolan der Himmel gebe
Luſt zu dieſer Schaͤferey:
Daß die ſchoͤnſte froͤlich lebe
Und zur Braut die naͤchſte ſey.
GOtt gebe nur Segen / wir folgen den Reihen
Und bleiben in deſſen in Hoffnung verliebt /
Biß unſere Wuͤnſche zum Wercke gedeyen /
Daß etwan ein Schaͤfer ſich willig ergiebt.

Erſter Handlung

Anderer Aufftrit.

Jacob, Rahel. (Welche die andern Schaͤ - ferinnen in der mittelſten Scene hin - terlaͤſt.)
Jac.

MEin Kind was habe ich vor eine gluͤckſelige Stunde angetroffen / darinn ich meine Hoff -A 4nung8Jacobsnung bey den anmuthigſten Liedern beluſtigen kan.

Rah.

Es iſt mein taͤglicher Gebrauch / daß ich meine freye Stunden mit ſingen zubringe / weil mir das Gluͤcke ſolche Geſpielen beſcheret / die ſich zu der gleichen Zeit Vertreib nicht lange bitten laſſen.

Jac.

Warum bin ich aber in 7. Jahren ſo un - gluͤcklich geweſen / daß ich dergleichen anmuthige Lieder nicht gehoͤret habe?

Rah.

Mein Jacob nahm ſich ſeines Beruffes und ſeiner Feld-Arbeit gar zu emſig an; wer ſich im gantzen Jahr keine muͤßige Stunde goͤnnet / der wird ein geringes Chor von ſolchen Schaͤffermaͤgd - gen langſam anhoͤren.

Jac.

Ich laſſe mir das Urtheil gefallen; Iſt es wahr / daß ich in meinem Amte nichts verſaͤumet habe / ſo wird Laban nunmehro bekennen muͤſſen / daß ich meine geliebteſte Rahel mit Recht Ehren verdienet habe.

Rah.

Der Herr Vater hat ein Wort geſpro - chen / es ſtehet bey jhm / wenn er die Vollziehung wil ergehen laſſen.

Jac.

Mein Engel ich nehme mich einer Kuͤhnheit an / welche nun ſieben gantzer Jahr durch das Band einer bloͤden Furchtſamkeit iſt zu ruͤck getrieben wor - den. Ich habe gedienet / und ſo hefftig die Liebe nach dem Ausgange des angeſetzten Zieles ſeuffze - te / ſo wenig hat ſich mein Auge nur einmahl ge - waget / einen offenbahren Blick dahin zuſchicken /daran9Heyrath. daran ich mit meiner gantzen Seele gebunden bin. Allein weil eben dieſes der letzte Tag von meinen uͤberſtandenen Jahren iſt / ſo komme ich nunmehr mit einem freyen Geſichte / und begehre von mei - ner ſchoͤnſten Rahel zu wiſſen / ob ich nun mit mei - nem Verlangen etwas offentlicher gehen ſoll?

Rah.

Mein liebſter Jacob / wenn mich die nahe Blutfreundſchafft nicht zu einer getreuen Liebe ver - bunden haͤtte / ſo muͤſte mich ſein ehrliches / ſittſa - mes und hoͤfliches Gemuͤthe beweget haben / daß ich keinen andern zu meinem Liebſten verlangen wuͤrde. Doch eine Tochter muß mit ſolchen Wor - ten zu ruͤcke halten / biß der Vaͤterliche Befehl die Jungfraͤuliche Schamhafftigkeit entſchuldigen kan.

Jac.

Ich habe gnung / daß unſere Seelen mit einander verbunden ſind / das uͤbrige Verlangen muß numehr durch die Gerechtigkeit ſelber befoͤr - dert werden. Ach mein Engel / wer wiſſen wil / wie weit ſich meine Freude erſtreckt / der dencke nur wie lange ich gehoffet habe.

Rah.

Ach mein liebſtes Hertze / wer meine Ver - gnuͤgung beſchreiben wil / der muß wiſſen / wie ein Weibes-Bild geſinnet iſt / wenn ſie bey dem ge - genwaͤrtigen Braͤutigam ſo viel Jahr auf die Hoch - zeit warten muß.

Jac.

GOTT Lob daß alles uͤberſtanden iſt.

Rah.

Gott Lob / daß mein geliebteſter Jacob ge - ſund und geſegnet iſt.

A 5Jac. 10Jacobs
Jac.
(Kuͤſſet jhr die Hand.)

Ich ruffe dieſe Hand zu Zeugen an / daß ich in Ra - heis einziger Liebe ſterben wil.

Rah.

Wir wollen noch an kein Sterben geden - cken / ſoll ſich doch unſer Leben erſt recht anfahen / und da ---

Jac.

Liebſte Rahel ſie haͤlt mit etlichen Worten zuruͤcke / welche mir in wenig Tagen ſollen bekandt werden. Derohalben mit jhrem angenehmen Er - laͤubniß ſuche ich den Herrn Vater / deſſen Ausſpruch uns Beyde in einen gluͤckſeligen Stand ver - ſetzen kan.

Rah.

GOtt ſegne ſein Vorhaben und beſtaͤtige unſere Vergnuͤgung. Unterdeſſen ſollen meine Ge - ſpielen unwiſſende warum ſie bitten / vor unſern gu - ten Fortgang andaͤchtige Lieder ausſchuͤtten.

Erſter Handlung

Dritter Aufftrit.

Jacob.

Nun ſehe ich erſt / warum die Goͤttliche Directi - on ſo wunderbar iſt / alſo gar / daß die froͤmſten Kinder mehrentheils mit der beſchwerlichſten Arbeit beleget werden; da hingegen ein Gottloſer Welt - ling ſeine muͤßige Stunden nicht einmahl zehlen noch uͤberſehen kan. Denn eben durch das muͤhſeli - ge Weſen wird die zukuͤnfftige Vergnuͤgung vieltau -11Heyrath. tauſend mahl ſuͤſſer und angenehmer gemacht / da ein ander in der Freude ſelbſt keine Freude zu em - pfinden pfleget. Deſſentwegen muß der Tag mit der Nacht / und der Sommer mit dem Winter ab - wechſeln / daß die Luſt aus der Unluſt etwas lieb - licher hervorſpielen moͤge. Meine ſieben Jahr / da ich des Nachtes vor Froſt / des Tages vor Hitze faſt verſchmachtet bin / kommen mir nicht anders vor / als werens eintzele Tage geweſen / nur darum / weil ich anitzo in den Armen der wunder ſchoͤnen Rahel die unvergleichliche Belohnung empfinden ſoll. Doch ſiehe da / wie kommen meine vertraute - ſte Freunde gar zu rechter Zeit.

Erſter Handlung

Vierdter Aufftrit.

Jacob, Elidad, Haniel.
Elid.

Wie finde ich meinen Herrn bey ſo einer froͤlichen Mine / und was ſoll ich vor ein gutes Gluͤcke dahero muthmaſſen?

Jac.

Mein guter Elidad iſt es nicht Zeit / daß ich einmal nach ſiebenjaͤhriger Arbeit ein froͤliches / oder wo jemand ſo reden wil / ein muͤßiges Geſichte bekomme?

Elid.

Eben dieſes ſetzt mich in Verwunderung / was ich in ſo vielen Jahren nicht geſehen habe.

Jac. 12Jacobs
Jac.

Ich weiß daß ich mit zwey getreuen Per - ſonen rede / welchen ich das innerſte Geheimnuͤs meines Hertzens nicht verſchweigen kan.

Elid.

Sollen wir die Ehre haben etwas ſonder - bahres anzuhoͤren / ſo werden wir auch das Geſe - tze eines getreuen Stillſchweigens nicht uͤberſchrei - ten.

Han.

Und ich verwundere mich / daß Jacob et - was heimliches vor mir haͤtte verbergen ſollen.

Jac.

Wundert euch nicht / die Sache ſelber wird mich entſchuldigen. Ich habe bey Laban nun viel Jahre nach einander meinen Dienſt ohn alle Ent - geltung gefuͤhret.

Elid.

Und dieſes haben wir offt beklaget / daß jemand ſeinen Schweiß und Fleiß ſo gar umſonſt verkauffen wolte.

Jac.

Zu fruͤh / zu fruͤh mit eurem urtheilen. Ja - cob iſt ſo einfaͤltig nicht / daß er in Syrien den Lohn vor ſeine Bemuͤhung wolte dahinten laſſen.

Elid.

Ich bekenne meine Einfalt.

Han.

Und ich mercke / daß ich unter die ſcharff - ſichtigen Perſonen nicht darff gezehlet werden.

Jac.

Laban hat mir vor ſieben Jahren ſeine juͤng - ſie Tochter die ſchoͤne Rahel verſprochen / und weil heute gleich der Termin zu Ende lauffen wird / ſo frage ich nur / ob mir nicht vergoͤnnet ſey die froͤli - chen Gedancken auch in dem euſerlichen Antlitze vorzuſtellen?

Elid. 13Heyrath.
Elid.

Iſt es moͤglich / daß dieſes Geheimnuͤs ſo lange hat koͤnnen verborgen ſeyn?

Jac.

Die Heimligkeit der Gedancken iſt die be - ſte Artzney zu einer langſamen Hoffnung. Wer un - geduldig liebet / der iſt wie ein Cameel / welches ſich unter der Laſt ungebaͤrdig ſtellet / und hierdurch die Schmertzen verdoppelt.

Elid.

Ich ruͤhme die Klugheit / und wuͤnſche von dem Allmaͤchtigen GOtte / daß nunmehr die Gra - tulation zu dieſes gantzen Landes Vergnuͤgung an das freye Licht hervor brechen moͤge.

Jac.

GOtt befoͤrdere auf beyden Theilen / was unſer Hertz wuͤnſchet. Im uͤbrigen / weil ich die - ſen Tag bey dem Herrn Laban zubringen moͤchte / ſo werdet jhr auf dem Flde meine Stelle vertreten.

Elid.

Es ſoll mit allem Willen / und daß ich noch deutlicher rede / mit aller Freude verrichtet wer - den.

(Gehet ab.)

Erſter Handlung

Fuͤnffter Aufftrit.

Jacob, Haniel.
Jac.

Ihr aber mein geliebter Freund / warum wolt ihr mir den Gluͤckwunſch biß auf den Morgen ſchuldig bleiben? hat Euch die froͤliche Poſt nicht ſo nahe an das Hertze getroffen / daß ich nur einen froͤlichen Blick dargegen empfinden ſollet?

Han. 14Jacob
Han.

Ach die froͤlichen Blicke ſind niemahls bey mir ſeltzamer geweſen; und ich ſehe doch / je laͤnger man lebet / deſto mehr muß man ſich uͤber die Eitel - keit der Menſchlichen Freude beklagen.

Jac.

Mein Haniel, was zwinget euch zu dieſer unzeitigen Klage?

Han.

Ein verborgener Zufall / welcher meinem Hertzens-Freunde noch unbekand iſt.

Jac.

Wie mich beduͤncket / ſo wird der Zufall nicht ſo gefaͤhrlich ſeyn.

Han.

Ich wolte / es waͤre moͤglich / daß ich die Helffte tragen koͤnte. Allein die Laſt wird meinem hoͤchſtgeliebten Jacob allein auff die Schulter ge - leget.

Jac.

Ich erſchrecke vor keiner Laſt. Habe ich doch vor ſieben Jahren den Stein von dem Waſ - ſer Brunnen geweltzet / welchen ſonſt viel Hirten mit einander nicht bezwingen konten; Warum ſol - te ich an GOtt verzweifeln / als wuͤrde mir die neue Laſt allzu beſchwerlich ſeyn.

Han.

Der Goͤttlichen Allmacht muß es anheim geſtellet werden.

Jac.

Unterdeſſen erfahre ich nicht / wie das Un - gluͤcke heiſt / davor ich mich fuͤrchten ſoll.

Han.

Der junge Printz Kemuel iſt in unſere Stadt kommen.

Jac.

Was iſt es mehr? wil er unſer Gaſt ſeyn / ſo mag er vor lieb nehmen.

Han15Heyrath.
Han.

Es iſt noch mehr / er hat ſich in Rahel verliebet.

Jac.

Noch mehr / mein Freund? Ich habe mehr / nach dem Herr Laban ſein Verſprechen nicht wie - derruffen kan.

Han.

Er hat ſich als ein Hirte verkleidet / mit dem ausdruͤcklichen Vorſatze / nicht eher an ſeinen Fuͤrſten Stand zugedencken / als biß er durch die ſchoͤnſte Schaͤferin waͤre vergnuͤget worden.

Jac.

Ich habe das Alter mit GOttes Huͤlffe erreichet / da ich die Phantaſey der blinden Jugend verachten kan.

Han.

Wie aber wenn er von einem Vater ſe - cundiret wuͤrde / welchen man nicht verachten duͤrffte.

Jac.

Gnung / daß ich auch vor dieſem Secundan - ten unerſchrocken bin; ehe ſich der alte Kemuel da - zu reſolviren wird / ſo hoffe ich die ſchoͤnſte unter den Schaͤferinnen als mein ſuͤſſes Eigenthum in die Ar - men zuſchlieſſen.

Han.

Herr Laban hat Soͤhne / welche das Werck leichte auf etliche Monat hintertreiben werden.

Jac.

Die Soͤhne werden dem Vater nichts vor - zuſchreiben haben.

Han.

Ein Vater laͤſſet ſich nicht befehlen; aber wo die Kinder bitten / wo ſie zweifeln / ich doͤrffte bald ſagen / wo ſie laͤſtern / da wird der Vaͤterli - che Wille leicht wiederruffet.

Jac.

Sie haben nicht Urſach dieſe Untreu an mir zubeweiſen.

Han. 16Jacobs
Han.

Wie aber / wenn der junge Kemuel jhren Beyſtand erſuchet / und etliche anſehnliche Land - Guͤter zum Recompens verſprochen haͤtte? ach mein Herr / es iſt mir leid / daß ich mehr ſagen ſoll: wie wenn ich das Buͤndnis mit meinen Ohren an - gehoͤret haͤtte / welcher Geſtalt ſie nicht ruhen wol - ten / biß die Heyrath wuͤrde vollzogen ſeyn.

Jac.

Ich wil jhnen die Unruh nicht mißgoͤnnen / doch zum wenigſten mercke ich / daß mir der Ver - zug koͤnte ſchaͤdlich ſeyn; gleich itzo wil ich meinen verdienten Lohn fodern / damit die unzeitigen Frey - werber zu Schanden werden.

Han.

GOtt erfreue mich und meinen Freund durch einen geſegneten Ausgang.

Erſter Handlung

Sechſter Aufftrit.

Laban, Haſo.
Lab.

Ich verſtehe dich nicht.

Haſ.

Ich rede deutlich genung / gebt mir meinen Abſchied.

Lab.

Und wenn ich dieſes tauſend mahl hoͤre / ſo verſtehe ich doch die Urſache nicht / warum du mir den Stuhl ſo unhoͤflich vor die Thuͤre ſetzeſt.

Haſ.

Gnung daß ich Urſache habe den Abſchied zubegehren.

Lab.

Gnug / daß ich die Macht habe einen ſol - chen Muͤßiggaͤnger den Abſchied zuverſagen.

Haſ. 17Heyrath.
Haſ.

Es iſt wahr. Wir Hirten-Knechte ſind lauter Muͤßiggaͤnger / wir zaudern mit dem Vieh auf der Weide herum / wir ſpatzieren zur Traͤncke / wir ſpatzieren zum Stalle / Summa Summarum es iſt lauter Spatzier-Gang. Doch mein Gnaͤ - diger Herr / warum kriegen wir den Geld vor un - ſer Muͤßiggehen / warum werden uns bey der Freu - de die Haͤnde ſo harte / der Ruͤcken ſo krum / und die Beine ſo ſteiff? Es wundert mich / daß jhr den Lohn mit ſolchen Muͤßiggehen nicht ſelber verdie - net.

Lab.

Hoͤre auf mir verdrießlich zu ſeyn.

Haſ.

Es ſteht bey euch / gebt mir den Abſchied.

Lab.

Du ſolſt ihn haben / wenn ich die Urſach weiß.

Haſ.

Ich wil ſie lieber verſchweigen. Dann wo ich noch zweymahl daran gedencke / ſo erzuͤrne ich mich zu tode.

Lab.

Stirb im Zorn / ſo darffſtu keines Ab - ſchiedes.

Haſ.

Ich wil aber Lebens halben meinen Ab - ſchied haben. Wer weiß / wo mir noch ein galant Schaͤfer-Maͤgdgen beſchert iſt.

Lab.

Was geht mich dieſes an? Sage warum du auſſer der Zeit meinen Dienſt verlaſſen wilſt.

Haſ.

Ich muß mich doch erzuͤrnen / geht mir nur etwas vom Leibe / daß euch die ſchroͤckliche Flamme meines Zornes nicht den Bart abſenget -BHe /18JacobsHe / warum habt jhr einen andern Schaͤfer in Dienſte genommen? He? warum ſol mir derſelbe vorgezogen werden? wieder und noch tauſendmal He? warum ſol er mit euren Kindern an den Ti - ſche zu freſſen kriegen? da ſich die andern meines gleichen mit einer Hunds-Suppe oder an ſtat des Gebratens mit einer geſengten Ruͤbe behelffen?

Lab.

Ob du Bienen haſt / das weiß ich nicht. Aber daß du ſelber ſchwaͤrmeſt / das hoͤre ich aus deinen ungeſchickten Worten.

Haſ.

Ich rede daß mich ein ander verſtehet. Ich thaͤte hundert tauſend Schaff-Lorbern in die Zier - ligkeit.

Lab.

Ich begehre keinen zierlichen Schaff - knecht / weiſtu deine Beſſerung / ſo ſteht die Thuͤre offen.

Haſo.
(Ad Spectat.)

Ich ſehe wol mein Herr verſtehet keine Vexierey. Es iſt mir nicht um den Abſchied; ich wolte daß der andere Lumpen Kerl mit der Thuͤre vor den Kopff geſchlagen wuͤrde / da die Beine zuſammen gewachſen ſind.

Lab.

Du kanſt gehen / es wird dich niemand auf - halten.

Haſ.

Ey Herr man zeucht auch nicht flugs weg. Ich habe der Kaͤſe Mutter zu manchen Schaffs - Kaͤſe geholffen: Nun wil ich gleichwohl wiſſen / warum ich einem andern weichen ſol.

Lab. 19Heyrath.
Lab.

So entdecke mir doch dein Anliegen.

Haſ.

Freylich wil ich es entdecken. Da komt ein verlauffener Schaff-Knecht / und vettert ſich bey andern jungen Streichern ein / daß er in meine Stelle kommen / mein Ampt haben / und die In - ſpection uͤber die gruͤnen Lorber-Kaͤſe haben ſolle. Iſt daß nun recht / daß ein Vater bey lebendigen Leibe die alten Diener von den Kindern ſchim - pfen laͤſt.

Lab.

Es iſt nicht anders / du biſt vexieret wor - den. Dort komt Jacob / mit dem wil ich deinet we - gen ſchon richtig werden.

Haſ.
(Ad Spectatores.)

Er weiſt mich gar an den rechten. Wer keinmal freſſen und ſauffen wolte / der waͤre vor Herr Jock - ſen ein guter Cammerad.

Erſter Handlung

Siebender Aufftrit.

Laban, Jacob, Haſo.
Lab.

Woher mein Jacob / wie ſteht es auf dem Felde?

Jac.

Ich hoffe allewol mein Herr.

Lab.

Doch hier iſt ein ehrlicher Diener / dem auf dem Felde kein Stecken gerade ſtehet.

Jac.

Er wird ſich gewiß in den Schaff-KaͤſenB 2ver -20Jacobsverrechnet haben / daß er nur mit der Kaͤſe Mutter zu thun bekommet.

Lab.

Nein er verklaget meine Kinder / die ſol - len jemand anders an ſeine Stelle zum Schaffknech - te angenommen haben.

Jac.

Sie haben jhre Weide bißhero eine Tag - Reiſe von mir / daß ich ihrer Knechte halben keine gewiſſe Rechenſchafft geben kan. Vielleicht iſt ein Gaſt aus der Nachbarſchafft eingeſprochen / wel - cher den einfaͤltigen Tropffen vexieret hat.

Lab.

Mit einfaͤltigen Leuten traͤget ein Hauß - Vater Gedult. Aber was habt jhr ſonſt guts neues?

Jac.

Mein Herr / ich wolte vernehmen / ob ich zu gelegener Zeit kaͤme / daß ich etwas anbringen duͤrfte.

Lab.

Mein lieber Jacob / wenn jhr etwas zu re - den habt / ſo iſt mir keine Stunde ungelegen.

Jac.

Ich nehme die Erklaͤrung mit allen Dan - cke an / und wird demnach mein Herr annoch im friſchen Gedaͤchtnuͤſſe haben / welcher maſſen / nu - mehro vor ſieben Jahren meines Dienſtes wegen ein gewiſſer Lohn geſetzet worden / weil nun die Zeit biß auf einen Tag verfloſſen / darin ich verhoffent - lich keines muthwilligen Verſehens / bin beſchuldi - get worden; Als ergehet nochmahls meine gehor - ſame Bitte / mich in der Hoffnung des einmahl zu - geſagten Lohnes dermaleins zu vergnuͤgen.

Lab.

Es iſt wahr / jhr habt euren Fleiß niemals geſparet; Und ich mercke ſelbſt / daß mich GOttin21Heyrath. in wehrender Zeit ſonderlich geſegnet hat: Allein ich muß mich zuvor beſinnen / was ich vor einen Lohn beſtimmet habe.

Jac.

Mein Herr / ich habe ſein Wort / daß ſeine juͤngſte Tochter Rahel meine ſiebenjaͤhrige Muͤh - waltung belohnen ſol.

Lab.

So ſo. Ich beſinne mich / daß mein Wort da zumahl gegeben iſt.

Jac.

Alſo werde ich kuͤhne ſeyn / die Erfuͤllung zubegehren.

Lab.

Was ich einmahl verſpreche / darinn werd ich nimmermehr zum Luͤgner. Immittels halte ich davor / als waͤren kaum fuͤnff Jahr verfloſſen.

Jac.

Die Rechnung fehlet mir nicht / bey dem Antritte meines Dienſtes ward ſein Sohn Me - res mit unter die Schaͤffer genommen: Und nu - mehr hat er die Schaff-Kirmes zum achten mahl in dieſer Geſellſchafft mitgehalten.

Lab.

Auch dieſes kan nimmermehr laͤnger ſeyn als fuͤnff Jahr.

Jac.

Ich weiß noch ein beſſer Denckmahl. An der Rahel Geburts-Tag habe ich jederzeit bey unſern Obſt-Garten einen bekraͤntzten Pfal aufgerichtet / und weil numehr die Siebende Zahl erfuͤllet iſt / ſo wird mich niemand in meiner Rechnung wiederle - gen koͤnnen.

Lab.

Wo die Liebe groß iſt / da begehet man den Geburts-Tag des Jahres zweymahl.

B 3Jac. 22Jacobs
Jac.

So wil ich mich auf meine Rechnungen beruffen. Hab ich in wehrender Zeit mit den Sy - riſchen Kauffleuten wegen der Wolle nicht ſieben mahl zuſammen gerechnet / und hat mein Herr nicht ſo viel mahl die Vergnuͤgung an baren Gelde von mir empfangen?

Lab.

Ich habe die Zahl nicht allerdings im Ge - daͤchtnuͤſſe: und ob ich wol meinete / daß kaum 5. oder 6. Jahr vorbey waͤren / ſo wil ich doch gegen mei - nen Bluts-Freund ſo ſcharff nicht handeln. Es mag ſeyn / ich bleibe bey meiner Zuſage / ob gleich die Hochzeit nach meiner Gelegenheit in ſechs oder ſieben Monaten jhren Fortgang haben moͤchte.

Jac.

So wahr der Herr lebet / es iſt von den ſie - ben Jahren nur dieſer einzige Tag zuruͤcke. Habe ich nun ehrlich gedienet / und habe ich keine Arbeit biß auf den kuͤnfftigen Tag verſchoben / ſo wird auch mein itziger Lohn auf eine laͤngere Zeit nicht ausgeſetzet werden.

Lab.

Wer Hochzeit machen wil / der muß ſich entweder von den Gaͤſten ſchimpffen laſſen / oder es wird Zeit erfordert / daß er ſich zu einem Ehren - Tage ſchicken kan.

Jac.

GOtt hat ſo viel beſcheret / daß ein ſolches Ehren-Feſt ohne den geringſten Schaden auch wol den morgenden Tag kan angeſtellet werden.

Lab.

Es ſtehet doch erbar / wenn ein Freyer zwi - ſchen der oͤffentlichen Verloͤbnuͤs und der Hochzeit etliche Monat vorbey gehen laͤſſet.

Jac. 23Heyrath.
Jac.

Je laͤnger mit Heyrathen geſpielet wird / deſto verdrießlicher wird die Vollziehung. Ich bit - te nochmahls im Nahmen meiner hoͤchſtgeliebte - ſten Mutter / welche die Nachricht von mir ſchon erhalten hat / und welche vielleicht die heutigen Stunden vor Muͤtterlicher Freude zehlen wird / Er wolle doch geruhen meine bißherige Hoffnung durch einen Vaͤterlichen Außſpruch zu vollziehen.

Lab.

Vielleicht kan von ſechs Monaten etwas abgebrochen werden. Doch ſo viel Zeit werde ich haben muͤſſen / daß meine Soͤhne / meine Nachbarn und Freunde das Ehren-Wort bekommen und um Rath gefraget werden.

Jac.

Mein Herr ſage Ja / und lade ſie allerſeits zur Hochzeit / ſo wird das Ehren-Wort abgele - get ſeyn.

Lab.

Ich lieſſe mir dieſes gefallen. Aber was vor Freude ſolte ich meiner Schweſter machen / wenn ich zuvor einen expreſſen Boten dahin ab - fertigte.

Jac.

Die Botſchafft iſt ſchon vor etlichen Jah - ren verrichtet worden. Der weite Weg wird uns gar wol entſchuldigen / und ich wil hoffen die Poſt der vollzogenen Freude werde meinen geliebteſten Eltern angenehmer ſeyn / als die Nachricht eines ungewiſſen Anfanges.

Lab.

Ein Vater / der die Tochter vergiebet / muß andere Gedancken fuͤhren / als ein Freyer / der mit der Braut wil zu Bette gehen.

B 4Jac. 24Jacobs
Jac.

Wer ſieben Jahr verzogen hat / derſelbe darff nicht unter die eylfertigen Freyer gezehlet werden. Ach mein Herr Vater / mein bißheriger Wohlthaͤter / er laſſe mich doch in dieſen Stuͤcke bittſelig ſeyn / und wofern ich die groſſe Gnade nicht verdienet habe / ſo gedencke er / daß meine liebreich - ſie Mutter Rebecca mit ausgeſtreckten Armen die Wohlfahrt ihres Sohnes von der Bruͤderlichen Gnade verlanget. Ach mein Herr / ſol ich noch vergebens auf die gute Reſolution hoffen?

Lab.

Wer ſich mit verliebten Leuten verwirret / der muß ſich mit Complimenten bezahlen laſſen. So meinet jhr gleichwol / daß jhr unmoͤglich war - ten koͤnnet?

Jac.

Was man heute nehmen kan / das wird vergebens auf den morgenden Tag verſchoben.

Lab.

Es iſt war; Morgen ſeyd jhr und eure Braut um einen Tag aͤlter. Es iſt gut / ich wil mei - ne Tochter darum fragen; hat ſie nichts einzuwen - den / ſo mag uͤber morgen das Braut-Bad beſtel - let / und den folgenden Tag hierauf das Beylager vollzogen werden.

Jac.

Ach geſegnet ſey der Vaͤterliche Mund / welcher mich mit dieſem hoͤchſt annehmlichen Ja - Worte beſeliget. Ich erkenne die unverdiente Wohlthat; Allein ich verſpreche ſolches mit un - ſterblichen Dancke / ſo dann auch mit immerweh - renden Gehorſam zuverdienen.

Lab. 25Heyrath.
Lab.

Ich habe nicht Urſache etwas wiedriges von euch zugedencken: Laſſet euch dieſe Tage das Feld noch befohlen ſeyn / damit wir ohne Schaden hernachmals feyern koͤnnen.

Jac.

Mein Herr gleichwie die Vergeltung uner - maͤßlich iſt; Alſo muß ſich auch mein Dienſt ſo weit erſt recken / als mir GOtt das Leben friſten wird.

(Laban und Jacob gehen an unterſchie - denen Orten ab.)

Erſter Handlung

Achter Aufftrit.

Haſo.

Wer keinmal unter die Leute koͤmt / der hoͤret nichts neues. Siehe da / wil Herr Jacob auch einmahl Lam̃fleiſch koſten? Ich daͤchte wer ſich et - was laͤnger im Dienſte verſucht hatte / dem koͤnte auch ſo ein junger Lammes-Braten aufgehoben wer - den. Daß dich das Maͤußgen erbeiſſe / ſol der Schaͤfer Blacker die Jungfer davon kriegen? Ich dachte das Geiſtliche Fleiſch waͤre jhm uͤber die Oh - ren gewachſen / und nun muß er eine groſſe Sturm - Haube auffſetzen / davor man die verliebten Schaffs Ohren / es iſt gut / daß ich mich verſpreche / ich haͤt - te bald geſagt / die verliebten Eſels-Ohren nicht ſe - hen koͤnte. Nun / nun ſie haben mich zuhoͤren laſ -B 5ſen /26Jacobsſen / die Sache wird fein verſchwiegen bleiben; Denn wo Monſieur Haſo was erfaͤhrt / ſo muß er unter die Schaffe gehen / die verſtehen die Spra - che nicht; wo er unter die Leute koͤmt / ſo kan er nicht darvor / wenn er der Compagnie zu Ehren etliche Woͤrtgen entfahren laͤſt. Doch wer koͤmt dar? iſts nicht unſer Schielwuͤpgen? Ha ha / die Zeitung wird jhr angenehm ſeyn / daß die juͤngſte Schweſter der aͤlteſten die Augen vollends gar aus - beiſſet.

Erſter Handlung

Neundter Aufftrit.

Lea, Silpa, Haſo.
Lea.

Ich weiß nicht / was meiner Schweſter muß getraͤumet haben / ſie traͤgt die Naſe treflich hoch.

Silp.

Sie muß ſich was auf das rothe Fleckgen einbilden; aber die ſchoͤnſten Aepfel ſind am erſten Wurmſtichtig.

Lea.

Ach nein / daß ſie mit jhren Huren-Spie - gel wil geſehen ſeyn / daſſelbe bin ich gar gewoh - net. Es muß jhr etwas neues im Kopffe ſtecken: ſie geht daher wie ein Pfau / es fehlen jhr nur die bunten Federn / die ſie von hinten zu außbreiten kan.

Silp.

Schoͤne Leute werden alle Tage ſtoͤltzer /wer27Heyrath. wer weiß wo ein Schafknecht was verliebtes ge - ſungen hat / das ſie von jhrer Galanten Perſon verſtehet.

Lea.

Sie mag dencken was ſie wil / ich bin doch die alteſte Tochter / und wer weiß / welche der Herr Vater am liebſten hat.

Silp.

Schoͤnheit des Gemuͤthes iſt allezeit beſſer / als ein gemahltes Fleckgen am Leibe.

Haſ.
(Tantzet ſingende durch beyde durch)

Wenn die Schweſter Hochzeit macht / ſo hat der Hencker das Warten erdacht / iſt denn kein Flegel in der Welt / der es mit der groſſen haͤlt.

Lea.

Siehe da Narꝛ / wie viel Naſen-Stuͤber kommen vor ein ſolch Lied?

Haſ.

Das weiß ich nicht; aber das weiß ich wol / wenn darvon ſol geredet werden.

Lea.

Gewiß auf der Schaffſchere?

Haſ.

Ja ja / es iſt ein Feſt / das heiſt bald ſo: ich meine wenn eure Schweſter wird Hochzeit haben. Viel Gluͤcks zum Nachſehen / Jungfer Lea. Iſt es nun in unſerm Lande Sitte / ja ja Sitte / daß die juͤngſte vor der aͤlteſten mit dem Manne zu Bette gehet?

Lea.

O du Narꝛ / du biſt gewiß vom Schafmei - ſter zum Zeitungs Schreiber befoͤrdert worden.

Haſ.

Jungfer / wo es nach dem Bauer Glauben geht / daß keine Zeitung wahr iſt / als die auf dem Blatte geſchrieben ſtehet / ſo habe ich verſpielet -Aber28JacobsAber was meine Ohren hoͤren / das glaͤubet das Hertze.

Lea.

Was haſtu denn gehoͤret?

Haſ.

Ich habe was gehoͤret; Aber was kriege ich zum Trinckgelde / wann ich mich vor einen Zei - tungs Schreiber gebrauchen laſſe?

Lea.

Ich handele nicht gerne unbeſehens / das Trinckgeld ſol ſich nach der Zeitung richten. Iſt ſie gut / ſo koͤnnen dir leicht ein paar Schaff-Kaͤſe und ein halb tutzend Kuͤmmel Qvaͤrge vor die Na - ſe fliegen.

Haſ.

Vor dießmahl habe ich nicht ſo viel zu hof - fen / ſonſten lieſſe ich mir die Naſe mit Bretern verſchlagen.

Lea.

Aber wenn hoͤren wir die Zeitung?

Haſ.

Zugeſagt / daß jhr nicht wollet boͤſe ſeyn.

Lea.

Wo du keine Schuld haſt / ſo wirſtu leicht mit dem Zorne verſchonet.

Haſ.

Ich habe keine Schuld. Aber es iſt mir doch / als wenn die Naͤrriſche Zeitung nicht fort wolte. Jungfer Silpa, jhr haltet mir noch eher was zu gute. Komt her / ich wil euch was in Ver - trauen ſagen / erfaͤhrets die Jungfer von euch / ſo darff mich niemand vor einen Klaͤtſcher halten.

Lea.

Gehe doch / und thue dem Fantaſten ſeinen Willen.

Silp.

Es wird auf einen Poſſen hinaus lauffen: doch meine Jungfer befiehlt mir es / ſo bin ich ge - horſam.

Haſ. 29Heyrath.
Haſ.

Nun Jungfer Silpa, ſpitzt die Ohren / die Zeitung iſt luſtig: Aber verzeiht mir / wenn ich ſach - te rede.

(Er ſchreyt jhr gantz laut in die Ohren.)

Jungfer Rahel iſt eine Braut mit unſern Ubel - Auffſeher / und Herr Laban hat ſein Wort ſchon darzu gegeben.

Lea.
(Laͤufft hinzu.)

Was ſagſtu von der Braut? der Hencker ſol dem das Boten-Brodt geben / der ſolche Poſſen unter den Leuten ausbringt.

(Sie kriegt jhn bey dem Kopfe.)

Sage her / aus weſſen Befehl haſtu geredet?

Haſ.

Jungfer raufft mich nicht zu grob / ich ha - be auf meinem Kopffe zweyerley Schwarten; die oberſte iſt die Hoͤfliche / wo die zerriſſen wird / ſo koͤnnet jhr die Grobe auch zu ſehen kriegen.

Lea.

Du ſolt deines Herren Tochter beſſer re - ſpectiren. Mache fort und ſage / was dir aufdem Hertzen lieget.

Haſ.

Daß doch manche Jungfer nach boͤſen Zei - tungen ſo begierig iſt? Ich hatte bey Herr Laban einen geringen Vorbeſchied / ſo hoͤrte ich / daß unſer Herr Jacob kam / und meinete er haͤtte nun ſieben Jahr gedient / es waͤre nun Zeit / daß er die Rahel zu Bette fuͤhrte / weil er ſie das erſte mahl zum Lohne ausgedinget haͤtte.

Lea. 30Jacobs
Lea.

Seht wer haͤtte dem Landlaͤuffer ſolche Sachen zugetraut. Aber was ſagte der Herr Vater?

Haſ.

Er that als wenn er keine Luſt darzu haͤt - te / aber wie er ſo ſchrecklich bat / und wie des Com - plimentirens, des Haͤnde Kuͤſſens / des Bittens und Heulens kein Ende war / ſo dachte der alte Herr / wie jene Jungfer: Gebt mir nur den Granſer her / daß ich ſeiner loß werde.

Lea.

So ward die Braut verſprochen?

Haſ.

Jungfer kehrt mir die Worte nicht im Maule um! das habe ich gehoͤret / daß in acht Ta - gen die Hochzeit werden ſol: Ob jhm aber die Braut verſprochen iſt / das wil ich nicht geredt habē.

Lea.

Packe dich von meinen Augen weg / du un - nutzer Boͤſewicht. Der Schimpff iſt auf meiner Seite gedoppelt / wenn ich die Zeitung von einer geſchimpfften Perſon erfahren ſol: wilſtu noch nicht gehen?

(Sie ſchlaͤgt jhn hinein.)
Silp.

Eine ſchoͤne Zeitung / wo der Bube die Warheit geſaget hat.

Lea.

O ungerechter Vater / womit habe ich die - ſe Straffe verdienet / daß mir die juͤngſte Schwe - ſter ſol vorgezogen werden? Iſt es nun in unſern Tande Sitte / daß ein ehrliches Menſch die ſchimpf - liche Verordnung ſol uͤber ſich gehen laſſen? Ha der Handel muß zuruͤcke gehen / oder ich muß ſter - ben.

Er -31Heyrath.

Erſter Handlung

Zehnter Aufftrit.

Laban, Bildad, Darkon.
Lab.

Ich habe euch meine Sorgen erzehlet / dar - zu mich mein Ober-Auffſeher Jacob genoͤthiget hat. Wollet jhr nun meinem Zweiffel durch einen gu - ten Rath zuſtatten kommen / ſo werde ich eine ſon - derbahre Freundſchafft zu ruͤhmen wiſſen.

Bild.

Ein Vater weiß am beſten / was ſeinem Hauſe und vornehmlich ſeinen Kindern anſtehet.

Lab.

Ein Medicus iſt keinmahl furchtſamer als wenn er ſich ſelbſt curiren ſol: und wer in ſeiner ei - genen Angelegenheit eines guten Rathes bedarff / der mercket ſein Unvermoͤgen am erſten.

Bild.

Es waͤre meines Beduͤnckens nicht uͤbel ge - than / wenn der einmahl getroffene Contract mi[t]GOtt und Ehren vollzogen wuͤrde.

Dark.

Allein der Contract kan gehalten wer - den / wenn gleich eine Zeit von etlichen Jahren darzwiſchen koͤmt.

Bild.

Wer etwas geben wil / der gebe es zu rechter Zeit. Eine geſchwinde Wohlthat verdie - net doppelte Danckbarkeit.

Dark.

Das Maͤgdgen iſt noch nicht veraltet. Fruͤhzeitige Heyrathen machen ungeſunde Ehewei - ber und Melancholiſche Ehemaͤnner.

Bild. 32Jacobs
Bild.

Dieſe Worte haͤtten ſich vor ſieben Jah - ren hoͤren laſſen. Nun aber ſcheinet die Roſe mehr als zu reiff / daß ſie ohn allen Schaden kan gebro - chen werden.

Lab.

Her Darkon redet gar vernuͤnfftig. Die Hochzeit ſoll noch zwey Jahr ausgeſetzet werden.

Bild.

Aber Jacob wird ſich an das Verſprechen halten.

Lab.

Es iſt wahr; ich kan mein Wort nicht zuruͤcke ziehen.

Dark.

Ich halte die ſieben Jahr ſind deswegen im Contracte eingeruͤcket worden / daß Jacob nicht eher an die Verloͤbnuͤß gedencken ſolle. Ob aber Herr Laban etliche Jahr laͤngſamer an die Hoch - zeit gedencket / ſo halte ich / dieſer Punct iſt in der erſten Handlung vergeſſen worden.

Lab.

Die Außflucht laͤſt ſich hoͤren. Jacob ſol warten.

Bild.

Wenn aber Jacob ungeduldig wuͤrde / und lieſſe hernach die Jungfer gar ſitzen? Man weiß wol wie ſchwer ein Maͤgdgen zu dem andern Frey - er komt / wenn der erſte ſeine Parol gebrochen hat.

Lab.

Die Schande wolte ich nicht gerne erle - ben / ich werde mich uͤberwinden.

Dark.

Der Handel iſt noch nicht offenbahr. Wil Jacob durchgehen / ſo muß er als ein Auff - ſchneider gelogen haben. Wenn alle Jungfern an den Freyern verzweifeln wolten / welche ſich biß -

wei -33Heyrath.
Lab.

Ich beſinne mich: die Furcht kan mir nicht ſchaden. Es bleibt nun bey meiner Rèſolution: Die Wolle zu dem Braut-Kleide ſol zum wenig - ſten uͤber ein Jahr geſchoren werden.

Bild.

Aber Jacob iſt ſein naher Blutsfreund / er wird mit inſtaͤndigen Bitten anhalten.

Lab.

Ach ſol ich ja ſprechen?

Dark.

Ein junger Menſch muß ſeinem alten Bluts-Freunde gehorſam ſeyn.

Lab.

Ja wol. Ich muß meine Autorität in acht nehmen. Jacobs Bitte iſt vergebens.

Bild.

Er hat in der Arbeit nichts verſaͤumet / warum ſolte jhm der Lohn abgekuͤrtzet werden?

Lab.

Ich geſtehe es gerne / er hat mir den Se - gen GOttes mit hierher bracht. Solte ich jhn lange vexieren / ſo moͤchte er davon ziehen / und den Segen einem andern zuwenden. Iſt jhm ſo viel an der Frau gelegen / ſo mag er ſie haben.

Dark.

Wenn er die Frau hat / ſo zeucht er da - von: Am beſten / daß man jhn mit der Naſe herum fuͤhret / eine falſche Hoffnung nach der andern bli - cken laͤſſet / biß noch etliche Jahr voruͤber ſind.

Lab.

Es bleibet doch darbey / aus viel Koͤpffen iſt gut rathen. Ich wil jhm etwas geſchwinde zu - ſagen / daß ich langſam zuhalten gedencke.

Bild.

Jacob ſtehet mit den Syrern in guter Correſpondenz. Die Handelsleute werden alle an jhn gewieſen / wenn er dieſelben abwendig machte / ſo wuͤrde uns allen die Wahre von Wolle / vonCKaͤ -34JacobsKaͤſen / von Fruͤchten und Gewuͤrtzen zuruͤcke blei - ben.

Lab.

Es iſt ein gefaͤhrlich Thun / wenn ein ehr - licher Land-Juncker ſeinen Ober-Verwalter aus der Wiege wirfft. Ich muß ſchon in einen ſau - ren Apffel beiſſen.

Dark.

Wer hat uns denn die Syriſchen Kauff - leute zugewieſen / da wir noch nicht wuſten / ob ein Jacob der Welt lebte?

Lab.

Ich war zu kleinmuͤthig. Der Trotz von meinem Diener wird noch zu uͤberwinden ſeyn.

Bild.

So wird der Fuͤrſt in Syrien das jenige / was er uns auf ſieben Jahr verſprochen / nach un - ſerer Manier auslegen / das iſt / er wird auch von ſeinen Worten ſo viel halten / als er wil.

Lab.

Der Vergleich zielet auf ein Grund-Stuͤ - cke / darbey ich vor ſechs tauſend Schaffe nothwen - digen Abgang leiden muͤſte / es mag ſeyn / komt morgen zur Hochzeit.

Dark.

Ein Fuͤrſt / der mit ſeinen Nachbarn einen ehrlichen Vergleich getroffen hat / der bekuͤmmert ſich viel / was ein verliebter Schaͤffer mit der zu - kuͤnfftigen Braut vor eine Eheſtifftung außgeferti - get hat.

Lab.

Meinet jhr Herr Darkon? So koͤñt jhr morgen noch zu Hauſe bleiben.

Bild.

Jacob hat den Vergleich mit dem Fuͤrſten getroffen; Bey jhm wird es ſtehen / wie auf bey - den Theilen die Worte ſollen erklaͤret werden.

Lab. 35Heyrath.
Lab.

Wie offt ſol ich meinen Vorſatz aͤndern?

Dark.

Es iſt doch nicht fein / daß man die juͤng - ſte Tochter ausgiebet / ehe die aͤlteſte verſaget iſt. Die Herren wiſſen wohl / es iſt in unſerm Lande nicht Sitte.

Lab.

Ach Lea, Lea, deinetwegen wird Rahel warten muͤſſen.

Bild.

Lea wird ſchoͤne verſorget werden / wenn jhretwegen eine Trifft von etliche tauſend Schafen / und ein Acker von etliche hundert Maltern in die Rappuſe gehet.

Lab.

Ich habe genung gehoͤret. Jacob hat mich ſo gefaͤſſelt / daß ich jhm nicht wiederſprechen kan. Stellet eure Sachen darnach an / daß jhr uͤbermorgen der Hochzeitlichen Solennität beywoh - nen koͤnnet. Dort ſehe ich meine Tochter Lea / wel - che ſich der Wirthſchafft / bey der Mahlzeit wird annehmen muͤſſen.

Bild.

GOtt gebe ſeinen Gnadenreichen Segen darzu / daß wir bey einer froͤlichen Hochzeit einen froͤlichen Ehſtand muthmaſſen koͤnnen.

(Geht ab.)
Dark.

Was ſich nicht aͤndern laͤſt / darzu muß man Gluͤck wuͤnſchen.

(Geht ab.)
C 2Er -36Jacobs

Erſter Handlung

Eilfter Aufftrit.

Laban, Lea.
Lab.

Wie ſo Melancholiſch meine Tochter? die Zeitung / die ich bringe / erfodert ein froͤliches Ge - ſichte.

Lea.

Herr Vater / das Lachen iſt gar theuer / wo man lauter Schaden in der Haußhaltung vorge - gehen ſiehet.

Lab.

Was hoͤre ich vor Schaden?

Lea.

Die Woche iſt an meiner Schweſter / daß ſie die Schafe zur Traͤncke begleiten ſol. Aber ſie kan ſich fein beqvemen / daß ſie zu Hauſe bleibet: da ich nun als die aͤlteſte Schweſter ein Wort dar - zu ſprechen wil / ſo haͤtte ſie lieber einen Streit mit mir angefangen. Der Herr Vater muß einmahl mit der ſchweren Hand darzwiſchen kommen / ſonſt wil ich an aller Verantwortung unſchuldig ſeyn.

Lab.

Gib dich zu frieden meine Tochter / die Streitigkeit mit deiner Schweſter ſol am laͤngſten gewaͤhret haben. Denn als numehr vor ſieben Jahren mein Vetter Jacob ſich bey uns in Dien - ſte begab / ſo dingte er ſich dieſes zum Lohne aus / daß ich jhm nach verfloſſener Zeit deine Schweſter Rahel zum Weibe geben ſolte. Weil nun die Zeit voruͤber iſt / ſo werde ich mein Wort halten:du37Heyrath. du wirſt ſehen / wie die Gaͤſte auf der Hochzeit be - wirthet werden / und im uͤbrigen wird dir keine Schweſter im Wege herum gehen / welche ſich mit dir zancken kan.

Lea.

Herr Vater / was hoͤre ich? iſt es moͤg - lich / daß meine Schweſter das Recht der Erſtge - burth haben ſoll?

Lab.

Mein Kind / ein anders iſt die Erſtgeburt, / ein anders die erſte Hochzeit.

Lea.

Aber alſo werde ich geſchimpfet.

Lab.

Ein Kind wird nicht geſchimpfet / wenn es den Eltern gehorſam iſt.

Lea.

Ach wie kan ein Vater ſo grauſam ſeyn / daß er dieſen Gehorſam von einem Kinde fodert?

Lab.

Was iſt dieſes vor eine Grauſamkeit / wenn ich gegen deine Schweſter guͤtig bin?

Lea.

Iſt es nicht grauſam genug / daß ich von der Guͤtigkeit ausgeſchloſſen werde?

Lab.

Bitte GOtt / daß ein Freyer koͤmt / ſo wil ich dich einer gedoppelten Guͤtigkeit verſichern.

Lea.

Ich ſehe wol / weil mir die ſel. Frau Mutter kein rothes Schminckfleckgen in das Geſichte ge - kleibet hat / ſo muß ich das Nachſehen haben. Ach warum haben ſie mich mit der lieben Frau nicht in ein Grab geſcharret? So moͤchte ſich doch Rahel als die aͤlteſte Tochter tractiren laſſen.

Lab.

Was haſtu zu klagen? wenn Rahel kei - nen Freyer haͤtte / ſo wuͤrde dir der ledige Stand nicht ſauer ankommen: was haſtu von der eiteln Einbildung?

C 3Lea. 38Jacobs
Lea.

So viel habe ich davon / daß ich lieber ſterben wil / ehe ich den unbillichen Hochzeit Tag erleben ſol. Ja ja / ſo kan ein Vater der Toͤchter loß werden; Eine folget dem Braͤutigam ins Bet - te / die ander folget der Frau Mutter ins Grab.

Lab.

Tochter / Tochter mißbrauche der Vaͤter - lichen Gnade nicht.

Lea.

Was ich verlohren habe / das kan ich nun mehr nicht mißbrauchen.

Lab.

Wer hat dich beredet / daß du meine Gna - de verlohren haſt?

Lea.

Iſt das nicht ungnaͤdig genung / daß ich ſol ſitzen bleiben?

Lab.

Kan ich davor / daß kein Freyer kommen wil?

Lea.

Muͤſte Rahel warten / ſo kaͤme vielleicht Jacob an mich.

Lab.

Ey es iſt mir lieb / daß ich ein Miſthaͤuf - gen von der Thuͤre wegbringen kan; nun wil ich mit dem uͤbrigen wol zu rechte kommen. Verſteh - ſtu mich?

Lea.

Ich wolte wuͤnſchen / daß ich unverſtaͤn - dig waͤre. Es iſt klaͤglich genug / daß wir armen Maͤgdgen einem Miſthauffen verglichen werden. Doch es mag ſeyn; Ich wil gern ein Miſthaͤuf - gen heiſſen / ſchafft mich nur zu erſt von der Thuͤ - re weg.

Lab.

Ich bin es zu frieden. Aber wo iſt der Fuhrmann?

Lea. 39Heyrath.
Lea.

Vetter Jacob ſolte mich wol wegfuͤhren.

Lab.

Die Heyrathen werden in dem Himmel geſtifftet. Bleib nur geduldig / biß die rechte Stun - de koͤmt. Es liegt nicht allemahl an der Zeit. Ein langſames Gluͤcke iſt oft beſſer / als ein geſchwindes.

Lea.

So geht es einem armen Kinde / das keine Mutter hat.

(Sie faſt Laban bey dem Knie.)

Ach Herr Vater / iſt kein Segen vor mich ver - handen?

Lab.

Ich bin zu wenig darzu. Der Segen / den du verlangeſt / der muß von zwey Perſonen er - theilet werden.

Lea.

Ach Herr Vater / ſol Rahel nicht warten?

Lab.

Mein Kind / es geſchiehet ohne deinen Schaden.

Lea.

Herr Vater / wolt jhr euer gehorſames Kind ſterben laſſen?

Lab.

Ich hoffe du ſolſt leben.

Lea.

Wie kan ich leben / wenn meine juͤngſte Schweſter einen Mann hat? verkaufft mich doch unter die Syrer / vielleicht iſt noch ein Knecht / der ſich uͤber eine leibeigene Magd erbarmen kan / daß ich doch die Schmach der Jungferſchafft nicht mit in die Grube nehmen darff.

Lab.

Steht dieſes einer Tochter zu / daß ſie einen Vater ſo auff die Probe ſetzt?

Lea.

Herr Vater / ich ſtecke in der Angſt / bege - he ich was unbilliches / ſo verdiene ich Mittleiden;C 4Ach40JacobsAch Herr Vater / ſol ich keinen Mann bekommen?

Lab.

Ey laß mich gehen / da ſitzen mir die Maͤn - ner.

Lea.

Und Rahel ſol auch nicht warten / biß ich zuvor komme?

Lab.

Da weiß ich / wie lange Jacob warten kan.

Lea.

Ach Herr Vater / die elendeſten Kinder ſind ja den Eltern am liebſten. Warum ſol ich allenthalben abgewieſen werden?

Lab.

Du biſt mir noch am liebſten. Warte nur der Gelegenheit / da ich meine Liebe erweiſen kan.

Lea.

Darinne wird ſie bewieſen / wenn die Hoch - zeit auffgeſchobeu wird.

Lab.

Ich ſage ein anders: Wenn Rahel mit jhren Freyer hinaus zeucht / ſo bleibſtu das liebſte Kind alleine.

Lea.

Ja ſo lange biß Rahel in die Wochen koͤmt. Ach Herr Vater / iſt kein Bluts-Tropfen in euren Hertzen mehr uͤbrig / der ein Mitleiden mit der be - truͤbten Tochter hat?

Lab.

Laß mich gehen. Eine Tochter kan ſich verſuͤndigen / wenn ſie dem Vater zur Unzeit an die Liebe gedencken wil.

(Geht ab.)
Lea.

Was ſol ich thun? Die gantze Welt leh - net ſich wieder mich auf. Ja der Vater verſaget mir ſeine Gnade / und dennoch ſol Rahel noch ver -ſichert41Heyrath. ſichert ſeyn / daß ich allen Fleiß anwenden werde / die ungerechte / die ſchimpfliche und ungewoͤhnliche Hochzeit zuhintertreiben. Was? Sol meine Schweſter jhren Schatz in Armen haben / und ich ſol mich an den duͤrren Schaͤfer-Stocke waͤrmen? Ach nein / es iſt in unſern Lande nicht Sitte.

Erſter Handlung

Zwoͤlffter Aufftrit.

Debora.

So hoͤre doch / mein liebſtes Rachelchen ſol auch / in etlichen Tagen zur Frau werden / und ich als jhrer ſel. Großmutter und aller Kindes-Kinder ge - weſene Kinder-Frau ſol die froͤliche Zeit noch erle - ben / daß ich das liebe Engelgen einmahl in jhren Sechswochen warten kan. Es iſt Zeit mit dem Kinde / vor ſieben Jahren hoͤrete ich einen weit - laͤufftigen Vogel ſingen / da war ſie funffzehn Jahr alt. Nun wird ſie wol in dem Alter ſeyn / da die Jungfern lieber mit dem Manne zu Bette gehen / als mit der Kinder-Frau. Vor 114. Jahren

(Sie zehlet an den Fingern.)

Ja ja es iſt recht / es iſt gleich um 114. und damit vor 114. Jahren war mir auch ſo. Doch laſt ſe - hen / daß ich meine Arbeit nicht vergeſſe: Es iſt den Schaͤfer-Volcke nicht allemahl zu trauen / ſieC 5ma -42Jacobsmachen manchmahl am erſten Hochzeit Tage loſe Poſſen / ſo muß denn eine ehrliche Frau mit guten Kraͤutern dahinter kommen / die werden unten ins Bettſtroh geſteckt / daß mir die leichtfertigen Ehe - ſtands Kobelt vom Leibe bleiben. Ach wenn man - cher Doctor wuͤſte / was da vor Wuͤrtzelgen ſtehen / er wuͤrde 100. Meilen darnach reiſen. Nun laſt ſehen / wo werde ich alles zuſammen klauben.

(Sie buͤckt ſich nieder und ſucht.)

Erſter Handlung

Dreyzehnter Aufftrit.

Debora in Straͤuchern / Moph, Haſo auf der Seite.
Moph.

Ihr Herren / wo bin ich? Ich ſpreche immer die Welt iſt in dieſem Lande weiter / als in meinem Dorffe / da ich gebohren bin: da ſol ich einen Complimentier-Rath abgeben / und irgend einen Kerl / der Jacob heiſſen ſol / etliche ſchuldige Dienſte an den Halß werffen. Aber je tieffer ich in das Land komme / deſto ſchlechter wird meine Verrichtung: Und ich moͤchte bald ſprechen / wo der Herr zum Narren wird / da kan der Diener nicht klug bleiben. Mein Herr Kemuel iſt der Geburth nach ein Fuͤrſte. Aber dem itzigen Stan - de nach iſt er ein armer Schaͤffer. Deñ wie etwanneu -43Heyrath. neulich die Graͤntze bezogen ward / ſo mochte ſich der liebe Herr an Labans Tochter vergaffet haben / damit iſt er heimlich davon gewiſcht / und ich ha - be jhm / als ein ander Schelm und Dieb das Ge - leite zur Hinter-Thuͤr gegeben.

(Indem er dieſes redet / koͤmt Haſo her - zugeſchlichen / und trit jhm hinter den Ruͤcken / und kehret ſich allemahl nach ſeiner Wendung / daß ſie einan - der keinmahl ins Geſichte kommen.)

Es iſt gewagt / und ich wolte nicht gern / daß mich jemand verrathen ſolte / aber den Weg lieſſe ich mir gerne verrathen / daß ich einmahl das rechte Loch zu Jacobs Hauß-Thuͤre finden koͤnte. Wo ich lange ſuche / ſo verlier ich meine Complimenten / wie neulich unſer Amptman / der pruͤgelte die Bau - ren auf dem Felde herum / und in allen Eyfer ver - lohr er ſeine Balſam-Buͤchſe / und er weiß die Stunde nicht / daß ich ſie gefunden habe: Ja wol habe ich Urſache an die Balſam-Buͤchſe zugeden - cken / es koͤmt mir ein fauler Geruch dort aus dem Strauche heraus / es muß ein garſtiger Vogel ſein Gehecke dahinter gebauet haben.

Haſo.
(Ad Spectatores.)

Da kriege ich den rechtſchuldigen / der mich in meinem Amte verdringen wil / es wird ſchlim mit jhm ablauffen.

Moph. 44Jacobs
Moph.

Wer iſt da? Ich wil nicht hoffen / daß hier die Spalte / am breiten Berge iſt / da die klei - nen Maͤnnergen herauß kommen / ſonſt wuͤrde ich mein Pferd zuruͤcke reiten.

(Er ſiehet ſich um / Haſo bleibt jhm alle - zeit gegen den Ruͤcken.)
Haſ.

Drehe dich herum / wie du wilt / du ſolt mich nicht eher zu ſehen bekommen / als biß mir die Boßheit von der rechten Fuß-Sole biß ins lincke Ohr-Laͤpgen gefahren iſt.

Moph.

Biſtu ein Geiſt / ſo trolle dich; biſtu ein Menſch / ſo melde dich.

(Moph kehrt ſich geſchwinde herum / und wird des Haſo gewahr / damit blei - ben ſie gegen einander ſtehen / und machen ſtillſchweigend trotzige und laͤcherliche Minen gegen einander.) Bald drauff faͤngt Debora an zuſingen:
Sauſe liebe Ninne / was niſtelt im Struh /
Schabe mir die Klette / nim Manstreu darzu /
Enzian / Allrain / Knaben-Kraut /
So ſchmutzelt der Braͤutgam / ſo flaͤſchelt
die Braut. Je nu nu.
Haſ.

Die Engels-Stimme erhaͤlt dich bey dem Leben.

Moph. 45Heyrath.
Moph.

Und die Wald-Nymphe ruffe ich zum Zeugen an / daß ich dir das Leben ſchencke.

Haſ.

Es wird mir leyd / daß ich geredet habe.

Moph.

Und mir iſt leyd / daß ich nicht zuſchla - gen ſol.

Haſ.

Ey mit den Narren-Poſſen anderswo - hin; itzund werden mir erſt die Augen aufgethan / wir ſind gute Freunde.

Moph.

Heiſtu Jacob?

Haſ.

Nein. Mein Nahme iſt etwas koͤſtlicher / ich heiſſe Haſo.

Moph.

Heiſtu nicht Jacob / ſo hudele dich von meinem Angeſichte weg. Mein Herr hat mir be - fohlen / ich ſol mit keinem andern Menſchen zu - ſchaffen haben.

Haſ.

Nun / nun / wenn ſonſt kein Scrupel in un - ſere Freundſchafft komt / ſo wil ich immer Jacob heiſſen. Ja ja / ich beſinne mich / die Leute geben mir immer den Zunahmen Haſo, ſonſt heiſſe ich Jacob.

Moph.

Aber wenn ich betrogen werde / wie viel mal ſol ich deinen Kopf in Stuͤcken zerhauen?

Haſ.

Meinen Jacobs-Kopff moͤgt jhr tauſend - mahl zerhauen / ſeht nur / daß mein Haſen Kopf kei - nen Schaden kriegt.

Deb.
(koͤmt mit jhren Kraͤutern geſchli - chen.)

Friede / Friede jhr Leute / fangt mir an dem heiligen Orte nicht Haͤndel an / die guten Wuͤrtzelgen ver - lieren jhre Krafft davon.

Haſ. 46Jacobs
Haſ.

Ach liebe Debora, ſeyd jhr da / ach nehmet mich auf eure Seite / ſonſt falle ich dem Todtmacher in die Haͤnde.

Deb.

Kom nur her / und nim das Wuͤrtzelgen ins Maul / der Schelme ſol dich wohl zu frieden laſſen.

Haſ.

Nun habe ich wieder Courage,

(Er nimt die Wurtzel ins Maul / und redet hernach ſo deutlich / als er vor der Wurtzel kan.)

Du Flegel / du Raͤuber / du Pralſachte / da ſtehe ich / zerhacke mir doch nur ein Haͤrchen auf dem Kopfe / wo du beſſer biſt als ein eingemachter per - formirter / balſamirter Hunds-Etcetra.

Moph.

Wo die alten Hexen in den Krieg zie - hen / da werde ich kein Soldate / ich wil nur gehen / ehe mir das alte Rabenfell eine Wurtzel in die Knieſcheibe zaubert.

(Geht ab.)
Deb.

Du tummer Kerl / ein andermahl fange nicht mit allen Fremden Leuten Haͤndel an; waͤre ich mit meinen Wurtzeln nicht darzu kommen / die Woͤlffe wuͤrden ſich huͤbſch mit deinen Ohren und mit deinen Kaldaunen im Puſche herum ſchleppen.

Haſ.

Nun / nun jhr alte Mutter habt groſſen Danck vor die Wurtzel / ich wil ſie weiter brauchen.

Deb.

Sol ich mit dem groſſen Dancke zu frie - den ſeyn?

Haſ. 47Heyrath.
Haſ.

Ich armer Narꝛ / was habe ich zum be - ſten / daß ich die vortrefliche Wurtzel bezahlen kan? Geſchiehet euch ein Dienſt / ſo hucket mir auf den Buckel / und laſt euch zu dem Buſche hinaus tra - gen / ich ſehe doch / daß jhr gar uͤbel zu Fuſſe ſeyd.

Deb.

Ey das komt mir recht. Du biſt ein danck - barer Sohn.

(Er laͤſt ſie aufhucken und agirt poßier - lich / endlich traͤgt er ſie hinein.)

Anderer Handlung

Erſter Aufftrit.

Kemuel
(ſpielet auf der Laute und ſinget.)
I.
SEht was die Liebe thut!
Ein hoher Fuͤrſten Sohn
Verlaͤſſet ſeinen Thron /
Und wil allhier im gruͤnen
Das Schaͤfer-Volck bedienen /
Er achtet weder Gut noch Blut.
Seht was die Liebe thut!
II. Seht48Jacobs
II.
Seht was die Liebe thut!
Seit er die Rahel kennt
Und vor Begierde brennt /
So wirfft er ſein Geſchlechte
Faſt unter jhre Knechte /
Nun geht das Vieh in ſeineꝛ Hut.
Seht was die Liebe thut.
III.
Seht was die Liebe thut!
Der Rahel Augen ſinds /
Dadurch ein ſtoltzer Printz
Die tieffe Demuth lernet /
Und ſich von dem entfernet /
Darauf ſein hoher Staat beruht.
Seht was die Liebe thut!
(Moph. komt auf der andern Seite mit einer Zitter und ſinget.)
I.
Seht was die Liebe thut!
Weil Rahel dem behagt /
So liebt der Knecht die Magd:
Wir49Heyrath.
Wir dencken und vergeſſen
Daruͤber Schlaff und Eſſen;
Ach bin ich nicht ein Sechzehn -
Hut.
Seht was die Liebe thut!
Kem.

Siehe da Boͤſewicht / wer giebt dir die Freyheit / daß du mich mit deiner unzeitigen Mu - ſic verſtoͤren ſolt?

Moph.

Ein Schaͤffer hat ſo viel Freyheit als der andere.

(Er ſinget weiter.)
II.
Seht was die Liebe thut!
Ein Knecht bildt ſich was ein:
Ein Herr wil niedrig ſeyn.
Ein kluger wird zum Narren;
Ein Kautz verliehrt den Spar -
ren:
Ach bin ich nicht ein Siebzehn -
Hut.
Seht was die Liebe thut!
DKe -50Jacobs

Kemuel. Tenore Sol.

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Seht was die Liebe thut / ein hoher Fuͤrſten

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Sohn verlaͤſſet ſeinen Thron / und wil allhier im

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Gruͤnen das Schaͤfer-Volck be dienen / er

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achtet weder Gut noch Blut / ſeht was die Liebe

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thut. ij

Con -51Heyrath.

Continuo.

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Seht was die Liebe thut.

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D 2Moph. 52Jacobs

Moph. Baſſo Sol.

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Seht was die Liebe thut! weil Rahel dem be -

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hagt / ſo liebt der Knecht die Magd / wir denckē ver -

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geſſen / daruͤber Schlaff und Eſſen / je bin ich nicht / je

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bin ich nicht ein Sech -- zehnhut ein Sechzehn -

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hut / ſeht was / ſeht was die Liebe thut.

Con -53Heyrath.

Continuo.

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D 3Kem. 54Jacobs
Kem.

In der Compagnie ſind wird Schaͤfer / und wenn wir alleine ſind / ſo bin ich dein Fuͤrſte: derowegen mißbrauche meine Guͤtigkeit nicht / de - rer du bißweilen vor den Leuten gewuͤrdiget biſt.

Moph.
(Ad Spectatores.)

Es iſt ein jaͤmmerlich Ding um den Reſpect, der nicht immer wehret / es gemahnet mich wie mit je - ner Frau / die ließ den Mann vor den Leuten Herr ſeyn / doch in der Schlaf-Kammer muſt er einen Product nach dem andern aushalten. Ich ſehe wol / mein Durchl. Schaͤfer gedencket mich auch uͤber den Kam̃ zu putzen.

Kem.

Vor allen Dingen wil ich hoffen / du wirſt diß dato reinen Mund gehalten haben.

Moph.

Ich werde keine beſchmiſſene Guſche ha - ben / wenn ich zur Jungfer gehe: Es waͤre kein Wunder / ich wuͤſche mich alle Morgen mit Eſels - Milch / und lieſſe mir auf ſechs Choͤren darzu ſin - gen: Seht was die Liebe thut!

Kem.

Die euſerliche Geſtalt macht mir wenig Sorgen; ich rede von deiner Verſchwiegenheit.

Moph.

Es iſt ein gefaͤhrlich Thun um einen ver - ſchwiegenen Liebhaber; denn jemehr Heimligkeiten in der Kehle vermodern / deſto heßlicher reucht es nach ſchimlichen Brodte / wenn er die Hertzbre - chenden Seuffzer in das Geſichte blaſen wil.

Kem.

Boͤſewicht / wiltu mein Verraͤther wer - den?

Moph. 55Heyrath.
Moph.

Ach nein / ach nein: ich rede nur von der wichtigkeit des Werckes / daß mein Herr meine Treu deſto gewiſſer erkennen / und alſo auch den Lohn in Anſehung meiner Unbeqvemligkeit verdop - peln ſolte.

Kem.

Wirſtu nur ein Wort von meinen Stan - de gedencken / ſo wil ich dir den Lohn verdoppeln; erſtlich ſoltu den Staupbeſen bekommen / hernach ſol der Galgen nach dir ſchnappen.

Moph.

Wem es auß dem Halſe ſtincket / der hat keine beſſere Cur, als den Galgen. Doch in mei - nem Geſchlechte ſind wir gar unleidlich: ehe ich das erfahren wil / eher wil ich einen groſſen Rettich ins Maul nehmen / daß ich die Zeit meines Lebens kein Wort reden kan.

Kem.

Es ſteht bey dir / ob du dein Gluͤck in acht nehmen wilſt. Doch du ſieheſt / was itzund vor Leute herkommen / gehe hin / und mache dich unter - deſſen mit den Schaͤfern bekandt.

Moph.

Herr ohne mich koͤnt jhr nicht leben; ſonſt waͤre ich wol in euren Lande zuruͤcke blieben: und wenn ich da bin / ſo muß ich einen Abtrit neh - men. Nun was hilffts?

Ich laſſe es gehen wie es gehet.
Seyd jhr nur nicht gar gut /
So denck ich was im Liede ſtehet:
Seht was die Liebe thut!
D 4An -56Jacobs

Anderer Handlung

Anderer Aufftrit.

Kemuel, Lothan, Meres.
Lot.

Mein Schaͤfer / wir gedachten jhn an die - ſen Orte zu finden.

Mer.

Und da wir in dieſen Gedancken nicht be - trogen ſind / ſo erfreuen wir uns uͤber ſeiner Gegen - wart.

Kam.

Wer die Luſt aller Welt verachten muß / der ſuchet ſeinen Auffenthalt in der Einſamkeit.

Lot.

Es waͤre zu wuͤnſchen / daß wir in dieſer Einſamkeit faͤhig genung waͤren einige Luſt zuer - wecken.

Mer.

Alſo wuͤrde mein Schaͤfer bekennen muͤſ - ſen / daß die Welt noch einige Luſt vor jhn aufge - hoben haͤtte.

Kem.

Ihr liebſten Freunde / jhr ſeyd dieſelben Perſonen / auf derer Beyſtand mein zukuͤnfftiges Gluͤck beruhen ſol. Ihr wiſſet / warum ich mei - nen Purpur mit dieſen ſchlechten Habite verwech - ſelt habe / und wie es in euren Gefallen ſtehet / mein Leben oder meinen Tod zubefoͤrdern.

Lot.

Es iſt viel / daß ſich ein Fuͤrſte zu unſerer Freundſchafft erniedriget.

Mer.

Und es iſt noch mehr / daß ein Wohlthaͤ - ter des allgemeinen Volckes eine Wohlthat von niedrigen Leuten verlangen kan.

Kem. 57Heyrath.
Kem.

Rahel hat ſollen eine Fuͤrſtin werden. Da ſich nun das Gluͤcke verirret hat / ſo wil ich nun die - ſen Irꝛthum durch eine wunderliche Reſolution verbeſſern.

Lot.

Wir duͤrffen die Schweſter weder loben noch verachten.

Mer.

Und weil ſie ein Fuͤrſte lobt / ſo duͤrffen wir ſeinem Lobe nicht wiederſprechen.

Kem.

Niedrige Perſonen werden durch niedri - ge Begierden angegriffen. Ich wil hoffen / daß ich auch in dieſen Schaͤfer-Kleide meine Fuͤrſtliche Hoheit nicht verleugnen werde / ſo lange der Zweck meiner Gedancken auf eine Fuͤrſtenmaͤßige Schaͤffe - rin gerichtet iſt.

Lot.

Wir wollen gern das unſrige darbey ver - richten / ob wir zwar die Niedrigkeit unſers Ge - ſchlechts erkennen muͤſſen.

Mer.

Wir muͤſten uns in Warheit des hoch - muͤthigen Beginnens ſchaͤmen / wenn mein Durchl. Schaͤfer ſeinen Hertzens Grund nicht allzu eifrig entdencket haͤtte.

Kem.

Es iſt mein Ernſt. Die Goͤtter aus Sy - rien machen mich ins kuͤnfftige zu dem ungluͤckſe - ligſten Menſchen / und laſſen die Tage meines Le - bens verflucht ſeyn / wofern ich keine Schaͤferin aus dieſer Gegend zu meiner Gemahlin erwehlen wer - de. Aber ach jhr liebſten Freunde / wollet jhr mich noch ferner in meiner Hoffnung aufhalten? ich ha - be die Laͤndereyen ſchon beniemet / welche zur Ver -D 5gel -58Jacobsgeltung / als ein ewiges Erbtheil / bey Labans Ge - ſchlechte verbleiben ſollen.

Lot.

Darin wird unſer Gehorſam beleidiget / daß die geringe Muͤhwaltung ſo groß ſol belohnet werden.

Mer.

Und es wird das Anſehen haben / als waͤ - re dieſer Gehorſam nicht ſo wol aus ungefaͤrbter Liebe / als etwan aus einem verblendeten Gemuͤthe entſtanden.

Lot.

Immittelſt gebe ich nochmahls meine Hand und hierdurch mein Hertz zu Pfande / daß ich eher ſterben wil / ehe dieſer Durchl. Schaͤfer an ſeiner Vergnuͤgung von mir ſolte verwarloſet werden.

Mer.

Und ich wil mein Gluͤcke verſchweren / wo Rahel mit meinem Willen einem andern Braͤuti - gam ſol zu Theile werden.

Lot.

Aber was werden uns dieſe Boten brin - gen?

Anderer Handlung

Dritter Aufftrit.

Die vorigen Ebed und Amal.
Eb.

Es wird uns vergoͤnnet ſeyn herein zu kom - men.

Lot.

Was ſol dieſer froͤliche Zierath bedeuten? iſt etwan unter den Schaͤfern etwas neues von ei - ner Hochzeit zuerfahren?

Eb. 59Heyrath.
Eb.

Ja wol etwas neues / deſſentwegen ſich die gantze Stadt erfreuen wird.

Am.

Und deſſentwegen Herr Laban mit ſeiner angenehmen Familie viel getreue Gluͤckwuͤnſchun - gen zu hoffen hat.

Lot.

Ich erwarte das Anbringen.

Eb.

Herr Laban hat ſich reſolviret ſeine juͤngſte Tochter mit dem bißherigen Auffſeher zu vermaͤh - len; und weil dieſes freudenreiche Werck in wenig Tagen wird vollzogen werden; ſo verlangt der Herr Vater ſeine geliebteſte Kinder bey ſich zuhaben / da - mit alsdenn wegen des Hochzeitmahls deſto beſſere Anſtalt koͤnte gemacht werden.

Am.

Weil auch Herr Laban vernommen / ob ſolte ſich ein vornehmer Schaͤfer aus der Nachbar - ſchafft allhier aufhalten / ſo wird er ſich von Her - tzen erfreuen / wenn dieſer angenehme Gaſt die Geſellſchafft vermehren wolte.

Lot.

Wir muͤſſen unſern Herrn Vater treflich geringe ſeyn / daß wir von der Schweſter Heyrath nichts erfahren duͤrffen / ehe wir die Gaͤſte bedie - nen ſollen.

Mer.

Ich halte / wer ohne uns Verloͤbnis macht / der wird auch in unſerer Abweſenheit die Hochzeit vollziehen koͤnnen.

Eb.

Wir verrichten was uns befohlen iſt.

Am.

Und erwarten / was wir dem Herrn Vater zur Antwort uͤberbringen ſollen.

Lot.

Sagt / jhr ſeyd uns verdrießlich geweſen.

Mer. 60Jacobs
Mer.

Mein Bruder / es iſt der Vater / ſie moͤ - gen ſagen / wir waͤren nicht zu Hauſe geweſen.

Lot.

Sagt was jhr wolt / vielleicht erſcheinen wir etwas zeitlicher / als der Braͤutigam wuͤnſchen moͤchte.

Eb.

Wir beklagen unſer Ungluͤck / daß wir zu einer verdrießlichen Botſchafft ſind genoͤthiget worden.

Am.

Und erwarten die Gelegenheit durch jhren Befehl etwas angenehmers zuverrichten.

Lot.

Ihr habt euch nicht aufzuhalten. Da - durch wird uns am beſten aufgewartet / wenn jhr den Weg zuruͤcke nehmet.

(Ebed und Amal gehen ab.)
Kem.

Ach verflucht ſey der Augenblick / da mich ein ungewiſſer Freund in einer verzweifelten Hoff - nung geſtaͤrcket hat!

Lot.

Mein Schaͤfer

(denn ich wil doch bey die - ſen Nahmen verbleiben)

mein Schaͤfer / das Ver - haͤngnuͤs hat mir etwas in den Weg geworffen: Allein ſo lange noch kein Außgang meinen Gedan - cken zu wieder iſt / ſo lange wil ich mein Gluͤcke nicht verklagen.

Mer.

Hier ſteht ein Bruder / welcher die Hey - rath verſtoͤren ſol.

Lot.

Und hier ſtehet der nechſte Freund / welcher einen ſolchen Schwager verwerffen kan.

Kem. 61Heyrath.
Kem.

Und hier ſtehet ein betruͤbter Liebhaber / welcher ſeinen Jammer und ſeine Schande nicht uͤberſehen kan.

Lot.

Ich ſetze mein Leben zum Pfande / daß die eilfertige Heyrath muß zu ruͤcke gehen.

Mer.

Und ehe ich dieſen Durchl. Schaͤfer wol - te betruͤben laſſen / ehe wil ich meinem Vater ſelbſt ungehorſam ſeyn.

Kem.

Ach wo die Liebeshandlung ſchon ſo weit kommen iſt / daß man wegen der Hochzeit Gaͤſte bekuͤmmert iſt / da wird ein ander mit ſeiner unge - wiſſen Liebe ſchon unter die ſpaͤten Expectanten ein - geſchrieben.

Lot.

Ich gehe / und wil eine Probe von meiner Freundſchafft ablegen.

Mer.

Ich gehe / und wil erweiſen / daß ich ein oͤffentlicher Diener von einem verborgenen Fuͤr - ſten bin.

Kem.

Ich gehe / und viel zwey ehrliche Bruͤder beklagen / welche der Schweſter in jhrer Liebe nichts vorzuſchreiben haben.

(Sie gehen an unterſchiedenẽ Orten ab.)

Anderer Handlung

Vierdter Aufftrit.

Jacob, Rahel.
Rah.

Ich weiß nicht.

Jac.

So weiß ich deſto weniger.

Rah. 62Jacobs
Rah.

Ich ſchaͤme mich die Urſache zu ſagen.

Jac.

Es iſt kein Geheimnis / der Herr Vater iſt in ſeinen Anſchlaͤgen etwas wanckelmuͤtig.

Rah.

Und alſo muß eine gehorſame Tochter in jhrer Hoffnung zuruͤcke ſiehen.

Jac.

Ich habe ein ſtarckes Wort / darauff ich trotzen kan.

Rah.

Und ich habe einen getreuen Vetter / wel - chen ich nicht verlieren kan.

Jac.

An meiner Beſtaͤndigkeit ſol kein Zweifel ſeyn / meine Freude kan zwar aufgeſchoben werden; doch wer mich dieſes Kleinods gaͤntzlich berauben ſoll / der muß mein Hertz unempfindlich machen / das iſt / er muß mich todt ſchlagen.

Rah.

Es iſt ein ſchlechtes Weſen. Die Nach - barn wuͤnſchen mir Gluͤck zur Hochzeit / und ich weiß nicht / ob mich der Herr Vater vor eine Braut paſſiren laͤſt.

Jac.

Es wird ſich bald weiſen / ich habe genung Boten beſtellet / welche mir den gantzen Handel bey guter Zeit eroͤffnen ſollen; und vielleicht bringt dieſer eine gute Botſchafft.

Anderer Handlung

Fuͤnffter Aufftrit.

Jacob, Rahel, Haniel.
Han.

Darff ich kuͤhne ſeyn / ihr vertrautes Ge - ſpraͤche zuverſtoͤren?

Jac. 63Heyrath.
Jac.

Es geſchicht uns der hoͤchſte Gefallen; ſon - derlich wenn die Zeitung auf unſerer Seite gluͤck - lich iſt.

Han.

Wer allemahl die Warheit ſagt / der iſt auch entſchuldiget / wenn ſeine Zeitungen etwas wiederwaͤrtig lauffen.

Jac.

Ach mein Freund / was habe ich zuerwar - ten?

Han.

Herr Laban hat eine Poſt von ſeinen Soͤh - nen empfangen / und hierauf ſcheinet er zu der Hoch - zeit etwas kaltſinnig.

Jac.

Worin hat er ſolches mercken laſſen?

Han.

Wenn ſich ein vornehmer Mann zur Hochzeit ſchicken ſol / ſo muß er etwas hurtiger ſeyn.

Rah.

Ach mein Kind / er kennet des Herrn Va - ters Weiſe: was wollen mir die Bruͤder thun?

Han.

Sie wuͤrde anders reden / wenn ſie den vornehmen Freyer ſolte kennen lernen.

Rah.

Ach er verſchone mich mit dieſer Gewalt. Mein Hertz iſt einmahl verſchencket / und da ſol es wol in Ewigkeit aufgehoben bleiben.

Han.
(Ad Sepctatores.)

Ich mag die verliebten Leute nicht erſchrecken: ich bin verſichert / daß die Hochzeit zuruͤcke gehet.

Jac.

Mein Freund ſagt mir aus getreuen Her - tzen / iſt es moͤglich / daß mich Herr Laban betruͤ - ben kan?

Jac. 64Jacobs
Han.

Was Menſchlich iſt / das iſt auch moͤglich. Doch hier koͤmt einer / von dem man beſſere Gewiß - heit zu hoffen hat.

Anderer Handlung

Sechſter Aufftrit.

Die vorigen und Elidab.
Elid.

Froͤliche Zeitung mein Herr Jacob / die Sache wird nun gehoben ſeyn. Und alſo wil ich meinen vorigen Gluͤckwunſch nochmahls wiederho - len / daß ſie beyderſeits die Gnade des Segenrei - chen Himmels in langer und fruchtbarer Ehe ge - nieſſen moͤgen.

Rah.

Ach mein Jacob / was hoͤre ich?

Jac.

Eine Himliſche Zeitung. Ach iſt es moͤg - lich / daß wir uns eines ſolchen Gluͤckwunſches an - maſſen ſollen?

Elid.

Ich habe darbey geſtanden / wie Herr La - ban zwey Schaͤfer mit dieſen Expreſſen Befehle an ſeine Soͤhne abgefertiget hat / ſie moͤchten unver - zuͤglich anhero kommen / und zu der bevorſtehenden Hochzeit Anſtalt machen helffen.

Jac.

Ich werde lebendig.

Rah.

Und dieſes Leben erhaͤlt mich / daß ich nicht vor Freuden ſterbe.

Elid.

Herr Laban iſt im Anfange bedachtſam / allein wenn es einmahl recht beſchloſſen iſt / ſo wirder65Heyrath. er weder ſich / noch ſeine Kinder ſchimpffen laſſen. Ich hoͤre auch / daß ein vornehmer Schaͤfer bey den Herren Soͤhnen als ein Gaſt eingeſprochen iſt / der ſol gleichfals erſuchet werden bey dem Hoch - zeit Mahle zuerſcheinen.

Rah.

Der Gaſt moͤchte wohl davon bleiben.

Jac.

Er mag als ein Zeuge dar ſeyn / daß Ja - cob bey ſeiner Rahel vergnuͤget iſt.

Elid.

Ja wol kan die Vergnuͤgung numehr in keinen Zweifel geſetzet werden.

Han.

Ich erfreue mich / daß meine Furcht ſo gluͤcklich wiederleget wird. Allein wer muß unſern Fleiſcher ſo erzuͤrnet haben / daß er ſo ungnaͤdige Minen macht?

Anderer Handlung

Siebender Aufftrit.

Die vorigen und Boker.
Bok.

So hole es der Hencker und ſeine Groß - Mutter / wann ſich ein ehrlicher Meiſter ſo heßlich ſol vexieren laſſen. Und das mag Herr Laban wol wiſſen / iſt er ein reicher Mann und ein vornehmer Herr / ſo bin ich doch in dieſer Stadt ein freyer Buͤrger / und ich darf deswegen nichts von jhm lei - den / ob ich gleich ein armer ehrlicher Mann bin / der nicht viel zuverzehren hat. Wil er jemandenEtri -66Jacobstribuliren / ſo mag er ſeine Schaͤfer und Knechte ſchlachten / ſchinden / ſieden und braten laſſen. Ja ja dißmahl bin ich in ſeinem Hauſe geweſt / er ſchi - cke mir noch einen Boten / ſo wil ich jhm weiſen / daß ich vor keinen Herren erſchrecke / der mich nicht darff laſſen in den Thurm ſetzen.

Elid.

Wie ſtehts Meiſter Bocker / wer hat euch was zu Leide gethan? ich mercke es an euren Ge - berden / daß jhr uͤber jemanden zuklagen habt.

Bok.

Ich meine / daß ich zu klagen habe. Doch ein armer Mann muß ſich mit ſchmaͤhlen behelffen. Haͤtte ich mehr Gewalt / ich wolte mit Kaͤulen hin - ein ſchmeiſſen / und mit Fleiſcher Meſſern hinein ſtechen.

Elid.

Die Sache iſt erſchroͤcklich.

Bok.

Ey laſt jhr mich auch ungeheit. So viel als mir euer Herr zubefehlen hat / ſo viel habt jhr mich zu vexieren.

Elid.

Und was hat euch mein Herr gethan?

Bok.

Ich wolte fein fragen. Da ſchickt er zu mir / und laͤſt den gantzen Hoff voll Ochſen / Kaͤlber und Schoͤpſe fuͤhren / die auf ſeiner Tochter Hoch - zeit ſollen geſchlachtet werden; Aber da ich nun gedencke / mein Blutvergieſſen ſol am beſten an - gehen / ſo kam er mir in den Hoff geſprungen / als wenn er ſich vollgeſoffen haͤtte / und wolte wiſſen / wer mich zum Schlaͤchter beſtellet haͤtte? Er haͤt - te noch in zwey Jahren nicht willens das Vieh auf einmahl auf eine Freſſerey zuverſchleudern; Ichmoͤch -67Heyrath. moͤchte hingehen / oder er wolte mir Beine machen.

Elid.

Ich hoͤre unglaͤubliche Dinge: ich weiß ja ſelbſt / daß Herr Laban in das Schlachten gewil - liget hat.

Bok.

Mir iſt es viel daran gelegen / obs ein an - der glaͤubt oder nicht; Ich weiß am beſten / wie mich der Mann geſchimpſet hat. Aber das Creu - tze ſey jhm geſchworen / daß er mich die Zeit meines Lebens nicht mehr beſchmeiſſen ſol.

(Geht ab.)
Han.

Dieſe Zeitung wil mit der vorigen nicht eintreffen.

Jac.

Und alſo werde ich in die vorige Verzwei - felung geſtuͤrtzet. Ach ungluͤckſelige Liebe!

Rah.

Ach grauſamer Vater!

Jac.

Werden meine Dienſte ſo belohnet?

Rah.

Und habe ich vor meinen Kindlichen Ge - horſam dieſen Schimpff zu erwarten?

Anderer Handlung

Achter Aufftrit.

Die vorigen und Regu.
Reg.

Wo das Lauffen ſo waͤret / als wie es heu - te angefangen hat / ſo muß ich eiſerne Stiefeln bor - gen. Daß mich doch das Ungluͤck zu dieſen wunder - lichen Herren gefuͤhret hat!

E 2Han. 68Jacobs
Han.

Regu, wo hinaus ſo eylfertig?

Reg.

Mit zuͤchten zu melden zum Paſteten Be - cker.

Han.

Was giebt es da zuverrichten?

Reg.

Jungfer Rahel wirds am beſten wiſſen. Herr Laban wolte ſich auf eine groſſe Hochzeit ge - ſchickt machen / darnach daurete den kargen Herrn das liebe Vieh / daß er den Fleiſcher und alles zum Hauſe hinauß jagte. Indem kam unſer Nachbar Bildad, der ruͤckte jhm den Kopff wieder zu rechte / daß er nun beſchloſſen hat eine kleine Collation von bloſſen Kuchen zu geben / damit ſollen die Gaͤſte vor lieb nehmen / biß irgend GOtt dem lieben Paarchen ein Kind beſcheren moͤchte / da koͤnte das Eſſen eingebracht werden.

Han.

Die Liebe ſtehet im April / das Wetter veraͤndert ſich alle Augenblick.

Elid.

Vielleicht wird dieſer unbeſtaͤndige April einen lieblichen Meyen verkuͤndigen.

Reg.

Ich habe mich nicht aufzuhalten; denn meine Nachlaͤßigkeit moͤchte mir bey den verliebten Perſonen einzige Ungnade erwecken.

(Geht ab.)
Jac.

Es muß ein ſtarcker Held ſeyn / welcher ſo viel Veraͤnderungen ſeines Gluͤckes auf einmahl vertragen kan.

Rah.

So wird ein armes Weibes-Bild unter der Laſt verſchmachten.

Jac. 69Heyrath.
Jac.

Die Liebe thut ſolche Wunder / daß wir al - lezeit geduldig ſeyn. Doch meine Freunde geht / und ſuchet euren Herrn / wer weiß wo eine Ver - richtung auf euch wartet / darbey der gute Herr noch einmahl Wetterwendiſch wuͤrde.

Elid.

Unſere Dienſte / ja unſere gute Worte ſol - len ſich niemahls nachlaͤßig erfinden laſſen.

(Elidab und Haniel gehen ab.)
Rah.

Es iſt wunder / wir ſollen bey dieſem Spie - le die vornehmſten Perſonen ſeyn / und haben die wenigſte Nachricht davon.

Jac.

Mein Kind / die Beſchwerligkeiten vor der Hochzeit ſind leichter zu erdulden / als wenn die Wiederwaͤrtigkeit nach der ſuͤſſen Vollziehung ent - ſtehen wil.

Anderer Handlung

Neundter Aufftrit.

Jacob, Rahel, Ebed.
Ebed.
(Koͤmt gelauffen.)

Mein Herr Jacob ich bitte jhn um ſeiner eigenen Wohlfahrt willen / er begebe ſich an einen ſichern Oct; denn ſonſt moͤchte durch ſeinen Schaden mehr als eine Perſon betruͤbet werden.

Jac.

Und was erhebt ſich vor ein neues Un - gluͤck?

E 3Eb. 70Jacobs
Eb.

Herr Labans zwey Soͤhne haben jhm den Tod geſchworen.

Jac.

Meine Freunde? Meine Vettern? ich moͤch - te faſt ſagen / die jenigen / welche durch meinen Fleiß ihr Reichthum vermehret haben?

Eb.

Es hilfft nichts / ſie wollen dem Vater ſelbſt in der vorhabenden Heyrath wiederſprechen: Und ſo viel ich muthmaſſen kan / ſo werden ſie mir auf dem Fuſſe nachkommen. Er nehme dieſe Warnung als eine Probe meiner treuen Freundſchafft an / ich muß eilen / damit ich vor den Leuten Neutral ver - bleiben kan.

(Gehet ab.)
Jac.

Mein Kind / dieſes Zufalls haͤtte ſich nie - mand verſehen.

Rah.

Mein Jacob wird ſich vor dieſen ſchwa - chen Schaͤfern nicht entſetzen.

Jac.

Ja wol macht jhre Schwachheit wenig Nachdencken: und ich wolte daß hundert Maͤnner aus Syrien dieſes Hertzens Kleinot von meiner Sei - te wegreiſſen wolten: Ich verhoffete ſie insgeſamt Krafft meiner unuͤberwindlichen Liebe in den Koth zutreten / oder doch in die ſchaͤndlichſte Flucht zu ja - gen. Aber ach! ich weiß / wer durch meine Tapffer - keit beleidiget wuͤrde. Ach wie koͤnte Rahel die - ſelbige Hand kuͤſſen / welche ſich in der Bruͤder Blute gewaſchen hat?

Rah.

Solte ich aber des Bruders Hand kuͤſſen / welcher meinen Liebſten aufopffern wolte?

Jac. 71Heyrath.
Jac.

Ich ſehe daß mit einer kleinmuͤthigen Re - ſolution nicht fortzukommen iſt. Herr Laban iſt mir einen Lohn ſchuldig / den wil ich haben / und wenn ſich gantz Haran wieder mich auflehnen wol - te. Immittels lebe ſie wol mein Kind / und bey dieſen Kuſſe gedencke ſie / daß zornige Leute gleich - wol der Liebe nicht vergeſſen.

Rah.

Er iſt ein Mann: jhm koͤmt es zu / daß er bey ſolcher Gelegenheit zornig iſt: woferne ich das meinige thun ſol / ſo werde ich unſern wieder - waͤrtigen Zuſtand beweinen muͤſſen. Ach mein Kind / dieſes Ungluͤck hat er meinetwegen aus zu - ſiehen.

Jac.

Und dieſes macht mich in meinem Ungluͤ - cke deſto ſtandhafftiger. Sie lebe nochmahls wol / und wuͤnſche mir das Beſte.

(Sie gehen an unterſchiedenen Orten ab.)

Anderer Handlung

Zehnder Aufftrit.

Bilha, Silpa.
Silp.

Du biſt auch die Princeßin darnach / daß daß man dir zu Fuſſe fallen ſol.

Bih.

Wer meine Weiſe nicht leiden kan / dem kan ich die Freyheit laſſen / daß er boͤſe daruͤber wird.

E 4Silp. 72Jacobs
Silp.

Aber wenn der Herr einen ſolchen Schand - Nickel vor den Kittel ſchluͤge / ſo wird unſere Hauß - haltung gleichwol verrichtet werden.

Bilh.

Ja ja. Ich moͤchte aus dem Hauſe frey - en / und du moͤchteſt mit den Haͤſchern zur Stadt hinaus gewieſen werden / ſo bliebe doch Herr La - ban ein rechtſchaffener Mann.

Sil.

Ey Jungfer / faͤngſtu auch ſchon an? Es iſt Zeit mit dir / daß du Hochzeit machſt. Doch was hilffts? die Maͤgde richten ſich nach den Jungfern / wenn Rahel Hochzeit macht / ſo wird ja ein Hoch - zeit Gaſt die Treppe herunter fallen. Verſtehſtu mich?

Bilh.

Du haſt recht. Und wenn jemand die Treppe herunter fiele / er wuͤrde ſich eher an meine Kuͤchen Schuͤrtze halten / als an deine Sontags - Krauſe. Du magſt ſagen was du wilſt / meine Jungfer iſt doch die ſchoͤnſte / und ich kriege wol deſ - ſentwegẽ einen hoͤflichẽ Blick eher als deine Jungfer.

Silp.

Es iſt Schade / daß deine Jungfer nicht die aͤlteſte Schweſter heiſſen ſol?

Bilh.

Ey nicht doch / Jungfer Lea mag den Ti - tul behalten / biß ſie einmahl die aͤlteſte Jungfer im Lande heiſſen ſol.

Silp.

Ach nein / ich wil mein Trinckgeld vor das Braͤutigams Hembde / und vor die Bade-Schuͤr - tze ſo geſchwinde verdienen / als du.

Bilh.

Ich hoͤre nur / der Leinweber ſol noch ge - bohren werden / der die Leinwand darzu machen wird.

Silp. 73Heyrath.
Silp.

Ach ſpeye aus und rede beſſer! deine Jung - fer ſol noch dem lieben GOtt dancken / daß ſie den Nahmen in die Badſchuͤrtze zeichnen kan.

Bilh.

Es kan wol ſeyn / daß Rahels Tochter Kind einmahl der alten verlebten Jungfer einen Sterbe-Kittel zuſchneiden hilfft.

Silp.

Ach du Narꝛ / iſt deine Jungfer beſſer als meine?

Bild.

Ich weiß wol / wenn ſie einen andern Kopff haͤtte / ſo wuͤrden die andern Fehler ent - ſchuldiget.

Silp.

Ich lobe einen Kopff der was verſtehet. Deine Jungfer wirds mit dem ſchoͤnen Fleckgen bald wohlfeyler geben.

Bilh.

Ich halte du lerneſt weiſſagen. Meine Jungfer iſt eine Braut / und da wird ſie freylich bey jhren Liebſten die Kuͤſſe wolfeyler geben als deine Jungfer. Wiewol ich kan nicht wiſſen / ob ſie ein Gedinge mit den Schaff-Knechten gemacht hat.

Silp.

Was ſagſtu / du leichtſertiges Menſch? ha - ſtu nicht verdienet / daß ich dir die Augen auskra - tze?

Bilh.

Erbarme dich uͤber deine Jungfer und kra - tze jhr die Augen aus.

Silp.

Was geht dich meine Jungfer an / du / du / du Etcetera?

Bilh.

Kom doch beſſer ans licht / daß ich dich recht anſehen kan / ob du boͤſe biſt.

E 5Silp. 74Jacobs
Silp.

Meine Jungfer ſol das nicht leiden.

Bilh.

Ich weiß ohn diß wol / daß ſie zu meiner Jungfer nicht auf die Hochzeit koͤmt.

Silp.

Halts Maul du garſtiges Ding.

(Sie ſtuͤtzen die Armen unter)
Bilh.

Ey ich rede doch noch einmahl / du ſchoͤnes Ding.

Silp.

Ich wil dir bald reden / daß dir die Fum - mel von dem Kopffe fliegen ſol.

Bilh.

Was geheyt dich meine Fummel? Sie kan dir wohl nach der Naſe fliegen.

Silp.

Du Rabenfell halts Maul.

Bilh.

Was heiſt denn ein Rabenfell?

Silp.

Das wirſtu wiſſen. Schweig oder ich ſchmeiſſe zu.

Bilh.

Eine H -- die nicht ausſchlaͤgt.

Silp.

Eine H -- die nicht ſtille ſchweigt.

Bilh.

Ich ſchweige nicht ſtill.

Silp.

So ſchmeiſſe ich.

Bilh.

Verſuchs doch in Geſundheit deiner blin - den Jungfer.

Silp.

Ich wils auch verſuchen / und deine Tantz - Tocke ſol mirs nicht verbieten.

An -75Heyrath.

Anderer Handlung

Eilffter Aufftrit.

Bilha, Silpa, (Moph und Haſo kommen heraus gelauffen / und fingen / er - greiffen auch die Maͤgde und tantzen / doch dieſe laſſen ſich ſehr ſchleppen und wollen nicht.)
Bilh.

Ein ſolcher Reckel moͤchte mir wol die Ar - men ausreiſſen. Ich wil dirs dorte wol gedencken.

(Laͤufft davon.)
Silp.

Und mein Fleiſch iſt auch zu koͤſtlich / daß ein ſolcher Toͤlpel darnach greiffen ſol.

(Laͤufft davon.)
Moph.

Bruder / das war ein huͤbſch Exercitium auf unſere Hochzeit.

Haſ.

Meine Mehre tantzte ſchroͤcklich wieder die Lection. Es war als wenn ich elnen Bleyſack zu ſchleppen haͤtte.

Moph.

Ich dencke / wenn es an Taͤntzern man - geln wird / ſo werden ſie jhre willige Dienſte wol ſelber anbieten: Und da moͤchten die Bley-Saͤcke wol zu Feder-Saͤcken werden.

Haſ.

Aber hoͤre Bruder / weil wir nun gleich - wol gute Cammeradſchafft mit einander gemachtha -76Jacobshaben / ſo muͤſſen wir heute einen rechtſchaffenen Poſſen mit einander anfangen.

Moph.

Meinetwegen / ich bin zu frieden und mache mit: die Stadt muß doch erfahren / daß Herr Laban zwey Narren beyſammen im Hauſe hat.

Haſ.

Aber weiſtu wie?

Moph.

Ja ſol ich den Poſſen erdencken?

Haſ.

Ey nicht doch. In meinem Kopffe iſt al - les fertig. Herr Laban iſt ſo ein karger Filtz / daß er ſeinem eigenen Maule nicht gerne zu freſſen giebt; Nun weiß ich wol / wo fremde Leute mit jhrem Zu - rathen nicht das beſte thun / ſo wird Schmalhanß Kuͤchen-Meiſter ſeyn.

Moph.

Ich hoͤre noch von ſchlechten Poſſen.

Haſ.

Warte doch / biß ich ausrede. Nun wol - len wir auf das Dorff marchiren, und wollen als erbare Hochzeit-Bitter die gantze Gemeine an Herren und Frauen / an Knechten und Maͤgden in allen Ehren auf die Hochzeit einladen. Du magſt die Maͤnner bitten / ich wils mit dem Ehrenveſten Floͤhen-Zimmer verſuchen.

Moph.

Wenn aber die Schelmen kommen / wo kriegen ſie denn zufreſſen?

Haſ.

Da moͤgen ſie zuſehen / wir thun das un - ſrige. Wil ſich Herr Laban an ſeiner Hochzeit ſchimpffen laſſen / ſo geht uns wenig ab.

Moph.

Aber es moͤchte uns was zugehen / wenn die Bauren von den Hochzeit-Bittern wolten zu Tiſche gefuͤhret ſeyn.

Haſ. 77Heyrath.
Haſ.

Da laß du mich ſorgen. Wir wollen zwey Maͤntel umnehmen / und ſo erbar thun / daß uns kein Bauer vor ſolche Narren anſehen ſol.

Moph.

Ich wils mitwagen. Wird der Hen - cker ein Schelm / ſo werde ich kranck / und ſchencke Herr Laban die Hochzeit.

Anderer Handlung

Zwoͤlffter Aufftrit.

Lea, Lothan, Meres.
Lea.

Hab ich unrecht / wenn ich meinen Schimpf vermeiden wil?

Lot.

Nein. Ich bin Bruder / und ich hoffe mein Wort ſol auch etwas gelten.

Mer.

Die Heyrath ſol zuruͤcke gehen / und ſolte Jacob meine Klinge koſten.

Lea.

Ach hoͤrt nur meine Gedancken. Helfft nur / daß Jacob mit mir vermaͤhlet wird: mit ſeinem Blute iſt mir nichts gedienet.

Lot.

Es wird ja ſeines Gleichen zufinden ſeyn. Itzo haben wir genung / wenn die Heyrath mit un - ſerer juͤngſten Schweſter umgeſtoſſen wird.

Mer.

Ich wil dem Herrn Vater vorſtellen / wie ungerecht die Heyrath ſey / welche ſo nahe in das Gebluͤte gehet.

Lea.

Ach bey Leibe nicht Herr Bruder / ſonſt habe ich nichts zu hoffen.

Lot. 78Jacobs
Lot.

Ich wil ſagen / was er vor ein Bettelhund iſt; Und wie er ſich wegen ſeines Bruders von ſeinem Erbtheil nicht einer krancken Ziege troͤſten kan.

Lea.

Aber daͤmit iſt meine Hoffnung auch im weiten Felde.

Mer.

Es iſt arg genung verſehen / daß die Re - becca dazumahl ſo weit in das Land iſt geſchicket worden. Wir begehren keinen Schwager / der uns einmahl unverſehens aus dem Lande lieffe.

Lea.

Ach damit wird der Herr Vater verdrieß - lich / daß auch mir die Hoffnung zu ſchanden wird.

Lot.

Wir ſollen die Heyrath zerſtoͤren / und ſol - len wieder den Braͤutigam nichts boͤſes gedencken.

Lea.

Sagt doch / daß ich geſchimpfet werde.

Mer.

Das wird nicht gelten.

Lea.

Sagt es waͤre ein ander Freyer da / wel - cher den Mangel bey der Rahel erſetzen koͤnte.

Lot.

Es moͤchte heiſſen: Der erſte Freyer der beſte.

Lea.

So wolt jhr eure Schweſter in der Schan - de ſtecken laſſen.

Lot.

Wer die Huͤlffe verlangt / der muß beqve - me Mittel vorſchlagen.

Lea.

Ich weiß wol etwas; aber ich ſchaͤme mich faſt damit an den Tag zukommen.

Mer.

Wir ſind Bruͤder: vor uns mag alles gantz ſicher entdecket werden.

Lea. 79Heyrath.
Lea.

Wie wenn ich an meiner Schweſter Stelle dem Braͤutigam zugefuͤhret wuͤrde? Es iſt die Ge - wohnheit / daß die Braut mit verhuͤllten Geſichte den Liebſten zu Bette begleitet; wuͤrde nun dem guten Jacob ein ehrliches Raͤuſchgen zugebracht / ſo wolte ich die Sache ſo weit befoͤrdern / daß er an keine Eheſcheidung gedencke ſolte.

Lot.

Weiber Liſt uͤber alle Liſt.

Le.

Die Noth und die Schande bringen mich darzu.

Mer.

Der Anſchlag gefaͤllt mir. Denn hier - durch wird niemand beleidiget / und unſer getreu - er Kemuel kan ſich noch eines angenehmen Gluͤ - ckes getroͤſten.

Lot.

Schweſter lebe ohne Sorgen; Die Sa - che ſol bey dem Herrn Vater ſo unterbauet wer - den / daß Jacob in zweyen Tagen ein Chmann heiſ - fen ſol. Hiermit ſey luſtig / und gedencke wer et - was wichtiges auszufuͤhren hat / der muß reinen Mund halten.

Anderer Handlung

Dreyzehnder Aufftrit.

Bildad, Haniel.
Bild.

Es iſt kein Wunder / ich bin mit Herr Laban eine geraume Zeit umgegangen / allein ichha -80Jacobshabe noch das wenigſte von ſeinem Gemuͤthe aus - ſtudieret. Das weiß ich / daß jhm in Handel und Wandel nicht zu trauen iſt.

Han.

Ich haͤtte vermeinet ſolche alte und an - ſehnliche Herren ſolten ſich der Unwahrheit und des Betruges ſchaͤmen. Nun ich aber ſehe / daß der ehrliche Jacob ſo weidlich bey der Naſe herum gefuͤhret wird / ſo werde ich mir bey einem Alten nicht allezeit die Tugend und die Redligkeit ein - bilden.

Bild.

Welt bleibet Welt: und wer ſich darin auffhalten wil / der mache ſich nur gefaſt allerhand Liſt und Betrug zuerfahren.

Han.

So viel habe ich gelernet / daß einem jed - weden nicht zu trauen iſt: Aber auf Herr Labans Wort haͤtte ich groſſe Thuͤrme gebauet.

Bild.

Es iſt wahr / wer in der Welt am beſten pralen kan / der hat den Vorzug. Das groſſe Wort geht jhm ſehr hurtig vom Maule / doch wenn er hundert Jahr lebete / ſo wuͤrde er nicht einmahl ſo viel halten koͤnnen / als er in einem Jahre verſpro - chen hat.

Han.

So iſt es mit Jacobs Vexierey nichts neues?

Bild.

Ach es iſt Kinderſpiel gegen den Cauſen / die er die Zeit ſeines Lebens gemacht hat. Wer mit jhm zu thun hat / und wird nicht betrogen / der muß bey der erſten Bekandſchafft zuruͤcke ge - treten ſeyn. Da machet er eine Enderung in demLoh -81Heyrath. Lohne / da miſchet Er die Rechnungen unter ein - ander: wenn er ein kranckes Kalb einem andern angehangen hat / ſo ſtehet in der Rechnung ein fet - ter Ochſe / und wenn er ein Laͤmmel von einem andern an Schuld annehmen ſol / ſo heiſt es in der Rechnung ein Eſel-Fuͤllen.

Han.

Er hat ſich aber bißher nichts mercken laſſen.

Bild.

Gewiß gegen Herrn Jacoben. Das waͤr jhm ungelegen / da muſte er den Schein eines ehr - lichen Mannes behalten / damit er in ſeiner Ver - waltung deſto beſſer nach der Gerechtigkeit kunte cenſiret werden. Aber wenn der gute Menſch ſei - ne Arbeit auf dem Felde hatte / und von den Stadt - Haͤndeln nicht viel erfahren kunte / ſo wiſſen wir Buͤrger am beſten / was er im Schilde gefuͤhret / und womit er uns hintergangen hat.

Han.

Daß doch GOtt einen ſolchen alten Be - truͤger leben laͤſſet!

Bild.

Er lebet ſich und andern zur Straffe. Waͤ - ren wir froͤmmer / ſo duͤrfften wir durch ſolche boͤſe Nachbarn nicht heimgeſucht werden.

Han.

Haben ſie denn alle Vernunfft verlohren / daß ſie keine Schande fuͤrchten?

Bild.

Wer ſich zu dieſem Handwercke brauchen laͤſſet / der muß ſich in ſeiner Kindheit ausgeſchaͤ - met haben. Und darzu was fragt er nach der Schande? Kein Menſch darff jhm einreden / undFwer82Jacobswer jhn beſchuldigen wolte / der muͤſte ſich durch ei - nen ſolchen Praler betaͤuben laſſen.

Han.

Ich hoͤre wol / man muß in ſolchen Faͤllen geduldig ſeyn.

Bild.

Ja freylich / wenn mich ein Hund an billt / ſo erzuͤrne ich mich nicht: Denn er ſinget / wie jhm das Maul gewachſen iſt Und alſo wenn mich ein alter Dieb betrogen hat / ſo ruͤcke ich die Achſel / und dencke / ſo wenig als der Hund das Bellen laſ - ſen kan / ſo wenig wird dieſer von ſeinen loſen Kuͤn - ſten abſtehen.

Han.

Aber ſol auch dieſer Troſt kraͤfftig genug ſeyn / den betrogenen Braͤutigam in Ruhe zu ſetzen?

Bild.

Er wird es wol beſſer gewohnen: wenn er die Frau wird am Halſe / und den alten betruͤgli - chen Schwieger-Vater auf dem Nacken haben / ſo wil ich jhm erſt ein Lied ſingen laſſen / darinne der Troſt gar ſparſam wird ausgetheilet ſeyn.

Han.

Ich betaure ſein Ungluͤck / und bey ſolchen Umſtaͤnden moͤchte er endlich ſelber um einen gnaͤ - digen Korb anhalten.

Bild.

In wenig Tagen wird alles klar werden. Indeſſen ſeyd verſchwiegen / und laſſet die Heimlig - keit bey keinen Menſchen auskommen.

Han.

Die Augen ſind mir aufgethan. Nun - mehr ſol Mißtrauen und Verſchwiegenheit meine groͤſte Tugend ſeyn.

An -83Heyrath.

Anderer Handlung

Vierzehnder Aufftrit.

Kemuel, Meres.
Kem.

Er entdecke mir doch das Geheimniß.

Mer.

Iſt es nicht genung / wenn ich gluͤckſelige Zeitung bringe?

Kem.

Aber ich werde auffgehalten.

Mer.

Die Sache iſt richtig.

Kem.

Und ich werde ungeduldig.

Me.

Meine Schweſter Rahel iſt noch unver - ſagt.

Kem.

Aber in zweyen Tagen werden die Sa - chen anders lauten.

Mer.

Ja wol wird in zwey Tagen die Sache noch deutlicher heraus kommen.

Kem.

