DAs Sehen richtet ſich nach gewieſſen Geſetzen / ver - moͤge welcher die Sachen bald wie ſie ſind / bald a - ber gantz anders erſcheinen. Die Natur laͤſſet ihre Geſetze niemals uͤbertreten: iſt aber dabey auſſer Schuld / wenn ihr Euch das Auge in Jrrthum verleiten laſſet. Denn Sie hat euch mit Vernunft bega - bet / das iſt / ein Vermoͤgen gegeben ihre Geſetze zu erkennen. Nach die - ſen ſollet ihr urtheilen / wenn ihr eu - re Vernunft brauchen wollet; nicht nach dem Einfall der Coͤrperlichen Dinge in die Sinnen / dadurch die Thiere ihre Bewegungen dirigiren. Zu dem Ende haben die Mathema - tici / als die Ausleger der unveraͤn -(3) Ader -2Vorrede. derlichen Geſetze der Natur / auch die Geſetze des Sehens unterſuchet. Weil ſie aber verſchieden ſind / nach dem die Strahlen des Lichtes ent - weder gerades Weges von den ſicht - bahren Dingen / in die Augen fallen / oder von Spiegeln zu ruͤcke gewor - fen / oder auch unter wegens ein o - der mehr mal gebrochen / das iſt / von ihrem vorigen Wege abgedrucket werden; ſo hat man drey beſondere Diſciplinen fuͤr dieſelbe aufgerichtet / u. ſie Optick / Catoptrick und Diop - trick genennet: ans welchen ich die Haupt-Lehren auf eine ſolche Art vortrage / daß ſie die Anfaͤnger am fuͤglichſten begreiffen koͤnnen. Die Luſt zu Optiſcher Hand-Arbeit ha - ben / werden zu gleich einige Anlei - tung zu beqvemer Verfertigung der Optiſchen Jnſtrumente finden: welche auch denen dienen kan / die ſie durch andere verfertigen laſſen wol - len / damit ſie ſie recht anzugeben wieſſen.
1.
DJe Optick iſt eine Wieſſenſchaft aller ſichtbahren Dinge / in ſo weit ſie durch Strahlen / die von ihnen gerades Weges in das Auge fal - len / ſichtbahr ſind.
2. Unterweilen verſtehet man durch die Optick eine Wieſſenſchaft aller ſichtbahren Dinge / in ſo weit ſie ſichtbahr ſind / und begreiffet die Catoptrick und Dioptrick mit darunter.
3. Dasjenige / welches alle Dinge umb uns ſichtbahr machet / nennen wir das Licht; den Mangel des Lichtes aber Schatten; und die Abweſenheit alles Lichtes Finſternis.
4. Ohne Licht kan nichts geſehen wer - den (§. 3.)
5. Je mehr der Zufluß des Lichtes anA 2ei -4Anfangs-Gruͤndeeinem Orte gehindert wird / je ſtaͤrcker iſt der Schatten.
6. Laſſet durch ein kleines Loͤchlein / in der Groͤſſe einer Linſe / das Licht der Sonnen in einen verfinſterten Ort hin - ein fallen / ſo werdet ihr wahrnehmen / daß ein heller Strahl in einer geraden Linie fortgehet.
7. Derowegen kan man die Strahlen des Lichtes durch gerade Linien vorſtellen.
8. Da nun das Licht nach geraden Linien fort gehet / ſo koͤnnen wir nichts ſehen / was nicht mit dem Auge in einer geraden Linie lie - get / es ſey denn daß der Strahl unterwegens aus ſeinem Wege gebracht wird.
9. Wenn allſo viel Strahlen Ab, Ac,Tab. I. Fig. 1. Ad, Ae, Af aus einem Puncte A flieſſen; ſo gehen ſie immer weiter von einander / je weiter ſie kommen / und daher wird das Licht immer ſchwaͤcher.
10. Wenn ihr den Strahl / ſo in den verfinſterten Ort hinein faͤllet / GC mit einem Spiegel B D dergeſtalt auffan -get /5der Optick. get / daß er mit demſelben einen rechten Winckel GCD machet; ſo prallet er in ſich ſelbſt zu ruͤcke. Hingegen wenn ihr den Spiegel BD ſo haltet / daß der ein - fallende Strahl FC mit ihm einen ſchie - fen Winckel FCD machet / ſo prallet er auf der anderen Seite zuruͤcke und ma - chet der zuruͤcke prallende Strahl EC eben ſo einen groſſen Winckel ECB mit dem Spiegel als der einfallende.
11. Es iſt anmuthig zu ſehen / wenn ihr durch die bloſſe Wendung des Spiegels den zu ruͤcke prallen - den Strahl EC nicht allein umb den Einfalls-Punct C in dem Kreiſe herumb beweget / ſondern ihn auch bald zu dem einfallenden Strahle FC nahe bringet / bald ihn weiter davon wegziehet. Abſonderlich wird euch gefallen / daß die Strahlen ſich ſo praͤſen - tiren wie ſie durch Linien gemahlet werden.
12 Dieſes Zuruͤcke prallen der Strah -Tab. I. Fig. 2. len wird die Reflexion genennet. Der Winckel F C D / den der einfallende Strahl FC mit dem Spiegel BCD ma - chet / heiſſet der Einfalls-Winckel. Der Winckel ECB aber / den der reflectirte Strahl EC mit dem Spiegel machet / der Reflexions-Winckel.
13. Daher iſt in einem Spiegel der Re -A 3flexions -6Anfangs-Gruͤndeflexions-Winckel ECB dem Einfalls-Win - ckel FCD gleich.
14. Vielleicht meinet ihr / daß ich von einem ebe - nen Spiegel unrecht auf andere ſchlieſſe / die entwe - der erhaben / oder ausgehoͤhlet ſind. Allein bedencket / daß der Strahl einen ſehr kleinen Raum auf der Spiegel-Flaͤche einnimmet / dergleichen ſo wol auf er - habenen / als hohlen Flaͤchen fuͤr eben zu halten ſind. Wollet ihr daran zweifeln / ſo haltet dergleichen Spiegel gegen den einfallenden Strahl; die Er - fahrung wird euch der Gewißheit bald uͤberfuͤhren.
15. Fuͤllet ein Coniſches Glaß HKI mit Waſſer und laſſet den Strahl LM / in dem verfinſterten Orte ſchief darauf fallen; ſo wird er nicht in einer gera - den Linie in N hinfahren; ſondern / wenn er aus dem Glaſe wieder in die Luft kommet / nach der Linie MO fort - gehen / nicht anders als wenn er aus P kommen waͤre.
16. Wenn allſo der Strahl des Lichtes aus einer dichteren Materie in eine duͤnnere / oder aus einer duͤnneren in eine dichtere faͤhret; ſo wird er gebrochen.
17. Dieſes Brechen der Strahlen / das iſt / ihre Abweichung von der vorigenLinie /7der Optick. Linie / in welcher ſie waren / wird die Refraction genennet.
18. Der Winckel VSX / den der einfal -Tab. I. Fig. 4. lende Strahl TV mit dem gebrochenen SX machet / heiſſet der Refractions - Winckel (Angulus refractionis). Der Winckel zsx / den der gebrochene Strahl SX mit der Linie SZ machet / welche in dem Einfalls-Puncte S auf der Flaͤche des Coͤrpers QR / darauf der Strahl faͤllet / perpendicular ſtehet / wird der gebrochene oder refringirte Winckel (Angulus refractus) genennet. Endlich der Winckel TSY / den der einfallende Strahl TS mit gedachter Perpendi - cular-Linie machet / bekommet den Nah - men des Einfalls-Winckels oder In - clinations-Winckels.
19. Weil ZSV = TSY (§. 58. Geom.) ſo bleibet der gebrochene Winckel Z S X uͤ - brieg / wenn man den Refractions-Winckel VSX von dem Einfalls-Winckel ZSV ab - ziehet.
20. Das Auge beſtehet aus ver - ſchiedenen Haͤuten und Feuchtigkeiten. Die erſte Haut iſt wie ein durchſichti -A 4ges8Anfangs-Gruͤndeges Horn / und wird daher die Horn - Haut (Cornea) genennet. Mit ihr iſt an dem hinteren und groͤſten Theile des Auges eine andere zehe Haut verknuͤ - pfet / die wir die harte Haut nen - nen wollen. Sie heiſſet im Lateiniſchen Sclerotica. Unter der Horn-Haut iſt eine farbirte Haut (Uvea) / deren Far - ben von den Unwieſſenden der Horn - Haut beygeleget werden. Dieſe hat mitten ein Circul-rundtes Loch / wel - ches wir den Stern nennen wollen. Jm Lateiniſchen heiſſet es Pupilla. Mit der farbirten Haut iſt eine ſchwartze verknuͤpfet / welche an der harten an - lieget. Endlich uͤber die ſchwartze iſt hinten an dem Auge ein zartes Netz - foͤrmiges Haͤutlein (Retina) / welches wie ein Rotz zuſammen faͤllet / wenn man es abſondert / hingegen wie ein lei - nenes Tuch ſich ausſpannet / wenn es in - nerhalb dem Waſſer beweget wird. Es iſt aus ſubtilen Nerven gewebet. Den hinteren und groͤſten Theil des Auges fuͤllet die glaͤſerne Feuchtigkeit (humor vitreus) aus / welche einer aus Rraft - Mehle zu bereiteten Stercke gleichet. Mitten in dem Auge unter dem Sterne lieget die Cryſtalline Feuchtigkeit(humor9der Optick. (humor cryſtallinus) die einem ge - ſchlieffenem Glaſe aͤhnlichet und bey - derſeits eine Rundung hat. Endlich den Raum zwieſchen der Cryſtallinen Feuch - tigkeit und der Horn-Haut fuͤllet eine waͤſſerige Feuchtigkeit (humor aqueus), die bald heraus flieſſet / wenn die Horn-Haut verletzet wird.
21. Jhr muͤſſet euch den Bau des Anges wohl be - kand machen / wenn ihr recht verſtehen wollet / was es mit dem Sehen fuͤr eine Beſchaſſenheit habe. Laſſet ihr des Winters ein Ochſen-Auge gefrieren / und ſchneidet es mitten durcheinander; ſo koͤnnet ihr am deutlichſten ſehen / wie die Haͤute und Feuchtigkeiten hintereinander liegen.
22. Haltet die Cryſtalline Feuchtig - keit fuͤr ein angezuͤndetes Licht / oder gegen ein Fenſter / und hinter daſſelbe ein Papier. Ruͤcket mit dem Papiere nach und nach gegen jene zu / ſo werdet ihr das Licht mit der Bewegung der Flamme / ingleichen das Fenſter mit ſei - nen Glaß-Scheiben / ſehr ſubtil auf dem - ſelben abgebildet ſehen / jedoch umbge - kehret / ſo daß die Spietze der Flamme gegen den Erdboden ſtehet. Ziehet die Cryſtalline Feuchtigkeit von dem Lichte etwas weiter weg / ſo wird das Bildlein auf dem Papiere verſchwin - den / aber wieder kommen / wiewol et -(3) Bwas10Anfangs-Gruͤndewas kleiner / wenn ihr mit dem Papiere naͤher hinzu ruͤcket.
23. Die Dinge / von welchen Strahlen in das Auge fallen / mahlen ſich ſehr nette und ſubtile / aber umbgekehret hinter der Cryſtalli - nen Feuchtigkeit ab.
24. Dieſes Bildlein iſt naͤher hinter der Cryſtallinen Feuchtigkeit / wenn die abge - bildete Sache weit weg iſt / als wenn ſie nahe iſt.
25. Eben dieſes Bildlein iſt viel kleiner / wenn die Sache weit weg iſt / als wenn ſie nahe iſt.
26. Da nun die nahen Sachen groß / die weiten klein ausſehen; ſo ſiehet eine Sache groß aus / wenn in dem Auge ein groſſes Bild abgemahlet wird / hingegen klein / wenn ſich ein kleines abmahlet. Weil alſo die Groͤſ - ſe / die wir ſehen / ſich nach der Groͤſſe des Bildleins im Auge richtet; ſo muͤſſen die Bil - der zweyer Coͤrper im Auge gleich groß ſeyn / wenn ſie gleich groß ausſehen.
27. Wenn die Sache beweget wird / ſo beweget ſich auch das Bildlein im Auge / dan - nenhero ſehen wir die Sache in der Bewe -gung11der Optick. gung / wenn das Bildlein in dem Auge nicht auf einer Stelle ſtehen bleibet.
28. Weil das Bildlein gar ſehr viel klei - ner iſt als die Sache / die es abbildet / ſo kan entweder wegen der Kleinigkeit / oder der all - zugroſſen Weite von dem Auge das Bildlein ſo kleine werden / daß es einen untheilbahren Punct im Auge einnimmet / und allſo die Sa - che nicht mehr abbildet. Derowegen weil ſich das Sehen nach dem hinter der Cryſtalli - nen Feuchtigkeit formiertem Bildlein richtet; kan in dieſem Falle die Sache nicht geſehen werden.
29. Weil nun keine Sache in der Naͤhe iſt / da nicht einige kleine Theilgen; hingegen auch keine in der Weite / da nicht einige groſſe Theile unſichtbahr ſeyn ſollten; ſo kan man weder jene noch dieſe mit bloßen Augen gantz deutlich ſehen / wiewol jene deutlicher / als die - ſe. Denn wir ſehen etwas deutlich / wenn wir alle Theile unterſcheiden koͤnnen / die in der That voneinander unterſchieden ſind.
30. Wolltet ihr zweifelen / daß die Cryſtalline Feuchtigkeit in dem Auge eben dieſe Wuͤrckung behal - te / welche ſie auſſerhalb dem Auge hat; ſo doͤrfet ihr nur nach des Carteſii Exempel von einem Ochſen-Au - ge die harte und ſchwartze Haut hinten wegſchneiden / doch ſo / daß ihr das netzfoͤrmige Haͤutlein uͤber der glaͤſernen Feuchtigkeit laſſet / und ihr werdet an die -B 2ſem12Anfangs-Gruͤndeſem Haͤutlein eben wie vorhin auf dem Papiere das umbgekehrte Bildlein des brennenden Lichtes mit der wanckenden Flamme gantz deutlich ſehen. Jhr koͤnnet auch wol das netzfoͤrmige Haͤutlein wegnehmen; ſo wird ſich das Bildlein hinten an der aͤuſerſten Flaͤche der glaͤſernen Feuchtigkeit noch klaͤhrer zeigen.
31. Weil das Bildlein ſich auf dem netz - foͤrmigem Haͤutlein darſtellet; ſo muß die Cry - ſtalline Feuchtigkeit demſelben naͤher ſeyn / wenn ihr in der Naͤhe etwas deutlich ſehet / als wenn ihr in der Ferne etwas erkennet (§. 24.)
32. Dannenhero muß in einem Auge / wel - ches ſo wol in die Ferne / als in die Naͤhe ſie - het / die Cryſtalline Feuchtigkeit ihre Entfer - nung von dem netzfoͤrmigem Haͤutlein veraͤn - deren koͤnnen.
33. Wir bekuͤmmern uns ietzt nicht / wie dieſe Ver - aͤnderung zugehe; ſondern uͤberlaſſen ſie den Natur - kuͤndigern zu unterſuchen.
34. Wenn die Cryſtalline Feuchtigkeit dem netzfoͤrmigem Haͤutlein zu nahe iſt; ſo koͤnnen ſich die nahen Sachen nicht deutlich auf ihm abbilden. Jſt ſie aber von derſelben zu weit weg / ſo kan von den weiten kein deut - liches Bild auf ihr formieret werden / (§. 24.). Derowegen kan man in dem erſten Falle nicht wohl in die Naͤhe; in dem anderen nicht wohl in die Ferne ſehen.
35. Alle Veraͤnderungen / die in dem Auge vorge - hen / kan man auch in einem verfinſterten Zimmer wahrnehmen / wenn man durch ein geſchlieffenes / auf einer Seite kugelrundtes / auf der anderen aber ebenes / oder auch auf beyden Seiten kugelrundtes Glaß (wel - ches mit der Cryſtallinen Feuchtigkeit im Auge uͤber - ein kommet) das Licht hinein fallen laͤſſet. Denn es mahlen ſich in einer gewieſſen Weite von dem Glaſe alle Sachen / von denen Strahlen auf das Glaß fallen koͤnnen / umbgekehret ab auf das allerdeutlichſte mit ihren natuͤrlichen Farben und Bewegungen Und werdet ihr auch hier wahrnehmen / daß die Bilder der nahen Sachen groͤſſer ſind / als der weiten; daß das weiße leinene Tuch oder die Wand / darauf ſich das Bild abmahlen ſol / naͤher bey dem Glaſe ſeyn muß / wenn die Sache weit weg iſt / als wenn ſie nahe iſt; daß / wenn das Glaß die Rundung einer groſſen Ku - gel hat / die Wand weiter ſeyn muß / und das Bild groͤßer wird / als wenn es die Rundung einer kleinen Kugel hat. Jhr habet nemlich die geſchlieffenen rund - ten Glaͤſer nicht anders anzuſehen / als wann ſie von einer glaͤſernen Kugel abgeſchniedten waͤren.
36. Ein einiges Punct einer Sache A kan an allen Orten b. c. d. e. f geſehen wer - den / wohin man aus ihm eine gerade Li - nie ziehen kan.
37. Allſo wierfet jeder Punct einer jeden Sache unzehlich viel Strahlen umb ſich aus.
38. Leget den Spiegel an das Fenſter /B 3und14Anfangs-Gruͤndeund tretet fuͤr denſelben. Nehmet wahr / wie groß der Stern im Auge iſt. Haltet beyde Haͤnde an die Schlaͤfe / daß von den Seiten kein Licht mehr in die Augen fallen kan / ſo werdet ihr ſehen / daß der Stern mercklich groͤſſer wird. So bald ihr aber die Haͤnde zuruͤcke zie - het / wird auch der Stern ſich wieder zu - ſammen ziehen.
39. Der Stern im Auge nimmet zu / wenn das Licht abnimmet; hingegen nimmet er ab / wenn das Licht zunimmet.
40. Dannenhero iſt er in der hellen Mit - tags-Sonne uͤberaus klein; in der Abend - Demmerung ſehr groß.
41. Jhr koͤnnet dieſe Veraͤnderung der Groͤſſe des Sternes im Auge auch gar deutlich ſehen / wenn ihr bey der Abend-Demmerung einen bey das Fenſter treten laſſet und unverfehens mit einem angezuͤndeten Lichte fuͤr die Augen fahret.
42. Die Staͤrcke des Lichtes in B verhaͤlt ſich zu der Staͤrcke des Lichtes in C wie das Qvadrat der Weite AC des Ortes C von dem lichten Coͤrper A zu dem Qva - drate der Weite AB des nahen Ortes B von der Qvelle des Lichtes.
Be -15der Optick.Die Strahlen / welche in B durch eine halbe Kugel-Flaͤche ausgebreitet ſind / deren halber Diameter AB iſt / werden in C durch eine halbe Kugel-Flaͤche zerſtreuet / deren hal - ber Diameter AC iſt. Derowegen verhaͤlt ſich die Staͤrcke des Lichtes in B zu der Staͤr - cke des Lichtes in C wie die Kugel-Flaͤche / derẽ halber Diameter AC iſt zu der Kugel-Flaͤche derẽ halber Diameter A B iſt / maſſen das Licht umb ſo viel ſchwaͤcher wird / iedurch einen groͤſſeren Raum es zerſtreuet wird Die Ku - gel-Flaͤchen aber verhalten ſich wie die Circul ſo mit ihnen einerley Diametros haben / 4 mal genommen / (§. 219 Geom.) und allſo auch wie die Circul ſelbſt (§. 68 Arithm.). Derowegen verhaͤlt ſich die Staͤrcke des Lichtes in B zu der Staͤrcke des Lichtes in C / wie der halbe Cir - cul FCG zu dem halben Circul DBE / das iſt / wie das Qvadrat AC zu dem Qvadrate AB (§. 160 Geom. & §. 68 Arithm.) W. Z. E.
43. Wenn allſo AC = 2 AB / ſo iſt das Licht in C nur der vierdte Theil des Lichtes in B. Jſt AC = 3 AB / ſo iſt das Licht in C nur der neundte Theil des Lichtes in B.
44. Aus dem gegebenen halben Dia -Tab. I. Fig. 6. meter einer leuchtenden Kugel AB und einer finſteren Kugel CD / ingleichen derB 4zwei -16Anfangs-GruͤndeWeite beyder Kugeln voneinander BD / zu finden / wie ein groſſer Theil von der finſteren erleuchtet werde.
Der Strahl AB / welcher die Kugeln in A und C beruͤhret / machet mit AB und CD rech - te Winckel (§. 52. Mech.). Ziehet aus dem Mittelpuncte der kleinen Kugel eine gerade Li - nie DF mit AE parallel; ſo iſt BFD ein rech - ter Winckel (§. 92 Geom.) und AF = CD (§. 23 Geom.) / folgends FB die Differentz zwie - ſchen dem kleinen halben Diameter CD und dem groſſen AB. Da euch nun in dem rechtwincklichten Triangel BFD die beyden Seiten FB und BD gegeben ſind / ſo koͤnnet ihr die Winckel HDG und FBD (§. 37. Trig. ) das iſt / die Bogen HG und AI (§. 14 Geom.) finden. Wenn ihr den Bogen HG zweymal nehmet / ſo wieſſet ihr / wieviel uͤber die halbe Kugel Grade oder Minuten erleuchtet wer - den. Hingegen wenn die kleine Kugel die groſſe erleuchtete / ſo zeigete der Bogen AI zweymal genommen an / wieviel Grade der - ſelben erleuchtet wuͤrden. W. Z. F. u. Z. E.
Es ſey AB der halbe Diameter der Son - ne nach dem Ricciolo 33 / der halbe Diame - ter der Erde CD 1 / die Weite der Sonne von der Erde CD 7300: ſo iſt FB 32.
Log. 17der Optick.Log. Sin. FDB 76418271 / welchem in den Tabellen am naͤchſten kommet 15.
Allſo iſt der Winckel ABI 89° 45′. Da - her werden 30′ oder ½ Grad uͤber 180° von der Sonne auf einmal auf dem Erdboden erleuch - tet.
45. Nach dieſer Aufgabe koͤnnet ihr allemal finden / wie ein groſſer Theil eines Welt-Coͤrpers von einem anderen Welt-Coͤrper erleuchtet werde.
46. Aus der gegebenen Hoͤhe eiuesTab. I. Fig. 7. Coͤrpers TS und der Hoͤhe der Sonne uͤ - ber dem Horizont SVT / die Laͤnge des Schattens TV zu finden.
Weil in dem rechtwincklichten Triangel STV der Winckel V gegeben iſt / als der das Maaß der Sonnen-Hoͤhe iſt; ſo wieſſet ihr auch den dritten S (§. 96 Geom.). Derowe - gen koͤnnet ihr die Laͤnge des Schattens TV (§. 34. Trigon. ) finden. W. Z. T. u. Z. E.
Es ſey die Sonnen-Hoͤhe SVT 37° 45° TS 187 Schuhe.
B 5Log. 18Anfangs-Gruͤnde12.1.698476
Log. TV 23829420 welchem in den Tabellen am naͤchſten kommet 2415″.
47. Wenn euch die Hoͤhe TS und die Laͤn - ge des Schattens TV gegeben wird / ſo koͤn - net ihr (§. 40. Trigon. ) die Sonnen-Hoͤhe TVS finden.
48. Wenn ihr den Schatten TZ kuͤrtzer annehmet als TV / ſo iſt der Winckel TZS den beyden Winckeln ZVS und ZSV zuſam - men gleich (§. 100 Geom.). Und demnach iſt der Schatten eines Coͤrpers kuͤrtzer / wenn die Sonne (oder ein anderes Licht) hoch / als wenn ſie niedrieg ſtehet. Wenn ihr TS fuͤr den Sinum Totum annehmet / ſo ſind TZ und TV die Tangentes der Winckel TSZ und TSV (§. 6 Trigon.) Derowegen ver - halten ſich die Schatten TZ und TV eines Coͤrpers TS zu verſchiedenen Stunden des Tages / wie die Tangentes der Differentz der Sonnen-Hoͤhen von 90 Graden.
49. Wenn der Schatten TV der Hoͤhe des Coͤrpers TS gleich iſt; ſo ſind die beydenWin -19der Optick. Winckel S und V einander gleich (§. 101. Geom.) folgends iſt die Hoͤhe der Sonnen o - der eines anderen Lichtes 45° (§. 96 Geom.)
50. Aus der gegebenen Laͤnge desTab. I. Fig. 8. Schattens zweyer Coͤrper AB und DB und der Hoͤhe des einen DE / die Hoͤhe des anderen AC zu finden.
Wenn der Coͤrper DE dergeſtalt hinter dem Coͤrper AC ſtehet / daß beyder Schatten in B aufhoͤret; ſo iſt wegen der rechten Win - ckel bey D und A die Linie DE mit AC paral - lel (§. 92. Geom.) / folgends: wie der kurtze Schatten DB zu der kleinen Hoͤhe DE / ſo der lange Schatten AB zu der groſſen Hoͤhe AC (§. 177. Geom.). Derowegen koͤnnet ihr dieſe durch die Regel Detri finden.
51. Weil die Sonne von der Erde ſo weit weg iſt / daß die gantze Breite der Erde in Anſehung ihrer Ent - fernung nur fuͤr eine Linie zu halten / wie in der Aſtro - nomie erwieſen werden ſol; ſo bleibet der Winckel B von einer Groͤße / wenn gleich DE nicht auf beſagte Weiſe hinter dem Coͤrper AC / ſondern an einem jeden anderen Orte ſtehet.
52. Derowegen wenn ihr auf dem Felde einen Stock DE nach Belieben einſtecket / ſei - ne Hoͤhe und die Laͤnge ſeines Schattens DB meſſet / uͤber dieſes die Laͤnge des Schattenseines20Anfangs-Gruͤndeeines Baumes / oder Thurmes / oder einer anderen Hoͤhe AB erforſchet; ſo koͤnnet ihr nach gegenwaͤrtiger Aufgabe dieſelbe Hoͤhe finden.
Es ſey DB 7′ / DE 5′ AB 45′.
7 — 5 — — 45 ç —
〈…〉
52. Aus dem gegebenen halben Dia - meter einer leuchtenden Kugel a b (Z. E. der Sonnen) und einer dunckelen Kugel CD (Z. E. der Erde) und ihrer Weite von einander b d; die Laͤnge des Schat - tens der kleinen finſteren Kugel d e zu fin - den.
Es ſey a b 33 / c d i / bd 7300. Ziehet fd mit a e parallel. So iſt f b 32 und (§. 177. Geom.) wie die Differentz der beyden halben Diameter f b (32) zu der Weite beyder Coͤr - per von einander bd (7300); ſo der kleine Diameter cd (1) zu de (1228⅛).
53. Wenn das Licht auf einen duncke - len Coͤrper faͤllet / ſo wierfet er allezeit ei - nen Schatten hinter ſich dem Lichte ge - gen uͤber.
Be -21der Optick.Denn der dunckele Coͤrper laͤſſet keine Strahlen des Lichtes durchfallen. Da nun dieſe in einer geraden Linie fortgehen (§. 6.); ſo hindert er / daß auf einen gewieſſen Raum hinter ihm Strahlen fallen koͤnnen. Und daher iſt hinter dem Coͤrper dem Lichte gegen uͤber ein Schatten (§. 3.) W. Z. E.
54. Wenn derowegen das Licht ſeine Stel - le veraͤndert / ſo ruͤcket auch der Schatten aus ſeiner Stelle fort. Eben dieſes muß geſche - hen / wenn der erleuchtete Coͤrper ſich bewe - get. Und dannenhero ſcheinet es in beyden Faͤllen / als ob ſich der Schatten bewegete.
55. Weil nichts ohne Licht geſehen werden kan (§. 4) / der Schatten aber ein Mangel des Lichtes iſt. (§. 3); ſo kan er nur geſehen werden / in ſo weit der Coͤrper / der im Schat - ten lieget / einiges reflectirtes Licht von den Seiten her empfaͤnget / und in ſo weit man die Graͤntzen des Schattens und des Lichtes ſehen kan.
56. Wenn der dunckele Coͤrper kleinerTab. I. Fig. 6. iſt als das Licht / ſo wird der Schatten immer ſchmaͤler / ie weiter er vom Coͤr - per weg kommet; iſt er groͤßer / ſo wird der Schatten immer breiter.
Be -22Anfangs-GruͤndeEs ſey b e die Axe / welche mitten durch das Licht und den erleuchteten Eoͤrper gehet. Der aͤußere Strahl a e beruͤhret ſowol das Licht als den erleuchteten Coͤrper. Wenn nun das Licht b groͤſſer iſt als dieſer d; ſo iſt der Strahl in jenem der Axe b e naͤher als in die - ſem. Derowegen kommet der Schatten hinter dem Coͤrper der Axe immer naͤher / ie weiter er von demſelben weg iſt: welches das erſte war.
Hingegen wenn das Licht d kleiner iſt als der erleuchtete Coͤrper d; ſo iſt der aͤußere Strahl ae in jenem der Axe be naͤher als in dieſem / und dannenhero gehet der Schatten immer weiter von der Axe weg / ie weiter er von dem Coͤrper wegkommet: welches das andere war.
57. Derowegen wird der Schatten Co - niſch / wenn eine groſſe leuchtende Kugel eine kleinere dunckele erleuchtet: wenn aber dieſe groͤßer als jene / ſo nimmet er die Geſtalt eines Bechers an ſich.
58. Wenn ein Eoniſcher Schatten aufge - ſangen wird / ſo præſentiret er ſich als einen Circul (§. 34 Geom.).
59. Wenn das Licht ſo groß iſt wie derCoͤr -23der Optick. Coͤrper / ſo erleuchtet wird; ſo behaͤlt der Schatten hinter dem Coͤrper immer eine Breite / und gehen allſo die aͤuſerſten Strah - len miteinander parallel fort. Und daher / wenn beydes Kugeln ſind / iſt der Schatten ein Cylinder.
60. Fanget den hellen Strahl des Lichtes / der durch ein kleines Loͤchlein in ein verfinſtertes Gemach hinein faͤllet / mit einem dreyeckichten Priſinatiſchen Glaſe auf; ſo werdet ihr / wenn ihr das Glaß recht haltet / die ſchoͤnſte Regenbo - gen-Farben ſehen. Jhr moͤget die Strahlen auffangen hinter dem Glaſe / wo ihr wollet / ſo werden ſie beſtaͤndig die ſchoͤnſten Farben vorſtellen: ja ſo gar die Luft-Staͤublein ſehen ſchoͤn gefaͤr - bet aus. Fanget ſie mit einem Spiegel auf / ſo werdet ihr die Farben / wie ſonſt das Licht reflectiren. Laſſet ſie durch ein Brennglaß fallen / ſo werden ſie hin - ter dem Glaſe / wo ſie noch weit vonein - ander ſind / auch nach der Refraction Farben bleiben. Hingegen unweit dem Brenn-Puncte und in demſelben weꝛdet ihr keine Farben / ſondern Licht ſehen / wenn ihr ein Papier dahin haltet. Hin - ter dem Breñ-Puncte fahren die Strah - len wieder weit auseinander / und ma - chen abermal Farben.
Der24Anfangs-Gruͤnde61. Allſo kan das Licht in Farben / und die Farben koͤnnen wieder in Licht verwandelt werden: und zwar geſchiehet jenes / wenn die Strahlen von einander geſondert; dieſes a - ber / wenn ſie mit einander vermenget werden. Denn es entſtehen nicht allzeit Farben / wenn die Strahlen des Lichtes durch einen groſſen Raum ausgebreitet werden / die vorhin durch einen kleinen zerſtreuet waren.
62. Eben dergleichen Strahlen entſtehen / wenn ihr den Strahl des Sonnen-Lichtes LM in ein mit Waſ - ſer gefuͤlletes Coniſches Glaß HKI einfallen laſſet - Und / wenn dieſes in einem verfinſterten Gemache ge - ſchiehet / formieren ſie einen groſſen zuweilen doppelten Regenbogen. Man muß aber das Glaß mit Waſ - ſer / eben als wie das geſchlieffene Priſmatiſche Glaß ſo lange erhoͤhen und erniedriegen / biß die Strahlen unter dem rechten Winckel einfallen.
63. Weil nicht iede Zerſtreuung der Strahlen Farben machet / ſo koͤntet ihr muthmaſſen / ob nicht die Strahlen des Lichtes von verſchiedener Natur waͤren / daß einige rothe / andere gruͤne / noch andere gelbe / andere blaue / noch andere Purpur-Farbe mach - ten (als welche Farben man durch die Refraction ei - nig und allein bekommet / durch welche die Strahlen von einander geſondert werden §. 17.) und das Licht aus der Vermieſchung dieſer Strahlen zuſammen ent - ſtehe. Und eben dieſes iſt es / was der ſinnreiche En - gellaͤnder Iſaacus Newton in ſeiner Optick durch viel - faͤltige Erfahrungen zu behaupten ſich bemuͤhet. Er hat nemlich gefunden / daß die Strahlen / welche ver -ſchie -25der Optick. ſchiedene Farben machen / nicht gleich viel gebrochen werden / ſondern einer mehr als der andere; daß die Strahlen des Sonnen-Lichtes gleichfals auf ver - ſchiedene Art gebrochen werden / nemlich wiederumb ei - uer mehr als der andere / und daß die Strahlen / welche auf verſchiedene Art gebrochen werden / auch auf ver - ſchiedene Art reflectiret werden. Vid. prop. 1. 2. & 3. p. 13 — 44. Wollet ihr das erſte erfahren / ſo nehmet einen breiten Streifen Papier / deſſen Seiten parallel ſind / und theilet ihn durch eine Perpendicu - lar-Linie in zwey gleiche Theile. Faͤrbet das eine Stuͤcke roth / und das andere blaue. Haltet das Pa - pier gegen das Fenſter / daß die ungefaͤrbete Seite demſelben entgegen ſtehet / und ſehet durch ein dreye - ckichtes Priſmatiſches Glaß darnach / dergeſtalt daß die Seiten des Papieres mit den Seiten des Glaſes / beyde aber mit dem Horizont parallel ſind / und der Strahl des Lichtes / der von dem Fenſter auf das Pa - pier faͤllet / mit dem Papiere eben den Winckel macht / welchen der von dem Papiere in das Auge reflectirte Strahl mit eben demſelben machet. Wenn ihr das Priſmatiſche Glaß wendet / biß ihr das Papier in der Hoͤhe ſehet / ſo wird durch die Refraction der blaue Theil hoͤher zu ſeyn ſcheinen / als der rothe. Hinge - gen wenn ihr das Glaß verkehret / bis ihr das Papter niedrieger ſehet als es iſt / ſo wird der blaue Theil nie - drieger ſtehen als der rothe. Hieraus nun ſchließet Newton, daß die blaumachenden Strahlen mehr re - fringiret werden als die rothen. Er hat ferner der - gleichen Papier mit einem Sielber-Faden hin und wieder uͤberwunden / es mit einem hellen Lichte des A - bends erleuchtet / in der Weite von 6 Schuhen ein ge - ſchlieffenes rundtes Glaß dagegen gehalten / und ge - mercket / daß man das weiſſe Papier hinter dem Gla - ſe weiter hinaus ruͤcken muß / wenn ſich der rothe Theil deutlich praͤſentiren ſol / als wenn man den blauen verlanget. Das andere beſtetiget er durch folgende Erfahrung. Er haͤlt das Priſmatiſche(3) CGlaß26Anfangs-GruͤndeGlaß dergeſtalt gegen das Loch in dem Fenſter-Laden des verfinſterten Zimmers / daß der Sonnenſtrahl / ſo dadurch hinein faͤllet / mit der Axe des Glaſes einen rechten Winckel machet. Denn wendet er das Glaß auf - und niederwarts / biß daß Bild von dem Loche bald auf / bald nieder ſteiget. Wenn es zwieſchen dieſen beyden Bewegungen ſtille ſtehet / haͤlt er das Glaß fe - ſte / weil alsdenn der Strahl im Eingange in das Glaß eben ſo viel als im Ausgange gebrochen wird. Da nun das Loch rundt ausſehen ſollte / wenn die Strah - len alle auf gleiche Art gebrochen wuͤrden / daß nemlich der Sinus des Einfalls-Winckels zu dem Sinu des Re - fractions-Winckels ſtets einerley Verhaͤltnis haͤtte / wie insgemein gelehret wird; ſo ſiehet es oval aus / und iſt die Laͤnge groͤſſer als die Breite. Der am meiſten gebrochene Theil iſt der purpurfarbene / der am wenig - ſten gebrochene aber der rothe. Jhr koͤnnet aber hier - aus abnehmen / daß ſich die Sache an dieſem Orte auf gehoͤrige Weiſe nicht ausfuͤhren laͤſſet.
64. Daß demnach die Coͤrper verſchiede - ne Farben haben / kommet einig und allein daher / daß ſie die Farben auf verſchiedene Art reflectiren. Dieſes aber geſchiehet / weil die kleinen Theilgen an den Flaͤchen der Coͤrper nicht einerley Lage haben.
65. Nach der Newtonianiſchen Theorie ſiehet ein Coͤrper roth aus / wenn er lauter rothmachende Strah - len reflectiret; gruͤne / wenn er nur gruͤnmachende zu - ruͤcke wierfet u. ſ w. Gleich wie aber aus der Mah - ler-Kunſt erhellet / daß aus Vermieſchung weniger ein - fachen Farben unzehlich viel andere entſtehen; allſo koͤnnen auch die Coͤrper gar verſchiedene Farben ha - ben / nachdem durch die Reflexion Strahlen von ver -ſchie -27der Optick. ſchiedener Farbe in verſchiedener Proportion mit ein - ander vermieſchet werden.
66. Wenn ihr das bedencket / was bisher von den Farben geſaget worden; ſo wird es euch nicht wunder - lich vorkommen / daß die aus dem Nephritiſchen Hol - tze (ligno nephritico) mit Waſſer ausgezogene Tin - ctur blau ausſiehet / wenn ihr das Auge zwieſchen dem Lichte und der Tinctur habet / hingegen braune / auch ſo ſie ſtarck iſt / roth / wenn die Tinctur zwieſchen dem Lichte und dem Auge ſtehet / ingleichen daß die blaue Farbe in helle / und beynahe purpur-rothe verwandelt wird / wenn ihr die Tinctur gegen etwas weiſſes haltet / Z. E. gegen die Handblaͤtter oder das Schnupftuch. Es werden euch auch nicht mehr die ſeltſamen Veraͤn - derungen / die man mit gefaͤrbtem Waſſer oder ande - ren Saͤften vornehmen kan / befrembden: Derglei - chen Boyle in ſeinem Tractate von den Farben in groſ - ſer Menge beſchrieben. Jch habe auch in den Leipzi - ger Actis 1709. p. 321. 322 derſelben einige beſchrie - ben / und nach der Zeit noch andere gefunden. Jch habe daſelbſt abſonderlich einen etwas weitlaͤuftigen Proceß angegeben / wie man der Nephritiſchen Tin - tur ihre wunderbahre Farben benehmen und wieder geben koͤnne. Jch muß aber erinnern / daß / wenn ich in angezogenem Orte ſage / man koͤnne der Nephri - tiſchen Tinctur die durch das Vitriol-Oele genomme - nen Farben nicht wiedergeben / wenn man Oleum Tar - tari per deliquium hinein troͤpfle / und ein weni - ges Waſſer / darinnen Sal tartari aufgeloͤſet worden / hinein gieße; ſolches nur zu verſtehen ſey / wenn man wenige Tropfen dazu thue. Denn ſonſt bringet ſo wol das Oleum Tartari per deliquium, als das Sal tar - tari allein die verlohrenen Farben der Nephritiſchen Tinctur wieder / wenn viel hinein gegoſſen wird: wie ich mehr als einmal in vieler Gegenwart ſolches gezei - get habe. Unerachtet aber auf eine viel leichtere Wei -C 2ſe28Anfangs-Gruͤndeſe der Nephritiſchen Tinctur die Farben koͤnnen wie - der gegeben werden / als die von mir in den Leipziger - Actis beſchriebene Manier iſt; ſo wird euch doch die - ſelbe auch nur umb des willen nicht mießfallen / weil durch meinen Proceß die Farben viel ſchoͤner wieder - kommen / als ſie anfangs in der Tinctur waren. Un - ter dieſen Experimenten iſt ſonderlich folgendes ange - nehm zu ſehen / welches Boyle zuerſt entdecket. Wer - fet etwas von Mercurio ſublimato in Waſſer / und laſſet ihn in ſelbigem ſich aufloͤſen: ſo bleibet es gantz helle. Gießet etliche Tropfen von dem Oleo Tartari per deliquium hinein / ſo wird das Waſſer undurch - ſichtig / und bekommet die ſchoͤnſte Pomerantzen-Far - be. Troͤpflet etliche Tropfen von dem Oleo Vitrioli hinein / ſo verſchwindet die Farbe / und wird das Waſ - ſer wieder gantz helle und durchſichtig wie vorhin. E - ben ſo angenehm laͤßet es / wenn ihr Waßer auf geſtoſ - ſene Gallaͤpfel gießet / und anderes auf Vitriol / her - nach beydes filtriret / und unter einander mieſchet; Denn ſo wird in einem Augenbliecke ſchwartze Dinte. Troͤpflet aber etwas von Vitriol-Oele hinein; ſo wird dieſchwartze Farbe verſchwinden / und wieder ein durchſichtiges Waſſer aus der Dinte werden. Dieſe ſonderbahre Begebenheiten / ſage ich / koͤnnen euch nicht ſeltſam vorkommen / wenn ihr das gemercket / was von den Farben geſaget worden. Denn die Far - ben erfordern nur / daß die Strahlen des Lichtes auf eine beſondere Art von einander getrennet / und mit einander vermieſchet werden: welches beydes gar wohl theils durch die Reflexion / theils durch die Re - fraction geſchehen kan / wenn die Lage der kleinen Theilgen in den fluͤßigen Materien veraͤndert wird.
67. Da die Coͤrper bloß umb des willen verſchiede - ne Farben haben / weil die kleinen Theilgen an ihren Flachen nicht einerley Lage haben; ſo koͤnnet ihr begreiffen / wie es moͤglich ſey / daß ein Blindge -bohr -29der Optick. bohrener durch bloſſes Fuͤhlen die Farben von einan - der unterſcheiden kan: dergleichen Exempel Boyle in dem angefuͤhrten Tractate beybringet / und mir auch eines aus eigener Erfahrung bekandt iſt.
68. Es iſt ferner klahr / warumb die Farben ſich veraͤndern / wenn das Licht veraͤndert wird; Z. E. bey der Flamme des angezuͤndeten Brandtweines ſehen die Sachen anders aus als bey dem Sonnen-Lichte: wiewol man dieſes nicht wahrnehmen kan / wenn man nicht Sachen von verſchiedenem Lichte zugleich erleuch - tet ſiehet / weil ſonſt alle Farben unter einerley Pro - portion veraͤndert werden.
69. Ein Coͤrper ſiehet von Weiten dunckeler aus / als in der Naͤhe.
Von jedem Puncte eines jeden erleuchte - ten Coͤrpers flieſſen unzehlich viel Strahlen aus (§. 37): ſie fahren aber immer weiter von einander / je weiter man von dem Coͤrper wegkommet (§. 9). Derowegen koͤnnen in der Naͤhe mehr Strahlen in die Augen fal - len / als in der Weite / und allſo ſiehet er in der Naͤhe heller / in der Weite dunckeler aus. W. Z. E.
70. Weil die weiten Sachen kleiner (§. 26) / iñ groſſen Theilen undeutlicher (§. 29) und dabey dun - ckeler (§. 69) ausſehen / als die Nahen; ſo kan man auf einer Flaͤche verſchiedene Dinge mahlen / deren eines weiter weg zu ſeyn ſcheinet als das andere. UndE 3auf30Anfangs-Gruͤndeauf dieſem Grunde nebſt dem Schatten / den die Coͤrper werfen / beruhet die gantze Mahler-Kunſt / als welche die Coͤrperlichen Dinge auf einer Flaͤche dergeſtalt vorſtellet / wie ſie dem Auge in der Natur erſcheinen.
71. Wie viel er dunckeler ausſehe / koͤnnet ihr durch den erſten Lehrſatz (§. 42) ausrechnen.
72. Wenn zwey Coͤrper von verſchie -Fig. 8. dener Groͤſſe DE und A C gleich groß ausſehen / ſo verhalten ſie ſich gegen einander wie ihre Weiten von dem Auge DB und AB.
Wenn zwey Coͤrper gleich groß ausſehen / ſo ſind ihre Bilder im Auge von gleicher Groͤſ - ſe (§. 26) und allſo machen die beyden aͤuſ - ſerſten Strahlen AB und CB in dem Auge B einerley Winckel. Da nun bey D und A rechte Winckel ſind / ſo iſt DE: AC = DB: AB (§. 182 Geom.) W. Z. E.
73. Jhr doͤrfet euch nicht irren laſſen / daß ich in dem Beweiſe den einen Strahl A B perpendieular auf den Sachen / die geſehen werden / angenommen. Denn es moͤgen die zwey aͤuſerſten Strahlen GB und BC mit ihnen vor einen Winckel machen / was ſie wollen; ſo koͤnnet ihr doch jederzeit aus dem Auge B eine Perpendicular-Linie BA auf dieſelben ziehen. Und denn iſt AC: DE = AB: DB; ingleichen AG: DE = AB: DB (§. 182 Geom.), allſo auch AC: DE = AG: DF das iſt / AC: AG = DE: DF(§. 104.31der Optick. (§. 104. Arithm. ) / folgends AC †. AG: AG = DE † DF: DF (§. 179 Geom.) das iſt / AC † AG: DE † DF = AG: DF (§. 104 Arithm.) = AB: DB. W. Z. E. Dieſes wil ich einmal fuͤr allemal errinnert haben.
