PRIMS Full-text transcription (HTML)
Der Freymuͤthige und hoͤffliche Redner.
Chriſtian Weiſens Freymuͤthiger und oͤfflicher Redner /
das iſt / ausfuͤhrliche Gedancken von der PRONUNCIATION und ACTION, Was ein getreuer Informator darbey rathen und helffen kan
Bey Gelegenheit Gewiſſer Schau-Spiele allen Liebhabern zur Nachricht gruͤndlich und deutlich entworffen.
Anno M. DC. XCIII. Verlegts Johann Friedrich Gleditſch.

Erklaͤrung des Kupffer-Blats:

HJer hat ein kluger Platz zwey Spiegel auffge -ſtellt /
Jn einem bildet ſich die curioͤſe Welt /
Die ſpielet allerſeits mit Tritten und Figuren /
Mit ſchoͤner Eitelkeit / mit ſtoltzen Poſituren /
Und was man euſſerlich gut oder boͤſe macht /
Das wird gut oder boͤß im Spiegel beygebracht.
Geſetzt / wir wollen diß gar gerne beſſer ſehen:
So muß das Ebenbild in der Geſtalt geſchehen.
Gleich wie ein Mahler thut: Der richtet allemal
Die Kunſt in der Copie nach dem Original.
Der andre Spiegel fuͤhrt uns tieffer ins Gewiſſen /
Daß wir die Fehler ſelbſt an uns erkennen muͤſſen.
Weil er den Ubel-Stand an unſerm Leibe zeigt /
Den mancher Feind verlacht / den mancher Freundverſchweigt.
Jn jenem lernen wir fromm und gedultig werden /
Jn dieſem beſſern wir die Freyheit in Geberden.
Man ſieht / was moͤglich iſt / man ſchickt ſich in dieWelt /
Man mercket an ſich ſelſt / was andern wolgefaͤllt.
Und ſolches muͤſſen wir von dieſem Spiegel ſprechen:
Will iemand kluͤger ſeyn / ſo mag er ihn zer -
brechen.
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Geneigter Leſer.

JCh bin einmal darzu kom - men / daß ich von der Ora - torie profeſſion mache: Drum iſt bißhero meine groͤſte Sorge darinne be - ſtanden / daß ich kein Theil von die - ſer angenehmen Diſciplin gantz un - beruͤhrt laſſe. Ja wofern ich noch etliche Regeln de prudentia Orato - ria moͤchte zuruͤcke gelaſſen haben / ſo wird etwas davon in den ſorg - faͤltigen Brieffen / oder im dritten Theile der curieuſen Gedancken von deutſchen Brieffen mit eheſter Gelegenheit zu erwarten ſeyn.

II.

Zwar ich ſehe noch etwas / darinne mir ein defect moͤchte ge - zogen werden. Denn das letzteStuͤ -Stuͤcke / damit die Oratores hin und wieder nicht unbillich ein groſſes Weſen machen / de pronunciatione & actione, das iſt von mir zwar hin und wieder etwas genennet / gleichwol aber niemals aus dem Fundamente unterſuchet worden.

III.

Geſetzt auch / daß meine Un - tergebene vielfaͤltig hierinne moͤch - ten angewieſen und erinnert ſeyn / ſo koͤnte es doch wol kommen / daß ein Liebhaber auch etwas Geſchrie - benes in dieſem Stuͤcke von mir be - gehren moͤchte. Solches aber wird bey Gelegenheit dieſes frey - muͤthigen und hoͤfflichen Red - ners am fuͤglichſten geſchehen koͤn - nen.

IV.

Jch bekomme auch eben zu rechter Zeit die galanten Orationes in die Haͤnde / welche der vornehme Redner und Profeſſor in Amſter - dam / Herr Petrus Francius, gleicha 3inin dieſem Jahre publiciret hat. Deñ da wir dem beruͤhmten Man - ne deßwegen gratuliren muͤſſen / daß er unlaͤngſt zum ſtattlichen Zeugniſſe ſeiner Vortreffligkeit zwar nach Leyden als ein Profeſſor beruffen; Gleichwol aber zu Am - ſterdam durch eine ſtatliche Zulage des Salarii behalten worden / ſo wird vielleicht ein Liebhaber der ed - len Redens-Kunſt nicht unrecht thun / wenn er theils aus dem er - wehnten Buche / theils aus der gantzen Methode was zu lernen und zu bedencken ſuchet.

V.

Das weiß ich wol / ein iedwe - der Redner muß ſich nach dem Staate ſeiner Republic richten / und wie etwan vormals der gelehr - te Lipſius zu Loͤven gar eine andere Politice ſchrieb / in faveur der Mo - narchie / als der ſcharffſinnige Box - horn in Leyden / der ſich etwas ge -nauernauer nach der Libertaͤt accom - modiren muſte: So kan es nicht feh - len / daß die Oratorie gleicher Geſtalt als eine Dienerin der Politic zu an - dern Regeln / oder zu andern Exem - peln und Handgrieffen verſtehen muß. Eben wie ſich ein Profeſſor in ſtatu Monarchico nimmermehr zu allem verſtehen darff / was die Griechiſchen und Lateiniſchen Ora - tores an ihrem Orte vor gut und practicable gefunden haben.

VI.

Wenn ich aber des wohlge - dachten vornehmen Mannes Ab - ſehen allerdings bey mir uͤberlege / ſo finde ich drey unterſchiedene Pun - cte / darinne er den vornehmſten Fleiß ſo wol den Patronen / als der geliebten Jugend zu recommendi - ren ſuchet.

VII.

Erſtlich iſt es ihm nicht ge - nug / wenn man die Reden nach der Kunſt eintheilen und hinſchreibena 4will /will / damit der geneigte Leſer ſeine Vergnuͤgung darinne finden kan: Sondern zu dieſen artificiis inter - nis, wie er ſie nennet / gehoͤren auch externa, daß man ſich in der an - ſtaͤndigen und freymuͤthigen pro - nunciation, ſo dann in der hoͤffli - chen und manierlichen action wohl auffzufuͤhren weiß.

VIII.

Darnach beklaget er / daß in Schulen auff dieſe Vollkomenheit eines Redners gaꝛ wenig ſey geſehen worden. Letzlich aber entdecket er ſei - ne Gedancken / wie er bey der Ju - gend gewiſſe Reden lateiniſch aus dem Cicerone, Griechiſch aus dem Demoſthene recitiren / und ſolche mit eben den Minen halten lieſſe / welche die Weltberuͤhmten Redner dazumal allen Umſtaͤnden nach / vermuthlich wuͤrden gebrauchet haben.

IX.

Je mehr nun der gute Suc -ceſsceſs dieſer Methode zum wenigſten aus der allgemeinen Affection des Vaterlandes zu erkennen iſt; da man ſich eines Profeſſoris wegen keine Sorge machen wuͤrde / wenn er das Seinige bey der Jugend nicht wol und galant ausgefuͤhret haͤtte: deſto mehr hab ich Urſache / daß ich allhier ſtehen bleibe / und in Anſehen meiner vorigen und itzigen Profeſſion gleichſam Rechenſchafft gebe / was mir in dieſen hoͤchſt ange - legenen Puncten nicht nur gedienet und geholffen / ſondern auch im Ausgange ſelbſt den Stich gehal - ten hat.

X.

Jch præſupponire aber nochmals / daß ich in dieſer gantzen Diſciplin mehrentheils auff den Zuſtand der Republic ſehe / da wir unter einem glorwuͤrdigſten Po - tentaten leben / und der poſteritaͤt mit ſolchen Leuten zu dienen ver -a 5pflich -pflichtet ſeyn / welche ſo wohl dem Durchlauchtigſten Haupte zu gnaͤ - digſten Gefallen / als dem geliebten Vaterlande zu geſegneten Auffneh - men mit der Zunge / und mit der Fe - der in geiſtlichen und weltlichen affairen nuͤtzlich erſcheinen ſollen.

XI.

Und dannenhero wie ſich die Alten nach der Gelegenheit ih - res Staats richteten / und alles ſe - cundum genus demonſtrativum, deliberativum & judiciale gluͤcklich eintheileten / ſo kan ich an meinem Orte nicht vorbey / ich muß die vor - nehmſte Diſtinction darinne beru - hen laſſen / wenn ich die Meinigen ad Orationes Scholaſticas, Politi - cas und Eccleſiaſticas verweiſe.

XII.

Denn wir kommen weiter nicht / als daß wir entweder auff der Schul - oder Univerſitaͤts-Cathe - der was Gelehrtes reden / oder daß wir im Regiment und in Geſand -ſchaff -ſchafften die Sprache gluͤcklich brauchen / oder auch endlich auff der Cantzel der Chriſtlichen Gemeine mit guten Predigten nuͤtze ſeyn. Warum aber dieſer Unterſcheid vor itzo genau zu bedencken iſt / das wird ſich bald eroͤffnen.

XIII.

Dannenhero / wenn ie - mand fragen will / ob ein zukuͤnffti - ger Redner nicht nur ad eloqven - tiam internam, das iſt / zum zierli - chen und gelehrten Gebrauche ſei - ner Feder; ſondern auch ad elo - qventiam externam anzufuͤhren ſey / daß er ſich mit der Stimme / und mit dem gantzen Leibe wol anlaſſen koͤnne: Wie denn Cicero ſolches corporis eloqventiam genennet hat; So muͤſſen wir die pronun - ciation und action nicht confundi - ren / ſondern von beyden à part han - deln.

XIV.

Dergeſtalt befinde ich an -a 6fangsfangs einer hohen Nothwendigkeit zu ſeyn / daß man ſich in der pro - nunciation deutlich / unterſchied - lich und liebreich erweiſen kan / da - mit die Zuhoͤrer voraus den Ver - ſtand aſſeqviren / hiernechſt aber al - les mit guten appetit vernehmen und behalten moͤgen.

XV.

Denn gleichwie zu der pro - nunciation zweyerley gehoͤret: So - nvs, daß man laut oder ſtarck / geſchwinde oder geſchleifft / trotzig oder guͤtig / froͤlich oder traurig / ſtoltz oder demuͤthig redet; Und Accentvs, daß man allezeit eine gewiſſe Sylbe / oder wol gar ei - ne gantze Zeile gegen der andern em - por hebet / und ſolche mit einer ge - wiſſen Emphaſi beleget: Alſo kan es nicht fehlen / wenn iemand aus Unverſtande oder aus Leichtfertig - keit eines von beyden veraͤndern will / ſo iſt der Senſus der gantzenRedeRede verdorben und umgekeh - ret.

XVI.

Und eben deßwegen kom - men wir mit den muͤndlichen Com - plimenten beſſer fort / als mit den geſchriebenen / wie Plinius ſaget: Sermonem vultus, geſtus, vox ipſa moderatur, epiſtola omnibus commendationibus deſtituta ma - lignitati interpretantium exponi - tur. Man erfaͤhrt es offt / wenn eine Supplic oder ſonſt ein Con - cept ſo wol vor dem Fuͤrſten / als vor einem andern Collegio ſoll ab - geleſen werden. Denn wo der Le - ſer der Partey guͤnſtig iſt / ſo darff er nur alles ſitſam / demuͤthig und klaͤglich exprimiren / damit werden die Gemuͤther gar leicht gewonnen ſeyn. Hingegen wo er den accent aus Boßheit oder aus Unverſtand gar zu trotzig fuͤhret / ſo kan er die Perſon odieux machen / und dera 7gutenguten Intention einen unverwind - lichen Stoß geben.

Wo der Senſus durch den accent uͤber die maſſen ſchaͤndlich kan verletzet wer - den / ſolches hab ich unlaͤngſt bey Gele - genheit der deutſchen Verſe vielfaͤltig erwieſen: Habe auch vornehmlich in Verſen dargethan / wie der accentus ſcanſionis und pronunciationis nicht duͤrffe mit einander vermenget werden.

Allein es wird ſich hier der Muͤhe verlohnen / daß wir dem geneigten Leſer nur mit einem kurtzen Exempel dienen: Geſetzt ich wolte mich in einer Compli - mente dieſer formul gebrauchen: Dem Herrn will ich an ſtatt der Bezah - lung mit meinem Gebete dienen. Denn wofern ich die Worte ſtarck und mit einiger vehemenz von mir ſtoſſe / ſo muͤſſen alle dencken / man wolle mit ſei - nem Gebete trotzen / und allen zu verſte - hen geben / was ſie vor einen groſſen Danck wegen dieſer Hoffart wuͤrden ſchuldig ſeyn.

Hingegen wenn es langſam / leiſe / de -muͤthigmuͤthig und gleichſam mit einer bey - wohnenden Furcht ausgeſprochen wird / ſo muͤſſen alle mercken / wie er ſich ſeines Armuths ſchaͤmet / und dennoch in einer dienſtergebenen Hoffnung ſte - het / ſein geringes Vermoͤgen / welches ihm GOtt vielleicht in der Andacht ge - goͤnnet hat / werde nicht allerdings ver - ſchmaͤhet ſeyn.

Doch das iſt nicht genug.

So viel als die Formul Worte hat / ſo vielmal kan der Senſus durch den auffgelegten accent, wo nicht gantz / doch um ein ziemliches veraͤndert wer - den. Und es wird dem geneigten Le - ſernicht mißfallen / daß ich alles durch die zwoͤlff oder eilff Worte ſo vielmal ausfuͤhre.

Dem Herꝛn will ich an ſtatt der Be - zahlung mit meinem Gebete dienen.

Das iſt eben dieſem Herrn / den ihr ſehet / und nicht etwan einem andern.

Dem Herrn will ich / ꝛc.

Das iſt / eben dieſer vornehmen Per - ſon / mit der ich rede / der ich ſoll danck - bar ſeyn / und die es eben wiſſen ſoll /daßdaß ich die Complimente auff ſie ge - richtet habe.

Dem Herrn will ich ꝛc.

Es ſol mirs niemand nachſagen / daß ich mich anders reſolviret haͤtte / ſo war als die Sache beſchloſſen iſt / ſo war will ich mich auch darinne nicht verhindern laſ - ſen / ja er ſoll es erfahren / daß ich als ein Souverainer Menſch uͤber mein Gemuͤ - te und meinen Willen zu ſprechen habe.

Dem Herrn wil ich. ꝛc.

Hier ſteht der Mann / der ſein Verſpre - chen ſo ſchoͤne vorgetragen hat: Jch bins und kein ander / wenn auch jemand nach dem vortreflichen Menſchen fra - gen moͤchte / der ſich mit ſeinem Gebete ſo breit gemacht hat / ſo kan er nun wiſ - ſen / wohin er die Leute verweiſen ſoll.

Dem Herrn wil ich an ſtatt. ꝛc.

Jch ſehe daß ich etwas anders vor mei - ne Bezahlung lieffern muß: Als wil ich nur erinnern! was er nunmehr an der Stelle finden wird. Der Ort ſol gleichwol nicht ledig gelaſſen werden / er ſol etwas haben / daran er ſich halten kan.

Dem

Dem Herrn will ich an ſtatt der Be - zahlung ꝛc.

Weil der Herr eben dieſe Bezahlung von mir fodert / und mir alſo was un - moͤgliches zugemuthet wird / das ich e - ben itzo bey ſo geſtalten Sachen nicht lieffern kan / ſo wird er mit etwas an - ders zufrieden ſeyn.

An ſtatt der Bezahlung ꝛc.

Jch bekeñe es gerne / daß ich ein Schul - dener bin / die Bezahlung iſt das vor - nehmſte / das ich leiſten ſoll / und ich ha - be vielfaͤltig davor geſorget / ob ich mei - ner Pflicht nachleben koͤnte. Ja ich nenne das Wort eben mit einem Nachdrucke / daß er wiſſen ſoll / wel - cher geſtalt ich ſolches nicht vergeſſen habe.

Dem Herrn wil ich mit meinem ꝛc.

Er kan verſichert ſeyn / daß ihm mein Gebete helffen wird / es wird damit was ausgerichtet ſeyn / und mit dieſer Vergeltung wird er ſich vergnuͤgt be - finden.

Mit meinem Gebete.

Jch will es nicht meine Kinder undHauß -Haußgenoſſen thun laſſen: Jch will den Zettel nicht in eine fremde Kirche ſchicken / daß er unter den Vorbitten ab - geleſen wird: Sondern hier ſteht der Mann / der es in eigener Perſon ſelbſt verrichten will.

Mit meinem Gebete dienen ꝛc.

Jch kan nicht groſſe Dienſte noch etwas anders von annehmlichen Auffwartun - gen verſprechen; Sondern wenn ihm mit dem jenigen gedienet iſt / das ich in der Krafft GOttes vor das meinige ſchaͤtzen darff / ſo laſſe er ſich das Gebete befohlen ſeyn / welches darum mit einem ſcharffen accente ausgeſprochen wird / daß er zugleich den Eyffer daraus erken - nen ſoll / welchen ich bey dieſem Gebete durchaus empfinden werde.

Dem Herrn will ich mit meinem Ge - bete dienen.

Der Ausgang ſoll es beweiſen / daß er mir deſſentwegen noch einen Danck wird ſchuldig ſeyn: Er wird es empfin - den / was vor ein vortreflicher Effect zu ſeinem Auffnehmen und zu ſeiner Wol - fahrt erfolgen ſoll.

XVII.

XVII.

Weil nun ſo viel daran gelegen iſt / daß dem Verſtande / fer - ner auch der Annehmligkeit nichts benommen wird / ſo darff ſich nie - mand vor einen vollkommenen Redner ausgeben / wenn er ſich in der pronunciation nicht accurat zu halten weiß.

XVIII.

Allein es beruhet auch etwas groſſes auff der Action. Denn wer als ein todtes Bild vor unſern Augen ſteht / der kan ſeinen Worten ſchwerlich eine lebendige Krafft einfloͤſſen / ſonderlich wer ſich allemal auff verſtaͤndige und attente Zuhoͤrer nicht verlaſſen kan / welche vielleicht die Warheit auch in der einfaͤltigen Geſtalt aſſeqvi - ren moͤchten: Der muß freylich dahin gehen / daß die Unverſtaͤndi - gen durch beredte Minen zur Er - kaͤntniß gebracht / ſo dann auch die Nachlaͤſſigen durch ſolche liebreicheCe -Ceremonien bey der Luſt behalten werden.

XIX.

Wiewol vor allen Dingen wird auff den Unterſcheid der reden - den Perſonen geſehen. Was ei - nen Geiſtlichen Redner am beſten recommendiret / daß kan einem Politiſchen Redner zum Spotte gereichen: Und was wir an beyden admiriren / das moͤchte auff der Schul-Catheder zu ſchlechter re - commendation dienen.

XX.

Ein Geiſtlicher / der auff der Cantzel / im Beichtſtuel / bey dem Altare / ja wol auch bey dem Krancken-Bette zu reden hat / dem ſtehen die andaͤchtigen / liebreichen und gravitaͤtiſchen Minen wol an; Denn er muß mit der andaͤchtigen Mine weiſen / daß ihm die Rede von Hertzen gehet. Ja er muß erſchei - nen mit der liebreichen Mine / daß er ein Diener Chriſti heiſſet / welcherallenallen Menſchen will geholffen ha - ben; So denn auch mit der gravi - taͤtiſchen Mine / daß er ſich der welt - lichen Eitelkeit durchaus nicht an - zunehmen gedencket.

XXI.

Hingegen ein Politicus muß ſich ſchon in ſeinen Compli - menten nach der Mode richten / nur daß er nicht des Buͤckens und des Außſtreichens gar zu viel macht / wie etliche Complimentiſten / die keinen Unterſcheid halten / ob ſie mit einem Fuͤrſten oder mit einem Kammerdiener reden. Wenn ſie mit einem hoͤhern zu ſchaffen ha - ben / ſo moderiren ſie die Stimme und erweiſen in den Minen zwar etwas demuͤthiges und auffwartſa - mes / doch mit ſo einem klugen Temperament, daß man kein Sclaviſches Gemuͤthe bey ihnen ſu - chen darff. Wenn ſie mit ihres glei - chen / oder auch mit einem geringernzuſam -zuſammen kommen / ſo muß alles mit einer gratioͤſen Mine geſchehen / daraus lauter Freundligkeit und Liebe zu erkennen iſt / doch alſo / daß man nichts gezwungenes / als ein unbetruͤgliches Merckmahl der Falſchheit mit unterlauffen laͤſt. Endlich wenn man im Nahmen ei - nes Obern mit den Untern zu reden hat / ſo iſt ein gravitaͤtiſcher accent und eine ſachte Bewegung des Lei - bes am alleranſtaͤndigſten.

XXII.

Die Schul-Reden werden entweder von der Jugend gehalten / und da muß ein jedweder gleichſam einen Blick in die kuͤnfftige Profeſ - ſion thun / und ein zukuͤnfftiger Stu - dioſus Theologiæ muß ſchon et - was ſitſamer gehen / daß er ſich der andaͤchtigen und modeſten Mine gebrauchen lernet; Ein zukuͤnffti - ger Politicus muß der freymuͤthi - gen und hoͤfflichen Manier etwasgenau -genauer nachleben. Oder die Leh - rer muͤſſen aufftreten; Und da ſcheinet es am beſten / wenn eine moderate miſculance zwiſchen den Geiſtlichen und Politiſchen Minen geſuchet wird. Denn aus dieſer un - gezwungenen Art giebt man erſtlich zu erkennen / daß man ſich in der Lehre der einfaͤltigen Warheit anzu - nehmen pfleget; Und daß man ſo wol denen Theologis als den Poli - ticis zu Dienſte ſtehen wolle.

XXIII.

Doch wer von den Mi - nen was accurates erinnern will / der befindet etliche gantz general, das iſt / er ſaget / wie ſich ein Menſch mit den Augen / mit dem Munde / mit der Hand / ja mit dem gantzen Leibe ſtellen muͤſſe / wenn er den Leuten etwas froͤliches / oder trau - riges / etwas admirables oder ver - aͤchtliches / etwas freundliches oder verdrießliches vorzubringen hat.

bXXIV.

XXIV.

Jm Gegentheile befin - det er etliche gar ſpecial. Wenn ein Redner bey allen Zeilen nach - dencket / was eben bey dieſem oder jenem Worte vor eine Bewegung am anſtaͤndigſten und am kraͤfftig - ſten ſeyn moͤchte. Denn alſo ver - ſuchte Demoſthenes ſeine Reden allemal vor dem Spiegel / daß er ſich durchaus zu einer nachdruͤckli - chen Mine præpariren kunte. Ci - cero hatte ſein Vergnuͤgen darin - nen / wenn er mit dem Roſcio als einem Theatraliſchen Ceremonien - Meiſter gleichſam certiren ſolte / wie vielmal eine Rede mit unter - ſchiedenen Minen koͤnte veraͤndert werden.

XXV.

Wiewol dergleichen Spe - cial-Werck kan bey den wenigſten Rednern geſuchet werden. Denn wer nicht ein Viertel Jahr zur Præ - paration ausſetzen kan / derſelbe kanſichſich nuñermehr ſo wol an die Wor - te / als an die Minen genau binden lernen. Wenn die Jtaliaͤner einen activen Prediger beſchreiben wol - len / ſo ſprechen ſie: Concionatur cum ſpiritu. Doch ein guter Freund bekandte mir ſelber / ſingu - lis menſibus tantum ſemel concio - natur.

XXVI.

Drum iſt es wolam be - ſten / wenn ſich ein Redner in gene - re nach den affecten richtet / und ge - wiſſe Minen gleichſam im Vorra - the beyſammen hat. Denn eine Regiments-Perſon / welche den raſenden Poͤbel vor dem Rathhau - ſe ſihet / der nicht anders als mit ei - ner extemporalen Rede ſol beſaͤnff - tiget werden / der kan ſich keine vier Wochen ausbitten / daß er in des Demoſthenis Spiegel ſehen / und hernach mit den ausſtudirten Mi - nen viel Wunder-Zeichen thun koͤnte.

b 2XXVII.

XXVII.

Am allermeiſten hat man die Klugheit eines jedweden Redneꝛs in ſpecie zu ruͤhmen / wenn er ſeine Mine zwar nach andern Leuten einrichtet / und abſonderlich der eingefuͤhrten Gewonheit nach - gehet; Gleichwol aber ſich ſelber ſo weit erkennen lernet / ob er ſich ſei - ner Leibes Diſpoſition nach einer hefftigen oder einer ſachten Bewe - gung bedienen ſolle. Denn einer - ley ſtehet allen nicht an. Mancheꝛ hat etwas bewegliches / wenn er die Hand wol zu gebꝛauchen weiß: Ei - nem andern ſtehts beſſer an / wenn er die Haͤnde ruhen laͤſt. Jn Sum - ma / wir muͤſſen uns uͤber die Weiß - heit des Schoͤpffers verwundern / daß er bey den Menſchen / und bey dieſem eintzigen Geſchlechte ſo viel tauſenderley Wechſel vorſtellen kan. Kein Menſch fuͤhret ſo eine Spra - che / und ſo einen accent wie der an -dere:dere: Kein Menſch hat ſo eine Mi - ne wie der andere: Jch moͤchte faſt ſprechen / kein Menſch ſchreibt ſo ei - ne Hand wie der andere / und womit ſich einer als ein galanter Redner durchgehends recommendiren kan / damit hat ein ander die recom - mendation verſchertzet.

XXVIII.

Doch wie dem allen / ſo koͤnnen wir nun zum andern fꝛagen; Ob man von der pronunciation uñ der action in Schulen bey der Ju - gend etwas nuͤtzliches vornehmen koͤnne. Und weil der Jugend ſo viel daran gelegen iſt / ob ſie lebhafft oder ungeſchickt erzogen wird / ſo darff ein ehrlicher Mann / der ein - mal von ſolchen Dingen Profeſſion macht die Frage nicht mit Still - ſchweigen beantworten.

XXIX.

Zwar wir ſehen erſtlich / wie man gemeiniglich einem guten Naturel das meiſte zu dancken hat. b 3DerDer geneigte Leſer wird mir dieſes zugeben. Mancher hat von Natur einen liebreichen / mancher einen ernſthafften / mancher einen lu - ſtigen accent. Und wir befinden es in der Converſation, wie man - cher die Gabe hat / was luſtiges zu erzehlen / daß alle vor Lachen zer - ſpringen moͤchten: Und wenn e - ben die Sache von einem andern nachgeſaget wird / ſo weiß niemand / warum er lachen ſolte. Ja man darf nuꝛ in das Catechiſmus-examen ge - hen / da ſich die ungeuͤbten Kinder oͤffentlich hoͤren laſſen / wie manches ſo einfaͤltig uñ verdrießlich / manches hingegen mit einem manierlichen Accente die Kirche zu fuͤllen weiß / da ſie doch alle die Lection von einem Schulmeiſter bekommen haben.

XXX.

Ja die Natur iſt gegen et - liche ſo guͤtig / daß wir auch ihre Feh - ler oder ſolche Sachen / die man ſonſtbeybey andern Rednern zu tadeln pflegt / entſchuldigen / oder wol gar admiriren muͤſſen. Alcibiades ſtamlete bißweilen / und Plutar - chus ruͤhmet gleichwol von ihm / ſolches haͤtte ihm uͤber die maſſen galant angeſtanden. Und ich weiß einen Menſchen / der an ſeinem ge - liebten Frauenzimmer dieſes am hefftigſten lobte / weil ſie das R. nicht wohl ausſprechen konte. Und zu Anfang dieſes Seculi iſt ein vor - nehmer Hoff-Prediger geweſen / dem hat die gezwungene pronunci - ation mit dem R. ſo treflich ange - ſtanden / daß etliche Studioſi, wel - che den Buchſtaben ſonſt gar wol ausſprechen kunten / eben zu dieſen gratioͤſen Fehler / ich weiß wol nicht / mit was vor einem Succesſ, ſich an - gewehnet haben.

XXXI.

Alſo koͤnnen wir nun von keinem Lehrmeiſter dieſes fo -b 4dern /dern / daß er aus allen ungeſchickten Kerlen was geſchicktes / und alſo zu reden / was lebendiges machen ſol. Ja wir duͤrffen auch dieſes nicht be - gehren / daß er einen jungen Men - ſchen wider ſein Naturel zu etwas zwingen ſol. Denn wer zu einem linden und weibiſchen accent ge - bohren iſt / der wird ſich nimmer - mehr zu einer maͤnnlichen und gra - vitaͤtiſchen Manier zwingen laſſen. Jch habe es in meinen Comoͤdien er - fahren / da gab ich keinem etwas zu agiren / darinn ich nicht alles nach der Perſon ihrem Naturel eingerich - tet hatte: Doch wenn ich nur die Perſonen haͤtte verwechſeln ſollen / die ſonſt ihre Partheyen alle vor ſich ſelbſt gar ungezwungen repræ - ſentirten / ſo wuͤrde man den Unter - ſcheid und den Mangel ſehr geſpuͤrt haben. Jch ſtehe auch in Sorgen / wo miꝛ jemand meine Sachen nach -ſpielt /ſpielt / der nicht eben ſolche Leute beyſammen hat / ſo wird es ihm ge - hen / wie dem beſten Capellmeiſter / der ein fremdes Stuͤcke / das auf an - dere Saͤnger geſetzet iſt / nachma - chen will.

XXXII.

Jmmittelſt / weil ich gleichwol der Information was ſon - derliches zuſchreiben muß / ſo ſage ich anfangs: Ein Præceptor kan viel darzu helffen / daß die Seinigen einer lauten und deutlichen pro - nunciation gewohnen. Und ich halte / wie mancher Canarien-Vo - gel bey den Sperlingen haͤßlich zwitſchern lernet; ſo verderbet man - cher ſein Naturel, wenn er die Lecti - ones geſchwinde und in einem bet - telhafften Uniſono daher ſingen hoͤ - ret.

XXXIII.

Dannenhero kan ein Præceptor viel darbey thun / wenn er bey guter Zeit die Gebrechen ken -b 5nennen lernet / welche der Jugend ſo wol an der pronunciation als an der action uͤber die maſſen viel Schaden thun. Und vornemlich haben wir zwey Haupt-Maͤngel / die Furcht und die Hoffart.

XXXIV.

Wer furchtſam iſt / der redet g meiniglich leiſe: Denn er denckt immer / es moͤchte ihm uͤbel geſprochen werden / wenn er gar zu ſehr ſchreyen ſolte: Ja wenn ihm der Thon etwas in dem Kopffe ſchallet / ſo bildet er ſich ein / das Ge - raͤuſche moͤchte dem Zuhoͤrer auch ſo verdrießlich ſeyn.

XXXV.

Nechſt dieſem ſchaͤmet er ſich auch viel Minen zu verſuchen: Denn er denckt immer / er koͤnte es nicht recht machen / und er wuͤrde deßwegen ausgelacht werden.

XXXVI.

Solchen Leuten kan man beſſer nicht helffen / als daß man ſie erſtlich alleine vornimt. DennDenn wer ſie vor der gantzen Com - pagnie beſchaͤmen will / der macht ſie noch furchtſamer / daß ſie endlich lieber nichts reden / als den Schimpf erdulden.

XXXVII.

Darnach zwing ich ſie / daß ſie faſt uͤber ihr Vermoͤgen laut ſchreyen muͤſſen / und gebe ih - nen Anlaß einen trotzigen accent zu gebrauchen / als wenn ſie die Leute mit einander freſſen wolten. Denn ob es zwar ſchlecht heraus kaͤme / wenn ſie ein Qvackſalberiſch Ge - ſchrey anfangen / oder mit ihren Ge - berden all zu thum kuͤhn erſcheinen wolten; So hat es doch die Noth nicht. Amplius eſt exigendum, qvam ſatis eſt, ut præſtetur, qvan - tum ſatis eſt. Die beywohnende Furcht wird ohne dem die Sache mehr als zu viel temperiren; Sie werden doch leiſe genung reden / undb 6diedie trotzigen Minen werden ſich ſparſam genung erweiſen.

XXXVIII.

Mit hoffaͤrtigen Leuten iſt artig umzugehen: Denn da haben wir die faule Hoffart und die active Hoffart. Die fau - le Hoffart entſtehet aus einer bru - talen impreſſion, da man ſich an - derer Leute wegen keine Muͤhe neh - men will entweder laut zu reden / o - der auch den Leib zu bewegen / und da murmeln ſie etwas hin / und laſ - ſen ſich als die geſchnitzten Oel-Goͤ - tzen anſehen.

XXXIX.

Die active Hoffart beſtehet aus einer eitlen Einbil - dung / dabey man die Sachen beſſer verſtehen will / als andere Leute. Drum wiſſen ſie nicht / wie ſie mit dem accente gnug fantaſiren ſollen. Da verbeiſſen ſie die Worte / und die letzten Sylben / da machen ſie al - les gar zu klaͤglich oder gar zu tro -tzig /tzig / und die Grimmaſſen lauffen ſo vielfaͤltig unter einander / daß man ſich offtermals des Lachens kaum enthalten kan.

XL.

Bey der faulen Hoffart iſt mehrentheils gar wenig zu hoffen. Denn will man die Leute ſcharff an - greiffen und dieſelben proſtituiren / ſo werden ſie nur verſtockter: Will man ſie mit guten bereden / ſo behaͤlt die Faulheit mehrentheils die Ober - hand. Am beſten iſts / wenn man ſie mit Exempeln zwinget / daß man Cameraden auffſtellet / die es beſſer machen / und den Ruhm (auch wol die Belohnung) ihnen vorm Maule wegnehmen: So trifft ſichs manch - mal / daß der Senſus honoris et - was guts zu wircken anfaͤngt.

XLI.

Mit der activen Hoffart iſt die Sorge viel leichter / und ge - ringer. Denn der Senſus honoris und der gute Conatus iſt ſchon vor -b 7handen /handen / und es fehlet nur an dem judicio, daß ſie mit der Application nicht allerdings zurechte kommen / die muß man ins geheim vor ſich kriegen / und ihre Narren-Poſſen recht empfindlich vorſtellen / biß ſie etwas ablegen / und der mediocri - taͤt gewohnen.

XLII.

Es gemahnet mich wie mit dem Barte. Wenn derſelbe zu groß iſt / kan man ſo viel abſchneiden als man will / biß ein Frantzoͤſiſches Mode-Baͤrtgen daraus wird: A - ber wo die Haare ſtehen wie armer Leute Getraͤyde / da laͤſt ſich ſchwer - lich was anſetzen / und der beſte Bar - bierer hat mit ſeiner Kunſt verſpie - let.

XLIII.

Nebenſt dieſem hat ein Præceptor auch auff die natuͤrli - chen Maͤngel zu ſehen / welchen man in der Zeit begegnen muß. Da ſind manche von einem langſamen Ge -daͤcht -daͤchtniſſe / darinn wollen ſie ſich helffen / und haͤngen an alle Worte ein E. Jche wille demme Herrene daſſe Gelde ſchone gebene / oder ſie halten mehrentheils in allen Com - matibus auff der letzten Sylbe ſtille / und zerren dieſelbe ſo lange / biß ſie wieder ein neues Maul voll beyſam - men haben. Und wie ſich mancher damit verderbet / wie er ſich auch zum kuͤnfftigen Predigten was ſchaͤndliches angewehnet / daß kan man leider mit gar vielen Exempeln beweiſen.

XLIV.

Uber dieſes ſind etliche mit den Fluͤſſen incommodirt / wel - che der Kehle viel Ungelegenheit machen: Und weil ſie nicht gerne wollen ausgelachet ſeyn / ſo geden - cken ſie an ein ungluͤckſeliges Kunſt - Stuͤckgen / das iſt / ſie gewehnen ſich an das huſten und reuſpern.

XLV.

Es koͤnnen auch etlichebeybey dem recitiren ſchaͤndlich vewar - loſet werden / daß ſie bißweilen lang - ſam reden und wol gar die Worte ſtamlende wiederholen. Darnach wenn ſie auff einen bekandten peri - odum kommen / ſolchen uͤber Halß uͤber Kopff heraus poltern / und die muͤſſen ſich alle mal inter memoriæ nimiam tenacitatem aut lubricita - tem herum vexiren laſſen / und weñ ſie vielmal die Worte wiederholen / und ſich gleichſam ſelber corrigiren / ſo merckt mans / daß ſie alles aus - wendig gelernet haben: Damit iſt die meiſte grace dahin. Denn ein Redner ſoll freymuͤthig / ungezwun - gen / und alſo zu ſagen ein Dollmet - ſcher ſeines Hertzens / und nicht ein Papagey von fremden oder ausſtu - dirten Worten ſeyn.

Jch will doch hier ſtehen bleiben / und an gewiſſe Exempel gedencken / die mir bey meiner langwierigen informationetlicheetliche mahl vorkommen / und weil die Perſonen unbekand bleiben; weil ſie auch nach erfolgter Beſſerung ſchwer - lich ſolten verrathen weꝛden / ſo wiꝛd nie - mand hierinne was zu leide geſchehen.

Einer hatte ſich das langſame Ge - daͤchtniß dahin verfuͤhren laſſen / daß er nach einem jeden commate, oder auch wol oͤffter / ſo lange er ſich beſann / na - tuͤrlich wie ein Schaff bloͤckete - - . Dem gab ich zu verſtehen / was vor eine ruͤhmliche Sache daraus erfolgen wuͤr - de / wenn er die Leute anflennen wolte / wenn er im Begriffe waͤre von hoͤflichen Sachen zu reden. Jch habe den Be - fehl einen hoͤflichen Gruß abzu - ſtattẽ - - . Uñ ihn aller Freund - ligkeit zu verſichern - - . Kan ihm etwas liebes und angenehmes geſchehen / aͤ-aͤ-aͤ. So wird er den freundl. Befehl erwarten - - . wofeꝛn ich auch als ein gehoꝛſamer Diener - - . mit meiner Auff - wartung was dienen kan - - . ſo wil ich das nicht allein mit einem freundlichen Geſichte aͤ-aͤ-aͤ. ſon -derndern auch mit willigem Hertzen - - . abzuſtatten beflieſſen ſeyn.

Ein ander hatte ſich eben durch die - ſes Vitium memoriæ dahin verleiten laſſen / daß er auff der letzten Sylbe al - lezeit lange tremulirte / biß er ſich auff was neues beſinnen kunte. Wenn er nun allemal nachzitterte / ne ne ne ne / ſo war es nicht anders / als wenn er ſei - ne Rede ſelbſt refutirte / und wenn er einmal ja ſagte / ſolches durch ein zehn - faches Nein widerlegte. Dem ſtellte ich vor / er ſolte doch bedencken / wie ſchoͤn es klingen wuͤrde / wenn er einmal ſprechen wuͤrde: Die betruͤbten El - tern werden ſich troͤſten / ne ne ne ne / denn das Kind iſt wol auffge - hoben / ne ne ne ne / es iſt voran ge - gangen ne ne ne ne / ſie werden es mit der Zeit wieder ſehen / ne ne ne ne / da wird aller Schmertz auffhoͤ - ren / ne ne ne ne / und ſie werden ſich ewig mit ihm freuen / ne ne ne ne.

Noch ein ander hatte ſich an das Hu - ſten gewehnet / daß er ſich die Fluͤſſe de - ſto leichter aus der Kehle foͤdern wolte:WeilWeil er aber ſolches zu verbergen ſuch - te / hatte er ſich eine unvermerckte Ge - wohnheit angenommen / als wenn er heimlich lachte. Denn er ſtieß an der Kehle ſo laͤcherlich an / als wie man zu thun pflegt / wenn man ſich gegen gute Freunde etwas froͤlich und verwun - dernde bezeigen will. Dem gab ich dieſe Formul / welche doch mit einem ge - ſtoſſenen Lachen aus der tieffſten Kehle / beſſer als man ſchreiben kan / nachzuma - chen iſt. Es iſt mir von Hertzen leid he he he / daß er ſich im betruͤb - ten Witwerſtande befinden ſoll he he he / und es iſt kein Zweiffel he he he / wenn er die kleinen unerzo - genen Kinder vor ſich ſieht he he he / ſo moͤchte das Hertze im Leibe Blut weinen / he he he.

Jch habe auch Leute gefunden / die koͤnnen mit keinem reden / daß ſie nicht gleich als zum Zeichen einer ſonderbaren Fꝛeundligkeit bey allen Commatibus mit lachen. Und da kenne ich eine Perſon / die ſchmertzlich kranck war / und als ſie von guten Freunden beſucht ward /nahmnahm ſie alle Kraͤffte zuſammen / daß ſie nur was reden kunte / und hiermit muſte die froͤliche Mine nicht auſſen blei - ben. Ach wie kranck bin ich / he he he / ich dachte immer ich wuͤrde die Nacht nicht uͤberleben he he he. Es iſt kein Glied am gantzen Leibe / das mir nicht weh thut / he he he. Und wenn es laͤnger waͤhrt / muß ich mir den Tod wuͤnſchen he he he / es iſt mir nur um die armen Waͤyßgen / die ich verlaſſen ſoll he he he: Doch ich muß GOtt vertrauen he he he / und muß ſie guten Freunden und Bekandten anbefehlen he he he.

Jch weiß Leute / die wollen der Memo - rie helffen / und gewehnen ſich an gewiſ - ſe Formuln / die ſie alle mahl darzwi - ſchen ſetzen / biß ſich wieder eine neue Zeile gefunden hat. So ſagte jener allemahl nach Belieben / ob er gleich mit des andern ſchlechten Belieben was zu reden hatte. Zum Exempel: Mon - ſieur, es nimt mich Wunder nach Be - lieben / daß ich mein Geld nicht ha - ben ſol / nach Belieben / er weiß / wasdasdas Recht mit ſich bꝛinget / nach Be - lieben / und wo ich bey dem Richter Huͤlffe ſuchen ſol nach Belieben / ſo wil ich an ſeinem Ungluͤcke keine Schuld haben / nach Belieben. Kom ich dißmal von ihm / nach Be - lieben / ſo wil ich Brieff und Siegel geben / nach Belieben / daß ich mich mit einem ſo unbehuͤlfflichen Man - ne nicht verwirren will nach Belie - ben. Kurtz davon zu reden / nach Belieben / er zahle mich / nach Belie - ben / oder krieche in den Thurm / nach Belieben.

XLVI.

Zwar es iſt nicht genug / daß man die Vitia pronunciationis bey guter Zeit / weil ſich die Natur gewinnen laͤßt / zu verbeſſern ge - denckt / man muß auch ſehen / ob ein Præceptor ſo viel ſchaffen kan / daß er in dieſem Stuͤcke den Seinigen gewiſſe Virtutes einpflantzen kan.

XLVII.

Solches kan aber am beſten geſchehen / wenn man die Sa -chenchen ſelber mit einem lebhafften ac - cente proponiret / und immer Ge - legenheit ſucht / daß ſie was reden o - der leſen muͤſſen. Denn es heiſt: Ex malis moribus fiunt bonæ le - ges, das iſt: Wo man hinter die Fehler koͤmmt / da kan man ſich auff die Lehren gar leicht beſinnen.

XLVIII.

Sonderlich was den accent betrifft / daß man eine Syl - be gegen der ander etwas lauter und mit erhabener Stimme ſoll hoͤ - ren laſſen; So beruhet ſolches wol auff dem judicio, daß man jungen Leuten dergleichen maturitaͤt nicht abfodern kan. Allein der Præce - ptor muß gleichwol mit ſeiner Ge - ſchickligkeit dem judicio zu Huͤlffe kommen.

XLIX.

Erſtlich iſt es ein groſ - ſes / wenn man ſich in die Signa di - ſtinctionum finden lernet. Denn gleich wie der Leſer einen Unter -ſcheidſcheid erkennen muß / ob ein com - ma, ein ſemicolon, ein colon, oder ein punctum, ja ob gar ein Signum exclamationis oder interrogatio - nis, endlich auch eine parentheſis vorhanden iſt / ſo kan es nicht feh - len / wenn die geſchriebene Rede ſoll ausgeſprochen werden / ſo muͤſſen dergleichen diſtinctiones in der pronunciation gleichfals abſte - chen. Das iſt / man muß nicht al - lein kurtze oder laͤngere interſtitia nehmen / daß man Athem holen kan / ſondern man muß das Ante - cedens eines periodi gegen das Conſeqvens auch durch den Thon etwas unterſcheiden koͤnnen.

L.

Manche haben von Natur einen kurtzen Athem / und koͤnnen alſo gar zu viel Worte nicht auff einmal heraus ſchuͤtten. Wenn ſich nun ſolche Leute auff das Aus - ſchreiben / oder gar auff das Poſtil -lenlen reiten legen wollen / ſo giebt es die Erfahrung / daß ſie mehren - theils die Rede nicht nach den or - dentlichen diſtinctionibus, ſondern nach ihren ſchwachen pulmonibus eintheilen.

Jch beſinne mich / daß ich einmal ei - ne Leichen-Abdanckung von dieſer Art gehoͤret habe. Und der geneigte Leſer mag an den diſtinctionibus ſelber ſe - hen / wie die pronunciation haͤtte ſollen eingerichtet ſeyn; aber an den unter - ſchiedenen Zeilen / wie der Redner ſei - nen Athem geholet hat. Will er ſich ei - nen ziemlichen uniſonum einbilden / ſo wird er nicht irren.

Edle uñ hochgeneigte Herren / Frauen | uñ Jungfrauen. Der gelehrte Plinius | ſpricht an einem Orte / da er einen | wolgerathenen Juͤngling beklagen uñ | betrauren will: In flore primo | tantæ indolis juvenis extinctus | eſt, ſumma conſecuturus, ſi virtutes | ejus maturuiſſent. Das heiſt ſo viel auf | unſere deutſche Sprache / in der erſten |BluͤteBluͤte ſeines Alters iſt ein | trefflicher Juͤngling von guter und | ſchoͤner Art verloſchen / welcher | die vornehmſten Stellen bey dieſer | Republiqve wuͤrde erlanget und | verdienet haben / wenn ſeine herrliche | Tugenden nur waͤren von dem | Fruͤhlinge an biß in den Herbſt / ich | will ſagen / von dieſem kurtzen | Anfange zu einer reiffen Frucht | erhalten und befoͤrdert worden / ꝛc.

Jch habe gnug am Schreiben: Sie haben vielleicht genug am Leſen. Wir hatten auch dazumal genug am Hoͤren.

LI

Wiewol wenn ſich ein Man - gel von dieſer Gattung entweder in der memorie ſelbſt / oder auch in dem Athem ereignen will / ſo muß ei - nem ſolchen Menſchen gerathen werden / daß er ſich an den Stylum ſententioſum und an kurtze Zeilen binden lernet. Denn hiermit kan er inne halten / wenn er will / und es finden ſich wohl Leute / welche ſichcuͤberuͤber den langſamen und bedacht - ſamen accent verwundern wollen.

LII.

Darnach laſſe man die Leu - te bißweilen aus einem Buche le - ſen / da der Buchdrucker einen Un - terſcheid mit Fractur und Schwa - bacher / oder auch ſonſt mit kleiner und grober Schrifft gemacht hat. Denn weil der Leſer etwas unter - ſchiedenes anmercken ſoll / ſo muß die Sprache wol auch dergeſtalt ge - fuͤhret werden / daß der Unterſcheid gleicher Geſtalt dem Zuhoͤrer in die Ohren faͤllt. Es mag nun ſeyn / daß man die grobe Schrifft lang - ſam / ſtaͤrcker / auch wol etwas tief - fer und gravitaͤtiſcher will expri - miren laſſen.

LIII.

Weiter muß man den Leu - ten ſo viel einbilden / daß ſie allemal in der Rede das Wort oder auch die Zeile kennen lernen / darinne der vornehmſte Nachdruck beſtehenſoll.ſoll. Denn alſo werden ſie leicht ſo viel mercken / daß man ein ſolches Wort mit einem manierlichen ac - cente vor andern unterſcheiden ſoll.

LIV.

Jch ſage einen manierli - chen accent. Denn gleich wie es uͤber die maſſen jaͤmmerlich klinget / wenn alles in uniſono, wie der Bet - tel-Moͤnche ihr Miſerere nach ein - ander hergeſungen wird; Alſo klin - get es nicht viel beſſer / wenn man den accent gar zu ſtarck giebt / oder wenn man in allen Zeilen mit einer indifferenten Sylbe biß uͤber die Tertia und uͤber die Qvarta hinaus juchtzet. Zu geſchweigen / wie kuͤnſt - lich die Pronunciation heraus koͤmmt / wenn ſie eben wie der Pup - pen-Spieler ihre ſchoͤne Dorothea faſt einem Geſange als einer Rede aͤhnlicher iſt: Oder wenn die Zu - hoͤrer nicht wiſſen / ob es gar ſoll ge - bruͤllet oder gebollen ſeyn.

c 2LV.

LV.

Und dieſe mediocritaͤt kan ſchwerlich geſchrieben / und in ſolche Regeln gefaſſet werden / die ſich her - nachmals von dem Papiere weg lernen lieſſen. Kan doch ein Mu - ſicus, der ſeine gewiſſe Thone durch die Noten und Linien unterſchei - den mag / nicht viel zu wege brin - gen / wenn er den Untergebenen nicht alles vorſinget / und die Ma - nier im Leben ſelbſt zu erkennen giebt: Wie vielmehr hat ein Red - ner auff die lebendige information zu ſehen / der ſeine Noten / ſeine in - tervalla, ſein præſto und adagio durch keine character bezeichnen kan.

LVI.

Und alſo muß der Præce - ptor ſeinem Untergebenen die Re - de vorſprechen / daß er ſich durch das Gehoͤre nach und nach finden / und von der Sache judiciren lernet: Und wer etwan ſelbſt in dieſemStuͤ -Stuͤcke nicht wohl moͤchte erfahren ſeyn / daß er / wie manche Componi - ſten / gute Stuͤcke ſetzen / nicht aber gut ſingen koͤnten / ſo wuͤſte ich den armen Untergebenen nicht anders zu helffen / als daß ſie treulich erin - nert wuͤrden / gute Prediger / und geſchickte Redner in der Policey zu hoͤren / und den accent, den ſie aus den Regeln nicht haben koͤnnen / aus der Experienz zu lernen.

LVII.

Aber aus allen / was hier gedacht worden / hat ein iedweder zu ſehen / was ein treuer Præceptor ſeinen Untergebenen vor Gutes er - weiſen kan / wenn er ſolche Dinge zu rechter Zeit erinnert / die her - nachmals nicht zu aͤndern ſeyn / wenn die Gewonheit gleichſam in die andere Natur verwandelt iſt. Hingegen gebe ich einem iedweden zu bedencken / was ein avtodidactus vor ungewiſſe Wege zu gehen hat /c 3wennwenn er ſich in der Einſamkeit uͤber einen Poſtillanten / oder uͤber einen politiſchen Redner machet. Denn wie er ſich die pronunciation ohn - gefehr einbildet / und wie er einen und andern Fehler mit annimmt / ſo muß es hernach gerathen oder verdorben ſeyn.

LVIII.

Wir kommen ferner auff die ACTION, und fragen nicht unbillich / ob man bey der informa - tion was darbey ſchaffen koͤnne? Da wird zufoͤrderſt niemand leug - nen / daß man nicht unterſchiedliche Fehler durch gutes und zeitliches Erinnern ſolte verbeſſern koͤnnen. Da wollen ſich etliche im Gedaͤcht - niſſe verſichern / daß die euſſerlichen Objecta keine confuſion verurſa - chen ſoll / und blintzen feſte zu. Das ſteht nun nicht allein laͤcherlich / ſon - dern das beſte Theil der action, welches mit den Augen geſchehenſoll /ſoll / das wird verhindert / und ſo wenig als mir der Pfarr anſtehet / wenn ich an einem Orte ſitze / da ich ihn nicht ſehen kan / ſo wenig ſtehet er mir an / wenn er mich nicht ſehen will. Es gemahnet mich faſt / wie mit jenem Magiſter, wenn er Col - legia hielt / ſo ließ er die Auditores in der Stube ſitzen / und kroch in ſein Cabinet, darinne profitirte er. Einmal aber als er im beſten pro - fitiren war / und die Kunſt wol gar aus einem folianten leſen wolte / ſo ſchlich ſich einer nach dem andern davon / und der liebe Herr hatte ſich im Cabinet auff ſeine eigene Hand luſtig gemacht.

LIX.

Ferner was hat mancher vor einen Ubelſtand in Geberden? Da wackelt er mit dem Kopffe von einer Seite zur andern / da zeucht er den Kopff zwiſchen die Achſeln / als wenn er drey Koͤpffe haͤtte: Dac 4machtmacht er allerhand laͤcherliche Gri - maſſen mit dem Geſichte / wie jener Harffeniſte / der ließ ſich allemal mit Tuͤchern behengen / wenn er ſpielen ſolte; Denn er hatte ſich ſo gewehnt / daß er alle Griffe durch gewiſſe und uͤber die maſſen zierli - che Figuren im Geſichte zugleich exprimiren muſte.

LX.

Noch weiter bey dieſer ma - terie zu bleiben / ſo wenden ſich etli - che mit dem gantzen Leibe von einer Seite zur andern / als wenn ſie an einem Frantzoͤſiſchen Bratſpieſſe ſteckten. Sie ſpielen mit den Fin - gern auff der Bruſt / oder auff dem Hute / ſie wollen dem andern / mit dem ſie reden / die Knoͤpffe von der Weſte drehen: Sie leſen die Fe - dern vom Hute / ſie ſehen in die Hand / als wenn ſie was von der diſpoſition drauff geſchrieben haͤt - ten. Sie machen ungeſchickteHaͤn -Haͤndel mit den Beinen / und was dergleichen uͤbel-anſtaͤndige Dinge mehr ſeyn / welche man hernach - mals bey erwachſenen Leuten nicht gerne gar zu odieux erinnert / und die ſchwerlich zu aͤndern ſind / wenn nicht ein treuer Præceptor in dem - ſelben Alter darzwiſchen koͤmmt / da ſich der Zweig noch biegen laͤſt / ich will ſagen / da man ſich der freundlichen reprimenden und der Muͤhwaltung ſich etwas abzuge - wehnen nicht ſchaͤmen darff.

LXI.

Doch wenn ich ferner auff die anſtaͤndigen Minen ſelber kom - men ſoll / ſonderlich dadurch ein po - litiſcher Redner will recommendi - ret ſeyn / ſo iſt es war / ein Præce - ptor, der ſeinen jungen Redner vor ſich ſtehen hat / der kan ihm die Mi - ne und die Complimenten mit dem gantzen Leibe gar wol vormachen / doch das beſte principium iſt / werc 5dar -darinne ein gutes fundament le - gen will / der gehe zum Tantzmei - ſter. Denn was daſelbſt gewieſen wird / das zielet nicht etwan auff die vergaͤnglichen Eitelkeiten / daß man ſich mit guten Freunden oder mit dem Frauenzimmer in der Courante, in der Minuet, oder gar in der Maſqverade ſehen laͤßt / ſon - dern das meiſte liegt an der galan - ten Poſitur des gantzen Leibes / und an den geſchickten reverentzen: Und der Præceptor hat nur halbe Arbeit / wenn er den Untergebenen anfuͤhren ſoll / wie er im Reden auff dem Platze einen gewiſſen Punct zu ſeiner Stelle auserſehen muß / und wie er nach Gelegenheit der Sache von dieſem Puncte einen modeſten paſs mit einer ſaubern Bewegung hinter ſich / oder auff die Seite ma - chen ſoll.

LXII.

Wiewol mancher geweh -netnet ſich auff dem Tantz-Boden zu ei - nen exceſs, der einen Redner jaͤm - merlich verderben kan / wo die gute Erinnerung nicht zu rechte koͤmmt. Siehet mans doch an etlichen Perſonen / welche vielleicht in Sor - gen ſtehen / die Leute moͤchten es nicht wiſſen / daß ſie 5tehalb Mon - den bey dem Tantzmeiſter waͤren aus und eingangen / wenn ſie nicht die Fuͤſſe mit hoͤchſtem Zwange auswaͤrts ſtrecken / und auff dem ungleichſten Pflaſter einen paſs nach dem andern hinſtreichen / biß ſie an einem ſpitzigen Steine kleben bleiben / daß ſie auch an die cou - pee gedencken koͤnnen. Denn die Floretten verſparen ſie / biß ein Floͤßgen in den Weg koͤmmt / dar - uͤber ſie voltigiren koͤnnen. Und es mangelt nichts / als daß man ih - nen den bekandten Calender zum neuen Jahre ſpendiret / darauff diec 6Bil -Bilder die Loſung hatten; Jedes Ding an ſeinen Ort.

LXIII.

Drum muß ein ſolcher Menſch wiſſen / daß der beſte Nu - tzen vom Tantzen dieſer iſt / wenn man es im Reden verbergen kan / das iſt / wenn man weder mit dem Leibe oder mit den Fuͤſſen gar zu ein groſſes Weſen machet. Denn die galante Poſitur und die bedacht - ſame Bewegung weiſet es ohne dem aus / daß ein ſolcher Menſch in keinem Schaffſtalle erzogen wor - den.

LXIV.

Jch habe anderswo die Manier im Reden gelobet / wenn man alles à la negligence hinlauf - fen laͤßt. Und gewiß / wer ſich all - hier auch ſo moderiren kan / daß man in ſolchen Geberden nichts ge - zwungenes und affectuirtes / ſon - dern eine liſtige negligence gleich als was Angebohrnes und Natuͤr -lichesliches zu verwundern hat / der iſt in dieſem Handwercke der beſte Mei - ſter.

LXV.

Bey ſo geſtalten Sachen aber iſt es nicht uͤbel gethan / wenn auch ein Studioſus Theologiæ zum Tantzmeiſter gehet / und ſeinen Leib zu einer geſchickten Diſpoſition an - gewehnet. Denn vor eins hat er in ſeinen Studenten-Jahren viel Gelegenheit vor ſich / daß er zu halb politiſchen Reden gezogen / und hiermit um anſtaͤndige Minen er - ſuchet wird. Darnach dienet ihm ſolches zu einer gratieuſen Poſitur, daß er ſich in ſeiner modeſten und andaͤchtigen Geſtalt lebhafft und angenehm præſentiren kan.

LXVI.

Jch gebe ein Gleichniß aus der Muſic. Wer im Clavire ſo weit proficiren will / daß er nur ein geiſtliches Lied lieblich und be - weglich ſpielen kan / der muß ſeinec 7FauſtFauſt durch viel Sviten, Doublen, Fantaſien / Contrapuncte und der - gleichen in das Geſchicke bringen / ob er gleich die meiſten paſſagen in der geiſtlichen Muſic nicht gebrau - chen kan. Denn er hat ſo viel davon / daß er die Fauſt zu einen ſaubern Griffe gewehnet / und hernach in der groͤſten Einfalt ei - ne Manier nach der andern gantz unvermerckt anbringen / und dem Liede gar einen andern Geiſt ge - ben kan / als wenn ein ungeuͤbter Purſche mit den plumpen Fin - gern als ein Dreſcher auff das Clavier faͤllt. Und nunmehr wuͤr - de von der Geiſtlichen Muſic auff den geiſtlichen Redner die Appli - cation leicht zu machen ſeyn / wenn ich nicht um geliebter Kuͤrtze willen des Papiers ſchonte.

LXVII.

Bey dem Tantz-Boden faͤlt mir etwas ein / daß einem redli -chenchen Informator zur guten Ent - ſchuldigung dienen kan. Es iſt be - kant / daß junge Leute daſelbſt zu einer geſchickten Diſpoſition ge - bracht werden. Doch das iſt auch bekant / einem geht das Werck beſ - ſer von ſtatten als dem andern / und manche ſind von Natur ſo reſtif, daß ſie entweder nichts begreiffen / und davon bleiben / oder doch mit ſchlechten effect ihr Geld ferner an - wenden. Eben ſo iſt es auch dem beſten Meiſter in der Redens-Kunſt unmoͤglich aus einem jedweden Klotze flugs einen lebhafften und a - ctiven Mercurium zu ſchnitzen. Ja ich kan auch dieſes ſagen / wo die Lehre nicht ſo von ſtatten gehet / daß alles in der action ungezwungen und natuͤrlich ſcheinet / ſo iſt es offt - mals beſſer keine als ungeſchickte und unangenehme Minen zu ge - brauchen. Auch der Informatorhathat den hoͤchſten Danck verdienet / wenn er einem ſolchen Menſchen die Bewegung durchaus abgewehnet.

LXVIII.

Zwar ich weiß noch ei - nen andern Tantzmeiſter / den ein jedweder in Gedancken fuͤhret / das iſt der innerliche affect, der die Men - ſchen offtermals mehr zu gewiſſen Geberden zwingen kan / als ihnen ſelbſt lieb iſt. Der Zorn bringt es dahin / daß wir die Rede abbrechen / und confuſe Dinge nach einander ſetzen. Die Traurigkeit und die Liebe noͤthiget uns offt zum weinen. Die Freude machet / daß unſere Mund voll Lachens uñ unſere Zun - ge voll ruͤhmens iſt. Alſo kan man - cher mit bloſſen Thraͤnen / mit ei - ner Mine / da die Worte gleichſam im Munde ſterben / oder auch wenn er ſich ſtellet / als wenn er gantz ohn - maͤchtig wuͤrde / mehr ausrichten / als mit der kuͤnſtlichen Rede. Nurdiedie auditores muͤſſen darnach gera - then ſeyn / daß ſie dem Redner alles gute zutrauen. Denn wer ſich bey dem Tode einer alten Frau / die er ohne dem nur auff ein kurtzes Pe - nal-Jahr genommen hat / gar zu klaͤglich und erbaͤrmlich ſtellen wol - te / dem wuͤꝛden die hoͤhniſchen Leute zu Schimpffe nachruffen / nullos ja - ctantiùs moereri, qvam qvi maxi - me lætantur.

LXIX.

Wie einer mit dem blo - ſen Lachen uͤber die maſſen viel ope - rirt / das habe ich in meiner Jugend geſehen. Da hatte ſich einer von meinen Cameraden in der Philoſo - phia Scholaſtica trefflich weit ver - tieffet / und wolte ſich einmahl mit einem andern ins diſputiren einlaſ - ſen / der in den mathematicis, und ſonderlich in den anhangenden Cu - rioſitaͤten ziemlich erfahren war. Wenn nun dieſer gute Menſch einenSyl -Syllogiſmum machte / oder was von ſeinen diſtinctionibus einmi - ſchen wolte / ſo gab der ander keine Antwort / ſondern lachte nur mit ei - ner hoͤhniſchen vehemenz ſo artig / daß wir alle mitlachen und ihm die Victorie zuſprechen muſten.

LXX.

Wiewol das Werck mit den affecten beruht auff Special - Dingen / die einem jedweden nicht angehen / und die von einem Præ - ceptore auſſer den theatraliſchen U - bungen / davon unten ſoll gedacht werden / ſchwerlich koͤnnen gewieſen werden / alſo iſt es nun Zeit / daß wir auff die letzte Frage kommen.

LXXI.

Denn nun ſtehet es dar - auff / was vor exercitia der Ju - gend am anſtaͤndigſten ſeyn? Und in dieſem Stuͤcke muß ich dem Herꝛn Francio recht geben / daß er die Jugend mehr auff fremde als auff eigene Exempel verweiſet. Dennweilweil ſie noch nichts mit reiffen Judi - cio ſchreiben kan / ſo wird auch die Parade mit der curieuſen pronun - ciation noch etwas ſchlecht gemacht werden.

LXXII.

Jch halte zwar dieſen Unterſcheid in den Wochentlichen Privat exercitiis, wenn die Meini - gen entweder bey Gelegenheit der Diſputation Lateiniſch / oder in Complimenten und politiſchen Re - den deutſch reden muͤſſen / ſo moͤgen ſie mit ihrer eigenen elaboration zu frieden ſeyn. Denn wer ſich nie - mals an ſeine Concepte binden ler - net / und keinen Anfang zur practi - cablen extemporalitaͤt macht / der kan ſich leicht verderben / daß er die Zeit ſeines Lebens ein Sclave von dem Concepte bleiben muß. Und gleich wie der Stylus bey wachſen - dem judicio nach und nach gebeſſert wird / alſo findet ſich der Verſtandinin der pronunciation und action auch allmaͤhlich geſchickter.

LXXIII.

Wenn ſie aber vor ei - ner ſolennen Verſamlung aufftre - ten und ihre Perſon als geſchickte Redner allerſeits legitimiren / oder doch die Anweſenden einiger maſſen vergnuͤgen ſollen / ſo kom̃ ich ihnen mit meiner Ausarbeitung zu Huͤlf - fe / damit gewehnen ſie an meine ex - preſſiones und connexiones, und was ſie vor anſtaͤndige Minen dar - bey fuͤhren ſollen / das kan ich nach Befindung eines iedweden Natu - relles am beſten erinnern. Solte es ſeyn / daß man bey andern Orato - ribus was beſſers von Exempeln ausleſen moͤchte / ſo ſind ſie doch nicht ſo propre auff unſern Zuſtand und auff die gegenwaͤrtige Perſo - nen gerichtet. Ja ich dencke bey meinem geringen Stylo, wenn der Juͤnger iſt wie ſein Meiſter / ſo iſt erzumzum wenigſten in meiner informa - tion vollkommen.

LXXIV.

Der Herr Francius laͤſt gewiſſe Reden aus dem Cicero - ne und Demoſthene dergeſtalt aus - wendig lernen / daß ſie bey jedwe - dern Zeilen in ſpecie die pronuncia - tion und action in acht nehmen muͤſſen / und ich ſehe wol / daß er ſich hierinne nach ſeiner freyen Repu - blic gerichtet hat. Denn eben da - rum hat er ſolche Redner geſucht / die ſich mit der bloſſen eloqvenz bey einem freyen Volcke Souverain machten / und / wie etwan Pericles abgebildet wird / mit den Ketten des Mundes die Ohren anfeſſeln kun - ten.

LXXV.

Doch warum ich an meinem Orte ſchwerlich ſo weit kommen / und zu einer ſolchen reſo - lution ſchreiten kan / daſſelbe iſt leicht zu beweiſen. Vor eins habeichich ſelten Auditores, welche ſich zu dieſem hohen exercitio capable be - finden. Wer in juridicis und poli - ticis, voraus in ſtatiſticis, noch nichts erfahren hat / daß er die liſti - gen Griffe der Redner ausforſchen kan / oder wie man im Sprichwor - te ſaget / wer nicht hinter dem Strauche geſteckt hat / da er einen andern ſuchen ſoll / vor dem ſind der - gleichen Exempel zu kuͤnſtlich.

LXXVI.

Darnach iſt der Zweck eines Redners zweyerley. Entwe - der er will admirirt werden / und verlangt nichts mehr / als daß er bey Gelegenheit von rechtſchaffenen Leuten einen applauſum davon bringen mag / oder ſein intent ge - het dahin / daß er von dem Studi - ren leben / und alſo auch die Elo - qvenz nach dem gemeinen Nutzen richten will.

LXXVII.

Wer ſich nun in dererſtenerſten Gattung befindet / und vor ſich ſelbſt ſolch Vermoͤgen hat / daß er keinen Zugang von einer fremden liberalitaͤt verlangen darff / der thut nicht unrecht / wenn er ſeine Mittel zu etwas curieuſes anwendet / und alſo auch Gelegenheit ſuchet eini - gen Ruhm in der ausſtudirten Re - dens-Kunſt zu erhalten. Er kan ſich auch Zeit nehmen / alle Zeilen im ſchreiben und pronunciren auff die Gold-Wage zu legen / und wenn er auch ein halbes Jahr uͤber einer Oration zubringen ſolte.

LXXVIII.

Allein wer ſich zu der andern Gattung bekennet; Ge - ſtalt wir an unſerm Orte mehren - theils ſolche Leute vor uns haben / die ſich in den inſtrumentalibus nicht uͤber die Zeit auffhalten duͤrf - fen / wenn ſie den zukuͤnfftigen Nutz aus den realibus nicht verſaͤu - men wollen: Die muͤſſen ſich derWeit -Weitlaͤufftigkeit enthalten / und weil ihre meiſte Praxis dermahleins in der extemporalitaͤt beſtehen wird / da ſie wenig oder gar nichts præ - meditiren duͤrffen: So ſcheinet es freylich genug / daß ſie lernen / was ein jeder affect in genere vor einen accent und andere Minen erfodert. Damit moͤgen ſie der Guͤte Gottes vertrauen / die einem jedweden red - lichen und gewiſſenhafften Manne zur Zeit der Noth Krafft und Ver - moͤgen giebt / daß man zu geiſtli - chen und weltlichen Regiments - Perſonen ſprechen kan: Dabitur vobis in illa hora, qvid loqvamini.

LXXIX.

Jm uͤbrigen bin ich mit allen darinn einig / daß man den Ciceronem und andere galante Schrifften der Jugend durchaus nicht aus den Haͤnden nehmen ſoll. Denn die vollkom̃ene Richtſchnur iſt die beſte / wenn wir gleich in un -ſererſerer imitation alles ſo genau nicht erreichen koͤnnen. Gefaͤllt uns doch die Doctrina moralis alle mahl am beſten / welche notitiam ſtatus inte - gri zur Richtſchnur nimt / ob wir gleich in unſerer Schwachheit alles ſchwerlich ſo weit ausfuͤhren koͤñen.

LXXX.

Jch habe auch von die - ſer Materie weitlaͤufftig gehandelt / als ich die Politiſche Diſputation unter den Haͤnden hatte / QVAN - TUM INTERSIT REIP. DO - CERI LATINAM LINGVAM. Und gleichwie in derſelben Schrifft alles mit ſolcher Behutſamkeit iſt beruͤhret worden / daß mich der ge - neigte Leſer zum wenigſten als einen Liebhaber der Gelehrſamkeit und als einen Freund der redlichen edu - cation wird zu erkennen haben / ſo werde ich Gelegenheit ſuchen / daß dieſelbe mit eheſten auch in deutſcher Sprache ſol geleſen werden.

dLXXXI.

LXXXI.

Doch hier muß ich nur denſelben antworten / welche mir den Ciceronem gar zu ſehr ver - achten / und gleichſam aus den Schulen verbannen wollen. Denn erſtlich fragen ſie / warum das edel - ſte Kleinod der Eloqvenz den Hey - den / den Feinden GOttes / und con - ſeqventer den Teuffels Dienern in einem ſo vollkommenen Grade waͤ - re gegoͤnnet worden; Da hingegen die Chriſten / die Freunde GOttes / die den Befehl haͤtten alle Voͤlcker mit ihren Reden zu lehren / gleich - wol ſo einen Mangel leiden und ſich in der euſerſten Armuth bey denſel - ben erholen muͤſten / die unſere Leh - re und unſere Weißheit vor ein Er - gerniß oder vor eine Thorheit zu halten pflegen.