Ich laſſe mich alles bereden.

Mer.

Jacobs Hochzeit gehet fort.

Kem.

So bin ich verdorben.

Mer.

Und Kemuels Hoffnung geht auch fort.

Kem.

So muͤſten zwey Perſonen mit einer Lieb - ſte zu frieden ſeyn.

Mer.

Ach nein. Jacob ſol mit Raheln vermaͤh - let werden / und Kemuel ſol nichts verlieren.

Kem.

Ja wol / wo Jacob alles finden ſol / ſo darff Kemuel nichts ſuchen; Und wo er nichts ge - funden hat / da kan er nichts verlieren.

F 2Mer. 84Jacobs
Mer.

Ich komme von meinem Herrn Vater her / der hat unſern Anſchlag gebilliget.

Kem.

Und hiermit bin ich meiner Hoffnung be - raubet.

Mer.

Ich kan es nicht verantworten / daß mein Freund laͤnger aufgehalten wird. Wir wollen Hrn Jacob ein zierlich Raͤuſchgen zubringen / damit ſol jhm die aͤlteſte Schweſter in das Bette partiret wer - den: und hat er ſie einmahl genommen / ſo muß er ſie behalten. Kan ich hernachmahls etwas weiter dienen / ſo hat mein Durchl. Schaͤfer zu befehlen.

Kem.

Ach mein Freund / wie ſcharffſinnig wer - den ſeine Wolthaten ausgeſuͤhret / und wie unmoͤg - lich wird die Vergeltung ſeyn.

Mer.

Die Freude iſt meine Vergeltung / wofern ich der Sache noch ferner helffen kan.

Kem.

Aber wo iſt Lotan?

Mer.

Er iſt nicht weit von hier. Ich weiß er wartet mit Verlangen auf uns / daß wir den liſti - gen Fund auf die dritte Hand belachen koͤnnen.

Kem.

Noch eins. Wie wird ſich aber Rahel betruͤgen laſſen?

Mer.

Sie ſol ſchon mit jhren Geſpielen an ei - nen Ort vexiret werden / daß ſie den Poſſen nicht mercken ſol.

Kem.

Ich ſehe ſchon / mein Gluͤcke darff kuͤhn - ich jhren Haͤnden uͤberlaſſen werden.

An -85Heyrath.

Anderer Handlung

Funffzehnder Aufftrit.

Eſbon, Gared, Put, Reba, Marcala, Helba.
Esb.

Die Zeiten werden immer leichtfertiger / und wer einmahl was groſſes wil gethan haben / der bringt bey uns Bauren eine Gerechtigkeit ab. Es ſtehet Herr Laban auch gar fein an / daß er ſo ſtillſchweigend wil Hochzeit machen / und laͤſt ſo ei - nen ehrlichen / rechtſchaffenen Bauer / als einen an - dern Narren / daheime bleiben.

Gar.

Ich ſpreche immer / er hat unſer vergeſ - ſen: Aber auf die Heu-Erndte wird er ſich auf un - ſern Nahmen wohl zu beſinnen wiſſen. Es iſt ja gar zu gut / daß die Arbeit noch in der Welt weh - ret / ſonſt bekuͤmmerte ſich kein Menſch ob noch ein Bauer in der Welt lebendig waͤre.

Put.

Wenn ich Obrigkeit waͤre / ſo muͤſte mir al - les nach der Gerechtigkeit gehen. Ein Pferd / das den Haber verdiente / das ſolte jhn auch freſſen; Und wer gut genung zur Arbeit waͤre / der ſolte mir auch gut genung ſeyn / wenn ich meiner Tochter Hochzeit machte.

Esb.

Ja lieber Nachbar / ich wolte daß wir O - brigkeit waͤren / es ſolte wol anders in der Welt hergehen / die guten Tage ſolten etwas dicker ge - ſaͤet ſeyn.

F 3Gar86Jacobs
Gar.

Warum ſind wir Narren und leiden al - les: wir koͤnten gleichwol drum reden / wenn wir nichts bey der Hochzeit zu thun haͤtten.

Put.

Je nein lieber Nachbar / Hochzeit iſt eine Luſt. Waͤre die Hochzeit eine Arbeit / wir muͤſten wol zu Hofe kommen.

Esb.

Meines Mauls wegen. Ich habe da eine junge Frau / die moͤchte ich gerne einmahl auf eine vornehme Hochzeit bringen.

Reb.

Ich braͤchte die Manier auf und gienge ungebeten.

Marc.

Es iſt nur um die vornehmen Leute / man muß zu erbar thun.

Helb.

Ja mein Creutze / daß mir der vornehmen Leute jhre Erbarkeit nicht weg koͤmt. Ich war neu - lich bey einer Zuſammenkunfft Schuͤſſel-Waͤſche - rin / da ſahe ich Dinges. Ich dachte immer / ich wolte nicht gern / daß wir Bauren ſo garſtig thaͤ - ten.

Reb.

Und wenn vornehme Leute noch ſo garſtig thun / ſo ſchwimmet doch jhre Butter oben.

Marc.

Und unſer Qvarck liegt unten / und wenn er roͤche wie Marder --

Helb.

Warum ſind wir Narren und glaͤubens?

Esb.

Stille / ſtille jhr Weiber / thut fein erbar / ich ſpreche immer / das ſind Hochzeit-Bitter.

Gar.

Sie moͤgen ſeyn wer ſie wollen. Kommen ſie her / ſo ſind wir ſchon da geweſen.

Put. 87Heyrath.
Put.

Und wir werden auch wol wiſſen / was wir mit einem Hochzeit-Bitter machen ſollen.

Anderer Handlung

Sechzehndter Aufftrit.

Die vorigen Moph und Haſo in rothen Maͤnteln wie Hochzeit-Bitter geputzt.
Gar.

Seyd willkommen ihr lieben Herren / komt ein bißgen naͤher / wir ſehen ſchon / was jhr wolt.

Haſ.

Erbare / Viel - Ehr - und Tugend begabte / Kunſtreiche und Arbeitſame Einwohner / Haͤußler und Gaͤrtner / ſonſten auch liebe und gute Freunde / nechſt allen zuvor. Wir ſind abgeſchickte Boten und fragen / ob es uns vergoͤnnet iſt ein Wort zu re - den?

Esb.

Ich werde wol Antworten muͤſſen.

Put.

Nachbar / wo jhr wolt / ſo nehmt immer die Muͤhe auf euch / wir wollen euch auf der Hoch - zeit ein paar Glaͤſer laſſen zu gute gehen.

Gar.

Nachbar fuͤhrt ihr immer das Wort / ihr ſeyd auch der aͤlteſte.

Haſ.

Und alſo frage ich zum andern mahl / iſt uns vergoͤnt ein Wort zu reden?

Esb.

Ich werde jhn wol muͤſſen zum dritten - mah! fragen laſſen.

Gar.

Nachbar wie jhr meint. Ihr ſehet wol man kan leichte verſtoſſen.

F 4Put. 88Jacobs
Put.

Und wenn wir den Limmel verſchuͤtten / ſo werden wir ausgelacht.

Haſ.

Erbare und Tugendſame Freunde / ich fra - ge zum dritten mahle / iſt uns vergoͤnnet ein Wort zu reden?

Esb.

Wolweiſer / Weiſer / Ehrenveſter Herr.

Gar.

Nachbar ich dencke immer das iſt zu hoch vor einen Hochzeit-Bitter.

Esb.

Leckt jhr mir den Abſatz / der iſt niedrig ge - nung. Es iſt beſſer zu viel / als zu wenig.

Put.

Nun ſo macht doch fort / daß euch die Com - plimente nicht aus dem Geſchicke koͤmt.

Esb.

Ja nun wie vorgedacht / Ehrenveſter und Kunſtreicher Herr / wir koͤnnen es nicht laͤugnen / wir wollen den Herrn gar gerne reden hoͤren.

Haſ.

Groſſen Danck. Alſo und damit habe ich einen freundlichen Gruß von unſern Herrn Laban an die geſamten Maͤnner abzulegen.

Reb.

Wir Weiber kriegen nichts davon?

Put.

Seyd doch zu frieden / es ſteht noch einer da / wer weiß / was der vorzubringen hat.

Haſ.

Ja / und alſo laͤſt er die geſamten Maͤnner gruͤſſen.

Marc.

Er wil doch die Weiber nicht mit haben.

Gar.

Zum Element halt mir die Freſſe. Es waͤre kein Wunder / der HErr vergeſſe alles mit - einander / und ſo kriegten die Maͤnner ſo viel da - von / als die Weiber.

Haſ. 89Heyrath.
Haſ.

Alſo ſage ich zum drittenmahle / er laͤſſet alle Maͤnner gruͤſſen / und laͤſt ſie alle bitten / wo er jhnen hat was zu wieder gethan / ſo ſollen Sie es jhm verzeihen. Er hat in ſeinem Hertzen derglei - chen auch gethan.

Es.

Nun nun wir ſind alle arme Suͤnder / wir beduͤrffens alle / daß uns unſere Suͤnde verziehen und vergeben werden.

Put.

Nachbar ich dencke immer / ihr machts zu ſchlecht.

Gar.

Ey was ſol das zuſchlecht ſeyn? er hat in ſeinem Hertzen auch ſo gethan: laſt jhn reden.

Haſ.

Und alſo groſſen Danck. Iſt mir aber vergoͤnnet weiter zureden?

Esb.

Ja ja. Er rede / wir wollen jhn hoͤren.

Haſ.

Und alſo mit Gunſt. Nachdem und die - weil / auch ſintemahl und dergeſtalt Herr Laban mit Zuziehung ſeiner beiderſeits Eltern und Anverwand - ten ſich mit ſeiner Jungfer Tochter / der Wol-Ed - len und Hoch-Tugendreichen Jungfer Rahel eines Theils / und ſodann und anderweit auch ebener Maſſen mit dem Edlen / Ehrenveſten und Hochbe - nahmten Hern Jacob / wolbeſtalten Ober-Aufſe - her / und ſo weiter / uͤber die geſamten Schaͤfereyen Anders Theils / in ein Erbares / Ehrliches beſtaͤndi - ges und friedenreiches Ehegeloͤbnuͤß eingelaſſen hat: Weil nun dieſes Ehe - und Ehren-Werck ſeinen gewuͤnſchten Fortgang nebenſt dem Beylager in Zuͤchten und Ehren haben wird / und ſo weiter. F 5Wer -90JacobsWerden demnach die Erbaren Maͤnner dieſer loͤb lichen Gemeine gar freundlich erſucht / gebeten und eingeladen / ſie wollen uͤbermorgen bey rechter T[a -]ges-Zeit in dem Hochzeit-Hauſe erſcheinen / die Trauung mit jhrer Gegenwart zieren und ſchmuͤ - cken / ein andaͤchtiges Gebet vor die angehenden neuen Eheleute darbey verrichten / und darnach mit einer geringen Mahlzeit / was bey der Gelegenheit der itzigen duͤrren Viertel-Jahres hat koͤnnen an - geſchaffet werden / vor lieb und vor willen zuneh - men. Solches -- ſolches -- ja ſolches wie etwan gedacht -- und ſolches --

Esb.

Der Herr ſpare die Worte / wir verſtehen ſchon was er wil. Herr Laban wirds mit Danck erkennen wollen.

Haſ.

Nein / nein / laſt jhr mich ausreden. Herr Laban kaͤme in Verdacht / als wenn er mirs nicht recht befohlen haͤtte. Solches -- ja / ja / wie vor gedacht / ſolches -- mit einem Worte: Herr Laban wil ſich ſelber bedancken.

Esb.

Tugendſamer Herr / ihr kommet uns zu unverhofft / wir koͤnnen ſo geſchickt darauff nicht Antworten. Aber weil die Meinung in dem beſte - het / daß wir ſollen zur Hochzeit kommen / ſo wil ich mich mit meinen Nachbarn bereden; ich dencke / ſie werden ſich wol erbitten laſſen.

Gar.

Seyd doch nicht ein Narꝛ / ſprecht immer ja. Wenn es irgend eine neue Beſchwerung be -trefe91Heyrath. trefe / ſo moͤchten ſich die Bauren wol unter ein - ander bereden.

Put.

Es iſt wahr. Wo es zum Freſſen und Sauffen gehet / da werden wir erſt groſſe Bedenck - Zeit nehmen.

Esb.

Je nun / wir ſind gar einig / wem mit ſol - cher Ungelegenheit gedienet iſt / der kan uns zu Nacht und zu Tage fodern laſſen.

Reb.

Ich warte immer / wenn die Erbarkeit an uns koͤmt.

Marc.

Ich wolte mich nicht bedencken / er duͤrff - te mir mit einem Finger wincken / ich wolte ſieben Tage zur Hochzeit kommen.

Moph.

Erbare und Arbeitſame Maͤnner --

Reb.

Einen Qvarck wird er die Weiber bitten. Der wird gewiß flugs auf den andern Tag darzu bitten / daß er nicht wieder auff das Dorff lauffen darff.

Moph.

Ja und alſo Erbare Maͤnner / iſt mir ver - goͤnt mit euren Weibern ein Wort zu reden / ſo bitte ich um einen ſichern Eintrit.

Marc.

Das laͤſt ſich hoͤren. Der Hochzeit-Bit - ter muß weit her ſeyn.

Helb.

Unſer Schulmeiſter koͤnte die Kunſt nicht.

Moph.

Ich frage zum andernmahl: habe ich bey den Weibern einen ſichern Eintrit?

Esb.

Ja ja. In Zuͤchten und in Ehren / kan nie - mand wehren.

Moph. 92Jacobs
Moph.

Alſo frage ich euch auch / Tugendliche und Ehrſame Weiber / ob jhr -- etwan -- und alſo --

Reba, Marcala, Helba zuſammen.

Ja ja wir wollen kommen / wir wollen kommen.

Es.

Ihr groben Keulen / fallt doch dem Herrn nicht in die Rede.

Reba.

Spart eure Worte / ſpart eure Worte.

(Zuſammen.)

Wir wollen kommen / wir wollen kommen.

Moph.

Habt jhr auch Herr Laban alles in eu - ren Hertzen verziehen?

Reb.

Hat uns doch der liebe Herr nichts gethan?

(Zuſammen.)

Wir wollen kommen / wir wollen kommen / und Kind und Kegel mit bringen.

Moph.

So habe ich wol nichts mehr zu reden.

Haſ.

Ich ſehe wol / du verſteheſt unſere Landes - Manier nicht / laß mich nur das uͤbrige ſchaffen. Ehrſame Maͤnner und Weiber / iſt uns vergoͤnt einen Abtrit zu nehmen?

Esb.

Ja ja / gehet hin mit frieden.

Reb.

Ihr duͤrfft euch nicht wieder bemuͤhen / wir wollen ſchon kommen / wenn wir gleich nicht zum andernmahle gebeten werden.

(Haſo und Moph gehen ab.)
Esb.

Herr Laban iſt doch ein ehrlicher Mann.

Gar. 93Heyrath.
Gar.

Aber wenn ers gehoͤret haͤtte / da jhr zur Unzeit auf jhn ſchmaͤhltet.

Put.

Freylich muͤſt jhr das loſe Maul immer vor - ne fuͤr haben.

Esb.

Ey was habe ich geredt?

Gar.

Auf unſern Hochzeit-Vater / auf unſern Wohlthaͤter haſtu geſchmaͤhlet.

Esb.

Iſt das der Danck / daß ich vor euch gere - det habe?

Gar.

Wie ſol ich denn danckbar ſeyn? Ich hal - te / ich / ſol dich auch an meine Stelle freſſen laſſen. Wenn uns die Hochzeit-Bitter behorcht haͤtten / ſo waͤre unſere Hochzeit in die Piltze gegangen.

Esb.

War doch dein Maul ſo loſe als meins.

Gar.

Das redt mir ein Schelme nach.

Reb.

Ey jhr Maͤnner fangt nicht Haͤndel an / wenn jhr ſolt auff die Hochzeit gehen.

Esb.

Hudel dich vom Leibe: ich bin kein Schelm / und das wil ich dir auf deinen Schelmiſchen Schaͤ - del beweiſen.

(Sie fallen uͤber einander / und bringen die Weiber mit in das Gedraͤnge / biß ſie einander hinein jagen.)
Put.
(Hat die beſten bekommen / und bleibet auf die letzte herauſſen.)

Das war ein Gaͤngelgen. Nun werden uns die Hochzeit-Kuchen zu Halſe gehen. Aber meinNach -94JacobsNachbar huͤte ſich / daß er mir in voller weiſe nicht zu nahe koͤmt / ich wil jhn ein warm Bier auf den Buckel gieſſen / daß er ſeine fuͤnff Sinnen druͤber verlieren ſol. O meine Seite! O mein Kopff! O mein Puckel! Nun / nun heute an mir / morgen an dir.

Dritter Handlung

Erſter Aufftrit.

Lotan, Darkon.
Lot.

Wie ſol ich die Sache ſo einem guten Freun - de verhalten?

Dark.

Sie wird ohn dem in etlichen Tagen be - kant werden; Alſo erkenne ich dieſes vor eine ſon - derbahre Freundſchafft / daß ich etwas eher davon Wiſſenſchafft erhalte.

Lot.

Was hat dieſer Fremdling ſo ſtoltze Ge - dancken zu machen? Er mag ſein Gluͤcke ruͤhmen / daß er nur eine von den Schweſtern darvon traͤgt.

Dark.

Ja wol haͤtte man ſo einen Freyer mit guten Gewiſſen koͤnnen durch den Korb fallen laſ - ſen; Alſo wird er die Gnade mitten in dem Be - truge ruͤhmen muͤſſen.

Lot.

Aber wird es nicht ein vortreflicher Poſ -ſen95Heyrath. ſen ſeyn / wenn der gute Liebhaber auf den Morgen ſeine liebe Braut betrachten wird.

Dark.

Ich fuͤrchte nur / der ſchlaue Gaſt wird noch auf den Abend ſeine Wahre beſehen wollen.

Lot.

Wir laſſen ſeinetwegen die bißherige Ge - wohnheit nicht abkommen. Die Braut muß an dem Hochzeit-Tage mit verdeckten Geſichte ge - hen / weil man doch verſichert iſt / daß die Jung - ferliche Schamhafftigkeit bey ſo vielen offentlichen Blicken gar zu ſehr in Verſuchung gefuͤhret wird.

Dark.

Es wird dem guten Menſchen gehen / als wie meinem Nachbar / der wolte was unbeſehens im Sacke kauffen / und wie er dachte / er haͤtte ei - nen Haſen / ſo hatte er eine Katze. Aber was wird unterdeſſen die rechte Braut machen? Wie wenn ſie mit offenen Geſichte die gantze Maſqverade ver - derbete?

Lot.

Dieſer Punct iſt auch ſchon beygeleget. Wir wollen ſie heute an einen Orte vexieren / weil es ſonſt Gebrauch iſt / daß eine vornehme Braut mit Salben und koͤſtlichen Specereyen etliche Ta - ge zuvor geputzt wird.

Dark.

Ich halte Lea wird wol ungeſalbet mit dem Brautigam zu Bette gehen.

Lot.

Und meiner Schweſter Rahel wird die heu - tige Salbung an der kuͤnfftigen Hochzeit keinem Schaden thun.

Dark.

Nun kan ich wol ſagen / daß an mir ein luſtiger Hochzeit Gaſt wird zu hoffen ſeyn.

Lot. 96Jacobs
Lot.

Luſtige Gaͤſte ſind uns von Noͤthen / da - mit dem Braͤutigam ein halbes Raͤuſchgen zuge - bracht wird.

Dark.

Ja freylich wer ein bißgen geſoffen hat / der ſiehet eine geſchleyerte Ziege vor eine Goͤttin an. Doch der gluͤckſelige Braͤutigam begegnet uns / wir muͤſſen die Sprache veraͤndern.

Lot.

Wir wollen jhm die heutige Luſt nicht ver - derben: was morgen geſchiehet / das moͤgen andere Leute beſſern.

Dritter Handlung

Anderer Aufftrit.

Lotan, Darkon, Jacob.
Lot.

Wie gehts mein allerliebſter Freund / wir werden uns numehr vergleichen muͤſſen / ob wir ein - ander ins kuͤnfftige Vetter oder Schwager heiſ - ſein wollen.

Ja.

Mein Herr / ich bin ſein Diener. Jemehr Nahmen mich an die Auffwartſamſte Schuldigkeit erinnern werden / deſto emſiger werde ich ſeyn mel - ne Treue / Liebe und Auffrichtigkeit an den Tag zugeben.

Lot.

Ich wil hoffen mein gutes Gemuͤthe wird jhm ſonſt genung bekant ſeyn; doch hiermit hat er meine Hand / daß ich jhn als einen redlichen Vet - ter lieben / und als einen rechtſchaffenen Schwa - ger reſpectiren wil.

Jac. 97Heyrath.
Jac.

Dieſe Vertrauligkeit wird ſo wohl mich als meine liebſte Rahel mit gedoppelter Zufrieden - heit erfreuen.

Dark.

Die Reihe komt auch an mich / daß ich meinem Herrn zu dem wunderſchoͤnen Gluͤcke gra - tuliren kan: Ich erfreue mich deſſentwegen / und wuͤnſche lange Zeit / bey ſeinen geſegneten Zuſtan - de ſein getreuer Diener zu heiſſen.

Jac.

Ich nehme den Gluͤckwunſch mit danckba - ren Hertzen an / und verlange ſolchen durch nach - folgende Freundſchafft zuverdienen.

Dark.

Mein Herr Jacob hat den Vogel ab - geſchoſſen: er kan ſich ruͤhmen / daß er das ſchoͤnſte Maͤgdgen aus dem Lande darvon traͤgt.

Lot.

Das heiſt: Wer das Gluͤcke hat / fuͤhret die Braut heim.

Dark.

Ich weiß von dergleichen Freude nicht zu reden. Denn als ich mich mit meiner alten Witfrau verplemperte / ſo hatte ich das wenigſte Abſehen auf dergleichen Delicateße. Doch gewiß mein lieb - ſter Herr Jacob / ich wolte was ehrliches ſchuldig ſeyn / daß ich nur etwas von ſeinen ſuͤſſen Gedan - cken erkennen ſolte.

Lot.

Das laͤſt ein rechtſchaffener Liebhaber wol bleiben / daß er ſich in die Karte gucken laͤſt.

Dark.

Heute kuͤſſet er die Liebſte in Gedancken / Morgen werden ſie etwas naͤher zuſammen ruͤcken. Ich weiß er gebe die kuͤnftigen acht Tage vor kein Koͤnigreich.

GJac. 98Jacobs
Jac.

Ich ſehe wohl / ein Braͤutlgam muß ſich vexieren laſſen. Doch ich vermeinte meine Lliebſte hier anzutreffen.

Lot.

Sachte / ſachte Herr Braͤutigam / wil er ſich an unſerer Landes Gewohnheit verſuͤndigen?

Jac.

Iſt das Suͤnde / menn man eine ſucht / die man ohne Suͤnde nicht verlaſſen kan?

Lot.

Was hilffts? die alten Gewohnheiten laſ - ſen ſich allemahl ſo genau nicht unterſuchen: Gleich - wol iſt es bey uns Mode / daß ein Braͤutigam ſeine Braut den gantzen Hochzeit Tag nicht anſchauen darff: ſie wird jhm mit verdeckten Geſichte zur Trauung zugefuͤhret / ſie abſentirt ſich von den Gaͤſten / und endlich muß ſie auch jhren Liebſten bey ſtiller Finſterniß in das Schlaff-Gemach begleitet werden.

Jac.

So viel habe ich mich um dergleichen Sa - chen bekuͤmmert / daß ich von den Hochzeit Gebraͤu - chen das erſte mahl reden hoͤre.

Dark.

Mir ſcheinet die Gewohnheit gar billich: denn eine rechtſchaffene Jungfer muß ſich doch ent - fernen / wenn ſie den Feind jhrer Jungfrauſchafft vor Augen ſiehet: darum kan jhr auch mit einer Decke am beſten geholffen werden; ſie mag nun blaß oder roth ſeyn / ſo haben doch die Hochzeit - Gaͤſte nichts zu richten.

Jac.

Herr Darkon behaͤlt ſeine Art / daß er et - was hoͤhniſch iſt.

Dar. 99Heyrath.
Dark.

Ich wil jhm nicht wiederſprechen: er hat Schmertzen genung / daß er ſeine Liebſte erſt Mor - gen anſehen ſol.

Jac.

Ich wolte bey Raheln leicht ein gutes Wort einlegen / daß ſie mich unter den Schleyer gucken lieſſe.

Lot.

Herr Schwager / ich bitte / er breche die Gewohnheit nicht: der Herr Vater iſt in dieſen Stuͤcke ſingular, er moͤchte zum Element die Hoch - zeit-Gaͤſte auf einen Termin uͤber zwey Jahr be - ſcheiden.

Dark.

Er muß ein paar boͤſe Viertel Stunden nicht achten / genung daß er ſich Morgen die Au - gen nicht mehr darff verbinden laſſen.

Jac.

So werde ich meinen Weg recht nach dem Hochzeit-Hauſe nehmen / wenn etwan Herr Laban meiner verlangen moͤchte.

Lot.

Es iſt gar wol gethan / wir wollen zu rech - ter Zeit folgen.

(Jacob geht ab.)
Dar.

Iſt das nicht ein barmhertziger Liebhaber! Er gebe die heutige Nacht nicht vor tauſend Stuͤ - cke Goldes: Und Morgen / wenn er ſeine Wahre beſehen wird / ſo wolte ich alle ſeine Freude mit ei - nem Silberlinge bezahlen.

Lot.

Iſt es nicht gnung / daß jhm die heutige Luſt nicht verderbet wird?

Dark.

Ich weiß er wird treflich in GedanckenG 2wu -100Jacobswuchern: da wird er auf ſchoͤne Geſpraͤche ſtudie - ren / damit er die Braut in der Kammer empfan - gen wil / da wird er alle Tritte / alle Minen ab - meſſen / damit die Liebſte die heftige Vergnuͤgung wird bekennen ſollen. Aber / aber! wenn mir der Poſſen wiederfuͤhre / ſo fienge ich doch an zuſchreyen: O Ceter uͤber meine Complimente.

Lot.

Es mag gnung davon geredet ſeyn: doch wenn ich jhn auf der Hochzeit anſehen werde / ſo weiß er ſchon / was ich dencke.

Dark.

Und wenn ich jhm die Geſundheit des verdeckten Eſſens zubringen werde / ſo mag er zuſe - hen / daß der Becher bey Herr Jacoben nicht vor - bey gehet.

Dritter Handlung

Dritter Aufftrit.

Rahel, Peninna, Bilha.
Rah.

So iſt der Vater auch mitten in ſeiner Liebe grauſam?

Pen.

Es iſt die letzte Probe des Kindlichen Ge - horſams.

Rah.

Sol ich heute von allen Freunden / ja von meinem Braͤutigam ſelber verlaſſen ſeyn?

Pen.

Die Braut muß geputzet werden / daß ſie dem Liebſten beſſer gefaͤllt.

Rah. 101Heyrath.
Rah.

Es iſt Eitelkeit. Wenn ich meinen Jacob in dieſem Zierrath erſcheine / welchen er die Zeit ſeines Lebens an mir verlangen wird / ſo weiß ich / daß alle Salben und Specereyen gar um ſonſt an - gewendet werden.

Pen.

Wer eine vornehme Hochzeit haben wil / der muß ſich zu mancher Ungelegenheit verſtehen / daruͤber ſich gemeine Leute nicht beklagen duͤrffen.

Rah.

Mir gehet die Sache am naͤheſten: ich be - klage mich.

Pen.

Das muß eine ungeduldige Liebe ſeyn / wel - che ſich in einem kurtzen Tage zu Tode graͤmen wil.

Rah.

Ach / meine Ungedult iſt ſo heftig nicht. Ich bin gewitziget genung / wie der Verzug die Lie - be zertrennen kan. Ach! wenn ich meinen Traum bedencke / damit ich die vergangene Nacht bin auf - gehalten worden; ſo bin ich auch in meinem hef - tigſten Kummer entſchuldiget.

Pen.

Darff ich den Traum nicht erfahren?

Rah.

Meine Bilha weiß / mit was vor Schmer - tzen ich denſelben heute fruͤhe erzehlete; Wil ſie es nachſagen / ſo trete ich in deſſen auf die Seite.

Pen.

Worinn beſtehet nun das Schrecken?

Bilh.

Meine Jungfer macht ſich mehr Sorgen / als ſie beduͤrfte; ſie meint als haͤtte jhr getraͤumet / wie ſie auf dem Felde ſo ſchoͤne Dudaim gefunden / haͤt - te auch ſolche koſten wollen: Alleine jhre Schwe - ſter Lea haͤtte jhr alles aus den Haͤnden geriſſen /G 3daß102Jacobsdaß jhr auch nicht das geringſte waͤre zu Theil worden.

Pen.

Eitele Gedancken!

Bilh.

Ich bin eben der Meinung.

Pen.
(Geht zu Rahel)

Meine Schweſter der Traum iſt ſo beſchaffen / daß ich kein Ungluͤck daraus beſorgen kan.

Rah.

Ich wil gerne betrogen ſeyn / wo ſich nur der Außgang nach unſern Auslegungen richten wird.

Pen.

Ich bin gut vor alles Ungluͤcke. Sie kom - me und ſchmuͤcke ſich als eine: Braut ich wil jhre getreue Gehuͤlffin ſeyn.

Dritter Handlung

Vierdter Aufftrit.

Barak, Ahimam.
Bar.

Ich wil es beweiſen.

Ah.

Daß ich meiner Pflicht vergeſſen habe?

Bar.

Ein Hofemeiſter ſol vor ſeinen Printzen Wachſam ſeyn. Heiſt dieſes dem Vaterlande ge - dienet / und wird der Troſt der allgemeinen Repu - blic ſo in acht genommen?

Ah.

Ich bitte er verſchone meiner. Ich habe mich zum Hofemeiſter annehmen / und zu ſolchenDien -103Heyrath. Dienſten beſtellen laſſen / die ein Menſch ſeinen Kraͤfften nach verrichten kan. Wer eine heimli - che Flucht verhindern wil / der muß ein Gott ſeyn / der nicht ſchlaffen darff.

Bar.

Ein jedweder verantworte ſein Gewiſſen. Ich ſchwere bey meinem Schwerdte / welches mir der alte Fuͤrſt Kemuel angeguͤrtet hat / daß ich mein Haupt auf kein ſanfftes Kuͤſſen legen wil / ehe der Fuͤrſt wiederum in das Land gefuͤhret / und die Boßhafftigen Urheber dieſer Flucht von meinen Haͤnden zu der rechten Strafe erfodert werden.

Ah.

Ein jedweder thue das ſeinige: ich wil ſor - gen / er helffe fechten.

Bar.

Ich bin bereit mein Schwerdt zu bloͤſſen. So hoͤret demnach jhr Goͤtter / und jhr Einwohner dieſer Landſchafft. Iſt jemand / welcher den jungen Printz Kemuel unſern Vaterlande zu Schimpff und zu Trotze verborgen haͤlt; derſelbe ſol wiſſen / daß er vor mir / als vor einen unverſoͤhnlichen Fein - de Rechenſchafft geben ſol. Iſt es jemand aus den Goͤttern dieſes Landes / ſo wil ich ſeinen Tem - pel zerſtoͤren / und aus ſeinem Altar eine wuͤſte Drachen-Wohnung machen. Iſt es aber ein Menſch / ſo ſol jhm die Flamme meines Zornes ſo lange in die Augen leuchten / biß ſein verfluchter Coͤrper in Staub und Aſche verwandelt iſt. Ich ſage noch einmahl / dieſem gantzen Lande wird Trotz geboten / biß ich die Ehre habe meinen Printz Ke - muel in Syrien zu fuͤhren / und von dem Holtze desG 4Ber -104JacobsBerges Libanon ein Freuden-Opffer anzuzuͤnden.

Ah.

Wir ſtreiten / ehe wir von einem Feinde wiſſen.

Bar.

Es iſt unmoͤglich / Herr Hofemeiſter / daß jhr den Printzen lieben koͤnnet. In ſolchen Faͤl - len muß man ſich erzuͤrnen. Drum auf jhr Ein - wohner dieſes Landes / buͤcket euch vor meinem Zorne / ſonſt wird euch eine Hand auf den Nacken geleget werden / daß jhr des Aufſtehens die Tage eures Lebens vergeſſen ſolt: Ich ſuche meinen Printz / und verfolge die verfluchten Raͤuber eines Fuͤrſtlichen Kindes.

(Gehet ab.)

Dritter Handlung

Fuͤnffter Auftrit.

Moph.

Ihr Herren / wolt jhr mich etwan in meinem Hochzeit-Mantel noch einmahl ſehen? Ich den - cke immer / das Hochzeit-bitten wird uns geſegnet werden / daß ich und mein Cammerade nur in Zei - ten ſehen moͤchten / wo das Land ein Loch haͤtte. Ich weiß die Schelmiſchen Bauren werden nicht auſſen bleiben; Denn ich wolte nur einen Kirms - Kuchen auf die Stange ſtecken und damit durch die Welt lauffen / ſo bin ich verſichert / es ſolte kein Schelm in ſeinem Dorffe bleiben. Aber was ma -che105Heyrath. che ich mit meinem Mantel? wenn ich etwan fort - lauffen ſolte / ſo thaͤte mir die Huͤlle zu Tag und Nachte trefliche Dienſte. Mein Cammerade moͤch - te ſehen / wie er zu rechte kaͤme.

Dritter Handlung

Sechſter Aufftrit.

Moph, Barak, Ahiman.
Moph.

Doch was ſind das vor Gaͤſte? Ach bin ich nicht ein Narꝛ / ich fuͤrchte mich vor den Bau - ern / ſo ſchickt mir der Hencker den Generel Bau - er-Placker uͤber den Halß: ich halte er ſucht ſei - nen Herren / und nun wird er mir das Boten-Lohn bezahlen / daß ich mit gereiſet bin. O wer noch drey Maͤntel haͤtte / daß man ſich zehn Ellen weit dahinter verſtecken koͤnte. Doch laß ſehen / ich wer - de einen lahmen Schaf-Knecht bedeuten. Der Herr traͤgt die Naſe hoch / vielleicht ſiehet er uͤber mich weg.

Bar.

Hat ſich alle Welt wieder mich verſchwo - ren / daß mir auch nicht eine Beſtie in dieſer Ge - gend begegnen wil? Ich ſchwere / wo ſich alles von dem Felde wegmacht / ſo wil ich die Wohnun - gen ſelbſt anfallen / und von meiner Verſtoͤrung nicht eher ablaſſen / als biß mein Fuͤrſt Kemuel ſei - nen Feld-Herrn wiederum geſehen hat.

G 5Moph. 106Jacobs
Moph.

Ihr dort unten / ich bitte euch um mei - nes Mantels willen / ſchweigt fein ſtille / daß der Eiſenfreſſer meiner nicht gewahr wird.

Ahim.

Wir kommen auf eine Straſſe / da wir unſtreitig Leute finden muͤſſen.

Bar.

Wir finden nichts; das furchtſame Geſin - de hat ſich in die Stein-Klippen verkrochen / und wird nicht eher aus den verfluchten Loͤchern hervor ſchleichen / als biß unſere Abweſenheit den Paß eroͤfnen moͤchte. O jhr Syriſchen Goͤtter / koͤnt jhr zugeben / daß ein ſolcher Held ſeine Tapfer - keit darum verleugnen muß / weil ſich alle Wieder - ſacher vor jhm verbergen?

Ahim.

Wie mich duͤncket / ſo reget ſich etwas bey jenem Strauche.

Moph.

Au / au / nun bin todt. Es iſt mir nur um den Herren leyd / der mir den Mantel geliehen hat: Denn ehe ich mich in Stuͤcken hacken laſſe / ſo muß der Mantel vor dran.

Bar.

Du Erdwurm / was haſtu dich in dem Staube herum zu weltzen?

Moph.

Ein jedwedes Thier ſucht ſeine Her - berge.

Bar.

Iſt dieſe Gegend nicht mit Leuten bewoh - net?

Moph.

Ich bin ein armer krancker Bettler: die Leute laſſen mich nicht viel in jhre Geſellſchafft kom - men.

Bar. 107Heyrath.
Bar.

Die Betler wiſſen die meiſten Zeitungen. Iſt nicht etwan ein fremder Herr vor wenig Ta - gen hier durch paſſiret?

Moph.

Wir Betler machen keinen Unterſcheid. Wer uns was giebet / der iſt ein gnaͤdiger Herr.

Bar.

Du Hunds-Kopf / weiſtu du auch / wer dich fragt?

Moph.

Wenn ich eine Gabe kriege / ſo iſt es ein gnaͤdiger Herr.

Ahim.

Wie geht dieſes zu? Scheinet es doch als waͤre mir die Sprache bekandt. Halt guter Freund wie ſieht es denn unter dem Mantel aus?

Moph.

Herr gar ſchlecht / ich darff mich gewiß in der elenden Kleidung nicht ſehen laſſen.

Bar.

Beſtie / wilſtu du ungehorſam ſeyn? Lege den Mantel von dir / oder ich wil dich mit meinem Fuſſe zerknirſchen.

Ahim.

Hilff Himmel / es iſt unſer Bewicht / der ſich mit dem Printzen hat unſichtbar gemacht.

Bar.

Was verhindert mich / daß ich ſein Blut auf dieſem Felde herum ſpritze? Allein deſſentwe - gen ſoltu etliche Stunden langſamer ſterben / da - mit wir das boßhafftige Beginnen aus deinem Maule erfahren koͤnnen. Wo iſt Printz Kemuel? Wilſtu nicht reden? oder ſol ich dir die Worte mit meinem Schwerdte abfodern?

Moph.

Ich wil euch gerne einen gnaͤdigen Her - ren heiſſen / wenn jhr mir gleich kein Geld gebet:noͤ -108Jacobsnoͤthiget mich nur nicht in einer Sache / da Staup - Beſen und Galgen zugleich darauff ſtehet.

Bar.

Du wirſt uns Geſetze vorſchreiben. Rede oder du ſolt etwas erfahren / daruͤber dein Hertz - Bengel krachen ſol.

Moph.
(Springt auf und ſchreyt.)

O jhr Leute helfft mir / ich leide Gewalt / mein Le - ben haͤnget an einen halben Kuhſchwantze.

Dritter Handlung

Siebender Aufftrit.

Lotan, Meres, Kemuel ſamt den Schaͤ - fern kommen heraus geſprungen.
Lot.

Wer wil die Ruhe in unſern Lande vor - ſtoͤren?

Bar.

Ein Held / welcher meineydige Friedensſtoͤ - rer zur billicher Straffe ſuchen wil.

Lot.

Und wer hat bey uns ſolchen Titul ver - dienet?

Bar.

Der jenige / welcher ſich an meinen Fuͤrſten verſuͤndiget hat. Ich habe Nachricht / daß mein Printz an dieſem Orte ſol verborgen ſeyn / wil ſich jemand unterſtehen meine itzige Nachforſchung zu beſchimpfen / ſo muß mir entweder das Schwerdt in der Fauſt verſchwinden / oder gantz Haran ſol die Einwohner verliehren.

Lot. 109Heyrath.
Lot.

Mein Herr / wir ſind zwar ſchwache Schaͤ - fer / und haben kein Gewehr an die Seite geguͤr - tet: allein ſo reſolut als wir den Baͤren und Loͤ - wen begegnen koͤnnen / ſo getroſt wollen wir mit un - ſern Schaͤfer-Stecken gegen ſeine ungerechte Klin - ge treten. Ich ſage noch einmahl / ich bitte dem jenigen Trotz / welcher den Frieden in Haran bre - chen wil.

Bar.

Ach ſol mir von einem Schaͤfer-Knechte Trotz geboten werden / und er ſol ſeinen verfluch - ten Kopff noch einen Augenblick zwiſchen den Ach - ſeln behalten?

Ahim.

Mein Herr / worzu dienet der Trotz / da man den gelinden Weg noch nicht verſuchet hat?

Bar.

Die Erinnerung iſt zu langſam: der Schimpff muß numehr gerochen ſeyn.

Ahim.

Aber damit wird unſer Printz nicht wie - der gefunden.

Bar.

So weiß die Welt / daß wir uͤber unſern Printzen eyfern.

Ahim.

Ich bitte er laſſe ſich bewegen / wer ei - nen Helden zu Zorne beweget / der muß gewapnet ſeyn.

Bar.
Ein andermahl wil ich dieſes anhoͤren. (Entbloͤſſt den Degen.)

Ihr Hunde / wolt ihr meinen Printzen noch ver - bergen?

Lot.

Er bleibe uns vom Leibe / oder unſereSchaͤ -110JacobsSchaͤfer-Keulen ſollen jhm nach dem Kopffe fliegen.

Mer.

Und er ſol die Kieſel-Steine aus Haran mit ſeiner Stirne verſchlucken.

Bar.

Lumpen-Volck / wiltu dich nicht demuͤthi - gen?

Mer.

Nein. So einem Herrn ſind wir nichts ſchuldig. Auf jhr Purſche / ins Gewehr.

(Sie ſchreyen alle zuſammen.) Blut-Hund / Straſſen-Raͤuber / kom heran.
Ahim.
(Haͤlt jhn auf / daß er nicht in Sie hinein laͤuft.)
Kem.

Ihr Purſche theilet euch / es iſt unvonnoͤ - then / daß wir unſere Macht gegen einen Mann wenden. Siehe da / du Himmels-Stuͤrmer / gebrau - che deinen Degen / ich wil deine Gewalt mit dieſen Stocke außhalten.

Bar.

Du haſt Luſt zu ſterben.

Kem.

Und ich habe Luſt dich zu ſtraffen. Wie ſtehets / wiltu deine Klinge noch nicht mit meinem Stocke meſſen?

Bar.

Ich wil dich meſſen / daß dein Blut dem andern Lumpen-Geſindgen in die Augen ſpritzen ſol.

(Er eylet auf ihn zu: Ahiman haͤlt jhn.)
Ahim.

Ach Herr / ich bitte ---

Bar.

Wolt jhr mein Verraͤther werden?

Ahim. 111Heyrath.
Ahim.

Ich bitte / ſchonet des Fuͤrſten: es iſt Ke - muel ſelber.

Bar.

Iſt es moͤglich?

(Er wirfft den Degen von ſich / und legt ſich zu ſeinen Fuͤſſen.)

Ach mein Printz ich habe geſuͤndiget: Das unbe - kandte Kleid wird meinen Fehler entſchuldigen.

Kem.

Aber dieſes unbekandte Land wil euren Trotz nicht entſchuldigen. Wiſſet daß ich eure An - kunfft mit hoͤchſter Ungnade verſpuͤre.

Bar.

Gnaͤdigſter Herr --

Kem.

In dieſen Stande begehte ich den Titul nicht.

Bar.

Dennoch gnaͤdigſter Herr / ſol ein Unter - than nicht befugt ſeyn den verlohrnen Herren zu - ſuchen?

Kem.

Ja wenn der Herr noch ein Kind iſt: A - ber wer hat euch bey mir dieſe Sorge aufgetra - gen? Stehet nur auf: Mein Schaͤfer-Habit ver - langet keine ſolche Ceremonien.

Ahim.

Mein Herr / ich habe zu bitten bey der vorigen Liebe / damit ich als ein Hofemeiſter bin angeſehen worden / es moͤchten doch ſo getreue Diener vor dergleichen Volcke nicht beſchaͤmet werden.

Kem.
(Zu den Schaͤfern.)

Ihr Freunde / ich werde numehr keines Beyſtan -des112Jacobsdes beduͤrffen: wollen ſie zuvor hin ſpatzieren / ſo wil ich daran ſeyn / daß man bey der Hochzeit nicht lange auff mich warten duͤrffe.

Lot.

Wir laſſen uns befehlen.

(Sie gehen ab.)
Kem.

Was habt ihr nun zu verrichten / daß jhr das Land verlaſſen habt?

Ahim.

Was bewegt einen Ackersmann / welcher in der tunckeln Zeit nach der Sonne ſeuffzet? Ich bin einer Untreu beſchuldiget worden.

Bar.

Und ich ſolte der zaghafteſte Kerle von der Welt heiſſen.

Kem.

Es mag ſeyn / daß jhr nichts geſuͤndiget habt / gleichwol aber ſeyd jhr mir verdrießlich ge - weſen.

Ahim.

So duͤrffen wir nicht ſo kuͤhne ſeyn / das itzige Geheimniß zu erforſchen?

Kem.

Es wird nicht lange ein Geheimniß blei - ben. Ich habe den Goͤttern ein treues Geluͤbde ge - than / nicht eher von dem Orte zu ſcheiden / als biß mir die ſchoͤnſte Schaͤferin zur Gemaͤhlin wird - berlaſſen werden.

Ahim.

Mein Printz darff ich etwas reden?

Kem.

Es ſteht euch frey / nur wiederſprecht mir in dieſem Vorſatze nicht. Ich bin zu meinen Jah - ren kommen / und wil in der That erweiſen / daß ich als ein Fuͤrſte von keinem Menſchen / am aller - wenigſten aber von meinen Dienern Geſetze anneh - men wil.

Ahim. 113Heyrath.
Ahim.

So lege ich die Hand auf meinen Mund.

Bar.

Und ich wuͤnſche den Him̃liſchen Segen zu dieſen hohen Vorhaben.

Ahim.

Und ich bitte unterthaͤnigſt um Erlaͤub - nis wieder nach Hauſe zu reiſen.

Kem.

Wenn es mir aber anders gefiele; jhr ſeyd wieder meinen, Willen herkommen / jhr ſollet wieder euren Willen da bleiben. Auf und erſchei - net bey der angeſtelten Hochzeit als Gaͤſte / und wenn auf den morgenden Tag meiner Liebe wegen etwas moͤchte gehandelt werden / ſo gedencket / daß jhr euren Fuͤrſten die hoͤchſte Treue ſchuldig ſeyd.

Bar.

Wir folgen gehorſam.

(Sie gehen ab.)
Moph.

Aus einer Angſt bin ich errettet: Nun muß ich ſehen / wer mich vor der Bauer-Angſt de - fendiren wil. Ich dencke / kan mein Herr ungebe - tene Gaͤſte mitbringen / ſo kan er mir darzu helffen / daß etliche Tiſche Bauren bedacht werden.

Dritter Handlung

Achter Aufftrit.

Moph, Haſo.
Haſ.

Je Bruder / wo ſteckſtu? Die Bauren ſuchen mich / und ich ſuche dich.

HMoph. 114Jacobs
Moph.

Ich wolte / daß keiner den andern ge - funden hatte.

Haſ.

Die Comœdie muß ausgeſpielet werden. Die Baͤrenheuter ſind ohne diß ſo grob / und kom - men / ehe ſie gebeten ſeyn. Das Peltzwaſchen geht kaum in zwey Stunden an / und nun kommen ſie in jhren Hochzeit-Schmucke / als wenn ſie die naͤ - heſten Freunde waͤren / die den Groß-Vater in das Hochzeit Hauß begleiten ſollen.

Moph.

Der Hochzeit-Vater wird ſich jhrer Ankunfft treflich erfreuen.

Haſ.

Wirff du nur deinen Mantel weg. Ehe uns die Schelmen kennen / ſo wird die Hochzeit voruͤber ſeyn.

Moph.

Aber auf der Seite moͤchte ich gerne ſte - hen / wenn ſie werden in Proceſſe wollen den Schwantz fuͤhren / und kein Hochzeit-Bitter wird da ſeyn / der ſie verleſen wil.

Haſ.

Wegen des Proceſſes hat es keine Noth: die hinterſten muͤſſen ſich ohn dem ſelber ordnen. Aber wer die Gaͤſte zum Tiſche verleſen wird / da moͤgen ſie zuſehen. Doch Allons die Schelmen kommen.

Dritter Handlung

Neundter Aufftrit.

Esbon, Gared, Put, Reba, Marcala, Helba in jhren Hochzeit Schmucke neben et - lichen ſtummen Bauren.
Esb. 115Heyrath.
Esb.

Ich halte wir kommen zu riſch. Es gehet noch gar graͤglich in der Kuͤche zu.

Gar.

Es iſt beſſer / gewartet als gedarbet.

Put.

Und ſo koͤnnen wir huͤbſch zuſehen / wie es auf vornehmen Hochzeiten im Anfange hergehet.

Esb.

Wir Bauren ſind des Wartens wol ge - wohnet / wenn wir vor die Obrigkeit fruͤh Mor - gens um ſechſe gefordert werden / ſo wiſſen wir um Zwoͤlffe noch nicht / was wir ſollen.

Gar.

Das warten komt mich nicht ſauer an / darff man doch nicht darbey arbeiten.

Put.

Ob ich am Feyer-Tage unter der groſſen Linde ſechs Stunden nach einander muͤßig ſte - he / oder ob ich vor der lieben Obrigkeit Maul-Af - fen feyl habe / da iſt mirs ein Ding.

Esb.

Ich wil lieber warten / als Muͤßiggehen: man erſpart die Schuh darbey.

Gar.

Aber wo werden wir denn hintreten? die Leute lauffen noch ſchrecklich untereinander.

Put.

Es koͤnte einer zum Vorgerichte ſo eine Weſpe weg kriegen / die er behalten muͤſte.

Esb.

Im Winckel ſind die Bauren am ſicher - ſien / wir wollen uns da nach einander hinſtellen.

Gar.

Fein nach der Reihe / daß keiner zuruͤcke bleibet / wenn ſie uns zur Thuͤre hinaus jagen.

Put.

Wir ſind gebetene Gaͤſte / das duͤrffen ſie nicht thun.

H 2Drit -116Jacobs

Dritter Handlung

Zehnder Aufftrit.

Lotan und die Vorigen.
Lot.

Bleibt jhr nur in der Kuͤche / und beſtelt das eurige; Ich wil ſehen / wo ſich die Baͤncke vor die Gaͤſte am beſten ſchicken werden. Sie muͤſſen doch einen ehrlichen Sitz haben / ehe ſie zur Trau - ung gehen. Ach jhr Leute / was wolt jhr doch da? hie iſt gleich der Ort / da man den Hochzeit Pro - ceſs ſehen wil. Macht doch Platz und hudelt euch auf die andre Seite.

(Er jaget ſie hinuͤber und geht ab.)
Esb.

Das war eine huͤbſche Erbarkeit vor einen Hochzeit Gaſt.

Bar.

Es war noch gut / daß er uns eine Stelle anwieß / da wir ſicher ſtehen duͤrffen.

Put.

Man darff dem Herrn nichts vor uͤbel hal - ten; Hochzeit Sorgen ſind ſchwere Sorgen / ſie ſteigen trefllich in die Koͤpffe / ſonſten mochte er es noch gar gut meinen: wir werden da huͤbſch ſehen koͤnnen.

Dritter Handlung

Eilffter Aufftrit.

Meres und die Bauren.
Mer.

Iſt der Paſteten Becker noch nicht kom -men117Heyrath. men? ich dencke / wenn wir keine Unkoſten geſparet haben / ſo werden uns die Handlanger einen Poſſen machen. Wenn dieſes unruhige Leben ein halbes Jahr wehren ſolte / ſo hielte ich davor / man thaͤte am beſten / daß man ſich den erſten Tag lieſſe todt ſchlagen; ſo gar wird man von den Auffwaͤrtern / von den Hochzeit-Bittern / von den Einſchencken und von den Spiel-Leuten / ja von dem Breutigam und von dem Hochzeit-Vater geplaget. Ach es begegne mir nur niemand / der hier nichts zuſchaf - fen hat / er wird viel Ungedult muͤſſen einfreſſen.

Esb.

Ruͤckt fein zuſammen / der Herr iſt boͤſe.

Mer.

Koͤmt das Lumpen-Pack ſchon auf der Hochzeit zuſammen? Auf die Weiſe wird kein ge - betener Gaſt Raum haben: Das iſt die Stelle vor die Hochzeit-Bitter / wenn ſie die Gaͤſte verleſen: werde ich wieder heraus kommen / daß mir noch ei - ner auf dem Plaͤtzgen anzutreffen iſt / ſo wil ich mit Pruͤgeln / mit Hunden / und mit heiſſen Waſſer in euch ſtuͤrmen laſſen.

(Geht ab.)
Put.

Ich halte es dem Herrn zu gute / er mag uns nicht kennen.

Esb.

Aber ich traue auf der Stelle nicht / wir muͤſſen ein ander Qvartier ſuchen.

Reb.

Je nun / wo die Maͤnner bleiben / da blei - ben die Weiber auch.

Marc.

Und wenn es an ein Hunde hetzen geht / ſoH 3ſchnap -118Jacobsſchnappen die Raben-Aeſſer ſo geſchwinde nach einem Weiber-Peltze / als nach einen Maͤnner Strumpfe.

Helb.

Wir wollen hoffen / es ſol nicht ſo boͤſe gemeint ſeyn.

Dritter Handlung

Zwoͤlffter Aufftrit.

Boker und die Bauren.
Bok.

Das iſt bey vornehmen Leuten die Mode / ſie wollen groß thun / und wollen das Bret alle - mahl an dem dinnen Orte bohren. Darnach wenn es auf die letzte Stunde koͤmt / da ſol noch einmahl ſo viel fertig ſeyn. Nun ſol ich noch ein halb Tu - tzend Kaͤlber / und eine Mandel Schoͤpſe uͤber Halß uͤber Kopff dahin ſchlachten. Ich wil gerne ſehen / wo ich Handlanger darzu bekomme. Denn vor den Lohn / den ich aus dieſer Hochzeit mit weg neh - men werde / kan ich kein Geſinde halten. Doch ſie - he da / was macht jhr da jhr Muͤßiggaͤnger? kom - met fort / ich wil euch zu thun geben.

Gar.

Meiſter / unſer Arbeit iſt ſchon verdinget.

Bok.

Ich greiffe zu / wo ich was kriege: wiltu nicht ſo muſtu.

(Er nimt Esbon und Gared bey den Haaren und ſchlept ſie hinein.)
Reb. 119Heyrath.
Reb.

Das Ding ſteht nicht fein: auf unſern Dorffe hieſſe mans grob.

Put.

Ich ſehe es gerne / daß meine Nachbarn in die Kuͤche kommen / ſo koͤnnen ſie mir fein erzeh - len / worauff ich warten ſol; wenn wir etwan zum Zugemuͤße Wilpret kriegten / ſo waͤre ich wol ein Narꝛ / daß ich mich mit dem Kaͤlber-Braten ſto - pfen wolte.

Dritter Handlung

Dreyzehnder Aufftrit.

Amal und die Bauren.
Am.

Unſer Herr hat ſo kluge Soͤhne / die in jh - ren Gedancken alles beſtellet haben; und wenn es zum Treffen komt / ſo waͤre es von noͤthen / daß man alle Sorgen von forn wieder anfienge. Da wil die Schuͤſſel-Waͤſcherin eine Frau haben / die jhr das Waſſer zutraͤgt; der Mundſchencke bedarff Leute / die jhm den Wein aus dem Keller zutra - gen. Wenn die alte Debora nicht in der Kuͤche herum huckte / ſo waͤre kein Menſch / der den Hun - den die Suppe kochte. Ich muß Volck werben / und wenn ichs von der Gaſſe wegnehmen ſolte.

Reb.

Hui daß wir auch was zu thun kriegen.

Am.

Wer ſeyd jhr?

Reb.

Herr / wir gehoͤren zur Hochzeit.

H 4Am. 120Jacobs
Am.

So ſeyd jhr an dieſen Orte nichts nuͤtze: fort / fort / wir wollen euch zu thun geben / daß euch daß wilde Fleiſch nicht zu den Fingern heraus waͤchſt.

(Er jaget ſie herein.)

Dritter Handlung

Vierzehnder Aufftrit.

Lotan, Regu, Haſo.
Lot.

So wird nun alles beſtellt feyn?

Reg.

Mehr als koͤſtlich.

Lot.

Was ſol ich aus dieſer Antwort nehmen?

Reg.

Es wird ſo eine Pracht getrieben / daß auch die Handlanger in lauter Feyer-Kleidern er - ſchienen ſind.

Lot.

Ich habe mich ſelber daruͤber verwundert / man muß ſie fragen / warum ſie mit jhren Kleidern ſo freygebig ſind?

Reg.

Sie wollen Hochzeit Gaͤſte bedeuten. Und ich beſorge immer / unſer Haſo wird ein Schelmen - Stuͤcke angegeben haben.

Lot.

Wir wollen es bald erfahren.

Haſo.
(Koͤmt gelauffen.)

Es iſt ja gar zu fein. Die Dorff-Gaͤſte habe ich ſo ſchoͤn verſorget / daß ein jeder ſeine Ehren Stel - le hat. Es fuͤnckelt in der Kuͤche und Keller vonge -121Heyrath. geputzten Bauren / und wer es nun unſern Hauſe nicht anſehen wil / daß Hochzeit darin iſt / dem weiß ich keinen Rath.

Lot.

Wo hinaus Haſo?

Haſ.

Iſt etwan noch ein Aemtgen in der Kuͤ - chen-Kammer zuverſehen? Doch ſiehe da Herr Lotan, hat er mich geruffen? Es giebt fein viel zu thun auf der Hochzeit.

Lot.

Und es giebt auch fein viel Schelmen unter den Hauffen. Wer hat die Bauren in jhren Feſt-Tags Kleidern daherein vexieret?

Haſ.

Ich wil gehn fragen.

Haſ.

Aber ich wil dir die Muͤh erſparen; ich wil den Buben uͤber den Buckel ſchmeiſſen / der es ge - than hat.

Haſ.

Um geliebter Kuͤrtze willen / daß wir uns nicht aufhalten / ſo wil ichs nur bekennen. Herr Kemuels Diener hat ſo viel Zeit uͤbrig gehabt / der mag den tummen Schelmen ein Ehren-Wort ge - goͤnnet haben. Nun koͤnnen wir nicht davor / daß ſie alles in Ernſte verſtehen.

Lot.

Ach jhr Buben / zu was vor Poſſen treiben euch die guten Tage!

Haſ.

Sie werden wol wieder nach Hauſe ge - hen / wenn ſie niemand in Ehren tractiren wird.

Lot.

Das ſolt jhr bleiben laſſen. Fuͤhrt ſie im ordentlichen Proceſſe dem Hochzeit-Hauſe gegen uͤber / und zur Straffe ſolt jhr beide unzeitigenH 5Hoch -122JacobsHochzeit-Bitter die Spielleute bedeuten. Vor Speiß und Tranck ſol Regu ſchon ſorgfaͤltig ſeyn.

(Gehet ab.)
Haſ.

Iſt mir das nicht eine Straffe / daß ich den Bauren zu Tantze fiedeln ſol. Es iſt mir lieb / daß ich meinen kleinen Sohn mit der Gelegenheit unter die Leute bringe.

Dritter Handlung

Funffzehnder Aufftrit.

Jacob, Haniel.
Jac.

Die Stunde zu meiner Vergnuͤgung komt allzeit naͤher.

Han.

Aber ich kan mich in die verwirꝛte Hoch - zeit nicht finden.

Jac.

Ich bin es ſchon gewohnet / daß alles bunt unter einander gehet.

Han.

Die Braut iſt da / doch die Schweſter ſie - het man nicht.

Jac.

Lea wird ſich ſchaͤmen / daß ſie das Nach - ſehen haben ſol.

Han.

Aber was wil der junge Liebhaber? was wollen die Soldaten?

Jac.

Sie wollen unſre Gaͤſte ſeyn.

Han.

Wenn ſie nur das beſte Gerichte nicht vor ſich behalten.

Jac. 123Heyrath.
Jac.

Wie ſol ich das verſtehen?

Han.

Ich fuͤrchte / es moͤchte ein ſchaͤndlicher Raub verſuchet werden. Der junge Liebhaber ſieht mir zu freymuͤthig aus.

Jac.

So lange ich darbey bin / wil ich derglei - chen Gewalt nicht hoffen.

Han.

Ich wolte der morgende Tag waͤre vor - bey.

Jac.

Ob ſich die Gaͤſte werden verſamlet ha - ben?

Han.

Da koͤmt einer / ich wolte wuͤnſchen / daß er auf dem Berge Libanon auf der oͤberſten Spi - tze ſaͤſſe / und lieſſe unſere Hochzeit unverſtoͤret.

Jac.

Was hilfts? der Braͤutigam ſol noch ge - bohren werden / dem alle Gaͤſte gefallen. Gehet nur herein / und gebet auf alles Achtung.

Dritter Handlung

Sechzehnder Aufftrit.

Jacob, Barak, Laban.
Bar.

Auf geneigtes Anſuchen Herr Labans / ha - be ich die Kuͤhnheit genommen / die vornehmen Hochzeit Gaͤſte durch meine Gegenwart zuverun - ruhigen; und nehme mir alſo denn die Ehre mit dem Hochwertheſten Herrn Braͤutigam bekandt zuwerden. Wuͤnſche darneben eine geſegnete /frucht -124JacobsFruchtbare und langwierige Ehe / nebſt Verſiche - rung / daß von dieſen Tage an meine und der Mei - nigen Dienſtfertigkeit demſelben alle mahl zu Ge - bote ſtehen ſoll.

Jac.

Mein Herr / ich erkenne eine ſonderbahre Gnade aus dieſer vornehmen Gegenwart / und bit - te GOtt / daß er mich dieſen hertzlichen Wunſch durch viele Auffwartungen wolle vergelten laſſen.

Bar.

Die Vergeltung wird uns zu erſt abgefo - dert.

Jac.

Doch mit Permiſſion. Iſt es moͤglich / daß wir einen unbekandten Printz unter den Hoch - zeit Gaͤſten bedienen ſollen?

Bar.

Es iſt uns leyd / daß der gute Printz in ſei - nem Anſchlage zeitlicher iſt verrathen worden / als man gedacht hat.

Jac.

Wir ſind aufrichtige Leute. Vor uns darff niemand etwas verbergen.

Bar.

Dem Herrn Braͤutigam in Vertrauen et - was zu entdecken / ſo iſt es an dem / daß jhm ein Oraculum vor weniger Zeit in die Haͤnde kommen iſt / derſelbe Fuͤrſt in Sprien wuͤrde vor andern maͤchtig ſeyn / welcher ſich mit einer anmuthigen Schaͤferin vermaͤhlen wuͤrde. Alſo hat er auch ſeinen Sinn gegen eine Perſon befeſtiget / darbey mein Herr Jacob ein groſſes wird contribuiren koͤnnen.

Jac.

So lange mir die Perſon unbekant iſt / ſo lange kan ich mein Vermoͤgen nicht allzu hoch ruͤh - men.

Lab. 125Heyrath.
Lab.
(Koͤmt heraus.)

Wie ſtehts Herr Sohn? Geſtern war jhm die Zeit zu lang: Nun moͤchten wir einen Tag zuge - ben / weil die andern Gaͤſte auf jhn / als auf die Principal-Perſon warten ſollen.

Bar.

Er iſt durch mein unnoͤthig Geſpraͤche auf - gehalten worden.

Lab.

Sie ſpatzieren hinein. Der Proceſs wird gleich ſeinen Fortgang haben; waͤren ſie auch in jhren Geſpraͤche verſtoͤret worden / ſo wird es bey dem Hochzeit-Mahle wiederum eingebracht wer - den. Denn ich muß doch mit der Vorklage kom - men: was an den Tractamenten ermangeln wird / das moͤgen die freundlichen Geſpraͤche nach jhren beſten Vergnuͤgen erſetzen.

Bar.

Es wird verhoffentlich auf keiner Seite uͤber einen Mangel geklaget werden.

Lab.

Sie ſpatzieren hinein: Sie ſehen den Weg vor ſich offen.

(Inwendig wird mit Paucken und Schal - meyen geſpielet / hierauf laͤſſet fich das Chor der Schaͤfer und Schaͤfe - rinnen hoͤren:)
I.
WEnn zwey Hertzen ſich verbinden /
Und die Sieges-Kraͤntze winden /
Ach126Jacobs
Ach ſo thut der Freunde Mund /
Solche Luſt durch Liebe kunt.
Welchen eine Nymphe liebet /
Daß ſie Hand und Hertz ergiebet /
Dieſem ſchicket unſer Chor
Manches Freuden-Lied empor.
So wachſet jhr Beyde durch Leben und Liebe /
Verſorget die Guͤter / vermehret das Hauß /
Daß keine Verwuͤſtung die Freude betruͤbe /
So gehet das Wuͤnſchen in Froͤligkeit aus.
II.
Liebt einander / weil jhr lebet /
Lebet / weil jhr Kuͤſſe gebet:
Kuͤſſet / weil das Kuͤſſen labt /
Labt euch / weil jhrs Alter habt.
Das ſind unſre ſchoͤnſte Sachen /
Freundlich thun und Hochzeit machen /
Geht voran / und braucht der Zeit:
Gilt es uns / wir ſind bereit.
O ſehet / wie ſchlieſſen ſich Hertzen und Haͤnde!
Ach nehmet ein ſchoͤnes Exempel daran;
So findet die Freude kein trauriges Ende.
Ach ſelig wem dieſes befriedigen kan.
Es127Heyrath.
(Es eroͤffnet ſich die mittelſte Scene / da ſteht Jacob und Lea mit verdeckten Ge - ſichte / und giebt ſie Laban in Ge - genwart der Hochzeit Gaͤſte mit die - ſen Worten zuſammen:

So werde es nunmehr kund / daß gegenwaͤr - tiger Jacob / Iſaacs und Rebeccen Sohn mit meiner hertzgeliebten gegenwaͤrtigen Tochter ein feſt beſtaͤn - diges Ehegeloͤbnuͤß geſchloſſen / und ſolches numehr durch die Vaͤterliche Copulation im Nahmen der allerheiligſten Majeſtaͤt bekraͤfftiget wird. Hier iſt mein Vaͤterlicher Segen / daß ſie wachſen moͤ - gen in viel Tauſend / und alles Volck ſage Amen.

(Die gantze Verſamlung rufft etliche mahl zuſammen / Amen / Amen / und in dem ſich die Schalmeyer wieder hoͤren laſſen / faͤlt die Scene zu.)

Dritter Handlung

Siebzehnder Aufftrit.

Moph mit der Zitter / Haſo mit der Baß - Geige / Olel ſein kleiner Sohn mit der kleinen Fiedel iſt jhm an den Ruͤ - cken gebunden / endlich die Bauren.
Moph. 128Jacobs
Moph.

Die Herren haben ſich geſetzt / nun wer - den wir die Muſic zum Bauren-Proceſſe machen.

Haſ.

Es wird vortreflich heraus kommen.

Moph.

Sonderlich mit der Zitter und Baß - Geige.

Haſ.

Verſuche es / ob es nicht reſolut klingen wird.

(Sie ſpielen auf / der kleine Olel ſpielt unvermerckt den Diſcant mit.)
Moph.

Wie? klingt doch die Baß-Geige als wenn noch was kleines drinnen ſteckte.

Haſ.

Deswegen bin ich ein Ober-Spielmann / daß ich dergleichen Kuͤnſte weiß.

Moph.

Mache doch das Stuͤcke noch einmahl / daß ich die Kuͤnſte auch lerne.

(Sie fiedeln noch einmahl / und Haſo keh - ret ſich herum / daß die Spectatores den kleinen ſehen koͤnnen.)
Moph.

Siehe da Haſo, ſitzt dir die Kunſt auf dem Ruͤcken / ſo betruͤge dich ein ander.

Haſ.

Vaͤterliche Liebe giebt mir die Invention in den Kopff. Der Lecker iſt noch klein: Es waͤ - re im Bauer-Tantze um einen Sprung zu thun / ſo waͤren jhm die Beine und die Kaldaunen unter einander getreten.

Moph.

Es iſt gar weißlich bedacht. Nun wol - an jhr Herrn Bauren / Maͤnner / Weiber / Jung -fern129Heyrath. fern und dergleichen / die Spiel-Leute ſind mit jhren Stimmen fertig; es waͤre Zeit / daß wir unſern Ehren-Tantz hielten / und hernach in vollem Pro - cefle zur Taffel ſpatzierten.

Haſ.

Sie kommen ſchon. Pfeiff du nur auff mit deiner Zitter.

(Sie ſpielen / und fuͤhren die Saͤmtlichen Bauren in einer bunten Reihe etli - chemahl auf dem Theatro herum. Endlich ſchicken ſie ſich zum Tantze.)
Esb.

Nun die froͤliche Zeit waͤre erlebt / jhr Her - ren Muſicanten / wie ſtehts um einen Tantz / daß uns das Eſſen ſchmeckt; da habt jhr einen alten Sil - berling / macht mir eins auf / auf Braut und Braͤu - tigams Geſundheit.

(Hiemit wird zum Tantze gefiedelt.)

Dritter Handlung

Achtzehnder Aufftrit.

Die vorigen. Boker bringt Debora.
Bok.

Ihr Herren / weil jhr noch in euren Fiedeln ſeyd / macht doch einen ehrlichen Kuͤchen-Meiſter auch was luſtiges. Die ehrliche Kinder-Frau hat gleichwohl eine Freude erlebt / die nicht alle Ta -Ige130Jacobsge koͤmt / ſie muß doch einmahl auf des lieben Ra - helchens Geſundheit tantzen.

Deb.

Je nein / mein lieber Meiſter / ſol mirs noch auf meine alte Tage ſo gut kommen / daß ich zum Tantze gefuͤhret werde? habt ja groſſen Danck vor die Ehre. Machts nur fein langſam / daß ich folgen kan.

Bok.

Ihr Herren Muſicanten / machts fein langſam: ich gebe zwar kein Geld / aber jhr ſolt gleichwol ſehen / daß mir ein Gerichte Schwartz - Fleiſch nicht ans Hertze gewachſen iſt.

(Sie ſpielen gar langſam und verdrieß - lich / biß Debora uͤber den Hauffen faͤlt.)
Bor.

Nun / nun Mutter Bore / jhr habt genug: ich wil euch zur Danckbarkeit wieder in die Kuͤ - che tragen.

(Er traͤgt ſie hinein.)
Haſ.

Und wir werden aus Schuldigkeit zur Ta - fel marchiren.

(Indem ſie abziehen / werden die Lichter nach einander ausgeleſcht.)
Drit -131Heyrath.

Dritter Handlung

Neunzehnder Aufftrit.

Elidab, Haniel.
Han.

Ich weiß nicht wohin die leichtfertigen Poſſen zielen. Waͤre ich ein fremder Gaſt / ich ſchmieſſe mit dem Schaͤffer-Stocke unter den Hauf - fen / daß die Kruͤge von den Tiſchen fliegen ſolten.

Elid.

Es ſteckt eine Vexiererey darunter verbor - gen / ſie mag nun betreffen / wem ſie wil.

Han.

Die jungen Herren ſind die aͤrgſten. Und Darkon hat ſo ein einen Verſtand mit jhnen ge - macht / daß ein ehrlicher Mann darbey verkaufft und verrathen iſt.

Elid.

Es heiſt / ein jedweder Hochzeit-Gaſt hat ſeinen Willen.

Han.

Aber den andern Gaͤſten ohne Schaden. Da wincken ſie einander / da trincken ſie poßierliche Geſundheiten / und mich wundert nur / daß ſich Herr Jacob an ſeinen Ehren-Tage ſo ſchrauben laͤſt.

Elid.

Verliebte Leute muͤſſen entſchuldiget wer - den / wenn ſie bey ſehenden Augen blind / und bey hoͤrenden Ohren taub ſind. Und darzu gedencket er / ein Braͤutigam muß vexieret ſeyn. Machens die Gaͤſte bey der Taffel wunderlich / ſo revengiret er ſich bey der Braut im Bette.

Han.

Wenn ich einmahl ſolte Hochzeit machen /I 2ſo132Jacobsſo wolte ich mir ſolche Compagnie nicht wuͤn - ſchen.

Elid.

Es hat auch was zu bedeuten / daß ſie dem Herrn Braͤutigam mit ſo ſtarcken Geſundheiten zu - ſetzen.

Han.

Deſſentwegen koͤmt mir alles verdaͤchtig vor. Die Braut ſitzt ſelber ſo unbeweglich / und lieſſe ſich nicht ein Wort abbetteln / wenn die Ge - fahr noch ſo groß waͤre.

Elid.

Ich habe des leichtfertigen Weſens ſat: wil er dort dem Bauer-Tantze zuſehen / ſo kom - me er: es wird nicht lange wehren / ſo wird der Weg nach der Braut-Kammer gehen.

Dritter Handlung

Zwanzigſter Aufftrit.

Laban, Jacob, Lea verdeckt / zwey Knaben mit Braut-Fackeln.
Lab.

Liebſter Vetter / oder wie es nunmehr heiſſen wird / freundlich geliebteſter Herr Sohn / ſo habe ich jhm numehr das Geleite zu der Braut-Kam - mer gegeben / und hiermit wird er bey ſeiner Lieb - ſten das beſte Theil von der Hochzeit nachholen.

Jac.
(Umfaſt ſeine Knie.)

Ach wertheſter Herr Vater / ich weiß wol / daßmei -133Heyrath. meine Dienſte gegen einen ſolchen Lohn viel zu ge - ringe ſind: Allein gleich wie ſich meine Vergnuͤ - gung von Tage zu Tage vermehren wird / alſo tra - ge ich auch keinen Zweifel / ich werde noch ferner die Ehre haben / mit allen getreuſten Dienſten danckbar zu ſeyn.

Lab.

Haltet euch nicht auff. Verliebten Per - ſonen wird die Zeit lang. Nur laſſet euch dieſes zur Nachricht geſaget ſeyn / daß eine Braut / unſe - rer Lands-Gewohnheit nach / die erſte Nacht mit dem Braͤutigam kein Wort reden darff.

Jac.

Ich werde mich gleichwohl meiner Annehm - ligkeit nicht gantz berauben laſſen.

(Er kuͤſſt jhr die Haͤnde.)
Lab.

Das uͤbrige ſtehet in des Braͤutigams Ge - fallen. Nur gedencket an das Geluͤbde des Still - ſchweigens / und hiermit eine geruhige Nacht.

Jac.

Gleichfals einen geſegneten Schlaf / mein Herr Vater. Doch bleibet kein Knabe mit der Fackel bey uns?

Lab.

Wo man ſtill ſchweiget / da muß es auch finſter ſeyn.

Jac.

Ich bin auch in dieſem Stuͤcke zu frieden. Ich weiß jhre Gedancken / alſo darff ſie nicht re - den: Sie iſt mein Licht / alſo werde ich vor keiner Finſterniß erſchrecken.

Lab.

So ruhet demnach wol / und laſſet euch nichts unangenehmes traͤumen.

I 3Jac. 134Jacobs
Jac.

GOtt ſpare den Herrn Vater biß auf ei - nen froͤlichen Morgen.

Lab.
(Geht mit den Fackeln ab.)
Jac.

Ach meine wunderſuͤſſe Rahel / ſol ſie nun in meiner Gegenwart verſtummen? Ich mercke es wohl / ſie druͤcket mir die Hand zum Zeichen jhrer inniglichen Freude: Aber ſie wil dem Herrn Vater nicht ungehorſam ſeyn. Ach ſie gebe mir nur ein paar ſachte Woͤrtgen / ich wil ſie verſichern / ſie ſol deswegen von niemand verklaget werden. Ich wil jhren Mund auf meinem Mund legen / und wil die Worte noch eher auffangen / als ſie zu jhren Klange befoͤrdert werden. Ach meine Ra - hel / iſt der heutige Tag auf meiner Seite ſo unvol - kommen / daß ich auch ein einziges Wort nicht er - bitten kan? Wolan ihre Geberden ſind deſto Leut - ſeliger / ich mercke ſchon / womit ſie den Abgang der Worte tauſendfach erſetzen wil. Ach ſo komme ſie dann / mein Engel / und begleite mich an denſel - ben Ort / darauf ich ſieben Jahr / ach wie viel Ta - ge / wie viel Stunden mit Aengſten geſeuffzet habe.

Doch luſtig Jacob hat den Kummer uͤber -
wunden /
Er hat die Rahel hier und ſie hat jhn ge -
funden:
Nun135Heyrath.
Nun geht die Froͤligkeit in dieſen Zim -
mer an /
Die mancher Freyer wuͤnſcht / und nicht
erlangen kan.

Dritter Handlung

Ein und zwanzigſter Aufftrit.

Kemuel trit vor die Kammer-Thuͤre ſin - gende in die Laute.

I.
ARmer Jacob iſt dir nun /
Auch die Freude wiederfahren
Daß du gleich nach ſieben Jahren /
Kanſt im Bette freundlich thun?
Dancke doch der finſtern Nacht /
Daß ſie dich ſo munter macht.
II.
Kuͤſſe dein beſcheiden Theil /
Weil die hellen Sterne ſpielen
Und auf deine Liebe zielen;
Ob dich gleich das Narren-Seil /
I 4An -136Jacobs
Anders bey den Hoͤrnern faſt /
Als du wol gehoffet haſt.
III.
Morgen iſt es doch geſchehn /
Und da wird es freylich heiſſen /
Niemand kan das Band zerꝛeiſſen:
Unterdeſſen wirſtu ſehn /
Daß die Luſt / darnach man thut /
In der Einbildung beruht.
VI.
Nun wolan die Lieb / iſt blind.
Wirſtu Morgen ſehend werden /
Ach ſo zaͤhme die Gebaͤrden /
Daß ſie nicht zu grauſam ſind:
Sonſten lacht dich Labans Hauß
Mit den Gaͤſten doppelt aus.
V.
Wer im finſtern ſchleichen wil /
Wo man ſich in Weiber theilet /
Der137Heyrath.
Der wird ſchaͤndlich uͤbereilet /
Und begeht ein Narrenſpiel /
Da man allen Uberdruß
Mit Gedult curiren muß.
VI.
Schoͤner Braͤutgam gute Nacht.
Heute wirſtu froͤlich lauſchen /
Und mit keinem Fuͤrſten tauſchen /
Denn du haſt es weit gebracht /
Daß dich Labans Tochter kuͤſt /
Und daß du ſein Eidam biſt.
[figure]
I 5Ke -138Jacobs

Kemuel. Tenore Solo.

tr.

[figure]

Armer Jacob iſt dir nun auch die

[figure]

Freude wieder-fahren / daß du gleich nach ſieben

[figure]

Jahren kanſt im Bette freundlich thun? dancke

[figure]

doch der finſtern Nacht / daß ſie dich ſo munter

[figure]

macht. ij

Con -139Heyrath.

Continuo.

[figure]

Armer Jacob.

[figure]
[figure]
[figure]
[figure]
Vierd -140Jacobs

Vierdter Handlung

Erſter Aufftrit.

Elidab, Darkon.
Elid.

Iſt es wohl jemahls erhoͤret worden?

Dark.

In der Welt geſchicht ſelten was neues: Allzeit eine Comœdie mit neuen Perſonen.

Elid.

Aber wenn iſt ſo ein betruͤglich Stuͤcke vorgangen?

Dark.

Manchmahl aͤndern ſich die Faͤlle / doch die Schelmſtuͤcke ſind einerley.

Elid.

Ich dencke Rahel liegt bey jhrem Braͤuti - gam im Bette / ſo komt ſie heute zu dem Thore herein.

Dark.

Kan jemand davor / daß er unrecht ge - dacht hat?

Elie.

Koͤnnen wir davor / daß wir zur Hochzeit gebeten werden / und wiſſen nicht / wer die Braut iſt?

Dark.

Der Hochzeit-Vater wird es verant - worten.

Elid.

Es iſt mir leid um den ehrlichen Jacob / daß er in dem gantzen Lande zur Fabel werden ſol.

Dark.

Warum laͤſt er ſich mit ſehenden Augen betruͤgen? Ich meinte / der Kerl waͤre nun alt ge - nung / daß er die Schoͤnheit an dem Griffe erken - nen koͤnte.

Elid. 141Heyrath.
Elid.

Aber ich frage / hat ers um Laban verdient?

Dark.

Mein lieber Freund / wir ſind deswegen nicht da / daß wir alle krum̃e Hoͤltzer ſollen gerade machen. Was mich nicht breñt / das mag ich nicht leſchen. Hat Laban was geſuͤndiget / ſo habe er ſein Leiden davor. Iſt Jacob betrogen / ſo wird er auch vor ſeinen eigenen Spott nicht ſorgen duͤrf - fen. Unterdeſſen fuͤhle ich keines von beyden. Wer ſich uͤber fremden Ungluͤcke allemahl ein Haar aus - rauffen ſolte / der muß eine Platte kriegen / ehe er zehn Jahr alt wird.

Elid.

So reden die Welt-Kinder. Allein die Schuldigkeit eines guten Freundes erfordert ein billiches Mitleiden.

Dark.

Was heiſt denn Mitleiden? Setzet euch doch in einen finſtern Winckel / und graͤmet euch von Morgen biß zu Abende / ja bekuͤmmert euch / biß die Zaͤhne im Maule wackeln / wo Jacob des Kum - mers halben ſeine Rahel ins Bette kriegen ſol / ſo wil ich den garſtigſten Titul von der Welt fuͤhren.

Ein Mann von Ehren der beſteht /
Er laͤſt es gehen / wie es geht.
Elid.

Ich taug nicht vor die heutige Welt.

Dark.

Deswegen wird aber die Welt nicht un - tergehen.

Elid.

Doch werden dieſelben ein Ende mit Schrecken nehmen / welche ſich der Bubenſtuͤcke nichtſchaͤ -142Jacobsſchaͤmen wollen / wer weiß / wer im Außgange den Betrug am erſten beweinen wird.

Dark.

Der Herr darf ſich in meiner Gegenwart nicht erzuͤrnen. Ich habe nichts dabey gethan: Daß ich aber den artigen Poſſen nicht belachen ſol / da wil ich hoffen / es wird mir unverboten ſeyn. Kan er auch mit ſeiner Klage ſo viel zu wege bringen / daß Herr Jacob ſeine unrechte Braut nicht beſchlaffen hat / ſo wil ich jhm ſelber ein paar Kalbs-Nieren zum Fruͤhſtuͤcke verehren.

(Geht ab.)
Elid.

Daß iſt ein rechter Nachbar vor meinen Herren: was einer ſchlim anfaͤngt das kan der an - dere billichen. Aber ach / unterdeſſen muß der Ge - rechte leiden.

(Gehet ab.)

Vierdter Handlung

Anderer Aufftrit.

Jacob, Lea verdeckt / hernach Silpa.
Jac.

Mein Kind / ich muß bekennen / daß mir die Liebe in keinem Stuͤcke wiederſpenſtig geweſen: Allein ſol die Sprache noch dieſen Morgen ver - ſchloſſen ſeyn? Sol der Herr Vater erſt kommen / und durch ſeinen Befehl den Corallen Mund auf -ſchlieſ -143Heyrath. ſchlieſſrn / welchen ich dieſe Nacht uͤber mit tauſend Kuͤſſen beweget habe? Warum ſol mich die unge - reimte Gewohnheit dieſes Landes in einer ſo ange - legenen Vergnuͤgung zuruͤcke halten?

Silpa
(koͤmt.)

Mein Herr / ich wolte vernehmen / ob ich was ver - richten ſolte?

Jac.

Gute Dirne / jhr komt in das unrechte Zim - mer. Hat eure Jungfer Lea geſtern meine Hoch - zeit verachtet / ſo wird jhr in des Braͤutigams Zim - mer numehr an dem guten Morgen wenig gelegen ſeyn.

Silp.

Ich wil hoffen / daß ich nicht betrogen bin. Und in dieſer Zuverſicht wil ich / auf Befehl des Herren Vaters / das Geſichte entbloͤßen.

(Sie entdeckt jhr das Geſichte / Jacob ſtehet gantz erſtarret.)
Lea.

Woher kommen die tieffen Gedancken? haben die freundlichen Worte ſo bald jhr Ende ge - nommen? Ich bin dieſe Nacht ſo gut / als Rahel geweſen: Nun wil ich ſehen / wer mich aus meinem Rechte ſetzen wil.

Jac.

O verfluchter Betrug!

Lea.

O geſegnete Scharfſſinnigkeit!

Jac.

O betruͤglicher Vetter!

Lea.

O Wohlthaͤtiger Vater!

Jac.

Wer heiſt euch mein Ehebette beflecken?

Lea144Jacobs
Lea.

Ich habe euren willen nachgelebet.

Jac.

So habt die Schande. Denn wo ich nichts verſprochen habe / da werde ich auch nichts halten duͤrffen / und wenn die Gerechtigkeit ſelber den Richterſtuhl einnehmen wolte.

Lea.

Wo die That ſelber am Tage liegt / da kan ſich niemand auf ein Verſprechen beruffen.

Jac.

Ich bin betrogen.

Lea.

Und ich habe einen Mann.

Jac.

Ich habe eine andere Liebſte.

Lea.

Wenn ich damit zu frieden bin.

Jac.

Ihr habt darein nichts zuſagen.

Lea.

Warum nicht? Ich ſtreite vor mein Ei - genthum. Trotz daß mir ein Menſch auf der Welt meinen Mann nimt.

(Sie umfaſt jhn.)
Jac.
(Stoͤſt ſie von ſich.)

Du unzuͤchtige Beyſchlaͤfferin / wiltu mich noch ein - mahl beruͤhren? Trotz daß jemand auf der Welt die betruͤgliche Lea vor mein Weib erkennet.

Lea.

Mein Herr nicht zu grauſam. Was ge - ſchehen iſt / das wird kein Menſch zuruͤcke ziehen.

Jac.

Was iſt geſchehen? Ihr ſeyd wieder mei - nen Willen in eure Schande gelauffen: nun ſol ſie auch ohne meinen Schaden auff euren Nahmen ewig kleben bleiben.

Lea.

Sind das die heutigen Liebes-Worte?

Jac. 145Heyrath.
Jac.

Das iſt ein Irꝛthum / welchen ich bey mei - ner Rahel gar leicht entſchuldigen werde.

Lea.

Aber ich habe was / welches mir meine Schweſter nicht abfordern kan / und Krafft deſſen bitte ich um Gnade.

(Sie umfaſſet jhn.)
Jac.
(Entweicht.)

Es iſt ein unbillich Werck um Gnade bitten / und Ungnade verdienen.

Lea.

Ich bin eine Dienerin / ich wil gehorſam ſeyn.

Jac.

So ſeyd mir gehorſam / und kommet mir die Zeit eures Lebens nicht wiederum ins Geſichte.

Lea.

Ach unbarmhertziger --

Jac.

Heiſt das gehorſam geleiſtet / da ich die un - angenehme Sprache noch einmahl hoͤren ſol?

Lea.

Ach koͤnte ich ſterben!

Jac.

Ja waͤre dieſer Schluß geſtern vollzogen worden. Doch der Wunſch mag meinetwegen noch heute erfuͤllet werden.

Vierdter Handlung

Dritter Aufftrit.

Laban, Jacob, Lea,
Lea.

Guten Morgen / guten Morgen jhr lieben Kinder / wie ſteht es heute um den andern Hoch -Kzeit -146Jacobseit-Tag? Es ſieht noch gar finſter aus / ich wer - de nachfragen / ob etwan das Sillſchweigen iſt ge - brochen worden?

Jac.

Und ich werde nachfragen / ob mir die Zu - ſage iſt gebrochen worden?

Lab.

Herr Sohn / wohin zielet dieſe trotzige Ant - wort?

Jac.

Auf dieſe Perſon / die mir nicht anſtehet.

Lab.

Ich dachte was ſonſten im Wege ſtuͤnde. Es iſt in unſren Lande nicht Sitte; Herr Sohn / merckt es wol / es iſt in unſern Lande nicht Sitte / daß man die juͤngſte vor der aͤlteſten ausgiebet; wer mich in Ehren um eine Tochter anſpricht / der muß ſie nehmen / wie die Reihe nach einander gehet.

Jac.

Aber das offentliche Verſprechen gieng gleichwohl auf die juͤngſte Tochter / die iſt mir ein - mahl zu geſagt / und die muß mir zu Theile wer - den.

Lab.

So bin ich gut genung eure ſchnoͤde Wor - te anzuhoͤren.

Jac.

Aber ich bin gut genung / daß ich vor mei - ne ſaure Muͤh und Arbeit nicht beſſer belohnet werde.

Lab.

Was mangelt an dem Lohne? Eine Toch - ter iſt mir ſo lieb und ſo koͤſtlich als die andere. Ich bitte demſelben trotz / der mein Kind verachten wil. Ihr Fremdling / jhr Bettelhund / ſeyd jhr deswe - gen zu mir kommen / und habe ich, deswegen ſo vielWohl -147Heyrath. Wohlthaten an euch gewendet / daß ich mit den Meinigen vor der gantzen Stadt von euch ſol ge - ſchimpfet werden? O nun mercke ich / warum euer Bruder den gerechten Eyfer gegen euch gebrau - chet hat.

Lea.

Ach Herr Vater / brauchet die Gnade ge - gen den jenigen / welchen ich Lebenslang zu lieben verlange.

Jac.

Weder dieſe Fuͤrbitte wird mich bewegen / noch dieſes Draͤuen wird mich in meiner rechtmaͤſ - ſigen Foͤrderung zaghafftig machen. Wir wollen ſehen / wer einander was vorzuwerffen hat.

(Geht ab.)
Lea.

Ach ſo wil die Sache nicht nach unſern Willen lauffen.

Lab.

Es iſt die erſte Hitze / wenn dieſelbe ver - rauchen wird / ſo gedencken wir alles wolfeyler zu - bekommen.

Lea.

Ich werde vor aller Welt geſchimpfet.

Lab.

Und ich waͤre ein ungerechter Vater / weñ ich dieſen Schimpff nicht uͤberwinden wolte.

Vierdter Handlung

Vierdter Aufftrit.

Jacob, Haniel.
Jac.

So lange hat meine Gluͤckſeligkeit geweh - ret.

K 2Han. 148Jacobs
Han.

Ich betruͤbe mich hertzlich / und ich moͤch - te wuͤnſchen / daß ich ein Mittel mit meinem eige - nen Blute erkauffen koͤnte.

Jac.

Ich bin einmahl betrogen / und was ich die - ſe Nacht an die unzuͤchtige Beyſchlaͤfferin ver - ſchencket habe / dieſes kan ich meiner Rahel nun und nimmermehr gewehren. Sie hat mir meine erſte Liebe abgeſtohlen / und hiermit mag ich weder dieſe behalten / noch die andere betruͤben.

Han.

Getreue Liebe wird ſich dieſe Unſchuld be - wegen laſſen.

Jac.

Ach vielleicht wird ſie nach meiner Unſchuld wenig fragen. Warum hat ſie der Schweſter Platz gelaſſen? Warum hat ſie den Betrug nicht mit einem Worte zerſtoͤret? Ich bin bey Labans Hau - ſe zu allen Ungluͤcke verkaufft. O was thue ich?

Han.

Lea kan ſich auf keine Zuſage gruͤnden / und was Rahel gedencken wird / ſolches ſtehet bey der Erfahrung.

Jac.

Ach GOtt wie groß iſt dieſe Verſuchung? Und wie ſo gar wenig kan ich mein Gemuͤthe in dem Zaume halten.

Han.

Die Goͤttliche Direction iſt darunter ver - borgen / wenn derſelben alles heimgeſtellet wird / ſo kan ſich vielleicht ein Mittel an den Tag geben / daran alle Welt verzweifeln muß. Aber wo hat ſich Rahel ſo ſchleunig hergefunden?

Vierd -149Heyrath.

Vierdter Handlung

Fuͤnffter Auftrit.

Rahel, Jacob, Haniel.
Rah.

Biſtu hier du meineydiger / du boßhaffti - ger Betruͤger? Bin ich dir gut genung / daß ich mit dem Brautſchmucke vexieret werde / da unter - deſſen meine Schweſter ungeſalbet und ungeſchmuͤ - cket jhre leichtfertige Luſt in deinen Armen gebuͤſ - ſet hat.

Jac.

Ach meine Liebſte ---

Rah.

Was Liebſte / wenn Leib und Seel einer andern Perſon verkaufft ſind.

Jac.

Ach Liebſte ſie erbarme ſich.

Rah.

Ich habe viel Barmhertzigkeit uͤbrig / daß ich etwas davon verſchencken kan / ich ſehe nicht / wer ſich uͤber mich erbarmen wil.

Jac.

Sie ſchuͤtte den Eyfer uͤber die rechtſchul - digen Perſonen aus.

Rah.

Ich thue dieſes / und fordere den meiney - digen Menſchen vors Gerichte / welcher meine ſchul - dige Liebe an eine Fremde (Ach es iſt meine Schweſter / ſonſt wolte ich ſprechen /) an eine frem - de Dirne verſchencket hat.

Jac.

Ich habe nichts geſchencket / was kan ich davor / daß ich bin beraubet worden?

K 3Rah. 150Jacobs
Rah.

Ich rede von einer Sache / die ſich kein Menſch wider ſeinen Willen rauben laͤſt.

Jac.

Ich habe das Wiederſpiel erfahren.

Rah.

Und ich werde mich ſolches nimmermehr bereden laſſen. Ach ſolte ein Mann / ein Liebhaber / ein Braͤutigam den Unterſcheid ſeiner Liebſte und einer fremden / auch im finſtern nicht errathen koͤn - nen / ſolte er an den Haͤnden und an dem Geſichte kein Merckmahl gefunden haben? Ach die aͤlteſte Schweſter ſol vielleicht einen Vorzug in der Erb - ſchafft haben / darum bin ich hinten angeſetzet wor - den.

Jac.

Ich ſchwere --

Rah.

Ich habe genung Boßheit erfahren muͤſ - ſen: es iſt unvonnoͤthen / daß ich noch einen Mei - neyd hoͤren ſol. Gnung daß ich die Stunde verflu - chen werde / da ich den erſten Kuß von ſeinem Mun - de empfangen habe.

(Geht ab.)
Jac.

Sie geht dahin / und jemehr ſie Gewalt an mir gethan hat / deſto deutlicher giebt ſie mir die vor - mahlige Liebe zuerkennen; Sie hat nicht unrecht / daß ſie mich verfolget / und mir geſchicht gleichwol unrecht / daß ich die Verfolgung leiden ſol: Ach liebſter Haniel, folgt jhr doch in das Zimmer / und verſucht alle Mittel / ob ſie der Warheit moͤchte ſtat geben: Denn ſie wird doch die Erzehlung aus euren Munde nicht verachten.

Vierd -151Heyrath.

Vierdter Handlung

Sechſter Aufftrit.

Lothan, Lea.
Lot.

Wer ein Poſſenſpiel anfaͤngt / der muß den Außgang ſo geſchwinde nicht verlangen: Es wird Raum und Zeit darzu erfordert.

Lea.

Ich ſehe wol / es iſt wunderlich gewagt / und ein ſolches Werck laͤſſet ſich auf einmahl nicht gut machen. Aber ich befuͤrchte mein betrogener Ehemann moͤchte mir davon lauffen.

Lot.

Wo wil er hin? Es ſol jhm etwas in den Weg geleget werden / daß er ſeines Lauffens wol vergeſſen wird.

Lea.

So wird doch ein boͤſer Eheſtand zu be - ſorgen ſeyn: ich werde ſtets ſeine Betruͤgerin / und wie ich ſchon gehoͤret habe / eine unzuͤchtige Bey - ſchlaͤfferin heiſſen ſollen.

Lot.

Wir muͤſſen dem einfaͤltigen Narren die erſte Boßheit zu gute halten. Wenn er endlich ſe - hen wird / daß er die Frau am Halſe hat; wenn auch der Segen an Kindern / wie ich nicht zweifele / nach einander kommen moͤchte / ſo wird er endlich den - cken / wie jener ſechsfache Wittwer / der da ſagen ſolte / welche Frau unter den Sechſen die beſte ge - weſen waͤre; allzeit die jenige / die mich waͤrmete.

Lea.

So muß ich doch geduldig ſeyn.

Lot.

Schweſter die kleine Ungedult erloͤſet dich von der ungeduldigen Jungferſchafft / ſchlage nurK 4alles152Jacobsalles aus dem Sinn / wil der Braͤutigam heute ſauer ſehen / ſo wollen wir doch wol jhm die Braut Suppe verzehren.

Lea.

Ich wil verſuchen / ob jemand mit zweifel - hafftigen Hertzen und ſchweren Gewiſſen kan lu - ſtig ſeyn.

Vierdter Handlung

Siebender Aufftrit.

Ahiman, Meres.
Ah.

So wird numehr Printz Kemuel der naͤh - ſte ſeyn.

Mer.

Wir ſind zu frieden: an des Herrn Va - ters Conſens zweifeln wir nicht / und da die Schwe - ſter einen Liebſten verlohren hat ſo wird ſie froͤ - lich / daß ſie durch ſo einen vortheilhafftigen Tauſch aus der Schande geſetzt wird.

Ah.

Die Vergeltungen / welche Kemuel verſpro - chen hat / ſollen die wenigſten ſeyn gegen der andern Freundſchafft / zu welcher ſich nachgehends eine Ge - legenheit nach der andern eroͤffnen wird.

Mer.

Und derohalben werde ich allzeit an mei - nem Fleiße nichts ermangeln laſſen.

Ahim.

Es dienet zu einer guten Nachbarſchaft zu Fortpflantzung unſerer Commercien, und vielleicht zu einem Auffnehmen jhrer Familie, davon wir ein - mahl in der That etwas nachdruͤckliches werden ſehen laſſen.

Mer.

Wir muͤſſen alles auf unſerer Seite vor eine Wohlthat erkennen.

Ah. 153Heyrath.
Ahim.

Nur das bitte ich / man treibe das Werck ſo geſchwinde / als es moͤglich iſt: Kemuel iſt ein junger Herr / und noch hitzig vor der Stirne / der lange Verzug moͤchte jhn ungeduldig machen.

Mər.

Ein Baum hat ſeine Zeit / ehe ſeine Fruͤch - te reiff werden / und die Liebes-Sachen wollen ſich durch eylfertige Rathſchlaͤge nicht allemahl zwin - gen laſſen.

Ahim.

Doch kan unnoͤthige Bedachtſamkeit bißweilen das Gluͤck verſaͤumen oder verhindern.

Mer.

Hier ſol verhoffentlich nichts verſaͤumet / noch vielweniger etwas verhindert werden.

Ahim.

Aber wo ſol der Anſchlag am erſten hinge - hen / zu dem Herrn Vater / oder zu der ſchoͤnen Rahel?

Mer.

Ich muß die Schweſter vor bewegen / und dieſes ſol meine Arbeit ſeyn / ehe noch die Stunde vergehet.

Ahim.

So wil ich meinen werthen Freund nicht aufhalten. Der Himmel floͤſſe jhm dergleichen Worte ein / daß unſer Printz die wuͤrckung davon empfinden moͤge.

Mer.

Meine Expedition ſol ſo einem vertrau - ten Freunde bald hinterbracht werden.

Vierdter Handlung

Achter Aufftrit.

Rahel, Haniel.
Rah.

So muß ich wol in meinem Elende gedul -K 5dig154Jacobsdig ſeyn / weil ich meinen Vater wegen des Be - truges nicht verfluchen darff.

Han.

Aber was hat Herr Jacob noch vor ei - nen Segen verdienet?

Rah.

Die Trunckenheit und ſein ehrliches Ge - muͤthe haben jhn wol entſchuldiget / doch nun darff er mich um keinen Segen anſprechen.

Han.

Wil ſie den Eyd der Treue brechen?

Rah.

Ich kan nicht davor / daß die Treue wie - der unſern Willen gebrochen iſt. Meine Schwe - ſter hat jhn weg / ſie wird jhn auch wol behalten.

Han.

Herr Jacob haͤlt ſich an ihr Wort / und ſo viel ich von jhm verſtehe / ſo wird er ſich lieber zu einer rechtmaͤßigen Flucht reſolviren / ehe er ſich zu dieſer Sclaverey verſtehen wird.

Rah.

Er wird ſich wol bereden laſſen.

Han.

Sein Hertz iſt mit Rahel verbunden / alſo wil er lieber umſonſt gedienet haben / als daß er ſich in dem Lohne ſolte betriegen laſſen: Hochwer - theſte Rahel / ſol ich meinen Hertzens Freund mit keiner angenehmen Zeitung erfreuen?

Rah.

Wie kan ſolches geſchehen?

Han.

Sie ſpreche nur / ſie wolle in jhrer Liebe be - ſtaͤndig ſeyn.

Rah.

Ich kan die Schweſter nicht aus dem Bet - te ſtoſſen.

Han.

Jacob kan ein ander Braut-Bette auf - ſchlagen laſſen.

Rah.

Der Herr Vater wird ſeine Tochter nicht ſchimpffen wollen.

Han. 155Heyrath.
Han.

Die Welt iſt groß genung / verſteht ſie / was ich meine?

Rah.

Vielleicht ſollen wir mit einander die Flucht nehmen? Ach GOtt ich fuͤrchte --

Han.

Aus zwey uͤbeln muß man das geringſte erwehlen / ach ſie erbarme ſich uͤber jhren beſtaͤndi - gen Liebhaber / und da er ſeinen Schmertz ohne diß nicht uͤberſehen kan / ſo komme ſie jhm doch mit einem Troſtreichen Jaworte entgegen / und gebe nochmahls einige Gelegenheit auf gewiſſe Mittel zu dencken / daß ſie beyderſeits zu jhrer Vergnuͤ - gung gelangen moͤgen. Ach hat er in ſeiner Sie - benjaͤhrigen Hoffnung nicht ſo viel verdienet? Sol nun eine fremde Boßheit uͤber zwey verliebte Per - ſonen Macht haben / daß ſie nicht einmahl in Ge - dancken thun duͤrffen / was ſie wollen.

Rah.

Ach ich ungluͤckſelige / wohin wend ich mich?

Han.

Zu jhren geliebteſten Jacob: Sie wuͤrde gewißlich ſchlechte Freude zugewarten haben / wenn ſie vernehmen wuͤrde / wie er in der Flucht vor Angſt und Jammer verſchmachtet waͤre. Wil ſie lieber nach ſeinem Tode ſeinen Schatten zu jhren Be - gleiter haben / oder wil ſie dem lebendigen Coͤrper nochmahls eine Begierde zu leben einpflantzen?

Rah.
(Weinet.)

Ach Jacob ich ſchwere dir / mein Hertz hat ſich dei - ner Redligkeit laͤngſt ſo weit verpflichtet / daß ichoh -156Jacobsohne deine Verbindung nimmermehr hoffe leben - dig oder froͤlich zu ſeyn. Ach verzeihe mir / daß mein unverſtaͤndiger Eifer etliche Worte vergoſ - ſen hat / die ich aus der Taffel deines Gedaͤchtniſ - ſes gerne mit der Helffte meines Blutes auswi - ſchen wolte.

Han.

Sie lebe wegen der Worte unbekuͤmmert: aus der hefftigen Eyferſucht lernete Jacob die un - gefaͤrbte Liebe deſto beſſer verſtehen.

Rah.

Kan ich dieſen Worten im Grunde der Wahrheit trauen?

Han.

Jacobs Hertze iſt mein Hertze / Jacobs Hand iſt meine Hand / hier iſt mein Wort und mei - ne treue Verſicherung.

Rah.

So wil ich alſodenn gehorſam ſeyn / es wird meinen vormahligen Liebſten freygeſtellet / was er mir befehlen wird: Ich bin bereit zu folgen. Denn ob er mich auch in die aͤrgſte Wuͤſteney fuͤh - ren wolte / ſo werde ich an ſeiner annehmlichen Ge - genwart ein immerwaͤhrendes Paradieß beſitzen.

Han.

O wunderſchoͤne Worte von einer wun - derſchoͤnen Tochter! ich gehe und bringe die Zei - tung an den jenigen / welcher bißhero mehr gewuͤn - ſchet / als gehoffet hat.

Rah.

Verſprecht jhm / was jhr wollet / ich wil al - les genehm halten.

Hau.

Ich wil jhm eine beſtaͤndige Liebe verſpre - chen / die Außlegung muͤſſen die jenigen Perſonenma -157Heyrath. machen / welche die Liebe beſſer ausſtudieret haben.

(Geht ab.)
Rah.

Gehet zur guten Stunde. Doch was wil mein Bruder?

Vierdter Handlung

Neundter Aufftrit.

Meres, Rahel.
Mer.

Siehe da meine Schweſter / du haſt die geſtrige Hochzeit verſaͤumet / willſtu nicht der heu - tigen Braut-Suppe beywohnen.

Rah.

Es muß eine ſchoͤne Hochzeit geweſen ſeyn / da man die rechte Braut in den Garten hinaus vexiret hat.

Mer.

Meine Schweſter / ich muß bekennen / der Herr Vater hat ſich zu einer wunderlichen Reſolu - tion bewegen laſſen. Allein ich wil hoffen / du wirſt dich im Ausgange zum hoͤchſten erfreuen / daß ſol - ches geſchehen iſt.

Rah.

Der Herr Vater hat ſeine Tochter ge - ſchimpft / was vor Freude daraus entſtehen ſol / daſ - ſelbe kan ich meinem einfaͤltigen Verſtande nach nicht errathen.

Mer.

Was iſts den nun mehr? Jacob iſt wol der Freyer darnach / daß man ſeinetwegen viel Sor -ge158Jacobsge und Bekuͤmmerniß anſtellen ſolte / wenn ein beſ - ſer Braͤutigam im Vorſchlage iſt / ſo mag der Schaff-Knecht immer die aͤlteſte Schweſter behal - ten. Die Roſe iſt zu ſchoͤn / ſie muß von einer vornehmen Hand gebrochen werden.

Rah.

Mit dieſen Reden moͤcht ich wol verſcho - net ſeyn.

Mer.

Ich ſchertze nicht / es iſt ein Fuͤrſt aus Sy - rien in unſern Hauſe / der wird ſeinen Fuß nicht eher aus der Stadt wenden / als biß er das jenige an ſich bezahlen darff / was dir der einfaͤltige Ja - cob iſt ſchuldig blieben.

Rah.

Bruder ich bitte / verſuche mich nicht.

Mer.

Ich ſchwere bey dem Himmel / daß alles wahr iſt. Es ſteht numehr in deiner Gewalt / ob du numehr durch ein kurtzes Jawort unſere gan - tze Familie zu einer langwierigen Gluͤckſeligkeit be - foͤrdern wilt. Ach gedencke / es iſt nicht ein ge - ringes eines Fuͤrſtens Gemahlin zu heiſſen.

Rah.

Blitz und Hagel dem Fuͤrſten auf ſeinen Kopff. Iſt dieſes der Feind / der meine Vermaͤh - lung zerſtoͤret hat.

Mer.

Sacht an / ſacht an liebſte Schweſter / ge - gen ſolche Perſonen muß man danckbar ſeyn.

Rah.

Laß mich zu frieden.

Mer.

Ich warte auf gute Reſolution.

Rah.

Das iſt mein Jawort / welcher Bruder mich noch einmahl mit einer ſolchen Frage belaͤſti - gen wird / dem wil ich die Schweſterſchaͤfft aufkuͤn -digen.159Heyrath. digen. Ich bin eine freygebohrne Tochter / und laſſe mich keinem Außlaͤndiſchen Hunde zur Unzucht dult verkauffen.

(Gehet ab.)
Mer.

Ich bin ein ſtatlicher Freywerber / ich wer - de zu meinem Boten-Lohn einen treflichen Beutel haben muͤſſen. Doch laß ſehen / wer ſich mit ſehen - den Augen nicht wil zum Gluͤcke fuͤhren laſſen / bey dem wird man einen rechtmaͤßigen und heilſamen Betrug gebrauchen muͤſſen.

Vierdter Handlung

Zehender Aufftrit.

Reba, Marcala, Helba.
Reb.

Wir ſind zwar den andern Tag noch nicht zur Hochzeit gebeten worden; aber es wird wol keine Suͤnde ſeyn / wenn wir darnach fragen / ob uns der Hochzeit-Bitter vergeſſen hat.

Mar.

Der Weg iſt weit / wir thun beſſer / daß wir jhnen die Muͤh erſparen: Wir haͤtten doch ſonſt muͤſſen heimgehen.

Helb.

Wenn ſie aber im Hochzeit-Hauſe frag - ten / was wir wolten?

Reb.

So wil ich ſprechen / die Jungfern habe mich beſtelt / daß ich die Meye bringen ſol.

Mar. 160Jacobs
Mar.

Ey Nachbarin habt jhr eine Meye? Wer ſol ſie den putzen?

Reb.

Mein Mann hat ſie auf dem Buckel he - rein getragen: nun binden die Jungfern / die mutly willigen Raben-Aeſſer Kinder / Stoͤrche / Klap - pern / Pappe-Loͤffel und allerley loſe Handel daran.

Mar.

Ey das wird der Braut ein Bruſt-Latz vors Hertze ſeyn.

Helb.

Sie ſolte auch nicht. Sie ſieht ſchon im Geiſte / was jhr nach Menſchlicher Art und Weiſe begegnen wird.

Mark.

Sie werden auch wol ein neu Lied ge - macht haben.

Reb.

Ja freylich wird unſer Bauer-Lied nicht tuͤgen. Denn da ſpringen wir um die Meye he - rum und ſingen:

Vorm Jahre trug ſie einen guͤlden Ring.
Heur hertzt ſie einen Juͤngling /
Und eine gruͤne Meye /
Die Bluͤmgen mancherleye.
Vorm Jahre trug ſie einen guͤlden Zopff /
Heuer kratzt ſie den Muß-Topff
(Ihr Weiber ſingt jhr nicht mitte?)
(Sie fangen alle an zuſingen)
Und eine gruͤne Meye /
Die Bluͤmgen mancherleye.
Marc161Heyrath.
Marc.

Wollen ſie unſer Lied verachten / ſo wol - len wir doch unſer altes behalten.

Helb.

Ich dencke immer / die alten Lieder rei - men ſich viel beſſer: die neuen Narren-Poſſen ha - ben irgend gar kein Geſchicke und kein Gelencke. Ey giengs nicht koͤſtlich her / wie unſer ſel. Groß - Vater noch in der Schencke ſang: Juch / juch uͤber die Heide / funffzehn Meſſer in einer Scheide. Gelt da verſtunden die Leute einander / was ſie haben wolten.

Reb.

Geſtern ward feine geſungen. Aber ich dencke immer / an meiner Hochzeit klangs beſſer / da giengen noch die Lieder ruͤm: Ach Tannebaum / ach Tannebaum / du biſt mir ein edler Zweig ꝛc.