74. Die Groͤſſe / unter welcher eineFig. 8. Sache geſehen wird / richtet ſich nach der Groͤſſe ihres Bildes im Auge (§ 26); dieſe aber beruhet auf der Groͤſſe des Winckels / den die gerade Linien CB und GB machen / welche von den beyden aͤuſerſten Puncten einer Sache C und G biß in das Auge B gezogen werden. De - rowegen wollen wir dieſen Winckel CBG (oder / welches gleich viel iſt (§. 73) den Winckel CBA) fuͤr das Maaß der ſcheinbahren Groͤſſe annehmen und ihn dannenhero die Scheinbahre Groͤſſe nennen.
75. Was allſo unter einem Winckel ge - ſehen wird / das ſiehet gleich groß aus.
76. Wenn eine Sache TS in verſchie - denen Weiten TZ und T V geſehenFig. 7. wird / ſo verhalten ſich die Tangentes derer Winckel / welche mit den ſcheiu - bahren Groͤſſen 90° machen / wie die Weiten TZ und TV.
C 4Be -32Anfangs-GruͤndeWeil bey T ein rechter Winckel / und TZS und TVS die ſcheinbahren Groͤſſen ſind (§. 74); ſo machen die Winckel TSZ und TSV mit ihnen 90° (§. 96. Geom.) / folgends ſind TZ und TV die Tangentes derer Winckel / welche mit den ſcheinbahren Groͤſſen 90° machen (§. 6. Trigon.). Da nun aber eben TZ und TV die Weiten ſind / in welchen TS geſehen wird; ſo verhalten ſich gedachte Tangentes wie dieſe Weiten. W. Z. E.
77. Wenn Sachen von verſchiede - ner Groͤſſe AH und AC in einer Weite AB geſehen werden; ſo verhalten ſich die Tangentes der ſcheinbahren Groͤſ - ſen wie ihre Hoͤhen.
Nehmet AB fuͤr den Sinum totum an / ſo ſind AH und AC die Tangentes der ſcheinbahren Groͤſſen HBA und CBA (§. 6 Trigon. ) darumb verhalten dieſe Tangen - tes ſich wie die wahren Hoͤhen. W. Z. E.
78. Aus der gegebenen ſcheinbahren Groͤſſe STV und der Weite des Auges von der Sache die man ſihet TV / ihre Hoͤhe TS zu finden.
Auf -33der Optick.Dieſe Aufgabe kommet voͤllig uͤberein mit der erſten Aufgabe des Anhanges zu der Trigonometrie (§. 48. Trigon.)
79. Aus der gegebenen Groͤſſe einerFig. 7. Sache TS und der gegebenen Weite TV / die ſcheinbahre Groͤſſe SVT zufin - den.
Die Aufloͤſung geſchiehet durch die 14 Aufgabe der Trigonometrie (§. 40 Trigon.)
80. Eben ſo koͤnnet ihr finden (§. 34. Tri - gon. ) / wie weit eine Sache von einer ge - gebenen Hoͤhe TS unter einem gegebenen Winckel TVS geſehen werden kan: denn ihr habet nur die Linie TV zu ſuchen.
81. Wenn die Bilder zweyer Sachen im Auge zuſammen ſtoſſen / ſo ſcheinen uns dieſelben nahe bey einander zu ſte - hen.
Wenn zwey Sachen neben einander ſte - hen / ſo ſind auch ihre Bilder im Auge ne - ben einander: welches ihr auch leicht auf der - gleichen Weiſe erfahren koͤnnet / wie oben an - gewieſen worden (§. 22. 30. 35). Alsdenn aber ſehen wir auch die Sachen neben ein -C 5an -34Anfangs-Gruͤndeander. Wenn nun das Auge auf eben ei - ne ſolche Art afficiret wird / als von neben einander ſtehenden Sachen geſchiehet; ſo muͤſſen ſie uns auch neben einander zu ſte - hen ſcheinen. Derowegen wenn die Bilder zweyer Sachen im Auge zuſammen ſtoſſen / ſo ſcheinen uns dieſelbe nahe bey einander zu ſtehen. W. Z. E.
82. Die Bilder zweyer Sachen ſtehen in dem Auge neben einander / wenn von denen andern die zwieſchen ihnen liegen keine Strahlen ins Auge fal - len koͤnnen. Dannenhero kommet es uns vor als wenn alle Sterne gleich weit von der Erde weg waͤ - ren; als wenn einer / den wir von Weiten ſehen / an einem Walde gienge / da er doch einen ziemlichen Weg von demſelben weg iſt / als wenn zwey Thuͤrme an einer Kirche waͤren / da ſie doch in verſchiedenen Doͤrfern ſind u. ſ. w.
83. Eine brennende Fackel / oder ein anderes brennendes Licht ſiehet in der Weite groͤſſer aus als in der Naͤhe.
Wenn ihr einen Sonnenſtrahl durch ein kleines Loch in einen verfinſterten Ort fallen laſſet / koͤnnet ihr wahrnehmen / daß die Luft - Staͤublein von dem Lichte einen Glantz be - kommen. Derowegen iſt nicht zu zweifelen und man kan es auch mit Augen ſehen / daß die Luft umb das Licht einen ſtarcken Glantz bekommet. Jn der Naͤhe koͤnnet ihr ihnvon35der Optick. von der Flamme unterſcheiden. Weil aber die Flamme ſchwaͤcher aus ſiehet / wenn ihr von dem Lichte weit wegkommet (§. 69); ſo haltet ihr den Glantz der Luft mit fuͤr ei - nen Theil der Flamme: dannenhero ſiehet euch die Flamme des Lichtes von Weiten groͤſſer aus als in der Naͤhe. W. Z. E.
84. Da nun die glaͤntzende Luft umb und umb die Flamme des Lichtes umbgiebet / ſo ſiehet uns auch dieſelbe von Weiten rund aus / unerachtet ſie in der Naͤhe wie eine Py - ramide zu geſpietzet iſt.
85. Wenn die ſcheinbahre Groͤſſe des Raumes / dadurch ſich ein Coͤrper in ei - ner mercklichen Zeit beweget / unmerck - lich iſt / ſo kan ſeine Bewegung nicht ge - ſehen werden / ſondern er ſcheinet ſtille zu ſtehen.
Wenn wir die Bewegung eines Coͤrpers ſehen ſollen / ſo muß ſein Bild im Auge nicht auf einer Stelle bleiben (§. 27). Wenn aber die ſcheinbahre Groͤſſe des Raumes / da - durch ſich der Coͤrper in einer mercklichen Zeit beweget / unmercklich iſt / das iſt kaum ei - nige Minuten / oder auch wol gar Secun - den haͤlt; ſo muß das Bild im Auge auf ei - ner Stelle bleiben (§. 74). Derowegen koͤn -nen36Anfangs-Gruͤndenen wir in dieſem Falle keine Bewegung ver - ſpuͤren. W. Z. E.
86. Darumb ſcheinen uns die Sachen / welche ſich in der Naͤhe ſehr langſam / oder auch in einer groſſen Weite ſehr geſchwinde bewegen / ſtille zu ſtehen.
87. Jn dem erſten Falle dienen die Zeiger an den Uhren; in dem anderen aber die Sterne in dem Him - mel zum Exempel.
88. Wenn die Bewegung der Coͤrper von Weiten gleich gemercket werden kan; ſo muß ſie doch viel laͤngſamer ſcheinen als ſie iſt.
89. Dannenhero wenn zwey Coͤrper ſich gleich geſchwinde bewegen / der eine aber wei - ter weg iſt als der andere; ſo wird der weite - re ſich laͤngſamer zu bewegen ſcheinen.
90. Und allſo gewinnet es das Anſehen / als wenn der weitere zu ruͤcke bliebe: hinge - gen der naͤhere ſcheinet ſich geſchwinder zu bewegen als wuͤrcklich geſchiehet.
91. Es ſey das Auge in O / der erſte Coͤrper aufangs in V / der andere in T; ſo ſchet ihr beyde in S (§. 82). Der Coͤrper V beweget ſich aus V inu und37der Optick. u und der andere T aus T in t; ſo ſcheinet ſich V aus S in N und T nur aus S in M beweget zu haben.
92. Wenn ihr S O fuͤr den Sinum to - tum annehmet / ſo ſind O N und S N die Tangentes der ſcheinbahren Groͤſſen der Wege / wo durch die Coͤrper T und V ſich beweget zu haben ſcheinen; das iſt / der Winckel SOM und SON (§. 74). De - rowegen verhalten ſich die gedachte Wege wie die Tangentes ihrer ſcheinbahren Groͤſ - ſen.
93. Wenn das Auge O mit einem Coͤrper V ſich nach einer Gegend be -Fig. 9. weget / aber geſchwinder als er; ſo kan er ihm zuruͤcke zu gehen ſcheinen.
Es ſey das Auge anfangs in O und der Coͤrper in V; ſo ſehet ihr ihn in S. Das Auge beweget ſich aus O in P und der Coͤrper aus V in u / allſo das Ange geſchwinder als er. Wenn ihr nun zuruͤcke ſehet / ſo erſcheinet euch der Coͤrper in Q und gewinnet demnach das Anſehen / als wenn er aus S in Q zuruͤcke ge - gangen waͤre. W. Z. E.
94. Wenn das Auge in Anſehung un - ſeres Leibes und der Leib in Anſehungeines38Anfangs-Gruͤndeeines anderen Coͤrpers unbeweglich iſt / beyde aber mit dieſem ſchnelle fort bewe - get werden; ſo ſcheinen ſich die zu bey - den Seiten unbewegliche Coͤrper uns entgegen zu bewegen.
Wenn ihr auf einem Schiffe fahret / ſo ſcheinen ſich die Ufer und die Baͤume an den - ſelben euch entgegen zu bewegen. Eben ſo ſcheinen auch die Baͤume euch entgegen zu kommen und vorbey zu gehen / wenn ihr ſchnel - le auf einem Poſtwagen fahret. Man ſoll die Urſache ſagen / woher dieſes komme.
Jndem ihr auf dem Schiffe oder Wagen ſchnelle fahret / ſo wird die Lage des Auges ge - gen die zu den Seiten liegende Coͤrper geaͤn - dert. Dannenhero kan das Bild von den - ſelben nicht immer auf einer Stelle im Auge bleiben / und weil die Bewegung des Leibes geſchwinde geſchiehet / muß auch das Bild von einer Stelle geſchwinde auf die andere fortruͤcken / ia die alten Bilder muͤſſen immer verſchwinden / und neue in deren Stelle kom - men. Derowegen ſcheinen ſich die im Auge abgebildeten Sachen / das iſt / die zu beyden Seiten unbeweglich ſtehende Coͤrper uns entgegen zu bewegen / und vorbey zu gehen (§. 27). W. Z. E.
95. Es kan auch zuweilen ſcheinen / als wenn ein unbeweglicher Coͤrper euch entgegen kaͤme. Z. E. Jhr39der Optick. Jhr gehet auf dem Felde gegen einen Wald zu / und weit von demſelben zu euch her ſtehet ein Baum. Weil ihr zwieſchen dem Baume und dem Walde nichts ſe - het / kommet es euch vor / als wenn er mit zu dem Walde gehoͤrete (§. 82). Wenn ihr aber naͤher hin - kommet; fallen Strahlen von darzwieſchen gelegenen Sachen ins Auge / und bilden ſie in ihm ab / und zwar immer mehrere / ie naͤher ihr kommet. Derowegen wird das Bild des Baumes in dem Auge immer wei - ter von dem Wolde weggeruͤcket / und allſo ſcheinet es euch entgegen zu kommen (§. 27).
96. Wir ſehen einen jeden Punct in dem Orte / wo die Strahren des Lich - tes / die von demſelben in das Auge ge - fallen / und durch die Refraction in der Cryſtallinen Feuchtigkeit wieder mit einander vereiniget worden / zuſammen ſtoſſen wuͤrden / weñ ſie von dem Puncte des Bildleins im Auge ausfließen ſollten / und nach geſchehener Refraction außer - halb den Augen vereiniget wuͤrden.
Weil die Strahlen des Lichtes nach ge - ſchehener Refraction in der Cryſtallinen Feuchtigkeit die Sachen abbilden / von denen Strahlen auf ſie gefallen (§. 22) / von jedem Puncte der Sache aber / die geſehen wird / mehr als ein Strahl auf die Cryſtalline Feuchtigkeit faͤllet (§. 37); ſo iſt leicht zu er - achten / daß alle Strahlen / die von einem Puncte auf die Eryſtalline Feuchtigkeit geſal -len40Anfangs-Gruͤndelen waren / wieder durch die Refraction in ei - nem Puncte zuſammen gebracht werden / zu - mal da bald hinter dem Orte des Bildes / und vor demſelben die Strahlen nichts abbilden. Und doͤrfet ihr hieran umb ſo viel weniger zweifelen / weil es in der Dioptrick Geome - triſch erwieſen wird. Wir finden aber aus der Erfahrung von den nahe gelegenen Coͤr - pern / daß wir jeden Punct an dem Orte ſehen wo er iſt. Und man kan nicht allein erach - ten / ſondern es wird auch in der Dioptrick Geometriſch erwieſen; daß / wenn ihr von einem Puncte des Bildleins die Strah - len des Lichtes / ſo in demſelben vereiniget wor - den / zuruͤcke auf die Cryſtalline Feuchtigkeit ziehet / und nicht anders anſehet / als wenn ſie von demſelben ausfließeten / ſie nach geſchehener Nefraction wieder in dem Pun - cte der Sache wuͤrden vereiniget werden / wo ſie wuͤrcklich ausgefloßen waren. Derowe - gen ſiehet man jeden Punct in dem Orte / wo die Strahlen des Lichtes / die von demſelben in das Auge gefallen ꝛc. W. Z. E.
97. Daher ſehet ihr alle Sachen mit bloſſen Augen aufgerichtet / wie ſie wurcklich darſtehen / unerachtet das Bildlein ſich in dem Auge umgekehret darſtellet.
98. Weil wir alles aufgerichtet ſehen / deſſen Bildlein im Auge umgekehret iſt; ſofol -41der Optick. folget / daß wir alles umbgekehret ſehen muͤſ - ſen / deſſen Bildlein im Auge aufgerichtet iſt.
99. So lange beyde Augen gegen die Sache ſo gerichtet ſind / daß die von einem Puncte des Bildleins beyderſeits zuruͤcke ge - fuͤhreten Strahlen in einem Puncte außer dem Auge zuſammen kommen; koͤnnen wir auch die Sache nicht mehr als einmal ſehen. So bald aber die Augen verruͤcket werden / daß ſolches nicht mehr geſchehen kan; ſehen wir die Sache zwey mal.
100. Dieſes bekraͤftiget die Erfahrung. Denn wenn ihr mit dem Finger das eine Auge niedrieger / o - der hoͤher drucket / als das andere ſtehet; ſehet ihr al - les doppelt. Man pfleget auch / wenn man ſich ſtarck betruncken / alles doppelt zu ſehen.
101. Jch habe nur die Geſetze erklaͤhret / nach wel - chen ſich die Natur im Sehen richtet: welches auch die Abſicht der Optick iſt. Woher es aber komme / daß / wenn ein Bildlein von einer Sache im Auge for - miret wird / wir uns derſelben als auſſer uns bewuſt ſind / ingleichen warumb in Beurtheilung dieſer Sa - che wir in allem uns nach dem 13. Lehrſatze (§. 105) richken: wollen und doͤrfen wir nicht unterſuchen. Denn es kaͤme endlich auf die Erklaͤhrung der Gemein - ſchaft an / welche die Seele mit dem Leibe hat. Dieſe Arbeit aber gehoͤret in die Metaphy - ſick.
Ende der Optick.
(3) DAn -1. Die Catoptrick iſt eine Wieſſen - ſchaft der ſichtbahren Dinge / in ſo weit ſie durch Huͤlfe der Spiegel geſehen wer - den.
2. Durch den Spiegel verſtehen wir eine jede Flaͤche / die oben glatt oder polie - ret iſt / hinten aber einen ſchwartzen oder undurchſichtigen Grund hat.
3. Allſo iſt das Waſſer in einem Bronnen / oder in einem etwas tiefen Fluße ein Spiegel: denn ſeine Flaͤ - che iſt glatt / unten aber iſt der Grund finſter. Wenn ihr ein ſchwartzes Papier hinter ein Glaß leget / ſo wird es ein Spiegel. Wenn ihr Metall / welches dunckele Farbe hat / glatt polieret / giebt es einen Spie - gel.
4. Die Flaͤche der Spiegel iſt entweder eben oder erhaben oder hohl. Jn dem erſten Falle heiſſet es ein platter Spie - gel; in dem anderen ein erhabener Spiegel; in dem dritten ein Hohl - Spiegel; die Spiegel von der anderenArt43der Catoptrick. Art ſind insgemein entweder Sphaͤri - ſche oder Cylindriſche oder Coniſche.
5. Eine groſſe glaͤſerne Tafel zu polie - ren.
So iſt geſchehen / was man verlangete.
6. Etliche polieren auch mit Schmergel / den ſie a - ber auf beſondere Art geſchlemmet. Stoßet ihn nemlich in einem Moͤrſer ſo klein als ihr koͤnnet. Wer - fet ihn hierauf in Waſſer / und ruͤhret ihn mit einem hoͤltzernen Spathen herumb. Wenn ſich die groͤbere Materie geſetzet / gießet das Waſſer in ein an - deres Gefaͤße / und ruͤhret es abermals fleißig herumb. Nachdem ſich wieder einige Materie geſetzet; gießet das Waßer in das dritte Gefaͤße ab / damit ſich da ſub - tilere ſetzet. Mit der erſten fahet an zu polieren / mit der anderen ſetzet die Polierung fort / und mit der drit - ten beſchlieſſet ſie.
7. Kleine Spiegel koͤnnet ihr auſ eiſernen Scheiben mit Sande abreiben / und nach dieſem wie die groſſen polieren.
8. Man hat auch Machinen zum polieren erfunden / die von dem Waſſer getrieben werden. Dergleichen beſchreibet Zahn in ſeinem Oculo artificiali fund. 3 Syntagm. 2. c. 9. f. m. 495. & ſeqq.
9. Einen platten glaͤſernen Spiegel zu machen.
Auf -45der Catoptrick.10. Haltet einen Stab perpendicularD 3an46Anfangs-Gruͤndean einen Spiegel; ſo wird ſein Bild im Spiegel mit ihm eine gerade Linie ma - chen / er mag platt oder erhaben / oder hohl ſeyn.
11. Jn dem Spiegel ſiehet man jeden Punct in der Linie / die von ihm auf die Spie - gel-Flaͤche perpendicular gezogen wird.
12. Man ſiehet ihn aber auch in dem zuruͤcke gezogenen reflectirten Strahle (§. 96. Opt.) und allſo da / wo dieſer Strahl die gedachte Perpendicular-Linie durchſchneidet.
13. Wenn man eine Sache in einem platten Spiegel ſiehet / ſo erſcheinet je - der Punct A ſo weit hinter dem Spie - gel in F / als er von dem Spiegel wegſte - het.
Ziehet AF auf den Spiegel D E perpen - dicular. Man ſol erweiſen / (§. 12) daß AG = FG. Bey G ſind rechte Winckel / und weil o = x (§. 10. Optic. ) und y = x (§. 58. Geom.) ſo iſt auch y = o / folgends ſind die Triangel FBG und GBA einander gleich (§. 68 Geom.). Derowegen iſt FG-AG. W. Z. E.
14. Dannenhero muß die Sache in ihrerwah -47der Catoptrick. wahren Geſtalt und Groͤße hinter dem Spie - gel erſcheinen.
15. Wenn der Spiegel DE horizontal lie - get / ſo muß der Punct A ſo tief unter dem Spiegel erſcheinen / als er uͤber demſelben ſte - het. Und darumb ſtehet alles in ihm umbge - kehret.
16. Wenn der Spiegel DE an der Decke eines Gemaches horizontal befeſtiget; ſo muß der Punct A ſo hoch uͤber der Decke erſchei - nen / als er unter dem Spiegel von der Decke weg iſt. Und darumb erſcheinet abermal alles umbgekehret in demſelben.
17. Weil der reflectirte Strahl BC mit dem Spiegel eben den Winckel machet in B / den der einfallende Strahl AB machet; ſo koͤnnet ihr eine Sache nicht eher im Spiegel ſehen / bis man aus eurem Auge auf ein Punct C eine Linie BC ziehen kan / welche mit dem Spiegel einen ſo groſſen Winckel x machet / als die Linie BA / welche aus eben dem Puncte auf die Sache / ſo ihr ſehen wollet / A gezogen wird.
18. Die Strahlen werden unter eben ſol - chen Winckeln von dem Spiegel reflectiret / unter welchen ſie einfallen (§. 10. Optic.). Derowegen wenn ihr die Strahlen / welche von einem Spiegel reflectiret werden / mit ei -D 4nem48Anfangs-Gruͤndenem anderen Spiegel auf fanget / und ſie noch einmal reflectiret; ſo muͤſſen ſie auch von die - ſem unter den Winckeln reflectiret werden / unter welchen ſie in dem erſten einfielen / und noch eben die Wuͤrckung in das Auge haben / die ihnẽ nach der erſten Reflexion zu kam. Da man nun nach der erſten Reflexion die Sache in ihrer wahren Geſtalt und Groͤſſe hinter dem Spiegel ſahe; ſo muß auch dieſes nach der anderen Reflexion geſchehen.
19. Daher geſchiehet es / daß / wenn ein Licht oder anderer hell erleuchteter Coͤrper zwieſchen zwey und mehrere nebeneinander gehoͤriger Weiſe aufgerichtete Spiegel geſe - tzet wird / er in jedem Spiegel mehr als ein - mal geſehen wird.
20. Und wenn ihr den Ruͤcken gegen einen Spiegel kehret / hingegen einen anderen Spie gel (§ 17) dergeſtalt haltet / daß die von dem er - ſten Spiegel reflectirte Strahlen / ſo von eu - rem Ruͤcken hinein gefallen / mit ihm aufge - fangen / und wieder in euer Auge reflectiret werden; ſo koͤnnet ihr in dem anderen Spiegel euch von vornen und von hinten zugleich ſehẽ.
21. Einen glaͤſernen Sphaͤriſchen Spiegel zu machen.
22. Was von der hinein gegoſſenen Materie uͤ - brieg bleibet; koͤnnet ihr wieder heraus gieſſen und biß zu weiterem Gebrauche aufheben.
23. Wenn ihr gruͤne / rothe / gelbe oder von an - derer Art Farbe Kugeln nehmet; ſo bekommet ihr auch Spiegel / darinnen alles gruͤne / roth / gelbe oder von einer anderen Farbe ausſiehet.
24. Auf eben ſolche Art koͤnnet ihr Coni - ſche / Cylindriſche und noch viel andere Ar - ten der Spiegel machen / wenn ihr euch nurD 5das50Anfangs-Gruͤndedas Glaß in der Glaß-Huͤtte darzu blaſen laſſet.
25. Jn einem Sphaͤriſchen SpiegelFig. 2. EBG wird jeder Punct einer Sache A zwieſchen dem Mittelpuncte C und der Flaͤche der Kugel geſehen.
Die gerade Linie / welche einen Circul be - ruͤhret / ſtehet auf dem Radio perpendicular (§. 52 Mech.). Nun iſt der Beruͤhrungs - Punct ein Theil von der Peripherie des Cir - culs. Derowegen ſtehet der Radius auf der Peripherie des Circuls perpendicular. Weñ ihr allſo von dem Puncte A eine perpendicu - lar-Linie AH auf den Sphaͤriſchen Spie - gel ziehet / ſo gehet ſie durch den Mittelpunct der Kugel C und machet mit dem Radio CH eine gerade Linie. Darumb wird der Punct A da ſelbſt geſehen / wo der reflectirte Strahl mit dem Diameter des Spiegels zuſammen ſtoͤſſet (§. 12). Ziehet eine gerade Linie IK / welche den Circul EBG im Einfalls - Puncte B beruͤhret. Mit dieſer machet der Radius CB einen rechten Winckel (§. 52 Mech. ): hingegen weil der Einfalls-Win - ckel ABI ein ſpietziger Winckel iſt / ſo machet auch der reflectirte Strahl DB mit BK ei - nen ſchieſen Winckel (§. 10 Optic.). Danun51der Catoptrick. nun der Vertical-Winckel FBI ihm gleich iſt; ſo faͤllet der reflectirte Strahl BD / wenn er uͤber den Punct B continuiret wird / zwieſchen die Seiten des rechtwincklichten Triangels CBI / und muß endlich an ſeine groͤſte Seite CI ſtoſſen. Von dieſer aber iſt der halbe Diameter der Kugel CH ein Theil. De - rowegen ſtoͤſſet der reflectirte Strahl DF mit dem halben Diameter der Kugel CH inner - halb dem Mittelpuncte C und ihrer Flaͤche zu - ſammen. Und dannenhero ſiehet man den Punct A innerhalb dem Mittelpuncte C und der Kugel-Flaͤche EHBG. W. Z. E.
26. Derowegen kan die Linie AH / ſie mag ſo groß ſeyn / wie ſie wil / nicht groͤſſer als die Linie FH ausſehen (§. 10) / und iſt allſo das Bild im Spiegel viel kleiner als die Sache.
27. Weil der Winckel FBI dem Refle - rions-Winckel KBD (§. 58. Geom.) und da -Fig. 2. her auch dem Einfalls-Winckel (§. 10 Optic.) ABI gleich / hingegen der Winckel FIB groͤſ - ſer als ABI iſt (§. 100 Geom.) ſo iſt auch FB groͤſſer als FI, und viel groͤſſer als FH. Das Bild derowegen iſt der beruͤhrenden Linie I K naͤher als dem Einfalls Puncte B.
28. Das Bild iſt niemals groͤſſer als FH (§. 26) und ſolcher geſtalt kleiner als der hal -be52Anfangs-Gruͤnde. be Diameter CH. Derowegen muß es in kleinen Kugeln kleiner ſeyn als in groſſen.
29. Es folget zwar aus dem Beweiſe des gegen - waͤrtigen Lehrſatzes / daß / wenn der Einfalls-Winckel gar ſehr klein iſt / man das Bild auſſerhalb dem Spie - gel ſehen ſolle. Allein wenn das Auge ſo ſchief gegen den Spiegel ſtehet / kan man faſt nichts deutlich fehen. Darumb wollen wir uns damit nicht auſhalten: ſon - dern ich erinnere nur noch dieſes. Wollet ihr erfah - ren / ob das Bild in einem Sphaͤriſchen Spiegel auſſer - halb demſelben in der Luft erſcheinen koͤnne; ſo hal -Fig. 3. tet einen weiſſen ſielbernen Drath PQR vor den Spie - gel und haltet das Auge gegen den Punct / gegen wel - chen PQ gerichtet iſt / dergeſtalt daß der in ſelbiges reflectirte Strahl der beruͤhrenden Linie ſehr nahe kommet; ſo werdet ihr befinden / daß die Spietze des Drathes P die Spietze des Bildes beruͤhre und beyde an einander ſich hin und her bewegen laſſen / uner - achtet der Drath den Spiegel noch nicht beruͤhret. Eben dieſes geſchiehet / wenn ihr den zu geſpietzten Schenckel eines Circuls davor haltet.
30. Wenn ein Cylindriſcher Spiegel AB aufgerichtet ſtehet / ſo ſiehet in dem - ſelben alles ſehr lang / aber uͤberaus ſchmal aus.
Nach der Laͤnge herunter AD kan man auf der Cylindriſchen Spiegel-Flaͤche lau - ter gerade Linien ziehen (§. 5. 27 Geom.) und allſo ſtellet er nach der Laͤnge einen plattenSpie -53der Catoptrick. Spiegel vor. Nach der Breite aber ſind lauter Circul-Peripherien (§. 27 Geom.) Und dannenhero ſtellet er nach der Breite ei - nen Sphaͤriſchen Spiegel vor (§. 9. 25 Geom). Da nun die platten Spiegel die Sachen in ih - rer rechten Groͤſſe darſtellen (§. 14); die Sphaͤriſchen aber ſie verkleinern (§. 28): ſo ſehen die Sachen in einem Cylindriſchen Spiegel lang / aber uͤberaus ſchmal aus. W. Z. E.
31. Wenn allſo der Cylindriſche Spie -Fig. 5. gel CE Horizontal gehalten wird; ſo muß die Sache in demſelben breit / aber ſehr kurtz ausſehen.
32. Man machet verzogene Bilder / die ſich in ei - nem Cylindriſchen Spiegel recht præſentiren / wenn man ihn darauf ſetzet: von welchen Schottus (Ma - giæ Univerſ. Naturæ & Artis. part. 1. lib. 3. c. 2 p, 160 & ſeqq. ) ausfuͤhrlich handelt.
33. Jn einem Coniſchen Spiegel GFH /Fig. 6. wenn er aufgerichtet iſt / ſehen alle Sa - chen lang / aber dabey ſchmal / oben ſehr zu geſpietzet und unten viel breiter aus.
Nach der Laͤnge laſſen ſich auf einerConi -54Anfangs-GruͤndeConiſchen Flaͤche lauter gerade Linien zie - hen / nach der Breite aber ſind lauter Circul - Peripherien / die von der Grund-Flaͤche GH an gegen die Spietze F immer abnehmen (§. 33. 34 Geom.). Derowegen hat ein Coniſcher Spiegel nach der Laͤnge die Eigen - ſchaft eines platten / nach der Breite aber ver - ſchiedener Sphaͤriſcher Spiegel. Da nun die platten Spiegel die Groͤſſen unveraͤndert laſſen (§. 14) / die Sphaͤriſchen aber ſie umb ſo viel mehr verkleinern / je geringer ihr Dia - meter iſt (§. 28); ſo muͤſſen in einem aufge - richteten Coniſchen Spiegel GFH die Sa - chen lang aber ſchmal / und zwar oben viel ſchmaͤler als unten aus ſehen. W. Z. E.
34. Derowegen wenn ein Coniſcher Spie - gel IK mit der Horizontal-Linie parallel lau - fet / oder auch gegen dieſelbe incliniret iſt; ſo muͤſſen alle Sachen breit / aber ſehr kurtz und auf einer Seite viel kleiner als auf der ande - ren ausſehen.
35. Man pfleget verzogene Bilder zu machen / die ſich in einem Coniſchen Spiegel recht præſentiren / wenn man ihn darauf ſetzet und das Auge in rechter Hoͤhe uͤber die Spietze F haͤlt: von welchen gleich - fals Schottus (l. c. cap. 3. p. 168 & ſeqq. ) handelt.
36. Eine Forme zumachen dareinman55der Catoptrick. man einen Hohl-Spiegel aus Metall gieſſen kan.
So iſt geſchehen / was man verlangete.
37. Einen Spiegel aus Metall zu gieſſen.
38. Weil dergleichen Spiegel / wenn ſie ſauber po - lieret werden / wie polierter Stahl ausſehen; ſo pfleget man ſie insgemein Staͤhlerne Spiegel zu nen - nen.
39. Einen ſtaͤhlernen Spiegel zu polie - ren.
40. Auf eben dieſe Art koͤnnet ihr glaͤſerne Hohl-Spiegel polieren / welche einen viel hel - leren Glantz als die ſtaͤhlernen bekommen.
41. Einen glaͤſernen Hohl-Spiegel zu uͤberlegen.
So iſt geſchehen / was man verlangete.
42. Wenn ein Strahl BD mit der Axe des Spiegels AX parallel einfaͤllet / und unter 60 Graden von der Axe weg iſt; ſo wird er nach der Reflexion in B mit der Axe in F vereiniget in einer geringe - ren Weite von dem Spiegel als der vierdte Theil des Diameters oder der halbe des Radii CX iſt.
Weil der halbe Diameter BC auf dem Spiegel perpendicular ſtehet / ſo iſt x = y: Denn y machet mit dem Reflexions-Winckel und x mit dem Einfalls-Winckel 90° / (§. 10. Optic.). Da nun BD und AX parallel ſind /ſo59der Catoptrick. ſo iſt o = x (§. 92 Geom.) / folgends auch o = y (§. 28. Arithm.). Derowegen iſt FC = FB (§. 101. Geom.). Nun iſt CX = BC (§. 43. Geom.) / BF † FC aber groͤſſer als BC (§. 42. Geom.) / folgends auch groͤſſer als C X und demnach FC groͤſſer als FX. Allſo iſt FX kleiner als der halbe Radius oder der vierdte Theil des Diameters. W. Z. E.
43. Weil m = n / wie aus dem Beweiſe des gegenwaͤrtigen Lehrſatzes erhellet / ſo iſt n = 60° / wenn der Bogen EX 60° iſt (§. 14. Geom.) Derowegen iſt der reflectirte Strahl EX dem Radio CX gleich (§. 102. Geom.) und faͤllet der reflectirte Strahl wieder auf den Spiegel in X.
44. Da die Sonnen-Strahlen dem Au - genſchein nach parallel ſind; ſo werden auch alle / die hin und wieder auf die Spiegel-Flaͤ - che fielen / in einem engen Raume in F zuſam - men gebracht. Weil nun hierdurch ihre Kraft vermehret wird / ſo iſt es kein Wunder / daß ob ſie gleich vorhin nur warm machten / ſie ietzund gar anzuͤnden / ja wenn der Spiegel groß iſt / harte Coͤrper als Steine und Me - talle ſchmeltzen.
45. Weil die Hohl-Spiegel dieſe ſonderbahre Ei - genſchaft haben / pfleget man ſie Brenn-Spie -E 2gel60Anfangs-Gruͤndegel zu nennen. Unter den Brenn-Spiegeln iſt aus dem Alterthum des Archimedis beruͤhmt / damit er die Flotte der Roͤmer angezuͤndet haben ſol: wie Plutar - chus im Leben des Marcelli berichtet. Weil aber die gewoͤhnlichen Hohl-Spiegel nicht uͤber den vierdten Theil ihres Diameters etwas anzuͤnden; ſo halten viele dieſe Geſchichte fuͤr eine Fabel. Jn unſeren Zeiten hat niemand groͤſſere Brenn-Spiegel gemacht / als der Herr von Tſchiernhauſen. Er be - ſchreibet einen in den Leipziger-Actis A. 1687. p. 52 / den er aus einer nicht allzudiecken kuͤpfernen Platte hat machen laſſen / damit er leichte hin und wieder zu tragen iſt. Der halbe Diameter iſt uͤber 4 Ellen. Durch Huͤlfe dieſes Spiegels hat er faſt in einem Au - genbliecke Bley geſchmeltzet / Eiſen gluͤend gemacht / ja innerhalb 5 Minuten Kupfer und Sielber in Fluß gebracht / die Dachziegel / Scherben von Toͤpfen / Kno - chen und andere harte Materien in Glaß verwandelt.
46. Weil aber nur diejenigen Strahlen in den Brenn-Punct fallen / welche weniger als 60 Grade von der Axe einfallen; ſo muß der Brenn-Spiegel allzeit unter 120 Graden ſeyn.
47. Daß die Sonnen-Strahlen brennen / ruͤhret bloß daher / weil ſie durch die Reflexi - on in einem engen Raume zuſammen gebracht werden. Darumb iſt es kein Wunder / daß man ſie aus feſtem Holtze machen kan / ſo verguͤldet und polieret wird. Ja man pfle - get wohl auch das Holtz oder papierene Spie -gel61der Catoptrick. gel mit Strohe zu uͤberlegen. Jngleichen machet man ſie aus Gypſe / der gleichfals uͤ - berguͤldet wird.
48. Wenn ein Licht in den Brenn-Punct F geſetzet wird / ſo ſind die reflectirten Strah - len alle der Axe und auch untereinander ſelbſt parallel. Denn der einfallende Strahl iſt alsdenn BF / und daher der reflectirte B D (§. 10. Optic.).
49. Wenn ihr demnach die parallel reflec - tirten Strahlen mit einem anderen Brenn - Spiegel auf fanget; ſo koͤnnet ihr gleichfalls mit denſelben brennen.
50. Zahn in ſeinem Oculo artificiali fund. 3. Syntagm. 5. c. 6. art. 12. f. 753. beſchreibet derglei - chen Experiment / welches in Wien angeſtellet wor - den. Jn dem Brenn-Puncte eines Brenn-Spiegels / der im Diameter 6 Schuhe hatte / wurden gluͤende Kohlen geſetzet / und mit einem Blaſe-Balge aufge - blaſen. Dem groſſen Spiegel gleich uͤber ſtunde in der Weite von 20 bis 24 Schuhen ein kleinerer Hohl-Spiegel / ohngefehr von 3 Schuhen im Diame - ter. Jn ſeinen Brenn-Punct legte man Zunder / oder auch einen Zuͤnd-Schwamm / welcher von den zum anderen mal reflectirten Strahlen der Kohlen ange - zuͤndet ward.
51. Wenn die Strahlen parallel ſind / ſo bleibet das Licht immer gleich ſtarck. Da -E 3rumb62Anfangs-Gruͤnderumb koͤnnet ihr einen weit entlegenen Ort (Z. E. die Stunden-Scheibe mit dem Zeiger an einem Thurme aus eurem Fenſter) helle er - leuchten / wenn ihr ein Licht oder eine Lampe in den Brenn-Punct eines Hohl-Spiegels ſetzet.
52. Jhr folltet meinen / (wie auch einige ſich einge - bildet haben) man koͤnne auf dieſe Weiſe das Licht durch viele Meilen ohne den geringſten Abbruch wer - fen. Allein beſinnet euch / daß die Luft die Strahlen des Lichtes reflectiret: ſo werdet ihr begreiffen / daß be - ſtaͤndig ein Abgang der Strahlen ſey / in dem ſie durch die Luft durchfahren / und demnach das Licht immer nach und nach geſchwaͤchet werde.
53. Wenn eine Sache in dem Brenn - Puncte eines Hohl. Spiegels lieget / ſo kan ſie in ihm gar nicht geſehen werden.
Wir ſehen jeden Punct einer Sache / wo der reflectirte Strahl mit der Perpendicu - lar-Linie / die von ihr auf den Spiegel gezogen wird / zuſammen ſtoͤßet (§. 12) / das iſt / in ge - genwaͤrtigerm Falle mit der Axe des Spie - gels / weil in derſelben der Brenn-Punct iſt / darinnen die Sache lieget. Nun wenn die Sache im Brenn-Puncte ſtehet / ſo ſind die reflectirten Strahlen mit der Axe parallel (§. 48) und ſtoßen mit ihr niergends zufammen (§. 23. Geom.) Derowegen kan ſie im Spiegel gar nicht geſehen werden.
54. Aus dem gegebenen Radio des Brenn-Spiegels BC und dem Bogen BX welcher anzeiget / wie weit der Strahl BD von der Axe einfaͤllet / den Punct F zu finden / in welchem er ſich mit der Axe vereiniget.
Wenn euch der Bogen BX gegeben iſt / ſo wießet ihr auch den Winckel o (§. 14 Geom.) Nun iſt BFC ein gleichſchencklichter Triangel wie bey dem vorhergehenden Lehrſatze erwie - ſen worden. Derowegen wenn ihr aus F die perpendicular-Linie FH auf BC fallen laſ - ſet / ſo iſt HC = ½ BC (§. 103 Geom.) und ihr koͤnnet in dem rechtwincklichten Triangel FH C die Seite FC finden (§. 34. Trigon. ) das iſt / den Abſtand des verlangeten Punctes F von dem centro C / folgends von dem Spiegel X.
Es ſey BX = 36° / CX = 2′ ſo iſt HC = 1′.
Log. Sin. F. 9.9079576
Log. HC 00000000
Log. Sin. Tot. 1.0.0.0.0.0.0.0.0
Log. FC = 0.0920424 / welchem in den Tabelleu am naͤchſten kommt 1′ 2″ 5‴〈…〉〈…〉
CX 2.0.0 FX 75
E 4Die64Anfangs-Gruͤnde55. Jn einem Hohl-Spiegel iſt der reflectirte Strahl BD ſo weit von dem Centro C weg als der einfallende AB.
Laßet aus dem Centro des Spiegels C auf beyde Strahlen A B und B D Perpendi - cular-Linien CE und C F fallen. Jch ſage / es ſey EC = FC. Denn weil der halbe Diameter BC auf dem Einfalls-Puncte B perpendicular ſtehet; ſo iſt o = x (§. 10. Opt.) Da nun bey E und F rechte Winckel ſind (§. 18. Geometr. ) / ſo iſt auch m = n (§. 99. Geom.) / folgends EC = FC (§. 68 Geom.) W. Z. E.
56. Wenn der Einfalls-Winckel gegeben iſt / ſo wießet ihr auch den Winckel o / weil er mit ihm 9° machet. Wird nun ferner der halbe Diameter des Spiegels BC gegeben / ſo koͤnnet ihr die Weite des einfallenden Strahles von dem Centro EC (§. 34. Trig. ) finden.
57. Wenn das Auge auſſerhalb dem Diameter eines Hohl-Spiegels ſtehet / ſo ſiehet es das Geſichte verkehret in der freyen Luft zwieſchen dem Spiegel und dem Geſichte umb ſo viel kleiner und naͤ - her an dem Spiegel / ie weiter es von demſelben weg iſt.
Be -65der Catoptrick.Es ſey das eine Auge in F / in C das Cen - trum des Spiegels; ſo wird der einfallen - de Strahl ED in F reflectiret (§. 10 Optic. ) und ihr ſehet den Punct E in M (§. 12) allſo verkehret. Wiederumb das Auge ſey in E / ſo wird der einfallende Strahl FD in E re - flectiret / und ihr ſehet F in L / allſo abermals verkehret. Das Bild demnach von E F iſt umbgekehret in der freyen Luft in LM zu ſe - hen viel kleiner als EF. Auf gleiche Weiſe erhellet / daß der Punct H in I und G in K ge - ſehen wird und allſo IK das verkehrete Bild von GH iſt. Derowegen iſt ferner klahr / daß das Bild LM dem Spiegel naͤher ſey / wenn die Sache EF weit davon weg iſt / als das Bild IK / wenn die Sache GH dem Spiegel naͤher iſt; ingleichen weil IK groͤſſer als LM (§. 177 Geom.) / daß das Bild groͤſ - ſer ſey / wenn die Sache dem Spiegel nahe iſt als wenn ſie weit weg iſt. W. Z. E.
58. Wenn das Auge O im DiameterFig. 11. des Spiegels / aber weiter als der halbe Diameter GC von dem Spiegel weg - ſtehet / und die Sache AB zwieſchen dem Centro C und der Spiegel-Flaͤche / a - ber weniger als den vierdten Theil des Diameters von ihr wegſtehet; ſo er -E 5ſchei -66Anfangs-Gruͤndeſcheinet ſie ſehr groß hinter dem Spie - gel und aufgerichtet.
Der einfallende Strahl AF wird aus F in O und der Strahl BE aus E in O reflecti - ret (§. 10 Optic.) Ziehet aus dem Centro C den halben Diameter Ch / ſo wird er / wenn ihr ihn verlaͤngert / mit dem verlaͤngerten re - flectirten Strahle in H zuſammen kommen. Demnach ſehet ihr den Punct A in H (§. 12). Gleicher geſtalt wird erwieſen / daß ihr den Punct B in D ſehet. Demnach iſt DH das Bild von AB hinter dem Spiegel / und zwar aufgerichtet / auch viel groͤſſer als die Sache ſelbſt. W. Z. E.
59. Es ſind zwar mehrere Faͤlle bey den Hohl - Spiegeln zu erwegen / als ich angefuͤhret habe. Allein weil in allen die Sache entweder gar nicht / oder hin - ter / oder vor dem Spiegel / aufgerichtetet oder umb - gekehret / groͤſſer oder kleiner als ſie iſt / geſehen wird; ſo iſt es denen Anfaͤngern gnung / wenn ich ihnen auch nur durch einige Faͤlle zeige / daß alle dieſe Erſchei - nungen nach den Fundamental-Geſetzen der Catoptrick moͤglich ſind.
Ende der Catoptrick.
67der Dioptrick.1.
DJe Dioptrick iſt eine Wieſſen - ſchaft aller ſichtbahren Dinge / in ſo weit ſie durch gebrochene Strahlen geſehen werden.
2. Die Groͤſſe der Refraction zu un - terſuchen / welche die Strahlen leiden / wenn ſie aus der Luft in das Glaß und aus dem Glaſe in die Luft fahren.
3. Wenn der Strahl CL aus der Luft in das Glaß kommet / ſo wird er in CK gegen das Perpendicul CH gebrochen.
4. Hingegen wenn der Strahl CK aus dem Glaſe in die Luft faͤhret / ſo wird er in CL und demnach von dem Perpendicul CH weg - gebrochen.