LXXXII.

Allein ſo moͤchten wir auch fragen / warum GOtt beſ - ſer Gewuͤrtze / beſſere Seide / beſſernWeinWein bey den Unglaͤubigen wach - ſen laͤſt / als bey den Chriſten? Viel - leicht dient es darzu / daß wir uns ſchaͤmen lernen / weil die Heyden in ihren Geſchlechten kluͤger ſind als die Chriſten und die Kinder des Liechts: Jch will ſagen / weil ſie we - gen ihrer eitlen Haͤndel ſo groſſe Muͤhe ausgeſtanden / da wir hinge - gen in einer weit beſſern Materie ziemlich kalt und langſam auffgezo - gen kommen. Uber diß ſagen wir nicht / als wenn die Kirche Chriſti / auch der Chriſten ihre Policey kei - nen Redner gehabt haͤtte / der mit dem Cicerone und Demoſthene koͤnte verglichen werden: Vielleicht waͤren etliche zu nennen / welche noch einen ziemlichen Vorſprung von dieſen Leuten verdienet haͤtten. Denn iſt doch vor zwey hundert Jahren der hoͤchſt loͤbliche Chur - Fuͤrſt Johannes zu Brandenburgd 2CiceroCicero Germanicus genennet wor - den. Sondern wir gehen darauf / daß wir die Ordnung in Schulen nicht allzu ſehr confundiren. Weil ein ſolcher Auctor uͤberall recipi - ret iſt / ſo wuͤrde man viel zu thun haben / wenn der allgemeine con - ſens eines andern Buches wegen ſolte verſchaffet werden. Bleiben wir doch bey des Ariſtotelis Ethi - ca, wenn gleich beſſere ſyſtemata vorhanden ſeyn / nur daß der con - fuſion und der allzu groſſen liber - taͤt in etwas geſteuret wird.

LXXXIII.

Andere koͤnnen uns des gelehrten Plinii Worte Lib. V. Epiſt. 8. vorwerffen: Undeviceſi - mo ætatis anno dicere in foro - pi, & nunc demum, qvid præſta - re debeat Orator adhuc tamen per caliginem video. Denn alſo ſpre - chen ſie: Wenn der beruͤhmte und unvergleichliche Mann bey ſeinercurieu -cnríeuſen Aufferziehung / bey ſei - ner continuirlichen Ubung / bey der uͤberaus herlichen converſation mit den gelehrteſten Leuten / an die - ſem activen Orte / da zu Hoffe / auff dem Rathhauſe und in ſolennibus recitationibus die lebendige Re - dens-Kunſt im Schwange gieng; gleichwol nicht weiter kommen waͤre / als daß er kaum einen Schat - ten von einem rechtſchaffenen Red - ner bedeuten koͤnte / ſo muͤſte freylich ein junges Gemuͤthe / daß in ſeinem naturell und in andern Umſtaͤnden ſolche vortrefliche ſubſidien nicht zu ruͤhmen haͤtte / nothwendig an dem Succeſſe verzweiffeln / und ein In - formator thaͤte hoͤchſt unrecht / daß er die Untergebenen auff etwas un - moͤgliches weiſen und die guten Kinder mit vergebener Arbeit qvaͤ - len wolte; oder Plinius und alle von ſolcher Gattung haͤtten ſich ind 3einereiner Idea verliebt / die kein Menſch in der That jemahls oͤffentlich wuͤn - ſchen und hoffen duͤrffte. Das iſt / ſie machten ein Weſen von dem phi - lologiſchen lapide philoſophico, der gleichwol in rerum natura nie - mals koͤnte gelieffert werden.

LXXXIV.

Und eben aus die - ſem principio wollen ſie behaupten / man ſolle die koͤſtlichen Ideas nur vor die beſten ingenia laſſen: Hin - gegen in Schulen / wo ſich mehren - theils ingenia mediocria ja wol gaꝛ ſtupida befaͤnden / ſolte man mit etwas ſchlechtes vorlieb nehmen. Waͤre es doch in Kuͤnſten und Handwercken ſo beſchaffen / daß mancher Knabe / der bey einem ſchlechten Meiſter was geringes recht gelernet hat / bey gar einem kuͤnſtlichen Meiſter / den er nicht aſſeqviren kuͤnte / verderben muͤſte.

LXXXV.

Doch was den Plini -umum betrifft / ſo hat er gar wol inter ſtatum idealem & poſſibilem den Unterſcheid treffen koͤnnen. Vor ſich ſahe er wol / daß er die Sache ſo weit gebracht haͤtte / als es in dieſer menſchlichen Beſchaffenheit und in ſtatu poſſibili geſchehen koͤnte. Hin - gegen wenn er ideam boni Orato - ris bey ſich bedachte / wie derſelbe al - les extempore machen ſolte / was andere mit groſſer Furcht und Weitlaͤufftigkeit ausſtudiren muͤſ - ſen / wie er ſich in moribus und af - fectibus weit geſchwinder reſolvi - ren ſolte / als bey uns moͤglich iſt: So waͤren nur dieſes ſeine Gedan - cken / er und alle Gelehrten / die ſich der Eloqvenz befliſſen / koͤnten nur den Schatten von der vollkomme - nen Beredſamkeit verlangen / unſer Wiſſen waͤre Stuͤckwerck. Ja Ci - cero ſelbſt / der kein GOtt / ſondern ein Menſch geweſen / haͤtte vielleichtd 4ſeineſeine Maͤngel am beſten gemercket / ſonderlich wenn ſeine Reden im ef - fect nicht allemahl der kuͤnſtlichen intention waͤren gemaͤß geweſen. Denn auch die gemeine diſtinction inter finem internum & exter - num iſt ein Zeichen unſerer Unvoll - kommenheit.

LXXXVI.

Ob aber ſchlechte ingenia mit kuͤnſtlichen Sachen ſol - len auffgehalten werden / da bedarff es der Sorge nicht. Sie bleiben wol ſelbſt zuruͤcke / und in der groͤ - ſten Freqvenz ſind alle mahl ſehr wenig / welche ſich in dergleichen Kuͤnſten allzu tieff verſteigen wol - len. Doch muß man was verſu - chen / und wenn nur ein eintziges ingenium unter dem Hauffen waͤ - re / welches man hierdurch ad altio - ra bringen koͤnte / ſo darff ſich der Informator die Muͤhe nicht thau - ren laſſen. Denn mit einem ſolchenMen -Menſchen kan es mit der Zeit in der Republic heiſſen / du biſt als un - ſer zehen tauſend.

LXXXVII.

Noch an eines zu gedencken / ſo hat der gelehrte Taubmann zu Wittenberg in ſei - ner Oration de Latina Lingva ſo ein ſcharffes judicium gefaͤllet / es koͤnte ein Menſch eher in allen drey - en Facultaͤten Doctor werden / ehe er recht eine Ciceronianiſche Orati - on ſchreiben lernete. Denn dar - aus koͤnte man ſchlieſſen / was ein Præceptor vor eitle Muͤhe und ver - gebene Arbeit in dieſer unmoͤglichen Sache zu verantworten haͤtte. Wer die jungen Leute vor der Zeit predi - gen lieſſe; Wer ſie mit Rechts-Sa - chen und Diſputations-Geſetzen auffhielte; Wer ſie anfuͤhrte / wie ſie mediciniſche Berichte und Con - ſilia ſtellen ſolten / der wuͤrde allent - halben als ein Hyſteroproterosd 5aus -ausgeſchrien: Gleichwol muͤſten ſich alle mit des Ciceronis Oratio - nibus herum vexiren laſſen / welcher doch in ihrer difficultaͤt allen Theo - logiſchen / Juriſtiſchen und medici - niſchen Erhebligkeiten weit muͤſten vorgezogen werden.

LXXXVIII.

Allein wenn ich darauff antworten ſolte / ſo ſagte ich / Herr Taubmann haͤtte die for - mul gebraucht / der moͤchte ſie ver - antworten. Zum wenigſten hat er die ſtatus artig confundirt. Denn die Leute / die in allen dreyen Facul - taͤten Doctores werden / hat er nach dem ſtatu corrupto genommen / da bißweilen der Jtaliaͤniſchen Loſung nach gelebet wird / ſumimus pecu - niam; Die Ciceronianer hat er ex ſtatu perfecto betrachten wol - len. Denn wo er auff beyden Thei - len eine gleiche comparation bewei - ſen ſoll / ſo koͤm̃t er nicht fort. Odererer vermenget auch theoriam & pra - xin, daß es heiſt: Facilius eſt aſſe - qvi ſuperiorum facultatum theo - riam aliqvam, ut reſpondere poſſis in examine doctorali, qvam in pra - xi penitus exprimere Ciceronem. Aber haͤtte er doch geſagt / facilius eſt in praxi exprimere Theolo - gum, JCtum, Medicum &c. ſo wuͤrden wir es ſchwerlich geglaubet haben.

LXXXIX.

Wie dem allen / der Cicero bedarff meiner defenſion nicht / und an dieſem Orte ſoll ich nur den Liebhabern ſatisfaction ge - ben / was ferner bey der pronuncia - tion uñ action moͤchte zu bedencken ſeyn / wenn man aus gewiſſen Urſa - chen bey den alten Exempeln nicht verbleiben koͤnte / geſtalt ich mich auff gewiſſe principia werde beruf - fen muͤſſen / welche verhoffentlich kein Menſch umſtoſſen ſol.

d 6XC.

XC.

Und erſtlich zwar ſo muß das Werck mit der Action nir - gend fleißiger / als in eines je - den Mutter-Sprache getrie - ben werden. Jch rede aber vor - nemlich von der exceſſiven action, die etwas affectirtes und theatrali - ſches an ſich hat / welche vor Zeiten auff dem oͤffentlichen Marckte mehr als zu ſehr vonnoͤthen war. Denn das iſt gewiß / die kluͤgſten Leute mu - ſten dazumal in ihren Minen was naͤrriſches / und unſerer Gewonheit nach was laͤcherliches exprimiren: Nur damit ſie der unbedachtſamen Canaille gemaͤß erſchienen / und - ber deroſelben affecten deſto leichter triumphiren kunten.

XCI.

Jch beruffe mich auff den Demoſthenem und Ciceronem: Beyde haben ſich in einer ſolchen Sprache bemuͤhet / welche von dem geringſten Poͤbel kunte verſtandenwerden.werden. Und die Urſache kan uns aus der Politica nicht unbekant ſeyn. Denn alle Kuͤnſte mit den Minen und affecten gehoͤren vor - nehmlich in ein Democratiſches Regiment / da ſich die unverſtaͤndi - gen Leute mit der euſſerlichen Stel - lung betriegen laſſen. Hingegen in ſtatu monarchico wo die Sa - chen durch wenig Perſonen getrie - ben werden / die ſelbſt darbey gewe - ſen ſind / und alſo die Kuͤnſte ſelber wiſſen / damit man ſie verfuͤhren will / da will alles gar maͤßig und be - hutſamein gerichtet ſeyn.

XCII.

Jch werde es mein Tage nicht vergeſſen / was mir in dieſem Stuͤcke begegnet iſt. Denn ich kunte mich in einer Speculation auffhalten / die man zur Redens - Kunſt hoch von noͤthen hat. Bey dem Anfange meiner Oratoriſchen Profeſſion hielt ich ein Compli -d 7.men -mentier-Collegium, und weil al - lerhand Caſus darinn vorkamen / ſo ward einem vornehmen Manne condolirt / der ſich bey der Kranck - heit ſeiner Ehe-Liebſten was Ge - faͤhrliches beſorgen muſte. Wenig Zeit darauff betraff mich das Un - gluͤck ſelber / daß ich meiner eigenen Liebſten nach Geneſung eines jun - gen Sohnes den Doctor und den Beicht-Vater zugleich vor das Wochen-Bette ſetzen muſte. Da wolte ſich nun einer von meinen Untergebenen tꝛefflich recommen - diren / und complimentirte auch mit meiner eigenen formul, die ich vor dieſem zur Probe dictirt hatte. Das kam mir ſo wunderlich vor / daß ich bald mitten in meinem Haus-Creutze gelacht haͤtte. Denn ich hatte gewieſen / wie man einem andern bereden und gleichſam kuͤnſtlich betriegen ſolte / daß er ei -nennen groſſen Schmertz vor etwas kleines halten koͤnte: Doch nun wuſte ich entweder die Kunſt ſchon beſſer / oder ich hatte laͤngſt erkant / wie man ſich in die argumenta de - monſtrativa & probabilia ſchicken muͤſte.

XCIII.

Nach der Zeit bin ich auch ſo ausgehaͤrtet worden / daß ich mich in der ſchoͤnſten action ſehr wenig bewegen laſſe. Wenn ie - mand redet / ſo verwundere ich mich uͤber die galanten affecten / und wenn iemand ein penetrantes ar - gument mit ſchoͤner Manier anzu - bringen weiß / ſo gefaͤllt mir der an - nehmliche Betrug / und die kuͤnſtli - che perſvaſion uͤber die maſſen wol. Jmmittelſt ſehe ich es an / als ein Ding / das ich admiriren / nicht dem ich folgen und einfaͤltig gehorchen ſoll.

XCIV.

XCIV.

Wir koͤnnen auff Exem - pel ſehen / die vornehmer ſind. Als Cromwel in Engeland mit den Hollaͤndern anbinden wolte / ſo hatte der unvergleichliche und un - erforſchliche Politicus den Schluß ſchon gemacht / die Engelaͤnder muͤſten durch einen auswaͤrtigen Krieg von den innerlichen intri - gven abgehalten werden / und der Krieg muͤſte ſo beſchaffen ſeyn / daß man nach Belieben mit der beſten reputation daraus ſcheiden koͤnte. Doch als der beruͤhmte und gelehr - te Catſius vor dem Parlamente ei - ne koͤſtliche Rede hielt / die wir in unſerer Logica p. 141. diſponirt haben / und darinn er ohne Zweiffel in den anſtaͤndigen Minen ſehr cu - rieux wird geweſen ſeyn; ſo traff er keinen Poͤbel an / der ſich mit ſol - chen Kuͤnſten bewegen ließ / ſon - dern eine Verſammlung / die vondemdem Willen eines Monarchiſchen Protectoris dependirte.

XCV.

Hingegen als eben dieſe Hollaͤnder den Koͤnig in Franck - reich zum Ackiſchen Frieden bere - den wolten / ſo bedurfften ſie keiner euſſerlichen Minen / ſie durfften ih - re Meynung nur trocken von ſich hoͤren laſſen; Wenn kein Friede mit Spanien erfolgte / ſo muͤſten ſie mit einer Macht in Franckreich fallen. Das heiſt ſo viel / wer Leu - te vor ſich hat / welche die Sache verſtehen / die moͤgen nur mit guten und wichtigen rationibus bedacht werden / ſo werden ſie ohn alle Ce - remonien ſchon wiſſen / was ſie re - ſolviren ſollen.

XCVI.

Und daß wir den Sta - tum monarchicum und democra - ticum noch etwas genauer beden - cken / ſo hat es allerdings die Be - wandtniß. Jm Statu democrati -coco pflegt man die Redner zu admi - riren: Allein ſie haben auch ihren hohen und gleichſam unentbehrli - chen Nutzen. Denn die beſten Con - ſilia muͤſten zu Schanden gehen / die ſchlimmſten Geſetze muͤſten ein - gefuͤhret werden / wenn ſich kein Redner uͤber das freye Volck mit ſeiner liſtigen Gewalt ſouverain machen koͤnte. Doch in ſtatu mo - narchico laͤufft es wol auff eine ad - miration hinaus / daß wir einen Redner gerne hoͤren / und etwas Ruͤhmliches von ihm nachzuſagen wiſſen. Doch der Nutzen iſt / wie oben gedacht / ſehr geringe / weil die klugen Miniſtri, welche das Werck in Haͤnden haben / auff die Sache ſelbſt reflectiren / und alle gezwun - gene Ceremonien vor eine bloſſe Vanitaͤt zu halten pflegen.

XCVII.

Ja wenn wir ſolchen Kuͤnſten etwas von einer nuͤtzlichenOpe -Operation zuſchreiben ſollen / ſo geſchicht es bey uns nicht in oͤffent - lichen Verſammlungen. Denn wo in der Monarchie viel Leute zu - ſammen kommen / da ſind es gewiß Perſonen / qvibus non imperandi vel decidendi, ſed ſola potius ad - mirandi vel applaudendi gloria relinqvitur. Und damit gehoͤrt es ad notitiam vel prudentiam sermonis secreti & privati, wie ſie der unvergleichliche Secken - dorff in dem diſcours uͤber die deut - ſchen Reden pag. 45. genennet hat. Denn da trifft man auch unter groſſen Leuten gewiſſe Perſonen an / die ſich im vertraulichen Ge - ſpraͤche durch ſuͤſſe Reden und an - ſtaͤndige Minen unvermerckt ein - nehmen laſſen / wie ſolches an dem unvergleichlichen Mazarini ſonder - lich iſt geruͤhmet / aber auch wol mit manches Schaden erkennet wor - den.

XCVIII.

XCVIII.

Und eben bey ſo be - ſtalten Sachen ſehe ich nicht / wie man der Jugend beſſer kan zu ſtat - ten kommen / als mit artigen Co - moͤdien. Denn darinn lernen ſie nicht nur allein vor die Leute treten und ihre memorie bey vielfaͤltigen Objectis von aller confuſion frey zu behalten; Sondern was iemals von affecten und Minen in Sermo - ne publico & privato von noͤthen iſt / das kan uͤber die maſſen wol ge - wieſen werden. Und weil es in der Mutter-Sprache geſchiehet / ſo kan ſich ein Redner / welcher ein gu - tes Naturell befindet / allgemach angewehnen / wie er dem Vater - lande mit nuͤtzlichen Reden dienen ſoll.

XCIX.

Jch rede aber von ſol - chen Comoͤdien / dergleichen von mir ſind angeſtellet worden. Denn da brauchte ich kein frembdes Stuͤ -ckecke / damit ich vielleicht in Betrach - tung meiner Perſonen nicht be - ſtanden waͤre; Sondern alles gieng aus meiner Invention: Damit wuſte ich vor erſt / daß keine Re - dens-Art vorkaͤme / die man nicht ex conſvetudine ſtyli familiaris le - gitimiren koͤnte. Denn daß ich Fuͤrſtlichen und hohen Perſonen ei - nen hohen und nachdencklichen Stylum beylege / das hat ſeine Ur - ſachen / und der anſtaͤndigen con - ſtruction geſchieht doch nichts zu leide. Ferner kunte ich bey einer iedweden Perſon das Naturellex - ploriren / und wenn ich ihre Par - tey nach der pronunciation, nach ihren Minen accommodirte / ſo muſten die Leute ſprechen / der Menſch haͤtte doch gar zu wol a - girt.

C.

Ob auch wol unterſchiedene Bauer - und Pickelherings-Poſſenmitmit unterlauffen / welche dem euſer - lichen Anſehen nach einem nuͤtzli - chen Redner wenig zu ſtatten kom - men / ſo haben dieſelben doch etwas Sonderliches zu bedeuten. Vor eins koͤnnen ſie darzu dienen / daß die Leute getroſt werden / welche ſich ſonſt mit einer furchtſamen Schamhafftigkeit vor keinen Men - ſchen wollen ſehen laſſen. Ferner dienen ſie zum wenigſten darzu / daß die Leute bey der attention er - halten werden. Damit haben die Principal-Perſonen deſto beſſere Luſt / ihren accent und ihre Minen wol auszufuͤhren. Und ich habe allbereit in der Præfation uͤber den Joſeph und der unvergnuͤgten Seele von dieſer materie gehan - delt.

CI.

Zwar es iſt mir nicht unbe - wuſt / daß die Comoͤdien ihre Lieb - haber und ihre Verfolger finden. DochDoch wenn wir alles beym Lichte beſehen / ſo beruht das gantze Werck auff einen geringen Mißverſtande. Etliche wollen die poëtiſche proſo - popœiam nicht verſtehen; Etliche laſſen ſich die alten Patres eccleſiæ darzu verleiten / welche von dieſen Spectaculis ziemlich harte geſchrie - ben haben.

CII.

Allein / was dieſes letztere / und alſo zu reden / das Theologi - ſche judicium betrifft / ſo duͤrffen wir nur die Zeit unterſcheiden. Bey den erſten Seculis, da ſich die Chri - ſten von den Heyden abſondern ſol - ten / da war es allerdings gefaͤhr - lich / daß die Leute den Schau-Spie - len gar zu viel beywohnen ſolten; Denn die Phantaſten konten nichts anders vorbringen / als ihre Fabeln von den Goͤttern / die endlich bey denjenigen / die den wahren GOtt ehren ſolten / auff eine Gotteslaͤſte -rungrung hinaus lieffen. Ja wenn ſie auch was Menſchliches vorzuſtel - len hatten / ſo waren es aͤrgerliche Dinge / von Todſchlagen / Betruͤ - gereyen / Huren-Sachen / und der - gleichen / davor ſich ein Chriſtlich Auge billich zu entſetzen hat.

CIII.

Doch itzo bey dem hellen Lichte des Evangelii / da es die Ge - fahr nicht hat / als wenn wir aus den Buͤchern was Heydniſches ler - nen / oder auch die falſchen Goͤtter anbeten ſolten / ſind die Theologi ſelbſt zufrieden / daß dergleichen Spiele von der zarteſten Jugend geleſen werden. Jch beruffe mich auff den Terentium. Denn ob er wol etwas hoͤfflicher auffgezogen koͤmmt / als der Plautus, ſo geht der Jnnhalt aller Comoͤdien gleichwol dahin: Da will ein ungerathen Soͤhngen dem Vater nicht folgen / er hat den Weg in einen Huren -Win -Winckel gefunden. Ein leichtfer - tiger Knecht giebt dem Juͤnckergen Anſchlaͤge / wie er den Vater betrie - gen / und mit allerhand Cauſen Geld in die Haͤnde bekommen ſoll. Mit einem Worte / woruͤber Pau - lus im Anfange der Epiſtel an die Roͤmer klaget / daß GOtt die Heyden haͤtte dahin gegeben im verkehrten Sinn / zu thun / das nicht taug / das iſt mit le - bendigen Exempeln ſehr zierlich ab - gemahlet. Jch wuͤrde auch ſelbſt rathen / daß man dieſes Buch der Jugend aus der Hand reiſſen ſolte / wenn ich nicht wuͤſte / daß im vori - gen Seculo, da der Terentius viel fleißiger geleſen worden / die Leute viel froͤmmer geweſen / und daß ein gutes Catechiſmus-Examen ſol - chen Aergerniſſen leicht ſteuren koͤnte.

Vielleicht koͤnnen auch die exercitiaeundund die phraſes was darbey thun / als wie jener Præceptor, der in des Terentii Heautontimorumeno Act. III. Scen. 3. auff die Worte kam / da der alte Chre - mes wider den jungen Clitipho ſpricht: Vidin ego te modo manum in ſinum buic meretrici inſerere. Da ſagte er: Pfui pfui / ihr Kinder / cavete vobis ab hac phraſi & ſcribite aliam, manum inſere - re in ſinum philoſophiæ. Die Philo - ſophie ſtudiren.

CIV.

Allein / GOtt Lob! bey un - ſern Comoͤdien wird ſich niemand einer Gotteslaͤſterung / viel weniger eines gefaͤhrlichen Ergerniſſes zu befuͤrchten haben. Erſtlich wer - den weltliche und geiſtliche Hiſto - rien / aber doch practicable Erfin - dungen hervor geſucht. Wenn auch Laſterhaffte Perſonen etwas frey auff das Theatrum kommen / (wie ich den Salomon wol muß opffern laſſen / und des Potiphars Weib kan ich wol nicht einfuͤhren /daßdaß ſie mit dem Joſeph die Præce - pta Noachi geleſen hat) doch ge - ſchiehet alles mit guter Behutſam - keit / die Reden ſind allemahl auf die Goldwage gelegt / und die andern Perſonen / auch der Ausgang der gantzen Comoͤdie laſſen dem Zu - ſchauer die Erinnerung zuruͤcke / was derſelbe zu gewarten hat / der ſich dergleichen Haͤndel im Ernſte bedienen wolte.

CV.

Drum habe ich auch kein Bedencken getragen / nochmals et - liche Stuͤcke dem geneigten Liebha - ber zu communiciren. Und ob ich wol weiß / daß man ſie an wenig Orten nachſpielen moͤchte; Denn ich wuͤrde ſelbſt Noth haben / wenn ich ſie vor itzo noch einmal præſen - tiren ſolte / nachdem die vorigen Perſonen weggezogen ſind; Und ich wuͤrde lieber was Neues ma - chen / das meinen itzigen Unterge -e 2be -benen anſtaͤndig waͤre: Doch wird der Stylus vielleicht ſo beſchaffen ſeyn / daß man ſich an dem bloſſen Leſen etlicher maſſen vergnuͤgen moͤchte. Das geiſtliche Stuͤcke handelt von Naboths Weinberge / da wird die heimliche Verfolgung der Rechtglaͤubigen abgebildet. Das Politiſche Stuͤcke ſtellet den Marſchall von Biron vor / als ein Exempel der beſtrafften Untreu. Der Politiſche Qvackſalber giebet allen eine manierliche reprimende, welche mit ihren Sachen gar zu ſchrecklich pralen.

CVI.

Mit dieſen und derglei - chen Stuͤcken habe ich den Meini - gen manchen Kunſtgrieff in der pro - nunciation und action beyge - bracht / und wenn ſie mit ſolcher Genehmhaltung geleſen werden / als ſie vormals auff dem Theatroſindſind geſehen worden / ſo will ich mir deßwegen gratuliren.

CVII.

Solte aber iemand fra - gen / warum ich gleichwol das Werck von etlichen Jahren her unterlaſſen haͤtte / wenn ich ver - meinte / daß ich die Jugend gar zu ſchoͤn daraus erbauen koͤnte? So gebe ich zur Antwort: Jch habe droben geſagt / daß die Jugend in - der action trefflich ſecundiret wird / wenn ſie zum Tantzmeiſter gehet / aber deßwegen bin ich nicht ver - bunden / daß ich allemal einen Tantzmeiſter verſchaffe. Gleicher - geſtalt kan ich wol ſagen / was die Comoͤdien vor einen Nutzen haben. Doch wenn ſich etliche difficultaͤ - ten deſſentwegen ereignen wollen / ſo bin ich eben nicht gehalten / daß ich mich aller Verdrießligkeit un - terziehen ſoll. Genug / daß ich ſa - gen kan / was mir in meinen Orato -e 3ri -riſchen Studiis von der pronuncia - tion und action am beqvemſten vorkom̃en iſt.

CVIII.

Doch ehe wir zu dem an - dern ſchreiten / welches wir bey die - ſer Gelegenheit erinnern wollen / ſo wird es dem geneigten Leſer nicht zuwider ſeyn / wenn wir des Herrn Lutheri judicium von Comoͤdien hieher ſetzen / welches der vornehme und Gewiſſenhaffte Theologus, Herr D. Dannhauer in ſeinem Collegio Theologico p. m. 986. in der Frage: Qvid de Comœdia ſentis? wiederholet / damit ein ied - weder deſto leichter wiſſen moͤge / daß ich die Exercitia von ſolcher Gattung auch theologicè zu be - haupten getraue.

Die Worte ſtehen in Tiſch-Reden p. 416. D. Johannes Cellarius fragte D. M. Luthern um Rath. Es waͤre ein Schulmeiſter in der Schleſien nichtunge -ungelehrt / der haͤtte ihm vorgenommen eine Comoͤdie im Terentio zu agiren / und ſpielen / viel aber aͤrgerten ſich dar - an / gleich als gebuͤhrete einem Chri - ſten Menſchen nicht ſolch Spielwerck aus Heydniſchen Poeten / ꝛc. was er / Doctor Luther davon hielt? Er ſprach: Comoͤdien zu ſpielen ſoll man um der Knaben willen in der Schule nicht wehren / ſondern geſtatten und zu - laſſen. Erſtlich / daß ſie ſich uͤben in der Lateiniſchen Sprache. Zum an - dern / daß in Comoͤdien fein kuͤnſtlich erdichtet / abgemahlet und fuͤrgeſtellet werden ſolche Perſonen / dadurch die Leute unterrichtet / und ein ieglicher ſei - nes Amts und Standes erinnert und ermahnet wird / was einem Knechte / Herrn / Jungengeſellen / und Alten ge - buͤhre / wol anſtehe / und was er thun ſoll. Ja es wird darinn fuͤrgehalten / und fuͤr Augen geſtellet / aller Dignitaͤ - ten Grad / Aempter und Gebuͤhr / wie ſich ein ieglicher in ſeinem Stande hal - ten ſoll / in euſerlichem Wandel / in ei - nem Spiegel. Zu dem werden dar -e 4innrinn beſchrieben / und angezeigt die liſti - gen Anſchlaͤge und Betrug der boͤſen Baͤlge / deßgleichen / was der jungen Knaben und der Eltern Amt ſey / wie ſie ihre Kinder zum Eheſtande ziehen und halten / wenn es Zeit mit ihnen iſt / und wie die Kinder den Eltern gehor - ſam ſeyn / und freyen ſollen / ꝛc. Sol - ches wird in Comoͤdien fuͤrgehalten / welches denn ſehr nuͤtz und wol zu wiſ - ſen iſt. Denn zum Regiment kan man nicht kommen / mag auch daſſelbe nicht erhalten / denn durch den Ehe - ſtand. Und Chriſten ſollen Comoͤdi - en nicht gantz und gar fliehen / darum daß bißweilen grobe Zoten und Buͤ - bereyen darinne ſeyn / da man doch um derſelben willen auch die Bibel nicht duͤrffte leſen. Darum iſt nichts / daß ſie ſolches fuͤrwenden / und um der Ur - ſache verbieten wollen / daß ein Chriſt nicht ſolte Comoͤdien leſen und ſpielen. Comoͤdien gefallen mir ſehr wol bey den Roͤmern / welcher fuͤrnehmſter Meynung cauſa finalis und endliche Urſache iſt geweſen / daß ſie damit / alsmitmit einem Gemaͤhlde und lebendigem Exempel zum Eheſtande locken / und von Hurerey abziehen. Denn welt - liche Regimente und Policeyen koͤn - nen nicht heſtehen ohne dem Eheſtan - de. Eheloſer Stand / der Cœlibat und Hurerey ſind der Regiment und Welt Peſtilentz und Gifft.

CIX.

Die Vorrede iſt lang ge - nug worden. Doch mir faͤllt noch etwas bey / daß ich bey dieſer Gele - genheit am beſten anbringen wer - de. Sonderlich weil es in einer ex - perienz beruhet / dadurch ſich junge Leute zur pronunciation und acti - on ſehr wol fuͤhren laſſen. Denn weil die ſtatlichſten Maͤnner / die ſich in Oratoriis hervor gethan ha - ben mit mir einig ſind / daß man die Jugend in den erſten Specimini - bus mehr auff andere / als auff ih - re eigene elaborationes weiſen ſoll / ſo bin ich in dieſen Gedancken etwas weiter gegangen.

e 5CX.

CX.

Wir koͤnnen nicht allemal Comoͤdien halten: Doch vielmal koͤnnen wir etliche Geſpraͤche ler - nen / und præſentiren laſſen; Dan - nenhero wird es unverboten ſeyn / wenn bißweilen etliche Colloqvia, an ſtatt der alten und pedantiſchen Reden vorgeſchrieben werden. Vornemlich moͤchte dieſes einen herrlichen effect haben / bey der Jugend / die ſich auſſer den Uni - verſitaͤten ſoll ziehen / gleichwol a - ber auff dieſelbe Mode gewehnen laſſen.

CXI.

Denn auff Univerſitaͤten koͤmmt ein Menſch nicht fort / der ſich im diſputiren mit ſeinem Mundwercke nicht helffen kan. Und doch iſt es auff Schulen uͤber die maſſen ſchwer / wenn ein junger Kerl was practicables hierinn ler - nen ſoll. Offt haben ſie einen Præceptor, der ſich in ſeiner Ju -gendgend ſelbſt vor der Catheder als der Teuffel vor dem Creutze gefuͤrchtet hat. Und ob der was actives weiſen kan / das will ich allen ver - nuͤnfftigen Menſchen zu beſſerm Nachdencken uͤberlaſſen. Offt haben ſie einen Mann vor ſich / der endlich ſo leicht auff der Catheder / als im Keller in einem Glaſe Wein Beſcheid thaͤte. Doch es fehlt an Handlangern: Jch will ſagen an Opponenten / die ſich mit ihrem Fleiſſe ſehen laſſen / und der Diſpu - tation eine rechte Geſtalt geben.

CXII.

Nun habe ich ſolches ſelbſt erwandert / da ich als ein junger Kerle in der Schule war und lernen ſolte / ſo fehlte mir allemal was / wenn ich diſputirte. Doch ſo bald ich auff der Univerſitaͤt in eine Di - ſputation kam / daß ich nur die Mo - de ſehen kunte / ſo durffte ich weiter vor keiner ſolchen occaſion erſchre -e 6cken.cken. Und dannenhero ſind die Kinder / welche ſich auff Univerſi - taͤten bey gelegener Zeit in ſolchen Actibus finden laſſen / ſehr gluͤckſe - lig: Auch wer ſie zu was rechtes informiren ſoll / der hat eben ſo we - nig Arbeit / als ein Politiſcher Red - ner / der ſolche Kinder vor ſich hat / die allbereit zu Hoffe den vornehm - ſten Solennitaͤten beygewohnet ha - ben.

CXIII.

Doch wenn ich gleich - wol Leute vor mir ſehe / die man alle Poſten anders wo hin nicht ſchicken darff / und die zu academiſchen ex - ercitiis ſollen angefuͤhret werden; So bilde ich mir ein / es ſolte keinem vor eine Suͤnde angerechnet wer - den / wenn er eine Diſputation in Geſtalt einer Comoͤdie zuſammen ſchriebe / welche darnach von gewiſ - ſen Perſonen gehalten / und mit der anſtaͤndigen action vorgebrachtwuͤrde.wuͤrde. Zum wenigſten wuͤrden die Zuhoͤrer aus dieſen Minen / da - mit ein kluger Director wol fahren muͤſte / was lebendiges lernen und begreiffen.

CXIV.

Jch habe vielmahl mei - ne Luſt darin gehabt / und wie allbe - reit in meiner Logica dergleichen Colloqvia von mir ſind verſuchet worden / alſo iſt mir das Werck viel lebendiger vorkommen / wenn es in einem rechten exercitio hat ſollen getrieben werden. Je mehr dieſes nun mit der Comoͤdie gar eine ge - naue Verwandſchafft hat; Deſto lieber habe ich anitzo daran geden - cken wollen: Abſonderlich weil die ſchoͤnſte Maniere mit der pronun - ciation und action ſehr ſauber koͤn - nen gewieſen werden.

CXV.

Es iſt mir leid / daß ich alles nicht ausfuͤhren kan. Denn wofern ich nur ein Geſpraͤche wille 7leſenleſen laſſen / ſo werde ich ſolches mit viel abbreviaturen vorſtellen. Die vorhergehende und nachfolgende Complimenten bleiben auſſen / was in der aſſumption, in der limitati - on und application vonnoͤthen iſt / wiederhole ich auch nicht. Nur dieſes bitte ich von dem verſtaͤndi - gen Leſer / der capable iſt / alles aus - gelaſſene zu ſuppliren / ob derglei - chen Neben-Comoͤdien nicht zu lo - ben und zu verſuchen ſind. Das Exempel / damit ich itzo am beſten zu beſtehen gedencke / iſt poſitis po - nendis dieſes.

RESP.
  • Propoſui theſin meam: CO - MOEDIÆ NON SUNT IM - PROBANDÆ.
OPP.

Cur mihi placeat antithe - ſis, facile demonſtrabo. Sic enim argumentor

Qvod

Q. ſcatet mendaciis, illud eſt improbandum, Comœdiæ ſcatent mendaciis E. Comœdiæ ſunt improbandæ.

Min. Prob. Omnia enim ſunt fal - ſa. e. g. in comœdia Joſephi, is qvi ſuſtinet perſonam, non eſt verus Joſephus; Verba qvæipſi tribuuntur, Joſephus nunqvam protulit: imo muli - eres, qvæ ſexum mentiuntur, non ſunt mulieres.

RESP.

Diſtingvo inter MEN - DACIA & FIGMENTA. Men - dacia verè talia ſunt dicta, qvæ cum re prorſus non conſenti - unt, & alterum ex malitia, qvin & cum ipſius damno decipiunt. Viciſſim Fig menta ſunt artificia ſive rhetorica ſive poëtica, qvæ hominem fideliter informant, & cum re aliqvaliter conſenti - unt.

OPP.
OPP.

Agnoſco phraſin: cum re aliqvaliter conſentiunt. Ergò cum re aliqvaliter diſſentiunt h. e. falſitatem habent, qvæ non informandis, ſed decipiendis hominibus inſerviat.

RESP.

Videndum eſt de intentione actoris & de judicio ſpectatorum. Qvi prodit in ſcenam, nemini vult perſvadere verum ſe eſſe Joſephum; Nec etiam homi - nes adeo ſunt ſtolidi, ut hoc cre - dant: Sed iſtud præ cæteris in - tenditur, ut hiſtoria Joſephi per artificium illuſtretur.

OPP.

Eqvidem falſitas rem ma - gis obſcurat qvam illuſtrat.

RESP.

Jam diximus aliud eſſe falſitatem, aliud artificialem rei alioqvin veræ imaginem. Certe ſi pictores non peccant, ſi Joſe - phum prorſus aliis coloribus exhibeant: Nam minium autultraultramarinum qvo pingitur e - jus pallium, non eſt vera illa tinctura, qva colatus fuit ejus - dem veſtis: Multo minus pec - cabit comœdia, qvoties repræ - ſentat picturam magis vivam. Ac proinde nego, in figmentis eſſe falſitatem, qvoniam, ut ſu - pra monitum eſt, deceptio non intenditur, nec ipſe ſpectator decipitur.

OPP.

Dicis in comœdia Spectatores non decipi Sed ego ſic argu - mentor.

Ubi perſonæ finguntur, qvæ nunqvam fuerunt & per - ſonis alioqvin veris verba tribuuntur nunqvam dicta, ihi ſpectator decipitur.

Atqvi in comœdi is hoc fit E.

RESP.

Figmenta nihil mutant in re ipſa fundamentaliter, ſed tan - tum in circumſtantiis externis ſ. forma -formaliter e.g. Si dicerem Jo - ſephum amaſſe conjugem Poti - pharis, aut ex nuda ſimplicita - te potius, qvam ex pia caſtitate hanc occaſionem non arripuiſ - ſe; tunc committeretur men - dacium adverſus rem ipſam. Ex adverſo qvia verum eſt, pe - nes Joſephum aliqvas fuiſſe per - ſonas & eas in ſenſum præſen - tem aliqva dixiſſe: Jam rhe - torica nos excuſat, qvæ proſo - popœiam & ſermocinationem retulit inter honeſtiſſimas ſuas figuras.

OPP.

Conceſſerim hoc probari poſſe, cum ſiſtitur vera hiſtoria. Sed ubi eſt fundamentum, ſi to - tum thema conſtet è figmentis? e. g. ſi exhibeas Argenidem, vel Circum foraneum politicum & c. in - de ſic argumentor:

Ubi

Ubi nullum eſt fundamentum, ibi decipitur ſpectator.

In talibus comœdiis & c. E.

RESP.

Inſto:

Ubi nullum eſt fundamentum, ibi decipitur ſpectator,

In fabula Judithæ & Tobiæ nullum eſt fundamentum, E.

In ea fabula decipitur ſpecta - tor ſive lector.

Concluſio eſt abſurda: ergo major, qvæ eſt veſtra.

PP.

Qvid mihi cum Juditha vel Tobia?

RESP.

Qvid? niſi qvod Luthe - rus fabulam Judithæ vocat tra - gœdiam, Tobiæ comœdiam.

OPP.

Iſta res in dubio eſt: Peto potius, ut directe reſpondeatur ad meum argumentum.

RESP.

Faciam hoc, ut ſalvum conductum adverſus vos qvo -qveqve retineat Juditha cum Tobia Nam diſtingvo inter fundamen - tum generale ſ. reale & ſpeciale ſ. perſonale. Tales eqvidem per - ſonæ in ſpecie nunqvam extite - runt: tales interim res & actio - nes in genere multum ſunt poſ - ſibiles. Necignorabis parabo - lam apud rhetores vocari exem - pliſpeciem.

OPP.

Diſtingvis inter fundamen - tum reale & perſonale. Sed ſi aſpicias mimum ſ. morionem, qvem noſtri communiter vo - cant Johannem Petagium ſ. Ha - lecem muria conditum, qvæ - ro, qvod babet fundamentum, an reale an perſonale? Certè ſi comœdia ſecundum vos de - bet eſſe ſpeculum vitæ; ſic enim ſtatuunt omnes ſcena - rum patroni: qvis mihi dixe -ritrit, ubi talis Halex, & ita qvi - dem veſtitus inveniri debeat?

RESP.

Qvid ſi ego dicam, ad me non pertinere Halecis ex - emplum. Nam qvi apud Ju - dæos repræſentavit Juditham & Tobiam, ridicula qvidem perſona non habuit opus: niſi canem qvis introduxerit, qvi moveret caudam.

OPP.

Nondum video qvid ne - getur aut concedatur in mea qvæſtione.

RESP.

Defendo comœdiarum uſum: ſed qvoniam comœdiæ perſonis ridiculis carere poſ - ſunt, illarum ſane abuſus tol - lere univerſim non debet inte - grum operis laudatiſſimi u - ſum.

OPP.

Provoco ad theſin ve - ſtram. Dum vero dicitis, Co - mœdias improbari non debere,ſineſine dubio tales intelligitis co - mœdias, qvales hodie ſiſtun - tur in theatris, & qvales ipſe vulgavit auctor, cui debetis fabulam de Joſepho.

RESP.

Ut intelligas me eſſe li - beralem, nec in declinanda re - ſponſione qvæſitum fuiſſe effu - gium, reſpondeo: Haleces tuos habere fundamentum reale & perſonale.

OPP.

His autem verbis mihi non - dum ſatisfactum eſt.

RESP.

Paſſim reperiuntur per - ſonæ ſimili ſtultitia notabiles, cur igitur dubitare velis de fun - damento?

OPP.

Sed ubi reperiuntur, aut, ut clarius loqvar, ubi toleran - tur perſonæ tali veſtitu, talibus geſticulationibus notabiles? & hoc niſi probes, jam dixero, non adeſſe fundamentum.

Resp.
RESP.

Diſtingvo inter funda - mentum proprium & hierogly - phicum: proprie tales veſtes nemo gerit, talibus qvoqve ſive coloribus ſive fecibus fa - ciem nemo deformat. Sed hi - eroglyphicè per externum ha - bitum declaratur, qvid ſenti - endum ſit de ſtultis actionibus. Sic Lutherus ſuperbum con - cionatorem jubet experiri ſuas auriculas, num ibidem inveniat tintinnabula.

OPP.

Sic aſylum vobis ſemper conſtitutum eſt, vel in Parabo - la, vel in Proſopopœia, vel in Hieroglyphico. Sed progre - diamur extra jurisdictionem rhetoricam, ea qvidem lege, ut ſi opus fuerit redire liceat ad haleces veſtros. Provoco enim ad verba l. 23. ff. de auro argento, mundo, &c. qvæ ſic ſeha -habent: Veſtimenta muliebria ſunt, qvæ matris familiæ cauſa ſunt comparata, qvibus vir NB. non facile uti poteſt ſine vitupera - tione. Unde ſic argumentor.

Unde homines veniunt in vi - tuperationem, illud eſt im - probandum.

Sed à Comœdiis hoc ſit. E.

Min. prob. Nam viri facere non poſſunt, qvin utantur veſte mu - liebri.

RESP.

Qvid ſi dicerem, ad me non pertinere hoc argumen - tum? exhiberi enim multa poſſunt, in qvibus perſonis - mininis non eſt opus.

OPP.

Neſciebam meis qvoqve rebus profuturam Juditham tuam, ſive Tobiam. Qvis enim has fabulas exhibet ſine fœmi - nis?

RESP.

Soleo tergiverſari, ne no -bi -biliſſimi Auditores neſciant li - beralitatem meam. Ultro e - nim multis objectionibus re - ſpondeo, qvas vel declinare, vel deprecari liceret. Sed qvi legem ſuperius allegaſti, ſcias velim ad manus eſſe Pande - ctas, qvas dum evolvo, ipſa legis ve〈…〉〈…〉 ba limitationem ſup - peditant, non facile uti poteſt. Sed uti poteſt ſi abſit ratio, qvæ difficultatem importat.

OPP.

Qvæ autem hæc eſt facili - tas præfiſcini, qvæ nobis ſolen - nem adverſus leges exceptio - nem præſcribat?

RESP.

Videamus de ratione le - gis: Diſſimulatione ſexus ut plurimum ſuſpicio movetur, qvæſitam fuiſſe peccandi licen - tiam; inde venit vituperatio. Sed qvis talia redarguat in co - mœdiis? ubi qvidem ſatius eſt,funiusunius ſexus committi perſonas, qvam admiſceri fœminas, qvæ poſt ſcenam neſcio qvod poſt - ſcenium imitentur.

OPP.

Attamen ſatius erat ea peni - tus abjicere, qvibus Imperator jam adjudicaſſet vituperium.

RESP.

Vituperium non adjudi - catum fuit abſolutè, ſed reſpecti - . Nam id obſervatur in no - ſtris qvoqve judiciis, ubi ea ve - ſtium mutatio pœnam non ha - bet ordinariam, ſed arbitrari - am; ſi videlicet ſuſpicio tentati ſceleris intercedat, qvæ profe - cto prorſus abeſt à comœdiis. Unde Briſſonius, niſi fallor: nam in cathedram qvis omnes li - bros ſecum afferat? in Lexico Juris, ubi ad Legem ſuperius allegatam venit, nominatim ex - cepit veſtes ſcenicas.

OPP.
OPP.

Hanc limitationem non recepiſſent Patres Concilii Gan - grenſis in Paphlagonia. nam cap. 13. mulieres, qvæ appa - renter ex honeſta cauſa virilem ſumſiſſent habitum, anathemate feriuntur.

RESP.

Qvorſum pertinent ver - ba Concilii? qvod, qvantum memini, nec de ſpectaculis egit, nec viros muliebriter veſtitos condemnavit.

OPP.

Digredimur à Scopo. Qvam - obrem qværo an maſculus ha - bitu fœminino progreſſus in ſcenam careat vituperio?

RESP.

Jam dixi nullam adeſſe ſuſpicionem, nec peccandi li - centiam vel perſomnium exco - gitari poſſe.

OPP.

Qvid autem ſi mulier per - ſonata vel perſonatus ante co - mœdiam diſcurrat per ædesf 2civi -civium, vel in comœdia locum qværat in ſedilibus mulierum?

RESP.

Qvid autem ſi magiſtra - tus, vel ſpectaculi director ta - lia non permittat? Nam in rebus humanis nihil eſt, qvod ſuo non laboret abuſu. Sufficit illis receptis abuſum non in - tendi.

OPP.

Firmioribus argumentis ſtabiliri vult hæc vituperatio: qvamobrem provoco ad legem 2. ff. de his qvi notantur infamia, cujus expreſſa ſunt verba: QVI IN SCEN AM PRODI - ERIT INFAMIS EST. Qvin etiam extat Conſtitutio Theo - doſii in Codice ejus Lib. XV. Tit. VII. de Scenicis Leg. XII. ubi Pantomimorum, velut infa - mium imagines, in publicis por - ticibus, aut aliis locis honoratio -ribusribus non offerri, oblatas revelli ju - bet. Unde ſic argumentor:

Qd. affert infamiam, illud ha - bet vituperationem & eſt improbandum.

Comœdia hoc facit E.

RESP.

Diſtingvo inter infami - am facti, ſ. externæ opinionis & conſvetudinis; & infamiam juris ſ. internæ turpitudinis; in præ - ſenti caſu tantum adfuiſſe in - famiam facti, vel inde pater, qvod apud alias gentes ſcenici fuerunt honoratiſſimi. Sic e - nim Cornelius Nepos in præ - fatione: in ſcenam prodire & po - pulo eſſe ſpectaculo, nemini in iis dem gentibus (Græcis) fuit turpitudi - ni; qvæ omnia (Romanis) par - tim infamia, partim humilia & ab honeſtate remota ponuntur.

OPP.

Nonne agnoſcis infamiamf 3juris,juris, ubi legibus publicis hæc infamia fuit comprobata?

RESP.

Legislator confirmabat receptam conſvetudinem, nec ipſos ludos per ſe judicabat in - fames, ſed per accidens, qvod ex - ercerentur ab inhoneſtis perſo - nis.

OPP.

Nondum intelligo, qvorſum tendat hæc diſtinctio.

RESP.

Lex non improbat ſpecta - cula in ſe: nam l. 3. ff. de his, qvi infamia notantur, athletæ non habentur ignominioſi, qvod virtutis gratia hoc facerent: pla - ut juvenes noſtri, cum in ſcenam prodeunt, virtutis & eloqventiæ gratia id feciſſe creduntur. Qvamobrem per accidens ignominioſa judica - bantur ſpectacula, qvod à perſo - nis mercenariis exhiberentur. Sicenim lex à vobis allegata: eos,qviqvi qvæſtus cauſa in certamina de - ſcendunt, & omnes propter præmi - um in ſcenam prodeuntes famoſos eſſe. Sic limito veſtrum argu - mentum.

Qd. affert infamiam, illud habet vituperationem.

Comœdia à perſonis mercenariis & famoſis exhibita, & c.

Sic concedo totum argumen - tum ſalva noſtra theſi: non enim ſpectacula probamus, qvæ priſcis gentilibus fuerunt in uſu: ſed potiſſimum loqvimur de honeſtis & Chriſtianis juvenum ſtudioſorum exercitiis.

OPP.

Nonne autem qvæſtus cau - ſa prodeunt in ſcenam, qvi à ſpectatoribus pecuniã exigunt?

RESP.

Pecunia non colligitur qvæ - ſtus cauſa, ſed cedit in communes ſumptus lampadum, candelarum, muſicorum, ſcenarũ, machinarumf 4ipſoipſorum qvoꝙ́ ſedilium. hac enim accepta actores non red duntur ditiores, ſed ſpectatorum libe - ralitas cavet, ne ipſi fiant pau - periores, qvi jam ornandis ve - ſtimentis non-nihil impende - runt.

OPP.

Audivi tamen aliqvando pe - cuniam ſuperfluam ab actori - busimpendi compotationibus: unde creditur aliqvid factum eſſe qvæſtus cauſa.

RESP.

Qvæſtus qvi perſonas Ro - manas redderet famoſas inclu - debat rem inhoneſtam: qvippe poſtqvam mulieres ſpectatæ fu - iſſent in ſcena, copiam ſui faci - ebant ſpectatoribus, ut non tam qvæſtus prior, qvam poſterior ha - beret turpitudinem. Inde cum ea licentia jam deſierit apud noſtros homines, qvi communi - ter in nundinis aliis ꝙ́ conventibusfre -freqventioribus accepta pecunia ſpectaculo ſunt; nemo ipſos di - cet infames, ſi vel maximè qvæ - ſtum eum priorem & boneſtum exerceant. Multo minus locum inveniet apud ſtudioſos.

OPP.

Capio mentem veſtram. Dicitis enim in ipſis ſpectaculis nibil fuiſſe turpitudinis, ſed ea per accidens inqvinata fuiſſe, qvod perſonæ famoſæ prodirent. Qvid autem ſi probaverim, ipſa qvo - qve ſpectacula fuiſſe turpia? Nam qvoties ea prohibita ſunt?

RESP.

Prohibita ſunt non ob turpitudinem aliqvam, ſed ob cauſam potius externam. Sic enim l. 5. Cod. de ſpectaculis illi reprimuntur, qvi popularibus plauſibus intemperanter ſerviunt, & publicarum rerum ſtatum fati - gant h. e. qvi nimiis ſpectaculo - rum ſumptibus ærarium ex -f 5hau -hauriunt. Ita non improbatur comœdia, ſed exceſſus in luxu.

OPP.

Etiam improbatus fuit exceſ - ſus in turpitudine. Vide qvid in Codice Juſtiniani & The odoſii conſtitutum fuerit de Majuma, præſertim qvam ſeverè Theo - doſius Leg. II. Majumam fœdum atꝙ́ indecorũ ſpectaculum, qvod ſibi numẽ procax licentia vindicaverat, denegarit. Utinam reſurgeret Theodoſius, qvi exemplo Ma - jumæ, cæteris qvoqve ſpectacu - lis obicem poneret.

RESP.

Ab exemplo ſpeciali & ob - ſcœno ad univerſam comœdi - am valet conſeqventia. Nam nosetiam, qvi theſin hanc pro - poſuim9 honeſto loco ventilan - dam, non intelligere comœdi - am poſſemus, niſi honeſtam.

OPP.

Interim dico ſancte provi - dum fuiſſe Theodoſium, di -gnum,gnũ, qvem Principes imitentur.

RESP.

Sic providusfuit, ut exceſſum vitaret, ad defectum inclinare nollet. Nam videamus legis ci - tatæ verbainitialia, ludicras ar - tes concedimus agitari, ne ex nimia harum conſtrictione triſtitia gene - retur. Honeſtam igitur judica - vit publicam lætitiam, ſi per ac - cidens nihil admiſceretur in - honeſti.

OPP.

Expendamus ſenſum legis. Imperator non approbavit ludi - cra, ſed ad tempus permittenda vel toleranda cenſuit, donec ex - terminatis undiqve gentilibus, Chriſtiani diſcerent è conſtri - ctione ludorum nullam ſentire triſtitiam. Igitur ut gentiles haberet in obediendo paratio - res, connivendum ſtatuebat, qvorſum pertinent verba l. 5. Cod. de Spectaculis & Scenicis:f 6nonnon invidemus, ſed cohortamur amplectenda NB FELICIS PO - PULI ſtudia, &c.

RESP.

Ego non crediderim è Chriſtianorum Rebusp. exulare penitus debere lætitiam decenter captam; multo minus mihi per - ſvaſerim, à chriſtianis principi - bus improbari poſſe juventutis informationem, cum aliqva ſvavi - tate ſuſceptam; de hac enim, ut ſæpe monui jam potiſſimum ſermo eſt.

OPP.

Maneamus igitur intra ter - minos religionis Chriſtianæ, ac præciſè videamus, an juventu - tem Chriſto ſacratam ſalva conſci - entia poſſitis occupare ſcenis & ſpe - ctaculis. ſic enim argumentor.

Qd. in ſe est impium, id non eſt probandum

Comœdiæ inſe ſunt impiæ E.

Comœdiæ non ſunt probandæ.

Resp.
RESP.

Expecto qvibus rationi - bus probetur minor.

OPP.

Minorem probo clariſſimis S S. Patrum teſtimoniis. Chry - ſoſtomus Homil. XXI. ad Anti - och. ſpectacula vocat POMPAM SATANÆ. Salvianus de Gu - bernat. Dei Lib. VI. in ſpectaculis aliqvam eſſe dicit FIDEI APO - STASIAM, unde qværere pergit: qvomodo ô Chriſtiane, ſpectacula poſt baptismum ſeqveris, qvæ opus eſſe diaboli confiteris. Tertullianus de ſpectaculis cap. XVII. à theatro ſeparari vult Chriſtianos qvod eſt privatum CONSISTORIUM IMPU - DICITIÆ, ubi nihil probatur, qvam qvod alibi non probatur. Imo, uttaceam reliqvos, Con - cilium Elibertinum in Hiſpania cap. 62. de Pantomimis expreſ - ſe ſtatuit, & recepti ſuis artibusf 7re -renuncient, & ſiqvid facere contra interdictum tentaverint, PRO - JICIANTUR AB ECCLE - SIA.

RESP.

Non opus erat concione tam prolixa: præſertim in re, qvæ ad nos nihil pertineret.

OPP.

Neq; vero concionatus ſum. Probavi minorem, qvæ tanto qvidem clarior eſt futura, qvo plura te convicerint hominum ſanctiſſimorum teſtimonia.

RESP.

Simus faciles. Cogitari autem debet qvo tempore, qvin & de qvibus ſpectaculis talia di - xerint S S. Patres. Nam flo - rente adhuc gentiliſmo, cum deaſtri producerentur in ſce - nam, aris etiam extructis ibi colerentur: qvis eo loco ver - ſari voluiſſet Chriſtianos, ad apoſtaſiam facile prolapſuros? Deinde ſpectacula deteſtaban -turtur libidinibus & obſcœnis ex - emplis inqvinata. Qvid autem hoc pertinet ad nos, qvibus nec timendum eſt, ne qvis è ſpecta - culis fiat ethnicus, nec proban - tur ſpectacula, niſi decora & ho - neſta.

OPP.

Non video qvorſum perti - nere debeat hæc temporum dif - ferentia. Nam ſic argumentor:

Qd. priſcis temporibus fuit Pom - pa Satanæ, & apoſtaſia fi - dei, id noſtris temporibus non poteſt eſſe pompa Dei & confeſſio fidei.

RESP.

Subſumo minorem cum limitatione.

Gentilium ſpectacula talia fue - runt E.

Non ſunt pompa Dei & confeſſio fidei.

concedo totum argumentum.

OPP.

Veſtra ſpectacula vel repe -tunttunt gentilium ludos, vel ſecun - dum ſimilitudinem eorum novos efformant. Manetigitur eadem pompa, & idem hujus pompæ Choragus, qvem nemo verſa - ri voluerit in ſchola, h. e. in ſpi - ritus S. officina.

RESP.

Nos expreſſe nunqvam approbavimus comœdias gen - tilium, nec apud nos, in maxi - mo ſpectaculorum numero qvispiam meminerit exem - plum interceſſiſſe ſcriptoris a - lieni, nedum gentilis.

OPP.

Eos tamen non rejicitis, qvi comœdias gentilium repetunt.

RESP.

Cur rejiciamus? qvoni - am Rector aliqvis in Sileſia Terentii comœdiam exhibitu - rus non diſplicuit B. Luthero.

OPP.

Sic autem placuit pompa Satanæ?

RESP.

Aut non eſt pompa Satanæ,poſt -poſtqvam omittuntur ethnica, qvæ fortaſſis adorabant hanc ſolennitatem, vel est pompa pror - ſus inefficax. Sicut enim in picturis contemplari licet abo - minationem ethnicorum; qvip - pe qvodis diaboli apparatus ne - minem invitare poteſt ad imi - tationem; ita nihil damni me - tuendum, vel Satanæ nihil e - molumenti promittendum eſt, ſi picturam magis vivam exhi - beamus in theatro.

OPP.

An ſemper laudabiles ſint tales picturæ, nunc determina - re non vacat. Interim ego ma - lim penitus omitti, qvod ſemel pertinuit ad Satanam.

RESP.

Spectacula non pertine - bant ad Satanam eſſentialiter, ſed accidentaliter, qvoad idololatri - cas circumſtantias vel qvoad turpitudines admixtas: qvemabu -abuſum qvia ſuſtulimus, non vi - deo qvid ſibi vindicare poſſit humanigeneris hoſtis: ac inde ſic argumentor:

Ubi Theologi in ſcholis probant Terentium & Plautum, ibi ſpectacula non ſunt pompa Satanæ, nec arguunt apo - ſtaſiam fidei.

Sed in Chriſtianis noſtris Rebusp. Theologi Scholarum Inſpe - ctores hoc faciunt E.

OPP.

Credideram meum eſſe ar - gumentari, tuum argumentis à me propoſitis ſatisfacere. Sed utintelligas me ſimul eſſe libe - ralem, aliud eſt legere Comœdias gentilium ſcripta, aliud easdem exhibere in theatro.

RESP.

Penè dixerim, miſerum me eſſe, qvi præclaram hanc diſtinctionẽ capere non poſſum.

OPP.

Infelicem fortaſſis oppo -nen -nentem nactus es, cujus verba clariſſima neſcio qvam referre videntur obſcuritatem. - terum ne videar officio defu - iſſe, ſcias, aliud eſſe legere ſcri - ptum ab Ethnico conceptum, ubi beneficio interpretationis & phraſeologiæ multa excuſari & occultari poſſunt; aliud vi - vis actionibus ipſorum ſcelerum ideas repræſentare, ſeu, ne qvid diſſimulem, ſcelera per geſtus & ſermones docere.

RESP.

Non improbo diſtinctionẽ: utinam applicari poſſet ad no - ſtram theſin. Ubienim comœ - dias probavimus, in qvibus do - centur ſcelera, aut ubi noſtris comœdiis hæc imputari poteſt perverſitas?

OPP.

Utinam hæc diſtinctio appli - cari non poſſet ad veſtram the - ſin! forſitan lacrymis & ſuſpi -riisriis noſtris non eſſet opus. Nam ut relinqvamus ethnicorum comœdias, & in ſolis Chriſtia - norum deliciis acqvieſcamus, ſcandala veſtra qvis diſſimulet? aut qvis me impediat, qvò mi - nus argumenter.

Ubicunꝙ proponuntur exem - pla vitiorum, ibi peſſimum est ſcandalum.

In Comœdiis & c. E.

RESP.

Miror eadem opera non rejici ſacram ſcripturam, qvia proponit exempla vitiorum, & nobis unam vel alteram ſpe - ctaculi ſuppeditat materiam.

OPP.

Sacra Scriptura non debet confundi cum comœdiis. Ibi enim legimus exempla vitio - rum, non ut imitemur, ſed ut turpitudinem τῆς ἀϑεότητ& a - gnoſcamus, pœnamqve ſubſe - qventem exhorreſcamus.

Resp.
RESP.

Gratias ago Domino Op - ponenti pro inſigni liberalitate qvod ſuppeditare mihi voluit reſponſionem directam. Sic enim limito argumentum:

Ubi proponuntur exempla vitio - rum imitanda, ibi eſt ſcan - dalum

Sic concidit minor: nullum enim virium produci - tur, qvin ſubſeqvens - na vel ignominia cun - ctos deterreat.

OPP.

Cur præcipitas gratiarum a - ctionem? qvippe magnum ad - huc diſcrimen eſt inter S. Scri - pturam & Comœdiam. Iltic proponitur nudum factum, hic ſimul adjicitur facti modus e. g. ſi qvis exhibeat Dinam Jacobi Patriarchæ filiam, apud Siche - mitas deceptam, nonne, ſi col - loqvia, ſi lenarum & miniſtro -rumrum fraudes, ſiamantium nu - tus, ſi ſecreta conſilia, publice referantur, ſpectatores ad di - ſcendam artem amandi viden - tur invitari?

RESP.

Comœdiæ judicari non debent in ſenſu diviſo, qvoad hanc vel alteram ſcenam, qvæ videri poſſet libidinoſa; Sed in ſenſu compoſito, qvoad totam in - ventionem: tum enim conſtat, qvàm vana ſit harum blanditia - rum dulcedo, qvantum ſeqva - tur propria turpitudo, paren - tum triſtitia, fratrum & agnato - rum vindicta.

OPP.

Sed juvenes plerumq; aſpi - ciunt comœdias in ſenſu diviſo, h. e. eligunt ſcenas delicatiores, ut poſtea ſciant, à qvibus aver - tere debeant oculos.

RESP.

Hoc caſu non eſt ſcandalum datum ſed acceptum, qvia repudi -antant propinqvum metuendi ſcandali remedium. Et deinde qvod attinet ad ſcenas delicatio - res, cavendum eſt, ne progredi - amur ultra blanditias vulgares ſ. indifferentes. Pleraq; enim hujus generis dicuntur intus fa - cta ſ. ſuſcepta.

OPP.

Qvorſum pertinent blandi - tiæ, qvibus uxor Potipharis ag - greditur Joſephum?

RESP.

Ad exaggerandam Joſephi pietatem, qvod tantis qvidem machinis potuit reſiſtere.

OPP.

Penè dixerim ad informan - das mulieres, qvomodo juve - nes decipere debeant.

RESP.

Eadẽ opera dicas, Salomo - nem, qvi Prov. cap. VII. hujus furfuris mulierem introducit, præſcripſiſſe fœminis, qvid lo - qverentur. Ad hiſtoriam perti - nent circumſtantiæ. Qvis Abe - lem exhibeat ſine homicidio? Jo -Joſephum ſine fratrum neqvi - tia? ipſum Chriſtum patientem ſine Judæorum blaſphemiis & militum injuriis?

OPP.

Callidum nanciſcor reſpon - dentem, qvi confundit exem - pla: nam ſunt vitia, qvæ ſolo aſpectu horrorem incutiunt, il - la fortaſſis minore piaculo pro - ducerentur, qvoniam à fratri - cidio Caini temere nullus diſce - ret effundere ſangvinem. Sunt viciſſim vitia, qvæ aſpectu ſuo deſiderium & imitandi volun - tatem provocant, cujus generis ſunt libidines, qvæ utramqve paginam faciunt in comœdiis, & in his vitiis vertitur cardo controverſiæ.

RESP.

Libidines aut exhibentur in amoris gradu, qvem vocant li - cito, hoc eſt, in colloqviis & mode - ratis oſculis, vel in gradibus ulteri -ori -oribus, qvos qvidem nemo cor - datus expreſſerit. Inde ſi qvis producere velit Iſaacũ cum ſua Rebecca colludentem, initium blandimenti capiat ab honeſto & affectuoſo colloqvio, poſtea ſecedere jubeat in abditum lo - cum, ubi Abimelech rem re - præſentatam ſe videre ſimulat.

OPP.

Ergo in colloqviis & oſculis non excitantur libidines?

RESP.

Ita loqveris, qvaſi omnis honeſta converſatio cum fœmi - nis ſit vitioſa. Cum Iſaac blan - diùs alloqveretur Rebeccam. non peccabat: cur itaqve pec - cet, qvi colloqvium repetit?

OPP.

Sed juvenes diſcunt blandiri fœminis, in qvo virtutem non exercent.

RESP.

Diſcant: dummodo re - ſervent artificium ad occaſio - nem legitimam. Nam ut reli -gqvaqvataceam, intereſt reip. juve - nes interdum his blanditiis ex - citari ad deſiderium conjugii: qvippe ſic in ſtudiis ſunt alacri - ores, qvo magis ad ſvavem hunc finem ſe properare cre - dunt. Et nota ſunt Lutheri ver - ba in colloqviis menſalibus, qvi co - mœdias in honorem matrimo - nii non ſpernendas ſtatuit. Re - ferrem qvoqve Colloqvium E - raſmi, inter procum & puellam, comœdiæ ſimillimum, ſi vellem concionari.

OPP.

Habeas tibituam concionem & tuos matrimonii candidatos. Interim ſi redire velim ad Hale - cem, ſuperius exagitatum, qvid ſtatuis de cavillationibus & ca - lumniis, qvibus ea perſona mul - tos perſtringit?

RESP.

Id ſtatuo ſi calumnias evo - mat, imponendum ipſi eſt ſilen -tiumtium; ſi cavillationes admiſceat, videndum, an eas in genere vitiis, an in ſpecie hominibus applicet. Optimum eſt, ſi ſpectaculi dire - ctor loqvi hos nihil patiatur ni - ſi qvod expreſſis verbis præ - ſcriptum ſit.

OPP.

Sed vitiis nihil applicari pot - eſt, qvod homines de ſua perſo - na non interpretantur.

RESP.

Luant igitur ſuæ credulita - tis culpam, & rideantur ab o - mnibus. An Salomon & Syra - cides peccant, qvi plerasq; ſce - leratorum actiones ſub titulo ſtultorum proponunt? præſer - tim ſi qvis ea dicta velit ad per - ſonam ſuam applicare.

OPP.

Aſt homines pudefacti ut plurimum iraſcuntur h. e. ad peccandum rapiuntur.

RESP.

Etiam homines concioni - bus ſacris perſtricti paſſim ira -g 2ſcun -ſcuntur, neqve tamen hujus præcipitantiæ cauſa tacere ju - bentur concionatores.

OPP.

Temporis habenda eſt ratio. Qvamobrem ut in compendio videas, qvid me urgeat potiſſi - mum, ſic argumentor: Qd. cumulat verba otioſa ſ. ῥήματα ϱγὰ, id eſt impro - bandum. Comœdia hoc facit E.

Neqve crediderim in re lucu - lentiſſima vos petituros proba - tionem minoris, nam major eſt ipſius Chriſti Matth. 12, 36.

RESP.

Aliud eſt verba otioſa tan - qvam ſua proferre, aliud ea tan - qvam aliena referre. Qvot enim in ſacris literis habemus verba otioſa? Caini, Philiſtæorum, Re - gum improborum, mulierum impudicarum, &c. qvæ tan -qvamqvam aliena, non probantur aut docentur, ſed referuntur.

OPP.

Licet aliqvando referre alio - rum verba qvamlibet otioſa, qvoties ea reqviruntur ad ve - ritatis teſtimonium. Sic in judi - cio teſtis adverſus blaſphe - mum, Majeſtatis reum, aut impurum ſcurram, verba re - ferre jubetur parum ſancta vel honeſta. Cum igitur Spiritus Sanctus ſacram ſuam hiſtoriam eſſe vellet teſtem veritatis: non potuerunt diſſimulari delicta, qvibus homines pœnam ſuam provocaſſent.

RESP.

Sic igitur mirificè ſumus concordes. Qvid enim eſt co - mœdia, niſi plena hiſtoriarum ex - poſitio? Unde ſimul videtur perhibere teſtimonium veritatis, ac poſſidere privilegium teſtibus alioqvi conceſſum.

g 3OPP.
OPP.

Diſtinctè procedendum eſt, ut appareat mirifice noseſſe di - ſcordes. Si enim per vos aliud eſt referre, aliud proferre: Co - mœdiæ verba non ſunt relativa, ut ſimpliciter repetant, qvæ ve - lut ex lege veritatis omitti ne - qveunt; ſed prolativa, qvæ non ad hiſtoriam, ſed ad inanem ſpectantium delectationem fa - ciunt.

RESP.

Non video qvorſum tendat operoſa hæc diſtinctio.

OPP.

Provoco ad perſonas in Co - mœdia Joſephi: producuntur ibidem & carcere peſſimicapti - vi, qvinon loqvuntur niſi verba otioſa.