Vierdter Handlung

Eilffter Aufftrit.

Haſo und die vorigen.
Haſ.

Aus dem Wege / aus dem Wege / wer nicht Muſiciren kan. Narren-Spiel wil raum haben: die Jungfern bringen der Braut eine Meye.

Reb.

Sieh Narꝛ / ich bin auch ein halber Hoch - zeit Gaſt; ich werde wohl moͤgen zuſehen.

Haſ.

Geſtern war ich ein Bauer-Spielmann: Heute bin ich ein Kerl / dem die Jungfern aufwar - ten muͤſſen.

LReb. 162Jacobs
Reb.

Hat doch mein Mann den Baum darzu gebracht: wer weiß / wer das meiſte Recht darzu hat. Ich bleibe da ſtehn / und wer mir die Stel - le verwehren wil / der muß ein beſſer Anſehen ha - ben.

Haſ.

Wo ich nun kein Anſehn habe / ſo muß ich noch einmahl ſo lange warten. Untern Spiel - Leuten war ich gleichwol geſtern der Groͤſte.

Reb.

Ey wer doch flugs aus dem Wege gien - ge. Ich weiß wol / wer meine Obrigkeit iſt: vor ſo einer Papiernen Halß-Krauſe werde ich mich nimmermehr zu Tode fuͤrchten.

Haſ.

Du Meer-Katze / wiltu noch nicht weg - gehen?

Reb.

Nein. Dir zu trotze wil ich da ſtehen bleiben.

Haſ.

So befehl ich dir / daß du da ſtehen bleibeſt / und wo du mir von der Stelle geheſt / ſo wil ich an dir zum Platz-Meiſter werden.

Reb.

Ey nicht doch / wenn du es haben wilt / ſo bleib ich gleich da. Nachbarin komt doch mit dorthin. Sieh doch / wie wir gehorſam ſeyn.

Haſ.

Das wolt ich haben: Wer den Weibern was befehlen wil / der muß allemahl das Wieder - ſpiel fodern. Wenn meine Frau ſauffen wil / ſo le - ge ich nur den Pruͤgel zur Kanne / und zwinge ſie darzu: So iſt ſie flugs ſo ein Trotz-Kopff / daß ſie mir zum Poſſen drey Tage Durſt leidet. Ach jhr lieben Weiber geht da weg.

Reb. 163Heyrath.
Reb.

Nein / nein. Wir gehen nicht weg.

(Die geſamten Weiber lachen jhn tref - lich aus.)

Vierdter Handlung

Zwoͤlffter Aufftrit.

Die vorigen und Epha.
Eph.

Herr Spielman / jhr ſolt hineinkommen. Die Jungfern haben die Meye fertig / ſie wolten gern anfangen.

Haſ.

Was ſagt die kleine Jungfer?

Eph.

Ihr ſolt hinein kommen.

Haſ.

Ich hoͤre auf das Ohr nicht wol: ſagt mirs doch auf der andern Seite.

Eph.

Ey was heiſſen die Poſſen? Ihr ſolt hin - ein kommen.

Haſ.

Kleine Jungfer / mein Ohr und euer Maul ſind zuweit von ſammen.

(Er hebt ſie in die Hoͤhe und haͤlt ſie vor das Ohr. (

Nun ſagt mir / was jhr anzubringen habt.

Eph.

Ey laſt mich doch gehen.

Haſ.
(Setzt ſie nieder.)

Ich dachte was ſie wolte / ſo wil ſie gehen. Da /L 2da /164Jacobsda / gehet in Friede wo jhr hin wollet. Ich wil euch die Schuh nicht austreten.

Eph.
(Zeucht jhn bey dem Kleide.)

Wenn wirds denn?

Haſ.
(Hebt ſie wieder in die Hoͤhe)

Je du kleines Lob-Froͤſchgen / was wiltu denn?

Fph.

Die Jungfern ſind drinne.

Haſ.

Schoͤne Juͤngfer geht doch hinein / und ſprecht / ich ſey hauſſen.

(Setzt ſie nieder.)
Eph.

Ich wil euch ſchoͤne verklagen.

Haſ.

Eine ſchoͤne Klage iſt beſſer / als eine gar - ſtige.

Vierdter Handlung

Dreyzehnder Aufftrit.

Moph und die Vorigen /
Moph.

Herr Collega, vexiert doch die Jungfern nicht ſo: ſie wollen was gefiedeltes haben.

Haſ.

Warum nicht auch was gepfiffenes? Itzo geben ſie gute Worte / darnach wird mir kein Narꝛ eine Liberey ſpendiren wollen.

(Sie gehen ab / und ſtimmen hinter der Scene die Geigen.)
Marc. 165Heyrath.
Marc.

Hoͤrt / hoͤrt / ſie ſtimmen ſchon die Fiedeln / es wird gar ſtatlich hergehen.

Reb.

Ja / ja wenn ein Spielmann hundert Jahr alt iſt / ſo hat er zwey und achzig Jahr geſtim̃t. Wer weiß / was ſie noch vor lange Ermel machen.

Marc.

Ach nein / der mit dem Baſſe iſt wol ein Narꝛ; aber er hat einen guten Strich: Er rum - pelt ſo fein auf der oberſten Seite / daß einer flugs vor Freuden herum ſpringen moͤchte.

Reb.

Was fehlt dem mit der Zitter? Ich ſag - te es geſtern / er ſchlaͤgt ſchoͤne Stuͤcke; aber mein Bruder hat beſſere Gebaͤrden: Er ſetzt die Zitter ſo fein oben an den Bart / daß ers recht hoͤren kan / wenn jhm ein Finger oder irgend ſo eine Feder - Kiele auſſen bleibet.

Marc.

Nun luſtig der Handel geht an.

(Das Chor der Schaͤferinnen koͤmt ſin - gende mit den Spielleuten herauß: Esbon traͤgt den Baum / und alſo tantzen ſie ſingende um denſelben herum.)
Im heraus gehen.
Ihr Schaͤferinnen komt herein
Und bringt den ſchoͤnen Baum zum Pfande /
Die Braut wil in dem neuen Stande
Durch unſer Lied gegruͤſſet ſeyn.
L 3Wie166Jacobs
Wie gruͤnende Baͤume / wie luſtige Meyen /
So muͤſſen nun Jacob und Rahel gedeyen.
Im Tantzen.
Sie nimt von uns nun gute Nacht
Und tantzet in das ſtille Bette:
Wir tantzen hier noch um die Wette /
Ob uns das Gluͤcke wuͤrdig macht.
Daß unſre Gedancken zu luſtigen Meyen /
Wie Jacob und Rahel / hinfuͤhro gedeyen.

Vierdter Handlung

Vierzehnder Aufftrit.

Amal, Ebed und die Vorigen.
Am.

Was entſteht vor ein Tumult in dem Hau - ſe / da man noch keine Gaͤſte auf das neue gebe - ten hat?

Eb.

Und was bedeuten die Narren-Poſſen / da man ſich noch nicht um die rechte Braut vergli - chen hat?

Am.

Ich halt jhr Bauer-Weiber habt uns un - gebeten einen Lerm angefangen / der euch uͤbel be - kommen moͤchte.

(Indem dieſes vorgehet / ſo ſchleichen die Schaͤffer ſachte wieder davon.)
Reb. 167Heyrath.
Reb.

Ey was gehen uns die Haͤndel an? wenn es naͤrriſch zugehet / ſo werden wir ja das Anſehen umſonſt haben.

Am.

So packt euch in aller Hencker Nahmen zu dem Hauſe hinaus. Auff die letzt wird man vor ſolchen Miſtfincken in ſeiner Kammer nicht ſicher ſeyn. Fort oder jhr ſolt koſten / ob mein Pruͤgel nicht harte ſey.

Reb.

Wenn uns ein ſolcher Herr was beſiehlt / ſo werden wir immer gehorſam ſeyn.

(Die Weiber werden hinein getrieben.)
Eb.

Aber wer hat euch zu der Muſic beſtellet / jhr Boͤſewichter? die Zeiten lauffen darnach / daß man ſich mit dem Seiten-Spiele gemein macht.

Haſ.

Herr ich ſtimte meine Baß-Geige.

Moph.

Und ich verkeilte nur einen Wirbel in der Zitter.

Ebed.

Ich hoͤrte gleichwol eine hohe Stimme darbey.

Haſ.

Mein Junge verſuchte irgend unſer Gra - ſe-Magd jhr Sterbe-Lied / das gieng ſo.

(Er ſtreicht auf der kleineſten Seite / und faͤhret mit dem Finger hinauff / daß ein poßierlicher Klang heraus komt.)
Eb.

Solche Poſſen gehoͤren nicht hieher. Es war eine Menſchen Stimme darbey: und ſie moͤ - gen wiſſen / daß wir dem unzeitigen Geſange mitL 4ſchlech -168Jacobsſchlechten Dancke begegnen werden. Doch ſeyd jhr noch ſo kuͤhne / daß jhr vor unſern Augen ſtehen bleibet? Packt euch bey Zeiten fort / ehe wir aus unſern Stecken Fiedelbogen machen / und auf eu - ren Puckel den Baß ſtreichen.

Haſ.

Herr College, ſo ein Sechzehn Groſchen Stuͤcke ſchickt ſich nicht in meine Baßgeige / wir werden unſern Stab weiter ſetzen.

(Sie werden hinem gejagt.)
Am.

Aber du ungeſchliffener Baͤhrenheuter / was haſtu vor eine Gauckeley mit dieſem Baume fuͤr?

Eb.

Sie habens mich geheiſſen / daß ich hieher treten ſol. Wenn es aus iſt / ſo werde ich wohl Befehl kriegen / wo der Baum hingehoͤret.

Am.

Wir befehlen dir aber / daß du den ver - fluchten Baum dahin tragen ſolt / wo du jhn her - gebracht haſt.

Esb.

Ey jhr Kerlen / lernt jhr mich / was Manier iſt. Die Baͤume werden in der Braut jhren Gar - ten geſetzt / wenn ſie einen hat / damit der Ehſtand ſo viel Fruͤchte bringe / als da Kindergen angehan - gen ſind.

Am.

Ich ſehe dich vor einen Zauberer an.

Esb.

Eure Jungfern habens mich geheiſſen: wolt jhr ſie vor Hexen anſehen / ſo wil ich immer ein Narꝛ mitte ſeyn / und wil den Sturtzel da zu einer Ofen-Kricke machen / daß ich uͤber acht Ta - ge mit auf den Plockersberg reiten kan.

Am. 169Heyrath.
Am.

Bauer du biſt raſende / doch mein Stock ſol dich verſtaͤndig machen.

Esb.
(Er wirft den Baum weg.)

So nehmt den Plunder hin / denckt ihr daß ich euer Narꝛ bin / wißt ihr beſſer / was der Braut gut und ſelig iſt / ſo ſteckt jhn oben an dem Hauſe zum Da - che heraus / ſo dencken die Zimmer-Leute / ſie ſollen auf das Richt-Eſſen zu Gaſte kommen.

Am.

Unverſchaͤmter Bube / weiſtu auch / wo die - ſes Holtz gewachſen iſt?

(Schlaͤgt jhn.)
Esb.

Wollen wir ſo ſpielen / ſo muß ich einen Schild ergreiffen.

(Er hebt den Baum auff / und nimt die Schlaͤge aus.)
Am.

Unter dieſen Schilde ſol dir keine Riebe im Leibe gantz bleiben.

Esb.

So kan ich mit gantzen Leibe davon laͤuf - fen. Aber

(Er traͤgt den Baum hinein / und guckt wieder heraus.)

jhr Schabehaͤlſichten Stadt-Leute / es ſey euch ge - ſchworen / das ſol der letzte Hochzeit-Baum ſeyn / den ich euch in die Stadt bringen wil.

Am.

Ich merckte es wol / unſere Jungfern hat -L 5ten170Jacobsten ſich auf einen artigen Poſſen geſchickt gemacht; Allein der heftige Verdruß brachte mich darzu / daß ich bey jhnen etwas werde abzubitten haben.

Eb.

Es iſt einmahl beſchloſſen / ich wil nur alles verſtoͤren helffen / wo ich kan. Haben wir zu un - ſern Schimpfe ſollen blinde Hochzeit-Bitter be - deuten / mag der gute Herr Laban wol vor lieb neh - men / wenn wir auf die letzt mit unſerer Hoͤfligkeit etwas ſparſamer ſeyn.

Am.

O ſchaͤndlicher Betrug! ſol mit der Hey - rath ſo geſpielet werden.

Eb.

Und ſol ſo ein alter anſehnlicher Mann nicht mehr Schimpff und Schande in ſeinem Gewiſſen haben?

Am.

Waͤre ich an Jacobs Stelle / ich haͤtte der Lea das Meſſer in den Leib geſtoſſen.

Eb.

Endlich / kein Blutvergieſſen haͤtte ich wol - len anfangen: Aber ſie haͤtte meinen Schaͤfer - Stock weidlich koſten ſollen.

Vierdter Handlung

Funffzehnder Aufftrit.

Bildad, Amal, Ebed.
Bild.

Wie ſo zornig / jhr Herren / habt jhr auch die heutige Zeitung zu Hertzen genommen?

Am.

Mem Herr / wo koͤnnen itzo zwey Perſonenbey -171Heyrath. beyſammen ſtehen / die nicht den alten Betruͤger verfluchen ſollen.

Bild.

Es iſt nicht wohl gethan: ich haͤtte ver - meinet / der ehrliche Jacob wuͤrde nun ſeine meiſte Noth uͤberſtanden haben / ſo bringt jhn der unge - rechte Mann wieder in einen Schimpf / darin er die Zeit ſeines Lebens wird ſtecken muͤſſen. Und wer kan der Sache nun rathen? Der Karn iſt zu tieff in den Moraſt hinein gefuͤhret / daß er ſich nim - mermehr wieder heraus ziehen laͤſt.

Am.

Ich wolte gleiches mit gleichen vergel - ten / und wenn Laban weidlich betrogen waͤre / ſo wolte ich ſprechen / auf einen Schelmiſchen Hut ge - hoͤret eine Diebiſche Feder.

Bilh.

Er iſt ein frommer Mann / er wil ſein Ge - wiſſen bedencken. Er iſt der guten Lea ſo nahe kom - men / ſie moͤchte nun ſein Fleiſch und Blut unter dem Hertzen haben / ſo ſteht er ſelber in Zweifel / ob er ſich zur Guͤte / oder zur Schaͤrffe ſol bewe - gen laſſen.

Eb.

Ich wolte ſprechen / hat Laban eine Hure haben wollen / ſo mag er ſie nun in ſeinem Hauſe vor ſich ſehen / oder er mag ſie uͤber die Hauß-Thuͤ - re ſetzen / ſo dencken die Syriſchen Wolle-Haͤndler / es iſt jhre Goͤttin / die neulich die Fliegen ſo be - ſchmiſſen hatten / daß ſie die Bauren nicht mehr wolten anbeten.

Bild.

Der Eyfer zwinget euch unbedachtſame Schertz-Reden heraus / ich halte es vor das rath -ſam -172Jacobsſamſte / daß wir die Sache in der Guͤte beylegen. Wolte ſich Herr Jacob weiſen laſſen / und wolte mit der Braut am Tage zu frieden ſeyn / die jhm in der Nacht gut genung geweſen / ſo waͤre vieler Weitlaͤufftigkeit abgeholffen. Die Syrer ſind unſere Nachbarn: es ſind etliche loſe Kerlen auf der Hochzeit / ich fuͤrchte / es moͤchte ein Han - del daraus entſtehen / dabey die gantze Buͤrger - ſchafft was zu leiden haͤtte.

Am.

Und ſolches Ungluͤck haͤtten wir dem boͤſen Nachbar zu dancken.

Bilh.

Wir muͤſſen ſehen / daß der Nachbar wie - der gut wird. Komt und helfft mir Herr Jaco - ben ſuchen / wer weiß / ob der Streit nicht beygele - get wird.

Am.

Ich war im Anfange hitziger. Doch mein Herr hat mir einen Pfeil ins Hertze geſchoſſen / daß ich den freundlichen Weg lieber gehen moͤchte.

Bild.

Es ſtehet zu verſuchen. Nur enthaltet euch aller anzuͤglichen Worte; iſt er betrogen / ſo ſey er vor ſich betrogen: Was wil man die Wun - de viel begreiffen / die ſich numehr durch kein Pfla - ſter heilen laͤſt / als durch das einzige Kraͤutgen Gedult.

Eb.

In meinem Garten waͤre das Kraut nicht gewachſen; Wir wollen erfahren / ob Herr Ja - cob von dieſer Sorte innerthalb ſieben Jahren ei - nen guten Vorrath geſamlet hat.

Vierd -173Heyrath.

Vierdter Handlung

Sechzehnder Aufftrit.

Meres, Ahiman, Barak.
Mer.

Es iſt der erſte Anfall: eine Braut wil Zeit haben / daß ſie des erſten Liebſten vergeſſen / und hernach den andern in der Seele wieder ein logieren kan.

Ahim.

Aber alſo bleibet unſer Printz in immer - wehrenden Zweifel ſtecken.

Mer.

Vielleicht aͤndert ſich das Werck in zwey Tagen.

Ahim.

Auch zwey Stunden ſind vor einen hitzi - gen Liebhaber zu lang.

Mer.

Ich weiß / ſie werden noch Zeit gnung zum Ziele kommen.

Ahim.

Aber weñ die Jungfer auf jhren verſtock - ten Sinne bliebe? Solte Printz Kemuel verge - bens auf eine Schaͤferin gewartet haben / und ſol - te ſich ein Halßſtariges Weibes-Bild dem heil. O - raculo wiederſetzen.

Mer.

Ich wil das meinige thun / ſie laſſen mich jhren Vorſchlag hoͤren.

Ahim.

Ich weiß / wie der Sache mit Liſt zube - gegnen iſt. Wir wollen bey Herr Jacoben aus - bringen / als waͤre ſein Herr Vater geſonnen den Betrug zuverbeſſern / hiemit ſol er offentlichmit174Jacobsmit Raheln verlobet werden. Allein auf den Abend / wenn ſich Rahel in dem Braut Bette wird gela - gert haben / ſo mag mein Printz Herr Jacobs Stel - le bekleiden. Wird hernach die gute Rahel ſehen / daß ſie an einem Orte nichts verlieret / welches ſie an dem andern nicht wieder findet / ſo mag ſie ent - weder ſitzen bleiben / oder mag die nechſte Gelegen - heit ergreiffen.

Mer.

Ich bin es wohl zu frieden. Sie haben meine Hand / daß die Sache innerthalb zwey Ta - gen ſol ausgefuͤhret werden.

Bar.

Ihr Herren / ich habe euch lange zu gehoͤ - ret / meint jhr nun / daß unſer Printz als ein ge - meiner Troſt-Bube ſich mit Liſt in ein Bette ſteh - len ſol / daß er wohl mit Ehren beſchreiten koͤnte? Ich proteſtire wieder ſolche Thorheit / und wenn ich an dem Fuͤrſten ſelbſt ſolte untreu werden / ſo wil ich dem Syriſchen Volcke nimmermehr ſolche Schande nachſagen laſſen.

Ahim.

Die Anſchlaͤge ſind leicht zu tadeln / aber nicht zu verbeſſern.

Bar.

Warum nicht. Wil man ſich zu ſolchen Betruge reſolviren / ſo muß der Betrug Fuͤrſt - lich und Koͤniglich ſeyn.

Ahim.

So hoͤre ich wol von Koͤniglicher Be - truͤgerey?

Bar.

Warum auch das nicht? Das hat man zwar in keinen Hiſtorien geleſen / daß ein Fuͤrſte ſo einen Schaͤfer-Knecht zu ſeinen Vorreiter gehabt /und175Heyrath. und hernach in dem Bette den Schaͤfer-Knecht haͤtte præſentiren muͤſſen. Aber das wil ich wol aus hundert Koͤniglichen und Fuͤrſtlichen Exempeln beweiſen / daß ein Held ſeine Liebſte mit großmuͤthiger Gewalt aus dem Vaͤterlichen Hauſe heraus gezo - gen / und hernach in ſeiner Reſidentz uͤber allen Ein - ſpruch gluͤcklich triumphiret hat.

Ah.

Ich weiß nicht / ob der Weg allen moͤchte anſtaͤndig ſeyn.

Mor.

Ich bin zu allen Dienſtfertig. Ja meine Schweſter ſol durch meine Hand biß auf den Wa - gen begleitet werden / der ſie an den rechten Ort bringen wird.

Bar.

Mein Herr / wil er uns behuͤlflich ſeyn / ſo nehmen wir es mit Danck an. Wil er ſich aber unſern Schluſſe wiederſetzen / ſo glaͤube er nur / daß die gantze Stadt in Blut und Staub ſol verwan - delt werden / ehe Fuͤrſt Kemuel ſich mit betruͤgli - cher Hoffnung wuͤrde von dannen abweiſen laſſen. Es lieget unſre Wohlfahrt dran / daß unſer Fuͤrſt von einer Schaͤferin geſegnete Nachkommen zeu - get / derhalben wer uns daran hindern wil / der ſey unſerer ewigen Todfeindſchafft verſichert.

Mer.

Wir ſind verhoffentlich gute Freunde. Wir wollen Euch hier zu keiner Feindſchafft Anlaß geben.

Bar.

Ich weiß wol / was jhm vor Freundſchafft iſt verſprochen worden. Wir wollen uns auch im geringſten keiner Luͤgen theilhafftig machen: Alleinder176Jacobsder Schluß bleibet feſte geſtellet / wird uns Rahel nicht vor Abends in unſere Haͤnde geliefert wer - den / und wird Printz Kemuel in ſeiner Entfuͤhrung nur die geringſte Verſaͤumniß empfinden / ſo wol - len wir in wenig Tagen die gantze Gegend mit Roſſen / und dieſe Stadt mit Voͤlckern bedecken. Ja es ſol unſer Schwerdt ſich nicht eher an dem Men - ſchen Blute ſaͤtigen / als biß die rechtſchuldige Per - ſon ſich zu dem Pfande des Friedens ergeben. Ich ſage kein Wort mehr: Ein jedweder bedencke ſei - ne Wolfarth.

(Geht ab.)
Ahim.

Die Reſolution war etwas geſchwinde / vielleicht wuͤrde Fuͤrſt Kemuel an einem kurtzen Verzuge kein Mißfallen haben.

Mer.

Ich ſtehe zu ihren Dienſten. Wollen ſie meine Schweſter an dieſen Orte haben / oder ſol ſie vor der Stadt in einem Garten erſcheinen / ja ſol es auch in einer halben Stunde geſchehen / ſo ſteht hier mein ehrlicher Nahme zu Pfande / wo jhr Verlangen nicht ſol erfuͤllet werden.

Ah.

Der Printz muß zuvor um ſeinen Willen gefraget werden: wil ſich mein Herr unbeſchweret zu Hauſe halten / biß etwas vollkommenes geſchloſ - ſen wird / ſo wird er uns ſeiner Treue deſto beſſer verſichern.

(Gehet ab.)
Vier -177Heyrath.

Vierdter Handlung

Siebzehnder Aufftrit.

Rahel, Peninna.
Pen.

Meine Schweſter / ſie hat mich zu jhrer Begleiterin gehabt / als ſie hinaus in den Garten vexieret / und jhres Braͤutigams beraubet ward: ich werde ſie nimmermehr verlaſſen.

Rah.

Ach wie gerne moͤchte ich meinem Liebſten Jacob meinen Fehler abbitten. Denn jemehr ich bedencke / was er in ſeinem Hertzen vor Bekuͤmmer - niß haben muß / deſto mehr Schuldigkeit wird mir abgefordert / daß ich ihn durch meine Gegenwart troͤſten ſol.

Pen.

Sie muß ſich doch zur Flucht geſchickt ma - chen: denn wo ein grauſamer Vater und eine ei - ferſichtige Schweſter lebet; ja wo ſich die Bruͤder zur Verraͤtherey gebrauchen laſſen / da wird die Liebe bey ſchlechter Wolluſt erhalten werden.

Rah.

Ich wil erwarten / was mein Liebſter vor einen Außſpruch thut.

Pen.

Wird er ſich an dieſen Orte finden laſſen?

Rah.

Ich ſehe den verlangten Bothen ſchon von weiten kommen. Sie ſtehe nur etwas auf die Seite / biß er mit ſeinem Freunde das Geſpraͤche beſchloſſen hat.

MVierd -178Jacobs

Vierdter Handlung

Achtzehnder Aufftrit.

Elidab, Haniel.
Elid.

So geht es in der Welt: das Ungluͤcke hoͤret nicht gern auf / wo es anfaͤnget. Und wer einmahl durch boͤſe Zeitung erſchrecket wird / der mag ſich nur geſchickt machen / alle Tage was er - ſchroͤckliches anzuhoͤren.

Han.

Ach hat ſich Jacob aus dem Staube ge - macht / und hat er ſeinen beſten Freund ohne Ab - ſchied zuruͤcke gelaſſen?

Elid.

Es iſt nicht anders. Ich habe die Reſo - lution aus ſeinem Munde gehoͤret / und ehe ich auf eine Verhinderung gedencken konte / ſo war es nicht anders / als wenn jhn ein ſchneller Sturmwind uͤber die Felder nach dem nechſten Walde zufuͤh - rete.

Han.

Was hat jhn aber zu dieſer Verzweifelung gezogen?

Eli.

Er uͤberlegte ſein Ungluͤck bey ſich / und als er noch allzeit meinte / es koͤnte das Verloͤbnis mit ſeiner liebſten Rahel wieder in den vorigen Stand geſetzet werden / ſo kam ein Schaͤfer mit der trau - rigen Zeitung / welcher geſtalt die Jungfer einem Printzen aus Syrien verſprochen waͤre / daß man innerhalb wenig Tagen von einer neuen Hochzeit wuͤrde zu reden haben.

Han. 179Heyrath.
Han.

O verfluchte Unwarheit! Daß doch ein Menſch ſich ſo gerne zu einem Zeitungs-Traͤger gebrauchen laͤſt / ehe die Warheit von der Luͤgen kan unterſchieden werden.

Elid.

Alſo war es nicht anders / als wenn ein grauſamer Donnerſchlag in einen Felſen hinein geſtuͤrmet haͤtte. Er ſtund in verwirten Gedan - cken / biß er endlich die eifrigen Worte von ſich hoͤ - ren ließ: Adieu Syrien / zu guter Nacht Haran; ich habe Schimpfs genung. Es iſt zu viel / daß ich noch eine Hochzeit erleben ſol. Damit ließ er ſich den Eyfer an einen ſolchen Ort hintreiben / welchen wir langſam ausſpuͤren moͤchten.

Han.

Ach haͤtte ich doch ein einziges Wort dar - zu ſprechen ſollen; ich weiß / wenn er aus meinem Munde den Nahmen ſeiner Liebſten wuͤrde gehoͤ - ret haben / ſo wuͤrde die Flucht gar leicht ſein auff - geſchoben worden.

Elid.

Ich ſage / was ich geſehen habe. Mir als einem Diener ſtehet zu / daß der Herr in Zeiten von dieſer Sache Part bekoͤmt.

(Geht ab.)

Vierdter Handlung

Neunzehnder Aufftrit.

Haniel, Rahel, Peninna.
Han.

Numehr halte ich davor / daß ein MenſchM 2des -180Jacobsdeswegen lebet / damit er alle Gattungen des Un - gluͤcks erfahren / und dadurch ein Verlangen nach dem Tode tragen ſol. Ach wie falſch iſt Jacob berichtet worden / und wie unrecht geſchicht ſeiner Liebſten / daß er ſich in die Flucht begeben hat. Hin - gegen was wird Rahel vor eine Botſchafft von mir bekommen / mit was vor Thraͤnen wird ſie dieſen neuen Verluſt beweinen? O ſelig wer das Honig der Liebe niemals koſten darff. Derſelbe le - bet doch verſichert / daß jhm die anklebende Bitter - keit nimmermehr die Kaͤhle verderben kan.

Rah.

Das iſt ein langſamer Bote / der ſich in Liebes-Sachen ſo lange aufzuhalten pfleget.

Han.
(Ad Spectatores).

Die Botſchafft / die ich bringe / verlanget keine Eil - fertigkeit.

Rah.

Seht jhr noch nicht / wer alle Augenblick zehlet / biß jhr zuruͤcke komt?

Han.

Ich geſtehe es / ich bin ein langſamer Bo - te / ich bin langſam abgefertiget worden: ſo moͤch - te ich nun wuͤnſchen gar nicht wieder zukommen.

Rah.

Wie ſol ich dieſe Rede verſtehen? Ach Himmel iſt Jacob untreu?

Han.

Sie hat die Sache nicht errathen.

Rah.

Hat jhn etwa Lea mit ihren Schmeiche - leyen bezwungen?

Han.

Auch in dieſen denckt ſie unrecht.

Rah.

Iſt er etwan vor Angſt geſtorben?

Han. 181Heyrath.
Han.

Ich wil hoffen / er lebt noch.

Rah.

So laſt mich doch die Zeitung hoͤren.

Han.

Ein ungluͤckſeliger Schaͤfer hat jhn bere - det / als waͤre die ſchoͤnſte Rahel an einen Syriſchen Printzen verſprochen worden.

Rah.

Ach wer ſprengt doch die falſchen Gedichte ſo bald aus!

Han.

Darauff hat er etliche ungeduldige Wor - te gegen dieſes Land ausgeſtoſſen / und hat die ſchleu - nigſte Flucht gegen das Gebirge zu genommen.

Rah.

Ach Haniel, iſt es moͤglich?

Han.

Ich wolte wuͤnſchen / es waͤre anders.

Rah.

Ach ich ungluͤckſelige! So muß ich bey meiner hoͤchſten Beſtaͤndigkeit als eine treuloſe Perſon gehaſſet werden. Ach wie offt wird Ja - cob meinen Nahmen verfluchen / und was vor unver - diente Seelen-Schmertzen werden jhm durch mein Gedaͤchtnuͤs erwecket werden!

Han.

Das Ungluͤck iſt groß / darbey man auch nicht einen Troſt erfinden kan.

Rah.

Mein Freund / ihr ſeyd mein Zeuge / daß ich allbereit in die Flucht gewilliget habe / ſaget mir nur / wo er ſich hingelencket hat; Vielleicht iſt mei - ne Liebe geſchwinder als ſeine Rachgier. Ich wil jhn ſuchen: ſo wahr als ich eine gerechte Sache habe / ſo wahr wil ich jhn finden.

Han.

Ich kan nichts rathen und nichts verbit - ten. Sie muß zuſehen / was ſie bey dem Herrn Vater verantworten kan.

M 3Rah. 182Jacobs
Rah.

Habet Danck vor eure Muͤh: und wenn euch mit meiner Freundſchafft gedienet iſt / ſo laſſet meinen Vorſchlag ſo lange verborgen ſeyn / biß ei - ne Fremde Scharffſichtigkeit den Handel entde - cken wird.

Han.

Sie hat ſich nichts zubeſorgen. Vielleicht wird die Stadt in wenig Tagen davon reden / daß ich meinem Freunde ſelber nach gefolget bin.

(Geht ab.)
Rah.

Nun meine Peninna, ſo werden wir Ab - ſchied nehmen.

Pen.

Von wem? iſt doch niemand hier?

Rah.

Ich von meiner vertrauten Schweſter.

Pen.

Damit wir des Abſchieds nicht beduͤrffen / ſo reiſen wir mit einander.

Rah.

Die Beſchwerung iſt zu groß.

Pen.

Die Freundſchafft noch groͤſſer / welche mir alle Beſchwerung verſuͤſſen ſol.

Rah.

Wohlan ſie folge mir / vielleicht bedarff ich einen Zeugen / welcher meiner Liebſten der biß - herigen Treue verſichert.

Fuͤnff -183Heyrath.

Fuͤnffter Handlung

Erſter Aufftrit.

Lea, Darkon.
Dark.

Das meiſte wird uͤberſtanden ſeyn. Wenn ich eine Jungfer waͤre / ſo fragte ich nichts darnach ob es gleich etwas wunderlich durch einander gien - ge / wenn ich nur daruͤber einer Mann bekaͤme.

Lea.

Ein Mann kan ſich beſſer troͤſten / als ein ſchwaches Weibes-Bild: und darzu / ſo bin ich noch ungewiß / ob ich den Mann behalten werde.

Dark.

Es hat nichts zubedeuten. Wer ſich mit mit einem ſolchen Bande nur einmahl an die Jungfer binden laͤſt / der muß ſie wohl zur Frau behalten.

Lea.

Ich hoͤre aber einen andern Vogel ſingen / daß mich Jacob wieder verſtoſſen wil.

Dar.

Der Fremdlig iſt auch der Kerl darnach / daß er die vornehme Freundſchafft in dem Schim - pfe laſſen ſolte.

Lea.

So wollen wir noch das beſte hoffen.

Dar.

Und ſo wil ich jhr als einem neubackenen Weibgen tauſendfaches Gluͤcke / und noch tauſend - mahl ſo viel Kindes-Kinder wuͤnſchen.

Lea.

Er bleibt bey ſe: ner Schertzhafften Ge - wohnheit: ich wolte wuͤnſchen / daß mir das Gluͤck zu dergleichen Luſtigkeit beſſer geneigt waͤre.

M 4Dark. 184Jacobs
Dar.

Das Gluͤcke iſt gut. Es iſt nur ſchade / daß man ſich alle mahl nicht ich daſſelbe ſchicken kan.

Lea.

Es iſt ein guter Lehrmeiſter an jhm ver - dorben.

Fuͤnffter Handlung

Anderer Aufftrit.

Regu, Lea, Darkon.
Dar.

Siehe da / was bringt jhr guts neues?

Reg.

Mein Herr / ich verlange ein Wort allei - ne mit jhm zureden.

Lea.

Es wird gewiß mein Ungluͤck betreffen.

Reg.

Ach nein / es iſt ſonſt was geringes.

Lea.

Verſchweigt mir nichts; ich bin der un - gluͤckſeligen Poſten ſchon gewohnt.

Dark.

So laſt uns doch hoͤren / was euer An - bringen iſt. Gleichwie kein ungeſundes Eſſen ſchaͤd - lich iſt / wenn der Medicus mit an der Taffel ſitzt: Alſo wird auch keine Zeitung ſo wiederwaͤrtig ſeyn / weil ſie mich / als jhren beſtetigten Lehrmeiſter zuge - gen hat.

Reg.

Herr Jacob hat ſich unſichtbar gemacht / und iſt in alle Welt durchgangen.

Lea.

O Jammer! ich ſterbe.

Dark.
(Umfaſſt ſie.)

Meine Frau / wer wil ſich von einem einzigen Wor -te185Heyrath. te toͤdten laſſen? Iſt es wunder / daß ein Braͤu - tigam nach der erſten Hochzeit-Ruhe in die friſche Lufft ſpatzieret?

Lea.

Ach nein. Ich habe an ſeiner heutigen Mi - ne gemercket / daß er mich nimmermehr zu ſeinem Ehegemahl behalten wird.

Dar.

Sie vergeſſe doch meiner vorigen Rede nicht.

Lea.

Ich bin zu lauter Ungluͤck gebohren: Aber ach! wo muß er hinkommen ſeyn?

Reg.

Die Schaͤfer haben jhm ſo lange nachge - ſehen / biß jhn der Wald aus den Augengeruͤcket hat. Wo er nun den ſicherſten Weg ergreifen wird / daſ - ſelbe wird niemand erforſchen koͤnnen.

Laa.

Ja wol / niemand hat es erforſchen wollen; Solche Diener hat mein Vater an ſeinem Brod - te / die mit ſehenden Augen einen Schaden nach dem andern geſchehen laſſen. Die Beine wuͤrden den faulen Schlingeln von den Ruͤcken abgefallen ſeyn / wenn ſie den verlauffenen Menſchen in ſeinen boͤſen Vorſatze verhindert haͤtten. O verfluchtes Geſinde! deſſen Boßheit uͤber die aͤlteſte Tochter hinaus lauffen muß.

Reg.

Ich dachte im Anfange / daß mir kein an - der Boten-Brodt wuͤrde zu Theil werden. Waͤ - re die Sache beſſer angefangen worden / ſo haͤtte es auch einen beſſern Ausgang.

(Geht ab.)
M 5Lea. 186Jacobs
Lea.

Dieſes ſol mir ein geringer Schaͤfer in die Augen ſagen?

Dark.

Er iſt von Jacoben beſtellet: Der hat ſich auf das nechſte Dorff reiteriret, daß er wil gebeten ſeyn.

Lea.

Ach wie viel wolte ich ſchuldig ſeyn / wenn dieſe Muthmaſſung in der That erfuͤllet wuͤrde.

Fuͤnffter Handlung

Dritter Aufftrit.

Lothan, Meres und die vorigen.
Lot.

Schweſter / weiſtu was vorgehet?

Lea.

Sol ich etwan noch ungluͤckſeliger werden?

Lot.

Der Verlogene / der Meineydige / der un - treue Boͤſewicht hat die Flucht genommen.

Lea.

Ach weh / daß andere Leute von meinem Ungluͤcke zu erzehlen wiſſen.

Lot.

Aber ſey verſichert / er ſol uns nicht umſonſt geſchimpfet haben.

Mer.

Wir wollen jhm nachziehen / und wenn wir die gantze Welt von Morgen biß zum Abend durch - reiſen ſolten.

Lot.

Er ſol unſerer Macht nimmermehr ent - weichen.

Mer.

Und ſo bald er ſich ertappen laͤſt / wollen wir jhm den Halß brechen / anzuzeigen / daß unſereSchwe -187Heyrath. Schweſter gleichwol ohne einen ſolchen Betruͤger kan gluͤckſelig ſeyn.

Lea.

Ach ſchonet doch ſeines Lebens: er iſt ja mein Mann.

Lot.

Nach dem er ſich geſondert hat / ſo iſt er unſer Feind.

Mer.

Und nachdem er uns geſchimpfet hat / muß er mit Blute bezahlen.

Lea.

Aber was hab ich gethan / daß ich mit mei - nen Manne bezahlen ſol?

Lot.

Er iſt aber nicht dein Mann. Die Ehe - ſcheidung iſt ja ſichtbar genung.

Lea.

Ich wil jhn gerne ſuchen laſſen: Ich wil auch gerne vor den argliſtigen Betrug gebuͤhrend Abbitte thun. Nur laſt mich dieſe Bruͤderliche Affection genieſſen / und laſſet jhn leben.

Mer.

Es wird gewiß kein Mann im Lande ſeyn / der einen ſolchen Schaff-Knechte nachfolgen koͤnte.

Lea.

Ich weiß wohl / warum ich an dieſen Gluͤ - cke verzweifeln muß.

Lot.

So zweifele wie du wilt. Der gantzen Fa - milie iſt an dem offentlichen Reſpecte mehr ge - legen.

Mer.

Und das iſt eine ſchlechte Vergnuͤgung vor eine Schweſter / deswegen die Bruͤder in ewigen Schimpfe bleiben ſollen.

(Geht ab.)
Dar.

Sie erſchrickt. Aber ſie weiß wohl / imAuß -188JacobsAußgange geſchicht es ſelten / was in der erſten Hi - tze gedraͤuet wird. Allein ich wil folgen / und das beſte nach jhren Verlangen darzu rathen helffen.

(Gehet ab.)

Fuͤnffter Handlung

Vierdter Aufftrit.

Lea, hernach Silpa.
Lea.

So komm ich allzeit eine Stuffe naͤher zu meinem Tode. Mein Jacob war unwillig: Ach ſo war noch die Hoffnung dar / daß er ſich moͤchte wieder verſoͤhnen laſſen. Er nahm die Flucht / ſo meinte ich / er wuͤrde wol zuruͤcke kommen: Ach nun wollen meine unbarmhertzige Bruͤder ſein Blut ver - gieſſen / ſo werde ich eine Wittwe / ehe mich der Mann in dem Ehebette geſehen hat.

Silpa.
(Koͤmt gelauffen.)

Ach meine Frau / es ſey dem Himmel geklaget --

Lea.

Laß mich gehen / ich weiß die Sache ſchon.

Silp.

Vielleicht weiß ſie nicht alles.

Lea.

Beſſer als du.

Silp.

Ich muß unfehlbar mehr wiſſen.

Lea.

Ich habe nichts davon / wenn ich noch ein - mahl hoͤre / daß Jacob durchgegangen iſt.

Silp.

Das weiß ich auch.

Lea. 189Heyrath.
Lea.

So begehr ich deine Rede nicht anzuhoͤ - ren.

Silp.

Es iſt aber viel daran gelegen.

Lea.

Ich gebe es zu: doch was iſt daran gele - gen / wenn du mir mit deinem Erzehlen den Schmer - tzen wieder aufruͤhreſt?

Silp.

Es iſt was neues.

Lea.

Wie bin ich geplagt! die neue Zeitung iſt mir ſchon alt.

Silp.

So hoͤre ſie was altes. Jacob iſt durch - gegangen.

Lea.

Ich zweifele nicht daran.

Silp.

Und Rahel iſt jhm in der ſchnellen Flucht nachgefolget. Iſt das nicht etwas neues?

Lea.

Wie? Meine Schweſter? Wil ſie einen Ehebrecher und einem Ehren-Diebe das Geleite geben? Nimmermehr laſſe ich das geſchehen.

Silp.

Es werden Leute genung fortgeſchicket / wel - che die Spur wol finden ſollen.

Lea.

Komm / ich ſuche den Herrn Vater. Hat er mich helffen in das Ungluͤck fuͤhren / ſo mag auch ſein Rath der beſte ſeyn / biß ich wieder heraus komme.

Fuͤnff -190Jacobs

Fuͤnffter Handlung

Fuͤnffter Auftrit.

Laban, Bildad und die geſamten Schaͤfer.
Lab.

Sol dieſer Boͤſewicht mein Vetter ſeyn? Sol er mich in Unkoſten wegen der Hochzeit ge - ſetzt haben? ſo wil ich jhm die Tochter nicht laſſen; doch damit jhm ſein Schertz nicht unbelohnet blei - bet / ſo muß er geſucht werden.

Bild.

Der hitzige Rath iſt nicht allzeit der beſte. Es kan ſeyn / daß er ſich vergangen hat / in dem es aber ausgebreitet wird / welcher maſſen ihm kein Weg zu der Wiederkehr offen ſtehet / ſo muß er in ſeinem Vorſatze geſtaͤrcket werden.

Lab.

Ich halte die Gewohnheit in meinem Hau - ſe nicht / daß mich einer zweymahl ſchimpfen darff. Wer den erſten Fehler mit der hoͤchſten Schaͤrffe beſtraffet / derſelbe darff ſich vor dem andern nicht fuͤrchten.

Bild.

Er iſt einmahl betrogen worden: Er hat einmahl geſuͤndiget / ſo koͤnten ſie mit einander auf - heben.

Lab.

Was ein Hauß-Vater Macht hat / deſſen darff ſich ein geringer Knecht nicht anmaſſen. Und darzu / wer iſt ſo kuͤhne / daß er dieſes einen Betrug heiſſen wil?

Bild. 191Heyrath.
Bild.

Wenn wir die Sache mit anmuthigen Nahmen entſchuldigen wollen / ſo wird auch Herr Jacob aus ſeiner Flucht keinen Betrug erzwingen laſſen.

Lab.

Er darff uͤber unſer Thun keine Erklaͤrung machen. Doch uͤber ſein Verbrechen bin ich zum Richter beſtellt.

Bild.

Das gleiche Recht iſt wol das beſte.

Lab.

Wie koͤnte das Recht gleicher gemacht werden? Ich bin Hauß Vater und befehle / er iſt Knecht / und ſol gehorchen.

Bild.

Ein anders iſt gleichwol ein Knecht / und ein anders ein Schwieger-Sohn.

Lab.

Ja wenn der Schwieger Vater was von ſeinem Rechte nachgiebet: Ich weiß nicht / wo Ja - cob ſo einen guten Patron an jhm erhalten hat. Ich hielte davor / unſere Nachbarſchafft waͤre et - wos beſſer gegruͤndet / als Jacobs kurtze Bekand - ſchaft. Doch wir halten uns auf / jhr Purſche macht euer Gewehr fertig; Wer dem Hunde den erſten Pruͤgel wird in die Seite werffen / der ſol drey Ziegen zu Lohne haben.

(Die Schaͤfer zuſammen.)

Ja / ja wir ſind fertig. Die Ziegen ſollen redlich verdienet werden.

Fuͤnf -192Jacobs

Fuͤnffter Handlung

Sechſter Aufftrit.

Haſo, Moph.
Haſ.

Ich hoͤre / es giebt was von jungen Ziegen zuverdienen: Wenn mir eine ſo groß wachſen wol - te als ein Pferd / daß ich meine Fuͤſſe darbey ſpa - ren koͤnte / ſo waͤre der March nicht uͤbel angewen - det worden. Doch potz tauſend / der Troup iſt ſchon weit voraus; ich werde zu thun haben / wo ich nachlauffen ſol.

(Er faͤngt poßierlich an zu lauffen.)
Moph.

Herr College, Herr Bruder / Herr Schwager nim mich auch mit.

Haſ.

Ich kan dir keine Ziegen verdienen helffen / ein jedweder lauffe vor ſich.

Moph.

Du wirſt auch nicht Fluͤgel haben. Ich wil dich ſchon kriegen.

(Sie bleiben auf einer Stelle ſtehen / und ſchlagen mit den Beinen hinten aus / als wenn ſie lieffen. Moph ſchreyet: Halt auf / halt auf. Haſo ſchreyet auch: Ich wil nicht / die Ziege iſt meine. Endlich ergreifft jhn Moph.)
Moph.

Siehſtu / daß du mir zu gefallen ſtehen muſt.

Haſ. 193Heyrath.
Moph.

Du laͤuffſt davon und laͤſt deine Baß - Geige in dem Hauſe liegen. Wo die zweybeinich - ten Maͤuſe druͤber kommen / und einen Poſſen mit den Wirbeln machen / ſo magſtu ſehen auf welcher Gaſſe wir die Seiten zuſammen leſen werden.

Haſ.

Siehe da / der Plunder waͤre bald verder - bet worden. Ich haͤtte eine Ziege vor 18. Pfen - nige erlauffen / und eine Baß-Geige von 27. Sil - berlinge waͤre mir vor die Hunde gangen. Aber wo verwahren wir das herꝛliche Inſtrumenr?

Moph.

Mutter Debora hat ein Kaͤmmergen / da wollen wir den alten Rumpel-Kaſten hinein - ſperren / ſo kommen zwey Polter-Geiſter zuſam̃en.

Haſ.

Wer weiß was mir das alte Raben-Fell vor Kaͤfer in die Fiedel ſetzt.

Moph.

Wir wollens verſuchen / daß wir in der Reiſe nicht verhindert werden.

Haſ.

Alte Mutter Debore / jhr ſolt heraus kom - men. (Ad Spectatores.) Kleinnickels Soͤhngen wil eine Bade-Schuͤrtze bey euch beſtellen.

Moph.

Sie denckt ſie iſt im Hauſe alleine. Drum wird ſie einmahl jhr Geld zehlen.

Haſ.

Frau Mutter Debora, ich ruffe zum an - dern mahl / wolt jhr nicht heraus kommen?

NFuͤnf -194Jacobs

Fuͤnfter Handlung

Siebender Aufſtrit.

Haſo, Moph, Debora.
Deb.

Ihr junger Lecker / eure Beine ſind ſtaͤr - cker als meine. Habt jhr nicht ſo nahe zu mir / als ich zu euch?

Haſ.

Liebe Mutter Bore / ich habe fuͤrwahr nicht Zeit / daß ichs itzund ausmeſſe.

Deb.

Aber was ſol ich denn?

Haſ.

Ich halte die Wettermacherin nehm es an / wenn ich jhr bey meiner hoͤchſten Eylfertigkeit lange Complimenten vorbraͤchte. Hoͤrt / wolt jhr nicht einen Stuben-Geſellen in eure Kammer neh - men.

Deb.

Ich dachte einen Bettewaͤrmer auf den Heuboden. Was hat ein ander in meiner Kam - mer zu thun?

Haſ.

Es iſt ein Mißverſtand. Wolt jhr nicht meine Baß-Fiedel aufheben? Ich fuͤrchte mich / die Maͤuſe moͤchten meine Kunſte daran zubeiſſen. Nun habt jhr wol das beſte Ratten-Pulver in der gan - tzen Welt / und ich halte wol / daß in 114. Jahren keine Mauß in eure Reſidenz gekucket hat.

Deb.

Eure Baß-Fiedel? Ach ich kans nicht thun / ſol ich ein Seiten-Spiel in meiner Kammer leiden / und mein Rahelgen iſt davon gelauffen? Ach195Heyrath. Ach nein / ach nein / ich koͤnte die Suͤnde in hun - dert Jahren nicht verbeten.

(Sie weinet.)
Haſ.

Iſt doch die Baß-Fiedel kein Seitenſpiel: da iſt ein guͤter Freund / in deſſen Lande werden al - le Jungfern / wenn ſie ſterben in eine Baß-Fiedel geſteckt / und da werden ſie klaͤglicher Weiſe zur Erden beſtattet.

Deb.

Ach iſts ein ſolch Ding / ſo mag ich auch nicht; ich muͤſte alle Augenblick dencken / Rahelgen waͤre auch geſtorben.

Moph.

Mutter Bore / verhindert uns nicht an der Reiſe.

Deb.

Laufft immer fort. Ich ſtehe Euch nicht im Wege.

Moph.

Wir wollen aber die Fiedel verſorgen.

Deb.

Legt ſie meinetwegen ins Braut-Beete.

Moph.

Es iſt war / ſo duͤrffen ſie keine Mandel - Kaͤule / wenn die Braut in die Wochen komt: A - ber ich ſehe wohl die guten Worte wollen nicht an - ſchlagen - Hoͤrt doch / Mutter Bore / wie waͤre es / wenn wir euch in die Baß-Fiedel ſteckten / und truͤ - gen euch mit Gewalt in die Kammer.

Deb.

Das wolt ich wol ſehen.

Mph.

Und das wollen wir weiſen. Bruder brin - ge die Baß-Fiedel heraus. Sie muß nein / und wenn ſie ein ſechs-Ellig Bret vor dem Hertzen haͤtte.

Deb.

Halt / halt / ich werde mein Wuͤrtzelgen ſol - len ins Maul nehmen.

Moph.

Ja wir wollen dich zum Wuͤrtzelgen kommen laſſen. Halt wo iſt das Loch / da die Spiel -N 2mans -196Jacobsmans-Pfennige hineingehoͤren / der alte Futter - Peltz muß nach.

(Sie agieren poßierlich und wollen ſie in die Baß-Geige ſtecken.)

Fuͤnffter Handlung

Achter Aufftrit.

Die vorigen Ahiman, Barak, Kemuel.
Bar.

Was entſtehet vor ein Tumult? Ihr boͤ - ſen Buben / was hat euch das alte Weib gethan / daß jhr den Hencker mit jhr zubraten habt?

(Er ſchlaͤgt auf ſie loß.)
Deb.

O habt groſſen Danck: Ihr erloͤſt mich von einer Schande / die mir in 114. Jahren nicht begegnet iſt.

Bar.

Packet euch aus unſern Geſichte / die Sa - chen gehen wunderlich / daß man der Poſſen-Spie - le gar leicht entrathen kan.

Haſ.

So werd ich meine Fiedel unterdeſſen in die Feuer-Mauer hencken.

Moph.

Ich habe meine Pritſche unter den Huͤ - ner-Korb geſteckt / ſind doch die Kap-Haͤhne an der Hochzeit draus gefreſſen / und Mutter Bore ſol mir unterdeſſen keine jungen aushecken.

(Sie gehen mit Debora ab.)
Kem. 197Heyrath.
Kem.

Ach ſo wil mir alles zu wiederleben! ich bin gewiß derſelbige Printz nicht / welcher durch das heil. Oraculum genennet wird.

Ahim.

Es iſt noch nichts verlohren; die Wuͤrf - fel liegen auf dem Tiſche / das Gluͤcke und der Ge - winſt iſt keinem unverſagt.

Kem.

Ich habe mehr als halb verſpielet.

Ahim.

Deswegen ziehen wir aus / daß wir die Warheit erforſchen wollen.

Kem.

Wir ſuchen was gutes / und werden was boͤſes finden.

Bar.

Ich betruͤbe mich / daß mein Vorſchlag ſo wenig gelten ſol. Mit rechtmaͤßiger Gewalt haͤt - ten wir den Baum in einem Schlage gefaͤllet / da - ruͤber wir viel tauſendmahl die Axt werden auffhe - ben muͤſſen.

Kem.

Es ſtund mir nicht an.

Bar.

Und ein getreuer Diener iſt nicht einmahl ſo gluͤckſelig / daß er die Urſache wiſſen darff.

Kem.

Ihr wiſſet den Außſpruch des Oraculi nicht. Doch hier iſt ein Zettel: Herr Hofemei - ſter / beliebt euch den Inhalt zuleſen?

Ahim.

Ich ſehe wenig Verſe:

Die ſchoͤnſte Schaͤferin aus Haran muß dich
kuͤſſen /
Sonſt kan dein Fuͤrſten-Thron nicht fer -
ner gluͤcklich ſeyn.
N 3Doch198Jacobs
Doch brauche keinen Zwang den Liebes-Bund
zu ſchlieſſen;
Denn welche dir gehoͤrt / die geht es willig
ein.

Ein herꝛlicher Ausſpruch!

Kem.

Und ein ſchlechter Außgang.

Ahim.

Wer weiß ob Rahel die Schoͤnſte iſt?

Kem.

Sie wird davor gehalten.

Ahim.

So muß der Goͤtter Außſpruch betruͤ - gen / oder ſie muß ſich in den Liebes-Bund willig ergeben.

Bar.

Am beſten Herrn Laban gefolget / und den Wald durchſuchet. Vielleicht wenn Jacob den Halß gebrochen hat / ſo wird unſere Hoffnung zu bluͤhen anfahen.

Fuͤnffter Handlung

Neundter Aufftrit.

Lea.

So bin ich alleine im Hauſe blieben / und die an - dern ziehen nach einer Perſon / welche von mir am meiſten ſolte geſuchet werden. Ich weiß nicht / wo die Melancholiſchen Gedancken am beſten ſol - len aufgehoben werden? Gehe ich in den Saal / ſo gedenck ich an die Hochzeit / und an die betruͤgli - chen Decken / damit der Braͤutigam hintergangenward;199Heyrath. ward; thue ich einen Blick in die Schlaff-Kam - mer / ſo moͤchte mir das Hertze vor Angſt zerſprin - gen / daß ich die Freude nicht an hellen Tage wie - derholen ſol / welche mir in der finſtern Nacht ſo wol gegoͤnnet war. Ach! die Liebe iſt ein groſſer Jammer; aber ein ſolcher Witwenſtand / wie der Meinige / der iſt mit keinen Thraͤnen gnugſam zu beweinen. Was hilfft mich der Muͤßiggang an dieſen Orte? Es iſt Zeit daß ich dem uͤbrigen Hauf - fen nacheyle / und zum wenigſten meine Beſtaͤn - digkeit aus dieſem Lauffe zu erkennen gebe.

Fuͤnffter Handlung

Zehender Aufftrit.

Raphael mit den uͤbrigen Engeln.
Raphael.
Ihr Geiſter / folget mir in dieſen ſtillen Wald /
Hier hat ein GOttes Freund bißher den Auffenhalt.
Beſchuͤtzet ſeinen Gang und traͤgt jhn auf den
Haͤnden.
Denn GOtt iſt ſelbſt geneigt ſein Unheil abzu -
wenden.
Ihr keñt den Jacob wol / der auf den Felde ſchlieff /
Als jhn Meßias dort von einer Leiter rieff.
Wir waren auch darbey / und ſtiegen auf und nieder /
Drum denckt an ſeinen Schutz denn er bedarff es
wieder.
Sechs200Jacobs
Sechs Engel.
1. Geſegnet ſey der Mann den GOttes Segen
ziert /
2. Und welchen unſre Schaar auf allen Wegẽ fuͤhrt /
3. Wer fraget nach der Welt / wenn ſie von Eyfer
tobet!
4. Des Himmels-Gnade wird am Ende mehr ge -
lobet.
5. Laſt alle Buͤberey in vollen Waffen ſtehn.
6. Wir koͤnnen ſolcher Macht getroſt entgegen
gehn.
1. Hier geht ein Liebes Kind das ſollen wir be -
ſchuͤtzen /
2. Und ſeine Froͤmmigkeit ſol groſſen Lohn beſitzen.
3. Er ſcheinet ja betruͤbt und nimmet gar die Flucht /
4. Allein er wird von GOtt zur Seligkeit ver -
ſucht.
5. So bald er unſer Licht wird leiblich ſchauen koͤn -
nen.
6. So wollen wir zugleich ihm allen Troſt vergoͤn -
nen /
1. Er eilet ſchleunig fort und muß doch wieder hin.
2. Denn GOttes Majeſtaͤt bewegt den harten
Sinn.
3. Wo Er den Schaden fuͤrcht / da bluͤhet jhn das
Gluͤcke.
4. Und wo es Wolckicht ſcheint / da ſind der Son -
nen Blicke.
5. Ihr201Heyrath.
5. Ihr Leute / lernet nur bey GOtt gehorſam ſeyn.
6. So zeucht des Himmels-Macht bey euch zur
Wohnung ein.

Fuͤnffter Handlung

Eilffter Aufftrit.

Jacob, Raphael.
Jac.

So hab ich mein Leid den gegenwaͤrtigen Baͤumen geklaget / und weil ſich allezeit ein ſanff - tes Luͤfftgen durch die rauſchenden Blaͤtter gezei - get hat / ſo ſcheinet es faſt / als waͤre in dieſer ſtum - men Wildnis weit mehr Mitleiden anzutreffen / als in dem Hauſe meines unbarmhertzigen Vaters. GOtt du haſt mir den Weg hieher gezeiget / du wirſt mir auch zu meinen geliebteſten Eltern wie - derum nach Hauſe verhelffen. Vielleicht hat ſich mein Bruder Eſau wiederum verſoͤhnet / und ich werde mich keiner groͤſſern Untreu verſehen duͤrf - fen / als ich numehr in dieſem Lande zugewarten haͤtte.

(Raphael legt jhm einen gruͤnen Zweig vor die Fuͤſſe.)

Aber wie verſchwindet mir der Weg vor meinem Geſichte? ich werde mich gewiß auf die andere Seite wenden ſollen.

(Raphael legt jhn wieder fort.)
N 5Ich202Jacobs

Ich kehre mich nun wohin ich wil / ſo iſt mir der Weg verſchloſſen. Ach GOtt / was ſol dieſes Wunder bedeuten? Geh ich etwan auf ungerechten Wege / oder iſt hier eine Straſſe / da mich die Moͤrder - berfallen koͤnnen?

(Die innerſte Scene eroͤffnet ſich mit den Engeln / Raphael tritt jhm vor die Augen / die Engel fangen an zuſin - gen.)
Ach Jacob bleib im Lande.
GOtt wird in deinem Stande /
Dir noch ſo viel beſchehren /
Dich redlich zu ernaͤhren.
Jacob.
(Faͤllt auf die Knie.)

Ach was iſt dieſes vor ein Geſichte?

Rahp.

Stehe auf / ich wil von dir nicht angebe - tet werden. Ich bin GOttes Diener / und habe ausdruͤcklichen Befehl ſeinen heiligſten Willen vor deinen Ohren knnd zu machen.

Jac.

Hier bin ich / meine Furcht laſſet mich nicht auf die Beine treten / doch was der Herr befiehlet / ſolches wil ich in gehorſamer Demuth anhoͤren.

Raph.

Stehe auf und laß dich ſtaͤrcken. Wir ſind nicht erſchienen / daß du erſchrecken ſolt.

Jac.

Ach nun fuͤhl ich wiederum neue Kraͤffte.

Raph. 203Heyrath.
Raph.

So hoͤre alſodenn des groſſen GOttes Befehl. Du ſolt nicht aus dieſem Lande ziehen. Die Heyrath mit deiner Lea iſt im Himmel beſchloſſen worden / ſonſt waͤre Laban nimmermehr ſo maͤchtig geweſen den Betrug auszufuͤhren. Laban hat es boͤſe gemeinet / aber GOtt hat gut gemeinet / daß Lea durch dich des zukuͤnfftigen Meßiæ Groß-Mut - ter werden ſol.

Jac.

Wer bin ich / daß mir ſolche zukuͤnfftige Dinge verſprochen werden; ich wil die Lea gerne zu mir nehmen / und hingegen die geliebte Rahel fahren laſſen.

Raph.

Nein du haſt der Rahel die Liebe ver - ſprochen / deswegen darf ſie nicht in Schande oder Traurigkeit geſetzt werden. Laban wird drein willigen / daß ſie dir gleichfals beygeleget wird. Und hierdurch ſol der Segen Abrahams deſto beſſer durch dich erfuͤllet werden / indem ſich dein Saa - me mehren wird / wie die Sterne am Himmel. Die wunderbahre Heyrath ſol dir vor dem Goͤtt - lichen Gerichte zu keiner Suͤnde gereichen / ob ſie gleich den Nachkommen zu keiner Folge dienen ſol. Deswegen ſey from / bleib im Lande / und naͤhre dich redlich. Eſau iſt noch nicht verſoͤhnet / wo er dich uͤberfallen und vertilgen kan / ſo wird ein Alt-Va - ter aus des Meſſiæ Stambaum zu nichte gemacht.

(Raphael verſchwindet / die innerſte Sce - ne verbirget die Engel / indeſſen wird nach geſungen.)
Ach204Jacobs

Ach Jacob bleib im Lande / ꝛc.

Jac.

Ach was war dieſes vor ein Geſichte! und wie hat mir dieſe Botſchafft das anfaͤngliche Schre - cken mit vielfaͤltigen Troſte wiederum gut gemacht. Ich bin bereit / die Liebe mit zweyen Schweſtern zu theilen / ich wil auch den Weg wiederum zuruͤ - cke nehmen / wenn ich auf dieſen gruͤnen Platze nach meinem Schrecken in etwas werde verblaſen ha - ben.

(Legt ſich nieder.)

Fuͤnffter Handlung

Zwoͤlffter Aufftrit.

Sebub.

Was vor eine Majeſtaͤt treibet mich aus meiner Wohnung? Was macht meine Geiſter ſo ohn - maͤchtig / daß ſie auf einmahl davon eilen / als weñ ſie der Blitz in den Abgrund der Hoͤllen ſchlagen wolte. Meine Chryſtallen / meine Glaͤſer / meine Spiegel und alles iſt gleichſam durch einen Don - nerſtral zerſchmettert worden. Ich ſcheue mich faſt / daß ich einem Menſchen begegnen ſol / weil meine Zauberey ſo ein ſchimpfliches Ende genommen hat. O ſind etliche Geiſter noch maͤchtiger als die Meini - gen / die mir wohl ehe beygeſtanden haben / daß ichdie205Heyrath. die Sonne in Blut verwandelt / und den hellen Himmel mit den ſchwaͤrtzeſten Wolcken uͤberziehen konte. Nun ſind meine Characteres verloſchen / meine Zirckel haben das Maaß verlohren / und ich weiß vor Zittern ſelber nicht / ob ich mir getraute in dieſem Sande die geringſte Figur abzuzeichnen.

(Er verſucht ſeinen Circkel.)

Fuͤnffter Handlung

Dreyzehnder Aufftrit.

Moph, Haſo, Sebub.
Moph.

Wo bin ich?

Haſ.

Im Puſche.

Moph.

Das weiß ich auch wol: Aber ich wil wiſſen / ob ich auf dem rechten Wege bin.

Haſ.

Ich weiß nicht ob wir auf dem Wege viel Ziegen werden verdienen: Herr Laban iſt mit ſeinen Leuten daher nicht kommen / das Gras muͤſte beſ - ſer zutrempelt ſeyn.

Moph.

Bruder / was iſt das vor ein Ding? Iſt mir doch / als wenn ich mich fuͤrchten wolte.

Haſ.

Die Dinger / die ſo ſeyn / ſeyn alle ſo.

Moph.

Ich ſpreche es iſt ein Loͤwe.

Haſ.

Ich dachte eine Cyper-Katze: ich ſehe es an der Farbe / daß es muß ein Baͤr ſeyn.

Moph.

Ja ich dachte ein Baum-Affe / der denBau -206JacobsBauren das Honig friſt. Es iſt ein boͤſe Ding in unſern Lande loͤffeln die Raben-Aeſſer mit den Holtz-Weibern.

Haſ.

Ich ſpreche / es iſt ein Murmel-Thier / es wil zu Neſte tragen / drum ſtirlet es ſo in dem Sande herum.

Moph.

Daß ich es zur guten Stunde rede / ich habe noch mein Tage kein Murmel-Thier geſehen. Aber ich daͤchte es muͤſte brummen.

Haſ.

Ja ja. Die Baß-Fiedel brummet auch nicht immer / ich wolte das Ding nicht getn uͤber den Rump ſchmeiſſen / es ſolte mir brummen / daß die Baͤume im Walde umfielen.

Moph.

Es muß doch nicht boͤſe ſeyn: Denn es haͤtte ſonſt lange um ſich gebiſſen. Ich wil es recht betrachten.

Haſ.

Ich gehe mit. Es kan mich nicht weiter verſchlingen als biß auf die Beine / damit kan ich alle mahl wieder davon lauffen.

(Sie ſtehen und ſehen jhn an.)
Seb.
(Macht eine demuͤtige Mine gegen Sie.)

Ha / ha / meine Herren Principalen haben ſich wie - der eingeſtellet; man erfreuet ſich jhrer Ankunfft;

(Er heiſt ſie mit demuͤtigen Gebaͤhrden willkommen / ſie neigen ſich allezeit gegen jhn / und ſagen groſſen Danck /des207Heyrath. des Herren Diener / er ſpare die Complimenten / wir ſind es nicht wuͤrdig / u. d. g. Doch ſo bald er ei - nen ergreifft / ſo faͤngt er jaͤmmerlich anzuſchreyen / und reiſſet ſich loß. Al - ſo agiren ſie poßierlich mit einander biß Moph ergriffen wird.)
Seb.

Mein Principal / Er ſol mir nicht entwei - chen.

Moph.

O laſt mich gehen / ich wil gerne kein Principal ſeyn.

Seb.

Bin ich betrogen?

Moph.

Ja ja / jhr ſeyd betrogen / laſt mich ge - hen.

(Er ſchreyet jaͤmmerlich.)
Seb.

Ich ſehe wol / an ſtat der Geiſter bekom̃ ich meinen Landsmann in die Haͤnde. Guter Freund / ſeyd jhr nicht vom Berge Libanon? Seyd jhr nicht Fuͤrſt Kemuels Unterthan?

Moph.

O Bruder Haſo hilff mir! und ſprich wir ſind zwey Geſchwiſter / wer weiß / was jhm die Leute in meinem Lande gethan haben.

Seb.
(Zeucht die Muͤtze aus dem Ge - ſichte.)

Je du ehrlicher Moph, biſtu mir ſo nahe kommen? kennen wir ein ander nicht?

Moph.

Ein Schelme hat dir meinen Nahmenver -208Jacobsverrrathen: Es iſt nicht wahr / daß ich ſo heiſſe. Ich heiſſe / ich heiſſe / ach Bruder Haſo, leihe mit geſchwind einen Nahmen.

Seb.

Wilſtu mich noch nicht kennen?

Moph.
(Siehet jhn an / und faͤnget - berlaut an zulachen / wirft jhm auch die Muͤtze in die Augen.)

Je daß dich das Rebhuhn beiſſe / ſeyd jhrs Herr Se - bub? Warum ſeyd jhr in drey Jahren mit euren Wuͤrtzeln bey uns nicht zu Marckte geweſen? Wir haben gedacht / jhr ſeyd lange in Obis-Krug ge - fahren.

Seb.

Da ſiehſtu / daß alle Reden nicht war ſind.

Moph.

Gleichwol haben warhafftige Leute da - von geredt. Unſer Fuͤrſt Kemuel iſt kein Narꝛ / ich halte ſein Wort in Ehren / und glaͤub es noch / daß jhr geſtorben ſeyd.

Seb.

Was ſagſtu von einem Fuͤrſten der nicht hier iſt.

Moph.

Ich halte / er iſt uns am nechſten.

Fuͤnffter Handlung

Vierzehnder Aufftrit.

Ahiman, Barak, Kemuel und die Vorigen.
Bar. 209Heyrath.
Bar.

Wir muͤſſen der Spur nachgehen. Sie koͤn - nen nicht weit von uns geblieben ſeyn.

Seb.
(Koͤmt auff jhn zugelauffen.)

O mein Patron / mein vornehmer Wohlthaͤter / wie habe ich das Gluͤcke / oder das Ungluͤck denſel - ben in dieſer Wildniß anzutreffen?

Bar.

Sebub ſeyd jhrs ſelbſt / oder iſts euer Geiſt? In unſern Lande ſehen wir nicht gerne ſolche Per - ſonen erſcheinen / welche wir vor drey Jahren als todte beklaget haben.

Seb.

Es hat mich eine nothwendige Verrichtung bald hieher / bald dorthin getrieben: Alſo bin ich in den Gedancken ſo vornehmer Patronen geſtor - ben.

Bar.

Wir ſind ſaͤmtlich erfreuet / daß jhr noch lebet / ſonderlich zu einer Zeit / da guter Rath von noͤthen iſt.

Seb.

Wenn ich jhre Geburts-Stunden / die mir meiſtens bekandt ſind / mit Him̃liſchen and irꝛdiſchen Influentzien uͤberlege / ſo muß ich ein ſolches Gluͤ - cke muthmaſſen / darbey der gute Rath von ſich ſel - ber kommen wird.

Bar.

Ich weiß nicht / unſer Herr Hofemeiſter hat ein Oracul, welches durch den Ausgang gar wiederſinniſch wil erklaͤret worden.

Ahim.

Mein Freund / er kan es zu leſen bekom - men / wil er uns ſeine Gedancken daruͤber hoͤren laſ -Oſen /210Jacobsſen / ſo wird Printz Kemuel mit ſeiner Vergeltung nicht ſaͤumig ſeyn.

Seb.

Ach das iſt ein koͤſtlicher Brieff / nachdem ich ſolchen in die Haͤnde bekomme / ſo finden ſich die Kraͤffte wieder: mein Weiſſagrr Geiſt hatte mich verlaſſen / nun aber iſt das Licht meines Verſtan - des wieder angezuͤndet.

Ahim.

So moͤchten wir das Oraculum fortge - ſetzt wiſſen.

Seb.
(Machet wunderliche Geberden / endlich ſtellet er ſich raſend / und ſaget die Verſe heraus:)
Die ſchoͤne Schaͤfferin ſol mit dem Printzen leben:
Doch er vergreiffe ſich an keiner ſchoͤnen Braut:
Sie iſt jhm nicht beſchehrt / und gleichwol wird ſie
geben /
Was er von Hertzen hofft / und was er ſich ver -
traut.
Ahim.

Eine dunckele Rede. Er ſol ſich vor der Braut huͤten / und die Braut ſol jhm doch ver - gnuͤgen.

Kem.

Gebt euch zu frieden: ich ſol keine Gewalt an der Braut uͤben / ſo wird ſie mir etwas in die Haͤnde liefern / dadurch ich werde koͤnnen vergnuͤ - get ſeyn; Sie hat eine Geſpielin / die gewißlich der Schoͤnheit wegen mit jhr in einen Kampf tre - ten koͤnte.

Ahim. 211Heyrath.
Ahim.

Ach geſegnet ſey dieſer Vorſchlag / wel - chen ich aus bloͤder Furcht biß dato feſt in meinem Hertzen verſchloſſen habe. Es bleibet doch darbey / wer einen Freyer um die Braut bringen wil / der krieget das Fleiſch nimmermehr ſo rein als es der erſte gefunden hat; auf ein weiſſes Blat kan man ſchreiben / aber wer den Nahmen auskratzen wil / der mag es noch ſo zierlich angreiffen / ſo wird doch ein Schand-Fleck zuruͤcke bleiben.

Bar.

Das Gleichnuͤß kan niemand tadeln / nach - dem ein Durchl. Verſtand den Weg gebaͤhnet hat.

Kem.

Wir halten uns auf / der Ausgang muß geſuchet werden; Ihr aber Freund / wollet jhr den Lohn hier empfangen / oder in Syrien erwarten?

Seb.

Es bedarff keines Lohnes. Doch werde ich in Syrien innerhalb weniger Zeit einer hohen Gnade benoͤthiget ſeyn.

Bar.

Ihr muͤſt etwas warten: doch der Verzug ſol gute Zinſe tragen.

(Kemuel, Ahiman und Barak gehen ab.)
Seb.

Ich habe noch einmahl mein Weiſſagen verſucht; Doch ich gedencke noch an das vorige Schrecken / daraus ich durch meine bißherige Ge - huͤlffen nicht habe gerathen koͤnnen. Ich wil zwar meinen Weg wieder in Syrien nehmen; Aber die - ſer Wald ſol Zeuge ſeyn / daß ich allen KuͤnſtenO 2und212Jacobsund Zaubereyen gute Nacht geben wil: Hinge - gen ſo! meine Seele nicht eher ruhig ſeyn / biß ich dieſelbe Macht erkennen lerne / welche meinen Geiſtern ſelbſt gebieten kan. Hier liegt der ſchaͤnd - liche Mantel / darauff meine Cammeraden manch betruͤgliches Ballet getantzet haben; wer das be - ſte Recht darzu hat / der mag jhn hinnehmen; ich ſage mich loß.

(Er wirfft ſeine Kotze weg / und geht da - von. Moph und Haſo kommen aus den Straͤuchern hervor / dahinter ſie geſtecket haben.)
Haſ.

Weiſtu auch was die Sachen zubedeuten haben?

Moph.

Mir iſt die Mode nicht unbekandt. Wer in unſern Lande etwas anfangen wil / der muß zum klugen Manne gehen; Aber ich habe es nicht ge - wuſt / daß die Narren im Puſche ſolche rauche Maͤntel tragen.

Haſ.

Drum hat er jhn weggeworffen. Was mei - neſtu / ich werde jhn umnehmen / und werde wahr - ſagen.

Moph.

Verſuche es doch / vielleicht ſteckt noch was kluges in dem Mantel.

Haſo.
(Nimt den Mantel um / und ſtel - let ſich poßierlich / endlich ſagt er die Verſe:)
Dein213Heyrath.
Dein Groß-Vater war ein Dieb /
Deine Mutter hat einen Schelmen lieb;
Und du haſt einen Diebifchen Bart /
Denn Art die laͤſt doch nicht von Art.
Du ſtirbſt weder am warmen noch am
kalten /
Der Galgen wird ſein Recht behalten.
Moph.

Iſt das ein Cameraden-Stuͤcke? du darffſt mir nicht viel / ſo wil ich das Recht uͤber deinen Kopf behalten.

Haſ.

Ich weiß nicht / was der Mantel geredet hat: iſt was erlogenes daran / ſo mag ers verant - worten; ſteht dir es doch frey / daß du auch weiſ - ſagen magſt.

Moph.

Nun / ſo gieb mir doch den Talar um den Puckel herum.

Haſ.

Gleich itzo Herr College.

(Er wickelt jhm die Kotze um dem Kopf.)

Da muͤſte ich ein Narꝛ ſeyn / das ich warten wol - te / biß du mir auch etliche Ehren-Titul in die Ja - cke wuͤrffeſt.

(Laͤufft davon.)
Moph.

Siehe da / wollen wir dorthin? wir wol - len dich ſchon erlangen.

(Geht ab.)
O 3Fuͤnff -214Jacobs

Fuͤnffter Handlung

Funffzehnder Aufftrit.

Jacob ſchlaffende / Rahel, Peninna.
Rah.

Sie hat mich hieher begleitet / nun muß ich mich ſchaͤmen / daß wir nichts gefunden haben.

Pen.

Iſt doch der Weg noch vor uns. Und weil jhm der Schaͤfer kaum vor einer halben Stunde begegnet iſt / ſo muͤſte er Fluͤgel haben / wenn er uns ſo gar nicht ſolte in das Geſichte kommen.

Rah.

Er hat Fluͤgel; denn der Haß gegen ſeine Liebſte treibet jhn fort: Doch wir haben auch Fluͤgel / denn meine getreue Liebe folget jhm nach.

Pen.

Alſo muß die Liebe den Haß uͤberwinden.

(Sie ſiehet Jacoben.)

Ach Schweſter ich erſchrecke / iſt diß nicht Jacob? Ach er iſt todt / er hat ſich aus Verzweifelung ein verborgenes Grab geſuchet.

Rah.

O wehe / ich lege mich darneben und ſterbe.

(Sie ruͤhret jhn an.)

GOtt lob die Furcht iſt vergebens / er iſt noch warm / wir haͤtten bald aus einem ſuͤſſen Schlaffe den bittern Tod gemacht.

Pen.

So muͤſſen wir jhn aufwecken.

Rah.

Er wird mich vor Haß nicht anſehen wol - len.

Pen. 215Heyrath.
Pen.

Wenn er die Sache erfahren ſol / wie ſie in der Warheit beſchaffen iſt / ſo muß er wachen.

Rah.

Ich wil jhn nicht gerne zum andern mah - le beleidigen; Er ſucht in der Ruhe ſeine Suͤßig - keit.

Pen.

Ich wil jhn doch ſtoſſen.

Rah.

Ach ſie thu es meiner Furcht und meinem Schmertzen nicht zu Leide.

(Sie kniet neben jhm nieder.)

Ach du holdſeliges Angeſicht / bin ich ſo gluͤckſelig / daß mir dein Anſchauen nicht verwehret wird: Du laͤchelſt im Schlaffe; ach traͤumet dir etwan von mir? ſieheſtu etwan im Geiſte / wie deine Rahel mit einer demuͤtigen Abbitte ſo gar bereit iſt. Ach es iſt nicht anders / ich muß mich der holdſeligen Mine zum wenigſten nur halb annehmen. Ach was verhindert mich / daß ich dieſen holdſeligen Mund kuͤſſen ſol?

Jac.

Was bethoͤret mich?

Rah.
(Springt zuruͤcke.)

Ach ich habe geſuͤndiget.

Jac.

Es hat mich gleichwol jemand angeruͤhret.

(Er ſpringet auff.)

Ach meine Rahel / wil ſie mir in dieſer Wildnuͤs durch ein Bild erſcheinen? Ich ſchlaffe noch: deñ was mir itzo traͤumet / das kan ich mir an dieſemO 4Or -216JacobsOrte nimmermehr einbilden. Wie iſt ſie ſo ver - ſtum̃t?

Rah.

Mein Herr / ich bin es ſelber / denn ich ſuch - te den jenigen / welchen ich beleidiget habe: damit ich durch ſeinen Mund die verdiente Straffe anhoͤ - ren kan.

Jac.

Sie hat nichts gefuͤndiget. Doch wil ſie gleichwol etwas gethan haben / ſo mag die Straf - fe durch meinen Mund verrichtet werden.

(Er kuͤſſet ſie.)
Rah.

Dieſe Straffe waͤre fuͤglicher in unſern Hauſe abgeleget worden: warum muͤſſen wir deß - wegen in dem Walde zuſammen kommen?

Jac.

Ein doppelter Betrug hat mich auf die Flucht gebracht / und die Hoffnung eines doppel - ten Gluͤckes hat mir den Weg verſchloſſen.

Rah.

Ich weiß / daß ich an dem Betruge kein Theil habe.

Jac.

Es iſt alles vergeſſen. Rahel muß meine Liebſte bleiben.

Rah.

Ich bin willig / und wenn ich biß in das Land Canaan entfliehen ſolte.

Jac.

Wir wollen es naͤher haben; Die Einwoh - ner zu Haran ſollen Zeugen ſeyn / daß ich mein Wort nicht brechen wil.

Rah.

Aber es werden ſich Leute finden / welche unſern willen brechen. Was wird Lea ſagen?

Jac.

Lea ſol zu frieden ſeyn.

Rah. 217Heyrath.
Rah.

Was ſie betruͤglich gewonnen hat / das wird ſie durch einen neuen Betrug ungerne ver - ſpielen wollen.

Jac.

Lea ſol nichts darbey verſpielen.

Rah.

So werde ich nichts gewinnen.

Jac.

Hier iſt ein gruͤner Platz / giebt ſie mir die Ehre / daß ſie bey mir ſitzen wil / ſo wird ſie ein wun - derbahres Geheimnis erfahren.

Rah.

Mein Jacob / ſeine Bitte iſt mein Befehl.

(Sie gehen ab.)

Fuͤnffter Handlung

Sechzehnder Aufftrit.

Lea.

Nun befinde ich was rechtſchaffene Eltern bey jhrer Kinder-Zucht offtmahls vor ein heimliches Abſehen haben. Ich war offtmahls unwillig / wenn die Woche an mich kam / daß ich die Schafe zur Traͤncke begleiten muſte: Doch waͤre ich nicht bey der Gewohnheit erhalten worden / ſo haͤtten mich die Beine ſchweriich biß in dieſen Wald getragen. Und ich beſorge noch immer / ich werde wol einen weiten Weg vor mir haben / weil ich von allen Leu - ten noch ſo weit entfernet bin. Ich ſuche / und weiß nicht was / ich verlange eine Perſon / die mir nichts als Beleidigung ſchuldig iſt. Wiewol ſie magO 5uͤber218Jacobsuͤber mich ausſchuͤtten / was ich verdienet habe / wenn ich nur bey dem Rechte bleibe / daß ich ſein beſtaͤndiges Eheweib heiſſen ſol. Aber ach = = was ſehe? ich meine Schweſter neben dem Ehebrecher? Ach nun bin ich aus dem Bette verdrungen. Er wil eine Liebſte haben / die er anſehen darff. O was verhindert mich / daß ich der unzuͤchtigen Magd mit den Naͤgeln / und mit den Zaͤhnen in das Ge - ſichte fahre / damit dem liederlichen Buhler der Spiegel etwas verderbet wird.

Fuͤnffter Handlung

Siebzehnder Aufftrit.

Lea, Jacob, hernach Rahel und Peninna.
Jac.
(Koͤmt heraus geſprungen.)

Wo habe ich das Gluͤcke / daß ich von meiner Ehe - liebſten an dieſem Orte beſuchet werde?

Lea.

Und wo komme ich zu dieſer Ehre / daß ich von meinem Eheliebſten alſo empfangen werde?

Jac.

Die Schuldigkeit ſchreibt mir ein ſolch Geſetze.

Lea.
(Weinet.)

Aber ich weiß nicht / was mir die Gerechtigkeit vor eine Strafe ſetzet.

Jac. 219Heyrath.
Jac.

Am andern Hochzeit-Tage gedencket man an keine Straffe / ſie iſt meine Braut / und dieſes bezeuge ich mit dieſem Kuſſe.

Lea.

Ach wie koͤſtlich wird meine Traurigkeit belohnet! Hier iſt ſeine Dienerin / welche ſich zu einem ewigen Gehorſam uͤbergiebet.

Jac.

Verliebten Perſonen kan man leicht gehor - ſam ſeyn. Sie befehlen Sachen / die auff beyden Seiten gebilliget und beliebet werden.

Lea.

Aber was wird meine Schweſter darzu ſprechen? Sie hat mich in dem Gange uͤbereilet; ich moͤchte faſt glauben / ſie wuͤrde mir das Gluͤcke verderdet haben.

Jac.

Rahel iſt gar wohl vergnuͤget / indem ſie bey jhren Rechte gelaſſen wird.

Lea.

Das heiſſet Lea muß weichen.

Jac.

Mit Genehmhaltung meiner Liebſten. Nein die Bedeutung iſt anders. Was halte ich mich auff? Lea ſol aus meinem Ehebette nicht verſtof - fen werden / wofern ſie die Schweſter neben ſich lei - den wird. Was ich die heintige Nacht vollzogen habe / das kan ich nimmermehr zuruͤcke ruffen. Und was an Rahel einmahl verſprochen iſt / daſſelbe muß ich vollziehen / wofern ich mein Gewiſſen nicht beleidigen wil. Sie komme / meine hertzgeliebteſte Rahel / und erkenne auß jhrer Schweſter Stillſchwei - gen / welcher maſſen jhre Liebe beyderſeits durch mein Hertz ſol verbunden werden.

Fuͤnff -220Jacobs

Fuͤnfter Handlung

Achtzehnder Aufftrit.

Die vorigen / Rahel und Peninna.
Rah.

Wie ſtehts / meine Frau Schweſter / koͤn - nen wir uns nun etwas beſſer vergleichen?

Lea.

Meine Jungfer Schweſter / weil es das Anſehen hat / als waͤre dieſe gedoppelte Heyrath in dem Himmel beſchloſſen worden / ſo kan ich nichts darwiederſagen.

Rah.
(Giebt jhr die Hand.)

So werden wir alſo dann zwey rechte Schweſtern heiſſen / wenn ſich unſere Liebe durch ein neues Band verknuͤpfen wird.

Jac.
(Schlaͤgt ſeine Hand darzu.)

Hier ſteht der jenige / der euren Eyfer geſtillet / und die zukuͤnfftige Freundſchafft beſtaͤtiget hat. Lie - bet einander / weil jhr doch durch euren Haß ein Theil meines Hertzens beleidigen wuͤrdet.

Pen.

O geſegnet ſey die Wunderbahre Schickung GOttes / welche den beſorglichen Verdruß / und die Feindſchafft / welche dem euſerlichen Anſehen nach unverſoͤhnlich war / ſo wohl und gluͤcklich be - ſaͤnfftiget / ja ſo gar zu einer unverhofften Vertrau - ligkeit befoͤrdert hat.

Jac.

Ein Him̃liſches Geſichte hat mir dieſe dop -pelte -221Heyrath. pelte Heyrath verſtattet; So darff ich meinen Wil - len nicht wiederſetzen / nnd mein liebſte Rahel wird etwas von der Liebe mit einer andern theilen laſ - ſen.

Pen.
Ach wo zwey Weiber nicht die feſte Liebe
ſcheiden /
So kan das Firmament numehr zwey
Sonnen leiden.
Jac.
Hier ſteht ein Braͤutigam / der eins in zwey -
en iſt.
Lea.
Der ſeine Lea liebt /
Rah.
Und Rahels nicht vergiſt.
Jac.
GOtt gebe / daß ich Luft an dieſem Schluſ -
ſe finde.
Lea.
Er helfe mir zur Gunſt /
Rah.
und mir zu einem Kinde.
Jac.
Doch ſeht wo fang ich an / bey welcher bleibt
das Ziel?
Lea.
Bey mir verhoffentlich.
Rah.
Bey welcher Jacob wil.
Jac.
So kan es meiner Noth an keinem Troſte
fehlen.
Lea.
Ich wil jhm Dienſtbar ſeyn.
Rah.
Und ich das Hertze ſtehlen.
Jac.
O ſelig / welche mir die meiſten Kuͤſſe giebt.
Lea.
Es iſt mein treues Amt.
Rah.
Ich weiß wen Jacob liebt.
Jac.
Wie wird ſich Laban ſelbſt die hoͤchſte Freu -
de machen /
Lea. 222Jacobs
Lea.
Ich wil entgegen gehn.
Rah.
Und ich wil heimlich lachen.
Jac.
Viel Gluͤcks jhr tretet nun in Weiber-ſtand
hin ein.
Lea.
GOtt lob ich bin es ſchon.
Rah.
Ich wil es heinte ſeyn.
Jac.
Wofern wir Luſt zu dergleichen Schertze
haben / ſo wird ſich der vorige Platz ſehr ſchoͤn dar -
zu erwehlen laſſen.
Lea.
Ich bin bereit.
(Lea und Jacob gehen ab.)
Pen.

Mein Schweſtergen / wie kan ſie doch ſo geduldig ſeyn? ſie muß gleichwol einen Gaſt andem Tiſche ſehen / da ſie ohn allen Zweifel die Speiſen lieber vor ſich behalten moͤchte.

Rah.

Schweſtergen ich kan wol zu frieden ſeyn / denn ich weiß doch wol / daß ich die Liebſte bin. Es ſol nicht lange wehren / ſo wil ich ihn allein behal - ten / und Lea ſol mir gute Worte gnung geben / wenn ſie meinem Liebſten / einmahl einen guten A - bend wird wuͤnſchen duͤrffen.

Pen.

Sie muß etwas wiſſen / ſonſt waͤre ſie nim - mermehr ſo geduldig.

Rah.

Iſt meine Schweſter liſtig geweſen / und hat ſie mich um den erſten Hochzeit-Tag betrogen / ſo wil ich jhr den Schimpf redlich und getreulich genung bezahlen.

Pen.

Es iſt wohl wahr. Ein Menſch kan nichtzwey -223Heyrath. zwey Herren dienen / und ein Herr kan nimmer - mehr zwey Eheweiber zugleich lieb haben. Doch / jhr Liebſter verlanget nach jhrer Gegenwart: wir haben uns nicht aufzuhalten.

Fuͤnffter Handlung

Neunzehnder Aufftrit.

Laban, Bildad, Elidab, Darkon.
Lab.

Die andern moͤgen den Weg zur rechten Hand herum nehmen / wir wollen auf dieſer Seite ſehen / das uns das Wild nicht aus dem Netze fallen ſol.

Bild.

Ich bitte nochmals / er verſchone mit der Schaͤrffe.

Elid.

Die gelinden Wege ſind die beſten.

Dark.

Ey wer geſuͤndiget hat / der leide ſeine Straffe.

Bild.

Es ſind viel Urſachen / deswegen man ſich erbarmen ſol.

Elid.

Und noch mehr Urſachen warum man ſcho - nen ſol.

Dark.

Und ich ſehe tauſend Urſachen / warum man ſich erzuͤrnen ſol.

Bild.

Er ſehe wohin er wil / ſo iſt er Vater.

Elid.

Und beleidiget ſeine Schweſter.

Dark.

Vater hin / Schweſter her / wenn die Fa - milie geſchimpfet wird.

Lab224Jacobs
Lab.

Hilff Himmel / was iſt dieß vor ein Anblick? Jacob mit meinen beyden Toͤchtern / ich muß be - thoͤret ſeyn.

Bild.

Es iſt ein guter Anblick.

Elid.

Und ein Zeichen einer gluͤckſeligen Hoch - zeit.

Fuͤnffter Handlung

Zwanzigſter Aufftrit.

Die vorigen. Jacob, Rahel, Lea, Peninna.
Jac.

Mein Herr Vater ich ſehe / daß wir die Hochzeit im gruͤnen vollziehen werden.

Lab.

Darff eine Landfluͤchtige Perſon mir ſo kuͤhn unter die Augen treten?

Jac.

Gar wol / ſo lange dieſe Begleiterinnen in meiner Hand gefuͤhret werden.

Lab.

Aber wer hat den Willen drein gegeben?

Jac.

Der jenige der mich fraget.

Lab.

Der jenige der nichts darvon weis?

Jac.

Der Herr Vater hat mir die Lea mit ei - gener Hand zugefuͤhret / und die Rahel hat er mir mit eigener Hand verſprochen / daß ich die Kuͤhn - heit nehme / ihr in des Herrn Vaters Angeſichte einen Kuß zu geben.

Lab.

Zu viel / zu viel vor einen Fremdling / der unſerer Gnade bedarff.

Jac. 225Heyrath.
Jac.

Zu viel / zu viel vor einen Vetter / der mei - ner Dienſte bedarff. Ich trotze auf mein Wort und meine Gerechtigkeit.

Lab.

Lea wird euch ſchon vergnuͤgen.

Jac.

Das weiß ich wol.

Lab.

Und Rahel wird einen andern Freyer finden.

Jac.

Das ſtehet mir nicht an / daß ich meine Ge - luͤbde brechen ſol. Wen ich in der Haußhaltung nicht verwarloſet habe / der ſol mir auch mein Ge - wiſſen unbeleidiget laſſen. Und eben dieſer Gerech - tigkeit zur Folge ſol dieſer offentliche Kuß an Lea, und dieſer zweyfache Kuß an Rahel gegeben wer - den.

Lab.

Tochter / kanſtu dieß in meiner Gegenwart geſchehen laſſen?

Rah.

O ja / was der Herr Vater einmahl im Ernſte befohlen hat / das kan er nicht verbieten / oder ich nehme es vor einen Schertz an.

Lab.

So wil ich gleichwol ſehen / was dich vor ein Ungluͤck bezaubert hat. Augenblicklich verlaſſe dieſen Mann / und begieb dich auf meine Seite.

Lea.

Ach Herr Vater / ich bin zu frieden / er veraͤndere die einmahl getroffene Heyrath nicht.

Rah.

Ach Herr Vater / er laſſe mich bey dem er - ſten Gehorſam bleiben.

Jac.

Ach Herr Vater / hier iſt Rahel / er gebe mir dieſelbige / ſo wil ich die beſtaͤndige Wohlthat gedoppelt zu ruͤhmen wiſſen.

PLab. 226Jacobs
Lab.

Es heiſt nicht ſo / gebt mir die Rahel: es heiſt / wiltu was zum beſten haben / ſo verdiene es. Habt jhr um Lea ſieben Jahr gedienet / ſo geden - cket / daß mir Rahel um kein ander Geld feil iſt.

Rah.

Ach das iſt ein ſchwerer Knoten.

Jac.

Mein Kind / mir iſt alles leichte / wo der Gewinn ſo koͤſtlich iſt.

Lab.

Nun wie ſteht es um die Antwort?

Jac.

Herr Vater / hier bin ich / ich wil ſieben Jahr getreulich dienen; nur mit dieſer Bedingung / daß Rahel dieſe Nacht meine Braut werden ſol.

Lab.

Es iſt in unſern Lande nicht Sitte / daß man den Lohn ſieben Jahr voraus giebet.

Jac.

Und es iſt in meinem Lande nicht Sitte / daß man ſich um den Lohn zweymahl vexieren laͤſt.

Lab.

Ich wil die Zuſage ehrlich halten.

Jac.

Wie redlich meine Arbeit geſchiehet / davon habe ich ein Exempel.

Bild.

Mein Herr Nachbar / der ehrliche Mann wil auch ein Exempel einer redlichen Zuſage haben. Worzu dienen die Umſchweiffe? Er ſchlage loß / und mache der Sache einen froͤlichen Ausgang / und der gantzen Nachbarſchafft eine gedoppelte Hochzeit.

Lab.

Herr Nachbar die / Sache iſt ſchwer.

Bild.

Und bey dieſen Verliebten iſt ſie gantz leichte. Je laͤnger wir an dieſen Orte zweifeln / deſto ſpaͤter kommen wir in die Stadt zur Hoch - zeit.

Lab. 227Heyrath.
Lab.

So mags in GOtes Nahmen endlich ge - waget ſeyn. Weil denn Herr Jacob zwey Weiber auf einmahl verlanget / ſo ſol er auch zwey Weiber am Halſe / und eine gedoppelte Unruhe im Hauſe darzu haben.

Jac.

Gedoppelten Segen / mein Herr Vater.

Dark.

Die Sache iſt verſpielet / wo die Herrn Soͤhne keinen ſchleunigen Rath erſinnen werden.

(Geht ab.)
Jac.

Ich bedancke mich vor die Vaͤterliche Gnade.

Lab.

Seyd fruchtbar und mehret euch.

Bild.

An Gutt und Reichthum.

Elid.

An Ehr und Vergnuͤgung.

Lab.

An Kindern und Nachkommen.

Bild.

Ja das iſt der beſte Schatz auf Erden.

Elid.

Und der Schatz / den man einmahl mit in den Himmel nimt.

Fuͤnffter Handlung

Ein und zwantzigſter Aufftrit.

Die Vorigen / Lothan und Meres mit den Schaͤfern / item Moph und Haſo.
Lot.

Dieſen Anſchlaͤgen muß in Zeiten das Ge - nicke gebrochen werden.

P 2Mer. 228Jacobs
Mer.

Ehe Printz Kemuel mich einer Untreu be - ſchuldigen ſol / ehe wil ich die Kindliche Pflicht bey meinem Vater vergeſſen.

Lot.

So kan der Herr Vater gleichwol dieſen Menſchen vor ſeinen Augen ſehen.

Mer.

Und er ſol ſeine Flucht ſo ungeſtrafft vor - genommen haben?

Haſ.

Und ich ſol mit einem Schlage nicht drey Ziegen verdienen?

Moph.

O du Narꝛ / wenn die Herren was rechts mit einander zureden haben / ſo gehoͤret unſer einer auf die Seite. Trit nur daher / in unſern Zetteln haben wir nichts mehr: ich bin ſicher / daß wir kei - ne Sau machen.

Lot.

Ich ſchaͤme mich / daß mir niemand ant - worten wil.

Lab.

Und ich ſchaͤme mich / daß du meinen gedop - pelten Schwieger-Sohn verfolgen wilſt.

Mer.

Woher gedoppelt? Gewiß weil die heu - tige Flucht durch eine neue Hochzeit ſol beſtaͤtiget werden.

Lab.

Ja wol mit einer neuen Hochzeit; aber auch mit einer neuen Braut.

Lot.

Ach Bruder / ſiehſtu wem er an den Haͤn - den fuͤhret?

Mer.

Ich ſehe es wol / daß wir ſollen geſchim - pfet werden. Ich bitte / der Herr Vater beſinne ſich; ehe wir darein willigen / ehe wollen wir in die - ſem Walde an dem fluͤchtigen Menſchen zu Straſ - ſen-Raͤubern werden.

Lab. 229Heyrath.
Lab.

Ich muß euer lachen.

Mer.

Und ich moͤchte weinen. Doch vielleicht wird mir noch jemand anders im Weinen das Ge - leite geben. Hier iſt mein Wort / ich wiederſetze mich dieſer Heyrath.

Fuͤnffter Handlung

Zwey und zwantzigſter Aufftritt.

Die vorigen Kemuel, Barak, Ahiman.
Bar.

Was ſol dieſer Auffſtand bedeuten? Iſt je mand / der unſerer Huͤlffe bedarff / oder iſt ein Raͤu - ber ſo kuͤhne / daß er unſere Freunde beleidigen wil?

Ahim.

Ach es iſt eine froͤliche Geſellſchafft: wir werden uns naͤher hinzu machen.

Mer.

Printz Kemuel, kommet naͤher heꝛzu / es wird um eure Braut gefochten.

Kem.

Es iſt gefaͤhrlich / wenn man um die Braut fechten ſol. Ich wil hoffen / was meine Vergnuͤ - gung betrifft / ſo wird dieſelbe wol ohne Streit zu erlangen ſeyn.

Mer.

Hier ſteht der Herr Vater / deſſen ſchleu - nige Reſolution hat uns in einen verwirꝛten Zu - ſtand geſetzet.

Kem.

Liebſter Freund / ich erkenne euer ehrliches Gemuͤthe. Doch mein Heꝛr Laban ich habe die E[hre]P 3[neu -]230Jacobsneulich gehabt ſein Hochzeit-Gaſt zu ſeyn / habe auch dazumahl bey den Herrn Soͤhnen meine Ge - dancken ſo weit eroͤffnet / daß ich wuͤnſchen moͤchte eine Schaͤferin aus dieſem Lande zur Gemahlin zu haben. Ob ich nun ſolches bey der ſchoͤnen Rahel wuͤn - ſchen oder verlangen duͤrfte / darinnen wird der Herr Vater mit ſeinem ſtarcken Worte das beſte thun.

Lab.

Mein Printz / ich bin zu geringe / daß mei - ne Familie, mit ſo hohen Perſonen ſolte verbunden werden. Hiernechſt bin ich ungluͤckſelig / daß ich das Anbringen ſo langſam hoͤre / da ein ander das Verſprechen aus meinem Munde erhalten hat Doch meine Tochter ſol den Außſpruch thun.

Kem.

Ich erfreue mich / daß mein Gluͤcke einer ſolchen Perſon uͤbergeben wird. Ach ſchoͤnſte Ra - hel / ich bin in dieſem Schaͤfer-Kleide ſo lange ar - reſtiret, biß ich eine Schaͤferin aus dieſem Lande mit mir nach Hauſe fuͤhren kan. Sie hat den Vaͤ - lichen Befehl den Außſpruch zu thun.

Rah.

Mein Printz / wenn ich die ſchoͤnſte waͤre / ſo wuͤrde ich einer groſſen Suͤnde theilhafftig ſeyn / wofern ich ſeiner Vergnuͤgung wiederſtrebte. Doch weil ich dieſen Ruhm nicht beſitze / weil auch ein geſchloſſenes Eheverbindniß im Wege ſtehet / ſo kan ich darin keinen Gehorſam erweiſen. Solte es aber einer Schaͤferin beſcheret ſeyn / ein Fuͤrſtliches Ehebette in Syrien zu betreten / wolan / ſo ſtehet hier[m]ein Hertze / meine getreue Peninna; Gleichwie[nun]dieſe mich in vielen Stuͤcken uͤbertrifft / alſowird231Heyrath. wird mein Printz aus unſern Lande nicht unver - gnuͤgt davon ziehen.

Ahim.

Mein Herr / die Wahrſagung iſt erfuͤllet. Die Braut ſol unberuͤhret bleiben / und ſeine Er - goͤtzligkeit ſol dennoch durch die Braut befoͤrdert werden.

Kem.

Es ſey gewagt; Sind alle mit dieſem Schluſſe zu frieden / daß ich dieſe Schaͤferin davon fuͤhren kan?

Lab.

Ich bin jhr Pflege-Vater / wie kan ich jh - ren Gluͤcke wiederſtreben.

Lot.

Und wir verſehen uns einer gleichen Affe - ction, als wenn unſere eigene Schweſter dieſer Eh - re haͤtte koͤnnen theilhafftig werden.

Rah.

Aber was ſagt mein liebſtes Schweſter - gen darzu?

Pen.

Ach ſol ich meine Rahel verlaſſen?

Rah.

Der Schaden wird bey dieſer Perſon er - ſetzt werden.

Pen.

So muß ich die Schickung des Himmels erkennen / ich ſehe doch wol / daß ich Rahels Stelle vertreten muß.

Rah.
(Schlaͤgt beyder Haͤnde zuſam̃en.)
Kem.

So hab ich auf keiner Seite den wenig - ſten Einſpruch zu befuͤrchten?

Lab.

Nein. Es lebe Printz Kemuel mit ſeiner Liebſten Peninna, und wer es rechtſchaffen meinet / der ruffe mir dieſe Worte nach.

P 4Alle232Jacobs
(Alle zuſammen.)

Es lebe Printz Kemuel, und ſeine liebſte Peninna.

Kem.

So leben ſie wol: ich verbleibe jhr affe - ctionirter Nachbar.

Rah.

Sol der Auffbruch ſo ſchleunig geſchehen?

Kem.

Sie halten mirs zu gutte / daß meine Hoff - nung ungeduldig iſt.

Pen.

Zu tauſend guter Nacht meine liebſte Rahel.

Rah.

Sie reiſe gluͤcklich / und vergeſſe meiner nicht im hohen Stande.

Pen.

Sie bleiben ſaͤmtlich geſegnet / und erin - nern ſich jhrer beſtaͤndigen Nachbarin.

Kem.
(Wirfft den Schaͤfer-Stock von ſich.)

Hier liegt der Schafer / da iſt meine Princeßin.

(Geht ab.)
Pen.

So mag auch meine Schaͤferey hiermit be - ſchloſſen ſeyn.

(Wirfft den Stab von ſich.)
Ahim.
(Hebt des Printzen Stock auf.)

Ich ehre das Gedaͤchtnis eines verliebten Schaͤfers.

(Gehet ab.)
Bar.
(Hebt der Peninna Schaͤfer-Stock auf.)

Und ich ehre das Gedaͤchtnis einer verliebten Princeßin.

(Gehet ab.)
Lab. 233Heyrath.
Lab.

Und alſo verhindert uns nichts an unſerm Auffbruche nach der Stadt.

Jac.

Ich ſehe wol die Schaͤfer werden einem ſo geſegneten Walde jhr Muſicaliſches Recht nicht verſagen duͤrffen.

Chor der Schaͤfer und Schaͤferinnen.
I.
SInget nun auf beyden Choren;
Zweymahl iſt der Schmertz verlohren /
Zweymahl wird die Traurigkeit /
Durch die Liebes-Luſt erfreut.
II.
Jacob wird nun gluͤcklich wohnen /
Denn er theilt in zwey Perſonen
Seine treu-verbundne Bruſt;
Doch in unzertheilter Luſt.
III.
Ach was werden wir erfahren /
Wenn die Welt zu lauter Paaren /
Durch den angefangnen Schein /
Oftmahls wird vermehret ſeyn.
Wir haben die vorige Hochzeit verſtoͤret /
Ach kommet jhr Gaͤſte / was ſaͤumen wir viel?
Weil ſolches zu feſten Vertrauen gehoͤret:
So folget und foͤrdert das luſtige Spiel.
P 5Amal. 234Jacobs
Amal.

Hochgeſchaͤtzte Anweſende /

EBen anitzo iſt die geſampte Schaͤfer-Geſell - ſchafft im Begriffe jhren Laban zu der Hochzeit zu begleiten. Und weil dergeſtalt dieſer Platz noth - wendig muß verlaſſen werden / als habe ich den Be - fehl mit wenig Worten ein Merckmahl der ſchul - digen Danckbarkeit zu uͤberliefern. Es iſt nicht ohne / ich bin bißhero in Labans Hauſe ein ungluͤck - ſeliger / und alſo zu reden / ein unvergnuͤgter Hoch - zeit-Bitter geweſen. Allein jemehr die Hochge - neigte Gegenwart unſere geringe Invention durch allerhand beliebliche Zeichen ſecundirt hat / deſto mehr werde ich in dieſem Stuͤcke gluͤckſelig / und dar - bey auch vergnuͤgt ſeyn / weñ ich mit guten Effecte dieſes anbringen darff: Es wollen meine Hochge - ſchaͤtzte Zuſchauer mit der ſchlechten Auffwartung hochgeneigt / guͤnſtig / und freundlich vorlieb neh - men / und die vorgelauffenen Fehler dem ungeuͤbten Schaͤfer-Volcke dergeſtalt verzeihen / daß ſie noch kuͤnfftig die Ehre ſuchen moͤgen / in dero Dienſten zu leben / auch wils GOtt / den morgenden Tag die Guͤtigkeit erwarten duͤrffen / die Schaͤfer-Klei - der mit Fuͤrſtlichen und Politiſchen Auffzuͤgen zu verwechſeln. In ſolcher angenehmen Zuverſicht wil ſich das Haupt dieſer Geſellſchafft nebens allen Gliedern gebuͤhrend und gehorſam recommendirt, dieſelben auch allerſeits der geſegneten Obhut des guͤtigen und fruchtbaren Himmels befohlen haben.

235Heyrath.
(Indem dieſes geſungen wird / faͤllet die Scene zu.)
So wachſet jhr Felder im ſeligen Lichte /
Daß alles durch Segen befriediget ſey.
Befehlet dem Himmel die noͤthige Fruͤchte /
Der traͤget die Kraͤffte mit Freuden
herbey.

NB.

Numehr folgen die Melodeyen / welche wegen der vielen Stimmen und Inſtru - mente mitten in den Scenen ſo fuͤglich nicht kunten angebracht werden. Doch wird ſich der geneigte Leſer gefallen laſſen / daß im - mer eine Stimme nach der andern geſetzt wird: weil ſich vor eins das Format in Octavo ſonſten nicht ſchickt; und weil dar - nach die Muͤhe ſchlecht iſt / im Nothfall die Partheyen abzuſchreiben. Wer etwas von der Muſic verſtehet / wird ſchon ſehen / wie offtmahls ſtarcke Stuͤcke koͤnnen eingezo - gen werden. Und ſo viel von dieſem.

So -236Jacobs

Soprano 1. à 10. J. K.

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Lacht uns an jhr ſchoͤnen Wieſen / weil die

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Zeit mit Blumen ſpielt /: /:

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lacht uns an / biß jhr nach dieſen neben

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uns den Winter fuͤhlt / p.: /:

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ach freylich die Felder beginnen zu

la -237Heyrath.
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la = = chen da lebet und

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liebet die gantze Na = tur / weil Kraͤuter

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: /: und Thiere was luſtiges machen ſo

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finden wir Nymphen / ſo finden wir Nymphen

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: /: die froͤliche Spur / ſo

fin -238Jacobs
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finden wir Nymphen die froͤliche Spur.

Soprano 2.

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Ach freylich die Felder be -

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ginnen zu la = = chen da

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lebet und liebet die gantze Natur

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Weil Kraͤuter und Thiere was luſtiges

ma -239Heyrath.
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machen ſo finden wir Nymphen / ſo finden wir

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Nymphen: /: die froͤliche

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Spur / ſo finden wir Nymphen die froͤliche

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Spur.

Alto.

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Ach freylich die Felder be -

gin -240Jacobs
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ginnen zu la = = chen da le bet und

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liebet die gantze Natur / weil Kraͤuter und

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Thiere was luſtiges machen / ſo finden wir Nymphẽ

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ſo finden wir Nymphen: /:

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die froͤliche Spur / ſo finden wir

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Nymphen die froͤliche Spur.

Bif -241Heyrath.

Biffaro 1.

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Lacht uns an. Rittornello,

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Biffaro 2.

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Lacht uns an.

QTrom -242Jacobs
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Trombone 1.

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Lacht uns an.

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Trom -243Heyrath.

Trombone 2.

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Lacht uns an.

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Trombone 3.

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Lacht uns an.

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Q 2244Jacobs
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Tympani.

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Lacht uns an.

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245Heyrath.

Continuo.

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Lacht uns an.

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piano

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Q 3246Jacobs
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[figure]

piano

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Wenn247Heyrath.
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Wenn zwey Hertzen ſich verbinden / pag. 125. ab 11. Voc. Soprano. 1.

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Welchen

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eine Nymphe liebet / daß ſie Hand und Hertze

Q 4gie -248Jacobs
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giebet /: /:

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dieſem ſchicket unſer Chor man -

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ches Freuden-Lied empor / ſo wachſet jhr

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Beyde durch Leben und Liebe / verſorget die

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Guͤter vermehret das Hauß / das keine Ver -

wuͤ -249Heyrath.
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wuͤſtung die Freu de betruͤbe

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: /: ſo gehet das

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wuͤnſchen / das wuͤnſchen in Froͤligkeit aus /

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ſo gehet das wuͤnſchen in Froͤligkeit aus

[figure]

ſo gehet das wuͤnſchen in Froͤligkeit aus.