5. Jhr werdet befinden / daß in allen Faͤllen der Sinus des Jnclinations-Winckels HCL zu dem Sinu des gebrochenen Winckels HCK einerley Verhaͤlt - nis hat: welches Snellius zu erſt gefunden / Carte -ſius69der Dioptrick. ſius aber zu erſt oͤffentlich gelehret (Dioptric. cap. 2. §. 7. p. m. 88.) und wir unten in der Algebra ausfuͤh - ren wollen Wenn die Refraction aus der Luft in das Glaß geſchiehet / ſo verhaͤlt ſich nach dem Herrn Nevvton der Sinus des Inclinations Winckels zu dem Sinu des gebrochenen Winckels wie 300 zu 193 / das iſt / bey nahe wie 14 zu 9. Geſchiehet aber die Refraction aus dem Glaſe in die Luft / ſo iſt dieſelbe wie 193 zu 300 / das iſt / bey nahe wie 9 zu 14. Vid. Molyneux (Dioptricks part. 1. p. 4.) weil aber eben dieſer Nevvton gefunden / daß die Strahlen des Lich - tes nicht alle auf einerley Art gebrochen werden (§. 63 Optic. ); ſo iſt ſolches Geſetze der Strahlen - Brechung nur von dem mittleren Lichte zuverſtehen / welches nemlich zwieſchen der groͤſten und keineſten Refraction die mittlere leidet.
6. Kepler ſuchte Anfangs die Proportion in den Winckeln und befand / daß / wenn der Inclina - tions-Winckel unter 30 Graden war / bey nahe der Strahl gegen das Perpendicul umb ⅓ deſſelben ge - brochen werde / wenn er aus der Luft in das Glaß faͤhret; hingegen umb die Helfte deſſelben von dem Perpendicul / wenn der Strahl aus dem Glaſe in die Luft gehet: worinnen ihm die meiſten gefolget.
7. Sonſt hat Nevvton in ſeiner Opticks (part. 3. prop. 10 p. m. 73) angegeben / die Proporti - on der Sinuum des Inclinations-Winckels und des ge - brochenen Winckels ſey in der Luft wie 3851 zu 3850 / im Glaſe wie 31 zu 20 / im Regen-Waſſer wie 529 zu 396 / im hoch rectificirten Spiritu Vini wie 100 zu 73 / im Baum-Oele wie 22 zu 15 / im Diamante wie 100 zu 41.
8. Ein erhabenes Glaß (Lens con - vexa) iſt / welches entweder auf beyden Seiten ein Stuͤcke von einer Kugel-Flaͤ - che hat oder nur auf einer / und auf der anderen platt iſt.
9. Daher nennet man es ein Glaß von drey Schu - hen / oder ſaget / es halte im Diameter drey Schuhe / wenn die Kugel-Flaͤche / von der es einen Theil hat / im Diameter drey Schuhe haͤlt u. ſ. w.
10. Ein hohles Glaß (Lens conca - va) wird genennet / welches entweder auf beyden Seiten / oder nur auf einer ein Stuͤcke von der inneren Flaͤche ei - ner hohlen Kugel hat / und auf der an - deren platt iſt.
11. Man nennet auch die hohlen Glaͤſer voñ drey Schuhen im Diameter / wenn die Kugeln / auf deren aͤuſſere Flaͤche ihre Hoͤhlung ſich ſchiecket / im Dia - meter drey Schuhe haͤlt.
12. Wenn ein Strahl des Lichtes in ein plattes Glaß ABCD einfaͤllet / und der Einfalls-Winckel EFN unter 30° iſt; ſo iſt der gebrochene Strahl OK hinterdem71der Dioptrick. dem Glaſe mit dem einfallenden Strah - le LN parallel.
Jm Eingange in das Glaß wird der ein - fallende Strahl FN gegen das Perpendicul EF bey nahe umb ⅓ des Jnclinations-Win - ckels EFN gebrochen (§. 6). Derowegen iſt KFG = EFM (§. 58 Geom.) = ⅔ EF N und CFK = MFN (§. 58 Geom.) = ⅓ EFN. Weil HI mit EG parallel iſt / ſo iſt PKI = KFG (§. 92 Geom.) = ⅔ EFM / wie erwieſen worden. Nun iſt OKP = ½ PKI (§. 6) = ⅓ E F N = C F K / wie erwieſen worden / und allſo iſt OQ mit LN parallel (§. 92 Geom.) W. Z. E.
13. Derowegen bleiben die Strahlen nach der Refraction / wie ſie vor derſelben waren: und allſo muͤſſen die Sachen durch ein plat - tes Glaß wie mit bloßen Augen geſehen wer - den / nur daß ſie in einem unrechten Orte er - ſcheinen: denn N wird durch den Strahl OK in Q geſehen (§. 105 Optic.).
14. Wenn ein Strahl des Lichtes DE mit der Axe IF parallel auf ein er - habenes und plattes Glaß ein faͤllet;Tab. I. Fig. 3. ſo wird er mit ihr in F hinter dem Gla - ſe bey nahe in der Weite ſeines Diame - ters vereiniget.
Be -72Anfangs-GruͤndeWeil der Strahl DE auf die platte Flaͤ - che AB perpendicular faͤllet; ſo gehet er un - gebrochen biß in E: im Ausgange aber wird er dergeſtalt gegen die Are I F gebrochen / daß FEH = ½ HEG (§. 6). Weil nun DH mit IF parallel iſt / ſo iſt GEH = ECF und HEF = EFC (§. 92 Geom.) / folgends ECF = 2 EFC. Wenn die Winckel nicht allzu groß ſind / ſo kan man ohne mercklichen Jrrthum annehmen / daß die Seiten ſich wie die ihnen entgegen geſetzte Winckel verhalten (§. 33 Trigon.) Darumb iſt FE = 2 CE und fol - gends FK bey nahe 2 CE. W. Z. E.
15. Da nun die Sonnen-Strahlen dem Augenſchein nach parallel einfallen / ſo wer - den ſie auch mit einander in F vereiniget. Derowegen iſt kein Wunder / daß ſie / wenn das Glaß ein Stuͤcke von einer groſſen Ku - gel iſt / nicht allein alles anzuͤnden / was ſich leicht anzuͤnden laͤſſet; ſondern auch die haͤr - teſten Coͤrper ſchmeltzen.
16. Niemand hat groͤſſere Brenn-Glaͤſer verfer - tiget als der Hr. von Tſchirnhauſen: wie ſelbi - ge in den Leipziger-Actis 1697 p. 414 & ſeqq. beſchrie - ben werden. Denn er hat durch dieſe Glaͤfer das naſſe Holtz in einem Augenbliecke angezuͤndet / das Waſſer in einem kleinen Gefaͤſſe ſiedend gemachet /Bley73der Dioptrick. Bley geſchmoltzen / eiſerne Platten durchloͤchert / Zie - gel und Steine in Glaß verwandelt / Schwefel / Pech und andere dergleichen Dinge unter dem Waſſer ge - ſchmoltzen / Holtz unter dem Waſſer zu Kohlen gebrandt und andere dergleichen wunderbahre Wuͤrckungen mehr gethan. Es iſt aber wohl zu mercken / daß er hinter dem groſſen Glaſe noch ein kleines Collectiv - Glaß geſetzet in der Weite / daß es die von den großen durch die Refraction ſchon auf einen kleineren Raum zuſammen gebrachte Strahlen alle faſſen koͤnnen: wo - durch die Strahlen nicht allein geſchwinder / als ſonſt geſchehen waͤre / vereiniget; ſondern auch auf einen viel engeren Raum zuſammen gebracht worden.
17. Wenn ihr in den Brenn-Punct F ein Licht ſetzet; ſo muͤßen die Strahlen nach der Refraction parallel ſeyn.
18. Wenn ein Strahl PE in eine glaͤ -Tab. I. Fig. 4. ſerne Kugel mit der Axe AB parallel un - ter 30° einfaͤllet / ſo wird er mit ihr hin - ter der Kugel in F in der Weite des vierdten Theiles ihres Diameters ver - einiget.
Weil PH mit AB parallel iſt / ſo iſt PEG = EBC (§. 92. Geom.) = ⅓ FEP (§. 6). Nun iſt BEC = FEG (§. 58 Geom.) — ⅔ FEP (§. 6). Derowegen weil die Winckel E und B nicht allzugroß ſind / ſo iſt CB = 2 E C (§. 33. Tri - gon. ) / nemlich die Sinus nicht allzu groſſer Winckel / verhalten ſich bey nahe wie die Winckel. Nun iſt DLB = LCB † LBC (§. (3) F100.74Anfangs-Gruͤnde100. Geom.) / folgends weil B L bey nahe ſo groß wie LC / vermoͤge deſſen was erwieſen worden / iſt LCB = LBC (§. 101. Geom. t) = ½ DLB. Es iſt aber auch BLF = ½ DLB (§. 6). Derowegen iſt BLF = LBF / folgends LF = FB / (§. 101. Geom.). Da nun LFC = 2 LB F (§. 101. Geom.). = 2 LCB / wie erwieſen worden / ſo iſt beynahe LF = ½ LC = ¼ des Diameters / und dannenhero FM etwas klei - ner als der vierdte Theil des Diameters: W. Z. E.
19. Darumb kan man auch mit einer glaͤ - ſernen Kugel brennen / wenn die Sonnen - Strahlen darauf fallen / und die Sache in der Weite des vierdten Theiles von dem Diameter der Kugel hinter ſie gehalten wird.
20. Wenn ihr eine hohle Kugel mit Waſſer fuͤllet / ſo koͤnnet ihr ſie auch als ein Brenn-Glaß brauchen. Allein weil die Refraction im Waſſer anders als im Glaſe geſchiehet (§. 7); ſo hat der Brenn-Punct eine andere Weite von der Kugel / als erwieſen worden.
21. Wenn die Sachen weit weg ſind / ſo fallen ihre Strahlen beynahe parallel ein. Und dannenhero werden alle Strahlen / die von einem Puncte herkommen / wieder in ei - nem Puncte miteinander vereiniget. Sol - cher geſtalt bilden ſie die Sache hinter der Kugel in der Weite des Brenn Punctes ab.
22. Jn der That iſt auch der Brenn-Punct ſo wolder75der Dioptrick. der Kugel / als anderer erhabener Glaͤſer nichts anders als das Bild der Sonnen. Derowegen wenn man bey einer Sonnen-Finſternis mit einem Brenn - Glaſe Holtz anzuͤndet: ſo brennet ſich das Bild der ver - ſinſterten Sonne wie ein nicht voͤllig erleuchteter Mond ab: welches auch mit den Brenn-Spiegeln geſchiehet.
23. Jhr habet bisher geſehen / wie man aus Keplers Proportion des Refractions-Winckels zu dem Inclinations-Winckel die Dioptriſchen Lehrſaͤtze erweiſen kan. Jhr koͤnnet aber auch durch Huͤlfe der Trigonometrie nach der wahren Proportion der Si - nuum des Jnclinations-Winckels und des gebroche - nen Winckels den Brenn-Punct finden: wie Molyneux in ſeiner Dioptriks gethan. Darumb wil ich auch dieſe Methode durch die folgende Aufgabe erlaͤutern
24. Wenn ein Strahl GH in ein Glaß EF / welches auf beyden Seiten erhabenTab. I. Fig. 5. iſt / mit der Axe AN parallel einfaͤllet / den Punct F zu finden / in welchem der ge - brochene Strahl FK mit der Axe verei - niget wird.
Es muͤſſen die halben Diameter C P und DO der beyden erhabenen Flaͤchen EOF und EPF / in gleichen RH die Entfernung des Ein - falls-Punctes H von der Axe AN gegeben werden.
25. Wenn der Strahl unweit der Axe einfaͤllet / und die Diecke des Glaſes PO in Anſehung des halben Diameters fuͤr nichts gehalten werden kan; ſo iſt der Brenn-Punct T bey nahe den halben Diameter hinter dem Glaſe / welches auf beyden Seiten gleich viel erhaben iſt.
26. Derowegen ſind auch die auf beyden Seiten erhabene Glaͤſer Brenn-Glaͤſer / nur daß ſie nicht ſo weit brennen / wie die anderen / welche auf einer Seite platt ſind (§. 14. 15.).
27. Jch koͤnte fortgehen / und entweder aus der Kep - leriſchen Proportion der Winckel erweiſen / nach was vor Geſetzen die Strahlen gebrochen werden / wenn ſie nicht parnllel mit der Axe einfallen / ſondern vielmehr immer weiter von derſelben abweichen / ie weiter ſie fortgehen - oder auch zeigen / wie man aus der wahren Proportion der Sinuum den Punct durch Trigonome - triſche Rechnung finden koͤnne / darinnen in gedachtem Falle der Strahl mit der Axe vereiniget wird. Al - lein weil ich befuͤrchte / es doͤrfte dieſe Arbeit den An - faͤngern unangenehm fallen; ſo wil ich die uͤbriegen Eigenſchaften der Optiſchen Glaͤſer nur durch die Er - fahrung ausmachen. Welche aber Luſt haben die Geſe - tze der Refraction in allen Faͤllen zu erkennen / denen wird in der Algebra ein Gnuͤgen geſchehen.
28. Die Strahlen des Lichtes moͤgenF 3von78Anfangs-Gruͤndevon einem Puncte einer Sache in ein Glaß / welches entweder auf einer Seite platt / auf der anderen aber erhaben odeꝛ auf beyden Seiten erhaben iſt / einfallen / wie ſie wollen; ſo werden ſie alle wieder in einem Puncte mit einander vereini - get / wiewol die Strahlen / ſo aus einan - der fahren / etwas weiter hinter dem Glaſe als die Parallel-Strahlen / und zwar mehr oder weniger / nachdem die Sachen mehr oder weniger nahe ſind.
Die Strahlen / welche in dem Durchgange durch ein Spaͤhriſches Glaß gebrochen wor - den / bilden die Sache hinter dem Glaſe ab (§. 35. Opt.). Derowegen muͤſſen ſie von der Wand / darauf die Sache abgebildet wird / auf eben eine ſolche Art reflectiret werden / als ſie von der Sache ſelbſt ausflieſſen. Die - ſes aber kan nicht geſchehen / als wenn die Strahlen / welche aus einem Puncte aus - flieſſen / wieder in einem Puncte miteinander vereiniget werden. Solcher geſtalt iſt klahr / daß die Strahlen des Lichtes / welche von ei - nem Puncte einer Sache auf ein Sphaͤriſches Glaß einfallen / wieder durch die Refraction in einem Puncte miteinander vereiniget wer - den: welches das erſte war.
Es iſt aber das Bild weiter hinter dem Gla - ſe als der Brenn-Punct / und zwar mehr oder weniger nachdem die Sachen mehr oderweni -79der Dioptrick. weniger nahe ſind (§. 35. Opt.) Da nun die Strahlen in dem Orte der Abbildung mit einander vereiniget werden / wie erwieſen worden / und die Strahlen / ſo von einem Puncte einer nicht allzu weit entlegenen Sa - che kommen / aus einander fahren: ſo geſchie - het ihre Vereinigung erſt hinter dem Brenn - Puncte und weiter hinter demſelben / wenn die Sache ſehr nahe / als wenn ſie etwas wei - ter weg iſt: welcher das andere war.
29. Da nun die Parallel-Strahlen / wenn das Glaß auf einer Seite platt / auf der an - deren erhaben iſt / in der Weite des Diame - ters der erhabenen Flaͤche ſich vereinigen / ſo muͤßen die Strahlen / welche immer weiter voneinander fahren / ie weiter ſie fortgehen / in dieſem Falle den Punct ihrer Vereinigung / o - der den Ort des Bildes etwas weiter weg ha - ben / als der Diameter ihrer erhabenen Flaͤche iſt.
30. Wiederumb da die Parallel-Strah - len / wenn das Glaß auf bey den Seiten erha - ben iſt / in der Weite des halben Diameters ihrer erhabenen Flaͤchen zuſammen ſtoßen (§. 25); ſo muͤſſen die Strahlen / welche ausein - derfahren / in dem ſie fortgehen / in ſolchem Falle den Ort des Bildes etwas weiter weg haben / als der halbe Diameter ihrer erhabe - nen Flaͤche iſt.
31 Wenn ein Strahl des Lichtes in ein Glaß / welches entweder auf einer o - der aufbeyden Seite hohl iſt mit der A - re parallel einfaͤllet / ſo werden die Stꝛah - len von ihr weggebrochen / und weichen nach der Refraction immer mehr von ihr ab / ie weiter ſie fortgehen.
Weil der Strahl FG auf DE perpendicu - lar faͤllet / ſo gehet er bis in H ungebrochen durch das Glaß: in H aber wird er von dem Perpendicul CE gebrochen (§. 6) / und allſo aus HI in HK: welches das erſte war.
Wenn das Glaß auf beyden Seiten hohlTab. II. Fig. 7. iſt / ſo wird der Strahl LN im Eingange in N gegen das Perpendicul IS (§. 6.) und allſo von der Axe AB aus NM in NQ; in dem Ausgange in O von dem Perpendicul KO (§. 6) und allſo aus QO in OR abermals von der Axe A B weggebrochen. Derowegen muß er im̃er weiter von ihr weggehen; ie wei - ter er fortgehet: welches das andere war.
32. Es iſt aus dem Beweiſe klahr / daß der Strahl von der Axe weggebrochẽ werde / auch wenn er aus A in das Glaß gezogen wird / und allſo ſchon vor der Refraction von ihr immer weiter abweichet / ie weiter er fort gehet. Dero - wegen muß er noch mehr von ihr abweichen / nach der Refraction / als vor derſelben.
33. Dannenhero wird das Sonnen-Licht durch die Refraction in hohlen Glaͤſern ge - ſchwaͤchet / und ſie koͤnnen allſo keine Brenn - Glaͤſer abgeben; auch die Sachen in einem verfinſterten Gemache nicht abbilden / wie die erhabenen Glaͤſer.
34. Jhr koͤnnet auch durch die Erfahrung lernen / daß die Hohl Glaͤſer die Strahlen zerſtrenen. Denn wenn ihr die Sonnen-Strahlen damit auffanget; ſo wird der helle Cireul hinter dem Glaſe umb ſo viel groͤſſer ſeyn / ie weiter ihr hinter demſelben ein wei - ſes Papier haltet. Und werdet ihr finden / daß die Hohl-Glaͤſer deſtomehr die Strahlen zerſtreuen / je kleiner ihr Diameter iſt.
35. Wenn das Auge zwieſchen einemTab. II. Fig. 8. erhabenen Glaſe AB und dem Orte des Bildes oder dem Brenn-Puncte F iſt; ſo ſiehet es durch daſſelbe die Sachen ſelbſt / aber groͤſſer als ſie ſind.
Denn wenn das Auge zwieſchen dem Gla - ſe AB und dem Orte des Bildes F iſt / ſo ſe - het ihr den Punct C in der Linie FC / weil er ungebrochen durchgehet als die Axe / ſo auf beyde erhabene Flaͤchen perpendicular faͤl - let. Hingegen den Punct D ſehet ihr in der Li - nie d F durch das Glaß (§. 96 Optic.) F 5Dero -82Anfangs-GruͤndeDerowegen ſehet ihr CD unter dem Win - ckel C F d; da ihr ſonſt CD ohne das Glaß unter dem Winckel CFD ſehen wuͤrdet. Da nun der Winckel CFd groͤſſer iſt als C F D; ſo muͤſſen die Sachen durch das Glaß groͤſſer zu ſeyn ſcheinen als ſie mit bloſſem Auge ge - ſehen werden (§. 74. Optic.) Da aber der Strahl von dem Puncte D zur Rechten ins Auge faͤllet / gleich als wenn das Glaß nicht da waͤre; ſo muͤſſet ihr auch die Sache recht und nicht verkehret ſehen. W. Z. E.
36. Je naͤher der Punct F hinter dem Glaſe iſt / je groͤſſer wird der Winckel CFd / und je groͤſſer erſcheinet CD durch das Glaß. Da nun der Punct F immer naͤher dem Glaſe kommet; je mehr der halbe Diameter der erhabenen Flaͤche abnimmet; ſo vergroͤſ - ſern auch die Glaͤſer mehr / wenn ſie von ei - ner kleinen Kugel / als wenn ſie von einer groſ - ſen ſind.
37. Derowegen brauchet man zu den Vergroͤſſerungs-Glaͤſern die kleineſten Sphaͤriſchen Glaͤſer / die man haben kan: ja ſo kleine Kuͤgelein / welche kaum die Groͤſſe eines Hierſe-Koͤrnleins haben.
38. Jngleichen iſt klahr / daß die Glaͤſer / ſo auf beyden Seiten erhaben ſind / mehrver -83der Dioptrick. vergroͤſſern als die nur auf einer Seite erha - ben ſind: unerachtet dieſe ein groͤſſeres Bild auf dem Papiere formieren als jene.
39. Wenn ihr das Auge hinter F haltet / ſo fal - len die Strahlen verkehret hinein / und daher iſt es nicht Wunder / daß auch die Sachen verkehret geſe - hen werden.
40. Durch ein hohles Glaß erſchei - nen die Sachen recht / nicht verkehret / a - ber viel kleiner als ſie ſind.
Es ſey das Auge in F und ſehe ohne Gla -Tab. II. Fig. 9. ſe AB unter dem Winckel A F B. Weil durch die Refraction in hohlen Glaͤſern die Strahlen weiter auseinander gebracht wer - den / ſo kan der Strahl BD nicht mehr in F kommen / ſondern ein anderer BE / durch wel - chen der Punct B von dem Auge in G geſe - hen wuͤrde. Und allſo ſehet ihr B in b / A a - ber in A weil der Perpendicular-Strahl AF nicht gebrochen wird / folgends AB un - ter dem Winckel AFb. Da nun dieſer klei - ner iſt als A F B; ſo muß auch durch das Glaß A B kleiner ausſehen als mit bloſſen Augen: welches das eine war.
Da nun aber die Strahlen / welche in ei - nem Hohl-Glaſe gebrochen werden / kein Bild formiren (§. 33); ſo ſehet ihr durch daſ -ſelbe84Anfangs-Gruͤndeſelbe die Sache ſelbſt und dannenhero nicht verkehret / ſondern recht: welches das ande - re war.
41. Ein Fern-Glaß (Tubus) wird genennet ein Optiſches Jnſtrument / da - durch man in die Ferne ſehen kan.
42. Es gedencket Johannes Paptiſta Porta, ein Neapolitaner / in ſeiner Magia naturali (die er 1589 herausgegeben) lib. 17 c. 10 der Fern-Glaͤſer; denn er ſchreibet davon allſo: Si utramque (lentem con - cavam & convexam) recte componere noveris, & longinqua & proxima majora & clara videbis. Al - lein ſie ſind doch erſt eine gute Zeit hernach in Hol - land gemacht worden. Einige ſchreiben die erſte Erfindung einem Brillen-Macher zu Middel-Burg in Seeland / Johann Lippersheim; noch andere dem Jacob Metio einem Brillen-Macher in Holland / des beruͤhmtem Profeſſoris Matheſeos zu Franeqver Adrian Metii Bruder; noch andere dem Gallilæo zu; wie wol dieſer letztere in ſeinem Nuncio ſidereo ſelbſt geſtehet / er ſey durch den Ruf da auf gebracht worden / daß ein Teutſcher ein Jn - ſtrument erfunden haͤtte / da man durch einige Glaͤ - ſer die weiten Sachen ſo gut / als wenn ſie nahe waͤ - ren / ſehen koͤnte. Petrus Borellus in ſeinem Buche de Vero Teleſcopii inventore c. 12 meinet es ſey ein anderer Brillen-Macher zu Middelburg Zacha - rias Johnſon A. 1590 zu erſt von ohngefehr darauf kommen. Lippersheim haͤtte es durch Verſuchen nach gemacht und den Metium gelehret. Gallilaus und in unſerem Teutſchlande Simon Ma -rius85der Catoptrick. rius haben die Fern-Glaͤſer zu erſt zur Betrachtung des Himmels gebrauchet: daher iſt es auch kom - men / daß man die erſte Art der Fern-Glaͤſer die Gallilaͤaniſchen Fern-Glaͤſer zu nennen pfleget: wie wol ſie auch viele die Hollaͤndi - ſchen heiſſen / weil ſie daſelbſt zu erſt haͤufig ge - macht worden.
43. Das Glaß / welches gegen die Sache〈…〉〈…〉 gekehret wird / nennet man das Objectiv-Glaß; die anderen a - ber / welche gegen das Auge ſtehen / die Augen-Glaͤſer.
44. Ein Gallilaͤaniſches oder Hollaͤn - oiſches Fern-Glaß zu machen.
Wenn ihr die Roͤhre ſo aus einander ziehet / daß das Augen-Glaß noch vor dem Bildedes87der Dioptrick. des Objectiv-Glaſes zuſtehen kommet; ſo werdet ihr weit entlegene Sachen dadurch in der Naͤhe und vergroͤſſert ſehen koͤnnen: welches man verlangete.
Die Strahlen des Lichtes / welche auf das Objectiv-Glaß fallen / werden von demſel - ben dergeſtalt gebrochen / daß ſie in der Wei - te entweder des Diameters oder halben Diameters ihrer erhabenen Flaͤche wieder in einem Puncte zu ſammen kommen wuͤr - den / wenn ſie von einem ausgangen ſind / wo ihr nicht durch ein anderes Glaß ſolches hin - dertet (§. 14. 25). Da ihr nun / ehe dieſe Vereinigung geſchiehet / ein Hohl-Glaß dar - zwieſchen ſetzet; ſo fallen die Strahlen / die von einem Puncte herkommen in daſſelbe ſo viel ſchiefer ein / je weiter das Objectiv-Glaß weg iſt / das iſt / je von einer groͤſſeren Kugel - Flaͤche ſeine Rundung iſt. Derowegen werden ſie in dem Durchgange durch das Hohl-Glaß umb ſo viel weiter aus einander gebracht / je kleiner der Diameter der Hoͤh - lung iſt (§. 35) und fallen nicht anders in das Auge als wenn ſie von einer groſſen in der Naͤhe gelegenen Sache herkaͤmen: fol - gends muͤſſen ſie auch die Sache im Auge als groß und nahe gelegen abbilden. Solcher geſtalt ſehet ihr durch dieſes Fern-Glaß dieweit88Anfangs-Gruͤndeweit entlegenen Sachen groß und als in der Naͤhe. W. Z. E.
45. Je mehr die Strahlen auseinander gebracht werden / je groͤſſer erſcheinet die Sa - che. Es kan aber das Auge umb einen ſo viel geringeren Theil der Strahlen faſſen. Dan - nenhero ſiehet es durch ein Hollaͤndiſches Fern-Glaß einen deſto geringeren Theil von der Sache / je groͤſſer es dieſelbe ſiehet.
46. Wenn nun die Strahlen nach der Refraction nicht parallel ſind / ſondern immer weiter auseinander gehen; ſo kan das Auge einen geringeren Theil derſelben faſſen / wenn es weit hinter demſelben weg iſt / als wenn es dem Augen-Glaſe ſehr nahe iſt. Dannenhero ſiehet es deſto weniger von der Sache / je wei - ter es von dem Augen-Glaſe weggehalten wird.
47. Je von einer groͤſſeren Kugel dem - nach das Objectiv-Glaß und je von einer klei - neren das Augen-Glaß iſt / je weniger wird von der Sache geſehen / weil beydes zu ihrer Vergroͤſſerung hielfet (§. 45).
48. Es pfleget zugeſchehen / daß durch ein Galli - laͤaniſches Fern-Glaß alles dunckel ausſiehet / wenn das Objectiv-Glaß von einer ſehr groſſen Kugel unddas89der Dioptrick. das Augen Glaß von einer gar zu kleinen iſt. Denn weil die Strahlen gar zu ſehr auseinander gebracht werden / fallen allzuwenige in das Auge. Darumb muß wieſchen dem Qbjectiv - und Augen-Glaſe eine ge - ſchieckte Proportion erhalten werden Dechales (Dioptr. lib. 2. prop. 45. f. 711. Tom. 3. Mundi Ma - them. ) mercket an / es ſey fuͤr gut befunden worden / daß wenn das Objectiv-Glaß die Sache 6 Zoll hinter ſich abbildet / das Augen-Glaß auf einer Seite platt / auf der anderen hohl ſey / und eine Linie uͤber einen Zoll im Diameter habe. Doch ſetzet er hinzu / er hielte vor beßer / wenn das Augen-Glaß auf beyden Seiten hohl ſey / und im Diameter 1½ Zoll habe: in welchem Falle die Laͤnge des Fernglaſes 4½ Zoll ſeyn wuͤrde. Hevelius (in Prolegomenis Selenographiæ cap. 2. f. 12) giebt folgende Proportions an. Wenn die Laͤnge des Fernglaſes oder ſeiner Roͤhre 1 Schuh iſt / ſo iſt das Objectiv-Glaß auf beyden Seiten erha - ben / und im Diameter 4′ / das Augen-Glaß auf bey - den Seiten hohl und im Diameter 4½ Zoll. Wenn die Laͤnge 2 Schuhe iſt / ſo iſt das Objectiv-Glaß auf beyden Seiten erhaben und im Diameter 5 / das Au - gen-Glaß hohl / und im Diameter 5½ Zoll. Wenn ihr zu dieſem Angen-Glaſe ein Objectiv-Glaß nehmet ſo auf beyden Seiten erhaben / und im Diameter 8 / haͤlt / ſo iſt die Laͤnge des Fern-Glaſes 3½ Schuh: neh - met ihr ein Objectiv-Glaß von 10 Schuhen dazu / ſo wird die Laͤnge bis 4 Schuhe. Ein Objectiv-Glaß von 12 Schuhen giebt mit ſelbigem Augen-Glaſe ein Fern-Glaß uͤber 5 Schuhe lang. Dieſe letztere Pro - portion recommandiret er fuͤr anderen f. 13 / wenn man ein gutes Fernglaß ſonderlich zu Betrachtung des Himmels haben wil. Wollet ihr das Objectiv-Glaß auf einer Seite platt machen / ſo wird das Fernglaß bis 11 Schuhe lang werden / und noch mehr vergroͤſ - ſern. (§. 47).
49. Unerachtet dieſe Fernglaͤſer die Sachen nicht allein deutlich / groß und aufgerichtet vorſtellen; ſo hat man doch zu Aſtronomiſchen Betrachtungen des Himmels andere verfertiget / weil man zu wenig auf einmal durch die Gallilaͤaniſchen ſehen kan. Und ma - chel man heutezu tage kein Gallilaͤaniſches Fernglaß uͤber 4 bis 5 Zoll lang.
50. Ein Aſtronomiſches Fernglaß zu machen.
Wenn ihr die Roͤhre ſo ausziehet / daß die Brennn-Puncte beyder Glaͤſer zuſammen ſtoßen; ſo werdet ihr die Sache groß / nahe und verkehret ſehen.
Jn dem Brenn-Puncte bildet ſich die Sa - che umb ſo viel groͤſſer ab / ie von einer groͤſſe - ren Kugel das Objectiv-Glaß iſt / aber ver -keh -91der Dioptrick. kehret / weil die Strahlen von weit entlege - nen Sachen gleichſam pararallel einfallen. (§. 21.) Da ihr nun durch das Augen-Glaß dieſes Bild ſehet; ſo muß euch die Sache verkehret erſcheinen / und nicht weiter von dem Auge / als der Brenn-Punct des Au - gen-Glaſes iſt / das iſt / in der Weite ſeines hal - ben Diameters: welches das erſte war.
Die beyden aͤuſerſten Strahlen von die - ſem Bilde im Brenn-Puncte werden umb ſo viel naͤher hinter dem Augen-Glaſe zuſam - men gebracht / ie kleiner ſein Diameter iſt / und daher ſiehet man es unter einem groͤſſeren Winckel als die Sache mit bloßem Auge wuͤrde geſehen werden / und zwar unter einem ſo viel groͤſſeren / ie kleiner der Diameter des Augen-Glaſes iſt. Darumb muß die Sache vergroͤſſert werden / und zwar umb ſo viel mehr ie groͤßer der Diameter des Obje - ctiv-Glaſes / und ie kleiner der Diameter des Augen-Glaſes iſt. W. Z. E.
51. Wenn ihr hinter das erſte Augen - Glaß / ehe die Strahlen ſich durchſchneiden / noch ein ander Augen-Glaß ſetzet; ſo erhal - tet ihr dadurch daß die Strahlen noch eher einander durchſchneiden / und das Bild im Brenn-Puncte unter einem noch groͤſſeren Winckel geſehen wird.
52. Man brauchet aber zwey Augen-Glaͤſer / weilG 2man92Anfangs-Gruͤndeman dadurch einen groͤſſeren Theil ſehen kan / als durch eines. Allein weil die Glaͤſer nicht alle Strahlen durchlaſſen / indem ſie einen guten Theil derſelben re - flectiren; ſo machen viele Glaͤſer die Sache dunckel.
53. Weil ein groͤſſeres Bild in einer gerin - geren Weite formieret wird / wenn hinter ei - nem erhabenen Glaſe ein Hohl-Glaß geſetzet wird; ſo koͤnnet ihr / wenn das Objectiv - Glaß von einer nicht allzugroßen Kugel iſt / ein auf beyden Seiten hohles Glaß in die Roͤhre zwieſchen das Objectiv - und Augen - Glaß ſetzen / und aus drey Glaͤſern das Fern - glaß machen / welches ſoviel thun wird als ein anderes / darinnen das Objectiv-Glaß von einer viel groͤſſeren Kugel iſt.
54. Die Hohl-Glaͤſer pflegen die Strahlen ſehr zu zerſtreuen / ſonderlich wenn ihr Diameter klein iſt. De - rowegen geſchiehet es gar leichte / daß man durch der - gleichen Fernglaß / als erſt beſchrieben worden / die Sachen nicht helle und deutlich gnung ſehen kan. Und habet ihr die Hohl-Glaͤſer / die einen allzu kleinen Diameter haben / zu vermeiden.
55. Es muß auch in dem Aſtronomiſchen Fernglaſe eine gnaue Proportion zwieſchen dem Objectiv - und Augen-Glaſe gehalten werden. Dechales (Dioptr. ib. 2. prop. 21. f. 699. Tom. 3. Mund. Mathem.) errinnert / er habe fuͤr gut befunden / wenn ein Obje - ctiv-Glaß von 2¼ Schuhen ein Augen-Glaß von 1½ Zollen; ein Objectiv-Glaß von 8 Schuhen ein Augen - Glaß von 4 Zollen; ein Objectiv-Glaß aber von 10 Schuhen ein Augen-Glaß von 4½ Zollen habe. Jndem93der Dioptrick. dem erſten Falle iſt der Diameter des Objectiv-Gla - ſes zu dem Diameter des Augen-Glaſes / wie 18 zu 1; in dem andern wie 24 zu 1; in dem dritten wie 80 zu 9. Hugenius hat wahrgenommen / daß / wenn der Diameter des Objectiv-Glaſes 30 Schuhe haͤlt / der Diameter des Augen-Glaſes 3 $$\frac {3}{10}$$ Zolle oder 330 Hundert-Theilgen eines Zolles haben muͤße. Er gie - bet aber in ſeiner Dioptrica (prop. 46. p. 210 O - poſc. poſthum. ) folgende Regel an / nach welcher ihr den Diameter des Augen-Glaſes jederzeit finden koͤnnet / wenn euch der Diameter des Objectiv-Glaſes gegeben wird. Multipliciret nemlich die Schuhe / welche die Laͤnge des Objectiv-Glaſes andeuten durch 3000; aus dem Produet ziehet die Ovadrat-Wurtzel (§. 90. Arithm.) Dividiret ſie durch 10 und addiret zu ihr den Qvotienten / ſo zeiget die Summe die Laͤn - ge des Diameters von dem Augen-Glaſe in Hundert - Theilaen an. Es ſey Z. E. der Diameter des Obje - ctiv-Glaſes 10 Rheinlaͤndiſche Schuhe.
〈…〉
Diameter des Au - gen-Glaſes.
56. Hevelius (in Prolegom. Selenograph. f. 16) verwierft nicht ohne Grund die Roͤhren / ſo aus Papiere zuſammen gekleiſtert werden. Denn im feuchten Wetter ziehen ſie die Feuchtigkeit an ſich / im trocke - nen ſchwinden ſie. Daher laßen ſie ſich in jenem nicht wohl ausziehen; in dieſem ſtecken die verſchiedenen Zuͤge nicht feſte gnung in einander. Dadurch aber wird zugleich gehindert / welches das meiſte iſt / daßG 3die94Anfangs-Gruͤndedie Glaͤſer einander parallel bleiben / und werden daher die Sachen nicht gnau gnung abgebildet. Da nun in großen Fernglaͤſern die Roͤhren aus Bleche zu ſchweer ſind; ſo ziehet Hevelius die aus feſtem und trockenem Holtze verfertigten Roͤhren allen anderen vor.
57. Wenn die Fernglaͤſer nicht uͤber 18 Schuhe ſind; ſo laßet eine Rinne von Holtz machen / darein die Roͤhre geleget wird / damit ſie ſich nicht kruͤmmen kan / und henget ſie vornen mit einem Striecke an ei - nen Maſtbaum / doch ſo daß ihr damit an einer Rolle die Rinne mit dem Fernglaſe nach Belieben erhoͤhen und niederlaßen koͤnnet. Hinten aber leget ſie auf ein Stativ / welches ihr hoͤher und niedrieger ſchrau - ben koͤnnet / nachdem es die Umbſtaͤnde erforderen - Wenn die Roͤhre nicht uͤber 10 Schuhe haͤlt / kan die Rinne mit einer Kugel / wie das Geometriſche Meß - Tiſchlein in das Stativ eingeſetzet werden / damit ihr das Fernglaß nach erforderten Umbſtaͤnden mit der Hand erhoͤhen und niederdruͤcken koͤnnet. Allein die Fernglaͤſer ſo uͤber 20 und mehrere Schuhe ſind / bis uͤ - ber 30 / ja 40 / 50 / 60 u. ſ. w. laßen ſich auf ſolche Art nicht wohl regieren. Es hat ſich Hevelius (Machin. Coeleſt. part. 1. c. 19. f. 387. & ſeqq. ) viel Muͤhe ge - geben zu zeigen / wie man ſo lange Fernglaͤſer beqvem regieren ſolle - Abſonderlich beſchreibet er eine Ma - nier fuͤr die Fernglaͤſer von 60 / 70 bis 140 Schuhen (c. 20 & 21 f. 391 & ſeqq.) Dergleichen er ſich ſon - derlich in dem letzteren gluͤcklich bedienet. Jhr werdet aber finden / daß Hevels Anſchlaͤge koſtbahr und muͤh - ſam auszufuͤhren ſind. Derowegen hat Hugenius ſehr wohl gethan / da er uns von allen dieſen weitlaͤuftigen und koſtbahren Geruͤſten befreyet / als er in ſeiner A - ſtroſcopia Compendiaria Tubi Optici molimine libe - rata (Hagæ Comitum 1648. in 4.) gezeiget / wie man die Roͤhren von den Fernglaͤſern wegſchaffen koͤnne / oh -ne95der Dioptrick. ne daß bey naͤchtlicher Weile (denn man brauchet bloß lange Fernglaͤſer zu Betrachtung der Sterne) der Ein - fall frembdes Lichtes hinderlich falle. Jhr findet die gantze Kunſt auch in den Leipziger-Actis A. 1684. p. 563. & ſeqq. ſo umbſtaͤndlich als in dem kleinen Huge - nianiſchen Wercklein ſelbſt beſchrieben.
58. Ein Fern-Glaß zu machen / wel - ches die Sachen aufgerichtet vorſtel - let / wie ſie ſind.
So iſt geſchehen / was man verlangete.
Weil das Bild des Objectiv-Glaſes in dem Brenn-Puncte des erſten Augen-Gla - ſes ſtehet; ſo ſind die Strahlen nach der Ne - fraction in ihm parallel (§. 17.) und formie - ren in dem Brenn-Puncte des anderen Au - gen-Glaſes ein Bild / ſo recht ſtehet. Da nun das dritte Augen-Glaß zu dieſem BildeG 4geſe -96Anfangs-Gruͤndegeſetzet wird / wie in dem Aſtronomiſchen Fern - Glaſe das Augen-Glaß zu dem Bilde des Objectiv-Glaſes; ſo muͤſſet ihr hier / wie dorten / das in ſeinem Brenn-Puncte ſtehen - de Bild ſehen. Solcher geſtalt ſehet ihr die Sachen aufgerichtet und ſo nahe bey euch / als der Brenn-Punct des letzten Augen-Gla - ſes von eurem Auge weg iſt. W. Z. E.
59. Man nimmet drey Augen-Glaͤſer zu derglei - chen Fern-Glaſe / damit man viel auf einmal ſehen kan / welches in dem Aſtronomiſchen / ſonderlich aber in dem Gallilaͤaniſchen Fern-Glaſe nicht geſchiehet. Zwar kan man auch durch zwey Augen-Glaͤſer dieſes erhalten / daß allſo zu dem gantzen Fern-Glaſe nur drey Glaͤſer kommen: allein die Sachen bekommen Far - ben und umb den Rand der Eroͤfnung des Fern - Glaſes werden die geraden Linien in krumme ver - wandelt. Einige nehmen vier und mehrere Augen - Glaͤſer dazu: allein dadurch muͤſſen die Sachen ſehr dunckel werden / in dem wegen der Reflexion in dem Durchgange durch jedes Glaß die Zahl der Strahlen vergeringert wird. Derowegen iſt unter allen Fern - Glaͤſern / die man auf der Erde brauchen kan keines beſſer / als das drey Augen-Glaͤſer hat / wenn man nicht einen Spiegel mit zu Huͤlfe nehmen wil: wo - von bald ein mehreres.
60. Dechales (Dioptr. lib. 2 prop. 24. cor. 1. f. 702 Tom. 3 Mund. Mathem.) haͤlt fuͤr gut / daß / wenn der Brenn-Punct des Objectiv-Glaſes 2¼ Schuhe von ihm weg iſt / der halbe Diameter von jedem Augen-Glaſe bey nahe zwey Zoll ſey.
61. Wenn ihr das Fern-Glaß mit 4 Glaͤſern ſtellen wollet; ſo nehmet anfangsnur die zwey Theile der Roͤhre / darinnen das Objectiv - und erſte Augen - Glaß iſt / und ziehet ihn ſo weit auseinander / biß ihr die Sache / worauf ihr ihn gerichtet / deutlich ſehen koͤnnet. Eben dieſes thut mit dem anderen Theile / in welchem die beyden letzten Augen-Glaͤſer zu finden. Endlich ſtecket beyde Theile der Roͤhre wieder in einander und verſchiebet die engere in der weiteren ſo lange / biß ihr die Sache abermals deutlich ſehen koͤnnet. Man ſuchet lieber auf ſolche Weiſe die Fern-Glaͤſer zuſtellen / als nach der gegebenen Regel in der Aufloͤſung: weil nicht allein nach verſchiede - ner Weite der Sachen / nach denen man ſiehet / ſon - dern auch nach Beſchaffenheit des Auges / welches durchſiehet / die Glaͤſer ihre Weite von einander et - was veraͤndern muͤſſen. Hieraus ſehet ihr zugleich / warumb die Fern-Glaͤſer Roͤhren haben / die man aus einander ziehen kan: welches ſonſt auch dazu dienet / daß man ſie in einen kleinen Raum bringen kan / wenn man wil / oder es noͤthig hat.
62. Wenn ihr die zwey mittleren Augen - Glaͤſer wegnehmet; ſo bekommet ihr ein Aſtronomiſches Fern-Glaß.
63. Ein anderes Fern-Glaß zu ma - chen / welches alles / ſo dadurch geſehen wird / recht vorſtellet.
So werdet ihr in dem Spiegel die Sache von eben der Groͤſſe ſehen / als ſie ſonſt durch das Fern-Glaß zu erſcheinen pfleget (§. 10 Catoptr.)
64. Hugenius (Dioptr. prop. 52. p. 189.) haͤlt die - ſes Feruglaß fuͤr viel beſſer / als welches aus 4 Glaͤſern zuſammen geſetzet worden. Man brauchet aber lie - ber einen ſtaͤhlernen / als einen glaͤſernen Spiegel / weil die glaͤſernen die Strahlen doppelt reflectiren. Doch muß der ſtaͤhlerne recht helle polieret ſeyn.
65. Wie viel ein Fern-Glaß die Sa - chen vergroſſere / zu erforſchen.
So werdet ihr ſehen / wie viel Theilen des Bildes / ſo durch das Fern-Glaß erſcheinet / der gantze Stab gleich iſt / und folgends wieſ - ſen / wie viel euer Fern-Glaß im Diameter die Sachen vergroͤſſert.
66. Weil die Circul ſich verhalten wie die Qvadrate / und die Kugeln wie die Cubi ihrer Diametrorum (§. 160. 226 Geom.); ſo koͤnnet ihr ferner leicht finden / wie viel mal die Flaͤche / ingleichen wie viel mal der Corper ſelbſt vergroͤſſert werde.
67. Es ſey Z. E. der Stab in 60 Theile eingethei - let / und durch das Fernglaß ſehet ihr 3 Theile ſo groß als den gantzen Stab / ſo vermehret es den Diameter zwantzigfach / und allſo die Flaͤche vier hundertfach / den Coͤrper acht tauſendſach.
68. Jhr koͤnnet auch mit dem Zahne in ſeinem Oculo Artificiali (fund. 2. ſyntagm. 3. c. 14. f. 411) an ſtat des Stabes die obere Reihe der Ziegel auf dem Dache eines Hauſes annehmen / und zu ſehen / wie viel Ziegel durch das Fernglaß ſo groß als die gantze Rei - he ausſehen.
69. Durch dieſe Aufgabe werdet ihr fin - den / daß der Diameter einer Sache / wie ſie durch das Fern-Glaß geſehen wird / ſich ver - halte zu dem Diameter derſelben / wie ſie mit bloſſen Augen geſehen wird / wie die Wei -te100Anfangs-Gruͤndete des Brenn-Punctes von dem Objectiv - Glaſe zu der Weite des Brenn-Punctes von dem Augen-Glaſe.
