PRIMS Full-text transcription (HTML)
Der Freymuͤthige und hoͤffliche Redner.
Chriſtian Weiſens Freymuͤthiger und oͤfflicher Redner /
das iſt / ausfuͤhrliche Gedancken von der PRONUNCIATION und ACTION, Was ein getreuer Informator darbey rathen und helffen kan
Bey Gelegenheit Gewiſſer Schau-Spiele allen Liebhabern zur Nachricht gruͤndlich und deutlich entworffen.
Anno M. DC. XCIII. Verlegts Johann Friedrich Gleditſch.

Erklaͤrung des Kupffer-Blats:

HJer hat ein kluger Platz zwey Spiegel auffge -ſtellt /
Jn einem bildet ſich die curioͤſe Welt /
Die ſpielet allerſeits mit Tritten und Figuren /
Mit ſchoͤner Eitelkeit / mit ſtoltzen Poſituren /
Und was man euſſerlich gut oder boͤſe macht /
Das wird gut oder boͤß im Spiegel beygebracht.
Geſetzt / wir wollen diß gar gerne beſſer ſehen:
So muß das Ebenbild in der Geſtalt geſchehen.
Gleich wie ein Mahler thut: Der richtet allemal
Die Kunſt in der Copie nach dem Original.
Der andre Spiegel fuͤhrt uns tieffer ins Gewiſſen /
Daß wir die Fehler ſelbſt an uns erkennen muͤſſen.
Weil er den Ubel-Stand an unſerm Leibe zeigt /
Den mancher Feind verlacht / den mancher Freundverſchweigt.
Jn jenem lernen wir fromm und gedultig werden /
Jn dieſem beſſern wir die Freyheit in Geberden.
Man ſieht / was moͤglich iſt / man ſchickt ſich in dieWelt /
Man mercket an ſich ſelſt / was andern wolgefaͤllt.
Und ſolches muͤſſen wir von dieſem Spiegel ſprechen:
Will iemand kluͤger ſeyn / ſo mag er ihn zer -
brechen.
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Geneigter Leſer.

JCh bin einmal darzu kom - men / daß ich von der Ora - torie profeſſion mache: Drum iſt bißhero meine groͤſte Sorge darinne be - ſtanden / daß ich kein Theil von die - ſer angenehmen Diſciplin gantz un - beruͤhrt laſſe. Ja wofern ich noch etliche Regeln de prudentia Orato - ria moͤchte zuruͤcke gelaſſen haben / ſo wird etwas davon in den ſorg - faͤltigen Brieffen / oder im dritten Theile der curieuſen Gedancken von deutſchen Brieffen mit eheſter Gelegenheit zu erwarten ſeyn.

II.

Zwar ich ſehe noch etwas / darinne mir ein defect moͤchte ge - zogen werden. Denn das letzteStuͤ -Stuͤcke / damit die Oratores hin und wieder nicht unbillich ein groſſes Weſen machen / de pronunciatione & actione, das iſt von mir zwar hin und wieder etwas genennet / gleichwol aber niemals aus dem Fundamente unterſuchet worden.

III.

Geſetzt auch / daß meine Un - tergebene vielfaͤltig hierinne moͤch - ten angewieſen und erinnert ſeyn / ſo koͤnte es doch wol kommen / daß ein Liebhaber auch etwas Geſchrie - benes in dieſem Stuͤcke von mir be - gehren moͤchte. Solches aber wird bey Gelegenheit dieſes frey - muͤthigen und hoͤfflichen Red - ners am fuͤglichſten geſchehen koͤn - nen.

IV.

Jch bekomme auch eben zu rechter Zeit die galanten Orationes in die Haͤnde / welche der vornehme Redner und Profeſſor in Amſter - dam / Herr Petrus Francius, gleicha 3inin dieſem Jahre publiciret hat. Deñ da wir dem beruͤhmten Man - ne deßwegen gratuliren muͤſſen / daß er unlaͤngſt zum ſtattlichen Zeugniſſe ſeiner Vortreffligkeit zwar nach Leyden als ein Profeſſor beruffen; Gleichwol aber zu Am - ſterdam durch eine ſtatliche Zulage des Salarii behalten worden / ſo wird vielleicht ein Liebhaber der ed - len Redens-Kunſt nicht unrecht thun / wenn er theils aus dem er - wehnten Buche / theils aus der gantzen Methode was zu lernen und zu bedencken ſuchet.

V.

Das weiß ich wol / ein iedwe - der Redner muß ſich nach dem Staate ſeiner Republic richten / und wie etwan vormals der gelehr - te Lipſius zu Loͤven gar eine andere Politice ſchrieb / in faveur der Mo - narchie / als der ſcharffſinnige Box - horn in Leyden / der ſich etwas ge -nauernauer nach der Libertaͤt accom - modiren muſte: So kan es nicht feh - len / daß die Oratorie gleicher Geſtalt als eine Dienerin der Politic zu an - dern Regeln / oder zu andern Exem - peln und Handgrieffen verſtehen muß. Eben wie ſich ein Profeſſor in ſtatu Monarchico nimmermehr zu allem verſtehen darff / was die Griechiſchen und Lateiniſchen Ora - tores an ihrem Orte vor gut und practicable gefunden haben.

VI.

Wenn ich aber des wohlge - dachten vornehmen Mannes Ab - ſehen allerdings bey mir uͤberlege / ſo finde ich drey unterſchiedene Pun - cte / darinne er den vornehmſten Fleiß ſo wol den Patronen / als der geliebten Jugend zu recommendi - ren ſuchet.

VII.

Erſtlich iſt es ihm nicht ge - nug / wenn man die Reden nach der Kunſt eintheilen und hinſchreibena 4will /will / damit der geneigte Leſer ſeine Vergnuͤgung darinne finden kan: Sondern zu dieſen artificiis inter - nis, wie er ſie nennet / gehoͤren auch externa, daß man ſich in der an - ſtaͤndigen und freymuͤthigen pro - nunciation, ſo dann in der hoͤffli - chen und manierlichen action wohl auffzufuͤhren weiß.

VIII.

Darnach beklaget er / daß in Schulen auff dieſe Vollkomenheit eines Redners gaꝛ wenig ſey geſehen worden. Letzlich aber entdecket er ſei - ne Gedancken / wie er bey der Ju - gend gewiſſe Reden lateiniſch aus dem Cicerone, Griechiſch aus dem Demoſthene recitiren / und ſolche mit eben den Minen halten lieſſe / welche die Weltberuͤhmten Redner dazumal allen Umſtaͤnden nach / vermuthlich wuͤrden gebrauchet haben.

IX.

Je mehr nun der gute Suc -ceſsceſs dieſer Methode zum wenigſten aus der allgemeinen Affection des Vaterlandes zu erkennen iſt; da man ſich eines Profeſſoris wegen keine Sorge machen wuͤrde / wenn er das Seinige bey der Jugend nicht wol und galant ausgefuͤhret haͤtte: deſto mehr hab ich Urſache / daß ich allhier ſtehen bleibe / und in Anſehen meiner vorigen und itzigen Profeſſion gleichſam Rechenſchafft gebe / was mir in dieſen hoͤchſt ange - legenen Puncten nicht nur gedienet und geholffen / ſondern auch im Ausgange ſelbſt den Stich gehal - ten hat.

X.

Jch præſupponire aber nochmals / daß ich in dieſer gantzen Diſciplin mehrentheils auff den Zuſtand der Republic ſehe / da wir unter einem glorwuͤrdigſten Po - tentaten leben / und der poſteritaͤt mit ſolchen Leuten zu dienen ver -a 5pflich -pflichtet ſeyn / welche ſo wohl dem Durchlauchtigſten Haupte zu gnaͤ - digſten Gefallen / als dem geliebten Vaterlande zu geſegneten Auffneh - men mit der Zunge / und mit der Fe - der in geiſtlichen und weltlichen affairen nuͤtzlich erſcheinen ſollen.

XI.

Und dannenhero wie ſich die Alten nach der Gelegenheit ih - res Staats richteten / und alles ſe - cundum genus demonſtrativum, deliberativum & judiciale gluͤcklich eintheileten / ſo kan ich an meinem Orte nicht vorbey / ich muß die vor - nehmſte Diſtinction darinne beru - hen laſſen / wenn ich die Meinigen ad Orationes Scholaſticas, Politi - cas und Eccleſiaſticas verweiſe.

XII.

Denn wir kommen weiter nicht / als daß wir entweder auff der Schul - oder Univerſitaͤts-Cathe - der was Gelehrtes reden / oder daß wir im Regiment und in Geſand -ſchaff -ſchafften die Sprache gluͤcklich brauchen / oder auch endlich auff der Cantzel der Chriſtlichen Gemeine mit guten Predigten nuͤtze ſeyn. Warum aber dieſer Unterſcheid vor itzo genau zu bedencken iſt / das wird ſich bald eroͤffnen.

XIII.

Dannenhero / wenn ie - mand fragen will / ob ein zukuͤnffti - ger Redner nicht nur ad eloqven - tiam internam, das iſt / zum zierli - chen und gelehrten Gebrauche ſei - ner Feder; ſondern auch ad elo - qventiam externam anzufuͤhren ſey / daß er ſich mit der Stimme / und mit dem gantzen Leibe wol anlaſſen koͤnne: Wie denn Cicero ſolches corporis eloqventiam genennet hat; So muͤſſen wir die pronun - ciation und action nicht confundi - ren / ſondern von beyden à part han - deln.

XIV.

Dergeſtalt befinde ich an -a 6fangsfangs einer hohen Nothwendigkeit zu ſeyn / daß man ſich in der pro - nunciation deutlich / unterſchied - lich und liebreich erweiſen kan / da - mit die Zuhoͤrer voraus den Ver - ſtand aſſeqviren / hiernechſt aber al - les mit guten appetit vernehmen und behalten moͤgen.

XV.

Denn gleichwie zu der pro - nunciation zweyerley gehoͤret: So - nvs, daß man laut oder ſtarck / geſchwinde oder geſchleifft / trotzig oder guͤtig / froͤlich oder traurig / ſtoltz oder demuͤthig redet; Und Accentvs, daß man allezeit eine gewiſſe Sylbe / oder wol gar ei - ne gantze Zeile gegen der andern em - por hebet / und ſolche mit einer ge - wiſſen Emphaſi beleget: Alſo kan es nicht fehlen / wenn iemand aus Unverſtande oder aus Leichtfertig - keit eines von beyden veraͤndern will / ſo iſt der Senſus der gantzenRedeRede verdorben und umgekeh - ret.

XVI.

Und eben deßwegen kom - men wir mit den muͤndlichen Com - plimenten beſſer fort / als mit den geſchriebenen / wie Plinius ſaget: Sermonem vultus, geſtus, vox ipſa moderatur, epiſtola omnibus commendationibus deſtituta ma - lignitati interpretantium exponi - tur. Man erfaͤhrt es offt / wenn eine Supplic oder ſonſt ein Con - cept ſo wol vor dem Fuͤrſten / als vor einem andern Collegio ſoll ab - geleſen werden. Denn wo der Le - ſer der Partey guͤnſtig iſt / ſo darff er nur alles ſitſam / demuͤthig und klaͤglich exprimiren / damit werden die Gemuͤther gar leicht gewonnen ſeyn. Hingegen wo er den accent aus Boßheit oder aus Unverſtand gar zu trotzig fuͤhret / ſo kan er die Perſon odieux machen / und dera 7gutenguten Intention einen unverwind - lichen Stoß geben.

Wo der Senſus durch den accent uͤber die maſſen ſchaͤndlich kan verletzet wer - den / ſolches hab ich unlaͤngſt bey Gele - genheit der deutſchen Verſe vielfaͤltig erwieſen: Habe auch vornehmlich in Verſen dargethan / wie der accentus ſcanſionis und pronunciationis nicht duͤrffe mit einander vermenget werden.

Allein es wird ſich hier der Muͤhe verlohnen / daß wir dem geneigten Leſer nur mit einem kurtzen Exempel dienen: Geſetzt ich wolte mich in einer Compli - mente dieſer formul gebrauchen: Dem Herrn will ich an ſtatt der Bezah - lung mit meinem Gebete dienen. Denn wofern ich die Worte ſtarck und mit einiger vehemenz von mir ſtoſſe / ſo muͤſſen alle dencken / man wolle mit ſei - nem Gebete trotzen / und allen zu verſte - hen geben / was ſie vor einen groſſen Danck wegen dieſer Hoffart wuͤrden ſchuldig ſeyn.

Hingegen wenn es langſam / leiſe / de -muͤthigmuͤthig und gleichſam mit einer bey - wohnenden Furcht ausgeſprochen wird / ſo muͤſſen alle mercken / wie er ſich ſeines Armuths ſchaͤmet / und dennoch in einer dienſtergebenen Hoffnung ſte - het / ſein geringes Vermoͤgen / welches ihm GOtt vielleicht in der Andacht ge - goͤnnet hat / werde nicht allerdings ver - ſchmaͤhet ſeyn.

Doch das iſt nicht genug.

So viel als die Formul Worte hat / ſo vielmal kan der Senſus durch den auffgelegten accent, wo nicht gantz / doch um ein ziemliches veraͤndert wer - den. Und es wird dem geneigten Le - ſernicht mißfallen / daß ich alles durch die zwoͤlff oder eilff Worte ſo vielmal ausfuͤhre.

Dem Herꝛn will ich an ſtatt der Be - zahlung mit meinem Gebete dienen.

Das iſt eben dieſem Herrn / den ihr ſehet / und nicht etwan einem andern.

Dem Herrn will ich / ꝛc.

Das iſt / eben dieſer vornehmen Per - ſon / mit der ich rede / der ich ſoll danck - bar ſeyn / und die es eben wiſſen ſoll /daßdaß ich die Complimente auff ſie ge - richtet habe.

Dem Herrn will ich ꝛc.

Es ſol mirs niemand nachſagen / daß ich mich anders reſolviret haͤtte / ſo war als die Sache beſchloſſen iſt / ſo war will ich mich auch darinne nicht verhindern laſ - ſen / ja er ſoll es erfahren / daß ich als ein Souverainer Menſch uͤber mein Gemuͤ - te und meinen Willen zu ſprechen habe.

Dem Herrn wil ich. ꝛc.

Hier ſteht der Mann / der ſein Verſpre - chen ſo ſchoͤne vorgetragen hat: Jch bins und kein ander / wenn auch jemand nach dem vortreflichen Menſchen fra - gen moͤchte / der ſich mit ſeinem Gebete ſo breit gemacht hat / ſo kan er nun wiſ - ſen / wohin er die Leute verweiſen ſoll.

Dem Herrn wil ich an ſtatt. ꝛc.

Jch ſehe daß ich etwas anders vor mei - ne Bezahlung lieffern muß: Als wil ich nur erinnern! was er nunmehr an der Stelle finden wird. Der Ort ſol gleichwol nicht ledig gelaſſen werden / er ſol etwas haben / daran er ſich halten kan.

Dem

Dem Herrn will ich an ſtatt der Be - zahlung ꝛc.

Weil der Herr eben dieſe Bezahlung von mir fodert / und mir alſo was un - moͤgliches zugemuthet wird / das ich e - ben itzo bey ſo geſtalten Sachen nicht lieffern kan / ſo wird er mit etwas an - ders zufrieden ſeyn.

An ſtatt der Bezahlung ꝛc.

Jch bekeñe es gerne / daß ich ein Schul - dener bin / die Bezahlung iſt das vor - nehmſte / das ich leiſten ſoll / und ich ha - be vielfaͤltig davor geſorget / ob ich mei - ner Pflicht nachleben koͤnte. Ja ich nenne das Wort eben mit einem Nachdrucke / daß er wiſſen ſoll / wel - cher geſtalt ich ſolches nicht vergeſſen habe.

Dem Herrn wil ich mit meinem ꝛc.

Er kan verſichert ſeyn / daß ihm mein Gebete helffen wird / es wird damit was ausgerichtet ſeyn / und mit dieſer Vergeltung wird er ſich vergnuͤgt be - finden.

Mit meinem Gebete.

Jch will es nicht meine Kinder undHauß -Haußgenoſſen thun laſſen: Jch will den Zettel nicht in eine fremde Kirche ſchicken / daß er unter den Vorbitten ab - geleſen wird: Sondern hier ſteht der Mann / der es in eigener Perſon ſelbſt verrichten will.

Mit meinem Gebete dienen ꝛc.

Jch kan nicht groſſe Dienſte noch etwas anders von annehmlichen Auffwartun - gen verſprechen; Sondern wenn ihm mit dem jenigen gedienet iſt / das ich in der Krafft GOttes vor das meinige ſchaͤtzen darff / ſo laſſe er ſich das Gebete befohlen ſeyn / welches darum mit einem ſcharffen accente ausgeſprochen wird / daß er zugleich den Eyffer daraus erken - nen ſoll / welchen ich bey dieſem Gebete durchaus empfinden werde.

Dem Herrn will ich mit meinem Ge - bete dienen.

Der Ausgang ſoll es beweiſen / daß er mir deſſentwegen noch einen Danck wird ſchuldig ſeyn: Er wird es empfin - den / was vor ein vortreflicher Effect zu ſeinem Auffnehmen und zu ſeiner Wol - fahrt erfolgen ſoll.

XVII.

XVII.

Weil nun ſo viel daran gelegen iſt / daß dem Verſtande / fer - ner auch der Annehmligkeit nichts benommen wird / ſo darff ſich nie - mand vor einen vollkommenen Redner ausgeben / wenn er ſich in der pronunciation nicht accurat zu halten weiß.

XVIII.

Allein es beruhet auch etwas groſſes auff der Action. Denn wer als ein todtes Bild vor unſern Augen ſteht / der kan ſeinen Worten ſchwerlich eine lebendige Krafft einfloͤſſen / ſonderlich wer ſich allemal auff verſtaͤndige und attente Zuhoͤrer nicht verlaſſen kan / welche vielleicht die Warheit auch in der einfaͤltigen Geſtalt aſſeqvi - ren moͤchten: Der muß freylich dahin gehen / daß die Unverſtaͤndi - gen durch beredte Minen zur Er - kaͤntniß gebracht / ſo dann auch die Nachlaͤſſigen durch ſolche liebreicheCe -Ceremonien bey der Luſt behalten werden.

XIX.

Wiewol vor allen Dingen wird auff den Unterſcheid der reden - den Perſonen geſehen. Was ei - nen Geiſtlichen Redner am beſten recommendiret / daß kan einem Politiſchen Redner zum Spotte gereichen: Und was wir an beyden admiriren / das moͤchte auff der Schul-Catheder zu ſchlechter re - commendation dienen.

XX.

Ein Geiſtlicher / der auff der Cantzel / im Beichtſtuel / bey dem Altare / ja wol auch bey dem Krancken-Bette zu reden hat / dem ſtehen die andaͤchtigen / liebreichen und gravitaͤtiſchen Minen wol an; Denn er muß mit der andaͤchtigen Mine weiſen / daß ihm die Rede von Hertzen gehet. Ja er muß erſchei - nen mit der liebreichen Mine / daß er ein Diener Chriſti heiſſet / welcherallenallen Menſchen will geholffen ha - ben; So denn auch mit der gravi - taͤtiſchen Mine / daß er ſich der welt - lichen Eitelkeit durchaus nicht an - zunehmen gedencket.

XXI.

Hingegen ein Politicus muß ſich ſchon in ſeinen Compli - menten nach der Mode richten / nur daß er nicht des Buͤckens und des Außſtreichens gar zu viel macht / wie etliche Complimentiſten / die keinen Unterſcheid halten / ob ſie mit einem Fuͤrſten oder mit einem Kammerdiener reden. Wenn ſie mit einem hoͤhern zu ſchaffen ha - ben / ſo moderiren ſie die Stimme und erweiſen in den Minen zwar etwas demuͤthiges und auffwartſa - mes / doch mit ſo einem klugen Temperament, daß man kein Sclaviſches Gemuͤthe bey ihnen ſu - chen darff. Wenn ſie mit ihres glei - chen / oder auch mit einem geringernzuſam -zuſammen kommen / ſo muß alles mit einer gratioͤſen Mine geſchehen / daraus lauter Freundligkeit und Liebe zu erkennen iſt / doch alſo / daß man nichts gezwungenes / als ein unbetruͤgliches Merckmahl der Falſchheit mit unterlauffen laͤſt. Endlich wenn man im Nahmen ei - nes Obern mit den Untern zu reden hat / ſo iſt ein gravitaͤtiſcher accent und eine ſachte Bewegung des Lei - bes am alleranſtaͤndigſten.

XXII.

Die Schul-Reden werden entweder von der Jugend gehalten / und da muß ein jedweder gleichſam einen Blick in die kuͤnfftige Profeſ - ſion thun / und ein zukuͤnfftiger Stu - dioſus Theologiæ muß ſchon et - was ſitſamer gehen / daß er ſich der andaͤchtigen und modeſten Mine gebrauchen lernet; Ein zukuͤnffti - ger Politicus muß der freymuͤthi - gen und hoͤfflichen Manier etwasgenau -genauer nachleben. Oder die Leh - rer muͤſſen aufftreten; Und da ſcheinet es am beſten / wenn eine moderate miſculance zwiſchen den Geiſtlichen und Politiſchen Minen geſuchet wird. Denn aus dieſer un - gezwungenen Art giebt man erſtlich zu erkennen / daß man ſich in der Lehre der einfaͤltigen Warheit anzu - nehmen pfleget; Und daß man ſo wol denen Theologis als den Poli - ticis zu Dienſte ſtehen wolle.

XXIII.

Doch wer von den Mi - nen was accurates erinnern will / der befindet etliche gantz general, das iſt / er ſaget / wie ſich ein Menſch mit den Augen / mit dem Munde / mit der Hand / ja mit dem gantzen Leibe ſtellen muͤſſe / wenn er den Leuten etwas froͤliches / oder trau - riges / etwas admirables oder ver - aͤchtliches / etwas freundliches oder verdrießliches vorzubringen hat.

bXXIV.

XXIV.

Jm Gegentheile befin - det er etliche gar ſpecial. Wenn ein Redner bey allen Zeilen nach - dencket / was eben bey dieſem oder jenem Worte vor eine Bewegung am anſtaͤndigſten und am kraͤfftig - ſten ſeyn moͤchte. Denn alſo ver - ſuchte Demoſthenes ſeine Reden allemal vor dem Spiegel / daß er ſich durchaus zu einer nachdruͤckli - chen Mine præpariren kunte. Ci - cero hatte ſein Vergnuͤgen darin - nen / wenn er mit dem Roſcio als einem Theatraliſchen Ceremonien - Meiſter gleichſam certiren ſolte / wie vielmal eine Rede mit unter - ſchiedenen Minen koͤnte veraͤndert werden.

XXV.

Wiewol dergleichen Spe - cial-Werck kan bey den wenigſten Rednern geſuchet werden. Denn wer nicht ein Viertel Jahr zur Præ - paration ausſetzen kan / derſelbe kanſichſich nuñermehr ſo wol an die Wor - te / als an die Minen genau binden lernen. Wenn die Jtaliaͤner einen activen Prediger beſchreiben wol - len / ſo ſprechen ſie: Concionatur cum ſpiritu. Doch ein guter Freund bekandte mir ſelber / ſingu - lis menſibus tantum ſemel concio - natur.

XXVI.

Drum iſt es wolam be - ſten / wenn ſich ein Redner in gene - re nach den affecten richtet / und ge - wiſſe Minen gleichſam im Vorra - the beyſammen hat. Denn eine Regiments-Perſon / welche den raſenden Poͤbel vor dem Rathhau - ſe ſihet / der nicht anders als mit ei - ner extemporalen Rede ſol beſaͤnff - tiget werden / der kan ſich keine vier Wochen ausbitten / daß er in des Demoſthenis Spiegel ſehen / und hernach mit den ausſtudirten Mi - nen viel Wunder-Zeichen thun koͤnte.

b 2XXVII.

XXVII.

Am allermeiſten hat man die Klugheit eines jedweden Redneꝛs in ſpecie zu ruͤhmen / wenn er ſeine Mine zwar nach andern Leuten einrichtet / und abſonderlich der eingefuͤhrten Gewonheit nach - gehet; Gleichwol aber ſich ſelber ſo weit erkennen lernet / ob er ſich ſei - ner Leibes Diſpoſition nach einer hefftigen oder einer ſachten Bewe - gung bedienen ſolle. Denn einer - ley ſtehet allen nicht an. Mancheꝛ hat etwas bewegliches / wenn er die Hand wol zu gebꝛauchen weiß: Ei - nem andern ſtehts beſſer an / wenn er die Haͤnde ruhen laͤſt. Jn Sum - ma / wir muͤſſen uns uͤber die Weiß - heit des Schoͤpffers verwundern / daß er bey den Menſchen / und bey dieſem eintzigen Geſchlechte ſo viel tauſenderley Wechſel vorſtellen kan. Kein Menſch fuͤhret ſo eine Spra - che / und ſo einen accent wie der an -dere:dere: Kein Menſch hat ſo eine Mi - ne wie der andere: Jch moͤchte faſt ſprechen / kein Menſch ſchreibt ſo ei - ne Hand wie der andere / und womit ſich einer als ein galanter Redner durchgehends recommendiren kan / damit hat ein ander die recom - mendation verſchertzet.

XXVIII.

Doch wie dem allen / ſo koͤnnen wir nun zum andern fꝛagen; Ob man von der pronunciation uñ der action in Schulen bey der Ju - gend etwas nuͤtzliches vornehmen koͤnne. Und weil der Jugend ſo viel daran gelegen iſt / ob ſie lebhafft oder ungeſchickt erzogen wird / ſo darff ein ehrlicher Mann / der ein - mal von ſolchen Dingen Profeſſion macht die Frage nicht mit Still - ſchweigen beantworten.

XXIX.

Zwar wir ſehen erſtlich / wie man gemeiniglich einem guten Naturel das meiſte zu dancken hat. b 3DerDer geneigte Leſer wird mir dieſes zugeben. Mancher hat von Natur einen liebreichen / mancher einen ernſthafften / mancher einen lu - ſtigen accent. Und wir befinden es in der Converſation, wie man - cher die Gabe hat / was luſtiges zu erzehlen / daß alle vor Lachen zer - ſpringen moͤchten: Und wenn e - ben die Sache von einem andern nachgeſaget wird / ſo weiß niemand / warum er lachen ſolte. Ja man darf nuꝛ in das Catechiſmus-examen ge - hen / da ſich die ungeuͤbten Kinder oͤffentlich hoͤren laſſen / wie manches ſo einfaͤltig uñ verdrießlich / manches hingegen mit einem manierlichen Accente die Kirche zu fuͤllen weiß / da ſie doch alle die Lection von einem Schulmeiſter bekommen haben.

XXX.

Ja die Natur iſt gegen et - liche ſo guͤtig / daß wir auch ihre Feh - ler oder ſolche Sachen / die man ſonſtbeybey andern Rednern zu tadeln pflegt / entſchuldigen / oder wol gar admiriren muͤſſen. Alcibiades ſtamlete bißweilen / und Plutar - chus ruͤhmet gleichwol von ihm / ſolches haͤtte ihm uͤber die maſſen galant angeſtanden. Und ich weiß einen Menſchen / der an ſeinem ge - liebten Frauenzimmer dieſes am hefftigſten lobte / weil ſie das R. nicht wohl ausſprechen konte. Und zu Anfang dieſes Seculi iſt ein vor - nehmer Hoff-Prediger geweſen / dem hat die gezwungene pronunci - ation mit dem R. ſo treflich ange - ſtanden / daß etliche Studioſi, wel - che den Buchſtaben ſonſt gar wol ausſprechen kunten / eben zu dieſen gratioͤſen Fehler / ich weiß wol nicht / mit was vor einem Succesſ, ſich an - gewehnet haben.

XXXI.

Alſo koͤnnen wir nun von keinem Lehrmeiſter dieſes fo -b 4dern /dern / daß er aus allen ungeſchickten Kerlen was geſchicktes / und alſo zu reden / was lebendiges machen ſol. Ja wir duͤrffen auch dieſes nicht be - gehren / daß er einen jungen Men - ſchen wider ſein Naturel zu etwas zwingen ſol. Denn wer zu einem linden und weibiſchen accent ge - bohren iſt / der wird ſich nimmer - mehr zu einer maͤnnlichen und gra - vitaͤtiſchen Manier zwingen laſſen. Jch habe es in meinen Comoͤdien er - fahren / da gab ich keinem etwas zu agiren / darinn ich nicht alles nach der Perſon ihrem Naturel eingerich - tet hatte: Doch wenn ich nur die Perſonen haͤtte verwechſeln ſollen / die ſonſt ihre Partheyen alle vor ſich ſelbſt gar ungezwungen repræ - ſentirten / ſo wuͤrde man den Unter - ſcheid und den Mangel ſehr geſpuͤrt haben. Jch ſtehe auch in Sorgen / wo miꝛ jemand meine Sachen nach -ſpielt /ſpielt / der nicht eben ſolche Leute beyſammen hat / ſo wird es ihm ge - hen / wie dem beſten Capellmeiſter / der ein fremdes Stuͤcke / das auf an - dere Saͤnger geſetzet iſt / nachma - chen will.

XXXII.

Jmmittelſt / weil ich gleichwol der Information was ſon - derliches zuſchreiben muß / ſo ſage ich anfangs: Ein Præceptor kan viel darzu helffen / daß die Seinigen einer lauten und deutlichen pro - nunciation gewohnen. Und ich halte / wie mancher Canarien-Vo - gel bey den Sperlingen haͤßlich zwitſchern lernet; ſo verderbet man - cher ſein Naturel, wenn er die Lecti - ones geſchwinde und in einem bet - telhafften Uniſono daher ſingen hoͤ - ret.

XXXIII.

Dannenhero kan ein Præceptor viel darbey thun / wenn er bey guter Zeit die Gebrechen ken -b 5nennen lernet / welche der Jugend ſo wol an der pronunciation als an der action uͤber die maſſen viel Schaden thun. Und vornemlich haben wir zwey Haupt-Maͤngel / die Furcht und die Hoffart.

XXXIV.

Wer furchtſam iſt / der redet g meiniglich leiſe: Denn er denckt immer / es moͤchte ihm uͤbel geſprochen werden / wenn er gar zu ſehr ſchreyen ſolte: Ja wenn ihm der Thon etwas in dem Kopffe ſchallet / ſo bildet er ſich ein / das Ge - raͤuſche moͤchte dem Zuhoͤrer auch ſo verdrießlich ſeyn.

XXXV.

Nechſt dieſem ſchaͤmet er ſich auch viel Minen zu verſuchen: Denn er denckt immer / er koͤnte es nicht recht machen / und er wuͤrde deßwegen ausgelacht werden.

XXXVI.

Solchen Leuten kan man beſſer nicht helffen / als daß man ſie erſtlich alleine vornimt. DennDenn wer ſie vor der gantzen Com - pagnie beſchaͤmen will / der macht ſie noch furchtſamer / daß ſie endlich lieber nichts reden / als den Schimpf erdulden.

XXXVII.

Darnach zwing ich ſie / daß ſie faſt uͤber ihr Vermoͤgen laut ſchreyen muͤſſen / und gebe ih - nen Anlaß einen trotzigen accent zu gebrauchen / als wenn ſie die Leute mit einander freſſen wolten. Denn ob es zwar ſchlecht heraus kaͤme / wenn ſie ein Qvackſalberiſch Ge - ſchrey anfangen / oder mit ihren Ge - berden all zu thum kuͤhn erſcheinen wolten; So hat es doch die Noth nicht. Amplius eſt exigendum, qvam ſatis eſt, ut præſtetur, qvan - tum ſatis eſt. Die beywohnende Furcht wird ohne dem die Sache mehr als zu viel temperiren; Sie werden doch leiſe genung reden / undb 6diedie trotzigen Minen werden ſich ſparſam genung erweiſen.

XXXVIII.

Mit hoffaͤrtigen Leuten iſt artig umzugehen: Denn da haben wir die faule Hoffart und die active Hoffart. Die fau - le Hoffart entſtehet aus einer bru - talen impreſſion, da man ſich an - derer Leute wegen keine Muͤhe neh - men will entweder laut zu reden / o - der auch den Leib zu bewegen / und da murmeln ſie etwas hin / und laſ - ſen ſich als die geſchnitzten Oel-Goͤ - tzen anſehen.

XXXIX.

Die active Hoffart beſtehet aus einer eitlen Einbil - dung / dabey man die Sachen beſſer verſtehen will / als andere Leute. Drum wiſſen ſie nicht / wie ſie mit dem accente gnug fantaſiren ſollen. Da verbeiſſen ſie die Worte / und die letzten Sylben / da machen ſie al - les gar zu klaͤglich oder gar zu tro -tzig /tzig / und die Grimmaſſen lauffen ſo vielfaͤltig unter einander / daß man ſich offtermals des Lachens kaum enthalten kan.

XL.

Bey der faulen Hoffart iſt mehrentheils gar wenig zu hoffen. Denn will man die Leute ſcharff an - greiffen und dieſelben proſtituiren / ſo werden ſie nur verſtockter: Will man ſie mit guten bereden / ſo behaͤlt die Faulheit mehrentheils die Ober - hand. Am beſten iſts / wenn man ſie mit Exempeln zwinget / daß man Cameraden auffſtellet / die es beſſer machen / und den Ruhm (auch wol die Belohnung) ihnen vorm Maule wegnehmen: So trifft ſichs manch - mal / daß der Senſus honoris et - was guts zu wircken anfaͤngt.

XLI.

Mit der activen Hoffart iſt die Sorge viel leichter / und ge - ringer. Denn der Senſus honoris und der gute Conatus iſt ſchon vor -b 7handen /handen / und es fehlet nur an dem judicio, daß ſie mit der Application nicht allerdings zurechte kommen / die muß man ins geheim vor ſich kriegen / und ihre Narren-Poſſen recht empfindlich vorſtellen / biß ſie etwas ablegen / und der mediocri - taͤt gewohnen.

XLII.

Es gemahnet mich wie mit dem Barte. Wenn derſelbe zu groß iſt / kan man ſo viel abſchneiden als man will / biß ein Frantzoͤſiſches Mode-Baͤrtgen daraus wird: A - ber wo die Haare ſtehen wie armer Leute Getraͤyde / da laͤſt ſich ſchwer - lich was anſetzen / und der beſte Bar - bierer hat mit ſeiner Kunſt verſpie - let.

XLIII.

Nebenſt dieſem hat ein Præceptor auch auff die natuͤrli - chen Maͤngel zu ſehen / welchen man in der Zeit begegnen muß. Da ſind manche von einem langſamen Ge -daͤcht -daͤchtniſſe / darinn wollen ſie ſich helffen / und haͤngen an alle Worte ein E. Jche wille demme Herrene daſſe Gelde ſchone gebene / oder ſie halten mehrentheils in allen Com - matibus auff der letzten Sylbe ſtille / und zerren dieſelbe ſo lange / biß ſie wieder ein neues Maul voll beyſam - men haben. Und wie ſich mancher damit verderbet / wie er ſich auch zum kuͤnfftigen Predigten was ſchaͤndliches angewehnet / daß kan man leider mit gar vielen Exempeln beweiſen.

XLIV.

Uber dieſes ſind etliche mit den Fluͤſſen incommodirt / wel - che der Kehle viel Ungelegenheit machen: Und weil ſie nicht gerne wollen ausgelachet ſeyn / ſo geden - cken ſie an ein ungluͤckſeliges Kunſt - Stuͤckgen / das iſt / ſie gewehnen ſich an das huſten und reuſpern.

XLV.

Es koͤnnen auch etlichebeybey dem recitiren ſchaͤndlich vewar - loſet werden / daß ſie bißweilen lang - ſam reden und wol gar die Worte ſtamlende wiederholen. Darnach wenn ſie auff einen bekandten peri - odum kommen / ſolchen uͤber Halß uͤber Kopff heraus poltern / und die muͤſſen ſich alle mal inter memoriæ nimiam tenacitatem aut lubricita - tem herum vexiren laſſen / und weñ ſie vielmal die Worte wiederholen / und ſich gleichſam ſelber corrigiren / ſo merckt mans / daß ſie alles aus - wendig gelernet haben: Damit iſt die meiſte grace dahin. Denn ein Redner ſoll freymuͤthig / ungezwun - gen / und alſo zu ſagen ein Dollmet - ſcher ſeines Hertzens / und nicht ein Papagey von fremden oder ausſtu - dirten Worten ſeyn.

Jch will doch hier ſtehen bleiben / und an gewiſſe Exempel gedencken / die mir bey meiner langwierigen informationetlicheetliche mahl vorkommen / und weil die Perſonen unbekand bleiben; weil ſie auch nach erfolgter Beſſerung ſchwer - lich ſolten verrathen weꝛden / ſo wiꝛd nie - mand hierinne was zu leide geſchehen.

Einer hatte ſich das langſame Ge - daͤchtniß dahin verfuͤhren laſſen / daß er nach einem jeden commate, oder auch wol oͤffter / ſo lange er ſich beſann / na - tuͤrlich wie ein Schaff bloͤckete - - . Dem gab ich zu verſtehen / was vor eine ruͤhmliche Sache daraus erfolgen wuͤr - de / wenn er die Leute anflennen wolte / wenn er im Begriffe waͤre von hoͤflichen Sachen zu reden. Jch habe den Be - fehl einen hoͤflichen Gruß abzu - ſtattẽ - - . Uñ ihn aller Freund - ligkeit zu verſichern - - . Kan ihm etwas liebes und angenehmes geſchehen / aͤ-aͤ-aͤ. So wird er den freundl. Befehl erwarten - - . wofeꝛn ich auch als ein gehoꝛſamer Diener - - . mit meiner Auff - wartung was dienen kan - - . ſo wil ich das nicht allein mit einem freundlichen Geſichte aͤ-aͤ-aͤ. ſon -derndern auch mit willigem Hertzen - - . abzuſtatten beflieſſen ſeyn.

Ein ander hatte ſich eben durch die - ſes Vitium memoriæ dahin verleiten laſſen / daß er auff der letzten Sylbe al - lezeit lange tremulirte / biß er ſich auff was neues beſinnen kunte. Wenn er nun allemal nachzitterte / ne ne ne ne / ſo war es nicht anders / als wenn er ſei - ne Rede ſelbſt refutirte / und wenn er einmal ja ſagte / ſolches durch ein zehn - faches Nein widerlegte. Dem ſtellte ich vor / er ſolte doch bedencken / wie ſchoͤn es klingen wuͤrde / wenn er einmal ſprechen wuͤrde: Die betruͤbten El - tern werden ſich troͤſten / ne ne ne ne / denn das Kind iſt wol auffge - hoben / ne ne ne ne / es iſt voran ge - gangen ne ne ne ne / ſie werden es mit der Zeit wieder ſehen / ne ne ne ne / da wird aller Schmertz auffhoͤ - ren / ne ne ne ne / und ſie werden ſich ewig mit ihm freuen / ne ne ne ne.

Noch ein ander hatte ſich an das Hu - ſten gewehnet / daß er ſich die Fluͤſſe de - ſto leichter aus der Kehle foͤdern wolte:WeilWeil er aber ſolches zu verbergen ſuch - te / hatte er ſich eine unvermerckte Ge - wohnheit angenommen / als wenn er heimlich lachte. Denn er ſtieß an der Kehle ſo laͤcherlich an / als wie man zu thun pflegt / wenn man ſich gegen gute Freunde etwas froͤlich und verwun - dernde bezeigen will. Dem gab ich dieſe Formul / welche doch mit einem ge - ſtoſſenen Lachen aus der tieffſten Kehle / beſſer als man ſchreiben kan / nachzuma - chen iſt. Es iſt mir von Hertzen leid he he he / daß er ſich im betruͤb - ten Witwerſtande befinden ſoll he he he / und es iſt kein Zweiffel he he he / wenn er die kleinen unerzo - genen Kinder vor ſich ſieht he he he / ſo moͤchte das Hertze im Leibe Blut weinen / he he he.

Jch habe auch Leute gefunden / die koͤnnen mit keinem reden / daß ſie nicht gleich als zum Zeichen einer ſonderbaren Fꝛeundligkeit bey allen Commatibus mit lachen. Und da kenne ich eine Perſon / die ſchmertzlich kranck war / und als ſie von guten Freunden beſucht ward /nahmnahm ſie alle Kraͤffte zuſammen / daß ſie nur was reden kunte / und hiermit muſte die froͤliche Mine nicht auſſen blei - ben. Ach wie kranck bin ich / he he he / ich dachte immer ich wuͤrde die Nacht nicht uͤberleben he he he. Es iſt kein Glied am gantzen Leibe / das mir nicht weh thut / he he he. Und wenn es laͤnger waͤhrt / muß ich mir den Tod wuͤnſchen he he he / es iſt mir nur um die armen Waͤyßgen / die ich verlaſſen ſoll he he he: Doch ich muß GOtt vertrauen he he he / und muß ſie guten Freunden und Bekandten anbefehlen he he he.

Jch weiß Leute / die wollen der Memo - rie helffen / und gewehnen ſich an gewiſ - ſe Formuln / die ſie alle mahl darzwi - ſchen ſetzen / biß ſich wieder eine neue Zeile gefunden hat. So ſagte jener allemahl nach Belieben / ob er gleich mit des andern ſchlechten Belieben was zu reden hatte. Zum Exempel: Mon - ſieur, es nimt mich Wunder nach Be - lieben / daß ich mein Geld nicht ha - ben ſol / nach Belieben / er weiß / wasdasdas Recht mit ſich bꝛinget / nach Be - lieben / und wo ich bey dem Richter Huͤlffe ſuchen ſol nach Belieben / ſo wil ich an ſeinem Ungluͤcke keine Schuld haben / nach Belieben. Kom ich dißmal von ihm / nach Be - lieben / ſo wil ich Brieff und Siegel geben / nach Belieben / daß ich mich mit einem ſo unbehuͤlfflichen Man - ne nicht verwirren will nach Belie - ben. Kurtz davon zu reden / nach Belieben / er zahle mich / nach Belie - ben / oder krieche in den Thurm / nach Belieben.

XLVI.

Zwar es iſt nicht genug / daß man die Vitia pronunciationis bey guter Zeit / weil ſich die Natur gewinnen laͤßt / zu verbeſſern ge - denckt / man muß auch ſehen / ob ein Præceptor ſo viel ſchaffen kan / daß er in dieſem Stuͤcke den Seinigen gewiſſe Virtutes einpflantzen kan.

XLVII.

Solches kan aber am beſten geſchehen / wenn man die Sa -chenchen ſelber mit einem lebhafften ac - cente proponiret / und immer Ge - legenheit ſucht / daß ſie was reden o - der leſen muͤſſen. Denn es heiſt: Ex malis moribus fiunt bonæ le - ges, das iſt: Wo man hinter die Fehler koͤmmt / da kan man ſich auff die Lehren gar leicht beſinnen.

XLVIII.

Sonderlich was den accent betrifft / daß man eine Syl - be gegen der ander etwas lauter und mit erhabener Stimme ſoll hoͤ - ren laſſen; So beruhet ſolches wol auff dem judicio, daß man jungen Leuten dergleichen maturitaͤt nicht abfodern kan. Allein der Præce - ptor muß gleichwol mit ſeiner Ge - ſchickligkeit dem judicio zu Huͤlffe kommen.

XLIX.

Erſtlich iſt es ein groſ - ſes / wenn man ſich in die Signa di - ſtinctionum finden lernet. Denn gleich wie der Leſer einen Unter -ſcheidſcheid erkennen muß / ob ein com - ma, ein ſemicolon, ein colon, oder ein punctum, ja ob gar ein Signum exclamationis oder interrogatio - nis, endlich auch eine parentheſis vorhanden iſt / ſo kan es nicht feh - len / wenn die geſchriebene Rede ſoll ausgeſprochen werden / ſo muͤſſen dergleichen diſtinctiones in der pronunciation gleichfals abſte - chen. Das iſt / man muß nicht al - lein kurtze oder laͤngere interſtitia nehmen / daß man Athem holen kan / ſondern man muß das Ante - cedens eines periodi gegen das Conſeqvens auch durch den Thon etwas unterſcheiden koͤnnen.

L.

Manche haben von Natur einen kurtzen Athem / und koͤnnen alſo gar zu viel Worte nicht auff einmal heraus ſchuͤtten. Wenn ſich nun ſolche Leute auff das Aus - ſchreiben / oder gar auff das Poſtil -lenlen reiten legen wollen / ſo giebt es die Erfahrung / daß ſie mehren - theils die Rede nicht nach den or - dentlichen diſtinctionibus, ſondern nach ihren ſchwachen pulmonibus eintheilen.

Jch beſinne mich / daß ich einmal ei - ne Leichen-Abdanckung von dieſer Art gehoͤret habe. Und der geneigte Leſer mag an den diſtinctionibus ſelber ſe - hen / wie die pronunciation haͤtte ſollen eingerichtet ſeyn; aber an den unter - ſchiedenen Zeilen / wie der Redner ſei - nen Athem geholet hat. Will er ſich ei - nen ziemlichen uniſonum einbilden / ſo wird er nicht irren.

Edle uñ hochgeneigte Herren / Frauen | uñ Jungfrauen. Der gelehrte Plinius | ſpricht an einem Orte / da er einen | wolgerathenen Juͤngling beklagen uñ | betrauren will: In flore primo | tantæ indolis juvenis extinctus | eſt, ſumma conſecuturus, ſi virtutes | ejus maturuiſſent. Das heiſt ſo viel auf | unſere deutſche Sprache / in der erſten |BluͤteBluͤte ſeines Alters iſt ein | trefflicher Juͤngling von guter und | ſchoͤner Art verloſchen / welcher | die vornehmſten Stellen bey dieſer | Republiqve wuͤrde erlanget und | verdienet haben / wenn ſeine herrliche | Tugenden nur waͤren von dem | Fruͤhlinge an biß in den Herbſt / ich | will ſagen / von dieſem kurtzen | Anfange zu einer reiffen Frucht | erhalten und befoͤrdert worden / ꝛc.

Jch habe gnug am Schreiben: Sie haben vielleicht genug am Leſen. Wir hatten auch dazumal genug am Hoͤren.

LI

Wiewol wenn ſich ein Man - gel von dieſer Gattung entweder in der memorie ſelbſt / oder auch in dem Athem ereignen will / ſo muß ei - nem ſolchen Menſchen gerathen werden / daß er ſich an den Stylum ſententioſum und an kurtze Zeilen binden lernet. Denn hiermit kan er inne halten / wenn er will / und es finden ſich wohl Leute / welche ſichcuͤberuͤber den langſamen und bedacht - ſamen accent verwundern wollen.

LII.

Darnach laſſe man die Leu - te bißweilen aus einem Buche le - ſen / da der Buchdrucker einen Un - terſcheid mit Fractur und Schwa - bacher / oder auch ſonſt mit kleiner und grober Schrifft gemacht hat. Denn weil der Leſer etwas unter - ſchiedenes anmercken ſoll / ſo muß die Sprache wol auch dergeſtalt ge - fuͤhret werden / daß der Unterſcheid gleicher Geſtalt dem Zuhoͤrer in die Ohren faͤllt. Es mag nun ſeyn / daß man die grobe Schrifft lang - ſam / ſtaͤrcker / auch wol etwas tief - fer und gravitaͤtiſcher will expri - miren laſſen.

LIII.

Weiter muß man den Leu - ten ſo viel einbilden / daß ſie allemal in der Rede das Wort oder auch die Zeile kennen lernen / darinne der vornehmſte Nachdruck beſtehenſoll.ſoll. Denn alſo werden ſie leicht ſo viel mercken / daß man ein ſolches Wort mit einem manierlichen ac - cente vor andern unterſcheiden ſoll.

LIV.

Jch ſage einen manierli - chen accent. Denn gleich wie es uͤber die maſſen jaͤmmerlich klinget / wenn alles in uniſono, wie der Bet - tel-Moͤnche ihr Miſerere nach ein - ander hergeſungen wird; Alſo klin - get es nicht viel beſſer / wenn man den accent gar zu ſtarck giebt / oder wenn man in allen Zeilen mit einer indifferenten Sylbe biß uͤber die Tertia und uͤber die Qvarta hinaus juchtzet. Zu geſchweigen / wie kuͤnſt - lich die Pronunciation heraus koͤmmt / wenn ſie eben wie der Pup - pen-Spieler ihre ſchoͤne Dorothea faſt einem Geſange als einer Rede aͤhnlicher iſt: Oder wenn die Zu - hoͤrer nicht wiſſen / ob es gar ſoll ge - bruͤllet oder gebollen ſeyn.

c 2LV.

LV.

Und dieſe mediocritaͤt kan ſchwerlich geſchrieben / und in ſolche Regeln gefaſſet werden / die ſich her - nachmals von dem Papiere weg lernen lieſſen. Kan doch ein Mu - ſicus, der ſeine gewiſſe Thone durch die Noten und Linien unterſchei - den mag / nicht viel zu wege brin - gen / wenn er den Untergebenen nicht alles vorſinget / und die Ma - nier im Leben ſelbſt zu erkennen giebt: Wie vielmehr hat ein Red - ner auff die lebendige information zu ſehen / der ſeine Noten / ſeine in - tervalla, ſein præſto und adagio durch keine character bezeichnen kan.

LVI.

Und alſo muß der Præce - ptor ſeinem Untergebenen die Re - de vorſprechen / daß er ſich durch das Gehoͤre nach und nach finden / und von der Sache judiciren lernet: Und wer etwan ſelbſt in dieſemStuͤ -Stuͤcke nicht wohl moͤchte erfahren ſeyn / daß er / wie manche Componi - ſten / gute Stuͤcke ſetzen / nicht aber gut ſingen koͤnten / ſo wuͤſte ich den armen Untergebenen nicht anders zu helffen / als daß ſie treulich erin - nert wuͤrden / gute Prediger / und geſchickte Redner in der Policey zu hoͤren / und den accent, den ſie aus den Regeln nicht haben koͤnnen / aus der Experienz zu lernen.

LVII.

Aber aus allen / was hier gedacht worden / hat ein iedweder zu ſehen / was ein treuer Præceptor ſeinen Untergebenen vor Gutes er - weiſen kan / wenn er ſolche Dinge zu rechter Zeit erinnert / die her - nachmals nicht zu aͤndern ſeyn / wenn die Gewonheit gleichſam in die andere Natur verwandelt iſt. Hingegen gebe ich einem iedweden zu bedencken / was ein avtodidactus vor ungewiſſe Wege zu gehen hat /c 3wennwenn er ſich in der Einſamkeit uͤber einen Poſtillanten / oder uͤber einen politiſchen Redner machet. Denn wie er ſich die pronunciation ohn - gefehr einbildet / und wie er einen und andern Fehler mit annimmt / ſo muß es hernach gerathen oder verdorben ſeyn.

LVIII.

Wir kommen ferner auff die ACTION, und fragen nicht unbillich / ob man bey der informa - tion was darbey ſchaffen koͤnne? Da wird zufoͤrderſt niemand leug - nen / daß man nicht unterſchiedliche Fehler durch gutes und zeitliches Erinnern ſolte verbeſſern koͤnnen. Da wollen ſich etliche im Gedaͤcht - niſſe verſichern / daß die euſſerlichen Objecta keine confuſion verurſa - chen ſoll / und blintzen feſte zu. Das ſteht nun nicht allein laͤcherlich / ſon - dern das beſte Theil der action, welches mit den Augen geſchehenſoll /ſoll / das wird verhindert / und ſo wenig als mir der Pfarr anſtehet / wenn ich an einem Orte ſitze / da ich ihn nicht ſehen kan / ſo wenig ſtehet er mir an / wenn er mich nicht ſehen will. Es gemahnet mich faſt / wie mit jenem Magiſter, wenn er Col - legia hielt / ſo ließ er die Auditores in der Stube ſitzen / und kroch in ſein Cabinet, darinne profitirte er. Einmal aber als er im beſten pro - fitiren war / und die Kunſt wol gar aus einem folianten leſen wolte / ſo ſchlich ſich einer nach dem andern davon / und der liebe Herr hatte ſich im Cabinet auff ſeine eigene Hand luſtig gemacht.

LIX.

Ferner was hat mancher vor einen Ubelſtand in Geberden? Da wackelt er mit dem Kopffe von einer Seite zur andern / da zeucht er den Kopff zwiſchen die Achſeln / als wenn er drey Koͤpffe haͤtte: Dac 4machtmacht er allerhand laͤcherliche Gri - maſſen mit dem Geſichte / wie jener Harffeniſte / der ließ ſich allemal mit Tuͤchern behengen / wenn er ſpielen ſolte; Denn er hatte ſich ſo gewehnt / daß er alle Griffe durch gewiſſe und uͤber die maſſen zierli - che Figuren im Geſichte zugleich exprimiren muſte.

LX.

Noch weiter bey dieſer ma - terie zu bleiben / ſo wenden ſich etli - che mit dem gantzen Leibe von einer Seite zur andern / als wenn ſie an einem Frantzoͤſiſchen Bratſpieſſe ſteckten. Sie ſpielen mit den Fin - gern auff der Bruſt / oder auff dem Hute / ſie wollen dem andern / mit dem ſie reden / die Knoͤpffe von der Weſte drehen: Sie leſen die Fe - dern vom Hute / ſie ſehen in die Hand / als wenn ſie was von der diſpoſition drauff geſchrieben haͤt - ten. Sie machen ungeſchickteHaͤn -Haͤndel mit den Beinen / und was dergleichen uͤbel-anſtaͤndige Dinge mehr ſeyn / welche man hernach - mals bey erwachſenen Leuten nicht gerne gar zu odieux erinnert / und die ſchwerlich zu aͤndern ſind / wenn nicht ein treuer Præceptor in dem - ſelben Alter darzwiſchen koͤmmt / da ſich der Zweig noch biegen laͤſt / ich will ſagen / da man ſich der freundlichen reprimenden und der Muͤhwaltung ſich etwas abzuge - wehnen nicht ſchaͤmen darff.

LXI.

Doch wenn ich ferner auff die anſtaͤndigen Minen ſelber kom - men ſoll / ſonderlich dadurch ein po - litiſcher Redner will recommendi - ret ſeyn / ſo iſt es war / ein Præce - ptor, der ſeinen jungen Redner vor ſich ſtehen hat / der kan ihm die Mi - ne und die Complimenten mit dem gantzen Leibe gar wol vormachen / doch das beſte principium iſt / werc 5dar -darinne ein gutes fundament le - gen will / der gehe zum Tantzmei - ſter. Denn was daſelbſt gewieſen wird / das zielet nicht etwan auff die vergaͤnglichen Eitelkeiten / daß man ſich mit guten Freunden oder mit dem Frauenzimmer in der Courante, in der Minuet, oder gar in der Maſqverade ſehen laͤßt / ſon - dern das meiſte liegt an der galan - ten Poſitur des gantzen Leibes / und an den geſchickten reverentzen: Und der Præceptor hat nur halbe Arbeit / wenn er den Untergebenen anfuͤhren ſoll / wie er im Reden auff dem Platze einen gewiſſen Punct zu ſeiner Stelle auserſehen muß / und wie er nach Gelegenheit der Sache von dieſem Puncte einen modeſten paſs mit einer ſaubern Bewegung hinter ſich / oder auff die Seite ma - chen ſoll.

LXII.

Wiewol mancher geweh -netnet ſich auff dem Tantz-Boden zu ei - nen exceſs, der einen Redner jaͤm - merlich verderben kan / wo die gute Erinnerung nicht zu rechte koͤmmt. Siehet mans doch an etlichen Perſonen / welche vielleicht in Sor - gen ſtehen / die Leute moͤchten es nicht wiſſen / daß ſie 5tehalb Mon - den bey dem Tantzmeiſter waͤren aus und eingangen / wenn ſie nicht die Fuͤſſe mit hoͤchſtem Zwange auswaͤrts ſtrecken / und auff dem ungleichſten Pflaſter einen paſs nach dem andern hinſtreichen / biß ſie an einem ſpitzigen Steine kleben bleiben / daß ſie auch an die cou - pee gedencken koͤnnen. Denn die Floretten verſparen ſie / biß ein Floͤßgen in den Weg koͤmmt / dar - uͤber ſie voltigiren koͤnnen. Und es mangelt nichts / als daß man ih - nen den bekandten Calender zum neuen Jahre ſpendiret / darauff diec 6Bil -Bilder die Loſung hatten; Jedes Ding an ſeinen Ort.

LXIII.

Drum muß ein ſolcher Menſch wiſſen / daß der beſte Nu - tzen vom Tantzen dieſer iſt / wenn man es im Reden verbergen kan / das iſt / wenn man weder mit dem Leibe oder mit den Fuͤſſen gar zu ein groſſes Weſen machet. Denn die galante Poſitur und die bedacht - ſame Bewegung weiſet es ohne dem aus / daß ein ſolcher Menſch in keinem Schaffſtalle erzogen wor - den.

LXIV.

Jch habe anderswo die Manier im Reden gelobet / wenn man alles à la negligence hinlauf - fen laͤßt. Und gewiß / wer ſich all - hier auch ſo moderiren kan / daß man in ſolchen Geberden nichts ge - zwungenes und affectuirtes / ſon - dern eine liſtige negligence gleich als was Angebohrnes und Natuͤr -lichesliches zu verwundern hat / der iſt in dieſem Handwercke der beſte Mei - ſter.

LXV.

Bey ſo geſtalten Sachen aber iſt es nicht uͤbel gethan / wenn auch ein Studioſus Theologiæ zum Tantzmeiſter gehet / und ſeinen Leib zu einer geſchickten Diſpoſition an - gewehnet. Denn vor eins hat er in ſeinen Studenten-Jahren viel Gelegenheit vor ſich / daß er zu halb politiſchen Reden gezogen / und hiermit um anſtaͤndige Minen er - ſuchet wird. Darnach dienet ihm ſolches zu einer gratieuſen Poſitur, daß er ſich in ſeiner modeſten und andaͤchtigen Geſtalt lebhafft und angenehm præſentiren kan.

LXVI.

Jch gebe ein Gleichniß aus der Muſic. Wer im Clavire ſo weit proficiren will / daß er nur ein geiſtliches Lied lieblich und be - weglich ſpielen kan / der muß ſeinec 7FauſtFauſt durch viel Sviten, Doublen, Fantaſien / Contrapuncte und der - gleichen in das Geſchicke bringen / ob er gleich die meiſten paſſagen in der geiſtlichen Muſic nicht gebrau - chen kan. Denn er hat ſo viel davon / daß er die Fauſt zu einen ſaubern Griffe gewehnet / und hernach in der groͤſten Einfalt ei - ne Manier nach der andern gantz unvermerckt anbringen / und dem Liede gar einen andern Geiſt ge - ben kan / als wenn ein ungeuͤbter Purſche mit den plumpen Fin - gern als ein Dreſcher auff das Clavier faͤllt. Und nunmehr wuͤr - de von der Geiſtlichen Muſic auff den geiſtlichen Redner die Appli - cation leicht zu machen ſeyn / wenn ich nicht um geliebter Kuͤrtze willen des Papiers ſchonte.

LXVII.

Bey dem Tantz-Boden faͤlt mir etwas ein / daß einem redli -chenchen Informator zur guten Ent - ſchuldigung dienen kan. Es iſt be - kant / daß junge Leute daſelbſt zu einer geſchickten Diſpoſition ge - bracht werden. Doch das iſt auch bekant / einem geht das Werck beſ - ſer von ſtatten als dem andern / und manche ſind von Natur ſo reſtif, daß ſie entweder nichts begreiffen / und davon bleiben / oder doch mit ſchlechten effect ihr Geld ferner an - wenden. Eben ſo iſt es auch dem beſten Meiſter in der Redens-Kunſt unmoͤglich aus einem jedweden Klotze flugs einen lebhafften und a - ctiven Mercurium zu ſchnitzen. Ja ich kan auch dieſes ſagen / wo die Lehre nicht ſo von ſtatten gehet / daß alles in der action ungezwungen und natuͤrlich ſcheinet / ſo iſt es offt - mals beſſer keine als ungeſchickte und unangenehme Minen zu ge - brauchen. Auch der Informatorhathat den hoͤchſten Danck verdienet / wenn er einem ſolchen Menſchen die Bewegung durchaus abgewehnet.

LXVIII.

Zwar ich weiß noch ei - nen andern Tantzmeiſter / den ein jedweder in Gedancken fuͤhret / das iſt der innerliche affect, der die Men - ſchen offtermals mehr zu gewiſſen Geberden zwingen kan / als ihnen ſelbſt lieb iſt. Der Zorn bringt es dahin / daß wir die Rede abbrechen / und confuſe Dinge nach einander ſetzen. Die Traurigkeit und die Liebe noͤthiget uns offt zum weinen. Die Freude machet / daß unſere Mund voll Lachens uñ unſere Zun - ge voll ruͤhmens iſt. Alſo kan man - cher mit bloſſen Thraͤnen / mit ei - ner Mine / da die Worte gleichſam im Munde ſterben / oder auch wenn er ſich ſtellet / als wenn er gantz ohn - maͤchtig wuͤrde / mehr ausrichten / als mit der kuͤnſtlichen Rede. Nurdiedie auditores muͤſſen darnach gera - then ſeyn / daß ſie dem Redner alles gute zutrauen. Denn wer ſich bey dem Tode einer alten Frau / die er ohne dem nur auff ein kurtzes Pe - nal-Jahr genommen hat / gar zu klaͤglich und erbaͤrmlich ſtellen wol - te / dem wuͤꝛden die hoͤhniſchen Leute zu Schimpffe nachruffen / nullos ja - ctantiùs moereri, qvam qvi maxi - me lætantur.

LXIX.

Wie einer mit dem blo - ſen Lachen uͤber die maſſen viel ope - rirt / das habe ich in meiner Jugend geſehen. Da hatte ſich einer von meinen Cameraden in der Philoſo - phia Scholaſtica trefflich weit ver - tieffet / und wolte ſich einmahl mit einem andern ins diſputiren einlaſ - ſen / der in den mathematicis, und ſonderlich in den anhangenden Cu - rioſitaͤten ziemlich erfahren war. Wenn nun dieſer gute Menſch einenSyl -Syllogiſmum machte / oder was von ſeinen diſtinctionibus einmi - ſchen wolte / ſo gab der ander keine Antwort / ſondern lachte nur mit ei - ner hoͤhniſchen vehemenz ſo artig / daß wir alle mitlachen und ihm die Victorie zuſprechen muſten.

LXX.

Wiewol das Werck mit den affecten beruht auff Special - Dingen / die einem jedweden nicht angehen / und die von einem Præ - ceptore auſſer den theatraliſchen U - bungen / davon unten ſoll gedacht werden / ſchwerlich koͤnnen gewieſen werden / alſo iſt es nun Zeit / daß wir auff die letzte Frage kommen.

LXXI.

Denn nun ſtehet es dar - auff / was vor exercitia der Ju - gend am anſtaͤndigſten ſeyn? Und in dieſem Stuͤcke muß ich dem Herꝛn Francio recht geben / daß er die Jugend mehr auff fremde als auff eigene Exempel verweiſet. Dennweilweil ſie noch nichts mit reiffen Judi - cio ſchreiben kan / ſo wird auch die Parade mit der curieuſen pronun - ciation noch etwas ſchlecht gemacht werden.

LXXII.

Jch halte zwar dieſen Unterſcheid in den Wochentlichen Privat exercitiis, wenn die Meini - gen entweder bey Gelegenheit der Diſputation Lateiniſch / oder in Complimenten und politiſchen Re - den deutſch reden muͤſſen / ſo moͤgen ſie mit ihrer eigenen elaboration zu frieden ſeyn. Denn wer ſich nie - mals an ſeine Concepte binden ler - net / und keinen Anfang zur practi - cablen extemporalitaͤt macht / der kan ſich leicht verderben / daß er die Zeit ſeines Lebens ein Sclave von dem Concepte bleiben muß. Und gleich wie der Stylus bey wachſen - dem judicio nach und nach gebeſſert wird / alſo findet ſich der Verſtandinin der pronunciation und action auch allmaͤhlich geſchickter.

LXXIII.

Wenn ſie aber vor ei - ner ſolennen Verſamlung aufftre - ten und ihre Perſon als geſchickte Redner allerſeits legitimiren / oder doch die Anweſenden einiger maſſen vergnuͤgen ſollen / ſo kom̃ ich ihnen mit meiner Ausarbeitung zu Huͤlf - fe / damit gewehnen ſie an meine ex - preſſiones und connexiones, und was ſie vor anſtaͤndige Minen dar - bey fuͤhren ſollen / das kan ich nach Befindung eines iedweden Natu - relles am beſten erinnern. Solte es ſeyn / daß man bey andern Orato - ribus was beſſers von Exempeln ausleſen moͤchte / ſo ſind ſie doch nicht ſo propre auff unſern Zuſtand und auff die gegenwaͤrtige Perſo - nen gerichtet. Ja ich dencke bey meinem geringen Stylo, wenn der Juͤnger iſt wie ſein Meiſter / ſo iſt erzumzum wenigſten in meiner informa - tion vollkommen.

LXXIV.

Der Herr Francius laͤſt gewiſſe Reden aus dem Cicero - ne und Demoſthene dergeſtalt aus - wendig lernen / daß ſie bey jedwe - dern Zeilen in ſpecie die pronuncia - tion und action in acht nehmen muͤſſen / und ich ſehe wol / daß er ſich hierinne nach ſeiner freyen Repu - blic gerichtet hat. Denn eben da - rum hat er ſolche Redner geſucht / die ſich mit der bloſſen eloqvenz bey einem freyen Volcke Souverain machten / und / wie etwan Pericles abgebildet wird / mit den Ketten des Mundes die Ohren anfeſſeln kun - ten.

LXXV.

Doch warum ich an meinem Orte ſchwerlich ſo weit kommen / und zu einer ſolchen reſo - lution ſchreiten kan / daſſelbe iſt leicht zu beweiſen. Vor eins habeichich ſelten Auditores, welche ſich zu dieſem hohen exercitio capable be - finden. Wer in juridicis und poli - ticis, voraus in ſtatiſticis, noch nichts erfahren hat / daß er die liſti - gen Griffe der Redner ausforſchen kan / oder wie man im Sprichwor - te ſaget / wer nicht hinter dem Strauche geſteckt hat / da er einen andern ſuchen ſoll / vor dem ſind der - gleichen Exempel zu kuͤnſtlich.

LXXVI.

Darnach iſt der Zweck eines Redners zweyerley. Entwe - der er will admirirt werden / und verlangt nichts mehr / als daß er bey Gelegenheit von rechtſchaffenen Leuten einen applauſum davon bringen mag / oder ſein intent ge - het dahin / daß er von dem Studi - ren leben / und alſo auch die Elo - qvenz nach dem gemeinen Nutzen richten will.

LXXVII.

Wer ſich nun in dererſtenerſten Gattung befindet / und vor ſich ſelbſt ſolch Vermoͤgen hat / daß er keinen Zugang von einer fremden liberalitaͤt verlangen darff / der thut nicht unrecht / wenn er ſeine Mittel zu etwas curieuſes anwendet / und alſo auch Gelegenheit ſuchet eini - gen Ruhm in der ausſtudirten Re - dens-Kunſt zu erhalten. Er kan ſich auch Zeit nehmen / alle Zeilen im ſchreiben und pronunciren auff die Gold-Wage zu legen / und wenn er auch ein halbes Jahr uͤber einer Oration zubringen ſolte.

LXXVIII.

Allein wer ſich zu der andern Gattung bekennet; Ge - ſtalt wir an unſerm Orte mehren - theils ſolche Leute vor uns haben / die ſich in den inſtrumentalibus nicht uͤber die Zeit auffhalten duͤrf - fen / wenn ſie den zukuͤnfftigen Nutz aus den realibus nicht verſaͤu - men wollen: Die muͤſſen ſich derWeit -Weitlaͤufftigkeit enthalten / und weil ihre meiſte Praxis dermahleins in der extemporalitaͤt beſtehen wird / da ſie wenig oder gar nichts præ - meditiren duͤrffen: So ſcheinet es freylich genug / daß ſie lernen / was ein jeder affect in genere vor einen accent und andere Minen erfodert. Damit moͤgen ſie der Guͤte Gottes vertrauen / die einem jedweden red - lichen und gewiſſenhafften Manne zur Zeit der Noth Krafft und Ver - moͤgen giebt / daß man zu geiſtli - chen und weltlichen Regiments - Perſonen ſprechen kan: Dabitur vobis in illa hora, qvid loqvamini.

LXXIX.

Jm uͤbrigen bin ich mit allen darinn einig / daß man den Ciceronem und andere galante Schrifften der Jugend durchaus nicht aus den Haͤnden nehmen ſoll. Denn die vollkom̃ene Richtſchnur iſt die beſte / wenn wir gleich in un -ſererſerer imitation alles ſo genau nicht erreichen koͤnnen. Gefaͤllt uns doch die Doctrina moralis alle mahl am beſten / welche notitiam ſtatus inte - gri zur Richtſchnur nimt / ob wir gleich in unſerer Schwachheit alles ſchwerlich ſo weit ausfuͤhren koͤñen.

LXXX.

Jch habe auch von die - ſer Materie weitlaͤufftig gehandelt / als ich die Politiſche Diſputation unter den Haͤnden hatte / QVAN - TUM INTERSIT REIP. DO - CERI LATINAM LINGVAM. Und gleichwie in derſelben Schrifft alles mit ſolcher Behutſamkeit iſt beruͤhret worden / daß mich der ge - neigte Leſer zum wenigſten als einen Liebhaber der Gelehrſamkeit und als einen Freund der redlichen edu - cation wird zu erkennen haben / ſo werde ich Gelegenheit ſuchen / daß dieſelbe mit eheſten auch in deutſcher Sprache ſol geleſen werden.

dLXXXI.

LXXXI.

Doch hier muß ich nur denſelben antworten / welche mir den Ciceronem gar zu ſehr ver - achten / und gleichſam aus den Schulen verbannen wollen. Denn erſtlich fragen ſie / warum das edel - ſte Kleinod der Eloqvenz den Hey - den / den Feinden GOttes / und con - ſeqventer den Teuffels Dienern in einem ſo vollkommenen Grade waͤ - re gegoͤnnet worden; Da hingegen die Chriſten / die Freunde GOttes / die den Befehl haͤtten alle Voͤlcker mit ihren Reden zu lehren / gleich - wol ſo einen Mangel leiden und ſich in der euſerſten Armuth bey denſel - ben erholen muͤſten / die unſere Leh - re und unſere Weißheit vor ein Er - gerniß oder vor eine Thorheit zu halten pflegen.

LXXXII.

Allein ſo moͤchten wir auch fragen / warum GOtt beſ - ſer Gewuͤrtze / beſſere Seide / beſſernWeinWein bey den Unglaͤubigen wach - ſen laͤſt / als bey den Chriſten? Viel - leicht dient es darzu / daß wir uns ſchaͤmen lernen / weil die Heyden in ihren Geſchlechten kluͤger ſind als die Chriſten und die Kinder des Liechts: Jch will ſagen / weil ſie we - gen ihrer eitlen Haͤndel ſo groſſe Muͤhe ausgeſtanden / da wir hinge - gen in einer weit beſſern Materie ziemlich kalt und langſam auffgezo - gen kommen. Uber diß ſagen wir nicht / als wenn die Kirche Chriſti / auch der Chriſten ihre Policey kei - nen Redner gehabt haͤtte / der mit dem Cicerone und Demoſthene koͤnte verglichen werden: Vielleicht waͤren etliche zu nennen / welche noch einen ziemlichen Vorſprung von dieſen Leuten verdienet haͤtten. Denn iſt doch vor zwey hundert Jahren der hoͤchſt loͤbliche Chur - Fuͤrſt Johannes zu Brandenburgd 2CiceroCicero Germanicus genennet wor - den. Sondern wir gehen darauf / daß wir die Ordnung in Schulen nicht allzu ſehr confundiren. Weil ein ſolcher Auctor uͤberall recipi - ret iſt / ſo wuͤrde man viel zu thun haben / wenn der allgemeine con - ſens eines andern Buches wegen ſolte verſchaffet werden. Bleiben wir doch bey des Ariſtotelis Ethi - ca, wenn gleich beſſere ſyſtemata vorhanden ſeyn / nur daß der con - fuſion und der allzu groſſen liber - taͤt in etwas geſteuret wird.

LXXXIII.

Andere koͤnnen uns des gelehrten Plinii Worte Lib. V. Epiſt. 8. vorwerffen: Undeviceſi - mo ætatis anno dicere in foro - pi, & nunc demum, qvid præſta - re debeat Orator adhuc tamen per caliginem video. Denn alſo ſpre - chen ſie: Wenn der beruͤhmte und unvergleichliche Mann bey ſeinercurieu -cnríeuſen Aufferziehung / bey ſei - ner continuirlichen Ubung / bey der uͤberaus herlichen converſation mit den gelehrteſten Leuten / an die - ſem activen Orte / da zu Hoffe / auff dem Rathhauſe und in ſolennibus recitationibus die lebendige Re - dens-Kunſt im Schwange gieng; gleichwol nicht weiter kommen waͤre / als daß er kaum einen Schat - ten von einem rechtſchaffenen Red - ner bedeuten koͤnte / ſo muͤſte freylich ein junges Gemuͤthe / daß in ſeinem naturell und in andern Umſtaͤnden ſolche vortrefliche ſubſidien nicht zu ruͤhmen haͤtte / nothwendig an dem Succeſſe verzweiffeln / und ein In - formator thaͤte hoͤchſt unrecht / daß er die Untergebenen auff etwas un - moͤgliches weiſen und die guten Kinder mit vergebener Arbeit qvaͤ - len wolte; oder Plinius und alle von ſolcher Gattung haͤtten ſich ind 3einereiner Idea verliebt / die kein Menſch in der That jemahls oͤffentlich wuͤn - ſchen und hoffen duͤrffte. Das iſt / ſie machten ein Weſen von dem phi - lologiſchen lapide philoſophico, der gleichwol in rerum natura nie - mals koͤnte gelieffert werden.

LXXXIV.

Und eben aus die - ſem principio wollen ſie behaupten / man ſolle die koͤſtlichen Ideas nur vor die beſten ingenia laſſen: Hin - gegen in Schulen / wo ſich mehren - theils ingenia mediocria ja wol gaꝛ ſtupida befaͤnden / ſolte man mit etwas ſchlechtes vorlieb nehmen. Waͤre es doch in Kuͤnſten und Handwercken ſo beſchaffen / daß mancher Knabe / der bey einem ſchlechten Meiſter was geringes recht gelernet hat / bey gar einem kuͤnſtlichen Meiſter / den er nicht aſſeqviren kuͤnte / verderben muͤſte.

LXXXV.

Doch was den Plini -umum betrifft / ſo hat er gar wol inter ſtatum idealem & poſſibilem den Unterſcheid treffen koͤnnen. Vor ſich ſahe er wol / daß er die Sache ſo weit gebracht haͤtte / als es in dieſer menſchlichen Beſchaffenheit und in ſtatu poſſibili geſchehen koͤnte. Hin - gegen wenn er ideam boni Orato - ris bey ſich bedachte / wie derſelbe al - les extempore machen ſolte / was andere mit groſſer Furcht und Weitlaͤufftigkeit ausſtudiren muͤſ - ſen / wie er ſich in moribus und af - fectibus weit geſchwinder reſolvi - ren ſolte / als bey uns moͤglich iſt: So waͤren nur dieſes ſeine Gedan - cken / er und alle Gelehrten / die ſich der Eloqvenz befliſſen / koͤnten nur den Schatten von der vollkomme - nen Beredſamkeit verlangen / unſer Wiſſen waͤre Stuͤckwerck. Ja Ci - cero ſelbſt / der kein GOtt / ſondern ein Menſch geweſen / haͤtte vielleichtd 4ſeineſeine Maͤngel am beſten gemercket / ſonderlich wenn ſeine Reden im ef - fect nicht allemahl der kuͤnſtlichen intention waͤren gemaͤß geweſen. Denn auch die gemeine diſtinction inter finem internum & exter - num iſt ein Zeichen unſerer Unvoll - kommenheit.

LXXXVI.

Ob aber ſchlechte ingenia mit kuͤnſtlichen Sachen ſol - len auffgehalten werden / da bedarff es der Sorge nicht. Sie bleiben wol ſelbſt zuruͤcke / und in der groͤ - ſten Freqvenz ſind alle mahl ſehr wenig / welche ſich in dergleichen Kuͤnſten allzu tieff verſteigen wol - len. Doch muß man was verſu - chen / und wenn nur ein eintziges ingenium unter dem Hauffen waͤ - re / welches man hierdurch ad altio - ra bringen koͤnte / ſo darff ſich der Informator die Muͤhe nicht thau - ren laſſen. Denn mit einem ſolchenMen -Menſchen kan es mit der Zeit in der Republic heiſſen / du biſt als un - ſer zehen tauſend.

LXXXVII.

Noch an eines zu gedencken / ſo hat der gelehrte Taubmann zu Wittenberg in ſei - ner Oration de Latina Lingva ſo ein ſcharffes judicium gefaͤllet / es koͤnte ein Menſch eher in allen drey - en Facultaͤten Doctor werden / ehe er recht eine Ciceronianiſche Orati - on ſchreiben lernete. Denn dar - aus koͤnte man ſchlieſſen / was ein Præceptor vor eitle Muͤhe und ver - gebene Arbeit in dieſer unmoͤglichen Sache zu verantworten haͤtte. Wer die jungen Leute vor der Zeit predi - gen lieſſe; Wer ſie mit Rechts-Sa - chen und Diſputations-Geſetzen auffhielte; Wer ſie anfuͤhrte / wie ſie mediciniſche Berichte und Con - ſilia ſtellen ſolten / der wuͤrde allent - halben als ein Hyſteroproterosd 5aus -ausgeſchrien: Gleichwol muͤſten ſich alle mit des Ciceronis Oratio - nibus herum vexiren laſſen / welcher doch in ihrer difficultaͤt allen Theo - logiſchen / Juriſtiſchen und medici - niſchen Erhebligkeiten weit muͤſten vorgezogen werden.

LXXXVIII.

Allein wenn ich darauff antworten ſolte / ſo ſagte ich / Herr Taubmann haͤtte die for - mul gebraucht / der moͤchte ſie ver - antworten. Zum wenigſten hat er die ſtatus artig confundirt. Denn die Leute / die in allen dreyen Facul - taͤten Doctores werden / hat er nach dem ſtatu corrupto genommen / da bißweilen der Jtaliaͤniſchen Loſung nach gelebet wird / ſumimus pecu - niam; Die Ciceronianer hat er ex ſtatu perfecto betrachten wol - len. Denn wo er auff beyden Thei - len eine gleiche comparation bewei - ſen ſoll / ſo koͤm̃t er nicht fort. Odererer vermenget auch theoriam & pra - xin, daß es heiſt: Facilius eſt aſſe - qvi ſuperiorum facultatum theo - riam aliqvam, ut reſpondere poſſis in examine doctorali, qvam in pra - xi penitus exprimere Ciceronem. Aber haͤtte er doch geſagt / facilius eſt in praxi exprimere Theolo - gum, JCtum, Medicum &c. ſo wuͤrden wir es ſchwerlich geglaubet haben.

LXXXIX.

Wie dem allen / der Cicero bedarff meiner defenſion nicht / und an dieſem Orte ſoll ich nur den Liebhabern ſatisfaction ge - ben / was ferner bey der pronuncia - tion uñ action moͤchte zu bedencken ſeyn / wenn man aus gewiſſen Urſa - chen bey den alten Exempeln nicht verbleiben koͤnte / geſtalt ich mich auff gewiſſe principia werde beruf - fen muͤſſen / welche verhoffentlich kein Menſch umſtoſſen ſol.

d 6XC.

XC.

Und erſtlich zwar ſo muß das Werck mit der Action nir - gend fleißiger / als in eines je - den Mutter-Sprache getrie - ben werden. Jch rede aber vor - nemlich von der exceſſiven action, die etwas affectirtes und theatrali - ſches an ſich hat / welche vor Zeiten auff dem oͤffentlichen Marckte mehr als zu ſehr vonnoͤthen war. Denn das iſt gewiß / die kluͤgſten Leute mu - ſten dazumal in ihren Minen was naͤrriſches / und unſerer Gewonheit nach was laͤcherliches exprimiren: Nur damit ſie der unbedachtſamen Canaille gemaͤß erſchienen / und - ber deroſelben affecten deſto leichter triumphiren kunten.

XCI.

Jch beruffe mich auff den Demoſthenem und Ciceronem: Beyde haben ſich in einer ſolchen Sprache bemuͤhet / welche von dem geringſten Poͤbel kunte verſtandenwerden.werden. Und die Urſache kan uns aus der Politica nicht unbekant ſeyn. Denn alle Kuͤnſte mit den Minen und affecten gehoͤren vor - nehmlich in ein Democratiſches Regiment / da ſich die unverſtaͤndi - gen Leute mit der euſſerlichen Stel - lung betriegen laſſen. Hingegen in ſtatu monarchico wo die Sa - chen durch wenig Perſonen getrie - ben werden / die ſelbſt darbey gewe - ſen ſind / und alſo die Kuͤnſte ſelber wiſſen / damit man ſie verfuͤhren will / da will alles gar maͤßig und be - hutſamein gerichtet ſeyn.

XCII.

Jch werde es mein Tage nicht vergeſſen / was mir in dieſem Stuͤcke begegnet iſt. Denn ich kunte mich in einer Speculation auffhalten / die man zur Redens - Kunſt hoch von noͤthen hat. Bey dem Anfange meiner Oratoriſchen Profeſſion hielt ich ein Compli -d 7.men -mentier-Collegium, und weil al - lerhand Caſus darinn vorkamen / ſo ward einem vornehmen Manne condolirt / der ſich bey der Kranck - heit ſeiner Ehe-Liebſten was Ge - faͤhrliches beſorgen muſte. Wenig Zeit darauff betraff mich das Un - gluͤck ſelber / daß ich meiner eigenen Liebſten nach Geneſung eines jun - gen Sohnes den Doctor und den Beicht-Vater zugleich vor das Wochen-Bette ſetzen muſte. Da wolte ſich nun einer von meinen Untergebenen tꝛefflich recommen - diren / und complimentirte auch mit meiner eigenen formul, die ich vor dieſem zur Probe dictirt hatte. Das kam mir ſo wunderlich vor / daß ich bald mitten in meinem Haus-Creutze gelacht haͤtte. Denn ich hatte gewieſen / wie man einem andern bereden und gleichſam kuͤnſtlich betriegen ſolte / daß er ei -nennen groſſen Schmertz vor etwas kleines halten koͤnte: Doch nun wuſte ich entweder die Kunſt ſchon beſſer / oder ich hatte laͤngſt erkant / wie man ſich in die argumenta de - monſtrativa & probabilia ſchicken muͤſte.

XCIII.

Nach der Zeit bin ich auch ſo ausgehaͤrtet worden / daß ich mich in der ſchoͤnſten action ſehr wenig bewegen laſſe. Wenn ie - mand redet / ſo verwundere ich mich uͤber die galanten affecten / und wenn iemand ein penetrantes ar - gument mit ſchoͤner Manier anzu - bringen weiß / ſo gefaͤllt mir der an - nehmliche Betrug / und die kuͤnſtli - che perſvaſion uͤber die maſſen wol. Jmmittelſt ſehe ich es an / als ein Ding / das ich admiriren / nicht dem ich folgen und einfaͤltig gehorchen ſoll.

XCIV.

XCIV.

Wir koͤnnen auff Exem - pel ſehen / die vornehmer ſind. Als Cromwel in Engeland mit den Hollaͤndern anbinden wolte / ſo hatte der unvergleichliche und un - erforſchliche Politicus den Schluß ſchon gemacht / die Engelaͤnder muͤſten durch einen auswaͤrtigen Krieg von den innerlichen intri - gven abgehalten werden / und der Krieg muͤſte ſo beſchaffen ſeyn / daß man nach Belieben mit der beſten reputation daraus ſcheiden koͤnte. Doch als der beruͤhmte und gelehr - te Catſius vor dem Parlamente ei - ne koͤſtliche Rede hielt / die wir in unſerer Logica p. 141. diſponirt haben / und darinn er ohne Zweiffel in den anſtaͤndigen Minen ſehr cu - rieux wird geweſen ſeyn; ſo traff er keinen Poͤbel an / der ſich mit ſol - chen Kuͤnſten bewegen ließ / ſon - dern eine Verſammlung / die vondemdem Willen eines Monarchiſchen Protectoris dependirte.

XCV.

Hingegen als eben dieſe Hollaͤnder den Koͤnig in Franck - reich zum Ackiſchen Frieden bere - den wolten / ſo bedurfften ſie keiner euſſerlichen Minen / ſie durfften ih - re Meynung nur trocken von ſich hoͤren laſſen; Wenn kein Friede mit Spanien erfolgte / ſo muͤſten ſie mit einer Macht in Franckreich fallen. Das heiſt ſo viel / wer Leu - te vor ſich hat / welche die Sache verſtehen / die moͤgen nur mit guten und wichtigen rationibus bedacht werden / ſo werden ſie ohn alle Ce - remonien ſchon wiſſen / was ſie re - ſolviren ſollen.

XCVI.

Und daß wir den Sta - tum monarchicum und democra - ticum noch etwas genauer beden - cken / ſo hat es allerdings die Be - wandtniß. Jm Statu democrati -coco pflegt man die Redner zu admi - riren: Allein ſie haben auch ihren hohen und gleichſam unentbehrli - chen Nutzen. Denn die beſten Con - ſilia muͤſten zu Schanden gehen / die ſchlimmſten Geſetze muͤſten ein - gefuͤhret werden / wenn ſich kein Redner uͤber das freye Volck mit ſeiner liſtigen Gewalt ſouverain machen koͤnte. Doch in ſtatu mo - narchico laͤufft es wol auff eine ad - miration hinaus / daß wir einen Redner gerne hoͤren / und etwas Ruͤhmliches von ihm nachzuſagen wiſſen. Doch der Nutzen iſt / wie oben gedacht / ſehr geringe / weil die klugen Miniſtri, welche das Werck in Haͤnden haben / auff die Sache ſelbſt reflectiren / und alle gezwun - gene Ceremonien vor eine bloſſe Vanitaͤt zu halten pflegen.

XCVII.

Ja wenn wir ſolchen Kuͤnſten etwas von einer nuͤtzlichenOpe -Operation zuſchreiben ſollen / ſo geſchicht es bey uns nicht in oͤffent - lichen Verſammlungen. Denn wo in der Monarchie viel Leute zu - ſammen kommen / da ſind es gewiß Perſonen / qvibus non imperandi vel decidendi, ſed ſola potius ad - mirandi vel applaudendi gloria relinqvitur. Und damit gehoͤrt es ad notitiam vel prudentiam sermonis secreti & privati, wie ſie der unvergleichliche Secken - dorff in dem diſcours uͤber die deut - ſchen Reden pag. 45. genennet hat. Denn da trifft man auch unter groſſen Leuten gewiſſe Perſonen an / die ſich im vertraulichen Ge - ſpraͤche durch ſuͤſſe Reden und an - ſtaͤndige Minen unvermerckt ein - nehmen laſſen / wie ſolches an dem unvergleichlichen Mazarini ſonder - lich iſt geruͤhmet / aber auch wol mit manches Schaden erkennet wor - den.

XCVIII.

XCVIII.

Und eben bey ſo be - ſtalten Sachen ſehe ich nicht / wie man der Jugend beſſer kan zu ſtat - ten kommen / als mit artigen Co - moͤdien. Denn darinn lernen ſie nicht nur allein vor die Leute treten und ihre memorie bey vielfaͤltigen Objectis von aller confuſion frey zu behalten; Sondern was iemals von affecten und Minen in Sermo - ne publico & privato von noͤthen iſt / das kan uͤber die maſſen wol ge - wieſen werden. Und weil es in der Mutter-Sprache geſchiehet / ſo kan ſich ein Redner / welcher ein gu - tes Naturell befindet / allgemach angewehnen / wie er dem Vater - lande mit nuͤtzlichen Reden dienen ſoll.

XCIX.

Jch rede aber von ſol - chen Comoͤdien / dergleichen von mir ſind angeſtellet worden. Denn da brauchte ich kein frembdes Stuͤ -ckecke / damit ich vielleicht in Betrach - tung meiner Perſonen nicht be - ſtanden waͤre; Sondern alles gieng aus meiner Invention: Damit wuſte ich vor erſt / daß keine Re - dens-Art vorkaͤme / die man nicht ex conſvetudine ſtyli familiaris le - gitimiren koͤnte. Denn daß ich Fuͤrſtlichen und hohen Perſonen ei - nen hohen und nachdencklichen Stylum beylege / das hat ſeine Ur - ſachen / und der anſtaͤndigen con - ſtruction geſchieht doch nichts zu leide. Ferner kunte ich bey einer iedweden Perſon das Naturellex - ploriren / und wenn ich ihre Par - tey nach der pronunciation, nach ihren Minen accommodirte / ſo muſten die Leute ſprechen / der Menſch haͤtte doch gar zu wol a - girt.

C.

Ob auch wol unterſchiedene Bauer - und Pickelherings-Poſſenmitmit unterlauffen / welche dem euſer - lichen Anſehen nach einem nuͤtzli - chen Redner wenig zu ſtatten kom - men / ſo haben dieſelben doch etwas Sonderliches zu bedeuten. Vor eins koͤnnen ſie darzu dienen / daß die Leute getroſt werden / welche ſich ſonſt mit einer furchtſamen Schamhafftigkeit vor keinen Men - ſchen wollen ſehen laſſen. Ferner dienen ſie zum wenigſten darzu / daß die Leute bey der attention er - halten werden. Damit haben die Principal-Perſonen deſto beſſere Luſt / ihren accent und ihre Minen wol auszufuͤhren. Und ich habe allbereit in der Præfation uͤber den Joſeph und der unvergnuͤgten Seele von dieſer materie gehan - delt.

CI.

Zwar es iſt mir nicht unbe - wuſt / daß die Comoͤdien ihre Lieb - haber und ihre Verfolger finden. DochDoch wenn wir alles beym Lichte beſehen / ſo beruht das gantze Werck auff einen geringen Mißverſtande. Etliche wollen die poëtiſche proſo - popœiam nicht verſtehen; Etliche laſſen ſich die alten Patres eccleſiæ darzu verleiten / welche von dieſen Spectaculis ziemlich harte geſchrie - ben haben.

CII.

Allein / was dieſes letztere / und alſo zu reden / das Theologi - ſche judicium betrifft / ſo duͤrffen wir nur die Zeit unterſcheiden. Bey den erſten Seculis, da ſich die Chri - ſten von den Heyden abſondern ſol - ten / da war es allerdings gefaͤhr - lich / daß die Leute den Schau-Spie - len gar zu viel beywohnen ſolten; Denn die Phantaſten konten nichts anders vorbringen / als ihre Fabeln von den Goͤttern / die endlich bey denjenigen / die den wahren GOtt ehren ſolten / auff eine Gotteslaͤſte -rungrung hinaus lieffen. Ja wenn ſie auch was Menſchliches vorzuſtel - len hatten / ſo waren es aͤrgerliche Dinge / von Todſchlagen / Betruͤ - gereyen / Huren-Sachen / und der - gleichen / davor ſich ein Chriſtlich Auge billich zu entſetzen hat.

CIII.

Doch itzo bey dem hellen Lichte des Evangelii / da es die Ge - fahr nicht hat / als wenn wir aus den Buͤchern was Heydniſches ler - nen / oder auch die falſchen Goͤtter anbeten ſolten / ſind die Theologi ſelbſt zufrieden / daß dergleichen Spiele von der zarteſten Jugend geleſen werden. Jch beruffe mich auff den Terentium. Denn ob er wol etwas hoͤfflicher auffgezogen koͤmmt / als der Plautus, ſo geht der Jnnhalt aller Comoͤdien gleichwol dahin: Da will ein ungerathen Soͤhngen dem Vater nicht folgen / er hat den Weg in einen Huren -Win -Winckel gefunden. Ein leichtfer - tiger Knecht giebt dem Juͤnckergen Anſchlaͤge / wie er den Vater betrie - gen / und mit allerhand Cauſen Geld in die Haͤnde bekommen ſoll. Mit einem Worte / woruͤber Pau - lus im Anfange der Epiſtel an die Roͤmer klaget / daß GOtt die Heyden haͤtte dahin gegeben im verkehrten Sinn / zu thun / das nicht taug / das iſt mit le - bendigen Exempeln ſehr zierlich ab - gemahlet. Jch wuͤrde auch ſelbſt rathen / daß man dieſes Buch der Jugend aus der Hand reiſſen ſolte / wenn ich nicht wuͤſte / daß im vori - gen Seculo, da der Terentius viel fleißiger geleſen worden / die Leute viel froͤmmer geweſen / und daß ein gutes Catechiſmus-Examen ſol - chen Aergerniſſen leicht ſteuren koͤnte.

Vielleicht koͤnnen auch die exercitiaeundund die phraſes was darbey thun / als wie jener Præceptor, der in des Terentii Heautontimorumeno Act. III. Scen. 3. auff die Worte kam / da der alte Chre - mes wider den jungen Clitipho ſpricht: Vidin ego te modo manum in ſinum buic meretrici inſerere. Da ſagte er: Pfui pfui / ihr Kinder / cavete vobis ab hac phraſi & ſcribite aliam, manum inſere - re in ſinum philoſophiæ. Die Philo - ſophie ſtudiren.

CIV.

Allein / GOtt Lob! bey un - ſern Comoͤdien wird ſich niemand einer Gotteslaͤſterung / viel weniger eines gefaͤhrlichen Ergerniſſes zu befuͤrchten haben. Erſtlich wer - den weltliche und geiſtliche Hiſto - rien / aber doch practicable Erfin - dungen hervor geſucht. Wenn auch Laſterhaffte Perſonen etwas frey auff das Theatrum kommen / (wie ich den Salomon wol muß opffern laſſen / und des Potiphars Weib kan ich wol nicht einfuͤhren /daßdaß ſie mit dem Joſeph die Præce - pta Noachi geleſen hat) doch ge - ſchiehet alles mit guter Behutſam - keit / die Reden ſind allemahl auf die Goldwage gelegt / und die andern Perſonen / auch der Ausgang der gantzen Comoͤdie laſſen dem Zu - ſchauer die Erinnerung zuruͤcke / was derſelbe zu gewarten hat / der ſich dergleichen Haͤndel im Ernſte bedienen wolte.

CV.

Drum habe ich auch kein Bedencken getragen / nochmals et - liche Stuͤcke dem geneigten Liebha - ber zu communiciren. Und ob ich wol weiß / daß man ſie an wenig Orten nachſpielen moͤchte; Denn ich wuͤrde ſelbſt Noth haben / wenn ich ſie vor itzo noch einmal præſen - tiren ſolte / nachdem die vorigen Perſonen weggezogen ſind; Und ich wuͤrde lieber was Neues ma - chen / das meinen itzigen Unterge -e 2be -benen anſtaͤndig waͤre: Doch wird der Stylus vielleicht ſo beſchaffen ſeyn / daß man ſich an dem bloſſen Leſen etlicher maſſen vergnuͤgen moͤchte. Das geiſtliche Stuͤcke handelt von Naboths Weinberge / da wird die heimliche Verfolgung der Rechtglaͤubigen abgebildet. Das Politiſche Stuͤcke ſtellet den Marſchall von Biron vor / als ein Exempel der beſtrafften Untreu. Der Politiſche Qvackſalber giebet allen eine manierliche reprimende, welche mit ihren Sachen gar zu ſchrecklich pralen.

CVI.

Mit dieſen und derglei - chen Stuͤcken habe ich den Meini - gen manchen Kunſtgrieff in der pro - nunciation und action beyge - bracht / und wenn ſie mit ſolcher Genehmhaltung geleſen werden / als ſie vormals auff dem Theatroſindſind geſehen worden / ſo will ich mir deßwegen gratuliren.

CVII.

Solte aber iemand fra - gen / warum ich gleichwol das Werck von etlichen Jahren her unterlaſſen haͤtte / wenn ich ver - meinte / daß ich die Jugend gar zu ſchoͤn daraus erbauen koͤnte? So gebe ich zur Antwort: Jch habe droben geſagt / daß die Jugend in - der action trefflich ſecundiret wird / wenn ſie zum Tantzmeiſter gehet / aber deßwegen bin ich nicht ver - bunden / daß ich allemal einen Tantzmeiſter verſchaffe. Gleicher - geſtalt kan ich wol ſagen / was die Comoͤdien vor einen Nutzen haben. Doch wenn ſich etliche difficultaͤ - ten deſſentwegen ereignen wollen / ſo bin ich eben nicht gehalten / daß ich mich aller Verdrießligkeit un - terziehen ſoll. Genug / daß ich ſa - gen kan / was mir in meinen Orato -e 3ri -riſchen Studiis von der pronuncia - tion und action am beqvemſten vorkom̃en iſt.

CVIII.

Doch ehe wir zu dem an - dern ſchreiten / welches wir bey die - ſer Gelegenheit erinnern wollen / ſo wird es dem geneigten Leſer nicht zuwider ſeyn / wenn wir des Herrn Lutheri judicium von Comoͤdien hieher ſetzen / welches der vornehme und Gewiſſenhaffte Theologus, Herr D. Dannhauer in ſeinem Collegio Theologico p. m. 986. in der Frage: Qvid de Comœdia ſentis? wiederholet / damit ein ied - weder deſto leichter wiſſen moͤge / daß ich die Exercitia von ſolcher Gattung auch theologicè zu be - haupten getraue.

Die Worte ſtehen in Tiſch-Reden p. 416. D. Johannes Cellarius fragte D. M. Luthern um Rath. Es waͤre ein Schulmeiſter in der Schleſien nichtunge -ungelehrt / der haͤtte ihm vorgenommen eine Comoͤdie im Terentio zu agiren / und ſpielen / viel aber aͤrgerten ſich dar - an / gleich als gebuͤhrete einem Chri - ſten Menſchen nicht ſolch Spielwerck aus Heydniſchen Poeten / ꝛc. was er / Doctor Luther davon hielt? Er ſprach: Comoͤdien zu ſpielen ſoll man um der Knaben willen in der Schule nicht wehren / ſondern geſtatten und zu - laſſen. Erſtlich / daß ſie ſich uͤben in der Lateiniſchen Sprache. Zum an - dern / daß in Comoͤdien fein kuͤnſtlich erdichtet / abgemahlet und fuͤrgeſtellet werden ſolche Perſonen / dadurch die Leute unterrichtet / und ein ieglicher ſei - nes Amts und Standes erinnert und ermahnet wird / was einem Knechte / Herrn / Jungengeſellen / und Alten ge - buͤhre / wol anſtehe / und was er thun ſoll. Ja es wird darinn fuͤrgehalten / und fuͤr Augen geſtellet / aller Dignitaͤ - ten Grad / Aempter und Gebuͤhr / wie ſich ein ieglicher in ſeinem Stande hal - ten ſoll / in euſerlichem Wandel / in ei - nem Spiegel. Zu dem werden dar -e 4innrinn beſchrieben / und angezeigt die liſti - gen Anſchlaͤge und Betrug der boͤſen Baͤlge / deßgleichen / was der jungen Knaben und der Eltern Amt ſey / wie ſie ihre Kinder zum Eheſtande ziehen und halten / wenn es Zeit mit ihnen iſt / und wie die Kinder den Eltern gehor - ſam ſeyn / und freyen ſollen / ꝛc. Sol - ches wird in Comoͤdien fuͤrgehalten / welches denn ſehr nuͤtz und wol zu wiſ - ſen iſt. Denn zum Regiment kan man nicht kommen / mag auch daſſelbe nicht erhalten / denn durch den Ehe - ſtand. Und Chriſten ſollen Comoͤdi - en nicht gantz und gar fliehen / darum daß bißweilen grobe Zoten und Buͤ - bereyen darinne ſeyn / da man doch um derſelben willen auch die Bibel nicht duͤrffte leſen. Darum iſt nichts / daß ſie ſolches fuͤrwenden / und um der Ur - ſache verbieten wollen / daß ein Chriſt nicht ſolte Comoͤdien leſen und ſpielen. Comoͤdien gefallen mir ſehr wol bey den Roͤmern / welcher fuͤrnehmſter Meynung cauſa finalis und endliche Urſache iſt geweſen / daß ſie damit / alsmitmit einem Gemaͤhlde und lebendigem Exempel zum Eheſtande locken / und von Hurerey abziehen. Denn welt - liche Regimente und Policeyen koͤn - nen nicht heſtehen ohne dem Eheſtan - de. Eheloſer Stand / der Cœlibat und Hurerey ſind der Regiment und Welt Peſtilentz und Gifft.

CIX.

Die Vorrede iſt lang ge - nug worden. Doch mir faͤllt noch etwas bey / daß ich bey dieſer Gele - genheit am beſten anbringen wer - de. Sonderlich weil es in einer ex - perienz beruhet / dadurch ſich junge Leute zur pronunciation und acti - on ſehr wol fuͤhren laſſen. Denn weil die ſtatlichſten Maͤnner / die ſich in Oratoriis hervor gethan ha - ben mit mir einig ſind / daß man die Jugend in den erſten Specimini - bus mehr auff andere / als auff ih - re eigene elaborationes weiſen ſoll / ſo bin ich in dieſen Gedancken etwas weiter gegangen.

e 5CX.

CX.

Wir koͤnnen nicht allemal Comoͤdien halten: Doch vielmal koͤnnen wir etliche Geſpraͤche ler - nen / und præſentiren laſſen; Dan - nenhero wird es unverboten ſeyn / wenn bißweilen etliche Colloqvia, an ſtatt der alten und pedantiſchen Reden vorgeſchrieben werden. Vornemlich moͤchte dieſes einen herrlichen effect haben / bey der Jugend / die ſich auſſer den Uni - verſitaͤten ſoll ziehen / gleichwol a - ber auff dieſelbe Mode gewehnen laſſen.

CXI.

Denn auff Univerſitaͤten koͤmmt ein Menſch nicht fort / der ſich im diſputiren mit ſeinem Mundwercke nicht helffen kan. Und doch iſt es auff Schulen uͤber die maſſen ſchwer / wenn ein junger Kerl was practicables hierinn ler - nen ſoll. Offt haben ſie einen Præceptor, der ſich in ſeiner Ju -gendgend ſelbſt vor der Catheder als der Teuffel vor dem Creutze gefuͤrchtet hat. Und ob der was actives weiſen kan / das will ich allen ver - nuͤnfftigen Menſchen zu beſſerm Nachdencken uͤberlaſſen. Offt haben ſie einen Mann vor ſich / der endlich ſo leicht auff der Catheder / als im Keller in einem Glaſe Wein Beſcheid thaͤte. Doch es fehlt an Handlangern: Jch will ſagen an Opponenten / die ſich mit ihrem Fleiſſe ſehen laſſen / und der Diſpu - tation eine rechte Geſtalt geben.

CXII.

Nun habe ich ſolches ſelbſt erwandert / da ich als ein junger Kerle in der Schule war und lernen ſolte / ſo fehlte mir allemal was / wenn ich diſputirte. Doch ſo bald ich auff der Univerſitaͤt in eine Di - ſputation kam / daß ich nur die Mo - de ſehen kunte / ſo durffte ich weiter vor keiner ſolchen occaſion erſchre -e 6cken.cken. Und dannenhero ſind die Kinder / welche ſich auff Univerſi - taͤten bey gelegener Zeit in ſolchen Actibus finden laſſen / ſehr gluͤckſe - lig: Auch wer ſie zu was rechtes informiren ſoll / der hat eben ſo we - nig Arbeit / als ein Politiſcher Red - ner / der ſolche Kinder vor ſich hat / die allbereit zu Hoffe den vornehm - ſten Solennitaͤten beygewohnet ha - ben.

CXIII.

Doch wenn ich gleich - wol Leute vor mir ſehe / die man alle Poſten anders wo hin nicht ſchicken darff / und die zu academiſchen ex - ercitiis ſollen angefuͤhret werden; So bilde ich mir ein / es ſolte keinem vor eine Suͤnde angerechnet wer - den / wenn er eine Diſputation in Geſtalt einer Comoͤdie zuſammen ſchriebe / welche darnach von gewiſ - ſen Perſonen gehalten / und mit der anſtaͤndigen action vorgebrachtwuͤrde.wuͤrde. Zum wenigſten wuͤrden die Zuhoͤrer aus dieſen Minen / da - mit ein kluger Director wol fahren muͤſte / was lebendiges lernen und begreiffen.

CXIV.

Jch habe vielmahl mei - ne Luſt darin gehabt / und wie allbe - reit in meiner Logica dergleichen Colloqvia von mir ſind verſuchet worden / alſo iſt mir das Werck viel lebendiger vorkommen / wenn es in einem rechten exercitio hat ſollen getrieben werden. Je mehr dieſes nun mit der Comoͤdie gar eine ge - naue Verwandſchafft hat; Deſto lieber habe ich anitzo daran geden - cken wollen: Abſonderlich weil die ſchoͤnſte Maniere mit der pronun - ciation und action ſehr ſauber koͤn - nen gewieſen werden.

CXV.

Es iſt mir leid / daß ich alles nicht ausfuͤhren kan. Denn wofern ich nur ein Geſpraͤche wille 7leſenleſen laſſen / ſo werde ich ſolches mit viel abbreviaturen vorſtellen. Die vorhergehende und nachfolgende Complimenten bleiben auſſen / was in der aſſumption, in der limitati - on und application vonnoͤthen iſt / wiederhole ich auch nicht. Nur dieſes bitte ich von dem verſtaͤndi - gen Leſer / der capable iſt / alles aus - gelaſſene zu ſuppliren / ob derglei - chen Neben-Comoͤdien nicht zu lo - ben und zu verſuchen ſind. Das Exempel / damit ich itzo am beſten zu beſtehen gedencke / iſt poſitis po - nendis dieſes.

RESP.
  • Propoſui theſin meam: CO - MOEDIÆ NON SUNT IM - PROBANDÆ.
OPP.

Cur mihi placeat antithe - ſis, facile demonſtrabo. Sic enim argumentor

Qvod

Q. ſcatet mendaciis, illud eſt improbandum, Comœdiæ ſcatent mendaciis E. Comœdiæ ſunt improbandæ.

Min. Prob. Omnia enim ſunt fal - ſa. e. g. in comœdia Joſephi, is qvi ſuſtinet perſonam, non eſt verus Joſephus; Verba qvæipſi tribuuntur, Joſephus nunqvam protulit: imo muli - eres, qvæ ſexum mentiuntur, non ſunt mulieres.

RESP.

Diſtingvo inter MEN - DACIA & FIGMENTA. Men - dacia verè talia ſunt dicta, qvæ cum re prorſus non conſenti - unt, & alterum ex malitia, qvin & cum ipſius damno decipiunt. Viciſſim Fig menta ſunt artificia ſive rhetorica ſive poëtica, qvæ hominem fideliter informant, & cum re aliqvaliter conſenti - unt.

OPP.
OPP.

Agnoſco phraſin: cum re aliqvaliter conſentiunt. Ergò cum re aliqvaliter diſſentiunt h. e. falſitatem habent, qvæ non informandis, ſed decipiendis hominibus inſerviat.

RESP.

Videndum eſt de intentione actoris & de judicio ſpectatorum. Qvi prodit in ſcenam, nemini vult perſvadere verum ſe eſſe Joſephum; Nec etiam homi - nes adeo ſunt ſtolidi, ut hoc cre - dant: Sed iſtud præ cæteris in - tenditur, ut hiſtoria Joſephi per artificium illuſtretur.

OPP.

Eqvidem falſitas rem ma - gis obſcurat qvam illuſtrat.

RESP.

Jam diximus aliud eſſe falſitatem, aliud artificialem rei alioqvin veræ imaginem. Certe ſi pictores non peccant, ſi Joſe - phum prorſus aliis coloribus exhibeant: Nam minium autultraultramarinum qvo pingitur e - jus pallium, non eſt vera illa tinctura, qva colatus fuit ejus - dem veſtis: Multo minus pec - cabit comœdia, qvoties repræ - ſentat picturam magis vivam. Ac proinde nego, in figmentis eſſe falſitatem, qvoniam, ut ſu - pra monitum eſt, deceptio non intenditur, nec ipſe ſpectator decipitur.

OPP.

Dicis in comœdia Spectatores non decipi Sed ego ſic argu - mentor.

Ubi perſonæ finguntur, qvæ nunqvam fuerunt & per - ſonis alioqvin veris verba tribuuntur nunqvam dicta, ihi ſpectator decipitur.

Atqvi in comœdi is hoc fit E.

RESP.

Figmenta nihil mutant in re ipſa fundamentaliter, ſed tan - tum in circumſtantiis externis ſ. forma -formaliter e.g. Si dicerem Jo - ſephum amaſſe conjugem Poti - pharis, aut ex nuda ſimplicita - te potius, qvam ex pia caſtitate hanc occaſionem non arripuiſ - ſe; tunc committeretur men - dacium adverſus rem ipſam. Ex adverſo qvia verum eſt, pe - nes Joſephum aliqvas fuiſſe per - ſonas & eas in ſenſum præſen - tem aliqva dixiſſe: Jam rhe - torica nos excuſat, qvæ proſo - popœiam & ſermocinationem retulit inter honeſtiſſimas ſuas figuras.

OPP.

Conceſſerim hoc probari poſſe, cum ſiſtitur vera hiſtoria. Sed ubi eſt fundamentum, ſi to - tum thema conſtet è figmentis? e. g. ſi exhibeas Argenidem, vel Circum foraneum politicum & c. in - de ſic argumentor:

Ubi

Ubi nullum eſt fundamentum, ibi decipitur ſpectator.

In talibus comœdiis & c. E.

RESP.

Inſto:

Ubi nullum eſt fundamentum, ibi decipitur ſpectator,

In fabula Judithæ & Tobiæ nullum eſt fundamentum, E.

In ea fabula decipitur ſpecta - tor ſive lector.

Concluſio eſt abſurda: ergo major, qvæ eſt veſtra.

PP.

Qvid mihi cum Juditha vel Tobia?

RESP.

Qvid? niſi qvod Luthe - rus fabulam Judithæ vocat tra - gœdiam, Tobiæ comœdiam.

OPP.

Iſta res in dubio eſt: Peto potius, ut directe reſpondeatur ad meum argumentum.

RESP.

Faciam hoc, ut ſalvum conductum adverſus vos qvo -qveqve retineat Juditha cum Tobia Nam diſtingvo inter fundamen - tum generale ſ. reale & ſpeciale ſ. perſonale. Tales eqvidem per - ſonæ in ſpecie nunqvam extite - runt: tales interim res & actio - nes in genere multum ſunt poſ - ſibiles. Necignorabis parabo - lam apud rhetores vocari exem - pliſpeciem.

OPP.

Diſtingvis inter fundamen - tum reale & perſonale. Sed ſi aſpicias mimum ſ. morionem, qvem noſtri communiter vo - cant Johannem Petagium ſ. Ha - lecem muria conditum, qvæ - ro, qvod babet fundamentum, an reale an perſonale? Certè ſi comœdia ſecundum vos de - bet eſſe ſpeculum vitæ; ſic enim ſtatuunt omnes ſcena - rum patroni: qvis mihi dixe -ritrit, ubi talis Halex, & ita qvi - dem veſtitus inveniri debeat?

RESP.

Qvid ſi ego dicam, ad me non pertinere Halecis ex - emplum. Nam qvi apud Ju - dæos repræſentavit Juditham & Tobiam, ridicula qvidem perſona non habuit opus: niſi canem qvis introduxerit, qvi moveret caudam.

OPP.

Nondum video qvid ne - getur aut concedatur in mea qvæſtione.

RESP.

Defendo comœdiarum uſum: ſed qvoniam comœdiæ perſonis ridiculis carere poſ - ſunt, illarum ſane abuſus tol - lere univerſim non debet inte - grum operis laudatiſſimi u - ſum.

OPP.

Provoco ad theſin ve - ſtram. Dum vero dicitis, Co - mœdias improbari non debere,ſineſine dubio tales intelligitis co - mœdias, qvales hodie ſiſtun - tur in theatris, & qvales ipſe vulgavit auctor, cui debetis fabulam de Joſepho.

RESP.

Ut intelligas me eſſe li - beralem, nec in declinanda re - ſponſione qvæſitum fuiſſe effu - gium, reſpondeo: Haleces tuos habere fundamentum reale & perſonale.

OPP.

His autem verbis mihi non - dum ſatisfactum eſt.

RESP.

Paſſim reperiuntur per - ſonæ ſimili ſtultitia notabiles, cur igitur dubitare velis de fun - damento?

OPP.

Sed ubi reperiuntur, aut, ut clarius loqvar, ubi toleran - tur perſonæ tali veſtitu, talibus geſticulationibus notabiles? & hoc niſi probes, jam dixero, non adeſſe fundamentum.

Resp.
RESP.

Diſtingvo inter funda - mentum proprium & hierogly - phicum: proprie tales veſtes nemo gerit, talibus qvoqve ſive coloribus ſive fecibus fa - ciem nemo deformat. Sed hi - eroglyphicè per externum ha - bitum declaratur, qvid ſenti - endum ſit de ſtultis actionibus. Sic Lutherus ſuperbum con - cionatorem jubet experiri ſuas auriculas, num ibidem inveniat tintinnabula.

OPP.

Sic aſylum vobis ſemper conſtitutum eſt, vel in Parabo - la, vel in Proſopopœia, vel in Hieroglyphico. Sed progre - diamur extra jurisdictionem rhetoricam, ea qvidem lege, ut ſi opus fuerit redire liceat ad haleces veſtros. Provoco enim ad verba l. 23. ff. de auro argento, mundo, &c. qvæ ſic ſeha -habent: Veſtimenta muliebria ſunt, qvæ matris familiæ cauſa ſunt comparata, qvibus vir NB. non facile uti poteſt ſine vitupera - tione. Unde ſic argumentor.

Unde homines veniunt in vi - tuperationem, illud eſt im - probandum.

Sed à Comœdiis hoc ſit. E.

Min. prob. Nam viri facere non poſſunt, qvin utantur veſte mu - liebri.

RESP.

Qvid ſi dicerem, ad me non pertinere hoc argumen - tum? exhiberi enim multa poſſunt, in qvibus perſonis - mininis non eſt opus.

OPP.

Neſciebam meis qvoqve rebus profuturam Juditham tuam, ſive Tobiam. Qvis enim has fabulas exhibet ſine fœmi - nis?

RESP.

Soleo tergiverſari, ne no -bi -biliſſimi Auditores neſciant li - beralitatem meam. Ultro e - nim multis objectionibus re - ſpondeo, qvas vel declinare, vel deprecari liceret. Sed qvi legem ſuperius allegaſti, ſcias velim ad manus eſſe Pande - ctas, qvas dum evolvo, ipſa legis ve〈…〉〈…〉 ba limitationem ſup - peditant, non facile uti poteſt. Sed uti poteſt ſi abſit ratio, qvæ difficultatem importat.

OPP.

Qvæ autem hæc eſt facili - tas præfiſcini, qvæ nobis ſolen - nem adverſus leges exceptio - nem præſcribat?

RESP.

Videamus de ratione le - gis: Diſſimulatione ſexus ut plurimum ſuſpicio movetur, qvæſitam fuiſſe peccandi licen - tiam; inde venit vituperatio. Sed qvis talia redarguat in co - mœdiis? ubi qvidem ſatius eſt,funiusunius ſexus committi perſonas, qvam admiſceri fœminas, qvæ poſt ſcenam neſcio qvod poſt - ſcenium imitentur.

OPP.

Attamen ſatius erat ea peni - tus abjicere, qvibus Imperator jam adjudicaſſet vituperium.

RESP.

Vituperium non adjudi - catum fuit abſolutè, ſed reſpecti - . Nam id obſervatur in no - ſtris qvoqve judiciis, ubi ea ve - ſtium mutatio pœnam non ha - bet ordinariam, ſed arbitrari - am; ſi videlicet ſuſpicio tentati ſceleris intercedat, qvæ profe - cto prorſus abeſt à comœdiis. Unde Briſſonius, niſi fallor: nam in cathedram qvis omnes li - bros ſecum afferat? in Lexico Juris, ubi ad Legem ſuperius allegatam venit, nominatim ex - cepit veſtes ſcenicas.

OPP.
OPP.

Hanc limitationem non recepiſſent Patres Concilii Gan - grenſis in Paphlagonia. nam cap. 13. mulieres, qvæ appa - renter ex honeſta cauſa virilem ſumſiſſent habitum, anathemate feriuntur.

RESP.

Qvorſum pertinent ver - ba Concilii? qvod, qvantum memini, nec de ſpectaculis egit, nec viros muliebriter veſtitos condemnavit.

OPP.

Digredimur à Scopo. Qvam - obrem qværo an maſculus ha - bitu fœminino progreſſus in ſcenam careat vituperio?

RESP.

Jam dixi nullam adeſſe ſuſpicionem, nec peccandi li - centiam vel perſomnium exco - gitari poſſe.

OPP.

Qvid autem ſi mulier per - ſonata vel perſonatus ante co - mœdiam diſcurrat per ædesf 2civi -civium, vel in comœdia locum qværat in ſedilibus mulierum?

RESP.

Qvid autem ſi magiſtra - tus, vel ſpectaculi director ta - lia non permittat? Nam in rebus humanis nihil eſt, qvod ſuo non laboret abuſu. Sufficit illis receptis abuſum non in - tendi.

OPP.

Firmioribus argumentis ſtabiliri vult hæc vituperatio: qvamobrem provoco ad legem 2. ff. de his qvi notantur infamia, cujus expreſſa ſunt verba: QVI IN SCEN AM PRODI - ERIT INFAMIS EST. Qvin etiam extat Conſtitutio Theo - doſii in Codice ejus Lib. XV. Tit. VII. de Scenicis Leg. XII. ubi Pantomimorum, velut infa - mium imagines, in publicis por - ticibus, aut aliis locis honoratio -ribusribus non offerri, oblatas revelli ju - bet. Unde ſic argumentor:

Qd. affert infamiam, illud ha - bet vituperationem & eſt improbandum.

Comœdia hoc facit E.

RESP.

Diſtingvo inter infami - am facti, ſ. externæ opinionis & conſvetudinis; & infamiam juris ſ. internæ turpitudinis; in præ - ſenti caſu tantum adfuiſſe in - famiam facti, vel inde pater, qvod apud alias gentes ſcenici fuerunt honoratiſſimi. Sic e - nim Cornelius Nepos in præ - fatione: in ſcenam prodire & po - pulo eſſe ſpectaculo, nemini in iis dem gentibus (Græcis) fuit turpitudi - ni; qvæ omnia (Romanis) par - tim infamia, partim humilia & ab honeſtate remota ponuntur.

OPP.

Nonne agnoſcis infamiamf 3juris,juris, ubi legibus publicis hæc infamia fuit comprobata?

RESP.

Legislator confirmabat receptam conſvetudinem, nec ipſos ludos per ſe judicabat in - fames, ſed per accidens, qvod ex - ercerentur ab inhoneſtis perſo - nis.

OPP.

Nondum intelligo, qvorſum tendat hæc diſtinctio.

RESP.

Lex non improbat ſpecta - cula in ſe: nam l. 3. ff. de his, qvi infamia notantur, athletæ non habentur ignominioſi, qvod virtutis gratia hoc facerent: pla - ut juvenes noſtri, cum in ſcenam prodeunt, virtutis & eloqventiæ gratia id feciſſe creduntur. Qvamobrem per accidens ignominioſa judica - bantur ſpectacula, qvod à perſo - nis mercenariis exhiberentur. Sicenim lex à vobis allegata: eos,qviqvi qvæſtus cauſa in certamina de - ſcendunt, & omnes propter præmi - um in ſcenam prodeuntes famoſos eſſe. Sic limito veſtrum argu - mentum.

Qd. affert infamiam, illud habet vituperationem.

Comœdia à perſonis mercenariis & famoſis exhibita, & c.

Sic concedo totum argumen - tum ſalva noſtra theſi: non enim ſpectacula probamus, qvæ priſcis gentilibus fuerunt in uſu: ſed potiſſimum loqvimur de honeſtis & Chriſtianis juvenum ſtudioſorum exercitiis.

OPP.

Nonne autem qvæſtus cau - ſa prodeunt in ſcenam, qvi à ſpectatoribus pecuniã exigunt?

RESP.

Pecunia non colligitur qvæ - ſtus cauſa, ſed cedit in communes ſumptus lampadum, candelarum, muſicorum, ſcenarũ, machinarumf 4ipſoipſorum qvoꝙ́ ſedilium. hac enim accepta actores non red duntur ditiores, ſed ſpectatorum libe - ralitas cavet, ne ipſi fiant pau - periores, qvi jam ornandis ve - ſtimentis non-nihil impende - runt.

OPP.

Audivi tamen aliqvando pe - cuniam ſuperfluam ab actori - busimpendi compotationibus: unde creditur aliqvid factum eſſe qvæſtus cauſa.

RESP.

Qvæſtus qvi perſonas Ro - manas redderet famoſas inclu - debat rem inhoneſtam: qvippe poſtqvam mulieres ſpectatæ fu - iſſent in ſcena, copiam ſui faci - ebant ſpectatoribus, ut non tam qvæſtus prior, qvam poſterior ha - beret turpitudinem. Inde cum ea licentia jam deſierit apud noſtros homines, qvi communi - ter in nundinis aliis ꝙ́ conventibusfre -freqventioribus accepta pecunia ſpectaculo ſunt; nemo ipſos di - cet infames, ſi vel maximè qvæ - ſtum eum priorem & boneſtum exerceant. Multo minus locum inveniet apud ſtudioſos.

OPP.

Capio mentem veſtram. Dicitis enim in ipſis ſpectaculis nibil fuiſſe turpitudinis, ſed ea per accidens inqvinata fuiſſe, qvod perſonæ famoſæ prodirent. Qvid autem ſi probaverim, ipſa qvo - qve ſpectacula fuiſſe turpia? Nam qvoties ea prohibita ſunt?

RESP.

Prohibita ſunt non ob turpitudinem aliqvam, ſed ob cauſam potius externam. Sic enim l. 5. Cod. de ſpectaculis illi reprimuntur, qvi popularibus plauſibus intemperanter ſerviunt, & publicarum rerum ſtatum fati - gant h. e. qvi nimiis ſpectaculo - rum ſumptibus ærarium ex -f 5hau -hauriunt. Ita non improbatur comœdia, ſed exceſſus in luxu.

OPP.

Etiam improbatus fuit exceſ - ſus in turpitudine. Vide qvid in Codice Juſtiniani & The odoſii conſtitutum fuerit de Majuma, præſertim qvam ſeverè Theo - doſius Leg. II. Majumam fœdum atꝙ́ indecorũ ſpectaculum, qvod ſibi numẽ procax licentia vindicaverat, denegarit. Utinam reſurgeret Theodoſius, qvi exemplo Ma - jumæ, cæteris qvoqve ſpectacu - lis obicem poneret.

RESP.

Ab exemplo ſpeciali & ob - ſcœno ad univerſam comœdi - am valet conſeqventia. Nam nosetiam, qvi theſin hanc pro - poſuim9 honeſto loco ventilan - dam, non intelligere comœdi - am poſſemus, niſi honeſtam.

OPP.

Interim dico ſancte provi - dum fuiſſe Theodoſium, di -gnum,gnũ, qvem Principes imitentur.

RESP.

Sic providusfuit, ut exceſſum vitaret, ad defectum inclinare nollet. Nam videamus legis ci - tatæ verbainitialia, ludicras ar - tes concedimus agitari, ne ex nimia harum conſtrictione triſtitia gene - retur. Honeſtam igitur judica - vit publicam lætitiam, ſi per ac - cidens nihil admiſceretur in - honeſti.

OPP.

Expendamus ſenſum legis. Imperator non approbavit ludi - cra, ſed ad tempus permittenda vel toleranda cenſuit, donec ex - terminatis undiqve gentilibus, Chriſtiani diſcerent è conſtri - ctione ludorum nullam ſentire triſtitiam. Igitur ut gentiles haberet in obediendo paratio - res, connivendum ſtatuebat, qvorſum pertinent verba l. 5. Cod. de Spectaculis & Scenicis:f 6nonnon invidemus, ſed cohortamur amplectenda NB FELICIS PO - PULI ſtudia, &c.

RESP.

Ego non crediderim è Chriſtianorum Rebusp. exulare penitus debere lætitiam decenter captam; multo minus mihi per - ſvaſerim, à chriſtianis principi - bus improbari poſſe juventutis informationem, cum aliqva ſvavi - tate ſuſceptam; de hac enim, ut ſæpe monui jam potiſſimum ſermo eſt.

OPP.

Maneamus igitur intra ter - minos religionis Chriſtianæ, ac præciſè videamus, an juventu - tem Chriſto ſacratam ſalva conſci - entia poſſitis occupare ſcenis & ſpe - ctaculis. ſic enim argumentor.

Qd. in ſe est impium, id non eſt probandum

Comœdiæ inſe ſunt impiæ E.

Comœdiæ non ſunt probandæ.

Resp.
RESP.

Expecto qvibus rationi - bus probetur minor.

OPP.

Minorem probo clariſſimis S S. Patrum teſtimoniis. Chry - ſoſtomus Homil. XXI. ad Anti - och. ſpectacula vocat POMPAM SATANÆ. Salvianus de Gu - bernat. Dei Lib. VI. in ſpectaculis aliqvam eſſe dicit FIDEI APO - STASIAM, unde qværere pergit: qvomodo ô Chriſtiane, ſpectacula poſt baptismum ſeqveris, qvæ opus eſſe diaboli confiteris. Tertullianus de ſpectaculis cap. XVII. à theatro ſeparari vult Chriſtianos qvod eſt privatum CONSISTORIUM IMPU - DICITIÆ, ubi nihil probatur, qvam qvod alibi non probatur. Imo, uttaceam reliqvos, Con - cilium Elibertinum in Hiſpania cap. 62. de Pantomimis expreſ - ſe ſtatuit, & recepti ſuis artibusf 7re -renuncient, & ſiqvid facere contra interdictum tentaverint, PRO - JICIANTUR AB ECCLE - SIA.

RESP.

Non opus erat concione tam prolixa: præſertim in re, qvæ ad nos nihil pertineret.

OPP.

Neq; vero concionatus ſum. Probavi minorem, qvæ tanto qvidem clarior eſt futura, qvo plura te convicerint hominum ſanctiſſimorum teſtimonia.

RESP.

Simus faciles. Cogitari autem debet qvo tempore, qvin & de qvibus ſpectaculis talia di - xerint S S. Patres. Nam flo - rente adhuc gentiliſmo, cum deaſtri producerentur in ſce - nam, aris etiam extructis ibi colerentur: qvis eo loco ver - ſari voluiſſet Chriſtianos, ad apoſtaſiam facile prolapſuros? Deinde ſpectacula deteſtaban -turtur libidinibus & obſcœnis ex - emplis inqvinata. Qvid autem hoc pertinet ad nos, qvibus nec timendum eſt, ne qvis è ſpecta - culis fiat ethnicus, nec proban - tur ſpectacula, niſi decora & ho - neſta.

OPP.

Non video qvorſum perti - nere debeat hæc temporum dif - ferentia. Nam ſic argumentor:

Qd. priſcis temporibus fuit Pom - pa Satanæ, & apoſtaſia fi - dei, id noſtris temporibus non poteſt eſſe pompa Dei & confeſſio fidei.

RESP.

Subſumo minorem cum limitatione.

Gentilium ſpectacula talia fue - runt E.

Non ſunt pompa Dei & confeſſio fidei.

concedo totum argumentum.

OPP.

Veſtra ſpectacula vel repe -tunttunt gentilium ludos, vel ſecun - dum ſimilitudinem eorum novos efformant. Manetigitur eadem pompa, & idem hujus pompæ Choragus, qvem nemo verſa - ri voluerit in ſchola, h. e. in ſpi - ritus S. officina.

RESP.

Nos expreſſe nunqvam approbavimus comœdias gen - tilium, nec apud nos, in maxi - mo ſpectaculorum numero qvispiam meminerit exem - plum interceſſiſſe ſcriptoris a - lieni, nedum gentilis.

OPP.

Eos tamen non rejicitis, qvi comœdias gentilium repetunt.

RESP.

Cur rejiciamus? qvoni - am Rector aliqvis in Sileſia Terentii comœdiam exhibitu - rus non diſplicuit B. Luthero.

OPP.

Sic autem placuit pompa Satanæ?

RESP.

Aut non eſt pompa Satanæ,poſt -poſtqvam omittuntur ethnica, qvæ fortaſſis adorabant hanc ſolennitatem, vel est pompa pror - ſus inefficax. Sicut enim in picturis contemplari licet abo - minationem ethnicorum; qvip - pe qvodis diaboli apparatus ne - minem invitare poteſt ad imi - tationem; ita nihil damni me - tuendum, vel Satanæ nihil e - molumenti promittendum eſt, ſi picturam magis vivam exhi - beamus in theatro.

OPP.

An ſemper laudabiles ſint tales picturæ, nunc determina - re non vacat. Interim ego ma - lim penitus omitti, qvod ſemel pertinuit ad Satanam.

RESP.

Spectacula non pertine - bant ad Satanam eſſentialiter, ſed accidentaliter, qvoad idololatri - cas circumſtantias vel qvoad turpitudines admixtas: qvemabu -abuſum qvia ſuſtulimus, non vi - deo qvid ſibi vindicare poſſit humanigeneris hoſtis: ac inde ſic argumentor:

Ubi Theologi in ſcholis probant Terentium & Plautum, ibi ſpectacula non ſunt pompa Satanæ, nec arguunt apo - ſtaſiam fidei.

Sed in Chriſtianis noſtris Rebusp. Theologi Scholarum Inſpe - ctores hoc faciunt E.

OPP.

Credideram meum eſſe ar - gumentari, tuum argumentis à me propoſitis ſatisfacere. Sed utintelligas me ſimul eſſe libe - ralem, aliud eſt legere Comœdias gentilium ſcripta, aliud easdem exhibere in theatro.

RESP.

Penè dixerim, miſerum me eſſe, qvi præclaram hanc diſtinctionẽ capere non poſſum.

OPP.

Infelicem fortaſſis oppo -nen -nentem nactus es, cujus verba clariſſima neſcio qvam referre videntur obſcuritatem. - terum ne videar officio defu - iſſe, ſcias, aliud eſſe legere ſcri - ptum ab Ethnico conceptum, ubi beneficio interpretationis & phraſeologiæ multa excuſari & occultari poſſunt; aliud vi - vis actionibus ipſorum ſcelerum ideas repræſentare, ſeu, ne qvid diſſimulem, ſcelera per geſtus & ſermones docere.

RESP.

Non improbo diſtinctionẽ: utinam applicari poſſet ad no - ſtram theſin. Ubienim comœ - dias probavimus, in qvibus do - centur ſcelera, aut ubi noſtris comœdiis hæc imputari poteſt perverſitas?

OPP.

Utinam hæc diſtinctio appli - cari non poſſet ad veſtram the - ſin! forſitan lacrymis & ſuſpi -riisriis noſtris non eſſet opus. Nam ut relinqvamus ethnicorum comœdias, & in ſolis Chriſtia - norum deliciis acqvieſcamus, ſcandala veſtra qvis diſſimulet? aut qvis me impediat, qvò mi - nus argumenter.

Ubicunꝙ proponuntur exem - pla vitiorum, ibi peſſimum est ſcandalum.

In Comœdiis & c. E.

RESP.

Miror eadem opera non rejici ſacram ſcripturam, qvia proponit exempla vitiorum, & nobis unam vel alteram ſpe - ctaculi ſuppeditat materiam.

OPP.

Sacra Scriptura non debet confundi cum comœdiis. Ibi enim legimus exempla vitio - rum, non ut imitemur, ſed ut turpitudinem τῆς ἀϑεότητ& a - gnoſcamus, pœnamqve ſubſe - qventem exhorreſcamus.

Resp.
RESP.

Gratias ago Domino Op - ponenti pro inſigni liberalitate qvod ſuppeditare mihi voluit reſponſionem directam. Sic enim limito argumentum:

Ubi proponuntur exempla vitio - rum imitanda, ibi eſt ſcan - dalum

Sic concidit minor: nullum enim virium produci - tur, qvin ſubſeqvens - na vel ignominia cun - ctos deterreat.

OPP.

Cur præcipitas gratiarum a - ctionem? qvippe magnum ad - huc diſcrimen eſt inter S. Scri - pturam & Comœdiam. Iltic proponitur nudum factum, hic ſimul adjicitur facti modus e. g. ſi qvis exhibeat Dinam Jacobi Patriarchæ filiam, apud Siche - mitas deceptam, nonne, ſi col - loqvia, ſi lenarum & miniſtro -rumrum fraudes, ſiamantium nu - tus, ſi ſecreta conſilia, publice referantur, ſpectatores ad di - ſcendam artem amandi viden - tur invitari?

RESP.

Comœdiæ judicari non debent in ſenſu diviſo, qvoad hanc vel alteram ſcenam, qvæ videri poſſet libidinoſa; Sed in ſenſu compoſito, qvoad totam in - ventionem: tum enim conſtat, qvàm vana ſit harum blanditia - rum dulcedo, qvantum ſeqva - tur propria turpitudo, paren - tum triſtitia, fratrum & agnato - rum vindicta.

OPP.

Sed juvenes plerumq; aſpi - ciunt comœdias in ſenſu diviſo, h. e. eligunt ſcenas delicatiores, ut poſtea ſciant, à qvibus aver - tere debeant oculos.

RESP.

Hoc caſu non eſt ſcandalum datum ſed acceptum, qvia repudi -antant propinqvum metuendi ſcandali remedium. Et deinde qvod attinet ad ſcenas delicatio - res, cavendum eſt, ne progredi - amur ultra blanditias vulgares ſ. indifferentes. Pleraq; enim hujus generis dicuntur intus fa - cta ſ. ſuſcepta.

OPP.

Qvorſum pertinent blandi - tiæ, qvibus uxor Potipharis ag - greditur Joſephum?

RESP.

Ad exaggerandam Joſephi pietatem, qvod tantis qvidem machinis potuit reſiſtere.

OPP.

Penè dixerim ad informan - das mulieres, qvomodo juve - nes decipere debeant.

RESP.

Eadẽ opera dicas, Salomo - nem, qvi Prov. cap. VII. hujus furfuris mulierem introducit, præſcripſiſſe fœminis, qvid lo - qverentur. Ad hiſtoriam perti - nent circumſtantiæ. Qvis Abe - lem exhibeat ſine homicidio? Jo -Joſephum ſine fratrum neqvi - tia? ipſum Chriſtum patientem ſine Judæorum blaſphemiis & militum injuriis?

OPP.

Callidum nanciſcor reſpon - dentem, qvi confundit exem - pla: nam ſunt vitia, qvæ ſolo aſpectu horrorem incutiunt, il - la fortaſſis minore piaculo pro - ducerentur, qvoniam à fratri - cidio Caini temere nullus diſce - ret effundere ſangvinem. Sunt viciſſim vitia, qvæ aſpectu ſuo deſiderium & imitandi volun - tatem provocant, cujus generis ſunt libidines, qvæ utramqve paginam faciunt in comœdiis, & in his vitiis vertitur cardo controverſiæ.

RESP.

Libidines aut exhibentur in amoris gradu, qvem vocant li - cito, hoc eſt, in colloqviis & mode - ratis oſculis, vel in gradibus ulteri -ori -oribus, qvos qvidem nemo cor - datus expreſſerit. Inde ſi qvis producere velit Iſaacũ cum ſua Rebecca colludentem, initium blandimenti capiat ab honeſto & affectuoſo colloqvio, poſtea ſecedere jubeat in abditum lo - cum, ubi Abimelech rem re - præſentatam ſe videre ſimulat.

OPP.

Ergo in colloqviis & oſculis non excitantur libidines?

RESP.

Ita loqveris, qvaſi omnis honeſta converſatio cum fœmi - nis ſit vitioſa. Cum Iſaac blan - diùs alloqveretur Rebeccam. non peccabat: cur itaqve pec - cet, qvi colloqvium repetit?

OPP.

Sed juvenes diſcunt blandiri fœminis, in qvo virtutem non exercent.

RESP.

Diſcant: dummodo re - ſervent artificium ad occaſio - nem legitimam. Nam ut reli -gqvaqvataceam, intereſt reip. juve - nes interdum his blanditiis ex - citari ad deſiderium conjugii: qvippe ſic in ſtudiis ſunt alacri - ores, qvo magis ad ſvavem hunc finem ſe properare cre - dunt. Et nota ſunt Lutheri ver - ba in colloqviis menſalibus, qvi co - mœdias in honorem matrimo - nii non ſpernendas ſtatuit. Re - ferrem qvoqve Colloqvium E - raſmi, inter procum & puellam, comœdiæ ſimillimum, ſi vellem concionari.

OPP.

Habeas tibituam concionem & tuos matrimonii candidatos. Interim ſi redire velim ad Hale - cem, ſuperius exagitatum, qvid ſtatuis de cavillationibus & ca - lumniis, qvibus ea perſona mul - tos perſtringit?

RESP.

Id ſtatuo ſi calumnias evo - mat, imponendum ipſi eſt ſilen -tiumtium; ſi cavillationes admiſceat, videndum, an eas in genere vitiis, an in ſpecie hominibus applicet. Optimum eſt, ſi ſpectaculi dire - ctor loqvi hos nihil patiatur ni - ſi qvod expreſſis verbis præ - ſcriptum ſit.

OPP.

Sed vitiis nihil applicari pot - eſt, qvod homines de ſua perſo - na non interpretantur.

RESP.

Luant igitur ſuæ credulita - tis culpam, & rideantur ab o - mnibus. An Salomon & Syra - cides peccant, qvi plerasq; ſce - leratorum actiones ſub titulo ſtultorum proponunt? præſer - tim ſi qvis ea dicta velit ad per - ſonam ſuam applicare.

OPP.

Aſt homines pudefacti ut plurimum iraſcuntur h. e. ad peccandum rapiuntur.

RESP.

Etiam homines concioni - bus ſacris perſtricti paſſim ira -g 2ſcun -ſcuntur, neqve tamen hujus præcipitantiæ cauſa tacere ju - bentur concionatores.

OPP.

Temporis habenda eſt ratio. Qvamobrem ut in compendio videas, qvid me urgeat potiſſi - mum, ſic argumentor: Qd. cumulat verba otioſa ſ. ῥήματα ϱγὰ, id eſt impro - bandum. Comœdia hoc facit E.

Neqve crediderim in re lucu - lentiſſima vos petituros proba - tionem minoris, nam major eſt ipſius Chriſti Matth. 12, 36.

RESP.

Aliud eſt verba otioſa tan - qvam ſua proferre, aliud ea tan - qvam aliena referre. Qvot enim in ſacris literis habemus verba otioſa? Caini, Philiſtæorum, Re - gum improborum, mulierum impudicarum, &c. qvæ tan -qvamqvam aliena, non probantur aut docentur, ſed referuntur.

OPP.

Licet aliqvando referre alio - rum verba qvamlibet otioſa, qvoties ea reqviruntur ad ve - ritatis teſtimonium. Sic in judi - cio teſtis adverſus blaſphe - mum, Majeſtatis reum, aut impurum ſcurram, verba re - ferre jubetur parum ſancta vel honeſta. Cum igitur Spiritus Sanctus ſacram ſuam hiſtoriam eſſe vellet teſtem veritatis: non potuerunt diſſimulari delicta, qvibus homines pœnam ſuam provocaſſent.

RESP.

Sic igitur mirificè ſumus concordes. Qvid enim eſt co - mœdia, niſi plena hiſtoriarum ex - poſitio? Unde ſimul videtur perhibere teſtimonium veritatis, ac poſſidere privilegium teſtibus alioqvi conceſſum.

g 3OPP.
OPP.

Diſtinctè procedendum eſt, ut appareat mirifice noseſſe di - ſcordes. Si enim per vos aliud eſt referre, aliud proferre: Co - mœdiæ verba non ſunt relativa, ut ſimpliciter repetant, qvæ ve - lut ex lege veritatis omitti ne - qveunt; ſed prolativa, qvæ non ad hiſtoriam, ſed ad inanem ſpectantium delectationem fa - ciunt.

RESP.

Non video qvorſum tendat operoſa hæc diſtinctio.

OPP.

Provoco ad perſonas in Co - mœdia Joſephi: producuntur ibidem & carcere peſſimicapti - vi, qvinon loqvuntur niſi verba otioſa.

RESP.

Qværo an Oratorum ampli - ficationes pertineant ad verbà otioſa?

OPP.

Qvid ſi negaverim? an exin - de legitimaretur veſtra Comœ - dia?

RESP.
RESP.

Interludia nihil ſunt aliud, qvam Comœdiarum amplificatio - nes, qvæ materiam illuſtrant & ſpectantium benevolentiam moribus & affectibus captant.

OPP.

Sic igitur captivorum nugæ & facetiæ Joſephi hiſtoriam illu - ſtrant: ut neſciamus hiſtoriam, niſi nunc ſimul ſpectarentur in - ſipida ea figmenta?

RESP.

Ad Joſephi hiſtoriam pertinet exaggerari carceris moleſtias: qvas nemo perpen - deret, niſi, qvos ſocios juxta ſe habuerit juvenis honeſtiſſimus, cognoſcatur. Certe qvi Chri - ſtum crucifixum repræſentat, non poterit omittere latrones, qvibus indigniſſime fuit annu - meratus.

OPP.

Qvicqvid hujus ſit, illuſtratio, qvin & captatio benevolentiæ qværi non debet per verba otio -g 4ſa,ſa, h. e. non ſunt facienda mala, ut exinde veniat bonum.

RESP.

Repetitio verborum, qvod ſæpe monui, non eſt mala: re - feruntur enim, ut exhorreſca - mus & Joſepho commiſerea - mur: non ut imitemur: qvip - pe cui placeant delicta carcere digna?

OPP.

Qvid autem ſibi vult ea, μω〈…〉〈…〉 ποίηίς dum Halex veſter inſanum ſe, vel prorſus irratio - nalem mentitur: nonne hoc eſt imaginem Dei transmuta - re in imaginem diaboli?

RESP.

Bona verba! ſiſtimus em - blema mundi inſanientis, qvod aliter exhiberi non poteſt. Et qværo, ſi qvis proverbia Salo - monis explicaturus eſſet per emblemata, num peccaret, ſi ſæpius exprimeret ſtultos? vel an eos, qvi ſua culpa removentima -imaginem Dei, nonliceat eo ſi - ſtere habitu, qvo communiter ſtultos deſignari novimus.

OPP.

Sed morionum ἐυτραπελία talis eſt, qvæ ſecundum Apoſto - lum Chriſtianos non decet.

RESP.

Ego nolim probare exceſ - ſum, nec in honeſtis theatris repetenda promíſcuè putave - rim, qvæcunq; paſſim ab agyr - tis & publicis morionibns evo - muntur. Interim Paulus non rejicit omnem ἐυτραπελίαν, ſed ſcurrilitatem & impuritatem ethnicorum, qvi nugas ſuas prorſus otioſas & malitioſas, ſub hujus virtutis nomine tur - piter excuſabant. Plane ut ma - thematicos univerſim nemo contempſerit, ſi ſub eorum no - mine divinatores & aſtrologi apud Romanos fuerint expulſi.

OPP.

Dum Chriſtus loqvitur deg 5verboverbo otioſo, idem eſt, ac ſi di - xiſſet: Omne verbum, qvod non ædificat proximum, indignum eſt homine Chriſtiano, & conſcientia ejus ipſum damnabit. Jam oſten - de, qvomodo halex veſter ædi - ficet proximum?

RESP.

Ædificat, ſi non poſitive, commendando virtutem, ta - men negativè demonſtrando turpitudinem vitii ac deſtru - endo ejus deſiderium. Sicut Spartani jubebant filios reſpice - re ad ſervos ebrios, ut cognitâ vitii deformitate, cautius in bi - bendo ſeſe gererent.

OPP.

Sæpe non exhibetur vitium fugiendum, ſed inanis obſtrepit loqventia, qvæ qvantum ædifi - cet, non video.

RESP.

Uſus cui opponitur ver - bum otioſum eſt triplex. Mora - lis, Civilis, Oeconomicus. Moraliseſt,eſt, cum alteri virtutem com - mendamus, vel bono conſilio ſuccurrimus. Civilis, dum al - teri teſtamur amorem vinculo ſocietatis publicæ neceſſarium. E. g. ſi amico nobis occurrenti dicatur, cœlum eſſe ſerenũ, meſſem fore commodam &c. Verba vi - dentur inutilia, cum amic9 talia jam ſciat: interim pulchrum id ſignum eſt animi ad colloqvi - um h.e. ad declarandam amici - tiam parati: pertinent huc ſer - mones, qvi ſimpliciter dele - ctant. Ut enim Salomon riden - tibus ſua concedit tempora; ſic improbandus non eſt, qvi dolo - ris & moleſtiæ levamen, verbis decenter jactis experitur. Oe - conomic9 tandem uſus eſt, cum verba neceſſitatem noſtram ex - primunt: purga calceos, ſterne le - ctum paſce gallinas &c.

OPP.
OPP.

Expectabam donec uſus afferretur qvartus, h. e. ſcenicus.

RESP.

Scena nihil aliud eſt, niſi exercitium, unde triplex hic uſus comprobatur. Qvicqvid enim in moralibus, in civili - bus, in œconomicis loqvi ſolent homi - nes, id in theatro prudenter & cum fru - ctu refertur.

OPP.

Ergo lice bit omnia referre verba, qvæ freqventantur in theatris, & ipſi juvenes in converſatione ſeria repetant dicteria morionum.

RESP.

Hoc pertinet ad abuſum. Nullum eſt vocabulum, qvod pro diverſitate per - ſonarum & circumſtantiarum non ſit mox otioſum, mox minus otioſum.

OPP.

Parum abeſt, qvin verba præcatio - num & concionum referas inter verba otioſa: ſi nullum excludi debet voca - bulum.

RESP.

Ego nondum video abſurditatem. Qvi precatur ſine devotione, jam abuti - tur nomine divino, & qvantum ad ejus intentionem pertinet, verba profundir otioſa. Qvi concionatur non in Dei ſed propriam gloriam, is, qvamdiu talia in -ten -tendit, verba loqvitur otioſa, qvorum ra - tionem eſt judici univerſali redditurus.

OPP.

Dilabimur à ſcopo; libet enim inſi - ſtere verbis comœdiarum.

RESP.

Cur me ſeduxiſti per inſtantiam prorſus improviſam, pene dixerim odio - ſam. Interim ſi placeat exemplum co - mœdiæ, nonne ſi Potipharis uxor verba qvæ dixit Joſepho vere otioſa δʼϱγά & ἄϰαϱπα, dixiſſet marito mulier, nullus ea vocaret otioſa? Ita fratres Joſephi, cum eum venderent, verba loqvebantur otio - ſa: talia minus futura, ſi captivum ali - qvem furem aut latronem vendidiſſent.

OPP.

Qvid autem inde ſeqvitur?

RESP.

Qvid? niſi comœdias eſſe proban - das. Omnia enim qvæ dicuntur, qvæ pro - nunciationem noſtram & actionem ex - ercent, aliqvando ſunt decora & hone - ſta: vel aliqvando referri qveunt, parum indecorè ad noſtram ædificationem ſi vel maximè negativam.

OPP.

Cæterum experientia docet, injuſto potiſſimum loco formulas è comœdiis hauſtas repeti.

RESP.

Sic etiam à peſſimis homuncionibusdictadicta ſacra, cantilenarum eccleſiaſtica - rum verba, concionatorum formulæ de - torqventur in peſſimum & vere blaſphe - mum riſum. Nos præſupponimus juve - nes, qvi tempeſtivè diſcunt judicare cir - cumſtantias morales; vel tales ſpecta - tores, qvi rationis ductu nihil proferant loco alieno. Id niſi faciamus, plane ſi - lendum erit, ne qvis ſcandalo volut acce - pto verbis honeſte prolatis inhoneſtius abutatur.

OPP.

Aſt tum demum Comœdiæ eſſent improbandæ, ſi prohiberentur à Magi - ſtratu.

RESP.

Improbarentur non ut moraliter malæ, ſed tanqvam à Magiſtratu certis & externis de cauſis prohibitæ.

OPP.

Tempus labitur & multa reſtant re - ſervanda potius colloqvio privato.

Die

Die Merckwuͤrdige Begebenheit von Naboths Weinberge und der Beſtuͤrtzten Jeſabel / in einem Schau-Spiele vorgeſtellet.

[1]

Jnnhalt.

AHab der Koͤnig in Jſrael hat des Koͤnigs von Zi - don Tochter Iſabel zur Gemahlin bekommen; Dieſe will den Baaliti - ſchen Gottesdienſt der Jſraeliti - ſchen Religion zum Verderben ein - fuͤhren / und ob ſie wohl von dem Propheten Elia durch ein himmli - ſches Wunder ziemlicher maſſen daran verhindert worden / ſo trifft ſie dennoch Perſonen an / welche zu dem liſtigen Reformations-Wercke viel liſtige Raͤncke beytragen. Ab - ſonderlich wird vor gut befunden / den Koͤnig von militariſchen Ge - dancken abzuziehen / und dahin zuAbe -2bewegen / daß er in Pallaͤſten / Gaͤr - ten und andern Monumenten ſeine Gloire ſuchen moͤchte. Wie nun der Grundriß in Jeſreel zu einem Baue geleget wird / ſo ſcheinet der nahgelegene Weinberg ſehr be - qvem zum Luſt-Garten. Der Be - ſitzer iſt Naboth / des Koͤnigs Va - tern Bruder / der ſoll ſich durch ei - nen Kauff / oder auch durch einen guten Tauſch bewegen laſſen / das vaͤterliche Erbgut abzutreten. Al - lein da man ſich fuͤrchtet / es moͤch - te der Pallaſt den Baals-Pfaf - fen zum Collegio eingeraͤumet werden / will ſich Naboth durch - aus nicht darzu verſtehen. Der Koͤnig zeucht ſich die abſchlaͤgli - che Antwort zu Gemuͤthe / daß er kranck wird. Die Gemahlin erforſchet das Geheimniß / und miſchet die Karte durch gewiſſe Perſonen ſo kuͤnſtlich / daß derun -3unſchuldige Mann an einer oͤffent - lichen Faſte von falſchen Zeugen angefallen / und einer Laͤſterung wider Gott und den Koͤnig uͤber - wieſen wird. Alſo muß er ſich nebenſt ſeinen Kindern ſteinigen laſſen / und da der Koͤnig die Zei - tung erfaͤhret / gehet er hin / als der naͤchſte Vetter ſein Erbtheil in Poſſeſs zu nehmen / da begegnet ihm der Prophet Elia / und kuͤn - diget ihm Gottes Straffe an. Er gehet in ſich / und da er Buſſe thut / wird ihm geweiſſaget / daß die Straffe erſt nach ſeinem, Tode recht ergehen ſolte. Geſtalt auch endlich / nachdem Ahab und ſein Sohn Ahaſia geſtorben / der neu - erwehlte Koͤnig Jehu nicht allein den Koͤniglichen Stamm gantz ver - tilgen / ſondern die boßhaffte Jſa - bel zum Fenſter herab ſtuͤrtzen ließ. Hierauff ſtellt ſich Jehu / als wennA 2er4er ſich zum Baalitiſchen Opffer beqvemen wolte; Doch als er die Goͤtzen-Diener alle beyſammen hat / giebt er Befehl / daß ſie alle niedergemachet werden. Alſo er - folgt bey den redlichen Jſraeli - ten eine froͤliche Gratu - lation.