RESP.

Qværo an Oratorum ampli - ficationes pertineant ad verbà otioſa?

OPP.

Qvid ſi negaverim? an exin - de legitimaretur veſtra Comœ - dia?

RESP.
RESP.

Interludia nihil ſunt aliud, qvam Comœdiarum amplificatio - nes, qvæ materiam illuſtrant & ſpectantium benevolentiam moribus & affectibus captant.

OPP.

Sic igitur captivorum nugæ & facetiæ Joſephi hiſtoriam illu - ſtrant: ut neſciamus hiſtoriam, niſi nunc ſimul ſpectarentur in - ſipida ea figmenta?

RESP.

Ad Joſephi hiſtoriam pertinet exaggerari carceris moleſtias: qvas nemo perpen - deret, niſi, qvos ſocios juxta ſe habuerit juvenis honeſtiſſimus, cognoſcatur. Certe qvi Chri - ſtum crucifixum repræſentat, non poterit omittere latrones, qvibus indigniſſime fuit annu - meratus.

OPP.

Qvicqvid hujus ſit, illuſtratio, qvin & captatio benevolentiæ qværi non debet per verba otio -g 4ſa,ſa, h. e. non ſunt facienda mala, ut exinde veniat bonum.

RESP.

Repetitio verborum, qvod ſæpe monui, non eſt mala: re - feruntur enim, ut exhorreſca - mus & Joſepho commiſerea - mur: non ut imitemur: qvip - pe cui placeant delicta carcere digna?

OPP.

Qvid autem ſibi vult ea, μω〈…〉〈…〉 ποίηίς dum Halex veſter inſanum ſe, vel prorſus irratio - nalem mentitur: nonne hoc eſt imaginem Dei transmuta - re in imaginem diaboli?

RESP.

Bona verba! ſiſtimus em - blema mundi inſanientis, qvod aliter exhiberi non poteſt. Et qværo, ſi qvis proverbia Salo - monis explicaturus eſſet per emblemata, num peccaret, ſi ſæpius exprimeret ſtultos? vel an eos, qvi ſua culpa removentima -imaginem Dei, nonliceat eo ſi - ſtere habitu, qvo communiter ſtultos deſignari novimus.

OPP.

Sed morionum ἐυτραπελία talis eſt, qvæ ſecundum Apoſto - lum Chriſtianos non decet.

RESP.

Ego nolim probare exceſ - ſum, nec in honeſtis theatris repetenda promíſcuè putave - rim, qvæcunq; paſſim ab agyr - tis & publicis morionibns evo - muntur. Interim Paulus non rejicit omnem ἐυτραπελίαν, ſed ſcurrilitatem & impuritatem ethnicorum, qvi nugas ſuas prorſus otioſas & malitioſas, ſub hujus virtutis nomine tur - piter excuſabant. Plane ut ma - thematicos univerſim nemo contempſerit, ſi ſub eorum no - mine divinatores & aſtrologi apud Romanos fuerint expulſi.

OPP.

Dum Chriſtus loqvitur deg 5verboverbo otioſo, idem eſt, ac ſi di - xiſſet: Omne verbum, qvod non ædificat proximum, indignum eſt homine Chriſtiano, & conſcientia ejus ipſum damnabit. Jam oſten - de, qvomodo halex veſter ædi - ficet proximum?

RESP.

Ædificat, ſi non poſitive, commendando virtutem, ta - men negativè demonſtrando turpitudinem vitii ac deſtru - endo ejus deſiderium. Sicut Spartani jubebant filios reſpice - re ad ſervos ebrios, ut cognitâ vitii deformitate, cautius in bi - bendo ſeſe gererent.

OPP.

Sæpe non exhibetur vitium fugiendum, ſed inanis obſtrepit loqventia, qvæ qvantum ædifi - cet, non video.

RESP.

Uſus cui opponitur ver - bum otioſum eſt triplex. Mora - lis, Civilis, Oeconomicus. Moraliseſt,eſt, cum alteri virtutem com - mendamus, vel bono conſilio ſuccurrimus. Civilis, dum al - teri teſtamur amorem vinculo ſocietatis publicæ neceſſarium. E. g. ſi amico nobis occurrenti dicatur, cœlum eſſe ſerenũ, meſſem fore commodam &c. Verba vi - dentur inutilia, cum amic9 talia jam ſciat: interim pulchrum id ſignum eſt animi ad colloqvi - um h.e. ad declarandam amici - tiam parati: pertinent huc ſer - mones, qvi ſimpliciter dele - ctant. Ut enim Salomon riden - tibus ſua concedit tempora; ſic improbandus non eſt, qvi dolo - ris & moleſtiæ levamen, verbis decenter jactis experitur. Oe - conomic9 tandem uſus eſt, cum verba neceſſitatem noſtram ex - primunt: purga calceos, ſterne le - ctum paſce gallinas &c.

OPP.
OPP.

Expectabam donec uſus afferretur qvartus, h. e. ſcenicus.

RESP.

Scena nihil aliud eſt, niſi exercitium, unde triplex hic uſus comprobatur. Qvicqvid enim in moralibus, in civili - bus, in œconomicis loqvi ſolent homi - nes, id in theatro prudenter & cum fru - ctu refertur.

OPP.

Ergo lice bit omnia referre verba, qvæ freqventantur in theatris, & ipſi juvenes in converſatione ſeria repetant dicteria morionum.

RESP.

Hoc pertinet ad abuſum. Nullum eſt vocabulum, qvod pro diverſitate per - ſonarum & circumſtantiarum non ſit mox otioſum, mox minus otioſum.

OPP.

Parum abeſt, qvin verba præcatio - num & concionum referas inter verba otioſa: ſi nullum excludi debet voca - bulum.

RESP.

Ego nondum video abſurditatem. Qvi precatur ſine devotione, jam abuti - tur nomine divino, & qvantum ad ejus intentionem pertinet, verba profundir otioſa. Qvi concionatur non in Dei ſed propriam gloriam, is, qvamdiu talia in -ten -tendit, verba loqvitur otioſa, qvorum ra - tionem eſt judici univerſali redditurus.

OPP.

Dilabimur à ſcopo; libet enim inſi - ſtere verbis comœdiarum.

RESP.

Cur me ſeduxiſti per inſtantiam prorſus improviſam, pene dixerim odio - ſam. Interim ſi placeat exemplum co - mœdiæ, nonne ſi Potipharis uxor verba qvæ dixit Joſepho vere otioſa δʼϱγά & ἄϰαϱπα, dixiſſet marito mulier, nullus ea vocaret otioſa? Ita fratres Joſephi, cum eum venderent, verba loqvebantur otio - ſa: talia minus futura, ſi captivum ali - qvem furem aut latronem vendidiſſent.

OPP.

Qvid autem inde ſeqvitur?

RESP.

Qvid? niſi comœdias eſſe proban - das. Omnia enim qvæ dicuntur, qvæ pro - nunciationem noſtram & actionem ex - ercent, aliqvando ſunt decora & hone - ſta: vel aliqvando referri qveunt, parum indecorè ad noſtram ædificationem ſi vel maximè negativam.

OPP.

Cæterum experientia docet, injuſto potiſſimum loco formulas è comœdiis hauſtas repeti.

RESP.

Sic etiam à peſſimis homuncionibusdictadicta ſacra, cantilenarum eccleſiaſtica - rum verba, concionatorum formulæ de - torqventur in peſſimum & vere blaſphe - mum riſum. Nos præſupponimus juve - nes, qvi tempeſtivè diſcunt judicare cir - cumſtantias morales; vel tales ſpecta - tores, qvi rationis ductu nihil proferant loco alieno. Id niſi faciamus, plane ſi - lendum erit, ne qvis ſcandalo volut acce - pto verbis honeſte prolatis inhoneſtius abutatur.

OPP.

Aſt tum demum Comœdiæ eſſent improbandæ, ſi prohiberentur à Magi - ſtratu.

RESP.

Improbarentur non ut moraliter malæ, ſed tanqvam à Magiſtratu certis & externis de cauſis prohibitæ.

OPP.

Tempus labitur & multa reſtant re - ſervanda potius colloqvio privato.

Die

Die Merckwuͤrdige Begebenheit von Naboths Weinberge und der Beſtuͤrtzten Jeſabel / in einem Schau-Spiele vorgeſtellet.

[1]

Jnnhalt.

AHab der Koͤnig in Jſrael hat des Koͤnigs von Zi - don Tochter Iſabel zur Gemahlin bekommen; Dieſe will den Baaliti - ſchen Gottesdienſt der Jſraeliti - ſchen Religion zum Verderben ein - fuͤhren / und ob ſie wohl von dem Propheten Elia durch ein himmli - ſches Wunder ziemlicher maſſen daran verhindert worden / ſo trifft ſie dennoch Perſonen an / welche zu dem liſtigen Reformations-Wercke viel liſtige Raͤncke beytragen. Ab - ſonderlich wird vor gut befunden / den Koͤnig von militariſchen Ge - dancken abzuziehen / und dahin zuAbe -2bewegen / daß er in Pallaͤſten / Gaͤr - ten und andern Monumenten ſeine Gloire ſuchen moͤchte. Wie nun der Grundriß in Jeſreel zu einem Baue geleget wird / ſo ſcheinet der nahgelegene Weinberg ſehr be - qvem zum Luſt-Garten. Der Be - ſitzer iſt Naboth / des Koͤnigs Va - tern Bruder / der ſoll ſich durch ei - nen Kauff / oder auch durch einen guten Tauſch bewegen laſſen / das vaͤterliche Erbgut abzutreten. Al - lein da man ſich fuͤrchtet / es moͤch - te der Pallaſt den Baals-Pfaf - fen zum Collegio eingeraͤumet werden / will ſich Naboth durch - aus nicht darzu verſtehen. Der Koͤnig zeucht ſich die abſchlaͤgli - che Antwort zu Gemuͤthe / daß er kranck wird. Die Gemahlin erforſchet das Geheimniß / und miſchet die Karte durch gewiſſe Perſonen ſo kuͤnſtlich / daß derun -3unſchuldige Mann an einer oͤffent - lichen Faſte von falſchen Zeugen angefallen / und einer Laͤſterung wider Gott und den Koͤnig uͤber - wieſen wird. Alſo muß er ſich nebenſt ſeinen Kindern ſteinigen laſſen / und da der Koͤnig die Zei - tung erfaͤhret / gehet er hin / als der naͤchſte Vetter ſein Erbtheil in Poſſeſs zu nehmen / da begegnet ihm der Prophet Elia / und kuͤn - diget ihm Gottes Straffe an. Er gehet in ſich / und da er Buſſe thut / wird ihm geweiſſaget / daß die Straffe erſt nach ſeinem, Tode recht ergehen ſolte. Geſtalt auch endlich / nachdem Ahab und ſein Sohn Ahaſia geſtorben / der neu - erwehlte Koͤnig Jehu nicht allein den Koͤniglichen Stamm gantz ver - tilgen / ſondern die boßhaffte Jſa - bel zum Fenſter herab ſtuͤrtzen ließ. Hierauff ſtellt ſich Jehu / als wennA 2er4er ſich zum Baalitiſchen Opffer beqvemen wolte; Doch als er die Goͤtzen-Diener alle beyſammen hat / giebt er Befehl / daß ſie alle niedergemachet werden. Alſo er - folgt bey den redlichen Jſraeli - ten eine froͤliche Gratu - lation.

Per -5

Perſonen.

  • 1.Ahab

    Koͤnig in Jſrael.

  • 2.Iſabel

    deſſen Gemahlin.

    • 3.Ahaſia
    • 4.Joram
    • zwey Koͤnigliche Printzen.

  • 5.Athalia

    die Koͤnigliche Printzeßin.

  • 6.Sabadia

    ein Printz / der Iſabel Stieff - Sohn.

  • 7.Badezor

    der Iſabel Bruder / Koͤnigli - cher Printz von Zidon.

  • 8.Abdalla

    Zïdoniſcher Reſident.

  • 9.Naboth

    des Koͤniges naher Vetter.

  • 10.Thirza

    deſſen Tochter.

  • 11.Amri

    deſſen Sohn.

  • 12.Nebat

    deſſen kleiner Sohn.

  • 13.Jehu

    ein Kriegs-Obriſter / hernach Koͤnig.

    • 14.Bidekar
    • 15.Ginath
    • Officirer auff Jehu Seite.

  • 16.Obadia

    der Koͤniglichen Printzen Hoffmeiſter.

  • 17.Paſhur

    Koͤniglicher Cammer-Herr.

  • 18.Elia

    ein Prophet.

  • 19.Hilkia

    der oberſte Prieſter in Jeſ - reel.

  • A 3Lae -6
  • 20.Laedan

    Koͤnigl. Richter in Jeſreel.

    • 21.Jezer
    • 22.Beor
    • 23.Palal
    • Eltiſten in Jeſreel.

  • 24.Lud

    Koͤniglicher Leib-Medicus.

    • 25.Nimſi
    • 26.Oboth
    • Koͤnigliche Bedienten.

  • 27.Javan

    der oberſte Prieſter unter den Baaliten.

    • 28.Arvad
    • 29.Magur
    • Baals-Pfaffen.

    • 30.Enan
    • 31.Michri
    • Buͤrger von Jeſreel.

    • 32.Korah
    • 33.Reſeph
    • zwey falſche Zeugen.

  • 34.Jetur

    des Koͤnigs Wintzer.

  • 35.Bilſan

    Naboths Wintzer.

  • 36.Hoſcha

    kurtzweiliger Rath.

  • Hierzu kommen: Ein Chor Engel. Ein Chor Jſraelitiſche Prieſter. Ein Chor Baals-Pfaffen. Buͤrger und Soldaten / die nichts zu reden haben.

Erſter7

Erſter Handlung Erſter Auffzug.

Iſabel die Koͤnigin / Abdalla der Reſident von Zidon.
Jſab.

Ach weh dem! der ſich dem Gluͤcke vertrauen will!

Abd.

Jch ſage / wohl dem! der das Gluͤcke mit Koͤniglicher Hoheit erſchrecken kan!

Jſab.

Die Zeit iſt vergangen / da ſich das Gluͤcke vor einer Koͤniglichen Krone fuͤrchten muß.

Abd.

Und die Zeit kan bald wiederum an - brechen / darinn die Durchlauchtigſte Koͤnigin Jſabel den Titul einer gluͤck - ſeligen Printzeßin beherrſchen kan.

Jſab.

Das Gluͤcke wird nunmehr zu lang - ſam kom̃en / nachdem faſt 900. Baals - Diener uns und unſerer Nation zum hoͤchſten Schimpffe / ſind auffgeopffert worden / und da ein eintziger Elias ſich nicht geſcheuet hat / die geliebteſten Per - ſonen des Koͤniglichen Hoffes auff die Schlacht-Banck zu lieffern. O waͤreA 4unſer8unſer betruͤbtes Leben in Zidon beſchloſ - ſen worden / ſo duͤrffte man bey dieſem beſchnittenen Volcke unſere Ungluͤck - ſeligkeit nicht verſpotten.

Abd.

Mit gnaͤdigſtem Erlaubniß Eu. Ma - jeſt. Das Gluͤcke hat man durch unzei - tigen Eiffer abgewendet / wenn man die kluge Politiqve beſſer ſpielen lernet / ſo wird auch dieſe Goͤttin wieder zu ge - winnen ſeyn.

Jſab.

Wie ſollen wir das Raͤtzel auffloͤ - ſen?

Abd.

Durch das Andencken der vergan - genen Zeit. Die Reformation ward etwas zu ſcharff geſucht / und da man dem einfaͤltigen Volcke noch keine affe - ction gegen unſere Religions-Ver - wandten eingefloͤſſet hatte / ſo muſten 450. Baals-Pfaffen nebenſt andern 400. jungen Studenten das beſte Marck im Lande genieſſen / und alſo zu reden des Volcks Widerwillen ver - dienen.

Jſab.

Wenn aber ein Koͤnig was anfaͤngt / ſo muß die Sache mit oͤffentlicher Au - toritaͤt getrieben werden.

Abd.
9
Abd.

Es iſt nicht ohne / wo Koͤnigliche Ver - richtungen etwas furchtſam geſpielet werden / da pfleget der Unterthanen Kuͤhnheit zu wachſen. Allein in dem Religions-Wercke / da will die Regel nicht ſtatt finden / die Gewiſſen wollen nicht gezwungen / ſondern nur hoͤfflich perſvadiret und betrogen werden.

Jſab.

Gleichwohl muſte der Sidoniſche Gottesdienſt durch gewiſſe Perſonen ſichtbarlich getrieben werden.

Abd.

Aber die Juͤdiſchen Propheten durff - ten deßwegen nicht uͤber die Klinge ſpringen. Jch ſage noch einmal / und ſolches nicht aus meinem Verſtande / ſondern auff hoͤchſt vernuͤnfftiges Er - meſſen Jhro Majeſt. dero Koͤniglichen Herrn Vaters / man haͤtte der Prophe - ten verſchonen ſollen / biß das Volck zu einem Haſſe wider ſie waͤre auffge - muntert worden. Die Baals-Pfaf - fen haͤtten auch zu Hauſe bleiben ſollen / biß man ſie als geliebte Goͤtter-Soͤh - ne froͤlich eingeladen haͤtte.

Jſab.

Wer ſeiner guten intention nachge - het / der iſt im Warten ungedultig.

A 5Abd.
10
Abd.

Und dieſe Ungedult verurſachet / daß man deſto laͤnger warten muß. Ach deſſentwegen waͤre das Land Jſrael mit den Baals-Pfaffen nicht verſchonet blieben / wenn ſie gleich nicht mit ihren heiligen Kleidern waͤren bezeichnet worden.

Jſab.

Wer den heiligen Goͤttern dienet / der wird ſein heiliges Amt durch kein unheiliges Kleid verleugnen.

Abd.

Wie aber / wenn das Kleid an dem heiligen Dienſte waͤre hinderlich ge - weſen? Ach haͤtte man die Baals - Pfaffen in Politiſche Kleider geſteckt / ſo waͤren ſie bey Hoffe als Koͤnigliche Bedienten / oder als frembde Volun - tairs mit durchgelauffen; Unterdeſſen haͤtte ihre annehmliche Freundligkeit die Religion dermaſſen recommendi - ren koͤnnen / daß man hernach keine furchtſame ſuperſtition bey ungewoͤhn - lichen Kleidern geſchoͤpffet haͤtte. Doch die Zeit iſt nicht / daß wir das Ver - gangene beklagen / ſondern da wir das Kuͤnfftige berathen ſollen.

Jſab.

Und eben die Unmoͤgligkeit wegen desZu -11Zukuͤnfftigen macht die Hoffnung un - ſers Gluͤckes unmoͤglich.

Erſter Handlung Anderer Auffzug.

Jſabel und Abdalla reden beyde heimlich mit einander / und erweiſen beyderſeits verliebte Vertrauligkeit: Jndem ſchleicht ſich Hoſcha heraus.
Hoſ.

Komm ich auch zu rechter Zeit? Wenn die Koͤnigin mit dem Herrn Re - ſidenten courteſiret / ſo wird meine We - nigkeit / als ein kurtzer appendix von Reichs-Raͤthen ſchlecht audienz krie - gen. Ja ſo gehts: Der Reſident ſoll deßwegen bey ihr ſeyn / daß die gute Freundſchafft zwiſchen dem Koͤnige in Jſrael und dem Koͤnige in Zidon erhal - ten wird; Aber wenn ich Koͤnig waͤre / ſo wolte ich mich vor ſo einer Freund - ſchafft bedancken / es waͤre denn die grande Mode / daß ich bey den Koͤnigli - chen Gedancken ſolche Weiber-Poſ - ſen und ſolche bagadellen verachtenA 6lern -12lernte. Doch wie wird mir? Jch plau - dere da was vor mich weg / und vergeſſe darbey / was ich zu thun habe. Der Koͤnigliche Printz von Zidon iſt her - kommen / und will ſeiner Frau Schwe - ſter incognito zuſprechen / das heiſt / er will die Boltzen fiedern helffen / die der Koͤnig in favor der Baalitiſchen Reli - gion verſchieſſen ſoll: Und ich ſoll mich zu einen Ambaſſadeur brauchen laſſen / daß die Koͤnigin gleichwohl erfaͤhrt / was ſie vor einen lieben Gaſt zu erwar - ten hat.

Jſab.

Hoſcha was machſt du hier?

Hoſ.

Potz tauſend / die Koͤnigin ſtoͤret mich in meinem diſcourſe: Nun muß ich wieder naͤrriſch thun. Denn wer ſich zu Hoffe ſtellen will / als wenn er die Leichtfertigkeiten verſtuͤnde / der hat ſein liebes Ungluͤcke von hinten und for - ne zu gewarten.

Jſab.

Hoͤrſtu nicht / du Beſtie.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Hoͤrt ihr / wie die Reichs - Raͤthe meines gleichen an dieſem Hoffe reſpectiret werden?

Jſab.

Du wilſt gewiß erfahren / was lang - ſame Perſonen verdienet haben.

Hoſ.
13
Hoſ.

Gnaͤdigſte Koͤnigin / was ſchaffen Eu. Majeſtaͤt?

Jſab.

Das iſt unſer Befehl / du ſolt wegge - hen.

Hoſ.

Und das iſt meine Schuldigkeit / ich ſoll da bleiben.

Jſab.

Du ſolſt von dieſer Schuldigkeit abſolviret ſeyn.

Hoſ.

Die Abſolution machet mir ein boͤſe Gewiſſen.

Abd.

Siehe da / ich habe nicht gewuſt / wer zu Hoffe das Gewiſſen in Verwahrung hat: Jſt die hochgelobte Sache unter dieſe Kappe gekrochen?

Hoſ.

Gnaͤdiger Herr / ich kan nicht davor daß ihr euer Gewiſſen in der Wechſel - banck zu Zidon verſetzet habt: Waͤre ich auch ein gꝛoſſer Hans euers gleichen / ſo wolte ich mit meinem guten Gewiſ - ſen auch nicht ſo viel Pralens machen.

Abd.

Mich duͤnckt aber / der hat das beſte Gewiſſen / der ſeinem Gehorſam nach - gehet.

Hoſ.

Nehme ich meinen Gehorſam nicht in acht / wenn ich der Koͤnigin eine gute Zeitung bringe?

A 7Abd.
14
Abd.

Aber das iſt ein Ungehorſam / wenn man die gute Zeitung lange verſchwei - gen will.

Hoſ.

Gebet doch der Fr. Koͤnigin eine Kap - pe / daß ſie mich nicht reden laͤſt.

Abd.

Nun du haſt Zeit zu reden: Laß dei - ne froͤliche Stimme hoͤren.

Hoſ.

Eu. Gnaden haben mir nichts zu befehlen. Die Koͤnigin ſagte / ich ſolte weggehen / ſo will ich nur weiſen / daß mir an ihrer Gegenwart auch nicht viel gelegen iſt.

(will weggehen.)
Jſab.

Hoſcha bleib da.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Jch ſoll weg gehen / und ſoll auch da bleiben. Du Hut / gehe weg / du Pritſche / bleib da / du Mantel / gehe weg / und du ſchoͤne Papierne Halskrau - ſe laß dich auffknuͤpffen / du ſolt auch da bleiben.

Jſab.

Loſer Vogel / koͤmmſt du nicht her?

Hoſ.

Gnaͤdigſte Koͤnigin / man muß getreue Diener nicht uͤbereilen. Jch ſehe doch / halb muß ich weggehen / und halb da bleiben: Damit muß ich Zeit haben / biß ich mich vom Kopffe biß auff die Ferſe / und von dem Huͤner-Auge auff dem lin -cken15cken Fuſſe biß auff die Finne an der Stirne halbiren kan.

Jſab.

Wo du keine Ungnade verdienen wilt / ſo bringe die gute Zeitung an den Tag / ſonſt ſoll dir das dableiben und weg gehen verboten ſeyn.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Jhr Leute dort unten / ich bitte euch / wenn ihr ja Narren werden wollet / ſo ſeyd nur keine Weiber-Nar - ren; Denn ſolchen Leuten kan mans nicht recht machen.

Abd.

Daß doch die Worte ſo wenig ver - fangen / ehe der Pruͤgel den Nachdruck giebt. Sage an / wo haſtu die gute Zei - tung?

(Schlaͤgt ihn.)
Hoſ.

Jhr Gnaden / ich weiß von keiner gu - ten Zeitung / das Neueſte / das wir ha - ben / iſt dieſes: Jch bin auff meinem Ruͤcken gefaͤhrlich geſchimpffet wor - den.

Abd.

Und du ſolſt die Confirmation ſolcher Zeitung auff deinem Puckel fuͤhlen / wo du nicht bekenneſt / was Jhr. Ma - jeſt. vor eine gute Zeitung verſprochen waͤre.

Hoſ.

Ja meynen Jhr. Gnaden daſſelbige /ſo16ſo will ich nur kuͤrtzlich gedencken: Es iſt eine Sache / die man nicht mit Pruͤ - geln bezahlet.

Abd.

Aber die man wohl mit Pruͤgeln her - aus treiben kan. Thue den Mund auff / oder dieſer Stock ſoll an deinem Leibe ſterben.

Hoſ.

Ja ich dencke / mein Leib wird unter dem Stabe ſterben. Jch proteſtire wider dieſe Schlaͤge: Und daß ihr e - ben wiſſet / wie ich den Kopff auffſetzen kan / ſo will ich es euch nicht einmal ſagen / daß der Koͤnigliche Printz von Zidon incognito hierher kommen iſt; Jch will auch nicht ſagen / daß er Gele - genheit ſuchet / mit ſeiner Fr. Schweſter zu reden. Denn ich muͤſte an meinem Puckel zum Schelmen werden / wenn ich einem ſolchen Moͤrder wolte gehor - ſam ſeyn. Hei ſa / da habt ihr ein Ex - empel / daß man einen ſolchen Staats - Kerlen braviren kan.

(Laufft da - von.)
Abd.

Die Bravade ſtehet noch zu erdul - den.

Jſab.

Sonderlich wo der Bube die War - heit geredet hat.

Abd.
17
Abd.

Es kan nicht anders ſeyn; Denn unſere Hoffnung hat den euſerſten Ter - min erlanget.

Jſab.

So wollen wir auch dieſen Termin nicht laͤnger auffſchieben. Der aller - liebſte Freund von der Welt muß ge - ſuchet werden.

Erſter Handlung Dritter Auffzug.

Pashur Cammer-Herr Javan Baalitiſcher Hoff-Prieſter.
Paſ.

Heiliger Vater / das ſind meine taͤgli - che Sorgen. Die Koͤnigin wird nicht eher vergnuͤgt / als biß ihre vaͤterliche Religion in einen ruhigen Stand ver - ſetzet wird.

Jav.

Es iſt nur zu bethauren / daß dieſe Soꝛ - ge wenig Perſonen auff dem Halſe ge - laſſen wird.

Paſ.

Jn Politiſchen Dingen ſind die Streiche gemeiniglich am gluͤckſelig - ſten / die unter wenig Perſonen ab - gefaſſet werden; Und vielleicht hat dieBa -18Baalitiſche Religion mehr heimliche adhærenten / als mein Herr Vater ver - meynet.

Jav.

Seit man die heiligen Baals-Die - ner ſo jaͤmmerlich geſchlachtet hat / ſo werde ich mir von der heimlichen affe - ction keine oͤffentliche Einbildung ma - chen.

Paſ.

Die rechte Warheit zu bekennen / ſo wird unſer Wundſch darinne verhin - dert / daß ſich der Koͤnig in ſo viel Krie - ge verwickelt / damit behaͤlt das Volck die Waffen in der Hand / und diejenigen fuͤhren das maͤchtigſte Wort bey Ho - fe / welche ſich auff unſern Untergang verſchworen haben.

Jav.

Die Kriege ſind nothwendig: Alſo werden wir auch nothwendig crepiren muͤſſen.

Paſ.

Es bedarff ſchlechte Kunſt / daß man auch einen nothwendigen Krieg diſva - diret. Ein Koͤnig laͤſſet ſich durch das Seuffzen der Unterthanen / durch den Ruin des Landes / und durch den Ruhm der Guͤtigkeit gar leichte bewegen / daß er ſich in den guͤldenen Frieden verlieben muß.

Jav.
19
Jav.

Wenn aber ſolches geſchiehet / was haben wir zu hoffen?

Paſ.

Die Herren Officirer werden auff ih - re Guͤter verwieſen: Alſo bleiben wir dem Koͤnige die Naͤchſten / und in re - ſpect der Koͤniglichen Gemahlin die an - genehmſten.

Jav.

Das Gemuͤthe unſers Koͤniges ſchei - net mir etwas zu martialiſch. Unſere Converſation moͤchte ſich keiner Be - ſtaͤndigkeit zu getroͤſten haben.

Paſ.

Da ſoll es auch an Mitteln nicht er - mangeln: Wir wollen angenehme Vorſchlaͤge thun / groſſe Pallaͤſte / ſchoͤ - ne Gaͤrten / anmuthige Spiel-Haͤu - ſer / und ſonſten etwas artiges anzule - gen / damit werden die Unkoſten / als des Krieges Werckzeug / allmaͤhlich erſchoͤpffet / und die muͤhſelige Luſt zum Waffen laͤſt ſich in eine andere Wol - luſt verwandeln.

Jav.

Jch mercke / wo der Anſchlag hinzie - let. Es muͤſſen hohe Perſonen dar - zwiſchen kommen / die uns zu der Voll - ziehung verhelffen.

Paſ.

Diejenigen præſentiren ſich ſelber /welche20welche mit ihrem Beyſtande etwas geſcegnetes verſprochen.

Erſter Handlung Vierdter Auffzug.

Die vorigen. Aus der innerſten Scena kommen darzu: Iſabel die Koͤnigin / Athalia die Koͤnigliche Printzeßin / Badezor der Koͤnigliche Printz von Zidon / Abdalla der Reſident.
Jſab.

Geliebteſter Herr Bruder / wenn es moͤglich waͤre / daß man die Worte nach dem innerlichen Hertzen diſponiren koͤn - te / ſo wuͤrde ich ſagen muͤſſen / wie die - ſe Ankunfft ſo eine wichtige Freude in meinem Schweſterlichen Hertzen erwe - cket hat.

Bad.

Hertzgeliebteſte Frau Schweſter / weſſen ich allbereit verſichert bin / zu deſ - ſen Bekraͤfftigung wird man keine Worte vonnoͤthen haben. Allein dieſes gehet mir nahe / daß ich mit meinerlang -21langſamen Ankunfft die Schweſter - liche Vergnuͤgung auffgehalten habe.

Jſab.

Man darff nicht fragen / wenn das Gutekoͤmmt / wenn es nur nicht zu lang - ſam koͤmmt.

Bad.

Zum wenigſten habe ich eine Ent - ſchuldigung vor mir / welche mich in kei - ner Schande wird ſtecken laſſen.

Jſab.

Mein Herr Bruder iſt von aller Schande abſolviret / koͤnte ich nur im Gegentheile von meiner ungluͤckſeligen Ungedult loßgeſprochen werden.

Bad.

Wer in dem Fruͤh-Jahre will Fei - gen eſſen / der wird von ſeiner Ungedult am beſten abſolviret / wenn er die letzten Sommer-Tage erwarten kan.

Jſab.

Jſt es moͤglich / daß unſere Hoffnung den letzten Sommer-Tag erleben ſoll?

Bad.

Nicht nur moͤglich / ſondern gewiß und warhafftig.

Jſab.

So will ich die Gnade haben / die Ur - ſache ſolcher Hoffnung zu erkennen.

Bad.

Hier ſtehen redliche Perſonen / die moͤgen ſich zuvor mit ihren Gedancken heraus laſſen / alſo deñ ſoll mein Schluß den letzten Nachdruck geben.

Abd.
22
Abd.

Es iſt gewiß / die Koͤnigliche Gemah - lin hat in dem Heyraths-Contracte das freye exercitium der Religion erhalten / und wo ihr Recht darinn gekraͤncket wird / ſo muß gantz Phoͤnicien zuſam - men treten / biß das Werck gehoben iſt.

Paſ.

Gewaltſame Mittel ſollen nicht eher gebrauchet werden / als biß die Hoff - nung zu freundlichen Mitteln ver - ſchwunden iſt.

Abd.

Waͤre dem verraͤtheriſchen Elia der Kopff abgeriſſen worden / und haͤtte man etliche tauſend trotzige Buͤrger dem Verraͤther in jene Welt nachge - ſchickt / mich duͤnckt / ehe mancher mit blutigem Kopffe haͤtte zum Fenſter naus geſehen / ehe wuͤrde die Baalitiſche Re - ligion ihren guten Anhang bekommen haben.

Paſ.

Die Gewalt iſt noch unzeitig / wenn man ſich vor des Volcks Rebellion fuͤrchten muß. Hat man dem Koͤ - nigreiche Juda durch des Volckes Auffſtand ſo einen gewaltigen Theil entziehen koͤnnen / ſo moͤchte man mit der unzeitigen Grauſamkeit vom Thro - ne herunter geſtuͤrtzet werden.

Abd.
23
Abd.

Jch bilde mir ein / wo die unruhi - gen Koͤpffe maſſacriret werden / da ver - geſſen ſie der Rebellion.

Paſ.

Aber das Beil iſt noch nicht fertig / das allen Rebellen zugleich die Haͤlſe abhauen kan.

Abd.

Jch ſage meine Gedancken: Wer den Jſraelitiſchen Staat beſſer verſte - hen will / der mag ſich um den Koͤnig - lichen Hoff beſſer verdienet machen.

Paſ.

Meine Gedancken ſind zu wenig / ho - hen Perſonen etwas vorzuſchreiben. Doch dieſer heilige Vater wird das - jenige mit beſſerm Nachdruck erſetzen / was mir in Worten ermangeln moͤchte.

Jav.

Jch bin ein Geiſtlicher / wenn der pun - ctus religionis nicht darunter verſirte / ſo wolte ich in Politiſchen Dingen das Wort gerne zuruͤcke halten. Doch weil mein Gewiſſen einmal ſoll entde - cket werden / ſo bethaure ich den lieben Koͤnig / daß er mit ſo unnoͤthigen Kꝛiegs - Travaillen belaͤſtiget wird; Denn al - ſo muß er mit ſeinen Sorgen mehr auſſer dem Koͤnigreiche / als in dem -ſelben24ſelben geſchaͤfftig ſeyn. Ach koͤnte man dieſer Hitze mit einer Kuͤhlung begeg - nen / ſo wuͤrden hernachmals unſere Zu - ſpruͤche mit beſſerer Genehmhaltung acceptiret werden.

Bad.

Das heiſt / wenn der Dornſtrauch wird ein Feigenbaum werden / ſo wird er Feigen tragen / und wenn der marti - aliſche Koͤnig ſeinen hitzigen Begierden entſagen wird / ſo werden ihm die Fruͤchte des Friedens gefallen.

Jav.

Sein heroiſches Gemuͤthe darff nicht bezwungen / ſondern durch eine anmu - thige Liſt betrogen werden.

Bad.

Heroiſche Geiſter pflegen gemeinig - lich uͤber den Betrug zu triumphiren.

Jav.

O koͤnte man das ruhmſuͤchtige Ge - muͤthe zu Erbauung ſchoͤner Pallaͤſte / zu luſtigen Gaͤrten und andern glorieu - ſen Dingen bereden / darbey er ſich ei - nes ſonderbaren Ruhmes unter den Nachkommen getroͤſten muͤſſe / damit koͤnte er in ein Labyrinth gefuͤhret wer - den / daß er entweder mit Spott ablaſ - ſen / oder den Krieg ausſchlagen / und die Officirer / als unſere verdrießlicheFein -25Feinde von ſeiner Reſidentz verbannen muͤſte.

Bad.

Ein heilſamer

Jſab.

Mein allerliebſter Herr Bruder / halte mirs zu Gnaden / daß ich ſeinen Worten keinen Platz laſſe. Der An - ſchlag iſt nicht zu verbeſſern; Allein ohne mich wird niemand dem Wercke ge - wachſen ſeyn.

Bad.

Eben dieſes wolte ich ſagen / und ich laſſe mir das gluͤckliche Zeichen wohlge - fallen / daß dieſer heilige Vater mei - nen Sinn ſo wohl getroffen hat.

Jav.

Eu. Koͤnigl. Majeſt. kein Geſetze vor - zuſchreiben / ſo koͤnten theils die Fruͤch - te des lieblichen Friedens / theils auch die Annehmligkeiten ſolcher Koͤnigli - chen Luſt / endlich auch die Macht / die aus der admiration des Volckes entſte - het / heraus geſtrichen werden.

Jſab.

Wir bedancken uns vor den An - ſchlag; Die Ausfuͤhrung beſtehet bey uns: Ein iedweder gehe an ſeinen Ort / und gedencke / daß die Klugheit im An - fange nichts hoͤher achtet / als ein ge - treues Stillſchweigen.

B(Pashur26
(Pashur, Abdalla, Javan gehen ab.)
Bad.

Aber ich werde meiner geliebteſten Schweſter nachfolgen und auffwarten ſollen.

Jſab.

Nein / das itzige Spiel ſoll nur in zwey Perſonen beſtehen. Entretenirt un - terdeſſen dieſe Printzeßin / und geden - cket / daß ich in der Ruͤckkunfft euch als einen jungen Graffen von Tyro reſpe - ctiren werde.

Bad.

Der Himmel wolle mit ſeinem Se - gen dieſer wichtigen Sache beywoh - nen.

Erſter Handlung Fuͤnffter Auffzug.

Badezor der Printz von Zidon. Athalia die Koͤnigl. Printzeßin.
Bad.

Die geliebteſte Fr. Mutter hat uns alleine gelaſſen / alſo werde ich Gelegen - heit haben / mich zu erkundigen / ob Eu. Liebden ſich bißher in gutem Stande befunden habe.

Ath.

Gnaͤdigſter Herr Vetter.

Bad.
27
Bad.

Wir ſind einander Liebe ſchuldig / und alſo duͤrffen wir keine Gnade ver - langen.

Ath.

Soll mir derſelbe nicht gnaͤdig ſeyn / den ich mit der Zeit als einen Vater werde reſpectiren muͤſſen.

Bad.

Jch wuͤrde gleichwohl alles thun / in Qvalitaͤt eines getreuen Bruders. Denn mein junges Alter will mir noch lange nicht zulaſſen / den Titul eines Vaters zu prætendiren. Jmmittelſt wo bleibet die Antwort / wie hoch ich mich uͤber Eu. Liebden Wohlergehen erfreuen ſoll.

Ath.

Wegen der Geſundheit habe ich GOtt Lob noch keine Klage zu fuͤhren.

Bad.

Das iſt die erſte Staffel unſer Gluͤck - ſeligkeit / wenn man uͤber keinen Leibes - Schmertz klagen darff.

Ath.

Aber wenn ich im Gemuͤthe glei - chermaſſenbefriediget waͤre / ſo moͤchte mir auch die Geſundheit des Leibes an - genehm ſeyn.

Bad.

Wie kan ſo eine junge / ſo eine galante / ſo eine liebſelige Printzeßin etwas Un - ruhiges im Gemuͤthe befinden / es waͤ -B 2re28re denn / daß ich zu einen heimlichen Liebſten gratulirenſolte.

Ath.

Ach! bey meinen Gedancken / die mich verunruhigen / da findet die Liebe keinen Platz.

Bad.

Jſt aber die Unruhe ſo beſchaffen / daß kein Bruͤderlicher Beyſtand et - was Guts verſprechen kan?

Ath.

Das kan ich nicht wiſſen. Die Koͤ - nigl. Fr. Mutter recommendiret mir die Baalitiſche Religion; Jn des Hoff - meiſters Hauſe ſoll ich mich zu den Jſraelitiſchen Glauben bekennen / und weil ich auff beyden Theilen zu wenig bin / allen Reden zu widerſprechen / ſo wird mich dieſe Ungewißheit noch in Verzweiffelung ſtuͤrtzen.

Bad.

Ach das ſind Dinge / daruͤber ſich die Herren Geiſtlichen zu todte diſputiren moͤgen. Koͤnigliche Perſonen muͤſſen Koͤnigliche Gedancken haben.

Ath.

Jſt das nicht Koͤniglich / wenn man den rechten Gott zu ehren weiß?

Bad.

Jch glaͤube / was die Baalitiſche Kir - che glaͤubet / damit ſoll mein Koͤnigli - cher Gottesdienſt niemals getadelt werden.

Ath.
29
Ath.

Wenn aber ein ander glaͤubet / was die Jſraelitiſche Kirche glaͤubet?

Bad.

Das iſt ein neues Werck; Hier in Canaan / Phoͤnicien / und endlich in gantz Syrien iſt Baal von 1000. Jah - ren her geehret wordē / ehe man von den Jſraeliten mit ihrer neubackenen Reli - gion in unſerm Lande gewuſt hat.

Ath.

Aber wenn unſere Baals-Pfaffen die rechte Religion haͤtten / ſo waͤren ſie dazumahl nicht ſo beſchaͤmet worden / als ſie Feuer vom Himmel bitten ſol - ten.

Bad.

Die Baals-Pfaffen litten ihre Straffe; Denn die ketzeriſchen Jſ - raeliten waren nicht einmal werth / daß ſie ein Wunderwerck ſehen ſolten. Drum war es eine groſſe Súnde / daß man zur Unzeit ein ſolch groß Miracul verlangen wolte.

Ath.

Aber das Miracul ſchlug auff Seiten der Jſraeliten ſo herrlich aus.

Bad.

Wer weiß / ob alles wahr iſt? Sie ſehen doch auff ihre Koͤnigl. Fr. Mut - ter. Sie betrachte doch / was vor ſtat - liche Leute am Hoffe zu Zidon wohnen /B 3wenn30wenn ſie nicht wuͤſten / worauff ihre Re - ligion fundiret waͤre / ſie wuͤrden ja nicht Narren ſeyn / und ihren eigenen Unter - gang verleugnen.

Ath.

Jn des Herrn Hoffmeiſters Hau - ſe muß ich hoͤren / ſo viel Jſraelitiſche Koͤ - nige wuͤrden auch nicht Narren ſeyn / weil ſie bey ihrem Glauben ſo beſtaͤn - dig verharreten.

Bad.

Ein Kind / das den Eltern gehorſam iſt / das hat vor Gott und vor der Welt den ſicherſten Weg erwehlet.

Ath.

Jndeſſen geſchiehet meinem Ge - wiſſen keine Satisfaction.

Bad.

Wie koͤnnen Eu. Liebden ihrer eige - nen Vergnuͤgung ſo zuwider ſeyn? Sie laſſen ſich mit dieſen Grillen unmo - leſtiret. Jtzund iſt das Alter / da man auff Freude / auff Wolluſt und auff ei - ne Staats-Heyrath gedencken muß. Haben ſo viel tauſend Leute bey der Ba - alitiſchen Religion ihre Wolfarth an - getroffen / ſo wollen wir bey dem groſ - ſen Hauffen nicht verlohren ſeyn. Und ich ſehe wohl / melancholiſche Per - ſonen wollen zu einer ſtaͤrckern Compa - gnie geleitet werden.

Er -31

Erſter Handlung Sechſter Auffzug.

Jehu ein Kriegs-Obriſter.

O du verdammte Schmeicheley / wie kanſtu doch die menſchlichen Hertzen bezaubern / und wie muß ſich die Tu - gend in ihrem zarten Wachsthume erſticken laſſen / wenn deine verfluchte Laſter-Diſtel die Oberhand gewinnen will. Wir haben in guter Hoffnung gelebet / es wuͤrde die Koͤnigliche Prin - tzeßin durch eine artige Manier zu einer Liebe des Jſraelitiſchen Glaubens be - wogen werden / und man lebte der troͤſtlichen Zuverſicht / man wuͤrde uͤber die Liſt der vermaledeyten Iſabel in die - ſem Stuͤcke triumphiren koͤnnen: Aber ich ſehe / nun muß ein liſtiger Fuchs die Anſchlaͤge auff einmal verderben. Ach! wenn wird das arme Volck Jſra - el aus der endlichen Dienſtbarkeit her - aus kommen? Und wenn wird das Volck Gottes ſich vor keinen ſchnoͤden Baals-Diener entſetzen duͤrffen? JchB 4an32an meinem Theile will als ein getreuer Patriote bey derſelben Parthey verblei - ben / welche ſich bey der letzten Nach - kom̃enſchafft verhoffentlich am beſten legitimiren wird.

Erſter Handlung Siebender Auffzug.

Jehu ein Krieges-Obriſter. Obadia Koͤniglicher Hoffmeiſter. Naboth des Koͤniges Vetter.
Nab.

Mein Herr / wie hat ſich ſein Geſichte ſo bald verwandelt? Mich duͤnckt / vor einer Stunde war das Wetter etwas angenehmer.

Jeh.

Wenn ich vor einer Stunde daſſel - bige verſtanden haͤtte / was mir gleich dieſen Augenblick begegnet iſt / ſo wuͤr - de ich meine ausgelaſſene Froͤligkeit verdammet haben.

Nab.

Wir leben in ungluͤckſeliger Zeit / und wenn wir alles bedencken wollen / ſo duͤrffen wir niemals froͤlich ſeyn.

Obad.

Und alſo muß uns ein neues Un -gluͤck33gluͤck erſchrecken / wenn wir alle Ver - gnuͤgung haſſen wollen.

Jeh.

Ja wohl kan ein altes Ungluͤck neue weꝛden / wenn es zugehet / wie an unſerm Hoffe. Man weiß / wie die liebe Prin - tzeßin einen guten Vorſchmack der Jſ - raelitiſchen Religion bekommen hatte. Nun weiß ich nicht / welch boͤſer Geiſt einen Kerlen hergefuͤhret hat / der ſie auf einmal abwendet.

Nab.

Man fuͤrchtet ſich bißweilen / da man ſich der eiteln ſuſpicion ſchaͤmen moͤchte.

Obad.

Jch wolte ein Hohes verwetten / daß die Koͤnigliche Printzeßin mit ihrem ſcharffſinnigen diſputiren allen Baali - ten ſolte gewachſen ſeyn.

Jeh.

Allein ich kan erzehlen / was ich ge - hoͤret habe. Sie wuſte das Fundament ihres rechten Glaubens wohl anzufuͤh - ren. Doch der Gegen-Beweiß war ſo liſtig / und ſo ſcheinbar / daß ſie mit guten Willen uͤberwunden ward.

Nab.

Vielleicht wird ſie wancken / doch nicht zugleich umfallen.

Obad.

Es iſt vielleicht um eine gute Erin - nerung zu thun / ſo kan die WarheitB 5in34in ihrem Gemuͤthe triumphiren.

Jeh.

Sie muſte hoͤren / die aͤlteſte Religion wuͤrde die beſte ſeyn.

Nab.

Der Teuffel iſt aͤlter als Baal / und dennoch wird ihn niemand anbeten.

Obad.

Und als man vor der Suͤndfluth den wahren GOtt anbetete / ſo war der ver - fluchte Baal noch nicht ausgebruͤtet worden.

Jeh.

Es hieß / man wuͤrde alle Baaliſten / und conſeqventer ſo viel Koͤnige und herrliche Leute nimmermehr verdam - men oder zum Narren machen.

Nab.

Was hat man doch mit der politi - ſchen Hoheit zu pralen / wo GOttes Werck getrieben wird.

Obad.

Der begehet kein crimen læſæ Maje - ſtatis, der ſeiner Obrigkeit etwas vom geiſtlichen reſpecte entziehen will.

Jeh.

Unſere Wunderwercke muſten ſich als eine zweiffelhafftige Sache nieder - ſchlagen laſſen.

Obad.

Wo Feuer vom Himmel faͤllt / da koͤmmt man mit dem Zweiffel zu lang - ſam.

Nab.

Und wo Gott die Widerſacherſchlach -35ſchlachten laͤſſet / da hat die Warheit - berwunden.

Jeh.

Eben dieſes wird als ein allmaͤchti - ges Wunder von Baal ausgeleget / weil diejenigen geſtraffet worden / wel - che zur Unzeit ein Wunder verlanget hatten.

Nab.

Das Wunder koͤmmt nimmer mehr zur Unzeit / wo die Allmacht eines Got - tes ſoll auff die Probe geſetzet werden.

Obad.

Wo die Antwort in kahlen Aus - fluͤchten beſtehet / da findet die War - heit ſchlechten Troſt.

Jeh.

Endlich bliebe es darbey / man ſolte glauben / was die Baalitiſche Kirche glaubete / und im uͤbrigen die Jugend mit allerhand Luſt und Kurtzweile zu - bringen.

Nab.

Behuͤte Gott / wie kan iemand glau - ben / wenn ihm das Erkaͤntniß verboten wird.

Obad.

Und wie kan er gewiß ſeyn / wenn er mit frembden Augen ſehen ſoll?

Nab.

Die Baalitiſchen ſuchen ihr Fun - dament in dem einfaͤltigen und knechti - ſchen Gehorſam.

B 6Obad.
36
Obad.

Ja wohl / und wer ſich einmal reſolviret / ſeinem Glauben nicht nach - zudencken / der laͤſſet ſich zu den hoͤch - ſten abſurditaͤten / als ein geduldiges Schaff / verleiten.

Nab.

Jch muß es bekennen: Es iſt eine Religion / dabey man gleichſam mit gu - ten Gewiſſen kan luſtig ſeyn.

Obad.

Wenn nur die Luſt in der letzten Todes-Stunde Stich halten wolte.

Nab.

Unterdeſſen haben ſie doch / was ſie wollen.

Obad.

Es wird dem hoͤchſten Richter an - heim geſtellet / deſſen gerechte Weißheit laͤſt viel Sachen geſchehen / darein ſich unſere Vernunfft nicht finden kan. Se - lig / wer ſeines Gottes wegen Verfol - gung leidet.

Jeh.

Unterdeſſen ſoll der mit guter Vor - ſorge darzwiſchen kommen / der als ein hoher Freund vom Koͤnigl. Hauſe re - ſpectiret wird.

Nab.

Jch mercke ſchon / wo ihr hin zielet. Jch ſoll mit meiner Autoritaͤt dar - zwiſchen kommen: Das heißt / ich ſoll mich als einen Feind des Koͤniges mitSchwerdt37Schwerdt und Gifft verfolgen laſ - ſen.

Obad.

Es iſt noch nicht Zeit / daß wir uns oͤffentlich mercken laſſen. Wer im Her - tzen als ein beſtaͤndiger Jſraeliter lebet / und das Volck in dem Haſſe wider die Baaliten confirmiret / der wird das meiſte gethan haben.

Erſter Handlung Achter Auffzug.

Hoſcha. Magur ein Baals-Pfaffe.
Hoſ.

Kan man auch vor den ſchlapper - mentſchen Baals-Pfaffen ungehu - delt bleiben. Da laͤufft mir ein Kerle nach / und will mich zu ſeiner Religion zwingen / und ich weiß ſelber nicht / was ich glaͤube. Denn der Kopff wird mir mit den tieffſinnigen Kuͤnſten ſo wuͤſte gemacht / und ich darff noch ein halb Jahr die Verdrießligkeit leiden / ſo muß ich meine kurtzweilige Reichs - Rath-Charge darnieder legen.

B 7Mag.
38
Mag.

Siehe da / mein Freund / ich haͤtte ihn bald verloren.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Der Hencker dancke dirs / daß du mich gefunden haſt.

Mag.

Wir wurden in unſeꝛm angenehmen diſcourſe verſtoͤret.

Hoſ.

Siehe da / mein Herr / hat er noch was vergeſſen?

Mag.

Jch wolte den diſcours gerne conti - nuiren.

Hoſ.

Jch weiß nicht anders / der diſcours war gantz fertig.

Mag.

Jch kan nicht fertig ſeyn / wo er ſich nicht zu meiner Religion bewegen laͤſt.

Hoſ.

Es waͤre mir leid / daß er ſich ſo ſehr bemuͤhen ſolte. Denn ich haͤtte darnach keine Belohnung / damit ich ſolchem vornehmen diſcourſe begegnen koͤnte.

Mag.

Die Leute meines gleichen verlan - gen keine Belohnung. Das iſt ihr ein - tziges Reichthum / wenn ſie andere gute Leute bekehren ſollen.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Die Herren wollen vor ihre Muͤhe kein Geld haben: Waͤre was daran / ſie wuͤrden nicht ſo freyge - big ſeyn.

Mag.
39
Mag.

Nun mein lieber Freund / thut mirs doch zu Gefallen / und werdet ein Ba - alite.

Hoſ.

Was wird denn draus / daß ich euch ſo viel zu Gefallen thue?

Mag.

Jhr ſeyd bey dem Koͤnige in beſſern Gnaden / die Koͤnigin kan euch forthelf - fen / und wenn das gantze Land die Re - ligion annimmt / ſo habt ihr den Vor - ſprung vor andern.

Hoſ.

Jch dachte die Religion waͤre deſ - ſentwegen angefangen / daß man ſolte in den Himmel kom̃en / ſo ſehe ich wohl / euer Himmelreich iſt auff Erden ge - bauet.

Mag.

Unverſtaͤndiger Menſch! Unſere Religion hat das Gluͤcke / daß man den Vorſchmack des ewigen Lebens ſchon auff Erden empfindet.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Ja / ja / euer Huren und Buben / Freſſen und Sauffen / das am Koͤniglichen Hoffe getrieben wird / gie - bet mir einen ſtattlichen Vorſchmack des ewigen Lebens.

Mag.

Nun wie ſtehts / wolt ihr euch bald uͤberwinden laſſen?

Hoſ.
40
Hoſ.

Jch bin richtig / biß auff ein kleines Puͤnctlein.

Mag.

Ha / ha / wer eine rechtſchaffene reſo - lution ergreiffen will / der muß die klei - nen Puͤnctlein ausgeſetzet laſſen.

Hoſ.

Es iſt mir ungelegen: Jhr wollet mich zu euer Religion perſvadiren / und gleichwohl habe ich keinen Verſtand davon. Wie lange werde ich zubrin - gen / ehe ich alles ausſtudire / calculire / perfectionire / abſolvire / promovire und confundire.

Mag.

Meynet ihr / daß wir in unſerer Re - ligion ſolche Phantaſten ſind / wie die Jſraeliten / da die Leute mit ſo viel Ge - ſetzen / mit Ceremonien / mit Glaubens - Artickeln geplaget werden. Bey uns iſt alles gar leichte / wenn wir dem Ba - al opffern / ſo kniet nieder / wenn wir ſchreyen / ſo ſchreyet mit / wenn wir tan - tzen / ſo huͤpffet uns nach / damit ſeyd ihr ſo klug und verſtaͤndig / als der ehrlich - ſte Baalite.

Hoſ.

Wenn ich nun gekniet / geſchryen und getantzet habe / ſo darff ich nichts ler - nen.

Mag.
41
Mag.

Laßt euch nur berichten: Wir ſind hochgelehrte Leute. Wer uns nur den Gottesdienſt nachthut / der hat ſich bey dem Baal ſo hoch verdienet / als wenn er die Sache gar wohl verſtuͤnde / un - ſere Weißheit und Heiligkeit koͤmmt euch zu ſtatten.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Und wenn der Hencker den heiligen Mann holet / ſo wolte ich ſehen / wo meine Heiligkeit bliebe. (ad Mag.) Aber hoͤrt / eure Religion koͤmmt nur ſo beſtialiſch heraus.

Mag.

Ey behuͤte Baal / das war eine Laͤſte - rung.

Hoſ.

Jch will es beweiſen. Jch habe einen Hund zu Hauſe / der kan mit mir nieder knien / ſchreyen und tantzen / uñ das weiß ich / in euer Religion wird er euch keinen Schaden thun / er fꝛeſſe denn ein Stuͤcke Fleiſch Altare weg. Jſt es nun wahr / daß ein Hund ein Baalite ſeyn kan?

Mag.

Lieber Freund / ich hoffe euch zu bekeh - ren / ſonſt wolte ich die Worte wohl auffmutzen.

Hoſ.

Ey wir muͤſſen einander verſtehen. Weꝛ gleichwohl die Religion changirenſoll /42ſoll / der muß bedachtſam gehen. Aber hoͤrt / kan ich denn auch ein Baalite ſeyn / weñ ich eine gantze Woche in dem Sauff-Hauſe bleibe; Denn ich ſauffe ſo gerne Bruͤderſchafft auff den Kni - en. Da knie ich / ich ſinge das Runda daꝛzu / da ſchreye ich / endlich machen wir ein Hophopheſaſa / da ſpringe ich.

Mag.

Eins muß ich erinnern: Man darff von unſer Religion nicht ſchimpfflich reden / wer das thut / der verfaͤlt in die grauſamſte Straffe.

Hoſ.

Herr / iſts um dieſe Zeit / ſo werde ich kein Baalite. Mein loſe Maul iſt mir angeboren / und wo ich einen Narren ſehe / ſo nehme ich ihn mit in meine Zunfft / und wenn es alle Baals-Pfaf - fen verdrieſſen ſolte. Drum noͤthiget mich nur nicht zu unmoͤglichen Sa - chen / ich will gern in peſſeſſion bleiben / daß ihr ein Narr ſeyd.

Mag.

Jch mercke / ihr ſeyd ein verſtockter Bube.

Hoſ.

Der Fuchs-Peltz will nicht zulangen / der Lumpenhund will mir einen Fleck vom Bernheuter-Zeuge mit einflicken.

Mag.
43
Mag.

Reſolvire dich nur / was du geſinnet biſt / ſonſt ſollen dich deine Worte das Leben koſten.

Hoſ.

Mein Leben iſt mir nicht feil: Laß doch ſehen / ob ich die Reformation beſſer gelernet habe. Hoͤre / weiſtu / daß ich dich vor einen Ketzer halte?

Mag.

Behuͤte Baal! Geheiligten Perſo - nen wird niemand Leid thun.

Hoſ.

Und mit ſchelmiſchen Perſonen wird niemand Mitleiden haben. Hoͤre lege mir eine Probe ab / daß du ein Baalite biſt / oder mein Leimtner Sebel / und mein hoͤltzern Schwerdt ſollen dich nach der Schwerigkeit exeqviren. Sie - he da / ich will Baal ſeyn / flugs knie nie - der / und bete mich an.

Mag.

Das laſſe ich bleiben / ich will um Huͤlffe ſchreyen.

Hoſ.

Wilſtu ſchreyen? Halt ich will dir den Paß verbieten.

(er wuͤrget ihn ſo lange / biß er zuſaget / ich will knien.)
Hoſ.

So knieſt du nun?

Mag.

Ja ich muß es thun.

(kniet.)
Hoſ.

Du muſt es thun. Darum biſt du nurein44ein gezwungener Baalite: Jch thue es gerne

(er kniet)

um ſo viel bin ich beſſer. Aber hoͤre / Vetter Broſe / nun muͤſſen wir auch ſchreyen. Flugs ſchreye mir / daß die Waͤnde erzittern / ſo biſt du ein Ketzer.

Mag.

Jch kan nicht.

Hoſ.

Kanſt du nicht ſingen / ſo kan ich den Tact geben.

(Er ſchlaͤget ihn / biß er zuſaget / er will ſingen. Erſtlich ſchreyet er gar ſachte: Endlich wie er Schlaͤge bekoͤmmt lernet er laut ſchreyen: Alſo ſtimmet Hoſcha mit ihm ein / und wenn der ander nicht ſinget / ſo kriegt er Schlaͤ - ge.)
Hoſ.

Es wird mir von Hertzen ſauer / ehe ich den Kerlen zur Baalitiſchen Reli - gion bringe. Nun laß ſehen / der dritte Actus iſt noch da / wir muͤſſen tantzen. Flugs ſtehe auff / und mache mir eine Baalitiſche Galiarde.

Mag.

Jch habe genug gelitten / verſchonet mich nur mit dem Tantzen.

Hoſ.

Jch dachte / verſchonet mich mit dem Pruͤgel. Mache fort / und tantze mirnach /45nach / ſonſt laſſe ich das Lied pfeiffen: Wilſtu nicht / ſo muſt du.

(Hoſcha tantzet vor / Magur tan - tzet ihm nach. Endlich erſiehet er ſeine Gelegenheit / und wiſchet da - von. Hoſcha tantzet noch eine Wei - le herum / und ruffet allemal Allo, Allo nicht zu faul.)
Hoſ.

Jhr Leute / hab ich alleine getan - tzet? Jch weiß nicht anders / als daß ich einen Baal-Pfaffen in der Compagnie hatte. Jch glaube doch wohl / daß er mehr kan als Brodt eſſen / denn der Schelm hat ſich unſichtbar gemacht. Nun wie dem allen / der Kerl ſoll mich nimmermehr bekehren. Aber ich will hinein ſpatzieren / und ſehen / was mein Hund von den Baaliten gelernet hat.

Die mittelſte Scene oͤffnet ſich.)

Aber potz tauſend / wo will ich die Thuͤre finden? Wo groſſe Leute mit einander reden / da muß ein Narr in Winckel kriechen / biß der Paß wieder auffge - ſchloſſen wird.

(Er verkreucht ſich auſſen an der Scene.
Erſter46

Erſter Handlung Neundter Auffzug.

Ahab der Koͤnig / Iſabel die Koͤnigin / Abdalla der Reſident, Badezor der Printz von Zidon.
Ahab.

Mein liebſter Herr Graff / wir be - kennen von Grund unſers Hertzens / daß uns nichts angenehmers ſeyn ſoll / als wenn wir unſer hoͤchſtgeliebten Ge - mahlin zu Gefallen der Baalitiſchen Religion etwas Befoͤrderliches erwei - ſen koͤnten. Allein da uns allerhand difficultaͤten in den Weg geworffen werden / da auch das Jſraelitiſche Volck leicht zu einer Rebellion incliniren kan / ſo muß die Sache behutſamer getrieben werden / als vielleicht unſere Koͤnigliche reputation erfodert.

Bad.

Eu. Koͤnigl. Majeſt. erfuͤllen hierinn das Amt eines klugen und erleuchteten Landes-Vaters / indem weder unmoͤg - liche Sachen geſucht / noch alle moͤgli - che Anſchlaͤge unterlaſſen werden.

Ahab.
47
Ahab.

Solte die Zeit einmal ſo gluͤckſelig ſeyn / daß ein oͤffentlicher Baals-Tem - pel Jeruſalem zu Trotze auff den Berg Samaria gebauet wuͤrde / ſo wolten wir alsdenn hoͤchſtvergnuͤgt ſeyn: Vor - nemlich darum / weil unſere Koͤnigl. Ge - mahlin das Zeichen der euſſerſten Liebe nothwendig erkennen muͤſte.

Bad.

Dieſer Vorſatz iſt ſo Koͤniglich / daß er bloß durch die Worte einer Gemahlin kan geruͤhmet werden.

Jſab.

Jch bin die wenigſte Perſon / welche hierunter darff conſideriret werden. Was meinem hoͤchſtgeliebten Herrn Gemahl am vortheilhafftigſten ſchei - nen wird / darinn will auch mein Ver - gnuͤgen gar gerne beruhen laſſen. Es wird ja noch ein finſterer Winckel in meiner Schlaff-Kammer / oder auch ein heimlicher Schatten in dem naͤch - ſten Walde uͤbrig ſeyn / darinn ich mei - nen Vaͤterlichen Gottesdienſt werde ſicher fortſetzen koͤnnen.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Wenn die Weiber ſo barmhertzig kommen / ſo kriegen die Maͤnner den ſchaͤrffſten Befehl. Gebtnur48nur Achtung / was vor ein barmhertzi - ger Floch dem lieben Herrn Koͤnige in die Hertz-Grube hoppen wird.

Ahab.

Ach mein Hertze! ſo wohl als wir uͤber das Volck Jſrael zu gebieten ha - ben / ſo wohl hat Jſabel die volle Both - maͤßigkeit uͤber unſere Seele bekom̃en. Wer die Baaliten anruͤhren wird / der ſoll in unſere Ungnade fallen.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Meine Wurſt hat ein Schelm genug angeruͤhrt: Jch will ſie nicht defendiren / wo ſie der Koͤnig aus Ungnade entweder braten / oder zum Sauerkraute verdammen will.

Jſab.

Es iſt nur zu beklagen / daß ſo ein Gott - ſeliger Koͤnig die Zeit unter den Haͤnden verlieren muß / da er offtmals etwas Gutes verrichten koͤnte.

Ahab.

Jſt etwas von uns verſaͤumet wor - den?

Jſab.

Hier ſtehen zwey Perſonen / welche mit beſſerm Muth die Warheit ſagen koͤnnen. Reden ſie etwas Unrechtes / ſo koͤnnen ſie die Flucht nehmen. Al - lein ich koͤnte mich ohne toͤdliche Schmertzen von der Helffte meines Le - bens nicht abſondern laſſen.

Ahab.
49
Ahab.

Es mag reden / wer da will / unſere Gnade ſoll deſſentwegen nicht vermin - dert werden.

Bad.

Mit Genehmhaltung Eu. Koͤnigl. Maj. Sie laſſen ihren Verraͤthern zu viel Platz.

Abd.

Dem Koͤnige von Juda wird zu viel getrauet.

Bad.

Die verwickeln das Haus Jſrael in einen Krieg nach dem andern.

Abd.

Damit ſtehet das Volck in ſuſpicion, als wolte man durch ſolche Waffen bey guter Gelegenheit die reformation vor - nehmen.

Bad.

Man ladet ſich der Nachbarn Furcht und Feindſchafft auff den Hals.

Abd.

Hingegen die Freundſchafft zu Hau - ſe wird vermindert.

Bad.

Viel vergebene Unkoſten werden auffgewendet.

Abd.

Und die Nachwelt ſiehet keine Pro - be darvon / daruͤber man ſich verwun - dern kan.

Bad.

Jn Tyro bauet der Koͤnig praͤchtige Pallaͤſte / daran das Volck mit der Freude und der Verwunderung han - gen bleibet.

CAbd.
50
Abd.

Und diß habe ich allezeit befunden / daß die euſerliche Pracht dem gemei - nen Volcke das Hertze am beſten ſteh - len kan.

Ahab.

Wir haben genug gehoͤret: Laſſet uns das Werck in unſern Gedancken etwas uͤberlegen.

Bad.

Auff gnaͤdigſten Befehl Eu. Koͤnigl. Maj. nehmen wir Abſchied.

(Badezor und Abdalla gehen ab.)
Ahab.

Wir haben Unrecht gethan / daß wir uns des Krieges ſo hefftig anneh - men.

Jſab.

Ach meine Seele! Wer wolte ei - nen Koͤnig des geringſten Unrechtes beſchuldigen / indem ſein bloſſer Wille Geſetze und Rechte vorſchreiben kan. Die Sorge entſtehet nur aus einer Weiblichen Schwachheit / weil dero koſtbares Leben ſo vielmal ſoll auff das Spiel geſetzet werden.

Ahab.

Wir wollen den Frieden erwehlen / und das Volck durch Liebe gewinnen / das heiſt / Jſabel ſoll durch doppelte Lie - be bedienet werden.

Jſab.

Damit ſollen die ehrlichen Baals -Die -51Diener ihr Haupt empor heben.

Ahab.

Wer fragt darnach / ob die Chro - nicen viel von unſerer Tapfferkeit zeu - gen. Wir wollen ein Helffenbeinern Haus angeben. Wir wollen alle er - ſinnliche Garten-Luſt darbey anlegen / daß ein iedweder erkennen moͤge / wie unſer Thron durch den edlen Frieden ge - bluͤhet / und die affection ſeiner Unter - thanen verdienet habe.

Jſab.

O gluͤckſelig iſt die Stunde / da mein Verlangen ſo wunder ſchoͤn erfuͤllet wird!

(Die mittelſte Scene verbirgt den Koͤnig.)

Erſter Handlung Zehender Auffzug.

Hoſcha. Jethur der Koͤnigliche Wintzer. Bilſan Naboths Wintzer.
Hoſ.

Jhr Leute / was duͤncket euch von dem Eheſtande? Laͤſt ſich der Mann ſein Maul nicht redlich ſchmieren? Da iſtC 2es52es um des Koͤniges Perſon zu thun / daß ſie ſich im Kriege an keinen bloſſen De - gen ſtoſſen ſollen / da ſollen nun groſſe Pallaͤſte auffgebauet werden / denn darein haben die Weiber mehr zu ſpre - chen / als zum Kriege. Nun was hilffts / wenn groſſe Herren keine Wei - ber-Plage ausſtuͤnden / ſo haͤtten ſie mit armen Maͤnnern kein Mitleiden / die bey den Weibern ihr Koͤnigreich ver - ſpielet haben.

(Jethur und Bilſan kommen.)

Doch ſiehe da / was haben die Kerlen im Koͤniglichen Pallaſte zu verrichten? Wo ſie eine Streit-Sache haben / ſo will ich ſehen / ob ſie mich zum Advoca - ten brauchen wollen.

Jeth.

Jch gehe und klage.

Bil.

Wilſtu nicht klagen / ſo will ichs thun.

Jeth.

Jch bin uͤbers Koͤniges Weinberg geſetzt: Jch kan mir eine qvere Hand mehr einbilden.

Bil.

Und ich bin Herr Naboths Wintzer / der iſt eben ſo wohl ein Koͤniglicher Vetter.

Jeth.
53
Jeth.

Doch das weiß ich wohl / daß der Koͤ - nig mehr Gerechtigkeit hat.

Bil.

Hat doch der Koͤnig die Gerechtigkeit nicht geſucht: Ein kahler Wintzer hats gethan / und dir werde ich flugs zu Fuſſe fallen.

Hoſ.

Jhr guten Leute verirret euch nicht: Das iſt ein privilegirter Ort. Wer einander da ſchlaͤgt / dem wird die Hand abgehackt / und wer mit loſen Worten um ſich wirfft / dem wird die Zunge oben zum Wirbel heraus gezogen.

Jeth.

O ich brauche keine loſe Worte. Da gebe ich nur den Kerlen zu verſtehen / woran ers gefreſſen hat.

Bil.

Jch gebe ihm zu verſtehen / daß ich ſo einen vornehmen Qvarck gefreſſen ha - be / als er.

Hoſ.

Habt ihr das gefreſſen / ſo wirds euch trefflich aus dem Halſe ſtincken / und ſo ſeyd ihr zu Hoffe nichts nuͤtze.

Jeth.

Du haſt gleichwohl des Koͤniges Weinberg verachtet.

Bil.

Jch kan nicht darvor / daß der Wein - berg darneben beſſer iſt.