70. Dieſes haben Molyneux (Dioptr. part. 1. prop. 53. p. 162. & ſeqq. ) und Hugenius (in Dioptr. prop. 49. p. 175. 176 Opuſc. poſthum.) Geometriſch er - wieſen. Jm Gallilaͤaniſchen Fernglaſe hat zwar das Augen-Glaß keinen Brenn-Punct. Jhr doͤrfet aber an ſtat der Weite des Brenn-Punctes nur den halben Diameter des Hohl-Glaſes annehmen: ſo koͤnnet ihr den andern Zuſatz auch daſelbſt anbringen.
71. Allſo vergroͤſſeren zwey Fern-Glaͤſer gleichviel / wenn die Objectiv-Glaͤſer zu den Augen-Glaͤſern einerley Verhaͤltnis haben.
72: Jhr ſoltet meinen / daß / weil die Vergroͤße - rung einig und allein von der Proportion des Objectiv - Glaſes zu dem Augen-Glaſe herruͤhret / zwieſchen klei - nen Glaͤſern aber eben die Proportion ſeyn kan / die man zwieſchen groſſen hat / alle die Muͤhe vergebens ſey / welche man auf große Objectiv-Glaͤſer wendet / zumal da die Fernglaͤſer dadurch uͤbermaͤßig lang wer - den / und im Gebrauch vielen Verdruß machen. Al - lein es dienet zur Nachricht / daß ihr nicht wohl zwie - ſchen kleinen Glaͤſern eben die Verhaͤltniſſe in acht neh - men koͤnnet / die ſich in großen anbringen laßen / wenn in beyden Faͤllen die Sache helle und ohne Farben erſcheinen ſol. Z. E. zu einem Objectiv-Glaſe von 12 Schuhen wird ein Augen-Glaß von 3 Zollen erſor - dert. Rach dieſer Proportion kaͤme fuͤr ein Obje - ctiv-Glaß von 24 Schuhen ein Augen-Glaß von 6Zol - len. Es kan aber wol ein kleineres von 5 oder 4 Zol - len dazu geſchieckt ſeyn. Und darumb werdet ihrdurch101der Dioptrick. durch das Objectiv-Glaß von 24 Schuhen mehr als durch das von 12 Schuhen vergroͤßern koͤnnen. Nem - lich ein Objectiv-Glaß von viel Schuhen kan zu ſeinem Augen-Glaſe eine geringere Verhaͤltnis haben / als ein Objectiv-Glaß von wenigeren. Uber dieſes weil die Objectiv-Glaͤſer von vielen Schuhen ein groͤſſeres Bild formieren / als die von wenigen (§. 35. Optic. ); ſo iſt es auch kein Wunder / daß die Sachen durch Fernglaͤſer mit großen Objectiv-Glaͤſern deutlicher als durch andere mit kleineren geſehen werden.
73. Durch die Bedeckung verſtehen wir den Ring / der an dem Objectiv - Glaſe bedecket wird / damit keine Strahlen dadurch in das Fern-Glaß kommen koͤnnen. Hingegen die Eroͤf - nung iſt ein Circul / welcher mitten in dem Objectiv-Glaſe offen bleibet / da - mit die Strahlen dadurch in die Koͤhre fallen koͤnnen.
74. Es hat die Erfahrung bey dem Gebrauche der Fernglaͤſer gelehret / daß die Verdeckung ſehr ver - ſchieden iſt / nicht allein nach der Laͤnge der Fernglaͤſer ſondern auch nach dem verſchiedenen Lichte der Sa - chen / die man dadurch klahr und deutlich ſehen wil. Z. E. eine andere Verdeckung wird fuͤr die Erd-Coͤrper / eine andere fuͤr die Himmels-Coͤrper erfordert / und unter dieſen iſt die Bedeckung anders fuͤr den Mond und Jupiter / als fuͤr die Venus oder auch die Firſter - ne.
75. Die Bedeckung wird nicht allein darumb er -for -102Anfangs-Gruͤndefordert / daß weder zuviel noch zu wenig Strahlen in das Fernglaß fallen / und allſo die Sache recht helle erſcheine; ſondern es iſt auch zu bedencken / daß die Strahlen / welche von der Axe zu weit und dabey ſehr ſchief einfallen / nicht mit den andern / die der Axe naͤ - her ſind / in einem Puncte vereiniget werden: wodurch die Sache undeutlich wird. Jhr koͤnnet dieſes durch folgende Erfahrung lernen. Haltet etwas ſehr nahe fuͤr das Auge / ſo wird es undeutlich ausſehen. Hin - gegen in unveraͤnderter Weite der Sache / die ihr ſe - het / ſchiebet vor das Auge ein Papier mit einem ſubti - len Loͤchlein / daß ihr mit einer Nadel hinein geſtochen. Alsbald werdet ihr die Sache deutlich ſehen.
76. Die rechte Bedeckung zu einem Fern-Glaſe zu finden.
So werdet ihr die Bedeckungen fuͤr alle Faͤlle finden koͤnnen.
77. Hugenius hat in ſeiner Dioptrica (prop. 56. p. 210.)103der Dioptrick. 210.) folgende Regel gegeben. Multipliciret die Zahl der Schuhe / welche die Weite des Brenn-Punc - tes von dem Objectiv-Glaſe hat / mit 3000: Aus dem Product ziehet die Ovadrat-Wurtzel (§. 90. Arithm.) Dieſe iſt der Diameter der Eroͤfnung in Hundert - Theilgen eines Zolles. Z. E. wenn der Diameter des Objectiv-Glaſes 10 Rheinlaͤndiſche Schuhe hat / ſo iſt der Diameter der Eroͤfnung 17 / nemlich Hundert - Theilgen eines Zolles (§. 55).
78. Bey Tage muß die Eroͤfnung groͤſſer ſeyn als des Nachtes / weil in dem erſten Falle das Auge von vielem Lichte eingenonnnen / und daher bey einer groſſen Bedeckung die Sachen dunckel ausſchen. Es erinnert aber Hugenius (prop. 58. p. 215. 216) / daß es viel beſſer ſey / wenn man eben die Bedeckung des Ta - ges behaͤlt / die man nach der vorhergehenden Regel fuͤr die Aſtrouomiſchen Fernglaͤſer / welche bey naͤcht - licher Weile gebrauchet werden / gefunden / und nur andere Augen-Glaͤſer nimmet / deren Diameter noch einmal ſo groß iſt.
79. Die Erfahrung wird euch lehren / wieviel da - ran gelegen ſey / daß ihr die rechte Bedeckung findet. Denn ihr werdet durch ein kurtzes Fernglaß mit der rechten Bedeckung mehr ausrichten koͤnnen / als durch ein langes mit einer unrichtigen Bedeckung.
80. Wie viel ein Vergroͤſſerungs - Glaß die Sachen vergroͤſſere / zu er - fahren.
So findet ihr / wie vielmal der Diameter der Sache durch euer Glaß vergroͤſſert wird / folgends auch wie viel es die Flaͤche und den Coͤrper vergroͤſſert (§. 66).
81. Es wird eine ſonderbahre Geſchiecklichkeit erfordert / wenn ihr das verrichten wollet / was in ge - genwaͤrtiger Aufgabe vorgeſchrieben worden. Hu - genius hat in ſeiner Dioptrica (prop. 59. p. 222) erwieſen / die Sache werde durch ein Einfaches Glaß ſo viel vergroͤſſert als 8 Zoll groͤſſer ſind als die Wei - te ſeines Brenn-Punctes. Z. E. Es ſey dieſe ⅕ Zoll / ſo wird die Sache im Diameter 40 mal ver - groͤſſert. Von den Kuͤgelein errinnert er / (p. 223. 224) daß die Sache dreymal ſo weit von ihnen weg iſt / als von einem Linſenfoͤrmigem Glaſe / wenn bey - de gleich groß machen: wodurch es geſchiehet / daß von den Seiten frembdes Licht mit hinein faͤllet und Farben verurſachet.
82. Weil in kleinen Vergroͤſſerungs-Glaͤſern nicht allein das Auge ſehr nahe gehalten werden muß / ſon - dern auch die Sache ſelbſt auf der anderen Seite ſehr nahe anlieget: ſo hat man auf beſondere Geſtelle zu dencken / da man / ohne das Licht ſich zu benehmen / durch die Einfachen Vergroͤſſerungs-Glaͤſer beqvem ſehen und die Sachen fuͤglich darhinter halten kan. Dergleichen haben wir von dem Musſchenbrœk, wovon Zahn in dem Anhange zu ſeinem oben an - gefuͤhrtem Wercke f. 780. & ſeqq. nach zu ſchlagen. Noch andere Arten findet ihr f. 795. 796. Conf. fund. 3 Syntag. 3. c. 2 f. 531. & c. 4. f. 549. 550. Man brauchet aber die kleinen Kuͤgelein meiſten - theils / wenn man durchſichtige Coͤrper betrachten wil.
83. Wenn der Brenn-Punct uͤber ½ Zoll weit weg iſt / ſo habet ihr euch umb die Bedeckung nicht viel zu bekuͤmmern / weil der Stern im Auge ſelbſt die uͤberfluͤßige Strahlen wegtreibet. Allein wenn die Vergroͤſſerungs-Glaͤſer ſehr klein ſind / ſo ſollen nach Hugenii Rathe (Dioptr. prop, 60 p. 231) die Eroͤfnungen eben die Verhaͤltnis in verſchiedenen Vergroͤſſerungs-Glaͤſern gegen einander haben / wie die Weiten der Brenn-Puncte. Es iſt aber wohl zu mercken / daß die einfachen Vergroͤſſerungs-Glaͤſer die Sachen deſto dunckeler vorſtellen / ie mehr ſie dieſelbe vergroͤßern.
84. Ein Vergroͤſſerungs-Glaß aus zwey Glaͤſern zuſammen zu ſetzen.
Sie werden faſt wie die Aſtronomi -(3) Hſchen106Anfangs-Gruͤndeſchen Fern-Glaͤſer gemacht / nur daß das Objectiv-Glaß von einer kleinen / und das Augen-Glaß von einer groͤſſeren Kugel iſt. Jhre rechte Weite von einander kan die Er - fahrung am beqvemſten lehren.
85. Es muß in dergleichen Vergroͤſſerungs-Glaͤ - ſern die Sache etwas weiter weggeruͤcket werden / als der Brenn-Punct abſtehet. Denn ſo wird hinten ein Bild formieret / welches viel groͤſſer als ſie iſt / und zwar deſto groͤſſer / ie kleiner der Diameter des Obje - ctiv-Glaſes. Da nun das Augen-Glaß das Bild in ſeinem Brenn-Puncte hat / vergroͤſſert es ſelbiges noch mehr.
86. Man lobet die Proportion des Objecctiv-Gla - ſes zu dem Augen-Glaſe wie 1 zu 2 / ingleichen wie 2½ zu 3 / und vergoͤnnet fuͤr die Weite des Brenn-Pun - ctes von dem Objectiv-Glaſe ⅔ oder ½ Zoll; fuͤr die Weite des Brenn-Punctes von dem Augen-Glaſe 1 bis 1½ Zoll.
87. Man ſetzet auch Vergroͤſſerungs-Glaͤſer aus drey Glaͤſern zuſammen. Dechales ruͤhmet (Dioptr. lib. 2. prop. 30. f. 705. Mund. Mathem.) des Demon - conis Vergroͤſſerungs Glaß / in welchen die Sache von dem Objectiv-Glaſe weg war 1 Zoll 4 Linien / die Wei - tedes Brenn-Punctes von dem Objectiv-Glaſe war 1″ 1‴ / die Weite des Objectiv-Glaſes von dem mitt - leren Augen-Glaſe war 15″ / die Weite ſeines Brenn - Punctes 2″½′ die Weite des mittleren Augenglaſes von dem erſten 1″ 9‴ / die Weite des Brenn-Punctes von dem erſten Augen-Glaſe 1″ 5‴ / die Weite desAu -107der Dioptrick. Auges von demſelben 6‴. Der Diameter der Er - oͤfnung war nur 1½ Linien.
88. Es werden auch Vergroͤſſerungs-Glaͤſer aus 4 Glaͤſern zuſammen geſetzet. Zu dergleichen recom - mendiret Dechales (Dioptr. lib. 2. prop. 58. f. 721) ein Objectiv-Glaß von 6 Linien / das erſte Augen-Glaß von 21 / das andere von 18 / das dritte von 15 Linien.
89. Eine Zauber-Laterne zu ma - chen dadurch man allerhand Bilder mehr als in Lebens-Groͤſſe an eine weiſ - ſe Wand im finſtern werfen kan.
Wenn ihr nun das Bild DE verkehret durch die Schlietze in die Roͤhre ſchiebet / und die Roͤhre ſo auseinander ziehet / daß die Strah - len von dem Bilde / welches durch Huͤlfe des Hohl-Spiegels AB gewaltig erleuchtet wird / durch die Refraction in dem erſten Glaſe FG mehr aus einander gebracht werden / als ſie waren / da ſie einfielen: ſo werden ſie durch die Refraction in dem anderen Glaſe HI gantz langſam erſt miteinander vereiniget werden und dannenhero das Bild in KL aufgerichtet / aber viel groͤſſer als es iſt / dar - ſtellen: welches man verlangete.
90. Wenn ihr die Roͤhre mit dem Bilde und den Glaͤſern in einem verfinſterten Ge - mache vor ein Loch haltet / dadurch die Son - ne ihre Strahlen gerade hinein werfen kan; ſo koͤnnet ihr auch die Bilder durch das Son - nen-Licht an eine weite Wand werfen.
91. Jhr koͤnnet auch mit einem Glaſe eine ſol - che Laterne machen / und an ſtat des Spiegels AB ein dieckes erhabenes Glaß vor das Bild DE ſetzen / wel - ches gleichfalls zu deſto groͤſſerer Erleuchtung des Bildes dienet. Denn es iſt bekand / wenn ihr ein dieckes erhabenes Glaß / oder auch eine glaͤſerne Ku - gel voll Waſſer fuͤr ein Licht oder eine Lampe ſetzet / ein groſſer und heller Schein hinter der Kugel ent - ſtehet. Jngleichen wird ein finſteres Gemach auf einmal helle / wenn ihr eine Kugel mit Waſſer fuͤr ein kleines Loͤchlein in den Fenſter-Laden haltet / da - durch nur wenig Licht in das Gemach fallen kan.
92. Wenn ihr demnach hinten an eine Laterne einen Hohl-Spiegel machet und an der Thuͤre ein dieckes auf einer Seite erhabenes Glaß befeſtiget; ſo werdet ihr das Licht ſehr helle und weit vor euch wegwerfen / umb und hinter euch aber wird es gantz finſter ſeyn.
93. Aus Spiegeln und geſchlieffenen Glaͤſern laßen ſich allerhand anmuthige Optiſche Machinen zuſam - men ſetzen / dergleichen ihr verſchiedene bey dem Zahne in dem dritten Theile ſeines oͤfters erwehn - ten Werckes antreffet. Und wenn ihr euch die Ei - genſchaften der Glaͤſer und Spiegel recht bekandt ma -H 3chet110Anfangs-Gruͤndechet; werdet ihr auch ſelbſt auf viele Erfindungen kommen. Faͤllet es euch zu ſchweer dieſelben Geome - triſch zu unterſuchen; ſo koͤnnet ihr euch mit den Erfah - rungen begnuͤgen / die ihr mit geſchlieſſenen Glaͤſern und Spiegeln anſtellet. Z. E. wenn ihr ein erhabe - nes Glaß auf einen platten Spiegel leget; ſo werdet ihr finden / daß es die Eigenſchaften eines Hohl-Spie - gels an ſich nimmet. Daher koͤnnet ihr ein Glaß auf der erhabenen Seite wie einen Spiegel uͤberlegen / und die andere Seite platt laßen; ſo wird es die Unwießen - den befremden / wie ein platter Spiegel brennen / ver - groͤßern und die Sachen umbgekehret vorſtellen kan. Haltet ein erhabenes Glaß vor einen platten Spiegel und etwas zwieſchen das Glaß und eurem Auge; ſo werdet ihr es in dem Spiegel vergroͤßert ſehen. u. ſ. w.
94. Durch ein vieleckichtes Glaß er - ſcheinet eine jede Sache ſo viel mal als das Glaß Ecken hat.
Denn von C fallen auf jede Seite DA / AB und BE Strahlen. Weil ſie nun ge -Tab. II. Fig. 11. gen das Auge O gebrochen werden; ſo ſie - het es nicht allein durch den Strahl CO die Sache in C / ſondern auch durch die Strah - len FO und GO in c und c / folgends ſo vielmal als das Glaß Ecken hat, W. Z. E.
95. Wenn ihr die wahre Sache greiffen wollet / ſo haltet den Finger dergeſtalt / daß ihr gegen iedes Bild einen Finger gerichtet ſehet. Denn wenn ihr alsdennge -111der Dioptrick. gegen die Sache zufahret / ſo werdet ihr ſie unſtreitig treffen.
96 Gleichwie aber dieſe Polyhedriſchen Glaͤſer die Sachen in ihrer rechten Groͤße vorſtellen; ſo hat man hingegen auch Polyoptriſche Glaͤſer / die ſie zwar viel - faͤltig / aber gantz kleine vorſtellen. Das Objectiv - Glaß iſt auf beyden Seiten platt und im Diameter 3¼ Zoll. Auf der inneren Seite ſind lauter kleine Gruͤbelein in der Groͤße einer Liuſen eingeſchlieffen. Die Weite des Objectiv-Glaſes von dem Augen-Gla - ſe iſt 3¾ Zoll. Die Breite des Augen-Glaſes / ſo auf einer Seite erhaben / auf der anderen hohl / iſt bey na - he 1 Zoll. Der Diameter der erhabenen Flaͤche muß geringer als der Diameter der hohlen ſeyn.
97. Tuͤchtiges Glaß zum Schleiffen auszuleſen.
98. Dechales (Dioptr. lib. 2. Digreſ. prop. 2. f. 728) giebet an / wie man Objectiv-Glaͤſer ohne Win - den und Adern bekommen koͤnne. Laſſet euch eine lange Scheere machen / die mit einer Hoͤhle zweyer Kugel - ſchnitte nach der Groͤße des verlangeten Objectiv-Gla - ſes verſehen / und nehmet damit das geſchmoltzene Glaß aus dem Ofen heraus. Man machet aber die Objectiv-Glaͤſer anfangs etwas breiter als ſie ſeyn ſol - len / damit man ihnen die Sphaͤriſche Figur deſto be - qvemer geben kan.
99. Hugenius (in Comment. de formandis vitris p. 273. Opuſc. poſth. ) errinnert / daß das gantz weiſſe Glaß gemeiniglich einige Adern und Ungleichheiten in ſeiner Subſtantz hat / oder auch in der Luft feuchte wird: wovon nach etlichen Jahren alle Politur verge - het / wie Dechales (l. c. f. 728,) erfahren. Derowe - gen haͤlt Hugenius das fuͤr beßer / welches etwas gelbe / oder auch gruͤnlicht ausſiehet / wenn man durchſiehet / und recommendiret am meiſten das Glaß von zerbro - chenen Venetianiſchen Spiegeln.
200. Schuͤßeln zum Glaß-Schleiffen zu verfertigen.
Bereitet eine Forme wie zu den Hohl - Spiegeln nach der 4 Aufgabe (§. 36. Catopt. ) und laſſet darinnen die Schuͤßeln von Meßing gießen.
Jhr koͤnnet ſie auch aus Kupfer oder Ei -ſen113der Dioptrick. ſen anfangs haͤmmern / und hernach vollkom - men ausdrehen laſſen / nach dem Lehrbogen / den ihr auf eine kuͤpferne Platte mit dem ge - hoͤrigen Diameter beſchrieben.
201. Wenn der Lehrbogen einen ſehr großen Dia - meter / als von 37 und mehr Schuhen hat / ſo recom - mendiret Hugenius (l. c. p. 267. 268) folgende Me - thode ihn zu beſchreiben. Es ſey BC die halbe Brei - te / BA die Tiefe eurer Schuͤßel. Setzet AD beruͤhre den Bogen AC in A und jeder Theil dieſer Linie AE / EE u. ſ. w. ſey ein Zoll. Suchet zu dem Diameter und AE die dritte Proportional-Zahl (§. 107 Arithm. ) ſo habet ihr EF. Wenn ihr dieſes mit 4 multipliciret / ſo habet ihr das andere EF; multipliciret ihr es mit 9 / das dritte; multipliciret ihr es mit 16 / das vierdte / u. ſ. w. ziehet die Linien EF von AD ab / ſo bleiben die Linien GF uͤbrieg. Wenn ihr nun auf die Linie BC die Linien FG nach einem Maaßſtabe auftraget / auf welchem der Zoll in ſo kleine Theilgen als moͤglich ge - theilet worden / ſo koͤnnet ihr durch die Puncte E den Bogen AC beſchreiben.
202. Glaͤſer zu ſchleiffen und zu po - lieren.
So iſt geſchehen / was man verlangete.
203. Es ſind vielerley Methoden das Glaß zu ſchleiffen. Jch habe diejenige beſchrieben / von wel - cher mich die Erfahrung gelehret / daß die Glaͤſer gar ſauber werden. Noch andere Methoden beſchreiben Dechales (Dioptr. lib. 2. prop. 2. digreſſ. Mech. f. 728. & ſeqq.) Zahn in Oculo Artific. fund. 3. ſyntagm. 2. c. 2. f. 451. & ſeqq. und Hugenius in ſei - nen Commentariis de formandis poliendisque vitris.
204 Einige brauchen zum Kuͤtt Pech mit dem vierdten Theile Hartzt vermieſchet. Hugenius (O - puſc. poſth. p. 276) nimmet 1 Theil Wachs und 11 Theile Colophoniæ. Zu kleinen Glaͤſern brau - chet Zahn (f. m. 452) Siegel-Wachs. Jhr koͤn - net aber gutes Siegel-Wachs euch ſelbſt folgender Geſtalt machen. Nehmet Gummilaccæ eine Untze / Colophoniæ 1 Qvintlein und reibet es wohl unter - einander. Miſchet darunter Zinnobet / ſo viel als gnung iſt und gieſſet hoch rectificirten Spiritum Vi - ni darauf / ſo viel als erfordert wird das Gummi - lack voͤllig aufzuloͤſen. Setzet es an ein gelindes Feuer / daß es wohl ſchmeltzet. Wenn dieſes ge - ſchehen / ſo nehmet etwas heraus und zuͤndet es bey dem Lichte an. Zuͤndet ferner den Spiritum Vini an und ruͤhret alles ſo lange unter einander / biß er ſich verzehret hat und ausgehet: ſo koͤnnet ihr die Ma - terie nach gefallen formen. An ſtat des Kleiſters machet Zahn (f. 461) einen Leim aus weiſſem Wachſe und Venetianiſchem Terpentin / der ſo klahr wie ein Bronnen-Waſſer iſt / und ruͤhret ihn ſo zeht ein als ein Siegel-Wachs.
205. Hugenius (Opuſc. poſth. p. 279) machet die Glaͤſer / nach dem ſie mit Sande abgerieben wor - den und die Figur der Schuͤſſeln angenommen / mit bloſſem Schmergel zur letzten Politur geſchieckt. Er ſchleifet nemlich ¼ Stunde mit geſchlemmetem Schmergel / der ſich in 40 Secunden geſetzet: nach dieſem ¼ Stunde mit Schmergel von 100; ferner ¼ Stunde mit Schmergel von 200; und endlich 1½ Stunden mit Schmergel von 400 Secunden. Wie wol er mehr davon haͤlt / wenn man mit dem erſten Schmergel von 40 oder 100 Secunden biß zu En -de116Anfangs-Gruͤndede fortfaͤhret und nur alle halbe Stunden etwas von dem Staube heraus thut / damit zuletzt faſt nichts zuruͤcke bleibet. Zu weilen hat er ¾ Stunden Schmer - gel von 50 Secunden / $$\frac {5}{4}$$ Stunden Schmergel von 400 Secunden und ¼ Stunde Schmergel von 45 Minuten gebraucht. Jhr erkennet aber / daß es zu der letzten Politur geſchieckt iſt / wenn die Fenſter bey Tage oder ein Licht ſich gnau durch die Refraction der Strahlen im Glaſe hinter ihm abbilden. Die Schuͤſſel muß aber niemals allzutrocken ſeyn.
206. An ſtat des Papieres / damit die Schuͤſſel uͤber zogen wird / leget Hugenius (Opuſc. poſth. p. 283) einen Grund von 4 Theilen Trippel und einem Theile Cypriſchem Vitriole / welche beyde Materien in 8 biß 10 Tropfen Eßige zerrieben worden / daß ſie ſich mit einem Pinſel anſtreichen laſſen. Dieſer trockene Grund wird mit Trippel berieben.
207. Die ſaure Arbeit des Schleiffens zu er - leichtern hat man allerhand Machinen erſonnen: von welchen die angefuͤhrten Scribenten nach zu leſen ſind.
Ende der Dioptrick.
1.
DJe Perſpectiv iſt eine Wieſ - ſenſchaft eine Sache ſo abzu - bilden / wie ſie in einer gewieſ - ſen Weite und Hoͤhe in die Augen faͤl - let.
2. Es iſt demnach noͤthig / daß die von dem Bilde reflectirten Strahlen auf eben eine ſolche Art in das Auge fallen als geſchehen wuͤrde / wenn ſie von der Sache ſelbſt in ei - ner gegebenen Hoͤhe und Weite hinein fie - len.
3. Es ſey HR die Horizontal-Linie / in O das Auge / ſo wird der Trian gel ABC geſehen durch Huͤlfe derFig. I. Strahlen OA / OC / OB und ſo lange dieſe Strahlen einerley Winckel in dem Auge miteinander machen / ſo lange erſcheinet der Triangel auf einerley Art. Da - her erſchiene er noch wie vorhin / wenn die Strahlen Oa / Oc / Ob von einer Tafel TS reflectiret wuͤrden. Wenn ihr euch einbildet / TS ſey eine durchſichtige Ta - fel / dadurch die Strahlen von dem Triangel ABC doch unveraͤndert durchgehen / indem ſie in das AugeO kom -118AnhangO kommen / und durchloͤchern die Tafel in den Punc - ten a / b / c u. ſ. w. wo ſie durchgehen; ſo werdet ihr ein Bild haben / welches dem Auge in O eben ſo erſchei - nen wird / als der Triangel ABC ſelbſt. Die Perſpe - ctiv nun zeiget / wie ihr die Puncte a / b / c Geometriſch finden koͤnnet.
4. Der Auge-Punct M iſt derje - nige / in welchen aus dem Auge O auf die Tafel TS das perpendicul gezogen wird.
5. Die Linie / auf welcher die Tafel aufſtehet / wird die Fundamental-Li - nie oder die Grund-Linie genennet.
6. Die Horizontal-Linie iſt eine ge - rade Linie / die durch den Auge-Punct M mit der Fundamental-Linie paral - lel gezogen wird.
7. Der Diſtantz-Punct iſt ein Punct in der Horizontal-Linie / welcher von dem Auge-Puncte ſo weit entfer - net / als das Auge von eben demſelben.
8. Eine jede Horizontal-Flaͤche per - ſpectiviſch zu zeichnen.
9. Dieſe Regel iſt allgemein und koͤnnet ihr nach eurem Gefallen Figuren erwehlen und in das Perſpe - ctiv bringen / wenn ihr euch in dieſen Zeichnungen uͤben wollet-Man nennet ſie Jchnographiſche Riſſe.
10. Einen Coͤrper nach der Perſpe - ctiv zu zeichnen.
11. Die Perſpectiviſche Zeichnungen der Coͤrper werden Scenographiſche Riße genennet. Wenn ihr luſt habet ſo wol in dieſen als den Jchnogra - phiſchen euch zu uͤben; koͤnnet ihr des Pozzo Baumei - ſter - und Mahler-Perſpectiv mit Nutzen zu dieſer Ar - beit gebrauchen.
12. Den Schatten zu einem Coͤrper zu zeichnen.
Weil der Schatten dem Lichte gegen uͤ - ber geworfen wird (§. 53. Optic. ) und ſeine Laͤnge ſich nach der Hoͤhe des Lichtes richtet (§. 48 Optic. ); ſo
Wo die obere Linien SN und SR die unte - ren ON und OR durchſchneiden / da hoͤret der Schatten auf: daß dem nach QPRN der verlangte Schatten iſt.
ENDE des Anhanges von der Perſpectiv.
(3) JAn -DJe Sphaͤriſche Trigono - metrie hat ihren Nutzen in der Aſtronomie und Geogrophie / auch in der Gnomonick. Derowegen habe ich ſie in dem erſten Theile weggelaſſen / da ich die Trigonometrie erklaͤhret / welche mit der Aufloͤſung der gera - delinichten Triangel beſchaͤftiget iſt / und biß in den Ort verſpaaret / da ihr bald ihren Nutzen in den an - gefuͤhrten Wieſſenſchaften ſehen koͤnnet. Jhr werdet ſie hauptſaͤch - lich in der Aſtronomie brauchen / wenn ihr die Bewegungen der Sterne umb die Erde / und allſo ih - ren Auf - und Unter-gang / auch vor - her ihre wahre Stelle in dem Him - mel und die Erhoͤhungen uͤber dem Horizont finden wollet. Wer nun zu dieſer Arbeit nicht Luſt hat; darf die Sphaͤriſche TrigonometrieJ 3gar126Vorrede. gart nicht lernen. Jhr werdet aber zu der Aſtronomie Luſt haben / wenn ihr bedencket / daß euch dieſelbe den Gebrauch der Kraͤfte des Verſtan - des in ſolchen Dingen zeiget / wel - che dem erſten Anſehen nach ſie weit zu uͤberſchreiten ſchienen. Wollet ihr demnach an der Suͤßigkeit des Vergnuͤgens Theil haben / welches durch die Erkaͤntnis eines herlichen Gebrauches der dem Anſehen nach geringen Kraͤfte der Vernunft in der Seele des Menſchen entſtehet; ſo uͤberwindet mit Gedult den ſchlechtẽ Verdruß / der euch in Erler - nung der Sphaͤriſchen Trigonome - trie erwachſen koͤnnte. Es ſcheinet dieſelbe den Anfaͤngern ſchweer zu ſeyn / wenn ſie in den Figuren die Coͤrperlichen Dinge nicht deutlich gnung unterſcheiden koͤnnen. Dero - wegen verſchwindet alle Schwierig - keit auf einmal / wenn ihr euch in einem Coͤrperlichen Bilde vorſtel - len laſſet / was in der Figur nicht recht deutlich ausgedrucket werden kan.
1.
DJe Sphaͤriſche Trigonometrie iſt eine Wieſſenſchaft aus drey gegebenen Theilen eines Sphaͤ - riſchen Triangels die drey uͤbrigen zu finden.
2. Ein Sphaͤriſcher Triangel iſt ein Raum / welcher von drey Circul-Bo - gen auf der Flaͤche einer Kugel einge - ſchloſſen wird.
3. Damit man die Seiten der Sphaͤriſchen Tri - augel / ihre Sinus und Tangentes mit einander ver - gleichen kan; ſo muͤſſen alle Seiten Bogen von gleich groſſen Circuln ſeyn / das iſt / von Circuln / die ei - nerley Diameter haben.
4. Die groͤſten Circul einer Kugel nennet man die jenigen / welche einer - ley Mittel-Punct und Diameter mit der Kugel haben.
J 4Der128Anfangs-Gruͤnde5. Sie theilen allſo die Kugel in zwey glei - che Theile (§. 25. Geom.)
6. Die groͤſten Circul einer Kugel theilen einander auch ſelbſt in zwey gleiche Theile (§. 25 Geom.)
7. Die beyden Zuſaͤtze ſind klahr und deutlich / wenn ihr die augefuͤhrte Erklaͤhrung der Kugel recht uͤberdencket. Nemlich wenn der halbe Circul ADB ſich umb ſeinen Diameter AB herumb beweget / be - ſchreibet er die Kugel; der halbe Diameter CD a - ber einen der groͤſten Circul der Kugel D F E G D. Wenn nun der halbe Circul ADB biß in AEB kom - men iſt / ſo hat CD den halben Circul DFE beſchrie - ben und demnach iſt auch der halbe Circul ADB den halben Weg durch gelaufen und hat die halbe Ku - gel beſchrieben. Derowegen theilet der groͤſte Cir - cul der Kugel AEBDA die Kugel in zwey gleiche Theile. Nun iſt aus dem / was geſaget worden / ferner klahr / daß EAD / DBE / EFD / EGD halbe Cireul ſind. Folgends ſchneiden die groͤſten Circul der Kugel AEBD und EFDG einander in zwey glei - che Theile.
8. Sie ſchneiden demnach ein ander in zwey Puncten D und E / die 180 Grad von einander weg ſind.
9. Das Maaß eines Winckels imSphaͤ -129der Sphaͤriſchen Trigonometrie. Sphaͤriſchen Triangel iſt ein Circul - Bogen / welcher zwieſchen ſeinen bey - den Schenckeln enthalten iſt und von des Winckels Spitze 90 Grad wegſte - het.
10. Jhr werdet bald ſehen / warumb man haben wil / daß das Maaß des Winckels in einem Sphaͤri - ſchen Triangel von der Spitze 90 Grad weg ſeyn ſol: Damit man nemlich die Sinus der Seiten und Winckel mit einander vergleichen kan.
11. Der Punct A / von welchem der groͤſte Circul E F D G E allenthalben 90 Grad wegſtehet / wird der Pol ge - nennet.
12. Der Circul ADBEA / welcher durch die Pole A und B eines groͤſten Circuls FD GE gehet / iſt auch ein groͤſter Circul.
13. Die gerade Linie AB / welche durch die beyden Pole A und B eines groͤſten Cir - culs gehet / iſt der Diameter der Kugel und gehet allſo durch ihren Mittelpunct C.
14. Den Sinum eines Bogens oder Winckels / der mit einem anderen Bo -J 5gen130Anfangs-Gruͤndegen oder Winckel 90° machet / wollen wir den COSINUM nennen. Eben ſo ſol die Tangens eines dergleichen Bo - gens die COTANGENS heiſſen.
15. Wenn ein Circul EADBE durch die Pole A und B eines andern Circuls EFDGE gehet / ſo ſtehet er auf demſel - ben perpendicular.
Ziehet nach belieben den Diameter HI. Weil der Bogen von A biß H ſo groß iſt als der Bogen von I biß A (§. 11); ſo iſt auchFig. 1. AH = AI (§. 114. Geom.) weil nun ferner HC = CI (§. 43. Geom.) / ſo iſt ACH = ACI (§. 69. Geom.). Derowegen ſtehet AC auf AI perpendicular (§. 17 Geom.) Sie ſtehet aber auch auf ED perpendicular / in dem AD ein Qvadrante iſt (§. 53 Geom. & §. 11 Trig. Sphær.). Darumb muß auch der Qvadrante ACD auf dem Circul EGDFE perpendicular ſtehen. W. Z. E.
16. Wenn demnach ein groͤſter Circul ei - ner Kugel EADB einen andern groͤſten Cir - cul EGDF durch deßen Pole er gehet (§. 12). durchſchneidet; ſo durchſchneidet er ihn recht - wincklicht.
17. Jn einem rechtwincklichten Sphaͤ -riſchen131der Sphaͤr. Trigonometrie. riſchen Triangel ABC / deſſen drey Sei - ten kleiner als Qvadranten ſind / ver - haͤlt ſich wie der Sinus Totus zu dem Sinui der Seite BC / die dem rechten Winckel gegen uͤberſtehet / ſo der Sinus des ſchiefen Winckels C zu dem Sinui der ihm gegen uͤberſtehenden Seite AB.
Es ſey ein Qvadrante GEBC gegen einen anderen Qvadranten GDAC incliniret / wel - che beyde von zwey anderen Qvadranten FD und FA durchſchnitten werden. Weil A und D von F 90° weg ſind / ſo iſt F der Pol des Qvadrantens DAC (§. 11) und ſind bey A und D rechte Winckel (§. 15). Fer - ner weil EC und DC Qvadranten ſind / ſo iſt DE das Maaß des Winckeis C (§. 9) / folgends EI der Sinus des Winckels (§. 3 Trig. ) und EG der Sinus Totus (§. 8. Trig.). Es iſt aber auch BK der Sinus des Bogens BC / (§. 3 Trig. ) denn wir ſetzen voraus / daß EI auf DG / BK auf GA / EG und BH auf GC perpendicular ſtehen. Da nun nicht allein die Winckel BHK und EGI in den gleichnahmigen rechtwincklichten Tri - angeln / ſondern auch die rechte Winckel bey K und I einander gleich ſind; ſo iſt auch der dritte KBH dem dritten IEG gleich (§. 99Geom.)132Anfangs-GruͤndeGeom.) und demnach EG: BH = EI: BK (§. 182 Geom.) W. Z. E.
18. Aus der gegebenen Hypotenuſe BCFig. 2. und dem ſchiefen Winckel C die ihm ent - gegen geſetzte Seite AB in einem recht - wincklichten Triangel zufinden.
Sprecht: Wie der Sinus Totus zu dem Sinui der Hypotenuſe bc; So der Sinus des Winckels C zu dem Sinui der Seite AB (§. 17).
Es ſey der Winckel C 23° 30′ / BC 60° /
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Sin. BC 99375306
Log. Sin. C 96006997
Log. Sin. AB 9.5382303 / wel - chem in den Tabellen am naͤchſten kommen 20° 12′9″
19. Aus der gegebenen Hypotenuſe BC und der Seite AB den dieſer gegen - uͤberſtehenden Winckel C in dem recht - wincklichten Triangel ABC zu finden.
Sprechet: Wie der Sinus der Hypotenuſe BCZu133der Sphaͤr. Trigonometrie. Zu dem Sinui Toti; So der Sinus der Seite AB Zu dem Sinui des Winckels C (§. 17).
Jhr koͤnnet das vorige Exempel gar leichte auch hierauf appliciren. Mercket aber / daß durch die Hypotenuſe die Seite verſtanden wird / welche dem rechten Winckel entgegen geſetzet iſt.
20. Aus der gegebenen Seite AB und dem entgegen geſetzten Winckel C dieFig. 2. Hypotenuſe BC in dem rechtwincklichten Triangel ABC zu finden.
Sprechet: Wie der Sinus des Winckels C zu dem Sinui AB; So der Sinus Totus zu dem Sinui der Hypotenuſe BC (§. 17.).
21. Aus der gegebenen Seite EF und der Hypotenuſe FB in einem rechtwinck -Fig. 2. lichten Triangel FEB die Seite EB zu fin - den.
Wenn euch die Seite EF gegeben iſt / ſo wießet ihr auch den Bogen DE / und weil BF gegeben iſt / den Bogen AB. Da nun EI:BK134Anfangs-GruͤndeBK = EG: BH (§. 17.); ſo koͤnnet ihr BC das Complement der verlangeten Seite EB zu 90° finden / wenn ihr ſprechet:
Wie der Coſinus der Seite EF / zu dem Coſinui der Hypotenuſe BCF So der Sinus totus zu dem Coſinui der geſuchten Seite EB.
Es ſey BF 69° 47′ 51″ / FE 66° 30′.
Log. Coſin. EF 96006997
Log. Coſin. BF 9.538.2.3.0.3
Kog. Sin. Tot. 100000000
Log. Coſin. EB. 99375306 / welcher in den Tabellen fuͤr EB zeiget 30°.
22. Aus dieſer und anderen nachfolgenden Auf - gaben koͤnnet ihr ſehen / warumb in den Tabellen der Sinuum und Tangentium zweyer Bogen Sinus und Tangentes einander gleichuͤberſtehen / die zuſam - men 90° machen / damit ihr nemlich ohne Weitlaͤuf - tigkeit die Coſinus und Cotangentes haben koͤn - net.
23. Aus den gegebenen Seiten EF undFig. 2. EB die Hypotenuſe BF in dem recht - wincklichten Triangel EBF zu finden.
Aus der vorhergehenden Aufgabe iſt klahr / daß ihr nur ſetzen doͤrfet.
Wie der Sinus totuszu135der Sphaͤr. Trigonometrie. zu dem Coſinui EB So der Coſinus EF zu dem Coſinui BF.
24. Aus der gegebenen Seite EF undFig. 2. dem ſchiefen Winckel F an derſelben den ihr entgegen geſetzten Winckel B in dem rechtwincklichten Triangel EFB zu fin - den.
Verlaͤngert den Qvadranten EC in e bis Ce = EB / den Qvadranten DC in d bis dC = AD / und endlich den Qvadranten FA in f bis Af = BF. Ziehet hierauf den Qva - dranten d e f / ſo iſt bey e ein rechter Winckel (§. 16.). Da euch nun die Seite EF gege - ben wird / ſo wießet ihr auch den Bogen ED / folgends den Winckel E C D (§. 9) und den Vertical-Winckel d C e / der ihm gleich iſt. Weil euch der Winckel F gegeben iſt / ſo wieſ - ſet ihr ſein Maaß DA (§. 9.) und demnach d C. Allſo koͤnnet ihr aus der gegebenenen Hypotenuſe dC und dem Winckel C in dem rechtwincklichten Triangel d C e die Seite de (§. 18) finden / deren Complement e f zu 90 das Maaß des geſuchten Winckels B iſt (§. 9). Jhr ſprechet demnach:
Wie der Sinus Totus zu dem Sinui des Winckels F;So136Anfangs-GruͤndeSo der Coſinus der gegebenen Seite EF zu dem Coſinui des geſuchten Winckels B.
Es ſey EF = 66° 30′ / EFB = 40°.
Log. Sinus Tot. 100000000
Log. Sinus F. 98080675
Kog. Coſinus EF. 96006997
Log. Coſinus B. 9.4087672 / welcher in den Tabellen fuͤr den Winckel B zeiget bey nahe 75°9′.
25. Aus der gegebenen Seite EF und dem entgegen geſetzten Winckel B den anderen ſchiefen Winckel F in dem recht - wincklichten Triangel EFB zu finden.
Weil die Seite EF gegeben iſt / ſo wießet ihr den Bogen ED und folgends in dem recht - wincklichten Triangel d C e den Winckel C (§. 9). Wiederumb weil der Winckel B ge - geben iſt / wieſſet ihr den Bogen e f (§. 9) und folgends die Seite d e in dem Triangel d C e: in welchem ihr demnach die Seite d C (§. 20) finden koͤnnet. Da nun dC = AD / und AD das Maaß des Winckels F / ſo iſt euch der - ſelbe nicht mehr verborgen. Setzet demnach:
Wie der Coſinus EF. zu dem Coſinui des Winckels B; So verhaͤlt ſich der Sinus Totuszu137der Sphaͤr. Trigonometrie. zu dem Sinui des Winckels F.
Es ſey EF 96° 30′ / B 75° 9′.
Log. Coſinus EF. 96006997
Log. Coſinus B. 9.4087.6.7.2
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Sinus F. 9.8080675 / wel - chem in den Tabellen zukommen 40°.
26. Aus den gegebenen Winckeln F und B in dem rechtwincklichten Triangel F EFig. 2. B die eine Seite EF zu finden.
Weil der Winckel F gegeben iſt / ſo wießet ihr auch den Bogen AD (§. 9) / folgends in dem rechtwincklichten Triangel dCe die Hy - potenuſe dC. Und weil euch der Winckel B gegeben wird / ſo iſt euch auch der Bogen e f / folgends in dem Triangel dCe die Seite de bekand. Darumb koͤnnet ihr (§. 19) den Winckel C oder den Bogen ED (§. 9) fin - den / deſſen Complement zu 90° der Bogen E F iſt. Solchergeſtalt verhaͤlt ſich Wie der Sinus des Winckels F zu dem Sinui Toti; Allſo der Coſinus des Winckels B zu dem Coſinui der Seite EF.
27. Jn einem rechtwincklichten Sphaͤ - riſchen Triangel A B C verhaͤlt ſich wieFig. 3.(3) Kder138Anfangs-Gruͤndeder Sinus Totus zu dem Sinui der einen Seite AC / ſo die Tangens des anliegen - den ſchiefen Winckels C zu der Tangenti der ihm gegenuͤberſtehenden Seite AB.
Es ſey alles wie in dem anderen Lehrſatze / nur daß in D und A die Perpendicular-Li - nien DL und AM aufgerichtet werden. So iſt DL die Tangens des Bogens D E (§. 6. Trigon. ) folgends des Winckels C (§. 9.); AM die Tangens des Bogens AB (§. 6. Trigon.); DG der Sinus Totus (§. 8. Trig. ) und ah der Sinus des Bogens AC (§. 3 Trig.) Da nun die Winckel LGD und MHA ein - ander gleich / bey D und A aber rechte Win - ckel ſind; ſo iſt auch M = L (§. 99 Geom.) folgends DL: AM = DG: AH (§. 182. Geom.). W. Z. E.
28. Aus der gegebenen Seite AC undFig. 3. dem anliegenden ſchiefen Winckel C in einem rechtwincklichten Triangel ABC die ihm entgegen geſetzte Seite AB zu finden.
Sprechet: Wie der Sinus Totus zu dem Sinui der Seite AC; So die Tangens des Winckels Czu139der Sphaͤr. Trigonometrie. zu der Tangenti der Seite AB (§. 27.)
Es ſey AC 45° der Winckel C 23° 30′.
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Sin. AC. 98494850
Log. Tang. C 96006997
Log. Tang. AB 19.4501847 / welchem in dem Tabellen bey nahe zu kommen 15° 44′ 45″
29. Aus der gegebenen Seite AB undFig. 3. dem entgegen geſetzten Winckel C / in dem rechtwincklichten Triangel ACB die dem gegebenen Winckel anliegende Sei - te AC zu finden.