Per -5

Perſonen.

  • 1.Ahab

    Koͤnig in Jſrael.

  • 2.Iſabel

    deſſen Gemahlin.

    • 3.Ahaſia
    • 4.Joram
    • zwey Koͤnigliche Printzen.

  • 5.Athalia

    die Koͤnigliche Printzeßin.

  • 6.Sabadia

    ein Printz / der Iſabel Stieff - Sohn.

  • 7.Badezor

    der Iſabel Bruder / Koͤnigli - cher Printz von Zidon.

  • 8.Abdalla

    Zïdoniſcher Reſident.

  • 9.Naboth

    des Koͤniges naher Vetter.

  • 10.Thirza

    deſſen Tochter.

  • 11.Amri

    deſſen Sohn.

  • 12.Nebat

    deſſen kleiner Sohn.

  • 13.Jehu

    ein Kriegs-Obriſter / hernach Koͤnig.

    • 14.Bidekar
    • 15.Ginath
    • Officirer auff Jehu Seite.

  • 16.Obadia

    der Koͤniglichen Printzen Hoffmeiſter.

  • 17.Paſhur

    Koͤniglicher Cammer-Herr.

  • 18.Elia

    ein Prophet.

  • 19.Hilkia

    der oberſte Prieſter in Jeſ - reel.

  • A 3Lae -6
  • 20.Laedan

    Koͤnigl. Richter in Jeſreel.

    • 21.Jezer
    • 22.Beor
    • 23.Palal
    • Eltiſten in Jeſreel.

  • 24.Lud

    Koͤniglicher Leib-Medicus.

    • 25.Nimſi
    • 26.Oboth
    • Koͤnigliche Bedienten.

  • 27.Javan

    der oberſte Prieſter unter den Baaliten.

    • 28.Arvad
    • 29.Magur
    • Baals-Pfaffen.

    • 30.Enan
    • 31.Michri
    • Buͤrger von Jeſreel.

    • 32.Korah
    • 33.Reſeph
    • zwey falſche Zeugen.

  • 34.Jetur

    des Koͤnigs Wintzer.

  • 35.Bilſan

    Naboths Wintzer.

  • 36.Hoſcha

    kurtzweiliger Rath.

  • Hierzu kommen: Ein Chor Engel. Ein Chor Jſraelitiſche Prieſter. Ein Chor Baals-Pfaffen. Buͤrger und Soldaten / die nichts zu reden haben.

Erſter7

Erſter Handlung Erſter Auffzug.

Iſabel die Koͤnigin / Abdalla der Reſident von Zidon.
Jſab.

Ach weh dem! der ſich dem Gluͤcke vertrauen will!

Abd.

Jch ſage / wohl dem! der das Gluͤcke mit Koͤniglicher Hoheit erſchrecken kan!

Jſab.

Die Zeit iſt vergangen / da ſich das Gluͤcke vor einer Koͤniglichen Krone fuͤrchten muß.

Abd.

Und die Zeit kan bald wiederum an - brechen / darinn die Durchlauchtigſte Koͤnigin Jſabel den Titul einer gluͤck - ſeligen Printzeßin beherrſchen kan.

Jſab.

Das Gluͤcke wird nunmehr zu lang - ſam kom̃en / nachdem faſt 900. Baals - Diener uns und unſerer Nation zum hoͤchſten Schimpffe / ſind auffgeopffert worden / und da ein eintziger Elias ſich nicht geſcheuet hat / die geliebteſten Per - ſonen des Koͤniglichen Hoffes auff die Schlacht-Banck zu lieffern. O waͤreA 4unſer8unſer betruͤbtes Leben in Zidon beſchloſ - ſen worden / ſo duͤrffte man bey dieſem beſchnittenen Volcke unſere Ungluͤck - ſeligkeit nicht verſpotten.

Abd.

Mit gnaͤdigſtem Erlaubniß Eu. Ma - jeſt. Das Gluͤcke hat man durch unzei - tigen Eiffer abgewendet / wenn man die kluge Politiqve beſſer ſpielen lernet / ſo wird auch dieſe Goͤttin wieder zu ge - winnen ſeyn.

Jſab.

Wie ſollen wir das Raͤtzel auffloͤ - ſen?

Abd.

Durch das Andencken der vergan - genen Zeit. Die Reformation ward etwas zu ſcharff geſucht / und da man dem einfaͤltigen Volcke noch keine affe - ction gegen unſere Religions-Ver - wandten eingefloͤſſet hatte / ſo muſten 450. Baals-Pfaffen nebenſt andern 400. jungen Studenten das beſte Marck im Lande genieſſen / und alſo zu reden des Volcks Widerwillen ver - dienen.

Jſab.

Wenn aber ein Koͤnig was anfaͤngt / ſo muß die Sache mit oͤffentlicher Au - toritaͤt getrieben werden.

Abd.
9
Abd.

Es iſt nicht ohne / wo Koͤnigliche Ver - richtungen etwas furchtſam geſpielet werden / da pfleget der Unterthanen Kuͤhnheit zu wachſen. Allein in dem Religions-Wercke / da will die Regel nicht ſtatt finden / die Gewiſſen wollen nicht gezwungen / ſondern nur hoͤfflich perſvadiret und betrogen werden.

Jſab.

Gleichwohl muſte der Sidoniſche Gottesdienſt durch gewiſſe Perſonen ſichtbarlich getrieben werden.

Abd.

Aber die Juͤdiſchen Propheten durff - ten deßwegen nicht uͤber die Klinge ſpringen. Jch ſage noch einmal / und ſolches nicht aus meinem Verſtande / ſondern auff hoͤchſt vernuͤnfftiges Er - meſſen Jhro Majeſt. dero Koͤniglichen Herrn Vaters / man haͤtte der Prophe - ten verſchonen ſollen / biß das Volck zu einem Haſſe wider ſie waͤre auffge - muntert worden. Die Baals-Pfaf - fen haͤtten auch zu Hauſe bleiben ſollen / biß man ſie als geliebte Goͤtter-Soͤh - ne froͤlich eingeladen haͤtte.

Jſab.

Wer ſeiner guten intention nachge - het / der iſt im Warten ungedultig.

A 5Abd.
10
Abd.

Und dieſe Ungedult verurſachet / daß man deſto laͤnger warten muß. Ach deſſentwegen waͤre das Land Jſrael mit den Baals-Pfaffen nicht verſchonet blieben / wenn ſie gleich nicht mit ihren heiligen Kleidern waͤren bezeichnet worden.

Jſab.

Wer den heiligen Goͤttern dienet / der wird ſein heiliges Amt durch kein unheiliges Kleid verleugnen.

Abd.

Wie aber / wenn das Kleid an dem heiligen Dienſte waͤre hinderlich ge - weſen? Ach haͤtte man die Baals - Pfaffen in Politiſche Kleider geſteckt / ſo waͤren ſie bey Hoffe als Koͤnigliche Bedienten / oder als frembde Volun - tairs mit durchgelauffen; Unterdeſſen haͤtte ihre annehmliche Freundligkeit die Religion dermaſſen recommendi - ren koͤnnen / daß man hernach keine furchtſame ſuperſtition bey ungewoͤhn - lichen Kleidern geſchoͤpffet haͤtte. Doch die Zeit iſt nicht / daß wir das Ver - gangene beklagen / ſondern da wir das Kuͤnfftige berathen ſollen.

Jſab.

Und eben die Unmoͤgligkeit wegen desZu -11Zukuͤnfftigen macht die Hoffnung un - ſers Gluͤckes unmoͤglich.

Erſter Handlung Anderer Auffzug.

Jſabel und Abdalla reden beyde heimlich mit einander / und erweiſen beyderſeits verliebte Vertrauligkeit: Jndem ſchleicht ſich Hoſcha heraus.
Hoſ.

Komm ich auch zu rechter Zeit? Wenn die Koͤnigin mit dem Herrn Re - ſidenten courteſiret / ſo wird meine We - nigkeit / als ein kurtzer appendix von Reichs-Raͤthen ſchlecht audienz krie - gen. Ja ſo gehts: Der Reſident ſoll deßwegen bey ihr ſeyn / daß die gute Freundſchafft zwiſchen dem Koͤnige in Jſrael und dem Koͤnige in Zidon erhal - ten wird; Aber wenn ich Koͤnig waͤre / ſo wolte ich mich vor ſo einer Freund - ſchafft bedancken / es waͤre denn die grande Mode / daß ich bey den Koͤnigli - chen Gedancken ſolche Weiber-Poſ - ſen und ſolche bagadellen verachtenA 6lern -12lernte. Doch wie wird mir? Jch plau - dere da was vor mich weg / und vergeſſe darbey / was ich zu thun habe. Der Koͤnigliche Printz von Zidon iſt her - kommen / und will ſeiner Frau Schwe - ſter incognito zuſprechen / das heiſt / er will die Boltzen fiedern helffen / die der Koͤnig in favor der Baalitiſchen Reli - gion verſchieſſen ſoll: Und ich ſoll mich zu einen Ambaſſadeur brauchen laſſen / daß die Koͤnigin gleichwohl erfaͤhrt / was ſie vor einen lieben Gaſt zu erwar - ten hat.

Jſab.

Hoſcha was machſt du hier?

Hoſ.

Potz tauſend / die Koͤnigin ſtoͤret mich in meinem diſcourſe: Nun muß ich wieder naͤrriſch thun. Denn wer ſich zu Hoffe ſtellen will / als wenn er die Leichtfertigkeiten verſtuͤnde / der hat ſein liebes Ungluͤcke von hinten und for - ne zu gewarten.

Jſab.

Hoͤrſtu nicht / du Beſtie.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Hoͤrt ihr / wie die Reichs - Raͤthe meines gleichen an dieſem Hoffe reſpectiret werden?

Jſab.

Du wilſt gewiß erfahren / was lang - ſame Perſonen verdienet haben.

Hoſ.
13
Hoſ.

Gnaͤdigſte Koͤnigin / was ſchaffen Eu. Majeſtaͤt?

Jſab.

Das iſt unſer Befehl / du ſolt wegge - hen.

Hoſ.

Und das iſt meine Schuldigkeit / ich ſoll da bleiben.

Jſab.

Du ſolſt von dieſer Schuldigkeit abſolviret ſeyn.

Hoſ.

Die Abſolution machet mir ein boͤſe Gewiſſen.

Abd.

Siehe da / ich habe nicht gewuſt / wer zu Hoffe das Gewiſſen in Verwahrung hat: Jſt die hochgelobte Sache unter dieſe Kappe gekrochen?

Hoſ.

Gnaͤdiger Herr / ich kan nicht davor daß ihr euer Gewiſſen in der Wechſel - banck zu Zidon verſetzet habt: Waͤre ich auch ein gꝛoſſer Hans euers gleichen / ſo wolte ich mit meinem guten Gewiſ - ſen auch nicht ſo viel Pralens machen.

Abd.

Mich duͤnckt aber / der hat das beſte Gewiſſen / der ſeinem Gehorſam nach - gehet.

Hoſ.

Nehme ich meinen Gehorſam nicht in acht / wenn ich der Koͤnigin eine gute Zeitung bringe?

A 7Abd.
14
Abd.

Aber das iſt ein Ungehorſam / wenn man die gute Zeitung lange verſchwei - gen will.

Hoſ.

Gebet doch der Fr. Koͤnigin eine Kap - pe / daß ſie mich nicht reden laͤſt.

Abd.

Nun du haſt Zeit zu reden: Laß dei - ne froͤliche Stimme hoͤren.

Hoſ.

Eu. Gnaden haben mir nichts zu befehlen. Die Koͤnigin ſagte / ich ſolte weggehen / ſo will ich nur weiſen / daß mir an ihrer Gegenwart auch nicht viel gelegen iſt.

(will weggehen.)
Jſab.

Hoſcha bleib da.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Jch ſoll weg gehen / und ſoll auch da bleiben. Du Hut / gehe weg / du Pritſche / bleib da / du Mantel / gehe weg / und du ſchoͤne Papierne Halskrau - ſe laß dich auffknuͤpffen / du ſolt auch da bleiben.

Jſab.

Loſer Vogel / koͤmmſt du nicht her?

Hoſ.

Gnaͤdigſte Koͤnigin / man muß getreue Diener nicht uͤbereilen. Jch ſehe doch / halb muß ich weggehen / und halb da bleiben: Damit muß ich Zeit haben / biß ich mich vom Kopffe biß auff die Ferſe / und von dem Huͤner-Auge auff dem lin -cken15cken Fuſſe biß auff die Finne an der Stirne halbiren kan.

Jſab.

Wo du keine Ungnade verdienen wilt / ſo bringe die gute Zeitung an den Tag / ſonſt ſoll dir das dableiben und weg gehen verboten ſeyn.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Jhr Leute dort unten / ich bitte euch / wenn ihr ja Narren werden wollet / ſo ſeyd nur keine Weiber-Nar - ren; Denn ſolchen Leuten kan mans nicht recht machen.

Abd.

Daß doch die Worte ſo wenig ver - fangen / ehe der Pruͤgel den Nachdruck giebt. Sage an / wo haſtu die gute Zei - tung?

(Schlaͤgt ihn.)
Hoſ.

Jhr Gnaden / ich weiß von keiner gu - ten Zeitung / das Neueſte / das wir ha - ben / iſt dieſes: Jch bin auff meinem Ruͤcken gefaͤhrlich geſchimpffet wor - den.

Abd.

Und du ſolſt die Confirmation ſolcher Zeitung auff deinem Puckel fuͤhlen / wo du nicht bekenneſt / was Jhr. Ma - jeſt. vor eine gute Zeitung verſprochen waͤre.

Hoſ.

Ja meynen Jhr. Gnaden daſſelbige /ſo16ſo will ich nur kuͤrtzlich gedencken: Es iſt eine Sache / die man nicht mit Pruͤ - geln bezahlet.

Abd.

Aber die man wohl mit Pruͤgeln her - aus treiben kan. Thue den Mund auff / oder dieſer Stock ſoll an deinem Leibe ſterben.

Hoſ.

Ja ich dencke / mein Leib wird unter dem Stabe ſterben. Jch proteſtire wider dieſe Schlaͤge: Und daß ihr e - ben wiſſet / wie ich den Kopff auffſetzen kan / ſo will ich es euch nicht einmal ſagen / daß der Koͤnigliche Printz von Zidon incognito hierher kommen iſt; Jch will auch nicht ſagen / daß er Gele - genheit ſuchet / mit ſeiner Fr. Schweſter zu reden. Denn ich muͤſte an meinem Puckel zum Schelmen werden / wenn ich einem ſolchen Moͤrder wolte gehor - ſam ſeyn. Hei ſa / da habt ihr ein Ex - empel / daß man einen ſolchen Staats - Kerlen braviren kan.

(Laufft da - von.)
Abd.

Die Bravade ſtehet noch zu erdul - den.

Jſab.

Sonderlich wo der Bube die War - heit geredet hat.

Abd.
17
Abd.

Es kan nicht anders ſeyn; Denn unſere Hoffnung hat den euſerſten Ter - min erlanget.

Jſab.

So wollen wir auch dieſen Termin nicht laͤnger auffſchieben. Der aller - liebſte Freund von der Welt muß ge - ſuchet werden.

Erſter Handlung Dritter Auffzug.

Pashur Cammer-Herr Javan Baalitiſcher Hoff-Prieſter.
Paſ.

Heiliger Vater / das ſind meine taͤgli - che Sorgen. Die Koͤnigin wird nicht eher vergnuͤgt / als biß ihre vaͤterliche Religion in einen ruhigen Stand ver - ſetzet wird.

Jav.

Es iſt nur zu bethauren / daß dieſe Soꝛ - ge wenig Perſonen auff dem Halſe ge - laſſen wird.

Paſ.

Jn Politiſchen Dingen ſind die Streiche gemeiniglich am gluͤckſelig - ſten / die unter wenig Perſonen ab - gefaſſet werden; Und vielleicht hat dieBa -18Baalitiſche Religion mehr heimliche adhærenten / als mein Herr Vater ver - meynet.

Jav.

Seit man die heiligen Baals-Die - ner ſo jaͤmmerlich geſchlachtet hat / ſo werde ich mir von der heimlichen affe - ction keine oͤffentliche Einbildung ma - chen.

Paſ.

Die rechte Warheit zu bekennen / ſo wird unſer Wundſch darinne verhin - dert / daß ſich der Koͤnig in ſo viel Krie - ge verwickelt / damit behaͤlt das Volck die Waffen in der Hand / und diejenigen fuͤhren das maͤchtigſte Wort bey Ho - fe / welche ſich auff unſern Untergang verſchworen haben.

Jav.

Die Kriege ſind nothwendig: Alſo werden wir auch nothwendig crepiren muͤſſen.

Paſ.

Es bedarff ſchlechte Kunſt / daß man auch einen nothwendigen Krieg diſva - diret. Ein Koͤnig laͤſſet ſich durch das Seuffzen der Unterthanen / durch den Ruin des Landes / und durch den Ruhm der Guͤtigkeit gar leichte bewegen / daß er ſich in den guͤldenen Frieden verlieben muß.

Jav.
19
Jav.

Wenn aber ſolches geſchiehet / was haben wir zu hoffen?

Paſ.

Die Herren Officirer werden auff ih - re Guͤter verwieſen: Alſo bleiben wir dem Koͤnige die Naͤchſten / und in re - ſpect der Koͤniglichen Gemahlin die an - genehmſten.

Jav.

Das Gemuͤthe unſers Koͤniges ſchei - net mir etwas zu martialiſch. Unſere Converſation moͤchte ſich keiner Be - ſtaͤndigkeit zu getroͤſten haben.

Paſ.

Da ſoll es auch an Mitteln nicht er - mangeln: Wir wollen angenehme Vorſchlaͤge thun / groſſe Pallaͤſte / ſchoͤ - ne Gaͤrten / anmuthige Spiel-Haͤu - ſer / und ſonſten etwas artiges anzule - gen / damit werden die Unkoſten / als des Krieges Werckzeug / allmaͤhlich erſchoͤpffet / und die muͤhſelige Luſt zum Waffen laͤſt ſich in eine andere Wol - luſt verwandeln.

Jav.

Jch mercke / wo der Anſchlag hinzie - let. Es muͤſſen hohe Perſonen dar - zwiſchen kommen / die uns zu der Voll - ziehung verhelffen.

Paſ.

Diejenigen præſentiren ſich ſelber /welche20welche mit ihrem Beyſtande etwas geſcegnetes verſprochen.

Erſter Handlung Vierdter Auffzug.

Die vorigen. Aus der innerſten Scena kommen darzu: Iſabel die Koͤnigin / Athalia die Koͤnigliche Printzeßin / Badezor der Koͤnigliche Printz von Zidon / Abdalla der Reſident.
Jſab.

Geliebteſter Herr Bruder / wenn es moͤglich waͤre / daß man die Worte nach dem innerlichen Hertzen diſponiren koͤn - te / ſo wuͤrde ich ſagen muͤſſen / wie die - ſe Ankunfft ſo eine wichtige Freude in meinem Schweſterlichen Hertzen erwe - cket hat.

Bad.

Hertzgeliebteſte Frau Schweſter / weſſen ich allbereit verſichert bin / zu deſ - ſen Bekraͤfftigung wird man keine Worte vonnoͤthen haben. Allein dieſes gehet mir nahe / daß ich mit meinerlang -21langſamen Ankunfft die Schweſter - liche Vergnuͤgung auffgehalten habe.

Jſab.

Man darff nicht fragen / wenn das Gutekoͤmmt / wenn es nur nicht zu lang - ſam koͤmmt.

Bad.

Zum wenigſten habe ich eine Ent - ſchuldigung vor mir / welche mich in kei - ner Schande wird ſtecken laſſen.

Jſab.

Mein Herr Bruder iſt von aller Schande abſolviret / koͤnte ich nur im Gegentheile von meiner ungluͤckſeligen Ungedult loßgeſprochen werden.

Bad.

Wer in dem Fruͤh-Jahre will Fei - gen eſſen / der wird von ſeiner Ungedult am beſten abſolviret / wenn er die letzten Sommer-Tage erwarten kan.

Jſab.

Jſt es moͤglich / daß unſere Hoffnung den letzten Sommer-Tag erleben ſoll?

Bad.

Nicht nur moͤglich / ſondern gewiß und warhafftig.

Jſab.

So will ich die Gnade haben / die Ur - ſache ſolcher Hoffnung zu erkennen.

Bad.

Hier ſtehen redliche Perſonen / die moͤgen ſich zuvor mit ihren Gedancken heraus laſſen / alſo deñ ſoll mein Schluß den letzten Nachdruck geben.

Abd.
22
Abd.

Es iſt gewiß / die Koͤnigliche Gemah - lin hat in dem Heyraths-Contracte das freye exercitium der Religion erhalten / und wo ihr Recht darinn gekraͤncket wird / ſo muß gantz Phoͤnicien zuſam - men treten / biß das Werck gehoben iſt.

Paſ.

Gewaltſame Mittel ſollen nicht eher gebrauchet werden / als biß die Hoff - nung zu freundlichen Mitteln ver - ſchwunden iſt.

Abd.

Waͤre dem verraͤtheriſchen Elia der Kopff abgeriſſen worden / und haͤtte man etliche tauſend trotzige Buͤrger dem Verraͤther in jene Welt nachge - ſchickt / mich duͤnckt / ehe mancher mit blutigem Kopffe haͤtte zum Fenſter naus geſehen / ehe wuͤrde die Baalitiſche Re - ligion ihren guten Anhang bekommen haben.

Paſ.

Die Gewalt iſt noch unzeitig / wenn man ſich vor des Volcks Rebellion fuͤrchten muß. Hat man dem Koͤ - nigreiche Juda durch des Volckes Auffſtand ſo einen gewaltigen Theil entziehen koͤnnen / ſo moͤchte man mit der unzeitigen Grauſamkeit vom Thro - ne herunter geſtuͤrtzet werden.

Abd.
23
Abd.

Jch bilde mir ein / wo die unruhi - gen Koͤpffe maſſacriret werden / da ver - geſſen ſie der Rebellion.

Paſ.

Aber das Beil iſt noch nicht fertig / das allen Rebellen zugleich die Haͤlſe abhauen kan.

Abd.

Jch ſage meine Gedancken: Wer den Jſraelitiſchen Staat beſſer verſte - hen will / der mag ſich um den Koͤnig - lichen Hoff beſſer verdienet machen.

Paſ.

Meine Gedancken ſind zu wenig / ho - hen Perſonen etwas vorzuſchreiben. Doch dieſer heilige Vater wird das - jenige mit beſſerm Nachdruck erſetzen / was mir in Worten ermangeln moͤchte.

Jav.

Jch bin ein Geiſtlicher / wenn der pun - ctus religionis nicht darunter verſirte / ſo wolte ich in Politiſchen Dingen das Wort gerne zuruͤcke halten. Doch weil mein Gewiſſen einmal ſoll entde - cket werden / ſo bethaure ich den lieben Koͤnig / daß er mit ſo unnoͤthigen Kꝛiegs - Travaillen belaͤſtiget wird; Denn al - ſo muß er mit ſeinen Sorgen mehr auſſer dem Koͤnigreiche / als in dem -ſelben24ſelben geſchaͤfftig ſeyn. Ach koͤnte man dieſer Hitze mit einer Kuͤhlung begeg - nen / ſo wuͤrden hernachmals unſere Zu - ſpruͤche mit beſſerer Genehmhaltung acceptiret werden.

Bad.

Das heiſt / wenn der Dornſtrauch wird ein Feigenbaum werden / ſo wird er Feigen tragen / und wenn der marti - aliſche Koͤnig ſeinen hitzigen Begierden entſagen wird / ſo werden ihm die Fruͤchte des Friedens gefallen.

Jav.

Sein heroiſches Gemuͤthe darff nicht bezwungen / ſondern durch eine anmu - thige Liſt betrogen werden.

Bad.

Heroiſche Geiſter pflegen gemeinig - lich uͤber den Betrug zu triumphiren.

Jav.

O koͤnte man das ruhmſuͤchtige Ge - muͤthe zu Erbauung ſchoͤner Pallaͤſte / zu luſtigen Gaͤrten und andern glorieu - ſen Dingen bereden / darbey er ſich ei - nes ſonderbaren Ruhmes unter den Nachkommen getroͤſten muͤſſe / damit koͤnte er in ein Labyrinth gefuͤhret wer - den / daß er entweder mit Spott ablaſ - ſen / oder den Krieg ausſchlagen / und die Officirer / als unſere verdrießlicheFein -25Feinde von ſeiner Reſidentz verbannen muͤſte.

Bad.

Ein heilſamer

Jſab.

Mein allerliebſter Herr Bruder / halte mirs zu Gnaden / daß ich ſeinen Worten keinen Platz laſſe. Der An - ſchlag iſt nicht zu verbeſſern; Allein ohne mich wird niemand dem Wercke ge - wachſen ſeyn.

Bad.

Eben dieſes wolte ich ſagen / und ich laſſe mir das gluͤckliche Zeichen wohlge - fallen / daß dieſer heilige Vater mei - nen Sinn ſo wohl getroffen hat.

Jav.

Eu. Koͤnigl. Majeſt. kein Geſetze vor - zuſchreiben / ſo koͤnten theils die Fruͤch - te des lieblichen Friedens / theils auch die Annehmligkeiten ſolcher Koͤnigli - chen Luſt / endlich auch die Macht / die aus der admiration des Volckes entſte - het / heraus geſtrichen werden.

Jſab.

Wir bedancken uns vor den An - ſchlag; Die Ausfuͤhrung beſtehet bey uns: Ein iedweder gehe an ſeinen Ort / und gedencke / daß die Klugheit im An - fange nichts hoͤher achtet / als ein ge - treues Stillſchweigen.

B(Pashur26
(Pashur, Abdalla, Javan gehen ab.)
Bad.

Aber ich werde meiner geliebteſten Schweſter nachfolgen und auffwarten ſollen.

Jſab.

Nein / das itzige Spiel ſoll nur in zwey Perſonen beſtehen. Entretenirt un - terdeſſen dieſe Printzeßin / und geden - cket / daß ich in der Ruͤckkunfft euch als einen jungen Graffen von Tyro reſpe - ctiren werde.

Bad.

Der Himmel wolle mit ſeinem Se - gen dieſer wichtigen Sache beywoh - nen.

Erſter Handlung Fuͤnffter Auffzug.

Badezor der Printz von Zidon. Athalia die Koͤnigl. Printzeßin.
Bad.

Die geliebteſte Fr. Mutter hat uns alleine gelaſſen / alſo werde ich Gelegen - heit haben / mich zu erkundigen / ob Eu. Liebden ſich bißher in gutem Stande befunden habe.

Ath.

Gnaͤdigſter Herr Vetter.

Bad.
27
Bad.

Wir ſind einander Liebe ſchuldig / und alſo duͤrffen wir keine Gnade ver - langen.

Ath.

Soll mir derſelbe nicht gnaͤdig ſeyn / den ich mit der Zeit als einen Vater werde reſpectiren muͤſſen.

Bad.

Jch wuͤrde gleichwohl alles thun / in Qvalitaͤt eines getreuen Bruders. Denn mein junges Alter will mir noch lange nicht zulaſſen / den Titul eines Vaters zu prætendiren. Jmmittelſt wo bleibet die Antwort / wie hoch ich mich uͤber Eu. Liebden Wohlergehen erfreuen ſoll.

Ath.

Wegen der Geſundheit habe ich GOtt Lob noch keine Klage zu fuͤhren.

Bad.

Das iſt die erſte Staffel unſer Gluͤck - ſeligkeit / wenn man uͤber keinen Leibes - Schmertz klagen darff.

Ath.

Aber wenn ich im Gemuͤthe glei - chermaſſenbefriediget waͤre / ſo moͤchte mir auch die Geſundheit des Leibes an - genehm ſeyn.

Bad.

Wie kan ſo eine junge / ſo eine galante / ſo eine liebſelige Printzeßin etwas Un - ruhiges im Gemuͤthe befinden / es waͤ -B 2re28re denn / daß ich zu einen heimlichen Liebſten gratulirenſolte.

Ath.

Ach! bey meinen Gedancken / die mich verunruhigen / da findet die Liebe keinen Platz.

Bad.

Jſt aber die Unruhe ſo beſchaffen / daß kein Bruͤderlicher Beyſtand et - was Guts verſprechen kan?

Ath.

Das kan ich nicht wiſſen. Die Koͤ - nigl. Fr. Mutter recommendiret mir die Baalitiſche Religion; Jn des Hoff - meiſters Hauſe ſoll ich mich zu den Jſraelitiſchen Glauben bekennen / und weil ich auff beyden Theilen zu wenig bin / allen Reden zu widerſprechen / ſo wird mich dieſe Ungewißheit noch in Verzweiffelung ſtuͤrtzen.

Bad.

Ach das ſind Dinge / daruͤber ſich die Herren Geiſtlichen zu todte diſputiren moͤgen. Koͤnigliche Perſonen muͤſſen Koͤnigliche Gedancken haben.

Ath.

Jſt das nicht Koͤniglich / wenn man den rechten Gott zu ehren weiß?

Bad.

Jch glaͤube / was die Baalitiſche Kir - che glaͤubet / damit ſoll mein Koͤnigli - cher Gottesdienſt niemals getadelt werden.

Ath.
29
Ath.

Wenn aber ein ander glaͤubet / was die Jſraelitiſche Kirche glaͤubet?

Bad.

Das iſt ein neues Werck; Hier in Canaan / Phoͤnicien / und endlich in gantz Syrien iſt Baal von 1000. Jah - ren her geehret wordē / ehe man von den Jſraeliten mit ihrer neubackenen Reli - gion in unſerm Lande gewuſt hat.

Ath.

Aber wenn unſere Baals-Pfaffen die rechte Religion haͤtten / ſo waͤren ſie dazumahl nicht ſo beſchaͤmet worden / als ſie Feuer vom Himmel bitten ſol - ten.

Bad.

Die Baals-Pfaffen litten ihre Straffe; Denn die ketzeriſchen Jſ - raeliten waren nicht einmal werth / daß ſie ein Wunderwerck ſehen ſolten. Drum war es eine groſſe Súnde / daß man zur Unzeit ein ſolch groß Miracul verlangen wolte.

Ath.

Aber das Miracul ſchlug auff Seiten der Jſraeliten ſo herrlich aus.

Bad.

Wer weiß / ob alles wahr iſt? Sie ſehen doch auff ihre Koͤnigl. Fr. Mut - ter. Sie betrachte doch / was vor ſtat - liche Leute am Hoffe zu Zidon wohnen /B 3wenn30wenn ſie nicht wuͤſten / worauff ihre Re - ligion fundiret waͤre / ſie wuͤrden ja nicht Narren ſeyn / und ihren eigenen Unter - gang verleugnen.

Ath.

Jn des Herrn Hoffmeiſters Hau - ſe muß ich hoͤren / ſo viel Jſraelitiſche Koͤ - nige wuͤrden auch nicht Narren ſeyn / weil ſie bey ihrem Glauben ſo beſtaͤn - dig verharreten.

Bad.

Ein Kind / das den Eltern gehorſam iſt / das hat vor Gott und vor der Welt den ſicherſten Weg erwehlet.

Ath.

Jndeſſen geſchiehet meinem Ge - wiſſen keine Satisfaction.

Bad.

Wie koͤnnen Eu. Liebden ihrer eige - nen Vergnuͤgung ſo zuwider ſeyn? Sie laſſen ſich mit dieſen Grillen unmo - leſtiret. Jtzund iſt das Alter / da man auff Freude / auff Wolluſt und auff ei - ne Staats-Heyrath gedencken muß. Haben ſo viel tauſend Leute bey der Ba - alitiſchen Religion ihre Wolfarth an - getroffen / ſo wollen wir bey dem groſ - ſen Hauffen nicht verlohren ſeyn. Und ich ſehe wohl / melancholiſche Per - ſonen wollen zu einer ſtaͤrckern Compa - gnie geleitet werden.

Er -31

Erſter Handlung Sechſter Auffzug.

Jehu ein Kriegs-Obriſter.

O du verdammte Schmeicheley / wie kanſtu doch die menſchlichen Hertzen bezaubern / und wie muß ſich die Tu - gend in ihrem zarten Wachsthume erſticken laſſen / wenn deine verfluchte Laſter-Diſtel die Oberhand gewinnen will. Wir haben in guter Hoffnung gelebet / es wuͤrde die Koͤnigliche Prin - tzeßin durch eine artige Manier zu einer Liebe des Jſraelitiſchen Glaubens be - wogen werden / und man lebte der troͤſtlichen Zuverſicht / man wuͤrde uͤber die Liſt der vermaledeyten Iſabel in die - ſem Stuͤcke triumphiren koͤnnen: Aber ich ſehe / nun muß ein liſtiger Fuchs die Anſchlaͤge auff einmal verderben. Ach! wenn wird das arme Volck Jſra - el aus der endlichen Dienſtbarkeit her - aus kommen? Und wenn wird das Volck Gottes ſich vor keinen ſchnoͤden Baals-Diener entſetzen duͤrffen? JchB 4an32an meinem Theile will als ein getreuer Patriote bey derſelben Parthey verblei - ben / welche ſich bey der letzten Nach - kom̃enſchafft verhoffentlich am beſten legitimiren wird.

Erſter Handlung Siebender Auffzug.

Jehu ein Krieges-Obriſter. Obadia Koͤniglicher Hoffmeiſter. Naboth des Koͤniges Vetter.
Nab.

Mein Herr / wie hat ſich ſein Geſichte ſo bald verwandelt? Mich duͤnckt / vor einer Stunde war das Wetter etwas angenehmer.

Jeh.

Wenn ich vor einer Stunde daſſel - bige verſtanden haͤtte / was mir gleich dieſen Augenblick begegnet iſt / ſo wuͤr - de ich meine ausgelaſſene Froͤligkeit verdammet haben.

Nab.

Wir leben in ungluͤckſeliger Zeit / und wenn wir alles bedencken wollen / ſo duͤrffen wir niemals froͤlich ſeyn.

Obad.

Und alſo muß uns ein neues Un -gluͤck33gluͤck erſchrecken / wenn wir alle Ver - gnuͤgung haſſen wollen.

Jeh.

Ja wohl kan ein altes Ungluͤck neue weꝛden / wenn es zugehet / wie an unſerm Hoffe. Man weiß / wie die liebe Prin - tzeßin einen guten Vorſchmack der Jſ - raelitiſchen Religion bekommen hatte. Nun weiß ich nicht / welch boͤſer Geiſt einen Kerlen hergefuͤhret hat / der ſie auf einmal abwendet.

Nab.

Man fuͤrchtet ſich bißweilen / da man ſich der eiteln ſuſpicion ſchaͤmen moͤchte.

Obad.

Jch wolte ein Hohes verwetten / daß die Koͤnigliche Printzeßin mit ihrem ſcharffſinnigen diſputiren allen Baali - ten ſolte gewachſen ſeyn.

Jeh.

Allein ich kan erzehlen / was ich ge - hoͤret habe. Sie wuſte das Fundament ihres rechten Glaubens wohl anzufuͤh - ren. Doch der Gegen-Beweiß war ſo liſtig / und ſo ſcheinbar / daß ſie mit guten Willen uͤberwunden ward.

Nab.

Vielleicht wird ſie wancken / doch nicht zugleich umfallen.

Obad.

Es iſt vielleicht um eine gute Erin - nerung zu thun / ſo kan die WarheitB 5in34in ihrem Gemuͤthe triumphiren.

Jeh.

Sie muſte hoͤren / die aͤlteſte Religion wuͤrde die beſte ſeyn.

Nab.

Der Teuffel iſt aͤlter als Baal / und dennoch wird ihn niemand anbeten.

Obad.

Und als man vor der Suͤndfluth den wahren GOtt anbetete / ſo war der ver - fluchte Baal noch nicht ausgebruͤtet worden.

Jeh.

Es hieß / man wuͤrde alle Baaliſten / und conſeqventer ſo viel Koͤnige und herrliche Leute nimmermehr verdam - men oder zum Narren machen.

Nab.

Was hat man doch mit der politi - ſchen Hoheit zu pralen / wo GOttes Werck getrieben wird.

Obad.

Der begehet kein crimen læſæ Maje - ſtatis, der ſeiner Obrigkeit etwas vom geiſtlichen reſpecte entziehen will.

Jeh.

Unſere Wunderwercke muſten ſich als eine zweiffelhafftige Sache nieder - ſchlagen laſſen.

Obad.

Wo Feuer vom Himmel faͤllt / da koͤmmt man mit dem Zweiffel zu lang - ſam.

Nab.

Und wo Gott die Widerſacherſchlach -35ſchlachten laͤſſet / da hat die Warheit - berwunden.

Jeh.

Eben dieſes wird als ein allmaͤchti - ges Wunder von Baal ausgeleget / weil diejenigen geſtraffet worden / wel - che zur Unzeit ein Wunder verlanget hatten.

Nab.

Das Wunder koͤmmt nimmer mehr zur Unzeit / wo die Allmacht eines Got - tes ſoll auff die Probe geſetzet werden.

Obad.

Wo die Antwort in kahlen Aus - fluͤchten beſtehet / da findet die War - heit ſchlechten Troſt.

Jeh.

Endlich bliebe es darbey / man ſolte glauben / was die Baalitiſche Kirche glaubete / und im uͤbrigen die Jugend mit allerhand Luſt und Kurtzweile zu - bringen.

Nab.

Behuͤte Gott / wie kan iemand glau - ben / wenn ihm das Erkaͤntniß verboten wird.

Obad.

Und wie kan er gewiß ſeyn / wenn er mit frembden Augen ſehen ſoll?

Nab.

Die Baalitiſchen ſuchen ihr Fun - dament in dem einfaͤltigen und knechti - ſchen Gehorſam.

B 6Obad.
36
Obad.

Ja wohl / und wer ſich einmal reſolviret / ſeinem Glauben nicht nach - zudencken / der laͤſſet ſich zu den hoͤch - ſten abſurditaͤten / als ein geduldiges Schaff / verleiten.

Nab.

Jch muß es bekennen: Es iſt eine Religion / dabey man gleichſam mit gu - ten Gewiſſen kan luſtig ſeyn.

Obad.

Wenn nur die Luſt in der letzten Todes-Stunde Stich halten wolte.

Nab.

Unterdeſſen haben ſie doch / was ſie wollen.

Obad.

Es wird dem hoͤchſten Richter an - heim geſtellet / deſſen gerechte Weißheit laͤſt viel Sachen geſchehen / darein ſich unſere Vernunfft nicht finden kan. Se - lig / wer ſeines Gottes wegen Verfol - gung leidet.

Jeh.

Unterdeſſen ſoll der mit guter Vor - ſorge darzwiſchen kommen / der als ein hoher Freund vom Koͤnigl. Hauſe re - ſpectiret wird.

Nab.

Jch mercke ſchon / wo ihr hin zielet. Jch ſoll mit meiner Autoritaͤt dar - zwiſchen kommen: Das heißt / ich ſoll mich als einen Feind des Koͤniges mitSchwerdt37Schwerdt und Gifft verfolgen laſ - ſen.

Obad.

Es iſt noch nicht Zeit / daß wir uns oͤffentlich mercken laſſen. Wer im Her - tzen als ein beſtaͤndiger Jſraeliter lebet / und das Volck in dem Haſſe wider die Baaliten confirmiret / der wird das meiſte gethan haben.

Erſter Handlung Achter Auffzug.

Hoſcha. Magur ein Baals-Pfaffe.
Hoſ.

Kan man auch vor den ſchlapper - mentſchen Baals-Pfaffen ungehu - delt bleiben. Da laͤufft mir ein Kerle nach / und will mich zu ſeiner Religion zwingen / und ich weiß ſelber nicht / was ich glaͤube. Denn der Kopff wird mir mit den tieffſinnigen Kuͤnſten ſo wuͤſte gemacht / und ich darff noch ein halb Jahr die Verdrießligkeit leiden / ſo muß ich meine kurtzweilige Reichs - Rath-Charge darnieder legen.

B 7Mag.
38
Mag.

Siehe da / mein Freund / ich haͤtte ihn bald verloren.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Der Hencker dancke dirs / daß du mich gefunden haſt.

Mag.

Wir wurden in unſeꝛm angenehmen diſcourſe verſtoͤret.

Hoſ.

Siehe da / mein Herr / hat er noch was vergeſſen?

Mag.

Jch wolte den diſcours gerne conti - nuiren.

Hoſ.

Jch weiß nicht anders / der diſcours war gantz fertig.

Mag.

Jch kan nicht fertig ſeyn / wo er ſich nicht zu meiner Religion bewegen laͤſt.

Hoſ.

Es waͤre mir leid / daß er ſich ſo ſehr bemuͤhen ſolte. Denn ich haͤtte darnach keine Belohnung / damit ich ſolchem vornehmen diſcourſe begegnen koͤnte.

Mag.

Die Leute meines gleichen verlan - gen keine Belohnung. Das iſt ihr ein - tziges Reichthum / wenn ſie andere gute Leute bekehren ſollen.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Die Herren wollen vor ihre Muͤhe kein Geld haben: Waͤre was daran / ſie wuͤrden nicht ſo freyge - big ſeyn.

Mag.
39
Mag.

Nun mein lieber Freund / thut mirs doch zu Gefallen / und werdet ein Ba - alite.

Hoſ.

Was wird denn draus / daß ich euch ſo viel zu Gefallen thue?

Mag.

Jhr ſeyd bey dem Koͤnige in beſſern Gnaden / die Koͤnigin kan euch forthelf - fen / und wenn das gantze Land die Re - ligion annimmt / ſo habt ihr den Vor - ſprung vor andern.

Hoſ.

Jch dachte die Religion waͤre deſ - ſentwegen angefangen / daß man ſolte in den Himmel kom̃en / ſo ſehe ich wohl / euer Himmelreich iſt auff Erden ge - bauet.

Mag.

Unverſtaͤndiger Menſch! Unſere Religion hat das Gluͤcke / daß man den Vorſchmack des ewigen Lebens ſchon auff Erden empfindet.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Ja / ja / euer Huren und Buben / Freſſen und Sauffen / das am Koͤniglichen Hoffe getrieben wird / gie - bet mir einen ſtattlichen Vorſchmack des ewigen Lebens.

Mag.

Nun wie ſtehts / wolt ihr euch bald uͤberwinden laſſen?

Hoſ.
40
Hoſ.

Jch bin richtig / biß auff ein kleines Puͤnctlein.

Mag.

Ha / ha / wer eine rechtſchaffene reſo - lution ergreiffen will / der muß die klei - nen Puͤnctlein ausgeſetzet laſſen.

Hoſ.

Es iſt mir ungelegen: Jhr wollet mich zu euer Religion perſvadiren / und gleichwohl habe ich keinen Verſtand davon. Wie lange werde ich zubrin - gen / ehe ich alles ausſtudire / calculire / perfectionire / abſolvire / promovire und confundire.

Mag.

Meynet ihr / daß wir in unſerer Re - ligion ſolche Phantaſten ſind / wie die Jſraeliten / da die Leute mit ſo viel Ge - ſetzen / mit Ceremonien / mit Glaubens - Artickeln geplaget werden. Bey uns iſt alles gar leichte / wenn wir dem Ba - al opffern / ſo kniet nieder / wenn wir ſchreyen / ſo ſchreyet mit / wenn wir tan - tzen / ſo huͤpffet uns nach / damit ſeyd ihr ſo klug und verſtaͤndig / als der ehrlich - ſte Baalite.

Hoſ.

Wenn ich nun gekniet / geſchryen und getantzet habe / ſo darff ich nichts ler - nen.

Mag.
41
Mag.

Laßt euch nur berichten: Wir ſind hochgelehrte Leute. Wer uns nur den Gottesdienſt nachthut / der hat ſich bey dem Baal ſo hoch verdienet / als wenn er die Sache gar wohl verſtuͤnde / un - ſere Weißheit und Heiligkeit koͤmmt euch zu ſtatten.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Und wenn der Hencker den heiligen Mann holet / ſo wolte ich ſehen / wo meine Heiligkeit bliebe. (ad Mag.) Aber hoͤrt / eure Religion koͤmmt nur ſo beſtialiſch heraus.

Mag.

Ey behuͤte Baal / das war eine Laͤſte - rung.

Hoſ.

Jch will es beweiſen. Jch habe einen Hund zu Hauſe / der kan mit mir nieder knien / ſchreyen und tantzen / uñ das weiß ich / in euer Religion wird er euch keinen Schaden thun / er fꝛeſſe denn ein Stuͤcke Fleiſch Altare weg. Jſt es nun wahr / daß ein Hund ein Baalite ſeyn kan?

Mag.

Lieber Freund / ich hoffe euch zu bekeh - ren / ſonſt wolte ich die Worte wohl auffmutzen.

Hoſ.

Ey wir muͤſſen einander verſtehen. Weꝛ gleichwohl die Religion changirenſoll /42ſoll / der muß bedachtſam gehen. Aber hoͤrt / kan ich denn auch ein Baalite ſeyn / weñ ich eine gantze Woche in dem Sauff-Hauſe bleibe; Denn ich ſauffe ſo gerne Bruͤderſchafft auff den Kni - en. Da knie ich / ich ſinge das Runda daꝛzu / da ſchreye ich / endlich machen wir ein Hophopheſaſa / da ſpringe ich.

Mag.

Eins muß ich erinnern: Man darff von unſer Religion nicht ſchimpfflich reden / wer das thut / der verfaͤlt in die grauſamſte Straffe.

Hoſ.

Herr / iſts um dieſe Zeit / ſo werde ich kein Baalite. Mein loſe Maul iſt mir angeboren / und wo ich einen Narren ſehe / ſo nehme ich ihn mit in meine Zunfft / und wenn es alle Baals-Pfaf - fen verdrieſſen ſolte. Drum noͤthiget mich nur nicht zu unmoͤglichen Sa - chen / ich will gern in peſſeſſion bleiben / daß ihr ein Narr ſeyd.

Mag.

Jch mercke / ihr ſeyd ein verſtockter Bube.

Hoſ.

Der Fuchs-Peltz will nicht zulangen / der Lumpenhund will mir einen Fleck vom Bernheuter-Zeuge mit einflicken.

Mag.
43
Mag.

Reſolvire dich nur / was du geſinnet biſt / ſonſt ſollen dich deine Worte das Leben koſten.

Hoſ.

Mein Leben iſt mir nicht feil: Laß doch ſehen / ob ich die Reformation beſſer gelernet habe. Hoͤre / weiſtu / daß ich dich vor einen Ketzer halte?

Mag.

Behuͤte Baal! Geheiligten Perſo - nen wird niemand Leid thun.

Hoſ.

Und mit ſchelmiſchen Perſonen wird niemand Mitleiden haben. Hoͤre lege mir eine Probe ab / daß du ein Baalite biſt / oder mein Leimtner Sebel / und mein hoͤltzern Schwerdt ſollen dich nach der Schwerigkeit exeqviren. Sie - he da / ich will Baal ſeyn / flugs knie nie - der / und bete mich an.

Mag.

Das laſſe ich bleiben / ich will um Huͤlffe ſchreyen.

Hoſ.

Wilſtu ſchreyen? Halt ich will dir den Paß verbieten.

(er wuͤrget ihn ſo lange / biß er zuſaget / ich will knien.)
Hoſ.

So knieſt du nun?

Mag.

Ja ich muß es thun.

(kniet.)
Hoſ.

Du muſt es thun. Darum biſt du nurein44ein gezwungener Baalite: Jch thue es gerne

(er kniet)

um ſo viel bin ich beſſer. Aber hoͤre / Vetter Broſe / nun muͤſſen wir auch ſchreyen. Flugs ſchreye mir / daß die Waͤnde erzittern / ſo biſt du ein Ketzer.

Mag.

Jch kan nicht.

Hoſ.

Kanſt du nicht ſingen / ſo kan ich den Tact geben.

(Er ſchlaͤget ihn / biß er zuſaget / er will ſingen. Erſtlich ſchreyet er gar ſachte: Endlich wie er Schlaͤge bekoͤmmt lernet er laut ſchreyen: Alſo ſtimmet Hoſcha mit ihm ein / und wenn der ander nicht ſinget / ſo kriegt er Schlaͤ - ge.)
Hoſ.

Es wird mir von Hertzen ſauer / ehe ich den Kerlen zur Baalitiſchen Reli - gion bringe. Nun laß ſehen / der dritte Actus iſt noch da / wir muͤſſen tantzen. Flugs ſtehe auff / und mache mir eine Baalitiſche Galiarde.

Mag.

Jch habe genug gelitten / verſchonet mich nur mit dem Tantzen.

Hoſ.

Jch dachte / verſchonet mich mit dem Pruͤgel. Mache fort / und tantze mirnach /45nach / ſonſt laſſe ich das Lied pfeiffen: Wilſtu nicht / ſo muſt du.

(Hoſcha tantzet vor / Magur tan - tzet ihm nach. Endlich erſiehet er ſeine Gelegenheit / und wiſchet da - von. Hoſcha tantzet noch eine Wei - le herum / und ruffet allemal Allo, Allo nicht zu faul.)
Hoſ.

Jhr Leute / hab ich alleine getan - tzet? Jch weiß nicht anders / als daß ich einen Baal-Pfaffen in der Compagnie hatte. Jch glaube doch wohl / daß er mehr kan als Brodt eſſen / denn der Schelm hat ſich unſichtbar gemacht. Nun wie dem allen / der Kerl ſoll mich nimmermehr bekehren. Aber ich will hinein ſpatzieren / und ſehen / was mein Hund von den Baaliten gelernet hat.

Die mittelſte Scene oͤffnet ſich.)

Aber potz tauſend / wo will ich die Thuͤre finden? Wo groſſe Leute mit einander reden / da muß ein Narr in Winckel kriechen / biß der Paß wieder auffge - ſchloſſen wird.

(Er verkreucht ſich auſſen an der Scene.
Erſter46

Erſter Handlung Neundter Auffzug.

Ahab der Koͤnig / Iſabel die Koͤnigin / Abdalla der Reſident, Badezor der Printz von Zidon.
Ahab.

Mein liebſter Herr Graff / wir be - kennen von Grund unſers Hertzens / daß uns nichts angenehmers ſeyn ſoll / als wenn wir unſer hoͤchſtgeliebten Ge - mahlin zu Gefallen der Baalitiſchen Religion etwas Befoͤrderliches erwei - ſen koͤnten. Allein da uns allerhand difficultaͤten in den Weg geworffen werden / da auch das Jſraelitiſche Volck leicht zu einer Rebellion incliniren kan / ſo muß die Sache behutſamer getrieben werden / als vielleicht unſere Koͤnigliche reputation erfodert.

Bad.

Eu. Koͤnigl. Majeſt. erfuͤllen hierinn das Amt eines klugen und erleuchteten Landes-Vaters / indem weder unmoͤg - liche Sachen geſucht / noch alle moͤgli - che Anſchlaͤge unterlaſſen werden.

Ahab.
47
Ahab.

Solte die Zeit einmal ſo gluͤckſelig ſeyn / daß ein oͤffentlicher Baals-Tem - pel Jeruſalem zu Trotze auff den Berg Samaria gebauet wuͤrde / ſo wolten wir alsdenn hoͤchſtvergnuͤgt ſeyn: Vor - nemlich darum / weil unſere Koͤnigl. Ge - mahlin das Zeichen der euſſerſten Liebe nothwendig erkennen muͤſte.

Bad.

Dieſer Vorſatz iſt ſo Koͤniglich / daß er bloß durch die Worte einer Gemahlin kan geruͤhmet werden.

Jſab.

Jch bin die wenigſte Perſon / welche hierunter darff conſideriret werden. Was meinem hoͤchſtgeliebten Herrn Gemahl am vortheilhafftigſten ſchei - nen wird / darinn will auch mein Ver - gnuͤgen gar gerne beruhen laſſen. Es wird ja noch ein finſterer Winckel in meiner Schlaff-Kammer / oder auch ein heimlicher Schatten in dem naͤch - ſten Walde uͤbrig ſeyn / darinn ich mei - nen Vaͤterlichen Gottesdienſt werde ſicher fortſetzen koͤnnen.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Wenn die Weiber ſo barmhertzig kommen / ſo kriegen die Maͤnner den ſchaͤrffſten Befehl. Gebtnur48nur Achtung / was vor ein barmhertzi - ger Floch dem lieben Herrn Koͤnige in die Hertz-Grube hoppen wird.

Ahab.

Ach mein Hertze! ſo wohl als wir uͤber das Volck Jſrael zu gebieten ha - ben / ſo wohl hat Jſabel die volle Both - maͤßigkeit uͤber unſere Seele bekom̃en. Wer die Baaliten anruͤhren wird / der ſoll in unſere Ungnade fallen.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Meine Wurſt hat ein Schelm genug angeruͤhrt: Jch will ſie nicht defendiren / wo ſie der Koͤnig aus Ungnade entweder braten / oder zum Sauerkraute verdammen will.

Jſab.

Es iſt nur zu beklagen / daß ſo ein Gott - ſeliger Koͤnig die Zeit unter den Haͤnden verlieren muß / da er offtmals etwas Gutes verrichten koͤnte.

Ahab.

Jſt etwas von uns verſaͤumet wor - den?

Jſab.

Hier ſtehen zwey Perſonen / welche mit beſſerm Muth die Warheit ſagen koͤnnen. Reden ſie etwas Unrechtes / ſo koͤnnen ſie die Flucht nehmen. Al - lein ich koͤnte mich ohne toͤdliche Schmertzen von der Helffte meines Le - bens nicht abſondern laſſen.

Ahab.
49
Ahab.

Es mag reden / wer da will / unſere Gnade ſoll deſſentwegen nicht vermin - dert werden.

Bad.

Mit Genehmhaltung Eu. Koͤnigl. Maj. Sie laſſen ihren Verraͤthern zu viel Platz.

Abd.

Dem Koͤnige von Juda wird zu viel getrauet.

Bad.

Die verwickeln das Haus Jſrael in einen Krieg nach dem andern.

Abd.

Damit ſtehet das Volck in ſuſpicion, als wolte man durch ſolche Waffen bey guter Gelegenheit die reformation vor - nehmen.

Bad.

Man ladet ſich der Nachbarn Furcht und Feindſchafft auff den Hals.

Abd.

Hingegen die Freundſchafft zu Hau - ſe wird vermindert.

Bad.

Viel vergebene Unkoſten werden auffgewendet.

Abd.

Und die Nachwelt ſiehet keine Pro - be darvon / daruͤber man ſich verwun - dern kan.

Bad.

Jn Tyro bauet der Koͤnig praͤchtige Pallaͤſte / daran das Volck mit der Freude und der Verwunderung han - gen bleibet.

CAbd.
50
Abd.

Und diß habe ich allezeit befunden / daß die euſerliche Pracht dem gemei - nen Volcke das Hertze am beſten ſteh - len kan.

Ahab.

Wir haben genug gehoͤret: Laſſet uns das Werck in unſern Gedancken etwas uͤberlegen.

Bad.

Auff gnaͤdigſten Befehl Eu. Koͤnigl. Maj. nehmen wir Abſchied.

(Badezor und Abdalla gehen ab.)
Ahab.

Wir haben Unrecht gethan / daß wir uns des Krieges ſo hefftig anneh - men.

Jſab.

Ach meine Seele! Wer wolte ei - nen Koͤnig des geringſten Unrechtes beſchuldigen / indem ſein bloſſer Wille Geſetze und Rechte vorſchreiben kan. Die Sorge entſtehet nur aus einer Weiblichen Schwachheit / weil dero koſtbares Leben ſo vielmal ſoll auff das Spiel geſetzet werden.

Ahab.

Wir wollen den Frieden erwehlen / und das Volck durch Liebe gewinnen / das heiſt / Jſabel ſoll durch doppelte Lie - be bedienet werden.

Jſab.

Damit ſollen die ehrlichen Baals -Die -51Diener ihr Haupt empor heben.

Ahab.

Wer fragt darnach / ob die Chro - nicen viel von unſerer Tapfferkeit zeu - gen. Wir wollen ein Helffenbeinern Haus angeben. Wir wollen alle er - ſinnliche Garten-Luſt darbey anlegen / daß ein iedweder erkennen moͤge / wie unſer Thron durch den edlen Frieden ge - bluͤhet / und die affection ſeiner Unter - thanen verdienet habe.

Jſab.

O gluͤckſelig iſt die Stunde / da mein Verlangen ſo wunder ſchoͤn erfuͤllet wird!

(Die mittelſte Scene verbirgt den Koͤnig.)

Erſter Handlung Zehender Auffzug.

Hoſcha. Jethur der Koͤnigliche Wintzer. Bilſan Naboths Wintzer.
Hoſ.

Jhr Leute / was duͤncket euch von dem Eheſtande? Laͤſt ſich der Mann ſein Maul nicht redlich ſchmieren? Da iſtC 2es52es um des Koͤniges Perſon zu thun / daß ſie ſich im Kriege an keinen bloſſen De - gen ſtoſſen ſollen / da ſollen nun groſſe Pallaͤſte auffgebauet werden / denn darein haben die Weiber mehr zu ſpre - chen / als zum Kriege. Nun was hilffts / wenn groſſe Herren keine Wei - ber-Plage ausſtuͤnden / ſo haͤtten ſie mit armen Maͤnnern kein Mitleiden / die bey den Weibern ihr Koͤnigreich ver - ſpielet haben.

(Jethur und Bilſan kommen.)

Doch ſiehe da / was haben die Kerlen im Koͤniglichen Pallaſte zu verrichten? Wo ſie eine Streit-Sache haben / ſo will ich ſehen / ob ſie mich zum Advoca - ten brauchen wollen.

Jeth.

Jch gehe und klage.

Bil.

Wilſtu nicht klagen / ſo will ichs thun.

Jeth.

Jch bin uͤbers Koͤniges Weinberg geſetzt: Jch kan mir eine qvere Hand mehr einbilden.

Bil.

Und ich bin Herr Naboths Wintzer / der iſt eben ſo wohl ein Koͤniglicher Vetter.

Jeth.
53
Jeth.

Doch das weiß ich wohl / daß der Koͤ - nig mehr Gerechtigkeit hat.

Bil.

Hat doch der Koͤnig die Gerechtigkeit nicht geſucht: Ein kahler Wintzer hats gethan / und dir werde ich flugs zu Fuſſe fallen.

Hoſ.

Jhr guten Leute verirret euch nicht: Das iſt ein privilegirter Ort. Wer einander da ſchlaͤgt / dem wird die Hand abgehackt / und wer mit loſen Worten um ſich wirfft / dem wird die Zunge oben zum Wirbel heraus gezogen.

Jeth.

O ich brauche keine loſe Worte. Da gebe ich nur den Kerlen zu verſtehen / woran ers gefreſſen hat.

Bil.

Jch gebe ihm zu verſtehen / daß ich ſo einen vornehmen Qvarck gefreſſen ha - be / als er.

Hoſ.

Habt ihr das gefreſſen / ſo wirds euch trefflich aus dem Halſe ſtincken / und ſo ſeyd ihr zu Hoffe nichts nuͤtze.

Jeth.

Du haſt gleichwohl des Koͤniges Weinberg verachtet.

Bil.

Jch kan nicht darvor / daß der Wein - berg darneben beſſer iſt.

Jeth.

Und weñ wir fein tieff in die SchrifftC 3kom -54kommen wollen / ſo haſt du die Koͤnigin verachtet.

Bil.

Das hab ich nicht gethan.

Jeth.

Haſt du nicht geſagt / daß alle / die den Baal anbeten / zum Geyer fahren?

Bil.

Was ich von unſern Geiſtlichen hoͤre / das rede ich nach.

Jeth.

Und wenn dich der Geyer beſalben wird / ſo laß dir deine Geiſtlichen helf - fen.

Bil.

Jch habe nur von gemeinen Leuten ge - redet / was gehet es mich an / wo die Vornehmen hinfahren.

Jeth.

Es hat nichts zu bedeuten / ich will ſchon vor dein Ungluͤcke ſorgen.

Bil.

Nachbar / wilſtu dahin / ſo kan ich wohl lauffen / und kans meinem Herrn auch wohl klagen.

(gehet ab.)
Jeth.

Der Herr iſt mein Zeuge / daß der Kerl ein grober Flegel iſt.

Hoſ.

Ja / ja ich bin Zeuge / daß ich mich un - tern Flegeln trefflich verwirret habe. Doch ich weiß ſelber nicht / warum ihr euch zancket.

Jeth.

Es iſt eine Sache / davon ich mit dem Koͤnige ſelber reden muß.

Hoſ.
55
Hoſ.

Jch halte / ihr ſehet mich nicht vor voll an; Sonſt kan ich mit gemeinen Leu - ten beſſer umgehen / als der Koͤnig.

Jeth.

Der Wein / der in meinem Berge waͤchſt / wird bey der Koͤniglichen Taf - fel geſoffen. Jch halte / die lieben Her - ren werden ſich auch in meine Sprache finden.

Hoſ.

Jch ſehe doch wohl / bey dem Bauer - Flegel iſt kein accidens zu verdienen.

(Gehet ab.)

Erſter Handlung Eilffter Auffzug.

Ahab der Koͤnig / Pashur der Cammer-Herr Jethur der Wintzer.
Ahab.

Dem Himmel ſey Danck / der uns mit einer unvergleichlichen Gemahlin geſegnet hat.

Pash.

Eu. Koͤnigl. Majeſt. koͤnnen ſich deſ - ſentwegen vor tauſend andern Koͤnigen gluͤckſelig preiſen.

Ahab.

Man hat uns die rechte Liebe undC 4Ver -56Vertraulichkeit mißgegoͤnnet / indem ein ieder dahin trachtet / wie eben dieſe Preißwuͤrdige Koͤnigin unter dem Vor - wande der Baalitiſchen Religion moͤchte gekraͤncket werden.

Pash.

Allein die Warheit und die Gerech - tigkeit koͤnnen nicht ſtets verborgen bleiben.

Ahab.

Doch was hat dieſer Unflath hier zu ſuchen?

Pash.

Hoͤre Kerl / Jhro Majeſtaͤt wollen wiſſen / was du hier zu ſuchen haſt.

Jeth.

Herr / zu ſuchen habe ich wenig / aber zu klagen ſchrecklich viel.

Pash.

Wer biſt du?

Jeth.

Fragt nur den Herr Koͤnig / er wird ſeinen Diener ſchon kennen.

Pash.

Der Koͤnig muͤſte viel zu thun haben / der alle Hunde-Waͤrter kennen ſolte. Sage / wer du biſt / ſonſt wird dich der Nahme eines Koͤniglichen Dieners nicht viel helffen.

Jeth.

Jch bin der Wintzer von Jeſreel. Haͤtte ich das gewuſt / daß mich mein ei - gener Herr nicht kennen wolte / ſo haͤtte ich mich gerne in einen andern Wein - berg verdinget.

Pash.
57
Pash.

Hoͤre doch / wem zu Jeſreel ein Wein - berg anvertrauet iſt / der hat zu Sama - ria im Pallaſte nichts zu ſchaffen.

Jeth.

Wer aber zu Jeſreel keinen Koͤnig finden kan / der zum Rechte helffen will / dem wird der Weg nach Samaria wohl unverboten ſeyn.

Pash.

Es muͤſſen wichtige Sachen vor - gehen / damit eben ein Koͤnig ſoll be - ſchweret werden.

Jeth.

Was meinem Weinberge zu nahe koͤmmt / das iſt in meinen Augen gar wichtig. Denn ſeht: Herr Naboth hat ſeinen Weinberg darneben / und er iſt wohl ein vornehmer Mann / aber es ſtehet nicht gaꝛ fein / daß er ſeinem Win - tzer ſo die Stange haͤlt. Drum muß ich viel Unluſt von dem boͤſen Nachbar auffleſen: Jch kans auch nicht ſagen / wie er auff die Baalitiſche Religion ſchmaͤhlet. Es waͤre auch am beſten / der Koͤnig kauffe den Weinberg aus / ſo waͤre ich ein Wintzer uͤber zwey Wein - berge.

Pash.

Hoͤren Jhro Majeſt. was der ein - faͤltige Kerl vor einen guten Vorſchlag thut.

C 5Ahab.
58
Ahab.

Er redet von Naboths Weinberge.

Pash.

Der ſolte ſich trefflich zu einen Luſt - Garten ſchicken: Dem ehrlichen Man - ne koͤnte mit einem Grund-Stuͤcke / o - der auch mit bahrem Gelde geholffen werden.

Ahab.

Es laͤßt ſich hoͤren: Das Vorwerck wuͤrde in einen Pallaſt verwandelt / der Weinberg wuͤrde zum Luſt-Garten / das uͤbrige ſolte mit delicaten Obſt - Baͤumen verſetzet werden / biß unſer Weinberg den proſpect noch annehm - licher machte.

Pash.

Eu. Koͤnigliche Majeſt. duͤrffen ein Wort ſprechen / ſo wird ſich Naboth gerne ſubmittiren. Aber du Wintzer hoͤre / wie viel iſt Naboths Weinberg beſſer als des Koͤniges?

Jeth.

Zu meines Vaters Zeiten meynten ſie / er truͤge 20. Fuder mehr.

Pash.

Das waͤre ein Groſſes.

Jeth.

Ja nu / es iſt ein feines Grund-Stuͤ - cke; Mich duͤnckt / es ſind 70. Aecker Wein-Wachs / die Feigenbaͤume / die Datteln und andere Scherement moͤchten doch wohl auff 12. Acker ge -rech -59rechnet werden. Darnach hat er ein bißgen Wieſewachs darbey / irgend vor 20. Kuͤhe und 400. Schaffe. End - lich kan er auch was ausſaͤen: Jch hal - te aber nicht / daß es viel uͤber 60 Schef - fel austragen wird / das gehoͤret ſo zu dem Weinberge. Jch meynte / wenn er meine waͤre / ich wolte mich erhalten / und wenn mir der Herr Koͤnig keinen Heller darzu gebe.

Pash.

Gehe hin / es ſoll ein kurtzer Rath ge - ſchaffet werden. Jhro Majeſt. aber koͤnnen bey der reſolution bleiben: Die Gelegenheit wird ſich nicht verbeſſern laſſen.

(Gehet mit dem Koͤni - ge ab)
Jeth.

Was habe ich nun davon? Jch ſehe wohl / wenn die Leute zu Hoffe einem ar - men Manne nicht helffen wollen / ſo fragen ſie was: Denn ſonſten moͤchten wir dencken / ſie koͤnten nicht reden: A - ber meine Frau wird mich wieder ſo klug heim kriegen / als ſie mich ausge - ſchicket hat. Ein andermahl will ich meine Nachbarn zuſammen kriegen / und will den Wintzer brave ausdre -C 6ſchen;60ſchen; Daran werde ich am kluͤgſten thun / und das ſoll mir auch meine Frau mit einem guten Abende bezahlen.

Erſter Handlung Zwoͤlffter Auffzug.

Naboth, Thirza ſeine Tochter.
Nab.

Liebſte Tochter / man ſoll bey groſſem Gluͤcke nicht hoffaͤrtig / auch nicht zwei - felhafftig ſeyn.

Thir.

Es iſt ein Groſſes: Der Koͤnigli - che Printz hat ſich in mich verliebet.

Nab.

Er iſt unſer Vetter; Vielleicht wuͤr - de die Heyrath beſſer anſchlagen / als wenn er noch eine Baals-Magd zu Si - don holte.

Thir.

Aber die Koͤnigin will es nicht ge - ſchehen laſſen.

Nab.

Der Printz kan die Zeit bald erleben / daß er ſeiner Fr. Mutter Geſetze vor - ſchreiben mag.

Thir.

Jch bin dem Herrn Vater gehor - ſam.

Nab.
61
Nab.

Das heiſt / ich will einen beſtaͤndigen Grund zu meiner Wohlfarth legen. Nur ſeyd bedacht / daß ihr den lieben Printzen in dem Eiffer gegen die gottlo - ſe Mutter bekraͤfftiget / und ihm zugleich das Baalitiſche Unweſen aus dem Her - tzen heraus redet. So viel will ich als Vater befehlen: Aus dem uͤbrigen werdet ihr zu erkennen geben / ob ihr wuͤrdig ſeyd / des Koͤniges Bluts - Verwandtin zu heiſſen.

(Gehet ab.)
Thir.

Ach gluͤckſelige Liebe / die mitten in der Ungewißheit gleichwohl an einem Vaͤterlichen Segen hangen kan. Und ſiehe da / der Magnet hat ſein geliebtes Eiſen ſchon nach ſich gezogen.

Erſter Handlung Dreyzehender Auffzug.

Ahaſia der Koͤnigliche Printz. Thirza Naboths Tochter.
Ahaſ.

Jch ſuche meine Gebieterin.

Thirz.

Und ſie finden ihre Dienerin.

C 7Ahaſ.
62
Ahaſ.

Die Schuldigkeit zu dienen iſt mir auffgeleget.

Thir.

Doch meine Demuth wird ſie dieſer Laſt benehmen.

Ahaſ.

Wer mich dieſer Pflicht berauben will / der muß mir auch die Liebe ver - bieten.

Thir.

Was vor Liebe / mein Printz?

Ahaſ.

Gegen diejenige / die auch in ihrer hoͤchſten Demuth meine Gebieterin bleiben ſoll. Ach wunderſuͤſſe Thirza, ſie vergnuͤge mich.

Thir.

Liebſter Printz / das iſt eine Bitte / daruͤber die Koͤnigl. Frau Mutter zu befehlen hat.

Ahaſ.

Die Liebe fuͤhret ein freyes Koͤnig - reich / daruͤber keine andere Koͤnigin zu befehlen hat.

Thir.

Mein Printz / ein iedwedes Koͤnig - reich muß ſich vor gewiſſen Feinden ent - ſetzen; Jch liebe im Hertzen: Allein wo die Liebe durch ein oͤffentliches Verloͤb - niß heraus bricht / ſo muß ich ſterben.

Ahaſ.

Wie / meine liebſte Thirza? ſoll mei - ne Liebe toͤdtlich ſeyn?

Thir.

Die Frau Mutter fuͤhret einen toͤdt -lichen63lichen Haß / und ſo lange dieſe auff mein Leben zielet / ſo muß ich lauter Betruͤb - niß hoffen.

Ahaſ.

Die Fr. Mutter laͤßt ſich ja ſonſten verſohnen.

Thir.

Vielleicht wenn ich den Baal anbe - te? Doch ſolches iſt mir unmuͤglich.

Ahaſ.

Ehe Thirza zum Baals-Dienſte ſoll gezwungen werden / ehe ſoll Ahaſia ſich wider alle Pfaffen von Sidon ver - ſchweren.

Thir.

Ach wenn Gott ein ſolches Wunder thun wolte!

Ahaſ.

Vielleicht kan das Wunder entſte - hen / ehe man gedacht hat: Unterdeſſen verſtehe ſie mich / himmliſche Thirza, ich liebe.

Thir.

Und ich ſchweige.

Ahaſ.

Soll meine Vergnuͤgung verſchwie - gen ſeyn?

Thir.

Jch ſchweige / und ſeuffze.

Ahaſ.

Das Seuffzen kommet betruͤbten Seelen zu.

Thir.

Jch ſchweige und ſeuffze vor Liebe.

Ahaſ.

Soll die Liebe ſeuffzen?

Thir.

Ach ja / wenn ſie gefangen iſt.

Ahaſ.
64
Ahaſ.

Trotz dieſer Gefangenſchafft / wollen wir der jauchzenden Liebe ein ſchoͤnes Triumph-Zeichen auffrichten.

Thir.

Jtzo fuͤhre ich das Bild der ſeuffzen - den Hoffnung.

Ahaſ.

Und ich fuͤhre das Bild der kuͤſſenden Vertraulichkeit.

(Kuͤſſet ſie.)
Thir.

Meine Hoffnung iſt gedultig.

Ahaſ.
(Kuͤſſet ſie.)

Und dieſe verliebte Ge - dult iſt meine Vergnuͤgung. Wohl dem / der ſeine Mutter und alle Feinde durch ſolche Liebe trotzen kan.

Erſter Handlung Vierzehender Auffzug.

Joram der junge Koͤnigliche Printz. Arvad ein Baals-Pfaffe.
Arv.

Jch koͤnte das nicht leiden.

Jor.

Was ich nicht aͤndern kan / das muß ich leiden.

Arv.

Sie ſind ein Koͤniglicher Printz: Die Koͤnigin Iſabel als dero Fr. Mutter ha - ben das meiſte zu ſprechen.

Jor.

Doch die andern Bruͤder nennen den Koͤnig auch Vater.

Arv.
65
Arv.

Aber ſie haben den Vorzug.

Jor.

Nicht im Alter.

Arv.

Der Koͤnig Salomon war auch nicht alt: Doch muſten ihm ſeine Bruͤder weichen.

Jor.

Daſſelbe kam aus Gottes Schi - ckung.

Arv.

Vielleicht kan der Gott Baal bey ei - ner ſo lieben Perſon eben dergleichen Wunder thun.

Jor.

Es iſt nur verboten worden / daß ich dieſen falſchen Gott nennen ſoll.

Arv.

Es iſt von ſolchen Leuten geſchehen / die Luſt zu zancken haben.

Jor.

Wer uns die rechte Religion tadelt / mit dem muͤſſen wir wohl zancken.

Arv.

Wer hat denn ihre Religion geta - delt? Wir ſind in allen Dingen ſo ei - nig. Die Geiſtlichen machen nur das Gezaͤncke / damit ſie die Præbenden al - lein beſitzen wollen.

Jor.

Jm Jſraelitiſchen Geſetze ſtehet / es ſoll kein frembder Gott angebetet werden.

Arv.

Das glauben wir auch. Baal iſt nur ein Nahme: Wir verſtehen gleich - wohl den rechten Gott darunter.

Jor.
66
Jor.

Wir halten die Beſchneidung.

Arv.

Wir ritzen uns auch mit Meſſern / und halten die Beſchneidung viel eyfferiger.

Jor.

Jhr opffert auff den Hoͤhen / das duͤrf - fen wir nicht thun.

Arv.

Laßt uns in euren Tempel kommen / wir wollen die Hoͤhe wohl zufrieden laſ - ſen.

Jor.

Es ſind viel andere Dinge / die ich nicht alle verſtehe.

Arv.

Sie thun mir nur ſo viel zu Gnaden / und glauben mir / daß ich die Baaliti - ſche Religion eben aus ihrem Geſetze beweiſen kan. Und wenn ein Baaliti - ſcher controverſien-Prediger aufftre - ten duͤrffte / ſo wolte ichs wohl auff die kuͤnfftige Woche beweiſen.

Jor.

Es iſt viel geredt: Jch werde doch hoͤren / was der Herr Hoffmeiſter dar - zu ſprechen wird.

Arv.

Der Herr Hoffmeiſter iſt ein Zaͤn - cker. Wer was curieuſes begreiffen will / der muß die Sache vor aus dem Grunde lernen / ſonſt haben ſie nichts davon / als confuſion und Verdrieß - ligkeit / und ſie werden am beſten thun /wenn67wenn ſie der Koͤniglichen Fr. Mutter meinen diſcours hinterbringen. Jch ver - bleibe gantz unterthaͤnig recommendi - ret.

(Gehet ab.)
Jor.

Jch weiß nicht / ob ich davon reden oder ſchweigen ſoll? Wenn mich iemand ſo klug machte / daß ich bey der Jſraeliti - ſchen Religion bleiben / und zugleich meiner Frau Mutter gefallen koͤnte / ſo wuͤrde mir in vielen Stuͤcken trefflich gerathen ſeyn.

Erſter Handlung Funffzehender Auffzug.

Hoſcha. Obadia der Koͤnigliche Hoffmeiſter.
Hoſ.

Gleich gleich den Augenblick waren ſie hier.

Obad.

Allein ich ſehe niemand.

Hoſ.

Jch bin ein ſchlechter Kerl / doch ſo viel kan ich zuſam̃en reime / daß ein Kerl fort - gehen kan / der einmal hier geweſen iſt.

Obad.

Doch ſo viel kan ich auch begreiffen / daß man ſich allzeit nicht bekuͤmmerndarff /68darff / ob ein Kerle da geweſen iſt.

Hoſ.

Jch ſagte es aus guter Meynung. Denn wo das angehet / was der Ba - als-Pfaffe ſagte / ſo haben wir im Lan - de Friede / und die Baaliten moͤgen ſo wohl im Tempel opffern / als die Jſra - eliten.

Obad.

Das muß ein ſchoͤner Vorſchlag vom Frieden geweſen ſeyn.

Hoſ.

Dem kleinen Printzen gefiel er gar wohl. Denn der Kerle ſagte / er wolte es aus dem Jſraelitiſchen Geſetze be - weiſen / daß die Baaliten Recht haͤtten.

Obad.

Ja wenn das Jſraelitiſche Geſetze nach ihrer gottloſen Manier verdrehet / und verſtimmelt wird.

Hoſ.

O er meynte gleichwohl / wenn man den Baal anbetete / ſo koͤnte man das er - ſte Gebot gar fein halten.

Obad.

Schweig. Man verſuͤndiget ſich auch / wenn man ſolche Laͤſterung nach - reden oder anhoͤren will. Allein es ſey GOtt im Him̃el geklagt / daß die reiſ - ſenden Woͤlffe nunmehr in Schaffs - Kleidern zu uns kommen. Die Ge - fahr iſt tauſendmal groͤſſer / als da ſieBlut69Blut vergieſſen wolten. Jch will vor des lieben Printzen Seele wachen / ſo gut ich kan. Soll ich das hohe Werck nicht ausfuͤhren / ſo wird mich doch mein redliches Gewiſſen vor Gott entſchul - digen.

(Gehet ab.)
Hoſ.

Jch mercke wohl / man darff die Frie - dens-Zeitung nicht allenthalben erzeh - len. Jch dachte / es wuͤrde ſo huͤbſch heꝛaus kommen / wenn ſich unſere Geiſt - lichen mit den Baals-Pfaffen vertruͤ - gen / ſo duͤrfften wir uns mit den Reden nicht ſo in acht nehmen / und wir koͤnten hernach in voller Weiſe plaudern / was wir wolten. Nun was hilffts: Die Meynung mag bey etlichen Leuten gar gut ſeyn; Daß ſie nun nicht gerathen will / da koͤnnen wir nicht wider Ungluͤ - cke. Meine Fr. Mutter hatte auch gar eine gute Meynung / wie ſie mich zu Ho - fe that. Aber ob ich vor menſchlichen Augen und in dem Habit der guten Meynung gar zu nahe komme / oder ob ich mich nicht zu Zeiten naͤrriſcher an - ſtellen muß / als ich bin / das wird der gantzen hochanſehnlichen Verſamm -lung /70lung / wenn itzt die Herren Muſicanten was auffſpielen werden / zu hochweiſen und vernuͤnfftigen Nachſinnen uͤber - laſſen.

Anderer Handlung Erſter Auffzug.

Obadia Koͤniglicher Hoffmeiſter. Jehu Krieges-Obriſter. Jezer ein Elteſter in Jeſreel.
Obad.

Mein Herr / ſoll ich dieſer Zeitung Glauben geben?

Jez.

Unſere gantze Stadt iſt darvon er - fuͤllet.

Obad.

Und will Herr Naboth ſo thoͤricht handeln / daß er ſein Vaͤterliches Erb - theil den Nachkommen zum præjudiz in frembde Haͤnde ſpielen will.

Jez.

Es wird als von einer gewiſſen Sache davon geredet; Die Wintzer und die andern Bedienten freuen ſich des Koͤ - niges Ankunfft / und bey ſo geſtalten Sachen kan ich mir leicht einbilden / daß ein Kauff oder ein Tauſch den ehrli -chen71chen Herrn Naboth muͤſſe bewogen haben.

Obad.

Aber was will der Koͤnig mit dem Weinberge ſchaffen?

Jez.

Der Baumeiſter von Tyro macht ſich ſchon viel zu thun / und ſiehet ſich alle Ge - legenheit ab / daß er allem Anſchen nach einen koͤſtlichen Pallaſt an die Stelle bringen will.

Obad.

Was ſoll der Pallaſt zu Jeſreel?

Jez.

Wenn er unſerm Volcke zu Ehren was anfangen will / ſo muͤſſen wir es mit unterthaͤnigſtem Dancke erkennen. Doch er vergebe mir / daß ich wegen anderer Geſchaͤffte ihm weiter nicht auffwarten kan.

(Gehet ab.)
Obad.

Was erleben wir noch an unſerm Hofe? Soll nun der Pallaſt in Sa - maria nicht genug ſeyn / daß man an - derswo ſo groſſe Unkoſten vonnoͤthen hat.

Jeh.

Mein Herr Hoffmeiſter mag die liſti - gen Auſchlaͤge verbergen / wie er will / ſo finden ſich doch Leute / welche der Sa - chen nachdencken koͤnnen.

Obad.

Jch moͤchte faſt meine Einfalt be -kennen /72kennen / was wuͤrde die Koͤnigin daran gebeſſert ſeyn? Und wenn Jſrael gar zur Reſidenz erwehlet wuͤrde.

Jeh.

Jch bin ein rechtſchaffener Patriot, und wo mit des Landes Wolfarth geſpielet wird / da muß ich das Maul auffthun / und wenn ich wuͤſte / daß mir der Kopff dieſen Augenblick von den Achſeln flie - gen ſolte.

Obad.

Jch erwarte / wo die Rede hin zielen wird.

Jeh.

Wohin? Jtzo heiſt es: Dem Koͤni - ge wird ein Pallaſt gebauet. Die ſchoͤnſten Guͤter werden darzu geſchla - gen; Aber wenn das Werck ſolte zum Stande gebracht werden / ſo hat die Koͤnigin was an ihre Baals-Pfaffen zu verſchencken / damit haben ſie eine bleibende Stelle im Lande / und koͤnnen den armen Jſraelitiſchen Propheten nicht allein die uͤbrige Nahrung / ſon - dern auch die jungen Studenten und die Propheten-Kinder nach und nach entziehen.

Obad.

Der allmaͤchtige Gott wolle dieſes an unſerm Lande nicht geſchehen laſſen! Es73Es waͤre beſſer / den Philiſtern dienen / als ſolche Seelen-Moͤrder im Lande haben. Jch habe neulich uͤber eine Liſt geſeuffzet / ſolten ſie uns naͤher kommen / ſo wuͤrden wir uns zu todte betruͤben.

Jeh.

Jch ſorge / wo das Weſpen-Neſt nur einmahl in unſerm Reiche einſitzet / ſo werden alle Malecontanten dem grund - guͤtigen Gotte dancken moͤgen / wo ſie den Weg zum Lande hinaus finden koͤn - nen.

Obad.

Und dergeſtalt begehet Herr Na - both unwiſſend eine gefaͤhrliche Suͤnde.

Jeh.

Wenn das Land verderben ſoll / ſo muͤſſen die beſten Freunde auch unwiſ - ſend was zum Untergange contribui - ren. Doch ſo lange der Arm noch mit einem Schwerdte ſpielen kan / ſo moͤ - gen ſich die Freunde verſichern / daß ihr Spiel noch nicht allerdings gewonnen iſt.

Obad.

Ein iedweder mag vorbauen / ſo viel er kan / damit er im Gewiſſen nicht als ein Verraͤther des Vaterlandes ange - klaget werde.

DAn -74

Anderer Handlung Anderer Auffzug.

Arvad ein Baals-Pfaffe. Jezer ein Elteſter in Jeſreel.
Arv.

Er glaube doch nicht / daß wir ſolche irratſonable Leute ſeyn: Es iſt unſere Gewohnheit nicht / daß wir einen Men - ſchen auff der Welt betriegen.

Jez.

Die gantze Buͤrgerſchafft ſtehet in den Gedancken / als wenn Naboths Wein - berg auff ihren Antrieb verlanget wuͤr - de.

Arv.

Wie koͤnnen ſie doch ſolchen abſurdi - taͤten Gehoͤr geben? Was haͤtten wir denn davon / wenn wir uns ein ſolch o - dium auff den Hals weltzten?

Jez.

Meine Auffrichtigkeit bringet es ſo mit / daß ich rede / was ich hoͤre.

Arv.

Wir guten Leute koͤnnen unſers Her - tzens Grund nicht eroͤffnen; Aber zum Zeugniß meiner Redlichkeit will ich ſel - ber bitten / ſie helffen an ihrem Orte das Werck hintertreiben / daß Naboth ſei - nen Weinberg nicht fahren laͤſt.

Jez.
75
Jez.

Sollen wir dem Koͤnige zuwider le - ben?

Arv.

Wenn man die Vaͤterlichen Geſetze vor ſich hat / ſo lebt man dem Koͤnige nicht zuwider. Hat es ihr Gott befoh - len / daß ein iedwedes Erbtheil bey ſei - nem Geſchlechte bleiben ſoll / ſo werden ſie auch Gott mehr gehorchen / als den Menſchen.

Jez.

Die redlichen Patrioten dencken alle ſo / wenn ſie nur ſo ſprechen duͤrfften.

Arv.

Wer ihnen die Worte verbieten will / der muß erſt ihr Geſetze vertilgen. Sie ſtehen vor einen Mann / und bereden zum wenigſten den Herrn Naboth da - hin / daß er nicht weichet. Koͤnnen wir unſerm wenigen Vermoͤgen nach was darzu reden / ſo ſollen ſie befinden / daß wir gewohnet ſeyn auch unſern Feinden zu dienen.

Jez.

Es wird mir gar wohl ums Hertze / daß ich ſo viel erfahre. Gleich itzo will ich ſehen / was bey der Sache zu thun iſt. Jch ſage ſchoͤnen Danck vor die un - verhoffte Freundſchafft.

(Gehet ab.)
Arv.

Weñ wir beſſer mit einander bekanntD 2wer -76werden / wollen wir an keine unveꝛhoffte Freundſchafft gedencken.

Anderer Handlung Dritter Auffzug.

    • Arvad
    • Magur
    Baals-Pfaffen.
Mag.

Nun muß ich bekennen / daß ich mich in meine Religion ſelber nicht finden kan.

Arv.

Wie ſo / mein Freund?

Mag.

Sein diſcours zielte dahin / daß uns die Leute widerſtreben ſolten.

Arv.

Wer die Politiqve nicht verſtehet / der iſt fuͤr unſern Orden zu ſimpel.

Mag.

Das iſt kein Politicus, der die Sa - chen ſelber verderbt.

Arv.

Und das iſt auch kein Politicus, der al - lemahl den geraden Weg gehet.

Mag.

Jch bekenne meinen Unverſtand.

Arv.

Ach du blinde Welt! Das Volck muß zur Rebellion anffgewiegelt wer - den / damit es ſich dem Koͤnige widerſe - tzet: Damit hat der Koͤnig Urſache ſei -ne77ne Sicherheit in acht zu nehmen. Das heiſt / die auslaͤndiſchen Freunde werden allezeit lieber und vertraulicher. Jch wolte / daß ſie gar den Pallaſt zu Sa - maria ſtuͤrmen wolten / ſo haͤtten wir raiſon den Koͤnig von Sidon um ſeine Voͤlcker anzuſprechen.

Mag.

Jch ſchaͤme mich wegen meines Un - verſtandes.

Arv.

Und was haben wir vor einen Vor - theil / wenn wir den Kopff aus der Schlinge ziehen / als wenn wir mit der odieuſen Welt nichts zu ſchaffen haͤt - ten. Doch verlaßt mich / der gute Kum - pe ſoll mir auch einen Dienſt thun / dar - an er nicht dencken darff.

Mag.

Jch bin ihm noch eins ſchuldig: Kan er meinetwegen auch bedacht werden / ſo will ich danckbar ſeyn.

(Gehet ab.)

Anderer Handlung Vierdter Auffzug.

Arvad ein Baals-Pfaffe. Hoſcha.
D 3Arv. 78
Arv.

Siehe da Burſche / haſt du gleichwol das Hertze / daß du mir begegnen kanſt?

Hoſ.

Da wird allemal ein groß Hertze von noͤthen ſeyn / wenn ich ſpatzieren gehe.

Arv.

Wer geſuͤndiget hat / der ſoll ſich fuͤrchten.

Hoſ.

Jch bin gar ein kleiner Suͤnder / ſo dencke ich / die Zitter-Feder wird auch nicht groß ſeyn / die ich auff den Hut ſte - cke.

Arv.

Haſt du nicht unlaͤngſt mein Geſpraͤ - che mit dem jungen Printzen ausge - plaudert?

Hoſ.

Wer nichts will ausgeplaudert ha - ben / der laſſe mich nichts hoͤren.

Arv.

Ein ſolcher Schelm / der an einem Or - te nichts zu hoͤren hat / der ſoll davon bleiben.

Hoſ.

Jch werde die Lehre in acht nehmen / ich habe da nichts zu hoͤren / drum kan ich wohl weiter ſpatzieren.

Arv.

Schertze nicht: Wilſt du meiner Hand entlauffen / ſo wird die Koͤnigin nach dir greiffen laſſen / und das ſage ich / wo du noch die Zunge im Halſe be - haͤltſt / ſo ſoll mich die Koͤnigin nicht zu Hoffe behalten.

Hoſ.
79
Hoſ.

Der Herr Pater frage nur zuvor / ob ich meiner Zunge entrathen kan.

Arv.

Wir wollen ſie gar wohl entrathen.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Du Bluthund / waͤreſt du mir bey dem Herrn Reſidenten zu Si - don nicht ſo bekannt / ich wolte meine Zunge wohl behalten: Nun muß ich ein uͤbriges thun / und zum paſſe-volan - ten werden.

Arv.

Du verſuchſt gewiß / wie dir das Stillſchweigen wird anſtehen / wenn die Zunge zum Rachen heraus fahren wird.

Hoſ.

Ach heiliger Herr Pater, mein Still - ſchweigen koͤmmt gewiß aus keiner boͤ - ſen Meynung. Jch war gleich auff dem Wege / und wolte hoͤren / ob ich als ein geringer Diener in ihren heiligen Orden koͤnte genommen werden? Denn weil ich aus ſeinem diſcours ſo viel lernte / daß ſie Friedliebende Leute waͤren / ſo wolte ich auch gern des lieben Friedens genieſſen.

(ad ſpect.)

Denckt wie einer complimentiren lernt / wenn er ſeine Zunge behalten will.

Arv.

Du magſt wohl mit einem Verraͤther gefuͤttert ſeyn.

D 4Hoſ.
80
Hoſ.

Ach nein / das bin ich nicht: Soll ich aber kuͤnfftig was lernen / ſo will ich denſelben dienen / die mich in ihren Schutze halten.

Arv.

Wir halten die Mode / daß ein ieder eine Probe zuvor ausſtehen muß; Wilſtu dich darzu beqvemen / ſo ſolſtu lernen / daß wir den Himmel keinem Menſchen verſchlieſſen wollen.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Ja / ja / haͤtte mir iemand den Himmel auffgeſchloſſen / der ſolte mir die Thuͤre nicht zuſchlieſſen.

Arv.

Doch was haſt du hier zu verrichten?

Hoſ.

Wir haben eine koͤſtliche Verrich - tung / die ſich zu meinem neuen Stande wohl ſchicken wird. Denn die Koͤnigl. Printzen haben Herr Naboths zwey Soͤhne mit in den Garten ſpatziren ge - nommen / und wollen hoͤren / ob ſie eine Vorbitte bey dem Herrn Vater we - gen des Weinberges erhalten koͤnnen.

Arv.

Es iſt gut / gehe nur / und verrichte dei - ne Sache / was dir dabey befohlen iſt / darnach ſolſtu weiter Ordre bekommen.

(Hoſcha gehet ab.)
Arv.

Die lieben Printzen moͤgen das Jhrethun /81thun / wir Baaliten wollen darzu ſtille ſchweigen; Wir gedencken doch auff den Weinberg einmal unſer Collegi - um zu ſetzen.

Anderer Handlung Fuͤnffter Auffzug.

Pashur ein Cammer-Herr / Ahaſia, Joram, die Koͤniglichen Prin - tzen. Amri, Nebath, Naboths Soͤhne.
Paſ.

Daß doch die Koͤnige bey ihrer abſo - luten Gewalt durch einen ſchnoͤden Un - terthan koͤnnen gehemmet werden. Der Koͤnig thut eine rechtmaͤßige Foderung an des Naboths Weinberg / die ſchoͤn - ſten conditiones weꝛden vorgeſchlagen / und dennoch ſoll er mit einem ſchaͤndli - chen repuls, gleich als mit einer langen Naſe davon ziehen. Warum er keine Gewalt brauchen will / das weiß ich nicht. Unterdeſſen habe ich den Be - fehl alles in der Guͤte zu erſuchen / was moͤglich iſt. Alſo haben wir NabothsD 5ge -82geſammte Kinder heraus vexiret / ob die - ſelben bey dem hartnaͤckichten Vater was affectuiren moͤchten.

(Sie præſentiren ſich.)

Doch ſiehe da! haben ſich die geliebten Perſonen genug divertiret?

Ahaſ.

Wir ſind ungluͤcklich / daß wir ſo lie - ben Vettern nichts angenehmes erwei - ſen koͤnnen.

Amr.

Das Ungluͤck iſt auff unſerer Sei - ten groͤſſer / indem wir Wohlthaten an - nehmen / die wir nicht vergelten koͤnnen.

Ahaſ.

Es iſt des lieben Vetters Hoͤffligkeit alſo zu reden.

Pash.

Mein Printz habe ich die Freyheit etwas in Geheim zu reden.

Ahaſ.

Nach eurem Gefallen.

(Sie ge - hen bey Seite.)
Paſ.

Hat ſich die Sache wohl angelaſſen?

Ahaſ.

Die Soͤhne ſind willig genug dar - zu / wenn nur die Toͤchter mit einſtim - men wolten / ſo muͤſte ſich der hartnaͤ - ckichte Vater gewinnen laſſen.

Pas.

Mein Printz / es iſt klar / in was vor Gnade ich bey der Koͤnigin ſtehe: Sol - te es moͤglich ſeyn / daß die Tochter koͤn -te83te gewonnen werden / ſo verſpreche ich / daß ihm die Koͤnigl. Fr. Mutter ſelbſt dieſe geliebte Perſon an die Hand fuͤh - ren ſoll.

Ahaſ.

Ach wuͤrde mein Gluͤcke ſo leicht zu erwerben ſeyn / ſo wolte ich alle Kraͤffte verſammlen / biß ich diejenige beredet haͤtte / welche ſich einmal meiner Liebe ergeben hat.

Pas.

Meine Parol iſt hier / ſie verſuchen das Jhrige / in meinem Verſprechen will ich nicht zum Luͤgner werden.

Ahaſ.

Nun ihr meine geliebten Vettern / ich werde unhoͤfflich ſeyn / und ſie eine kurtze Zeit verlaſſen.

Amr.

Wer Macht zu befehlen hat / der be - gehet keine Unhoͤffligkeit.

(Ahaſia gehet ab.)
Paſ.

Nun wie wills / wird der Herr Vater ſeinen Weinberg noch loß geben?

Amr.

Wir haben nichts drein zu ſprechen: Doch wenn es dem Koͤnige gefaͤlt / ſo will ich mein Erbtheil gar gerne cedi - ren.

Pas.

Der Koͤnig wird auch dieſe Hoͤfflig - keit mehr als gedoppelt erkennen und vergelten.

D 6Amr.
84
Amr.

Wenn es gnaͤdig auffgenommen wird / ſo iſt die Vergeltung ſchon mehr als gedoppelt.

Pas.

Allein was ſpricht denn das kleine Maͤnnchen darzu? Vielleicht wird dieſes mit einer proteſtation einkom - men?

Joram.

Ach das liebe Maͤnnchen iſt gut genug / wenn es ſo einen Sinn behaͤlt / biß wir alt werden / ſo bleiben wir die beſten Freunde. Jſts nicht wahr / ihr wollet mir den Weinberg verkauffen?

Neb.

Ach nein / ich will ihn wegſchencken.

Jor.

Aber wo wollet ihr bleiben? Wenn der Weinberg verſchencket iſt / ſo iſt das Haus auch unſer.

Neb.

Jn der Welt ſind Haͤuſer genug.

Jor.

Aber es ſind Leute darinn / die koͤnnen die Thuͤre zuſchlieſſen.

Neb.

Jch kan den Leuten wohl meinen bloſ - ſen Sebel weiſen.

Jor.

Aber das Todtſchlagen iſt verboten.

Neb.

Jch will fragen / wo die Philiſter wohnen / die will ich ſo lange todt ſchla - gen / biß ſie mir zehen Weinberge ge - ben.

Jor.
85
Jor.

Das iſt eine ſtatliche reſolution.

Neb.

O ja / wer meinen Sebel ſiehet / wenn ich boͤſe bin / dem muß der Kopff abfal - len.

Jor.

Nun lieber Vetter / es iſt mein Gluͤcke / daß ihr nicht boͤſe ſeyd / ſonſt gienge es um meinen Kopff.

Neb.

Jch weiß wohl / wo ich ſoll boͤſe ſeyn.

Jor.

Aber hoͤrt doch / was machen wir denn mit ſo viel Koͤpffen / die wir den Phili - ſtern abſebeln wollen.

Neb.

Wir wollen die Kegel damit ſchie - ben: Ach ich weiß man wird den Koͤnig ſo brave mit heraus heben koͤnnen.

Amr.

Liebes Bruͤdergen / nicht zu ſtoltz / die Philiſter haben auch ihre Sebeln.

Pas.

Man muß der Jugend die Freude laſſen / zum wenigſten ſiehet man / was vor ein Geiſt in der zarten Liebe verbor - gen iſt. Wollen ſie ſo guͤtig ſeyn / und dergleichen diſcours in dem Koͤniglichen Luſt-Garten fortſetzen / ſo bin ich ihr ge - horſamer Auffwaͤrter.

Amr.

Wir laſſen uns fuͤhren / wie es mei - nem Herrn beliebt.

Jor.

Ach kleiner Vetter / kommet in denD 7Gar -86Garten auff die Renne-Bahn / da wol - len wir brave ſpringen.

Neb.

Hei ſa / wo die Leute ſpringen und tantzen / da laß ich mich gerne zu Gaſte bitten.

Anderer Handlung Sechſter Auffzug.

Ahaſia der Koͤnigliche Printz. Thirza Naboths Tochter.
Ahaſ.

Jch bleibe beſtaͤndig.

Thir.

Und ich ehre denſelben / der mir ge - bieten kan.

Ahaſ.

Wo ſich die wunderſuͤſſe Thirza be - findet / da bin ich kein Koͤnigs Sohn / ſondern ein demuͤthiger Sclave.

Thir.

Mein Printz ſpielet vielleicht mit den Worten; Wenn ein Sclave ins kuͤnff - tige ſo viel heiſſen ſoll als ein Gebieter / ſo wird derſelbe in Qvalitaͤt eines Scla - vens von mir bedienet werden.

Ahaſ.

O wie holdſelig iſt die Seele / wel - che mit dergleichen Erfindungen ſpielen kan.

Thir.
87
Thir.

Die wahre und die ſchuldige Pflicht leget mir die Rede in den Mund: Es mag genennet werden / wie es will / ſo bin ich doch gehorſam.

Ahaſ.

Wohlan / wo das Wort / gehorſam iſt / ſo viel heiſt als Guͤtigkeit / ſo bitte ich um eine Probe.

Thir.

Mein Printz / hier bin ich / und nie - mals werde ich ungehorſam ſeyn / als wenn der Befehl verſchwiegenwird.

Ahaſ.

Ach meine wunderſuͤſſe Thirza ich bitte --

Thir.

Mein Printz / ich gehorche.

Ahaſ.

Jch bitte um etwas / daran meine Wolfarth hanget.

Thir.

Vielleicht werde ich zu ſchwach ſeyn.

Ahaſ.

Mehr als zu vermoͤgende. Sie weiß die Widerwaͤrtigkeit wegen des Weinberges: Solte ſo eine holdſelige Tochter nicht Kraͤffte genug haben / den harten Vater zu gewinnen.

Thir.

Ach mein Printz / was hoͤre ich? Soll ich meine Liebe durch die Unmoͤglichkeit probiren laſſen.

Ahaſ.

Sie hat einen Koͤniglichen Printz zur Liebe bewogen / ſie wird auch einengrau -88grauſamen Vater zur Guͤtigkeit be - wegen.

Thir.

Er beruffet ſich auff das Goͤttliche Geſetze.

Ahaſ.

Vielleicht wird er durch eine falſche Auslegung betrogen.

Thir.

Jndeſſen wird er ſeine Auslegung kei - ner Falſchheit beſchuldigen laſſen.

Ahaſ.

So lange biß die angenehme Toch - ter ins Mittel tritt. Ach hab ich Gna - de funden vor meiner wunderſchoͤnen Thirza, oder ſoll ich dieſelbe auff meinen Knien ſuchen / ſo verſpreche ſie doch et - was / daran meine Liebe / ja mein Leben hanget.

Thir.

Ach weh! ich muß mich ſchaͤmen / daß ich demjenigen was verſagen ſoll / der nunmehr uͤber mein Hertze und Le - ben zu gebieten hat. Es ſey alſo: Ste - het was in meiner Beredſamkeit / ſo ſoll es demſelben auffgeopffert bleiben / dem zu Liebe ich als ein Opffer verbrennen wolte.

Ahaſ.

Ach meine Goͤttin!

Thir.

Ach mein Printz verziehet / biß ich den Titul verdienet habe.

Ahaſ.
89
Ahaſ.

Wolan / iſt ſie keine Goͤttin / ſo darff ich als ein Menſch ihr mit menſchlicher Hoͤffligkeit begegnen.

(Er kuͤſſet ſie.)
Thir.

Auch dieſes werde ich etwas freudi - ger annehmen koͤnnen / ſo ferne ich in meinen Verrichtungen gluͤckſeelig bin.

Ahaſ.

Die Hoffnung / die von einer ſolchen Schoͤnheit befeſtiget iſt / die ſoll mich nimmermehr betriegen.

(Gehen ab.)

Anderer Handlung Siebender Auffzug.

Hoſcha in einem Baals-Pfaffen Klei - de. Jethur und Bilſan die Wintzer.
Hoſ.

Sehe ich nun bald einē Baalitiſchen Propheten-Kinde aͤhnlich / ſonſten ge - dencke ich wohl zu beſtehen / wo nur der Kerl nicht mein Tantzmeiſter wird / den ich vergangen in der contribution hat - te / denn wenn ich mich im Tantze neigen ſoll / ſo iſt mir immer / als wenn mir in der Knie-Kehle eine Ader zu kurtz wuͤr - de. Sonſt gefaͤllt mir alles wohl / vieldarff90darff ich nicht lernen / zu freſſen habe ich / und wenn ich mich in die loſen Haͤndel ſchicken kan / ſo mag ich mein Alltags - Kleid anziehen / ich mag mich præſenti - ren als ein Politicus.

(Die beyden Wintzer bringen ein - ander heraus gejagt.)
Hoſ.

Doch ich werde muͤſſen auff die Seite treten / Narren-Spiel will Raum ha - ben.

Bilſ.

Jch will doch nicht.

Jeth.

So wirſt du muͤſſen.

Bilſ.

Der Herr muß groͤſſer ſeyn / der mich zwingen will.

Jeth.

Jch daͤchte / ein Koͤniglicher Wintzer / der bald uͤber 2. Weinberge wird zu ge - bieten haben / der waͤre groß genug / daß er einen abgeſetzten Wintzer gebieten koͤnte.

Bilſ.

Herr Naboth hat mich noch nicht ab - geſetzet.

Jeth.

Es iſt mir immer / als wenn ich haͤtte die Voͤgel davon ſingen hoͤren / und da - mit werde ich wohl ſprechen dürffen / mit Gunſt / daß ich den Weinberg be - ſehen mag.

Bilſ.
91
Bilſ.

Was wilſtu beſehen? Komm mir nicht zu nahe / ſonſt ſollen dir deine Au - gen an der Thuͤre vor die Fuͤſſe fallen.

Jeth.

Wenn deine Frau das Rabenaß da - bey waͤre / ſo daͤchte ich doch / du wolteſt Wunder-Zeichen thun.

Bilſ.

Und wenn deine Frau die Hexe darzu kaͤme / ſo ſolten die Wunder-Zeichen nicht nachbleiben.

Jeth.

Was haſt du meine Frau zu ſchim - pfen? Sie hat noch kein mal aus einem andern Weinberge Pfaͤhle geſtohlen.

Bilſ.

Hoͤre doch / wer hatte denn vorm Jah - re ſo viel Faͤſſer Moſt ausgeſoffen und verkaufft? Wars nicht dein greilfuͤſ - ſiges Rabenaß / he?

Jeth.

Hoͤre / wer traͤgt denn allemal ſo viel Butten Weintrauben ins Oberland? thuts nicht dein ſchaͤndlicher Hauß - Kobalt he?

Bilſ.

Wer hatte denn neulich die Feigen aus unſerm Weinberge geſtohlen / war nicht dein Schand-Nickel darbey ge - weſt / he?

Jeth.

Wer hat mir denn die Butte von der Kelter weggeſtohlen / als deine diebiſche Drecktrantſcherin / he?

Bilſ.
92
Bilſ.

Das will ich auch nicht leiden; Habe ich keinen Zeugen? Guter Freund / ihr hoͤrt / was er vor ein loſes Maul hat.

Hoſ.

Ach laßt mich gehen / ich bin ein Frie - dens-Kind.

Bilſ.

Um des lieben Friedens Willen ſoll er auch mein Zeuge ſeyn.

Hoſ.

Jch bin ein frommer Menſch / ich will niemand mit meinem Zeugniſſe in Ungluͤcke bringen / ich bitte nur / haltet Friede.

Bilſ.

Jch kan nicht laͤnger Friede halten / als mein Nachbar will.

Jeth.

Laß du mich deinen Weinberg be - ſichtigen / ſo haſt du Friede.

Bilſ.

Jch halte mich an meinen Zeugen.

Jeth.

Je nun / ſo mag er zeugen / ich kan mich ſo feſte an ihn halten / als du.

(Sie zerren ihn auff beyden Sei - ten.)
Hoſ.

Jhr Leute zerreißt mich nicht / ſonſt kommt ihr um ein Friedens-Kind.

Bilſ.

Jhr wiſſet / daß ich nichts Ungeſchick - tes geredt habe.

Jeth.

Und ihr wiſſet / daß ich meine Noth - durfft gerettet habe.

Hoſ.
93
Hoſ.

Gewiß / ich habe mit eurer Noth - durfft nichts zu thun.

Bilſ.

Jhr wißts doch / daß der geredt hat wie ein Schurcke.

Jeth.

Ja ja / er hat geredt als ein Schelm.

Bilſ.

Jhr ſollt Zeuge ſeyn / daß auff einen ſolchen Schelmen eine Maulſchelle ge - hoͤrt.

(Sie fallen uͤber einander und kriegen Hoſcha jaͤmmerlich in das Gedraͤnge. Endlich laͤufft ei - ner hier der ander da nauß / und Hoſcha kan ſich kuͤmmerlich wieder auffraffen.)
Hoſ.

Jhr Leute / wer will ein Friedens-Kind abmahlen laſſen / der kan ſich bey mir anmelden. So ein zierlich Original kriegt er nicht alle Tage. Nun ich kan mir nicht helffen / meine Ordens-Bruͤ - der werden die Schlaͤge doch nicht mit mir theilen / wo ich nur nicht Schlaͤge darzu kriege / daß ich mein Friedens - Kleid ſo ſchaͤndlich habe zerlaͤſtern laſ - ſen. Nu / nu / es iſt ein guter Anfang zu dem Stande; Wo ich mich durch alle ſieben Haupt-Staͤnde ſo durch - freſſen ſoll / ſo werde ich eine ſchreckliche groſſe Guſche kriegen.

An -94

Anderer Handlung Achter Auffzug.

Naboth, Thirza ſeine Tochter.
Nab.

Gedencke / daß du meine Tochter biſt. Derſelbe iſt vor dem HErrn verflucht / welcher ſein Erbtheil mit dem Ruͤcken anſehen muß / deinetwegen werde ich mich gewiß unter die Verfluchten zeh - len laſſen.

Thir.

Herr Vater --

Nab.

Was Vater? Mit dem Nahmen iſt mir ſchlecht gedienet / wenn der Gehor - ſam auſſen bleibet.

Thir.

Jch will ſchweigen.

Nab.

Heiſt das geſchwiegen / wenn du mir gleichwohl mit einem Worte verdrieß - lich biſt.

Thir.

Ach ich bitte.

Nab.

Haſt du nicht gehoͤret / daß deine Bit - te vergebens iſt.

Thir.

Jch bitte um Gnade.

Nab.

Du weiſt aber / daß mir die Gnade nicht anſtehet.

Thir.
95
Thir.

Jch bitte um Gnade und Verge - bung / ich habe geſuͤndiget.

Nab.

So hab auch den Segen und den Lohn fuͤr deine Suͤnde.

Thir.

Ach Herr Vater / er befehle / was ich thun ſoll / ich will gehorſam ſeyn.

Nab.

Haͤtte mein Befehl was gewircket / ſo waͤreſt du mir lange aus den Augen gegangen.

Thir.

Ach ich Ungluͤckſelige / der Befehl muß vollzogen werden.

(Gehet ab.)
Nab.

Ach iſt es nicht genug / daß der Koͤnig mit ſeinen liſtigen Zunoͤthigungen auff mich loßſtuͤrmet / meine Kinder muͤſſen auch wider mich gewaffnet ſeyn / die ſol - len mich dahin vermoͤgen / daß ich als ein Verfluchter in Jſrael den hoͤchſten Spott ertragen ſoll. Hat der Koͤnig ein gewiſſes Recht auff meinen Wein - berg wolan / ſo mag er nehmen / was er nicht laſſen kan. Allein daß ich doch irgend durch einen Contract zu dem Ja - wort ſolte gebracht werden / das will ich nimmermehr thun / und wenn ich dieſen alten Kopff in die Rappuſe geben muͤ - ſte. Doch ſiehe da / mein ehrlicherJehu96Jehu kommt mir zu rechter Zeit entge - gen / dieſem werde ich meine Verdrieß - ligkeit um ſo viel deſto lieber entdecken / weil er ſelbſt mit dem itzigen Regiment uͤbel zufrieden iſt.

Anderer Handlung Neundter Auffzug.

Jehu ein Kriegs-Obriſter. Naboth.
Jeh.
(ad ſpect.)

Der gute Mann haͤtte ſich wohl auff einen andern Weg begeben koͤnnen. Denn nachdem er ſeinen Weinberg an den Koͤnig verhandelt hat / ſo muß ich gedencken / daß er noch ein alter Narr und ein Suppenfreſſer zu Hoffe werden will.

Nab.

Friede! Friede! mein Freund.

Jeh.

Was hat derſelbe vom Frieden zu ſprechen / der den Fluch erwehlet hat.

Nab.

Mein Freund / wohin zielen die Worte.

Jeh.

Auff den neuen Kammer-Bedienten / der ſich bey der Koͤnigin Jſabel ange - geben hat.

Nab.
97
Nab.

So kan ich wohl damit verſchonet bleiben.

Jeh.

Der Herr ſchonet ſeiner ſelber nicht: Was hat er mich darum anzuſprechen? Er begegnet einem Manne / der Profeſ - ſion davon macht / daß er die Warheit redet.

Nab.

Jch mache ſonſt Profeſſion, daß ich einen ungeſtuͤmen Freund ertragen kan: Allein ich nehme mir die Freyheit / daß ich nach der Urſache forſche.

Jeh.

Das iſt die Urſache / daß ich ihm alle Freundſchafft auffkuͤndige. Hat er was Liebes von mir genoſſen / ſo mag er meine ſimplicitaͤt entſchuldigen / die ſich ins kuͤnfftige nicht wird betriegen laſ - ſen.

Nab.

Mir ſoll die Freundſchafft auffgekuͤn - diget wetden?

Jeh.

Wer ſeinen Vaͤterlichen Weinberg vergeſſen kan / der wird ſich auch um die Vaͤterliche Freundſchafft nicht viel be - kuͤmmern.

Nab.

Es iſt ein Jrrthum.

Jeh.

Ja wohl iſt es ein haͤßlicher Jrr - thum / wenn man das Seinige ſoElie -98liederlich in frembde Haͤnde dahin gie - bet.

Nab.

Es wird nicht geſchehen.

Jeh.

Jch glaube es wohl / denn es iſt allbe - reit geſchehen.

Nab.

Er verſtehe mich doch recht / der Koͤ - nig hat mich gebeten.

Jeh.

Soll man aber die Bitte des Koͤniges alſobald vor einen Befehl annehmen?

Nab.

Er laſſe mich doch ausreden.

Jeh.

Jch verlange mit keinem Sclaven zu reden. Viel Gluͤcks zur Koͤniglichen Gnade. Jch gehe.

Nab.
Haͤlt ihn.)

Jch laſſe denſelben nicht gehen / der mich in meiner Unſchuld kraͤncken will.

Jeh.

Jch mercke es wohl / die neue Gnade der Koͤnigin ſoll ihn unſchuldig machen.

Nab.

Der Weinberg iſt mein.

Jeh.

Jch hoͤre / er behaͤlt das Dominium, und der Koͤnig behaͤlt den Uſumfru - ctum.

Nab.

Wer hat doch die falſchen Zeitungen auffgebracht? Jch bin ja deſſentwegen bey dem Koͤnige in die hoͤchſte Ungnade gefallen / weil ich mein Vaͤterliches Erb -theil99theil nicht verlieren wolte; Warum ſolte ich denn auch bey meinem Freunde deſſentwegen in Ungnade geſetzet wer - den?

Jeh.

Das oͤffentliche Geruͤchte wird mich nicht betriegen.

Nab.

Und ich werde mich wider mein Ge - wiſſen nicht bereden laſſen: Jmmittelſt hat er ſo viel Freunde uͤbrig / daß er mei - ner entrathen kan / ſo mag der Himmel Richter ſeyn.

(Gehet ab.)
Jeh.

Jch mercke / daß mich eine falſche Zei - tung zu etwas verleitet hat / welches ich noch dieſen Augenblick werde entſchul - digen muͤſſen.

Anderer Handlung Zehender Auffzug.

Badezor der Printz von Zidon. Athalia die Koͤnigl. Printzeßin.
Bad.

So haben ſie bald die ſchoͤne Kunſt be - griffen / wie ſich eine Staats-Perſon in das Religions-Werck ſchicken ſoll.

Ath.

Jch muß bekennen / in des verdrießli -E 2chen100chen Hoffmeiſters Hauſe waͤre mir bald die Luſt zu allen weltlichen Dingen vergangen.

Bad.

Aber iſt nun das Hertze etwas leichter worden?

Ath.

Der Anfang iſt gut / ich will hoffen / es ſoll beſſer werden.

Bad.

Das ſtehet noch im Wege / daß man ſich noch etwas beſſers wuͤnſchen ſoll.

Arh.

Jch fuͤrchte mich noch immer der Suͤnde / wenn ich den Jſraelitiſchen Gott vergeſſen ſoll.

Bad.

Sie muͤſte ſich auch der Suͤnde fuͤrch - ten / wenn ſie den Baal von Sidon ver - geſſen ſolte.

Ath.

Jſt es mir doch niemals ſo ſchwer um das Hertze / wenn ich gleich einen Ba - als-Pfaffen was zuwider thue.

Bad.

Jch mercke die Urſache: Wer ſich in der Jugend ſolch Ding einbildet / der kan es die Zeit ſeines Lebens nicht aus dem Sinne kriegen: Sie wird es dem Herrn Hoffmeiſter ſchlecht dancken / daß er ihr ohne Noth einen ſolchen Scru - pel ins Gewiſſen geſetzet hat.

Ath.

Jch halte davor / das Gewiſſen iſtſchon101ſchon da geweſen / ſonſt wuͤrde der Hoff - meiſter ſo groſſe Gewalt nicht gefun - den haben.

Bad.
(ad ſpect.)

Die Koͤnigin will die Baa - litiſche Religion einfuͤhren / und nimmt ihre eigne Printzeßin nicht in acht. Wer bey uns ſoll beſtaͤndig ſeyn / der darff von der Jſraelitiſchen Religion durchaus nichts wiſſen; Einfalt / Unwiſſenheit und Gehorſam das ſind die beſten Prin - cipia, dadurch der Baal ſeine Kirche er - halten muß. Und nachdem dieſe Prin - tzeßin ſchon etwas klug iſt / ſo wird ihre Bekehrung ziemliche Muͤhe koſten.

(Ad Athal.)

Meine Printzeßin / die Religi - on iſt eine Sache / darvon derjenige am wenigſten weiß / der am meiſten diſpu - tiret.

Ath.

Aber wenn die Unwiſſenheit verdam̃ - lich waͤre?

Bad.

Jch glaͤube / was die Baals-Pfaffen glaͤuben: Die kommen mir ſchon zu ſtatten. Sie folge nur der Fr. Mut - ter nach / die laͤßt die Baals-Pfaffen ſingen / und hat indeſſen einen guten Muth / und wenn ihr der Reſident et -E 3liche102liche Stunden biß in die Nacht ver - treiben ſolte.

Ath.

Jch muß der Fr. Mutter Exempel fol - gen.

Anderer Handlung Eilffter Auffzug.

Badezor, Athalia treten auff die Seite. Iſabel, Abdalla der Reſident.
Jſab.

Mein Herr Reſident , der Spatzier - gang iſt uns ſehr angenehm geweſen.

Abd.

Jch habe nunmehr empfunden / daß die Erzehlung vom Paradieß nicht nur eine bloſſe Fabel iſt.

Jſab.

Jhr ſeyd hoͤhniſch: Eine ſchlechte Garten-Luſt hat den Ruhm nicht ver - dienet.

Abd.

Aber die hohe Koͤnigin hat ihn ver - dienet / welche den Garten koſtbar ma - chet.

Jſab.

Der Garten iſt koſtbar worden / daß ſo ein vornehmer Gaſt ſeine Vergnuͤ - gung darinne gefunden hat.

Abd.

Koͤnigliche Perſonen duͤrffen nichtfra -103fragen / ob ein ſchlechter Diener vergnuͤ - get wird.

Jſab.

Das iſt kein ſchlechter Diener / der in ſeinem Hertzen mehr als Koͤnigliche Qvalitaͤten fuͤhret.

Abd.

Ach wer bin ich?

Jſab.

Ein Cavallier / der auch Koͤnigliche Perſonen zur Liebe bewegen kan.

Abd.

Die Gnade gegen einen Diener hat keinen ſolchen Nahmen verdienet.

Jſab.

Aber wo eine Koͤnigin Gnade ſuchen muß / da iſt ſie gluͤckſelig / wenn ſie um Liebe bitten darff.

Abd.

Jch ſchweige / und verwundere mich uͤber mein Gluͤcke.

Jſab.

Mein Herr Reſident er komme etwas naͤher / und gebe uns Anlaß / daß wir uns auch uͤber unſer Gluͤcke verwundern duͤrffen.

(Sie will ihn kuͤſſen.)
Abd.
(Springt zuruͤcke.)

Jhr. Majeſt. halten an ſich / unſer Spiel moͤchte durch etliche Zuſchauer verderbet wer - den.

Jſab.

Jhr loſen Kinder / wie unvermerckt koͤnt ihr uns begegnen?

Bad.

Jhr Liebden laſſen ſich nicht mißfal -E 4len /104len / daß ich Gelegenheit nehme / etwas Angelegenes vorzubringen.

Jſab.

Gar gerne: Doch dieſe geliebte Perſon wird von dem Geheimniſſe nicht ausgeſchloſſen ſeyn.

Bad.

Nach Eu. Liebden Befehl.

Jſab.

Doch meine Printzeßin / wolt ihr euer divertiſſement unterdeſſen im Frauen - zimmer ſuchen?

Ath.

Was ſie ſchaffen / gnaͤdigſte Fr. Mut - ter.

(Gehet ab.)
Jſab.

Was haben wir nun vor Neues?

Bad.

Nicht viel Angenehmes. Es iſt mir leid um die gute Printzeßin. Der ver - dammte Hoffmeiſter Obadia hat ihr den Kopff mit ſolchen Grillen beſetzet / daß ſie durchaus unſern Baals-Pfaf - fen zuwider iſt.

Jſab.

Ach die Kindheit ſtecket ihr noch im Hertzen / wenn ſie den Staats-Geiſt recht empfinden wird / ſo werden ſich die unnoͤthigen Gedancken ſchon ver - lieren.

Bad.

Jch ſtehe aber in Sorgen / der Staats-Geiſt moͤchte ſich auff die Jſ - raelitiſche Partey wenden; Denn wasin105in der Jugend eingepflantzet wird / das koͤmmet bey heranwachſendem Alter zu Kraͤfften.

Jſab.

Unſer Hoff hat viel Wolluͤſte / darun - ter die Religions-Gedancken gar leicht erſticken.

Bad.

Die Jſraelitiſche Religion macht melancholiſche Koͤpffe / welche ſich offt den Wolluͤſten ſelbſt widerſetzen. Ach! daß ſolche Grillenfaͤnger nicht ſelbſt mit Strumpff und Stiel ausgerottet wer - den: Sie verderben die Kinder in der Jugend / daß ſie es ihr Leb-Tage nicht verwinden. Zum wenigſten bleibet eine affection gegen die Ketzer / daß ſie niemals gerne in die Verfolgung willi - gen.

Jſab.

So ſcheinet die Sache gefaͤhrlicher / als wir gemeynet haͤtten.

Bad.

Allerdings haͤtte der Propheten Knecht was Empfindliches verdienet. Doch was erhebet ſich?

E 5An -106

Anderer Handlung Zwoͤlffter Auffzug.

Javan. Arvad, Magur mit den andern Baals-Pfaffen. Hoſcha und die vorigen.
(Die Baals-Pfaffen tantzen und hincken ſingende uͤber das Theatrum hin; Hoſcha hincket hinten nach / und machet poßirliche Haͤndel. Dieſes wird geſungen / und vielmal repetirt:
[figure]

Wachſtu oder ſchlaͤffſtu ho ho / Wilſtu nicht erwachen

[figure]

ho ho / Baal / Baal wachſtu oder ſchlaͤffſtu

[figure]

ho ho / ꝛc.

Wie der Geſang zu Ende geht / er - greifft Iſabel Magur aus den Hauf - fen.)
Jſab.

Jhr guten Leute / was bedeutet der ungewoͤhnliche Tantz? Jſt etwan einUn -107Ungluͤcke im Lande / welches euer Baal nunmehr abwenden ſoll?

Mag.

Eu. Maj. fragen uns in einer Sa - che / darinn wir ſelbſten moͤchten berich - tet ſeyn.

Jſab.

Wir kommen von einer Spatzier - Reiſe. Wie ſollen wir wiſſen / was in Samaria vorgehet.

Mag.

Wir ſuchen Huͤlffe wider eine ſchnel - le Kranckheit.

Jſab.

Nennet lieber die Perſon.

Mag.

Jch fuͤrchte mich faſt.

Jſab.

Die Furcht erſchrecket uns faſt ge - doppelt.

Mag.

Ach es iſt -- Ach es iſt --

Jſab.

Wir haben es ſchon / es iſt unſer Printz.

Mag.

Ach nein / der Printz lebt nach unſerm Wunſche.

Jſab.

Heiſt aber dieſes eine Koͤnigin reſpe - ctiren / wenn ſie in ihrem Verlangen auffgehalten wird.

Mag.

Ach Jhro Majeſt. es iſt der Koͤnig ſelbſt.

Jſab.

Unſer Gemahl iſt kranck / und wir ſollen leben? Ach! die Augen wollenE 6uns108uns brechen / wir verſincken im Schmertz / wo Ahab ſtirbt / da muß ihm Iſabel das Geleite geben. Jhr Freun - de / ihr ſollet Zeugen ſeyn / daß wir gleich ſterben. Ach da iſt ein Exempel eheli - cher Liebe.

(Gehet ab / Abdalla fol - get ihr.)
Bad.
(ad ſpect.)

Du gute Schweſter / du darffſt vor mir nicht ſo klaͤglich thun. Welche mit dem Herrn Reſidenten et - liche Tage auff einer Spatzier-Farth zubringen kan / die wird ſich ihres kran - cken Gemahls halben nicht zu tode graͤ - men. Doch was hilffts? Hohe Staats - Perſonen muͤſſen offte zum Staate froͤlich ſeyn / und hiernechſt ein Staats - Betruͤbniß uͤber ſich ergehen laſſen.

(Gehet ab.)

Anderer Handlung Dreyzehender Auffzug.

Javan, Arvad, Magur, Hoſcha.
Jav.

Das war etwas unverantwortlich / daß die Koͤnigin durch die boͤſe Zeitung ſo ſchleinig erſchrecken muſte.

Arv.
109
Arv.

Jch hatte die Zeitung ſo lange auff - gehalten / biß ein ander Bote den Un - danck verdienet haͤtte.

Jav.

Oder ich haͤtte aus Einfalt die Unwiſ - ſenheit vorſchuͤtzen wollen.

Mag.

Nach geſchehenen Sachen ſind wir alle kluͤger.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Und wo ſich die Koͤnigin nur zum Poſſen ſo ſtellte / ſo bin ich der Kluͤgſte.

Jav.

Die Koͤnigin iſt unſer Schutz-Engel in dieſem Lande. Wer ſie beleidiget / der will uns ungluͤckſelig machen.

Arv.

Sie duͤrffte die Hand abziehen / ſo wuͤrden die Schwerdter bey dem gan - tzen Volcke gewetzet ſeyn.

Jav.

Oder wenn ihr was toͤdtliches begeg - nen ſolte / ſo wuͤrden wir mit blutigen Koͤpffen das Begraͤbniß halten.

Mag.

Deßwegen kan ich doch nicht zum Moͤrder gemachet werden.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Man ſiehts wohl / daß die Baals-Pfaffen keine Weiber haben. Sie dencken flugs / wenn eine Frau ohnmaͤchtig wird / ſo will ſie ſterben.

Jav.

Wir meynten durch unſer GebetE 7bey110bey dem Koͤnige ſonderlich recommen - diret zu werden.

Arv.

Nun wird die krancke Koͤnigin unſere recommendation verhindern.

Jav.

Oder der Unfall wird unſerm Gebe - te / als einer unkraͤfftigen Ceremonie zu - geſchrieben werden.

Mag.

Jch will hoffen / es werden ſich kluge Leute zu Richtern brauchen laſſen.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Jhr Leute ſeht auff mich: Bin ich klug / ſo ſind wir alle klug.

Jav.

Doch was machen wir / der Koͤnigin Unheil muß uns noch mehr zu Hertzen gehen.

Arv.

Und derjenige muß nach der erſten Poſt fragen / der die Sache verderbet hat.

Mag.

Jch erſchrecke vor dieſer Verrichtung nicht.

Jav.

So geht / und helfft uns aus dem La - byrinth / darinn ihr uns geſtuͤrtzet habt.

(Gehet ab.)
Arv.

Gedencket / daß ihr dem heiligen Or - den mit hoher Pflicht verwandt ſeyd. Wer ſeinen Fehler durch eine nach - folgende Tugend verbeſſert / der hat ge -dop -111doppelten Lohn verdienet.

(Gehet ab mit den andern ſtammen Baals - Pfaffen.)
Hoſ.

Herr / wo wir einen gedoppelten Lohn verdienen / ſo wollen wir mit einander gehen / damit haben wir etwas zu thei - len.

Mag.

Mache dich nicht zu mauſich / du kanſt mich noch zum Tantzmeiſter krie - gen. Doch itzt hab ich nicht Zeit.

(ge - het ab.)
Hoſ.

Viel Gluͤcks auff die Reiſe! Ste - cke doch ein bißgen Zitwer-Wurtzel zu dir / wenn irgend die Koͤnigin einmahl ohnmaͤchtig wird / ich will ein Schelm ſeyn / wo ich der Koͤnigin nicht helffen wolte / wenn ich nur einen guten Bruſt - latz von einem Sidoniſchen Reſidenten uͤbern Leib legete. Aber was gehts mich an / wer Leib-Medicus iſt / der mag vor den Bruſtlatz ſorgen.

(Gehet ab.)
An -112

Anderer Handlung Vierzehender Auffzug.

Ahab liegt im Bette. Obadia der Hoffmeiſter. Pashur der Cammer-Herr. Lud der Leib-Medicus.
Obad.

Jhro Majeſt. erweiſen ſich doch ſo gnaͤdig / und laſſen uns die Urſache die - ſer Kranckheit wiſſen.

Pas.

Das gantze Land iſt betruͤbt / weil es die Urſache ſeiner Traurigkeit nicht wiſſen ſoll.

Lud.

Und kein Medicus kan zu bewaͤhrten Mitteln greiffen / wofern ihm die Urſa - che der Kranckheit verſchwiegen wird.

Obad.

Ein Koͤnig hat zwar zu ſchaffen und zu laſſen / was er will: Doch einem ge - treuen Diener ſtehet frey zu bitten.

Pas.

Und wo die Bitte rechtmaͤßig iſt / da wird die Majeſt. nicht beleidiget.

Lud.

Und wo die Bitte durch ein heiliges Abſehen entſchuldiget wird / da begehet ein Diener keine Suͤnde / wenn er die Bitte vielmals wiederholet.

Obad.
113
Obad.

Jhro Maj. haben ſo geliebte Prin - tzen / welche durch die Unwiſſenheit dop - pelt erſchrecket werden.

Pas.

Und Jhro Maj. haben eine Gemah - lin / welche ſich das verborgene Ungluͤck doppelt zu Hertzen nimmt.

Lud.

Jhro Maj. haben hohe Anverwand - ten / welche den Medicum verfluchen werden / der ſein Amt ihren Gedancken nach verwahrloſet hat.

Obad.

Ach! ſind wir nun keiner Antwort wuͤrdig?

Pas.

Das Stillſchweigen iſt ein Zeichen der Ungnade.

Lud.

Und dieſe ungnaͤdige Kranckheit iſt ein Zeichen unſerer Ungluͤckſeligkeit.

Ahab.

Die Kranckheit iſt an ſich ſelbſt un - gluͤckſelig genug: Aber wenn ſich die - jenigen um des Patienten Bette ma - chen wollen / welche doch das wenigſte helffen koͤnnen / ſo moͤchte eine ſchlechte Kranckheit toͤdtlich werden.

Obad.

Gnaͤdigſter Koͤnig --

Ahab.

Wer alſo ſagen will / der darff un - ſere Gnade nicht verſpotten.

Pas.

Ach die Liebe --

Ahab.
114
Ahab.

Was Liebe? Wer ſich ſeinem Koͤ - nige widerſetzet / der hat die Liebe ſchlecht bewieſen.

Lud.

Aber meine Pflicht --

Ahab.

Was Pflicht? Wer uns nicht helf - fen kan / der ſoll an keine Pflicht geden - cken. Laſſet uns liegen / dieſe Unpaͤß - ligkeit will durch Stillſchweigen curiret ſeyn.

(Sie ziehen ſich von dem Bette weg / gegen in das euſſerſte Theatrum.)
Obad.

Jch will vor dem Himmel entſchul - diget ſeyn / daß ich in meiner Sorgfalt nichts unterlaſſen habe.

Paſ.

Gott weiß mein Hertze / wie gern ich dem Koͤnige moͤchte geholffen wiſſen.

Lud.

Und ich ſchaͤme mich / daß ich den Ti - tul Leib-Medicus fuͤhren ſoll.

Anderer Handlung Funffzehender Auffzug.

Dievorigen. Iſabel.
Jſab.
(Umfaſſet den Leib-Medicum)

Achmein115mein lieber Getreuer / ſoll ich leben / oder ſoll ich ſterben?

Lud.

Gnaͤdigſte Koͤnigin / ich weiß nicht.

Jſab.

Was heiſt dieſes / ſollen wir nicht wiſſen / wie der Koͤnig lebet / ſo muß die Sache gefaͤhrlich ſeyn.

Lud.

Wir wiſſen von keiner Gefahr.

Jſab.

So wiſſet ihr ja was Gutes.

Lud.

Das Boͤſe und das Gute iſt uns ver - borgen.

Jſab.

Pfleget man alſo mit hochbetruͤbten Perſonen zu ſchertzen.

Lud.

Ach eine Ungnade folget aus der an - dern: Jhro Maj. iſt kranck.

Jſab.

Ach dieſer Pfeil ſtecket uns ſchon im Hertzen. Wir wollen etwas Neues hoͤren.

Lud.

Allein die Urſache der Kranckheit ſoll niemand erfahren.

Jſab.

Ach ein ſchlechter Medicus, dem die Kranckheit verborgen iſt.

Lud.

Ach ein ungluͤckſeliger Medicus, dem das Fragen verboten iſt.

Jſab.

Bey dieſem unnoͤthigen Geſpraͤche kan des Koͤniges Leben verwahrloſet werden. Wer nicht helffen kan / dermache116mache ſich von dannen; Weil noch ein Bluts-Tropffen in dieſer Bruſt lebet / ſo ſoll auch der Koͤnig nimmermehr Huͤlffloß gelaſſen werden.

Lud.

Gnaͤdigſte Koͤnigin --

Jſab.

Jhr hoͤret / daß uns mit eurem unnuͤ - tzen Geſchwaͤtze nichts gedienet iſt / es hat ſich keiner auffzuhalten.

(Sie ge - het naͤher zum Bette.)
Obad.

Die Sache laͤufft ſo verwirret / daß ſich ein getreuer Diener auff den Ab - ſchied freuen moͤchte.

(Gehet ab.)
Paſ.

Wer von dem Koͤnige ungnaͤdig an - geſehen wird / der mag auch bey der Koͤ - nigin mit einer unguaͤdigen Mine vor - lieb nehmen.

(Gehet ab.)
Lud.

Jch halte / wer das Gemuͤthe curi - ren koͤnte / der moͤchte hier die beſten Proben thun. Denn er koͤnte den Koͤnig an der Schwermuth / die Koͤnigin an der Ungedult curiren.

(Gehet ab.)
An -117

Anderer Handlung Sechzehender Auffzug.

Ahab im Bette. Iſabel.
Jſab.

Ach mein Hertz! mein Koͤnig / in was vor einem Zuſtande ſind ſie begriffen? Ach! ſoll die Gemahlin nichts wiſſen / wenn die Gefahr ſo nahe zu ihrer See - len dringet?

Ahab.

Liebſte Gemahlin / es iſt nichts. Der Schlaff haͤnget uns zu / darum haben wir eine kurtze Ruhe im Bette geſucht.

Jſab.

Ach ſo muͤſſen diejenigen betrogen werden / welche die Wirckung der Liebe nicht empfunden haben. Es iſt eine Kranckheit vorhanden / mein Koͤnig.

Ahab.

Es hat keine Noth. Die Leute ha - ben unſere Ungnade verdienet / welche den Hoff mit einer falſchen Zeitung er - ſchrecket haben.

Jſab.

Ach die Ungnade faͤllt auff die betruͤb - te Gemahlin / weil ſie doch ſehen muß / daß ihr etwas verborgen bleibet / daran ihre Hoffnung und ihr Leben hanget.

Ahab.
118
Ahab.

Wir ſind nicht kranck: Jſt denn dieſes nicht genug?

Jſab.

Wer nicht kranck iſt / der nim̃t Spei - ſe zu ſich.

Ahab.

Ein Geſunder kan auch nach Belie - ben einen Faſt-Tag halten.

Jſab.

Aus einem ſolchen Faſt-Tag laͤſſet ſich gar ſchlechte Geſundheit abneh - men. Ach mein Koͤnig / was iſt denn vor ein Zufall / darvor unſere Sorge wachen ſoll.

Ahab.

Wir fuͤhlen nichts / es beſchweret uns nichts / wer uns etwas Gutes goͤn - net / der laſſe uns etwas ſchlummern.

Jſab.

Ach das iſt ein unzeitiger Schlaff.

(Die Scene faͤllt zu / und verbirget den Koͤnig.)

O weh! Nun iſt der Leib - Medicus wohl entſchuldiget / oder ich bin in gleicher Verdammniß. Es kan nicht anders ſeyn / es lieget dem Koͤnige was im Gemuͤthe / alſo / daß ihm der Kummer auch zu leiblichen Schmertz Anlaß giebet. Ach iſt niemand / der huͤlffloſen Perſonen mit einem guten Rathe erſcheinet.

An -119

Anderer Handlung Siebenzehender Auffzug.

Iſabel. Javan der oberſte Baals-Prieſter.
Jav.

Jhro Maj. ſie haben geruffet.

Jſab.

Liebſter Freund / wir wiſſen ſelbſt nicht / wen wir geruffen haben.

Jav.

Alſo hab ich auch nicht gewuſt / ob ich kommen ſoll.

Jſab.

Wir verlangen Rath und Huͤlffe.

Jav.

Gnaͤdigſte Koͤnigin / in was vor einer Sache?

Jſab.

Jn einer unbewuſten Sache.

Jav.

Da iſt der Rath unmoͤglich.

Jſab.

Das heiſt / wir ſollen verzweiffeln.

Jav.

Ach nein / es heiſt / man ſoll den Weg zur guten Hoffnung ſuchen / und wo - fern ich darff vorwitzig ſeyn / ſo wird die ungewiſſe Sorgfalt von Jhr. Maj. des Koͤniges Unpaͤßligkeit herruͤhren.

Jſab.

Dieſes Wort zwinget uns die Thraͤ - nen heraus. Alſo koͤnnen wir den Ur - ſprung dieſes Jammers nicht verhoͤlen.

Jav.

Es wird verhoffentlich keine Gefahr haben.

Iſab.
120
Jſab.

Wir ſind es aber nicht gewohnt / daß der Koͤnig die Urſache der Kranckheit nicht wiſſen laͤßt.

Jav.

Jhro Maj. wie wenn ſich ein getreuer Baals-Diener unterſtuͤnde nach dem Geheimniſſe zu forſchen.

Jſab.

Ach ein anders iſt forſchen / ein anders gewiß errathen.

Jav.

Wie wenn man auch das Geheimniß ſchon errathen haͤtte.

Jſab.

Jſt dieſes moͤglich / ſo begehet ihr eine groſſe Suͤnde / wenn ihr uns durch eure Verſchwiegenheit beleidiget.

Jav.

Behuͤte Baal! eine ſolche Patronin unſers geiſtlichen Ordens daꝛff nicht be - leidiget werden. Es iſt an dem / daß Jhro Majeſtaͤt zu Jeſreel ein beqvem Luſt-Haus anlegen wollen / und der Baumeiſter mag vermeynet haben / es wuͤrde das Werck etwas geſchickter zu diſponiren ſeyn / wenn Herr Naboth ſeinen Weinberg darzu uͤberlaſſen wolte.

Jſab.

Das iſt eine ſchlechte Sache. Durch tauſchen und kauffen kan man alles an ſich bringen.

Jav.
121
Jav.

Ja wohl haben ihre Majeſt. alle Mit - tel verſucht / ſie haben ſich gegen ihren Unterthan ſo erniedriget / daß man ſich verwundern muß. Gleichwohl blieb der hochmuͤthige Mann bey ſeiner ver - ſtockten reſolution, wie er das Erbtheil ſeiner Vaͤter nimmermehr enteuſern koͤnte. Dieſer Schimpff mag Jhr. Maj. nun tieff zu Hertzen gehen / weil ein Sclave und ein Unterthan der Koͤ - niglichen Hoheit ſo ſehr darff zuwider leben.

Jſab.

Ha / was waͤre vor ein Koͤnig - reich in Jſrael / wenn unſer Gemahl thaͤte / was die Unterthanen haben wol - len? Der Bettelhund ſoll mit ſeinem Weinberge am laͤngſten gepralet haben. Waͤre uns dieſer Schimpff begegnet / das Feld haͤtte mit ſeinem Blute ſchon ſollen geduͤnget ſeyn. Es iſt beſchloſſen / der verfluchte Naboth ſoll ſterben.

Jav.

Unſer heil. Orden wird einen groſſen Feind verlieren.

Jſab.

Deſto angenehmer ſoll die Rache ſeyn. Naboth iſt des Todes / deñ er will den Koͤnig toͤdten.

FJav.
122
Jav.

Allein unmaßgeblich von der Sache zu reden / es wuͤrde bey dem Volcke ſehr empfindlich auffgenommen werden / wenn der Mann ohn allen Schein des Rechtens ſterben ſolte.

Jſab.

Eine Schwalbe macht keinen Som - mer / und eine grauſame That macht keinen Tyrannen.

Jav.

Es ſolte aber an ſcheinbaren Urſachen nicht ermangeln. Man laſſe eine Fa - ſten ausſchreiben / und mitten in der Andacht laſſe man etliche falſche Zeu - gen aufftreten / welche den hochmuͤthi - gen Mann beſchuldigen / als haͤtte er Gott und den Koͤnig gelaͤſtert. Da - mit mag die Gemeine zufahren / und ſo viel Steine auff ihn werffen / als ſie will: Des Koͤnigs Perſon bleibet von allem Verdachte befreyet.

Jſab.

Der Rath iſt nicht uͤbel ausgeſonnen: Nur die falſchen Zeugen moͤchten das Spiel verderben.

Jav.

Darvor will ich ſorgen. Denn un - ter meinen Baals-Pfaffen iſt kein ein - tziger / der ſich auff meinem Befehl nicht zu einem Meineyde / uñ zu der ſchlim̃ſten Sache verſtehen wird.

Iſab.
123
Jſab.

Jſt es moͤglich / daß ihr ſo einen Tu - gendhafften Orden habt?

Jav.

Wo man dem Koͤnige und der Reli - gion mit einem Meineyde dienet / da bauet man ſich eine Stuffe in den Him - mel.

Jſab.

Gar recht. Wir wollen dem Koͤni - ge einen Troſt zuſprechen / und hernach in des Koͤniges Nahmen einen Befehl an die Elteſten nach Jeſreel ergehen laſ - ſen. Was die falſchen Zeugen belan - get / die werden euch auffs Gewiſſen ge - bunden.

Jav.

Jch will beweiſen / daß ich an gehoͤri - gen Orten falſch und zugleich auch Ge - wiſſenhafftig bin.

(Gehet ab.)
Jſab.

Nun wird der Geiſt wieder leben - dig / und nun wird Ahab wieder ſchlaffen und eſſen koͤnnen.

(Sie gehet zum Koͤnige hinein.)

Anderer Handlung Achtzehender Auffzug.

Sabadia Koͤniglicher Printz. Hoſcha.
F 2Sab. 124
Sab.

Mein ſage mir nur / wo haſt du den Mantel auffgeleſen?

Hoſ.

Wiſſet ihr nicht / daß ich ein Prophe - ten-Kind in der Baals-Pfaffen - Schule bin?

Sab.

Rede doch laut. Was ſagſt du? ein Propheten-Kind in des Teuffels Schule?

Hoſ.

Mit Zuͤchten zu reden / das war ziem - lich grob vor meine Wohlthat.

Sab.

Je / wem haſt du die Wohlthat er - wieſen.

Hoſ.

Euch und eurem gantzen Koͤniglichen Hauſe.

Sab.

Hilff Himmel! wie werden wir uns gegen dieſen Wohlthaͤter bedancken koͤnnen?

Hoſ.

Der Butter-Pretzel muß groß ge - backen ſeyn / wo ihr euch bedancken wollet.

Sab.

Aber insgemein pfleget man vor un - bekante Wohlthaten wenig Butter - Pretzel zu bezahlen.

Hoſ.

Ach ſo lieget es daran / daß ihm meine Wohlthaten nicht bekannt ſind.

Sab.

Du biſt ein feiner Menſch / dukanſt125kanſt meine Gedancken noch ziemlich faſſen.

Hoſ.

O ja / wenns zum faſſen koͤmmt / da greiff ich ſcharff zu. Doch laßt euch nur berichten. Hab ich nicht mit den Baals-Pfaffen itzo eine ſtatliche Ga - liarde getantzet / und iſt das nicht eine himmliſche Wohlthat?

Sab.

Du Phantaſte / was frage ich nach deinem Tantze.

Hoſ.

Hab ich nicht die Sarabande hinten nach auff einem Beine gemacht?

Sab.

Tantze meinetwegen auff dem Kopffe. Was geht es mich an?

Hoſ.

Laßt mich nur ausreden / es wird ſchon kommen. Hab ich nicht darzu ge - pfiffen wie ein Eſel / und geheulet wie eine Nachtigal.

Sab.

Jch hoͤre noch von keiner Wohlthat.

Hoſ.

Herr / nu koͤmmts. Jſt das nicht eurem Herrn Vater dem Koͤnige zum beſten geſchehen?

Sab.

Er mag ein ſchlechtes Labſal daraus empfunden haben.

Hoſ.

Ach wenn man kranck iſt / ſo koͤnnen die Baals-Pfaffen mit Singen undF 3Tan -126Tantzen groſſe Huͤlffe thun. Und iſt das nicht eine Wolthat ha? Soll mir ein Sohn nicht mit gebogenen Knien dancken / wenn ich den Vater beym Le - ben erhalte / ha?

Sab.

Wer iſt denn kranck / den du erhalten ſolt?

Hoſ.

Pfeifft euer Herr Vater nicht auff dem letzten Loche?

Sab.

Du Ertz-Boͤſewicht / ſolſtu aus Koͤ - niglichem Ungluͤcke einen Spott trei - ben? Siehe / dieſes haſt du verdienet.

(Schlaͤget ihn.)
Hoſ.
(ad ſpect.)

Sehet ihr / wie die Wol - thaͤter zu Hoffe tractiret werden?

(Laͤufft davon.)
Sab.

Ach weh! daß ich meinen Eiffer nur an einen ſolchen Sclaven auslaſſen ſoll. Jſt der Koͤnigliche Herr Vater kranck / ſo hat die zauberiſche Stieff - Mutter gewiß ein Suͤpgen gekocht / daß ihr Baſtarte den Thron deſto gewiſſer beſteigen ſoll. Ach weh! es iſt um uns geſchehen.

(Gehet ab.)
Drit -127

Dritter Handlung Erſter Auffzug.

  • Badezor der Printz.
    • Palal
    • Beor
    Elteſten.
Bad.

Alſo werden die Herren den Befehl von Jhr. Maj. verſtanden haben.

Pal.

Wir ſind Unterthanen / allein es ſchei - net wider Gott.

Beor.

Und die Falſchheit moͤchte an den Tag kommen.

Bad.

Jn Koͤniglichen Befehlen ſoll man nicht Gewiſſenhafftig ſeyn: Es gehet auff deſſelben Verantwortung / der es haben will.

Pal.

Ein Diener wird nur ſo weit ver - bunden / als die Gerechtigkeit ihr Ziel ſtecket.

Beor.

Und in unbillichen Sachen darff man ungehorſam ſeyn.

Bad.

Jhr guten Leute / was habt ihr vor ei - ne Beſchwerung von der uͤberfluͤßigen Ehrligkeit; Soll das wahr ſeyn / daßF 4ein128ein Diener ſeinem Herrn in unbilligen Sachen nicht gehorchen ſoll?

Pal.

Wir ſtehen in den Gedancken.

Beor.

Und die gantze Welt wird uns bey - fallen.

Bad.

Ach! ſind das nicht abſurditaͤten? Wer ſagt mir denn allezeit / ob die Sa - che unbillich iſt. Der Koͤnig iſt vielleicht gut genug / daß ein Unterthan von ſei - nem Befehl und von ſeiner Gerechtig - keit urtheilen ſoll.

Pal.

Wir reden von Sachen / die offenbar und gerecht ſind.

Beor.

Alſo richten die Unterthanen nicht ihren Koͤnig / ſondern ſie ergreiffen eine Sache / die ſchon gerichtet iſt.

Bad.

Wie kan mich doch die ſuperſtition in der Seelen ſchmertzen! Der Koͤnig befiehlet was / und da laͤſt ſichs wohl præſumiren / daß er die Billigkeit ſol - ches Befehls wohl erkennen wird. Nun will ſich ein Unterthan widerſe - tzen / und ſpricht / es waͤre unbillig. Wer ſoll nun Richter ſeyn? Jſt es beſſer / wenn der Koͤnig nachgiebet / oder kom - met es geſchickter herauß / wenn ſich dieein -129einfaͤltigen Unterthanen etwas demuͤ - thiger beqvaͤmen. Sie haben den Goͤttlichen Befehl vor ſich / daß man dem Koͤnige ſolle gehorſam ſeyn. Solte nun der Koͤnig auch was Ungerechtes aus Unwiſſenheit befehlen / ſo waͤren ſie vor der Welt und ihrem Gewiſſen ent - ſchuldiget. Denn ſie haͤtten als treue Unterthanen einen blinden Gehorſam abgeleget.

Pal.

Waͤre uns nur nichts davon geſagt worden.

Beor.

Warum ſollen wir eben wiſſen / daß falſche Zeugen dabey ſind?

Bad.

Jhro Maj. haben ſich deſſentwegen ſo vertraulich heraus gelaſſen / damit ſie der Koͤniglichen Gnade deſto beſſer moͤchten verſichert ſeyn. Jch darff nicht eben die Geheimniſſe des Koͤnig - lichen Hoffes entdecken; Aber wenn ſie wuͤſten in was vor reſpect ſie beyder - ſelts lebeten / und was ſie auch in kurtzer Zeit vor Belohnung zu hoffen haͤtten / ſie wuͤrden ſich ſchaͤmen / daß ſie mir nur mit einer difficultaͤt waͤren zuwider ge - weſt.

F 5Pal.
130
Pal.

Wir haben dieſen Zweiffel nicht deſ - ſentwegen entdecket / daß Jhro Majeſt. von uns ſolte beleidiget werden.

Beor.

Und es iſt nur geſchehen / daß unſe - re Treue deſto beſſer moͤchte bekannt werden.

Bad.

Und ich habe das Meinige verrichtet. Jhr. Maj. haben gute Gelegenheit ih - re getreue Diener auff die Probe zu ſe - tzen / und ſie ſelbſt werden wiſſen / was ſie vor recommendation und vor Be - lohnung verdienen ſollen.

(Gehet ab.)
Pal.

Was wollen wir thun? Des Koͤni - ges Hand und Siegel iſt da / daß Na - both ſterben ſoll. Wir koͤnnen wenig helffen / wenn wir uns gleich widerſe - tzen.

Beor.

Jch fuͤrchte / wir moͤchten ſo leichte in das Netz gezogen werden / als Naboth. Er iſt zwar mein guter Freund: Doch in der Welt muß ein ieder auff ſich ſe - hen / wo er bleibet / und alſo werde ich heute eine Falſchheit begehen muͤſſen.