Q 5So -250Jacobs

Soprano 2.

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Welchen

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eine Nymphe liebet / das ſie Hand und Hertzer -

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giebet / dieſen ſchicket unſer Chor manches Freudẽ -

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Lied empor. So wachſet jhr Beyde durch

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Leben und Liebe ver = ſorget die

Guͤ -251Heyrath.
[figure]

Guͤter vermehret daß Hauß / das keine Ver

[figure]

wuͤſtung die Freude betruͤbe / ſo

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gehet das Wuͤnſchen das wuͤnſchen in Froͤligkeit

[figure]

aus / ſo gehet das Wuͤnſchen in Froͤlig keit

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aus. : /:

So -252Jacobs

Alto.

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Wenn zwey Hertzen ſich ver -

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binden / und die Sieges-Kraͤntze winden /

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: /: Ach ſo

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thut der Freunde Mund / ſolche Luſt und Liebe

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kunt. Welchen eine Nymphe liebet daß ſie

Hand253Heyrath.
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Hand und Hertz ergiebet / dieſen ſchicket unſer

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Chor manches Freuden-Lied empor. So

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wachſet jhr Beyde durch Leben und Liebe ver -

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ſor get die Guͤter vermehret das Hauß

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das keine Verwuͤſtung die Freude betruͤbe

ſo254Jacobs
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ſo gehet das wuͤnſchen in Froͤligkeit

[figure]

aus / in Froͤligkeit aus ſo gehet das wuͤnſchen in

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Froͤligkeit aus / ſo gehet das wuͤnſchen das

[figure]

wuͤnſchen in Froͤligkeit aus.

Tenore.

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Wenn zwey Hertzen

ſich255Heyrath.
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ſich verbinden und die Sieges-Kraͤntze winden

[figure]

Ach ſo thut der Freunde Mund / ſolche Luſt

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durch Liebe kunt. So wachſet jhr

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Beyde durch Leben und Liebe verſorget die Guͤ -

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ter vermehret das Hauß / das keine Ver -

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wuͤſtung die F[re]ude betruͤbe / ſo gehet das

wuͤn -256Jacobs
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wuͤnſchen: /: in Froͤligkeit

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aus / ſo gehet das wuͤnſchen das wuͤnſchen in

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Froͤligkeit aus.

Baſſo.

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Wenn zwey Hertzen

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ſich verbinden / und die Sieges-Kraͤntze winden /

ach257Heyrath.
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ach ſo thut der Freunde Mund / ſolche Luſt durch

[figure]

Liebe kunt. So wachſet jhr

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Beyde durch Leben und Liebe / verſorget die Guͤ -

[figure]

ter vermehret das Hauß. Das keine Ver -

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wuͤſtung die Freude betruͤbe / ſo

Rgehet258Jacobs
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gehet das wuͤnſchen das wuͤnſchen in Froͤligkeit

[figure]

aus / ſo gehet das wuͤnſchen das wuͤnſchen in

[figure]

Froͤligkeit aus.

Violino 1.

Adagio.

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Simfonia.

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259Heyrath.
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Aria. Wenn zwey Hertzen

R 2260Jacobs
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261Heyrath.
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Violino 2.

Adagio.

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Sinfonia.

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R 3262Jacobs
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Aria. Wenn zwey

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Hertzen

263Heyrath.
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piano

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R 4264Jacobs
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Viola 1.

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Sonata.

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265Heyrath.
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266Jacobs
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267Heyrath.

Viola 2.

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Sonata.

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268Jacobs
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270[269]Heyrath.
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Fagotto.

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Sonata.

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270Jacobs
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271Heyrath.
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Continuo.

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272Jacobs
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273Heyrath.
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Rittornello.

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S274Jacobs
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275Heyrath.
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Solo Tutti

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S 2Chor276Jacobs

Chor der Schaͤferinnen p. 165. â 3. Voc. Sopran. 1.

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Ihr Schaͤferinnen komt herein und Sie nimt von uns / ꝛc.

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bringt den ſchoͤnen Baum zum Pfande / die

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Braut wil in dem neuen Stande / durch

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unſer Lied ge gruͤſſet ge - =

gruͤſ -277Heyrath.
[figure]

gruͤſ = ſet ſeyn wie gruͤnende Baͤume wie

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lu ſtige Meyen ſo muͤſſen nun Jacob

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: /: und Rahel gedeyen.

Soprano 2.

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Ihr Schaͤferinnen komt herein und

[figure]

bringt den ſchoͤnen Baum zum Pfande die

[figure]

Braut wil in dem neuen Stande durch unſer

S 3Lied278Jacobs
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Lied / durch un ſer Lied ge gruͤſſet

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ſeyn / wie gruͤnen de Baͤume wie luſtige

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Meyen ſo muͤſſen ſich Jacob: /: und

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Rahel erfreuen.

Alto.

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Ihr Schaͤferinnen komt herein und Sie nimt von uns nun ꝛc

und279Heyrath.
[figure]

bringt |den |ſchoͤnen Baum zum Pfande die

[figure]

Braut wil in dem neuen Stande durch un -

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ſer Lied durch un ſer Lied ge gruͤſſet

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ſeyn / wie gruͤnende Baͤume wie luſtige Meyen ſo

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muͤſſen nun Jacob: /: und

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Rahel gedeyen.

280Jacobs

Ach Jacob bleib im Lande / pag. 202. ab 11. Voc. Soprano 1.

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Ach Jacob bleib im Lande GOtt

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wird in deinem Stande: /:

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GOtt wird in deinem Stande dir

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noch ſo viel beſcheren: /:

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: /:: /:

281Heyrath.
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dich redlich zu erneh = =

[figure]

ren zu ernehren dich redlich zu er -

[figure]

neh = = ren dich redlich zu er -

[figure]

nehren dich redlich zu ernehren zu erneh =

[figure]

= ren zu ernehren zu

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ernehren.

: S 5So -282Jacobs

Soprano 2.

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Ach Jacob bleibt im Lande / GOtt wird in

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deinem Stande: /:: /:

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dir noch ſo viel be -

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ſchehren /: /:: /:

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: /: dich redlich zu er -

ren283Heyrath.
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neh = =

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ren zu ernehren dich redlich zu ernehren

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: / dich redlich zu er -

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neh = ren dich redlich zu er -

[figure]

nehren zu ernehren zu erneh =

[figure]

ren zu ernehren.

284Jacobs

Alto.

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Ach Jacob bleib im Lande / GOtt

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wird in deinem Stande: /:: /:

[figure]

dir noch ſo viel beſchehren

[figure]

: /:: /:

[figure]

: /: dich redlich zu erneh =

ren285Heyrath.
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= ren zu erneh =

[figure]

= ren dich redlich zu ernehren

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dich redlich zu ernehren dich redlich zu er -

[figure]

neh ren zu ernehren

Tenore.

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Ach Jacob bleib im Lande GOtt wird in

dei -286Jacobs
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deinem Stande: /:: /:

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: / dir noch ſo viel beſchehren

[figure]

: /:: /:

[figure]

: /: dich redlich zu er -

[figure]

neh = = ren zu erneh -

[figure]

ren zu ernehren dich redlich

er -287Heyrath.
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zu erneh = =

[figure]

ren dich redlich zu ernehren zu er nehren.

Baſſo.

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Ach Jacob bleib im Lande Gott wird in deinẽ

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Stande: /:: /:

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dir noch ſo viel beſcheren: /:

288Jacobs
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: /:

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: /: dich redlich zu er

[figure]

neh = =

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= ren zu ernehren dich

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redlich zu erneh = =

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= = ren zu ernehren.

289Heyrath.

Violino 1.

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Ach Jacob.

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T290Jacobs
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Violino 2.

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Ach Jacob.

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291Heyrath.
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T 2Vio -292Jacobs

Viola 1.

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Ach Jacob.

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293Heyrath.
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Viola 2.

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Ach Jacob.

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T 3294Jacobs
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Fagotto.

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Ach Jacob.

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295Heyrath.
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T 4Con -296Jacobs

Continuo.

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Ach Jacob

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297Heyrath.
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298Jacobs

Singet nun aufbeyden Choren / pag. 133 â 12. Voc. Sopran. 1.

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Singet nun auf beyden Choren ſinget nun

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: /: auf beyden Choren zweymahl iſt der

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Schmertz verlohren: /:

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zweymahl wird die Traurigkeit durch die

Lie -299Heyrath.
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Liebes-Luſt erfreu /: /:

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: /: durch die Lie -

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Wir haben die vorige Hochzeit ver -

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ſtoͤret / ach kommet jhr Gaͤſte was ſaͤumen wir

viel300Jacobs

Sole.

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viel / weil ſolches zu feſten Ver trau en

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ge hoͤret / ſo fol get und foͤr dert

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das luſtige Spiel / weil ſolches zu feſten Ver -

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trau en gehoͤret ſo fol get und foͤrdet das

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luſtige Spiel.

So -301Heyrath.

Soprano 2.

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Singet nun auf beyden Choren ſinget

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nun: /: auf beyden Choren / zweymahl iſt

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der Schmertz verlohren: /:

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Zweymahl wird die Traurigkeit durch die Lie -

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bes-Luſt erfreut. : /:

durch302Jacobs
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: /: durch die Liebes-Luſt erfreut.

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Wir haben die vorige Hochzeit ver -

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ſtoͤret ach kommet jhr Gaͤſte was ſaͤumen wir

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viel / weil ſolches zu feſten Vertrauen ge -

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hoͤret ſo folget und foͤrdert das luſtige Spiel.

Al -303Heyrath.

Alto.

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Singet nun auf beyden Choren ſinget

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nun: /: auf beyden Choren zweymahl iſt der

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Schmertz verlohren: /:

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zweymahl wird die Traurigkeit durch die

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Liebes-Luſt erfreut /: /:

durch304Jacobs
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durch die Liebes -

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Luſt erfreut. Wir haben die

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vorige Hochzeit verſtoͤret / ach kommet jhr

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Gaͤſte was ſaͤumen wir viel / weil

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ſolches zu feſten Vertrau en gehoͤret ſo

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folget und foͤrdert das luſtige Spiel.

305Heyrath.

Tenore.

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Singet nun auf beyden Choren: /:

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zweymahl iſt der Schmertz ver -

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lohren: /: zweymahl

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wird die Traurigkeit durch die Liebes-Luſt erfreut

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: /:: /:

Udurch306Jacobs
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durch die Liebes-Luſt erfreut.

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Wir haben die vorige Hochzeit ver -

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ſtoͤret / ach kommet jhr Gaͤſte was ſaͤumen wir

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viel / weil ſolches zu feſten Vertrauen ge -

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hoͤret ſo folget und foͤrdert das luſtige Spiel.

Baſ -307Heyrath.

Baſſo.

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Singet nun auf beyden Choren: /:

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zweymahl iſt der Schmertz ver -

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lohren: /: zweymahl

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wird die Traurigkeit durch die Liebes-Luſt erfreut

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durch die Liebes-Luſt erfreut /: /:

U 2durch308Jacobs
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durch die Liebes-Luſt erfreut. Wir

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haben die vorige Hochzeit verſtoͤret ach

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kommet jhr Gaͤſte was ſaͤumen wir viel

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weil ſolches zu feſten Vertrauen ge -

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hoͤret ſo folget und foͤrdert das luſtige Spiel.

Bif -309Heyrath.

Biffaro 1.

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Singet nun.

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U 3310Jacobs
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Biffaro 2.

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Singet nun.

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311Heyrath.
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Trombone 1.

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U 4312Jacobs
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Trombone 2.

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313Heyrath.
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Trombone groſſo.

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314Jacobs
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Tympani.

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315Heyrath.
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Continuo.

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Singet nun auf beyden Choren.

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316Jacobs
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Wir haben.

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317Heyrath.
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Ge -

Geliebter Leſer.

ALldieweil uͤber Vermuthen hier etliche Blaͤtter ledig verbleiben / ſo habe ich nur dieſes erinnern wol - len / daß man ſich nicht aͤrgern duͤrf - te / wenn der Hiſtorie dergleichen Um - ſtaͤnde angedichtet werden / welche ſich weder aus der Bibel / noch aus andern Buͤchern koͤnnen beweiſen laſ - ſen. Zum Exempel ich gebe es vor keine Warheit aus / ob Rahel einen andern Liebſten gehabt / ob ſich La - bans Kinder der Heyrath wiederſe - tzet / ob ein Engel mit einer ſolchen Bothſchafft erſchienen iſt / u. d. g. Doch die Freyheit eines Gedichtes bringet es ſo mit / daß man das jeni - ge nach Gefallen ſuppliret, welches bey dem Geſchichtſchreiber / als unnoͤthig ausgelaſſen worden. Denn die Action muß vollkommen ſeyn / und muß jhre Affecten, jhre Intrigven, und endlich jh -renren unverhofften Ausgang haben: Alſo / was moͤglich iſt / und was oh - ne ſcheinbare Abſurdität haͤtte darbey geſchehen koͤnnen / das mag man un - gehindert einmiſchen / oder man muͤ - ſte ſolche Hiſtorien gar liegen laſſen. Gnung daß die rechte Begebenheit an ſich ſelber keinen Abgang leidet / und daß verhoffentlich auch das ge - ringſte wird ſeyn behalten worden. Ein anders iſt bey der nachfolgen - den Tragœdie vom Maſaniello geſchehn: Den da haben ſich ſo viel Hiſtorici daruͤber gemacht / daß auch die ge - ringſten Minutiæ nicht vergeſſen wor - den / darbey man numehr ſorgen muͤ - ſte / was man ſetzen oder auslaſſen ſolte. Allein dergleichen Exempel finden ſich nicht allenthalben / und es bleibt darbey / wer ſich in dieſem Stuͤck wil ſehen laſſen / der muß nach Anleitung des Griechiſchen Woͤrt - gens〈…〉〈…〉, das iſt dichten / und ausnichtsnichts etwas machen koͤnnen. Sol - te ins kuͤnfftige der verfolgte David aufgefuͤhret werden / bey dem wuͤrden viel fremde Gedichte nicht von noͤ - then ſeyn / wie etwan bißhero der Jephtha / der Abraham / und anitzo der Jacob erfodert haben: Alldie - weil auch dieſe Hiſtorie durch viel Capitel nach allen Umſtaͤnden erzeh - let wird. Immittelſt verbleibe zu GOttes Gnaden Obhut / ſo dann auch zu einen geneigten Judicio uͤber ſolche Zeit-vertreibende Sachen gebuͤhrender maſſen be - fohlen.

[figure]
[1]

Trauer-Spiel Von dem Neapolitaniſchen Haupt-Rebellen MASANI - ELLO, prœſentiret in Zittau / Den 11. Febr. M DC LXXXII.

[2]

Innhalt.

NEapolis die Haupt-Stadt jhres Koͤnig reichs ward mit unertraͤglichen Zoͤllen der - geſtalt beſchweret / daß endlich der gemeine P[ö -]fel / dem das Brod zu theuer ward / unter ſol - cher Laſt zu ſeuffzen anfieng. Dieſer Gelegen - heit bedienete ſich ein verweg[e]ner Fiſcher Tho - mas Agnello, oder nach der gemeinen Auß - ſprache Maſaniello, und da er ſonſt ein ſchlech - ter obſcurer Menſch war / trieb er die Sache gleichwol ſo weit / daß er die gantze Buͤrger - ſchafft auf ſeine Seite brachte / die Pallaͤſte der Vornehmen Bedienten zerſtoͤrete / und als ein abſoluter Monarch das Generalat uͤber mehr als 150000. Perſonen behauptete. Es waͤre - te aber wenig Tage / ſo brachte jhn die conti - nuirliche Arbeit erſtlich zu einer Thorheit / her - nach zu einer Raſerey / darinnn er von etlichen Edelleuten mit vielfaͤltigen Kugeln erleget ward. Alſo kam ſo wohl der Vice-Roy und die Geiſt - ligkeit / als vornehmlich die gantze Nobleſſe aus der euſerſten Furcht / und endigte ſich das zehn-taͤgichte Ungewitter / ehe man den Anfang deſſen an den Koͤnig in Hiſpanien hatte berich - ten koͤnnen.

Per -[3]

Perſonen. An ſtatt des Vorredners.

  • 1. Zwey Tenoriſten.
  • 2.
  • 3. Rhoderigo Hertzog von Arcos Vice-Roy in Neapolis.
  • 4. Leoniſſe deſſen Gemahlin.
  • 5. Celinde deſſen Tochter.
  • 6. Arcos deſſen Sohn.
  • 7. Caraffa Hertzog.
  • 8. Matelone deſſen Bruder.
  • 9. Ferrante) Hertzog von Caracciolo zwene Bruͤder.
  • 10. Carlo)
  • 11. Roccella Ein Hertzog.
  • 12. Torrecuſo Ein Marggraff.
  • 13. Lubrano) zwey junge Grafen.
  • 14. Converlano)
  • 15. Banca) Graͤfliche Fraͤulein.
  • 16. Roſſana)
  • 17. Flavia)
  • 18. Marina)
  • 19. Anaclerio der Hauptmann auff dem Marckte.
  • 20. Donato des Reichs Secretarius.
  • 21. Proſpero der Schloß-Hauptmann.
  • A 222. Sal -[4]
  • 22. Salvador) Edelleute von Neapolis.
  • 23. Angelo)
  • 24. Laudato)
  • 25. Riſtaldi)
  • 26. Afflitto)
  • 27. Sarpi)
  • 28. Philomarini Cardinal und Ertz-Biſchoff zu Neapolis.
  • 29. Ghirardini des Ertz-Biſchoff Hofmeiſter.
  • 30. Roſſi deſſen Beichtvater.
  • 31. Bonavita) Muͤnche.
  • 32. Xaverio)
  • 33. Domenico)
  • 34. Franceſco)
  • 35. Paolo Ein Prieſter.
  • 36. Flavio) Buͤrger in Neapolis.
  • 37. Roberto)
  • 38. Titta)
  • 39. Celio)
  • 40. Elſa) Ihre Weiber.
  • 41. Laura)
  • 42. Rubina)
  • 43. Felice) Ihre Soͤhne.
  • 44. Calderino)
  • 45. Giovanni)
  • 46. Giulio)
  • 47. Girolomo Ein Kauffmann.
  • 48. Pic -[5]
  • 48. Piccolo Ein Becker.
  • 49. Masaniello das Haupt der Rebellion.
  • 50 Mattheo deſſen Bruder.
  • 51. Villanella deſſen Mutter.
  • 52. Pasqvella Maſaniello Frau.
  • 53. Zeppa Mattheo Frau.
  • 54. Formaggio ein Kaͤſe Kraͤmer / Maſani - ello Schwager.
  • 55. Geonino ein rebelliſcher Pfaffe.
  • 56. Arpaja des Maſaniello Rath.
  • 57. Vitale deſſen Secretarius.
  • 58. Peronne ein Bandit, deſſen Oberſter.
  • 59. Piccone) Banditen auf des Maſa - niello Seite.
  • 60. Bravo)
  • 61. Furfante)
  • 62. Neri) Soldaten.
  • 63. Bruno)
  • 64. Saldo.)
  • 65. Tamburino ein Drommelſchlaͤger.
  • 66. Antimo) Banditen wieder den Maſa - niello.
  • 67. Bizarro)
  • 68. Corraggio)
  • 69. Truffaldino ein Banditen-Knecht.
  • 70. Bardaſſa eine gemeine Dirne / mit den Banditen bekant.
  • 71. Pinto) zwey Fiſcher.
  • 72. Baldo)
  • A a 373. Buf -[6]
  • 73. Buffone) Bauren.
  • 74. Lurcone)
  • 75. Poltrono)
  • 76. Pazzo) Zimmer-Knechte.
  • 77. Matto)
  • 78. Allegro des Vice-Roy kurtzwelliger Diener.
  • 79. Etliche ſtumme Buͤrger.
  • 80. Stumme Bauren.
  • 81. Kleine Neapolitanifche Kinder.
  • 82. Kleine Narren in Allegro Compagnie.
[figure]
An[7]

An ſtatt des Vorredners kom - men zwey Tenoriſten. I.

1. & 2. Ten.
SO ſcheinet heute neues Gluͤcke /
Das Geſtern wunder-guͤnſtig war:
Ach ja wir gruͤſſen dieſe Blicke /
Und ſtellen uns zum Dancke dar.
1. Ten.
Sie lieben / was nach Tugend ſchmecket /
2. Ten.
Und ſehn / was uns gelehrter macht.
1. Ten.
Weil dieſes manchen Geiſt erwecket:
2. Ten.
So wirds nicht allerdings veracht.
1. Ten.
Wil ſich die Kurtzweil untermiſchen /
2. Ten.
So bricht ſie nicht die Erbarkeit.
A a 41. Ten. 8Der Haupt-Rebelle
1. Ten.
Vielmehr kan ſie den Fleiß erfriſchen.
2. Ten.
Drum lachet zu der rechten Zeit.
Chorus.
Was helffen die rauhen und harten Geberden?
Ein froͤlicher Wechſel der machet gelehrt.
Und welche durch Spielen befriediget werden /
Die werden im Fleiſſe mit Segen verehrt.

II.

1. & 2. Ten.
Wiewol die Jugend muß ſich ſchaͤmen /
Wenn ſie Politiſch reden wil;
Man ſol ein niedrig Merckmahl nehmen /
So lachet auch ein beſſer Ziel.
1. Ten.
Hier trotzt ein Fiſcher ſeinen Herren:
2. Ten.
Ein Vice-Re entſetzet ſich.
1. Ten.
Ein Knecht kan eine Stadt verſperren;
2. Ten.
Der Adel fuͤhlt den Hertzens-Stich.
1. Ten. 9MASANIELLO.
1. Ten.
Jedoch am Ende wird gewieſen /
2. Ten.
Wie Recht und Macht den Platz behaͤlt.
1. Ten.
Die Tugend wird zu letzt geprieſen.
2. Ten.
Ach ſelig / wem der Sieg gefaͤllt.
Chorus.
Drum oͤffnet die Augen / verſchlieſſet die Zungen /
Und ſtralet mit einer beſtaͤndigen Gunſt.
So werden die bloͤden Gemuͤther gezwungen /
Und opfern ſich ſelbſten in danckbarer Brunſt.

Erſter Handlung

Erſter Aufftrit.

Roderigo, Leoniſſe.
Rod.

ES iſt eine Furcht / die von Weiblicher Schwachheit entſtehet. Wer ſeinen Halß ein - mahl der Regiments-Laſt unterworffen hat / der muß ein ſolches Ungewitter verachten koͤnnen.

A a 5Leon. 10Der Haupt-Rebelle.
Leon.

Ich wolte wuͤnſchen / daß meine Furcht aus Weiblicher Schwachheit entſtanden waͤre; allein / ich hoͤre ſolche Zeitung / daruͤber ich vor Angſt zerſpringen moͤchte: ach wer wil dem raſen - den Volcke wiederſtehen! Iſt uns und unſerer Familie der ungluͤckſelige Tod zu Neapolis beſtimt / und ſollen wir das jenige / was andere verſchuldet haben / mit unſerm Blute buͤſſen?

Rod.

Ihr Liebden beſchaͤmen mich mit der un - zeitigen Furcht.

Leon.

Ihr Liebden halten mir es zu Gnaden / daß ich ſpreche / die Furcht ſey etwas langſam: Ach! ich ſehe mein Verderben ſchon vor Augen! und weil doch ſo viel hundert tauſend Menſchen nach unſerm Blute durſtig ſind / ſo gebe doch der barmhertzige Himmel / daß ich zu erſt einen toͤdlichen Stoß be - kommen moͤge / ehe ich den Tod meiner hertzliebſten Kinder / und ſo denn auch das euſerſte Ungluͤck mei - nes Hertzgeliebteſten Ehe-Gemahls anſchauen muͤſſe.

Rod.

Wie hat doch die eitele Einbildung ſo ei - ne maͤchtige Operation, daß man dem Tode ent - gegen lauffen wil / wenn man noch gute Gelegen - heit zum Leben hat.

Leon.

Ich ſehe bey dem gegenwaͤrtigen Zuſtan - de nichts / als einen geſchwinden Tod / oder ein dienſtbares Leben. Nun weiß ich wohl / wie mein Stand / meine Ehre und meine inbruͤnſtige Liebe ge - gen den Hertzgeliebteſten Ehegemahl aus zweyen Ubeln das geringſte erwehlen ſol.

Rod. 11MASANIELLO.
Rod.

Der Auf-ſtand wird nicht ſo gefaͤhrlich ſeyn / und wenn es zum euſerſten komt / ſo wird dem Volcke viel verſprochen / das man hernach deſto weniger halten darff.

Leon.

Eben dieſes beſorge ich / das Volck wer - de ſich ins kuͤnfftige mit ſolchen Verſprechungen nicht abweiſen laſſen. Es iſt wahr / wir haben un - fern Leuthen zu viel nachgeſehen; wir haben dem Volcke manche unnoͤthige Laſt auf dem Ruͤcken ge - laſſen / nun wird die Rache zugleich auf uns herein - ſtuͤrmen / und ſo werden wir ſo wohl die eigene / als die fremde Schuld ertragen muͤſſen.

Rod.

Mein allergnaͤdigſter Koͤnig hat mir eine Autorität beygelegt / welche kein Sclaviſches Lum - pen Geſinde zweifelhafftig machen ſol. Ich bin des Adels verſichert / welcher mich nimmermehr ver - laſſen wird: So hab ich vier Theile von der Stadt: wer fragt nach dem fuͤnfften Theile / der aus ge - ringſchaͤtziger Canaille beſtehet?

Leon.

Deſto ſchlimmer iſt es vor uns / wenn uns die Canaille ſo weit bringt / daß wir von derſelben Gnade bitten muͤſſen.

Rod.

Ich ſehe wohl / die Furcht iſt eine Kranck - heit / die ſich ſo bald nicht vertreiben laͤſt. Wir haben das neue Caſtell in der Naͤhe / jhre Liebden machen ſich bereit / daß ſie mit den furchtſamen Perſonen daſelbſt verwahret werden.

Leon.

Auch dieſer Platz wird uns zu keiner ſte - ten Sicherheit dienlich ſeyn: Doch wo das Waſ -ſer12Der Haupt-Rebelleſer ſchon biß an die Seele gehet / da muͤſſen die naͤ - heſten und die moͤglichſten Mittel die beſten ſeyn.

Rob.

Die Mittel ſind zulaͤnglicht.

(Loniſſe gehet ab.)

Doch was bringet unſer Marckt-Hauptmann?

Erſter Handlung

Anderer Aufftrit.

Roderigo, Anaclerio.
Anacl.

Ihr Excellentz halten mir es zu Gna - den / daß ich ſo unverſchaͤmt herein gehe: Ich be - gehre meines Amptes erlaſſen zu ſeyn.

Rod.

Und warum dieſes? ſind unſere Dienſte nunmehr zu geringe / daß ſie euch nicht weiter ver - gnuͤgen koͤnnen?

Anacl.

Wo der Reſpect und der Gehorſam ge - fallen iſt / da wird ein Hauptmann auf dem Marck - te nicht weiter von noͤthen ſeyn. Ich habe vor wenig Tagen Spott und Verdruß genung em - pfinden muͤſſen / als mich die kleinen Knaben mit faulen Aepffeln / Feigen und Pflaumen von dem Marckte weg ſteinigten / alſo daß ich die Fruͤchte nothwendig ohne Zoll muſte paſſiren laſſen: Ach! nun muß ich etwas erfahren / dagegen ich viel zu - ſchwach bin. Denn die Zollhuͤtten ſtehen allent - halben in lichter Flammen / die Rechnungen wer -den13MASANIELLO. den zuriſſen / und wo ein Hauffen Buͤrger beyſam - men ſtehen / ſo iſt dieſes die Loſung: GOtt gebe dem Koͤnige in Spanien langes Leben / und das boͤſe Regiment hole der Teuffel.

Rod.

Es iſt eine Wolcke / die bald verſchwinden wird. Wo die Rebellion kein Haupt erwehlen kan / da iſt an dem gluͤcklichen Wiederſtande nicht zu zweiffeln.

Anacl.

Ach das Ungluͤck hat ſchon ein Haupt gefunden / der verfluchte Nahme Maſaniello, wel - cher allbereit vor hundert Jahren ein leichtferti - ges Gedaͤchtnis in dieſer Stadt erworben hat / wil nunmehr wieder lebendig werden.

Rod.

Ich kenne keinen Fuͤrſten / der Maſaniel - lo heiſt.

Anacl.

Ihr Exellentz / es iſt kein Fuͤrſt / aber er iſt ein Fiſcher / der ſich ruͤhmt / er wolle den Fuͤrſten die Haͤlſe brechen. Er hat unlaͤngſt ein Poſſen - Spiel mit Kindern angefangen / welche die wohl - feyle Zeit in der Stadt ausruffen ſolten. Nun ſte - het er auff dem Marckte gleich als ein Qvackſalber auff einen erhabenen Tiſche / und wil das geſamte Volck bereden; gleich wie Petrus der Fiſcher die Stadt Rom aus der Geiſtlichen Dienſtbarkeit ge - riſſen hat: alſo wolte er als ein Fiſcher die beruͤhm - te Stadt Neapolis von der unertraͤglichen Dienſt - barkeit befreyen.

Rod.

Eine eitele Vergleichung / davor ſein boß - hafftiger Hals an dem Galgen ſol belohnet werden.

Anacl. 14Der Haupt-Rebelle
Anacl.

Ich muthmaſſe wohl / daß er einen un - gluͤckſeligen Ausgang zuerwarten hat / indeſſen kan ich nicht beſchreiben / was er vor Macht in ſeinen Reden gebraucht / und wie das Volck uͤber ſeiner unverhofften Kuͤhnheit gleichſam entzuͤcket wird.

Rod.

Unſre Mußqvetirer ſollen dieſer Entzuͤ - ckung gar bald abhelffliche Maſſe geben.

Anacl.

Die Gegenverfaſſung wird ſehr ge - ſchwinde von noͤthen ſeyn / weil die Raſerey noch den bloſſen Marckt eingenommen hat; wo ſie Zeit gewinnet / biß das Gifft auch in andern Gaſſen ſei - ne Operation ausbreitet / ſo werden die treueſten Diener das wenigſte verrichten koͤnnen.

Rod.

So geht demnach / bringet unſre Ordre an die ſaͤmbtlichen Hauptleute / daß ſie auff jhren Poſten parat ſtehen / wenn man auf den Nothfall zu einer ſchleunigen Gegenwehr greiffen muͤſte.

Anacl.

Ich bin gehorſam.

(Geht ab.)

Erſter Handlung

Dritter Aufftrit.

Rod.
Rod.

So muß eine Regiments-Perſon ſein Hertz in der Gewalt haben / und was er innerlich gedencket / daſſelbe muß er von auſſen verbergen. Ich15MASANIELLO. Ich ſehe wohl / was vor ein Ungewitter uͤber die - ſe Stadt aufziehen wil / und was der Marggraff von Velez in Sicilien hat erfahren muͤſſen / ſolches moͤchte mir auch durch eine verwirꝛte Tragœdie be - gegnen. Allein je beſorlicher die Sache ſcheinet / deſto hertzhafftiger muͤſſen meine Anſchlaͤge ſeyn / weil ich ſonſt meine getreueſten Freunde verliehren / und vielleicht bey der allgemeinen Furcht jhre Par - tie meinen Widerſachern zufuͤhren moͤchte. Wie - wohl ich habe nichts verſpielet: die guten Worte und die liebreichen Verſprechungen ſind bey mir zu gewiſſer Zeit gar wohlfeil.

Ferr.
(Komt gelauffen.)

Ihr Exellentz werden um dero eigenen Wohlfarth willen gebeten / des Ungluͤcks in dieſem Pallaſte nicht zuerwarten. Ein verdamter Fiſcher-Knecht unternimt ſich einer That / daruͤber gantz Neapo - lis zu einem Steinhauffen werden moͤchte.

Rod.

Es iſt mir ſchon geſagt worden / daß ein naͤrriſcher Fiſcher-Bube durch ungeſchickte Reden den Strang verdienen wil: vielleicht eh dieſer Tag vergehet / ſo kan jhm nach ſeinen Willen geſchehen.

Ferr.

Immittels wolle ſich jhr Excellentz der[o]hohen Perſon verſichern. Es iſt dem unbaͤndigen Geſinde gar ein leichtes / ſo geht der gantze Sturm auff den Pallaſt dergeſtalt loß / dabey wir alle das euſerſte Ungluͤck erwarten muͤſten.

Rod.

Die Soldaten haben ſchon jhre Ordre,daß16Der Haupt-Rebelledaß wir einen Anlauff wohl aushalten koͤnnen. Es ſtuͤnde mir auch uͤbel an / aus der Stadt in ein Ca - ſtel zuweichen / da mein Befehl und meine Gegen - wart noch das meiſte operiren muͤſſen.

Ferr.

Die Sonne operiret von dem Firmament biß in die Unter-Welt: Und ein Vice-Roy kan von dem neuen Caſtel ſeine Gegenwart biß in die Stadt bekant machen.

Rod.

Unterdeſſen wuͤrde doch unſere Flucht den Poͤbel kuͤhne machen. Wer mitten in der Gefahr ſtandhafftig iſt / der bringet den Feind erſtlich in Verwunderung / hernach in einen Zweifel / endlich in eine Furcht / daß er ſich der angefangenen Fre - velthat nicht unbillich ſchaͤmen mus.

Ferr.

Die Urſachen ſind ſo wichtig / daß ich Be - dencken trage / das geringſte darwieder einzuwen - den. Aber wenn die ſchwachen Perſonen dieſes Pallaſtes / Ihr Excellentz verſtehen / wen ich mei - ne / bey Zeiten auf das Caſtell gebracht wuͤrden / ſo moͤchte ſolches wol zu entſchuldigen ſeyn.

Rod.

Die Anordnung iſt allbereit gemacht: wir wollen ſehen / daß die Gefahr durch keinen Verzug gehaͤuffet werde / und jhr Fuͤrſt Ferrante werdet mich nicht verlaſſen.

(Geht ab.)
Ferr.

Was wil ich thun? der Vice-Roy verach - tet die Gefahr / er trotzet auf ſeine Autorität, alſo wil er den Pallaſt nicht verlaſſen / das heiſt / er wilſich17MASANIELLO. ſich und ſeine Freunde dem Tode gleichſam zu ei - nem Opffer entgegen fuͤhren.

Erſter Handlung

Vierdter Aufftrit.

Allegro, Roccella, Torrecuſo.
(Allegro, hat einen groſſen Hopff-Sack uͤber ſich genommen / koͤmt damit heraus / ſchreyet und zieret ſich gar wunderlich / biß die andern heraus kommen.)
Roc.

Was hat dieſer Auffzug zubedeuten / mich duͤnckt / die Verraͤtherey wil in den Pallaſt herein dringen / ehe ſich die hohen Perſonen in Sicher - heit begeben koͤnnen.

Torr.

Wenn es in der Nacht einem furchtſamen Menſchen begegnete / ſo wuͤrde er das Creutze vor ſich ſchlagen; denn es ſiehet einen Geſpenſte nicht unaͤhnlich.

Rocc.

Ich wil gleichwol darhinter kommen / was der unzeitige Muthwillen zubedeuten hat.

Torr.

Dieſe Larve wird ſich bald abziehen laſſen.

(Sie ziehen jhm den Sack uͤber den Kopff weg.)
Rocc.

Ehrvergeßner Ertz-Bube / haſtu noch ZeitB bſol -18Der Haupt-Rebelleſolche Poſſen anzufangen / da es immer an Die - nern gebrechen wil / welche das Einpacken beſchleu - nigen: Welche mir aus dem Geſichte / oder ich wil dich tractiren als einen Rebellen.

Alleg.

Ach! wie ſol ich das verſtehen? Ein Ehr - licher Kerl wird gleichwol in ſeinen Amts - und Be - ruffs-Wegen nicht ſo tractiret.

Torr.

Ein ſchoͤner Beruffs-Weg / der in den Sack hinein geht. Wir haͤtten die Wege beſſer finden wollen / wenn der Sack mit dem unnuͤtzen Fleiſche waͤre in das Waſſer geſchicket worden.

Rocc.

Wer dich beruffen hat / der ſol dir auch lohnen: Aber was bedeutet dieſer Sack?

Alleg.

Er gehoͤret vor unſern Vice-Roy, denn ich hoͤre / es wird ſehr viel Geld von den neuen Zoͤl - len einkommen; wenn nun etwan der liebe Mann nicht wuͤſte / wo er alles ſolte hinthun / ſo wolt ich jhm mit dem Sacke aushelffen.

Rocc.

Hoͤhniſcher Bube / dieſe Invention ſtincket nach einem Rebellen. Weiſtu auch / daß man der - gleichen Worte mit dem Strange zubezahlen pfle - get?

Alleg.

Herr habt jhr einen Strick uͤberley / ſo moͤgt jhr den Sack mit zubinden / wenn das Geld darinnen iſt.

Rocc.

Ich ſchone dieſes heiligen Ortes / ſonſt waͤre deine Boßheit ſchon geſtraffet worden.

(Er ſtellt ſich als wolt er jhn ſchlagen.)
Al -19MASANIELLO.
Alleg.
(Wickelt ſich poßierlich in den Sack.)

Herr / da ſteh ich: der Sack ſoll mich Stahleyſen - ſeſte machen: Denn ich habe ſchon ſo viel Millio - nen Ducaten darinnen / als ihr Herren allzuſam - men in Gedancken erwuchert habt: ehe ihr mich trefft / ſo muͤſt jhr 100000. Ducaten durchſtoſſen.

Rocc.

Nun merck ich erſt / daß du raſende biſt.

Alleg.

Und ich mercke / daß jhr nunmehr klug ſeyd: Ach wer das Werck mit den hohen Zoͤllen et - was niedriger geſpannet haͤtte / der duͤrffte ſich nicht in das Caſtell / als wie eine arme Beſtie in jhr Fuchsloch verkriechen.

Rocc.

Du hoͤreſt noch nicht auf hohe Perſo - nen zu beſchimpffen.

Alleg.

Ich wil einmahl reden als ein Philoſo - phus. Die Tugend beſchimpffet niemanden / atqvi & ſic conſeqventer: Die Warheit iſt eine Tugend. Ergo ergius ergiſſimè ſo beſchimpffet meine War - heit niemanden. Concedo totum argumentum.

Rocc.

Der Kerl iſt beſeſſen: Ein Außlaͤndiſcher Geiſt redet fremde Sprachen aus jhm.

Torr.

In den Sack geſteckt / und an Ketten ge - ſchloſſen das wird die beſte Cur ſeyn.

Alleg.

Legt euer Geld an Ketten / das jhr ins kuͤnfftige haben ſolt / es moͤchte ſonſt ſo viel Beine kriegen / als Perſonen in Neapolis ſind. DochB b 2wenn20Der Haupt-Rebellewenn ich keinen Danck davon kriege / ſo kan ich den Sack wohl wider aufheben.

(Er wirfft den Sack hinein / und bleibt auf der Seite ſtehen.)

Erſter Handlung

Fuͤnffter Auftrit.

Celinde und die Vorigen.
Cel.

Mein Hertzog / wo er nichts vergeſſen hat / ſo werden wir uns bald aufmachen.

Roc.

Meine Gebieterin / wofern ich die Ehre habe / die wunderſchoͤne Celinde zubegleiten / ſo wird gewiß nichts vergeſſen ſeyn.

Cel.

Ich weiß nicht / was die Worte vor einen Verſtand haben.

Rocc.

Es iſt kein Wunder / daß ich bey dem all - gemeinen Ungluͤck gleichfals ungluͤcklich bin: Indeſ - ſen ſag ich nochmahls / ich werde den Rebelliſchen Unterthanen dancken / daß ſie mir Gelegenheit ge - ben eine ſchoͤne Perſon in das Caſtell zubegleiten.

Cel.

Waͤren die Zeiten gluͤckſeliger / ſo wuͤrde mir dieſe Begleitung auch etwas annehmlicher ſeyn.

Rocc.

Meine Gebieterin / wer ſich vor keinen Anlauff entſetzen darff / der iſt auch mitten in der Gefahr gluͤckſelig.

Cel. 21MASANIELLO.
Cel.

Aber wo bleibet der Herr Vater?

Roc.

Den Herrn Vater wird ſeine Tapfferkeit und ſeine beywohnende Autorität beſchuͤtzen; Aber unſere Vergnuͤgung ſoll = = = ach! darff ich ſo kuͤhne ſeyn die Rede fortzuſetzen?

Cal.

Er kan weiter reden / er kan auch inne hal - ten: ich weiß doch wohl / was er meinet.

Rocc.

Ich wil inne halten: aber / es waͤre mir lieber / wenn ich reden ſolte.

Cel.

Ich weiß ſeine Gedancken / er meinet unſe - re Vergnuͤgung ſoll hiuter einem ſtarcken Walle ſicher bleiben.

Rocc.

Ach / ein ſtarcker Wall kan mich wenig vergnuͤgen / das Geſetze der = = Ach! wie ſauer koͤmt mich die Sprache an! ich haͤtte bald geſagt / das Geſetze der Liebe muß die beſte Wirckung haben.

Cel.

Nicht zu kuͤhne / mein Hertzog / denn daß ich einmahl ſo frey mit jhm reden kan / ſolches giebt mir die Confuſion in dem Pallaſte an die Hand / da wir nicht anders als blinde Leute wieder einander lauffen; Aber in dem Caſtell ſind wenig Logiamen - ter und viel Auffſeher.

Rocc.

Genung / daß ich die Kammer meines Hertzens an keine andern vermieten darff / und alſo wil ich dennoch unverrathen ſeyn.

B b 3Er -22Der Haupt-Rebelle

Erſter Handlung

Sechſter Aufftrit.

Arcos und die Vorigen.
Arc.

Ach! iſt es nun gewiß / daß uns die boͤſen Leute in dem Pallaſte wollen todt ſchlagen?

Rocc.

Es iſt noch nicht ſo gefaͤhrlich / es geſchieht nur zu einer gewiſſen Recreation.

Arc.

Ich muͤſte nicht ſehen / wie meine Frau Mutter die Haͤnde windet / wie ſie weinet / und wie ſie mich etliche mahl ſo gar ſehnlich gekoͤſſet hat.

Rocc.

Mein Hertzog / es iſt wohl eher geſche - hen / daß die Frau Mutter mit jhren Liebkoſungen iſt frey geweſen.

Arc.

Ach nein! Ich weiß auch was: die Frau Hofmeiſterin hat mich oft mit dem boͤſen Manne und mit dem Pophanſe geſchreckt / und da ich nun den H. Chriſt lerne kennen / ſo hab ich gemeinet / als wenn die Fabel mit dem boͤſen Manne leicht koͤnte ausgelachet werden: allein ich dencke / der Pophanß wird itzund auffwachen / dabey auch die alten Leute wenig Hertze behalten moͤchten.

Torr.

Vor kurtzer Zeit haben wir die Warheit von einem Narren gehoͤret / itzt muß ein kleines Kind den Diſcurs continuiren: Ach! ungluͤckſelige Zeit / da ſolche Perſonen uͤber uns urtheilen muͤſ - ſen.

Er -23MASANIELLO.

Erſter Handlung

Siebender Aufftrit.

Roderigo, Leoniſſe und die Vorigen.
Rod.

So fahren dann jhr Liebden wohl / und ge - dencken / daß unſere geliebteſte Kinder als der beſte Schatz zu gleich in das Caſtell gefluͤchtet werde.

Leon.

Ich bin bereit / alles gehorſam in acht zu - nehmen: Allein warum bin ich ſo ungluͤckſelig / daß mein Hertzgeliebteſter Ehe-Gemahl die Begleitung nicht in eigener Perſon verrichten wil?

Rod.

Die Urſachen ſind erheblich / deſſentwegen ich meine Sicherheit verachten muß.

Leon.

Ein Ehe-Gemahl kan die Sicherheit nicht verachten / wenn nicht zugleich die Gemahlin und die liebſten Kinder aller Liebe unwuͤrdig ge - ſchaͤtzet werden.

Rod.

Mein hohes Ambt ſchreibet mir ſolche Ge - ſetze vor.

Leon.

So wil ich auch dem Geſetze der Liebe folgen / daß iſt / ich wil auch in dem Pallaſte blei - ben / und wil das Gluͤcke oder das Ungluͤcke erwar - ten / welches uͤber die Helffte meines Hertzens ver - hangen iſt.

Rod.

Es iſt mein Begehren / oder wenn dieſes zu wenig iſt / ſo ſag ich / es iſt mein Befehl / daß jhr euch geſamt in das Caſtell begebet.

B b 4Leon. 24Der Haupt-Rebelle
Leon.

So wil ich gehorſam ſeyn / aber es iſt nochmahls meine unterthaͤnigſte Bitte = = =

Rod.

Die Zeit iſt koͤſtlich / durch dieſes Bitten wird mir die Gelegenheit zu noͤthigern Verrichtun - gen abgeſchnitten.

Leon.

Ich kan nichts erhalten / jhr liebſten Kin - der verſuchet euer Beſtes; vielleicht wird der Herr Vater gern bey euch bleiben wollen.

Cel.
(Kuͤſſet jhm die Hand.)

Ach! ſollen wir ohne den Herren Vater leben / oder wil er uns allein ſterben laſſen?

Rod.

Es ſoll keines geſchehen / geht nur hin im Friede.

Arc.
(Umfaſſet jhn bey den Knien.)

Ach! ich habe ſonſt das Gluͤcke gehabt / den Herrn Vater zu bewegen; iſt es nicht moͤglich / was die Frau Mutter gebeten hat?

Rod.

Hertzog Roccella, euch werden ſie anver - trauet: machet Anſtalt / daß ſie durch das hinter Thor des Pallaſtes in das neue Caſtell begleitet werden.

Leon.

So werde ich noch durch einen Kuß duͤrf - fen Abſchied nehmen. Ach jhr Liebden ſchonen jh - rer ſelbſt / wo ſie nicht gegen ſo viele Perſonen wol - len ungnaͤdig ſeyn.

Rod.

Wir muͤſſen itzund einen Stillſtand mit den Complimenten machen / indem andere Perſo -nen25MASANIELLO. nen auf mich warten / derer Anbringen nicht aller - dinges nach unſerm Wunſche lauffen wird.

(Sie gehen ab.)

Erſter Handlung

Achter Aufftrit.

Roderigo, Ferrante, Donato. Allegro auff der Seite.
Ferr.

Ihr Excellentz wir haben nichts gewiſſers zu hoffen / als daß nunmehr der raſende Poͤbel in vollem Anzuge begriffen iſt / den Pallaſt zu ſtuͤr - men.

Rod.

Wer hat die Zeitung ſo gewiß gemacht?

Ferr.

Der Herr Secretarius wird die Sache ausfuͤhrlicher berichten koͤnnen.

Don.

Es iſt an dem / daß nunmehro zehn tauſend Perſonen beyſammen ſind / welche die Zollhuͤtten mit Feuer vertilgen / auch allbereit etliche Gefaͤng - niſſe erbrochen haben / damit ſie durch allerhand lo - ſe Buben die Trouppen verſtaͤrcken moͤchten. Die meiſten haben das ietzige kleine Brod auf eine Picqve geſtecket / und ruffen: GOtt gebe unſerm Koͤnige langes Leben / und beſchere uns wohlfeile Zeit / aber das boͤſe Regiment hole ein ander. Bey dieſem bleibt es nicht / ſondern etliche fuͤhren auf den Stan - gen ſchwartze Lumpen / und ruffen mit erbaͤrmlicherB b 5Stim -26Der Haupt-RebelleStimme; ſie waͤren arme Seelen / die gerne wol - ten aus dem Fege-Feuer erloͤſet ſeyn / nach dem ſie von den unbarmhertzigen Zoͤllnern waͤren darein verbannet worden.

Rod.

Aber ſie brauchen noch keine Gewalt ge - gen unſere Soldaten?

Don.

Sie ſtehen vor dem Thore / und begehren abſolute Erlaſſung des Frucht - und Mehl-Zolles / und ich beſorge / wo jhre Excellentz durch dero ho - he Autorität keinen Nachdruck giebet / ſo moͤchte hernachmahls die Sache noch ſchlimmer werden.

Rod.

Wohl / ich wil mich an dem Fenſter zeigen / und dem Volcke mit ſuͤſſen Verſprechungen bege - gnen.

Alleg.

Nun hat das Volck auch einmahl die Ehre / daß ſich der Vice-Roy an ein Fenſter fodern laͤſt: ſonſt waren die Audientzen nicht ſo wohlfeil.

Ferr.

Was rath man Herr Secretari?

Don.

Haͤtte man bißhero guten Rath ange - nommen / ſo duͤrffte man nun keine vergebene Sorge.

Ferr.

Was haͤtte man aber thun ſollen?

Don.

Man haͤtte das Armuth nicht ſo beſchwe - ren ſollen.

Ferr.

Wer wil dem Koͤnige die Intraden be - ſchneiden?

Don.

Ihr Gnaden halten mir es zu gute / daß ſind gewiß keine Koͤnigliche Intraden, davon ge - ringe Perſonen ſo groſſe Pallaͤſte bauen koͤnnen.

Ferr.

Der Adel muß unterhalten werden.

Don. 27MASANIELLO.
Don.

Aber nicht mit Ruin des andern Volcks.

Ferr.

Das Volck iſt deſſentwegen gebohren / da - mit es dienen ſol. Wenn ein ſolcher Bube ſechs Pfennige mehr im Sacke hat / als er verzehren kan / ſo wird er hoffaͤrtig.

Don.

Und wenn ein armer Mann ſechs Pfen - nige des Tages weniger hat / als er verzehren ſoll / ſo wird er ungeduldig / biß die Ungedult zu einer Raſerey hinaus ſchlaͤget.

Ferr.

Gegen raſende Leute gebraucht man ſich der Schaͤrffe: Ob Neapolis hundert tauſend Koͤpf - fe weniger hat / ſo wird dem Koͤnigreiche gar we - nig abgehen.

Don.

So wollen wir dieſe hundert tauſend Per - ſonen ohne Zoll paſſiren laſſen / und damit wuͤrde dem Koͤnigreiche gleichfals nichts abgehen.

Ferr.

Der Herr Secretarius ſchertzet mit einer Sache / darin er die Raiſon beſſer verſtehet.

Don.

Aber wo ſind die Soldaten / welche uns hundert tauſend Koͤpffe liefern koͤnnen?

Ferr.

Das weiß auch der Herr Secretari beſſer als ich.

Don.

Ich kenne den Staat von Neapolis wohl / man muß hazardiren. Aber es heiſt / wie bey dem Charten-Spiel / wagen gewint / wagen verſpielt.

Ferr.

Wir wollen dieſe Diſcurſe fort ſetzen / weñ uns die Zeit beſſre Ruhe vergoͤnnen wird: Aber was fangen wir nun an / nach dem der Karn in den Moraſt geſchoben iſt?

Alleg. 28Der Haupt-Rebelle
Alleg.

Ich haͤtte nimmermehr gedacht / daß der Herr Secretarius ſo ein ehrlicher Mann waͤre; a - ber nun ſeh ich wohl / wenn er ſeine Finantz mit ein - gezogen hat / ſo hat er gedacht / wie unſer Hund / der brachte uns allemahl das Fleiſch auff die Stu - be: Doch wie einmahl die andern Hunde ſich wol - ten zu Gaſte bitten / und er mit ſeinen Widerſtan - de zu ſchwach war / ſo denckt der Hund / eh ein an - der Reckel das beſte Stuͤcke weg ſchnappen ſoll / ſo wil er das ſeinige auch dabey thun / und friſt aus gantzen Leibes-Kraͤfften drauff loß. Und wie ſpre - chen die Soldaten: es iſt keine Suͤnde / das ich ſteh - le / der Herr behaͤlt doch nichts davon: nehm ichs nicht / ſo nimts ein ander. Doch laſt hoͤren wie ſich unſer Herr aus dem Hauffe finden wird; denn was die mit dem Degen verderben / das ſollen die mit der Feder wieder gut machen.

Don.

Wir muͤſſens erwarten / was jhre Excel - lentz werden ausgewircket haben / denn das iſt ge - wiß / der Zoll muß abgeſchaffet werden.

Ferr.

Dabey verderben die meiſten Familien[.]

Don.

So behaltet den Zoll / und laſt eure Haͤu - ſer zuſtoͤren.

Ferr.

Es iſt um die Koͤnigliche Majeſtaͤt zuthun / welche darunter angegriffen wird.

Don.

Ich betaure den Zuſtand der Koͤnige / daß ſie mehrentheils von dem Nutzen nicht viel zugenieſ - ſen haben / da ſie doch bey der Gefahr allezeit das meiſte tragen ſollen.

Er -29MASANIELLO.

Erſter Handlung

Neundter Aufftrit.

Roderigo, Proſpero, Ferrante, Donato. Allegro auff der Seite.
Rod.

So muß man den Poͤbel mit falſchen Worten betriegen.

Ferr.

Hat gleichwohl ihre Excellentz mit dero Autorität durchgedrungen?

Rod.

Unſer Hauptmann wird am beſten davon zu reden wiſſen.

Proſp.

Es iſt wahr / das Volck war ziemlich er - hitzet / und wofern ſich niemand zu etwas reſolviret haͤtte / ſo moͤchte das Werck ziemlich ſchlim abge - lauffen ſeyn. Immittels weil ich einen Schrifft - lichen Revers uͤberbrachte / Krafft deſſen die Zoͤlle ſolten gemindert oder gar abgeſchaffet werden / ſo nahmen ſie gleichwohl das Werck in Deliberation.

Ferr.

Wie aber / wenn die Vota wieder uns lieffen?

Alleg.

Es iſt war / ich traue keinen Zettel der nicht mit Gelde geſiegelt iſt. Der Herr Hauptmann ſchreibet flugs einen Brieff / und lebet hernach zehn Jahr / eher gedencket / was der Brieff zubedeu - ten hat.

Proſ.

Das Volck iſt gleichwohl furchtſam / und wenn der erſte Zorn voruͤber iſt / ſo wuͤnſchen alle davon zuſeyn / weil ſie doch die haͤrteſte Staffe be -fuͤrch -30Der Haupt-Rebellefuͤrchten muͤſſen. Es fehlet nicht viel / ſo wil ich mein Leben zu Pfande ſetzen / daß ich der Friedens - Bothe geweſen bin / und daß mein Brieff die gan - tze Difficultät wiꝛd gemittelt haben.

Alleg.

Ruͤhme dich Kaͤtzgen / die Nachbarn ſind dir uͤbel gerathen. Du haſt die Sache gemittelt / das heiſt / du haſt ſie mitten in den Qvarck hinein gefuͤhret: nun wollen wir ſehen / wer ſie wird wie - der heraus fuͤhren.

Don.

Nur dieſes werden wir in acht nehmen muͤſſen / daß wir dem Land-Frieden nicht gar zu ſehr trauen.

Erſter Handlung

Zehender Aufftrit.

Anaclerio und die Vorigen.
Anacl.

O Ungluͤck uͤber Ungluͤck / nun liegt des Koͤniges Autorität, und des Adels Reſpect auf ein - mahl uͤber den Hauffen.

Rod.

Ein Diener ſoll ſeinen Herrn nicht ſo er - ſchrecken.

Anacl.

Alles hat ſeine Zeit. Wer itzo die hoͤfli - chen Geſetze in acht nimt / der mag ein Rebelle heiſſen.

Rod.

So ſagt doch / ob wir etwas neues zu be - fuͤrchten haben.

Anacl.

Nicht zu befuͤrchten / ſondern zuerwar -ten /31MASANIELLO. ten / der gantze Schwarm dringet in den Pallaſt herein / und wo Ihre Excellentz die Gemaͤcher nicht verriegeln / oder wo ſie nicht bey Zeiten die Flucht nehmen / ſo weiß ich nicht / was ſo ein raſender Hauffe wagen duͤrffte.

Proſp.

Ach! hat der Revers nichts gewircket / weichen ſie gleichwohl ſo hoͤflich angenommen ha - ben?

Alleg.

Der gute Kerl denckt / es iſt nur um ei - nen Brieff zu thun / der den Leuten in die Haͤnde gegeben wird / ſo iſt aller Qvarck aus gemacht. Ja / ja / es wird noch manchen Bogen Papier koſten / ehe die tummen Schelmen jhre Taback-Pfeiffen werden ausgetruncken haben.

Anacl.

Mich duͤnckt / ich hoͤre ſchon das Ge - raͤuſche.

Proſp.

Sind unſre Soldaten bezaubert / daß ſie der Gewalt nicht wiederſtehen?

Anacl.

Ob ſie bezaubert ſeyn / weiß ich nicht / das weiß ich / daß ſie insgeſamt jhr Gewehr nie - dergelegt haben.

(Hier wird hinter der Scene ein ſachtes Geraͤuſche gemacht.)
Proſp.

Ach ſie dringen auf unſer Gemach loß.

Rod.

Setzt euch in Poſitur, es ſoll noch man - cher Hund das Blut vor meiner Thuͤr-Schwelle vergieſſen / ehe er den Eingang gewinnen ſoll.

Ferr.

Ihr Excellentz ſchonen jhrer ſelber / undwei -32Der Haupt-Rebelleweichen davon / weil uns dieſe Thuͤr noch unver - bothen iſt.

Rod.

Wie ſoll ſich ein Sclave ruͤhmen / daß er den Vice-Roy vertrieben hat?

Ferr.

Zu gewiſſer Zeit muß ein vernuͤnfftiger Menſch einem wilden Thiere weichen.

Rod.

Das Gleichnis ſchickt ſich an eine andere Sache.

(Hier wird hefftig geſtuͤrmet / es ſtoͤſt auch einer mit der Partiſan heraus.)
Ferr.

Hier ſehen jhr Excellentz wie leicht ein ge - ringer Menſch uͤber dero koſtbares Leben haͤtte tri - umphiren koͤnnen. Auff / auff! das freye Thor moͤchte uns bald verſchloſſen werden.

(Sie eilen fort.)
Alleg.

Und ehe ich fort marchire / ſo muß ich mei - nen Sack wieder haben.

(Er holet jhn.)

Erſter Handlung

Eilffter Aufftrit.

Peronne, Formagio, Bravo, Picone neben andern Buͤrgern und Kindern ſo jhre Stecken mit Brodte oder alten Lumpen bezeichnet haben.
Pe -33MASANIELLO.
Peron.

Ha! ſoll dieß der oberſte Regente im Lan - de ſeyn / der vor ſeinen Unterthanen die Thuͤren verſchlieſſen wil?

Form.

Und ſoll dieß der Vater des Vaterlan - des ſeyn / der ſich vor ſeinen Kindern verſteckt / wenn ſie das noͤthigſte zu bitten haben?

Brav.

Wo wir keinen Vice Roy haben / da iſt uns auch kein Pallaſt non noͤthen: man reiſſe den Plunder uͤber den Hauffen: aus dieſem verdamten Hauſe ſind doch die meiſten Bubenſtuͤcke / als aus einem ſchaͤdlichen Weſpen-Neſte heraus geflogen.

Pic.

Ich helffe mit zugreiffen. Der Stadt Ne - apolis wird doch niemahls beſſer geholffen / als wenn die Wohnungen dieſer Mord-Geiſter zuſtoͤ - ret werden.

Perr.

Ihr Bruͤder / geht im Anfange gemach / wir haben noch mit unſerm Koͤnige nichts zu thun / wir ſchaffen uns Recht wieder die boßhafftigen und ungerechten Diener. Der Pallaſt darff nicht verſehret werden / allein hat ſich der Vice-Roy wie - der heraus geſtohlen / ſo moͤgen auch ſeine Mobili - en an den Galgen gehen.

Form.

Greifft zu / jhr Bruͤder / durchſuchet alle Gemaͤcher / ein Schelm der etwas gantz laͤſt.

Brav.

Ein Schelm / der nicht alles auf den Platz vor den Pallaſt hinaus ſchlept.

Pic.

Ein Schelm / der ſich vor dem Vice-Roy weiter furcht.

C cPer. 34Der Haupt-Rebelle
Per.

Auf jhr Bruͤder / wer das beſte thut / ſoll den beſten Lohn zugewarten haben.

(Sie lauffen hinein und tumultuiren er - ſchrecklich.)

Erſter Handlung

Zwoͤlffter Aufftrit.

Allegro mit dem Sacke / hernach Bravo.
Alleg.

Was erhebt ſich? iſt der Hencker nun ſo loß / daß ich in meiner Studier-Stube nicht ſicher bin. So werde ich meinen Sack zwiſchen die Oh - ren nehmen und meinem Herr Vice-Roy als ein langſamer Nachtreter nachſpatzieren.

Bravo.
(Koͤmt gelauffen.)

Halt Boͤſewicht / gibt Rechenſchafft / wo ſind die Perſonen aus dem Pallaſte hinkommen?

Alleg.

Da hab ich einen gantzen Sackvoll / wolt jhr hinein kriechen und darnach ſehen / ſo ſtehet auch die Thuͤr offen.

Brav.

Verfluchter Bube / ſoltu einem Manne alſo antworten / der Gewalt uͤber dich hat? Rede oder ſtirb.

Alleg.

Wenn ich ſterbe / ſo rede ich nicht.

Brav.

Du ſolſt aber zuvor reden / darnach ſolldie35MASANIELLO. die Reihe mit dem Sterben geſchwinde an dich kommen.

Alleg.

Siqvidem hic ſaccus, eſt ſaccus & in toto ſacco nihil eſt qvam ſaccus, & hic eſt omnium ſac - corum maximus ſaccus, manet ſaccus & erit ſac - cus omnium ſaccorum ſaccus ſaocior ſacciſſimus.

Brav.

Wilſtu mich noch weiter erzuͤrnen?

Alleg.

Ich hab euren Willen gethan: ich habe geredt ich weiß ſelber nicht / was es heiſt.

Brav.

Du ſolt reden was ich frage. Wo ha - ben ſie alle Perſonen auß dem Pallaſte hinge - ſchafft?

Alleg.

Das ſind Sachen / die nicht in meine Ex - pedition lauffen / alſo hat der Herr eine kurtze Ant - wort: ich weiß nicht.

Prav.

Aber ich habe einen Schluͤſſel zu ſolcher Wiſſenſchafft.

(Er entbloͤſt den Degen.)

Ich wil dir dieſen Dietrich etliche mahl zu koſten geben / und darnach wirſtu viel genung wiſſen.

Alleg.

Herr ſtecht mich nur an den Ort / da mir Meiſter Hanß einen Pantzerfleck angeſetzet hat.

Brav.

Ich frage dich das letzte mahl / nun fang ich ein Blutvergieſſen an.

Alleg.

Herr vergieſt jhr Blut / ich wil den Sack aufhalten / wenn der Plunder voll iſt / ſo verkauffen wir es vor eine Blut-Wurſt.

Brav.

Sieh da du Hund.

C c 2(Er36Der Haupt-Rebelle
(Er wil ſtoſſen / Allegro ſchreyet und laͤufft zuruͤcke.)

Wilſtu die Flucht nehmen?

Alleg.

Ich ſehe wohl / wer ſich in dieſem Kriege fuͤrchtet / der hat verſpielt. So kom doch her du Blutvergieſſer. Gehe du mit deiner Plempe auff den Stoß / ich wil mit meinem Sacke auf den Hieb gehen.

Brav.

Die Worte ſollen dein Leben koſten.

(Sie treten zuſammen und fechten poſ - ſierlich / endlich ſtoͤſt Bravo und fehlt / daß jhm der Degen / an der Wand ſtecken bleibt / Allegro ſtoͤſſt jhn zu - ruͤcke / daß er den Degen muß im Stiche laſſen.)
Alleg.

He / wo iſt nun deine Bravade, nun wol - len wir ſehn / wer am meiſten Courage hat.

(Sie uͤberwerffen ſich poßierlich / endlich zeucht jhm Allegro den Sack uͤber den Kopff und laͤſt jhn liegen.)

Das heiſt / wer den andern vermag / der ſteckt jhn in Sack. Aber nun iſt mein Weg der weiteſte / und ſo viel ich aus allen umſtaͤnden mercken kan / ſo moͤchten die Dienſte bey dem Herrn Vice-Roy kuͤnff - tiger Zeit verdrießlich ſeyn. Ich werde mich zu den Rebellen ſchlagen: hat nun jemand Luſt undLie -35[37]MASANIELLO. Liebe / daß er ſich wil unter das Narren Regi - ment werben laſſen / der mag ſich im Wirths-Hau - ſe zum goldenen Haſen-Fuſſe / bey mir angeben. Du Bruder / wie ſtehts / iſt dir die Weile im Sacke lang? Doch mauſe mir keine Ducaten / ſonſt mu - ſtu mir das Zehlbret lecken / wo es ſtachlicht iſt.

Erſter Handlung

Dreyzehnder Aufftrit.

Formaggio, Piccone, Bravo im Sacke.
Picc.

Ha / das den heiſt Anfang zur Neapolita - niſchen Freyheit gemacht! ſo muͤſſen die jenigen ge - zuͤchtiget werden / welche den verfluchten Werck - zeug jhrer Wolluſt durch armer Leute Schweiß und Blut erkauffen wollen.

Form.

Ich haͤtte nimmermehr gedacht / daß der harte Marmorſtein in ſo viel ſtuͤcke zerſpringen ſol - te: doch der rundte Tiſch daruͤber den Vice-Roy unſer Blut oftmahls in ſich geſoffen hat / der gab mir eine gute Probe.

Picc.

Und der Cryſtalline Spiegel / darin er ſein unbarmhertziges Geſichte offtmahls beſehen hat / der iſt um ſo weit gebeſſert / daß er ſich in einem Blicke tauſendmahl wird beſpiegeln koͤnnen.

Form.

Wie hab ich die koſtbaren Teppiche zer - ſtuͤmmeln helffen / damit ſie ins kuͤnfftige ſo viel Bu - benſtuͤcke nicht bedecken ſollen.

Picc. 38Der Haupt-Rebelle
Picc.

Wie ſtoben die koͤſtlichen Polſter und wie ſollen die ungerechten Flocken in der freyen Neapo - litaniſchen Lufft herum fliegen.

Form.

Doch was liegt hier vor ein Karnier - Sack? wir werdens auch zu Contraband machen.

Picc.

Faß an / das Feuer auff dem Platze iſt fer - tig / dieſer Sack ſoll eine anſehnliche Stelle bekom - men.

Form.

Es iſt etwas lebendiges. hui: daß ſich der Vice-Roy ſelbſt hinein verſperret hat.

Picc.

Es iſt um das Nachſehn zuthun.

Form.

Die Beine gucken raus / es iſt gewiß ein Bluthund / der von unſern Haͤnden wil zuriſſen ſeyn.

(Sie ziehen den Sack ab.)
Brav.
(Springt in die Hoͤhe.)

Der Hencker ſoll dir dgs Liecht halten / du leicht - fertiger Vogel / ich wil noch heute meine Haͤnde in deinem Blute waſchen.

(Laͤufft davon.)
Picc.

Wir muͤſſen ſehen / was dieſes zubedeuten hat.

(Lauffen hernach.)
Er -39MASANIELLO.

Erſter Handlung

Vierzehnder Aufftrit.

Maſaniello, Geonino, Matthæo, Vitale ſamt etlichen Buͤrgern.
Maſ.

Wo ſind nun die verzagten Neapolitaner, welche meine Worte bißher in Zweifel gezogen haben? iſt es nicht ſo weit kommen / daß der Koͤ - nigliche Pallaſt vor unſer Macht erzittern muß. Doch jhr Bruͤder / das Spiel iſt angefangen / wo - fern es nicht ausgefuͤhrt wird / ſo haben wir nichts als eine doppelte Dienſtbarkeit zugewarten.

Geon.

Es iſt nicht genug / daß ſie die Abſchaf - fung des Mehl-Zolls gewilliget / weil doch die Wor - te auff Schrauben geſetzet werden / die man leichte wieder umſtoſſen kan. Caroli V. Privilegia muͤſ - ſen uns uͤberantwortet werden / damit wir alſo nach deren Inhalt die Sache in den alten Stand wiederum verſetzen koͤnnen.

Maſ.

So muͤſſen wir dem Vice-Roy auf den Leib gehen / weil wir noch ſeiner maͤchtig ſind.

Vit.

Ich habe Nachricht / daß der Vice-Roy ſei - ner Gemahlin auf das Caſtel hat folgen wollen. Allein die Bruͤcke iſt ſchon aufgezogen geweſen / und alſo hat er ſeine Retirade zu der Lorentz Kirche ge - nommen.

Maſ.

Er muß auf dem Wege angehalten wer - den / wil er nicht mit guten / ſo zwinget jhn mit bloſ -C c 4ſen40Der Haupt-Rebelleſen Gewehr / daß er ſo lange in des Volckes Ge - walt bleibet / biß wir das rechte Privilegium in Haͤn - den haben.

Vit.

Es ſind gewiſſe Perſonen darzu beſtellet / welchen der Vogel auch mit Adlers Fluͤgeln nicht entwiſchen ſoll.

Geon.

Das Eiſen gluͤet / die Schmiede muͤſſen das jhrige verrichten / ehe es kalt wird.

Erſter Handlung

Funffzehnder Aufftrit.

Die Vorigen / Roderigo, Arpajo, Furfante. (Beyde mit entbloͤſten Degen. ) hernach Maſaniello.
Rod.

Iſt dieſes der Reſpect welchen jhr dem Koͤ - nige in Hiſpanien ſchuldig ſeid?

Arp.

GOtt gebe dem Koͤnige in Spanien lan - ges Leben / und uns eine beßre Regierung.

Rod.

Auf dieſe maſſe wird einem Koͤniglichen Mi - niſter Gewalt gethan.

Arp.

Ihr Exellentz haben ſich vor keiner Gewalt zubefahren / wenn in unſer Begehren eingewilliget wird / ſo ſind wir die beſten Freunde.

Rod.

Es iſt allbereit in das Begehren gewilli - get worden.

Arp.

Wenn wir auf ledige Zettel bauen wol - ten / ſo duͤrfften wir dieſer Weitlaͤufftigkeit nicht.

Rod. 41MASANIELLO.
Rod.

Ach! jhr Leute iſt niemand der des Koͤni - ges Autorität in meiner Perſon zuſchuͤtzen gedenckt.

Maſ.

Hier iſt das getreue Volck von Neapolis, welches vor den Koͤnig Gut und Blut aufſetzen wil: Allein daß wir auch ins kuͤnfftige von den Mi - niſtern als Buͤrger und nicht als Hunde tractiret werden.

Rod.

Ihr ehrlichen Leute ſolt euch was zu Leide geſchehen ſeyn / ſo mag ein leder verſichert leben / daß jhm der Schaden ſoll erſetzet werden.

Maſ.

Was vergangen iſt / das mag der Hen - cker gehohlet haben: aber nun trotzen wir auf unſre Privilegia.

Rod.

Sie ſind alle beſtaͤtiget / gebt euch nur zu frieden.

Maſ.

Wir muͤſſen das Original in Haͤnden ha - ben.

Rod.

So erlaſſet mich doch / damit ich das Pri - vilegium ſuchen kan.

Maſ.

Es ſind Perſonen genung / die es finden werden / jhr Excellenz bleibe an ſtat des Privilegii in unſer Gewalt.

Rod.

Ungluͤckſeige Herꝛſchafft / da ein Sclave uͤber Standes Perſonen gebieten ſoll.

Maſ.

Das Privilegium wollen wir haben.

(Sie fangen alle anzuſchreyen:

Das Privilegium wollen wir haben / oder die Stadt Neapolis ſoll ſich umkehren.

C c 5Maſ. 42Der Haupt-Rebelle
Maſ.

Ihr werdet ſchon ſeine hohe Perſon in acht nehmen / ich werde ſehen / was unter deſſen auf dem Marckte vorgehet.

(Geht ab.)
Arp.

Wir ſind alle Diener von jhrer Excellenz, und werden in allen gehorchen: nur in einem Stuͤ - cke muͤſſen wir ungehorſam ſeyn / biß das Privilegi - um ankoͤmt.

Furf.

Ich dencke das Privilegium wird in alle Welt geflogen ſeyn / es iſt doch auf Pergament ge - ſchrieben geweſt und ſo hat ein Vice-Roy ſeine Kleinodien drein wickeln koͤnnen / die er in wehren - dem Ampte erſchachert hat.

Rod.

Ach! was bewegt doch das Volck zu die - ſem einfaͤltigen Argwohn / als wenn jemand von den Groſſen dem Volcke iemals die Wohlfahrt mißgoͤnnte. In Warheit / eh ich dieſen Schimpff auf mir wolt erſitzen laſſen / und eh ich den Nah - men eines Vaters nicht in dieſem Koͤnigreiche ver - dienen wolte / ehe wolt ich mein Gut und mein gan - tzes Reichthum dahin werffen.

(Er wirfft ſein Geld von ſich.)

Seht ſo geringe acht ich mein Geld / wenn ich von meinen Buͤrgern geringſchaͤtzig gehalten werde.

For.

Die Worte ſind gut / aber die Ducaten ſind noch beſſer. Wer vor etlichen Wochen von ſolcher Materie geſchwatzet haͤtte / der moͤchte bey mir und meines gleichen beſſer Audientz gefunden haben.

Die43MASANIELLO.
(Die andern wollen darnach greiffen.)
Furf.

Ich ſehe wohl in dieſem Spiele darff ich nicht der letzte ſeyn.

(Sie ſchlagen ſich weidlich um das Geld.)
Rod.

So hab ich meinen Zweck / weil das Volck nach dem Gelde greifft / werde ich mich unſichtbar machen: das Kloſtee S. Laurentii. wird mir ſo lan - ge Sicherheit geben / biß ich was beſſers ſchaffen kan.

(Geht ab.)
Geon.

Ihr Purſche / jhr ſehet alle wo das Geld herkoͤmt / jhr ſehet aber nicht / wo unſer Vice-Roy geblieben iſt.

Furf.

Haͤtt ich ſein Geld ſo gewiß / als mir ſei - ne Perſon nicht entwiſchen ſoll / ſo wolt ich ein gut Kerl ſeyn.

Geon.

Ein ſchoͤner Bernheuter magſtu ſeyn / wo iſt er denn? Ihr Leute iſt kein Gehoͤre bey euch / wird ſich die Blindheit verantworten laſſen / daß wir bey dem ſchoͤnen Anfange / ſo einen hoͤflichen Pfuidian eingeleget haben? ſeyd jhr bezaubert / daß jhr noch nicht hoͤren wollet?

(Die Leute welche noch immer Geld auf - geleſen richten ſich zuſammen auf.)
Arp.

O verfluchte Thorheit / daß wir unſer Gluͤ - cke und die wunderſchoͤne Gelegenheit um etlichekah -44Der Haupt-Rebellekahle Ducaten dahin fahren laſſen! es iſt nicht an - ders / er iſt in einem Kloſter; haben wir ſeinen Pallaſt geſtuͤrmet / ſo wird er gewißlich bey den elenden Moͤnchen nicht ſicher ſeyn. Auf folget mir / wer ein redlicher Kerl iſt / der vergeuſt auch ſein Blut vor die Freyheit.

(Sie ſchreyen alle zuſammen.)

Wir folgen und wenn wir das Kloſter ſtuͤrmen ſol - ten. Beſſer tod als ein Sclave.

(Sie lauffen hinein.)

Erſter Handlung

Sechzehnder Aufftrit.

Peronne, Formaggio, Caraffa, her - nach Riſtaldi.
Per.

Ihr Excellentz erwegen jhr hohes Amt / ſie ſind Feldſchmarſchall uͤber die Neapolitaniſchen Voͤlcker: alſo werden ſie auch die hoͤchſte Ehre da - von tragen / wenn das gantze Volck durch dero vielguͤltige Autorität zu der alten Freyheit gebracht wird.

Caraf.

Ich bedancke mich vor das gute Ver - trauen / iſt es moͤglich / daß ich den Vater Titul bey einem jedweden erwerben kan / ſo wird meine Muͤhe und meine Gefahr das geringſte ſeyn / dasmich45MASANIELLO. mich davon abhalten moͤchte / aber ich bitte helfft doch zuſehen / daß der Vice-Roy und der Koͤnig ſelbſt bey Reſpecte bleibet.

Form.

Ihr Excellentz treten auf unſre Seite / was ſcheren wir uns um den Vice-Roy.

Car.

Nicht ſo / nicht ſo / jhr lieben Kinder / wer etwas gutes ſuchen wil / der muß ſich nicht verhaſt machen.

Pert.

Wir ſuchen etwas[01C0]gutes / das iſt unſre Freyheit / die in dem Koͤniglichen Privilegio ent - halten iſt.

Caraf.

Die Freyheit habt jhr gewiß / ich verſpre - che bey meinen Hertzoglichen Worte / daß jhr alle Sa - tisfaction von dem Vice-Roy empfangen ſolt: ich wil ſelbſt mein euſerſtes wagen / biß jhr vollkommen befriediget ſeyd: nur ſteht ſo lange in Ruh / und ver - greiffet euch an keinem Hauſe / biß wir dem hohen Wercke einen rechten Außſchlag geben moͤgen.

Riſtaldi
(Koͤmt gelauffen.)

Ihr Excell entz die Meel-Wage ſtehet in vollem Brande / Maͤnner / Weiber und Kinder tragen Holtz / Stroh und Pech genung zu / damit das Opfer deſto ſchleuniger koͤnne vollzogen werden.

Car.

Ach ich habe doch um GOttes Willen ge - beten / ſie moͤchten eines beſſern Außganges er - warten / und in wehrender Zeit dergleichen un - verantwortliche Beginnen unterlaſſen.

Form.

Warum iſt der Vice-Roy ſo langſam /und45[46]Der Haupt-Rebelleund warum thut er uns den Poſſen / daß er nicht bey uns bleiben wil / ſo muͤſſen wir jhm doch wei - ſen / daß wir in dieſem Lande auch was zubefehlen haben. Aber ich muß an die Ecke lauffen / das Feu - er von dem ſchoͤnen Hauſe / wird ſich treflich ſchoͤn præſentiren.

(Geht ab.)
Per.

Wollen jhr Excellentz das Spectacul mit genieſſen.

Caraf.

Ich werde folgen.

(Peronne geht ab.)
Car.

Ich werde folgen / aber dorthin auf das neue Caſtell zu.

Riſt.

Dieſer Weg wird vor jhre Excellentz der ſicherſte ſeyn / die Stadt befindet ſich in der hoͤch - ſten Gefahr.

Car.

Es iſt an dem: doch ich ſchwere dem jeni - gen / der dieſe Tragœdie angefangen hat / daß er ſei - nen Ausgang nicht wiſſen ſoll.

Riſt.

Der Delphin entſetzet ſich wenig ob 100000. Sardellen um ſeinen Kopff herum ſchwermen.

Car.

Laſt mich in den Stand treten / daß ich mich einem Delphin vergleichen kan / ſo wil ich hof - fen / es ſollen hundert tauſend Sardellen geſchlach - tet werden.

Riſt.

Der geſamte Adel wird auf die Probe ge - ſetzt / ob er ſein Recht behaupten kan.

Car.

Die Tugend pflegt zuverderben / wenn ſiekei -46[47]MASANIELLO. keiner Verſuchung unterworffen iſt: doch wehe demſelben / der uns itzo verſuchen wil. Monſ. Ri - ſtaldi begleitet uns.

Riſt.

Ihrer Excellentz haben zu befehlen.

Erſter Handlung

Siebzehnder Aufftrit.

Bonavita, Xaverio, Franceſco, Dome - nico hernach Roderigo und Philo - marini.
(Die innerſte Scene oͤſſnet ſich.)
Bon.

Alſo muͤſſen wir in unſerm Kloſter vor das jenige buͤſſen / was die Weltlichen Perſonen geſuͤn - diget haben.

Xav.

Es iſt um ein geringes Schrecken zuthun / welches uns die Weltlichen wohl bezahlen ſollen.

Franc.

Ich fuͤrchte nur der Poͤbel moͤchte uns die Koͤpffe entwey ſchlagen / ehe wir die Bezahlung foͤrdern koͤnten.

Dom.

Oder das Kloſter wird uns uͤber den Halß angeſtecket / daß wir die Bezahlung an kei - nen Orte verwahren koͤnnen.

Bon.

Was wollen wir thun? der Vice-Roy ſucht ſeine Zuflucht bey uns / / vielleicht wird er et - was gutes operiren / nachdem er mit dem Volcke aus dem Fenſter geredet hat.

Xav48Der Haupt-Rebelle
Xav.

Der Papſt kan zwar eine Eenediction durch das Fenſter geben; Doch wenn ich ein Buͤr - ger waͤre / und ſolte mit dem Vice-Roy durch das Fenſter tractiren / ſo weiß ich nicht / wie mir die Be - nediction bekommen wuͤrde.

Bon.

Nicht zu laut / in dieſem Tumult ſind wir nicht allein.

Roderigo
(Koͤmt.)

Nun jhr Herren Patres, ich habe eurem Kloſter biß dato viel zu dancken.

Ben.

Es waͤre zuwuͤnſchen / daß jhre Excollentz ſich an dleſem Orre wohl befinden moͤchte / allein wir ſind unbewehrte Leute / wo die Gewalt auff uns zudringen wil / ſo vermoͤgen wir nichts. Unſe - re Heiligen muͤſſen das beſte thun.

Phil.

Ihr Excellentz ſind um GOttes Willen gebeten / ſie verziehen nicht / den ſchrifftlichen Re - vers wegen ablaſſung der Zoͤlle ſchleunigſt auszu - fertigen.

Rod.

Es iſt eine Sache von boͤſer Conſeqvents

Phil.

Aber die Conſeqvens ſcheinet noch ge - faͤhrlicher / wenn der raſende Poͤbel dem Vice-Roy das Meſſer an die Gurgel ſetzet.

Rod.

Das Volck wil mich todt haben / wenn ich den Adel durch den Revers wieder mich errege ſo bin ich in gedoppelter Gefahr.

Phil.

Der Adel wird der Sache nicht zu wider ſeyn: denn wo dieſes nicht erfolgt / ſo werden jhre Haͤuſer ſchaͤndlich zuſtoͤrt.

Rod. 49MASANIELLO.
Rod.

Es thut weh / man ſoll nachgeben.

Phil.

Nachgeben hat ſeine Zeit. Vielleicht erleben wir die Zeit / da man ſich wieder auffrichten kan. Und etwas im Vertrauen geſagt: Ein Vice-Roy kan leicht im Verſprechen freygebig ſeyn; Denn hat er zu viel gethan / ſo mag es der Koͤnig oder der Succeſſor aͤndern.

Rod.

Wohlan Ihr Eminentz ſollen den Revers haben.

Phil.

Doch wenn ſolches geſchehen iſt / ſo eilen ſie doch auf das nechſte Caſtell: es werden ſchon et - liche von Spaniſchen Soldaten da ſeyn / denen ſich euer Excellentz auf dem Trage-Seſſel vertrauen koͤnnen. Im uͤbrigen wil ich bey dem Volcke ſo viel ausrichten / als mir moͤglich ſeyn wird.

Rod.

Euer Eminentz haben Autorität genung / das Volck zubeſaͤnfftigen; ſie werden auch den Ruhm haben / daß ſie als ein Erhalter des Eſtaats bey jhrer Koͤnigl. Majeſtaͤt geprieſen werden.

(Philomarini und Roderigo gehen ab.)
Bon.

So waͤren wir gleichwohl des vornehmen Gaſtes loß.

Xav.

Aber / wo bleiben die andern Perſonen / welche das Kloſter erfuͤllet haben?

Franc.

Wenn wir ſelbſt ausreiſſen / ſo moͤgen ſie in unſre Zellen kriechen.

Dom.

Wo verſteckt ſich aber das Frauen-Zim - mer?

D dFranc. 50Der Haupt-Rebelle
Franc.

Die Noth hat kein Geſetze. Bey ſo ge - ſtalten Sachen / mag ein Geiſtlicher eine Weibes - Perſon auch in ſeiner Zelle beherbergeu.

Erſter Handlung

Achtzehnder Aufftrit.

Die Vorigen. Carolo, Bianca, Roſſana Flavia, Marina.
Carl.

Ihr Herren Patres, was ſollen wir nun anfangen? das Kloſter ſtehet in Gefahr / die Kirche iſt eroͤffnet / der Poͤbel moͤcht etwas weiter greiffen und ſeine Gewalt an unſchuldigen Perſonen miß - brauchen: ich bitte euch um unſer bißherigen Freund - ſchafft willen / welche dieſes Kloſter vom dem ge - ſamten Adel bißher genoſſen hat / laſſet euch dieſes Frauen-Zimmer zu guter Sicherheit recommen - diret ſeyn. Ich folge dem Vice-Roy auf das Ca - ſtell.

Bon.

Ihr Gnaden dieſe Perſonen kommen gar unrecht bey uns an / wir haben zwar beyderſeits lange Kleider / allein wie ſtehets um unſre Ordens Regel?

Carl.

Die Ordens-Regel geht nicht ſo weit / daß man dem Frauen-Zimmer keine Wohlthat er - weiſen ſoll: ich habe ſchon ſo viel Nachricht / daß ſich niemand an jhren Zellen vergreiffen wird: wol -len51MASANIELLO. len ſie die Eintheilung machen / daß ein jedweder eine Perſon beherbergen kan / ſo wird es gewißlich mit hohem Dancke jederzeit verſchuldet werden.

Bon.

Wir haben das Geluͤbde des Gehorſams / alſo werden wir auch jhr Gnaden nicht duͤrffen un - gehorſam ſeyn.

Carl.

Dieſe hohe Perſonen werden jhnen noch - mahls anbefohlen: denn ich darff die Zeit meiner Wohlfahrt nicht verſaͤumen.

(Geht ab.)
Bon.

Nun wolan / wir werden zuvor unſre Zel - len etwas ordentlicher ausbutzen / damit ſich das Frauen-Zimmer nicht ſchaͤmen duͤrffe / darinn zu - verharren.

(Die Moͤnche gehen ab.)

Erſter Handlung

Neunzehnder Aufftrit.

Bianca, Roſſana, Flavia, Marina.
Bian.

Ihr Schweſtern / wer haͤtte das gemei - net / daß wir an ſolchen Orten unſere Sicherheit ſu - chen ſolten / da ſonſt dem Weiblichen Geſchlechte der Zutrit verboten iſt?

Roſſ.

Es iſt ein Wunder / daß die Feinde des Weiblichen Geſchlechts uns wieder die jenigen be -D d 2ſchuͤ -52Der Haupt-Rebelleſchuͤtzen ſollen / welche durch jhre Heyrath die Affe - ction zu dem Frauen-Zimmer deutlich genung er - wieſen haben.

Flav.

Ach! wenn ich nur den ſchaͤndlichen Grau - baͤrtigen Kerl nicht etwan anbefohlen wuͤrde! Ich fuͤrchte mich doch zu to de / wo ich zu dem garſti - gen Narren in die Zelle kriechen ſoll.

Mar.

Schweſtrichen / die Noth muß alles ent - ſchuldigen / und wer weiß was vor Heiligkeit auß ſeinem heiligen Kniſter-Barte heraus ſteigt / daß wir dich hernach als eine Heilige Perſon anbeten muͤſſen.

Bianc.

Die Zeit iſt nicht darnach / daß wir ſcher - tzen.

Roſſ.

Noch viel weniger iſt ſie darnach / daß wir unſere Wolthaͤter verachten.

Flav.

Ach! wer weiß / ſchlagen uns die Solda - ten nicht in den Zellen zu tode!

Mar.

Es waͤre[01C0]gewiß ein Poſſen: ſo fuͤhren wir mit den Geiſtlichen Herren in Himmel / und muͤ - ſten ſie vielleicht in Ewigkeit neben uns ſitzen laſ - ſen.

Bianc.

Schweſtrichen / du haſt eine gluͤckliche Natur / in dem dn auch bey ſo betruͤbter Zeit frey - muͤtig ſchertzen kanſt.

Roſſ.

Mir iſt das ſchertzen vergangen / weil mein Herr Vater mitten in der Gefahr ſchwebet.

Flav.

Und wer weiß wo meine Frau Mutter mehr um mich bekuͤmmert iſt / als um jhrer eige - ne Wohlfahrt.

Mar. 53MASANIELLO.
Mar.

Und wer weiß / ob ſichs der Muͤhe verloh - net / daß jemand furchtſam gethan hat. So lan - ge mir kein Meſſer an die Gurgel geſetzet wird / ſo lange dencke ich / es wird gut werden.

Bianc.

Der Himmel beſtaͤtige dieſen Glauben!

Roſſ.

Und helffe uns aus dieſer Betruͤbnis!

Flav.

Und laß uns die lieben Unſrigen wieder ſehen!

Mar.

Und gebe mir einen freundlichen Pater in die Zelle!

Bianc.

Ich wolte / ich waͤre aus dem Caſtell!

Roſſ.

Ich wolte / ich waͤre auf unſerm Land - Gute!

Flav.

Ich wolte / ich waͤre nicht mehr in der Welt!

Mar.

Ich wolte ich waͤre hier im Kloſter / und ſolte mich in eine Zelle verſtecken! Gelt / jhr Schwe - ſtern: ich bin die Froͤmſte? deñ mein Wunſch wird am erſten erfuͤllt.

Erſter Handlung

Zwanzigſter Aufftrit.

Die Vorigen / Xaverio, und hernach die andern Muͤnche.
Xav.

Ich hoͤre die Sache wird allzeit gefaͤhrli - cher / wo ſich das Frauen-Zimmer in Sicherheit begeben wil / ſo duͤrffen ſie nicht verziehen.

D d 3Bi -54Der Haupt-Rebelle
Bianc.

Wir wollen gerne folgen / wenn uns der Ort gewieſen wird.

Xav.

Der Weg iſt gar ſichtbar; darf ich ſo kuͤh - ne ſeyn / jhre ſchoͤne Hand zu beruͤhren / ſo wil ich mich zum Wegweiſer gebrauchen laſſen.

Bianc.

Mein Herr Pater, er iſt itzund mein Schutz-Engel / wird er mich wohl aufheben / ſo wil ich gehorſam folgen.

Xav.

Ihr Gnaden tragen keinen Zweifel.

Bian.

Aber wo bleiben die andern?

Xav.

Sie ſollen auch verſorget ſeyn. Da koͤmt ſchon ein guter Freund / der weitern Befehl hat.

(Domenico komt. Xaverio und Bianca gehen ab.)
Dom.

Die Reihe wird an jhr Gnaden ſeyn / daß ſie in meine Zelle begleitet werden.

Roſſ.

Es iſt mir leid / daß ſie unſert wegen in vielen heiligen Verrichtungen ſollen verſtoͤret wer - den.

Dom.

Die Verrichtung iſt auch heilig / wenn ſo eine ſchoͤne Perſon in Verwahrung genommen wird.

Roſſ.

Ja freylich werden wir dieſem heiligen Ort unſre Sicherheit zu dancken haben.

Dom.

Ihr Gnaden ſorgen nicht / es wird ſich niemand an unſern Zellen vergreiffen / und in weh - render Zeit wollen wir ſchon etwas Heiliges fin - den / daß uns die Zeit nicht lang wird.

Roſſ. 55MASANIELLO.
Roſſ.

So lang ich den Herrn Vater beweine / ſo lang muß mir die Zeit lang und verdrießlich ſeyn.

Dom.

Ich habe einen Roſen-Crantz / der kan alle Thraͤnen und alle Traurigkeit ſtillen.

(Domenico und Roſſana gehen ab / Franceſco komt. (
Franc.

Ha / ha / jhr Gnaden ſoll ich die Ehre ha - ben / ſie in meiner Zelle zubeherbergen?

Flav.

Ach! Himmel / ich habe mich vor dieſem Ungluͤck gefuͤrcht.

Franc.

Ihr Gnaden entſetzen ſich nicht / ſie ſol - len gar wohl accommodirt ſeyn.

Flav.

Iſt es nicht wohlgethan / wenn ich hier bleibe?

Franc.

Na / Na / hier koͤnnen wir nicht gut da - vor ſeyn / wenn eine Kriegs Gurgel mit dem bloſ - ſen Gewehr herein dringen wolte. Aber vor un - fer Zelle ſteht ein Engel / daß kein ſolcher Bube zu uns hinein kan. Ihr Gnaden geben mir die Hand.

Flav.

Der Herr Pater geh nur voran / ich wil ſchon folgen.

Franc.

Ey / ich werde nicht ſo unhoͤflich ſeyn / ich muß ſie fuͤhren.

Flav.

Gewiß / ich wil mich ſelber fuͤhren.

Fran.

Ihr Gnaden fuͤrchte ſich nicht / ich wil jhr den Heiligen ſagen / der in unſer Zelle wohnt.

Flav.

Ach / ich kenne meinen Heiligen ſchon.

D d 4Franc. 56Der Haupt-Rebelle
Franc.

Ich wil es gantz heimlich ſagen.

(Er ſtellt ſich als woll Er ſie kuͤſſen.)
Flav.

Gewiß / eh ich dieſen Heiligen wil anbe - ten / eh wil ich wiederum mitten unter die Solda - ten lauffen.

Franc.

Aber es iſt meiner Ordens-Regel zu wieder / daß ich eine ſo vornehme Perſon muthwil - ig verterben laſſe.

(Franceſco ſchlept Flavia hinein: Bona - vita koͤmt.)
Bon.

Ihr Gnaden ſind gar allein gelaſſen wor - den.

Mar.

Was hilffts / ich wuſte es ſchon / daß ſich ein Wohlthaͤter noch finden wuͤrde.

Bon.

Wir ſind arme Leute / und alſo koͤnnen ſie unſere Wohlthaten nicht allzu hoch ſchaͤtzen.

Mar.

Wo man das Leben erhalten kan / da iſt die Wohlthat unſchaͤtzbar.

Bon.

So wird auch unſer Gluͤck unſchaͤtzbar ſeyn / daß wir in unſerm Kloſter ſolchen ſchoͤnen Perſonen das Leben erhalten koͤnnen.

Bon.

Es wird keines Danckes beduͤrffen / viel - mehr wird uns obliegen ſehr ſchoͤn zu dancken / wo - fern die geringen Zellen jhr Gnaden nicht unan - genehm geweſen.

Mar.

Ich bin mit allem Gluͤcke zufrieden. Wa - rum ſolte mir die Converſation ſo eines ſtattlichen Mannes zu wieder ſeyn?

Bon. 57MASANIELLO.
Bon.

Ha / ha / Ihr Gnaden ſchertzen mit dero Diener / doch jhr Gnaden geben mir die Freyheit / dieſelbe bey dero Hand zu fuͤhren.

Mar.

Ich bin unbekand / ich muß mich fuͤhren laſſen.

Bon -
(Kuͤſſet jhr die Hand.)

Und ich wil mein Amt getreulich verrichten.

Mar.

Das war gewißlich ein Geiſtlicher Kuß?

Pon.

Ach nein / es war eine Hoͤfligkeit / die ich noch im weltlichen Stande gelernet habe. Wenn ich aber wiſſen ſolte / daß ihr Gnaden dadurch waͤ - ren beleidiget worden / ſo koͤnt ich meinen Kuß wohl wieder zuruͤcke nehmen.

(Er kuͤſſet jhr die Hand noch einmahl.)
Mar.

Er nimt mir etwas wieder / welches ich wohl haͤtte behalten koͤnnen.

Bon.

Ihr Gnaden haben zu befehlen / ich kan es wol wider an einen beſſern Ort bringen.

(Er kuͤſſt ſie auf den Backen.)
Mar.

Der Herr Pater hat ein kurtzes Gedaͤcht - nis: er hat der Hand was genommen / und wil es dem Geſichte zahlen.

Bon.

So wil ich es der Hand geben und dem Geſichte wieder nehmen.

(Er kuͤſſt ſie auf die Hand und auf das Geſichte.)
D d 5Mar. 58Der Haupt-Rebelle
Mar.

Mein Herr / iſt es doch Schade / daß er ſei - ne ſchwartze Kappe nicht mit einem Cavallier Ha - bit vertauſchen ſoll.

Bon.

Ihr Gnaden das Kleid macht keinen Ca - vallier, unterdeſſen ſind dieſe Kuͤſſe nicht ſo wol aus einer Weltlichen / als aus einer Geiſtlichen Lie: he hergefloſſen.

Mar.

Ich muß die Entſchuldigung gelten laſſen.

Bon.

Wer in ein geiſtlich Hauß koͤmt / der muß auch der Geiſtlichen Manier gewohnen / und muß ſich dergeſtalt in die Armen der Chriſtlichen Liebe ſchlieſſen laſſen.

(Er umfaſſt ſie.)
Mar.

Dem Here Pater hab ichs zu dancken / daß ich die Chriſtliche Liebe verſtehen lerne.

Bon.

Und jhr Gnaden hab ichs zu dancken / daß ich in dieſem einſamen Orte die Chriſtliche Liebe nach meinem Wunſch erfuͤllen kan.

Mar.

Wo ſoll ich aber hingefuͤhret werden?

Bon.

An einen geringen Ort: doch welchen eine vornehme Perſon nunmehr ſo beruͤhmt machen wird / daß ich alle vornehme Stiffts-Kirchen de - gegen verachten wil.

Mar.

Seine Wohnung wird ohne dem beruͤhmt ſeyn / weil er ohne Zweifel unterſchiedene Heiligen wird zu Patronen angenommen haben.

Bon.

Ich habe meine Patronen gar hoͤflich ge - beten / ſie moͤchten mich auff eine Zeit verlaſſen /weil59MASANIELLO. well ich eine unverſtorbene Heilige zu meiner Be - ſchuͤtzerin annehmen wolle.

Mar.

Der Herr Pater beſchaͤmt mich mit ſeinen Worten / und aus allen Umſtaͤnden kan ich ſchlieſ - ſen / daß Geiſtlicye Perſonen auch ſchertzen koͤnnen.

Bon.

Ich wolte wuͤnſchen / daß meine Worte in keinem Schertze verſtanden wůrden.

(Inwendig wird ein Gepolter.)
Mar.

Hilff Himmel wir ſind verdorben!

Bon.

Ihr Gnaden ſollen nicht verderben / und wenn ich ſie mit den Fluͤgeln meiner Kappe bede - cken ſolte.

(Sie gehen ab.)

Erſter Handlung

Ein und zwantzigſter Aufftrit.

Allegro.

Hey ſa! nun bin ich ein ehrlicher Kerl / und wer mich vor des Vice-Roy ſeinen Diener anſieht / den heiß ich einen Schelm. Nun wil ich helffen rau - ben / brennen / todſchlagen / und was ſonſt vor ſie - ben freye Kuͤnſte in der Welt mehr ſind. Aber ei - nen Mangel hab ich noch / dem ich von Hertzen gern abhelffen moͤchte. Denn die Buͤrger machen ein Regiment zuſammen / die Weiber haben jhreCom -60Der Haupt-RebelleCompagnien,[A78C]die Bauren fuͤhren jhre Svadronen auff: ja die Kinder marchiren in jhrer Ordnung daher / daß man ſeine Freude an den jungen Leckern ſehen muß. Nun bin ich der Narꝛ allein / und muß in meinem Regiment zu Fuſſe / Obriſter / Rittmei - ſter / Cornet / Corporal / Mußqvetirer / Drummel - ſchlaͤger und Profoß zugleiche ſeyn. Und ich hal - te / wer mein Regiment wird in die Winter-Qvar - tier kriegen / der darff mich nicht boͤſe machen: denn wo ich einen Soldaten hencken laſſe / ſo muß ich ſel - ber dran / und damit iſt das Regiment ruiniret. A - ber hoͤrt doch jhr Leute / koͤnt jhr mir keinen Nar - ren zuweiſen / der unter meinem Commando mit aufziehen wil? Ihr Herren / ich bitte helfft mir aus / ich wil euch gerne wieder zu Ehren helffen / weñ jhr irgend / wiſt jhrs doch wohl. Ich bitte zum andern mahl / laſt mich nicht ſtecken. Wo jhr mich zum dritten mahl bitten laſſet / ſo ſchwere ich / wo ein Narꝛ unterm Hauffen iſt / ich wil jhn mit Gewalt unter meine Compagnie ſtecken. Nu ich muß gu - te Freunde haben / ſo ſchweigen alle ſtill. Ho / ho / ich weiß ein ander Mittel! da hab ich den Samen von einem Kraute / das heiſt auff unſre Frau Mut - ter-Sprache Narren-Kraut. Wie waͤrs / wenn ich einen Verſuch thaͤte / ob mir auf dem Felde da jun - ge Narren wolten aufgehn? denn weil niemand die Narren beſtellt / ſo muͤſſen ſie freylich wo wach - ſen / wie das Unkraut.

(Er ſaͤet und ſinget.)
Ich61MASANIELLO.
Ich ſtreue meinen Samen aus /
Viel Gluͤcks zu dieſer Muͤh!
Ihr jungen Narren komt heraus /
In meine Compagnie.

Nun es iſt gewagt: zur Saatzeit hab ich ſchoͤn Wetter: wo mir die Erndte brave zuſchlaͤgt / ſo werd ich ein ſtattlicher Kerl ſeyn / und werde mir zum Winter Qvartier eine Scheune bauen laſſen / ſo groß als Neapolis.

(Hier kucken allenthalben kleine Narren aus dem Boden herfuͤr / und weil Allegro redet / ſo kommen ſie all - maͤhlig in die Hoͤhe.)

Ach wie lange wird mir doch das Warten! ich den - cke / ehe meine Compagnie zu ſtande koͤmt / ſo wer - den die andern jhre Beute weg haben. Ich weiß wol / was ich thue; ich wil den Kloſter Keller be - ſuchen / und wil den Acker mit den beſteu Weine begieſſen / ſo hab ich einen doppelten Vorthel. Vor eines gedeyet mir die Frucht beſſer; und vor das andere kriegen mir die Schelmen beſſer Courage.

(Er wendet ſich um / da fangen die klei - nen Narren alle an zulachen / Alle - gro lacht dazu / und faͤngt mit jhnen an poßierlich herum zu ſpringen / biß er mit jhnen hinein tantzt.)
An -62Der Haupt-Rebelle.

Andrer Handlung

Erſter Aufftrit.

Caraffa, Matelone, Riſtaldi.
Car.

Bey ſolcher Beſchaffenheit ſteht die Sa - che gar gefaͤhrlich.

Riſt.

Es iſt nicht anders als ich ſage. Der Vice - Roy hat eine geſchriebene Verſicherung dem Vol - cke uͤberliefert: allein ſie haben nicht genung daran / biß die alten Privilegia an den Tag kommen / und dergeſtalt das gemeine Weſen auf den Fuß geſetzet wird / darauff es vor hundert Jahren geruhet hat.

Car.

Die Foderung iſt ziemlich hart. Daß ſie a - ber noch weiter zufahren und den Adel um die volle Autorität bringen wollen / dieſes wird nicht eher geſchehen / als biß uns ingeſamt die Haͤlſe gebro - chen ſeyn. Was? hat der Adel von ſo langer Zeit her vier Vota gehabt / da hingegen das Volck nur mit einen ſich behelffen muͤſſen? und anitzo ſol - len wir die Fiſcher-Knechte und das andere Lum - pen-Geſinde ſo weit kommen laſſen / daß ſie mit den Votis dem Adel gleiche werden? ſo wolt ich lieber die gantze Stadt in Gifft und Brande verderben ſehen.

Riſt.

Ich weiß aber nicht / wie dem Ubel wird zu begegnen ſeyn. Die Zuruͤſtung iſt uͤberaus er - ſchrecklich. Alle Kaufleute / welche mit Gewehr undMu -63MASANIELLO. Munition handeln / die muͤſſen jhren Vorrath her - aus geben. Einer der auff Beſehl des Maſaniello mit ſeinem Pulver nicht heraus wolte / dem iſt das Hauß in die Lufft geſprenget worden / darbey uͤber 60. Perſonen jaͤmmerlich zerſchmettert ſind: und es fehlete wenig / ſo haͤtten ſie den Koͤniglichen Pul - ver-Thurm preiß gemacht / wenn das Pulver nicht in aller Eil waͤre in das Waſſer geworffen und ver - derbet worden. Ach[:]ſo weit haben wir es ge - bracht / daß wir uns ſelber entwaffnen muͤſſen / wo - fern wir gegen dem Feinde wollen ſicher ſeyn!

Car.

So werden wir doch eines wagen muͤſſen / ob meines Herren Bruders Autorität bey dem Volcke was ausrichten moͤchte.

Riſt.

Ihr Excellentz der Herr Vice-Roy wird an dieſer Reſolution ein ſonderbahres Gefallen ha - ben / und ich werde nicht ſaͤumig ſeyn / ſolche ange - nehme Zeitung zu uͤberbringen.

Car.

Er kan ſeine Botſchafft ausrichten / wir wollen das unſrige thun.

Riſtaldi geht ab.)
Mat.

O verfluchte Zeit / da wir dem gemeinen Poͤbel ſchmeicheln muͤſſen!

Car.

Die Zeit moͤchte noch verfluchter ſeyn / wenn unſere Schmeicheley nicht verfangen wolte.

Mat.

Mich duͤncket / meine Anſchlaͤge werden die beſten ſeyn. Es ſind etliche Banditen auf des Volckes Seiten getreten / dieſelben moͤchten ſich durch unſre Geſchencke zu etwas bewegen laſſen.

Car. 64Der Haupt-Rebelle
Car.

Die Banditen ſind zu ſchwach.

Mat.

Wo die Gewalt nicht zulangen wil / da wird ein liſtiges Stuͤcke den Ausgang erhalten.

Car.

So lange die offene Gewalt zu raſen pfle - get / ſo lange ſind die liſtigen Anſchlaͤge ſehr zwei - felhafftig.

Mat.

Ich meine / man muß etliche hundert tau - ſend Perſonen weniger machen.

Car.

Bewehrte Leute laſſen ſich nicht ſo leicht tod ſchlagen.

Mat.

Wir haben einen freyen Zutrit zu dem Waſſer / welches durch Canale in die Stadt gelei - tet wird: vielleicht wird ſolches vergifftet / ſo fallen unſre Feinde wie die Fliegen dahin.

Car.

Es ifl ein Werck von groſſen Nachden - cken.

Mat.

In ſolchen Faͤllen wird das uͤberfluͤſſige Nachdencken zur Thorheit.

Car.

Das Ubel moͤcht auff unſern Kopff kom - men.

Mat.

Wenn die Fliegen geſtorben ſind / ſo wer - den ſie unſre Koͤpffe zu frieden laſſen.

Car.

Der Herr Bruder bildet ſich den Außgang gewiſſer ein als man hoffen kan.

Mat.

Der Bandite Peronne hat mir vor dieſer Zeit etliche getreue Dienſte gethan. Alldieweil er nun bey dem Maſaniello ſehr viel zu ſprechen hat / ſo wird er ſich leicht bereden laſſen / das Volck mit Gifft / und den Fiſcher-Knecht mit einer Kugel aus dem Wege zu raͤumen.

Car. 65MASANIELLO.
Car.

Wir wollen zuvor die Leutſeligen Mittel verſuchen / biß wir zu aͤrgern Sachen genoͤthiget werden.

Mat.

So lange wir Leutſelig ſeyn / ſo lange be - muͤhen wir uns vergebens: Doch unſre Grauſam - keit muß durch ſolche Bemuͤhung entſchuldiget werden.

Andrer Handlung

Anderer Aufftrit.

Maſaniello, Peronne, Arpaja, Vitale, Formaggio, Geonino.
Maſ.

So wil ich demnach erweiſen / daß ich mit meinen bißherigen Reden ohne alle Schuld und Urſache bin verſpottet worden / und die Bluthunde ſollen mit jhren Schmertzen erfahren / was ſie durch jhre Grauſamkeit verdienet haben: Ich habe dem geſamten Volcke nicht wiederſtehen koͤnnen / als ſie mich zu jhrem General beſtaͤtigten: gleichwohl aber ſo wil ich dieſes geringe Fiſcher-Kleid zum Zeugen anruffen / daß ich nicht einen Heller von dem gemeinen Gute zu meinem Nutzen anzuwen - den gedencke. So bald die Sache wird in einen ru - higen Stand gediehen ſeyn / und ſo bald unſer Volck die alte Freyheit wiederum beſitzen wird / ſo bald wil ich auch meinen Regiments-Stab mit einem Fi - ſcher Angel vertauſchen / und die vorige Vergnuͤ - gung meines Lebens deſto froͤlicher genieſſen.

E eGeon66Der Haupt-Rebelle
Geon.

Wir duͤrffen uns auf Seiten des Adels keiner gewiſſen Freundſchafft verſichern / biß wir unterſchiedene Pallaͤſte zuſloͤret / und ein allgemei - nes Schrecken unter die reiſſende Woͤlffe gebracht haben.

Per.

Und das Schrecken wird deſto hefftiger ſeyn / wenn alles durch Feuer verderbet wird / damit auch kein Gedaͤchtnis von dem Gottloſen Reich - thum zuruͤcke bleibet.

Vit.

Es iſt wahr[!]wenn ſich die Buͤrger in den Raub theilen wolten / ſo moͤchten ſie unter ſich ſelbſt uneins werden.

Geon.

Es iſt wahr! doch wenn der Adel wuͤſte / wo die Sachen waͤren hinvertheilet worden / ſo moͤchte eine Zeit kommen / darinnen ſie das jhrige wiederfordern wolten.

Arp.

Doch das gemuͤntzte Geld moͤchte noch von dem Feuer loß zu bitten ſeyn.

Form.

Das Geld iſt den armen Buͤrgern abge - zwungen worden / ſo moͤchte man es nun der Buͤr - gerſchafft zum beſten behalten.

Maſ.

Euer Rath taug nichts? was in den ver - fluchten Haͤuſern anzutreffen iſt / das ſol die Straf - fe ſolches Fluches in dem verzehrenden Feuer aus - ſtehen. Auff / und ruͤhret die Drommel / und fol - get mir in voller Ordnung auff den Marckt / da ſollen euch die Haͤuſer zur Verſtoͤrung angewieſen werden.