Sprechet: Wie die Tangens des gegebenen Winckels C zu der Tangenti der Seite AB; So der Sinus Totus zu dem Sinui der Seite AC.
30. Aus den beyden gegebenen SeitenFig. 3. AB und AC in dem rechtwincklichten Triangel ABC den ſchiefen Winckel C zu finden.
Sprechet: Wie der Sinus der anliegenden Seite AC zu dem Sinui Toti;K 2So140Anfangs-GruͤndeSo die Tangens der entgegen geſetzten Seite AB zu der Tangenti des Win - ckels C.
31. Aus der gegebenen Hypotenuſe B F und dem Winckel F in dem rechtwinck - lichten Triangel EBF die anliegende Seite EF zu finden.
Weil euch BF gegeben iſt / ſo wießet ihr auch AB. Und weil der Winckel F gegeben wird / ſo iſt der Bogen AD (§. 9) / folgends die Seite AC bekandt. Darumb koͤnnet ihr in dem rechtwincklichten Triangel A B C den Winckel C finden (§. 30) / deſſen Maaß der Bogen DE / ſein Complement aber zu 90° die geſuchte Seite EF iſt. Solcher geſtalt ver - haͤlt ſich:
Wie der Coſinus des Winckels F zu dem Sinui Toti So die Cotangens der Hypotenuſe BF zu der Cotangenti der Seite EF
Cs ſey BF = 74° 15′ 15″ / F = 45°.
Log. Coſinus F 98494850
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Cotang. BF. 9.45.0.1.8.47
Log. Cotang. EF. 96006997 / wel - cher in den Tabellen fuͤr EF anweiſet 66° 30′
32. Aus der gegebenen Seite EF und dem anliegenden Winckel F die Hypote - nuſe BF zu finden.
Weil EF gegeben iſt / ſo wird auch der Bo - gen ED / folgends der Winckel C (§. 9.) / ge - geben. Und weil der Winckel F gegeben iſt / ſo iſt auch der Bogen AD (§. 9) / folgends der Bogen AC bekandt. Derowe - gen koͤnnet ihr in dem rechtwincklichten Tri - angel ABC die Seite AB / das iſt / das Com - plement der Hypotenuſe BF finden (§. 28), Solcher Geſtalt verhaͤlt ſich:
Wie der Sinus Totus zu dem Coſinui des Winckels F. So die Cotangens der Seite EF zu der Cotangenti der Hypotenuſe BF.
33. Aus der gegebenen Hypotenuſe BFFig. 3. und der Seite EF den anliegenden Win - ckel F in dem rechtwincklichten Trian - gel EBF zu finden.
Weil EF gegeben iſt / wießet ihr den Bo - gen ED / folgends den Winckel C. Und weil BF gegeben wird / wießet ihr auch AB. De - rowegen koͤnnet ihr in dem rechtwincklichten Triangel ABC (§. 29) die Seite AC finden /K 3deſſen142Anfangs-Gruͤndedeſſen Complement D A das Maaß des ge - ſuchten Winckels F iſt. Demnach verhaͤlt ſich:
Wie die Cotangens der Seite EF zu der Cotangenti der Hypotenuſe BF;
So der Sinus Totus zu dem Coſinui des Winckels F.
Die 15. Aufgabe.
34. Aus der gegebenen Hypotenuſe B F / und einem Winckel F den anderen Winckel B in dem rechtwincklichten Tri - angel EBF zu finden.
Verlaͤngert den Qvadranten D C in d / bis dC = AD; den Qvadranten EC in C / bis eC = BE; den Qvadranten AF in f / bis f A = BF. Endlich ziehet den Qvadranten def / ſo ſind abermals bey e und f rechte Winckel. Uber dieſes iſt Cd das Maaß des Winckels F und e f das Maaß des Winckels B / A f oder BF aber das Maaß des Winckels d (§. 9). Derowegen wenn euch BF gegeben wird / wießet ihr den Winckel d; weil der Winckel F gegeben wird / wießet ihr die Hypotenuſe c d und koͤnnet (§. 31) die Seite de / finden / deßen Complement e f das Maaß des geſuch - ten Winckels B iſt. Solchergeſtalt verhaͤlt ſich Wie der Coſinus der Hypotenuſe BF zu dem Sinui Toti;
So143der Sphaͤr. Trigonometrie.So die Cotangens des Winckels F zu der Tangenti des Winckels B.
Es ſey BF — 74° 15′ / F = 45°.
Log. Tang. B. 10.0166195 / welchem in den Tabellen am naͤchſten kommen 46° 5′ 46″.
35. Aus den beyden gegebenen ſchiefen Winckeln F und B die Hypotenuſe BF in dem rechtwincklichten Triangel EBF zu finden.
Weil der Winckel F gegeben iſt / ſo wießet ihr Cd / und weil der Winckel B gegeben wird / wießet ihr de (§. 9). Derowegen koͤnnet ihr in dem rechtwincklichten Triangel Cde (§. 33) den Winckel d finden / deßen Maaß A f der Hypotenuſe BF gleich iſt. Es iſt nemlich
Wie die Tangens des Winckels B. zu der Cotagenti des Winckels F; So der Sinus Totus zu dem Coſinui der Hpotenuſe BF.
36. Es koͤnnen die Aufloͤſungen der Sphaͤriſchẽn rechtwincklichten Triangel noch auf viele andere Art gefunden und erwieſen werden. Jch bin bey der Ma - nier geblieben / welche Lansberg Geom. Triang -lib. 144Anfangs-Gruͤndelib. 4. f. 66. & ſeqq. angewieſen. Wenn ihr durch ein Coͤrperliches Schema die gantze Sache euch fuͤglicher einbilden wollet; ſo kan Pitiſcus Trigon. lib. 4. p. 113 euch hierinnen dienen.
37. Jn einem jeden Sphaͤriſchen Tri - angel verhalten ſich die Sinus der Sei - ten wie die Sinus der ihnen entgegen ge - ſetzten Winckel.
Denn in den rechtwincklichten Triangeln iſt wie der Sinus des rechten Winckels A zu dem Sinui der Hypotenuſe / allſo der Sinus des Winckels C zu dem Sinui der entgegen geſetzten Seite AB (§. 17).
Den ſchiefwincklichten Triangel zerthei - let durch den Perpendicular-Bogen B D inFig. 3. zwey rechtwincklichte ABD und DBC. So iſt wie der Sinus Totus zu dem Sinui AB; allſo der Sinus des Winckels a. zu dem Si - nui d b (§. 17) folgends das Product aus dem Sinu Toto in den Sinum DB iſt dem Producte aus dem Sinu der Sei - te AB in den Sinum des Winckels A gleich (§. 102. Arithm.). Nun iſt ferner wie der Sinus Totus zu dem Sinui BC allſo der Si - nus des Winckels C zu dem Sinui der Sei - te DB (§. 17). Derowegen iſt abermals das Product aus dem Sinu Toto in den Sinum der Seite db dem Producte aus dem Sinu der Seite BC in dem Sinum des WinckelsC145der Sphaͤr. Trigonometrie. C gleich (§. 102. Arithm. ) folgends auch das Product aus dem Sinu der Seite AB in den Sinum des Winckels A dem Producte aus dem Sinu der Seite BC in den Sinum des Winckels C gleich (§. 28. Arithm.). Sol - cher geſtalt verhaͤlt ſich wie der Sinus des Winckels A zu dem Sinui der Seite BC / all - ſo der Sinus des Winckels C zu dem Sinui der Seite AB (§. 102. Arithm.). W. Z. E.
38. Aus zwey gegebenen Winckeln A und C und einer Seite AB / die dem Win - ckel C entgegen geſetzet iſt / die andere dem Winckel A entgegen geſetzte Seite BC zu finden.
Sprechet: Wie der Sinus des Winckels C zu dem Sinui der Seite AB; So der Sinus des Winckels A zu dem Sinui der Seite BC (§. 37.).
Es ſey AB 45° 39′ / C36° 20′ / A 24° 15′.
19.4.679.0.1.0
Log. Sin. BC 9.6952259 / welchem in den Tabellen am naͤchſten kommen 29° 43′.
K 5Die146Anfangs-Gruͤnde39. Aus zwey gegebenen Seiten AB und BC und dem Winckel A / welcher der einen Seite BC entgegen geſetzet iſt / den der anderen Seite CB entgegen geſetzten Winckel C zu finden.
Sprechet: Wie der Sinus der Seite b c zu dem Sinui des Winckels a; So der Sinus der Seite ab zu dem Sinui de Winckels C.
40. Aus dem gegebenen Winckel a und den beyden Seiten ab und ac / die ihn einſchließen / in dem ſchiefwincklichten Triangel die Winckel c und b und die Seite bc zu finden.
Ziehet den Perpendicular-Bogen bd / ſo koͤnnet ihr in dem rechtwincklichten Triangel bad aus der Hypotenuſe ab und dem Win - ckel a die Seiten bd (§. 18) und a d (§. 31) in - gleichen den Winckel b finden (§. 18). Zie - het ad von ac ab / ſo bleibet dc uͤbrig / und ihr koͤnnet in dem rechtwincklichten Triangel dbc aus den gegebenen beyden Seiten db und dc die Hypotenuſe bc (§. 18) und die Winckel c und b (§. 30) finden.
Es147der Sphaͤr. Trigonometrie.Es ſey AB 45° 3′ 9 / A 24° 15′ ac 103° 9′
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Sin. ab 98543564
Log. Sin. a 96135446
Log. Sin. DB 19.4679010 / welchem in den Tabellen am naͤchſten kommen 17° 4′
Log. Coſin. a 99598815
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Cotang. AB 999.0.1.45.3
Log. Cotang. ad 10.0302638 / wel - cher fuͤr ad anweiſet bey nahe 43°
ac 103 9′
dc 60 9
Log. Sin. ab 98543564
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Sin. ad 9.8.3.378.3.3
Log. Sin. B 99794269 / welchem in den Tabellen am naͤchſten kommen / 72° 30′.
Log. Sin. DC 99381851
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Tang. db 948.7.1.4.33
Log. Tang. C 9.5489582 / welchem in den Tabellen am naͤchſten kommen 19° 29′
Log. 148Anfangs-GruͤndeLog. Sin. DB 94679010
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Tang. DC 1.0.2.4.1.19.04
Log. Tang. B 10.7732894 / welchem in den Tabellen am naͤchſten kommen 80° 26′.
Log. Sin C. 97726751
Log. Sin. DB 9.4.679.0.1.0
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Sin BC 9.6852259 / welchem in den Tabellen am naͤchſten kommen 28° 58.
41. Aus der gegebenen Seite AB und den beyden Winckeln A und B die uͤbrie -Fig. 4. gen Seiten AC und BC und den Win - ckel C in dem ſchiefwincklichten Trian - gel ABC zu finden.
Laſſet aus einem der gegebenen Winckel B den Perpendicular-Bogen B D auf A C fallen / ſo koͤnnet ihr in dem rechtwincklichten Triangel ABD aus der Hypotenuſe A C und dem Winckel A / wie in der vorhergehenden Aufgabe die Seiten AD und DB / ingleichen den Winckel B finden. Ziehet den Win - ckel ABD von dem gegebenen Winckel ABC ab / ſo habet ihr den Winckel DBC / und ihr koͤnnet ferner in dem rechtwincklichten Tri - angel D B C aus dem Winckel B und derSeite149der Sphaͤr. Trigonometrie. Seite DB den Winckel C (§. 24) und dann auch die Seiten BC und DC (§. 29) finden.
42. Es wird in den rechtwincklichten Triangeln jederzeit voraus geſetzet / daß alle drey Seiten kuͤrtzer als Ovadranten ſind. Denn wenn zuweilen groͤſſere vorkommen; kan man an ihrer ſtat gar leichte ande - re Triangel aufloͤſen / wie zu ſeiner Zeit in der Aſtro - nomie erhellen wird.
43. Jn einem Sphaͤriſchen ſchief -Fig. 4. wincklichten Triangel ABC / der unglei - che Seiten hat / verhaͤlt ſich wie das Product aus dem Sinu der Seite AB in den Sinum der Seite BC zu dem Qva - drat des Sinus Totius, allſo das Pro - duct aus der Differentz der Seite A B von der halben Summe aller drey Sei - ten AB / BC / CA in die Differentz der Seite BC von der halben Summe al - ler drey Seiten zu dem Qvadrate des Sinus des halben Vertical-Winckels B.
44. Dẽr Beweiß iſt ſchweerer / als daß er den Anfaͤngern vorgetragen werden doͤrfte / und muͤſten wir ihm zu gefallen viel andere Lehrſaͤtze vorher er - weiſen / welches uns zu weitlaͤuftig fallen wuͤrde. Wer aber inskuͤnftige denſelben zuerkennen Luſt hat / kan ihn bey dem Dechales (Trigon. lib. 6. prop. 15 f. 554 Tom. I. Mund. Math.) oder dem Gooden (Tri - gon. part. 〈…〉〈…〉. c. 3. prop. 4 p. 68. 70) nachleſen. Zwarhat150Anfangs-Gruͤndehat Pitiſcus Trig. lib. 4 p. 123 & ſeqq. ) einen ande - ren Lehrſatz / welcher eben zu Aufloͤſung derjenigen Aufgabe dienet / dazu wir unſeren brauchen werden / und aus unſeren Geometriſchen Gruͤnden ſich erwei - ſen laͤſſet: allein weil er in dem Gebrauche der Sphaͤriſchen Trigonometrie die Rechnung weit aͤuf - tig und verdruͤßlich machet / haben wir lieber bey un - ſerem bleiben wollen.
45. Aus drey gegebenen Seiten A B / BC / AC eines ſchiefwincklichten Trian - gels die Winckel zu finden.
Der 1 Fall. Wenn die eine Seite ABFig. 5. ein Qvadrant iſt / ſo verlaͤngert die andere Seite AC in D / biß ſie auch ein Qvadrant wird / oder wenn ſie groͤſſer iſt / ſo ſchneidet von ihr den Qvadranten AC ab / und laſſet beyderſeits aus B den Perpendicular-Bogen BD herunter fallen. Als denn koͤnnet ihr in dem rechtwincklichten Triangel BCD (oder BED) aus der gegebenen Hypotenuſe B C (oder BE) und der Seite D C (oder D E) den Bogen D E finden (§. 21.) / welcher das Maaß des geſuchten Winckels A iſt.
Es ſey AB = 90° / AC = 67° / BC = 49° / ſo iſt DC = 23°.
Log. Coſin. DC 99640261
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Coſin. BC 9.8777799
Log. Coſin. BD 9.9137538 / welcherfuͤr151der Sphaͤr. Trigonometrie. fuͤr BD oder den Winckel A anweiſet 34° 56′
Der andere Fall. Wenn der Trian -Fig. 6. gel ABC zwey gleiche Seiten AB und AC hat / ſo theilet die Grund-Linie BC in zwey gleiche Theile in D und ziehet den Bogen AD / ſo ſind die beyden Triangel ABD und ADC einander gleich. Denn wenn ihr den Bogen DC auf DB leget / ſo faͤllet C auf B / weil ſie von einem Circul / ſind. Nun ſind die beyden Bogen A B und A C auch bey einander in A; darumb weil ſie von gleich groſſen Circul ſind fallen ſie auch auf einan - der. Solcher geſtalt decken beyde Trian - gel einander und ſind in allen Theilen ein - ander gleich / folgends bey D rechtwincklicht. Demnach koͤnnet ihr aus AC und DC den Winckel DAC finden (§. 19) / welcher zwey - mal genommen den Winckel BAC giebet.
Es ſey AB = AC = 65° / BC = 38° / ſo iſt DC = 19°.
Log. Sin. AC 99572757
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Sin. DC 9.5.1.26.4.19
Log. Sin. DAC 9.555 3662 welchẽ in den Tabellen am naͤchſten kommet 21° 3′
2
BAC 426
Der dritte Fall. Wenn die SeitenFig. 4. ungleich ſind und keines ein Qvadrant iſt /
Es ſey b a 39° 20′ / b c 60° a c 78° 30′.
Log. 153der Sphaͤr. Trigonometrie.Log. Sin. BA 98019735
Log. Sin. BC 99375306
Log. Sin. BA in Sin. BC 197395041
Log. Sin. Tot. 100000000
2
Log. Quadrati 200000000
AB 39° 20′
BC 60 0
AC 78 30
Sume 177 50
halbe S. 88 55 halbe Summe 88° 55′
AB 39 20 BC 60 0
I Differ. 49 35 II Differentz 28 55
Log Sin. Differ. I. 98815842
Log. Sin. Differ. II. 96844297
Log. Sin. Diff. I. in Sin. Diff. II. 195660139
Derowegen
Log. Sin. BA in Sin. BC 197395041
Log. Quadr. Sin. Tot. 100000000
Log. Sin. Diff. I. in Sin. II 1.9.56.6.01.39
Log. Quadr. Sin. ½ AB 198265098
Log. Sin. ½ B 9.9132549
(3) Lwel -154Anfangs-Gruͤndewelchem in den Tabellen am naͤchſten kom - men
54° 59′
2
der Winckel B 10958
46. Alle Winckel eines Sphaͤriſchen Triangels ABC koͤnnen in die Seiten eines andern Triangels MKL und ſei - ne Seiten in die Winckel des andern verwandelt werden / auſſer daß man vor ſtumpfe Winckel und Seiten / die groͤſſer als Qvadranten ſind / ihre Complemente zu einem halben Circul annehmen muß.
Beſchreibet in der Weite von 90° aus A den Bogen EP / aus B den Bogen GO und aus C den Bogen MI / nach dem ihr die Seite AB in einen gantzen und die anderen beyde AC und BC in halbe Circul verlaͤn - gert: ſo iſt DE das Maaß des Winckels A / FG des Winckels B / HI des ſpitzigen Winckels C (§. 9). Nun iſt DE = KL / FG = ML und HI = KM / weil die erſten beyde Bogen mit DL / die anderen mit LF und die dritten mit KH einen Qvadranten machen. Derowegen iſt KL = A / ML = B und MK = C.
Eben155der Sphaͤr. Trigonometrie.Eben ſo koͤnnet ihr erweiſen / daß M = HC / L = AB und K = AC. Denn FH + CF = BC + CF = 90° / KL + LD = DE + LD = 90° und MI + DC = AC + DC = 90°. Solcher geſtalt koͤnnen alle Winckel eines Sphaͤriſchen Triangels in die Seiten ꝛc. W. Z. E.
47. Aus drey gegebenen Winckeln in einem Sphaͤriſchen Triangel die Sei - ten zu finden.
Sehet die Winckel als Seiten eines Triangels an / und ſuchet nach der 21 Auf - gabe (§. 45) die Winckel deſſelben Trian - gels / ſo habet ihr die Seiten eures Triangels (§. 46).
ENDE. der Sphaͤriſchen Trigonometrie.
L 2JHr koͤnnet die unvergleichliche Ma - jeſtaͤt des groſſen GOttes und die Vortreflichkeit der menſchlichen Vernunfft nicht voͤlliger und deut - licher erkennen als durch die A - ſtronomie. Die Menſchen ſehen die Erde mit allzugroſſen Augen an / weil ſie ihnen nahe iſt: hingegen das praͤchtige Welt-Ge - baͤude mit viel zu kleinen / weil der groͤſte Theil deſſelben in unausſprechlicher Weite von ihnen entfernet. Daher bilden ſie ſich die Welt als ein Gebaͤude ein / daß in ihren Gedancken nur groß erſcheinet / ſo lange ſie es durch ihre Gebaͤude ausmeſſen / und Gott iſt ihnen ein groſſer HErr / in dem ſie ihre Unwiſſenheit und Ohnmacht zum Maaß - Stabe des goͤttlichen Verſtandes und der goͤttlichen Macht annehmen. Allein die A - ſtronomie zeiget durch die unerforſchliche Groͤſſe des Welt-Gebaͤudes GOttes Macht als unendlich und durch die Bau - und Be - wegungs-Geſetze / nach welchen der Schoͤ - pfer es aufgefuͤhret und erhaͤlt / erweiſet ſie die Weißheit und den Verſtand deſſelben als unbegreiflich. Die Menſchen ſetzen ih - rer Vernunft gantz geringe Schrancken /weil160Vorrede. weil ſie bey den ſinnlichen Empfindungen der Coͤrper bleiben und wahrnehmen / daß ſie in ihren Gedancken irre werden und nicht wiſſen / wo ſie hin wollen / wenn ſie ſelbige uͤberdencken. Allein auch die Aſtronomie allein kan euch uͤberfuͤhren daß ihr ein Ver - moͤgen habet das / was moͤglich iſt / zu geden - cken und ihr durch dieſes Vermoͤgen die ver - borgenſte Dinge in der Natur ergruͤnden koͤnnet. Dieſes iſt der Verſtand des Men - ſchen / welcher die Welt gantz anders als die Sinnen vorſtellet und durch welchen man allein zu der wahren Welt-Weißheit gelanget. Damit ihr in der That erfahret / daß ich die Wahrheit geredet; habe ich die Aſtronomie ſo abhandeln muͤſſen / wie es die - ſe Abſichten erfordern. Derowegen wer - det ihr mir es zu gute halten / wenn ich Din - ge mit einmiſche / die vielleicht den Anfaͤn - gern / oder vielmehr den ungedultigen zu hoch ſind. Und weil Copernicus in den neue - ren Zeiten zu erſt zu einer tuͤchtigen Erkaͤnt - nis den Weg gebaͤhnet / Keplerus aber der erſte iſt / durch welchen uns GOtt die wah - ren Geſetze der Bewegungen in dem Welt - Gebaͤude zu offenbahren angefangen; ſo werde ich auch die unnuͤtzen Einbildungen der Alten fahren laſſen / und mich mit der Wahrheit nach dem ruͤhmlichen Exempel der heutigen Aſtronomorum allein vergnuͤ - gen.
1. Die Aſtronomie iſt eine Wiſſen - ſchafft von dem groſſen Welt-Gebaͤu - de / und der darinnen ſich ereignenden Veraͤnderungen.
2. Es iſt ſchon in der Vorrede erinnert worden / daß ihr das Welt-Gebaͤude auf zweyerley Art be - trachten koͤnnet / entweder wie es ſich euren Sinnen oder wie es ſich eurem Verſtande vorſtellet. Daher theilen wir / wie gewoͤhnlich / die Aſtronomie in zwey Theile. Jn dem erſten ſol gezeiget werden / wie das Welt-Gebaͤude ſich unſeren Sinnen vorſtellet / wenn wir auf dem Erdboden ſtehen / und die Geſetze der Erſcheinungen unterſuchen / welche die Jnwohner der Erde in dem Himmel wahrnehmen. Jn dem ande - ren Theile wollen wir die Natur und Eigenſchafften der Welt-Coͤrper / die wahre Beſchaffenheit des Welt-Baues / und die wahren Geſetze der Bewegung unterſuchen. Der erſte Theil iſt bisher Sphærica, der andere aber Theorica genennet worden. Jn dem er - ſten werdet ihr ſehen / daß die Erſcheinungen eben ſo eine noͤthige Verknuͤpfung miteinander haben / als die wahren Begebenheiten.
3. Wenn ihr des Nachtes den geſtirn - ten Himmel anſehet / ſo ſcheinen alle Sterne von euch in gleicher Weite weg zu ſeyn.
4. Huͤtet euch aber / daß ihr nicht ſchlieſſet / alle Sterne ſind gleich weit weg. Denn ihr wiſſet / daß Sa - chen nebeneinander zu ſtehen ſcheinen / da die eine euch viel naͤher iſt als die andere (§. 81. 82 Optic.). Dero - wegen verwirret die Erſcheinung nicht mit der Wahr - heit / umb welche wir uns hernach bekuͤmmern wol - len.
5. Derowegen ſiehet die Welt wie eine hohle Kugel aus / in deren Mittelpuncte ihr ſtehet / und in deren Flaͤche die Sterne als helle Puncte angeheſſtet ſind. (§. 26. Geom).
6. Weil ihr in dem erſten Theile der A - ſtronomie nur zuwiſſen verlanget / was fuͤr Erſcheinungen ſich in dem Welt-Gebaͤude in Anſehung der Jnwohner des Erdbodens ereignen (§. 2) / die Haupt-Erſcheinung aber dieſe iſt / daß es euch wie eine Kugel vorkom - met (§. 5); ſo nehmet an / die Welt ſey eine hohle Kugel / in deren Mittelpuncte ihr ſte - het / und forſchet nach / was aus dieſem Sa - tze folge / ſo werdet ihr die Urſache der uͤbri - gen Erſcheinungen wahrnehmen.
7. Weil ihr in dem Mittelpuncte der Welt - Kugel ſtehet / ſo koͤnnet ihr auch nur auf ein - mal einen Theil derſelben ſehen / der andere aber iſt vor euren Augen verborgen.
8. Wenn ihr des Nachtes auf die Sterne acht gebet / ſo werdet ihr wahr - nehmen / daß keiner von dem andern wegzugehen ſcheinet / hingegen alle zu - ſammen ſcheinen unvermerckt fortzu - ruͤcken. Denn die bey eurem Scheitel ſtunden / ſind von ihm in einer Stunde weg / und andere an ihrer Stelle / die vorhin nicht bey ihm waren. Einige ſind gar verſchwunden / und hingegen an einem anderen Orte ſehet ihr Ster - ne / die vorhin nicht da waren.
9. Weil ihr immer auf einer Stelle des Erdbodens bleibet / ſo ſcheinet es / als wenn die gantze Welt-Kugel mit allen Sternen ſich umb die Erde herumb bewegete. Denn ihr koͤnnet nicht ſchlieſſen / daß es wuͤrcklich ſo geſchiehet / weil es euch eben ſo vorkommen wuͤrde / wenn die Erde ſich herumb bewegete (§. 94 Optic.).
10. Da ihr euch nun in dem erſten Theile der Aſtronomie nur umb Erſcheinungen be -kuͤm -164Anfangs-Gruͤndekuͤmmert (§. 2.) ſo koͤnnet ihr abermals in demſelben ohne Verletzung der Wahrheit annehmen / als wenn die Welt-Kugel ſich mit allen Sternen umb die Erde herumb be - wegete.
11. Es iſt ietzt noch nicht Zeit auszumachen / ob die Erde oder die Welt-Kugel ſich bewege. Darumb haltet mit eurem Urtheile ſo lange zuruͤcke / biß in dem anderen Theile die Sache unterſuchet wird.
12. Die beyden Puncte P und Q / anTab. I. Fig. 1. welche ſich die Welt-Kugel umb die Erde herumb zubewegen ſcheinet / nen - net man die Welt-Pole: und zwar insbeſondere denjenigen / welcher in dem uns ſichtbahren Theile des Himmels iſt / P den Nord-Pol (Polum Arcticum) den ihm entgegengeſetzten Q aber / den Suͤder-Pol / Polum Antarcticum).
13. Die Linie P Q / welche von einemTab. I. Fig. 1. Pole P bis zu dem anderen Q gezogen wird / iſt die Welt-Axe (Axis Mundi).
14. Der Æquator AD iſt ein Circul / welcher auf der Flaͤche der Welt-Ku - gel in Gedancken beſchrieben wird / und von jedem Pole P und Q uͤberall 90 Gra - de entfernet iſt.
Zu -165der Aſtronomie.15. Er iſt allſo einer von den groͤſſeſten Cir - culn / und theilet die Welt-Kugel in zwey gleiche Theile / (§. 5. 11 Trig. Sphær. ) nem - lich in den Nord-Theil / wo der Nord-Pol iſt / und den Suͤder-Theil / darinnen der Suͤder-Pol iſt.
16. Jhr werdet bald ſehen / daß man ſich die Circul und Puncte nicht fuͤr die lange Weile auf der Kugel - Flaͤche einbildet; ſondern ein jeder Circul und ein jeder Punct ſeinen Nutzen hat. Mercket aber / daß ihr euch uͤber der beweglichen Flaͤche der Welt-Kugel noch eine andere unbewegliche einbilden muͤſſet / und gebet bey einem jeden Puncte acht / ob es auf der be - weglichen oder unbeweglichen Flaͤche zu finden: wel - ches auch von den Circuln zu mercken. Den Æqua - torem bildet euch auf der beweglichen ein. Nemlich alle Puncte und Circul / die in Anſehung eurer die Stelle veraͤndern / wenn ihr auf der Erde immer auf einer Stelle ſtehen bleibet / ſind in der beweglichen Flaͤche; die in Anſehung der Erde ſich nicht verruͤcken / in der unbeweglichen.
17. Das Zenith iſt ein Punct Z uͤberTab. I. Fig. 1. eurer Scheitel in der unbeweglichen Flaͤche der Welt-Kugel: das Nadir aber der entgegengeſetzte Puncte N un - ter den Fuͤſſen in eben dieſer Flaͤche.
18. Allſo hat ein jeder auf dem Erdbo - den ſein beſonderes Zenith und Nadir.
19. Und wenn er ſeine Stelle aͤndert / ſo bekommet er ein anderes Zenith und Nadir.
20. Weil die Welt-Kugel in Anſehung der Erde ſehr groß iſt / ſo wird das Zenith nichtmercklich veraͤn - dert / wenn man gleich ein wenig ſeine Stelle aͤndert. Dannenhero giebet man einer gantzen / ob gleich groſſen Stadt / nur ein Zenith.
21. Der MERIDIANUS iſt der Circul PZQNP / welcher durch die Welt - Pole P und Q / und durch das Zenith und Nadir L und N in der unbewegli - chen Flaͤche der Welt-Kugel beſchrieben wird.
22. Es ſind allſo viele Meridiani, weil viele Zenith ſind nach der Laͤnge der Erde umb die Erde herumb in einer Weite von dem Pole.
21. Gleichwie man einer gantzen Stadt nur ein Zenith zueignet / ſo eignet man auch ihr nur einen Me - ridianum zu.
22. Der wahre Horizont H R iſt ein Circul / welcher von dem Zenith in allen Puncten 90 Grad weg ſtehet / in der unbeweglichen Flaͤche der Welt - Kugel.
23. Der wahre Horizont iſt einer von dengroͤ -167der Aſtronomie. groͤſten Circuln der Welt-Kugeln / und thei - let ſie in zwey gleiche Theile. (§. 5. Trigon. Sphær.).
24. Weil der Æquator auch einer von den groͤſten Circul iſt (§. 15) / ſo muß ihn der Hori - zont in zwey gleiche Theile zerſchneiden (§. 6. Trig. Sphær. ) / und darumb iſt iederzeit der halbe Æquator uͤber dem Horizont.
25. Weil der Meridianus durch die Pole Z und N des Horizonts HR / und durch die Pole P und Q des Æquatoris AD gehet / ſo iſt er auch einer von den groͤſten Circuln / und theilet ſowol den Æquatorem, als den Horizont in zwey gleiche Theile (§. 12. 6. Trig. Sphær.).
26. Derowegen iſt zwiſchen dem Hori - zont und dem Meridiano auf allen Seiten ein Qvadrant des Æquatoris.
27. Der ſcheinbahre Horizont h r iſt ein Circul / welcher den Theil derTab. I. Fig. 1. Himmels-Kugel h Z r abſchneidet / ſo auf der Erdflaͤche in M geſehen werden kan.
28. Die gerade Linie M r die aus dem Puncte der Erd-Flaͤche M mit dem Dia - meter des Horizonts H R parallel gezo - gen wird / heiſſet die Mittags-Linie.
29. Wenn ein Stern in dem Horizont geſehen wird / da er vorher unter dem - ſelben verborgen war / ſo gehet er auf: Hingegen wenn er in dem Horizont geſe - hen wird / da er vorher uͤber demſelben geſtanden / gehet er unter.
30. Dieſen und keinen anderen Begriff koͤnnet ihr von dem Auf - und Untergange der Sterne bekommen / ſo ihr auf ihn acht habet / wenn er in der Natur ge - ſchiehet (§. 16. 17. Meth. Mathem). Derowegen haͤlt er nichts von der wuͤrcklichen Bewegung der Ster - ne umb die Erde in ſich.
31. Der Ort / wo die Sterne aufge - hen / heiſſet Morgen / und ins beſonde - re fuͤhret dieſen Nahmen der Punct des Horizonts / welcher von dem Meri - diano 90 Grad weg iſt. Der ihm ent - gegengeſetzte Punct in dem Theile des Horizonts / wo die Sterne untergehen wird der Abend genennet. Wenn ihr den Morgen zur rechten / und den Abend zur lincken habet; ſo zeiget die Mittags - Linie vor euch den Punct im Meridiano, den man Mitternacht heiſſet / hinter dem Ruͤcken aber den Punct im Meridia - no, den man Mittag nennet. Alle zu -ſam -169der Aſtronomie. ſammen bekommen den Nahmen der vier Haupt-Gegenden der Welt.
32. Wenn ihr allſo eine von den vier Haupt-Gegenden der Welt wiſſet / ſo ſind euch auch die uͤbrigen nicht verborgen.
33. Die Tage-Circul (Circuli diur - ni) ſind Circul / welche die Sterne in ihrer Bewegung umb die Erde in der unbeweglichen Flaͤche der Welt-Kugel beſchreiben.
34. Weil der Æquator auf der bewegli - chen Flaͤche der Welt-Kugel beſchrieben iſt (§. 16) und dannenhero in ihrer Bewegung ſeine Stelle auf ihrer Flaͤche nicht aͤndert / die Sterne aber auch durch dieſe Bewegung der Welt-Kugel umb die Pole des Æqua - toris ihre Stelle auf der Flaͤche der Welt - Kugel nicht aͤndern (§. 8); ſo muͤſſen alle Tage-Circul mit dem Æquatore parallel ſeyn / und werden daher wie der Æquator (§. 25) von dem Meridiano in zwey gleiche Theile getheilet.
35. Die Mittags-Linie zu finden.
(3) MAuf -170Anfangs-GruͤndeWenn dieſes angehet / ſo habet ihr die ver - langte Mittags-Linie.
Weil der Stift im Mittel-Puncte C ſte - het / ſo ſind die Schatten von einer Laͤnge / welche ſich in der Peripherie eines Circuls enden (§. 43 Geom.) und dannenhero ſte - het die Sonne in beyden Faͤllen gleich hoch (§. 48 Optic. ) folgends ſtehet die Sonne vermoͤge der Erfahrung gleich weit von dem Meridiano weg. Nun faͤllet der Schatten jederzeit in den Ort der Sonnen gleich uͤber (§. 53 Optic. ) darumb ſind die Puncte D und E / ingleichen F und G / H und I vonder171der Aſtronomie. der Mittags-Linie AB gleich weit entfernet. W. Z. E.
36. Es waͤre zwar an einem Circul gnung. Al - lein wenn ihr viel Circul beſchreibet / ſo koͤnnet ihr deſto mehr gewiß ſeyn / daß ihr recht obſerviret / wenn die Linie durch alle Theilungs-Puncte und den Mit - telpunet der Circul gehet.
37. Man obſerviret aber wenige Stunden vor und nach Mittage / damit die Sonne nicht mercklich ihren Ort im Himmel aͤndern kan / maſſen ihr hoͤren werdet / daß ſie immer hoͤher oder niedriger ſteiget.
38. Weil man das Ende des Schattens nicht wohl wahrnehmen kan / und doch die Mittags-Linie der Grund zu den meiſten Aſtronomiſchen Obſer - vationen iſt; ſo will ich ſie noch auf eine Weiſe zu finden anweiſen.
39. Ein Jnſtrument zu machen / da -Tab. I. Fig. 3. durch man die Mittags-Linie gnau ob - ſerviren kan.
40. Durch das beſchriebene Jnſtru - ment die Mittags-Linie zu finden.
Wenn die Sonne vor und nach Mitta - ge durch das Loͤchlein a mit ihren Strahlen den Circul u erfuͤllet / ſo ſtehet ſie zu beyden Zeiten gleich hoch und folgends von dem Meridiano gleich weit weg. Demnach zeigen die Schatten OX und YX zwey Ge - genden / die von dem Meridiano gleichweit abſtehen (§. 53 Optic). Wenn ihr nun den Winckel OXY in zwey gleiche Theile theilet / ſo iſt ZX die Mittags-Linie (§. 31.). W. Z. E.
41. Wenn ihr durch eine Perpendicular - Linie die Mittags-Linie durchſchneidet (§. 90 Geom.); ſo zeiget dieſelbe Morgen und Abend (§. 31).
42. Wenn der Schatten die Mittags-Linie de - cket und ihr habet an anderen Orten Stifte einge - ſchlagen; ſo doͤrfet ihr nur in ihren Schatten zwey Puncte mercken und ihr koͤnnet durch dieſelbe auch die Mittags-Linien ziehen.
43. So ofte der Schatten des Stiftes auf die Mittags-Linie faͤllet / iſt Mittag (§. 53. Optic.)
44. Daher brauchet man die Mittags-Linie die Uhren zu ſtellen / damit ſie mit dem Laufe der Son - nen uͤberein kommen.
45. Wenn der Schatten der Sonne auf die Linie faͤllet / die Abend und Morgen zei - get / ſo gehet ſie recht im Morgen auf.
46. Der Schatten des Stiftes auf der Mittags-Linie bleibet nicht beſtaͤndig von ei - ner Laͤnge: ſondern eine Weile nimmet er zu / darnach wieder ab. Derowegen ſtehet die Sonne nicht alle Tage gleich hoch uͤber dem Horizont (§. 53 Optic.). Welches ihr auch an der Sonne ſelbſt mit bloſſen Augen wahr nehmen koͤnnet.
47. Wenn allſo die Sonne ſich wuͤrck - lich alle Tage umb die Erde bewegen ſollte / ſo beſchriebe ſie nicht wie die anderen Ster - ne ihre Tage-Circul mit dem Æquatore Parallel; ſondern muͤſte ſich in Schrau - ben-Gaͤngen umb die Erde bewegen.
48. Eben dergleichen nehmet ihr von dem Mond wahr / was von der Sonne (§. 46) angemercket wor - den. Derowegen muͤſte auch dieſer ſich in Schrau - ben-Gaͤngen umb die Erde bewegen / wenn er wuͤrck - lich alle Tage umb ſie herumb gienge.
49. Wenn ihr des Nachts acht ge - bet / bey welchen Sternen der Mond ſte - het / und ſehet die folgende Nacht wie - der nach; ſo werdet ihr ihn nicht mehr bey den geſtrigen Sternen / ſondern bey anderen ſtehen ſehen / die in der vor - hergehenden Nacht weiter von ihm gegen Morgen ſtunden und nach ohn - gefehr 27 Tagen werdet ihr ihn aber - mals bey den erſten Sternen antreffen.
50. Demnach ſcheinet der Mond inner - halb 27 Tagen umb den gantzen Himmel herumb zulaufen.
51. Daher geſchiehet es auch / daß er bald mit der Sonne auf und untergehet; bald wieder aufgehet / wenn ſie untergehet / und untergehet / wenn ſie aufgehet.
52. Gebet acht auf die Sterne / wel - che in dem Horizont gegen Abend ſte - hen / wenn die Sonne erſt untergan -M 4gen /176Anfangs-Gruͤndegen / und gegen Morgen kurtz vor ih - rem Aufgange. Wenn ihr dieſe Be - trachtung des Himmels eine Zeit lang fort ſetzet / ſo werdet ihr wahrnehmen / daß nach einiger Zeit die Sterne nach dem Untergange der Sonne an dem Abend-Horizont ſtehen / die vorher wei - ter gegen Morgen ſtunden / hingegen vor der Sonnen Aufgang umb den Morgen-Horizont Sterne ſind / die man vorher nicht ſehen konte. Nach Verlauf eines Jahres werdet ihr an dem Abend - und Morgen-Horizont wie - der die vorigen Sterne antreffen.
53. Allſo ſcheinet ſich auch die Sonne von Abend gegen Morgen innerhalb einem Jahre umb die Erde zu bewegen.
54. Auſſer der Sonne und dem Mond werdet ihr auch noch fuͤnf Sterne an - treffen / welche nicht immer bey einer - ley Sternen ſtehen bleiben / ſondern nach einiger Zeit bey Sternen geſehen werden / die vorhin weit von ihnen ge - gen Morgen ſtunden. Es heiſſen die - ſelben Saturnus / Jupiter / Mars / Venus und Mercurius und werden mit folgenden Zeichen geſchrieben: ♄ ♃ ♂ ♀ ☿: der Mond und die Sonneaber177der Aſtronomie. aber ☽ ☉. Saturnus kommet beynahe in 30; Jupiter in 12; Mars in 2 Jah - ren; Venus und Mercurius in einem umb den Himmel herumb.
55. Die Bewegung / welche von Mor - gen gegen Abend innerhalb 24 Stun - den umb die Erde zu geſchehen ſcheinet / nennet man die gemeine Bewegung: die andere aber / welche von Abend ge - gen Morgen in verſchiedener Zeit umb den Himmel herumb zu geſchehen ſchei - net / heiſſet die eigene Bewegung.
56. Weil die gemeine Bewegung von Morgen gegen Abend und die eigene von Abend gegen Morgen geſchiehet / ſo koͤnnen unmoͤglich beyde zugleich wuͤrcklich geſche - hen. Es iſt Z. E. unmoͤglich / daß die Son - ne ſich innerhalb 24 Stunden von Morgen gegen Abend und doch zugleich innerhalb ei - nem Jahre von Abend gegen Morgen umb die Erde bewege.
57. Der Weg / welchen die Sonne in ihrer eigenen Bewegung / durch zulau - fen ſcheinet / wird die Ecliptick genen - net. Da nun die Sonne des Jahres zweymal in den Æquatorem kommet /M 5die178Anfangs-Gruͤndedie uͤbrige Zeit aber entweder uͤber den Æquatorem in die Hoͤhe / hernach wie - der unter den Æquatorem nieder ſtei - get / und bey nahe eben ſo lange uͤber ihm als unter denſelben ſich auf - haͤlt; ſo bildet man ſich die Ecliptick als einen Circul in der unbeweglichen Flaͤche der Welt-Kugel ein / welcher den Æquatorem in zwey Punctē durch - ſchneidet und zwar in zwey halbe Cir - cul theilet.
58. Derowegen iſt die Ecliptica einer von den groͤſten Circuln der Welt-Kugel (§. 6 Trigon. Sphæ. ) und hat ihre beſon - dere Pole.
59. Es wird zwar die Ecliptick wie alle andere Circul in 360 Grade getheilet; doch mit dieſem Un - terſcheide / daß man die Grade nicht in einem fort zehlet / wie ſonſt gewoͤhnlich. Denn man theilet die Ecliptick in 12 Theile ein / welche man die 12 Him - liſche Zeichen zu nennen pfleget. Und zwar fuͤhret jedes Zeichen einen beſonderen Nahmen von dem Ge - ſtirne / welches vor Zeiten ihm nahe war. Sie heiſ - ſen nemlich Widder / Stier / Zwilling / Krebs / Loͤwe / Jungfrau / Wage / Scorpion / Schuͤ - tze / Steinbock / Waſſermann / Fiſche. Man hat dieſe Nahmen in folgende Verſe gebracht umb ſie leichter zu behalten:
Sunt179der AſtronomieMan ſchreibet ſie auch auf beſondere Art nem -Tab. I. Fig. 4. lich ♈ ♉ ♊ ♋ ♌ ♍ ♎ ♎ ♏ ♐ ♑ ♒ ♓ Jedes Zeichen hat 30 Grad.
60. Die Sterne / welche immer eine Weite voneinander behalten / heiſſen die Fixſterne: die uͤbrigen aber / welche bald bey dieſem / bald bey jenem geſehen werden / die Planeten.
61. Die Planeten / welche mit bloſſem Auge geſe - hen werden / ſind Saturnus / Jupiter / Mars / Ve - nus / Mercurius und Mond. Vor dieſem ſetzte man unter ihre Zahl die Sonne: unten aber werden wir ſe - hen / daß man heute zutage mit beſſerem Rechte die Er - de zu einem Planeten machet.
62. Weil man wahrgenommen / daß die Planeten ſich nicht in der Ecliptick bewegen / ſondern nur zuweilen einmal in dieſelbe kommen / gleichwie die Son - ne in den Æquatorem, ſonſt aber bald uͤber die Ecliptick weiter herauf ge - gen den Nord-Pol / bald unter die E - cliptick weiter hernieder gegen den Suͤ - der-Pol ſteigen: ſo hat man beyderſeitsin180Anfangs-Gruͤndein der Weite von 10 Graden zwey Cir - cul mit der Ecliptick parallel gezogen / welche den Raum einſchlieſſen / in wel - chen die Planeten ſich beſtaͤndig befin - den. Dieſen Streiffen umb die Welt - Kugel nennet man den Thier-Kreiß (Zodiacum).
63. Es wird aber der Thier-Kreiß eben wie die Ecliptick in 12 himmliſche Zeichen getheilet.
64. Unten werden wir ſehen / wie man gefunden hat / wie weit die Planeten von der Ecliptick ausſchweifen.
65. Durch den Anfang des Krebſes L und den Anfang des Steinbockes O wer - den mit dem Æquatore A D zwey Circul LI und NO parallel gezogen / welche man die Tropicos nennet; und zwar LI den Tropicum Cancri, NO den Tropi - cum Capricorni.
66. Es ſind allſo die Tropici Tage-Cir - cul / welche die Sonne in der unbeweglichen Flaͤche der Welt-Kugel umb die Erde zu be - ſchreiben ſcheinet / wenn ſie in den Krebs und Steinbock tritt (§. 34).