Jeth.

Und weñ wir fein tieff in die SchrifftC 3kom -54kommen wollen / ſo haſt du die Koͤnigin verachtet.

Bil.

Das hab ich nicht gethan.

Jeth.

Haſt du nicht geſagt / daß alle / die den Baal anbeten / zum Geyer fahren?

Bil.

Was ich von unſern Geiſtlichen hoͤre / das rede ich nach.

Jeth.

Und wenn dich der Geyer beſalben wird / ſo laß dir deine Geiſtlichen helf - fen.

Bil.

Jch habe nur von gemeinen Leuten ge - redet / was gehet es mich an / wo die Vornehmen hinfahren.

Jeth.

Es hat nichts zu bedeuten / ich will ſchon vor dein Ungluͤcke ſorgen.

Bil.

Nachbar / wilſtu dahin / ſo kan ich wohl lauffen / und kans meinem Herrn auch wohl klagen.

(gehet ab.)
Jeth.

Der Herr iſt mein Zeuge / daß der Kerl ein grober Flegel iſt.

Hoſ.

Ja / ja ich bin Zeuge / daß ich mich un - tern Flegeln trefflich verwirret habe. Doch ich weiß ſelber nicht / warum ihr euch zancket.

Jeth.

Es iſt eine Sache / davon ich mit dem Koͤnige ſelber reden muß.

Hoſ.
55
Hoſ.

Jch halte / ihr ſehet mich nicht vor voll an; Sonſt kan ich mit gemeinen Leu - ten beſſer umgehen / als der Koͤnig.

Jeth.

Der Wein / der in meinem Berge waͤchſt / wird bey der Koͤniglichen Taf - fel geſoffen. Jch halte / die lieben Her - ren werden ſich auch in meine Sprache finden.

Hoſ.

Jch ſehe doch wohl / bey dem Bauer - Flegel iſt kein accidens zu verdienen.

(Gehet ab.)

Erſter Handlung Eilffter Auffzug.

Ahab der Koͤnig / Pashur der Cammer-Herr Jethur der Wintzer.
Ahab.

Dem Himmel ſey Danck / der uns mit einer unvergleichlichen Gemahlin geſegnet hat.

Pash.

Eu. Koͤnigl. Majeſt. koͤnnen ſich deſ - ſentwegen vor tauſend andern Koͤnigen gluͤckſelig preiſen.

Ahab.

Man hat uns die rechte Liebe undC 4Ver -56Vertraulichkeit mißgegoͤnnet / indem ein ieder dahin trachtet / wie eben dieſe Preißwuͤrdige Koͤnigin unter dem Vor - wande der Baalitiſchen Religion moͤchte gekraͤncket werden.

Pash.

Allein die Warheit und die Gerech - tigkeit koͤnnen nicht ſtets verborgen bleiben.

Ahab.

Doch was hat dieſer Unflath hier zu ſuchen?

Pash.

Hoͤre Kerl / Jhro Majeſtaͤt wollen wiſſen / was du hier zu ſuchen haſt.

Jeth.

Herr / zu ſuchen habe ich wenig / aber zu klagen ſchrecklich viel.

Pash.

Wer biſt du?

Jeth.

Fragt nur den Herr Koͤnig / er wird ſeinen Diener ſchon kennen.

Pash.

Der Koͤnig muͤſte viel zu thun haben / der alle Hunde-Waͤrter kennen ſolte. Sage / wer du biſt / ſonſt wird dich der Nahme eines Koͤniglichen Dieners nicht viel helffen.

Jeth.

Jch bin der Wintzer von Jeſreel. Haͤtte ich das gewuſt / daß mich mein ei - gener Herr nicht kennen wolte / ſo haͤtte ich mich gerne in einen andern Wein - berg verdinget.

Pash.
57
Pash.

Hoͤre doch / wem zu Jeſreel ein Wein - berg anvertrauet iſt / der hat zu Sama - ria im Pallaſte nichts zu ſchaffen.

Jeth.

Wer aber zu Jeſreel keinen Koͤnig finden kan / der zum Rechte helffen will / dem wird der Weg nach Samaria wohl unverboten ſeyn.

Pash.

Es muͤſſen wichtige Sachen vor - gehen / damit eben ein Koͤnig ſoll be - ſchweret werden.

Jeth.

Was meinem Weinberge zu nahe koͤmmt / das iſt in meinen Augen gar wichtig. Denn ſeht: Herr Naboth hat ſeinen Weinberg darneben / und er iſt wohl ein vornehmer Mann / aber es ſtehet nicht gaꝛ fein / daß er ſeinem Win - tzer ſo die Stange haͤlt. Drum muß ich viel Unluſt von dem boͤſen Nachbar auffleſen: Jch kans auch nicht ſagen / wie er auff die Baalitiſche Religion ſchmaͤhlet. Es waͤre auch am beſten / der Koͤnig kauffe den Weinberg aus / ſo waͤre ich ein Wintzer uͤber zwey Wein - berge.

Pash.

Hoͤren Jhro Majeſt. was der ein - faͤltige Kerl vor einen guten Vorſchlag thut.

C 5Ahab.
58
Ahab.

Er redet von Naboths Weinberge.

Pash.

Der ſolte ſich trefflich zu einen Luſt - Garten ſchicken: Dem ehrlichen Man - ne koͤnte mit einem Grund-Stuͤcke / o - der auch mit bahrem Gelde geholffen werden.

Ahab.

Es laͤßt ſich hoͤren: Das Vorwerck wuͤrde in einen Pallaſt verwandelt / der Weinberg wuͤrde zum Luſt-Garten / das uͤbrige ſolte mit delicaten Obſt - Baͤumen verſetzet werden / biß unſer Weinberg den proſpect noch annehm - licher machte.

Pash.

Eu. Koͤnigliche Majeſt. duͤrffen ein Wort ſprechen / ſo wird ſich Naboth gerne ſubmittiren. Aber du Wintzer hoͤre / wie viel iſt Naboths Weinberg beſſer als des Koͤniges?

Jeth.

Zu meines Vaters Zeiten meynten ſie / er truͤge 20. Fuder mehr.

Pash.

Das waͤre ein Groſſes.

Jeth.

Ja nu / es iſt ein feines Grund-Stuͤ - cke; Mich duͤnckt / es ſind 70. Aecker Wein-Wachs / die Feigenbaͤume / die Datteln und andere Scherement moͤchten doch wohl auff 12. Acker ge -rech -59rechnet werden. Darnach hat er ein bißgen Wieſewachs darbey / irgend vor 20. Kuͤhe und 400. Schaffe. End - lich kan er auch was ausſaͤen: Jch hal - te aber nicht / daß es viel uͤber 60 Schef - fel austragen wird / das gehoͤret ſo zu dem Weinberge. Jch meynte / wenn er meine waͤre / ich wolte mich erhalten / und wenn mir der Herr Koͤnig keinen Heller darzu gebe.

Pash.

Gehe hin / es ſoll ein kurtzer Rath ge - ſchaffet werden. Jhro Majeſt. aber koͤnnen bey der reſolution bleiben: Die Gelegenheit wird ſich nicht verbeſſern laſſen.

(Gehet mit dem Koͤni - ge ab)
Jeth.

Was habe ich nun davon? Jch ſehe wohl / wenn die Leute zu Hoffe einem ar - men Manne nicht helffen wollen / ſo fragen ſie was: Denn ſonſten moͤchten wir dencken / ſie koͤnten nicht reden: A - ber meine Frau wird mich wieder ſo klug heim kriegen / als ſie mich ausge - ſchicket hat. Ein andermahl will ich meine Nachbarn zuſammen kriegen / und will den Wintzer brave ausdre -C 6ſchen;60ſchen; Daran werde ich am kluͤgſten thun / und das ſoll mir auch meine Frau mit einem guten Abende bezahlen.

Erſter Handlung Zwoͤlffter Auffzug.

Naboth, Thirza ſeine Tochter.
Nab.

Liebſte Tochter / man ſoll bey groſſem Gluͤcke nicht hoffaͤrtig / auch nicht zwei - felhafftig ſeyn.

Thir.

Es iſt ein Groſſes: Der Koͤnigli - che Printz hat ſich in mich verliebet.

Nab.

Er iſt unſer Vetter; Vielleicht wuͤr - de die Heyrath beſſer anſchlagen / als wenn er noch eine Baals-Magd zu Si - don holte.

Thir.

Aber die Koͤnigin will es nicht ge - ſchehen laſſen.

Nab.

Der Printz kan die Zeit bald erleben / daß er ſeiner Fr. Mutter Geſetze vor - ſchreiben mag.

Thir.

Jch bin dem Herrn Vater gehor - ſam.

Nab.
61
Nab.

Das heiſt / ich will einen beſtaͤndigen Grund zu meiner Wohlfarth legen. Nur ſeyd bedacht / daß ihr den lieben Printzen in dem Eiffer gegen die gottlo - ſe Mutter bekraͤfftiget / und ihm zugleich das Baalitiſche Unweſen aus dem Her - tzen heraus redet. So viel will ich als Vater befehlen: Aus dem uͤbrigen werdet ihr zu erkennen geben / ob ihr wuͤrdig ſeyd / des Koͤniges Bluts - Verwandtin zu heiſſen.

(Gehet ab.)
Thir.

Ach gluͤckſelige Liebe / die mitten in der Ungewißheit gleichwohl an einem Vaͤterlichen Segen hangen kan. Und ſiehe da / der Magnet hat ſein geliebtes Eiſen ſchon nach ſich gezogen.

Erſter Handlung Dreyzehender Auffzug.

Ahaſia der Koͤnigliche Printz. Thirza Naboths Tochter.
Ahaſ.

Jch ſuche meine Gebieterin.

Thirz.

Und ſie finden ihre Dienerin.

C 7Ahaſ.
62
Ahaſ.

Die Schuldigkeit zu dienen iſt mir auffgeleget.

Thir.

Doch meine Demuth wird ſie dieſer Laſt benehmen.

Ahaſ.

Wer mich dieſer Pflicht berauben will / der muß mir auch die Liebe ver - bieten.

Thir.

Was vor Liebe / mein Printz?

Ahaſ.

Gegen diejenige / die auch in ihrer hoͤchſten Demuth meine Gebieterin bleiben ſoll. Ach wunderſuͤſſe Thirza, ſie vergnuͤge mich.

Thir.

Liebſter Printz / das iſt eine Bitte / daruͤber die Koͤnigl. Frau Mutter zu befehlen hat.

Ahaſ.

Die Liebe fuͤhret ein freyes Koͤnig - reich / daruͤber keine andere Koͤnigin zu befehlen hat.

Thir.

Mein Printz / ein iedwedes Koͤnig - reich muß ſich vor gewiſſen Feinden ent - ſetzen; Jch liebe im Hertzen: Allein wo die Liebe durch ein oͤffentliches Verloͤb - niß heraus bricht / ſo muß ich ſterben.

Ahaſ.

Wie / meine liebſte Thirza? ſoll mei - ne Liebe toͤdtlich ſeyn?

Thir.

Die Frau Mutter fuͤhret einen toͤdt -lichen63lichen Haß / und ſo lange dieſe auff mein Leben zielet / ſo muß ich lauter Betruͤb - niß hoffen.

Ahaſ.

Die Fr. Mutter laͤßt ſich ja ſonſten verſohnen.

Thir.

Vielleicht wenn ich den Baal anbe - te? Doch ſolches iſt mir unmuͤglich.

Ahaſ.

Ehe Thirza zum Baals-Dienſte ſoll gezwungen werden / ehe ſoll Ahaſia ſich wider alle Pfaffen von Sidon ver - ſchweren.

Thir.

Ach wenn Gott ein ſolches Wunder thun wolte!

Ahaſ.

Vielleicht kan das Wunder entſte - hen / ehe man gedacht hat: Unterdeſſen verſtehe ſie mich / himmliſche Thirza, ich liebe.

Thir.

Und ich ſchweige.

Ahaſ.

Soll meine Vergnuͤgung verſchwie - gen ſeyn?

Thir.

Jch ſchweige / und ſeuffze.

Ahaſ.

Das Seuffzen kommet betruͤbten Seelen zu.

Thir.

Jch ſchweige und ſeuffze vor Liebe.

Ahaſ.

Soll die Liebe ſeuffzen?

Thir.

Ach ja / wenn ſie gefangen iſt.

Ahaſ.
64
Ahaſ.

Trotz dieſer Gefangenſchafft / wollen wir der jauchzenden Liebe ein ſchoͤnes Triumph-Zeichen auffrichten.

Thir.

Jtzo fuͤhre ich das Bild der ſeuffzen - den Hoffnung.

Ahaſ.

Und ich fuͤhre das Bild der kuͤſſenden Vertraulichkeit.

(Kuͤſſet ſie.)
Thir.

Meine Hoffnung iſt gedultig.

Ahaſ.
(Kuͤſſet ſie.)

Und dieſe verliebte Ge - dult iſt meine Vergnuͤgung. Wohl dem / der ſeine Mutter und alle Feinde durch ſolche Liebe trotzen kan.

Erſter Handlung Vierzehender Auffzug.

Joram der junge Koͤnigliche Printz. Arvad ein Baals-Pfaffe.
Arv.

Jch koͤnte das nicht leiden.

Jor.

Was ich nicht aͤndern kan / das muß ich leiden.

Arv.

Sie ſind ein Koͤniglicher Printz: Die Koͤnigin Iſabel als dero Fr. Mutter ha - ben das meiſte zu ſprechen.

Jor.

Doch die andern Bruͤder nennen den Koͤnig auch Vater.

Arv.
65
Arv.

Aber ſie haben den Vorzug.

Jor.

Nicht im Alter.

Arv.

Der Koͤnig Salomon war auch nicht alt: Doch muſten ihm ſeine Bruͤder weichen.

Jor.

Daſſelbe kam aus Gottes Schi - ckung.

Arv.

Vielleicht kan der Gott Baal bey ei - ner ſo lieben Perſon eben dergleichen Wunder thun.

Jor.

Es iſt nur verboten worden / daß ich dieſen falſchen Gott nennen ſoll.

Arv.

Es iſt von ſolchen Leuten geſchehen / die Luſt zu zancken haben.

Jor.

Wer uns die rechte Religion tadelt / mit dem muͤſſen wir wohl zancken.

Arv.

Wer hat denn ihre Religion geta - delt? Wir ſind in allen Dingen ſo ei - nig. Die Geiſtlichen machen nur das Gezaͤncke / damit ſie die Præbenden al - lein beſitzen wollen.

Jor.

Jm Jſraelitiſchen Geſetze ſtehet / es ſoll kein frembder Gott angebetet werden.

Arv.

Das glauben wir auch. Baal iſt nur ein Nahme: Wir verſtehen gleich - wohl den rechten Gott darunter.

Jor.
66
Jor.

Wir halten die Beſchneidung.

Arv.

Wir ritzen uns auch mit Meſſern / und halten die Beſchneidung viel eyfferiger.

Jor.

Jhr opffert auff den Hoͤhen / das duͤrf - fen wir nicht thun.

Arv.

Laßt uns in euren Tempel kommen / wir wollen die Hoͤhe wohl zufrieden laſ - ſen.

Jor.

Es ſind viel andere Dinge / die ich nicht alle verſtehe.

Arv.

Sie thun mir nur ſo viel zu Gnaden / und glauben mir / daß ich die Baaliti - ſche Religion eben aus ihrem Geſetze beweiſen kan. Und wenn ein Baaliti - ſcher controverſien-Prediger aufftre - ten duͤrffte / ſo wolte ichs wohl auff die kuͤnfftige Woche beweiſen.

Jor.

Es iſt viel geredt: Jch werde doch hoͤren / was der Herr Hoffmeiſter dar - zu ſprechen wird.

Arv.

Der Herr Hoffmeiſter iſt ein Zaͤn - cker. Wer was curieuſes begreiffen will / der muß die Sache vor aus dem Grunde lernen / ſonſt haben ſie nichts davon / als confuſion und Verdrieß - ligkeit / und ſie werden am beſten thun /wenn67wenn ſie der Koͤniglichen Fr. Mutter meinen diſcours hinterbringen. Jch ver - bleibe gantz unterthaͤnig recommendi - ret.

(Gehet ab.)
Jor.

Jch weiß nicht / ob ich davon reden oder ſchweigen ſoll? Wenn mich iemand ſo klug machte / daß ich bey der Jſraeliti - ſchen Religion bleiben / und zugleich meiner Frau Mutter gefallen koͤnte / ſo wuͤrde mir in vielen Stuͤcken trefflich gerathen ſeyn.

Erſter Handlung Funffzehender Auffzug.

Hoſcha. Obadia der Koͤnigliche Hoffmeiſter.
Hoſ.

Gleich gleich den Augenblick waren ſie hier.

Obad.

Allein ich ſehe niemand.

Hoſ.

Jch bin ein ſchlechter Kerl / doch ſo viel kan ich zuſam̃en reime / daß ein Kerl fort - gehen kan / der einmal hier geweſen iſt.

Obad.

Doch ſo viel kan ich auch begreiffen / daß man ſich allzeit nicht bekuͤmmerndarff /68darff / ob ein Kerle da geweſen iſt.

Hoſ.

Jch ſagte es aus guter Meynung. Denn wo das angehet / was der Ba - als-Pfaffe ſagte / ſo haben wir im Lan - de Friede / und die Baaliten moͤgen ſo wohl im Tempel opffern / als die Jſra - eliten.

Obad.

Das muß ein ſchoͤner Vorſchlag vom Frieden geweſen ſeyn.

Hoſ.

Dem kleinen Printzen gefiel er gar wohl. Denn der Kerle ſagte / er wolte es aus dem Jſraelitiſchen Geſetze be - weiſen / daß die Baaliten Recht haͤtten.

Obad.

Ja wenn das Jſraelitiſche Geſetze nach ihrer gottloſen Manier verdrehet / und verſtimmelt wird.

Hoſ.

O er meynte gleichwohl / wenn man den Baal anbetete / ſo koͤnte man das er - ſte Gebot gar fein halten.

Obad.

Schweig. Man verſuͤndiget ſich auch / wenn man ſolche Laͤſterung nach - reden oder anhoͤren will. Allein es ſey GOtt im Him̃el geklagt / daß die reiſ - ſenden Woͤlffe nunmehr in Schaffs - Kleidern zu uns kommen. Die Ge - fahr iſt tauſendmal groͤſſer / als da ſieBlut69Blut vergieſſen wolten. Jch will vor des lieben Printzen Seele wachen / ſo gut ich kan. Soll ich das hohe Werck nicht ausfuͤhren / ſo wird mich doch mein redliches Gewiſſen vor Gott entſchul - digen.

(Gehet ab.)
Hoſ.

Jch mercke wohl / man darff die Frie - dens-Zeitung nicht allenthalben erzeh - len. Jch dachte / es wuͤrde ſo huͤbſch heꝛaus kommen / wenn ſich unſere Geiſt - lichen mit den Baals-Pfaffen vertruͤ - gen / ſo duͤrfften wir uns mit den Reden nicht ſo in acht nehmen / und wir koͤnten hernach in voller Weiſe plaudern / was wir wolten. Nun was hilffts: Die Meynung mag bey etlichen Leuten gar gut ſeyn; Daß ſie nun nicht gerathen will / da koͤnnen wir nicht wider Ungluͤ - cke. Meine Fr. Mutter hatte auch gar eine gute Meynung / wie ſie mich zu Ho - fe that. Aber ob ich vor menſchlichen Augen und in dem Habit der guten Meynung gar zu nahe komme / oder ob ich mich nicht zu Zeiten naͤrriſcher an - ſtellen muß / als ich bin / das wird der gantzen hochanſehnlichen Verſamm -lung /70lung / wenn itzt die Herren Muſicanten was auffſpielen werden / zu hochweiſen und vernuͤnfftigen Nachſinnen uͤber - laſſen.

Anderer Handlung Erſter Auffzug.

Obadia Koͤniglicher Hoffmeiſter. Jehu Krieges-Obriſter. Jezer ein Elteſter in Jeſreel.
Obad.

Mein Herr / ſoll ich dieſer Zeitung Glauben geben?

Jez.

Unſere gantze Stadt iſt darvon er - fuͤllet.

Obad.

Und will Herr Naboth ſo thoͤricht handeln / daß er ſein Vaͤterliches Erb - theil den Nachkommen zum præjudiz in frembde Haͤnde ſpielen will.

Jez.

Es wird als von einer gewiſſen Sache davon geredet; Die Wintzer und die andern Bedienten freuen ſich des Koͤ - niges Ankunfft / und bey ſo geſtalten Sachen kan ich mir leicht einbilden / daß ein Kauff oder ein Tauſch den ehrli -chen71chen Herrn Naboth muͤſſe bewogen haben.

Obad.

Aber was will der Koͤnig mit dem Weinberge ſchaffen?

Jez.

Der Baumeiſter von Tyro macht ſich ſchon viel zu thun / und ſiehet ſich alle Ge - legenheit ab / daß er allem Anſchen nach einen koͤſtlichen Pallaſt an die Stelle bringen will.

Obad.

Was ſoll der Pallaſt zu Jeſreel?

Jez.

Wenn er unſerm Volcke zu Ehren was anfangen will / ſo muͤſſen wir es mit unterthaͤnigſtem Dancke erkennen. Doch er vergebe mir / daß ich wegen anderer Geſchaͤffte ihm weiter nicht auffwarten kan.

(Gehet ab.)
Obad.

Was erleben wir noch an unſerm Hofe? Soll nun der Pallaſt in Sa - maria nicht genug ſeyn / daß man an - derswo ſo groſſe Unkoſten vonnoͤthen hat.

Jeh.

Mein Herr Hoffmeiſter mag die liſti - gen Auſchlaͤge verbergen / wie er will / ſo finden ſich doch Leute / welche der Sa - chen nachdencken koͤnnen.

Obad.

Jch moͤchte faſt meine Einfalt be -kennen /72kennen / was wuͤrde die Koͤnigin daran gebeſſert ſeyn? Und wenn Jſrael gar zur Reſidenz erwehlet wuͤrde.

Jeh.

Jch bin ein rechtſchaffener Patriot, und wo mit des Landes Wolfarth geſpielet wird / da muß ich das Maul auffthun / und wenn ich wuͤſte / daß mir der Kopff dieſen Augenblick von den Achſeln flie - gen ſolte.

Obad.

Jch erwarte / wo die Rede hin zielen wird.

Jeh.

Wohin? Jtzo heiſt es: Dem Koͤni - ge wird ein Pallaſt gebauet. Die ſchoͤnſten Guͤter werden darzu geſchla - gen; Aber wenn das Werck ſolte zum Stande gebracht werden / ſo hat die Koͤnigin was an ihre Baals-Pfaffen zu verſchencken / damit haben ſie eine bleibende Stelle im Lande / und koͤnnen den armen Jſraelitiſchen Propheten nicht allein die uͤbrige Nahrung / ſon - dern auch die jungen Studenten und die Propheten-Kinder nach und nach entziehen.

Obad.

Der allmaͤchtige Gott wolle dieſes an unſerm Lande nicht geſchehen laſſen! Es73Es waͤre beſſer / den Philiſtern dienen / als ſolche Seelen-Moͤrder im Lande haben. Jch habe neulich uͤber eine Liſt geſeuffzet / ſolten ſie uns naͤher kommen / ſo wuͤrden wir uns zu todte betruͤben.

Jeh.

Jch ſorge / wo das Weſpen-Neſt nur einmahl in unſerm Reiche einſitzet / ſo werden alle Malecontanten dem grund - guͤtigen Gotte dancken moͤgen / wo ſie den Weg zum Lande hinaus finden koͤn - nen.

Obad.

Und dergeſtalt begehet Herr Na - both unwiſſend eine gefaͤhrliche Suͤnde.

Jeh.

Wenn das Land verderben ſoll / ſo muͤſſen die beſten Freunde auch unwiſ - ſend was zum Untergange contribui - ren. Doch ſo lange der Arm noch mit einem Schwerdte ſpielen kan / ſo moͤ - gen ſich die Freunde verſichern / daß ihr Spiel noch nicht allerdings gewonnen iſt.

Obad.

Ein iedweder mag vorbauen / ſo viel er kan / damit er im Gewiſſen nicht als ein Verraͤther des Vaterlandes ange - klaget werde.

DAn -74

Anderer Handlung Anderer Auffzug.

Arvad ein Baals-Pfaffe. Jezer ein Elteſter in Jeſreel.
Arv.

Er glaube doch nicht / daß wir ſolche irratſonable Leute ſeyn: Es iſt unſere Gewohnheit nicht / daß wir einen Men - ſchen auff der Welt betriegen.

Jez.

Die gantze Buͤrgerſchafft ſtehet in den Gedancken / als wenn Naboths Wein - berg auff ihren Antrieb verlanget wuͤr - de.

Arv.

Wie koͤnnen ſie doch ſolchen abſurdi - taͤten Gehoͤr geben? Was haͤtten wir denn davon / wenn wir uns ein ſolch o - dium auff den Hals weltzten?

Jez.

Meine Auffrichtigkeit bringet es ſo mit / daß ich rede / was ich hoͤre.

Arv.

Wir guten Leute koͤnnen unſers Her - tzens Grund nicht eroͤffnen; Aber zum Zeugniß meiner Redlichkeit will ich ſel - ber bitten / ſie helffen an ihrem Orte das Werck hintertreiben / daß Naboth ſei - nen Weinberg nicht fahren laͤſt.

Jez.
75
Jez.

Sollen wir dem Koͤnige zuwider le - ben?

Arv.

Wenn man die Vaͤterlichen Geſetze vor ſich hat / ſo lebt man dem Koͤnige nicht zuwider. Hat es ihr Gott befoh - len / daß ein iedwedes Erbtheil bey ſei - nem Geſchlechte bleiben ſoll / ſo werden ſie auch Gott mehr gehorchen / als den Menſchen.

Jez.

Die redlichen Patrioten dencken alle ſo / wenn ſie nur ſo ſprechen duͤrfften.

Arv.

Wer ihnen die Worte verbieten will / der muß erſt ihr Geſetze vertilgen. Sie ſtehen vor einen Mann / und bereden zum wenigſten den Herrn Naboth da - hin / daß er nicht weichet. Koͤnnen wir unſerm wenigen Vermoͤgen nach was darzu reden / ſo ſollen ſie befinden / daß wir gewohnet ſeyn auch unſern Feinden zu dienen.

Jez.

Es wird mir gar wohl ums Hertze / daß ich ſo viel erfahre. Gleich itzo will ich ſehen / was bey der Sache zu thun iſt. Jch ſage ſchoͤnen Danck vor die un - verhoffte Freundſchafft.

(Gehet ab.)
Arv.

Weñ wir beſſer mit einander bekanntD 2wer -76werden / wollen wir an keine unveꝛhoffte Freundſchafft gedencken.

Anderer Handlung Dritter Auffzug.

    • Arvad
    • Magur
    Baals-Pfaffen.
Mag.

Nun muß ich bekennen / daß ich mich in meine Religion ſelber nicht finden kan.

Arv.

Wie ſo / mein Freund?

Mag.

Sein diſcours zielte dahin / daß uns die Leute widerſtreben ſolten.

Arv.

Wer die Politiqve nicht verſtehet / der iſt fuͤr unſern Orden zu ſimpel.

Mag.

Das iſt kein Politicus, der die Sa - chen ſelber verderbt.

Arv.

Und das iſt auch kein Politicus, der al - lemahl den geraden Weg gehet.

Mag.

Jch bekenne meinen Unverſtand.

Arv.

Ach du blinde Welt! Das Volck muß zur Rebellion anffgewiegelt wer - den / damit es ſich dem Koͤnige widerſe - tzet: Damit hat der Koͤnig Urſache ſei -ne77ne Sicherheit in acht zu nehmen. Das heiſt / die auslaͤndiſchen Freunde werden allezeit lieber und vertraulicher. Jch wolte / daß ſie gar den Pallaſt zu Sa - maria ſtuͤrmen wolten / ſo haͤtten wir raiſon den Koͤnig von Sidon um ſeine Voͤlcker anzuſprechen.

Mag.

Jch ſchaͤme mich wegen meines Un - verſtandes.

Arv.

Und was haben wir vor einen Vor - theil / wenn wir den Kopff aus der Schlinge ziehen / als wenn wir mit der odieuſen Welt nichts zu ſchaffen haͤt - ten. Doch verlaßt mich / der gute Kum - pe ſoll mir auch einen Dienſt thun / dar - an er nicht dencken darff.

Mag.

Jch bin ihm noch eins ſchuldig: Kan er meinetwegen auch bedacht werden / ſo will ich danckbar ſeyn.

(Gehet ab.)

Anderer Handlung Vierdter Auffzug.

Arvad ein Baals-Pfaffe. Hoſcha.
D 3Arv. 78
Arv.

Siehe da Burſche / haſt du gleichwol das Hertze / daß du mir begegnen kanſt?

Hoſ.

Da wird allemal ein groß Hertze von noͤthen ſeyn / wenn ich ſpatzieren gehe.

Arv.

Wer geſuͤndiget hat / der ſoll ſich fuͤrchten.

Hoſ.

Jch bin gar ein kleiner Suͤnder / ſo dencke ich / die Zitter-Feder wird auch nicht groß ſeyn / die ich auff den Hut ſte - cke.

Arv.

Haſt du nicht unlaͤngſt mein Geſpraͤ - che mit dem jungen Printzen ausge - plaudert?

Hoſ.

Wer nichts will ausgeplaudert ha - ben / der laſſe mich nichts hoͤren.

Arv.

Ein ſolcher Schelm / der an einem Or - te nichts zu hoͤren hat / der ſoll davon bleiben.

Hoſ.

Jch werde die Lehre in acht nehmen / ich habe da nichts zu hoͤren / drum kan ich wohl weiter ſpatzieren.

Arv.

Schertze nicht: Wilſt du meiner Hand entlauffen / ſo wird die Koͤnigin nach dir greiffen laſſen / und das ſage ich / wo du noch die Zunge im Halſe be - haͤltſt / ſo ſoll mich die Koͤnigin nicht zu Hoffe behalten.

Hoſ.
79
Hoſ.

Der Herr Pater frage nur zuvor / ob ich meiner Zunge entrathen kan.

Arv.

Wir wollen ſie gar wohl entrathen.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Du Bluthund / waͤreſt du mir bey dem Herrn Reſidenten zu Si - don nicht ſo bekannt / ich wolte meine Zunge wohl behalten: Nun muß ich ein uͤbriges thun / und zum paſſe-volan - ten werden.

Arv.

Du verſuchſt gewiß / wie dir das Stillſchweigen wird anſtehen / wenn die Zunge zum Rachen heraus fahren wird.

Hoſ.

Ach heiliger Herr Pater, mein Still - ſchweigen koͤmmt gewiß aus keiner boͤ - ſen Meynung. Jch war gleich auff dem Wege / und wolte hoͤren / ob ich als ein geringer Diener in ihren heiligen Orden koͤnte genommen werden? Denn weil ich aus ſeinem diſcours ſo viel lernte / daß ſie Friedliebende Leute waͤren / ſo wolte ich auch gern des lieben Friedens genieſſen.

(ad ſpect.)

Denckt wie einer complimentiren lernt / wenn er ſeine Zunge behalten will.

Arv.

Du magſt wohl mit einem Verraͤther gefuͤttert ſeyn.

D 4Hoſ.
80
Hoſ.

Ach nein / das bin ich nicht: Soll ich aber kuͤnfftig was lernen / ſo will ich denſelben dienen / die mich in ihren Schutze halten.

Arv.

Wir halten die Mode / daß ein ieder eine Probe zuvor ausſtehen muß; Wilſtu dich darzu beqvemen / ſo ſolſtu lernen / daß wir den Himmel keinem Menſchen verſchlieſſen wollen.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Ja / ja / haͤtte mir iemand den Himmel auffgeſchloſſen / der ſolte mir die Thuͤre nicht zuſchlieſſen.

Arv.

Doch was haſt du hier zu verrichten?

Hoſ.

Wir haben eine koͤſtliche Verrich - tung / die ſich zu meinem neuen Stande wohl ſchicken wird. Denn die Koͤnigl. Printzen haben Herr Naboths zwey Soͤhne mit in den Garten ſpatziren ge - nommen / und wollen hoͤren / ob ſie eine Vorbitte bey dem Herrn Vater we - gen des Weinberges erhalten koͤnnen.

Arv.

Es iſt gut / gehe nur / und verrichte dei - ne Sache / was dir dabey befohlen iſt / darnach ſolſtu weiter Ordre bekommen.

(Hoſcha gehet ab.)
Arv.

Die lieben Printzen moͤgen das Jhrethun /81thun / wir Baaliten wollen darzu ſtille ſchweigen; Wir gedencken doch auff den Weinberg einmal unſer Collegi - um zu ſetzen.

Anderer Handlung Fuͤnffter Auffzug.

Pashur ein Cammer-Herr / Ahaſia, Joram, die Koͤniglichen Prin - tzen. Amri, Nebath, Naboths Soͤhne.
Paſ.

Daß doch die Koͤnige bey ihrer abſo - luten Gewalt durch einen ſchnoͤden Un - terthan koͤnnen gehemmet werden. Der Koͤnig thut eine rechtmaͤßige Foderung an des Naboths Weinberg / die ſchoͤn - ſten conditiones weꝛden vorgeſchlagen / und dennoch ſoll er mit einem ſchaͤndli - chen repuls, gleich als mit einer langen Naſe davon ziehen. Warum er keine Gewalt brauchen will / das weiß ich nicht. Unterdeſſen habe ich den Be - fehl alles in der Guͤte zu erſuchen / was moͤglich iſt. Alſo haben wir NabothsD 5ge -82geſammte Kinder heraus vexiret / ob die - ſelben bey dem hartnaͤckichten Vater was affectuiren moͤchten.

(Sie præſentiren ſich.)

Doch ſiehe da! haben ſich die geliebten Perſonen genug divertiret?

Ahaſ.

Wir ſind ungluͤcklich / daß wir ſo lie - ben Vettern nichts angenehmes erwei - ſen koͤnnen.

Amr.

Das Ungluͤck iſt auff unſerer Sei - ten groͤſſer / indem wir Wohlthaten an - nehmen / die wir nicht vergelten koͤnnen.

Ahaſ.

Es iſt des lieben Vetters Hoͤffligkeit alſo zu reden.

Pash.

Mein Printz habe ich die Freyheit etwas in Geheim zu reden.

Ahaſ.

Nach eurem Gefallen.

(Sie ge - hen bey Seite.)
Paſ.

Hat ſich die Sache wohl angelaſſen?

Ahaſ.

Die Soͤhne ſind willig genug dar - zu / wenn nur die Toͤchter mit einſtim - men wolten / ſo muͤſte ſich der hartnaͤ - ckichte Vater gewinnen laſſen.

Pas.

Mein Printz / es iſt klar / in was vor Gnade ich bey der Koͤnigin ſtehe: Sol - te es moͤglich ſeyn / daß die Tochter koͤn -te83te gewonnen werden / ſo verſpreche ich / daß ihm die Koͤnigl. Fr. Mutter ſelbſt dieſe geliebte Perſon an die Hand fuͤh - ren ſoll.

Ahaſ.

Ach wuͤrde mein Gluͤcke ſo leicht zu erwerben ſeyn / ſo wolte ich alle Kraͤffte verſammlen / biß ich diejenige beredet haͤtte / welche ſich einmal meiner Liebe ergeben hat.

Pas.

Meine Parol iſt hier / ſie verſuchen das Jhrige / in meinem Verſprechen will ich nicht zum Luͤgner werden.

Ahaſ.

Nun ihr meine geliebten Vettern / ich werde unhoͤfflich ſeyn / und ſie eine kurtze Zeit verlaſſen.

Amr.

Wer Macht zu befehlen hat / der be - gehet keine Unhoͤffligkeit.

(Ahaſia gehet ab.)
Paſ.

Nun wie wills / wird der Herr Vater ſeinen Weinberg noch loß geben?

Amr.

Wir haben nichts drein zu ſprechen: Doch wenn es dem Koͤnige gefaͤlt / ſo will ich mein Erbtheil gar gerne cedi - ren.

Pas.

Der Koͤnig wird auch dieſe Hoͤfflig - keit mehr als gedoppelt erkennen und vergelten.

D 6Amr.
84
Amr.

Wenn es gnaͤdig auffgenommen wird / ſo iſt die Vergeltung ſchon mehr als gedoppelt.

Pas.

Allein was ſpricht denn das kleine Maͤnnchen darzu? Vielleicht wird dieſes mit einer proteſtation einkom - men?

Joram.

Ach das liebe Maͤnnchen iſt gut genug / wenn es ſo einen Sinn behaͤlt / biß wir alt werden / ſo bleiben wir die beſten Freunde. Jſts nicht wahr / ihr wollet mir den Weinberg verkauffen?

Neb.

Ach nein / ich will ihn wegſchencken.

Jor.

Aber wo wollet ihr bleiben? Wenn der Weinberg verſchencket iſt / ſo iſt das Haus auch unſer.

Neb.

Jn der Welt ſind Haͤuſer genug.

Jor.

Aber es ſind Leute darinn / die koͤnnen die Thuͤre zuſchlieſſen.

Neb.

Jch kan den Leuten wohl meinen bloſ - ſen Sebel weiſen.

Jor.

Aber das Todtſchlagen iſt verboten.

Neb.

Jch will fragen / wo die Philiſter wohnen / die will ich ſo lange todt ſchla - gen / biß ſie mir zehen Weinberge ge - ben.

Jor.
85
Jor.

Das iſt eine ſtatliche reſolution.

Neb.

O ja / wer meinen Sebel ſiehet / wenn ich boͤſe bin / dem muß der Kopff abfal - len.

Jor.

Nun lieber Vetter / es iſt mein Gluͤcke / daß ihr nicht boͤſe ſeyd / ſonſt gienge es um meinen Kopff.

Neb.

Jch weiß wohl / wo ich ſoll boͤſe ſeyn.

Jor.

Aber hoͤrt doch / was machen wir denn mit ſo viel Koͤpffen / die wir den Phili - ſtern abſebeln wollen.

Neb.

Wir wollen die Kegel damit ſchie - ben: Ach ich weiß man wird den Koͤnig ſo brave mit heraus heben koͤnnen.

Amr.

Liebes Bruͤdergen / nicht zu ſtoltz / die Philiſter haben auch ihre Sebeln.

Pas.

Man muß der Jugend die Freude laſſen / zum wenigſten ſiehet man / was vor ein Geiſt in der zarten Liebe verbor - gen iſt. Wollen ſie ſo guͤtig ſeyn / und dergleichen diſcours in dem Koͤniglichen Luſt-Garten fortſetzen / ſo bin ich ihr ge - horſamer Auffwaͤrter.

Amr.

Wir laſſen uns fuͤhren / wie es mei - nem Herrn beliebt.

Jor.

Ach kleiner Vetter / kommet in denD 7Gar -86Garten auff die Renne-Bahn / da wol - len wir brave ſpringen.

Neb.

Hei ſa / wo die Leute ſpringen und tantzen / da laß ich mich gerne zu Gaſte bitten.

Anderer Handlung Sechſter Auffzug.

Ahaſia der Koͤnigliche Printz. Thirza Naboths Tochter.
Ahaſ.

Jch bleibe beſtaͤndig.

Thir.

Und ich ehre denſelben / der mir ge - bieten kan.

Ahaſ.

Wo ſich die wunderſuͤſſe Thirza be - findet / da bin ich kein Koͤnigs Sohn / ſondern ein demuͤthiger Sclave.

Thir.

Mein Printz ſpielet vielleicht mit den Worten; Wenn ein Sclave ins kuͤnff - tige ſo viel heiſſen ſoll als ein Gebieter / ſo wird derſelbe in Qvalitaͤt eines Scla - vens von mir bedienet werden.

Ahaſ.

O wie holdſelig iſt die Seele / wel - che mit dergleichen Erfindungen ſpielen kan.

Thir.
87
Thir.

Die wahre und die ſchuldige Pflicht leget mir die Rede in den Mund: Es mag genennet werden / wie es will / ſo bin ich doch gehorſam.

Ahaſ.

Wohlan / wo das Wort / gehorſam iſt / ſo viel heiſt als Guͤtigkeit / ſo bitte ich um eine Probe.

Thir.

Mein Printz / hier bin ich / und nie - mals werde ich ungehorſam ſeyn / als wenn der Befehl verſchwiegenwird.

Ahaſ.

Ach meine wunderſuͤſſe Thirza ich bitte --

Thir.

Mein Printz / ich gehorche.

Ahaſ.

Jch bitte um etwas / daran meine Wolfarth hanget.

Thir.

Vielleicht werde ich zu ſchwach ſeyn.

Ahaſ.

Mehr als zu vermoͤgende. Sie weiß die Widerwaͤrtigkeit wegen des Weinberges: Solte ſo eine holdſelige Tochter nicht Kraͤffte genug haben / den harten Vater zu gewinnen.

Thir.

Ach mein Printz / was hoͤre ich? Soll ich meine Liebe durch die Unmoͤglichkeit probiren laſſen.

Ahaſ.

Sie hat einen Koͤniglichen Printz zur Liebe bewogen / ſie wird auch einengrau -88grauſamen Vater zur Guͤtigkeit be - wegen.

Thir.

Er beruffet ſich auff das Goͤttliche Geſetze.

Ahaſ.

Vielleicht wird er durch eine falſche Auslegung betrogen.

Thir.

Jndeſſen wird er ſeine Auslegung kei - ner Falſchheit beſchuldigen laſſen.

Ahaſ.

So lange biß die angenehme Toch - ter ins Mittel tritt. Ach hab ich Gna - de funden vor meiner wunderſchoͤnen Thirza, oder ſoll ich dieſelbe auff meinen Knien ſuchen / ſo verſpreche ſie doch et - was / daran meine Liebe / ja mein Leben hanget.

Thir.

Ach weh! ich muß mich ſchaͤmen / daß ich demjenigen was verſagen ſoll / der nunmehr uͤber mein Hertze und Le - ben zu gebieten hat. Es ſey alſo: Ste - het was in meiner Beredſamkeit / ſo ſoll es demſelben auffgeopffert bleiben / dem zu Liebe ich als ein Opffer verbrennen wolte.

Ahaſ.

Ach meine Goͤttin!

Thir.

Ach mein Printz verziehet / biß ich den Titul verdienet habe.

Ahaſ.
89
Ahaſ.

Wolan / iſt ſie keine Goͤttin / ſo darff ich als ein Menſch ihr mit menſchlicher Hoͤffligkeit begegnen.

(Er kuͤſſet ſie.)
Thir.

Auch dieſes werde ich etwas freudi - ger annehmen koͤnnen / ſo ferne ich in meinen Verrichtungen gluͤckſeelig bin.

Ahaſ.

Die Hoffnung / die von einer ſolchen Schoͤnheit befeſtiget iſt / die ſoll mich nimmermehr betriegen.

(Gehen ab.)

Anderer Handlung Siebender Auffzug.

Hoſcha in einem Baals-Pfaffen Klei - de. Jethur und Bilſan die Wintzer.
Hoſ.

Sehe ich nun bald einē Baalitiſchen Propheten-Kinde aͤhnlich / ſonſten ge - dencke ich wohl zu beſtehen / wo nur der Kerl nicht mein Tantzmeiſter wird / den ich vergangen in der contribution hat - te / denn wenn ich mich im Tantze neigen ſoll / ſo iſt mir immer / als wenn mir in der Knie-Kehle eine Ader zu kurtz wuͤr - de. Sonſt gefaͤllt mir alles wohl / vieldarff90darff ich nicht lernen / zu freſſen habe ich / und wenn ich mich in die loſen Haͤndel ſchicken kan / ſo mag ich mein Alltags - Kleid anziehen / ich mag mich præſenti - ren als ein Politicus.

(Die beyden Wintzer bringen ein - ander heraus gejagt.)
Hoſ.

Doch ich werde muͤſſen auff die Seite treten / Narren-Spiel will Raum ha - ben.

Bilſ.

Jch will doch nicht.

Jeth.

So wirſt du muͤſſen.

Bilſ.

Der Herr muß groͤſſer ſeyn / der mich zwingen will.

Jeth.

Jch daͤchte / ein Koͤniglicher Wintzer / der bald uͤber 2. Weinberge wird zu ge - bieten haben / der waͤre groß genug / daß er einen abgeſetzten Wintzer gebieten koͤnte.

Bilſ.

Herr Naboth hat mich noch nicht ab - geſetzet.

Jeth.

Es iſt mir immer / als wenn ich haͤtte die Voͤgel davon ſingen hoͤren / und da - mit werde ich wohl ſprechen dürffen / mit Gunſt / daß ich den Weinberg be - ſehen mag.

Bilſ.
91
Bilſ.

Was wilſtu beſehen? Komm mir nicht zu nahe / ſonſt ſollen dir deine Au - gen an der Thuͤre vor die Fuͤſſe fallen.

Jeth.

Wenn deine Frau das Rabenaß da - bey waͤre / ſo daͤchte ich doch / du wolteſt Wunder-Zeichen thun.

Bilſ.

Und wenn deine Frau die Hexe darzu kaͤme / ſo ſolten die Wunder-Zeichen nicht nachbleiben.

Jeth.

Was haſt du meine Frau zu ſchim - pfen? Sie hat noch kein mal aus einem andern Weinberge Pfaͤhle geſtohlen.

Bilſ.

Hoͤre doch / wer hatte denn vorm Jah - re ſo viel Faͤſſer Moſt ausgeſoffen und verkaufft? Wars nicht dein greilfuͤſ - ſiges Rabenaß / he?

Jeth.

Hoͤre / wer traͤgt denn allemal ſo viel Butten Weintrauben ins Oberland? thuts nicht dein ſchaͤndlicher Hauß - Kobalt he?

Bilſ.

Wer hatte denn neulich die Feigen aus unſerm Weinberge geſtohlen / war nicht dein Schand-Nickel darbey ge - weſt / he?

Jeth.

Wer hat mir denn die Butte von der Kelter weggeſtohlen / als deine diebiſche Drecktrantſcherin / he?

Bilſ.
92
Bilſ.

Das will ich auch nicht leiden; Habe ich keinen Zeugen? Guter Freund / ihr hoͤrt / was er vor ein loſes Maul hat.

Hoſ.

Ach laßt mich gehen / ich bin ein Frie - dens-Kind.

Bilſ.

Um des lieben Friedens Willen ſoll er auch mein Zeuge ſeyn.

Hoſ.

Jch bin ein frommer Menſch / ich will niemand mit meinem Zeugniſſe in Ungluͤcke bringen / ich bitte nur / haltet Friede.

Bilſ.

Jch kan nicht laͤnger Friede halten / als mein Nachbar will.

Jeth.

Laß du mich deinen Weinberg be - ſichtigen / ſo haſt du Friede.

Bilſ.

Jch halte mich an meinen Zeugen.

Jeth.

Je nun / ſo mag er zeugen / ich kan mich ſo feſte an ihn halten / als du.

(Sie zerren ihn auff beyden Sei - ten.)
Hoſ.

Jhr Leute zerreißt mich nicht / ſonſt kommt ihr um ein Friedens-Kind.

Bilſ.

Jhr wiſſet / daß ich nichts Ungeſchick - tes geredt habe.

Jeth.

Und ihr wiſſet / daß ich meine Noth - durfft gerettet habe.

Hoſ.
93
Hoſ.

Gewiß / ich habe mit eurer Noth - durfft nichts zu thun.

Bilſ.

Jhr wißts doch / daß der geredt hat wie ein Schurcke.

Jeth.

Ja ja / er hat geredt als ein Schelm.

Bilſ.

Jhr ſollt Zeuge ſeyn / daß auff einen ſolchen Schelmen eine Maulſchelle ge - hoͤrt.

(Sie fallen uͤber einander und kriegen Hoſcha jaͤmmerlich in das Gedraͤnge. Endlich laͤufft ei - ner hier der ander da nauß / und Hoſcha kan ſich kuͤmmerlich wieder auffraffen.)
Hoſ.

Jhr Leute / wer will ein Friedens-Kind abmahlen laſſen / der kan ſich bey mir anmelden. So ein zierlich Original kriegt er nicht alle Tage. Nun ich kan mir nicht helffen / meine Ordens-Bruͤ - der werden die Schlaͤge doch nicht mit mir theilen / wo ich nur nicht Schlaͤge darzu kriege / daß ich mein Friedens - Kleid ſo ſchaͤndlich habe zerlaͤſtern laſ - ſen. Nu / nu / es iſt ein guter Anfang zu dem Stande; Wo ich mich durch alle ſieben Haupt-Staͤnde ſo durch - freſſen ſoll / ſo werde ich eine ſchreckliche groſſe Guſche kriegen.

An -94

Anderer Handlung Achter Auffzug.

Naboth, Thirza ſeine Tochter.
Nab.

Gedencke / daß du meine Tochter biſt. Derſelbe iſt vor dem HErrn verflucht / welcher ſein Erbtheil mit dem Ruͤcken anſehen muß / deinetwegen werde ich mich gewiß unter die Verfluchten zeh - len laſſen.

Thir.

Herr Vater --

Nab.

Was Vater? Mit dem Nahmen iſt mir ſchlecht gedienet / wenn der Gehor - ſam auſſen bleibet.

Thir.

Jch will ſchweigen.

Nab.

Heiſt das geſchwiegen / wenn du mir gleichwohl mit einem Worte verdrieß - lich biſt.

Thir.

Ach ich bitte.

Nab.

Haſt du nicht gehoͤret / daß deine Bit - te vergebens iſt.

Thir.

Jch bitte um Gnade.

Nab.

Du weiſt aber / daß mir die Gnade nicht anſtehet.

Thir.
95
Thir.

Jch bitte um Gnade und Verge - bung / ich habe geſuͤndiget.

Nab.

So hab auch den Segen und den Lohn fuͤr deine Suͤnde.

Thir.

Ach Herr Vater / er befehle / was ich thun ſoll / ich will gehorſam ſeyn.

Nab.

Haͤtte mein Befehl was gewircket / ſo waͤreſt du mir lange aus den Augen gegangen.

Thir.

Ach ich Ungluͤckſelige / der Befehl muß vollzogen werden.

(Gehet ab.)
Nab.

Ach iſt es nicht genug / daß der Koͤnig mit ſeinen liſtigen Zunoͤthigungen auff mich loßſtuͤrmet / meine Kinder muͤſſen auch wider mich gewaffnet ſeyn / die ſol - len mich dahin vermoͤgen / daß ich als ein Verfluchter in Jſrael den hoͤchſten Spott ertragen ſoll. Hat der Koͤnig ein gewiſſes Recht auff meinen Wein - berg wolan / ſo mag er nehmen / was er nicht laſſen kan. Allein daß ich doch irgend durch einen Contract zu dem Ja - wort ſolte gebracht werden / das will ich nimmermehr thun / und wenn ich dieſen alten Kopff in die Rappuſe geben muͤ - ſte. Doch ſiehe da / mein ehrlicherJehu96Jehu kommt mir zu rechter Zeit entge - gen / dieſem werde ich meine Verdrieß - ligkeit um ſo viel deſto lieber entdecken / weil er ſelbſt mit dem itzigen Regiment uͤbel zufrieden iſt.

Anderer Handlung Neundter Auffzug.

Jehu ein Kriegs-Obriſter. Naboth.
Jeh.
(ad ſpect.)

Der gute Mann haͤtte ſich wohl auff einen andern Weg begeben koͤnnen. Denn nachdem er ſeinen Weinberg an den Koͤnig verhandelt hat / ſo muß ich gedencken / daß er noch ein alter Narr und ein Suppenfreſſer zu Hoffe werden will.

Nab.

Friede! Friede! mein Freund.

Jeh.

Was hat derſelbe vom Frieden zu ſprechen / der den Fluch erwehlet hat.

Nab.

Mein Freund / wohin zielen die Worte.

Jeh.

Auff den neuen Kammer-Bedienten / der ſich bey der Koͤnigin Jſabel ange - geben hat.

Nab.
97
Nab.

So kan ich wohl damit verſchonet bleiben.

Jeh.

Der Herr ſchonet ſeiner ſelber nicht: Was hat er mich darum anzuſprechen? Er begegnet einem Manne / der Profeſ - ſion davon macht / daß er die Warheit redet.

Nab.

Jch mache ſonſt Profeſſion, daß ich einen ungeſtuͤmen Freund ertragen kan: Allein ich nehme mir die Freyheit / daß ich nach der Urſache forſche.

Jeh.

Das iſt die Urſache / daß ich ihm alle Freundſchafft auffkuͤndige. Hat er was Liebes von mir genoſſen / ſo mag er meine ſimplicitaͤt entſchuldigen / die ſich ins kuͤnfftige nicht wird betriegen laſ - ſen.

Nab.

Mir ſoll die Freundſchafft auffgekuͤn - diget wetden?

Jeh.

Wer ſeinen Vaͤterlichen Weinberg vergeſſen kan / der wird ſich auch um die Vaͤterliche Freundſchafft nicht viel be - kuͤmmern.

Nab.

Es iſt ein Jrrthum.

Jeh.

Ja wohl iſt es ein haͤßlicher Jrr - thum / wenn man das Seinige ſoElie -98liederlich in frembde Haͤnde dahin gie - bet.

Nab.

Es wird nicht geſchehen.

Jeh.

Jch glaube es wohl / denn es iſt allbe - reit geſchehen.

Nab.

Er verſtehe mich doch recht / der Koͤ - nig hat mich gebeten.

Jeh.

Soll man aber die Bitte des Koͤniges alſobald vor einen Befehl annehmen?

Nab.

Er laſſe mich doch ausreden.

Jeh.

Jch verlange mit keinem Sclaven zu reden. Viel Gluͤcks zur Koͤniglichen Gnade. Jch gehe.

Nab.
Haͤlt ihn.)

Jch laſſe denſelben nicht gehen / der mich in meiner Unſchuld kraͤncken will.

Jeh.

Jch mercke es wohl / die neue Gnade der Koͤnigin ſoll ihn unſchuldig machen.

Nab.

Der Weinberg iſt mein.

Jeh.

Jch hoͤre / er behaͤlt das Dominium, und der Koͤnig behaͤlt den Uſumfru - ctum.

Nab.

Wer hat doch die falſchen Zeitungen auffgebracht? Jch bin ja deſſentwegen bey dem Koͤnige in die hoͤchſte Ungnade gefallen / weil ich mein Vaͤterliches Erb -theil99theil nicht verlieren wolte; Warum ſolte ich denn auch bey meinem Freunde deſſentwegen in Ungnade geſetzet wer - den?

Jeh.

Das oͤffentliche Geruͤchte wird mich nicht betriegen.

Nab.

Und ich werde mich wider mein Ge - wiſſen nicht bereden laſſen: Jmmittelſt hat er ſo viel Freunde uͤbrig / daß er mei - ner entrathen kan / ſo mag der Himmel Richter ſeyn.

(Gehet ab.)
Jeh.

Jch mercke / daß mich eine falſche Zei - tung zu etwas verleitet hat / welches ich noch dieſen Augenblick werde entſchul - digen muͤſſen.

Anderer Handlung Zehender Auffzug.

Badezor der Printz von Zidon. Athalia die Koͤnigl. Printzeßin.
Bad.

So haben ſie bald die ſchoͤne Kunſt be - griffen / wie ſich eine Staats-Perſon in das Religions-Werck ſchicken ſoll.

Ath.

Jch muß bekennen / in des verdrießli -E 2chen100chen Hoffmeiſters Hauſe waͤre mir bald die Luſt zu allen weltlichen Dingen vergangen.

Bad.

Aber iſt nun das Hertze etwas leichter worden?

Ath.

Der Anfang iſt gut / ich will hoffen / es ſoll beſſer werden.

Bad.

Das ſtehet noch im Wege / daß man ſich noch etwas beſſers wuͤnſchen ſoll.

Arh.

Jch fuͤrchte mich noch immer der Suͤnde / wenn ich den Jſraelitiſchen Gott vergeſſen ſoll.

Bad.

Sie muͤſte ſich auch der Suͤnde fuͤrch - ten / wenn ſie den Baal von Sidon ver - geſſen ſolte.

Ath.

Jſt es mir doch niemals ſo ſchwer um das Hertze / wenn ich gleich einen Ba - als-Pfaffen was zuwider thue.

Bad.

Jch mercke die Urſache: Wer ſich in der Jugend ſolch Ding einbildet / der kan es die Zeit ſeines Lebens nicht aus dem Sinne kriegen: Sie wird es dem Herrn Hoffmeiſter ſchlecht dancken / daß er ihr ohne Noth einen ſolchen Scru - pel ins Gewiſſen geſetzet hat.

Ath.

Jch halte davor / das Gewiſſen iſtſchon101ſchon da geweſen / ſonſt wuͤrde der Hoff - meiſter ſo groſſe Gewalt nicht gefun - den haben.

Bad.
(ad ſpect.)

Die Koͤnigin will die Baa - litiſche Religion einfuͤhren / und nimmt ihre eigne Printzeßin nicht in acht. Wer bey uns ſoll beſtaͤndig ſeyn / der darff von der Jſraelitiſchen Religion durchaus nichts wiſſen; Einfalt / Unwiſſenheit und Gehorſam das ſind die beſten Prin - cipia, dadurch der Baal ſeine Kirche er - halten muß. Und nachdem dieſe Prin - tzeßin ſchon etwas klug iſt / ſo wird ihre Bekehrung ziemliche Muͤhe koſten.

(Ad Athal.)

Meine Printzeßin / die Religi - on iſt eine Sache / darvon derjenige am wenigſten weiß / der am meiſten diſpu - tiret.

Ath.

Aber wenn die Unwiſſenheit verdam̃ - lich waͤre?

Bad.

Jch glaͤube / was die Baals-Pfaffen glaͤuben: Die kommen mir ſchon zu ſtatten. Sie folge nur der Fr. Mut - ter nach / die laͤßt die Baals-Pfaffen ſingen / und hat indeſſen einen guten Muth / und wenn ihr der Reſident et -E 3liche102liche Stunden biß in die Nacht ver - treiben ſolte.

Ath.

Jch muß der Fr. Mutter Exempel fol - gen.

Anderer Handlung Eilffter Auffzug.

Badezor, Athalia treten auff die Seite. Iſabel, Abdalla der Reſident.
Jſab.

Mein Herr Reſident , der Spatzier - gang iſt uns ſehr angenehm geweſen.

Abd.

Jch habe nunmehr empfunden / daß die Erzehlung vom Paradieß nicht nur eine bloſſe Fabel iſt.

Jſab.

Jhr ſeyd hoͤhniſch: Eine ſchlechte Garten-Luſt hat den Ruhm nicht ver - dienet.

Abd.

Aber die hohe Koͤnigin hat ihn ver - dienet / welche den Garten koſtbar ma - chet.

Jſab.

Der Garten iſt koſtbar worden / daß ſo ein vornehmer Gaſt ſeine Vergnuͤ - gung darinne gefunden hat.

Abd.

Koͤnigliche Perſonen duͤrffen nichtfra -103fragen / ob ein ſchlechter Diener vergnuͤ - get wird.

Jſab.

Das iſt kein ſchlechter Diener / der in ſeinem Hertzen mehr als Koͤnigliche Qvalitaͤten fuͤhret.

Abd.

Ach wer bin ich?

Jſab.

Ein Cavallier / der auch Koͤnigliche Perſonen zur Liebe bewegen kan.

Abd.

Die Gnade gegen einen Diener hat keinen ſolchen Nahmen verdienet.

Jſab.

Aber wo eine Koͤnigin Gnade ſuchen muß / da iſt ſie gluͤckſelig / wenn ſie um Liebe bitten darff.

Abd.

Jch ſchweige / und verwundere mich uͤber mein Gluͤcke.

Jſab.

Mein Herr Reſident er komme etwas naͤher / und gebe uns Anlaß / daß wir uns auch uͤber unſer Gluͤcke verwundern duͤrffen.

(Sie will ihn kuͤſſen.)
Abd.
(Springt zuruͤcke.)

Jhr. Majeſt. halten an ſich / unſer Spiel moͤchte durch etliche Zuſchauer verderbet wer - den.

Jſab.

Jhr loſen Kinder / wie unvermerckt koͤnt ihr uns begegnen?

Bad.

Jhr Liebden laſſen ſich nicht mißfal -E 4len /104len / daß ich Gelegenheit nehme / etwas Angelegenes vorzubringen.

Jſab.

Gar gerne: Doch dieſe geliebte Perſon wird von dem Geheimniſſe nicht ausgeſchloſſen ſeyn.

Bad.

Nach Eu. Liebden Befehl.

Jſab.

Doch meine Printzeßin / wolt ihr euer divertiſſement unterdeſſen im Frauen - zimmer ſuchen?

Ath.

Was ſie ſchaffen / gnaͤdigſte Fr. Mut - ter.

(Gehet ab.)
Jſab.

Was haben wir nun vor Neues?

Bad.

Nicht viel Angenehmes. Es iſt mir leid um die gute Printzeßin. Der ver - dammte Hoffmeiſter Obadia hat ihr den Kopff mit ſolchen Grillen beſetzet / daß ſie durchaus unſern Baals-Pfaf - fen zuwider iſt.

Jſab.

Ach die Kindheit ſtecket ihr noch im Hertzen / wenn ſie den Staats-Geiſt recht empfinden wird / ſo werden ſich die unnoͤthigen Gedancken ſchon ver - lieren.

Bad.

Jch ſtehe aber in Sorgen / der Staats-Geiſt moͤchte ſich auff die Jſ - raelitiſche Partey wenden; Denn wasin105in der Jugend eingepflantzet wird / das koͤmmet bey heranwachſendem Alter zu Kraͤfften.

Jſab.

Unſer Hoff hat viel Wolluͤſte / darun - ter die Religions-Gedancken gar leicht erſticken.

Bad.

Die Jſraelitiſche Religion macht melancholiſche Koͤpffe / welche ſich offt den Wolluͤſten ſelbſt widerſetzen. Ach! daß ſolche Grillenfaͤnger nicht ſelbſt mit Strumpff und Stiel ausgerottet wer - den: Sie verderben die Kinder in der Jugend / daß ſie es ihr Leb-Tage nicht verwinden. Zum wenigſten bleibet eine affection gegen die Ketzer / daß ſie niemals gerne in die Verfolgung willi - gen.

Jſab.

So ſcheinet die Sache gefaͤhrlicher / als wir gemeynet haͤtten.

Bad.

Allerdings haͤtte der Propheten Knecht was Empfindliches verdienet. Doch was erhebet ſich?

E 5An -106

Anderer Handlung Zwoͤlffter Auffzug.

Javan. Arvad, Magur mit den andern Baals-Pfaffen. Hoſcha und die vorigen.
(Die Baals-Pfaffen tantzen und hincken ſingende uͤber das Theatrum hin; Hoſcha hincket hinten nach / und machet poßirliche Haͤndel. Dieſes wird geſungen / und vielmal repetirt:
[figure]

Wachſtu oder ſchlaͤffſtu ho ho / Wilſtu nicht erwachen

[figure]

ho ho / Baal / Baal wachſtu oder ſchlaͤffſtu

[figure]

ho ho / ꝛc.

Wie der Geſang zu Ende geht / er - greifft Iſabel Magur aus den Hauf - fen.)
Jſab.

Jhr guten Leute / was bedeutet der ungewoͤhnliche Tantz? Jſt etwan einUn -107Ungluͤcke im Lande / welches euer Baal nunmehr abwenden ſoll?

Mag.

Eu. Maj. fragen uns in einer Sa - che / darinn wir ſelbſten moͤchten berich - tet ſeyn.

Jſab.

Wir kommen von einer Spatzier - Reiſe. Wie ſollen wir wiſſen / was in Samaria vorgehet.

Mag.

Wir ſuchen Huͤlffe wider eine ſchnel - le Kranckheit.

Jſab.

Nennet lieber die Perſon.

Mag.

Jch fuͤrchte mich faſt.

Jſab.

Die Furcht erſchrecket uns faſt ge - doppelt.

Mag.

Ach es iſt -- Ach es iſt --

Jſab.

Wir haben es ſchon / es iſt unſer Printz.

Mag.

Ach nein / der Printz lebt nach unſerm Wunſche.

Jſab.

Heiſt aber dieſes eine Koͤnigin reſpe - ctiren / wenn ſie in ihrem Verlangen auffgehalten wird.

Mag.

Ach Jhro Majeſt. es iſt der Koͤnig ſelbſt.

Jſab.

Unſer Gemahl iſt kranck / und wir ſollen leben? Ach! die Augen wollenE 6uns108uns brechen / wir verſincken im Schmertz / wo Ahab ſtirbt / da muß ihm Iſabel das Geleite geben. Jhr Freun - de / ihr ſollet Zeugen ſeyn / daß wir gleich ſterben. Ach da iſt ein Exempel eheli - cher Liebe.

(Gehet ab / Abdalla fol - get ihr.)
Bad.
(ad ſpect.)

Du gute Schweſter / du darffſt vor mir nicht ſo klaͤglich thun. Welche mit dem Herrn Reſidenten et - liche Tage auff einer Spatzier-Farth zubringen kan / die wird ſich ihres kran - cken Gemahls halben nicht zu tode graͤ - men. Doch was hilffts? Hohe Staats - Perſonen muͤſſen offte zum Staate froͤlich ſeyn / und hiernechſt ein Staats - Betruͤbniß uͤber ſich ergehen laſſen.

(Gehet ab.)

Anderer Handlung Dreyzehender Auffzug.

Javan, Arvad, Magur, Hoſcha.
Jav.

Das war etwas unverantwortlich / daß die Koͤnigin durch die boͤſe Zeitung ſo ſchleinig erſchrecken muſte.

Arv.
109
Arv.

Jch hatte die Zeitung ſo lange auff - gehalten / biß ein ander Bote den Un - danck verdienet haͤtte.

Jav.

Oder ich haͤtte aus Einfalt die Unwiſ - ſenheit vorſchuͤtzen wollen.

Mag.

Nach geſchehenen Sachen ſind wir alle kluͤger.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Und wo ſich die Koͤnigin nur zum Poſſen ſo ſtellte / ſo bin ich der Kluͤgſte.

Jav.

Die Koͤnigin iſt unſer Schutz-Engel in dieſem Lande. Wer ſie beleidiget / der will uns ungluͤckſelig machen.

Arv.

Sie duͤrffte die Hand abziehen / ſo wuͤrden die Schwerdter bey dem gan - tzen Volcke gewetzet ſeyn.

Jav.

Oder wenn ihr was toͤdtliches begeg - nen ſolte / ſo wuͤrden wir mit blutigen Koͤpffen das Begraͤbniß halten.

Mag.

Deßwegen kan ich doch nicht zum Moͤrder gemachet werden.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Man ſiehts wohl / daß die Baals-Pfaffen keine Weiber haben. Sie dencken flugs / wenn eine Frau ohnmaͤchtig wird / ſo will ſie ſterben.

Jav.

Wir meynten durch unſer GebetE 7bey110bey dem Koͤnige ſonderlich recommen - diret zu werden.

Arv.

Nun wird die krancke Koͤnigin unſere recommendation verhindern.

Jav.

Oder der Unfall wird unſerm Gebe - te / als einer unkraͤfftigen Ceremonie zu - geſchrieben werden.

Mag.

Jch will hoffen / es werden ſich kluge Leute zu Richtern brauchen laſſen.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Jhr Leute ſeht auff mich: Bin ich klug / ſo ſind wir alle klug.

Jav.

Doch was machen wir / der Koͤnigin Unheil muß uns noch mehr zu Hertzen gehen.

Arv.

Und derjenige muß nach der erſten Poſt fragen / der die Sache verderbet hat.

Mag.

Jch erſchrecke vor dieſer Verrichtung nicht.

Jav.

So geht / und helfft uns aus dem La - byrinth / darinn ihr uns geſtuͤrtzet habt.

(Gehet ab.)
Arv.

Gedencket / daß ihr dem heiligen Or - den mit hoher Pflicht verwandt ſeyd. Wer ſeinen Fehler durch eine nach - folgende Tugend verbeſſert / der hat ge -dop -111doppelten Lohn verdienet.

(Gehet ab mit den andern ſtammen Baals - Pfaffen.)
Hoſ.

Herr / wo wir einen gedoppelten Lohn verdienen / ſo wollen wir mit einander gehen / damit haben wir etwas zu thei - len.

Mag.

Mache dich nicht zu mauſich / du kanſt mich noch zum Tantzmeiſter krie - gen. Doch itzt hab ich nicht Zeit.

(ge - het ab.)
Hoſ.

Viel Gluͤcks auff die Reiſe! Ste - cke doch ein bißgen Zitwer-Wurtzel zu dir / wenn irgend die Koͤnigin einmahl ohnmaͤchtig wird / ich will ein Schelm ſeyn / wo ich der Koͤnigin nicht helffen wolte / wenn ich nur einen guten Bruſt - latz von einem Sidoniſchen Reſidenten uͤbern Leib legete. Aber was gehts mich an / wer Leib-Medicus iſt / der mag vor den Bruſtlatz ſorgen.

(Gehet ab.)
An -112

Anderer Handlung Vierzehender Auffzug.

Ahab liegt im Bette. Obadia der Hoffmeiſter. Pashur der Cammer-Herr. Lud der Leib-Medicus.
Obad.

Jhro Majeſt. erweiſen ſich doch ſo gnaͤdig / und laſſen uns die Urſache die - ſer Kranckheit wiſſen.

Pas.

Das gantze Land iſt betruͤbt / weil es die Urſache ſeiner Traurigkeit nicht wiſſen ſoll.

Lud.

Und kein Medicus kan zu bewaͤhrten Mitteln greiffen / wofern ihm die Urſa - che der Kranckheit verſchwiegen wird.

Obad.

Ein Koͤnig hat zwar zu ſchaffen und zu laſſen / was er will: Doch einem ge - treuen Diener ſtehet frey zu bitten.

Pas.

Und wo die Bitte rechtmaͤßig iſt / da wird die Majeſt. nicht beleidiget.

Lud.

Und wo die Bitte durch ein heiliges Abſehen entſchuldiget wird / da begehet ein Diener keine Suͤnde / wenn er die Bitte vielmals wiederholet.

Obad.
113
Obad.

Jhro Maj. haben ſo geliebte Prin - tzen / welche durch die Unwiſſenheit dop - pelt erſchrecket werden.

Pas.