(Hier67MASANIELLO.
(Hier geſchicht der Auffzug uͤber das Theatrum. 1. Maſaniello mit den Seinigen / nebſt etlichen Banditen. 2. Die Buͤrger. 3. Maſaniello Frau mit den Weibern. 4. Die Buͤrgers Kinder. 5. Die Bauern. 6. Allegro mit ſeinen kleinen Narren / welche mit kleinen Drommeln und Pfeiffen ſich hoͤren laſſen.)

Andrer Handlung

Dritter Aufftrit.

Flavio, Roberto, hernach Allegro.
Flav.

Ich bin mit aufgezogen: aber ich fuͤrchte / das Blaͤtgen moͤchte ſich bald umkehren.

Rob.

Drum muͤſſen wir beyſammen halten. Der Berg muß doch einmahl uͤberſtiegen ſeyn.

Flav.

Mit groſſen Herren iſt nicht viel auszu - richten: weil wir im Gewehre beyſammen ſtehen / ſo geben ſie gute Worte / darnach wiſſen ſie ſchon wie ſie uns beykommen ſollen.

Rob.

Wenn wir die Privilegia in die Haͤnde kriegen / ſo werden ſie es wohl bleiben laſſen / daß ſie uns beykommen.

Flav.

Abgezwungene Privilegia machen hernach eine gezwungene Erklaͤrung.

E e 2Rob. 68Der Haupt-Rebelle
Rob.

Die Erklaͤrung muß nach unſerm Kopffe gehn / ſo lange wir beyſammen halten?

Flav.

Gar recht / ſo lange wir beyſammen ſtehn; aber laß nur acht Tage in das Land kommen / und ſiehe darnach zu / ob ſo viel hundert tauſend Mann werden im Gewehr bleiben.

Rob.

Wer nicht wil / muß den Kopff laſſen.

Flav.

Der Zorn wird ſich gar bald maͤßigen; Wir und unſere Kinder wollen eſſen: durch muͤßig gehn verdienen wir nichts; ſollen wir aber nach un - ſerer Gelegenheit arbeiten / ſo koͤnnen wir nicht bey - ſammen bleiben.

Rob.

Ein jedweder Handwercks-Mann mag ſei - ne Buͤchſe bey der Werckſtadt liegen haben / daß er bey dem Sturm-Schlage mit heraus wiſchen kan.

Flav.

Es muß aber allezeit eine Menge beyſam - men ſeyn / welche den Thuͤrmer commandirt, wenn er ſtuͤrmen ſoll.

Rob.

Ein Theil der Sadt wird nach dem an - dern aufgebothen.

Flav.

Aber giebt es keine Verſaͤumnis? ob wir hißher mehr Contribution gegeben / oder ob wir ins kuͤnfftige wenig Geld verdienen?

Rob.

Mir nicht. Ich wil mich bey meinem Muͤſ - ſiggange gar wohl befinden / und mancher Edel - mann ſoll mich um eine Wohlthat anſprechen.

Flav.

Ach Bruder / gedencke mir nicht an den A - del: er ſchweiget itzo ſtille / und laͤſt euch außraſen; aberich69MASANIELLO. ich fuͤrchte / ſie werden eine Karte mit einander mi - ſchen / dabey mancher ſeine Ehre / ſein Gut und ſein Blut verlieren moͤchte. Ach! warum leben wir nicht friedlich? hat uns GOtt eine ſchwere Laſt aufgeleget / ſo iſt es beſſer unrecht leiden / als unrecht thun. Und wenn wir uns lange wiederſetzen / ſo werden wir doch wieder GOttes Willen nimmer - mehr zu freyen Leuten gerathen.

Alleg.
(Komt gelauffen.)

Ha du Verraͤther / du Schelm / wilſtu auf den itzi - gen Oberſten laͤſtern? das ſol dir dein Leben koſten / und wenn du Stahleiſen feſte waͤreſt.

Rob.

Herr Feld-Webel / ich bekenne meine Un - ſchuld: ich habe nichts darzu geredt.

Alleg.

Des ſchoͤnen Titels wegē habt jhr Perdon. Aber du Kerl / du muſt in einer Stunde hencken.

Flav.

Ich ſtehe bey der Buͤrgerſchafft / und was ich aus Schertz gegen einen guten Freund rede / das wird mir zu keiner Verantwortung gereichen.

Alleg.

Ey du liebes Hertzgen haſtu auch geſchertzt? kom̃ / kom̃ / ich wil dir in der freyen Lufft einen Tantz - Boden bauen laſſen / da ſoll dich niemand an dei - nem Schertze verhindern.

Flav.

Ich bitte wieder Gewalt.

Alleg.

Du darffſt nicht drum bitten / es geſchieht von Hertzen gern. Ihr Purſche greifft an.

(Die kleinen Narren werffen jhn zu Bo - den und ſchleppen jhn hinein.)
E e 3An -70Der Haupt-Rebelle

Andrer Handlung

Vierdter Aufftrit.

Geonino, Vitale, Peronne, Caraffa, Matelone.
Geon.

Der Herr Oberſte laͤſt ſich damit nicht abweiſen.

Car.

Es iſt ein Mißtrauen / deſſen man nicht von noͤthen hat.

Geon.

Der Zoll muß abgeſchaffet ſeyn.

Car.

Ihr Excellentz haben ſich darzu verſtanden.

Geon.

Ja den halben Zoll hat er mit ſolchen Worten erlaſſen / davon er kaum die Helffte halten moͤchte.

Car.

Die Zeiten haben ſich in hundert Jahren geaͤndert: es iſt alles / dem Werthe nach geſtiegen. Ein Bauer / ein Handwersckmann / ein Kauffman verdient itzt mehr Geld als vor hundert Jahren / warum ſoll er denn eine geringe Zulage bey der Contribution achten?

Vit.

Wenn die Herren von nichts anders re - den wollen / ſo moͤchten ſie wohl jhre Geſandſchafft geſparet haben. Wir weichen nicht eher / als biß die Privilegia da ſind / und biß dem Volcke zwey Ca - ſtelle / zur Sicherheit eingeraͤumet werden.

Mat.

Es iſt uns Leid / daß ſich eine leichte Sa - che ſo ſchwer machet; ſie geben Achtung auff uns /wir71MASANIELLO. wir wollen unſer Blut zu Pfande ſetzen / wofern nicht alles dem Volcke zu angenehmer Vergnuͤ - gung ſoll beygeleget werden. Sie ſchonen nur jhrer Koͤniglichen Majeſtaͤt in Spanien.

Vit.

Wie die Koͤnigliche Majeſtaͤt in Spanien ſoll reſpectiret werden / ſolches wiſſen wir gar wohl. Und der Vice-Roy darff uns keine Lehr-Meiſter deswegen aus dem Caſtell herunter ſchicken.

Mat.

Wir begehren niemand zu tadeln: aber das moͤchten wir wuͤnſchen / daß ein jedweder moͤch - te gluͤckſelig ſeyn.

Vit.

Allein die Thuͤre zur Gluͤckſeligkeit wird uns verſchloſſen.

Mat.

Ach nein. Wir haben ſo klare Vollmacht / alle Gnade von jhrer Excellentz anzukuͤndigen. was man ohne Weitlaͤufftigkeit verrichten kan / daſ - ſelbe ſoll man auf ſo gefaͤhrliche Manier nicht fort - ſetzen. Sie bedencken was Neapolis vor Heiligen in der Kirchen hat / welche gewißlich bey ſolchen Tumult wenig Affection gegen die Stadt gewin - nen werde.

Geon.

Ich bin auch ein Geiſtlicher / aber deswe - gen wil ich mich vor den Heiligen nicht fuͤrchten. Es haͤtte mancher den Heiligen Gennatio eine groͤſſere Wachs-Kertze auffgeſtecket / wenn jhn der ſchwere Zoll nicht von allen Mitteln gebracht haͤtte.

Vit.

Ich dachte / ſie wolten mit dem Volck tra - ctiren. Drum moͤchten ſie die Heiligen immer mit frieden laſſen; Und ich rathe jhnen was gutes / woE e 4un -72Der Haupt-Rebelleunſer Begehren nicht in allen Stuͤcken vollzogen wird / ſo packet euch nur bald aus unſerm Geſich - te / und laſſet uns mit ſolchen Geſandſchafften un - geſchimpffet: denn es moͤchte einmahl gar ein gar - ſtig Außſehen haben.

Geon.

Dieſen Abſchied koͤñt jhr dem Vice-Roy wieder zubringen. Laſſet jhr euch in der Stadt er - tappen / wenn unſern Obriſten von eurer Verrich - tung Part gegeben wird / ſo geben wir vor euer Le - ben keinen Pfennig.

Vit.

Und dieſe Warnung nehmet als ein Zei - chen unſers guͤtigen Gemuͤthes an.

(Geonino und Vitale gehen ab.)
Per.

Ihr Gnaden ſehen / wie ſo gar wenig bey dem Volcke verfangen wil.

Car.

Darum mag es dabey bleiben / die gantze Buͤrgerſchafft muß ruiniret werden. Wenn die Hunde todt ſind / ſo koͤnnen ſie nicht beiſſen.

Per.

Es wird ſich gar wohl thun laſſen. Ihr Ge - naden nehmen das Werck auf ſich die Brunnen zuvergiften / damit das Volck ohn unſerm Schwerdt - Schlage vermindert werde. Ich an meinem Orte wil fuͤnff hundert Banditen verſchreiben / unter dem Vorwand / als wolt ich unſere Macht damit ver - ſtaͤrcken; dieſelben wil ich allezeit beyſammen hal - ten / biß Maſaniello durch ein kaltes Eyſen / oder durch ein bißgen Bley gefaͤllet iſt: damit wollen wir die Stadt auff mehr als funffzig Orten in denBrand73MASANIELLO. Brand ſtecken / und den geſamten Adel die Freyheit uͤberlaſſen / wie viel ſie von dem Volcke niederſchla - gen / und welche ſie ferner zu lebendigen Selaven behalten wollen.

Car.

Der Anſchlag iſt ziemlich grauſam.

Mat.

Dennoch aber ſehr wohl ausgeſonnen.

Car.

Wir haben unſer Buͤchſen-Pulver in das Waſſer geſchuͤttet / gleich als haͤtten wir zuvor geſe - hen / wie ſo ſchlechter Wiederſtand bey dieſen Fi - ſcher-Tumult wuͤrde von noͤthen ſeyn.

Mat.

Monf. Peronne, nur die That beſchleuniget. Gefaͤhrliche Conſilia ſind am maͤchtigſten / wenn ſie bald jhren Zweck erreichen.

Per.

Ich habe die Banditen in meiner Hand - es ſoll kein Tag vorbey gehen / ſo wollen wir den Anfang zu einem Wercke machen / davor die gan - tze Welt erzittern fol.

Car.

Geht es wohl von ſtatten / ſo wird es bey den 18000. Cronen nicht verbleiben / welche wir ſchrifftlich verſprochen haben; ſondern die Zulage ſoll ſich nach dem Verdienſte richten.

Per.

Doch das Beſte haͤtte ich bald vergeſſen. Ich werde indeſſen die Haͤuſer auf dem gantzem Marckte mit Pulver Miniren / auch ſo gar die Kir - der Heiligen Maria del Carmine in einen heimli - chen Keller mit ſo viel Pulver verſorgen / damit des Maſaniello Todt den gantzen Adel durch einen er - ſchroͤcklichen Knall koͤnne angedeutet werden: damit werden die Haͤupter von der Faction in die Luft zer -E e 5ſtreu -74Der Haupt-Rebelleſtreuet ſeyn / und ehe ſich das andere Volck im Schre - cken beſinnen wird / ſo hat der Adel ſeine freye Hand. Mit einem Worte / ich wil einen Donnerſchlag erwecken / welcher in einem Augenblicke mehr als 150000. Menſchen betreffen ſol.

Car.

Es iſt beſſer / wir leben in einer verwuͤſte - ten Stadt / als daß wir dem Volcke ſchimpfliche Conditiones eingehen: Allein wer ſol ſo eine Qvan - tität Pulver an die Hand ſchaffen?

Per.

Wer auf das Banditen-Handwerck aus - ſtudieret hat / der gedencket an keinen Vorſchlag / dabey jhm noch die Mittel verborgen ſind. Ich bin des Maſaniello Oberſter Leutenant / und habe dergeſtalt das Pulver zu commandiren / daß ich ungefehr 15000. Pfund leicht in den Kellern aus - theilen kan.

Car.

Ich ſehe / wir haben mit einem Menſchen zuthun / der unſers Erinnerns und Einrathens nicht von noͤthen hat.

Per.

Ich wolte das Geſpraͤche weiter fortſetzen: doch bey gefaͤhrlichen Anſchlaͤgen ſoll niemand auff einen boͤſen Verdacht verleitet werden; alſo recom - mendire ich mich zu jhrer Gnaden Affection.

(Geht ab.)
Car.

So muß ein Reich zerfallen / welches un - ter ſich ſelbſt uneins iſt.

Mat.

Die Banditen werden ſich an des Vol - ckes Auffnehmen nimmermehr erfreuen. Weil dergu -75MASANIELLO. gute Kerl von dem Maſaniello auß dem Gefaͤng - nis erloͤſet worden / ſo ſtehet er jhm freylich bey / ſo lange jhm keine Gelegenheit gewieſen wird / auf die hinter Fuͤſſe zutreten. Doch wir werden jhr Excel - lentz die froͤliche Zeitung bringen.

Car.

Ich weiß nicht / obs rathſam iſt.

Mat.

Er hat uns Vollmacht gegeben nach un - ſerm Gefallen zuſchlieſſen: da nun kein ander Mit - tel verfangen wil / ſo wird jhm der einzige Vor - ſchlag nicht zu wieder ſeyn.

Car.

Wenn es geſchehen iſt / ſo wollen wir die Ehre haben / unſere Thaten zuruͤhmen: itzo mag un - ſere treue Vorſorge denſelben unbekandt ſeyn / de - rer Beſtes am meiſten geſuchet wird.

(Gehen ab.)

Andrer Handlung

Fuͤnffter Auftrit.

Paſqvella, Zeppa, Villanella. hernach Al - legro: endlich Formaggio.
Zep.

Frau Schwaͤgerin / Frau Oberſtin / nun ſind wir auch einmahl was worden.

Paſq.

Ja als ich meinen Mann / nunmehr mei - nen Herren Oberſten nahm / ſo haͤtt ich mir ſolche Ehre nicht traͤumen laſſen.

Vill. 76Der Haupt-Rebelle
Vill.

Nu / nu / jhr lieben Kinder / ſehet nur / daß jhr fein lange dabey bleibt.

Zep.

Ha / ha / dabey bleibt: wer wil uns die Eh - re wieder nehmen? ich bleibe nun die Zeit meines Lebens eine Fuͤrſtin.

Paſq.

Und ich werde noch eine Koͤnigin.

Vill.

Ach geſegnet ſey mein Leib / der ſolche ſtat - liche Kinder gebohren hat. Nun wil ich gerne ſterben / weil ich doch keine groͤſſere Freude mehr in der Welt erleben kan.

Zep.

Es muſte ſo ſeyn: damit werden wir zu groſſen Leuten. Ach / wie wil ich nun den Blut - hunden befehlen / die mich ſonſt vor einen Hund an - ſahen. In wenig Tagen ſoll ein Silbernes Stuͤcke mein geringſtes Kleid ſeyn / und welche Perlen nicht ſo groß als Haſelnuͤſſe ſeyn / die wil ich mit Fuͤſſen treten.

Alleg.
(Koͤmt mit ſeinen Burſchen / ha - ben alle brennende Spaͤne in Haͤn - den.)

Aus dem Wege / wer ſich nicht wil ein Zeichen an den Backen brennen laſſen. Es geht itzt uͤber des Zoͤllners Hauß; dem fehlt nichts mehr / als der ro - the Hahn auf dem Dache / der ſoll jhm nun ſehr zierlich darauff geſetzt werden.

(Er komt den Weibern ziemlich nah.)
Paſq. 77MASANIELLO.
Paſq.

Gemeiner Lumpen Kerl / wilſtu deine O - brigkeit nicht kennen lernen?

Alleg.

Ey / koͤmt mirs heute ſo gut / daß ich die liebe Obrigkeit in einem Weiber Kleide ſehen kan? laſt euch doch fein recht beleuchten.

Zep.

Du Schelm / brenne deiner Gnaͤdigen Frau - en nicht die Augen aus.

Alleg.

Je du gnaͤdige Miſtfincke! wenn ich dir nun die Augen ausbrennte / und klebte die Luͤcken mit Leime zu / wem haͤtte ich doch unter den vorneh - men Leuten was zu Leide gethan?

Vill.

Wir werden das nicht leiden koͤnnen.

Alleg.

Alte Mutter / euer Leiden wird in der Welt am laͤngſten gewehret haben: und was jhr vor funffzig Jahren gelitten habt / das iſt nun vor - bey / und komt nicht wieder: wolt jhrs nicht glaͤu - ben / ſo nehmt den Riſpel zu Pfande.

Zep.

Wer mich angreifft / dem kan ichs nach meinem Gefallen verzeihen. Aber was meiner Frau Schwieger-Mutter geſchicht / dabey laß ich mein Leben. Gib dein Licht her.

Alleg.

Ich dachte die Wachs-Kertze. Junge geh doch flugs / und hole ein Licht / daß wirs in die finſtere Laterne ſtecken.

Zep.

Bin ich eine finſtere Laterne / ſo biſtu ein Qverbalcken an den hellen lichten Galgen.

Alleg.

Ihr Kinder / geht mit euren Fackeln nein / daß jhr nicht ſchaden nehmt: denn es iſt eine ge - faͤhrliche Schlacht vor der Thuͤr.

Paſq. 78Der Haupt-Rebelle
Paſq.

Du Hund / glaͤubſtu nicht / daß mein Man der Oberſte in der Welt iſt?

Zep.

Du Bernheuter / glaͤubſtu nicht / daß mein Mann nach den Oberſten der vornehmſte in der gantzen Welt iſt.

Vill.

Du Schelm glaͤubſtu nicht / daß ich eine Matrone bin?

Alleg.

Ich verwirre mich unter den vornehmen Leuten / und ich weiß nicht / wo ich zuruͤcke ſoll.

Paſq.

Das ſoltu wiſſen / wenn ich mit meinem Manne zu Bette gehe / ſo ſchlaͤfft ein Staats-Mañ bey mir.

Alleg.

Und wenn ich mit eurem Manne zu Bet - re gehe / ſo ſchlaͤfft ein Narꝛ bey dem andern.

Zep.

Ich wil dir ein Bad beſtellen / laß mich zu meinem Herren kommen.

Alleg.

Ja / ja / ich habe die Zeit meines Lebens zwey mahl gebadet / ſo viel als ich von meiner Sel. Frau Mutter verſtanden habe. Wil wir jemand die Ehre wiederum umſonſt anthun / ſo bin ich als ein armer Diener zu frieden.

Paſq.

Du tummer Kerl / laß dich doch berichten. Der Durchlaͤuchtige Maſaniello iſt mein Mann.

Alleg.

Aber jhr ſeid nicht ſeine Durchlauchtige Frau? ich hab jhm geſchworen als einen Oberſten getreu zu ſeyn: aber das mir ſeine Frau comman - diren ſoll / das glaub ich nicht. wer lange Hoſen hat / der iſt nicht meine Obrigkeit.

Form. 79MASANIELLO.
Form.
(Koͤmt gelauffen.)

Frau Schwaͤgerin / Frau Mutter / Frau Schwe - ſter / ach ſie kommen ſo bald es moͤglich iſt: es giebt in den Haͤuſern ſo ſchoͤne Beute von Geld und an - dern Sachen / und doch wil der Herr Schwager alles verbrennen laſſen. O helfft doch retten / es iſt ja beſſer / daß wir und unſre Kinder was davon genieſſen / als daß das ſchoͤne Reichthum mit einan - der vor die Hunde geht.

Paſq.

Ich kenne den Starr-Kopff / er laͤſt ſich nichts einreden.

Form.

Doch muͤſſen wir etwas verſuchen.

Paſq.

Ich muß vor dieſen Buben hier ſtraffen laſſen.

Form.

Ey es giebt genung zu ſtraffen / kom̃t daß wir unſer Reichthum nicht verſaͤumen.

(Sie gehen ab.)
Alleg.

Das war ein Ebenbild von einem arti - gen Frauen-Zimmer. Vor etlichen Tagen wahren jhre Maͤnner nur Fiſcher-Knechte / und ſie danck - ten GOtt / wenn ſie des Tages etliche Pfennige zum beſten hatten. Nun reden ſie von lauter Fuͤrſtlichen und Koͤniglichen Sachen: da wollen ſie mit geſtuͤckten und verbremten Kleidern prangen. Ach wie wohl weiß der liebe GOtt ſein Regiment zufuͤhren! daß er in der Welt ſo viel arme Leute leben laͤſt: denn er ſieht wohl / wie ſo gar wenig Leute ſich in das Reichthum ſchicken koͤnnen / undwie80Der Haupt-Rebellewie ſtoltz eine arme Frau werden kan / wenn ſie nur zwey Tage was vornehmes gerochen hat. Doch ſiehe da / meine Fackel iſt gar finſter worden / ich werde meine Compagnie wieder ausſtaffieren / daß ich in den heilſamen Hauß-Stuͤrmen nicht der letz - te bin.

Andrer Handlung

Sechſter Aufftrit.

Philomarini, Ferrante, Carlo.
Ferr.

Hierdurch erweiſen jhr Excellentz eine Be - ſtendigkeit / welche von der Nach-Welt ſoll ver - verwundert werden / in dem ſie dem raſenden Vol - cke nicht alles zu Willen thun.

Phil.

Ich wolte dieſe Tugend ſelber loben / wenn die Zeit alſo beſchaffen waͤre / wie man wuͤnſchen moͤchte. Doch gewiß / wir werden auf eine Pro - be geſetzt / dabey die Politiqve mit jhren alten Re - geln nicht zulangen wil.

Fer.

Sollen wir des Volckes Sclaven werden?

Phil.

Der Adel ſoll nichts verliehren: er ſoll ſich nur ſo lange buͤcken / biß der Sturm-Wind voruͤber geht: Als denn wird er ſein Haupt ſo gut aufrich - ten koͤnnen / als jemals.

Ferr.

Herr Bruder / was iſt ſeine Meinung?

Carl.

Das Gleichnis hat mir ſonderlich wohlge -81MASANIELLO. gefallen; jemehr ſich ein Gras vor dem Winde ge - buͤcket / deſto beſſer kan ſich der Stengel bey dem gelinden Wetter wiederum aufrichten.

Fer.

Unſer Vice-Roy darff aber mit keinem ſo geringen Gewaͤchſe verglichen werden.

Carl.

Nachdem die gantze Stadt ſeine Autorität verachtet / ſo iſt er kein Vice-Roy: zum wenigſten muß er ſo weit nachgeben / daß er nicht wie ein har - ter Eichbaum im Stuͤrmen zubrochen wird.

Fer.

Wenn er den Staat des Koͤnigreiches aͤndert / ſo verſuͤndiget er ſich wieder jhr Koͤnigliche Majeſtaͤt.

Carl.

Wenn er auch den Poͤbel zu der vollen Raſerey kommen laͤſt / ſo wird er die Koͤnigliche Gnade ſchwerlich verdienen.

Fer.

Was er nicht verwehren kan / daran iſt er unſchuldig.

Carl.

Und wenn jhm gute Wege von andern gezeiget werden / ſo muß er die Schuld tragen.

Fer.

So mag er nur den Adel in den Koth tre - ten helffen.

Carl.

Ihr Eminentz werden jhren hocherleuch - teten Judicio nach dergleichen Vorſchlag nimmer - mehr auf die Bahne bringen / wenn es dem Staa - te zum Verderben hinaus ſchlagen ſolte.

Phil.

Ihr Excellentz / ſo dann auch der gantze Adel / moͤgen verſichert ſeyn / daß ich von jhrer Par - they nimmermehr abſtehen werde. Doch wofernF fſie82Der Haupt-Rebelleſie bey dieſen verwirten Zeiten einige Hoffnung auff meine Cooperation ſetzen wollen; So werden ſie allerſeits meinen getreuen Rath nicht verachten. Das Privilegium muß dem Volcke in die Haͤn - de gegeben werden; Ihr Excellentz muͤſſen die Ab - ſchaffung des Zolls mit eigener Hand confirmiren: Geſchieht dieſes / ſo wil ich innerhalb acht Tagen ein Jubel-Feſt anſtellen. Soll aber mein Vor - ſchlag unguͤltig ſeyn / ſo moͤgen ſie an jhren Orte die unausbleibliche Verwuͤſtung des gantzen Koͤ - nigreiches verantworten.

Fer.

Ihr Eminentz geben dero Vaͤterliche Sorg - falt an den Tag / und wir muͤſten uns hoch verſuͤn - digen / wenn unſer Ungehorſam ſich wiederſpenſtig erzeigen ſolte. Ihr Excellentz der Vice-Roy ſoll alſobald in dieſen Sachen informiret werden.

Carl.

Und in wehrender Zeit wird die Wohl - fahrt des gantzen Staats Eur Eminentz zu Vaͤ - terlichen Haͤnden uͤberliefert.

(Sie gehen ab.)
Phil.

Was vor Muͤhwaltung muß eine Perſon uͤber ſich nehmen / welche ſich zwiſchen ungeduldigen Partheyen in das Mittel ſchlagen ſoll! Das Volck wil alles haben: der Hoff wil in keinem Stuͤcke weichen / und beyde wollen ſich auf meine Autorität beruffen. Und wofern ich bey den Groſ - ſen nichts erhalten kan / ſo werden mir die Gemei - nen ins kuͤnfftige wenig zutrauen. Doch wasbrin -83MASANIELLO. bringen dieſe Freunde guts? Aus jhren Angeſich - te kan ich ſehen / daß ich etwas neues zu ſorgen be - komme.

Andrer Handlung

Siebender Aufftrit.

Philomarini, Roſſi, Ghirardini.
Roſſ.

Ihr Eminentz / wir kommen zuruͤcke / weil numehr lauter traurige Spectacul durch gantz Ne - apolis auffgeſtellet werden.

Ghit.

Und ich habe mich mit Willen entzogen / alldieweil die Hoffnung zu allem Vergleiche nun - mehr in den Brunn gefallen iſt. Ach du armes Neapolis, mit wie viel koſtbaren Millionen wird ſich dieſer Schade wiederum erkauffen laſſen?

Phil.

Ich hoͤre / daß ich erſchrecken ſoll: Gleich - wohl aber weiß ich nicht / was mich vor Urſache darzu beweget.

Roſſ.

Ach / die ſchoͤnſten Pallaͤſte ſtehen in vol - len Flammen. Raub / Pluͤndern und Verwuͤſten iſt bey dem verfluchten Gefinde gleichſam ein freyes Handwerck worden.

Ghir.

Ach / was vor Raritäten werden auf ein - mahl zu ſchanden gehen? und was unſere Vor - fahren dieſer Stadt zum Nachruhm mit groſſem Geld erkauffet haben / das ſoll durch dieſe Unmen - ſchen auf einmahl verwuͤſtet werden!

F f 2Phil. 84Der Haupt-Rebelle
Phil.

Hab ich doch laͤngſten davon prophezeyet. Zu Hofe wollen ſie den Bogen hoͤher ſpannen / als die gegenwaͤrtige Zeit vertragen kan; ſo hat end - lich das Ungewitter ſeinen freyen Lauff.

Roſſ.

Ich bin ein Geiſtlicher / und habe mich deswegen aus der Welt begeben / daß ich mein Reichthum auſſer der Welt ſuchen ſoll / ſonſt wuͤr - de mich der Verluſt ſo vieler Wunderwercke von Hertzen betruͤben.

Ghir.

Doch wer ſo weit in die Welt gelaſſen iſt / daß er vor die Weltlichen Einwohner Sorge tragen ſoll / der muß ſich gleichwohl betruͤben / weñ die Goͤttlichen Gaben und die koſtbaren Guͤter ſo gar uͤbel angewendet werden.

Phil.

Es ſtehet nicht in unſerer Gewalt. Was der Poͤbel heute verderben wil / das wird durch Menſchliche Gewalt nicht erhalten werden.

Andrer Handlung

Achter Aufftrit.

Die Vorigen und Laudato.
Laud.

Ach jhr Eminentz / iſt alle Huͤlffe bey GOtt und Menſchen verlohren?

Phil.

Mein Sohn / was bringet euch zu dieſer Klage?

Laud.

Die gantze Stadt wird in einen Stein -Hauf -85MASANIELLO. Hauffen verwandelt. Der ſchoͤne Pallaſt des Her - ren Felitia iſt in Grund verſtoͤret; was von Mo - bilien und andern Reichthum darinnen iſt / das wird auf einen Hauffen gelegt / daß es verbrennen ſoll. Und jemehr die Flamme herum lodert / deſto mehr ruffen die raſenden Buben: Das iſt unſer Schweiß und Blut: Alſo ſollen die Seelen dieſer Bluthun - de in dem Hoͤlliſchen Feuer brennen.

Phil.

Iſt mir recht / ſo iſt es eben der Mann / der ſich mit dem Mehl-Zolle treflich bereichert hat. Ach du lieber GOtt / nun heiſt es: wie gewonnen / ſo zerronnen; Wer den Kalck zu ſeinem Pallaſte mit fremden Thraͤnen einweicht / der darff ſolchen der Nachwelt gar ſelten verſprechen.

Laud.

Ingleichen hat Herr Daſila eben an ei - nen ſolchen Tantz gemuſt / da nur fuͤnff und zwan - tzig Kaſten / ſo mit den koͤſtlichſten Reichthum er - fuͤllet geweſen / in der Aſche liegen.

Roſſ.

Er iſt mir nicht unbekandt. Es war ein Be - cke / der das Brodt auf dem Buckel zu kauffe trug / biß er ſich hinter die Zoͤlner partirte / und ein gu - tes Fundament zu einem Fuͤrſtlichen State legte. Alſo wird das Volck die Rache an ſolchen Orten am meiſten auslaſſen.

Laud.

Wofern jhr Eminentz nicht zu Huͤlffe kommen / ſo wird kein Pallaſt ſtehen bleiben.

Phil.

Die Zeit iſt kommen / da GOtt eine ernſte Heimſuchung uͤber viel ungerechte Perſonen erge - hen laͤſt.

F f 3An -86Der Haupt-Rebelle

Andrer Handlung

Neundter Aufftrit.

Die Vorigen und Angelo.
Ang.

Ach iſt niemand / der uns den erbaͤrmlichen Schaden beklagen hilfft?

Phil.

Mein Freund / giebt es wieder ein neu Un - gluͤck?

Ang.

Ach / der wunderſchoͤne Pallaſt / welchen der Spaniſche Rathsherr Antonius de Angelo hat auffuͤhren laſſen / der faͤllt nunmehr unter den muth - willen des Poͤbels in einen ſchaͤndlichen Stein - Hauffen.

Ghir.

Wohl / es iſt derjenige / welcher bey Zei - ten des vorigen Vice-Roy manche Einfaͤlle hatte / neue Aufflagen einzufuͤhren.

Ang.

Der ehrliche Mann muß nunmehr vor ſei - ne Sicherheit buͤſſen. Geſtern hatten jhm etliche verwegene Buben die Thuͤr eingeſchlagen / und da mangelt es jhm an Zeit nicht / wenn er ſeine beſte Sachen haͤtte ſalviren wollen. Allein er gedachte / weil er ein Gelehrter waͤre / ſo wuͤrde ſich das Volck an jhm nicht vergreiffen.

Ghir.

Eine groſſe Einfalt von dem Gelehrten Herren. Wo der Vice Roy mit ſeinem Reſpecte liegt / da wird eine Studier-Stube wenig verſcho - net werden. Doch iſt die Beute groß geweſen?

Ang. 87MASANIELLO.
Ang.

Es muß alles auf den Holtz-Hauffen; ſo gar ſeine zwo ſchoͤne Caroſſen / ſamt vier koͤſtlichen Pferden und zwey Maul-Eſeln / denen ſie das Ein - geweide auß dem Leibe riſſen / und ſolches nebſt den todten Aeſſern in die Gluth worffen / welche mit et - lichen Faͤſſern Oel zu guter Nahrung gebracht ward.

Ghir.

Es iſt grauſam genung.

Ang.

Ein Diener offenbarte tauſend Cronen / welche in dem Miſte verborgen waren / und alſo muſte dieſes Gold auch in den groſſen Schmeltz - Tiegel.

Ghir.

Wo wird die wunderſchoͤne Bibliothec geblieben ſeyn?

Ang.

Ach / das wird am meiſten beklagt: So viel 1000. Cronen als ſie gekoſtet hat / ſo unbarm - hertzig hat ſie auf den groſſen Feuer-Hauffen folgen muͤſſen.

Chir.

Es iſt ein allgemeines Ungluͤck / welches die meiſten Bibliothecken verderbet und viel gelehr - te Schrifften der Nachwelt aus den Augen geriſ - ſen hat.

Ang.

Aber wil ſich niemand erbarmen / daß die andern Raritäten von Neapolis nicht auf einmahl zu Grunde gehen?

Phil.

Ich mercke wohl / wer itzo bey dem Poͤbel was erhalten wil / der muß ein Geiſtlicher ſeyn.

Ghir.

Ja es muß ein Ertz-Biſchoff ſeyn.

Rhil.

So wollen wir keinen Fleiß ſparen. IhrF f 4an -88Der Haupt-Rebelleandern verfuͤget euch in das Caſtell / ob etwaan der Vice-Roy die verlangten Sachen beſchleungen wolte.

Andrer Handlung

Zehender Aufftrit.

Anaclerio, Afflitto.
Anacl.

Ich gedachte es wohl / daß mein Pallaſt nicht wuͤrde verſchonet bleiben: doch die beſten Vo - gel ſind ausgeflogen / die ledigen Waͤnde kunt ich nirgends hin packen: alſo haben ſie den unſinnigen Buben zu einem Freuden-Spiele gedienet. Aber iſt der Zoͤllner Valencano verſchonet blieben?

Affl.

Sein Hauß lieget der Erden gleich / und das Volck hat eine ſonderbare Grauſamkeit gegen dieſes Hauß gebrauchet.

Anacl.

Der gute Kerl war Anfangs ein Schrei - ber auff dem Kauff-Hauſe: Darnach als jhm der Mehl-Zoll in die Haͤnde fiel / ſo muͤſſen freylich die Accidentia was ehrliches getragen haben. Doch ſchade um die wunderſchoͤnen Raritäten / daß ſie verbrennen ſollen.

Affl.

Es iſt alles dem Feuer zu Theil worden / nur in einem Stuͤcke hat Maſaniello ſeine Natur veraͤndert: Denn es waren zwey Faͤßgen mit Un - griſchen Ducaten in ein Fenſter gemauret / dieſeließ89MASANIELLO. ließ er nicht verbrennen / ſondern gab ſie in ſichere Verwahrung.

Anacl.

Ich wil doch gerne erfahren / wenn ſich der Bluthund an dem Brennen wird geſaͤtiget haben?

Affl.

Wenn kein Pallaſt mehr wird uͤbrig ſeyn. Ach der Hertzog von Caivano hat auch an die Reihe gemuſt.

Anacl.

Da wird unverwindlicher Schade ge - ſchehen ſeyn.

Affl.

Ach freylich: er iſt des Koͤniges Secretari - us: die beſten und gewiſſeſten Documenta hat er bey ſich / damit hat Neapolis einen Schatz aus der Antiqvität verlohren / welcher ſich mit keinem Gol - de wieder erſetzen laͤſt. Die Geiſtlichen Schilde - reyen wurden in die Kloͤſter ausgetheilet / doch die beſten Kunſt-Stuͤcke / welche Weltlich waren / die muſten mit den Buͤchern in das Feuer / und der Vorrath war ſo groß / daß ſie an zwey Hauffen nicht genung hatten / ſie muſten auch den dritten an - zuͤnden.

Anacl.

Wohl dem / der ſeine Sachen gefluͤchtet hat.

Affl.

Es wird nicht lange anſtehen / ſo werden alle Kirchen und Kloͤſter exeqviret werden / dahin niemand das geringſte ſalviren kan.

Anacl.

Meine Sachen ſoll niemand ausforſchen / und alſo kom̃ er mit mir; weil mein Hauß brennt / ſo wird ein friſcher Trunck wohl ſchmecken.

F f 5Affl90Der Haupt-Rebelle
Affl.

Wohl dem / der bey ſolcher Noth noch ei - nen friſchen Muth behalten kan.

Andrer Handlung

Eilffter Aufftrit.

Bonavita, Domenico und Allegro.
Dom.

Ey / ey / das kan ich mir nicht einbilden: Es wird gewiß ein Mißverſtand ſeyn.

Bon.

Ich wil hoffen / wir Geiſtlichen werden verſchonet ſeyn.

Alleg.

Ich frage / wolt jhr pariren? jhr habt etli - che Sachen aus den geſtuͤrmten Haͤuſern in das Klo - ſter geſchafft: drum ſchickt jhr Excellentz der Stadt Oberſter mein gnaͤdiger Herr ſeinen vornehmen Leutenandt / und wil die Sachen heraus haben.

Dom.

Ey / ey es wird ein Irꝛthum dabey ſeyn.

Alleg.
(Kehret jhn herum.)

Ey / ey / du alter Cauſenmacher / es iſt freylich ein Irꝛthum: Die Kaſten haben ſich verirꝛt; aber die rechten Wege ſollen jhnen ſchon gewieſen werden.

Bon.

Wir ſind ſchwache Leute / wer wil uns was anvertrauen?

Alleg.

Du biſt ein ſchwacher Schelm / aber dei - ne Luͤgen ſind gar ſtarck. Ich frage nur / ſol dein Kloſter flugs den itzigen Augenblick da in der A - ſchen liegen?

Dom. 91MASANIELLO.
Dom.

Kans mein Heiliger Vater / mein Patron leiden / ſo muß ich zufrieden ſeyn.

Bon.

Ach guter Freund / ſprecht nur / es waͤre nichts verhanden geweſen.

Alleg.

Guter Freund / ich hab es nicht gewuſt / daß man im Kloſter luͤgen lernte. Komt nur / komt / und laſt mich eure Fuchsloͤcher viſitiren / dar - nach wil ich ſchon aus gutem Gewiſſen reden.

Dom.

Da ich ein junger Moͤnch war / da haͤtt ich ſolchen Frevel nicht gelitten.

Bon.

Mein Freund / es wird um ein Trinckgeld zu thun ſeyn.

Alleg.

Du Schelm / du Bettler / haſtu das Ge - luͤbde der Armut / und kanſt ein Trinckgeld aus - theilen?

(Hie fallen etliche bewerthe Perſonen heraus und ſchreyen. Viſitiret das Kloſter.)
Bon.

Ach jhr Herren / es ſoll alles willig heraus gegeben werden. Verſchonet nur des Heiligen Ortes / daß keine Gewalt darinnen begangen wird.

(Sie ſchreyen insgeſamt. Wir wollen ſehen / obs wahr iſt / und lauffen hin - ein / die Moͤnche folgen.)
Alleg.

Die Rotte war mir zugeſchwinde auff den Halſe / ich haͤtte ſonſt um ein Trinckgeld tracti -ret /92Der Haupt-Rebelleret / denn es heiſt / wir ſind Soldaten; aber nie - mand giebt uns was / und ſtehlen ſollen wir nicht. Der Vice-Roy hat mir auch ſeine Kuͤche und Kel - ler nicht mit vermacht / damit waͤre Signor Allegro wohl zu frieden / wenn er ein klein nefas mit dem Trinckgelde machen koͤnte.

Andrer Handlung

Zwoͤlffter Aufftrit.

Maſaniello, Peronne, Geonino, Arpaja, Vitale, Mattheo. Item nach und nach allerhand Banditen.
Maſ.

So komt numehr jhr getreuen Neapolita - ner / und ſehet / wie ſich der Staat / von eurem Vaterlande veraͤndert hat. Die Bluthunde lie - gen zu Boden / welche ſich mit eurem Marcke ge - ſaͤtiget haben: Und wer nunmehr die H. Juſtitz um Huͤlffe anruffen wird / der ſoll durch keinen unnoͤthi - gen Proceſſ aufgehalten werden. Herr Geonino, was iſt dieſes vor ein Libell?

Geon.

Es betrifft eine Erbſchafft / da ein Bru - der den andern um die Helffte des Vermoͤgens ge - bracht hat.

Maſ.

Stracks / laſt dieſe Guͤter gleiche mit ein - ander theilen / oder es ſol der ſchuldige Theil den Kopff laſſen.

Arp. 93MASANIELLO.
Arp.

Und hie ſollicitiret ein ehrlicher Mann um eine Poſt Geld / welche jhm auf dem Rath-Hauſe verſaget worden / da er doch Brieff und Siegel daruͤber hat.

Maſ.

Stracks laſt jhm das Geld außzahlen / o - der die ſchuldigen Perſonen ſollen alle hencken.

Vit.

Hie giebt ein ehrlicher Mann ein Schrei - ben ein / der beſchweret ſich gegen ſeinem Nachbar / daß er jhm die Koſten zu der Schiedewand nicht wolle tragen helffen.

Maſ.

Jagt den unruhigen Nachbar aus dem Hauſe / und laſt jhn ſo lange in dem Gefaͤngnis zappeln / biß er gewilliget hat.

Picone
(Koͤmt und bringt Celio ge - ſchlept.)

Mein Herr / da iſt ein Buͤrger / der hat geſeuffzet[/]als wir dem Schelmen / dem Mehl-Zoͤllner das Hauß verbrennten.

Arp.

Hund / wiltu dich der Macht des Volckes wiederſetzen?

Cel.

Ach! Gnade / ich habe nichts gethan.

Maſ.

Wer hat es geſehen?

Pic.

Ich und noch zehn tauſend.

Cel.

O weh / ich bin verlohren!

Maſ.

Augenblicks laſt jhn aufhencken / ſo wird jhm das Seuffzen verboten ſeyn.

Cel.

Ach / wohin wend ich mich bey meiner Un - ſchuld!

Arp. 94Der Haupt-Rebelle
Arp.

In dieſem Gerichte wiſſen wir von keiner Appellation.

(Er wird weg gefuͤhret.) Bravo bringt Titta geſchleppt.)

Mein Herr / dieſer hat in ſeinem Hauſe unter - ſchiedene Gewehr gehabt / und auf ergangenen Be - fehl / hat er ſolches verſchweigen wollen.

Tit.

Ich wil es liefern: Man laſſe mir nur vor dißmahl Gnade zukommen.

Maſ.

Was geht dich die Gnade an? auff! reiſſet dem Boͤſewicht den Kopff von dem Nacken her - unter.

Tit.

Ich habe nichts gethan.

Arp.

Wenn der Kopff vor den Hinterſten lie - gen wird / da ſolſtu noch weniger thun.

Tit.

O grauſame Zeit!

(Sie ſchleppen jhn hinweg / Furfante und Rubina.
Furf.

Da hab ich eine Beſtie.

Rub.

Laſt mich gehen / ich bin eine ehrliche Frau.

Furf.

Die Ehrligkeit ſoll dir bezahlet werden.

Rub.

Ich habe dich um keinen Lohn angeſpro - chen.

Furf.

So wil ichs ungebeten thun. Mein Herr / es iſt ein Befehl ausgegangen / daß die Gaſſen ſol - len gekehret werden: Die Frau hat ſich wieder - ſetzt / und iſt ungehorſam geweſen.

Rub. 95MASANIELLO.
Rub.

Ach / ich wil es noch thun / es wird nichts verſaͤumet ſeyn!

Maſ.

Die Gnaden-Zeit iſt freylich verſaͤumt; geiſſelt ſie wohl ab / und werffet ſie hernach in die See.

Rub.

Ach! die Strafe iſt zu ſchroͤcklich!

Arp.

Was fragen wir darnach? Kanſtu ſie er - leiden ſo ſind wir zufrieden / wilſtu nicht / ſo lauff davon / wo du kanſt.

Rub.

Ach / haͤtt ich das gewuſt / wie gern haͤtt ich wollen gehorſam ſeyn.

(Sie wird hinein geſchlept / Formaggio bringet Sarpi.
Form.

Mein Herr / es iſt befohlen worden / daß ein jeder das Bild des Koͤniges in Hiſpanien uͤber die Thuͤre ſetzen ſoll: Dieſer Edelmann iſt unge - horſam geweſen.

Sarp.

Die Unwiſſenheit wird mich entſchuldigen / ich kan wohl ſagen / daß mich kein Menſch deſſent - wegen erinnert hat.

Maſ.

Du Beſtie / wilſtu noch gerecht ſeyn?

Sarp.

Mein Herr / ich bin gerecht / und wofern jemand meinen Gehorſam in Zweifel ſetzen wil / ſo bin ich erboͤtig / dem Befehle nach zukommen.

Maſ.

Was wir befehlen / dabey ſoll niemand et - liche Stunden Bedenckzeit nehmen.

Sarp.

Ich hoͤre den Befehl zum erſten mahl / er ſol Augenblicklich vollzogen werden.

Maſ. 96Der Haupt-Rebelle
Maſ.

Der rechte Augenblick iſt ſchon verſchwun - den. Reiſſt jhn hin / und weil jhn nach einem ehr - lichen Tode verlanget / ſo mag er zur Gnade archi - buſiret werden.

Sarp.

Ich bezeuge mit dem Himmel / daß ich keines Ungehorſams wegen kan geſtrafft werden.

Maſ.

Das Wort iſt geſprochen: vollziehet mei - nen Befehl.

Sarp.

Ach! jhr Freunde / wo ſeyd jhr? lernet die - ſem Herren gehorſam ſeyn / daß jhr nicht eben dieſe Straſſe gehn muͤſſet.

(Paſqvella koͤmt gelauffen / und fuͤhret Picolo.)
Paſq.

Hertzliebſter Mann / da iſt ein verfluchter Schelm / der hat das Brodt um etliche Untzen zu leicht gebacken.

Pic.

Gewiß ich habe keine Schuld: ob meine Frau oder der Beck-Knecht etwas verſehen hat / dawieder wil ich nicht ſtreiten.

Paſq.

Ja / ja / du biſt gar der rechte Vogel.

Pic.

Ich habe mich gar gerne nach dem Befehl gerichtet / ich wil auch ins kuͤnfftige das Brodt gar gerne ſelber wiegen.

Maſ.

Du Boͤſewicht / du ſolſt es am laͤngſten gewogen haben. Auf / und wo der nechſte Back - Ofen iſt / da ſteckt den Betruͤger in die volle Glut. Unſer Handel iſt wegen des Brodtes angefangen.

Pic. 97MASANIELLO.
Pic.

Ach! Gnade / Gnade / Gnade! ich wil ger - ne backen / was die ordentliche Taxe mitbringet.

Arp.

Wir wollen dich in den Back-Ofen wei - ſen: kanſtu was darinnen zu wege bringen / ſo wird dir das Handwerck nicht geleget werden.

Pic.

Ach verflucht ſey meine Boßheit / die ſo ei - nen Lohn bekomt.

(Neri bringt Paolo geſchlept.)
Paol.

Ach ich bin ein Geiſtlicher: ach ſchont um meines Heiligen Standes willen.

Ner.

Du biſt mir ein Geiſtlicher aus der theuren Zeit. Kom̃ fort / du muſt es itzo wohlfeiler geben.

Maſ.

Wer iſt hier?

Ner.

Herr / ein Geiſtlicher / der im Ehbruche er - griffen iſt.

Paol.

Ich leide Gewalt; ich habe nur mit mei - ner Beicht-Tochter etwas von dem Fege-Feuer ge - ſchwatzt.

Ner.

Du wirſt in das rechte Fege-Feuer kom - men.

Maſ.

Biſtu ſolcher That ſchuldig?

Paol.

Ich appellire an meine Obrigkeit.

Maſ.

Bube! davor muſtu ſterben. Auf und henckt jhn bey den Beinen auf / daß er des Ehebre - chens vergiſt.

Paol.

O weh! was wird aus uns Geiſtlichen!

(Er wird hinein geſchlept.)
G g(Zep98Der Haupt-Rebelle
(Zeppa und Villanella bringen Allegro geſchlept.)
Zep.

Je du Viel-Fraß!

Vil.

Je du Geitz-Halß!

Zep.

Die Mahlzeit ſoll dir geſegnet werden.

Vil.

Du haſt das Fleiſch zuvor gefreſſen / nun wird die Tuncke hernach kommen.

Maſ.

Was iſt hier vor ein Maleficante?

Alleg.

Au / das iſt ein garſtiger Titel.

Zep.

Er iſt angeklagt worden.

Vil.

Und zwar einer groſſen Boßheit wegen.

All.

Ach die Suͤnd iſt gar klein.

Zep.

Es iſt ein Pallaſt verbrennt worden / und da hat das Feuer eine Speckſeite etwas weit in die Gaſſe hingetrieben / die hat der Schelm wieder das Gebot aufgehoben und gefreſſen. Und hat er nicht verdienet / daß ſein ſchelmiſcher Rump mit auf den Holtz-Hauffen geworffen wird?

Maſ.

Iſt es wahr? haſtu dich die Naͤſcherey ver - fuͤhren laſſen?

All.

Ich darff ſolche vornehme Leute nicht Luͤ - gen ſtrafen: Es muß wohl wahr ſeyn.

Maſ.

Warum lebſtu wieder das Gebot?

Alleg.

Herr / ich wolte mir gerne etliche Pfund Courage in den Leib freſſen / daß ich deſto geſchick - ter wuͤrde / die andern Haͤuſer zu ſtuͤrmen.

Maſ.

Die Entſchuldig erhaͤlt dich beym Leben. Doch damit die Gerechtigkeit nicht beleidiget wird /ſolſt99MASANIELLO. ſolſtu funffzig ſcharffe Streiche auf die Achſeln be - kommen. Ihr wiſſet / wem die Execution zukoͤmt. Ihr andern aber folget mir / daß die Rechnung der Pallaͤſte / welche die offentliche Strafe ausſtehen ſollen / einmahl vollzogen wird.

Andrer Handlung

Dreyzehnder Aufftrit.

Neri, Bruno, Allegro.
(Neri und Bruno haben ausgeſtopffte Wuͤrſte in den Haͤnden.)
Ner.

So knie nieder / du Speckfreſſer / und lei - de deine Strafe.

Brun.

Und wo du ungeduldig biſt / ſo wollen wir entſchuldigt ſeyn / wofern die funffzigſte Zahl uͤberſchritten wird.

Ner.

Wie ſtehſt du als ein Klotz? Wo wir Hand anlegen / ſolſtu dich bald in dem Staube her - um weltzen.

Alleg.

Ey / jhr lieben Bruͤder / es war nur Ve - xiererey: was iſt dem Herrn Oberſten damit gedie - net / wenn mir die Achſeln weh thun?

Ner.

Aber was iſt dir mit gedient / wenn wir un - gehorſam ſeyn / und von dem Herrn Oberſten ge - ſtrafft werden?

Alleg.

Ein Schelm / der den andern verraͤth.

G g 2Brun. 100Der Haupt-Rebelle
Brun.

Wir wollen den ſichern Weg gehen. Knie nieder / oder ich ſchmeiſſe dir die Beine entzwey.

Alleg.

Gewiß jhr verdient ſchlechten Danck bey mir.

Ner.

Du Bettelhund / wer wolte ſich um deinen Danck viel bekuͤmmern?

(Sie werffen jhn nieder.)

Halt aus / und laß uns Zeit.

Alleg.

Ich proteſtire / daß alles wieder meinen Willen geſchiehet.

(Hier ſchlaͤgt einer nach dem andern auf Allegro loß / und zehlet Eins / Zwey / Drey / Vier.)
Alleg.

Achte / Zwoͤlffe.

Ner.

Ertz-Vogel / du haſt erſt Vier / warum zehl - ſtu Zwoͤlffe? Fuͤnffe / Sechſe.

Alleg.

Gewiß es wahren ſchon Zwoͤlffe / itzt wa - ren Sechzehn.

Brun.

Du machſt mich irre / wir werden gantz von vorne muͤſſen anfangen.

Alleg.

Unrecht / unrecht / es ſind nur Zehn.

(Sie agiren und zehlen poßierlich mit ein - ander: endlich entlaͤufft jhnen Alle - gro und ſie folgen jhm nach.)
An -101MASANIELLO.

Andrer Handlung

Vierzehnder Aufftrit.

Buffone, Lurcone, Poltrone nebſt noch etlichen ſtummen Bauren.
Buff.

Nun haben wir unſern Lauff-Zettel; wir moͤgen nun hingehen / wo wir ſeyn herkommen.

Lurc.

Unſer Soldaten-Standt hat nicht lang gewaͤhret: wo wir unſern Weibern die Beute be - rechnen ſollen / ſo werden wir trefliche kleine Regi - ſter machen.

Polt.

Was frag ich darnach? ich habe mich an meiner Stange ſchon muͤde getragen. Es iſt beſ - ſer / ich faulentze auf dem Dorffe / als daß ich in der Stadt Wache ſtehe.

Buff.

Es iſt wahr / ein Bauer iſt ein ſchroͤcklicher Narꝛ / wenn er in den Krieg zeucht. Denn Arbeit hat er voll auff. Und wenn es zum Freſſen / Rau - ben und Stehlen komt / ſo hat er gemeiniglich noch nicht Feyerabend.

Lurc.

Es haͤtte wohl was zu ſtehlen geſetzt: Al - lein der Herr Oberſte war gar ſtraͤfflich.

Polt.

Er iſt gewiß in einen Feurigen Zeichen ge - bohren / daß er alles ſo gerne verbrennen laͤſt. Ich wolte die Ducaten anders brauchen. Manch ehr - licher Kerl haͤtte auf das Geld / das ſo unnuͤtzlich verdorben iſt / ſein Lebetage koͤnnen ein rechtſchaffe - ner Muͤßiggaͤnger bleiben.

G g 3Buff. 102Der Haupt-Rebelle
Buff.

Aber / was duͤnckt euch dann von dem Ler - men / der in der Stadt angefangen iſt? wird es auch einen guten Ausgang gewinnen?

Lurc.

Da laß ich ſie dafuͤr ſorgen: Wenn nur mein Juncker auch was darvon kriegte: er hat es an uns armen Unterthanen redlich verdienet.

Polt.

Ich mag meinem Juncker kein Ungluͤck anwuͤnſchen: es iſt der alte Bund / daß ein Bauer geſchoren wird: Und der neue Bund iſt dieſer / wers nicht leiden wil / muß ſich doppelt ſcheren laſſen.

Buff.

Aber die Buͤrger machens ſchroͤcklich plump.

Lurc.

Sie verſuchens / wie weit es angeht. Wenn die groſſen Herren jhre Raͤncke werden fer - tig haben / ſo moͤgen ſie zuſehen / wo ſie die Koͤpffe zuſammen aufleſen.

Polt.

Ich laſſe es gehn / wenn ich nur meinen Kopff behalte.

Buff.

Aber hoͤrt jhr Cameraden, Stehlen und Rauben iſt in der Stadt zu einer freyen Kunſt wor - den. Wie waͤre es / wenn wir auf dem Lande das Handwerck auch anfiengen?

Lurc.

Sie moͤchten nur an uns Bauren den Anfang machen / wenn ſie dem Hencker eine Arbeit verdingen wolten.

Polt.

Ich wil zuſehn: ſchlagt jhr was todt / ſo wil ich den Leuten vollends das jhrige nehmen helf - fen: er abzum Galgen ſchickt ſich irgend meine Keh - le nicht.

Buff. 103MASANIELLO.
Buff.

Wir muͤſſen uns nach dem Wetter in der Stadt richten: So lange als keine Boßheit da ge - ſtrafft wird / ſo lange wird niemand der Bauern halben eine groſſe Richter-Banck bauen laſſen.

Lurc.

Auf die Weiſe wil ich mit machen.

Polt.

Und ich wil dem Spiele zuſehn / wie mirs gefaͤllt.

Buff.

Gebt mir die Haͤnde / und ſagt mir zu / daß wir fuͤr einen Mann ſtehen wollen / der erſte Kerl der uns begegnet / der ſoll uns das heutige Gelach bezahlen.

Andrer Handlung

Funffzehnder Aufftrit.

Die Vorigen und Allegro im Reiſe - Rocke.
Alleg.

Ich habe des Stadt-Lebens gar uͤber - druͤßig. Und wenn ich vor eine Speckſeite ſolche Schmertzen in der Achſel erdulden ſoll / ſo werd ich eine Gelegenheit auf dem Lande ſuchen / da ich des Tages ein Gerichte Rebhuͤner und Forellen verdienen kan.

Buff.

Siehſtu den reiſenden Herren da?

Lurc.

Es iſt gewiß ein reicher Kauffmann.

Polt.

Ich ſpreche / er iſt eines Edelmannes Die - ner / der die Edelgeſteine auf das Dorff hinaus tra - gen ſoll.

G g 4Buff. 104Der Haupt-Rebelle
Buff.

Er mag ſeyn / was er wil / er muß ſich von uns ausſchelen laſſen.

Alleg.

Ich habe mich manirlich muͤſſen davon ſtehlen / daß mir meine kleine Narren nicht nach - gelauffen ſeyn; denn ich wuſte nicht / wo ich meine Compagnie unterhalten ſolte.

Buff.
(Greifft an.)

Hoͤre doch Kerle / warum gehſtu bey ehrlichen Leu - ten vorbey / und gruͤſſeſt ſie nicht?

Alleg.

Meine Dienſte dem Herrn / zwey / drey / viermahl / meine Dienſte dem Herrn.

Buff.

Nun begehren wir deinen Gruß nicht: Gib her / was du haſt / oder dein Kopff ſoll ſo weich werden / als wie ein neugebackener Kuͤhfladen.

Alleg.

Die Herren verſtehen mich gewiß nicht: Meinen freundlichen Gruß zuvor.

Buff.

Und unſere willige Dienſte zuvor. Gib her was du haſt / das andere behalt dir.

Alleg.

Ich bin ein armer Exulante, ich habe nicht viel.

Buff.

Das ſteht zu erfahren.

(Sie uͤberfallen jhn / und nach viel laͤ - cherlichen Poſſen ziehen ſie jhn gantz aus / biß auff das Hemde.)
Alleg.

Ach ſchaͤmt euch doch / und laſt mir nur das Hemde.

Buff.

Das laſſen wir wohl bleiben; ich weißauch105MASANIELLO. auch einen Schelmen / der hatte ſeine Ducaten in das Hemde genaͤhet.

Alleg.

Ach! jhr ſeht ja / wie das Hemde hinten und forne zerriſſen iſt: wo wil doch ein Ducaten darin beherberget werden?

Buff.

Es hilfft nichts / zeuch dich guttwillig aus / oder wir ziehn dir die Haut mit dem Hemde ab.

(Sie ziehn jhn aus: Er hat ein glat Leibfarbig Keid an / und hinten ei - nen Fuchs-Schwantz:)
Buff.

Du Schelm / was haſtu da?

Alleg.

Ach jhr Herrn. Meine Mutter hat mirs zum Mahlzeichen gegeben / daß ſie mich einmahl in der Welt wiederfinden kan.

Buff.

Nun ſo lauff immer fort.

Alleg.

Doch gebt nur was wieder / daß ich nicht gar nackend bin.

Buff.

Da haſtu doch was / damit du unſre Guͤtig - keit erkennen magſt.

(Er giebt jhm die groſſe Papierne Krauſe.)
Alleg.

Wer kan davor / ich bedecke mich / ſo weit ich kan.

Buff.

Geh uns vom Leibe / du Schelm / wirſtu uns nachfolgen / ſo muſtu noch ſterben.

Alleg.

Ich wil nicht ſterben: Aber ich wil auch an das froͤliche Land-Leben gedencken / und nun -G g 5mehr106Der Haupt-Rebellemehr wird es muͤſſen ein reicher Herr ſeyn / der mich aus meiner Noth erloͤſen kan.

(Er agirt poßierlich mit der Krauſe und geht ab.)

Dritter Handlung

Erſter Aufftrit.

Carlo, Donato.
Carl.

Es iſt mir von Hertzen lieb / daß jhr Excel - lentz gewilliget haben / das Privilegium Caroli V. zu uͤberſenden / und weil ein Eigenhaͤndiger Brieff darbey iſt / ſo wird ſich das Volck um ſo viel deſto geſchwinder beſaͤnfftigen laſſen.

Don.

Es iſt ein wichtiges Werck. Das ver - gangene kan nicht gebeſſert werden / und die gegen - waͤrtige Beſſerung ſcheinet dem Reſpecte jhrer Koͤ - niglichen Majeſtaͤt entgegen zulauffen.

Carl.

Ihr Eminentz der Herr Ertz-Biſchoff werden dieſen Vorſchlag auf jhre Verantwortung nehmen.

Bon.

Der Staat dieſes Reiches iſt nicht an den Ertz-Biſchoff / ſondern an den Vice-Re gewieſen.

Carl.

Doch im Fall der Noth iſt ein jedweder angenehm / der ſich mit einem guten Rathe hervor thut.

Don. 107MASANIELLO.
Don.

Das Schreiben iſt ſchon von etlichen von Adel fort geſchickt / alſo werden wir bald verneh - men / was jhr Eminentz vor Autorität beytragen werden.

Carl.

Wie ſolt es aber gehn / wenn der Hertzog Caraffa eine Gloſſe daruͤber machte?

Don.

Ihr Gnaden reden zu dunckel.

Carl.

Der Herr Secretarius wil es nicht wiſſen. Es wird etwas beſchloſſen / welches kein ehrlicher Neapolitaner wuͤnſchen kan.

Don.

Ihr Gnaden halten mich entſchuldigt / daß ich von keiner ſchaͤdlichen Sache Wiſſenſchafft gehabt. Doch ſag ich dieſes / jhr Excellentz werden ſich nimmermehr etwas gefallen laſſen / dadurch die Wohlfahrt dieſes Koͤnigreichs vermindert wuͤrde.

Car.

Solte man hier zu Hofe mit den Bandi - ten in keiner Vertrauligkeit ſtehen?

Don.

Ich rede mit einem vornehmen Freunde / welchem ich wohl etwas vertrauen kan. Es iſt an dem / daß ſich der Hertzog Caraffa anerbothen hat / dem Auffruhr ein Ziel zuſtecken. Indem er ſich aber dabey heraus gelaſſen / wie ſolches vor dem Ausgange keinem Menſchen duͤrffe offenbahr wer - den: Alſo werden Ihr Exellentz auch entſchuldiget ſeyn / wenn etwas wieder die offenbahre Billigkeit lauffen ſolte.

Carl.

Hertzog Caraffa ſcheinet mir zu hitzig. Vielleicht legt er ein Feuer an / welches jhn ſelbſt und viel andere rechtſchaffene Leute verzehren moͤchte.

Don. 108Der Haupt-Rebelle
Don.

Wir muͤſſen dem Ungluͤck auf Seiten des freyen Volckes den Lauff laſſen: Wer wil nun die Anſchl[ä]ge verhindern / welche man auf Seiten des Adels erſinnen moͤchte?

Carl.

Ich moͤchte dem Volcke ein Ungluͤck von Hertzen goͤnnen / daß die Aufwiegler und die Mord - brenner zu rechter Zeit belohnet wuͤrden. Allein / wo der Vogel / den ich habe ſingen hoͤren / dem Fiſcher-Knechte was zu Ohren traͤgt / ſo moͤchte ich mir die Flucht und den Pilgram-Stab er - wehlen.

Don.

Ihr Excellentz ſind zum wenigſten un - ſchuldig.

Carl.

Die Zeit iſt kurtz / wofern ich von weiten zuſehen wil / was in der Stadt nach Ubergebung der Briefe erfolgen wird.

Dritter Handlung

Anderer Aufftrit.

Antimo, Corraggio, Bizzarro, Allegro in einer Paruqve und einem ſtol - tzen Kleide.
Ant.

So wollen wir uns auf die Reiſe machen / alldieweil wir doch der Welt ein ungewoͤhnliches Schau-Spiel auffuͤhren ſollen.

Corr.

Ich bin bereit. Und weil ich manchemNe -109MASANIELLO. Neapolitaner eine ziemliche Revenge ſchuldig bin / ſo werd ich als ein ehrlicher Bezahler erſcheinen.

Biz.

Und ich werde doch wohl zu freſſen und zu - ſauffen haben: Und wenn keine Stadt in der Welt zufinden waͤre / die Neapolis hieſſe.

Ant.

Es iſt doch ein luſtiges Leben um einen Banditen. Er fuͤrchet ſich zwar vor etlichen Leu - ten; doch die gantze Welt muß im Gegentheil jhm mit Furcht oder doch mit Reſpecte begegnen. Haͤtte mancher / der einen groſſen Titel fuͤhret / nicht unſre Dienſte von noͤthen / ſo wuͤrde dieſer Stand nicht ſo viel Liebhaber antreffen.

Corr.

Aber ich wil hoffen / daß wir in unſerer Compagnie lauter treue Leute haben.

Biz.

Wir ſind ehrliche Kerlen. Und ich habe es mein Tage geſehen / die Purſche iſt niemals ehr - licher / als wenn ſie wegen eines Schelmſtuͤckes ei - nig werden.

Ant.

Und dieſes hoffen wir auch von dem Herrn Bruder / nach dem er ſich in unſere Geſellſchafft be - geben hat.

Alleg.

Ihr Herren / ſo wahr als ich ein recht - ſchaffener von Adel bin / ich habe mich einmahl re - ſolviret / gutes und boͤſes mit jhnen auszuſtehen.

Ant.

So recht / die Probe wird es noch dieſen Tag ausweiſen. Der raſende Fiſcher-Knecht muß uͤber den Hauffen geſchoſſen werden. Her - nach wollen wir ein Feuer anzuͤnden / welches den Brand der alten Stadt Troja beſchaͤmen ſol.

Corr. 110Der Haupt-Rebelle
Corr.

Der neue Herr Bruder ſieht einem Con - ſtabler ſehr aͤhnlich: er wird muͤſſen zu der Mine commandirt werden.

Alleg.

Ja es kan wohl ſeyn / daß ich mein Lebe - tage etliche tauſend Centner Pulver verſchoſſen habe.

Biz.

Man ſieht es wohl / daß jhn der Rauch ge - ſchwaͤrtzet hat: Allein es wird gewiß in demſelben Lande geweſen ſeyn / da man das Pulver nach dem kleinen Centner auswiegt.

Alleg.

In langer Zeit kan viel verderbet wer - den.

Biz.

Ja wohl iſt ein Bandite deswegen in der Welt / daß er viel verderben ſol.

Ant.

Wir halten uns auff. Verſamlet das Volck / daß wir den March nach der Stadt thun. Signor Peronne ſoll unſer Commendante ſeyn. Wenn es jhm belieben wird / ſoll Maſaniello im Blute / und die Stadt im Staube liegen. Im uͤbrigen ſchonet keines Menſchen von dem Poͤbel: vielleicht wird euch dieſe Arbeit mit vielfaͤltiger Beu - te belohnet werden.

Cerr.

Wir ſind gehorſam zufolgen.

Alleg.

Und ich begleite unſern Oberſten Offi - cirer.

Biz.

Vielleicht / wenn es zum Ausreiſſen koͤmt? von wem ich etwas halten ſoll / der muß ſich etliche mahl im Felde gewieſen haben.

Drit -111MASANIELLO.

Dritter Handlung

Dritter Aufftrit.

Maſaniello, Geonino, Vitale, Philoma - rini, Ghirardini.
Maſ.

Ihr Hochwuͤrdigſte Eminentz leben verſi - chert / daß die gegenwaͤrtige Muͤhwaltung von dem geſamten Volcke mit unſterblichen Dancke wird geruͤhmet werden.

Phil.

Mein geliebteſter Sohn / ich thue / was mir moͤglich iſt / und welcher mich in meiner Hoff - nung nicht betreuget / der lebt um ſo viel deſto ge - wiſſer / daß er bey GOtt in Gnaden iſt.

Maſ.

Es iſt mein einziger Wunſch / wie dieſe Stadt moͤchte zu guter Ordnung gebracht wer - den / daß ich nach Anleitung meines Fiſcher-Ha - bits mein altes Handwerck wiederum ergreiffen koͤnne.

Phil.

Vielleicht werden andre Mittel verhanden ſeyn / daß man dieſes Handwercks nicht beduͤrffen wird.

Maſ.

Da behuͤten mich alle Heiligen davor / daß ich den Nahmen haben wolte / als wenn ich ei - nes Hellers wegen zu dieſem Anlauff Anlaß gege - ben haͤtte. Das Volck hat mich zum Oberſten erwehlet / damit wil ich ſo laage dienen / biß man keines Oberſten beduͤrffen wird. Das heiſt / wennder112Der Haupt-Rebelleder Goͤttliche Beruff wieder voruͤber ſeyn wird / ſo wil ich meinen alten Beruff wieder anfangen.

Phil.

Mein geliebter Sohn mag nach ſeinem Gefallen handeln. Indeſſen / was haben wir vor Hoffnung zu einem Vergleiche?

Maſ.

Ihr Excellentz haben gute Macht in die Kirche herunter zukommen; denn das Exemplar von dem Privilegio befindet ſich gar richtig.

Geon.

Wir haben es mit allem Fleiſſe examini - ret / und halten es vor das warhafftige Original.

Vit.

Weil auch jhr Excellentz in der itzigen Schrifft nichts anzuͤgliches eingeruͤcket hat / ſo wer - den wir uns deſto eher behandeln laſſen.

Geon.

Vor wenig Tagen ward uns als Rebel - len Perdon verſprochen / da wir doch den Koͤnig vor unſern Herrn halten / und nimmermehr geden - cken einer Rebellion ſchuldig zu ſeyn.

Vit.

Eben dieſes verurſachte einen neuen Wie - derwillen.

Phil.

Ihr liebſten Soͤhne / wo man vom Frieden handelt / da muß man die Reſolution haben alles vergangene zu vergeſſen.

Maſ.

Es ſoll auch vergeſſen ſeyn. Ihr Eminentz ſpatzieren in die Kirche zuvor hinein / ich wil bald Ordre geben / daß ſich das Volck zu Verleſung der Privilegien verſamlen ſoll.

Phil.

Was den GOttesdienſt betrifft / da wol - len wir nichts verſaͤumen.

(Geht ab.) Maſ. 113MASANIELLO.
Maſ.

GOtt lob / daß wir dieſen Brieff in den Haͤnden haben! das ſoll die Grundfeſte ſeyn / da - muff unſere Freyheit beſtehen wird.

Geon.

Sie haben mit jhren Schaden gelernet / was den wiederſpenſtigen Tyrannen noch weiter begegnen koͤnte.

Vit.

Allein was hat Signor Peronne vor eine Verrichtung / daß er ſich ſo bemuͤht erweiſet?

Dritter Handlung

Vierdter Aufftrit.

Die Vorigen und Peronne.
Maſ.

Was giebt es hier mit neuem Volcke fuͤr einen Aufflauff?

Per.

Mein Herr Oberſter / es ſind fuͤnff hun - dert Banditen / welche ſich erboten haben / dem Volcke zum beſten jhre Dienſte zuthun.

Maſ.

Weil ſie zu Pferde ſind / ſo werden ſie Dienſte genung verrichten koͤnnen.

Per.

Sonderlich wenn ſie allezeit in guter Ord - nung beyſammen bleiben.

Maſ.

Was waͤre dieſes von noͤthen? Sie muͤſ - ſen jhre ordentliche Auffwartung zu Fuſſe verrich - ten / biß ſie Ordre haben jhre Pferde zuſatteln.

Per.

Es koͤnte aber etwas vorfallen / da man ſchleunige Dienſte beduͤrffte.

H hMaſ. 114Der Haupt-Rebelle
Maſ.

Aber ich wil es nicht haben. Der Ban - diten Macht iſt mir ſuſpect, wenn ſie beyſammen ſind.

Fer.

Wo koͤnnen fuͤnff hundert Mann eine Su - ſpicion erwecken / da 150000. Buͤrger in Waffen ſtehn?

Maſ.

Wer mich reformiren wil / der mag an meiner Stelle Oberſter ſeyn.

Per.

Wer wil aber bey einem Oberſten Dienſte verlangen / bey welchem ein guter Anſchlag ſo ver - worffen wird?

Maſ.

Hiemit iſt mein Befehl. Laſſet die Ban - diten von einander gehn / oder ich wil ſie mit um - gedrehten Haͤlſen zu der Stadt hinaus ſchicken. Folgt mir nach in die Kirche.

(Maſaniello mit den andern geht ab.)

Dritter Handlung

Fuͤnffter Auftrit.

Peronne, Antimo, Coraggio, Bizar - ro, Allegro.
Per.

Verfluchter Trotz-Kopff! haͤtte mir deine widerſinnige Natur nicht ſo leicht die beſten An - ſchlaͤge verhindern koͤnnen?

Ant.

Mein Herr / wie ſoll ich dieſes verſiehn? das115MASANIELLO. das Volck kom̃t mit bewehrter Hand auf mich loß / und wil uns nicht mehr in einem Troupp ſtehen laſſen.

Cor.

Ich erwarte Befehl / ob ich mich wehrẽ ſoll.

Biz.

Wer uns nicht beſſer in der Stadt accom - modiren wil / der haͤtte uns moͤgen zu Hauſe laſſen.

Per.

Gebt euch zufrieden: unſer Bluthund mer - cket ſeinen Untergang / drum wil er noch vor ſei - nen Tode was befehlen. Er iſt in der Kirche / geht getroſt hinein und gebt Feuer auf Ihn. Wenn er lieget / ſo wil ich den andern befehlen / daß ſie die Mine ſpringen laſſen.

Ant.

Iſt es rathſam bey ſo viel bewehrten Volcke?

Per.

Ich habe die Autorität dem Volcke zu com - mandiren: wenn der jenige todt iſt / welcher uͤber mich gebiethen kan / ſo iſt es mir ein ſchlechtes alle Gewalt zu verhuͤten / biß wir in Poſitur ſtehen alle Gewalt zugebrauchen.

Ant.

Nun wolan / jhr Purſche / gedencket an den Ruhm / welchen jhr bey dieſer ſchoͤnen That erwer - ben ſollet.

Cor.

Ich gedencke an das Geld / welches ich dabey verdienen wil.

Biz.

Und ich an das Freuden-Feuer welches ich heute anſehen ſoll.

Alleg.

Und ich an etliche Centner Pulver / die ich verſchieſſen ſoll.

(Sie gehen ab.)
H h 2Drit -116Der Haupt-Rebelle

Dritter Handlung

Sechſter Aufftrit.

(Die innerſte Scene oͤffnet ſich und præ - ſentiret einen Altar / darbey etliche Pfaffen in jhrem Ornat erſcheinen. Philomarini mit ſeinen Leuten iſt zu - gegen. Maſaniello mit ſeiner gantzen Svite koͤmt auch aufgezogen.
Phil.

Mein geliebter Sohn / geſegnet ſey der Eintrit in dieſes Heilige Hauß / damit das heilſaͤ - me Friedens-Werck darin vollzogen werde.

Maſ.

Der Himmel helffe / daß der Segen beſtaͤ - tiget werde! ich bin herein kommen den Lobgeſang zuſingen / wenn zuvor das Volck des Privilegii we - gen wird unterrichtet ſeyn.

Phil.

Es iſt gar loͤblich / daß die Gemeine zuvor verſtehet / warum dieſe Freude angefangen wird.

Maſ.

Wohlan unſer Secretarius Marco Vitale mag die Sanction des Herrn Vice-Roy oͤffentlich ableſen.

Vit.
(Faͤngt an zu leſen.)

Philippus von Gottes Gnaden in Hiſpani - en / beyder Sicilien und Jeruſalem Koͤnig Don Roderigo Ponze de Leon, Hertzog von Arcos, des Koͤnigreichs Neapolis Koͤ -nigli -117MASANIELLO. niglicher Stadthalter und General Capi - tain.

(Unter wehrenden Leſen ſetzet ſich Philo - marini und Maſaniello.)
Vital.
(Lieſet weiter.)

Wir verſprechen dem gemeinen Volcke die - ſer getreuen Stadt Neapolis, in Krafft die - ſes ewigen immerwaͤhrenden Privilegii, daß alle und jede Zoͤlle und Aufflagen in der Stadt Neapolis und ſelbigen gantzen Koͤ - nigreiche / ſo nach der Zeit Keyſers Caroli V. Hochſel. Andenckens / biß auf dieſe Stund auffgeleget worden / gaͤntzlich caſſiret und abgeſchaffet ſeynd; Uber diß ſoll alles / was bey dieſer gegenwaͤrtigen Revolution, wie es immer Nahmen haben mag / von dem erſten Anfange biß auf dieſen letzteren Au - genblick / veruͤbt und begangen worden / allerdings vergeſſen / verziehen / todt und ab ſeyn. Geben in dem neuen Caſtell den

Ei Dugne de Arcos Donato Coppola des Koͤ - nigreichs Secretarius.

H h 3(Wie118Der Haupt-Rebelle
(Wie dieſes geleſen iſt / fallen die beſtell - ten Banditen hinein und ſchieſſen in - geſamt auf den Maſaniello loß. Ma - ſaniello ſchreyt / Ha / Verraͤtherey! Es wird ein groſſer Aufflauff / biß ſich alle vom Theatro verliehren / biß auff Philomarini und die Pfaffen.)

Dritter Handlung

Siebender Aufftrit.

Philomarini, Bizarro, Bravo, Furfante. Biz. (Komt gelauffen.)

Ach! jhr Heiligkeit / ich bitte ſie um dieſes heiligen Ortes willen / ſie laſſen ſich bey jhrem Kleide um - faſſen / ſonſt mus ich unſchuldig ſterben.

Phil.

Wer biſtu?

Biz.

Ein ungluͤckſeliger Menſch.

Phil.

Der vielleicht dieſen itzigen Tumult verur - ſachet hat.

Phil.

Ach! ich unſchuldiger / ſoll ich darum ſter - ben / da ich auff der Gaſſen biß in dieſe Kirche ver - folget werde?

Brav.

Ha / wo hat ſich der Boͤſewicht hinver - krochen?

Furf.

In dieſer Kirche muß er ſich finden laſſen.

Phil.

Ach jhr Soͤhne / was habt jhr vor / wollet jhr dieſen heiligen Orth mit Blut entheiligen?

Brav. 119MASANIELLO.
Brav.

Wir ſuchen einen Verraͤther.

Furf.

Und einen ſolchen Boͤſewicht / der unſerm Oberſten nach dem Leben ſtehet.

Phil.

Gieſſet nur euren Zorn an keiner unſchul - digen Perſon aus.

Brav.

Wo die Noth verhanden iſt / da ſchont man keiner Kirche. Ihr Eminenz laſſen ab / die - ſen Vogel zubeſchuͤtzen / ſonſt wollen wir entſchuldi - get ſeyn / wenn jhre hohe Perſon ſich uͤber geringen Reſpect beklagen moͤchte.

Furf.

Du Hund / haſtu dich hinter dieſes Kleid verbergen wollen?

Biz.

Ach jhr Heiligkeit / ach jhr Heiligkeit! hab ich hier keine Freyſtadt?

Phil.

Ich bin zu ſchwach: GOtt helffe euch / wo jhr unſchuldig ſeid.

(Er gehet zum Altar.)
Brav.

Siehe da / du Boͤſewicht / geſteheſtu / daß dein Leben in meiner Gewalt iſt?

Biz.

Ich habe nichts gethan: ſoll ich ſterben / ſo geſchichts aus ungerechter Gewalt.

Furf.

Was wir thun / das geſchicht der Gerech - tigkeit zu Troſt.

(Bizarro ſteht auf und laͤufft biß zum Altar.)
Brav.

Und wenn du auf dem Altar ſtuͤndeſt / ſo wolt ich deines Blutes nicht verſchonen.

(Sie lauffen hin und ſtechen jhn.)
H h 4Fur -120Der Haupt-Rebelle
Furf.

An dieſen Tantz ſollen deine Cameraden nach einander gefuͤhret werden.

(Furfante und Bravo gehen ab / die Geiſt - lichen fangen anzuſchreyen.)

Ach weh / das iſt ein Greuel der Verwuͤſtung / da unſre Wohnung mit Blute entweihet wird.

(Die innerſte Scene faͤllt zu.)

Dritter Handlung

Achter Aufftrit.

Xaverio, Allegro.
Alleg.

Herr Pater, iſt kein Platz in ſeiner Zelle mehr uͤbrig? Wo mich die Feinde bekommen / ſo bin ich des Todes.

Xav.

Und wo ſie euch an dieſem Orte antreffen / ſo muͤſſen wir vor ſchuldig mitleiden.

Alleg.

Es wird nicht offenbahr werden.

Xav.

So wil ich keinen Anlaß zu meiner Gefahr geben.

Alleg.

Ich geh aber nicht weg.

Xav.

So lauff ich nach dem Fenſter und ruffe die Leute um Huͤlffe an.

Alleg.

Ach! wil ſich niemand erbarmen? iſt denn keine Moͤnchs-Kappe da / darein ich kriechen kan? ach Herr Pater, es iſt ein geiſtlich Werck / wenn man einen Menſchen beym Leben erhalten kan.

Xav. 121MASANIELLO.
Xav.

Was wil ich thun? Dieſer Menſch betruͤ - bet mich / daß ich ſeine Wohlfahrt befoͤrdern muß / werfft euer Kleider von euch / ich wil ſehen / wo Rath zu einer Kappe geſchaffet wird.

(Geht ab.)
Alleg.

Guͤte Nacht du Banditen-Kleid / ſo lan - ge du an meinem Leibe biſt / ſo werd ich meines Le - bens nicht ſicher ſeyn.

(Er wirfft die Peruqve nebſt dem Kleide weg und ſteht wiederum als ein leib - hafftiger Pickelhering da:)

Nun wil ich ſehen / was der Herr Pater zu der neu - en Geſtalt ſprechen wird.

Xav.
(Komt wieder.)

Da iſt ein Kleid.

Alleg.

Wer wil einen Schelm verkleiden helf - fen? Bekenne oder ich ſtuͤrme dir das Kloſter.

Xav.

Ach gnaͤdiger Herr. Meinem Frater war eine Kappe zuriſſen / ſo bat er mich um eine andere / biß ſie wieder koͤnte angerichtet werden.

Alleg.

Du haſt einen Banditen in der Paruque damit verkleiden wollen.

Xav.

Mir geſchicht als einer geiſtlichen Perſon unrecht.

Alleg.

Thuſtu als eine Geiſtliche Perſon unrecht ſo muſtu doppelt geſtrafft werden.

H h 5Drit -122Der Haupt-Rebelle

Dritter Handlung

Neundter Aufftrit.

Die Vorigen und Salvador.
Xav.

Ach weh ich muß unſchuldig ſterben!

Sal.

Ihr Herren es koͤmt Befehl vom Herrn Oberſten / ſo dann auch von Ihrer Eminentz dem Herrn Ertz-Biſchoff / daß ſich niemand an Geiſtli - chen Perſonen vergreiffen ſoll.

Xav.

Ach das iſt ein Engel / der mich in Leib - und Lebens Gefahr troͤſten kan.

Alleg.

Wer wil mich in meinem Heiligen Wer - cke verſtoͤren?

Salv.

Das thut ein Cavallier in Nahmen ſol - cher Perſonen / die zu befehlen haben.

Alleg.

Und was ich thue / das thut ein Caval - lier / der die Meuchel-Moͤrdiſchen Banditen aus - ſuchen wil.

Sal.

Hier iſt keine Wohnung vor Banditen. Ich ſage nochmals / man laſſe die Herrn Patres in jhrer Wohnung unverunruhiget.

Alleg.

Ich und die Gemeine zu Neapolis ſagen was anders.

Salv.

Ey Signor Allegro itzo wird er mir erſt be - kandt. Wie ſoll ich das verſtehen / daß er als ein Rebelle die Cloͤſter ſtuͤrmen wil?

Allleg.

Sein Diener / mein Herr: er thut wohl /daß123MASANIELLO. daß er ſich auf eine alte Bekandtſchafft berufft / ſonſt haͤtte ich in meinem Zorne wollen entſchuldiget ſeyn / wenn er bey mir zu Haͤndeln kommen waͤre.

Salv.

Die Haͤndel waͤren vielleicht auszuſtehen. Doch hiermit wird meine Frage nicht beanwortet?

Alleg.

Wenn mir der Vice-Roy ſein Thor vor der Naſe zuſchleuſt / ſo muß ich wohl gedencken / daß ich hier einen andern Herrn ſuchen ſoll.

Salv.

Pfuy / das iſt ein heßlicher Mißverſtand! Aber wenn die Rebellen alle werden an den Galgen kommen / wie wird alsdenn die Sache ablauffen?

Alleg.

So wird der Mißverſtand noch aͤrger ſeyn.

Salv.

Ich ſehe / daß ich vor meine Erinnerung keinen Danck habe: ich wil dem Herren zu wiſſen thun / was ich geſehn habe.

Alleg.

Ey was geht es unſern Herren an? Ich bin ſo gut Koͤniglich / als vor dieſem. Der Herr weiſe mir nur einen Weg / wie ich zu jhrer Par - they wieder kommen ſoll.

Salv.

Wo iſt der Degen? Wo iſt der Mantel?

Alleg.

Er mag im Lermen verlohren ſeyn.

Salv.

So komt doch / wir wollen ſehn / daß Rath geſchafft wird. Ihr aber Herr Pater lebt fein ge - ruhig.

Xav.

Ach groſſen Danck / groſſen Danck / gnaͤdi - ger Herr! vor die gute Beſchuͤtzung.

Alleg.
(Ad Spectatores.)

Und groſſen Danck / daß ich mit ſo gnaͤdiger Ma -nier124Der Haupt-Rebellenier aus meinem Banditen-Kleide kommen bin.

Dritter Handlung

Zehender Aufftrit.

Caraffa, Matelone.
Car.

Nicht ſo furchtſam Herr Bruder.

Mat.

Wir ſind verlohren / wo wir die Lufft von Neapolis eine Viertel Stunde laͤnger genieſſen wollen.

Car.

Das wuſt ich ohne dem wohl / daß ich den Haß des allgemeinen Volckes verdienen wuͤrde. Indeſſen wil ich hoffen / es wird in Neapolis noch ein Winckel uͤbrig ſein / welchen die verfluchten Hunde nicht erforſchen ſollen.

Mat.

Ich habe meine Pferde ſchon fertig / da - mit ich auf der Poſt den ratenden Buben entrin - nen kan. Wil der Herr Bruder mir Geſellſchaft leiſten / ſo wird er deſto leichter uͤber ſolche Buben triumphiren koͤnnen.

Carl.

Wenn alle von Adel auf die Flucht geden - cken wollen / ſo hat der Poͤbel gewonnen Spiel.

Mat.

Und wenn ſich alle von Adel wollen todt ſchlagen laſſen / ſo wird niemand uͤbrig ſeyn / der den Poͤbel das gewonnene Spiel zuſchanden macht.

Carl.

Ich kan den Vice-Roy nicht verlaſſen.

Mat. 125MASANIELLO.
Mat.

Und ich kan mich ſelber nicht verſaͤumen. Doch es ſolte mir leid ſeyn / wenn mein Herr Bru - der ſeine Reſolution allzu ſpaͤt bereuen moͤchte.

Carl.

Wir haben beiderſeits eine gute Intenti - on, und obgleich die bißherigen Anſchlaͤge ſind ver - derbet worden / ſo werden wir doch bey unſerer gu - ten Sache nicht verzweifeln duͤrffen.

Dritter Handlung

Eilffter Aufftrit.

Salvador, Laudato, Afflitto.
Sal.

Ich ſehe wohl / Neapolis wird noch zu ei - nem groſſen Dorffe werden. Wenn die Edelleu - te daraus entweichen / ſo werden geringe Leute die Oberhand darin behalten.

Laud.

Doch iſt es mir von Hertzen lieb / daß der Poͤbel ſelbſt in gewiſſe Factiones vertheilet wird. War der Schelm Peronne nicht der vornehmſte bey dem Maſaniello, und hat derſelbe nicht ſeines eige - nen Freundes Todt geſucht?

Afflit.

Die Sache waͤre ſo gluͤcklich / daß man deswegen den Lobgeſang ſingen ſolte: Aber nu viel Perſonen mit unſerer Parthey mit intereſſiret le - ben / ſo wird ſolches auf der andrrn Seite die Ei - nigkeit deſto mehr befeſtigen.

Sal.

Ich weiß noch nicht was vorgegaugen iſt.

Laud. 126Der Haupt-Rebelle
Laud.

Der Bandit Peronne lieget auf der Fol - ter / und wer nur das geringſte Merckmahl von dieſer Geſellſchafft an ſich fuͤhret / der wird von dem unſinnigen Poͤbel entweder in Stuͤcken zerriſ - ſen / oder er wird zu gleichmaͤßiger Marter bey dem Leben erhalten.

Salv.

Ich wolte / daß ein Rebelle den andern verzehrte / ſo haͤtten wir das Spectacul umſonſt.

Affl.

Aber was hat Peronne bekandt? Wird die Caraffiſche Familie nicht einer ſchrecklichen Sache beſchuldiget? Werden dieſe vornehme Perſonen nicht allbereit durch die gantze Stadt geſucht? ach! wird nicht der Adel eben dieſes leiden muͤſſen / was die vornehmen Haͤupter verſchuldet haben? Es iſt an ſich ſelber ſchrecklich / daß ein Hertzog mit Gifft / mit Brande / mit Blutvergiſſen und endlich mit Spitzbuben und Banditen umgehen wil.

Sal.

Wir ſind in groſſer Gefahr.

Laud.

Das heiſt / wer auf der Gaſſen nichts zu - ſchaffen hat / der bleibe zu Hauſe / und erwarte den Ausgang / welcher ſo gar lange nicht verziehen kan.

Affl.

Ja wohl / das heiſt / ein jedweder ſey vor ſich / und ſehe / wo er ſelber bleibt / denn nunmehr wird auch ein Bruder den andern nicht von dem Tode retten koͤnnen.

Drit -127MASANIELLO.

Dritter Handlung

Zwoͤlffter Aufftrit.

Caraffa, Bonavita.
Car.

Es wird mich niemand an dieſem Orte ſuchen.

Bon.

Ihr Gnaden verſichern ſich / daß Ungluͤck iſt anitzo dahin kommen / daß auch die heimlichſten Sachen verrathen werden. Ich bitte ſie ſchonen unſers Kloſters.

Car.

Ich begehre nicht laͤnger hier zuverziehen / als biß der außgeſchickte Bothe wieder zuruͤcke koͤmt. Ich wil hoffen ſein Geiſtlicher Moͤnch-Ha - bit wird jhm einen freyen Paß zu wege bringen.

Bon.

Die Raſerey des Volckes iſt ſo hefftig / daß unſer Cloſter daruͤber zu Grunde gehen koͤnte.

Car.

Ach / warum hab ich meinen Herren Bru - der nicht gefolget! Er reitet im freyem Felde da - hin / und verſpottet alle Draͤu-Worte / welche bloß in Neapolis zu Donnerſchlaͤgen worden ſind. Doch jhr / Leute betrachtet doch an meinem Exempel / was ein hoher Stand vor Wirckung hat / wenn er von dem Gluͤcke verlaſſen wird.

Drit -128Der Haupt-Rebelle

Dritter Handlung

Dreyzehnder Aufftrit.

Caraffa, Bonavita, Domenico.
Bon.

Ach weh! dieſer Bote wird nichts gutes bringen.

Dom.

Ja wohl / ich bringe nichts als lauter Un - gluͤcke. Ihr Gnaden ſind verdorben / und ich fuͤrchte immer / nach ſeinem Tode wird unſer Clo - ſter in der Aſche liegen.

Car.

Wer hat mich verrathen koͤnnen / als der Bote?

Dom.

Der gute Bruder iſt aufgefangen wor - den / und ob er zwar den heimlichen Brieff unter die Fußſolen verſtecket hatte / dennoch hat dieſe Liſt gegen das verfluchte Geſindel nichts wircken wol - len; wie er auch endlich die angedrohte Macht nicht hat ertragen koͤnnen / ſo iſt hierdurch unſer Cloſter in einem ſolchen Zuſtande / da man ſich alle Augenblicke eines jaͤmmerlichen Uberfalls beſorgen muß.

Bon.

Ach jhr Gnaden ſchonen jhrer ſelbſten und machen ſich bey Zeiten aus dieſer Wohnung / wel - che viel zu ſchwach iſt etliche 100000. Mann auff - zuhalten.

Car.

Ich ſehe wohl / daß ich von aller Welt ver - laſſen bin. Verbleibet in eurer Sicherheit / ich wil den Nahmen nicht haben / daß jemand an meinerStadt129MASANIELLO. Stadt verderben ſoll. Gehabt euch wohl jhr Herrn ich wil auf gut Gluͤck voran ſpringen.

(Geht ab.)
Bon.

Das haben wir Geiſtliche davon / daß wir nicht eher geſucht werden / als biß die euſerſte Noth kein ander Mittel erfinden laͤſt.

Dom.

GOtt helffe / daß wir dieſes Zuſpruches halben nicht etwas gefaͤhrliches zuerwarten haben.

Bon.

Er iſt mit Manier fortgeſchafft; vielleicht faͤllt er dem Volcke in die Haͤnde / daß wir auf un - ſerer Seite keine Entſchuldigung beduͤrffen.

(Gehen ab.)

Dritter Handlung

Vierzehnder Aufftrit.

Bardaſſa, hernach Caraffa.
Bard.

So hab ich die Sache am beſten getrof - fen; ich bin von meiner Mutter dahin gehalten worden / daß ich eine Dame von Fortun heiſſen ſoll: Und da hab ich zwar am meiſten dahin getrachtet / daß mir von hohen Perſonen moͤchte aufgewartet werden / welche mehrentheils jhre Affection am al - lertheuerſten bezahlen koͤnnen. Doch nunmehr ha - ben wir die Zeit erlebet / da ein vornehmer Mann ſeiner Kurtzweil und ſejner Courtoiſie gar wohl ver -I igeſ -130Der Haupt-Rebellegeſſen kan. Haͤtt ich nun keine Banditen und kei - ne gemeine Leute auf der Seite / ſo waͤre mein Hand - werck auf einmahl verdorben. Doch ſieh da / was bekom ich da vor einen vornehmen Gaſt?

Car.

Ach meine wertheſte Gebietherin / ſie ver - goͤnne mir doch einen geringen Auffenthalt in die - ſem Hauſe.

Bar.

Ihr Gnaden / ich ſehe ſie vor eine ſolche ho - he Perſon an / der mein geringes Hauß nicht wohl anſtehen moͤchte.

Car.

Mein Kind / ich habe vielmahls Verlangen gehabt / jhrer angenehmen Converſation zugenieſ - ſen / weil ſie mir offtmahls als eine hoͤffliche Per - ſon iſt geruͤhmet worden: Doch nunmehr ſeh ich wohl / wie mich das Gluͤck biß zu einer Zeit geſpa - ret hat / da ich meiner ſchoͤnen Gebieterin das Leben dancken ſoll.

Bard.

Ach behuͤtte mich der Himmel / daß ich mir ſolche hohe Sachen einbilden ſolte! ſonderlich in dem meine Einfalt ſo groß iſt / daß ich aus Un - wiſſenheit als eine unbekandte jhr Gnaden den ge - buͤhrenden Reſpect nicht erweiſen koͤnte.

Caraf.

Ich bin unbekandt: aber dieſe zwey hun - dert Ducaten ſollen mich bekandt machen / daß ich eine einzige Wohlthat Lebenslang mit dergleichen Danckbarkeit erkennen wil.

Bard.

Ich entſetze mich vor dieſem Geſchencke / weil ich keine Gelegenheit vor mir ſehe / wie ſolches moͤchte vergolten werden.

Car. 131MASANIELLO.
Car.

Meine Schoͤnſte / ich bin der Hertzog von Caraffa, welchen der raſende Poͤbel nunmehr zu ei - nem blutigen Opffer aufſuchet. Iſt es nun moͤg - lich / daß ich unter dem Schatten meiner Gebieterin ſo lange kan verborgen bleiben / biß ſich die truͤbe Wolcke verziehen moͤchte / ſo wil ich hier mein Hertz und mein Vermoͤgen zu Pfande geben / daß ſie all - zeit die Helffte meines Gluͤckes in jhrem Beſitze ha - ben ſoll.

Bard.

Ach weh! jhr Gnaden / warum ſoll ſo ein theures Haupt ſo ſchlecht verwahret ſeyn? Ich be - kenne meine Schwachheit / wofern ich von dem Poͤbel moͤchte angeſprungen werden.

Card.

Bey itzigen Zeiten iſt ein geringes Hauß zur Sicherheit viel beqvemer als ein Fuͤrſtl. Pal - laſt. Und alſo bitt ich noch einmahl / ſie verdiene die Ehre / daß ein Hertzog bey jhr auf den Knien um ſein Leben bitten muß?

Bar.

Ihr Gnaden beſchaͤmen mich mit einer Eh - re / welche mir zu leiſten oblieget. Ich bin eine ge - treue Dienerin / und ſo lange das Bett in meiner Kammer nicht zu reden anfaͤngt / ſo lange ſollen jhr Gnaden keine Lebens Gefahr zubeſorgen haben.

Car.

Ach meine Schoͤne / was vor hohen Danck werde ich deswegen ſchuldig ſeyn? Doch anitzo folg ich nur / wohin mich jhr ſuͤſſer Befehl beglei - ten wird.

Bar.

Die Kammer iſt offen / ſie verfuͤgen ſich hinein / ehe ſich ein Verraͤther angiebt.

I i 2Car. 132Der Haupt-Rebelle
Car.

Ich wil gehorſam ſeyn; unterdeſſen bleibt jhr mein Gluͤcke befohlen.

(Geht ab.)
Bard.

Ja / ja / dein Gluͤcke ſoll mir gar ſchoͤne befohlen ſeyn. Es iſt nun gleich Zeit / daß mich ein Hertzog ſucht / der einer Perſon meines gleichen niemals einen Heller zugewendet hat: Und wo ich mich noch beſinnen kan / ſo iſt mir eben aus ſeinem Pallaſt der Poſſen einmahl wiederfahren / daß mir ein Topff mit ſchwartzer Farbe gleich auff den Kopff geworffen ward. Was gilts ich wil mich bezahlt machen / ehe die Sonne wird untergehen. Ich habe doch auſſer dieſem Gelde wenig zuerwar - ten. Und was im uͤbrigen von groſſen Leuten bey ſchlimmer Zeit verſprochen wird / das koͤnnen ſie bey guten Wetter deſto leichter vergeſſen. Nun ich halt immer / da bekom̃ ich Gaͤſte / welche dem lie - ben Herren in der Kammer das Bad und den Schlaff geſegnen werden.

Dritter Handlung

Funffzehnder Aufftrit.

Bardaſſa, Bravo, Piccone.
Brav.

Wie ſo alleine mein Liebgen?

Bard.

Und wie ſo langſam jhr lieben Hertzen?

Picc. 133MASANIELLO.
Picc.

Kan man doch vor Blut-vergieſſen nicht dazu kommen / daß man ſich der guten Freunde er - innern koͤnte.

Bard.

Ey ſo haben gleichwohl meine Herrn die - ſen Tag Blut vergoſſen?

Brav.

Ja meines Handwercks bin ich ein Roth - gieſſer; und waͤre die Arbeit etwas langſamer an uns kommen / ſo moͤchten wir die Ehre nicht haben / ſo einer Galanten Perſon auffzuwarten.

Picc.

Unſerm Herrn Oberſten war das Brod gebacken.

Brav.

Doch die Galgenvoͤgel haben ſich daran zu tode gefreſſen.

Picc.

Nun werden ſich andere daran ſpiegeln.

Brav.

Und nun werden wir deſto muthiger ſeyn / wenn uns ein artiges Frauen-Zimmer mit guter Affection begegnen wird.

Bard

Nicht ſo muthig / mein Herr: die Feinde ſind noch nicht alle todt.

Brav.

Das weiß ich wohl / daß die Caraffiſche Familie noch nicht vertilget iſt / und daß wir noch manchen Halß werden zerbrechen muͤſſen / ehe die Sache mit dem Volcke zu einem guten Ende gedey - en wird. Doch vor itzo werden die Wiederſacher ſchon etwas ſchuͤchtern ſeyn.

Bard.

Wuͤſte mein Herr ſo viel / als ich weiß / ſo wuͤrde er vielleicht ſeine Courage erwas wohlfeyler geben.

I i 3Brav. 134Der Haupt-Rebelle
Brav.

Ich habe mein Hertze laͤngſt mit dem jh - rigen getheilet / ſo wird ſie auch dieſes Geheimnis nicht allein vor ſich behalten.

Bard.

Es geſchicht aus Liebe / daß ich verſchwie - gen bin.

Brav.

Und ich muß an der Liebe zweifeln / wenn die Sache bey mir verſchwiegen wird.

Bard.

Er iſt mir zu lieb; Und ich weiß / wenn ich meine Gedancken ſagen ſolte / ſo haͤtte ich eine Leiche im Hauſe.

Brav.

Wer mich kennet / der kan mir dieſes nicht ſchuld geben / daß ich vom Erſchrecken ſterben ſolte.

Bard.

Die Worte ſind gut: aber wenn ich keine Leiche im Hauſe haben wil / ſo muß ich doch ſchwei - gen.

Brav.

Mein Kind / ſie gebrauche ſich doch der Complimente / darauff ich antworten kan: Denn ich weiß nicht / wie ſich die Sprache veraͤndert.

Bard.

Ihr liebſten Freunde / was ſoll ich euch viel aufhalten? der Hertzog von Caraffa hat ſeine Zuflucht zu mir genommen / und ſteckt in meinem Bette verborgen.

Brav.

O ich ungluͤckſeliger Menſch! wie verge - bens hab ich mit meiner Einbildung geſpielet! Wo Fuͤrſten und Herren das Bette beſchreiten / da wird ein armer Cavallier von Fortun meines gleichen wenig zu genieſſen haben.

Bard.

Mein Kind beliebet zu ſchertzen. Ich kan es mit guten Gewiſſen ſagen / daß ich den liebenHerrn135MASANIELLO. Herrn nicht gekandt habe. Damit ihr auch ſeht / daß mir an der Affection von meines gleichen mehr gelegen iſt / ſo moͤgt jhn nach eurem Gefallen ſieden oder braten.

Brav.

Bruder / davon muͤſſen die unſrigen Nach - richt haben.

Picc.

Ich wil genung Volck zuſammen brin - gen. Mich duͤncket im Bette wird jhm ziemlich warm ſeyn / wo er auff die Gaſſen komt / ſo wird er auff den hitzigen Paroxiſmum in wenig Stunden das Kalte bekommen.

(Geht ab.)
Bard.

So werd ich Urſache an einem Todt - ſchlage ſeyn.

Brav.

Der Todſchlag iſt ehrlich / welcher dem Volcke zum beſten geſchiehet. Ein ſolcher Ver - raͤther iſt nicht werth / daß Ihn die Sonne laͤnger beſcheinen ſoll.

Bard.

So darff er nicht gehencket werden / ſonſt moͤcht jhn die Sonne mehr beſcheinen / als wenn er ſeinen Fuͤrſtlichen Pallaſt bewahrete.

Brav.

Meine Liebſte ſuchet mich auf allen Sei - ten zu vexieren: allein ich hoffe / die Reihe wird auch an mich kommen.

[figure]
I i 4Drit -136Der Haupt-Rebelle

Dritter Handlung

Sechzehnder Aufftrit.

Bardaſſa, Bravo, Piccone, Mattheo, Fur - fante, Formaggio, Bruno. hernach Caraffa.
Picc.

Fort / fort / es bedarff keiner Ceremonien: der Verraͤther iſt in unſerer Gewalt.

Matt.

Die Perſon ſoll vortreflich belohnet wer - den / welche ſich gegen der Stadt Neapolis ſo vor - treflich meritirt; doch komt jhr Purſche / der Vo - gel muß aus dem Neſte.

Picc.

Nur hurtig hinein gedrungen: ich weiß / der Hund iſt vor Schrecken halb todt.

(Alle zuſammen / indem Mattheo den Hertzog aus der Kammer hervor zeucht.)

Schlag todt den Verraͤther / den Vergiffter / den Mordbrenner / den Schelm / ꝛc.

Matt.

Ha / du Bluthund / wo iſt die Macht / die uns nunmehr an deiner Straffe verhindern ſoll?

Car.

Ihr Herren / ich bitte / ſie gehen doch et - was gnaͤdiger mit mir um.

Matt.

Ey ſind wir nun Herren / und ſol uns nun auch ein bißgen Gnade abgebettelt worden? Ja / ja /wir137MASANIELLO. wir wollen dirs an deinem Leibe beweiſen / daß wir auch Herren uͤber eines Hertzogs Leben ſind.

Car.

Was hab ich denn verſchuldet? und wa - rum ſoll ich ſo ſchunpflich fortgeſchleppet werden?

Matt.

Haſtu nichts verſchuldet? warum kreuch - ſiu in ein Haren-Bette? Dieſes Lager gehoͤret gleich vor einen Hertzog / der ſich ohne Spott und Schande vor den Leuten zeigen darff.

Car.

Es kan auch wohl der unſchuldigſte Menſch erſchrecket werden.

Matt.

Was? Biſtu unſchuldig? Sage mir zu - vor / warum haſtu dich verkrochen?

Car.

Hat denn dieſes Hauß ſo einen allgemei - nen Haß verdienet?

Matt.

Wilſtu noch nicht recht auf meine Frage antworten? Sage mir / was haſtu auf der Gaffe gefuͤrchtet / als dir die Flucht in dieſes Hauß belie - bete? Sage fort; oder du ſolſt die Urſache von uns hoͤren / du Verraͤther.

Car.

Ich habe nichts gethan.

Matt.

Es iſt war / du haſt nichts gethan. Doch etliche tauſend Schelmſtuͤcke haſtu angegeben / die von andern Galgen-Schwengeln haͤtten ſollen ge - than werden.

Car.

Ich weiß / daß ich unſchuldig bin.

Matt.

Hoͤrt doch der Verraͤther darff uns noch Luͤgen ſtraffen; fort und bringet jhn auf den Platz / da er ſein Bubenſtuͤcke bekennen ſol.

I i 5(Er138Der Haupt-Rebelle
(Er wird von allen mit einem grauſa - men Geſchrey hinein geſchlept.)
Brav.

Mein Kind / darff ich ſo kuͤhne ſeyn / und den Platz beſehen / wo dieſe vornehme Perſon gele - gen hat?

Bard.

Es ſteht jhm frey. Ich wil indeſſen hier an der Thuͤre verziehen.

Brav.

Ach nein / es hat dieſen Verſtand nicht / ich werde es nicht eher thun / als in jhrem Geleite.

Bard.

Allein ich fuͤrchte mich.

Brav.

Liegt doch kein boͤſer Mann im Bette.

Bard.

So komt ein falſcher Freund in die Kam - mer / der mich vexieren wil.

Brav.

Mit ſolchen unnoͤthigen Reden verlieren wir die Zeit.

Bard.

Ich weiß wohl / daß er die Zeit ſchaͤndlich verliehren wird.

Brav.

Immer hin / genung daß ich einem Her - tzoge nach dem Lager geſehen habe.

Dritter Handlung

Siebzehnder Aufftrit.

Maſaniello, Arpaja, Vitale, Geonino nebſt den andern.
Maſ.

So haben nun die verfluchten Verraͤther jhren verdienten Lohn! und ſo mag der Vice-Roydie139MASANIELLO. die verhinderung unſers Vertrages denſelben bey - meſſen / darauff er ſich am meiſten bißhero verlaſſen hat.

Arp.

Peronne haͤtte mehr bekandt / wenn jhm die Folter noch etwas beſſer zugeſetzet haͤtte.

Vit.

Doch die Andern haben ſich deſto beſſer her - aus gelaſſen.

Geon.

Was wollen wir thun? Wir haben nicht Zeit alle Schelmen zu martern. Der gantze Adel iſt uns aufſaͤtzig: wenn wir allen das Licht ausblaſen / ſo werden wir beſſere Zeit zugewarten haben.

Arp.

Nunmehr hab ich geſehen / daß keinem Ban - diten zu trauen iſt / da ſie doch bey jhrer Compa - gnie ſonſten ſo gute Ordnung zu halten wiſſen.

Vit.

Und ich beſorge / manche Banditen werden ſich in Muͤnchs-Kappen verſtecken / weil die Moͤn - che ſelber den groſſen Herren ziemiich viel zugefaͤl - len thun.

Geon.

Und ich beſorge / mancher Schelm wird ſich in ein Weibes-Kleid verkriechen / ſo kan er den Degen darunter verbergen / biß ſich bey Gelegen - heit ein Mord begehen laͤſt.

Arp.

Die Banditen muͤſſen aufgeſucht werden. Es ſind doch alle Schelmen: und wenn gleich der Unſchuldige mit dem Schuldigen leiden muß / ſo be - geht mann doch keine Ungerechtigkeit.

Vit.

Und ſo lange dieſer Tumult noch wehret / ſo muß den Geiſtlichen das lange Kleid verbothen werden.

Geon140Der Haupt-Rebelle
Geon.

Und ich halte davor / die Weiber muͤſſen entweder Hoſen anziehen / oder ſie muͤſſen in ſubti - len Roͤcken biß uͤber die Knie geſchuͤrtzt gehen.

Arp.

Die Verordnung wegen des langen Klei - des wuͤrde dem Herren Ertz Biſchoff ziemlich nahe gehen.

Vit.

Und unſer delicates Frauen-Zimmer wuͤr - de ſich mit der Schamhafftigkeit entſchuldigen.

Geon.

Man gebe ein Geſetz: wer etwas darge - gen einzuwenden hat / der ſol erfahren / daß wir Herren uͤber Neapolis ſind.

Maſ.

Recht ſo / laſſet den Befehl gleich uͤberall bekant machen / daß alle Manns und Weibes-Per - ſonen von Hohen biß zum Niedrigen / ohn allen Unterſcheid die langen und verdaͤchtigen Kleider ablegen ſollen / wer noch einen Befehl erwarten wil / der ſol Schwerdt und Feuer zu Lohne haben.

Dritter Handlung

Achtzehnder Aufftrit.

Die Vorigen / item Mattheo mit ſeinem Anhange / welcher Caraffa geſchlep - pet bringen.
Matt.