Pal.

Die falſchen Zeugen moͤgen es auff ihr Gewiſſen hinnehmen: Wir wollen nach dem Geſetze urtheilen.

Beor.
131
Beor.

Bey dem Koͤnige ſind wir entſchul - diget / und bey dem Volcke trotzen wir auff unſere Gerechtigkeit.

Dritter Handlung Anderer Auffzug.

Die vorigen. Naboth, Amri, Naboths ſeine Kin - der. Jezer Elteſter. Laedan Koͤniglicher Richter.
Nab.

Es iſt eine Faſten ausgeſchrieben worden / und da wird man ſich wegen der Ehren-Stelle nichts einbilden duͤrffen.

Jez.

Wer dem Koͤnige mit ſo naher An - verwandſchafft verbunden iſt / der muß auch vor dem Volcke den Vorzug ha - ben.

Laed

Und wenn ich auch an dieſes Band nicht allzuviel gedencken wolte / ſo wiſſen wir doch / was ſeine Tugenden vor ei - nen reſpect verdienet haben.

Nab.

Ach worzu dienen die Reden / welcheF 6ſich132ſich mehr vor einen ſtoltzen Hoff-Die - ner / als vor einen bußfertigen Jſraeli - ten ſchicken.

Jez.

Das iſt die beſte Demuth / wenn man in oͤffentlichen Zuſammenkuͤnfften ſei - ner gebuͤhrenden Ehren-Stelle wahr - nimmt.

Laed.

Und wenn andere zu dem Vorgange genoͤthiget werden / ſo will man unver - diente Perſonen hoffaͤrtig machen.

Nab.

Der heilige Tag wird es nicht zuge - ben / daß wir uns mit unnoͤthigen Re - den auffhalten.

Pal.
(Kommt ihm entgegen)

Mein Herr koͤmmt eben zu gelegener Zeit. Denn im Nahmen des gantzen Volcks wird die Anſuchung gethan / daß er bey dieſer Faſten die Ober-Stelle bekleiden wolle.

Nab.

Die Ober-Stelle gehoͤret vor den Koͤnig.

Pal.

Und in deſſen Abweſenheit vor den naͤchſten Bluts-Freund des Koͤniges.

Nab.

Dem Koͤnige zu unterthaͤnigſtem Reſpecte ſoll ſie unbeſetzet bleiben.

Pal.

Dem Volcke zu Troſte / und zu Ver -meh -133mehrung der Andacht muß die Stelle beſetzet ſeyn.

Nab.

Alſo will ich dem Volcke gehorſa - men: Doch mit der Proteſtation, daß ſolches an meiner bußfertigen Demuth keinen Abbruch thun ſoll.

(Er nim̃t den oberſten Ort ein.)
Pal.

Die Herren Soͤhne werden folgen.

Nab.

Behuͤte Gott! wo man Ernſt-Sa - chen vor hat / da ſchickt es ſich nicht / daß man mit Kindern ſpielet. Entweder ich will die Stelle wieder verlaſſen / oder ſie muͤſſen unter dem Volcke ſtehen.

Pal.

Mein Herr laſſe ſich uͤberbitten.

Nab.

Jch habe dem Herrn die Freyheit - berlaſſen / etwas von mir zu erbitten. Nun iſt die Reihe an mir / daß ich et - was von ihnen erhalte / wofern ich ja zu wenig bin / daß ich meinen Kindern be - fehlen darff.

(Jezar fuͤhret die Soͤhne an das euſerſte Theatrum.)
Pal.

Auff Befehl des Herrn Vaters ſollen ſie da ihren Platz nehmen.

Nab.

Jch werde nicht allein ſitzen. Die Herren Elteſten nehmen ihre Stellen ein.

F 7Pal.
134
Pal.

Wie es befohlen wird.

(Sie ſe - tzen ſich)

Dritter Handlung Dritter Auffzug.

Dievorigen. Hilkia der oberſte Prieſter nebſt den ſingenden Prieſtern und dem gantzen Volcke.
Drey tieffe Trompeten werden ge - blaſen / das Volck und die Prieſter kom̃en in ihrer Ordnung her / und ſtellen ſich in einen Kreiß.
Hilk.

Nachdem der Durchlauchtigſte und Großmaͤchtigſte Koͤnig in Jſrael in Betrachtung der bißherigen und ſorg - lichen Laͤufften allerdings hochnoͤthig befunden / daß eine allgemeine Faſten moͤchte ausgeſchrieben / und alſo durch wahre Buſſe dem erzuͤrnten Himmel in die Ruthe gegriffen werden; Als wird ein iedweder getreuer Unterthan bey dem Reſpecte / welchen er der hohen Obrigkeit ſchuldig iſt / ja bey der Ehredes135des groſſen Gottes ſeibſt erinnert und vermahnet / alles fromm und heilig in Acht zu nehmen / welches zu einem ho - hen Buß-und Faſt-Tage dem Jſraeli - tiſchen Brauche nach erfodert wird. Wir Prieſter wollen das Unſere thun / ein iedweder wird wiſſen / wie er mit ſei - ner Andacht uns nachfolgen wird.

(Sie fangen an zu ſingen / und wer - den allemal tieffe Trompeten dar - zwiſchen geblaſen.)
Baſs.

Kommt herzu die Zeit iſt da / Fallet GOtt zu Fuſſe Durch betruͤbte Buſſe / Sonſten iſt die Straffe da.

Chor.

Wir kom̃en in ſchuldiger Demuth getreten / Und buͤſſen das Ubel mit Faſten und Beten.

Baſs.

GOtt der dort zu Abraham Als ein Gnaden Vater kam /

Chor.

Der komme noch ferner zu Abra - hams Kindern / So werden die Straffen ſich ſelb - ſten vermindern.

Baſs.
136
Baſs.

GOtt der Jſaacs Schutz Altar Und des Jacobs Beyſtand war.

Chor.

Der gebe noch ferner ſein hohes Gedeyen / So wird ſich der Samen von Ja - cob erfreuen.

Baſs.

GOtt der ſeinen Wunderſtab Moſi in die Haͤnde gab /

Chor.

Der laſſe noch ferner ſein Wunder erkennen / So lange wir Moſen in Jſrael nen - nen.

Dritter Handlung Vierdter Auffzug.

Die vorigen.
    • Nimſi Oboth
    Koͤnigliche Bedienten.
Nim.

Bey dieſer Andacht moͤchte man in GOttes Straffe verfallen / weil ſich eine verfluchte Perſon darunter befin - det.

Ob.

Jch werde mich gleichfals abſentiren / wofern ein Verfluchter in dem Volcke Gottes ſoll oben an ſtehen.

Nim.
137
Nim.

Wer um die Ehre GOttes eiffert / der folge mir.

Ob.

Und wer die Maj. des Jſraelitiſchen Koͤniges in Ehren haͤlt / der bleibe nicht zuruͤcke.

Jez.

Heiſt das der heiligen Faſten ihr Recht gethan / wenn man das Volck zu einem Auffſtande reitzen will?

Nim.

Es iſt ein Auffſtand / daran GOTT ſelbſt ein Gefallen hat.

Ob.

Und wer itzo ſtille ſitzet / der mag ein Verraͤther des Koͤniges heiſſen.

Jez.

Dieſe Worte ſind gefaͤhrlich / und ich kenne Perſonen / die ihr Leben daruͤber verlohren haben.

Nim.

Wer einen Gotteslaͤſterer ſchuͤtzen will / der komme und toͤdte mich.

Ob.

Und wer den Koͤnig kan verſpotten laſſen / der reiſſe mir das Hertze aus dem Leibe.

Jez.

So macht doch dieſelben Gotteslaͤ - ſterer nahmhafftig / damit wir uns der - ſelben entſchuͤtten koͤnnen.

Nim.

Derſelbe wird ſich uͤbel verklagen laſſen / der oben an ſitzet.

Ob.

Und wenn ich ſagte dieſer Nabothhabe138habe GOTT und den Koͤnig geſegnet / was wuͤrden wir damit ausrichten?

Jez.

Wer hat ſich der hoͤchſten Straffe ſchuldig gemacht?

(Sie ſtehen alle auff)

er ſoll ſterben / und wenn er ſei - nen Sitz noch ſo ſehr erhoͤhet haͤtte.

Nim.

Naboth iſt der Mann / der den Na - men Gottes mit ſeiner verfluchten Zun - ge entheiliget hat.

Ob.

Naboth iſt der Mann / welcher mit ſeinen Worten der Koͤniglichen Hoheit zunahe getreten iſt.

Nab.

Wer iſt ſo unverſchaͤmt / daß er die Unſchuld auch in der oͤffentlichen Ge - meine verfolgen will?

Jez.

Niemand iſt gerecht / und niemand iſt unſchuldig / ehe man die Sache unter - ſuchet hat.

Nab.

Dieſe Kerlen klagen mich an in ei - ner Sache / die ſie nimmermehr bewei - ſen koͤnnen.

Jez.

Fuͤhren ſie keinen Beweiß / ſo wird das Blut von ihrem Kopffe gefodert werden.

Nim.

Hier ſtehen die Zeugen / welche von ſchrecklichen Dingen ſagen werden / de -rer139rer ſich ein Menſch von dieſem alten Rebellen nimmermehr verſehen haͤtte.

Nab.
(ſpringt hervor)

Wer ſoll mich in meiner Unſchuld uͤberzeugen? Hier ſtehe ich / und ſo wahr der gerechte Gott mein Hertze pruͤffet / ſo wahr will ich auch alle Verleumdungen zu ſchanden machen.

Nim.

Wo Gewalt vor Recht gehen ſoll / und wo der Beklagte ſich trotzig anſtel - len darff / da wird ſich ein iedweder ſchaͤmen ein freyes Zeugniß abzulegen.

Jez.

Mein Herr / Naboths Unſchuld ſoll nichts abgehen / er hindere uns Elteſten in dem wichtigen Amte nicht / wir koͤn - nen die heiligen Faſten nicht fortſetzen / wo die Blutſchuld von Jſrael nicht gethan iſt.

Nab.

So moͤgen ſie hervor treten / ich weiß doch wohl / daß ſie mit Grund der Warheit nichts wider mich auff - bringen koͤnnen.

Jez.

Wer ſind die Zeugen?

Nim.

Mein Herr / ſie ſtehen hier.

(Die 2. Zeugen treten hervor.)
Drit -140

Dritter Handlung Fuͤnffter Auffzug.

Die vorigen.
    • Kora Reſeph
    falſche Zeugen.
Jez.

Wie ſind eure Nahmen?

Kor.

Mein Herr / ich heiſſe Kora, eines Frembdlingens Sohn von Tyro.

Reſ.

Und ich heiſſe Reſeph, aus dem Stam̃ Manaſſe.

Jez.

So habt ihr was unziemliches wider dieſen Naboth gehoͤrt?

Kor.

Allerdings haben wir mehr gehoͤrt / als wir von unſerm Munde bringen wollen.

Reſ.

Und wenn wir ohne Gefahr ſchwei - gen koͤnten / ſo wolten wir dieſes Zeug - niſſes gar gerne uͤberhoben ſeyn.

Jez.

Wer die Warheit ſaget / der ſtehet bey Gott und dem Koͤnige in Gnaden: Drum vollfuͤhret eure Erzehlung.

Kor.

Dieſer Naboth gieng in ſeinem Weinberg ſpatziren.

Nab.

Das iſt in vieler Zeit nicht geſche - hen.

Reſ.
141
Reſ.

Jch bin darbey geweſen: Niemand wird uns beyde zu Luͤgnern machen.

Kor.

So gruͤſten wir ihn im Namen des Herrn.

Nab.

Wie ſoll mich der gruͤſſen / der mich nicht geſehen hat?

Reſ.

Allerdings haben wir den Gruß ab - geleget.

Kor.

Doch an ſtatt des Danckens muſten wir hoͤren / daß er keinen Gruß von die - ſem Herrn verlangte / welcher das Land mit einem gottloſen und ketzeri - ſchen Koͤnige geſtraffet haͤtte.

Nab.

Wenn ihr was ertichten wollet / ſo muͤſſet ihr die Sache nicht ſo grob ma - chen / ſonſt wird ſie unglaͤublich.

Reſ.

Eben dieſe Worte ſind geredt wor - den / ich bezeuge es.

Kor.

Wir gaben zur Antwort / er ſolte ſich beſinnen / und wo er mehr Wein zu ſich genommen / als er vertragen koͤnte / ſo moͤchte er nur den Rauſch in Zeiten ausſchlaffen.

Nab.

Ach GOtt / dir iſt meine Maͤßigkeit bekannt! ich ſoll mich einer Voͤllerey beſchuldigen laſſen / und du wirſt es ambeſten142beſten wiſſen / was ich von Jugend auff vor einen Abſcheu an dieſem Laſter ge - habt habe.

Reſ.

Jch ſage nicht / daß er dazumal trun - cken geweſen / allein ich wolte nur die - ſes hohe Verbrechen dadurch entſchul - digen helffen.

Nab.

Ach ihr verfluchten Buben / was ſolt ihr mich entſchuldigen? Jch mercke wohl / daß ihr einen verdammten An - ſchlag uͤber mich ſchmieren wollet: Al - lein der Herr ſoll Richter ſeyn / der wird eure Boßheit an das Licht bringen / und zur Straffe ziehen.

Kor.

Sollen die Zeugen mit ſchimpffli - chen Titeln tractiret werden / ſo appelli - re ich an den Koͤnig / der mag meine Ge - rechtigkeit unterſuchen laſſen.

Reſ.

Und ich proteſtire / daß ich kuͤnfftig kei - ne Schuld tragen will / ſofern ich eine Blutſchuld wider Gott und den Koͤnig verſchweigen werde.

Jez.

Nicht ſo / nicht ſo ihr Leute; Hier gilt kein Anſehen der Perſon. Wer einer Miſſethat uͤberzeuget iſt / der muß ſter - ben. Jhr Herren Collegen / was duͤn -cket143cket euch von dieſer gefaͤhrlichen Sa - che.

Beor.

Die Zeugen muͤſſen ihre Auſſage durch einen oͤffentlichen Eyd erhalten.

Pal.

Jch haͤtte mehr zu erinnern: Aber man muß zuvor ſehen / ob ſie werden in dem Eyde beſtaͤndig ſeyn.

Laed.

Und der Eyd muß durch den Prie - ſter abgefodert werden.

Hilk.

So hoͤre nun alles Volck / iſt es recht / daß die Zeugen zu einem Eyde genoͤthi - get werden.

(alle zuſammen)

Ge - lobet ſey Gott / und lange lebe der Koͤ - nig / es iſt recht / und alles Volck ſage Amen.

Hilk.

Naboth ſo kommet her / und knict nieder; Eure Unſchuld oder eure Boß - heit muß an den Tag kommen.

Nab.

Was ſoll ich knien? Dieſes muß mir zugemuthet werden / wenn man mich uͤberwieſen hat.

Hilk.

Wer auff ſeine Unſchuld trotzen kan / der darff ſich keines boͤſen Ausganges beſorgen.

Nab.
(Kniet)

Hie bin ich / wer eine Handvoll Blut haben will / der habe denSegen144Segen und den Lohn darzu / den er ver - dienet hat.

Hilk

Jhr beyden Zeugen kommet herzu / leget die Haͤnde auff des beſchuldigten Haupt / und ſprecht mir die Worte or - dentlich nach.

Reſ.
(Zeucht Kora auff die Seite / und ſagt heimlich zu ihm:)

Das habe ich nicht gewuſt / daß man uͤber der leicht - fertigen Sache ſeine Seele verſchwe - ren ſoll.

Kor.

Ach du Narr / lege nur das Eyd ab / unſere Baals-Pfaffen haben die Ge - walt Suͤnde zu vergeben / ſie werden uns ſchon ein gutes Hertz zuſprechen.

Hilk.

Jhr Zeugen / was verziehet ihr?

Kor.

Der gute Menſch machet ſich ein Ge - wiſſen / daß er mit ſeinem Zeugen dieſes Mannes Tod befoͤrdern ſoll.

Hilk.

Der Tod eines ſchuldigen Mannes iſt bey Gott ſo angenehm / als ein Opf - fer. Tretet herzu / und verrichtet / was euch befohlen iſt.

(Sie treten hey - zu / und legen die Haͤnde auff den Kopff.)
Kor.

Und hiermit will ich mein Zeugniß be - kraͤfftigen.

Hilk.
145
Hilk.

So verhaͤlt ſich dieſes in der War - heit ſo / was ihr bekennet habt?

Kor.

und Reſ. Ja es verhaͤlt ſich ſo.

Hilk.

Soll Gott euren Saamen vom Erdboden vertilgen / und ſoll euer Nah - me aus dem Buche des Lebens gele - ſchet werden / ſo fern ihr die Unwarheit ſaget?

Kor.

und Reſ. Ja es ſoll geſchehen.

Hilk.

Und ſo bleibet ihr nochmals darbey / ſo wahr ihr der zeitlichen und ewigen Blutſchuld wollet befreyet ſeyn?

Kor.

und Reſ. Ja wir bleiben darbey.

Hilk.

Es iſt klar / Naboth muß ſterben / o - der Gott bleibet unverſohnet / und die Faſte wird vergebens gehalten.

(Sie treten auff die Seite / die vier Elteſten ſpringen von ihren Stuͤ - len / und treten in die Mitten.)
Jez.

Ach es iſt mir von Hertzen leid / wo die - ſer redliche Mann zu guter letzt ſo eine Thorheit begangen hat.

Beor.

Jch wolte die Helffte meines Blutes auffſetzen / wenn der Sache zu rathen waͤre: Allein wer will ſich an Gott und dem Koͤnige verſuͤndigen.

GPal.
146
Pal.

Wo man dem ehrlichen Manne helf - fen will / ſo darff man keine Handvoll Blut darzu. Man unterſuche die Zeug - niſſe beſſer.

Laed.

Man verhoͤre ſie abſonderlich / alſo - dann erkenne man / ob ihr Zeugniß - berein ſtimmen wird.

Jez.

Man koͤnte ſich in der langen Verhoͤr vertieffen / biß der Faſt-Tag wieder zu Schanden ginge.

Pal.

Wer unſchuldigen Perſonen zur Ge - rechtigkeit hilfft / der thut den beſten Gottesdienſt.

Beor.

Der Prieſter hat den Eyd abgefo - dert / und ſein Ausſpruch iſt Gottes Stimme.

Laed.

Es iſt nicht das erſtemal / daß ſich verwegene Leute zu einen Meineyde verbunden haben. Man verhoͤre die Zeugen abſonderlich.

Jez.

Es ſcheinet / als wenn etliche unter den Elteſten an der Gotteslaͤſterung Gefal - len haͤtten.

Beor.

Und durch eine lange Verhoͤr wol - len ſie die Laͤſterung wider den Koͤnig verdoppeln.

Pal.
147
Pal.

Wo gehet der Gerechtigkeit was ab / wenn man einem Beklagten die Rich - terlichen Wolthaten zukommen laͤßt.

Laed.

Jch ſage noch einmal / man uͤberei - let ſich / wo der Beklagte wegen dieſer ungewiſſen Ausſage ſterben ſoll.

Jez.

Wollen andere kluͤger ſeyn / ſo moͤgen ſie an meine Stelle treten. Meinet - wegen mag Naboth gar loßgezehlet werden.

Nim.

Das Volck richtet ſich nach des Prieſters Ausſpruche. Wollen ſich die Elteſten zancken / ſo moͤgen ſie es thun / wenn Naboth geſtorben iſt. Auff ihr rechten Jſraeliten / greifft nach den Steinen / Gott und der Koͤnig will durch dieſes Blut geehret ſeyn.

(Sie fangen einen Tumult an / die Trompeten klingen darzwiſchen / und alſo wird Naboth von dem gantzen Volcke geſteiniget / Na - boths beyde Soͤhne gehen durch. Jn waͤhrendem Tumulte faͤlt die Mittel-Scene zu / und verbirget den Todten / auch die Prieſter / die Elteſten und Soldaten ſchleichenG 2all -148allmaͤhlich von dem Theatro. Auch ehe ſolches geſchehen kan / iſt Ho - ſcha dabey / und treibet ſeine Kurtz - weil.

Dritter Handlung Sechſter Auffzug.

    • Enan Michri
    Buͤrger von Jeſreel.
En.

Nun wir haben eine Faſten erlebet / welche unſere Kindes-Kinder nicht ver - geſſen werden.

Mich.

Jch halte davor Naboth iſt un - ſchuldig.

En.

Wo die Manier auffkommet / ſo muͤſ - ſen wir uns alle ſteinigen laſſen.

Mich.

Die alten Herren hatten Luſt dar - zu / drum eileten ſie mit dem armen Suͤnder / daß ſie nur ſeiner loß wurden.

En.

Und wenn ich nur haͤtte die Zeugen kennen ſollen. Wo ins kuͤnfftige alle Schelmen zum Schweren gelaſſen werden / ſo wird kein redlicher Mann ſi - cher ſeyn.

Mich.
149
Mich.

Jch traue meinem Geſichte nicht viel / ſonſt wolte ich ſagen / ich haͤtte einen Zeugen bey den Baals-Pfaffen geſe - hen.

En.

Jch wills nicht widerſtreiten: Die Herren haben eine feine Religion / wenn es zum Schweren koͤmmt.

Mich.

Sie thun heute einen Schwur / daß ſie morgen falſch ſchweren wollen / alſo begehen ſie die Suͤnde mit gutem Ge - wiſſen.

En.

Gott erbarme ſich der Tugend / die in ihre Klauen gerathen wird.

Mich.

Ach Gott erbarme ſich der Leute / die unſchuldig unter ſolchen Leuten ge - aͤngſtiget werden.

En.

Der ehrliche Naboth hat das Seini - ge uͤberſtanden.

Mich.

Wehe denen / die ſich noch alle Tage fuͤrchten muͤſſen.

En.

Es ſoll mich Wunder nehmen / wo die Baals-Pfaffen keinen Anſpruch auff ſeinen Weinberg machen.

Mich.

Was haͤtten denn die Kinder ge - ſuͤndiget / daß ſie das Erbtheil verlieren ſolten?

G 3En.
150
En.

Vielleicht muͤſſen ſie zugleich ſterben.

Mich.

Jch beſorge ſehr / die Grauſamkeit wird bey der eintzigen Perſon nicht auffhoͤren.

En.

Ach du getreuer Naboth / dein Tod wird meinen Haß wider die verfluchten Baals-Pfaffen lebendig machen.

Mich.

Ach Naboth meine Thraͤnen ſollen Zeuge ſeyn / daß ich dich als einen un - ſchuldigen Mann beweine.

En.

Ach Naboth / wenn deine Feinde im e - wigen Schimpffe liegen werden / ſo wird man von deiner Unſchuld ewig zu ſagen wiſſen.

(Gehet ab.)
Mich.

Ach weh! der Vornehmſte aus un - ſerm Volcke iſt dahin.

(Gehet ab.)

Dritter Handlung Siebender Auffzug.

Badezor der Printz von Zidon / Hoſcha. Jezer der Elteſte von Jeſreel.
Bad.

Biſt du nicht beym Opffer gewe - ſen?

Hoſ.
151
Hoſ.

Das war eine Fꝛage vor einen neu - gebackenen Baals-Pfaffen.

Bad.

Die Antwort ſolte mit neubackenen Naſeſtuͤbern belohnet werden.

Hoſ.

Jch will hoffen / mein Ehren-Kleid wird was beſſers verdienet haben.

Bad.

Was auff die Naſe koͤmmt / das wird dem Ehren-Kleide kein præjudiz erwe - cken.

Hoſ.

Wo ich alle Tage im Naſen-Fut - ter gehen ſoll / ſo lauffe ich aus dem Orden.

Bad.

Sagſtu mir noch nicht / was beym Opffer und bey der Faſten vorgangen iſt?

Hoſ.

Jch bin ein Baaliter. Was gehen mich die Ketzer an.

Bad.

Du bleibſt ein Narr / wenn du gleich zehn Baals-Caſeln uͤbereinander wuͤrffeſt. Da koͤmmt einer / der mich beſſer berichten ſoll.

(Jezer koͤmmt.)
Hoſ.

Und da iſt einer / der wohl anderswo hin ſpatzieren kan.

Bad.

Jch erfreue mich den Herrn anzu - treffen.

Jez.

Uñ ich veꝛgnuͤge mich einer ſo gnaͤdigen Perſon zu begegnen.

G 4Bad
152
Bad.

Jſt der Poſſen gleichwohl angegan - gen / hat Naboth ſterben muͤſſen?

Jez.

Ja vor dißmal iſt er tod: Wir haben gethan / was Recht und Urthel mit ſich bringet.

Bad.

Aber hatte das Volck irgend ein Mitleiden?

Jez.

Man ließ die Sache nicht zu einem weitlaͤufftigen Mitleiden kommen. Ehe das Volck der Sache nachdencken kon - te / ſo war die execution vollzogen.

Bad.

Jhr habt das Eurige wohl verrichtet; Allein wie ſtelleten ſich die unſchuldigen Kinder / daß ſie den Vater auch im To - de begleiten ſolten?

Jez.

Was vor Kinder / mein Herr?

Bad.

Jſt das nicht Rechtens bey euch / daß eine ſolche Blutſchuld an einer gantzen Familie geſtrafft wird?

Jez.

Wir haben den Willen Jhro Maj. ſo weit nicht errathen koͤnnen?

Bad.

Alles iſt verlohren und verdorben / wo die Kinder nicht heute noch zur Straffe geſucht werden / und wenn es nachblei - ben ſolte / ſo moͤchte das Blut / welches ihr wider des Koͤniges intention vergoſ -ſen153ſen habet / auff euren Koͤpff kommen.

Jez.

Mein Herr gebe ſich zufrieden: Gleich itzo ſoll Befehl ergehen / daß ſeine Kin - der ſterben ſollen.

Bad.

Es wird dem Koͤnige gedient / und ſo wird euer Lohn gedoppelt.

(ad ſpect.)

Ja wohl / ſo hat der Koͤnig das naͤchſte Recht zum Weinberge / wenn die Kin - der vor die Hunde gehen.

(Gehet ab.)
Jez.

Jch ſehe wohl / wer ſich groſſen Herren zu Gefallen in eine Suͤnde waget / der muß die Probe mehr als einmal able - gen. Doch ehe ich meinen Hals will in Gefahr ſetzen / ſo moͤgen den unſchul - digen Kindern die Haͤlſe gebrochen werden.

(Gehet ab.)

Dritter Handlung Achter Auffzug.

Ahaſia der Koͤnigliche Printz. Thirza Naboths Tochter.
Ahaſ.

Meine Schoͤne / ſo hat ſie beſchloſſen traurig zu ſeyn.

Thir.

Mein Printz / ſo wenig das WetterG 5in154in meiner Gewalt ſtehet / daß ich uͤber Regen und Sonnenſchein gebieten kan / ſo wenig kan ich meinem Gemuͤthe befehlen / wenn ich mit melancholiſchen Gedancken belaͤſtiget werde.

Ahaſ.

Allein hierdurch werden auch meine Gedancken belaͤſtiget.

Thir.

Es iſt mir leid / und gleichwohl habe ich keine Schuld.

Ahaſ.

Man ſaget ja ſonſt im Spruͤchwort / die Liebe ſey ſtaͤrcker als der Tod / war - um ſoll denn meine Liebe nicht ſtaͤrcker ſeyn als ihr Betruͤbniß.

Thir.

Mein Printz / waͤre es moͤglich / daß ein Blick zu meinem Hertzen offen ſtuͤn - de / ſie wuͤrden ſelbſt geſtehen / daß ich in tauſend Aengſten verſchmachten moͤchte.

Ahaſ.

Aber alſo dann wuͤrde ich auch die Urſache darbey erkennen.

Thir.

Jch weiß nicht / was mich druͤcket: Aber ich bin in rechter Todes-Angſt be - griffen.

Ahaſ.

Mein Kind! wo ſie von Todes - Angſt reden will / ſo werde ich auch we - nig Lebens-Gedancken fuͤhren duͤrffen.

Thir.
155
Thir.

Es ahnet mir was: Es mag nun meinen oder der Meinigen Tod bedeu - ten / ſo beſorge ich doch / das Ungluͤck wird mir nahe genug kommen.

Ahaſ.

Sie fuͤrchte ſich nicht: Ehe ſie dem geringſten Ungluͤcke ſoll unterworffen ſeyn / ehe will ich die Pfeile mit meiner bloſſen Bruſt aufffangen.

Thir.

Vielleicht ſterben wir alle beyde.

Ahaſ.

Aber vielleicht bleiben wir alle leben - dig.

(Kuͤſſet ſie.)

Dritter Handlung Neundter Auffzug.

  • Michri ein Buͤrger von Jeſreel. Ahaſia der Koͤnigliche Printz.
    • Thirza, Amri, Nebath.
    Naboths Kinder.
Mich.

Ach! ihr Kinder / itzo muͤſt ihr lauf - fen lernen / die Verfolgung iſt zu grim - mig.

Amr.

Ach was haben wir gethan?

Mich.

Eben darum ſolt ihr ſterben / weil ihrG 6nichts156nichts gethan habt. Kommt nur fort / biß wir eine Hoͤle finden / darinn ihr euch vor dem Ungluͤcke verbergen koͤn - net.

Ahaſ.

Guter Freund / wohin ſo eilfertig?

Mich.

Ach weh / was ſoll ich ſagen?

Thir.

Hilff Himmel / es ſind meine Bruͤ - der! Ach mein liebes Maͤnnchen / wie ſchet ihr ſo erſchrocken aus?

(Sie kuͤſ - ſet Nebath.)
Neb.

Jch ſoll ſterben / und wo ich nicht ſter - ben will / ſo muß ich mich verſtecken.

Thir.

Mein liebes Maͤnnchen wer hats geſagt?

Neb.

Jch weiß nicht. Der Mann da muß es beſſer wiſſen.

Thir.

Ach was ſtecket vor ein Geheimniß hinter dieſer Sache? Mein Freund haltet euch nicht auff / und ſaget mir die Warheit.

Mich.

Die Noth zwinget mich / daß ich die Warheit ſagen muß: Naboths ge - ſammte Kinder werden zum Tode ge - ſucht: Alle Straſſen ſind voller Kund - ſchaffer zu Roß und Fuß / mit ausdruͤck - lichem Befehl / daß ſie tod oder lebendigſollen157ſollen gelieffert werden: Alſo habe ich in Betrachtung der alten Freundſchafft einen Schlupff-Winckel vor die un - ſchuldigen Kinder ſuchen wollen.

Ahaſ.

Ein Koͤnigs Sohn ſoll ſo viel Kraͤff - te haben / alle Kundſchaffer zu erſchre - cken. Doch warum ſitzet Herr Na - both ſtille? Kan er ſich dieſer Gewalt nicht widerſetzen?

Mich.

Ach es iſt unmuͤglich.

Thir.

O weh! die Urſache meiner Trau - rigkeit eroͤffnet ſich.

Mich.

Er iſt als ein Gottes-und Koͤnigs - Laͤſterer geſteiniget worden.

Thir.

Ach Himmel! Jch folge dem Herrn Vater.

(Sie will niederſincken.)
Ahaſ.

Ach meine Schoͤne / will ſie mir in den Armen ſterben? Ach kommt und helffet Rath ſchaffen. Darnach wol - len wir auch ſehen / wie den andern ge - holffen wird.

Mich.

Jch beſorge / der gute Rath wird ſich ſehr theuer machen.

(Thirza wird von ihnen hinein gebracht.)
G 7Drit -158

Dritter Handlung Zehender Auffzug.

  • Hoſcha.
    • Nimſi Oboth
    Koͤnigliche Bedienten mit etlichen Soldaten.
Hoſ.

Luſtig / nun hab ich von meinem Com - mendanten die Freyheit / daß ich wieder als ein Politicus auffziehen mag / und da kriegen mich die braven Leute gleich in ihre Compagnie / daß ich ein Menſchen - Fiſcher werden ſoll.

Nim.

Nun biſt du parat / wo wir etwas finden / ſo ſtehts uns nicht an / daß wir zugreiffen.

Ob.

Und du wirſt mit deinen Handlangen was verdienen koͤnnen.

Hoſ.

Jch laſſe mich nicht bezahlen als ein Handlanger: Jch daͤchte / ſo ein Alt - Geſelle haͤtte was beſſers verdient.

Nim.

Die Probe wird es ausweiſen / was du verdienen kanſt.

Ob.

Und es ſcheinet / als wenn wir etwas von unſerm Wildprete merckten: Wir werden uns verſtecken.

(Sie verſte - cken ſich.)
Drit -159

Dritter Handlung Eilffter Auffzug.

Michri ein Buͤrger von Jeſreel. Amri Naboths Sohn. Hernach die Verſteckten.
Mich.

Ach bleibet doch zuruͤcke / ich ſoll vor die Patienten etwas Artzney holen / dar - nach komm ich wieder.

Amr.

Ach mein Freund / ich gebe euch nur auff etliche Schritte das Geleite.

Mich.

Auch in etlichen Schritten koͤnnen wir verrathen werden.

Amr.

Jch will mich ſchon in acht nehmen / es ſoll mich niemand antreffen.

Mich.

Nun ſo lebet wohl / Gott helffe / daß ich euch in wenig Stunden wieder ge - ſund antreffe.

(Gehet ab.)
Amr.

Jch will hoffen / es wird mir nichts Gefaͤhrliches begegnen. Ach waͤre mein ſeliger / mein unſchuldiger Herr Vater ſo gluͤckſelig geweſen / daß er ſei - nen Feinden ſo leichte haͤtte entlauffen koͤnnen / ach ſo wolten wir unſer Leben noch etwas beſſer in acht nehmen.

Hoſ.
160
Hoſ.
(Koͤmmt hinter ihm her geſchli - chen.)

Einen gluͤckſeligen guten Tag / mein liebes Junggeſellgen.

Amr.
(Entſetzet ſich.)

Wer iſt da?

Hoſ.

Ein guter Freund.

Amr.

Die guten Freunde ſind heutiges Tages gar ſeltſam.

Hoſ.

Ja meinesgleichen ſind nicht viel an - zutreffen.

Amr.

Aber was habt ihr hier zu thun? fon - ſten gehet die Straſſe nicht hierher / daß viel Leute einander begegnen ſollen.

Hoſ.

Weil ihr mein guter Freund ſeyd / ſo will ich nur gleich zuſagen / was ich zu verrichten habe. Es ſoll hier ein Schatz verborgen liegen / und der ſoll mir be - ſcheret ſeyn.

Amr.

Was hat man denn vor ein Merck - mahl / wenn einem der Schatz beſcheret iſt?

Hoſ.

Jch gieng gleich die Straſſe hin / ſo ruffte was dreymal nach einander: Hundsfutte / da dachte ich wol / ich wuͤr - de gemeynet ſeyn / uñ nun waꝛte ich nur / biß ein Feuerfuncken auffſpringet / da will ich ſchon der Naͤchſte beym Scha - tze ſeyn.

Amr.
161
Amr.

Jch beſorge immer / es wird heute ein Tag ſeyn / da die Feuer-Funcken nicht ſpringen.

Hoſ.

Unterdeſſen thue ich das Meinige und ſuche.

(Nimſi Oboth kommen hervor ge - ſprungen.)
Nim.

Wer iſt der Schelm / der andern Leuten in das Gehege koͤmmt?

Ob.

Wir wollen dir weiſen / was Forſt - Gerechtigkeit vor ein Ding iſt.

Hoſ.

O ihr Herren / ich bin der alten Kraͤu - ter-Frauen ihr Sohn: Jch wolte nur ſehen / ob die Weißwurtzel hier waͤchſt / ich thue ſonſt keinen Schaden.

Nim.

Da fragen wir viel darnach / wer deine Mutter iſt; Wir haben Befehl / daß wir alle Strauchdiebe greiffen ſollen.

Hoſ.

Je nu / wenn ihr mich ja greiffen wol - let / ſo greiffet mir nur an einen Ort / da mirs wohl thut / und das bitte ich / laſſet mir nur den lieben Menſchen zufrieden: Denn das weiß ich / daß er gantz und gar nichts gethan hat.

Ob.

Du ſolſt uns vorſchreiben / was wirthun162thun oder laſſen ſollen. Fort / gebet euch gefangen / und laſſet euch die Wege weiſen.

Hoſ.

Jch will doch ſehen / was ihr mit mir machen werdet.

Amr.

Aber warum ſoll ich mitgehen? Jch habe nichts gethan. Der Weg wird nicht verboten ſeyn.

Nim.

Seht doch den naſeweiſen Purſchen an. Es iſt Wunder / daß ihr uns nicht gefangen nehmet.

Amr.

Jch will niemanden zureden; Aber das iſt doch wahr / ich habe nichts ge - than.

Ob.

Wir ſind deßwegen nicht ausgegan - gen / daß wir im Puſche Ceremonien machen. Wem unſere Manier nicht gefaͤlt / der mag ſich wehren.

Nim.

Du Vogel greiff zu / oder wir laſſen dich greiffen.

Amr.

Jch will mich gerne loͤſen / ich will euch geben / was ihr haben wolt / braucht nur keine Gewalt an mir.

Hoſ.

Jch proteſtire / daß ich es nicht gerne thue. Nun fort fort.

(er ſchleppet ihn hinein.)
Dritter163

Dritter Handlung Zwoͤlffter Auffzug.

Ahaſia der Koͤnigliche Printz. Nimſi ein Koͤniglicher Bedienter.
Ahaſ.

Der junge Menſch hat ſich aus un - ſerer Geſellſchafft gemacht. Jch be - ſorge gewiß / er wird etlichen falſchen Freunden in die Haͤnde gerathen ſeyn. Doch ſiehe da / was will dieſer unver - hoffte Gaſt.

Nim.

Jhro Durchlauchtigkeit laſſen ſich meine Ankunfft nicht uͤbel gefallen. Jch habe eine Commisſion, die ich lieber ei - nem andern wuͤnſchen moͤchte.

Ahaſ.

So werde ich vielleicht nicht einmal verlangen die Commisſion anzuhoͤren.

Nim.

Jch muß das Meinige thun. Es will verlauten / als haͤtten Eu. Durchl. des Naboths Kinder in Schutz genom - men / und weil ſie gleichwohl als ver - dammte Perſonen noch dieſen Tag ſterben muͤſſen / wofern der heiligen Fa - ſten kein Abbruch geſchehen ſoll; So leben ſo wohl die geſammten Elteſtenin164in Jeſreel / als auch die Prieſter / nebenſt dem gantzen Volcke des gehorſamen Vertrauens / Eu. Durchl. werde in dieſer gerechten Sache keine Hinderniß ihnen in den Weg werffen.

Ahaſ.

Hoͤrt doch / wolt ihr Naboths Kin - der von mir haben / und kommt allein auffgezogen.

Nim.

Wo man ſich einer guten reſolution erſiehet / da darff man keine armée auff - bieten.

Ahaſ.

Aber ich ſage / wenn ſich auch das gantze Volck Jeſreel wider mich em - poͤren ſolte / ſo wuͤrde doch die Sache zweiffelhafftig bleiben / ob Naboths Kinder eben dieſen Tag ſterben ſol - ten.

Nim.

Durchl. Printz / was haben ſie vor Urſache / daß ſie Gott und dem Koͤnigl. Herrn Vater zuwider leben.

Ahaſ.

Jch will verhoffentlich einen rech - ten Gottesdienſt begehen / wenn ich un - ſchuldigen Perſonen behuͤlfflich bin.

Nim.

Die unſchuldigen Kinder muͤſſen ei - nes ſchuldigen Vaters Miſſethat tra - gen.

Ahaſ.
165
Ahaſ.

Aber was hab ich vor Miſſethat be - gangen / daß ich mir die Liebſte aus den Armen ſoll reiſſen laſſen? Soll ein Koͤ - niglicher Printz deßwegen ſterben / weil ſein Herr Vater von einem andern ge - laͤſtert worden?

Nim.

Es iſt ein Ungluͤck / welches von dem Verhaͤngniſſe zugeſchicket wird.

Ahaſ.

Vielleicht wird man ſich dieſem Verhaͤngniſſe noch widerſetzen koͤnnen. Meine Liebſte ſoll weder im Leben noch im Tode von mir geſondert ſeyn.

Nim.

Eu. Durchl. haben raiſon, daß ſie ein Wort vor die Liebſte ſprechen. Aber was haben ſie einzuwenden / wenn wir die Soͤhne verlangen?

Ahaſ.

Jch muß das gantze Haus in Schutz nehmen / wenn ich eine Perſon zu meiner Vergnuͤgung ausſuchen will.

Nim.

Durchl. Printz / ſie haben meinen Vorſehlag: Vielleicht waͤre es der Ge - rechtigkeit genug / wenn die Soͤhne zum Tode gebracht wuͤrden: Das Geſetze zielet ſchwerlich auff die Weibesbilder. Hier iſt mein Parol, wo der kleine Sohn paſſiret wird / ſo wird niemandan166an die wunderſchoͤne Thirza einen An - ſpruch machen.

Ahaſ.

Ach es iſt ſchwer / ſo eine zweiffelhaff - tige reſolution zu faſſen.

Nim.

Sie bedencken des Herrn Vaters Zorn / und der Koͤnigl. Fr. Mutter Ge - ſchwindigkeit: Bleibet doch die Liebſte unverletzt: Ein ſolcher Knabe wird der Vergnuͤgung wenig Nutzen oder Schaden bringen.

Ahaſ.

Wolan / ich muß doch aus zwey U - beln das geringſte erwehlen. Doch mit dem Bedinge / daß ich vor das Le - ben meiner Hertzvielgeliebteſten biß auff den letzten Bluts-Tropffen ſtrei - ten mag.

Nim.

Es wird dieſer Gewalt nicht be - duͤrffen.

Dritter Handlung Dreyzehender Auffzug.

Ahaſia der Koͤnigliche Printz. Nimſi ein Koͤniglicher Bedienter. Nebath Naboths Sohn.
Ahaſ. 167
Ahaſ.

Mein liebſtes Maͤnnchen / wolt ihr nicht ein wenig heraus kommen?

Neb.

Da bin ich / ſoll ich etwan meinen Bruder ſuchen?

Ahaſ.

Ach nein / da iſt ein lieber Freund / der will mit euch ſpatzieren gehen. Folget ihm nur getreulich nach / er wird euch an keinen ſchlimmen Ort fuͤhren. (ad ſpect.) Alſo zwinget mich die Liebe / daß ich gegen dieſes Kind muß grauſam ſeyn.

(Gehet ab.)
Neb.

Nun mein lieber Mann / wo wollen wir hingehen?

Nim.

Wohin? an einen koͤſtlichen Ort / da die Pfefferkuchen auff den Baͤumen wachſen / wie anderswo die Tann - Zappen.

Neb.

Ey das muß ein koͤſtlich Land ſeyn. Aber wie ſchmecken die Pfefferkuchen / wenn ſie noch nicht reiff ſind?

Nim.

O ſie ſchmecken gar ſauer / wie eine Plintze / die in Butter-Milch gebacken iſt.

Neb.

Aber mein lieber Mann / wißt ihr nicht das Land / da der Marcipan auff dem Baume waͤchſt? Er ſchmecket bald beſſer als Pfefferkuchen.

Nim.
168
Nim.

Ja es ſind Baͤume verhanden / aber es darff ſie niemand ſchuͤtteln / als der Koͤnig.

Neb.

Jſt doch der Koͤnig mein Vetter. Jch will ihn bitten / daß er mich ſchuͤtteln laͤßt.

Nim.

Die Sache iſt klug erfunden. Die guten Tage ſollen ſich anfangen: Ge - het nur nicht zu langſam.

Neb.

Jch muß die Fuͤſſe ſchonen / wenn ich etwan auff die Baͤume klettern muͤſte.

Nim.
(ad ſpect.)

Du gutes Kind / du wirſt nicht viel klettern duͤrffen; Die harten Puſch-Birnen werden dir von ſich ſelbſt ins Maul fallen.

(Fuͤhret ihn hinein.)

Dritter Handlung Vierzehender Auffzug.

Badezor der Koͤnigliche Printz von Zidon. Ahaſia der Koͤnigliche Printz.
Bad.

Wie poßirlich lauffen die Sachen untereinander. Naboths Kinder ſollenſterben /169ſterben / damit der Koͤnig das naͤchſte Recht zu dem Weinberge behalten kan: Und gleichwohl iſt der Koͤnigliche Printz ſo verſtockt / daß er die eintzige Tochter in Schutz nehmen darff. Das iſt gewiß / ſie muß ihren Tod ausſte - hen / und ſolte der Printz ſein Blut mit dem ihrigen vermiſchen.

Ahaſ.
(Jm bloſſen Sebel.)

Meine Lieb - ſte will ſich faſt nicht troͤſten laſſen / daß ich vor das kleine Kind nicht beſſer ge - fochten habe. Allein ich hoffe es wird noch Zeit ſeyn / daß ich eine Probe von meiner Tapfferkeit erweiſe.

Bad.

Mein Printz / wie ſoll ich denſelben in einer ſo grauſamen Geſtalt antreffen?

Ahaſ.

Wird doch das froͤmmſte Thier grauſam / wenn ihm etwas Angeneh - mes aus der Hoͤle entfuͤhret wird.

Bad.

Jch mercke ſchon / wohin die Rede zielet. Jch komme nicht hieher / daß ich iemand berauben will / und alſo darff mir niemand ein bloſſes Gewehr wei - ſen.

Ahaſ.

Jch habe mich reſolviret / dieſes Ge - wehr nicht aus den Haͤnden zu laſſen /Hbiß170biß ich verſichert bin / daß meine Liebſte leben ſoll.

Bad.

Weg mit dem Gewehr / ich bringe die gute Zeitung / daß ſie leben ſoll.

Ahaſ.

Ach waͤre die Zeitung glaubwuͤrdig / ich wolte den Uberbringer als einen hal - ben Gott verehren.

Bad.

Doch mein Printz / wir wollen etwas im Vertrauen mit einander reden: Ha - ben ſie denn ſo ein feſt Verbuͤndniß mit dieſer Perſon gemacht?

Ahaſ.

Allerdings habe ich mein Leben mit dem Jhrigen verbunden.

Bad.

Ey mein Printz / ſoll ſich eines Koͤni - ges Sohn ſo erniedrigen: Und ſoll man eines eintzigen Frauenzimmers wegen ſeinem Leben feind werden? Jch an meinem Orte wolte zehen dergleichen Perſonen drauff ſetzen / ehe ich den ge - ringſten Bluts-Tropffen verlieren ſolte.

Ahaſ.

Die Liebe hat mich einmal uͤber - waͤltiget. Jch kan dergleichen Vor - ſchlaͤge mehr loben als annehmen.

Bad.

Was heiſt Liebe? Man muß ſich der - gleichen Perſonen nicht ſo bald dasHertze171Hertze nehmen laſſen. Jch lebe nun in das dritte Jahr zu Samaria / und kan nicht leugnen / daß ich etliche Perſonen mit holdſeligen Augen angeſehen habe. Doch wo die Narren dencken / daß ich ihrer dieſe Stunde nicht aller vergeſſen wolte / ſo ſind ſie betrogen.

Ahaſ.

Wohl dem / der ſo hertzhafftig lieben kan!

Bad.

Wohl dem / der ſich in der einfaͤltigen Einbildung uͤberwinden kan; Es iſt um eine boͤſe Viertelſtunde zu thun / da man ſich reſolviret der Liebſten muͤſ - ſig zu gehen / und um eine andere gute Viertelſtunde / daß man eine neue ſucht / damit muß man die Thorheit verlachen / darbey man lieber ſein Leben in die Schantze geſchlagen haͤtte.

Ahaſ.

Wer eine Perſon recht erkennet hat / der gehet ſchwer daran / wenn er eine neue ſuchen ſoll.

Bad.

Mein Printz / ſie kommen nur unter die Damen von Sidon / da wird man erſt erfahren / wo die Hertzens-Diebe zu Hauſe ſind. Das elende Pauer - Maͤgdgen iſt nicht einmal werth eine Zoffe zu bedeuten.

H 2Ahaſ.
172
Ahaſ.

Mein Freund / er kan die Sache trefflich appetitlich vorbringen; Aber ſoll ich gleichwohl des armen Kindes Verraͤther ſeyn?

Bad.

Soll auch ein Printz einer ſolchen Bauer-Magd halben des Herrn Va - ters Ungnade verdienen? Ja ſoll er ſich anderweit an einer beſſern Liebe verhindern? O das waͤre ein Jammer / daruͤber ich Blut weinen moͤchte!

Ahaſ.

Ach was ſoll ich thun?

Bad.

Sie uͤbergeben mir die Liebſte: Jch will ſie ſchon an denſelben Ort bringen / da ſie am beſten ſoll verſorget ſeyn.

Ahaſ.

So muß ich doch einmal Abſchied nehmen.

Bad.

Ach wo man der Liebe mit Ernſt ver - geſſen will / da muß man ſich mit dem Abſchied nehmen ungehudelt laſſen. Da eilt man / da klagt man / biß die barmhertzige Lauß wieder uͤber die Le - ber gelauffen koͤmmt. Mein Printz / ſie thun ihrer Seelen einen Stoß / und machen ſich davon / ehe die naͤrriſche Liebe wieder zu Kraͤfften koͤmmt.

Ahaſ.

Jch folge. Denn ich mercke doch /daß173daß ein Staats-Mann uͤber die affe - cten triumphiren muß.

(Gehet ab.)
Bad.

So recht / ſo muß man die Liebhaber fangen / wenn ſie gar zu barmhertzig in ihrer Beſtaͤndigkeit fortfahren wol - len. Allein nun wird mir das Frauen - zimmer zu Sidon einen geringen Feh - ler zu gute halten / daß ich meine Liebko - ſung bey derſelben ausſchuͤtte / die als ein geringes Bauer-Maͤgdgen von mir iſt verachtet worden.

Dritter Handlung Funffzehender Auffzug.

Badezor der Koͤnigliche Printz von Zidon. Thirza Naboths Tochter.
Thir.

Hoͤre ich meines liebſten Printzens Stimme?

Bad.

Nein / meine Schoͤne. Doch hoͤret ſie eine Stimme eines Dieners / der mit ihrem Printzen leben und ſterben will.

Thir.

Wie kan es aber geſchehen / daß er ſich ſo geſchwinde verloren hat?

H 3Bad.
174
Bad.

Er bekam Nachricht von den un - ſchuldigen Kindern / die er nicht weit von hier aus der Hand etlicher boßhaff - ter Buben erloͤſen wolte.

Thir.

Vielleicht ſuchet er ſein Ungluͤck und ſeinen Tod.

Bad.

Wer will ſich wider des Koͤniges Sohn aufflehnen? Wollen ſie mir die Freyheit goͤnnen / daß ich ſie als ein Diener begleiten darff / ſo wollen wir vielleicht der ſchoͤnen Victorie ſelber zu - ſehen.

Thir.

Mein geliebteſter Printz hat mir be - fohlen allhier zu verziehen.

Bad.

Und dieſer verliebte Befehl wird durch eine andere Botſchafft veraͤn - dert.

Thir.

Ach ſoll ich mich an das oͤffene Licht fuͤhren laſſen?

Bad.

Wo die Gefahr verſchwunden iſt / da wird das oͤffentliche Licht zu keinen Schaden gereichen.

Thir.

Ach GOtt! was thue ich?

Bad.

Sie vertraue ſich ihrem beſten Freun - de. Jn Warheit / ich muͤſte mich ſelbſt verfolgen / wenn ich ſo einem wunder -ſchoͤ -175ſchoͤnen Kinde den Schutz verſagen ſolte. Sie vergebe ihren Diener / der ſeinen Mund auff ihre zarte Hand druͤ - cket: Denn ſolches koͤmmt aus der ſehnlichen Liebe her / damit ihr geliebte - ſter Printz mich bißhero vergnuͤget hat.

Thir.

Jch nehme das Zeugniß an / und folge.

Bad.

Sie wird mir viel zu dancken haben.

(ad ſpect.)

Jch ſehe wohl / courtiſiren und falſch ſeyn / das vertraͤgt ſich gar huͤbſch mit einander.

Dritter Handlung Sechzehender Auffzug.

Jehu ein Kriegs-Obriſter. Enan ein Buͤrger von Jeſreel.
Jeh.

Zu tode geſteiniget?

En.

Es iſt nicht anders.

Jeh.

Und ſolches auff das Wort zweyer verlogener Zeugen.

En

Jch habe von Heꝛtzen druͤber geſeuffzet.

Jeh.

Und das Volck erkuͤhnet ſich nicht ei - nen Auffſtand zu machen?

H 4En.
176
En.

Wer wolte ſich an den Prieſter und an den Elteſten verſuͤndigen?

Jeh.

Die Prieſter und die Elteſten haͤtten vielleicht die Steine beſſer verdienet.

En.

Aber Naboth iſt nun dahin / der Zorn und die Huͤlffe koͤmmt zu langſam. Wenn man nur die unſchuldigen Kin - der beym Leben erhalten koͤnte.

Jeh.

Das Volck in Jeſreel muß in der Thorheit erſoffen ſeyn / wo dergleichen lahme Poſſen gebilliget werden.

En.

Die Redlichen im Lande duͤrffen ſich ihren Mund nicht verſchlieſſen laſſen. Wenn ein rechtſchaffener Patriote nach dem andern auff die Schlacht - banck gefuͤhret wird / ſo muͤſſen die Feinde des Vaterlandes wohl endlich die Oberhand behalten. Ach haͤtte Na - both ſeines Weinberges vergeſſen koͤn - nen / vielleicht wuͤrde man etwas lang - ſamer an ſein Ungluͤcke gedacht haben.

Jeh.

Gott bringe das Blut denjenigen auff den Kopff / welche den unſchuldigen Mann verderbet haben.

En.

Jch beſinne mich / was vor Zeiten der Prophet Samuel von den Koͤnigen ge -weiſſa -177weiſſaget hat: Euer Acker und Wein - berge wiꝛd er nehmen / und ſeinen Knech - ten geben.

Jeh.

Samuel haͤtte ſprechen ſollen: Eure Weinberge wird er nehmen / und das Einkommen davon den verfluchten Baals-Pfaffen in den Rachen ſtecken.

En.

Ach warum thut Elias nicht noch ein - mal Wunder / daß wir die Feinde des Landes und der Kirchen noch einmal ſchlachten duͤrfften?

Jeh.

Vielleicht wird dieſes Ungluͤck uͤber uns verhangen / weil wir das ſchreckli - che Wunder allzu kaltſinnig angeſehen haben.

En.

Jmmittelſt zu was werden wir uns re - ſolviren?

Jeh.

Zu einer heroiſchen Gedult.

En.

Warum nicht zu einer heroiſchen Un - gedult?

Jeh.

Es giebt im Lande viel Malcontenten / doch keiner will ſich oͤffentlich in Gefahr begeben. Wir muͤſſen als Rebellen der ſchaͤndlichſten Straffe unterworf - fen ſeyn. Drum ſoll Naboth ſterben: ſoll ſein gantzes Geſchlechte nachfolgen /H 5des178des Herrn Wille geſchehe: Derſelbe weiß ſchon / wer die Rache einmal von dieſen gottloſen Haͤnden fordern wird.

En.

Es iſt ſchwer / wenn die Unſchuld leiden muß.

Jeh.

Das leiden iſt leichte / wo man ſich ei - ner hoͤhern Straffe beſorgen muß. Doch wir muͤſſen hoͤren / was am Koͤ - nigliehen Hoffe bey den Sidoniſchen Fuchsſchwaͤntzern geredet wird.

(Ge - hen ab.)

Dritter Handlung Siebenzehender Auffzug.

Die mittelſte Scene eroͤffnet ſich.
    • Jezer Beor Palal
    Elteſten in Jeſreel.
  • Laedan Koͤniglicher Richter.
  • Hilkia der oberſte Prieſter.
    • Oboth Nimſi
    Koͤnigliche Bedienten.
Das gantze Volck koͤmmt heraus / und ſtellet ſich auff dem euſer - ſten Theatro.
Jez. 179
Jez.

Nachdem der unſelige Naboth wegen ſeiner Laͤſterung den verdienten Tod ausgeſtanden hat / und alſo der gerech - te GOtt vermuthlich dieſer Suͤnde we - gen voͤllig ausgeſoͤhnet worden / als er - gehet nun die Frage / ob man die Faſte mit gutem Rechte fortſetzen koͤnne?

Hil.

Das Verbrechen iſt ſehr groß gewe - ſen / alſo daß man deßwegen das gantze Geſchlechte ausrotten ſollen. Doch was dem geſammten Volcke gefallen moͤchte.

(Oboth und Nimſi ſpringen hervor)
Nim.

Wo die Gerechtigkeit ſoll unterblei - ben / ſo proteſtiren wir wider die Fa - ſten und wider den gantzen Gottes - dienſt.

Ob.

Das Geſchlechte der Gottloſen ſoll ausgerottet werden.

Nim.

Hatte nicht dorten Achan den Dieb - ſtahl allein begangen? Und gleichwohl muſte Weib und Kind des Mannes Leichtfertigkeit entgelten.

Ob.

Wer ein Kind ſchonen will / der moͤch - te ſeinen Kindern ein Ungluͤck nach demH 6an -180andern uͤbern Hals ziehen. Jhr Buͤr - ger helffet mir ſchreyen / daß die Elte - ſten Gerechtigkeit ergehen laſſen.

Nim.

Jch halte / die Buͤrger wollen zu Re - bellen und Koͤnigs-Feinden werden. Wer nicht um Gerechtigkeit ſchreyen hilfft / dem ſollen die Steine eher um den Kopff fliegen / als er vermeynet hat.

(Sie ſchreyen alle:)

Gerechtigkeit! Gerechtigkeit! Naboths Geſchlechte muß ausgerottet werden.

(Die Trom - peten werden dazu geblaſen.)
Jez.

Was dem gantzen Volcke wohlge - faͤlt / dieſem wird ſich kein Menſch wi - derſetzen.

Hilk.

So moͤgen die ſchuldigen Perſo - nen zur Straffe heraus gebracht wer - den. Wir wollen unterdeſſen gehen / und zum Gottesdienſte Anſtalt ma - chen.

(Der Prieſter mit den El - teſten gehet ab.)
Drit -181

Dritter Handlung Achtzehender Auffzug.

Dievorigen. Thirza, Amri, Nebat, Naboths Kin - der werden von Hoſcha und etli - chen Soldaten gefuͤhrt. Kora, Reſeph die falſchen Zeugen be - gleiten ſie.
Nim.

Man ſiehets / daß die Perſonen nicht zur Hochzeit geladen ſind / ſie kommen gar langſam gezogen.

Ob.

Sterbende Leute wollen Zeit haben.

Kor.

Nun hier werden die Perſonen ge - lieffert. Wer das Volck mit dem Himmel am liebſten verſohnen will / der werffe den erſten Stein auff ſie.

Hoſ.

Man ſiehts / daß der Herr nicht viel iſt darbey geweſen / da man die Leute mit Steinen zu tode ſchmeiſſet. Dort iſt der Platz / da der erſte Stein was redliches verdienen kan.

Thir.

Ach ſo muß ich in meiner Unſchuld als wie ein zartes Lamb unter die Woͤlffe gefuͤhret werden!

H 7Am.
182
Am.

Das weiß ich wol / daß Gott an mei - nem Blute keinen Gefallen hat.

Neb.

Und das weiß ich wol / daß ich nichts gethan habe.

Thir.

Jch gedachte an mein Braut-Bet - te: Doch itzund wollen wir die Federn zu Steinen werden.

Am.

Ach warum bin ich gebohren worden / da ich mein Leben nicht laͤnger behalten ſoll?

Neb.

Jch bin noch nicht kranck und ſoll ſterben.

Thir.

Ach! iſt iemand / der ſich meiner er - barmen will?

(alle zuſam̃en ruffen)

Nein / nein / wo die Gerechtigkeit lebet / da iſt die Barmhertzigkeit geſtorben.

Thir.

Ja wol iſt die Barmhertzigkeit ge - ſtorben / und die Unſchuld ſoll ihr nach - folgen. Ach mein geliebter Amri

(kuͤſ - ſet ihn)

und mein allerliebſter Nebat

(kuͤſſet ihn)

wir muͤſſen doch die boͤſe viertel Stunde erdulden. Zu tauſend guter Nacht. Ach! warum ſage ich zu guter Nacht? Wir ſollen mit ein - ander ſterben / daß wir in jener Welt mit einander leben koͤnnen.

Neb.
183
Neb.

Ach! Liebſte Schweſter koͤmmt man auch in den Himmel / wenn man geſtei - niget wird?

Thir.

Freylich wird uns GOTT daſelbſt wegen unſerer Unſchuld troͤſten.

Neb.

Aber wird es auch ſehr wehe thun?

Thir.

Mein Bruͤdergen / die Engel werden ihre Haͤnde uͤber deinen Kopff halten: Ehe es wehe thut / ſo wirſt du geſtorben feyn.

(Sie ruffen zuſammen)

Fort / fort / der Gottesdienſt darff nicht verhindert werden.

Thir.

Kommt / kommt ihr Lieben / die Fꝛeu - de wird uns auch nicht gegoͤnnet / daß wir uns mit einander letzen ſollen.

Ob.

Hier iſt die Stelle / da moͤget ihr er - wehlen / ob ihr kniende oder ſtehende das Recht ausſtehen wollet.

Thir.

Wir wollen knien und GOtt um die himmliſche Barmhertzigkeit anruffen / weil ſie auff der Welt geſtorben iſt.

(Sie knien nieder)
Nim.

Beliebet dem Herrn den erſten Wurff zu thun?

Kor.

Ey ich werde die Unhoͤffligkeit nichtbege -184begehen und meinem Herrn vorgreif - fen: Nach ſeinem Gefallen kan er werffen.

Nim.

Er iſt ein Zeuge: Drum gebuͤhret ihm der Vorzug / ich bitte er wolle ſich nicht auffhalten.

Kor.

Jn Wahrheit die Ehre iſt zu groß / damit er mich verſuchen will; Der Herr werffe vor an / ich will folgen.

Nim.

Worzu dienet die uͤberfluͤßige Hoͤff - ligkeit? So wird doch mein Herr als der andere Zeuge ſich gefallen laſſen den Anfang zu machen.

Reſ.

Jch bin ein Diener: Was derſelbe thun wird / darinn will ich nachfolgen.

Nim.

Jſt es nicht moͤglich / daß ich ihn er - bitten kan?

Reſ.

Wenn er den erſten Wurff thut / ſo will ich mich zum andern nicht bitten laſſen.

Nim.

Jch ſehe wol / wir halten uns auff. Das wird das beſte Mittel ſeyn / zu - gleich ihr Herren.

(Hier wird geſchwinde in die Trompeten geſtoſſen und Sie wer - den geſteiniget.)
Nim.
185
Nim.

Die Sache waͤre verrichtet: Wer an den Coͤrpern was zu prætendiren hat / der mag ſich anmelden / ich vor mei - ne Perſon gehe zur Faſten und zum Gottesdienſte.

Kor.

Und wir werden ſehen / daß keiner verletzet wird.

Hoſ.

Jch habe im Gedraͤnge was von ei - ner unreiffen Birne in die Seite kriegt: Jch werde mich zu dem Handwercke nicht mehr brauchen laſſen: Jch bin lieber / wo man einander mit Pfanku - chen ſteiniget / da iſt der Kerle am lu - ſtigſten / der am meiſten geworffen wird.

(geht ab.)
Sie machen ſich alle vom Theatro und laſſen die 3. Coͤrper alleine lie - gen. Das Chor der Engel zeucht ſich heraus mit Lichtern und ſin - gen:
Jhr Menſchen ſeht / die Unſchuld hilfft
euch nicht /
Wann Neid und Geitz ein blutig Urtheil
ſpricht:
Die Welt iſt allen feind /
Mit welchen es der Him̃el treulich meynt.
Doch186
Doch wer den Segen ſieht /
Der nach dem Tode bluͤht /
Der ſpottet aller Noth /
Und liebt den fruͤhen Tod.
Drum ſeht nicht auff das Blut / nicht auff
den harten Stein /
Die Kinder habens gut / indem ſie ſelig
ſeyn.

Vierdter Handlung Erſter Auffzug.

Iſabel die Koͤnigin / Joram der Koͤnigliche Printz.
Jſab.

Wiſſet ihr denn nicht / daß ihr mein liebes Hertze ſeyd?

Jor.

Jch weiß es wohl / aber ich ſoll auch ſo leben / daß ich bey dem Koͤnigl. Herrn Vater vor ein liebes Hertze paſſiren kan.

Jſab.

Wenn ihr dieſes thun wollet / ſo muͤſ - ſet ihr daſſelbe in acht nehmen / worzu euch die liebſte Fr. Mutter anweiſet.

Jor.

Jch bin allezeit gehorſam geweſen.

Jſab.

Gleichwohl wollet ihr itzo wider mei - nen Willen weinen.

Jor.
187
Jor.

Der Herr Vater iſt toͤdtlich kranck.

Jſab.

Die Sache verhaͤlt ſich anders / er iſt geſund.

Jor.

Jch habe ihn noch nicht geſehen. Ach es iſt eine Suͤnde / wenn ein Kind ſo weit nur glauben will / als die Augen ſehen.

Jſab.

Ein gehorſamer Sohn ſoll ſo weit glauben / als die Muͤtterlichen Augen ſehen / und ich weiß / es wird keine Stun - de vorbey gehen / ſo wollen wir den Herrn Vater auff der Straſſe an - treffen.

Jor.

Ach Fr. Mutter ſie verzeihe mir / daß ich in der Traurigkeit ungehorſam geweſen bin.

Jſab.

Meynet ihr gleichwohl / daß ſich eine Mutter ſo bald zur Verzeihung verſte - hen ſoll.

Jor.

Freylich iſt die Meynung das beſte. Denn ich habe kein Vermoͤgen / daß ich die Verzeihung abkauffen koͤnte.

Jſab.

Ach lieber Herr Sohn / das Vermoͤ - gen iſt wohl da / wenn ihr ſonſt euer hertzlich geliebten Fr. Mutter was an - genehmes erweiſen woltet.

Jor.
188
Jor.

Ach gnaͤdigſte Fr. Mutter / ſie hat zu befehlen / und ich werde gehorſam ſeyn.

Jſab.

Wer mir einen Gehorſam erweiſen will / der darff nicht die heiligen Baals - Diener verachten.

Jor.

Ach Frau Mutter / das iſt eine Sa - che / die noch Vertrag hat / biß ich groß werde.

Jſab.

Ach ihr loſes Hertze / ihr koͤnt mich all - zeit uͤberwinden / daß ich euch den Wil - len und die Freyheit laſſen mus.

Jor.

Jch will ſonſten allezeit ein gehorſamer Diener ſeyn.

Jſab.

So gehet und ſehet / was eure Spiel-Cameraden machen. Weil ihr die Baals-Diener nicht achtet / ſo wird euch auch ihre Ankunfft ſchlechte Vergnuͤgung geben.

Jor.

Wie ſie befehlen / gnaͤdigſte Fr. Mut - ter.

(Gehet ab.)
Vierd -189

Vierdter Handlung Anderer Auffzug.

  • Iſabel die Koͤnigin /
  • Javan der oberſte Prieſter unter den Baaliten.
    • Arvad Magur
    Baals-Pfaffen.
Jſab.

Willkommen ihr lieben Leute. Sie haben um audienz anhalten laſſen / wir wollen nicht hoffen / als wenn etwas Widriges geſchehen waͤre.

Jav.

Dem groſſen Baal und Eu. Koͤnigl. Maj. ſey Danck / daß wir noch bißhero zu keiner ſchweren Klage ſind genoͤthi - get worden.

Jſab.

Es vergnuͤget uns von Hertzen / daß ſie einigen Schutz in dieſem Lande ge - funden haben.

Jav.

Und dahero entſtehet auch die Hoff - nung / daß uns dergleichen Schutz noch ferner beſeligen werde.

Arv.

Wir ſind deßwegen von Sidon hier - her geſchickt / daß wir die heilige Religi - on uͤberall ausbreiten ſollen.

Jav.
190
Jav.

Und ie mehr die Hoffnung zu unſerm Wunſche hervor bricht / deſto mehr An - laß haben wir die heilige intention fort - zuſetzen.

Mag.

Weil auch die Hoffnung auff Euer Perſon beruhet / ſo haben wir Urſache / dieſelbe nebenſt dem Baal als eine Got - tin anzubeten.

Jſab.

Jhr ſeyd allezeit der muthwillige Ba - als-Pfaffe.

Mag.

Auff den Befehl Eu. Maj. will ich wohl ein unnuͤtzer Baals-Pfaffe heiſ - ſen.

Jſab.

Muthwillige Leute ſind nicht ſtracks unnuͤtze. Uns duͤncket / ihr werdet euch mitten in den Muthwillen noch zu vielen Sachen brauchen laſſen.

Mag.

Nach Eu. Majeſt. Belieben kan ich wohl ein Scherwentzel heiſſen.

Jſab.

Ach gluͤckſelig iſt die Perſon / die ſich mit Rechte einen Scherwentzel verglei - chen kan. Denn er verdienet nirgends Zorn / als wo er nicht hinkommen will. Doch wir muͤſſen gleichwohl verneh - men / was ſie verlangen?

Jav.

Eu. Majeſt. wiſſen wohl / daß wir unsbiß -191bißhero in frembden Wohnungen kuͤm - merlich genug haben behelffen muͤſſen.

Arv.

Und das hingegen viel Jſraelitiſche Prieſter das alte Recht genieſſen wol - len.

Jav.

Und weil wir keine gewiſſe Wohnung haben / ſo kan uns alle Tage ein Befehl zur Abreiſe gegeben werden.

Mag.

Jhro Majeſt. verſtehen uns recht. Das Jſraelitiſche Koͤnigreich koͤnte gar bald den beſten Scherwentzel verlie - ren.

Jſab.

Jhr habt die Wohnung in unſerm Pallaſte. Die Speiſen werden euch von unſerer Taffel gereichet. Was ha - bet ihr zu klagen?

Jav.

Dieſes beklagen wir / daß die Jſraeli - tiſchen Prieſter ſehr ungeduldig ſind / als wenn uns ein Weinberg in Jeſreel zu einem Collegio waͤre gewiedmet worden / da wir doch ſelbſten in der That noch nicht das geringſte davon erfahren haben.

Arv.

Wir haben ſo ein groſſes Gluͤcke nie gehoffet; Allein wir muͤſſen uns betruͤ - ben / daß wir den Neid fuͤhlen / den wir nicht verdienet haben.

Jav.
192
Jav.

Und alſo moͤchte der Neid eher ſeine Wirckung haben / ehe wir uns des Gluͤ - ckes erfreuen duͤrfften.

Mag.

Gnaͤdigſte Koͤnigin / der Jnhalt iſt dieſer: Weil wir in die Nachreden kommen / ſo moͤchten wir lieber den Nahmen mit der That fuͤhren. Denn alle Leute werden ſprechen: Eu. Maj. waͤre nicht maͤchtig genug geweſen / die Wohlthat auszufuͤhren. Denn nie - mand iſt ſo ein Narꝛ / daß er uns Schuld giebet / als haͤtten wir die Wohlthat ausgeſchlagen.

Jſab.

Jhr lieben Freunde / wißt ihr auch / was die Wohlthaͤter am meiſten belei - digen kan?

Jav.

Wenn man gegen die Wohlthaͤter undanckbar iſt.

Arv.

Oder wenn man mit ſeiner Bitte zu langſam kommt.

Jav.

Vielleicht wenn man die Gutthat vor der Zeit verachten will.

Mag.

Oder wenn man ſich was einblidet / daraus doch endlich ein Pfifferling werden ſoll.

Jſab.

Ach nein / wenn man dasjenige gar zube -193begierig ſuchet / welches in Gedancken allbereit beſchloſſen iſt. Wollet ihr in eurem Orden politiſche Herren heiſſen / und wiſſet nicht in welchem Monate die Roſen gebrochen werden.

Jav.

Ach geſegnet ſey die Koͤnigin / welche den Ruhm der Weißheit und Guͤtig - keit davon traͤget.

Arv.

Wir ſchaͤmen uns der unzeitigen Bitte.

Jav.

Und erfreuen uns / daß die Bitte wohl angenommen wird.

Mag.

Guͤtige Wohlthaͤter ſind allemal eher zu beſaͤnfftigen / wenn man im Bit - ten unhoͤfflich iſt / als wenn man zu langſam koͤmmt.

Jſab.

Gebet euch zufrieden: Jhr ſollet eu - re Wohnungen zu Jeſreel eher ange - wieſen haben / ehe ihr noch einmal bit - ten werdet.

Vierdter Handlung Dritter Auffzug.

Die vorigen. Badezor der Koͤnigliche Printz von Zidon.
JBad. 194
Bad.

Gluͤckſelige Zeitung! Die Sachen ſind nach allem Wunſche abgelauffen,

Jſab.

Ach iſt es moͤglich / mein Geliebter.

Bad.

Ja dieſelben ſind geſtorben / welche den Koͤnig an ſeiner Beſitzung verhin - dern.

Jſab.

Was macht Herr Naboth?

Bad.

Er hat ſich reſolviret / keinen diſputat wegen des Weinberges weiter anzu - fangen.

Jſab.

Was machen ſeine Kinder?

Bad.

Sie haben ſich gleichfalls zu einem e - wigen Stillſchweigen bewegen laſſen.

Jſab.

Die ehrlichen Leute zu Jeſreel muͤſſen es gleichwohl mit ihrem Koͤnige noch gut meynen.

Bad.

Es mangelte zwar an Contradicenten nicht; Aber da ſich die Zeugen aus der Baalitiſchen Schule ſo tapffer anlieſ - ſen / und da der Jſraelitiſche Prieſter ſo eiffrig in ſeinem votiren war / ſo konte der Præſident unter den Elteſten ein groſſes Wort fuͤhren / und den Poͤbel beteuben.

Jſab.

Jmmittelſt wird niemand dem Koͤ - niglichen Hauſe was Ungebuͤrliches zumeſſen.

Bad.
195
Bad.

Herr Javan wird das beſte Mittel zu finden wiſſen; Denn wo iemand in ih - rem Orden was groſſes ſuͤndiget / ſo wird er nach Sidon oder Tyro in ein abgelegenes Collegium geſchickt / da man ihre Verſchwiegenheit deſto beſ - ſer im Zaume halten kan.

Jav.

An dieſen Vorſchlag iſt allbereit ge - dacht worden. Unterdeſſen ſoll der - jenige von unſerm Orden hohen Danck haben / welcher dieſes ſchoͤne und vor - theilhafftige Werck ſo weit hat befoͤr - dern helffen.

Jſab.

Ach ſparet die Complimente biß auff eine andere Zeit. Jtzo muͤſſen wir bedacht ſeyn / wie dem Koͤnige durch die froͤliche Poſt zur Geſundheit koͤnne geholffen werden.

Bad.

An dem Succeſſe iſt nunmehr nicht zu zweiffeln.

(Sie gehen an unter - ſchiedenen Orten ab.)
J 2Vierd -196

Vierdter Handlung Vierdter Auffzug.

Ahab der Koͤnig. Abdalla der Reſident.
Die mittelſte Scene eroͤffnet ſich und præſentiret den Koͤnig im Bette ſitzend.
Ah.

Wir haben uns zu einem Troſte ver - ſtanden / nachdem unſere Gemahlin ſo liberal im Zuſagen war. Allein wo ſich der Ausgang anders erweiſen wolte / ſo moͤchte dieſe Artzeney zu Giffte wer - den.

Abd.

Die Goͤtter haben Jhro Maj. mit einer Gemahlin begabet / welche den Ruhm der Weißheit / und zugleich die Ehre der Warheit zu unterhalten pfleget.

Ah.

Allein die weiſeſten Leute koͤnnen offt betrogen werden / daß ſie auch wider ih - ren Willen die Unwarheit reden.

Abd.

Jhro Maj. die Koͤnigin haben moͤg - liche Sachen verſprochen: Alſo wird man auch um ſo viel deſto weniger andem197dem moͤglichen Effecte zu zweiffeln ha - ben.

Ahab
(Stehet auff)

Mein liebſter Herr Abgeſandter / wenn wir unſere Gedan - cken recht eroͤffnen ſollen / ſo muͤſſen wir uns deſſentwegen unter die gluͤckſelig - ſten Koͤnige zehlen / weil wir ſo eine ge - ſegnete Wahl mit der Gemahlin ge - troffen haben.

Abd.

Auch Jhro Majeſt. die Koͤnigin laſ - ſen ſich dieſes allemal zu einer hohen Conſolation dienen / daß ihre Tugenden durch ein ſo liebreiches Erkaͤntniß ver - gnuͤget werden.

Ah.

Ach wie unvergleichlich iſt ihre Schoͤn - heit!

Abd.

Darvon koͤnnen Jhr. Koͤnigl. Maj. am ſicherſten judiciren.

(ad ſpect.)

Was ich gehoͤret und geſehen habe / da - von darff ich dem Koͤnige keine Rechen - ſchafft geben.

Ah.

Wie uͤbermenſchlich iſt ihre Weiß - heit!

Abd.

Damit hat ſie verdienet / eine Goͤttin zu heiſſen.

(ad ſpect.)

Damit kan ſie ihren Gemahl deſto kuͤnſtlicher betrie - gen.

J 3Ah.
198
Ah.

Mit was vor Worten ſollen wir die wunderſuͤſſe Hoͤffligkeit ausſprechen?

Abd.

Sie kan durch Freundligkeit der gantzen Welt gebieten.

(ad ſpect.)

Der hoͤffliche Befehl hat mich gezwun - gen / daß ich ſie lieben muß.

Ah.

Auch da man ſonſt dem Sidoniſchen Frauenzimmer etwas Wanckelmuͤthi - ges zuſchreiben will / ſo leben wir doch gluͤckſelig / daß ſie allezeit mit einer ein - tzigen Perſon in der Liebe zufrieden iſt.

Abd.
(ad ſpect.)

Ja / ja / ſie braucht nur ei - nen auff einmal / aber viel meines glei - chen nach einander.

Ah.

Was ſaget der Herr Abgeſandte?

Abd.

Jch that einen Seuffzer zun Goͤt - tern / daß ſie mich auch dermaleins zu dergleichen Vergnuͤgung befoͤrdern moͤchten.

Ah.

Es iſt ein Hohes / wenn man ſo viel er - halten kan.

Abd.

Es iſt ein irrdiſches Paradieß.

(ad ſpect.)

Aber wehe dem / der ein ſolches Paradieß verwahren ſoll. Es iſt man - cher in die Kirſchen und in die Aepffel gegangen / dem ich ſchlechten Danck er -weiſen199weiſen wolte / wenn ich uͤber den Garten zu gebieten haͤtte.

Ah.

Wie ſo in Gedancken? Jhr ſollet mit uns froͤlich ſeyn; Denn eben euch ha - ben wir zum Zeugen erwehlet / der ſich uͤber unſer Wohlſeyn verwundern ſoll.

Abd.

Gnaͤdigſter Koͤnig / ich verwundere mich /

(ad ſpect.)

daß ſich ein Koͤnig mit ſeiner Einfalt ſo proſtituiret.

Vierdter Handlung Fuͤnffter Auffzug.

Die vorigen. Iſabel die Koͤnigin.
Jſab.

Was hat nun die Koͤnigin verdienet / welche ſich mit ihrer Zuſage ſo zeitlich eingeſtellet?

Ah.

Ach meine Seele / ſollen wir uns einer gewiſſen Geſundheit getroͤſten?

Jſab.

Nicht nur einer ſchlechten Geſund - heit / ſondern einer vollkom̃enen Gluͤck - ſeligkeit. Eu. Liebden laſſen ſich nur gefallen an die friſche Lufft zu ſpatzieren und Naboths Weinberg einzunehmen.

J 4Ah.
200
Ah.

Wie koͤnnen wir uns eines frembden Gutes theilhafftig machen?

Jſab.

Eben darum / weil das Gut nicht mehr frembde heiſſen ſoll.

Ah.

Die Rede ſcheinet uns zu dunckel.

Jſab.

Jſt Naboth nicht unſer naͤchſter Vetter?

Ah.

Deßwegen haben wir kein Recht an ſeiñ Gut.

Jſab.

Allein haben wir nicht das naͤchſte Recht dazu / wenn Naboth mit ſeinen Kindern geſtorben iſt?

Ah.

Ach wehe uns / wo wir dieſen Fall er - leben ſollen!

Jſab.

Aber wohl uns / weil wir den Fall ſchon erlebet haben.

Ah.

Wie kan diß zugehen?

Jſab.

Naboth hat ſich in einer Gotteslaͤ - ſterung verſuͤndiget / damit haben ſich die Elteſten in Jeſreel auff das Goͤttli - liche Geſetze beruffen / und haben ihn ſamt den Seinigen geſteiniget. Alſo muͤſſen wir uns uͤber Verhoffen einer Erbſchafft anmaſſen / die uns ſonſt ſchwerlich waͤre gegoͤnnet worden.

Ah.

Ach wertheſte Gemahlin / wir beſor - gen etwas.

Iſab.
201
Jſab.

Und was beſorgen ſie / liebſtes Hertz?

Ah.

Haben ſie mit ihrer Liſt nichts darbey gethan?

Jſab.
(Kuͤſſet ihn.)

Ach meine Seele / worzu dienet dieſer Gewiſſens-Scru - pel? Hat iemand was gethan / der mags verantworten / genug / daß der Weinberg in unſern Haͤnden iſt.

Ah.

Zu geſchehenen Sachen muß das be - ſte geredt werden.

Jſab.

Oder wollen Eu. Liebden die War - heit von andern Leuten erfahren; So koͤnnen etliche von den Elteſten herein gelaſſen werden.

Ah.

Sie moͤgen herein kommen / wir wol - len ſie gnaͤdigſt hoͤren.

Jſab.

Unterdeſſen werde ich dem Herrn Abgeſandten ein Brieffgen nach Si - don recommendiren. Komm du gluͤck - ſeliger Dieb meines Hertzens.

(Sie fuͤhret ihn hinter des Koͤniges Ruͤ - cken ab.)
Ah.

Wie weit erſtrecket ſich doch Wei - bes-Liſt / und wie gluͤckſelig iſt uns der Weinberg in die Haͤnde geſpielet? Wir haben nichts darbey gethan / undJ 5alſo202alſo wollen wir auch hoffen / daß uns deſſentwegen kein Ungluͤck uͤber den Hals ſolte gezogen werden.

Vierdter Handlung Sechſter Auffzug.

Ahab der Koͤnig. Beor, Palal Elteſten. Laedan der Richter.
Beor.

Allerdurchl. Koͤnig / gnaͤdigſter Herr.

Ah.

Wer ſeyd ihr?

Beor

Eu. Koͤnigl. Maj. getreueſte Unter - thanen / etliche Abgeordnete von den El - teſten aus Jeſreel.

Ah.

Seyd ihr die Leute / die ihr vor weniger Zeit dem Koͤnigl. Geſchlechte ſelbſt ſo eine Grauſamkeit erwieſen habt?

Beor.

Wo das Geſetze grauſam iſt / da kan ein Menſch nicht widerſprechen.

Pal.

Die Zeugniſſe waren allzu klar.

Laed

Und die Prieſterſchafft war mit ih - rem Ausſpruche nicht langſam.

Ah.

Die haben gehandelt als rechtſchaffe -ne203ne Leute. Doch wo ſtehet das geſchrie - ben / daß man ſich in der Execution - bereilen ſoll?

Beor.

Gott muſte verſoͤhnet werden / ſonſt waͤre die heilige Faſten verſtoͤret wor - den.

Pal.

Es waͤre manch Gebet zuruͤcke geblie - ben.

Laed.

Auch die Gebete vor Jhro Koͤnigl. Maj. Wohlergehen waͤren mit groſſem Betruͤbniſſe des Volcks unterlaſſen worden.

Ah.

Wer hat euch Macht gegeben / eine Faſte anzuordnen?

Beor.

Der Befehl Eu. Maj. hat uns dar - zu verleitet.

Ah.
(ad ſpect.)

Ach kommen die liſtigen Griffe unſerer Gemahlin alſo an den Tag?

Pal.

Und alſo waren wir um ſo viel deſto be - gieriger das heilige Feſt unverſtoͤret zu halten.

Laed.

Auch die Gebete wurden mit dop - pelter Andacht verrichtet / nachdem al - les Verhinderniß ſo geſchwinde beyge - leget ward.

J 6Ah.
204
Ah.

Der Koͤnig / der euch den Faſt-Tag voꝛgeſchrieben hatte / der haͤtte den Ver - zug gnaͤdigſter maſſen entſchuldigen koͤnnen / wenn ihr den naͤchſten Freund des Koͤniglichen Hauſes etwas be - dachtſamer verdammet haͤttet. Jhr moͤget ſagen / was ihr wollet / ſo ſeyd ihr Feinde des Koͤnigl. Blutes.

(Sie fallen auff die Knie.)
Beor.

Alſo muß das gantze Volck unter der Koͤniglichen Ungnade verſchmach - ten.

Pal.

Und diejenigen werden ſterben muͤſ - ſen / die um das Geſetze geeiffert haben.

Laed.

Ja die Tugend wird ins kuͤnfftige bey der heiligſten Verrichtung furcht - ſam ſeyn.

Ah.

Aber wie koͤnnet ihr ſo unverſchaͤmt ſeyn / daß ihr audienz begehret? Mey - net ihr / daß der Todſchlaͤger meines naͤchſten Freundes noch eine uͤberfluͤßige Gnade verdienet hat?

Beor.

Eu. Koͤnigl. Majeſt. ſolte unterthaͤ - nigſt erinnert werden / daß der groſſe Weinberg in Jeſreel derſelben als ein Erbtheil anheim gefallen waͤre.

Ah.
205
Ah.

Was liegt uns an dem Weinberge / da wir uͤber das gantze Koͤnigreich zu gebieten haben? Wir wolten zehn ſol - che Weinberge ſchuldig ſeyn / wenn wir ſo einen lieben Naboth damit erkauffen koͤnten. Auff die letzte wird der Koͤnig an einem Faſt-Tage geſteiniget wer - den.

(Gehet ab.)
(Sie ſtehen auff.)
Beor.

O wie ungluͤcklich laufft unſere Verrichtung!

Pal.

Aber als ich und andere ehrliche Leute meines gleichen nur von dem gering - ſten Auffſchube reden wolte / ſo muſte uns das Volck uͤberſtimmen.

Laed.

Und vielleicht wird die Sache noch ferner unterſucht / daß diejenigen noch etwas freyer reden koͤnnen / die ſich mit ihrer gebundenen Zunge ſchaͤmen mu - ſten.

Beor.

Der Koͤnig hat Macht unſere Ver - richtung zu reformiren: Aber wenn ihr mit eurer Weißheit darzwiſchen kommen wollet / ſo haltet mirs zu gute / daß ich euch allein laſſe.

(Gehet ab.)
Pal.

Wir wollen an einer Stelle zuſam -J 7men206men kommen / da man ſich mit bloſſen Weglauffen nicht wird verantworten duͤrffen.

(Gehet ab.)
Laed.

Und wohl mir! daß ich noch ſprechen kan: Naboths Blut iſt unſchuldig ver - goſſen worden.

(Gehet ab.)

Vierdter Handlung Siebender Auffzug.

Pashur Koͤniglicher Cammer-Herr / Javan der oberſte Prioſter unter den Baaliten.
Jav.

Jch hoͤre die Abgeordneten von Jeſ - reel ſind mit einer ſchlechten reſolution abgewieſen worden.

Pas.

Jn Warheit Jhro Majeſt. wiſſen ih - re Perſon in dieſer Sache vortrefflich wohl zu ſpielen.

Jav.

Sie werden gewiß den Verdacht des Todſchlages nicht gerne auff ſich erſi - tzen laſſen.

Paſ.

Es iſt nicht zu beſchreiben / was ſie vor Ungnade von ſich blicken lieſſen / und al - lezeit beſeuffzeten ſie den Untergang eines ſo nahen Verwandten.

Jav.
207
Jav.

Die liſtige Gemahlin iſt capable auch Koͤnige in der Weißheit zu unterrich - ten.

Paſ.

Und alſo kan ein Koͤnig eine Liſt voll - fuͤhren / daß er gleichwohl die Verant - wortung einer andern Perſon auff den Ruͤcken leget.

Jav.

Jch erfreue mich / daß ich alle Tage mehr Geheimniſſe erkennen lerne. Doch dort koͤmmt eine Perſon / welcher ich im Geſpraͤche moͤchte zuwider ſeyn. Jch verbleibe bereitwillig dem Herrn zu dienen.

Paſ.

Und ich werde Gelegenheit ſuchen / das Geſpraͤche fortzuſetzen.

Vierdter Handlung Achter Auffzug.

Obadia der Koͤniglichen Printzen Hoff - meiſter. Pashur Koͤnigl. Cammer-Herr.
Obad.

Jſt dieſes nun die Heiligkeit / da - mit wir in Jſrael prangen ſollen?

Paſ.

Was beliebet meinem Herrn?

Obad.
208
Obad.

Was ſolte mir belieben? Daß ich tauſend Meilen von dannen waͤre.

Paſ.
(ad ſpect.)

Verdinge dich auff einen Poſt-Wagen / und reiſe zwey tauſend Meilen.

Obad.

So muß unſer Koͤnigreich mit Blut - ſchulden beleget werden?

Paſ.
(ad ſpect.)

Wenn ich Hoffmeiſter ware / ſo wolte ich ſagen: Was gehet das mich an.

Obad.

Niemand fuͤrchtet ſich vor einer Himmelſchreyenden Suͤnde.

Paſ.
(ad ſpect.)

Jch wolte ſie ſchreyen laſ - ſen / und wer ſie begangen haͤtte / der moͤchte ſich fuͤrchten.

Obad.

Jſt es moͤglich / daß ein unſchuldiger Mann mit ſeinem gantzen Hauſe ſo jaͤmmerlich kan zu Grunde gehen?

Paſ.
(ad ſpect.)

Der Narr fragt / obs moͤg - lich iſt / und er zweiffelt ſelber nicht / daß es ſolte geſchehen ſeyn.

Obad.

Ach! war der alte und ehrliche Herr Naboth nicht ein Muſter der alten Jſ - raelitiſchen Redligkeit?

Paſ.
(ad ſpect.)

Das hat ein Jſraelitiſches Hertze zu lernen: Redliche Leute wer -den209den auch uͤbern Toͤlpel geſtoſſen.

Obad.

Und vornemlich die armen Kinder moͤchten mir das Hertze im Leibe bre - chen / wenn ich ihren blutigen Tod be - dencke.

Paſ.
(ad ſpect.)

Die Kinder muͤſſen noch im Tode ein treffliches Labſal empfinden / wo ſich der Phantaſte das Hertze zu - brechen will.

Obad.

Ach! wo ſoll die Unſchuld ins kuͤnff - tige ſicher ſeyn / wenn ſie auch zur heil. Faſten-Zeit verfolget wird.

Paſ.
(ad ſpect.)

Ja wohl unſchuldige Leute ſind zu Hoffe nicht ſicher / werden ſie nicht geſteiniget / ſo werden ſie doch ge - ſchraubet.

Obad.

Ach iſt niemand / der den Schaden Joſephs mit mir beweinen will?

Paſ.
(ad ſpect.)

Der Kerl will heulen / ich muß nur gehen / ſonſt muß ich Schan - de halben mit ihm ein Bicinium machen.

(ad Obad.)

Mein Herr / ich ſehe / daß er in melancholiſchen Sorgen begriffen iſt / meine Gegenwart wird demſelben beſchwerlich ſeyn.

(Gehet ab.)
Obad.

Gehe nur fort / die Zeit wird ſchonkom -210kommen / da dir andere Leute ſollen be - ſchwerlich werden. Lieſſe ſich der Koͤ - nig durch ſolche Schmeichler nicht hin - ter das Licht fuͤhren / ſo wuͤrde vielleicht das Land an den Blutſchulden etwas leichter zu ertragen haben.

Vierdter Handlung Neundter Auffzug.

Obadia der Koͤniglichen Printzen Hoffineiſter. Elia ein Prophet.
El.

Treffe ich noch einen Redlichen an / der es mit dem HErrn Zebaoth von Her - tzen meynet?

Ob.

Ach mein Herr Elia, was bedeutet ſei - ne unverhoffte Ankunfft? Er trifft ei - nen an / der um Gottes Ehre zwar eif - fern will / doch welcher ſich von der boß - hafftigen Welt deſſentwegen muß ver - ſpotten laſſen.

El.

Es iſt bey dem allmaͤchtigen Gott un - vergeſſen / was ihr vor Barmhertzig - keit an ſo viel Propheten Kindern ge -than211than habt. Und derohalben wird auch ſolches biß auf die ſpaͤten Kindes Kinder mit Segen und Leben reichlich vergol - ten werden.

Ob.

Jch bin ein unnuͤtzer Knecht. Was ich gethan habe / das iſt dem him̃liſchen Koͤnige zu Dienſte geſchehen / welcher mich und meine Vaͤter mit den Augen ſeiner Barmhertzigkeit ſo vielfaͤltig an - geſehen hat.

El.

Wir ſind unnuͤtze Knechte. Doch GOtt iſt ein mildreicher HErr / der auch geringe und ſchwache Dienſte nie - mahls unvergolten laͤſt.

Ob.

Aber darff ich ſo kuͤhne ſeyn / und noch einmahl um die Urſache dieſer Ankunfft fragen?

El.

Jhr ſeyd vielleicht bekuͤmmert / als wenn mir die gottloſe Jſabel einigen Schaden zufuͤgen wuͤrde: Allein ſie ſoll noch heute dieſen Tag erfahren / was ich vor ein hartes Wort wider ſie und ihr gantzes Haus reden werde.

Ob.

Ach hat das unſchuldige Blut ſchon in den Himmel geſchryen?

El.

Freylich meynet der gottloſe Koͤnig / alswenn212wenn ſeine Boßheit koͤnte veꝛtuſchet und verſchwiegen bleiben: Allein was gilts / die verfluchte That wird ihm unter das Geſichte geſtellet werden.

Obad.

Das ſind die Fruͤchte von der Baa - litiſchen Ungerechtigkeit.

El.

Jch habe die verfluchten Baals - Pfaffen einmal geſchlachtet. Der Held lebet ſchon / der ſeinen Arm etwas nachdruͤcklicher in ihrem Blute wa - ſchen wird. Doch lebet unterdeſſen wohl / ich muß dem Koͤnige begegnen / welcher den ungerechten Weinberg einnehmen will.

(Gehet ab.)
Obad.

Der HErr ſegne die Verrichtung.

(Gehet an einem andern Orte ab.)

Vierdter Handlung Zehender Auffzug.

Michri ein Buͤrger von Jeſreel. Hoſcha.
Hoſ.

Jhr Leute ſeht nur / was ich vor einen Kerlen vor mir habe / der will mit mir von der Religion diſputiren / und ichwill213will ihm weiſen / was ich in meiner Ba - als-Schule vor Kuͤnſte begriffen ha - be / damit ich allen Ketzern gewachſen bin.

Mich.

Wie ſtehts / wolt ihr die Antwort ſchuldig bleiben?

Hoſ.

Wolte ich doch dem Herrn wohl zehn Thaler ſchuldig bleiben / ſchweige denn eine kahle Antwort / die er kaum vor achtzehn Pfennige nehmen wird / doch was verlanget er denn vor eine Ant - wort?

Mich.

Jhr ſollet mir ſagen / ob der Baal nicht in unſern Geſetzen verboten iſt?

Hoſ.

Er ſage mir doch zuvor / ob Tyro und Sidon ein Ding iſt?

Mich.

Wie ſchickt ſich das auff meine Frage?

Hoſ.
(ad ſpect.)

Das iſt ein Narr / mein Præceptor hat michs geheiſſen / wenn ich die Frage nicht verſtehe / ſoll ich was Thummes dagegen fragen.

(ad Mich.)

Der Herr wird meine Frage nicht ver - achten.

Mich.

Jch ſpreche / was Gott verboten hat / das ſoll man unterlaſſen.

Hoſ.
214
Hoſ.

Halt / was hat mein Præceptor mehr geſagt / ich ſoll von einer Sache auff die andere fallen / und mein Widerpart brav confns machen.

(ad Mich.)

Das hab ich keinmal geleugnet. Doch er wird mir auch zugeben / daß der Koͤnig der Oberſte im Lande iſt. Wer mich darinn refutiren wolte / den klagte ich als einen verfluchten Laͤſterhund bey dem oͤffentlichen Opffer an.

Mich.

Gottes Ehre und des Koͤniges Ehre koͤnnen wohl beyſammen ſtehen / aber ich habe davon nicht geredet.

Hoſ.

So rede ich davon. Es wird an den Tag kommen / wo die Leute ſeyn / die nicht gerne vom Koͤnige reden.

(ad ſpect.)

Gelt ich kan die Sache brav verkehren / er ſoll mich mit dem Koͤnige wohl zufrieden laſſen.

Mich.

Baal iſt wohl nicht unſer Koͤnig / und wenn ich den verachte / ſo werde ich keine Suͤnde wider den Koͤnig begehen.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Halt / halt / nun muß ich ihm die Worte im Maule verdrehen / denn das iſt auch ein Stuͤcke von der Baalitiſchen Kunſt.

(ad Mich.)

Werſagt215ſagt das / daß unſer Koͤnig Baal heiſt? Wer des Koͤniges Nahmen vergißt / der iſt nicht werth / daß man in Gnade und Barmhertzigkeit an ihn gedencken ſoll.

Mich.

Jch ſage Baal iſt nicht unſer Koͤnig.

Hoſ.

Jſt Baal nicht ſo gut als unſer Koͤ - nig / und iſt unſer Koͤnig nicht ſo gut als Baal? Was hat der Herr alle beyde zu verachten?

Mich.

Jch bin unrecht ankommen.

Hoſ.

Hat der Koͤnig Unrecht / und ſoll er ſich einen kahlen Unterthanen beſchul - digen laſſen?

Mich.

Jhr ſeyd nicht werth / daß ich mit euch rede.

(Gehet ab.)
Hoſ.

Nun bin ich nichts werth / weil ich vom Koͤnige geredt habe. Doch hei ſa / das war eine Probe von einem jungen Baals-Pfaffen. Das hatte mir mein alter Præceptor in der Jſraeliti - ſchen Schule nicht zugetrauet / daß ich ſo bald alle Weißheit wuͤrde freſſen koͤnnen. Jch will das Ding mehr practiciren. Keine Antwort oder eine verdrehete Antwort muß vor der Weltdoch216doch als eine Antwort paſſiren. Doch was habe ich vor Purſche / die mir be - gegnen? Jch will nicht hoffen / daß ſie mir auch eine diſputation an den Hals werffen.

Vierdter Handlung Eilffter Auffzug.

Hoſcha. Jethur der Koͤnigliche Wintzer. Bilſan Naboths Wintzer.
Jet.

Hoͤrt Nachbar / wer wird heuer in eurem Weinberge die Weinleſe halten.

Bilſ.

Wißt ihrs doch beſſer als ich / ſo darff ich nicht antworten.

Jet.

Jch weiß wohl / aber ich moͤchte nur wiſſen / ob ihr euch noch ſo viel mit eu - rem Weinberge einbildet?

Bilſ.

O laßt den ſeligen Herrn ruhen: Er hat mich ſeines Dienſtes erlaſſen.

Jet.

Meynet ihr gleichwohl / daß Naboth ein ſeliger Herr iſt? Jch dencke / er wird ins Paradieß kom̃en ſeyn / da die Engel mit Keulen lauffen.

Bilſ.
217
Bilſ.

Wer weiß / ob Herr Naboth nicht tieffer im Paradieſe ſitzet / als mancher Narr / der uͤber ſeinen Tod frolocket.

Jet.

Wer ſoll ein Narr ſeyn? Herr er hats gehoͤret / was der Kerl vor loſe Reden vergoſſen hat.

Hoſ.
(ad Jet.)

Was ſoll ich gehoͤret haben?

Jet.

Jch will euch gern ſechs Kannen Moſt zu verſauffen geben / helfft mir nur den Kerlen uͤberſtreiten.

Hoſ.

Jſts genug / daß ich ſchreyen helffe?

Jet.

Nein / nein / helfft mir nur ſprechen: Naboth iſt nicht in Himmel kommen.

Hoſ.

Jch ſehe / ich ſoll noch einmal diſputi - ren.

Jet.

Je nun / ſo will ich dem Herrn doch zum Richter annehmen. Jſt Naboth nicht vor dem Him̃el vorbey ins Doͤrff - gen darneben ſpatzieret?

Bilſ.

Jch ſpreche Naboth iſt im Himmel.

Hoſ.

Ey Naboth iſt ein armer Suͤnder / er iſt unehrlich / hier auff der Welt nahm ihn kein Handwercks-Mann in die Zunfft / und der Himmel ſolte gut genug ſeyn / ſolch unehrlich Volck zu beherber - gen. Pfuy / pfuy / ſpeyet aus / und redet beſſer.

KBilſ.
218
Bilſ.

Jhr muͤſſet einen guten Veꝛſtand vom Himmel haben. Da werden wir auch darnach ſehen / ob die Leute Zunfftmaͤſ - ſig ſeyn.

Hoſ.

Nun wieder ein Laͤſter-Maul / daß den Himmel verachtet hat.

Bilſ.

Das hab ich nicht gethan.

Hoſ.

Ach daß nicht Zeugen genug da ſeyn / die es beweiſen koͤnnen / daß mich der Kerle luͤgen heiſt.

Bilſ.

Warum ſprecht ihr / ich habe den Himmel verachtet?

Hoſ.

Einer von uns beyden hats gethan. Jch bins nicht geweſen. Ergo ſeyd ihrs.

(ad ſpect.)

Das war ein argument aus der Baalitiſchen Schule.

Bilſ.

Wo Herr Naboth vom Himmel herunter ſehen kan / wird er druͤber la - chen / daß wir ſolche Fragen hoͤren ſollen.

Hoſ.

Wie Naboth in die andere Welt geſchicket ward / ſo flennete er ſich maͤch - tig: Ob ihm nun das Lachen ankom - men iſt / das weiß ich nicht. Doch hoͤ - re / wen ſoll er auslachen? Entweder den Koͤnig oder die Elteſten: Jch will dir zu thun machen / wo du nicht flugsſprichſt219ſprichſt / Naboth iſt nicht im Himmel.

Bil.

Jch ſehe wohl / wenn die Leute fromm ſeyn / ſo muͤſſen ſie alles laſſen uͤber ſich gehen. Herr Naboth hat auch wohl in der Gruben verdienet / daß ich mich ſeinetwegen herum ſchmeiſſe. Hoͤrt / wer ſagt / daß Naboth nicht im Him - mel iſt / den halte ich vor einen Schel - men.

Hoſ.
(ad Jet.)

Wo der mit Schelmen um ſich wirfft / muͤſt ihr mir ein paar Du - tzend Ohrfeigen leihen.

(ad ſpect.)

Das habe ich wohl in meiner Schule gelernet / wie ich die Leute im Reden be - triegen ſoll / aber wie ich die baren Maulſchellen abwenden ſoll / ſo weit bin ich noch nicht kommen.

Bilſ.

Nun iſt iemand da / den meine Rede verdreuſt. Jch halte den vor einen Schelmen / der es leugnet / daß Herr Naboth im Himmel iſt.

Hoſ.

Jch leugne es / und bin doch kein Schelm.

Bilſ.

Nun ſo biſt du ein Kerle / der ſolche Dinger verdienet.

(Er ſchlaͤget ihn / ſie fallen uͤberK 2ein -220einander / und jagen ſich endlich herum.)
Hoſ.

Mit der diſputation kam ich nicht zu - rechte: Der Schelm machte ſeine Syl - logismos alle zu grob: Er fuhr mir ge - waltig durch die Subtilitaͤten / und wo mein Kopff ſo vielmahl an die Probe ſoll / ſo vergeſſe ich meinen Nahmen und alle Kuͤnſte / die mir im Kopffe gewach - ſen ſeyn. Nun was hilffts / Naboth muſte bey ſeinen Steinen wohl auff hundert Syllogiſmos antworten: Alſo muß immer ein Ungluͤcke dem andern zum Troſte dienen.

Vierdter Handlung Zwoͤlffter Auffzug.

Ahab der Koͤnig. Elia ein Prophet.
Ah.

Jhr andern laſſet uns etwas alleine. Denn ie naͤher uns die Gegend dieſes Weinberges in die Augen faͤllt / um ſo viel angenehmer iſt die Situation, wel - che gewißlich verdienet hat / daß ſiedurch221durch einen Koͤniglichen Pallaſt zu wei - terer Schoͤnheit erhoben wird. Ach ſcheinet es doch / als wenn die gantze Gegend durch ein anmuthiges Lachen unſere Luſt und unſere Vergnuͤgung befoͤrdern wolte. Samaria ſelbſt wird uns veraͤchtlich werden / wo dieſe Woh - nung zu einer Vollkommenheit gelan - gen kan.

El.
(Koͤmmt mit ungeſtuͤm heraus:)

Sieheſt du auch / wer dir entgegen koͤmmt?

Ah.

Was ſoll ich den nicht kennen / welcher das Volck Jſrael ſo vielmal wider den Koͤnig auffgewiegelt hat?

El.

Der HErr iſt mein Zeuge / daß ich ſol - ches nicht thue. Aber wie deine und deiner gottloſen Gemahlin Hurerey in den Himmel ſchreyet / daſſelbe moͤchte mit Blute beweinet werden.

Ah.

So prediget man dem gemeinen Vol - cke zu Liebe / wenn die Majeſtaͤt eines Koͤniges verlaͤſtert wird.

El.

Und ſo lebt man der Goͤttlichen Maj. zu Trotze / wenn man ſich aus einer Boßheit in die andere treiben laͤſt. K 3Wer222Wer hat den unſchuldigen Mann tod geſchlagen? Wer hat das gerechte Blut der Kinder auff ſeine Seele ge - nommen? Wer iſt itzund im Begriff / einen fremden Weinberg einzuneh - men? Biſt du es nicht / du gottloſer und verdammter Koͤnig? Und meyneſt du nicht / daß die Hunde eben an dem Orte dein Blut lecken werden / wo ſie des un - ſchuldigen Naboths Blut gelecket ha - ben?

Ah.

Womit habe ich dieſen feindſeligen Zuſpruch verdienet? Habe ich dich auch iemals im Ernſte verfolgen laſ - ſen?

El.
(Stellet ſich ungebendig / und re - det dieſe folgende Verſe gleichſam in halber Raſerey heraus.)
Du biſt ein Gottes Feind / der hat dich
falſch befunden.
Du haſt dich wider ihn zur Miſſethat ver -
bunden /
Ja du biſt gantz verkaufft / als wie ein
Krieges-Knecht /
Der ſeinen Sold bekoͤmmt. Der weiß
kein ander Recht /
Als223
Als was der Hauptmann ſagt. Wie kanſt
du dich bekehren?
Der Baals-Teuffel laͤßt dich ſchon zur
Fahne ſchweren /
Dem bleibſt du unterthan. Doch weil
dir die Perſon
Zum Herren wohlgefaͤlt / ſo hab auch
ihren Lohn.
Denn alſo ſpricht der Herr: Es ſoll dir
nicht gelingen /
Jch will den Untergang auff dein Ge -
ſchlechte bringen /
Kein Menſch ſoll uͤbrig ſeyn / der deines
Saamens iſt /
Biß auff das kleinſte Kind / das an die
Mauer pißt.
Ja wer verſchloſſen liegt / ſoll keinen Troſt
erwerben:
Der Letzte ſoll ſo wohl als wie der Erſte
ſterben.
Gleich wie Jerobeam / und wie Baeſa
fiel /
So hab ich auff dein Haus ein eben -
maͤßig Ziel
Zum Ungluͤck angeſetzt. Du wirſt es
wohl erfahren /
K 4GOtt224
GOtt kan den letzten Schlag noch eine
Zeit verſparen /
Doch er verſaͤumt es nicht. Denn wer
mit ſeiner Zucht
Das Volck zur Suͤnde treibt / derſelbe
ſey verflucht.
Ah.

Ach! GOtt wolle dieſen grauſamen Fluch noch in einen Segen verwan - deln! Soll ich daſſelbe entgelten / was Jſabel geſtifftet hat?

El.
(Stellt ſich wieder ungeber - dig.)
So will ſich Jſabel auch wider GOtt ver -
meſſen /
Die Hunde ſollen ſie in ihrem Hauſe
freſſen /
Denn welcher in der Stadt als Ahabs
Sohn verreckt /
So werde deſſen Blut von Hunden
auffgeleckt.
Und wenn der ſchnoͤde Fall im Felde wie -
derfaͤhrt /
So werde deſſen Fleiſch von Raben
auffgezehrt:
Wo225
Wo hat ein ſolcher Hund ein ehrlich
Grab verdient /
Der ſich zu groſſer Schuld auch wider
GOtt erkuͤhnt.
(Gehet ab.)
Ah.

Ach weh! mein Vater Elia / ſoll ich die - ſen grauſamen Fluch zuletzt behalten? und ſoll mir der Weinberg noch eher zur Verdammniß gereichen / ehe die eu - ſerſte Schwelle durch meinen Fuß be - treten wird? Ach wie veraͤndert ſich der Anblick / wie jaͤm̃erlich ſcheinet die Situ - ation, welche mir ſonſt eine angenehme Landſchafft vor Augen ſtellete. Ach der Blut-Acker mag einen Herrn finden / wo er will / ich habe ohndem mehr Un - gluͤck und mehr Blut auff dem Halſe / als ich werde buͤſſen oder verantworten koͤnnen.

(Gehet ab.)
K 5Vierd -226

Vierdter Handlung Dreyzehender Auffzug.

Sabadia Koͤniglicher Printz. Oboth ein Koͤniglicher Bedienter.
Ob.

Das mag mir ein poßirlicher Kerl ſeyn.

Sab.

Kennet ihr denn nicht den heil. Pro - pheten / auff deſſen Gebot vor weniger Zeit Feuer vom Himmel gefallen iſt.

Ob.

Wenn ich ſo ein maͤchtiger Prophete waͤre / ich wolte mir bey dem Koͤnige was beſſers zur Propheten-Kappe aus - bitten.

Sab.

Vielleicht wuͤrde durch das weiche Kleid der beſte Ruhm eines Propheten verloren.

Ob.

Hochverdiente Leute ſollen ſich aber in den ſchlechten Lumpen nicht veraͤchtlich machen.

Sab.

Und ich halte / hochverdiente Leute be - duͤrffen keines Schmuckes / deſſen auch die geringſten Sclaven von der Welt annehmen koͤnnen.

Ob.

Unterdeſſen kan ihre Tugend durchden227den veraͤchtlichen Auffzug proſtituiret werden.

Sab.

Wo die Goͤttliche Krafft die Autori - taͤteinpflantzet / da kan ſich keine Ver - achtung finden laſſen / als bey den gott - loſen Welt-Kindern / die auch mit dem Himmel ihren Spott treiben.

Ob.

Jch haͤtte vermeynet / es waͤre ein wil - der Mann.

Sab.

Der Gottesvergeſſenen Welt muß alles wilde ſcheinen / was nicht in ihrem Luſt-Garten gepflantzet iſt.

Ob.

Sie vergeben meinen kuͤhnen Wor - ten: Sie ſolten ſich wohl in einem ſol - chen Habit ſchicken.

Sab.

Ach waͤre es moͤglich / daß ich dieſe ver - gaͤngliche Lumpen mit einem geringen Leder verwechſeln duͤrffte / mit was Vergnuͤgung wolte ich in dem naͤchſten Walde meinen Wohn-Platz auff - ſchlagen.

Ob.

Wie kan ein Koͤnigs Sohn auff ſol - che Gedancken gerathen? Vielleicht weil die liſtige Jſabel ihren Kindern ein Vortheil ablauffen will / ſo werden ſich die andern deßwegen zu tode graͤ - men.

K 6Sab.
228
Sab.

Ach wer will auff dem Thron ſitzen / der nicht allein von dem gantzen Vol - cke / ſondern auch von unterſchiedenen Propheten verflucht iſt.

Ob.

Wer weiß / wer die Propheten zu einer ſolchen Predigt erkaufft hat?

Sab.

Ach Naboths Blut muß bezahlet wer - den / und ich fuͤrchte / mein eigener Kopff wird mit in die Rechnung kommen.

Ob.
(ad ſpect.)

Was hat die Melancholie vor Wirckung. Dieſer kan nicht Koͤnig werden / darum verlanget ihn nach ei - nem guten Freunde / der ihm den Kopff darzu nimmt.

Sab.

So muͤſſen wir die Laſt ertragen / die ein Vater -- Ach was verklage ich den unſchuldigen Mann! die eine gottlo - ſe Stieff-Mutter uͤber 70. Soͤhne ge - fuͤhret hat.

Ob.

Wo von Naboths Unſchuld viel geſa - get wird / da habe ich nicht gerne viel zu ſchaffen. Jch habe in demſelben Wer - cke gehandelt als ein treuer Diener: Drum muß ich einen Ort ſuchen / da ſolcher Gehorſam beſſer geruͤhmet / und nach meinem Verlangen belohnt wird.

(Gehet ab.)
Sab.
229
Sab.

Mich duͤnckt / der Lohn wird auff die verdammten Diener auch fallen / wo das Koͤnigliche Gebluͤte ſelbſt von keiner Befreyung wiſſen ſoll. Ach was iſt die - ſes vor ein Ungluͤck / wenn man nichts anders vor Augen ſiehet / als die Erwar - tung eines blutigen Todes.

(gehet ab.)

Vierdter Handlung Vierzehender Auffzug.

Badezor der Koͤnigliche Printz von Zidon. Abdalla der Reſident. Jezer ein Elteſter in Jeſreel.
Bad.

Wie ſollen wir dieſes verſtehen? Wir folgen dem Koͤnige in der Svite / und da wir uns nach ſeiner Perſon umſehen / iſt er aus den Augen verſchwunden.

Abd.

Die Begierde hat ihn was eifrig fortgezogen / er wird ſich in der Einſam - keit uͤber der Gelegenheit des Orts ver - gnuͤgen. Denn gewiß ein Potentate muß allein ſeyn / weñ er ſich recht erfreu - en oder betruͤben will. Durch die Augen der Diener werden die affecten gebun - den.

K 7Bad.
230
Bad.

Ach nein / ich habe ſchon gehoͤrt / daß im Weinberge von der Ankunfft nichts wiſſend iſt / und gleich wohl habe ich nie - mals einen Koͤnig geſehen / der ſich uͤber die poſſeſſion eines Gutes ſo hoch haͤtte erfreuen koͤnnen.

Abd.

Drum iſt es kein Wunder / daß die Freude gleichfalls eine Wirckung nach ſich zeucht / die wir nicht errathen koͤn - nen.

Bad.

Vielleicht wird uns dieſer Ehrliche et - was zur Nachricht erzehlen.

Jez.
(koͤmmt)

Ach meine Patronen / ſie be - gegnen mir zur rechten Zeit.

Bad.

Jch mercke ſchon / wo der Herr hin zie - let / die Zeit wird ihm gewiß lang / daß er die Vergeltung nicht haben ſoll / welche wegen der bewuſten Courteſie verſpro - chen ward.

Jez.

Ach wer wolte bey der itzigen Zeit an eine Vergeltung gedencken. Es hat uns eine verwirrte Zeit in Jſrael der - maſſen turbiret / daß wir uns faſt den Tod wuͤnſchen moͤchten.

Bad.

Daß ſich eine Perſon aus dem ge - meinen Poͤbel leicht bethoͤren laͤſſet / ſol -ches231ches kan noch entſchuldiget werden; Al - lein daß ein alter Herr / ein Præſident aus einem Collegio ſo kleinmuͤthig wer - den kan / das koͤmmt mir etwas unge - reimt vor.

Jez.

Ein Koͤnigl. Diener richtet ſich nach dem Humeur ſeines Herrn. Nun ſind Jhro Maj. in hoͤchſten Ungnaden wie - der umgekehrt / und da wir nicht erra - then koͤnnen / was die arme Gegend moͤchte verſchuldet haben / ſo muͤſte der - ſelbe den Nahmen eines getreuen Pa - trioten verſchweren / der ſich bey ſo ver - wirrten Dingen lauter froͤliches We - ſen und alle ſtoltze Sicherheit einbilden wolte.

Bad.

Nun / nun / alter Herr / bekuͤmmert euch / wie ihr meynet / daß es bey der Gemeine kan verantwortet werden. Wo der Koͤnig zuruͤcke iſt / ſo iſt un - ſer Bleiben auch nicht hier. Lebet wohl.

(Sie gehen ab.
Vierd -232

Vierdter Handlung Funffzehender Auffzug.

Es wird ſachte mit Violen muſici - ret / endlich eroͤffnet ſich die mit - telſte Scene, da koͤm̃t Ahab her - aus / und hat an ſtatt ſeines Koͤ - nigl. Kleides einen Sack angele - get. Und als die Inſtrumentiſten auffgehoͤret / ſo ſaget er:

Ach! wer will die Angſt meines Hertzens beſchreiben / nachdem ich denſelben er - zuͤrnet habe / welcher den hoͤchſten Po - tentaten auff der Welt die Geſetze des Lebens und des Todes vorſchreiben kan. Ach! wenn meine Augen koͤnten zu Thraͤnen-Qvellen werden / ſo lange biß ich die blutigen Flecke von mir und meinem Hauſe abgewaſchen haͤtte. Ach! ich bin muͤde von Seuffzen! Jhr lieben Getreuen ſecundiret euren Koͤ - nig in dem bußfertigen Vorſatze.

(Die Muſicanten treten hervor und ſingen / da unterdeſſen der Koͤnig ſich in voller Angſt auff der Erden herum waͤltzet.)
1. Hier233
1.
Hier lieg ich in der Suͤnden-Noth /
Und fuͤhle den verdammten Tod.
Denn wo will ich vor Schmertzen hin /
Weil ich der Mann des Todes bin?
2.
So wahr das Blut um Rache ſchreyt /
So wahr ſpricht die Gerechtigkeit /
Daß ich als ein verdammter Mann
Nichts als den Tod erwarten kan.
3.
Ach groſſer GOtt! ich bins nicht werth /
Daß mir die Gnade wiederfaͤhrt /
Jch wein und ſeuffze zwar darnach /
Doch meine Thraͤnen ſind zu ſchwach.
4.
Befiehlſt du noch / daß ich vergeh /
Ach! iſt in deiner Gnaden-See
Kein Tropffen / der mich troͤſten kan /
So bleib ich doch ein todter Mann.
Ah.

Jhr Getreuen / dieſer Ort iſt vor mei - ne Buſſe noch zu koͤſtlich / und ich hoͤre Perſonen / welche mir im heiligen Wer - cke moͤchten verhinderlich ſeyn. Ach folget mir nach in ein geheimes Zim -mer /234mer / da wir die Traurigkeit zu GOtt etwas geruhiger ausſchuͤtten koͤnnen.

(Er kreucht auff den Knien hinein / die Muſicanten repetiren den letzten Verß / und kriechen ſingende her - nach.)

Vierdter Handlung Sechzehender Auffzug.

Sabadia ein Printz / der Jſabel Stieff - Sohn. Oboth ein Koͤniglicher Bedienter.
Sab.

Wo iſt nun derſelbe Trotz / der ſich ſo ſehr auff des Koͤnigs Belohnung zu ver - laſſen wuſte? Oder was werden die - ſelbigen nun zu hoffen haben / die ſich ei - nes unbilligen Todſchlages dergeſtalt theilhafftig machen / daß ſie auch mit dem Koͤnige im Sacke und in der Aſche moͤchten Buſſe thun.

Ob.

Kan ich davor / daß der Koͤnig allemal ſo wunderlich wird / wenn der Prophet Elia mit ihm geredt hat?

Sab.

Jch moͤchte faſt ſprechen: Kan derKoͤ -235Koͤnig davor / wenn er von ſeinen gott - loſen Dienern ſo jaͤmmerlich hinter das Licht gefuͤhret wird?

Ob.

Mein Printz / wo ſie Luſt haben / etwas von der Geiſtligkeit zu predigen / ſo le - gen ſie einen Sack an / und faſten / da - mit wird der Koͤnigl. Herr Vater deſto eher fertig.

Sab.

Es thaͤte vonnoͤthen / daß man im gan - tzen Koͤniglichen Hauſe dergleichen Fa - ſten ausruffen lieſſe.

Ob.

Ach nein / die Koͤnigin iſt kluͤger / ſie hat ſich mit ihrem lieben / getreuen Herrn Reſidenten in den Weinberg gemacht / und ich halte / ſie wird die poſſeſſion mit mancher Annehmligkeit ergreiffen.

Sab.

Sie mag vor ſehen / ob ſie den Koͤnig - lichen Herrn Vater noch einmal be - triegen wird.

Ob.

Das iſt kein Betrug / wenn man ein - faͤltigen Perſonen die Prophetiſchen Grillen aus dem Kopffe redet.

Sab.

Es mag heiſſen / wie es will: Doch bin ich gewiß / daß Jſabel ein groſſes Theil von ihrer liſtigen Gewalt wird verloren haben.

Ob.
236
Ob.

Ach einfaͤltiges Urtheil! ſie wird nie beſſer befohlen haben / als ins kuͤnfftige geſchehen ſoll. Wir ſehen den Koͤnig faſten / aber die Baals-Pfaffen ſollen ihm bald zum Opffer-Feſte das Geleite geben. Er will itzund von dem blutigen Weinberge nichts hoͤren: Aber wenn Jſabel ihren Geburts-Tag drauſſen begehen wird / ach wie gehorſam wird ſich der liebe Herr einſtellen.

Sab.

Was hat ein ſolcher Sclave verdie - net / vor deſſen Hoͤhnerey auch der Koͤ - nig nicht ſicher iſt?

Ob.

Man erwarte zuvor den Ausgang. Werde ich gelogen haben / ſo ſtraffe man mich als einen Luͤgner.

Sab.
(entbloͤſſet den Sebel.)

Du haſt den Koͤnig mehr gelaͤſtert als Naboth / und ich duͤrffte bald dem Volcke die Muͤhe erſparen / daß ſie dich nicht erſt ſteinigen duͤrfften.

Ob.

Ach ein Koͤniglicher Printz ſoll die Kraͤffte gegen die Feinde des Koͤnig - reichs anwenden. Es iſt ſchlechter Rai - ſon, daß mir vor der Naſe herum ge - fochtelt wird / duͤrffte ich mich an desKoͤni -237Koͤniges Sohne vergreiffen / was gilts die Courage wuͤrde nicht ſo hitzig ſeyn.

Sab.

Du ſcheinheiliger Bube / wilt du mein verſchonen / und kanſt doch den Koͤnig ſelbſt ſo ungeſcheut mit der Zunge ver - wunden?

Ob.

Ach! das hab ich nicht gethan / man ſtelle mir Zeugen auff.

Sab.

Hab ichs nicht gehoͤrt?

Ob.

Ein Zeuge / kein Zeuge. Jch ſage noch einmal: Jſabel wird doch die Ober - hand behalten / und der wunderliche Prophete wird viel reden muͤſſen / ehe er ſie mit ihrer Geſchwindigkeit zu Boden treten ſoll. Ahab bleibt ein Selave / der der Koͤnigin pariren muß / das ſage ich itzund mit gutem Bedacht / aber wer mich oͤffentlich mit dieſer Rede beſchuldigen will / der ſoll mir Zeugen bringen / oder ich will ihm die Luͤgen in den Hals hinein ſchieben. Mein Printz / das war die Belohnung / daß er mir ſo hoͤhniſch be - gegnete. Jch verbleibe eines iedwe - den Diener / wenn ich will.

(Gehet ab.)
Sab.
238
Sab.

Die Straffe ſoll gewiß allbereit den Anfang nehmen / weil auch die gerin - gen Unterthanen aus der Majeſtaͤt ei - nen Spott treiben. Ach! wie ſelig iſt der Mañ / der geſchwinde ſterben darff / wenn ihm das blutige Todes-Urtheil ſchon vom Himmel angekuͤndiget iſt.

Vierdter Handlung Siebenzehender Auffzug.

Obadia der Koͤniglichen Printzen Hoffmeiſter. Elia ein Prophet.
Ob.

Ach mein Herr / das Hertze im Leibe moͤchte mir brechen / daß ich den Unter - gang der Koͤniglichen Tugend vor mir ſehen muß. Ach was vor Sorge und Treue habe ich angewendet / damit ich nur einen Stifft in Jſrael erziehen moͤchte / daraus mit der Zeit rechte Jſ - raelitiſche Frucht gedeyen moͤchte. Al - lein der Fluch iſt nun ſtaͤrcker als der Segen / und da mein Herr den Unter - gang verkuͤndiget hat / ſo weiß ich ſchon /daß239daß kein Wort auff die Erde fallen wird.

El.

Es iſt des Herrn Wort / wer in ſeinen Wegen richtig wandelt / der hat ſein Gewiſſen verwahret / und wird um ſo viel deſtoweniger vor dem gerechten Ur - theil Gottes erſchrecken.

Ob.

Der Koͤnig mercket allbereit / was er vor eine Straffe verdienet hat / und al - ſo liegt er jaͤmmerlich im Sacke und in der Aſche / ob ſich etwan GOtt wieder - um zu ſeinem Hauſe wenden moͤchte.

El.

Er thut itzund Buſſe: Doch ſeine Ge - mahlin wird die Andacht bald verhin - dern. Jmmittelſt iſt des HErrn Wort da / daß in Anſehung dieſer Buſſe der Koͤnig gleichwohl ſoll verſchonet blei - ben / daß bey ſeinen Lebzeiten kein Un - gluͤck uͤber das Koͤnigliche Haus ſoll ge - fuͤhrt werden. Doch mit dem aus - druͤcklichen Vorbehalten / daß nach ſei - nem Tode alle Warſagungen wuͤrck - lich und im Angeſichte des gantzen Vol - ckes erfolgen ſollen.

Ob.

Ach! ſo will ich hoffen / daß auch die - ſe ſchreckliche Dinge nach meinem To -de240de erfolgen werden. Doch mein Herr / ſoll ich dieſe Zeitung dem Koͤnige an - deuten?

El.

Ja es iſt des Herrn Wille / welcher ſeinen Segen uͤber die Frommen kraͤff - tig wolle ergehen laſſen.

(Gehet ab.)
Ob.

Und welcher die Frommen mit den Boͤſen nicht gaͤntzlich austilgen wolle.

Fuͤnffter Handlung Erſter Auffzug.

Der Schau-Platz præſentiret ſich gantz finſter. Hoſcha mit einer kleinen Laterne.

Guten Morgen / ihr Herren / guten Mor - gen. Wo ihr alle ſo ſchlecht ausge - ſchlaffen habt als ich / ſo wirds heute trefflich ſchwere Koͤpffe ſetzen. Denn unſere Koͤnigin nimmt von dem Herrn Bruder Abſchied / der muß ſich bey Nacht und Nebel in ſein Koͤnigreich begeben / wo er ſich nicht aus dem Erb - theil will verdringen laſſen. Weil ich nun als eine vornehme Staats-Per -ſon241ſon mit zur heimlichen Auffwartung bin verſchrieben worden / ſo ſtelle ich mich ein / und will erwarten / ob ich bey dem betruͤbten Abſchiede was zu heulen oder was zu lachen kriegen werde. Potz tauſend / es iſt trefflich finſter. Wo ich zu zeitlich komme / ſo werde ich gewiß etliche Dutzend Viertelſtunden weiter Mittags-Ruhe halten / oder zum we - nigſten werde ich mir das Licht in der Laterne ziemlich theuer bezahlen laſſen.

Fuͤnffter Handlung Anderer Auffzug.

Hoſcha. Badezor der Koͤnigliche Printz von Zidon. Ein Knabe mit der Fackel.
Bad.

Hoſcha Biſtu ſchon hier?

Hoſ.

O ja / ich habe einen rechten Sper - lings-Kopff. Jch kan ausſchlaffen / wenn ich will; Aber haͤtte ich doch bald meine hoͤffliche Schuldigkeit vergeſſen. Einẽ ſchoͤnẽ / eingemachten / freundlichen guten Morgen.

LBad.
242
Bad.

Behalt nur die eingemachten Sa - chen vor dich / mit dem Confecte iſt es vor mich zu fruͤh.

Hoſ.

Jſt meinem Patrone mit dem guten Morgen nicht gedienet / ſo waͤre mir doch mit ſeinem uneingemachten groſ - ſen Dancke ein groſſer Dienſt geſche - hen.

Bad.

Du wilſt allem Anſehen nach gar wie ein groſſer Printz tractiret ſeyn.

Hoſ.

Der iſt wohl ein Narr / der nicht ein Fuͤrſtlich Gluͤcke verlanget / wenn er es mit guten getreuen Dienſten / oder mit Narrenpoſſen ſo weit bringen kan.

Bad.

Wolan / du haſt an die getreuen Dienſte gedacht. Meyneſt du gleich - wohl / daß du was damit verdienen koͤnteſt.

Hoſ.

Herr / da ſtehe ich / iſt ihm mit Luͤgen und Triegen / mit Rauben und Steh - len / mit redlichen und unredlichen Stuͤ - cken was gedienet / ſo laſſe er mich nur die Ehre haben / daß ich darzu gebrau - chet werde: Er ſoll erkennen / daß in meiner Narren-Kappe kein Narr be - graben liegt.

Bad.
243
Bad.

Jch weiß wohl / daß du nicht ſo naͤr - riſch biſt / als die Kappe von auſſen ſchei - net. Drum weil itzund die Abreiſe ge - ſchwinde vor ſich gehet / ſo wolte ich wuͤnſchen / daß du unſers Herrn Reſi - denten geheimer Secretarius werden wolteſt. Die Zeiten laſſen ſich ſehr ge - faͤhrlich und beſorglich an / und wo mir nicht alle Poſten was Neues geſchrie - ben wird / ſo waͤre ich an dem Verder - ben unſchuldig / welches dem Koͤnigli - chen Hauſe begegnen moͤchte.

Hoſ.

Jch mercke ſchon / was in meiner Be - ſtallung geſchrieben ſtehet: Jch ſoll ſo ein Zwey-Achſeler ſeyn / und ſoll ſehen / wo ich die Leute in ihrer Heimligkeit hin - terſchleichen kan / und was ich weiß / das ſoll ich in des Herrn Abgeſandten Zim - mer dem Schreibe-Tiſche wieder er - zehlen / damit bin ich allenthalben gut Freund / und niemand darff mich ſchel - ten / daß ich ein verwaſchen Maul habe.

Bad.

Mit kurtzen Worten / du ſolt des Herrn Abgeſandten ſein Bedienter ſeyn / und alles deiner Baalitiſchen Pro - feſſion ohne Schaden. Nur macheL 2es244es nicht zu mercklich / daß die Schelm - ſtuͤcke nicht vor der Zeit an den Tag kommen. Da haſt du etwas rechtes auff die Hand / nach Befindung deiner Treue ſoll die diſcretion allemal gebeſ - ſert werden.

Hoſ.

Herr / ich wolte mich gerne wehren: Jch fuͤrchte mich nur / ihr moͤchtet es wieder nehmen.

Bad.

Was dein iſt ſoll auch dein bleiben. Doch du haſt dich nun nicht auffzuhal - ten / es wird etwas vorgehen / darbey wir deiner Laterne nicht beduͤrffen.

Hoſ.

Nu / nu / wer meine Laterne entrathen kan / der mag mir auch zu gute halten / daß ich mich wieder zu Bette lege.

Fuͤnffter Handlung Dritter Auffzug.

Der innere Schau-Platz eroͤffnet ſich / da ſtehet ein Tiſch mit zwey Lichtern / Jſabel koͤmmt in ſchwartzen Wittwen-Kleidern heraus.
Iſab. 245
Jſab.

Ach mein lieber Herr Bruder / ſoll ich nun von einer ſo lieben Perſon ins kuͤnfftige geſondert ſeyn: Und ſoll eben der Auffbruch bey finſterer Nacht ge - ſchehen / daß ich um ſo viel deſtomehr das Ebenbild meiner betruͤbten Trau - rigkeit daraus empfinden ſoll?

Bad.

Hertzens Schweſter / warum ſoll ich mit ſolchen Worten in meinem Troſte verſtoͤret werden? Jch betruͤbe mich - ber dem Scheiden / und ob ich wohl zu der Beſitzung eines Koͤnigreichs gezo - gen werde / ſo wolte ich doch gerne daſ - ſelbe fahren laſſen / wenn ich nur meine Lebens-Zeit in Genieſſung dieſer Schweſterlichen Liebe beſchlieſſen koͤnte.

Jſab.

Das Verhaͤngniß hat den Ausſpruch gethan / daß wir uns in beſtaͤndiger Beywohnung keiner Goͤttlichen Gluͤck - ſeligkeit anmaſſen duͤrffen.

Bad.

Das eintzige wird uns noch zu groſſer Conſolation gereichen / daß wir dem Gemuͤthe nach nicht getrennet werden.

Jſab.

Wenn mir auch dieſe Verſicherung ſolte verſaget ſeyn / ſo wuͤrde ich bey demL 3Ab -246Abſchiede einen toͤdtlichen Schmertz be - klagen muͤſſen. Ach mein Koͤniglicher Gemahl hat ein blutiges Ende genom - men. Ein Sohn / welcher trotz allen Stieff-Bruͤdern den Koͤniglichen Thron beſtiegen hatte / muſte durch ei - nen gefaͤhrlichen Fall das koſtbare Le - ben beſchlieſſen. Der andere Sohn / welchen ich als meine Seele liebe / mag den Krieg wider die Syrer nicht allzu - gluͤcklich fuͤhren / daß ich alſo gar leicht - lich zum andernmal das Begraͤbniß ei - nes leiblichen Sohnes beſtellen muͤſte. Dannenhero da mein eintziger Troſt faſt auff euch beruhen will / ach! ſo den - cket nur / wie mir das Hertze bey eurem Abſchiede brechen muß.

Bad.

Getroſt meine Hertzens Schweſter / mein gantzes Koͤnigreich ſoll mit allem Reichthum euch und eurer Sicherheit zu Dienſte ſtehen / nur laſſet euch unſern Herrn Abgeſandten / welcher nochmals in ſeinem Character beſtaͤtiget wird / zu vertrauter Correſpondentz anbefohlen ſeyn.

Jſab.

Jch werde den Bruͤderlichen Befehlwiſſen247wiſſen in acht zu nehmen. Ach ich ſehe die Zeit des Auffbruches iſt vorhanden. Nun zu guter letzt dieſen Kuß und die - ſes Schnuptuch / welches ich mit mei - nen Thraͤnen durchnetzet habe / anzuzei - gen / daß ich auſſer den Thraͤnen zu meinem Zeitvertreib nichts uͤbrig habe.

Bad.

Der Himmel helffe / daß in eurem Koͤniglichen Hauſe noch ſo viel Freu - den-Perlen erwachſen / ſo viel als Tropffen dieſes Schnuptuch befeuch - tet haben. Ach die Zeit ruffet mich zum Abſchiede. Nochmals zu aller ſelbſt beliebenden Gluͤckſeligkeit befohlen.

(Er kuͤſſet ſie / und will weggehen.)
Jſab.

Herr Bruder / noch einen Blick.

Bad.

Das uͤbrige ſoll in fleißigen Brieffen beſtehen. Jch muß ſcheiden. Doch noch einen Blick.

(Gehet ab.)
L 4Fuͤnff -248

Fuͤnffter Handlung Vierdter Auffzug.

Iſabel die Koͤnigin / Die Geiſter von Ahaſia, Naboth, Thirza, Amri, Nebat.
Jſab.

Doch noch einen Blick! Ach wie ſchlecht war der Troſt! Wenn man die Laſt der langen Einſamkeit darge - gen halten will / und wie moͤchte ich die - ſen Verluſt mit Trauer-Kleidern an - deuten / wenn mein Wittwen-Stand und das geplagte Mutter-Leid mir nicht das Geſetze eines ewigen Trau - rens auffgeleget haͤtte. Aber was iſt da?

Ahaſ.
(mit einer Fackel.)

Jch bin da. Stehet es einer Mutter an / daß ſie ih - ren Sohn nicht kennet?

Jſab.

Ach wo ſoll ich mich hinwenden?

Ahaſ.

Du ſolt mir folgen. Aber ich muß vor ſehen / wo mein Bruder bleibt.

Jſab.

Jch ſterbe vor Angſt!

Ahaſ.

Ja wohl koͤmmt das Ziel deines Sterbens nahe: Und was du mir imLeben249Leben vor Boßheit eingepflantzet haſt / das will ich dir im Sterben mit dieſer Fackel bezahlen.

(er verſchwindet.)
Jſab.

Traͤumet mir / oder werde ich wachen - de bethoͤret? Jch muß ſehen / wo meine Bedienten geblieben ſind.

(Sie will weggehen / Naboths Geiſt koͤmmt von hinten / und zeucht ſie zuruͤcke.)
Nab.

Aber du ſolt zuruͤcke bleiben. Naboth iſt geſtorben / aber in deinem Gewiſſen lebt er noch. Kenneſt du mich wohl / du gifftige Schlange? Was hatte ich dir gethan / daß ich mein Blut ſo jaͤmmer - lich vergieſſen muſte?

Jſab.

Jch kan den Anblick nicht ausſtehen / ich muß mich wegwenden.

(Sie wen - det ſich um / da koͤmmt der Geiſt von Thirza.)
Thirz.

Sieheſt du nach mir? Du wilſt gewiß deinem meineydigen Sohne noch eine Braut im Tode ſuchen. Ach nein / meine Unſchuld hat mich zu einer Braut gemacht / aber die Hochzeit-Fa - ckeln / die du mir entzogen haſt / die ſollen auff deinem Gewiſſen verbrennen.

Jſab.

Mein Geiſt vergehet / ich mercke / daßL 5ich250ich ſterben muß.

(Sie will ſich nie - derſetzen / Amri und Nebat kommen auff ſie loß.)
Amr.

Wilſtu nicht ſtehen bleiben?

Neb.

Wilſtu meine Fackel koſten?

Amr.

Die Ohnmacht ſoll dir verboten werden.

Neb.

Und mein Blut ſoll dir zu Pech und Schweffel werden.

Jſab.

Jch darff nicht ſitzen. Ach darff ich denn auch die Augen verhuͤllen.

(Sie verhuͤllet die Augen / die Geiſter verſchwinden.)
Jſab.

Bin ich wieder allein / oder iſt noch et - was / das mich unvermerckt anruͤhret? Jch erſchrecke vor mir ſelber. Ach wo ſind meine Bedienten.

(Sie ſchreyet)

Jſt niemand / der der Koͤnigin beyſtehet?

Fuͤnffter Handlung Fuͤnffter Auffzug.

Iſabel die Koͤnigin / Javan der oberſte Baals-Pfaffe. Pashur Koͤnigl. Cammer-Herr.
(Jn251
(Jn waͤhrender Action werden die Lichter allmaͤhlich angezuͤndet.)
Jav.

Die Goͤtter verleihen Jhro Koͤnigli - chen Majeſtaͤt einen geſegneten Mor - gen. Was beweget dieſelbe ſo ſehnlich um Huͤlffe zu ſchreyen?

Paſ.

Jhro Maj. ſind gantz auſſer ſich ſel - ber / es muß deroſelben ein betruͤbter Zufall begegnet ſeyn.

Jav.

Dieſes Schweigen iſt ungewoͤhnlich.

Pash.

Und die Sorge / welche daraus ent - ſtehet / iſt unbeſchreiblich.

Jſab.

Ach ihr Lieben / ich bin verdorben!

Jav.

Das wollen die Goͤtter nicht / Jhro Maj. ſie leben.

Pash.

Und ſie werden noch mancher Per - ſon von dem Verderben helffen koͤnnen.

Jſab.

Jch muß ſterben. Mein Ahaſia hat mich citirt.

Jav.

Wer im Grabe verſchloſſen liegt / der wird mit ſeiner Citation wohl zuruͤcke bleiben.

Jſab.

Naboth und ſeine Kinder ſind wieder lebendig worden.

Paſh.

Welchen die Koͤpffe einmal zer - knirſchet ſind / die ſollen in ihrem LebenL 6nicht252nicht viel Erſchreckniß verurſachen.

Jſab.

Jch habe ſie geſehen / und alſo kan mir das Widerſpiel nimmermehr ein - geredet werden.

Jav.

Ach was thut die Einbildung nicht!

Paſ.

Und wie kan ein Wachender durch ei - nen ſolchen Traum betrogen werden.

Jſab.

Tretet nur an meine Stelle / und laſ - ſet euch die Geſichter ſo bethoͤren: Was gilts mein Erſchrecken wird euch recht - maͤßig genug ſcheinen.

Jav.

Ey wer ſeine Hoffnung auff den Baal geſetzet hat / der darff weder Ge - ſpenſter / noch andere Geiſter glauben / und Krafft meines Prieſterlichen Amts frage ich Eu. Koͤnigl. Maj. ob ſie bey der Vaͤterlichen Religion leben und ſterben will?

Jſab.

Ach warum wolt ich dieſes nicht ver - ſprechen?

Jav.

Alſo verſpreche ich im Nahmen des groſſen Baals / daß ſie dergleichen Gedancken aus dem Kopffe heraus jage / und Gelegenheit ſuche durch zulaͤßige Luſt / oder auch wohl gar durch einen geruhigen Schlaff dieer -253erſchrockenen Glieder zu beſaͤnffti - gen.

Jſab.

Heiliger Vater / ich bin gehorſam; Er folge mir / und troͤſte mich.

(Sie gehen hinein / die Scene verbirget ſie.)
Pash.

Der gute Hoff-Prieſter machet ſich zwar mit ſeinem Troſte trefflich breit. Doch es wird weder bey der Koͤnigin noch bey den Bedienten zu ei - ner beſtaͤndigen Hertzhafftigkeit hin - aus ſchlagen. Jch an meinem Orte werde der Koͤnigin Partey am laͤng - ſten gehalten haben. Nachdem der Gluͤcks-Wind blaſen wird / nachdem werde ich meinen Mantel haͤngen.

Fuͤnffter Handlung Sechſter Auffzug.

Jetur des Koͤniges Wintzer. Bilſan Naboths Wintzer. Bidekar ein Officirer.
Jet.

Nachbar / was ſoll denn das bedeu - ten?

L 7Bil.
254
Bil.

Je was ſolls bedeuten? Es brachte ein Kerl eine Leiche geſchleppt und warff ſie in meinen Weinberg.

Jet.

Jch will nicht hoffen / daß ſie aus dem Koͤniglichen Weinberge werden einen Schinder-Anger machen.

Bil.

Wir muͤſſen zuvor ſehen / wer es ge - than hat / gegen einen groſſen Herrn duͤrffen wir uns doch nicht baͤr-beißig machen.

Jet.

Jch weiß wol / daß wir Bauern alles leiden ſollen: Aber wenn mir gleich - wol eine Leiche auff des Koͤniges Grund und Boden geſchleppet wuͤrde / ſo muͤſte ich doch nur ins Koͤniges Nahmen ein loſe Maul haben.

Bil.

Jch halte / wir werden die Leiche um - ſonſt begraben ſollen. Der Todten - graͤber iſt gewiß mit in den Krieg gezo - gen.

Jet

Jch muß nur ſehen / ob es auch eine vornehme Leiche iſt.

(gehet hinein)
Bil.

Mein Nachbar iſt wol ein Narr. Unſer Weinberg iſt gleich deßwegen angeleget / daß vornehme Herren ihre Leichen da auffheben laſſen. Jch den -cke255cke / wenn es um und um koͤmmt / ſo iſt ein Bettelmann am Zaune liegen blie - ben / den hat ein barmhertziger Kerl von der Landſtraſſe weg geſchleppt / und da - mit hat unſer Weinberg die Ehre kriegt.

Jet.
(kommt gelauffen)

O hertzer Nach - bar / daß GOtt im Himmel erbarme / was iſt vor ein Ungluͤck?

Bil.

Hui wird irgend die Leiche wieder le - bendig?

Jet.

Ach wenn ich doch Waſſer genug haͤtte / daß ich das groſſe Hertzeleid be - heulen koͤnte.

Bil.

Die Leiche gehoͤret gewiß in euer Ge - ſchlechte / daß die Traurigkeit ſo ſchreck - lich groß iſt.

Jet.

Ach greinet ihr Weinſtoͤcke und heulet ihr Feigen-Baͤume / der groſſe Ceder - Baum iſt umgefallen.

Bil.

Wenn das Hertzeleid ſo groß iſt / ſo werde ich wol auch ein Theil davon er - fahren duͤrffen.

Jet.

Ach lieber Nachbar / der Koͤnig / der Koͤnig --

Bil.

Jch halte

(ad ſpect.)

der Koͤnig hat ſei -nen256nen Schwager tod geſchlagen; Je nu / nu / was der vornehme Mann thut / das will ich nicht tadeln.

Jet.

Ach der Koͤnig iſt tod geſchlagen / und lieget voller Blut im Weinberge.

Bil.

Je bedenckt doch / was ihr redet; wer will den Koͤnig tod ſchlagen?

Bid.
(koͤmmt)

Freylich hat iemand den Koͤnig tod geſchlagen.

Bil.

Hertzer Nachbar / wo der Mann die Koͤnige darff tod ſchlagen / ſo mag er wol einen elenden Bauer gar ſchinden laſſen.

Bid.

Das hat der Herr geſagt / daß Ahabs Hauß lauter blutige Koͤpffe mit in die Grube nehmen ſoll. Das iſt der Wein - berg / daruͤber der unſchuldige Naboth nebenſt ſeinen Kindern Blut vergoſſen hat. Nun ſoll er ſich eben an dieſer Stelle in ſeinem Blute herum weltzen / und trotz ſey euch gebothen / daß ihr den verfluchten Coͤrper von der Stelle weg ſchaffet.

Bil.

Jch will ihn nicht weg ſchaffen / wo mich nur die Krieges-Gurgel nicht dar - zu leget.

Bid.
257
Bid.

Und hoͤrt ihr Sclave / was ſtehet ihr da muͤßig?

Jet.

Wir wolten gleich an die Arbeit ge - hen / wenn ich wuͤrde geſehen haben / wo der Lermen naus wolte.

Bid.

Es koͤmmt auch ſolchen Schelmen zu / daß ſie nach allen neuen Haͤndeln gu - cken. Verraͤther ſeyd ihr / und wenn etwas vorgehet / ſo laufft ihr doch an den Koͤnigl. Hoff / und verdienet das Bothen Lohn mit einer neuen Zeitung.

Bil.

Wir arme Leute wiſſen nicht / was neue Zeitungen vor Dinger ſeyn.

Bid.

Daß ich mich beſſer verſichere / ſo kommet mir nach / wo ihr einen Fuß anders ſetzet / als von mir befohlen wird / ſo will ich darnach ſehen / was ihr vor ſchelmiſch Blut in euren Adern habt.

Jet.

Das wird ſich meine Frau nicht traͤumen laſſen / daß ſie die vergangene Nacht bey einem Landsknechte ge - ſchlaffen hat.

Bil.

Meiner Frauen wird es wercklich vorkommen / daß ich ohne Verlaubniß in den Krieg gelauffen bin.

(Sie258
(Sie gehen etliche mahl um das Theatrum herum.)

Fuͤnffter Handlung Siebender Auffzug.

  • Jehu ein Kriegs Obriſter mit dem Koͤniglichen Schmucke.
    • Bidekar Ginath
    Officirer auff Jehu Seite mit unterſchiedenen Soldaten.
Jeh.

So mag demnach des verfluchten Koͤniges Sohn von den Raben ge - freſſen werden / weil der Herr ſelbſt das Urtheil uͤber das gottloſe Geſchlechte geſprochen hat. Und weil ich als ein Diener der Goͤttlichen Majeſtaͤt die Execution dieſer Straffe vollziehen ſoll / ſo ſtaͤrcket euch ihr lieben Getreuen / und ſtehet demſelben bey / welcher be - gierig iſt das Land von den uͤbrigen Blutſchulden zu befreyen.

Gin.

Lange lebe Koͤnig Jehu! und der je - nige ſey verbannet / deſſen Blut er fo - dern wird!

Bid.
259
Bid.

Lange lebe Koͤnig Jehu / der dem Vol - cke Jſrael zu Troſte beruffen iſt!

Gin.

Wer nicht vor einen Mann mit die - ſem Helden fechten wird / derſelbe wer - de geſtrafft wie Ahab.

Bid.

Und welcher ſeine Hand itzo ſchlaffen laͤſt / deſſen Kinder werden vertilget / wie Ahabs Kinder.

Jeh.

Friſch auff ihr Helden! die That iſt angefangen: Koͤnig Joram hat meinen Pfeil im Hertzen. Der Koͤnig Juda ſoll auch von ſeinen Wunden ſchwer - lich darvon kommen. Nun muß die gottloſe Beſtie Jſabel erfahren / daß die Weiſſagung eines heil. Propheten wahrhafftig geweſen iſt.

Gin.

Was der Koͤnig befehlen wird / das wollen wir verrichten.

Bid.

Und welchen GOtt vor ſeinen Feind erklaͤret / den wollen wir auff Gutbefin - den eines Goͤttlichen Freundes zu nich - te machen.

Fuͤnff -260

Fuͤnffter Handlung Achter Auffzug.

Die vorigen.
    • Nimſi Oboth
    Koͤnigliche Bedienten.
Nim.

Jhro Majeſt. die Koͤnigin hat uns heraus geſchicket.

Jeh.

Und was iſt die Verrichtung?

Ob.

Wir ſollen Fragen: Jſts Friede?

Jeh.

Ey was gehet dich der Friede an? Alſobald kehret euch hinter mich. Es ſoll heute niemand in die Stadt gelaſ - ſen werden / ehe ich meinen Fuß hinein geſetzet habe.

Nim.

Welchen das gantze Volck vor ei - nen Koͤnig erkennet / dieſem wollen wir gerne folgen.

Ob.

Und welcher ſo gnaͤdig iſt / uns etwas zu befehlen / unter deſſen Schutze wollen wir gerne dienen.

Fuͤnff -261

Fuͤnffter Handlung Neundter Auffzug.

Dievorigen.
    • Beor Palal
    Elteſten in Jeſreel.
  • Laedan Koͤniglicher Richter.
  • Pashur Koͤnigl. Cammer-Herr.
Beor
(koͤmmt gelauffen)

Ach iſt es Friede?

Pal.
(folget)

Ach iſt es Friede?

Laed
(koͤmmt)

Ach iſt es Friede?

Jeh.

Was gehet euch zuſammen der Friede an? Bleibet bey mir / und wancket weder zur Rechten noch zur Lincken.

Beor.

Wir ehren den Koͤnig / welchen Gott erwehlet hat.

Pal.

Und folgen demjenigen / welcher von den Vornehmſten im Lande beſtaͤti - get iſt.

Laed.

Wir ſuchen den Frieden bey demje - nigen / welcher als ein Friedens-Engel in dem Lande erſcheinen wird.