Und Jhro Maj. haben eine Gemah - lin / welche ſich das verborgene Ungluͤck doppelt zu Hertzen nimmt.

Lud.

Jhro Maj. haben hohe Anverwand - ten / welche den Medicum verfluchen werden / der ſein Amt ihren Gedancken nach verwahrloſet hat.

Obad.

Ach! ſind wir nun keiner Antwort wuͤrdig?

Pas.

Das Stillſchweigen iſt ein Zeichen der Ungnade.

Lud.

Und dieſe ungnaͤdige Kranckheit iſt ein Zeichen unſerer Ungluͤckſeligkeit.

Ahab.

Die Kranckheit iſt an ſich ſelbſt un - gluͤckſelig genug: Aber wenn ſich die - jenigen um des Patienten Bette ma - chen wollen / welche doch das wenigſte helffen koͤnnen / ſo moͤchte eine ſchlechte Kranckheit toͤdtlich werden.

Obad.

Gnaͤdigſter Koͤnig --

Ahab.

Wer alſo ſagen will / der darff un - ſere Gnade nicht verſpotten.

Pas.

Ach die Liebe --

Ahab.
114
Ahab.

Was Liebe? Wer ſich ſeinem Koͤ - nige widerſetzet / der hat die Liebe ſchlecht bewieſen.

Lud.

Aber meine Pflicht --

Ahab.

Was Pflicht? Wer uns nicht helf - fen kan / der ſoll an keine Pflicht geden - cken. Laſſet uns liegen / dieſe Unpaͤß - ligkeit will durch Stillſchweigen curiret ſeyn.

(Sie ziehen ſich von dem Bette weg / gegen in das euſſerſte Theatrum.)
Obad.

Jch will vor dem Himmel entſchul - diget ſeyn / daß ich in meiner Sorgfalt nichts unterlaſſen habe.

Paſ.

Gott weiß mein Hertze / wie gern ich dem Koͤnige moͤchte geholffen wiſſen.

Lud.

Und ich ſchaͤme mich / daß ich den Ti - tul Leib-Medicus fuͤhren ſoll.

Anderer Handlung Funffzehender Auffzug.

Dievorigen. Iſabel.
Jſab.
(Umfaſſet den Leib-Medicum)

Achmein115mein lieber Getreuer / ſoll ich leben / oder ſoll ich ſterben?

Lud.

Gnaͤdigſte Koͤnigin / ich weiß nicht.

Jſab.

Was heiſt dieſes / ſollen wir nicht wiſſen / wie der Koͤnig lebet / ſo muß die Sache gefaͤhrlich ſeyn.

Lud.

Wir wiſſen von keiner Gefahr.

Jſab.

So wiſſet ihr ja was Gutes.

Lud.

Das Boͤſe und das Gute iſt uns ver - borgen.

Jſab.

Pfleget man alſo mit hochbetruͤbten Perſonen zu ſchertzen.

Lud.

Ach eine Ungnade folget aus der an - dern: Jhro Maj. iſt kranck.

Jſab.

Ach dieſer Pfeil ſtecket uns ſchon im Hertzen. Wir wollen etwas Neues hoͤren.

Lud.

Allein die Urſache der Kranckheit ſoll niemand erfahren.

Jſab.

Ach ein ſchlechter Medicus, dem die Kranckheit verborgen iſt.

Lud.

Ach ein ungluͤckſeliger Medicus, dem das Fragen verboten iſt.

Jſab.

Bey dieſem unnoͤthigen Geſpraͤche kan des Koͤniges Leben verwahrloſet werden. Wer nicht helffen kan / dermache116mache ſich von dannen; Weil noch ein Bluts-Tropffen in dieſer Bruſt lebet / ſo ſoll auch der Koͤnig nimmermehr Huͤlffloß gelaſſen werden.

Lud.

Gnaͤdigſte Koͤnigin --

Jſab.

Jhr hoͤret / daß uns mit eurem unnuͤ - tzen Geſchwaͤtze nichts gedienet iſt / es hat ſich keiner auffzuhalten.

(Sie ge - het naͤher zum Bette.)
Obad.

Die Sache laͤufft ſo verwirret / daß ſich ein getreuer Diener auff den Ab - ſchied freuen moͤchte.

(Gehet ab.)
Paſ.

Wer von dem Koͤnige ungnaͤdig an - geſehen wird / der mag auch bey der Koͤ - nigin mit einer unguaͤdigen Mine vor - lieb nehmen.

(Gehet ab.)
Lud.

Jch halte / wer das Gemuͤthe curi - ren koͤnte / der moͤchte hier die beſten Proben thun. Denn er koͤnte den Koͤnig an der Schwermuth / die Koͤnigin an der Ungedult curiren.

(Gehet ab.)
An -117

Anderer Handlung Sechzehender Auffzug.

Ahab im Bette. Iſabel.
Jſab.

Ach mein Hertz! mein Koͤnig / in was vor einem Zuſtande ſind ſie begriffen? Ach! ſoll die Gemahlin nichts wiſſen / wenn die Gefahr ſo nahe zu ihrer See - len dringet?

Ahab.

Liebſte Gemahlin / es iſt nichts. Der Schlaff haͤnget uns zu / darum haben wir eine kurtze Ruhe im Bette geſucht.

Jſab.

Ach ſo muͤſſen diejenigen betrogen werden / welche die Wirckung der Liebe nicht empfunden haben. Es iſt eine Kranckheit vorhanden / mein Koͤnig.

Ahab.

Es hat keine Noth. Die Leute ha - ben unſere Ungnade verdienet / welche den Hoff mit einer falſchen Zeitung er - ſchrecket haben.

Jſab.

Ach die Ungnade faͤllt auff die betruͤb - te Gemahlin / weil ſie doch ſehen muß / daß ihr etwas verborgen bleibet / daran ihre Hoffnung und ihr Leben hanget.

Ahab.
118
Ahab.

Wir ſind nicht kranck: Jſt denn dieſes nicht genug?

Jſab.

Wer nicht kranck iſt / der nim̃t Spei - ſe zu ſich.

Ahab.

Ein Geſunder kan auch nach Belie - ben einen Faſt-Tag halten.

Jſab.

Aus einem ſolchen Faſt-Tag laͤſſet ſich gar ſchlechte Geſundheit abneh - men. Ach mein Koͤnig / was iſt denn vor ein Zufall / darvor unſere Sorge wachen ſoll.

Ahab.

Wir fuͤhlen nichts / es beſchweret uns nichts / wer uns etwas Gutes goͤn - net / der laſſe uns etwas ſchlummern.

Jſab.

Ach das iſt ein unzeitiger Schlaff.

(Die Scene faͤllt zu / und verbirget den Koͤnig.)

O weh! Nun iſt der Leib - Medicus wohl entſchuldiget / oder ich bin in gleicher Verdammniß. Es kan nicht anders ſeyn / es lieget dem Koͤnige was im Gemuͤthe / alſo / daß ihm der Kummer auch zu leiblichen Schmertz Anlaß giebet. Ach iſt niemand / der huͤlffloſen Perſonen mit einem guten Rathe erſcheinet.

An -119

Anderer Handlung Siebenzehender Auffzug.

Iſabel. Javan der oberſte Baals-Prieſter.
Jav.

Jhro Maj. ſie haben geruffet.

Jſab.

Liebſter Freund / wir wiſſen ſelbſt nicht / wen wir geruffen haben.

Jav.

Alſo hab ich auch nicht gewuſt / ob ich kommen ſoll.

Jſab.

Wir verlangen Rath und Huͤlffe.

Jav.

Gnaͤdigſte Koͤnigin / in was vor einer Sache?

Jſab.

Jn einer unbewuſten Sache.

Jav.

Da iſt der Rath unmoͤglich.

Jſab.

Das heiſt / wir ſollen verzweiffeln.

Jav.

Ach nein / es heiſt / man ſoll den Weg zur guten Hoffnung ſuchen / und wo - fern ich darff vorwitzig ſeyn / ſo wird die ungewiſſe Sorgfalt von Jhr. Maj. des Koͤniges Unpaͤßligkeit herruͤhren.

Jſab.

Dieſes Wort zwinget uns die Thraͤ - nen heraus. Alſo koͤnnen wir den Ur - ſprung dieſes Jammers nicht verhoͤlen.

Jav.

Es wird verhoffentlich keine Gefahr haben.

Iſab.
120
Jſab.

Wir ſind es aber nicht gewohnt / daß der Koͤnig die Urſache der Kranckheit nicht wiſſen laͤßt.

Jav.

Jhro Maj. wie wenn ſich ein getreuer Baals-Diener unterſtuͤnde nach dem Geheimniſſe zu forſchen.

Jſab.

Ach ein anders iſt forſchen / ein anders gewiß errathen.

Jav.

Wie wenn man auch das Geheimniß ſchon errathen haͤtte.

Jſab.

Jſt dieſes moͤglich / ſo begehet ihr eine groſſe Suͤnde / wenn ihr uns durch eure Verſchwiegenheit beleidiget.

Jav.

Behuͤte Baal! eine ſolche Patronin unſers geiſtlichen Ordens daꝛff nicht be - leidiget werden. Es iſt an dem / daß Jhro Majeſtaͤt zu Jeſreel ein beqvem Luſt-Haus anlegen wollen / und der Baumeiſter mag vermeynet haben / es wuͤrde das Werck etwas geſchickter zu diſponiren ſeyn / wenn Herr Naboth ſeinen Weinberg darzu uͤberlaſſen wolte.

Jſab.

Das iſt eine ſchlechte Sache. Durch tauſchen und kauffen kan man alles an ſich bringen.

Jav.
121
Jav.

Ja wohl haben ihre Majeſt. alle Mit - tel verſucht / ſie haben ſich gegen ihren Unterthan ſo erniedriget / daß man ſich verwundern muß. Gleichwohl blieb der hochmuͤthige Mann bey ſeiner ver - ſtockten reſolution, wie er das Erbtheil ſeiner Vaͤter nimmermehr enteuſern koͤnte. Dieſer Schimpff mag Jhr. Maj. nun tieff zu Hertzen gehen / weil ein Sclave und ein Unterthan der Koͤ - niglichen Hoheit ſo ſehr darff zuwider leben.

Jſab.

Ha / was waͤre vor ein Koͤnig - reich in Jſrael / wenn unſer Gemahl thaͤte / was die Unterthanen haben wol - len? Der Bettelhund ſoll mit ſeinem Weinberge am laͤngſten gepralet haben. Waͤre uns dieſer Schimpff begegnet / das Feld haͤtte mit ſeinem Blute ſchon ſollen geduͤnget ſeyn. Es iſt beſchloſſen / der verfluchte Naboth ſoll ſterben.

Jav.

Unſer heil. Orden wird einen groſſen Feind verlieren.

Jſab.

Deſto angenehmer ſoll die Rache ſeyn. Naboth iſt des Todes / deñ er will den Koͤnig toͤdten.

FJav.
122
Jav.

Allein unmaßgeblich von der Sache zu reden / es wuͤrde bey dem Volcke ſehr empfindlich auffgenommen werden / wenn der Mann ohn allen Schein des Rechtens ſterben ſolte.

Jſab.

Eine Schwalbe macht keinen Som - mer / und eine grauſame That macht keinen Tyrannen.

Jav.

Es ſolte aber an ſcheinbaren Urſachen nicht ermangeln. Man laſſe eine Fa - ſten ausſchreiben / und mitten in der Andacht laſſe man etliche falſche Zeu - gen aufftreten / welche den hochmuͤthi - gen Mann beſchuldigen / als haͤtte er Gott und den Koͤnig gelaͤſtert. Da - mit mag die Gemeine zufahren / und ſo viel Steine auff ihn werffen / als ſie will: Des Koͤnigs Perſon bleibet von allem Verdachte befreyet.

Jſab.

Der Rath iſt nicht uͤbel ausgeſonnen: Nur die falſchen Zeugen moͤchten das Spiel verderben.

Jav.

Darvor will ich ſorgen. Denn un - ter meinen Baals-Pfaffen iſt kein ein - tziger / der ſich auff meinem Befehl nicht zu einem Meineyde / uñ zu der ſchlim̃ſten Sache verſtehen wird.

Iſab.
123
Jſab.

Jſt es moͤglich / daß ihr ſo einen Tu - gendhafften Orden habt?

Jav.

Wo man dem Koͤnige und der Reli - gion mit einem Meineyde dienet / da bauet man ſich eine Stuffe in den Him - mel.

Jſab.

Gar recht. Wir wollen dem Koͤni - ge einen Troſt zuſprechen / und hernach in des Koͤniges Nahmen einen Befehl an die Elteſten nach Jeſreel ergehen laſ - ſen. Was die falſchen Zeugen belan - get / die werden euch auffs Gewiſſen ge - bunden.

Jav.

Jch will beweiſen / daß ich an gehoͤri - gen Orten falſch und zugleich auch Ge - wiſſenhafftig bin.

(Gehet ab.)
Jſab.

Nun wird der Geiſt wieder leben - dig / und nun wird Ahab wieder ſchlaffen und eſſen koͤnnen.

(Sie gehet zum Koͤnige hinein.)

Anderer Handlung Achtzehender Auffzug.

Sabadia Koͤniglicher Printz. Hoſcha.
F 2Sab. 124
Sab.

Mein ſage mir nur / wo haſt du den Mantel auffgeleſen?

Hoſ.

Wiſſet ihr nicht / daß ich ein Prophe - ten-Kind in der Baals-Pfaffen - Schule bin?

Sab.

Rede doch laut. Was ſagſt du? ein Propheten-Kind in des Teuffels Schule?

Hoſ.

Mit Zuͤchten zu reden / das war ziem - lich grob vor meine Wohlthat.

Sab.

Je / wem haſt du die Wohlthat er - wieſen.

Hoſ.

Euch und eurem gantzen Koͤniglichen Hauſe.

Sab.

Hilff Himmel! wie werden wir uns gegen dieſen Wohlthaͤter bedancken koͤnnen?

Hoſ.

Der Butter-Pretzel muß groß ge - backen ſeyn / wo ihr euch bedancken wollet.

Sab.

Aber insgemein pfleget man vor un - bekante Wohlthaten wenig Butter - Pretzel zu bezahlen.

Hoſ.

Ach ſo lieget es daran / daß ihm meine Wohlthaten nicht bekannt ſind.

Sab.

Du biſt ein feiner Menſch / dukanſt125kanſt meine Gedancken noch ziemlich faſſen.

Hoſ.

O ja / wenns zum faſſen koͤmmt / da greiff ich ſcharff zu. Doch laßt euch nur berichten. Hab ich nicht mit den Baals-Pfaffen itzo eine ſtatliche Ga - liarde getantzet / und iſt das nicht eine himmliſche Wohlthat?

Sab.

Du Phantaſte / was frage ich nach deinem Tantze.

Hoſ.

Hab ich nicht die Sarabande hinten nach auff einem Beine gemacht?

Sab.

Tantze meinetwegen auff dem Kopffe. Was geht es mich an?

Hoſ.

Laßt mich nur ausreden / es wird ſchon kommen. Hab ich nicht darzu ge - pfiffen wie ein Eſel / und geheulet wie eine Nachtigal.

Sab.

Jch hoͤre noch von keiner Wohlthat.

Hoſ.

Herr / nu koͤmmts. Jſt das nicht eurem Herrn Vater dem Koͤnige zum beſten geſchehen?

Sab.

Er mag ein ſchlechtes Labſal daraus empfunden haben.

Hoſ.

Ach wenn man kranck iſt / ſo koͤnnen die Baals-Pfaffen mit Singen undF 3Tan -126Tantzen groſſe Huͤlffe thun. Und iſt das nicht eine Wolthat ha? Soll mir ein Sohn nicht mit gebogenen Knien dancken / wenn ich den Vater beym Le - ben erhalte / ha?

Sab.

Wer iſt denn kranck / den du erhalten ſolt?

Hoſ.

Pfeifft euer Herr Vater nicht auff dem letzten Loche?

Sab.

Du Ertz-Boͤſewicht / ſolſtu aus Koͤ - niglichem Ungluͤcke einen Spott trei - ben? Siehe / dieſes haſt du verdienet.

(Schlaͤget ihn.)
Hoſ.
(ad ſpect.)

Sehet ihr / wie die Wol - thaͤter zu Hoffe tractiret werden?

(Laͤufft davon.)
Sab.

Ach weh! daß ich meinen Eiffer nur an einen ſolchen Sclaven auslaſſen ſoll. Jſt der Koͤnigliche Herr Vater kranck / ſo hat die zauberiſche Stieff - Mutter gewiß ein Suͤpgen gekocht / daß ihr Baſtarte den Thron deſto gewiſſer beſteigen ſoll. Ach weh! es iſt um uns geſchehen.

(Gehet ab.)
Drit -127

Dritter Handlung Erſter Auffzug.

  • Badezor der Printz.
    • Palal
    • Beor
    Elteſten.
Bad.

Alſo werden die Herren den Befehl von Jhr. Maj. verſtanden haben.

Pal.

Wir ſind Unterthanen / allein es ſchei - net wider Gott.

Beor.

Und die Falſchheit moͤchte an den Tag kommen.

Bad.

Jn Koͤniglichen Befehlen ſoll man nicht Gewiſſenhafftig ſeyn: Es gehet auff deſſelben Verantwortung / der es haben will.

Pal.

Ein Diener wird nur ſo weit ver - bunden / als die Gerechtigkeit ihr Ziel ſtecket.

Beor.

Und in unbillichen Sachen darff man ungehorſam ſeyn.

Bad.

Jhr guten Leute / was habt ihr vor ei - ne Beſchwerung von der uͤberfluͤßigen Ehrligkeit; Soll das wahr ſeyn / daßF 4ein128ein Diener ſeinem Herrn in unbilligen Sachen nicht gehorchen ſoll?

Pal.

Wir ſtehen in den Gedancken.

Beor.

Und die gantze Welt wird uns bey - fallen.

Bad.

Ach! ſind das nicht abſurditaͤten? Wer ſagt mir denn allezeit / ob die Sa - che unbillich iſt. Der Koͤnig iſt vielleicht gut genug / daß ein Unterthan von ſei - nem Befehl und von ſeiner Gerechtig - keit urtheilen ſoll.

Pal.

Wir reden von Sachen / die offenbar und gerecht ſind.

Beor.

Alſo richten die Unterthanen nicht ihren Koͤnig / ſondern ſie ergreiffen eine Sache / die ſchon gerichtet iſt.

Bad.

Wie kan mich doch die ſuperſtition in der Seelen ſchmertzen! Der Koͤnig befiehlet was / und da laͤſt ſichs wohl præſumiren / daß er die Billigkeit ſol - ches Befehls wohl erkennen wird. Nun will ſich ein Unterthan widerſe - tzen / und ſpricht / es waͤre unbillig. Wer ſoll nun Richter ſeyn? Jſt es beſſer / wenn der Koͤnig nachgiebet / oder kom - met es geſchickter herauß / wenn ſich dieein -129einfaͤltigen Unterthanen etwas demuͤ - thiger beqvaͤmen. Sie haben den Goͤttlichen Befehl vor ſich / daß man dem Koͤnige ſolle gehorſam ſeyn. Solte nun der Koͤnig auch was Ungerechtes aus Unwiſſenheit befehlen / ſo waͤren ſie vor der Welt und ihrem Gewiſſen ent - ſchuldiget. Denn ſie haͤtten als treue Unterthanen einen blinden Gehorſam abgeleget.

Pal.

Waͤre uns nur nichts davon geſagt worden.

Beor.

Warum ſollen wir eben wiſſen / daß falſche Zeugen dabey ſind?

Bad.

Jhro Maj. haben ſich deſſentwegen ſo vertraulich heraus gelaſſen / damit ſie der Koͤniglichen Gnade deſto beſſer moͤchten verſichert ſeyn. Jch darff nicht eben die Geheimniſſe des Koͤnig - lichen Hoffes entdecken; Aber wenn ſie wuͤſten in was vor reſpect ſie beyder - ſelts lebeten / und was ſie auch in kurtzer Zeit vor Belohnung zu hoffen haͤtten / ſie wuͤrden ſich ſchaͤmen / daß ſie mir nur mit einer difficultaͤt waͤren zuwider ge - weſt.

F 5Pal.
130
Pal.

Wir haben dieſen Zweiffel nicht deſ - ſentwegen entdecket / daß Jhro Majeſt. von uns ſolte beleidiget werden.

Beor.

Und es iſt nur geſchehen / daß unſe - re Treue deſto beſſer moͤchte bekannt werden.

Bad.

Und ich habe das Meinige verrichtet. Jhr. Maj. haben gute Gelegenheit ih - re getreue Diener auff die Probe zu ſe - tzen / und ſie ſelbſt werden wiſſen / was ſie vor recommendation und vor Be - lohnung verdienen ſollen.

(Gehet ab.)
Pal.

Was wollen wir thun? Des Koͤni - ges Hand und Siegel iſt da / daß Na - both ſterben ſoll. Wir koͤnnen wenig helffen / wenn wir uns gleich widerſe - tzen.

Beor.

Jch fuͤrchte / wir moͤchten ſo leichte in das Netz gezogen werden / als Naboth. Er iſt zwar mein guter Freund: Doch in der Welt muß ein ieder auff ſich ſe - hen / wo er bleibet / und alſo werde ich heute eine Falſchheit begehen muͤſſen.

Pal.

Die falſchen Zeugen moͤgen es auff ihr Gewiſſen hinnehmen: Wir wollen nach dem Geſetze urtheilen.

Beor.
131
Beor.

Bey dem Koͤnige ſind wir entſchul - diget / und bey dem Volcke trotzen wir auff unſere Gerechtigkeit.

Dritter Handlung Anderer Auffzug.

Die vorigen. Naboth, Amri, Naboths ſeine Kin - der. Jezer Elteſter. Laedan Koͤniglicher Richter.
Nab.

Es iſt eine Faſten ausgeſchrieben worden / und da wird man ſich wegen der Ehren-Stelle nichts einbilden duͤrffen.

Jez.

Wer dem Koͤnige mit ſo naher An - verwandſchafft verbunden iſt / der muß auch vor dem Volcke den Vorzug ha - ben.

Laed

Und wenn ich auch an dieſes Band nicht allzuviel gedencken wolte / ſo wiſſen wir doch / was ſeine Tugenden vor ei - nen reſpect verdienet haben.

Nab.

Ach worzu dienen die Reden / welcheF 6ſich132ſich mehr vor einen ſtoltzen Hoff-Die - ner / als vor einen bußfertigen Jſraeli - ten ſchicken.

Jez.

Das iſt die beſte Demuth / wenn man in oͤffentlichen Zuſammenkuͤnfften ſei - ner gebuͤhrenden Ehren-Stelle wahr - nimmt.

Laed.

Und wenn andere zu dem Vorgange genoͤthiget werden / ſo will man unver - diente Perſonen hoffaͤrtig machen.

Nab.

Der heilige Tag wird es nicht zuge - ben / daß wir uns mit unnoͤthigen Re - den auffhalten.

Pal.
(Kommt ihm entgegen)

Mein Herr koͤmmt eben zu gelegener Zeit. Denn im Nahmen des gantzen Volcks wird die Anſuchung gethan / daß er bey dieſer Faſten die Ober-Stelle bekleiden wolle.

Nab.

Die Ober-Stelle gehoͤret vor den Koͤnig.

Pal.

Und in deſſen Abweſenheit vor den naͤchſten Bluts-Freund des Koͤniges.

Nab.

Dem Koͤnige zu unterthaͤnigſtem Reſpecte ſoll ſie unbeſetzet bleiben.

Pal.

Dem Volcke zu Troſte / und zu Ver -meh -133mehrung der Andacht muß die Stelle beſetzet ſeyn.

Nab.

Alſo will ich dem Volcke gehorſa - men: Doch mit der Proteſtation, daß ſolches an meiner bußfertigen Demuth keinen Abbruch thun ſoll.

(Er nim̃t den oberſten Ort ein.)
Pal.

Die Herren Soͤhne werden folgen.

Nab.

Behuͤte Gott! wo man Ernſt-Sa - chen vor hat / da ſchickt es ſich nicht / daß man mit Kindern ſpielet. Entweder ich will die Stelle wieder verlaſſen / oder ſie muͤſſen unter dem Volcke ſtehen.

Pal.

Mein Herr laſſe ſich uͤberbitten.

Nab.

Jch habe dem Herrn die Freyheit - berlaſſen / etwas von mir zu erbitten. Nun iſt die Reihe an mir / daß ich et - was von ihnen erhalte / wofern ich ja zu wenig bin / daß ich meinen Kindern be - fehlen darff.

(Jezar fuͤhret die Soͤhne an das euſerſte Theatrum.)
Pal.

Auff Befehl des Herrn Vaters ſollen ſie da ihren Platz nehmen.

Nab.

Jch werde nicht allein ſitzen. Die Herren Elteſten nehmen ihre Stellen ein.

F 7Pal.
134
Pal.

Wie es befohlen wird.

(Sie ſe - tzen ſich)

Dritter Handlung Dritter Auffzug.

Dievorigen. Hilkia der oberſte Prieſter nebſt den ſingenden Prieſtern und dem gantzen Volcke.
Drey tieffe Trompeten werden ge - blaſen / das Volck und die Prieſter kom̃en in ihrer Ordnung her / und ſtellen ſich in einen Kreiß.
Hilk.

Nachdem der Durchlauchtigſte und Großmaͤchtigſte Koͤnig in Jſrael in Betrachtung der bißherigen und ſorg - lichen Laͤufften allerdings hochnoͤthig befunden / daß eine allgemeine Faſten moͤchte ausgeſchrieben / und alſo durch wahre Buſſe dem erzuͤrnten Himmel in die Ruthe gegriffen werden; Als wird ein iedweder getreuer Unterthan bey dem Reſpecte / welchen er der hohen Obrigkeit ſchuldig iſt / ja bey der Ehredes135des groſſen Gottes ſeibſt erinnert und vermahnet / alles fromm und heilig in Acht zu nehmen / welches zu einem ho - hen Buß-und Faſt-Tage dem Jſraeli - tiſchen Brauche nach erfodert wird. Wir Prieſter wollen das Unſere thun / ein iedweder wird wiſſen / wie er mit ſei - ner Andacht uns nachfolgen wird.

(Sie fangen an zu ſingen / und wer - den allemal tieffe Trompeten dar - zwiſchen geblaſen.)
Baſs.

Kommt herzu die Zeit iſt da / Fallet GOtt zu Fuſſe Durch betruͤbte Buſſe / Sonſten iſt die Straffe da.

Chor.

Wir kom̃en in ſchuldiger Demuth getreten / Und buͤſſen das Ubel mit Faſten und Beten.

Baſs.

GOtt der dort zu Abraham Als ein Gnaden Vater kam /

Chor.

Der komme noch ferner zu Abra - hams Kindern / So werden die Straffen ſich ſelb - ſten vermindern.

Baſs.
136
Baſs.

GOtt der Jſaacs Schutz Altar Und des Jacobs Beyſtand war.

Chor.

Der gebe noch ferner ſein hohes Gedeyen / So wird ſich der Samen von Ja - cob erfreuen.

Baſs.

GOtt der ſeinen Wunderſtab Moſi in die Haͤnde gab /

Chor.

Der laſſe noch ferner ſein Wunder erkennen / So lange wir Moſen in Jſrael nen - nen.

Dritter Handlung Vierdter Auffzug.

Die vorigen.
    • Nimſi Oboth
    Koͤnigliche Bedienten.
Nim.

Bey dieſer Andacht moͤchte man in GOttes Straffe verfallen / weil ſich eine verfluchte Perſon darunter befin - det.

Ob.

Jch werde mich gleichfals abſentiren / wofern ein Verfluchter in dem Volcke Gottes ſoll oben an ſtehen.

Nim.
137
Nim.

Wer um die Ehre GOttes eiffert / der folge mir.

Ob.

Und wer die Maj. des Jſraelitiſchen Koͤniges in Ehren haͤlt / der bleibe nicht zuruͤcke.

Jez.

Heiſt das der heiligen Faſten ihr Recht gethan / wenn man das Volck zu einem Auffſtande reitzen will?

Nim.

Es iſt ein Auffſtand / daran GOTT ſelbſt ein Gefallen hat.

Ob.

Und wer itzo ſtille ſitzet / der mag ein Verraͤther des Koͤniges heiſſen.

Jez.

Dieſe Worte ſind gefaͤhrlich / und ich kenne Perſonen / die ihr Leben daruͤber verlohren haben.

Nim.

Wer einen Gotteslaͤſterer ſchuͤtzen will / der komme und toͤdte mich.

Ob.

Und wer den Koͤnig kan verſpotten laſſen / der reiſſe mir das Hertze aus dem Leibe.

Jez.

So macht doch dieſelben Gotteslaͤ - ſterer nahmhafftig / damit wir uns der - ſelben entſchuͤtten koͤnnen.

Nim.

Derſelbe wird ſich uͤbel verklagen laſſen / der oben an ſitzet.

Ob.

Und wenn ich ſagte dieſer Nabothhabe138habe GOTT und den Koͤnig geſegnet / was wuͤrden wir damit ausrichten?

Jez.

Wer hat ſich der hoͤchſten Straffe ſchuldig gemacht?

(Sie ſtehen alle auff)

er ſoll ſterben / und wenn er ſei - nen Sitz noch ſo ſehr erhoͤhet haͤtte.

Nim.

Naboth iſt der Mann / der den Na - men Gottes mit ſeiner verfluchten Zun - ge entheiliget hat.

Ob.

Naboth iſt der Mann / welcher mit ſeinen Worten der Koͤniglichen Hoheit zunahe getreten iſt.

Nab.

Wer iſt ſo unverſchaͤmt / daß er die Unſchuld auch in der oͤffentlichen Ge - meine verfolgen will?

Jez.

Niemand iſt gerecht / und niemand iſt unſchuldig / ehe man die Sache unter - ſuchet hat.

Nab.

Dieſe Kerlen klagen mich an in ei - ner Sache / die ſie nimmermehr bewei - ſen koͤnnen.

Jez.

Fuͤhren ſie keinen Beweiß / ſo wird das Blut von ihrem Kopffe gefodert werden.

Nim.

Hier ſtehen die Zeugen / welche von ſchrecklichen Dingen ſagen werden / de -rer139rer ſich ein Menſch von dieſem alten Rebellen nimmermehr verſehen haͤtte.

Nab.
(ſpringt hervor)

Wer ſoll mich in meiner Unſchuld uͤberzeugen? Hier ſtehe ich / und ſo wahr der gerechte Gott mein Hertze pruͤffet / ſo wahr will ich auch alle Verleumdungen zu ſchanden machen.

Nim.

Wo Gewalt vor Recht gehen ſoll / und wo der Beklagte ſich trotzig anſtel - len darff / da wird ſich ein iedweder ſchaͤmen ein freyes Zeugniß abzulegen.

Jez.

Mein Herr / Naboths Unſchuld ſoll nichts abgehen / er hindere uns Elteſten in dem wichtigen Amte nicht / wir koͤn - nen die heiligen Faſten nicht fortſetzen / wo die Blutſchuld von Jſrael nicht gethan iſt.

Nab.

So moͤgen ſie hervor treten / ich weiß doch wohl / daß ſie mit Grund der Warheit nichts wider mich auff - bringen koͤnnen.

Jez.

Wer ſind die Zeugen?

Nim.

Mein Herr / ſie ſtehen hier.

(Die 2. Zeugen treten hervor.)
Drit -140

Dritter Handlung Fuͤnffter Auffzug.

Die vorigen.
    • Kora Reſeph
    falſche Zeugen.
Jez.

Wie ſind eure Nahmen?

Kor.

Mein Herr / ich heiſſe Kora, eines Frembdlingens Sohn von Tyro.

Reſ.

Und ich heiſſe Reſeph, aus dem Stam̃ Manaſſe.

Jez.

So habt ihr was unziemliches wider dieſen Naboth gehoͤrt?

Kor.

Allerdings haben wir mehr gehoͤrt / als wir von unſerm Munde bringen wollen.

Reſ.

Und wenn wir ohne Gefahr ſchwei - gen koͤnten / ſo wolten wir dieſes Zeug - niſſes gar gerne uͤberhoben ſeyn.

Jez.

Wer die Warheit ſaget / der ſtehet bey Gott und dem Koͤnige in Gnaden: Drum vollfuͤhret eure Erzehlung.

Kor.

Dieſer Naboth gieng in ſeinem Weinberg ſpatziren.

Nab.

Das iſt in vieler Zeit nicht geſche - hen.

Reſ.
141
Reſ.

Jch bin darbey geweſen: Niemand wird uns beyde zu Luͤgnern machen.

Kor.

So gruͤſten wir ihn im Namen des Herrn.

Nab.

Wie ſoll mich der gruͤſſen / der mich nicht geſehen hat?

Reſ.

Allerdings haben wir den Gruß ab - geleget.

Kor.

Doch an ſtatt des Danckens muſten wir hoͤren / daß er keinen Gruß von die - ſem Herrn verlangte / welcher das Land mit einem gottloſen und ketzeri - ſchen Koͤnige geſtraffet haͤtte.

Nab.

Wenn ihr was ertichten wollet / ſo muͤſſet ihr die Sache nicht ſo grob ma - chen / ſonſt wird ſie unglaͤublich.

Reſ.

Eben dieſe Worte ſind geredt wor - den / ich bezeuge es.

Kor.

Wir gaben zur Antwort / er ſolte ſich beſinnen / und wo er mehr Wein zu ſich genommen / als er vertragen koͤnte / ſo moͤchte er nur den Rauſch in Zeiten ausſchlaffen.

Nab.

Ach GOtt / dir iſt meine Maͤßigkeit bekannt! ich ſoll mich einer Voͤllerey beſchuldigen laſſen / und du wirſt es ambeſten142beſten wiſſen / was ich von Jugend auff vor einen Abſcheu an dieſem Laſter ge - habt habe.

Reſ.

Jch ſage nicht / daß er dazumal trun - cken geweſen / allein ich wolte nur die - ſes hohe Verbrechen dadurch entſchul - digen helffen.

Nab.

Ach ihr verfluchten Buben / was ſolt ihr mich entſchuldigen? Jch mercke wohl / daß ihr einen verdammten An - ſchlag uͤber mich ſchmieren wollet: Al - lein der Herr ſoll Richter ſeyn / der wird eure Boßheit an das Licht bringen / und zur Straffe ziehen.

Kor.

Sollen die Zeugen mit ſchimpffli - chen Titeln tractiret werden / ſo appelli - re ich an den Koͤnig / der mag meine Ge - rechtigkeit unterſuchen laſſen.

Reſ.

Und ich proteſtire / daß ich kuͤnfftig kei - ne Schuld tragen will / ſofern ich eine Blutſchuld wider Gott und den Koͤnig verſchweigen werde.

Jez.

Nicht ſo / nicht ſo ihr Leute; Hier gilt kein Anſehen der Perſon. Wer einer Miſſethat uͤberzeuget iſt / der muß ſter - ben. Jhr Herren Collegen / was duͤn -cket143cket euch von dieſer gefaͤhrlichen Sa - che.

Beor.

Die Zeugen muͤſſen ihre Auſſage durch einen oͤffentlichen Eyd erhalten.

Pal.

Jch haͤtte mehr zu erinnern: Aber man muß zuvor ſehen / ob ſie werden in dem Eyde beſtaͤndig ſeyn.

Laed.

Und der Eyd muß durch den Prie - ſter abgefodert werden.

Hilk.

So hoͤre nun alles Volck / iſt es recht / daß die Zeugen zu einem Eyde genoͤthi - get werden.

(alle zuſammen)

Ge - lobet ſey Gott / und lange lebe der Koͤ - nig / es iſt recht / und alles Volck ſage Amen.

Hilk.

Naboth ſo kommet her / und knict nieder; Eure Unſchuld oder eure Boß - heit muß an den Tag kommen.

Nab.

Was ſoll ich knien? Dieſes muß mir zugemuthet werden / wenn man mich uͤberwieſen hat.

Hilk.

Wer auff ſeine Unſchuld trotzen kan / der darff ſich keines boͤſen Ausganges beſorgen.

Nab.
(Kniet)

Hie bin ich / wer eine Handvoll Blut haben will / der habe denSegen144Segen und den Lohn darzu / den er ver - dienet hat.

Hilk

Jhr beyden Zeugen kommet herzu / leget die Haͤnde auff des beſchuldigten Haupt / und ſprecht mir die Worte or - dentlich nach.

Reſ.
(Zeucht Kora auff die Seite / und ſagt heimlich zu ihm:)

Das habe ich nicht gewuſt / daß man uͤber der leicht - fertigen Sache ſeine Seele verſchwe - ren ſoll.

Kor.

Ach du Narr / lege nur das Eyd ab / unſere Baals-Pfaffen haben die Ge - walt Suͤnde zu vergeben / ſie werden uns ſchon ein gutes Hertz zuſprechen.

Hilk.

Jhr Zeugen / was verziehet ihr?

Kor.

Der gute Menſch machet ſich ein Ge - wiſſen / daß er mit ſeinem Zeugen dieſes Mannes Tod befoͤrdern ſoll.

Hilk.

Der Tod eines ſchuldigen Mannes iſt bey Gott ſo angenehm / als ein Opf - fer. Tretet herzu / und verrichtet / was euch befohlen iſt.

(Sie treten hey - zu / und legen die Haͤnde auff den Kopff.)
Kor.

Und hiermit will ich mein Zeugniß be - kraͤfftigen.

Hilk.
145
Hilk.

So verhaͤlt ſich dieſes in der War - heit ſo / was ihr bekennet habt?

Kor.

und Reſ. Ja es verhaͤlt ſich ſo.

Hilk.

Soll Gott euren Saamen vom Erdboden vertilgen / und ſoll euer Nah - me aus dem Buche des Lebens gele - ſchet werden / ſo fern ihr die Unwarheit ſaget?

Kor.

und Reſ. Ja es ſoll geſchehen.

Hilk.

Und ſo bleibet ihr nochmals darbey / ſo wahr ihr der zeitlichen und ewigen Blutſchuld wollet befreyet ſeyn?

Kor.

und Reſ. Ja wir bleiben darbey.

Hilk.

Es iſt klar / Naboth muß ſterben / o - der Gott bleibet unverſohnet / und die Faſte wird vergebens gehalten.

(Sie treten auff die Seite / die vier Elteſten ſpringen von ihren Stuͤ - len / und treten in die Mitten.)
Jez.

Ach es iſt mir von Hertzen leid / wo die - ſer redliche Mann zu guter letzt ſo eine Thorheit begangen hat.

Beor.

Jch wolte die Helffte meines Blutes auffſetzen / wenn der Sache zu rathen waͤre: Allein wer will ſich an Gott und dem Koͤnige verſuͤndigen.

GPal.
146
Pal.

Wo man dem ehrlichen Manne helf - fen will / ſo darff man keine Handvoll Blut darzu. Man unterſuche die Zeug - niſſe beſſer.

Laed.

Man verhoͤre ſie abſonderlich / alſo - dann erkenne man / ob ihr Zeugniß - berein ſtimmen wird.

Jez.

Man koͤnte ſich in der langen Verhoͤr vertieffen / biß der Faſt-Tag wieder zu Schanden ginge.

Pal.

Wer unſchuldigen Perſonen zur Ge - rechtigkeit hilfft / der thut den beſten Gottesdienſt.

Beor.

Der Prieſter hat den Eyd abgefo - dert / und ſein Ausſpruch iſt Gottes Stimme.

Laed.

Es iſt nicht das erſtemal / daß ſich verwegene Leute zu einen Meineyde verbunden haben. Man verhoͤre die Zeugen abſonderlich.

Jez.

Es ſcheinet / als wenn etliche unter den Elteſten an der Gotteslaͤſterung Gefal - len haͤtten.

Beor.

Und durch eine lange Verhoͤr wol - len ſie die Laͤſterung wider den Koͤnig verdoppeln.

Pal.
147
Pal.

Wo gehet der Gerechtigkeit was ab / wenn man einem Beklagten die Rich - terlichen Wolthaten zukommen laͤßt.

Laed.

Jch ſage noch einmal / man uͤberei - let ſich / wo der Beklagte wegen dieſer ungewiſſen Ausſage ſterben ſoll.

Jez.

Wollen andere kluͤger ſeyn / ſo moͤgen ſie an meine Stelle treten. Meinet - wegen mag Naboth gar loßgezehlet werden.

Nim.

Das Volck richtet ſich nach des Prieſters Ausſpruche. Wollen ſich die Elteſten zancken / ſo moͤgen ſie es thun / wenn Naboth geſtorben iſt. Auff ihr rechten Jſraeliten / greifft nach den Steinen / Gott und der Koͤnig will durch dieſes Blut geehret ſeyn.

(Sie fangen einen Tumult an / die Trompeten klingen darzwiſchen / und alſo wird Naboth von dem gantzen Volcke geſteiniget / Na - boths beyde Soͤhne gehen durch. Jn waͤhrendem Tumulte faͤlt die Mittel-Scene zu / und verbirget den Todten / auch die Prieſter / die Elteſten und Soldaten ſchleichenG 2all -148allmaͤhlich von dem Theatro. Auch ehe ſolches geſchehen kan / iſt Ho - ſcha dabey / und treibet ſeine Kurtz - weil.

Dritter Handlung Sechſter Auffzug.

    • Enan Michri
    Buͤrger von Jeſreel.
En.

Nun wir haben eine Faſten erlebet / welche unſere Kindes-Kinder nicht ver - geſſen werden.

Mich.

Jch halte davor Naboth iſt un - ſchuldig.

En.

Wo die Manier auffkommet / ſo muͤſ - ſen wir uns alle ſteinigen laſſen.

Mich.

Die alten Herren hatten Luſt dar - zu / drum eileten ſie mit dem armen Suͤnder / daß ſie nur ſeiner loß wurden.

En.

Und wenn ich nur haͤtte die Zeugen kennen ſollen. Wo ins kuͤnfftige alle Schelmen zum Schweren gelaſſen werden / ſo wird kein redlicher Mann ſi - cher ſeyn.

Mich.
149
Mich.

Jch traue meinem Geſichte nicht viel / ſonſt wolte ich ſagen / ich haͤtte einen Zeugen bey den Baals-Pfaffen geſe - hen.

En.

Jch wills nicht widerſtreiten: Die Herren haben eine feine Religion / wenn es zum Schweren koͤmmt.

Mich.

Sie thun heute einen Schwur / daß ſie morgen falſch ſchweren wollen / alſo begehen ſie die Suͤnde mit gutem Ge - wiſſen.

En.

Gott erbarme ſich der Tugend / die in ihre Klauen gerathen wird.

Mich.

Ach Gott erbarme ſich der Leute / die unſchuldig unter ſolchen Leuten ge - aͤngſtiget werden.

En.

Der ehrliche Naboth hat das Seini - ge uͤberſtanden.

Mich.

Wehe denen / die ſich noch alle Tage fuͤrchten muͤſſen.

En.

Es ſoll mich Wunder nehmen / wo die Baals-Pfaffen keinen Anſpruch auff ſeinen Weinberg machen.

Mich.

Was haͤtten denn die Kinder ge - ſuͤndiget / daß ſie das Erbtheil verlieren ſolten?

G 3En.
150
En.

Vielleicht muͤſſen ſie zugleich ſterben.

Mich.

Jch beſorge ſehr / die Grauſamkeit wird bey der eintzigen Perſon nicht auffhoͤren.

En.

Ach du getreuer Naboth / dein Tod wird meinen Haß wider die verfluchten Baals-Pfaffen lebendig machen.

Mich.

Ach Naboth meine Thraͤnen ſollen Zeuge ſeyn / daß ich dich als einen un - ſchuldigen Mann beweine.

En.

Ach Naboth / wenn deine Feinde im e - wigen Schimpffe liegen werden / ſo wird man von deiner Unſchuld ewig zu ſagen wiſſen.

(Gehet ab.)
Mich.

Ach weh! der Vornehmſte aus un - ſerm Volcke iſt dahin.

(Gehet ab.)

Dritter Handlung Siebender Auffzug.

Badezor der Printz von Zidon / Hoſcha. Jezer der Elteſte von Jeſreel.
Bad.

Biſt du nicht beym Opffer gewe - ſen?

Hoſ.
151
Hoſ.

Das war eine Fꝛage vor einen neu - gebackenen Baals-Pfaffen.

Bad.

Die Antwort ſolte mit neubackenen Naſeſtuͤbern belohnet werden.

Hoſ.

Jch will hoffen / mein Ehren-Kleid wird was beſſers verdienet haben.

Bad.

Was auff die Naſe koͤmmt / das wird dem Ehren-Kleide kein præjudiz erwe - cken.

Hoſ.

Wo ich alle Tage im Naſen-Fut - ter gehen ſoll / ſo lauffe ich aus dem Orden.

Bad.

Sagſtu mir noch nicht / was beym Opffer und bey der Faſten vorgangen iſt?

Hoſ.

Jch bin ein Baaliter. Was gehen mich die Ketzer an.

Bad.

Du bleibſt ein Narr / wenn du gleich zehn Baals-Caſeln uͤbereinander wuͤrffeſt. Da koͤmmt einer / der mich beſſer berichten ſoll.

(Jezer koͤmmt.)
Hoſ.

Und da iſt einer / der wohl anderswo hin ſpatzieren kan.

Bad.

Jch erfreue mich den Herrn anzu - treffen.

Jez.

Uñ ich veꝛgnuͤge mich einer ſo gnaͤdigen Perſon zu begegnen.

G 4Bad
152
Bad.

Jſt der Poſſen gleichwohl angegan - gen / hat Naboth ſterben muͤſſen?

Jez.

Ja vor dißmal iſt er tod: Wir haben gethan / was Recht und Urthel mit ſich bringet.

Bad.

Aber hatte das Volck irgend ein Mitleiden?

Jez.

Man ließ die Sache nicht zu einem weitlaͤufftigen Mitleiden kommen. Ehe das Volck der Sache nachdencken kon - te / ſo war die execution vollzogen.

Bad.

Jhr habt das Eurige wohl verrichtet; Allein wie ſtelleten ſich die unſchuldigen Kinder / daß ſie den Vater auch im To - de begleiten ſolten?

Jez.

Was vor Kinder / mein Herr?

Bad.

Jſt das nicht Rechtens bey euch / daß eine ſolche Blutſchuld an einer gantzen Familie geſtrafft wird?

Jez.

Wir haben den Willen Jhro Maj. ſo weit nicht errathen koͤnnen?

Bad.

Alles iſt verlohren und verdorben / wo die Kinder nicht heute noch zur Straffe geſucht werden / und wenn es nachblei - ben ſolte / ſo moͤchte das Blut / welches ihr wider des Koͤniges intention vergoſ -ſen153ſen habet / auff euren Koͤpff kommen.

Jez.

Mein Herr gebe ſich zufrieden: Gleich itzo ſoll Befehl ergehen / daß ſeine Kin - der ſterben ſollen.

Bad.

Es wird dem Koͤnige gedient / und ſo wird euer Lohn gedoppelt.

(ad ſpect.)

Ja wohl / ſo hat der Koͤnig das naͤchſte Recht zum Weinberge / wenn die Kin - der vor die Hunde gehen.

(Gehet ab.)
Jez.

Jch ſehe wohl / wer ſich groſſen Herren zu Gefallen in eine Suͤnde waget / der muß die Probe mehr als einmal able - gen. Doch ehe ich meinen Hals will in Gefahr ſetzen / ſo moͤgen den unſchul - digen Kindern die Haͤlſe gebrochen werden.

(Gehet ab.)

Dritter Handlung Achter Auffzug.

Ahaſia der Koͤnigliche Printz. Thirza Naboths Tochter.
Ahaſ.

Meine Schoͤne / ſo hat ſie beſchloſſen traurig zu ſeyn.

Thir.

Mein Printz / ſo wenig das WetterG 5in154in meiner Gewalt ſtehet / daß ich uͤber Regen und Sonnenſchein gebieten kan / ſo wenig kan ich meinem Gemuͤthe befehlen / wenn ich mit melancholiſchen Gedancken belaͤſtiget werde.

Ahaſ.

Allein hierdurch werden auch meine Gedancken belaͤſtiget.

Thir.

Es iſt mir leid / und gleichwohl habe ich keine Schuld.

Ahaſ.

Man ſaget ja ſonſt im Spruͤchwort / die Liebe ſey ſtaͤrcker als der Tod / war - um ſoll denn meine Liebe nicht ſtaͤrcker ſeyn als ihr Betruͤbniß.

Thir.

Mein Printz / waͤre es moͤglich / daß ein Blick zu meinem Hertzen offen ſtuͤn - de / ſie wuͤrden ſelbſt geſtehen / daß ich in tauſend Aengſten verſchmachten moͤchte.

Ahaſ.

Aber alſo dann wuͤrde ich auch die Urſache darbey erkennen.

Thir.

Jch weiß nicht / was mich druͤcket: Aber ich bin in rechter Todes-Angſt be - griffen.

Ahaſ.

Mein Kind! wo ſie von Todes - Angſt reden will / ſo werde ich auch we - nig Lebens-Gedancken fuͤhren duͤrffen.

Thir.
155
Thir.

Es ahnet mir was: Es mag nun meinen oder der Meinigen Tod bedeu - ten / ſo beſorge ich doch / das Ungluͤck wird mir nahe genug kommen.

Ahaſ.

Sie fuͤrchte ſich nicht: Ehe ſie dem geringſten Ungluͤcke ſoll unterworffen ſeyn / ehe will ich die Pfeile mit meiner bloſſen Bruſt aufffangen.

Thir.

Vielleicht ſterben wir alle beyde.

Ahaſ.

Aber vielleicht bleiben wir alle leben - dig.

(Kuͤſſet ſie.)

Dritter Handlung Neundter Auffzug.

  • Michri ein Buͤrger von Jeſreel. Ahaſia der Koͤnigliche Printz.
    • Thirza, Amri, Nebath.
    Naboths Kinder.
Mich.

Ach! ihr Kinder / itzo muͤſt ihr lauf - fen lernen / die Verfolgung iſt zu grim - mig.

Amr.

Ach was haben wir gethan?

Mich.

Eben darum ſolt ihr ſterben / weil ihrG 6nichts156nichts gethan habt. Kommt nur fort / biß wir eine Hoͤle finden / darinn ihr euch vor dem Ungluͤcke verbergen koͤn - net.

Ahaſ.

Guter Freund / wohin ſo eilfertig?

Mich.

Ach weh / was ſoll ich ſagen?

Thir.

Hilff Himmel / es ſind meine Bruͤ - der! Ach mein liebes Maͤnnchen / wie ſchet ihr ſo erſchrocken aus?

(Sie kuͤſ - ſet Nebath.)
Neb.

Jch ſoll ſterben / und wo ich nicht ſter - ben will / ſo muß ich mich verſtecken.

Thir.

Mein liebes Maͤnnchen wer hats geſagt?

Neb.

Jch weiß nicht. Der Mann da muß es beſſer wiſſen.

Thir.

Ach was ſtecket vor ein Geheimniß hinter dieſer Sache? Mein Freund haltet euch nicht auff / und ſaget mir die Warheit.

Mich.

Die Noth zwinget mich / daß ich die Warheit ſagen muß: Naboths ge - ſammte Kinder werden zum Tode ge - ſucht: Alle Straſſen ſind voller Kund - ſchaffer zu Roß und Fuß / mit ausdruͤck - lichem Befehl / daß ſie tod oder lebendigſollen157ſollen gelieffert werden: Alſo habe ich in Betrachtung der alten Freundſchafft einen Schlupff-Winckel vor die un - ſchuldigen Kinder ſuchen wollen.

Ahaſ.

Ein Koͤnigs Sohn ſoll ſo viel Kraͤff - te haben / alle Kundſchaffer zu erſchre - cken. Doch warum ſitzet Herr Na - both ſtille? Kan er ſich dieſer Gewalt nicht widerſetzen?

Mich.

Ach es iſt unmuͤglich.

Thir.

O weh! die Urſache meiner Trau - rigkeit eroͤffnet ſich.

Mich.

Er iſt als ein Gottes-und Koͤnigs - Laͤſterer geſteiniget worden.

Thir.

Ach Himmel! Jch folge dem Herrn Vater.

(Sie will niederſincken.)
Ahaſ.

Ach meine Schoͤne / will ſie mir in den Armen ſterben? Ach kommt und helffet Rath ſchaffen. Darnach wol - len wir auch ſehen / wie den andern ge - holffen wird.

Mich.

Jch beſorge / der gute Rath wird ſich ſehr theuer machen.

(Thirza wird von ihnen hinein gebracht.)
G 7Drit -158

Dritter Handlung Zehender Auffzug.

  • Hoſcha.
    • Nimſi Oboth
    Koͤnigliche Bedienten mit etlichen Soldaten.
Hoſ.

Luſtig / nun hab ich von meinem Com - mendanten die Freyheit / daß ich wieder als ein Politicus auffziehen mag / und da kriegen mich die braven Leute gleich in ihre Compagnie / daß ich ein Menſchen - Fiſcher werden ſoll.

Nim.

Nun biſt du parat / wo wir etwas finden / ſo ſtehts uns nicht an / daß wir zugreiffen.

Ob.

Und du wirſt mit deinen Handlangen was verdienen koͤnnen.

Hoſ.

Jch laſſe mich nicht bezahlen als ein Handlanger: Jch daͤchte / ſo ein Alt - Geſelle haͤtte was beſſers verdient.

Nim.

Die Probe wird es ausweiſen / was du verdienen kanſt.

Ob.

Und es ſcheinet / als wenn wir etwas von unſerm Wildprete merckten: Wir werden uns verſtecken.

(Sie verſte - cken ſich.)
Drit -159

Dritter Handlung Eilffter Auffzug.

Michri ein Buͤrger von Jeſreel. Amri Naboths Sohn. Hernach die Verſteckten.
Mich.

Ach bleibet doch zuruͤcke / ich ſoll vor die Patienten etwas Artzney holen / dar - nach komm ich wieder.

Amr.

Ach mein Freund / ich gebe euch nur auff etliche Schritte das Geleite.

Mich.

Auch in etlichen Schritten koͤnnen wir verrathen werden.

Amr.

Jch will mich ſchon in acht nehmen / es ſoll mich niemand antreffen.

Mich.

Nun ſo lebet wohl / Gott helffe / daß ich euch in wenig Stunden wieder ge - ſund antreffe.

(Gehet ab.)
Amr.

Jch will hoffen / es wird mir nichts Gefaͤhrliches begegnen. Ach waͤre mein ſeliger / mein unſchuldiger Herr Vater ſo gluͤckſelig geweſen / daß er ſei - nen Feinden ſo leichte haͤtte entlauffen koͤnnen / ach ſo wolten wir unſer Leben noch etwas beſſer in acht nehmen.

Hoſ.
160
Hoſ.
(Koͤmmt hinter ihm her geſchli - chen.)

Einen gluͤckſeligen guten Tag / mein liebes Junggeſellgen.

Amr.
(Entſetzet ſich.)

Wer iſt da?

Hoſ.

Ein guter Freund.

Amr.

Die guten Freunde ſind heutiges Tages gar ſeltſam.

Hoſ.

Ja meinesgleichen ſind nicht viel an - zutreffen.

Amr.

Aber was habt ihr hier zu thun? fon - ſten gehet die Straſſe nicht hierher / daß viel Leute einander begegnen ſollen.

Hoſ.

Weil ihr mein guter Freund ſeyd / ſo will ich nur gleich zuſagen / was ich zu verrichten habe. Es ſoll hier ein Schatz verborgen liegen / und der ſoll mir be - ſcheret ſeyn.

Amr.

Was hat man denn vor ein Merck - mahl / wenn einem der Schatz beſcheret iſt?

Hoſ.

Jch gieng gleich die Straſſe hin / ſo ruffte was dreymal nach einander: Hundsfutte / da dachte ich wol / ich wuͤr - de gemeynet ſeyn / uñ nun waꝛte ich nur / biß ein Feuerfuncken auffſpringet / da will ich ſchon der Naͤchſte beym Scha - tze ſeyn.

Amr.
161
Amr.

Jch beſorge immer / es wird heute ein Tag ſeyn / da die Feuer-Funcken nicht ſpringen.

Hoſ.

Unterdeſſen thue ich das Meinige und ſuche.

(Nimſi Oboth kommen hervor ge - ſprungen.)
Nim.

Wer iſt der Schelm / der andern Leuten in das Gehege koͤmmt?

Ob.

Wir wollen dir weiſen / was Forſt - Gerechtigkeit vor ein Ding iſt.

Hoſ.

O ihr Herren / ich bin der alten Kraͤu - ter-Frauen ihr Sohn: Jch wolte nur ſehen / ob die Weißwurtzel hier waͤchſt / ich thue ſonſt keinen Schaden.

Nim.

Da fragen wir viel darnach / wer deine Mutter iſt; Wir haben Befehl / daß wir alle Strauchdiebe greiffen ſollen.

Hoſ.

Je nu / wenn ihr mich ja greiffen wol - let / ſo greiffet mir nur an einen Ort / da mirs wohl thut / und das bitte ich / laſſet mir nur den lieben Menſchen zufrieden: Denn das weiß ich / daß er gantz und gar nichts gethan hat.

Ob.

Du ſolſt uns vorſchreiben / was wirthun162thun oder laſſen ſollen. Fort / gebet euch gefangen / und laſſet euch die Wege weiſen.

Hoſ.

Jch will doch ſehen / was ihr mit mir machen werdet.

Amr.

Aber warum ſoll ich mitgehen? Jch habe nichts gethan. Der Weg wird nicht verboten ſeyn.

Nim.

Seht doch den naſeweiſen Purſchen an. Es iſt Wunder / daß ihr uns nicht gefangen nehmet.

Amr.

Jch will niemanden zureden; Aber das iſt doch wahr / ich habe nichts ge - than.

Ob.

Wir ſind deßwegen nicht ausgegan - gen / daß wir im Puſche Ceremonien machen. Wem unſere Manier nicht gefaͤlt / der mag ſich wehren.

Nim.

Du Vogel greiff zu / oder wir laſſen dich greiffen.

Amr.

Jch will mich gerne loͤſen / ich will euch geben / was ihr haben wolt / braucht nur keine Gewalt an mir.

Hoſ.

Jch proteſtire / daß ich es nicht gerne thue. Nun fort fort.

(er ſchleppet ihn hinein.)
Dritter163

Dritter Handlung Zwoͤlffter Auffzug.

Ahaſia der Koͤnigliche Printz. Nimſi ein Koͤniglicher Bedienter.
Ahaſ.

Der junge Menſch hat ſich aus un - ſerer Geſellſchafft gemacht. Jch be - ſorge gewiß / er wird etlichen falſchen Freunden in die Haͤnde gerathen ſeyn. Doch ſiehe da / was will dieſer unver - hoffte Gaſt.

Nim.

Jhro Durchlauchtigkeit laſſen ſich meine Ankunfft nicht uͤbel gefallen. Jch habe eine Commisſion, die ich lieber ei - nem andern wuͤnſchen moͤchte.

Ahaſ.

So werde ich vielleicht nicht einmal verlangen die Commisſion anzuhoͤren.

Nim.

Jch muß das Meinige thun. Es will verlauten / als haͤtten Eu. Durchl. des Naboths Kinder in Schutz genom - men / und weil ſie gleichwohl als ver - dammte Perſonen noch dieſen Tag ſterben muͤſſen / wofern der heiligen Fa - ſten kein Abbruch geſchehen ſoll; So leben ſo wohl die geſammten Elteſtenin164in Jeſreel / als auch die Prieſter / nebenſt dem gantzen Volcke des gehorſamen Vertrauens / Eu. Durchl. werde in dieſer gerechten Sache keine Hinderniß ihnen in den Weg werffen.

Ahaſ.

Hoͤrt doch / wolt ihr Naboths Kin - der von mir haben / und kommt allein auffgezogen.

Nim.

Wo man ſich einer guten reſolution erſiehet / da darff man keine armée auff - bieten.

Ahaſ.

Aber ich ſage / wenn ſich auch das gantze Volck Jeſreel wider mich em - poͤren ſolte / ſo wuͤrde doch die Sache zweiffelhafftig bleiben / ob Naboths Kinder eben dieſen Tag ſterben ſol - ten.

Nim.

Durchl. Printz / was haben ſie vor Urſache / daß ſie Gott und dem Koͤnigl. Herrn Vater zuwider leben.

Ahaſ.

Jch will verhoffentlich einen rech - ten Gottesdienſt begehen / wenn ich un - ſchuldigen Perſonen behuͤlfflich bin.

Nim.

Die unſchuldigen Kinder muͤſſen ei - nes ſchuldigen Vaters Miſſethat tra - gen.

Ahaſ.
165
Ahaſ.

Aber was hab ich vor Miſſethat be - gangen / daß ich mir die Liebſte aus den Armen ſoll reiſſen laſſen? Soll ein Koͤ - niglicher Printz deßwegen ſterben / weil ſein Herr Vater von einem andern ge - laͤſtert worden?

Nim.

Es iſt ein Ungluͤck / welches von dem Verhaͤngniſſe zugeſchicket wird.

Ahaſ.

Vielleicht wird man ſich dieſem Verhaͤngniſſe noch widerſetzen koͤnnen. Meine Liebſte ſoll weder im Leben noch im Tode von mir geſondert ſeyn.

Nim.

Eu. Durchl. haben raiſon, daß ſie ein Wort vor die Liebſte ſprechen. Aber was haben ſie einzuwenden / wenn wir die Soͤhne verlangen?

Ahaſ.

Jch muß das gantze Haus in Schutz nehmen / wenn ich eine Perſon zu meiner Vergnuͤgung ausſuchen will.

Nim.

Durchl. Printz / ſie haben meinen Vorſehlag: Vielleicht waͤre es der Ge - rechtigkeit genug / wenn die Soͤhne zum Tode gebracht wuͤrden: Das Geſetze zielet ſchwerlich auff die Weibesbilder. Hier iſt mein Parol, wo der kleine Sohn paſſiret wird / ſo wird niemandan166an die wunderſchoͤne Thirza einen An - ſpruch machen.

Ahaſ.

Ach es iſt ſchwer / ſo eine zweiffelhaff - tige reſolution zu faſſen.

Nim.

Sie bedencken des Herrn Vaters Zorn / und der Koͤnigl. Fr. Mutter Ge - ſchwindigkeit: Bleibet doch die Liebſte unverletzt: Ein ſolcher Knabe wird der Vergnuͤgung wenig Nutzen oder Schaden bringen.

Ahaſ.

Wolan / ich muß doch aus zwey U - beln das geringſte erwehlen. Doch mit dem Bedinge / daß ich vor das Le - ben meiner Hertzvielgeliebteſten biß auff den letzten Bluts-Tropffen ſtrei - ten mag.

Nim.

Es wird dieſer Gewalt nicht be - duͤrffen.

Dritter Handlung Dreyzehender Auffzug.

Ahaſia der Koͤnigliche Printz. Nimſi ein Koͤniglicher Bedienter. Nebath Naboths Sohn.
Ahaſ. 167
Ahaſ.

Mein liebſtes Maͤnnchen / wolt ihr nicht ein wenig heraus kommen?

Neb.

Da bin ich / ſoll ich etwan meinen Bruder ſuchen?

Ahaſ.

Ach nein / da iſt ein lieber Freund / der will mit euch ſpatzieren gehen. Folget ihm nur getreulich nach / er wird euch an keinen ſchlimmen Ort fuͤhren. (ad ſpect.) Alſo zwinget mich die Liebe / daß ich gegen dieſes Kind muß grauſam ſeyn.

(Gehet ab.)
Neb.

Nun mein lieber Mann / wo wollen wir hingehen?

Nim.

Wohin? an einen koͤſtlichen Ort / da die Pfefferkuchen auff den Baͤumen wachſen / wie anderswo die Tann - Zappen.

Neb.

Ey das muß ein koͤſtlich Land ſeyn. Aber wie ſchmecken die Pfefferkuchen / wenn ſie noch nicht reiff ſind?

Nim.

O ſie ſchmecken gar ſauer / wie eine Plintze / die in Butter-Milch gebacken iſt.

Neb.

Aber mein lieber Mann / wißt ihr nicht das Land / da der Marcipan auff dem Baume waͤchſt? Er ſchmecket bald beſſer als Pfefferkuchen.

Nim.
168
Nim.

Ja es ſind Baͤume verhanden / aber es darff ſie niemand ſchuͤtteln / als der Koͤnig.

Neb.

Jſt doch der Koͤnig mein Vetter. Jch will ihn bitten / daß er mich ſchuͤtteln laͤßt.

Nim.

Die Sache iſt klug erfunden. Die guten Tage ſollen ſich anfangen: Ge - het nur nicht zu langſam.

Neb.

Jch muß die Fuͤſſe ſchonen / wenn ich etwan auff die Baͤume klettern muͤſte.

Nim.
(ad ſpect.)

Du gutes Kind / du wirſt nicht viel klettern duͤrffen; Die harten Puſch-Birnen werden dir von ſich ſelbſt ins Maul fallen.

(Fuͤhret ihn hinein.)

Dritter Handlung Vierzehender Auffzug.

Badezor der Koͤnigliche Printz von Zidon. Ahaſia der Koͤnigliche Printz.
Bad.

Wie poßirlich lauffen die Sachen untereinander. Naboths Kinder ſollenſterben /169ſterben / damit der Koͤnig das naͤchſte Recht zu dem Weinberge behalten kan: Und gleichwohl iſt der Koͤnigliche Printz ſo verſtockt / daß er die eintzige Tochter in Schutz nehmen darff. Das iſt gewiß / ſie muß ihren Tod ausſte - hen / und ſolte der Printz ſein Blut mit dem ihrigen vermiſchen.

Ahaſ.
(Jm bloſſen Sebel.)

Meine Lieb - ſte will ſich faſt nicht troͤſten laſſen / daß ich vor das kleine Kind nicht beſſer ge - fochten habe. Allein ich hoffe es wird noch Zeit ſeyn / daß ich eine Probe von meiner Tapfferkeit erweiſe.

Bad.

Mein Printz / wie ſoll ich denſelben in einer ſo grauſamen Geſtalt antreffen?

Ahaſ.

Wird doch das froͤmmſte Thier grauſam / wenn ihm etwas Angeneh - mes aus der Hoͤle entfuͤhret wird.

Bad.

Jch mercke ſchon / wohin die Rede zielet. Jch komme nicht hieher / daß ich iemand berauben will / und alſo darff mir niemand ein bloſſes Gewehr wei - ſen.

Ahaſ.

Jch habe mich reſolviret / dieſes Ge - wehr nicht aus den Haͤnden zu laſſen /Hbiß170biß ich verſichert bin / daß meine Liebſte leben ſoll.

Bad.

Weg mit dem Gewehr / ich bringe die gute Zeitung / daß ſie leben ſoll.

Ahaſ.

Ach waͤre die Zeitung glaubwuͤrdig / ich wolte den Uberbringer als einen hal - ben Gott verehren.

Bad.

Doch mein Printz / wir wollen etwas im Vertrauen mit einander reden: Ha - ben ſie denn ſo ein feſt Verbuͤndniß mit dieſer Perſon gemacht?

Ahaſ.

Allerdings habe ich mein Leben mit dem Jhrigen verbunden.

Bad.

Ey mein Printz / ſoll ſich eines Koͤni - ges Sohn ſo erniedrigen: Und ſoll man eines eintzigen Frauenzimmers wegen ſeinem Leben feind werden? Jch an meinem Orte wolte zehen dergleichen Perſonen drauff ſetzen / ehe ich den ge - ringſten Bluts-Tropffen verlieren ſolte.

Ahaſ.

Die Liebe hat mich einmal uͤber - waͤltiget. Jch kan dergleichen Vor - ſchlaͤge mehr loben als annehmen.

Bad.

Was heiſt Liebe? Man muß ſich der - gleichen Perſonen nicht ſo bald dasHertze171Hertze nehmen laſſen. Jch lebe nun in das dritte Jahr zu Samaria / und kan nicht leugnen / daß ich etliche Perſonen mit holdſeligen Augen angeſehen habe. Doch wo die Narren dencken / daß ich ihrer dieſe Stunde nicht aller vergeſſen wolte / ſo ſind ſie betrogen.

Ahaſ.

Wohl dem / der ſo hertzhafftig lieben kan!

Bad.

Wohl dem / der ſich in der einfaͤltigen Einbildung uͤberwinden kan; Es iſt um eine boͤſe Viertelſtunde zu thun / da man ſich reſolviret der Liebſten muͤſ - ſig zu gehen / und um eine andere gute Viertelſtunde / daß man eine neue ſucht / damit muß man die Thorheit verlachen / darbey man lieber ſein Leben in die Schantze geſchlagen haͤtte.

Ahaſ.

Wer eine Perſon recht erkennet hat / der gehet ſchwer daran / wenn er eine neue ſuchen ſoll.

Bad.

Mein Printz / ſie kommen nur unter die Damen von Sidon / da wird man erſt erfahren / wo die Hertzens-Diebe zu Hauſe ſind. Das elende Pauer - Maͤgdgen iſt nicht einmal werth eine Zoffe zu bedeuten.

H 2Ahaſ.
172
Ahaſ.

Mein Freund / er kan die Sache trefflich appetitlich vorbringen; Aber ſoll ich gleichwohl des armen Kindes Verraͤther ſeyn?

Bad.

Soll auch ein Printz einer ſolchen Bauer-Magd halben des Herrn Va - ters Ungnade verdienen? Ja ſoll er ſich anderweit an einer beſſern Liebe verhindern? O das waͤre ein Jammer / daruͤber ich Blut weinen moͤchte!

Ahaſ.

Ach was ſoll ich thun?

Bad.

Sie uͤbergeben mir die Liebſte: Jch will ſie ſchon an denſelben Ort bringen / da ſie am beſten ſoll verſorget ſeyn.

Ahaſ.

So muß ich doch einmal Abſchied nehmen.

Bad.

Ach wo man der Liebe mit Ernſt ver - geſſen will / da muß man ſich mit dem Abſchied nehmen ungehudelt laſſen. Da eilt man / da klagt man / biß die barmhertzige Lauß wieder uͤber die Le - ber gelauffen koͤmmt. Mein Printz / ſie thun ihrer Seelen einen Stoß / und machen ſich davon / ehe die naͤrriſche Liebe wieder zu Kraͤfften koͤmmt.

Ahaſ.

Jch folge. Denn ich mercke doch /daß173daß ein Staats-Mann uͤber die affe - cten triumphiren muß.