67. Die Tage-Circul / welche die Pole der Ecliptick umb die Welt-Pole in derun -181der Aſtronomieunbeweglichen Flaͤche der Welt-Kugel beſchreiben / heiſſen die Polar-Circul und zwar der umb den Nord-Pol beſchrieben wird / der Arctiſche Polar - Circul; der aber umb den Suͤder-Pol beſchrieben wird / der Antarctiſche Polar-Circul.
68. Ein Vertical-Circul iſt / wel - cher durch das Zenith Z und Nadir N umb die Welt-Kugel beſchrieben wird.
69. Der Meridianus iſt ein Vertical - Circul (§. 21.).
70. Weil durch drey Puncte jederzeit ein Circul beſchrieben werden kan (§. 120. Geom.) ſo laſſen ſich ſo viel Vertical-Circul auf der Welt-Kugel beſchreiben / als Puncte auſſer dem Zenith und Nadir auf derſelben zu fin - den.
71. Dannenhero ſtehet jeder Stern immer in einem Vertical-Circul.
72. Die Pole des Horizonts ſind das Ze - nith und Nadir (§. 22. Aſtrom. §. 11. Trig. Sphær.). Derowegen ſtehet jeder Verti - cal-Circul auf dem Horizont perpendicular (§. 68. Aſtron. & §. 15 Trig. Sphær.).
Die182Anfangs-Gruͤnde73. Die Hoͤhe eines Sternes iſt der Bogen des Vertical-Circuls TS / wel - cher zwiſchen dem Sterne T und dem Horizont HR enthalten iſt.
74. Derowegen iſt die Mittags-Hoͤhe ei - nes Sternes der Bogen des Meridiani MR der zwiſchen ſeinem Mittelpuncte M und dem Horizont HR enthalten iſt.
75. Wenn ihr die Sonne recht im Morgen aufgehen ſehet (§. 45) und nach einer guten Uhr die Zeit mercket / welche von ihrem Aufgange biß zu ih - rem Untergange vorbey ſtreichet: ſo werdet ihr inne werden / daß ſie voͤllig 12 Stunden uͤber dem Horizont gewe - ſen. Jhr werdet gleichergeſtalt befin - den / daß die Sterne / welche im Æqua - tore ſind / als der helle Stern an der rech - ten Hand des lincken Zwillinges / das Hertze des Loͤwens / der Stern α bey dem Baͤyer in der Wage / auch beyna - he der helle Stern in der Aehre der Jungfrauen ꝛc. 12 Stunden uͤber dem Horizont bleiben.
76. Allſo muß der halbe Tage-Circul derSon -183der Aſtronomie. Sonnen / wenn ſie recht im Morgen aufge - het / und der Sterne im Æquatore uͤber dem ſcheinbahren Horizont ſeyn.
77. Da nun der Tage-Circul eines Ster - nes im Æquatore mit ihm uͤbereinkommet (§. 33) / ſo iſt in Anſehung der Fixſterne der halbe Æquator uͤber dem ſcheinbahren Horizont (§. 27).
78. Weil die Sonne im Æquatore ge - funden wird / wenn ſie recht im Morgen auf - gehet; ſo iſt auch in Anſehung der Sonne der halbe Æquator uͤber dem ſcheinbahren Horizont (§. 27).
79. Derowegen kommen in Anſehung der Fixſterne und der Sonne der ſcheinbah - re Horizont h r und H R miteinander uͤberein: (§. 24.) folgends iſt der halbe Diameter der Erde TM / ja der gantze Diameter / und allſo die gantze Erd-Kugel in Anſehung der Son - ne und der Fixſterne fuͤr einẽ Punct zu halten.
80. Wenn ihr demnach die Sonne und die Fixſterne / folgends auch die Planeten / ſo nicht niedriger als die Sonne ſtehen / von der Flaͤche der Erd-Kugel anſehet; ſo iſt es eben ſoviel184Anfangs-Gruͤndeviel als wenn ihr ſie aus dem Mittelpuncte T ſehen ſolltet.
81. Jch habe des Sternes α bey dem Beyer gedacht. Mercket derowegen hier einmal vor alle - mal / daß Johannes Baͤyer eine Uranometri - am herausgegeben / in welcher alle Geſtirne mit ihren zugehoͤrigen Sternen in große Kupfer geſtochen / nach Art der Land-Charten. Daſelbſt benennet er die Sterne theils mit Griechiſ. theils mit Lateiniſchen Buchſtaben. Damit nun die Aſtronomi unſerer Zeiten einander in Nennung eintzeler Sterne deſto leichter verſtehen koͤnnen / hat es ihnen beliebet die Baͤyeriſchen Benen - nungen anzunehmen. Und iſt auch billig / daß man bey dieſer Gewohnheit verbleibe / umb alle ſonſt zube - ſorgende Verwirrung zu vermeiden.
82. Die Hoͤhe eines Sternes zu meſſen.
Jch ſage der Bogen NM zeiget die Hoͤhe des Sternes.
Wenn das Centrum des Qvadrantens C im Mittelpuncte der Erde T ſtuͤnde / ſo haͤtte der Bogen AR ſo viel Grade als derBo -185der Aſtronomie. Bogen NM (§. 46. Geom.). Nun iſt es aber in Anſehung der Sonne und Fixſterne gleich viel / ob ihr auf der Flaͤche der Erde in C / oder in ihrem Mittelpuncte T ſtehet (§. 80.). Derowegen muß in dieſem Falle der Bogen AR ſo viel Grade haben / als der Bogen NM. Der Bogen AR aber iſt die Hoͤhe des Sternes (§. 73). Allſo wiſſet ihr / wieviel Grade der Stern uͤber dem Ho - rizont erhaben iſt. W. Z. E.
83. Wenn ihr die Mittags-Hoͤhe eines Sternes verlanget / muͤſſet ihr den Qva - dranten QCN auf der Mittags-Linie per - pendicular aufrichten: denn ſo ſtehet er im Meridiano.
84. Die Aſtronomiſchen Qvadranten muͤſſen nicht allein ſehr gnau getheilet ſeyn; ſondern ihr muͤſſet auch wenigſtens alle Minuten / ja von zehen biß zehen Secunden darauf deutlich unterſcheiden koͤnnen. Da - her werden ſie etwas groß Hevels Qvadranten waren im halben Diameter 3 / 5 / 6 bis 6¼ Schuhe (Mach. Cœleſt. lib. 1. c. 2. f. 96. c. 5. f. 115. c. 9. f. 157. c. 10. f. 183.) Die Eimartiſchen Qva - dranten zu Nuͤrnberg halten im halben Diameter 2 und 6 (Epiſt. Glaſeri ad Martinum Knorre de Vraniæ Noricæ Templo Eimmartino) und der beruͤhmte A - ſtronomus zu Pariß bedienet ſich meiſtentheils eines Qvadrantens von 3 Schuhen im halben Diameter / darauf er die Secunden von zehen bis zehen gnau un - terſcheiden kan. Es wuͤrde hier zu weitlaͤufftig fal - len / dasjenige auszufuͤhren / was in verfertigung eines(3) NAſtro -186Anfangs-Gruͤnde. Aſtronomiſchen Qvadrantens in acht zu nehmen - Wer dieſe Dinge zu erkennen Luſt hat / kan entweder den Hevelium (l. c.) oder abſonderlich den de la Hire (in Tabulis Aſtronomicis p. 56. & ſeqq. ) nachleſen.
85. Die Hoͤhe des Æquatoris AR ma - chet mit der Pol-Hoͤhe PH 90 Grad.
Denn HZR haͤlt 180° (§. 22) und PA = 90° (§. 14). Derowegen iſt HZR — PA = HP † AR = 90°. W. Z. E.
86. Die Pol-Hoͤhe an einem Orte zu finden.
Die Summe PI iſt die verlangte Pol-Hoͤ - he. Z. E. Es hat Couplet der juͤngere zu Liſabon 1697 gegen das Ende des Decembris obſerviret.
HI187der Aſtronomie.HI = 41° 5′ 40″ KI = 36 28 0 HK = 4 37 40 PK = 2 18 50 KI = 36 28 0 Pol-Hoͤhe PI = 38 46 50 zu Liſabon.
87. Jn den Memoires de l’ Academie Royale des Sciences A. 1700. p. 175, woraus unſer Exempel ge - nommen / findet ihr / daß wegen der Refraction von der gefundenen Pol-Hoͤhe 1′ 25″ abgezogen werden / umb die wahre Hoͤhe zu haben. Allein hiervon ſol un - ten geredet werden.
88. Jhr koͤnnet auch nach dem Exempel des be - ruͤhmten Aſtronomi des Caſſini durch einen groſſen Zeiger die Mittags-Hoͤhen der Sterne und der Son - ne auf die Art obſrviren / die in der Optick angewie - ſen worden (§. 47 Optic.) Nach derſelben haben Caſſi - nus A. 1656. zu Bononien mit einem Zeiger von 20 Schuhen; Ricciolus eben daſelbſt mit einem Zei - ger von 66. Schuhen und der Hoch-Ehrwuͤrdige P. Heinrich 1705. 6. 7 und 8 zu Breßlau mit ei - nem Zeiger von 35 Schuhen die Pol-Hoͤhe geſuchet. Vid. Ricciolus Geogr. Reform. lib. 7. c. 15. f. 286. & R. P. Heinrich in Altitudine Poli ſive Latitudine Geo - graphica Vratislaviæ (Niſſæ 1708 in 4.) part. 1. p. 5. 6. & 7. Conf. de la Hire in Tab. Aſtron. p. 100 & ſeqq. Nemlich weil die Sterne keinen Schatten werfen / ſo haͤlt man das Auge an die mit dem Hori - zont parallel gezogene Mittags-Linie / und mercketN 2188Anfangs-Gruͤndeden Punct / wo das Auge iſt / wenn der Stern im Mit - tage die Spitze des Zeigers beruͤhret.
89. Wenn ihr die Pol-Hoͤhe von 90° abziehet / bleibet die Hoͤhe des Æquatoris uͤ - brig (§. 85.).
89° 59′ 60″ Pol-Hoͤhe PI = 38 45 25 Hoͤhe des Æquat. = 51 14 35
90. Einen Stern im Meridiano zu ob - ſerviren.
Derowegen ſo bald die Faden den Stern eurem Auge verdecken / nehmet ihr wahr / daß der Stern in den Meridianum kommet: welches man verlangete.
91. Der Bogen des durch die Pole und den Stern beſchriebenen Circuls AC / welcher zwiſchen dem ÆquatoreA189der Aſtronomie. A und dem Sterne O enthalten iſt / heiſ - ſet die Declination des Sternes.
92. Die Declination eines Sternes zu finden.
Z. E. Tycho hat zu Uranienburg die Hoͤhe des Schwantzes im Loͤwen obſerviret 50° 59′ 0″ die Hoͤhe des Æquat. 34 5 20 Declination des 16 53 40 Sternes
93. Die Declinationen der Fixſterne haben in Tabellen gebracht Ricciolus Aſtron. Reform. lib. 4. c. 9. f. 288 & ſeqq. und Dechales in Mund. Mathem. Tom. 3. Tract. de Navigat. lib. 7. f. m. 325. 362. Jhr findet ſie auch fuͤr einige bey dem de la Hire Tab. VI.
94. Wenn der Stern in dem Qvadrauten HZ iſt / darinnen ſich der Pol P befindet / Z. E. in K oder I / ſo iſt die Diſtantz des Sternes von dem Pole PK oder PI das Complement der Declination K Q oder PA zu 90° (§. 14. 90). Z. E. A. 1697 warN 3die190Anfangs-Gruͤndedie Diſtantz des Polar-Sternes vom Pole 20 18′ 50″ und allſo ſeine Declination 87° 41 / 10″.
95. Wenn ihr die Obſervationen der al - ten Aſtronomorum mit den neueren verglei - chet / ſo werdet ihr finden / daß die Declina - tionen der Fixſterne veraͤnderlich ſind. Da - her ſind auch die Tabellen daruͤber nicht be - ſtaͤndig.
96. Wenn euch die Declination eines Sternes bekandt iſt / und ihr ſeine Mittags - Hoͤhe obſerviret (§. 82. 83); ſo koͤnnet ihr daraus die Hoͤhe des Æquatoris (§. 91) und folgends die Pol-Hoͤhe (§. 89) finden.
97. Jhr ſehet / daß man ſchon an anderen Orten die Pol-Hoͤhe auf andere Art (§. 86) gefunden ha - ben muß / ehe ihr die in dem 2 Zuſatze beſchriebene anbringen koͤnnet. Dannenhero ziehet man die o - ben (§. 86) beſchriebene dieſer billig vor. Denn es iſt allzeit beſſer / wenn man ſich nicht auf andere ver - laſſen darf.
98. Die groͤſte Declination der Ecli - ptick zu finden.
Z. E. Ricciolus hat A. 1646 die Mittags - Hoͤhen der Sonne obſerviret d. 20 Jun. 68° 59′ 45″ 21 69 0 0 22 68 59 45
Allſo war die groͤſte Mittags-Hoͤhe 69° o - der wegen der parallaxi (wovon unten ge - redet werden ſoll) 69° 0′ 30″ die Hoͤhe des Æquat. 45 30 30 groͤſte Declination 23 30 0 der Sonne
99. Man pfleget die Mittags-Hoͤhe der Sterne mit verſchiedenen Ovadranten zumeſſen / damit man des richtigen verfahrens umb ſo viel mehr verſichert iſt.
100. Weil der Anfang des Krebſes 90° von dem Anfange des Widders weg iſt / wo die Ecliptick den Æquatorem durchſchnei - det; ſo iſt die groͤſte Declination der Eclip - tick das Maaß des Winckels / den ſie mit dem Æquatore machet (§. 9 Trig. Sphær.) Und darumb iſt dieſer Winckel 23° 30′. Er wird aber die Schiefe der Ecliptick (Obliquitas Eclipticæ) genennet.
101. Die Alten haben die Schiefe der EcliptickN 4groͤſ -192Anfangs-Gruͤndegroͤſſer angeſetzt / als ſie die Neuern Aſtronomi ge - funden. Hipparchus giebt ſie A. 140 vor Chriſti Geburt und Ptolemæus A. 140 nach Chriſti Geburt 23° 51′ 20″ an: Albategnius aber A. C. 880 nur 23° 35′: De la Hire in ſeinen Aſtronomiſchen Ta - bellen (Tab. VI. p. 7.) gar nur 23° 29′. Hieraus haben einige / als Purbachius, Reinholdus, Regio mon - tanus, Copernicus, Tycho, Longomontanus, Lansber - gius, Bulliældus, Wendelinus &c. ſchlieſſen wollen / als wenn die Schiefe der Ecliptick veraͤnderlich waͤre. Vid. Ricciolus Almag. Nov. part. 1. lib. 3. c. 27 f. 163. 164. Allein es hat nicht nur Hevelius in ſei - nem Prodromo Aſtronomiæ wohl erinnert / daß man den Obſervationen der Alten wegen der Unvollkom - menheit ihrer Jnſtrumente in Kleinigkeiten nicht trauen doͤrfe; ſondern es erzehlet auch Gaſſendus in des Peireſcii leben / daß er A. 1635 zu Maßili - en im Eintritt der Sonne in Krebs am Mittage mit dem Petreſcio eben die Proportion zwiſchen der Laͤnge des Schattens und der Hoͤhe des Zeigers ob - ſerviret / welche bey nahe 314 Jahr vor Chriſti Ge - burt zu des Groſſen Alexanders Zeiten Pytheas daſelbſt angemercket / nemlich wie 313⅛ zu 600. Noch andere Beweisthuͤmer fuͤhret Ricciolus in dem an - gefuͤhrten Orte an. Conf. Jeremias Horoccius in Aſtronomia Kepleriana defenſa & promota diſput. 3 c. 1 & ſeqq. p. 70 & ſeqq. Operum poſthum.
99. Aus der gegebenen Schiefe der Ecliptick C eines jeden Punctes F De - clination EF zu finden.
Der Qvadrant PE / welcher aus dem Po - le P des Æquatoris AQ beſchrieben / ſtehetauf193der Aſtronomie. auf AC in E perpendicular (§. 16 Trigon. Sphær. ) derowegen koͤnnet ihr aus der ge - gebenen Hypotenuſe FC und dem Winckel C die Declination EF finden (§. 18 Trig. Sphær.)
100. Jhr findet ein Exempel von dieſer Aufgabe in dem angezogenen Orte der Sphaͤriſchen Trigo - nometrie fuͤr den 60° der Ecliptick / das iſt / fuͤr o II. Und durch gegenwaͤrtige Aufgabe iſt die De - elinations-Tabelle fuͤr alle Grade der Ecliptick ge - rechnet worden.
101. Wenn ihr die Deelination der Son - ne von ihrer obſervirten Mittags-Hoͤhe ab - ziehet / ſo bleibet die Hoͤhe des Æquatoris uͤbrig (§. 91) und folgends koͤnnet ihr auch die Hoͤhe des Poles (§. 85.) finden. Jhr muͤſſet aber den Ort der Sonne in der E - cliptick wiſſen.
102. Hingegen wenn euch die Declina -Tab. I. Fig. 5. tion der Sonne gegeben iſt / und die Hoͤhe des Æquatoris AR / koͤnnet ihr die Mittags - Hoͤhe der Sonne M R oder O R finden / wenn ihr die Nordiſche Declination zu der Hoͤhe des Æquatoris addiret / oder die Suͤ - diſche von ihr ſubtrahiret. Z. E. HoͤheN 5des194Anfangs-Gruͤndedes Æquat. zu Bononien 45° 30′. 30″ Declination der ☉ im 29° ♐ 20 24 57 Mittags-Hoͤhe der Sonne 25 5 33
103. Aus der gegebenen Hoͤhe desTab. II. Fig. 8. Æquatoris und der Mittags-Hoͤhe der Sonne ihren Ort in der Ecliptick zu finden.
Z. E. Ricciolus (Aſtr. Reform. lib. 1. c. 8. f. 26) hat zu Bononien An. 1643 d. 23. Mart. die Mittags-Hoͤhe der Sonne obſer - viret 46° 33′ 40″.
Hoͤhe der Sonne 46° 33. 40″
Hoͤhe des Æquatoris 45 29 50
Declination der Soñe efi 3 50
Log. 195der Aſtronomie.Log. Sin. C. 96006997
Log. Sin. EF. 8.2687.4.8.6
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Sin. CF. 8.6680489 / welchem in den Tabellen am naͤchſten kommen 2° 47′ 40″ Allſo war die Sonne ♈ 2° 47′ 40″
104. Der Punct des Æquatoris, wel - cher mit der Sonne oder einem Ster - ne durch den Meridianum gehet / heiſſet die gerade Aſcenſion.
105. Aus der gegebenen Schiefe der Ecliptick C und dem Orte der Sonne in derſelben F / ihre gerade Aſcenſion E zufinden.
Die Aufloͤſung geſchiehet nach der 12 Aufgabe der Sphaͤriſchen Trigonometrie (§. 31 Trig. Sphær.)
Es ſey C 23° 30″ FC ♈ 2° 47′ 40″. Log. Coſin. C. 99623978 Log. Sin. Tot. 100000000 Log. Cotang. FC 1.1.3.1.14.8.2.6
Log. Cotang. EF. 11.3490848 / welcherin196Anfangs-Gruͤndein den Tabellen fuͤr E F anzeiget bey nahe 2° 33′ 45″.
106. Wenn die Sonne in dem andern Qvadran - ten iſt / ſo iſt FC das Complement ihres Ortes zu dem Anfange der Wage: und allſo muͤſſet ihr EC von 180° abziehen umb die gerade Aſcenſion zuha - ben. Jſt in C der Anfang der Wage / und die Sonne in E; ſo iſt ihre gerade Aſcenſion in F und ihr koͤnnet EF finden (§. 32 Trig. Sphær. ) welcher Bogen entweder den Uberſchuß ihrer geraden Aſcenſion uͤ - ber 180° / oder das Complement zu 60° iſt.
107. Aus eben dieſen datis koͤnnet ihr den Winckel F finden / den die Ecliptick in einem gegebenen Puncte mit dem Meridia - no machet (§. 34. Trig. Sphær.)
108. Wie durch die Aufgabe ſelbſt die Tabula Aſcenfionum Rectarum Eclipticæ ausgerechnet wird; allſo rechnet man durch den Zuſatz die Tabulam An - guli Eclipticæ cum Meridiano aus.
108. Die ſchiefe Aſcenſion eines Sternes iſt der Punct des Æquatoris, welcher mit einem Sterne durch den Horizont gehet. Hingegen die ſchiefe Deſcenſion iſt der Punct des Æquato - ris mit welchem der Stern untergehet.
109. Die Aſcenſional-Differentz iſt der Unterſcheid zwiſchen den beyden Aſcenſionen. Die Deſcenſional-Dif - ferentz iſt der Unterſcheid zwiſchen der geraden Aſcenſion und ſchiefen Deſcen - ſion.
110. Aus der gegebenen Pol-Hoͤhe PR und der Sonnen-Declination S D die Aſcenſional-Differentz DO und ihre ſchiefe Aſcenſion zufinden.
Es ſey die Pol-Hoͤhe P R = 51° / die De - clination der Sonne DS 5° 55′ 30″ / die A - ſcenſio recta entweder 13° 48′ 2″ / oder 193° 48′ 2″
Log. Tang. O 9.9083692
Log. Tang. SD 9.01.379.14
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Sin. OD 9.1054222 / welchem in den Tabellen zu kommen 7° 19′ 20. Aſcenſio Recta CD 13° 48′ 2″ CD 193° 48′ 2″ Aſcenſional-Diff. OD 71920 OD 7 19 20 Aſcenſ. Obliqua CO 6 28 42 CO 201 722
111. Durch dieſe Aufgabe hat man ſo wol die Ta - bulas Differentiarum Aſcenſionalium, als die Ta - bulas Aſcenſionum obliquarum fuͤr alle Grade der Ecliptick nach verſchiedenen Pol-Hoͤhen ausgerech - net: Dergleichen ihr bey dem Ricciolo Aſtron. Re - form. Tom. 2. part. 2. f. 21 & ſeqq. findet. Jhr koͤnnet aber auch dadurch die ſchiefe Deſcenſion fin - den / wenn ihr bey der Noͤrdlichen Declination die Deſcenſional-Differentz zu der geraden Aſcenſion ad - diret; bey der Suͤdlichen aber davon ſubtrahiret.
112. Die Zeit zu finden / welche vor - bey ſtreichet / in dem ein gegebener Bo - gen des Æquatoris durch den Meridia - num gehet.
Weil der Æquator ſich um ſeine Polebewe -199der Aſtronomie. beweget (§. 12. 14) und der Meridianus durch eben ſelbige Pole gezogen iſt / uͤber dieſes die Bewegung der Welt-Kugel einmal ſo ge - ſchwinde als das andere gehet; ſo gehen in gleicher Zeit gleich viel Grade des Æqua - toris durch den Meridianum. Derowe - gen koͤnnet ihr ſagen: Wie 360 zu 24 ſo der gegebene Bogen des Æquatoris zu der verlangten Zeit / die ihr durch die Regel De - tri finden koͤnnet.
113. Durch dieſe Aufgabe hat man abermal die Tabellen ausgerechnet / durch deren Huͤlfe man die Bogen des Æquatoris in Stunden der erſten Be - wegung und die Stunden der erſten Bewegung in Bogen des Æquatoris verwandeln kan.
114. Es iſt aber eine Stunde der erſten Bewe - gung (Hora primi mobilis) $$\frac {1}{24}$$ von der Zeit / welche verfließt / in dem der gantze Æquator durch den Me - ridianum gehet. Die Sonnen-Stunde / welche $$\frac {1}{24}$$ von der Zeit iſt / welche verfließt / biß die Son - ne wieder zu dem Meridiano kommt / wenn ſie ein - mal davon weggegangen / iſt etwas laͤnger als eine Stunde der erſten Bewegung / weil die Sonne ih - re eigene Bewegung von Abend gegen Morgen hat. Denn ſetzet die Sonne ſey mit dem 2 Grade des Æquatoris im Meridiano. Wenn dieſer Grad den folgenden Tag wieder in den Meridianum kommt; ſo ſtehet die Sonne noch etwas zuruͤcke gegen Mor - gen / weil ſie bey nahe einen Grad in der Ecliptick gegen Morgen fortgeruͤcket. Derowegen muß noch etwas Zeit verflieſſen / ehe die Sonne in den Meri -dia -200Anfangs-Gruͤndedianum kommet. Wollet ihr nun wiſſen / wieviel ihr zu den Stunden der erſten Bewegung addiren muͤſſet / ſo doͤrfet ihr nur die 59′ 8″ 20‴ / welche die Sonne in einem Tage nach ihrer eigenen Bewe - gung durchlaͤuft / das iſt 212900‴ durch 24 divi - diren: Der Qvotient 8870‴ oder 2′ 28″ iſt die verlangte Zahl.
115. Wegen ihres vielen Nutzens habe ich dieſe Tabellen hieher ſetzen ſollen.
Fuͤr die Zeit der erſten Bewegung. | ||||||||
Æquat. | Zeit | Æquat. | ||||||
Grad | Stund: | I | Stuñ - den. | Æ - qua - tor: Gra - de. | Min: | Gr | I. | |
Min: | I | II | Sec. | I. | II. | |||
Sec: | II | III | Tert: | II. | III. | |||
Tert: | III | IV. | Qvart. | III: | IV. | |||
1 | 0 | 4 | 1 | 15 | 1 | 0 | 15 | |
2 | 0 | 8 | 2 | 30 | 2 | 0 | 30 | |
3 | 0 | 12 | 3 | 45 | 3 | 0 | 45 | |
4 | 0 | 16 | 4 | 60 | 4 | 1 | 0 | |
5 | 0 | 20 | 5 | 75 | 5 | 1 | 15 | |
10 | 0 | 40 | 6 | 90 | 6 | 1 | 30 | |
15 | 1 | 0 | 9 | 135 | 10 | 2 | 30 | |
30 | 2 | 0 | 12 | 180 | 20 | 5 | 0 | |
60 | 4 | 0 | 15 | 225 | 30 | 7 | 30 | |
90 | 6 | 0 | 18 | 270 | 40 | 10 | 0 | |
180 | 12 | 0 | 21 | 315 | 50 | 12 | 30 | |
360 | 24 | 0 | 24 | 360 | 60 | 15 | 0 |
Fuͤr die Sonnen-Stunden und Minuten. | ||||||||||
Stund. | Gr. | I. | II. | III. | Gr. | St. | I. | II. | III. | |
1 | 15 | 2 | 28 | Min. | I. | II. | III. | IV. | ||
2 | 30 | 4 | 56 | Sec. | II. | III. | IV. | V. | ||
3 | 45 | 7 | 24 | Tert. | III. | IV. | V. | VI. | ||
5 | 75 | 12 | 20 | 1 | 0 | 3 | 49 | 20 | ||
10 | 150 | 24 | 40 | 2 | 0 | 7 | 58 | 40 | ||
20 | 300 | 49 | 20 | 3 | 0 | 11 | 58 | 1 | ||
Min. | Gr. | I. | II. | III. | 4 | 0 | 15 | 57 | 22 | |
Sec. | I. | II. | III. | IV. | 5 | 0 | 19 | 56 | 42 | |
1 | 0 | 15 | 2 | 28 | 10 | 0 | 39 | 53 | 24 | |
2 | 0 | 30 | 4 | 56 | 15 | 0 | 59 | 50 | 6 | |
3 | 0 | 45 | 7 | 24 | 30 | 1 | 59 | 40 | 12 | |
5 | 1 | 15 | 12 | 20 | 60 | 3 | 59 | 20 | 24 | |
10 | 2 | 30 | 24 | 40 | 90 | 5 | 59 | 0 | 36 | |
20 | 5 | 0 | 49 | 20 | 180 | 11 | 58 | 2 | 12 | |
40 | 10 | 1 | 38 | 40 | 360 | 23 | 56 | 1 | 24 | |
60 | 15 | 2 | 28 | 0 |
116. Aus dem gegebenen Orte der Sonne in der Ecliptick die Laͤnge des Tages zu finden.
Es ſey AQ der Æquator, R der Pol / IP undTab. II. Fig. 11. LN die halbe Tage-Bogen der Sonnen. Jndem der Bogen IP durch den Meridia - num gehet / ſo gehet der Bogen des Æqua - toris AS durch eben denſelben. Und in dem der Bogen LN den Meridianum durchſtrei - chet / ſo durchſtreichet auch der Bogen des Æ - quatoris AT denſelben. Nun iſt der Bo - gen AO 90° (§. 26) / die Bogen TO und OS aber ſind die Aſcenſional-Differentz (§. 109). Derowegen wenn ihr OS zu dem Qvadran - ten AO addiret / oder TO von ihm ſubtra - hiret / ſo kommet der Bogen des Æquatoris heraus / welcher durch den Meridianum ge - het / biß die Sonne von dem Horizont in den - ſelben kommet. Wenn ihr allſo dieſen Bo - gen AS oder AT in Stunden und Minuten verwandelt; ſo bekommet ihr die halbe Ta - ges-Laͤnge. W. Z. E.
Z. E.203der Aſtronomie.Z. E. Es ſey die Sonne im ⚪ ♊ / die Pol-Hoͤhe des Ortes 51°.
Aſcenſio recta 57° 48′ 36″
Aſcenſio obliqua 30 46 0
Aſcenſional-Differ. 27 2 36 90
der halbe Tage-Bogen. 117 2 36 90° ‒ 5 St. 59′ 0″ 36‴ 15 ‒ ‒ ‒ 59 50 6 10 ‒ ‒ ‒ 39 53 24 2 ‒ ‒ ‒ 7 58 40 iv 0 2′ ‒ ‒ ‒ 7 58 40 v 0 30″ ‒ 1 59 40 12 5 19 56 42 1 ‒ ‒ 3 49 20 halbe Ta - 7 46 53 8 6 14 ges-Laͤnge 2 gantze Ta - 15 33 46 16 12 28 ges-Laͤnge.
117. Wenn ihr die gefundene Tages - Laͤnge 15 St. 34 M. von 24 St. abziehet / blei - bet die Nachts-Laͤnge 8 St. 26 M. uͤbrig: deren Helfte 4 Uhr 13 Min. den Aufgang der Sonne gleich wie die halbe Tages-Laͤn - ge 7 Uhr 47 den Untergang der Sonne zei - get.
O 2Die204Anfangs-Gruͤnde118. Das Azimuth iſt der Bogen des Horizonts SR oder SH / welcher zwi - ſchen dem Vertical-Circul PS / darinnen die Sonne oder ein anderer Stern ſich befindet / und dem Meridiano eines Or - tes HPR enthalten. Die Diſtantz aber des Punctes / da die Sonne aufgehet / oder untergehet SO von dem wahren Morgen oder Abend O / wird AMPLI - TUDO ORTIVA oder OCCIDUA ge - nennet.
119. Daher findet ihr / daß die Azimu - thal-Qvadranten / mit welchen man das A - zimuth obſerviret / gewoͤhnliche Aſtronomi - ſche Qvadranten ſind / die auf einem Hori - zontal-geſetzten Circul / welcher den Hori - zont vorſtellet / Vertical aufgerichtet ſind und ſich umb ſeinen Mittel-Punct herumb be - wegen laſſen. Denn weil ihr die Mittags - Linie auf eurem Horizontal-Circul habet / ſo ſchneidet ſich das Azimuth ab / wenn ihr den Qvadranten in den Vertical-Circul ver - ſchiebet / darinnen die Sonne oder der Stern iſt.
120. Aus der gegebenen Declination der Sonne DS und der Hoͤhe des Æqua - toris, ihre Amplitudinem Ortivam S O und ihr Azimuth HS zu finden.
Auf -205der Aſtronomie.Es ſey die Hoͤhe des Æquatoris AH 39° / die Declination der Sonne in ⊪ ♊ und ♐ 20° 12′.
Log. Sin. O. 97988718
Log. Sin. DS 9.5.3.8.194.3
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Sin. SO 9.7393225 / welchem in den Tabellen am naͤchſten kommen 33° 16′ 30″.
Derowegen iſt das Azimuth / der aufgehen - den Sonne im ⊪ ♊ 90 † 33° 16′ / 30″ = 123° 16′ 30″ / im ⊪ ♐ aber 90 — 33° — 16′ — 30″ = 56° 43′ 30″.
121. Durch dieſe Aufgabe find die Tabulæ Ampli -tudi -206Anfangs-Gruͤndetudinum Ortivarum & Occiduarum Solis ausgerech - net worden / die ihren groͤſten Nutzen in der Schiffahrt zur See haben:
122. Aus der gegebenen Pol-Hoͤhe PR u.Tab. II. Fig. 12. der Declination der Soñe CS die Hoͤhe D S auf jede gegebene Stunde des Tages zu finden.
Der erſte Fall. Wenn die Sonne S im Æquatore AQ iſt / ſo wiſſet ihr in dem bey A rechtwincklichtem Trjangel (§. 15. Trig. Sphær. ) die Seite AZ / welche der Pol-Hoͤhe PR gleichet / indem ſo wol AZ † ZP (§. 14.) als ZP † PR (§. 22) = 90°. Uberdieſes weil die Stunde euch gegeben iſt / ſo kan euch nicht un - bekand ſeyn / wie viel Zeit noch bis zu dem Mittage / folgends wie groß der Bogen des Æquatoris A S iſt (§. 115). Derowegen koͤnnet ihr (§. 23. Trig. Sphær. ) die Hoͤhe DS finden.
Z. E. Es ſey PR = 51° / die Sonne im o ⋎. Jhr ſollt ihre Hoͤhe fruͤhe umb 9 Uhr finden. Weil noch 3 Stunden bis zum Mittage ſind / ſo iſt AS 45° 7′ 24″.
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Coſin. AZ 97988718
Log. Coſin. AS 98485459
Log Coſin. ZSſ.
Sin. DS 19.6474177 welchem in Tab. am naͤchſten ſind 26° 21′ 40″
Der207der Aſtronomie.Der andere Fall. Wenn die Sonne S in einem Nordiſchen Zeichen iſt / ſo wiſſet ihr in dem Triangel ZPS die Seite P Z / als das Complement der Declination C S und den Winckel P / deßen Maaß A C (§. 9. Trig. Sphær. ) wegen der Zeit bekandt iſt (§. 115). Derowegen
Z. E. Es ſey die Sonne im 6° ου; ihr ſollet ih - re Hoͤhe finden / die ſie fruͤhe umb 9 Uhr an ei - einem Orte hat / wo die Pol-Hoͤhe 51° iſt. Als - denn iſt AC / das iſt / der Winckel P 45° 7′ 24″ PZ = 39° / CS = 13° 33′ 30″ / folgends PS = 76° 26′ 30″.
Log. Coſinus P 98485459
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Cotang. ZP 1.0.0 9.16.3.0.8
Log. Cotang. KP 10.2430849 / welcher fuͤr KP anweiſet 29° 44′ 30″
O 4PS208Anfangs-GruͤndePS = 7.6 26 30
KS = 46 42 0
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Sin. PZ. 97988718
Log. Sin. P. 98504198
Log. Sin. ZK 19.6492916
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Coſin. ZK 99518593
Leg. Coſin. KS 98362091
Log. Coſin. ZS 19.7880684 ſ. Sin. SD.
welchem am naͤchſten kommen 37° 52′ 10
Der dritte Fall. Wenn die Sonne in einem Suͤdiſchen Zeichen iſt / ſo iſt PS die Summe aus 90° und der Declination CS. Jm uͤbrigen verfahret ihr gantz wie in dem anderen Falle.
123. Wenn ihr die Hoͤhe nach Mittage zu wiſſen verlanget / ſo iſt AC der Bogen des Æquatoris, wel - cher von dem Mittage an bis zu der gegebenen Stunde durch den Meridianum ſich beweget.
124. Aus der gegebenen Pol-Hoͤhe PR / Declination der Sonne CS und ihrer Hoͤ - he DS die Stunde des Tages zu finden.
Der erſte Fall. Wenn die Sonne S im Æquatore AR iſt / ſo ſind in dem rechtwinck -lich -209der Aſtronomielichten Triangel AZS die Seite AZ = PR und die Seite ZS / als das Complement der Sonnen-Hoͤhe DS bekandt. Derowegen koͤnnet ihr die Seite AS (§. 21. Trig. Sphær. ) finden / und in Stunden (§. 115) verwandeln welche von 12 abgezogen die verlangete Zeit uͤ - brig laſſen.
Der 2. Fall. Wenn die Sonne in einemTab. II. Fig. 13. Nordiſchen Zeichen iſt / ſo ſind euch in dem Triangel ZPS die Complemente der Pol-Hoͤ - he PZ / der Declination PS und der Hoͤhe ZS bekandt und ihr koͤnnet (§. 45 Trig. Sphær. ) den Winckel P finden / deſſen Maaß AC iſt / und mit dem Bogen AC wie vorhin mit AS verfahren. Z. E. Es ſey PR = 51° / CS = 3° 33′ 30″ / DS = 37° / 52′ 10″; ſo ſind PZ = 39° / PS = 76° 26′ 30″ ZS = 52° 7′ 50″.
Log. PZ 97988718 PZ 39° 0′ 0″
Log. PS 99877251 PS 76 26 30
Log. PZ. PS 197865969 ZS 52 750
PZ + PS + ZS 167 34 20
½ (PZ + PS + ZS) 83 47 10
83° 47′ 10″ 83° 47′. 10 PZ 39 ° 0 PS 76 26 30 I. 44 47 10 II. 7 20 40
O 5Log. 210Anfangs-GruͤndeLog. Sin. I. 98478576
Log. Sin. II. 91066463
Summe 189545039 200000000 Log. [] Sin. Tot. 3.89.5.4.5.0.39 197865969 Log. Sin. PZ in Sin. PS. 191679070 9.5839535 Log. Sin. ½ AC. welchem in Tabellen zukommen 22° 33′ 40″ Derowegen iſt AC 45° 7′ 26″. Folgends ſind noch bis zum Mittage 3 Stunden / und allſo iſt es fruͤhe umb 9 Uhr.
Der 3te Fall. Wenn die Sonne S in einem Suͤdiſchen Zeichen iſt / ſo iſt die eine Seite PS groͤſſer als ein Qvadrant. Dero - wegen nehmet an ſtat des Triangels PSZ den andern KSI an / in welchem IS das Comple - ment der gegebenen Declination / IK = PZ das Complement der Pol-Hoͤhe und SR das Aggregat aus dem Qvadranten DK und dem Complement der Hoͤhe SD. Da nun die beyden Seiten SI und IK kleiner als Qva - dranten ſind; koͤnnet ihr wie vorhin den Winckel SIK oder ſeinen Neben-Winckel / der einen Sinum mit ihm hat / A I C ſuchen / deſſen Maaß A C abermals die verlangete Zeit giebet.
Z. E.211der Aſtronomie.Z. E. Es ſey die Sonue im 10° m / ihre Hoͤ - he vor Mittage SD 10° 24′ / die Pol-Hoͤhe 51°. So iſt IK 39° / SC 14° 51′16″; und daher SI 75° 8′ 44″ / SK 100° 24′.
Log. Sin. SI 99852383 SI 75° 8′ 44″
Log. Sin. SK 97988718 IK 39 0 0
Log. Sin. SI 197841101 SK 100 24 0 in Sin. SK. Summe der Seiten 214 32 44 halbe Summe 107 16 22
107° 16′ 22″ 107° 16′ 22″
IK 39 0 0 IS 75 8 44
I. 68 16 22 II. 32 7 48
Log. Sin. I. 99679954
Log. Sin. II. 97257893
Summe 196937847 (Tot. 200000000 Log. [] Sin. 3.9.69.37847 (Sin SK. 197841101 Log. Sin. SI in 199096746 2 99548373 Log. Sin. ½ S IK.
welchem in Tabellen zukommen 64° 19′ 14″ Derowegen iſt der Winckel SIK 128° 38′ 281″ folgends AIC oder der Bogen AC 51° 21′ 32″. 51°212Anfangs-Gruͤnde51° ‒ ‒ ‒ 3 St. 23′ 16″ 28‴ iv 21′ ‒ ‒ ‒ 1 23 36 8 v 32″ ‒ 2 7 38 52 3 St. 24 42 11 46 52 11 59. 59 59 59 60
Verlangte 8 St. 35 17 48 13 8 Zeit.
125. Die Weite zweyer Sterne iſt ein Bogen eines groͤſten Circuls der Welt-Kugel / welcher zwiſchen ihren beyden Mittel-Puncten enthalten.
126. Die Weite zweyer Sterne S und N zu meſſen.
Der Bogen AD iſt die verlangte Weite der Sterne S und N.
Dem Augenſcheine nach ſind die Sterne S und N von C gleich weit weg (§. 3) und all - ſo gehet der Bogen / der aus C durch S be - ſchrieben wird auch durch N (§. 43. Geom.). Da nun die Winckel SCN und ACD einan - der gleich ſind (§. 58. Geom.); ſo hat der Bo - gen SN eben ſo viel Grade u. Minuten als der Bogen AD (§. 45 Geom.) weil die Erde in An - ſehung der Weite der Sterne nur ein Punct iſt (§. 79.); ſo iſt es eben ſoviel / als wenn in C der Mittelpunct der Erde waͤre / folgends iſt der Bogen SN ein Theil eines groͤſten Circuls der Welt-Kugel (§. 4 Trig. Sphær. ) und dannenhero die Weite der Sterne S und N (§. 125). W. Z. E.
127. Aus der gegebenen Weite zweyerTab. II. Fig. 16. Sterne TS und ihren Declinationen HS und TI / den Unterſcheid ihrer geraden Aſcenſionen HI zu finden.
Jhr wiſſet in dem Triangel PST die Sei - te TS / als die Weite der beyden Sterne S und T; die Seite PS / welche entweder das Complement der Noͤrdlichen Declination S H / oder / wenn der Stern im Æquatore ge - funden wird / ein Qvadrant iſt; und endlichauch214Anfangs-Gruͤndeauch die Seite PT / welche entweder das Com - plement der Noͤrdlichen Declination TI, o - der die Summe des Qvadrantentens P I (§. 14) und der Suͤdlichen Declination TI iſt. Derowegen koͤnnet ihr in allen Faͤllen den Winckel P (§. 45 Trig. Sphær. ) finden / deſ - ſen Maaß (§. 9 Trig. Sphær.) HI der ver - langte Unterſcheid zwiſchen der geraden A - ſcenſion H des Sternes S und der geraden A - ſcenſion I des Sternes T iſt.
128. Z. E. Ricciolus hat (Aſtron. Reform. lib. 4. c. 8. f. 228) die Weite zwiſchen dem letzten Sterne im Schwantze des groſſen Baͤren und dem Polar-Sterne obſerviret 6° 40′ 50″ / die Noͤrdliche Declination des erſten hat er gefunden (l. c. c. 16. f. 251) 51° 3′ 20″ / des andern aber 87° 29′ 15″. Derowegen iſt P S 2° 30′ 45″ / PT 38° 56′ 40 / TS 6° 40′ 50″. Weil die Rechnung fuͤr den Winckel a oder den verlangten Bogen HI etwas weitlaͤufftig und doch voͤllig / ſo wie in der 17 Aufgabe iſt: wollen wie ſie nicht erſt hieher ſe - tzen.
129. Wenn euch die Declinationen zweyer Sterne HS und TI nebſt dem Unterſcheide ihrer geraden Aſcenſionen H I gegeben ſind; wiſſet ihr in dem Triangel PST die beyden Seiten SP und PT und den Winckel P. Derowegen koͤnnet ihr ihre Weite voneinan - der TS (§. 40 Trig. Sphær. ) finden.
130. Z. E. die Noͤrdiſche Deelination des Hertzens im ♌ war A. 1700 13° 24′ 42″ / des kleinen Hun - des 5° 57′ 49″. Die gerade Aſcenſion des er -ſten215der Aſtronomieſten 148° 5′ 52″ / des andern 110° 54′ 2″. Dero - wegen iſt PT 84° 2′ 11″ / PS 76° 35′ 18″ / HI oder der Winckel SPT 38° 3′ 47″. Die Rechnung iſt aber - mal etwas weitlaͤuftig / und geſchiehet voͤllig wie in der 16 Aufgabe (§. 122). Darumb iſt nicht noͤthig / ſie wiederumb hieher zu ſetzen.
131. Die gerade Aſcenſion der Fir - ſterne zu finden.
132 Es erfordert die erſte Methode eine uͤberaus gnaue Bemerckung der Zeit: Denn ein Fehler von 4 Secunden in der Zeit bringet einen Fehler von 1 Minute in der geraden Aſcenſion.
133 Die andere Methode hat de la Hire zu erſt bewerckſtelliget / wie er es erinnert in den Memoires de l’ Academie Royale des Sciences A: 1700. p. m. 376. 377. Und iſt nicht noͤthig / daß der Stern e - ben mit der Sonne in den Mittag kommet. Denn wenn ihr ihn auch vorher / oder hernach in demſel - ben obſerviret; ſo kan euch die Zeit / welche verflieſ - ſet biß die Sonne nach den Sterne oder der Stern nach der Sonne in Mittag kommet / den Unterſcheid zwiſchen der geraden Aſcenſion der Sonne und des Sternes zeigen / wenn ihr ſie in Grade und Minu - ten des Æquatoris verwandelt. Man kan dieſe Methode ſonderlich heute zu Tage gebrauchen / das jenige vollkommenerer zuerkennen / was durch ande - re nicht ſo gnau hat koͤnnen erkandt werden.