Pas.
(kommt)

Mein Herr / darff ich ſo kuͤhne ſeyn / und im Nahmen der Koͤni -gin262gin nochmals fragen / was ſie ſich bey dieſem Tumulte zu verſehen hat?

Jeh.

Bleibet hier / ſo koͤnt ihr dem Specta - cul ſelbſt mit beywohnen / und es darff keiner weitern Erzehlung.

Paſ.

Jch bin abgeſchicket worden: Aber da mir eine frembde Gewalt was an - ders aufferleget / ſo muß mein Gehor - ſam dem ſtaͤrckſten Theile zu Gebote ſtehen.

Jeh.

Auff! der Befehl des HErrn muß vollzogen werden. Wer uns nicht fol - get / der habe ſeinen Kopff verloren.

Fuͤnffter Handlung Zehender Auffzug.

Die zuruͤck bliebenden. Nimſi, Oboth, Koͤnigl. Bedienten. Jetur des Koͤnigs Wintzer. Bilſan Naboths Wintzer.
Nim.

Der neue Koͤnig faͤnget es ſcharff an / es wird mancher Kopff uͤber die Klinge ſpringen muͤſſen.

Ob.

Und ich halte / wo die Koͤnigs-Kindernicht263nicht zulangen werden / ſo wird er mit den Baals-Pfaffen ausflicken.

Nim.

Und wo die Baals-Pfaffen das Ha - ſen-Panier auffwerffen / ſo werden wir die blinde Kuhe mit den Bauern ſpie - len.

Ob.

O nein! die Bauern ſind uns zu ſonſt was nuͤtze. Jch dencke immer die Ker - len / die ſich ſonſt im Weinbeꝛge ſo mau - ſicht machen / die werden uns nun zu Ge - bote ſtehen / und da werden wir ſingen: Es hat ein Bauer einen wunderſchoͤnen Berg / und der Berg war unſer: Haͤtte der Krieg noch laͤnger gewaͤhrt / ſo waͤ - ren dem Schelmen die Huͤlſen beſchert / und der Berg waͤr unſer.

Nim.

Jch kenne auch den einen Galgen - Vogel / der hat einen wunderſchoͤnen Feigenbaum. Waͤhrte der Krieg noch laͤnger / ich wolte ſingen: So waͤren dem Schelmen die Blaͤtter beſchert / und die Feigen waͤren unſer.

Ob.

O wer fragt nach den Feigen und Weinbergen / man kriegt nur die Bauchkneipe darvon. Da ſtehet ein Bauer / der hat brave Kuͤhe: So waͤredem264dem Bauer der Tinger beſtellt / und die Milch waͤr unſer.

Jet.

Nu / nu / legt euch die Sache huͤbſch aus: Jhr wißt gewiß nicht / daß wir auch Soldaten ſeyn.

Bil.

Und in meinem Weinberge iſt das er - ſte Blut vergoſſen worden / ich dencke immer / ich werde ein grimmiger Sol - date werden.

Nim.

Jhr Herren Bauern ſeyd ihr Solda - ten worden?

Jet.

Unſere gnaͤdige Obrigkeit hat uns zu einer ſolchen Ehren-Stelle geholffen.

Nim.

Wiſt ihr auch / was das Jeſreeliti - ſche Garten-Recht vor ein Ding iſt?

Jet.

Jch dencke / man muß ſich brave mau - ſich machen / daß ſich die Leute fuͤrchten.

Nim.

Ach nein / ihr guten Kerlen / ihr muͤſt euch vor in die Compagnie einkauffen. Wer bey uns ein Soldate wird / der muß uns ſein Haab und Gut zum Pfande geben / darnach mag er wieder ſammlen / und wenn er einen Wein - berg erworben / mag er ſich wieder ab - dancken laſſen.

Bil.

Nachbar / gehoͤren denn die Weibermit265mit unter Haab und Gut? Jch gebe meine ſchon mit drein.

Jet.

Ach die Rabenaͤſer ſchicken ſich weder zum Sieden noch zum Braten / die wer - den uns wohl bleiben.

Nim.

Nun wie ſtehts / wie hoch erſtrecket ſich euer Vermoͤgen?

Jet.

Wir ſind arme Pacht-Leute. Unſer Haab und Gut iſt alles des Koͤniges.

Nim.

Aber was ihr dem Koͤnige ſtehlt / das iſt euer.

Bil.

Das Stehlen gilt nicht / es iſt gar alt - vaͤteriſch / die Herren brauchen immer ſelber ſo viel / daß man nicht gar gut da - zu kommen kan.

Nim.

Aber doch / wenn ihr was ſtehlen moͤchtet / das bliebe euer?

Bil.

Je nun / wenns niemand wuͤſte / ſo koͤnte es auch niemand wiederneh - men.

Nim.

Nu / nu / ſo kommt / wir wollen es euch weiſen / wie ihr euren Herrn mit gutem Gewiſſen beſtehlen koͤnt.

Bidek.
(koͤmmt gelauffen)

Jſt es nun Zeit / daß man ſich vergebens mit Nar - renpoſſen auffhaͤlt / da der volle MarchMnach266nach der Stadt gehet. Erzuͤrnet den neuen Koͤnig nicht: Er braucht im Straffen kurtze reſolution.

Nim.

Wir muͤſſen die Kuͤnſte auff ande - re Zeit verſparen.

(Sie gehen nach einander ab.)
Jet.

Und ihr elenden Narren ſolt uns gar weiſen / wie wir ſtehen muͤſſen.

Fuͤnffter Handlung Eilffter Auffzug.

Hoſcha. Iſabel die zum Fenſter heraus ſie - het.
Hoſ.

Wer es nun nicht glauben will / daß ein Staats-Mann ein unruhig und verdrießlich Leben fuͤhret / der komme nur / und ſehe mich in meiner lebhaff - ten Geſtalt an. Wo das Weſen ein Jahr nach dem andern waͤhret / ſo muß meine Beſoldung alle Wochen auff ſechs paar Schue gebeſſert werden; Denn ich meynte / es waͤre Zeit / daß ich ein bißgen ſchlaffen koͤnte / aber dage -267gedencket nur / wie mir der Schlaff iſt geſegnet worden. Fruͤh Morgens reiſete der Koͤnigin Bruder / da muſte ich als ein geheimer Secretarius mit meiner finſteren Laterne auffwarten. Jch glaube aber nicht / daß ſie das Thor recht hinter ihm zugemacht hatten / ſo kam die Poſt / Koͤnig Joram waͤre vor dem Thore / und wie die Koͤnigin geden - cket / ſie wird ihr liebes Hertzgen alleine kriegen / ſo koͤmmt der Koͤnig von Je - ruſalem auch mit geſchlendert / und hatte mir die Koͤnigin bald zugemu - thet / ich ſolte etlichen Kerlen von Je - ruſalem die Stube auskehren. Und das war noch nicht genug: Jch ſolte auch ein neu Amt bey dem Koͤnige kriegen. Deñ der liebe Herr iſt im Krie - ge gar ſchlecht ankommen / und es muͤſ - ſen grobe Flegel auff jener Seite gewe - ſen ſeyn / daß ſie ihm den Kopff und den Ruͤcken ſo jaͤmmerlich zugerichtet haben. Da nun der Barbier ſein Wefen hatte / ſo muſte ich das bluti - ge Waſſer und den andern Unflath hinaus tragen / mit der Verſicherung /M 2ich268ich ſolte gar Inſpector uͤber den vorneh - men Stul werden / der dem Patienten zur Ergoͤtzligkeit an das Bette geſetzet wird. Und ich halte / die Accidentia, die darbey abgetroffen / die haͤtte ich auch vor mich behalten moͤgen. Aber aber / aber / ehe ſich mein Dienſt recht anfangen ſolte / ſo kam der Waͤchter vom Thurm / und brachte eine ſchreck - liche Zeitung von Soldaten / daß die beyden Herren Koͤnige uͤber Hals uͤber Kopff anſpannen lieſſen / und dem lie - ben Gott danckten / daß der Maurer ein Loch in der Stadt-Mauer gelaſ - ſen hatte. Was ſie nun vor Nar - ren im Felde fangen werden / darum laſſe ich mich unbekuͤmmert: Unter - deſſen hat die alte Koͤnigin das Com - mando, die hat mich ſchon ſechsmal zum Thore hinaus geſchickct / und wo ich das ſiebendemal daran muß / ſo werde ich ein Rebelle / und lauffe zum Feinde. Doch botz tauſend / die Koͤ - nigin ſiehet zum Fenſter heraus. Jch muß geſchaͤfftig ſeyn / daß ſie mir nicht alle 27. Kranckheiten auff den Puckelwuͤn -269wuͤnſchet.

(Er laͤufft poßirlich hin und wieder.)
Jſab.

Du bleyerner Vogel / wo verzieheſtu ſo lange?

Hoſ.

Da fliege ich auff der Erden / ſo gut als ichs gelernet habe.

Jſab.

Haſt du denn nichts vernommen / wer den grauſamen Tumult vor dem Tho - re gemacht hat?

Hoſ.

Alle Leute ſprechen / es iſt Jehu, der tummelt ſich mit ſeinen Leuten im Fel - de herum / als wenn er unſinnig waͤre.

Jſab.

Weiſt du denn nicht / ob ihm unſere Kinder begegnet ſind?

Hoſ.

Wer kan bey ſolchem Weſen alles ſo genau erfahren?

Jſab.

Ach du Beſtie / ich will dich noch heute ins Saltz hacken laſſen / wo du mir die Sache nicht recht beſtelleſt; Flugs ſchicke iemand anders / der es ausricht.

Hoſ.

Funffzig Boten ſind ſchon weg: Auff die letzt werde ich Botenmeiſter und Botenlaͤuffer zugleich werden.

Jſab.

So ſage doch / was die Leute gebracht haben.

M 3Hoſ.
270
Hoſ.

Wenn kein Menſch wieder koͤmmt / ſo kan ich keine Ruhmſchrifft geben: Jch ſchickte einen fort / der ſolte nur ſe - hen / was vorgieng.

Jſab.

Vom Sehen wird er viel haben.

Hoſ.

der ander ſolte ſie gruͤſſen.

Jſab.

Und der dritte ſolte dir gewiß einen Hencker auff den Kopff geben. Ach! iſt niemand / der mir den Gefallen thut / und dem Hunds-Buben den Kopff ab - reiſſet.

Hoſ.

Wo ich eine Spanne kuͤrtzer werde / ſo werde ich ein ſchoͤn Ebenbild von ei - nem Botenmeiſter werden.

Fuͤnffter Handlung Zwoͤlffter Auffzug.

Enan ein Buͤrger von Jeſreel. Die vorigen.
Enan.
(koͤmmt gelauffen)

Ach ihr Buͤr - ger ſchicket euch / Jehu iſt Koͤnig wor - den.

Iſab.
271
Jſab.

Du Hund / was ſagſt du? Wer iſt Koͤnig worden?

En.

Jch habe es geſagt: Jehu iſt Koͤnig worden.

Jſab.

Aber wo iſt Joram?

En.

Jehu hat ihm einen Pfeil ins Hertze geſchickt / nun liegt er in Naboths Weinberge / und wartet / biß die Raben ſein Fleiſch verzehren.

Jſab.

Du Hund / was ſagſt du? Komm herauff / komm herauff.

En.

Was ſoll ich denn / wenn ich herauff komme?

Jſab.

Jch will dir das Hertze aus dem Lei - be reiſſen.

Hoſ.

Gnaͤdigſte Frau Koͤnigin / und wenn ihr ihm die Plauze darzu her - aus reiſſen woltet / ſo kaͤme er nicht.

M 4Fuͤnff -272

Fuͤnffter Handlung Dreyzehender Auffzug.

Die Paucken und Trompeten wer - den gehoͤrt / und der Auffzug geſchiehet mit groſſem Unge - ſtuͤm etliche mal uͤber das Thea - trum / Jſabel ſtellet ſich an dem Fenſter ſehr ungeberdig.
Jehu mit der geſammten Svite / ne - benſt den Soldaten und Buͤr - gern.
Hoſ.

O Friede / Friede! Jſts Friede? Hoͤrt doch ihr Leute / iſts Friede?

Jeh.

Du Hundskopff / was gehet dich der Friede an?

Hoſ.

Jch moͤchte ſprechen / was gehet mich der Krieg an?

Jeh.

Weiche nicht von der Stelle / ſonſt will ich dich an den Ort ſchicken / wo ich deinen Koͤnig hin gefodert habe.

Jſab.

Siehe da! Koͤmmſtu angezogen / du Koͤnigs-Moͤrder?

Jeh.
273
Jeh.

Ja ich kom̃e / damit dieſelben geſtraf - fet werden / die nicht einmal den Koͤnigl. Titul verdienet haben.

Jſab.

Was hat Simri vor Gluͤcke gehabt / als er ſich mit ſeines Herrn Blute be - ſpruͤtzete?

Jeh.

Ach was hat Ahab vor Gluͤcke gehabt / als der unſchuldige Naboth einer aus - laͤndiſchen Beſtie zu Gefallen das Blut vergieſſen muſte.

Jſab.

Ach du Bauer-Reckel / du weiſt nicht einmal / wie du eine Koͤnigs-Tochter reſpectiren ſolt.

Jeh.

Biſt du eine Koͤnigs-Tochter? Aber ich bin ein Koͤnig / dem du gehorchen muſt.

Jſab.

Soll ich dir gehorchen / du Kirſchkern / du Erd-Wurm / du Bettel-Hund.

Jeh.

Du Beſtie laß dir befehlen / und halt das Maul / ſonſt wird dir der erſte Un - gehorſam ziemlich harte belohnet wer - den.

Jſab.

Wem ſoll ich gehorſam ſeyn? Jch habe das Maul gebraucht / da wir nicht wuſten / ob ein Bauer-Flegel auff der Welt lebte / der Jehu hieſſe?

M 5Jeh.
274
Jeh.

So weiß ich auch / daß der Geſalbte des HErrn ſich von einer verfluchten Baals-Dienerin nimmermehr ſoll ſchimpffen laſſen. Wer will mir den Gefallen erweiſen / und die Beſtie zum Fenſter herunter ſtuͤrtzen.

Pash.

Gnaͤdigſter Koͤnig ſie befehlen / ich weiß den Weg am beſten zu ihrem Gemache.

Jeh.

Verrichtet / was ich befohlen habe / und wo ihr zu wenig ſeyd / ſo nehmet einen Gehuͤlffen / der euch am beſten an - ſtehet.

Pash.
(Zeiget auff Hoſcha.)

Dieſen will ich haben.

Jeh.

Nun ſo gehe / uñ verrichte den Befehl / wo du nicht ſelber zum Fenſter herunter fliegen wilt.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Jhr Herren / das iſt wie - der eine neue Amts-Verrichtung. Der Kerle wird kuͤnſtlich ſchreiben muͤſſen / der meinen gantzen Titul auff ein Qvart-Blat bringen will.

(Sie ge - hen hinein.)
Jſab.

Du Bluthund / was haſt du vor? Komm du ſelber herauff / ich will docheinem275einem ſolchen Dreſcher / einem ſolchen Holuncken / einem ſolchen Flegel ge - wachſen ſeyn.

(Pashur und Hoſcha zeigen ſich bey der Koͤnigin am Fenſter: Die Paucken und Trom - peten laſſen ſich hoͤren: Jſabel wehret ſich aus der maſſen / und will ſich nicht geben. Endlich ſchweigt der Tumult ſtille.
Hoſ.

Wenn die Koͤnigin nicht raus will / ſollen wir ſie drinne laſſen?

Pash.

Gnaͤdigſter Koͤnig / wo wir nicht die euſerſte Gewalt brauchen / ſo wird das zauberiſche Weib nicht bezwun - gen.

Jeh.

Werfft ſie heraus / und wenn Arm und Bein zuvor ſolten in Stuͤcken ge - brochen werden.

(Sie greiffen ſie an / ſie ſchreyet greßlich: Endlich fangen die Paucken und Trompe - ten wieder an / und in waͤhren - dem Tumulte wird ſie heraus ge - ſchmiſſen. Die zwey bleiben am Fenſter liegen / die uͤbrigen Per - ſonen ſchlieſſen einen halben Mon -M 6den /276den / daß der Coͤrper von Jſabel aus den Augen koͤmmt.)
Jeh.

So muß endlich das Jſraelitiſche Volck erfahren / wie die verfluchte Per - ſon den Hunden zur Speiſe vorgeworf - fen wird / welche dem armen Lande mit ihrer Zauberey / mit ihrer leichtfertigen Hurerey / mit der unmenſchlichen Grauſamkeit ein Ungluͤck nach dem andern zugezogen hat. Derohalben ſaget nicht / daß Jehu der maͤchtige Richter geweſen iſt. Der Herr Ze - baoth hat den ſtrengen Schluß aus - geſprochen / und Jehu hat als ein demuͤ - thiger Diener im Nahmen dieſes Mo - narchen / die Execution auff ſich neh - men muͤſſen.

(Er zeucht den Sebel aus.)

Darum wer vor dem HErrn eiffert / und wer die Blutſchulden vom Lande will abgethan wiſſen / der folge mir nach.

(Sie ziehen alle die Se - beln aus.)
Fuͤnff -277

Fuͤnffter Handlung Vierzehender Auffzug.

Die vorigen. Obadia der Koͤniglichen Printzen Hoffmeiſter.
Ob.

O geſegnet ſey der Tag / da endlich der groſſe GOtt bey ſeinem Volcke Ehre eingeleget hat / und da wir denſelben als einen Koͤnig ehren koͤnnen / der von GOtt ſelbſt bewaͤhrt und treu erfun - den worden. Hier iſt mein Gehor - ſam und mein Dienſt / und wenn ich wuͤrdig genug bin / eines andern Vor - ſprecher zu ſeyn / hier iſt die gantze Stadt / welche ſich zu getreuer devotion unterthaͤnigſt ergiebet.

Jeh.

Ach mein Freund / vergoͤnnet mir dieſen Titul / denn ihr habet euch auch mitten in der Verfolgung als ei - nen Gottes-Freund erwieſen / und da ihr meynet / daß ich aus Goͤttli - chem Eyffer dieſes Werck angefangen habe / ſo werde ich eurer beſtaͤndigenM 7Treu278Treu auch ins kuͤnfftige bey euch verſi - chert ſeyn.

Ob.

Jch fuͤrchte den HErrn / und erfreue mich / daß iemand dem Volcke gewie - ſen wird / der ſich des Gottesfuͤrchtigen Hauffens annehmen will.

Jeh.

Nehmet meine Hand / ihr ſeyd mein Freund.

Ob.

Ach mein Herr / ſo darff ich bitten / daß der armen Stadt allhier kein Ungluͤck beygefuͤget wird.

Jeh.

GOtt hat mir noch nichts befohlen / daß ich den Buͤrgern ſchaden ſoll / alſo haben ſie nichts als Liebe und Freude zu finden.

Ob.

Doch ich werde nicht duͤrffen des Koͤ - niglichen Saamens gedencken.

Jeh.

Jhr moͤget dran gedencken: Allein vergeſſet auch nicht / was der Prophet Elias geweiſſaget hat.

Ob.

Jch lege meine Hand auff den Mund / des HErrn Wille geſchehe / und derſel - be lebe vielfaͤltig geſegnet / der dieſen hei - ligen Willen vollfuͤhren ſoll.

(Sie ziehen unter Trompeten und Pau - cken wieder ab.)
Fuͤnff -279

Fuͤnffter Handlung Funffzehender Auffzug.

Hoſcha. Nimſi ein Koͤniglicher Bedienter.
Hoſ.

Herr / wie ſtehts nun mit unſer Re - ligion?

Nim.

Wenn ich der Koͤnigin ſo nahe ge - griffen haͤtte / ich traute mich mein Tage nicht auff die Gaſſe.

Hoſ.

Wenn ich dem Koͤnige nachtrete / will ich wohl ſicher ſeyn.

Nim.

Es ſind hoͤhniſche Kerlen unter dem Hauffen / die ſchieſſen einem flugs einen unſichtbaren Poltzen auff den Peltz.

Hoſ.

Was ich nicht ſehe / das werde ich auch nicht fuͤhlen.

Nim.

Wohl dem / der ſich troͤſten kan.

Hoſ.

Ja wohl dem / der ſich bey dem neuen Koͤnige in den Dienſt ſchicken kan.

(Gehen ab.)
Fuͤnff -280

Fuͤnffter Handlung Sechzehender Auffzug.

Javan der oberſte Baals-Pfaffe. Arvad ein Baals-Pfaffe. Bidekar ein Officirer auff Jehu Seite.
Jav.

Jch hoͤre unmoͤgliche Dinge.

Arv.

Und ich befinde mich gleichſam im Traume.

Bid.

Was der Koͤnig geſaget hat / daran darff niemand zweiffeln.

Jav.

Wir ſollen dem Baal ein oͤffentliches Opffer anſtellen.

Arv.

Und der Koͤnig will es ſelber beſu - chen.

Bid.

Es iſt nicht anders / der Koͤnig wird ſelber darbey ſeyn / und wer ſich ſeiner Gnade verſichern will / wird ihm folgen muͤſſen.

Jav.

Der Koͤnig will ſolches thun / der uns ſo verfolget hat?

Arv.

Und der unſern Schutz-Engel die Koͤ - nigin Jſabel geſtuͤrtzet hat.

Bid.
281
Bid.

Ja er iſt bey den itzigen Troublen ſehr kleinmuͤthig / oder recht zu ſagen / uͤber die maſſen einfaͤltig worden. Daß ein Printz unter dem Prætext der Religion ſeine Feinde ſtuͤrtzet / das beweiſet lange nicht / als wenn er einen Haß auff die Religion geworffen haͤtte.

Jav.

Wir habens bißhero geglaubet.

Arv.

Und der Glaube iſt uns ſehr deutlich in die Haͤnde kommen.

Bid.

Bedencket! Was wolte Koͤnig Jehu machen / wenn er ſich mit ſeiner ſchwa - chen Religion behelffen ſolte. Wuͤrde er nicht beſſer fahren / wenn er ſich mit dem Baalitiſchen Koͤnige in Allianz einlaͤſt? Jch bitte / ſie verhindern des Koͤniges Vorſchlaͤge nicht: Ja ich moͤchte ſagen / verhindert euch und eure Glaubensge - noſſen nicht.

Jav.

Der Herr kan uns nach der Seele greiffen.

Arv.

Und auff dieſes Wort wollen wir das Opffer anſtellen.

Bid.

Es iſt mir lieb / daß ich ein gluͤckſeli - ger Bote geweſen bin: Sie ſtellen esſo282ſo praͤchtig an / als ſie koͤnnen / und laſ - ſen keinen Menſchen von den Jhrigen zuruͤcke: Wenn ſie der Koͤnig beſuchen wird / ſo will ich ihr Begleiter ſeyn.

(Gehet ab.)
Jav.

So darff uns doch niemand tadeln / daß wir nicht davon gelauffen ſind.

Arv.

Jch dencke / die Religion / dabey die meiſte Compagnie ſtehet / hat allemal Hoffnung empor zu kommen.

Jav.

Nun wir wollen an unſerer Solenni - taͤt nichts ermangeln laſſen: Vielleicht verdienen wir vor die Muͤhe ein Col - legium in Samaria.

[figure]
Fuͤnff -283

Fuͤnffter Handlung Siebenzehender Auffzug.

Die mittelſte Scene oͤffnet ſich / die Perſonen ziehen ſich in dieſer Stellung heraus.
Jehu. Obadia. Ginath. Bidekar. Beor. Palal. Laedan. Nimſi. Oboth.
Hoſcha ſiehet zu der Jſa - bel Fenſter heraus.
Jehu.

Jhr meine Getreuen / verwundert euch nicht / daß ich dem euſerlichen Scheine nach eine Affection gegen die Baaliten erwieſen habe. Denn eben dieſes Mittel ſoll mir darzu dienen / daß wir das Geſchmeiſſe zugleich aus dem Lan - de bringen. Denn hiermit habt ihr Befehl an die Baals-Pfaffen. Wenn wir im Opffer werden am geſchaͤfftig - ſten ſeyn / ſo fallet mit der bewehrteſtenMann -284Mannſchafft in die Verſamlung / und laſſet nicht einen davon kommen / der die Zeitung nach Sidon bringen ſoll / wo ſie geblieben ſind / alſo will ich in Gegenwart des heiligen Prieſters mei - nen Goͤttlichen Eyffer legitimiret ha - ben / und wer dem Volcke Jſrael was gutes wuͤnſchet / der mag Hand anle - gen / damit wir endlich das verfluchte Gifft vertilgen koͤnnen.

(Die Trompeten werden geblaſen.)
Jeh.

Der Hoͤchſte ſey gelobt / der an ſein Volck gedenckt /

Obad.

Und nach der ſchnoͤden Furcht den ſichern Frieden ſchenckt.

Gin.

Nun wird ein friſcher Held den Se - bel luſtig fuͤhren /

Bid.

Ja lauter Ruhm und Sieg wird un - ſern Helm bezieren /

Beor.

Wer einen Weinberg hat / der ſieht ihn froͤlich an /

Pal.

Wenn weder Liſt noch Macht ſein Blut vergieſſen kan.

Laed.

Wo vormahls Schrecken war / da waͤchſet Troſt und Segen /

Nim.
285
Nim.

Weil Falſchheit und Gewalt den Scepter nieder legen.

Obo.

Ach ſeht / wie neue Luſt uñ neue Wol - farth bluͤht /

Hoſ.

Und wie der kluͤgſte Mann aus die - ſem Fenſter ſieht.

Jeh.

Wohl dem / der eyffern kan / weñ Gott ein Werck befiehlet /

Oba.

Und wenn der Eyffer nicht als auff den Himmel zielet.

Gin.

Wohl dem der Schild uñ Schwerdt zu ſeiner Loſung hat.

Bid.

Alſo vollfuͤhrt ein Printz die beſte Ritterthat.

Beor.

Wohl dem / der ohne Furcht an ſei - nen Thoren ſitzet /

Paſ.

Und die Gerechtigkeit gleich als ein Vater ſchuͤtzet /

Laed.

Die Hoffnung findet ſich / wohl dem / der ſie behaͤlt /

Nim.

Und vor ſein kuͤnfftig Gluͤck im Himmel Buͤrgen ſtellt.

Obo.

Wir wollen dieſer Zeit im Leben nicht vergeſſen /

Hoſ.

Wohl dem / der Koͤnig iſt / ſo hat er was zu freſſen.

Jeh.
286
Jeh.

Gott ſagts / das Volck begehrts / drum ſteig ich auff den Thron /

Oba.

So traͤget Jſrael den ſchoͤnſten Preiß davon.

Gin.

Die Syrer ſollen nun des Volckes Krafft empfinden /

Bid.

Und dieſes Semer ſoll Damaſco uͤber - winden.

Beor.

Zu Hauſe wird ein Streit in Wunſch und Beten ſeyn /

Pal.

So trifft des Koͤnigs Schutz allzeit gedoppelt ein.

Laed.

Nun Jehu lebe wohl / daß wir im Lande leben /

Nim.

Er ſchweb in hoher Macht / daß wir in Friede ſchweben.

Ob.

Der Koͤnig lebe wohl uñ werd an Eh - ren ſatt /

Hoſ.

Und Hoſcha lebet wohl / wo er zu trin - cken hat.

[figure]

Der Fall des Frantzoͤſiſchen Marſchalls von BIRON.

287

Jnnhalt.

DEr Marſchall von Bi - ron hat ſich unter der Regierung Heinrichs des Groſſen in Franck - reich durch ſeine Tapf - ferkeit ſehr beruͤhmt gemacht. Al - lein er laͤſſet ſich entweder die ange - bohrne Hoffart oder auch die fal - ſche Weiſſagung etlicher Wahrſa - ger dahin verleiten / daß er gefaͤhr - liche Dinge / ſo wohl wider die Si - cherheit des Koͤnigreiches / als auch wider die Perſon des Koͤniges ſel - ber vorzunehmen trachtet. Zu die - ſem Vorſchlage wird ein Vertrau - ter von Adel Laffin gebraucht / wel - cher aus vielfaͤltigem Mißtrauen dem Marſchall gewiſſe Schrifften aus den Haͤnden vexirt / unter dem Vorwande / daß er ſolche verbren - nen / und hierdurch den AnklaͤgernN 2allen288allen Beweiß nehmen wolte: Doch in der Warheit / daß er auff beſorg - lichen Fall ſich bey dem Koͤnige durch dieſes Geheimniß ausſehnen koͤnte. Da nun das Gluͤcke nicht ſo gar favorable ſcheinen will / und der Koͤnig den ſchweren Zoll / die Pancharte genannt / abſchaffet / welchen der Marſchall gerne / als eine Urſache des allgemeinen Auff - ſtandes / behalten haͤtte: Will Laffin nicht laͤnger verziehen / und uͤberlieffert dem Koͤnige die gefaͤhr - lichen Brieffe. Alſo wird Biron auff Pariß gefodert / der auch in voller Sicherheit erſcheinet / und wenn er vom Koͤnige bey Verſpre - chung aller Gnade gefraget wird / mit hoͤchſtem Trotze ſich auff ſeine gerechte Unſchuld beruffen will. Hiermit verwandelt ſich des Koͤni - ges Gnade in einen hefftigen Zorn / daß er in gefaͤngliche Hafft genom -men289men und des Parlaments Erkaͤnt - niſſe uͤberlaſſen wird. Dieſes laͤſt ihn vorkommen / ſtellet ihm die Zeu - gen und Brieffe unter Augen / und da er nichts beſtaͤndiges einwenden kan / wird ihm das Leben aller inter - ceſſion ungeacht abgeſprochen / uñ iſt dieſes die eintzige Gnade / daß er in der Baſtille und nicht auff oͤffent - lichem Platze den Kopff laſſen darff. Jm uͤbrigen werden die Agnaten des Koͤniges Gnade und der Beſitzung der Guͤter voͤllig ver - ſichert.

NBNB. Weil die Materie an ſich ſelbſt et - was ernſthafftig iſt; ſo hat aller - hand Kurtzweil / theils mit den lu - ſtigen Staats-Jungfern / theils mit dem Spanier und dem Panta - gruel muͤſſen eingemiſchet werden / welches man doch gar leicht aus - laſſen koͤnte.
NB
N 3Per -290

Perſonen.

  • Henricus

    Koͤnig in Franckreich.

  • Maria

    deſſen Gemahlin.

  • BIRON

    ein vornehmer Marſchall.

    • Villeroy
    • Sillery
    • Geheime Raͤthe.

  • Soiſſons

    ein Hertzog.

  • Harlay,

    Præſident im Parlament.

    • Force
    • Salignac
    • Themines
    • Birons Anverwandte.

  • Renez

    deſſen kleiner Vetter.

  • Vitry,

    Capitain uͤber die Garde.

    • Charlotte
    • Louyſe
    • Staats Jungfern.

  • Laffin,

    Birons Vertrauter.

  • Renazé

    deſſen Secretarius.

  • Delux

    deſſen Confident.

  • Laurent

    einer von Adel.

    • Ferry
    • Pierre
    • Birons Bedienten.

  • Arnoux

    ein Prieſter.

  • Francois

    Birons Beicht-Vater.

    • Jacqves
    • Lambert
    • Buͤrger.

    Denis291
  • Denis

    ein Bedienter am Hoffe.

    • Joſſe
    • Rien
    • Colin
    • luſtige Hoff-Purſche.

    • Ambroiſe
    • Gautier
    • Soldaten von der Garde.

  • Broſſe

    ein Schwartzkuͤnſtler.

  • Sebaſtian

    ein ſtoltzer Spanier.

  • Pantagruel

    ein luſtiger Diener.

  • Margaton

    ein Tuͤrckiſches Maͤdgen von beyden geliebet.

    • Blaiſe
    • Chriſtoffle
    • Bauren.

    • Caton
    • Suſon
    • ihre Weiber.

N 4Er -292

Erſter Handlung Erſter Auffzug.

Henricus Koͤnig in Franckreich. Maria deſſen Gemahlin. Soiſſons ein Hertzog. Villeroy ein Geheimer Rath.
Henr.

So muß demnach unſer Koͤnigreich ein Schau-Platz der Gluͤckſeligkeit verbleiben.

Mar.

Es kan nicht anders ſeyn / alldieweil der Koͤnig / ſo wol als Alexander, den Nahmen eines Groſſen verdienet.

Henr.

Ach nein / vielmehr darum / weil der Koͤnig durch eine unvergleichliche Ge - mahlin iſt geſegnet worden.

Mar.

Die Gemahlin iſt wie der Mond: Sie kan nicht mehr Stralen von ſich geben / als ſie von der Sonne bekom - men hat.

Henr.

Aber die Sonne wird mit ihren Stralen alſo dann erſt hoch gehalten / wenn ſie einen wuͤrdigen Mond be - ſcheinen kan.

Mar.
293
Mar.

Jch will gerne der Mond ſeyn: Das iſt / ich will mit dieſer Sonne ſterben.

Henr.

Aber in dieſer hoͤchſtgeliebten Seele will ich leben.

Mar.

Sie ſetzen noch dieſes hinzu / daß ſie dieſer Seele halben und zu Er - haltung dieſer lieben Perſon leben wollen.

Henr.

Der Hoff iſt bey Ankunfft ſo einer annehmlichen Koͤnigin in die hoͤchſte Freude geſetzet worden.

Mar.

Jch muß es bekennen / ich habe die hoͤchſte Vergnuͤgung in den continuir - lichen Ergoͤtzligkeiten angetroffen.

Henr.

Unterdeſſen wird dieſe wunder - ſchoͤne Wirckung derſelben Perſon zu - geſchrieben / welche durch ſo viel ergoͤtz - liche Spiele bedienet wird.

Mar.

Und die Perſon muß ſich ſchaͤmen / daß die Bedienungen nicht koͤnnen vergolten werden.

Henr.

Unſers Hertzens-Vergnuͤgung wird ſie davon abſolviren. Ach ihr liebſten Getreuen / iſt es nicht wahr / einN 5Koͤnig -294Koͤnigreich wird alſo dann in einen ge - ſegneten Zuſtand geſetzet / wenn ſich der Koͤnig an ſeiner Freude nicht darff ver - hindern laſſen.

Soiſs.

Ew. Maj. urtheilen gar recht. Mit dieſem angehenden Seculo wird das Gluͤcke von Franckreich ein neues Wachsthum bekommen.

Viller.

Und deſſentwegen wird auch im gantzen Koͤnigreiche vor das Wachs - thum dieſer gluͤckſeligen Hoffnung alle - zeit gewuͤnſchet werden.

Soiſs.

GOtt erhalte uns einen Koͤnig / wel - cher den Titul eines Groſſen behaupten kan.

Vill.

Und GOtt erhalte die Koͤnigin / wel - che darzu gebohren iſt / daß ſie einen groſſen Monarchen vergnuͤgen kan.

Henr.

Ja wohl / GOtt erhalte die Unter - thanen / welche mit lauter Liebe dienen koͤnnen.

Mar.

Und dieſelben / welche mit ihren Dienſten lieben koͤnnen.

Soiſs.

Die auswaͤrtigen Feinde befinden ſich in einem ſolchen Stande / daß ſie vor der Frantzoͤſiſchen Macht erſchre - cken muͤſſen.

Vill.
295
Vill.

Und die getreueſten Unterthanen fin - den ſich alſo befeſtiget / daß ſie aller Un - ruhe vergeſſen muͤſſen.

Henr.

Es waͤre zu wuͤnſchen / ihr meine liebſte Getreuen / daß die unruhige Na - tion des verderblichen Unweſens nu - mehr vergeſſen koͤnte. Doch ſolte nie - mand etliche Funcken von der alten Ungedult bey ſich behalten haben?

Soiſs.

Niemand / der den Nahmen eines ehrlichen Patrioten verdienen will.

Vill.

Und niemand / als der ſich ſeines Be - ginnens ſchaͤmen will.

Henr.

Wenn aber iemand mit gantzer Gewalt darnach ſtrebte / daß er ſich ſchaͤmen wolte?

Soiſs.

Davon wuͤrde Franckreich unter den Groſſen kaum ein Exempel anfuͤh - ren koͤnnen.

Vill.

Ew. Maj. halten es einem unterthaͤ - nigſten Diener zu Gnaden: Wenn der Marſchall von Biron ſolte ausge - nommen werden / ſo wird man ſich auff kein Exempel zu beſinnen wiſſen.

Henr.

Der Marſchall von Biron? Es iſt ein Cavallier von ſolcher Tapfferkeit /N 6der296der uns uͤber die maſſen wohl ange - ſtanden hat.

Soiſs.

Aber ein Cavallier, der ſich die un - ruhigen affecten auſſer den Schrancken der Tugend verleiten laͤſt.

Vill.

Und welcher ſich der Spaniſchen Affection mehr theilhafftig macht / als ein redlicher Diener von Franckreich vertragen kan.

Soiſs.

Die ſtete Correſpondentztz mit Sa - voyen ſiehet ſehr bedencklich aus.

Vill.

Das heimliche Vernehmen mit dem gemeinen Volcke zielet ſchwerlich auff die Wohlfarth des Koͤniges.

Soiſs.

Was an unſerm Hoffe geſchichet / ſolches dienet ihm zu einer hohniſchen Fabel.

Vill.

Und was von Spanien erzehlet wird / das will er lieber zu einem Wunder - wercke machen.

Henr.

Wir laffen uns eure Sorgfalt gar wol gefallen. Doch habt Gedult mit dem ehrlichen Cavallier. Er iſt darzu gebohren / daß er lauter gutes verrich - ten ſoll. Hat die Natur an ſeiner Zun - ge was vergeſſen / daß er die Wortenach297nach der Gold-Wage nicht in acht nehmen kan / ſo darff ihm gleichwol die Entſchuldigung nicht verſaget werden.

Soiſs.

Welchen der Koͤnig entſchuldiget / der iſt bey den Unterthanen gerechtfer - tiget.

Vill.

Und die Tugend / daruͤber ſich ein Koͤnig verwundert / iſt capable alle Fch - ler zu bedecken.

Henr.
(fuͤhrt Villeroy auff die Seite)

Jch ſage noch einmahl / der Marſchall hat uns gute Dienſte gethan. Allein er mochte ſich in acht nehmen / wo er den Adel gar zu ſehr an ſich haͤngt. Und wo er ſeine Parthey mit ſolcher Liſt ge - dencket formidable zu machen / ſo muß er einem Koͤnige verhaſt ſeyn.

Mar.
(fuͤhrt Soiſsons auff die Seite)

Und da der gute Biron die unaͤchtigen Kinder unſers Gemahls gar zu hoch veneriren will / ſo kan er wol gedencken / daß er uns einen harten Griff an unſe - re Seele thut.

Henr.

Doch man laſſe den Himmel wal - ten / der uns zu einer Wunder ſuͤſſen Gemahlin gefuͤhret hat / der wird auchN 7die298die Gnade verleihen / daß unſere Liebe durch keinen vermeſſenen Unterthan zerſtoͤret wird.

(geht mit der Koͤni - gin ab)
Vill.

Jch habe genug / daß der Koͤnig mein redliches Gemuͤthe bey dieſer Sorgfalt erkennen muß.

(geht ab)
Soiſs.

Was ich darbey gedencke / ſolches darff niemand wiſſen. Es iſt eine Tugend / wenn hohe Potentaten bey furchtſamen Dingen großmuͤthig ſeyn. Doch kan ein Schaden daraus erfol - gen / wenn ſie alle Gefahr zur Unzeit verachten wollen. Allein wie fuͤhret mich das Gluͤcke zu dieſen wunderſchoͤ - nen Perſonen.

Erſter Handlung Anderer Auffzug.

  • Soiſsons ein Hertzog.
    • Charlotte Louyſe
    Staats Jungfern.
Soiſs.

Jch ſchaͤtze mich gluͤckſelig / daß ich ſo ſchoͤnen Gebieterinnen begegnen ſoll.

Charl.
299
Charl.

Und unſer Gluͤcke wird darinn be - ſtehen / daß ſo eine hohe Perſon mit uns zu ſchertzen beliebet.

Louyſe.

Zum wenigſten wird das Gluͤcke unſer ſeyn / weil wir uns als demuͤthige Dienerinnen erweiſen koͤnnen.

Soiſs.

Die Worte muͤſſen anders wohin geſparet werden. Jch liebe die War - heit und die Auffrichtigkeit am meiſten / wenn ich ein Frauenzimmer bedienen ſoll.

Charl.

Jch bedancke mich wegen der Warheit.

Louyſ.

Und ich wegen der Auffrichtig - keit.

Soiſs.

Und ich wegen der hoͤhniſchen An - nehmligkeit. Doch wo haben ſie ſich auffgehalten / daß ſie von aller Geſell - ſchafft verlaſſen ſind?

Charl.

Wenn eine Jungfer unſers glei - chen 17. Jahr alt wird / ſo wird die Ge - ſellſchafft allgemach ihrer uͤberdruͤßig.

Louyſ.

Und wenn eine Jungfer meiner Condition in das Cloſter gedenckt / ſo wird ſie durch ihre eigene inclination von der Geſellſchafft abgezogen.

Soiſs.
300
Soiſs.

Jch wolte mit einer Jungfer ewig in der Geſellſchafft / und mit der andern ewig im Cloſter ſeyn. Doch ohne Schertz / es nimmt mich Wunder / daß ich ſie alleine antreffen ſoll: Und ich will hoffen / ich werde ſo wuͤrdig ſeyn / daß ich die Urſache erfahren kan.

Charl.

Wenn wir uns damit obligiren koͤnnen / ſo wird das Geheimniß leicht zu entdecken ſeyn. Deſſentwegen ha - ben wir keine Geſellſchafft / weil ſie uns nicht angeſtanden hat.

Louyſ.

Und deſſentwegen wollen wir allei - ne ſeyn / weil wir uns an den diſcour - ſen nicht verſuͤndigen wolten.

Soiſ.

Es iſt ſchrecklich / wenn man in di - ſcourſen eine Suͤnde begehet. Doch belieben ſie mir die armen Suͤnder zu nennen.

Charl.

Es waren etliche Anverwandte vom Marſchall von Biron, die praleten mit dieſem Herrn / als wenn Jupiter ſelbſt ſein Vater waͤre.

Louyſ.
301
Louyſ.

Und weil ſie uns wol kanten / ſo konten wir gedencken / als wenn wir der Koͤnigin zum Verdruß alles nach - ſagen ſolten.

Soiſs.

Wie kan der Koͤnigin ein Ver - druß entſtehen / wenn ſie weiß / daß ein unvergleichlicher Marſchall im Koͤnig - reiche wohnet?

Charl.

Ach die Vanitaͤt war zu groß! ſie neñten ihn den Tapfferſten / den Schoͤn - ſten / den Verſtaͤndigſten.

Louyſ.

Jch hoͤrte immer / ob ſie auch einen Tempel bauen wolten / daß wir ihn an - beten und opffern ſolten.

Soiſs.

Jch muß mich wundern / daß eine Staats-Dame von einem unverhey - ratheten Cavallier ſo judiciret. Jſt er ein GOtt / ſo kan wol eine durch ihn zur Goͤttin werden.

Charl.

Er iſt kein Gott / und das Frauen - zimmer in Franckreich iſt ihm viel zu ge - ringe.

Louyſ.

Es wird eine Fuͤrſtliche Printzeßin aus Savoyen ſeyn muͤſſen: Ach be - huͤte GOTT / wo es nun dahin koͤmmt / daß ein iedweder Marſchallmit302mit einer Printzeßin ſoll bedacht wer - den / ſo moͤgen wir in Franckreich noch tauſend Jungfer-Kloſter bauen.

Soiſs.

Vielleicht geſchicht dem ehrlichen Cavallier zu viel. Die Vergnuͤgung / die er an einer Savoyiſchen Printzeßin finden wird / die kan er bey ſolchen an - genehmen Engels-Kindern gedoppelt antreffen.

Charl.

Warum Engels-Kinder / mein Herr?

Louyſ.

Und warum nicht Menſchen-Kin - der?

Soiſs.

Dieweil die Menſchen-Kinder un - ſers gleichen von ihnen zu einer Engli - ſchen Gluͤckſeligkeit erhoben werden.

Charl.

Die Gluͤckſeligkeit wird von allen geruͤhmt / und von keinem geſucht.

Louyſ.

Oder daß ich recht ſage / ſie wird von manchen zum Scheine geſucht / und von keinem mit Ernſte verlanget.

Soiſs.
(ergreifft Charlotten)

Mein En - gels-Kind / ich verlange etwas.

Charl.

Die Koͤnigin verlanget auch et - was / die hat mir zu befehlen.

(gehet ab)
Soiſs.
303
Soiſs.
(ergreifft Louyſen)

Und hier ſuche ich etwas.

Louyſ.

Hingegen habe ich bey der Koͤnigin etwas nothwendigers zu ſuchen.

(geht ab)
Soiſs.

Und dieſen Augenblick weiß ich nicht / was ich verlanget und geſuchet habe. So geht es in der Welt / wir vexiren das Frauenzimmer. Sie haben ihre Kurtzweile mit uns / und endlich haben wir auff beyden Seiten ſo viel davon / daß wir die Zeit mit einander vertrei - ben. Doch die Verdrießligkeit gegen den Marſchall von Biron macht mich ſtutzig: Es ſcheinet / als wenn ein Wet - ter von weiten auffziehen wolte / welches einen gefaͤhrlichen Donnerſchlag uͤber dieſen lieben Cavallier bringen moͤchte.

Erſter Handlung Dritter Auffzug.

  • Renazé, Birons Secretarius.
    • Ferry Pierre
    deſſen Bedienten.
Ren.

Was dient doch die Verſchwiegen -heit304heit unter guten Freunden? Ob ihr der Wand da was vertrauet oder mir / ſo wird das Geheimniß einmahl ſo gut verwahret als das andere.

Ferr.

Es iſt nicht ohne: Bey guten Freun - den iſt alles gut auffgehoben. Aber wo man einen wunderlichen Herrn hat / da muß man ſich wol in acht neh - men.

Pier.

Und wo man was geſehen hat / das dem Herrn ſelber leid iſt / ſo muß man ſich doppelt in acht nehmen.

Ren.

Ach ſagt nur nichts davon: Der Herr Marſchall iſt mein Vertrauter: Bey gelegener Zeit wird er mirs ſelbſt offenbahren. Kommt / halt mich nur nicht auff / und laſt mich wiſſen / was den lieben Herrn ſo uͤber die maſſen ungedultig gemacht hat.

Ferr.

Bruder / ob wirs wagen duͤrffen?

Pier.

Der liebe Menſch wird unſer Un - gluͤck nicht begehren: Wir wollens immer ſagen.

Ren.

Da thut ihr recht daran / ihr ſolt es in der That erfahren / daß im gantzenKoͤ -305Koͤnigreiche ſchwerlich iemand leben wird / dem die Geheimniſſe beſſer koͤn - nen vertrauet werden.

Ferr.

Geſtern Abend zog der Herr Mar - ſchall geringe Kleider an / und nahm keinen Menſchen zu ſich / als uns beyde: Endlich gegen ſieben Uhr kamen wir an einen kleinen Wald.

Pier.

Bruder / was ſagſt du denn von ſie - ben Uhr? Es war ſchon uͤber achte.

Ferr.

Des Herrn Marſchalls Uhr kan mich nicht betruͤgen.

Pier.

Und meine Uhr / die ich im Köpffe habe / kan mir nicht luͤgen.

Ferr.

Es war ſieben Uhr / und wenn ich deswegen einen vor die Klinge fodern ſolte.

Pier.

Es war acht Uhr / und wenn ich des - wegen zehnmahl Kugeln wechſeln ſolte.

Ren.

So laſt es doch in Gottes Nahmen um ſieben und acht Uhr zugleich gewe - ſen ſeyn / das wird der Sache nicht viel nehmen.

Ferr.

Jn poſſeſſion zu bleiben / daß es um ſieben Uhr geweſen iſt / dakamen wir an einen kleinen Wald.

Pier.
306
Pier.

Ja ja / in poſſeſſion zu bleiben / ka - men wir um acht Uhr an den Wald.

Ferr.

Da befahl uns der Herr Marſchall / wir ſolten zuruͤcke bleiben.

Pier.

Ja er bedrohete uns mit allem Un - gluͤcke / wo wir uns unterſtehen wuͤrden ihm zu folgen.

Ren.

Jch will nicht hoffen / daß er einen Schatz-Graͤber hat abgeben wollen.

Ferr.

Nicht viel anders. Denn ſo bald er im finſtern etwas fort geſchlichen war / trieb uns die curioſitaͤt ſo weit / daß wir ihm nachkrochen. Alſo kamen wir endlich an ein Hauß / darinnen mag ein Mann wohnen / der mehr kan als Brod eſſen.

Pier.

Der Mann kam heraus / und hatte etliche Lichter und ein groß Buch / und ſo viel wir von weiten vernehmen kun - ten / ſo fragte er ihn / wie weit er ſich kuͤnfftiger Zeit auff ſein Gluͤcke ver - laſſen ſolte.

Ferr.

Der Mann beguckte ihm die rechte und lincke Hand: Er beleuchtete ihm ſein Geſichte: Darnach machte er mit dem Lichte drey Creutze.

Pier.
307
Pier.

Bruder ich haͤtte geſchworen / es waͤ - ren vier Creutze geweſen.

Ren.

Meinet wegen moͤgen ihrer ſechs ge - weſen ſeyn: Halt euch nur in der Er - zehlung nicht auff.

Ferr.

Endlich blaͤtterte der Mann im Bu - che / und ſagte die Worte: Aus den Kleidern ſehe ich nicht / was ich vor ei - nen Mann vor mir habe. Doch ich ſage es ihm ins Geſichte: Seines glei - chen iſt in Franckreich nicht. Er hat Hoffnung zu einer hohen Heyrath / und / wofern er einen Streich uͤberwin - den kan / ſo moͤchte er wol gar den Koͤ - niglichen Thron beſteigen.

Ren.

Was muſte aber vor ein Streich verſtanden werden?

Pier.

Er ſagte / es waͤre einer aus Bur - gundien / der haͤtte ſein Schwerdt auff ihn gewetzt: Wo er dieſem Streiche entgehen wuͤrde / ſo moͤchte ſonſten nicht viel zu befuͤrchten ſeyn.

Ferr.

Auff die letzt wurden ſie vertraulich / und der Mann grieff dem Herrn Mar - ſchall nach dem Kopffe / und ſagte: Kopff / Kopff / bleib zwiſchen denAchſeln308Achſeln ſtehen / ſonſt werden viel An - ſchlaͤge zu Schanden.

Pier.

Jch weiß nicht / daß er ihm an den Kopff geruͤhret hat.

Ferr.

Du biſt auch ein Naſeweiſer Kerle: Du wilt im finſtern immer mehr ge - ſehen haben / als ich.

Pier.

Und du wilt die Naſe immer tieffer im Qvarge gehabt haben / als ich.

Ren.

Jhr guten Freunde / wolt ihr Haͤn - del anfangen / ſo waͤre mirs leid / wenn mich der Herr Marſchall darbey an - treffen ſolte.

(geht ab)
Ferr.

So hoͤre doch nun / was haſtu denn gefreſſen / daß du alles beſſer verſtehen wilt als ich?

Pier.

Und was hat dich denn gebiſſen / daß ich dir alles glauben ſoll / was nicht wahr iſt.

Ferr.

Laß dir das Wort entfahren ſeyn / ſonſt haſtu Ungluͤck.

Pier.

Freylich iſt mirs entfahren: Das und noch hundert. Da ſtehe ich.

Ferr.

Stehſt du da? Dort ſteht der Herr Marſchall.

Erſter309

Erſter Handlung Vierdter Auffzug.

  • Biron ein vornehmer Marſchall.
    • Ferry Pierre
    deſſen Bedienten.
Biron.

Jhr Beſtien / ihr habt gewiß ſeit geſtern noch nicht ausgeſchlaffen / daß man euch am wenigſten finden kan / wo ihr hin gehoͤrt.

Ferry.

Jhre Excellentz da ſind wir.

Pierre.

Wir ſind nicht von dem Orte weg kommen.

Bir

Jch ſag es noch einmahl / ihr ſeyd nicht, wo ihr hingehoͤret. Unterſtehet euch nicht das geringſte Wort zu ſprechen / ſonſt werdet ihr die Wirckung meiner Ungedult auff den Koͤpffen fuͤhlen.

Ferr.
(ad ſpect.)

Was der Schwartzkuͤnſt - ler eingebrockt hat / das ſollen wir aus - freſſen.

Pier.
(ad ſpect.)

Oder nun iſt er auff den Schwartzkuͤnſtler boͤſe worden / und wir werden ihn ſollen den Halß bre - chen.

OBir.
310
Bir.

Man ſehe doch / wie ſtehen die unnuͤ - tzen Beſtien / als wenn ſie der Ver - nunfft ſelber vergeſſen haͤtten. Tretet her / es gehet was vor / darinnen eure Dienſte von noͤthen ſind.

Ferr.

Jhr Excell.

Bir.

Jhr wißt / wo ich geſtern geweſen bin?

Ferr.

Wir wiſſens / aber es ſolls kein Menſch von uns erfahren.

Bir.

Wenn euch das Leben lieb iſt / ſo wirds nicht geſchehen. Doch mitten im Wal - de ſtehet ein niedriges Haͤußgen.

Pier.

Das wollen wir auch ſchon finden.

Bir.

Jn dieſem wohnt ein Mann / ein Ex - tract von allen Schelmen / ein Luͤgner / ein Holuncke / der alle Schlaͤge verdie - net hat / und der gleichwol nicht wuͤrdig iſt / daß ein ehrlicher Menſch die Hand nach ihm ausſtrecken ſoll.

Ferr.

Aber auff Befehl Jhrer Excell. ſol - len ſich wol Haͤnde finden / die nach ihm ausgeſtreckt werden.

Bir.

Recht ſo / ihr ſollts verrichten / nicht darum / als wenn der Schelme wuͤrdig waͤre von euch beruͤhrt zu werden / ſon - dern weil hierdurch meinem rechtmaͤßi -gen311gen Zorne einige Satisfaction geſchehen kan. Drum gehet hin / uͤberfallet den Schelmen in ſeinem Hauſe / ſchlagt alles in Stuͤcken / was ihr antreffet: Jhn ſelbſten werffet zu Boden / und ſo offt ihr den Pruͤgel um ſeinen verfluch - ten Rump leget / ſo gedencket nur die - ſes / was ein Erdwurm verdienet hat / der ſich an einem Marſchall von Fꝛanck - reich verſuͤndiget.

Fer.

Wir wollen als getreue Diener han - deln.

Pier.
(ad ſpect.)

Es iſt gut / daß wir uns un - ter einander erzuͤrneten. Nun wer - den wir die Boßheit am dritten Manne auslaſſen.

Bir.

Doch ſteht ihr noch da? Jhr ſolt ſchon wiederkommen: Mich duͤnckt / ihr wer - det euch vor den Betruͤger entſetzen? Und wenn er ſein Hauß mit zehen boͤ - ſen Geiſtern beſetzet haͤtte / ſo ſaget nur den Nahmen Biron damit ſoll euch nie - mand in der rechtmaͤßigen Tapfferkeit verhindern. Auff! Wer die beſte Pruͤ - gel-Suppe wird ausgetheilet habe / der ſoll am reichlichſten belohnet werden.

O 2Fer.
312
Fer.

Den beſten Lohn will ich haben.

(Gehet ab.)
Pier.

Und der ſchlimſte ſoll an mich nicht kommen.

(Geht ab.)
Bir.

Ach du ungerechtes Gluͤcke / ſolt du mir etwas prophezeyen laſſen / daß ich vor meinen Kopff Sorge tragen ſoll! Jch bin ſo weit kommen / daß andere Perſonen ſich gluͤckſelig achten / wenn ſie den Kopff vor mir behalten koͤnnen. Und / wo ſoll ein Burgundier ſo kuͤhne ſeyn / nur das Schwerdt auff mich zu wetzen / geſchweige daß er ſeinen ohn - maͤchtigen Arm wider mich ausſtrecken wolte? Der Kerl muß ein Ertzluͤgner ſeyn / und es ſoll mich nicht gereuen / daß er zu einer gerechten Straffe gezogen wird. Ha / es hat ſich der Muͤhe nicht verlohnet / daß die vergangene Nacht ſo ſchlaffloß hat vergehen muͤſſen / und daß ich mich eben bey guter Tages-Zeit durch den Schlaff ſoll uͤberwinden laſ - ſen. Es ſey alſo: Groſſe Helden muͤſſen ſich auch der Ruhe gebrauchen.

Erſter313

Erſter Handlung Fuͤnffter Auffzug.

Biron der Marſchall. Laffin deſſen Vertrauter. Renazé deſſen Secretarius.
Laff.

Es gehet an.

Ren.

Jch glaub es wol aber ich verſtehe die Wirckung nicht.

Laff.

Es darff auch nicht ſeyn: Es heiſt ohne dem / wer die Kunſt kan / der ver - rathe den Meiſter nicht.

Ren.

So will ich von der Kunſt nicht wiſ - ſen: Genug daß ich hoffen kan / es wer - de meines Gluͤckes auch darbey gedacht werden.

Laff.

Jch habe die Kunſt / wer von mir ei - nen Kuß bekommt / der muß mir affe - ctionirt ſeyn / und alſo will ich dieſes an dem unvergleichlichen Cavallier Herrn Biron zur guten Probe ſehen laſſen.

Ren.

Jch habe nichts darwider einzuwen - den: Nur dieſes will ich bitten / wenn er ſich zum Meiſter uͤber ſeine Gedan - cken machen wird / ſo wolle er mich darbey laſſen recommendirt ſeyn.

O 3Laff.
314
Laff.

Er iſt mein guter Freund: Er hat vor nichts weniger zu ſorgen als vor dieſes. Doch ſiehe da / wie offeriret ſich die Perſon zu ſeinem Betruge ſel - ber? Schlaff / ſchlaff / du ſolt zu mei - nem Gefallen ins kuͤnfftige noch man - che Stunde wachen!

Ren.

Wenn er kuͤſſen will / ſo hat er Zeit.

Laff.

Er ſoll Zeuge ſeyn / daß ich im Kuͤſſen keine Faute begehe. Siehet er / drey - mahl auff das lincke Auge. Nun da ſitzt ein Sclave / da ſtehet ein Mann / dem ein Marſchall von Franckreich wird muͤſſen zu Gebote ſtehn.

Bir.
(erwacht)

Wer iſt bey mir?

Laff.

Ein unterthaͤniger Diener / der ſich Jhr Excell. zu allen Gehorſam recom - mendiren will.

Bir.

Ha ha! Monſ. Laffin verzeyht mir / daß ich im Schlaffe ſo eine liebe Per - ſon nicht habe erkennen koͤnnen.

Laff.

Und Jhr Excell. halten es einem ge - horſamen Diener zu Gnaden / daß er ſie in der angenehmen Ruhe verſtoͤret hat.

Bir.

Getreue Freunde haben allezeit einenſichern315ſichern Zutritt. Doch was giebt es neues?

Laff.

Viel neues / aber wenig guts. Es ſcheinet / als weñ der Koͤnig die getreue - ſten Diener mit Fleiß betruͤben wolte.

Bir.

Was beweget euch alſo zu reden?

Laff.

Eine Sache / die wir verſchweigen muͤſſen.

Ren.

Und eine Sache / da man ohne Ge - fahr nicht davon reden kan.

Bir.

Vielleicht eine Sache / die ich aus rechtmaͤßiger Großmuͤthigkeit verach - ten kan. Nedet / was ihr wollet: Jch will mir nicht einmahl die Gedult neh - men / daß ich zuhoͤre.

(tritt auff die Seite.)
Laff.

Es iſt eine Schande / der Hertzog von Savoyen iſt dem Herrn Marſchall wol gewogen.

Ren.

Und eben dieſe Gewogenheit iſt dem Koͤnige ein Dorn in Augen.

Laff.

Warum hat der Hertzog ſeine Ge - wogenheit dem Koͤnige nicht zu wiſſen gethan?

Ren.

Er hat es gethan / aber mit ſchlechten Succeſs.

Laff.

Jch weiß nichts davon.

O 4Ren.
316
Ren.

Jch weiß gar zu viel davon / und das Hertze moͤchte mir bluten / wenn ich daran gedencken ſoll.

Laff.

Ach daß Koͤnigliche Perſonen ſo un - danckbar ſeyn.

Ren.

Er ſagte / was ſo eine galante Prin - tzeßin mit dem alten unnuͤtzen Kerlen machen wolte.

Laff.

Ey das iſt zu viel. Wenn ich ein Frauenzimmer waͤre / ſo wolte ich mir ſelbſt einen Liebhaber von dieſem vigo - reuſen Alter wuͤnſchen.

Ren.

Jch halte auch / wenn es zum Aus - gange kommen ſolte / die Printzeßin wuͤrde in ihrer Vergnuͤgung des Koͤni - ges ſelber ſpotten.

Laff.

Vielleicht muß der Koͤnig ſeine neue Gemahlin unvergnuͤgt laſſen / und alſo werden ihm zu Gefallen die ſaͤmtlichen Cavalliers die Mode zugleich annehmen ſollen.

Ren.

Er ſagte ferner / ſeine Mittel waͤren eben ſo groß nicht / daß er mit einer ſol - chen Gemahlin den Staat ausfuͤhren koͤnte.

Laff.

Der Koͤnig muß willens ſeyn / ſeineGuͤter317Guͤter der Crone einzuverleiben / ſonſt wollen wir das Widerſpiel bald be - weiſen.

Ren.

Auff die letzt ſagte er / ſein Geſchlechte waͤre von ſo einer ſonderbaren Extra - ction nicht. Er wolte uͤber 50. Familien im Koͤnigreiche neñen / welche den Vor - zug uͤber ihn behaupten wuͤrden.

Laff.

Viel tauſend Familien ſehe ich wohl / die ihm weichen muͤſſen: Doch nicht eine eintzige / davor er nur den Finger / geſchweige den gantzẽ Leib buͤcken ſolte.

Bir.
(ſpringt hervor)

Haltet ein ihr Freunde / ich habe mehr gehoͤret / als ich vertragen kan. Wer meine Kraͤff - te / meinen Reichthum und meinen Adel zugleich beſchimpffen will / der ſoll zu ſeinem Schaden erfahren / daß ich im gantzen Koͤnigreiche keinen meines gleichen habe. Doch wie ſteht ihr ſo ſtille?

Laff.

Wir erſchrecken / daß unſer Geſpraͤch verrathen iſt.

Ren.

Und ich fuͤrchte mich / daß des Koͤni - ges Perſon hierunter am meiſten ſoll beſchuldiget werden.

O 5Bir.
318
Bir.

Wo meine Tugend gekraͤncket wird / davon muß ich Wiſſenſchafft haben. Und wer mich vor keinen rechtſchaffe - nen Cavallier haͤlt / der ſoll auch in mei - nen Augen vor keinen rechtſchaffenen Koͤnig gehalten werden.

Laff.

Ach was wuͤrden Jhre Excell. auff Spaniſcher Seiten vor Hoͤffligkeit ge - nieſſen / wenn ſie derſelben nur mit einer Mine begegnen wolten.

Ren.

Und was wuͤrde Savoyen vor eine Erkaͤntligkeit blicken laſſen / wenn ſie nur der Affection eines ſo groſſen Marſchalls koͤnten verſichert ſeyn.

Bir.

Schweigt / meine Perſon ſoll Ho - heit genug haben / auch ohne Vor - ſchub frembder Potentaten / der Mo - narchie von Franckreich einen Kampff anzubieten.

Laff.

Doch hat das Verhaͤngniß vielleicht beſchloſſen / daß auch hohe Potentaten ſich uͤber dero Wohlthat freuen ſollen.

Ren.

Und daß Spanien und Savoyen ſich unter dero Clienten zehlen ſol - len.

Bir.
319
Bir.

Jhr habt nicht Unrecht: Der Po - tentaten Gluͤck ſteht in meiner Hand. Der Koͤnig in Spanien ſoll ſein Gluͤck in Niederland ungehindert fortſetzen. Den Hugonotten und dem uncatholi - ſchen Koͤnige zu Trotze ſoll die Catholi - ſche Majeſt. empor kommen. Der Hertzog von Savoyen ſoll gantz Pro - vence und Delphinat zu ſeinen Eigen - thum haben.

Laff.

Aber ſie werden ſich ſelbſt nicht ver - geſſen.

Ren.

Die Familie derer von Biron iſt eben ſo wuͤrdig eine Krone zu tragen / als vor Zeiten das Geſchlechte des Caroli Mar - telli, oder Hugo von Capet.

Bir.

Das ſoll ſchon bedacht werden. Gantz Burgundien / und was mir darneben anſtehen wird / ſoll ſich vor meiner Sou - verainitaͤt buͤcken.

Laff.

Aber eins werden wir bitten: Der Koͤnig wird doch beym Leben bleiben?

Ren.

Denn er wird doch ungluͤcklich genug ſeyn / daß er ſeine Noth in der hochſten Armuth wird beſeuffzen muͤſſen.

Bir.

Er ſoll nicht leben. Jch weiß den OrtO 6ſchon /320ſchon / da ihm bey der itzigen Reiſe von ſechs Mußqvetirern kan auffgewartet werden. Wer die Poſt von ſeinem Tode bringet / ſoll zehn tauſend Cronen zum recompens davon habẽ.

(geht ab)
Laff.

Ach du guter Marſchall / es iſt mir nicht um deine Pralerey zu thun.

Ren.

Und mir nicht um deine Hoheit.

Laff.

Das Gluͤcke will uns bey dem Koͤni - ge nicht wol ſecundiren: Wir muͤſſen etwas anfangen / darbey wir eine Per - ſon zu ſpielen haben.

Ren.

Und damit wir ſicher ſpielen / muß eine andere Perſon an unſere ſtatt die Gefahr auff ſich nehmen.

Laff.

Mein Freund / wir bleiben bey der reſolution, wird der Marſchall in ſei - nem Beginnen gluͤcklich ſeyn / ſo wollen wir genug davon genieſſen.

Ren.

Und wenn das Spiel ſolte verderbet werden / wollen wir ſchon bey guter Zeit zuruͤcke treten.

Laff.

So gehts: Ein ieder ſorget vor ſich / und niemand bekuͤmmert ſich / wo der andere bleibet.

Ren.

Doch wir wollen uns bekuͤm̃ern / daßzum321zum wenigſten unſer Gluͤck nicht ſoll ge - trennet werden.

(gehen ab)

Erſter Handlung Sechſter Auffzug.

    • Blaiſe Chriſtoffle
    Bauren.
  • Sebaſtian ein ſtoltzer Spanier.
  • Pantagruel ein luſtiger Diener.
  • Broſse ein Schwartzkuͤnſtler.
(Dieſe kommen ſtillſchweigende heraus / und weiſen mit laͤcherli - chen Geberden / daß ſie nicht reden duͤrffen. Endlich eroͤffnet ſich die mittelſte Scene, die einer Wildniß aͤhnlich ſiehet / da koͤm̃t Broſſe her - aus: Hinter ihm zwey Moriones mit Lichtern; Die vier fallen vor Furcht auff die Knie.)
Broſſe.

Jſt es nicht moͤglich / daß ich nur ei - nen Tag bey meiner Ruhe kan gelaſſen werden: Oder iſt die Warheit in der Welt gantz verſchwunden / daß man ſie nirgend als in meiner finſtern Hoͤhle finden kan. Jch bin die vergangeneO 7Nacht322Nacht von unterſchiedenen Perſonen auffgehalten worden: Jtzund ſehe ich ſchon andere vor mir / welche ſich nicht eher werden zu frieden geben / als biß ſie die Warheit aus meinem Buche wer - den gehoͤret haben. Stehet auff ihr ſterblichen Kinder: Jn meinem Reiche wird von dem knien kein Staat ge - macht.

(Sie ſtehen auff.)

Hoͤre aber du ſterbliche Creatur / was haſtu bey mir zu ſuchen?

Pant.

Jch will nicht hoffen / daß mich der Herr vor einen Dieb anſiehet.

Broſ.

So will ich wiſſen / was haſt du zu fragen?

Pant.

Das wird der Herr beſſer wiſſen als ich.

Broſ.

Wer nicht fragt / der bekoͤmmt keine Antwort.

Pant.

Wer mein zukuͤnfftig Gluͤcke wiſſen will / der muß auch meine Frage wiſſen.

Broſ.

Du Erdwurm / an dieſem Orte ſind wir ſolcher Reden nicht gewohnt.

Pant.

Was ſoll ich denn ſprechen? Jch wolte gerne wiſſen / ob das wahr wird / was ich dencke?

Broſ.
323
Broſ.

Was denckſtu aber?

Pant.

Jch dencke / daß ihrs ſchon wißt.

Broſ.

Du Phantaſte / ich weiß freylich beſ - ſer / was du denckſt / als du mirs ſagen kanſt / aber zum Zeichen deines Gehor - ſams muſtu zuvor reden / ſonſt bekoͤm̃ſt du von mir keine Antwort.

Pant.

Jch haͤtte gerne eine Antwort / ehe ich geredt haͤtte.

Broſ.

Sollen dir etwan meine Diener na - he kommen / die ſollen mit ihren Lichtern deine Bruſt bald helle machen / daß der Abgꝛund deines Heꝛtzens offenbaꝛ wiꝛd.

Pant.

Ach um des lieben Beleuchtens wil - len weꝛd ich was ſagen muͤſſen / daß auch mein beſter Fꝛeund mein Tage nicht von mir gehoͤret hat. Ach mir fehlet ſonſt nichts / ich habe nur ſo eine verliebte Seele.

Br.

So ſchaffe diꝛetwas / das du liebẽ kanſt.

Pant.

Ja eine verliebte Seele habe ich / und kein Geld dazu.

Broſ.

Was ſoll ich aber helffen?

Pant.

Herr / aus allen Umſtaͤnden kan ich mercken / daß mir ein reich Maͤdgen be - ſcheret iſt. Wolt ihr nicht in Spiegelſehen /324ſehen / daß ich nur weiß / an welchem Ende der Welt meine Seele das Fuͤt - tergen unter ihrem Bruſtlatze findẽ ſoll?

Broſ.

Tritt daher / und thue / was ich dir ſa - gen werde / ſo kan dir gerathen ſeyn. A - ber was haſtu vor ein Anliegen?

Sebaſt.

Die Frage wird uns nicht angehẽ.

Broſ.

Sie gehet alle insgeſamt nicht an / aber wohl dich inſonderheit.

Sebaſt.

Wir bitten mit einer ſolchen Frage entſchuldiget zu ſeyn.

Br.

Wer ſich nicht will fragen laſſen / der mag ohne Antwort wiederum nach Hauſe gehen.

Seb.

Doch der Antwort halben ſind wir herkommen.

Broſ.

So muſtu das Maul auffthun.

Sebaſt.

Eine Perſon unſers gleichen laͤßt ſich nicht gerne Du heiſſen.

Br.

Und eine Perſon meines gleichen laͤßt ſich nicht gerne aus einer Hoff-Compli - mente reformiren. Rede du mir / oder meine Cameraden da ſollen mit dir Bruͤderſchafft machen.

Seb.

Mit Proteſtation, daß es ohne Abbruch meiner Ehre geſchicht / ſo will ich reden.

Broſ.
325
Broſ.

Es war dir geſund.

Sebaſt.

Wir ſind in unſerer Geburts - Stunde mit einem hohen Geiſte bega - bet worden / und es kan nicht fehlen / es muß uns ein Koͤnigreich beſcheret ſeyn: nur dieſes koͤnnen wir nicht wiſſen / ob das rechte Koͤnigreich gegen Morgen oder gegen Abend liegen ſoll. Will uns der Herr Nachricht davon geben / ſo wollen wir uns alſodann Koͤniglich be - dancken / wenn wir die Krone werden auff unſerm Haupte tragen.

Broſ.

Wohlan / du Koͤnigliches Hertze / trit auch daher / und erwarte / was ich mit dir thun werde. Doch du wirſt auch etwas ſonderliches haben wollen.

Blaiſe.

Ja / allmaͤchtiger / Ehrenveſter Herr Schwartzkuͤnſtler / es war bald ſo.

Broſ.

Was haſt du aber vorzubringen?

Bl.

Es iſt eine Noth / die lieget mir auff dem Hertzen / wie ein Muͤhlſtein.

Br.

Es muß auch eine groſſe Noth ſeyn / wenn ich um Huͤlffe ſoll angeſprochen werden. Jn einer lumpen Noth kan man ſich ſelber helffen.

Bl.

Ja es iſt eine Noth / die unſern Edel - mann mit betrifft.

Br.
326
Br.

Wer fragt darnach? Jch erſchrecke vor dem Koͤnige nicht / vielweniger vor deinem Edelmanne.

Bl.

Wenn ich auch ſo ſprechen koͤnte / ich wolte mich heute vor Freuden in der Schencke toll und voll ſauffen.

Br.

Davon werde ich nicht klug.

Bl.

Jch bin auch deßwegen nicht herkom - men / daß ich euch will zum klugen Man - ne machen / ihr ſolt mir ein Bißgen von eurer Klugheit mittheilen.

Br.

Wenn das geſchehen ſoll / ſo muſtu re - den: Huͤte dich aber / daß du nicht hinter der Warheit her ſpatziereſt.

Bl.

Jch dencke wohl nicht / daß ich luͤgen will: Aber wenns ja ſo kaͤme / daß mir das drittemal immer eine Luͤgen ent - fuͤhre / ſo ſeyd nur gebeten / und glaubet mir zwey Drittel.

Br.

Jch will dir glauben / ſo viel als wahr iſt.

Bl.

Seht Herr / unſer Edelmann hat die Gerechtigkeit / daß keine Bauren Toch - ter freyen darff / wenn ſie nicht drey Jahr auff dem Hoffe gedienet hat.

Br.

Das iſt gar recht / ſo werden die Bauer - ſtruntzen etwas ausgehobelt.

Bl.
327
Bl.

Aber ſeht / nun iſt meine Tochter nicht einmal drey Vierteljahr da geweſen / und das Brodt iſt ihr beym Edelman - ne ja gar zu uͤbel bekommen / oder ob ſie einen boͤſen Trunck kriegt hat. Das iſt wahr / wo ſie ihr Lebtage ſo unbe - huͤlfflich bleibet / ſo iſt ſie mir und keinem Menſchen was nuͤtze.

Br.

Was ſoll aber ich dabey thun?

Bl.

Jch dachte / wenn ihr etwan dahinter kaͤmet / was meine Tochter vor eine Kranckheit haͤtte. Wenn das Maͤdel nicht zu kindiſch waͤre / ſo bildete ich mir / Gott behuͤts und bewahrs / gar was an - ders ein. Aber ſeht / der Narr iſt ver - gangen Michael erſt 24. Jahr alt ge - weſt: So muͤſſen wohl ſonſt boͤſe Leute ſeyn uͤber ſie kommen.

Br.

Tritt daher / du ſolt deinen Abſchied ha - ben. Der Compan muß auch gehoͤ - ret werden.

Chriſt.

Ja / ich moͤchte mit meiner lieben Noth auch gerne vorkommen.

Broſ.

Wilt du das / ſo halt dich ſelber nicht auff.

Chriſt.

Jch habe nun 27. Jahr im heil. Ehe -328Eheſtande gelebt / und ich weiß meiner lieben Haus-Ehre nichts als alles Lie - bes und Gutes nachzuſagen.

Br.

So bedarffſt du meines Raths nicht.

Chriſt.

Ja freylich / wenn ſie immer ſo blie - be / ſo duͤrffte ich keinen Rathgeber.

Br.

Wer iſt aber Schuld daran / daß ſie nicht ſo blieben iſt.

Chriſt.

Sie will mir nun aus dem Geſchir - re ſchlagen.

Br.

So wolte ich ihr den Kopff mit dem Pruͤgel wieder einrichten.

Chriſt.

Jch kan ſo weit nicht an ſie kom - men.

Br.

So muß die Noth zu erleiden ſeyn.

Chriſt.

Seht / ſie hat keinen Heller Geld in Haͤnden / und nun ſtinckt ſie mir im - mer nach Brandtewein / und da will ſie mich bereden / der Oden reucht ihr von Natur ſo. Allein ich daͤchte / wenn mein hochweiſer / hochgelahrter Herr darnach ſehen wolte / ob mir die Frau was wegfuͤchſelt / das ſie verſauffen kan.

Br.

Jch habe dich ſchon verſtanden: Tritt auch daher. Nun ſeht / ihr Leute / ihr habt euch einmahl in meine Lehre bege -ben /329ben / nun muͤſt ihr einen Habit anzie - hen / der meinem gleich iſt / und muͤſt eins mit mir herum tantzen: Darnach ſollet ihr alles in meinem Buche leſen / was ihr verlanget.

(Die Moriones bringen Kotzen.)
Pant.

Ach die Ehre wird vor mich zu hoch ſeyn.

Br.

Fort / fort / wenn ich was befehle / ſo muß ein blinder Gehorſam darauff er - folgen. Putzt euch / putzt euch / wenn meine Stunde vergeht / ſo muͤſt ihr wie die andern Narren wiederum nach Hauſe gehen.

(Sie haͤngen die Kotzen um / faſ - ſen einander an / und tantzen et - liche mal herum. Die Moriones ſchlagen einander mit der Prit - ſche / biß ſie in die mittelſte Scene lauffen / welche zufaͤllt.)
Erſter330

Erſter Handlung Siebender Auffzug.

    • Ferry Pierre
    Birons Bedienten.
  • Pantagruel ein luſtiger Diener.
Fer.

Mich duͤnckt / um dieſe Gegend hat der kluge Mann ſeine Wohnung.

Pier.

Und wo er klug iſt / wird er ſich un - ſichtbar machen.

Fer.

Es hat nichts zu bedeuten: So ein Ertz-Betrieger muß einmahl bezahlet werden / daß er ſich mit ſeiner Betrie - gerey nicht gar zu viel einbildet.

Pier.

Wie wird mir das Eſſen ſchmecken / wenn ich mich an dem Ertz-Vogel wer - de muͤde gepruͤgelt haben.

Fer.

Doch ſiehe da / wie ſachte koͤmmt er geſchlichen. Je du ſauberer Vogel / meynſtu / daß wir uns wollen wahrſa - gen laſſen?

Pier.

Geheſt du doch in einer ſo heiligen Mine / daß man dich unter den Moͤn - chen verlieren moͤchte.

Fer.

Wir wollen doch ſehen / was er anfan - gen wird.

Pant.
331
Pant.
(ad ſpect.)

Ja ich haͤtte es nicht ge - meynet / daß in der Kotze ſo viel Weiß - heit ſteckte. Nun weiß ich / daß ich ei - ne verliebte Seele habe: Jch weiß auch / daß meine Liebſte ſoll eine Wei - bes-Perſon ſeyn: Jch weiß auch / daß ſie uͤber 10000. Thaler nicht haben wird: Jch weiß auch / daß ſie keine von Adel iſt. Jn Summa / ich weiß Sachen / die ich ſelber nicht bedencken kan.

Fer.

Ha du Hund / wo hinaus?

Pier.

Jſt das Mode / daß man im Walde wie ein Geſpenſte herum ſchleichen ſoll?

(Sie ſchlagen ihn.)
Pant.
(ad ſpect)

Jhr Herren / wo das Spiel lange rum gehet / ſo kriege ich die beſten Schlaͤge davon.

Fer.

Wilt du bekennen / daß du der aͤrgſte Schelm biſt?

Pant.

Ach ich bin ein Schelm: Aber ich will noch einen weiſen / der mich uͤber - trifft.

Pier.

Du biſt uns gewiß genug: Wir keñen dich an dem ſchelmiſchen Mantel wohl.

Pant.

Jſt der Mantel ein Schelm / ſo laßt mich ungepruͤgelt.

(Er will davonlauf -332lauffen: Sie halten ihn beym Man - tel: Er laͤßt ihn fahren / und gehet durch.)
Fer.

Nun glaub ichs / daß ſich der Kerl kan unſichtbar machen. Jch mag mit dem Mantel nichts zu thun haben.

(wirfft ihn weg.)

Erſter Handlung Achter Auffzug.

Die vorigen.
  • Sebaſtian, ein ſtoltzer Spanier.
    • Blaiſe Chriſtoffle
    Bauren.
Pier.

Potz tauſend / der Kerle koͤmmt wie - der / er hat ſich gewiß den Puckel ge - ſchmier et / daß er die Schlaͤge deſto beſ - ſer vertragen kan.

Seb.

Nun iſt der Koͤnig fertig. 600. Mei - len hinter der Tuͤrckey liegt ein Land / da wlr den Thron gewiß beſteigen wer - den.

Fer.

Siehe da / haſt du noch nicht genug?

Pier.
333
Pier.

Und ſollen wir das andermal an dir zum Ritter werden?

Seb.

Die Leute wiſſen nicht / daß wir ein Koͤnig ſeyn.

Fer.

Wilſtu nicht bekennen / daß der aͤrgſte Schelm unter dieſem Mantel verbor - gen iſt?

Seb.

Wir proteſtiren wider Gewalt.

Pier.

Und wir exerciren die Gewalt.

(Sie ſchlagen zu.)
Seb.

Die Unhoͤffligkeit werden wir nicht laͤnger ausſtehen.

Fer.

Die Probe ſteht bey uns / wie lange du es ausſtehen kanſt.

Seb.

Sollen wir in unbekanter Geſtalt verderben?

(Er ſchmeiſt den Man - tel von ſich.)

Seht ihr euren Koͤnig?

Fer.

Ha / ha / Monſieur Sebaſtian, wie kom̃t er zu dieſem Ungluͤcke?

Seb.

Und wie kommt ihr zu dieſer Boß - heit? Wir werden es mit Koͤnigl. Un - gnade zu erkennen wiſſen.

(Gehet ab.)
Fer.

Das hat ein wunderlich Ausſehen mit dem Kerlen: Er kan ſich in eine fremb - de Geſtalt verwandeln. O wir muͤſ - ſen ihm das Haus ſelber ſtuͤrmen. PBru -334Bruder / gehe du auff die foͤrdere Thuͤre zu / ich will auff die hintere ſtuͤrmen.

(Ferry bringt Blaiſen geſchleppet / Pierre Chriſtofflen.)
Fer.

Ha / nun hab ich den rechtſchuldigen kriegt. Nun ſoll ihm der Puckel ſo weich werden / als ein Qvarg-Kaͤſe.

Pier.

Bruder komm her / ich habe den rech - ten.

Fer.

Wir wollen alle beyde wohl abdre - ſchen / ſo wird der rechte wohl getrof - fen werden.

Bl.

Au / au / ich bin fuͤrwahr nicht der rechte.

Fer.

Aber die Schlaͤge / die du kriegſt / die ſeyn gar recht.

Chriſt.

Jch dencke immer / ihr werdet mich kennen.

Pier.

Kenn ich dich nicht / ſo kenneſt du mei - ne Pruͤgel-Suppe.

Bl.

O daß ſich niemand uͤber mein Elend erbarmen will! Jch will auch das mei - ner lieben Obrigkeit klagen / daß ich mich zur Ungebuͤhr ſoll pruͤgeln laſſen.

Chriſt.

Und das Ding ſoll nicht verſchwie - gen bleiben / und wenn ich ſelber vor denKoͤnig335Koͤnig lauffen ſoll.

(Sie ſchmeiſſen die Teppiche von ſich / und ſtehen gar jaͤmmerlich.)
Fer.

Der Kerl kan uns bezaubern / er macht uns ein Wunderwerck nach dem andern vor die Augen.

Pier.

Hoͤre / du Kerls biſtu ein rechter Bau - er / ſo ſage / was haſtu im Puſche zu ſuchẽ?

Bl.

Und ſeyd ihr rechtſchaffene Kerlen / ſo ſagt / was habt ihr uns im Puſche anzu - fallen?

Pier.

Wir ſind nicht gewohnt / ſo einem ſchelmiſchen Bauer Rechenſchafft zu geben. Packe dich fort / oder wir wol - len unſerm Pruͤgel noch eine Arbeit ver - dingen.

Bl.

Der lieben Arbeit halben will ich da - von gehen. Aber ſeyd ihr boͤſe? Kom̃t einmahl in unſere Schencke.

(Gehet ab.)
Chriſt.

Jch ſage nichts: Kommt mir ein - mal in mein Gehege.

(Gehet ab.)
Fer.

Nun / was ſollen wir gedencken? Es wird uns ſo ſauer / und was uns der Herr befohlen hat / das ſollen wir noch anfangen.

P 2Pier.
336
Pier.

Wir koͤnnen nicht eher nach Hauſe gehen / als biß der leichtfertige Betrie - ger ſeinen Lohn bekommen hat.

Erſter Handlung Neundter Auffzug.

    • Ferry Pierre
    Birons Bedienten.
  • Broſſe ein Schwartzkuͤnſtler.
Br.

Jch halte meine Kerlen ſind mir davon gelauffen / ehe ſie mir wegen der Muͤhe Satisfaction gegeben haben; Das muß nicht ſeyn / ſonſt werde ich mit meiner Kunſt nicht lange beſtehen. Guten Tag / ihr Herren / iſt euch niemand die Straſſe begegnet?

Fer.

Nein / aber das wiſſen wir / daß uns einer begegnet / den wir ſuchen.

Br.

Jch ſtehe ihnen zu Dienſten.

Pier.

Aber darin wird uns gedienet.

(Er ſchlaͤgt.)
Br.

Kommt mir nicht zu nahe.

Fer.

Wir wollen noch naͤher kommen.

Br.

Jch ſchreye um Huͤlffe.

Pier.
337
Pier.

Wer zu Huͤlffe koͤmmt / der ſoll das Tractament mit dir theilen. Siehe da / bekenne / daß du ein Schelm und Betrieger biſt.

Fer.

Vor die Luͤgen ſolſtu mit dem Pruͤgel bezahlet werden.

Br.

Laßt mich gehen.

Pier.

Gehe / wo du kanſt: Doch unſern Pruͤgeln ohne Præjudiz.

Br.

Ach weh / was ſoll endlich draus wer - den.

Fer.

Du ſolſt zum ungluͤckſeligſten Men - ſchen werden.

Br.

Jch habe nichts gethan.

Fer.

Du biſt ein Ertz-Betrieger / und das ſolſtu uns bekennen.

Br.

Ach verſchonet meiner / ich will ſo viel bekennen / als ich weiß.

Pier.

Du magſt bekennen / was du wilt / unſer Pruͤgeln gehet fort.

Br.
(faͤllt zu Boden.)

Ach weh / ich bin ein Betrieger: Es iſt alles Eitelkeit / was ich von zukuͤnfftigen Dingen rede. Meine Armuth hat mich darzu getrie - ben / daß ich den Betrug angefangen habe.

P 3Fer.
338
Fer.

Ey lerneſtu einmal die Warheit re - den.

Pier.

Und wirſtu einmal erfahren / daß Leu - te uͤber dich kommen / die dein Neſt zer - ſtoͤren.

(Er laͤufft hinein / ſie fol - gen.)

Erſter Handlung Zehender Auffzug.

  • Delux, Birons Confident.
    • Jacqves Lambert
    Buͤrger.
Del.

Jhr guten Leute / man ſieht es wohl / daß unſer Koͤnigreich zu Grunde geht: Aber weil niemand helffen will / der helffen kan / ſo muͤſſen wir uns in den Untergang ſchicken.

Jac.

Was wird der im ewigen Feuer vor eine Straffe zu erwarten haben / der die verdammte Pancharte zu erſt auff die Bahn gebracht hat.

Lamb.

Man gedencke doch / wir ſollen von iedwederm Pfunde einen Sol geben: Was vor ein Schaden iſt dieſes der Kauffmannſchafft?

Del.
339
Del.

Jch habe manchmal daruͤber ge - ſeuffzet.

Jac.

Ein Bauer / der ſein Korn einmal ver - kaufft / der darff ſich nicht beſchweren / daß ihm ſo viel vom Pfunde abgezo - gen wird: Aber was macht ein recht - ſchaffener Kauffmann?

Lamb.

Jch verkauffe Wolle / da wird mir ein Sol abgezogen / der ander ver - kaufft das Garn / der ſoll es wieder ge - ben / der dritte laͤſt es faͤrben / und ſoll wiederum ſeine Laſt tragen / darnach koͤmmts zum Zeugmacher / auch wohl gar von einem Handelsmanne. Wenn nun ein iedweder ſoll geſchoren werden / ſo muß man die Waare gedoppelt theuer verkauffen / und ich moͤchte gerne ſehen / wer ſo ein Narr ſeyn wolte / daß er alles theuerer bezahlte.

Del.

Es wundert mich / daß ihrs ſo lange habt ausſtehen koͤnnen.

Jac.

Und was haben wir auff der Reiſe vor Noth / wie werden uns die Kaſten auffgeſchlagen / wie werden ſie zur Un - gebuͤhr taxiret.

Lamb.

Und was muß der Koͤnig vor Ubel -P 4auff -340auffſeher haben! Mich duͤnckt / wenn er die Kerlen zuſammen jagte / ſie paſ - ſirten vor eine gantze Armee.

Del.

Ja / der liebe Koͤnig hat ſich ſchaͤndlich verfuͤhren laſſen.

Jac.

Und es waͤre noch alles auszuſtehen / wenn nur ſo viel Unrecht nicht mit un - terlieffe: Da wollen alle Bettelhun - de reich davon werden / und machen ſo viel contreband, daß ein Kauffmann endlich keine Waare mehr auff den Marckt ſchicken kan.

Lamb.

Und ein iedweder Diebs-Geſelle hat zu Hoffe einen Patron / der ihm den Ruͤcken halten muß / wenn es zur Klage koͤmmt.

Del.

Jhr lieben Freunde / darff ich meine Gedancken ſagen?

Jac.

Ach wenn uns iemand nur einen guten Rath mittheilen wolte / wegen unſerer Verſchwiegenheit duͤrffte niemand ſor - gen.

Lam.

Es iſt nur ſo weit kommen / daß der gute Rath unmoͤglich ſcheinet.

Del.

Nicht ſo verzagt / nicht ſo verzagt: Wir ſind ſelber Schuld daran / daßwir341wir das Frantzoͤſiſche Feuer in unſerm Hertzon verleſchen laſſen.

Jac.

Das Feuer brennet wohl noch / a - ber man darff ſich nicht blicken laſſen.

Lamb.

Die grauſame Straffe zwinget uns wohl / daß wir uns fuͤrchten muͤſſen.

Del.

Wer einmal verderben ſoll / der hat ſich vor keiner Straffe zu fuͤrchten. Man widerſetze ſich / man breche den ſchabehaͤlſiſchen Exeqvirern die Haͤlſe / man laſſe es bund uͤber Ecke gehen. Wenn die Leute Narren ſeyn / ſo wer - den dem Koͤnige die Augen keinmahl auffgethan.

Jac.

Jhr Herren / macht ihr nur einen gu - ten Anfang / ihr ſolt ſehen / wie courage wir folgen wollen.

Lamb.

Unterdeſſen ſoll doch unſer diſcours im Verſchwiegen bleiben.

(Jacqves und Lambert gehen ab.)

Erſter Handlung Eilffter Auffzug.

Delux, Birons Confident. Biron der Marſchall.
Del.

So recht / ſo muß der Grund zu einemP 5in -342innerlichen Auffſtande geleget werden / weil der Koͤnig ſelber das Oel dazu giebt / welches wir ins Feuer gieſſen wollen. Es iſt wahr / ein Frantzoſe muß was zu thun haben / und wenn ein Jahr ohne Krieg vergehet / ſo hat ein Cavallier von Fortun wenig zu befehlen / und noch viel weniger zu verzehren.

Biron
(koͤmmt)

Mein Freund / wie ſo lu - ſtig / es muß euch was angenehmes ge - traͤumet haben / daß ihr einmal mit ſo ei - ner extraordinar-froͤlichen Mine auff - gezogen kommt.

Del.

Jhr. Excell. zu dienen / ich war itzund mit etlichen Kauffleuten in conferenz, die ſind auff die Pancharte ſehr uͤbel zu ſprechen.

Bir.

Es muß alſo ſeyn / der Koͤnig muß dar - bey erhalten werden / daß ſolche nicht abgeſchaffet wird / und das Volck muß angefriſchet werden / biß wir einen vol - len Tumult im Koͤnigreiche haben.

Del.

Die Gemuͤther ſind diſponirt genug: Wird ſich ein Ober-Haupt finden / ſo wolte ich nicht gerne an des Koͤniges Stelle ſeyn.

Bir.
343
Bir.

Jhr kennet das Ober-Haupt ſchon / welches ſich zu rechter Zeit wird ge - brauchen laſſen.

Del.

Die Sache iſt auch an ſich ſelbſt ſo beſchaffen / daß man die hoͤchſte Unbil - ligkeit beklagen muß.

Bir.

Lieber Freund / es iſt uns nicht um die Unbilligkeit zu thun / wenn wir an der Stelle waͤren / ſo duͤrffte ſich das Volck keiner Beſſerung getroͤſten. Die Scha - fe ſind deßwegen da / daß ſie ſollen gepu - tzet werden.

Del.

Doch wenn die Schafe ſollen in ei - nen frembden Stall getrieben wer - den / ſo muß man ſie durch die Hoffnung eines beſſern Tractaments anlocken.

Bir.

Recht ſo / das ſind meine Gedancken: Drum helfft die Sache ſo gut verdre - hen und verwirren / als ihr koͤnnt. Wird das Waſſer recht getruͤbt ſeyn / ſo ſollen die Meinigen ſchon etwas guts zu fi - ſchen haben.

Del.

Jſt noch etwas / das Jhr. Excell. be - fehlen wollen?

Bir.

Folget mir in das Zimmer / es iſt eineP 6ge -344geheime Expedition, davon ihr Part haben ſolt.

Del.

Jn allen Gehorſam.

Erſter Handlung Zwoͤlffter Auffzug.

Laffin, Birons Verwandter. Biron der Marſchall.
Laff.

Siehe da! was hat dieſer Gaſt bey dem Herrn Marſchall zu thun? Wor - auff zielet die ſonderbare Vertraulig - keit? Solte es wohl moͤglich ſeyn / daß er mich entweder ausbeiſſen / oder eine beſſere Stelle uͤber mich nehmen wolte? Jch miſche mich in gefaͤhrliche Dinge. Solte wohl ein ſolcher Mann darnach ſeine Sicherheit in meinem Verderben ſuchen? Jch habe Zeit / daß ich darhin - ter komme. Aber der gute Marſchall ſoll dermaleins erkennen / daß ich einen Kopff habe / der ſich nicht betriegen laͤßt.

Biron
(koͤm̃t)

Mein Freund / wie ſo lang -ſam?345ſam? Wißt ihr nicht / was ihr vor Brie - fe zu beſtellen habt?

Laff.

Aber Jhr. Excell. wiſſen auch / was ich vor Zeit bedarff / wenn ich das Mei - nige wohl verrichten ſoll.

Bir.

Es iſt alles gut. Savoyen hat ſich wohl erklaͤret. Der Gouverneur zu Meyland ſteht auff unſerer Seite. Die Veſtungen an der Graͤntze ſind in un - ſerer diſpoſition, es fehlet nur an einer beqvemen Gelegenheit / da ſolches aus - brechen kan.

Laff.

Jch gratulire vom Hertzen / daß Jhr. Excell. eine Stuffe nach der andern zu ihrem Gluͤcke naͤher kommen.

Bir.

Jch gratulire mir nicht meinetwegen / ſondern das ſoll meine Vergnuͤgung ſeyn / wenn meine getreue Freunde mei - ne vollkommene Wohlthat werden ge - nieſſen koͤnnen.

Laff.

Doch mein Patron / ſteht es mir frey / daß ich etwas erinnere.

Bir.

Gar wohl / mein Freund / deßwegen ſeyd ihr da / daß ihr vor mein und euer Gluͤcke zugleich ſorgen ſolt.

Laff.

Jhr. Excell. haben ſo viel mit eigenerP 7Hand346Hand geſchrieben / und man kan nicht wiſſen / durch was vor einen Unfall et - liche Blaͤtter in frembde Haͤnde kom - men moͤchten. Waͤre es nicht rath - ſam / daß wir alles auff einmal verbren - neten / damit ſoll uns auff allen Fall nichts koͤnnen bewieſen werden.

Bir.

Es iſt gar recht / und was man thun will / das ſoll man alſobald den erſten Augenblick verrichten.

Laff.

Jhr. Excell. belieben mir alles zu ge - ben. Hier iſt der Camin / da koͤnnen wir es auffopffern.

Bir.

Jch will alles zuſammen ſuchen

(ge - het hinein.)
Laff.
(ad ſpect.)

Mein lieber Herr Mar - ſchall ſucht es fein wohl zuſammen. Hier hab ich Pappier / das ſoll vor eu - ren Augen verbrannt werden / aber die rechtſchuldigen Brieffe will ich zu mei - ner Sicherheit ſchon verwahren. Laͤufft es gut ab / ſo bleib ich ein guter Freund: Will das Wetter windig werden / ſo will ich der erſte Verraͤther ſeyn / daß mich der Koͤnig Schande halber per - doniren muß.

Bir.
347
Bir.

Hier ſind die Schrifften / die uns beym Koͤnige graviren moͤchten. Wolt ihr ſie zuvor leſen / oder wolt ihr ihnen ſo bald ihr Recht thun?

Laff.

Am beſten zuſammen gewickelt / daß ſie in Ewigkeit unſichtbar bleiben.

(Er verwechſelt die Pappier / und wirfft ſie in den Camin.)

Sehn Jhr. Excell. hier brennet unſer Un - gluͤck / und wer uns kuͤnfftiger Zeit was beſchuldigen will / der ſoll die Luͤgen wiederum in ſeinen Hals freſſen.

Bir.
(umfaßt ihn)

Ach mein Freund / ihr ſeyd ja gar zu ſorgfaͤltig vor mein Gluͤ - cke.

Laff.

Und mein Patron iſt gar zu maͤch - tig / mein Gluͤcke zu befoͤrdern.

Bir.

Jhr ſollt es Lebenslang um mich zu genieſſen haben.

Laff.

Und ſie ſollen Lebenslang an mei - ner Treue nichts auszuſetzen haben.

Bir.

Doch mein Freund / wir duͤrffen nicht vergeſſen / daß wir die Poſt nach Mey - land expediren.

Laff.

Jch war gleich im Begrieff ſolches zu erinnern.

(Sie gehen ab.)
Erſter348

Erſter Handlung Dreyzehender Auffzug.

Pantagruel ein luſtiger Diener. Margaton ein Tuͤrckiſches Maͤdgen.
Pant.

Der Schwartzkuͤnſtler muß doch ein leibhafftiger Schelm ſeyn / er pro - pheceyete mir etwas guts von meiner Courteſie, und wie ich dachte / das beſte ſolte erſt angehen / ſo kamen des Mar - ſchalls von Biron ſeine leichtfertigen Kerlen / und ſchlugen mir den Puckel voll. Doch das war noch das beſte / daß ſie die Kotze meynten. Denn ſo darff ich mich des Bettels nicht viel an - nehmen. Doch laß ſehen / wie wird ſich die Prophezeyung anlaſſen. Der Kerl ſagte / ich ſolte ein reich Maͤdgen kriegen / daß nicht uͤber 10000. Thaler haͤtte / das nicht von Adel waͤre / das aus frembden Landen waͤre / das von treff - lichen Tugenden waͤre / und es iſt mir immer / als wenn er geſaget haͤtte / das erſte Maͤdgen / das mir begegnen wuͤr -de /349de / das ſolte meine ſeyn. Je nu / wo mir die gluͤckſelige Stunde ſo nahe iſt / ſo dauret michs doch / daß ich meinen Corduaniſchen Mandel nicht umge - nommen habe. Und was ſehe ich? Koͤmmt nicht eben da ein liebes Kind / welches zu Troſt meiner verliebten Seele gleich den Weg auff mich zu neh - men will. O Courage verlaß mich nicht. O du Goͤttin der Beredſamkeit entweiche mir nicht. Ach nun fange ich an ein gluͤckſeliger Menſch zu wer - den / und weiß ſelber noch nicht / wie ich mich in mein Gluͤcke ſchicken ſoll.

Marg.

Der Koͤnigin iſt gut / mein Seel / aber der Jungfer / der iſt bey der Koͤni - gin / iſt nicht werth ein Schuß Pulver. Mich haben zum Narren / ſagen / ich nicht kan reden. O Narr du biſt / ich gereden hat mit die Koͤnig / und lachen mit der Jungfer die Narr lacht. O ich boͤſe werden und ſagen / du mir lecken ſolſt / weiſt du wol.

Pant.

Potz tauſend / das iſt ein galant Frau - enzimmer / ſie redt ſchon vom Lecken. Wo ſie mich den erſten Tag flugs zurKir -350Kirmeß bittet / ſo will ich gerne ſehen / was vor ein Wolleben auff die Hoch - zeit werden wird. Doch ich ſehe es wol / der Limmel muß angebracht ſeyn. Ach dort drunten ſitzt ein Herr in ſam̃ - ten Baͤrtgen / wenn er mir ſein Compli - mentir-Buch leihen wolte / ſo wuͤſte ich wol / was ich davor wolte ſchuldig ſeyn. Aber ich dencke / er braucht es bey der Jungfer Nachbarin ſelber / ich muß doch ſehen / ob es wahr iſt.

(er nimmt eine groſſe Fackel und leuchtet un - ter die Spect.)

Nun / nun ich ſehe es / die Herren brauchen alles ſelber / und ich werde mir doch nun auch ſelber helf - fen muͤſſen. Wunderſchoͤne Tugend und Annehmligkeit / Ehrenveſte / unver - gleichliche Jungfer / als Goͤttin / einen ſchoͤnen / gehorſamen und auffwartſa - men guten Tag.

Marg.

Was ſoll ſeyn die gute Tag?

Pant.

Der gute Tag ſoll ſo viel bedeuten / daß ich ihr unterthaͤniger Diener bin.

Marg.

Du mein Diener biſt? Bin ich nicht der Koͤnigin / daß ich halte Die - ner.

Pant.
351
Pant.
(ad ſpect.)

Das gute Maͤdgen faͤngt ſcharff an / ſie heiſt mich ſchon du. Mich deucht / wenns mancher Courtiſan ſo weit gebracht haͤtte / er lieſſe ſich den Bart noch drey qver Finger hoͤher auf - ſetzen. Doch meine ſchoͤne Jungfer / ſie verſtehe mich recht / ich gehoͤre unter die Gattung der verliebten Diener. Denn ich habe mich reſolviret eine ſo ſchoͤne Jungfer zu lieben.

Marg.

Du mich haben lieb / glaub ich dir nicht. Du ſtattlich Cavallier biſt / und ich Hoff-Maͤdgen bin.

Pant.

Sie iſt ein galantes Hoff-Maͤdgen / und iſt darzu gebohren / daß ſie eines Cavalliers Knecht meines gleichen ac - commodiren ſoll.

Marg.

Du mich haben lieb / muß ich wer - den dein Frau.

Pant.

Ach mein Engels-Kind / ſie verirre ſich nicht / ſie muß erſtlich meine Braut werden / darnach wird ſie erſt meine Frau. Doch ich muß ſehen / ob die Prophezeyung eintrifft. Mein Kind hat ſie 10000. Thaler?

Marg.

Ey habe ich der nicht.

Pant.
352
Pant.

Das trifft ein / meine Liebſte ſoll auch nicht zehn tauſend Thaler haben. Jſt ſie von Adel?

Marg.

Mein Seel / bin ich dir nicht Edel - Kind.

Pant.

Das trifft auch ein. Jſt ſie aus ei - nem frembden Lande?

Marg.

Bin ich aus Land / wo daheim iſt der Tuͤrck.

Pant.

Nun es iſt richtig. Doch laß ſehen / der letzte Punct muß auch richtig ſeyn. Jſt ſie auch tugendhafftig?

Marg

Bin ich dir gedultig / wie der Schaf / und fromm wie die Teuffel.

Pant.

Nun die Erklaͤrung wird wol die beſte ſeyn. Mein Kind darff ich ſie um einen Handſchlag bitten?

Marg.

Du lieber Kind / ich dir geben ſoll Handſchlag?

(giebt ihm eine Maul - ſchelle.)
Pant.

Nun das war ein Mißverſtand / darum ſich ein Liebhaber nicht viel be - kuͤmmern darff: Doch kuͤß ich die Hand des ſuͤſſen Handſchlags wegen / kan ich nicht einen Mahl-Schatz darzu haben?

Marg.
453
Marg.

Wenn du haben wilt / ich dir ſchla - gen will auff der Maul / daß ſchmatzt.

(ſchlaͤgt ihn.)
Pant.

Jhr Leute aͤrgert euch nicht an mei - ner Courteſie, wenn ſich die Sprachen ſo veraͤndern / ſo gehts nicht anders her.

Erſter Handlung Vierzehender Auffzug.

Die vorigen. Sebaſtian ein ſtoltzer Spanier.
(Pantagruel und Margaton thun gar freundlich mit einander.)
Seb.

Es iſt beſchloſſen / wir wollen unſer Koͤnigreich proſeqviren. Und weil wir verſtehen / daß wir uns eben auff der Tuͤrckiſchen Graͤntze darum befragen ſollen / ſo werden wir uns gleich zu der Koͤnigin begeben / und in allen Gnaden vernehmen / ob ſie uns das Cammer - Maͤdgen / welches ſie von der Tuͤrcki - ſchen Graͤntze bey ſich hat / zu unſer kuͤnfftigen Gemahlin verſprechen will. Alſo wollen wir uns des Landes deſtobeſſer354beſſer erkundigen / und die Affection gegen die Landsmaͤnnin wird uns eine treffliche Stuffe zum Koͤnigreiche bauen. Aber wie follen wir das ver - ſtehen? Ein Sclave ſoll unſer gelieb - tes Eigenthum beruͤhren? Und wir ſol - len uns nicht in einen Donnerſchlag verwandeln / der ſolchem verdammten Wurme den Kopff und das Hertze zer - knirſcht? O wir erzuͤrnen uns / daß uns die Liebe vor Zorne verſchwinden moͤchte.

Pant.

Mein Kind / ſie laſſe ſich meine Wei - ſe nicht mißfallen. Verſteht ſie meine Sprache nicht / ſo weiß ſie doch wol aus meinen Geberden / was mein Ver - langen iſt.

Marg.

Jch dir wol verſtehe / du ſeyn muſt fromm / wenn du ſeyn garſtig / koͤmmt der Koͤnigin und legt dir in der Loch.

Seb.

Wie lange ſollen wir der Boßheit zuſehen?

Pant.
(zeucht ihn)

Der Herr verziehe nur ein wenig / ich habe mich da mit ei - nem Frauenzimmer engagiret / daß ich nicht wol kan abkommen.

Seb.
355
Seb.

Aber du ſolſt abkommen. Erſchrickſt du nicht vor der Maj. die vor dir ſteht?

Pant.

Jch will gerne vor der Maj. erſchre - cken / verſtoͤrt mich nur in der Freude nicht.

Seb.

Aber du ſolſt dich verſtoͤren laſſen. Sage ob du ſterben wilt?

Pant.

Das redt mir ein Schelm nach / daß ich ſterben will.

Seb.

So ſage / ob du das Frauenzimmer verlaſſen wilt.

Pant.

Das ſagt mir ein Hunds -- nach / daß ich das Frauenzimmer verlaſſen will.

Seb.

Meine Goͤttin / ſie trete auff die Seite / daß ſie vor unſerm Blutvergieſſen nicht erſchrecken darff.

Pant.

Mein Kind / ich halte ſie.

Seb.

Und wir laſſen ſie nicht gehen.

Marg.

Au / au / ihr mich reiſſen wolt in zwey Stuͤck / niemand mich brauchen wird halb.

(Sie zerren ſie abſcheulich / und ſchreyen laͤſterlich dabey.)
Erſter356

Erſter Handlung Funffzehender Auffzug.

Die vorigen.
  • Maria die Koͤnigin.
    • Charlotte Louyſe
    Staats-Jungfern.
Mar.

Wohin zielet der Tumult? Soll eine Konigin vor ihrem Gemache nicht ſicher ſeyn?

Seb.

Gnaͤdigſte Koͤnigin.

Pant.

Jch kan auch ſprechen: Gnaͤdigſte Koͤnigin.

Mar.

Und wenn tauſendmal ſo geſagt wird / ſo wird doch der Tumult nicht entſchuldiget. Sind wir eine gnaͤdig - ſte Koͤnigin / ſo haͤtte man unſerer Gna - de nicht mißbrauchen ſollen.

Seb.

Wir haben uns unſers Rechts be - dienet.

Pant.

Und ich habe meiner Liebe gefolget.

Mar.

Das heiſt nichts: Hoͤre / ſage du / was macht dich ſo unverſchaͤmt / daß du des Fange-Balls mit dir ſpielen laͤßt.

Marg.
357
Marg.

Gnaͤdiger Koͤnigin / bin ich todt halb / fuͤhle nicht mehr der Achſel / fuͤhle nicht der Arm: Wenn ſolt weiſen mein Hertz / alles iſt nicht nuͤtze.

Mar.

Wie koͤmmſtu aber zu dieſem Ungluͤ - cke?

Marg.

Der ſeyn will mein Freyer / und der kommen / wollen mich auch haben.

Mar.

Jhr ungehobelten Kerlen / wißt ihr nicht / an welchem Orte ihr Anſuchung thun ſolt / wenn man auff ein Kammer - Maͤdgen ſeine affection geworffen hat.

Pant.

Jch dachte / wenn ich vor die rechte Thuͤre kaͤme / ſo gienge ich nicht irre.

Mar.

Die rechte Thuͤre ſoll dir zum Hun - de-Loche gewieſen werden.

Seb.

Und wir verlieſſen uns auff unſere Qvalitaͤten.

Mar.

Aber unter deinen Qvalitaͤten iſt die Hoͤffligkeit vergeſſen worden. Doch ſiehe da / mein liebes Kammer-Maͤd - gen / du haſt an unſerm Hoffe treu ge - dienet: Wilſtu einen haben / ſo wollen wir uns darzu reſolviren.

Marg.

Gnaͤdiger Koͤnigin / ſagen ſoll den haben / will der ander haben. Sa -Qgen358gen der ſeyn Liebſte / geh mit zu Bette.

Mar.

Ja ſeht ihr ungluͤckſeligen Liebhaber / wer wird euch allen beyden helffen koͤn - nen?

Pant.

Jch will hoffen / meine Liebe hat den Vorzug.

Seb.

Und unſere Qvalitaͤten haben den Nachdruck.

Mar.

Ha was Vorzug / was Nachdruck / da ſchlagt euch mit einander / wer die Oberhand behaͤlt / der ſoll die Braut ins Bette fuͤhren.

Pant.

Jch daͤchte / ich haͤtte meine Schlaͤge ſchon voraus / und wenn ich eine Braut meiner Freude halben nehmen will / ſo wird mirs bange vorkommen / wenn mir die Schlaͤge weh thun.

Seb.

Wir nehmen den gnaͤdigſten Befehl an. Hier ſtehen wir / wer uns die Lieb - ſte nehmen will / der ſchlage ſich mit uns.

Pant.

Je daß ich nicht ein Narr bin! Jtzt ſchlugt ihr mich / hernach ſchluͤge mich die Frau. Je kans doch noch bleiben: Jch werde ja noch ein Maͤdgen kriegen /die359die nicht 10000. Thaler hat / und nicht von Adel iſt.

Mar.

So begiebſtu dich der guten Partie.

Pant.

Die liebe Gewalt iſt da / ich muß ge - ſchehen laſſen / was ich nicht aͤndern kan.

Mar.

Nun ſo mag Don Sebaſtian mit ſei - ner Braut ſpatzieren gehen / wie er will.

Seb.

Wir vollfuͤhren den Befehl.

(Ge - het mit ihr ab.)
Mar.

Und du armer Stuͤmper magſt dei - nen Nahmen in das Buch der Ver - ſchonung ſchreiben laſſen.

(Geht ab in die mittelſte Scene, welche zu - faͤllt.)

Erſter Handlung Sechzehender Auffzug.

  • Pantagruel ein luſtiger Diener.
    • Charlotte Louyſe
    Staats-Jungfern.
Charl.

Ey das iſt ein Jammer / daß ſo ein praver Kerl bey der Liebſten das Nach - ſehen haben muß.

Q 2Louyſ.
360
Louyſ.

Jch lieſſe mich eher todt ſchlagen / ehe ich einen andern Kerlen lieſſe in mein Gehege gehen.

Charl.

Nun werden euch die Leute anpfeif - fen / und werden ſprechen: Seht / ſeht / da geht der abgeſetzte Courtiſan.

Louyſ.

Es wird nicht darbey bleiben. Sie werden ſprechen: Da geht der Lum - penhund / der nicht einmal vor 18. Pfen - nige Courage im Leibe hat.

Charl.

Das iſt wahr / mich jammerts von Hertzen / daß ein Menſch allen Leuten zum Spotte werden ſoll.

Louyſ.

Und wenn ich an der Stelle waͤre / 14. Groſchen waͤren mir lieber als der Schimpff.

Charl.

Nun werden ſich alle Jungfern dran ſtoſſen / und der wird nun die alte Junggeſellen Lade wohl behalten.

Louyſ.

Und wenn die alten Junggeſellen werden die Braut-Glocke ſcheuern / ſo wird er gewiß muͤſſen den Kloͤppel hal - ten.

Charl.

Es iſt nur eine Schande / daß es ein Spanier gethan hat.

Louyſ.

Es waͤre kein Wunder / dieFran -361Frantzoſen machten ihn unehrlich.

Charl.

Jch wolte helffen / es iſt mir leid / daß ich nicht kan.

Louyſ.

Jch koͤnte helffen / es iſt mir nur leid / daß ich nicht will.

Pant.
(ad ſpect.)

Nun da ſtch ich; Daß mich alle Welt zum Narren hat / das iſt gewiß: Und daß mir 14. Groſchen lieber waͤren / das iſt auch gewiß. Aber was mache ich / daß ich von den hoͤhni - niſchen Dingern loß komme? Rede ich viel / ſo plappern zwey Maͤuler mehr als eins. Lauff ich davon / ſo hetzen ſie mir die Hoff-Jungen nach. Doch laß ſchen / wie waͤre es / wenn ich mich vor ihren Liebhaber angebe? Wollen ſie mir keine Gnade erweiſen / ſo moͤgen ſie davon gehen.

Charl.

Nun ihr lieber Freund / iſt euch denn euer Ungluͤck auch ſehr leid.

Pant.

Ach nein / es iſt mir nicht leid: Jch dancke der Koͤnigin / daß ſie den Aus - ſchlag ſo gut gegeben hat.

Charl.

Die Urſache zu dancken iſt ſehr ſchlecht.

Q 3Louyſ.
362
Louyſ.

Und ich halte Don Sebaſtian wird etwas froͤlicher dancken koͤnnen.

Pant.

Don Sebaſtian iſt ein gebundener Narr / er darff nun kein Frauenzimmer mehr anſehen / aber mir iſts unverbo - then / wenn ich mich offeriren wolte / ih - nen als meinen hoͤchſt-gebietenden Da - men die Haͤnde zu kuͤſſen.

Charl.

Siehe da / Bauer / die Roſen ſind gleich vor dich gewachſen.

Louyſ.

Ach ja du magſt ein Schaͤffgen aus einem andern Stalle ſuchen.

Pant.

Jch folge meiner Liebe. Hat mir das Gluͤcke ein Auge gegeben / das ich auff ſolche ſchoͤne Kinder werffen kan / ſo hat es mir auch die Freyheit gege - ben / daß ich ſie bedienen kan.

Charl.

Das Bedienen iſt vielerley: Wir wollen uns ſchon erklaͤren / worzu wir den Diener gebrauchen wollen.

Pant.

Sie leben ohne Muͤhe / ſie laſſen mich nur einen Diener ſeyn / die Erklaͤrung will ich ſelber machen.

Charl.

Jch ſehe wohl / wer mit Narren an - faͤngt / muß in Zeiten wiederum auff - hoͤren.

(Gehet ab.)
Louyſ.
363
Louyſ.

Und ich muß dem Narren Platz machen / daß er von ſich ſelber auffhoͤren kan.

(Geht ab.)
Pant.

Nun glaub ichs / an meiner Ge - burts-Stunde hat der Venus-Stern im Krebſe geſtanden. Denn wer meine Liebes-Geſchichte einmal be - ſchreiben wird / der wird lauter Krebs - Gaͤnge darin abmahlen muͤſſen. Doch wohl dem / der in der Liebe kein Gluͤcke hat / ſo darff er ſich kein Frauenzim - mer betruͤben laſſen / und das nehmet zu guter letzt von einem unſchuldigen Cour - tiſan, der als ein Junger Geſelle leben und ſterben wird.

Anderer Handlung Erſter Auffzug.

Themines Birons Anverwandter. Renez deſſen kleiner Vetter. Pantagruel ein luſtiger Diener.
Ren.

Jch leide es nicht.

Them.

Jch will es auch nicht leiden. MeinQ 4lieber364lieber Vetter ſagt mir nur / wer euch ſo unleidlich gemacht hat?

Ren.

Jch bin noch jung / aber deßwegen laß ich mir keinen Menſchen vor die Naſe ſchnappen.

Them.

Es iſt recht / daß ein zukuͤnfftiger Cavallier auff reputation haͤlt. Aber was iſt denn geſchehen?

Ren.

Ha zu Hofe wollen ſie mich ausla - chen / und ich ſoll darnach als ein ande - rer Lumpenhund den Leuten vor den Augen herum gehen. Jch leide es nicht.

Them.

Ey wer will ſich zu Hofe das un - terſtehen? Der Herr Marſchall von Biron iſt unſer naͤchſter Vetter.

Ren.

Das Frauenzimmer hats gethan / und wenn ich Jungfer Charlottgen wieder was zum Poſſen thue / ſo mag ſie darnach mit mir vorlieb nehmen.

Them.

Nicht zu geſchwinde / lieber Vetter / wer ſich uͤber das Frauenzimmer be - klagen will / der muß ſich in acht neh - men: Die Richter ſind auff allen Sei - ten zu gnaͤdig.

Ren.

Es verlohnt ſich der Muͤhe / daß manſolchen365ſolchen hoͤhniſchen Dingern gnaͤdig iſt. Der Schimpff iſt vielleicht nicht werth / daß man revenge ſucht?

Them.

Was vor Revenge mein Vetter? Die Gegen-Part koͤmmt in langen Hoſen auffgezogen.

Ren.

Jch bin klein / aber meine Courage im Leibe iſt ſo groß / als ein Groſchen - Brodt.

Them.

Es iſt vielleicht ein Groſchen-Brod aus der theuren Zeit / da gehen ihrer 26. auff ein Pfund.

Ren.

Herr Vetter / wer mich zu meinem Ungluͤck vexiren will / der bleibt mein Freund nicht.

Them.

Jch muß mich ſo lange vexiren / biß ich hoͤre / was geſchehen iſt.

Ren.

Da werd ich gleich meine Schande ſelber reden. Da ſteht der Lumpen - hund / der hat mir den Floch in das Ohr geſetzt.

Pan.

Das heiſt recht einen Floch ins Ohr geſetzt / wenn die boͤſe Zeitung vom Frauenzimmer koͤmmt.

Them.

Du Kerls / was haſtu geſagt?

Pant.

Die Leute ſollen alle meine ZeugenQ 5ſeyn;366ſeyn; Jch ſtehe da / und rede kein Wort / wie kan ich denn was geſagt haben?

Ren.

Du haſt dein loſe Maul allzuweit auffgethan. Rede / oder ich treffe dich.

(ſchlaͤgt ihn an die Beine.)
Pant.

Wenn das loſe Maul geſuͤndiget hat / ſo darff die Straffe wohl nicht - ber meine Beine kommen.

(ad ſpect.)

Das gute Kind moͤchte noch 10. Jahr warten / biß es groß gewachſen waͤre / ſo koͤnte es mein loſe Maul erreichen.

Ren.

Wilſtu noch nichts bekennen?

Pant.

Wo ich alle Schelmſtuͤcke bekennen ſoll / die ich mein Tage gethan habe / ſo werden wir heute und morgen nicht fer - tig.

Them.

Aber wenn ich frage / ſo wollen wir in einer Viertelſtunde fertig werden.

Pant.

Ey es ſind Poſſen / es mag etwan zu Hoffe was ſeyn geredt worden / und ich mag etwan ſo aus unbedachtem Mu - the was aus der Schule geſchwatzt ha - ben. Jch bin von der Gattung / wenn ich was einmal geredt habe / ſo hab ichs flugs vergeſſen.

Them.

Aber ich bin von einer manierli -chen367chen Gattung / ich kan den Schluͤſſel zum Gedaͤchtniße finden.

Pant.

Je nun die Weitlaͤufftigkeit zu er - ſparen / Jungfer Charlottgen hat et - wan geſagt / der kleine Herr da bildte ſich mit ſeinem Tantzen ſo viel ein / und wenn ers am beſten machen wolte / ſo gienge er / und wackelte mit dem Po - dexe: Drum koͤnte die Koͤnigin den Stubenkehrer gar wohl erſparen / wenn ihm der Herr Hoffmeiſter nur hinten an die Kappe lieſſe einen Beſen binden / denn ſo wuͤrde es hernach ge - hen witz / witz.

(Er agiret poßir - lich.)
Them.

Du Waͤſcher / was haſtu mit dei - nem Plauder-Maule verdienet?

Pant.

Er heiſt mich reden / nun ich gehorſam bin / ſoll ich was verdienet haben.

Them.

Du haſt das erſtemal ſchweigen ſollen.

Pant.

Jſt denn das ausgeplaudert / wenn ich nur weiſe / wie die Jungfer gegangen iſt / witz / witz.

Ren.

Geh / du Schelm / ſonſt ſchick ich dir meine Diener uͤbern Hals / dieQ 6ſollen368ſollen dir die Beine entzwey ſchlagen.

Pant.

Jch bin mein Tage einmal unter den Dienern geweſt / ich komme nicht mehr.

(laͤufft davon.)
Ren.

Nun / mein lieber Herr Vetter / ſoll ich das leiden? Soll mir eine Jung - fer zum Poſſen ſolche leichtfertige Cri - macen machen?

Them.

Ach lieber Vetter / nehmt euch nur in acht / daß es nicht wahr iſt / ſo wird ſie am beſten revengirt.

Ren.

Aber wer mich nicht geſehen hat / der denckt doch es iſt wahr.

Them.

Wer euch nicht geſehen hat / der kennt euch nicht. Jhr glaͤubt gewiß / es werden zu Hofe alle Leute von euch reden.

Ren.

Wollen ſie nicht von mir reden / ſo moͤgen ſie es bleiben laſſen. Aber ich ſag es noch einmal / wer mich vexiren will / der hat mich zum Feinde.

Ande -369

Anderer Handlung Anderer Auffzug.

Die vorigen.
    • Salignac Force
    Birons Anverwandte.
Sal.

Was bedeutet dieſer Unwillen / ihr lie - ben Vettern? Es wird ſchlecht um un - ſere Familie ſtehen / wo wir uns ſelber zancken wollen.

Forc.

Und ihr wißt noch nicht / was wir vor Feinde haben / die uns die Geſetze der Einigkeit wohl vorſchreiben.

Sal.

Nun was gibt es denn zu zancken?

Forc.

Wir werden ja ſo gut ſeyn / daß wir uns in den Handel mengen duͤrffen.

Them.

Meine liebe Herren Vettern / es iſt nichts: Das liebe Hertzgen da hat ſich nur uͤber was erzuͤrnet.

Sal.

Ey laßt es bleiben Vetter / wer ſich im neundten Jahre flugs erzuͤrnen will / der kriegt im 18. Jahre das Podagra.

Forc.

Und wenn die Leute eures gleichen boͤſe thun / ſo fehlt es an andern Leuten / die ſich davor fuͤrchten.

Q 7Them.
370
Them.

Es hat etwan eine Jungfer zu Ho - fe ſein Tantzen getadelt / das will ihm nun nicht in den Kopff.

Sal.

Ach lieber Vetter / vielleicht ſoll die Jungfer noch geboren werden / die ſich in euer Tantzen verlieben ſoll.

Forc.

Wenn die Jungfer in 20. Jahren wird altvaͤteriſch ſeyn / ſo lacht ſie wie - der aus.

Ren.

Jch kan nicht ſo lange warten: Jch wolte / der Marſchall von Biron waͤre zu Hauſe / ſo wahr ich ein ehrlicher Kerl bin / ich wolte es ihm klagen.

Sal.

Der Herr Marſchall hat wohl andere Haͤndel zu debattiren / mit dem Frau - enzimmer wird er wohl keine Friedens - Handlung vornehmen.

Forc.

Lieber Vetter / geht zum Herrn Hoff - meiſter / und laßt euch was von der Froͤmmigkeit predigen: Darnach geht zum Tantzmeiſter / und laßt euch wei - ſen / wie ihr es machen ſolt / daß euch niemand auslachet / damit iſt der Krieg ſo gut beygeleget / als im Verviniſchen Frieden.

(Fuͤhret ihn hinein.)
Them.

Das liebe Maͤnngen laͤßt noch eingutes371gutes Gemuͤthe bey ſich mereken / daß es keinen Schimpff vertragen will.

Sal.

Es iſt gar gut. Doch es darff auch in dieſer Mode nicht geſtaͤrcket werden.

Forc.

Und ſonderlich gefaͤllt mir dieſes nicht / ihr lieben Vettern alle zuſammen / daß ihr offte vor den Leuten mit dem Herrn Marſchall von Biron trotzen wolt.

Them.

Er iſt ein groſſer Mann / der uns helffen kan.

Sal.

Jſt er ein groſſer Mann / ſo hat er groſ - ſe Neider.

Forc.

Und den Neid / den er vor ſich uͤber - winden kan / den darff ein ander nicht uͤber fich ziehen.

Sal.

Das Gluͤcke am Frantzoͤſiſchen Hoffe will ſonſt nicht ſehr beſtaͤndig ſeyn. Jch habe. Sorge / wir werden auch was un - verhofftes erfahren muͤſſen.

Forc.

Der Koͤnig kan es nicht wohl vertra - gen / daß er ſo einen Anhang vom Adel auff ſeine Seite gebracht hat.

Sal.

Und ich weiß / womit er die Koͤnigin picqviret hat.

Forc.

Wenn nun etwas ungluͤckliches er -fol -372folgen ſolte / welches ich dem lieben Herrn Marſchall nicht wuͤnſche / wie ſolten ſich unſere Feinde mocqviren / daß wir mit einer Perſon gepralet haͤt - ten / die ſich kaum ſelber helffen koͤn - te.

Them.

Jch nehme den guten Rath gehor - ſam an. Doch habe ich zu GOtt das gewiſſe Vertrauen / es werde ſo ein tapfferer lieber Herr noch lange unſer Beyſtand verbleiben.

Sal.

Ein Chriſtlicher Politicus ſoll allemal das Beſte wuͤnſchen / das Liebſte hoffen / was mittelmaͤßiges fuͤrchten.

Forc.

Und wer von auſſen tapffer iſt / muß im Hertzen allzeit furchtſam auff der Hutſtehen.

Sal.

Vielleicht geben uns die Perſonen Anlaß / auff uns ſelbſten Achtung zu ge - ben.

Ande -373

Anderer Handlung Dritter Auffzug.

Die vorigen. Laffin, Birons Verwandter. Delux, deſſen Confident.
Laff

Es iſt mein Gluͤcke / daß ich ſo liebe Patronen antreffe.

Del.

Und ich vergnuͤge mich an dero geſeg - netem Wohlergehen.

Sal.

Es iſt ihre Hoͤffligkeit / daß ſie ſo reden.

Forc.

Und unſere Schuldigkeit / daß wir von guten Freunden die Beſuchung an - nehmen.

Laff.

Sie werden neulicher Zeit vom Herrn Marſchall Brieffe bekommen haben?

Sal.

Jch wuͤſte nicht / daß wir dieſe Woche was geſehen haͤtten.

Forc.

Der liebe Herr macht ſich viel zu thun / damit muß er offt ſeiner beſten Freunde vergeſſen.

Laff.

Jch weiß nicht anders / als daß er ſich noch wohlauff befindet.

Del.
374
Del.

Und ſo lange GOtt dem Koͤnigreiche den lieben Frieden goͤnnet / ſo iſt deſto weniger Ungluͤck zu beſorgen.

Sal.

Jhr Herren / man glaͤubt es euch gleichwohl nicht / wenn ihr den edlen Frieden ſo loben wolt.

Forc.

Ein Fiſch iſt gerne im Waſſer / ein Wild gerne im Walde / und ein Be - dienter von dem Hn. Marſchall gerne im Kriege.

Laff.

Wir richten uns nach dem Herrn Marſchall / der iſt ein Liebhaber von der allgemeinen Gluͤckſeligkeit / und alſo wird er keinen Krieg verlangen / wo er das arme Volck im Frieden vergnuͤgen kan.

Del.

Es mangelt auch dem lieben Herrn bey der Friedens-Zeit an Ehre und Gluͤcke nicht: Seinen Dienern man - gelts auch an Befoͤrderung nicht.

Sal.

Wir kennen ſeine großmuͤthige Tu - gend am beſten.

Forc.

Doch was ſoll dieſer Auffſtand be - deuten.

Ande -375

Anderer Handlung Vierdter Auffzug.

Die vorigen. Laurent einer von Adel. Pantagruel ein luſtiger Diener.
Laur.

Jhr Leute / helfft mir doch von dem raſenden Kerlen. Wo es noch eine halbe Viertelſtunde ſo waͤhret / ſo be - halte ich keinen gantzen Lumpen an meinen Kleidern.

Pant.

Herr / ich will euch nur fragen / als ein guter Freund.

Laur.

Und wenn mein aͤrgſter Feind zu mir kaͤme / ſo koͤnte er mich ja nicht laͤſterli - cher fragen.

Pant.

Die Freude iſt gar zu groß. Hey ſa Victoria. Wenn ers wuͤſte / er huͤlffe mir ein Runda mit vier Stimmen ſingen.

Laur.

Ach die Freude vergehet uns armen von Adel wohl. Unſer Haab und Gut wird uns glat von der Schwarte weg - genommen; Und ſo ein Kerl / der das Unſrige zu Hofe mit verſauffen hilfft / der kan ſich wohl luſtig machen / und kan Victoria ſingen.

Pant.
376
Pant.

Ey nicht doch / ich bin ſelber Willens / ich will mir ein Land-Gut kauffen / ſo gute Zeit werden wir im Koͤnigreiche kriegen. Laßt euch nur die gute Poſt erzehlen.

Del.

Wie ſtehts ihr lieben Freunde? So viel als wir vernehmen koͤnnen / ſo habt ihr viel gute Zeitung uͤbrig.

Laur.

Jch an meinem Orte weiß nicht / was ich uͤbrig habe. Doch da faͤllt mich ein Kerl an / und will mich aus al - ter Bekantſchafft mit Gewalt darzu noͤthigen / daß ich ſoll luſtig ſeyn.

Del.

Biſtu der allgemeine Luſtigmacher?

Pant.

Jhr Herren verzeiht mir / ſo weit bin ich noch nicht kommen.

Laur.

Und deſſentwegen wolte mir die Luſt auch nicht in den Kopff.

Del.

Wer iſt denn nun der allgemeine Lu - ſtigmacher?

Pant.

Jch wolte fein fragen? Es iſt der groſſe Herr / der uns alle kan hencken laſſen.

Laur.

Fuͤrwahr eine koͤſtliche Beſchrei - bung: Jch wolte mich vor einen ſolchen Luſtigmacher bedancken.

Pant.
377
Pant.

Daß mir doch die Rede im Maule verdrehet wird / der Koͤnig / der uns nach ſeiner Gewalt alle koͤnte hencken laſſen.

Laur.

Das mag an dir geſchehen: Wir bekennen unſre Unſchuld.

Pant.

Ja wenn iemand der guten Zeitung nicht werth iſt / ſo muß er was hinein plaudern / das zur Sache nicht gehoͤrt. So nehmt doch den Bettel recht ein. Der Herr / der uns alle kan hencken laſ - ſen / der hat eine Freude im Lande an - gerichtet / daruͤber ſich die Leute 26 mal moͤchten voll ſauffen. Ha nun wird die goͤldene Zeit wieder kommen ſeyn / und nun wird ſich niemand uͤber die boͤſen Tage beſchweren duͤrffen. Hey ſa / vivat Henricus IV. der allgemeine Freu - denmacher im gantzen Koͤnigreiche.

Laur.

Jch bin ein getreuer Unterthan / und ſo wol als andere dem Koͤnige ihr Vivat zuſchreyen koͤnnen / ſo wol muß ich mich zu dieſer Devotion bekennen. Allein ich weiß eben nicht / warum uns eine extraordinar Freude ſolte zugewachſen ſeyn.

Del.

Es iſt nicht anders / der gute Stuͤm -per378per hat zu Hoffe einen freyen Soff ge - kriegt / deſſentwegen ſoll nun das Koͤ - nigreich ein allgemeines Jubel-Feſt anſtellen.

Pant.

Ja freylich wird manch freyer Soff raus kommen / Hey ſa / daß ich nicht ein Bauer bin / ich wuͤrde heute zum Edelmanne. Wer ein Paradieß ha - ben will / der kauffe ein Ritter-Gut / hey ſa.

Laur.

Nun mercke ichs erſt / der Kerl hat zehn Raͤuſche hinter einander geſoffen.

Anderer Handlung Fuͤnffter Auffzug.

Die vorigen.
    • Blaiſe Chriſtoffle
    Bauren.
    • Caton Suſon
    ihre Weiber.
(Die Bauren ſchreyen ingeſamt / ſa, ſa, vivat der Herr Koͤnig. Der Pickelhering hilfft brave mit ſchreyen.)
Laur. 379
Laur

Jhr Leute habt ihr bey dem Koͤnige eine freye Zeche gehabt?

Bl.

Ach ja / die freye Zeche wird nun an - gehen / der Martins-Tag ſoll nun nicht mehr ſo ſchmalhaͤnſig ablauffen / als wie es die duͤrren Jahre her geſchehen iſt.

Chriſt.

Jch werde mein Maul nun auch mit der Speck-Schwarte ſchmieren koͤñen / daß ich darnach die fette Guſche zum Fenſter kan naus ſtecken.

Cat.

Je ſchade / daß ich nicht in 14. Tagen ſoll taͤuffen laſſen / ich wolte dir einen Gevatter-Kuchen backen laſſen / da der Qvarg drey qver Finger ſolte drauff liegen.

Suſ.

Und wenn ich meiner Tochter noch ſolte Hochzeit machen / ich lieſſe drey Doͤrffer zuſammen bitten / daß nur fein viel auffgienge.

Pant.

Jhr Herr da / ſeht ihrs / daß alles auf meine Rede koͤmmt / das Jubel-Feſt iſt fertig / und wer nicht mit juchtzen will / der iſt nicht werth / daß er die gute Zei - tung hoͤren ſoll.

Bl.

Ja die guten Tage haben wir unſermHerrn380Herrn Koͤnige zu dancken / das iſt ein Mann / wenn wir ihm was von unſerm Leben koͤnten mittheilen / wir wolten hundert Bauren tod ſchlagen / daß er nur tauſend Jahr leben koͤnte.

Chriſt.

Ja der liebe Herr / es muß ihn ein - mal ein guter Bauer-Geiſt regiert ha - ben / daß er ſich auff ſo eine groſſe Wol - that bedacht hat.

Cat

Jch dencke immer die Frau Koͤnigin hat auch was darbey gethan / und wo das wahr iſt / ſo werden wir ein ſchreck - lich groß Vater unſer vor ſie beten.

Suſ.

Eine Magd aus unſerm Dorffe / die hilfft in der Kuͤche auffwaſchen. Hui / daß die einmal mit der Koͤnigin geredt hat?

Bl.

O es mags gethan haben / wer da will! GOtt gebe ihm heute einen guten Tag / und uns einen Damaſchken Muth.

(Sie ſchreyen und gehen mit Pi - ckelheringen ab)
Ande -381

Anderer Handlung Sechſter Auffzug.

    • Salignac Force
    Birons Anverwandte.
  • Laffin, Birons Vertrauter.
  • Delux deſſen Confident.
    • Jacqves Lambert
    Buͤrger.
  • Laurent einer von Adel.
Sal.

Wir ſtehen da / und ſehen einer Co - mœdie zu / davon wir nichts weniger als den Jnnhalt wiſſen.

Forc.

Der Narr machte uns Anfangs Poſſen / allein es ward durch die Bau - ren beſtaͤtiget.

Sal.

Wir haben ja den Frieden vor etli - chen Jahren im Lande / nun wird deſ - ſentwegen keine neue Freude von noͤ - then ſeyn.

Forc.

Wir haben auch die Geburth des jungen Dauphins ſchon ſo viel mal cele - brirt / daß wir uns deßwegen bey dem gemeinen Volcke was einbilden ſolten.

Sal.

Die Hunds-Tage ſind auch vorbey /Rſonſt382ſonſt wolte ich dem Geſtirne was von einer ungemeinen Wirckung zuſchrei - ben.

Forc.

Wir muͤſſen die erſten Leute fra - gen / die uns entgegen kommen / und wo mir recht iſt / ſo haben dieſe ehrliche Cammeraden mehr Luſt zu einem Ju - bel-Feſte / als zu einem Leichen-Gange. Gluͤck zu ihr Herren / wie ſtehts um ein gut Leben?

Jacq.

GOTT ſeys im Himmel gedanckt! Nun ſtehts gar gut.

Lamb.

Ach Gott verlohns dem Koͤnige / und allen die darzu geholffen haben.

Jacq.

Nun iſt die gute Zeit wieder ange - gangen / nun werden wir mit froͤlichen Hertzen ſchreyen koͤnnen / Vivat der Koͤ - nig!

Lamb.

Nun wird das liebe Koͤnigreich ei - nem Paradieße aͤhnlich werdẽ / ach / daß wir den groſſen Monarchen davor nicht anbeten ſollen.

Sal.

Jhr ſagt uns von einer Freude / doch wir wiſſen die Urſache nicht.

Forc.

Wir ſtehen als im Traume / da wir etwas hoͤren / das wir nicht verſtehen.

Lamb.
383
Lamb.

Ach der Koͤnig hat unſere Seuffzer erhoͤret.

Jacq.

Uñ er hat ſich des armen Volckes er - barmet.

Sal.

Wer hat im Lande geſeuffzet?

Forc.

Und wo iſt Erbarmung vonnoͤthen geweſen?

Jacq.

Ach wir wollen des alten Ungluͤcks nicht mehr gedencken. GOtt ehre den Marſchall von Biron, der uns dazu ge - holffen hat.

Lamb.

Und GOtt laſſe es allen ſeinen Nachkommen wohl gehen / daß er ein - mal vor unſere gute Tage geſorget hat.

Sal.

Noch ein neues Raͤtzel / der Herr Mar - ſchall hat etwas gethan / davon wir nichts wiſſen.

Forc.

Und da er von andern als ein Wohl - thaͤter ausgeruffen wird / ſollen wir noch ſchweigen.

Jacq.

Die Pancha te iſt abgeſchafft. Das verdammte Zoll-Weſen iſt uͤber den Hauffen geſtoſſen.

Lamb.

Nun wird Handel und Wandel wiederum in ſeinen alten Flor kommen.

Jacq.

Nun werden unſere Blut-Egeln zu -R 2ſehen384ſehen muͤſſen / was der gemeine Mann vor gute Tage hat.

Lamb.

Nun wird ein Handelsmann wie - derum mit Freuden auff die Meſſe rei - ſen.

Jacq.

Sa / es lebe der Koͤnig / der uns von der Laſt befreyet hat.

(Gehet ab.)
Lamb.

Sa / es lebe der Herr Marſchall von Biron, der etwas darzu contribui - ret hat.

(Geht ab)
Sal.

Jch hoͤre Dinge / die mir von dem Koͤ - nige gar wunderlich vorkommen. Warum ſolte er bey dieſer beſchwerli - chen Zeit die Aufflage geringer ma - chen? Jch muß mich beſſer erkundigen.

(Gehet ab.)
Forc.

Und ich muß erfahren / warum der Herr Marſchall das beſte Lob davon tragen ſoll?

(Geht ab)
Del.
(ad ſpect.)

Jch habe den Braten lan - ge gerochen / daß uns der Koͤnig ſo einen Poſſen mitſpielen wird.

Laar.

Es mags gethan haben wer da will / GOtt Lob und Danck / daß uns die Laſt nicht gar zu Boden druͤcken ſoll. |

(Gehet ab.)
Laff.
385
Laff.

Jhr Leute geht / ihr wißt meine Ge - dancken nicht. Hat der Koͤnig den Zoll abgeſchafft / ſo iſt der Marſchall mehr als halb geſtuͤrtzt. Denn was will er nun vor einen Prætext erſinnen / wenn es zu einem Auffſtande kommen ſoll? Und es kommt mir vor / als wenn der Herr Gouverneur in Meyland nicht ſo groſſen Staat mehr von uns machen wolte / weil er beſorget / es moͤchten uns die Fluͤgel verſchnitten werden. Ach was thue ich? Koͤmmt unſere Verraͤ - therey an den Tag / ſo bin ich verdor - ben. Soll ich die Flucht nehmen / ſo bin ich ein geſchlagener Menſch? Jch werde mich des Vorrechts bedienen / und zu Verſicherung meiner Perſon dem Koͤnige den gantzen Handel ent - decken. Aber was will der Hauptmann von der Garde? Jch will nicht hoffen / daß ich den Arreſt uͤber mich nehmen ſoll / ehe ich die Freyheit verdienen kan.

R 3Ande -386

Anderer Handlung Siebender Auffzug.

Laffin, Birons Vertrauter. Vitry, Capitain uͤber die Garde.
Vitr.

Gluͤck zu / mein Herr / das iſt gar ein ſeltſam Gluͤcke / wenn man demſelben einmal begegnen ſoll.

Laff.

Jch bin eine fluͤchtige Perſon / bald hier / bald anderswo / drum iſts wohl moͤglich / daß ich unſichtbar bin.

Vit.

Es iſt mir leid / daß ſo eine qvalificirte Perſon nicht einmal zur Ruhe kom - men ſoll. Ein Stein / der ſich immer fortwaͤltzen laͤßt / beraſet nicht / und ein Menſch / der niemals einen gewiſſen Ort erwehlen kan / der kan ſich eines be - ſtaͤndigen Gluͤckes ſelten erfreuen.

Laff.

Nachdem unſere Planeten regieren / nachdem muͤſſen wir uns antreiben o - der fortjagen laſſen.

Vit.

Doch wo hat er ſeinen lieben getreuen Monſ. Renazé?

Laff.

Jch weiß nicht / warum er die Ehre hat / daß mein Herr nach ihm fragt?

Vit.
387
Vit.

Es iſt ein feiner qvalificirter Menſch / er hat es wohl verdienet / daß man ſei - netwegen Nachfrage haͤlt.

Laff.

Jch weiß nicht / ob er in Burgundien / oder gar in Jtalien gewandert iſt. Er hat etwas von meinem Mercurio mit bekommen / wir ſchicken uns alle beyde gut zu Landlaͤuffern.

Vit.

Es iſt mir lieb / daß ich ſo viel von ihm vernehme / ich ſtund des lieben Men - ſchens wegen in Sorgen.

Laff.

Warum das / mein Herr Haupt - mann?

Vit.

Nachdem ich hoͤre / daß ich falſch be - richtet bin / ſo will ich lieber ſchweigen.

Laff.

Hab ich ſo viel davon gehoͤrt / ſo laß er mich das andere darzu wiſſen.

Vit.

O es ſind fliegende Reden.

Laff.

Der Herr Hauptmañ wird mir eine affection erweiſen / wenn er mich auch die fliegenden Reden wiſſen laͤſt.

Vit.

Es wolte verlauten / als wenn er in Arreſt waͤre genommen worden / aber ſo wird wohl nichts dran ſeyn.

Laff.

Wo ſolte der gute Kerl den Arreſt verdienet haben?

R 4Vit.
388
Vit.

Bey dem Hertzoge von Savoyen / a - ber ich ſage nur ſo viel / als ich gehoͤret habe / und gratulire mir / daß ich von meinem Herrn etwas gewiſſers ver - nommen habe. Verbleibe iederzeit recommendiret.

(Geht ab.)
Laff.

Das merckte ich wohl. Der Her - tzog von Savoyen hat meinen Ver - trauten in Arreſt nehmen laſſen / daß wider ihn und den Herrn Marſchall kein Zeugniß ſoll gefuͤhret werden; Und da wuͤrde vielleicht das Bad uͤber mich ausgehen. Nein / es bleibt darbey / in der erſten Audienz beym Koͤnige ſoll ihm das Werck eroͤffnet werden / die unverbrannten Brieffe ſollen mir zu einer vollen Sicherheit verhelffen. Gute Nacht / lieber Marſchall / unter uns beyden ſoll einer ſterben. Doch meine Treu wird ſich ſo weit nicht er - ſtrecken / daß ich mein Leben dabey ver - achten ſoll. Alle Welt wird bekennen / daß ich mir ſelbſt der naͤchſte bin.

Ande -389

Anderer Handlung Achter Auffzug.

Henricus der Koͤnig. Maria deſſen Gemahlin. Sebaſtian ein ſtoltzer Spanier. Margaton ein Tuͤrckiſches Maͤdgen.
Henr.

Wir ſind von Hertzen erfreuet / daß wir den Unterthanen zu vielfaͤltigen Jauchzen haben Anlaß gegeben. Der hefftige Zoll iſt abgeſchafft / nun wird uns niemand einen unbarmhertzigen Koͤnig nennen koͤnnen.

Mar.

Die Freude wird gedoppelt ſeyn / wofern durch dieſe Gnade des Volckes Auffſtand unterbrochen wird.

Henr.

Wenn die Urſache des Auffſtandes verſchwunden iſt / ſo wird ſich niemand aus dem Volcke ſo einer unnuͤtzen Ge - fahr unterwerffen.

Mar.

Und alſo werden die Nachkommen von einem gluͤckſeligen Koͤnige dieſer Zeit zu ſchreiben haben.

Henr.

Ja wohl von einem gluͤckſeligen Koͤnige / welcher in den Armen einerR 5wun -390wunderſuͤſſen Gemahlin ſich uͤber die neulichſte Ankunfft eines hoͤchſt-ver - langten Dauphins erfreuen kan.

Mar.

Der Segen des Himmels hat ſo viel gewircket; Doch hab ich die Ehre / daß die Wohlthat von mir hat ſollen gelie - fert werden.

Henr.

Die Ehre / mein Engel / und den ewi - gen Danck.

Mar.

Der Hoff iſt froͤlich / das Volck iſt vergnuͤgt / und niemand laͤßt ſich den Lauff der itzigen Zeit mißfallen / als welchen die Ankunfft des jungen Dau - phins, und hiernechſt die Abſchaffung dieſes Zolles die Schwungfedern der ſtoltzen Hoffnung beſchnitten hat.

Henr.

GOtt / der die Koͤnigl. Maj. einge - fuͤhret hat / der weiß auch ſeinen Ruhm mit derſelbigen zu beſchuͤtzen.

Mar.

Und der meine Seele mit einer ſol - chen Majeſt. verbunden hat / wird mich darunter laſſen ſicher ſeyn.

Henr.

Doch was vor ein ſeltſam Paar præſentiret ſich allhier.

(Sie kom - men gar ſachte geſchlichen / und bleiben auff der Seite ſtehen.)
Mar.
391
Mar.

Ach die naͤrriſchen Leute muͤſſen ſich anitzo eben daher begeben. Es iſt das Tuͤrckiſche Maͤdgen / welches unſere Cavalliers neulich aus dem Ungariſchen Kriege mitgebracht haben. Darein hat ſich dieſer ehrliche Spanier ver - liebt / und wenn es nicht an unſerer Reſolution ermangelt haͤtte / ſo wuͤrde vielleicht das Beylager ſchon ergan - gen ſeyn.

Henr.

Ein Spanier will Zeit haben / ehe ſeine reſolution vollzogen wird.

Mar.

Sie ſind es gewohnt / daß ich die Zeit mit ihnen paſſire / nun werde ich die Schuld tragen / daß ſie gleich zu dieſer ungelegenen Zeit meinen Koͤnig ver - ſtoͤret haben.

Henr.

Ach wir koͤnnen gar wohl geſchehen laſſen / daß zu Hoffe ſolche Narren mit unterlauffen / ſonderlich wenn die Zeiten luſtig ſind / ſo mag man der Luſt auff allen Seiten den Lauff laſ - ſen.

Mar.

Auff dero Befehl moͤgen ſie wohl naͤ - her kommen.

Henr.

Wir ſind es zufrieden.

R 6Mar.
392
Mar.

Wie ſtehts / Don Sebaſtian, iſt die Liebe noch feurig?

Seb.

Gnaͤdigſte Koͤnigin / unſere Liebe iſt recht Koͤniglich.

Mar.

Aber worinnen beſtehet die Koͤnigli - che Liebe?

Seb.

Darinnen / daß ſie keinem Menſchen unterthan iſt.

Mar.

Doch eure Liebe iſt dieſer Jungfer unterthan.

Seb.

Aber ſie iſt kein Menſch / ſondern ei - ne Goͤttin. Koͤnigliche Gemuͤther haben ihre hoͤchſte Ehre / wenn ſie den Goͤttern unterthaͤnig ſind.

Mar.

Aber koͤnten wir nicht eine Probe ſehen / wie eure Unterthaͤnigkeit bey die - ſer Goͤttin abgeleget wird.

Seb.

Wir ſind ſonſt keinem Menſchen un - terthaͤnig / aber ſo wahr als die gnaͤ - digſte Koͤnigin auch eine Goͤttin iſt / ſo wahr wollen wir itzund auch gehorſam ſeyn.

Mar.

Nun Maͤdgen / ſchicke dich / der Ca - vallier wird dich anbeten.

Marg.

Jch mich anbeten nicht mag / ſollthun /393thun mit mir wie Braut / mag nicht thun / wie mit lieben Maria.

Mar.

Eine Liebſte muß ſich nach ihrem Courtiſan richten / der wirds ſchon ma - chen.

Seb.
(Liegt auff einem Knie)

Meine Gebieterin / hier ſind wir in unſerer Koͤ - nigl. Poſitur.

Marg.

Mein Kind / du nicht ſagen du Koͤ - nig biſt / Herr Koͤnig da ſeyn boͤß / und dencken / nehmen mir das Koͤnigreich.

Seb.

Der Koͤnig wird unſre Freundſchafft ſelbſt verlangen / wenn wir an der Tuͤr - ckiſchen Graͤntze werden ankommen ſeyn.

Marg.

Du kommen wilſt an das Tuͤr - ckiſch Graͤntz / du wirſt ſehen / daß Tuͤrck ſeyn grob Flegel / ſchlagen auff die Fuß hundertmal / und hundertmal auff das Arſch.

Seb.