(Gehet ab.)
Bad.

So recht / ſo muß man die Liebhaber fangen / wenn ſie gar zu barmhertzig in ihrer Beſtaͤndigkeit fortfahren wol - len. Allein nun wird mir das Frauen - zimmer zu Sidon einen geringen Feh - ler zu gute halten / daß ich meine Liebko - ſung bey derſelben ausſchuͤtte / die als ein geringes Bauer-Maͤgdgen von mir iſt verachtet worden.

Dritter Handlung Funffzehender Auffzug.

Badezor der Koͤnigliche Printz von Zidon. Thirza Naboths Tochter.
Thir.

Hoͤre ich meines liebſten Printzens Stimme?

Bad.

Nein / meine Schoͤne. Doch hoͤret ſie eine Stimme eines Dieners / der mit ihrem Printzen leben und ſterben will.

Thir.

Wie kan es aber geſchehen / daß er ſich ſo geſchwinde verloren hat?

H 3Bad.
174
Bad.

Er bekam Nachricht von den un - ſchuldigen Kindern / die er nicht weit von hier aus der Hand etlicher boßhaff - ter Buben erloͤſen wolte.

Thir.

Vielleicht ſuchet er ſein Ungluͤck und ſeinen Tod.

Bad.

Wer will ſich wider des Koͤniges Sohn aufflehnen? Wollen ſie mir die Freyheit goͤnnen / daß ich ſie als ein Diener begleiten darff / ſo wollen wir vielleicht der ſchoͤnen Victorie ſelber zu - ſehen.

Thir.

Mein geliebteſter Printz hat mir be - fohlen allhier zu verziehen.

Bad.

Und dieſer verliebte Befehl wird durch eine andere Botſchafft veraͤn - dert.

Thir.

Ach ſoll ich mich an das oͤffene Licht fuͤhren laſſen?

Bad.

Wo die Gefahr verſchwunden iſt / da wird das oͤffentliche Licht zu keinen Schaden gereichen.

Thir.

Ach GOtt! was thue ich?

Bad.

Sie vertraue ſich ihrem beſten Freun - de. Jn Warheit / ich muͤſte mich ſelbſt verfolgen / wenn ich ſo einem wunder -ſchoͤ -175ſchoͤnen Kinde den Schutz verſagen ſolte. Sie vergebe ihren Diener / der ſeinen Mund auff ihre zarte Hand druͤ - cket: Denn ſolches koͤmmt aus der ſehnlichen Liebe her / damit ihr geliebte - ſter Printz mich bißhero vergnuͤget hat.

Thir.

Jch nehme das Zeugniß an / und folge.

Bad.

Sie wird mir viel zu dancken haben.

(ad ſpect.)

Jch ſehe wohl / courtiſiren und falſch ſeyn / das vertraͤgt ſich gar huͤbſch mit einander.

Dritter Handlung Sechzehender Auffzug.

Jehu ein Kriegs-Obriſter. Enan ein Buͤrger von Jeſreel.
Jeh.

Zu tode geſteiniget?

En.

Es iſt nicht anders.

Jeh.

Und ſolches auff das Wort zweyer verlogener Zeugen.

En

Jch habe von Heꝛtzen druͤber geſeuffzet.

Jeh.

Und das Volck erkuͤhnet ſich nicht ei - nen Auffſtand zu machen?

H 4En.
176
En.

Wer wolte ſich an den Prieſter und an den Elteſten verſuͤndigen?

Jeh.

Die Prieſter und die Elteſten haͤtten vielleicht die Steine beſſer verdienet.

En.

Aber Naboth iſt nun dahin / der Zorn und die Huͤlffe koͤmmt zu langſam. Wenn man nur die unſchuldigen Kin - der beym Leben erhalten koͤnte.

Jeh.

Das Volck in Jeſreel muß in der Thorheit erſoffen ſeyn / wo dergleichen lahme Poſſen gebilliget werden.

En.

Die Redlichen im Lande duͤrffen ſich ihren Mund nicht verſchlieſſen laſſen. Wenn ein rechtſchaffener Patriote nach dem andern auff die Schlacht - banck gefuͤhret wird / ſo muͤſſen die Feinde des Vaterlandes wohl endlich die Oberhand behalten. Ach haͤtte Na - both ſeines Weinberges vergeſſen koͤn - nen / vielleicht wuͤrde man etwas lang - ſamer an ſein Ungluͤcke gedacht haben.

Jeh.

Gott bringe das Blut denjenigen auff den Kopff / welche den unſchuldigen Mann verderbet haben.

En.

Jch beſinne mich / was vor Zeiten der Prophet Samuel von den Koͤnigen ge -weiſſa -177weiſſaget hat: Euer Acker und Wein - berge wiꝛd er nehmen / und ſeinen Knech - ten geben.

Jeh.

Samuel haͤtte ſprechen ſollen: Eure Weinberge wird er nehmen / und das Einkommen davon den verfluchten Baals-Pfaffen in den Rachen ſtecken.

En.

Ach warum thut Elias nicht noch ein - mal Wunder / daß wir die Feinde des Landes und der Kirchen noch einmal ſchlachten duͤrfften?

Jeh.

Vielleicht wird dieſes Ungluͤck uͤber uns verhangen / weil wir das ſchreckli - che Wunder allzu kaltſinnig angeſehen haben.

En.

Jmmittelſt zu was werden wir uns re - ſolviren?

Jeh.

Zu einer heroiſchen Gedult.

En.

Warum nicht zu einer heroiſchen Un - gedult?

Jeh.

Es giebt im Lande viel Malcontenten / doch keiner will ſich oͤffentlich in Gefahr begeben. Wir muͤſſen als Rebellen der ſchaͤndlichſten Straffe unterworf - fen ſeyn. Drum ſoll Naboth ſterben: ſoll ſein gantzes Geſchlechte nachfolgen /H 5des178des Herrn Wille geſchehe: Derſelbe weiß ſchon / wer die Rache einmal von dieſen gottloſen Haͤnden fordern wird.

En.

Es iſt ſchwer / wenn die Unſchuld leiden muß.

Jeh.

Das leiden iſt leichte / wo man ſich ei - ner hoͤhern Straffe beſorgen muß. Doch wir muͤſſen hoͤren / was am Koͤ - nigliehen Hoffe bey den Sidoniſchen Fuchsſchwaͤntzern geredet wird.

(Ge - hen ab.)

Dritter Handlung Siebenzehender Auffzug.

Die mittelſte Scene eroͤffnet ſich.
    • Jezer Beor Palal
    Elteſten in Jeſreel.
  • Laedan Koͤniglicher Richter.
  • Hilkia der oberſte Prieſter.
    • Oboth Nimſi
    Koͤnigliche Bedienten.
Das gantze Volck koͤmmt heraus / und ſtellet ſich auff dem euſer - ſten Theatro.
Jez. 179
Jez.

Nachdem der unſelige Naboth wegen ſeiner Laͤſterung den verdienten Tod ausgeſtanden hat / und alſo der gerech - te GOtt vermuthlich dieſer Suͤnde we - gen voͤllig ausgeſoͤhnet worden / als er - gehet nun die Frage / ob man die Faſte mit gutem Rechte fortſetzen koͤnne?

Hil.

Das Verbrechen iſt ſehr groß gewe - ſen / alſo daß man deßwegen das gantze Geſchlechte ausrotten ſollen. Doch was dem geſammten Volcke gefallen moͤchte.

(Oboth und Nimſi ſpringen hervor)
Nim.

Wo die Gerechtigkeit ſoll unterblei - ben / ſo proteſtiren wir wider die Fa - ſten und wider den gantzen Gottes - dienſt.

Ob.

Das Geſchlechte der Gottloſen ſoll ausgerottet werden.

Nim.

Hatte nicht dorten Achan den Dieb - ſtahl allein begangen? Und gleichwohl muſte Weib und Kind des Mannes Leichtfertigkeit entgelten.

Ob.

Wer ein Kind ſchonen will / der moͤch - te ſeinen Kindern ein Ungluͤck nach demH 6an -180andern uͤbern Hals ziehen. Jhr Buͤr - ger helffet mir ſchreyen / daß die Elte - ſten Gerechtigkeit ergehen laſſen.

Nim.

Jch halte / die Buͤrger wollen zu Re - bellen und Koͤnigs-Feinden werden. Wer nicht um Gerechtigkeit ſchreyen hilfft / dem ſollen die Steine eher um den Kopff fliegen / als er vermeynet hat.

(Sie ſchreyen alle:)

Gerechtigkeit! Gerechtigkeit! Naboths Geſchlechte muß ausgerottet werden.

(Die Trom - peten werden dazu geblaſen.)
Jez.

Was dem gantzen Volcke wohlge - faͤlt / dieſem wird ſich kein Menſch wi - derſetzen.

Hilk.

So moͤgen die ſchuldigen Perſo - nen zur Straffe heraus gebracht wer - den. Wir wollen unterdeſſen gehen / und zum Gottesdienſte Anſtalt ma - chen.

(Der Prieſter mit den El - teſten gehet ab.)
Drit -181

Dritter Handlung Achtzehender Auffzug.

Dievorigen. Thirza, Amri, Nebat, Naboths Kin - der werden von Hoſcha und etli - chen Soldaten gefuͤhrt. Kora, Reſeph die falſchen Zeugen be - gleiten ſie.
Nim.

Man ſiehets / daß die Perſonen nicht zur Hochzeit geladen ſind / ſie kommen gar langſam gezogen.

Ob.

Sterbende Leute wollen Zeit haben.

Kor.

Nun hier werden die Perſonen ge - lieffert. Wer das Volck mit dem Himmel am liebſten verſohnen will / der werffe den erſten Stein auff ſie.

Hoſ.

Man ſiehts / daß der Herr nicht viel iſt darbey geweſen / da man die Leute mit Steinen zu tode ſchmeiſſet. Dort iſt der Platz / da der erſte Stein was redliches verdienen kan.

Thir.

Ach ſo muß ich in meiner Unſchuld als wie ein zartes Lamb unter die Woͤlffe gefuͤhret werden!

H 7Am.
182
Am.

Das weiß ich wol / daß Gott an mei - nem Blute keinen Gefallen hat.

Neb.

Und das weiß ich wol / daß ich nichts gethan habe.

Thir.

Jch gedachte an mein Braut-Bet - te: Doch itzund wollen wir die Federn zu Steinen werden.

Am.

Ach warum bin ich gebohren worden / da ich mein Leben nicht laͤnger behalten ſoll?

Neb.

Jch bin noch nicht kranck und ſoll ſterben.

Thir.

Ach! iſt iemand / der ſich meiner er - barmen will?

(alle zuſam̃en ruffen)

Nein / nein / wo die Gerechtigkeit lebet / da iſt die Barmhertzigkeit geſtorben.

Thir.

Ja wol iſt die Barmhertzigkeit ge - ſtorben / und die Unſchuld ſoll ihr nach - folgen. Ach mein geliebter Amri

(kuͤſ - ſet ihn)

und mein allerliebſter Nebat

(kuͤſſet ihn)

wir muͤſſen doch die boͤſe viertel Stunde erdulden. Zu tauſend guter Nacht. Ach! warum ſage ich zu guter Nacht? Wir ſollen mit ein - ander ſterben / daß wir in jener Welt mit einander leben koͤnnen.

Neb.
183
Neb.

Ach! Liebſte Schweſter koͤmmt man auch in den Himmel / wenn man geſtei - niget wird?

Thir.

Freylich wird uns GOTT daſelbſt wegen unſerer Unſchuld troͤſten.

Neb.

Aber wird es auch ſehr wehe thun?

Thir.

Mein Bruͤdergen / die Engel werden ihre Haͤnde uͤber deinen Kopff halten: Ehe es wehe thut / ſo wirſt du geſtorben feyn.

(Sie ruffen zuſammen)

Fort / fort / der Gottesdienſt darff nicht verhindert werden.

Thir.

Kommt / kommt ihr Lieben / die Fꝛeu - de wird uns auch nicht gegoͤnnet / daß wir uns mit einander letzen ſollen.

Ob.

Hier iſt die Stelle / da moͤget ihr er - wehlen / ob ihr kniende oder ſtehende das Recht ausſtehen wollet.

Thir.

Wir wollen knien und GOtt um die himmliſche Barmhertzigkeit anruffen / weil ſie auff der Welt geſtorben iſt.

(Sie knien nieder)
Nim.

Beliebet dem Herrn den erſten Wurff zu thun?

Kor.

Ey ich werde die Unhoͤffligkeit nichtbege -184begehen und meinem Herrn vorgreif - fen: Nach ſeinem Gefallen kan er werffen.

Nim.

Er iſt ein Zeuge: Drum gebuͤhret ihm der Vorzug / ich bitte er wolle ſich nicht auffhalten.

Kor.

Jn Wahrheit die Ehre iſt zu groß / damit er mich verſuchen will; Der Herr werffe vor an / ich will folgen.

Nim.

Worzu dienet die uͤberfluͤßige Hoͤff - ligkeit? So wird doch mein Herr als der andere Zeuge ſich gefallen laſſen den Anfang zu machen.

Reſ.

Jch bin ein Diener: Was derſelbe thun wird / darinn will ich nachfolgen.

Nim.

Jſt es nicht moͤglich / daß ich ihn er - bitten kan?

Reſ.

Wenn er den erſten Wurff thut / ſo will ich mich zum andern nicht bitten laſſen.

Nim.

Jch ſehe wol / wir halten uns auff. Das wird das beſte Mittel ſeyn / zu - gleich ihr Herren.

(Hier wird geſchwinde in die Trompeten geſtoſſen und Sie wer - den geſteiniget.)
Nim.
185
Nim.

Die Sache waͤre verrichtet: Wer an den Coͤrpern was zu prætendiren hat / der mag ſich anmelden / ich vor mei - ne Perſon gehe zur Faſten und zum Gottesdienſte.

Kor.

Und wir werden ſehen / daß keiner verletzet wird.

Hoſ.

Jch habe im Gedraͤnge was von ei - ner unreiffen Birne in die Seite kriegt: Jch werde mich zu dem Handwercke nicht mehr brauchen laſſen: Jch bin lieber / wo man einander mit Pfanku - chen ſteiniget / da iſt der Kerle am lu - ſtigſten / der am meiſten geworffen wird.

(geht ab.)
Sie machen ſich alle vom Theatro und laſſen die 3. Coͤrper alleine lie - gen. Das Chor der Engel zeucht ſich heraus mit Lichtern und ſin - gen:
Jhr Menſchen ſeht / die Unſchuld hilfft
euch nicht /
Wann Neid und Geitz ein blutig Urtheil
ſpricht:
Die Welt iſt allen feind /
Mit welchen es der Him̃el treulich meynt.
Doch186
Doch wer den Segen ſieht /
Der nach dem Tode bluͤht /
Der ſpottet aller Noth /
Und liebt den fruͤhen Tod.
Drum ſeht nicht auff das Blut / nicht auff
den harten Stein /
Die Kinder habens gut / indem ſie ſelig
ſeyn.

Vierdter Handlung Erſter Auffzug.

Iſabel die Koͤnigin / Joram der Koͤnigliche Printz.
Jſab.

Wiſſet ihr denn nicht / daß ihr mein liebes Hertze ſeyd?

Jor.

Jch weiß es wohl / aber ich ſoll auch ſo leben / daß ich bey dem Koͤnigl. Herrn Vater vor ein liebes Hertze paſſiren kan.

Jſab.

Wenn ihr dieſes thun wollet / ſo muͤſ - ſet ihr daſſelbe in acht nehmen / worzu euch die liebſte Fr. Mutter anweiſet.

Jor.

Jch bin allezeit gehorſam geweſen.

Jſab.

Gleichwohl wollet ihr itzo wider mei - nen Willen weinen.

Jor.
187
Jor.

Der Herr Vater iſt toͤdtlich kranck.

Jſab.

Die Sache verhaͤlt ſich anders / er iſt geſund.

Jor.

Jch habe ihn noch nicht geſehen. Ach es iſt eine Suͤnde / wenn ein Kind ſo weit nur glauben will / als die Augen ſehen.

Jſab.

Ein gehorſamer Sohn ſoll ſo weit glauben / als die Muͤtterlichen Augen ſehen / und ich weiß / es wird keine Stun - de vorbey gehen / ſo wollen wir den Herrn Vater auff der Straſſe an - treffen.

Jor.

Ach Fr. Mutter ſie verzeihe mir / daß ich in der Traurigkeit ungehorſam geweſen bin.

Jſab.

Meynet ihr gleichwohl / daß ſich eine Mutter ſo bald zur Verzeihung verſte - hen ſoll.

Jor.

Freylich iſt die Meynung das beſte. Denn ich habe kein Vermoͤgen / daß ich die Verzeihung abkauffen koͤnte.

Jſab.

Ach lieber Herr Sohn / das Vermoͤ - gen iſt wohl da / wenn ihr ſonſt euer hertzlich geliebten Fr. Mutter was an - genehmes erweiſen woltet.

Jor.
188
Jor.

Ach gnaͤdigſte Fr. Mutter / ſie hat zu befehlen / und ich werde gehorſam ſeyn.

Jſab.

Wer mir einen Gehorſam erweiſen will / der darff nicht die heiligen Baals - Diener verachten.

Jor.

Ach Frau Mutter / das iſt eine Sa - che / die noch Vertrag hat / biß ich groß werde.

Jſab.

Ach ihr loſes Hertze / ihr koͤnt mich all - zeit uͤberwinden / daß ich euch den Wil - len und die Freyheit laſſen mus.

Jor.

Jch will ſonſten allezeit ein gehorſamer Diener ſeyn.

Jſab.

So gehet und ſehet / was eure Spiel-Cameraden machen. Weil ihr die Baals-Diener nicht achtet / ſo wird euch auch ihre Ankunfft ſchlechte Vergnuͤgung geben.

Jor.

Wie ſie befehlen / gnaͤdigſte Fr. Mut - ter.

(Gehet ab.)
Vierd -189

Vierdter Handlung Anderer Auffzug.

  • Iſabel die Koͤnigin /
  • Javan der oberſte Prieſter unter den Baaliten.
    • Arvad Magur
    Baals-Pfaffen.
Jſab.

Willkommen ihr lieben Leute. Sie haben um audienz anhalten laſſen / wir wollen nicht hoffen / als wenn etwas Widriges geſchehen waͤre.

Jav.

Dem groſſen Baal und Eu. Koͤnigl. Maj. ſey Danck / daß wir noch bißhero zu keiner ſchweren Klage ſind genoͤthi - get worden.

Jſab.

Es vergnuͤget uns von Hertzen / daß ſie einigen Schutz in dieſem Lande ge - funden haben.

Jav.

Und dahero entſtehet auch die Hoff - nung / daß uns dergleichen Schutz noch ferner beſeligen werde.

Arv.

Wir ſind deßwegen von Sidon hier - her geſchickt / daß wir die heilige Religi - on uͤberall ausbreiten ſollen.

Jav.
190
Jav.

Und ie mehr die Hoffnung zu unſerm Wunſche hervor bricht / deſto mehr An - laß haben wir die heilige intention fort - zuſetzen.

Mag.

Weil auch die Hoffnung auff Euer Perſon beruhet / ſo haben wir Urſache / dieſelbe nebenſt dem Baal als eine Got - tin anzubeten.

Jſab.

Jhr ſeyd allezeit der muthwillige Ba - als-Pfaffe.

Mag.

Auff den Befehl Eu. Maj. will ich wohl ein unnuͤtzer Baals-Pfaffe heiſ - ſen.

Jſab.

Muthwillige Leute ſind nicht ſtracks unnuͤtze. Uns duͤncket / ihr werdet euch mitten in den Muthwillen noch zu vielen Sachen brauchen laſſen.

Mag.

Nach Eu. Majeſt. Belieben kan ich wohl ein Scherwentzel heiſſen.

Jſab.

Ach gluͤckſelig iſt die Perſon / die ſich mit Rechte einen Scherwentzel verglei - chen kan. Denn er verdienet nirgends Zorn / als wo er nicht hinkommen will. Doch wir muͤſſen gleichwohl verneh - men / was ſie verlangen?

Jav.

Eu. Majeſt. wiſſen wohl / daß wir unsbiß -191bißhero in frembden Wohnungen kuͤm - merlich genug haben behelffen muͤſſen.

Arv.

Und das hingegen viel Jſraelitiſche Prieſter das alte Recht genieſſen wol - len.

Jav.

Und weil wir keine gewiſſe Wohnung haben / ſo kan uns alle Tage ein Befehl zur Abreiſe gegeben werden.

Mag.

Jhro Majeſt. verſtehen uns recht. Das Jſraelitiſche Koͤnigreich koͤnte gar bald den beſten Scherwentzel verlie - ren.

Jſab.

Jhr habt die Wohnung in unſerm Pallaſte. Die Speiſen werden euch von unſerer Taffel gereichet. Was ha - bet ihr zu klagen?

Jav.

Dieſes beklagen wir / daß die Jſraeli - tiſchen Prieſter ſehr ungeduldig ſind / als wenn uns ein Weinberg in Jeſreel zu einem Collegio waͤre gewiedmet worden / da wir doch ſelbſten in der That noch nicht das geringſte davon erfahren haben.

Arv.

Wir haben ſo ein groſſes Gluͤcke nie gehoffet; Allein wir muͤſſen uns betruͤ - ben / daß wir den Neid fuͤhlen / den wir nicht verdienet haben.

Jav.
192
Jav.

Und alſo moͤchte der Neid eher ſeine Wirckung haben / ehe wir uns des Gluͤ - ckes erfreuen duͤrfften.

Mag.

Gnaͤdigſte Koͤnigin / der Jnhalt iſt dieſer: Weil wir in die Nachreden kommen / ſo moͤchten wir lieber den Nahmen mit der That fuͤhren. Denn alle Leute werden ſprechen: Eu. Maj. waͤre nicht maͤchtig genug geweſen / die Wohlthat auszufuͤhren. Denn nie - mand iſt ſo ein Narꝛ / daß er uns Schuld giebet / als haͤtten wir die Wohlthat ausgeſchlagen.

Jſab.

Jhr lieben Freunde / wißt ihr auch / was die Wohlthaͤter am meiſten belei - digen kan?

Jav.

Wenn man gegen die Wohlthaͤter undanckbar iſt.

Arv.

Oder wenn man mit ſeiner Bitte zu langſam kommt.

Jav.

Vielleicht wenn man die Gutthat vor der Zeit verachten will.

Mag.

Oder wenn man ſich was einblidet / daraus doch endlich ein Pfifferling werden ſoll.

Jſab.

Ach nein / wenn man dasjenige gar zube -193begierig ſuchet / welches in Gedancken allbereit beſchloſſen iſt. Wollet ihr in eurem Orden politiſche Herren heiſſen / und wiſſet nicht in welchem Monate die Roſen gebrochen werden.

Jav.

Ach geſegnet ſey die Koͤnigin / welche den Ruhm der Weißheit und Guͤtig - keit davon traͤget.

Arv.

Wir ſchaͤmen uns der unzeitigen Bitte.

Jav.

Und erfreuen uns / daß die Bitte wohl angenommen wird.

Mag.

Guͤtige Wohlthaͤter ſind allemal eher zu beſaͤnfftigen / wenn man im Bit - ten unhoͤfflich iſt / als wenn man zu langſam koͤmmt.

Jſab.

Gebet euch zufrieden: Jhr ſollet eu - re Wohnungen zu Jeſreel eher ange - wieſen haben / ehe ihr noch einmal bit - ten werdet.

Vierdter Handlung Dritter Auffzug.

Die vorigen. Badezor der Koͤnigliche Printz von Zidon.
JBad. 194
Bad.

Gluͤckſelige Zeitung! Die Sachen ſind nach allem Wunſche abgelauffen,

Jſab.

Ach iſt es moͤglich / mein Geliebter.

Bad.

Ja dieſelben ſind geſtorben / welche den Koͤnig an ſeiner Beſitzung verhin - dern.

Jſab.

Was macht Herr Naboth?

Bad.

Er hat ſich reſolviret / keinen diſputat wegen des Weinberges weiter anzu - fangen.

Jſab.

Was machen ſeine Kinder?

Bad.

Sie haben ſich gleichfalls zu einem e - wigen Stillſchweigen bewegen laſſen.

Jſab.

Die ehrlichen Leute zu Jeſreel muͤſſen es gleichwohl mit ihrem Koͤnige noch gut meynen.

Bad.

Es mangelte zwar an Contradicenten nicht; Aber da ſich die Zeugen aus der Baalitiſchen Schule ſo tapffer anlieſ - ſen / und da der Jſraelitiſche Prieſter ſo eiffrig in ſeinem votiren war / ſo konte der Præſident unter den Elteſten ein groſſes Wort fuͤhren / und den Poͤbel beteuben.

Jſab.

Jmmittelſt wird niemand dem Koͤ - niglichen Hauſe was Ungebuͤrliches zumeſſen.

Bad.
195
Bad.

Herr Javan wird das beſte Mittel zu finden wiſſen; Denn wo iemand in ih - rem Orden was groſſes ſuͤndiget / ſo wird er nach Sidon oder Tyro in ein abgelegenes Collegium geſchickt / da man ihre Verſchwiegenheit deſto beſ - ſer im Zaume halten kan.

Jav.

An dieſen Vorſchlag iſt allbereit ge - dacht worden. Unterdeſſen ſoll der - jenige von unſerm Orden hohen Danck haben / welcher dieſes ſchoͤne und vor - theilhafftige Werck ſo weit hat befoͤr - dern helffen.

Jſab.

Ach ſparet die Complimente biß auff eine andere Zeit. Jtzo muͤſſen wir bedacht ſeyn / wie dem Koͤnige durch die froͤliche Poſt zur Geſundheit koͤnne geholffen werden.

Bad.

An dem Succeſſe iſt nunmehr nicht zu zweiffeln.

(Sie gehen an unter - ſchiedenen Orten ab.)
J 2Vierd -196

Vierdter Handlung Vierdter Auffzug.

Ahab der Koͤnig. Abdalla der Reſident.
Die mittelſte Scene eroͤffnet ſich und præſentiret den Koͤnig im Bette ſitzend.
Ah.

Wir haben uns zu einem Troſte ver - ſtanden / nachdem unſere Gemahlin ſo liberal im Zuſagen war. Allein wo ſich der Ausgang anders erweiſen wolte / ſo moͤchte dieſe Artzeney zu Giffte wer - den.

Abd.

Die Goͤtter haben Jhro Maj. mit einer Gemahlin begabet / welche den Ruhm der Weißheit / und zugleich die Ehre der Warheit zu unterhalten pfleget.

Ah.

Allein die weiſeſten Leute koͤnnen offt betrogen werden / daß ſie auch wider ih - ren Willen die Unwarheit reden.

Abd.

Jhro Maj. die Koͤnigin haben moͤg - liche Sachen verſprochen: Alſo wird man auch um ſo viel deſto weniger andem197dem moͤglichen Effecte zu zweiffeln ha - ben.

Ahab
(Stehet auff)

Mein liebſter Herr Abgeſandter / wenn wir unſere Gedan - cken recht eroͤffnen ſollen / ſo muͤſſen wir uns deſſentwegen unter die gluͤckſelig - ſten Koͤnige zehlen / weil wir ſo eine ge - ſegnete Wahl mit der Gemahlin ge - troffen haben.

Abd.

Auch Jhro Majeſt. die Koͤnigin laſ - ſen ſich dieſes allemal zu einer hohen Conſolation dienen / daß ihre Tugenden durch ein ſo liebreiches Erkaͤntniß ver - gnuͤget werden.

Ah.

Ach wie unvergleichlich iſt ihre Schoͤn - heit!

Abd.

Darvon koͤnnen Jhr. Koͤnigl. Maj. am ſicherſten judiciren.

(ad ſpect.)

Was ich gehoͤret und geſehen habe / da - von darff ich dem Koͤnige keine Rechen - ſchafft geben.

Ah.

Wie uͤbermenſchlich iſt ihre Weiß - heit!

Abd.

Damit hat ſie verdienet / eine Goͤttin zu heiſſen.

(ad ſpect.)

Damit kan ſie ihren Gemahl deſto kuͤnſtlicher betrie - gen.

J 3Ah.
198
Ah.

Mit was vor Worten ſollen wir die wunderſuͤſſe Hoͤffligkeit ausſprechen?

Abd.

Sie kan durch Freundligkeit der gantzen Welt gebieten.

(ad ſpect.)

Der hoͤffliche Befehl hat mich gezwun - gen / daß ich ſie lieben muß.

Ah.

Auch da man ſonſt dem Sidoniſchen Frauenzimmer etwas Wanckelmuͤthi - ges zuſchreiben will / ſo leben wir doch gluͤckſelig / daß ſie allezeit mit einer ein - tzigen Perſon in der Liebe zufrieden iſt.

Abd.
(ad ſpect.)

Ja / ja / ſie braucht nur ei - nen auff einmal / aber viel meines glei - chen nach einander.

Ah.

Was ſaget der Herr Abgeſandte?

Abd.

Jch that einen Seuffzer zun Goͤt - tern / daß ſie mich auch dermaleins zu dergleichen Vergnuͤgung befoͤrdern moͤchten.

Ah.

Es iſt ein Hohes / wenn man ſo viel er - halten kan.

Abd.

Es iſt ein irrdiſches Paradieß.

(ad ſpect.)

Aber wehe dem / der ein ſolches Paradieß verwahren ſoll. Es iſt man - cher in die Kirſchen und in die Aepffel gegangen / dem ich ſchlechten Danck er -weiſen199weiſen wolte / wenn ich uͤber den Garten zu gebieten haͤtte.

Ah.

Wie ſo in Gedancken? Jhr ſollet mit uns froͤlich ſeyn; Denn eben euch ha - ben wir zum Zeugen erwehlet / der ſich uͤber unſer Wohlſeyn verwundern ſoll.

Abd.

Gnaͤdigſter Koͤnig / ich verwundere mich /

(ad ſpect.)

daß ſich ein Koͤnig mit ſeiner Einfalt ſo proſtituiret.

Vierdter Handlung Fuͤnffter Auffzug.

Die vorigen. Iſabel die Koͤnigin.
Jſab.

Was hat nun die Koͤnigin verdienet / welche ſich mit ihrer Zuſage ſo zeitlich eingeſtellet?

Ah.

Ach meine Seele / ſollen wir uns einer gewiſſen Geſundheit getroͤſten?

Jſab.

Nicht nur einer ſchlechten Geſund - heit / ſondern einer vollkom̃enen Gluͤck - ſeligkeit. Eu. Liebden laſſen ſich nur gefallen an die friſche Lufft zu ſpatzieren und Naboths Weinberg einzunehmen.

J 4Ah.
200
Ah.

Wie koͤnnen wir uns eines frembden Gutes theilhafftig machen?

Jſab.

Eben darum / weil das Gut nicht mehr frembde heiſſen ſoll.

Ah.

Die Rede ſcheinet uns zu dunckel.

Jſab.

Jſt Naboth nicht unſer naͤchſter Vetter?

Ah.

Deßwegen haben wir kein Recht an ſeiñ Gut.

Jſab.

Allein haben wir nicht das naͤchſte Recht dazu / wenn Naboth mit ſeinen Kindern geſtorben iſt?

Ah.

Ach wehe uns / wo wir dieſen Fall er - leben ſollen!

Jſab.

Aber wohl uns / weil wir den Fall ſchon erlebet haben.

Ah.

Wie kan diß zugehen?

Jſab.

Naboth hat ſich in einer Gotteslaͤ - ſterung verſuͤndiget / damit haben ſich die Elteſten in Jeſreel auff das Goͤttli - liche Geſetze beruffen / und haben ihn ſamt den Seinigen geſteiniget. Alſo muͤſſen wir uns uͤber Verhoffen einer Erbſchafft anmaſſen / die uns ſonſt ſchwerlich waͤre gegoͤnnet worden.

Ah.

Ach wertheſte Gemahlin / wir beſor - gen etwas.

Iſab.
201
Jſab.

Und was beſorgen ſie / liebſtes Hertz?

Ah.

Haben ſie mit ihrer Liſt nichts darbey gethan?

Jſab.
(Kuͤſſet ihn.)

Ach meine Seele / worzu dienet dieſer Gewiſſens-Scru - pel? Hat iemand was gethan / der mags verantworten / genug / daß der Weinberg in unſern Haͤnden iſt.

Ah.

Zu geſchehenen Sachen muß das be - ſte geredt werden.

Jſab.

Oder wollen Eu. Liebden die War - heit von andern Leuten erfahren; So koͤnnen etliche von den Elteſten herein gelaſſen werden.

Ah.

Sie moͤgen herein kommen / wir wol - len ſie gnaͤdigſt hoͤren.

Jſab.

Unterdeſſen werde ich dem Herrn Abgeſandten ein Brieffgen nach Si - don recommendiren. Komm du gluͤck - ſeliger Dieb meines Hertzens.

(Sie fuͤhret ihn hinter des Koͤniges Ruͤ - cken ab.)
Ah.

Wie weit erſtrecket ſich doch Wei - bes-Liſt / und wie gluͤckſelig iſt uns der Weinberg in die Haͤnde geſpielet? Wir haben nichts darbey gethan / undJ 5alſo202alſo wollen wir auch hoffen / daß uns deſſentwegen kein Ungluͤck uͤber den Hals ſolte gezogen werden.

Vierdter Handlung Sechſter Auffzug.

Ahab der Koͤnig. Beor, Palal Elteſten. Laedan der Richter.
Beor.

Allerdurchl. Koͤnig / gnaͤdigſter Herr.

Ah.

Wer ſeyd ihr?

Beor

Eu. Koͤnigl. Maj. getreueſte Unter - thanen / etliche Abgeordnete von den El - teſten aus Jeſreel.

Ah.

Seyd ihr die Leute / die ihr vor weniger Zeit dem Koͤnigl. Geſchlechte ſelbſt ſo eine Grauſamkeit erwieſen habt?

Beor.

Wo das Geſetze grauſam iſt / da kan ein Menſch nicht widerſprechen.

Pal.

Die Zeugniſſe waren allzu klar.

Laed

Und die Prieſterſchafft war mit ih - rem Ausſpruche nicht langſam.

Ah.

Die haben gehandelt als rechtſchaffe -ne203ne Leute. Doch wo ſtehet das geſchrie - ben / daß man ſich in der Execution - bereilen ſoll?

Beor.

Gott muſte verſoͤhnet werden / ſonſt waͤre die heilige Faſten verſtoͤret wor - den.

Pal.

Es waͤre manch Gebet zuruͤcke geblie - ben.

Laed.

Auch die Gebete vor Jhro Koͤnigl. Maj. Wohlergehen waͤren mit groſſem Betruͤbniſſe des Volcks unterlaſſen worden.

Ah.

Wer hat euch Macht gegeben / eine Faſte anzuordnen?

Beor.

Der Befehl Eu. Maj. hat uns dar - zu verleitet.

Ah.
(ad ſpect.)

Ach kommen die liſtigen Griffe unſerer Gemahlin alſo an den Tag?

Pal.

Und alſo waren wir um ſo viel deſto be - gieriger das heilige Feſt unverſtoͤret zu halten.

Laed.

Auch die Gebete wurden mit dop - pelter Andacht verrichtet / nachdem al - les Verhinderniß ſo geſchwinde beyge - leget ward.

J 6Ah.
204
Ah.

Der Koͤnig / der euch den Faſt-Tag voꝛgeſchrieben hatte / der haͤtte den Ver - zug gnaͤdigſter maſſen entſchuldigen koͤnnen / wenn ihr den naͤchſten Freund des Koͤniglichen Hauſes etwas be - dachtſamer verdammet haͤttet. Jhr moͤget ſagen / was ihr wollet / ſo ſeyd ihr Feinde des Koͤnigl. Blutes.

(Sie fallen auff die Knie.)
Beor.

Alſo muß das gantze Volck unter der Koͤniglichen Ungnade verſchmach - ten.

Pal.

Und diejenigen werden ſterben muͤſ - ſen / die um das Geſetze geeiffert haben.

Laed.

Ja die Tugend wird ins kuͤnfftige bey der heiligſten Verrichtung furcht - ſam ſeyn.

Ah.

Aber wie koͤnnet ihr ſo unverſchaͤmt ſeyn / daß ihr audienz begehret? Mey - net ihr / daß der Todſchlaͤger meines naͤchſten Freundes noch eine uͤberfluͤßige Gnade verdienet hat?

Beor.

Eu. Koͤnigl. Majeſt. ſolte unterthaͤ - nigſt erinnert werden / daß der groſſe Weinberg in Jeſreel derſelben als ein Erbtheil anheim gefallen waͤre.

Ah.
205
Ah.

Was liegt uns an dem Weinberge / da wir uͤber das gantze Koͤnigreich zu gebieten haben? Wir wolten zehn ſol - che Weinberge ſchuldig ſeyn / wenn wir ſo einen lieben Naboth damit erkauffen koͤnten. Auff die letzte wird der Koͤnig an einem Faſt-Tage geſteiniget wer - den.

(Gehet ab.)
(Sie ſtehen auff.)
Beor.

O wie ungluͤcklich laufft unſere Verrichtung!

Pal.

Aber als ich und andere ehrliche Leute meines gleichen nur von dem gering - ſten Auffſchube reden wolte / ſo muſte uns das Volck uͤberſtimmen.

Laed.

Und vielleicht wird die Sache noch ferner unterſucht / daß diejenigen noch etwas freyer reden koͤnnen / die ſich mit ihrer gebundenen Zunge ſchaͤmen mu - ſten.

Beor.

Der Koͤnig hat Macht unſere Ver - richtung zu reformiren: Aber wenn ihr mit eurer Weißheit darzwiſchen kommen wollet / ſo haltet mirs zu gute / daß ich euch allein laſſe.

(Gehet ab.)
Pal.

Wir wollen an einer Stelle zuſam -J 7men206men kommen / da man ſich mit bloſſen Weglauffen nicht wird verantworten duͤrffen.

(Gehet ab.)
Laed.

Und wohl mir! daß ich noch ſprechen kan: Naboths Blut iſt unſchuldig ver - goſſen worden.

(Gehet ab.)

Vierdter Handlung Siebender Auffzug.

Pashur Koͤniglicher Cammer-Herr / Javan der oberſte Prioſter unter den Baaliten.
Jav.

Jch hoͤre die Abgeordneten von Jeſ - reel ſind mit einer ſchlechten reſolution abgewieſen worden.

Pas.

Jn Warheit Jhro Majeſt. wiſſen ih - re Perſon in dieſer Sache vortrefflich wohl zu ſpielen.

Jav.

Sie werden gewiß den Verdacht des Todſchlages nicht gerne auff ſich erſi - tzen laſſen.

Paſ.

Es iſt nicht zu beſchreiben / was ſie vor Ungnade von ſich blicken lieſſen / und al - lezeit beſeuffzeten ſie den Untergang eines ſo nahen Verwandten.

Jav.
207
Jav.

Die liſtige Gemahlin iſt capable auch Koͤnige in der Weißheit zu unterrich - ten.

Paſ.

Und alſo kan ein Koͤnig eine Liſt voll - fuͤhren / daß er gleichwohl die Verant - wortung einer andern Perſon auff den Ruͤcken leget.

Jav.

Jch erfreue mich / daß ich alle Tage mehr Geheimniſſe erkennen lerne. Doch dort koͤmmt eine Perſon / welcher ich im Geſpraͤche moͤchte zuwider ſeyn. Jch verbleibe bereitwillig dem Herrn zu dienen.

Paſ.

Und ich werde Gelegenheit ſuchen / das Geſpraͤche fortzuſetzen.

Vierdter Handlung Achter Auffzug.

Obadia der Koͤniglichen Printzen Hoff - meiſter. Pashur Koͤnigl. Cammer-Herr.
Obad.

Jſt dieſes nun die Heiligkeit / da - mit wir in Jſrael prangen ſollen?

Paſ.

Was beliebet meinem Herrn?

Obad.
208
Obad.

Was ſolte mir belieben? Daß ich tauſend Meilen von dannen waͤre.

Paſ.
(ad ſpect.)

Verdinge dich auff einen Poſt-Wagen / und reiſe zwey tauſend Meilen.

Obad.

So muß unſer Koͤnigreich mit Blut - ſchulden beleget werden?

Paſ.
(ad ſpect.)

Wenn ich Hoffmeiſter ware / ſo wolte ich ſagen: Was gehet das mich an.

Obad.

Niemand fuͤrchtet ſich vor einer Himmelſchreyenden Suͤnde.

Paſ.
(ad ſpect.)

Jch wolte ſie ſchreyen laſ - ſen / und wer ſie begangen haͤtte / der moͤchte ſich fuͤrchten.

Obad.

Jſt es moͤglich / daß ein unſchuldiger Mann mit ſeinem gantzen Hauſe ſo jaͤmmerlich kan zu Grunde gehen?

Paſ.
(ad ſpect.)

Der Narr fragt / obs moͤg - lich iſt / und er zweiffelt ſelber nicht / daß es ſolte geſchehen ſeyn.

Obad.

Ach! war der alte und ehrliche Herr Naboth nicht ein Muſter der alten Jſ - raelitiſchen Redligkeit?

Paſ.
(ad ſpect.)

Das hat ein Jſraelitiſches Hertze zu lernen: Redliche Leute wer -den209den auch uͤbern Toͤlpel geſtoſſen.

Obad.

Und vornemlich die armen Kinder moͤchten mir das Hertze im Leibe bre - chen / wenn ich ihren blutigen Tod be - dencke.

Paſ.
(ad ſpect.)

Die Kinder muͤſſen noch im Tode ein treffliches Labſal empfinden / wo ſich der Phantaſte das Hertze zu - brechen will.

Obad.

Ach! wo ſoll die Unſchuld ins kuͤnff - tige ſicher ſeyn / wenn ſie auch zur heil. Faſten-Zeit verfolget wird.

Paſ.
(ad ſpect.)

Ja wohl unſchuldige Leute ſind zu Hoffe nicht ſicher / werden ſie nicht geſteiniget / ſo werden ſie doch ge - ſchraubet.

Obad.

Ach iſt niemand / der den Schaden Joſephs mit mir beweinen will?

Paſ.
(ad ſpect.)

Der Kerl will heulen / ich muß nur gehen / ſonſt muß ich Schan - de halben mit ihm ein Bicinium machen.

(ad Obad.)

Mein Herr / ich ſehe / daß er in melancholiſchen Sorgen begriffen iſt / meine Gegenwart wird demſelben beſchwerlich ſeyn.

(Gehet ab.)
Obad.

Gehe nur fort / die Zeit wird ſchonkom -210kommen / da dir andere Leute ſollen be - ſchwerlich werden. Lieſſe ſich der Koͤ - nig durch ſolche Schmeichler nicht hin - ter das Licht fuͤhren / ſo wuͤrde vielleicht das Land an den Blutſchulden etwas leichter zu ertragen haben.

Vierdter Handlung Neundter Auffzug.

Obadia der Koͤniglichen Printzen Hoffineiſter. Elia ein Prophet.
El.

Treffe ich noch einen Redlichen an / der es mit dem HErrn Zebaoth von Her - tzen meynet?

Ob.

Ach mein Herr Elia, was bedeutet ſei - ne unverhoffte Ankunfft? Er trifft ei - nen an / der um Gottes Ehre zwar eif - fern will / doch welcher ſich von der boß - hafftigen Welt deſſentwegen muß ver - ſpotten laſſen.

El.

Es iſt bey dem allmaͤchtigen Gott un - vergeſſen / was ihr vor Barmhertzig - keit an ſo viel Propheten Kindern ge -than211than habt. Und derohalben wird auch ſolches biß auf die ſpaͤten Kindes Kinder mit Segen und Leben reichlich vergol - ten werden.

Ob.

Jch bin ein unnuͤtzer Knecht. Was ich gethan habe / das iſt dem him̃liſchen Koͤnige zu Dienſte geſchehen / welcher mich und meine Vaͤter mit den Augen ſeiner Barmhertzigkeit ſo vielfaͤltig an - geſehen hat.

El.

Wir ſind unnuͤtze Knechte. Doch GOtt iſt ein mildreicher HErr / der auch geringe und ſchwache Dienſte nie - mahls unvergolten laͤſt.

Ob.

Aber darff ich ſo kuͤhne ſeyn / und noch einmahl um die Urſache dieſer Ankunfft fragen?

El.

Jhr ſeyd vielleicht bekuͤmmert / als wenn mir die gottloſe Jſabel einigen Schaden zufuͤgen wuͤrde: Allein ſie ſoll noch heute dieſen Tag erfahren / was ich vor ein hartes Wort wider ſie und ihr gantzes Haus reden werde.

Ob.

Ach hat das unſchuldige Blut ſchon in den Himmel geſchryen?

El.

Freylich meynet der gottloſe Koͤnig / alswenn212wenn ſeine Boßheit koͤnte veꝛtuſchet und verſchwiegen bleiben: Allein was gilts / die verfluchte That wird ihm unter das Geſichte geſtellet werden.

Obad.

Das ſind die Fruͤchte von der Baa - litiſchen Ungerechtigkeit.

El.

Jch habe die verfluchten Baals - Pfaffen einmal geſchlachtet. Der Held lebet ſchon / der ſeinen Arm etwas nachdruͤcklicher in ihrem Blute wa - ſchen wird. Doch lebet unterdeſſen wohl / ich muß dem Koͤnige begegnen / welcher den ungerechten Weinberg einnehmen will.

(Gehet ab.)
Obad.

Der HErr ſegne die Verrichtung.

(Gehet an einem andern Orte ab.)

Vierdter Handlung Zehender Auffzug.

Michri ein Buͤrger von Jeſreel. Hoſcha.
Hoſ.

Jhr Leute ſeht nur / was ich vor einen Kerlen vor mir habe / der will mit mir von der Religion diſputiren / und ichwill213will ihm weiſen / was ich in meiner Ba - als-Schule vor Kuͤnſte begriffen ha - be / damit ich allen Ketzern gewachſen bin.

Mich.

Wie ſtehts / wolt ihr die Antwort ſchuldig bleiben?

Hoſ.

Wolte ich doch dem Herrn wohl zehn Thaler ſchuldig bleiben / ſchweige denn eine kahle Antwort / die er kaum vor achtzehn Pfennige nehmen wird / doch was verlanget er denn vor eine Ant - wort?

Mich.

Jhr ſollet mir ſagen / ob der Baal nicht in unſern Geſetzen verboten iſt?

Hoſ.

Er ſage mir doch zuvor / ob Tyro und Sidon ein Ding iſt?

Mich.

Wie ſchickt ſich das auff meine Frage?

Hoſ.
(ad ſpect.)

Das iſt ein Narr / mein Præceptor hat michs geheiſſen / wenn ich die Frage nicht verſtehe / ſoll ich was Thummes dagegen fragen.

(ad Mich.)

Der Herr wird meine Frage nicht ver - achten.

Mich.

Jch ſpreche / was Gott verboten hat / das ſoll man unterlaſſen.

Hoſ.
214
Hoſ.

Halt / was hat mein Præceptor mehr geſagt / ich ſoll von einer Sache auff die andere fallen / und mein Widerpart brav confns machen.

(ad Mich.)

Das hab ich keinmal geleugnet. Doch er wird mir auch zugeben / daß der Koͤnig der Oberſte im Lande iſt. Wer mich darinn refutiren wolte / den klagte ich als einen verfluchten Laͤſterhund bey dem oͤffentlichen Opffer an.

Mich.

Gottes Ehre und des Koͤniges Ehre koͤnnen wohl beyſammen ſtehen / aber ich habe davon nicht geredet.

Hoſ.

So rede ich davon. Es wird an den Tag kommen / wo die Leute ſeyn / die nicht gerne vom Koͤnige reden.

(ad ſpect.)

Gelt ich kan die Sache brav verkehren / er ſoll mich mit dem Koͤnige wohl zufrieden laſſen.

Mich.

Baal iſt wohl nicht unſer Koͤnig / und wenn ich den verachte / ſo werde ich keine Suͤnde wider den Koͤnig begehen.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Halt / halt / nun muß ich ihm die Worte im Maule verdrehen / denn das iſt auch ein Stuͤcke von der Baalitiſchen Kunſt.

(ad Mich.)

Werſagt215ſagt das / daß unſer Koͤnig Baal heiſt? Wer des Koͤniges Nahmen vergißt / der iſt nicht werth / daß man in Gnade und Barmhertzigkeit an ihn gedencken ſoll.

Mich.

Jch ſage Baal iſt nicht unſer Koͤnig.

Hoſ.

Jſt Baal nicht ſo gut als unſer Koͤ - nig / und iſt unſer Koͤnig nicht ſo gut als Baal? Was hat der Herr alle beyde zu verachten?

Mich.

Jch bin unrecht ankommen.

Hoſ.

Hat der Koͤnig Unrecht / und ſoll er ſich einen kahlen Unterthanen beſchul - digen laſſen?

Mich.

Jhr ſeyd nicht werth / daß ich mit euch rede.

(Gehet ab.)
Hoſ.

Nun bin ich nichts werth / weil ich vom Koͤnige geredt habe. Doch hei ſa / das war eine Probe von einem jungen Baals-Pfaffen. Das hatte mir mein alter Præceptor in der Jſraeliti - ſchen Schule nicht zugetrauet / daß ich ſo bald alle Weißheit wuͤrde freſſen koͤnnen. Jch will das Ding mehr practiciren. Keine Antwort oder eine verdrehete Antwort muß vor der Weltdoch216doch als eine Antwort paſſiren. Doch was habe ich vor Purſche / die mir be - gegnen? Jch will nicht hoffen / daß ſie mir auch eine diſputation an den Hals werffen.

Vierdter Handlung Eilffter Auffzug.

Hoſcha. Jethur der Koͤnigliche Wintzer. Bilſan Naboths Wintzer.
Jet.

Hoͤrt Nachbar / wer wird heuer in eurem Weinberge die Weinleſe halten.

Bilſ.

Wißt ihrs doch beſſer als ich / ſo darff ich nicht antworten.

Jet.

Jch weiß wohl / aber ich moͤchte nur wiſſen / ob ihr euch noch ſo viel mit eu - rem Weinberge einbildet?

Bilſ.

O laßt den ſeligen Herrn ruhen: Er hat mich ſeines Dienſtes erlaſſen.

Jet.

Meynet ihr gleichwohl / daß Naboth ein ſeliger Herr iſt? Jch dencke / er wird ins Paradieß kom̃en ſeyn / da die Engel mit Keulen lauffen.

Bilſ.
217
Bilſ.

Wer weiß / ob Herr Naboth nicht tieffer im Paradieſe ſitzet / als mancher Narr / der uͤber ſeinen Tod frolocket.

Jet.

Wer ſoll ein Narr ſeyn? Herr er hats gehoͤret / was der Kerl vor loſe Reden vergoſſen hat.

Hoſ.
(ad Jet.)

Was ſoll ich gehoͤret haben?

Jet.

Jch will euch gern ſechs Kannen Moſt zu verſauffen geben / helfft mir nur den Kerlen uͤberſtreiten.

Hoſ.

Jſts genug / daß ich ſchreyen helffe?

Jet.

Nein / nein / helfft mir nur ſprechen: Naboth iſt nicht in Himmel kommen.

Hoſ.

Jch ſehe / ich ſoll noch einmal diſputi - ren.

Jet.

Je nun / ſo will ich dem Herrn doch zum Richter annehmen. Jſt Naboth nicht vor dem Him̃el vorbey ins Doͤrff - gen darneben ſpatzieret?

Bilſ.

Jch ſpreche Naboth iſt im Himmel.

Hoſ.

Ey Naboth iſt ein armer Suͤnder / er iſt unehrlich / hier auff der Welt nahm ihn kein Handwercks-Mann in die Zunfft / und der Himmel ſolte gut genug ſeyn / ſolch unehrlich Volck zu beherber - gen. Pfuy / pfuy / ſpeyet aus / und redet beſſer.

KBilſ.
218
Bilſ.

Jhr muͤſſet einen guten Veꝛſtand vom Himmel haben. Da werden wir auch darnach ſehen / ob die Leute Zunfftmaͤſ - ſig ſeyn.

Hoſ.

Nun wieder ein Laͤſter-Maul / daß den Himmel verachtet hat.

Bilſ.

Das hab ich nicht gethan.

Hoſ.

Ach daß nicht Zeugen genug da ſeyn / die es beweiſen koͤnnen / daß mich der Kerle luͤgen heiſt.

Bilſ.

Warum ſprecht ihr / ich habe den Himmel verachtet?

Hoſ.

Einer von uns beyden hats gethan. Jch bins nicht geweſen. Ergo ſeyd ihrs.

(ad ſpect.)

Das war ein argument aus der Baalitiſchen Schule.

Bilſ.

Wo Herr Naboth vom Himmel herunter ſehen kan / wird er druͤber la - chen / daß wir ſolche Fragen hoͤren ſollen.

Hoſ.

Wie Naboth in die andere Welt geſchicket ward / ſo flennete er ſich maͤch - tig: Ob ihm nun das Lachen ankom - men iſt / das weiß ich nicht. Doch hoͤ - re / wen ſoll er auslachen? Entweder den Koͤnig oder die Elteſten: Jch will dir zu thun machen / wo du nicht flugsſprichſt219ſprichſt / Naboth iſt nicht im Himmel.

Bil.

Jch ſehe wohl / wenn die Leute fromm ſeyn / ſo muͤſſen ſie alles laſſen uͤber ſich gehen. Herr Naboth hat auch wohl in der Gruben verdienet / daß ich mich ſeinetwegen herum ſchmeiſſe. Hoͤrt / wer ſagt / daß Naboth nicht im Him - mel iſt / den halte ich vor einen Schel - men.

Hoſ.
(ad Jet.)

Wo der mit Schelmen um ſich wirfft / muͤſt ihr mir ein paar Du - tzend Ohrfeigen leihen.

(ad ſpect.)

Das habe ich wohl in meiner Schule gelernet / wie ich die Leute im Reden be - triegen ſoll / aber wie ich die baren Maulſchellen abwenden ſoll / ſo weit bin ich noch nicht kommen.

Bilſ.

Nun iſt iemand da / den meine Rede verdreuſt. Jch halte den vor einen Schelmen / der es leugnet / daß Herr Naboth im Himmel iſt.

Hoſ.

Jch leugne es / und bin doch kein Schelm.

Bilſ.

Nun ſo biſt du ein Kerle / der ſolche Dinger verdienet.

(Er ſchlaͤget ihn / ſie fallen uͤberK 2ein -220einander / und jagen ſich endlich herum.)
Hoſ.

Mit der diſputation kam ich nicht zu - rechte: Der Schelm machte ſeine Syl - logismos alle zu grob: Er fuhr mir ge - waltig durch die Subtilitaͤten / und wo mein Kopff ſo vielmahl an die Probe ſoll / ſo vergeſſe ich meinen Nahmen und alle Kuͤnſte / die mir im Kopffe gewach - ſen ſeyn. Nun was hilffts / Naboth muſte bey ſeinen Steinen wohl auff hundert Syllogiſmos antworten: Alſo muß immer ein Ungluͤcke dem andern zum Troſte dienen.

Vierdter Handlung Zwoͤlffter Auffzug.

Ahab der Koͤnig. Elia ein Prophet.
Ah.

Jhr andern laſſet uns etwas alleine. Denn ie naͤher uns die Gegend dieſes Weinberges in die Augen faͤllt / um ſo viel angenehmer iſt die Situation, wel - che gewißlich verdienet hat / daß ſiedurch221durch einen Koͤniglichen Pallaſt zu wei - terer Schoͤnheit erhoben wird. Ach ſcheinet es doch / als wenn die gantze Gegend durch ein anmuthiges Lachen unſere Luſt und unſere Vergnuͤgung befoͤrdern wolte. Samaria ſelbſt wird uns veraͤchtlich werden / wo dieſe Woh - nung zu einer Vollkommenheit gelan - gen kan.

El.
(Koͤmmt mit ungeſtuͤm heraus:)

Sieheſt du auch / wer dir entgegen koͤmmt?

Ah.

Was ſoll ich den nicht kennen / welcher das Volck Jſrael ſo vielmal wider den Koͤnig auffgewiegelt hat?

El.

Der HErr iſt mein Zeuge / daß ich ſol - ches nicht thue. Aber wie deine und deiner gottloſen Gemahlin Hurerey in den Himmel ſchreyet / daſſelbe moͤchte mit Blute beweinet werden.

Ah.

So prediget man dem gemeinen Vol - cke zu Liebe / wenn die Majeſtaͤt eines Koͤniges verlaͤſtert wird.

El.

Und ſo lebt man der Goͤttlichen Maj. zu Trotze / wenn man ſich aus einer Boßheit in die andere treiben laͤſt. K 3Wer222Wer hat den unſchuldigen Mann tod geſchlagen? Wer hat das gerechte Blut der Kinder auff ſeine Seele ge - nommen? Wer iſt itzund im Begriff / einen fremden Weinberg einzuneh - men? Biſt du es nicht / du gottloſer und verdammter Koͤnig? Und meyneſt du nicht / daß die Hunde eben an dem Orte dein Blut lecken werden / wo ſie des un - ſchuldigen Naboths Blut gelecket ha - ben?

Ah.

Womit habe ich dieſen feindſeligen Zuſpruch verdienet? Habe ich dich auch iemals im Ernſte verfolgen laſ - ſen?

El.
(Stellet ſich ungebendig / und re - det dieſe folgende Verſe gleichſam in halber Raſerey heraus.)
Du biſt ein Gottes Feind / der hat dich
falſch befunden.
Du haſt dich wider ihn zur Miſſethat ver -
bunden /
Ja du biſt gantz verkaufft / als wie ein
Krieges-Knecht /
Der ſeinen Sold bekoͤmmt. Der weiß
kein ander Recht /
Als223
Als was der Hauptmann ſagt. Wie kanſt
du dich bekehren?
Der Baals-Teuffel laͤßt dich ſchon zur
Fahne ſchweren /
Dem bleibſt du unterthan. Doch weil
dir die Perſon
Zum Herren wohlgefaͤlt / ſo hab auch
ihren Lohn.
Denn alſo ſpricht der Herr: Es ſoll dir
nicht gelingen /
Jch will den Untergang auff dein Ge -
ſchlechte bringen /
Kein Menſch ſoll uͤbrig ſeyn / der deines
Saamens iſt /
Biß auff das kleinſte Kind / das an die
Mauer pißt.
Ja wer verſchloſſen liegt / ſoll keinen Troſt
erwerben:
Der Letzte ſoll ſo wohl als wie der Erſte
ſterben.
Gleich wie Jerobeam / und wie Baeſa
fiel /
So hab ich auff dein Haus ein eben -
maͤßig Ziel
Zum Ungluͤck angeſetzt. Du wirſt es
wohl erfahren /
K 4GOtt224
GOtt kan den letzten Schlag noch eine
Zeit verſparen /
Doch er verſaͤumt es nicht. Denn wer
mit ſeiner Zucht
Das Volck zur Suͤnde treibt / derſelbe
ſey verflucht.
Ah.

Ach! GOtt wolle dieſen grauſamen Fluch noch in einen Segen verwan - deln! Soll ich daſſelbe entgelten / was Jſabel geſtifftet hat?

El.
(Stellt ſich wieder ungeber - dig.)
So will ſich Jſabel auch wider GOtt ver -
meſſen /
Die Hunde ſollen ſie in ihrem Hauſe
freſſen /
Denn welcher in der Stadt als Ahabs
Sohn verreckt /
So werde deſſen Blut von Hunden
auffgeleckt.
Und wenn der ſchnoͤde Fall im Felde wie -
derfaͤhrt /
So werde deſſen Fleiſch von Raben
auffgezehrt:
Wo225
Wo hat ein ſolcher Hund ein ehrlich
Grab verdient /
Der ſich zu groſſer Schuld auch wider
GOtt erkuͤhnt.
(Gehet ab.)
Ah.

Ach weh! mein Vater Elia / ſoll ich die - ſen grauſamen Fluch zuletzt behalten? und ſoll mir der Weinberg noch eher zur Verdammniß gereichen / ehe die eu - ſerſte Schwelle durch meinen Fuß be - treten wird? Ach wie veraͤndert ſich der Anblick / wie jaͤm̃erlich ſcheinet die Situ - ation, welche mir ſonſt eine angenehme Landſchafft vor Augen ſtellete. Ach der Blut-Acker mag einen Herrn finden / wo er will / ich habe ohndem mehr Un - gluͤck und mehr Blut auff dem Halſe / als ich werde buͤſſen oder verantworten koͤnnen.

(Gehet ab.)
K 5Vierd -226

Vierdter Handlung Dreyzehender Auffzug.

Sabadia Koͤniglicher Printz. Oboth ein Koͤniglicher Bedienter.
Ob.

Das mag mir ein poßirlicher Kerl ſeyn.

Sab.

Kennet ihr denn nicht den heil. Pro - pheten / auff deſſen Gebot vor weniger Zeit Feuer vom Himmel gefallen iſt.

Ob.

Wenn ich ſo ein maͤchtiger Prophete waͤre / ich wolte mir bey dem Koͤnige was beſſers zur Propheten-Kappe aus - bitten.

Sab.

Vielleicht wuͤrde durch das weiche Kleid der beſte Ruhm eines Propheten verloren.

Ob.

Hochverdiente Leute ſollen ſich aber in den ſchlechten Lumpen nicht veraͤchtlich machen.

Sab.

Und ich halte / hochverdiente Leute be - duͤrffen keines Schmuckes / deſſen auch die geringſten Sclaven von der Welt annehmen koͤnnen.

Ob.

Unterdeſſen kan ihre Tugend durchden227den veraͤchtlichen Auffzug proſtituiret werden.

Sab.

Wo die Goͤttliche Krafft die Autori - taͤteinpflantzet / da kan ſich keine Ver - achtung finden laſſen / als bey den gott - loſen Welt-Kindern / die auch mit dem Himmel ihren Spott treiben.

Ob.

Jch haͤtte vermeynet / es waͤre ein wil - der Mann.

Sab.

Der Gottesvergeſſenen Welt muß alles wilde ſcheinen / was nicht in ihrem Luſt-Garten gepflantzet iſt.

Ob.

Sie vergeben meinen kuͤhnen Wor - ten: Sie ſolten ſich wohl in einem ſol - chen Habit ſchicken.

Sab.

Ach waͤre es moͤglich / daß ich dieſe ver - gaͤngliche Lumpen mit einem geringen Leder verwechſeln duͤrffte / mit was Vergnuͤgung wolte ich in dem naͤchſten Walde meinen Wohn-Platz auff - ſchlagen.

Ob.

Wie kan ein Koͤnigs Sohn auff ſol - che Gedancken gerathen? Vielleicht weil die liſtige Jſabel ihren Kindern ein Vortheil ablauffen will / ſo werden ſich die andern deßwegen zu tode graͤ - men.

K 6Sab.
228
Sab.

Ach wer will auff dem Thron ſitzen / der nicht allein von dem gantzen Vol - cke / ſondern auch von unterſchiedenen Propheten verflucht iſt.

Ob.

Wer weiß / wer die Propheten zu einer ſolchen Predigt erkaufft hat?

Sab.

Ach Naboths Blut muß bezahlet wer - den / und ich fuͤrchte / mein eigener Kopff wird mit in die Rechnung kommen.

Ob.
(ad ſpect.)

Was hat die Melancholie vor Wirckung. Dieſer kan nicht Koͤnig werden / darum verlanget ihn nach ei - nem guten Freunde / der ihm den Kopff darzu nimmt.

Sab.

So muͤſſen wir die Laſt ertragen / die ein Vater -- Ach was verklage ich den unſchuldigen Mann! die eine gottlo - ſe Stieff-Mutter uͤber 70. Soͤhne ge - fuͤhret hat.

Ob.

Wo von Naboths Unſchuld viel geſa - get wird / da habe ich nicht gerne viel zu ſchaffen. Jch habe in demſelben Wer - cke gehandelt als ein treuer Diener: Drum muß ich einen Ort ſuchen / da ſolcher Gehorſam beſſer geruͤhmet / und nach meinem Verlangen belohnt wird.

(Gehet ab.)
Sab.
229
Sab.

Mich duͤnckt / der Lohn wird auff die verdammten Diener auch fallen / wo das Koͤnigliche Gebluͤte ſelbſt von keiner Befreyung wiſſen ſoll. Ach was iſt die - ſes vor ein Ungluͤck / wenn man nichts anders vor Augen ſiehet / als die Erwar - tung eines blutigen Todes.

(gehet ab.)

Vierdter Handlung Vierzehender Auffzug.

Badezor der Koͤnigliche Printz von Zidon. Abdalla der Reſident. Jezer ein Elteſter in Jeſreel.
Bad.

Wie ſollen wir dieſes verſtehen? Wir folgen dem Koͤnige in der Svite / und da wir uns nach ſeiner Perſon umſehen / iſt er aus den Augen verſchwunden.

Abd.

Die Begierde hat ihn was eifrig fortgezogen / er wird ſich in der Einſam - keit uͤber der Gelegenheit des Orts ver - gnuͤgen. Denn gewiß ein Potentate muß allein ſeyn / weñ er ſich recht erfreu - en oder betruͤben will. Durch die Augen der Diener werden die affecten gebun - den.

K 7Bad.
230
Bad.

Ach nein / ich habe ſchon gehoͤrt / daß im Weinberge von der Ankunfft nichts wiſſend iſt / und gleich wohl habe ich nie - mals einen Koͤnig geſehen / der ſich uͤber die poſſeſſion eines Gutes ſo hoch haͤtte erfreuen koͤnnen.

Abd.

Drum iſt es kein Wunder / daß die Freude gleichfalls eine Wirckung nach ſich zeucht / die wir nicht errathen koͤn - nen.

Bad.

Vielleicht wird uns dieſer Ehrliche et - was zur Nachricht erzehlen.

Jez.
(koͤmmt)

Ach meine Patronen / ſie be - gegnen mir zur rechten Zeit.

Bad.

Jch mercke ſchon / wo der Herr hin zie - let / die Zeit wird ihm gewiß lang / daß er die Vergeltung nicht haben ſoll / welche wegen der bewuſten Courteſie verſpro - chen ward.

Jez.

Ach wer wolte bey der itzigen Zeit an eine Vergeltung gedencken. Es hat uns eine verwirrte Zeit in Jſrael der - maſſen turbiret / daß wir uns faſt den Tod wuͤnſchen moͤchten.

Bad.

Daß ſich eine Perſon aus dem ge - meinen Poͤbel leicht bethoͤren laͤſſet / ſol -ches231ches kan noch entſchuldiget werden; Al - lein daß ein alter Herr / ein Præſident aus einem Collegio ſo kleinmuͤthig wer - den kan / das koͤmmt mir etwas unge - reimt vor.

Jez.

Ein Koͤnigl. Diener richtet ſich nach dem Humeur ſeines Herrn. Nun ſind Jhro Maj. in hoͤchſten Ungnaden wie - der umgekehrt / und da wir nicht erra - then koͤnnen / was die arme Gegend moͤchte verſchuldet haben / ſo muͤſte der - ſelbe den Nahmen eines getreuen Pa - trioten verſchweren / der ſich bey ſo ver - wirrten Dingen lauter froͤliches We - ſen und alle ſtoltze Sicherheit einbilden wolte.

Bad.

Nun / nun / alter Herr / bekuͤmmert euch / wie ihr meynet / daß es bey der Gemeine kan verantwortet werden. Wo der Koͤnig zuruͤcke iſt / ſo iſt un - ſer Bleiben auch nicht hier. Lebet wohl.

(Sie gehen ab.
Vierd -232

Vierdter Handlung Funffzehender Auffzug.

Es wird ſachte mit Violen muſici - ret / endlich eroͤffnet ſich die mit - telſte Scene, da koͤm̃t Ahab her - aus / und hat an ſtatt ſeines Koͤ - nigl. Kleides einen Sack angele - get. Und als die Inſtrumentiſten auffgehoͤret / ſo ſaget er:

Ach! wer will die Angſt meines Hertzens beſchreiben / nachdem ich denſelben er - zuͤrnet habe / welcher den hoͤchſten Po - tentaten auff der Welt die Geſetze des Lebens und des Todes vorſchreiben kan. Ach! wenn meine Augen koͤnten zu Thraͤnen-Qvellen werden / ſo lange biß ich die blutigen Flecke von mir und meinem Hauſe abgewaſchen haͤtte. Ach! ich bin muͤde von Seuffzen! Jhr lieben Getreuen ſecundiret euren Koͤ - nig in dem bußfertigen Vorſatze.

(Die Muſicanten treten hervor und ſingen / da unterdeſſen der Koͤnig ſich in voller Angſt auff der Erden herum waͤltzet.)
1. Hier233
1.
Hier lieg ich in der Suͤnden-Noth /
Und fuͤhle den verdammten Tod.
Denn wo will ich vor Schmertzen hin /
Weil ich der Mann des Todes bin?
2.
So wahr das Blut um Rache ſchreyt /
So wahr ſpricht die Gerechtigkeit /
Daß ich als ein verdammter Mann
Nichts als den Tod erwarten kan.
3.
Ach groſſer GOtt! ich bins nicht werth /
Daß mir die Gnade wiederfaͤhrt /
Jch wein und ſeuffze zwar darnach /
Doch meine Thraͤnen ſind zu ſchwach.
4.
Befiehlſt du noch / daß ich vergeh /
Ach! iſt in deiner Gnaden-See
Kein Tropffen / der mich troͤſten kan /
So bleib ich doch ein todter Mann.
Ah.

Jhr Getreuen / dieſer Ort iſt vor mei - ne Buſſe noch zu koͤſtlich / und ich hoͤre Perſonen / welche mir im heiligen Wer - cke moͤchten verhinderlich ſeyn. Ach folget mir nach in ein geheimes Zim -mer /234mer / da wir die Traurigkeit zu GOtt etwas geruhiger ausſchuͤtten koͤnnen.

(Er kreucht auff den Knien hinein / die Muſicanten repetiren den letzten Verß / und kriechen ſingende her - nach.)

Vierdter Handlung Sechzehender Auffzug.

Sabadia ein Printz / der Jſabel Stieff - Sohn. Oboth ein Koͤniglicher Bedienter.
Sab.