134. Wenn ihr den Stern mit der Son - ne im Mittage obſerviret / ſo koͤnnet ihr auch wiſſen mit was vor einem Puncte der Eclip - tick er unter den Meridianum kommen iſt / weil ihr aus der obſervirten Mittags-Hoͤhe den Ort der Sonne in der Ecliptick herlei - ten koͤnnet (§. 103).
135. Was dieſer Zuſatz vor Nutzen habe / wenn man die Bewegungen der Planeten / ſonderlich der ♀ und des ☿ in Ordnung bringen wil / ſol in ſeinem Orte erinnert werden.
136. Wenn ihr die gerade Aſcenſion eini - ger Fixſterne gefunden; ſo koͤnnet ihr auch der anderen gerade Aſcenſion haben / wenn ihr den Unterſcheid beyder Aſcenſionen (§. 127) ſuchet / und ſie zu der gegebenen Aſcenſion ad - diret / wenn der andere Stern mehr gegen Abend ſtehet / oder ſubtrahiret / wenn er wei - ter gegen Morgen iſt.
137. Wenn ihr alte und neue Obſervationen mit - einander vergleichet / werdet ihr inne werden / daß die Declination und gerade Aſcenſion der Firſterne veraͤnderlich ſey. Z. E. Hipparchus hat 140 Jahr vor Chriſti Geburt die Declination des letzten Sternes im Schwantze des groſſen Baͤrens gefun - den 60° 45′; Ptolemæus 140 Jahr nach Chriſti Ge - but 59° 40′; Tycho A. 1585 aber 51° 26′ 30″; Rie - ciolus A. 1660 51° 3′ 20″; de la Hire A 1700 50° 47′ 29″. Vid. Ricciolus aſtron. Reform. lib. 4. f. 204 &(3) Pſeqq. 218Anfangs-Gruͤndeſeqq. Eben ſo ſetzet Tycho die gerade Aſcenſion des Hund-Sternes A. 1600. 96° 53′ Ricciolus A. 1660 97° 30′ 18″ de la Hire 1700. 97° 59′ 13″.
138. Wenn durch den Pol der Ecli -Tab. II. Fig. 17. ptick H und den Mittel-Punct eines Sternes S ein Circul umb die Welt-Ku gel beſchrieben wird / ſo heiſſet der Bo - gen von dieſem Circul TS / welcher zwi - ſchen dem Sterne S und der Ecliptick E L enthalten iſt / die Breite des Ster - nes: hingegen der Bogen der Ecliptick / welcher von dem Anfange des Wid - ders bis zu dem Puncte T gehet / wo der gedachte Circul die Ecliptick durch - ſchneidet / wird die Laͤnge des Ster - nes genennet.
139. Weil die Circul der Laͤnge und Brei - te durch die Pole der Ecliptick gehen / die E - cliptick aber einer von den groͤſten Circuln der Kugel iſt (§. 58); ſo ſind auch ſie von den groͤ - ſten Circuln der Welt-Kugel (§. 12. Trig. Sphær.)
140. Derowegen ſtehet der Bogen TH auf der Ecliptick EL in T perpendicular (§. 16. Trig. Sphær. ) und machet daſelbſt einen rechten Winckel S TC (§. 18. Geom.).
141. Aus der gegebenen Declination und geraden Aſcenſion eines Sternes / nebſt der Schiefe der Ecliptick / ſeine Laͤnge zufinden.
Es koͤnnen verſchiedene Faͤlle vorkommen: von welchen die vornehmſten beſonders zu er - kiaͤhren ſind.
142. Durch dieſe Aufgabe ſind die Tabulæ Longitudi - num & Latitudinum, oder ſo genante Catalogi Fixa - rum conſtruiret worden: dadurch einem ieden Ster - ne ſein Ort im Himmel angewieſen wird. Uber dieſe Arbeit hat ſich zuerſt Hipparchus ohngefehr 140 Jahr vor Chriſti Geb gemacht / wiewol Tymocharis u. Ari - ſtyllus ſchon 180 Jahr vorher viel darzu noͤthige Ob - ſervationen angeſtellet. Ptolemæus hat 140 Jahr nach Chriſti Geburt die Breite und Laͤnge der Sterae gleichfals unterſuchet / iedoch des Hipparchi Catalo - gum behalten. Albategnius ein Syrer hat umb das Jahr Chriſti 880 des Hipparchi Catalogum auf ſei - ne Zeiten reduciret. A. 1437 hat einen neuen Cata -logum223der Aſtronomie. logum aufgeſetzet Ulugh Beigh, des großen Tamer - lans Enckel / den D. Thomas Hyde ins Lateiniſche uͤ - berſetzet. Der dritte / welcher dieſe Arbeit-vorge - nommen / iſt Tycho de Brahe, zu welcher Zeit auch der Landgraf zu Heßen Wilhelm mit ſeinen Mathe - maticis dem Rothmann und Byrge uͤber 30 Jahr mit Obſervirung der Fixſterne zu Caßel zuge - bracht. Tycho hat ſeinen Catalogum uͤber 777 Sterne auf das Jahr Chriſti 1600 in Aſtron. Inſt. Progymn. 1610 zuerſt publiciret / und Kepler aus andern Obſervationen des Tychonis in ſeinen Tabulis Rudolphinis A. 1627 ihn bis auf 1000 Sterne erwei - tert. Der Landgr. von Heſſen hat zwar nur 400 Sterne in Ordnung gebracht; allein Hevelius haͤlt ihn in ſei - nen Obſervationen viel beſſer als den Tychonem. Ric - ciolus hat einen neuen Catalogum auf das Jahr Chri - ſti 1700 in ſeiner Aſtronomia Reformata gegeben: allein er hat nur 101 Stern ſelbſt obſerviret / in den uͤ - brigen den Tychoniſchen etvas veraͤndert. Ed - mundus Halley hat A. 1677 in der Jnſul St Helena 350 Suͤdliche Sterne obſerviret / die wir in unſerem Horizont nicht ſehen koͤnnen / und ſie in Ordnung ge - bracht. Endlich hat Johann Hevel einen neuen Catalogum uͤber 1888 Fixſterne in ſeinem Prodro - mo Aſtronomiæ herausgegeben / darinnen er einig und allein auf ſeine Obſervationen geſehen. Jhr findet in demſelben 950 Sterne / die den Alten bekant geweſen; 603 / die er zuerſt in Ordnung gebracht / und 335 Hallejaniſche / die zu Dantzig nicht koͤnnen ge - ſehen werden. Und koͤnnet ihr nicht allein die Laͤn - gen und Breiten / ſondern auch die Declinationen und geraden Aſcenſionen der Fixſterne in ſelbigem finden: und zugleich die Catalogos des Tychonis, des Land - grafens von Heßen / des Riccioli, des Ulugh Beigh und des Ptolemæi untereinander und mitdem224Anfangs-Gruͤndedem Hevelianiſchen verglichen ſehen. Der Herr Gregory macht in ſeinen Elementis Aſtronomiæ Phy - ſicæ & Geometriæ (lib. 2. prop. 29. f. 171) Hofnung auf einen Catalogum aus den Obſervationen des vor - treflichen Aſtronomi in Engelland Herrn Flam - ſtedts.
143. Damit die Sterne in einen Catalogum ge - bracht / und von den Liebhabern der Stern-Kunſt auch im Himmel unterſchieden werden koͤnten; ſo hat man das gantze himmliſche Heer in verſchiedene Ge - ſtirne vertheilet / und ihnen theils Nahmen der Thiere / theils gewißer Perſonen aufgegeleget. Durch den Thier-Kreiß ſind 12 Geſtirne zertheilet; der Widder / der Stier / die Zwillinge / der Krebs / der Loͤwe / die Jungfrau / die Wage / der Scorpion / der Schuͤtze / der Steinbock / der Waſſermann / die Fiſche. Auſſer dieſen Geſtirnen ſind in dem Nor - diſchen Theile der Welt-Kugel anzutreffen der klei - ne und groſſe Baͤr / der Drache / Cepheus, Bootes, die Nordiſche Krone / Hercules, die Leyer / der Schwan / Caſſiopea, Perſeus, Andromeda, der Triangel / der Fuhrmañ / Pegaſus, das kleine Pferd / (Equuleus) / der Delphin / der Pfeil / der Adler / der Schlangen-Mann (Ophiuchus) / die Schlange: wo zu hernach kom̃en ſind Antinous und das Haar der Berenices. Jn dem Suͤd - lichen Theile der Welt-Kugel ſind der Wall - fiſch / der Fluß Eridanus, der Haaſe / O -rion /225der Aſtronomie. rion / der groſſe Hund / der kleine Hund / das Schiff Jaſons (Argonavis) / die Waſſer-Schlange (Hydra) / das Gefaͤſ - ſe (Crater) / der Rabe / Centaurus, der Wolff / der Altar / die Suͤdiſche Krone / der Suͤdiſche Fiſch / Phœnix, der Kranich / der Jndianer / der Pfau / die Jndiani - ſche Biene / der Suͤdiſche Triangel / die Fliege / Chamæleon, der fliegende Fiſch / Toucan oder die Americaniſche Gans / die Waſſer-Schlange, (Hydrus) und Dorado. Von dieſen Geſtirnen ſind die letzten 15 mit dem groͤ - ſten Theile des Schiffes / des Centauri und des Wolfes uͤber unſerem Horizont / wo die Pol-Hoͤhe nicht viel uͤ - ber 51° iſt / niemal zu ſehen.
144. Es ſind einige Sterne / die beſondere Nah - men fuͤhren / als Arcturus zwiſchen den Beinen des Bootis; Gemma, der mitlere helle Stern in der Kro - ne; Capella cum hoedis auf der Schulter des Fuhr - manns; Palilitium, das Auge des Ochſens; Pleja - des, oder das Siebengeſtirn auf dem Ruͤcken und Hyades auf dem Geſichte des Ochſens; Caſtor und Pollux, auf den Koͤpfen der Zwillinge; Præſepe und Aſini auf dem Krebſe; Regulus oder das Hertze des Loͤwens; Spica Virginis in der Hand der Jung - frauen / und Vindemiatrix auf ihrer Schulter; Anta - res, oder das Hertze des Scorpions; Fomabant in dem Maule des Suͤdlichen Fiſches; Regel in dem Fuße des Orions und Alcor das kleine Sternlein uͤ - ber dem mittleren in dem Schwantze des groſſen Baͤ - rens.
145. Die Poeten der Griechen und Roͤmer ha -P 5ben226Anfangs-Gruͤndeben von dem Urſprunge der Geſtirne viele abge - ſchmackte Maͤhrlein erdichtet / die ihr in des Hygini Poëtico Aſtronomico u. Natælis Comitis Mythologia finden koͤnnet. Es hat dieſelben Ricciolus zugleich mit angefuͤhret (Almag. Nov. lib. 6. c. 3 f. 397 & ſeqq. ) und Weigel aus ihm ſie zuſammen gezogen (Sphær. Euclid. lib. 1. Sect. 1 c 1. p. 16 & ſeqq.) Jn Anſehung dieſer Fabeln haben einige aus einem vermeinten heiligem Eifer die Nahmen der Geſtirne andern wollen. Beda hat in den Geſtirnen des Thier - Kreiſes davon eine Probe gegeben / und Julius Schiller ein Angſpurger hat nach deſſen Exempel in ſeinem Cœlo ſtellato Chriſtiano, ſo 1627 heraus kommen / den Geſtirnen Nahmen aus der Bibel ge - geben. Z. E. den Widder nennet er Petrum, den Ochſen Andream u. ſ. w. Andromeda iſt das Grab des Herrn Chriſti / die Leyer ſeine Krippe / Hercules ſind die H. drey Koͤ - nige / der Hundsſtern iſt David. conf. Weigeli - us l. c. p. 21 & ſeqq. Philipp Harsdoͤrfer hat in ſeiner Aſtronomiſchen Spiel-Charte die Bilder der Alten behalten / aber geiſtliche Auslegungen aus der Bibel daruͤber gemacht. Z. E. Die Casfiopæ - am nennet er die Bathſeba; den Loͤwen giebt er vor den aus / welchen Samſon todt geſchlagen: Weigel in Cœlo Heraldico hat die Wappen der Europaiſchen Staaten in den geſtirnten Himmel ſetzen wollen. Z. E. den groſſen Baͤren verwandelt er in den Elephanten des Koͤnigreichs Daͤnnemarck; aus dem Schwane machet er die Saͤchſiſche Raute mit den Schwerdtern / den Krebs verkehret er in eine Krippe / die er fuͤr das Wappen der Land-Leute aus - giebet / der hintere Theil des Ochſens ſol das Ein - mal Eins ſeyn / welches er fuͤr das Wappen der Kauf - leute haͤlt. Vid. p. 23 & ſeqq. Allein man muß die - ſen Leuten ihre Einfalt zu gute halten / dadurch ſieVer -227der Aſtronomie. Verwirrung in der Aſtronomie haben anrichten wol - len. Und gleich wie man nach dem Exempel aller verſtaͤndigen Aſtronomorum bey der Eintheilung und Benennung der Alten verbleibet / ſo muß man auch mit dem Copernico (lib. 2 c. 14. Revolut. Cœ - leſt. ) und dem Tychone (Tom. 1. Progymnaſm. p. 256) bekennen / daß ſolches hoͤchſt noͤthig ſey / damit man die Aſtronomiſchen Schriften / die von Anfan - ge an biß auf unſere Zeiten heraus kommen / verſte - hen und die alten Obſervationen mit den neuern oh - ne Anſtoß vergleichen koͤnne: zumal da niemand foͤrmlichere Figuren heraus bringt als die Alten.
146. Auſſer den Geſtirnen der Alten hat man auch einige Unfoͤrmige Sterne / aus wel - chen die neuern Aſtronomi neue Geſtirne zuſam - men geſetzet. David Gregorius (Element. Aſtron. lib. 2. prop. 22 f. 161) fuͤhret hiervon Exempel an / abſonderlich aus des Hevels Firmamento Sobie - ſciano. Z. E. Es ſetzet Hevel zwiſchen den Loͤ - wen und groſſen Baͤr den kleinen Loͤwen / zwiſchen den groſſen Baͤren und den Fuhrmann uͤber die Zwillinge den Luchs / unter den Schwantz des groſſen Baͤres die Jagt-Hunde u. ſ. w.
147. Unter die Geſtirue rechnet man die Milch-Straſſe / welche umb den gantzen Him - mel herumb durch die Casſiopeiam, den Perſeum, Fuhrmann / die Fuͤſſe der Zwillinge / die Keule des Orions / den Schwantz des groſſen Hundes / das Schif Argus, die Fuͤſſe des Centauri, den Altar / den Schwantz des Scorpions / den Fuß des Schlangen - Mannes / den Bogen des Schuͤtzens / und den Schwange -228Anfangs-Gruͤnde. gehet / in der Geſtalt eines hellen Streiffen. Von dieſer haben ſich die alten Philoſophi ſeltſame Gedan - cken gemacht / dergleichen Ricciolus (Almag. Nov. lib. 6 c. 23 f. 475) aus dem Plutarcho (lib. 3 de Placi - tis Philoſ. c. 1) und dem Macrobio (lib. 1. in Somn. Scip. cap. 15) erzehlet. Nachdem man aber den Him - mel durch Fern-Glaͤſer zu betrachten angefangen / hat man gefunden / daß ſie von dem Glantze unzeh - licher kleinen Sterne entſtehe / wie vor dieſem De - mocritus (bey dem Plutarcho l. c.) und Ptolemæus (lib. 8 c. 2) wohl gemuthmaſſet.
148. Nach der ſcheinbahren Groͤſſe werden die Sterne eingetheilet in Sterne von der erſten / von der andern / von der dritten / von der vierdten / von der fuͤnften und von der ſechſten Groͤſſe. Der erſten ſcheinbahrer Diameter iſt bey nahe 2′ / der andern 1′½ / der dritten 1′ / der vierdten ¾ / der fuͤnften ½ und der ſechſten ⅖ einer Minute. Nach dieſen ſind die neblichten Sterne (ſtellæ nebuloſæ), wel - che einem hellen Flecken gleichen / durch die Fern - Glaͤſer aber einen Haufen kleiner Sterne bey ein - ander zeigen. So hat Z. E. Gallilæus in dem neblich - ten Sterne des Krebſes 36 Sterne deutlich durch das Fern-Glaß unterſcheiden koͤnnen.
149 Wenn ihr den Himmel durch Fern-Glaͤſer betrachten wollet / ſo werdet ihr viel mehr Sterne als mit bloſſen Augen ſehen. So hat Hugenius durch ein Fern-Glaß von 23 Schuhen an ſtat des mirt - leren Sternes im Schwerdt des Orions 12 (Syſtem. Saturn. p. 8) und Gallilæus im Sieben-geſtir - ne mehr als 40 / in einem kleinen Theile des Orions mehr als 400 Sterne wahrgenommen: wovon ihr ein mehreres in ſeinem Nuncio ſidereo findet. JaAn -229der Aſtronomie. Antonius Maria Schyrlæus de Rheita (in Oculo E - nochi atque Eliæ lib. 4 c. 1 memb. 7 f. 197) hat durch ein Hollaͤndiſches Fern-Glaß in dem Orion allein biß 2000 Sterne gezehlet.
150. Wenn euch die Breite des Sternes TS und ſeine Laͤnge T G gegeben wird / ſo habt ihr in dem Triangel PHS die Seite PH / welche der Schiefe der Ecliptick gleich iſt / die Seite HS als das Complement der Brei - te TS und den Winckel H / deſſen Maaß ET das Complement der Laͤnge / oder we - nigſtens eines Bogens TG iſt / der durch die Laͤnge gegeben wird. Derowegen koͤnnet ihr ſo wol die Seite PS / das Complement der Declination DS / als den Winckel P (§. 40. Trigon. Sphær. ) finden. Ziehet ihr von ſeinem Maaſſe D Q den Qvadranten GQ ab; bleibet der Bogen DG uͤbrig / der entweder die gerade Aſcenſion ſelber iſt / oder ſie wenigſtens bekandt macht.
151. Wenn die Laͤnge des Sternes TG und die Declination DS gegeben iſt / habt ihr in dem Triangel PHS die Seiten PH / und PS und den Winckel H / und ihr koͤn - net wie vorhin die Seite HS und den Win - ckel P / folgends die Breite TS und ſeine ge - rade Aſcenſion durch den Bogen D G fin - den.
152. Wiederumb wenn durch die gerade Aſcenſion / der Bogen DG und die Laͤnge des Sternes TG gegeben iſt / koͤnnet ihr in dem Triangel PHS aus der Seite PH und den Winckeln P und H / abermal durch reſolvi - rung des Triangels pHS in zwey rechtwinck - lichte P H M und P M S die Seiten P S und SH / folgends die Breite TS und Declina - tion DS finden.
153. Endlich wenn die gerade Aſcenſion durch den Bogen DG und uͤber dieſes die Breite des Sternes TS gegeben wird / koͤn - net ihr auf vorige Art in dem Triangel PHS die beyden Winckel H und P / folgends die Laͤnge und gerade Aſcenſion finden.
154. Jhr koͤnnet durch das in der Aufloͤſung der Aufgabe gegebene Exempel alle 4 Zuſaͤtze erlaͤu - tern.
155. Wenn ihr die alten und neuen Ob - ſervationen mit einander vergleichet / wer - det ihr finden / daß die Breite unveraͤndert bleibet / die Laͤnge aber zu nimmet. Dero - wegen ſcheinen ſich die Fixſterne von Abend gegen Morgen mit der Ecliptick parallel zu bewegen.
156. Hipparchus (wie Ptolemæus Almag. lib. 7 c. 1 erzehlet) muthmaſſete dieſe Bewegung / als er mit den Obſervationen des Ariſtylli und Tymochari - dis die ſeinen vergliech. Ptolemæus, der bey nahe 300 Jahre nach dem Hipparcho lebte und daher aͤl - tere Obſervationen vor ſich hatte / erwieſe ſie (l. c. cap. 2 & 3) unwiederſprechlich. Er befand aber / daß ſie in 100 Jahren einen Grad fort ruͤckten. Nach dieſem hat man die Groͤſſe der Bewegung noch ge - nauer ausgemacht. Albategnius (de Scientia Stel - larum c. 52) ſetzet einen Grad fuͤr 66; Ulugh Beigh (in præfat. ad Tabulas Aſtronom. ) fuͤr 70 Jahr. Tycho ſchaͤtzet ihn in 100 Jahren 1° 25′ / Copernicus 1° 23′ 40″ 12‴ / Flamſtedt mit dem Ricciolo 1° 2′ 3 / 20″ / Bullialdus 1° 24′ 54″ und Hevelius 1° 24′ 46″ 50‴. Vid. David Gregorius (lib. 2. prop. 31 f. 173) & Ricciolus (Almag. Nov. lib. 6 c. 16 f. 444 & ſeqq.
157. Zwar haben auch einige / als Regiomontanus, Pomponius Gauricus, Chriſtophorus Rothmannus, be - haupten wollen / als wenn die Breite der Sterne veraͤnderlich waͤre: allein man hat es nicht zu laͤng - lich erweiſen koͤnnen. Vid. Ricciolus (l. c. cap. 15 f. 440 & ſeqq.)
158. Wenn die Laͤnge eines Firſter - nes auf ein gewiſſes Jahr gegeben wird / dieſelbe auf ein jedes gegebenes anderes Jahr zu finden.
Wenn ihr die Laͤnge des Sternes auf ei -ne232Anfangs-Gruͤndene Zeit zu wiſſen begehret / welche der jenigen vorgehet / auf welche ſie euch gegeben wird / ſo ſubtrahiret; folget ſie aber nach / ſo ad - diret fuͤr jedes Jahr 50″ (§. 156). Was heraus kommt / iſt die verlangete Laͤnge.
Z. E. Nach dem de la Hire (Tab. Aſtron. X p. 14) war der Sirius oder Hunds-Stern A. 1701 zu Anfange des Jahres ♋ 9° 57′ 33″ / wo iſt er im Anfange des 1710 Jahres geweſen?
50 9 3 (7′ 30″ 〈…〉 9° 5733 ♋ Long. 1701 10 5 3 ♋ Long. Sirii 1710.
159. Aus der gegebenen geraden A - ſcenſion eines Sternes CO / ſeiner De - clination DS und der Pol-Hoͤhe PR die ſchiefe Aſcenſion und Deſcenſion zu fin - den.
Die Aufloͤſung iſt voͤllig wie in der 12 Aufgabe (§. 110).
Z. E. Nach dem de la Hire (Tab. Aſtron. IX p. 13) iſt in dieſem 1710ten Jahre die ge - rade Aſcenſion des Sirii 98° 5′ 55″ / ſeineDecli -233der Aſtronomie. Declination nach Suͤden 16° 20′ 26″ / die Pol-Hoͤhe bey uns in Halle nach dem Kep - ler (in Tab. Rudolph. part. 1. f. 34) 51° 38′.
Log. Tang. O. 98985296
Log. Tang. DS 9.4.6.7.14.7.5
Log. Sin. Tot. 1000000000
Log. Sin. OD 9. 5686179 / wel - chem in Tabellen zu kommen 21° 44′ 15″
Sirii Aſcenſ. Recta 98 5 55
Sirii Aſcenſ. Obliq. 119 50 10
160. Aus der gegebenen Aſcenſional - Differentz eines Sternes die Zeit zufin - den / welche er uͤber dem Horizont blei - bet.
Die Aufloͤſung iſt wie in der 14 Aufgabe.
Z. E. Die Aſcenſional-Differentz des Si -Tab. II. Fig. 11. rii iſt bey uns in Halle 21° 44′ 15″ / allſo der halbe Tage-Bogen L N 68° 15′ 45″ / folgends bleibet der Sirius uͤber unſerm Ho - rizont 9 St. 4′ 36″ 15‴ / und allſo unter dem Horizont 14 St. 55′ 23″ 45‴.
161. Aus der gegebenen ſchiefen A - ſcenſion der Sonne und eines Sternes / zufinden wenn der Stern an einem Or - te aufgehet.
(3) QAuf -234Anfangs-GruͤndeWeil die ſchiefe Aſcenſion der Punct des Æquatoris iſt / mit welchem der Stern auf - gehet / (§. 108); ſo
Z. E. Jhr wollet wiſſen / wenn den 21 May 1710 bey uns der Sirius aufgehen wird wenn die Sonne in die Zwillinge getreten.
Schiefe Aſcenſion der Sonne 30° 46′ 0″ des Sirii 119 50 10 Differentz 89 4 10 die ihr zu gehoͤrige Zeit 5 St. 55′ 27″ 53‴ halbe Nacht-Laͤnge 4 21 5 31
Aufgang des Sirii 10 Uhr 16 33 24
162. Auf gleiche Art koͤnnet ihr den Unter - gang des Sternes aus der gegebenen ſchiefen Deſcenfion ſeiner und der Sonnen finden.
163. Aus der gegebenen Schiefe derTab. II. Fig. 8. Ecliptick G / und der geraden Aſcen - ſion eines Sternes durch den Bogen CG / den Punct der Ecliptick zu finden / mit welchem der Stern in den Meridia - num kommet.
Jn dem rechtwincklichten Triangel FCG wiſſet ihr den Winckel G und die Seite CF. Darumb koͤnnet ihr den Bogen GF (§. 32. Trigon. Sphær. ) finden / welcher euch den verlangten Punct der Ecliptick F bekandt machet.
Z. E. die Schiefe der Ecliptick nach dem de la Hire iſt 23° 29″ die gerade Aſcenſion des Sirii A. 1710 98° 5′ 55″ / allſo CG. 81° 54′ 5″.
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Coſin. G. 99624527
Log. Cotang. CG 91531936
Log. Cotang. FG 19.1156463 / wel -Q 2cher236Anfangs-Gruͤndecher in Tabellen fuͤr FG zeiget 82° 33′ 49″ 179 59 60〈…〉〈…〉 die Mediation des Himmels 97 26 11 oder ♋ 7 26 11
164. Wenn ihr allſo wiſſet / zu welcher Zeit die Sonne in dieſen Grad der Ecliptick kommet; ſo wiſſet ihr auch / wenn der Stern mit der Sonne durch den Meridianum ge - het. Z. E. Jn gegenwaͤrtigen 1710ten Jah - re wird die Sonne den 29 Jul. im 7° ♋ an - zutreffen ſeyn. Derowegen wird Sirius die - ſen Tag umb den Mittag durch den Meridi - anum gehen.
165. Wenn die Sonne zugleich mit dem Sirio durch den Meridianum gehen ſollte / ſo muͤſte ſie im Mitta - ge im 7° 26′ 11″ ♋ ſeyn. Dieſes aber geſchiehet eben nicht alle Jahre. Doch koͤnnet ihr gar leicht fin - den: wie viel der Stern eher oder ſpaͤter durch den Meridianum gehet / wenn ihr den Ort der Sonne auf ſelbigen Tag gnaue ausrechnet (wovon unten geredet werden ſol) und ihre gerade Aſcenſion ſuchet. Denn wenn ihr ſie mit der geraden Aſcenſion des Sternes vergleichet / werdet ihr ſehen / welcher Stern von beyden eher durch den Meridianum gehet / nemlich der die kleineſte Aſcenſion hat. Die Differentz der Aſcenſionen aber wird den verlangten Unterſcheid der Zeit geben (§. 115).
166. Wenn ihr die Aſcenſion des Sternes Z. E. des Sirii in der Tabelle der geraden Aſcenſionen der Sonne aufſuchet / werdet ihr ohne Muͤhe ſehen /zu237der Aſtronomie. zu welcher Zeit die Sonne mit dem Sterne durch den Meridianum gehen koͤnne.
167. Aus der gegebenen Declination eines Sternes zu finden / ob der Stern unter einer gegebenen Pol-Hoͤhe auf - gehe oder nicht.
Vergleichet die Declination des Sternes mit der Hoͤhe des Æquatoris, die aus der ge - gebenen Pol-Hoͤhe bekandt iſt (§. 89) / wenn ſie ſuͤdlich iſt. Denn wo fern ſie groͤſſer als dieſe iſt / ſo kan der Stern nicht im Meridia - no geſehen werden / und daher viel weniger an einem anderen Orte uͤber dem Horizont. Alle Sterne aber / die eine Noͤrdliche Decli - nation haben / ſtehen im Meridiano hoͤher uͤber dem Horizont als der Æquator (§. 91) und muͤſſen demnach uns aufgehen.
Z. E. Die Suͤdliche Declination des Scorpion-Hertzens iſt dieſes Jahr nach dem de la Hire (Tab. Aſtr. p. 13) 25° 45′ 35″ / wenn ihr ſie mit der Hoͤhe des Æqua - toris bey uns in Halle 38° 22′ vergleichet / ſo findet ihr ihn kleiner als dieſe. Derowe - gen muß dieſes Jahr das Scorpion-Hertze bey uns aufgehen.
168. Wenn das Complement der Noͤrd - lichen Declination kleiner iſt als die Pol-Hoͤ - he / ſo kan der Stern / in dem er ſich mit demÆqua -238Anfangs-GruͤndeÆquatore umb den Pol parallel beweget / niemal untergehen.
Z. E. Die Noͤrdliche Declination des Schwantzes im Schwane iſt dieſes Jahr 44° 17′ 16″ und allſo ihr Complement 45° 42′ 44″ kleiner als die Pol-Hoͤhe bey uns in Halle 51° 38′. Derowegen gehet dieſer Stern das gantze Jahr nicht unter.
169. Aus der gegebenen Schiefe derTab. II. Fig. 18. Ecliptick / der Hoͤhe des Æquatoris und der ſchiefen Aſcenſion eines Sternes den Punct der Ecliptick zu finden / mit welchem der Stern aufgehet.
Z. E. die Hoͤhe des Æquatoris bey uns in Halle iſt 38° 22′ / die Schiefe der Ecliptick nach dem de la Hire 23° 29′ / die ſchiefe Aſcenſion des Sirii 119° 50′ 10″. Allſo iſt der Sirius in dem andern Qvadranten und demnach in dem Triangel FLO die Seite FL 60° 9′ 50″ / F 23° 29′ L 38° 22′.
Q 4Log. 240Anfangs-GruͤndeLog. Sin. Tot. 100000000
Log. Sin. FL 99382454
Log. Sin. L 97928760
Log. Sin. FI 19.7311214 / welchem in den Tabellen am naͤchſten kommen 32° 34′ 34″
Log. Coſin. FI 99256583
Log. Coſin. L 9.89.4.3.4.64
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Sin. LFI 9.9686881 / welchem in Tabellen zu kommen 68° 30′ 12″ LFO 23 29 0 OFI 45 1 12
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Coſin. OFI 98496365
Log. Cotang. FI 101945403
Log. Cotang. FO 10.0441768 / welcher in den Tabellen fuͤr FO anweiſet 42° 5′ 27″. Da nun in F ⚪ ♎ iſt; ſo muß der aufgehen - de Punct der Ecliptick O 137° 54′ 33″ / das iſt ♌ 17° 54′ 33″.
170. Wenn ihr den Tag in den Epheme - ridibus oder Calendern aufſuchet / an dem die Sonne in den 17° 54′ oder in den 18° ♌ tritt; ſo wiſſet ihr wenn die Sonne mit dem Sirio aufgehet.
171. Suchet ihr aber auf / wenn die Son - ne in den entgegengeſetzten 18° ♒ kommet; ſo wiſſet ihr den Tag / an welchem die Son - ne untergehet / indem der Sirius aufgehet.
172. Eben ſo koͤnnet ihr aus der gegebe - nen ſchiefen Diſcenſion den Punct der E - eliptick finden / mit welchem der Stern unter - gehet / und daher auch den Tag wiſſen / an welchem er mit der Sonne untergehet / inglei - chen den Tag / an welchem er untergehet / in - dem die Sonne aufgehet.
173. Der Aufgang eines Sternes mit der Sonne und ſein Untergang / indem die Sonne aufgehet / wird ORTUS u. OCCASUS COSMICUS genennet. Hin - gegen der Aufgang und Untergang mit der unterge - henden Sonne heiſſet ORTUS und OCCASUS A - CRONYCTUS.
174. Jhr koͤnnet auch aus dem / was in der Aufgabe gegeben wird / den Winckel finden / den der aufgehende Punct der Ecliptick mitTab. II. Fig. 18. dem Horizont machet. Als in unſerem E - xempel wißet ihr in dem Triangel O F I die Seiten OF und IF / welche ihr gefunden / und den rechten Winckel I. Demnach fin - det ihr den verlangten Winckel O (§. 18 Trig. Sphær.).
Q 5Log. 242Anfangs-GruͤndeLog. Sin. OF 98262643
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Sin. FI 9.73.1.1.2.14
Log. Sin. O. 9.9048571 / wel - chem in den Tabellen zukommen 53° 26′ 33″.
175. Dieſen Winckel muͤſſet ihr wiſſen / wenn ihr die Zeit finden wollet / da der Stern zuerſt wieder ge - ſehen werden k n / nachdem er unter den Sonnen - Strahlen eine Zeitlang verborgen geweſen. Denn weil es nicht bald finſter wird / wenn die Sonne unter - gehet / ſo koͤnnen auch die Sterne nicht bald nach ihrem Untergange geſehen werden. Eben ſo weil es lichte wird / ehe die Sonne aufgehet / werden die Sterne vor ihrem Aufgange unſichtbahr. Derowegen wenn gleich ein Stern etwas eher aufgehet / oder et - was ſpaͤter untergehet als die Sonne / nachdem er vor - her mit ihr auf - und untergangen war; kan er deswe - gen doch nicht bald geſehen werden / ſondenn die Son - ne muß viel oder wenig nach der ſcheinbahren Groͤße des Sternes unter dem Horizont ſeyn / ehe der Stern geſehen werden kan. Die Tiefe der Sonne erachtet man aus dem Bogen eines Vertical-Cir - culs / welcher zwiſchen dem Horizont und der Sonne enthalten iſt / und nennet man ihn in dieſem Falle AR - CUM VISIONIS. Unerachtet aber derſelbe we - der an allen Orten zu einer Zeit noch an einem Orte zu verſchiedenen Zeiten voͤllig von einer Groͤße iſt; ſo ſetzet man doch etwas gewißes / welches mit der Er - fahrung gnaue gnung uͤbereinkommet. Nach Keplern (Epit. Aſtron. Copernic. lib. 3. p. 370) erfordern die kleineſten Fixſterne 18° / die von der ſech - ſten Groͤße 17° / die von der fuͤnften 16° / die von der vierdten 15° / die von der dritten 14° / die von der an - dern 13° / die von der erſten 12° / ♄ 11° / ♂ 11° 30 / ♃und243der Aſtronomie. und ☿ 10° / ♀ 5°. Wenn die Sonne aus den Sonnenſtrahien hervorruͤckt / oder unter dieſelbe ſich verbirget; nennet man es ORTUM und OCCA - SUM HELIACUM.
176. Aus dem gegebenen Sehungs - Bogen DS / dem Puncte der Ecliptick O mit welchem der Stern aufgehet / und dem Winckel DOS, welchen die Ecliptick mit dem Horizont machet / den Punct der Ecliptick S zu finden / in welchem die Sonne iſt.
So iſt geſchehen / was man verlangete.
Z. E. Sirius gehet bey uns in Halle mit dem 17° 54′ 33″ ♌ auf (§. 169) / der Winckel O iſt 53° 26′ 33″ (§. 174) und DS (weil Sirius ein Stern von erſter Groͤße) 12°.
Log. Sin. O 99048571
Log. Sin. DS. 9.3.178789
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Sin. OS 9.4130218 / welchem in dem Tabellen zukommen 15° 0′ 4″ ♌ 17 54 33 Der verlangte Ort ♍ 2 54 37 der Sonne.
177. Wenn euch der Punct gegeben wird / mit welchem der Stern untergehet / koͤnnet ihr auf gleiche Art finden / in welchem Orte die Sonne iſt / indem er ſich unter die Son - nenſtrahlen verbirget.
178. Derowegen wenn ihr den Tag in den Ephemeridibus oder Calendern aufſuchet / an welchem die Sonne in dieſen Ort kom - met; wiſſet ihr auch den Tag / an dem der Stern ſich unter die Sonnenſtrahlen ver - birget / oder auch aus denſelben zuerſt wieder hervorruͤcket.
179. Der Tages-Anbruch (Crepu - ſculum matutinum) wird genennet das Licht / welches vor der Sonnen Auf - gang es anfaͤngt helle zu machen. Die Abend-Demmerung (Crepuſculum veſpertinum) iſt das Licht / welches nach dem Untergange der Sonne es uͤber un - ſerem Horizont noch helle machet.
180. Weil das Licht durch gerade Linien fortgehet (§. 6 Optic. ) ſo koͤnnen keine Son - nenſtrahlen auf unſeren Erdboden von der Sonne fallen / ſo lange ſie unter dem Hori - zont iſt. Doch koͤnnen ſie unſere Luft errei -chen /245der Aſtronomie. chen / die uͤber der Erde erhaben iſt. Dero - wegen muß die Lufft die Sonnenſtrahlen auf unſern Erdboden bringen / die ſonſt vor - bey ſtreichen wuͤrden / theils indem ſie von ihr gebrochen (§. 10 Opt.) theils indem ſie von den Luftſtaͤubgen reflectiret werden (§. 17 Opt.).
181. Da man erfahren / daß die SonneTab. II. Fig. 13. hoͤchſtens 18° bis 19 nach dem Caſſini nur 15° unter dem Horizont ſeyn muß / wenn die Abend-Demmerung aufhoͤren ſol; ſo folget / daß / wenn der Unterſcheid zwiſchen der Hoͤ - he des Æquatoris AH oder QR und der Declination der Sonne QI nicht uͤber 17° bis 18° iſt / der Tag die gantze Nacht durchſchimmern muß.
182. David Gregorius (in Element. Aſtron. Phyſ. & Geom. lib. 2. prop. 8. f. 127) giebet aus Keplers Epitome Aſtronomiæ (lib. 1. part. 3. p. 73) noch eine andere Urſache des Tages und der Abend-Dem - merung an / nemlich den Glantz der umb die Sonne in ihrer Luft erreget wird / gleich wie wir in unſerer Luft umb iedes Licht einen hellen Glantz antreffen (§. 83. 84 Optic. ) dieſes aber wird ſich erſt unten erwei - ſen laſſen. Daher ſcheinet uns der anbrechende Tag wie ein heller Circul vor der Sonne uͤber den Hori - zont zufahren.
183. Unſere Luft iſt verſchiedenen Veraͤn - derungen unterworfen (§. 46 Aërom). De -rowe -246Anfangs-Gruͤnderowegen wenn ſie dicke iſt / oder die Duͤnſte hochgeſtiegen ſind / ſo kan ſo wol das Licht ge - ſchwinder als ſonſt in zulaͤnglicher Menge re - flectiret / als durch die ſtaͤrckere Refraction (§. 7. Dioptr. ) geſchwinder herunter gebracht werden. Demnach ſind die Urſachen des Tages und der Abend-Demmerung nicht unveraͤnderlich / und iſt ſolchergeſtalt kein Wunder / daß die Aſtronomi nicht alle ei - nerley Tiefe der Sonne zum Tages-An - bruch und der Abend-Demmerung erfor - dern.
184. Hierzu koͤnnet ihr ſetzen / daß der Glantz umb die Sonne einmal heller ſeyn muß als das andere / theils wegen der Veraͤnderungen in der Sonnen-Luft / theils weil die Sonne der Erde einmal naͤher iſt als das andere.
185. Aus der gegebenen Hoͤhe des Æ - quatoris zu finden / wie lange an einem Orte der Tag die gantze Nacht durch - ſchimmert.
Z. E. Bey uns in Halle iſt die Hoͤhe des Æ - quatoris 38° 22′ / und allſo die verlangte Declination der Sonne 20° 22′. Nach dem de la Hire (Tab. Aſtron. p. 7.) iſt die De - clination der Sonne 20° 22′ 49″ / wenn die Sonne im 10 II und im 29° ♋ iſt. Dero - wegen muß die Zeit uͤber / und zwar in gegen - waͤrtigem Jahre von dem 21 Maji bis den 22 Julii / der Tag die gantze Nacht bey uns durchſchimmern.
186. Aus der gegebenen Pol-Hoͤhe PR und der Declination der Sonne DS den Anbruch des Tages und das Ende der Abend-Demmerung zu finden.
Z. E. bey uns in Halle iſt PR 51° 38′. Jhr ſollet den Tages-Anbruch finden / wenn die Sonne in 4° ♍ tritt. Solchergeſtalt iſt PZ 38° 22′ / DS 10° 3′37″ / folgends PS 79° 56′ 23″: endlich ZS 108°.
Log. Sin. PZ 97928760
Log. Sin. PS 99932706
Log. Sin. PZ in Sin. PS. 197861466
PZ 38 22′
PS 79 56 23″
ZS 108 0 0
PZ†PS†ZS 226 18 23
½ (PZ†PS†ZS) 113 9 11½
11. 3°. 9′ 11″ 11. 3°. 9′ 11′.
PZ 38 22 0 PS 79 56 33
I. 74 47 11 II. 23 12 48
Log. Sin. I. 99845066
Log. Sin. II. 97385885
Summe 197230951
Log. ☐ Sin. Tot. 200000000
3.9.7.2.3.0 9.5.1
Log. S. PZ in S. PS. 197861466
199369485
99684742 / wel - chem in Tab. zukom̃en 68° 25′ 55
AD249der Aſtronomie.2 | |||||||
AD | 136 | 51 | 50 | ||||
AQ | 179 | 59 | 60 | ||||
DQ | 43 | 8 | 10 | ||||
43° | 2 St. | 59′ | 40″ | 12″ | iv | ||
8′ | 31 | 54 | 44 | v | |||
10″ | 39 | 53 | 24 | ||||
Tages-Anbr. 3 Uhr o | 12 | 46 | 37 | 24 | |||
das iſt / umb 3 Uhr o Min. 13 Sec. |
187. Wenn ihr den Aufgang der Sonne ſuchet (§. 117) / ſo giebet der Unterſcheid zwi - ſchen ihm und dem Tages-Anbruche die Laͤn - ge der Morgenroͤthe. Und auf eine gleiche Art koͤnnet ihr die Laͤnge der Abend-Dem - merung finden.
188. Wenn die Sonne in einem Suͤdlichen Zei - chen iſt / ſo wird die Seite PS groͤſſer als ein Qva -Tab. III. Fig. 20. drant. Darumb muͤſſet ihr an ſtat des Triangels P ZS den andern NKS wie vorhin aufloͤſen.
189. Hingegen wenn ihr nach einer accu - raten Uhr die Stunden / Minuten und Se - cunden mercket / welche ſie bey dem Tages - Anbruche zeiget / und ſie in Grade des Æ - quatoris (§. 115) verwandelt / ſo wiſſet ihr den Bogen QD / folgends den Winckel SNK / deſſen Maaß er iſt. Wenn euch nun zu - gleich bekandt iſt / in welchem Orte die(3) RSon -250Anfangs-GruͤndeSonne ſich befindet; koͤnnet ihr auch die Declination DS und folgends die Seite SN haben / welche aus einem Qvadranten und der Declination beſte - het / ſo die Sonne in einem Nordiſchen Zei - chen iſt / aber das Complement der Declina - tion zu 90° iſt / wenn ſie ſich in einem Suͤdi - ſchen befindet. Endlich wegen der gegebe - nen Pol-Hoͤhe wiſſet ihr KN. Solcherge - ſtalt koͤnnet ihr in dem Triangel S N K die Seite KS finden (§. 40 Trig. Sphær. ) deren Complement OS die Tiefe der Sonne unter dem Horizont iſt / indem der Tag anzubre - chen beginnet.
190. Hieraus ſehet ihr / wie die Aſtronomi gedachte Tiefe gefunden / auf deren Erfahrung ich mich (§. 181) beruffen habe.
191. Aus der gegebenen Hoͤhe des Æ -Tab. III. Fig. 21. quatoris AH und dem Orte der Sonne S mit der Schiefe der Ecliptick G auf eine gegebene Stunde des Tages den Punct der Ecliptick M zu finden / der aufgehet / und den Winckel EMH / den zu derſelben Stunde die Ecliptick mit dem Horizont machet / oder die Hoͤhe des neuntzigſten Grades der Ecliptick von dem aufge - henden Puncte M angerechnet.
Auf -251der Aſtronomie.Z. E. die Sonne iſt in dem 17° ♌ die Pol - Hoͤhe 51° 38′. Jhr ſollet finden / welcher Punct der Ecliptick fruͤhe umb 9 Uhr durch den Horizont gehet / und wie groß der Win - ckel ſey / den die Ecliptick alsdenn mit dem Horizont machet: Weil noch 3 Stunden bis zu dem Mittage ſind / ſo iſt der Bogen AD 45° 7′ 24″ (§ 115) folgends DO 44° 52′ 36″. Die gerade Aſcenſion der Sonne in D iſt 139° 27′ 38″. Da nun bis G 180° ſind / ſo iſt DG 40° 32′ 22″ und demnach GO 4° 20′ 14″. Der Winckel O iſt 38° 22′ / G aber nach dem de la Hire 23° 29′. Laſſet aus G den Perpendicular-Bogen GN herunterR 2fal -252Anfangs-Gruͤndefallen / daß ihr die beyden rechtwincklichten Triangel GNO aufzuloͤſen bekommet.
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Sin GO. 88616876
Log. Sin. O 97928759
Log. Sin. GN 18.6545635 / welchem in den Tabellen zukommen 2° 35′ 16″.
Login. Coſin. GN 9.9995568
Log. Coſin. O 9.8.9.4.3.4.6.3
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Coſin. NGO 9.8947895 / wel - chem in Tabellen zukommen 5. 1°4.2′ 20″
MGO 23 29 0
NGM 28 13 20
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Sin. G 96747624
Log. Coſin. GN 99995568
Log. Coſin. M 9.6743192 / welcher in den Tabellen fuͤr GMN anweiſet / 61° 48′ 33″ als die verlangte Hoͤhe des neuntzigſten Grades.