Das haben die Tuͤrcken bißhero den Chriſten gethan: Nun werden wir als ein rechtmaͤßiger Koͤnig / die Hunde wieder pruͤgeln laſſen.

Marg.

O Tuͤrck leidt es nicht / ſind Leut ſehr boͤß / haben Sebel / hacken MannR 7und394und Pferd entzwey / wie Kraut / wie Ruͤbe.

Seb.

Wenn wir kommen werden / ſo ſollen ſie alſobald demuͤthig ſeyn. Sie ſage nur / will ſie alſodenn unſere Koͤnigin werden?

Marg.

Jch weiß dir nicht. Wie kan ich ſeyn Koͤnigin? Kein Geld hab / gut Kleid da iſt nicht.

(Sie hebet den Rock auff.)

Siehe mein Hembde hat drey Loch und zweymal Flicks.

Seb.

Ach meine Gottin / ſie verſchone unſer / wir ſehen zu viel.

Mar.
(ad ſpect.)

Der gute Kerl ſiehet frey - lich zu viel: Sie hat in ihrem Hembde mehr Loͤcher / als er in ſeinem Koͤnigrei - che Unterthanen hat.

Marg.

Nun ſagen mir / ich werden ſoll Koͤ - nigin / wenn hab ich guͤlden Kette / Ring / wenn hab ich Perluntze?

Seb.

Sie ſchweige / die Schoͤnheit / die wir geſehen haben / iſt ſo vollkommen / daß ſie keiner eiteln Perluntze beduͤrffen wird.

Marg.

Du muſt ſeyn brav Kerl / du mich lieber haben wilt nackt / als wenn ich ha - be guͤlden Rock.

Seb.
395
Seb.
(ſpringt auff)

O ein Mund / der al - ſo reden kan / der muß gekuͤſſet werden.

Marg.

Ey du wilt thun garſtig: Bin ich noch Jungfer / fuͤrchte mich / dencken iſt groſſe Suͤnde.

Seb.

Es waͤre groſſe Suͤnde / wenn wir un - ſre Schuldigkeit nicht ablegten. Jhr holdſeligen Lippen kommt etwas naͤher.

Marg.

Jſt Schande mein Seel / muß warten / biß ſechs Wochen geweſen iſt Hochzeit / darnach kommen / wenn weg ſeyn alle Leute / darnach wollen geben brave Maul.

Seb.

Du grauſames Verhaͤngniß / ſollen wir ſo lange unhoͤfflich ſeyn / biß ſechs Wochen nach der Hochzeit verfloſſen ſind?

Marg.

Wenn ich dir geben Maul / du ha - ben wilt mehr / weiß dir wohl / wie ſind die Volck von Mann.

Henr.

Die gute Jungfer weiß gleichwohl / wie es unter dem Manns Volcke her - gehet.

Mar.

Freylich / ehe ſie von der Tuͤrcki - ſchen Graͤntze biß in Franckreich kom -men396men iſt / ſo wird ſie manchen Blick in das Maͤnnliche Geſchlechte gethan ha - ben.

Henr.

Die Perſonen ſind gar luſtig. Wir muͤſſen einmal eine Stunde ausſetzen / da uns niemand verhindern kan. Drum bey dieſen Perſonen / welche dort herkommen / darff das Poſſen - Spiel nicht præſentiret werden.

Mar.

So nehm ich liebreichen Abſchied.

(kuͤſſet ihn.)

Jhr zwey Liebhaber folget uns.

Anderer Handlung Neundter Auffzug.

Henricus der Koͤnig. Harlay Præſident im Parlament. Sillery ein Geheimer Rath.
Henr.

Jhr lieben Getreuen / ihr kommt uns ſehr angenehm.

Harl.

Und in dieſer Annehmligkeit be - ſtehet unſer Gluͤcke.

Sill.

Sonderlich da das Wolergehen Ew. Koͤnigl. Maj. die Annehmligkeit ver - doppeln muß.

Henr.
397
Henr.

Jhr lieben Freunde was heiſt das Wolergehen eines Koͤniges?

Harl.

Wenn er uͤber ſeine Feinde trium - phiret.

Sill.

Und wenn die wolabgezielten Conſilia zu einem rechtmaͤßigen Fortgange kommen.

Henr.

Lebt aber ein Koͤnig / der ſich ein ſol - ches Wolergehen auch nur einen Au - genblick verſprechen kan?

Harl.

Ach ja / wenn er ſeiner getreuen Die - ner verſichert iſt.

Sill.

Und wenn die geſamten Unterthanen mit einem andaͤchtigen Gebete zu Huͤlf - fe kommen.

Henr.

Auch dieſes bleibet ungewiß / ſo lan - ge ein Koͤnig weder den Dienern noch den Unterthanen ins Hertze ſehen kan.

Harl.

Das Hertze wird durch getreue Dienſte mehr als zu wol offenbaret.

Sill.

Und die Andacht wird durch das nachfolgende Gluͤcke bewieſen.

Henr.

Jhr keñt den Marſchall von Biron: Solte dieſe Probe wol zulaͤnglich ſeyn / daß man ſich ſeiner Treu verſichern koͤnte?

Harl.
398
Harl.
(zeucht die Achſel)

Wir wollen hoffen.

Sill.

Und ſo lange das Widerſpiel nicht bewieſen iſt / ſo lange wollen wir das Beſte glauben.

Henr.
(fuͤhrt Harlay auff die Seite)

Jhr habt die Achſel nicht umſonſt ge - zogen. Sagt in gutem Vertrauen / iſt euch von dem Marſchall was bewuſt?

Harl.

Es iſt mir was bewuſt / doch wolte ich lieber einen andern reden laſſen.

Henr.

Wer ſoll unter uns beyden reden?

Harl.

Der bekante Laffin hat Wunder - Dinge bey mir geſagt / und ich wolte wuͤnſchen / daß Ew. Koͤnigl. Maj. ſelbſt von ihm erzehlen hoͤrten.

Henr.

Seyd verſchwiegen / wir haben ge - nug. Zu dieſem Geſpraͤch ſoll er bald gelaſſen werden. Doch Monſ. Sillery iſt es nicht wahr / wer ſeine Treu ſo be - weiſet / wie der Marſchall von Biron, der hat an einem gnaͤdigen Koͤnige nicht zu zweiffeln.

Sill.

Es iſt ein Mann / der ſich um das Va - terland wol verdienet hat. Er hat 36. Wunden am Leibe / die er zu Dienſteder399der Cron empfangen hat / und ſo lange er aus ſeinen Verrichtungen ſoll geur - theilet werden / ſo darff man ihm die Koͤnigliche Gnade nicht abſprechen.

Henr.

Wol geredt! Ein Koͤnig / der vor ſeinen Unterthanen will groß ſeyn / der muß die groſſe Tugend auch in ſeinen Dienern lieben.

(geht ab)
Sill.

Des Koͤniges Worte waren einem Raͤtzel nicht ungleiche.

Harl.

Jch halte ſein Gemuͤthe war nicht melancholiſch / alſo wolte er gegen ſeine Diener vertraulich ſeyn.

Sill.

Er machte ſo viel Fragens von dem Marſchall von Biron: Entweder er weiß nicht was allenthalben gemur - melt wird / oder die Frage ſolte uns in Verſuchung fuͤhren.

Harl.

Solte es moͤglich ſeyn / daß man den ehrlichen Cavallier in etwas beſchuldi - gen koͤnte?

Sill.

Eben darum ſage ich nicht viel / weil dergleichen Diſcourſe bey vielen einer Fabel aͤhnlich ſind.

Harl.

Wenn aber bey dem Volcke davon geredet wird / ſo moͤchte ich doch etwas davon wiſſen.

Sill.
400
Sill.

Er ſoll mit Spanien und Savoyen unter einer Decke liegen: Er ſoll ſich etwas groſſes im Koͤnigreiche eingebil - det haben; Jn Summa / wo derglei - chen Diſcourſe koͤnnen bewieſen weꝛden / ſo wird er als ein Feind des Koͤniges zu tractiren ſeyn. Jch rede bey einem vertrauten Freunde etwas offenhertzig. Denn ſo lieb als mir deſſen Perſon biß - hero geweſen / ſo leid ſolte mir deſſen Verbrechen ſeyn.

Harl.

Mir iſt nichts bewuſt. Doch iſt es kein Wunder / daß die Tugend Neider hat / und daß die Neider Anlaß nehmen uͤbel zu judiciren.

Sill.

Jch revocire meine Worte / daß ich unter die Neider nicht darff gezehlet werden.

Harl.

Er wird den Verſtand meiner Worte beſſer penetriret haben.

Sill.

Und der Himmel helffe / daß wir als vertraute Freunde die Worte niemals anders / als belieblich auslegen duͤrffen.

(Gehen ab.)
Harl.

Der liebe Freund war auff der rech - ten Spur: Doch es iſt noch nicht Zeit /daß401daß ein ſolches Geheimniß an den Tag koͤmmt. So lange der Marſchall in ſeiner Freyheit iſt / wird niemand wiſ - ſen duͤrffen / was er verbrochen hat. Aber wohin verleitet uns doch die ange - bohrne Blindheit / daß wir unſere Tu - gend und unſere Pflicht mit ſolcher Ei - telkeit beflecken / darbey wir einen ge - wiſſen Schaden / doch nimmermehr ein gewiſſes Gluͤcke zu erwarten haben.

(Geht ab.)

Anderer Handlung Zehender Auffzug.

    • Charlotte Louyſe
    Staats Jungfern.
  • Laffin, Birons Vertrauter.
Charl.

Gewiß er iſt gar groß gewachſen / ſo lange haben wir ihn nicht geſehen.

Louyſ.

Und mich duͤnckt / er iſt unter dem Geſichte gar auslaͤndiſch worden / ſeit er uns in Pariß ſo lange verachtet hat.

Laff.

Ein armer Landlaͤuffer meines glei - chen iſt es gar gewohnt / daß ihm hoͤh - niſch begegnet wird.

Charl.
402
Charl.

Behuͤte GOtt! Jſt er ein Land - laͤuffer? Ein ſolcher Cavallier wird ja ſo viel haben / daß er reiten kan.

Louyſ.

Ach Schweſtergen / er iſt uͤber die Schweitzer Gebuͤrge geklettert / da hat ihn die Noth zum Landlaͤuffer gemacht.

Laff.

Wir ſind alle Landlaͤuffer / ob wir einen Menſchen Fuß oder einen Pfer - de Fuß darzu brauchen. Doch wie haben ſie ſich in waͤhrender Zeit befun - den? So viel ich ſehe / werde ich aller - ſeits Urſache haben zu gratuliren.

Charl.

Jch bin mit meinem Gluͤcke zu frie - den / ſo gehet mirs allezeit wol.

Louyſ.

Und ich verſchweige mein Ungluͤck / ſo wird kein lieber Menſch an der Gra - tulation verhindert.

Laff.

Das iſt nachdencklich geredt / daß man ſein Ungluͤck verſchweigt: Jch will nicht hoffen / daß unter dieſen Worten eine heimliche Liebe ſoll ver - ſtanden werden.

Charl.

Jhr lieben Herren / es heiſt in Franckreich veraͤndert ſich die Mode alle Tage; Laßt doch einmal die garſti -ge403ge Mode abkom̃en / und ſagt uns nicht immer von Liebes Sachen.

Louyſ.

Ach Hertzens Schweſtẽr / die Leute werden die Mode nim̃ermehr abbrin - gen / weß das Hertze voll iſt / deß gehet der Mund uͤber.

Laff.

Nun mercke ich bald / daß ich lange ausgeweſen bin / denn die Mode hat ſich bey dem Frauenzimmer verkehrt / die Liebes-Sachen ſind ihnen zu wieder. Ach wer giebt mir was wider meinen Unglauben?

Charl.

Wir koͤnnen nicht davor / daß er in ſeinem Unglauben ſterben will. Doch er ſage mir nur / wenn fangen wir von Liebes Sachen an zu reden?

Louyſ.

Und wenn gedencken wir an die Eitelkeit / wenn ihr uns nicht ſo weit bringet / daß wir antworten muͤſſen?

Laff.

Das Frauenzimmer hat zwey An - liegen: Es iſt trefflich verliebt / und darbey ſehr ſchamhafftig. Wenn die Liebe reden will / ſo hat die Schamhaff - tigkeit die Zunge gebunden.

Charl.

Ach daß mir nicht die jaͤmmerliche Auslegung weg koͤmmt! Wer kanuns404uns denn ſo tieff ins Hertze ſehen / daß er ſich um unſre Liebe und um unſre Scham bekuͤmmern darff?

Louyſ.

Ach waͤre die Noth ſo groß / man wuͤrde der Schamhafftigkeit wol ver - geſſen. Man ſieht es an eures glei - chen; Wenn ihr nur einen Schatten vom Frauenzimmer von weiten ſehet / oder wenn ihr eine Garten-Klincke wiſſet / da etwan vor 14. Tagen eine Jungfer nur in Handſchuhen daran geruͤhret hat / ach da iſt die verliebte Sehnſucht ſo groß / daß man ſich we - der Schande noch Ungluͤcke laͤſt ab - halten.

Laff.

Was wir thun / das geſchiehet offte wider unſern Willen. Jungfern wol - len geſucht ſeyn: Drum ehe ſie uns in Gedancken vor unhoͤffliche Kerlen hal - ten / ſo thun wir ein uͤbriges.

Charl.

Ja wir thun ein uͤbriges und laſſen das Haͤßgen lauffen.

Louyſ.

Meinet wegen moͤchte es wol nach - bleiben / es muͤſte andern Leuten mehr daran gelegen ſeyn als mir: Jch wol - te ſo geſchwinde ins Kloſter gehen als ins Braut-Bette.

Laff.
405
Laff.

Ja ich halte ins Kloſter / da der Pater der Nonnen die Pantoffeln vor das Bette ſetzt.

Charl.

Je was muͤſſen uͤber dem Schwei - tzer Gebuͤrge vor boͤſe Leute wohnen? Er iſt gantz loſe worden.

Louyſ.

Ach es iſt ſein Lebtage nicht viel guts an ihm geweſen / unter den fremb - den Leuten iſt er nur kuͤhner worden / daß er ſich nichts vor uͤbel haͤlt.

Charl.

Ach Schweſtergen / wir ſtehen da und treiben Poſſen / und dort ſtehet der Koͤnig / der wird uns fragen / was wir wollen.

Louyſ.

Jch wolte ſprechen / da haͤtte ich einen gereiſten Cavallier den Korb ge - geben.

(gehen ab.)
Laff.

Ach ihr lieben Jungfern / es iſt mir nicht um das Hertze / daß ich Poſſen treibe. Die Ungewißheit / darinnen ich begriffen bin / macht mich ſo verwirret / daß ich zwar in einer luſtigen Converſa - tion meinen Troſt ſuchen / aber nicht an - treffen mag. Das Spiel iſt angefan - gen / mein vormaliger Patron iſt ver - rathen / ich ſehe ſchon / der Koͤnig koͤm̃tSauff406auff mich zu / und da werde ich entweder ſterben / oder einen andern verdammen ſollen.

Anderer Handlung Eilffter Auffzug.

Henricus der Koͤnig. Laffin Birons Vertrauter.
Henr.

Laffin.

Laff.

Allergnaͤdigſter Herr.

Henr.

Jhr ſeyd uns gar unbekant worden.

Laff.

Ein armer Cavallier, der ſein Gluͤcke bald da bald hier ſuchen ſoll / der kan nicht offt geſehen werden.

Henr.

Ein Cavallier, der ſein Gluͤck an vielen Orten zugleich ſucht / der wird langſam vergnuͤgt. Doch was habt ihr unlaͤngſt gegen den Herrn Præſiden - ten gedacht?

Laff.
(faͤllt auff die Knie)

Allergnaͤdig - ſter Herr / ich habe an etwas gedacht / daran Ew. Maj. Wolfahrt gelegen iſt.

Henr.

Ein Unterthan iſt ſchuldig die Wol -farth407farth ſeines Koͤniges nicht zu verſaͤu - men.

Laff.

Aber ich muß mich ſchaͤmen / daß ich an die Koͤnigliche Wolfarth nicht eher habe dencken koͤnnen / ehe ich mich durch den Verdacht einiger Untreue beflecket habe.

Henr.

Jhr habt unſre Koͤnigliche Gnade: Steht auff und laßt uns wiſſen / was zu unſerer Sicherheit dienet.

Laff.

Jhr Maj. haben nur Geduld ſolches an zu hoͤren. Der Marſchall von Bi - ron iſt der aͤrgſte Feind des Koͤnigrei - ches / und er that mir den Vorſchlag / ich ſolte ihm in ſeinen verraͤtheriſchen Vorhaben behuͤlfflich ſeyn. Nun er - ſchrack ich zwar von Hertzen / daß mir eine Untreu ſolte zugemuthet werden / die mir von Natur zuwider iſt. Allein ich gedachte bey mir / wenn ich den Vorſchlag nicht annehmen wuͤrde / ſo moͤchte es vielleicht einen treffen / der kein ſo zartes Gewiſſen haͤtte. Alſo ließ ich mich offt zu verbotenen Dien - ſten gebrauchen / biß ich hinter die Sa - che kam / und biß ich die Boßheit durchS 2unver -408unverwerffliche Zeugniſſe beweiſen kan. Haben nun Ew. Maj. ein Ver - gnuͤgen davon / daß die Verraͤtherey entdecket iſt / ſo werden ſie auch denſel - ben der Koͤniglichen Gnade nicht ver - luſtig machen / der ſeine Dienſte ſo gar auff eine wunderliche Manier hat ab - legen muͤſſen.

Henr.

Setzt die Entſchuldigungen auff die Seite / und redet vielmehr / was zur Sache dienet.

Laff.

Ach da ſind die Uhrkunden von des Marſchalls eigener Hand / die werden klaͤrlich ausweiſen / was mit Spanien und Savoyen zum Præjudiz Ew. Maj. offtmals iſt gehandelt worden.

Henr.

Jſt nichts mehr als dieſes?

Laff.

Es ſind wol andere Particularitaͤten: Doch Ew. Maj. moͤchten dadurch auff - gehalten werden.

Henr.

Jm geringſten nicht / und damit ihr ſehet / daß wir nichts wollen verſchwie - gen haben / ſo wollen wir einen Ort ſu - chen / da uns niemand verſtoͤren kan.

(geht ab.)
Laff.

Ach wie viel tauſend mal werde ichluͤgen409luͤgen muͤſſen / ehe es der Koͤnig glauben wird / daß ich als ein redlicher Kerle ge - dienet habe.

Anderer Handlung Zwoͤlffter Auffzug.

Pantagruel ein luſtiger Diener. Laurent einer von Adel.
Pant.

Nun ich habe das Jubel-Feſt bey den Bauern brave gehalten: Jch habe mir die Jacke vollgeſoffen / daß ich mich 14. Tage damit behelffen kan. Aber ich weiß nicht / was vor ein wunderlich Thun darhinter ſteckt / wenn man ſich mit Bauern vollſaͤufft / ſo hat man her - nach ſo gerne Luſt zu Haͤndeln. Jhr Leute glaͤubt mirs / ſo lieb mir mein Le - ben iſt / ſo gerne haͤtte ich einen Kerlen / der ſich lieſſe Schlaͤge geben. Nun der erſte / der mir begegnet / da will ich ſe - hen / ob er mir anſtehet.

Laur.
(kommt)

Siche da / Monſ. Panta - gruel, iſt der Schmauß ſchon voll - bracht?

S 3Pant.
410
Pant.
(ad ſpect.)

Nein / der Kerl hat ei - nen Degen / mit dem fange ich nichts an.

Laur.

Jch halte / der Rauſch hat ſich vor die Ohren geſetzt / daß du nicht hoͤren kanſt.

Pant.

Geht doch fort / ihr ſeyd mein Seel nicht der rechte.

Laur.

Warum ſoll ich nicht der rechte ſeyn?

Pant.

Laßt mich doch gehen / ihr moͤgt bitten wie ihr wollt / es wird nichts daraus.

Laur.

Jch ſehe / du wilſt gebeten ſeyn: Nun ich bin zufrieden; Jch bitte / thue mirs zu gefallen.

Pant.

Der koͤmmt nun / und bittet mich / ich ſoll Haͤndel mit ihm anfangen: Aber ich werde ſeiner nicht loß / ich muß ihn wieder bitten / daß er ſich ſoll laſſen Schlaͤge geben.

Laur.

Nun ſo rede doch / du hoͤreſt ja / daß ich bitte.

Pant.

Jch hoͤre es wohl / aber ihr ſolt auch hoͤren / daß ich dargegen bitte.

Laur.

Was bitteſtu mich denn?

Pant.

Je was bittet ihr mich?

Laur.

Das weiß ich nicht.

Pant.

Ha ha ha ha / ich weiß es auchnicht /411nicht / ſo ſind wir gute Freunde /

(ad ſpect.)

und ſo erſpare ich meine Schlaͤ - ge.

Laur.

Wenn wir aber gute Freunde be - deuten wollen / ſo ſage mir doch / was dir fehlt.

Pant.

O nicht gar viel / es fehlte mir ſo ein lieber Menſch.

Laur.

Soll ich nicht vor einen lieben Men - ſchen pasſiren?

Pant.

Jch glaͤub es nicht / und ihr glaͤubt es auch nicht.

Laur.

Das wollen wir nicht hoffen / und wer an meiner Redligkeit zweifelt / mit dem fange ich Haͤndel an.

Pant.
(ad ſpect.)

Jch ſehe wohl / man darff die Haͤndel nicht ſuchen / ſie kom - men gar fein von ſich ſelber.

Laur.

Hoͤre Kerls / ich will wiſſen / ob ich ein lieber Menſch bin? Solls nicht wahr ſeyn / ſo wlll ich an dir und an dei - nem Leibe zum grimmigen Menſchen werden.

Pant.

Ey wir muͤſſen einander recht verſte - hen: Jch habe gefoffen / und habe mir eine Bauer-Courage in den KopffS 4nein412nein gebracht / daß ich nun gerne einen lieben Menſchen haͤtte / der ſich lieſſe Schlaͤge geben. Nun weiß ich wohl / daß ihr euch darzu nicht werdet gebrau - chen laſſen.

Laur.

O ja / komm nur her / ich will mich brauchen laſſen: Aber das kanſtu den - cken / ich brauche dich wieder.

Pant.

Aber das ſeyn liebe Menſchen / die mich nicht wieder brauchen. Wolt ihr mir was zu liebe thun / ſo weiſt mir einen Narren zu / der mirs glaubt / daß ich ein reſolvirter Kerle bin.

Laur.

Ja ja / die gantze Welt iſt hin und wieder voller Bernheuter / aber wenn man einen zur groͤſten Noth bedarff / ſo weiß man nicht / wo man ſie finden ſoll.

Pant.

Ja wenn ich einen gefunden haͤtte / ich fuͤrchte mich nur vor dem Suchen.

Laur.

Hoͤre / ich will dir einen guten Rath geben. Haſt du keine Courteſie? Haſt du niemanden / der dir ins Gehege geht?

Pant.

Ach gedenckt mir nicht an die Liebe: Wenn ich geſoffen habe / ſo werde ich gantz raſende davon.

Laur.
413
Laur.

So gehe doch hin / und ſuche den Kerlen / der dir in den Haber gehet / weil du raſende biſt / ſo kanſt du wohl eine That verrichten.

Pant.

Ach wenn ich auff das Frauenzim - mer raſende verliebt bin / ſo bin ich ge - gen alle Maͤnner barmhertzig. Der ſtoltze Speck-Spanier / der langbei - nige Pflaſtertreter will mich abſtechen.

Laur.

So gehe / und fange Haͤndel mit ihm an.

Pant.

Nun ich will es thun: Das iſt nur S. Velten / ſein Degen iſt laͤnger / als meiner.

Laur.

Ja wenn der Degen zu kurtz iſt / ſo ſtehet die Sache gefaͤhrlich. Hoͤre / ich will dir einen guten Rath geben. Was darffſt du dich ſchmeiſſen? Du bringeſt dich nur in Leib und Lebens - Gefahr / und haſt nicht viel davon. A - ber wenn dein verſchmitzter Kopff et - was erdencken koͤnte / daß der Kerl im langen Degen betrogen wuͤrde / ſo be - hielteſtu mit deinem kurtzen Degen den Vorzug.

Pant.

Bin ich nicht ein Narr / daß ich michS 5dar -414darauff nicht beſonnen habe. Gleich die Stunde ſoll mein Spanier betrogen ſeyn.

Laur.

Wie wilſtu aber die Sache an - fangen?

Pant.

Wer die Leute betriegen will / der darff nicht viel davon reden.

Laur.

Ausgenommen bey guten Freun - den.

Pant.

Der guten Freundſchafft halben mag es ſeyn: Jch hoͤre der Marſchall von Biron der ſoll in Ungnade kommen: Jch will gehen / und will den Spa - niſchen Phantaſten bereden / der vor - nehmſte Mann im Lande ſoll ins Hen - gers Kuͤche kommen. Er wird flugs dencken / er waͤrs / und wo ich ihm da - von helffe / ſo laͤſt er mir die Braut. Fort / fort / wenn man die Leute betrie - gen will / ſo iſt die Geſchwindigkeit das Beſte.

(Laͤufft davon.)
Laur.

Die Froͤligkeit / die bey mir wegen der allgemeinen Erleichterung entſtan - den iſt / macht mich ſo freymuͤthig / daß ich mit poßirlichen Leuten ſchertzen kan.

(Gehet ab.)
Ande -415

Anderer Handlung Dreyzehender Auffzug.

Soiſſons ein Hertzog. Villeroy ein Geheimer Rath.
Soiſſ.

Der Himmel behuͤte uns davor / der Marſchall hat ſich wider GOtt und den Koͤnig uͤber die maſſen ſchwer ver - ſuͤndiget.

Vill.

Der Koͤnig haͤtte Urſache mit der aͤu - ſerſten Schaͤrffe gegen ihn zu verfah - ren; Doch will er ihm noch gnaͤdig ſeyn / wofern er die Miſſethat redlich be - kennen wird.

Soiſſ.

Jch kenne ſein trotziges Gemuͤthe: Es wird ihn kraͤncken / daß er einer Gnade ſoll beduͤrfftig ſeyn.

Vill.

Und wenn es zur Schaͤrffe kommen wird / ſo wird es ihn doppelt kraͤncken / daß er den Schimpff nicht vermeiden kan.

Soiſſ.

Die Sache wird ſich weiſen / wenn die Perſon zuvor wird in unſerer Ge - walt ſeyn.

S 6Vill.
416
Vill.

Wo er mit Liſt ſoll hieher gebracht werden / ſo muß die Sache ſehr verdeckt getrieben werden.

Soiſſ.

Was uns der Koͤnig befohlen hat / das wollen wir thun. Die beſten Freunde muͤſſen betrogen ſeyn.

Vill.

Und derjenige / der mit ſeiner Verraͤ - therey das meiſte darbey gethan hat / muß ſeine Liſt ferner continuiren.

Soiſſ.

Doch was werden die Freunde vor einen Vogel ſingen hoͤren / daß ſie ſo tieffſinnig zu uns herkommen.

Anderer Handlung Vierzehender Auffzug.

Die vorigen.
    • Salignac Force
    Birons Anverwandte.
Sal.

Meine Herren / es iſt mir lieb / daß ich einen antreffe / von denen ich etwas zur Nachricht erhalten werde.

Soiſſ.

Womit kan demſelben gedienet wer - den?

Sal.

Der Koͤnig verlanget den Herrn Marſchall von Biron.

Forc.
417
Forc.

Und wie ich vernehme / ſoll er ſich auſ - ſer Gottes Gewalt von der Reiſe nichts laſſen auff halten.

Sal.

Es iſt kein Krieg vor der Thuͤr / dabey man ſeinen guten Rath von noͤthen haͤtte.

Forc.

Es iſt auch des Koͤniges Gewonheit ſonſten nicht / daß er ſeine Diener ſo eil - fertig antreibet.

Sal.

Uud ſolte ich was Boͤſes muthmaſſen / daß er in unverdienten Haß verfallen waͤre / ſo wuͤſte ich nicht / worinnen man den tapfferen Cavallier beſchuldigen ſolte.

Forc.

Ja man wuͤrde darauff dencken muͤſ - ſen / wie man das Werck ſo unterbauen moͤchte / daß ſo ein wohlverdienter Mann mit einigem Schimpffe nicht - bereilet wuͤrde.

Soiſſ.

Jhr Herren / wir ſind zwar nicht die - jenigen / welche von Koͤniglichen Gedan - cken urtheilen koͤnnen: Doch in dieſem Stuͤcke wolte ich die gantze vornehme Familie wohl verſichern / daß ſie keine Noth befuͤrchten duͤrffte.

Vill.

Der Koͤnig hat ſeine 36. WundenS 7laͤngſt418laͤngſt gezehlet / die er vor das Vater - land bekommen hat / und alſo weiß ich / daß ihm zweymal 36. Verlaͤumder nichts ſchaden wuͤrden.

Sal.

Man hat viel Exempel / daß der nach - folgende Zorn die vorhergehenden Dienſte nicht erwogen hat.

Forc.

Und wenn das Ungluͤck einmal auff - gewachet iſt / ſo ſchickt ſich alles zum Un - tergange.

Soiſſ

Jch wolte was ehrliches zu Pfande ſetzen / daß des Herrn Marſchalls An - kunfft zu ſeiner reputation ausſchlagen wird.

Vill.

Geſetzt auch / es wolte ſich iemand an ſeiner Tugend vergreiffen / davon tch zwar nichts weiß / ſo wird ſeine Gegen - wart den beſten Rath dargegen ſchaf - fen.

(Sie gehen ab.)
Ande -419

Anderer Handlung Funffzehender Auffzug.

Themines, Salignac, Force, Birons An - verwandte. Renez deſſen kleiner Vetter.
Sal.

Die Worte ſind gut.

Forc.

Die lieben Herren ſind auch zu ehr - lich dazu / daß man ihr gut Gemuͤthe ſol - te in Zweiffel ziehen.

Sal.

Jch beſorge was groſſes. Sein lieb - ſter Vertrauter iſt etliche mal beym Koͤnige geweſen; Wer weiß / was die - ſer untreue Menſch unſerer gantzen Fa - milie zum Præjuditz vorgebracht hat.

Forc.

Jch weiß nicht / was er haͤtte ſollen vorbringen. Doch ich bleibe dabey / er wird zu ſeinen und unſern Untergang herkommen.

(Themines und Renez kommen.)
Them.

Ach ihr Herren Vettern / iſt es wahr / daß unſer liebſter Patron in des Koͤniges Ungnade verfallen iſt?

Ren.

Ach iſt es wahr / daß die Soldaten ſchon fortgeſchicket ſeyn / die ihn ſollen gefangen nehmen?

Sal.
420
Sal.

Wer hat die Zeitung ausgebracht?

Them.

Unſere gantze Freundſchafft be - kuͤmmert ſich / niemand will ſagen / was uns mangelt / und alle ſprechen ſie ſind verdorben.

Ren.

Und alle ſprechen / wo der liebe Mann auff Pariß koͤmmt / ſo werden wir ihn das letztemal geſehen haben.

Them

Ach weh / ich ſoll um denſelben trau - ren / welchem ich mein Gluͤcke dancken ſoll.

Ren.

Und ich ſoll um denſelben weinen / wel - cher mich zu einem braven Cavallier machen ſolte.

Them.

Ach nun lerne ich erſt verſtehen / wie ungewiß die Hoffnung iſt / die auff einen Menſchen geſetzet wird.

Ren.

Ach / und ich ſoll den Schaden fuͤh - len / ehe ichs verſtehen lerne.

Sal.

Jch bitte / ſchimpfft euch ſelber nicht. Eure Furcht koͤnte dem Koͤnige einen Argwohn beybringen / der uns allen verderblich waͤre.

Forc.

Laßt die Sache beſſer ans Licht kom - men / ich zweiffle ſelber / daß ſich der Herr Marſchall einſtellen wird.

Them.
421
Them.

Ach wenn ein groſſer Mann im Geſchlechte faͤllt / ſo geht es wie mit ei - nem groſſen Baume / der viel kleine ne - ben ſich zu Boden ſchlaͤgt. Aber ach! wer wird den Fall auffhalten koͤnnen?

(geht ab.)
Ren.

Ach das Gleichniß wird mir am mei - ſten zukommen: Denn ich ſehe einem ſchwachen Baͤumgen aͤhnlicher als ei - nem Ceder-Baume. Vielleicht wenn es dem lieben Herrn an das Leben geht / ſo werde ich mein Blut auch ver - gieſſen ſollen.

(geht ab.)
Sal.

Jch weiß nicht / was vor ein boͤſer Geiſt alles ſo unruhig macht. Jch ſage noch einmal / wo die Furcht nicht geſtillet wird / ſo haben wir nur deſſentwegen ein Ungluͤck zu befuͤrchten.

Forc.

Und wo der Herr Marſchall ver - muthlich ausbleiben wird / ſo muͤſſen wir uns ſeiner im geringſten nicht theil - hafftig machen.

Ande -422

Anderer Handlung Sechzehender Auffzug.

Salignac, Force, Birons Anverwandte. Delux, Birons Confident.
Sal.

Ach wenn uns dieſer Freund aus der Sorge helffen koͤnte. Mein Herr / er ſage doch / ſollen wir trauren oder froͤ - lich ſeyn?

Del.

Wo ſie meinem Rathe folgen / ſo muͤſſen ſie froͤlich ſeyn.

Sal.

Aber alles will uns furchtſam machen.

Del.

Jch komme gleich itzo vom Koͤnige / da kan ich wol die beſte Zeitung herbrin - gen.

Sal.

Was geht denn vor?

Del.

Der Herr Marſchall iſt unterſchied - licher Haͤndel wegen angegeben wor - den / darauff der Koͤnig nicht wol zu ſprechen war.

Sal.

So iſt er verdorben.

Del.

Herr Laffin ward darbey genennt / daß er um alles gute Wiſſenſchafft ha - ben wuͤrde.

Sal.

So hat dieſer zu unſern Verderben viel gethan.

Del.
423
Del.

Jch glaub es nicht / er wird die Un - treu nicht begehen.

Sal.

Vielleicht will er ſein Leben dadurch erkauffen.

Del.

Jch will ſagen / was ich weiß. Der Koͤnig ließ ſich ausdruͤcklich gegen mich vernehmen / er wolte / daß er etliche Mo - nat eher mit dem Laffin geſprochen haͤt - te / ſo wuͤrde mancher Verdacht gegen den Herrn Marſchall nicht ſtatt gefun - den haben; Es ſey ihm lieb / daß er in vielen Dingen des Zweiffels ſey be - nommen worden.

Sal.

So muͤſte Laffin doch noch ein redli - cher Menſch ſeyn.

Del.

Wie ich ſage / der Koͤnig ſchaͤmet ſich ſeines Verdachts / und alſo will er die Schande nicht haben / daß ein wolver - dienter Mann in der Ungewißheit ſte - cken ſoll. Die Herren gedencken an mich / bey ſeiner Ankunfft wird es ihm der Koͤnig ſelber abbitten. Drum laſſen ſie doch alle Sorgen verſchwin - den / und wenden lieber allen Fleiß an / daß er den Koͤnig ie eher ie beſſer zu ſpre - chen bekoͤmmt. Sie wiſſen / was ichvor424vor ein Diener von ihrem Hauſe bin: Was ich rede / das geſchiehet aus kei - ner Falſchheit / und hiermit bleib ich re - commendiret.

(geht ab.)
Sal.

Die Sachen lauffen verkehrt.

Forc.

Der Freund bringt gute Zeitung / aber wie waͤre es / wenn uns der Koͤnig mit dieſer ſuͤſſen Lockſpeiſe fangen wol - te?

Sal.

Ach wo das Verhaͤngniß einen zum Ungluͤcke verdam̃et hat / da iſt menſch - liche Klugheit viel zu wenig den Schluß zu hintertreiben.

Forc.

Mein Rath iſt dieſer / der Marſchall mag Urſachen erdencken / warum er nicht kommen kan: Wir wollen uns indifferent ſtellen / daß wir von ſeinem Ungluͤcke nicht getroffen werden.

(gehen ab.)

Anderer Handlung Siebenzehender Auffzug.

Pantagruel ein luſtiger Diener. Sebaſtian ein ſtoltzer Spanier.
Seb.

Sagt uns das Wort noch einmahl.

Pant.
425
Pant.

Jch erſchrecke davor / daß ich es ein - mal geredt habe.

Seb.

Es iſt uns aber daran gelegen / daß wirs wiſſen.

Pant.

Und mir iſt nichts daran gelegen / obs geſchicht.

Seb.

Jhr koͤñt euch hoch obligiren / wo ihrs noch einmahl ſaget.

Pant.

Jch rede / was ich von den Leuten zu Hoffe gehoͤrt habe. Der Koͤnig hat befohlen / daß der vornehmſte Herr im Koͤnigreiche gleich ſoll beym Kopffe ge - nommen werden; Was er aber her - nach mit ihm machen will / ob er ihm will eine Ehre anthun / oder ob er ihn will hencken laſſen / daß weiß ich nicht. Jch troͤſte mich deſſen / daß mich nie - mand vor den Vornehmſten anſehen wird.

Seb.

Habt ihr recht gehoͤrt / daß es eben der Vornehmſte ſeyn ſoll?

Pant.

Ja ja / ſo wahr ich da ſitze / der Aller - vornehmſte.

Seb.

Der Vornehmſte / der auſſer dem Koͤnige keinen uͤber ſich hat.

Pant.
426
Pant.

Ja ja der Vornehmſte / der auſſer dem Koͤnige alle Leute unter ſich hat.

Seb.
(ad ſpect.)

Hilff Himmel / wir werden dadurch gemeynet. So wahr wir ein zukuͤnfftiger Koͤnig an der Tuͤrckiſchen Graͤntze ſind / ſo wahr iſt uns in dem Koͤnigreiche niemand zu vergleichen / auſſer daß wir dem Koͤnige die Ehre laſſen / weil er in præſenti ſein Reich be - herrſchen kan. Doch wormit haben wir den Koͤnig beleidiget? Er kan es gewiß nicht vertragen / daß ein ander Koͤnig neben ihm wohnet? O du miß - guͤnſtiges Gluͤcke / warum haſt du uns zu einem Koͤnige gemacht / da wir bey dieſer Hoheit verderben ſollen? Doch mein Freund / iſt es an dem / daß der vornehme Mann ſoll geſucht werden?

Pant.

Ey warum ſolt es nicht wahr ſeyn? Es lauffen wol hundert Soldaten in der Stadt auff und ab / die ſollen ihn gantz oder Stuͤckweiſe / lebendig oder todt bringen.

Seb.

Gantz oder Stuͤckweiſe? Du edler Leib ſolſt du dich verſtimmeln laſſen? lebendig oder todt? Du edle Seeleſolſt427ſolſt du aus dieſer Wohnung gejaget werden / ehe die Welt deiner Majeſtaͤt etwas dancken kan?

Pant.

Der Narr nennt ſeinen Leib und ſei - ne Seele Du: Er koͤnte auch wol ſpre - chen ihr edlen Leiber / ihr edlen Seelen. Doch es wird eine artige Comœdie werden / wenn einer wird einen Arm / der ander einen Bart-Zwickel / der drit - te ſonſt ein laͤcherliches Glied des menſchlichen Leibes geſchleppet brin - gen.

Seb.

Ach mein Freund / wir koͤnnen es nicht verſchweigen / wir ſind der vornehme Mann / der geſuchet wird. Wo uns niemand unſichtbar macht / ſo bringen wir unſer Leben uͤber keine viertel Stunde.

Pant.

Seyd ihr der Kerl / O / ſo ſprech ich gute Nacht: Sie koͤnten mich ſo mit ergreiffen / ſo haͤtten ſie deſto mehr Stuͤcke.

Seb.

Wir bitten / verlaßt uns nicht / ein zukuͤnfftiger Koͤnig kan alles wieder vergelten.

Pant.
428
Pant.

Und ein gegenwaͤrtiger Hunds -- kan einem alles verderben.

Seb.

Ach mein Patron / wir umfaſſen euch / ihr ſeyd ſo gluͤckſelig / daß ihr einem Koͤ - nige helffen koͤnt

Pant.

Jch war ſo gluͤckſelig nicht / daß ich mir koͤnte zur Liebſten helffen: Nun fange ich wol nicht an Wunder-Zei - chen zu thun.

Seb.

Ach die Liebſte! Wir erkennen unſer Verbrechen / verzeihet einem verliebten Koͤnige / daß er ſich an ſeinem Wolthaͤ - ter vergrieffen hat.

Pant.

Wer das Nachſehen haben muß / dem koͤm̃t das Verzeihen gar uͤbel an.

Seb.

Wir wollen ihm das Recht gerne ab - treten: Er nehme unſere Liebſte / und lebe ewig geſegnet mit ihr.

Pant.

Ey nicht doch Herr Sebaſtian, iſt er alle Tage ſo klug? Er behalte doch ſei - ne beſchnaperte Liebſte und lebe mit ihr / ſo lange er kan.

Seb.

Was heiſt beſchnapert? Wir ſchwe - ren bey unſerer Sicherheit / die er in ſei - ner Gewalt hat / daß wir ſie noch mit keinem Kuſſe beruͤhret haben.

Pant.
429
Pant.

Das war ein Wort. Da moͤchte ich noch loßſchlagen. Nun ſo ſchweret mir; Wenn ihr dieſes thun koͤnt / ſo will ich einen artigen Streich machen / daß euch niemand finden ſoll.

Seb.
(kniet nieder)

Da ſind wir / ſagt / was wir ſchweren ſollen / wir wollen alles gedultig nachſprechen.

Pant.

Jch ſchwere

Seb.

Wir ſchweren

Pant.

Ey mit den Koͤniglichen Complimen - ten muͤſſen wir verſchonet ſeyn. Rede recht als ein Menſchen Kind. Jch ſchwere /

Seb.

Jch ſchwere /

Pant.

Daß ich

Seb.

Daß ich

Pant.

Monſieur Pantagruel betrogen habe

Seb.

Monſieur Pantagruel betrogen habe

Pant.

Als ein Schelm.

Seb.

Als einen Schelmen.

Pant.

Du verkehre mir die Worte im Maule nicht. Jch ſchwere / du biſt ein Schelm.

Seb.

Jch ſchwere / du biſt ein Schelm.

Pant.

Man ſiehts / wer die Proceſs-Ord -Tnung430nung nicht inne hat / der kan nicht fort - kommen / wenn er ſich noch ſo wohl ver - ſorgen will. Jch ſchwere / daß Made - moiſelle Margaton

Seb.

Jch ſchwere / daß Mademoiſelle Mar - gaton

Pant.

Monſieur Pantagruel behalten ſoll.

Seb.

Ach du ſchweres Wort! Monſieur Pantagruel behalten ſoll.

Pant.

Und wenn ich was dargegen thue.

Seb.

Und wenn ich was dargegen thue.

Pant.

So wolt ich.

Seb.

So wolte der Herr.

Pant.

Verkehre mir den Schwur nicht / ſonſt gehe ich davon / und ſo moͤgen die Soldaten ihr Recht behalten.

Seb.

Ach itzund verſteh ichs. So wolt ich

Pant.

Daß mir ein Schirrmeiſter im Bau - che wuͤchſe.

Seb.

Daß mir ein Schirrmeiſter im Bau - che wuͤchſe.

Pant.

Zehn Ellen lang.

Seb.

Zehn Ellen lang.

Pant.

Und ein Viertel.

Seb.

O es wird wohl an zehn Ellen genug ſeyn.

Pant.
431
Pant.

Jch will nicht. Und ein Viertel.

Seb.

Nun / wenn es ja ſeyn ſoll / und ein Viertel.

Pant.

Jch wolte auch.

Seb.

Jch wolte auch.

Pant.

Daß mir die Naſe ſo groß wuͤrde / als das gantze Geſichte.

Seb.

Ach ein garſtiges Ebenbild vor einen zukuͤnfftigen Courtiſan.

Pant.

Heiſt das geſchworen? Das meine Naſe ſo groß wuͤrde / als das gantze Geſichte.

Seb.

Daß meine Naſe ſo groß wuͤrde / als das gantze Geſichte.

Pant.

Und mein gantz Geſichte ſo klein als die Naſe.

Seb.

Ach! Und mein gantz Geſichte ſo klein als die Naſe.

Pant.

Nun ſteht auff / ich will euch wohin bringen / da ihr vor allem Ungluͤck ſolt ſicher ſeyn / nur thut alles / was ich rathe.

Seb.

Mein Patron hat Macht zu befehlen.

Pant.
(ad ſpect.)

Und ich will Macht ha - ben / dich zu vexiren. Jhr Leute ich bit - te euch drum / lacht euch nur nicht ent - zwey / wenn ihr ſehen werdet / was ichT 2noch432noch vor Taͤntze mit dem naͤrriſchen Kerlen werde vornehmen. Doch ich muß ſehen / wo ich ihn itzund hinſtecke / biß ich mit den Poſſen fertig bin.

Dritter Handlung Erſter Auffzug.

Biron der Marſchall. Francois, Birons Beicht-Vater.
(Der Schau-Platz eroͤffnet ſich / der Moͤnch ſitzt auf dem Beicht - Stule / Biron kniet auff einem Polſter vor ihm.)
Franc.

So haben Jhr. Gnaden gleichwol ſo viel im Sinne gehabt?

Bir.

Ja ich bekenne es dem Herrn Pater bey ſeiner heil. Verſchwiegenheit. Jch ha - be den Koͤnig als einen Ketzer-Freund gerne aus dem Wege raͤumen wollen / oder ich habe zum wenigſten den Spa - nier und den Savoyer / als beſſere Freunde der Religion / wollen maͤchti - ger machen.

Franc.
433
Franc.

Jhr Gnaden haben alſo noch eine gute Intention gehabt / die heilige Reli - gion zu defendiren.

Bir.

Ja das bekenne ich / daß ich vor einem ieden Hugonotten / den ich vertilgen koͤnte / einen Tropffen Blut aus mei - nem Leibe verlieren wolte.

Franc.

Aber wenn das Werck haͤtte vor der Zeit ausbrechen ſollen / ſo wuͤrden Ew. Gnaden in ziemlicher Gefahr ge - ſchwebet haben.

Bir.

Eben darum komm ich auch zu dem Herrn Pater, und bitte in bußfertiger Demuth / wenn etwan was Suͤndli - ches bey dem Wercke vorgelauffen waͤ - re / mir einen vollkommenen Ablaß daruͤber zu ertheilen. Jch verſpreche dergleichen Satisfaction uͤber mich zu nehmen / daran ſie ein volles Genuͤgen haben werden.

Franc.

Daͤran haben Jhr Gnaden nicht zu zweiffeln. Aber haben auch viel Leute um das Geheimniß Wiſſen - ſchafft?

Bir.

Jch habe mich gar wenig PerſonenT 3ver -434vertrauet / und ſehe faſt keinen / der mich oͤffentlich verrathen ſolte.

Franc.

So mag es auch verborgen blei - ben / und ſo wahr ich ſolche Suͤnde ver - geben werde / ſo wahr ſoll auch in der Welt daran nicht mehr gedacht wer - den.

Bir.

Aber wenn ich deßwegen uͤber kurtz o - der uͤber lang von dem Koͤnige zur Re - de geſetzt wuͤrde.

Franc.

So koͤnnen Jhro Gnaden ſprechen / ſie wiſſen nichts. Denn ſie wiſſen auch nichts / das der Koͤnig wiſſen ſoll / ſie wiſſen auch nichts / das ihnen nicht waͤre vergeben worden.

Bir.

Darff ich mich darauff verlaſſen?

Franc.

Jch nehme es auff mich; Ew. Gnaden ſind nicht ſchuldig / weder dem Koͤnige noch einem andern etwas zu ſa - gen / nachdem ſie mir gebeichtet haben.

Bir.

So begehre ich alſo die Abſolution.

Franc.
(Murmelt etwas Lateiniſches heimlich her / und legt ihm endlich die Haͤnde auff den Kopff.)
Bir.

Jch ſage vor die Wolthat demuͤ - thigen Danck / werde es auch ihrKlo -435Kloſter noch heute reichlich genieſſen laſſen.

Franc.

Der hoͤchſte Beſchuͤtzer begleite Ew. Gnaden.

(Sie gehen an unterſchiedenen Orten ab.)

Dritter Handlung Anderer Auffzug.

  • Pantagruel ein luſtiger Diener.
    • Ferry Pierre
    Birons Bedienten.
Pant.

Jhr Herren halt mirs doch zu gute / fuͤrwahr ich kam mit der Intention her / daß ich lachen wolte. Denn der Spa - nier iſt nun fertig: Aber ſo kommen mir da etliche Kerlen in Wurff / ich werde ihnen mein Tage nicht wieder gut. Sie ſchlugen mich vergangen / daß mirs weh that / und nun iſt die Rei - he an mir / ich ſolte ſie wieder ſchlagen. Allein wenn ſie den Poſſen umkehrten / und ſchluͤgen mich zum andernmal / daßT 4mirs436mirs wehe thaͤte. Ja ja / ſie ſeyn mir ſchon auff dem Halſe.

Ferr.

Du Kerl / das will ich dir nicht ein - raͤumen / daß du lauffen ſolſt.

Pant.

Jhr Herren / ich habe keines von bey - den gethan / daß ihr euch erzuͤrnen ſollet.

Ferr.

Huͤte dich vor dem Zorne: Denn ich bin dir nicht gut vor Maulſchellen.

Pier.

Und ich bin dir nicht gut vors Blut - vergieſſen.

Pant.

Jhr Herren / ich bin euch gut davor / ihr ſolt einen redlichen Kerlen an mir finden / der euch zu keinem Anlaß geben wird.

Ferr.

Du weiſt aber / was wir gefragt ha - ben.

Pier.

Hat der Marſchall von Biron nicht verdienet / daß man frage / was ſeinet - wegen zu Hoffe paſſire.

Ferr.

Und hab ich nicht verdienet / daß mir etliche neue Zeitungen umſonſt an die Jacke geworffen werden.

Pier.

Und ſoll ich das nicht alles mit ein - ander hoͤren / was du mir erzehlen kanſt.

Pant.

Jhr Herren / wer mich zum Zei - tungs-Traͤger brauchen will / der mußmich437mich immer nur ein Ding fragen / ſonſt vergeſſe ich den Plunder / ehe ich ant - worten kan.

Ferr.

Dein Wille ſoll geſchehen. Haſtu was vom Herrn Marſchall von Biron gehoͤrt?

Pant.

Jſt er doch nicht daheim / was will ich von ihm gehoͤrt haben?

Pier.

Wer nicht daheim iſt / von dem koͤn - nen andere Leute reden.

Pant.

Reden andere Leute was / ſo moͤgen ſie es verantworten.

Ferr.

Aber wilſtu nicht antworten / ſo ſolſtu leiden.

Pier.

Jch ſpreche / das iſt ſelber ein rebelli - liſcher Hund / der dem Herrn Mar - ſchall nicht gut iſt.

Ferr.

Es iſt nicht anders / du haſt dem Herrn Marſchall was beſchuldiget / da - vor ſoll dir der Hals gebrochen werden.

Pant.

Ach nun koͤm̃mts raus / ich bin der rechte nicht; Wenn euch ja was mit einer ſolchen Perſon gedienet iſt / ſo laßt euch nur den Weg weiſen.

(geht ab)
Ferr.

Mir wird bange.

Pier.

Und mir iſt es leid.

T 5Ferr.
438
Ferr.

Wo ich hinkomme / da wird dem Herrn Marſchall nichts Guts prophe - ceyet.

Pier.

Und wo die Propheceyung wahr iſt / ſo muͤſſen ſie zu Hofe trefflich kleine Seide ſpinnen.

Ferr.

Die Faden ſind grob genug: Aber ſie kommen nicht viel ans Tage Licht / biß das Netze fertig iſt.

Pier.

Jch frage nichts darnach: Hat un - ſer Herr gute Tage / ſo bleib ich in Dienſten / und laſſe Leib und Leben bey ihm; Wo nicht / ſo ſuche ich einen Herrn / vor den ich mit Freuden ſterben kan.

Ferr.

Das iſt nun mein zwoͤlffter Herr / dem ich auffwarte / doch ich habe mir alle - mal den Abſchied ſelber gegeben / ehe die Probe mit dem Sterben an mich kommen iſt.

Pier.

Doch was werden wir unſerm Herꝛn berichten?

Ferr.

Wir wollen ſprechen / es iſt alles gut.

Pier.

Dort kommen etliche Herren / die moͤchten es leicht beſſer wiſſen / als ich:Aber439Aber ehe ich ſie ſo gut achte / daß ich frage / ſo will ich gehen.

Dritter Handlung Dritter Auffzug.

    • Villeroy Sillery
    Geheime Raͤthe.
  • Harlay, Præſident im Parlament.
Vill.

Jch glaͤub es nicht.

Sill.

Jch an meinem Orte zweiffele.

Harl.

Jch habe mich reſolvirt / daß ich noch zwey Tage hoffen will.

Vill.

Wer ſich in ſeinem Gewiſſen ſchul - dig befindet / der wird nicht ſelber ins Gefaͤngniß lauffen.

Sill.

Und vor welchen man ſich auſſer Pa - riß fuͤrchten muß / der wird ſich in Pa - riß zu keiner Furcht verdammen laſ - ſen.

Harl.

Die Suſpicion iſt ihm allerſeits be - nommen worden / und die Kuͤhnheit iſt ſo groß / daß er ſich keine Gefahr in Pa - riß ſelber einbilden kan.

Vill.

Die Familie hat einen allzugroſſen Anhang.

T 6Sill.
440
Sill.

Und mit ihm wuͤrde mancher ſeinen Ruin zu fuͤrchten haben.

Harl.

Sie bilden ſich ein hohes Gluͤcke da - bey ein / wofern er mit dem Koͤnige kan verſohnet werden.

Vill.

Die guten Leute wiſſen nicht alles.

Sill.

Doch Biron weiß deſto mehr.

Harl.

Doch alle zweiffeln an der Wiſſen - ſchafft des Koͤniges.

Vill.

Jch diene / und ſchweige.

Sill.

Jch ſchweige / und diene.

Harl.

Und ich verwundere mich uͤber einen klugen Koͤnig.

Dritter Handlung Vierdter Auffzug.

Die vorigen. Soiſſons ein Hertzog. Vitry, Capitain uͤber die Garde.
Soiſſ.

Meſſieurs, wunderliche Zeitung / der Herr Marſchall von Biron iſt hier.

Harl.

Es iſt eine gute Zeitung. Denn wer ſich großmuͤthig erweiſet / wenn er et - was beſchuldiget wird / der hat ſchondas441das halbe Zeugniß ſeiner Unſchuld er - halten.

Soiſſ.

Das iſt wahr / Jhro Maj. werden mancher Sorgen uͤberhoben ſeyn / weil er die Ankunfft ſelber hat leichte ge - macht.

Harl.

Allein Ew. Gnaden werden mit ihm geſprochen haben.

Soiſſ.

Weder geſprochen / noch geſehen.

Harl.

Doch ich habe die relation von glaubwuͤrdigen Leuten empfangen / die ihrem Geſichte traueu duͤrffen.

Soiſſ.

Demjenigen / der mir part von der Wiederkunfft gab / that ich die Ehre / daß ich ihm glaubte. Nun werde ich in poſſesſion ſeyn / dergleichen von an - dern zu fodern.

Harl.

Jch bin ein gehorſamer Diener / und ſo werde ich nicht das geringſte Woꝛt in Zweiffel ziehen.

Vitry
(koͤmmt)

Meſſieurs, was Neues / das niemand zu Hofe glauben wird.

Sill.

Wo er ſagen will / daß der Herr Mar - ſchall ankommen wird / ſo will ichs glau - ben / ehe ich was davon hoͤren kan.

Vitr.

Das iſt mir lieb / wenn mir iemandT 7zu -442zuvor kommen iſt. Doch was mich belanget / ich habe den Herrn Marſchall geſehen.

Sill.

Der Koͤnig wird dieſen Gehorſam gar gnaͤdig annehmen.

Vitr.

Man ſpuͤret keine Traurigkeit an ihm / und wo man nach dem Geſichte von dem Gewiſſen urtheilen ſoll / ſo wird er bey keinem Richter zu verdammen ſeyn.

Sill.

Vielleicht wird niemand dieſen Un - danck begehen / daß er ſo einen verdien - ten Held verdammen wolte.

Vitr.

Jch habe mich des wenigſten theil - hafftig gemacht. Wem der Koͤnig gnaͤdig iſt / den laß ich zu Hofe paſſiren / uñ mache ihm einen demuͤthigen Reve - renz. Will er ſich zur Ungnade re - ſolviren / ſo muß ich der Ordre gemaͤß leben / die mir gegeben wird.

Sill.

Ein iedweder hat vor ſich zu ſorgen / und vielleicht wiꝛd der von Biron ſolches auch gethan haben.

Drit -443

Dritter Handlung Fuͤnffter Auffzug.

Die vorigen. Biron der Marſchall.
Bir.

Gott lob / ich finde noch die alte Stadt Pariß und die alten Freunde.

Soiſs.

Und alte Diener / welche der auff - richtigen Freundſchafft nimmermehr vergeſſen.

Bir.

Jhro Maj. haben verlanget mich zu ſehen. Jch bin ungedultig / daß meine Reiſe ſoll verhindert werden. Waͤre ich geſtern zu guter Zeit ankommen / ſo wuͤſte ich itzund vielleicht mehr / als ich dencken kan.

Soiſs.

Gute Zeitungen haben es wol ver - dienet / daß man etliche Stunden drauff warten kan.

Bir.

Das iſt mein Troſt / ich bin es nicht gewohnt / daß ich vor einer Zeitung er - ſchrecke. Denn iſt ſie gut / ſo hab ich nichts zu klagen / iſt ſie boͤſe / ſo hab ich die Kunſt gelernet / daß ich ſie par forco kan gut machen.

Soiſſ.
444
Soiß.

So viel ich muthmaſſen kan / wird in dem Krieges Rathe was vorgenom - men werden / dabey man das Gutduͤn - cken eines hochverdienten Marſchalls vor andern wird anhoͤren wollen.

Bir.

Es moͤchte vielleicht die Zeit kommen / da man redlicher Leute Gutduͤncken nicht achten wuͤrde.

Soiß.

Jch weiß mich gleichwol nicht zu be - ſinnen / daß die rechten Meriten in Franckreich waͤren verachtet worden.

Bir.

Unterdeſſen hat michs offt gekraͤncket / wenn ich ſehe / wie gluͤcklich ein Caval - lier in Spanien avanciren kan. Wenn ich in ſelbige Dienſte getreten waͤre / ich wolte itzund der naͤchſte nach dem Koͤ - nige ſeyn.

Soiß.

Jch weiß nicht / ob ſich alle Spanier ſo eines gnaͤdigen Koͤniges ruͤhmen koͤn - nen: Das weiß ich wol / wer ſich ein - mal an dem Koͤnige verſuͤndiget / der hat ſich und ſeiner Familie den Weg zur Verſoͤhnung abgeſchnitten / und wie weit uͤbertrifft unſer Koͤnig denſelben an der Guͤtigkeit.

Bir.

Jch will niemanden verhindern / ermag445mag in ſeinem Vaterlande ſo ruhmraͤ - thig dencken / als er will. Jch ſage diß: Wir haben eine Zeit erlebet / da nie - mand ungluͤckſeliger iſt / als welcher das beſte Gluͤck verdienet. Doch ich wer - de die Gelegenheit nicht verſaͤumen den Koͤnig zu ſuchen.

(geht ab.)
Soiſs.

So muß ein Menſch hoffaͤrtig wer - den / wenn er fallen ſoll?

Vill.

Jch moͤchte faſt ſagen / ſo muß ein Menſch blind werden / wenn er ſich vor - ſehen ſoll.

Sill.

Nun haben die Spanier in ſeinen Gedancken mehr recommendation ver - dienet.

Harl.

Und damit will er einen allgemeinen Conſens gleichſam abtrotzen.

Vit.

Jch wolte ihm in das Angeſicht ſo kuͤhne nicht widerſprechen: Doch meine Gedancken ſoll er mir nicht ver - bieten.

Vill.

Ach wie unzeitig iſt der Trotz / wenn die Stunde des Ungluͤcks angebrochen iſt.

Sill.

Wie unzeitig wird der Koͤnig verach - tet / der uͤber ſolch Ungluͤck zu diſponiren hat.

Harl.
446
Harl.

Wie unzeitig will er andere furcht - ſam machen / da er kaum einen Augen - blick von der euſerſten Furcht entfernet iſt.

Vitr.

Jch will ſo geſchwinde nicht urthei - len / aber wir haben in Franckreich das Sprichwort: Ein iedweder iſt der Schmied ſeines Politiſchen Gluͤckes.

Vill.

Ja wol der Schmied / doch weiß er nicht / wer bißweilen die Kohlen zutraͤ - get.

Sill.

Noch weniger kan er wiſſen / wer den Blaſebalg dirigiret.

Harl.

Es richtet ſich alles nach dem Schmiede. Wer ſein Gluͤck verder - ben will / dem muß Wind und Feuer zu - wider ſeyn.

Vitr.

Es iſt mir lieb / daß auch mein Gleich - niß zu dergleichen ſcharffſinnigen Ge - dancken hat Anlaß geben koͤnnen.

Drit -447

Dritter Handlung Sechſter Auffzug.

Henricus der Koͤnig. Maria deſſen Gemahlin.
Henr.

Nun wollen wir ſehen / ob iemand Urſache haben wird uns einen ungnaͤ - digen Koͤnig zu nennen.

Mar.

Ach Gott / was beweget doch die Leu - te zu einer ſolchen Untreu!

Henr.

Es iſt wahr / ſeine Verdienſte ſind unvergleichlich.

Mar.

Ach worinne beſtehen die Verdien - ſte?

Henr.

Daß er ſeinem Koͤnige geholffen hat.

Mar.

Jch dachte / daß er ſeinen Koͤnig hat um das Koͤnigreich bringen wollen. Ach es iſt ihm nicht um den Koͤnig zu thun geweſen / er hat durch einen an - dern Tod mein Hertze betruͤben wollen. Jch bin ihm vielleicht zum Verdruß in Franckreich gelocket worden. Jch ha - be ihm nicht Majeſtaͤtiſch genung aus - geſehen. Doch warum hat er ſeineFeind -448Feindſeligkeit ſo weitlaͤufftig angefan - gen? Jſt kein Gifft uͤbrig geweſen / welches mich der Frantzoͤſiſchen Crone wiederum entſetzet haͤtte? Ach ſoll der - jenige meinet wegen die getreueſten Diener wider ſich laſſen auffſtehen / welcher einen andern Lohn vor die un - vergleichliche Treue genieſen ſolte.

Henr.

Allerliebſte Gemahlin / wohin zielet dieſes unnoͤthige Betruͤbniß?

Mar.

Auff ein Ungluͤcke / das ich verur - ſache.

Henr.

Jch ſage auff ein Ungluͤck / welches der guͤtige Himmel verhindert hat.

Mar.

Ach weñ ein Marſchall untreu wird / bey wem ſoll man hernach die Treue ſuchen?

Henr.

Jch ſage / wenn ein Marſchall mit Schande belohnet wird / ſo werden ſich die andern ihrer Untreu ſchaͤmen.

Mar.

Warum bleibt aber dem Verraͤther das Haupt zwiſchen den Achſeln ſte - hen?

Henr.

Darum weil Gnade und Lang - muth vor die hoͤchſte Tugend eines Koͤ - niges muß gehalten werden.

Mar.
449
Mar.

Wenn aber Gnade und Langmuth die Verraͤtherey noch kuͤhner machten?

Henr.

Allerliebſte Gemahlin / es iſt ſo be - ſchloſſen / der Marſchall ſoll zwey Wege vor ſich haben: Den Gnaden-Weg / wo er die Schuld bekennet: Den Zorn - Weg / wo er mit ſeiner Unſchuld pran - gen will.

Mar.

Wenn es an dem genung iſt / daß man die Schuld bekennet / ſo kan man ſich auff das neue verſuͤndigen / daß man auch durch ein neues Bekaͤntniß kan er - loͤſet werden.

Henr.

Allerliebſte Gemahlin / Sie werden im Ausgange befinden / daß ſie gantz vergebens geſorget haben. Doch der Beſchuldigte will ſich von uns fragen laſſen: Wir werden uns auff eine Stunde ſondern muͤſſen.

Mar.

Sie leben wol meine Seele.

(kuͤſſet ihn.)
Henr.

So komm du Schandfleck deines Geſchlechtes / du boßhafftiger Feind deines Koͤniges / oder vielmehr du un - verſtaͤndiger Feind deines Gluͤckes / und ſo wol dein Urtheil nach deiner Ant -wort450wort muß abgefaſſet werden / ſo wol nimm dich in acht / daß du nicht in dei - ner Verdamniß uͤber dich ſelbſt ſeuff - tzen darffſt.

Dritter Handlung Siebender Auffzug.

Henricus der Koͤnig. Biron der Marſchall.
Bir.

Allergnaͤdigſter Herr.

Henr.

Lieber Herr Marſchall.

Bir.

Auff Ew. Maj. vorgenommenen Be - fehl hab ich ſollen allerunterthaͤnigſt auffwarten / um zu vernehmen / wohin meine getreuen Dienſte noch ferner moͤchten auff die Probe geſetzet werden. Jch will gerne mein Blut auffopffern / und wenn ich meine 36. Wunden ver - doppeln / und das redliche Hertze mit 72. Mahlzeichen beſtaͤtigen ſolte.

Henr.

Herr Marſchall er iſt ein Cavallier, der ſich wol verdienet hat / und hier iſt ein Koͤnig / der die Verdienſte wol er - kennet.

Bir.
451
Bir.

Dieſes allergnaͤdigſte Erkaͤntniß hat mir in den hoͤchſten Verfolgungen an ſtatt eines Troſtes dienen muͤſſen.

Henr.

Was ſagt er von Verfolgung mein Herr Marſchall?

Bir.

Jch ſage von den ungebuͤhrlichen Be - ſchuldigungen / darunter meine Reno - meé bißhero in Pariß ſehr viel hat aus - ſtehen muͤſſen.

Henr.

Es iſt nicht ohne: Die Reden ſind alſo gefuͤhret worden / daß wir un - ſerſeits gruͤndliche Nachricht von Her - tzen gerne wuͤnſchen moͤchten.

Bir.

Die Nachricht kan nicht gruͤndlicher gegeben werden / als wenn Ew. Maj. glauben / daß der Marſchall von Biron ein Hertze hat / welches nicht capable iſt / der geringſten Untreu ergeben zu ſeyn.

Henr.

Wir wollen es wuͤnſchen / daß die widerwaͤrtigen Reden durch die Warheit koͤnnen widerleget werden. Doch lieber Herr Marſchall habt ihr iemal eurem Koͤnige einigen Gefallen erwieſen / ſo entdeckt mir itzund von rei - nen Hertzen / habt ihr iemals mit demHertzoge452Hertzoge von Savoyen / mit dem Gou - verneur zu Meyland oder mit andern in præjudicirlichen Tractaten geſtanden?

Bir.

Ach Ew. Maj. --

Henr.

Laßt uns weiter reden: Solte was vorgegangen ſeyn / welches die Gnade Gottes dennoch von uns abgewendet hat / ſo iſt hier unſere Hand / es ſoll euch deßwegen weder am Gluͤcke / noch an unſerer Gnade was entzogen ſeyn.

Bir.

Ew. Koͤnigl. Maj. haben allerdings Urſache zu fragen: Allein ſie werden dero allerunterthaͤnigſtem Diener die Gnade laſſen / daß ich nach den Ver - leumbdern frage / welche ſich meiner redlichen Tugend alſo ſchaͤndlich wider - ſetzet haben.

Henr.

Wir ſind allein / nehmet die Zeit in acht. So lange das Bekaͤntniß in Geheim abgeleget wird / ſo lange kan ein Koͤnig gnaͤdig ſeyn. Wenn ande - re Zeugen darzwiſchen kommen / ſo kan ſich hernachmals die Gerechtigkeit nicht binden laſſen.

Bir.

Jch verlange nichts als Gerechtigkeit. Doch nun / daß ich nach erwieſener Un -ſchuld453ſchuld die ungerechten Feinde zur Satis - faction noͤthigen darff.

Henr.

Herr Marſchall / ſeht doch euren Koͤnig an / er will euch nicht verderben laſſen.

Bir.

Hab ich was verdienet / ſo laß man mich verderben. Hab ich aber als ein redlicher Diener gelebt / ſo laſſe man auch meine Ehre nicht verderben.

Henr.

Aber wohin zielten gleichwol die vielfaͤltigen Correſpondentzen.

Bir.

Auff ſolche Dinge / welche der redli - chen Treu keinen Abbruch thun.

Henr.

Aber auff ſolche Dinge / daraus der Koͤnig was muthmaſſen kan.

Bir.

Ach ſind meine Wunden noch nicht Zeugniß genung / daß ich meinem Koͤni - ge treu geweſen bin?

Henr.

Wir ſagen ſo viel / mißbraucht unſre Gnade nicht. Wir ſind gewohnt keinen Unſchuldigen zu kraͤncken und keinen bußfertigen Bekenner fallen zu laſſen.

Bir.

Jch nehme mich des erſten an und be - kenne meine Unſchuld.

Henr.

Das andere wird euch angebothen:UBeken -454Bekennet euren Fehler. Es iſt kein Gemuͤthe / es kan ſich bißweilen durch frembde Falſchheit bethoͤren laſſen. Jſt etwas geſchehen / ſo ſoll demſelben Au - genblick / da ein freyes Bekaͤntniß erfol - get / eine Koͤnigliche Verſicherung er - folgen / die euch von allen ungleichen Gedancken befreyen ſoll.

Bir.

Jch ſehe / die Suſpicion iſt ſtaͤrcker / als meine Redligkeit.

Henr.

So iſt nichts geſchehen / daß euch in der That graviren koͤnte?

Bir.

Nichts Ew. Maj. und ich ſchwere --

Henr.

Halt inne / wer eines Cavalliers Worten nicht trauet / der wird auch ſeinem Schwure nicht trauen: Seyd ihr faͤlſchlich angegeben worden / ſo habt ihr unſre Gnade.

Bir.

Und in der Beſitzung dieſer Gnade will ich ſterben.

(gehet ab.)
Henr.

Daß doch niemals ein Laſter allein angetroffen wird! Der elende Menſch hat ſich Hochmuth und Verraͤtherey einnehmen laſſen: Nun folget Trotz / Unwarheit und blinde Sicherheit. Ach GOtt! Jch ruffe dich zum Zeugen an /daß455daß ich dieſem ſonſt wolverdienten Manne von Hertzen gerne moͤchte ge - holffen wiſſen.

Dritter Handlung Achter Auffzug.

Pantagruel ein luſtiger Diener. Sebaſtian ein ſtoltzer Spanier.
(Dieſer iſt laͤcherlich gekleidet mit einer Larve.)
Seb.

Sollen wir gleichwol in dieſem Ha - bite ſicher ſeyn?

Pant.

Was ich ſage / das laß ich mir her - nach keinen Menſchen tadeln.

Seb.

Und ſollen wir unſer Leben zur Beute davon bringen?

Pant.

Je wenn das nicht waͤre / was huͤlf - fen mich denn meine Kuͤnſte?

Seb.

Man muß uns verzeihen: Hohe Ge - muͤther ſind ſorgfaͤltig.

Pant.

Nun / nun ſeyd in eurem Gemuͤthe ſorgfaͤltig / wie ihr wolt: Denn nun iſt Zeit / daß meine Kuͤnſte probiret werden. Seht / bleibt da ſtehen / alsU 2wenn456wenn ihr ein geſchnitztes Bild waͤret / ich will die Leute bereden / der Koͤnig haͤtte es daher ſetzen laſſen / und wer drey Schritte nahe darzu koͤm̃t / der ſoll ge - hangen werden.

Seb.

So werden wir nicht reden duͤrffen.

Pant.

Jch habe wol keine Bilder geſehen / die geredt haben / und darzu / wolt ihr reden auff eure Gefahr / daß meine Kunſt zu ſchanden gehet / ſo trifft es eu - ren Halß.

Seb.

Wir werden uns reſolviren zu ſchweigen.

Pant.

Ja wir werden uns reſolviren zu ſchweigen: Wir werden uns reſolvi - ren den Podex in die Falten zu ziehn: Wir werden uns reſolviren Minen zu machen wie ein geſchnitztes Bild: Wir werden uns reſolviren nicht zu lachen /

(er agirt poßierlich mit ihm)
(ad ſpect.)

und ich werde mich reſolviren zu dencken / daß er heute noch hundert tau - ſend Creutz-faͤchtig ſoll geſcho -- gehu - delt werden.

Seb.

Wir ſchweigen und niemand ſoll uns die Reden abtrotzen.

Pant.
457
Pant.

Wir werden uns reſolviren mit Maulſchellen um uns zu werffen / wo das Maul noch einmal reden wird.

Seb.

Hier ſtehet ein ſtummes Bild.

Pant.

Jſt das Bild ſtumm / ſo ſey es ſtum̃: Jhr Leute iſt das nicht ein Creutze / weñ man einen Kerlen ſo weit bringen ſoll / daß er ein Bild agiren kan. Doch ſteh immer ſteh / ich will bald wiederkom̃en.

(laͤufft davon.)

Dritter Handlung Neundter Auffzug.

    • Blaiſe Chriſtoffle
    Bauren.
    • Caton Suſon
    ihre Weiber.
Bla.

Es gefiel mir ja geſtern ſo gar zu wol in der Stadt: Jch muß heute ſehen / ob uns der geſtrige Wirth ſo guͤtlich thun wird.

Cat.

Hertzer Mann bleib bey der guten Meynung. Ein Mann mag freſſen und ſauffen / wie er will / wenn er nur ſeine Hauß-Ehre mitnimmt.

U 3Chriſt.
458
Chriſt.

Ja das ſage ich auch / es iſt ein bit - ter Leben / wo man nichts zu freſſen und zu ſauffen hat. Aber ich wolte um das Freſſen und Sauffen nicht auffſtehen / wenn ich nicht meinen Ehe-Schatz an der Seiten haͤtte.

Suſ.

Ja ihr lieben Maͤnner / ihr wolt es nur nicht immer glauben / wenn die Wei - ber mit in der Zeche ſitzen / es ſieht flugs aus / als wenn lauter liebe Engel mit in der Stube waͤren.

Bl.

Ja mein Schatz / du haſt mir nun dein Geld gewieſen / du biſt mir auch in mei - nen Augen wie ein leibhaffter Engel.

Cat.

Je ja / ich ſolte auch kein Engel ſeyn / und helffe dir / daß du ſo brave in die Stadt kanſt zum ſauffen gehn.

Chriſt.

Ja mein Ehe-Schatz / ich kan es nicht leugnen / ich ſehe dich ſelber vor ei - nen Engel an / es fehlt dir nichts als die Fluͤgel.

Suſ.

O laß dirs lieb ſeyn / daß ich keine Fluͤ - gel habe / ſo kan ich dir nicht davon flie - gen.

Bl.

Ja wenn mir meine Frau itzund davon fliege / ich muͤſte doch hernach: Koͤnteich459ich ihr nicht in den Himmel folgen / ſo ſpruͤnge ich ins tieffſte Waſſer.

Cat.

O um das davon fliegen hat es nichts zu bedeuten: Jtzund behaͤlteſt du mich wol.

Chriſt.

O es iſt auch am beſten. Wenn man ſo huͤbſch an einander gewohnt iſt / ſo giebt es wol einen ſchlechten Poſſen / wenn man von ſcheiden und von ſter - ben hoͤren ſoll.

Suſ.

Ja ſcheiden und ſterben iſt ein laͤſter - liches Wort: Jch wolte / daß ichs und die Meinigen in Ewigkeit nicht erfah - ren duͤrfften.

Bl.

Je nun wir werden fort ſchlendern. Doch was ſteht da? Weiß ich doch nicht / ob es uns will zum Narren ha - ben.

Chriſt.

Kein Menſchen-Kind iſt das wol.

Bl.

Jch dencke ſelber ſo.

Chriſt.

Je nu Nachbar ſeht / was machen ſie zu Pariß nicht um das Geld. Es hat irgend ſo ein Dreck-Drechsler ein - mal nichts zu thun gehabt / ſo hat er ſo ein Ding gemacht / und hat es daher geſetzt / ob es iemand kauffen will.

U 4Bl.
460
Bl.

Jhr lieben Weiber / ie was halt denn ihr davon?

Cat.

Jch halte es iſt der Nacht-Jaͤger in unſerm Dorffe / er hat ſich verirret und iſt am Tage kommen / er pipelt gar mit den Augen / er kan die Sonne nicht vertragen.

Suſ.

O nein / ſo ein boͤſe Ding wirds nicht ſeyn: Es iſt bald ſo ein Ding / wie un - ſer Edelmann in ſeinem Garten hat.

Cat.

Jch werde darnach greiffen / ob das Ding Fleiſch oder Blut hat.

Bl.

Du koͤnteſt mir greiffen / daß dir die Finger verkrum̃ten.

Suſ.

Je nun / ungegriffen kom̃en wir auch wol nicht darhinter.

Chriſt.

Jch daͤchte / was uns nicht angien - ge / das lieſſen wir unbegriffen.

Cat.

Wenn ichs nun angreiffen wolte / wer wolte mirs wehren?

Suſ.

Und wenn ichs nachthaͤte / wer wolte mirs verbieten?

Bl.

O laßt es doch bleiben: Solche Bil - der werden in einem gewiſſen Planeten gemacht / wer weiß / was die Leute hinein gebannet haben.

Chriſt.
461
Chriſt.

Jch ſeh es auch davor an / drum werden wir es immer bleiben laſſen.

Cat.

So muß ichs doch angreiffen.

(Die Weiber wollen es angreiffen / die Maͤnner halten ſie zuruͤcke / und bitten vortrefflich Pantagruel koͤm̃t darzwiſchen und macht das Ler - men groͤſſer.)

Dritter Handlung Zehender Auffzug.

Die vorigen. Pantagruel ein luſtiger Diener.
Pant.

Jhr lieben Sauff-Cameraden / was macht ihr fuͤr ein Ungluͤck auff der Gaſ - ſen? Jch will nicht hoffen / daß ein un - ruhiger Geiſt der ehlichen Liebe den Halß brechen will.

Bl.

Ach nein / die ehliche Liebe hat mich ge - zwungen / daß ich der Frauen bald den Arm ausgeriſſen habe.

Chriſt.

Und mich hat ſie gezwungen / daß der rechte Arm bey meiner Frauen um eine Spanne laͤnger iſt / als der lincke.

U 5Cat.
462
Cat.

Und wenn ich mich ſolte zerreiſſen laſſen / ſo thue ichs noch.

Suſ.

Vor hieß ich ein Engel / nun bin ich nicht ſo gut / daß ich das Ding angreif - fen ſoll.

Pant.

Ey was hat es vor eine Bedeutung mit dem greiffen? Das Ding muß nicht ſeyn.

Cat.

Ey wer den Qvarg nicht-verſteht / der ſoll uns ungehudelt laſſen.

Bl.

Ey Herr / ihr verſteht das Ding gar wol / ihr werdet uns nicht ablegen: Jſts recht / daß die Weiber das wunderliche Ding angreiffen ſollen?

Pant.
(erſchrickt)

Jhr Weiber / was wolt ihr? das Ding?

Bl.

Je ja bey meiner armen Treu / das Ding / wie ihrs da ſeht / das wollen die Weiber angreiffen.

Pant.

Jch kan mirs nimmermehr einbil - den / ihr Weiber / ſagt mirs doch / iſts denn wahr / habt ihr euch vor dem Din - ge nicht gefurcht?

Cat.

Je nein / was ſoll ich mich vor einen ausgeſtopten Popantze fuͤrchten?

Suſ.
463
Suſ.

Beiſt mirs einen Finger ab / was gehts einem andern an? Jſt doch der Finger meine.

Pant.

Laßt euch lieb ſeyn / daß ihr euch nicht vergriffen habt / es waͤre um euer Haab und Gut geſchehen / und von dem an - dern mag ich nicht reden.

Bl.

Hoͤreſt du das mein Schatz?

Cat.

Jch hoͤre viel Dings / es iſt deſſent - wegen nicht alles wahr.

Pant.

Jch werde es aber auch wol wiſſen: Jch bin gleichwol des Koͤniges Gehei - mer Rath / und ohne mich wird nichts vorgenommen. Wer mir an meiner Rede noch einmal zweiffelt / der ſoll mir zur Straffe das Bild angreiffen.

Bl.

O nein Herr / wir wollen gerne kein Theil an der Straffe haben / ſagt uns nur / was das Bild zu bedeuten hat.

Pant.

Jhr thummen Schelmen / ihr wißt es freylich nicht / wie lange iſts / daß euch der Koͤnig den ſchweren Zoll abgeſchaf - fet hat / und wie lange wirds noch wer - den / ſo wird kein Menſch an die Koͤnigl. Wolthat gedencken.

U 6Bl.
464
Bl.

O nein Herr / ſo boͤſe wollen wir nicht ſeyn.

Pant.

Doch kan die Vorſorge nicht ſcha - den. Und deſſentwegen hat der Koͤnig auff meinen Befehl / daß ihr es eben wißt / ſo viel ſolcher Bilder machen laſ - ſen / als Doͤrffer im Lande ſeyn: Da ſoll nun ein iedweder Dorff ein Bild davon kriegen.

Chriſt.

Je was ſollen wir aber mit dem Bilde machen?

Pant.

Was ſollen wir mit dem Bilde ma - chen. Narr laß mich ausreden / ſo wirſtu es erfahren. Das ſoll nun har - te an die Schencke geſtellet werden / und da ſollen fruͤh Morgens alle Bau - ren / zu Mittag alle Weiber / auff den Abend alle Kinder kommen und ſich vor dem Bilde neigen.

Bl.

Jch verſteh es noch nicht.

Pant.

Jhr Ochſen-Koͤpffe / wenn ihrs ver - ſtuͤndet / ſo waͤre euch mein Bericht nichts nuͤtze. Da ſolt ihr nun das Ge - bet auswendig lernen / und ſolt ſprechen: Liebes Bild ich neige mich / Zoll und Steuer fahren in dich. Drum wennihr465ihr ſo ſprechen werdet / ſo wird es euch wol einfallen / was vor eine Wolthat dem gantzen Lande wiederfahren iſt.

Bl.

Je ſo lauff ich doch flugs hin und hertze das Bild gar.

Pant.

Das ſoll dir zum S. Valten uͤbel be - kommen. Denn der Koͤnig hat dar - bey befehlen laſſen / wer nicht zum we - nigſten drey Schritte davon bleibet / dem ſoll ein Zeichen auff die Naſe ge - brannt werden / und damit ſoll er die Zeit ſeines Lebens den alten Zoll und die alte Steuer wieder geben.

Bl.

Je nein / daß ich nicht ein Narr waͤre / kan ich doch wol ſechs Schritte davon bleiben.

Chriſt.

Aber ihr Weiber geht doch hin und greifft es an.

Suſ.

Je nu mit einer Frau wirds nicht viel zu bedeuten haben. Kriegt ſie ein ſchwartz Fleckel auff die Naſe / ſo muß ſie der Mann behalten.

Pant.

Jhr Weiber / es iſt nicht ſo boͤſe ge - meynt / das ſchwartze Fleckel gehoͤrt nur vor die Maͤnner: Jhr ſollt drey - mal um das Bild herum gepeitſchetU 7wer -466werden. Wem zu rathen ſteht / dem ſteht zu helffen.

(laͤufft davon.)
Bl.

Jch werde nicht lange bey dem Bilde bleiben / doch die Ceremonie werde ich wol halten.

(neigt ſich und ſpricht)

Liebes Bild ich neige mich / Zoll und Steuer fahren in dich.

Cat.

Hertzlieber Mann / was du machſt / das thu ich auch.

(neiget ſich und ſpricht auch alſo.)
(gehn ab)
Chriſt.

Jch mach es / wie die andern / ſo fehle ich nicht.

(neiget ſich / redet und gehet ab.)
Suſ.

Wart doch / biß ich fertig werde und nehmet mich mit.

(neiget ſich und ſpricht ſo.)

Dritter Handlung Eilffter Auffzug.

    • Charlotte Louyſe
    Staats Jungfern.
  • Margaton ein Tuͤrckiſch Maͤdgen.
(Sie kom̃en heraus weil die Bau - ern die Ceremonien machen.)
Charl. 467
Charl.

Was muß doch den Bauern vor eine Andacht in die Knie-Kaͤhle gefah - ren ſeyn?

Louyſ.

Und ich moͤchte bald fragen / was iſt vor ein neuer Heiliger ins Land kom - men?

Charl.

Jch kan mich in die Ceremonien nicht finden.

Louyſ.

Und ich kan mich in das Bild nicht finden.

Charl.

Wo das Bild allen Dingen helf - fen kan / ſo moͤchte ſich der Herr Mar - ſchall auch davor neigen.

Louyſ.

Ja es ſcheint immer / als wenn er Huͤlffe beduͤrffen moͤchte.

Charl.

Wenn der Koͤnig jemanden ſtuͤr - tzen will / ſo muß es ein ſtarcker Goͤtze ſeyn / der helffen kan.

Louyſ.

Und ich dencke der Bauer-Goͤtze dort wird noch zur Zeit durch ſchlechte Wunder-Zeichen ſeyn beruͤhmt wor - den.

Charl.

Es hat ſich irgend ein Bauer ein - mahl davor geneigt / wie er ſein Pferd verlohren hat / und da er es ungefehrhat468hat wieder funden / ſo muß nun das Bild die Ehre haben.

Lonyſ.

Jch halte / man wird es wol um - ſonſt anſehen duͤrffen.

Charl.

Jch dachte / man wuͤrde ſich um - ſonſt davor neigen duͤrffen.

Louyſ.

Ach Schweſtergen / wenn er uns den rechten Galan zuweiſen wolte / wir knieten wohl gar nieder.

Charl.

O was kommen ſoll / koͤmmt doch.

Louyſ.

Und welche Jungfer warten ſoll / die muß auch dran / ſie mag ſich ſperren / wie ſie will.

Charl.

Doch wenn wir nun gleichwol gerne wiſſen wollen / was aus dem Bil - de zu machen iſt / ſo koͤnnen wir wol un - ſere Jungfer darzu brauchen. Wenn wir darzu giengen / ſo kaͤme doch wol iemand und ſpraͤche / wir haͤtten irgend ſo eine Interceſſion vor ein ehrliches Ge - mahl eingeleget.

Louyſ.

Jtem es gehet an: Margaton wo biſtu?

Marg.
(ſpringet heraus.)

Jch da bin / geh dir nicht weg.

Charl.

Hoͤre / ſieheſtu das Wunder-Ding dorte?

Marg.
469
Marg.

Jch nicht weiß / was iſt Ding Wunder.

Charl.

Geh doch hin und ſiehe darnach / ob ein Menſchen-Kind darunter ſteckt.

Marg.

Jch geh dir nicht / mag ſich drun - ter ſtecken boͤß Menſchen-Kind.

Charl.

Biſtu doch auch nicht allemahl das froͤmſte Menſchen-Kind. Geh im - mer geh / wer weiß koͤm̃t nicht gleich und gleich zuſammen.

Marg.

Das Ding geſehen habe mein Ta - ge nit.

Charl.

So kanſtu heute was neues ſehen.

Marg.

Das Schelm kan beiſſen mir Fin - ger.

Charl.

Wer fragt darnach? Wirſtu in den Finger gebiſſen / ſo will ich mich an deine Statt verbinden laſſen.

Louyſ.

Und wirſtu kranck davon / ſo will ich mich an deine ſtatt in das Bette le - gen.

Marg.

Jſt das nicht gut Manier / legen in der Bett / was machen mein Finger?

Charl.

Ey du biſt noch nicht gebiſſen / mache fort / dein Trinck-Geld ſolſtu nicht wiſſen.

Marg.
470
Marg.

Jch lieb habe der Trinck-Geld / wenn ich darff wiſſen.

Charl.

Wilſtu nicht gehen / ſo packe dich aus unſerm Geſichte.

Marg.

Seht muß dir gehen doch. Nu wer du biſt / du Ding haſt dir Fuß / du haſt dir auch Hand: ich dir ſehen muß / ob du haſt Naß und Maul.

(Sie zie - het ihm die Larve ab: er ſeufftzet.)
Marg.
(lacht)

Kom her du lieber Jung - fer / der Ding ausſieht wie mein Schatz.

Charl.

Wo es nicht anders ausſieht / ſo moͤchte ich doch wohl naͤher kommen.

Marg.

Sieh mir der Maul und der Naß / iſt bild wie mein Schatz / und in der Geſichte Fleiſch hat wie mein Schatz.

Charl.

Jch dencke / wenn es um und um koͤmmet / ſo iſt es auch dein Schatz mit Leib und Seel.

Marg.

Wolt nicht haben das Schatz in der Kleid.

Charl.

O wenn die Heyraths-Tractaten richtig ſind biß auff das Kleid / das laͤſt ſich alle Tage veraͤndern. Doch un - ſer leichtfertiger Pickelhaͤring hat ſo vertraulich mit ihm geredt / ſolte es auchmoͤglich471moͤglich ſeyn / daß er ſo ein Affen-Spiel mit ihm angefangen haͤtte?

Louyſ.

Der Schelm iſt nicht zu from dar - zu.

Charl.

Hoͤrt doch guter Freund / ſeyd ihr lebend oder todt?

Louyſ.

Wer nicht reden will / dem ſtehet nicht zu helffen.

Charl.

Jch ſehe noch wohl ein lebendiges Zeichen / ſagt mir doch / ſeyd ihr todt?

Seb.

Ach ja.

Charl.

Wo die todten Leute reden / da halten die Lebendigen nicht gerne Stand.

Louyſ.

Jhr guter Menſch iſts denn lan - ge / daß ihr geſtorben ſeyd?

Seb.

Ach nein.

Charl.

Woran ſeyd ihr denn geſtorben? Jhr koͤnts uns wohl vertrauen.

Louyſ.

Jch daͤchte / wenn mich ſo gute Freunde fragten / ich muͤſte reden / und wenn ich zehen mahl geſtorben waͤre.

Seb.

Unſer Reden kan uns ſchaͤdlich ſeyn.

Charl.
(Reiſt ihm den Plunder vom Leibe / daß man den lebhafften Spanier hervor jucken ſiehet)
Charl.
472
Charl.

Jhr Phantaſte / wenn ihr unſere Jungfer haben wolt / ſo muͤſt ihr euch andere Leute nicht ſo vexiren laſſen. Es nimmt mich Wunder / daß nicht etli - che Schock Jungen um euch herum lauffen / darnach ſolte es dem Koͤnigl. Hoffe eine ſchoͤne Ehre ſeyn / und denckt ihr denn / daß unſere Jungfer ſoll einen Narren nehmen?

Seb.

Wir laſſen uns keinen Schirrmei - ſter im Leibe wachſen.

Charl.

Margator, dein Schatz iſt nicht klug.

Seb.

Etwas deutlicher zu reden / wir moͤ - gen die Jungfer nicht haben.

Marg.

Du mir haben wilt nit / du an mir werden Schelm.

Seb.

Wir koͤnnen nicht davor / wir haben geſchworen.

Charl.

Das iſt ein laͤcherlich Thun / wenn ein Kerl von ſeiner Courteſie ſo loß kom - men kan / wenn er ſchweren will / ſo wird eine ſchreckliche confuſion in der Welt werden. Wir werden zu Hoffe die Urſache wiſſen wollen / warum unſer Maͤdgen geſchimpffet wird.

Seb.
473
Seb.

Wir ſollen ohne dem ſterben / drum haben wir unſerm Wolthaͤter die Lieb - ſte uͤberlaſſen / der uns aus der Noth helffen kan.

Charl.

Wer iſt dieſer maͤchtige Wolthaͤ - ter?

Seb.

Unſer Hertzens-Freund Pantagruel, der uns vor des Koͤnigs Zorne verbor - gen hat.

Charl.

Das dacht ich bald / guter Freund kommt nur mit / der Schimpff gehet euch nicht an / er betrifft unſere Jungfer: Wir wollen den Schelmen wieder be - zahlen / daß er an den Poſſen gedencken ſoll.

Marg.

Komm du Schatz / das Schelm Pickelhaͤring kein Theil hat an mir.

(Sie fuͤhren ihm ab.)

Dritter Handlung Zwoͤlffter Auffzug.

    • Themines Salignac Force
    Birons Anverwandte.
Forc.

Wo iſt der Herr Marſchall?

Them.
474
Them.

Er hat ſich bey dem Koͤnige auff - gehalten.

Force.

Jſt er noch zu Hoffe?

Them.

Nein / er befindet ſich beym Graffen von Soiſſons.

Forc.

Doch was kunte man aus ſeiner Mi - ne mercken?

Them.

Das Geſpraͤche muſte ſehr gluͤck - lich abgelauffen ſeyn: Denn er war - ber die maſſen freundlich.

Forc.

Die Freundligkeit / die man offter - mahls bey einem Koͤnige hohlet / hat ein heimliches Gifft verborgen.

Them.

Jch rede / was ich aus der euſerli - chen Geſtalt habe urtheilen koͤñen: Jm uͤbrigen lebe ich doch in Sorgen / und halte diß vor die groͤſte Klugheit / wenn man ſich auch bey heitern Himmel ei - nes unverhofften Donnerſchlages be - fahret.

Sal.

Der Hochwertheſte Herr Vetter hatte zwey Wege vor ſich: Erſtlich kunte er wohl Urſachen erdencken / war - um er ſeine Ankunfft haͤtte auffſchieben muͤſſen. Nun iſt kein ander Weg / als daß er auff ſeine Unſchuld trotzet.

The -
475
Themines
(trit ein wenig auff die Sei - te)
Forc.

Wir wollen uns gerne zum Zeug - niſſe gebrauchen laſſen. Denn ſo wahr als mir die Ehre meines Geſchlechtes angelegen iſt / ſo wahr kan ich auch be - zeugen / daß ich das Haupt unſers Ge - ſchlechtes von aller unrittermaͤßigen Untugend freyſprechen muß.

Sal

Der Neid iſt gewaltig / und die Koͤ - nigin iſt einmahl zur heimlichen Ungna - de beweget / ſind das nicht Donner - ſchlaͤge genung / die einen Cavallier ſtuͤrtzen koͤnnen?

Forc.

Und waͤre dieſes nicht ein Schlag / den unſere gantze Familie beweinen muͤ - ſte?

Sal.

Der Graff von Soiſſons iſt eines red - lichen Gemuͤths / ſo viel ich ſchlieſſen kan / ſo wird er an keinem unangeneh - men Orte die Abendmahlzeit halten.

Forc.

Wir koͤnnen nichts thun / als daß wir den Ausgang in ſtiller Hoffnung erwarten.

Them.
(koͤm̃t wieder.)

Meine Herren / gleich itzo vernehme ich eine neue Zei -tung476tung. Der Herr Marſchall iſt nach ei - ner kurtzen Abendmahlzeit bald wie - der zum Koͤnige gefodert worden.

Sal.

Wer hat es geſehen?

Them.

Es iſt ein guter Freund / dem hat - te ich Ordre gegeben / in allen Dingen attent zu ſeyn / und dieſer ſagte / er waͤ - re deßwegen verlanget worden / weil die Koͤnigin Belieben haͤtte / eins in der Karte mit ihm zuſpielen.

Forc.

Die Koͤnigin? Ach das wird ein gefaͤhrliches Spiel ſeyn!

Sal.

Oder ſie wiꝛd den Cavallier verſoͤhnen / welchen ſie bißhero beſchuldiget hat.

Forc.

Gott mache meine Sorgen zur Un - warheit / der liebe Herr iſt in des Koͤni - ges Gewalt.

Sal.

Und wofern etwas beſchloſſen wird / ſo kan ihm der Koͤnig nicht helffen.

Them.

Jch habe Anſtalt gemacht / daß auff allen Fall der gute Freund uns mit der neuen Zeitung nicht vergeſſen ſoll.

(gehen ab.)
Drit -477

Dritter Handlung Dreyzehender Auffzug.

  • Henricus der Koͤnig.
    • Villeroy Sillery Harlay, Præſident im Parlament.
    Geheime Raͤthe.
Henr.

Jhr wiſſet den Verlauff der Sa - che: Nun ſteht es bey euch / ob ihr eu - rem Koͤnige mit redlichen Gewiſſen rathet / was zu thun iſt.

Vill.

Monſieur Biron hat die Gnaden-Zeit verſchlaffen / er wird nunmehro derſel - ben unwuͤrdig ſeyn.

Sill.

Ew. Maj haben alſo zu reden einen Exceſs dero unvergleichlichen Clemenz gethan / nun geſchieht ihm nicht un - recht / wenn er einen Exceſs in der Straf - fe tragen muß.

Harl.

Wer ein Verraͤther iſt / der hat groſ - ſe Suͤnde begangen. Doch wer die Schuld unverſchaͤmt leugnen will / der hat die Suͤnde verdoppelt.

Vill.

Es iſt viel / wenn ein Boßhafftiger auff ſeine Unſchuld trotzet.

XSill.
478
Sill.

Es iſt gefaͤhrlich / wenn ein Verraͤ - ther ſein Gewiſſen verachten kan.

Harl.

Es iſt viel / wenn ein Menſch Gnade bedarff / und gleichwohl die Gnade von ſich ſtoͤſt.

Vill.

Wer die Verraͤtherey noch nicht be - kennet / dem iſt ſie noch nicht leid.

Sill.

Und wem ſie noch nicht leid iſt / der hat willens ſein boßhafftiges Werck noch auszufuͤhren.

Harl.

Und wer einen ſolchen Verraͤther nicht mit Gewalt verhindert / der iſt ge - gen das gantze Koͤnigreich unbarmher - tzig.

Vill.

Er iſt nicht werth / daß er noch einen Augenblick aus dem Gefaͤngniß bleiben ſoll.

Sill.

Er iſt nicht werth / daß er in ſeinem Hertzen unſre Einfalt noch einen Au - genblick verſpotten ſoll.

Harl.

Er iſt nicht werth / daß er durch ſei - ne Gegenwart die Koͤnigl. Reſidenz be - ſchimpffen ſoll.

Henr.

Jhr habt Recht. Der Verraͤ - ther iſt bey unſerer Gemahlin / und thut ein Spiel / welches vielleicht in ſeinemLeben479Leben das letzte ſeyn ſoll. Verlaſſet uns / und gebt dem Hauptmanne von der Garde in unſern Nahmen Ordre, daß er den Marſchall / wenn er ſich aus dem Gemache begeben wird / in Verhafft nehmen ſoll.

Vill.

Ew. Koͤnigl. Majeſt. werden hier - mit das Lob einer Koͤniglichen Gerech - tigkeit beſtaͤttigen.

Sill.

Die untreuen Gemuͤther werden ſich dieſen Fall zum Exempel dienen laſſen.

Harl.

Und alle Welt wird das Zeugniß geben / daß der Himmel vor die Wohl - fahrt Ew. Maj. Sorge getragen hat!

(gehen ab.)

Dritter Handlung Vierzehender Auffzug.

Henricus der Koͤnig. Maria deſſen Gemahlin. Biron der Marſchall.
Henr.

Wie ſchwer wird es einem Koͤnige / der ſeine Gnade mittheilen wolte / gleichwohl aber ſich benoͤthiget befindetX 2die480die ſtrenge Gerechtigkeit zu ergreiffen. Der verſtockte Verraͤther iſt dreymahl nacheinander mit ſehnlichen. Worten von uns befraget worden / mit ausdruͤck - iicher Bedingung / daß ihm ein auffrich - liges Bekaͤntniß zu keinen Schaden ge - reichen ſoll. Der Graff von Soiſsons hat auch dergleichen gethan / und hat ihm vorgeſtellt / daß der Zorn des Koͤ - niges ein Verboth des Todes ſey. Doch das Ungluͤck / das uͤber ihn beſchloſſen iſt / macht ihn hartnaͤckicht / daß er auch wider unſern Willen ſeinen Unter - gang ſuchen muß.

(Die mittelſte Scene zeucht ſich auff / die Koͤnigin ſitzt an einem Tiſche: Biron ſteht davor / ein Page miſcht die Karte / ſie ſpielen. Der Koͤnig ſieht eine Weile zu.)
Henr.

Herr Marſchall / was haben ſie vor einen Zeit-Vertreib.

Bir.
(koͤmmt heraus gelauffen)

Ein Spiel Jhro Maj.

Henr.

Wir haben auch ein Spiel / das wollen wir bald gewinnen.

Bir.

Haben Jh. Maj. ſonſt was zu befehlen?

Henr.
481
Henr.

Hier iſt ein Zimmer / da eine Koͤ - nigin zu befehlen hat / derſelben wollen wir nichts vorſchreiben. Adjeu Baron

Biron.
(geht ab.)
Bir.
(ad Spect.)

Was iſt das / hat der Koͤ - nig vergeſſen / daß ich ein Marſchall bin? Soll ich ſo niedrig werden / und nicht mehr als ein Baron bedeuten? Ach ich fuͤrchte mich vor meinem Untergange.

Mar.

Beliebt dem Herrn Marſchall nicht das Spiel zu vollfuͤhren?

Bir.

Ew. Maj. haben zu ſchaffen.

(Sie ſpielen / die Koͤnigin gewinnt.)
Mar.

Der Herr Marſchall iſt hoͤfflich und uͤberlaͤſt uns das Gluͤcke.

Bir.

Das Gluͤcke iſt ſcharffſichtig / es weiß den Ausgang nach den meriten zu ur - theilen.

Mar.

Der Herr Marſchall habe Danck vor dieſen Zeit-Vertreib.

Bir.

Und Ew. Maj. allerunterthaͤnigſten Danck vor ihre hohe Gnade.

(Er ge - het heraus / die Scene faͤllt zu.)
X 3Drit -482

Dritter Handlung Funffzehender Auffzug.

Biron der Marſchall. Vitry, Capitain uͤber die Garde / mit etlichen Soldaten.
Biron.

So werd ich nun in Furcht und Zweiffel gelaſſen. Der Koͤnig gedach - te an ein Spiel / darinnen er gewinnen wolte. Solte wol mein Gluͤcke zum Gewinſte ausgeſetzet ſeyn? Solte wol der Titul des Marſchalls allbereit ver - ſpielet ſeyn? Ach warum hab ich der an - gebothenen Gnade nicht trauen koͤnnen! Doch warum ſoll ich ſolches thun? Die geſchriebenen Zeugniſſe ſind alle verbrandt. Der beſte Zeuge ſitzt in Sa - voyen gefangen: Laffin hat mich ſeiner Treu nochmahls verſichert. Will der Koͤnig etwas verſuchen / ſo mag er zu - ſehen / daß er ſich an meiner Unſchuld nicht verbrennen darff.

Vitr.

Mein Herr Marſchall / ein Wort.

Bir.

Ein guter Freund hat Macht mehr als um ein Wort zu bitten.

Vitr.
483
Vitr.

Jch habe nicht Gelegenheit zu bit - ten / ich begehre etwas.

Bir.

Auch hierinnen kan ich einem Freun - de willfahren / wenn er etwas begehret.

Vitr.

Jm Nahmen Jhr Koͤnigl. Maj. begehre ich ſeinen Degen.

Bir.

Den Degen / mein Herr Hauptmañ?

Vitr.

Wer im Nahmen des Koͤniges re - det / der laͤßt ſich nicht zum andern mahl fragen.

Bir.

Den Degen / der ſo vielmahl des Va - terlandes Wolfahrt erworben hat? Wollen Jhro Maj. etwan die Bluts - Tropffen zehlen / welche von dleſer Klin - ge ſind abgewiſchet worden?

Vitr.

Jch habe keine Ordre hierauff zu antworten: Der Herr Marſchall ſtel - le mir den Degen zu / er iſt mein Gefan - gener.

Bir.

Bin ich ein Gefangener / ſo mag mich der Degen auch in das Gefaͤngniß be - gleiten.

Vitr.

Der Herr Marſchall ſchone ſeiner ſelbſt / und widerſetze ſich der Gewalt nicht.

Bir.

Ach du rechtſchaffener Degen / duX 4biſt484biſt noch von keinem wider meinen Wil - len angeruͤhret worden / ich wolte dich auch nochmals wider allen Anfall maͤch - tig genung beſchuͤtzen. Doch weil ich mich dem Koͤnige unterwerffen muß / ſo magſtu auch gehorſam ſeyn. Du haſt den Ruhm unter allen Degen in Franckreich / aber das iſt dein Ungluͤck / daß ich dich einen Tag zu lange gefuͤhret habe.

Vitr.

Der Herr Marſchall wird mir fol - gen.

Bir.

Es iſt das erſte mahl / daß ich mich ei - nem ſolchen Zwange gedultig unter - werffen muß.

Vitr.

Und es iſt meine Schuldigkeit / daß ich die genaue Ordre vollziehen muß.

Vierdter Handlung Erſter Auffzug.

Henricus der Koͤnig. Villeroy Geheimer Rath. Soiſſons ein Hertzog. Force, Salignac, Themines Birons An - verwandte auff den Knien.
Henr. 485
Henr.

Steht auff / eure Perſonen ſind vor unſern Augen ſo geringe nicht / daß wir ſolche Niedrigkeit von euch fodern.

Forc.

Ew. Maj. laſſen uns die Gnade ge - nieſſen / daß wir die Seufftzer und die Thraͤnen bey dero Knien auffopffern.

Sal.

Ew. Maj. haben uns in unſerer Fa - milie ſonſten geruͤhmet / daß wir ſo viel gelten als hundert tauſend Soldaten: Nunmehr werden ſie auch mehr als hundert tauſend Thraͤnen nicht gantz ohne Wirckung laſſen.

Henr.

Wer ſich hundert tauſendmahl ge - gen das Koͤnigreich verdienet / der ſoll auch hundert tauſendfachen Danck zu gewarten haben.

Forc.

Ach ſoll der Marſchall von Biron ver - ſtoſſen ſeyn?

Sal.

Und ſoll die Hoffnung aller Gnade bey ihm verſchwunden ſeyn?

Henr.

Monſ. Biron mag es verantwor - ten / daß er die angebothene Gnade von ſich geſtoſſen hat.

Forc.

Ew. Maj. ſind auff den Koͤniglichen Thron erhoben worden.

X 5Sal.
486
Sal.

Und GOtt hat dieſes hohe Werck allein gethan.

Henr.

Ja freylich hat kein Menſch mit ſei - nen Kraͤfften etwas contribuiret.

Forc.

Alſo wollen wir auch einige Gott - heit in dero Majeſtaͤt veneriren.

Sal.

Und weil GOtt nichts an ſich hat / als Gnade und Barmhertzigkeit / ſo wollen wir auch allhier zu dieſer recht Goͤttli - chen Eigenſchafft die Zuflucht nehmen.

Henr.

Wenn ein Koͤnig die Barmhertzig - keit erweiſen will / ſo muß dieſes Exem - pel nicht hundert tauſend andern zur Un - barmhertzigkeit werden.

Forc.

Doch wir wollen hundert tauſend Perſonen zuſammen bringen.

Sal.

Die ſollen insgeſamt um Gnade bit - ten.

Henr.

Das gegenwaͤrtige Verbrechen iſt ſo bewandt / daß auch Vater und Sohn zur Interceſſion ſchwerlich ge - laſſen werden.

Forc.

Es ſey alſo / er werde in einem im - merwaͤhrenden Gefaͤngniſſe gelaſſen / und auffgehalten.

Sal.

Es geſchehe der Gerechtigkeit eine gnaͤdige Satisfaction.

Forc.
487
Forc.

Es iſt eine Hitze geweſen / die von ſich ſelbſt verflogen iſt.

Sal.

Eine Eitelkeit / die er ſelbſt bereuet hat.

Forc.

Daran frembde Perſonen die mei - ſte Schuld haben.

Sal.

Und die er allbereit durch ſeine Treu verbeſſert hat.

Henr.

Das Werck iſt dem Gerichte - bergeben: Koͤnnt ihr etwas zu ſeiner defenſion beytragen / ſo habt ihr Zeit. Doch wo der Außſpruch einmahl erge - het / daß die Majeſtaͤt beleidiget wor - den / ſo iſt hernach alle Hoffnung ver - gebens / und wenn der Koͤnig vor ihn intercediren wolte.

Forc.

Sollen aber die Unſchuldigen durch dieſes Urtheil verdammet werden?

Sal.

Und ſoll das gantze Geſchlecht unter dieſem Macul verdunckeln?

Henr.

Die Straffe geht auff die Perſon / welche geſuͤndiget hat: Seyd ihr dem Koͤnige treu geweſen / ſo wird eurem Glantze dardurch nichts benommen ſeyn.

Forc.

Es heiſt doch: Biron hat einen ſchaͤndlichen Tod erlitten.

X 6Sal.
488
Sal.

Und das Blut wird allen Anver - wandten in die Augen ſpritzen.

Henr.

Eitle Gedancken! Wird das Ge - ſchlechte durch ſeine Untreu nicht beſchaͤ - met / ſo wird auch die Straffe keine fer - nere Schande mit ſich bringen. Wir haben ſelbſt aus unſern Vorfahren ſol - che Perſonen / welchen das Schwerdt nahe kommen iſt. Unſers Herrn Va - ters Herr Bruder Printz Condé wuͤrde gewiß den Kopff nicht behalten haben / wenn Koͤnig Franz nur einen Tag laͤn - ger haͤtte leben ſollen. Allein ſolte uns iemand die renomee deſſentwegen di - ſputirlich machen?

Forc.

Ach wir haben uns zu reden erkuͤh - net / er hat im Willen geſuͤndiget / nicht in der That.

Sal.

Und vielleicht wird auch der Wille noch vielfaͤltig zu entſchuldigen ſeyn.

Henr.

Es iſt uns leider als euch / daß ſo ein qvalificirter Mann ſo eine Faute mit ſeinem Willen begangen hat.

Forc.

Die Faute wird von ihm bereuet.

Sal.

Und von allen Anverwandten in tieff - ſter Demuth beweinet.

Henr.
489
Henr.

Steht auff. Wer in dem Begeh - ren kein Ende macht / der will den Koͤ - nig reformiren. Wer es mit dem itzi - gen Zuſtande treulich meynet / der ſoll ſich ſelber dazu bekennen / daß er die Verraͤtherey verfolgen will.

(Sie ſte - hen auff.)
Forc.

Allergnaͤdigſter Koͤnig / ſo ergehe die Gerechtigkeit. Das wird dennoch in der hoͤchſten Schande ſein Troſt ſeyn / daß wider die geheiligte Perſon / Ew. Maj. nichts iſt vorgenommen worden.

Henr.

Machts / ſo gut ihr koͤñt / es ſoll uns lieb ſeyn / wenn uns einige raiſon zur Gnade gewieſen wird.

(Gehet ab.)
Forc.
(ad Spect.)

Ach weh! das Verbre - chen muß grauſamer ſeyn / als wir den - cken / weil die Gnaden-Thuͤre ſo ver - ſchloſſen wird.

geht ab.)
Sal.

Wir haben nun kein Mittel wider die Schande / die unſern Ruhm verfin - ſtern wird.

Them.

Jch habe nur in ſtillen Seufftzern intercediret / ſo iſt mir vor meine Per - ſon keine oͤffentliche Bitte verſaget wor - den. Und ſo wenig ich von dem AlterX 7ver -490verhindert werde / meinen Auffenthalt in der weiten Welt zu ſuchen / deſto we - niger werde ich Belieben haben kuͤnffti - ger Zeit in dieſem unbarmhertzigen Koͤ - nigreiche zu wohnen.

(geht ab.)

Vierdter Handlung Anderer Auffzug.

Villeroy ein Geheimer Rath. Soiſſons ein Hertzog. Harlay Præſident im Parlament. Arnoux ein Prieſter.
Vill.

Die ehrlichen Leute haͤtten ihre Worte ſparen moͤgen.

Soiſs.

Das Verbrechen iſt zu groß / wer ſich ſelbſt als einen Feind des Staats und des Koͤniges erklaͤret / der kan auff allen Seiten nichts anders hoffen als Feindſchafft.

Vill.

Das iſt wahr / ſie wuſten nicht / was ſie bathen / ſie werden ſich auch nicht ein - bilden koͤnnen / daß alle documenta in unſern Haͤnden ſo klar ſind.

Soiſs.

Der gute Marſchall glaubt es ſelber nicht / doch verlangt mich bald zu erfah -ren /491ren / was die Deputirten in der Baſtille werden ausgerichtet haben.

Vill.

Jch wolte mich was groſſes verwet - ten / der Hochmuth wird ſo tieff herun - ter gefallen ſeyn / daß er ſich numehr nicht ſcheuen wird oͤffentlich um Gnade zu bitten.

Soiſs.

Solte das moͤglich ſeyn?

Vill.

Nicht allein moͤglich / ſondern mehr als zu glaͤublich.

Soiſs.

Der Hochmuth ſcheuet ſich vor der Erniedrigung. (ſieht.

Vill.

So lange er ein ander Mittel vor ſich

Soiſs.

Doch dieſes iſt kein Mittel groß zu werden.

Vill.

Aber wol ein Zeichen der Verzweif - felung / daß man die Hoheit am unrech - ten Orte geſuchet hat.

(Harlay und Arnoux kommen.)
Soiſs.

Wir duͤrffen uns nicht mit bloſſen Muthmaſſungen behelffen. Hier kom - men Perſonen / welche nothwendig was gewiſſes erzehlen koͤnnen.

Harl.

Ach warum kan doch ein Menſch ſo trotzig ſeyn? Da er ſich gegen alle Stuͤrme des Ungluͤcks nicht verſichern kan.

Vill.
492
Vill.

Wohin zielen die Worte?

Harl.

Auff den ungluͤckſeligen Biron, er iſt verhoͤret worden.

Vill.

Und da wird es ihm an Verantwor - tung nicht gemangelt haben.

Harl.

Es iſt noch in generalibus verblieben / wofern es zu der recognition kommen ſoll / ſo wird ihm ſeine Hand doppelt verdammen.

Vill.

Er hat den Koͤnig doppelt deleidiget.

Harl.

Und ietzo wird er wuͤnſchen / daß er mit einer demuͤthigen Erkaͤntniß waͤre zuvor kommen.

Vill.

Jſt ihm Monſieur Laffin vorgeſtellet worden?

Harl.

Er weiß ſelber noch nicht / ob er ihn entſchuldigen oder verfluchen ſoll: Doch aus den Brieffen wird er leicht erken - nen / was vor einem Freunde ſeine Wolfarth iſt vertrauet worden.

Soiſs.

Doch der Herr Pater wird uns noch mehr Specialia koͤnnen zu wiſſen thun.

Harl.

Es iſt wahr / ſie haben ſich lange Zeit bey einander auffgehalten / und wo es keine Beichte geweſen iſt / ſo wirdman493man ſeines Hertzens Grund nirgend beſſer zu erkennen haben.

Arn.

Was er mir auff das Prieſterliche Gewiſſen geleget hat / das ſoll auch in einem ewigen Stillſchweigen vergra - ben ſeyn. Doch in einer Sache hat er mich gebeten bey Jhrer Maj. zu inter - cediren.

Soiſs.

Die Interceſſion moͤchte zu langſam kommen.

Arn.

Es iſt ihm hertzlich leid / daß er die gnaͤdigſte Frage des Koͤniges nicht beſ - ſer beantwortet hat: Doch die Schuld legt er auff einen Moͤnch.

Soiſs.

Was hat der Moͤnch darbey zu thun?

Arn.

Er ſpricht / das gantze Geheinmiß ſey einem Moͤnche in der Beichte vertrauet worden / der haͤtte ihm volle Vergebung verſprochen / darneben auch ausdruͤck - lich verbothen / daß er ſolches als eine ungeſchehene Sache numehr auff ewig leugnen ſolte.

Soiſs.

Der gute Moͤnch hat die Graͤntzen ſeiner Gewalt uͤberſchritten.

Arn.

Jch hab ihm alles remonſtriret / undda494da er ſich numehr eines beſſern beſon - nen hat / moͤchte er wol wuͤnſchen in ei - nem Stande zu ſeyn / da ſein Bekaͤnt - niß etwas zur Begnadigung dienen koͤnte.

Soiſs.

Die Gelegenheit koͤmmt auff der Welt nicht zweymal.

Arn.

Jmmittelſt giebt es ihm einen Troſt / wenn er ſich Jhrer Maj. nur in etwas entſchuldigen ſoll.

Soiſs.

Ein iedweder thue / was er kan: Doch ich fuͤrchte / der Koͤnig hat den Schluß bey ſich ſchon abgefaßt / ehe das Parlament ein Urtheil ſprechen wird.

(Die mittelſte Scene eroͤffnet ſich / ſie erſchreck en gleichſam und ziehen ſich in die Scenen hinein.)

Vierdter Handlung Dritter Auffzug.

  • Maria die Koͤnigin.
    • Charlotte Louyſe
    Staats Jungfern.
  • Renez, Birons kleiner Vetter.
Mar. 495
Mar.

Jhr werdet uns nicht halten.

Ren.

Jch halte ſo lange / biß ich einen Gna - denblick habe.

Mar.

Die Gnadenblicke gehoͤren vor den Koͤnig.

Ren.

Und vor die jenige / welche des Koͤni - ges Hertze durch Vorbitten bewegen kan.

Mar.

Eine Koͤnigin ſoll ſich auch ſchaͤmen Vorbitte zu thun.

Ren.

Ach das iſt die hoͤchſte Tugend.

Mar.

Hat iemand geſuͤndiget / ſo wird die Tugend mehr dem Richter als dem Beklagten helffen.

Ren.

Ach es ſind zwey Wege / Gerechtig - keit und Gnade.

Mar.

Das iſt bekandt / allein mit dieſem Vorbehalt: Die Boßhafftigen em - pfinden die Gerechtigkeit / die Unſchul - digen haben Gnade.

Ren.

Ach hier lieg ich / wenn ich oben nicht kan gehoͤrt werden / ſo will ich meine Klage bey Ew. Maj. Fuͤſſen ausſchuͤt - ten. Ach hat meine Jugend kein Mit - leiden verdienet?

Mar.

Was geht euch unſer Mitleiden an.

Ren.
496
Ren.

Weil ich einen Schimpff bey meinem Anverwandten erleben ſoll / der mich und meinen Adel zu Boden druͤcken wird.

Mar.

Lieber Sohn / euch wird niemand ſchimpffen.

Ren.

Doch meine Thraͤnen machen mirs wol bekandt / was ich und mein Ge - ſchlechte fuͤrchten muß. Ach allergnaͤ - digſte Koͤnigin!

Mar.

Bittet doch die Gnade vor eure Per - ſon: Jhr ſolt Gnade haben / wenn ihr euren loͤblichen Vorfahren werdet aͤhn - lich ſeyn.

Ren.

Wo mir die Gnade verſaget wird / ſo bin ich zugleich verdorben.

Mar.

Steht doch auff / das Widerſpiel ſoll euch erwieſen werden.

Ren.

Hier will ich liegen und ſterben.

Mar.

Wenn ihr ſterben wolt / ſo muͤſt ihr wiſſen / daß ich mich vor ſterbenden Leu - ten entſetze.

(macht ſich loß und geht davon.)
Charl.

So iſt es gleichwol beſchloſſen / daß ihr nun eben auff dem Plaͤtzgen ſterben wolt?

Louyſ.
497
Louyſ.

Und laßt ihr niemanden holen / der euch zu guter letzt ein Sterbe-Lied ſin - gen kan.

Charl.

Das muß Hertzens-Angſt ſeyn / wenn iemand ſterben will und kan nicht.

Louyſ.

Sonderlich wenn die Nachbarn ſo uͤbel gerathen / daß niemand klaͤglich thut.

Charl.

Biß ans Knie mag ihm der Tod wol kommen ſeyn: Denn es fehlet ihm ſchon was in den Beinen.

Louyſ.

Ach nein / der Tod ſitzt ihm im Kopffe: Denn er thut uns einen Fuß - fall.

Ren.
(ſteht auff)

Jch bin der Koͤnigin zu Fuſſe gefallen.

Charl.

Aber wir haben die Ehre genoſſen.

Louyſ.

Und ich werde mir was vor 18. Pfennige darauff einbilden.

Ren.

Jch werde geſchimpfft / keinen Men - ſchen darff ichs klagen. Doch ſo viel kan ich thun / ich wills nicht vergeſſen.

Charl.

Wo ich das Wort noch einmal hoͤre / ſo wirds mir leid.

Louyſ.

Ja des lieben Vergeſſens wegen iſtmirs498mirs leid / daß ichs nicht aͤrger gemacht habe.

Ren.
(ad ſpect.)

O daß ich nicht ſoll / wie ich will.

Charl.

Du gutes Kind / es iſt nicht Mode beym Frauenzim̃er / da ſoll man nicht / wie man will.

Ren.

Jch wolte weiſen / daß ich mir was einbilde.

Louyſ.

Jch ſag es mein Lebtage / wer ſich was einbilden will / der bilde ſich was rechtes ein: Denn die Muͤhe iſt doch einerley.

Ren.

Doch was will ich machen? Jch bin ein Mann / an ſolchem Volcke erlange ich keine Ehre.

(geht ab.)
Charl.

Ey Schweſtergen / war das ein Mann? Jch habe mein Tage ſo viel von Maͤnnern gehoͤret / Gott Lob und Danck / daß ich auch einmal eine Ab - ſchrifft davon zu ſehen kriege.

Louyſ.

Ja es war eine Abſchrifft nach dem verjuͤngten Maßſtabe.

Charl.

Jch dencke / wenn er wird zum Manne werden / ſo wollen wir ſchon verthan ſeyn.

Louyſ.
499
Louyſ.

Doch wir muͤſſen auch unſern Pi - ckelhering nicht vergeſſen / der leichtfer - tige Vogel muß bezahlet werden.

Charl.

Es iſt ſchon davor geſorgt; Dem guten Menſchen ſoll die Commiſſion auffgetragen werden.

Vierdter Handlung Vierdter Auffzug.

    • Charlotte Louyſe
    Staats Jungfern.
  • Denis ein Bedienter am Hoffe.
Den.

Jch bin gar ein geſchwinder Bothe / ich haͤtte eher kommen ſollen. Doch wer ſich an einem Orte auffhalten muß / der koͤmmt gewiß am andern Orte zu langſam.

Charl.

Man ſieht doch was zur Klugheit gebohren iſt / es bricht alles in klugen Diſcurſen aus.

Den.

Wo ich deßwegen herkommen ſoll / daß ich mich vexiꝛen laſſe / ſo bin ich noch zu zeitlich kommen.

Charl.

Gebet euch zu frieden: Wenn ſichgute500gute Freunde vexiren / ſo haben ſie ein - ander am liebſten.

Den.

Wo das wahr iſt / ſo geh ich noch heute zur Jungfer / und bitte ſie / ſo ſehr ich kan / ſie ſoll mich doch brave vexiren.

Charl.

Die Vexirerey muß frey und un - gebeten ſeyn.

Den.

So werd ich mich zu einer ungebete - nen Vexirerey recommendiren muͤſſen. Doch haben ſie nichts mehr zu geden - cken als dieſes?

Charl.

Jhr loſes Menſch / ihr laßt uns nicht Zeit.

Den.

Jch will gerne in meinem Gehorſam geſchwinde ſeyn: So bin ich was ver - drießlich / wenn der Befehl zu langſam koͤmmt.

Charl.

Ach hoͤrt nur / der leichtfertige Pi - ckelhering hat unſern Spagniol ſo laͤ - cherlich vexiret: Jſts nicht moͤglich / daß er bezahlet wird?

Louyſ.

Seht doch / daß ihr ihn koͤnt in ei - nen Sack ſtecken.

Charl.

Oder beredt ihn / er iſt geſtorben.

Louyſ.

Oder ſprecht / es laͤßt ihn eine Jung - fer verklagen.

Charl.
501
Charl.

Oder ſprecht die Spitzbuben ha - ben auff ihn bekant.

Louyſ.

Ach hoͤrt / er muß recht vexirt wer - den.

Charl.

Es wird euch wol was artiges ein - fallen.

(Jn wehrenden Reden zerrt ihn eine iedwede zu ſich.)
Den.
(ad ſpect.)

Sind das nicht Schna - der-Gaͤnſe? Wenn ich noch zwey paar beyſammen haͤtte / ſo waͤre der Jahr - marckt fertig.

(Sie zerren ihn wieder / und ſchreyen zuſammen.)

Habt ihrs gehoͤrt / wir laſſen euch nicht gehen / ihr muͤſt was ausdencken; Wo der Poſſen gut von ſtatten geht / ſo wirds der Koͤnigin ſelber lieb ſeyn.

Den.

Was duͤrffen wir uns lange den Kopff zerbrechen? Kriegt Pickelherin - gen rauß / und zerret ihn ſo lange als mich / ſo wird er ſchon bezahlet ſeyn.

Charl.

Je nu / ihr ſolt ſehen / daß uns was dar an gelegen iſt.

Den.

So thun ſie nur nichts / das mir un - gelegen iſt: Der Poſſen iſt ſchon fer - tig.

Y(Sie502
(Sie zerren ihn und ſchreyen)

Ey ſagts doch / ihr ſeyd auch huͤbſch / ihr ſolt einen ſtattlichen recompens davon kriegen.

Den.

Sie zerren mich nur noch einmal / ſo hab ich alles wieder vergeſſen.

Louyſ.

Nun wir wollen es bleiben laſſen / ſagt es nur.

Den.

Jch will gute Freunde zuſammen kriegen / die ſollen ein recht Parlament formiren / darinnen ſoll Pickelhering verklagt werden / als wenn er wider den Marſchall gezeuget haͤtte / und da wollen wir ihn hengen laſſen / wo der Spanier nicht vor ihn intercediret. Was gilts / er ſoll ihm die Frau contra abſchweren. Sie haben ſich darauff zu verlaſſen / daß ichs ſo machen werde.

(laͤufft davon.)
Charl.

Das wuſte ich wol / daß er in ſei - nem Kopffe immer was zum beſten haͤtte.

Louyſ.

Und das weiß ich wol / daß ich mir bey der Comœdie eine Stelle werde ausbitten / da ich zuſehen kan.

(Gehen ab.)
Vierdter503

Vierdter Handlung Fuͤnffter Auffzug.

  • Delux, Birons Confident.
  • Vitry, Capitain uͤber die Garde.
    • Ambroiſe Gautier
    Soldaten.
Del.

Monſieur hat meinen Worten zu trauen.

Vitr.

Und ich kan mich nicht genung ver - wundern.

Del.

So erfaͤhrt man in der Welt nichts als Veraͤnderung.

Vitr.

Der ſtoltze Marſchall ſoll ſich alſo demuͤthigen.

Del.

Die Schrifft iſt dem Koͤnige einge - haͤndiget / er bekennet ſein Verbrechen / und bittet / wenn er ja mit einer gerech - ten Straffe ſolte angeſehen werden / ſo moͤchte es bey einem ewigen Gefaͤng - niße bleiben.

Vitr.

Der trotzige Geiſt / welchem das Koͤ - nigreich zu enge war / ſoll ſich nun zu einer Gefaͤngniß anbieten.

Del.

Oder wenn auch dieſes dem KoͤnigeY 2nicht504nicht anſtaͤndig ſeyn ſolte / daß er ſo eine Tapfferkeit koͤnte vermodern laſſen / ſo will er als ein Volontier wider den Tuͤrcken in Ungern gehen.

Vitr.

Das war ein artiger Vorſchlag / er hat ſich ohne dem mit der affection ge - gen das Hauß Oeſterreich ziemlich bloß gegeben / er darff ſich deßwegen um kei - ne Licentz bewegen / daß er in Ungern reiſet.

Del.

So weit iſt er gebracht worden / daß er ſich einmahl vor ſchuldig erkennt.

Vitr.

Jch geſtehe es / ich habe meine Ge - dancken darbey / mich duͤnckt / ein Mann von raiſon reſolviret ſich zu et - was / und laͤßt hernach das Leben dar - bey. Entweder ich will niemahls tro - tzig ſeyn / oder ich wolte den Trotz proſe - qviren / und wenn mir der Halß brechen ſolte: Waͤre ich aber aus Erkaͤntniß meiner Schwachheit uͤberzeuget / daß ich ein mahl nach fremder Gnade ſeuff - zen muͤſte / ſo wolte ich mich auch in gu - ter Zeit darzu accommodiren.

Del.

Dieſe Blindheit haben wir dem gu - ten Gluͤcke zu dancken.

Vitr.
505
Vitr.

Und wem ers zu dancken hat / daher mag er auch ſeine Entſchuldigung ſu - chen. Jch ſag es noch einmahl / die verzagte reſolution bringet mich ſo weit / daß ich von ſeiner Perſon ins kuͤnfftige anders raiſoniren werde.

(geht ab.)
Del.

Man hat gut zu raiſoniren / ſo lange man in gutem Gluͤcke fremdes Ungluͤck verſpotten kan.

(geht ab.)
Amb.

Bruder / unſer Herr Hauptmann war itzund nicht wol zu ſprechen.

Gaut.

Jch bin ſelber der Gedancken / es haͤtte ſo einem groſſen Herrn beſſer an - geſtanden / daß er ſich lieſſe den Tod an - thun / als daß er ſo bettelmaͤntſch zum Creutze kreucht.

Amb.

Bruder / biſtu auch ſchon einmahl geſtorben?

Gaut.

Das kan ich lernen / weil ich lebe.

Amb.

Ach glaube mirs / es ſpricht man - cher / ehe er das oder jenes thaͤte / ſo wolte er lieber in den Tod gehen. Aber wenn es ſo weit koͤmmt / ſo klinget die Spra - che gar anders. Wir thun alles mit einander / nur daß wir mit dem Leben davon kommen.

Y 3Gaut.
506
Gaut.

Jch / du und unſers gleichen ſind wol von der Gattung / daß wir des lieben Lebens halben was uͤber uns nehmen / das ſo gar raiſonnable nicht raus koͤm̃t: Aber mit ſo einem groſſen Manne iſt es gar ein anders.

Amb.

Ach was ſoll es anders ſeyn / das Le - ben ſitzt ihm an ſo einer kuͤtzlichen Stel - le / als mir und dir.

Gaut.

Doch bedencken ſie die Ehre.

Amb.

Das Widerſpiel ſehen wir aus dem Exempel: Jch bleibe darbey / wer ein Menſch iſt / der hat das Leben lieb / und wenn er mit dem groſſen Worte wider den Tod nicht viel ausrichten kan / ſo lernt er kleine zugeben. Doch was will der gute Freund?

Vierdter Handlung Sechſter Auffzug.

Ambroiſe, Gautier, Soldaten. Denis ein Bedienter am Hoffe. Laurent einer von Adel.
Den.

Ach ihr Herren / es iſt ja gar zu gut / daß ich ſie antreffe.

Amb.
507
Amb.

Vielleicht iſt es vor uns deſto ſchlim - mer / daß ihr uns gefunden habt.

Den.

Es wird allen mit einander wol an - ſtehen / es gehet ein Poſſen vor / da wir uns bey der Koͤnigin und bey dem Frauen-Zimmer trefflich inſinuiren koͤnnen.

Amb.

Wenn es nichts mehr iſt als dieſes / ſo will ich wol den Poſſen nicht verder - ben.

Gaut.

Uͤnd ich will ſo lange mitſpielen / biß ſie mich zum Narren machen / hernach lauff ich davon.

Den.

Ach es wird auf unſerer Seite gar vernuͤnfftig zugehen: Der leichtfertige Pickelhering hat unſern Spagniol neu - lich zum beſten gehabt: Nun wollen wir ihn laſſen vor das Gerichte kom̃en / da ſoll er verklagt werden / und ihr Her - ren / ihr ſchickt euch ja gar zu wol zu Beyſitzern.

Amb.

So lange will ich ein Beyſitzer ſeyn / ſo lange ich nichts zu reden habe.

Gaut.

Stillſchweigen und großthun kan ich brave: Doch wo ein Beyſitzer was zu reden hat / ſo moͤchte ich irgend ſo mei - ne Unſchuld bekennen.

Den.
508
Den.

Es hat nichts zu bedeuten: Da hab ich ſchon einen Præſidenten / der ſoll re - den: Jch will actuarius ſeyn / nur nehmt die Maͤntel um und thut fein erbar.

Amb.

Was ſollen wir erbar thun / haben wir doch noch keinen armen Suͤnder.

Den.

Er iſt ſchon auf dem Wege: Der Herr Præſidente ſetze ſich / die Herren Aſſeſſores machen keine Ceremonien / ich werde mich ſchon ſelber accommo - diren.

Laur.

Dem Frauenzimmer zum ſchuldi - gen Reſpecte will ich als ein Præſidente das Poſſenſpiel gerne dirigiren helffen.

Vierdter Handlung Siebender Auffzug.

Die vorigen.
  • Pantagruel ein luſtiger Diener.
    • Colin Rien Joſſe
    luſtige Hoff-Purſche.
Joſſ.

Jch halte / man wird dem leichtferti - gen Vogel noch eine Kutſche dingen ſol - len / daß er mit Ehren vor den Richterkoͤmmt.509koͤmmt. Stoſt auf den Schelmen loß / und wenn er keine Riebe im Leibe ſolte gantz behalten.

Pant.

Ach gnaͤdiger Herr / ich kenne euch nicht / und ihr kennt mich fuͤrwahr auch nicht.

Col.

Kennſtu uns nicht? Jch daͤchte / du ſol - teſt es an unſern Pruͤgeln mercken.

Rien.

Und wo dir meine Kopffnuͤſſe nicht bekand ſind / ſo muſtu gar ein thummer Schelm ſeyn.

Joſſ.

Jch habs geſagt: Macht fort / der Herr Præſidente darff nicht aufgehal - ten werden.

Pant.

Ach es iſt mir ſo in die Beine kom̃en: Die Leute werden dencken / ich zittere aus einem boͤſen Gewiſſen: Aber fuͤr - wahr / waͤren meine Schuhe ſo gut als mein Gewiſſen / Meiſter Nickel der Schuflicker verdiente keinen Heller bey mir.

Col.

Dein gut Gewiſſen wird ſich finden.

Rien.

Und wo dir was anders bewieſen wird / ſo magſtu auch dein Leiden haben / daß du wilſt unſchuldig ſeyn.

Pant.

Es iſt doch gut / daß ich einmahl denY 5Rich -510Richter ſehe / ſo will ich doch hoͤren / weß - wegen ich verklaget werde: Meine Schelmſtuͤcke ſind ſo viel / daß ich mich auf das rechte nimmermehr beſinnen werde.

Joſſ.

Hoch Edler Herr Præſidente / hab ich Macht zu reden?

Laur.

Es iſt einem jedweden vergoͤnnt / der es in gebuͤhrender Demuth ſucht.

Joſſ.

Hier ſteht der ungewiſſenhaffte Pan - tagruel.

Pant.

Um Verzeihung / ſonſt hab ich nicht den Titul.

Laur.

Wer dem andern in die Rede faͤlt / der ſoll ſein Ungluͤck davor haben.

Joſſ.

Ja dieſer Pantagruel hat ſich verlau - ten laſſen / der Marſchall von Biron haͤt - te ihn wollen darzu brauchen / als der Koͤnig hat ſollen erſchoſſen werden. Nun kan ſich die geſammte vornehme Freundſchafft nicht beſinnen / daß der Herr Marſchall jemahls dergleichen gethan habe: Und alſo wollen ſie bey dem Hoch Edlen Gerichte allhier in ge - buͤhrender Demuth vernehmen / was ein ſolcher Ehren-Dieb vor Straffe verdienet habe.

Laur.
511
Laur.

Hoͤre nun koͤmmt die Reihe an dich: Wie ſteht es um die Antwort?

Pant.

Mit Zuͤchten zu melden / verzeiht mir als einem Kerlen / der ſein Lebtage nicht iſt vor Gerichte geweſen / das redet mir ein Schelme nach.

Laur.

Pfui / wenn es ſo hergehen wil / ſo wird eine garſtige Sache daraus wer - den.

Pant.

Ehrenveſter Herr Richter / ich weiß nicht / was daraus werden will / denn es iſt nicht wahr.

Laur.

Wo ſind die Zeugen?

Col.

Jch hab es mit meinen leibhafften Ohren gehoͤrt.

Pant.

Daß ichs mit meinem leibhafften Maule nicht geredt habe.

Col.

Siehe haſtu nicht im Wirthshauſe zum ſilbernen Flederwiſche mit mir geſchmauſet?

Rien.

Haſtu dich nicht geruͤhmet / daß du einmahl den Koͤnig haͤtteſt koͤnnen tod - ſchieſſen?

Col.

Hab ich dir nicht eine Bratwurſt ſpendiret / daß du nur von ſolchen ge - faͤhrlichen Dingen ſolteſt das Maul halten?

Y 6Rien.
512
Rien.

Haſtu nicht geſagt / der Marſchall haͤtte dir wollen zehn Ducaten geben / wenn du nach dem Koͤnige ſchieſſen wol - teſt?

Col.

Haſt du nicht ander leichtfertig Ding geredt?

Rien.

Und du biſt nicht uͤberzeugt genung?

Joſſ.

Da ſieheſtu nun / wie deine Leichtfer - tigkeit an den Tag koͤmmt. Da ſind zwey Zeugen / ich bin der dritte: Und wenn es noch nicht genung iſt / ſo hilfft der Herr Præſidente ſelber zeugen / der iſt der vierdte.

Pant.

Das weiß ich / daß der mir keine Wurſt geſchenckt hat / das weiß ich auch / daß ich mein Lebtage keine Buͤch - ſe loß geſchoſſen habe.

Laur.

Du Boͤſewicht / wilſtu das hoch - loͤbliche Gerichte reformiren? Du haſt es gethan / und dazu bin ich ſelbſt der vierdte Zeuge. Wilſtu den Richter zum Luͤgner machen / ſo dencke / was dich die Leichtfertigkeit koſten wird.

Joſſe.

Nun ſage doch ja oder nein. Der Herr Præſidente ſpricht: Du haſts ge - than; Haſtu Courage, ſo contradicireihm513ihm ins Geſichte. Wilſtu nicht reden? Haſtu es gethan?

Pant.

Ach ja / ich darff ſo einen vornehmen Herrn nicht luͤgen heiſſen: Dasmahl werd ichs wohl gethan haben.

Joſs.

Er bekennet ſich darzu / was duͤrffen wir weiter Zeugniß?

Laur.

Hat er ſich dazu bekannt / ſo iſt das Urtheil fertig / er ſolle zwiſchen heut und morgen zwiſchen Himmel und Erd ge - hangen werden. Jſt das ihre Mei - nung / ſo geben ſie ein Zeichen.

Sie ſchreyen alle / ja / ja /

er ſoll zwi - ſchen heut und morgen zwiſchen Erd und Himmel gehangen werden.

Laur.

Wolan / ſo werfft die Stuͤhle uͤbern Hauffen / der arme Suͤnder iſt fertig / und wenn wir ein mahl davon gehen / ſo iſt die Gnaden-Thuͤre verſchloſſen.

(Geht mit den Beyſitzern ab.)
Joſs.

Wenn der luſtige Proceſſ mit dem armen Suͤnder angehen wird / ſo will ich mich als einen Spectator einſtellen.

Col.

Und wir behalten den Schelmen in Arreſte.

Rien.

Biß ihm der Arreſt am Halſe wird angeleget werden.

Pant.
514
Pant.

Nun wer ſolte ſich das einbilden / daß ein redlich Mutter-Kind ſo geſchwinde ſolte zum armen Suͤnder werden: Da verklagen ſie mich / da hab ich Brat - wuͤrſte gefreſſen / da hab ich ſilberne Flederwiſche gefreſſen / darum ſoll ich hengen. Jch weiß nicht / wie die Sa - che ablauffen wird. Das iſt gewiß / ich moͤchte immer zehn Jahr ausbitten / daß ich mich zum Tode bereiten koͤnte.

Den.

Nun du Kerls / wie ſtehts um die Gerichts-Gebuͤhr?

Pant.

Wer die Haͤndel angefangen hat / der mag die Gebuͤhren geben.

Den.

Es heiſt aber nicht ſo: Wer die Sa - che verſpielet / der bezahlt die Unkoſten.

Pant.

Soll ich nicht mit dem Halſe bezah - len / was habt ihr an meiner Muͤntze zu tadeln?

Den.

Dir was anders auff deinen Halß und auff deine Muͤntze.

Pant.

Wie kan ich aber bezahlen? Mei - ne Mutter hat mich verwarloſet. Nun iſt mirs angebohren / daß ich kein Geld bey mir trage.

Den.

Jſts wahr / traͤgſtu kein Geld bey dir?

Pant.
515
Pant.

Glaubt mirs / wo ich auff meine Un - koſten hangen ſoll / ſo hab ich nicht ſo viel / daß ich den Strick bezahle.

Den.

Ey ſo iſts doch Schade / daß ſo ein armer Teuffel an Galgen ſoll.

Pant.

Ja Herr / wenn mir jemand vor ei - ner Viertel-Stunde den Troſt zuge - ſprochen haͤtte.

Den.

Es iſt noch Rath: Wenn ich wuͤ - ſte / daß du mir ein danckbar Hertze da - vor wolteſt ſchuldig ſeyn / der gute Rath ſolte gar bald an den Tag kommen.

Pant.

Ach ein danckbars Hertze und alle Glieder meines Leibes zur Danckbar - keit darzu.

Den.

Nun ſieh / der Herr Præſidente hat einen guten Freund: Was derſelbe ſpricht / das muß geſchehen. Wir wol - len ſehen / ob er ſich uͤberbitten laͤſt. Der Stab iſt noch nicht gebrochen / es kan noch Gnade kommen.

Pant.
(Faͤllet auff die Knie.)

O mein Engel / mein Wolthaͤter / O ich beiſſe euch vor Freuden die Knie ab.

Den.

Wir wollen uns mit der Compli - mente nicht auffhalten: Wir muͤſſenvor516vor ſehen / was wir dem fremden Herrn vor Gnade ab complimentiren koͤn - nen. Doch laß ſehen / er wird wohl nicht weit ſeyn.

(Geht hinein / und bringet Sebaſtian und Margaton heraus.)

Vierdter Handlung Achter Auffzug.

  • Pantagruel allzeit auff den Knien.
  • Denis ein Bedienter am Hoffe.
  • Sebaſtian ein ſtoltzer Spanier.
  • Margaton ein Tuͤrckiſches Maͤdgen.
    • Colen Rien
    Luſtige Hoff-Purſche.
Pant.

Ach iſt das mein Vorbitter? Nun muß ich zweymahl hengen.

Den.

Mein lieber Herr / will er nicht eine Vorbitte gelten laſſen?

Seb.

Wir ſind den Goͤttern gleich / die koͤnnen nichts als wohl thun.

Den.

Und da iſt ein armer Schelm einem Erd-Wurme gleich / dem will die gan - tze Welt nichts als uͤbels thun.

Seb.
517
Seb.

Was die gantze Welt thun will / das ſoll ein Menſch nicht verhindern.

Den.

Ein Helden-Geiſt ſucht die Ehre darinn / daß er der gantzen Welt al - leine widerſprechen kan.

Seb.

Wir beſinnen uns / es ſoll ihm der gantzen Welt zum Trotze geholffen werden.

Den.

Ach davor wird dieſer liebe Menſch ein unterthaͤniger / und zugleich ein e - wiger Sclave ſeyn.

Seb.

Doch was verlanget er vor Huͤlffe? Sollen wir ſeinet wegen zehn tauſend Mann zu tode ſchlagen? Sollen wir eine Veſtung uͤbern Hauffen blaſen? Sollen wir mit dem Fuſſe dreymal auff die Erde ſtoſſen / daß drey hundert Haͤu - ſer uͤbern Hauffen fallen?

Den.

Die Welt ſoll deßwegen nicht um - gekehrt werden. Es beruhet auff ei - ner Interceſſion, daß der unſchuldige gute Menſch da nicht gehangen wird.

Seb.

Wer ihn hengen will / der ſoll entwe - der uns darzu hengen / oder er und noch zwantzig andere ſollen unter dem Gal - gen ſterben.

Den.
518
Den.

Ja will er nun die Perſon beſichti - gen / ob ſichs der Muͤhe wegen der In - tercesſion verlohnet?

Seb

Hilff Himmel / wen ſehen wir!

Pant.
(ad ſpect.)

Jch dachte / hilff Him - mel / wen hoͤre ich!

Seb.

Sollen wir ihm das Leben ſchencken?

Pant.
(ad ſpect.)

Ja wenn ihr ein Leben uͤbrig habt / ich brauche eines gar noth - wendig.

Seb.

Haſtu uns nicht um die Liebſte betro - gen? Und ſolte nicht ein Feuer-Strahl aus unſern Augen fahren?

Pant.
(ad ſpect.)

So weit hab ichs noch nicht gebracht / mit der Liebe / daß mir ein verliebter Feuer-Strahl aus den Augen fahren kan.

Den.

Warum will ſich der Herr ſo ent - ruͤſten?

Seb.

Das iſt unſer Feind / wenn wir gluͤck - ſelig leben ſollen / ſo muß er todt ſeyn.

Den.

Was iſt aber die Urſache?

Seb.

Er hat uns an unſerer ſuͤſſen Liebe verhindert.

Den.

Die Verhinderung wird nunmehr nicht viel zu bedeuten haben.

Seb.
519
Seb.

Wir haben ſchweren muͤſſen.

Den.

Er laſſe ihn wieder ſchweren / das wird die beſte revange ſeyn / wenn ein Kerle mit ſeinem eigenen Pruͤgel ge - ſchmiſſen wird.

Seb.

Es iſt wahr / die Rache kan nicht beſſer ausgeſonnen werden: Hoͤre du Kerl / wilſtu leben?

Pant.

Wenns bey mir ſtehet / ſo bin ich meinem Leben nicht gram.

Seb.

Wilſtu aber / daß auch wir leben ſol - len?

Pant.

Wenn ich lebe / ſo moͤgen alle Leute leben: Jch habe kein accidens davon / wenn die Leute ſterben.

Seb.

Weiſtu aber / weßwegen wir leben wollen?

Pant.

Warum ich lebe / das weiß ich.

Seb.

Wir leben darum / daß wir das ſchoͤnſte Frauenzimmer von der Welt bedienen ſollen. Und ſo lange du uns zu einem Schwure genoͤthiget haſt / ſo lange ſind wir zwar auff der Welt her - um gegangen / aber

(gantz klaͤglich)

wir haben nicht gelebet.

Pant.

Was ich gethan habe / das iſt mirleid:520leid: Jſt das der ſeidene Faden / daran ſein Leben haͤngt / ſo will ich ihn nicht entzwey reiſſen.

Seb.

Hoͤre / ſollen wir nunmehr der eintzi - ge Beſitzer dieſer Schoͤnheit ſeyn?

Pant.

Ach ja / der Herr ſoll ein Jnnhaber der beſeſſenen Schoͤnheit ſeyn.

Seb.

Biſtu aber jemals ein Beſitzer davon geweſen?

Pant.

Jch werde ja nicht ſo ein grober Fle - gel ſeyn / und werde mich auff die Liebſte ſetzen.

Seb.

Haſtu ſie niemahls mit den Augen o - der mit den Haͤnden beſeſſen?

Pant.

Ey da iſt mein Podex viel zu gut dar - zu / daß ich die Augen oder die Haͤnde ſoll vorgreiffen laſſen.

Seb.

Wir machen uns vergebene Weit - laͤufftigkeit. Hoͤre du Kerl / wilſtu le - ben / ſo ſchwere.

Pant.

Haͤtt ich die Poſſen nicht angefan - gen / ſo wuͤrde ich nicht gehudelt. Ach Herr / ich weiß nicht / ob ich ſchweren kan: Jch habe es mein Tage nicht ge - lernet. Zum fluchen haben mich mei - ne Eltern wohl brave gehalten: Aberdaß521daß ich einmahl haͤtte ſchweren ſollen / das weiß ich wol nicht.

Seb.

Es iſt gar recht! Daß du ein Mei - ſter im ſchweren biſt / das haben wir an uns erfahren. Hoͤre / wo du leben wilſt / ſo ſprich mir nach.

Pant.

Leben will ich / das iſt wahr: Aber die harte Nuß / die ich darbey auffbeiſ - ſen ſoll / die macht mir Cauſen.

Seb.

Jch ſchwere.

Pant.

Jhr Excell. Herr Don Sebaſtian ſchweret.

Seb.

Sage uns recht nach: Jch ſchwere.

Pant.

Jch ſage recht nach / Mein Patron ſchweret.

Seb.

Sage uns nach / Du ſolt ſchweren.

Pant.

Ach er verzeihe mir / daß ich ihn Du heiſſe: Jch wills gerne nachſagen: Du ſolt ſchweren.

Seb.

Du Ochſen-Kopff hoͤre doch: J. C. H. ich S. C. H. W. E. ſchwe R. Eure ſchwere.

Pant.

Ach nun verſtehe ichs. Der Herr Don Sebaſtian ſpricht: J. C. H. ich S. C. H. W. E. ſchwe / R. E. re ſchwere /

Seb.
522
Seb.

Du ſolts in deinem Nahmen ſpre - chen. Sage: Jch

Pant.

Das kan ich wol ſagen: Jch

Seb.

Jch ſchwere /

Pant.

Jch ſchwere nicht.

Seb.

Boͤſewicht!

Pant.

Jch ruffe alle Leute zum Zeugen an / daß ich nicht ſchwere.

Den.

Ja was ſoll die Weitlaͤufftigkeit? Es verlohnt ſich nicht der Muͤhe / daß man des Hudlers wegen ſo viel reden ſoll: Die Sache beruht doch bloß auff dem eintzigen Puncte / daß er die Lieb - ſte cediren ſoll: Und das muß er ohne dem thun / ſonſt laſſen wir ihn hengen. Jſt es nicht wahr / wenn du leben kanſt / ſo wilſtu kein Theil an der Liebſte ha - ben?

Pant.

Und wenn ich ſterbe / ſoll ſie kein Theil an mir haben.

Den.

Rede / was du wilſt: Die Meynung iſt doch ſo: Don Sebaſtian ſoll die Braut heimfuͤhren.

Seb.

Ja das iſt unſer Wille.

Den.

Nun ſo wollen wir leichte was zu ſchweren kriegen. Jch weiß mich nochzu523zu beſinnen / daß ich durch Schwaben reiſte / wie die Contagion im Lande war / da kriegten mich etliche thumme Bau - ren / die wolten mich ohne des Henckers Danck bereden / ich muͤſte von einem verdaͤchtigen Orte herkommen / und wie ich keinen Paß hatte / ſo muſte ich ſchwe - ren. Jſt der Herr zu frieden / ich will ihm den Eyd auch vorhalten: Denn er iſt ſo troͤſtlich / und ſo ſchrecklich / daß mir einer ſo bald nicht darwider ſuͤndi - gen ſoll.