Wo iſt nun derſelbe Trotz / der ſich ſo ſehr auff des Koͤnigs Belohnung zu ver - laſſen wuſte? Oder was werden die - ſelbigen nun zu hoffen haben / die ſich ei - nes unbilligen Todſchlages dergeſtalt theilhafftig machen / daß ſie auch mit dem Koͤnige im Sacke und in der Aſche moͤchten Buſſe thun.

Ob.

Kan ich davor / daß der Koͤnig allemal ſo wunderlich wird / wenn der Prophet Elia mit ihm geredt hat?

Sab.

Jch moͤchte faſt ſprechen: Kan derKoͤ -235Koͤnig davor / wenn er von ſeinen gott - loſen Dienern ſo jaͤmmerlich hinter das Licht gefuͤhret wird?

Ob.

Mein Printz / wo ſie Luſt haben / etwas von der Geiſtligkeit zu predigen / ſo le - gen ſie einen Sack an / und faſten / da - mit wird der Koͤnigl. Herr Vater deſto eher fertig.

Sab.

Es thaͤte vonnoͤthen / daß man im gan - tzen Koͤniglichen Hauſe dergleichen Fa - ſten ausruffen lieſſe.

Ob.

Ach nein / die Koͤnigin iſt kluͤger / ſie hat ſich mit ihrem lieben / getreuen Herrn Reſidenten in den Weinberg gemacht / und ich halte / ſie wird die poſſeſſion mit mancher Annehmligkeit ergreiffen.

Sab.

Sie mag vor ſehen / ob ſie den Koͤnig - lichen Herrn Vater noch einmal be - triegen wird.

Ob.

Das iſt kein Betrug / wenn man ein - faͤltigen Perſonen die Prophetiſchen Grillen aus dem Kopffe redet.

Sab.

Es mag heiſſen / wie es will: Doch bin ich gewiß / daß Jſabel ein groſſes Theil von ihrer liſtigen Gewalt wird verloren haben.

Ob.
236
Ob.

Ach einfaͤltiges Urtheil! ſie wird nie beſſer befohlen haben / als ins kuͤnfftige geſchehen ſoll. Wir ſehen den Koͤnig faſten / aber die Baals-Pfaffen ſollen ihm bald zum Opffer-Feſte das Geleite geben. Er will itzund von dem blutigen Weinberge nichts hoͤren: Aber wenn Jſabel ihren Geburts-Tag drauſſen begehen wird / ach wie gehorſam wird ſich der liebe Herr einſtellen.

Sab.

Was hat ein ſolcher Sclave verdie - net / vor deſſen Hoͤhnerey auch der Koͤ - nig nicht ſicher iſt?

Ob.

Man erwarte zuvor den Ausgang. Werde ich gelogen haben / ſo ſtraffe man mich als einen Luͤgner.

Sab.
(entbloͤſſet den Sebel.)

Du haſt den Koͤnig mehr gelaͤſtert als Naboth / und ich duͤrffte bald dem Volcke die Muͤhe erſparen / daß ſie dich nicht erſt ſteinigen duͤrfften.

Ob.

Ach ein Koͤniglicher Printz ſoll die Kraͤffte gegen die Feinde des Koͤnig - reichs anwenden. Es iſt ſchlechter Rai - ſon, daß mir vor der Naſe herum ge - fochtelt wird / duͤrffte ich mich an desKoͤni -237Koͤniges Sohne vergreiffen / was gilts die Courage wuͤrde nicht ſo hitzig ſeyn.

Sab.

Du ſcheinheiliger Bube / wilt du mein verſchonen / und kanſt doch den Koͤnig ſelbſt ſo ungeſcheut mit der Zunge ver - wunden?

Ob.

Ach! das hab ich nicht gethan / man ſtelle mir Zeugen auff.

Sab.

Hab ichs nicht gehoͤrt?

Ob.

Ein Zeuge / kein Zeuge. Jch ſage noch einmal: Jſabel wird doch die Ober - hand behalten / und der wunderliche Prophete wird viel reden muͤſſen / ehe er ſie mit ihrer Geſchwindigkeit zu Boden treten ſoll. Ahab bleibt ein Selave / der der Koͤnigin pariren muß / das ſage ich itzund mit gutem Bedacht / aber wer mich oͤffentlich mit dieſer Rede beſchuldigen will / der ſoll mir Zeugen bringen / oder ich will ihm die Luͤgen in den Hals hinein ſchieben. Mein Printz / das war die Belohnung / daß er mir ſo hoͤhniſch be - gegnete. Jch verbleibe eines iedwe - den Diener / wenn ich will.

(Gehet ab.)
Sab.
238
Sab.

Die Straffe ſoll gewiß allbereit den Anfang nehmen / weil auch die gerin - gen Unterthanen aus der Majeſtaͤt ei - nen Spott treiben. Ach! wie ſelig iſt der Mañ / der geſchwinde ſterben darff / wenn ihm das blutige Todes-Urtheil ſchon vom Himmel angekuͤndiget iſt.

Vierdter Handlung Siebenzehender Auffzug.

Obadia der Koͤniglichen Printzen Hoffmeiſter. Elia ein Prophet.
Ob.

Ach mein Herr / das Hertze im Leibe moͤchte mir brechen / daß ich den Unter - gang der Koͤniglichen Tugend vor mir ſehen muß. Ach was vor Sorge und Treue habe ich angewendet / damit ich nur einen Stifft in Jſrael erziehen moͤchte / daraus mit der Zeit rechte Jſ - raelitiſche Frucht gedeyen moͤchte. Al - lein der Fluch iſt nun ſtaͤrcker als der Segen / und da mein Herr den Unter - gang verkuͤndiget hat / ſo weiß ich ſchon /daß239daß kein Wort auff die Erde fallen wird.

El.

Es iſt des Herrn Wort / wer in ſeinen Wegen richtig wandelt / der hat ſein Gewiſſen verwahret / und wird um ſo viel deſtoweniger vor dem gerechten Ur - theil Gottes erſchrecken.

Ob.

Der Koͤnig mercket allbereit / was er vor eine Straffe verdienet hat / und al - ſo liegt er jaͤmmerlich im Sacke und in der Aſche / ob ſich etwan GOtt wieder - um zu ſeinem Hauſe wenden moͤchte.

El.

Er thut itzund Buſſe: Doch ſeine Ge - mahlin wird die Andacht bald verhin - dern. Jmmittelſt iſt des HErrn Wort da / daß in Anſehung dieſer Buſſe der Koͤnig gleichwohl ſoll verſchonet blei - ben / daß bey ſeinen Lebzeiten kein Un - gluͤck uͤber das Koͤnigliche Haus ſoll ge - fuͤhrt werden. Doch mit dem aus - druͤcklichen Vorbehalten / daß nach ſei - nem Tode alle Warſagungen wuͤrck - lich und im Angeſichte des gantzen Vol - ckes erfolgen ſollen.

Ob.

Ach! ſo will ich hoffen / daß auch die - ſe ſchreckliche Dinge nach meinem To -de240de erfolgen werden. Doch mein Herr / ſoll ich dieſe Zeitung dem Koͤnige an - deuten?

El.

Ja es iſt des Herrn Wille / welcher ſeinen Segen uͤber die Frommen kraͤff - tig wolle ergehen laſſen.

(Gehet ab.)
Ob.

Und welcher die Frommen mit den Boͤſen nicht gaͤntzlich austilgen wolle.

Fuͤnffter Handlung Erſter Auffzug.

Der Schau-Platz præſentiret ſich gantz finſter. Hoſcha mit einer kleinen Laterne.

Guten Morgen / ihr Herren / guten Mor - gen. Wo ihr alle ſo ſchlecht ausge - ſchlaffen habt als ich / ſo wirds heute trefflich ſchwere Koͤpffe ſetzen. Denn unſere Koͤnigin nimmt von dem Herrn Bruder Abſchied / der muß ſich bey Nacht und Nebel in ſein Koͤnigreich begeben / wo er ſich nicht aus dem Erb - theil will verdringen laſſen. Weil ich nun als eine vornehme Staats-Per -ſon241ſon mit zur heimlichen Auffwartung bin verſchrieben worden / ſo ſtelle ich mich ein / und will erwarten / ob ich bey dem betruͤbten Abſchiede was zu heulen oder was zu lachen kriegen werde. Potz tauſend / es iſt trefflich finſter. Wo ich zu zeitlich komme / ſo werde ich gewiß etliche Dutzend Viertelſtunden weiter Mittags-Ruhe halten / oder zum we - nigſten werde ich mir das Licht in der Laterne ziemlich theuer bezahlen laſſen.

Fuͤnffter Handlung Anderer Auffzug.

Hoſcha. Badezor der Koͤnigliche Printz von Zidon. Ein Knabe mit der Fackel.
Bad.

Hoſcha Biſtu ſchon hier?

Hoſ.

O ja / ich habe einen rechten Sper - lings-Kopff. Jch kan ausſchlaffen / wenn ich will; Aber haͤtte ich doch bald meine hoͤffliche Schuldigkeit vergeſſen. Einẽ ſchoͤnẽ / eingemachten / freundlichen guten Morgen.

LBad.
242
Bad.

Behalt nur die eingemachten Sa - chen vor dich / mit dem Confecte iſt es vor mich zu fruͤh.

Hoſ.

Jſt meinem Patrone mit dem guten Morgen nicht gedienet / ſo waͤre mir doch mit ſeinem uneingemachten groſ - ſen Dancke ein groſſer Dienſt geſche - hen.

Bad.

Du wilſt allem Anſehen nach gar wie ein groſſer Printz tractiret ſeyn.

Hoſ.

Der iſt wohl ein Narr / der nicht ein Fuͤrſtlich Gluͤcke verlanget / wenn er es mit guten getreuen Dienſten / oder mit Narrenpoſſen ſo weit bringen kan.

Bad.

Wolan / du haſt an die getreuen Dienſte gedacht. Meyneſt du gleich - wohl / daß du was damit verdienen koͤnteſt.

Hoſ.

Herr / da ſtehe ich / iſt ihm mit Luͤgen und Triegen / mit Rauben und Steh - len / mit redlichen und unredlichen Stuͤ - cken was gedienet / ſo laſſe er mich nur die Ehre haben / daß ich darzu gebrau - chet werde: Er ſoll erkennen / daß in meiner Narren-Kappe kein Narr be - graben liegt.

Bad.
243
Bad.

Jch weiß wohl / daß du nicht ſo naͤr - riſch biſt / als die Kappe von auſſen ſchei - net. Drum weil itzund die Abreiſe ge - ſchwinde vor ſich gehet / ſo wolte ich wuͤnſchen / daß du unſers Herrn Reſi - denten geheimer Secretarius werden wolteſt. Die Zeiten laſſen ſich ſehr ge - faͤhrlich und beſorglich an / und wo mir nicht alle Poſten was Neues geſchrie - ben wird / ſo waͤre ich an dem Verder - ben unſchuldig / welches dem Koͤnigli - chen Hauſe begegnen moͤchte.

Hoſ.

Jch mercke ſchon / was in meiner Be - ſtallung geſchrieben ſtehet: Jch ſoll ſo ein Zwey-Achſeler ſeyn / und ſoll ſehen / wo ich die Leute in ihrer Heimligkeit hin - terſchleichen kan / und was ich weiß / das ſoll ich in des Herrn Abgeſandten Zim - mer dem Schreibe-Tiſche wieder er - zehlen / damit bin ich allenthalben gut Freund / und niemand darff mich ſchel - ten / daß ich ein verwaſchen Maul habe.

Bad.

Mit kurtzen Worten / du ſolt des Herrn Abgeſandten ſein Bedienter ſeyn / und alles deiner Baalitiſchen Pro - feſſion ohne Schaden. Nur macheL 2es244es nicht zu mercklich / daß die Schelm - ſtuͤcke nicht vor der Zeit an den Tag kommen. Da haſt du etwas rechtes auff die Hand / nach Befindung deiner Treue ſoll die diſcretion allemal gebeſ - ſert werden.

Hoſ.

Herr / ich wolte mich gerne wehren: Jch fuͤrchte mich nur / ihr moͤchtet es wieder nehmen.

Bad.

Was dein iſt ſoll auch dein bleiben. Doch du haſt dich nun nicht auffzuhal - ten / es wird etwas vorgehen / darbey wir deiner Laterne nicht beduͤrffen.

Hoſ.

Nu / nu / wer meine Laterne entrathen kan / der mag mir auch zu gute halten / daß ich mich wieder zu Bette lege.

Fuͤnffter Handlung Dritter Auffzug.

Der innere Schau-Platz eroͤffnet ſich / da ſtehet ein Tiſch mit zwey Lichtern / Jſabel koͤmmt in ſchwartzen Wittwen-Kleidern heraus.
Iſab. 245
Jſab.

Ach mein lieber Herr Bruder / ſoll ich nun von einer ſo lieben Perſon ins kuͤnfftige geſondert ſeyn: Und ſoll eben der Auffbruch bey finſterer Nacht ge - ſchehen / daß ich um ſo viel deſtomehr das Ebenbild meiner betruͤbten Trau - rigkeit daraus empfinden ſoll?

Bad.

Hertzens Schweſter / warum ſoll ich mit ſolchen Worten in meinem Troſte verſtoͤret werden? Jch betruͤbe mich - ber dem Scheiden / und ob ich wohl zu der Beſitzung eines Koͤnigreichs gezo - gen werde / ſo wolte ich doch gerne daſ - ſelbe fahren laſſen / wenn ich nur meine Lebens-Zeit in Genieſſung dieſer Schweſterlichen Liebe beſchlieſſen koͤnte.

Jſab.

Das Verhaͤngniß hat den Ausſpruch gethan / daß wir uns in beſtaͤndiger Beywohnung keiner Goͤttlichen Gluͤck - ſeligkeit anmaſſen duͤrffen.

Bad.

Das eintzige wird uns noch zu groſſer Conſolation gereichen / daß wir dem Gemuͤthe nach nicht getrennet werden.

Jſab.

Wenn mir auch dieſe Verſicherung ſolte verſaget ſeyn / ſo wuͤrde ich bey demL 3Ab -246Abſchiede einen toͤdtlichen Schmertz be - klagen muͤſſen. Ach mein Koͤniglicher Gemahl hat ein blutiges Ende genom - men. Ein Sohn / welcher trotz allen Stieff-Bruͤdern den Koͤniglichen Thron beſtiegen hatte / muſte durch ei - nen gefaͤhrlichen Fall das koſtbare Le - ben beſchlieſſen. Der andere Sohn / welchen ich als meine Seele liebe / mag den Krieg wider die Syrer nicht allzu - gluͤcklich fuͤhren / daß ich alſo gar leicht - lich zum andernmal das Begraͤbniß ei - nes leiblichen Sohnes beſtellen muͤſte. Dannenhero da mein eintziger Troſt faſt auff euch beruhen will / ach! ſo den - cket nur / wie mir das Hertze bey eurem Abſchiede brechen muß.

Bad.

Getroſt meine Hertzens Schweſter / mein gantzes Koͤnigreich ſoll mit allem Reichthum euch und eurer Sicherheit zu Dienſte ſtehen / nur laſſet euch unſern Herrn Abgeſandten / welcher nochmals in ſeinem Character beſtaͤtiget wird / zu vertrauter Correſpondentz anbefohlen ſeyn.

Jſab.

Jch werde den Bruͤderlichen Befehlwiſſen247wiſſen in acht zu nehmen. Ach ich ſehe die Zeit des Auffbruches iſt vorhanden. Nun zu guter letzt dieſen Kuß und die - ſes Schnuptuch / welches ich mit mei - nen Thraͤnen durchnetzet habe / anzuzei - gen / daß ich auſſer den Thraͤnen zu meinem Zeitvertreib nichts uͤbrig habe.

Bad.

Der Himmel helffe / daß in eurem Koͤniglichen Hauſe noch ſo viel Freu - den-Perlen erwachſen / ſo viel als Tropffen dieſes Schnuptuch befeuch - tet haben. Ach die Zeit ruffet mich zum Abſchiede. Nochmals zu aller ſelbſt beliebenden Gluͤckſeligkeit befohlen.

(Er kuͤſſet ſie / und will weggehen.)
Jſab.

Herr Bruder / noch einen Blick.

Bad.

Das uͤbrige ſoll in fleißigen Brieffen beſtehen. Jch muß ſcheiden. Doch noch einen Blick.

(Gehet ab.)
L 4Fuͤnff -248

Fuͤnffter Handlung Vierdter Auffzug.

Iſabel die Koͤnigin / Die Geiſter von Ahaſia, Naboth, Thirza, Amri, Nebat.
Jſab.

Doch noch einen Blick! Ach wie ſchlecht war der Troſt! Wenn man die Laſt der langen Einſamkeit darge - gen halten will / und wie moͤchte ich die - ſen Verluſt mit Trauer-Kleidern an - deuten / wenn mein Wittwen-Stand und das geplagte Mutter-Leid mir nicht das Geſetze eines ewigen Trau - rens auffgeleget haͤtte. Aber was iſt da?

Ahaſ.
(mit einer Fackel.)

Jch bin da. Stehet es einer Mutter an / daß ſie ih - ren Sohn nicht kennet?

Jſab.

Ach wo ſoll ich mich hinwenden?

Ahaſ.

Du ſolt mir folgen. Aber ich muß vor ſehen / wo mein Bruder bleibt.

Jſab.

Jch ſterbe vor Angſt!

Ahaſ.

Ja wohl koͤmmt das Ziel deines Sterbens nahe: Und was du mir imLeben249Leben vor Boßheit eingepflantzet haſt / das will ich dir im Sterben mit dieſer Fackel bezahlen.

(er verſchwindet.)
Jſab.

Traͤumet mir / oder werde ich wachen - de bethoͤret? Jch muß ſehen / wo meine Bedienten geblieben ſind.

(Sie will weggehen / Naboths Geiſt koͤmmt von hinten / und zeucht ſie zuruͤcke.)
Nab.

Aber du ſolt zuruͤcke bleiben. Naboth iſt geſtorben / aber in deinem Gewiſſen lebt er noch. Kenneſt du mich wohl / du gifftige Schlange? Was hatte ich dir gethan / daß ich mein Blut ſo jaͤmmer - lich vergieſſen muſte?

Jſab.

Jch kan den Anblick nicht ausſtehen / ich muß mich wegwenden.

(Sie wen - det ſich um / da koͤmmt der Geiſt von Thirza.)
Thirz.

Sieheſt du nach mir? Du wilſt gewiß deinem meineydigen Sohne noch eine Braut im Tode ſuchen. Ach nein / meine Unſchuld hat mich zu einer Braut gemacht / aber die Hochzeit-Fa - ckeln / die du mir entzogen haſt / die ſollen auff deinem Gewiſſen verbrennen.

Jſab.

Mein Geiſt vergehet / ich mercke / daßL 5ich250ich ſterben muß.

(Sie will ſich nie - derſetzen / Amri und Nebat kommen auff ſie loß.)
Amr.

Wilſtu nicht ſtehen bleiben?

Neb.

Wilſtu meine Fackel koſten?

Amr.

Die Ohnmacht ſoll dir verboten werden.

Neb.

Und mein Blut ſoll dir zu Pech und Schweffel werden.

Jſab.

Jch darff nicht ſitzen. Ach darff ich denn auch die Augen verhuͤllen.

(Sie verhuͤllet die Augen / die Geiſter verſchwinden.)
Jſab.

Bin ich wieder allein / oder iſt noch et - was / das mich unvermerckt anruͤhret? Jch erſchrecke vor mir ſelber. Ach wo ſind meine Bedienten.

(Sie ſchreyet)

Jſt niemand / der der Koͤnigin beyſtehet?

Fuͤnffter Handlung Fuͤnffter Auffzug.

Iſabel die Koͤnigin / Javan der oberſte Baals-Pfaffe. Pashur Koͤnigl. Cammer-Herr.
(Jn251
(Jn waͤhrender Action werden die Lichter allmaͤhlich angezuͤndet.)
Jav.

Die Goͤtter verleihen Jhro Koͤnigli - chen Majeſtaͤt einen geſegneten Mor - gen. Was beweget dieſelbe ſo ſehnlich um Huͤlffe zu ſchreyen?

Paſ.

Jhro Maj. ſind gantz auſſer ſich ſel - ber / es muß deroſelben ein betruͤbter Zufall begegnet ſeyn.

Jav.

Dieſes Schweigen iſt ungewoͤhnlich.

Pash.

Und die Sorge / welche daraus ent - ſtehet / iſt unbeſchreiblich.

Jſab.

Ach ihr Lieben / ich bin verdorben!

Jav.

Das wollen die Goͤtter nicht / Jhro Maj. ſie leben.

Pash.

Und ſie werden noch mancher Per - ſon von dem Verderben helffen koͤnnen.

Jſab.

Jch muß ſterben. Mein Ahaſia hat mich citirt.

Jav.

Wer im Grabe verſchloſſen liegt / der wird mit ſeiner Citation wohl zuruͤcke bleiben.

Jſab.

Naboth und ſeine Kinder ſind wieder lebendig worden.

Paſh.

Welchen die Koͤpffe einmal zer - knirſchet ſind / die ſollen in ihrem LebenL 6nicht252nicht viel Erſchreckniß verurſachen.

Jſab.

Jch habe ſie geſehen / und alſo kan mir das Widerſpiel nimmermehr ein - geredet werden.

Jav.

Ach was thut die Einbildung nicht!

Paſ.

Und wie kan ein Wachender durch ei - nen ſolchen Traum betrogen werden.

Jſab.

Tretet nur an meine Stelle / und laſ - ſet euch die Geſichter ſo bethoͤren: Was gilts mein Erſchrecken wird euch recht - maͤßig genug ſcheinen.

Jav.

Ey wer ſeine Hoffnung auff den Baal geſetzet hat / der darff weder Ge - ſpenſter / noch andere Geiſter glauben / und Krafft meines Prieſterlichen Amts frage ich Eu. Koͤnigl. Maj. ob ſie bey der Vaͤterlichen Religion leben und ſterben will?

Jſab.

Ach warum wolt ich dieſes nicht ver - ſprechen?

Jav.

Alſo verſpreche ich im Nahmen des groſſen Baals / daß ſie dergleichen Gedancken aus dem Kopffe heraus jage / und Gelegenheit ſuche durch zulaͤßige Luſt / oder auch wohl gar durch einen geruhigen Schlaff dieer -253erſchrockenen Glieder zu beſaͤnffti - gen.

Jſab.

Heiliger Vater / ich bin gehorſam; Er folge mir / und troͤſte mich.

(Sie gehen hinein / die Scene verbirget ſie.)
Pash.

Der gute Hoff-Prieſter machet ſich zwar mit ſeinem Troſte trefflich breit. Doch es wird weder bey der Koͤnigin noch bey den Bedienten zu ei - ner beſtaͤndigen Hertzhafftigkeit hin - aus ſchlagen. Jch an meinem Orte werde der Koͤnigin Partey am laͤng - ſten gehalten haben. Nachdem der Gluͤcks-Wind blaſen wird / nachdem werde ich meinen Mantel haͤngen.

Fuͤnffter Handlung Sechſter Auffzug.

Jetur des Koͤniges Wintzer. Bilſan Naboths Wintzer. Bidekar ein Officirer.
Jet.

Nachbar / was ſoll denn das bedeu - ten?

L 7Bil.
254
Bil.

Je was ſolls bedeuten? Es brachte ein Kerl eine Leiche geſchleppt und warff ſie in meinen Weinberg.

Jet.

Jch will nicht hoffen / daß ſie aus dem Koͤniglichen Weinberge werden einen Schinder-Anger machen.

Bil.

Wir muͤſſen zuvor ſehen / wer es ge - than hat / gegen einen groſſen Herrn duͤrffen wir uns doch nicht baͤr-beißig machen.

Jet.

Jch weiß wol / daß wir Bauern alles leiden ſollen: Aber wenn mir gleich - wol eine Leiche auff des Koͤniges Grund und Boden geſchleppet wuͤrde / ſo muͤſte ich doch nur ins Koͤniges Nahmen ein loſe Maul haben.

Bil.

Jch halte / wir werden die Leiche um - ſonſt begraben ſollen. Der Todten - graͤber iſt gewiß mit in den Krieg gezo - gen.

Jet

Jch muß nur ſehen / ob es auch eine vornehme Leiche iſt.

(gehet hinein)
Bil.

Mein Nachbar iſt wol ein Narr. Unſer Weinberg iſt gleich deßwegen angeleget / daß vornehme Herren ihre Leichen da auffheben laſſen. Jch den -cke255cke / wenn es um und um koͤmmt / ſo iſt ein Bettelmann am Zaune liegen blie - ben / den hat ein barmhertziger Kerl von der Landſtraſſe weg geſchleppt / und da - mit hat unſer Weinberg die Ehre kriegt.

Jet.
(kommt gelauffen)

O hertzer Nach - bar / daß GOtt im Himmel erbarme / was iſt vor ein Ungluͤck?

Bil.

Hui wird irgend die Leiche wieder le - bendig?

Jet.

Ach wenn ich doch Waſſer genug haͤtte / daß ich das groſſe Hertzeleid be - heulen koͤnte.

Bil.

Die Leiche gehoͤret gewiß in euer Ge - ſchlechte / daß die Traurigkeit ſo ſchreck - lich groß iſt.

Jet.

Ach greinet ihr Weinſtoͤcke und heulet ihr Feigen-Baͤume / der groſſe Ceder - Baum iſt umgefallen.

Bil.

Wenn das Hertzeleid ſo groß iſt / ſo werde ich wol auch ein Theil davon er - fahren duͤrffen.

Jet.

Ach lieber Nachbar / der Koͤnig / der Koͤnig --

Bil.

Jch halte

(ad ſpect.)

der Koͤnig hat ſei -nen256nen Schwager tod geſchlagen; Je nu / nu / was der vornehme Mann thut / das will ich nicht tadeln.

Jet.

Ach der Koͤnig iſt tod geſchlagen / und lieget voller Blut im Weinberge.

Bil.

Je bedenckt doch / was ihr redet; wer will den Koͤnig tod ſchlagen?

Bid.
(koͤmmt)

Freylich hat iemand den Koͤnig tod geſchlagen.

Bil.

Hertzer Nachbar / wo der Mann die Koͤnige darff tod ſchlagen / ſo mag er wol einen elenden Bauer gar ſchinden laſſen.

Bid.

Das hat der Herr geſagt / daß Ahabs Hauß lauter blutige Koͤpffe mit in die Grube nehmen ſoll. Das iſt der Wein - berg / daruͤber der unſchuldige Naboth nebenſt ſeinen Kindern Blut vergoſſen hat. Nun ſoll er ſich eben an dieſer Stelle in ſeinem Blute herum weltzen / und trotz ſey euch gebothen / daß ihr den verfluchten Coͤrper von der Stelle weg ſchaffet.

Bil.

Jch will ihn nicht weg ſchaffen / wo mich nur die Krieges-Gurgel nicht dar - zu leget.

Bid.
257
Bid.

Und hoͤrt ihr Sclave / was ſtehet ihr da muͤßig?

Jet.

Wir wolten gleich an die Arbeit ge - hen / wenn ich wuͤrde geſehen haben / wo der Lermen naus wolte.

Bid.

Es koͤmmt auch ſolchen Schelmen zu / daß ſie nach allen neuen Haͤndeln gu - cken. Verraͤther ſeyd ihr / und wenn etwas vorgehet / ſo laufft ihr doch an den Koͤnigl. Hoff / und verdienet das Bothen Lohn mit einer neuen Zeitung.

Bil.

Wir arme Leute wiſſen nicht / was neue Zeitungen vor Dinger ſeyn.

Bid.

Daß ich mich beſſer verſichere / ſo kommet mir nach / wo ihr einen Fuß anders ſetzet / als von mir befohlen wird / ſo will ich darnach ſehen / was ihr vor ſchelmiſch Blut in euren Adern habt.

Jet.

Das wird ſich meine Frau nicht traͤumen laſſen / daß ſie die vergangene Nacht bey einem Landsknechte ge - ſchlaffen hat.

Bil.

Meiner Frauen wird es wercklich vorkommen / daß ich ohne Verlaubniß in den Krieg gelauffen bin.

(Sie258
(Sie gehen etliche mahl um das Theatrum herum.)

Fuͤnffter Handlung Siebender Auffzug.

  • Jehu ein Kriegs Obriſter mit dem Koͤniglichen Schmucke.
    • Bidekar Ginath
    Officirer auff Jehu Seite mit unterſchiedenen Soldaten.
Jeh.

So mag demnach des verfluchten Koͤniges Sohn von den Raben ge - freſſen werden / weil der Herr ſelbſt das Urtheil uͤber das gottloſe Geſchlechte geſprochen hat. Und weil ich als ein Diener der Goͤttlichen Majeſtaͤt die Execution dieſer Straffe vollziehen ſoll / ſo ſtaͤrcket euch ihr lieben Getreuen / und ſtehet demſelben bey / welcher be - gierig iſt das Land von den uͤbrigen Blutſchulden zu befreyen.

Gin.

Lange lebe Koͤnig Jehu! und der je - nige ſey verbannet / deſſen Blut er fo - dern wird!

Bid.
259
Bid.

Lange lebe Koͤnig Jehu / der dem Vol - cke Jſrael zu Troſte beruffen iſt!

Gin.

Wer nicht vor einen Mann mit die - ſem Helden fechten wird / derſelbe wer - de geſtrafft wie Ahab.

Bid.

Und welcher ſeine Hand itzo ſchlaffen laͤſt / deſſen Kinder werden vertilget / wie Ahabs Kinder.

Jeh.

Friſch auff ihr Helden! die That iſt angefangen: Koͤnig Joram hat meinen Pfeil im Hertzen. Der Koͤnig Juda ſoll auch von ſeinen Wunden ſchwer - lich darvon kommen. Nun muß die gottloſe Beſtie Jſabel erfahren / daß die Weiſſagung eines heil. Propheten wahrhafftig geweſen iſt.

Gin.

Was der Koͤnig befehlen wird / das wollen wir verrichten.

Bid.

Und welchen GOtt vor ſeinen Feind erklaͤret / den wollen wir auff Gutbefin - den eines Goͤttlichen Freundes zu nich - te machen.

Fuͤnff -260

Fuͤnffter Handlung Achter Auffzug.

Die vorigen.
    • Nimſi Oboth
    Koͤnigliche Bedienten.
Nim.

Jhro Majeſt. die Koͤnigin hat uns heraus geſchicket.

Jeh.

Und was iſt die Verrichtung?

Ob.

Wir ſollen Fragen: Jſts Friede?

Jeh.

Ey was gehet dich der Friede an? Alſobald kehret euch hinter mich. Es ſoll heute niemand in die Stadt gelaſ - ſen werden / ehe ich meinen Fuß hinein geſetzet habe.

Nim.

Welchen das gantze Volck vor ei - nen Koͤnig erkennet / dieſem wollen wir gerne folgen.

Ob.

Und welcher ſo gnaͤdig iſt / uns etwas zu befehlen / unter deſſen Schutze wollen wir gerne dienen.

Fuͤnff -261

Fuͤnffter Handlung Neundter Auffzug.

Dievorigen.
    • Beor Palal
    Elteſten in Jeſreel.
  • Laedan Koͤniglicher Richter.
  • Pashur Koͤnigl. Cammer-Herr.
Beor
(koͤmmt gelauffen)

Ach iſt es Friede?

Pal.
(folget)

Ach iſt es Friede?

Laed
(koͤmmt)

Ach iſt es Friede?

Jeh.

Was gehet euch zuſammen der Friede an? Bleibet bey mir / und wancket weder zur Rechten noch zur Lincken.

Beor.

Wir ehren den Koͤnig / welchen Gott erwehlet hat.

Pal.

Und folgen demjenigen / welcher von den Vornehmſten im Lande beſtaͤti - get iſt.

Laed.

Wir ſuchen den Frieden bey demje - nigen / welcher als ein Friedens-Engel in dem Lande erſcheinen wird.

Pas.
(kommt)

Mein Herr / darff ich ſo kuͤhne ſeyn / und im Nahmen der Koͤni -gin262gin nochmals fragen / was ſie ſich bey dieſem Tumulte zu verſehen hat?

Jeh.

Bleibet hier / ſo koͤnt ihr dem Specta - cul ſelbſt mit beywohnen / und es darff keiner weitern Erzehlung.

Paſ.

Jch bin abgeſchicket worden: Aber da mir eine frembde Gewalt was an - ders aufferleget / ſo muß mein Gehor - ſam dem ſtaͤrckſten Theile zu Gebote ſtehen.

Jeh.

Auff! der Befehl des HErrn muß vollzogen werden. Wer uns nicht fol - get / der habe ſeinen Kopff verloren.

Fuͤnffter Handlung Zehender Auffzug.

Die zuruͤck bliebenden. Nimſi, Oboth, Koͤnigl. Bedienten. Jetur des Koͤnigs Wintzer. Bilſan Naboths Wintzer.
Nim.

Der neue Koͤnig faͤnget es ſcharff an / es wird mancher Kopff uͤber die Klinge ſpringen muͤſſen.

Ob.

Und ich halte / wo die Koͤnigs-Kindernicht263nicht zulangen werden / ſo wird er mit den Baals-Pfaffen ausflicken.

Nim.

Und wo die Baals-Pfaffen das Ha - ſen-Panier auffwerffen / ſo werden wir die blinde Kuhe mit den Bauern ſpie - len.

Ob.

O nein! die Bauern ſind uns zu ſonſt was nuͤtze. Jch dencke immer die Ker - len / die ſich ſonſt im Weinbeꝛge ſo mau - ſicht machen / die werden uns nun zu Ge - bote ſtehen / und da werden wir ſingen: Es hat ein Bauer einen wunderſchoͤnen Berg / und der Berg war unſer: Haͤtte der Krieg noch laͤnger gewaͤhrt / ſo waͤ - ren dem Schelmen die Huͤlſen beſchert / und der Berg waͤr unſer.

Nim.

Jch kenne auch den einen Galgen - Vogel / der hat einen wunderſchoͤnen Feigenbaum. Waͤhrte der Krieg noch laͤnger / ich wolte ſingen: So waͤren dem Schelmen die Blaͤtter beſchert / und die Feigen waͤren unſer.

Ob.

O wer fragt nach den Feigen und Weinbergen / man kriegt nur die Bauchkneipe darvon. Da ſtehet ein Bauer / der hat brave Kuͤhe: So waͤredem264dem Bauer der Tinger beſtellt / und die Milch waͤr unſer.

Jet.

Nu / nu / legt euch die Sache huͤbſch aus: Jhr wißt gewiß nicht / daß wir auch Soldaten ſeyn.

Bil.

Und in meinem Weinberge iſt das er - ſte Blut vergoſſen worden / ich dencke immer / ich werde ein grimmiger Sol - date werden.

Nim.

Jhr Herren Bauern ſeyd ihr Solda - ten worden?

Jet.

Unſere gnaͤdige Obrigkeit hat uns zu einer ſolchen Ehren-Stelle geholffen.

Nim.

Wiſt ihr auch / was das Jeſreeliti - ſche Garten-Recht vor ein Ding iſt?

Jet.

Jch dencke / man muß ſich brave mau - ſich machen / daß ſich die Leute fuͤrchten.

Nim.

Ach nein / ihr guten Kerlen / ihr muͤſt euch vor in die Compagnie einkauffen. Wer bey uns ein Soldate wird / der muß uns ſein Haab und Gut zum Pfande geben / darnach mag er wieder ſammlen / und wenn er einen Wein - berg erworben / mag er ſich wieder ab - dancken laſſen.

Bil.

Nachbar / gehoͤren denn die Weibermit265mit unter Haab und Gut? Jch gebe meine ſchon mit drein.

Jet.

Ach die Rabenaͤſer ſchicken ſich weder zum Sieden noch zum Braten / die wer - den uns wohl bleiben.

Nim.

Nun wie ſtehts / wie hoch erſtrecket ſich euer Vermoͤgen?

Jet.

Wir ſind arme Pacht-Leute. Unſer Haab und Gut iſt alles des Koͤniges.

Nim.

Aber was ihr dem Koͤnige ſtehlt / das iſt euer.

Bil.

Das Stehlen gilt nicht / es iſt gar alt - vaͤteriſch / die Herren brauchen immer ſelber ſo viel / daß man nicht gar gut da - zu kommen kan.

Nim.

Aber doch / wenn ihr was ſtehlen moͤchtet / das bliebe euer?

Bil.

Je nun / wenns niemand wuͤſte / ſo koͤnte es auch niemand wiederneh - men.

Nim.

Nu / nu / ſo kommt / wir wollen es euch weiſen / wie ihr euren Herrn mit gutem Gewiſſen beſtehlen koͤnt.

Bidek.
(koͤmmt gelauffen)

Jſt es nun Zeit / daß man ſich vergebens mit Nar - renpoſſen auffhaͤlt / da der volle MarchMnach266nach der Stadt gehet. Erzuͤrnet den neuen Koͤnig nicht: Er braucht im Straffen kurtze reſolution.

Nim.

Wir muͤſſen die Kuͤnſte auff ande - re Zeit verſparen.

(Sie gehen nach einander ab.)
Jet.

Und ihr elenden Narren ſolt uns gar weiſen / wie wir ſtehen muͤſſen.

Fuͤnffter Handlung Eilffter Auffzug.

Hoſcha. Iſabel die zum Fenſter heraus ſie - het.
Hoſ.

Wer es nun nicht glauben will / daß ein Staats-Mann ein unruhig und verdrießlich Leben fuͤhret / der komme nur / und ſehe mich in meiner lebhaff - ten Geſtalt an. Wo das Weſen ein Jahr nach dem andern waͤhret / ſo muß meine Beſoldung alle Wochen auff ſechs paar Schue gebeſſert werden; Denn ich meynte / es waͤre Zeit / daß ich ein bißgen ſchlaffen koͤnte / aber dage -267gedencket nur / wie mir der Schlaff iſt geſegnet worden. Fruͤh Morgens reiſete der Koͤnigin Bruder / da muſte ich als ein geheimer Secretarius mit meiner finſteren Laterne auffwarten. Jch glaube aber nicht / daß ſie das Thor recht hinter ihm zugemacht hatten / ſo kam die Poſt / Koͤnig Joram waͤre vor dem Thore / und wie die Koͤnigin geden - cket / ſie wird ihr liebes Hertzgen alleine kriegen / ſo koͤmmt der Koͤnig von Je - ruſalem auch mit geſchlendert / und hatte mir die Koͤnigin bald zugemu - thet / ich ſolte etlichen Kerlen von Je - ruſalem die Stube auskehren. Und das war noch nicht genug: Jch ſolte auch ein neu Amt bey dem Koͤnige kriegen. Deñ der liebe Herr iſt im Krie - ge gar ſchlecht ankommen / und es muͤſ - ſen grobe Flegel auff jener Seite gewe - ſen ſeyn / daß ſie ihm den Kopff und den Ruͤcken ſo jaͤmmerlich zugerichtet haben. Da nun der Barbier ſein Wefen hatte / ſo muſte ich das bluti - ge Waſſer und den andern Unflath hinaus tragen / mit der Verſicherung /M 2ich268ich ſolte gar Inſpector uͤber den vorneh - men Stul werden / der dem Patienten zur Ergoͤtzligkeit an das Bette geſetzet wird. Und ich halte / die Accidentia, die darbey abgetroffen / die haͤtte ich auch vor mich behalten moͤgen. Aber aber / aber / ehe ſich mein Dienſt recht anfangen ſolte / ſo kam der Waͤchter vom Thurm / und brachte eine ſchreck - liche Zeitung von Soldaten / daß die beyden Herren Koͤnige uͤber Hals uͤber Kopff anſpannen lieſſen / und dem lie - ben Gott danckten / daß der Maurer ein Loch in der Stadt-Mauer gelaſ - ſen hatte. Was ſie nun vor Nar - ren im Felde fangen werden / darum laſſe ich mich unbekuͤmmert: Unter - deſſen hat die alte Koͤnigin das Com - mando, die hat mich ſchon ſechsmal zum Thore hinaus geſchickct / und wo ich das ſiebendemal daran muß / ſo werde ich ein Rebelle / und lauffe zum Feinde. Doch botz tauſend / die Koͤ - nigin ſiehet zum Fenſter heraus. Jch muß geſchaͤfftig ſeyn / daß ſie mir nicht alle 27. Kranckheiten auff den Puckelwuͤn -269wuͤnſchet.

(Er laͤufft poßirlich hin und wieder.)
Jſab.

Du bleyerner Vogel / wo verzieheſtu ſo lange?

Hoſ.

Da fliege ich auff der Erden / ſo gut als ichs gelernet habe.

Jſab.

Haſt du denn nichts vernommen / wer den grauſamen Tumult vor dem Tho - re gemacht hat?

Hoſ.

Alle Leute ſprechen / es iſt Jehu, der tummelt ſich mit ſeinen Leuten im Fel - de herum / als wenn er unſinnig waͤre.

Jſab.

Weiſt du denn nicht / ob ihm unſere Kinder begegnet ſind?

Hoſ.

Wer kan bey ſolchem Weſen alles ſo genau erfahren?

Jſab.

Ach du Beſtie / ich will dich noch heute ins Saltz hacken laſſen / wo du mir die Sache nicht recht beſtelleſt; Flugs ſchicke iemand anders / der es ausricht.

Hoſ.

Funffzig Boten ſind ſchon weg: Auff die letzt werde ich Botenmeiſter und Botenlaͤuffer zugleich werden.

Jſab.

So ſage doch / was die Leute gebracht haben.

M 3Hoſ.
270
Hoſ.

Wenn kein Menſch wieder koͤmmt / ſo kan ich keine Ruhmſchrifft geben: Jch ſchickte einen fort / der ſolte nur ſe - hen / was vorgieng.

Jſab.

Vom Sehen wird er viel haben.

Hoſ.

der ander ſolte ſie gruͤſſen.

Jſab.

Und der dritte ſolte dir gewiß einen Hencker auff den Kopff geben. Ach! iſt niemand / der mir den Gefallen thut / und dem Hunds-Buben den Kopff ab - reiſſet.

Hoſ.

Wo ich eine Spanne kuͤrtzer werde / ſo werde ich ein ſchoͤn Ebenbild von ei - nem Botenmeiſter werden.

Fuͤnffter Handlung Zwoͤlffter Auffzug.

Enan ein Buͤrger von Jeſreel. Die vorigen.
Enan.
(koͤmmt gelauffen)

Ach ihr Buͤr - ger ſchicket euch / Jehu iſt Koͤnig wor - den.

Iſab.
271
Jſab.

Du Hund / was ſagſt du? Wer iſt Koͤnig worden?

En.

Jch habe es geſagt: Jehu iſt Koͤnig worden.

Jſab.

Aber wo iſt Joram?

En.

Jehu hat ihm einen Pfeil ins Hertze geſchickt / nun liegt er in Naboths Weinberge / und wartet / biß die Raben ſein Fleiſch verzehren.

Jſab.

Du Hund / was ſagſt du? Komm herauff / komm herauff.

En.

Was ſoll ich denn / wenn ich herauff komme?

Jſab.

Jch will dir das Hertze aus dem Lei - be reiſſen.

Hoſ.

Gnaͤdigſte Frau Koͤnigin / und wenn ihr ihm die Plauze darzu her - aus reiſſen woltet / ſo kaͤme er nicht.

M 4Fuͤnff -272

Fuͤnffter Handlung Dreyzehender Auffzug.

Die Paucken und Trompeten wer - den gehoͤrt / und der Auffzug geſchiehet mit groſſem Unge - ſtuͤm etliche mal uͤber das Thea - trum / Jſabel ſtellet ſich an dem Fenſter ſehr ungeberdig.
Jehu mit der geſammten Svite / ne - benſt den Soldaten und Buͤr - gern.
Hoſ.

O Friede / Friede! Jſts Friede? Hoͤrt doch ihr Leute / iſts Friede?

Jeh.

Du Hundskopff / was gehet dich der Friede an?

Hoſ.

Jch moͤchte ſprechen / was gehet mich der Krieg an?

Jeh.

Weiche nicht von der Stelle / ſonſt will ich dich an den Ort ſchicken / wo ich deinen Koͤnig hin gefodert habe.

Jſab.

Siehe da! Koͤmmſtu angezogen / du Koͤnigs-Moͤrder?

Jeh.
273
Jeh.

Ja ich kom̃e / damit dieſelben geſtraf - fet werden / die nicht einmal den Koͤnigl. Titul verdienet haben.

Jſab.

Was hat Simri vor Gluͤcke gehabt / als er ſich mit ſeines Herrn Blute be - ſpruͤtzete?

Jeh.

Ach was hat Ahab vor Gluͤcke gehabt / als der unſchuldige Naboth einer aus - laͤndiſchen Beſtie zu Gefallen das Blut vergieſſen muſte.

Jſab.

Ach du Bauer-Reckel / du weiſt nicht einmal / wie du eine Koͤnigs-Tochter reſpectiren ſolt.

Jeh.

Biſt du eine Koͤnigs-Tochter? Aber ich bin ein Koͤnig / dem du gehorchen muſt.

Jſab.

Soll ich dir gehorchen / du Kirſchkern / du Erd-Wurm / du Bettel-Hund.

Jeh.

Du Beſtie laß dir befehlen / und halt das Maul / ſonſt wird dir der erſte Un - gehorſam ziemlich harte belohnet wer - den.

Jſab.

Wem ſoll ich gehorſam ſeyn? Jch habe das Maul gebraucht / da wir nicht wuſten / ob ein Bauer-Flegel auff der Welt lebte / der Jehu hieſſe?

M 5Jeh.
274
Jeh.

So weiß ich auch / daß der Geſalbte des HErrn ſich von einer verfluchten Baals-Dienerin nimmermehr ſoll ſchimpffen laſſen. Wer will mir den Gefallen erweiſen / und die Beſtie zum Fenſter herunter ſtuͤrtzen.

Pash.

Gnaͤdigſter Koͤnig ſie befehlen / ich weiß den Weg am beſten zu ihrem Gemache.

Jeh.

Verrichtet / was ich befohlen habe / und wo ihr zu wenig ſeyd / ſo nehmet einen Gehuͤlffen / der euch am beſten an - ſtehet.

Pash.
(Zeiget auff Hoſcha.)

Dieſen will ich haben.

Jeh.

Nun ſo gehe / uñ verrichte den Befehl / wo du nicht ſelber zum Fenſter herunter fliegen wilt.

Hoſ.
(ad ſpect.)

Jhr Herren / das iſt wie - der eine neue Amts-Verrichtung. Der Kerle wird kuͤnſtlich ſchreiben muͤſſen / der meinen gantzen Titul auff ein Qvart-Blat bringen will.

(Sie ge - hen hinein.)
Jſab.

Du Bluthund / was haſt du vor? Komm du ſelber herauff / ich will docheinem275einem ſolchen Dreſcher / einem ſolchen Holuncken / einem ſolchen Flegel ge - wachſen ſeyn.

(Pashur und Hoſcha zeigen ſich bey der Koͤnigin am Fenſter: Die Paucken und Trom - peten laſſen ſich hoͤren: Jſabel wehret ſich aus der maſſen / und will ſich nicht geben. Endlich ſchweigt der Tumult ſtille.
Hoſ.

Wenn die Koͤnigin nicht raus will / ſollen wir ſie drinne laſſen?

Pash.

Gnaͤdigſter Koͤnig / wo wir nicht die euſerſte Gewalt brauchen / ſo wird das zauberiſche Weib nicht bezwun - gen.

Jeh.

Werfft ſie heraus / und wenn Arm und Bein zuvor ſolten in Stuͤcken ge - brochen werden.

(Sie greiffen ſie an / ſie ſchreyet greßlich: Endlich fangen die Paucken und Trompe - ten wieder an / und in waͤhren - dem Tumulte wird ſie heraus ge - ſchmiſſen. Die zwey bleiben am Fenſter liegen / die uͤbrigen Per - ſonen ſchlieſſen einen halben Mon -M 6den /276den / daß der Coͤrper von Jſabel aus den Augen koͤmmt.)
Jeh.

So muß endlich das Jſraelitiſche Volck erfahren / wie die verfluchte Per - ſon den Hunden zur Speiſe vorgeworf - fen wird / welche dem armen Lande mit ihrer Zauberey / mit ihrer leichtfertigen Hurerey / mit der unmenſchlichen Grauſamkeit ein Ungluͤck nach dem andern zugezogen hat. Derohalben ſaget nicht / daß Jehu der maͤchtige Richter geweſen iſt. Der Herr Ze - baoth hat den ſtrengen Schluß aus - geſprochen / und Jehu hat als ein demuͤ - thiger Diener im Nahmen dieſes Mo - narchen / die Execution auff ſich neh - men muͤſſen.

(Er zeucht den Sebel aus.)

Darum wer vor dem HErrn eiffert / und wer die Blutſchulden vom Lande will abgethan wiſſen / der folge mir nach.

(Sie ziehen alle die Se - beln aus.)
Fuͤnff -277

Fuͤnffter Handlung Vierzehender Auffzug.

Die vorigen. Obadia der Koͤniglichen Printzen Hoffmeiſter.
Ob.

O geſegnet ſey der Tag / da endlich der groſſe GOtt bey ſeinem Volcke Ehre eingeleget hat / und da wir denſelben als einen Koͤnig ehren koͤnnen / der von GOtt ſelbſt bewaͤhrt und treu erfun - den worden. Hier iſt mein Gehor - ſam und mein Dienſt / und wenn ich wuͤrdig genug bin / eines andern Vor - ſprecher zu ſeyn / hier iſt die gantze Stadt / welche ſich zu getreuer devotion unterthaͤnigſt ergiebet.

Jeh.

Ach mein Freund / vergoͤnnet mir dieſen Titul / denn ihr habet euch auch mitten in der Verfolgung als ei - nen Gottes-Freund erwieſen / und da ihr meynet / daß ich aus Goͤttli - chem Eyffer dieſes Werck angefangen habe / ſo werde ich eurer beſtaͤndigenM 7Treu278Treu auch ins kuͤnfftige bey euch verſi - chert ſeyn.

Ob.

Jch fuͤrchte den HErrn / und erfreue mich / daß iemand dem Volcke gewie - ſen wird / der ſich des Gottesfuͤrchtigen Hauffens annehmen will.

Jeh.

Nehmet meine Hand / ihr ſeyd mein Freund.

Ob.

Ach mein Herr / ſo darff ich bitten / daß der armen Stadt allhier kein Ungluͤck beygefuͤget wird.

Jeh.

GOtt hat mir noch nichts befohlen / daß ich den Buͤrgern ſchaden ſoll / alſo haben ſie nichts als Liebe und Freude zu finden.

Ob.

Doch ich werde nicht duͤrffen des Koͤ - niglichen Saamens gedencken.

Jeh.

Jhr moͤget dran gedencken: Allein vergeſſet auch nicht / was der Prophet Elias geweiſſaget hat.

Ob.

Jch lege meine Hand auff den Mund / des HErrn Wille geſchehe / und derſel - be lebe vielfaͤltig geſegnet / der dieſen hei - ligen Willen vollfuͤhren ſoll.

(Sie ziehen unter Trompeten und Pau - cken wieder ab.)
Fuͤnff -279

Fuͤnffter Handlung Funffzehender Auffzug.

Hoſcha. Nimſi ein Koͤniglicher Bedienter.
Hoſ.

Herr / wie ſtehts nun mit unſer Re - ligion?

Nim.

Wenn ich der Koͤnigin ſo nahe ge - griffen haͤtte / ich traute mich mein Tage nicht auff die Gaſſe.

Hoſ.

Wenn ich dem Koͤnige nachtrete / will ich wohl ſicher ſeyn.

Nim.

Es ſind hoͤhniſche Kerlen unter dem Hauffen / die ſchieſſen einem flugs einen unſichtbaren Poltzen auff den Peltz.

Hoſ.

Was ich nicht ſehe / das werde ich auch nicht fuͤhlen.

Nim.

Wohl dem / der ſich troͤſten kan.

Hoſ.

Ja wohl dem / der ſich bey dem neuen Koͤnige in den Dienſt ſchicken kan.

(Gehen ab.)
Fuͤnff -280

Fuͤnffter Handlung Sechzehender Auffzug.

Javan der oberſte Baals-Pfaffe. Arvad ein Baals-Pfaffe. Bidekar ein Officirer auff Jehu Seite.
Jav.

Jch hoͤre unmoͤgliche Dinge.

Arv.

Und ich befinde mich gleichſam im Traume.

Bid.

Was der Koͤnig geſaget hat / daran darff niemand zweiffeln.

Jav.

Wir ſollen dem Baal ein oͤffentliches Opffer anſtellen.

Arv.

Und der Koͤnig will es ſelber beſu - chen.

Bid.

Es iſt nicht anders / der Koͤnig wird ſelber darbey ſeyn / und wer ſich ſeiner Gnade verſichern will / wird ihm folgen muͤſſen.

Jav.

Der Koͤnig will ſolches thun / der uns ſo verfolget hat?

Arv.

Und der unſern Schutz-Engel die Koͤ - nigin Jſabel geſtuͤrtzet hat.

Bid.
281
Bid.

Ja er iſt bey den itzigen Troublen ſehr kleinmuͤthig / oder recht zu ſagen / uͤber die maſſen einfaͤltig worden. Daß ein Printz unter dem Prætext der Religion ſeine Feinde ſtuͤrtzet / das beweiſet lange nicht / als wenn er einen Haß auff die Religion geworffen haͤtte.

Jav.

Wir habens bißhero geglaubet.

Arv.

Und der Glaube iſt uns ſehr deutlich in die Haͤnde kommen.

Bid.

Bedencket! Was wolte Koͤnig Jehu machen / wenn er ſich mit ſeiner ſchwa - chen Religion behelffen ſolte. Wuͤrde er nicht beſſer fahren / wenn er ſich mit dem Baalitiſchen Koͤnige in Allianz einlaͤſt? Jch bitte / ſie verhindern des Koͤniges Vorſchlaͤge nicht: Ja ich moͤchte ſagen / verhindert euch und eure Glaubensge - noſſen nicht.

Jav.

Der Herr kan uns nach der Seele greiffen.

Arv.

Und auff dieſes Wort wollen wir das Opffer anſtellen.

Bid.

Es iſt mir lieb / daß ich ein gluͤckſeli - ger Bote geweſen bin: Sie ſtellen esſo282ſo praͤchtig an / als ſie koͤnnen / und laſ - ſen keinen Menſchen von den Jhrigen zuruͤcke: Wenn ſie der Koͤnig beſuchen wird / ſo will ich ihr Begleiter ſeyn.

(Gehet ab.)
Jav.

So darff uns doch niemand tadeln / daß wir nicht davon gelauffen ſind.

Arv.

Jch dencke / die Religion / dabey die meiſte Compagnie ſtehet / hat allemal Hoffnung empor zu kommen.

Jav.

Nun wir wollen an unſerer Solenni - taͤt nichts ermangeln laſſen: Vielleicht verdienen wir vor die Muͤhe ein Col - legium in Samaria.

[figure]
Fuͤnff -283

Fuͤnffter Handlung Siebenzehender Auffzug.

Die mittelſte Scene oͤffnet ſich / die Perſonen ziehen ſich in dieſer Stellung heraus.
Jehu. Obadia. Ginath. Bidekar. Beor. Palal. Laedan. Nimſi. Oboth.
Hoſcha ſiehet zu der Jſa - bel Fenſter heraus.
Jehu.

Jhr meine Getreuen / verwundert euch nicht / daß ich dem euſerlichen Scheine nach eine Affection gegen die Baaliten erwieſen habe. Denn eben dieſes Mittel ſoll mir darzu dienen / daß wir das Geſchmeiſſe zugleich aus dem Lan - de bringen. Denn hiermit habt ihr Befehl an die Baals-Pfaffen. Wenn wir im Opffer werden am geſchaͤfftig - ſten ſeyn / ſo fallet mit der bewehrteſtenMann -284Mannſchafft in die Verſamlung / und laſſet nicht einen davon kommen / der die Zeitung nach Sidon bringen ſoll / wo ſie geblieben ſind / alſo will ich in Gegenwart des heiligen Prieſters mei - nen Goͤttlichen Eyffer legitimiret ha - ben / und wer dem Volcke Jſrael was gutes wuͤnſchet / der mag Hand anle - gen / damit wir endlich das verfluchte Gifft vertilgen koͤnnen.

(Die Trompeten werden geblaſen.)
Jeh.

Der Hoͤchſte ſey gelobt / der an ſein Volck gedenckt /

Obad.

Und nach der ſchnoͤden Furcht den ſichern Frieden ſchenckt.

Gin.

Nun wird ein friſcher Held den Se - bel luſtig fuͤhren /

Bid.

Ja lauter Ruhm und Sieg wird un - ſern Helm bezieren /

Beor.

Wer einen Weinberg hat / der ſieht ihn froͤlich an /

Pal.

Wenn weder Liſt noch Macht ſein Blut vergieſſen kan.

Laed.

Wo vormahls Schrecken war / da waͤchſet Troſt und Segen /

Nim.
285
Nim.

Weil Falſchheit und Gewalt den Scepter nieder legen.

Obo.

Ach ſeht / wie neue Luſt uñ neue Wol - farth bluͤht /

Hoſ.

Und wie der kluͤgſte Mann aus die - ſem Fenſter ſieht.

Jeh.

Wohl dem / der eyffern kan / weñ Gott ein Werck befiehlet /

Oba.

Und wenn der Eyffer nicht als auff den Himmel zielet.

Gin.

Wohl dem der Schild uñ Schwerdt zu ſeiner Loſung hat.

Bid.

Alſo vollfuͤhrt ein Printz die beſte Ritterthat.

Beor.

Wohl dem / der ohne Furcht an ſei - nen Thoren ſitzet /

Paſ.

Und die Gerechtigkeit gleich als ein Vater ſchuͤtzet /

Laed.

Die Hoffnung findet ſich / wohl dem / der ſie behaͤlt /

Nim.

Und vor ſein kuͤnfftig Gluͤck im Himmel Buͤrgen ſtellt.

Obo.

Wir wollen dieſer Zeit im Leben nicht vergeſſen /

Hoſ.

Wohl dem / der Koͤnig iſt / ſo hat er was zu freſſen.

Jeh.
286
Jeh.

Gott ſagts / das Volck begehrts / drum ſteig ich auff den Thron /

Oba.

So traͤget Jſrael den ſchoͤnſten Preiß davon.

Gin.

Die Syrer ſollen nun des Volckes Krafft empfinden /

Bid.

Und dieſes Semer ſoll Damaſco uͤber - winden.

Beor.

Zu Hauſe wird ein Streit in Wunſch und Beten ſeyn /

Pal.

So trifft des Koͤnigs Schutz allzeit gedoppelt ein.

Laed.

Nun Jehu lebe wohl / daß wir im Lande leben /

Nim.

Er ſchweb in hoher Macht / daß wir in Friede ſchweben.

Ob.

Der Koͤnig lebe wohl uñ werd an Eh - ren ſatt /

Hoſ.

Und Hoſcha lebet wohl / wo er zu trin - cken hat.

[figure]

Der Fall des Frantzoͤſiſchen Marſchalls von BIRON.

287

Jnnhalt.

DEr Marſchall von Bi - ron hat ſich unter der Regierung Heinrichs des Groſſen in Franck - reich durch ſeine Tapf - ferkeit ſehr beruͤhmt gemacht. Al - lein er laͤſſet ſich entweder die ange - bohrne Hoffart oder auch die fal - ſche Weiſſagung etlicher Wahrſa - ger dahin verleiten / daß er gefaͤhr - liche Dinge / ſo wohl wider die Si - cherheit des Koͤnigreiches / als auch wider die Perſon des Koͤniges ſel - ber vorzunehmen trachtet. Zu die - ſem Vorſchlage wird ein Vertrau - ter von Adel Laffin gebraucht / wel - cher aus vielfaͤltigem Mißtrauen dem Marſchall gewiſſe Schrifften aus den Haͤnden vexirt / unter dem Vorwande / daß er ſolche verbren - nen / und hierdurch den AnklaͤgernN 2allen288allen Beweiß nehmen wolte: Doch in der Warheit / daß er auff beſorg - lichen Fall ſich bey dem Koͤnige durch dieſes Geheimniß ausſehnen koͤnte. Da nun das Gluͤcke nicht ſo gar favorable ſcheinen will / und der Koͤnig den ſchweren Zoll / die Pancharte genannt / abſchaffet / welchen der Marſchall gerne / als eine Urſache des allgemeinen Auff - ſtandes / behalten haͤtte: Will Laffin nicht laͤnger verziehen / und uͤberlieffert dem Koͤnige die gefaͤhr - lichen Brieffe. Alſo wird Biron auff Pariß gefodert / der auch in voller Sicherheit erſcheinet / und wenn er vom Koͤnige bey Verſpre - chung aller Gnade gefraget wird / mit hoͤchſtem Trotze ſich auff ſeine gerechte Unſchuld beruffen will. Hiermit verwandelt ſich des Koͤni - ges Gnade in einen hefftigen Zorn / daß er in gefaͤngliche Hafft genom -men289men und des Parlaments Erkaͤnt - niſſe uͤberlaſſen wird. Dieſes laͤſt ihn vorkommen / ſtellet ihm die Zeu - gen und Brieffe unter Augen / und da er nichts beſtaͤndiges einwenden kan / wird ihm das Leben aller inter - ceſſion ungeacht abgeſprochen / uñ iſt dieſes die eintzige Gnade / daß er in der Baſtille und nicht auff oͤffent - lichem Platze den Kopff laſſen darff. Jm uͤbrigen werden die Agnaten des Koͤniges Gnade und der Beſitzung der Guͤter voͤllig ver - ſichert.

NBNB. Weil die Materie an ſich ſelbſt et - was ernſthafftig iſt; ſo hat aller - hand Kurtzweil / theils mit den lu - ſtigen Staats-Jungfern / theils mit dem Spanier und dem Panta - gruel muͤſſen eingemiſchet werden / welches man doch gar leicht aus - laſſen koͤnte.
NB
N 3Per -290

Perſonen.

  • Henricus

    Koͤnig in Franckreich.

  • Maria

    deſſen Gemahlin.

  • BIRON

    ein vornehmer Marſchall.

    • Villeroy
    • Sillery
    • Geheime Raͤthe.

  • Soiſſons

    ein Hertzog.

  • Harlay,

    Præſident im Parlament.

    • Force
    • Salignac
    • Themines
    • Birons Anverwandte.

  • Renez

    deſſen kleiner Vetter.

  • Vitry,

    Capitain uͤber die Garde.

    • Charlotte
    • Louyſe
    • Staats Jungfern.

  • Laffin,

    Birons Vertrauter.

  • Renazé

    deſſen Secretarius.

  • Delux

    deſſen Confident.

  • Laurent

    einer von Adel.

    • Ferry
    • Pierre
    • Birons Bedienten.

  • Arnoux

    ein Prieſter.

  • Francois

    Birons Beicht-Vater.

    • Jacqves
    • Lambert
    • Buͤrger.

    Denis291
  • Denis

    ein Bedienter am Hoffe.

    • Joſſe
    • Rien
    • Colin
    • luſtige Hoff-Purſche.

    • Ambroiſe
    • Gautier
    • Soldaten von der Garde.

  • Broſſe

    ein Schwartzkuͤnſtler.

  • Sebaſtian

    ein ſtoltzer Spanier.

  • Pantagruel

    ein luſtiger Diener.

  • Margaton

    ein Tuͤrckiſches Maͤdgen von beyden geliebet.

    • Blaiſe
    • Chriſtoffle
    • Bauren.

    • Caton
    • Suſon
    • ihre Weiber.

N 4Er -292

Erſter Handlung Erſter Auffzug.

Henricus Koͤnig in Franckreich. Maria deſſen Gemahlin. Soiſſons ein Hertzog. Villeroy ein Geheimer Rath.
Henr.

So muß demnach unſer Koͤnigreich ein Schau-Platz der Gluͤckſeligkeit verbleiben.

Mar.

Es kan nicht anders ſeyn / alldieweil der Koͤnig / ſo wol als Alexander, den Nahmen eines Groſſen verdienet.

Henr.

Ach nein / vielmehr darum / weil der Koͤnig durch eine unvergleichliche Ge - mahlin iſt geſegnet worden.

Mar.

Die Gemahlin iſt wie der Mond: Sie kan nicht mehr Stralen von ſich geben / als ſie von der Sonne bekom - men hat.

Henr.

Aber die Sonne wird mit ihren Stralen alſo dann erſt hoch gehalten / wenn ſie einen wuͤrdigen Mond be - ſcheinen kan.

Mar.
293
Mar.

Jch will gerne der Mond ſeyn: Das iſt / ich will mit dieſer Sonne ſterben.

Henr.

Aber in dieſer hoͤchſtgeliebten Seele will ich leben.

Mar.

Sie ſetzen noch dieſes hinzu / daß ſie dieſer Seele halben und zu Er - haltung dieſer lieben Perſon leben wollen.

Henr.

Der Hoff iſt bey Ankunfft ſo einer annehmlichen Koͤnigin in die hoͤchſte Freude geſetzet worden.

Mar.

Jch muß es bekennen / ich habe die hoͤchſte Vergnuͤgung in den continuir - lichen Ergoͤtzligkeiten angetroffen.

Henr.

Unterdeſſen wird dieſe wunder - ſchoͤne Wirckung derſelben Perſon zu - geſchrieben / welche durch ſo viel ergoͤtz - liche Spiele bedienet wird.

Mar.

Und die Perſon muß ſich ſchaͤmen / daß die Bedienungen nicht koͤnnen vergolten werden.

Henr.

Unſers Hertzens-Vergnuͤgung wird ſie davon abſolviren. Ach ihr liebſten Getreuen / iſt es nicht wahr / einN 5Koͤnig -294Koͤnigreich wird alſo dann in einen ge - ſegneten Zuſtand geſetzet / wenn ſich der Koͤnig an ſeiner Freude nicht darff ver - hindern laſſen.

Soiſs.

Ew. Maj. urtheilen gar recht. Mit dieſem angehenden Seculo wird das Gluͤcke von Franckreich ein neues Wachsthum bekommen.

Viller.

Und deſſentwegen wird auch im gantzen Koͤnigreiche vor das Wachs - thum dieſer gluͤckſeligen Hoffnung alle - zeit gewuͤnſchet werden.

Soiſs.

GOtt erhalte uns einen Koͤnig / wel - cher den Titul eines Groſſen behaupten kan.

Vill.

Und GOtt erhalte die Koͤnigin / wel - che darzu gebohren iſt / daß ſie einen groſſen Monarchen vergnuͤgen kan.

Henr.

Ja wohl / GOtt erhalte die Unter - thanen / welche mit lauter Liebe dienen koͤnnen.

Mar.

Und dieſelben / welche mit ihren Dienſten lieben koͤnnen.

Soiſs.

Die auswaͤrtigen Feinde befinden ſich in einem ſolchen Stande / daß ſie vor der Frantzoͤſiſchen Macht erſchre - cken muͤſſen.

Vill.
295
Vill.

Und die getreueſten Unterthanen fin - den ſich alſo befeſtiget / daß ſie aller Un - ruhe vergeſſen muͤſſen.

Henr.

Es waͤre zu wuͤnſchen / ihr meine liebſte Getreuen / daß die unruhige Na - tion des verderblichen Unweſens nu - mehr vergeſſen koͤnte. Doch ſolte nie - mand etliche Funcken von der alten Ungedult bey ſich behalten haben?

Soiſs.

Niemand / der den Nahmen eines ehrlichen Patrioten verdienen will.

Vill.

Und niemand / als der ſich ſeines Be - ginnens ſchaͤmen will.

Henr.

Wenn aber iemand mit gantzer Gewalt darnach ſtrebte / daß er ſich ſchaͤmen wolte?

Soiſs.

Davon wuͤrde Franckreich unter den Groſſen kaum ein Exempel anfuͤh - ren koͤnnen.

Vill.

Ew. Maj. halten es einem unterthaͤ - nigſten Diener zu Gnaden: Wenn der Marſchall von Biron ſolte ausge - nommen werden / ſo wird man ſich auff kein Exempel zu beſinnen wiſſen.

Henr.

Der Marſchall von Biron? Es iſt ein Cavallier von ſolcher Tapfferkeit /N 6der296der uns uͤber die maſſen wohl ange - ſtanden hat.

Soiſs.

Aber ein Cavallier, der ſich die un - ruhigen affecten auſſer den Schrancken der Tugend verleiten laͤſt.

Vill.

Und welcher ſich der Spaniſchen Affection mehr theilhafftig macht / als ein redlicher Diener von Franckreich vertragen kan.

Soiſs.

Die ſtete Correſpondentztz mit Sa - voyen ſiehet ſehr bedencklich aus.

Vill.

Das heimliche Vernehmen mit dem gemeinen Volcke zielet ſchwerlich auff die Wohlfarth des Koͤniges.

Soiſs.

Was an unſerm Hoffe geſchichet / ſolches dienet ihm zu einer hohniſchen Fabel.

Vill.

Und was von Spanien erzehlet wird / das will er lieber zu einem Wunder - wercke machen.

Henr.

Wir laffen uns eure Sorgfalt gar wol gefallen. Doch habt Gedult mit dem ehrlichen Cavallier. Er iſt darzu gebohren / daß er lauter gutes verrich - ten ſoll. Hat die Natur an ſeiner Zun - ge was vergeſſen / daß er die Wortenach297nach der Gold-Wage nicht in acht nehmen kan / ſo darff ihm gleichwol die Entſchuldigung nicht verſaget werden.

Soiſs.

Welchen der Koͤnig entſchuldiget / der iſt bey den Unterthanen gerechtfer - tiget.

Vill.

Und die Tugend / daruͤber ſich ein Koͤnig verwundert / iſt capable alle Fch - ler zu bedecken.

Henr.
(fuͤhrt Villeroy auff die Seite)

Jch ſage noch einmahl / der Marſchall hat uns gute Dienſte gethan. Allein er mochte ſich in acht nehmen / wo er den Adel gar zu ſehr an ſich haͤngt. Und wo er ſeine Parthey mit ſolcher Liſt ge - dencket formidable zu machen / ſo muß er einem Koͤnige verhaſt ſeyn.

Mar.
(fuͤhrt Soiſsons auff die Seite)

Und da der gute Biron die unaͤchtigen Kinder unſers Gemahls gar zu hoch veneriren will / ſo kan er wol gedencken / daß er uns einen harten Griff an unſe - re Seele thut.

Henr.