So komme doch du verfluchte Beſtie / da - mit dich unſer Herr auch anſehen kan.

Car.

Ach warum werd ich ſo geplaget? Toͤdtetmich141MASANIELLO. mich nur / daß jhr mein Blut auf einmahl ſauffen koͤnnet.

Matt.

Du ſolſt mit dem Sterben ſchon bedacht werden wenn die noͤthigen Ceremonien werden vor - uͤber ſeyn.

Car.

Ihr Hunde / habt jhr ein Hertz mich zu qvaͤlen / ſo wird ja ein Schelmiſches Meſſer vor - handen ſeyn / das mich erſtechen kan. Nun ſeb ich erſt / daß ich unter Schelmen und nichtswuͤrdi - ge Holuncken gerathen bin.

Form.

Du verfluchtes Laͤſter-Maul / die Worte ſollen dir bald verboten werden.

(Er ſchneidet jhm mit einen Meſſer den Kopff ab.)
Matt.

Ey das geſchach zur Unzeit.

Form.

Das Laͤſter-Maul haͤtte doch nicht ge - ſchw egen / ſo hat er ſein Recht.

Matt.

Ja / ſo hat er ſemen gnaͤdigen Tod.

Form.

Ich wolte / daß alle meine Feinde dieſer Gnade genieſſen ſolten. Doch wo iſt eine Stan - ge / daß wir den Kopff darauff ſtecken koͤnnen.

(Die Stange wird jhm gegeben.)
Matt.

Das Aaß wird nicht wiedet lebendig / der Kopff gehoͤret vor unſern Herrn Oberſten / wer ſich in den Rumpff theilen wil / der hat volle Ge - walt.

(Er wird hinein geſchlept.)
Form. 142Der Haupt-Rebelle
Form.

Herr Schwager / Herr Oberſter / hier iſt der verfluchte Kopff / der ſich uͤber ſeinen Bu - benſtuͤcken zu Tode geblutet hat.

Maſ.

Zu fruͤh / zu fruͤh. Er war in unſerer Ge - walt / nun iſt er uns entlauffen. Doch laſt mich das boßhafftige Haupt recht betrachten.

Form.

Es ſcheinet / als wenn es auch im Tode noch die leichtfertigen Minen nicht abgeleget haͤtte.

(Es wird dem Maſaniello vorgehalten.)
Maſ.

Sieh da / ſolten dir zu gefallen mehr als hundert tauſend Seelen zu Grunde gehen? Biſtu der Banditen Patron? biſtu der Gifftmiſcher / des - ſentwegen ſich ſo viel tauſend unſchuldige Kinder haͤtten ſollen zu Tode ſauffen? Kom her / und beiß mich nun / du Bluthund. Wilſtu nicht / ſo wird dir ein Qvartier an einem vornehmen Orte beſtel - let werden. Auff / und legt es in ein Eiſern Gegit - ter / damit man es neben einem Fuſſe uͤber den Stadt-Thore zum ewigen Gedaͤchtnis auff hencken koͤnne. Ihr aber / jhr meine Getreue / nehmet ein Exempel / wie leicht die Goͤttliche Straffe die heim - liche Boßheit heimſuchen / und aus den verborgen - ſtein Winckel zum gerechten Verdamnis befoͤrdern koͤnne. Stecket auch neben den verfluchten Kopſ - fe noch anderthalb hundert Banditen Schaͤdel / da - mit die Nachwelt die Caraffiſche Geſellſchafft er - kennen moͤge. Im uͤbrigen bleibet es bey den Be - fehle mit den langen Kleidern. Ingleichen ſchaf -fet /143MASANIELLO. fet / daß ein jedweder Buͤrger des Nachts / vor ſei - nem Hauſe Licht und Feuer halte / wofern er von uns mit Feuer nicht wil heimgeſuchet werden.

Matt.

Aber ſollen wir dem Vice-Roy noch laͤn - ger zuſehen / der ohne Zweifel gute Wiſſenſchafft von dieſer Verraͤtherey gehabt hat?

Maſ.

Wir wollen von ſeiner Perſon das beſte hoffen. Doch weil es ſich zu keinem Vertrage wil anſehen laſſen / ſo gebet achtung / daß keine Victua - lien in das Schloß gefuͤhret werden: Ingleichen hauet die Waſſer-Roͤhre ab / daß ſie vor Durſt ver - ſchmachten muͤſſen. Im uͤbrigen bedenckt / daß auf unſere tapffere Beſtaͤndigkeit die gantze Wohlfart von Neapolis gegruͤndet iſt.

(Geht ab.)

Dritter Handlung

Neunzehnder Aufftrit.

Allegro hernach Truffaldino.
Alleg.

Nun ſteh ich wieder auff der Adelichen Parthey; Denn es gefaͤllt mir doch bey dem Vi - ce-Roy beſſer / als bey dem gemeinen Volcke. Nur ein Muͤhlſtein von ſieben und zwantzig tauſend Pfunden liegt mir auf den Hertzen / den ich mit meiner Klugheit nicht abweltzen kan. Denn mei - ne Narren Compagnie laͤufft mir auff allen Gaſ -ſen144Der Haupt-Rebelleſen nach und wil zu freffen haben. Nun ruff ich alle Welt zum Zeugen an / daß mir niemand einen faulen Hering / geſchweige den eine Zerbelat-Wurſt gebothen hat. Wo ich nun als ein Ober-Offici - ter mit ledigen Sacke zubinden muß / ſo mag wei - ne Compagnie verhungern. Ich wil deswegen meine Fahne nicht ſchwaͤrtzen laſſen.

Truff.
(Koͤmt und bringet einen maͤßt - gen Kaſten getragen.)
Alleg.

Aber ſiehe / was bringet dieſer Gaſt?

Truff.

Guten Tag / Herr.

Alleg.

Merckſtu was / daß ich wieder ein Edel - man bin? Groſſen Danck / nicht Herr.

Truff.

Wohnt nicht hier ein naͤrriſcher Kerl / der den Vice-Roy entlauffen iſt?

Alleg.
(Ad Spectat.)

Der Kerl hieß mich vor einen Herren / ſo wird er mich nicht meinen. Ihr guter Kerl / wen ſucht jhr?

Truff.

Des groſſen Herren in Neapolis ſeinen Hoff-Narren.

Alleg.

Was habt jhr bey jhm zu ſchaffen?

Truff.

Nein ich ſage nichts / er muß ſelber da ſeyn.

Alleg.
(Ad Spectat.)

Da waͤr ich ein Narꝛ / daß ich meine Perſon zu erkennen gebe. Doch jhr guter Kerl koͤnt jhr auch warten / biß er wieder koͤmt?

Truff. 145MASANIELLO.
Truff.

Ey da hab ich die Briefe vom warten. Wenn jemand ein Geſchencke bekommen ſoll / ſo moͤchte er auch zu Hauſe bleiben.

Alleg.

Ja habt jhr ein Geſchencke?

Truff.

Das derſteht ſich. Es ſind etliche gu - te Freunde in der Stadt / denen iſt erzehlet wor - den / als wenn dem ehrlichen Hoff-Narren ſeine Kleider waͤren geſtohlen worden: Drum ſchicken ſie einen gantzen Kaſten vol guͤldene Stuͤcke / daß er ſich wieder kleiden ſol.

Alleg.

Ey laſt mich doch die Raritäten anſehen.

Truff.

Ja / ja ſeht den Kaſten an / ſo lang jhr wolt.

Alleg.

Der Kaſten iſt nicht von Glaſe / und ich bin kein Lux / der durch ein Bret ſehen kan.

Truff.

Wenn der Hoff-Narꝛ koͤmt / ſo mag er die Sachen ſehen laſſen / wen er wil.

Alleg.

So muß ich mich doch zuerkennen ge - ben. Da ſteht Signor Allegro in Lebens Groͤſſe.

Truff.

Es kam mir doch vor / als wenn jhr in ſei - ne Freundſchafft gehoͤret; ſeyd jhrs aber? daß ich mit dem Geſchencke nicht unrecht ankomme.

Alleg.

Wenn mir jemand was ſchencken wil / ſo heiß ich Allegro. Wenn ich aber was leiden ſoll / ſo iſt Allegro nicht zu Hauſe / und ich heiſſe / wie des Goldſchmieds Junge dachte.

Truff.

Je nu Herr / ſo nehmt doch den Kaſten an: es wird ſchon auf einem jedwedern Stuͤcke ge - ſchrieben ſtehen / wer es verehret hat. Denn esK kſeyn146Der Haupt-Rebelleſeyn gar viel vornehme Herren / die haben zuſam - men geſchoſſen.

Alleg.

Haben ſie gleichwohl zuſammen geſchoſ - ſen? Je nu / nu / ſetzt mir nur daß Geſchencke da nieder: wenn ich den Schatz beſehen werde / ſo wil ich ſchon wiſſen / wie weit ſich meine Danckbarkeit erſtrecken ſoll.

Truff.

Braucht die Silberſtuͤcke geſund.

Alleg.

Ey laͤufft mir nicht weg / ich muß euch ein Trinckgeld geben.

Truff.

Ach nein / ach nein / ich nehme fuͤrwar nichts.

Alleg.

Ey ſagt doch / was jhr haben wolt. Ich ſeh / daß jhr ein Trinckgeld verdienet habt.

Truff.

Meine Herren werden mich ſchon bezah - len; nehmt nur mit meiner Auffwartung vor lieb.

Alleg.

Ich kan es aber nicht geſchehen laſſen. Zum wenigſten muͤſſet jhr einen Rauſch mit mir trincken / und wenn ich zwey guͤldene Stuͤcke daruͤ - ber verſetzen ſolte.

(Truffaldino wil gehen / Allegro zeucht jhn zuruͤcke / und complimentiret ſo lange mit jhm / biß inwendig ein Zei - chen gegeben wird / daß der Kaſten unter dem Theatro zu rechte gemacht iſt / als denn laufft Truffaldino hin - ein.)
Alleg. 147MASANIELLO.
Alleg.

Ihr Herren / jhr ſeyd meine Zeugen / es war dem guten Kerl mit keiner Ehre gedienet / ich haͤtte ſonſt mein euſerſtes gethan / aber er wolte nicht / ſo darff er mir keine Schuld geben / wenn eine Spinne-Webe in ſeiner Kehle wachſen moͤch - te. Unterdeſſen werd ich nun mein Geſchencke be - trachten.

(Allegro macht den Kaſten auf / und da faͤngt er uͤberlaut an zu ſchreyen. Indem koͤmt ein kleiner Narꝛ her - aus / und jagt jhm herum / mit die - ſen Worten / ſchaffe mir zu freſſen: Haſtu mich geworben / ſo muſtu mich erhalten. So offt Allegro zu dem Kaſten hinkoͤmt / ſpringt allzeit ein neuer aus den Kaſten heraus / und da wird er weidlich von jhnen gezwackt.)
Alleg.

Ach jhr lieben Getreuen / laſt mich nur zu Kraͤfften kommen / ich wil euch gerne Proviant ſchaffen: geht nur wieder ins Qvartier.

(Sie ſaͤmtlich ſchreyen: Nein / nein / daß laſſen wir bleiben / ſchaff uns ein Qvartier / da Brodt / Wein und Fleiſch zum beſten iſt.)
Alleg.

Halt / halt / bin ich Ober-Officirer undK k 2ha -148Der Haupt-Rebellehabe nicht beſſern Reſpect. Ich wil euch andre Kuͤnſte weiſen.

(Er haſchet einen nach den andern und packt ſie in den Kaſten wieder ein / und macht hierauf zu.)

Nun begegne mir der Lumpen-Hund mit ſeinem Geſchencke / ich wil jhm die Guͤldnen Stuͤck an - ſtreichen / daß ſein Kopff uͤber und uͤber zu einen ro - then Stuͤck werden ſoll. Doch wie nun zuthun? Die Compagnie bleibt mir uͤbern Halſe: ſchmeiß ich ſie ins Waſſer / ſo fuͤrcht ich mich der Suͤnde. Ich halte davor / es wird am beſten ſeyn / wenn ich ſie vor ein Neſt Carnickelgen verkauffe.

(Er agirt poßierlich / und ſchlept den Kaſten hinein.)

Vierdter Handlung

Erſter Aufftrit.

Roccella, Riſtaldi.
Roc.

Ja wohl hab ich dem Gluͤcke zu dancken / daß ich unter dem grauſamen Poͤbel kein Ungluͤck hab erfahren muͤſſen.

Riſt.

Wer in ſeinen Beruffs-Wegen gehet / der hat ſich eines gewiſſen Schutzes zugetroͤſten.

Rocc. 149MASANIELLO.
Rocc.

Ich muß das jenige verrichten / was ihr Excellentz befohlen; Allein meine Bothſchafft war ſo ungluͤcklich / daß ich nun etliche Tage her in dem Gefaͤngnis zwiſchen Furcht und Hoffnung habe ſchweben muͤſſen.

Riſt.

Wohl dem / der einen verborgenen Win - ckel zu ſeiner Zuflucht nehmen kan / indem das ge - meine Volck durch den Untergang edeler Perſo - nen die Freyheit verdienen wil.

Rocc.

Ich weiß nicht / was in wehrender Zeit vorgelauffen iſt / ohne daß ich aus ſtetswehrenden Tumulte / und aus den Klange ſo vieler Glocken wenig gute Zeit habe muthmaſſen koͤnnen.

Riſt.

Es iſt an dem / der Tyranniſche Fiſcher - Knecht hat ſich ſo weit gedemuͤthiget / daß er dem Vice-Roy auf dem Caſtell eine Viſite gegeben hat.

Rocc.

Eine gefaͤhrliche Sache / daß man raſen - den Leuten die Thore wil oͤffnen.

Riſt.

Die Zeit und die Noth brachtens ſo mit - te. Wir muͤſſen auch dem Gluͤcke dancken / daß hierdurch ein guter Anfang zu den kuͤnfftigen Ver - gleiche erfolget iſt.

Rocc.

Aber die Puncte werden ſchimpflich ſeyn.

Riſt.

Ich halte nicht. Der Reſpect des Koͤni - ges und jhr Excellentz wird noch allezeit in acht ge - nommen.

Rocc.

Hilff Himmel / wie werden unſre wahr - hafftige Hiſtorien-Schreiber von der Nachwelt ei - ner vielfaͤltigen Unwahrheit beſchuldiget werden. K k 3Wir150Der Haupt-RebelleWir felbſten wuͤrden daran zweiffeln / wenn wir die Wunder-Wercke nicht vor Augen haͤtten.

Riſt.

Ich muß bekennen / daß der Auffzug ſehr ſchoͤn zu ſehen war. Denn nachdem das hohe Ampt in Beyſeyn des Herren Ertz-Biſchoffs war gehal - ten worden / ſo gieng der Proceſſ in unglaͤublicher Menge fort / in allen Gaſſen waren auf des Maſa - niello Befehl wunderſchoͤne Teppicht ausgehan - gen / er ſelbſt war mit einem Silber-Stuͤcke praͤch - tig angethan.

Rocc.

Vor dieſen pralte der Fiſcher-Knecht / als wolt er ſeine Profeſſion nimmermehr fahren laſſen; nun werden wir ſelbſt ſo viel darzu contribuiren / daß er einen Fuͤrſten bedeuten kan.

Riſt.

Es geſchach auff hohes Gutbefinden des Hofes. Denn es war einem Vice-Roy ſchimpflich / wenn er mit einem uͤbelbekleideten Buben haͤtte tractiren ſollen.

Rocc.

So wird ſeine Familie gleicher geſtalt die ſchoͤnen Kleider nicht verachtet haben.

Riſt.

Freylich durffte nichts mangeln. Und es war als ein umgekehrtes Faſtnacht-Spiel.

Rocc.

Es iſt wahr / ſonſten verkleiden ſich die Fuͤrſten zu Bauren / aber in dieſer Stadt hat ſich allerhand Lumpen-Volck in Fůrſtliche Kleider ge - ſtecket. Aber wie lieff der Handel ab?

Riſt.

Eh er in das Caſtell ſchreiten wolte / ſo gab er dem Volcke Befehl / wofern der Vice-Roy ſich an ſeiner Perſon vergreiffen wuͤrde / ſo ſolten ſieNe -151MASANIELLO. Neapolis in Brand ſtecken. Hierauff gab er wei - tern Befehi / daß alle ſtockſtille ſchweigen und ſei - nes Befehls erwarten ſolten.

Rocc.

Wie waren aber die Ceremonien bey jh - rer Excellentz beſchaffen?

Riſt.

Sehr hoͤflich. So bald Maſaniello jhrer Excellentz anſichtig war / ſprang er vom Pferde und kuͤſte deroſelben die Fuͤſſe / und ſagte ſehr ge - troſt / er haͤtte ſich herein begeben / und ſtellte zu jh - rer Excellentz Belieben / er moͤchte jhn koͤpffen / hencken / oder radebrechen laſſen.

Rocc.

Ich weiß / was jhr Excellentz werden ge - dacht haben.

Riſt.

Es muſte aber bey den Gedancken bleiben. Denn die hoͤfliche Antwort erfolgete: Es waͤre noch nichts begangen worden / daß er eine ſolche Straffe verdienet haͤtte. Hiermit wurden ſie in ein geheimes Zimmer begleitet / da man in Gegen - wart des geheimen Raths des Accords wegen Un - terredung pfloge.

Rocc.

Iſt aber die Sache beygeleget?

Riſt.

Die alte Freyheit iſt bewilliget worden / und ſoll von jhr Excellentz ſelber in der Haupt-Kir - chen beſchworen werden.

Rocc.

Ein ſolcher Miniſter kan leicht ſchweren / denn ſo bald der Succeſſor komt / ſo hat der Schwur keine Krafft mehr. Aber ach haͤtte man meinem Rathe gefolget / ſo waͤre dem Maſaniello ein Ge - ſchencke / oder auch wohl gar ein MarggraͤflicherK k 4Ti -152Der Haupt-RebelleTitel angeboten worden. Waͤre doch dieſes der er - ſte Eſel nicht / welcher in einer guͤldenen Schabracke prangete.

Riſt.

Was das Geld anlanget / ſo war er un - uͤberwindlich / weil er doch das Geld von gantz Ne - apolis in ſeiner Hand hat. Und uͤber diß / ſo hat er dem Vice-Roy anitzo fuͤnff biß ſechs Millionen Goldes auf den Nothfall verſprochen. Er faͤnget auch allbereit an die beguͤtterten Leute / ſonderlich die reichen Kloͤſter zuerinnern / daß ſie auf den erfolg - ten Befehl mit dem Gelde parat erſcheinen ſolten.

Rocc.

So wuͤrde jhm doch ein hoher Titel die Augen verblendet haben.

Riſt.

Man ſaget ins geheim / es waͤre von jhr Excellentz was vorgeſchlagen worden: Doch es haͤtte bey dem ſchlauen Fiſcher kein Gehoͤre funden.

Rocc.

Nun iſt es freylich zu langſam: nun muͤſ - ſen wir nur in Gedult erwarten / was der guͤtige Himmel zu unſerm Troſte verhaͤngen wird. Doch wir werden uns nicht auffhalten / wenn etwan der Proceſſ bald vor ſich gehen ſolte.

Riſt.

Nach dero Belieben.

Vierdter Handlung

Anderer Aufftrit.

Philomarini, Ghirardini, Roſſi, hernach Xaverio.
Phil. 153MASANIELLO.
Phil.

Ach wie hat doch GOtt dieſe Stadt mit einem Spaniſchen Kopffe geſtrafft / daß er ſeine Autorität uns zu unwiederbringlichen Schaden be - haupten wil.

Ghir.

Es ſind Miedlinge / die Schafe ſind nicht jhr Eigenthum. So nehmen ſie auch dieſes vor kein abſurdum an / wenn gleich der Ruin des Staats in vielen Stuͤcken dargethan wird.

Roſſ.

Die Gemeine dringet auf uns loß / und die hohen Perſonen wollen noch zu jhrer Wohl - fahrt gebeten ſeyn. Ich weiß wohl / was ich vor Worte vergebens habe verliehren muͤſſen.

Phil.

Der Schade werde demſelben beygemeſ - ſen / der jhn hat verhindern koͤnnen.

Ghir.

Und der Nachruhm begleite die jenige Perſon / welche das meiſte zu dem getroffenen Ver - gleiche cooperirt.

Roſſ.

Ich mag jhr Eminentz nicht ſchmeicheln; aber dieſes wil ich gegen GOtt und der Welt be - kennen / daß wir unſere Wohlfahrt dieſem einzigen Haupte zu dancken haben.

Phil.

Wir Menſchen thun nichts: und ich muß mich verwundern / daß man oft den Goͤttlichen Bey - ſtand vor eine Menſchliche Klugheit annehmen wil.

Ghir.

Auch die jenigen ſind hoch zu halten / durch welche GOtt ſeinen Beyſtand erſcheinen laͤſt.

(Xaverio koͤmt.)
Roſſ.

Was haben wir uns vor Zeitung zu be -K k 5ſor -154Der Haupt-Rebelleſorgen / daß dieſer Bothe unſer Geſpraͤche verſtoͤ - ren wil.

Phil.

Wir ſind es gewohnet / daß eine boͤſe Zei - tung der andern die Hand bieten wird / biß wir dem reiſſenden Thiere das Seil uͤber die Ohren geworffen haben.

Xav.

Ach jhr Eminentz / nun geht das Wetter uͤber die Geiſtligkeit.

Ghir.

Dieſes kaͤme der gegebenen Parol nicht nach.

Roſſ.

Und alſo moͤchten wir das betriegliche Spiegel-fechten mit dem Vergleiche wohl unter - wegen laſſen.

Phil.

Ich wil nicht hoffen / daß die Kloͤſter ge - ſtuͤrmet werden.

Xav.

Ach es iſt nicht viel beſſer. Er hat bey Leib und Lebens-Straffe anſagen laſſen / es ſolte kein Prieſter noch ein anderer Geiſtlicher auf der Gaſſe in einem lange Kleide erſcheinen.

Phil.

Ach was erleben wir vor Thorheit! Aber was bewegen jhn vor Urſachen darzu?

Xav.

Vielleicht / daß er ſeine Herꝛſchafft wil uͤber alle Menſchen ſehen laſſen.

Phil.

Wer hat den Befehl gebracht?

Xav.

Sie folgen mir auf dem Fuſſe nach / wel - che vieleicht jhr Eminentz etwas deutlicher berich - ten koͤnnen.

Vier -155MASANIELLO.

Vierdter Handlung

Dritter Aufftrit.

Die Vorigen / Arpaja, Bravo.
Arp.

Ihr Eminentz vermercken in keinen Un - gnaden / daß wir ſo kuͤhne geweſen derſelben mit unſerer Ankunfft beſchwerlich zu ſeyn.

Phil.

Liebe Leute ſind niemals beſchwerlich / vor - nehmlich wenn jhr Anbringen was gutes nach ſich zeucht.

Arp.

Unſer Herr Oberſter / als nunmehr beſtaͤ - tigter General ůber die Neapolitaniſche Soldateſca entbittet euer Eminentz ſeinen gehorſamen Gruß: Und weil es bekandt genung iſt / wie durch etliche meineidige Banditen dieſe Stadt gar leicht waͤre in das euſerſte Verderben geftuͤrtzet worden / als hat er ſeinem hohen Ampte zu gebuͤhrender Folge das leichtfertige Geſindel allenthalben aufſuchen und zu gebuͤhrender Strafe ziehen laſſen. Indem aber etliche ſich auß Furcht in geiſtliche Kleider ver - ſtecket haben / damit ſie das Gewehre darunter ver - bergen / und auf den Nothfall zu einem Auffruhr koͤn - ten geſchickt ſeyn / ſo hat er ſchleunige Ordre erge - hen laſſen / es ſolle nunmehr keine Geiſtliche Perſon bey ſchwerer Straffe ſich im langen Kleide auf der Gaſſe finden laſſen: verhoffet auch / dieſes Werck wer - de jhr Eminentz nicht mißfaͤllig ſeyn.

Phil. 156Der Haupt-Rebelle
Phil.

Mein liebſter Freund / es haͤtte dieſer Ent - ſchuldigung nicht bedurfft / was dem Herrn Gene - ral beliebet / ſolches wird mir jederzeit gefallen.

Brav.

Ingleichen war des Herrn Generals freundliche Bitte / es moͤchte jhr Eminentz belieben bey dero Perſon einen guten Anfang zu machen / und das lange Kleid ſo lange dahinden zulaſſen / biß ſich der Zuſtand etwas geneigter weiſen moͤchte. Deñ auf ſolche Weiſe wird ſich die uͤbrige Geiſtligkeit deſto gehorſamer finden laſſe. Es wird auch we - nige Straffe von ſolchen Perſonen zuerdulden ſeyn.

Phil.

Ich ſehe wohl / der Herr General ſetzt mei - ne Freundſchafft auf eine ziemlich harte Probe; doch damit er keine wiedrige Gedancken von mir ſchoͤpffen moͤge / ſo wil ich auch in dieſem Stuͤcke ſeiner Anordnung nicht zuwieder ſeyn.

Arp.

Ihr Eminentz muͤſſen ſelber bekennen / daß an dieſen Mittel der gemeinen Wohlfahrt ſehr viel gelegen ſey.

Brav.

Und derohalben hat der Herr General auch die gute Zuverſicht gehabt / ſolches Werck mit euer Eminentz zu communiciren.

Phil.

Es iſt ſchon gut: vermeldet dem Herrn General meine Dienſte und Gebeth-ſchuldigſten Gruß.

Brav.

Es ſoll gehorſamſt verrichtet werden.

(Arpaja und Bravo gehen ab.)
Ghir.

Wie koͤnnen doch jhr Eminentz ſo gedul - dig ſeyn.

Phil. 157MASANIELLO.
Phil.

Bey ſolchen Zeiten muß uns die Gedult die beſten Dienſte thun.

Roſſ.

Aber das Heilige Ambt wird dadurch ge - ſchimpfft.

Phil.

Nein / es wird von weitern Schimpffe be - wahret.

Ghir.

Unſere Gedult gibt jhnen Anlaß noch mehr zubefehlen.

Phil.

Das moͤgen ſie thun.

Roſſ.

Ich fuͤrchte aber / es wird auf die letzt gar ungereimt heraus kom̃en. Ach ſollen wir in Wambſt und Hoſen aufziehen / ſo werden wir der gantzen Buͤrgerſchaft zu einem laͤcherlichẽ Spectackel dienen.

Phil.

Ach jhr lieben Leute / es kan nichts ſo naͤr - riſch heraus kommen / es iſt mir deſto lieber.

Ghir.

Ich waͤre anders geſinnet / wenn ich eine ſo hohe Stelle bekleiden ſolte.

Phil.

Ach jhr Lieben / was verwundert jhr euch? laſt den naͤrriſchen Buben nur ſo lange lauffen / biß er mir ſeinem unziemlichen Beginnen das Volck wieder ſich erreget: Damit ſoll er ohne Schwerdt - Schlag zu Grunde gehen / und die Einfaͤltigen / ja die Unſchuldigen Buͤrger ſollen nach jhrer eigenen Vergnuͤgung erhalten werden.

Ghir.

So muͤſſen wir uns etliche Tage zu einer ſchimpfflichen Kleidung beqvemen.

Phil.

Was die kluͤgſten Leute nicht aͤndern koͤnnẽ / das gereichet keinem zu Schimpffe.

Roſſ. 158Der Haupt-Rebelle
Roſſ.

Es wird bey der Ankunfft jhr Excellentz wegen der Geiſtlichen eine ſchoͤne Faſtnacht geben.

Phil.

Komt nur / daß wir die Kleider verwech - ſeln.

Vierdter Handlung

Vierdter Aufftrit.

Lubrano, Converſano, Allegro in einem groſſen Degen.
Lub.

Was ſol ich machen? mein Herr Vater iſt aus der Stadt geflohen / und ich weiß mir ſelber nicht zurathen.

Conv.

Es geht mir nicht anders / und zu meinem Ungluͤcke iſt mir der Hofemeiſter durchgegangen / damit bin ich aller Huͤlffe und alles guten Raths beraubet.

Lub.

Ach daß ich nicht zehn Jahr aͤlter bin / ich wolte mein Geſchlechte nicht ſo ſchimpfen laſſen.

Conv.

Ach daß ich den Fiſcher Knecht auf un - ſern Gute nicht alleine haben ſol / wie ſolten jhn unſere Dreſcher den Buckel waſchen.

Lub.

Er hatte ein Silbern Wamſt an / ich dach - te / ſolt ich der Schneider ſeyn / ich wolte dir etwas unter die Ermel nehen / daß dir die Hoffarth ver - treiben ſolte.

Conv159MASANIELLO.
Con.

Ich hoͤre / er hat dem Vice-Roy die Fuͤſ - ſe gekuͤſt: ich haͤtte jhm mit dem Fuſſe eines reichen wollen.

Lub.

Aber nun ſind wir zu ſchwach / und wiſſen nicht was wir thun ſollen.

Conv.

Da iſt wohl ein Herr / der wil unſer Hoff - Meiſter werden / aber wir koͤnnen jhm ſchlechte Be - ſtallung machen.

Lub.

In meinem Hauſe ſind wir nicht ſicher.

Conv.

So wollen wirs bey uns verſuchen: ich weiß noch eine verborgene Kammer / da wir Spei - ſe genung holen koͤnnen.

Alleg.

Nun wie ſtehts jhr jungen Herren / habt jhr euch des Hoffmeiſters wegen verglichen?

Lub.

Wir beduͤrffen einen treuen Beyſtand: aber hat er auch Courage, wenn uns jemand uͤber - fallen wil?

Alleg.

Wer wil mich uͤberfallen? Ich kenne kei - nen lebendigen Menſchen / der mir etwas zu Leide de gethan hat.

Conv.

Das waͤre viel. Wo lebt ein Menſch ohne Feinde?

Alleg.

In dieſer Kappe lebt ein ſolcher Menſch. Denn meine Feinde muͤſſen alle ſterben.

Lub.

Es tauert mich noch nicht / daß wir den Hofmeiſter haben ſollen: Aber verſteht jhr euch auch auf die Ceremonien?

Alleg.

Ha / ha / ich bin bey dem Koͤnige zu Ve - nedig ſechs Jahr Ceremonien-Meiſter geweſen.

Conv. 160Der Haupt-Rebelle
Conv.

Ich dachte Venedig haͤtte keinen Koͤnig.

Alleg.

Ein untergebener muß nicht kluͤger ſeyn als der Hoffmeiſter. Ich weiß wohl / Venedig hat nur einen Buͤrgermeiſter: aber daſſelbe mahl reiſete ein fremder Koͤnig Incognito durch / und be - kam in den rechten Naſen-Loche einen Schaden / daß er ſich ſechs Jahr lang muſte curiren laſſen / und da war ich in den Wirths-Hauſe zur Hoͤltzer - nen Sparbuͤchſen ſein geheimer Cammer-Diener und Ceremonien-Meiſter.

Lub.

Wie ſtehts um die Exercitia, wenn wir fechten / reiten und tantzen ſollen?

Alleg.

Ihr jungen Herren / ich wolte euer Hoch - Graͤfl. Eltern waͤren zugegen / ich weiß ſie wuͤr - den dergleichen Kuͤnſte nicht geſehen haben. Ich fechte mit der bloſſen Hand wieder einen bloſſen Degen.

(Ad Spectat.)

Wenn ich davon lauffe. Ich tantze drey Stunden nach einander und beruͤh - re den Boden nicht einmahl mit den Fuͤſſen.

(Ad Spectat.)

Denn ich tantze allzeit in Schuhen. Und wenn ich ein Pferd zwiſchen die Beine kriege / ſo reit ich in einem Futter ſieben hundert Meilen.

(Ad Spectat.)

Denn mein gefuͤtterter Bruſtlatz der verlaͤſt mich nicht.

Conv.

So waͤren wir auch in dieſem Stuͤcke wohl verſorget: aber mein Herr Vater wil einen Gelehrten aus mir haben; wir ſollen allemahl La - tein reden.

Alleg. 161MASANIELLO.
Alleg.

Seyd jhr boͤſe / ſo werfft mir nur ein La - teiniſch Wort auf den Peltz / jhr ſolt ſehen / daß mir das Latein aus dem Halſe fliegen ſoll / wie ein Bienen-Schwarm.

Lub.

Ey Bruder / rede doch was mit jhm.

Conv.

Ey Bruder / du biſt mit deinem Maule etwas geſchwinder / fange nur an.

Lub

Er hat dich ausgefodert / du muſt jhm Be - ſcheid thun.

Conv.

Mein Herr Hoffmeiſter ſchrieb mir etli - che Reden vor / die muſt ich in Gegenwart des her - ren Vaters herbeten; und da meinten ſie alle Wunder / was ich vor ein gelehrter Kerle waͤre. Alſo kan ich Latein reden / aber wenn ichs verſtehen ſoll / ſo muß der dritte Mann darzu kommen / der mir aus dem Traume hilfft.

Lub.

Ach Bruder / mein Latein beſteht in lauter Vocabeln: doch rede nur was her. Wer weiß ob er uns verſtehet / ſo machen wir jhn den Poſſen / und verſtehn jhn wieder nicht.

Conv.

Nun ſo geht es auf mein Latein loß. Qvandoqvidem Dominus Gubernator heri viſita - vit Dominum Colonellum.

Alleg.

Siqvidem ego non curo Poncinellum.

Conv.

Hodie habuimus ferias.

Alle.

Ego dico gratias.

Conv.

Sic acceſſit dominus multum reveren - dus.

Alleg.

Omni amoris & obſervantiæ cultu pro - ſeqvendus.

L lVierd -162Der Haupt-Rebelle

Vierdter Handlung

Fuͤnffter Auftrit.

Die Vorigen / Piccone, Neri.
Picc.

Was zum Element iſt dieſes vor ein Un - gehorſam?

Alleg.

Nu / nu / gemach jhr Herren / erſchreckt mir meine Untergebene nicht.

Picc.

Hat unſer Herr General nicht befohlen / daß alle von Adel ihr Gewehr und ihre Degen in des Volckes Haͤnde liefern ſollen?

Alleg.

Ich hoͤre den Befehl zum erſten mahl: da iſt mein Degen / verſchont nur dieſer Kinder / die werden vielleicht im Geſetze nicht mit begriffen ſeyn.

Ner.

Ey aus Kaͤlbern werden auch Ochſen / und aus ſolchen jungen Graffen werden alte Tyran - nen. Fort / oder wir brauchen Gewalt.

Conv.

Ach / der Degen iſt mir an meinem Ge - burts-Tage verehret worden.

Ner.

In meinem Calender ſtehet der Geburts - Tag nicht.

(Sie nehmen jhnen die Degen.)

Vierdter Handlung

Sechſter Aufftrit.

Die Vorigen / Angelo, Laudato.
Ang. 163MASANIELLO.
Ang.

Ich erſchrecke vor einem Tumulte / der in unſer Hauß dringen wil.

Laud.

Ach betruͤbte Zeit / da man bey dem hoͤch - ſten Unrecht keinen Helffer und keinen Richter an - ruffen kan. Doch jhr Herren Vettern / wie ſteht jhr ſo melancholiſch?

Alleg.

Da ſind zwey Kerlen / die machen uns ei - ne Gloſſe uͤber die Melancholey.

Ner.

Ihr Herren / wo kommen ſie in dem Ge - wehr ſo trotzig her / und wo dencken ſie hinzu ge - hen?

Ang.

Ihr Herren / braucht Beſcheidenheit: es wird niemand von uns beleidiget.

Ner.

Es iſt der Herren jhr Gluͤcke / daß ſie noch in dem Pallaſte ſind. Waͤre es auf der Gaſſe / ſo haͤtten wir Macht / jhnen die Haͤlſe zu brechen.

Laud.

Behuͤtte GOtt. So verfaͤhrt man nicht mit unſchuldigen Perſonen.

Brun.

Wer die Geſetze verachtet / der kan nicht unſchuldig ſeyn. Unſer General befiehlt dem Adel / daß ſie ohne einige Wiederrede jhre Waffen in des Volckes Haͤnde liefern ſollen. Wo nicht ſo wer - den noch etliche Pech-Kraͤntze uͤbrig ſeyn / die Un - gehorſamen mit allem Ernſte heimzuſuchen.

Ang.

Ach iſt es an dem / daß der Herr General etwas begehret? hier iſt unſer Gewehr / und es ſte - het jhnen frey ſolches zu behalten / oder an uns wie - derum zuverſchencken.

Ner.

Ich lobe der Herren Hoͤfligkeit; wir wol -L l 2len164Der Haupt-Rebellelen jhnen die Degen gern uͤberlaſſen / doch mit dem Bedinge / daß ſie dem Poͤbel damit nicht in das Ge - fichte kommen.

Laud.

Euere Hoͤffligkeit verdienet ein Trinck - geld.

Brun.

Ob uns zwar bey Leib und Lebens-Stra - fe verboten iſt keine Finantze zu machen / ſo wird doch vermuthlich kein Verraͤther zu gegen ſeyn. Und damit leben ſie wohl.

(Neri und Bruno gehen ab.)
Laud.

Ihr guten Vettern / die Gefahr iſt euch nahe geweſen.

Lub.

Das haben wir dem ſchoͤnen Hoffmeiſter zu dancken.

Conv.

Er wolt uns beſchuͤtzen / darnach als die Noth an den Mann gieng / ſo haͤt ich jhn wollen vor einen Haſen verkauffen.

Laud.

So jaget den unnuͤtzen Buben zum Hau - ſe hinaus / und erwartet unſer in dem nechſten Cabi - net, denn es wird uns beſſer anſtehen / vor[e]uer Gluͤcke wachſam zu ſeyn.

(Sie jagen jhn hinein.)
Laud.

Wo iſt auch in der Tuͤrckey ſo eine Dienſt - barkeit erhoͤret worden? Soll nun der gemeine Poͤbel uͤber unſer Gut / uͤber unſern Leib / ja uͤber unſere Adeliche Ehre gebieten koͤnnen? Soll nun die gantze Stadt Neapolis den unausloͤſchlichen Spott in allen Hiſtorien davon tragen / daß ſoein165MASANIELLO. ein ſtarcker und wohlgefaſter Adel in wenig Tagen biß auf den euſerſten Abgrund hinab geſtuͤrtzet iſt?

Ang.

Wer kan davor / wenn Veſuvius mit ſei - nen Flammen ein Adeliches Schloß verderbet hat? und wer kan uns in der gantzen Welt beſchuldi - gen / wenn die Flamme des allgemeinen Auffſtan - des unſer Gluͤcke ziemlich verſengen ſoll.

Laud.

Es iſt ein ſchlechter Troſt; der Veſuvius kan durch Menſchliche Gewalt nicht eingeſchloſſen werden: Doch ein Auffſtand ſolte billich durch un - ſere Klugheit ſeyn hintertrieben worden. Und ich ſage nochmahls / unſere Sicherheit / oder wie es heiſ - ſen moͤchte / unſer Hochmuth bringet uns in das Ungluͤck.

Ang.

Aber / was ſollen wir thun? Sind wir nicht demuͤthig gnung?

Laud.

Das wollen wir thun / daß wir uns auf das Caſtell zu jhr Excellentz begeben / und inſtaͤndig bitten / es moͤchte doch eine Verſoͤhnung getroffen werden / wofern er uns noch lebendig wiſſen wolle.

Ang.

Ich wil mich dieſer Geſellſchafft nicht ent - ſchlagen.

Vierdter Handlung

Siebender Aufftrit.

Eliſa, Laura, Flavio, Roberto.
Flav.

Ich halte / jhr Weiber ſeyd naͤrriſch woͤr - den.

L l 3Rob. 166Der Haupt-Rebelle
Rob.

Und ich halte / jhr habet euch ſo hoch auf - geſchuͤrtzt / daß wir die Roͤcke ſollen vor Hoſen an - ſehen.

Flav.

Ich habe meine Wache gegen den Hafen zu verrichten muͤſſen / und da ich zu Haufe komme / ſo find ich eine umgekehrte Welt.

Rob.

Wie ſteht jhr ſo beſchaͤmt? es iſt ja ſonſt der Weiber Gebrauch nicht / daß ſie den Maͤnnern der Antwort lange ſchuldig bleiben.

Eliſ.

Ach wir ſchaͤmen uns.

Rob.

Ihr ſeyd Urſache dran.

Eliſ.

Gefehlt / mein lieber Schatz; Es iſt ein Be - fehl da.

Laur.

Ich weiß nicht / wo ſich ein verfluchter Bandit in Weiber Kleider verſtecket hat: nun ſol - len wir uns alle ſchuͤrtzen / ſo kan zum wenigſten nie - mand einen Degen darunter verbergen.

Flav.

Was alle Leute thun muͤſſen / daß bringt uns keine Schande.

Eliſ.

Endlich iſt es gut / daß die Adelichen Perſo - nen ſo wohl jhre Roͤcke entweder ablegen / oder doch in die Hoͤhe ſchuͤrtzen muͤſſen.

Laur.

Ja mein liebſter Schatz / wenn ich an mei - nem Braut-Tage ſo aufgezogen waͤre / haͤtten wir nicht ſollen ein ſchoͤnes Paar mit einander ſeyn?

Rob.

Wil ich doch ein frommes Weib lieber geſchuͤrtzt / als ein boͤſes Thier in der Schleppe ha - ben.

Eliſ.

Wir haben das Ungluͤcke einmahl auf demHal -167MASANIELLO. Halſe / wir wir muͤſſen nur ſelber damit ſchertzen.

Flav.

Ach es iſt kein Ungluͤck. Man ſolte der Freyheit halber ſolche Roͤcke tragen.

Laur.

Das war ein Wort: der Freyheit hal - ben wolt ich meinen Rock gar ausziehen.

Eliſ.

Und ich wolte meine Schlaff-Muͤtze mit in die Kirche nehmen.

Laur.

Ich wolte mir laſſen eine Corduwaniſche Schaube machen / wenn ich nur keinen Zoll vor das Brodt geben duͤrffte.

Eliſ.

Und ich wolte mir die Beine biß an die Knie-Kehle ſchwaͤrtzen laſſen / wenn ich mich mit den Meinigen an einer Mahlzeit mit einem Brodte vor drey Pfennige behelffen koͤnte.

Laur.

Heyſa / dazu gehoͤret ein Tantz. Viel Gluͤckes zu unſerer Freyheit! Kurtze Roͤcke und kei - ne Contribution, das iſt unſere Loſung.

Eliſ.

Heyſa / wo iſt der Spielmann / der mir ei - nes auffiedelt? mich duͤnckt immer die Zeiten ſind beſſer / da uns um die Beine was leichter wird.

Flav.

So recht / jhr Weiber / man muß bey dem itzigen Zuſtande luſtig ſeyn.

Rob.

Unſere Freyheit wird gebohren / und an dem Geburts-Tage muß man in freyer Kleidung erſcheinen. Komt herein / der erſte Spielman / der uns begegnet / der ſol uns Gelegenheit geben / un - ſere Luſt in den kurtzen Roͤcken zu probiren.

Eliſ.

Itzund bin ich meinem Manne gehorſam / jhm zugefallen tantz ich mit.

L l 4Laur. 168Der Haupt-Rebelle
Laur.

Ich bin noch gehorſamer / jhm zugefallen trinck ich mit.

Rob.

Das iſt ein Ausbund frommer Weiber. GOtt gebe / daß die Rebellion fein lange wehret.

Vierdter Handlung

Achter Aufftrit.

Bonavita, Marina.
(Er in Hoſen und Wamſt / ſie in aufge - ſchuͤrtzten Rocke.)
Mar.

Es iſt uns nicht unangenehm.

Bon.

Ich muſte die Unhoͤfligkeit aus Noth be - gehen: denn weil uns Geiſtlichen die lange Kleider verbothen ſind / ſo hab ich in dieſem unanſtaͤndigen Habit mich auf die Gaſſen begeben; Allein ich kan nicht ſagen / was vor ein Schwarm von Muthwil - ligen Jungen mich begleitet hat / biß ich das Gluͤcke hatte / meine Retirade in dieſes Hauß zunehmen: und ich wil hoffen / ſo wohl als ich vormahls die Ehre hatte / derſelben in meiner geringen Celle auf - zuwarten / ſo wohl wird anitzo meine Ankunfft ei - nen gnaͤdigen Blick verdienen.

Mar.

Ich bin der genoſſenen Wohlthaten aller - ſeits eingedenck / und moͤchte nur wuͤnſchen / daß uns die Ruhe etwas guͤnſtiger waͤre / damit ich in die - ſem fremden Logiament mein danckbares Gemuͤthe bezeigen koͤnte.

Bon. 169MASANIELLO.
Bon.

Der Danck beſtehet auf meiner Seite. Wenn ich bedencke / in was vor einer wunderlichen Geſtalt ich erſcheinen muß / ſo moͤchte ich wohl aus dieſer Wohnung geblieben ſeyn.

Mar.

Mein Herr Pater, die Geſtalten veraͤndern ſich itzo gar offt: ich bin ſelber beſchaͤmt / daß ich die Knie nicht bedecken darff.

Bon.

Dieſe Tracht dienet zur Recommenda - tion jhrer Schoͤnheit.

Mar.

Herr Pater mich duͤnckt / er wil es hier an - fangen / wie ers in der Celle gelaſſen hat.

Bon.

Hab ich daſelbſt geſuͤndiget?

Mar.

Ach nein / ſo weit kam es noch nicht / daß ich jhn einer Suͤnden halben verklagen ſolte / doch daß er mich mit vielen unverdienten Complimen - ten gehoͤhnet hat / das wil ich die Zeit meines Le - bens nicht vergeſſen.

Bon.

Ach geſegnet ſind die Complimente / wel - che mir ein ſo langes Gedaͤchtnis verſprechen.

Mar.

Der Himmel gebe beſſere Zeit / ſo wollen wir ſehen / wer in ſeinem Gedaͤchtnis wird am be - ſtaͤndigſten ſeyn / doch mein liebſter Herr Pater, was haben wir bey dem itzigen Streite zu hoffen?

Bon.

Mein Kind: Waͤre es in dem Kloſter / ſo ſagte ich / meine Schweſter / meinen Gedancken nach haben wir alles gutes zu hoffen.

Mar.

Wie kan das moͤglich ſeyn / der Adel ſoll ſeine Privilegia verſchweren.

Bon.

Wer iſt aber der jenige: der uns denL l 5Schwur170Der Haupt-RebelleSchwur abfodert? Iſt es nicht ein armer Fiſcher / der in wenig Tagen ſeine Vernunfft verliehren wird?

Mar.

Unter deſſen haben wir das unſrige verloh - ren.

Bon.

Mein Kind / ſie glaube mir / die Einigkeit des gantzen Volckes beſtehet in dieſer Perſon: Aber wenn die Raſerey zuſchlagen wird / ſo wird dem Volcke das thoͤrichte Regiment nicht laͤnger an - ſtehen.

Mar.

Aber mich duͤncket / der Kerl iſt zu klug.

Bon.

Das iſt unſer Troſt / daß er ſich in ſeiner Klugheit uͤbernimt: er nimt ſich keine Zeit / zum Eſſen und zum Schlaffe: ſondern Tag und Nacht iſt er in ſolcher Action, dabey ſich ein geuͤbter Staats-Mann ruiniren koͤnte / ich geſchweige denn ein ſolcher Fiſcher-Knecht.

Mar.

Mein liebſter Herr Pater, der Troſt hat mir einen guten Muth gemacht: geſegnet ſey der Mund / welcher mich ſo erqvicket hat.

(Sie kuͤſſet jhn.)
Bon.

Die Vergeltung iſt zu hoch / doch wil ſie von einem armen Bruder was annehmen / ſo hab ich mein Reichthnm in der Welt gelaſſen / und ha - be nichts mehr uͤbrig / als dieſes.

(Kuͤſſet ſie.)
Mar.

Mein Herr Pater, es moͤchte jemand unſerGe -171MASANIELLO. Geſpraͤche zerſtoͤren / er begebe ſich ſeinem Gefallen nach in das Zimmer / ich wil bey Gelegenheit be - muͤht ſeyn / daß er Geſellſchafft bekoͤmt.

Bon.

Ich nehme dieſen Befehl an: doch es wird keiner Geſellſchafft beduͤrffen / weil ich in weniger Zeit dem GOttes-Dienſte in Anweſenheit des Vi - ce-Roy beywohnen ſoll.

Mar.

Es ſtehet alles in ſeinem Belieben.

Bon.

Ich recommendire mich mein Kind.

(Kuͤſſet jhr die Hand und gehet ab.)
Mar.

Ach wie ungluͤckſelig ſind doch die Perſo - nen / welche ſich in die Unmoͤgligkeit verliebet haben. Ach warum kam ich eben in dieſes Klo - ſter / daß ich dieſen artigen Pater darinnen kennen lernte? Waͤre mir ſein Weſen unbekand / ſo wuͤr - de mich ſeine Liebe wenig bekuͤmmern. Ach! nun ſeh ich / wie ungerecht der jenige gehandelt hat / durch welchen der erſte Moͤnch iſt in das Kloſter - Gefaͤngnis verſtoſſen worden. Ach! wie mancher Cavallier wird von dieſer Zeit an / ſo liederlich und vergebens dahin geſtorben ſeyn. Doch ſo lange die Liebe ſcharffſinnig iſt / ſo lange werden auch die - ſe Gefaͤngniſſe viel zu wenig ſeyn / mein Verlangen aufzuhalten.

Vier -172Der Haupt-Rebelle

Vierdter Handlung

Neundter Aufftrit.

Buffone, hernach Allegro.
Buff.
(In einem langen Fuhrmanns - Kittel.)

Ich weiß nicht / was Sanct Velten wieder vor neue Haͤndel auf die Bahne bringt: Ich komme herein in die Stadt / und wil ein bißgen zuhorchen / ob unſer Stehlen und Rauben auf dem Lande noch lange paſſiren moͤchte. So lauffen mir alle nach und ſchreyen: du Mauſekopff im langen Rocke / weg mit der Schelmiſchen Huͤl - le / oder du koͤm̃ſt an Galgen. Nu ſprech ich immer / unſre Stuͤcken ſeyn offenbahr. Ach ich gebe drit - tehalb Ziegen drum / wenn ich zehn Meilen von Ne - apolis waͤre / ich wolte mich gerne biß auff mein Dorff wieder heim betteln. Aber / ach! was koͤmt da vor ein Kerl / O waͤr ſich verbergen koͤnte / wie fuͤrcht ich mich!

Alleg.
(Auff der andern Seite.)

Wie bin ich den heutigen Tag ſo gar jaͤmmerlich geplaget worden. Meine junge Narren wolten zu freſſen haben / meine Untergebene examinirten mich in der Fecht-Kunſt / und wer weiß / was ich noch fuͤr ein Ende nehme; Hui / daß dort einer ſteht / der mich umbringen wil. O ich fuͤrchte mich.

Buff. 173MASANIELLO.
Buff.

O jhr Leute / was ſagt der boͤſe Kerl? mein Hertz zittert mir wie ein Ziegen Schwantz.

Alleg.

O jhr Leute / der Kerl redt gar heimlich / ſein Hertz geht gewiß mit boͤſen Tuͤcken um.

Buff.

Ich ſchliche gerne davon / wenn ich koͤnte.

Alleg.

Ich kenne den thoͤrichten Hund wohl / weil ich ſtehe / ſo ſteht er auch. Aber wo ich lauffe / ſo laͤufft er mir nach / und beiſt mich ins Bein.

Buff.

Ach / wer ſich nur fein barmhertzig ſtellen koͤnte / daß der boͤſe Herr Mitleiden mit mir haͤtte.

Alleg.

Ich dencke / das Ausreiſſen koͤmt an mich zu erſt.

Buff.

Meiu klaͤglich Geſichte / thut wenig bey der Sache: ich muß bitten.

Alleg.

Nun laſt ſehen / wer kan am beſten lauffẽ.

Buff.

Ach Gnade!

Alleg.

Wer rufft mich / O der Mann koͤmt / O das boͤſe Ding geht mir zu Leibe!

Buff.

Ach Gnade!

Alleg.

Schlechte Gnade! ich mercke dich ſchon. Geſtern ward einer gehangen / der ruffte ſo lange biß jhm der Strick an die Kehle kam: O Gnade! Gnade! Gnade! Gnade / Gnade! O Gna ---- ich muß jhm Antworten: nicht Gnade!

Buff.

Au / das thut weh / die Gnaden-Thuͤr iſt verſperret. O Herr.

Alleg.

Was ſagt er? Kom̃ her? Kom̃ du her.

Buff.

Ich ſoll hinkommen / es wird mir gehn.

Al -174Der Haupt-Rebelle
Alleg.

O er koͤmt her / nun kan ich mein Un - gluͤck nicht uͤberſehen. O wie hertzhafft bin ich.

(Sie treten gegen einander und zittern.)
Buff.

Ich habe nichts gethan.

Alleg.

Aber deſto mehr wiltu mir thun.

Buff.

Soll ich gehn?

Alleg.

Sol ich gehn?

Buff.

Ja.

Alleg.

Ja.

Buff.

Nun iſt mein Weg der weiteſte.

(Geht ab.)
Alleg.

Und ich wil mich in das erſte Maͤuſeloch verkriechen: der Kerl war ein Spion, und ſoll nach - forſchen / wo ich hinkomme. O du liebes Ungluͤ - cke! waͤren nur noch acht Tage vorbey / darnach wil ich gerne ſterben.

(Geht ab.)

Vierdter Handlung

Zehnder Aufftrit.

Philomarini, Ghirardini, Roſſi ſamt den uͤbrigen Geiſtlichen. Die innerſte Scene præſentiret eine Kirche / die ſaͤmtlichen Geiſtlichen ſind in Hoſen und Wamſt.
Phil175MASANIELLO.
Phil.

GOtt Lob die Sache iſt ſo weit gediehen / daß Maſaniello zum andern mahl in das Caſtell gerit - ten iſt / jhr Excellentz biß in dieſe Kirche zu beglei - ten / ſo wird verhoffentlich das Volck wieder aus dem Vortheil getrieben / und die ungluͤckſelige Par - they getroͤſtet werden.

Ghir.

Es ſtehet bey dem Himmel / ob wir uns des itzigen Kirchen-Ganges erfreuen werden.

Roſſ.

Zum wenigſten geben unſere Kleider eine ſchlechte Loſung.

Ghir.

Wo es lange wehrt / ſo muͤſſen wir dem Fiſcher zugefallen lauter Fiſcher-Hoſen anziehen.

Roſſ.

Dieſem Fiſcher haben wir keinen Gehor - ſam geſchworen.

Ghir.

Der Anblick wird laͤcherlich ſeyn: helffe GOtt / daß uns der Ausgang nicht Thraͤnen ab - zwingt.

Roſſ.

Doch ich hoͤre ein Geraͤuſche / der Proceſſ koͤmt gewiß unſrer Kirche nahe.

Phil.

Machet euch fertig / ſie muͤſſen allerſeits empfangen werden.

(Die ſaͤmtlichen Cavalliers begleiten den Vice-Roy, und treten auf die rechte Seite.)
Vierdt -176Der Haupt-Rebelle

Vierdter Handlung

Eilffter Aufftrit.

Die Vorigen und Roderigo hernach Maſaniello.
Rod.

Ihr Eminentz haben ſchoͤnſten Danck vor die getreue Sorgfalt / welche dieſe Zuſammenkunfft befoͤrdert hat; ſolten wir zu wenig ſeyn / alles danck - barlich zu bezahlen / ſo werden jhre Koͤnigl. Maje - ſtaͤt zu der Vergeltung deſto geneigter ſeyn.

Phil.

Ihr Excellentz haben meine geringſchaͤtzi - ge Sorgfalt nicht ſo hoch zu ruͤhmen: giebt GOtt beßre Zeit / ſo wird mehr davon zu reden ſeyn. Itzo belieben jhr Excellentz den erhoͤhten Ort ein zuneh - men / damit ich den General von der Gemeine ge - buͤhrend empfangen kan.

Rod.

Ich verſtehe es gar wohl.

(Er ſetzt ſich oben bey dem Altar / und hiemit wird inwendig mit Violinen gar ſachte Muſiciret / daß man die Reden wohl verſtehen kan / alſo komt Maſaniello, und nach jhm ſeine Be - dienten / welche ſich allmaͤhlich an der Wand auf der lincken Seiten herum ziehn.)
Maſ.

Ihr Eminentz / hier kom ich in das offent -liche177MASANIELLO. liche Gottes-Hauß / und wil vernehmen / was vor ein Grund von der Neapolitaniſchen Freyheit in dieſer Kirche ſoll geleget werden.

Phil.

Gluͤckſelig ſey die Stunde / da ein ſolches Werck wird vollzogen werden: Und gluͤckſelig ſey die Perſon / welche ſo viel Muͤhe und Arbeit da - durch ausgeſtanden hat.

Maſ.

Es iſt ein groſſes Werck / daruͤber die gan - tze Stadt frolocken muß. Ihr Eminentz hoͤren / wie hoch ſich das Geſchrey erſtreckt.

(Inwendig wird geruffen: Gluͤck zu dem Koͤnige in Spanien. Letzlich rufft einer zur Scene heraus / aber ohne Zoll.)
Phil.

Es iſt ein gutes Zeichen / daher wir etwas gluͤckſeliges muthmaſſen koͤnnen: aber wollen ſie nicht ſo guͤtig ſeyn / und jhre Stelle einnehmen?

Maſ.

Ich wil an dieſem Orte ſitzen. Ihr / brin - get mir den Stuhl hieher.

(Er rufft Riſtaldi, der muß jhn zu Ende des Theatri ſetzen.)
Riſt.
(Ad Spectat.)

O verfluchter Schimpff! ſollen wir die angeneh - me Ruh mit ſolchen Dienſten erkauffen?

M mVierd -178Der Haupt-Rebelle

Vierdter Handlung

Zwoͤlffter Aufftrit.

Alle des Vice-Roy Bedienten / inglei - chen die Parthey von Maſaniello. Donato trit gegen den Altar und faͤn - get an zuleſen.

Demnach der Hochgebohrne Don Roderigo Pon - ce de Leon Hertzog von Arcos, des Koͤnigreichs Neapolis Vice-Roy und General Capitain, haben in Gnaden verſtanden / welcher Geſtalt des Volck von Neapolis.

Maſ.

Schreibt darzu / das gehorſame Volck von Neapolis.

Rod.

Es ſoll geſchehen / ſie haben den Titel noch verdienet.

Don.

Welcher geſtalt das gehorſame Volck von Neapolis jhrer haben den Privilegien wegen eine Verſicherung erlangen wolte; als haben hoͤchſtge - dachte hohe Excellentz ſich erfreuet / daß das Privi - legium des Koͤniges Caroli V. hoͤchſt-ſeligſten An - denckens zu der Hand geſchaffet worden.

Maſ.

Setzt darzu im Original.

Don.

Im Orignal an die Hand geſchaffet wor - den.

Maſ.

Setzt darzu / wie ſolches recht und billich iſt.

Don.

Wie ſolches recht und billich iſt. Und wol -len179MASANIELLO. len demnach zur Erklaͤrung gedachter Privilegien die folgenden Artickel zu maͤnniglicher Wiſſenſchaft offentlich verleſen laſſen.

Maſ.

Setzt darzu: Mit gutem Bedacht und Wohlgemuth.

Don.

Mit gutem Bedacht und Wohlgemuth: Als erſtlich ſoll der Frucht - und Mehl-Zoll auff e - wig abgeſchafft ſeyn.

Maſ.

Setzt darzu: So wohl vor das ſchwartze als weiſſe Mehl.

Don.

So wohl vor das ſchwartze als weiſſe Mehl.

Maſ.

Setzt darzu: So wohl vor das Rocken - Brod / als vor die Groß-Stritzel.

Don.

So wohl vor das Rocken-Brodt als vor die Groß-Strietzel. Zum andern / ſoll das gewoͤhn - lich? Donativ nach Willen des Volckes eingerichtet werden / und das Volck ſo viel Vota haben als die von Adel.

Maſ.

Setzt darzu: Und diß zu ewigen Zeiten in alle Wege.

Don.

Und diß zu ewigen Zeiten in alle Wege. Zum dritten verſprechen ſie wegen des vergange - nen niemand zur Verantwortung zuziehen.

Maſ.

Setzt dazu: Uber kurtz und uͤber lang.

Don.

Uber kurtz oder uͤber lang. Und daß ſol - ches getreulich ſolle gehalten werden.

Maſ.

Setzt dazu: Ohne alle Gefehrde / bey dem Worte der Warheit.

M m 2Don180Der Haupt-Rebelle
Don.

Ohne alle Gefehrde / bey dem Worte der Warheit ſollen die gedachten Puncte --

Maſ.

Und was noch mehr zu vergleichen iſt.

Don.

Und was noch mehr zu vergleichen iſt / durch einen kraͤfftigen Eid betheuret werden / mit angehenckter Zuſage.

Maſ.

Setzt darzu: An Eydes Statt.

Don.

An Eydes Stat / daß die Ratification bey jhrer Majeſtaͤt in Spanien ſoll ausgewircket wer - den.

Maſ.

Setzt darzu: Und wo dieſes nicht erfolget / ſo ſoll dieſer Accord null und nichtig ſeyn.

Don.

Und dieſer Accord ſoll null und nichtig ſeyn.

Phil.
(Bringt das Evangelien Buch.)

So werden ſich jhr Excellentz belieben laſſen / die vorgeleſenen Puncte durch einen Eid zu bekroͤffti - gen.

Rod.

Ich ſchwere bey GOtt und allen Heili - gen / die vorgeleſenen Puncte in allen Stuͤcken ge - treulich zu halten / ſo wahr mir dieſelben helfſen.

(Hier werden die Trompeten und Pau - cken gehoͤret / inwendig wird darzu geſchrien: Lange lebe der Koͤnig in Spanien!
Maſ.
(Steht im Silbernen Stuͤcke mit einem bloſſen Schwerdte.)
So181MASANIELLO.

So iſt nunmehr die Freyheit in einen ſolchen Stand gebracht / daß jhr Koͤnigliche Majeſtaͤt ſich einer vollkommenen Herꝛſchafft ruͤhmen koͤnnen. Wir ha - ben ja innerhalb ſechszehn Jahren in die hundert Millionen contribuiret / und jhr Majeſtaͤt ſind al - lezeit aͤrmer worden: Nun werden die jenigen ab - gewieſen ſeyn / welche dem Volcke zur Beſchwerung jhr Intereſſe bey dem Koͤniglichen Gelde geſuchet haben. Ich geſtehe es gerne / ich habe mein Blut auff das Spiel geſetzt / doch proteſtire ich vor der gantzen Welt / daß ich alles dem Allmaͤchtigen Gott zu Ehren / dem Koͤnige in Hiſpanien / dem Vice-Roy, dem Volcke / ja dem gantzen Koͤnigreiche zum be - ſten gethan habe: verwundert ſich iemand uͤber dieſen praͤchtigen Habit? Er iſt mir wieder meinen Willen angeleget worden: Ihre Eminentz der Ertz - Biſchoff hat mich bey Straffe des Bannes dahin gezwungen / daß ich bey dieſer Solennität in einem Silbern-Stuͤcke erſcheinen muͤſſen: allein nunmehro wil ich dieſem Kleide gute Nacht geben / und meine alte Fiſcher-Hoſen wiederum anlegen.

(Er reiſt an dem Kleide / und kan nicht zu rechte kommen / hiermit kniet er vor dem Vice-Roy.)

Ach jhr Excellentz erbarmen ſich / und helffen mir das Kleid vom Leibe reiſſen / welches mir nicht an - ſtehet.

Rod.

Es ſtehet jhm gar wohl an / er laſſe ſich doch erbitten.

M m 3Phil. 182Der Haupt-Rebelle
Phil.

Er hat das Kleid aus vielen Urſachen ver - dienet / wer von uns hochgeſchaͤtzet wird / der darff ſich ſelbſt nicht geringe halten.

Maſ.

Ach jhr Leute / ſehet wie wird ein ehrlicher Mann genoͤthiget / wieder ſeinen Willen ſtoltze Kleider zutragen: ach erbarmet euch / und betet vor mich / gaß ich wieder zu meinen Fiſcher-Hoſen kom - me.

(Hier laſſen ſich Paucken und Trom - peten hoͤren / und ziehen alle ab / die mittelſte Scene faͤllt zu.)

Vierdter Handlung

Dreyzehnder Aufftrit.

Salvador, Laudato.
Salv.

Mein Herr / das war ein trauriges Spe - ctacul, daß ein gemeiner Kerl in Gegenwart der hohen Obrigkeit Geſetze machen kunte.

Laud.

Und das war ein froͤlicher Anblick / daß der verfluchte Bube ſein Kleid ſelber zerreiſſen muſte.

Salv.

Es geſchahe dem Adel zum Schimpffe / er wil nicht / daß ein Silber-Stuͤcke uͤber uns com - mandiren ſoll / er wil lieber mit Fiſcher Hoſen uͤber unſern Nacken hergehen.

Laud.

Ich ſpuͤre es an jhm / daß er im Kopffe muß verwirret ſeyn / und ich halte / wenn das Volck ſeiner wird uͤberdruͤßig werden / ſo werden ſie demNar -183MASANIELLO. Narren vom Brodte helffen / ehe wir das Schwerdt ausziehen duͤrffen.

Salv.

Es laͤſſet ſich hoͤren: aber als ich in die Schule gieng / da war ein Spruͤchelgen gar ge - mein: Non deficit alter.

Laud.

Es wird niemand dieſem Menſchen ge - wachſen ſeyn. Der Fiſcher-Knecht hat Wunder ge - than / aber wo haben wir in allen Hiſtorien ein glei - ches Exempel?

Salv.

Viel Wachen / wenig Eſſen / und viel Sor - gen machen auch einen klugen Kerlen zum Fanta - ſten.

Laud.

Ich hoͤre / wenn er ſich nach Mitternacht zu Bette geleget hat / ſo hat er in einer Stunde die Frau mit dem Ellbogen in die Seite geſtoſſen / und dabey geſagt: Was / koͤnnen wir ſchlaffen / und wir ſind Herren von Neapolis?

Salv.

Ich wuͤnſche jhm das Gluͤcke eines raſen - den Hundes / der ſich gemeiniglich nach dem neund - ten Tage zu tode lauffen muß.

Laud.

Ich ſetze noch acht Tage / ſo wird das trotzige Volck vor Furcht und Angſt wiederum er - zittern / ja es wird dem Adel gute Worte geben / daß nur jemand aufftrit / welcher jhnen befehlen wil.

Salv.

Wir wollen vernehmen / was auf dem Ca - ſtel deſſentwegeg paſſiret.

M m 4Vier -184Der Haupt-Rebelle

Vierdter Handlung

Vierzehnder Aufftrit.

Villanella, Paſqvella, Zeppa in glaͤn - tzender Kleidung.
Paſqv.

Ich leid es nicht.

Zepp.

Je was denn Frau Schwaͤgerin?

Paſq.

Nun es mag draus werden / was da wil / ich leids nicht.

Zepp.

Hertze Frau Schwaͤgerin / erzuͤrnet euch nicht / ſagt mir lieber / was vor unleidliche Sachen vorgehen.

Vill.

Frau Tochter / ich verdenck euch nicht. Ich wils nur ſagen / mein Sohn wil ſein Ampt uͤberge - ben / und wil wieder ein Fiſcher werden.

Paſq.

Ach iſt das nicht Ungluͤck / ich bin eine groſſe Frau worden / und ſoll nun ſo tieff in den Qoarck hinein fallen / als ich heraus gekrochen bin.

Vill.

Gebt euch zufrieden / Frau Tochter / zu un - geſchehenen Sachen laͤſt ſich ein guter Rath ge - brauchen.

Paſq.

O der gute Rath iſt verdorben / wo er ſei - nen Starꝛ-Kopff einmahl auffetzt.

Vill.

Nun jhr lieben Weibergen verſuchet / wie weit jhrs bringen koͤnnet.

Paſq.

Ach wie ſanffte that mirs / da mir des Vi - ce-Voy ſeine Gemahlin einen Samtenen Stuhl ſe - tzen ließ.

Zepp. 185MASANIELLO.
Zepp.

Und wie niedlich ſchmeckte das Confect, das ſie uns auftrug.

Paſq.

Ich freſſe nicht Confect vor der Ehre / daß ich in einer Carethe fahren durffte.

Zepp.

Und es war / deucht mich / gar zu fein / daß ſo viel huͤbſche Diener neben her lieffen.

Paſq.

Ach wie fein ſtehts / wenn ich itzt in den Ducaten maͤhren kan.

Zepp.

Guͤldene Muͤntze iſt gar beqvem / man be - ſcheißt die Finger nicht ſo dran / als am Kupffer - Gelde.

Paſq.

Wer kan itzund den Weibern zu Neapo - lis Geſetze vorſchreiben / als ich?

Zepp.

Und wem ſteht es beſſer an / guͤldene Stuͤ - cke zutragen / als eben uns?

Paſq.

Aber wem wuͤrde nun das Fiſcher-Leben baͤnger thun / als eben uns?

Zepp.

Nun haben wir Zeit / daß wir auff gute Mittel bedacht ſeyn / ehe die Ehre wieder zu Waſ - ſer wird.

Paſq.

Wir wollen bitten / und wo mein Herr auf der Laune iſt / ſo wollen wir ſo was vors Hauß mit fluchen.

Zepp.

Wenn es huͤlffe / wolt ich gar darzu ſingen.

Vill.

Ach jhr jungen Narren / wenn ihr den gan - tzen Tag mit ſolchen Narren-Poſſen zu braͤchtet / ſo waͤre der Zweifels-Knoten noch nicht auffgeloͤſet. Seht da komt ein ehrlicher Mann her / dem iſt auchM m 5was186Der Haupt-Rebellewas dran gelegen / und der wird ſich nimmermehr in den Qvarck herunter ſtoſſen laſſen.

Vierdter Handlung

Funffzehnder Aufftrit.

Die vorigen und Mattheo.
Matth.

Was giebts zu berathſchlagen jhr lieben Weibergen? denn ich ſehe wohl / jhr habt die ſorg - faͤltigen Runtzeln treflich an die Stirne gehangen.

Vill.

Ach hertzer Herr Sohn / es gehet eine Sa - che vor / daruͤber unſere Koͤpffe gar zu Narren wer - den.

Matth.

Die Sache muß wichtig ſeyn: denn hat ſich der Adel in Neapolis zwingen laſſen / ſo wird nunmehr das ander Ungluͤck wie Kinderſpiel geach - tet werden.

Vill.

Ja / ja lieber Herr Sohn / ich bin eine al - te Frau / ich weiß wohl was Kinderſpiel iſt: aber / da ſind die Weiber / die moͤgens erzehlen.

Matth.

Nun ſo laſt mich doch hoͤren / was der Muͤhlſtein auf euren Hertzen zubedeuten hat.

Zepp.

Es gefaͤllt uns ſo wohl / daß wir ſo vor - nehme Leute worden ſind: und gleichwohl iſt dieſes unſer Hauß-Creutze / daß wir nun hoͤren ſollen / als wolte Herr Thoms wieder abdancken / und ſeine Fiſcher-Hoſen wieder anziehen: und wenn das ge -ſchieht /187MASANIELLO. ſchieht / muͤſten wir nicht ſeinetwegen auch in die alte Kittel wieder kriechen?

Paſq.

Ich thue mir ein Leid an / wenn ich wie - der ſtinckende Fiſche verkauffen ſoll.

Zepp.

Meine Haͤnde ſind mir in zwey Tagen gar weich worden: es iſt mir ungelegen / daß ich ſie wieder harte machen.

Paſq.

Und mein Podex iſt der groben Hembde gar entwohnt / es wuͤrde mir nun gar ſtachlicht vorkommen.

(Sie ſchreyen alle beyde zuſammen.)

Nein / nein wir thun es nicht / wir laſſen es nicht zu / wollen die Maͤnner Bernheuter ſeyn / ſo wol - len wir das Regiement uͤber die Weiber behalten.

Mat.

Laſt mich doch zum Reden kommen / denn euer Schreyen und Stillſchweigen gilt alles beides einen Qvarck. Ich weiß wohl / das mein Bruder den Schluß gefaſſet hat / ſein Ampt wieder auffzu - geben; aber ich habe ihm ſo bange gemacht / daß er ſich nimmermehr bloß geben wird / ſo lange er lebet / ſo lange ſoll er nun wohl ein groſſer Mann bleiben.

Zepp.

Ach mein lieber Mann (potz tauſend / ge - redt wie eine Fiſcher-Frau!) Ach mein hertzlieber Herr / darff ich die Zeitung nachreden?

Paſq.

Ach mein goͤldener Herr Schwager / habt jhr gleichwohl ſo ein gut Werck geſtifft?

Matt.

Ja / das hab ich zu wege gebracht. Es kan nicht anders ſeyn / unſere Nachkommen werden lauter Fuͤrſten-Kinder bedeuten.

Vill. 188Der Haupt-Rebelle
Vill.
(Weinet.)

Ach mein goͤldner Herr Sohn / iſt das nicht Freu - de / wenn man ſolche Ehre an ſeinen Kindern erle - bet? ach nun wil ich gerne ſterben / weil ich doch nun ſehe / daß ich einmahl in dem Himmel auch auf eine Fuͤrſtenbanck kommen ſoll.

Matt.

Nu / nu / gebt euch zufrieden / Durchlaucht. Frau Mutter / wir wollen die Fuͤrſtenbanck in der Welt behaupten: wegen des Himmels wollen wir noch ſicher ſeyn.

Vierdter Handlung

Sechzehnder Aufftrit.

Pinto, Baldo.
Pin.

So wolte ich ein reicher Fiſcher ſeyn. Wen mir das Untertauchen alle mahl ſo ſtatlich bezahlet wuͤrde.

Bald.

Ey Gefatter / habt jhr gleichwohl einen ſtattlichen Fiſchzug gethan?

Pint.

Ja vor dißmahl hab ich guͤldene Fiſche ge - fangen.

Bald.

Die Heringe ſind auch guͤlden / aber das iſt unſer Ungluͤcke / das kein Goldſchmied ſolch Gold verarbeiten wil. Gefatter / jhr wiſt wohl das Raͤ - tzel: es hat ein Maul und beiſt nicht / hat Fluͤgel und fleucht nicht / es hat Geld und gilt nicht.

Pint. 189MASANIELLO.
Pint.

Ach nein / bey den Fiſchen gabs ein ander Raͤtzel. Es hatte keine Fluͤgel / und floh doch / es hatte kein Maul und lachte mich gleichwohl an / es hatte Geld und galt auch.

Bald.

Mein Kopff iſt zu ſolchen Sachen ein biß - gen tum̃.

Pint.

Unſer neuer Herr General, der dem loͤbli - chen Fiſcher-Handwercke einen ewigen Nahmen ge - macht hat / der hatte gleich vor der Stadt an Mee - re ſeine Kurtzweil.

Bald.

Es iſt wunder / daß er ſich ſo viel abge - muͤßiget hat.

Pint.

Da verſucht er ſich im Baden / und als er allerhand Kurtzweil angefangen hatte / ſo ruffte er / wo jemand unter den Fiſchern Luſt haͤtte Geld zu verdienen / der ſolte ſich heran machen.

Bald.

Dazu duͤrffte mich der Herr General nicht ruffen. Ich weiß wohl / wenn ein Fiſcher Geld ver - dienen wil / ſo muß er ins Waſſer: auff dem Bau - me fangen wir wenig Lampreten.

Pint.

Gefatter / laſt mich doch reden / jhr ſeyd nicht dabey geweſen. Er grieff in den Rock / und warff eine Handvoll Ducaten nach der andern in das Waſſer / da mochte nun einer zugreiffen / wie er wolte.

Bald.

Ey ſchade / daß ich nicht habe mit fiſchen ſollen. Denn Gefatter ihr wiſts / was ich vor ein Taͤucher bin.

Pint.

Es lag da nicht allein an der Kunſt: wirkun -190Der Haupt-Rebellekunten wohl alle unter fahren: Aber wenn es zum Gelde kam / da ſatzt es Nuͤſſe / daß mancher hernach in den Waſſer nach der Lufft ſchnapte / wie eine krancke Karpe.

Bald.

So hat doch der groͤſte Flegel die meiſten Ducaten krigt.

Pint.

Ja wie ich heim kam / ſo hat ich zwantzig Stuͤcke in meinen Buſen / aber was ich in der Schlaͤgerey vor See-Waſſer hab in den Halß kriegt / das hab ich am beſten geſchmackt.

Bald.

Vor zwantzig Ducaten kan man wohl ei - ne geſaltzene Waſſer-Suppe mit nehmen.

Pint.

Aber wenn das Fiſcher Regiment nur fein lange wehrete.

Bald.

Ich dencke hin und her / es waͤre vielleicht nicht zuwuͤnſchen; wenn die armen Leute wollen Her - ren werden / ſo wirds darnach an Dienern fehlen: Deswegen macht unſer HErr GOtt mehr arme Leute als reiche / weil ein groſſer Herr offt 20. 30. 40. Diener von noͤthen hat.

Pint.

Es iſt wahr / ein groſſer Fiſch bedarff viel kleine / wenn er ſich erhalten wil.

Bald.

Drum ſag ich: wenn die kleinen Fiſche al - le wollen groß werden / was haben ſie darnach zu freſſen?

Pint.

Meintwegen moͤchten die andern Leute al - le arm ſeyn / wenn ich nur ein groſſer Herr waͤre.

Bald.

Andere Leute dencken auch ſo. Es iſt am heſten / wir nehmen mit unſern Fiſcher-Hoſenvor191MASANIELLO. vor lieb. Kommet Gefatter / und ſpendirt mir einen Soff vor einen Ducaten / ich weiß / das jhr ſonſt gar freygebig ſeyd.

Pint.

Wolt jhr mich nicht verachten / ſo wil ich euch gar gerne haben. Mit uns Fiſchern gehetes doch ſo her / wer einen Heller im Beutel hat / wenn die Sonne wieder auf geht / der muß im Hand - wercke Straffe geben.

Fuͤnffter Handlung

Erſter Aufftrit.

Allegro hat ſich in Weibes-Kleider verſtellet / und veraͤndert die Sprache.

Ach ich ungluͤckſelige Weibes-Perſon / wo ſoll ich meinen Auffenthalt ſuchen? das jenige / das mei - ne Seele liebet / iſt nicht in der Stadt / und mit genauer Noth bin ich hier an das Caſtell angelan - get / da mir auch niemand Troſt und Labſal zuſpre - chen wil. Schoͤnheit hab ich nicht / denn das kan ich aus meinem Geſichte beweiſen: meine Kleider ſind auch nicht ſo beſchaffen / daß ſich jemand da - rein verlieben ſolte. Meinen Qvalitäten moͤchte ich noch was zutrauen / aber wer wil Fuͤrſtliche Tu - genden unter einen ſolchen Kittel ſuchen / indeſſenwil192Der Haupt-Rebellewil ich zu frieden ſeyn / wenn ich irgend zu einem Kammer-Maͤgden moͤchte gebraucht werden. Doch wer koͤmt da? es heiſt mit mir: auf die Seite / wenn vornehme Leute kommen.

Fuͤnffter Handlung

Anderer Aufftrit.

Roccella, Celinde.
Cel.

So hat mein geliebter Hertzog in ſolchen Ungluͤcke geſchwebet?

Rocc.

Ja wohl mein gebietendes Fraͤulein / ich habe eine Probe ausgeſtanden / darbey mir die Bitterkeit des Todes ziemlich tieff auff der Zun - gen gelegen hat.

Cel.

Ich dancke dem Himmel / daß die Furcht mit einem betrieglichen Schatten geſpielet hat.

Rocc.

Mein Leben war in meinen Gedancken ſchon verlohren: doch der Zwang die angenehme Celinde nicht mehr zu ſehen / machte mir unruhige Gedancken.

Cel.

Ach das unſchuldige Frauen-Zimmer muß allzeit die Klage uͤber ſich nehmen / als wenn ſie den Maͤnnern das Ungluͤcke verdoppelten.

Rocc.

Warum leget meine Gebieterin die Re - de ſo ungnaͤdig aus? ich wolte ſagen / daß mir die - ſes Andencken eine Luſt zum Leben erwecket haͤtte.

Cel. 193MASANIELLO.
Cel.

Ich nehme die Außlegung an. Immittels wie lauffen die Sachen in der Stadt? Iſt es auch wohl moͤglich / daß man fich ein langes Leben wuͤn - ſchen darff?

Rocc.

Sie lauffen ſo thoͤricht unter einander / daß ich nothwendig ſchlieſſen kan / es muͤſſe in we -[ni]g Tagen beſſer werden.

Cel.

Mein Hertzog / da gehoͤret ein hoher Geiſt darzu / wenn man ſich aus ſchlimmen Sachen et - was gutes erwehlet.

Rocc.

Ich wil meinen Geiſt ſo hoch oder ſo nie - drig nicht ausgeben: Doch da des Volckes Gene - ral zum Narren wird / ſo werden ſie des Regie - ments bald uͤberdruͤßig ſeyn. Es iſt nicht zubeſchrei - ben / wie er in die Leute hinein ſchmeiſt / und wie dem Volcke ſo bange dabey wird / daß ſie faſt an die abgezwungenen Vertraͤge nicht gedencken wollen.

Cel.

Ich hoͤre die Sache von Hertzen gerne: aber darff ich ſo vertraulich ſeyn / jhm etwas zu ent - decken?

Rocc.

Wil meine Gebieterin mich dieſer Gna - de theilhafftig machen / ſo wil ich als ein ewiger Schuldner verſchwiegen ſeyn.

Cel.

Es iſt eine Sache / die mir nicht anſteht zu wiſſen / und die mir noch weniger anſteht nach zuſa - gen / gleichwohl / was thut die gute Affection nicht?

Rocc.

Ich werde gantz auſſer mir entzuͤcket / daß ich nach meinem Gefaͤngniſſe mit ſo wunderſeliger Gnade erqvicket werde. Doch worinne beruht das Geheimnis?

N nCel. 194Der Haupt-Rebelle
Cel.

Ich begieng einen vorwitzigen Fehler und ſchlich mich auf das geheime Cabinet / gleich als von wichtigen Dingen gerathſchlaget ward / ſo hoͤrt ich / daß mein Herr Vater Befehl gab / den Fiſcher - Knecht mit den koͤſtlichſten Weine zu regaliren: Doch alſo / daß er mit etlichen durchdringenden Tropffen vermiſchet wuͤrde / welche nicht dem Her - tzen das Leben / ſondern dem Kopffe den Verſtand nehmen ſolten. Ach Gluͤck uͤber Gluͤck / daß ich hoͤren ſoll / wie dieſer Anſchlag ſeine Endſchafft ſo gluͤcklich erreichet hat.

Rocc.

Es iſt ein Anſchlag von hoher Gefahr / aber von unglaͤublichen Nutzen: wiewohl die Ge - fahr ſcheinet uͤberwunden zu ſeyn / weil der raſende Hund nunmehr in ſein Verderben dahin rennet. Inzwiſchen ſag ich unterthaͤnigen Danck / daß mein Hertze gewuͤrdiget wird / ein Geheimnuͤß von jhrer wunderſchoͤnen Seelen zuerfahren.

Cel.

Darauß mag er mein hertzliches Mitleiden wegen ſeiner Gefangenſchafft abnehmen. Doch wir wollen dieſen Perſonen entweichen.

Fuͤnffter Handlung

Dritter Aufftrit.

Leoniſſe, Anacleri. o
Leon.

Mein Herr Hauptmann / er hat ſich wohl geloͤſet / vor wenig Tagen waren ſeine Zeitungenſehr195MASANIELLO. ſehr grauſam / nun aber muß ich jhn wegen der anmuthigen Relation ruͤhmen.

Anacl.

Gnaͤdigſte Frau / es iſt nicht anders / der thoͤrichte Bube hat ſich nach Poliſſipo gewendet / da ſucht er ſeine Ergoͤtzligkeit / und laͤſſet ſich den koͤſtlichſten Wein ſo anmuthig zu Halſe gehen / daß er die Regiments-Sorgen gar bald vergeſſen ſoll.

Leon.

Ach wer iſt ſo gluͤckſelig in ſeiner Bered - ſamkeit / daß er dieſen unbaͤndigen zu der Stadt hinaus gemeiſtert hat?

Anacl.

Dieſe Wohlthat haben wir dem Herrn Ertz-Biſchoffe zu dancken.

Leon.

Ach ja / dieſer vortrefliche Mann verdie - net bey der itzigen Unruh eine unſterbliche Danck - barkeit.

Anacl.

Es war an dem / daß der raſende Fanta - ſte noch etliche Haͤuſer zerſtoͤren / und zugleich viel Menſchen durch ſeine Henckers-Buben aufopffern wolte / und es ſchien als wenn der Herr Ertz - Biſchoff mit ſeiner Interceſſion nicht viel aus rich - ten wuͤrde.

Leon.

Ich weiß wohl / daß die Beſtie ſich ein - mahl hat verlauten laſſen / als wolte ſie den Herrn Ertz-Biſchoff ſo wohl eine Spanne kuͤrtzer machen / als einen gemeinen Edelmann. Doch mit was vor Liſt konte der Trotz-Kopff gewonnen werden?

Anacl.

Gnaͤdigſte Frau / es iſt zu weitlaͤufftig / wenn ich alle vergebene Mittel anfuͤhren ſolte / end - lich ſtellte ſich dieſer hochverſtaͤndige Mann / als waͤreN n 2jhm196Der Haupt-Rebellejhm ſelbſt mit dem Blutvergieſſen gedienet / und bat jhn / er moͤchte nur das Recht ergehen laſſen.

Leon.

So wird er vielleicht aus Trotz das Wie - derſpiel befohlen haben.

Anacl.

Ach nein / er winckte ſchon ſeinem Scharf - Richter / welcher zur Execution greiffen ſolte. Al - lein der Herr Ertz-Biſchoff ſagte / es waͤre vor die - ſes mahl ein gluͤckſeliger Tag / da man ſich mit Blutvergieſſen nicht bemuͤhen duͤrffte. Auff den morgenden Tag wolte er dem Spectacul ſelbſt bey - wohnen / er ſolte ſich nur vor dießmahl eine kleine Recreation machen / und nach Poliſippo fahren.

Leon.

Und alſo ward der Vorſchlag angenom - men?

Anacl.

Er gieng ſehr wohl von ſtatten: die Ge - fangenen wurden in jhren Bauden bewacht / und der Fiſcher-Knecht verſuchte / ob er die Lufft auff der See noch vertragen koͤnte.

Leon.

Er hat viel Stadt-Lufft in ſich geſogen / mich duͤnckt / die freye Lufft wird jhm zu wieder ſeyn.

Anacl.

Gnaͤdigſte Frau / ob die Lufft was gethan hat / das weiß ich nicht; allein er uͤbernahm ſich im Weine / der mochte jhm als einem gebohrnen Waſ - ſer-Manne den Kopff in ſchaͤdliche Confuſion bringen.

Leon.

So recht / wer viel rothes Blut vergoſ - ſen hat / der muß in dem rothen Weine Blut und Gifft hinein ſauffen.

Fuͤnff -197MASANIELLO.

Fuͤnffter Handlung

Vierdter Aufftrit.

Die Vorigen und Arcos.
Arc.
(Koͤmt gelauffen.)

Ach meine allerliebſte Frau Mutter / ach iſt nie - mand der mir helffen wil? ein boͤſe Ding! ein boͤſe Ding! ein boͤſe Ding!

Leon.

Mein Engels-Kind / was iſt vorhanden?

Arc.

Ach das weiß ich nicht / es begegnete mir was / halb wie ein Geſpenſte / halb wie ein Menſch / und auf beiden Seiten wie ein boͤſe Ding. Ach! meine Haͤnde! ach meine Fuͤſſe! mein Kopff! Wo ich das boͤſe Ding noch einmahl ſehe / ſo bin ich des Todes.

Anacl.

Ihr Gnaden haben vielleicht geſchlaffen / daß ſie ein unangenehmer Traum erſchrecket hat.

Arc.

So lange die Leute wachen / ſo gedencke ich an kein Schlaffen: und was ich anitzo ſehe / daß kunt ich auch ſehen / wie mir das boͤſe Ding in die Augen kam.

Anacl.

Haben jhr Gnaden niemanden bey ſich gehabt?

Arc.

Ich gieng unten gantz allein / und ſuchte Gelegenheit meine Fraͤulein Schweſter zu finden. Ach! ſo begegnete mir ein ungewoͤhnliches Ding / das ich mein Lebtage nicht ſchaͤndlicher habe abge - mahlet geſehen.

N n 3Anacl198Der Haupt-Rebelle
Anacl.

Kunten ſie niemand um Huͤlffe anruffen?

Arc.

Ich habe dem Herrn Schloß-Hauptmann meine Noth geklaget / ob es was helffen wird / daſ - ſelbe mag ſich ausweiſen. O iſt dieſes die ungluͤck - ſelige Stunde / daß ich am hellen lichten Tag ein Geſpenſte ſehen ſoll?

Leon.

Mir wird recht bange dabey.

Arc.

Ach Frau Mutter / da iſt das boͤſe Ding / ſie laſſe mich nur an einen ſichern Winckel verbor - gen ſeyn.

Fuͤnffter Handlung

Fuͤnffter Auftrit.

Die Vorigen Proſpero, Allegro,
Alleg.

Ich thue es doch nicht.

Proſp.

Das wil ich dir befehlen. Sag an / wer du biſt / oder ich wil eine Tragœdie mit dir ſpielen / daruͤber dein Hertze zerbrechen ſoll.

Alleg.

Ich bin ein unſchuldig Weibes-Bild.

Proſp.

Ob du ein Weibes-Bild ſeyn magſt / darnach hab ich nicht viel zu fragen? aber ich weiß wohl / daß auch die Weiber eine Verraͤtherey aus - fuͤhren koͤnnen.

Alleg.

Ich hab ein gut Gewiſſen. Kan mir je - mand was beweiſen / ſo reiſſe er mir das Hertze aus dem Leibe.

Anacl. 199MASANIELLO.
Anacl.

Herr Hauptmann / worzu dienet dieſer Auffzug? Sollen nunmehr ſo hohe Perſonen auch in dem Caſtell nicht verſchonet werden?

Proſp.

Es iſt eine Verraͤtherey da: dieſe Hexe hat alle Winckel durchkrochen / damit ſie aller ver - muthung nach Gifft oder andere verderbliche Sa - chen bey unſern hohen Perſonen ausbreiten kan.

Anacl.

Hat jemand was verdienet / ſo tractire man die Sache Summariſch.

Proſp.

So muß ich um geliebter Kuͤrtze willen / dieſer unbekandten Perſon die Kleider vom Leibe reiſſen laſſen.

Anacl.

Sie hat ſich treflich vermummet / drum muß ſie entweder ſich zu erkennen geben / oder wir wollen ſonſten Gelegenheit zur Bekandtſchafft ſu - chen.

Proſp.

Wer biſtu?

Alleg.

Ein armes Thier / das ſich vor allen Leu - ten fuͤrchten muß.

Proſp.

Was bedeckeſtu mit deinem Kleide?

Alleg.

Herr meine Schande und mein Armuth.

Proſp.

Deine Schande ſoll offenbahr werden.

(Er wil jhr die Kleider abziehen.)
Alleg.

O er ſchaͤme ſich / es iſt mir noch kein Manns-Bild ſo nahe kommen?

Proſp.

So muſtu heute was neues erfahren. Die Kleider muͤſſen von dem Leibe.

N n 4Alleg. 200Der Haupt-Rebelle
Alleg.

Ach was vor ein Wunderwerck wird of - fenbar werden:

(Er zeucht die Kleider ab / daß alle den Allegro kennen.)
Proſp.

Du ſchoͤnes Weibes-Bild / ſolſtu in dem Caſtell dergleichen Confuſion erwecken?

Alleg.

Weswegen haͤtt ich mich ſo geſchaͤmt? das war meine groͤſte Schande / die ich bedecken wolte.

Proſp.

Ihr Gnaden / ſie ſehen wie vergebens die Furcht geweſen iſt.

Leon.

Ach du boßhafftiger Schelm / was hat dich zu dieſer Leichtfertigkeit angetrieben?

Alleg.

Waͤre kein boßhafftiger Schelm in der Welt / ſo waͤre ich in eurem Pallaſt noch ein kurtz - weiliger Rath. Nachdem aber alle Zeiten naͤr - riſch lauffen / daß ich alle Tage mein liebſtes Jung - fer Waſchmaͤdgen im Schloſſe nicht beſuchen kan / ſo muß ich wohl etwas poßierliches anfangen.

Leon.

Es ſoll dir nach deinem Verdienſt geloh - net werden. Hertzog Roccella begleitet unſer Fraͤu - lein in unſer Gemach: der Herr Hauptmann mag von unſerm Sohn erfahren / wie der Boͤſewicht ſoll geſtrafft werden.

Fuͤnff -201MASANIELLO.

Fuͤnffter Handlung

Sechſter Aufftrit.

Arcos, Proſpero, Allegro.
Alleg.

Das war eine kluge Frau / der Junge ſoll mein Richter ſeyn.

Proſp.

Nun mein Hertzog / was haben ſie zu be - fehlen?

Arc.

Ach ich wolte / es haͤtte der Bube zwey Tage zuvor an den Galgen gehangen / ehe er ſo ei - nen Schelmiſchen Poſſen angefangen haͤtte.

Alleg.

Das hab ich vor meine Suͤnde verdient: nun werd ich wohl lebendig ausgepeitſch / wenn ich nach Verdienſt ſoll geſtrafft werden.

Proſp.

Sie belieben eine Straffe zu benennen.

Arc.

Es iſt eine Sache / deswegen man kein Blut vergieſſen mag: er ſoll ins Zucht-Hauß.

Alleg.

Ich bin mein Tage ſo gar zuͤchtig nicht geweſen: ich weiß nicht / wie ſich das Zucht-Haus zu meiner Unzucht reimen wird.

Proſp.

Und ich weiß nicht / ob der Zuchtmeiſter anitzo wird gehorſam ſeyn.

Arc.

So mag er als ein Sclav den Koth von der Gaſſe wegkehren.

Alleg.

Ich wolte / daß ich ein ſolch Aemptgen kriegte. Wer mir was zu Leide gethan haͤtte / dem wolte ich meine Expedition in den Barth werffen /N n 5daß202Der Haupt-Rebelledaß ſich ein ander an dem herꝛlichen Anblicke be - ſpiegeln ſolte.

Proſp.

Die Gaſſen ſind alle gekehrt / und wir duͤrffen dem gemeinen Poͤbel nicht weiter ins Hand - werck fallen.

Arc.

So laſt ein Vogel-Bauer machen / da ſoll der Vogel drinne ſtecken / ſo lang er lebt.

Alleg.

Ein ſchrecklicher Poſſen / wer mich ein - ſpert / der muß mir auch zu freſſen geben.

Proſp.

Doch wer ſoll ein ſolch Gebauer verfer - tigen?

Arc.

Iſt es nicht von Eiſen / ſo mag es von Holtze ſeyn; der Schelm muß als eine unvernuͤnffti - ge Beſtie eingeſchloſſen werden.

Proſp.

Ich beſinne mich / Hertzog Matelone hat ſeine Unterthanen mit Victualien herein geſchickt / da iſt meines Behalts ein Zimmerman drunter.

Alleg.

O Jammer uͤber Jammer / wo mir der Pfuſcher ein Narren-Hauß bauen ſoll.

Arc.

Wohlan ſo mag er geſchafft werden: ich wil ſchon nachfragen / ob es geſchehen iſt.

(Geht ab.)

Fuͤnffter Handlung

Siebender Aufftrit.

Proſpero, Lurcone, Allegro.
Lurc. 203MASANIELLO.
Lurc.

Herr Hauptmann / ich wolte fragen / ob ich meine Abfertigung haͤtte.

Proſp

Es iſt ſchon gut / jhr ſolt nicht auffgehal - ten werden: Aber ſeyd jhr nicht euers Handwercks ein Zimmermann?

Lurc.

Nein Herr / verzeiht mir / meines Hand - wercks bin ich nichts: denn ich habe bey keinem redlichen Meiſter ausgelernt. Aber meiner Kunſt nach wolt ich ſo gut ſeyn als ein Muͤller und als ein Zimmerman.

Proſp.

Es wird hier ein Stuͤcke verdinget / daß man ſo Zunfftmaͤßig nicht erfodert.

Lurc.

Ich frage nichts darnach / es mag wohl beſichtiget werden.

Proſp.

Ach nein / die Beſichtigung wird wohl nachbleiben. Da iſt ein leichfertiger Bube / der ſoll in ein Hoͤltzern Gebauer geſpert werden. Nun wolten wir gerne / daß der Pappegoy ſein bald in das Qvartier kaͤme.

Lurc.

Wer hats denn befohlen? Ich wil nicht hoffen / daß eine Neurung dahinter ſteckt.

Proſp.

Auff ſeiten des Papagoys wird es eine genungſame Neurung ſeyn. Aber darvon hat ſo ein ungehubelter Dorff-Pfuſcher nicht viel zu re - den. Macht das Gebauer in einer Viertel Stun - de fertig / oder ich wil euch Schelmen zuſammen ſchlieſſen / und damit hab jhr meine Reſolution.

(Geht ab.) Fuͤnff -204Der Haupt-Rebelle

Fuͤnffter Handlung

Achter Aufftrit.

Lurcone, Allegro, hernach Pazzo, Matto.
Lurc.

Nun ſo kom her / und laß dir das Maß nehmen -- hoͤrſtu nicht / was ich dir machen ſoll? --- Steh mir recht auf / daß ich mich in dem Maſſe nicht verirre --- Je ſo ſchicke dich / daß dich potz Regiment.

(Er ſchlaͤgt jhn.)
Alleg.

Je du Narꝛ / wenn ich ein Vogel bin / ſo kan ich wohl nicht reden.

Lurc.

Ich kenne viel Diebs-Vogel / die reden koͤnnen.

Alleg.

Aber ſagt nur / bin ich ein Vogel?

Lurc.

Ja das biſtu mit Leib und Seele.

Alleg.

So wil ich ein Vogel ſeyn / und davon fliegen.

(Er wil entlauffen.)
Lurc.

Nein / nein Herr Lands-Mann verirret euch nicht / wir wollen noch da bleiben. Heraus jhr Purſche / euer Meiſter kriegt ein Stuͤcke Ar - beit.

(Pazzo und Matto kommen gelauffen.)
Paz.

Herr / was haben wir zu verrichten.

Matt. 205MASANIELLO.
Matt.

Und was haben wir vor ein Trinckgeld zu verdienen?

Lurc.

Ihr tummen Kerlen / es iſt eine Schan - de / daß jhr euern Printz nicht beſſer reſpectiret: da giebt es was zu arbeiten.

Paz.

Ich wil gerne helffen / aber ich wil nicht hof - fen / daß euch ein Galgen verdinget iſt.

Matt.

Und ich wil hoffen / daß wir auch redlich bezahlet werden.

Lurc.

Schweigt doch ſtille / biß ich geredt habe. Da iſt ein Menſchen-Kind / das wird alle Don - nerſtage zum Vogel / drum ſollen wir eine Huͤner - Steige machen / daß wir einen ſolchen Vogel be - herbergen koͤnnen. Verſteht ihr mich / was ich meine?

Paz.

Es iſt gar ein grober Vogel / er paßierte vor einen Trappen.

Matt.

Wenn das Gebauͤer fertig waͤre / ſo duͤrf - ten wir jhm nur in Lande herum fuͤhren / ich weiß / die Leute geben Geld / daß ſie den Vogel ſehen koͤnten.

Lurc.

Nu / nu / macht fort / der Vogel moͤcht uns entgehen.

Paz.

Wo kriegen wir aber alle Sachen darzu?

Matt.

Wir wollen ein paar Stacketen ausreiſ - ſen / ſo wird dem garſtigen Vogel zum Neſte ſchon gerathen ſeyn.

Lurc.

So geht und bringet den Zeug her.

Alleg.

Ach wer itzt ein Bandit waͤre / ſo hiengich206Der Haupt-Rebelleich doch an freyen lichten Galgen: wo ich hinter den Huͤner-Steige kriechen ſoll / ſo thu ich mir ſel - ber ein Leid an.

Lurc.

Nu / nu bringt her / was jhr habt / im Fall der Noth muß ſich alles ſchicken.

(Sie bringen das Holtz.)
Alleg.

So wil ichs auch den Schelmen zum Poſſen thun / und wil kein Wort reden.

Lurc.

Nu ſchickt euch / wie der Qvarck am be - ſten wird angehen.

(Sie ſperren jhn in das Gebauer.)
Paz.

Nu Voͤgelgen ſinge wie du wilt / ich habe nichts mehr zu arbeiten.

Matt.

Und wilſtu mir was zum Trinckgelde pfeif - fen / ſo haſtu Zeit / ſonſt iſt meen Weg der weiteſte.

Lurc.

Wir haben das unſrige gethan / komt fort / ehe uns noch mehr befohlen wird.

(Sie gehen ab.)
(Allegro faͤngt an zu ſingen.)

Fuͤnffter Handlung

Neundter Aufftrit.

Arcos, Girolomo, Allegro.
Gir.

Ihr Gnaden / ich bin ein Kauffmann / wasich207MASANIELLO. ich habe / das iſt mir feil / und was mir angeboten wird / darum handele ich.

Arc.

Es ſteht bey jhm / was er thun will. Ich weiß / daß ein ſolcher Pappegoy nicht einmahl in der neuen Welt gefunden wird.

Gir.

Deſto lieber wil ich mich zum Handel ver - ſtehen. Aber ich habe gleichwohl das Anſehen um - ſonſt / und alſo moͤcht ich wiſſen / wo der Vogel ver - wahret wird.

Arc.

Gleich in dieſem Winckel. Wie ſtehts Papgen haſtu einmahl Luſt zum Pfeiffen?

Gir.

Dem Pappegoy fehlen noch ein paar Fle - derwiſche / ſonſt wolt ich jhn vor einen Strauß be - zahlen. Doch / jhr Gnaden / wie hoch ſoll dieſes Thier bezahlt werden?

Arc.

Ich halt jhn um tauſend Ducaten. Allein / daß er meine Gutwilligkeit ſiehet / ſo wil ich jhm alles ſchencken. Da hat er meine Hand / der Vo - gel iſt ſein.

Gir.

Ich ſage unterthaͤnigen Danck. Aber wie ſoll ich diß groſſe Gebauer fortbringen?

Arc.

Das weiß ich nicht / wer das Geſchencke angenommen hat / der mag zu ſehen.

(Geht ab.)
Gir.

So muß ich doch ſelber Hand anlegen. Du Vogel in dem Gebauer ſchicke dich / und ma - che dich fein leichte / ſonſt wil ich dirs an deinem Truncke abbrechen.

(Er verſucht an dem Gebauer.)
Alleg. 208Der Haupt-Rebelle
Alleg.

Guter Freund / ich bin ein Gefangener / und ich muß euer Gnade leben; laſt mich nur her - aus / ſo wil ich das Gebauer ſchirgen helffen / wie jhr wolt.

Gir.

Der Vorſchlag iſt gut; aber du Schelm / wilſtu mir auch davon lauffen.

Alleg.

Ey wo wil ich hin? Fluͤgel hab ich nicht / und die Schuhe ſeind mir auch zuriſſen / biß auf die Brand-Sohlen: thut mir nur die Gnade / daß ich euch helffen kan.

Gir.

Ich wil dir trauen.

(Er laͤſt jhn herauß.)
Alleg.

Da ſolt jhr ſehen / was ich vor ein getreu - er Kerle bin:

(Sie ſchirgen es biß an die Scene.)
Gir.

Nun Vogel / kreuch wieder nein.

Alleg.

Ich dachte Vogel bleib hauſſen.

Gir.

Ich dachte aber nicht ſo.

Alleg.

Du Kerle / kreuch ſo lange hinein / als ich drin geſtecket habe / und ſage darnach / ob ich mit gutem Gewiſſen wieder nein kriechen kan?

Gir.

Ich verſtehe die Vexierey ſo lang als ich wil.

Alleg.

Und ich leide ſo viel als ich wil. Hoͤre Bernheuter / kreuch mir flugs in das Gebauer / und erwarte nicht / biß ich boͤſe werde.

Gir.

Ich wils aber erwarten.

Alleg. 209MASANIELLO.
Alleg.

Und ich wil zuvor kommen.

(Sie ſchlagen ſich / Allegro ſteckt Giro - lomo in das Gebauer und ſchlept jhn hinein.)

Fuͤnffter Handlung

Zehnder Aufftrit.

Roderigo, Torrecuſo.
Rod.

Die Sache ſcheinet ſehr verdaͤchtig.

Torr.

Euer Excellentz haben zu diſponiren / mir aber als einen gehorfamen Diener lieget es ob die Sache vorzubringen.

Rod.

Wie kan es moͤglich ſeyn / daß meine aͤrg - ſte Feinde bey mir um Audientz anhalten?

Torr.

So viel jhr Geſichte mit ſich bringet / ſo duͤrffen ſie nicht als Feinde angenommen werden. Ich wolte faſt ſagen / daß ſie wegen einer Wohl - that bey euer Excellentz moͤchten recommendiret ſeyn.

Rod.

Ich ſage nochmahls / es iſt ſehr verdaͤch - tig: Sonderlich weil ſie gantz allein jhren Vortrag thun wollen.

Torr.

Es iſt keine Gefahr zu befuͤrchten: ſie wol - len das Gewehr gar gerne von ſich geben / und wol - len ſich auch zum Uberfluß dergeſtalt beſuchen laſ -O oſen210Der Haupt-Rebelleſen / daß man ſie nicht vor Raͤuber oder ſonſt vor boßhafftige Leute wird anſehen duͤrffen.

Rod.

Wenn es ſich alſo verhaͤlt / ſo laſt ſie bey uns alleine ſeyn.

Torr.

Ich bin gehorſam.

(Geht ab.)
Rod.

Ich ſchwebe zwiſchen Furcht und Hoff - nung / daß die aͤrgſten Buben von den Rebellen ſo gar hoͤflich und demuͤthig um Audienz anhalten. Der Himmel helffe / daß ihr Oberhaupt zum Nar - ren / und das andere Volck zum Sclaven wird.

Fuͤnffter Handlung

Eilffter Aufftrit.

Roderigo, Arpaja, Formaggio.
Arp.

Ihr Excellentz laſſen uns dieſes in keinen Ungnaden entgelten / daß wir ſo kuͤhne ſind vor der - ſelben Angeſichte zu erſcheinen.

Rod.

Unſer Ampt erfodert dieſes / daß niemand ungehoͤret gelaſſen wird.

Arp.

Wir wiſſen wohl / daß uns die Gewalt des bißherigen Auffſtandes mit dahin geriſſen hat / daß wir auch eben dieſes Verdachtes koͤnten theilhaff - tig werden; Allein die meiſten werden noch das Gewiſſen rein behalten haben / ob ſie gleich der euſer - lichen That wegen moͤchten verdam̃lich ſeyn.

Rod. 211MASANIELLO.
Rod.

Gedencket doch an ſolche Sachen nicht / welche durch die allgemeine Amneſtie voͤllig abge - than ſind. Saget vielmehr / worin unſer Rath euch nunmehr koͤnte dienlich ſeyn.

Arp.

Wir haben einen Fiſcher-Knecht zu un - ferm Oberhaupt annehmen muͤſſen / und nun ſehen wir / daß ein raſender Menſch die Freyheit hat / die gantze Stadt zu verwuͤſten.

Form.

Ich muß mich deſto mehr ſchaͤmen / weil ich ſein Schwager bin: Allein ſo nahe die Anver - wandſchafft iſt / ſo weit bin ich allezeit von ſeiner itzigen Thorheit entfernet / ach! euer Excellentz er - barme ſich doch uͤber dieſe gute Stadt / und ver - ſchaffe ſo viel / daß dem reiſſenden Thiere moͤchte Einhalt geſchehen.

Rod.

Ihr guten Leute / es hat mich niemand ge - fraget / wie das reiſſende Thier loß gelaſſen ward: Warum ſoll ich nun das meiſte dabey thun / da euch das Thier zu Schaden herum laͤufft?

Arp.

Ein Vater ſorget auch vor das Auffneh - men ſeiner Kinder / wenn ſie den Untergang ver - dient haben.

Form.

Und wer aus Unverſtande ſuͤndiget / dem wird nicht unbillich durch fremden Verſtand ge - holffen.

Rod.

Worinn ſoll aber die Huͤlffe beſtehen?

Arp.

Ihr Excellentz geben nur Befehl / daß der raſende Menſch an Ketten geleget wird.

Form.

Wir begehren nicht / daß er ſolte mit ei -O o 2niger212Der Haupt-Rebelleniger Grauſamkeit tractiret werden: Allem es ge - ſchiehet ſein beſtes / wenn er ſo weit in Verwah - rung genommen wird / daß er weder ſich / noch an - dern Schaden zufuͤgen kan.

Rod.

Ihr guten Leute / wir koͤnnen euch nicht helffen; denn es moͤchte das Anſehen haben / als wenn unſere Gewalt den juͤngſten Vergleich wieder um ſtoſſen wolte: ſolte es aber moͤglich ſeyn / daß der raſende Menſch in ein Kloſter zur Ruhe koͤnte ge - bracht werden / ſo haͤtte ſich alsdenn ein jedweder auf unſere Gnade zuverlaſſen. Ich bitte nur ſelbſt / man thue dem Menſchen keine Gewalt an / der von dem Volcke und auch von dem Hofe ſo viel Ehre genoſſen hat.

Arp.

Wenn es euer Excellentz vor gut befinden / ſo wollen wir dem gemeinen Beſten nicht wieder - ſtreben.

Form.

Und alſo wird eurer Excellentz das geſam - te Volck von Neapolis gehorſamſt recommendi - ret.

Fuͤnffter Handlung

Zwoͤlffter Aufftrit.

Roderigo, hernach Ferrante, Carl.
Rob.

So muß die Narꝛheit eines einzigen Bu - bens den Fehler unſerer Klugheit wieder gut ma - chen / und alſo wird die Welt aus jhrer Verwun -de -213MASANIELLO. derung geſetzet werden / warum wir bißhero ſo viel Exceſſe mit ziemlicher Gedult vertragen haben.