Seb.

Der geliebten Kuͤrtze wegen laſſen wir uns alles gefallen.

Den.

Nun hoͤre / nun kom̃ ich uͤber dich / ſprich mir alles nach / oder du ſolſt mir die Schwaͤbiſche Angſt kriegen.

Pant.

Wo ich mich nur zur Schwaͤbiſchen Sprache capable befinde / ſo will ich ge - horſam ſeyn.

Den.

Jch ſchwere /

Pant.

Jch ſchwere /

Den.

Daſch du nit gewaͤhſche biſcht.

Pant.

O das iſt ſchrecklich: Daſch du nit gewaͤhſche biſcht.

Den.

Wo du geſtorbe biſcht.

Pant.
524
Pant.

Ach das iſt hertzbrechende: Wo du geſtorbe biſcht.

Den.

Nun ſtehe auff / du ſolt leben.

Seb.

Und wir werden uͤber unſere Liebſte triumphiren.

(geht ab.)
Den.

Du Kerl magſt dich ins kuͤnfftige in acht nehmen / die Gnaden-Thuͤre ſteht alle mahl ſo angel weit nicht offen

(geht ab.)
Pant.

Jhr guten Narren / ich weiß wol / daß ich vexiret werde. Aber das war mir nur ein Poſſen: Jch haͤtte aus Ve - xirerey koͤñen gehangen werden. Doch ihr moͤgt halten von mir / was ihr wolt / der Speck-Spanier ſoll mir ſchon wie - der angehen.

Vierdter Handlung Neundter Auffzug.

Soiſſons ein Hertzog. Laffin, Birons Vertrauter. Renazé, deſſen Secretarius.
Soiſs.

Es iſt der Koͤnig / der will nicht betro - gen ſeyn.

Laff.
525
Laff.

Wir ſind gehorſamſte Diener / und machen Profeſſion von der Warheit.

Ren.

Abſonderlich wird mein bißheriges Gefaͤngniß genugſam ausweiſen / daß die Widerſacher ſelbſt ſich vor meinem Zeugniſſe gefuͤrchtet haben.

Soiſſ.

Warum aber gefuͤrchtet?

Laff.

Waͤren die Brieffe nicht mehr vor - handen / ſo waͤre auſſer mir und ihm kein Zeuge da / vor welchem ſich der Beklagte entſetzen duͤrffte. Denn das iſt wohl gewiß / der Hertzog von Sa - voyen wird ſeine Bedienten ſchwerlich hieher lieffern / daß ſie mit ihrem Zeug - niſſe was beytragen ſolten.

Ren.

Und ich hab es ſelbſt gemercket / wie mich der Hertzog in Arreſt nehmen ließ / ſo war ich mir keiner Miſſethat bewuſt / auſſer daß er in Sorgen ſtund / es moͤch - ten die heimlichen Kuͤnſte durch mich offenbaret werden. Jch halte auch / wenn man einige Wiſſenſchafft von den Brieffen gehabt haͤtte / ſo wolte ich noch die Stunde vor meine Freyheit keinen Heller geben.

Soiſſ.

Unterdeſſen was ihr gegen mich be -Zkennet526kennet habt / das muß ihm ins Geſichte vorgehalten werden.

Laff.

Jch erſchrecke vor ſeinem Angeſichte nimmermehr.

Ren.

Die Warheit und die Gnade eines Koͤniges ſoll mir lieber ſeyn als die ver - drießliche Mine von einem Gefange - nen.

Soiſſ.

So tretet auff die Seite / biß man euer verlangen wird.

Vierdter Handlung Zehender Auffzug.

  • Soiſſons ein Hertzog.
    • Villeroy Sillery
    Geheime Raͤthe.
  • Vitry, Capitain uͤber die Garde.
  • Biron der Marſchall.
Vill.

So iſt es an dem / daß der Gefange - ne zur Verantwortung hervor treten ſoll.

Soiſs.

Es iſt ein ſchweres Werck / und gleichwohl muß hierinn mehr auff denBefehl527Befehl eines Koͤniges / als auff unſere Beqvemligkeit geſehen werden.

Sill.

Die Gerechtigkeit ſoll im Urtheilen ſcharffſichtig / und im Anſehen der Per - ſon verblendot feyn.

Vill.

Wir werden unſere Stellen einneh - men und erwarten / was Jhr. Koͤnigl. Maj. nochmals befehlen werden.

(Sie ſetzen ſich: Drey auff die rech - te / drey auff die lincke Seite / daß die mittelſte Scene zur Præſentation des Parlaments frey bleibet.)
Soiſs.

Wir ſind dem Koͤnige gehorſam / und wer ſich vor einen Feind des Koͤni - ges erklaͤret / dem ſind wir keine Affecti - on ſchuldig.

Sill.

Doch ſoll ihm die affection nicht ver - ſaget ſeyn / wofern er die rechtmaͤßigen Beſchuldigungen gebuͤhrender maſſen von ſich abwenden kan.

Vitr.
(Koͤmt.)

Auff Befehl Jh. Koͤnigl. Maj. wird der Marſchall von Biron hier geſtellt und erwartet demnach Or - dre, wenn ihnen belieben moͤchte die Conferenz vorzunehmen.

Vill.

Jſt er einmal ſo gehorſam?

Z 2Vitr.
528
Vitr.

Der Befehl des Koͤniges leidet kei - nen Ungehorſam.

Vill.

Wie befindet er ſich ſonſt in ſeinem Gemuͤthe.

Vitr.

Er beklagt / daß er die gute Gele - genheit vor wenig Tagen ſo ſchlecht ver - ſchertzet hat: Doch er hat allemal den Troſt / es werde ihm auch bey der ſchaͤrffſten Gerechtigkeit nichts unge - rechtes koͤnnen auffgebuͤrdet werden.

Vill.

Mein Herr Hauptmann / er habe ſchoͤnen Danck / daß er die Muͤhwal - tung uͤber ſich genommen und den Koͤ - nigl. Befehl nochmals wiederholet hat: Wir werden allerſeits unſerer Schul - digkeit nachkommen: Der Herr Mar - ſchall aber kan herein gelaſſen werden.

Vitr.

Jch wuͤnſche ſolchen Succeſſ zu der hohen Verrichtung / dergleichen von Jhr Maj. gehoffet wird.

(geht ab.)
Bir.
(Koͤm̃t.)

Auff hohen Befehl erſchei - ne ich an dem gegenwaͤrtigen Orte / und wuͤnſche endlich zu vernehmen / warum ich eben zur hoͤchſten Ungnade ſoll ver - dammet ſeyn.

Vill.

Was anitzo vorgenommen wird /ge -529geſchiehet auff ausdruͤckliche Ordre Jh - rer Koͤnigl. Maj. Doch er beliebe ſich nieder zu laſſen.

Bir.

Jch reſpectire die Ordre meines allergnaͤdigſten Herrn / und richte mich darnach / was ſie ſchaffen.

(ſetzt ſich)
Vill.

Es wird unnoͤthig ſeyn / weitlaͤufftig zu wiederholen / was wegen der Sa - voyſchen und Spaniſchen Conſpiration etliche mahl iſt wiederholet worden.

Bir.

Deſſentwegen iſt es unvonnoͤthen / weil ich in meiner Unſchuld gar zu wohl gegruͤndet bin.

Vill.

Der Herr Marſchall ſehe dieſes Schreiben: Solte ihm die Hand wol jemahls ſeyn zu Geſichte kommen?

Bir.
(ad Spect.)

Verfluchter Laffin, iſt es moͤglich / daß deine Zauberey die ver - brannten Brieffe wiederum aus der Aſche hervor bringen kan?

Vill.

Die Frage kan ohne groſſes Beden - cken eroͤrtert werden.

Bir.

Jch bekenne mich darzu / die Hand iſt meine.

Vill.

Was hat aber der verdienet / der mit ſolchem reſpecte vom Koͤnige ſchreibet?

Z 3Bir.
530
Bir.

Aus einer Privat Schrifft / die an nie - manden gerichtet iſt / und derer Effect niemals verlanget worden / darff ſo ſtrenge nicht judiciret werden.

Vill.

Doch ſo werden auch dieſe Blaͤtter von dem Herrn Marſchall geſchrieben ſeyn.

Bir.
(ad Spect.)

Ach weh / nun ſeh ich erſt / daß Laffin ein Verraͤther iſt.

Vill.

Es bedarff vielleicht keiner Antwort: Denn die Schrifft iſt ein ander ſehr aͤhnlich.

Bir.

Jch kan mich durchaus nicht darzu bekennen.

Vill.

Wer das erſte Blat geſchrieben hat / der wird im andern ſeine Hand nicht verleugnen.

Bir.

Es iſt mein Ungluͤck / daß ich ſolche Diener um mich gelitten habe / die mei - ne Hand ſo genaue nachmahlen koͤn - nen. Es iſt ein untreuer Boͤſewicht / der mich durch dieſen Betrug hat wollen ungluͤcklich machen.

Vill.

Es kommen viel Umſtaͤnde darzu / derentwegen man keinen Diener be - ſchuldigen kan.

Bir.
531
Bir.

Man laſſe mir Zeit: Die verraͤthe - riſchen Diener ſollen mit groſſer Ver - gnuͤgung des Koͤniges an das Liecht kommen. Jch ſage nochmals ich bin an der Schrifft unſchuldig.

Vill.

Aber am erſten Blatte ſchuldig.

Bir.

Ach hat ein verdienter Mann durch ſeine tauſend meriten nicht ſo viel ver - dienet / daß er eine ſolche Suſpicion nicht darnieder ſchlagen ſoll?

Vill.

Und hat ein ſolches Document nicht verdienet / daß man genau nachforſchen ſoll?

Bir.

Doch im Nachforſchen ſollen die Ver - dienſte bedacht und ſchwache Beſchul - digungen verworffen werden.

Vill.

Wie aber / wenn die Schrifft durch gewiſſe Zeugen confirmiret wuͤrde?

Bir.

Jch will nicht hoffen / daß meine Ver - dienſte durch das Zeugniß einiger Ca - naille ſollen gekraͤncket werden. Doch biete ich demſelben Trotz / welcher mich mit Grund der Warheit auch des ge - ringſten uͤberfuͤhren kan / welches in die - ſem Brieffe enthalten iſt.

Z 4Vill.
532
Vill.

Vor Koͤnigl. Deputirten darff kei - nem Zeugen Trotz geboten werden.

Bir.

So ſag ich doch / daß mich das Parla - ment ſelber nicht wird verdammen koͤn - nen.

Vill.

Will er vor dem Parlamente gehoͤ - ret ſeyn / ſo kan er deſto weniger geden - cken / daß man Luſt habe wider die Ge - rechtigkeit etwas vor zu nehmen.

Vierdter Handlung Eilffter Auffzug.

Die mittelſte Scene eroͤffnet ſich / da ſitzet Harlay der Præſident nebenſt den Beyſitzern im Parlamente. Biron der Marſchall bleibet an ſei - ner Stelle / hernach koͤmmt Laffin Birons Vertrauter.
Harl.

Wer vor dem Parlamente ant - worten will / der findet Gerechtigkeit / Wer ſich aber ungerechter Sachen be - wuſt iſt / der findet den Tod.

Bir.

Hier iſteine Perſon / welche den Tod in ſo mancher occaſion nicht geſcheuethat /533hat / und die ſich nunmehr bey der ge - rechteſten Sache den Tod nimmer - mehr wird ankuͤndigen laſſen.

Harl.

Die Brieffe bezeugen ein anders.

Bir.

Aber mein Hertze weiß ein anders.

Harl.

Wenn die Hand etwas ſchreibet / ſo muß das Hertze wol darbey ſeyn.

Bir.

Aber wenn ein Diener des Herrn Hand nachmahlen will / ſo kan ihm das gantze Werck zuwider ſeyn.

Harl.

Solte die Antwort einem Koͤnige genung ſeyn?

Bir.

Solte man gegen die Unſchuld noch ferner grauſam ſeyn?

Harl.

Die Zeugen werden den Anſchlag geben muͤſſen.

Bir.

Was vor Zeugen?

(Laffin koͤm̃t.)

(ad Spect.)

Nun bin ich verdorben: Der jenige will mich tod haben / der ſich zum Herrn meiner Heimligkeit ge - macht hat.

Harl.

Auff Befehl Jhrer Maj. ſolt ihr ſagen / was euch von der ehmals ent - deckten Conſpiration wiſſend iſt.

Laff.

Meine Herren / die Brieffe ſind Jh - rer Majeſt. uͤbergeben worden / und ichZ 5be -534bezeuge / daß der jenige / der ſolches ge - ſchrieben hat / mich und andere gleich - ſam zu Werckzeugen ſeines boßhafften Beginnens hat brauchen wollen.

Harl.

Wer iſt aber der jenige?

Laff.

Der jenige / welchen Franckreich bißhero als den Marſchall von Biron reſpectiret hat.

Bir.

Jch dachte der jenige / welcher dir den Kopff ein halb Jahr zu lange auff den Achſeln gelaſſen hat.

Laff.

Jch habe als ein Diener nicht wider - ſprechen koͤnnen.

Bir.

Was haſtu nicht thun koͤnnen? Ha - ſtu mir nicht widerſprechen wollen / und haſt die Courage mich zu verrathen?

Laff.

Wer des Koͤniges Perſon bedenckt / der iſt kein Verraͤther.

Bir.

Aber daß du ein Zauberer biſt / das hab ich wol empfunden. Wer hat mir einmal den leichtfertigen Kuß ge - geben? Wer hat mich dahin verleitet / daß ich ſolchen leichtfertigen Vorſchlaͤ - gen euſerlich muſte Gehoͤre geben? Du biſt der Verraͤther / und wenn dir der Tod hundertmal koͤñte auffgelegetwerden /535werden / ſo wuͤrde ſolches gleichwol vor deine Boßheit zu wenig ſeyn.

Laff.

Jch reſpectire den hohen Ort / davor ich ſtehe. Wenn ich als ein getreuer Un - terthan erweiſe / daß ich vor die Wol - fart des Koͤniges geſorget habe / ſo wer - de ich ſo viel Ehre davon haben / welche mir keine unverdiente Laͤſterung um - ſtoſſen kan.

Bir.

Solſtu die Warheit Laͤſterung heiſ - ſen? Du biſt nicht werth / daß ein red - liches Goſchlechts Regiſter deinen ehr - lichen Nahmen fuͤhren ſoll.

Harl.

Das iſt nicht der Weg / dadurch man die Unſchuld wider offenbare Zeu - gen behaupten kan. Doch wo iſt der andere Zeuge?

Vierdter Handlung Zwoͤlffter Auffzug.

Die vorigen. Renazé, Birons Secretarius.
Bir.

Ach welcher Geiſt hat dieſen Kerlen aus der Savoyſchen Gefaͤngniß loß ge - macht? Nun bin ich uͤberzeuget.

Z 6Harl.
536
Harl.

Und was habt ihr nochmals zu ſa - gen / wenn ihr wegen der bewuſten Brieffe ſollet ausdruͤcklich befraget werden?

Ren.

Jch ſage ſo viel: Wenn der Herr Marſchall in ſeinen Wuͤnſchen waͤre gluͤcklich geweſen / ſo waͤre der Koͤnig todt / Franckreich waͤre unter die be - nachbarten Potentaten ausgetheilet / und dieſe Stadt waͤre ein Schauplatz des Elendes.

Bir.

Wie? ſchaͤmeſtu dich nicht von des Koͤniges Tode zu reden?

Ren.

Jch ſchaͤme mich freylich nicht / ſon - derlich gegen denſelben / welcher des Koͤniges Tod hat befoͤrdern wollen.

Bir.

Die Fabel haſt du erſt dieſe Woche ausgedacht.

Ren.

Doch dieſer Anſchlag iſt ſchon vor etlichen Jahren in dem Gehirne des Herrn Marſchalls jung worden. Jch bitte / man treibe mir die Unwarheit nicht zu ſehr in den Halß: Jch ſtehe hier an einem Orte / da ich die Warheit frey heraus bekennen kan.

Harl.

Herr Marſchall / er gebe GOtt undder537der Warheit die Ehre: Durch ſtetiges leugnen kan man eine Schrifft und zwey Zeugen nicht verwerffen.

Bir.

Ach ſo laſſe man doch die Verraͤther hinaus gehen / ſie duͤrffen nicht wuͤrdig ſeyn / daß ſie einen Marſchall von Franckreich reden hoͤren.

Laff.

Jch bin zu frieden / wenn ich mit die - ſer weitausſehenden Muͤhwaltung ſoll uͤberhaben ſeyn.

(geht ab.)
Ren.

Und ich werde doch ſagen / oder zum wenigſten im Hertzen dencken / daß ich einen vor Gerichte geſehen habe / der des Koͤniges Tod geſucht hat.

(Geht ab.)
Bir.

Nicht des Koͤniges Tod: Wer dieſes ſagt / deſſen Boßheit will ich auch im Tode verklagen.

Harl.

Wir wollen uns mit leeren Worten nicht aufhalten: Er ſage / was wir von der Schrifft und von dieſem Zeugniſſe halten ſollen?

Bir.

Ach! was ſoll ich ſagen? Meine Her - ren / ſie erbarmen ſich uͤber einen Men - ſchen / welcher ſich die Ungedult / vor - nemlich aber die falſche FreundſchafftZ 7zu538zu etlichen ungeziemenden Worten hat verleiten laſſen. Die Ungedult hat mich verfuͤhret: Der leichtfertige Boͤ - ſewicht hat mich angehetzet: Jch habe meiner Natur den Lauff gelaſſen / wel - che bißweilen die Worte nicht aller - dings gemaͤßiget hat / dieweil die redli - chen Thaten an ſtatt der gewiſſeſten Entſchuldigung dienen.

Harl.

So iſt gleichwol das Werck mit Savoyen unter der Hand geweſen?

Bir.

Als ein Werck / deſſen Ausgang ich ſelber nicht gewuͤnſchet habe.

Harl.

Jſt dergleichen Handlung auch mit dem Gouverneur zu Meyland ge - pflogen worden?

Bir.

Gleicher geſtalt nicht anders als ein Traum / deſſen Erfolg nimmermehr zu erwarten ſtehet.

Harl.

Hat er ſich wollen zum Meiſter uͤber Burgundien machen?

Bir.

Zu einer wunderbaren Hoffnung / darzu ich ſelber die Mittel ausgeſchla - gen habe.

Harl.

Hat auch des Koͤniges Leben ſollen in Gefahr ſtehen?

Bir.
539
Bir.

Wie ſoll ich auf deſſen Gefahr den - cken / dem zu Ehren ich alle Gefahr / ja meine 36. Wunden verachtet habe.

Harl.

Und dieſe Schrifften ſind von ihm concipirt?

Bir.

Jch kan es nicht leugnen / ſie ſind con - cipirt / aber vielfaͤltig bereuet worden: Vornemlich als Gott dem Koͤniglichen Hauſe den Durchl. Dauphin geſchen - cket hat / habe ich die reſolution genom - men aller ferneren Eitelkeiten muͤßig zu gehen.

Harl.

Wir haben genung aus dem Be - kaͤntniſſe verſtanden: Was des geſam - ten Parlaments Gutachten ſeyn wird / ſolches ſoll Jhro Maj. in aller Unter - thaͤnigkeit vorgetragen werden.

Bir.

Sie gebrauchen ſich ihres hohen Am - tes: Aber ich ſage nochmals / ſie er - barmen ſich uͤber eine Perſon / die noch nichts in der That geſuͤndiget hat / und die allemal durch das euſerliche Be - ginnen die Schwachheit des innern Hertzens vielfaͤltig widerleget hat.

(Weil Biron ad ſpectatores redet / werden unterdeſſen die Vota colligiret.)
Bir.
540
Bir.
(ad ſpect.)

Ach warum ſoll ich die Barmhertzigkeit anruffen / da ich doch weiß / daß man hier nach der ſtrengen Gerechtigkeit ſprechen muß. So viel als Stimmen von den geſamten Bey - ſitzern gefodert werden / ſo vielmal bin ich zum Tode verdammt / und ſo vielmal wird mich der Koͤnig ſeiner Barmher - tzigkeit unwuͤrdig achten. Ach daß heiſt nach einer Wolcken gegriffen / nach einem Schatten gezielet / und dar - neben die wuͤrckliche Gluͤckſeligkeit aus den Haͤnden verlohren. War die be - truͤgliche Correſpondenz mit hohen Po - tentaten ſo viel werth / daß ich nun die Correſpondenz mit allen guten Freun - den / ja wol mit mir ſelbſt verliehren ſoll? Meine Furcht / die in dem Hertzen ent - ſtehet / iſt einer Todes-Angſt nicht un - aͤhnlich. Aber ach! Die jenigen find ſchon vorhanden / welche mich nach dem Gefaͤngniſſe begleiten ſollen / und nun werde ich mit hoͤchſten Schmertzen al - le Augenblick den Ausſpruch erwarten muͤſſen / daß der Koͤnig diß blutige de -cret541cret des Parlaments gegen mich wird gebilliget haben.

(geht ab.)
Harl.
(Jn wehrenden Reden ſtehen die Parlaments Herren auf.)

Dem - nach aus eignem Bekaͤntniſſe der Mar - ſchall von Biron der beleidigten Maje - ſtaͤt ſchuldig worden / und hieruͤber der einhellige Schluß des gegenwaͤrtigen Parlaments erfolget iſt; Als wird auf gegebene Autoritaͤt von Jhrer Koͤnigl. Maj. beſchloſſen / daß dem bißherigen Marſchall von Biron alle bißherige Dignitaͤt gaͤntzlich ſoll benommen / die Guͤter der Koͤniglichen Cammer aͤn - heim gefallen ſeyn: Er ſelbſt aber ſoll auf oͤffentlicher Gaſſe im Angeſichte des gantzen Volcks mit dem Schwerd - te vom Leben zum Tode gebracht wer - den / und dieſes von Rechts wegen.

(Sie ſtoſſen in die Trompeten / die Scene wird zugezogen.)
Fuͤnff -542

Fuͤnffter Handlung Erſter Auffzug.

Henricus der Koͤnig. Maria deſſen Gemahlin.
Henr.

Biron hat uns im Leben nicht ſo viel geſchadet / als er uns numehr Verdrieß - ligkeit macht / da er ſterben ſoll.

Mar.

Die Vorbitten werden kein Ende haben / biß die Hoffnung wird mit dem Schwerdte entzwey geſchnitten ſeyn.

Henr.

Deßwegen haben wir auch alles von uns geſchoben: Was dem Parla - mente rechtmaͤßig ſcheinen wird / daſſel - be ſoll von uns beliebet werden.

Mar.

Wer wolte kuͤnfftiger Zeit die ſchwe - re Laſt der Regierung auf ſich nehmen / wenn dergleichen Untreu nicht ſolte ge - ſtraffet werden?

Henr.

Und wie wolte ſich eine ſo liebreiche Gemahlin der geringſten Vergnuͤgung getroͤſten koͤnnen / wenn die Untreu durch kein ſchreckliches Exempel beloh - net wuͤrde?

Mar.

Ach eine Gemahlin wuͤrde die Furchtnoch543noch gedultig ertragen / wenn nicht die Wolfahrt des gantzen Volcks mit ih - rem Gluͤcke verknuͤpffet waͤre.

Henr.

Wertheſte Gemahlin / daß wir uns ein ferneres Leben wuͤnſchen / ſolches ge - ſchiehet nicht aus einer eiteln Luſt / da - durch gemeiniglich der Poͤbel betrogen wird: Sondern daß wir von Gott die Gnade erbitten / ſolches geſchiehet dem Koͤnigreiche zum Nutzen / und derjeni - gen / die ſich unſere Seele nennen laͤſt / zum Troſte.

(kuͤſſet ſie.)
Mar.

Ach ja zum Troſte / und wenn ich wuͤnſchen duͤrffte / zu einem unſterbli - chen Troſte.

Henr.

Wir ſind nicht unſterblich: Doch die untreuen Verraͤther ſollen uns nicht vor der Zeit ſterblich machen.

Mar.

Sie ſollen ihr Leben nicht uͤber die Helffte bringen / damit an unſerm Le - ben nichts abgekuͤrtzet wird.

Henr.

Wertheſte Seele / der Himmel wachet uͤber uns / und daſelbſt iſt ein Ziel allbereit angeſetzet worden / wel - ches kein ſchnoͤder Diener wird umſtoſ - ſen koͤnnen.

Mar.
544
Mar.

Ach wertheſte Seele / warum iſt der boßhafftige Menſch nicht ſchon todt? Und warum ſoll die Boßheit auch aus dem Verzuge der Straffe noch eine Sicherheit hoffen koͤnnen?

Henr.

Wir muͤſſen gedultig ſeyn / weil das Parlament wider die billige Be - dachtſamkeit nicht ſuͤndigen wird: Und vielleicht werden dieſe was neues brin - gen.

Fuͤnffter Handlung Anderer Auffzug.

Die vorigen. Villeroy ein Geheimer Rath. Soiſſons ein Hertzog.
Vill.

Es lebe Jhro Maj. der Verraͤther iſt zum Tode verdammet.

Soiſſ.

Das geſamte Parlament hat den Schluß abgefaſſet / daß er in Straffe der beleidigten Maj. gefallen iſt.

Vill.

Er ſoll ſeiner Dignitaͤten als ein Her - tzog / als ein Marſchall / als ein Pair von Franckreich entſetzet ſeyn.

Soiſſ.
545
Soiſſ.

Die ſaͤmtlichen Guͤter ſollen der Koͤ - niglichen Cammer anheim fallen.

Vill.

Er ſelbſt ſoll auf der gewoͤhnlichen Straſſe in dem Angeſichte des gantzen Volcks enthauptet werden.

Soiſſ.

Und nichts fehlet / als die endliche Confirmation Ew. Koͤnigl. Maj.

Henr.

Es ſind drey wichtige Puncte, da - mit wir unſern bißhero geliebten Die - ner gerne verſchonen wolten.

Vill.

Wer ſich einer Untreu ſchuldig macht / der iſt gegen ſich ſelbſt unbarm - hertzig.

Soiſſ.

Und alſo darff er deſto weniger von andern Gnade erwarten.

Henr.

Wir haben ihm die meiſten Digni - taͤten conferiret / und nun ſollen wir ſie zuruͤcke ziehen.

Vill.

Wenn eine unwuͤrdige Perſon bey der Dignitaͤt gelaſſen wird / ſo wird ſich die Tugend dieſes Glantzes ſchaͤmen muͤſſen.

Soiſſ.

Und die Laſter wuͤrden bey dieſer Hoffart ſicher ſeyn.

Henr.

Aber ſollen wir die Guͤter einzie - hen?

Vill.
546
Vill.

Das Verbrechen hat ihn der Beſi - tzung beraubet.

Soiſſ.

Und welches keinen Herrn hat / ſol - ches gehoͤret vor den Koͤnig.

Henr.

Soll ſich ein Koͤnig durch die Laſter bereichern?

Vill.

Ein Koͤnig wird durch ſo einen gerin - gen Zuwachs nicht reicher.

Soiſſ.

Und wenn es unterbliebe / ſo wuͤrde die Gerechtigkeit ſich uͤber den Mangel beſchweren.

Henr.

Die guten Anverwandten ſollen den Verluſt nicht ertragen / weil ſie nichts geſuͤndiget haben.

Vill.

Doch muͤſſen ſie ein Merckmal be - halten / daß ein ſchaͤndlicher Anver - wandter wider die Pflicht gehandelt hat.

Soiſſ.

Und wenn ſie was behalten ſollen / ſo duͤrffen ſie daſſelbe nicht ihrem Rech - te / ſondern bloß der Koͤnigl. Gnade laſ - ſen anheim geſtellet ſeyn.

Henr.

Aber ach! ſoll er ſterben?

Vill.

So lange die Geſetze bey ihren Kraͤff - ten verbleiben / ſo kan er nicht leben.

Soiſſ.

Und ſo lange dergleichen Exempelzu547zu einem allgemeinen Schrecken vor - geſtellet werden / ſo muß die Execution freylich auf dem oͤffentlichen Platze vor - genommen werden.

Vill.

Dieſer Punct moͤchte noch der Koͤ - niglichen Gnade uͤberlaſſen werden.

Soiſſ.

Vielleicht daß er leben moͤchte?

Vill.

Nein / ſondern daß er etwas geruhi - ger ſterben moͤchte.

Soiſſ.

Wie ſoll ſich das Ende vor einen unruhigen Kopff ſchicken?

Vill.

Jn der Baſtille wird noch ein Ort ſeyn / da er ſterben kan.

Soiſſ.

Aber in der Baſtille iſt kein Ort / da ſich das gantze Volck vor dem Urtheile entſetzen kan.

Vill.

Man ſchont der Dignitaͤt / die er ge - tragen hat.

Soiſſ.

Jch dachte / die er verlohren hat.

Vill.

Wer mit Balſam handelt / der be - haͤlt auch den Geruch / wenn ihm die Waare geraubet wird.

Soiſſ.

Gleichwol aber nicht / wenn er durch einen widerwaͤrtigen Geruch beſudelt wird.

Vill.

Das Volck nennet ihn einen Mar -ſchall548ſchall / und alſo heiſts / das ſchimpffliche Schwerdt hat dieſe Dignitaͤt oͤffentlich proſtituiret.

Soiſſ.

Des Volckes Einbildung wird ei - nen Koͤnigl. Schluß nicht hintertreiben.

Henr.

Jhr habt alle beyde recht. Doch daß ihm alle moͤgliche Gnade noch in die Augen leuchten moͤge / ſo gehet hin und bringet die Ordre, daß die Execu - tion in der Baſtille mag vollzogen wer - den.

Vill.

Auch dieſe Barmhertzigkeit wird al - lem Volcke zu erkennen gegeben / wie genoͤthiget ſich Ew. Maj. befinden / ſol - che Perſonen ungluͤcklich zu machen.

(gehen ab.)
Mar.

Ach! er mag ſterben / wo er will: Weñ ihm nur das Handwerck mit ſei - ner Verraͤtherey geleget wird.

Henr.

Ach ja! er mag ſterben / wie er will / wenn nur das Leben in dieſen zwey Seelen befeſtiget wird.

(kuͤſſet ſie und fuͤhret ſie hinein.)
Fuͤnf -549

Fuͤnffter Handlung Dritter Auffzug.

Salignac Birons Anverwandter. Charlotte eine Staats-Jungfer.
Charl.

Niemand iſt zu Hofe / dem es am Mitleiden fehlt.

Sal.

Aber niemand / dem es nicht an Ge - legenheit zu helffen fehlt.

Charl.

Die Huͤlffe ſteht bey dem Parla - mente.

Sal.

Das Parlament koͤmmt nicht helf - fens / ſondern ſtraffens wegen zuſam̃en.

Charl.

Doch hat man Exempel / daß die Gerechtigkeit auch geholffen hat.

Sal.

Ach dahin darff ſich unſere Hoffnung nicht erſtrecken. Doch was halten Jhro Maj. die Koͤnigin davon?

Charl.

Wenn ſie keine Suſpicion von ih - rem Gemahl beſorgte / ſie wuͤrde ſich der Thraͤnen ſchwer enthalten koͤnnen.

Sal.

Ach ſolte ſo eine liebe Gemahlin nichts effectuiren?

Charl.

Wie geſagt / ſie iſt furchtſam.

Sal.

Was vor einen unvergleichlichenA aRuhm550Ruhm koͤn̄te ſie mit dieſer Vorbitte zu wege bringen!

Charl.

Mein Herr / ich geſteh es ſelber / nie - mand iſt im gantzen Frauenzimmer / die Koͤnigin ſelbſt nicht ausgenommen / welche den tapffern Cavallier nicht le - bend wuͤnſchen. Aber ach! Wenn Ungluͤck ſeyn ſoll / ſo iſt Menſchliche Klugheit und Barmhertzigkeit verge - bens.

Fuͤnffter Handlung Vierdter Auffzug.

Die vorigen.
  • Louyſe eine Staats Jungfer.
    • Themines Force
    Birons Anverwandte.
  • Renez deſſen kleiner Vetter.
Louyſ.

Gluͤckſelige Zeitung! Der Koͤnig hat dem Marſchall Gnade erwieſen.

Charl.

Ach Schweſtergen iſt das moͤglich?

Louyſ.

Wofern ich der Koͤnigin was nach - reden darff / ſo iſt es moͤglich.

Charl.

Wie / der Koͤnigin?

Louyſ.
551
Louyſ.

Sie kam gleich in ihr Cabinet, und ſagte wider die Frau Hoffmeiſterin: Der Marſchall von Biron muß doch er - kennen / daß der Koͤnig Gnade erweiſen kan.

Charl.

Ach wer die Gewißheit bald ver - nehmen ſolte!

Louyſ.

Jch bilde mir ein / ich habe ſo viel Gewißheit / daß ich dem lieben Herrn deßwegen gratuliren kan.

Sal.

Mademoiſelle, ſie vergebe mir: Jn groſſen Sachen ſind die Gemuͤther zum Zweiffel geneigt.

Louyſ.

Doch wenn es GOtt alſo fuͤgen will / wird er ſich des Gluͤcks nicht un - wuͤrdig ſchaͤtzen.

Sal.

Vielmehr woͤlte ich die Perſon der an - genehmen Botſchafft wegen als einen Engel anbeten.

Charl.

Es iſt mir leid / daß ich mich heute unter der Perſon keines Engels præ - ſentiret habe.

Louyſ.

Mein Schweſtergen iſt eifferſuͤch - tig / ſie will den Vorzug gegen mich be - halten.

Sal.

Sie ſollen allerſeits vor Engel gehal -A a 2ten552ten werden: Sie laſſen mir nur ſo viel Zeit / biß ich die ſonderbare Freude recht vernehmen kan.

Charl.

So lange wollen wir verziehen / darnach wollen wir der Welt ein arti - ges Geheimniß entdecken.

Sal.

Was vor ein Geheimniß?

Charl.

Daß die Engel auch tantzen koͤn - nen.

Louyſ.

Jch dachte / daß ſie auch kuͤſſen koͤn - nen.

Sal.

An beyden ſoll kein Mangel ſeyn: Sonderlich hat der Mund mit dieſer holdſeligen Poſt die auffwartſame Ca - reſſe zu vorher verdienet.

(Er kuͤſſet ſie.)
Forc.
(koͤmmt)

Mein Herr Vetter / iſt es nun Zeit zu ſchertzen / da wir uns vor den Augen des Hofes und des Volcks ver - bergen ſollen.

Sal.

Da wir uns wegen eines unverhoff - ten Gluͤckes erfreuen ſollen.

Forc.

Ach das Gluͤcke wird zu langſam ge - hofft / wo der Stab ſchon zerbrochen iſt.

Sal.

Das Parlament kan viel verderben /und553und des Koͤniges Gnade kan viel gut machen.

Forc.

Jch ſehe nichts / was geſchehen kan / ſondern vielmehr / was ich fuͤrchten muß.

Sal.

Dieſe Engels-Kinder werden mich nicht betriegen. Sie wiſſen von einer Gnade / die der Herr Marſchall vom Koͤnige zu gewarten hat.

Forc.

Man laſſe ſich doch nicht bethoͤren: Die Gnade iſt verſchloſſen / und wenn mir ein Engel vom Himmel die Zeitung braͤchte.

Sal.

So iſt man gegen das Gluͤcke un - danckbar / wenn man die guten Zeitun - gen verwirfft / ehe man ſie bedencken kan.

Forc.

Jch halte / es waͤre bedacht: Die Per - ſonen ſind ſchon denominiret / welche das Urtheil des Todes an ihm exeqvi - ren ſollen. Und bey ſo beſtalten Sa - chen werde ich nimmermehr dem Gluͤ - cke groſſen Danck ſchuldig ſeyn.

Sal.

Die Anſtalt mag ergangen ſeyn / ehe die Koͤnigl. Gnade darzwiſchen kommen iſt.

Forc.

Es kan nichts darzwiſchen kommenA a 3ſeyn /554ſeyn / denn eben dieſen Augenblick habe ich die Gewißheit geſehen / und wer weiß / ob der ehrliche Marſchall nicht all - bereit den Boten ſeines Todes in der Baſtille gehoͤret hat.

Them.
(koͤm̃t gelauffen)

Luſtig ihr Her - ren / der Schluß geht zuruͤcke.

Forc.

Was geht zuruͤcke?

Them.

Das Volck gedachte die Execution des Herrn Marſchalls zu ſehen / und im Ausgange hat ſichs bewieſen / daß ſie al - le redlich zum April ſind geſchickt wor - den.

Forc.

Was iſt das vor ein Ausgang?

Them.

So viel ich davon halte / gar ein gluͤcklicher. Der Schluß war im Parlamente ergangen / daß er auff der bekannten Gaſſe den ſchmaͤhlichen Tod ausſtehen ſolte.

Forc.

Das weiß ich wol / niemand wird es auch hintertreiben.

Them.

Aber da wir von den Soldaten hoͤ - ren muſten / niemand wuͤrde nichts zu ſehen bekommen / weil der Koͤnig etwas anders verordnet haͤtte / ſo muͤſte derſel - be unſerm Geſchlechte gantz feind ſeyn /der555der ſich zur Danckbarkeit keiner luſti - gen Mine gebrauchen wolte.

Forc.

Das Urtheil iſt auffgeſchoben / daß der Gefangene deſto laͤnger in Furcht und Hoffnung ſeinen Tod empfinden ſoll.

Them.

Jch halte davor / wenn in derglei - chen Sachen etwas auffgeſchoben wird / ſo iſt es auch moͤglich / daß es kan gantz unterlaſſen werden.

Ren.
(koͤmmt)

Ach es ſey GOtt im Him - mel geklagt! Das Volck laufft Hauf - fenweiſe zu / und will den Herrn Mar - ſchall ſterben ſehen.

Them.

Siehe da / furchtſamer Vetter / habt ihr auch noch was von der alten Zei - tung.

Ren.

Ach die Zeitung iſt gar zu neu.

Them.

Die Zeitung von des Koͤniges Gnade iſt noch neuer.

Ren.

Eine ſchoͤne Gnade! Die Execution ſoll nicht auff der Gaſſe vorgenommen werden / und das Volck mag in die Ba - ſtille zulauffen.

Them.

Wer hat das geſagt / daß er in der Baſtille ſterben ſoll?

A a 4Ren.
556
Ren.

Jch wolte / ich duͤrffte es nicht ſagen: Doch was kan ich davor / daß ſeine Diener ſo ein Lermen davon machen.

Them.

Was wollen die Diener?

Ren.

Sie wollen uns die letzte Zeitung bringen / daß unſer Geſchlechte zu Schanden gehet / und daß ich armes Kind meinen Adel eher ſoll verdunckeln laſſen / ehe derſelbe an das Licht hervor kommen iſt.

Fuͤnffter Handlung Fuͤnffter Auffzug.

Die vorigen.
    • FerryBirons Pierre
    Bedienten.
Sal.

So haltet uns doch nicht auff. Jſt unſer Ungluͤck gewiß / ſo bringet uns nur die Zeitung / worzu uns der Koͤnig ver - urtheilet hat.

Ferr.

Der Herr Marſchall ſoll ſterben.

Pier.

Die eintzige Gnade iſt noch / daß er deſſentwegen keinen Fuß aus der Ba - ſtille ſetzen darff.

Ferr.
557
Ferr.

Die andere Gnade iſt / daß ihm noch vergoͤnnet wird / ſeinen letzten Willen auffzurichten.

Pier.

Drum hater uns hieher geſchickt / daß wir der geſammten liebſten Anver - wandſchafft die Zeitung uͤberbringen ſollen.

Ferr.

Er bedancket ſich vor die vielfaͤltige affection.

Pier.

Sonderlich vor die Muͤhwaltung der bißherigen Interceſſion. Denn ob ſol - che gleich ihren Effect nicht erreichet hat / ſo hat doch ihre Liebe die Probe voͤl - lig abgeleget.

Ferr.

Er wuͤnſchet zwar in ihren Armen Abſchied zu nehmen.

Pier.

Doch will er dieſelben auch durch kei - nen grauſamen Anblick ferner betruͤ - ben.

Ferr.

Es iſt ihm leid / daß er zu einem boͤſen Andencken hat ſollen Gelegenheit ge - ben.

Pier.

Doch verſieht er ſich auff Seiten ſo lieber Freunde gleichwol eines lieben und ehrlichen Anblickes.

Ferr.

Die Thraͤnen / die er bey allen Wor -A a 5ten558ten mit einmiſchete / konten wir nicht mitnehmen.

Pier.

Doch weil wir unſern Patron und Wohlthaͤter beweinen / ſo moͤgen die Thraͤnen unterdeſſen an der Stelle ſeyn.

Sal.

Ach verſchont meiner mit den Wor - ten: Dieſe Pfeile ſind baſtant mein Her - tze zu verwunden.

(Gehet ab.)
Forc.

Und ich hoͤre wohl / daß ich nunmehro zu einer ewigen Finſterniß ſoll verdam - met ſeyn.

(Geht ab.)
Them.

Jch beklage meine Einfalt / daß ich mir mit guten Zeitungen viel eingebil - det habe.

(Geht ab.)
Ren.

Jch bin ein Kind: Kein Menſch hat mich in groſſen Ehren geſehen / ſo wird ſich auch niemand verwundern / wofern ich in der Schande verborgen bleibe.

(Geht ab.)
Ferr.

Es iſt ein Ungluͤck / daß wir einen Herrn verlieren ſollen.

Pier.

Aber das Gluͤcke iſt noch groͤſſer / daß wir an dem ungluͤcklichen Tode vor uns keinen Theil haben.

(Gehen ab.)
Charl.
559
Charl.

Schweſtergen / die Leute mochten doch wohl recht betruͤbt ſeyn.

Louyſ.

Ja wenn ich das Maͤulgen noch be - kommen ſolte / ſo moͤchte mir die Freude in die Piltze gehen.

Charl.

Der liebe Herr haͤtte es angenom - men / wenn wir ſeinetwegen eine Inter - ceſſion bey dem Koͤnige eingeleget haͤt - ten.

Louyſ.

Es verlohnt ſich der Muͤhe / daß ein Frauenzimmer ſo eines Kerlen halben nur ein Wort reden ſolte.

Charl.

Der Mann iſt endlich vornehme genug.

Louyſ

Aber das Frauenzimmer in Franck - reich iſt ihm auch ſchlecht genug. Ey botz tauſend / wie haͤtte er die Dame von Savoyen in ſeine Armen kriegt. Ey nicht doch / wenn es lauter Printzeßin ſeyn ſollen / ſo werden die Jungfern ſei - nes gleichen auch nach lauter Printzen ſehen. Jch freue mich ſehr darauff / wenn das Gemantſche angehen wird.

Charl.

Es wird ſich wohl niemand nach der Savoyiſchen Printzeßin mehr ſeh -A a 6nen /560nen / wo der Koͤnig den Braut-Schatz allen in der Baſtille auszahlen laͤſt.

Louyſ.

Sie moͤgen machen / was ſie wol - len: Das weiß ich / daß ich an ſeiner Per - ſon keinen Liebſten verliere. Hey ſa luſtig / wer mich einmal zu Bette fuͤhren wird / der muß lebendig ſeyn.

(Ge - hen ab.)

Fuͤnffter Handlung Sechſter Auffzug.

Sebaſtian bringt Pantagruel gejagt: Margaton will den Sebaſtian auff - halten.
Seb.

Erzuͤrne uns nicht mit deinem Lauffen.

Pant.

Und ich erzuͤrne mich / wenn ich ſtille ſtehe.

Seb.

Du muſt doch ſterben / mache dir dei - nen Tod nicht ſauer.

Pant.

Und wenn ich mich nicht ertappen laſſe / ſo muß ich auch nicht ſterbeu.

Marg.

Was ihr machen da? Haben mir ſagt was / der ſoll nicht ſterben.

Seb.

Wer etwas wider unſere Liebe thut /der561der muß ſterben. Alſo ſehen wir aus / wenn wir uns erzuͤrnen.

Pant.

Und alſo ſehe ich aus / wenn ich einem zornigen grimmigen Thiere will aus dem Rachen lauffen.

Marg.

O Schande! Jch nicht mag haben ſo boͤſen Mann / flugs hergeben die Tſcheſchel / daß nicht begehen die Tod - ſchlag / und mich reden laſſen.

(Sie trit mitten ſie ein.)
Seb.

Hier iſt das Schwerdt / anzuzeigen / was vor eine Gebieterin auch ein Koͤ - niglich Hertz bezwingen kan.

Marg.

Nun ſagen noch einmal.

Pant.

Jch ſage es noch einmal / es iſt der Kerl im Koͤnigreiche / der hat wollen Koͤnig werden / dem ſolten ſie nun den Niſchel vor die Fuͤſſe werffen / daß er nicht wiſſen ſoll / wo er die Krone hin - ſetzt.

Marg.

Das Kerl ſterben ſoll / das will wer - den Koͤnig. Pfui / pfui / du nicht mein Braͤutigam biſt. Du kommen ſolſt unter das Scharffrichter.

Seb.

Schoͤnſte Gebieterin / ſie laſſe uns zu / daß wir das Luͤgen-Maul ſtraffen.

A a 7Pant.
562
Pant.

Jch rede die Warheit / und ich hoffe / das Frauenzimmer zu Hoffe wird auch davon wiſſen / daß der Kerl ſterben ſoll / der mit ſeinem Kopffe hat wollen in die Krone fahren.

Marg.

Jſt wahr / mein Seel / hat ſagt unſer Jungfer / daß Kerl ſoll ſterben / der wol - len hat ſeyn wie das Koͤnig. Pfui / pfui / du nicht mein biſt / du ſterben ſolt: Mein Ding / das ich haben lieb / leben muß.

Seb.

Sie verſtoſſen uns nicht / wir wollen den Koͤnigl. Titul auff ewig verſchwe - ren.

Pant.

Nun hilfft kein Schweren. Wer ſich einmal an dem Koͤnige verſuͤndiget / da heiſt es: Runter mit dem Niſchel.

Seb.

Unbarmhertziges Gluͤcke! Warum ſind uns einmal Koͤnigl. Gedancken ein - kommen / da wir ſolche zu lauter Ungluͤ - cke fuͤhren ſollen?

Pant.

Da hilfft nun nichts davor: Wer un - gluͤcklich iſt / der ſey ungluͤcklich. Deß - wegen kan ſich doch ein ehrlich Frauen - zimmer nicht betruͤgen laſſen. Man dencke nur nach / das hundert tauſend - fach liebe Gold-Maͤdgen haͤtte ſich feinver -563verpuffen ſollen: Heute machte ſie Hochzeit / morgen fiele dem neuen Ehe - Manne der Kopff vor den Podex. Je waͤre es doch kein Wunder / er kaͤme hernach ohne Kopff wieder zu ihr ins Bette.

Marg.

O ſchweigen ſtill / das iſt wie boͤſe Ding. Kommen wieder in Nacht / unter Armen haben Kopff / und anflen - nen mich? Pfui / pfui gehen weg / du nit biſt Menſch / du biſt wie halb Teuf - fel.

Seb.

Eine verliebte Seele kan nicht weg gehen.

Pant.

Aber wenn ſich ein Frauenzimmer gleichwol an einen ſolchen Kerlen aͤr - gern will / ſo moͤchte er ſich doch abſenti - ren / biß ihr das Ergerniß vergangen waͤre.

Marg.

Du gehen kanſt / wenn du wilt.

Seb.

Wir gehen nicht / und wenn ihr mit unſerm Tode gedienet iſt / ſo wollen wir uns hieher legen: Jn dieſer Poſitur wollen wir als ein Sclave leben / und als ein treuer Diener ſterben.

Pant.

Ja ja / und in dieſer Hundsf. Poſi -tur564tur ſoltu um deine Liebſte kommen. Mein Engels-Kind / wenn ich nun den Kopff behalte / iſt es nicht wahr / daß ich der Liebſte bin?

Marg.

Wer hat Kopff / der kan geben Maul.

Pant.

Und wer den Kopff verlohren hat / der hat oben ein garſtig Loch / darauff wird ihn kein Menſch hertzen. Nun ſo mags ſeyn / wir haben einander lieb / und wenns die gantze Welt verdrieſſen ſolte. Das wiſſen alle Leute / daß ich mein Lebtage kein Koͤnig habe ſeyn wol - len.

Seb.

O das iſt ein ſchlecht Tractament vor ein Koͤniglich Gemuͤthe.

Pant.

Ha du ſolſt das Tractament beſſer ſehen.

(Er tantzet ſingende etliche mahl um ihn herum / und alſo denn hinein.)
Fuͤnff -565

Fuͤnffter Handlung Siebender Auffzug.

Laurent einer von Adel. Sebaſtian ein ſtoltzer Spanier.
Laur.

So iſt nun einmal des Koͤniges Ausſpruch ergangen / daß der Mar - ſchall ſterben ſoll: Und wie ich verneh - me / ſo werden etliche Perſonen zugelaſ - ſen werden / die ſich etwas in der Zeit einſtellen: Und alſo werde ich Achtung darauff geben / daß ich nicht der Letzte bin. Doch was lieget hier vor eine Cre - atur? Jſt es nicht der armſelige / Koͤ - niglich geſinnte Spanier / dem zu Ge - fallen ich unlaͤngſt ein Præſidente wer - den muſte. Wie ſtehts guter Freund? Die Poſitur iſt ſchlecht vor ſo einen Tu - gendhafften.

Seb.

Man laſſe uns ſterben.

Laur.

Ein Cavallier, vor welchem ſich die Welt verwundern muß / hat keine Ur - ſache den Tod zu wuͤnſchen.

Seb.

Ach der Koͤnig hat ſich uͤber unſer Koͤ - niglich Gemuͤthe erzuͤrnet / wir ſollenſter -566ſterben: Der Ort iſt in der Baſtille ſchon ausgeſehen / welchen wir mit un - ſerm Blute beſpritzen ſollen.

Laur.

Wer hat das geſagt?

Seb.

Der jenige hat es geſagt / der uns e - ben deßwegen von der Liebſten verdrun - gen hat.

Laur.

Schaͤmt euch / daß ihr ſo leichtglaͤu - big ſeyd; Der Marſchall von Biron ſoll in der Baſtille ſterben: Aber was euch betrifft / da wird der Koͤnig kein Blutvergieſſen anfangen. Kom̃t mit / ich will Buͤrge davor ſeyn / daß ihr das Spectacul ſicher und umſonſt genieſſen ſolt.

Seb.

Aber es traͤgt uns keine Gefahr?

Laur.

Schweigt ſtille / ihr ſolt euren Kopff behalten / und in der Liebe ſolt ihr auch nicht verdorben ſeyn.

Fuͤnff -567

Fuͤnffter Handlung Achter Auffzug.

Die mittelſte Scene præſentiret ein Ge - faͤngniß.
Biron der Marſchall. Arnoux, ein Prieſter. Harlay Præſiden t im Parlament. Sillery ein Geheimer Rath.
Bir.

Jſt es moͤglich / daß ein Menſch nach den Geſetzen ſterben ſoll / der niemanden geſchadet hat?

Arn.

Die Geſetze richten ihr Urtheil nach dem Willen.

Bir.

Doch die That iſt unſchuldig.

Arn.

Ausgenommen wo die Majeſtaͤt ſoll beleidiget werden / da muß auch der Wille geſtraffet werden.

Bir.

Ach weh / daß ich nicht ein Herr uͤber meine Gedancken geweſen bin!

Arn.

Das Vergangene wird zu langſam beklaget: Nun muͤſſen wir dahin den - cken / daß wir in dem Zukuͤnfftigen nichts verſehen.

Bir.

Will der Koͤnig in der Rechnung ſoſcharff568ſcharff ſeyn / was werde ich bey GOtt verdienet haben / deſſen Majeſtaͤt ich oh - ne Zweiffel mehr als zu viel beleidiget habe?

Arn.

Dieſer Koͤnig wird des angench - men Vorſprechers wegen an der bloſ - ſen Reue ſich begnuͤgen laſſen. Koͤnte der zarte Dauphin reden / und duͤrffte man ſich auff ſeine Interceſſion verlaſ - ſen / ſo wuͤrde vielleicht auch die zeitliche Straffe in eine vollkommene Gnade verwandelt werden.

Bir.

Ach es will niemand auff der Welt vor mich reden.

Arn.

Genung daß im Himmel die Inter - ceſſion nicht vergeſſen wird.

Harlay koͤm̃t mit Sillery.
Harl.

Auff Befehl Jhrer Maj. kommen wir hieher das Zeichen des Ritter-Or - dens abzufodern.

Bir.

Was Jhro Maj. gegeben haben / koͤnnen ſie fodern laſſen: Es iſt durch keine unrittermaͤßige Zaghafftigkeit je - mals beſchimpffet worden.

Sill.

Jngleichen haben Jhro Majeſt. be - fohlen den Marſchalls-Stab aus zu antworten.

Bir.
569
Bir.

Hier iſt der Stab / und wenn ich in dem Stande waͤre / daß ich um eine Gnade bitten duͤrffte / ſo wolte ich den Koͤnig unterthaͤnigſt erſuchen / daß kei - ner dieſen Stab fuͤhren moͤchte / welcher mich nicht uͤbertreffen koͤñte.

Harl.

Hiernechſt wird ihm anbefohlen den Titul eines Hertzogs nicht mehr zu ge - brauchen.

Bir.

Jch werde mich ſelber ſo nicht nennen: Aber ich weiß nicht / wer die Zungen in gantz Franckreich verhindern wird / wenn ſie auch nach meinem Tode wer - den an den Hertzog von Biron geden - cken.

Sill.

Und hieraus hat er nun zu verſtehen / wie er ſeine uͤbrige Lebens-Zeit anwen - den ſoll.

Harl.

Es verſirt eine koͤnigliche groſſe Gnade darunter / daß er in der Stille und im Beyſeyn wenig Volckes ſterben ſoll.

Sill.

Er wird gluͤckſelig ſeyn / daß er ſeinen Tod vor ſich ſiehet / und die Vorberei - tung Chriſtlich anſtellen kan.

Bir.

Ach ſoll ich ſterben und dieſes ſoll mirnoch570noch als eln Gluͤcke zugerechnet wer - den. Ach daß doch alle meine Feinde noch dieſes Gluͤck erleben ſolten!

Harl.

Der Koͤnig will auch im Tode re - ſpectiret ſeyn.

Bir.

Wenn iſt er im Leben von mir verach - tet worden? Jch ſage noch einmal / mein Verbrechen hat mich nicht ruini - ret: Es iſt die verdam̃te Mißgunſt / wel - che vielleicht auch den Koͤnig angetrie - ben hat / daß er ſich meine Tugend hat wollen von der Seite ſchaffen.

Sill.

Gemach / gemach / ſo bereitet man ſich nicht zum Tode.

Arn.

So wird man kein verſohnlich Hertz mit aus dieſer Welt bringen.

Bir.

Ach die Verſohnung iſt ſchwer / wo man die Gedult zu tieff beleidiget hat. Wer mir ſonſt mein Ordens-Zeichen / meinen Marſchalls-Stab / und meine andere Dignitaͤt haͤtte diſputirlich ge - macht / dem haͤtte ich eher mein Leben auffgeopffert / ehe er keine Rache haͤtte ausſtehen ſollen. Ach was ſoll ich nun thun / da ich mich ſelber verliehren und an keine Rache gedencken ſoll? Achdas571das Urtheil iſt grauſam / es iſt zu ge - ſchwinde / und weil der Koͤnig dem Parlamente hierinne folgen muß / ſo werde ich mich an keiner Majeſtaͤt ver - ſuͤndigen / wenn ich darzu ſetze / das Ur - theil iſt ungerecht.

Arn.

Wir wollen an die Seele geden - cken: GOtt hat alles gerecht gemacht.

Bir.

Jn guten Tagen wolte ich auch troͤ - ſten: Aber wenn ich itzo die Worte im Hertzen begreiffen ſolte / ſo muͤſten ſie gantz anders geſetzt werden.

(Er laufft in die Scene, welche zufaͤllt.)
Harl.

Mein Herr Pater, was muß er vor Angſt bey dieſem Manne ausſtehen?

Sill.

Er ſoll ſterben / und die Begierden laſſen ſich an / als wenn er noch ſo lange leben ſolte.

Arn.

Der Kopff / den er die Zeit ſeines Le - bens nicht hat brechen koͤnnen / der wird numehr in dieſer Verwirrung ſchwer - lich zu brechen ſeyn: Und ich bitte Gott / er wolle dieſes Merckmal der menſchli - chen Schwachheit ſeiner Seelen nicht zurechnen.

Harl.

Die Zeit iſt kurtz / wo er die ver -ſaͤumt572ſaͤumt / ſo koͤm̃t ſie gewißlich in Ewigkeit nicht wieder.

Sill.

Und ſein Verbrechen iſt groß / wo es ihm noch nicht zu Hertzen geht / ſo wird ſein Gedaͤchtniß deſto mehr in der Welt verhaſt ſeyn.

Arn.

Groſſe Gemuͤther / groſſe Faͤlle. Doch wenn es zu GOtt kom̃t / ſo mag es auch heiſſen / maͤchtige Suͤnder maͤchtige Barmhertzigkeit.

Harl.

Wir werden uns nicht von dannen erheben / biß dem Koͤnige wird voͤllige Satisfaction geſchehen ſeyn.

Sill.

Und alſo wollen wir den Herrn Pater an ſeinem heiligen Ampte nicht verhin - dern.

Fuͤnffter Handlung Neundter Auffzug.

    • Jacqves Lambert
    Buͤrger.
  • Laurent einer von Adel.
  • Sebaſtian ein ſtoltzer Spanier.
    • Colin Rien Joſſe
    Luſtige Hoff-Purſche.
Jacq. 573
Jacq.

Das Spectacul wird ſchrecklich ſeyn.

Lamb.

Gleichwol wuͤnſchen wirs zu ſehen.

Jacq.

So ein groſſer Herr ſoll ſo tieff er - niedriget werden.

Lamb.

Und ſo ein unuͤberwindlicher Herr ſoll von einem Feinde uͤberwunden wer - den / gegen den er ſich nicht wehren kan.

Jacq.

Jch will zuſehen: Wo ich weinen muß / ſo will ich mein Angeſicht verhuͤl - len.

Lamb.

Vielleicht werden wir im Weinen Geſellſchafft antreffen / daß wir uns de - ſto leichter befriedigen koͤnnen.

Seb.
(koͤm̃t)

Behalten die Leute alle ih - re Koͤpffe / welche an den Ort kom - men?

Laur.
(koͤm̃t.)

Alle biß auff einen.

Seb.

Wenn aber derſelbe einige in unſerm Kleide ſteckte?

Laur.

Nicht doch / der einige heiſt Biron.

Seb.

Die Verantwortung wird euch - berlaſſen.

Laur.

Gar gerne

(ad ſpect.)

Koͤm̃t er da - von / ſo darff ich keiner Verantwor - tung: Koͤm̃t er nicht davon / ſo iſt nie - mand / der mich zur Rede ſetzt.

B bCol.
574
Col.
(koͤmmt.)

Fort fort / wir muͤſſen den Marckt nicht verſaͤumen. Wer ſo lange warten will / biß die Thuͤre ver - ſchloſſen iſt / der moͤchte mit der Wache mehr Haͤndel kriegen / als ihm lieb iſt.

Rien.

Und das waͤre ein ſchaͤndlich Freſ - ſen / wenn man Schlaͤge kriegte / und ſaͤhe gleichwohl nichts davor.

Joſſ.

Verlaßt euch nur auff mich: Wo ich zu rechte komme / da iſt niemand von meinen Cammeraden verdorben.

Col.

Jch werde daher ſtehen.

Rien.

Und ich werde die Stelle einneh - men / die mir gelaſſen wird.

Joſſ.

Jhr Phantaſten / ihr ſorgt vor die Stelle: Der Marſchall hat ſeine Stel - le und darff nicht davor ſorgen.

Fuͤnffter Handlung Zehender Auffzug.

Die vorigen. Blaiſe, Chriſtofflé, Bauren. Denis ein Bedienter am Hoffe. Pantagruel ein luſtiger Diener.
Bl. 575
Bl.

Jch dencke / wir werden auch recht an - kommen.

Chriſt.

Das Hauß iſt vor unſer einen ſonſt wol zu vornehm.

Den.

Laſts doch gut ſeyn. Jhr kriegt dergleichen Dings euer Lebtage nicht zu ſehen.

Bl.

Ja das iſt auch die gantze Urſache / daß ich mitgehe: Denn ich habe mein Leb - Tage ſo gerne was naͤrriſches geſehen.

Chriſt.

Jch habe gerne naͤrriſch Ding ge - ſehen: Es fehlt nur immer an Leuten / die mirs weiſen wollen.

Den.

Nun ſoll es mit einander kommen: Nun tretet zuſammen / und wenn je - mand koͤm̃t / ſo erſchreckt nicht bald.

Bl.

Wenn ichs nur weiß / daß ich nicht er - ſchrecken ſoll / ſo will ich thun / als wenn ich nicht daheime waͤr.

Chriſt.

Und ich will dar ſtehn / als muͤſte es ſeyn.

Den.

Jch bin den Schelmiſchen Bauren was ſchuldig geweſen; Sie ſollen mei - netwegen bezahlet werden.

Pant.
(koͤmmt.)

Jhr Herren komm ich noch zu rechte? Meine Courteſie hatBb 2mich576mich auffgehalten / daß ich bald die lu - ſtige Comœdie mit dem Herrn Mar - ſchall verſaͤumet haͤtte. Doch wie zum Velten geht das zu? Meine Wider - part ſteht da und fuͤrchtet ſich nicht vor dem Kopff abhauen. Es iſt nicht an - ders / der Kerle iſt mir wieder klug wor - den. Doch ich muß ſehen / daß ich ihn helffe bey der Narrheit erhalten.

Fuͤnffter Handlung Eilffter Auffzug.

Die vorigen.
  • Delux Birons Confident.
  • Vitry, Capitain uͤber die Garde.
    • Ambroiſe Gautier
    Soldaten.
Del.

Jch begehe eine groſſe Kuͤhnheit / daß ich mich hier eindringen will.

Vitr.

Es ſtehet allen Perſonen von Con - dition frey dieſes mit anzuſehen / wel - ches der Koͤnig nicht will verborgen hal - ten.

Del.

Es iſt ein Spectacul, welches man von langer Zeit her nicht geſehen hat.

Vitr.
577
Vitr.

Es waͤre auch nicht gut / wenn ſich dergleichen Faͤlle gar zu viel cumuliren ſolten.

Del.

Des Mannes Tapfferkeit iſt zu be - weinen.

Vitr.

Doch wer den Koͤnig liebt / der muß die Untreu verfluchen.

Del.

Aber es iſt gleichwol ein Jammer / daß allerhand Canaille der Execution beywohnen ſollen. Deſſentwegen ſoll es nicht auff oͤffentlichem Platze ge - ſchehen / daß der gute Mann gleichwol bey ſeinem Ende durch einen ſolchen Anblick nicht ſoll geqvaͤlet werden.

Vitr.

Es iſt kein ausdruͤckliches Verboth. Dieſes haben wir nur vom Koͤnige / daß der Zulauff nicht allzu groß werden ſoll.

Del.

Doch was dieſe Bauren darbey ver - lohren haben / das weiß ich nicht.

Vitr.

Die ſollen bald zur Thuͤre hinauß ge - wieſen werden. Jhr Purſche wie ſtehts? Wer hat das befohlen / daß al - le Bauer-Holluncken herein auff den Platz dringen ſollen? Schafft ſie bey Zeiten hinaus / ſonſt ſollen etjiche unterBb 3euch578euch die Zeche vor ſie bezahlen.

(trit mit Delux auff die Seite.)
Amb.

Eh ich was vor die Bauren leide / ſo will ich ſie alle zu ungluͤckſeligen Men - ſchen machen.

Gaut.

Jch bin auch der Gedancken.

Amb.

Holla Bauer / was haſtu hier zu ſu - chen?

Bl.

Jch bin ſonſt gar ein ehrlicher Mann: Die Herren moͤgen verliehren / was ſie wollen / ich ſuche nichts.

Chriſt.

Und wir Bauren tragen deſſent - wegen keine Handſchuch / daß alle Leute ſehen koͤnnen / was wir vor Haͤnde ha - ben.

Gaut.

Es iſt uns nicht um deine Haͤnde zu thun. Jch frage nur / wer euch be - fohlen hat hieher zu gehen.

Bl.

Je ja / es hats wohl niemand ſo ſehr befohlen: Aber wenn ich nur den Herrn ſehen koͤnte / der wirds wohl wiſſen / was ich will.

Chriſt.

Je ja / wenns mit den Bauren zum muͤßig gehen koͤm̃t / ſo brauchen ſie keinen groſſen Befehl.

Amb.

Jch mercke es nun / daß lauterBrandt -579Brandtwein aus euch redet: Und wo ihr nicht fortgehet / ſo ſoll der Pruͤgel aus mir reden.

Bl.

Gevatter / wie waͤre es / wenn wir giengen?

Chriſt.

Jch daͤchte wohl auch ſo: Aber die Kerlen am Thore moͤchten uns ſchla - gen.

Bl.

Je nu / der will uns auch ſchlagen.

Amb.

Jch ſehe / wo die Zeichen und Wun - der nicht erfolgen / da haben die Bau - ren gar thumme Koͤpffe.

Gaut.

Pritz pratz auff deinen Ruͤcken / das iſt die Loſung.

(Sie pruͤgeln ſie hinein.)
Amb.

Und was haſtu hier zu ſuchen?

Pant.

Jch ſtehe da als ein koͤniglicher Diener.

Gaut.

Die koͤniglichen Diener gehoͤren nicht allenthalben hin.

Pant.

Der hat mich heiſſen herkommen: Hab ich unrecht gethan / ſo mag es der - ſelbe verantworten / der es geheiſſen hat.

Amb.

Wer ſeyd ihr?

Seb.

Hilff Himmel / wir ſollen uns exa -Bb 4mini -580miniren laſſen: Bey meiner Seelen ich bin kein Koͤnig.

Gaut.

Wer ungeheiſſen ſchweret / dem glaub ichs nicht: Wir wollen rechte Antwort haben.

Seb.

Ach weh! Nun werden wir unſer Blut vergieſſen ſollen.

Amb.

Haben wir keine Antwort verdie - net?

Seb.

Sie thun mir doch dieſes zu gefallen und glauben / daß ich kein Koͤnig bin / und noch dieſes darzu / daß ich die Zeit meines Lebens kein Koͤnig zu werden gedencke.

Amb.

Biſtu kein Koͤnig / ſo magſtu wol ein Narr ſeyn: Bleib doch ſtehen.

Fuͤnffter Handlung Zwoͤlffter Auffzug.

Die mittelſte Scene eroͤffnet ſich: Har - lay, Villeroy, Soiſſons, Sillery bleiben in der mittelſten Scene, Arnoux mit etlichen ſingenden Knaben beglei - tet Biron etliche mahl um das Thea - trum. Ferry und Pierre gehen hin -ter581ter ihm: Der Scharffrichter mit dem Schwerdte folget nach.
Harl.

Monſieur Biron, es iſt Zeit / daß dem koͤniglichen Befehle nachgelebet wird.

Bir.

Ach ja es iſt Zeit / und ich bekenne bey dem letzten Abſchiede aus der Welt / daß ich den Koͤnig vom Hertzen liebe.

Arn.

Die Liebe muß uns auch in jene Welt begleiten.

Bir.

Haben meine Verleumder was ge - redt / ſo will ich deßwegen bey GOTT nicht um Rache ruffen. Der meine Suͤnden zu Gnaden annim̃t / der mag ſie auch ſeiner Barmhertzigkeit theil - hafftig machen.

Arn.

So recht / der Wille Gottes giebt die beſte Richtſchnur / was wir dencken oder verlangen ſollen.

Bir.

Ha Monſ. Delux hab ich die Ehre / daß er mich zu guter letzt ſehen will? Hier iſt mein Ring: Will er ſo gut ſeyn und denſelben meiner juͤngſten Schweſter uͤberlieffern / ſo wird er noch ein Zeichen als ein guter Freund an mir ſehen laſ - ſen.

B b 5Del.
582
Del.

Mein Herr / ich werde die Commiſſion willig uͤber mich nehmen / wuͤnſche im - brigen das jenige / was wir in der letz - ten Stunde verlangen.

Bir.

Das iſt der beſte Wunſch: Und ihr Umſtehenden / ſo wahr mich die letzte Stunde nun uͤberfallen hat / ſo wahr wird man auch mit der Zeit von euch ſa - gen / daß ihr einen ſauern Trunck in der letzten Stunde habt thun muͤſſen.

Arn.

Wir wollen uns der Zeit etwas beſ - ſer bedienen. Beliebet meinem Herrn zu beten?

Bir.

Laßt mich mein Teſtament vollziehen. Schauet Jacqves, hier iſt mein Ober - Kleid / das behaltet zu einen Andencken. Du Pierre hier iſt meine Weſte / und wenn du ſie anlegeſt / ſo erbarme dich - ber einen Herrn / welcher ſeine Diener nicht anders belohnen kan.

Scharffrichter.

Wollen ſie das Haar verbinden laſſen?

Bir.

Wer biſtu?

Scharfr.

Jch bin ein Kerl meines Handwercks.

Bir.
583
Bir.

Jch frage: Was biſtu fuͤr ein Lands - mann?

Scharfr.

Der Geburt nach ein Bur - gundier.

Bir.

Biſtu der Burgundier / vor deſſen Streiche mein Haupt nicht hat ſellen ſicher ſeyn? Ach weh mir / wie manchen Burgundier habe ich verfolget! Weil ich mich vor ſeinem Streiche fuͤrchten muſte. Doch ich ſage dir / du haſt Macht einen Streich zu thun: Wirſtu mich aber ſonſt mit einem Finger an - ruͤhren / ſo will ich dir weiſen / daß ich auch im Tode dich zu einen ungluͤckſeli - gen Menſchen machen kan.

Jacq.

Mein Herr / der Mann ſoll nicht ſo nahe kommen / daß er ihn beruͤhret / wir wollen ihm die Haare knuͤpffen.

Pier.

Und dieſes Schnuptuch ſoll ihm vor die Augen gebunden werden.

(Er kniet nieder / ſie binden ihn: Der Scharffrichter zeucht ſein Schwerdt aus und ſagt:

Ohne Maßgebung koͤñte das Schnup - tuch beſſer vor das Geſichte gezogen werden.

Bb 6Bir.
584
Bir.
(Streiffelt das Tuch vom Ge - ſichte weg.)

Wer will uͤber mein Schnuptuch diſponiren? Ha du Hund / haſtu mich nicht angeruͤhret? Davor will ich dir den Halß brechen.

(Er reiſt ihm das Schwerd aus der Hand.)

So muß ich noch vor mei - ne Ehre fechten: Der Koͤnig hat mir ſo viel genommen: Aber doch bin ich noch nicht dahin verdam̃t / daß ich mich einen ſolchen Kerlen ſoll anruͤhren laſ - ſen. Wo iſt er hin? Sein Blut muß eher ſpringen / ehe ich das meinige ver - gieſſen kan.

(Die Leute fangen alle an zu ſchrey - en und lauffen davon / auſſer Pan - tagruel und Sebaſtian, die ſich ver - ſpaͤten.)
Bir.
(reiſt Pantagruel)

Biſtu auch ein Henckers-Bube / der mich anruͤhren will?

Pant.

Herr ich bin der unrechte.

(er ver - ſteckt ſich hinter Sebaſtian.)
Bir.

Aber ſo wirſtu der rechte ſeyn.

Seb.

Jch weiß nicht / was rechts oder lincks iſt.

(verſteckt ſich hinter Panta - gruel.)
Arn.
585
Arn.
(faͤlt ihm mit der rechten Hand ins Schwerdt.)

Monſ. Biron ich bit - te um ihrer Seelen willen / ſie beflecken doch den Ausgang ihres Lebens mit kei - ner ungeſchickten Sache: Sie ruͤhren das Schwerdt ſelber an / und wollen von dem Beſitzer nicht beruͤhret ſeyn.

Bir.
(wirfft das Schwerdt hin.)

Mag er doch das verfluchte Schwerdt behal - ten. Ha ich ſage doch: Da ſtirbt ein Cavallier, deſſen Franckreich nicht wuͤr - dig geweſen iſt. Meine Lebens-Zeit hab ich in Kriegs-Travaillen zuge - bracht: Eine Wunde nach der andern iſt mir geſchlagen worden / und da ich den Lohn meiner Tapfferkeit und die Ruhe des Lebens genieſſen ſoll; Ach! da ich den ſuͤſſen Nahmen eines Ehe - Mannes und die angenehme Liebe ei - nes Vaters erfahren ſoll / ach ſo will man mir keinen Tropffen Blut in den Adern goͤnnen!

Arn.

Die Reden ſind vergebens: Wer an den Himmel dencket / der hat ſich um die Welt nicht weiter zu bekuͤmmern.

Bir.

Warum ſoll ich aber nicht an dieB b 7Welt586Welt dencken? Ach! mein Hertzens - Freund / iſt kein Weg mehr uͤbrig / daß ich nur vor dißmal mit dem bittern To - de verſchonet werde.

Arn.

Dieſe Gedancken verſtoͤren uns in der Andacht.

Bir.

Und dieſes Urtheil verſtoͤret mich in der Freude. Ach was vor ein Ungluͤck iſt dieſes / wenn einer ſterben ſoll / und hat noch vielfaͤltige Urſache zum Leben. Geht Herr Pater, ſagt dem Koͤnige / daß er ſeinen tapfferſten Helden an mir ruiniret: Sagt / daß dem Koͤnigreiche der hoͤchſte Schade geſchiehet / wenn ſie meiner ins kuͤnfftige ſollen beraubet ſeyn.

Arn.

GOtt / der vor ſeine Seele ſorget / wird auch des Koͤnigreichs nicht ver - geſſen.

Bir.

Meiner iſt allenthalben vergeſſen / und weil es denn ſo weit kommen iſt / daß ich ſterben muß / ſo will ich doch nicht auff dieſem Platze ſterben: Die Ecke gegen uͤber ſoll das Mahlzeichen meines Blu - tes fuͤhren. Ach ihr Frantzoͤſiſchen Cavalliers, ſehet her / nun wird euereKrone587Krone fallen.

(Laͤufft hinein / die mittelſte Scene faͤllt zu / die andern folgen ihm.
Pant.

Jch komme nicht hin: Wo der Ei - ſenfreſſer das Schwerdt noch einmal nimmt / ſo ſetzt er mich in einen Stand / daß ichmeiner Liebſten die Zeit meines Lebens kein Maul geben kan.

Seb.

Und ich werde bitten / man wolle mich zum Thore hinaus laſſen.

Pant.

Aber hoͤrt / was haben wir nun da - von / daß wir einander aͤngſtigen? Wenn darnach ein ander Aengſtiger uͤber uns koͤmmt / ſo muͤſſen wir doch ein - ander aus der Noth helffen.

Seb.

Wer die Angſt zu erſt angefangen hat / auff dem lieget die Verantwor - tung.

Pant.

Ach wir wollens nicht ſo gefaͤhrlich auff die Verantwortung kommen laſ - ſen / es giebt eine Verdrießligkeit die an - dere. Doch wollen wir gute Freunde ſeyn / ſo haben wir auch ein beſſer Ge - wiſſen.

Seb.

Wir ſind gar willig darzu: Nur dasbe -588beklagen wir / daß wir unſere Liebſte ſol - len in frembden Armen ſehen.

Pant.

Herr / zugeſagt / wo ihr die Liebſte nicht haben wolt / ſo will ich ſie auch ſi - tzen laſſen.

Seb.

Wenn wir nicht an die Tuͤrckiſche Graͤntze ziehen / ſo iſt ſie uns nichts nuͤtze.

Pant.

Und wenn ich ihrentwegen nicht be - foͤrdert werde / ſo hab ich ihrer ſatt / ehe wir den erſten Hochzeit-Tag erleben.

Seb.

So haben wir keine Urſache zu zan - cken.

Pant.

Herr / da iſt meine Hand: Wir wol - len gehen / und eins auff Bruͤderſchafft trincken / und der iſt ein Schelm / der ſich an dem Orte weiter um die Courteſie bekuͤmmert.

(Sie fuͤhren einander ab.)
Fuͤnff -589

Fuͤnffter Handlung Dreyzehender Auffzug.

Denis ein Bedienter am Hofe. Laffin Birons Vertrauter. Renazé, deſſen Secretarius.
Den.

So iſt nunmehr der ſtoltze Marſchall gefallen / und ſo haben wir geſehen / was derjenige vor einen Mangel der Weiß - heit bey ſich empfindet / welcher ſich bey der Gelegenheit zu ſterben in den noth - wendigen Schluß nicht ſchicken kan.

Laff.

Dem Herrn meine Dienſte.

Den.

Meine dargegen.

Laff.

Es ſcheinet faſt / als wenn er aus der Baſtille kommen waͤre.

Ren.

Und aus ſeinem Geſichte kan man mercken / daß er etwas ſchreckliches geſehen hat.

Den.

Ja wol hat endlich der tapffere Bi - ron mit ſeinem Blute bezahlet.

Laff.

Er wird ſich ſeiner Gewonheit nach ſehr Heldenmaͤßig erwieſen haben.

Ren.

Und ſeine letzten Worte werden vonden590den Frantzoſen als Oracula reſpectiret werden.

Den.

Der unverhoffte Fall hatte ſeine Ge - dancken confundiret / daß man die Worte nicht mercken konte: Ja es lief - fen unterſchiedene Dinge vor / welche man ſeiner Schwachheit aus Mitlei - den muſte zu gute halten.

Laff.

Aber wie erfolgte gleichwohl ſein Tod?

Den.

Der Scharffrichter war gluͤckſelig: Der Kopff flog auff den erſten Hieb herunter / und dieſes war hoͤchlich zu ver - wundern / daß aus ſeinem Kopffe mehr Blut ſpruͤtzte / als aus dem Coͤrper ſelbſt.

Laff.

Das iſt ein Wunder.

Den.

Der Eiffer / die Angſt und die Unge - dult hatten die gantze Natur ſo unru - hig gemacht / daß ihm das meiſte Theil des Gebluͤtes in den Kopff geſtiegen war. Wiewohl ich werde meinen Herrn nicht auffhalten.

Fuͤnf -591

Fuͤnffter Handlung Vierzehender Auffzug.

Laffin Birons Vertrauter. Renaze deſſen Secretarius. Delux deſſen Confident.
Laff.

Jch bethaure den Todesfall / darzu ich das meiſte gethan habe. Doch ehe ich den Gang gehen wolte / ſo muſte ein ander vor mich an den Reihen.

Ren.

Es waͤre zu wuͤnſchen / daß dem Koͤni - ge durch dieſen Tod volle Satisfaction geſchehen waͤre.

Laff.

Die Verſicherung iſt mir wohl ge - than worden.

Ren.

Doch ein Koͤnig hat viel Urſachen / warum er ſolche Verſicherungen wie - derruffen kan.

Laff.

Jch beſorge mich keines Ungluͤcks: Die Verraͤtherey iſt den Koͤnigen zu angenehm: Solten die Leute einmal ſo erſchrecket werden / ſo moͤchte ſich nie - mand zu dieſen angenehmen Dienſte gebrauchen laſſen.

Ren.
592
Ren.

Jch beſorge / der Koͤnig wird das Geheimniß nicht verſtehen wollen.

Del.
(koͤmmt)

Jhr Herren / die Zeit iſt koͤſtlich / ich muß im Vertrauen etwas gedencken.

Laff.

Wir ſind als Diener: Was dem - ſelben zu reden beliebt / das ſoll uns gar gelegen ſeyn.

Del.

Sie gehen in ihrer Sicherheit herum / und wiſſen nicht / wie nahe das Ungluͤck geweſen iſt.

Laff.

Wer auff des Koͤniges Wort trauet / der iſt ſicher genug.

Del.

Jm geheimen Rathe ſind viel Stim - men dahin gegangen / daß man etwas Scharffes wider ſie vornehmen moͤch - te. Doch endlich hat dieſer Schluß die Oberhand behalten: Man ſolte den zukuͤnfftigen Verraͤthern die Gna - den-Thuͤre nicht verſchlieſſen / ſonſt moͤchten hohe Potentaten gar langſam hinter die Warheit kommen.

Laff.

Das iſt eben der beſte Grund meiner Sicherheit.

Del.

Doch auff Anregen eines vornehmenFreun -593Freundes hab ich Erinnerung thun wollen / ſie moͤchten ſich auff eine kurtze Zeit abſentiren; Denn es koͤnte vom gemeinen Poͤbel unter dem heimlichen Vorwande den Herrn Marſchall zu revengiren / etwas verſuchet werden / darinnen der Koͤnig ſelber zuletzt nicht helffen koͤnte.

Laff.

Wenn ich alles das Meinige durch eine Spatzier-Reiſe verſichern kan / ſo will ich gleich dieſen Augenblick ſehen / wo Paris das naͤchſte Thor hat.

Ren.

Und ich will ſehen / daß ich meinem gu - ten Freunde Geſellſchafft leiſten kan.

Del.

Es iſt ein guter Rath / der augenblick - lich muß exeqviret werden. Unterdeſſen wenn ſie gluͤcklich reiſen / werde ich mir die Ehre nehmen / bey der Wiederkunfft zu gratuliren.

(Sie gehen an un - terſchiedenen Orten ab.)
[figure]
Fuͤnff -594

Fuͤnffter Handlung Funffzehender Auffzug.

Henricus, Maria, Villeroy, Harlay, Soi - ſons, Sillery, Delux.
Henr.

So iſt endlich unſer Koͤnigreich von einem unruhigen Kopffe erloͤſet worden.

Mar.

Ach ja / weil er ſein Leben zu des Koͤ - niges Tode gebrauchen wolte / ſo muſte einer von dieſen beyden Perſonen aus der Welt gejaget werden.

Vill.

Das Recht hat Ew. Maj. von aller Suſpicion der Grauſamkeit befreyet.

Harl.

Und wer das groſſe Laſter bedencket / der hat noch Urſache / ſich uͤber die Guͤ - tigkeit zu verwundern.

Henr.

Sind ihm die Merck-Zeichen ſeiner Dignitaͤt alle abgefodert worden?

Vill.

Was er nicht hat behalten koͤñen / das hat er freylich in frembde Haͤnde lie - fern muͤſſen.

Harl.

Doch nun ſteht bey Ew. Maj. was die geſam̃en Anverwandten vor eineEm -595Empfindligkeit aus dieſem Todesfalle tragen ſollen.

Henr.

Wir ſagen noch einmal / wer nichts geſuͤndiget hat / der ſoll in ſeiner Un - ſchuld nicht betruͤbet werden.

Mar.

Ew. Maj. laſſen unſere Bitte gelten: Sonderlich der kleine Vetter / der ohn - laͤngſt ſo wunderſchoͤn intercediren konte / der hat wohl verdienet / daß ihm eine Wolthat erwieſen wird.

Henr.

Der Zutritt ſoll ihnen niemals ver - boten ſeyn. Laßt ſie herein kommen / und entdecket ihnen / was vor Koͤnigl. Gnade vor ihre Wolfarth noch anitzo geſorget hat.

Fuͤnffter Handlung Sechzehender Auffzug.

Die vorigen. Salignac, Force, Themines, Renez.
Vill.

Sie kommen etwas naͤher. Jhro Koͤnigl. Maj. bleibet ihnen mit allen Gnaden zugethan.

Harl.
596
Harl.

Und ſo tapffer als ſie biß anhero ſich meritiret haben / ſo gnaͤdig wollen Jhro Majeſtaͤt die Verdienſte nochmals er - kennen.

Sal.

Allergnaͤdigſter Koͤnig / nachdem ein frembdes Verbrechen der Unſchuld nicht ſoll verdammlich ſeyn / ſo wird die - ſe unſchaͤtzbare Wolthat in aller Unter - thaͤnigkeit erkennet.

Forc.

Ew. Maj. befehlen / worinnen unſere demuͤthigſte Treu vor aller Welt ſoll auff die Probe geſetzet werden.

Them.

Der Unfall / der uns bißhero be - kuͤmmert hat / wird uns gedoppelt mun - ter machen / die Schande durch neue Tugend zu erſetzen.

Henr.

Recht ſo / wer einen Koͤnig zur Schaͤrffe nicht noͤthiget / derſelbe darff an der liebreichen Gnade niemals ver - zweiffeln.

Mar.

Doch will ſich das liebe Maͤnngen vor die Gnade nicht bedancken.

Ren.

Ach gnaͤdigſte Koͤnigin.

Mar.

Unſer Koͤniglicher Gemahl hat ſich durch unſere interceſſion bewegen laſ -ſen /597ſen / und ihr habt euch einer vielfaͤltigen Gnade zu verſichern.

Ren.

Die Gnade wird mir an ſtatt eines geſegneten Wegweiſers ſeyn / wenn ich die Ehre meines Geſchlechtes durch Tu - gend werde befoͤrdern wollen.

Mar.

Ach ja / wer Tugendhafft iſt / der kan die Seele eines Koͤniges bezwingen.

Ren.

Und wer ſeinen Ruhm im Dienen ſucht / der vergnuͤgt ſich mit einem guten Gewiſſen.

Henr.

Dem Himmel ſey gedanckt / der un - ſern Seepter haͤlt /

Mar.

Und einen ſuͤſſen Schluß von unſrer Liebe faͤllt.

Harl.

Wer ſeiner Treu vergiſt / der iſt bey GOtt vergeſſen /

Vill.

Und ihm wird gleiche Noth vom Gluͤcke zugemeſſen.

Soiſſ.

Was hilfft ein hoher Sinn / der lauter Noth erregt /

Sill.

Und ſeine Tapfferkeit mit Schimpff zu Grabe traͤgt.

Del.

Der Trotz verſchwindet nun / der ſich ſo ſchlecht regierte /

C cSal.
598
Sal.

Ja welcher ſein Geſchlecht in gleiches Schrecken fuͤhrte /

Forc.

Der Koͤnig ſey gelobt / der auff die Unſchuld ſieht /

Them.

Und dem zu Dancke noch des Bi - rons Adel bluͤht.

Ren.

Jch dencke mit der Zeit ein Koͤnigs - Freund zu werden /

Pant.

Wo du ein Marſchall wirſt / ſo fahr ich mit ſechs Pferden.

Henr.

Man breite dieſen Fall in alle Laͤn - der aus /

Mar.

Man ſage: GOtt beſchuͤtzt ein red - lich Koͤnigs-Haus /

Vill.

Man lerne diß darbey: Der Held wird leben ſollen /

Harl.

Der Held / in deſſen Pflicht wir alle ſterben wollen.

Soiſſ.

Man fuͤrchte ſich nunmehr vor keiner Tapfferkeit /

Sill.

Denn wo der Koͤnig ſteht / da fuͤhret GOtt den Streit.

Del.

So wohl der Koͤnig ſteht / ſo fallen eitle Sachen.

Sal.

Und wer ſie fallen heiſt / muß alles gluͤcklich machen.

Forc.
599
Forc.

Nun ſteht das werthe Reich nechſt der Religion /

Them.

Nun traͤgt die Redligkeit die ſchoͤn - ſte Frucht davon.

Ren.

Wie ſoll der Koͤnig ſich an meinem Dienſt ergoͤtzen!

Pant.

Wie wirſtu witz / witz / witz / den Saal zu Hofe wetzen.

Henr.

Der Hoͤchſte bleibe noch dem Koͤ - nigreiche gut /

Mar.

Und fuͤhr es herrlich aus / was er dem Haupte thut.

Vill.

Die Graͤntzen wird kein Neid zu un - ſrer Noth beruͤhren.

Harl.

Und in dem Lande ſoll der Trotz die Krafft verlieren.

Soiſſ.

So wahr als man den Printz den groſſen Heinrich heiſt /

Sill.

So wahr ſey deſſen Macht in aller Welt gepreiſt.

Del.

Das bleibe groß und hoch / woran ſein Geiſt gedencket /

Sal.

Das werde groß gemacht / was ihm der Himmel ſchencket /

Forc.

Er ſey den Suͤndern ſcharff / und gnaͤdig / wo man liebt /

C c 2Them.
600
Them.

Wo man die Liebe ſonſt zum Unter - pfande giebt.

Ren.

Hier zeigt ein zartes Kind die Tren im Ebenbilde /

Pant.

Jch lobe Wurſt und Kraut / die fuͤhr ich in dem Schilde.

Der

Der Politiſche Qvackſalber in einem Luſtigen Spiele vorgeſtellet.

601

Jnnhalt.

ETliche Maꝛckſchreyer wer - den ihres Betruges we - gen vor den Æſculapium citiret. Dieſe koͤnnen ih - re Sache nicht juſtifici - ren / drum ſagen ſie / es wuͤrde im politiſchen Leben ſo viel Qvackſal - berey getrieben / welche nimmer - mehr koͤnte durchgehend zur Straf - fe verdammet werden / wolten dannenhero der allgemeinen Frey - heit mit genieſſen. Es bekommen etliche Commiſſion, die Sache zu erforſchen. Wie auch das Werck dem Æſculapio allzu weitlaͤufftig wird / muß er alles in Statu qvo verbleiben laſſen / doch mit dem An - hange / daß die eigennuͤtzigen Pra - ler als untuͤchtige Perſonen ieder - zeit von hohen Gemuͤthern ſollen verachtet werden. Alſo werdenC c 4die602die erſten Beklagten auff gewiſſe Conditiones loßgeſprochen / und vergnuͤgen ſich uͤber einer gedop - pelten Heyrath.

Perſonen.

  • Æſculapio

    der Richter im Mediciniſchen

  • Parnaſſ.
    • Sirupo
    • Galatino
    • Deſſen Beyſitzer.

    • Morſulo
    • Pilulo
    • zwey Gerichts-Secretarii.

    • Sal
    • Sulfur
    • Mercurio
    • Tartaro
    • Alkali
    • Pan
    • Phlegma
    • Kleine Knaben / als Medi - ciniſche Bedienten.

    • Amico
    • Humano
    • Placido
    • Benigno
    • Blando
    • Civile
    • Amœno
    • Kleine Knaben als Politi - ſche Bedienten.

    Ca -603
  • Caput mortuum

    Thuͤr-Knecht.

  • Likarsky

    ein Artzt.

  • Miſchmaſch

    ſein luſtiger Diener.

  • Matz

    ſein Murmelthier.

  • Chinachine

    eines Artztes Wittwe.

  • Rizarize

    ihre Magd.

  • Lex

    ihr Chineſiſcher Meeraffe.

  • Raiſon

    ein Advocate.

  • Solipſo

    ein Staats-Mann.

    • Afflitto
    • Simplicio
    • zwey geplagte Maͤnner.

    • Fapesmo
    • Cajeti
    • zwey Informatores.

  • Friſeſomorus

    ein junger Studente.

  • Capulo

    ein Pachtmann / hernach Ver - walter zum Schieferſitz.

  • Miſero

    ſein Bedienter.

    • Parapiriduromuroforcides
    • Bombagranitympotara - tantides.
    • zwey Groß - ſprecher.

  • Josqvino

    ein Capell-Meiſter.

  • Adagio

    ein muſicaliſcher Virtuoͤſer.

  • Allegro

    ein eingebildtter Virtuoͤſer.

  • Coloraturo

    ein Capell-Knabe.

    • Rodomontado
    • Bagatello
    • zwey gereiſete Per - ſonen.

    Cc 5Mo -604
  • Modeſto

    ein Studioſus Theologiæ.

  • Qverulo

    ein Studioſus Politices.

  • Severo

    ein Kauffmann.

    • Levante
    • Ponente
    • zwey Patricii von Zippel - qveſitz.

  • Poſto Severens

    Sohn.

  • Fabulle

    eine Sechswoͤchnerin.

  • Gracule

    ihre Waͤrterin.

  • Lambinulo

    ihr kleiner Sohn.

    • Cornice
    • Vocale
    • Pocopiane
    • Preſtoforte
    • Jhre bekandte Wei - ber.

  • Blanca

    der Vocalen Tochter.

    • Robinetto
    • Langvetto

      ein Alter

    • Flavio
    • in Blancen ver - liebt.

  • Securo

    ein Weinſchencke.

  • Aqvario

    ſein Junge.

  • Urbino

    ein Kunſt-Mahler.

  • Minio

    ein Brieff-Mahler.

  • Bravade

    bey Solipſen bedient.

    • Curio
    • Fabio
    • zwey Buͤrgers-Kinder.

    Qvin -605
    • Qvindecimo
    • Schildo
    • Abderito
    • Carſe olo
    • vornehme Raths-Glie - der aus Schieferſitz.

  • Contente

    ein Handwercks-Mann.

  • Repete

    ein Holtzhacker.

  • Miramiremirimiro

    der Schulmeiſter.

  • Profundo

    ſein Widerpart.

  • Virgulto

    ſein Sohn.

  • Eine Compagnie Schul-Jungen.
  • Eine Compagnie Schul-Maͤdgen.
Cc 6Erſter606

Erſter Handlung Erſter Auffzug.

Das Theatrum præſentiret auff bey - den Seiten zwey Qvackſalber - Buden / auff dem Platze befin - den ſich hinten Placido, Benigno, Humano, Civile, Blando, Amœno, Amico. Vorher Sal, Sulphur, Mer - curio, Tartaro, Alkali, Pan. Hernach koͤmmt Miſchmaſch, des Artztes luſtiger Diener.
Sal.

Hochwertheſte Anweſende. Der Schau-Platz wird nunmehr / GOtt Lob / zum drittenmal eroͤffnet / und wie ſich ihrer viel noch beſinnen werden / daß vor einem Jahre bey der verkehrten Welt der inbruͤnſtige Wunſch abgele - get worden: GOtt wolle nichts Ver - kehrtes ſo wohl in dem geſamten Va - terlande / als auch in dieſer lieben Stadt erfolgen laſſen: Alſo nehmen wir die erwieſene Wolthat mit danckbarem Hertzen an / und leben des guten Ver - trauens / es werde der vorgenommeneSchertz607Schertz bey dem Politiſchen Qvackſal - ber dergeſtalt ausgefuͤhret werden / daß man am Ende ſich gleicher geſtalt erkuͤh - nen duͤꝛffte / mit neuen und eben ſo kraͤff - tigen Wuͤnſchen zu beſchlieſſen. Wir ſtehen hier als getreue Freunde von dem Mediciniſchen Richter Æſculapio. Jch heiſſe Sal, das iſt / ich præſentire das Politiſche Saltz / denn wer nichts Scharffſinniges bey ſich erwegen kan / der mag zufoͤrderſt mit ſeiner Politi - ſchen Artzney zu Hauſe bleiben / er mag auch alle Pralerey etwas kluͤger und genauer einziehen.

Sulph.

Rechtſo / mein Bruder / du heiſſeſt Sal, was in Politiſchen Dingen vorge - nommen wird / das muß geſaltzen ſeyn / es muß einen guten Geſchmack haben / oder daß ich recht ſage / es muß mit der geſunden und ſchmackhafften Ver - nunfft uͤberein kommen. Allein ich heiſ - ſe Sulphur, und was durch mich operiret wird / das muß ſich durch den Geruch erweiſen / und durch das Feuer erleuch - ten laſſen / ich ſage / was mit guter Ver - nunfft vorgenommen wird / das mußCc 7bey608bey der erbaren Welt durch einen gu - ten Nahmen gefaͤllig / und zu Erlan - gung gebuͤhrender Dignitaͤten tuͤchtig ſeyn.

Merc.

Jch heiſſe Mercurius, ich bin fluͤch - tig / und weiß mich faſt an keinem Orte zu behalten / ich fuͤhre auch einen heim - lichen Gifft / daß ich mich bey dieſer Fluͤchtigkeit ſehr annehmlich defendi - ren kan. Denn was iſt ein Politicus, wenn er in ſeinen Verrichtungen allzu langſam iſt? Oder wenn er in ſeiner Schwachheit dem hereinbrechenden Feinde nicht widerſtehen kan?

Tart.

Jch heiſſe Tartarus, wenn gleich in der Natur etwas erfodert wird / wel - ches mit einer zaͤhen und anhaltenden Natur / Stein / Bein / und dergleichen harte Dinge zuſammen packen kan: Alſo bin ich auch bißhero in der Politi - ſchen Medicin darzu gebrauchet wor - den / wenn iemand ſein Politiſches Gluͤ - cke hat befeſtigen / und alſo zu reden / in einen Stein verwandeln wollen.

Alk.

Jch heiſſe Alkali, und ie unbekandter mein Nahme iſt / ie weniger meine Na -tur609tur von einem iedweden darff erkennet werden: So diene ich gleichwohl in der Politiſchen Medicin darzu / daß ich zu gewiſſer Zeit einen heimlichen Zanck mit dem andern anfange / und dasjenige deſto eher zur Ruhe bringen kan / wel - ches ſonſt in dem allgemeinen Coͤrper loſe Haͤndel moͤchte gemacht haben.

Pan.

Jch heiſſe Pan, denn was die andern nicht begreiffen / das bin ich / und wer die Politiſche Kranckheit recht bedacht hat / dem wird das Politiſche Mittel ſchon bewuſt ſeyn / das wider alles hilfft / und dem die andern alle muͤſſen zu Gebote ſtehen.

Miſchm.
(koͤm̃t gelauffen)

Jhr Leute / macht Platz / ich ſoll auff den Gaſſen herum marchiren / und ſoll den Jahr - marckt ausblaſen / wenn mir nun ſolche geputzte Maͤnnergen im Wege ſtehen / ſo will ich entſchuldiget ſeyn / wenn ie - mand an ſeinem Taffent-Mantel einen Fleck kriegt.

Pan.

Wir wollen ſehen / wer das beſte Recht hat?

Alk.

Und ehe es uns gefaͤllt / ſo wollen wir nicht gehen.

Tart.
610
Tart.

Siehe / da ſtehe ich / was haſt du mir zu befehlen?

Miſch.

Soll ich mit meiner Comoͤdie nicht anfangen / biß ihr eure Narren-Comoͤ - die habt zu Ende gebracht?

Pan.

Jch halte / unſre Comoͤdie wird nichts beſchaͤmen.

Alc.

Und du wirſt uns das letzte mal den Marckt verboten haben.

Tart.

Oder wir wollen Gelegenheit ſuchen / daß wir dich bey dem groſſen Richter verhaßt machen. Auff ihr Bruͤder / der Bube ſoll nicht ſo gut ſeyn / daß er uns noch mehr veraͤchtliche Reden an den Hals wirfft.

(Dieſe ſechſe gehen ab.)
Miſch.

Geht im̄er hin / ich weiß doch wol / daß die Leute boͤſe werden / die mir wei - chen muͤſſen / unterdeſſen hab ich mich deſto lieber / wenn ich den Platz behalte.

(Die Kleinen kommen naͤher her - an / und umringen ihn.)
Miſch.

Aber wie geht mirs? Zur Rechten kleine Maͤnnerchen / zur Lincken kleine Maͤnnerchen / ehe ich mich aus dem Volcke finden werde / ſo werde ich denJahr -611Jahrmarckt verſchlaffen / und meinem Principale werden die Artzeneyen zu Schanden werden.

Amic.

Guter Freund / ihr kommt zu zeitlich / ihr muͤſt uns aus dem Wege gehen.

Miſch.

Junggeſellgen / wo ihr warten wol - let / biß ihr in meine Groͤſſe kommt / ſo will ich hoffen / ihr habet euch etwas zu zeitlich eingeſtellt.

Amic.

Der groſſe Æſculapio hat uns ver - goͤnnet / auff dem Marckt zu ſpatzieren / ihr ſehet nicht ſo aus / als wenn ihr uns den Paß verbieten wollet.

Miſch.

Jhr lieben Kinder / habt ihr mit ei - nem ſo groſſen Herrn zu thun / den ich zwar mein Lebtag nicht geſehen habe / ſo moͤgt ihr euren Jahrmarckt vor euch behalten. Aber was wolt ihr denn?

Amic.

Wir haben etwas zu verkauffen / und das ſoll den Liebhabern angeboten werden.

Miſch.

Nu / nu / wenn es darum zu thun iſt / ich will euch helffen / ſeht ihr koͤnnt nicht uͤber das Volck weg ſehen / ich will euch an ſtatt einer Cantzel dienen.

(Er er - greifft Humano, und haͤlt ihn in die Hoͤhe.)
Hum.
612
Hum.

Guter Freund / laßt mich gehen / ihr ſtinckt nach ungeſunden Dingen.

Miſch.

Jch ſtincke nach Bratwuͤrſten und nach Pfannkuchen / mich duͤnckt / ſie ſeyn mir gar geſund. Schwatzt nur weiter.

Hum.

Jch will aber / ihr ſolt mich gehen laſ - ſen.

Miſch.

Jch will aber / mein liebes Gold - Maͤnngen ſoll ſeine Waare nun aus - bieten.

Hum.

Wie muß doch bißweilen das La - ſter ſelbſt der Tugend forthelffen! Jhr Leute kommt / wir haben die Politiſche Annehmligkeit zu verkauffen / ſie giebt zwar kein vollſtaͤndiges Medicament, doch dienet ſie zu einer guten Converſa - tion.

Miſch.
(ſetzt ihn nieder)

Maͤnngen / ihr ſeyd mir zu ſchwer / die Leute wiſſen ſchon / daß ihr was zu verkauffen habt / daran euch viel gelegen iſt.

Hum.

Weiſtu auch / daß wir dich bezwin - gen koͤnnen?

Miſch.

Jch habe ein Geluͤbde gethan / daß ich mich gegen ſolche Leute nicht wehren will. Habt ihr was zu thun / ſo machtbald /613bald / oder ſo wahr als ich Staͤte-Geld geben muß / ſo wahr ſoll mein Herr ſolch unnuͤtze Volck von der Bude weg - ſchaffen.

Amic.
Herr Æſculapio wuͤnſcht allen Gluͤck
und Heil /
Und beut durch unſern Mund die Liebe -
ſelber feil.
Hum.
Wenn manche nur ein Theil von
ſolcher Freundſchafft haͤtten /
Sie wuͤrden ſich und euch aus mancher
Noth erretten.
Plac.
Daß alle Pralerey den Jahrmarckt
enge macht /
So daß ein Kuͤnſtler ſtets des andern
Kunſt veracht /
Da kan ein kluger Menſch den Schluͤſ -
ſel leichtlich finden /
Sie wollen ihren Sinn durch keine Lie -
be binden.
Derhalben leget euch den Safft der
Freundſchafft bey /
So werdet ihr verwahrt vor aller Pra -
lerey.
Ben.
Die rechte Liebe wird im Leben nicht
betrogen /
Sie614
Sie hat auch keinen gern in Fallſtrick
hingezogen.
Und wer ſich etwas ruͤhmt / das er nicht
leiſten kan /
Da giebt ſich ein Defect der wahren
Freundſchafft an.
Bland.
Ach laßt die liebe Zeit nicht gar um -
ſonſt verlauffen /
Jhr koͤnnet ohne Geld die beſten Schaͤ -
tze kauffen.
Nur glaͤubet / daß ein Menſch den an -
dern lieben ſoll /
Hiermit ſo geht es euch und eurem
Nechſten wol.
Civil.
Zwar falſche Liebe will die Larve
koͤſtlich ſchmuͤcken.
Sie giebt ein gutes Wort / ſie kan ſich
artig buͤcken /
Sie redet / was man hofft / ſie lobet / was
man will /
Nur in dem Ende koͤmmt das ſchnoͤde
Widerſpiel.
Amœn.
Wolan die Liebe muß nach einer
Tugend ſchmecken /
Sonſt wird ſie bald den Schmack der
Suͤßigkeit verſtecken /
Kommt615
Kom̃t her und nehmt von uns die Tu -
gend-Waaren an /
Sonſt iſt bey uns und Euch die Freund -
ſchafft ausgethan.

Erſter Handlung Anderer Auffzug.

Likarsky Der Artzt. Miſchmaſch, ſein Diener. Maz, das Murmelthier.
(Auff der rechten Seiten zeigen ſich in der Bude.)
Lik.

Haſtu alles fertig gemacht?

Miſch.

Hoͤre / was ich machen ſoll / das iſt vor zwey Stunden fertig geweſen.

Lik.

Haſtu auch das Ziegel-Meel recht klar und ſchoͤn calciniret?

Miſch.

Es iſt mir ſo gut gerathen / ich wol - te euch und euren Lehrmeiſter damit be - truͤgen.

Lik.

Was ſagſtu von dem Lehrmeiſter / ich bin ein Mann / deſſen Meiſter ſich niemand in Europa ſchreiben darff.

Miſch.

Es wird ſeyn / wie mit mir / ich binein616ein Narr / und niemand iſt mein Mei - ſter / ich habe alles von mir ſelber geler - net.

Lik.

Haſtu auch das Schmeer mit dem Kuͤmmel-Oel in acht genommen?

Miſch.

Herr nehmt euch in acht / wenn ihr ausſchreyen ſolt: Das muͤſt ihr vor den Leuten thun / meine Arbeit beſtehet in einer Muͤhe / da ich keine Zeugen dar - zu nehme.

Lik.

Nu du haſt deine Perſon wol legi - timiret / Aber du Murmelthier wirſtu wol mit deiner Perſon fortkommen?

Maz.

So gut als unſer Laborante die Ar - tzeney macht / ſo gut will ich mein Mur - melthier agiren / die Leute muͤſſen an beyden Orten was glaͤuben / das nicht wahr iſt.

Lik.

Junge / Junge / in unſerer Comœ - die muſtu eine ſtumme Perſon bedeu - ten / du biſt zu grob mit der Warheit.

Maz.

Jch rede nur die Warheit / wenn ich die Leute vexiren will / ſonſt habe ich ſchon vor acht Tagen einen koͤſtlichen Grund zum Luͤgen geleget.

Lik.

Warum vor acht Tagen?

Maz.
617
Maz.

So lange bin ich euer Murmelthier.

Lik.

O du Boͤſewicht / du faͤngeſt deine Narren-Poſſen an dem unrechten Or - te an. Doch halt das Maul / und ver - ſchnappe dich nicht mit deiner menſchli - chen Stimme / ſonſt wird mir die Bu - de geſtuͤrmet / und wir ſind des todes.

Maz.
(Brum̃t poßierlich.)
Miſch.
(kriegt ein Hoͤrngen / und wil die Leute zuſammen pfeiffen.)
Lik.

Kund und zu wiſſen ſey jedermaͤnnig - lich / daß allhier ein frembder Doctor ankommen iſt / ein Meiſter uͤber alle Meiſter / von Capo Finis Terræ an / biß zu dem Waſſer / daraus die Sonne alle Tage zu kommen pflegt. Dieſer hat nun mitgebracht allerhand koͤſtliche Proben von Medicamenten euſerlich und innerlich zu gebrauchen. Jnmaſ - ſen keine Kranckheit auff der Welt an - zutreffen iſt / welche nicht durch den bloſ - ſen Nahmen dieſes Medicamentes koͤn - ne gelindert oder gar vertrieben wer - den. Und wer meine Teſtimonia und Privilegia und alle andere Briefe durch - leſen ſolte / der muͤſte ſo viel Zeit haben /als618als ein Menſch / der zu Fuſſe die gantze Welt durchreiſen wil. Wiewol ich bin nicht gewohnt viel Weſens von mei - ner Kunſt zumachen / wer mich kennen wil / der brauche meine koſtbare Medi - camenta. Jſt jemand / der meinen Wor - ten keinen Glauben zuſtellt / der habe das Ungluͤcke fuͤr ſich / und bleibe ein ge - brechlicher Patiente biß in den Tod. Meine Sachen ſind mir lieber als euer Geld / daß ich aber den Nechſten um etliche kahle Groſchen ſo koͤſtliche Sa - chen zuſammen laſſe / das thut die Chriſtliche Liebe. Jſt jemand der mei - ne Wolthat verlanget / heute bin ich hier / morgen zehn Meilen weiter / und die Stadt / die ich einmal betrete / die ſe - he ich Zeit meines Lebens nicht wieder.

Erſter619

Erſter Handlung Dritter Auffzug.

Die vorigen. Afflitto, Simplicio, zwey geplagte Maͤnner: Jn der Bude gegen uͤber præſenti - ret ſich: Chinachine eines Artztes Wittwe. Rizarize ihre Magd. Lex ihr Chineſiſcher Meeraſfe.
Afflitto.

Gluͤckſeligen guten Tag mein Herr Doctor.

Lik.

Groſſen Danck dem Herrn. So viel ich mercke / ſo haben ſie von meiner Ankunfft etwas erfahren.

Affl.

Es iſt an dem / daß mir des Herrn Doctors Perſon iſt geruͤhmet worden / und wenn er ſeine huͤlffreiche Hand ge - gen mich ausſtrecken wolte / ſo duͤrffte er an guter Bezahlung nicht zweiffeln.

Lik.

Ey ſagt mir nicht vom Bezahlen / ich bin ein Diener des gantzen menſchlichen Geſchlechts / und das ſind rechte Schel -Ddmen /620men / die um des kahlen Geldes willen im Lande herum ziehen. Er nehme meine Medicamenta, und wenn ſie das ihre nicht operiren / ſo bring er ſie wie - der / er ſoll ſein Geld haben.

Affl.

Mein Herr Doctor, ich weiß wol / daß man ſolche Wolthaten mit keinem Gelde bezahlen kan. Doch will ich auch gerne das meinige thun / und danckbar ſeyn.

Lik.

Wenn ihr meynet / daß euch die Un - danckbarkeit ein boͤſe Gewiſſen macht / ſo wil ich wol eure Freygebigkeit nicht verachten. Aber ich will kein ehrlicher Mann ſeyn / dem erſten Bettler / der mir auff der Land-Straſſen begegnen wird / dem will ichs zu einer froͤlichen Faſtnacht ſchencken.

Affl.

Nu nu / es ſtehet in des Herrn Do - ctors Belieben / ich bezahle das meini - ge / denn ſolche herrliche Artzeneyen werden doch Geld koſten.

Lik.

Mein Freund haltet mir doch ein Wort zu gute / ihr ſeyd hier zu Lande ſchreckliche Phantaſten / daß ihr meine Wolt hat nicht erkennen wollet. Einjed -621jedweder Stuͤcke Artzeney koſtet mich zwar einen Ducaten. Aber was fragt ein Mann nach 100000. Ducaten / der ſein Geld ſelber machen kan.

Affl.

Ach iſt es um die Zeit / ſo iſt unſerm Lande ein groß Heyl wiederfahren / daß ein ſolcher Mann mit ſeinem herrlichen Artzeneyen koͤm̃t.

Lik.

Jhr koͤñt davon nichts reden. Laßt mich zuvor eine Probe an eurem Leibe thun / darnach ſagt / was ich vor einen Titul gegen den andern Doctorn ver - dienet habe. Jmmittelſt worinne be - ſtehet eure Kranckheit?

Affl.

Mein Herr Doctor ich bin zu ſcham - hafftig / ich kan mein Anliegen bey ſo ei - nem vornehmen Herrn nicht von mir geben / da iſt ein guter Freund / der ſoll mein Beyſtand ſeyn / ich will unterdeſ - ſen etwas auff die Seite treten.

(Er tritt etwas auff die andere Bude zu.)
Lik.

Nun mein Freund / es muß eine poſ - ſirliche Kranckheit ſeyn / die man gegen dem Medico ſelber verſchweigen will?

Simpl.

Ja Hocherleuchter Herr Doctor,Dd 2der622der gute Mann iſt bloͤde / und mit Ver - laub zu reden / die Kranckheit iſt auch nicht zum beſten.

Lik.

Es hat bey mir nichts zu bedeu - ten / natuͤrliche Sachen ſind keine Schande.

Simpl.

Er hat mit Zuͤchten zu melden ---- o Herr Doctor verzeiht mirs doch / daß ichs vor mein Maul bringe / er hat das heimliche Leiden.

Lik.

Jch mercke wol / in dieſen Landen ha - ben die Kranckheiten andere Nahmen.

Simpl.

Jch wolte dem garſtigen Dinge ein fein Maͤntelgen umgeben / wir heiſ - ſen es mit Reverenz zu melden die Huͤ - neraugen.

Lik.

Ha ha die Lumpen-Dinger will ich wegblaſen / rufft ihn nur her / dem Din - ge ſoll Rath geſchaffet werden / ehe der Seiger noch einmal ſchlaͤgt.

Chin.
(koͤm̃t heraus / und macht ſich zu Afflitto.)

Guter Freund was verlangt ihr?

Affl.

Jch frage nur dorte den Herrn Doctor um einen Rath.

Chin.

Ja der Leute-Betruͤger / der Land -Be -623Beſcheiſſer / was ſoll der helffen? Jch wolte ihn nicht eine krancke Lauß anver - trauen / geſchweige denn / einen ver - nuͤnfftigen Menſchen / der in ſeinem Lei - be eine vernuͤnfftige Seele wohnen hat.

Lik.

Nun mein Freund / wolt ihr nicht naͤher kommen / eurem heimlichen Lei - den ſoll gerathen werden.

Chin.

Ey was habt ihr in meine Bude zu ſchreyen / ich habe euch noch keinen Kun - den abgehalten / ſo laßt mir auch meine Leute mit frieden.

Lik.

Seht doch die Frau hat gewiß Zie - gel-Meel geſtampt / die Krafft iſt ihr in den Kopf geſtiegen.

Chin.

O ich bedarff der Schelmerey nicht. Meine Kunſt hat einen guͤldenen Bo - den / was ich verkauffe / das gebe ich mit gutem Gewiſſen weg.

Lik.

Thut mirs doch zu gefallen / und pra - let nicht mit eurem guten Gewiſſen. Wenn die Otter-Salbe / die Weis - Wurtzel / und das Schweinfett ver - boten wird / ſo will ich gerne ſehen / was ihr in eurer Bude behalten werdet.

Chin.

O du Narr / es waͤre mir nicht lieb /D d 3daß624daß ich nicht mehr Sachen berechnen koͤñte / da iſt ein bloſſer Brandtewein / darzu kommen 130. Species. Da iſt eine Salbe / da kommen 99. Species da - zu / und kaum 3. werden hier zu Lande gefunden.

Lik.

Die Frau rede doch etwas lauter. Vielleicht werden kaum drey Leute im Lande gefunden / denen es geholffen hat.

Chin.

Jch ſage dirs / du Katzenbart / laß mich zu frieden / du weiſt wol / daß ich kurtz angebunden bin.

Lik.

Kurtz angebunden / ja ja ſchlechte Be - ſtien beduͤrffen kurtze Stricke.

Chin.

Was? Bin ich eine Beſtie? Du ſolt mir es beweiſen. Aber aus deinen Zetteln wil ich beweiſen / daß du ein Schelme biſt.

Lik.

Meine ſchoͤne Frau Nachbarin / ſie macht Bruͤderſchafft mit mir / wenn ich nun ein Schelme bin / was hat denn ſie vor einen Nahmen?

Chin.

Jch deine Schweſter? Jch muͤſte nicht wiſſen / was in deinem Brieffen ſteckt / haſtu nicht neulich ſtinckendSchoͤpſen -625Schoͤpſen-Fett vor Crocodill - Schmaltz verkaufft?

Lik.

Meine Frau / in meinem Laden war es Crocodill-Schmaltz / aber da es zu euch hinuͤber kam / da ward es meines Behalts gar zu Schwein-Schmaltze denn wie die Frau Doctorin iſt / ſo ſind auch die Salben.

Chin.

O du Stuͤmper / waͤreſtu in deines Vaters Fußſtapffen getꝛeten / uñ waͤreſt ein Rattenfaͤnger blieben / das Doctor - Handwerck iſt dir was zu kuͤnſtlich.

Lik.

Jch wolte gerne ein Rattenfaͤnger ſeyn / wenn ich alle Ratten eures glei - chen aus der Welt fangen koͤñte.

Chin.

Thue mirs doch zu gefallen / und gehe auff Lemmerswalde / und laß dir ein Zeugniß geben / wegen der 27. Kin - der / die du mit deiner gepfefferten Ba - ckenbirn-Suppe ums Leben gebracht haſt.

Lik.

Jhr ſolt die Kinder noch zur Welt bringen / die von meinen Artzneyen ſter - ben ſollen.

Chin.

O du Hund / meine Kinder ſollen gleich von deinem Qvarge freſſen. Kra -D d 4tze626tze zuvor deinen Nahmen von dem Gal - gen zu Rumpelskirche / da haſtu 10. Maͤgden die Waſſerſucht an den Hals curiret.

Lik.

Und ihr verſoffene Schweſter helfft den Leuten zur Branteweinſucht.

Chin.

Was? Bin ich eine Brantewein - Schweſter? ſo magſtu meine Treber freſſen / und noch was darzu / das ich vor zuͤchtigen Ohren nicht nennen mag.

Lik.

Wer ſich an einen Kohl-Sack rei - bet / der beſchmutzt ſich. Du lieber ge - treuer Miſchmaſch ſihe doch / ob du der Beſtie die Warheit ſagen kanſt.

Chin.

Jch habe die Briefe davon / daß ich mich mit dem Narren zancke / ſchaͤme ich mich doch / daß ich gegen ſo einen Lumpenhund mehr Worte verlohren habe / als mir lieb iſt. Du Rizarize ge - he doch hinaus und waſche dem Hunde - Jungen das Maul.

Erſter627

Erſter Handlung Vierdter Auffzug.

Miſchmaſch des Artztes luſtiger Diener. Rizarize der Artzt-Frauen Magd. Die vorigen.
Miſchm.

Kund und zu wiſſen ſey jeder - maͤnniglich / daß allhier iſt ankommen eine ausgepauckte / ausgeſtrichene Land-Beſtie / die ſich vor eine Doctors - Frau aus giebt / und dreyerley Artzney - en mitgebracht hat. Eine wider die Liebe / eine wider die Freundligkeit / und die dritte wider die Luſtigkeit. Denn wer das heßliche Bild einmal geſehen hat / dem vergehet alles vierzehn Tage nach einander / und noch 11. Stunden druͤber.

Riz.

Kund und zu wiſſen ſey jeder maͤnnig - lich / daß allhier iſt ankommen ein unge - hangener Land-Laͤuffer / der hat in ſei - ner Bude viel Buͤchſen / und eine Artz - ney: Denn alle haben die Uberſchrifft: Tod in der Buͤchſe.

D d 5Miſchm.
628
Miſchm.

Ja den Tod dir in die Buͤchſe / deine elende Doctorin iſt nicht einmal ſo kuͤnſtlich / daß ſie die Leute ums Leben bringen kan / ſie laͤſt es dabey bewenden / daß ſie ein bißgen kranck davon wer - den.

Riz.

Je du kunſtreicher Rattenfaͤnger / ſprich doch dein Herr ſoll den geſtohle - nen Stein wieder in die Kirche ſchaffen / den er neulich vor einen Donner-Keil verkaufft hatte.

Miſchm.

Sprich doch deine Frau ſoll der Wirthin die Katze wiederſchaffen / die ſie geſchunden hat. Gelt wir ſind Nar - ren / und ſehen den Katzen-Kopff vor ei - nen Kinder-Kopff an.

Riz.

O du Lumpenhund / wer doch deine gedoͤrrete Morcheln vor ein Gewaͤchſe anſaͤhe / das du im Schlaraffen-Lande einem von der Naſe geſchnitten haſt.

Miſchm.

Binde doch einmal zwey End - ten-Fluͤgel an ein Eichhoͤrngen / und be - rede die Bauern / es waͤre ein flliegender Fiſch aus Oſt-Jndien.

Riz.

Wir haben noch keine Katze gruͤn an -geſtri -629geſtrichen / und haben ſie vor eine Mos - covitiſche Eydexe ums Geld gewieſen.

Miſch.

Jch wolte dich gruͤne anſtreichen / und wolte dich vor einen Jßlaͤndiſchen Molch verkauffen.

Riz.

Und dir wolte ich ein ſchwartz Creutze auff den Ruͤcken mahlen / ſo giengſtu vor einen Arabiſchen Eſel.

Miſchm.

Schweig ſtille / der Termin zur Guͤte wird bald verfloſſen ſeyn.

Riz.

O du armer Hunds. ꝛc. du faͤhreſt gar ſtumpff / dein Termin zur Schaͤrffe wird nicht weit her ſeyn.

Miſch.

Du Brandtewein-Bulle / wirſtu den Rauſch bald ausſchlaffen?

Riz.

Ja wenn ich dir die Augen werde ausgekratzet haben / ſo will ich mich nie - derlegen / daß du deine Luſt an meinem Schlaffe ſehen kanſt.

(Likarsky und Chinachina ſchreyen beyderſeits zu / weiche nicht / gieb ihm gut.)
Miſchm.

Du Hundefell / flugs bekenne mir / wie viel Ziegeln haſtu aus dem Pferde-Stalle geſtolen / oder ich ſtam - pfe dich zu Ziegel-Meele.

D d 6Riz.
630
Riz.

Hoͤre doch / wie viel Speckſeiten ha - ſtu dem Wirthe aus der Rauch-Kam - mer geſtolen / gib mir Antwort / oder ich kratze dich / daß dir dein wilder Ka - tzen-Schmaltz aus allen Gliedern ſprin - gen ſoll.

Miſch.

Geh und ſage deiner Frauen / ich habe noch ein bisgen Katzen-Schmaltz uͤbrig.

Riz.

Und ſage du deinem Narren / wir haben noch ein gantz Stuͤcke Ziegel / da - mit wollen wir ſeinem Barte eine Tin - ctur anſtreichen.

Erſter Handlung Fuͤnffter Auffzug.

Afflitto, Simplicio, zwey geplagte Maͤnner. Die vorigen.
Affl.

Jhr lieben Leute / ſeyd doch gebeten und fanget auff dem freyen Marckte keine Haͤndel an / die liebe Obrigkeit moͤchte die Vexirerey nicht verſtehen.

Simpl.

Wer oͤffentliche Haͤndel anfaͤngt /der631der kriegt gerne das heimliche Leiden davon.

Affl.

Und ich weiß wol / der Streit hat ſich meinet halben erhoben / ich koͤnte auch mit zur Straffe kommen.

Simpl.

Und ich muͤſte Zeuge ſeyn. Fuͤr - war ich bin der Richter-Stube ſo feind / ich gehe nicht gerne hinein / wenn ich ein Zeugniß ablegen ſoll.

Miſchm.

Wer nicht in die Haͤndel kom - men wil / der weiche bey Seite.

Riz.

Geht doch flugs aus dem Wege / Narren-Spiel muß Raum haben.

Affl.
(haͤlt Miſchmaſch.)

Laßt euch hal - ten / der Theil handelt am kluͤgſten / der nachgeben kan.

Simpl.
(haͤlt Rizarize,)

Ach ſchoͤne Jung - fer / laſt doch das beſte bey euch beruhen / wenns zur Schlaͤgerey koͤm̃t / ſo ſchlaͤgt das liebe Frauenzimmer gemeiniglich einen bloſſen.

Lik.

Ey wer zum Frieden reden wil / der ſchere ſich vom Marckte. Schlag zu Miſchmaſch.

Chin.

Und du Rizarize ſpitze deine Naͤgel / weiche nicht / entweder unſere BudeD d 7muß632muß geſtuͤrmet werden / oder der Schelm muß vom Marckte lauffen. Huſch -- Lex faß an / faß an.

(Lex ſpringt hervor / Maz inglei - chen.)
Miſch.

Nun wiltu deine leichtfertige Worte wieder in den Hals hinein freſ - ſen?

Rez.

Komm her / wir wollen ſehen / wer ei - ander freſſen wird.

(Sie ſtellen ſich / als wolten ſie ein - ander angreiffen / und machen poßirliche Minen gegen einan - der / ingleichen wollen die Mur - melthiere auch aneinander / und legen ſich in eine laͤcherliche Po - ſitur.)
Erſter633

Erſter Handlung Sechſter Auffzug.

(Die mittelſte Scene oͤffnet ſich / da præſentiret ſich Æſculapio, der Richter im medicin ſchen Parnaſſ. Sirupo, Galatino, deſſen Beyſitzer. Etwas davon Morſulo, Pillulo, zwey Gerichts-Secretarii. Am Ende Caputmortuum, der Thuͤr - Knecht. Die ſtreitenden Perſo - nen fahren aus einander / und ſchmieget ſich eine iedwede Per - ſon an ihren Ort.)
Æſc.

Wer iſt ſo unverſchaͤmt / daß er durch unnoͤthiges Gezaͤncke in unſer Gerichte verfallen ſoll? Jſt es nicht genug / daß die Welt durch falſche Medicamente betrogen wird / ſoll ſie noch darzu durch unbeſcheidene Zaͤnckerey geaͤrgert wer - den. Halt Friede / du unnuͤtzes Ge - ſinde / biß unſer Thron die gebuͤhrende Straffe wird beſchloſſen haben.

Cap.

Hoͤrt ihrs nicht / ihr Leute / ihr ſolt her -treten634treten / wer ſich ſperren will / der ſoll un - ſern Soldaten in die Haͤnde kommen.

Lik.

Jch habe gerechte Sache / vor dieſem Richterſtul will ich mit Freuden treten.

Chin.

Jch will ſehen / wer mir was thun wird.

Miſchm.

Jch bleibe bey meinem Herrn. Wo mich der Richter wegjagen will / ſo muß er doch ſo lange warten / biß mich mein Lehr-Herr loßgeſprochen hat.

Riz.

Und ich halte mich an meine Frau / die iſt mir noch ein Vierteljahr Lohn ſchul - dig.

Æſcul.

Wer ſeyd ihr?

Lik.

Jch bin ein Liebhaber der natuͤrli - chen Heimligkeiten.

Chinach.

Und mein Hertze brennt vor Lie - be / wenn mir etwas Mediciniſches vors Geſichte kommt.

Æſcul.

Aber wie weit iſts mit eurer Liebe kommen / es giebet auch Liebhaber / die ſich mit einem Korbe vergnuͤgen muͤſ - ſen.

Lik.

Meine Praxis liegt am Tage / und wers nicht glaͤuben will / dem kan ichs tauſendmal geſchrieben geben.

Sirup.
635
Sirup.

Das iſt ein gluͤckſeliger Medicus, deſſen Patienten noch geſchriebene Zeugniſſe geben koͤnnen.

Galat.

Aber wo der Medicus das Patent von den Erben kriegt / ſo iſt der Patient ungluͤcklich.

Æſcul.

Aber was habt ihr vor Proben?

Chin.

Mein Herr / in dem groſſen Bran - de ſind wir um die meiſten Privilegia kommen / doch das ſprechen alle Leute / daß meine Sachen bewaͤhrt ſeyn.

Sir.

Die Frau traͤgt ihre Kunſt im Kopffe / auff dem Brieffe waͤre alles mit ver - brannt.

Galat.

Wer ſchlimme Sachen hat / der freuet ſich / wenn der Plunder im Bran - de drauff geht / ſo kan es niemand reco - gnoſciren / und die Betrieger bleiben in geruhiger Poſſeſſion.

Æſcul.

Wo habt ihr dieſe Wiſſenſchafft erlanget?

Lik.

Etwas habe ich von meinen Eltern / etwas von vielen Reiſen / auch etwas von mir ſelber.

Chin.

Was ich weiß / das habe ich meinem ſeligen Herrn zu dancken / der hat deuchtmich636mich gar ſtudieret. Denn da ich ihm die Leich-Predigt zum Laͤuſehuͤbel thun ließ / ſo gab ihm der Schulmeiſter im Lebenslauffe den Titul Hochgelahrt.

Æſc.

So habt ihr nichts ſtudieret.

Lik.

Meine Praxis hat mir beſſern Nutzen geſchafft / als das Studieren.

Æſc.

Was ſind vor Saͤulen in eurer Me - dicin?

Lik.

Meine erſte Saͤule iſt Wachs / die andere Honig / die dritte Zucker.

Sir.

Und die vierdte gewiß ein Eſels-Kopff in Milch geſotten.

Gal.

Ach nein / ein Butterfladen mit Roͤ - miſchen Kuͤmmel.

Chin.

Meine erſte Saͤule iſt Brandtwein / meine andere das edle Ganß-Fett.

Sir.

Und die dritte gewiß das koͤſtliche Oh - renſchmaltz.

Gal.

Warum nicht das Zibet von einem wohlriechenden Marderdrecke.

Æſcul.

Aus euren Reden mercke ich ſchon / daß meine tugendhafften Soͤhne nicht vergebens uͤber eure Boßheit geklaget haben. Gleich itzo ſollen eure Waa - ren beſichtiget werden / und ſo ferne ſichdie637die Probe nicht erweiſet / ſo moͤgt ihr auch den Schaden euer Lebenlang an dem Halſe tragen. Auff ihr Herren Secretarii, befuͤget euch in die Buden / erkundiget alles gar genau / und was ihr als beeydigte Diener befinden wer - det / darnach ſoll mit dem Richterlichen Ausſpruche gehandelt werden.

(Die mittelſte Scene faͤlt zu / und verbirget den Æſculapio mit ſei - nen Beyſitzern.)

Erſter Handlung Siebender Auffzug.

Morſulo, Pilulo zwey Gerichts-Secre - tarii, und die vorigen.
Mor.

Jhr Mann / wie heiſt ihr?

Lik.

Mein Nahme iſt Likarsky.

Mor.

Ein zierlicher Nahme / er macht ei - nen guten Appetit zur Artzney.

Lik

Wer die Sprachen verſteht / der lacht die deutſchen Michel aus / wenn ſie das Maul an unbekandten Nahmen zer - reiſſen wollen.

Mor.
638
Mor.

Jch proteſtire / daß mein Maul mit dieſem ſchoͤnen Nahmen nichts wird zu thun haben. Doch was iſt dieſes ro - the Waſſer?

Lik.

Herr / es iſt eine Art von dem Jndia - niſchen Augen-Waſſer / welches ſehr gut wider den weiſſen / gelben und ſchwartzen Staar zu gebrauchen iſt. Da ſieht der Herr ein gruͤn Waſſer wider die natuͤrliche Blindheit / da ein ſchwartzer Safft wider das donum impudentiæ. Da iſt auch ein weiſſes Pulver wider die ſchwermuͤthigen Ge - dancken. Jch wolte dem Herrn auch einen Spiritum wider das Podagra wei - ſen / aber gleich itzo habe ich den letzten Centner davon verkaufft.

Mor.

Wundeꝛ-Dinge / ſondeꝛlich da einem Medico die Spiritus zu gantzen Cent - nern abgehen.

Pil.

Ach mein Herr College, er ſey doch um der heiligen medicin willen gebeten / und helffe mir die medicamenta be - trachten.

Mor.

Jch habe hier zu ſehen genug. Doch was gibts?

Pil.
639
Pil.

Da iſt eine gruͤne Salbe / in Leibe / wi - der die Hertz-Wuͤrmer / und auſſen wi - der die Sommerſproſſen. Und da iſt eine Confection wider die boͤſen Wei - ber-Kranckheiten / alle Morgen etliche Fingerſpitzen um die Schlaͤffe ge - ſchmieret.

Chin.

Der Herr darff meine Artzeneyen nicht ſo hoͤhniſch halten / wer tadelt mir das geſchabte Einhorn / es habe einer Heꝛtzens-Angſt ſo groß / als er will / zwey Meſſerſpitzen davon eingenommen / die ſollen ihn darzu bringen / daß er in zwey Stunden tantzen und ſpringen kan.

Pilul.

Du Schandgeiſt / wilſtu mir die Augen verkleiſtern / hier liegt noch ein halbes Bockhorn / und da weiß ich / daß du die andere Helffte vor Einhorn ge - ſchabet haſt.

Morſ.

Und hier finde ich eine Speck - ſchwarte / du Ertz-Betrieger / haſt du nicht dein auslaͤndiſches Schmaltz da - von genommen.

Lex.

Du Bruder Maz, es wird um unſre Bude gar windicht / wir werden bey Zeiten davon wandern.

Maz.
640
Maz.

Du halts Maul dort / weiſt du nicht / daß wir nicht reden ſollen?

Mor.

Wie gehet das zu / ſollen das wilde Beſtien ſeyn / und ſie haben gleichwohl eine Menſchen-Sprache? Hoͤre / du Murmelthier / wo biſt du zu dieſen rau - chen Peltze kommen?

Maz.
(will brummen.)
Mor.

Jch will dir bald die grobe Muſic ver - bieten / laß ſehen / iſt dir das Leder feſt an - gewachſen.

Maz.

O gnaͤdiger Herr / ſeyd nur barmher - tzig / ich will alles bekennen.

Morſ.

Wer biſt du?

Maz.

Ach wer werd ich ſeyn? Jch bin Mauſe-Michels Sohn in der Bettel - gaſſe.

Morſ.

Wer treibt dich zu dieſer Leichtfer - tigkeit?

Maz.

Es iſt mir befohlen worden / und ich dachte / wenn ich unter die unvernuͤnff - tigen Thiere kaͤme / ſo wuͤrde ich kluͤger ſeyn / denn unter den Leuten bin ich gantz ein Narr.

Morſ.

Du biſt gleich auff dem rechten Wege. Aber was gilts / unter jenemMeer -641Meer-Affen wird auch ein ſolcher Bu - be verborgen ſeyn.

Pilul.

Solche Thiere kennet man am be - ſten / wenn das Fell uͤber die Ohren ge - zogen wird.

Lex.

O gnaͤdiger Herr ſchaͤmt euch.

Pil.

Warum ſoll ich mich ſchaͤmen / wenn ein ſolcher Galgenvogel ſeines Buben - ſtuͤckes uͤberwieſen wird.

Lex.

Ach ſchaͤmt euch nur / ich bin unter dem Peltze gar nackt.

Pil.

Wer biſt du aber?

Lex.

Ach Herr / ich will alles bekennen: Jch bin gar aus einem ehrlichen Geſchlech - te. Mein Vater hieß Gruͤtze Haͤnſel / er hatte Graupen Jockels Tochter. Meine Schweſter hatte Gurcken-Tof - fel gefreyt / ſie fieng vorm Jahre einen Gewandtſchnitt mit rothen Ruͤben an.

Pil.

Aber was haſt du vor einen Gewandt - ſchnitt angefangen?

Lex.

Unſchuldige Kinder wiſſen nicht / was ſie thun / ich dachte / was vornehme Leu - te haben wolten / da duͤrffte ich nicht un - gehorſam ſeyn.

Pil.

Laß dir die vornehmen Leute helffen. Doch642Doch wir thun am beſten / daß wir die Wunder-Thiere vor dem Richterſtul ziehen / dieſer Betrug ſoll die gantze Qvackſalberey uͤber den Hauffen werf - fen.

(Morſulo und Pilulo ſchleppen die Thiere hinein.)

Erſter Handlung Achter Auffzug.

Likarsky der Artzt. Chinachine eines Artztes Witwe. Miſchmaſch des Artztes luſtiger Diener. Rizarize ihre Magd. Afflitto, Simplicio, zwey geplagte Maͤnner.
Lik.

Das haben wir von der Zaͤnckerey / wenn ein Nachbar den andern nicht leiden kan / ſo muͤſſen alle beyde verder - ben.

Chin.

Wer aller Dinge Ausgang wuͤſte / der thaͤte keinmal unrecht / ich habe mich offte mit meinen Nachbarn gezancket /und643und wenn ich alle mal haͤtte ſollen um das Meinige kommen / ſo haͤtte ich vor 10. Jahren muͤſſen betteln gehen.

Lik.

Unterdeſſen haben wir den Schaden noch zeitlich genug erlebet.

Chin.

Jhr ſeyd ein Mann / ihr haͤttet ſol - len kluͤger ſeyn / oder wo ihr noch als ein Mann handeln wollet / ſo verſuchet eu - er Heil und gebt einen guten Rath.

Miſchm.

Mein Rath wird wol der beſte ſeyn / ſackt eure Waaren auff den Pu - ckel / und laufft zum Lande hinaus. Wollen ſie das Murmelthier zum Pfande behalten / ſo mag es ſeyn. Wo wir hinkommen / da wollen wir bald ein ander Murmelthier fangen.

Simpl.

Hochgelehrter Herr / irgend ſo da - von zu reden / wie ein einfaͤltiger Mann reden moͤchte / wie waͤre es / wenn er ſich mit etlichen 1000. Ducaten loß kauffte? Wenn die Herren ſo gar ſtraͤflich ſeyn / ſo iſts gemeiniglich darauff angeſehen / daß die Leute ſpendiren ſollen.

Lik.

Da ſitzen mir die 1000. Ducaten.

Simpl.

So um Verzeihung / ich dachte er koͤnte ſein Geld ſelber machen.

E eLik.
644
Lik.

Und wenn ich Gold machte / wo haͤt - te ich die Muͤntze / ich ſehe wol / daß ihr mich zum Narren habt.

Affl.

Wenn ich meines heimlichen Leidens koͤnte loß werden / ich wolte wol einen guten Rath mittheilen.

Lik.

Da habt ihr ein bißgen gruͤne Wachs / laßt es ſo lange drauff liegen / biß es ſelber herunter faͤlt / hilffts nicht / ſo laßt euch eine Kuͤmmel-Suppe ma - chen / und thut was von gruͤnen geſchab - ten Hollunder nein / hilfft es nicht zum Huͤnerauge / ſo hilffts zu ſonſt was.

Affl.

Groſſen Danck vor den guten Rath.

Lik.

Es heiſt nicht groſſen Danck / es heiſt Wurſt wieder Wurſt.

Affl.

Ja ich bin bereit / ich hielte davor / wenn ein Advocate angenommen wuͤr - de / da wohnet einer / der hat wol zwan - tzig Dieben vom Galgen geholffen / ich meynte er ſolte die zwey Kerlen bald zu andern Gedancken bringen.

Lik.

Der Advocate wil bezahlet ſeyn.

Affl.

O nein / er iſt gar willig / und man - chen Leuten dienet er nur zur Luſt / daßer645er Ehre davon hat / wenn er die Sachen ſo ſtattlich gewinnen kan.

Lik.

Nu ſo geht doch / und weiſt mir den Patron zu / wenn ich ſehe wie mir ge - holffen wird / ſo wil ich weiſen / was ich vor einen weitern Danck ſchuldig bin.

Erſter Handlung Neundter Auffzug.

Die vorigen. Raiſon ein Advocate.
Lik.

Wie ſtehts Frau Nachbarin / wir muͤſſen zuſammen treten / wo der Advo - cate was verrichten ſoll.

Chin.

Jch hielt davor / ihr triebt die Sa - che alleine / ich bin eine Frau / wenn ich mir einen Kriegiſchen Vormund beſtel - len ſoll / ſo gehen auch Unkoſten drauff / der Herr Richter hat gar einen guͤlde - nen Bart / wer was vorbringt / der wird wol muͤſſen einen Bart haben.

Miſchm.

Jch wolte mich wol zum Kriegi - ſchen Vormund beſtaͤtigen laſſen / ich wuͤrde deßwegen kein Geld begehrenE e 2wenn646wenn mir die Jungfer Magd einmal ein Hembde davor wuͤſche / ſo waͤre ich zufrieden.

Lik.

Wer es vor dieſem beſſer gemacht haͤtte / der haͤtte ſich nunmehro beſſere Freunde zu getroͤſten. Doch was will ich thun? Wo ich meine Bude nicht will zerſtoͤren laſſen / ſo muß ich vor das gemeine Beſte mit ſorgen helffen.

Raiſ.
(kom̃t /

Mein Herr / ich hoͤre er ver - langet meiner.

Lik.

Es iſt nicht ohne / ich verlange einen rechtſchaffenen Mann / der mir helffen kan. Ob ich aber den Herrn davor anſehen ſoll / daſſelbe kan ich als ein un - bekandter nicht wiſſen.

Raiſ.

Wo mich die ehrlichen Leute anders recht berichtet haben / ſo hat der Herr einen rechtſchaffenen Advocaten begeh - ret.

Lik.

Sie haben ihre Commiſſion gar wol ausgerichtet. Hier ſteht ein Mann der ſo viel Zeit und Jahre andern gehol - fen hat / nun muß er andere Leute an - ſprechen / wo ihm ſoll geholfen werden.

Raiſ.

Jn ſolchen Proceſſ-Haͤndeln darffman647man den Muth nicht ſincken laſſen. Wie offt iſt es fruͤh morgens windig / und zu Mittage haben wir das ſchoͤnſte Wetter.

Lik.

Der Herr weiß vielleicht mein An - liegen nicht.

Raiſ.

Jch kan es leicht gedencken. Der Mana in dem guͤldenen Barte / wil ei - ne Inqviſition anſtellen / wider des Herrn Medicamenta, und nun wird er nicht wiſſen / wie man die garſtige Sa - che mit reinen Haͤnden angreiffen ſoll.

Lik.

Der Herr iſt kuͤnſtlich im rathen / kan er die Kunſt im helffen beweiſen / ſo muß man ihn vor dem ſtattlichſten Mañ paſ - ſiren laſſen.

Raiſ.

An meiner Huͤlffe darff niemand zweiffeln / allein ich halte mich gerne nach der Proceſſ-Ordnung / da geht es ſo nach einander /

(er zehlet es an Fin - gern ab)

Erſtlich weiſe ich meinem Clienten / wo der Schade ſitzt / darnach hoͤre ich / was er ſpendiren wil / wenn ich nun mercke ob er meine Kunſt aus dem ſchwartzen oder aus dem guͤldenen Bu - che haben will / ſo gebe ich meinen Rath /E e 3daß648daß er entweder guͤlden oder ſchwartz heraus koͤm̃t.

Lik.

Wenn ich aber was aus dem guͤlde - nen Buche verlangte / wie theuer muͤſte ich wol ein Loth bezahlen?

Raiſ.

Laßt mich doch meine Proceſſ-Ord - nung ausfuͤhren / wenn ich aber ſehe / daß der Cliente rechte Sache hat / und daß ihm gleichwol das beſte zu den Un - koſten fehlt / ſo thue ich ein Werck der Barmhertzigkeit / und fuͤhre die Sache der ungerechten Wider-Part zum Poſſen aus. Koͤñt ihr nun zuſammen ein Jurament ablegen / daß ihr nichts am Vermoͤgen habt / ſeht / ſo will ich in eu - rem Nahmen vor Gerichte gehen / und wegen der Sache keinen Heller for - dern.

Lik.

Wenn ich meinen Bart und meine Naſe verſchweren ſolte / ſo wuͤſte ich keinen Heller auffzubringen / als was mir rechtſchaffene Leute von einem Jahrmarckte biß zum andern zu loͤſen geben.

Chin.

Und ich kan auch mit gutem Ge - wiſſen ſchweren / daß ich den Jahr -marckt649marckt nicht zwey Kreutzer eingenom - men habe.

Miſchm.
(zeucht eine Tite aus dem Schubſacke)

Da hab ich zwar ein gu - tes Pulver wider die Floͤhe. Man darff den Floh nur haſchen / und ihm eine hal - be Meſſerſpitze davon in den Halß ſchuͤt - ten / ſo wird er gewiß davon ſterben. Aber das Geld macht ſich bey dem lie - ben Frauenzimmer gar ſeltzam: So bleibt mir die Waare uͤber dem Halſe / und ich weiß auch von keinem Gelde.

Raiſ.

Nu / nu / vielleicht wird das Werck ſo verglichen / daß wir am Ende den Un - koſten gewachſen ſeyn. Nur bekennet alles / ſagt / daß ihr die aͤrgſten Land - Betruͤger ſeyd / das uͤbrige laſſet mich machen.

Lik.

Wenn wir was bekennen wollen / ſo duͤrffen wir keinen Advocaten.

Raiſ.

Aber wenn ihr gleichwol keine Straf - fe leiden wolt / ſo muͤſt ihr einen Advoca - ten mitbringen. Jch ſage es noch ein - mal / faſſet nur einen guten Muth / in weniger Zeit ſolt ihr erfahren / was anE e 4einem650einem rechtſchaffenen Advocaten gele - gen iſt.

Erſter Handlung Zehender Auffzug.

Caput mortuum der Thuͤr-Knecht. Die vorigen.
Cap.

Jch ſoll fragen / ob ihr da ſeyd?

Raiſ.

Wer hats befohlen?

Cap.

Das weiß ich wol / wers befohlen hat / ich frage noch einmal / ob ihr da ſeyd?

Raiſ.

Jhr thut gar recht und wol daran / daß ihr den Befehl inacht nehmet / wir wollen Zeuge ſeyn / daß ihr gefraget habt.

Cap.

Jch frage zum dritten mal?

Raiſ.

Hat euch denn eure Herrſchafft be - fohlen / daß ihr dreymahl fragen ſollet?

Cap.

Aber ihr ſollet antworten.

Raiſ.

Jhr habt Befehl / daß ihr fragen ſollet / wir haben keinen Befehl / daß wir antworten ſollen.

Cap.

Ey Herr Æſculapio ſitzt gleichwolGerich -651Gerichte / und wer mich als einen wolbeſtalten Thuͤrknecht ſchimpffen wil / der mag es bey meinem Herrn ver - antworten.

Raiſ.

Jhr lieber Mann / ihr habt das eu - rige gethan / es begehrt euch niemand zu beſchimpffen. Was hat denn der Herr Æſculapio geſagt?

Cap.

Er ſagte / ich ſolte euch fragen.

Raiſ.

Sagte er denn auch / daß wir ſolten antworten?

Cap.

Er ſagte wol nichts vom antworten: Aber ich vermeynte / es verſtuͤnde ſich wol ſelber / daß meine Frage nicht duͤrf - te vergebens ſeyn.

Raiſ.

Euren Gedancken nach verſtehts ſich ſelber / habt ihr was gehoͤret und ge - ſehen / ſo thut auch den Bericht / ſo gut ihr koͤñt / wir wiſſen wol / wenn daͤs Re - den wird an uns kommen.

Cap.

Was giebt es vor harte Koͤpffe in der Welt. Wenn ich doch nur von einem Menſchen eine Antwort erhielte. Harr / ich wil mich an den geringſten machen. Seyd ihr da?

Miſchm.

Ach nein / ich bin nicht da.

E e 5Cap.
652
Cap.

Aber wen ich hoͤre / der muß da ſeyn.

Miſch.

Jſts moͤglich / bin ich da?

Cap.

Freylich ſeyd ihr da?

Miſch.

Aber ſeyd auch ihr da?

Cap.

Darum hat ſich niemand zu bekuͤm - mern.

Miſch.

Nun ſo bleibts dabey / ein jedwe - der Narr bekuͤm̃ert ſich um ſich allein.

Cap.

Ach Schade / daß ein Thuͤrknecht bey dem Richter nicht mehr zu reden hat / ich wolte euch eines einſchencken.

Erſter Handlung Eilffter Auffzug.

Die mittelſte Scene eroͤffnet ſich / und daſelbſt
Æſculapio der Richter im Medicini - ſchen Parnaſſ. Sirupo, Galarino, deſſen Beyſitzer. Morſulo, Pilulo, zwey Gerichts-Se - cretarii. Herauſſen bleiben die vorigen.
Æſcul.

Wir haben aus dem getreuenBerichte653Berichte ſo viel befunden / daß uns kaum das wenigſte von dieſer haͤßlichen Landbetruͤgerey bekandt geweſen. Ach ſoll ſich die edle Medicin, als das edel - ſte Kleinod des menſchlichen Geſchlech - tes ſo haͤßlich beſchimpffen laſſen.

Sir.

Es ſind. nothdringende Urſachen / daß man dem Wercke mit einer ſchwe - ren Hand begegnen muß. Vor eins werden unſere Tugendhaffte geſchim - pfet / und vors andere werden ſo viel ehrliche Menſchen in groſſen Schaden geſetzet.

Galat.

Es wird auch allerdings von noͤthen ſeyn / daß erſtlich zwar eine empfindliche Straffe auff die Betruͤger geleget wird / hernach aber eine allgemeine Verordnung ergehet / daß kein Zeug - niß in dergleichen Faͤllen ſol angenom - men werden / welches nicht in unſerm Gerichte beſiegelt oder geſtaͤmpelt wird.

Æſcul.

Wir wollen kein Urtheil machen / ehe die Partheyen zu einem oͤffentlichen Bekaͤntniſſe ihres Bubenſtuͤckes ge - bracht werden.

(ſchreyet laut)

E e 6Heran654Heran ihr Feinde der edlen Geſund - heit / und gebet Rechenſchafft / aus weſ - ſen Antrieb habt ihr dieſe Bosheit vor - genommen?

Raiſ.

Hocherleuchter Richter --

Æſcul.

Wer hat euch erfodert / wir haben mit andern Perſonen zu thun.

Raiſ.

Hocherleuchter Richter / ſo viel hab ich hier zu thun / als ein Advocat, der ſich dieſer bedraͤngten Perſonen anzu - nehmen hat.

Æſcul.

Wie kan dieſe Rechts-Wolthat oͤffentlichen Buben wiederfahren?

Sir.

Die Advocaten ſollen ſich bedraͤngter und nothleidender Clienten annehmen.

Galat.

Und wo ſich oͤffentliche Betruͤger anmelden / da ſollen ſie den Richter bit - ten / daß er die boßhafften Leute noch haͤrter ſtraffen moͤge.

Raiſ.

Es iſt wahr / wer geſuͤndiget hat / der muß entweder die Geſetze einer Unge - rechtigkeit beſchuldigen / oder er muß die Straffe ergehen laſſen. Jmmittelſt weil offtmals eine geringe Suͤnde mit einer unertraͤglichen Straffe beleget wird / ſo kan die Gerechtigkeit gar wolzugeben /655zugeben / daß man den hoͤchſten Gebre - chen mit einer billigen Defenſion an die Hand gehet.

Æſcul.

So werden wir vielleicht nicht wiſſen / wie dergleichen Laſter ſollen ge - ſtraffet werden?

Sir.

Es iſt nicht anders / der Herr hat eine Supplication im Schiebſacke / darinne er um eine Aſſeſſur in unſerm Gerichte anhalten will.

Galat.

Oder wir werden zum Herrn ſol - len in die Schule kommen / daß wir ler - nen Urtheil machen.

Raiſ.

Jch ſtehe hier / und trotze auff meine gerechte Sachen / ich ſage auch mit aus - druͤcklichen Worten / wer die guten Leute gar zu ſehr beſtraffen wil / dem iſt das Verbrechen ſchaͤndlicher abgemah - let worden / als man in der That befin - den wird.

Sirup.

Die Worte klingen unverſchaͤmt.

Galat.

Und ein ſolcher Mann verdienet / daß hm ein Silentium imponirt wird.

Raiſ.

Sie imponiren mir Silentium, wenn ich meine Urſachen werde ausgefuͤhret haben /

E e 7Sir.
656
Sir.

Sind das nicht die aͤrgſten Betrieger?

Raiſ.

Jch begehre es nicht zu laͤugnen.

Galat.

Haben ſie nicht den ſchaͤndlichſten Unflaͤth vor Artzney verkaufft?

Raiſ.

Jch weiß alles wol / und was ſie ge - than haben / davon koͤnnen die Herren nicht einmal den zehenden Theil wiſ - ſen.

Sir.

So haben ſie eine leichtfertige That begangen.

Raiſ.