Doch man laſſe den Himmel wal - ten / der uns zu einer Wunder ſuͤſſen Gemahlin gefuͤhret hat / der wird auchN 7die298die Gnade verleihen / daß unſere Liebe durch keinen vermeſſenen Unterthan zerſtoͤret wird.

(geht mit der Koͤni - gin ab)
Vill.

Jch habe genug / daß der Koͤnig mein redliches Gemuͤthe bey dieſer Sorgfalt erkennen muß.

(geht ab)
Soiſs.

Was ich darbey gedencke / ſolches darff niemand wiſſen. Es iſt eine Tugend / wenn hohe Potentaten bey furchtſamen Dingen großmuͤthig ſeyn. Doch kan ein Schaden daraus erfol - gen / wenn ſie alle Gefahr zur Unzeit verachten wollen. Allein wie fuͤhret mich das Gluͤcke zu dieſen wunderſchoͤ - nen Perſonen.

Erſter Handlung Anderer Auffzug.

  • Soiſsons ein Hertzog.
    • Charlotte Louyſe
    Staats Jungfern.
Soiſs.

Jch ſchaͤtze mich gluͤckſelig / daß ich ſo ſchoͤnen Gebieterinnen begegnen ſoll.

Charl.
299
Charl.

Und unſer Gluͤcke wird darinn be - ſtehen / daß ſo eine hohe Perſon mit uns zu ſchertzen beliebet.

Louyſe.

Zum wenigſten wird das Gluͤcke unſer ſeyn / weil wir uns als demuͤthige Dienerinnen erweiſen koͤnnen.

Soiſs.

Die Worte muͤſſen anders wohin geſparet werden. Jch liebe die War - heit und die Auffrichtigkeit am meiſten / wenn ich ein Frauenzimmer bedienen ſoll.

Charl.

Jch bedancke mich wegen der Warheit.

Louyſ.

Und ich wegen der Auffrichtig - keit.

Soiſs.

Und ich wegen der hoͤhniſchen An - nehmligkeit. Doch wo haben ſie ſich auffgehalten / daß ſie von aller Geſell - ſchafft verlaſſen ſind?

Charl.

Wenn eine Jungfer unſers glei - chen 17. Jahr alt wird / ſo wird die Ge - ſellſchafft allgemach ihrer uͤberdruͤßig.

Louyſ.

Und wenn eine Jungfer meiner Condition in das Cloſter gedenckt / ſo wird ſie durch ihre eigene inclination von der Geſellſchafft abgezogen.

Soiſs.
300
Soiſs.

Jch wolte mit einer Jungfer ewig in der Geſellſchafft / und mit der andern ewig im Cloſter ſeyn. Doch ohne Schertz / es nimmt mich Wunder / daß ich ſie alleine antreffen ſoll: Und ich will hoffen / ich werde ſo wuͤrdig ſeyn / daß ich die Urſache erfahren kan.

Charl.

Wenn wir uns damit obligiren koͤnnen / ſo wird das Geheimniß leicht zu entdecken ſeyn. Deſſentwegen ha - ben wir keine Geſellſchafft / weil ſie uns nicht angeſtanden hat.

Louyſ.

Und deſſentwegen wollen wir allei - ne ſeyn / weil wir uns an den diſcour - ſen nicht verſuͤndigen wolten.

Soiſ.

Es iſt ſchrecklich / wenn man in di - ſcourſen eine Suͤnde begehet. Doch belieben ſie mir die armen Suͤnder zu nennen.

Charl.

Es waren etliche Anverwandte vom Marſchall von Biron, die praleten mit dieſem Herrn / als wenn Jupiter ſelbſt ſein Vater waͤre.

Louyſ.
301
Louyſ.

Und weil ſie uns wol kanten / ſo konten wir gedencken / als wenn wir der Koͤnigin zum Verdruß alles nach - ſagen ſolten.

Soiſs.

Wie kan der Koͤnigin ein Ver - druß entſtehen / wenn ſie weiß / daß ein unvergleichlicher Marſchall im Koͤnig - reiche wohnet?

Charl.

Ach die Vanitaͤt war zu groß! ſie neñten ihn den Tapfferſten / den Schoͤn - ſten / den Verſtaͤndigſten.

Louyſ.

Jch hoͤrte immer / ob ſie auch einen Tempel bauen wolten / daß wir ihn an - beten und opffern ſolten.

Soiſs.

Jch muß mich wundern / daß eine Staats-Dame von einem unverhey - ratheten Cavallier ſo judiciret. Jſt er ein GOtt / ſo kan wol eine durch ihn zur Goͤttin werden.

Charl.

Er iſt kein Gott / und das Frauen - zimmer in Franckreich iſt ihm viel zu ge - ringe.

Louyſ.

Es wird eine Fuͤrſtliche Printzeßin aus Savoyen ſeyn muͤſſen: Ach be - huͤte GOTT / wo es nun dahin koͤmmt / daß ein iedweder Marſchallmit302mit einer Printzeßin ſoll bedacht wer - den / ſo moͤgen wir in Franckreich noch tauſend Jungfer-Kloſter bauen.

Soiſs.

Vielleicht geſchicht dem ehrlichen Cavallier zu viel. Die Vergnuͤgung / die er an einer Savoyiſchen Printzeßin finden wird / die kan er bey ſolchen an - genehmen Engels-Kindern gedoppelt antreffen.

Charl.

Warum Engels-Kinder / mein Herr?

Louyſ.

Und warum nicht Menſchen-Kin - der?

Soiſs.

Dieweil die Menſchen-Kinder un - ſers gleichen von ihnen zu einer Engli - ſchen Gluͤckſeligkeit erhoben werden.

Charl.

Die Gluͤckſeligkeit wird von allen geruͤhmt / und von keinem geſucht.

Louyſ.

Oder daß ich recht ſage / ſie wird von manchen zum Scheine geſucht / und von keinem mit Ernſte verlanget.

Soiſs.
(ergreifft Charlotten)

Mein En - gels-Kind / ich verlange etwas.

Charl.

Die Koͤnigin verlanget auch et - was / die hat mir zu befehlen.

(gehet ab)
Soiſs.
303
Soiſs.
(ergreifft Louyſen)

Und hier ſuche ich etwas.

Louyſ.

Hingegen habe ich bey der Koͤnigin etwas nothwendigers zu ſuchen.

(geht ab)
Soiſs.

Und dieſen Augenblick weiß ich nicht / was ich verlanget und geſuchet habe. So geht es in der Welt / wir vexiren das Frauenzimmer. Sie haben ihre Kurtzweile mit uns / und endlich haben wir auff beyden Seiten ſo viel davon / daß wir die Zeit mit einander vertrei - ben. Doch die Verdrießligkeit gegen den Marſchall von Biron macht mich ſtutzig: Es ſcheinet / als wenn ein Wet - ter von weiten auffziehen wolte / welches einen gefaͤhrlichen Donnerſchlag uͤber dieſen lieben Cavallier bringen moͤchte.

Erſter Handlung Dritter Auffzug.

  • Renazé, Birons Secretarius.
    • Ferry Pierre
    deſſen Bedienten.
Ren.

Was dient doch die Verſchwiegen -heit304heit unter guten Freunden? Ob ihr der Wand da was vertrauet oder mir / ſo wird das Geheimniß einmahl ſo gut verwahret als das andere.

Ferr.

Es iſt nicht ohne: Bey guten Freun - den iſt alles gut auffgehoben. Aber wo man einen wunderlichen Herrn hat / da muß man ſich wol in acht neh - men.

Pier.

Und wo man was geſehen hat / das dem Herrn ſelber leid iſt / ſo muß man ſich doppelt in acht nehmen.

Ren.

Ach ſagt nur nichts davon: Der Herr Marſchall iſt mein Vertrauter: Bey gelegener Zeit wird er mirs ſelbſt offenbahren. Kommt / halt mich nur nicht auff / und laſt mich wiſſen / was den lieben Herrn ſo uͤber die maſſen ungedultig gemacht hat.

Ferr.

Bruder / ob wirs wagen duͤrffen?

Pier.

Der liebe Menſch wird unſer Un - gluͤck nicht begehren: Wir wollens immer ſagen.

Ren.

Da thut ihr recht daran / ihr ſolt es in der That erfahren / daß im gantzenKoͤ -305Koͤnigreiche ſchwerlich iemand leben wird / dem die Geheimniſſe beſſer koͤn - nen vertrauet werden.

Ferr.

Geſtern Abend zog der Herr Mar - ſchall geringe Kleider an / und nahm keinen Menſchen zu ſich / als uns beyde: Endlich gegen ſieben Uhr kamen wir an einen kleinen Wald.

Pier.

Bruder / was ſagſt du denn von ſie - ben Uhr? Es war ſchon uͤber achte.

Ferr.

Des Herrn Marſchalls Uhr kan mich nicht betruͤgen.

Pier.

Und meine Uhr / die ich im Köpffe habe / kan mir nicht luͤgen.

Ferr.

Es war ſieben Uhr / und wenn ich deswegen einen vor die Klinge fodern ſolte.

Pier.

Es war acht Uhr / und wenn ich des - wegen zehnmahl Kugeln wechſeln ſolte.

Ren.

So laſt es doch in Gottes Nahmen um ſieben und acht Uhr zugleich gewe - ſen ſeyn / das wird der Sache nicht viel nehmen.

Ferr.

Jn poſſeſſion zu bleiben / daß es um ſieben Uhr geweſen iſt / dakamen wir an einen kleinen Wald.

Pier.
306
Pier.

Ja ja / in poſſeſſion zu bleiben / ka - men wir um acht Uhr an den Wald.

Ferr.

Da befahl uns der Herr Marſchall / wir ſolten zuruͤcke bleiben.

Pier.

Ja er bedrohete uns mit allem Un - gluͤcke / wo wir uns unterſtehen wuͤrden ihm zu folgen.

Ren.

Jch will nicht hoffen / daß er einen Schatz-Graͤber hat abgeben wollen.

Ferr.

Nicht viel anders. Denn ſo bald er im finſtern etwas fort geſchlichen war / trieb uns die curioſitaͤt ſo weit / daß wir ihm nachkrochen. Alſo kamen wir endlich an ein Hauß / darinnen mag ein Mann wohnen / der mehr kan als Brod eſſen.

Pier.

Der Mann kam heraus / und hatte etliche Lichter und ein groß Buch / und ſo viel wir von weiten vernehmen kun - ten / ſo fragte er ihn / wie weit er ſich kuͤnfftiger Zeit auff ſein Gluͤcke ver - laſſen ſolte.

Ferr.

Der Mann beguckte ihm die rechte und lincke Hand: Er beleuchtete ihm ſein Geſichte: Darnach machte er mit dem Lichte drey Creutze.

Pier.
307
Pier.

Bruder ich haͤtte geſchworen / es waͤ - ren vier Creutze geweſen.

Ren.

Meinet wegen moͤgen ihrer ſechs ge - weſen ſeyn: Halt euch nur in der Er - zehlung nicht auff.

Ferr.

Endlich blaͤtterte der Mann im Bu - che / und ſagte die Worte: Aus den Kleidern ſehe ich nicht / was ich vor ei - nen Mann vor mir habe. Doch ich ſage es ihm ins Geſichte: Seines glei - chen iſt in Franckreich nicht. Er hat Hoffnung zu einer hohen Heyrath / und / wofern er einen Streich uͤberwin - den kan / ſo moͤchte er wol gar den Koͤ - niglichen Thron beſteigen.

Ren.

Was muſte aber vor ein Streich verſtanden werden?

Pier.

Er ſagte / es waͤre einer aus Bur - gundien / der haͤtte ſein Schwerdt auff ihn gewetzt: Wo er dieſem Streiche entgehen wuͤrde / ſo moͤchte ſonſten nicht viel zu befuͤrchten ſeyn.

Ferr.

Auff die letzt wurden ſie vertraulich / und der Mann grieff dem Herrn Mar - ſchall nach dem Kopffe / und ſagte: Kopff / Kopff / bleib zwiſchen denAchſeln308Achſeln ſtehen / ſonſt werden viel An - ſchlaͤge zu Schanden.

Pier.

Jch weiß nicht / daß er ihm an den Kopff geruͤhret hat.

Ferr.

Du biſt auch ein Naſeweiſer Kerle: Du wilt im finſtern immer mehr ge - ſehen haben / als ich.

Pier.

Und du wilt die Naſe immer tieffer im Qvarge gehabt haben / als ich.

Ren.

Jhr guten Freunde / wolt ihr Haͤn - del anfangen / ſo waͤre mirs leid / wenn mich der Herr Marſchall darbey an - treffen ſolte.

(geht ab)
Ferr.

So hoͤre doch nun / was haſtu denn gefreſſen / daß du alles beſſer verſtehen wilt als ich?

Pier.

Und was hat dich denn gebiſſen / daß ich dir alles glauben ſoll / was nicht wahr iſt.

Ferr.

Laß dir das Wort entfahren ſeyn / ſonſt haſtu Ungluͤck.

Pier.

Freylich iſt mirs entfahren: Das und noch hundert. Da ſtehe ich.

Ferr.

Stehſt du da? Dort ſteht der Herr Marſchall.

Erſter309

Erſter Handlung Vierdter Auffzug.

  • Biron ein vornehmer Marſchall.
    • Ferry Pierre
    deſſen Bedienten.
Biron.

Jhr Beſtien / ihr habt gewiß ſeit geſtern noch nicht ausgeſchlaffen / daß man euch am wenigſten finden kan / wo ihr hin gehoͤrt.

Ferry.

Jhre Excellentz da ſind wir.

Pierre.

Wir ſind nicht von dem Orte weg kommen.

Bir

Jch ſag es noch einmahl / ihr ſeyd nicht, wo ihr hingehoͤret. Unterſtehet euch nicht das geringſte Wort zu ſprechen / ſonſt werdet ihr die Wirckung meiner Ungedult auff den Koͤpffen fuͤhlen.

Ferr.
(ad ſpect.)

Was der Schwartzkuͤnſt - ler eingebrockt hat / das ſollen wir aus - freſſen.

Pier.
(ad ſpect.)

Oder nun iſt er auff den Schwartzkuͤnſtler boͤſe worden / und wir werden ihn ſollen den Halß bre - chen.

OBir.
310
Bir.

Man ſehe doch / wie ſtehen die unnuͤ - tzen Beſtien / als wenn ſie der Ver - nunfft ſelber vergeſſen haͤtten. Tretet her / es gehet was vor / darinnen eure Dienſte von noͤthen ſind.

Ferr.

Jhr Excell.

Bir.

Jhr wißt / wo ich geſtern geweſen bin?

Ferr.

Wir wiſſens / aber es ſolls kein Menſch von uns erfahren.

Bir.

Wenn euch das Leben lieb iſt / ſo wirds nicht geſchehen. Doch mitten im Wal - de ſtehet ein niedriges Haͤußgen.

Pier.

Das wollen wir auch ſchon finden.

Bir.

Jn dieſem wohnt ein Mann / ein Ex - tract von allen Schelmen / ein Luͤgner / ein Holuncke / der alle Schlaͤge verdie - net hat / und der gleichwol nicht wuͤrdig iſt / daß ein ehrlicher Menſch die Hand nach ihm ausſtrecken ſoll.

Ferr.

Aber auff Befehl Jhrer Excell. ſol - len ſich wol Haͤnde finden / die nach ihm ausgeſtreckt werden.

Bir.

Recht ſo / ihr ſollts verrichten / nicht darum / als wenn der Schelme wuͤrdig waͤre von euch beruͤhrt zu werden / ſon - dern weil hierdurch meinem rechtmaͤßi -gen311gen Zorne einige Satisfaction geſchehen kan. Drum gehet hin / uͤberfallet den Schelmen in ſeinem Hauſe / ſchlagt alles in Stuͤcken / was ihr antreffet: Jhn ſelbſten werffet zu Boden / und ſo offt ihr den Pruͤgel um ſeinen verfluch - ten Rump leget / ſo gedencket nur die - ſes / was ein Erdwurm verdienet hat / der ſich an einem Marſchall von Fꝛanck - reich verſuͤndiget.

Fer.

Wir wollen als getreue Diener han - deln.

Pier.
(ad ſpect.)

Es iſt gut / daß wir uns un - ter einander erzuͤrneten. Nun wer - den wir die Boßheit am dritten Manne auslaſſen.

Bir.

Doch ſteht ihr noch da? Jhr ſolt ſchon wiederkommen: Mich duͤnckt / ihr wer - det euch vor den Betruͤger entſetzen? Und wenn er ſein Hauß mit zehen boͤ - ſen Geiſtern beſetzet haͤtte / ſo ſaget nur den Nahmen Biron damit ſoll euch nie - mand in der rechtmaͤßigen Tapfferkeit verhindern. Auff! Wer die beſte Pruͤ - gel-Suppe wird ausgetheilet habe / der ſoll am reichlichſten belohnet werden.

O 2Fer.
312
Fer.

Den beſten Lohn will ich haben.

(Gehet ab.)
Pier.

Und der ſchlimſte ſoll an mich nicht kommen.

(Geht ab.)
Bir.

Ach du ungerechtes Gluͤcke / ſolt du mir etwas prophezeyen laſſen / daß ich vor meinen Kopff Sorge tragen ſoll! Jch bin ſo weit kommen / daß andere Perſonen ſich gluͤckſelig achten / wenn ſie den Kopff vor mir behalten koͤnnen. Und / wo ſoll ein Burgundier ſo kuͤhne ſeyn / nur das Schwerdt auff mich zu wetzen / geſchweige daß er ſeinen ohn - maͤchtigen Arm wider mich ausſtrecken wolte? Der Kerl muß ein Ertzluͤgner ſeyn / und es ſoll mich nicht gereuen / daß er zu einer gerechten Straffe gezogen wird. Ha / es hat ſich der Muͤhe nicht verlohnet / daß die vergangene Nacht ſo ſchlaffloß hat vergehen muͤſſen / und daß ich mich eben bey guter Tages-Zeit durch den Schlaff ſoll uͤberwinden laſ - ſen. Es ſey alſo: Groſſe Helden muͤſſen ſich auch der Ruhe gebrauchen.

Erſter313

Erſter Handlung Fuͤnffter Auffzug.

Biron der Marſchall. Laffin deſſen Vertrauter. Renazé deſſen Secretarius.
Laff.

Es gehet an.

Ren.

Jch glaub es wol aber ich verſtehe die Wirckung nicht.

Laff.

Es darff auch nicht ſeyn: Es heiſt ohne dem / wer die Kunſt kan / der ver - rathe den Meiſter nicht.

Ren.

So will ich von der Kunſt nicht wiſ - ſen: Genug daß ich hoffen kan / es wer - de meines Gluͤckes auch darbey gedacht werden.

Laff.

Jch habe die Kunſt / wer von mir ei - nen Kuß bekommt / der muß mir affe - ctionirt ſeyn / und alſo will ich dieſes an dem unvergleichlichen Cavallier Herrn Biron zur guten Probe ſehen laſſen.

Ren.

Jch habe nichts darwider einzuwen - den: Nur dieſes will ich bitten / wenn er ſich zum Meiſter uͤber ſeine Gedan - cken machen wird / ſo wolle er mich darbey laſſen recommendirt ſeyn.

O 3Laff.
314
Laff.

Er iſt mein guter Freund: Er hat vor nichts weniger zu ſorgen als vor dieſes. Doch ſiehe da / wie offeriret ſich die Perſon zu ſeinem Betruge ſel - ber? Schlaff / ſchlaff / du ſolt zu mei - nem Gefallen ins kuͤnfftige noch man - che Stunde wachen!

Ren.

Wenn er kuͤſſen will / ſo hat er Zeit.

Laff.

Er ſoll Zeuge ſeyn / daß ich im Kuͤſſen keine Faute begehe. Siehet er / drey - mahl auff das lincke Auge. Nun da ſitzt ein Sclave / da ſtehet ein Mann / dem ein Marſchall von Franckreich wird muͤſſen zu Gebote ſtehn.

Bir.
(erwacht)

Wer iſt bey mir?

Laff.

Ein unterthaͤniger Diener / der ſich Jhr Excell. zu allen Gehorſam recom - mendiren will.

Bir.

Ha ha! Monſ. Laffin verzeyht mir / daß ich im Schlaffe ſo eine liebe Per - ſon nicht habe erkennen koͤnnen.

Laff.

Und Jhr Excell. halten es einem ge - horſamen Diener zu Gnaden / daß er ſie in der angenehmen Ruhe verſtoͤret hat.

Bir.

Getreue Freunde haben allezeit einenſichern315ſichern Zutritt. Doch was giebt es neues?

Laff.

Viel neues / aber wenig guts. Es ſcheinet / als weñ der Koͤnig die getreue - ſten Diener mit Fleiß betruͤben wolte.

Bir.

Was beweget euch alſo zu reden?

Laff.

Eine Sache / die wir verſchweigen muͤſſen.

Ren.

Und eine Sache / da man ohne Ge - fahr nicht davon reden kan.

Bir.

Vielleicht eine Sache / die ich aus rechtmaͤßiger Großmuͤthigkeit verach - ten kan. Nedet / was ihr wollet: Jch will mir nicht einmahl die Gedult neh - men / daß ich zuhoͤre.

(tritt auff die Seite.)
Laff.

Es iſt eine Schande / der Hertzog von Savoyen iſt dem Herrn Marſchall wol gewogen.

Ren.

Und eben dieſe Gewogenheit iſt dem Koͤnige ein Dorn in Augen.

Laff.

Warum hat der Hertzog ſeine Ge - wogenheit dem Koͤnige nicht zu wiſſen gethan?

Ren.

Er hat es gethan / aber mit ſchlechten Succeſs.

Laff.

Jch weiß nichts davon.

O 4Ren.
316
Ren.

Jch weiß gar zu viel davon / und das Hertze moͤchte mir bluten / wenn ich daran gedencken ſoll.

Laff.

Ach daß Koͤnigliche Perſonen ſo un - danckbar ſeyn.

Ren.

Er ſagte / was ſo eine galante Prin - tzeßin mit dem alten unnuͤtzen Kerlen machen wolte.

Laff.

Ey das iſt zu viel. Wenn ich ein Frauenzimmer waͤre / ſo wolte ich mir ſelbſt einen Liebhaber von dieſem vigo - reuſen Alter wuͤnſchen.

Ren.

Jch halte auch / wenn es zum Aus - gange kommen ſolte / die Printzeßin wuͤrde in ihrer Vergnuͤgung des Koͤni - ges ſelber ſpotten.

Laff.

Vielleicht muß der Koͤnig ſeine neue Gemahlin unvergnuͤgt laſſen / und alſo werden ihm zu Gefallen die ſaͤmtlichen Cavalliers die Mode zugleich annehmen ſollen.

Ren.

Er ſagte ferner / ſeine Mittel waͤren eben ſo groß nicht / daß er mit einer ſol - chen Gemahlin den Staat ausfuͤhren koͤnte.

Laff.

Der Koͤnig muß willens ſeyn / ſeineGuͤter317Guͤter der Crone einzuverleiben / ſonſt wollen wir das Widerſpiel bald be - weiſen.

Ren.

Auff die letzt ſagte er / ſein Geſchlechte waͤre von ſo einer ſonderbaren Extra - ction nicht. Er wolte uͤber 50. Familien im Koͤnigreiche neñen / welche den Vor - zug uͤber ihn behaupten wuͤrden.

Laff.

Viel tauſend Familien ſehe ich wohl / die ihm weichen muͤſſen: Doch nicht eine eintzige / davor er nur den Finger / geſchweige den gantzẽ Leib buͤcken ſolte.

Bir.
(ſpringt hervor)

Haltet ein ihr Freunde / ich habe mehr gehoͤret / als ich vertragen kan. Wer meine Kraͤff - te / meinen Reichthum und meinen Adel zugleich beſchimpffen will / der ſoll zu ſeinem Schaden erfahren / daß ich im gantzen Koͤnigreiche keinen meines gleichen habe. Doch wie ſteht ihr ſo ſtille?

Laff.

Wir erſchrecken / daß unſer Geſpraͤch verrathen iſt.

Ren.

Und ich fuͤrchte mich / daß des Koͤni - ges Perſon hierunter am meiſten ſoll beſchuldiget werden.

O 5Bir.
318
Bir.

Wo meine Tugend gekraͤncket wird / davon muß ich Wiſſenſchafft haben. Und wer mich vor keinen rechtſchaffe - nen Cavallier haͤlt / der ſoll auch in mei - nen Augen vor keinen rechtſchaffenen Koͤnig gehalten werden.

Laff.

Ach was wuͤrden Jhre Excell. auff Spaniſcher Seiten vor Hoͤffligkeit ge - nieſſen / wenn ſie derſelben nur mit einer Mine begegnen wolten.

Ren.

Und was wuͤrde Savoyen vor eine Erkaͤntligkeit blicken laſſen / wenn ſie nur der Affection eines ſo groſſen Marſchalls koͤnten verſichert ſeyn.

Bir.

Schweigt / meine Perſon ſoll Ho - heit genug haben / auch ohne Vor - ſchub frembder Potentaten / der Mo - narchie von Franckreich einen Kampff anzubieten.

Laff.

Doch hat das Verhaͤngniß vielleicht beſchloſſen / daß auch hohe Potentaten ſich uͤber dero Wohlthat freuen ſollen.

Ren.

Und daß Spanien und Savoyen ſich unter dero Clienten zehlen ſol - len.

Bir.
319
Bir.

Jhr habt nicht Unrecht: Der Po - tentaten Gluͤck ſteht in meiner Hand. Der Koͤnig in Spanien ſoll ſein Gluͤck in Niederland ungehindert fortſetzen. Den Hugonotten und dem uncatholi - ſchen Koͤnige zu Trotze ſoll die Catholi - ſche Majeſt. empor kommen. Der Hertzog von Savoyen ſoll gantz Pro - vence und Delphinat zu ſeinen Eigen - thum haben.

Laff.

Aber ſie werden ſich ſelbſt nicht ver - geſſen.

Ren.

Die Familie derer von Biron iſt eben ſo wuͤrdig eine Krone zu tragen / als vor Zeiten das Geſchlechte des Caroli Mar - telli, oder Hugo von Capet.

Bir.

Das ſoll ſchon bedacht werden. Gantz Burgundien / und was mir darneben anſtehen wird / ſoll ſich vor meiner Sou - verainitaͤt buͤcken.

Laff.

Aber eins werden wir bitten: Der Koͤnig wird doch beym Leben bleiben?

Ren.

Denn er wird doch ungluͤcklich genug ſeyn / daß er ſeine Noth in der hochſten Armuth wird beſeuffzen muͤſſen.

Bir.

Er ſoll nicht leben. Jch weiß den OrtO 6ſchon /320ſchon / da ihm bey der itzigen Reiſe von ſechs Mußqvetirern kan auffgewartet werden. Wer die Poſt von ſeinem Tode bringet / ſoll zehn tauſend Cronen zum recompens davon habẽ.

(geht ab)
Laff.

Ach du guter Marſchall / es iſt mir nicht um deine Pralerey zu thun.

Ren.

Und mir nicht um deine Hoheit.

Laff.

Das Gluͤcke will uns bey dem Koͤni - ge nicht wol ſecundiren: Wir muͤſſen etwas anfangen / darbey wir eine Per - ſon zu ſpielen haben.

Ren.

Und damit wir ſicher ſpielen / muß eine andere Perſon an unſere ſtatt die Gefahr auff ſich nehmen.

Laff.

Mein Freund / wir bleiben bey der reſolution, wird der Marſchall in ſei - nem Beginnen gluͤcklich ſeyn / ſo wollen wir genug davon genieſſen.

Ren.

Und wenn das Spiel ſolte verderbet werden / wollen wir ſchon bey guter Zeit zuruͤcke treten.

Laff.

So gehts: Ein ieder ſorget vor ſich / und niemand bekuͤmmert ſich / wo der andere bleibet.

Ren.

Doch wir wollen uns bekuͤm̃ern / daßzum321zum wenigſten unſer Gluͤck nicht ſoll ge - trennet werden.

(gehen ab)

Erſter Handlung Sechſter Auffzug.

    • Blaiſe Chriſtoffle
    Bauren.
  • Sebaſtian ein ſtoltzer Spanier.
  • Pantagruel ein luſtiger Diener.
  • Broſse ein Schwartzkuͤnſtler.
(Dieſe kommen ſtillſchweigende heraus / und weiſen mit laͤcherli - chen Geberden / daß ſie nicht reden duͤrffen. Endlich eroͤffnet ſich die mittelſte Scene, die einer Wildniß aͤhnlich ſiehet / da koͤm̃t Broſſe her - aus: Hinter ihm zwey Moriones mit Lichtern; Die vier fallen vor Furcht auff die Knie.)
Broſſe.

Jſt es nicht moͤglich / daß ich nur ei - nen Tag bey meiner Ruhe kan gelaſſen werden: Oder iſt die Warheit in der Welt gantz verſchwunden / daß man ſie nirgend als in meiner finſtern Hoͤhle finden kan. Jch bin die vergangeneO 7Nacht322Nacht von unterſchiedenen Perſonen auffgehalten worden: Jtzund ſehe ich ſchon andere vor mir / welche ſich nicht eher werden zu frieden geben / als biß ſie die Warheit aus meinem Buche wer - den gehoͤret haben. Stehet auff ihr ſterblichen Kinder: Jn meinem Reiche wird von dem knien kein Staat ge - macht.

(Sie ſtehen auff.)

Hoͤre aber du ſterbliche Creatur / was haſtu bey mir zu ſuchen?

Pant.

Jch will nicht hoffen / daß mich der Herr vor einen Dieb anſiehet.

Broſ.

So will ich wiſſen / was haſt du zu fragen?

Pant.

Das wird der Herr beſſer wiſſen als ich.

Broſ.

Wer nicht fragt / der bekoͤmmt keine Antwort.

Pant.

Wer mein zukuͤnfftig Gluͤcke wiſſen will / der muß auch meine Frage wiſſen.

Broſ.

Du Erdwurm / an dieſem Orte ſind wir ſolcher Reden nicht gewohnt.

Pant.

Was ſoll ich denn ſprechen? Jch wolte gerne wiſſen / ob das wahr wird / was ich dencke?

Broſ.
323
Broſ.

Was denckſtu aber?

Pant.

Jch dencke / daß ihrs ſchon wißt.

Broſ.

Du Phantaſte / ich weiß freylich beſ - ſer / was du denckſt / als du mirs ſagen kanſt / aber zum Zeichen deines Gehor - ſams muſtu zuvor reden / ſonſt bekoͤm̃ſt du von mir keine Antwort.

Pant.

Jch haͤtte gerne eine Antwort / ehe ich geredt haͤtte.

Broſ.

Sollen dir etwan meine Diener na - he kommen / die ſollen mit ihren Lichtern deine Bruſt bald helle machen / daß der Abgꝛund deines Heꝛtzens offenbaꝛ wiꝛd.

Pant.

Ach um des lieben Beleuchtens wil - len weꝛd ich was ſagen muͤſſen / daß auch mein beſter Fꝛeund mein Tage nicht von mir gehoͤret hat. Ach mir fehlet ſonſt nichts / ich habe nur ſo eine verliebte Seele.

Br.

So ſchaffe diꝛetwas / das du liebẽ kanſt.

Pant.

Ja eine verliebte Seele habe ich / und kein Geld dazu.

Broſ.

Was ſoll ich aber helffen?

Pant.

Herr / aus allen Umſtaͤnden kan ich mercken / daß mir ein reich Maͤdgen be - ſcheret iſt. Wolt ihr nicht in Spiegelſehen /324ſehen / daß ich nur weiß / an welchem Ende der Welt meine Seele das Fuͤt - tergen unter ihrem Bruſtlatze findẽ ſoll?

Broſ.

Tritt daher / und thue / was ich dir ſa - gen werde / ſo kan dir gerathen ſeyn. A - ber was haſtu vor ein Anliegen?

Sebaſt.

Die Frage wird uns nicht angehẽ.

Broſ.

Sie gehet alle insgeſamt nicht an / aber wohl dich inſonderheit.

Sebaſt.

Wir bitten mit einer ſolchen Frage entſchuldiget zu ſeyn.

Br.

Wer ſich nicht will fragen laſſen / der mag ohne Antwort wiederum nach Hauſe gehen.

Seb.

Doch der Antwort halben ſind wir herkommen.

Broſ.

So muſtu das Maul auffthun.

Sebaſt.

Eine Perſon unſers gleichen laͤßt ſich nicht gerne Du heiſſen.

Br.

Und eine Perſon meines gleichen laͤßt ſich nicht gerne aus einer Hoff-Compli - mente reformiren. Rede du mir / oder meine Cameraden da ſollen mit dir Bruͤderſchafft machen.

Seb.

Mit Proteſtation, daß es ohne Abbruch meiner Ehre geſchicht / ſo will ich reden.

Broſ.
325
Broſ.

Es war dir geſund.

Sebaſt.

Wir ſind in unſerer Geburts - Stunde mit einem hohen Geiſte bega - bet worden / und es kan nicht fehlen / es muß uns ein Koͤnigreich beſcheret ſeyn: nur dieſes koͤnnen wir nicht wiſſen / ob das rechte Koͤnigreich gegen Morgen oder gegen Abend liegen ſoll. Will uns der Herr Nachricht davon geben / ſo wollen wir uns alſodann Koͤniglich be - dancken / wenn wir die Krone werden auff unſerm Haupte tragen.

Broſ.

Wohlan / du Koͤnigliches Hertze / trit auch daher / und erwarte / was ich mit dir thun werde. Doch du wirſt auch etwas ſonderliches haben wollen.

Blaiſe.

Ja / allmaͤchtiger / Ehrenveſter Herr Schwartzkuͤnſtler / es war bald ſo.

Broſ.

Was haſt du aber vorzubringen?

Bl.

Es iſt eine Noth / die lieget mir auff dem Hertzen / wie ein Muͤhlſtein.

Br.

Es muß auch eine groſſe Noth ſeyn / wenn ich um Huͤlffe ſoll angeſprochen werden. Jn einer lumpen Noth kan man ſich ſelber helffen.

Bl.

Ja es iſt eine Noth / die unſern Edel - mann mit betrifft.

Br.
326
Br.

Wer fragt darnach? Jch erſchrecke vor dem Koͤnige nicht / vielweniger vor deinem Edelmanne.

Bl.

Wenn ich auch ſo ſprechen koͤnte / ich wolte mich heute vor Freuden in der Schencke toll und voll ſauffen.

Br.

Davon werde ich nicht klug.

Bl.

Jch bin auch deßwegen nicht herkom - men / daß ich euch will zum klugen Man - ne machen / ihr ſolt mir ein Bißgen von eurer Klugheit mittheilen.

Br.

Wenn das geſchehen ſoll / ſo muſtu re - den: Huͤte dich aber / daß du nicht hinter der Warheit her ſpatziereſt.

Bl.

Jch dencke wohl nicht / daß ich luͤgen will: Aber wenns ja ſo kaͤme / daß mir das drittemal immer eine Luͤgen ent - fuͤhre / ſo ſeyd nur gebeten / und glaubet mir zwey Drittel.

Br.

Jch will dir glauben / ſo viel als wahr iſt.

Bl.

Seht Herr / unſer Edelmann hat die Gerechtigkeit / daß keine Bauren Toch - ter freyen darff / wenn ſie nicht drey Jahr auff dem Hoffe gedienet hat.

Br.

Das iſt gar recht / ſo werden die Bauer - ſtruntzen etwas ausgehobelt.

Bl.
327
Bl.

Aber ſeht / nun iſt meine Tochter nicht einmal drey Vierteljahr da geweſen / und das Brodt iſt ihr beym Edelman - ne ja gar zu uͤbel bekommen / oder ob ſie einen boͤſen Trunck kriegt hat. Das iſt wahr / wo ſie ihr Lebtage ſo unbe - huͤlfflich bleibet / ſo iſt ſie mir und keinem Menſchen was nuͤtze.

Br.

Was ſoll aber ich dabey thun?

Bl.

Jch dachte / wenn ihr etwan dahinter kaͤmet / was meine Tochter vor eine Kranckheit haͤtte. Wenn das Maͤdel nicht zu kindiſch waͤre / ſo bildete ich mir / Gott behuͤts und bewahrs / gar was an - ders ein. Aber ſeht / der Narr iſt ver - gangen Michael erſt 24. Jahr alt ge - weſt: So muͤſſen wohl ſonſt boͤſe Leute ſeyn uͤber ſie kommen.

Br.

Tritt daher / du ſolt deinen Abſchied ha - ben. Der Compan muß auch gehoͤ - ret werden.

Chriſt.

Ja / ich moͤchte mit meiner lieben Noth auch gerne vorkommen.

Broſ.

Wilt du das / ſo halt dich ſelber nicht auff.

Chriſt.

Jch habe nun 27. Jahr im heil. Ehe -328Eheſtande gelebt / und ich weiß meiner lieben Haus-Ehre nichts als alles Lie - bes und Gutes nachzuſagen.

Br.

So bedarffſt du meines Raths nicht.

Chriſt.

Ja freylich / wenn ſie immer ſo blie - be / ſo duͤrffte ich keinen Rathgeber.

Br.

Wer iſt aber Schuld daran / daß ſie nicht ſo blieben iſt.

Chriſt.

Sie will mir nun aus dem Geſchir - re ſchlagen.

Br.

So wolte ich ihr den Kopff mit dem Pruͤgel wieder einrichten.

Chriſt.

Jch kan ſo weit nicht an ſie kom - men.

Br.

So muß die Noth zu erleiden ſeyn.

Chriſt.

Seht / ſie hat keinen Heller Geld in Haͤnden / und nun ſtinckt ſie mir im - mer nach Brandtewein / und da will ſie mich bereden / der Oden reucht ihr von Natur ſo. Allein ich daͤchte / wenn mein hochweiſer / hochgelahrter Herr darnach ſehen wolte / ob mir die Frau was wegfuͤchſelt / das ſie verſauffen kan.

Br.

Jch habe dich ſchon verſtanden: Tritt auch daher. Nun ſeht / ihr Leute / ihr habt euch einmahl in meine Lehre bege -ben /329ben / nun muͤſt ihr einen Habit anzie - hen / der meinem gleich iſt / und muͤſt eins mit mir herum tantzen: Darnach ſollet ihr alles in meinem Buche leſen / was ihr verlanget.

(Die Moriones bringen Kotzen.)
Pant.

Ach die Ehre wird vor mich zu hoch ſeyn.

Br.

Fort / fort / wenn ich was befehle / ſo muß ein blinder Gehorſam darauff er - folgen. Putzt euch / putzt euch / wenn meine Stunde vergeht / ſo muͤſt ihr wie die andern Narren wiederum nach Hauſe gehen.

(Sie haͤngen die Kotzen um / faſ - ſen einander an / und tantzen et - liche mal herum. Die Moriones ſchlagen einander mit der Prit - ſche / biß ſie in die mittelſte Scene lauffen / welche zufaͤllt.)
Erſter330

Erſter Handlung Siebender Auffzug.

    • Ferry Pierre
    Birons Bedienten.
  • Pantagruel ein luſtiger Diener.
Fer.

Mich duͤnckt / um dieſe Gegend hat der kluge Mann ſeine Wohnung.

Pier.

Und wo er klug iſt / wird er ſich un - ſichtbar machen.

Fer.

Es hat nichts zu bedeuten: So ein Ertz-Betrieger muß einmahl bezahlet werden / daß er ſich mit ſeiner Betrie - gerey nicht gar zu viel einbildet.

Pier.

Wie wird mir das Eſſen ſchmecken / wenn ich mich an dem Ertz-Vogel wer - de muͤde gepruͤgelt haben.

Fer.

Doch ſiehe da / wie ſachte koͤmmt er geſchlichen. Je du ſauberer Vogel / meynſtu / daß wir uns wollen wahrſa - gen laſſen?

Pier.

Geheſt du doch in einer ſo heiligen Mine / daß man dich unter den Moͤn - chen verlieren moͤchte.

Fer.

Wir wollen doch ſehen / was er anfan - gen wird.

Pant.
331
Pant.
(ad ſpect.)

Ja ich haͤtte es nicht ge - meynet / daß in der Kotze ſo viel Weiß - heit ſteckte. Nun weiß ich / daß ich ei - ne verliebte Seele habe: Jch weiß auch / daß meine Liebſte ſoll eine Wei - bes-Perſon ſeyn: Jch weiß auch / daß ſie uͤber 10000. Thaler nicht haben wird: Jch weiß auch / daß ſie keine von Adel iſt. Jn Summa / ich weiß Sachen / die ich ſelber nicht bedencken kan.

Fer.

Ha du Hund / wo hinaus?

Pier.

Jſt das Mode / daß man im Walde wie ein Geſpenſte herum ſchleichen ſoll?

(Sie ſchlagen ihn.)
Pant.
(ad ſpect)

Jhr Herren / wo das Spiel lange rum gehet / ſo kriege ich die beſten Schlaͤge davon.

Fer.

Wilt du bekennen / daß du der aͤrgſte Schelm biſt?

Pant.

Ach ich bin ein Schelm: Aber ich will noch einen weiſen / der mich uͤber - trifft.

Pier.

Du biſt uns gewiß genug: Wir keñen dich an dem ſchelmiſchen Mantel wohl.

Pant.

Jſt der Mantel ein Schelm / ſo laßt mich ungepruͤgelt.

(Er will davonlauf -332lauffen: Sie halten ihn beym Man - tel: Er laͤßt ihn fahren / und gehet durch.)
Fer.

Nun glaub ichs / daß ſich der Kerl kan unſichtbar machen. Jch mag mit dem Mantel nichts zu thun haben.

(wirfft ihn weg.)

Erſter Handlung Achter Auffzug.

Die vorigen.
  • Sebaſtian, ein ſtoltzer Spanier.
    • Blaiſe Chriſtoffle
    Bauren.
Pier.

Potz tauſend / der Kerle koͤmmt wie - der / er hat ſich gewiß den Puckel ge - ſchmier et / daß er die Schlaͤge deſto beſ - ſer vertragen kan.

Seb.

Nun iſt der Koͤnig fertig. 600. Mei - len hinter der Tuͤrckey liegt ein Land / da wlr den Thron gewiß beſteigen wer - den.

Fer.

Siehe da / haſt du noch nicht genug?

Pier.
333
Pier.

Und ſollen wir das andermal an dir zum Ritter werden?

Seb.

Die Leute wiſſen nicht / daß wir ein Koͤnig ſeyn.

Fer.

Wilſtu nicht bekennen / daß der aͤrgſte Schelm unter dieſem Mantel verbor - gen iſt?

Seb.

Wir proteſtiren wider Gewalt.

Pier.

Und wir exerciren die Gewalt.

(Sie ſchlagen zu.)
Seb.

Die Unhoͤffligkeit werden wir nicht laͤnger ausſtehen.

Fer.

Die Probe ſteht bey uns / wie lange du es ausſtehen kanſt.

Seb.

Sollen wir in unbekanter Geſtalt verderben?

(Er ſchmeiſt den Man - tel von ſich.)

Seht ihr euren Koͤnig?

Fer.

Ha / ha / Monſieur Sebaſtian, wie kom̃t er zu dieſem Ungluͤcke?

Seb.

Und wie kommt ihr zu dieſer Boß - heit? Wir werden es mit Koͤnigl. Un - gnade zu erkennen wiſſen.

(Gehet ab.)
Fer.

Das hat ein wunderlich Ausſehen mit dem Kerlen: Er kan ſich in eine fremb - de Geſtalt verwandeln. O wir muͤſ - ſen ihm das Haus ſelber ſtuͤrmen. PBru -334Bruder / gehe du auff die foͤrdere Thuͤre zu / ich will auff die hintere ſtuͤrmen.

(Ferry bringt Blaiſen geſchleppet / Pierre Chriſtofflen.)
Fer.

Ha / nun hab ich den rechtſchuldigen kriegt. Nun ſoll ihm der Puckel ſo weich werden / als ein Qvarg-Kaͤſe.

Pier.

Bruder komm her / ich habe den rech - ten.

Fer.

Wir wollen alle beyde wohl abdre - ſchen / ſo wird der rechte wohl getrof - fen werden.

Bl.

Au / au / ich bin fuͤrwahr nicht der rechte.

Fer.

Aber die Schlaͤge / die du kriegſt / die ſeyn gar recht.

Chriſt.

Jch dencke immer / ihr werdet mich kennen.

Pier.

Kenn ich dich nicht / ſo kenneſt du mei - ne Pruͤgel-Suppe.

Bl.

O daß ſich niemand uͤber mein Elend erbarmen will! Jch will auch das mei - ner lieben Obrigkeit klagen / daß ich mich zur Ungebuͤhr ſoll pruͤgeln laſſen.

Chriſt.

Und das Ding ſoll nicht verſchwie - gen bleiben / und wenn ich ſelber vor denKoͤnig335Koͤnig lauffen ſoll.

(Sie ſchmeiſſen die Teppiche von ſich / und ſtehen gar jaͤmmerlich.)
Fer.

Der Kerl kan uns bezaubern / er macht uns ein Wunderwerck nach dem andern vor die Augen.

Pier.

Hoͤre / du Kerls biſtu ein rechter Bau - er / ſo ſage / was haſtu im Puſche zu ſuchẽ?

Bl.

Und ſeyd ihr rechtſchaffene Kerlen / ſo ſagt / was habt ihr uns im Puſche anzu - fallen?

Pier.

Wir ſind nicht gewohnt / ſo einem ſchelmiſchen Bauer Rechenſchafft zu geben. Packe dich fort / oder wir wol - len unſerm Pruͤgel noch eine Arbeit ver - dingen.

Bl.

Der lieben Arbeit halben will ich da - von gehen. Aber ſeyd ihr boͤſe? Kom̃t einmahl in unſere Schencke.

(Gehet ab.)
Chriſt.

Jch ſage nichts: Kommt mir ein - mal in mein Gehege.

(Gehet ab.)
Fer.

Nun / was ſollen wir gedencken? Es wird uns ſo ſauer / und was uns der Herr befohlen hat / das ſollen wir noch anfangen.

P 2Pier.
336
Pier.

Wir koͤnnen nicht eher nach Hauſe gehen / als biß der leichtfertige Betrie - ger ſeinen Lohn bekommen hat.

Erſter Handlung Neundter Auffzug.

    • Ferry Pierre
    Birons Bedienten.
  • Broſſe ein Schwartzkuͤnſtler.
Br.

Jch halte meine Kerlen ſind mir davon gelauffen / ehe ſie mir wegen der Muͤhe Satisfaction gegeben haben; Das muß nicht ſeyn / ſonſt werde ich mit meiner Kunſt nicht lange beſtehen. Guten Tag / ihr Herren / iſt euch niemand die Straſſe begegnet?

Fer.

Nein / aber das wiſſen wir / daß uns einer begegnet / den wir ſuchen.

Br.

Jch ſtehe ihnen zu Dienſten.

Pier.

Aber darin wird uns gedienet.

(Er ſchlaͤgt.)
Br.

Kommt mir nicht zu nahe.

Fer.

Wir wollen noch naͤher kommen.

Br.

Jch ſchreye um Huͤlffe.

Pier.
337
Pier.

Wer zu Huͤlffe koͤmmt / der ſoll das Tractament mit dir theilen. Siehe da / bekenne / daß du ein Schelm und Betrieger biſt.

Fer.

Vor die Luͤgen ſolſtu mit dem Pruͤgel bezahlet werden.

Br.

Laßt mich gehen.

Pier.

Gehe / wo du kanſt: Doch unſern Pruͤgeln ohne Præjudiz.

Br.

Ach weh / was ſoll endlich draus wer - den.

Fer.

Du ſolſt zum ungluͤckſeligſten Men - ſchen werden.

Br.

Jch habe nichts gethan.

Fer.

Du biſt ein Ertz-Betrieger / und das ſolſtu uns bekennen.

Br.

Ach verſchonet meiner / ich will ſo viel bekennen / als ich weiß.

Pier.

Du magſt bekennen / was du wilt / unſer Pruͤgeln gehet fort.

Br.
(faͤllt zu Boden.)

Ach weh / ich bin ein Betrieger: Es iſt alles Eitelkeit / was ich von zukuͤnfftigen Dingen rede. Meine Armuth hat mich darzu getrie - ben / daß ich den Betrug angefangen habe.

P 3Fer.
338
Fer.

Ey lerneſtu einmal die Warheit re - den.

Pier.

Und wirſtu einmal erfahren / daß Leu - te uͤber dich kommen / die dein Neſt zer - ſtoͤren.

(Er laͤufft hinein / ſie fol - gen.)

Erſter Handlung Zehender Auffzug.

  • Delux, Birons Confident.
    • Jacqves Lambert
    Buͤrger.
Del.

Jhr guten Leute / man ſieht es wohl / daß unſer Koͤnigreich zu Grunde geht: Aber weil niemand helffen will / der helffen kan / ſo muͤſſen wir uns in den Untergang ſchicken.

Jac.

Was wird der im ewigen Feuer vor eine Straffe zu erwarten haben / der die verdammte Pancharte zu erſt auff die Bahn gebracht hat.

Lamb.

Man gedencke doch / wir ſollen von iedwederm Pfunde einen Sol geben: Was vor ein Schaden iſt dieſes der Kauffmannſchafft?

Del.
339
Del.

Jch habe manchmal daruͤber ge - ſeuffzet.

Jac.

Ein Bauer / der ſein Korn einmal ver - kaufft / der darff ſich nicht beſchweren / daß ihm ſo viel vom Pfunde abgezo - gen wird: Aber was macht ein recht - ſchaffener Kauffmann?

Lamb.

Jch verkauffe Wolle / da wird mir ein Sol abgezogen / der ander ver - kaufft das Garn / der ſoll es wieder ge - ben / der dritte laͤſt es faͤrben / und ſoll wiederum ſeine Laſt tragen / darnach koͤmmts zum Zeugmacher / auch wohl gar von einem Handelsmanne. Wenn nun ein iedweder ſoll geſchoren werden / ſo muß man die Waare gedoppelt theuer verkauffen / und ich moͤchte gerne ſehen / wer ſo ein Narr ſeyn wolte / daß er alles theuerer bezahlte.

Del.

Es wundert mich / daß ihrs ſo lange habt ausſtehen koͤnnen.

Jac.

Und was haben wir auff der Reiſe vor Noth / wie werden uns die Kaſten auffgeſchlagen / wie werden ſie zur Un - gebuͤhr taxiret.

Lamb.

Und was muß der Koͤnig vor Ubel -P 4auff -340auffſeher haben! Mich duͤnckt / wenn er die Kerlen zuſammen jagte / ſie paſ - ſirten vor eine gantze Armee.

Del.

Ja / der liebe Koͤnig hat ſich ſchaͤndlich verfuͤhren laſſen.

Jac.

Und es waͤre noch alles auszuſtehen / wenn nur ſo viel Unrecht nicht mit un - terlieffe: Da wollen alle Bettelhun - de reich davon werden / und machen ſo viel contreband, daß ein Kauffmann endlich keine Waare mehr auff den Marckt ſchicken kan.

Lamb.

Und ein iedweder Diebs-Geſelle hat zu Hoffe einen Patron / der ihm den Ruͤcken halten muß / wenn es zur Klage koͤmmt.

Del.

Jhr lieben Freunde / darff ich meine Gedancken ſagen?

Jac.

Ach wenn uns iemand nur einen guten Rath mittheilen wolte / wegen unſerer Verſchwiegenheit duͤrffte niemand ſor - gen.

Lam.

Es iſt nur ſo weit kommen / daß der gute Rath unmoͤglich ſcheinet.

Del.

Nicht ſo verzagt / nicht ſo verzagt: Wir ſind ſelber Schuld daran / daßwir341wir das Frantzoͤſiſche Feuer in unſerm Hertzon verleſchen laſſen.

Jac.

Das Feuer brennet wohl noch / a - ber man darff ſich nicht blicken laſſen.

Lamb.

Die grauſame Straffe zwinget uns wohl / daß wir uns fuͤrchten muͤſſen.

Del.

Wer einmal verderben ſoll / der hat ſich vor keiner Straffe zu fuͤrchten. Man widerſetze ſich / man breche den ſchabehaͤlſiſchen Exeqvirern die Haͤlſe / man laſſe es bund uͤber Ecke gehen. Wenn die Leute Narren ſeyn / ſo wer - den dem Koͤnige die Augen keinmahl auffgethan.

Jac.

Jhr Herren / macht ihr nur einen gu - ten Anfang / ihr ſolt ſehen / wie courage wir folgen wollen.

Lamb.

Unterdeſſen ſoll doch unſer diſcours im Verſchwiegen bleiben.

(Jacqves und Lambert gehen ab.)

Erſter Handlung Eilffter Auffzug.

Delux, Birons Confident. Biron der Marſchall.
Del.

So recht / ſo muß der Grund zu einemP 5in -342innerlichen Auffſtande geleget werden / weil der Koͤnig ſelber das Oel dazu giebt / welches wir ins Feuer gieſſen wollen. Es iſt wahr / ein Frantzoſe muß was zu thun haben / und wenn ein Jahr ohne Krieg vergehet / ſo hat ein Cavallier von Fortun wenig zu befehlen / und noch viel weniger zu verzehren.

Biron
(koͤmmt)

Mein Freund / wie ſo lu - ſtig / es muß euch was angenehmes ge - traͤumet haben / daß ihr einmal mit ſo ei - ner extraordinar-froͤlichen Mine auff - gezogen kommt.

Del.

Jhr. Excell. zu dienen / ich war itzund mit etlichen Kauffleuten in conferenz, die ſind auff die Pancharte ſehr uͤbel zu ſprechen.

Bir.

Es muß alſo ſeyn / der Koͤnig muß dar - bey erhalten werden / daß ſolche nicht abgeſchaffet wird / und das Volck muß angefriſchet werden / biß wir einen vol - len Tumult im Koͤnigreiche haben.

Del.

Die Gemuͤther ſind diſponirt genug: Wird ſich ein Ober-Haupt finden / ſo wolte ich nicht gerne an des Koͤniges Stelle ſeyn.

Bir.
343
Bir.

Jhr kennet das Ober-Haupt ſchon / welches ſich zu rechter Zeit wird ge - brauchen laſſen.

Del.

Die Sache iſt auch an ſich ſelbſt ſo beſchaffen / daß man die hoͤchſte Unbil - ligkeit beklagen muß.

Bir.

Lieber Freund / es iſt uns nicht um die Unbilligkeit zu thun / wenn wir an der Stelle waͤren / ſo duͤrffte ſich das Volck keiner Beſſerung getroͤſten. Die Scha - fe ſind deßwegen da / daß ſie ſollen gepu - tzet werden.

Del.

Doch wenn die Schafe ſollen in ei - nen frembden Stall getrieben wer - den / ſo muß man ſie durch die Hoffnung eines beſſern Tractaments anlocken.

Bir.

Recht ſo / das ſind meine Gedancken: Drum helfft die Sache ſo gut verdre - hen und verwirren / als ihr koͤnnt. Wird das Waſſer recht getruͤbt ſeyn / ſo ſollen die Meinigen ſchon etwas guts zu fi - ſchen haben.

Del.

Jſt noch etwas / das Jhr. Excell. be - fehlen wollen?

Bir.

Folget mir in das Zimmer / es iſt eineP 6ge -344geheime Expedition, davon ihr Part haben ſolt.

Del.

Jn allen Gehorſam.

Erſter Handlung Zwoͤlffter Auffzug.

Laffin, Birons Verwandter. Biron der Marſchall.
Laff.

Siehe da! was hat dieſer Gaſt bey dem Herrn Marſchall zu thun? Wor - auff zielet die ſonderbare Vertraulig - keit? Solte es wohl moͤglich ſeyn / daß er mich entweder ausbeiſſen / oder eine beſſere Stelle uͤber mich nehmen wolte? Jch miſche mich in gefaͤhrliche Dinge. Solte wohl ein ſolcher Mann darnach ſeine Sicherheit in meinem Verderben ſuchen? Jch habe Zeit / daß ich darhin - ter komme. Aber der gute Marſchall ſoll dermaleins erkennen / daß ich einen Kopff habe / der ſich nicht betriegen laͤßt.

Biron
(koͤm̃t)

Mein Freund / wie ſo lang -ſam?345ſam? Wißt ihr nicht / was ihr vor Brie - fe zu beſtellen habt?

Laff.

Aber Jhr. Excell. wiſſen auch / was ich vor Zeit bedarff / wenn ich das Mei - nige wohl verrichten ſoll.

Bir.

Es iſt alles gut. Savoyen hat ſich wohl erklaͤret. Der Gouverneur zu Meyland ſteht auff unſerer Seite. Die Veſtungen an der Graͤntze ſind in un - ſerer diſpoſition, es fehlet nur an einer beqvemen Gelegenheit / da ſolches aus - brechen kan.

Laff.

Jch gratulire vom Hertzen / daß Jhr. Excell. eine Stuffe nach der andern zu ihrem Gluͤcke naͤher kommen.

Bir.

Jch gratulire mir nicht meinetwegen / ſondern das ſoll meine Vergnuͤgung ſeyn / wenn meine getreue Freunde mei - ne vollkommene Wohlthat werden ge - nieſſen koͤnnen.

Laff.

Doch mein Patron / ſteht es mir frey / daß ich etwas erinnere.

Bir.

Gar wohl / mein Freund / deßwegen ſeyd ihr da / daß ihr vor mein und euer Gluͤcke zugleich ſorgen ſolt.

Laff.

Jhr. Excell. haben ſo viel mit eigenerP 7Hand346Hand geſchrieben / und man kan nicht wiſſen / durch was vor einen Unfall et - liche Blaͤtter in frembde Haͤnde kom - men moͤchten. Waͤre es nicht rath - ſam / daß wir alles auff einmal verbren - neten / damit ſoll uns auff allen Fall nichts koͤnnen bewieſen werden.

Bir.

Es iſt gar recht / und was man thun will / das ſoll man alſobald den erſten Augenblick verrichten.

Laff.

Jhr. Excell. belieben mir alles zu ge - ben. Hier iſt der Camin / da koͤnnen wir es auffopffern.

Bir.

Jch will alles zuſammen ſuchen

(ge - het hinein.)
Laff.
(ad ſpect.)

Mein lieber Herr Mar - ſchall ſucht es fein wohl zuſammen. Hier hab ich Pappier / das ſoll vor eu - ren Augen verbrannt werden / aber die rechtſchuldigen Brieffe will ich zu mei - ner Sicherheit ſchon verwahren. Laͤufft es gut ab / ſo bleib ich ein guter Freund: Will das Wetter windig werden / ſo will ich der erſte Verraͤther ſeyn / daß mich der Koͤnig Schande halber per - doniren muß.

Bir.
347
Bir.

Hier ſind die Schrifften / die uns beym Koͤnige graviren moͤchten. Wolt ihr ſie zuvor leſen / oder wolt ihr ihnen ſo bald ihr Recht thun?

Laff.

Am beſten zuſammen gewickelt / daß ſie in Ewigkeit unſichtbar bleiben.

(Er verwechſelt die Pappier / und wirfft ſie in den Camin.)

Sehn Jhr. Excell. hier brennet unſer Un - gluͤck / und wer uns kuͤnfftiger Zeit was beſchuldigen will / der ſoll die Luͤgen wiederum in ſeinen Hals freſſen.

Bir.
(umfaßt ihn)

Ach mein Freund / ihr ſeyd ja gar zu ſorgfaͤltig vor mein Gluͤ - cke.

Laff.

Und mein Patron iſt gar zu maͤch - tig / mein Gluͤcke zu befoͤrdern.

Bir.

Jhr ſollt es Lebenslang um mich zu genieſſen haben.

Laff.

Und ſie ſollen Lebenslang an mei - ner Treue nichts auszuſetzen haben.

Bir.

Doch mein Freund / wir duͤrffen nicht vergeſſen / daß wir die Poſt nach Mey - land expediren.

Laff.

Jch war gleich im Begrieff ſolches zu erinnern.

(Sie gehen ab.)
Erſter348

Erſter Handlung Dreyzehender Auffzug.

Pantagruel ein luſtiger Diener. Margaton ein Tuͤrckiſches Maͤdgen.
Pant.

Der Schwartzkuͤnſtler muß doch ein leibhafftiger Schelm ſeyn / er pro - pheceyete mir etwas guts von meiner Courteſie, und wie ich dachte / das beſte ſolte erſt angehen / ſo kamen des Mar - ſchalls von Biron ſeine leichtfertigen Kerlen / und ſchlugen mir den Puckel voll. Doch das war noch das beſte / daß ſie die Kotze meynten. Denn ſo darff ich mich des Bettels nicht viel an - nehmen. Doch laß ſehen / wie wird ſich die Prophezeyung anlaſſen. Der Kerl ſagte / ich ſolte ein reich Maͤdgen kriegen / daß nicht uͤber 10000. Thaler haͤtte / das nicht von Adel waͤre / das aus frembden Landen waͤre / das von treff - lichen Tugenden waͤre / und es iſt mir immer / als wenn er geſaget haͤtte / das erſte Maͤdgen / das mir begegnen wuͤr -de /349de / das ſolte meine ſeyn. Je nu / wo mir die gluͤckſelige Stunde ſo nahe iſt / ſo dauret michs doch / daß ich meinen Corduaniſchen Mandel nicht umge - nommen habe. Und was ſehe ich? Koͤmmt nicht eben da ein liebes Kind / welches zu Troſt meiner verliebten Seele gleich den Weg auff mich zu neh - men will. O Courage verlaß mich nicht. O du Goͤttin der Beredſamkeit entweiche mir nicht. Ach nun fange ich an ein gluͤckſeliger Menſch zu wer - den / und weiß ſelber noch nicht / wie ich mich in mein Gluͤcke ſchicken ſoll.

Marg.

Der Koͤnigin iſt gut / mein Seel / aber der Jungfer / der iſt bey der Koͤni - gin / iſt nicht werth ein Schuß Pulver. Mich haben zum Narren / ſagen / ich nicht kan reden. O Narr du biſt / ich gereden hat mit die Koͤnig / und lachen mit der Jungfer die Narr lacht. O ich boͤſe werden und ſagen / du mir lecken ſolſt / weiſt du wol.

Pant.

Potz tauſend / das iſt ein galant Frau - enzimmer / ſie redt ſchon vom Lecken. Wo ſie mich den erſten Tag flugs zurKir -350Kirmeß bittet / ſo will ich gerne ſehen / was vor ein Wolleben auff die Hoch - zeit werden wird. Doch ich ſehe es wol / der Limmel muß angebracht ſeyn. Ach dort drunten ſitzt ein Herr in ſam̃ - ten Baͤrtgen / wenn er mir ſein Compli - mentir-Buch leihen wolte / ſo wuͤſte ich wol / was ich davor wolte ſchuldig ſeyn. Aber ich dencke / er braucht es bey der Jungfer Nachbarin ſelber / ich muß doch ſehen / ob es wahr iſt.

(er nimmt eine groſſe Fackel und leuchtet un - ter die Spect.)

Nun / nun ich ſehe es / die Herren brauchen alles ſelber / und ich werde mir doch nun auch ſelber helf - fen muͤſſen. Wunderſchoͤne Tugend und Annehmligkeit / Ehrenveſte / unver - gleichliche Jungfer / als Goͤttin / einen ſchoͤnen / gehorſamen und auffwartſa - men guten Tag.

Marg.

Was ſoll ſeyn die gute Tag?

Pant.

Der gute Tag ſoll ſo viel bedeuten / daß ich ihr unterthaͤniger Diener bin.

Marg.

Du mein Diener biſt? Bin ich nicht der Koͤnigin / daß ich halte Die - ner.

Pant.
351
Pant.
(ad ſpect.)

Das gute Maͤdgen faͤngt ſcharff an / ſie heiſt mich ſchon du. Mich deucht / wenns mancher Courtiſan ſo weit gebracht haͤtte / er lieſſe ſich den Bart noch drey qver Finger hoͤher auf - ſetzen. Doch meine ſchoͤne Jungfer / ſie verſtehe mich recht / ich gehoͤre unter die Gattung der verliebten Diener. Denn ich habe mich reſolviret eine ſo ſchoͤne Jungfer zu lieben.

Marg.

Du mich haben lieb / glaub ich dir nicht. Du ſtattlich Cavallier biſt / und ich Hoff-Maͤdgen bin.

Pant.

Sie iſt ein galantes Hoff-Maͤdgen / und iſt darzu gebohren / daß ſie eines Cavalliers Knecht meines gleichen ac - commodiren ſoll.

Marg.

Du mich haben lieb / muß ich wer - den dein Frau.

Pant.

Ach mein Engels-Kind / ſie verirre ſich nicht / ſie muß erſtlich meine Braut werden / darnach wird ſie erſt meine Frau. Doch ich muß ſehen / ob die Prophezeyung eintrifft. Mein Kind hat ſie 10000. Thaler?

Marg.

Ey habe ich der nicht.

Pant.
352
Pant.

Das trifft ein / meine Liebſte ſoll auch nicht zehn tauſend Thaler haben. Jſt ſie von Adel?

Marg.

Mein Seel / bin ich dir nicht Edel - Kind.

Pant.

Das trifft auch ein. Jſt ſie aus ei - nem frembden Lande?

Marg.

Bin ich aus Land / wo daheim iſt der Tuͤrck.

Pant.

Nun es iſt richtig. Doch laß ſehen / der letzte Punct muß auch richtig ſeyn. Jſt ſie auch tugendhafftig?

Marg

Bin ich dir gedultig / wie der Schaf / und fromm wie die Teuffel.

Pant.

Nun die Erklaͤrung wird wol die beſte ſeyn. Mein Kind darff ich ſie um einen Handſchlag bitten?

Marg.

Du lieber Kind / ich dir geben ſoll Handſchlag?

(giebt ihm eine Maul - ſchelle.)
Pant.

Nun das war ein Mißverſtand / darum ſich ein Liebhaber nicht viel be - kuͤmmern darff: Doch kuͤß ich die Hand des ſuͤſſen Handſchlags wegen / kan ich nicht einen Mahl-Schatz darzu haben?

Marg.
453
Marg.

Wenn du haben wilt / ich dir ſchla - gen will auff der Maul / daß ſchmatzt.

(ſchlaͤgt ihn.)
Pant.

Jhr Leute aͤrgert euch nicht an mei - ner Courteſie, wenn ſich die Sprachen ſo veraͤndern / ſo gehts nicht anders her.

Erſter Handlung Vierzehender Auffzug.

Die vorigen. Sebaſtian ein ſtoltzer Spanier.
(Pantagruel und Margaton thun gar freundlich mit einander.)
Seb.

Es iſt beſchloſſen / wir wollen unſer Koͤnigreich proſeqviren. Und weil wir verſtehen / daß wir uns eben auff der Tuͤrckiſchen Graͤntze darum befragen ſollen / ſo werden wir uns gleich zu der Koͤnigin begeben / und in allen Gnaden vernehmen / ob ſie uns das Cammer - Maͤdgen / welches ſie von der Tuͤrcki - ſchen Graͤntze bey ſich hat / zu unſer kuͤnfftigen Gemahlin verſprechen will. Alſo wollen wir uns des Landes deſtobeſſer354beſſer erkundigen / und die Affection gegen die Landsmaͤnnin wird uns eine treffliche Stuffe zum Koͤnigreiche bauen. Aber wie follen wir das ver - ſtehen? Ein Sclave ſoll unſer gelieb - tes Eigenthum beruͤhren? Und wir ſol - len uns nicht in einen Donnerſchlag verwandeln / der ſolchem verdammten Wurme den Kopff und das Hertze zer - knirſcht? O wir erzuͤrnen uns / daß uns die Liebe vor Zorne verſchwinden moͤchte.

Pant.

Mein Kind / ſie laſſe ſich meine Wei - ſe nicht mißfallen. Verſteht ſie meine Sprache nicht / ſo weiß ſie doch wol aus meinen Geberden / was mein Ver - langen iſt.

Marg.

Jch dir wol verſtehe / du ſeyn muſt fromm / wenn du ſeyn garſtig / koͤmmt der Koͤnigin und legt dir in der Loch.

Seb.

Wie lange ſollen wir der Boßheit zuſehen?

Pant.
(zeucht ihn)

Der Herr verziehe nur ein wenig / ich habe mich da mit ei - nem Frauenzimmer engagiret / daß ich nicht wol kan abkommen.

Seb.
355
Seb.

Aber du ſolſt abkommen. Erſchrickſt du nicht vor der Maj. die vor dir ſteht?

Pant.

Jch will gerne vor der Maj. erſchre - cken / verſtoͤrt mich nur in der Freude nicht.

Seb.

Aber du ſolſt dich verſtoͤren laſſen. Sage ob du ſterben wilt?

Pant.

Das redt mir ein Schelm nach / daß ich ſterben will.

Seb.

So ſage / ob du das Frauenzimmer verlaſſen wilt.

Pant.

Das ſagt mir ein Hunds -- nach / daß ich das Frauenzimmer verlaſſen will.

Seb.

Meine Goͤttin / ſie trete auff die Seite / daß ſie vor unſerm Blutvergieſſen nicht erſchrecken darff.

Pant.

Mein Kind / ich halte ſie.

Seb.

Und wir laſſen ſie nicht gehen.

Marg.

Au / au / ihr mich reiſſen wolt in zwey Stuͤck / niemand mich brauchen wird halb.

(Sie zerren ſie abſcheulich / und ſchreyen laͤſterlich dabey.)
Erſter356

Erſter Handlung Funffzehender Auffzug.

Die vorigen.
  • Maria die Koͤnigin.
    • Charlotte Louyſe
    Staats-Jungfern.
Mar.

Wohin zielet der Tumult? Soll eine Konigin vor ihrem Gemache nicht ſicher ſeyn?

Seb.

Gnaͤdigſte Koͤnigin.

Pant.

Jch kan auch ſprechen: Gnaͤdigſte Koͤnigin.

Mar.

Und wenn tauſendmal ſo geſagt wird / ſo wird doch der Tumult nicht entſchuldiget. Sind wir eine gnaͤdig - ſte Koͤnigin / ſo haͤtte man unſerer Gna - de nicht mißbrauchen ſollen.

Seb.

Wir haben uns unſers Rechts be - dienet.

Pant.

Und ich habe meiner Liebe gefolget.

Mar.

Das heiſt nichts: Hoͤre / ſage du / was macht dich ſo unverſchaͤmt / daß du des Fange-Balls mit dir ſpielen laͤßt.

Marg.
357
Marg.

Gnaͤdiger Koͤnigin / bin ich todt halb /