(Ferrante und Carlo kommen gelauf - fen.)
Ferr.

Ihr Excellentz iſt noch eine Gewalt uͤbrig / die uns beſchuͤtzen kan / ſo wolle ſie dem gaͤntzlichen Ruin des Adels vorkommen.

Carl.

Wir haben viel gelitten: Doch wer uns mehr Gedult abfodert / der zwinget uns zur Ra - ſerey.

Rod.

Ihr liebſten Freunde / ich haͤtte gedacht / das Spiel wuͤrde bald mit gutem Gluͤcke geendi - get ſeyn.

Ferr.

Ach es hat nie ein ſchlimmer Anſehn ge - habt.

Carl.

Und nun wird das verfluchte Spiel erſt angehn.

Rod.

So laſt mich doch die Sache wiſſen.

Ferr.

Der auffgeblaſene Fiſcher-General be - ſchuldiget uns / als waͤre jhm etwas an ſeiner Eh - re verſaget worden.

Carl.

Und weil ich Koͤniglicher Stallmeiſter bin / ſo hat er gar uͤbel empfunden / daß ich die Koͤ - nigliche Pferde ſo bald nicht habe folgen laſſen.

Ferr.

Alſo hat er bey Straffe des Brandes / des Schwerdtes und der euſerſten Verfolgung den Be - fehl an uns ergehen laſſen.

(Ach! jhr Excellentz ge - dencken doch ob ein Hertzog dergleichen erſahrenO o 3hat!) 214Der Haupt-Rebellehat!)

daß wir jhm auf offentlichen Marckte vor allem Volcke die Fuͤffe kuͤſſen ſollen. Alſo kommen wir in unſerm letzten Elende / und wollen lieber tauſend mahl todt ſeyn / als daß wir in einen uner - traͤglichen Schimpff willigen ſolten.

Rod.

Ey du verfluchter Bube! heiſt dieſes den Frieden gehalten / und ſoll uns deine Thorheit zur euſerſten Schande gereichen? auf! wer ein Adeliches Hertz im Leibe hat / der greiffe zum Gewehr / biß die gifftige Beſtie vertilget iſt.

Carl.

Wir wollen gehorſam folgen: der Him - mel helffe nur / daß wir durch ein Oberhaupt ſe - cundiret werden.

Rod.

Fanget es nur klug an; wir haben mit ei - nem raſenden zu thun / der ſich ſelbſt in dem Netze verſtricken ſoll.

Fuͤnffter Handlung

Dreyzehnder Aufftrit.

Tambourino, Saldo.
Tamb.

Da ſchlage Bley zu / wenn ich mit mei - ner Drommel nicht mehr verdienen ſoll als Schlaͤ - ge.

Sald.

Und ich habe die Briefe davon / daß ich Tag und Nacht mit meinem Spieſſe ſoll auff der Gaſſe herum lauffen / wenn ich endlich auf die Wei - ſe ſoll tractiret werden.

Tamb. 215MASANIELLO.
Tamb.

Ich habe gedacht / der Fiſcher-Knecht wil ein Vater des Vaterlandes werden / aber nun iſt ein Fantaſt uͤber die Eyer geſetzt.

Sald.

Ich halte der Kerl iſt von Sinnen kom - men / und alſo waͤre es am beſten / wenn er im Toll-Hauſe ſein Qvartier kriegte.

Tamb.

Doch hat Sanct Velten die gantze Buͤr - gerſchafft noch beſeſſen / daß man ſich vor jhm fuͤrch - ten muß.

Sald.

Ach weh / er komt dorther marchiret / wir muͤſſen entweichen / oder er ſchuͤttet ſeine gifftige Thorheit auf unſre Koͤpffe.

Fuͤnffter Handlung

Vierzehnder Aufftrit.

Tambourino, Saldo, Maſaniello raſend.
Maſ.

Ha! ſeyd jhr dieſelben Schelmen / die mich verrathen wollen / und hab ich den Danck darvon / daß ich euch nicht den erſten Tag die Haͤlſe gebro - chen habe? Hoͤre / was ſtehſtu da?

Sald.

Ihr Excellentz / ich erwarte jhren Befehl.

Maſ.

Wer laͤſt mir die Peſtilentz wuͤnſchen.

Sald.

Ich ſagte jhr Excellentz.

Maſ.

Ha / der Vice-Roy ſteckt dir im Kopffe: der Hund ſoll noch dieſen Tag an lichten Galgen kommen / und du verfluchter Schelm ſolſt zwey Ellen drunter gehenckt werden.

O o 4Sald. 216Der Haupt-Rebelle
Sald.

Ach Gnade / ich bin ein ehrlicher Buͤrger.

Maſ.

Ein Verraͤther magſtu ſeyn! geh und ſage dem Vice-Roy, er ſoll bey Vermeidung meiner Un - gnade gleich dieſen Augenblick kommen / und ſich hencken laſſen. Gehſtu noch nicht? das Hertz im Leibe ſoll dir zerbrechen / wo du langſam biſt.

Sald.

Ach wie angenehm iſt mir der Befehl / daß ich davon lauffen kan.

(Geht ab.)
Maſ.

Aber du Bernheuterſcher Drommel-Schlaͤ - ger / darum verdienſtu dein Brodt mit Muͤßiggehn? ſchlage mir einen March, oder ich mache dir deinen Schedel zum Kalbfelle.

Tamb.

Gnaͤdiger Herr Oberſter / ſie haben zu befehlen.

(Er ſchlaͤget.)
Maſ.

Hund das iſt des Vice-Roy ſein Leib-ſtuͤ - cke / ſchlage mir einen March, wie ich gerne hoͤre -- du thuſt mirs zu Trotze / und ſpieleſt mir eines von dem Koͤnige in Franckreich --- je du verfluchter Vogel / ſiehſtu mich nun gar vor den Pabſt an? mache mir mein Leibſtuͤcke / oder ich wil ſelber drom - meln.

Tamb.

Ich wende meine Kunſt an / ſo weit ſich mein Vermoͤgen erſtrecket; allein es iſt mein Un - gluͤck / daß ich das rechte Stuͤcke nicht erfinden kan.

Maſ.

Halt ich wil das rechte Stuͤcke treffen / unddar -217MASANIELLO. darnach wil ich deinen Kopff in hundert Stuͤcke ſchmeiſſen / gieb her dein Clavicimbel.

(Er nimt jhm die Drommel und ſchlaͤ - get naͤrriſch darauff.)

Fuͤnffter Handlung

Funffzehnder Aufftrit.

Maſaniello, Tambourino, Flavio, Roberto.
Flav.

Was muß dieſer neue Lermen bedeuten?

Rob.

Ein neues Ungluͤck uͤber Neapolis. Der Oberſte ruͤhret ſelbſt die Drommel / wer wil unge - horſam ſeyn?

Flav.

Er ſetzt uns auff die Probe / ob wir Luſt haben unſere Koͤpffe zu verlieren.

Maſ.

Heran jhr Hunde / wiſſet jhr nicht / wer euch zu befehlen hat?

Flav.

Hier ſind wir als unterthaͤnige Diener.

Maſ.

Wem bin ich unterthaͤnig? Dir gewiß / du Lumpen-Hund.

Rob.

Wir ſind Diener.

Maſ.

Ihr ſolt wiſſen / daß ich Macht habe euch zu ſtraffen.

Flav.

Unſer Leben ſteht in ſeiner Gewalt.

Rob.

Und wir demuthigen uns vor jhm / als vor einem Herren von Neapolis.

Maſ.

Wer ſagt das mehr? Drommel-Schlaͤ -ger218Der Haupt-Rebelleger / geh flugs und laß dieſen ehrlichen Kerlen zehn tauſend Cronen zahlen.

Tamb.

Mein Herr / wer ſoll es auszahlen?

Maſ.

Du Beſtie / meinſtu daß ich deine Drom - mel behalten wil? Da haſtu den Lumpen-Qvarck / und zum Poſſen wil ich dich zu einem Fuͤrſten ma - chen. Gleich dieſen Augenblick / mache dich nach A - verſa, und nim dieſe zwey Zeugen mit / daß ſie wiſ - ſen / wer dich zum Fuͤrſten gemacht hat.

Tamb.

So wollen wir gehen.

Maſ.

Du ſolſt nicht gehen: du ſolſt eines mit mir ſauffen / und ſolſt in der See mit mir baden / und aus deiner Drommel muͤſſen wir des Koͤniges Ge - ſundheit ſauffen. Fort! wer mir nicht folgt / der iſt des Todes.

Fuͤnffter Handlung

Sechzehnder Aufftrit.

Franceſco, hernach Maſaniello.
Franc.

Ey / ey / das laͤſt ſich noch zu ſchlechtem Friede an / unſer Kloſter ſoll dem neuen General 50000. Ducaten bezahlen / wo wir in dem Kloſter nicht verbrennen wollen: nun muß ich auff Befehl meines Obern da herum ſchleichen / ob mir jemand begegnet / der etwas boͤſes im Sinne hat.

Ma -219MASANIELLO.
Maſ.
(Koͤmt gelauffen.)

Du Lotter-Bube / wer heiſt dich auff der Gaſſen herum lauffen.

Franc.

Herr ich gehoͤre in das Kloſter.

Maſ.

Was? gehoͤrſtu in das Kloſter? wo haſtu dein Kleid?

Franc.

Herr es iſt uns verboten worden.

Maſ.

Ein Schelm hat dirs verboten. Sage / ſie ſollen alle mit einander jhre lange Kleider wieder anlegen / oder Moͤnche / Pfaffen und alles Ungezie - fer ſollen alle mit einander in die See geſchmiſſen werden.

Franc.

Ich wil den Befehl ausrichten.

Maſ.

Wo wilſtu hinlauffen? Weiſtu nicht / daß ich Pabſt bin / und daß ich deinen Schabehaͤlſich - ten Prælaten ſelber befehlen kan? O du Schwein - Kopff / daß ich dir nicht den Bart außraͤuffen ſoll.

(Er faͤlt uͤber jhn und macht poſſierliche Lectiones mit jhm.)

Fuͤnffter Handlung

Siebzehnder Aufftrit.

Vitale, Bravo, Franceſco, Maſaniello.
Vit.

Mein Herr / er laſſe ſich doch bewegen / und ſchone dieſes unſchuldigen Mannes.

Brav. 220Der Haupt-Rebelle
Brav.

Wenn wir den Haß der Weltlichen und Geiſtlichen uͤber uns laden wollen / ſo muͤſſen wir wohl verlohren ſeyn.

Maſ.

Ihr Hunds-Buben / wer ſeyd jhr?

Vit.

Ich bin ein getreuer Diener / der bey der jtzigen Regierung Leib und Leben laſſen wil.

Maſ.

So ſteh auff meiner Seite.

Vit.

Das wil ich thun als ein ehrlicher Kerl.

Maſ.

Aber wer biſtu?

Brav.

Ich bin auch ſo gut.

Maſ.

Haſtu nicht meine Action getadelt / da ich meine Autorität an dem Moͤnche ſehen ließ?

Brav.

Ich geſtehe es / ich habe vor jhn interce - diret.

Maſ.

Das heiſt ſo viel / du haſt mich getadelt / und dieſes haſtu verdienet.

(Er giebt jhm eine Maulſchelle.)
Brav.

Dieſer Lohnung halben bin ich nicht in die Stadt kommen.

Maſ.

So packe dich zwantzig Meilen von Nea - polis weg / wo ich dich in einem Tage nicht zwantzig mahl ſoll hencken oder koͤpffen laſſen; Aber was iſt dort vor ein Auffſtand vom Volcke? laſt ſie herkom - men / oder wo ich ſie ſuchen ſoll / ſo ſtehen ſie in Le - bens Gefahr.

Vit.

Es ſind ſchwache Leute / welche jhre Kinder von der Gaſſe nach Hauſe fuͤhren.

Maſ.

Sie muͤſſen herkommen.

Fuͤnff -221MASANIELLO.

Fuͤnffter Handlung

Achtzehnder Aufftrit.

Eliſa, Laura mit jhren Kindern und den andern Weibern.
Eliſ.

Ach wie ſtraͤfflich iſt der Herr Oberſte.

Laur.

Ich hoͤre / es iſt kein Menſch mehr des Le - bens ſicher: er haut und ſticht um ſich / wie der boͤſe Volant.

Eliſ.

Ach wenn er mir meine Kinder in Scha - den braͤchte!

Laur.

Mein Mann iſt erſt in Leib und Lebens Gefahr bey jhm geweſen.

Eliſ.

Ach er koͤmt auf uns loß: ach er ſchlaͤgt uns doch alle zu Tode.

(Er koͤmt mit bloſſen Degen auf ſie loß / ſie fallen alle nieder auff die Knie und ſchreyen:)

O gnaͤdiger Herr Oberſter;

Maſ.

Was jhr Beſtien? Wer iſt euer Ober - ſter? Ich habe nichts mit dem Ampte zuſchaffen / der Vice-Roy iſt euer Herr.

Laur.

Ja / ja der Vice-Roy.

Maſ.

Was ſagſtu? haſtu mich auch ſchon abge - ſetzt. Weiche mir aus den Augen / oder du muſt ſterben.

(Er222Der Haupt-Rebelle
(Er jagt ſie hinein / und faͤngt mit den bloſſen Degen ſchaͤndlich an zuraſen.)
Maſ.

Ha / wo iſt der Koͤnig in Spanien? ich wil Bruͤderſchafft mit jhm machen. Sieh da / biſtu der Pabſt? ich werde gewiß die Lehn bey dir ſuchen ſollen. Oder wilſtu mich irgend zum Cardinal machen / daß ich meine Charge zu Neapolis verlie - ren ſoll? Siehe / da haſtu eines mit dem Degen / daß dir die Haare in deinem ſchimlichten Barte in der Lufft herum fliegen. O was wolt jhr? Laͤſt mich der Vice-Roy gefangen nehmen? Ich wil ſe - hen / wer mich angreifft. Schlag todt / ſchmeiß zu!

(Er laͤufft in der Raſerey hinein.)

Fuͤnffter Handlung

Neunzehnder Aufftrit.

Xaverio, Arpaja, Furfante.
Xav.

Warum wird uns eine Sache zugemu - thet / die uns wieder in neue Gefahr ſetzen kan?

Arp.

Es iſt keine Gefahr dabey: das gantze Volck iſt zufrieden. Der gute Mann hat ſich wohl um die Stadt verdient / wer kan wieder eine ſolche Kranckheit? Sie geben jhm nur Auffenthalt.

Furf.

Es geſchicht jhm eine groſſe Wohlthat / wenn er wohl verwahret wird: denn er moͤchte ausUn -223MASANIELLO. Unwiſſenheit was begehen / das jhm hernach bey vollem Verſtande ſehr gereuen moͤchte.

Xav.

Wenn er aber loß kaͤme / und ſchmiſſe uns die Cellen uͤber den Hauffen / oder breche uns ar - men Leuten die Haͤlſe / ſo wird uns niemand den Schaden gut machen.

Arp.

Es ſoll ſchon gute Vorſorge dabey ge - ſchehn.

Furf.

Und jhr Herren Patres, meint ihr etwan / daß wir euch lange bitten werden? wir wollen jhn ins Kloſter liefern; habt jhr nicht Luſt darzu / ſo ſchmeiſſet uns wieder rauß.

Xav.

Ich ſehe wohl / es geht uͤber die Geiſtlichen.

Fuͤnffter Handlung

Zwanzigſter Aufftrit.

Die Vorigen und Franceſco.
Franc.

Ach was vor eine Comœdie haben wir in der Kirche gehabt! Nun iſt Herr Maſaniello gantz raſende worden. Er ſtieg in Gegenwart des Herrn Ertz-Biſchoffs auf die Cantzel / und brachte allerhand Ketzeriſche und laͤſterliche Worte vor / biß er endlich herunter kam / jhm zu ſeinen Fuͤſſen fiel und bat / das Commando moͤchte doch wieder von jhm genommen werden: alſo gab er den Rath / er moͤchte nur im Kloſter hier auff eine Kammer ge - bracht werden.

Xav224Der Haupt-Rebelle
Xav.

Was jhr Eminentz befehlen / dem muͤſſen wir gehorſam ſeyn.

Arp.

Es haͤtte fuͤrwar auch ohne Befehl geſche - hen muͤſſen. Denn es iſt noch lange nicht an dem / daß uns die Moͤnche braviren ſollen.

Furf.

So werdet jhr wiſſen / was euch am be - ſten anſteht.

Xav.

Ich halte / ſie bringen jhn ſchon: ich werde meine Zuflucht in die Zelle nehmen.

Franc.

Und ich werde mich auch in mein Schne - cken-Hauß verkriechen.

Fuͤnffter Handlung

Ein und zwantzigſter Aufftrit.

Maſaniello, Tambourino, Saldo, Truffal - dino, Bazzo, Matto bringen jhn geſchlept.
Maſ.

Wo fuͤhrt jhr mich hin? ich bin gantz ver - nuͤnfftig worden.

Sald.

Er ſoll nur ausruhen. Ihr Eminentz ha - ben ſie drum gebeten / und ſie habens zugeſagt.

Tamb.

Es iſt alles gut gemeint.

Truff.

Und wir wollen bey jhm bleiben / daß jhm kein Schade wiederfahren ſoll.

Maſ.

Soll ich mich drauff verlaſſen?

Sald.

Ach ja. Er gehe nur / und gebrauche ſich ſeiner Ruhe / wir wollen jhm vor allen Schaden gut ſeyn.

Tamb. 225MASANIELLO.
Tam.

Wir ſind getreue Leute: wer wil ſich wa - gen / in unſerer Gegenwart etwas vorzunehmen?

Truff.

Nu / nu / mein lieber Herr / er laſſe ſich weiſen.

Sald.

Ihr Eminentz kommen / wo ſie nicht in die Kammer gehn.

Maſ.

So macht doch fort / und weiſet mir die Kammer.

(Er wird in die innerſte Scene gefuͤhret / Sie faͤllt zu.)

Fuͤnffter Handlung

Zwey und zwantzigſter Aufftritt.

Salvador, Angelo, Laudato, Afflitto.
Salv.

Ihr Bruͤder / die Zeit iſt kommen / daß ſich der Adel von Neapolis aus der euſerſten Schan - de wickeln ſoll.

Ang.

Wir wollen den Nahmen verdienen / daß wir einen ſchaͤndlichen Drachen erleget haben / da - von gantz Neapolis haͤtte ſollen vergifftet werden.

Laud.

Und wenn er Stahleyſen feſte waͤre / ſo wil ich ſeinen verfluchten Coͤrper mit dieſem Ge - wehr aufloͤſen.

Afflit.

Wir wollen jhn verfolgen biß auff den Tod / darnach mag der Coͤrper andern in die Haͤn - de geliefert werden.

P pSalv226Der Haupt-Rebelle
Salv.

Aber er iſt nicht allein: wenn ſich das Lumpen-Geſindel zur Wehre ſetzte?

Ang.

Wer das Monſtrum beſchuͤtzen wil / der iſt unſer Feind.

Laud.

Sie bilden ſich ein / alß waͤre keine Ge - fahr verhanden. Ehe ſie an einige Gegenwehr ge - dencken / ſo wird die Beſtie uͤber den Hauffen lie - gen.

Affl.

Und wie leicht iſt es / daß wir mit freund - lichen Minen in das Gemach geſchlichen kommen / biß die Gelegenheit erſcheinet das Gewehr zu zu - cken.

Salv.

So gehts drauff loß: Wie wir uns ver - ſchworen haben / ſo ſtehen wir beyſammen.

Ang.

Derſelbe ſey in Ewigkeit geſchimpffet / der anitzo verzagt iſt.

Laud.

Und der bleib ein ewiger Feinde des Koͤ - nigreiches / der anitzo barmhertzig iſt.

Affl.

Und damit werden wir die Kammer ſu - chen.

Salv.

Holla / iſt niemand hier / der uns den Ort weiſet / wo ſich Herr Maſaniello aufhaͤlt?

(Die mittelſte Scene eroͤffnet ſich.)
Maſ.

Hier bin ich / jhr lieben Bruͤder / was habt jhr zu thun?

Salv.

Dieſes haben wir zu thun.

(Sie geben alle Vier zu gleich Feuer.)
Maſ. 227MASANIELLO.
Maſ.
(In dem er faͤllt.)

O jhr Verraͤther und Undanckbaren Leute!

(Erfaͤllt in die mittelſte Seene hinein. Die umſtehenden ſchreyen.)

Ach weh unſer Haupt iſt todt / das Volck und die gantze Buͤrgerſchafft iſt verrathen.

(Die Scene fallt zu.)
Salv.

So laſt uns nunmehr die tapffere That durch alle Gaſſen ausruffen.

Ang.

GOtt gebe dem Koͤnige in Spanien lan - ges Leben!

Laud.

Maſaniello iſt todt.

Affl.

Und wer ſeinen Nahmen nennen wird / der ſoll ſterben.

Salv.

Und wer ſein Geſchlecht nicht mit Schwerdt und Feuer verfolgt / der ſoll unter unſre Feinde ge - zehlt werden.

Laud.

Auff und helffet mir das Haupt Hertzogs Caraffa von dem Thore herunter langen. Ich weiß / es wird mir an Cavallieren nicht mangeln / die mir beyſtehn / und wenn es dem gantzen Volcke ſolte ein Stachel im Auge ſeyn.

Affl.

Ich werde mich nicht ausſchlieſſen. Hoͤrt zu jhr Leute: der verfluchte Maſaniello iſt todt.

P p 2Fuͤnff -228Der Haupt-Rebelle

Fuͤnffter Handlung

Drey und zwantzigſter Aufftrit.

Allegro traͤgt ein Stuͤcke von einem Fuſſe.

Ha jhr Leute / hab ich nicht einen guten Fiſch - Fang gethan? Meine Courtiſie bekam mir auf dem Caſtell gar uͤbel / und ich muſte mich als einen Bernheuteriſchen Pappegoy tractiren laſſen. Aber ſeit ich aus dem Gebauer geflogen bin / ſo hat es ein fein Stuͤcke Arbeit geſetzt / denn da die Leute nur hoͤrten / daß etliche den ehrlichen Vogel Maſa - niello wolten todt machen / ſo beſtalten ſie ſchon ge - wiſſe Leute / die jhn ſolten in Stuͤcken zureiſſen / da - mit ſie auch eine Reliqvie zum Gedaͤchtnis aufheben koͤnten. Drum wie der Bettel-Tantz angieng / ſo war ich der erſte / und hielt jhm bey dem Beine ſo feſte / daß mir ein ziemlich Stuͤcke in der Hand geblieben iſt. Was meint jhr nun / wie viel ehrliche Leute ich damit werde betheilen koͤnnen / und wie - viel Ducaten ich vor ein klein bißgen werde fodern moͤgen? Ich halte immer / wo mir der Handel gut von ſtatten gehet / ſo erſchlag ich ein paar Bau - er / und verkauffe jhr zerhacktes alles vor ſolches Fleiſch. Nun ich halte / dort unten find ich wohl kei - nen Kauffmann / der mir die Wahre mit viel Du - caten bezahlt / drum werd ich wohl einen Marckt ſuchen muͤſſen / da man dergleichen beſſer zubezah - len pfleget.

Fuͤnff229MASANIELLO.

Fuͤnffter Handlung

Vier und zwantzigſter Aufftrit.

Matelone, Anaclerio.
Mat.

So bin ich mit gutem Gluͤck wieder in die Stadt kommen.

Anacl.

Es iſt alle Furcht verſchwunden. Der Poͤbel ſteht in Furcht und Zittern / und bedencket erſt / was ein jedweder wegen ſeiner Buben - Stuͤcke verdienet hat.

Mat.

Unſerer Pallaͤſte koͤnten wir vergeſſen / wer mir nur meinen Herren Bruder wiederum koͤnte lebendig machen.

Anacl.

Es haben gleichwohl etliche ehrliche von Adel ſo viel gethan / und haben das Eiſerne Gegit - ter mit ſeinen Haupte herunter geriſſen: haben es auch in dem nechſten Kloſter ſo lange zur Verwah - rung gegeben / biß ſolches mit gewoͤhnlichen Cere - monien koͤnte begraben werden.

Mat.

Die ehrlichen Cavalliers ſollen es kuͤnffti - ger Zeit wohl zu genieſſen haben. Doch wo befin - det ſich der verfluchte Coͤrper?

Anacl.

Er wird von dem unnuͤtzen Geſindel in der Stadt herum geſchlept. Ich habe ſelbſt etli - che Duplonen darzu ſpendiret / daß ſie das Schind - Aaß deſto ſchaͤndlicher zerlaͤſtern ſollen: und nach - dem die groͤſten Gliedmaſſen von ein ander geriſſen ſind / ſo werden ſie alſo fort in kleinere Theile reſol - viret werden / biß das Unthier in nichts verwan - delt iſt.

P p 3Mat. 230Der Haupt-Rebelle
Mat.

Ich freue mich uͤber einen ſo gewuͤnſchten Ausgang. Noch viel mehr aber danck ich dem Geluͤcke / daß der Adel noch nicht gantz vertilget iſt / und daß wir ins kuͤnfftige beſſere Conſilia faſſen koͤn - nen ſolches Unheil zuverhuͤtten. Doch es wird Zeit ſeyn / den Herrn Vice-Roy zu ſuchen.

Anacl.

Gleich itzo werden die Freuden-vollen Gratulationes abgeleget.

Fuͤnffter Handlung

Fuͤnff - und zwantzigſter Aufftrit.

Roderigo, Leoniſſe, Celinde, Arcos, Phi - lomarini, Matelone, Ferrante, Carlo, Roccella, Torrecuſo, Donato, Ana - clerio, Proſpero, Allegro.
Rod.

Ihr Eminentz haben nechſt der Goͤttlichen Huͤlffe dieſes Koͤnigreich Neapolis von dem euſer - ſten Untergange erloͤſen helffen. Und deſſenwegen ſey deroſelben anitzt in Gegenwart des geſamten Hofes gebuͤhrender Danck abgeſtattet / biß jhre Koͤ - nigliche Majeſtaͤt dero gnaͤdigſtes Erkaͤntnis hier - uͤber werden erklaͤren koͤnnen.

Phil.

Ihr Excellentz erweiſen einen Uberfluß ei - ner gnaͤdigen Hoͤfligkeit / daß ſie etwas hoͤher ſchaͤ - tzen / als vielleicht der Werth zu laſſen wil. Ich habe das jenige gethan / welches ich mit Verletzungmei -231MASANIELLO. meines Gewiſſens und meines hohen Amptes nicht haͤtte verwarloſen koͤnnen. Iſt nun hierunter et - was gutes gewircket worden / ſo wird man viel - leicht mehr auf die Goͤttliche Providentz / als auf meine Schwachheit ſehen muͤſſen. Doch erfreue ich mich im Grunde meiner Seelen / das jhr hohe Excellentz nach einem ſo hefftigen Ungewitter die Freuden-Sonne wieder genieſſen / und dieſes gan - tze Koͤnigreich mit neuer Gratulation erſreuen koͤn - nen. Es gebe nur der Gnadenreiche GOtt / daß ſolche Gratulationes durch eine langwierige Gluͤck - ſeligkeit zu jhrer Majeſtaͤt / und des gantzen Staats Auffnehmen befeſtiget werden.

Rod.

Der Himmel gebe auf beyden Theilen / was wir wuͤnſchen koͤnnen. Ihr aber Hertzog Ma - telone, ſoll ich meinen Willkommen mit einer Con - dolentz / oder mit einer Gluͤckwuͤnſchung anfan - gen. Es iſt mir hertzlich leid / was jhr verlohren habt: Doch ſey der Himmel noch gelobet / der uns noch ein koſtbares Stuͤcke in unſerer Gewalt uͤbrig gelaſſen hat.

Mat.

Ihr hohe Excellentz laſſen ſich einen armen Hertzog zu allen Gnaden befohlen ſeyn / welcher an Gut und Blut faſt den euſerſten Ruin hat erdul - den muͤſſen.

Rod.

Die Treue / ſol jederzeit unvergeſſen blei - ben. Allein was rathen jhre Eminentz / daß numehr bey der Sache zu thun iſt?

Phil.

Es wird rathſam ſey / daß ſich der gantze HofP p 4durch232Der Haupt-Rebelledurch die Stadt in einer offentlichen Proceſſion ſehen laͤſſet / und daß alſo fort die Spaniſchen Sol - daten wiederum in jhren Poſten angewieſen wer - den. Und vor allen Dingen muͤſſen die Befreund - ten und die Helffers-Helffer der Rebelliſchen Bu - ben in gefaͤnglichen Hafft gezogen / und daſelbſt dem gantzem Volcke zum Schrecken biß auf erfol - gende Straffe behalten werden.

Rod.

Es ſey alſo. Doch daß zuvor ein Curierer nach dem Koͤniglichen Hofe abgefertiget wird / wel - cher ein neues Wunderwerck / das iſt / das Ende einer Rebellion uͤberbringen ſoll / davon man noch keinen Anfang erfahren hat.

Phil.

Es wird ein Schrecken ſeyn / wie im Trau - me / da man ſich im Erwachen erfreuet / daß die Furcht verſchwunden iſt.

Rod.

So bluͤht Hiſpanien in dieſem Reiche noch.

Leon.

So traͤget unſer Hoff kein unverdientes Joch.

Cel.

Die Kindern ſollen noch den ſichern Vater kennen.

Arc.

Und moͤgen auſſer Furcht den ſuͤſſen Nahmen nennen.

Phil.

Die GOttes-Haͤuſer ſind am meiſten unverſtoͤrt.

Mat.

Dieweil des Poͤbels Haß hinfort kein Hauß verſehrt.

Fer. 233MASANIELLO.
Fer.

Wir duͤrffen Stadt und Hauß in Sicherheit be - treten.

Carl.

Und ſollen Brodt und Lufft nicht von dem Volck erbeten.

Rocc.

Der uns befehlen ſoll / zeigt uns den freyen Stab.

Torr.

Und wendet ferners Leid von unſern Pforten ab.

Don.

Nun kan die hohe Hand des Koͤnigs Wort beſiegeln:

Anacl.

Nun wil der offne Marckt die Wahren nicht per - riegeln.

Proſp.

Nun ſtehet der Pallaſt und nimt wieder ein /

Alleg.

Und ich kan noch / wie vor / der Tafel-Steher ſeyn.

Rod.

So wird ein Mann vergnuͤgt / der auf die Tugend bauet.

Leon.

Und in verliebter Gunſt auf GOttes Gnade trauet.

Cel.

So ſpuͤrt ein treues Kind des Bethens hohe Kraft;

Arc.

So koͤmt ein junger Sohn zu alter Wiſſenſchafft.

P p 5Phil. 234Der Haupt-Rebelle
Phil.

So hat die Geiſtligkeit das jhre wohl verrichtet.

Mat.

So hat die kluge Flucht die groͤſte Noth zernichtet.

Fer.

Es iſt ein edles Thun / wer klug und tapffer iſt /

Carl.

Und gleichwohl der Gedult im Schrecken nicht vergiſt.

Rocc.

So laͤufft es gluͤcklich ab / mit Warten und mit Schweigen.

Torr.

Man ſieht die Bluͤthe nicht / biß ſich die Fruͤchte zeigen.

Don.

Ach wird die Freude nicht im Lande kund gethan?

Anacl.

Und ſchreibt man den Triumph nicht allen Thuͤr - nen an?

Proſp.

Die Nachwelt ſoll den Ruhm der Zeiten nicht vergeſſen.

Alleg.

Der Koch hat angericht / jhr Herren komt zum Eſſen.

Nach -235MASANIELLO.

Nachredner.

HOchgeneigte und werthgeſchaͤtzte Anweſende. So iſt nunmehr die wunderbahre Begeben - heit von dem unvergleichlichen / und ich moͤchte faſt ſagen von dem unglaublichen Maſaniello zu Ende gebracht worden / und ſo haben die geſamten Stu - dierende ſich einer weitlaͤufftigen Kuͤhnheit unter - fangen / nachdem ſie ein ſubtiles und Politiſches Geheimnis mit ihren bloͤden Augen entweder aus - gruͤbeln oder doch in jhren einfaͤltigen Gedancken etwas abbilden wollen. Denn ob wohl ein jedwe - der / dem die Buͤcher unverbothen ſind / alle Sachen unter ſein Eigenthum zehlen darff / welche der Ge - lehrten Welt zu fernern Nachſinnen an das freye Licht geleget werden: Dennoch wird es gar leicht fallen / die Kuͤhnheit uͤbel aus zulegen / weil einige Rebellion auffgefuͤhret wird / da hohe Perſonen ih - rer Schwachheiten / und hingegen niedrige Men - ſchen einer moͤglichen Freyheit erinnert werden. Es iſt ſchrecklich / daß ein Koͤniglicher Miniſter den Befehl eines Fiſcher-Knechtes reſpectiren muß. Es iſt grauſam / daß ſo viel hohe Familien jhr Haab und Gut dem muthwilligen Poͤbel zu einen unge - rechten Opffer uͤberlaſſen haben. Und ſo wohl ein jedweder Menſch die hoͤchſte Suͤßigkeit darin em - pfindet / wenn er ſeinem Feinde mit volliger / ia wohl auch mit uͤberfluͤſſiger Rache begegnen kan; ſo gar leicht wuͤrde manch ungehorſames Gemuͤthe ſicher -236Der Haupt-Rebellefreuen die Feindſeligkeit gegen hochgebietende Per - ſonen durch eben dergleichen Exempel aus zu laſſen. Allein die Hiſtorie macht es moͤglich / daß auch die hoͤchſten Haͤupter einer gefaͤhrlichen Verfolgung unterworffen ſeyn; Und hingegen der Ausgang machet es noch viel moͤglicher / daß die Goͤttliche Providentz endlich mit einer ſolchen Macht darzwi - ſchen koͤmt / dabey ein Rebelle mit Blute und ein unzeitiger Adhærente mit Schrecken / auch wohl mit Schaden / offentlich bezahlen muß. Dannen - hero beluſtiget ſich die Klugheit in vielen nachdenck - lichen Lehren / welche aus dieſer Hiſtorie hervor ſtrahlen. Ein Tumult iſt leicht angefangen / allein am Ende ſiehet man wie ſich die Thorheit in jhrem Netze verwickelt; ſonderlich da ein hocherleuchte - ter Vice-Roy, ein hochvernuͤnfftiger Ertz-Biſchoff / und andere Perſonen von ungemeiner Qvalität mit - ten in dem Sturmwinde bezeugen / daß jhre Poli - tiſche Klugheit nicht auff einer Eiche / ſondern auff einer Weide gewachſen ſey: Ich wil ſagen: Weñ das Eichen-Holtz von der grauſamen Lufft zer - ſchmettert wird / ſo buͤcket ſich die Weide / biß ein ſtilles Wetter die ſaͤmtlichen Zweige von ſich ſelber wiederum aufrichtet:

Wiewohl ich komme nicht hieher / dasjeni - ge weitlaͤufftig auszufuͤhren / welches meine Hochge - neigte Zuſchauer beſſer bey ſich erwegen koͤnnen / und welches unſern Gedancken / wils GOtt / beyher -237MASANIELLO. heranwachſenden Alter mehr Gelegenheit zum Nach - ſinnen uͤberlaſſen moͤchte. Vielmehr iſt dieſes mein hertzlicher Wunſch / daß die Hochgeneigten Zu - ſchauer durch meine Wenigkeit verſtehen moͤchten / wie ſo gar angenehm und erfreulich dieſe unver - muthete und recht unverdiente Gegenwart allen und jeden geweſen ſey. Sie erkennen hieraus gar wohl / daß eine vortrefliche Wohlthat mit ebenmaͤßi - gen Dancke ſoll abgefuͤhret werden: Immittels da unſer gantzes Reichthum annoch in bloſſen Wor - ten beſtehet / ſo wird unſere Danckbarkeit kein Un - gleiches Urtheil zu befuͤrchten haben / wenn wir ei - nen immerwaͤhrenden Nachruhm verſprechen / un - ſere Dienſtfertigſte und willigſte Auffwartung zu dero guͤtigen und freundlichen Befehl uͤberlaſſen / auch endlich den groſſen GOtt inſtaͤndig anruffen / daß er die Affection gegen die ſaͤmtlichen Studie - renden mit vielfaͤltigen Schutze / mit unverwelckten Segen und aller ſelbſt-belieblichen Fruchtbarkeit vergnuͤgen wolle. Und gleich wie kein Zweifel iſt / es werde die Wirckung eines gehorſamen Wun - ſches nicht allerdings auſſen bleiben / ſo werden wir auch alle mahl ruͤhmen / daß der Maſaniello in ſeinem Lebens-Lauffe zwar einen ungluͤckſeligen Aus - gang / gleichwohl aber dieſes Schau-Spiel ein gluͤckſeliges Ende gewonnen habe. Was noch uͤbrig iſt / ſo werden ſich die Hochgeneigten Zuſchauer durch den Antrieb jhrer Guͤtigkeit noch bewegen laſſen / auf den Morgenden Tag / beliebts GOtt /an238Der Haupt-Rebelle MASAN. an ſtatt einer Heroiſchen und grauſamen Invention etwas von einer annehmlichen Fabel und von ei - nem kurtzweiligen Luſt-Spiel gleich als zum Con - fecte mit zunehmen.

Nun / weil die Raute bluͤht / und weil
der Himmel wacht /
So wird manch Spiel vollfuͤhrt.
Hiermit zu guter Nacht.
[figure]
Lu -[239]

Luſtiges Nachſpiel / Wie etwan vor dieſem von Peter Sqventz aufgefuͤhret worden / von Tobias und der Schwalbe / gehalten

[240]

Innhalt des luſtigen Nachſpiels.

EIn vornehmer Graff begehet ſeinen Ge - burts-Tag / ſo wil deſſen Hoff-Rath eine Luſt machen / und laͤſſet allenthalben den Befehl ausgehen / wer etwan eine Comœdie fertig haͤtte / der moͤchte ſich einſtellen. Aber zu al - lem Ungluͤck kommen jhrer zwoͤlffe / und wollen jhre Kunſt anbringen. Wiewol einer / der die Invention von dem alten Tobias und der Schwalbe ausgearbeitet hat / wird am meiſten beliebt; Und ob er wol ſeine Comœdie ziemlich ſchlecht ausfuͤhret / ſo hat er dennoch ſo viel dar - von / daß ihm die Muͤh belohnet wird.

Perſonen.

  • 1. Robert) Graͤfliche Hoff-Raͤthe.
  • 2. Sieghart)
  • 3. Vexante) Gráfliche Gaͤſte.
  • 4. Acute)
  • 5. Bonifacius Lautenſack / Kirchſchreiber zu Bettelrode / im Spiele ein Leuchter.
  • 6. Pancratius Sein Sohn / im Spiele die Ziege.
  • 7. Stef -[241]
  • 7. Steffen Thats / Blaſebalg-Treter zu Lem - merswalde / ein kleiner Kerle / im Spie - le der alte Tobias.
  • 8. Veit Habermuß Aviſen-Saͤnger und Zei - tungs-Schreiber zur Hahnbeiſſe / ein lan - ger Kerle mit einem groſſen Barte / im Spiele Tobias Haußfrau.
  • 9. Melcher Tummernix Cantor zu Qverle - qvitſch / im Spiele der Leuchter.
  • 10. Detlef Ziegenſchwantz Sack-Pfeiffer und Vogelſteller zu Plumpenau / im Spie - le ein ſingender Schaͤſer.
  • 11. Grolmus Wetterhahn Glockenleuter zu Rumpelskirche / im Spiele die Wand.
  • 12. Peter Meffert Kartenmacher zum Jachan - delberge / im Spiele die Schwalbe.
  • 13. Kilian Schwalbenneſt Todtengraͤber zur E - ſelswieſe / redet als ein Bauer / im Spie - le der Engel.
  • 14. Alexander Wunderlich Otterfaͤnger und Thiriacks-Kraͤmer zu Purlewitz / im Spiele ein ſingendrr Schaͤfer.
  • 15. Merten Fuchs Sterngucker / Calenderma - cher und Wein-Viſirer zu Ochſenfurt / im Spiele der Koͤnig zu Ninive.
  • 16. Nicodemus Leyermann / wolverdienter Siegelgraͤber / Bildſchnitzer / Mahler /Q qKorb -[242]Korb - und Sandſeigermacher auff der Lauſche / ein alter Kerl im grauen Bar - te / im Spiele der junge Tobias.
  • 17. Fabianus Fabiani, Tobiæ Filius, - devterii Zitſchdorfenſis Collega Pri - ma, im Spiele die Leiche.
  • 18. Marcolphus der Feuermaͤuerkehrer / im Spiele die Banck.
  • 19. Curſi der Cantzeley-Diener.
  • 20. Qvaſi der Cantzeley-Bote.
  • 21. Strik) zwey Trabanten.
  • 22. Lumpe)
  • 23. Schnips des Feuermaͤuerkehres Sohn / im Spiele Tobias Hund.
  • 24. Pips des Todten-Graͤbers Sohn.
  • 25. Walpe) zwey boͤſe Weiber.
  • 26. Talpe)
  • 27. Runks) Ihre Soͤhne.
  • 28. Kunks)
  • 29. Braccio)
  • 30. Lyre) drey Muſicanten.
  • 31. Gambe)
Er -[243]

Erſter Handlung

Erſter Aufftrit.

Bonifacius, Pancratius. Bon.

Du darffſt mir nicht viel / ſo werff ich dich zu Boden / daß dir die Ribben in Leibe zerbrechen. Hoͤre / ſolſtu deinen leiblichen Vater ſo ſchimpfen? Solſtu jhm ſeine ſaure Muͤh und Arbeit verachten? O proh DEUM & Hominum fidem! haͤtte ich was in meinem Vermoͤgen auſſer dieſen Mantel / der mir qva jure qvo injuria zu koͤmt / ich wolte zum Element ein Teſtament machen / und dich als einen ungehorſamen Buben auserben.

Pan.

Je laſt euch doch berichten.

Bon.

Was haſtu wieder zu pelfern? Habe ich nicht das Jus Patriæ Poteſtatis, oder wie die alten Kirchen-Lehrer ſprechen / das Jus Vitæ & Necis?

Panc.

Je laſt mich doch die Sache noch ein - mahl erzehlen.

Bon.

Was wilſtu erzehlen? Du Schelm / haſtu nicht deinen leiblichen Vater bey lebendigen Leibe geſchimpft? Habe ich nicht mit groſſer Muͤhe und Arbeit eine wunderſchoͤne Comœdie fertig gemacht / die nun vor meinem gnaͤdigen Grafen und Herren ſol exhibiret / repræſentiret und recommanctiretQ q 2wer -144[244]Absurdawerden? Habe ich nicht alle Weißheit in der In - vention ausgeſchuͤttet / und werde ich nicht als ein anderer Terentius, Plautus und Caſaubonus vor aller Welt geruͤhmet werden? Ja werde ich nicht den Nahmen in der That fuͤhren / daß ich ein rech - ter Bonifacius in folio bin? Und gleichwol du un - gerathener Schelm / wilſt mir meine Sache ſo niederſchlagen / als wenn ich mit dem ſchoͤnen Stuͤ - cke ſolte tanqvam alius ſtultus & aſinus abgewieſen werden. Siehe wie ſtehſtu nun / oder wie viel ge - be ich dir Maulſchellen / biß ich meinen Vaͤterli - chen Eyfer werde geſtillet haben.

Panc.

Ey Vater ich weiß auch wie ein Kind die Eltern reſpectiren ſol; Aber wenn es auch zu grob gemacht wird / ſo bin ich gleichwol nicht ſchuldig alle Schelmen und Ohrfeigen einzufreſſen. Daß jhrs eben wiſſt: vor ſechs Wochen bin ich funffzehn Jahr geweſen / nun bin ich Majorennis, und da wil ich ſehen / wer mich tractiren ſoll / als einen Hundsjungen.

Bon.

Biſtu Mojorennis?

Panc.

Ja / das heiſt auf deutſch / ich bin ein Herr vor mich / und wer mir meine Herꝛſchafft abdiſpu - tiren wil / dem wil ich aus einem Buche reſpondi - ren / das mit Meßingen Buckeln beſchlagen iſt.

Bon.

Majorennis, Majorennis! je bin ich nicht ein Narꝛ / daß ich den Schelmen ein Viertel Jahr bey unſern Am̃tſchreiber habe aufwarten laſſen. Er iſt gewiß hinter die Briefe kommen / und lernet mirCau -245Comica. Cauſen machen. O haͤtte ich mit meinem Teſta - ment das Maul gehalten / ich dencke immer / weil er Majorennis iſt / ſo darff ich jhn nicht auserben.

Panc.

Ja nun wie ſtehts / was hab ich nun ge - than?

Bon.

Ey lieber Sohn / ich waͤre wol mit dir zu frieden / aber ſoll ich denn dieſes leiden / daß mir meine Comœdie verachtet wird?

Panc.

Kan ich davor / daß jhr mich nicht verſte - hen wolt?

Bon.

Nun ſo rede noch einmahl / was haſtu denn an meiner Comœdie zu tadeln?

Panc.

Ich war itzt in der Schencke / da ſahe ich eilff Kerlen eures gleichen ſitzen / die hatten alle groſſe Briefe in den Haͤnden und ruͤhmten ſich jh - rer Comœdien, die ſie dem gnaͤdigen Herren uͤber - geben wolten. Drum meinte ich nur / es koͤnte leichte einer kommen / der euch abſtechen wolte. Iſt denn nun das eine Suͤnde / daß ich einen vor Scha - den warne?

Bon.

Das hab ich ſchon gehoͤret. Sol ich aber nicht beſſer ſeyn / als die andern Bernheuter / und ſol meine Invention dem gnaͤdigſten Herrn nicht am beſten gefallen? O ſo wolte ich mein Lebetage nicht Bonifacius heiſſen.

Panc.

Man ſiehet / wie es gehet. Wenn die Schweine auf den Moͤhren-Acker kom̃en / ſo kriegt die groͤſte Sau nicht alle mahl die beſte Moͤhre.

Bon.

Sohn waͤreſtu nicht Majorennis, ich ge -Q q 3be246Absurdabe dir vor das Gleichnuͤß eine Mauſchelle. Ach jhr Leute / ſagts doch nicht euren Kindern wie alt ſie ſeyn / ſie wachſen euch ſonſt vor der Zeit zum Kopf - fe. Aber du Kerl / warte nur / biß ich nach Hauſe komme / da ſolſtu wiſſen / daß ich Herr uͤbers Kir - chen-Buch bin / und da heiß mich einen Schel - men / wo ich dir nicht wil drey Jahr zuruͤcke ſchrei / ben: darnach wollen wir ſehen / wer Majorennis iſt.

Panc.

Das waͤre ein ehrlich Stuͤcke / wenn jhr ein Kirchen-Buch verderben wollet.

Bon.

Was frag ich darnach / wenn ich dir darff Maulſchellen geben.

Panc.

So wil ich mir meinen Bart beſichtigen laſſen / ob ich nicht vor ſechzehntehalb Jahr paßi - ren kan.

Bon.

Nichts / nichts / ich ſchicke ins Conſiſtort - um, und da richten ſich die Herren durchaus nach dem Kirchen-Buche.

Panc.

Bin ich nicht Majorennis, ſo nehme ich auch keine Perſon in der Comœdie, oder wenn ichs thaͤte / ſo wil ichs zum Poſſen thun und lauter Saͤu machen.

Bon.

Den Sprung haſtu gewiß auch beym Am̃t - Schreiber gelernet: wir muͤſſen uns wol vertragen / ehe wir es zu einer Weitlaͤufftigkeit kommen laſſen.

Panc.

Wem zu rathen iſt / dem ſtehet auch zu helffen. Ich daͤchte / wer eilff andere Leute zu Wie - derſachern haͤtte / der beduͤrffte es nicht / daß er mit ſeinem Leiblichen Sohne Haͤndel anfienge. Wiewaͤ -247Comica. waͤre es / wenn ich mich zu den Schulmeiſtern ſchluͤ - ge. Ich dencke jhr wuͤrdet ſtehen / wie der Kuͤh - Hirte zu Ringels-hayn / dem das Mundſtuͤcke ge - froren war.

Bon.

O du Cauſenmacher ſchweig ſtille / habe ich dir doch alles verziehen und vergeben. Kom̃ nur fort / weil die andern Narren ſich eine Courage trincken / ſo wil ich meine Comoͤdie uͤbergeben / und da wird es heiſſen / wer vorkoͤmt / der maͤhlt vor.

Pancr.

Ich kan es mit verſuchen / der Schimpf ſey euer. Giebt es eine Spendage / ſo werdet jhr ſchon wiſſen / wem ein Theil gehoͤret.

Erſter Handlung

Anderer Aufftrit.

Robert, Sighart, Curſi.
Rob.

Iſt es nicht ein Jammer / daß mir die ein - gebildete Kurtzweil ſo viel Verdrießligkeit machet. Ich beredete meinen gnaͤdigſten Herren / er ſolte ſich gefallen laſſen / bey der gegenwaͤrtigen Feſtivi - taͤt eine ſchlechte Bauer-Comoͤdie anzuſehen / und vermeinete / es wuͤrde ſich etwan ein Schulmeiſter in ſeiner Kunſt ſehen laſſen. Aber nun werde ich faſt von ſo viel Kerlen uͤberlauffen / als wir Apo - ſtel haben / und jemehr ein jedweder wil befoͤrdert ſeyn / deſto weniger kan ich Mittel finden alle Nar - ren zuvergnuͤgen.

Q q 4Slgh. 248Absurda
Sigh.

So gehts wer ein Spiel mit Narren an - faͤngt / der hat groß Gluͤcke / wenn jhm nichts naͤr - riſches dabey begegnet.

Rob.

Doch haben wir den Vortheil / daß wir ſie naͤrriſch tractiren, und alſo den Außſchlag auch fein naͤrriſch ſehen. Doch was wird unſer Cantz - ley Diner bringen? Ich halte immer / es wird ein neuer Sollicitante vor der Thuͤre ſeyn.

Curſ.

Mein Herr der Schulmeiſter von Bettel - rode laͤſt ſich gar ſchoͤn befehlen / und bittet / ob er nicht Audienz haben koͤnne.

Rob.

Was iſt ſein Anbringen?

Curſ.

Allem Anſehen nach wil er eine Comoͤdie uͤbergeben.

Rob.

Wir haben uns doch zu dieſer naͤrriſchen Arbeit einmahl verſtanden. Laſt jhn nur herein kommen.

Curſ.

Er iſt von gewaltigen Ceremonien.

Rob.

Das mag ſeyn. Er muß lange reden / ehe er uns zu Tode Complimentiret.

Erſter Handlung

Dritter Aufftrit.

Robert, Sighart, Bonifacius.
Bon.

Meinen gebietenden Herren und ſeiner wolweiſen Magnificentz meinen unterthaͤnigſten Gruß und alles liebes und gutes anvor.

Rob. 249Comica.
Rob.

Groſſen Danck guter Freund / GOtt ge - be euch wieder ſo viel. Wer ſeyd jhr?

Bon.

Mein Nahme iſt Bonifacius Lauten-Sack / wolbeſtalter Kirch-Schreiber zu Bettelrode.

Rob.

Wer iſt den Schulmeiſter daſelſt?

Bon.

Ich hab es als Kirchenſchreiber zu ver - walten: doch weil unſer Dorff eines von dem beſten iſt / ſo haben Richter und Elteſten vor acht Jahren einen Schluß gemacht / daß ſie nicht mehr einen Schulmeiſter / ſondern einen Kirchſchreiber wollen annehmen.

Rob.

Nun / nun / ſo ſehe ich wol / wenn der Kirch - Schreiber die Chor-Treppe herunter faͤllt / ſo ſteht ein Schulmeiſter wieder auff. Aber worin beſte - het euer Anbringen?

Bon.
(Ad Spectat.)

Das kan mich kraͤncken / daß mich die Herren ſolch unnoͤthig Ding fragen / daruͤber vergeſſe ich meine Reden: ich moͤchte immer um einen Abtrit bitten / daß mich mein Sohn drauſſen noch einmahl uͤber - hoͤren koͤnte.

Rob.

Nun wie ſtehts / was habt jhr vor ein An - liegen?

Bon.

Es iſt mir leyd / ich moͤchte die Herren in jhren Ambtsgeſchaͤfften ſtoͤren.

Rob.

Was hilffts? wir ſind deswegen da / machts nur fein kurtz / ſo viel als moͤglich iſt.

Bon.

Drum bitte ich auch pro primo, ſie wollen mir Ehrenguͤnſtig verzeihen / daß ich jhr wohlweiſe Magnificentz verſtoͤre.

Rob. 250Absurda
Rob.

Gebt euch doch zu frieden. Es iſt hier - von nichts zugedencken.

Bon.

Aber ſoll mir die Grobheit verziehen ſeyn?

Rob.

Ja doch ja / begeht nur keine Grobheit / und haltet uns lange auff.

Bon.

Aber woran ſol ich erkennen / daß ich den Herrn gelegen komme?

Rob.

Wir wollen euch geduldig hoͤren.

Bon.

Ja ich ſehe es wol lieber / wenn ich duͤrffte nieder ſitzen / in unſern Dorff-Gerichten bin ich gleichwol eine ſitzende Perſon.

Rob.

Curſi bringet doch einen Stuhl her / daß der ehrliche Mann ſitzen kan.

Bon.

Es waͤre wol auch huͤbſch wenn mir eine Ehre angethan wuͤrde.

Rob.

Wenn ich den Vortrag wuͤſte / ſo ſolten mir auch ein Paar Kannen Bier nicht ans Hertze gewachſen ſeyn. Doch worinne beruhet die Sache?

Bon.

Ihr Wolweiſen Magnificentzen verzeihen mir / ich hatte mich gar fein darauff geſchickt ge - macht / wie ich reden wolte; aber ich habe den An - fang vergeſſen / ich kan nicht wieder drauf kommen / und wenn ich nun nicht viel guts machen werde / ſo moͤchten ſie wol dencken / ich haͤtte ſie verachtet / und haͤtte ihnen zum Schimpffe nicht reden wollen.

Rob.

Wir wollen euch vom Schimpffe abſol - viren / erloͤſt uns nur bald von der Ungedult.

Bon.

Je nun / ich habe auf gnadigſten Befehl jhr Hochweiſen Magnificentzen dem Hoch graͤflichenGe -251Comica. Geburts-Tage zu Ehren eine ſchoͤne Troſtreiche Comoͤdie gemacht / die wolte ich nun uͤberreichen und dediciren, auch wenn es ſeyn ſolte / offentlich halten und agiren.

Rob.

Es iſt gar gut / daß jhr ſeyd gehorſam ge - weſt: allein ich kan euch nicht verhalten / daß ſich andere Kuͤnſtler und Componiſten mehr eingefun - den haben.

Bon.

Das kan mir nicht ſchaden / ich weiß doch / daß meine Comoͤdie die allerbeſte ſeyn wird. Ich bin auf der Umverſitaͤt geweſen: Aber wo woltens die andern Flegel gelernet haben?

Rob.

Ey / ey ſchimpfft jhr niemanden: wer das Lob verdienet hat / dem ſols wohl bleiben. Aber von was handelt die Comoͤdie?

Bon.

Weil ich meiner Profeſſion nach ein Kir - chenſchreiber bin / ſo habe ich doch ein Geiſtlich Stuͤck erwehlen muͤſſen / von dem alten Tobias und der Schwalbe.

Rob.

Pfui mit dem garſtigen Stuͤcke!

Bon.

Ich habe mich beflieſſen / daß die garſtigen Sachen alle daraus blieben ſind: und ich weiß / wer die Hertzbrechenden Worte und die andern Kuͤn - ſte betrachten wird / der wird geſtehen muͤſſen / der Kirchſchreiber zu Bettelrode moͤchte vor einen hal - ben Geiſtlichen paßiren.

Curſ.

Mein Herr die Comoͤdianten haben ſich verſamlet / und wollen gerne wiſſen / was ſie mit jh - ren Comoͤdien thun ſollen?

Rob. 252Absurda
Rob.

Sind jhrer viel?

Curſ.

Ich habe das Verzeichnis auf dem Zettel.

Rob.

Herr Bonifacius ſetzt euch auff die Seite hin / wir wollen einen nach dem andern vornehmen. Aber Herr College er wird reden muͤſſen / daß es einem nicht zu ſauer wird.

Sigh.

Es iſt gar gut. Doch in was vor Ord - nung ſollen ſie verleſen werden.

Curſ.

Ich habe die Nahmen aufgeſchrieben / wie ſich einer nach dem andern angemeldet hat.

(Er faͤngt an aus dem Zettel uͤberlaut zu leſen: Stephen Thats wohlbe - ſtalter Blaſebalg-Treter zu Lem - merswalde).

Erſter Handlung

Vierdter Aufftrit.

Die Vorigen und Stephen.
Steph.

Herr das bin ich.

Sigh.

Seyd jhr der Blaſebalg-Treter?

Steph.

Ja / was meine ehrliche Ankunfft / Leben und Wandel betrifft / ſo bin ich eines Blaſebalg - Treters Sohn / und bin auch numehr in meines ſel. Vaters Fußſtapffen getreten.

Sigh.

Aber wie geht euch das Blaſebalgtreten ab? ich ſehe wohl / jhr habt ein lahm Bein.

Steph. 253Comica.
Steph.

O mein ſel. Vater hatte gar keine Bei - ne / und konte doch ſein Am̃t noch ſo ziemlich verich - ten. Er hat dem Organiſten manchen Geiſtrei - chen Geſang zugeblaſen.

Sigh.

So hat er gewiß die Blaſebaͤlge mit der Naſe treten muͤſſen.

Steph.

Ach nein verſteht mich nur recht. Die Blaſebaͤlge liegen uͤbern Kirch-Gewoͤlbe / da gehen ein paar Stricke herunter / und wenn jemand dar - an zeucht / ſo ſind die Blaſebaͤlge getreten.

Sigh.

Das heiſt aber gegriffen und nicht getre - ten.

Steph.

Wer kan davor / daß der Nahme in der Cantzeley aufkommen iſt. Heiſt doch mancher auch ein Poſtreuter und muß allemahl zu Fuſſe lauffen.

Sigh.

Nun wie dem allen / was habt jhr vor ein Anbringen?

Steph.

Ich habe eine Comoͤdie / und wenn ich irgend nicht ankaͤme / ſo bitte ich um geſchwinde ab - fertigung / ich kan nicht lange von Hauſe bleiben.

Sigh.

Ihr werdet wegen der Orgel zu eilen ha - ben. Denn ein ander kan doch die Blaſebaͤlge nicht ſo juſte nach dem Tackte treten.

Step.

Nun ſeht Herr / ich kriege des Jahres aus der Kirche einen halben Thaler Beſoldung: wenn ich nun einen Sontag auſſen bleibe / ſo muß ich flugs einem andern einen Zweyer geben / ders vor mich thut.

Sigh. 256[254]Absurda
Sigh.

Vielleicht habt jhr etwas zuhoffen / davon jhr manchen Dreyer werdet bezahlen koͤnnen.

Steph.

Niemand waͤre lieber zu frieden als ich.

Sigh.

Aber von was handelt die Comoͤdie?

Steph.

Ein Mann wie ich ſteckt voller Blaſebaͤl - ge: Ich habe ein Geſpraͤche zwiſchen den vier Winden aufgeſetzt / die dem Wandersmanne den Mantel nehmen wolten: endlich koͤmt die liebe Son - ne darzu / und thut ſo gar eine troͤſtliche Rede / die ein jedweder Chriſte wol abſchreiben moͤchte.

Sigh,

Aber wo habt jhr ſolche Kunſt her / daß jhr gleichwol eine Comoͤdie ſchreiben koͤnt?

Steph.

Unſer Herr Organiſt hat auf den Mor - gen immer ſolche Kopffſchmertzen / ſo laͤſt er mich manchmahl in die Schule kommen / daß ich die klei - nen Kinder uͤberhoͤre. Nun ſeht jhrs wohl / wer halbicht ein Handlanger iſt bey der lieben Weiß - heit / dem faͤhrt immer was kluges in den Halß / das er zu einer Zeit wieder von ſich geben kan.

Sigh.

Nun es iſt gut / ſetzt euch dort neben den fremden Mann.

Erſter Handlung

Fuͤnffter Auftrit.

Die Vorigen und Veit.
Curſi (Rufft.)
Veit Habermuß / wolbeſtellter Aviſen-Saͤnger und Zeitungsſchreiber zur Hahnbeiſſe.
Veit257[255]Comica.
Veit.

Herr das bin ich.

Rob.

Habt jhr auch eine Comoͤdie gemacht?

Veit.

So viel als ich bey meinem ſchweren Avi - ſen Singen gelernet habe / ſo viel iſt auf einmahl in der gegenwaͤrtigen Invention ausgeſchuͤttet wordẽ.

Rob.

Was habt jhr bey dieſem Ampte zu thun?

Veit.

Ich muß zuſehen / daß die alten gedruckten Zeitungen in dieſem Jahre wieder aufgeleget wer - den. Denn es geſchicht doch nichts neues unter der Sonnen.

Rob.

So kan euch das Zeitungs-ſchreiben nicht ſchwer fallen.

Veit.

Aber es iſt eine Kunſt / wenn man altes und neues vermengen kan. Ich halte einen Bet - ler in Beſtallung / der bettelt ſich alle Jahr biß auf Venedig / und wenn er wieder heim koͤmt / ſo bringt er ſo viel Hiſtorien und Wunderzeichen mit / daß ich zehn Jahr daran zu machen haͤtte / wenn ich al - les ſolte in Verſe bringen.

Rob.

Aber der Betler wird doch uͤber alles ei - nen geſiegelten Brieff haben / ob es auch wahr iſt.

Veit.

Wer fragt nach dem Siegel? Wenn der Qvarck gedruckt iſt / ſo halten die Bauren mehr darauff / als wenn er beſiegelt waͤre.

Rob.

So ſehe ich wol / es wird euch an der Ma - terie zu einem kurtzweiligen Poſſen-Spiele nicht gemangelt haben.

Veit.

Ach nein. Wer ſo viel ſchroͤckliche Wun - derzeichen abſingen muß / der laͤſt ſich die Poſſenwol258[256]Absurdawol vergehen. Ich habe die Materie genommen aus den neulichſten Aviſen / und das iſt eine Frie - dens-Comoͤdie zwiſchen dem Tuͤrcken und Moſco - witer.

Rob.

Es wird furchtſam anzuſehen ſeyn. Nun ſetzt euch dort nieder / die andern wollen das jhrige auch vorbringen.

Erſter Handlung

Sechſter Aufftrit.

Die Vorigen und Melcher.
Curſ.

Melcher Tummernix / wolbeſtelter Cantor zu Qverleqvitſch.

Mel.

Herr / das bin ich.

Sigh.

Seyd jhr der Cantor zu Qverleqvitſch?

Melch.

Ja Herr / ſo weit habe ichs in meinem Studieren gebracht.

Sigh.

Ich meinte aber / das ſchlechte Dorff koͤn - te kaum einen Schulmeiſter ernaͤhren.

Melch.

Der Herr laſſe ſich berichten. In der That ſelber bin ich nicht mehr als ein Schulmei - ſter; Aber mein ſel. Vorfahre war ein Exulante, und hatte anderswo vor einen Cantor gedienet; So thatens jhm die Bauren zu Troſte und hieſſen jhn Cantor. Nun freyte ich ſeine hinterlaſſene Wittwe / die war einmahl in Poſſeſſion, daß ſie Fr. Cantorin hieß / alſo geſchach es der lieben Frau zu -ge -259[257]Comica. gefallen / daß ich auch als ein Cantor biß auff die Stunde bin reſpectiret worden / ob ich gleich in Zuͤchten und in Ehren zu melden ſchon das vierdte mahl habe zur Hochzeit bitten laſſen.

Sigh.

Ihr koͤnnet eure Sachen gut vorbringen. Ich halte / ihr ſeyd im Dorffe gar Stadt-Schreiber / und helfft Kauff-Brieffe und Erbſonderungen ma - chen.

Melch.

Ja wenn ſich die Sache uͤber fuͤnff Guͤl - den nicht belaͤufft / ſo kan ich doch wol eine Kanne Bier darneben verdienen.

Sigh.

Aber wo habt ihr eure Kuͤnſte gelernet?

Melch.

Ich bin mit den Vaganten in der Welt herumgezogen / und da habe ich ſo viel gelernet / daß mich keiner verrathen ſoll.

Sigh.

Ey ſo werdet ihr auch eine artige Comœdie invenriꝛet haben.

Melch.

Ich weiß nicht / wie ich zu den geiſtlichen Gedancken kommen war; die Materie vom verlohr - nen Sohne hat mir gefallen. Denn bey ſeiner Schweintreiberey iſt er nicht beſſer geweſen / als ein Vagante.

Sigh.

Nun / nun / ſetzt euch zu den andern hin / ihr ſolt euren Beſcheid haben.

Erſter Handlung

Siebender Aufftrit.

Die vorigen und Detlef.
R rCurſi. 260[258]Absurda
Curſi.

Detlef, Ziegenſchwantz / wohlbeſtellter Sackpfeiffer und Vogelſteller zu Plumpenau.

Detlef.

Herr das bin ich.

Rob.

Ey / ey / guter Freund / habt ihr auch ei - ne Comœdie gemacht?

Det.

Ja / ich habe mein Pfund nicht vergraben wollen / wie der Schalcksknecht.

Rob.

Aber es iſt gleichwol ſchroͤcklich / daß ein Mann zugleich Sackpfeiffer und Vogelſteller iſt.

Det.

Ach Herr / es ſind zwey Handwercke / die ſchicken ſich ſo nett zuſammen / daß ich mich vor den gluͤckſeligſten Menſchen achte.

Rob.

Ich weiß nicht / ob ich mirs umſonſt ein - bilden kan.

Det.

Herr / wenn ich Vogel ſtelle / ſo fange ich entweder etwas oder nichts.

Rob.

Es iſt wahr.

Det.

Fange ich nichts / ſo iſts wol ein ſchaͤndlicher Verdruß / und meine Frau koͤmt mir wol mit der ſchweren Hand uͤbern Buckel: Aber damit greiffe ich zu der Sackpfeiffe / ſo kan ich alle boͤſe Geiſter damit vertreiben. Fange ich etwas / ſo iſt es ent - weder todt oder lebendig.

Rob.

Gewiß / an euch iſt ein guter Philoſophus verdorben.

Det.

Verſteht mich nur recht. Fange ich etwas todtes / ſo habe ich meine Bezahlung: Fange ich et - was lebendiges / ſo krieg ich meine Sackpfeiffe / und richte die Sperlinge ab / daß ſie ſo gut pfeiffen koͤn - nen / als die Canarien-Voͤgel.

Rob. 261[259]Comica.
Rob.

Aber wo habt ihr lernen Comœdien machen?

Det.

Mein Lehr-Printz in der Sackpfeiffe wielte auff den Doͤrffern allemahl von den Heiligen drey Koͤnigen / und da muſte ich manchmahl das Oechs - lein und das Eſelein mit agiren / ſo hab ich doch was begrieffen / daß mich die Herren von Adel in meiner Gegend gar gerne um ſich leiden koͤnnen.

Rob.

Aber ich wil nicht hoffen / daß ihr mir ein Stuͤcke bringet / das ſchon agiret iſt.

Det.

Ey Herr / ich wil es aus der Comœdie be - weiſen / das letzte Lied iſt kaum halb fertig / wo wolte ichs deñ gantz geſpielet haben?

Rob.

Aber was iſt der Iñhalt?

Det.

Es iſt mit dem Hof-Stylo zu reden / eine Muſicaliſche Opera von der verliebten Schaͤferin / die ich mit ſieben Perſonen auf meine eigene Hand ohne Adjuvanten in meine Sackpfeiffe agiren kan.

Rob.

Ihr muͤſt mir wol ein naͤrriſcher Kerl ſeyn. Wer kan denn zu gleich ſingen und pfeiffen?

Det.

Ey Herr / wenn meine Sackpfeiffe keinen Blaſebalg haͤtte?

Rob.

Nun / nun / ihr habt euch wol verantwor - tet / ſetzt euch hin und erwartet / was euch vor ein Schluß wird communiciret werden.

Erſter Handlung

Achter Aufftrit.

Die vorigeu und Grolmus.
R r 2Curſ. 262[260]Absurda
Curſ.

Grolmus Wetterhahn / wolbeſtellter Glo - cken-Laͤuter zu Rumpels-Kirche.

Grol.

Herr / das bin ich.

Sigh.

Seyd ihr ein Glocken-Laͤuter / und koͤnnt Comœdien machen?

Grol.

Ja Herr / das Glocken-Laͤuten iſt zweyer - ley / wer den Calender ſo im Kopffe haben muß / als unſer einer zu Rumpelskirche / der lernet wol ſeine fuͤnff Sinnen zuſammen nehmen.

Sigh.

Ey / iſt das Ampt ſo beſchwerlich?

Grol.

Herr / auff unſerm Kirchthurme haben wir zwey Glocken / ſie ſind zwar alle ziemlich klein / doch zum Unterſcheide / und um geliebter Nachricht wil - len / heiſſen wir eine die kleine / und die andere die groſſe.

Sigh.

Da gehoͤret nicht viel Kopfbrechens darzu.

Grol.

Hoͤrt nur weiter: Nun iſt unſer Dorff ſo weitlaͤufftig gebauet / und der vornehme Stand bringets auch mit / daß wir allemahl mit zwey Glo - cken laͤuten. Wenn ich nun mit der kleinen Glocke anfange / ſo wiſſen die Leute / daß kein Feſt-Tag iſt / fange ich aber mit der groſſen an / und mit der kleinen drauff / ſo iſt gewiß ein Feyer-Tag im Dorf - fe. Wer nun das Rothe im Calender nicht verſte - het / dem wil ich meinen Glockenſtrang in die Hand geben / er ſoll mir Schweine genung machen.

Sigh.

Aber wer das verichten wil / der lernet deß - wegen kein Comœdien machen.

Grol.

Aus der Glocke fallen mir freylich keineKuͤnſte263[261]Comica. Kuͤnſte herunter: Aber wer einmahl in der Kirche auffwarten hilfft / dem iſt doch flugs / als wenn er gegen andern Leuten beſſer waͤre.

Sigh.

Ich wuͤnſche euch Gluͤcke zur Einbildung. Aber von was handelt eure Comœdie?

Grol.

Ich habe die traurige Geſchicht vom Glo - cken-Gieſſer zu Halberſtadt / der vor etlichen hun - dert Jahren ſeinen Geſellen erſtochen hat / in reimweiſichte Verſe gebracht.

Sigh.

Die Pedes werden euch nicht fehlen / denn die Scanſion habt ihr ſchon am Glockenſtrange.

Grol.

O mit mir darff niemand Hebraͤiſch reden.

Sigh.

So ſetzt euch hin / und erwartet unſere deutſche Reſolution.

Erſter Handlung

Neundter Aufftrit.

Die vorigen und Peter.
Curſ.

Peter Meffert / wohlbeſtellter Kartenma - cher zum Jachandelberge.

Peter.

Herr / das bin ich.

Rob.

Seyd ihr ein wolbeſtellter Kartenmacher?

Pet.

Ja Herr / ich meyne es / daß ich den Titul verdiene.

Rob.

Wer hat euch denn beſtallt?

Pet.

Der jenige / der mir das Privilegium gege - ben hat / wenn ein ander Kartenmacher in meinR r 3Gehe -264[262]AbsurdaGehege komt / ſo gebe ich ihm ſo lange Maulſchellen / biß er wieder davon geht.

Rob.

Ich hoͤre wol / ihr habt ein geſchenckt Hand - werck unter einander. Aber woher ſeyd ihr wolbe - ſtellt? Ich halte / wenn dieſer oder jener die Kar - tenmacher holete / ſo bliebe es dennoch in der Welt gar wol beſtelt.

Pet.

Herr / ich habe zu thun / daß ich meine Co - mœdie defendire / das ſind Sachen / wie man im Karten-Spielen zu reden pfleget / die aufs Neben - Tiſchgen gehoͤren.

Rob.

So ſagt mir nur / wo habt ihr die Kuͤnſte gelernet?

Pet.

Mein Vater that mich zu einem Meiſter - Saͤnger / da ſolte ich lernen Vexier-Karten machen: daß ich nun bey meinem Lehr-Herrn weiter kommen bin / als mein Vater gemeynt hat / darvor kan der ehrliche Man nicht / und ich kan auch nicht davor / daß mir die uͤberleye Kunſt den Bauch zerreiſſen wil.

Rob.

Aber was habt ihr vor ein Stuͤcke?

Pet.

Herr / es iſt eine Materie voller Machinen: denn wir Kartenmacher haben die Pappen und Far - ben ſelber.

Rob.

Ich wil den Inhalt wiſſen.

Pet.

Die Comœdie handelt von den H. vier Koͤ - nigen / welche ſich um die Welt ſo wol verdienet ha - ben / daß ſie nun in das Buch der Ewigkeit ſind ein - geſchrieben worden.

Rob. 265[263]Comica.
Rob.

Darzu gehoͤret ein Poſſen-Spiel von bey - den Scherwentzein. Doch ſetzt euch hin.

(Hier fangen ſie auff ihren Stuͤlgen ſehr unverſchaͤmt an zu murmeln.)
Sigh.

Unſere Comœdianten uͤberhoͤren ſich gewiß in ihren Partheyen.

Rob.

Ich halte ſie haben vergeſſen / wer ſie ver - ſchrieben hat. Ihr Baͤhrenheuterſchen Kerlen / wenn ich in meiner Stube wil was geſchnattertes haben / ſo laſſe ich mir ein Dutzend Gaͤnſe bringen / die koͤnnens beſſer als ihr. Wer nur ein Wort ſpre - chen wird / der ſoll die Hoffnung zu ſeiner Comœdie verlohren haben.

(Sie ſchweigen alle ſtille.)

Erſter Handlung

Sechzehnder Aufftrit.

Die vorigen und Kilian.
Curſ.

Kilian Schwalbenneſt / wolbeſtalter Tod - tengraͤber zur Eſels-Wieſe.

Kil.

Herr / das bin ich.

Sigh.

Heiſt ihr Schwalbenneſt.

Kil.

Ja Herr / ich habe den Namen von meinem ſel. Vater geerbet / der iſt in der Schencke gleich un - ter einem Schwalben-Neſte gefunden worden. Die Leute meyneten zwar / es waͤre eine fremde KoͤniginR r 4durch -266[264]Absurdadurchgereiſet / und haͤtte ihn hingeleget; aber weil die Mittel nicht da waren / ſo kunte er ſeinen Koͤnig - lichen Stand nicht außfuͤhren / und deßwegen bin ich ein Todtengraͤber worden / wenn ich irgend ein alt Koͤniglich Begraͤbnis mit einem Schatze finde / daß ich hernach meinen Koͤniglichen Stand anfangen kan.

Sigh.

Haben die Leute zur Eſelswieſe ſo einen vor - nehmen Todtengraͤber / ſo wil ich gerne ſehen / was der Gerichts-Schultze vor einen Stammbaum hat.

Kil.

Es geht / wie dort geſchrieben ſteht: Die Knechte reiten / und die Herren gehn zu Fuſſe.

Sigh.

Aber wo ſeyd ihr gleichwol hinter die Spruͤn - ge kommen / daß ihr euch unterſtehet eine Comœdie zu machen?

Kil.

Herr / in unſerm Lande ſchreiben die Leute ſo feine Spruͤchelgen an die Saͤrge / die habe ich mir alle in ein Buch zuſammen geſchrieben / und mich deucht / je mehr ich drinnen leſe / deſto hurtiger wer - de ich was neues zu machen.

Sigh.

Es laͤſt ſich hoͤren. Aber von was handelt die Comœdie?

Kil

Von Daniel in der Loͤwen-Grube.

Sigh.

Wie ſeyd ihr auff dieſe Materie kommen?

Kil.

Ich dachte / wenn irgend die Comœdie ſol - te geſpielet werden / ſo koͤnte ich als ein Todten graͤ - ber / die Loͤwengrube ſelber graben / und duͤrffte nicht lange andere Leute anſprechen: denn ich habe einen Kopff vor mich / und ehe ich lange bitten wil / ſo laſſe ichs bleiben.

Sigh. 267[265]Comica.
Sigh.

So hoͤre ich wol / ihr wolt auch uns nicht gute Worte geben.

Kil.

Ey groſſe Herren weiß ich wol zu reſpectiren. Ach er ſey gebeten und helffe mir zur Comœdie / ich wil ihm und ſeinen Kindern das Grab umſonſt ma - chen.

Sigh.

Noch zur Zeit habe ich kein Verlangen / daß ich wolte auf der Eſelswieſe begraben werden. Setzt euch nur hin.

Erſter Handlung

Eilffter Aufftrit.

Die vorigen und Alex.
Curſ.

Alexander Wunderlich / vornehmer Ot - terfanger und Theriacks-Haͤndler zu Purlewitz.

Alex.

Herr / das bin ich.

Rob.

Ich hoͤre / ihr ſeyd ein vornehmer Mann: ſolche Leute habe ich nicht gerne bey mir / die etwas eher nehmen wollen / als ich.

Alex.

Mein Herr / ich habe mich ſo unterſchrie - ben / wie ich auff den Hochzeiten bey uns verleſen werde.

Rob.

Doch habt ihr mit euren Ungeziefer und mit dem garſtigen Theriacke nicht genung zu thun / daß ihr der Comœdien darbey vergeſſet?

Alex.

Ach mein Patron, ich ziehe auff den Maͤrck - ten herum / und weil die Wahren heutiges Tages nicht viel gelten / ſo muß ich bißweilen ſo ein Poſſen -Spiel268[266]AbsurdaSpiel darneben machen / daß die Leute zuſammen kommen.

Rob.

Ich ſehe wol / ihr habt eure Perſon am be - ſten legitimiret. Aber was habt ihr vor eine Hiſto - rie zu eurer Comœdie außgeſehen?

Alex.

Von Ritter S. Georgen mit dem Lind - Wurme. Denn ich muͤſte doch der Ritter George ſeyn / ſo wuͤſte ich am beſten wo ich den Wurm hin ſtechen ſolte.

Rob.

Ich weiß die Sache nicht zu tadeln / ſetzt euch zu den andern.

Erſter Handlung

Zwoͤlffter Aufftrit.

Die vorigen und Merten.
Curſ.

Merten Fuchs / wolbeſtellter Sterngucker / Calendermacher / und Wein-Viſirer zu Ochſenfurt.

Mert.

Herr / das bin ich.

Sigh.

Ich habe lange auff einen Calendermacher gewartet. Denn mich duͤnckt / heutiges Tages ma - chen die Leute die beſten Poſſen.

Mert.

Ja / es waͤre wol etwas / wenn auch die Poſſen bezahlt wuͤrden. Ich ſetze in meine Calen - der ſo ſchoͤne Sachen / daß ich mich moͤchte pucklicht daruͤber lachen / aber wo wirds belohnt?

Rob.

Wo habt ihrs gelernt. Denn es iſt viel / daß man nach den Sternen guckt / und den Weinzugleich269[267]Comica. zugleich viſiret: Mit den Sternen gehts uͤber ſich / und mit dem Weinfaß unter ſich.

Mert.

Ich bilde mir die gantze Welt ein wie ein groß Faß / ſo viſire ich immer fort / biß an den hoͤch - ſten Stern.

Rob.

Aber es moͤchte an dem Viſir - Stabe man - geln.

Mert.

Mein Troſt iſt dieſer / wenn ich mich gleich um ein oder zwey paar hundert tauſend Meilen ver - rechne / ſo kan mich doch niemand anders uͤberweiſen. Und darzu im Faſſe rechne ich die Kannen / im Jah - re die Tage / iſt das nicht Kunſt genung?

Rob.

Ich bin zu frieden. Doch was haben wir vor eine Comœdie zu hoffen / ſie wird doch etwas nach dem Weinfaſſe / oder nach einem Calender rie - chen.

Mert.

Freylich geht es am beſten von der Feder / wenn man bey ſeiner Profeſſion bleibt: Es iſt die an - muthige Hiſtorie vom Diogenes, der im Weinfaſſe gewohnet hat.

Rob.

Ich dachte vom Graffen von Clarentz / der im Weinfaſſe erſoffen iſt. Setzt euch hin / und er - wartet unſern Beſcheid.

Erſter Handlung

Dreyzehnder Aufftrit.

Die vorigen und Nicodemus.
Curſ.

Nicodemus Leyermann / wohlverdienterSiegel -270[268]AbsurdaSiegelgraͤber / Bildſchnitzer / Mahler / Korb - und Sandſeigermacher auff der Lauſche.

Nic.

Herr / das bin ich.

Sigh.

Ihr habt fuͤnff Aemter / wenn ein jedwedes zu einem Actu was contribuiret / ſo iſt die Comœdie richtig.

Nic.

Ich laſſe alles auff ein kuͤnſtlich Theatrum hinaus lauffen / und da brauche ich wol mehr als ſechs Handwercke darzu.

Sigh.

Aber wenn ich an eure Kuͤnſte gedencke / ſo nimmt michs wunder / wie ihr alle treiben koͤnnet. Wenn ihr eines vornehmet / ſo habet ihr das andere vergeſſen.

Nic.

Meine Kuͤnſte bieten einander die Haͤnde. Wenn ich einen Sandſeiger mache / ſo mache ich das Futteral wie einen Korb / die Seulgen werden ausgeſchnitzt / gemahlt und verguldt muͤſſen ſie auch ſeyn.

Sigh.

Wo bleibt aber der Siegelgraͤber?

Nic.

Komt nicht eine Taffel darzu / darauf ich die Jahrzahl grabe?

Sigh.

Ihr behaltet Recht. Allein was iſt vor ein Stuͤcke / das in der Comœdie geſchnitzt / gemahlet / gegraben und geſiegelt wird?

Nic.

Ich handele von dem Außbund aller boͤſen Weiber.

Sig.

Ja da giebt es viel zu mahlen und zu ſchnitzen dran / ehe man ſie from machen kan. Doch ihr muͤſt gewiß mit eurem Sandſeigern nicht viel Abgang haben / daß ihr Comœdien macht.

Nic. 271[269]Comica.
Nic.

Ach nein / ich darff mich nicht beſchweren / daß mir die Leute nicht viel zu thun geben. Aber wenn ich in meiner beſten Arbeit begriffen bin / ſo qvaͤlet mich meine boͤſe / ungerathene Frau ſo ſehr / daß ich die Tugenden eines boͤſen Weibes ohne weitlaͤuf - tiges Nachſinnen errathen kan. Und eben deßwegen hat meine Comœdie neun Actus, nach der Zahl der neun Haͤute / die ein Mann ſeiner Frau durchſchla - gen muß / ehe ſie fromm wird.

Sigh.

Nun ich halte / es wird noch einer drauſſen ſeyn: ſetzt euch nieder / daß wir mit demſelben auch zu rechte kommen.

Curſ.

Nun kommt einer mit einem Lateiniſchen Namen / bey dem wird ein ſchwer Examen ſeyn.

Sigh.

Wenn er zu viel lateiniſch reden wil / ſo muͤſt ihr mit ihm reden; denn ich halte mein Latein noch etwas hoͤher.

Erſter Handlung

Vierzehnder Aufftrit.

Die vorigen und Fabian.
Curſ.

Fabianus Fabiani, Tobiæ filius, Pedevte - rii Zizdorfenſis Collega prima.

Fab.

En adſum Domine.

Sigh.

Wir haben nicht Zeit; Cantzley-Diener fragt ihn doch / wer er iſt / und wie wir uns in ſeine Sachen ſchicken ſollen.

Curſ. 272[270]Absurda
Curſ.

Guter Freund / ſeyd ihr nicht in Deutſchland gebohren?

Fab.

Ja / ja / ich bin Natione Germanienſis, aber lingva latina, eruditorum vernacula ſchlaͤgt mich offt in den Nacken / daß ich in Gedancken etiam cum mea uxore lateiniſch rede. Naturam expellas furca, was man gewohnt iſt / das kan man ſchwer - lich wieder abgewehnen.

Cnrſ.

So ſeyd ihr gleichwol ein Gelehrter?

Fab.

Ja / das bin ich per omnia Prædicamenta.

Curſ.

Sonderlich in Haſibili Qvalitate. Aber wo ſeyd ihr her?

Fab.

Ich habs geſagt / ex meo Pædevterio.

Curſ.

Was heiſt denn Pædevterium?

Fab.

Es heiſt ſo viel als ein klein Gymnaſium auff dem Dorffe.

Curſ.

Kommen die Knaben in eurem Gymnaſio ſo weit / daß ſie das Wort verſtehen?

Fab.

Ego ſum inſtar omnium. Genung daß ichs verſtehe.

Curſ.

Aber wie viel habt ihr Collegen, ich ſehe daß ihr in der Ordnung der erſte ſeyd / denn da ſte - het Collega prima.

Fab.

Ich habe in meinem Auditorio drey Heili - gen abgemahlet / Summus Ariſtoteles, Cato & Eu - ripides, wenn ich dieſelben darzu nehme / ſo ſind der Collegen viere.

Curſ.

Ich meynte bey dieſen Leuten waͤret ihr wolnicht273[271]Comica. nicht Collega prima. Doch iſt niemand beſtellt / der neben euch in der Schule arbeiten muß.

Fab.

Nein / es truͤge mirs nicht ein. Res eſſet mali exempli, wenn ich meine Accidentia mit an - dern theilen ſolte. Ex diviſione venit ſubtractio.

Curſ.

Auf die Maſſe koͤnte ich euch auch wol Col - lega ultima heiſſen.

Fab.

Wenn ich zehlen wil / ſo zehle ich wol von o - ben an. Alſo heiſt es / wer im Zehlen der erſte iſt / der heiſt in ſuo ordine primas.

Curſ.

Und bey welchem man im Zehlen auffhoͤret / der heiſt in ſuo ordine ultimas.

Fab.

Ach ſeht nur das Wort recht an / warum ſagt ich denn Collega prima?

Curſ.

Das weiß ich nicht / wer euch ein Privile - gium wider die Grammatica gegeben hat.

Fab.

Ich thue es meiner lieben Frauen zu Gefal - len / die hilfft mir die kleinen Maͤgdgen uͤberhoͤren / und iſt alſo in Genere Fœminino Collega ſecunda.

Curſ.

Ich ſehe wol / wer ſich mit Gelehrten ver - wirret / der muß auf die letzt eine Schwachheit be - kennen. Aber von was handelt die Comœdie?

Fab.

Von der Außfuͤhrung der Kinder zu Ham - mel.

Curſ.

Ihr ſeyd gewiß der Pfeiffer / und der Berg iſt eure Schule; Aber weh den armen Kindern / weñ die Thuͤre zufaͤllt / daß ſie nicht wieder heraus koͤnnen.

Fab.

Sit venia joco. Ich verſtehe den Herrn gar wol.

Curſ. 274[272]Absurda
Curſ.

Nun geht doch her / und ſetzt euch hin.

(Sie ſitzen alle / Curſi bleibet in der Thuͤ - re ſtehen / Robert und Sighart ſetzen ſich gleichfalls nieder.)

Erſter Handlung

Funffzehnder Aufftrit.

Alle zuſammen.
Rob.

Nun ihr lieben Freunde / ihr ſeyd alle inſon - derheit verhoͤret worden / und es iſt an dem / daß ein jedweder eine Wunder-ſchoͤne Comœdie geſchrieben hat: Allein weil mein gnaͤdigſter Herr nur eine Co - mœdie zu ſehen verlanget / ſo wird es uns ſchwer fallen / daß wir eben die beſte Comœdie erwehlen.

Bon.

Ihr. wolweiſe Magnificentzen werden noch wol wiſſen / was ich geſagt habe; ſo hier geredet / und niemanden was zu Leide nachgeſaget / ich bin wol der beſte / und alſo wird meine Erfindung nicht die ſchlimſte ſeyn.

Veit.

Derowegen koͤnnen wir uns eben ſo viel mit unſern Kuͤnſten einbilden: wenn wir unſere Briefe auf die Wage legten / wer weiß / wer die ſchwerſten Buchſtaben gemacht hat.

Det.

Ihr lieben Leute / ſtellt doch alles dem gnaͤ - digen Herrn anheim / ſo lange wir ſtreiten / ſo wird ein jedweder Schaͤfer ſeine Keule loben.

Rob. 275[273]Comica.
Rob.

Nun / wiſſt ihr einen Vorſchlag / wie wir aus der Sache kommen ſollen?

Detlef.

So weit koͤmts. Ein jedweder wil das beſte Lob verdienet haben.

Rob.

Das wiſſen wir ohn dem wol. Ihr ſollet ei - nen Vorſchlag thun / wie die beſte Comœdie durch eine gute Probe koͤnte ausgeleſen werden.

Bon.

Ich halte davor / man gebe ſie dem gnaͤdig - ſten Herrn hin: er iſt ein verſtaͤndiger Herr / und er duͤrffte die Sache nur einmahl leſen / ſo wuͤrde ſichs bald weiſen / wer ſich am beſten duͤrffte ſehen laſſen.

Steph.

Ey / ſo ein vornehmer Herr hat eben Zeit / daß er die Briefe durchlieſet; es waͤre beſſer / wir neh - men einen Blaſebalg / und blieſen drunter / wenn das leichte weggeflogen waͤre / ſo wuͤrde das beſte wol liegen bleiben.

Veit.

Ich dachte / wir ſolten eine Wurffſchauffel oder eine Futterſchwinge nehmen; ſeht welche am beſten geſchrieben iſt.

Melch.

Ich habe mein Tage viel Narren-Poſſen geſehen / die zierlich geſchrieben ſind. Hengt die Co - mœdien alle an die Lufft; die der Wind am erſten wegfuͤhret / die iſt gewiß die ſchlimſte.

Grol.

Ich daͤchte / wenn man eine Comœdie nach der andern an den Glockenſtrang bindete / und lieſſe hernach laͤuten / bey welcher die Glocke am ſchoͤnſten klaͤnge / die muͤſte auch wol die ſchoͤnſte ſeyn.

Kil.

Ich / als ein Todtengraͤber / gedachte ſo / wen man den Plunder in die Erde verſcharrete / wel -S ſche276[274]Absurdache hernach am erſten verfaulete / die muͤſte wol die ſchlimſte ſeyn.

Pet.

Gebt eine Karte her / wir wollen drum ſpie - len: wer den blaumaͤntlichten Scherwentzel kriegt / deſſen Comœdie ſol die beſte ſeyn.

Alex.

Gebt mir nur die Zettel zuſammen / von welchen meine Ottern ſterben / die werden gewiß - lich die kraͤfftigſten ſeyn.

Mert.

Wir wollen in Calender ſehen: welche Co - mœdie im beſten Zeichen gemacht iſt / die wird un - ſerm Herrn auch am geſuͤndeſten ſeyn.

Nic.

Ich habe einen Sandſeiger bey mir / da laſt ein groß Glaß herum gehen / wer es am geſchwin - deſten außtrincket / daß im Seiger der meiſte Sand drinnen bleibet / der mag den Vogel abgeſchoſſen ha - ben.

Fab.

Wir wollen darnach ſehen / wer am meiſten Latein eingemenget hat.

Curſ.

Ihr Herren / wenn ich einen Vorſchlag thun darff / ſo wil ich mit einen guten Rathe darzwi - ſchen kommen. Ich habe einen Hund / der hat ſo einen ſubtilen Geruch / daß er flugs errathen kan / welcher Mann vornehmer iſt als der andere; Denn wenn unſer Gerichts-Schultze koͤmt / ſo wedelt er allemahl mit dem Schwantze zehn mahl; aber wenn der Thuͤrwaͤrter koͤmt / ſo lieſſe er ſich eher todt ſchla - gen / ehe er mit dem Schwantze mehr als zwey mahl wedelte. Legt die Sachen nach einander hin / beywelcher277[275]Comica. welcher Comœdie er am meiſten wedeln wird / die - ſelbe muß unſtreitig die beſte ſeyn.

Rob.

Der Vorſchlag iſt nicht uneben; wo der Hund da iſt / ſo wird der Axt bald ein Stiel gefun - den werden.

Fab.

Ich ſage mich loß. Der Hund verſtehet nicht lateiniſch. Ja wenn es Lyciſca waͤre apud Virgilium, ſo wuͤſte ich wol / wer die andern abſtechen ſolte.

Nic.

Ey / die Hunde haben nur eine Sprache. Denn wie die Sprachen ſind verwirret worden / da blieben die Hunde bey ihrer Stimme / einmahl wie das andere.

(Die Comœdien werden hingelegt / an dieſelbe / die Bonifacius gemacht hat / wird ein Stuͤcke Fleiſch gebun - den.)
Curſ.
(Bringt den Hund und locket ihn / biß er des Fleiſches gewahr wird / und die Comœdie damit auffhebet / alſo nimmt er ihm das papierne Zeug.)

Meine Herren / der Hund hat nicht alleine gewedelt / ſondern hat auch den Brief mit dem Munde ſelber auffgehoben.

Rob.

Es iſt ein verſtaͤndiger Hund / ich halte im - mer / es iſt einmahl ein Schaͤtzgraͤber darein ver - bannet worden. Doch es bleibe darbey / Herr Bo - nifacius Lautenſack / wolbeſtellter K[ir]chſchreiber zuS ſ 2Bettel -278[276]AbsurdaBettelrode ſol ſeine Comœdie von Tobia und der Schwalbe noch heute dieſen Tag vor der gnaͤdigſten Herrſchafft præſentiren.

Bon.

Ihr wolweiſe Magnificentzen haben ja grof - fen Danck / daß ſie mir durch ſo ein gnaͤdiges Urtheil zu ſtatten kommen. Aber ſoll ich die Perſonen an - derswo her beſtellen?

Rob.

Nein es ſollen die andern ehrlichen Leute nicht außgeſchloſſen ſeyn: ſchreibet alle Perſonen auf einen Zettel / und loſet drum / wer eine kriegt / der ſol ſie auch behalten / bey Vermeidung eines ſchweren Einſehens.

Bon.

Die Perſonen duͤrffen nicht abgeſchrieben werden / ich wil nur meinen Zettel da zerreiſſen: A - ber die Perſonen moͤchten nicht rum reichen / darff ich hernach etliche Adjuvanten nehmen?

Rob.

Das ſtehet euch frey / nur nehmet ſolche Leute / davon die andern keinen Schimpff haben.

Bon.

Ach nein / es ſind alle gar ehrlicher Leute Kin - der: einer iſt dabey / dem iſt der Vater 14. Tage zu - vor gehangen worden / ehe er iſt auf die Welt kom - men. Aber ich wil nicht hoffen / daß er deßwegen an einer ſolchen Sache koͤnte gehindert werden. A - ber darff ich mir nicht eine Perſon außleſen? ich bin der vornehmſte / und alſo waͤre ich gerne der Koͤnig zu Ninive.

Rob.

Durchaus nicht / ihr habt Ehre genung / daß eure Comœdie geſpielet wird: Nun muß aller - dings drum geloſet werden.

Bon. 279[277]Comica.
Bon.

So wil ich nur die Perſonen zuvor ableſen. Erſtlich zwey Leuchter an ſtatt des Prologum und E - pilogum.

Rob.

Warum ſollen ſie die Leuchter ſeyn?

Bon.

Es iſt doch auf dem Theatro finſter / ſo ſe - tzen ſie die Lichter auf die Koͤpffe / und kommen zu erſt heraus / gehen zu letzt hinein / ſo bleibet es immer lichte.

Rob.

Nun es mag ſeyn / leſet weiter.

Bon.

Zwey Muſicaliſche Schaͤfer / der Koͤnig zu Ninive / der alte Tobias / ſeine Frau / der junge To - bias / der Engel / die Leiche / die Wand / die Banck.

Sigh.

Sind das alle Perſonen?

Bon.

Man verachte mir meine Invention nicht / biß ſie an das Tagelicht koͤmt. Ferner die Schwal - be / die Ziege / der Hund / nebſt dieſen die Muſican - ten von Vocalibus und Inſtrumentalibus.

Sigh.

Wer ſol nun die Zettel außtheilen?

Bon.

Ich habe meinen Sohn drauſſen / der iſt un - partheyiſch. Pancratien komm herein / du kriegſt was zu thun.

Pancrat.
(komt)

was ſol ich thun mein Vater?

Bon.

Da haſtu Zettel / gehe herum und theile ſie aus / von den uͤbrigen magſtu auch einen behalten.

Panc.

Ich verſtehe es ſchon was ich thun ſoll.

(Er geht zu Robert.)

Geſtrenger Herr / einen Zettel.

Rob.

Ich bedancke mich / ich ſpiele nicht mit.

Bon.

Du tummer Schelm / machſtu doch eineS ſ 3Sau280[278]AbsurdaSau / ehe die Perſonen außgetheilet werden. Kom̃ doch / und mache bey mir den Anfang.

Panc.

Der Herr verzeihe mir zwar.

(Er theilet ſie mit groſſen Reverentzen aus: Sie machen die Zettel auff / einer nach dem andern tru mitten auf den Platz / und nennet ſeine Perſon.)
Bon.

Ich kriege eine Haupt-Perſon / ich bin der Leuchter.

Steph.

Ich bin auch kein Narr / ich kriege den alten Tobias.

Veit.

Was werd ich machen? ich bin des alten Tobiß ſeine Frau.

Melch.

Ich bin der andre Leuchter.

Detl.

Ich habe keine haupt-Perſon: ich bin die Banck / da ſetzt ſich wol keiner mit dem Kopffe drauff.

Grol.

Und ich bin die Wand; macht mir nur das Schwalben-Neſt nicht zu ſchwer / ſonſt werffe ich den garſtigen Vogel aus dem Neſte.

Pet.

Nun mit Zuͤchten zu melden / ich bin die Schwalbe. Herr Bonifacius mags verantworten / wo meine Action was mit bringt.

Kil.

Je nein / je nein / koͤmt die Perſon an mich? je daß mir nicht die Ehre weg koͤmt / ich bin der En - gel.

Alex.

Ich bin ein ſingender Schaͤffer.

Mert.

Ach ich armer Mann / wie kom̃e ich zu demUngluͤ -281[279]Comica. Ungluͤcke / ich bin der Koͤnig. Wer wird mir einen Scepter leyhen? Ich muß doch die Kuͤh-Hirtin bit - ten / daß ſie mir ihr Uberruͤcke in die Haͤnde giebt.

Nic.

Nun / das Gluͤcke theilt ſeine Gaben wun - derlich aus: ich bin der junge Tobias.

Fab.

Ich habs ambeſten / meine Perſon hat ge - wiß nicht viel zu reden / denn ich bin die Leiche.

Pan.

So viel als ich aus dem Zettel ſehe / ſo bin ich die Ziege.

Bon.

So fehlt uns noch der Hund und ein Schaͤfer / die wollen wir ſchon zuſammen kriegen.

Rob.

Wegen der Kleider werdet ihr nun wiſſen Anſtalt zu machen / heute auf den Abend geht die Co - mœdie fort.

Sigh.

Doch das ſey euch bey Straffe eingebun - den / daß keiner zum Zancke Anlaß giebt / noch viel weniger / daß einer den Herrn Director beſchimpfft / oder verachtet. Es heiſt eine Comœdie / das iſt / es ſol friedlich zu gehen.

(Geht ab.)
Nic.

Ich wil gerne ſehn / wo wir alle Kleider wer - den her kriegen.

Bon.

Ey zum S. Velten / es geſchicht bey Lichte / da nimt man alles nicht ſo genau. Man fieht wol ehe einen Eſel vor ein Carnickelgen an. Den Leuchter wil ich ſchaffen.

Steff,

Aber was hat der alte Tobias?

Bon.

Einen ſeinen Schlaff-Peltz / und auff demS ſ 4Kopffe282[280]AbsurdaKopffe eine Schlaff-Muͤtze. Denn alte Leute hal - ten ſich gerne warm.

Veit.

Wo krieg ich denn Weiber-Kleider?

Bon.

Die gantze Welt iſt voller Weiber: da wil ich ſchon Rath ſchaffen.

Detl.

Aber wo krieg denn ich Kleider / daß ich außſehe / wie eine Banck? Ich werde mich nim - mermehr laſſen mit Bretern verſchlagen.

Bon.

Es iſt die Banck / da der alte Tobias drauff geſchlaffen hat: wickelt euch in einen Teppicht / und legt euch dahin / ſo ſeyd ihr fertig.

Grolm.

Und ich bin die Wand / ich werde mich wol beym Maͤuer weiſſen laſſen.

Bon.

Ach nein / der Koͤnig beſuchte den Tobiam; er haͤt wol die Vorhaͤnge von dem Bette genom̃en / und um die Wand gehangen. Ich wil ſchon ſehen / daß ich euch putzen laſſe / um das Schwalben-Neſt duͤrfft ihr auch nicht ſorgen.

Pet.

Aber wie lange ſol ich mich in den Federn her - um weltzen / biß ich zur Schwalbe werde?

Bon.

Zwey Gebund Flederwiſche thun viel. Die Leute wiſſens doch wol / daß ihr nicht die rechte Schwalbe ſeyd.

Kil.

Wenn ich der Engel bin / ſo werd ich wol mein ſchwartz Ehren-Kleid anziehen.

Bon.

Die guten Engel gehen auch in ſchwartzen Kleidern; Ein weiß Hembde / ein roth Band / ein geneht Schnuptuch um den Halß / eine geſtrickteHaube283[281]Comica. Haube vors Geſichte / und einen Krantz auf den Kopff / einen gruͤnen Zweig in der Hand / ſo gehn ſie in unſern Dorffe / wenn S. Merten und S. Andres zum Kindern koͤmt. Aber ich wil alles ſchaffen / was der Schaͤfer / was der Koͤnig / und was die andern haben ſollen. Ich wil die Ziege ſchicken / und wenn ich ihr ein Kalbfell um den Leib wickeln ſolte. Dem Hunde geb ich einen alten Beſen / daß er damit we - delt / es iſt alles gut. Komt nur und ſchreibt die Perſonen ab / daß wir mit dem Außwendiglernen zu rechte kommen / die Zeit iſt kurtz / und der Sorgen ſind viel.

Detl.

Das weiß ich wol / ohne Ferckel wirds nicht abgehen: wer die Comœdie gemacht hat / der mag uns Einſchlag geben / wie wir zu rechte kom - men.

Anderer Handlung

Erſter Aufftritt.

Marcolphus, Schnips.
Marc.

Ich thue es doch nicht. Was hab ich dar - von? Ein ander hat die Ehre und den Gewinſt / und ich ſol vor die lange weile die Arbeit oder die Schan - de auff mich nehmen. O nein / wenn ich mich erhoͤ - hen wil / ſo gucke ich oben zur Feuermauer heraus / und ſperre den Halß auff / daß man meine liebliche Stimme uͤber ſechs Doͤrffer hoͤret / da dencke ich / es komme einer / und thue mirs nach.

Schnips. 284[282]Absurda
Schnips.

Ey Vater / der ehrliche Mann bath ſo ſehr / und er wolte mir auch eine Perſon darbey ge - ben. Ihr koͤnt ja ſonſt feine ſingen / thuts ihm doch zu Gefallen.

Marc.

O du Narr / du denckſt es iſt nur um die Muͤhe / daß man vor den Leuten was luſtiges macht. Aber wer klettert mir in der Feuermauer unterdeſſen herum / und wer verdienet mir mein Geld?

Sch.

Ey Vater / der Graf iſt ein reicher Mann / ich wil bey ihm in einem Tage mehr verdienen / als bey den Bauern in einem Viertel Jahre.

Marc.

O du Maul-Affe / du weiſt viel / wo das Geld herkomt. Ich lobe eine Arbeit beym Bauer / den kan ich um ſeine 18. Pfennige exeqviren; aber ein groſſer Herr laͤſt mich in den Thuꝛm ſtecken / wenn ich was haben wil.

Schn.

Aber ſo krieg ich keine Perſon.

Anderer Handlung

Anderer Aufftritt.

Marcolphus, Schnips, Bonifacius.
Bon.

Ey Kunſt-reicher / Tugendſamer Herr Feuermauer-Kehrer / ſeyd doch gebeten / und helft mir dießmahl aus meiner Noth: Ich koͤnte wol zehn Perſonen vor eine kriegen / aber ich wolte gerne was rechts zuſammen bringen / und ich weiß / daß ihrs thun koͤnt.

Marc. 285[283]Comica.
Marc.

Ey / habt ihr was angefangen / ſo fuͤhrets aus: Hab ich euch doch keinmahl gebeten / daß ihr mir die Letter halten ſolt / wenn ich die Feuermauer kehre.

Bon.

Ihr duͤrfft mirs zu Gefallen nicht thun; ſteckte mein gnaͤdigſter Herr nicht dahinter / ich wol - te nicht einen Trit auf die Gaſſe gehn.

Marc.

Wil mir der gnaͤdigſte Herr was befehlen / ſo wird ers wol thun: Aber ich dencke weil ich eu - rentwegen was arbeiten ſol / ſo bin ich ein guter Freund: wird aber der gnaͤdigſte Herr was ſpendi - ren / ſo wirds heiſſen: Marcolphus, ich paſſe / ich kenne dich nicht.

Bon.

Ach laſt doch ſolche Gedancken fahren. Da habt ihr meine Hand / ich wil euch ſo viel geben / als mein beſter Adjuvante kriegen wird / und ich wil eu - ren Jungen auch laſſen mit ſpielen.

Schn.

Vater / thut dem lieben Herrn was zu Ge - fallen / oder ich lauffe davon / denn ich muß auch ein - mahl was luſtiges in der Welt ſehen. Wenn ich tauſend mahl in die ſchwartzen Loͤcher gucke / ſo bleib ich ein Narr / und ein beſchiſſener Kerl einmahl wie das ander.

Bon.

Ey nun / ey nun / laſt euch erbarmen / ihr ſeht / ich bin voller Angſt / und wer weiß / wie mirs noch mit den andern Perſonen geht / helfft mir nur aus dieſer Hertzens-Noth.

Marc.

Man wird euer nicht eher loß / biß man Ja ſpricht. Aber was ſol ich denn werden?

Bon. 286[284]Absurda
Bon.

Ein ſingender Schaͤffer; ich wil euch das Lied auff den Schaͤffer Stock brehmen / ſo duͤrfft ihr nichts außwendig lernen.

Marc.

Was ſoll aber mein Junge ſeyn?

Bon.

Ich wil ihm gar eine leichte Perſon geben / er ſol der Hund ſeyn.

Marc.

Hat er auch viel außwendig zu lernen? Die Hunde haben ſonſt nicht viel zu reden.

Bon.

Ich habe alles gar kuͤnſtlich durch einander gewircket: laſt mich nur gehen / es ſoll beſſer heraus kommen / als alle Leute gedencken.

Marc.

Ey nun / wenn ich ſo viel kriege / als mei - ne Verhinderung außtraͤgt / ſo mags ſeyn.

Bon.

Geht nur hinein / und laſſet euch meine Ad - juvanten die Kleider geben.

Anderer Handlung

Dritter Aufftrit.

Bonifacius, Walpe, Talpe, Kunks, Runks.
Walp.

Ehrenveſter Herr / ſeyd doch gebeten / und gebt meinem Jungen auch eine Perſon.

Talpe.

Ey wolweiſer Herr / ihr werdet meinen Jungen auch nicht dahinten laſſen.

Walp.

Ich wil euch gerne was ſpendiren.

Talpe. 287[285]Comica.
Talpe.

Und ihr ſolts bey euren Kindes Kindern uͤm mich zu genieſſen haben.

(Sie zerren ihn von einem Orte zum andern.)
Bon.

O du unbarmhertziges Gluͤcke / warum haſtu meine Comœdie gleich außgeleſen? Werde ich doch uͤber den Handel zum Narren / ehe ich mei - ne Perſon außwendig lerne.

Walp.

Ey nun Herr / gebt meinem Sohne eine Perſon / oder ich nehme euren Hut.

Bon.

Nein / nein / gebt ihr her / der Hut iſt mei - ne / oder euer Junge kriegt keine Perſon.

Talp.

Ich ſehe wol / wer was nimt / der kriegt was / ich muß ihm nur den groſſen Zettel aus der Hand reiſſen.

(Sie reiſſt ihm den Brieff entzwey.)
Bon.

O meine Kuͤnſte! Nun weiß ich nicht / wo die Comœdie ihren Fortgang haben kan. Nun ha - be ich keine Perſon / und muß doch zum Hinter-Thor hinaus lauffen. Ach mein Hut!

Walpe.

Da habt ihr den Hut wieder; aber ſoll mein Junge was auff der Comœdie ſeyn?

(Er wil ihn nicht nehmen.)
Bon.

Ach mein Brief.

Talp.

Da habt ihr das Stuͤcke vom zerriſſenen Zettel auch wieder: aber ich dencke / ihr werdet mich auch bedencken.

Bon.

Ach mein Hut.

Walp. 288[286]Absurda
Walp.

Gevatter / greifft ihr zu / er ſoll nicht von der Stelle gehen / biß er unſern Willen gethan hat.

Bon.

Ich muß mich nur beqvemen / daß ich euer loß werde. Wie alt biſtu?

Runks.

Meine Mutter hat gleich in Wochen mit mir gelegen / da unſer Sauſtall abbrandte: Wenn er noch einmahl abbrennet / ſo werde ich gleich ein Jahr alt.

Bon.

Kanſtu auch was außwendig lernen?

Runks.

Nein zum reden ſchicke ich mich nicht gar gut / aber zum Lachen / und ſonderlich zum Trincken / da bin ich ein ſteiffer Kerl.

Bon.

Aber was biſtu?

Kunks.

Ein lediger Kerl.

Bon.

Ich halte / ledig an Ehren / und ledig am Gelde. Aber wie alt biſtu?

Kun.

Wenn unſer Schulmeiſter ſein Kirchen - Buch voll geſchrieben hat / ſo bin ich gleich hundert Jahr alt. Denn ſo viel Blaͤtter waren noch uͤbrig / als ich auf die Welt kam.

Bon.

Kanſtu was außwendig lernen?

Kunks.

Ja Herr / wenn meine Peꝛſon nicht ſechs Bogen zu reden hat / ſo gebe ich euch den Qvarck wieder.

Bon.