Jch ſage auch nicht / daß man ihre Stuͤcke unter die ſieben freyen Kuͤnſte zehlen ſoll. Sie haben allerdings wi - der ihr Gewiſſen gehandelt / ſie haben ihren Segen auff das Spiel geſetzet / mit einem Worte: Sie haben den Credit und Reſpect verloren.

Sirup.

Ein koͤſtlicher Advocate / damit ſind ſie ohn allen Zweiffel in die ſchaͤrffſte Straffe verfallen.

Raiſ.

Jch ſage nein darzu: Es waͤre denn / daß man bey dieſem hohen Gerichte der Gewalt mißbrauchen wolte.

Galat.

Jch frage / iſt es nicht wahr / nach - dem einer ſuͤndiget / nachdem muß er leiden.

Raiſ.
657
Raiſ.

Alle Leute ſuͤndigen nicht aus Boß - heit. Etliche ſuͤndigen aus Schwach - heit.

Sirup.

Wer die Leute mit geſchabtem Bockshorn betrieget / und etwas Veil - Wurtzel drunter pulveriſiret / daß es ei - nen Geruch bekommt: Der auch wol gaꝛ heßliche Excrementa mit unteꝛmiſcht / deſſen Suͤnde wird gewiß vor keine Schwachheit auffzunehmen ſeyn.

Raiſ.

Was in der gantzen Welt geſchie - het / das muß als eine Schwachheit ent - ſchuldiget werden: Wo ſie an dieſen Perſonen allzuſcharff verfahren wol - len / ſo will ich gerne ſehen / wer in der Welt wird leben bleiben.

Sir.

Wenn wir den betrieglichen Qvack - ſalbern werden die Haͤlſe gebrochen ha - ben / ſo wollen wir den ehrlichen Leuten gutes Leben wuͤnſchen.

Raiſ.

Wir handeln zwar nicht alle mit Zie - gel-Meele / aber das iſt doch wahr: Die Welt iſt voller Qvackſalber.

Æſcul.

Das Wort hoͤren wir zum erſten - male. Gehet in euch / und revociret mit gutem Willen / ehe die Re〈…〉〈…〉 on et -was658was ſchimpfflich moͤchte geſuchet wer - den.

Raiſ.

Hocherleuchter Richter / die helle Warheit laͤßt ſich nicht revociren / in - dem die gantze Welt mit Betruͤgerey umgehet. So hoffen ſie doch mit der Straffe ſo lange verſchonet zu ſeyn / biß der Ausgang erfolget / wie hoch man das allgemeine Laſter verdammen ſoll.

Æſcul.

Wer die gantze Welt beſchimpffet / der wird dieſen Feinden nicht gewach - ſen ſeyn.

Raiſ.

Jch rede vor einem gerechten Rich - ter / der meine Warheit vor keinen Schimpff auslegen wird / wofern auch meine Reden noch zu dunckel ſeyn / ſo wird das hocherleuchte Gerichte ſo guͤ - tig gegen die beklagten Perſonen han - deln und durch gewiſſe Commiſſarien genaue Nachricht einziehen laſſen / ob nicht die gantze Welt mit lauter Qvack - ſalbern erfuͤllet ſey.

Æſcul.

Jhr ſuchet Zeit zu gewinnen / allein die Commiſſion kan euch in die hoͤchſte Gefahr ſtuͤrtzen.

Raiſ.

〈…〉〈…〉ſtehe ich / wo die Gerechtigkeitdie659die geringſte Gefahr auff mich bringen kan / ſo will ich alles Ungluͤcke mit Freu - den uͤber mich nehmen. Jch bitte nur / ſie wollen ſich ſelbſt dieſen hohen Ruhm nicht mißgoͤnnen / daß ſie ein wichtiges Werck mit kluger Bedachtſamkeit ausgefuͤhret haben.

Æſcul.

So verziehet doch / und erwartet den Beſcheid / der ſchleunig erfolgen ſoll.

(Die mittelſte Scene faͤllt zu / und verbirgt die Gerichte.)

Erſter Handlung Zwoͤlffter Auffzug.

Die vorigen.
Raiſ.

Mein Herr / habe ich nicht eine gute Probe abgelegt?

Lik.

Die Probe wird ſo lange den Stich halten / biß uns die Commiſſion zu Luͤg - nern macht.

Raiſ.

Still / ſtill / wir muͤſſen auch dabey ſeyn. Was ich im Hertzen habe / dasdarff660darff niemand wiſſen / biß die Sache in den Ausſchnitt gebracht wird.

Lik.

Aber wo bleiben wir unterdeſſen mit unſerer Bude?

Raiſ.

Jch will euch einen ſichern Platz wei - ſen / da euch niemand antaſten ſoll; Nur gebt mir die Verſicherung / daß ihr un - ter einander ſelbſt nicht wollet Haͤndel anfangen.

Lik.

Jch weiß von keiner Feindſchafft / al - ſo werde ich auch an keine Haͤndel ge - dencken.

Chin.

Und ich bin froh / daß die lieben Her - ren meine Glaͤſer nicht zubrochen ha - ben / ich will gerne nichts zerbrechen helffen.

Raiſ.

Nun ſo folget mir / und laſſet eure Bedienten die Buden wieder abneh - men.

(Gehen ab.)
Miſchm.

Hoͤrt doch / junges Menſch / was hatten wir denn einander gethan?

Riz.

Jch bin ſo ehrlich / und auff wen meine Herrſchafft einen Groll hat / den halte ich auch vor meinen Feind.

Miſch.

So wißt ihr gleichwohl nichts Boͤſes in eurem Hertzen wider mich?

Riz.
661
Riz.

Ach nein / ſo gut ich mit andern Leuten verlieb nehme / ſo gut ſolt ihr mir auch ſeyn.

Miſch.

Ey / wie ſolte mich das thauren / wenn ich euer ſchoͤnes Geſichte zer - ſchmiſſen haͤtte.

Riz.

Und es waͤre mir leid / wenn meine Naͤgel in eurem Geſichte ſtecken ſol - ten.

Miſch.

Nu / nu / was ſich zeckt / das nimmt ſich / wir wollen einander helffen abraͤu - men / was darnach vorgehet / davon wollen wir in keinem Gerichte reden laſſen.

(Die Scene wird zugezogen.)

Anderer Handlung Erſter Auffzug.

Raiſon der Advocate. Likarsky der Artzt. Miſchmaſch ſein luſtiger Diener. Chinachine eines Artztes Wittwe. Rizarize ihre Magd.
Lik.

Es verlanget mich von Hertzen / wasin662in dem Gerichte unſertwegen muß be - ſchloſſen ſeyn.

Raiſ.

Es verlanget mich gar nicht. Eben darum / weil es langſam hergehet / kan ich abnehmen / daß die Herren Beyſitzer einen wichtigen Floch in die Ohren be - kommen haben. Denn ſie merckten wol / daß alle Staͤnde wider ſie moͤchten auftreten / weñ die eigennuͤtzige Prale - rey / und der Herr verzeihe mir / daß ich ſo deutlich rede / die eitle Auffſchneiderey ſolte beſtrafft werden.

Lik.

Der Herr darff nicht um Verzeihung bitten / denn ich habe mich der Auff - ſchneiderey bißhero geſchaͤmet. Nun ich aber zum Erkaͤntniſſe komme / daß ich ſo vornehme Mit-Meiſter in meinem Handwercke habe / ſo mag mir einer ein Carmen machen / und mag den Ehren - Titul gleich neben meinem Nahmen ſetzen.

Miſch.

Und ich werde mich ſchaͤmen ſollen / daß ich mein Auffſchneiden nicht recht gelernet habe. Luͤgen kan ich wohl / a - ber ich kan die Leute noch nicht bereden / die beſten Gedancken verderben mir imZu -663Zuſchneiden / wie Meiſter Laͤmmer - Barteln / da er mir neulich meinen Eh - ren-Titul machen ſolte.

Raiſ.

Es gehoͤren naturalia darzu / das iſt / der Kopff muß witzig / die Zunge ge - geſchwinde / und das Geſichte unver - ſchaͤmt ſeyn. Wo dieſe drey Haupt - Tugenden nicht beyſammen ſind / da laſſe man ſich zu keinem Auffſchneider gebrauchen. Drum wo iemand an der Auffſchneiderey unſchuldig iſt / ſo darff es vor keine Froͤmmigkeit ausge - leget werden. Denn das Gemuͤthe iſt zu bloͤde / oder die Zunge zu langſam / oder man wird dreymal roth / ehe man eine Luͤgen halb zu Marckte gebracht hat.

Miſch.

Roth werde ich nicht / denn wie mei - ne natuͤrliche Farbe beſchaffen iſt / das gebe ich allen hochgeſchaͤtzten Anweſen - den zu erkennen. Mit der Zunge bin ich verwarloſet worden / denn die iſt mir nicht recht geloͤſet. Dem Kopffe weiß ich auch nicht zu helffen. Jch ſauffe der lieben Weißheit zu Gefallen alle Ta - ge drey Seitel Brandtewein / und blei -be664be einmal wie das andere / auff recht Hochteutſch zu reden ein Narr.

Raiſ.

Wer von ſeinem Fehler ſo gut judi - ciren kan / der iſt kein Narr. Doch ſie - he da / das Richterliche Collegium wird ſich uͤber dem Urtheile verglichen ha - ben.

Anderer Handlung Anderer Auffzug.

Die vorigen. Morſulo, Pilulo, zwey Secretarii. Caputmortuum der Thuͤr-Knecht.
Morſ.

Sie thun wol / daß ſie hier verzogen haben.

Lik.

Es iſt unſre Schuldigkeit.

Miſch.

Und das beſte Theil meines Ge - horſams. Warten und muͤßig ſtehen kan ich: Aber auffwarten und arbei - ten / das thut mir bange.

Morſ.

Der hocherleuchtete Herr Æſcu - lapio hat vor noͤthig erachtet / ſie gnaͤ - digſt nach einander vor ſeinen Richter - lichen Thron zufordern / alldieweil ſichihre665ihre defenſion auff etliche Dinge bezo - gen hat / derowegen man nothduͤrfftige Information zuvor einholen muß. Weñ denn ich nebſt meinem lieben Herrn Collegen von hoher Hand die Com - misſion habe / die rechte Warheit zu er - kundigen / als werden ſie nicht allein den Ausgang ſolches Wercks erwarten / ſondern werden uns auch beyſtehen / da - mit die Zeit im Nachforſchen nicht allzu ſehr moͤchte verlaͤngert werden.

Raiſ.

Der hocherleuchtete Æſculapio thut ein Werck der hochgeprieſenen Ge - rechtigkeit / welches allemal mit unter - thaͤnigem Dancke ſoll erkennet wer - den. Jmmittelſt moͤchten wir wiſſen / in was vor Terminis dieſe Commisſion beſtehen ſoll?

Morſ.

Mein Herr hat ſich auff Perſonen beruffen / die in der Welt / auch auſſer dem Marckte / ihre Qvackſalber-Bu - den auffſchlagen ſollen. Sind ſie nun dieſe Reden nochmals geſtaͤndig / ſo ſchaffen ſie nur / daß dergleichen Per - ſonen uns bald in das Geſichte kom - men.

Raiſ.
666
Raiſ.

Ohne Maßgebung waͤre der Sache leicht geholffen / wenn wir uns theileten / Herr Morſulo lieſſe ſich von Herrn Li - karsky den Weg weiſen / ich wolte mich zu der Frau Doctorin ſchlagen / und haͤt - te die Ehre / Herrn Pilulo zu begleiten.

Miſchm.
(ergreifft Caputmortuum)

Wo komme denn ich hin? Jch hoffe / der Herr wird meine Compagnie nicht ver - ſchmaͤhen.

Morſ.

Der Vorſchlag gefaͤlt mir wol / doch mit dem Bedinge / daß wir uͤber den andern Tag allzeit eine Zuſammen - kunfft haben / und der Sache aus dem Grunde nachdencken.

Pil.

Jch will die Meinigen dazu anhalten. Sein Cliente wird ſich gleicher Geſtalt weiſen laſſen.

Morſ.

Nun wolan / wir gehen / Herr Li - karsky wird er viel ſuchen / ſo werde ich viel finden.

Lik.

Wir werden in beyden nicht ungluͤck - ſelig ſeyn.

(Morſulo und Likarsky gehen ab.)
Pil.

Jch mercke wohl / wir muͤſſen einen andern Weg gehen.

Raiſ.
667
Raiſ.

Gar wol / aber was beliebt meiner Frauen / will ſie mit uns ſpatzieren / oder will ſie unterdeſſen vor ihre Bude ſor - gen?

Chin.

Jch moͤchte ihrer Geſellſchafft nicht anſtehen / ich werde wol indeſſen mit meiner lieben Getreuen zu Hauſe blei - ben / es waͤre denn / daß mir indeſſen et - was Nachdenckliches begegnete / da wolte ich bey der Zuſammenkunfft das Meinige gerne beytragen.

Pil.

Sie ſoll in dieſem Stuͤcke ihren frey - en Willen haben.

(Gehet mit Raiſon ab.)
Chin.

Mein Kind ſiehe doch / die Leute wol - len Auffſchneider fangen / aber gib Ach - tung drauff / ob ich die Kunſt nicht eben ſo gut werde gelernet haben.

Riz.

Ja wol / wer hinter dem Strauche geſteckt hat / der weiß die andern zu ſu - chen.

Chin.

Merckſtu was?

Riz.

Ach nein / ich rede von was / das ich vor drittehalb Vierteljahren gemercket habe.

F fChin.
668
Chin.

Nun ſo behalt die Klugheit vor dich / mercke viel / und rede wenig.

Caputm.

Aber mit wem ſoll ich gehen?

Miſchm.

Jch wolte fein fragen: Wenn ich zur Hochzeit gehe / ſo komme ich ge - meiniglich unter die Bauern / da paaren ſich die Narren ſelber.

Cap.

Was heiſt aber das?

Miſch.

Was ſolts heiſſen / es heiſt / wir ſol - len in einem Paar gehen / wo wir zwey Narren ſind / ſo gehet der vornehmſte oben an.

Cap.

Aber was wird denn draus / wenn wir eine Gaſſe auff / die andere nieder ge - hen.

Miſch.

Jch habe mein Tage viel gethan / und weiß die Stunde noch nicht / was draus worden iſt.

Cap.

Die Herren wuſten aber wol / war - um der Weg angeſtellet wird.

Miſcm.

Was die Herren wiſſen / das weiß ich auch.

Cap.

Gleichwol laßt ihr euch ſo lange fra - gen.

Miſch.

Der Richter will einen neuen Bey - ſitzer haben / darum ſollen wir in derWelt669Welt herum marchiren / und die klu - gen Leute auskoſten. Verſteht ihr mich?

Cap.

Wir werden ſie ausnehmen.

Miſchm.

Kommt nur / und ſucht das Neſt / es wird ſchon iemand da ſeyn / der die Voͤgel ausnimmt.

(ad Spect.)

Fuͤr - war der Schelm iſt mir zu thum / wo ich mich ſeiner ſchaͤmen muß / ſo ſetze ich den Schelmen auff ein Fuhder Heu / und frage / ob mir iemand den Jndiani - ſchen Narren-Vogel mit dem Neſte will abkauffen.

Anderer Handlung Dritter Auffzug.

Fapesmo ein Informator. Friſeſomorus ein junger Studente.
Fap.

Wie geſagt / ein junger Menſch kan wenig lernen / wenn es an guten Præce - ptoribus fehlt. Und doch wird man - cher von ungewiſſenhafften Leuten be - trogen / daß er an ſtatt ſeiner Weißheit einen Sack voll Thorheit mit nach Hauſe bringet. Derowegen dancketF f 2dem670dem lieben GOtt / daß ihr zu mir kom - men ſeyd / denn alle hundert Thaler / die euer Herr Vater auff euch wendet / die ſollen ſich in kurtzer Zeit mit tauſend Thaler verintereſſiren.

Friſ.

Ach mein hoch gelahrter Herr / ich ha - be gedacht mein voriger Lehrmeiſter ſolte mir was Guts gerathen haben / al - lein es iſt mir doch lieb / daß mir die Au - gen bey Zeiten auffgethan werden.

Fap.

Ey der Stuͤmper / wo ſolte er doch zu der Weißheit kommen ſeyn? Er muͤ - ſte die Sachen ſeinem Groß-Vater aus den Buͤchern geſtolen haben / ſonſt wuͤſte ich nicht / wie er nur einen kran - cken Syllogiſmum ſchmieden ſolte. A - ber ich habe etwas andere Autores, die in Jtalien / Franckreich und Nieder - land / ja gar in der Moſcowitiſchen Graͤntze ihre Buͤcher geſchrieben haben. Er gewehne ſich nur dazu / daß er bey mir aus und eingehet / er ſoll Notitiam Autorum bekommen / die er bey man - chem Doctor nicht wird beyſammen finden.

Friſ.

An meiner gehorſamen Auffwartungſoll671ſoll es keinmal fehlen. Mein Herr Vater wird auch allemal mit einer an - ſehnlichen Diſcretion zu erſcheinen wiſ - ſen. Aber was werde ich wol vor Buͤcher im Anfange haben muͤſſen / wenn ich ſeiner vornehmen Information mit Nutzen genieſſen will.

Fap.

Was ſagt er mir von Buͤchern? Waͤren ſolche Buͤcher ſchon geſchrie - ben / daraus man etwas lernen koͤnte / ſo haͤtte ich nichts zu thun. Bleibt ihr bey meinen Dictatis, und laßt euch dieſelben recommendiret ſeyn / ſo habt ihr ſo viel / daß ihr alle Scribenten hoffmeiſtern koͤnnet.

Friſ.

Jch habe zwar bey meinem vorigen Herrn ziemlich viel Papier verſchrie - ben.

Fap.

Da will ich euch was Guts rathen. Geht und verkaufft das Schmierwerck in einem Wuͤrtzkram / denn alſo kom - men ſie zu ihrem groͤſten reſpect.

Friſ.

Jch weiß nicht / der Kraͤmer thut Pfeffer hinein.

Fap.

Weil Pfeffer hinein gethan wird / ſoF f 3darff672darff man das Papier nicht an einem garſtigen Ort tragen.

Friſ.

Ach ja / ich verwundere mich uͤber den Verſtand.

Anderer Handlung Vierdter Auffzug.

Die vorigen. Cajeti ein ander Informator.
Caj.

Siehe da / mein Herr / iſt er unpaß ge - weſen / daß ich ihn etliche Tage nicht in dem Collegio geſehen habe.

(Ein iedweder / wenn er redet / zeucht den Untergebenen auff die Seite / und redet gleichſam heimlich.)
Friſ.

Ach nein / es hat etwan ſonſt zu thun geben / daß ich bin verhindert worden.

Caj.

Jch ſehe wol / bey wem er ſtehet. Er traue dem liederlichen Manne durch - aus nicht / wenn er alle Pralerey koͤnte zur Warheit machen / ſo waͤre ſeines gleichen in der Welt nicht zufinden.

Fap.

Wie ſtehts wird dem Kerlen bange /daß673daß er einen rechtſchaffenen Kunden verlieren ſoll? Er laſſe ſich den Schmier - Flegel um Gottes willen nicht betrie - gen. Was er auff 6. Bogen macht / das will ich allemal auff ein Qvartblat bringen.

Caj.

Es ſolte mir leid ſeyn / wenn er meine Collegia gleich itzo verlaſſen ſolte. Jtzo kommen wir gleich auff die Frage: Qvid ſit pons Aſinorum? Und wo er die Sache nicht mit meinen Principiis ler - net / ſo wolte ich vor ſeine gantze Wiſ - ſenſchafft nicht einen Pfifferling geben. Der Kerl iſt nicht ſo gut / daß er einmal einen Philoſophiſchen Eſel bedeuten ſoll / geſchweige denn / daß ihn der heili - ge Ariſtoteles auff ſeine Baͤncke treten lieſſe.

Fap.

Mein Herr / er komme mit nach Hau - ſe / ich werde gleich den Spruch erklaͤ - ren: De Modalibus non guſtabit Aſinus. Und das wird ſo viel auff deutſch heiſ - ſen: Der Flegel dorte hat von den Kuͤnſten nicht viel vergeſſen.

Caj.

Hoͤret doch noch ein Wort / ich habe die gantze Philoſophie auff ein Blaͤt -F f 4gen674gen zuſammen gebracht / das man in der Hand bedecken kan: Und wer ſo viel weiß / der kan getroſt in alle Exami - na gehen / und wenn er einen Blick in die Hand thut / ſo iſt die Antwort da.

Fap.

Der Herr laſſe ſich noch was erzeh - len: Der Kerl ruͤhmet ſich / er kan di - ſputiren / und ſein gantz Thun beſtehet auff der Diſtinction latè & ſtrictè. Wo er weiß / was Catapodialiter und Refle - xive, in Abſtracto & Concreto heiſt / ſo ſoll Meiſter Hans ein Abſtractum aus mir machen / und den Kopff vor die Fuͤſ - ſe legen.

Caj.

Jch weiß wohl / wo der Kerl ſeine Kuͤn - ſte her hat / er laſſe nur einmal eine Zeile drucken / ich will ihm die Naſe in das Buch ſtecken / daß er als ein ander Schelm ausgeſchriebẽ hat. Jch ſage es noch einmal / will der Herr was ſtudie - ren / ſo ſtudiere er was Rechts. Wer einen Huͤmpler zum Meiſter hat / der iſt die Zeit ſeines Lebens betrogen / er ſehe nur die Leute in Aemptern an / die ich zu vornehmen Maͤnnern gemacht habe.

Ande -675

Anderer Handlung Fuͤnffter Auffzug.

Die vorigen. Morſulo ein Gerichts-Secretarius.
(Die beyden Informatores ſtehen weit von einander / weil die bey - den Perſonen zuſammen reden.)
Morſ.

Gluͤck zu ihr Herren / ſo viel ich ſehe ſtehen ſie in tieffen Gedancken / ich will nicht hoffen / daß meine Ankunfft zu den widerwaͤrtigen Minen ſolte Anlaß ge - geben haben.

Friſ.

Ach mein Herr / wo das Gemuͤthe verunruhiget wird / da ſind die froͤlichen Minen gar ſeltſam.

Morſ.

Ein vernuͤnfftiger Menſch ſoll ſein Gemuͤthe durch keine Unruhe verſtoͤren laſſen.

Friſ.

Aber wenn mir Anlaß dazu gegeben wird.

Morſ.

Vielleicht nimmt er Anlaß von ei - ner nichtigen Einbildung.

Friſ.

Da ſtehen zwey hochgelehrte Maͤn - ner / die ſchwatzen mir viel groſſe DingeF f 5von676von ihrer Weißheit vor / und weil ein ieder den andern verachtet / ſo weiß ich nicht / zu welchem ich greiffen ſoll. Un - terdeſſen vergehet meine Jugend / mein Geld / und meiner lieben Eltern Hoff - nung.

Morſ.

Er laſſe ſich weiſen. Vielleicht gilt einer einen Pfifferling / und der andere einen Fliegen-Schwamm. Wo man ſich bey der Warheit zancken will / da lauffet der Plunder gemeiniglich auff eigennuͤtzige Pralerey hinaus. Allein ich will nicht urtheilen / ehe mir die lie - ben Herren bekannt werden. Bona dies, ihr lieben Herren / hat ihr Diener nicht die Ehre etliche Worte zu ſpre - chen.

Caj.
(koͤm̃t gelauffen.)

Deo gratia ihre Geſtrengigkeiten. Haben ſie etwan einen vornehmen Untergebenen anzu - bringen / ich ſtehe zu dero Dienſten.

Fap.

Illuſtrisſime Domine, ſie werden mir geruffen haben. Sie koͤnnen gar wol mit mir reden / ich weiß von keiner Ver - hinderung.

Morſ.

Jch hoͤre / die Herren ſind hochgelehr -te677te Leute und Nachfolger der ſieben Weiſen aus Griechenland.

Caj.

Ja ja / ihr Geſtrengigkeiten / unwuͤr - dig ſind wir derſelben.

Fap.

Der Herr College bemuͤhe ſich nicht / ich werde reden. Es iſt an dem / daß ich von der Weißheit Profeſſion ma - che.

Morſ.

Allein wenn ihr wolt gelehrte Leute ſeyn / ſo ſtuͤnde euch die Einigkeit beſſer an. Denn derſelbe heiſſet ja gelehrt / der in allen Dingen die Warheit erfor - ſchen kan. Und weil die Warheit nicht zweyerley iſt / denn ein Pferd kan nicht zugleich ein Eſel ſeyn / ein Kind das Ni - ckel heißt / kan nicht zugleich Ließgen heiſſen: Alſo beweiſt ihr durch euere Zaͤnckerey / daß zum wenigſten einer der Warheit muͤſſe verfehlet haben.

Caj.

Jhre Geſtrengigkeiten bleiben doch bey der Meynung. Wo die Warheit eine Jungfer iſt / ſo kommt der Kerle nimmermehr zu ihr auff die Freyt.

Fap.

Und wo die Jungfer zur Frau wird / ſo ſeyd ihr nimmermehr der Braͤutigam darzu.

F f 6Morſ.
678
Morſ.

Jhr lieben Leute / laſſet euch was erzehlen. Jch kam neulich in ein Wirthshaus / da lag ein Kind in der Wiegen / zwey Narren zanckten ſich / einer ſagte es hieſſe Haͤnßgen / der an - dere ſagte / es hieſſe Carolus M. und da die Mutter dazu kam / ſo war es ein Maͤdgen / und hieß Magdalena. Ver - ſteht ihr wohl / wohin ich ziele? Wenn ſich zwey Leute zancken / ſo koͤnnen alle beyde gar wohl neben der Warheit vorbey ſpatzieren. Und ſie ſagen mir doch / worinne beſteht denn ihre groſſe Uneinigkeit?

Caj.

Ey der haͤlt mir gleichwohl ein Col - legium Logicum zum Poſſen / und ſpricht / es waͤren ſieben Prædicabilia, und weil ich dawider ſtrebe / ſo darff er er mir zum Poſſen ſprechen: Logica eſt ars.

Morſ.

Wichtige Sachen! Doch gleich wie Rom auff ſieben Bergen geſtan - den hat / ſo koͤnten wohl ſieben Prædica - bilia ſeyn.

Fap.

Aber gleichwie die ſieben Berge nichtalle679alle bebauet ſind / alſo muͤſſen wir auch die Zahl weniger machen.

Morſ.

Die Antwort iſt nicht zu tadeln. A - ber hoͤrt doch / was wird denn draus / wenn ſich alle Welt bekehrte / und aus den ſieben Prædicabilibus ſieben freye Kuͤnſte machte. Und wenn nun von der Obrigkeit ein Lex heraus kaͤme / daß Logica ars hieſſe / was haͤtte denn die kluge Welt vor Schaden oder vor Nu - tzen davon zu gewarten?

Caj.

Die Warheit muß gleichwol unter - ſuchet werden.

Morſ.

Ach mein lieber Herr / es iſt viel Warheit in der Welt / die man nicht wiſſen darff. Wenn ſich 2. Bauern um einen Gold-Kaͤfer zancken wolten / ob er aus einer Ochſen-Blume / oder aus einer Kuh-Blume gewachſen waͤ - re / ſo wuͤrde ich mich um die garſtige Warheit nicht viel bekuͤmmern. Seyd verſichert / wenn mit Gunſt zu melden eure Miſt-Kaͤfer ehrlichen Leuten vor den Ohren herum ſummen / ſo ſind ſie am vergnuͤgteſten / wenn die Diſputati - on ein Ende hat.

F f 7Caj.
680
Caj.

Wir wollen hoffen / das Gleichniß wird uns nicht angehen.

Fap.

Und der Herr ſage mir nicht viel / ich werffe ihm einen Syllogiſmum in den Bart / daran er wird zu klauben haben.

Morſ.
(Haͤlt die Haͤnde vor den Mund.)

Jch brauche kein Bart - Wachs / der Herr verſchone mich mit dem Præſent.

Fap.

Ego ſic argumentor: Aut homo non eſt rationalis, aut Logi - gica eſt ars artium.

Morſ.

Wo ihr mit dem Latein kommt / ſo will ich ſchweigen. Denn ich ſpreche / wie bey dem Babyloniſchen Thurme die Sprachen ſind verwechſelt worden / ſo hat der Rumor-Meiſter Lateiniſch geredt: Denn es kriegt kein Menſch in der Sprache ein gut Wort / es muß al - les gezanckt und gekieffen ſeyn.

Fap.

Aber ſo kan ich auch auff alle Syllogi - ſmos antworten.

Morſ.

Wer ſolche Dinge vorbringet / der hat ſich ſelber refutiret. Jhr neñets eine Kunſt / die man als ein edel Kleinod an - nehmen ſoll: Aber ſollen wir eure jun -ge681ge Dolen vor Rebhuͤner annehmen? Das iſt: Soll eure Phantaſterey mit dem ſchoͤnen Nahmen bezeichnet wer - den? Sagt mir doch / welch vornehmer Theologus welch ſtattlicher Juriſt / in Summa / welch Gelehrtrr hat den ge - ringſten Schaden davon / wenn er eu - ren Plunder verſaͤumet hat. Unſere Seligkeit / unſere Gerechtigkeit / un - ſere Klugheit bleibet in gutem Lauf - fe / da wir offt nicht wiſſen / ob die Scotiſten oder Thomiſten einander ha - ben von der Catheder geworffen.

Caj.

Wer uns mit ſolchen Worten beſchimpffet / den ſollen unſere Au - ditores mit Stecknadeln zu Tode martern.

Morſ.

Nicht ſo trotzig. Seht das Mahlzeichen auff meiner Bruſt / und reſpectiret den Nahmen des hocher - leuchteten Richters / der als ein hoch - vernuͤnfftiger medicus diejenigen be - ſtraffen kan / welche entweder am Lei - be / oder im Gemuͤthe ſo unverantwort - liche Kranckheiten entſpinnen.

Caj.

Jch weiß von der Sache nichts.

Morſ.
682
Morſ.

Jhr ſolt aber was darvon erfahren. Und ich befehle es / daß ihr euch von die - ſem Orte nicht weg begebet / biß euch der hoͤchſt-erwehnte Richter als unver - ſchaͤmte Qvackſalber vor ſeinem Thro - ne wird entſchieden haben. Jch fuhre eine Proceſſ-Ordnung / dabey ſich kein Menſch zweymal darff erinnern laſſen.

(Geht ab.)
Friſ.

Jhr Herren / ſo lange wir keine Ge - wißheit haben / ſo wil ich einen Spatzier - Weg auffs Land thun / da kan ich mir Feyertage machen.

(gehet ab.)
Caj.

Wo die Sache verſpielet iſt / ſo weis ich / uͤber wen ich Ach und Weh ſchrey - en wil.

(gehet ab.)
Fap.

Jch dencke / was von viel hundert Jahren her Klugheit geheiſſen hat / das wird mir kein Richter heute zu Tage als eine Narrheit verdammen duͤrffen.

(Geht ab.)
Ande -683

Anderer Handlung Sechſter Auffzug.

  • Capulo, der Pachtmann.
    • Parapiriduromuroforcides Bombagranitympotaratan - tides.
    zwey Gꝛoß - ſprecher.
Cap.

Es iſt mir lieb / daß ich zwey recht - ſchaffene Leute vor mir ſehen ſoll / da ich gezweiffelt haͤtte / ob ich nur einen an - treffen ſolte. Wie heiſt der Herr?

Parap.

Meine Courage erweiſt ſich alſo - bald / wenn man den Nahmen nennt. Jch heiſſe Parapiriduromuroforcides.

Cap.

Der Nahme iſt grauſam genug / e - he ich ihn tauſendmal nennen hoͤrete / e - he wolte ich mich gefangen geben. Doch mit Permiſſion, daß ich den Herrn um ſeinen Nahmen frage.

Bomb.

Mein Nahme wird den andern in vielen Stuͤcken uͤbertreffen. Er faſſe einen Muth / daß er ihn ohne Entſetzen hoͤren kan. Jch heiſſe Bombagrani - tympotaratantides.

Cap.

Jch wolte / ich waͤre in ihrer Compa -gnie,684gnie, ich gebe mir den Nahmen Rasli - prasliſchnurripurrilauſides.

Parap.

Der Herr ſchertze nicht. Zum wenigſten ſihet er an den Nahmen / daß unſers gleichen nicht viel zu finden iſt.

Cap.

Jch muß es bekennen / die Leute ſchei - nen mir trefflich vornehm / ich trage Be - dencken / ob ich ſie mit der geringen Be - muͤhung nur einmal belaͤſtigen darff.

Bomb.

Ey man ſage uns von keiner Be - muͤhung. Deßwegen fuͤhren wir lan - ge Nahmen / daß wir bey dem Ausſpre - chen der Bemuͤhung gewohnen. Er ſage vielmehr / worinn weiß er unſere Tapferkeit zu employren?

Cap.

Jch bin ein armer Landtmann / ich habe ein Gut gepacht / und wenn wir das bißgen Armuth auff dem Felde ver - derbet wird / ſo bleib ich meinem Herrn das Pachtgeld ſchuldig / das heiſt um geliebter Kuͤrtze willen / ich muß ſo lange im Thurme ſitzen / biß ich den letzten Heller bezahle. Nun geht es itzo gegen den Jahrmarckt / da ſchleudert mir S. Velten eine gantze Compagnie Bettler in meinen Garten / die ſind zwar amTa -685Tage gar elende / aber auff den Abend / da lernen alle Lahmen gehen / alle Blin - de ſehen / und wenn ich dencke ich habe ein Aepffelgen auff dem Baume / oder eine Schote auff dem Acker / ſo haben mir die Bettler das Meinige wegge - wiſcht. Alſo wolte ich gerne jemanden anſprechen / der das unnuͤtze Volck ent - weder wegjagen koͤñte: oder der es doch beſſer im Zaume hielte / daß mir gleich - wol ſo viel Schaden nicht gethan wuͤr - de. O vor 6. Jahren war ich ein ehr - licher Mann / ſeither bin ich um alles kommen.

Parap.

Jch wolte unlaͤngſt in einem Dorf - fe Kirſchen ſtehlen / damit kommen 120. Bauern ----

Cap.

Der Herr vergeſſe ſeiner Rede nicht / waren ihrer gleich 120?

Parap.

Nicht anders / als ich ſage: Denn ſo viel Steine kamen mir auff den Puckel geflogen; Allein ich wolte mei - nen Vortheil erſchen / und ein Loch durch den Zaun machen / und that ſo ei - nen gewaltigen Stoß / daß der Zaun mit 6. Bauer-Haͤuſern uͤber den Hauf -fen686fen fiel / damit wurden dir Schelmen ſelber uneins / und ein jedweder wolte unter dem Dach-Schoben der erſte hervor ſeyn.

Bomb.

Ach was iſt das? Neulich that ich eine beſſere Probe: Jch hatte in der Schencke 26. Tiſche voll Bauern her - aus gejaget / damit wil ich auff den Thurm gehen und nach dem Wetter ſe - hen.

Cap.

Da werden die Bauern den Thurm belagert haben?

Bomb.

Der Herr kan gut rathen. Denn die Schelmen kamen mir vor dem Thurm / und kamen Mann vor Mann die Treppe hinauff. Jch wuſte in mei - ner Furie nicht / was ich machen ſolte / und fahre mit dem Kopffe unter die Glocke / daß der Glockenſtul und aller Plunder uͤber den Hauffen fiel. Da ſtund ich nun / und wolte die Glocke nicht fallen laſſen / und die Schelme wolten mich gleichwol mit ihren Stangen ſchon an die Beine kuͤtzeln.

Cap.

Der Mantel waͤre vor mich zu ſchwer geweſen.

Bomb.
687
Bomb.

Ach nein / haͤtten mich ſonſt die Lumpen Leute nicht boͤſe gemacht / ich haͤtte ſo ein Lumpending von etlichen 70. Centnern nicht achten wollen.

Cap.

Es muß ein groß Dorff ſeyn / da die Gemeine ſo viel auff groſſe Glocken ſpendiren kan.

Bomb.

Die groſſe Glocke mag noch aus der alten Kirche ſeyn herkommen. Denn die Jahr-Zahl gabs / daß ſie wol um Koͤnig Davids Zeiten waͤre gegoſ - ſen worden.

Cap.

Das waͤre eine ſchoͤne raritaͤt in eine Kunſt-Kammer. Doch wie lieffs ab.

Bomb.

Jch ließ die Glocke auff meinem Kopffe ſtehen / und zwickte den Kloͤp - pel gar zierlich mit den Naͤgeln ab. Und wie mir der Schultze mit einer Mandel-Keule eines wider das Knie geben wolte / ſo dachte ich / der gute Morgen mit dem Knoͤppel wird ihm hinter dem Ohre zierlich anſtehen.

Cap.

Der Kloͤppel wird doch etliche Cent - ner gewogen haben?

Bomb.

Jch weiß nicht / der Schmid mu - ſte nichts gutes gemacht haben / dennder688der Qvarck zerbrach zwiſchen den Fin - gern / als wenn ich faul Holtz angegrif - fen haͤtte.

Cap.

Aber dem Scholtzen wird es nicht wie faul Holtz hinter die Ohren geflo - gen ſeyn?

Bomb.

Ach der Berenheuterſche Kerl war nicht werth / daß er von einer ſo raiſonna - blen Ohrfeige ſterben ſolte / denn da ich mich buͤckete / ſo kriegte die Glocke den Schwang / und druͤckt mit mir den Bo - den ein / da fiel die Glocke / da fiel ich / da fielen die Bauern 27. Ellen in den Erdboden hinein.

Cap.

So wird ihm treflich uͤbel ſeyn zu muthe geweſen?

Bomb.

Es iſt wahr / der unveꝛ hoffte Poſ - ſen haͤtte mich bald erſchreckt / aber ſo tieff ich gefallen war / ſo einen ſtarcken Satz machte ich contra, daß ich mit der Glocke wieder bis auff den Kirch - Thurm flog / und weil der Pfarrherr dazu kam / und um ſchoͤn Wetter bath / ſo hielt ich ſo lange / biß der Glocken - Stuel wieder gebauet ward.

Cap.

Nein Herr / vor mein Hauß iſt er zugrim -689grimmig. Jch koͤnte im Bette liegen und ſchlaffen / und ein ander Schelm koͤnte ihn boͤſe machen / damit floͤge er oben nauß / und meine Huͤtte ſtuͤnde fruͤh morgends auff einer alten Eiche.

Bomb.

Starcke Leute koͤnnen auch ſanfft - muͤthig ſeyn. Meinetwegen ſol ſein Hauß zwiſchen den 4. Pfaͤlen wol un - verſehret bleiben.

Anderer Handlung Siebender Auffzug.

Die vorigen. Likarsky Der Artzt.
Lik.

Jch habe den Leuten etwas zugehoͤret / es ſcheinet faſt / als wenn es mit meiner Auffſchneiderey lauter Kinder-Werck geweſen waͤre. Doch weil ich gerne hinter die Warheit kommen wolte / ſo muß ich doch die Kerlen boͤſe machen. Wo er mich nicht in die Lufft ſchmeiſſet / ſo muß ich ſchwerer ſeyn / als 70. Cent - ner. Wie ſtehts guter Freund / habt ihr nicht geſtern in unſerer Gaſſe ein Kind zu tode geritten?

Parap.
690
Parap.

Der Herr verzeihe mir / ich pflege nicht zu reiten / es muß iemand anders geweſen ſeyn.

Lik.

So ſehe ich den Herrn vor den recht - ſchuldigen an?

Bomb.

Ach nein / ich weiß nicht / daß ich in die Gaſſe kommen waͤre.

Lik.

Ey ihr Hunde macht mir einen Thaͤ - ter / oder der Hertz-Bengel ſol euch drey qver Finger zum Halſe raus ſtehn.

Parap.

Er ſehe uns doch vor ehrliche Leute an.

Bomb.

Und wir ſind nicht herkommen / daß wir eine Schlaͤgerey wollen anfan - gen.

Lik.

Was frag ich darnach / warum ihr herkommen ſeyd / ſchaffet mir den Thaͤ - ter / der mir das Kind zu Tode geritten hat / oder ich will euch druͤcken / daß kein Menſch ſehen ſvll / was ein Kopff oder ein Fuß geweſen iſt.

Cap.

Ach mein liebſter Herr / er nehme ſich doch inacht / er weiß nicht / was das vor grimmige Leute ſeyn.

Lik.

Ey laßt ſie ankommen. Sind ſie keine Baͤren / ſo ſind ſie Baͤrenheuter.

Cap.
691
Cap.

Sie koͤnnen Stahl und Eiſen zer - druͤcken wie faul Holtz.

Lik.

Ey nicht doch / mein Vetter iſt ein Meſſer-Schmidt / es wird ihm gar zu ſauer / wenn er das Eiſen gleich machen ſol / die Kerlen koͤñten einen groſſen Danck bey mir verdienen / wenn ſie mit reiſeten.

Cap.

Wo alles wahr iſt / was ſie geredt haben / ſo wird er wol auff dem Abend keinen Menſchen mehr aͤhnlich ſehen.

Lik.

Jch wil mein Ebenbild wol behalten. Hoͤre du Lumpenpackt / wilſtu mir keine Anlaß geben / daß ich recht boͤſe werde?

Parap.

Der Herr ſchone ſeiner ſelbſt / das Schwerd / das ich an meiner Seite trage / hat gleich neun und neuntzig tau - ſend neun hundert und neun und neun - tzig Todſchlaͤge begangen / der Herr iſt ſonſt ſo ein lieber Mann / es waͤre mir leyd / wenn ich das erſte hundert tau - ſend mit ihm ſolte vollmachen.

Bomb.

Hat der Herr nicht von der guͤlde - nen Kunſt gehoͤret? Jch zerknirſche nur die Leute / wenn ich anfange.

Lik.

Du 99000 facher ꝛc. Du muſt mirsG gzu692zu gute halten / daß ich dir Friſt laſſe. Der Kerle muß mir zuvor eine Probe thun / und muß mich zerknirſchen.

Bomb.

Er begehre es nicht zu erfahren. Meine Haͤnde wil ich ihm weiſen / aber ich ſchone ſeines Lebens.

Lik.

Dir was anders in die Haͤnde / ich will zerknirſchet ſeyn.

Bomb.

Jch kan aber ſo großmuͤthig ſeyn, und den Befehl verachten / daß ihrs e - ben wiſſet / euer Wille ſoll nicht geſche - hen / ich will euch nicht zerknirſchen.

Lik.

Wilſtu nicht thun / was ich befehle? Greiff an / oder ich greiff.

Anderer Handlung Achter Auffzug.

Die vorigen. Pilulo, ein Gerichts-Secretarius.
Pil.

Herr Likarsky, habt ihr euer ſelbſt vergeſſen? Wer eine ſchlimme Sache vor Gerichte hat / der muß ſich nicht mit neuen Haͤndeln ſchwartz machen.

Lik.
693
Lik.

Ey wer kan ſich auch beſinnen / wenn die Welt ſo gar liederlich auffgezogen koͤm̃t. Jch dachte / ich ſolte nun als der aͤrgſte Betrieger und Auffſchneider zum abſcheulichſten Tode verdammet wer - den / ſo find ich da Kerlen / die wollen al - les zerbrechen und zerknirſchen / und da ſie eine Probe thun ſollen / ſo iſt die Cou - rage zu einem abſcheulichen Qvarge worden.

Pil.

Sachte / ſachte / wir ſollen nur reco - gnoſciren. Wer Hand anlegen wil / der hat es bey dem durchlauchtigſten Richter zu verantworten.

Parap.

Mein Herr / er nehme uns in Schutz / wir haben ihm nichts gethan.

Bomb.

Und ich bin noch bereit / daß ich ihm alle Injurien vergeben wil / wo er mich nur ins kuͤnfftige zufrieden laͤſt.

Pil.

Aber weßwegen habt ihr ſo heßlich ge - pralet / da ihr gleichwol eines andern Schutzes benoͤthiget ſeyd?

Parap.

Wir haben wol keine Luͤgen gere - det. Jch habe viel Koͤpffe verdrehet / aber es waren junge Sperlinge / kan ichG g 2davor694davor / daß mein Widerſacher denckt / ich habe von Menſchen geredet?

Bomb.

Und ich ſagte vom faulen Holtze. Kan ich davor / daß die Leute dencken / ich habe vom Stahl und Eiſen geredt?

Lik.

Aber was ſolten wir bey der groſſen Glocke verſtehen?

Bomb.

Die Erzehlung war noch nicht auß / ſonſt haͤtte ich wollen ſprechen / es war ein Traum.

Pil.

O nichtswuͤrdige Gattung von allen Pralern! Seht ihr mein Zeichen auf der Bruſt?

Parap.

Wir ſehen etwas / aber wir ſind zu einfaͤltig / daß wir das ſchoͤne Zeichen verſtehen ſolten.

Pil.

So ſolt ihr auch zur Zeit noch nicht werth ſeyn / daß ihrs erfahret. Doch im Nahmen des jenigen / dem ich das Merckmahl zu dancken habe / wird euch aufferlegt / nicht von dannen zu wei - chen / biß ihr das Urtheil von einem ho - hen Richter empfangen habt.

(gehet ab.)
Cap.

Und ich werde mich auff ein paar boͤſe Hunde befleißigen / die ſollen mitden695den Bettlern beſſer zu rechte kommen.

(Gehet ab.)
Parap.

Jch ſchaͤme mich meines langen Nahmens.

(gehet ab.)
Bomb.

Ach ſchaͤme dich / daß dir die Coura - ge nicht laͤnger gewachſen iſt.

Anderer Handlung Neundter Auffzug.

Joſqvino ein Capellmeiſter. Friſeſomorus ein junger Studente.
Joſqv.

Jch trage Mitleiden mit eurem Zuſtande / und moͤchte wuͤnſchen / ihr haͤttet beſſere Freunde angetroffen.

Friſ.

Ja wol hat mirs an rechten Freun - den gefehlet / es heiſt / ich habe nun etli - che Jahr ſtudiret / ich habe mich da und dorte mit gelehrten Leuten bekand ge - macht / und da mein Geld ſich einmal mit den richtigen intereſſen einſtellen ſol / ſo habe ich einen Sack voll Narheit / und einen Kober voll Armuth zum be - ſten / deßwegen wolte ich nur verneh - men / ob der Herr Capellmeiſter nichtG g 3wolte696wolte ſo guͤtig ſeyn / und mir den Weg zur Muſie / und hiernechſt zur Compoſi - tion weiſen / ich wolte hoffen / es ſolte ſich noch ein geſchickt ingenium bey mir finden / daß mein Patron an mir / als an einem demuͤthigen Scholaren keine Schande erleben wuͤrde.

Joſq.

Mein lieber Freund / ich hoͤre wol / wo ihr hinzielet; Doch wer in unſer Profeſſion ein Virtuoͤſer heiſſen wil / der muß das Werck bald in der zarten Ju - gend angreiffen / und muß darneben ei - ne gute muſicaliſche Natur haben. Was das erſte belangt / ſo iſt es ſchon verſehen / und um das andere ſtehet es auch mißlich.

Friſ.

Man hat doch Exempel / daß ver - ſaͤumte Leute noch zu was kommen ſind / wenn ſie darnach doppelten Fleiß ange - wendet haben.

Joſq.

Man hat auch Exempel / daß die gu - ten Kerlen ſind betrogen worden.

Friſ.

Das muͤſſen arme Stuͤmper gewe - ſen ſeyn / derer ſich die Virtuoͤfen Mei - ſter geſchaͤmet haben. Jch verſpreche dem Herrn Capellmeiſter 500. Reichs -Thaler697Thaler uͤberhaupt / wofern er die Barm - hertzigkeit an mir thut / und mich unter ſeine Clienten annehmen will; Ja ich verſpreche noch eine gute Diſcretion bey zutragen / ſo bald ich etwas richtiges werde begriffen haben. Es mangelt mir nicht am Gelde / es verdreuſt mich nur / daß ich nichts rechtes gelernet ha - be / und wenn ich itzund in die Compa - gnien komme / ſo heiſt es: Der Kerle iſt nichts / er weiß nichts / er wird nichts / er verdienet nichts.

Joſqv.

Ja freylich iſt es ein groſſer Jam - mer / wenn man bey rechtſchaffenen Leuten ſeine Perſon nicht wol agiren kan / und ich verſtehe des Herrn gute Meynung gar wol / allein ich kan dem Herrn nicht verhalten / daß ich gar ſchlechte Zeit habe und faſt nicht wiſſe / wenn ich das anſehnliche Geld recht verdienen ſolte. Mein gnaͤdigſter Herr hat ſich in die Opern verliebt / und damit wird mir die beſte Zeit genom̃en / daß mir alſo dergleichen Information faſt unmoͤglich fallen wuͤrde.

Friſ.

Ach ſo werde ich ohne Troſt gelaſſen!

G g 4Joſq.
698
Joſq.

Er gebe ſich zu frieden / ich habe einen Sohn in Jtalien / wil er die Unkoſten nicht anſehen / und dahin reiſen / ſo wil ich hoffen / er ſol ſeine Vergnuͤgung bey ihm antreffen.

Friſ.

Der Vorſchlag iſt nicht uneben / ich koͤnte was lernen / und zugleich frembde Laͤnder beſehen / doch eins betruͤbet mich ſehr / ich weiß den Weg nicht.

Joſq.

O da kan bald Mittel gefuͤnden werden / es ſind Leute / genug / die ſich zu Wegweiſern gebrauchen laſſen / gleich itzo habe ich zwey guͤte Freunde bey mir / die wuͤnſchen mit ehrlichen Leu - ten in die Laͤnder zu gehen / iſt es nun ſein Ernſt / wolan ſo wil ich ihm die Wahl laſſen / welcher ihm am beſten anſtehen moͤchte.

Friſ.

Wil mein Patron ſo bemuͤhet ſeyn / ſo nehm ichs zu Danck an.

Ande -699

Anderer Handlung Zehender Auffzug.

Die vorigen. Rodomontado, Bagatello, zwey ge - reiſete Perſonen.
Joſq.

Siehe da die Herren kommen mir gleich entgegen / da man ihrer verlangt.

Rodom.

Monſieur voſtre tres humble Ser - viteur, Jch erfreue mich / wenn meiner verlanget wird.

Bag.

Ma foy s il vous plait. Jch wil mich zu aller Devotion verſtehen plusqve per - ſonne.

Rodom.

Ce me ſera un grand contente - ment, wo ich als ein tresobeiſſant Ser - viteur vor ihm erſcheinen koͤnte.

Bag.

C eſt un perfaitement beau plaiſir, wenn man bey ſolchen rechtſchaffenen Leuten ſeine Dienſte employren kan. Les gens de bien, ſont tous jours bien, ont tous -- jours bien, font tous jours bien.

Joſq.

Jhr Herren laßt mich mit eurem tous jours zu frieden / ich bin auch in einemG g 5Lande700Lande geweſen / da die Leute ſo ſchwa - tzen / aber itzund iſt es um einen Herrn zuthun / der die Reden nicht verſteht. Nun muͤſſen wir gleich wegen der Sprache einig werden / oder der Han - del gehet zuruͤcke / ehe der Vortrag ge - ſchehen iſt.

Rodom.

Ein Gaſtwirth iſt kein geſchimpf - ter Mann / wenn er ſein Zeichen vor die Thuͤre ſetzet / und gereiſete Perſonen werden nicht zu verachten ſeyn / wenn ſie auch an der euſerlichen Sprache ſehen laſſen / in welchem Lande und Koͤnigrei - che ſie das innerliche Gemuͤthe perfecti - oniret haben.

Josq.

Wir wollen uns nicht mit Gleich - niſſen auffhalten / hier iſt ein ſtattlicher Menſch / von ehrlichen Eltern und ziem - lichen Vermoͤgen / der ſich gerne in frembden Laͤndern umſehen moͤchte / und der in etlichen Wochen gerne auff der Poſt nach Rom reiſete. Weil nun die Herren aus vielen Umſtaͤnden mer - cken laſſen / daß ſie die Welt ziemlich moͤgen durchſtrichen haben / ſo wollen wir zuſammen vernehmen / ob ſich einerzum701zum Wegweiſer oder im Fall der Noth gar zum Hoffmeiſter wolle brauchen laſſen?

Rodom.

Jch habe mich des Dinges in der Welt ſehr muͤde geſehen / und da ich weiß / daß immer ein Land an dem an - dern haͤngt / ſo duͤrffte ich meiner Plaiſir halben keinen Fuß vor die Thuͤre ſetzen; Doch wo ehrlichen und rechtſchaffenen Leuten ein Dienſt geſchiehet / ſo will ich mich leichte bereden laſſen.

Bag.

Sie haben die freye Wahl / doch wenn ich rathen ſolte / ſo moͤchten ſie mich erwehlen. Jch bin viermal durch die Laͤnder gereiſet. Einmal bin ich ge - fahren / das andre mal geritten / das dritte mal bin ich einem guten Freunde zu gefallen zu Fuſſe gelauffen.

Joſq.

Wie denn das vierdte mal?

Bag.

Da iſt nicht viel davon zu reden. Jch ward unſchuldig gefangen / und ich weiß ſelber nicht / ob ich von einer Stadt zur andern bin getragen oder geſchleppet worden. Doch deſſen kan ich mich ruͤhmen / ich wolte die Wege und dieG g 6Stege702Stege durch die gantze Welt blintzen - de finden.

Joſq.

Man fragt nicht allemal / wo einer geweſen iſt / ſondern was er geſehen hat.

Rodom.

Recht ſo / ich bin in den Cana - riſchen Jnſulen geweſen / und habe da geſehen / wie das faule Holtz in Ambra verwandelt wird.

Bag.

Und ich bin in der Jnſul S. Malta ge - weſen / und da hab ich geſehen / wie ſich das Fiſchlein in Corallenbaͤumgen ver - wandelt.

Rodom.

Jch habe in den Pyrenæiſchen Bergen geſehen / wo der groſſe Ronze - fax begraben liegt.

Bag.

Und ich habe im Schweitzer-Ge - buͤrge dem alten Pontius Pilatus zuge - ſprochen; Jch warff ihm ein Stuͤcke Holtz in ſein Waſſer / und da machte er mir zum Elemente ein Wetter / daß ich meynte / ich wuͤrde in dem Regen erſauf - fen muͤſſen.

Rodom.

Hier im Schiebſacke habe ich ein Blat / das habe ich in der Eſcurialiſchen Bibliothec aus einem griechiſchen Ma - nuſeripto geriſſen. Es komme ein an -der /703der / und ſage nur / daß er an die Thuͤre gerochen hat / da ich etliche Jahr nach einander an dem vornehmen Orte aus und eingegangen bin.

Bag.

Wenn ich meinen Ruhm im Dieb - ſtahl ſuchen wolte / ſo koͤnte ich noch ei - nen ſilbernen Becher auffweiſen / den ich in Pariß an einem vornehmen Pan - qvet von der Taffel promoviret habe.

Rodom.

Jch habe geſehen / wo die Welt zwiſchen Europa und Africa von einan - der geht.

Bag.

Und ich habe geſehen / wie die Welt zwiſchen Europa und Aſia zuſammen geht.

Rod.

Jch habe einmal eine geſchwinde Reiſe durch die Welt gethan / daß mir 6. Tage im Calender fehlten.

Bag.

Gleich vor 6. Jahren hatte ich 5. Ta - ge uͤberley.

Rod.

Jch habe in Spanien das Stierge - fechte geſehen.

Bag.

Und ich habe zu Venedig eine Och - ſen-Jagd geſehen.

Rod.

Jch habe ſchon Wallfiſche gefan - gen.

G g 7Bag.
704
Bag.

Und ich habe ſehen Auſtern freſſen.

Rod.

Was iſt das? Jch habe 24. Koͤni - gen die Haͤnde geuͤſt.

Bag.

Und noch einmal ſo viel Koͤnige ha - ben mir Dienſte anbieten laſſen.

Anderer Handlung Eilffter Auffzug.

Die vorigen. Raiſon der Advocate.
Raiſ.

Wie ſtehts ihr Herren / wer ſchwatzt von 24. Koͤnigen / ich will nicht hoffen / daß jemand mit 6. Charten zugleich ſpielet.

Rod.

Wir entwerffen nur etwas von un - ſerer Reiſe-Beſchreibung / weil ein lie - ber Menſch unter unſerm Gouverno die vornehmſten Laͤnder beſuchen wil.

Raiſ.

Wo der liebe Menſch ſeine Funda - menta hat / ſo kan ihm dieſe Recommen - dation ſeiner uͤbrigen Qvalitaͤten wegen nicht mißgegoͤnnet werden.

Rod.

Die Fundamenta ſollen ſich in der Frembde ſchon finden / ich habe noch zurZeit705Zeit vor einen braven Menſchen paſſi - ret / und gleichwol habe ich mein Funda - ment in der Frembde geleget.

Raiſ.

Wir wollen uns wegen des Funda - ments gerne vergleichen / ich moͤchte nur wiſſen / wo die 24. Koͤnige herkaͤmen / denen er die Haͤnde gekuͤſſet hat.

Rodom.

Jch bin 4. mal durch 6. Koͤnig - reiche gereiſet / allemal war ein neuer Koͤnig / nun iſt tout à fait 4. mahl 6. 24.

Raiſ.

Es iſt mir leid / daß ich eine falſche Chronologie gelernet habe / denn inner - halb 30. Jahren ſind nicht mehr als ſie - ben Koͤnige geſtorben.

Rod.

Der Herr weiß gewiß nicht / was auſſer Europa vor Koͤnige ſind.

Raiſ.

Gleichwol wird mir kein Menſch auſſer Europa 6. Koͤnigreiche nennen / darinne alle 4. Jahre ein Koͤnig geſtor - ben iſt.

Rod.

Jch beziehe mich auff meine Beſchrei - bung / wenn ſolche Documenta nicht gel - ten ſolten ſo moͤchte ein ehrlicher Menſch den erſten Schuch verfluchen / den er in frembden Laͤndern zerriſſen hat.

Raiſ.
706
Raiſ.

Jch wolte das Geld verfluchen / das die uͤberfluͤßigen Schuhe gefreſſen ha - ben. Doch wie viel Koͤnige hat der Herr geſehen?

Bag.

Jch binde mich nicht an die Zahl / in ſolchen Dingen rechne ich gerne in Pauſch und Bogen.

Raiſ.

Aber doch ohngefehr wird die Zahl bekandt ſeyn.

Bag.

Jch will nur ſagen / wo und wie lange ich an iedem Orte geweſen bin.

Raiſ.
(ad Spectatores)

Und ich will die Jah - re in meine Schreib-Taffel einſchrei - ben.

Bag.

Mein erſter Ausflug war nach Straßburg / da lebte ich 2. Jahr.

Raiſ.
(ad Spect.)

zwey.

Bag.

Da ich meine Fundamenta geleget hatte / gieng ich auff Lyon, und ward bey einem Koͤniglichen Capitain deut - ſcher Sprachen-Meiſter / da blieb ich 4. Jahr.

Raiſ.

Sechs.

Bag.

Ferner gieng ich auff Paris / und be - gab mich unter die Grands Musqvetai - res, da blieb ich 3. Jahr.

Raiſ.
707
Raiſ.

Neune.

Bag.

Weiter begab ich mich in Hollaͤndi - ſche Dienſte / und reiſete zu Schiffe erſt - lich in die Tuͤrckey / darnach zuruͤcke in Weſt-Jndien / uͤber Weſt-Jndien gieng ich zu Lande / biß ich auff der an - dern Seite gegen die Philippiniſchen Jnſeln / und ferner in Oſt-Jndien fah - ren kunte / damit brachte ich 13. Jahr zu.

Raiſ.

Zwey und zwantzig.

Bag.

Hierauff that ich eine Tour in Schweden / Dennemarck / Engeland / aber ich werde mich uͤber ein Jahr da - ſelbſt nicht auffgehalten haben.

Raiſ.

Drey und zwantzig.

Bag.

Hierauff kam mich eine Luſt an / die Fuͤrſtlichen Hoͤfe in Deutſchland zu be - ſehen / und wenn ich dazu rechne / was mir an dem Kaͤyſerlichen Hofe vor Zeit darauff gegangen iſt / ſo ſind es gar ger - ne 7. Jahr.

Raiſ.

Dreyßig.

Bag.

Polen und Ungarn haben mir uͤber ein Jahr nicht weggenommen / denn ich hatte in Cracow etliche Weywoden er - ſtochen / ſo verfolgete mich die gantzeNa -708Nation / daß ich ein Loch zum Lande hinaus ſuchen muſte.

Raiſ.

Ein und dreyßig.

Bag.

Hernach kam ich in das hochgelobte Jtalien / da verliebte ich mich in die Po - miranci, Limoni, Sirbilat-Wurſt / Par - miſan-Kaͤſe / in die Vernacer, Roſacer, Marcemin, in die ſchoͤne Carneval, in die neue Curtiſani, daß mir 12. Jahr ver - giengen / wie ein eintzeler Tag.

Raiſ.

Vier und viertzig.

Bag.

Hierauff kriegte ich einen Brieff von meines ſeligen Herrn Vaters Tode / und wolte zu Waſſer / und darnach uͤber Franckreich nach Hauſe gehen. Allein ich ward von den Tuͤrcken gefangen / und weil ich keine Poſt nach Hauſe bringen konte / ſo muſte ich 6. Jahr in der Dienſtbarkeit aushalten / biß mich des Baſſa von Cairo wunderſchoͤne Tochter erloͤſete.

Raiſ.

Funfftzig.

Bag.

Hierauff bin ich des Reiſens muͤde worden / und lebe ohngefehr ein Jahr im Vaterlande. Doch wer mir etwas von Jtaliaͤniſchen Sardellen fuͤrſchwa -tzen709tzen wolte / der moͤchte mir leicht einen Appetit erwecken / daß ich mich zu einer Spatzier-Reiſe bewegen lieſſe.

Raiſ.

Mein Herr / ich habe groß Vergnuͤ - gen uͤber ſeinen Reiſen / und ich wolte ihm leicht zu einer anſtaͤndigen Condi - tion helffen / wenn mir nicht ein kleiner Knoten im Wege ſtuͤnde.

Bag.

Der Knoten wird vielleicht auffzuloͤ - ſen ſeyn.

Raiſ.

Der Hofemeiſter ſoll ſich auff zwoͤlff Jahr verdingen / und alſo duͤrffte er nicht viel uͤber 20. Jahr ſeyn / damit er an ſeinem zukuͤnfftigen Eheſtande nicht allzu ſehr gehindert wuͤrde.

Bag.

Mein Herr / patience, ich will aus dem Kirchen-Buche beweiſen / daß ich vor 8. Tagen 23. Jahr geweſen bin.

Raiſ.

Wie unverſchaͤmter Auffſchneider? Biſt du erſt 23. Jahr alt / und haſt gleichwol etliche 50. Jahr im Reiſen zugebracht? Jch kenne dich und deinen Cameraden / du ſolſt in weniger Zeit vor einem hohen Richterſtul Rechen - ſchafft geben.

(Gehet ab.)
Bag.

Es iſt kein ehrlich Stuͤcke / daß maneinem710einem die Jahre nachrechnet / wollen mich die Leute nicht beſſer verſtehen / ſo kan ich wol andre Geſellſchafft ſuchen.

(Geht ab.)
Rodom.

Jch dencke immer / ich werde der 51. Jahr mit entgelten muͤſſen.

Friſ.

Und ich werde in Deutſchland blei - ben muͤſſen / denn meine Reiſe duͤrffte uͤber Jahr und Tag nicht waͤhren. Ach iſt niemand in der Capelle / der mich ha - ben will?

Josq.

Der Herr ſey heute mein Gaſt / wenn man etliche Glaͤſer Wein aus - getruncken hat / ſo kom̃t man zu beſſern Einfaͤllen.

Friſ.

Und wo ich Wein trincke / ſo ſchlag ich noch mit etlich 100. Thlr. loß.

Anderer Handlung Zwoͤlffter Auffzug.

Miſchmaſch des Artztes luſtiger Diener.

Ach ihr Herren / wie leichte wird mir um das Hertze! Jch dachte mein Herr undich711ich wuͤrden der Auffſchneiderey wegen gar an die Galeen geſchmiedet werden; Aber ſo viel ich ſehe / ſo werden wir gar in eine langſame Claſſe kommen / und wenn die Ruderbaͤncke ſechsfach ſolten beſetzet werden. Jch komme gleich itzo aus der Kirche / da zanckte ſich der Organiſt mit dem Blaſeblagtreter / ei - ner ſagte / das Clavir waͤre das edelſte Theil der Orgel / der andre lobte ſeinen Blaſebalg / und da der Streit lange waͤhret / ſo haͤtte bald der Organiſt von der Pedal Banck weggemuſt / und der andere haͤtte den Glauben aus dem B geſchlagen. Jch muß bekennen / mei - ne Schreib-Taffel iſt voll / wo mir ein neuer Qvackſalber begegnet / ſo muß ich meine Hoſen umwenden / und muß ſeinen Nahmen auff die weiſſe Lein - wand ſchreiben. Und ich halte immer davor / die ehrlichen Leute dort werden mir mit Gewalt einen Platz in meinen Hoſen einnehmen.

Ande -712

Anderer Handlung Dreyzehender Auffzug.

Miſchmaſch, des Artztes luſtiger Diener. Afflitto, Simplicio zwey geplagte Maͤnner. Securo, der Weinſchencke.
Sec.

Wollen die Herren nicht bey mir ver - ziehen? Jch weiß nicht / wenn mir ſo melancholiſche Gaͤſte waͤren vorkom - men / ſie haben gleichwol faſt 2. Kannen ausgeſtochen / und wollen doch keine froͤliche Mine machen. Ach wer in den Wein-Keller koͤmmt / der muß ſeine Sorgen auff den breiten Stein vor der Thuͤre legen / kan er ſie doch wieder neh - men / wenn er nach Hauſe geht. Denn das weiß ich / kein Menſch wird daran zum Diebe werden.

Affl.

Ach wenn ich meine Sorgen auff ei - nen breiten Stein legen ſolte / ſo muͤſte er ſo groß ſeyn / als die gantze Stadt.

Simplic.

Und meiner muͤſte ſo groß ſeyn als die gantze Welt.

Afflit.
713
Afflit.

Jch bin der ungluͤckſeligſte Menſch.

Simpl.

Und ich bin noch tauſendmal un - gluͤckſeliger.

Secur.

Was haben wir mit dem Ungluͤcke zu thun? Wer die melancholiſchen Grillen vertreiben kan / der hat die beſte Artzney wider alles Ungluͤcke.

Afflit.

Ach Herr / wenn ich einen ſpitzigen Stein im Schuhe habe / ſo thut mirs allgemach wehe / und wenn ich den Schmertzen verachten will / oder wenn ich die Gedancken davon kehre / ſo bin ich allemal betrogen.

Simpl.

Und mein Elend liegt mir im Her - tzen / ſoll ich das vergeſſen / ſo muß ich das Hertze aus dem Leibe reiſſen.

Secur.

Mancher macht ſein Creutz groͤſſer / als es in der Warheit iſt / ſie laſſen doch hoͤren / wo ich kein Mittel davor weiß / ſo will ich eine Kanne Wein / und ein Stuͤcke Hollaͤndiſchen Kaͤſe Straffe geben.

Affl.

Ach ich bin ungluͤckſelig / ich habe mir neulich ein heimliches Leiden mit gruͤ - nem Wachſe vertrieben / nun habe ich mein oͤffentliches Leiden / und kriege dieSchuld -714Schuld-Zettel auff allen Seiten mit rothem Wachſe beſiegelt.

Sec.

Wenn ich ſchuldig bin / ſo bin ich lu - ſtig / der andere mag ſorgen / wo ſeine Zahlung herkoͤmmt.

Simpl.

Gar recht. Jch wolte viel tauſend Thaler davor ſchuldig ſeyn / daß ich kei - ne boͤſe Frau haͤtte.

Affl.

Jch kan meiner Frauen kein Kleid / und meinen Kindern kein Brodt ſchaf - fen.

Simpl.

Jch ſchaffe meiner Frauen zu Freſ - ſen und zu Sauffen genug / und dennoch kriege ich wol zum Nach-Gerichte an ſtatt des Kaͤſes einen Baͤrnheuter / und an ſtatt des Radiſes gar einen ꝛc.

Affl.

Ach Armuth iſt wol die groͤſte Plage / ſonderlich wenn man in ſo guten Mit - teln geſeſſen hat.

Simpl.

Ach Weiber-Angſt iſt doch die groͤſte Plage / ſonderlich wenn man im Junggeſellen-Stande ſo frey gelebet hat.

Secur.

Wie ſind denn die Herren dazu kommen?

Affl.

Mich haben boͤſe Leute dazu gebracht /ich715ich bin zu gutwillig geweſen / und habe zu viel getrauet / daher kommt mein Ruin.

Simpl.

Und mich haben fromme Leute dar - zu gebracht / denn wer haͤtte ſichs koͤn - nen einbilden / daß aus einer freundli - chen Jungfer / und aus einem leibhaff - ten Engel ſo ein Rabenaas werden ſolte.

Affl.

Ach wie bange wird mirs thun / wenn ich werde in den Schuld-Thurm krie - chen muͤſſen.

Simpl.

Und wie wehe thuts / daß ich ohne der Frauen Willen keinen Schritt - ber die Thuͤre thun darff.

Affl.

Jch lebe anderer Leute Gnade.

Simpl.

Und ich habe meine gnadige O - brigkeit im Hauſe.

Affl.

Jch habe das Hauptkuͤſſen verwech - ſelt / darauff ich ſo gut ſchlaffen konte.

Simpl.

Und wenn es in meiner Kammer unruhig wird / ſo muß ich wol das Bet - te gar verwechſeln / und muß auff der Banck vorlieb nehmen.

Affl.

Jch erſchrecke / wenn es Tag wird.

Simpl.

Ja gegen Morgen kan meine Frau am beſten fluchen. Denn ſo baldH hſie716ſie mit andern Leuten geredt hat / ſo bleibet ſie zwar noch boͤſe genug / aber es iſt doch / als wenn die beſtialiſche Natur ein bißgen nachlieſſe.

Affl.

Und wenn ich alle meine Schulden vergeſſen wolte / ſo habe ich einen boͤſen Nachbar / der haͤlt ein halbſchock Ka - tzen / die mir alle Tage das Fleiſch aus dem Topffe heraus naſchen.

Simpl.

Und wenn mir mein Nachbar ei - nen Stein in den Garten wirfft / ſo hoͤrt meine Frau nicht eher auff zu keiffen / als biß ich ihn wieder hinaus trage.

Sec.

Jhr Herren / ſonſt weiß ich wol ein Sprichwort:

Bier und Barm - hertzigkeit kommt zuſammen.

A - ber warum mein Wein ſoll geſchimpffet werden / daß er mit einer Betruͤbniß ſol zuſammen kommen / das will mir nicht in Kopff.

Ande -717

Anderer Handlung Vierzehender Auffzug.

Miſchmaſch des Artztes luſtiger Diener. Die vorigen.
Miſchm.

Gluͤck zu ihr Herren Qvackſal - ber.

Sec.

Guter Freund / verſchonet mich mit dem Titul / ich bin zwar den Qvackſal - bern von Hertzen gut / wenn ſie fein fleißig in meinen Keller kommen / aber der Nahme ſteht mir nicht an.

Miſchm.

So mag der Herr heiſſen / wie er will / doch Gluͤck zu / ihr Herren Qvack - ſalber.

Affl.

Ach laßt mich unvexiret.

Simpl.

Und redet nicht zu laut / es iſt ohn - dem kein Zunahme in der Welt / den ich von meiner Frau nicht einfreſſen muß: Sol ich noch unſchuldiger Weiſe ein Qvackſalber heiſſen / ach ſo kraͤncke ich mir noch heute zehn Wochen vom Le - ben ab.

Miſchm.

Herr Wirth / ich ruffe ihn zumH h 2Zeu -718Zeugen an / daß die melancholiſchen Sauertoͤpffe Qvackſalber ſeyn.

Sec.

Jch weiß nicht. Einer muͤſte ſeine Schuld-Brieffe vor Teſtimonia aus - geben / und der andere muͤſte ſeine Frau vor ein Murmelthier in die Bude ſetzen / ſonſt weiß ich nicht / was einem Qvack - ſalber aͤhnlich waͤre.

Miſchm.

Jch weiß noch was beſſers. Die Leute handeln mit Ungluͤcke. Und wie ein ieder Schreyhals auff dem Marck - te die beſte Artzney haben will / ſo wollen die Herren das vornehmſte Creutze ha - ben. Es iſt nicht wahr / daß ihnen was wehe thut / es iſt nur die liebe Hoffarth / daß ſie gerne wollen mit ihrem unver - gleichlichen Ungluͤcke geſehen ſeyn. Wenn ſich nur iemand wolte hinſetzen / und wolte das Elend beweinen helffen / was wuͤrde bey den Leuten vor eine Ein - bildung wachſen?

Sec.

Jch haͤtte mich der klugen Reden nicht verſehen.

Affl.

Mit betruͤbten Leuten iſt leicht zu ſchertzen.

Simpl.

Und wem der nagende Wurm ander719der Seiten liegt / der muß bey fremden Leuten ein Auge zudruͤcken.

Miſch.

Bleibt mir mit dem Geprale vom Leibe. Seht ihr das Kleinod / das ich am Hertzen trage?

Sec.

Das Kleinod iſt bald vornehmer als die Perſon.

Miſchm.

Jch bin bey dem vornehmen Commiſſario in Dienſten. Und Herr Wirth / ich ſage ihm das zur Nachricht / er laſſe die Kerlen nicht zu weit verlauf - fen / ſonſt werden meine Principalen un - geduldig.

Sec.

Jch kan ſie nicht halten / ich kan ſie nicht verjagen.

Affl.

Es ſoll mich niemand wegjagen / wenn mir die Schuld-Leute alles wegneh - men / ſo habe ich noch das zum beſten / was ich mit dem Maule davon bringe.

(Geht ab.)
Simpl.

Und hier im Keller habe ich beſſere Auffwartung als zu Hauſe.

Hh 3An -720

Anderer Handlung Funffzehender Auffzug.

Securio der Weinſchencke. Miſchmaſch des Artztes luſtiger Diener. Aqvario des Weinſchenckens Junge.
Sec.

Jch ſehe gleichwol / meine Gaͤſte ſind mir gehorſamer / als mancher Obrig - keit die Unterthanen.

Miſchm.

Jch habe die Art / wo ich hinkom - me / da iſt lauter Gehorſam; Er ſetze mich auff die Probe / und nehme mich mit in den Keller / da mag er mich ſechs - mal trincken heiſſen / ehe ich einmal un - gehorſam wolte ſeyn / ſo wolte ich das ſiebende mal dazu trincken.

Sec.

Die Beſchwerung habe ich nicht / daß die Leute im Trincken ungehorſam ſeyn / aber im Zahlen gibts viel Rebel - len und Malcontenten.

Aqvar.
(Koͤmmt gelauffen)

Ach! Herr / wo er ein Ungluͤcke verhuͤten will / ſo komm er zu Huͤlffe.

Sec.
721
Sec.

Jch werde nun ein Meiſter uͤber alles Ungluͤck ſeyn.

Aqv.

Fuͤrwar / es geſchiehet ein Todſchlag / wo der Herr nicht ſelber kommt. Jch habe meine Ohrfeige ſchon weg / da ich zum Frieden wolte reden.

Sec.

Wer ſind denn die grauſamen Ty - rannen?

Aqv.

Herr / ſeht nur ſelber / wer ſie ſeyn: Ehe ich eine groſſe Beſchreibung anfan - ge / ſo iſt einer todt.

Miſchm

Junge / du biſt mit deinen Lebens - Beſchreibungen gar ſparſam / du denckſt / wenn ſie einander todt ſchla - gen / ſo werden die Perſonalia wol be - ſchrieben werden.

Sec.

Nu / nu / des lieben Haus-Friedens wegen will ich doch ſehen / wie zu helffen ſey.

H h 4An -722

Anderer Handlung Sechzehender Auffzug.

Die vorigen. Modeſto ein Studioſus Theologiæ. Qverulo ein Studioſus Politices.
Mod.

Jch habe ſie von einander gebracht / er thue mir doch die Liebe / und halte Friede.

Qver.

Was? Warum ſoll ich Friede hal - ten? Jch kan nicht leben als ein Baͤrn - heuter. Der Ignorante hat mich ge - ſchimpfft / und ich muß ihm ſeinen Kopff von einander hacken / daß man nach dem Unverſtande ſehen kan.

Sec.

Wie wills / ihr Herren / was regieret heute vor ein Planete? Will der Wein nicht mehr ſchmecken?

Mod.

Jch halte / der Wein hat gar zu gut geſchmecket / und da er im Bauche nicht Raum hat / ſo iſt er in den Kopff getre - ten.

Qver.

Wer ſaget / daß ich voll bin? Das redt mir kein rechtſchaffener Kerle nach / und geſetzt / ich haͤtte ein gantz FaßWein723Wein im Leibe / ſo wolte ich in meiner vollen Weiſe mehr verſtehen / als die Ignoranten bey ihrem nuͤchternen Mun - de.

Sec.

Was giebt es denn vor einen gerin - gen Mißverſtand / der nicht kan beyge - leget werden?

Mod.

Herr Wirth / er laſſe es gut ſeyn / ich will ſchon mit ihm zurechte kommen.

Qver.

Jch laſſe mir mein Studieren nicht vorwerffen / ihr ſelber ſeyd gegen mir wie ein Schatten zu rechnen.

Mod.

Nun / nun / Bruder / ie mehr ich ſtu - diere / deſto mehr wird mir meine Un - wiſſenheit bekannt. Jch fange deß - wegen keinen Streil an / wenn mir ie - mand die Warheit ſagt.

Qver.

Sage mir doch / warum haͤtte ich ſo viel 100. Thaler mehr verzehrt als du / wenn ich nicht wolte beſſer ſeyn.

Mod.

Ja / ja / das Geld / das ein ander ver - than hat / das hab ich noch im Beutel.

Qver.

Jch habe die Buͤcher geleſen / da ein ander nicht den Titul davon geſehen hat.

Mod.

Jch leſe viel / aber ich mercke alleH h 5Tage724Tage beſſer / daß ich vor meinem Ende das wenigſte werde geleſen haben.

Qver.

Meine Manuſcripta ſind weitlaͤuff - tiger / als eines andern ſeine Bibliothec.

Mod.

Jch bin zufrieden / denn ich habe we - nig Zeit mit Abſchreiben verderbet.

Qver.

Und was iſts mit euch Kerlen / wenn einer meinesgleichen mit neuen Princi - piis auffgezogen koͤmmt. Und deßwe - gen erhub ſich der Streit / daß mir der Lumpenhund nicht antworten kunte: An jus naturæ cadat in bruta?

Mod.

Jch haͤtte lieber diſputiret: An bru - talitas cadat in homines?

Qver.

Ach wenn ich an meine Collectanea gedencke / da ein ander Stuͤmper nicht ein Blaͤtgen excerpiret hat / da er auch nicht weiß / wie er die Griffe nach dem guͤldenen A. B. C. einrichten ſol. Ha! ſo darff er doch im Diſcurſe thun / als wenn er was verſtehen wolte.

Mod.

Jch bete alle Morgen: Lieber Gott / wilſtu mir kein Judicium geben / ſo be - huͤte mich doch vor den Collectaneis.

Qver.

Und wo bleibt denn meine Corre - ſpondenz, da ich manchmal ein Buchvor725vor 20. Thaler bezahle / das hernach ein ander Hungerleider um kahle andert - halb Thaler kauffen kan.

Mod.

Ob ich die Gaͤnſe um Pfingſten eſ - ſe / oder ob ich um Martini die rechte Zeit erwarte / das gibt meinem Appetit eine ſchlechte Hinderniß.

Qver.

Bruder / laß mich wieder hinein / ich habe noch was vergeſſen / das ich dem Schurcken noch vorwerffen muß.

Mod.

Bruder / es iſt kein Menſch mehr da / ſpar es doch auff andre Gelegenheit.

Qver.

Jch kan nicht / der Kerle muß noch heute hoͤren / was ich vor Raritaͤten in Haͤnden habe. Einen Folianten voll Pasqville, ein Qvart-Buch abgemahlte Muͤtzen / Hoſen und Schuhe / die in der gantzen Welt getragen werden. Und da ich ſo viel Muͤhe auff die frembden Sachen geleget habe / ſoll ich nicht um den Vorzug mit einer ſolchen Diſtel - Fincke ſtreiten?

Mod.

Jch lobe ein Buch / daraus mir die Bauern eine Zeile vor 16. Groſchen bezahlen.

Qver.

Bruder / was murmelſt du? JchH h 6ſehe726ſehe doch wohl / es verdreuſt alle / daß ich gelehrter bin / als ſie; Aber ich hoffe / ihr ſolt mich in kurtzer Zeit als einen Patron um eine Befoͤrderung anſprechen.

(Geht ab.)
Sec.

Wo der Menſch neue Haͤndel im Kel - ler anfaͤngt / ſo werde ich mit der ſchwe - ren Hand auff den Tiſch ſchlagen.

(Geht ab.)
Mod.

Hilff Gott / wohin zielet doch der ei - tel Ruhm? Und warum ſuchen wir die Ehre ſo gar hefftig / die ſich doch am liebſten finden laͤßt / wenn ſie nicht geſu - chet wird. Oder warum will einer al - les verſtehen / da gleichwol der liebe GOtt einem iedweden ſein Theil am Verſtande zugemeſſen hat.

Miſchm.

Herr / ich habe eures Kopffs viel / wer ſagt / daß ich der Ehre mein Tage nachgelauffen bin / der thut mir Gewalt und Unrecht / drum hoffe ich immer / die Zeit wird noch bald kommen / da mir die Ehre nachlaͤufft.

Mod.

Es kan ſeyn. Denn wer die Ehre nicht ſuchet / der bekuͤmmert ſich auch ſelten / wie andere die Ehre finden.

Miſch.
727
Miſchm.

Aber das iſt wohl wahr / der Ker - le war ein Auffſchneider vom Hauſe aus.

Mod.

Wir wollen von abweſenden Leu - ten nichts uͤbels reden.

Miſch.

Muß ichs doch leiden / daß mir das lincke Ohr manchmal klingt. Und dazu / was kan ich vor Suͤnde thun / wenn ich die Warheit rede?

Mod.

Die Warheit / die dem Nechſten zu Schimpff und Schaden geredet wird / die ſoll man lieber verſchweigen.

Miſchm.

Jch werde zum Element kei - nen Narren in ſeiner Phantaſie ſtaͤr - cken.

Mod.

Mit ſolchen Mitteln wird ihm auch nicht von der Phantaſie abgeholffen. Wird ſich einmal ein Æſculapius an - geben / der mag was gutes in der Sa - che thun.

Miſchm.

Wo ich laͤnger mit euch rede / ſo werde ich kluͤger als es meine Profeſſion erfodert / doch in etlichen Tagen ge - denckt an das Zeichen / das ich auff mei - nem Hertzen getragen habe.

(gehet ab.)
H h 7Mod.
728
Mod.

Jch habe meine Gedancken nicht darzu gewoͤhnet / daß ich mich ſolcher Haͤndel lange erinnern ſoll.

Dritter Handlung Erſter Auffzug.

(Der Schauplatz præſentiret eine Wochen-Stube.)
Fabulle eine Sechswoͤchnerin. Gracule ihre Waͤrterin.
Fab.

Die Frauen ſolten ſich nun bald einſtellen / ſo viel ich weiß / ſo hat es 2. geſchlagen.

Grac.

Jch wolte / es haͤtte ſchon 6. geſchla - gen / daß ſie wieder nach Hauſe giengen / man weiß darnach nicht / wer dem Kin - de die Ruhe mitgenommen hat.

Fab.

Was hilffts / es geſchiehet mir zu Ehren / und ſo darff ich eine kleine Ver - drießlichkeit nicht achten.

Grac.

Jch bin zu thum / ſolcher Ehre will ich gerne entbehren.

Fab.

Ja ich fuͤrchte mich ſchon / wie heutein729in meiner Stube das Gerichte uͤber Todte und Lebendige ergehen wird.

Grac.

Ach Jungefrau / wenn ihr dazu kom̃t / ihr machts eben ſo arg als die an - dern.

Fab.

Je nun GOtt verzeihe es den Leuten / die mich auff die Spruͤnge bringen.

Grac.

Wer Luſt zum tantzen hat / demiſt leicht gepfiffen. Aber ich werde wol die Stuͤle muͤſſen zurechte ſetzen?

Fab.

Ach ja ſeht nur / daß nichts fehlt / die rechten Schweſtern werden zuſammen kommen / wenn ſie werden weg ſeyn / ſo wird meine Wochen-Stube dran muͤſ - ſen.

Grac.
(traͤgt die Stuͤle zu rechte / nahe bey dem euſerſten Theatro, daß man die Diſcurſe deſto beſſer hoͤren kan.)
Drit -730

Dritter Handlung Anderer Auffzug.

Die vorigen. Cornice, Vocale der Sechswoͤchne - rin bekante Weiber.
Corn.

Wir wollen immer unhoͤflich ſeyn / und gleiche zugehen. Einen gluͤckſeli - gen guten Tag Frau Gevatterin.

Fab.

Je groſſen Danck / ſie ſey gar ſchoͤne willkommen.

Corn.

Jch habe einen ſchoͤnen Gruß von meinem Herrn / der laͤſt fragen / was das liebe Pathgen macht.

Fab.

Groſſen Danck der Nachfrage. Wir muͤſſen uns ja noch ſo mit einan - der behelffen. Wenn wir es ſo ma - chen / daß keines von dem andern ent - laͤufft / ſo muß es immer gut ſeyn. Nun Frau Muhme / ſie ſey auch willkom̃en.

Voc.

Jch habe von Hertzen Gluͤck zu wuͤn - ſchen wegen der Freude / die ſie in ihrem Hauſe erfahren hat. GOtt helffe / daß ſie das liebe Kind from̃ und groß ziehen mag.

Fab.
731
Fab.

Groſſen Danck vor den Wunſch / wenn es in ihrem Hauſe wieder ſo koͤm̃t / ſo will ich auch ſo ſprechen.

Voc.

Groſſen Danck von meinet wegen / ich wolte wol ſprechen / mein Herr lieſ - ſe ſie gruͤſſen / aber er iſt fuͤrwahr den gantzen Tag nicht zu Hauſe geweſen / er hat itzt ſo viel zu thun / daß ich in 8. Ta - gen nicht eine Viertelſtunde mit ihm re - den kan.

Fab.

Wo es viel zu thun giebt / da giebt es auch was zu verdienen.

Voc.

Es ſolte wol ſeyn.

Fab.

Nun ſie ſeyn doch gebeten / und ſetzen ſich nieder.

Corn.

Es wird nicht vonnoͤthen ſeyn.

Fab.

Sie duͤrffen mir doch nicht die Ruhe mit hinaus nehmen.

Corn.

Es kamen noch ein paar die Gaſſe her / wir werden wol warten / biß ſie dar - zu kommen.

Fab.

Jch weiß ſchon / wer ſie ſeyn.

Corn.

Jhr zwey kante ich wol / aber ſie hatten die dritte angepackt / die gieng gar wie eine Frembde.

Voc.
732
Voc.

Je Frau Gevatter / es war die Do - ctorin, die auff dem Marckte feil hatte.

Corn.

Je nein Botz-Qvarck / was wird die wollen.

Voc.

Was wird ſie wollen? Frembde Weiber ſehen gleichwol gerne / wie es anders wo zugehet.

Fab.

Je nu / laßts immer ſeyn / wenn ſie koͤmt / ſo ſeyn wir ſchon da.

Dritter Handlung Dritter Auffzug.

Die vorigen. Præſtoforte, Pocopiane der Sechs - woͤchnerin bekandte Weiber. Chinachine eines Artztes Witwe.
Præſt.

Jch halte / man wird duͤrffen glei - che zugehen / viel Gluͤcks meine Frau Schwaͤgerin.

Pocop.
(faͤllt in die Rede)

Jch wuͤnſche auch viel Gluͤcks meine Frau Nachba - rin.

(Sie fangen alle drey zuſammen an zu reden.)

Viel Gluͤcks und Segen /daß733daß ſie das liebe Kind from und groß ziehen kan / und daß ihr der liebe Herr noch lange lebet. Wir kommen da - her / und wollen auch ſehen / was ſie mit dem lieben Kleinen macht ꝛc.

Fab.
(welche inzwiſchen das ihrige mit geredt hat.)

Sie ſeyn doch gebe - ten / und ſetzen ſich nieder / ſie muͤſſen mit einer ſchlechten Stube verlieb neh - men.

Chin.

Jch weiß nicht / wie ich meine Kuͤn - heit entſchuldigen werde / daß ich als ei - ne Unbekandte / ſo getroſt mit einſpre - che.

Fab.

O ſie ſage davon nichts / es iſt uns gar lieb / wenn wir von huͤbſchen Leuten beſuchet werden. Sie ſeyn doch noch einmal gebeten / und ſetzen ſich. Nun Frau Gevatter / ſie ſetze ſich hin / wo ſie hin will.

Corn.

Ey ich werde ja nicht den Anfang machen / ſie wiſſen doch wol / wem die Ehre gebuͤhret.

Fab.

O in einer Wochen-Stube darff man nicht viel Ceremonien machen / ein iedweder hat den freyen Willen.

(Sie734
(Sie ſetzen ſich.)
Fab.

Kinder-Frau / wo habt ihr denn den Becher?

Corn.

Ach Frau Gevatter was macht ſie? Wir ſind deswegen nicht herkommen. Sie mache ſich keine Ungelegenheit.

Fab.

Ach es iſt keine Ungelegenheit. Jch ſolte wol einen Trunck Wein vorſetzen / aber der Doctor hat mir ihn verboten / und ich dencke immer / es ſchmeckt den Gaͤſten nicht ſo wol / wenn die Wir - thin nicht mittrinckt.

Corn.

O iſts doch gar ein fein Thun umb einen reinen Trunck Bier. Jn unſerm Hauſe trincken wir uns des Weins ſo uͤberdruͤßig / daß ich manchmal lieber Bier davor naͤhme. Wir haben im - mer frembde vornehme Leute / und wo man auff einmal 50. 60. Thaler Pro - fit machet / ſo kan man wol etliche Kan - nen Wein dagegen ſpendiren. Frau Gevatter auff Geſundheit des kleinen Pathens.

Voc.

Groſſen Danck Frau Gevatter.

Fab.

Jhre eigne gute Geſundheit.

(Hier moͤgen ſie in waͤrenden Re -den735den nach Belieben ein ander zu - trincken.
Fab.

Frau Gevatter / ſie vergeſſe doch ihre Rede nicht / koͤnnen ſie denn ſo viel frem - de Leute in ihrem Hauſe beherbergen?

Corn.

Was hilffts? Sie nehmen vor - lieb. Sind die Logiamenter ſchlecht / ſo wiſſen ſie / daß ſie eine gute Kuͤche bey uns antreffen.

Fab.

Jch weiß / ſie befleißiget ſich immer auff eine gute Koͤchin?

Corn.

Ach die armen Narren: Wer ſich auff das Volck verlaſſen ſolte! Wenn ich hinten und forne dabey bin / ſo koͤnnen wir beſtehen. Neulich kam einer / der gab ſich vor einen Fuͤrſtl. Koch aus / und da es um und um kam / ſo muſte ich ihm weiſen / wie er die Schnecken-Tuncke machen ſolte. Und haͤtte ich nur Zeit / ich wolte einen Spritz-Kuchen backen / daran alle Koͤche ihre Schande ſehen ſolten.

Fab.

Je ja / wem GOtt ein ſolch tugend - ſaͤmes Weib beſchert / der muß etliche Jahr laͤnger leben / denn er kriegt lau - ter guts zu eſſen.

Corn.
736
Corn.

Ja das iſt wahr / es wird meinem Herrn ſauer / aber / er wird auch wieder ausgeqvechelt. Denn das Wildpret iſt bey uns wie das Zugemuͤſe. Jch ſolte wol nicht ſo viel ſagen / die Leute ſprechen ohne das / es geht bey uns / wie beym reichen Manne; Aber wenn nun die liebe Gabe GOttes da iſt / ſo darff mans auch nicht wegwerffen. Weñ nur die Leute bißweilen zu mir ſchickten / ich wolte ihnen gerne mit was aushelf - fen.

Voc.

Nein / in unſerm Hauſe haben wir den Wildpret-Zahn gar ausgeſchla - gen. Wenn mein Herr einen huͤb - ſchen Eyer-kuchen oder ein Gerichte klein Fleiſch hat / ſo iſt er gar wohl zu frieden.

Fab.

Je der liebe Herr Schwager haͤtts ja wol zu bezahlen.

Voc.

Jhr ſehet wol / die Maͤnner ſeyn ſo e - ckel / was die Frau nicht ſelber macht / das ſchmeckt nicht.

Fab.

Sie wuͤrde ja ſo viel Zeit abbrechen koͤnnen.

Voc.

Ach Frau Muhme / wo wolte dasmoͤg -737moͤglich ſeyn? Wer unſre weitlaͤufftige Haußhaltung weiß / da hab ich was zu keiffen / da hab ich was zu beſtellen / da ſoll ich buttern / da laß ich ſaͤen / da laß ich dreſchen / mit Zuͤchten zu reden / ich duͤrffte bald ſagen / da laß ich Miſt fuͤh - ren / denn es liegt mir doch alles auff dem Halſe.

Fab.

Solche Sachen bringen Geld ein.

Voc.

Ja ja ich kans nicht leugnen / es iſt ein geſegneter Pfennig / der von ſolchen Guͤtern einkoͤm̃t. O ja / wer die Sa - chen ſo in Schwang bringt / dem wird die Muͤh endlich bezahlet. Das Schock hat mir heuer 16. Scheffel ge - geben. Wir fiſchten einen kleinen Teich / und ich wil die Wahl ha - ben / ob wir funffzig Centner Kar - pen daraus kriegten. Das Seydel Butter verkauffe ich nicht anders / als vor 2. Groſchen / und ihr wiſts / ich kan al - les Qvarck-molcken zu Gelde machen. Es iſt ein geringe Ding umb die Bie - nen. Frau Muhme / ich will keine ehr - liche Frau ſeyn / wo wir nicht das Jahr 60. Thal. daraus geloͤſet haben. Mitdem738dem Bißgen Wolle machts wol kein groß Weſen / aber 200. Thaler ſeyn mir gleichwol beſſer als nichts.

Fab.

Ja / ja / ordentlich Haußhalten macht alle Kammern voll.

Voc.

Ja wol Frau Muhme / ich predige es meinen Kindern alle Tage vor / ſie ſolten ſich an meinem Exempel beſpie - geln. Jch will nichts verderben. Jch wolte was anders auff den Stein thun / es ſolte mir zu Golde werden.

Fab.

Ach botz tauſend ſie gedenckt mir ans Gold. Wie ſtehts um die guͤldene Kette / Frau Schwaͤgerin iſt ſie fertig?

Præſt.

Ach Frau Schwaͤgerin / es iſt nicht viel zu thun / eine Frau muß ſich doch halten / daß ſie dem Manne gefaͤlt. Weil nun mein Herr ſeine Augen-Luſt an ſolchem Schmucke ſieht / ſo muß ich ihm was zu gute halten / wenn er mir was feines ſpendiren laͤſt.

Fab.

Jch baite / die Kette hat ſie auff den Nahmens-Tag kriegt?

Præſt.

Ja er machte mir eine Freude / ich habe wol des Zeuges ohn dem genung. Sie weiß meine Erbs-Kette / und dieBlock -739Block-Kette dreymal umb den Halß / und die Stroh-Frantz-Kette / aber das iſt gar eine neue Mode / die noch nie - mand hat / drum kan ich mich ein bißgen breit machen.

Pocop.

Frau Nachbarin / ich weiß nicht / ſie hat ſie um / ſie laſſe ſie doch ſehen.

Præſt.

Ach nein / es iſt nur das elende ge - ſchlagene Kettgen / ich kriegts noch von meiner ſeligen Frau Mutter / ſo muß ichs manchmal zum Gedaͤchtniſſe umbin - den. Das ander Geſchmeide nam mir mein Geſchwiſter weg. Aber itzo wolte ich mit keinem tauſchen: Wenn ich nur die neulichen Perlen nicht haͤtte gehen laſſen / ich kriege ſie die Zeit mei - nes Lebens nicht ſo gut wieder. Der Jude wolte vors Stuͤcke 2. Thaler ha - ben / und ich hatte meinen Herrn ſchon beredt / daß er 40. Groſchen willigte. Je ja wenn uns der liebe GOtt noch 10. Jahr ſo gute Zeit giebt / ich wil noch was zuſammen bringen / daß ich vor ei - ne ehrliche Frau beſtehen kan.

Pocop.

Wir vergeſſen der Ketten undJ iPerlen740Perlen gar in unſerm Hauſe / die lieben Kinder nehmen zu viel weg.

Fab.

Nu / was machen ſie / ſeyn ſie auch auff der Univerſitaͤt noch fein geſund?

Pocop.

Groſſen Danck der Nachfrage / wenn ſie nur fein viel Geld kriegen / ſo hoͤren wir nicht / daß ſie uͤber eine Kranckheit klagen. Und ich dencke / das Geld geben ſoll am laͤngſten gewaͤhret haben; Der aͤlteſte hat ſchon ſollen an etlichen Orten Hofemeiſter werden / er mag aber das groſſe Buch das Corde juris noch nicht gantz ausgeleſen haben / darnach wirds wol rutſchen. Jch ſchrieb ihm neulich / er ſolte ſich nicht uͤbereilen / er hat gleichwol ſein fechten / tantzen und trenchiren weg / lateiniſch kunte er ſchon gar huͤbſch in der Schule. Nun ge - het er bey einem vornehmen Manne zu Tiſche / da hat er eine gantze Stube voll Buͤcher / und wie die Leute ſprechen / ſo hat er alle geleſen / ach es wird muͤſſen ein groſſer Herr ſeyn / der ihn weg - ſchnappt.

Fab.

Aber ſie verzeihe mir Frau Nachba -rin /741rin / mich deucht / der juͤngſte war dahei - me gar eine wilde Hum̃el.

Poc.

Ach die Jugend war noch bey ihm. Jtzund kan ihn der Bote nicht genug loben / wenn er koͤm̃t und ſein Geld ho - let / aber im Studieren wird er nichts thun / er denckt in den Krieg / und unſer Geſchlechte iſt wol noch ſo vornehm / daß man einen Oberſten darinnen ha - ben kan.

Corn.

Und wer Oberſter wird / der kan leicht zum General werden.

Poc.

O Frau Gevatter / ſie behalte ihre Spitzgroͤſchel immer ſelber / das weiß ich ohne dem wol / daß er bey unſerm Leben nicht ein General wird. Aber was er nach unſerm Tode werden moͤchte / das koͤnnen wir nicht wiſſen. Er hat ſeinen Mann keinmal geſcheuet / er war noch ein kleiner Junge / da ſchmieß er ſich wol mit zehen Jungen auff der Gaſſe rum / und ich dencke noch immer an unſern Holtzſchlaͤger / der war 18. Jahr im Kriege geweſen / und wuſte wol / wie ein Officier ausſahe / derJ i 2ſagte742ſagte offt / der Junge kaͤme ihm eben ſo vor / als wie Hans von Werth.

Corn.

Frau Gevatter / ſie muß nicht ſo empfindlich ſeyn / ein andermal wil ich gerne ſtill ſchweigen. Jch habe im̃er gedacht / die Frau Muhme wuͤrde eine Tochter in ihrem Hauſe verthun; Aber wenn ſie in der Frembde bleiben / ſo muß ich das Hochzeit-Geſchencke auch in meinem Beutel behalten.

Voc.

Ach die armen Maͤdgen / ſie duͤrffen noch nicht einmal daran gedencken. Die aͤlteſte iſt erſt 14. Jahr. Aber / ja ja / mit der Zeit gedencke ich gleichwol einen ehrlichen Kerlen damit zu verſor - gen. Was ihre Augen ſehen / das koͤn - nen die Haͤnde. Jch dencke manch - mal ſie ſolle was anfangen / ſo iſt ſie ſchon damit fertig. Ach es iſt nicht zu beſchreiben / was ſie vor einen witzigen Kopff hat. Jch habe in dreyen Jah - ren keine Magd duͤrffen ſchelten / ſie hat mich allezeit der Arbeit uͤberhoben. Denn das kan ſie nicht leiden / wenn im Hauſe was ungeſchicktes vorgehet. Es iſt nur tauſendmal Schade / daß ſienicht743nicht ſol ſingen lernen / denn wir ſitzen manchmal auff dem Abend / und ſingen ein Tiſch-Lied. Ja Frau Muhme / bey meiner armen Treue / wenn ich die Augen zumache / ſo dencke ich / es ſitzt ein leibhaffter Engel in der Stube. Mein Herr ſpricht offte / es hat ſollen ein Junge werden / und wir hatten zu thun genung / daß ſie nicht mit lateiniſch lern - te / wie ſie klein war.

Corn.

So wird ſie ſchon den Preiß vor der Stieff-Schweſter wegnehmen.

Voc.

Ach das elende Menſch / wir dancken dem lieben GOtt / daß wir ſie aus dem Hauſe kriegten. Jch ſagte auch an der Hochzeit wider die Gaͤſte / ihr Leute nehmt vorlieb / dasmalſpeiſe ich Bor - ſtorffer-Aepffel / wenn es wieder ſo koͤm̃t / daß ich Hochzeit mache / ſo muͤſſen die Marcipane raus.

Corn.

Ja wenn ein ſolch Maͤdgen 14. Jahr alt iſt / ſo mag man immer die Marcipan-Formen auswaſchen,

Voc.

Nein ſie muß mir zuvor im Hauſe was nuͤtze ſeyn / es heiſt: Eheſtand / Weheſtand. Solche junge DingerJ i 3koͤnnen744koͤnnen ſich nicht ins Ungluͤcke ſchicken / darnach wenns ein bißgen widerwaͤr - tig hergehet / ſo weiß man nicht / wie man ſie troͤſten ſoll. Aber wenn ſie wird 16. Jahr alt ſeyn / ja ja / da hab ichs nicht verredt / da ſol ſie keinem verſagt ſeyn / und ich mercke ſchon einen / der vettert ſich bey meinem Herrn trefflich zu / und ich ſage immer / er ſol ihn bey den Gedancken behalten / koͤm̃t ein ander / der uns beſſer anſtehet / wol gut / koͤm̃t keiner / ſo behalten wir den zum Stich - blat.

Fab.

Frau Doctorin / ſie ſitzt gar ſtille / das Geſpraͤche iſt ihr vielleicht nicht ange - nehm.

Chin.

Ach ſie ſpreche doch nicht ſo / wir ar - men einfaͤltigen Wittweiber haben nicht viel Urſache / daß wir reden ſollen.

Fab.

Ey iſt ſie ſchon eine Wittwe / wie lange iſts / daß ihr ſeliger Herr geſtorben iſt?

Chin.

Es iſt irgend anderthalb vierthel Jahr / und das iſt mein groͤſter Kum̃er / daß ich ihn nicht recht betrauren kan. Wer im Lande rumzeucht / der kan inden745den ſchwartzen Kleidern nicht wol fort kommen. Ach ja / der liebe ſelige Herr / er war wol meine rechte Krone / ich krie - ge ihn nimmermehr ſo gut wieder und wenn ich noch ſechsmal freyen ſolte. Ach er war ſo fromm / er brachte mir flugs die Bierſuppe ins Bette / und wenn ich einmal auff den Marckt in die Bude gehen ſolte / ſo ſuchte er mir alles zurechte / da ſahe ers flugs / wenn mir ein Baͤndgen die Qvere war / in Summa / er war ſo gut / daß ich ſage / die Froͤmmigkeit iſt gar mit ihm geſtor - ben.

Fab.

Sie gebe ſich zufrieden / daß Gluͤcke wird wol wiederkommen. Sie iſt noch nicht ſo alt / uͤbers Jahr wird ſie die Thraͤnen wol abgewiſchet haben.

Chin.

Ach nein / ſagt mir davon nicht / ja den lieben ſeligen Herrn wolte ich gerne mit Stecknadeln ausgraben / aber daß ichs mit einem neuen wagen ſol / da werde ich heute und morgen Bedenck - zeit nehmen. Es fehlt mir zwar nicht an Freyern. An des ſeligen Herrn Leich-Begaͤngniß war ein Studente /J i 4der746der etwan die Abdanckung thun ſolte / mich deucht immer / er haͤtte lieber geſe - hen / wenn ich die Eheſtifftung mit in den Lebens-Lauff haͤtte laſſen einrucken: Die Leute hatten ſich auch das Maul prave druͤber zuriſſen / daß ich ihn irgend einmal angelachet hatte. Und was war es denn / er that gleichwol dem lie - ben Herrn den letzten Ehren-Dienſt / ich durffte ihn wol nicht anflennen. Studenten ſind prave Leute: Eine Witt-Frau weiß nicht / wo ſie jeman - den bedarff / der in ihrem Nahmen zum Richter gehet. Jch ſagte es ihm / a - ber zwey Tage nach dem Leich-Begaͤng - niſſe / er moͤchte nach ſeinem Gefallen zu mir kommen wie er wolle / aber daß er etwan Heyraths-Gedancken faſſen ſol - te / ſo moͤchte er nur wiſſen / daß ich in den nechſten zehen Jahren nicht aus - trauren wuͤrde.

Grac.

Frau Doctorin haltet mir doch als einem thummen Narren was zu gute. Jch hatte einen Schwager / der war ein Schneider / der hatte in ſeinem Hauß Jahre / die waͤhreten nur vierzehn Ta -ge747ge / denn alle Geſellen nahm er wol auff ein Jahr an / aber in 14. Tagen war die Zeit um.

Chin.

Pfui Kinder-Frau / ſchaͤmt ihr euch nicht? Jn einer Wochen-Stube ſol man nicht luͤgen / man ſol auch nicht die Leute durchziehen / es iſt nicht gut / die Elben ſpielen bald mit dem Kinde.

Grac.

Nu / nu / Frau Doctorin / ich will gerne ſtille ſchweigen / ehe ich mein Kind verwahrloſe.

Fab.

Jhr thut am beſten / bleibt ihr nur bey eurem Kinde. Aber Frau Schwaͤge - rin was gabs denn neulich in ihrem Hauſe vor Haͤndel?

Procop.

Es war eine ſchoͤne Sache / die kluge ſtoltze Frau / wiſt ihrs doch wol / die wolte vor meiner Hauß-Thuͤr der Magd Ohrfeigen geben / und was ſie gethan hatte / das hatte ich alles geheiſ - ſen. Aber es thauert mich / daß unſer Haußmann nicht daheime war / ich haͤt - te ihr ein Lied wollen von Ohrfeigen ſchwatzen.

Corn.

Ey es war auch ſo eine Sache / wenn man auch den Maͤgden ſolchJ i 5Ding748Ding nicht befehle; Es iſt doch eine ehrliche Frau / man haͤtte ſie wol koͤnnen mit jemand anders beſchicken laſſen.

Pocop.

Ey nicht doch / ſo ein Nickel haͤtte wol Ceremonien verdienet. Wer iſt ſie denn wol? Es waͤre mir leyd / wenn mein Sonnabend nicht beſſer waͤre als ihr Soñtag.

Corn.

Deßwegen darff ſie doch andern Leuten nicht zu Fuſſe fallen / und haͤtte nur die Sache laͤnger gewaͤhret / haͤtte ſich niemand wollen drein legen / ſo haͤt - te es muͤſſen mein Herr thun.

Pocop.

Jhr Herr wird auch allen Staa - ren die Eyer ausnehmen. Wenn er etwan an der Lumpen-Sache was zu verdienen weiß / kan er ſie doch noch an - nehmen. Sie mags eben wiſſen / daß ihn mein Herr laͤſt oben angehen / das thut er nur aus gutem Willen.

Corn.

Meine liebe Frau / thut denn ihrs aus boͤſem Willen / wenn ich oben ange - he?

Pocop.

O es liegt nicht allemal am Pra - len / wenn ich meine Kinder wolte umb das ihrige bringen / ich wolte auch vorder749der Welt ein bißgen anders hergehen / ſo dencke ich / ein gantzes Hembde auff dem Leibe iſt beſſer / als ein zerriſſenes unter einem Tafft-Kittel.

Præſt

Jhr Weiber kommt einander nicht bis ans Hembde. Jch will euch was erzehlen / aber ihr muͤſt mich laſſen aus - reden.

Dritter Handlung Vierdter Auffzug.

Die vorigen. Lambinulo, der Sechswoͤchnerin kleiner Sohn.
Lamb.
(Koͤmmt gelauffen)

Frau Mut - ter / Frau Mutter / wo ſind meine Mar - cipane?

Fab.

Nu du grober Schelme / ſieheſt du nicht / wer da iſt / ich laſſe dich in die Schule gehen / und wenn ich dencke / du haſt was gelernet / ſo weiſt du nicht ein - mal / wie du das Pfoͤtgen geben ſolſt.

Corn.

Ach Frau Gevatter / ſie muß das lie - be Kind nicht ſo ſchelten. Komm herJ i 6Maͤnn -750Maͤnngen / dein kleiner Vetter laͤßt dich gruͤſſen / und ſchickt dir einen tuͤrckiſchen Hahn von Zucker / wo er nicht haudern kan / ſo beiß ihm den Kopff ab.

Lamb.

Jch bedancke mich gar ſchoͤne / ich will ihm brave den Kopff abbeiſſen / ein andermal bringt mir eine Hauder - Henne / die mir alle Tage ein Ey von Zucker legt.

Voc.

Das liebe Kind kan ſeine Noth - durfft gar fein vorbringen. Sieh da haſt du einen Pfeffer-Kuchen / nimm ihn mit in die Schule / und ſprich wider deinen Herrn Præceptor, es iſt ein Brieff / er ſoll dich allemal den Brieff le - ſen laſſen.

Lamb.

Jn unſerer Schule freſſen wir die Buͤcher nicht mit.

Pocop.

Mein liebes Schaͤtzgen / ich ſolte euch was mitbringen / da hat mir der heilige Chriſt ein Pfeiffgen auffzuhe - ben gegeben / laß doch ſehen / ob du pfeif - fen kanſt?

Lamb.

Warum ſolte ich nicht pfeiffen koͤn - nen / das habe ich lange gekonnt / ich kan auch fiedeln / itzo bin ich im Brumeiſen /wenn751wenn es ein bißgen hinkommt / ſo lerne ich den Triangel, daß ich kan mit zum heiligen Chriſte gehen.

Præſt.

Je du loſer Lecker / kenneſt du ſchon den heiligen Chriſt / ie was wird doch itzt aus der Jugend / wenn ich dencke / was wir vor albere Dinger waren / ich dachte / ich wolte dir ein Stecken-Pferd mitbringen / ich ſehe wohl / ich komme nicht mit an. Da / da / haſt du einen ſchoͤnen Pfennig davor / daß du auff den Jahrmarckt was kauffen kanſt.

Lamb.

Groſſen Danck / ich kans wol aus - geben / wenn gleich kein Jahrmarckt iſt. Jch weiß ſchon / wo huͤbſche Leute woh - nen / da ich Kuͤmmel-Kuchen / piperlepa - perle, Meelweiſſel / und Nonnenfuͤrtz - gen kriegen kan.

Fab.

Ach Frau Nachbarin / was macht ſie denn vor Haͤndel? Gewiß ich gebe es nicht zu. Du grober Schelin / du wirſt ja nicht Geld nehmen.

(Sie will es nicht wiedernehmen / alſo wehrẽ ſie ſich mit einander. Ey nicht doch / Fꝛau Nachbarin / gewiß ich werde boͤſe / ꝛc.)
J i 7Fab.
752
Fab.

Je nun / was will ich machen / ſo nims doch immer / du Lecker / wenn du groß wirſt / ſo machſtu ihren Toͤchtergen ſchoͤ - ne Verſe auff die Hochzeit machen.

Chin.

Kleiner Vetter / wolt ihr nicht auch zu mir kom̃en. Seht da habt ihr ein ſchoͤn Balſam-Buͤchsgen / hebt es euch auff / biß ihr zur Jungfer geht.

Lamb.

Stincken denn die Jungfern ſo / daß man muß Balſam-Buͤchsgen mit - nehmen?

Chin.

Ach ihr loſes Maͤnnchen / ich ſehe es euch an / ihr werdet einmal die Jung - fern brav vexiren koͤnnen.

Fab.

Nun ſie giebt meiner zukuͤnfftigen Fꝛau Schwieger-Tochter einen ſchlech - ten Troſt.

Chin.

Aber was hat das arme Kind vor ei - ne Beule hinter dem Ohre?

Fab.

Jch weiß nicht / es fiel geſtern von der Banck / und im Schrecken wuſten wir nicht flugs / was wir anfangen ſolten. Ach es iſt ein leichtfertig Thun um die Jungen / ſie klettern wie die Ziegenboͤ - cke / die Maͤdgen laſſen ſich noch be - zwingen / aber die muthwilligen Dingerlaſſen753laſſen einen ſingen und ſagen / und einen Qvarck vernehmen ſie.

Chin.

Ach haͤtten ſie nur meine Salbe flugs darauff geſchmieret / es haͤtte ſollen in anderthalb Stunden alles gut ſeyn.

Corn.

Jch habe ein Meſſer / da iſt drey Ma - rien-Tage nach einander eine ſchwar - tze Henne mit geſchlachtet worden / da mache ich nur drey Creutze damit auff die Beule / und druͤcke ſie / mich deucht / es iſt allemal gar huͤbſch darnach worden.

Vocal.

Jch weiß ein Mittel / aber die leib - liche Mutter muß es ſelber thun. Wenn das Kind gefallen iſt / ſo muß die Mut - ter eine Handvoll Bruderwurtzel im Maule kaͤuen / und den Safft davon auff den Schaden ſchmieren. Jch kan nicht ſagen / wie es hilfft / aber es ſchmeckt elementiſch leichtfertig.

Præſt.

Meine Groß-Mutter hatte gar ein leichte Haus-Mittel / wenn ein Kind ge - fallen war / ſo muſte es mit Zuͤchten zu reden / ſein Waſſer abſchlagen / und mu - ſte ſich den Ort mit waſchen / es glaͤubt kein Menſch / wie ſolch Waſſer an - zeucht / ich halte auch / ein Menſch traͤgtalle754alle ſeine Artzney bey ſich / wenn ers nur wuͤſte.

Pocop.

Da meine Kinder kleine waren / da hatte ich ein gut Hausmittel / wenn ſie ſich an einem Orte zuſtoſſen / oder zu Schanden gefallen hatten / ſo kam ich mit der Ruthe auff einen geſunden Ort / damit nahmen ſie ſich in acht / und tha - ten es nicht mehr.

Chin.
(ad Spectatores)

Jch mercke wol / die Weiber waͤren alle tuͤchteg genug in einer Qvackſalber-Bude zu ſtehen / denn ſie wiſſen viel von Artzneyen und Haus-Mitteln zu predigen.

Lamb.

Hertze Frau Mutter / ich kriege wol nicht mehr ſpendiret / ich werde wol moͤ - gen hinaus lauffen.

Fab.

Nu ſo lauff doch immer hin / Kinder ſeyn ohnedem in der Wochen-Stube nicht viel nuͤtze. Man verſchnappt ſich manchmal mit einem einigen Worte / da faͤngts das junge Volck wie der Zun - der. Aber Frau Nachbarin / wie ſtehts denn um ihren Poſſen? Der loſe Schelm hat ſie in der Rede verſtoͤret.

Præſt.

O es iſt noch nichts verſaͤumet / neu -lich755lich hatten wir gewaſchen / ſo war das Wetter ein bißgen unfreundlich / ſo meynte ich wieder meinem Mann / wir wuͤrden wol in der Stube treugen. Jch weiß aber nicht / wie er einmal ſo wirth - lich ſeyn will / denn wie ich drauſſen bin / ſo gehet er / und haͤnget ſeine Hembde um den Ofen / die Magd bekuͤmmert ſich auch nicht viel drum / und heitzt ſtarck ein / und er hat auch was auff der Gaſſe zu thun / damit wie ich in die Stube komme / ſo finde ich die Herrlig - keit.

Fab.

Ey die Hembde ſind doch alle ver - brandt?

Præſt.

Ja fꝛeylich / wir haben Zunder kriegt / wir und unſere Kindes-Kinder behelf - fen uns damit.

Fab.

Je was ſagt denn der Herr darzu?

Præſt.

Ey laßt euch nur den Poſſen weiter erzehlen. Die Frau Gevatter Buͤr - ſtenbindern gieng vorbey / und hoͤrets / wie ich im Hauſe rum ſchalt / damit koͤmmt ſie flugs / und erzehlets meinem Herrn / der weiß nicht / wie er mich wie - der gut machen ſoll / und kaufft mir ſie -ben756ben Stein Flachs. Ja fuͤrwahr / ihr moͤgts glauben / ſieben geſchlagene Stein Flachs / und ſchicket ſie mir zur Verehrung / daß ich ihm derweil mein Muderhembde leihen ſolte / biß das neue fertig waͤre.

Voc.

Je muͤſt ihr in eurem Hauſe den Flachs ſelber kauffen? Jch habe gan - tze Kam̃ern voll. Auff Leingeraͤthe halte ich nicht viel / aber Flachs Flachs / das iſt ein edel Kleinod / wenn Leinwand lange liegt / ſo wird ſie zu Drecke / aber wenn ich Flachs liegen laſſe / ſo wird er mir zu Seide.

Præſt.

O vor etlichen Jahren wuſten wir auch / was Flachs war; Aber da er nun 3. Jahr nacheinander verdorben iſt / ſo muͤſſen wir freylich andern Leuten in die Haͤnde ſehen.

Corn.

Jch ſaͤe alle Jahr ſieben Viertel / da - mit behelffe ich mich.

Grac.

Meine Frau wird heuer muͤſſen 6. Viertel mehr ſaͤen.

(Hier fangen ſie alle zugleich an zu reden / eine Nachbarin gegen die andere.)
Mei -757

Meiner Nachbarin Flachs iſt in der Roͤſte verdorben. Das thue ich nicht / daß ich vor das Brechen den Tag 6. Groͤſchel gebe. Mein Mann wills nur nicht laſſen in Backofen ſetzen / ſonſt duͤrfften wir dem Toͤpffer nicht gute Worte geben. Gewiß / mit dem Saͤe - Flachſe iſt nichts gethan / er bleicht ſich nimmermehr ſo weiß / als der andere.

(Und andere Sachen / die ſie ſelber ausdencken moͤgen. Wenn nun das Geſchnatter etwas gewaͤh - ret hat / ſo geht die Scene zu / und verbirgt die Weiber.)

Dritter Handlung Fuͤnffter Auffzug.

Morſulo der Gerichts-Secretarius. Capulo der Verwalter zum Schie - ferſitz.
Morſ.

So hat der Herr gleichwol ſo eine ſchwere Laſt auff dem Halſe liegen?

Cap.

Jch muß bekennen / was die Arbeit anbelanget / ſo bin ich ein Edelmann. Es758Es fehlt mir nur an dem Einkommen / ſo wolte ich vor einen gantzen Juncker paſſiren.

Morſ.

Hier wird aber das Stam̃-Haus ſeyn?

Cap.

Gar recht / hier habe ich meine Woh - nung / die andern Aemter ſind nur de - pendentien davon. Deßwegen fuͤh - re ich auch in oͤffentlichen Patenten den Titul: Aſchen Capulo von Kappen - feld / Ober-Amtmann / Auffſeher und Einnehmer zu Schieferſitz.

Morſ.

Heiſt dieſer Ort Schieferſitz?

Cap.

Ja den Nahmen fuͤhret er: Denn vor alten Zeiten hat iemand gedacht Alabaſter zu finden / und hat den Ort Alabaſterſitz wollen nennen; Doch wie ſich die Ader gar bald verlohren hatte / daß man auff die Stunde nichts an - ders / als ſolchen Schiefer graben kan / damit unſere Haͤuſer gedecket ſind / ſo iſt ein Warheit liebender Menſch darzwi - ſchen kommen / und hat den Ort mit Recht und Ehren Schieferſitz genen - net.

Morſ.

Was vor ein Nahme waͤre herauskom -759kommen / wenn man einen Qvarck ge - funden haͤtte?

Cap.

Waͤre das ein ſchlechter Titul: O - ber-Verwalter zu Qvarckſitz? Wir haben eine Muͤhle im Niederdorffe / die heiſt die Qvarck-Muͤhle / ich wolte / das Grundſtuͤcke waͤre meine / der waͤre ein Lauer / der ſich nicht eine guͤldene Hutſchnure lieſſe machen.

Morſ.

Aber iſt der Schieferſitz nur ein ſchlechtes Dorff / oder hat es zugleich Marckgerechtigkeit?

Cap.

Ey der Herr verzeihe mir / es iſt ein Staͤdtchen / es hat ſeinen Gerichts - Scholtzen / drey Viertel-Herren / fuͤnff Raths-Herren / drey Beyſitzer / zwey Land-Schoͤppen / und den Schulmei - ſter als Actuarius, das ſind zuſam - men funffzehen Perſonen.

Morſ.

Zu Rom hatten ſie Triumviros: Jch ſehe / dieſe Republiqve kan gar Qvinde - cimviros zuſammen bringen.

Cap.

Jch mercke wohl / wo der Herr hin zielet / es haben ſich freylich loſe Leute ge - luͤſten laſſen / die lieben Herren alsfunff -760funffzehen Maͤnner auszulachen. Aber nun iſt der Sache gerathen worden.

Morſ.

Jch haͤtte ſechzehen Maͤnner daraus gemacht.

Cap.

Es iſt allerdings geſchehen. Der aͤlteſte von der Buͤrgerſchafft mag al - lemal frey mit ſitzen / aber ohne Beſol - dung.

Morſ.

Wie hoch erſtreckt ſich die Beſol - dung?

Cap.

Vor dem dreyßig jaͤhrigen Kriege mag ſie beſſer geweſen ſeyn; Jtzo kriegt ein iedweder aus der Qvarck-Muͤhle des Jahrs eine Saue.

Morſ.

Und gleichwol da der ſechzehende nichts kriegt / ſo darff niemand ſprechen / wenn die Beſoldung ausgetheilet wird: So viel Vaͤter des Vaterlandes / ſo viel Saͤue.

Cap.

O ſie haben ihr eigen Siegel / und wenn ſie einen Geburts-Brieff ſchrei - ben ſollen / ſo ſteht oben an: Wir Ge - richts-Scholtze / drey Viertels - Meiſter / Beyſitzer / Land. Schoͤp - pen / und ſaͤmmtliche Rathmanne des Staͤdtlein Schieferſitzes.

Morſ.
761
Morſ.

Sie moͤchten den Titul nicht ſo groß machen / meinen Gedancken nach kaͤm es beſſer: Wir Gerichts-Schoͤltze - lein / drey Viertels-Meiſterlein / Beyſitzerl in / Land-Schoͤppelein und ſaͤmmtliche Rathmaͤnnelein des Staͤdtlein Schiefferſitzes.

Cap.

Man muß vornehmen Leuten ihre Luſt im Schertzen goͤnnen.

Morſ.

Doch wie dem allen / giebt es auch Fried und Einigkeit unter den Leuten?

Cap.

Etliche Jahre dahero ſind die Zei - ten gar klemm geweſen / es hat meinem Vorfahren an Straff-Geldern gar wenig eingetragen / aber itzo laͤßt ſichs / GOtt Lob beſſer an.

Morſ.

Es iſt eine Sache / derentwegen man GOtt loben und dancken ſoll. Doch iſt der Herr nicht lange bey dem Ampte?

Cap.

Nein / ich habe ſonſt ein Gut in Pacht gehabt / und nun bin ich kaum zwey Tage in dem Ehren-Ampte / und alſo wiſſen meine Untergebene noch nicht / was ſie mit mir anfangen ſol - len.

Morſ.
762
Morſ.

Aber was geht itzo vor ein Streit fuͤr?

Cap.

Der Herr ſche / der Gerichts-Schol - tze / als der Præſidente im Collegio iſt geſtorben.

Morſ.

Alſo wird er auch ſeyn begraben worden.

Cap.

Die Kirchen-Ordnung bringts ſo mit. Wer die Leiche im Hauſe behal - ten will / muß zwey Schock Straffe ge - ben. Nun ſind ihrer vier im Rathe / die wolten gerne den andern vorfi - ſchen; Alſo laͤßt ſich die Sache gar zur lieben Uneinigkeit an. Nun iſt es an dem / daß ich die Sache etwas in Erkaͤntniß ziehen ſol / damit zwar im Nahmen meines Junckers / doch alles auff meinem eigenen Befehl / zu der Axt der Stiel koͤnne gefunden werden.

Morſ.

Es werden wichtige Dinge vorge - hen.

Cap.

Will der Herr ſo gut ſeyn / und will eine halbe Stunde dabey verderben / ſo ſteht ihm ein Sitz in meinem Richter - ſtul offen.

Morſ.

Jch laſſe mich behandeln / denn dieVer -763Verſaͤumniß wird wol zu entſchuldi - gen ſeyn.

Dritter Handlung Sechſter Auffzug.

Die vorigen. Miſero des Verwalters Bedienter. Qvindecimo, Schildo, Abderito, Carſeo - lo, vornehme Raths-Glieder aus Schieferſitz.
Miſ.

Hochgeehrter Herr Ober-Verwal - ter / die Herren drey Viertels-Meiſter / und der Herr Gevatter Land-Schoͤppe ſind drauſſen / und laſſen fragen / ob es bald Zeit iſt / daß ſie moͤgen erſcheinen.

Cap.

Sind ſie alle beyſammen?

Miſ.

Ja / ich zehlte die Koͤpffe / ſo waren ih - rer vier / ich zehlete die Beine / ſo waren ihrer achte.

Cap.

Haben ſie auch die Ehren-Kleider an - gezogen?

Miſ.

Jch kan die Kleider vor den Maͤn - teln nicht ſehen / aber ſie ſehen eben ſo aus / als wie neulich / da der Stunden -K kruffer764ruffer Herr Friedrich des Schulmei - ſters Tochter freyete.

Cap.

Haben ſie dich gebeten / daß du ſie an - melden ſolſt?

Miſ.

Einer gab mir wohl gar einen Gro - ſchen / daß ichs that.

Cap.

Nun ſo gehe nur / und ruffe ſie.

Miſ.

Die Zeit war den ehrlichen Leuten gar lange / ich werde ein guter Bote ſeyn.

Cap.

Der Herr ſetze ſich / und nehme ſich nur in acht / an der Amts-Stelle hier darff man nicht lachen.

Morſ.

Jch werde den vornehmen Ort nicht beſchimpffen. Doch warum ſind denn nur drey Viertels-Meiſter? Jſt etwan das vierdte Viertel mit dem Mei - ſter auff dem Plockersberg gefahren?

Cap.

Ach nein / der Ober-Verwalter hat allemal einen Sitz im Collegio, als der vierdte Viertels-Meiſter.

Morſ.

So gehoͤret ihm billich auch eine Sau aus der Qvarck-Muͤhle.

Cap.

Stille / ſtille / davon wird kuͤnfftig zu reden ſeyn.

(Sie kom̃en / und ſtellen ſich zu bey - den Seiten.)
Qvind.
765
Qvind.

Dem Herrn Ober-Verwalter ei - nen gehorſamen guten Tag.

Cap.

Nu / nu / wir ſind complimentirens halben nicht zuſammen kommen. Wer das Beſte davon kriegen wird / der ſoll ſeinen guten Tag ungebeten haben. Doch was iſt euer Anbringen?

Qvid.

Großguͤnſtiger Herr Ober-Ver - walter / zuverſichtlicher Herr Ge - vatter --

Cap.

Stille mit dem Titul / an dem Orte bin ich kein Gevatter. Jtzo bin ich meines Junckers Stadthalter.

Qvind.

Ja gnaͤdiger Herr / und ſo weiter. Es iſt an dem / daß der Herr Gerichts - Scholtze vor acht Tagen iſt der allge - meinen Mutter anvertrauet worden. Wenn denn das wichtige Amt nicht lange kan ledig ſtehen / ſo wolte ich fra - gen / ob ſie mich nicht vor eine tuͤchtige Perſon erkennen wolten / daß ich nun - mehr in der Ordnung der erſte waͤre / gleichwie ich nun gantzer funffzehn Jahr der andere geweſen bin.

Schil.

Und ich wolte nur fragen / ob manK k 2nicht766nicht einen uͤberhuppen koͤnte / daß die Reihe an mich kaͤme.

Abd.

Jch meynte / wenn iemand aus dem Hauffen genom̃en wuͤrde / daß ich koͤn - te bedacht werden.

Car.

Meiner Herren Collegen Wort in Ehren / ich habe nun ſo viel Jahre an einem Orte geſeſſen / daß nun einmal der troͤſtliche Spruch koͤnte zugeruffen wer - ben: Freund ruͤcke hinauff.

Cap.

Jhr guten Leute / ihr denckt / wir duͤrf - fen vier Gerichts-Scholtzen / einen vor den Fruͤhling / wenn die Huͤner bruͤten / den andern vor den Sommer / wenn wir die Knoblochs Mittwoche halten / den dritten auff den Herbſt / wenn wir die Maͤrtens-Gaͤnſe zur Kirmeß ſchlachten / und den vierdten auff den Winter / wenn wir Bratwuͤrſte ma - chen.

Qvind.

Jch will alle vier Jahres Zeiten mein Amt treulich in acht nehmen.

Schil.

Die Verrichtungen laſſen ſich nicht theilen / ich wolte lieber / wie unſer Schulmeiſter ſpricht / ein Dictator per - petuus ſeyn.

Abd.
767
Abd.

Jch ſtimme meinem Herrn Collegen gar bey.

Carſ.

Und was er geſagt hat / das wieder - hole ich.

Cap.

Jch will aber hoͤren / was ein iedwe - der vor Urſachen hat / daß er auff den Vorzug trotzen kan.

Qvind.

Jch bin der aͤlteſte im Collegio, denn da ich zum erſten Beyſitzer war / ſo war des Kuͤh-Hirten Frau noch ein klein Maͤdgen / und die hat gleichwol vor acht Wochen ihre aͤlteſte Tochter ſchon vergeben. Jch weiß nicht anders / der gnaͤdige Herr Ober-Amtmann iſt ſelbſt / als geweſener Pachtmann / zur Hochzeit gebeten worden.

Schil.

Jch aber will hoffen / daß ich ſo viel verſtehe / als der Herr da. Denn ich bin im Kriege ſechs Jahr ein Page geweſt / darnach ward ich bey einem Fuͤrſtlichen Hoffrathe vier Jahr ein Reitknecht / auff die letzt hatte ich zehen Jahr nach einander den Kretſchem drauſſen an der Land-Straſſe gepacht / ehe ich nunmehr vor ſechzehn Jahren unwuͤrdig bin zu der Ehre gezogenK k 3wor -768worden. Man gedencke aber mit was vor Leuten ich muß ſeyn bekandt wor - den.

Abd.

Ach was helffen ſolche Poſſen / wer ſechs Jahr auffwartet / der krieget ſechs Jahr Ohrfeigen. Ob ein Reitknecht viel Weißheit zuſammen rafft / wenn er den Stall reine macht / das weiß ich auch nicht. Jm Kretſchen lernen wir ein Glaß Bier austrincken / zwey Kan - nen Bier vor eine anſchreiben / und wenns hoch koͤmmt / ſo lernen wir ein arm Mutter-Kind mit der Karte und Wuͤrffeln beſchmeiſſen. Aber ich ha - be ſtudieret / und der gnaͤdige Ober - Am̃tmann weiß ſelber / waͤre ich nicht des ſeligen Herrn Gerichts-Scholtzens Kinder-Præceptor geweſen / und haͤtte ich darnach nicht ſeine Tochter gefreyet / ſo waͤre ich zu der Ehren-Stelle nicht kom̃en / die ich nun ohne Ruhm zu mel - den bald eilff Jahr beſeſſen habe.

Carſ.

Studieren! Studieren! damit wird man die Narren ausnehmen / wenn man die Naſe uͤber ein Buch gehan - gen hat / da der zehnde nicht weiß / wasdrin -769drinnen ſtehet. Jch bin ein Haus - halter / ein ehrlicher deutſcher Mann / ich bin unter den Schweinen / Ochſen und Kaͤlbern auffgezogen worden / und weiß / was darzu gehoͤret / wenn unſere Beſoldung ſoll im richtigen Gange bleiben / das thue mir einer nach / oder wenns niemand kan / ſo laſſe man auch mich als den verſtaͤndigſten Mann zu dieſer Ehren-Stelle kommen.

Qvind.

Jſt das der Danck / daß ich mein Haab und Gut bey der Stadt zuge - ſetzet habe / haͤtte ich neulich meine zwey Viertel Bier nicht umſonſt laſſen aus - ſauffen / die Soldaten wuͤrden uns ein ander Lied geſungen haben.

Schil.

Als wenn ich mein Leib und Leben vor das gemeine Vaterland nicht ge - waget haͤtte / da die Bauern von Rum - melshauſen unſer Vieh pfaͤnden wol - ten / haͤtte ich nicht unter den Hauffen nein geſchmiſſen / ich wolte gerne ſehen / wer einen Butterfladen in der gantzen Stadt zu freſſen haͤtte.

Abd.

Ey wißt ihr auch / wie ein lateiniſcher Brieff auffs Rathhaus kam / waͤre derK k 4Schul -770Schulmeiſter wol mit zu rechte kom̃en / wenn ich die erſte Helffte nicht verdeut - ſchet haͤtte. Die Welt wird immer kluͤger / und kein Qvarck will mehr gel - ten / wo nicht ein bißgen Lateiniſcher Pfeffer drauff geſtreuet wird.

Carſ.

Sagt mir doch / wo wolten wir die Saͤue vor unſere Beſoldung herneh - men / wenn ich gethan haͤtte. Acht Stuͤ - cke waͤren neulich vor die Hunde gegan - gen / und da ich gleichwol ſagte / ich wolte die anderthalb Groſchen nicht anſehen / die ich deßwegen in die Apothecken vor Artzeney bezahlet hatte / ſo iſts doch eine Schande / daß man die Sache keinmal mit Danck erkennen will.

Qvind.

Jch habe gleichwol auff meine Anordnung den erſten Pflaſter-Stein laſſen fuͤrs Rathhaus anlegen / und nun ſoll ich denſelben mit betruͤbten Augen anſehen / wenn ich auff meinen Amts - Wegen gehen werde.

Schil.

Haͤtte ich nicht was von meiner Beute aus dem Kriege ſpendiret / ſo ſtuͤnde noch kein Wetterhan auff dem Thurme. Nun darff ich auff meinenAmts -771Amts-und Beruffs-Wegen nicht ein - mal in die Hoͤhe ſehen / oder ich muß mich des Undancks wegen ſchaͤmen.

Abd.

Ach ihr guten Leute / wem habt ihrs zu dancken / als eben mir / daß ihr nun wißt / was Schieferſitz auff lateiniſch heiſt.

Carſ.

Wer hats denn angegeben / als ich / daß alle Wochen der Moraſt auff der Gaſſen zuſammen gekehret wird / und daß die Kohlgaͤrtner die Waare theu - er genug bezahlen muͤſſen. Haͤtten wir die Garkuͤche bauen koͤnnen / wenn ich die Intraden vom Miſte nicht erfun - den haͤtte?

Qvind.

Jch habe den Rattenfaͤnger / der uns das Ungluͤck vom Halſe gezaubert hat / uͤber drey Wochen in meinem Hau - ſe mit Freſſen und Sauffen unterhal - ten muͤſſen / nun ſoll alles vergebens ſeyn.

Schil.

Und ich muß allemal meinen Groß - Knecht herleihen / wenn auff der Pfar - re / in der Schule / und auff dem Rath - Hauſe die Feuermauern gekehret wer - den / wenn ich ſehe / daß kein DanckK k 5dar -772darbey iſt / ſo kan es ins kuͤnfftige wol nachbleiben.

Abd.

Jch habe mich offt genug zum Ver - ſchicken muͤſſen gebrauchen laſſen / weñ irgend bey der Nachbarſchafft eine Leimfuhre / oder was von Dachſchoben iſt auszubitten geweſt / nun koͤnnen ſie alle das Maul wiſchen / als wenn mir kein Menſch groſſen Danck ſchuldig waͤre.

Carſ.

Jch habe gewieſen / wie man auff dem Rathhauſe das Holtz ſpalten ſoll / daß wir nun mit einer Klaffter ſo lange reichen / als ſonſt mit zweyen / aber nun ſtehet alles in dem Buche der Ver - geſſenheit.

Qvind.

Hoͤrt doch / Herr College, wie wars / da euch die Bier-Flaſche in den Born fiel / wer haͤtte ſie koͤnnen raus langen / wenn ich mit meinem Feuerha - cken nicht waͤre zugelauffen.

Schil.

Ja Herr College, ihr werdet euch wol beſinnen / wie lange es iſt / da euer Pferd auff drey Beinen gieng / wer hat wieder ein vierfuͤßig Thier draus ge - macht / als eben ich.

Abd.
773
Abd.

Gedencket doch / wie wir die neue Borkirche lieſſen bauen / ſo habe ich Verſe dran gemacht / und ihr wißt ſel - ber / daß unſer Juncker geſagt hat: Jn der Schrifft beſtuͤnde der gantze Zier - rath der Kirche.

Carſ.

Jch that den Vorſchlag / daß wir den itzigen Pfarr haben / mich deucht / an dem iſt ein biſſel mehr gelegen / als an der kahlen Schrifft / die der zehen - de nicht leſen kan.

Cap.
(Stehet auff)

Jhr Leute / ie mehr man euch Audienz giebt / deſto - mehr Confuſion macht ihr mir im Kopffe. Jch werde zugreiffen / und einen neuen Gerichts-Scholtzen ma - chen / es treffe den wuͤrdigen oder den unwuͤrdigen / was frage ich darnach.

Qvind.
(Fuͤhrt ihn auff die Seite.)

Gnaͤdiger Herr Ober-Amtmann / er kennet mich noch nicht / wo er mich diß - mal nicht fallen laͤßt / ſo will ich ſein Haus drey Jahr mit Butter und Kaͤ - ſe verſorgen.

Schild.
(Redet auch heimlich.)

Herr / wo ich dißmal kan bedacht werden / ſoK k 6will774will ich ihm einen Kauffmann zu ſei - nem krancken Pferde zuweiſen / der ihm das Geld doppelt wieder geben ſoll.

Abd.

Herr / wo meine Perſon den an - dern vorgezogen wird / ſo will ich ihm Münſteri Cosmographi mit hoͤltzernen Kupfferſtuͤcken / und darnach des hoch - gelobten Hans Sachſens deutſche Rei - me verehret haben.

Carſ.

Herr / im Vertrauen geredet / wo ich Gerichts-Scholtze werde / ſo will ich ihm eine Kunſt weiſen / daß er alle Jahr fuͤnff Saͤue aus der Qvarck-Muͤhle ohne des Muͤllers und des Junckeꝛs Schaden kriegen ſoll.

Cap.

So / ſo / nun mercke ich erſt / wo ihr naus wollet. Es iſt an dem / ich moͤch - te bey dem Juncker in groſſe Verant - wortung kommen / wenn ich mich uͤber - eilete. Gebt euch zufrieden / innerhalb fuͤnff Tagen ſoll der Beſcheid erfolgen.

Qvind.

Gluͤckſeligen guten --

Cap.

Ey habt ihrs ſchon vergeſſen / daß ich die Complimente in meinem Amte nicht leiden kan? Wer ſeinen Abſchiedhat /775hat / der mag naus gehen.

(Sie gehen ab.)
Cap.

Nu mein Herr vergebe mir / daß ich Amts wegen Abſchied nehmen muß.

Morſ.

Er halte ſich nicht auff / er habe viel - mehr groſſen Danck vor die Freund - ſchafft.

Cap.

Ein vornehmer Mann iſt dem an - dern was ſchuldig.

(Geht ab.)
Morſ.

Was iſt dieſes vor ein Volck bey - ſammen? Ein jedweder hat in der Auff - ſchneiderey ſo viel proficiret / als der be - ſte Qvackſalber / und ich beſorge / ſie werden in meinem Regiſter nicht in die letzte Claſſe geſetzet werden.

Dritter Handlung Siebender Auffzug.

Blanca, der Vocalen Tochter. Robinetto, in Blancen verliebt.
Blan.

Die Frau Mutter iſt nicht zu Hauſe.

Rob.

Meinetwegen darff ſie auch nicht ei - len nach Hauſe zu kommen.

K k 7Blan.
776
Bl.

Jch aber ſoll Rechenſchafft geben / was ich gethan habe. Wenn mein Kleppel-Kuͤſſen / meine Stricke-Na - del / meine Rahme mit den Baͤndel - Spitzen nichts neues auffweiſen kan / ſo muß ich ein betruͤbtes Wetter uͤber mich ergehen laſſen.

Rob.

Was / ſol ein ſtattliches Frauen - zimmer die Haͤnde an ſolcher Arbeit muͤde machen / es ſind Leute genung in der Welt / die ſich um den Lohn zu ſol - cher Arbeit gebrauchen laſſen.

Bl.

Wenn die Frau Mutter den Glauben haͤtte / ſo wolte ich ihm dancken.

Rob.

Es ſol wenig Zeit vorbey flieſſen / ſo wil ich die Frau Mutter leicht auff mei - ne Seite bringen / ſie laſſe mich nur in einem Stuͤcke gluͤckſelig ſeyn / und gebe mir die Freyheit / daß ich ſie als meine zukuͤnfftige Liebſte anſehen darff.

Bl.

Er hat mich offte angeſehen.

Rob.

Aber nicht als meine Liebſte.

Bl.

So muß ich das Weſen nicht verſte - hen.

Rob.

Ach ſie wil es nicht verſtehen. Weiß ſie denn nicht / was einer artigen Jung -fer777fer zu thun iſt / wenn ſie den Titul einer Liebſten und einer Braut davon tragen will?

Bl.

Jch bin die Zeit meines Lebens keine Braut geweſen / alſo iſt mirs keine Schande / wenn ich in dieſer Sache noch ein Kind bin.

Rob.

Jch wil aber Gelegenheit darzu ge - ben / daß ſie durch Vermittelung ihrer Frau Mutter dieſer Sache nicht mehr ein Kind heiſſen ſol. Jch bin gleich - wol bey anſehnlichen Mitteln / die vor - nehmſten im Lande ſind meine gute Freunde / meinen Qvalitaͤten darff ich eine gute Befoͤrderung zutrauen. Jn Summa / wenn ſich eine Jungfer wol - te einen galanten Braͤutigam abmah - len laſſen / ſo duͤrffte ſie nur mein Eben - bild fodern / ich weiß ſie wuͤrde an ihrer Hoffnung ſchlechten oder doch gar kei - nen Mangel antreffen.

Bl.

Wenn die Sache ſo beſchaffen iſt / ach ſo bin ich viel zu ſchlecht / daß ich ſeine Liebſte heiſſen ſol / und ich weiß / wenn er eine Jungfer nach ſeinen Gedancken abmahlen lieſſe / es wuͤrde nicht einPunct778Punct in meinem Geſichte ſeyn / der ſich in das Bild ſchicken moͤchte.

Rob.

Schoͤnſte Blanca, wenn ich ſie ha - ben ſol / ſo brauche ich neben dem Origi - nal keine Copie / und an meiner Perſon ſieht ſie ein leibhafftiges Ebenbild eines getreuen beſtaͤndigen und liebreichen Menſchens.

Dritter Handlung Achter Auffzug.

Die vorigen.
  • Vocale der Blancen Mutter.
    • Flavio Langvetto ein Alter
    in Blancen ver - liebt.
Voc.

Weil es der Herren guter Wille iſt / ſo moͤgen ſie wol hereinkommen.

Lang.

Alle geſegnete Gluͤckſeligkeit in die - ſes Hauß!

Flav.

Sie haben alle ſelbſt erwuͤnſchte Vergnuͤgung / dabey ſich ihre vornehme Familie wol befinden kan.

Rob.

Unterthaͤniger Diener / meine hoch - geſchaͤtzte Frau.

Voc.
779
Voc.

Wie komme ich heute zu den Gaͤſter / wo noch einer koͤm̃t / ſo verpachte ich das Hauß / und da mag der Pachtmann ſolche Leute auff Polſter ſetzen / oder er mag ihnen die Thuͤre weiſen / ich wil mich darum nichts bekuͤmmern.

Langv.

Wir kommen vielleicht zu ungele - gener Zeit?

Flav.

Und ſie wird etwan in ihren Ver - richtungen von uns diſcommodiret werden?

Voc.

Ach nein / ſie ſehen wol / daß ich mich nicht ſehr diſcommodiren laſſe / ſie muͤſ - ſen mit meiner Weiſe vorlieb nehmen / ich dencke / wenn die Stube nicht recht auffgeputzt iſt / ſo ſchickt ſichs auch nicht / daß man gar zu hoͤfflich darinne thun ſolte.

Lang.

Es wird uns mit groſſer Hoͤffligkeit begegnet.

Flav.

Und ich komme her / meine Hoͤfflig - keit an ſie / als eine vornehme Perſon abzuſtatten.

Voc.
(ad Spectatores)

Jhr Leute iſt das nicht eine Plage / wenn die Kerlen ins Hauß kommen / und wiſſen nicht / wasſie780ſie wollen. Jch mercke wol / daß die Zeit allmaͤhlig koͤm̃t / da mein Maͤdgen wird daß Gereiſſe haben. Aber was ſol ich allen langweiligen Poſſen zuſe - hen? Wil das liebe Toͤchtergen eine Braut werden / ſo muß ſie auch der Narren-Poſſen zuvor gewohnen.

Langv.

Liebſte Frau Mutter befiehlt ſie was?

Voc.

Schweigt doch ſtille / wer wird be - fehlen / wenn ſolche vornehme Leute da ſeyn.

Rob.

Ach meine Hochgeehrte Frau / ſie wolle doch befehlen.

Langv.

Schuldigſter und demuͤthigſter Diener / meine hochwertheſte Frau.

Flav.

Sie brauche mich als einen Knecht / ſie ſol ſehen / daß ich ihrem Befehl nicht widerſtreben werde.

Voc.

Ach ihr Herren / ich habe nicht Zeit / wenn mirs nicht eine Schande waͤre / daß ich vornehme Leute allein lieſſe / ich waͤre ſchon fortgegangen.

Rob.

Meine Frau / darff ſich unſerthal - ben nicht auffhalten.

Lang.
781
Langv.

Sie kan gehen / wir wollen war - ten / biß ſie wiederkoͤm̃t.

Flav.

Wir wollen unterdeſſen was diſcu - riren.

Voc.

Wenn ſie es thun wollen / meine Frau Nachbarin iſt gar kranck / und ich habe Parol gegeben / daß ich bey ihr blei - ben wil / darum wo ihnen die Zeit nicht lang iſt / ſo kan ich ihnen die Stube wol vergoͤnnen.

Blanc.

Liebſte Frau Mutter / ſol ich nicht mitgehen?

Rob.

Es muß ja jemand zuruͤcke bleiben / der die Herrſchafft im Hauſe præſenti - ret.

Voc.

Ach das arme Kind weiß noch von keiner Herrſchafft. Doch bleib nur immer da / laß ſie nieder ſitzen / wenn ſie auffſtehen / und Complimenten ma - chen / ſo werden ſie wol gehen wollen. Nun nochmals um Verzeihung.

(alle zuſammen Gar wol meine Hoch - geehrteſte Frau / ſie verzeihe unſerer Un - hofligkeit.

(Vocale gehet ab.)
Drit -782

Dritter Handlung Neundter Auffzug.

Die vorigen.
Blanc.

Wollen ſie nicht gebeten ſeyn?

Rob.

Schoͤnſtes Kind ſie hat zu befeh - len.

Bl.

Sie ſeyn doch gebeten / und ſetzen ſich.

Rob.

Sie mache einen guten Anfang / ſo will ich bald folgen / und an ihrer Seite ſitzen.

Flav.

Jch wil mich auch darneben ſetzen.

Langv.

Jch wil auch ſehen / wo ich eine Ruhe-Stelle bekomme.

Blanc.

Jch bitte / ſie nehmen die Stellen ſo gut ein / als ſie koͤnnen / ich weiß nicht / wer der vornehmſte iſt.

Rob.

Der jenige ſol der vornehmſte ſeyn / welchen ſie ihrer lincken Hand / und ih - rer lincken Seite wuͤrdigen wird.

Bl.

So moͤgen ſie beyſammen ſitzen / ich will den Platz hier nehmen / biß ich den vornehmſten in der Geſellſchafft kennen lerne.

Rob.
783
Rob.

Warum ſie mich nicht verſtoſſen darff / das hab ich ſchon etlicher maſſen zuvor gedacht.

Langv.

Ach ihr lieben Kinder / ich koͤnte mit Ehren euer Vater ſeyn / ich habe Geld und Gut / ich habe Ehre und An - ſehen / ich habe alles voll auff / und es waͤre Schade / daß ſo ein liebes Kind nichts von meinem Gluͤcke genieſſen ſolte.

Flav.

Alt bin ich nicht / und ich muß mich et - licher maſſen unter die Ingenia præcocia zehlen / allein meine Schoͤne iſt 14. Jahr alt / und ich werde ohngefehr 18. zuſam - men bringen / damit ſoll es heiſſen / gleich und gleich geſellt ſich gerne. Mein Reichthum beſtehet in einer ab - ſcheulichen langen Wieſen / die kan nicht abbrennen / die Erdfloͤhe koͤnnen mir auch das Graß nicht alles abfreſ - ſen. Darnach habe ich 60. Acker Holtz / da thun mir die Raupen keinen Schaden drinnen / das Obſt verdirbt mir auch nicht. Zum dritten hab ich des Jahres 300. Reichsthaler Einkom - men / ich weiß ſelber nicht / woher? Das784Das weiß ich / es koͤmmt allemahl ein frembder Mann auff den Jahrmarckt / der muß mir was mitbringen. Alſo gedaͤchte ich wol meinen Ehrenſtand mit der Liebſten auszufuͤhren.

Rob.

Herr Langvetto, ich wil ihn zu mei - nen Herrn Vater annehmen / ich weiß die liebe Jungfer wird ſich nicht ſchaͤ - men ſeine Tochter zu heiſſen.

Flav.

Jch wil einen zum Herrn Vater / den andern zum Herrn Großvater an - nehmen / auff die maſſen koͤñen wir uns alle dreye in die Jungfer theilen.

Langv.

O laßt euch die Gedancken verge - hen / ſie ſol meine Liebſte ſeyn. Jch bin nun bey Jahren / wer weiß wie lange es mit mir waͤhret. Haͤtte einer darnach Luſt meine Witwe zu freyen / ſo wuͤrde es vielleicht ſein Schade nicht ſeyn. Jungfer die erſte Nacht wil ich ihr 1000. Reichsthaler in die Schuͤrtze ſchuͤtten / acht Tage drauff wil ich ihr ei - ne gantze Metze Kaͤyſer-Kreutzer vereh - ren / in einem viertel Jahre will ich einen Sack voll Kaͤyſer-Groſchen geben / ſo groß / als ſie ihn ertragen kan / und woſie785ſie in die Wochen koͤm̃t / ſo wil ich das Maaß vollmachen / daß ſie einen gan - tzen Scheffel voll Geld beyſammen hat. Und dieſes alles ihrem Schmucke und ihren Kleidern ohne Schaden.

Rob.

Jungen Leuten iſt nicht viel mit ſol - chen Maͤnnern gedienet / die ihr Geld ſchon erworben haben / die ſeyn allezeit beſſer / die es noch erwerben ſollen. Jch gedencke mir noch an einen Dienſt zu kommen / da ich des Jahres 3000. Reichsthaler einſtreichen kan.

Flav.

Macht mirs nicht zu bund / ſonſt be - te ich meine Groſſemutter todt / und bie - te allen Trotz / die reicher ſeyn wollen als ich. Meine Liebſte / die Frau Groſſe - mutter hat eine Muͤhle / ich weiß doch nicht / ob ſie alle Stunden oder alle Ta - ge einen Reichsthaler einbringt.

Blan.

Jch weiß wol / was mir am liebſten waͤre.

Rob.

Meine Schoͤnſte / ſie erweiſe ſich ſo guͤtig und verſchaffe / daß ihr Diener et - was hoͤren kan.

Blan.

Jch wolte / ich haͤtte des Herrn Sack voll Geld / und dieſes Herrn -Dienſt786Dienſt vor 3000. Reichsthaler / und endlich ſeine Muͤhle / die alle Tage 24. Reichsthaler einbraͤchte / damit wolte ich meine Frau Mutter bitten / ſie ſolte mir Hochzeit machen.

Rob.

Sie heyrathe mich meine Schoͤne / ſo trifft ſie alles beyſammen. Denn erſtlich alle Jahre 3000. Thaler macht in 100. Jahren 3. Tonnen Goldes. Was die Muͤhle vor 24. Thaler be - trifft / ſo will ich auff dem Lande ſo viel Gerichts-Beſtallung vor 24. Thaler annehmen / als Tage in Jahre ſind / ſo meinte ich / ſie haͤtte an meiner Perſon nichts weiter auszuſetzen.

Flav.

Jch bin noch jung / und kan eher 100 Jahr leben als er. Und ich ſpreche im - mer in 100. Jahren ſoll mein Sack noch groͤſſer ſeyn.

Langv.

O ihr jungen Streicher um ein paar Thaler wil ich mir einen groſſen Sack machen laſſen / aber der Muͤntz - Meiſter ſol noch geboren werden / der die Ducaten drein machen wird. Hei - ſa / das iſt ein Lied / das mir keiner nach - ſingen kan:

Jch787
Jch lobe / was da iſt /
Und was dem Kaſten nahe iſt.
Was man noch erwerben ſol /
Das macht die Saͤcke ſchwerlich voll.
Rob.

Ey wer tadelt mir mein Lied:

Jch lobe / was jung iſt /
Wenn es nur genung iſt /
Fehlt mir etwas noch zur Zeit /
Das erſetzt die Freundligkeit.
Blan.

Jhr lieben Herren / ich hoͤre viel von Geld und Gute / aber ich meynte / wer ein Maͤdgen gewinnen wolte / der muͤſte auch an ſeine Froͤmmigkeit gedencken.

Rob.

Wo getreue Liebe wohnt / da kan man einander nichts zu leide thun.

Blan.

Die Liebe iſt manchmal nicht be - ſtaͤndig / und das Leid koͤm̃t gar zeitlich.

Rob.

Jch will mich verſchreiben nichts zu thun / daß ihr mißfallen moͤchte.

Langv.

Und ich will mich verſchreiben / daß mir nichts mißfallen ſoll / was ſie thut.

Flav.

Bey mir kan ſie Herr im Hauſe ſeyn.

Rob.

Jch habe ein Gemuͤthe / das im - mer froͤlich iſt.

L lLangv.
788
Langv.

Jch habe ein Gemuͤthe / das alles leiden kan.

Flav.

Meine groͤſte Tugend iſt / daß ich kan gehorſam ſeyn.

Dritter Handlung Zehender Auffzug.

Die vorigen. Rizarize, der Artztfrauen Magd.
Riz.

Gluͤckſeligen guten Tag / die Jung - fer ſey nicht ungehalten / daß ich ſo glei - che zugehe / ſie werden nicht wiſſen / was ſie vor ein Ungluͤck im Hauſe haben.

Blan.

Jch dachte wol / das Gluͤcke mit ſo viel Freyern wuͤrde mir was von Un - gluͤck mitbringen. Ach nein / wir den - cken / es iſt alles gut.

Riz.

Sie erſchrecke nur nicht / es iſt ein Ungluͤcke da. Denn ſie haben ja Waͤ - ſche auff den Boden gehaͤnget.

Blan.

Ja wir haben dasmal eine ſtarcke Waͤſche gehabt.

Riz.

Nun der Wind hat die groſſe Thuͤ - re auffgeriſſen / die Hembde / Schnupf -tuͤcher789tuͤcher / und alles mit einander fleucht in der Lufft herum / als wenn es Fluͤgel haͤtte.

Blan.

Ach was werde ich machen / die Maͤgde ſind drauſſen auff dem Gute; Die Kinder-Frau zeucht mit den Kin - dern auff der Gaſſe herum. Die Frau Mutter iſt auch nicht da; Wenn nur der Holtzſchlaͤger flugs kaͤme / der koͤnte am beſten Rath ſchaffen.

Rob.

Meine Schoͤne / ſie lebe unbemuͤht / ich wil meinem Diener gleich befehlen / daß er die Waͤſche zuſammen leſen ſol.

(Gehet ab.)
Lan.

Was wird der Diener machen / ich wil meine Maͤgde ſchicken / die ſollen die Sache beſſer angreiffen.

(geht ab.)
Flav.

Das ſind elende Diener / die alles durch andre Leute beſtellen / ich wil die Probe beſſer ablegen / denn ich wil die Waͤſche in eigner Perſon ſamlen / und wo was verdorben iſt / oder wo ich et - wan ein Hembde zu gutem Andencken behalten moͤchte / ſo wil ichs doppelt be - zahlen.

(gehet ab.)
L l 2Blanc.
790
Blanc.

Nun wird dem Schaden wol ge - holffen ſeyn / es geben ſich ja Auffſeher genung an.

Riz.

Sie ſchwatzen von trefflichen Dien - ſten / wo mir recht iſt / ſo giengen alle drey auff Freyers-Fuͤſſen.

Blan.

Ja ich habe irgend das Gluͤcke ſo / daß ich geſuchet werde / wo mich die Frau Mutter biß ins ſechzehende Jahr daheime laͤſt / ſo muß ſie die Stube groͤſ - ſer bauen laſſen / daß alle Freyer darin - ne Raum haben.

Riz.

Ja die Freyer bleiben nicht auſſen / a - ber es fehlt immer an dem rechten.

Blanc.

O das moͤgen wol die rechten ſeyn / ſie redten von ſchrecklichen groſſen Mit - teln.

Riz.

Ach die Auffſchneider / ich werde ſie nicht kennen. Wenn man die Luͤgen koͤnte zuſammen ſetzen / wie die Pflaſter - ſteine / ich wolte einen Platz zu wege bringen / da alle Leute auff der gantzen Welt ſolten Raum haben.

Blan.

Ey / ey / der zu letzte nauß gieng / der hat eine Muͤhle zu hoffen / die traͤgt alle Stunden 1. Thaler.

Riz.
791
Riz.

Der Fantaſte hat zu wenig gerech - net / die Muͤhle traͤgt den Muͤhlſtein al - le Stunden / und der wird ja mehr werth ſeyn / als einen Thaler.

Bl.

Er hat eine Wieſe / die kan nicht ab - brennen.

Riz.

Ja ja GOtt behuͤte ſie fuͤrm Waſſer / das Feuer ſchadet ihr nicht.

Blan.

Und er hat ein Holtz / da verdirbt kein Obſt drinne.

Riz.

Ja ja / die Tannzapffen moͤgen dem Narren alle Jahr gar fein gerathen.

Blan.

Der alte Herr wil mir die erſte Nacht 1000. Thaler in die Schuͤrtze ſchuͤtten.

Riz.

Aber er wird ſie auch wieder nehmen / wenn die Leute kommen / da er es gebor - get hat.

Blan.

Ey nicht doch / er wil mir nur einen Scheffel Geld vor mich geben / er kan nicht 1000. Thaler ſchuldig ſeyn. Er hatte die Kaͤyſer-Kreutzer / die Dreyer / die Kaͤyſer-Groſchen alle zu gantzen Saͤcken.

Riz.

Aber ich hoͤre die Saͤcke ſeyn gar klein / und es liegen viel Zahlpfennige drunter.

L l 3Blan.
792
Blan.

So habe ich doch den dritten / der weiß einen Dienſt / dabey man 3000. Reichsthaler einſtreichen kan.

Riz.

Er darff nur zu Schieferſitz Verwal - ter werden / ſo ſtreicht er des Jahrs ſo viel ein / aber er muß auch ſo viel wieder berechnen.

Bl.

Wo das wahr iſt / ſo duͤrffen ſie mir nicht wieder ins Hauß kommen.

Riz.

Sie mag thun / was ſie wil; Aber das iſt gewiß / wenn man alle zuſammen dreyzehen Tage in einem Moͤrſel ſtam - pfete / ſie wuͤrden nicht einen Sack voll Kaͤyſer-Groſchen auffbringen.

Bl.

Nun ich bedancke mich vor die Nach - richt. Kan euch die Frau Mutter was dienen / ſo wird ſie es gerne thun. Doch wir muͤſſen ſehen / ob die Waͤſche bald auffgeleſen iſt.

(gehen ab.)
[figure]
Vierd -793

Vierdter Handlung Erſter Auffzug.

Der Schauplatz eroͤffnet ſich / und præſentiret eine Schule. Auff ei - ner Seite ſitzen Maͤgdgen / auff der andern Knaben / und an ſtatt der Buͤcher haben ſie Koͤrbchen / darinne Qvirle / Loͤffel / Schuͤſ - ſeln und allerhand dergleichen ſeyn. Sie ſchreyen ſtattlich / end - lich koͤmt Virgulto des Schulmei - ſters Sohn.
Virg.

Stille ihr Kinder / ſehet ihr nicht / wer da koͤmt / ich bin meines Herrn Va - ters Vorlaͤuffer / ich komme mit dem lo - ſen Maule voran / und er folgt mit der ſchweren Hand nach. Habt ihr eure Sachen beyſammen?

(Sie ſchreyen alle ja / ja.)
Virgulto fragt eines nach dem an - dern / ob ſie den Qvirl / den Koch-Loͤffel / den kleinen Teller / ein Thoͤnern Schuͤſſelgen beyL l 4ſich794ſich haben / etliche weiſen es auf / etliche entſchuldigen ſich mit der Mutter / oder haben es vergeſ - ſen.
Virg.

Nun ihr Kinder / was wolt ihr doch lernen / wenn ihr eure Sachen nicht mit bringt / ihr ſeyd nicht werth / daß ihr zu einem ſolchen Manne gehen ſollet / der mit ſeiner Invention ſo weit kommen iſt. Nun ſchicket euch nur zu eurem Ungluͤ - cke / wenn der Herr Vater kommen wird.

Vierdter Handlung Anderer Auffzug.

Die vorigen. Miramiremirimiro der Schulmei - ſter. Likarsky Der Artzt.
Mir.

Der Herr kan gar kuͤhnlich herein gehen / dem Gebaͤude nach laͤſt ſich die Schule gar wol ſehen.

Lik.

Jch wil gar gerne folgen. Nun ich ſehe / er hat noch eine feine Freqvenz.

Mir.
795
Mir.

O ja es gehet noch hin. Hier zu Lande befleißigen ſich die Leute gar huͤbſch auff jung Volck.

Lik.

Und alſo thun ſie gar wol / daß ſie auch einen rechtſchaffenen Mann uͤber die lieben Kinder geſetzet haben.

Mir.

Ja das muß ich ſelber bekennen / die Leute koͤñen es in hundert Jahren Gott nicht verdancken / daß ſie mich zu dieſer Stelle bekommen haben. Denn mei - ne neue Erfindungen ſind unvergleich - lich.

Lik.

Jch habe mir etwas davon ſagen laſ - ſen / und ich haͤtte einen Buben / der ſonſt mit mir in der Welt herum gezogen iſt / den wolte ich doch probiren laſſen / ob er mit der Zeit gelehrter werden koͤnte / als ſein Vater.

Mir.

Der Herr wird daran gar recht und wol thun. Denn ich fange alles or - dentlich an / vom A. B. C. biß zu den Hiſtorien / und alles kan ich durch ſo an - nehmliche Bilder vorſtellen / daß die Kinder auch zu Hauſe / wenn ſie kein Buch haben / gleichwol ihre Lection gar ſchoͤne repetiren koͤnnen.

L l 5Lik.
796
Lik.

An guten Vortheilen iſt viel gelegen. Doch ich moͤchte eine Probe ſehen / wie weit die Kinder in dieſer Schule ge - bracht worden.

Mir.

Ja ja / da kan leicht dem Herrn Sa - tisfaction geſchehen. Junge gehe flugs / und examinire mir eins nach dem an - dern / fange von A B C Schuͤtzen an.

Virg.

Ja ja Herr Vater / ich wil das Meinige thun.

(Er kꝛiegt ſein Koͤrbgen unter dem Mantel hervor / und weiſet bald den Qvirl / bald die andern Sa - chen / und wenn er die Kinder fragt / was ſie bedeuten / ſo ſagt eins nach dem andern A. B. C.)
Mir.

Nun verſuche dein Examen auch in Hiſtoricis.

Virg.
(kriegt eben die Sachen hervor und fragt die Groſſen / was es be - deut / die antworten: Abraham / Jacob / Simſon / David und der - gleichen.)
Lik.

Jch muß bekennen / die Information iſt vor mich zu hoch.

Mir.

Jch glaubs gar wol / das iſt auchmeine797meine Informatio privatiſſima vor die Leute / die mich recht bezahlen. Jn den ordentlichen Stunden muͤſſen ſie leſen und ſchreiben / wie ſonſt. Aber wenns hieher komt / ſo ſpreche ich: Auff die Seite mit den Buͤchern.

Lik.

Jch hoͤre noch nicht / was er haben wil.

Mir.

Er ſehe / iſt es nicht wahr / die Kinder haben ein gut Gedaͤchtniß. Wenn ſie nun gleich tauſendmal hoͤren A. B. C. D. ſo wollen ſie es nicht behalten / doch Junge gieb mirs Koͤrbgen her. Da ſiht der Herr / ich nehme den Qvirl / und ſpreche wieder die Kinder / das Ding heiſt A. wenn ſie nun aus der Schule nach Hauſe kommen / ſo traͤgt ſie gemei - niglich der Weg in die Kuͤche / daß ſie ſehen wollen / was die Mutter auff die Mittagsmahlzeit zum beſten hat / koͤm̃t es nun / daß ſie einen Qvirl erblicken / ſo dencken ſie an des Herrn Præceptors Rede: Das Ding heiſt A. Da iſt ein Koch-Loͤffel der heiſt B. Da liegt eine kleine Ofengabel / die heiſt C. Da iſt endlich ein Wiſche-hader / der heiſt Z. L l 6Alſo798Alſo kan / wie vor gedacht / kein Kind in die Kuͤche kommen / es muß ſo viel draus lernen und behalten / als aus der Schule.

Lik.

Jch bin ſelber der Gedancken / die Kinder moͤgen zu Hauſe in der Kuͤche ſo viel lernen / als hier in der Schule.

Mir.

Wenn ſie hernach des Kuͤchen-Ge - raͤths gewohnet ſind / ſo mache ich Sprichwortsweiſe zu reden mit einer Schweſter zwey Schwaͤger / und ſpre - che wieder die Erwachſenen / die da leſen koͤnnen / der Qvirl heiſt Abraham / denn vor hieß er A. Das kleine Tunck - Schuͤßgen hieß D. nun heiſt es Da - vid. Das kleine Reibeiſen hieß S. nu heiſt es Salomon. Alſo darff ich nur eins nach dem andern weiſen / ſo ſprechen ſie den Nahmen hurtig aus. Wenn ſie nach Hauſe in die Kuͤche kom - men / ſo muͤſſenſie dencken: Sihe / da ſehe ich einen Salomon / da einen Gi - deon / da einen Hißkias und derglei - chen.

Lik.

Und wenn ſie ſo weit gebracht ſind / ſowerden799werden ſie wol mit Ruhm und Ehren auff eine andere Schule ziehen koͤn - nen.

Mir.

Die Leute pflegen es mehrentheils ſo zu halten / daß ſie mit den Kindern um die Zeit zu einer andern Profeſſion oder auff eine andere Schule zu eilen pfle - gen.

Lik.

Lernen die Kinder hier nicht Latei - niſch?

Mir.

Ach ja / die fitzen in einer andern Stu - be. An dem Qvirle weiſe ich die De - clinationes, an dem Koch-Loͤffel die Conjugationes, das uͤbrige præſentiret mir die Duces, der Bratſpieß heißt Menſa, das Reibeiſen Liber, die kleine Ofengabel Dominus, und ſo weiter fort. Alſo koͤnnen die Kinder auch in der Kuͤche Lateiniſch lernen.

Lik.

Ja es wird ein trefflich Kuͤchen-La - tein heraus kommen.

Mir.

Gleichwie die Speiſen aus der Kuͤ - che auff Fuͤrſtliche Taffeln kommen; Alſo darff ſich mein Latein auff die letzt vor keinen Herrn ſchaͤmen.

Lik.

Der Herr Schulmeiſter ſey doch ſoL l 7gut /800gut / und warte meiner nach der Infor - mation, ich will wiederkommen.

Mir.

Ach was iſts nuͤtze / mein Sohn kan ſchon ſo viel dabey thun / daß ſie accom - modiret werden. Flugs ihr Kinder gehet in die andere Stube / und welches das Koͤrbchen ſechsmal durchgelernet hat / das ſoll nach Hauſe gehen.

(Sie lauffen mit ungeſtuͤmmen Geſchrey davon.)
Mir.

Ja / was wolte nun mein Herr vor - bringen.

Lik.

Jch kan ihm in Vertrauen nicht ver - halten / daß ſich ein feiner Menſch be - wirbt / ob er moͤchte eine Neben-Schu - le halten / und der ſoll anderswo treffli - che Wunder-Zeichen gethan haben.

Mir.

Jch weiß nicht / die Zeitungen ſeyn wohl ſonſt nicht alle wahr / doch das gefaͤhrliche Ding glaͤuben die Leute am erſten.

Lik.

Er traue meinen Worten / er bildet ſich ſchon etwas ein / und es wird nicht lange werden / ſo wird er ihm in ſeinem Hauſe zuſprechen.

Mir.

Ey was hat ein ſolcher Tuckmaͤuſerbey801bey mir zu thun / ich werde nichts von ihm lernen / und von mir ſoll er nichts hoͤren.

Vierdter Handlung Dritter Auffzug.

Die vorigen. Virgulto des Schulmeiſters Sohn.
Virg.

Herr Vater / es iſt ein vornehmer Herr da / er ſagte / er wuͤnſchte mit Jh - rer Excellentz dem Herrn Vater zu re - den.

Mir.

Wie ſahe er aus?

Virg.

Er ſieht noch huͤbſch genug aus. Er ſagte / ich ſolte nur ſprechen / der vorneh - me Mann / der die gelehrten Kinder machte / waͤre hauſſen.

Mir.

Ey daß dich? muß er gleich herkom - men / da ich mich mit Ehren nicht kan verleugnen laſſen. Fuͤrwahr ich ſcho - ne nur des frembden Mannes / wenn ich eyfrig werde / ſo werffe ich ihn die Trep - pe hinunter.

Lik.

Es ſtehet aber doch hoͤfflich / weñ manfrem -802fremden Leuten die Ehre thut / wenn ſie ſchon ins Haus kommen.

Mir.

Nun ſo gehe doch / und ſprich / er ſoll herein kommen / ſage nur / er ſoll mich mit dem groſſen Titul / ſonderlich mit der Peſtilentz verſchonen.

(Virgulto geht.)
Lik.

Je warum iſt denn der Herr ſeinem eigenen Titul ſo feind?

Mir.

Ey ich habe meinen Titul lieb genug. Die lateiniſchen Jungen muͤſſen mich alle Jhr. Excellenz heiſſen. Jch ſage es aber flugs dabey / daß ich den Titul nicht verdiene / denn ich thue es darum / daß ihnen der Titul gelaͤufftig iſt / wenn ſie vornehme Præceptores kriegen.

Lik.

Warum will er denn die Ehre nicht von den Frembden annehmen / wenn er ſie von den Jungen vertragen kan?

Mir.

Ratio. Voꝛ eins dencke ich / eꝛ hat mich zum Narrẽ. Rationis ratio. Gebe er mir einen groſſen Titul / ſo ſolte ich ihm wie - der mit groſſen Worten begegnen / und das laſſe ich bleiben.

Vierd -803

Vierdter Handlung Vierdter Auffzug.

Die vorigen. Profundo des Schulmeiſters Wi - derpart.
Prof.

Χαίρειν καἱ ὲω λράττειν. Weils dem Herrn ſo gefaͤllt / daß ich ihn ſine titu - lis anreden ſoll / ſo erfreue ich mich nur ſchlechtweg ſeiner Geſundheit.

Mir.

Ja / ja / meine Geſundheit iſt mir lieb / will ſich iemand deßwegen freuen / ſo bin ich gar wol zufrieden.

Prof.

Jch bin eine reiſende Perſon / und mache Profeſſion mit vornehmen ge - lehrten Leuten bekandt zu werden. Nun iſt mir der Herr ſo wol wegen ſeiner gelehrten Schrifften / als auch wegen ſeiner Erudition in fremden Landen geruͤhmet worden. Drum meynte ich / wenn ich dieſen Ort pasſirte / und mit meinem Herrn nicht waͤre bekant wor - den / ich waͤre zu Rom geweſen / und haͤt - te den Pabſt nicht geſehen.

Mir.
804
Mir.

Der Kerle hat die formul auswen - dig gelernet. So viel ich weiß / habe ich mein Lebetage kein Buch geſchrie - ben. Hat mir ein loſer Vogel meine geſchriebene Exercitia nachgedruckt / ſo iſts hinter meinem Ruͤcken geſchehen.

Prof.

Abſonderlich kan ich dem Herrn nicht verhalten / daß ich unterſchiedene Inventiones habe / junge Leute / gleich als im Spiele gelehrt zu machen. Waͤre dem Herrn mit meinen Kunſt-Stuͤ - cken gedienet / und er wolte mir hinge - gen etliche Specimina laſſen zukommen / ſo ſolte mir die Correſpondenz nicht zu - wider ſeyn.

Mir.

O der Herr ſchweige von ſeinen Sa - chen ſtille / ich habe alles ſchon erfun - den / wer was neues erdencket / der wird betrogen.

Prof.

Wer einen Kopff hat / der mag nach - ſinnen.

Mir.

Aber wer keinen geiſtreichen Kopff hat / der mag nachſinnen / was andere thun / und mag ſich die eigene Pfuſche - rey vergehen laſſen.

Prof.

Gar recht / haͤtte ichs nicht an mei -nem805nem geiſtreichen Kopffe gemercket / was ich thun koͤnte / ſo waͤre ich mit mei - ner Waare nicht an das Tagelicht kommen.

Mir.

Ey was will er mit ſeinem geiſtrei - chen Kopffe pralen. Wer mich re - formiren will / den halte ich vor meinen Ertz-Feind.

Lik.

Etwas glimpfflicher / mein Herr Schulmeiſter / ſie haben zwey Koͤpffe / was iſt es denn Wunder / daß auch zwey Meynungen da ſeyn.

Mir.

Zwey Koͤpffe ſind nicht flugs zwey kluge Koͤpffe. Es heißt / wo zwey Din - ge zuſammen kommen / da muß das ſchwaͤchſte weichen.

Lik.

Jhr muͤſt euch noch drum ſchlagen / wer der Schwaͤchſte iſt.

Mir.

Jch kenne mich ſelber / und der Herr weiß / was ich vor ein Wunder mit mei - nem Qvirle gemacht habe.

Prof.

Hier ſteht der Mann / der das Infor - mations-Weſen in einen rechten Stand bringen will. Jch laſſe die Kinder in der Karte ſpielen / da hab ich vier Farben / rothe / gruͤne / gelbe /ſchwar -806ſchwartze. Auff den Blaͤttern ſtehen die Buchſtaben. A ſticht B. B ſticht C. und ſo weiter. Wenn nun die Kinder ſprechen: Jch habe das rothe A weggeworffen / und habe das gruͤne F wieder kriegt. Jch ſtechs gelbe M mit dem Trumph Y ab; Ach ſo wird ja die Arbeit und der Fleiß zum Spiele.

Mir.

Wenn ich als ein ander Spitzbube die Karte in die Schule bringen wolte / ſo haͤtte ich die Kunſt lange gewuſt.

Prof.

Darnach wenn die Kinder des Spiels gewohnet ſind / da mache ich immer neue Karten / und ſchreibe das darauff / was ſie wiſſen ſollen. Neu - lich hielt ein Studente eine Abdan - ckung nach meiner Kunſt / trotz / daß er haͤtte eine Sau gemacht. Beym Schellen bildet er ſich ein / daß er erſt auff den Todt ſchelten ſolte. Bey dem rothen Hertzen Dauß merckte er / daß er das hertzliche Betruͤbniß der leidtragenden Perſonen anfuͤhren ſolte: Bey dem Eckern Dauß gedachte er an die Sterbligkeit / daß die Menſchen von dem Tode gefreſſen werden / wie dieEckern807Eckern von den Schweinen. Endlich beym gruͤnen Dauß gedachte er an die gruͤnende Hoffnung / es waͤre noch gut / daß an der Verſtorbenen ihre Stelle gleichwol andere Leute kaͤmen. Wer tadelt mir nun mein gelehrtes Karten - Spiel.

Mir.

Daß mir nicht der ſchoͤne Karten - macher wegkoͤmmt. Morgen will ich eine Abdanckung aus meinem Koͤrb - gen halten. Bey dem Qvirl will ich mir einbilden / wie der Tod alles Elend zerqvirlet hat / wie der Qvirl das Ey in der Waſſer-Suppe. Bey dem Reib - eiſen will ich mir die Hertzens-Angſt einbilden / dadurch die traurigen Per - ſonen angegriffen werden / wie eine Muſcaten-Nuß / wenn man das ſaure Bier mit corrigiren will. Bey dem Kochloͤffel will ich mir die liebe Danck - barkeit gegen die Gaͤſte einbilden. Seht doch / wie wir nun beſtehen mit unſeren Arcanis.

Prof.

Ey das ſind nur Lappalien geweſen. Jch habe eine Artzney / welchen Tag ich meinen Untergebenen eine Meſſer -ſpitze808ſpitze voll davon eingebe / da muͤſſen ſie alles im Gedaͤchtniſſe behalten / was ſie leſen / und wenn es 100000. Bogen waͤren.

Mir.

Es wundert mich / daß ihr nicht den Trichter gefunden habt / da man das Latein mit einfuͤllen kan. Mein Rath waͤre / ihr wuͤrfft die geſchriebene Buch - ſtaben in Brandtwein. Denn wer ſie ausſoſſe / der kriegte mit den Humis und Vapis die Buchſtaben in den Kopff.

Prof.

Hey / wer mich verachten will / was heiſt die Kunſt Sam, ſem, ſim, ſom, ſum.

Mir.

Es iſt eine Kunſt / die erlogen iſt / und auff eine Luͤgen gehoͤret ſich eine Maul - ſchelle.

Prof.

Das iſt ſtattlich. Wer ein Infor - mator ſeyn will / muß auch brave koͤn - nen zuſchmeiſſen. Jch halte / in dieſem Stuͤcke wiſſet ihr es aus allen artificiis und aus allen Poſterioribus Prædica - mentis gar tieff heraus zu ſuchen.

Mir.

Wir wollen vor um die Anteprædi - camenta diſputiren / und wenn ich euch die Treppe hinunter werffen werde / ſoſollen809ſollen die Poſtprædicamenta ſchon be - dacht werden.

Prof.

Jch habe an Fuͤrſtlichen und Graͤff - lichen Hoͤfen die vornehmſten Kinder informret.

Mir.

Und aus meinen Kindern koͤnnen noch Fuͤrſten und Graffen werden. Halts Maul / oder ich weiſe / was ein Schulmeiſter in loco publico Macht hat.

Prof.

Jhr moͤgt ein trefflicher Kerl in loco publico ſeyn / ich halte / wer euch in loco ſecreto brauchte / der haͤtte ſich um das gemeine Weſen beſſer verdienet.

Mir.

Nun ſo will ich auch was thun / das ich die Zeit meines Lebens nicht gethan habe. Der Todſchlag / den ich heute begehe / der ſoll der erſte ſeyn.

Lik.

Herr Schulmeiſter / ich habe den lie - ben Mann an euch recommendiret. Wo meine Recommendation keinen beſſern Reſpect davon tragen ſoll / ſo will ich ſehen / wer mit dem erſten Tod - ſchlage wird fertig werden.

Prof.

Wenn ſich der Herr ſonſten nicht bemuͤhen will / ich halte / wie ſein Metho -dus810dus informandi iſt / ſo iſt auch ſein Me - thodus concertandi.

Mir.

Er gebe mir nur ſo viel Freyheit / daß ich nur einen eintzigen Stoͤpffel auff das leichtfertige Maul druͤcken darff.

Lik.

Durchaus nicht; Kom̃t mit mir auff ein Glaͤßgen Wein / und da lernet von mir / wer einen Methodum zu ſauffen hat / der ſoll nicht viel darnach fragen / ob der Methodus in andern gar zu groſ - ſe Einigkeit in acht nimmet / und das ſa - ge ich / wer ein unfreundlich Wort reden wird / der ſoll ſich mit mir zugleich ſchmeiſſen.

(gehen ab.)

Vierdter Handlung Fuͤnffter Auffzug.

Josqvino ein Capellmeiſter. Friſeſomorus ein junger Studente. Adagio ein muſicaliſcher Virtuoͤſer.
Josqv.

Jch bitte / er laſſe nur den Muth nicht ſincken / es hat ſich gleich ein Virtu - oͤſer bey mir angegeben / der in Jtalien was ſtattliches in der Mnſic mag ver -ſuchet811ſuchet haben. Jſt es moͤglich / ſo wird derſelbe wegen der Information was verſprechen konnen.

Friſ.

Mein Hertze wird wieder lebendig / weil ich nur eine Hoffnung vor mir ſe - he / wie meine Vergnuͤgung zu ihrem Zwecke kommen moͤchte. Ach die Stun - de wird mir lang / da ich den lieben Menſchen ſehen ſoll.

Josqv.

Er wird gleich da ſeyn. Vielleicht wartet er ſchon drauſſen auff / er thue ihm die Ehre / und begleite ihn in meine Stube.

Friſ.

Jch erfreue mich uͤber der guten Ge - legenheit.

(Er gehet hinein / und holet Ada - gio, unterdeſſen ſpielet der Ca - pellmeiſter auff dem Clavicym - bel)
Adag.

Mein Patron wolle ſeinem gehor - ſamſten Diener vergeben / daß er die Kuͤhnheit genommen hat / demuͤthigſt auffzuwarten / und alle moͤglichſte Dienſte zu offeriren.

Josqv.

Mein Herr / ich habe vielmehr Danck zu ſagen / daß er mich ſeiner Be -M mkandt -812kandtſchafft nicht unwuͤrdig geſchaͤtzet hat. Jch bin allen ſtattlichen Virtu - oͤſen zu auffrichtiger Freundſchafft ver - bunden / und wenn ich auch an meinem wenigen Orte was Angenehmes ver - richten koͤnte / ſo wuͤrde ich begierig ſeyn / meine Freundſchafft hierdurch an den Tag zu legen.

Ad.

Jch habe die Guͤtigkeit noch nicht ver - dienet / die mir angeboten wird / ſonſt komm ich gleich aus der Nachbar - ſchafft von Monſieur Valdelini her / der hat mir zwar ausdruͤcklich keinen Gruß mit gegeben / weil ich aber nicht zweiffe - le / ſie werden als zwey weltberuͤhmte Muſici gute Correſpondenz mit einan - der halten / ſo werde ich dennoch duͤrffen ſo kuͤhne ſeyn / und in ſeinem Nahmen einen angenehmen Gruß mitbringen.

Josqv.

Jch ſehe den Herrn vor einen ehrli - chen Menſchen an / ich muß doch im Vertrauen was fragen / wo hat er ſich uͤberreden laſſen / daß Monſieur Val - delini ein weltberuͤhmter Muſicus iſt / ich wolte mich voll ſauffen / und wolte zehen Sackpfeiffer laſſen in der Stubebla -813blaſen: Dennoch wolte ich meine Stuͤcke beſſer ausfuͤhren / als er bey nuͤchterm Muthe.

Ad.

Jch will meinem Patron nicht wider - ſprechen / allein er iſt mir doch wegen ſeiner ſchoͤnen Manier hin und wieder geruͤhmet worden.

Josq.

Ja / ja / wenn man in der Kunſt / und im Fundamento nicht fort kan / ſo muß die Manier darnach alles verrichten. Wenn der gute Mann nicht ſeine Sex - ten / und ſeine Tripel mit ſechs Achteln haͤtte / ſo weiß ich nicht / womit er die Leu - te betriegen wuͤrde. Wenn ich doch nur ein recht Subjectum ſehen ſolte / das er ausfuͤhrete / wie ich wol tauſend Stuͤ - cke ausgefuͤhret habe / und ich glaube nicht / daß er meinen General-Baß ſchlagen kan / geſchweige / daß er die Kunſt penetriret / die im Stuͤcke ver - borgen iſt. Doch der lumpen Kerl mag ſein Bleiben haben / wo er will. Von was macht der Herr Profesſion?

Ad.

Meiner vornehmſten Profesſion nach bin ich ein Vocaliſte, doch habe ich die Inſtrumenta nicht gantz weggeworffen /M m 2ſo814ſo bald der Fuhrmañ mit meiner Violdi - gamba und mit meinem Alt Poͤmrichen nachkommen moͤchte / ſo hoff ich die Eh - re zu haben / in dero Capelle einmal oͤf - fentlich auffzutreten.

Josq.

Ein Vocaliſte waͤre mir itzund am liebſten; Denn mein Tenoriſte hat ſich durch einen ſeligen Todt in die Himmliſche Capelle begeben / und von allen Competenten will mir keiner an - ſtehen.

Ad.

Jch will verhoffentlich meinen Pa - tron wol contentiren / die Leute ſind in Rom noch alle mit mir vergnuͤgt gewe - ſen. Auch in den Venetianiſchen Ope - ren habe ich mehrentheils die verliebte Perſon muͤſſen agiren.

Josq.

Das ſtuͤnde mir an / wenn er ein ſchoͤ - nes recitatio ſingen koͤnte.

Vierd -815

Vierdter Handlung Sechſter Auffzug.

Die vorigen. Colloraturo ein Capell-Knabe. Allegro ein eingebildeter Virtuoͤſer.
Col.
(koͤmmt gelauffen.)

Mein Herr Capellmeiſter / es iſt ein frembder Herr da / und fragt / ob er ihm nicht koͤnte auffwarten.

Josq.

Hat er nicht ſeinen Nahmen ge - ſagt?

Col.

Er ſagte / er waͤre ein Virtuoͤſer / und kaͤme itzt uͤber Engeland und Franck - reich / und wolte nunmehro mit den vor - nehmſten Leuten in dieſem Lande auch bekannt werden.

Josq.

Sagſt du nicht / daß iemand bey mir waͤre?

Col.

Jch habs ihm wol dreymal geſagt / a - ber es iſt mir leid / daß ich mich ver - ſchnappte / es waͤre ein Virtuoͤſer da. Nu will er durchaus Gelegenheit ha - ben / mit allen beyden bekannt zu wer - den.

M m 3Josq.
816
Josq.

O du Lecker / du muſt dich allemal mit deinem Maule verſchnappen.

Col.

Gegen unverſchaͤmte Leute kan man ſich nicht in acht nehmen.

Josq.

Jch muß doch ſelber gehen / wo es ſich der Muͤhe nicht verlohnet / ſo gebe ich ihm an der Hausthuͤre Audienz.

Adag.

Mein Herr wird ſich hier in der Capelle in Dienſten befinden.

Friſ.

Ach nein / ich warte nur dem Herrn Capellmeiſter auff / und moͤchte wuͤn - ſchen / daß ich mit der Zeit koͤnte capa - ble werden / was rechtſchaffenes in der Muſic zu præſtiren.

Ad.

Er thut gar recht daran / die recht - ſchaffenen Muſici wollen ſich heute zu Tage gar ſeltſam machen.

Friſ.

Die edle Kunſt wird doch allezeit ih - re Liebhaber behalten. Wer weiß / was der Herr Capellmeiſter itzund vor einen ſtattlichen Menſchen antreffen wird.

Adag.

Wir Virtuoͤſen reiſen heute zu Ta - ge nicht ſo dicke beyſammen / daß ihrer zwey in eine Stadt zugleich kommen /ich817ich wolte faſt eine Wette drauff thun / es wird ein hauptſaͤchlicher Narr ſeyn.

(Josqvino bringt Allegro.)
Josq.

Der Herr thue ſo wol / und ſpatziere hinein / er wird einen lieben Freund ſchon drinnen antreffen.

Allegr.

Jch laſſe mich weiſen.

(Er laufft auf Adagio zu / und mur - melt etliche Worte / erfreuen / Geſundheit / Auffwartung / Af - fection, verbundenſter Knecht / ungeſchickt unter einander / daß man nichts draus verſtehen kan)
Adag.

Jch bin des Herrn ſein Diener / und wuͤnſche ihm wieder ſo viel. (ad Spectatores.) Wo der Kerl nicht beſ - ſer ſingt / als er complimentiret / ſo wer - de ich in meiner Muthmaſſung nicht betrogen ſeyn.

Josq.

Wo hat ſich mein Herr in der Welt auffgehalten?

All.

Jch komme gleich aus Londen / da hab ich bey des Herrn Jan Battiſta Be - graͤbniß zum letzten mal helffen muſi - ciren. Ach der Mann ſoll mich ewigM m 4thau -818thauern / wenn ich bedencke / was ich vor Affection von ihm genoſſen habe.

Adag.
(ad Spect.)

Jſt das nicht ein Spitz - bube! Jan Battiſta iſt als Koͤniglicher Frantzoͤſiſcher Capellmeiſter neulich in Paris geſtorben / und der hat ihn zu Londen helffen begraben.

Josq.

Wie lange hat er ſich in Londen anff - gehalten?

Allegr.

Es wird nicht viel uͤber zwey Jahr ſeyn. Vor dem war ich zu Paris bey dem Herrn Cariſſimi gleich da er das Judicium Salomonis vor des Koͤnigs Taffel præſentirte / da muſte ich alle vier Stimmen zugleich ſingen / erſtlich den Tenor, der machte keine Verwun - derung; Es gab auch ſchlechte Poſ - ſen / als ich im Nahmen Koͤnig Salo - mons den Baß ſang. Ha! aber als ich mit dem Falſete zwey Huren zu - gleich agirte / da geſtund der Koͤnig ſelbſt es waͤre admirable. Denn man gedencke / was dazu gehoͤret / wenn ein Menſch bey vollen Jahren kleine ſin - gen kan.

(Er fiſtuliret etwas aus dem ge -dach -819dachten Stuͤcke:

Non eſt ita, ut tu dicis, tuus eſt, qvi caret vita, meus autem vivit.

Adag.
(ad Spect.)

Das war wieder eine Luͤgen von Rom biß auff Paris. Jch habe den vornehmen Herrn Carisſimi wol in Rom geſehen / aber daß er dem Koͤnige in Franckreich ſoll haben Taf - fel-Stuͤcke gemacht auff eben die in - vention, davon er redet / und die ſeinen Gedancken nach 2. Jahr iſt / habe ich vor 10. Jahren als Diſcantiſte mit helf - fen machen.

Josq.

Jſt er ſonſt nirgend geweſen / als in den zweyen Koͤnigreichen?

Alleg.

Die meiſte Zeit habe ich in Rom zugebracht / bey dem Herrn Freſcobaldi, der hat mir das Fundament der Com - poſition gewieſen.

Adag.
(ad Spect.)

Jch werde die Luͤgen auff die letzt nicht vertragen koͤnnen. Er muͤſte 40. biß 50. Jahr alt ſeyn / wenn er von dem ſtatlichen Manne was haͤtte lernen wollen. So ziehen die Auffſchneider durch die Welt / wie die andern Qvackſalber / und wo ſie un -M m 5ver -820verſtaͤndige Leute antreffen / da ſolte man ſich einbilden / ſie haͤtten gar mit den Muſen im Parnaſſo muſiciret.

Alleg.

Ehe ich noch auff Rom kam / ſo traff ich in Crackau den Herrn Roſenmuͤl - ler an / es thauerte mich / daß der liebe Mann ſeine Manier ſo veraͤndert hat. Mich duͤnckt / die Stuͤcke / die er in Deutſchland gemacht hat / die gefallen mir beſſer.

Adag.

Ey der Herr muß uns auch nicht gantz vor Katzen-Koͤpffe halten. Jch moͤchte gerne wiſſen / wenn ein Roſen - muͤller zu Crackau gelebet haͤtte; Und wer ſeine itzige Muſic gegen die vorige verachten will / der giebt ſich bald bloß / daß er bey einem Dorff-Capellmeiſter mag gelernet haben.

Joſq.

Nein / nein / guter Freund / Roſen - muͤller wohnt zu Venedig.

Alleg.

Ja / ja / ich habe mich geirret / Vene - dig liegt mitten im Waſſer / Cracau auch.

Adag.
(ad Spect.)

Der Menſch kehret die gantze Welt um / nun iſt Cracau zu ei - ner See-Stadt worden.

Josq.
821
Josq.

Wie dem allen. Man fragt nicht darnach / wo der Wein gewachſen iſt / wenn er in Qvalitaͤten das Seinige thut. Wollen ſie ſo guͤtig ſeyn / und ſich hoͤren laſſen / ſo werde ichs mit gutem Danck erkennen.

Ad.

Jch laſſe mir befehlen.

(Josqvino præſentiret ihm das Stuͤ - cke / und ſpielet auff dem Clavi - cymbel dazu. Er ſinget es recht.)

NB. Das Stuͤcke ſelbſt: Wo iſt mein Geiſt / der ſich aus mei - nem Leibe reiſt / iſt gedruckt zu befinden in Herr Johann Kruͤgers Arien, im dritten Theile pag. 78.

Josq.

Beliebt dem Herrn nicht eben die - ſes Stuͤcke auch zu verſuchen.

All.

Gar gerne / ich bin deßwegen da / daß ich mich in meiner Kunſt will hoͤren laſ - ſen.

(Er faͤnget an / und giebt der erſten Note einen abſcheulichen ſtar - cken Trillo.)
Ad.

Mein Herr / es iſt nicht Raiſon, daß man die erſte Note ſo tractiret.

M m 6All.
822
All.

Bey mir aber iſt es Raiſon, gleich als wenn die erſte Note der Liebligkeit nicht ſo wol beduͤrffte / als die andere.

Adag.

Jn dieſer Manier ſteckt auch groſſe Liebligkeit / und das wird er in Jtalien nicht gelernet haben.

Alleg.

Jch habe den Herrn zwiſchen ſei - nem Singen nicht geredet. Will er mich nicht ſingen laſſen / ſo ſchmeiſſe ich den Zettel wieder hin.

Josq.

Nun wolan / wir wollen doch Audi - enz geben.

(Er faͤnget wieder an zu ſingen / nnd macht ſo einen geſchwinden Tact, daß ihm der mit dem Clavi - cymbel nicht folgen kan.)
Josq.

Mein Herr / ſieht er nicht / uͤber dem Stuͤcke ſteht Adagio.

All.

Jch ſehe es wol: Doch in dem Stuͤ - cke ſtehen lauter geſchwaͤntzte und ge - ſchwinde Noten. Das ſoll mich nie - mand uͤberreden / daß ich geſchwinde Sachen langſam mache.

Adag.

Und da er den gantzen Tact halten ſolte / ſo machte er eine Coloratur.

Alleg.

Jch habe Coloraturen gemacht / eheich823ich den Herrn geſehen habe. Herr Hans Peter Sweling hat ſie vor hun - dert Jahren zu Amſterdam gebraucht. Jch dencke noch dieſe Stunde mit fort - zukommen. Aber ich weiß wol / was mir fehlet / ich bin des Stuͤckes nicht gewohnt / will der Herr ſo gut ſeyn / und will den General Baſs darzu verſuchen / ich habe ein Stuͤcke bey mir von vier Stimmen / das will ich auff meine Hand muſiciren. Darnach ſage man / wer in der Kunſt den Vogel abgeſchoſ - ſen hat.

(Er ſinget.)

NB. Das Stuͤcke O vanitas doloris, iſt eben an gedachtem Orte ge - druckt zu finden. pag. 80.

Josq.

Jch bedancke mich / daß die Herren beyderſeit mein geringes Logiament nicht verſchmaͤhet haben. Wollen ſie ſo gut ſeyn / und mit einer geringen Mahlzeit vorlieb nehmen / ſo koͤnnen wir nach dem Eſſen etwas genauer mit einander reden.

Adag.

Jch will die angebotene Guͤtigkeit nicht ausſchlagen.

All.

Und ich werde nicht ungehorſam ſeyn.

M m 7Josq.
824
Josq.

Mein Herr Friſeſomorus giebt uns ja auch das Geleite?

Friſ.

Mein Patron / ich werde ihm wol bey der Mahlzeit nicht Ungelegenheit ma - chen / ich habe noch etwas zu verrichten / und wird nichts verſaͤumet werden / wenn ich gleich nach dem Eſſen wieder - komme.

Josq.

Nach ſeinem Belieben.

(Sie ge - hen ab.)

Vierdter Handlung Siebender Auffzug.

Friſeſomorus der junge Studente. Securo der Weinſchencke. Modeſto ein Studioſus Theologiæ. Qverulo ein Studioſus Politices. Contente ein Handwercks-Mann. Repete ein Holtzhacker. Miſchmaſch, der luſtige Diener.
Friſ.

Was fange ich an / die ſchaͤndliche Pralerey geht durch die gantze Welt. Jch dachte / weil die Muſic nicht eher vor gut gehalten wuͤrde / als biß die Oh -ren825ren befriediget wuͤrden / ſo wolte ich ei - ner unbetrieglichen Profesſion nachge - hen: Aber was ich heute gehoͤret ha - be / das macht mich ſo ſtutzig / daß ich faſt auff was anders dencken moͤchte.

Securo
(koͤmmt)

Jch weiß nicht / wo die wunderlichen Gaͤſte zuſammen kom̃en. Jch begieng heute meinen Geburts - Tag / da war es gleich 25. Jahr / daß ich und meine Frau mit einander hatten zum erſten mal Hochzeit gehabt / ſo wol - ten wir auch dem Tage ſein Recht thun / und wolten die erſten zehen Leute / ſie moͤchten ſeyn / wer ſie wolten / in den Keller bitten auff ein Stuͤcke Poͤckel - Fleiſch / auff eine Bratwurſt / auff ein Stuͤcke geraͤucherten Lachs / auff einen guten Trunck Wein / und denn auff eine andere Kurtzweil. Aber ich weiß nicht / wie mein Geburts-Tag ſo ungluͤcklich iſt / die Gaͤſte wollen ſich gantz nicht ver - gleichen. Sie haben ſich gezancket un - ter einander / daß einer da naus / der an - der dort naus gehen will. Jch hoffe aber wenn ich wieder heim kom̃e / ſo werde ich der Gaͤſte halben meinen Ehren-Tag ſchon beſchloſſen haben.

(Die826
(Die uͤbrigen kommen heraus / und ſtellen ſich luſtig.)
Friſ.

Jch ſehe / da ſtellt ſich eine Compagnie ein / die mir nicht anſteht / ich werde mei - nen Stab weiter ſetzen.

Miſch.
(ergreifft ihn)

Ey Herr Wirth / da begegnet uns ein rechtſchaffener Kerl / die Zahl hat ſich bey uns vermin - dert / wie er wol ſiehet / er muß mit Com - pagnie machen.

Friſ.

Er laſſe mich gehen / mein Kopff iſt ſchlecht darzu diſponiret / daß ich an viel Compagnie gedencken ſoll.

Miſch.

Das ſind eben die rechten Leute / die ſoll man mit Gewalt in den Keller ſchleppen / daß ſie der melancholiſchen Haͤndel vergeſſen. Herr Wirth / er hat uns einmal gebeten / daß wir ſeinen Eh - ren-Tag celebriren ſollen / und wir ha - ben keine Luſt / daß wir vor der Son - nen Untergang heim gehen / der liebe Mann muß bey uns bleiben.

Sec.

Jch wills gerne geſchehen laſſen / wenn er nur will vorlieb nehmen.

Friſ.

Vorlieb kan ich wol nehmen / doch ſie treffen eine betruͤbte Seele an / damit ſoviel827viel luſtige Leute ſchwerlich werden vor - lieb nehmen.

Sec.

Was hat er denn vor ein Anliegen / daß er alle Mittel zur Luſtigkeit ſo ver - ſtoſſen will?

Friſ.

Jch bin ein Menſch / der in der Welt gerne fortkommen wolte / und dem es an Mitteln nicht fehlet.

Sec.

So darff er nicht traurig ſeyn. Die Leute moͤgen traurig ſeyn / die ihre Mit - tel in meinem Keller verſoffen haben.

Friſ.

Jch weiß nicht / was ich anfangen ſoll. Niemand wird in der Welt æſtimiret / der ſich mit ſeiner Profeſſion nicht her - vor thun kan / und dennoch fehlt es mir an guten Rathgebern / wenn ich gleich meinen Fleiß gar gerne dabey thun wolte.

Qver.

Weiß der Herr nicht / was er anfan - gen ſoll / er trete in meine Fußſtapffen / und werde ein Politicus.

Mod.

Oder wo er mir nachfolgen will / ſo kan er ein Theologus werden.

Sec.

Jch befinde mich bey meinem Wein - handel gar wol. Wer meinen Rath will gelten laſſen / der werde ein Han - delsmann.

Cont.
828
Cont.

O ergreifft ein ehrlich Handwerck. Jch dancke es meinen Eltern noch die Stunde / daß ſie mich darzu gehalten haben.

Rep.

Jch bin ein armer Holtzſchlaͤger / ich bilde mir mit meinem Gluͤcke ſo viel ein / als der Roͤmiſche Kaͤyſer. O kom̃t mit mir und helfft ſaͤgen / ich weiß der Stand wird euch gefallen.

Miſchm.

Herr laßt euch nit bereden / bleibt ihr bey meiner Profeſſion, und werdet ein Narr.

Friſ.

Ach es waͤre kein Wunder / daß ich meine Vernunfft verliere / wenn ich in ſo widerwaͤrtigen Gedancken auffge - halten werde.

Qver.

Jch ſage noch einmal / nehmt das Exempel an mir / uñ werdet ein treflicher Politicus. Jm Kriege bin ich ein Sol - date / im Friede werde ich ein Staats - mann / ich kan Fuͤrſten und Herren dienen / und wenn das gantze Volck - ber eine Noth zu klagen hat / ſo muß ich vor den Riß treten / und das Wort fuͤh - ren.

Mod.
829
Mod.

Der Herr bleibe bey meiner Theo - logie, wer zu Hofe hoch ſteigen wil / der kan auch tieff fallen / aber ein Geiſtli - cher / der ſich einmal zur Ruhe geſetzet hat / der mag Feinde haben / wie er wil / man muß ihn doch in ſeinem Amte un - getadelt laſſen. Die andern Urſachen wil ich dem Herrn in geheim ſagen / die ihn wol bewegen ſollen.

Sec.

Wer ſich in den Handel wol ſchicken kan / dem ſchneyet das baare Geld zu / und wer gute Bleche im Sacke hat / den muß die gantze Welt reſpectiren.

Cont.

Ein Handwercksmann lebet eben ſo wol in Gottes Beruffe / und wenn er ſeinen Lebens-Lauff anſiehet / ſo iſt er auff der Welt wol luſtiger geweſen / als ein andeꝛ / der ſich zu Tode geſtudiret hat / oder der ſich auff dem Jahrmarckte in der Buden den Kopff und die Fuͤſſe er - froͤret hat.

Rep.

Ein Holtzſchlaͤger bedarff keinen Verlag. Wenn er ſeine Holtz-Axt / ſeinen Wetz-ſtein / und zur Noth ſeinen Keil hat / ſo koͤm̃t er durch die Welt / wirds ihm den Tag uͤber etwas ſauer /ſo830ſo leget er ſich des Abends auff ein Ohr / und bekuͤmmert ſich viel um die groſſen Leute / die ſich allerhand Narrenpoſſen im Schlaffe ſtoͤren laſſen.

Miſch.

So bleib ich doch dabey / die Nar - ren ſind die gluͤckſeligſten Leute / ſie wiſ - ſen nichts / ſie fuͤrchten ſich vor nichts / ſie bekuͤmmern ſich um nichts / und wenn es dazu koͤmt / daß andere Leute wollen lu - ſtig ſeyn / ſo muß ein galanter Spielmañ von meiner Gattung dazu gebeten wer - den.

Qver.

Laſſet euch doch erklaͤren / was nur der Nahme Politicus vor ein herrlich Ding zu bedeuten pfleget.

Mod.

Wenn wir die Sachen nach dem euſerlichen Nahmen urtheilen wollen / ſo weiß ich nicht / was vornehmer iſt / als ein Studioſus Theologiæ.

Sec.

Nahmen hin / Nahmen her / ich lobe einen Mann / der von einem Lande zum andern reiſet / und dem die Leute die Ko - ſten zur Reiſe bezahlen muͤſſen.

Cont.

Jch ſetze mich in meine Werck - ſtatt / die bilde ich mir ſo gut ein / als diegantze831gantze Welt: Damit bin ich in meiner Herrligkeit fertig.

Rep.

Jch bilde mir ein / meine Hoͤltzer ſind Tuͤrcken und Tartern / damit bin ich ſo luſtig / als wenn 100000 Leute von mei - ner Hand geſtorben waͤren. O glaͤubt mir bey einer Klaffter Holtz kan ich viel - mahl an den Tuͤrcken gedencken.

Miſch.

Wenn es nach der Einbildung ge - hen ſol / ſo wil ich dencken / meine Pa - pierne Krauſe iſt ein goͤldnes Feld-Zei - chen.

Friſ,

Ach verſchont mich doch mit dem ver - wirrten Weſen.

Miſchm.

Herr ich bin ſelbſt uͤbel zu frieden / daß ein ehrlicher Menſch in ſeinen Ge - dancken ſoll verunruhiget werden: Doch halt / wir wollen ein Examen an - ſtellen / dabey ſie des Pralens vergeſſen ſollen. Es iſt ia wahr / der Herr iſt ein Politicus?

Qver.

Ja davor gebe ich mich aus.

Miſchm.

Jch bilde mir ein / ich bin noch ein beſſerer Politicus.

Qver.

Jch weiß nicht / wer ihr ſeyd / doch die Gewalt wird in euerm Privilegionicht832nicht ſtehen / daß ihr die Klugheit wollet zur Narrheit machen.

Miſchm.

Wir muͤſſen einander recht ver - ſtehen / die Politic iſt entweder eine Klugheit / und alſo bin ich kluͤger als ihr / oder ſie iſt eine Narrheit / und ſo bin ich naͤrriſcher als ihr.

Qver.

Jch begehre meinen Wolthaͤter an ſeinem Nahmens-Tage nicht zu ſchimpffen / ſonſt weiß er wol / daß ich gar unleidlich bin.

Miſchm.

Wer unleidlich iſt / der iſt kein Politicus. Zu Hofe muß man viel in - jurien einfreſſen / und muß noch groſſen Danck dazu ſagen / man muß viel diſſi - muliren / man muß viel bittere Pillen vor Biſen-Kugeln verſchlingen. O mein guter Freund / auff dieſem Hand - wercke ſeyd ihr noch kein Meiſter / komt / komt / und laßt euch ein Glaͤßgen Wein davor ſchmecken / das werdet ihr beſſer koͤnnen.

(Er ſuͤhret ihn hinein.)
Miſch.

Aber wer wil ein Studioſus Theo - logiæ ſeyn?

Mod.

Das bin ich.

Miſch.

Nun ihr ſeht doch bald ſo aus / alswenn833wenn mit der Zeit ein Senior aus euch zu ſchnitzen waͤre.

Mod.

Wenn es dahin kommen wird / ſo halt ich davor / man wird euch im Con - ſiſtorio kein Votum abfodern.

Miſch.

Kan ich euch mit keinem Voto helf - fen / ſo kan ich euch doch mit meinem Wunſche dienen: Aber warum ſol der liebe Stutzer da umſatteln / und ſoll eu - res gleichen werden?

Mod.

Darum daß ich mich am beſten da - bey befinde.

Miſchm.

Eine treffliche Antwort. Deß - wegen werden nicht alle duͤrffen Prie - ſter werden. Wo kaͤmen denn die Leute her / die euch den Decem braͤchten. O uͤberhaͤufft euch nicht in dem Hand - werck / ein Prælat wird dem andern nichts geben. Komt komt / laßt euch ei - nes ſchencken / alsdann ſoll euch meine Weißheit beſſer zu ſtatten kommen.

(Fuͤhret ihn hinein.)
Miſchm.

Herr Wirth / verzeiht mir / was ich an euch thun werde.

Sec.

Kommt mir nicht naͤher / ich bin ſol - cher Reden nicht gewohnt.

Miſchm.
834
Miſchm.

Und weil ich eurer Reden nicht gewohnt bin / ſo muß ich naͤher kommen. Warum wolt ihr den ehrlichen Men - ſchen flugs zum Handelsmanne ma - chen.

Sec.

Darum / daß er ſein Capital deſto beſſer gebrauchen ſoll. Jch dancks noch meinen Eltern in der Grube / daß ſie mir zu einem ſolchen Stande ge - holffen haben.

Miſchm.

Habt ihr einen guten Stand / ſo bleibet doch drinne / und zwinget kei - nen andern darzu / daß er euch verdrin - gen ſol. Wenn alle Leute ihr Capi - tal nuͤtzen wollen / wo bringen wir denn endlich ſo viel Narren zuſammen / die Intereſſe geben. Komt / komt / und ſchenckt euren Gaͤſten eines davor ein / ſo koͤnt ihr euern Neben-Chriſten beſ - ſer dienen.

(Fuͤhrt ihn hinein.)
Miſch.

Nun ihr lieben Leute wie ſtehts / wolt ihr mit mir diſputiren / oder wolt ihr lieber im Anfange mit einer gnaͤdi - gen Kappe vorlieb nehmen.

Cont.

O ich bin ein unverworrenerMann835Mann / wenn mein Reden nicht tuͤgen ſoll / ſo kan ich wol ſtillſchweigen.

Rep.

Ja wenns ein Scheit Holtz waͤre / da weiß ich wol / wo der Keil hingehoͤret; Aber in euer loſe Maul darff ich keinen Keil ſtecken / drum bleibe ich auch mit meiner Holtzaxt daheim.

Miſch.

Nun nun / wenn ihr nichts zu reden habt / ſo geht nur hinein / und laßt euch eines ſchencken / der Wein iſt gar kraͤff - tig / ihr ſtummen Leute werdet wol re - den lernen.

(Fuͤhret ſie hinein / und gehet ab)
Friſ

Was ſoll ich aus der Welt machen? Jch finde ſo viel Praler / die ſich hernach - mals auch einen poßierlichen Wider - ſacher eintreiben laſſen / ich muß nur ge - hen / ſonſt muß ich wider meinen Wil - len zum Narren werden / oder muß mein Geld in der Compagnie vertrin - cken / das mir im geringſten nicht anſte - het.

(gehet ab.)
N nVierd -836

Vierdter Handlung Achter Auffzug.

Miſchmaſch des Artztes luſtiger Diener. Urbino ein Kunſt-Mahler. Minio ein Brieff-Mahler.
Miſchm.

Nun ich habe meine Geſellſchaft brav ins Geſchicke gebracht / wenn ſie nur werden etliche Kaͤnngen ausgeſto - chen haben / ich wil ihnen meine Weiß - heit unter die Naſe reiben / daß ſie brauſen ſollen wie die Hamſter. Doch ihr Leute / habt ihr den frembden Herrn nicht geſehen. Er hat gewiß gedacht / es ſtecket eine Verachtung darhinter / weil ich ihn allein gelaſſen habe. Nun wieder ein Exempel von einem Men - ſchen / der ſeinem eigenen Gluͤcke ent - lauffen iſt. Aber ihr Herren / was duͤn - cket euch / habe ich nicht feine Qvackſal - ber zuſammen gebracht / ein iedweder lobt ſeine Waare / und der andre ſol ſich verachten laſſen / der ſucht nun revenge,und837und wil mit ſeiner Buͤchſe braviren. Jch geſtehe es / das Gedaͤchtniß iſt mir viel zu kurtz / wo ich alles behalten ſoll / was mir allein begegnet iſt / und ich wer - de zum Mahler gehen / und werde mir etliche laſſen abmahlen / ſo kan ich dar - nach in unſerer Conferenz die Geſichter etwas beſſer beſchreiben. Doch laß ſe - hen / zu meiner Zeit hatten ja die Mah - ler ihre Werckſtatt um dieſe Gegend / und ich rieche es faſt an den Oelfarben / daß ich nicht weit davon bin. Holla / ha / iſt kein Mahler hier?

(Sie kom - men heraus geſprungen.)
Min.

Was verlangt der Herr?

Urb.

Stille / ſtille / er will gewiß mit mir reden.

Miſchm.

Jch verlange einen rechtſchaffe - nen Mahler / der in den Geſichtern gluͤckſelig iſt.

Min.

Er bleibe nur bey mir / ich habe wol eher in einer Stunde 1000. Geſichter illuminiret.

Urb.

Aber der Holtzſchnitt muſte zuvor fertig ſeyn. Der Herr bleibe nur hier / ich hoͤre doch / es wird was kuͤnſtlichesN n 2ſeyn838ſeyn ſollen. Er komme mit in mein Bilder-Cabinet / ich will ihm Stuͤcke weiſen / die er in Europa nicht ſehen ſol / von dem Albrecht Duͤrer / von dem Lu - cas Cranach / von dem Herrn Titian, ja ich wolte ihm noch eine Raritaͤt wei - ſen / von dem Apelles, wenn ich ſie nicht vor kurtzer Zeit an einen groſſen Koͤnig um 20000. Cronen verkaufft haͤtte.

Min.

Ein eben Thun mit Narrenpoſſen. Johann Ballhorn iſt auch kein Narr geweſen / und zu der Zeit / da Hans Sachſe ſeine Figuren hat laſſen illumi - niren / da ſeyn ihm die Stuͤcke mit har - ten Reichsthalern bezahlet worden. Jtzund heiſſen es 1000. Cronen / und ſeyn doch wol abgeſetzte Guͤlden-Stuͤ - cke. Jch geſtehe es / ich bin ein Brief - Mahler / und zur Noth wolte ich wol ei - ne ſaure Gurcke ſo ſchoͤn ab copireu / daß man ſie vor einer gruͤnen gar wol erkennen ſolte. Aber deßwegen hab ich gleichwol was in meinem Laden / das ich einem redlichen Manne weiſen kan.

Urb.

Ach ſchweig / meine Jungen ſteubenmehr839mehr koſtbare Farben vom Reibeſteine weg / als euer gantzer Kram werth iſt.

Min.

Mein Geld / das ich vor gemahlte Brieffe kriege / nehmen ſie wol eher im Weinkeller / als eure Kronen vor die Kunſt-Stuͤcke. Und gewiß / ich wil eher 2000. Bauern betriegen / die mir vor ein gemahltes Wunder - Zeichen einen Groſchen geben / das macht etliche achzig Thaler / als ihr ei - nen reichen Phantaſten ausforſchen koͤnnet / der euch vor die ſchoͤne Lucretie nur 40. Thaler bezahlet.

Urb.

Jhr gebt euch aber vor einen Ge - ſicht-Mahler aus? Mein / was habt ihr vor einen Unterſcheid zwiſchen einem En - gels-und deinem Eſels Kopffe. Jch halte euer Vater hat euch die beſte Kunſt beygebracht / daß er euch hat ſchreiben gelernet. Denn ſo koͤnt ihr mit leſer - lichen Buchſtaben druͤber ſchreiben: Das iſt ein Engel / das iſt ein Eſel.

Min.

Jch geſtehe es / daß ich meine Kund - Leute gerne berichte / was ſie kauffen. Thut ihrs doch auch. Neulich ver - kaufft ihr den Tuͤrckiſchen Kaͤyſer / eyN n 3wie840wie ſchoͤn koͤnt ihr den Nahmen darzu ſchreiben / und ich will ſchweren / ſonſt haͤtten tauſend Leute ſollen voruͤber ge - hen / und niemand haͤtte das freundliche Angeſichte gekant.

Miſch.

Jhr Herren / ich wil keinen verach - ten / aber ich will Geſichter mahlen laſ - ſen / da muͤſſen die Nahmen druͤber ge - ſchrieben werden.

Urb.

Ey das iſt gar recht / wenn man ge - wiſſe Perſonen abgemahlet / frembde Gebaͤude / frembde Gewaͤchſe / Thie - re und dergleichen / ſo ſchreibt man frey - lich den Nahmen darzu. Aber der ſchoͤne Meiſter ſolte neulich ein Dorff mahlen / darnach war alles ſo kuͤnſtlich getroffen / daß er druͤber ſchreiben mu - ſte / das iſt die Kirche / das iſt die Wind - muͤhle / das iſt der Galgen / wer nun ſo kuͤnſtlich iſt / daß er im Mahlen keinen Unterſchied zwiſchen einer Kirche und und einem Galgen treffen kan / der moͤchte ſich immer mit ſeiner Kunſt in ei - ne ſolche Kirche wuͤnſchen.

Min.

Ey was frag ich nach eurem Geplau - der / hab ich doch wol mehr Kirchen ge - mahlet / als ihr.

Urb.
841
Urb.

Wenn ihr euch einmal verirret / ſo moͤcht ihr auch wol den Galgen mah - len / ich laſſe mich zu ſolcher Arbeit nicht gebrauchen.

Min.

Wenn es lange waͤhret / ſo werffe ich mit Schelmen um mich.

Urb.

Ha du Lumpenkerl / ich habe mich bey Fuͤrſten und Herren verſuchet / und es hat mir wol eher ein groſſer Poten - tat den Pinſel auffgehoben / und ich ſol von dir ſolche injurien einſchlucken. Sihe da / du ungeſchliffener Pengel.

Min.

Wo er mich pruͤgelt / ſo leide ich Ge - walt. Ach ihr Kinder helfft euerm Vater ſchreyen.

(Etliche Knaben von den Schul - Jungen kommen heraus geſchrien: Ach unſer Vater / unſer Vater.)
Urb.

Jch ſchone der ungezogenen Kinder / die von deiner Brieff-Kleckerey leben muͤſſen / ſonſt wolte ich dir dein Recht noch dieſe Stunde thun.

Miſchm.

Jhr Herren / ihr ſolt mir meine Qvackſalber abmahlen / ich weiß nicht / wer euch darnach abmahlete. Jch muß zu einem Stulſchreiber gehen / der mirN n 4ein842ein fein zierlich Protocoll ſchreibet.

(Gehet ab.)
Min.

Jhr Kinder verlaßt mich nicht / und wenn er mich ſchmeiſſen wil / ſo ſchreyt / was ihr aus Leibes-Kraͤfften ſchreyen koͤnnet.

Urb.

Nun hoͤre du Lumpenkerl / vor was haͤlteſtu mich?

Min.

Schreyt / ſchreyt / ihr Kinder ſchreyt.

(Sie ſchreyen unbarmhertzig.)
Urb.

Das Geſchrey ſoll mich auch nicht abhalten. Gib mir Satisfaction vor den Schimpf.

Min.

Laßt mich zufrieden / oder die unmuͤn - digen Kinder ſollen noch einmal uͤber euch ſchreyen.

Urb.

Es ſind noch huͤbſche unmuͤndige Kinder / ſie koͤnnen noch das Maul auff - ſperren / ich ſpreche immer / nach den haͤßlichen Rangen illuminiret ihr eure Briefe. Jch ſahe neulich ein Gaͤnſe - ſpiel / da ſaß mitten ein Mann mit einem gruͤnen Barte / entweder der Junge iſt ein Muſter von dem Manne / oder der Mann iſt ein Muſter von dem Jungen.

Min.

Ach der Mann denckt / er machtſchoͤnere843ſchoͤnere Arbeit / als unſer Herr Gott. O ſchreyt ihr Kinder ſchreyt!

(Sie ſchreyen.)

Vierdter Handlung Neundter Auffzug.

Die vorigen. Solipſo ein Staatsmann. Bravado deſſen Diener.
Sol.

Woher entſtehet ſo ein jaͤmmerlich Wehklagen? Sind wir auff der Welt nicht geſtrafft genug / daß wir noch neues Elend von ſolchen wilden und un - bendigen Beſtien erleben muͤſſen.

(Min. Verſteckt ſich gantz furcht - ſam mit ſeinen Knaben in einem Winckel.)
Sol.

Gehe doch / und frage ſie / wer Urſa - che zum Streite gegeben hat.

Brav.

Mein Herr / wil wiſſen / was der hefftige Tumult zu bedeuten hat.

Min.

Das hat es zu bedeuten: Wer ſich mit den Faͤuſten nicht wehren kan / der muß ſich mit ſeinen Kindern wehren.

N n 5Urb.
844
Urb.

Das hat es zu bedeuten / daß der ſtin - ckichte Kaͤfer den Adler auff einen Kampff ausgefodert hat.

Brav.

Jch weiß nicht / was ich aus dieſer Antwort nehmen ſol. Jch bitte / nothi - get euch nicht darzu / daß ihr mit meinem Herrn bekant werdet.

Urb.

Jch bin mit Fuͤrſten und Herren be - kant / ich wil hoffen / von der Bekant - ſchafft werde ich nicht ſterben.

Min.

Und wenn er ſich gar zu mauſig macht / ſo ſchreyen meine Kinder noch einmal.

Sol.

Jch werde das nicht vertragen / daß mein Diener auffgehalten wird / wer thut einander unrecht / daß der beleidig - te Theil ſein Geſchrey biß an den Him - mel erheben muß.

Urb.

Jch weiß nicht / wer der Herr iſt / drum vergebe er mir / wo ich im Titul etwas ſparſam bin. Aber an meinem Kleide wird er wol ſehen / was ich vor ein Kuͤnſtler bin / und an deſſen Federn wird er auch leichte mercken / was er vor ein Vogel und vor ein Stuͤmper iſt.

Sol.

Deſſentwegen darff aber kein Stuͤm -per845per von einem Kuͤnſtler Schlaͤge leiden. Je kuͤnſtlicher du biſt / deſto tieffer de - muͤthige dich.

Urb.

Aber ein Stuͤmper ſol auch einem Kuͤnſtler keinen garſtigen Nahmen ge - ben.

Sol.

Habt ihr das gethan?

Min.

Ach Herr redt mich nur nicht ſo ſcharff an / meine Kinder ſind gar ſcheu / ſie ſchreyen flugs.

Sol.

Eine kahle Entſchuldigung. Doch in was vor Profesſion iſt der Herr ein Kuͤnſtler?

Urb.

Der Herr wird von einem Mahler gehoͤret haben / der zu Venedig von ei - nem Stuͤcke 6000. Cronen kriegt hat / derſelbe bin ich.

Sol.

Er komme doch auff ein Wort. Jch habe gleich ſolchen vornehmen Mann geſucht.

(Sie reden heimlich mit einander.)
Min.

Hoͤrt doch Junggeſellchen / wer iſt denn euer Herr?

Brav.

Ach es iſt ein vornehmer Mann / er will ſich mit ſeinem Geſchlechte nicht zu erkennen geben.

N n 6Min.
846
Min.

Jch daͤchte / wenn ich ein groſſer Herr waͤre / ſo muͤſtens alle Leute wiſſen.

Brav.

Ach er haͤtte gar zu groſſen Zu - ſpruch / und muͤſte ſich allenthalben lan - ge auffhalten laſſen / zu geſchweigen / was er vor Exceſſe im Truncke begehen muͤſſe.

Min.

Nu nu / groſſe Herren haben heimli - che Anſchlaͤge. Aber er wird ſehr viel Geld zu verzehren haben.

Brav.

Das koͤnt ihr euch wol einbilden / er muß alle Stunden drey Thaler ver - zehren / und wenn er einen Groſchen zu wenig verthan hat / ſo wird ihm ſein Erb - theil vor der Naſe weggenommen.

Min.

Wie koͤm̃t das?

Brav.

Der Vater hats im Teſtamente ſo verſchrieben.

Sol.

Jhr Mann mit euern Kindern / die Boßheit ſol euch vor dißmal geſchencket ſeyn / trollet euch nur in das Hauß / daß ihr uns nicht im Geſichte herum ge - het.

Min.

Jhr lieben Kinder / ihr ſeyd mein Schwerdt und Bogen / hey ſa die Vi - ctorie iſt unſer.

(geht mit ihnen ab.)
Sol.
847
Sol.

Alſo habt ihr nun die Nachricht von meiner Perſon / und derohalben duͤrfft ihr euch nicht verwundern / wenn ich et - liche Schildereyen / das Stuͤcke vor 1000. Cronen verlangen moͤchte. Denn ich habe zwar meine Gemaͤcher ſehr ſchoͤn meubliret / allein ich wolts gerne ſo haben / daß ich alles dreymal veraͤndern koͤnte.

Urb.

Ja wem mit Kunſt-Stuͤcken gedie - net iſt / der ſol gar bald gefoͤrdert wer - den. Jch habe eine fluͤchtige Fauſt / zehen andre ſollen mir nicht gleiche mahlen.

Sol.

Aber er hat jemand vor ſich / der wol bezahlet / aber der auch ſeine Arbeit ge - ſchwinde haben wil.

Urb.

Jch handele gerne mit rechten Leuten / ich bin bißhero ziemlich gewitziget wor - den / da ich vor geſchwinde Arbeit lang - ſame Bezahlung bekomme.

Sol.

Jch halte den Brauch / wenn die Waare da iſt / ſo folgt die Bezahlung / und da ſtell ichs allen frey / ob ſie in ſpe - cie Ducaten / Reichsthaler / oder kleine Scheide-Muͤntze haben wollen: DochN n 7wenn848wenn ich vor 5000. Waare bey ihm be - ſtelle / was giebt er mir zu Pfande / daß ich mich darauff verlaſſen kan?

Urb.

Jch darff nichts zu Pfande geben: Denn der Schade iſt ohn dem meine / wenn ich die Bezahlung verſaͤume. Jch wolte lieber hoͤren / ob ich 1000. Reichs - thaler zur Verſicherung auff die Hand bekommen koͤnte.

Sol.

Jch weiß / mir iſt an den Kunſt-Stuͤ - cken mehr gelegen / als euch an euerm Profit. Und er bedarff doch das Geld nicht zu Brodte / weil er mit ſeiner ge - ſchwinden Fauſt viel 1000. Reichstha - ler verdienen kan. Er gebe mir 3000. Reichsthaler zu Pfande / daß ich ſeine Stuͤcke gewiß bekomme.

Urb.

Mein Herr / es gehet viel auff Lein - wand / auff Farbe / und auff groſſe Cor - reſpondenten. Jch wuͤſte bey meinem groſſen Verdienſte nicht ſo viel Geld zuſammen zu bringen.

Sol.

So gebe er mir vor ſo viel 1000. Reichsthaler Schildereyen zu Pfande.

Urb.

Was ich mahle / das wird beſtellet. So hab ich immer zu thun / und wennich849ich die gantze Woche gearbeitet habe / ſo iſt auff den Sontag kein Stuͤcke ver - handen.

Sol.

Ha du Betrieger / ich halte / du ſieheſt mich vor einen Kerlen an / der dich um dein Geld betriegen will. Entweder ſchicke dich zu meinem Contracte, oder gehe nach Hauſe / da will ich dir zu rech - ter Zeit eine Viſite geben.

Urb.

Jch kan wol gehen / doch die Viſite will ich erwarten.

Sol.

Der lumpen Kerl war mir zu ſchlau / gleichwol muß iemand betrogen ſeyn / wenn ich den Staat fuͤhren ſoll / und vielleicht werde ich bey den lieben Leuten beſſere Expedition haben / die mir dort entgegen kommen.

Vierd -850

Vierdter Handlung Zehender Auffzug.

  • Solipſo ein Staatsmann.
    • Rodomondato Bagatello
    zwey gereiſete Per - ſonen.
  • Qverulo ein Studioſus Politices.
  • Langvetto ein Alter.
Rod.

Meinem Herrn zu gehorſamen.

Bag.

Und ihm zu dienen. Wir haben uns verhoffentlich zu rechter Zeit eingeſtel - let.

Sol.

Es iſt mir lieb / daß ſich die Leute an dieſem Orte zu ihrem Gluͤcke nicht zwingen laſſen.

Rod.

Wir æſtimiren rechtſchaffene Perſo - nen / und wo uns mit einem guten Ra - the begegnet wird / da laſſen wir unſere Danckbarkeit niemals auſſen bleiben.

Sol.

Die Herren geben Achtung / was ich vor einen Vorſchlag habe / ich habe eine Kunſt / daß ich Sand und Erde zu Ala - baſter machen kan / und wenn ich beden - cke / was mir ein Qvader-Stuͤcke auff der Stelle gelten muͤſſe / ſo muͤſte mirdas851das angewendte Capital zwantzigfach bezahlet ſeyn.

Rod.

Will er ſo guͤtig ſeyn / und uns die Kunſt wiſſen laſſen / ſo begehet er ein Werck / das wir allezeit ruͤhmen wer - den.

Bag.

Ja wenn ich 2000. pro cento habe / ſo will ich ihm die Helffte als 1000. iedes - mal verehren.

Qver.

Jch gebe von 20. Thalern 15.

Sol.

Ach behaltet euern Profit, er ſoll euch von mir wol gegoͤnnet werden. Doch gleichwie niemand erndtet / wenn er kein Capital in den Acker geſteckt hat / alſo werden wir auch zuvor etliche 1000 Thaler muͤſſen zuſammen legen.

Rod.

Jch meynte / wenn wir im Anfange die Qvader-Stuͤcke nicht ſo haͤuffig machten / biß ſich das Capital ſelber ein - ſtellete.

Bag.

Oder wir machten nur eins auff ein - mal / und theileten uns in die 20. Thaler.

Qver.

Zum wenigſten werden wir zuſehen / wie die erſte Probe gerathen will.

Langv.

Wo wir zu viel machen / ſo geht uns die Waare nicht ab / oder wir muͤſſenvor852vor ein Stuͤcke 10. Reichsthaler Fuhr - lohn geben.

Sol.

Ach lebet ohne Sorgen / in Holland will ich alles loß werden / und wenn wir alle Tage 2000. Stuͤcke machten. Nur dieſes muͤſſen die Herren mercken / wo man nicht viel auff einmal macht / da kommen wir bey einem Qvaderſtuͤcke nicht auff 20. Thaler.

Rod.

Wolan / ich will 1[2]000. Reichstha - ler legen / ſo bald ich was auff meine Guͤter borgen kan.

Bag.

Jch will der Compagnie 10000. Tha - ler cediren / die ich bey einem Grafen zu fodern habe.

Qver.

Jn einem halben Jahre will ich e - ben ſo viel legen / denn ich muß meine Capitalia zuvor in der Zeit auffkuͤndi - gen.

Langv.

So bald ich den Scheffel Korn werde vor drittehalb Thaler verkauf - fen / ſo will ich 5000. Scheffel dran ſpendiren.

Sol.

Jhr lieben Freunde / damit kriegen wir nicht viel baar Geld in die Haͤnde.

Rod.

Jch wolte zuſehen / daß 1000. Thalerbald853bald geleget wuͤrden: Doch es waͤre beſſer / wir fiengen ein Bergwerck an / oder wir lernten Gold machen / ſo duͤrff - ten wir nicht ſehen / wo Gold her kaͤme.

Bag.

Jch hielte davor / wenn wir uns mit einander erwerben wolten / ſo fiengen wir einen Handel an. Jch habe eine Probe / daß die gedoͤrreten Neſſeln zur Seide werden / wenn wir ein Privilegi - um ausbraͤchten / daß wir in dieſer Waare die Stapel-Gerechtigkeit haͤt - ten.

Qver.

Gienge es nicht an / daß wir ein Raub-Schiff auff der See hielten.

Langv.

O bringet eine Gerechtigkeit aus / daß der Dreck im gantzen Lande ſoll un - ſer ſeyn / ſo wollen wir mit dem Salpe - ter-Sieden auff cento pro cento kom - men.

Sol.

O ihr nichtswuͤrdigen Kerlen / ich ſehe doch wol / daß alle treue Vorſchlaͤge bey euch uͤbel angewendet ſind / ihr habt mir gleichwol die Hoffnung gemacht / daß ihr baar Geld zuſammen legen wollet. Bezahlet mir den Schimpff ein iedermit854mit 1000. Thal. ſonſt wird es trefflich windig.

Langv.

Der Herr iſt ohne dem reich ge - nug / wenn die Perſon 10. Thaler vor den Schimpff gebe.

Sol.

Ha ſchwatzt mir nicht von 10. Tha - lern / ſprecht 1000. darnach wollen wir handeln. Denn ich werde das Geld nicht zu meinem Nutzen anwenden / es iſt nur / daß ich eine Erkaͤntniß habe.

Langv.

Jhr Herren / ich ſpreche / der Hun - gerleider will was von uns haben / daß er ſeinen Staat fuͤhren kan.

Rod.

Mein Herr / er koͤmmt gar unrecht bey uns an / wir ſind ſelber alle Leute von Fortun, und wollen ſehen / wo ein Caͤusgen zu machen iſt.

Bag.

Jch dachte / wenn Geld eingeleget wuͤrde / ſo wolte ich das Meinige weg - fiſchen / aber ich ſehe / unſer Herr Princi - pal hat nicht viel anders gedacht.

Sol.

Nun wir ſind alle beyde betrogen / wer die Kunſt kan / der verrathe den Mei - ſter nicht. Und hiermit meine Dienſte.

(Geht ab.)
Rod.

Der dachte flugs ein Capital von10008551000. Thalern in die Haͤnde zu krie - gen.

Bag.

So machen es die heutigen Praler / der Staat ſoll gefuͤhret ſeyn / mit ehrli - chen Mitteln iſt nicht viel zu verdienen / damit gehen die hungrigen Woͤlffe / biß ſie ein armes Schaͤffgen verſchlungen haben.

Qver.

Mich ſolte niemand verſchlingen / oder es ſolte ihm was von meinem Ab - ſatze in der Kehlen ſtecken bleiben / dar - an er erſticken ſolte.

Lang.

Nein / wer Fuͤchſe fangen will / der muß die Alten zufrieden laſſen / ich bin gar zu vielmal dabey geweſt / da man die Fuchsloͤcher ſtuͤrmet / ich laſſe mich nicht betriegen.

Rod.

Nun Serviteur ihr Herren.

(Sie nehmen alle mit gewiſſen Ce - remonien Abſchied.)
Vierd -856

Vierdter Handlung Eilffter Auffzug.

  • Miramiremirimiro der Schulmei - ſter.
    • Curio Fabio
    zwey Buͤrgers-Kinder.
Mir.

Jſt es wahr / kan ich mich drauff ver - laſſen.

Cur.

Jn alle Wege kan ſich mein geweſe - ner Herr Præceptor drauff verlaſſen / ich habe es gehoͤret.

Mir.

Habt ihr gehoͤrt / daß der Gerichts - Scholtze fertig iſt?

Cur.

Ja ich habs aus des Herrn Verwal - ters ſeinem Munde.

Mir.

Wer iſt denn darzu kommen?

Cur.

Jch weiß nicht / ich habe nichts gehoͤ - ret.

Mir.

Jch ſpreche / der neue Gerichts - Scholtze hat Brandtwein zum beſten gegeben. Was nehme ich aus der Rede / ich habs gehoͤret / ich habe es nicht gehoͤret. Mein ſagt ihr mir / iſt der Gerichts-Scholtze fertig.

Fab.
857
Fab.

Ja / er traue meinen Worten / das mal iſt er fertig / und wer auff das vor - nehme Amt hoffen will / der muß war - ten / biß der neue geſtorben iſt.

Mir.

Koͤnnt ihr ſchweren / daß wahr iſt?

Fab.

Warum ſolte ich nicht ſchweren koͤn - nen / die Sache iſt zu gewiß.

Mir.

Wer iſt denn darzu kommen?

Fab.

Jch weiß nicht.

Mir.

Wird mir der Kopff nicht wunderlich gemacht / ich muß nur recht methodice fragen: Habt ihr den neuen Gerichts - Scholtzen geſehen?

Cur.

Nein / das kan ich nicht ſagen / ich ha - be keinen Gerichts-Scholtzen geſe - hen.

Mir.

Wißt ihr auch nicht / wer es worden iſt?

Cur.

Nein / das weiß ich nicht.

Mir.

Nun ſo wird er auch noch nicht fer - tig ſeyn.

Cur.

Ja / ja / doch ja / er iſt fertig / wenn ich was rede / ſo wirds ja wahr ſeyn.

Mir.

Jch komme mit meinem Examen nicht fort.

Fab.

Jch mereke wol / wo der Herr nauswill.858will. Der Verwalter ſagte wider uns / der Gerichts-Scholtze waͤre fertig / er ſagte aber nicht / welches die Perſon waͤre.

Mir.

Siehe da / haͤtte ich doch bald ein Miß - trauen in die Herren geſetzet.

Cur.

Jch dachte ein Mißtrauen / wenn ich dem Herrn nicht wolte danckbar ſeyn / ich koͤnte keinen Qvirl in der Kuͤche mit gutem Gewiſſen anſehen.

Mir.

Nun habt Danck vor die Nachricht. Jch ſehe wol / wenn ich eine Muſic brin - gen will / ſo muß ich nur was ins gemein hinmachen. Es gehet in der Welt ſo zu / wenn iemand ein vornehm Amt kriegt / ſo wird er geruͤhmet / als wenn er der beſte waͤre / haͤtte ſich das Gluͤcke umgekehret / daß ein ander an die Stel - le kommen waͤre / ſo waͤre derſelbe der beſte.

Cur.

Nun viel Gluͤcks zu ſeiner Muͤhe / daß ſie wol ablaͤufft.

Fab.

Und viel Gluͤcks zum Trinck gelde / das doch gewiß erfolgen wird.

Mir.

Jch dachte / viel Gluͤcks zu meinen Ad - juvanten / daß ſie mir keine Sau ma - chen.

Vierd -859

Vierdter Handlung Zwoͤlffter Auffzug.

Miramiremirimiro der Schulmei - ſter. Virgulto ſein Sohn. Miſchmaſch, der luſtige Diener. (Nebſt den geſammten Schul - Jungen.)
Virg.

Da bring ich einen feinen Kerlen / der ſoll uns helffen ſingen / mich deucht / wo er vor der Thuͤre ſo gut ſinget / als im Keller / ſo wirds gar lieblich heraus kommen.

Mir.

Wer ſeyd ihr?

Miſch

Jch bin ſo ein Politicus, ich lege mich auff alle Sachen / daß ich allen Leuten dienen kan.

Mir.

Wer das kan / der muß fortkommen. Aber wie wird er ſich in unſerer Muſic befinden?

Miſch.

Es iſt um ein klein Verſuchen zu thun / die Probe wird es geben.

Mir.

Was ſind das vor Narrenpoſſen / man wird die Lieder erſt verſuchen.

O oMiſch.
860
Miſch.

Jch bin bey vornehmen Muſiqven geweſt / die haben allezeit muͤſſen verſu - chet werden.

Mir.

Ach die elenden Narren / wenn ſie ih - re Sachen recht gelernet haͤtten / ſo dürfften ſie es bey der Probe nicht erſt lernen. Jhr Purſche / ſeht nur auff mich / erſtlich ſinge ich allein / und wenn ich euch wincke / ſo ſingt ihr mir nach. Was kan auff der gantzen Welt leich - ter ſeyn.

Miſch.

Aber wie viel Stimmen werden wir zuſammen machen / ich ſinge nicht gerne hoch / ich ſinge nicht gerne tieff.

Mir.

Wenn ich ein Stuͤcke componire / ſo geben ſich die Stimmen ſelber. Nur fort / es poltert trefflich / die Herren wer - den gewiß fertig ſeyn.

(Die mittelſte Scene eroͤffnet ſich / da iſt Capulo der Verwalter mit ſeinen neuen Gerichts-Schol - tzen / und den andern. Der Schulmeiſter ſinget:)
Jhr861

Jhr Buͤrgeri wuͤſt ihri wol ij.

ij. Der Scholtzeni ſoli nun fertige ſeyn / der

Reiche uñ Armeni groß unde klein / mit Weißheiti

richteni ſol / mit Weißheiti richteni ſol.

2.
Es iſt ein braver Mann /
Er ſorgt vor unſer taͤglich Brodt /
Und greifft die allgemeine Noth
Mit beyden Haͤnden an.
3.
Wer was dawider ſpricht /
Der ſchimpfft den lieben Schieferſitz /
Ein Mann von ſolchem Rath und Witz
Jſt in dem Lande nicht.
4.
Jch komm / und zeige mich /
Der Landes-Vater ſteht mir an /
Und wer ihn nicht erleiden kan /
Der ſey ein Narꝛ vor ſich.
O o 25. Jhr862
5.
Jhr lieben Kinder ſingt /
Das iſt ein Mann / der alles thut /
Der euch und eurer Eltern Gut /
Jn das Geſchicke bringt.
6.
Und weil ihr ſolches wißt /
So wuͤnſchet ihm an Seel und Leib /
Ein reiches Haus / ein from̃es Weib /
Biß er geſtorben iſt.

Vierdter Handlung Dreyzehender Auffzug.

Die vorigen.
    • Morſulo Pilulo
    zwey Gerichts-Secretarii.
Morſ.

Wieder eine neue Qvackſalberey / die Kerlen wiſſen vielleicht nicht genug zu ſchreyen / ſo muͤſſen andere Schlucker kommen / die ſich zum Geſchrey brau - chen laſſen.

Pil.

Jch ſage diß: Mein Regiſter iſt voll. Wo ich noch laͤnger den Wunder - wercken nachziehen ſoll / ſo muß ich in meinem Protocoll das andere Rieß Papier anfangen.

Morſ.
863
Morſ.

Man ſehe nur / wie die Herren deli - beriren / wie ſie den trefflichen Muſican - ten was vor die Kehle ſpendiren wol - len.

Pil.

Und man ſehe nur den Hochmuth des Schulmeiſters an / der bildet ſich mit ſeiner Muſic mehr ein / als der vornehm - ſte Capellmeiſter.

Cap.

Die Herren kommen etwas naͤher herein / wollen ſie uns mit ihrer Muſic bey der Taffel auffwarten / ſo wird es in allen Gnaden vermercket werden.

Mir.
(zu Miſchmaſch)

Guter Freund / ich will mich ſchon danckbarlich abfinden / er abſentire ſich immer / die vornehmen Leute moͤchten dencken / als wolte ich ihn zum Subſtituten machen.

Miſch.

Ey geht immer fort / ich weiß ohne dem / daß mir die Compagnie nicht anſtehet.

(Der Schulmeiſter gehet mit den Seinen in die mittelſte Scene, welche zufaͤllt.)
Miſch.

Ja wer ein Narr waͤre / und lieſſe ſich dahin zu Gaſte bitten. Die erſte Beqvemligkeit iſt / eine niedrige Stu -O o 3be /864be / da der Dampff nicht hoͤher kan / als die Koͤpffe ſeyn. Zum andern kleine Fenſter / daß man ſich an der fꝛeyen Lufft nicht vergreiffen darff. Zum dritten / Backofen Gebratens. Zum vierdten ein Rauchplatz in der Feuermauer ge - backen; Aber wer mich zu Gaſte bit - tet / der gebe mirs beſſer / als ichs dahei - me habe / ſonſt kan er mich ohne Scha - den meiner Ungnade davon laſſen.

Morſ.

Guter Freund / wie ſtehts / ich halte / ihr qvackſalbert noch einmal / damit ihr euch in die Rolle ſchreiben koͤnnet?

Pil.

Wenn ihr euch zehnmal hinein ſchrei - bet / ſo habt ihr auff die letzte mehr Per - ſonen.

Miſch.

Ach meine Herren / ſie wiſſen wol / wer von den Leuten etwas poßirliches erfahren will / der muß bißweilen ein Narr mit ſeyn / ſonſt koͤmmt man nicht fort.

Morſ.

Ein ieder mache es ſo / wie ers ver - antworten kan / aber hoͤret / gruͤſt euren Herrn von meinetwegen.

Miſch.

Groſſen Danck von ſeinetwegen.

Morſ.

Was habt ihr euch in des HerrnNah -865Nahmen zu bedancken / da ihr nicht wiſſen koͤnnt / ob ihm der Gruß ange - nehm iſt.

Miſch.

Man darff mir die Hoͤffligkeit nicht verbieten / ich laſſe mich gar leicht bereden / und mache es groͤber / als ichs verantworten kan.

Morſ.

Nun ſo gruͤſt nicht euren Herrn.

Miſch.

Er rede nur weiter / ich bedancke mich nicht.

Morſ.

Und ſaget / daß wir unſre Zuſam̃en - ſchafft noch heute vor Abends anſtellen muͤſſe / damit wir alſo bey fruͤhem Mor - gen bey dem hohen Richter wegen der auffgetragenen Commiſſion Antwort geben koͤnnen.

Pil.

Sagt auch / wo ſie was auffgezeichnet haben / ſo moͤchten ſie alles bey der Hand behalten.

Miſch.

Wir werden zu thun haben / wo wir den Abend ſollen fertig werden. Jch habe mich ſelber in meinem Zettel 27. mal / von andern Leuten habe ich 27. Blaͤtter voll / auf einem iedweden Blat - te 27. Narren / ja wie viel iſt nun 27. mal 27?

O o 4Morſ.
866
Morſ.

Es mag ſo viel ſeyn / als es will / wir haben eine Kunſt / die uns alle Rech - nung gar leichte machet. Nun ver - geſt es nicht / wir ſind aus der Schuld / wo was verſaͤumet wird.

(Gehen ab.)
Miſch.

Es wird eine luſtige Zuſammen - kunfft ſeyn / ſonderlich wo die Herren ſo lange ſitzen bleiben / biß ich referente werde.

(Er kriegt einen groſſen Zettel raus / und rechnet.)

Vierdter Handlung Vierzehender Auffzug.

  • Miſchmaſch ein luſtiger Diener.
    • Parapiriduromuroforcides Bombagranitympotaratan - tides.
    zwey Groß - ſprecher.
Par.

Es iſt unmoͤglich.

Bom.

Der Wirth im Weinkeller kan mich nicht betriegen.

Par.

Soll uns der Schelm ins Narren - Regiſter geſchrieben haben?

Bom.
867
Bom.

Ey das waͤre gut genug. Er hat uns oben an geſchrieben / und wenn er ſein Regiſter auffweiſen wird / ſo haben wir den Schimpff / daß wir die groͤſten ſeyn.

Par.

Jch werde einmal die unleidliche Sei - te raus kehren.

Bom.

Und ich will den Vogel ſo lange cu - rentzen / biß er ſeine inwendige Seite ſelber heraus kehret.

Par.

Doch iſt das nicht der Rechtſchul - dige?

Bom.

Er hat ſeinen Zettel in der Hand / wir wollen darnach ſehen.

(Sie ſchleichen hinter ihm drein / und gucken ihm in den Zettel / endlich reiſſen ſie ihm denſelben aus der Hand.)
Miſch.
(ſpringet auff)

Jhr Leute / wie wird mir / ich ſitze in Gedancken / und bilde mir ein / ich ſtudiere / und da ich die Augen recht gebrauchen will / ſo iſt mir alles verſchwunden.

Par.

Nein / du Kerls / es iſt nicht alles verſchwunden / wer hat den Zettel ge - ſchrieben?

O o 5Bomb.
868
Bomb.

Und was bedeuten die Nahmen mit den groſſen Buchſtaben?

Miſch.

Die Herren fragen mich viel zu zeitig / ich kan nicht leſen / alſo iſt der Be - weiß wol klar / daß ich auch nicht ſchrei - ben kan.

Par

Wir haben es in deiner Hand gefun - den / drum mache uns den Thaͤter / oder reſolvire dich zu dem hoͤchſten Ungluͤcke.

Miſch.

Was ſoll aber der Thaͤter leiden?

Par.

Er ſoll ſo viel Maulſchellen kriegen / als Buchſtaben in dem Buche ſeyn.

Miſch.
(ad Spect.)

Auff die maſſe werden die lieben Herren den Thaͤter nicht raus kriegen.

Bomb.

Nun wir werden auff die Antwort ſollen warten / wir wiſſen doch / daß du der Schelm biſt. Nun ſolſtu erfahren / daß du die unrechten auffgeſchrieben haſt.

Par.

Vor allen Dingen friß mir dieſen Brieff / ſo groß und ſo dicke er iſt / in dei - nen Hals. Darnach hoͤre an / was dir weiter wird dictiret werden.

Miſch.

Nun ich habe mein Lebtage viel naͤrriſch Ding freſſen lernen / Schne -cken /869cken / Krebſe / Froͤſche / Sardellen / Au - ſtern / Haſen-Schwaͤntzgen / Hammel - Nieren / Fuchs-Wuͤrſte und derglei - chen / aber noch keinen Brieff habe ich gefreſſen. Jhr Herren / was laßt ihr mir vor eine Tuncke darzu machen / das Confect ſticht mich ſonſt in die Kehle.

Par.

Ein paar dichte Maulſchellen / ſo wird die rothe Tuncke nicht auſſen bleiben. Friß / oder wir ſchmeiſſen.

Miſch.

Zwey Ungluͤcke habe ich vor mit ein - ander. Freſſe ich das Papier / ſo muß ich manchen garſtigen Narren mit ver - ſchlingen: Leide ich Ohrfeigen / ſo thut mirs weh. Doch jener Kirchen-Lehrer ſagt: datur tertium.

Par.

Nun wie ſtehts um die Reſolution?

Miſch.

So ſtehts / daß ich eher ſterben will / ehe ich mir des Briefes halben Ungele - genheit machen laſſe. Schmeiß her / oder ich entlauffe / wo ich kan.

Par.

Das wollen wir thun.

(Sie fallen uͤber einander / und ſchlagen ſich; Jn waͤhrendem Tumult wird zugezogen.)
O o 6Fuͤnff -870

Fuͤnffter Handlung Erſter Auffzug.

Unter Trompeten und Paucken eroͤffnet ſich das Theatrum. Æſculapio ſitzet auff dem Thron. Neben ihm
    • Sirupo Gelatino
    deſſen Beyſitzer.
Auſſen Morſulo und Pilulo zwey Ge - richts-Secretarii.
Æſc.

Nun ihr lieben Getreuen / ihr kommt eben zu rechter Zeit / da uns eure Nach - richt an Statt eines gewiſſen Lichtes dienen kan. Jſt es wahr / daß dieſe unverſchaͤmte Betriegerey nicht nur in den oͤffentlichen Maͤrckten / und in den Qvackſalber-Buden im Schwange geht. Oder ſollen wir den unver - ſchaͤmten Advocaten wegen ſeines fal - ſchen Zeugniſſes oͤffentlich verſpotten laſſen.

Morſ.

Durchlauchtigſter Æſculapio, es iſt uns leid / daß wir die Sachen allzuwahr befunden haben. Es giebt ja nochhin871hin und wieder demuͤthige / ſittſame und leidſelige Perſonen: Allein was vor Pralerey / vor Auffſchneiderey / und vor Betrug mit unter gemiſchet wird / da - mit koͤnte man ein Buch in groß Folio vollſchreiben.

Pil.

Ja die Gattungen dieſer Betruͤger ſind ſo vielfaͤltig / daß wir unſer Proto - coll in keine gewiſſe Titul haben brin - gen koͤnnen.

Æſc.

Auff die maſſe werden wir einen langwierigen Gerichts-Tag halten.

Gel.

Vor dißmal koͤnnen wir nichts thun / als daß alle Partheyen gehoͤret werden.

Sir.

Vielleicht koͤnnen ſie was zu ihrer Entſchuldigung einwenden / damit haͤt - te man bey dieſem richterlichen Collegio einen guten Schein / der uͤberfluͤßigen Leute loß zu werden.

Gel.

So wird der Zweck des Gerichtes nicht erhalten.

Sir.

Genung daß die richterliche Autori - taͤt in ihren Stande verbleibet.

Æſc.

Es bleibet darbey: Sie muͤſſen ge - hoͤret werden.

O o 7(Mor -872
(Morſulo und Pilulo treten in die mittelſte Scene.)

Fuͤnffter Handlung Anderer Auffzug.

Die vorigen. Caput mortuum der Thuͤrknecht. Raiſon der Advocate.
Cap.

Durchl. Æſculapio, es findet ſich der bekante Advocate gehorſamſt ein / und fraget / ob ihm nicht moͤchte vergoͤn - net werden / die angefangene Defenſion ſeiner Clienten wegen zu continuiren.

Æſc.

Wenn die andere Part noch nicht beyſammen iſt / ſo wird ſeine Defenſion nicht viel ausrichten: Doch laßt ihn herkommen.

Raiſ.
(koͤmmt.)

Durchl. Æſculapio, im Nahmen meiner gehorſamſten Cli - enten wird unterthaͤnigſt gebeten / das jenige gnaͤdig anzuhoͤren / was nunmehr zu ihrer guten Defenſion moͤchte vorge - tragen werden.

Æſc.

Eure Deſenſion wird noch ſehr un -voll -873vollkommen ſeyn: Erſtlich ſind die Be - ſchuldigten nicht gehoͤret worden: Dar - nach giebt es bey der Suͤnde ſchlechte Entſchuldigung / wenn ſich anderswo dergleichen ſuͤndliche Exempel mehr be - finden / vielmehr ſolte die muthwillige Laſter-Sucht um ſo viel deſto haͤꝛter ge - ſtrafft werden.

Raiſ.

Durchl. Richter / meine Clienten wollen ſich keiner Straffe entziehen: Nur dieſes bitten ſie zum demuͤthigſten / es moͤchte die Execution ſo weit verſcho - ben werden / biß man ſich bey allen De - linqventen zu einer durchgehenden und moͤglichen Straffe moͤchte verglichen haben.

Æſc.

Ein Beſchuldigter darff dem Rich - ter nicht Ziel und Maſſe vorſchreiben / an wem er anfangen / und wo er auff - hoͤren ſol.

Raiſ.

Wenn er aber die gerechte Straffe erdulden will / ſo ſtehet ihm wol frey / daß er unterthaͤnigſter maſſen um die Ge - rechtigkeit bitten laͤſſet.

Æſc.

Wenn allbereit ein Exempel ſtatui -ret874ret woꝛden iſt / ſo kan man deſto ſchleuni - ger mit den uͤbrigen zu rechte kommen.

Raiſ.

Wenn man aber die Straffe bey den andern nicht ſo ſcharff vernehmen duͤrffte / ſo wuͤrde dieſes Exempel zu ei - ner Grauſamkeit.

Æſc.

Wer ſol uns hindern / daß wir das Rach-Schwerdt nicht gleiche durch gebrauchen ſollen? Doch nehmt einen Abtritt / wir wollen befehlen laſ - ſen / daß alle Perſonen durch ihren Vor - ſprecher erſcheinen ſollen / weil man fonſt dieſen gantzen Gerichts-Termin mit dieſem Handel verderben moͤchte. Das iſt unſere Meynung / uñ was noch uͤbrig iſt / daß ſoll euch eher zu wiſſen ge - than werden / als es euch und euren Cli - enten moͤchte lieb ſeyn.

(die Scene faͤlt zu.)
Raiſ.

Jch bin zu frieden / daß ich ſo lange dilation erhalten: Meinen Gedancken nach ſol es immer beſſer werden.

Fuͤnff -875

Fuͤnffter Handlung Dritter Auffzug.

Vocale der Fabullen bekandte Weib. Blanca ihre Tochter.
Bl.

Ach liebſte Frau Mutter ſchimpfft mich doch nicht!

Voc.

Du liebes Kind / wer wird dich ſchimpffen? Du ſchimpffeſt vielmehr deine leibliche Mutter / daß du ihren Rath ſo liederlich verachten wilſt.

Bl.

Jch bin eine Jungfer / was ſol ich denn unter den Weibern machen?

Voc.

Du biſt mit vor das Gericht citirt: Nun muſtu dich zu einer Part ſchlagen. Sol ich dich etwan unter die Jung-Ge - ſellen verſtecken? Ach mein Kind bleib da / bey den Weibern wirſtu nichts boͤ - ſes lernen. Wenn alle Maͤnner das wuͤſten / was wir manchmal reden / ſie ſchrieben groſſe Buͤcher davon / und mahlten wol gar Kupffer-Stiche dar - zu.

Bl.

Jch weiß aber nicht / was ich ſprechen ſol.

Voc.
876
Voc.

Sprich du nur: Jch bleibe bey dem / was meine Frau Mutter geredt hat / trotz daß dich jemand tadelt.

Bl.

Je haͤtte ich das gewuſt / ich haͤtte ge - ſtern Hochzeit gemacht / daß ich nun mit Ehren in die Geſellſchafft kommen koͤn - te.

Voc.

Ja der Zuſammenkunfft wegen haͤt - te ich noch wol vor der Zeit wollen eine Stroh-Hochzeit machen.

Fuͤnffter Handlung Vierdter Auffzug.

Die vorigen.
  • Fabulle die geweſene Sechswoͤchne - rin.
    • Cornice Pocopiane Præſto forte
    ihre bekante Weiber.
  • Gracula die Kinder-Frau.
Voc.

Nun willkommen ihr lieben Wei - bergen in einer frembden Stube.

Fab.

Ja es heiſt ſchoͤn willkommen / wennwir877wir ſollen vor Gerichte treten und wiſſen nicht warum.

Corn.

Und ich moͤchte gerne wiſſen / wo ich eine Suͤnde gethan haͤtte / derentwegen man bey dem Gerichte was ausſtehen ſolte.

Præſt.

Entweder es hat uns jemand ver - klaget / daß wir zu ſchoͤne ſeyn / oder un - ſere Maͤnner ſprechen / wir ſind ihnen zu heßlich.

Poc.

Meinen Mann halte ich entſchuldi - get: Er iſt ſelber mit verklagt.

Voc.

Ey ich weiß wol / wo der Knoten ſteckt: Wir werden beſchuldiget / als waͤren wir ſo hoffaͤrtig: Da ſollen wir pralen / auffſchneiden / und groſſe Din - ge vorgeben / wenn gleich kaum was kleines darhinter iſt.

Fab.

Je giebt es nicht immer Neurungen auff der Welt! Was geheit ſich denn der Richter drum / und wenn wir noch ein ſo groß Auffchneide-Meſſer gebrau - chen?

Voc.

Es iſt nicht ohne: Es hat ſich ein Qvackſalber auff uns beruffen / und dieartige878artige fremde Frau iſt unſer Verraͤther geweſen.

Corn.

Nun ſeht / iſt auch einem fremden Menſchen mehr zu trauen? Sie gab dem kleinen Vetter ein Balſam - Buͤchsgen: Jch wolte / daß ſie mit ih - ren Qvarge geblieben waͤre / wo die Muſcaten-Blumen wachſen.

Fab.

Frau Gevatter / ſie iſt gewiß dem Pfeffer nicht gut / ſonſt haͤtte ſie geſagt / ſie haͤtte bleiben moͤgen / wo der Pfeffer waͤchſt.

Corn.

Man ſiht wol / ſolche geringe Wuͤr - tze werden in unſer Kuͤche nicht ge - braucht.

Voc.

Wir haben kurtze Zeit / wir muͤſſen zur Sache ſchreiten. Erſtlich muͤſſen wir bedencken / wer vor uns reden ſoll. Zum andern muͤſſen wir auch zuſehen / was er reden ſol.

Fab.

Wer weiß / ob wir eine Frau ſchicken duͤrffen?

Corn.

Und wenn die Maͤnner ins Spiel kaͤmen / ſo muͤſten wir doch wol unrecht behalten.

Præſt.

Dem armen Weibes-Volcke wirdnicht879nicht eher geholffen / als bis ein Mann darzu koͤmt. Jch rathe ſelber auff ei - nen guten Vorſprecher.

Poc.

Wenn wir nur einig werden / was der Mann haben wil / ſo koͤnnen wir ihm unſere Nothdurfft und unſere Heimligkeit gar wol vertrauen.

Voc.

Nun ich halte es auch mit einem Manne / Jungfer Tochter / was ſagſtu darzu?

Bl.

Jch ſpreche / wie meine Frau Mutter: Jch halte es auch mit einem Manne.

Voc.

Nun iſt die Frage / wo der Mann ſol herkommen?

Fab.

Es muͤſte jemand aus unſerm Mit - tel einen rechtſchaffenen Mann ſuchen; Frau Muhme ihr koͤnts am beſten thun.

Corn.

Jch bin auch der Meynung.

Præſt.

Jch habe nichts darwieder zu re - den.

Poc.

Jch bitte ſelber / die Frau Nachba - rin wolle die Muͤhe auff ſich nehmen.

Voc.

Nun ſo will ich doch ſehen / wo ein Mann herkoͤm̃t.

Grac.

Hoͤrt doch ihr Weiber / wie waͤre es / wenn ihr den Herrn Schulmeiſteran -880anſpraͤcht? Er kan ſo huͤbſche Gevat - ter-Brieffe ſchreiben: Er kan auch ſo ſteiff zur Hochzeit bitten: Er wuͤrde den Weibern wol gut Geſchirr machen.

Voc.

O ſchweigt ſtille / und ſeht was euer Kind macht. Doch was werden wir nun ſprechen?

Fab.

Wir wollen ſprechen: Die Leute reden uns ſolch Ding aus Neide nach.

Corn.

Ein bißgen muͤſſen wir ſchon geſte - hen: Wir wollen nur ſprechen / es iſt nicht ſo arg.

Præſt.

Ey was wollen wir viel lange Er - mel machen? Wir wollen ſprechen: Wir habens von den Maͤñern gelernt.

Poc.

Die Maͤnner moͤchten uns die Sa - che ins Gewiſſen ſchieben: Und ich hal - te immer / wir lernen viel Ding von uns ſelber. Wir wollen alle mit einander kranck ſeyn / ſo haben wir eine Ent - ſchuldigung.

Voc.

Jch meynte / wir geſtuͤnden alles / was wir gethan haͤtten; Der Richter mag uns verdammen / wie er wil / wollen die Maͤnner ihre Bettwaͤrmer nicht in die Rappuſe geben / ſo werden ſie wol voruns881uns bitten. Was ſollen wir Narren ſeyn / und ſollen der Maͤnner Laſt tra - gen?

Bl.

Jch richte mich nach der Frau Mut - ter: Jch wil ein Narr ſeyn und wil der Maͤnner Laſt tragen.

Voc.

Du biſt freylich ein Narr: Du kanſt meine Worte ſchoͤn auslegen. Nun ſo bleibts darbey: Jch will ſehen / wo der gute Vorſprecher ſtecken wird.

(Sie gehet ab / die andern ſchnat - tern ihr alle hinten nach.)

Ach ja ſie ſey gebeten / ſie nehme die Muͤhe auff ſich / wir wollens wieder verſchulden.

Fuͤnffter Handlung Fuͤnffter Auffzug.

Capulo mit ſeinem Gerichts-Schol - tzen und andern Beyſitzern. Sirupo des Richters im Parnaſſ Bey - ſitzer.
Cap.

So gehts: Da wir zu freſſen und zu ſauffen hatten / da war unſer Herr Schulmeiſter gar wol zu erfragen: nun er aber was thun ſol / da wird er etwanwieder882wieder in ein ſauer Kraut-Faß gefallen ſeyn.

Qvind.

Es muß ihm Ammts wegen auf - geleget werden / daß er flugs koͤmmt.

Schil.

Wir wollen ihm von ſeinem Dien - ſte ſuſtentiren.

Abd.

Suſpendiren wird der Herr meynen. Er haͤtte verdienet / daß wir ein leibhaff - tig Suſpendium mit ihm vornehmen.

Cars.

Es haͤtte nicht viel zu bedeuten / wenn wir gleich die Schule gar abſchaffeten. Ehe die Leute alle ſterben / die da leſen koͤnnen / ſo hat man Zeit / daß man wie - der an eine neue Schule gedencket.

Qvind.

Jch meynte / wenn der Schulmei - ſter nicht da waͤre / ſo koͤnte der Herr Verwalter ſeine Perſon viel beſſer præ - ſentiren.

Cap.

Stille / ſtille / mit ſolchen abſurditaͤ - ten: Jch werde dem Schulmeiſter nicht nachgehen. Der Herr Gerichts - Scholtze koͤnte ſich bey ſeinem neuen Amte ſtattlich legitimiren.

Qvind.

Jch bin das Ober-Haupt: Alſo kan ich nicht als ein Diener von unſerm Collegio wegreiſen.

Schil.
883
Schil.

Mein Kopff ſol ſo groß ſeyn als eu - er / zieht immer hin.

Abd.

Wir muͤſſen fragen / ob etwan der Vortrag in Lateiniſcher Sprache ge - ſchehen ſoll.

Carſ.

Ey was haben wir uns zu hudeln? Schencket dem Richter eine fette Sau / ſo laͤſt er uns ungevexirt. O ich waͤre mein Tage gar offt in Nobis Krug gerit - ten / wenn ich nicht auff einer praven Sau ins Richters Hauß waͤre geritten kommen.

Sec.
(koͤmmt.)

Jhr Herren / wolt ihr wiſſen / wo euer Schulmeiſter iſt? Da ſteht er vor meinem Weinkeller / und hat mit einer Frau ſo gar vertraulich zu reden.

Qvind.

Es iſt auch Zeit / wenn man ſei - nem Beruffe nachgehen ſol / daß man ſich bey den Weibern um neue Zeitun - gen bekuͤmmert. Jch werde einmal in pleno ein tꝛefflich loſe Maul daruͤber ha - ben.

Sec.

Der Thuͤr-knecht gieng gleich voruͤ - ber / und warnete mich gar treulich / wir moͤchten nicht zu lange ſeyn / es koͤnte unsP pin884in der Sache ſehr viel abgehen / wenn wir ungehorſam waͤren.

Qvind.

Es waͤre alles ſchon verricht / es wil nur an dem Handlanger fehlen.

Fuͤnffter Handlung Sechſter Auffzug.

Die vorigen treten auff eine Seite zuſammen.
  • Vocale der Fabulle bekandtes Weib.
  • Miramiremirimiro der Schulmei - ſter.
    • Flavio Robinetto Langvetto
    in Blancen verliebt. ein Alter.
Voc.

Nun ſo bleibts darbey / daß er das Wort vor das liebe Frauenzimmer fuͤh - ren wil.

Mir.

Ja ja ſie kan ſich drauff verlaſſen: Jch wtl ein Wort ſprechen / daß nie - mand in mir geſuchet hat / und wenn die Maͤnner noch ſo ungedultig werden ſol - ten / ſo will ich doch ſo viel zu wege brin -gen /885gen / daß die Weiber an ihrem Proceſſe nichts verliehren ſollen.

Voc.

Er ſey verſichert / wir wollen auch ei - ne ſolche diſcretion zuſammen ſchieſſen / die er von den Maͤnnern ſchwerlich be - kommen haͤtte.

Carſ.

Hoͤrt doch / heiſt das dem Collegio treulich beygeſtanden / wenn man wie eine andere Sau von der Weide ent - lauffen will.

Mir.

Der Herr laſſe mich bey meinen Ge - dancken: Es laͤſt ſich nicht vexiren / wenn man zu einer wichtigen Commisſi - on gezogen wird.

Carſ.

Wißt ihrs denn nicht / ihr ſolt im Nahmen unſers Collegii Apoſtolus re - ferentialis ſeyn.

Mir.

Die Schweintreiber kommen alle mal zu langſam: Das haͤtte mir ſollen bey guter Zeit geſagt werden. Jch ha - be nun mein Procurator-Ammt bey dem tugendſamen Frauenzimmer angenom - men: Die Herren ſehen / wo ſie ſich je - mand ſchaffen.

Carſ.

Ey hoͤrt ihr Herren Collegen / unſer Schulmeiſter wil ein Rebelle werden.

P p 2Qvind.
886
Qvind.

Das ſol er bleiben laſſen / und wenn ich Amts wegen mit ihm reden ſolte. Jch befehle euch / daß ihr flugs hieher komt.

Voc.

Herr Schulmeiſter / ich habe euch einmal angenommen: Jch habe euch auch alle Weiber-Heimligkeit vertrau - et: Nun muͤſt ihr bleiben. Und wolt ihr nicht mit guten / fuͤrwahr / ſo kriege ich Kerlen die bloſſe Degen fuͤhren.

Qvind.

Kom̃t her oder wir greiffen mit Gewalt zu.

Voc.

Jhr Fliegen-Qvetſcher / ihr Wurſt - Suppe / ihr Kuͤmmel-Saͤcke / wolt ihr uns unſern Gevollmaͤchtigten von der Seite nehmen?

Qvind.

Man weiß wol / daß ihr ein loſe Maul habt / und itzo traͤgt es euch keine Gefahr; Wenn ihr gleich einen einen Schelmen hieſt / ſo kan niemand die In - jurien auffſchreiben.

Voc.

Wolt ihrs geſchrieben haben? Ja ja ihr koͤnt darzu kommen. Warum wolt ihr uns den Mann wieder nehmen / der vor unſern Riß treten ſoll?

Qvind.

Deßwegen bin ich Gerichts -Scholtze /887Scholtze / daß ich nehmen mag / wo ich will. Greifft zu ihr Herren Collegen.

Schil.

Wer der Oberſte im Collegio iſt / der mag auch den erſten Angriff thun.

Abd.

Und wenn die Herren das ihre ge - griffen haben / ſo werden meine Finger auch darbey ſeyn.

Carſ.

Jch gebe auch ein Gleichniß: Weñ drey Hirten ſeyn / und eine Sau ent - laͤufft / ſo greifft derſelbe zu / der der naͤchſte iſt.

Schild.

Doch derſelbe thut das beſte / der am ſtaͤrckſten iſt.

Abd.

So wird der erſte Griff wol bey dem Herrn Gerichts-Scholtzen bleiben.

Qvind.

Zugleich zugleich ihr Herren / ſo hat keiner dem andern was vorzuwerf - fen.

Voc.

Jhr Unflaͤte wolt ihr zugreiffen / da ein ehrlich Frauenzimmer da ſteht: Ge - wiß wer mir helffen wil / der ſol meine ſchoͤnſte Tochter zum Lohne davon tra - gen.

Rob.

Trotz ſey dem gebothen / der nur ei - nen Finger zucken will.

Flav.

Und wenn ich meinen erſten Tod -P p 3ſchlag888ſchlag begehen ſolte / ſo laß ich meinen Degen nicht in der Scheide ſtecken.

Long.

Laßt es nicht ſo weit kommen / daß ich boͤſe werde / ſonſt werden die Haͤndel trefflich grob heraus kommen.

Qvind.

Der Schulmeiſter iſt unſer / wir haben ihn gemacht.

Voc.

O ihr Narren / ihr ſolt mir zehner - ley Schulmeiſter machen: Jch laſſe ihn nicht.

Rob.

Und wo der ehrliche Mann das ge - ringſte davon leiden ſoll / ſo wollen wir auch dabey ſeyn.

Qvind.

Jſt das nicht ein Ungehorſam? Jch lieſſe ihn gerne einſtecken / ich weiß nur nicht wohin.

Carſ.

Ja freylich. Der Thuͤr-Knecht hats Fieber: Heute iſt gleich der boͤſe Tag: Wer treibt ihn gerne aus ſei - nem Stuͤbgen?

Qvind.

So muͤſſen wir doch unſer euſer - ſtes wagen.

Rob.

Und wir wollen uns auch das euſer - ſte ankommen laſſen.

(Sie treten zuſammen / als wolten ſie eine grauſame Schlaͤgerey an -fangen.889fangen. Ein Theil ergreifft den Schulmeiſter bey dem lincken Er - mel / das andere beym rechten.)
Mir.

Jch armer Mann / wo mir die Be - ſoldung nicht verbeſſert wird / ſo leide ich mehr Schaden an meinen Kleidern / als ich im gantzen Jahre verdiene.

(Sie ſchreyen auff bey den Theilen: Der Mann iſt unſer / der Mann iſt unſer / wir laſſen ihn nicht.)

Fuͤnffter Handlung Siebender Auffzug.

Die vorigen. Solipſo ein Staatsmann.
Sol.

Sol dieſes Reich nicht untergehen / welches unter ſich ſelbſt in ſolcher Unei - nigkeit lebet? Worzu dienet diß Ge - ſchrey? Und warum ſoll dieſer ehrliche Mann ſeinen Ermel zerreiſſen laſſen / da viel ungehobelte Kerlen mit ihrem Mantel-Kragen noch ſicher ſind?

(Sie laſſen ihn gehen / und weichen zuruͤcke.
P p 4Sol.
890
Sol.

Es iſt nicht genung / daß man ſtille ſchweigt: Jn boͤſen Sachen muß man entweder ſich verantworten / oder man muß ſich ſchuldig geben.

Mir.

Ach ich gebe mich ſchuldig. Auff das Kleid habe ich weder beym Kramer noch beym Schneider keinen Heller be - zahlet. Nun iſt mir alles ſo zu ſchan - den gemacht / daß ich meiner Schuld wegen blutige Thraͤnen vergieſſen moͤchte.

Sol.

Wer aber von den Leuten ſo ange - griffen wird / der hat gemeiniglich Urſa - che darzu gegeben.

Mir.

Meine hohe Qvalitaͤten bringen mich darzu / die Maͤnner wiſſen was hinter mir ſteckt: Die Weiber wiſſen auch / was an mir iſt: Drum ſoll ich mich von allen beyden brauchen laſſen.

Sol.

Jch kenne viel Aemter / da man zu - gleich Maͤnnern und Weibern dienen kan. Redet nur etwas deutlicher.

Mir.

Jch ſol bey dem itzigen Gerichte des Tugendſamen Frauenzimmers An - walt ſeyn: Nun dencken die Herren da / die Laſt waͤre mir nicht ſchwer ge -nung891nung und wollen mir noch einen Woll - ſack auff den Buckel werffen.

Sol.

Jhr muͤſt nur gleich qvalificirt darzu ſeyn: Jch habe von etlichen tauſend Perſonen die Vollmacht / daß ich in ih - ren Nahmen das Wort fuͤhren ſoll: Und alſo moͤchte ich wiſſen / was ſich ei - ne ſolche Handvoll Volck einbildete / die mir einen Procurator an die Seite ſetzen will. Laßt euch den Rath vergehen / o - der ihr ſolt es mit mir und noch mit et - lich tauſend Perſonen ausfechten.

Mir.

Jch gaͤbe den lincken Ermel darum / daß ich die Worte vor einer Viertel Stunde gehoͤret haͤtte / ſo haͤtte ich den rechten Ermel zum beſten.

Sol.

Hat niemand etwas zu reden? Wol - len ſie mich abſetzen / ſo nehmen ſie einen andern an meine Stelle: Jch bin es wol zu frieden. Seht nur / daß ihr 1000 Vota zuſammen kriegt: Denn ich habe eins weniger.

(Sie ſchreyen alle zuſammen.)

Ach nein der Herr verzeih uns zwar / wir wollen gerne zufrieden ſeyn.

P p 5Sol.
892
Sol.

Wolan ſo folgt mir und geſellet euch zu den andern / die ſich in meinen Schutz ergeben haben

(geht ab.)
Cap.

Jch haͤtte was darein zu ſprechen ge - habt: Jch gedencke aber / ich moͤchte noch in ihren Gerichte ein Beyſitzer wer - den / drum wil ich nicht partheyiſch ſeyn.

(Geher ab.)
Qvind.

Wo mein Herr Verwalter hin - gehet / da geh ich nach.

(wil nachge - hen.)
Voc.
(zeucht ihn zuruͤcke.)

Was hab ich denn davon / daß ich an einen Brandt - wein-Tiſch ſehe / ich bin ſo vornehm als ihr: Und mir iſt ſo viel daran gelegen als euch / daß ich ſehe / wo der Herr hin - gehet.

Mir.

Ach ſeyd gebeten und fangt keine Haͤndelan. Das Gerichte wird un - ſerer Narren-Poſſen halber angefan - gen: Drum folgt mir nur / ich weiß die Leute auff der Hochzeit ſonſt gar huͤbſch zu paaren.

(Er fuͤhret ſie alle mit poßierlichen Ceremonien hin.)
Fuͤnff893

Fuͤnffter Handlung Achter Auffzug.

Raiſon ein Advocate. Likarsky der Artzt. Chinachine eines Artztes Witt - we. Miſchmaſch des Artztes luſtiger Diener. Rizarize, der Artztfrauen Magd.
Raiſ.

Wir ſind gefodert worden / und ſo viel ich ſchlieſſen kan / ſo wird die Sache beſſer lauffen / als mancher im Anfange gemeynet hat.

Lik.

Meine Vernunfft giebt mir wol ſo viel zu erkennen / daß ein Betruͤger muß geſtrafft werden.

Miſchm.

Und meine Vernunfft giebt mir die Klngheit / daß ein anſehnlicher Rich - ter Schande halben was ſtraffen muß / wenn er der Leute gleich ſchonen wolte.

Chin.

Jch bin ein armes Weibes-Bild: Wo die Maͤnner bleiben / da bleib ich auch.

P p 6Riz.
894
Riz.

Und ich bin eine arme Dienſt-Magd / ich haͤnge mich an meine Frau.

Raiſ.

Jhr habt mir ſo lange getrauet: Nun ſolt ihr in einer Stunde viel Wunder ſehen.

Lik.

Mancher ſieht ſein Wunder / daß er druͤber blind wird.

Miſch.

Und mancher waͤre lieber blind / daß er kein Wunder ſehen duͤrffte.

Raiſ.

Aber der muß ſeines Geſichts wegen froͤlich ſeyn / der ein unverhofftes Wun - der zu ſehen bekoͤmmt.

Fuͤnffter Handlung Neundter Auffzug.

Die mittelſte Scene oͤffnet ſich / und præſentiret den Richter-Stul mit allen Perſonen.
Æſc.

An boßhafftigen Perſonen iſt noch dieſes zu loben / wenn ſie nach der Suͤn - de demuͤthig und gehorſam ſeyn. Dan - nenhero habt ihr eurer Pflicht eine Gnuͤge gethan / daß ihr vor unſerm Ge - richte freywillig erſchienen ſeyd / unduns895uns zu gewaltſamen Mitteln keine Nothwendigkeit an die Hand gegeben habet.

Raiſ.

Durchlauchtigſter Richter / wir ver - langen nochmals in gebuͤhrender De - muth / wohin der Schluß moͤchte gefal - len ſeyn.

Æſc.

Das Zeichen wird bald gegeben wer - den / da ſoll euch die Widerpart ins Ge - ſichte treten / uñ was alſodann erfolgen wird / das geſchicht von Rechtswegen.

Trompeten und Paucken laſſen ſich hoͤren / Solipſo koͤmmt mit allen Perſonen / ſo viel auff dem Thea - tro Raum haben / daß ſie den Pro - ſpect nicht verhindern / und ſtel - len ſich alſo / daß Solipſo und Rai - ſon gegen einander kommen.
P p 7Fuͤnff -896

Fuͤnffter Handlung Zehender Auffzug.

Æſculapio, Solipſo, Raiſon ſamt den uͤbrigen.
Æſc.

Nachdem ein groſſer Hauffen aus der Menſchlichen Geſellſchafft einer politiſchen Qvackſalberey beſchuldiget worden; Als hat unſer richterliches Am̃t nicht umhin gekont / dieſem Wer - cke mit hoher Autoritaͤt zu begegnen. Gleichwie ſich nun ein iedweder ſeines obliegenden Gehorſams erinnert: Al - ſo werden die beyderſeits erwehlten Fuͤrſprecher das Jhrige auszufuͤhren wiſſen / oder die Beklagten werden ſich nach Befindung der Sache der recht - maͤßigen Straffe unterwerffen.

Raiſ.

Durchlauchtigſter Richter. Was ehmals von meiner Partey zu recht - maͤßiger Entſchuldigung iſt angefuͤh - ret worden / ſolches geſtehen wir gar gerne / proteſtiren doch hiermit zum zierlichſten / daß wir nichts gethan ha - ben / iemanden in den geringſtenSchimpff897Schimpff zu fuͤhren / ſondern nur un - ſere gerechte Sache deſto beſſer an das Licht zu bringen. Dannenhero ſage ich noch einmal / die gantze Welt iſt voller Qvackſalber.

Sol.

Durchlauchtigſter Richter / iſt in die - ſem Gerichte zugelaſſen / daß ich tetor - qviren darff.

Æſc.

Zu was nuͤtzet dieſe Weitlaͤufftigkeit / fuͤhret die Sachen vernuͤnfftig aus / der ungerechte Theil ſoll von unſer richter - lichen Macht die Retorſion wol zufuͤh - len bekommen.

Sol.

Wir haben niemals auff dem Jahr - marckte feil gehabt.

Raiſ.

Doch auſſer dem Jahrmarckte hat ein iedweder ſeine Qvalitaͤten mehr als zu theuer ausgeboten.

Sol.

Wer ſeine Tugenden ruͤhmt / der lobet den Wolthaͤter / von welchem die Tu - gend den Urſprung hat.

Raiſ.

Wer aber durch eitlen Ruhm Bley zu Golde machen will / der hat den hohen Wolthaͤter getadelt.

Sol.

Jch mag einen bleyern Pfennig wolvor898vor einen Ducaten anſehen / wenn nur kein Menſch damit betrogen wird.

Raiſ.

Der Betrug iſt mehr als zu ſchaͤdlich / wenn man ſich einer Sache ruͤhmt / die man nicht gelernet hat.

Sol.

Was hat ſich aber der Herr daruͤber zu beſchweren? Wer ihn betrogen hat / von dieſem fodere er Satisfaction.

Raiſ.

Meine Satisfaction beſtehet hierinn / daß ſie die Warheit bekennen ſoll. Jch bekenne es / auff meiner Seite ſtehen lauter Ertz-Betruͤger / er bekenne der - gleichen / ſo haben wir das unſrige ge - than.

Sol.

Das Bekennen iſt eine Sache / da - mit man vor Gerichte gar behutſam umgehen muß. Jſt ihm nicht der Reim bekannt:

Wer alles ſaget / was er weiß /
Dem wird offt eine kalte Stube zu
heiß.
Raiſ.

Dieſes Bekennen wird vielleicht ſo eine groſſe Straffe nicht verdienet ha - ben / der Zettel iſt hier / und die Auff - ſchneidereyen liegen am Tage / ſoll es zu weitlaͤufftigen Beweiſe kommen / ſowol -899wollen wir an den Unkoſten nichts zu tragen haben.

Sol.

Jch proteſtire wider die Worte Be - trugerey / Auffſchneiderey und derglei - chen. Es mag ſeyn / daß die meiſten einen Exceſs begangen haben / weil ſie die Ehre ſuchen / oder weil ſie auch durch die Ehre zu einigen Nutzen gelangen wolten. Aber was iſt es nun mehr / auff dieſe Weiſe muͤſte ſich der groſſe Alexander vor das Gerichte ſtellen / weñ er noch am Leben waͤre.

Raiſ.

Eben dieſes ſind meine Gedancken. Denn die gegenwaͤrtigen Clienten ha - ben auch der Ehre und des Nutzens wegen einen groſſen oder kleinen Exceſs begangen.

Sol.

Der Exceſs hat ſich in einen Diebſtal verwandelt / da man falſche Waaren vor Gut Geld geliefert hat.

Raiſ.

Was koͤnnen die guten Leute davor / daß ſie nicht ſo heimlich ſtehlen koͤnnen als andere. Vielleicht wenn ſie das Handwerck beſſer begreiffen / ſo koͤnnen ſie noch unter die groſſen Diebe geſetzet werden / vor welchen man den Hut ab -zie -900ziehen muß. Jſt dieſer kein Dieb / der mit einem ungeſchickten Rathe oder mit einer falſchen Hoffnung dem Nechſten viel 1000. Thaler verderbet.

Sol.

Das war weit geſucht. Wer ein Dieb iſt / muß auch einen boͤſen Willen haben zu ſtehlen.

Raiſ.

Man examinire alle auffs Gewiſ - ſen / ob ſie bey ihrer Auffſchneiderey nicht wiſſentlich geſuͤndiget haben.

Sol.

Nun ſo laßt doch ſehen / was daraus werden wird. Der mediciniſche Rich - ter wird eine ſchlechte Probe machen / wo er allen Unterthanen die Haͤlſe brechen will. Wem koͤmmt es zu / daß er dem Ubel begegnen ſoll / als ei - nem ſolchen Collegen. Ehe man ein Glied von dem Leibe loͤſt / ſo verſuchet man alle moͤgliche Mittel.

Raiſ.

Jch ſtehe hier / meine Clienten zu entſchuldigen / nicht aber das hohe Ge - richte zu reformiren.

Æſcul.

Es iſt genug. Wir haben auff beyden Theilen das Bekaͤntniß / laßteuch901euch des Ausſpruches wegen nicht verlangen.

(die mittelſte Scene faͤlt zu.)

Fuͤnffter Handlung Eilffter Auffzug.

Solipſo ein Staasmann. Miſchmaſch des Artztes luſtiger Diener. Die vorigen.
Sol.

Es hat ſich der Muͤhe verlohnt / daß ſo ein groſſes Volck zum Gerichte iſt auffgebothen worden. Nun wird der Richter ſelbſt nicht wiſſen / wie er mit Ehren zuruͤcke kan. Waͤren alle Leute geſund / ſo beduͤrffte man keiner Artzeney / und haͤtte mancher nicht den politiſchen Wurm / ſo waͤre auch kein politiſcher Wurm-Schneider.

Miſch.

Der Herr ſiehet mich an / ich will nicht hoffen / daß er mich einen Wurm - Schneider vergleichen wird.

Sol.

Du Kerl / verklage mich doch / ich will dirs beweiſen / daß du ein Wurm biſt /und902und wenn ich damit fertig bin / ſo will ich dirs beweiſen / daß du ein Pfuſcher unter den Wurm-Schneidern biſt.

Miſch.

Herr / ich habe nicht gern vor Ge - richte was zu thun / und was Neues hoͤre ich gleichwol gerne. Wie waͤre es / wenn wir ſo in gutem Vertrauen mit einander ſchwatzten. Wo bin ich denn ein Wurm?

Sol.

Jch ſage / du biſt ein politiſcher Wurm?

Miſch.

Jch glaͤube es nicht eher / als biß ihr mich laßt in Kupffer ſtechen. Jch habe neulich einen politiſchen Maul - Affen / einen politiſchen Stockfiſch / und viel ſolche Wunder-Thiere im Kupffer geſehen / wo ihr den Wurm nicht beſſer trefft / ſo ſchreibe ich darun - ter: Stultus ſculpſit, Stultus delinea - vit.

Sol.

Hoͤre / iſt das nicht ein Wurm / der ſich hin und her kruͤmmen muß / wo er fort kommen will?

Miſch.

Gar recht / aber weiſt mir nur was zu Sauffen / und ſeht / ob ich lange die Qvere will lauffen.

Sol.
903
Sol.

Die Beine moͤgen das Jhrige wohl thun / aber wie ſtehts um die Gedan - cken? Manchmal iſt man ſo geſin - net / manchmal anders. Bald will man ein Hoffmann werden / bald will man zu Schiffe gehen / bald iſt man zornig / bald guͤtig / bald verliebt / bald wieder kaltſinnig. Sind das nicht rechte krumme Gaͤnge / die man ſonſt an einem Wurme pflegt in acht zu neh - men.

Miſch.

Wo ſaͤſſe mir denn nun der Wurm?

Sol.

Ein Wurm ſitzt in Gedancken / ſechs andere ſtecken im Leibe.

Miſch.

Und ich halte / wenn ich geſoffen habe / ſo ſteigen ſie mir alle in den Kopff.

Sol.

Nein / es gehoͤren auch etliche in die Beine / wo kaͤmen ſonſt die krummen Gaͤnge her / die man nicht allein in vol - ler Weiſe / ſondern auch bey nuͤchtern Muthe zu verſuchen pfleget.

Miſch.

Nun wieder was Neues. Wenn ich aber ein Wurm bin / wie heiß ich denn / bin ich ein Lind-Wurm / einHoltz -904Holtz-Wurm / ein Spulwurm? Oder was bin ich?

Sol.

Man iſt alles mit einander. Wer zur Unzeit grimmig iſt / der hat den Lind-Wurm. Wer auff heimli - che Particken gedencket / der iſt ein Holtz-Wurm. Wer ſich groſſe Ge - dancken macht / wenn gleich nichts dar - an iſt / der iſt ein Spul-Wurm.

Miſch.

Was haben denn die Verliebten vor einen Wurm? Gewiß ein Seiden - Wuͤrmgen.

Sol.

Jch dachte ein Ohr-Wuͤrmgen. Es iſt der Africaniſche Wurm / den alle Menſchen die Zeit ihres Lebens etliche mal kriegen muͤſſen / und daran man - cher ſein Leben gelaſſen hat.

Miſch.

Aber weil wir ſo in die liebe Weis - heit mit einander gerathen / was haben denn die Weiber vor einen Wurm? Jch halte wenn er da zu groß waͤchſt / ſo wird er gar zum Drachen.

Sol.

Jch habe itzund mit dir zu thun. Gnung daß ich dich in deiner Erkaͤnt - niß bekraͤfftiget habe / daß du ein politi - ſcher Wurm biſt. Nun will ich dir auchbewei -905beweiſen daß du ein politiſcher Wurm - Schneider biſt.

Miſch.

Wie ſagte der Herr / ein politi - ſcher Form-Schneider.

Sol.

Du loſer Bube / du verſteheſt mein Wort beſſer / ſiehe da / wer den andern von den thoͤrichten Gedancken helffen kan / der iſt ein trefflicher Wurmſchnei - der / und ſeine Probe laͤſt ſich mit kei - nem Golde bezahlen.

Miſch.

Wenn ich aber den Wurm unter der Zunge haͤtte / und ein ander Phan - taſte ſchnitte mir zwey Spannen uͤber der Kniekehle / womit ſolte ich einen ſol - chen Wurm-Schneider bezahlen?

Sol.

Es giebt viel dergleichen Leute / ja mancher will uns den Wurm ſchnei - den / und ſetzet uns ein gantzes Neſt voll Junge wieder in die Wunde.

Miſch.

Alſo wirds wol am beſten ſeyn / ein iedweder behaͤlt ſeinen Wurm vor ſich / und der iſt der Kluͤgſte / der den Wurm fein tieff verſtecken kan / daß er nicht einmal ſein Schwaͤntzgen durch die Augen / durch die Naſe / durch das Maul præſentiren kan. Aber wiewaͤrs /906waͤrs / mancher ſtellt ſich / als wenn er den Wurm haͤtte / und endlich weiſet ſich das Widerſpiel. Koͤnt ihr 1000. Thaler drauff verwetten / daß unter meinem papiernen Kragen ein groͤſſer Narr ſteckt / als unter eurer Hals - Krauſe.

Sol.

Jch ſehe wol / wer ſich mit ſolchen Leu - ten vermengt / der muß ſich endlich den Wurm beiſſen laſſen.

Fuͤnffter Handlung Zwoͤlffter Auffzug.

Die mittelſte Scene eroͤffnet ſich / niemand aber iſt drinne / als Morſulo und Pilulo zwey Ge - richts-Secretarii.
Morſ.

Geliebteſten Freunde / der Durch - lauchtigſte Richter iſt durch ander - waͤrtige Geſchaͤffte verhindert wor - den / in der wichtigen und weit ausſe - henden Sache den voͤlligen Schluß zu treffen / ſonderlich da vornehme und ar - tige Perſonen mit intereſſiret ſind / wel - che mehr dem euſſerlichen Scheine nachals90als in der That ſelber zu der betruͤg - lichen Geſellſchafft gehoͤren. Damit nun keiner zur Ungebuͤhr moͤchte uͤber - eilet werden / ſo wird alles biß auff wei - tern Beſcheid in ſtatu qvo gelaſſen. Doch mit dem Vorbehalte / daß die oͤffentliche Betrieger in der hohen Reſi - denz des Durchlauchtigſten Æſculapii, aus dem Buche der Geſundheit ſollen ausgetilget werden.

Sol.
ad Spect.

Jch dachte es wol / daß dem Richter vor den Handel grauen wuͤrde. Ja ja / wenn dem Plunder nicht zu helffen iſt / ſo muß es freylich in ſtatu qvo verbleiben.

Lik.

Wo ich in ſtatu qvo verbleiben ſoll / ſo will ich gut davor ſeyn / daß die Leute qvid pro qvo bekommen ſollen.

Pil.

Mein Freund uͤbereilet euch nicht / wenn die andern ihren Abtritt werden genommen haben / ſo wird der Beſcheid erfolgen.

Sol.

Wir haben / was wir verlangen / alſo koͤnnen wir den Abtritt nehmen.

(Sie gehen ordentlich ab.)
Q qRaiſ.
908
Raiſ.

Alſo werden wir mit dem verlangten Beſcheide nicht auffgehalten wer - den.

Pil.

Es iſt an dem / daß der Durchlauch - tigſte Richter ſich reſolviret hat / den Betrug mit einer ſchweren Hand heimzuſuchen; Allein da gleichwol die andern in ſtatu qvo gelaſſen werden / ſo will er auch hier ſein ungnaͤdiges Auge zuthun / und das vergangene ſo weit vergeben und vergeſſen / ſo fern ſie kuͤnfftiger Zeit mit guten Wur - tzeln und Kraͤutern handeln / den ar - men Bauern feine Hausmittel an die Hand geben / und im uͤbrigen dem Jahrmarckt mit luſtigen Poſſen - Spielen ein Anſehen machen wollen. Geſtalt ſie auch auff erfolgte Beſſe - rung zum Zeugniß ihrer Gnade zu ei - ner doppelten Heyrath einen gnaͤdig - ſten Vorſchlag wollen gethan haben. Herr Likarsky wolle ſich gegenwaͤrti - ge Frau Chinachine laſſen befohlen ſeyn. Monſieur Miſchmaſch wird ſei - ne Vergnuͤgung bey Rizarize zu ſuchen haben. Hierinn beſtehet unſer An -brin -909bringen. Seyd fromm / betrieget nie - manden / und lebet vergnuͤgt.

Fuͤnffter Handlung Dreyzehender Auffzug.

Raiſon ein Advocate. Likarsky der Artzt. Chinachine eines Artztes Wittwe / auff einer Seite. Miſchmaſch des Artztes luſtiger Diener. Rizarize, der Aertztin Magd / auff der andern Seite.
Lik.

Gluͤckſelig iſt der Zanck / der mich mit einer ſo artigen Liebſte verſorget hat.

Chin.

Und gluͤckſelig iſt der neulichſte Mißverſtand / der uns die Bahne zu einer anſtaͤndigen Vergnuͤgung gebro - chen hat.

Miſch.

Ach gluͤckſelig ſeyn die Hunds - Floͤh / die mir meine Liebſte vor etlicher Zeit in die Jacke warff.

Riz.

Wer einander viel zu leide thut / derQ q 2hat910hat hernach was zu reden / wenn er es abbitten will.

Miſch.

Bey dem Frauenzimmer habe ich das Ungluͤcke / daß ich nicht viel reden kan / drum ſehe ichs gerne / daß ich manchmals Schaden thue / ſo kan ich offt abbitten / und kan ſprechen: Jung - fer ich habe ein Glaß zerbrochen / ich habe die Stuͤrtze vom Herde geworf - fen / ich habe ihr alle Stecknadeln aus dem Roͤckgen geſtohlen / ich habe ihr die Spitze am Zippel-Tuche zerriſſen / ſie verzeihe doch einem armen Bern - heuter / und laſſe ihn fein oͤffters zu ſich kommen / ſo wird ſie ſehen / daß er ſolche Flegeleyen nicht mehr begehen wird.

Lik.

Jch haͤtte nicht gemeynet / daß eine Vergnuͤgung koͤnte groſſer ſeyn / als meine Worte / ja als meine Gedan - cken.

Chin.

Mein Kind / die Vergnuͤgung ſoll ſich auff lange Zeit erſtrecken. Drum kan ſie auff einmal nicht ausgeſpro - chen / auch nicht auff einmal bedacht werden.

Lik.

Meine Seele / ſie laſſe ſich die grau -ſame911ſame Geſtalt meines Geſichtes nicht abſchrecken / indem ich verſichern kan / daß ihr die verborgene Seele mit ge - doppelter Freundligkeit begegnet.

Chin.

Die Grauſamkeit des Geſichtes ſoll mir zum Schutze wider alle Feinde die - nen: Alſo wird die Liebe mit gedoppel - ten Proben genoſſen werden.

Miſch.

Mein Schatz / aͤrgert euch an mei - nem Geſichte nicht / die Sonne hat mich ein bißgen um Weynachten verbrannt. Wenn es um die Holunder-Bluͤthe koͤmmt / ſo ſchadt mir die Sonne nicht / aber nach Johanne / wenn die Bleich - Maͤgde wieder weiß werden / ſo mercke ichs an meiner Farbe ziemlich / daß ich freundlicher werde.

Riz.

Mein Kind / was ſchadt die Farbe / des Nachts iſt der ſchoͤnſte Liebhaber ſchwartz.

Miſch.

Das war ein Troſt vor ein Nacht - Stuͤckgen als ich bin.

Lik.

Mein Kind / was verhindert mich / daß ich meiner Liebe zu Ehren ein Trinmph - Lied erſchallen laſſe.

Chin.

Wo mein Liebſter voran ſinget / daQ q 3ſoll912ſoll meine Stimme gehorſam folgen.

Lik.

Der Thon moͤchte nicht zuſammen ſtimmen.

Chin

Jch weiß ein Mittel davor / daß der Thon juſt zuſammen treffen ſoll.

(Sie kuͤſſet ihn.)
Miſch.

Mein Schatz wir muͤſſen auch ſingen / gieb mir doch deinen Stimm - Hammer her / und ruͤcke mir mein Brumeyſen auch zurecht.

Riz

Jch ſchaͤme mich zuſehr.

Miſch.

Wir koͤnnen uns ſchaͤmen / daß wir im Liede eine Sau machen. Komm her / ich will ein Schnuptuch vorhal - ten / ſo hertzen wir einander nur auff das Schnuptuch.

Riz.

Nun dazu will ich mich noch bere - den laſſen.

(Sie wil ihn auff das Schnuptuch kuͤſſen / er zeucht es weg / und kuͤſſet ſie recht)
Riz.

Ja es traue nur einer dem Manns - Volcke.

Miſch.

Stille / der Herr ſperret ſchon ſein Maul auff / wir muͤſſen Achtung ge - ben / daß wir nicht zu langſam kom - men.

(Sie ſingen.)
Wir913
Wir ſind geſchoſſen
Auff Marck und Bein:
Doch kan der Poſſen
Nicht ſchaͤdlich ſeyn.
Seht wie wir ſchertzen
Mit Kuß uͤm Kuß!
So ſchadt dem Hertzen
Kein ſolcher Schuß.
Denn unſert halben
Sind keine Salben
Zum Pflaſter noth /
Denn alle Freude
Vergnuͤgt uns beyde
Biß in den Todt.
Die neulichen Poſſen
Sind gluͤcklich verfloſſen /
Nun werden die Poſſen
Gar froͤlich genoſſen /
Und unſer Leid wird ſo beſchloſſen
Wir ſind geſchoſſen.
(Die Muſicaliſche Compoſition iſt in Hr. Krie - gers Arien am gedachten Orte pag. 83.)
Raiſon tritt in die Mitte.

Hochwertheſte Zuſchauer. Dieſes dritte Spiel endiget ſich mit einer Muſic und mit einem ver - liebten Anblicke / da zwey artige Weibes-Bilder zwey ungeſtallten Maͤnnern vermaͤhlet werden. Soll ich ſagen / was die gantze ſpielende Geſell - ſchafft vor ein Sinnbild daraus genommen hat? Sie914Sie verſehen ſich elner hohen und unverruͤck - ten Affection, ob ſie gleich durch ihre Fehler auch ſonſten durch geringſchaͤtzige Qvalitaͤten zu einer unangenehmen Geſtalt waͤren gebracht worden. Wuͤnſchen alſo von dem Grunde ihrer Seelen / daß der hohe Geber alles Seegens die Muſicaliſche Harmonie, ich will ſagen / den hocherwuͤnſchten Frieden im Lande / in der Stadt und in allen Haͤuſern beſtaͤndig erhalten wolle / damit man ſich kuͤnfftiger Zeit / wills GOTT / einer gleich - maͤßigen Liebe getroͤſten / und auch auff dieſem Theatro was neues zu den Muſicaliſchen Er - getzligkeiten beytragen koͤnne. Was noch - brig iſt / ſo wird man wegen der Freyheit dieſes Spieles keine Entſchuldigung bedoͤrffen. Die - ſe zwey Liebhaber doͤrffen ſich bey ihren Liebſten nicht entſchuldigen / und alſo verſichert ſich auch die gantze ſpielende Geſellſchafft einer Affection, welche mitten in den Fehlern zu einem angeneh - men Urtheil geneiget iſt. Sie leben bey dieſen Gedancken beſtaͤndig und geſegnet.

About this transcription

TextDer freymüthige und höfliche Redner
Author Christian Weise
Extent1088 images; 137675 tokens; 15758 types; 924981 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationDer freymüthige und höfliche Redner das ist/ ausführliche Gedancken von der PRONUNCIATION und ACTION, Was ein getreuer Informator darbey rathen und helffen kan Bey Gelegenheit Gewisser Schau-Spiele allen Liebhabern zur Nachricht gründlich und deutlich entworffen Christian Weise. . [80] Bl., 286 S., [1] Bl., S. 287 - 600, [1] Bl., S. 601 - 914 : Frontisp., Tbl. r&s, Notenbeisp GleditschLeipzig1693.

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HAB Wolfenbüttel HAB Wolfenbüttel, Xb 2531

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationBelletristik; Drama; Belletristik; Drama; core; ready; china

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Editorial principles

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  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
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ShelfmarkHAB Wolfenbüttel, Xb 2531
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