Nun ſo geht hinein. Ihr ſolt allebeyde verſorget werden / daß ich nur der Marter loß bin.

Walp.

Nun / ihr gebt ja meinem Sohne nichts zu reden.

Talp. 289[287]Comica.
Talp.

Und ihr gebt meinem Sohne viel zu reden.

(Sie zerren ihn von einer Stelle zu der andern.)
Bon.

Ach wo es allen Comœdianten ſo geht / wie mir / ſo koͤmt wol keiner ins Fegfeuer. Denn ich weiß es am beſten / was ich vor Hertzens-Angſt dar - bey außſtehen muß.

Walp.

So darff ich euren Worten trauen?

Talp.

Und ich mag euch einen Schelmen heiſſen / wenn ihr gelogen habt?

Bon.

Ja doch / ja ihr lieben Leute / plagt mich nur jtzund nicht ſo gar erbaͤrmlich.

Walp.

Ein ehrlicher Mann haͤlt ſein Wort.

(Geht ab.)
Talp.

Und wer mich betriegen wil / dem wil ich einen heimlichen Poſſen thun / daß er an mich geden - cken ſol.

Anderer Handlung

Vierdter Aufftritt.

Sighard und Qvaſi.
Sighard.

Haben ſich Ihr Gnaden reſolviret dem Spiele bey zu wohnen?

Qvaſ.

Ja ſie erwarten die erſte Nachricht / wenn ſie in dem Saale erſcheinen ſollen.

Sigh. 290[288]Absurda
Sigh.

Wird ſich das Frauenzimmer auch darbey finden laſſen?

Qvaſi.

Ach ſie reiſſen ſich ſo ſehr nach der Comœ - die / und die Cammer-Maͤgdgen weinen die bitter - ſten Zaͤhren / welche unterdeſſen in dem Gemache bleiben ſol.

Sigh.

So geh doch bald / und laß die Perſonen zu - ſammen kommen.

Qvaſ.

Ich bin ſchon einmahl darnach gegan - gen. Aber der Vornehmſte im Spiele gedachte / es ſtuͤnde gar reputirlich / wenn groſſe Leute auf ſich warten lieſſen.

Sig.

In Anſehung der zukuͤnfftigen Luſt / wol - len wir ihm die Rede zu gute halten. Doch gehe noch einmahl hin: das Lumpen-Volck wil erinnert ſeyn.

Qvaſ.

Ich wil das meinige thun / haben ſie was ein zuwenden / ſo moͤgen ſie zu ſehen / ob ſie den gan - tzen Qvarck auf einmahl verliehren.

(Geht ab.)
Sigh.

Ich erfreue mich / daß dieſer Abend ſo viel laͤcherliche Mißgeburten hervorbringen wird.

Anderer Handlung

Fuͤnffter Aufftritt.

Bonifacius und Melcher
(Haben die Leuchter ſchon auf die Koͤpffe geſetzt.)
Melch. 291[289]Comica.
Melch.

Ey / das laſſe ich wol bleiben; haͤtte ich das gewuſt / daß ich ſolte geſchimpffet werden / ſo wolte ich eure Perſon zu was anders gebrauchet ha - ben.

Bon.

Ey nun / mein lieber Hꝛ. Amts-Bruder / es iſt ja kein Schimpff: der gnaͤdigſte Herr begehret / wir ſollen in Degen gehen / und es ſtehet auch wol unſern Perſonen reputirlicher an / als wenn wir auffziehen / wie die Grabebitter.

Melch.

Ey / ich thue es doch nicht.

Bon.

So wird der gnaͤdigſte Herr die Urſache wiſſen wollen.

Melch.

Der iſt ein Narr / der allen Leuten die Urſache ſagt.

Bon.

Fuͤrwahr / der gnaͤdigſte Herr brichts uns am Geſchencke gedoppelt wieder ab. Es waͤre ein ſein Stuͤcke / wenn wir alle ſeinetwegen etwas lei - den muͤſten.

Melch.

Ach hertzer Hꝛ. Amts Bruder / ſehet doch / wie ich dießmahl davon komme.

Bon.

Ach hertzer Herr Amts-Bruder / gehorcht doch eurer lieben Obrigkeit nur dieß mahl.

Melch.

Ach die Urſache muß doch an den Tag kommen.

(Er fuͤhret ihn auff die Seite.)

Herr Amts-Bruder / ſo im Vertrauen geredet / ich habe gar einen ſchlechten Dienſt / darbey ſich der rei - che Mañ ſchwerlich in Purpur und koͤſtlicheꝛ Leinwãd gekleidet haͤtte / alſo habe ich mir kaum ſo viel verdie -T tnet292[290]Absurdanet / daß ich mir an der foͤrdern Seite ein halbes Eh - ren-Kleid geſchafft habe. Die andere Seite gegen dem Ruͤcken zu / die ſiehet noch aus wie ein Dach / da die hinterſten Ziegel fehlen. Weil ich nun mit mei - nem Mantel die Schande allemahl zudecken muß / ſo laſt mich doch nur zu frieden: ich kan mein doppelt Wamſt nicht anſehen / ja / ich kan meinen grauen Tuch-Fleck in den Hoſen vor aller Welt nicht be - ſchimpffen laſſen.

Bon.

Ey / ey / haͤtte ich ſo viel vor einer Viertel Stunde gewuſt / ſo waͤren Hoſen und Kappen ge - nung im Vorrathe geweſen. Doch nun iſt es nicht zu aͤndern / jhr muͤſſet ein uͤbriges thun.

Melch.

Aber ich wil euch nur ein Bißgen unter den Mantel gucken laſſen / ſeht doch / ob der Anblick nicht haupt erbaͤrmlich heraus koͤmt.

Bon.

Ja / der Habit ſiehet einem hochzeitlichen Kleide nicht allerdings aͤhnlich.

Melch.

Bey mir geht es hin. Denn da hat mein Vorfahre die Mode auffgebracht / daß ſich der Can - tor im Mantel zu Tiſche ſetzt / damit kan ich den Staat mit meinem halben Wamſte fuͤhren / und niemand darff mich außlachen.

Bon.

Die Zeit iſt koͤſtlich / wir muͤſſen wol rich - tig werden. Herr Amts-Bruder / thut es dem gnaͤdigſten Herrn immer zu Gefallen / und legt den Mantel ab. Nur dieſes nehmt in acht / daß ihr al - lezeit den Ruͤcken von den Leuten wegkehret / ſo wiſ - ſen ſie viel / was vor Zierath auff der andern Seite ſteckt.

Melch. 293[291]Comica.
Melch.

Meynet ihr / Herr Amts-Bruder?

Bon.

Ich meyne / es ſoll ſich koͤſtlich ſchicken.

Melch.

Nun / auff eure Verantwortung wil ich es geſchehen laſſen / aber vor das Außlachen muͤſt ihr mir gut ſeyn.

Bon.

Komt nur fort / daß wir die Perſonen zu - ſammen kriegen.

Anderer Handlung

Sechſter Aufftrit.

Detlef und Grolmus.
Detlef.

Das habe ich darvon / daß ich nun zwey Perſonen ſol außwendig lernen.

Grol.

Herr Bonifacius iſt gehudelt genung / thut jhm nur dieſes zur Freundſchafft.

Det.

Warum wil der Feuermauerkehrer nicht der ſingende Schaͤfer ſeyn?

Grol.

Er kan nicht ſo lieblich und manierlich ſin - gen / wie ihr: der Kerle moͤchte dencken / er waͤre noch oben uͤber dem Dache / und moͤchte ſchreyen / daß die vornehmen Gaͤſte zur Comœdie hinaus lief - fen.

Detl.

Aber ich habe mehr zu thun.

Grol.

Ihr habt auch deſto mehr Lob.

Detl.

Meynet ihr / Herr Grolmus?

Grol.

Freylich muß ich das meynen. Und woT t 2ihr294[292]Absurdaihr nicht die Hertzen im Anfange gewinnet / ſo gehen uns ſechs Guͤlden am Geſchencke ab.

Det.

Nun / ſo wil ich doch ſehen / wo Herr Bo - nifacius ſein Kleid liegen hat.

Anderer Handlung

Siebender Aufftrit.

Kilian, hernach Pips.
Kil.

O ſeht ihr nun den ſchoͤnen Engel / ſchade / daß heute nicht der Andreß-Abend iſt / ich muͤſte doch allen Jungfern und Maͤgden in der Geſtalt erſchei - nen. Aber was wil mein Junge? Huy / daß er mich in dem Kleide verkennet.

Pips.

Das heiſt gelauffen / in fuͤnff Stunden zwey Meilen / und nun ich den Vater ſuche / moͤchte ich 5. Stunden zu Huͤlffe nehmen / daß ich erfuͤhre in wel - chem Bier-Hauſe er ſeine Comœdie verſauffen wird.

Kil.

Ja / ja / ſuche mich im Bier-Hauſe / du wirſt zu rechte kommen; das Bier-Geld ſol noch verdienet werden.

Pips.

Wer iſt das? ich ſpreche immer / die leib - hafftige Comœdie geht da herum. Guten Tag ſchoͤ - ner Herr / habt ihr nicht den Todtengraͤber auff der Eſels-Wieſe geſehen?

Kil.

Groffen Danck / garſtiger Junge / die E - ſels-Wieſe ſehe ich itzo / da du ſteheſt: Aber was ſoll der Todtengraͤber?

Pips. 295[293]Comica.
Pips.

Das laſſe ich bleiben / daß ich meines Va - tern Heimligkeit andern Leuten auff die Naſe binde.

Kil.

Ich werde mich wol dem Jungen zu erkeñen geben: wer weiß / was vor ein Ungluͤcke zu Hauſe vorgegangen iſt / ſeit ich drittehalb Tage nicht bin da geweſt.

Pips.

Koͤñt ihr mir nicht helffen / ſo muß ich wei - ter gehn.

Kil.

Bleib da / ich bins ſelber / ſiehſtu nicht mein vaͤterlichs Geſichte.

(Er zeucht die geſtrickte Haube vom Ge - ſichte.)
Pips.

Je Vater / ſeyd ihr ſo ein vornehmer Kerl worden / das habe ich nicht gewuſt / ſonſt waͤre ich nim - mermehr ſo geſchwinde hergelauffen.

Kil.

Wo ſichs der Muͤhe nicht verlohnt / ſo wil ich dir prave Schlaͤge geben / daß du mir die Schuhe vergebens zerriſſen haſt.

Pips.

Je nun ſeht / wer weiß alle Dinge? Rauch - Mertens Großknecht iſt geſtorben / und weil ihr nicht da ſeyd / ſo wil des Schulmeiſters Gevatter das Grab machen / und die beyde wollen es mit ein - ander theilen. Nun ſehe ich wol / daß euch ein Orts - Thaler abgehet: Aber da ihr ſo ein ſchoͤner Kerl worden ſeyd / ſo werdet ihr in dem Ehren-Kleide kein Grab mehr machen.

Kil.

Was wil mir der Schulmeiſter mit ſeinem lauſichten Gevatter ins Handwerck fallen? Ey dasT t 3waͤre296[294]Absurdawaͤre eine huͤbſche Comœdie vor mich. Nein / nein / lauff du fort / und ſprich: Ich wil noch zu rechter Zeit kommen.

Pips.

O Vater / wenn ihr ohne dieß kom̃en wolt / ſo bringt die Botſchafft ſelber: ich muß die Comœ - die mit anſehen.

Kil.

Je du Boͤſewicht / wie biſtu mir in drittehalb Tagen ſo verwildert! ſo einen Ungehorſamen haͤtte ich mit keiner Stange in dir geſucht.

Anderer Handlung

Achter Aufftrit.

Kilian, Pips, und Bonifacius.
Bon.

Nun Meiſter Kilian, ich halte / ihr laſt euch uͤberhoͤren: fort / fort / die Comœdie ſol nun angehn.

Kil.

Wer ſchiert ſich um die Comœdie? Itzund wil ich mich anziehen / und wil ſehen / wo der naͤch - ſte Weg auff die Eſelswieſe zu geht.

Bon.

Ey / wie ſol ich das verſtehen? der gnaͤdig - ſte Herr wuͤrde es vor einen groſſen Schimpf anneh - men.

Kil.

Schimpf hin / Schimpf her / ich kan da nicht wie ein Narr herum ziehen / daß mich unterdeſ - ſen andere Leute um das meinige bringen.

Bon.

Ach ſo bleibt mir doch eine Haupt Perſon aus.

Kil. 297[295]Comica.
Kil ..

Was heiſt denn eine Haupt-Perſon? Ich dencke / ein jedweder wird ſeinen Kopff mitbringen. Nun lebt wol / ihr Kirchenſchreiber.

Bon.

Ach ich gebe euch die Hand nicht / ihr muͤſt zuvor mitſpielen. Je denckt doch / wie unſere Com - pagnie eurentwegen koͤnte geſchimpffet werden.

Kil.

Schimpfft mich wieder / wenn ihr koͤnt. Jetzo wil ich gleich den Plunder vom Leibe reiſſen.

Bon.

Wolt ihr nicht bleiben?

Kil.

Fragt mich nicht noch einmahl / ſonſt thue ich einen Schwur darzu / daß alles um uns ſchwartz und Blitz-blau ausſehen ſol.

Bon.

O Angſt uͤber Angſt! was hilfft michs / daß ich ein Bonifacius bin / wenn mir S. Velten einen Malefacius nach dem andern uͤber den Halß ſchicket? Ach Herr / ach Meiſter Kilian, ſo geht doch nur im Pro - ceſſe mit herum / daß ſie euch einmahl ſehen / koͤnnen wir doch ſprechen / ihr ſeyd geſchwinde kranck wor - den.

Kilian.

Meinetwegen ſprecht / ich bin geſtorben: wenn ich meine Comœdie von der Loͤwen-Grube ſpielen werde / ſo weiß ich nicht / ob ihr ſo ſchlechter Dinges einen Loͤwen auf euch nehmen werdet; Kom̃ Pips, unſer Weg iſt der weiteſte.

Bon.

So gebt mir doch die Kleider wieder / es muß doch ein Engel bey der Comœdie ſeyn / und weñ ich die Perſon ſelber annehmen ſolte.

Kil.

Immer hin / der Orts-Thaler iſt mir ge - wiſſer / den ich zur Eſels-Wieſe verdienen kan.

(Geht ab.)
An -298[296]Absurda

Anderer Handlung

Neundter Aufftrit.

Braccio, Lyre, Gamba, und Bonifacius.
Brac.

Das thue ich nicht; Ich verſaͤume eine Kirms druͤber / darbey ich mir ein Stuͤck von mei - ner Winterzehrung verdienen kan.

Lyre.

Und endlich ſeyn mir die Saͤiten auf meiner Zitter um das Geld auch nicht feil.

Gamb.

So werd ich vielleicht mit meiner Baß - Fiedel wie ein Narr alleine bleiben.

Bon.

O wenn doch der heutige Tag vorbey waͤre? Ach Amts Sorgen ſind ſchwere Sorgen / ſonderlich wenn einer was uͤber ſic[h][ni]mt / das er nicht gelernet hat / und das er ohne Schaden ſeines Beruffes wol koͤnte bleiben laſſen. Doch was wer - den die Spiel-Leute machen?

Brac.

Was heiſſen nun die Poſſen? wir ſind ein - mahl beſtellt: Nun haben wir nichts zu freſſen und zu ſauffen.

Bon.

Sachte / ihr lieben Leute / wo man lange wartet / da koͤmt das gute mit einander.

Lyr.

Ja es wird kommen / daß mir die Saͤiten druͤber verroſten moͤchten.

Gamb.

Und ehe es koͤmt / ſo kriegt meine Baß - Fiedel die Schwindſucht.

Bon. 299[297]Comica.
Bon.

Was hab ich endlich davon? Ich wil dem gnaͤdigſten Herrn die Comœdie wieder auffkuͤndi - gen.

Brac.

Das moͤgt ihr thun: Wir wollen wiſſen / wer uns bezahlt.

(Sie zerren ihn von einem Orte zum andern.)
Lyr.

Ich halte mich an meinen Mann.

Gamb.

Und wenn der Mann nicht wil / ſo halte ich mich an ſeinen Bart.

Brac.

Und wenn der Bart nicht wil / ſo rede ich von Maulſchellen.

Lyr.

Wie ſtehts / ſollen wir da bleiben / oder ſollen wir weggehen?

Gamb.

Und wer ſoll uns das Weggehen bezah - len?

Bon.

Ach fidelt mir nur das Lied:

Lebt jemand ſo wie ich / ſo lebt er
jaͤmmerlich.
Brac.

Wer jaͤmmerlich lebt / der ſol uns nicht dingen.

Bon.

Ich habe euch gedinget / das iſt wahr; giebt uns der Grafe was / ſo wird euer Theil auch darbey ſeyn. Da ſteht mein Haab und Gut zu Pfande / daß ich keinen Unterſchleiff darbey brauchen wil.

Lyr.

Nun / die Verſicherung wil ich annehmen. Aber weh eurem Haab und Gut / wo ihr zum Luͤg - ner werdet.

Ande -300[298]Absurda

Anderer Handlung

Zehnder Aufftrit.

Die vorigen und Curſi.
Curſ.

Herr Kirchſchreiber / wie ſteht es denn mit eurer Comœdie? Der gnaͤdigſte Herr hat euch wol zehn mahl einen Baͤhrenheuter geheiſſen / daß ihr ein ſolcher Troͤdler ſeyd. Wenn ihr nicht bey Zeiten komt / ſo gehn wir wieder fort / und da moͤgt ihr ſe - hen / wer die Comœdie bezahlen wird.

Bon.

Ach zu dieſen Baͤhrenheutern bringen mich boͤſe Leute. Ich bin lange fertig geweſen. Aber da ſetzen mir die Spielleute den Stuhl vor die Thuͤ - re / und das kan ein jedweder wol gedencken / daß ich nicht zugleich reden und fiedeln kan.

Curſ.

Ihr Leute / laſt nicht Klage wider euch kom - men: wir haben ein Hundeloch / da ihr und die Fie - deln Raum habet. Sagt mir / was habt ihr ein - zuwenden?

Brac.

O nichts / O nichts / der gute Mann hat uns nicht recht verſtanden.

Curſ.

Nun packt euch fort / und laſt euch anwei - ſen / was ihr verrichten ſolt. Sonſten wil ich an[e]uren Schimpffe keinen Theil haben.

Lyr.

Wir wollen alles gerne thun.

Gehen ab.)
Bon. 301[299]Comica.
Bon.

Ich haͤtte das Spiel loß gegeben. Doch nun muß ich Schande halben da bleiben.

Curſ.

Hoͤrt nur guter Freund / weil doch nun alles wird beſtellet ſeyn / ſo wil der gnaͤdige Herr wiſſen / ob ihr alles ſelber gemacht habt.

Bon.

Ich werde meinen Namen zu keinen frem - den Sachen ſchreiben.

Curſ.

Ich weiß wol / daß ihr gelehrt genung ſeyd. Aber es moͤchte euch an Zeit gemangelt haben. Mein Herr laͤſt es doch druͤcken / und wenn darnach jemand Theil daran haͤtte / ſo gedencket / was euch vor ein Schimpff widerfahren koͤnte.

Bonifac.

Nun lebe ich noch einmahl jaͤmmerlich. Herr / ich will alles bekennen; Die Verſe habe ich meiſtentheils gemacht: Aber zu den Reymen hat mir ein Studente geholffen / ein ehrlicher Kerl / ei - nes Mitgaͤrtners Sohn / der endlich meine Tochter und meinen Dienſt kriegen koͤnte / wenn ich zuvor was beſſers haͤtte.

Curſ.

Es iſt euer Gluͤcke / daß ihr gleich heraus bekennet: Weil es in dem Geſchlechte bleibet / ſo wird es nicht viel zu bedeuten haben. Geht nur / und commendiret die Perſonen feinriſch zuſammen.

Dritter Handlung

Erſter Aufftrit.

Robert, Strik und Lump.
Rob. 302[300]Absurda
Rob.

So nehmt euer Amt wol in acht / und weñ die loſen Schlucker etwan uneins werden / ſo kom - met mit dem kurtzen Gewehr darzwiſchen / damit an unſerer Luſt nichts verſtoͤret wird.

Strik.

Ich wil ſchon das meinige thun / und wo in der Comœdie ſonſt nichts vorgehet / als daß ich zu - ſchmeiſſen ſol / ſo wil ich meine Arbeit wol fertig ma - chen.

Lump.

Was ich von meinem Cam̃eraden ſehen werde / das wil getreulich nachthun.

Rob.

So geht und ſtellet euch an das Zimmer / da ſich die Perſonen verſamlen.

Strik.

Ich wolte lieber zu ſehen.

Lump.

Und es moͤchte auf dem Platze auch was von Haͤndeln vorgehen.

Rob.

Ihr habt gemeſſenen Befehl.

Strik.

Nur das bitte ich / daß wir umſonſt mit trincken ſollen.

Lump.

Und daß die Gebuͤhr vom Einſtecken un - ſer bleibet / wenn es irgend Haͤndel ſetzte.

Rob.

Euer ſol ſchon gedacht werden.

Dritter Handlung

Anderer Aufftritt.

Robert, Vexante, und Acuto.
Vex.

Sieh da mein Herr Hof-Rath iſt er ſchon duff dem Theatro?

Rob. 303[301]Comica.
Rob.

Ich wolte vor allen Unrath Sorge tragen / damit wir in der Luſt kein unverhofftes Hindernis haͤtten.

Vex.

Ich freue mich auff eine Luſt / dergleichen alle Tage nicht genoſſen wird.

Rob.

Ich habe gleichfalls gute Hofnung / es wer - de wol anzuſehen ſeyn. Denn was uns vergnuͤgen ſol / muß entweder haupt-gut / oder haupt-ſchlim ſeyn. Aber an dieſen Orte werden ſie nicht blei - ben. Die hohen Zuſchauer nebenſt jhrer vorneh - men Geſellſchafft ſollen dort jhre Stelle haben.

Vex.

Die andern moͤgen bleiben wo ſie wollen / wir beyde wollen uns hieherum einqvartiren / daß wir deſto freyer lachen koͤnnen.

Rob.

Nach jhren Gefallen.

(Sie ſetzen ſich einander gegen uͤber an das euſerſte Theatrum, damit die Spectatores jhre Reden und alle Judi - cia deutlich hoͤren koͤnnen.)
Vex.

Er darff ſich unſertwegen nicht aufhalten / wir ſind ſchon accommodirt.

(Die innerſte Scene eroͤffnet ſich / da die Gaͤſte ſitzen; zwey Knaben halten Fackeln / die andern Lichter ſind ausgeleſcht.)
Rob.

Wo bleiben nun die langſamen Kerlen?

Curſ.
(Koͤmt)

Die ſaͤmtlichen Comœdian -ten304[302]Absurdaten laſſen gar ſchoͤne bitten / es moͤchten doch die Lichter ausgeleſcht werden.

Acut.

Sie wollen gewiß ein Nacht-Stuͤckgen præſentiren.

Vex.

Oder ſie wollen jhre Kleider mit keinem Fette beſpritzen laſſen.

Rob.

Es iſt gut / weil zwey Leuchter dabey ſind / ſo wollen ſie die Ehre der Erleuchtung alleine ha - ben. Fort jhr Jungen / trollet euch mit den Fa - ckeln zu dem Saale hinaus.

(Die Fackeln werden abgetragen.)

Dritter Handlung

Dritter Aufftrit.

Die Spielleute kommen vorher / die Per - ſonen folgen in jhrer Ordnung / Schnips iſt der Hund / Runcks iſt des alten Tobiæ Nachtreter.
Vex.

Der Comœdiant hat gewiß in Engeland oder in Franckreich die Kleider-Kammer erbro - chen / denn ein ſolcher Zierrath iſt an keinem deut - ſchen Hofe anzutreffen.

Ac.

Es wundert mich nur / wo die unvernuͤnffti - gen Thiere zu jhren Kleidern ſo leichte kom̃en ſind.

Bon.

Nun jhr Purſche gehet alle hinaus / biß die Zeit koͤmt / daß jhr agiren ſolt: Aber jhr Herrn Muſicanten tretet in dieſen Winckel / und wenn ichdie305[303]Comica. die Zunge zum Halſe heraus ſtecke / ſo fanget an zu ſiedeln: das ſol euer Zeichen ſeyn.

Dritter Handlung

Vierdter Aufftritt.

Bonifacius und Melcher.
Bon.

Herr Amts-Bruder / tretet dorthin / es muß auff beyden Seiten lichte ſeyn.

Melch.

Aber ich fuͤrchte mich / daß irgend eine Perſon uͤber meinen Degen ſtolpere: Und wenn ich mich herum kehre / ſo wird mein Kleid verrathen.

Ac.

Ja wol / iſt dieß eine Raritaͤt von einem hauß - haltiſchen Kleide: Es fehlet ihm nur eine guͤldene Kette / die von hinten zu mit einem Bindfaden an einander gehefftet iſt.

Vex.

Und den Fleck auff den Hoſen hat er gewiß ſeiner Eheliebſten zu dancken; Denn er iſt ſehr zier - lich eingeflickt.

Ac.

Ich haͤtte nicht gemeynet / daß grau auff ſchwartz ſo ein artig Auſſehen gebe.

Vex.

In einem ſolchem Kleide iſt das Ausſehen beſſer als das Einſehen. Doch wir muͤſſen zu hoͤ - ren.

Bon.

Nun nehmet euch nur in acht / ich werde meinen Prologum anfangen.

Melch.

Wenn aber ſol ich reden?

Bon.

Hab ichs doch geſagt / ihr ſollet das Echoſeyn /306[304]Absurdaſeyn: wenn ich rede / ſo muͤſſet ihr mir nachſchnap - pen / ihr ſeyd ja ein Cantor, ihr werdet ſchon wiſſen / wie man nach dem Tacte reden ſol.

Melch.

So wolte ich / der Baß-Fiedler gebe mir mit dem Fiedelbogen den Tact darzu.

Bon.

Nun ſtille: das iſt die groͤſte Sau / wen die Herren warten muͤſſen.

Vex.

Die Leute meynen / was ſie außer ihrer vor - geſchriebenen Comœdie reden / das hoͤre kein Menſch.

Ac.

Werkan darvor / daß ſie die ſtumme Spra - che mit den Fingern nicht gelernet haben?

Bon.

Ihr Herren gute Nacht / wird euch die Zeit was lang?

Melch.

Groſſen Danck.

Bon.

Seht uns fein freundlich zu / ihr hochgebor - nen Herren.

Melch.

Gar gern.

Vex.

Das iſt ein poßierlich Echo.

Ac.

Wer hat ihm doch die Vollmacht gegeben / daß der Stuͤmper mit ſeinem Echo in unſerm Na - men antworten ſol?

Bon.

Und bleibet uns ſehr gut / ihr Jungfern Tugendreich.

Melch.

Alle zu gleich.

Bon.

Wir bringen euch da mit ein luſtig Freu - den-Spiel.

Melch.

Wie man wil.

Bon.

Sol -- Sol -- Sol --

Vex. 307[305]Comica.
Vex.

Sol dieß die erſte Sau in dieſem Spiele ſeyn?

Ac.

Es trifft ein.

Bon.

Je daß dich! der Vers waͤre mir bald ausgefallen. So gehts / wenn man nicht alles aus ſeinem Kopffe geſchrieben hat.

Melch.

Darauf kan ich kein Eccho machen / und das geht nicht auf unſern Tact.

Bon.

Irren iſt Menſchlich. Die Leute wiſſen wol / daß ichs nicht eben aus Unverſtande verſehen habe.

(Er ſiehet in das Buch.)

Sol aber unſre Kunſt bey euch verachtet ſeyn?

Melch.

Ach ja.

Bon.

Das reimet ſich; in meinem Buche ſteht: Ach nein.

Vex.

Der mit dem geflickten Kleide redt wieder das Buch / aber nicht wieder die Vernunfft. Ich ſagte ſelber ach ja / und wenn der Reim tauſend - mahl verderben ſolte.

Bon.

Der alte Tobis koͤmt / ach ſchaͤtzt jhn nicht gering.

Melch.

Das wunder-Ding.

Bon.

Ein Vogel wohnt im Neſt / der eine Schwalbe heiſt.

Melch.

Und jhn beſch - ſch - wie wars Herr Ambts-Bruder?

Bon.

Verſprecht euch nicht / ihr garſtige Sau / und ihn beſchmeiſt.

U uSo308[306]Absurda

So wird ſein Auge Blind / und ſchmertz / ihn tref - lich arg.

Melch.

Und ſieht nicht einen Qvarck.

Bon.

Doch lernt er wieder ſehn / damit wird al - les gut.

Melch.

Drum ſeyd nur wolgemuth.

Bon.

Schenckt nur am Ende was vor Menſchen und vor Thiere.

Melch.

Zu Kuchen und zu Biere.

Vex.

Sie bitten vor Menſchen und vor Thie - re: Der Hund / die Schwalbe / und die Ziege wer - den gewiß mit ſauffen wollen

Ac.

Das beſte an den Leuten iſt / daß ſie fein of - fenhertzig ſeyn: Man weiß doch / was ſie haben wollen.

Dritter Handlung

Fuͤnffter Aufftritt.

Die Vorigen Detlef, Alex.
Lyr.

Der Kirch-ſchreiber ſteckt die Zunge her - aus / wir ſollen gewiß fiedeln.

Brac.

Welch Stuͤcke koͤmt itzund?

Lyr.

Ich dencke das neue mit den Schaͤfern. Sie kommen ſchone. Herr College mit der Baß - Fiedel gebt die Inception, daß ſie nicht eine Sau machen.

(Detl. 309[307]Comica.
(Detlef und Alex treten einander gegen uͤber.)
Detl.

Woher koͤmt dieſes Gluͤcke?

Alex.

Woher die ſchoͤnen Blicke?

Detl. Alex.

Auf dieſen Herren Saal.

Detl.

Ihr Herren ſeyd uns guͤnſtig.

Alex.

Ihr Weiber liebt uns bruͤnſtig.

Detl. Alex.

Das iſt das erſte mahl.

Detl.

Gefallen euch die Lieder?

Alex.

So kommen wir wol wieder.

Detl. Alex.

Wir dienen allezeit.

Detl.

Wolt ihr die Gunſt abbilden?

Alex.

So gebt uns welche Guͤlden.

Detl. Alex.

Zu unſrer Froͤligkeit.

U u 2Detl. 310[308]Absurda.

Detlef.

[figure]

Woher koͤwt dieſes Gluͤcke auf

[figure]

die = = = ſen Herren

[figure]

Saal. Ihr Herren ſeyd uns guͤnſtig das

[figure]

iſt = = das erſte mahl.

Continuo.

[figure]
Alex. 311[309]Comica.

Alex.

[figure]

Woher die ſchoͤnen Blicke auf

[figure]

die = =

[figure]

ſen Herren Saal. Ihr

[figure]

Weiber liebt uns bruͤnſtig / das

[figure]

iſt = das erſte mahl.

[figure]
312[310]Absurda
Vex.

Dem armen Schmarutzer mag es um die Froͤligkeit mehr zu thun ſeyn / als um die Comœdie.

Ac.

Ich dachte / er wuͤrde ſich mit achtzehn Pfen - nigen abſpeiſen laſſen: So ſchwatzt er von etlichen Guͤlden.

Vex.

Wie hoch ſich einer ſchaͤtzet / ſo viel pfleget er zu gelten.

Ac.

Ja wenn Narren zu Marckte kommen.

Bon.

Nnn jhr Schaͤfer / was habt jhr vor Maul - Affen feil? Wiſſet jhr nicht wo ihr hingehoͤret?

Ac.

Sie warten vielleicht auff die Guͤlden zu Kuchen und zu Biere.

Al.

Ich trete zum Spielleuten.

Bon.

Ich wil aber Commendante ſeyn.

(Er reiſt jhn bey dem Ermel.)

Schert euch zum Elemente vom Platze / denckt ihr daß der Koͤnig von Ninive ein Baͤhrenheuter iſt / daß ihm ein lumpichter Schaͤfer ſol im Wege ſtehen?

Alex.

Ich wil gehorſam ſeyn. Aber wenn wir das Comœdien-Geld vertrincken / ſo wil ich fragen / wer mich an den Arm gezwicket hat.

Dritter Handlung

Sechſter Aufftrit.

Grolmus, hernach Marcolphus.
Grol.

Wenn ſol ich reden?

Bon.

Wenn wir eine Sau beduͤrffen.

Grol.

So wil ich ſchweigen.

Bon.

So wird die Sau gedoppelt.

Grol. 313[311]Comica.
Grol.

Das iſt gut. Wir zancken uns kaum nicht um die groſſe Wurſt / ein jedweder behaͤlt eine.

Vex.

Wenn ich Comœdien-Director waͤre / ſo lieſſe ich mir ſo nicht antworten.

Bon.

Ich werde es auch am laͤngſten gelitten ha - ben. Zum Fickerment / ſaget her / was euch vor - geſchrieben iſt / oder ich ſchmeiſſe euch den Leuchter ins Facies.

Grol.

Ja / nun verſtehe ichs / daß ich anfangen ſol:

Gluͤck zu / wem iſt das Ding bekant?
Ein leiblich Menſch der ſpielt die Wand.
Und ſteht ſo feſte wie jhr ſchaut /
Als waͤrs mit Fleiß alſo gebaut.
Doch daß jhr wiſſet wer ich bin /
So red ich / darnach tret ich hin.
Ich haͤng die Teppicht in die Hoͤh /
Weil der Koͤnig zu Ninive
Gar bald wil treten in das Hauß:
Drum putz ich dieſes Zimmer aus.
Vex.

Eine artige Wand / die ſich ſelber putzt.

Ac.

Und eine kluge Wand / die ihren Putz ſelber recommendiren kan.

Vex.

Herr Kirchſchreiber / was iſt dieſe?

Bon.

Es iſt die Banck. Hoͤrt nur / was vor troͤſt - liche Sachen heraus kommen.

Vex.

Ich wolte mir in meinem Hauſe nicht viel ſolche Baͤncke wuͤnſchen: ehe die Gaͤſte kaͤmen / ſo haͤtten ſie das Eſſen vom Tiſche weggenaſcht.

U u 4Marc. 314[312]Absurda
Marc.
(Redet ſehr geſchwind.)
Weil ich die Banck agiren ſol /
So gefaͤlt mir das Weſen wol:
Denn wer mir wil ein Bein zerbrechen /
Den kan ich an den Ruͤcken ſtechen.
Bon.
(Rufft in wehrenden Reden.)

Langſam / langſam.

Marc.
(Sehr langſam.)
Den.

Teppich. hab. ich. umgenommen.

Weil.

der. Koͤnig. ſol. zu. uns. kommen.

Melch.

Geſchwinder / geſchwinder.

Marc.
(Sehr geſchwinde.)
Doch daß mir niemand den Kopf zerdruͤckt /
Hab ich mich wol darauff geſchickt.
Bon.

Langſam / langſam.

Marc
Der. Weiber. Stuhl. von. guter. Art.
Mein. zartes. Hauß. gar. wol. verwahrt.
Melch.

Geſchwinder / geſchwinder.

Macr.

Einer wils langſam / der ander geſchwin - de haben: Da ſol ich mit Ochſen / und da mit Pfer - den fahren. Ich wil endlich bey meiner Art bleiben / wie ich thue / wenn mir die Leiter in der Feuermauer in ſtuͤcken gehehet.

Nun leg ich mich als wie der Blitz /
Und bin an dieſer Wand ein Sitz.
Darauf mein Herr Tobias kan
Eſſen / Trincken ſchlaffen gahn.
(Er legt ſich.)315[313]Comica.

Dritter Handlung

Siebender Aufftrit.

Die Vorigen / Schnips, hernach Pancratius.
Ac.

Die Banck muß treflich warten / ehe ſich ein Patron findet / der ſitzen wil.

Vex.

Herr Kirchſchreiber ſteckt doch die Zunge heraus / daß die Muſicanten was auffſpielen: ſon - ſten koͤmt es gar flegelhafftig / wenn die Leute nichts zu ſehen und zu hoͤren haben.

Bon.

Meine Comœdie iſt nicht Schuld dran / da ſteht von keinen Warten: ich muß nur ſehen / wo ich einen andern Leuchter kriege / damit ich die Per - ſonen zu rechte bringe.

Ac.

Es iſt auch eine wichtige Sau vor einen Mei - ſter wie ihr ſeyd / daß er keinen beſtellt / der Achtung auff die Kerlen giebt / wie ſie ſollen aufgeruffen wer - den.

Bon.

Es iſt ein Verſehen / wer haͤtte das gemey - net / daß man bey einer Comœdie ſo viel Augen / und ſo viel Koͤpffe beduͤrffe?

Schnips.

Herr Kirchſchreiber / ſie laſſen fragen / wer kommen ſol.

Bon.

Die Sau ſol kom̃en / wo eine da iſt. Sprich Alex der Schaͤfer ſol was zuthun kriegen.

Schnips.

Der iſt nicht da; der alte Tobieß hatſeinen316[314]Absurdaſeinen Bier-Krug zerbrochen / darin Er dem Koͤni - ge zu Ninive wil eine Ehre anthun. Nun laͤufft zu Herr Alex im Dorffe von Hauß zu Hauſe / und wil ein ander Gefaͤſſe borgen.

Vex.

Es thaͤte Noth / ihr haͤttet in der Comœ - die eine Perſon gemacht / die den Krug agirte / die haͤtte ſich ſo bald nicht zerbrechen laſſen.

Bon.

So ſprich / der andere Schaͤfer ſol da ſeyn. Ich wil ihm was ehrliches zu thun geben.

Schn.

Der iſt auch nicht da. Er lieff mit dem Kerbholtze in den Kretſchen / damit der Krug wieder gefuͤllet wuͤrde.

Vex.

Herr Bonifacius, ihr ſeyd uͤbel dran / ihr ſteht auff dem Platze / und laſts euch Blut-ſauer werden. Aber die andern Perſonen / die das we - nigſte gelernet haben / verſauffen unterdeſſen das Comœdien-Geld.

Bon.

Ich wil dir ein Kerbholtz anſtreichen. Gehe / und bringe den erſten / der da iſt. Die ehrlichen Leute da ſind gleichwol keine Hundsfuͤtter / daß ſie verge - bens warten ſollen.

Panc.

Sol ich was?

Bon.

Du biſt gleich derſelbe / den ich meyne. Ein Narr hat dich geruffen.

Panc.

So gehe ich wieder.

Bon.

Nein / bleib da / und ſetze den Leuchter auf den Kopff / biß ich wieder komme.

Panc.

Was habe ich aber darbey zu reden?

bon. 317[315]Comica.
Bon.

Wenn das Reden wird an dich kommen / ſo wil ich ſchon wieder da ſeyn.

Panc.

Sehet auch / ob ſich der Leuchter auf mei - nen Kopff ſchicken wil.

Bon.

Wir muͤſſens machen / wie es angehet. Doch ihr Herren / heiſt mich einen Stuͤmper / wo es nicht beſſer werden ſol.

Dritter Handlung

Achter Aufftrit.

Stephan, Veit.
Acuto.

Sieh doch an das ſchoͤne Paar / moͤchte man ſingen.

Vex.

Da ſieht man / wie das Loß unterweilen ſolche poßierliche Haͤndel macht. Doch es begeben ſich wol dergleichen Exempel im gemeinen Leben / da man nicht geſonnen iſt / nur ein bloſſes Spiel vor zu - ſtellen.

Steph.
Hoͤr an du meine liebe Frau /
Es iſt nun funffzig Jahr genau /
So haben wir einander gefreyt
In Zucht und Ehren allezeit.
Nun haben wir ein ſchlechtes Haͤußlein /
Da ſprechen wenig Herren ein.
Doch nimt michs armẽ Mañ gar Wundeꝛ
Daß der Koͤnig zu Ninive itzunder
Wil318[316]Absurda
Wil mir zu ſprechen in meinem Hauß:
Meine hertzliebe Frau die Sache ſieht
mir ſehr wunderlich aus.
Vex.

Der Vers iſt in einem Raupen-Neſte jung worden / er hat viel Beine.

Ac.

Es iſt wunder / weil er ſo viel Fuͤſſe hat / daß er dem Comœdianten nicht iſt vom Papiere weg - gelauffen.

Veit.
Ich weiß gar nicht mein lieber Mañ /
Was wir dem Koͤnige haben gemacht /
Daß er uns ſo eine Ehre thut /
Er iſt den Juden ſonſt nicht gruͤne.
Haͤtt ichs gewuſt vor einer Stunden /
Ich haͤtte eine beſſere Schuͤrtze vorge -
knuͤpfft.
Doch wil er nicht vorlieb nehmen /
So werden wir uns auch nicht bekuͤm -
mern.
Vex.

Herr Bonifacius, die Verſe werden ver - derbet: wenn es kein Frauenzimmer waͤre / ſo kriegte ſie doch Maulſchellen.

Bon.

Die Narren wollens beſſer machen. Aber ich wil es im Drucke dem geliebten Leſer zu Gefallen / ſchon zu aͤndern wiſſen.

Steph.
Habt jhr nicht ſchon geholet Bier /
Etwan ein Kannen oder Vier.
Acut. 319[317]Comica.
Acut.

Zu Ninive haben ſie auch Bier getrun - cken.

Vex.

Bruder / man muß ſie verſtehen: Es iſt iſt Ninive in Deutſchland.

Veit.
Da ſitzt mirs Geld / ich neh und ſpinne;
Und wenn ich einen Pfeng erwerbe /
So krieg ich ſo ein loſe Wort /
Und alles geht zum Hencker weg.
Steph.
Ich wil es haben / ich bin Mann /
Seht mich vor euren Herren an /
Den jhr ſo wenig als jhr wolt /
In allen Dingen gehorchen ſolt /
Wie dorten der Apoſtel ſpricht /
Drum ſchimpffet mich bey Leibe nicht.
Vex.

Der alte Tobieß muß in der Apoſtel Schrif - ten ſehr beleſen ſeyn.

Acut.

Er gehoͤret gewiß unter die Juden / wel - che zwey hundert Jahr vor Chriſti Geburt das neue Teſtament in einem Felſen gefunden / und ſich da - hero tauffen laſſen.

Vex.

Es begegnet wol klugen Comœdianten / daß ſie die Patriarchen von dem Chryſoſtomo, und die Cananiter von den Wendiſchen Bauren re - den laſſen.

Veit.

Ich meyns nicht boͤſe / lieber Mann.

Steph.

So bringe mir den Krug heran.

Veit. 320[318]Absurda
Veit.

Der Konig trinckt das Bier gern friſch.

Steph.

Du Rabenas / ſo bring es riſch.

Vex.

Das wird mir niemand beweiſen / daß der alte Tobias ſeine Frau ein Rabenas geheiſſen hat.

Bon.

Ich habe es nicht alſo vorgeſchrieben: In meinem Buche heiſt es: Du loſes Kind / ſo bring es riſch.

Veit.

Alſo darff ichs nicht leiden / daß ich vor al - len Leuten ein Rabenas geheiſſen werde.

Steph.

Nu / nu / ich habe mich verſprochen.

Veit.

Daran habe ich nicht genung. Ein Schel - me hat ſich verſprochen. Ein Rabenas gehoͤret auff den Schinder-Plan / und da bin ich viel zu gut darzu.

Steph.

Heiß mich einen Schelmen / wie du wilt / deßwegen wil ich doch meinen halben Thaler aus der Kirche kriegen.

Veit.

Wilſtu nicht darnach fragen / ſo habe ich einen Schelmen mit Ohrfeigen verbremt / der ſoll dir beſſer in dem Kopffe brummen.

Dritter Handlung

Neundter Aufftrit.

Die Vorigen / Nicodemus.
Nic.

Zum S. Velten / ihr ſollet Vater und Mut - ter bedeuten / wo ihr nicht Friede haltet / ſo komt derHerr321[319]Comica. Herr Kirchſchreiber / und reiſſet euch von einander.

Veit.

Du biſt in dem Spiele mein Sohn / und ich bin deine Mutter.

Nic.

O du Narr / wenn hab ich die Schweine mit dir gehuͤtet? Halt das Maul / oder ich helffe mei - nem Vater.

Veit.

So hilff ihm doch du Holtz-Jubilirer: Ich wil ſehen / ob es die Obrigkeit gut ſprechen wird / daß ich ein Rabenas ſol in den Leib freſſen.

(Sie fallen uͤber einander / und ſchla - gen ſich.)
Bon.

O wie vielfaͤltig iſt die Sau / haltet Frie - de / ſonſt verunruhiget ihr den lieben Herrn Tobi - as in ſeinem Grabe.

(Bonifacius koͤmt in das Gedraͤnge / und bekomt ſein Theil Schlaͤge auch da - von.)
Panc.

Ich wolte dem Vater gerne beyſtehen / es iſt nur um die Lichter / die moͤchten zerbrechen.

Melch.

Ich haͤtte meinen Leuchter gern darzwi - ſchen geworffen: aber man fuͤrchtet ſich des Scha - dens.

Vex.

Das iſt ein elender Comœdiante / der ſich von ſeinen Untergebenen / ſo in das Handgemenge bringen laͤſſet.

Acut.

Nun ſind alle wol entſchuldigrt / wenn ſie gleich ihre Zettel verlohren oder vergeſſen haben.

Vex. 322[320]Absurda
Vex.

Wo ſie den Mangel mit ſolchen Zwiſchen - Spielen erſetzen wollen / ſo wollen wir funfftzig Schweine ohne Zoll pasſiren laſſen.

Bon.

Auff / auff / vertraget euch. Der Koͤnig von Ninive ſteht ſchon an der Thuͤre: Wo ers ſie - het / ſo laͤſſet Er Hamans Galgen funfftzig Ellen hoch wieder bauen.

(Sie ſchicken ſich wieder zu rechte.)
Nic.

Darff ich meine Perſon gleichwol reden.

Bon.

Wir wollen es anfangen / wo wirs gelaſſen haben.

Nic.
Herr Vater / liebes Muͤtterlein /
Ihr muͤſſet doch gluͤckſelig ſeyn /
Ihr liebt einander immer fort /
Da hoͤret man kein hartes Wort:
Da iſt kein Streit / kein groſſer Zanck /
Ach habt vor das Exempel danck.
Vex.

Ein ſchoͤnes Exempel. Der Streit und der Zanck haben ſich außgewieſen.

Acut.

Der liebe Componiſte hat dieſen Irrthum nicht vorher geſehen.

Vex.

So moͤchte ſich ein Comœdiante das Ge - ſtirne wol bekant machen / daß er auch ſolche Faͤlle vorher wiſſen koͤnte.

Acut.

Stille / ſtille / der Koͤnig koͤmt mit ſeinem Scepter / den er aus einer Rocken-Stube geſtoh - len oder geborgt hat.

Dritter323[321]Comica.

Dritter Handlung

Zehnder Aufftrit.

Die vorigen / und Merten.
Mert.
Ich bin = ich bin = ich bin keine gute
Saat fuͤrwahr.
Sondern ein Unkraut gantz und gar.
Vex.

Der Menſch hat ſeine Lection vergeſſen: Drum muß er vor lauter Angſt einen Sonntags - Spruch beten.

Acut.

Beſſer was geredt / als gantz ſtille geſchwie - gen.

Mert.

Ey / ey / ich komme gewiß nicht recht an. Es heiſt ja ſo: Ich bin -- Ich bin / --

Bon.
(Schreyt hinter der Scene.)

Ich bin der Koͤnig.

Mert.

Sieh / ſieh / hab ich doch nicht auf meinen Zepter geſehen / ſonſt haͤtte ich wol gewuſt / daß ich einen Koͤnig bedeuten ſolte.

Vex.

Ja der Zepter gehoͤret vor einen Koͤnig aus der Spin-Stube.

Acut.

Vielleicht iſt es Sardanapalus. Doch oh - ne Zweifel wird er ſich expectoriren.

Mert.
Ich bin zu Ninive der Koͤnig /
Meines gleichen findt man wenig.
X xIch324[322]Absurda
Ich bin beſſer als Carolus Qvintus,
Beſſer als Maximilianus Primus.
Beſſer als Alexander,
Beſſer als Heinrich der Ander /
Beſſer als Diocletian,
Staͤrcker als der Schweppermann.
Muthiger als Curtzipoltz /
Darum bin ich auch ſo ſtoltz.
Vex.

Die Action iſt wol gegeben. Der Koͤnig zu Ninive hat gewiß die Bildniſſe ſeiner Nachkom - men in ſeinem Saale gehabt / daß er ſie alle nach ein - ander zehlen kan.

Acut.

Herr Bonifacius, habe ich doch nicht ge - wuſt / daß der Koͤnig zu Ninive mit ſo viel vorneh - men Leuten iſt bekant geweſen.

Bon.

Ich habe die Comœdie nicht gemacht / daß ich allen Narren wil Rechenſchafft geben. Wer es beſſer kan / der trete auff den Platz.

Vex.

Der Herr Commendante iſt unleidlich: man muß es ſeinen Amts-Verrichtungen zuſchreiben.

Steph.
Ach ſeyd willkommen groſſer Herr /
Euer Ankunfft erfreut mich ſehr:
Sitzt nieder dorten oder hier /
Und verſucht doch ein Kaͤngen Bier.
Mert.
Lieber getreuer jhr bemuͤht euch ſehr /
Doch wo habt jhr eure Hauß-Ehr?
Steph. 325[323]Comica.
Steph.
Sie holt nur eine Buſchel-Muͤtze /
Er ſey gebeten / der Herr ſitze.
Veit.
Willkommen jhre Herꝛligkeit /
Ich erfreue mich ſeiner Geſundheit
Mert.
Meine Frau ſie habe groſſen Danck /
Sie ſetze ſich nieder auf die Banck.
Steph.
Sie mag ſtehn / es iſt gut genung /
Dem Herren einen freundlichen Trunck.
Vex.

Der Poet hat die Koͤniglichen Ceremoni - en treflich inne: er muß ohne Zweifel bey Hohen Perſonen offt als ein Abgeſandter gedienet haben.

Ac.

Ja / als ein Abgeſandter in dem Hundeſtalle / da macht des Koͤniges Hund mit einer Schaffbetze Bruͤderſchafft.

Vex.

Wo es lange waͤhret / ſo trincken ſie Bruͤ - derſchafft auf den Knien.

Mert.
Ich trincke ſonſt mehr Biers als Weins /
Doch auf Geſundheit euers Soͤhneleins.
Nic.
Ich bedancke mich gar huͤbſch und fein.
Es ſol des Herrn Koͤnigs Geſundheit
ſeyn.
(Merten ſaͤufft deu Krug gantz aus.)
Ac.

Der Koͤnig muß in einem Bierlande geboh - ten ſeyn / denn er kan im Biere kein Gelencke tref - fen.

X x 2Vex. 326[324]Absurda
Vex.

Die Geſundheit des lieben Soͤhnleins iſt ihm ſo angenehm.

Ac.

Das liebe Soͤhnlein / ob es auch noch in der Wiegen ſchlaͤfft?

Vex.

Zum wenigſten wird es die Kinderfrau noch in ein Gitter-Bette tragen.

Mert.

Wie iſt es denn / als wenn ich meinen Zet - tel in dem Kruge vergeſſen haͤtte.

Bon.

Nun hoͤrt -- --

Mert.

Ich hoͤre nichts.

Bon.

Nun hoͤret zu.

(Er koͤmt heraus gelauffen / und ſchmeiſt Pancratius.)

Du Flegel / kanſtu nicht hoͤren / was ich ſage / und kanſtu dem Koͤnige nicht einhelffen?

Pancr.
(Schmeiſt den Leuchter hin / daß die Lichter abſpringen.)

Wollet ihr einen Leuchter haben / ſo ſchafft euch ei - nen; in meiner Perſon ſteht nichts / daß ich ſol Ohr - feigen kriegen.

Bon.

In meinem Zettel ſtunds auch nicht / daß ich mich zwiſchen Eheleute mengen ſolte / und dennoch als ich Amts wegen was thun wolte / ſo waren die Maulſchellen gar wichtig. Aber ey / ey / der Leuch - ter iſt zu Schanden / und die Comœdie iſt noch nicht halb.

Mert.

Ich wil wol warten biß ihr einen Leuchter machen laſſet.

Bon. 327[325]Comica.
Bon.

Unterdeſſen lieſſe ich mir das Bier gantz ansſauffen. Ich komme zu kurtz / ich mag hauſſen oder drinne ſeyn. Redet zum Element fort / daß wir davon kommen.

(Geht ab.)
Mert.
Nun hoͤret zu / und ſchweiget ſtill /
Weil ich was groſſes haben wil.
Ich laſſe mich berichten frey /
Als wenn manch Jude trotzig ſey /
Und laſſe die Todten begraben /
Die wir aus Recht erſchlagen haben:
Nun geht das wieder den Befehl /
Und iſt ein Schande bey meiner Seel.
Drum laſſet euch erinnern wol;
Ich ſage daß der hencken ſol /
Den ich ertappe zu der Stund.
Nun guten Tag und lebt geſund.
(Geht ab.)
Vex.

Der Koͤnig erſparet viel Diener-Beſol - dungen / denn er gehet zu den Leuten / und publici - ret die Befehle ſelber.

Ac.

Ich halte / wo jemand den Galgen verdie - net / ſo mißgoͤnnet er einem andern das Accidens, und verdienet es auch ſelber.

Steph.

O weh / das war ein hartes Wort!

Veit.

Warum ſuͤndigt jhr immer fort?

X x 3Steph. 328[326]Absurda
Steph.

Ich thu es aus guten Gewiſſen /

Veit.

Davor werdet jhr bencken muͤſſen.

Nic.
Herr Vater / es iſt auf der Gaſſen
Ein todter Mann allein gelaſſen.
Steph.

Auf / auf ich muß jhn heimlich ſtehlen /

Nic.

Denckt was der Koͤnig that befehlen.

Steph.
Wer wird mich flugs bey jhm verrathen?
Es ſind doch keine boͤſe Thaten.
(Sie gehen ab.)

Dritter Handlung

Eilffter Auftrit.

Vexante, Acuto, Fabian, Bonifacius.
Fab.

Gnung / daß ihr keine Sau macht.

Bon.

Ich werde geſchimpft.

Fab.

Abſtine Sus. Ich kan fremde Sachen nicht außwendig lernen.

Vex.

Was giebt es vor einen Zanck?

Bon.

Da hat ein Kerle meine Verſe verachtet / weil nicht Latein genung drinnen iſt / und hat mir zum Poſſen was anders gemacht.

Vex.

Der Schimpff iſt groß: Aber doch eine neue Sau zu verhuͤten / ſo mag der gute Mann ſeine Verſe hoͤren laſſen.

Bon.

Koͤnnens die Herren leiden / daß ſich der Stylus veraͤndert / ſo bin ich wol zu frieden.

Acut. 329[327]Comica.
Acut.

Was ſeyd ihr aber?

Fab.

Ich bin die Leiche.

Acut.

Hat dieſelbe auch zu reden? Ihr habt ge - wiß ein Carmen außgeſchrieben:

Rede des ſelig Verſtorbenen aus dem Grabe.
Fab.

Die Invention iſt des Herrn Kirchſchrei - bers / Reliqva ego feci.

Acut.

Ja / ja / wie dort geſchrieben ſteht: Mul - ta tulit fecitqve.

Fab.
Ihr Spectatores bona dies,
Wer todt iſt / dieſem fehlt die Qvies,
Niſi habeat juſta ſolennia,
So lebt er im Tode in Miſeria.
Iſt niemand der mich begraben wil?
Ich bin ein deſinens in IL.
Da heiſt es / Vocativo caret,
Drum werd ich auf die letzt geſparet.
Biß ich noch bin Eſca Corvorum,
Uſqve in ſecula ſeculorum,
Ach kaͤm nur mein Herr Tobias /
Ich weiß er thaͤte bey mir was /
Begruͤbe mich / und ſaͤng alſo
Ein klaͤglich ECCE QVOMODO.
Bon.
(Rufft herauß.)

Legt euch nieder / ihr muͤſt nicht vergeſſen / daß ihn die Leiche ſeyd.

Vex. 330[328]Absurda
Vex.

Der Kerl hat gewiß die Begraͤbniſſe im Morgenlande geſehen / da ſie die Leute an eine Mau - er lehnen.

Acut.

Ach nein / er wird im Eulen-Spiegel ge - leſen haben / wie er in ſeinem Grabe ſtehend beygeſe - tzet worden.

Dritter Handlung

Zwoͤlffter Aufftrit.

Die vorigen / und Steffen.
Steff.

Ihr / Herr Melcher mit dem Leuchter / ihr moͤchtet wol weggehen / es ſol jtzo Nacht ſeyn.

Melch.

Als wenn man in der Nacht keine Leuch - ter beduͤrffe?

Steff.

Euer Licht ſol aber den Sonnenſchein be - deuten.

Melch.

So wil ich nun der Monde werden.

Steff.

Herr Tobis hat ſeine Todten im finſtern begraben: Wo ihr nicht weg geht / ſo ſiehts der Koͤ - nig / und ich werde gehangen.

Melch.

So / ſo / ich laſſe mich weiſen.

(Gehet ab.)
Steff.
Wo ſol ich nun den Coͤrper finden /
Liegt er forne oder hinten?
Ach guter Freund lieget jhr da
Ihr ſeyd doch tod / iſts wahr?
Fab.

Ach ja.

Steff. 331[329]Comica.
Steff.
Ihr ſollet bald begraben ſeyn /
Oder wolt jhr da liegen?
Fab.

Nein.

Steff.
So nehm ich euch wol auf den Ruͤcken /
Doch duͤrffet ihr mich nicht ſchr druͤcken.

Ach Herr Fabian, ich kan euch nicht tragen / kriecht nur ſachte hin / ſo moͤgen die Leute dencken / als haͤt - te ich euch geſchlept.

Fab.

Was? Ich bin kein Schind-Aaß / daß ich mich ſol ſchleppen laſſen. Wer mich nicht tragen wil / der laſſe mich liegen.

Steff.

Ihr ſehet aber meine Unmoͤgligkeit.

Fab.

Aber was kan ich davor? ſol ich mich ſchimpf - fen laſſen / als eine todte Kuh?

Steff.

Ich wil euch einen Revers druͤber geben / daß euch alles an euren Ehren ſol unſchaͤdlich ſeyn.

Fab.

Es ſteht da geſchrieben / einer ſol den andern tragen.

Steff.

Aber das Brieffgen ſoll dabey ſeyn: Wo der ander kan.

Fab.

Koͤnt ihr nicht / ſo kan ich.

(Er nimt Steffen auf den Buckel / und laͤufft davon.)
Vex.

Die Leiche traͤgt ſich ſelber zu Grabe.

Acut.

Nicht allein ſich ſelber / ſondern auch der gantze Trauer-Proceß liegt ihm darzu auf dem Bu - ckel.

Vex.

Die Comœdie præſentiret Wundeꝛ-Dinge.

Acut. 332[330]Absurda
Acut.

Ich halte nicht / daß von Anfang der Welt biß hieher / ein ſolch Exempel iſt erhoͤret wor - den. Denn das weiß ich / daß kein Menſch ſo viel geſehen hat / als uns heute gewieſen wird.

Dritter Handlung

Dreyzehnder Aufftrit.

Melcher, Bonifacius, Peter zu den Vorigen.
Melch.

Iſt es nun wieder Tag?

Bon.

Es iſt wol Nacht / aber Tobias wird wol ein Licht in ſeinem Hauſe gehabt haben / und darzu die Vornehmen Herꝛen muͤſſen ſehen koͤnnen.

Melch.

So wil ich wieder daher treten.

Bon.

Ihr Muſicanten ſeht ihr nicht meine Zun - ge? Laſt euch hoͤren / daß die Schwalbe nicht zur Sau wird.

Vex.

Wenn ich aus Schwalben koͤnte Schweine machen / ich wolte mit dem Koͤnige zu Ninive nicht tauſchen.

Acut.

Es ſind gewiß Juden / die haben an die - ſer Kunſt ſchlechte Freude.

(Die Muſicanten ſtreichen in Uniſono als eine Leyer / Peter ſinget drein:
Pet.
Hier koͤmt die liebe Schwalbe:
Nehmt euch fein wol in acht /
Daß333[331]Comica.
Daß ich euch nicht beſalbe /
Es iſt doch finſtre Nacht
Verwahret euer Angeſicht;
Die Hand-Granate ſchonet nicht.
(Er ſteiget hinauff uͤber die Wand in das Neſt.)
Acut.

Herr Bonifacius, weil dieſer Actus waͤret / ſo wird das Frauenzimmer wol einen Abtrit nehmen.

Bon.

Wie ſo mein Herr?

Acut.

Wo es nach der Hiſtorie gehet / ſo iſt ein heßlich und ſtinckend Poſſen-Spiel noch uͤbrig.

Bon.

Laß mich doch ungehofmeiſtert. Dem Wercke iſt ſchon abgeholffen / daß wir nichts gar - ſtiges ſehen / und nichts ſtinckendes riechen werden.

Acut.

Die Schwalbe hat gewiß eine Zibet-Katze gefreſſen / die wird dem lieben Manne ſachte ins Ge - ſichte fallen.

Bon.

Nein / er hat einen Topff mit ſchwartzen Holunder Muße in der Hand / den mag er herunter ſchmeiſſen.

Acut.

So wird daß gantze Geſichte ſchwartz.

Bon.

Iſt doch die ſchwartze Farbe ein Zeichen der Blindheit.

Acut.

Ich bin gefangen. Was wil man thun? Ein jedweder Kuͤnſtler behaͤlt in ſeiner Kunſt Recht uͤberley.

Pet.

Wenn ihr dort unten ſchwatzen wollet / ſo werde ich mit meinem Geſange die Pfeiffe einſtecken.

Bon. 343[332]Absurda
Bon.

Singt fort / wir ſchweigen ſchon.

Pet.
Da ſitz ich in dem Neſte /
So reinlich als ich kan.
Komt her ihr fremden Gaͤſte
Und ſeht das Lager an.
Faͤlt mir ein Qvaͤrgel in das Hauß
So ſchmeiß ichs zu dem Fenſter naus.
(Peter ſchmeiſt den Topff herunter und trifft Marcolphus.)
Bon.

Ey / ey / da iſt was außgelaſſen / Tobias ſol noch kommen. Die Banck wird wol von dem Wurffe nicht verblinden.

Marc.

Steht auff. Wer hat mich zu werffen? Ich heiſſe den einen Schelmen.

Pet.

Du beruſter Schincken-Dieb / hab ichs ger - ne gethan?

Marc.

Was? Wo hab ich Schincken geſtoh - len? ich kehre die Feuermauren als ein ehrlicher Mann: Aber wenn ich dich einen Kartenmacher heiſſe / ſo wiſſen alle Leute / in was vor eine Zunfft du gehoͤreſt.

Pet.

O du elender Hencker: Meine Arbeit komt vor Fuͤrſten und Herren: Aber was du machſt / das ſchuͤtten wir auff den Miſthauffen.

Marc.

Du Stuͤmper / du ſolſt mir alle Fuͤrſtliche Karten machen / wenn deine Arbeit unter die Bau -er -335[333]Comica. er-Knechte kame / ſo wuͤrffen wir den Qvarck zum Fenſter / oder zu einer garſtigen Thuͤre hinaus.

Pet.

Was frag ich nach einem Narren / der unten ſtehet? Ich bin doch beſſer / denn ich bin hoͤher.

(Singet.)
Ich bleibe dennoch eine Schwalbe /
Ach weh dir / wo ich dich beſalbe.
Marc.

Was? Wilſtu hoͤher ſeyn / ich wil dich niedriger machen.

Grolm.

Au / au / wo ihr Haͤndel anfangt / ſo geht mein Zierath uͤber den Hauffen.

Marc.

Was frag ich darnach? Runder mit dem Kartenmacher / ich wil ihm den Kopff zerdruͤcken / als einer Schwalbe.

Pet.

Ich muß auch darbey ſeyn: Du ſchwartzer Vogel / geh / und wetze den Schnabel an dem Gal - gen.

Marc.

Der Worte halben muſtu von dem Neſte herunter.

(Sie ſchlagen einander uͤber den Hauffen.)
Bon.

Nun iſt nicht mehr an eine Sau zu geden - cken / ſie lauffen mit gantzen Schocken auf dem Thea - tro heruͤm.

Marc.

Was wolt ihr?

Bon.

Ich wil Friede nehmen.

Marc.

So ſolt ihr in die mitten kommen.

Sie weltzen einander ſtatlich herum / undzer -336[334]Absurdazerreiſſen das Neſt und die Fleder - wiſche / damit die Schwalbe gezieret iſt / endlich lauffen alle mit ihren zer - brochenen Sachen davon.)

Dritter Handlung

Vierzehnder Aufftrit.

Bonifacius, Robert, Sighart.
Bon.

Ach meine Comœdie! Ach mein Kopff! Ach mein Biergeld! Ach meine Ribben!

Rob.

Pfuy! Iſt unſer gnaͤdigſter Herr nun gut genung / daß er an euren Bauer-Poſſen ſeine Ver - drießligkeit haben ſol?

Sighart.

Ich halte / wenn man die Comœdie im Hundeloche ausſpielen laͤſſet / ſo iſt das Bier-Geld am beſten bezahlet.

Bon.

Ach wie klug ſind die Leute / die ein Spiel von ſechs Perſonen auff ihre eigene Hand machen / ſo wiſſen ſie doch / daß ihre Adjuvanten nicht zu Schel - men werden.

Rob.

Die Entſchuldigung wird euch wenig helf - fen. Ein Director ſoll die Leute beſſer abrichten. Mit eurem Plaudern kam die Schwalbe aus dem Geſange / und damit lieffen freylich ſechs und zwan - tzig Schock Schweine auf einmahl unſerm Gnaͤdig - ſten Herrn entgegen.

Bon. 337[335]Comica.
Bon.

Ich wils gerne gut machen. Denn es ha - ben noch viel Perſonen zu agiren / vielleicht werden ſie es beſſern.

Sigh.

Ja / die vernuͤnfftigen Menſchen haben 30. Schock Saͤu gemacht / wenn die unvernuͤnffti - gen Thiere kommen / ſo laͤufft es gar auff einen Schwalben-Qvarck hinaus.

Bon.

Ach wie elend wird mir meine Arbeit bezah - let!

Rob.

Ach wie elende laͤufft meines gnaͤdigſten Herrns Freude ab!

Vex.

Ey Meſſieurs, ſie halten dem ehrlichen Man - ne was zu gute / wir wiſſen an ſeiner Compoſition nichts zu tadeln: und was koͤnnen die letzten Per - ſonen davor / daß bey den erſten ein Baͤhrenheuter iſt mit untergelauffen?

Rob.

Dieſer Bitte wegen mag das Spiel fort - geſetzet werden; Wer was kan / der mache was; wer ſeinen Zettel verlohren hat / dem wollen wirs ſchencken.

Bon.

Nun / ſo komt doch nach einander fort / wie ihr im Zettel angeſchrieben ſeyd.

Dritter Handlung

Funffzehnder Aufftrit.

Die Vorigen Stephan, Kunks, Schnips, hernach Pancratius.
Steph.

Ich bin nicht blind.

Kunks. 338[336]Absurda
Kunks.

So laſt euch nur am Stecken fuͤhren / und blintzt mir zu.

Steph.

Es iſt aber nicht wahr.

Kunks.

So mag das Spiel auſſen bleiben.

Bon.

Macht doch fort / und ſaget her / was ihr wiſſet.

Schn.

Ach der alte Tobias hat ſich mit ſeiner Frau drinne geſchmiſſen / und daruͤber haben ſie ihre Zet - tel verlohren / ſie werden heinte nicht viel gutes ma - chen; Aber ich / als der Hund / und der ander / als die Ziege / koͤnnen die Perſonen außwendig.

Bon.

So komt doch nur / und macht was ihr koͤnt.

Schn.
(Traͤget einen Beſen hinter ſich her und wedelt damit.)
Ihr Menſchen Kinder ich thu kund /
In dieſem Spiel bin ich der Hund.
Ich heiſſe mit Nahmen Tucks /
Und beiſſe den Haſen und den Fuchs.
So nehm ich mein Ampt wol in acht /
Biß mir jemand den Weidman macht.
Nun ſol ich meinem Herren wedeln /
Derhalben nehm ich ohne Troͤdeln
Den Beſen hier in meine Hand /
Und alſo habt ihr den Verſtand.
Panc.
Ich heiſſe nicht Bartholome - e - e
Doch weil ich itzt im Felde geh /
So339[337]Comica.
So richt ich den Kopff in die Hoͤh /
Und ſchreye ſtets Bartholome - e - e.
Es hat mich jemand weggeſtohlen /
Und niemand wil mich wieder holen.
Frau Hanna hat mich aufgefangen;
Doch wirds jhren Herren nicht verlagen.
Drum ſchrey ich / wo ich geh und ſteh /
Wo iſt mein Herr Bartholome - e - e
Vex.

Die zwey Thiere machens beſſer als die Menſchen.

Acut.

Ich halte / die Menſchen werden zu Gei - ſtern / denn ſie verſchwinden gar.

Vex.

Ich daͤchte / wenn die Perſonen auſſen blie - ben / ſo muͤſte Herr Bonifacius die Stelle vertre - ten.

Bon.

Meine Comœdie iſt mir auch in der Schlaͤ - gerey zerriſſen worden / und ich kan nicht tempori - ſiren.

Dritter Handlung

Sechzehnder Aufftrit.

Die Vorigen Kilian, Pips, Strik, Lump.
Pips.

Ach mein Vater / mein Vater / ach es geht ihm doch an ſein Leben: Sie haben ſchon zwey Pruͤ - gel an ihm zerſchmiſſen.

Y yBon. 340[338]Absurda
Bon.

Nun / wieder neue Haͤndel.

Kil.

Laß mich doch zu frieden.

Lump.

Wir thun / was uns befohlen iſt.

Str.

Und wer dem Befehle nicht gehorchen wil / der kriegt unſere Pruͤgel zu koſten.

Kil.

Wer hats denn befohlen?

Lump.

Fragt den Kirchſchreiber.

Bon.

Siehe da / krieg ich meinen Engel wieder?

Kil.

Ihr moͤgt mich ſtecken und pfloͤcken / ſo ſpiel ich doch nicht mit. Was hab ich von euren Nar - ren-Poſſen?

Rob.

Der gnaͤdigſte Herr laͤſt befehlen / ihr ſolt die Comœdie außmachen / und ſolt euch alle vom Platze wegtrollen.

Kil.

O das iſt eine froͤliche Zeitung!

Bon.

Meine Freude wird deſto ſchlechter ſeyn. Je nun / gute Nacht ihr Leute. Ihr Herren Muſi - canten / ihr werdet mir wol den Gaſſenhauer darzu machen; ſteht doch mein Haab und Gut zu Pfan - de.

(Die mittelſte Scene faͤlt zu / und ver - birget die Gaͤſte.)
Vex.

Ihr guten Leute / ihr werdet noch zu einem beſſern Poſſen-Spiele vorbehalten.

(Sie gehen ab.)
Vierd -341[339]Comica.

Vierdter Handlung

Erſter Aufftritt.

Walpe, Pancratius, Runcks, Kuncks.
Walp.

Wo iſt dein Vater? ich wil ihm die Kap - pe meſſen / daß er auff dem Schedel eine Blatte krie - gen ſol.

Panc.

Ich weiß nicht.

Walp.

Er hat unſern Kindern Perſonen gege - ben / als ein ander Schelme.

Pancr.

Wenn mein Vater heute zum Schelmen wird / ſo gehet michs nicht an.

Walp.

Ja da ſtehn die armen Jungen / und heu - len mir uͤber den Halß / daß ſie ſo kahl davon kom - men.

Pancr.

Sie haben viel Urſache zu heulen. Ich daͤchte / ſie haͤtten das ihrige zu thun gehabt.

Walp.

Hoͤre doch Runks, was biſtu geweſt?

Runks.

Ich ſolte des Koͤniges Nachtreter ſeyn; Aber der Koͤnig ſoff den Krug alleine aus / und ich muſte wie ein ander Baͤhrenheuter mit einem duͤrren Halſe da ſtehen.

Walp.

Iſt das ein redlich Stuͤcke / daß mir ein Junge verſchmachten ſol? Waͤr es doch kein Wun - der / daß ihm bey ſo viel Lichtern / und bey ſolcher Hitze die Leber und Lunge zuſammen gedoͤrret waͤ - ren.

Pancr.

Haͤtte der Narr geſoffen / ehe er kom̃enY y 2waͤre:342[340]Absurdawaͤre: Ich habe mehr zu thun gehabt / und ich dencke nicht / daß mir die Plautze wird verſchrumpf - fet ſeyn.

Walp.

Treffe ich nur deinen Vater an / die Cal - daunen ſollen ihm ſchon verſchrumpeln. Und du Vetter Kuncks, haſtu deine ſechs Bogen zu lernen kriegt?

Panc.

Die gantze Comœdie war nur zwey Bo - gen lang.

Kunc.

Ich habe nicht einmahl duͤrffen heraus - kommen.

Walp.

Ey das ſtehet nicht zu leiden.

Pancr.

Der Fantaſte ſolte der groſſe Fiſch ſeyn / der den jungen Tobias verſchlingen wil.

Walp.

Aber warum iſt ers nicht geweſen?

Panc.

Darum / daß der Todten-Graͤber von der Eſels-Wieſe einen Qvaͤrder in das Spiel mach - te: haͤtte ſich der Eſel beſſer gehalten / ſo waͤren wir nicht davon gejagt worden.

Walp.

Harr / krieg ich den Todten-Graͤber / ich wil ihn bezahlen.

Panc.

Das moͤgt ihr thun / ich wil euch nicht verhindern.

(Gehet ab.)

Vierdter Handlung

Anderer Aufftritt.

Walpe, Runcks, Kuncks, Kilian.
Kil. 343[341]Comica.
Kil.

Ich habe mich loß gemacht: wenn ich mei - nen Jungen haͤtte / ſo wolt ich ſachte auf die Eſels - Wieſe zu marchiren. Aber bey meiner Frau muß ich ſchon eine Noth-Luͤgen thun / und muß ſprechen / das Comœdien-Geld iſt in der Schencke verſoffen worden. Denn ihre loſe Worte ſchmertzen mich nicht ſo ſehr / als der Schimpff / daß wir nichts ver - dient haben / und daß ich / mit Zuͤchten zu melden / am groͤſten Schaden Urſache bin.

Walp.

Siehe da / treffe ich dich hier an / du Un - gluͤcks-Vogel / biſtu der Schelm / der die Comœ - die verderbet hat?

Kil.

Laß mich zu frieden; Ich bin darzu beruffen / daß ich die boͤſen Weiber ins Loch ſcharre / wenn ſie geſtorben ſeyn: Aber mit den lebendigen habe ich nichts zu ſchaffen.

Walpe.

So muſtu auch den Lebendigen keinen Poſſen thun. Ich ſage es noch einmahl / du haſt gehandelt als ein leibhafftiger Schelm.

Kil.

Was hab ich mehr gethan?

Walp.

Du haſt verdienet / daß man dir die Augen ausſticht.

Kil.

Was noch mehr?

Walp.

Der Bart ſol dir mit einem Strohwiſche abgeſenget werden.

Kil.

Iſt es darnach genung?

Walp.

Nein / die Ohren ſollen auch an die Staup - Seule gezweckt werden.

Kil.

Wenn ſeyd ihr aber fertig?

Walp. 344[342]Absurda
Walpe.

Wenn dich die Hunde werden zerriſſen haben.

Kil.

Nun / wenn ihr fertig ſeyd / ſo geht herein / nehmt den Rocken zwiſchen die Beine / und ſpinnet.

Walp.

Du beſchiſſener Todten-Graͤber / was haſtu mir vor zu ſchreiben / wenn ich ſpinnen ſoll?

Kil.

Ein guter Freund kan es nicht laſſen / er muß dem andern mit guten Rathe beyſpringen.

Walp.

Kom doch beſſer her / ich wil dir eine Kunſt weiſen / wie du mit ehrlichen Weibern reden ſolſt.

Kil.

Ja / ſol ich mit ehrlichen Weibern reden / ſo bin ich bey euch nicht viel nuͤtze / ich muß zu mei - ner Frauen gehen.

(Geht ab.)
Walp.

Ihr Jungen / ſteinigt den leichtfertigen Ehren-Dieb zum Dorffe hinaus.

(Sie lauffen ihm nach.)

Vierdter Handlung

Dritter Aufftrit.

Grolmus, Fabian, hernach Schnips.
Grolm.

Der Kirchſchreiber iſt uns entwiſcht.

Fab.

O Facinus indignum! Er iſt mancher Ohr - feige entgangen.

Grol. 345[343]Comica.
Grolm.

Ich ſpendire einen alten Glockenſtrang darzu / wenn er ſol gezuͤchtiget werden.

Fac.

Nec ego parcerem Virgilio. Ich riſſe die Breter von meinem Buche / und ſchmieſſe ſie dem Betruͤger in die Augen.

Grol.

Da ſitzen wir nun / und haben nichts vor unſere Muͤh / nichts vor unſere Comœdie / nichts vor unſern Spott.

Fab.

Charitas incipit â ſeipſa. Ich habe auch nichts vor meinen Bauch. O latrantem ſtoma - chum!

Grol.

Heiſt platrantem auf Lateiniſch ein Bauch?

Fab.

Ja. Und Stomachum heiſt ein Narr.

Grolm.

Laſt mich nur mit der vornehmen Spra - che zu frieden; Ich ſchreibe mich unter die gemeinen Leute / ob gleich meine Werckſtatt die hoͤchſte im Dorffe iſt.

Fab.

Aber qvid Conſilii? Sollen wir / als die andern lumpen-Kerlen ſine lux, ſine crux, ohne al - len Abſchied davon gehen?

Grolm.

Es thaͤte Noth / wir verſamleten uns in der Schencke / und zoͤgen mit Heeres-Krafft auff Bettelrode zu. Wolte nun der Kirchſchreiber nicht das ſeinige thun / ſo wuͤrden wir ſeinen Pallaſt mit Stroh gedackt / leicht umwerffen.

Fab.

Graculus aſſidet Graculo. Ein Ludimo - derator ſteht dem ander[n]bey / ich kan es nicht laſſen ad extrema kommen: Etliche Maulſchellen gehen wol hin; Sed qvis evertet Sanctum Domini?

Y y 4Grol. 346[344]Absurda
Grol.

Ihr hoͤret es doch / daß ich eure Griechi - ſche Poſſen nicht verſtehe.

Fab.

Verzeiht mir / ich thue es nicht aus boͤſer Meynung / es geſchicht nur Exercitii gratia. Denn wo braͤchte ich ſonſt mein Latein an / das ich mit ſo groſſer Muͤhe gelernet habe?

Schnips.
(Komt)

Ihr Herren / ſind ſie da bey - ſammen? Ich ſol ſie im Namen der andern Comœ - dianten gruͤſſen / und bitten / ob ſie nicht wollen im Kretſchen erſcheinen / weil ſie geſonnen ſeyn / uͤber die vorgegangenen Sachen einen Reichs-Tag zu - halten.

Fab.

Ego ſum membrana Comitiorum, ich wil nicht auſſen bleiben.

Grolm.

Ich wil meinen Strang mit ziehen helf - fen.

Schnips.

Nur bleibt nicht zu lange / ſie ſitzen in der Uerthe; Wer langſam koͤmt / dem gehts am Sauffen ab.

Vierdter Handlung

Vierdter Aufftritt.

Robert, Sighart.
Sigh.

Wie kan ſich mein Herr College an ſolchen Poſſen delectiren?

Rob.

Und wie kan er ſich anders ſtellen / als er inſeinem347[345]Comica. ſeinem Hertzen bekennet? Es lebet doch kein Menſch auff der Welt / oder zum wenigſten iſt unter tauſen - den kaum einer / der ſich nicht durch ſolche Luſtigkeit zur Freude bringen lieſſe.

Sigh.

Ich halte es vor eine Anzeigung Menſchli - cher Schwachheit.

Rob.

Ich halte es vor eine Artzney des Menſch - lichen Elendes.

Sigh.

Was hat man davon / wenn etliche Stun - den mit ſolchen abgeſchmackten Haͤndeln verderbet werden?

Rob.

Das hat man davon / daß man deſto freu - diger an die zukuͤnfftige Arbeit gehet / wenn ſich das Gemuͤthe in leichten und gemeinen Poſſen erqvicket hat.

Sigh.

Mit eben der Muͤhe ergoͤtzte man ſich an tieffſinnigen und wolgeſetzten Erfindungen.

Rob.

Ach nein: Wenn ich mir uͤber einer Co - mœdie den Kopff zerbrechen wil / ſo habe ich wol ſonſten eine Arbeit / darbey ich die Kraͤffte anwenden kan. Es gemahnet mich wie mit dem Schachſpie - le / darbey ſich mancher den Kopf und das Ingenium mehr verderbet / als wenn er in dem vornehmſten Gerichte ſolte Referente ſeyn. Die Luſt und die Ar - beit muͤſſen unterſchieden werden.

Sigh.

Die Luſt ſol gleichwol vernuͤnfftig ſeyn: was waren nun die elenden Bauer-Poſſen?

Rob.

Sind ſie nicht zur Genuͤge belachet worden?

Sigh. 348[346]Absurda
Sigh.

Man lachte aus Barmhertzigkeit / daß ein Menſch ſo einfaͤltige und ungereimte Sachen vor - bringen koͤnte.

Rob.

So hat uns die Barmhertzigkeit eine Luſt erwecket.

Sigh.

Das Spiel hieng nirgend an einander / und wenn ſich die Connexion weiſen ſolte / ſo kam eine Schlaͤgerey darzwiſchen / biß wir aus dem Spiele vor der Zeit lauffen muſten.

Rob.

Wir kunten auf einmahl nicht mehr lachen: drum muſten wir nur den Feyerabend ankuͤndigen.

Sigh.

Ich halte indeſſen darvor / es koͤnten etliche Moralia mit eingeſchloſſen ſeyn / da man auch mit - ten in der Kurtzweil etwas lernen koͤnte.

Rob.

Wie ſol ich dieſes verſtehen?

Sigh.

Ich habe ſonſt den Baͤuriſchen Machiavel - lum geſehen / da war unter einem geringen Bilde al - les vorgeſtellet / wie man zu Hofe / und ſonſten in der Welt einander um das Politiſche Gluͤcke zu betrie - gen pfleget: So weiß ich auch / daß mir einmahl zwey Poeten-Geſellſchafften / als die Tannzapffen - und Narrenkolben - Zunfft / zu Geſichte kommen / da fahe ich wol / daß etliche Simpliciſten fatyricè durch - gezogen / und zu ihrer Beſſerung oder zu der Nach - folger beſſern Verſtande abgemahlet waren: Allein was vor eine Klugheit hab ich aus den heutigen Nar - ren-Poſſen zu nehmen / Oder worin wird der Autor ſeine Muͤh vor der erbaren Welt berechnen koͤnnen / weñ jemand den abgezielten Nutzen erforſchen wolte?

Rob. 349[347]Comica.
Rob.

Mein Herr College, ich hoͤre geduldig zu: Doch wenn ich antworten ſol / ſo muß ich gleichfals einen geduldigen Zuhoͤrer haben.

Sigh.

Ich rede deſſentwegen / daß ich wil berich - tet ſeyn.

Rob.

Das gantze Spiel gehet auf ſolche Leute / die etwas in der Welt auf ſich nehmen / das ſie nicht ge - lernet haben: Und ſolte ich nicht in allen Staͤnden viel Dutzend dergleichen Perſonen antreffen / die nicht beſſer waͤren als Bonifacius von Bettelrode / oder der Todtengraͤber von der Eſelswieſe?

Sigh.

Es iſt aber zu weit geſucht.

Rob.

Man laͤſſet die Leute lachen: ſo kan man de - ſto empfindlicher am Ende beweiſen / wie ſie niemand ausgelachet haben / als ſich ſelbſt.

Sigh.

Auf dieſe Maſſe waͤre die gantze Welt voll Pickelheringe.

Rob.

Ja wol. Allein dieſes iſt die Menſchliche Klugheit / wenn jemand ſeinen Pickelhering ſo ver - bergen kan / daß er allezeit vor eine ernſte Haupt Per - ſon angeſehen wird.

Sigh.

Ich muß zwar ſchweigen / aber ehe ich alles glaͤube / ſo muß ich nachdencken.

Rob.

Was darff es viel Nachdenckens? Man - cher wil muſiciren / und kan es nicht: Mancher wil fortificiren / und kan es nicht: Mancher wil Buͤ - cher ſchreiben / und kan es nicht: Mancher wil re - gieren / und kan es nicht: Mancher wil commendirẽ / und kan es nicht: Mancher wil die Leute reich / klug /geſund /350[348]Absurdageſund / gelehrt und luſtig machen / und kan es nicht. Solte nun der Blaſebalg-Treter zu Lemmerswal - de keine Collegen mehr haben?

Sigh.

Wenn ich aber daran gedencken ſol / ſo duͤrf - fen ſich die Lumpen-Kerlen nicht alſo bald vor ehrli - chen Leuten ſchlagen.

Rob.

Man examinire nur alle Injurien-Proceſſe / da viel ehrliche und Hohe Perſonen / als Spectato - res erfordert werden / wenn die Sache vor eine und die andere Schmiede koͤmt / geben ſie nicht ſo viel zu lachen / als wenn Meiſter Grolmus die Schwal - be aus dem Neſte wirfft? Aber was wil dieſer?

Vierdter Handlung

Fuͤnffter Aufftritt.

Robert, Sighart, Curſi.
Curſ.

Mein Herr / ich werde genoͤthiget herein zu kommen.

Rob.

Was gehet vor?

Curſ.

Der Kirchſchreiber zu Bettelrode ſchwebet in groſſer Gefahr / denn ſeine Collegen wollen ihm ſeine Reſidentz ſtuͤrmen / alſo moͤchte er gerne mit einer demuͤtigen Klage zuvor kommen.

Rob.

Das ſollen die andern Flegel bleiben laſſen.

Curſ.

Er meynet aber / es moͤchte beſſer ſeyn / weñ eine ungeſchehene Sache verboten / als wenn eine geſchehene beſtraffet wuͤrde.

Rob. 351[349]Comica.
Rob.

Sind ſie noch alhier anzutreffen?

Curſ.

Ja / ſie haben ſich in der Schencke auff ih - re eigene Unkoſten eine Grauſamkeit ins Hertze ge - ſoffen.

Rob.

Laß ſie alſobald hier erſcheinen / und ſo mag der ehrliche Bonifacius auch darbey ſeyn.

Curſ.

Es ſol geſchehen.

Rob.

Sie moͤgen ſich verſamlen: Ich wil in Zeiten wieder kommen.

Vierdter Handlung

Sechſter Aufftrit.

Nicodemus, Kilian, hernach Curſi.
Nic.

Ihr muͤſſet darbey ſeyn.

Kil.

Ich halte / ich ſol mich noch einmahl auß - lachen laſſen.

Nic.

Herr Bonifacius ſol das Bad außſtehen.

Kil.

Was geht michs an / ob er baden wil / oder ob er mit garſtigen Beinen in das Bette gehet.

Nic.

Die gantze Compagnie hat es befohlen.

Kil.

So wil ich der gantzen Compagnie nicht ge - horchen.

Nic.

Koͤnnen wir dem Kirchſchreiber das Hauß ſtuͤrmen / ſo werden wir auch den Weg uͤber die Wieſen hinuͤber nehmen / und euer Ratten-Neſt am Kirchhofe nieder reiſſen koͤnnen.

kil. 352[350]Absurda
Kil.

Waͤre es doch kein Wunder / die Todten kaͤmen aus den Graͤbern wieder / und dreheten ſol - chen Boͤſewichtern die Haͤlſe dreymahl um.

Nic.

Dieſes Wunders halben bleiben wir nicht zuruͤcke.

Kil.

So verſucht es / wenn ihr boͤſe ſeyd. Die Kirche hat mir die Wohnung bauen laſſen: wollet ihr an dem Hauſe zu Kirchen-Raͤubern werden / ſo kommet immer an. Aber ſo lange das Beinhauß Knochen hat / ſo lange ſollen euch unſere Großvaͤter mit ihren Beinen dichte Naſenſtieber verſetzen. Wiſ - ſet ihr / was ich darunter verſtehe?

Nic.

Was habt ihr vor Knochen auf der Eſels - Wieſe? Vielleicht ſolche Eſels-Koͤpffe / die zu Sa - maria in der Theurung ſind verkaufft worden.

Kil.

Ich dencke wie vor Zeiten eine reiſende Per - ſon ihren Cammeraden auff den Sarg ſchreiben ließ:

Der Tod giebt mir ein ſtarckes Horn /
Was frag ich nach der Leute Zorn?
Curſ.

Wo habt ihr euch hin verlauffen? Man ſol auch ſolche Leute / wie ihr ſeyd / auff allen Ecken ausſuchen. Es iſt Befehl da / ihr ſolt Augenblicks auf die Cantzeley Stube kommen.

Nic.

Herr / gehet der Befehl uns allein an?

Curſ.

Nein / die andern ſind ſchon voraus. Wo ihr langſam ſeyd / ſo moͤchte eine Stube nach euchſchnap -353[351]Comica. ſchnappen / da es garſtig ausſiehet / und noch uͤbe - ler reucht.

Nic.

So werden wir uns wol nicht auffhalten.

Kil.

Aber was habe ich vor Todten zu begraben?

Curſ.

Ich ſage was mir befohlen iſt.

Kil.

Seyd ihr ſo ſtoltz mit eurer Zeitung / ſo muß mirs wol ein Herr ſagen / der vornehmer iſt / als ihr.

Vierdter Handlung

Siebender Aufftrit.

Robert, Bonifacius.
Bon.

Ich bitte nochmahls / er verſchone meiner armen Kinder / und meiner krancken gebrechlichen Frau / die alle Tage in ihrer Hertzens Angſt ſechs Kannen Bier / und drey Seydel Brandwein haben muß: Denn wo ich mein Hauß ſol ſtuͤrmen laſſen / ſo werde ich zum Betler und zum Landlaͤuffer.

Rob.

Ihr habt das eure gethan; ihr ſollet deß - wegen nicht gekraͤncket werden.

Bon.

Wer koͤnte aber vor Gewalt?

Rob.

Mein gnaͤdigſter Herr / und unſere Can - tzeley.

Bon.

Ach duͤrffte ich ſo viel hoffen / ſo waͤre mei - ne Sache auff guten Wege.

Rob.

Sie werden gleich hier ſeyn / da wil ich ſie laſſen zur Rechenſchafft kommen.

Bon. 354[352]Absurda
Bon.

Er mache es nur nicht zu ſcharff: ſie geden - cken es mir ſonſt bey anderer Gelegenheit.

Rob.

Schreibt mir nichts vor: Ich habe laͤngſt vor euch alle geſorgt. Eure Schweine ſollen euch wol bezahlet werden.

Bon.

Ach haͤtte ich den Troſt vor etlichen Stun - den gewuſt / wie manch graues Haar an meinem Kopffe waͤre etliche Jahr langſamer kommen.

Rob.

Und wo ihr mit eurem Sohne ſonſt nirgend hin koͤnt / ſo wil ich ihm eine Frau und einen Dienſt zu Wege bringen.

Bon.
(Legt ſich auff die Erde.)

Ach vor einem Baume / davon man ſo viel Schat - ten kriegt / muß man ſich neigen.

Rob.

Steht auff / jtzt werden ſich eure Wider - ſacher verſamlen: Doch mit Schimpff und Spot - te ſollen ſie noch eure Hochzeit-Gaͤſte werden.

Bon.

Das heiſt zur gluͤckſeligen Stunde Comœ - dien gemacht.

Vierdter Handlung

Achter Aufftrit.

Die Comœdianten nebſt den Spielleu - ten ſetzen ſich.
Veit.

Was werden wir ſollen?

Melch.

Der Bettelrodiſche Kirchſchreiber hat uns gewiß verklagt.

Detl. 355[353]Comica.
Detl.

Wir wollen auch unſere Noth vorbringen.

Steph.

Wir wollen alle viel Mauls haben. Und ich dencke / wenn die gebietenden Herren kommen / ſo iſt keiner ſo ſix / daß er ein Wort vorbringen kan.

Pet.

Wo es an ein Schreyen geht / ſo wil ich meine drey Heller gern darzu geben: Sonſten / daß ich reden wil / bin ich nicht herkommen.

Kil.

Ich wil eher ein Grab machen / als eine ſol - che Predigt / die Groſſen Herren gerecht iſt.

Grol.

Wenn ich ſo viel Glocken haͤtte / als Buch - ſtaben / ſo wolte ich endlich eine Complimente zu - ſammen laͤuten.

Alex.

Wir haben Gelehrten unter uns / die muͤſ - ſen ihre Kuͤnſte ſehen laſſen.

Mert.

Und da ſitzt einer im Lateiniſchen Kleide / der ſolte ſich wol zu einem halben Advocaten ſchicken.

Nic.

Herr Fabian, was machen wir viel lange Ermel / wollet ihr reden / wenn die Herren kom - men?

Fab.

Fragt mich nicht / ich haͤtte mir die Ehre ſelbſt genommen / Honor eſt honorantis.

Steph.

Nur machts fein ſcharff.

Fab.

Ja / was ſol denn die Klage ſeyn / In qvo conſiſtit Controverſia Status?

Steph.

Das weiß ich nicht.

Nic.

Klaget nur was her / gnug / daß Bonifaci - us in des Henckers Kuͤche koͤmt.

Z zFab. 356[354]Absurda
Fab.

Steht ihr aber alle fuͤr einen Mann / wenn ich die Klage ſtatlich arg mache?

(Zuſammen.)

Ja / ja / wer Bonifacius einen Schelmen heiſt / der iſt unſer Freund.

Vierdter Handlung

Neundter Aufftrit.

Die Vorigen. Robert, Sighart, Boni - facius, Pancratius.
Rob.

Wer ſind die unnuͤtzen Flegels-Koͤpffe / die ſich unterſtehen / diß ordentliche Cantzley-Vorge - mach / als einen Vorhof der heiligen Juſtitz / zu be - ſchimpffen.

(Sie ſtehen auff.)
Fab.

Ach nun werd ich wol nicht reden.

Rob.

Sagt her, was euer Geſchrey zu bedeuten hat / ſonſt werde ich heßliche Spruͤnge anfangen.

Fab.

Illuſtriſſime, Doctiſſime, Domine, Compa - ter in mandatis & officiis Glorioſiſſime, ſo dann auch cum titulis pleniſſimis in optima forma ſe - cundum ſtylum curiæ, cum Reſervatis, & Addi - tamentis, nec non cum Notis Saluſtii ad Virgili -um,357[355]Comica. um, ut & cum Excerpis Terentianis apud Nicode - mum Friſchlinum & Sebaſtianum Furzium, qvali - tercunq́; ſalutem dicit plurimam.

Rob.

Der Eingang iſt weitlaͤufftig / redet in mei - ner Sprache / oder ich hole den Cantzley-Diener.

Fabian.

Ich gebe meine Sachen nunmehr kurtz. Pythagoras, der Autor Scholæ Italicæ --

Rob.

Was? Pythagoras, Pythagoras, der war ein ehrlicher Mann / aber er gehoͤret nicht vor dieſe Gerichte / ſehet wo Schola Italica ihre Scholarchen und Patronen hat / da verklagt ihn ſo lange / und ſo[o]fft ihr wollet.

Fab.

Ego volebam incipere à Chria.

Rob.

Dieſes ſol euch geſchenckt ſeyn / incipe[0203]re ipſa.

Fab.

Gleichwol ſagt Pythagoras advorſus ſolem ne mingito.

Rob.

Huy / daß euch einer vor die Sonne ange - ſehen hat / und hat ſich an dem Herrn Pythagoras verſuͤndiget.

Fab.

Multum à Scopo, dieſer Boßhafftige Bo - nifacius, qvaſi minime Bonifacius & verus Mali - facius, in Comparativo Malificentior, in Super - lativo Malificentiſſimns, & plane non bonus vir, qvoniam in eum cadit ſuſpicio.

Z z 2Rob. 358[356]Absurda
Rob.

Ey / das ſind Injurien / davor ſollet ihr eu - re Buſſe zugewarten haben. Sagt kuͤrtzlich / iſt nichts mehr / als daß ihr den ehrlichen Mann da an ſeinem Nahmen und an ſeiner Exiſtimation kraͤn - cken wolt / ſo wird der gelbe Thurm beym gruͤnen Taubenſchlage wenig ledige Neſter behalten.

Fab.

Eſt noſtri fundi Calamitas. Er macht / daß wir nichts vor unſre Comœdie kriegen.

Rob.

Das ſagt ihm ein leichtfertiger Vogel nach: und ob ich wol Befehl habe / euch eine gute Zeitung zu uͤberbring[e]n / ſo koͤnte ich mit guten Ge - wiſſen zuruͤcke halten / weil ihr euch ſo gar unhoͤflich erwieſen habt.

Fab.

So werden wir vielleicht gar unrecht ſeyn berichtet worden. Wir dencken Bonifacius hat un - ſere Sache verderbt.

Rob.

Ey / Was ſol er verderbt haben? Herr Sighard ſagt nur / wer am Verderben ſchuldig iſt.

Sigh.

Nach dem unſer gnaͤdigſter Herr ein groß Vergnuͤgen an der kuͤnſtlichen Comœdie empfun - den / hat er alſobald bey Anblickung des Tituls re - ſolviret 30. alte Schock zu ſpendiren. Weil aber ohne ſeine Schuld etliche unbaͤndige / ungeſchlieffe - ne Bengel eine Sau nach der andern auff dem Schau Platze herum gejaget / ſo iſt Herrn Bonifa - cio ein Gnaden-Geld von 15. alten Schock derge - ſtalt zugeleget worden / daß er alles vor ſich allein behalten ſol.

Fab. 359[357]Comica.
Fab.

Und wir ſollen nichts bekommen? ſo wer - den viel Defectiva da ſtehen / die der ehrliche Kir - chen-Lehrer Daſipodius vergeſſen hat.

Sigh.

Nach euren Verdienſte kriegt ihr nichts. Doch damit ihr ein Zeichen der uͤbrigen unverdien - ten Gnade erkennen moͤget / ſo ſol Herrn Bonifacii Sohn alhier / nicht zum kurtzweilichen / ſondern zum kuͤrtzlichen Rathe gemacht / und mit der Cammer - Frau ihren geweſenen Kinder-Maͤgdgen vermaͤhlet werden.

Fab.

Qvid hoc ad nos? daraus ſehen wir ſchlech - te Gnade / Fac, ut uxor mea vos deprædicet.

Sigl

Laſt mich ausreden. Und alſo ſchencken ihr Gnaden auf die Hochzeit drey Schweine / zwey Viertel Bier / ſechs Flaſchen Brantwein / einen Scheffel Mehl / einen halben Scheffel Erbſen / zwey Toͤpffe Sauerkraut / einen Topff Pflaumen-Muß / ein Saͤckgen Habergruͤtze / einen Korb voll Bohnen / gebackene Piltze / und gedoͤrrte Heydelbeeren / einen Topff voll Saltz / zwey Hoſen Butter / ſieben Man - deln Kaͤſe / drey Pfund Qvaͤrge / eine Karpe und eine eingeſaltzene Forelle. Dieſes alles ſollen die Herren Comœdianten auf die Hochzeit verzehren / und Macht haben nichts zu ſchencken.

(Zuſammen.)

O Gnade / O Guͤtigkeit / O Reichthum / O lan - ge lebe lebe unſer gnaͤdigſter Graff und Herr.

Rob. 360[358]Absurda
Rob.

Aber du Pancratius, bedanckſtu dich nicht vor die Ehre?

Panc.

Ich ſchaͤme mich gar zu ſehr / daß die Ehre ſo groß auf einmahl iſt kommen.

Rob.

Sage nur / ob dir das Weiber-nehmen zu zeitlich koͤmt?

Bon.

Ach nein / wo ich mich nur in das Amt ſchi - cken kan / ſo wil ich wol zu ſehen / daß ich meinen Eh - ren-Gang zur Trauung und meinen Braͤutigams - Becher auff der Hochzeit beſtreiten kan.

Sigh.

Gelt / das iſt deine Hand?

Panc.

Ich habe es geſchrieben / ach er gebe mirs wieder.

Sigh.

Nein / ich muß ſolches leſen laſſen.

Pancr.

Ich kan es nicht uͤber mein Hertze brin - gen.

Rob.

Was iſt denn da?

Sigh.

Es iſt eine Klage von dieſen Jung geſellen / daß er ſo lang ein Erwartung ſeiner Hochzeit nach - geſetzet wird: Und die hat er verlohren / damit ſoll er auch an ſeinem Ehren-Tage vexiret werden.

Rob.

Es muß offentlich verleſen werden. Meiſter Kilian, koͤnt ihr leſen?

Kil.

Ich weiß nicht / ſchreiben kan ich / aber nicht lateiniſch.

Rob.

Was koͤnnt ihr / Meiſter Marcolphus?

Marc.

Wo die Verſe beruſt ſind / ſo kan ich ſie wieder reine machen. Aber wo viel lateiniſcher Qvarck drunter ſteht / ſo leſe ihn ein ander / und nicht ich.

Rob. 361[359]Comica.
Rob.

Siehe da / Meiſter Sandſeiger macher / ihr habet eine huͤbſche Sprache / verleſt ihn.

Nicodemus.

Wo euch mit meiner Sprache was gedienet iſt / ſo kan ich in Anſehung der kuͤnfftigen Hochzeit wol ein Briefgen leſen.

Mert.

Ich bin ein Sterngucker / ich werde mich beſſer darzu ſchicken / wo jrgend was darbey zu pro - gnoſticiren iſt: Denn aus den Liedern propheceyet man von den Poeten.

Rob.

So mag es auch bey dem Sterngucker bleiben: Der ſol das Lied viſiren.

Mert.
(Lieſet das Lied.)
1.
ICh komme ſchon zu ſechszehn
Jahren /
Ach Venus ſieh mein Elend an /
Sol ich mich denn ſo lange ſparen /
Biß ich im Barte ſtreicheln kan?
Ach weiſe mir ein zartes Lam̃ /
Und mache mich zum Braͤutigam.
2.
Was ſol ich ſtets zur Jungfer gehen?
Es iſt doch weder halb noch gantz:
Z z 4Da362[360]Absurda
Da muß ich an der Thuͤre ſtehen /
Und da verſagt ſie mir den Tantz /
So werd ich auch mit groſſer Scham
Doch lange nicht zum Braͤutigam.
3.
Wer wil mir eine Suppe kochen?
Von wem wird mir der Strumpf
geflickt?
Wo wird mir endlich alle Wochen /
Ein weiſſes Hemde hergeſchickt?
Wo liegt die Buͤrſte / wo der Kam̃?
Ach waͤr ich nur ein Braͤutigam!
4.
Wo krieg ich ein Gerichte Fiſche?
Wo krieg ich Semmel / Kaͤß und
Brodt?
Wo hab ich taͤglich Fleiſch zu Tiſche /
Wo hab ich Bier in meiner Noth?
Drum gib mir nur ein junges Lam̃ /
Und mache mich zum Braͤutigam.
Wer363[361]Comica.
5.
Wer ſol mit mir im Bette ſchwatzen /
Wenn ſich der Schlaff nicht finden
wil?
Wer ſol mich in den Ruͤcken kratzen /
Wer macht mir ſonſt ein luſtig
Spiel?
Drum gieb mir doch ein niedlich Lam̃ /
Und mache mich zum Braͤutigam.
6.
Ich wil die Liebſte treulich ehren /
Ich wil jhr unterthaͤnig ſeyn.
Sie mag mir alles kuͤhnlich lehren;
Sie ſey das Haupt / ich bin das
Bein.
Sie ſey die Wurtzel / ich der Stam̃ /
Nur mache mich zum Braͤutigam.
7.
Ach ſol ich noch vergebens hoffen?
Sie364[362]Absurda
Sie doch / ich bin ſchon ſechs zehn
Jahr:
Laß mir den Gnaden-Thor-Weg
offen /
Ich ſchwebe warlich in Gefahr:
Und giebſtu mir nicht Veniam,
So werd ich doch kein Braͤutigam.
Rob.

Ihr Leute / habt ihr an dem Liede was auszuſetzen?

Fab.

Urit mature. Der Menſch wird nicht lan - ge lange leben. Raro conſeneſcunt ingenia præ - cocia.

Nic.

Wenn er nur ſeine Frau ernaͤhren kan / ſo iſt nichts aus zu ſetzen.

Sigh.

Um das Ernaͤhren ſorget unſer gnaͤdigſter Herr / der wil ihm auff ſeine Unkoſten / traͤncken und bekoſten / beholtzen und beleuchten / tiſchen und baͤncken; In Summa / er ſol als ein kuͤrtzlicher Rath / gar einer kuͤrtzlichen Haußhaltung von noͤ - then haben.

Rob.

So nehmet nach einander einen hoͤflichen Abtrit / und verſaͤumet die Zeit im Kretſchen nicht / da ihr das eure genieſſen ſollet.

(Sie geben alle die Haͤnde / bedancken ſich / und gehen ab.)
Sigh. 365[363]Comica.
Sigh.

Hochwertheſte Zuſchauer / es wird finſter / und ich halte davor / ehe es wieder Tag wird / ſo moͤchten die ehrlichen Schlucker nicht Zeit haben / ihr Gelach zu verlaſſen. Drum werden ſie mit der wenigen Luſt vor willen nehmen / die Fehler auf ei - nen guten Ort legen / und der geſamten ſpielenden Geſellſchaft geneigt und zugethan verbleiben.

GOTT helfſe nur / daß keine boͤſe Zeit das Land betruͤben / und daß kein Trau - ren dieſen Luſt-Platz verſchlieſſen moͤge. So wird es vielleicht weder an Perſonen / noch an Zuſchauern ermangeln. Sie leben geſund / geneigt und froͤlich.

[figure]
366[364]Absurda
Zu Ende kan dieſes Lied entwe - der durch einen Pickelhering offent - lich / oder auch nur hinter der Scene geſungen werden.
1.
SO gehn die Stuͤmper nu von
dannen /
Die zwar aus ihrer Compagnie /
Spott / Trauren / Schmertz und
andre Muͤh /
Durch Luſt und Hochmuth weit ver -
bannen.
Allein man hoͤret daß die Welt
Sie dennoch vor Fantaſten haͤlt.
2.
Sie bleiben bey dem ſuͤſſen Glau -
ben /
Als wenn die ſchlechte Betteley
Ein Koͤnigreich geweſen ſey /
Und laſſen ſich die Leute ſchrauben;
Weil367[365]Comica.
Weil ſie aus Einfalt nicht verſtehn /
Wohin die loſen Spoͤtter gehn.
3.
Indeſſen wenn die meiſten lachen /
So nehmt euch ſelbſt in Augen -
ſchein;
Ob etwan ſolche Maͤngel ſeyn /
Die euch zum Scheꝛtze tuͤchtig machẽ.
Und ob auch ein Theatrum iſt /
Da ihr die Schwalbe ſpielen muͤſt.
4.
Der gute Mann von Bettelrode
Hat deſſentwegen Spott veꝛdient /
Daß er ſich dieſer That erkuͤhnt;
Doch / iſt es nicht bey vielen Mode /
Daß ſie auf hohe Chargen gehn /
Wenn ſie gleich einen Qvarck ver -
ſtehn.
5.
Man wil es auf die Hoͤrner nehmen /
Eh 368[366]Absurda
Eh man das Maß genom̃en hat /
Drum mangelt endlich guter
Rath /
Daß alle ſich des Handels ſchaͤmen /
Und daß der Freund an ſtatt der
Pracht /
Nur einen Pickelhering macht.
6.
Da ruͤhmet mancher ſein Studiren /
Der pralt mit ſeiner Handelſchaft /
Der hat ſich ſonſt in was vergafft /
Und keiner hat es aus zufuͤhren /
Weil ihnen Kunſt Fleiß verſagt /
So bald man nach d Probe fragt.
7.
Ja wenn auch die geringen Leute /
So jaͤmmerlich als ſie beſtehn /
Doch luſtig in den Kretſchen gehn /
So dencket an die Gluͤckes-Beute /
Die manchen in die Haͤnde faͤlt /
Den man vor einen Thoren haͤlt.
Man369[367]Comica.
8.
Man darffs nicht allemal verdienen /
Wenn nur das Gluͤck den Auß -
ſpruch giebt /
So wiꝛd ein ſchlechtes thun beliebt /
Und unſeꝛ Lohn muß doppelt gruͤnen.
Spricht dieſe Fuͤrſtin einmahl ja /
So liegen tauſend Thaler da.
9.
Wolan die Lehren ſind die beſten /
Da uns Verſtand und Luſtigkeit /
Zugleich erbauet und erfreut.
Drum folgt den frohen Hochzeit -
Gaͤſten /
Und ſeht die Poſſen ferner an /
Wie man gelehrter werden kan.
10.
Beluſtigt euch an ihren Wercken /
Jedoch wenn ihr die Stiche fuͤhlt /
Daß man auf eure Sachen zielt /
So laſts an keiner Mine mercken /
Daß euch die Lehre zornig macht /
Sonſt werdt ihr doppelt ausgelacht.
[368][369][370][371][372][373][374][375][376][377][378]

About this transcription

TextZittauisches Theatrum
Author Christian Weise
Extent719 images; 101393 tokens; 12151 types; 676372 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationZittauisches Theatrum Wie solches Anno M DC LXXXII. præsentiret worden/ Bestehende in drey unterschiedenen Spielen. 1. Von Jacobs doppelter Heyrath. 2. Von dem Neapolitanischen Rebellen Masaniello. 3. Jn einer Parodie eines neuen Peter Sqvenzes von lautern Absurdis Comicis Christian Weise. . [8] Bl., 317 S., [1] Bl., 369 [i.e. 367] S. MiethHartmannZittau1683.

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HAB Wolfenbüttel HAB Wolfenbüttel, Lo 7879

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationBelletristik; Drama; Belletristik; Drama; core; ready; china

Editorial statement

Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-09T17:35:45Z
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Holding LibraryHAB Wolfenbüttel
ShelfmarkHAB Wolfenbüttel, Lo 7879
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