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Coſin. G 99450351
Log. Cotang. GN 113451812
Log. Cotang. GM 11.2 902163 / welcher fuͤr GM anzeiget ♎ 2° 55′ 56. / folgends iſt der neuntzigſte Grad von dem Horizont an 4′ 4′ 4″. ♋
102. Durch gegenwaͤrtige Aufgabe werden die Tabulæ anguli Orientis ſ. altitudinis nonageſſin. ausgerechnet / dergleichen unter den Rudolphi - ſchen des Keplers f. 26 & ſeqq. part. 1 zu finden.
193. Aus der gegebenen Aſcenſion derTab. III. Fig. 20. Sonne und eines Sternes / die Zeit in der Nacht zu finden / da man ihn durch den Meridianum gehen ſiehet.
Z. E. die gerade Aſcenſion des Sirii iſt in die - ſem 1710ten Jahre 98° 5′ 55″. Jhr habet dieſen Stern des Nachts durch den Meri - dianum gehen ſehen (§ 90) / da den vorher - gehenden Mittag die Sonne in o ♓ tratt / und daher ihre gerade Aſcenſion 332° 5′ 50″ war. Die Frage iſt / umb welche Zeit der Stern durch den Meridianum gegangen?
R 3A -254Anfangs-GruͤndeAſcenſio recta Sirii | 98° | 5′ | 55″ | |||||||
360 | 0 | 0 | ||||||||
458 | 5 | 55 | ||||||||
Aſcenſio recta Solis | 332 | 5 | 50 | |||||||
Der Stunden-Bog. | 126 | 0 | 5 | |||||||
126 | 8 St. | 22′ | 36″ | 50‴ | IV | V | ||||
5″ | 19 | 56 | 42 | |||||||
Verlangte Zeit 8. Uhr | 22 | 37 | 9 | 56 | 42 |
194. Wenn zu der Zeit / die ihr durch die Obſerva - tion gnau zu wiſſen verlanget / kein bekandter Stern im Mittage iſt / ſo nehmet einen andern Stern an / der noch nicht im Meridiano ſtehet / und zehlet nach ei - ner accucaten Perpendicul-Uhr die Minuten nnd Secunden / welche verfließen / bis der Stern in den Meridianum kommet. Denn ſo ihr dieſe Zeit zu der in der Anfgabe gefundenen addiret; kommet die ver - langte heraus.
195. Weil die gerade Aſcenſion eines Sternes der Punct des Æquatoris iſt / der mit ihm durch den Meridianum gehet (§. 104); ſo koͤnnet ihr durch gegenwaͤrtige Auf - gabe finden / wieviel Uhr es ſey / wenn ein ge - gebener Punct des Æquatoris durch den Meridianum gehet.
196. Aus der gegebenen Pol-Hoͤhe PR der Hoͤhe eines Sternes DS / ſeiner Decli -nation255der Aſtronomie. nation CS und geraden Aſcenſion C / den Punct des Æquatoris A zu finden / der zu der Zeit durch den Meridianum gehet / da ihr die Hoͤhe des Sternes obſerviret.
197. Wenn ihr durch vorhergehende Aufgabe ſuchet / wieviel Uhr es ſey / wenn der Punct des Æquatoris A durch den Meri - dianum gehet (§. 195); ſo wiſſet ihr auch die Zeit / zu welcher ihr die Hoͤhe des Sternes obſerviret.
198. Weil die Rechnung voͤllig / wie in der 17 Auf - gabe (§. 124) iſt / waͤre es uͤberfluͤßig ein Exempel gantz gerechnet hieher zu ſetzen: wie ich auch die uͤbrigen zwey Faͤlle / da der Stern in dem Suͤdlichen Theile des Himmels / oder gar in dem Æquatore iſt / nicht beruͤh - re / weil ſie aus der 17 Aufgabe verſtanden werden. Es ſey Z. E. die Hoͤhe von dem hellen Sterne imR 4Wid -256Anfangs-GruͤndeWidder / wenn die Sonne im 78 ♎ iſt / im oſtlichen Theile des Himmels 30°. So iſt DS 30° / CS 22° 5′ 1″ / die gerade Aſcenſion des Sternes 27° 44′ 18″ / die gerade Aſcenſion der Sonne 186° 25′ 32″. End - lich die Pol-Hoͤhe PR bey uns in Halle iſt 51° 38′. Solchergeſtalt muß PZ 38° 22′ / PS 67° 54′ 59″ u. ZS 60° ſeyn.
199. Wenn ihr die gegebene Zeit in einen Bogen des Æquatoris verwandelt (§. 115) und ihn von der geraden Afcenſion des Sternes abziehet / bleibet der Bogen AC uͤ - brig / und ihr koͤnnet wie in der 16 Aufga - be (§. 122.) die Hoͤhe des Sternes DS zu der gegebenen Zeit finden.
200. Wenn ihr einen Stern S auf der Erdflaͤche in V anſehet / ſo ſehet ihr ihn in L. Solltet ihr ihn aber aus dem Mit - telpuncte der Erde T ſehen / wuͤrde er euch in M erſcheinen. Der Unterſcheid der beyden Oerter / nemlich der Bogen LM wird die Parallaxis genennet.
201. Der Winckel / den die Linien TS u. VS (deren eine aus dem Mittelpuncte der Erde T / die andere von der Erdflaͤ - che. V in den Mittelpunct des Sternes gezogen wird) mit einander machen / iſt der parallaxi gleich.
Die Parallaxis LM iſt der Unterſcheid zwi - ſchen dem Bogen ZM u. ZL Der Bogen zmiſt257der Aſtronomie. iſt das Maaß des Winckels MTZ und weil die Erde in Anſehung der oberſten Flaͤche der Welt-Kugel (wo ihr euch den Bogen ZH. einbilden muͤſſet) ein Punct iſt (§. 79) / ſo iſt der Bogen ZL das Maaß des Winckels LVZ (§. 14 Geom.) demnach iſt der Unterſcheid dieſer Winckel der Paralla - xi gleich. Es iſt aber TSV der Unterſcheid der Winckel MTZ und LVZ (§. 100 Geo - met.) Derowegen iſt der Winckel TSV der Parallaxi gleich. W. Z. E.
202. Weil die Diſtantz eines Sternes oder andern phœnomeni von dem Zenith Z unter einem groͤſſeren Winckel auf der Erd-Flaͤche als aus dem Mittel-Puncte der Erde geſehen wird; ſo muß die Parallaxis LM die Hoͤhe eines Sternes oder andern phœnomeni uͤber dem Horizont vergerin - gern und zwar iſt ſie der Unterſcheid zwiſchen der wahren Hoͤhe HM und der ſchein - bahren HL.
203. Wenn ihr demnach die wahre Hoͤ - hen der Sterne auf eine gegebene Zeit ſu - chet (§. 102. 122. 199 ) und ſie mit den obſer - virten vergleichet; koͤnnet ihr ihre Parallæ - xin finden.
204. Z. E. Philipp Lansberg (Obſervat. R 5Aſtro -258Anfangs-GruͤndeAſtronom. Theſaur. f. 90) hat A. 1600 d. 1 Mart. nach Mittage umb 6 Uhr die Hoͤhe des oberen Ran - des des Monds in dem Meridiano obſerviret 64° 7′ 30″. Den halben Diameter des Monds befand er 16′ 30″. Daher war die Hoͤhe des Mittelpun - etes im Mond 63° 51′. Die wahre Hoͤhe deſſel - ben fand er durch Rechnung 64° 17′ 30″. Dero - wegen war die Parallaxis 26′ 30″. Die Erfah - rung hat gelehret / daß die Fixſterue keine merckliche Parallaxin haben / auch der uͤbrigen Planeten Paral - laxis ſo kleine ſey / daß man ſie durch dieſe Metho - de nicht ausmachen kan.
205. Wenn ein Stern von der Erde weiter weg iſt als ein anderer / ſo muß ſeine Parallaxis kleiner ſeyn als des an - deren.
Es ſey der eine Stern in S der andere in L / ſo iſt des naͤheren Parallaxis dem Winckel TSV / des weiteren aber dem Winckel TLV (§. 201) gleich. Nun iſt TSV groͤſſer als TLV (§. 100 Geom). Derowegen iſt die Parallaxis des naͤheren groͤſſer als die Pa - rallaxis des weiteren. W. Z. E.
206. Da nun die Parallaxis immer ab - nimmet / ie weiter der Coͤrper von der Erde weggehet; ſo muß auch dieſelbe endlich un - mercklich werden und ehe dieſes geſchiehet / ſo klein / daß man ſie durch die (§. 203) vorge -ſchrie -259der Aſtronomie. ſchriebene Methode nicht mehr finden kan / nemlich von wenigen Secunden.
207. Man kan auch die Parallaxin obſerviren / wenn ein phœnomenon der Erde nahe iſt / aus zwey auf der Erdflaͤche angenommenen Staͤnden: der - gleichen Methode wir uns in der Trigonometrie be - dienet / wenn wir eine Hoͤhe aus zwey Staͤnden ge - meſſen (§. 49 Trigon.)
208. Wenn ein Stern im HorizontTab. III. Fig. 22. geſehen wird / ſo hat er die groͤſte Paral - laxin, die er haben kan.
Verlaͤngert LV in R und laſſet aus dem Mittelpuncte der Erde T die Perpendicu / lar-Linie TR herunter fallen. So verhaͤlt ſich wie der Sinus Totus zu TK / ſo der Si - nus des Winckels K zu TV / und wie der Sinus Totus zu TL ſo der Sinus des Win - ckels L zu TR (§. 33. Trigon.) Da nun TK = TL / ſo iſt auch der Sinus des Winckels K zu dem Sin. des Winckels L wie TV zu TR. Und weil TV groͤſſer als TR (§. 167 Geom.) ſo muß der Winckel K groͤſſer als der Winckel L / folgends die Horizontal-Pa - rallaxis die groͤſte feyn (§. 201).
209. Der Schwantz des Loͤwens und die Aehre der Jungfrauen ſind ſtets vonein -260Anfangs-Gruͤndeeinander 35° 2′ / wenn man ſie nahe bey dem Meridiano zu meſſen pfleget. Al - lein wenn der erſte nur 34½ uͤber dem Ho - rizont erhaben iſt / ſtehet der andere bey nahe in eben dem Vertical-Circul ſchon in dem Horizont / da er doch noch bey na - he½ Grad unter demſelben iſt. So haben die Hollaͤnder / als ſie den Winter uͤber hinter der Tartarey verblieben / nach einer Nacht von drey Monathen zu Mittage die Sonne geſehen / da ſie doch etliche Grade unter dem Horizont war. Keplerus Epit. Aſtron. lib. 1. part. 3 p. 60. 61.
210. Hieher gehoͤret die Obſervation / welche der Koͤnig in Schweden / Carolus XI, zu Torneo 1694 ſelbſt angeſtellet / da er zwiſchen dem 14 und 15ten Junii die Sonne die gantze Nacht durch geſehen / un - erachtet die Pol-Hoͤhe nur 65° 43′ an ſelbigem Or - te iſt. Folgendes Jahr haben ſeine Mathematici, Bilenberg und Spole / auf ſeinen Befehl die - ſes phœnomenon guauer obſerviret und uͤber dieſes zu Kangis den 14ten Junii, wo ſie die Pol-Hoͤhe 66° 15′ gefunden / zu Mitternacht die Sonne drey ihrer Diametrorum uͤber dem Horizont geſehen: wie die - ſes alles weltlaͤufeiger nach zuleſen in einem beſon - deren Buche / welches unter dem Titul; Refractio Solis inoccidui in Septentrionalibus oris aliquot obſervationibus Aſtronomicis detecta, zu Stock - holm 1695 in 4 heraus kommen.
211. Weil die Strahlen der Sterne und der Sonne in unſere Augen fallen / wenn ſienoch261der Aſtronomie. noch unter dem Horizont ſind / und doch nach geraden Linien fortgehen (§. 6 Optic. ) ſo muͤſſen ſie in der Luft gebrochen werden (§. 8. 17 Optic. ) und zwar mercklich / da ſie das Bild nicht allein des Sternes / ſondern der gantzen Sonne uͤber dem Horizont erho - ben koͤnnen.
212. Da nun wegen der Refraction die Sonne hoͤher geſehen wird / als ſie wuͤrcklich ſtehet; muͤſſet ihr von den durch den Qva - dranten gemeſſenen Hoͤhen der Sonne und Sterne die gehoͤrige Refraction erſt abzie - hen / wenn ihr die wahre Hoͤhe haben wol - let.
213. Wie hoch ein Stern in einer ob - ſervirten Hoͤhe durch die Refraction erhaben worden / auszumachen.
214. Wenn ihr auf alle Grade der Hoͤ - he des Sternes die Groͤſſe der Refraction ſolcher Geſtalt ſuchet; ſo werdet ihr die Ta - bulam Refractionis bekommen / daraus ihr die obſervirten Sonnen - und Stern-Hoͤhen corrigiren koͤnnet.
215. Diejenigen / welche die Refraction geſucht / haben gefunden / daß ſie immer abnehme / indem die Hoͤhe des Sternes zunimmet: welches man auch aus der Dioptrick (§. 7 Dioptr) erweiſen kan. Tycho de Brahe hat ſich am erſten uͤber dieſe Arbeit ge - macht / wiewol er in ſeinen Progymnaſmatibus lib. 1. p. 93 eine andere Methode vorſchr eibet. Man hat bißher geglaubet / daß die Refraction in dem Mond und der Sonne unmercklich werden / wenn ſie den 45°; in den Fixſternen aber / wenn ſie den 20° der Hoͤhe erreichet. Allein Casſini hat gefunden / daß ſie ſich bis an das Zenith erſtrecken: wie aus der Tabnla Refractionum bey dem de la Hire (Tab. A - ſtron. V. p. 6) zu erſehen / darinnen in dem 45° die Refraction noch 1′ 11′ / in dem 68° noch ½ Minu - te und in dem 89° noch 1 Secunde iſt; da Tycho die Refraction ſchon in 33° nur 55 Secunden und im 45° nur 5 / ja in Fixſternen im 19° nur 30 Se - cunden ſetzet. Auch bezeuget de la Hire (Tab. A - ſtron. part. 2. p. 1.) / daß die Refraction zu ver -ſchie -263der Aſtronomie. ſchiedenen Zeiten einerley bleibe. Daher hat er nur eine Tabulam Refractionum gegeben. Allein in verſchiedenen Orten iſt auch zu einer Zeit die Re - fraction gar mercklich unterſchieden / (§. 210): wo von abſonderlich nachzuleſen verdienet / was der vor - trefliche Aſtronomus Casſini in dem Memoires des l’ Academie Royale des Sciences A. 1700 p. m 50 & ſeqq. hiervon angemercket.
216. Eine Himmels-Kugel (Glo - bus cæleſtis) iſt eine aus Kupfer / Meſ - ſing / Papier oder anderer Materie ver - fertigte Kugel / darauf die Sterne in ſo proportionirter Weite von einander gezeichnet ſind / wie ſie in dem Him̃el er - ſcheinen / nebſt einigen Circuln / die man ſich auf der Flaͤche der Weltkugel einbil - det / damit man alles dasjenige / was aus der erſten Bewegung der Sterne er - folget / auf eine leichte Art erkennen kan.
217. Jch habe bißher erklaͤhret / wie man alles / was aus der gemeinen Bewegung der Welt-Kugel erfolget / auf das gnaueſte ausrechnen kan. Und iſt die Haupt-Abſicht dabey geweſen / daß man den Auf - und Untergang der Sterne und der Sonne / die Laͤn - ge der Tage und der Naͤchte / den Anbruch des Tages und die Laͤnge der Abend-Demmerung / auch ohne eine richtige oder nicht recht geſtellte / ja gar ohne alle Uhr die Zeit bey Tage und Nachte gnau erkennen lernet: woran uns in verſchiedenen Faͤllen gar viel gelegen. Allein es iſt nicht jedermans Ding / daß er ſich dieſe muͤhſame Rechnungen angewoͤhnet. Derowegen hatman264Anfangs-Gruͤndeman ein Mittel erdacht dieſes alles gleichſam ſpie - lende durch die Bewegung einer Kugel zu verrichten; von deren Beſchaffenheit und Gebrauch ich ietzund reden wil.
218. Eine Himmels-Kugel zu verfer - tigen.
So iſt geſchehen / was man verlangete.
219. Man pfleget auch noch die Polar-Circul in der Weite 23½ Grade umb den Pol / und die beyden Tropicos in gleicher Weite mit dem æquatore pa - rallel zu beſchreiben: weil aber dieſelben in der un -beweg -267der Aſtronomie. beweglichen Flaͤche der Welt-Kugel concipiret wer - den / ſollten ſie von Rechtswegen entweder gar weg - bleiben / oder uͤber der Kugel wie der Meridianus von Meßing gemacht werden / wie Weigel gethan / welcher auch die Ecliptick mit dem Æquatore nicht auf der Kugel beſchreibet / ſondern ſie aus Meßing uͤ - ber dieſelbe ſetzet / doch ſo daß ſie zugleich mit ihr ſich durch den Meridianum bewegen laſſen. Denn ſo kan man die Æqninoctial-Puncte verruͤcken / wenn die Sterne ihre Laͤnge geaͤndert / und die Himmels - Kugeln ohne Fehler beſtaͤndig brauchen: welches in den gemeinen ſich nicht thun laͤſt.
220. Die vorgeſchriebene Methode iſt zu gebrau - chen / wenn man aus Kupfer oder Meßing eine Him - mels Kugel machen wil. Jnsgemein wird der U - berzug in Kupfer geſtochen und davon abgedruckt. Die Kugel wird aus Pappe oder Holtz gemacht / mit Gypſe uͤbertragen und abgedrechſelt biß ſie ſich in die verfertigte Kugel-Leere ſchicket. Der Uberzug wird mit einem zarten Kleiſter aufgekleiſtert.
221. Hieraus ſehet ihr / wie ihr die gerade Aſcenſion und Declination eines Sternes / der auf euer Himmels-Kugel ſtehet / erfah - ren koͤnnet. Fuͤhret nemlich den Stern un - ter den Meridianum ſo ſehet ihr zugleich den Grad des Æquatoris der mit ihm unter dem Meridiano ſtehet / und koͤnnet an dem Me - ridiano ſeinen Abſtand von dem Æquatore zehlen / das iſt / ihr erkennet ſeine gerade A - ſcenſion und Declination (§. 91. 104).
222. Eben ſo wenn ihr aus dem Calender wiſſet / in welchem Grade der Ecliptick die Sonne auf eine gegebene Zeit iſt; doͤrfet ihr nur denſelben Grad unter den Meridianum fuͤhren / ſo giebet ſich abermal die gerade A - ſcenſion und Declination der Sonne zu er - kennen.
223. Verlanget ihr die Laͤnge und Brei - te eines Sternes zu wiſſen / ſo leget einen Fa - den an den Pol der Ecliptick und ziehet ihn durch den Stern biß in dieſelbe / ſo ſchneidet er den verlangten Grad der Laͤnge ab. Meſ - ſet das Theil des Fadens zwiſchen dem Sterne und der Ecliptick auf dem Æquato - re; ſo wiſſet ihr die Groͤſſe ſeiner Breite (§. 138).
224. Die Himmels-Kugel auf eine ge - gebene Stunde eines Tages recht zu ſtellen.
Solcher geſtalt iſt die Himmels-Kugel fuͤr die gegebene Stunde recht geſtellet: welches man verlangete.
225. Nach dem die Kuͤgel recht geſtellet worden / fuͤhret den Grad der Ecliptick / darin - nen die Sonne iſt / an den Morgen-Horizont; ſo zeiget der Zeiger die Stunde des Aufgan - ges / und ihr ſehet / zugleich das Azimuth und die Amplitudinem Ortivam (§. 118) / in - gleichen die ſchiefe Aſcenſion (§. 108) der Son -S 3ne /270Anfangs-Gruͤndene / auch die Sterne / welche mit ihr aufgehen und die bey ihrem Aufgange untergehen.
226. Fuͤhret ihr eben dieſen Grad an den Abend-Horizont / ſo weiſet der Zeiger die Stunde des Unterganges und ihr ſehet zu gleich die Amplitudinem Occiduam (§. 118) und die ſchiefe Deſcenſion (§. 108) der Sonne / auch die Sterne / welche mit ihr un - tergehen und bey ihrem Untergange aufge - hen.
227. Wenn ihr einen gegeben Stern an den Morgen - und Abend-Horizont fuͤhret / oder auch einen Planeten / den ihr auf die Himmels-Kugel gekleibet; weiſet der Zei - ger abermals die Vor - oder Nach-Mittags - Stunde / da er auf oder untergehet: inglei - chen weil ihr ſehet / ob der Grad der Eclip - tick / darinnen die Sonne ſich befindet / uͤber oder unter dem Horizont iſt / erkennet ihr / ob der Stern und Planete zu ſelbiger Zeit ſicht - bahr iſt oder nicht.
228. Wenn ihr die Stunde gefunden / da der Stern oder die Sonne auf und unterge - het (§. 226. 227); ſo wiſſet ihr / wie lange ſie[uͤ]ber dem Horizont bleiben / folgends die Laͤn -[ge]des Tages. Ziehet dieſe Laͤnge von 24Stun -271der Aſtronomie. Stunden ab / ſo bleibet die Zeit uͤbrig / welche ſich die gegebene Sterne und die Sonne un - ter dem Horizont befinden / folgends iſt auch die Laͤnge der Nacht bekand.
229. Wendet die Kugel biß der Stern un - ter den Meridianum kommet; ſo weiſet der Zeiger die Stunde / wenn es geſchiehet und an dem Meridiano koͤnnet ihr ſeine Mittags - Hoͤhe (§. 74) erkennen.
230. Leget einen Faden an den neuntzig - ſten Grad des Meridiani von dem Horizont an gerechnet / ziehet ihn durch den Grad der Ecliptick darinnen die Sonne iſt / oder durch den Stern auſſerhalb dem Meridiano, nach dem ihr die Kugel ſo lange herumb gewen - det / biß der Zeiger auf einer gegebenen Stun - de ſtehet. Meſſet den Theil des Fadens zwiſchen dem Sterne und dem Horizont auf dem Æquatore: ſo bekommet ihr die Hoͤhe des Sternes auf die Stunde / welche der Zei - ger zeiget (§. 73).
231. Wenn ihr die Himmels-Kugel ſo lan - ge umbwendet / biß der dem Orte der Sonne entgegen geſetzte Grad der Ecliptick 18 Grad uͤber dem Abend-Horizont erhaben iſt; ſo weiſet der Zeiger die Zeit / wenn der Tag an -S 4bricht.272Anfangs-Gruͤndebricht. Wendet die Kugel / biß gedachter Grad uͤber dem Morgen-Horizont 18 Grad erhoͤhet iſt; ſo weiſet der Zeiger die Zeit / wenn die Abend-Demmerung aufhoͤret (§. 181). Denn in dem erſten Falle iſt die Son - ne unter dem Morgen-Horizont / in dem an - dern unter dem Abend-Horizont 18°.
232. Fuͤhret einen gegebenen Fixſtern in den Morgen-Horizont; ſuchet den Punct der Ecliptick / welcher uͤber den Abend-Ho - rizont ſo viel Grade erhoͤhet iſt / als der Se - hungs-Bogen betraͤgt (§. 175). Sehet in dem Calender oder den Ephemerilibus nach / wenn die Sonne in den entgegen geſetz - ten Grad der Ecliptick kommet; ſo wiſſet ihr den Tag / da der Stern aus den Sonnen - Strahlen wieder hervorruͤcket. Auf gleiche Art findet ihr den Tag / an dem er ſich unter die Sonnen-Strahlen verbirget.
233. Die Hoͤhen zu finden pfleget man einen be - ſonderen Qvadranten aus Meßing zu machen / der durch eine Schraube an den Meridianum im Zenith befeſtiget werden kan: zuweilen aber iſt dergleichen Qvadrant nicht verhanden / und da muß man ſich des Fadens bedienen / wie vorhin angewieſen worden.
Ende des Erſten Theiles der Aſtronomie.
234. So bald die Sonne aufgehet / wird es auf unſerem Erdboden lichte und die Coͤrper / welche ihr entgegen ge - ſetzet ſind / bekommen einen hellen Glantz. Und ſo ihr in die Sonne ſehen woilet / werden eure Augen geblendet. So bald ſich Wolcken vor die Sonne ziehen / verlieren die Coͤrper ihren Glantz / und die Sonne ſelbſt ſiehet durch die duͤnnen Wolcken unterweilen nur wie ein ſilberner Teller aus. Wenn die Sonne untergehet / verlieret ſich auch der Glantz an den Coͤrpern / und das Licht verſchwindet nach und nach gar.
235. Die Sonne iſt alſo die Quelle des Lichtes / welches wir den Tag uͤber auf dem Erdboden genießen / und daher unſerer Erde ein groſſes Licht / weil ſie ihr nemlich viel Licht giebet.
236. Die Sonne iſt ein wuͤrckliches Feuer.
Sie leuchtet ſehr helle (§. 235.) ihre Strah - len machen warm / ja zuͤnden an und ſchmel - tzen die haͤrteſten Sachen / wenn ſie entweder durch die Reflexion (§. 44. 45. Catoptr. ) oder durch die Refraction (§. 15. 16. Dioptr. ) in ei - nem engen Raume zuſammen gebracht wer - den. Da nun dieſes eben die Wuͤrckungen ſind / daraus man das Feuer erkennet; ſo hat man nicht zu zweiffeln / daß auch die Sonne ein wuͤrckliches Feuer ſey. W. Z. E.
237. Wenn euch dieſes zweiffelhafft machen wolte / daß die Sonnen-Strahlen nicht eher brennen / als bis ſie durch ein Brennglaß refringiret / oder von einem Brennſpiegel reflectiret worden; ſo iſt dieſer Zweiffel ſchon oben (§. 51. Catoptr. ) benommen worden.
238. Auch darff euch nicht befremden / daß das Sonnen-Feuer ſich nicht wie unſer Feuer verzehret. Denn ihr wiſſet / daß unſere Flamme in die Hoͤhe ſtei - get und durch die Lufft ſich zerſtreuet / weil ſie leichter iſt als die Lufft (§. 54. Hydroſt.] Wenn nun die Ma - terie des Sonnen-Feuers ſchwerer iſt als die anderei welche die Sonne umbgiebet; ſo kan ſie nicht zerſtreuet werden.
239. Wie ſchnelle die Materie des Sonnen-Feu - ers ſich beweget / hat Villemot (in ſeinem Nouveau ſyſteme du mouvement des Planetes c. 6. p. 76.) aus -zu -275der Aſtronomie. zurechnen ſich bemuͤhet. Er ſetzet aber die bewegende Krafft der Sonnen-Flamme ſo groß / daß ſie einen Coͤrper innerhalb einer Stunde durch 226484 Fran - tzoͤſiſche Meilen werfen koͤnte. Die Rechnung ſel - ber kan ohne die Hugenianiſchen Geſetze de Viribus centrifugis nicht verſtanden werden.
240. Als Chriſtoph Scheiner / ein Jeſuit zu Jngolſtadt / durch ein Fern - glaß im Maͤye A. 161 die Sonne be - ſchauete / nahm er zuerſt einige Flecken in der Sonne wahr: welche nach ihm auch Gallilæus und viele andere Aſtro - nomi wahr genommen / und noch heute zutage alle Jahre obſerviren. Es ſehen aber dieſe Flecken ſchwartz aus: ihre Fi - gur iſt irregulaͤr und veraͤnderlich / wie auch ihre Groͤſſe und Daure. Schei - ner ſetzet die groͤſte / welche er im Jen - ner 1612. obſerviret / der Veneri gleich. Ricciolus (Almag. Nov. lib. 3. c. 8. f. 96.) hat niemal eine groͤſſer als den zehenden Theil des Diameters der Sonne geſe - hen. Sie haben 1. 2. 3. 10. 15. 20. 30 und einige wenige 40 Tage gedauret. Sie bewegen ſich an der Sonne und im Ran - de verſchwinden ſie / nach 13½ Tage kommen ſie unterweilen auf der ande - ren Seite wieder hervor. Jhre Be - wegung iſt im Diametex am ſtaͤrckſten / ie weiter ſie von demſelben weg ſind / ieſchwaͤ -276Anfangs-Gruͤndecherer. Hevelius (Cometogr. lib. 7. f. 424.) erzehlet von zwey Flecken / daß ſie im Anfange ſehr klein und duͤnne gewe - ſen / innerhalb zwey Tagen aber zehen - mal ſo groß / und dabey viel dichter und dunckeler als vorhin worden Die mei - ſten Flecken ſind mitten dichte / umb den Kern herumb duͤnner / und endlich gleichſam mit einem Nebel umbgeben. Hevel (l. c. f. 408 & ſeqq. ) mercket an / daß der Kern waͤchſet und abnimmet / auch meiſt beſtaͤndig mitten im Flecken bleibe / und / wenn der Flecken bald ver - ſchwinden wil / in viel Stuͤcke zergehe: gleichwie auch unterweilen in einem Flecken viel Kerne geſehen werden / die oͤfters in einen zuſammen gehen. Ab - ſonderlich iſt mit dem, Ricciolo (Almag. Nov. lib. 3. c. 3. §. 9. f. 97.) anzumercken / daß die Sonnen-Flecken von verſchie - denen Aſtronomis an verſchiedenen und weit entlegenen Orten in einem Orte der Sonne geſehen werden / und dem - nach keine parallaxin gehabt.
241. Weil die Sonnen-Flecken in anſe - hung der Sonne keine parallaxin haben / ſo muͤſſen ſie derſelben ſehr nahe / und allſo von unſerer Erde weit weg ſeyn (§. 206).
242. Und da ſie nicht allein ihre Figur und Groͤße veraͤndern / ſondern auch bald dichter / bald duͤnner werden; ſo iſt zu ſchlieſ - ſen / daß ſie aus den Ausduͤnſtungen aus der Sonne entſtehen / und ſo zu reden / Sonnen - Wolcken ſind.
243. Danun die Ausduͤnſtungen aus der Sonne uͤber ſie ſteigen / und in einer gewiſſen Hoͤhe uͤber denſelben ſtehen bleiben; ſo muß umb die Sonne wie umb unſere Erde Luft ſeyn / die unten dicker / oben aber duͤnner (§. 26 Aërom. ) folgends ſchweer und Elaſtiſch iſt. (§. 23. Aërom.).
244. Jhr wiſſet / daß die Luft umb unſere Lichter einen hellen Glantz bekommet / der in der Weite ſelbſt fuͤr ein Theil der Flamme des Lichtes gehalten wird (§. 83 Optic,); darumb iſt nicht zu zweifeln / daß auch die Sonnen-Luft von dem hellen Sonnen-Lichte einen großen Glantz bekommet / welcher es auf unſerer Erde etwas helle machen kan / ehe die Sonne wuͤrcklich auf - gehet / wie wir oben mit dem Kepler (§. 182) ange - nommen.
245. Wiederumb weil nicht allein Aus - duͤnſtungen aus dem Sonnen-Coͤrper auf - ſteigen / ſondern auch / indem die Flecken wie - der zerfahren und vergehen / in die Sonne zu - ruͤcke herabfallen; ſo muß nicht allein Mate -rie278Anfangs-Gruͤnderie von verſchiedener Art in der Sonne ſeyn / ſondern es muͤſſen auch allerhand Veraͤnde - rungen in ihr vorgehen.
246. Und weil die Bewegung nicht allein ſehr regulaͤr / ſondern auch durch den Dia - meter geſchwinder / als durch eine Sehne ge - het; ſo erkennet man / daß die Sonne ſich mit ihrer Luft von Morgen gegen Abend inner - halb 27 Tagen und 9 bis 10 Stunden umb ihre Axe herumb beweget.
247. Da nun aber ihre Figur einmal wie das andere ausſiehet / und zwar beſtaͤndig wie ein Circul; ſo muß ſie beynahe kugel-rund ſeyn.
248. Jch ſage / die Sonne ſey beynahe Kugel - rundt. Denn man kan erweiſen / daß ſie in der Mit - ten erhaben / gegen die Pole aber niedrig gedruͤckter ſey. Es hat nemlich Hugenius (in Tract. de Vi cen - trifuga prop. 1. p. 408. Opuſc. poſth. ) erwieſen / daß / wenn ſich ein Coͤrper umb einen Punct herumb beweget / er eine Kraft bekom̃e / ſich von demſelben zu entfernen / und daß dieſe Kraft umb ſo viel groͤſſer ſey / ie groͤſſer die Peripherie iſt / in welcher er ſich beweget. Da nun die Materie in dem Æquatore der Sonne ei - nen viel groͤſſeren Circul beſchreibet / als die gegen ih - re Pole; ſo muß auch jene eine groͤſſere Kraft bekom - men ſich von dem Mittelpuncte ihres Circuls zu ent - fernen als dieſe / folgends da ſie fluͤßig iſt / auch in der That entfernen.
249. Von den Sonnen-Flecken hat die erſten Ob - ſervationes Chriſtoph Scheiner unter dem Titul: Apelles poſt Tabulam herausgegeben / weil der damahlige Provincial der Jeſuiten Theodorus Buſæus nicht wollte / daß man etwas bekand machen ſollte / welches der Ariſtoteliſchen Philoſophie zuwie - der war. Nachdem aber nicht allein Gallilæus ein beſonderes Buch de Maculis Solaribus heraus gab / ſondern auch andere Aſtronomi in ihren Schrifften oͤffentlich davon redeten; ließ er ſeine Roſam Urſi - nam drucken / darinnen die mit groͤſtem Fleiße ange - ſtelleten Obſervationen zu finden. Jhr treffet auch faſt alle Jahre neue Obſervationen von den Sonnen - Flecken in den Memoires de l’ Academie Royale des Sciences an / die jaͤhrlich zu Paris heraus kommen / und in Holland nachgedruckt werden.
250. Es zeigen ſich auch unterweilen Fackeln an der Sonne / das iſt / einige Theilgen derſelben leuchten viel heller als die andern. Sie ſind gemeiniglich vie! groͤſſer als die Flecken / und dem Lichte / der Groͤſſe / Figur und Daure nach voneinander unterſchieden. Hevel hat (Selenogr. Prolegom. f. 87) den 20. Jul. 1634 eine obſerviret / die den drit - ten Theil des. Diameters der Sonnen eingenommen. Sie pflegen neben den Flecken zu entſtehen / und mit ihnen be - ſtaͤndig fort zu dauren. Die Flecken werden oͤfters in Fackeln verwandelt; aber ſelten entſtehen aus den Fackeln dieFle -280Anfangs-Gruͤnde. Flecken: wie aus des Hevels Obſerva - tionen (in Appendice Selenograph. f. 505 ‒ ‒ 509) zu erſehen.
251. Weil die Flecken in Fackeln / auch zu - weilen die Fackeln in Flecken verwandelt werden / die Flecken aber aus den Ausduͤn - ſtungen der Sonne entſtehen (§. 242). ſo muͤſ - ſen auch die Fackeln daher ihren Urſprung nehmen.
252. Da die Fackeln viel Tage / ja laͤnger als die Flecken dauren; ſo iſt nicht glaublich / daß ſie wuͤrcklich entzuͤndet ſind / ſondern es ſcheinet vielmehr der Wahrheit aͤhnlich / daß ſie das Sonnenlicht durch ſich haͤufig durchdringen laſſen / und die Strahlen durch die Refraction mehr zuſammen zwingen.
258. Die Sonnen-Flecken zu obſervi - ren.
Nehmet zwey gefaͤrbete Glaͤſer und le - get ſie auf einander / darzwiſchen aber ein weiſſes Papier / darein ihr mit einer Nadel ein Loͤchlein geſtochen; ſo koͤnnet ihr ohne Verletzung des Geſichtes in die Sonne ſe - hen und die Flecken und Fackeln / ſo einige vorhanden / entdecken.
Laſſet das Augen-Glaß in einem Fern - Glaſe uͤber dem Lichte ſchwartz anlaufen / o -der281der Aſtronomie. der auch ein Fern-Glaß aus Glaſe von ver - ſchiedener Farbe machen / als aus gruͤnem / rothem / blauem / gelbem; ſo koͤnnet ihr aber - mal unverletzt in die Sonne ſehen.
Laſſet durch ein Fern-Glaß in ein verfin - ſtertes Zimmer das Bild der Sonnen auf eine mit weiſſem Papiere uͤberzogene Tafel fallen; ſo werden ſich auf derſelben die Fle - cken zugleich mit abmahlen und ihr koͤnnet ihren rechten Ort / ihre Figur und Groͤſſe oh - ne Muͤhe bekommen. Weil aber das Bild der Sonne ſich verkehret darſtellet / ſo doͤrfet ihr nur die Peripherie der Flecken mit einer ſubtilen Nadel durchſtechen / und ſie erſchei - nen auf der anderen Seite des Papieres recht.
254. Die Roͤhre des Fern-Glaſes muͤſſet ihr durch eine Kugel ſtecken / die in den Fenſterladen dergeſtalt eingeſetzet worden / daß man ſie nach gefallen auf und nieder / rechts und lincks wenden kan. Es hat aber die Kugel eine Roͤhre / daran eine Stange befeſtiget / an deren Ende die Tafel angemacht worden: damit man die Sonne immer auf einer Stelle erhalten und zu dem Ende die Tafel mit dem Fern-Glaſe in der Kugel zu gleich / nach dem es die Sonne erfor - dert / wenden kan. Hevel beſchreibet dieſe Ma - chine in Prolegom. Selenograph. c. 5. f. 98 & ſeqq. und aus ihm Zahn in Oculo artificiali fund. 3. Syntagm. 4. c. 3. f. m. 656 & ſeqq. Man bedienet ſich derſelben heute zu Tage durchgehends auch bey den Sonnen-Finſterniſſen.
254. Unter weilen verlieret die Son - ne bey hellem Himmel ihren Schein / nicht auf einmal ſondern nach und nach / auch ſelten gantz / meiſtens nur in einem Theile. Es laͤſt aber nicht anders als wenn eine ſchwartze Scheibe von Abend gegen Morgen in die Sonne hinein ruͤckte. Und zwar geſchiehet ſolches zu der Zeit / wenn die Sonne und der Mond in einem Orte des Himmels ge - ſehen werden / oder im Neu-Mond. Abſonderlich iſt merckwuͤrdig / daß der verfinſterte Theil der Sonne nicht an allen Orten gleich groß. Z. E. den 22 May A. 1706. blieb in Leipzig kaum ⅓ / in Jena nur ⅙ / in Berlin ⅛ / in Straß - burg bey nahe ⅓ / in Bononien ⅔ / in Rom ⅖ / in Madrid ½ eines Zolles oder des zwoͤlften Theiles vom Diameter der Sonne / in Paris ein gantzer Zoll gegen das Zenith helle. Jn Breßlau / in Dreßden / Nuͤrnberg / Montpellier, Gene - ve, Marſeille, Zuͤrch hat die Sonne gar kein Licht uͤbrig behalten. Vid. Acta Erudit. A. 1706 p. 335. 371 it. Memoires de l’ Academie Royaledes Sciences An. 1706 p. 599. Auch iſt wohl zu behal - ten / daß denen / die weiter gegen Abend liegen / die Sonne eher ſcheinet ihr Lichtzu283der Aſtronomie. zu verlieren / als denen gegen Morgen: hingegen auch in dem erſten Orte ihr Licht geſchwinder wieder bekommet / als in dem andern. Z. E. Jn Paris verlohr A. 1706. die Sonne uͤber 44′ e - her ihr Licht / als zu Berlin / bekam es aber auch eher wieder: hingegen zu Madrid / welches weiter als Paris ge - gen Abend lieget / begunte der Sonne ihr Licht bey nahe 23 Minuten eher als zu Paris zu gebrechen und bekam es gleichfals eher wieder. Vid. Memoires de l’ Acad. l. c.
255. Weil die Sonne nicht an allen Or - ten des Erdbodens zu gleicher Zeit / auch nicht gleich viel von ihrem Lichte verlieret; ſo kan es keine wuͤrckliche Beraubung des Lichtes ſeyn: ſondern es muß nur ein dichter und ſchattichter Eoͤrper zwiſchen unſer Au - ge und die Sonne treten / welcher die Soñen - Strahlen nicht durchlaͤſt / und ſo weit als die Sonne von uns zn ſeyn ſcheinet / ob er gleich in der That von ihr weit weg ſeyn kan (§. 82. Optic.).
256. Dieſer Coͤrper muß rundt ſeyn / weil er ſich wie eine Scheibe auf der Sonne dar - ſtellet.
258. Danun der Mond ſich von Abend gegen Morgen beweget (§. 49. 50) und zu der Zeit / da die Sonne ihr Licht verlieret / zwi - ſchen die Erde und die Sonne kommet / (§. 254) / er auch / wenn er voll iſt / wie eine rund - te Scheibe ausſiehet; ſo iſt kein Zweifel / daß der Mond derjenige Coͤrper ſey / welcher uns auf eine Zeit des Sonnen-Lichtes be - raubet.
259. Derowegen muß der Mond das Licht der Sonnen nicht durchfallen laſſen / und allſo ein dichter und ſchattichter Coͤrper ſeyn.
260. Hieraus aber folget noch nicht / daß der Mond gar kein Licht vor ſich habe / maßen ihn deſſen unerachtet eine leuchtende fluͤßige Materie umbge - ben koͤnte / wie ſich Hooke (in ſeinen poſthumous Worksf. 90 & ſeqq. ) die Sonne einbildet / theils weil er nicht begreifen kan / wie ein gantz fluͤßiger Coͤrper ſich beſtaͤndig umb ſeine Axe bewegen koͤnte / da wir auf unſerer Erde ſehen / daß nicht allein die Luft gantz irregulaͤre Bewegungen / ſondern auch das Waſſer in der See Ebbe und Fluth hat: theils weil die Mate - rie der Sonne eine Schwere hat / wie aus ihrer rund - ten Figur abzunehmen / eine iede ſchweere Materie a - ber etwas dichtes haben muß; theils weil ſie nicht durchſichtig iſt / indem man die Sonnen-Flecken nicht ſiehet / wenn ſie in dem Rande ſich hinter die Sonne verbergen.
261. Die Sonnen-Finſternis iſt eine Bedeckung der Sonnen von dem Mond / welcher uns auf dem Erdboden entweder gantz oder nur zum Theil des Sonnen-Lichtes beraubet / zu einer Zeit da die Sonne uͤber dem Horizont iſt.
262. Wenn allſo der Mond des Nachts / da die Sonne unter unſerem Horizont iſt / vor ſie tritt; ſo haben zwar wir keine Son - nen-Finſternis / aber doch diejenigen / uͤber deren Horizont alsdenn die Sonne ſtehet.
263 Alsdenn ſagen wir / ſie ſey unſichtbahr / und nennen ſie in Anſehung unſerer eine unſichtbahre Sonnen-Finſternis: hingegen heißt ſie ſicht - bahr / wenn nur die Sonne uͤber dem Horizont iſt / unerachter ſie wegen der Wolcken / die den Himmel uͤber zogen / nicht geſehen werden kan.
264. Die Sonne verlohr an dem Tage / da unſer Heiland ſtarb / ihren Schein im Voll-Mond / als nemlich der Mond 180° von der Sonne weg war. Darumb iſt dieſes keine gewoͤhnliche Sonnen-Finſter - nis geweſen.
265. Als die Sonne A. 1706 an einigen Orten gantz / an den meiſten aber dochT 3groͤ -286Anfangs-Gruͤndegroͤſten Theils verfinſtert ward / kon - te man die Sterne am Himmel ſehen. Z. E. in Leipzig hat wir die ♀ und den ♃ / in Jena haben auſſer dieſen der Herr Prof. Hamberger die Capellam in Breßlau der Herr P. Heinrich viel Sterne geſehen. An vielen Orten iſt es ſo finſter worden / abſonderlich wo die Sonne gantz verfinſtert geweſen / daß man ein Licht anzuͤnden muͤſſen / wenn man leſen wollte. Der Herr Scheuch - zer hat zu Zuͤrich angemercket / daß man in der Weite von 4 Schritten kei - nen Menſchen erkennen koͤnnen. Es ſtellete ſich auch alles an als wenn es Abend werden wollte. Die Voͤgel lieſſen ſich alle nieder / auch ſelbſt die Schwalben. Die Nachtigal fieng an zu fingen und die Fledermauß machte ſich hervor. Die Blumen in den Gaͤr - ten ſchloſſen ſich wieder zu. Umb den Horizont ward der Himmel roth. Der Thau fiel auf dem Felde herunter und gegen Abend ſahe man einen kleinen Nebel; aber gegen Morgen war nichts dergleichen zu ſpuͤhren; Am merckwuͤr - digſten war der helle Ring umb den Mond / den ich mit groͤſtein Fleiſſe be - trachtete. Er war mit dem Rande des Monds voͤllig parallel / und konte ichihn287der Aſtronomieihn von dem kleinen Theile der Sonne / welcher in Leipzig unverfinſtert blieb / gnau unterſcheiden / in dem er ſich nicht mit ihm in einer Peripherie endigre / auch viel ſchwaͤcheres Licht als er hat - te. Nahe an dem Mond ſahe er dich - te aus / wurde aber immer duͤnner / biß er ſich endlich unvermerckt in eineꝛ voͤlligen Peripherie verlohr. Der Mond ſelbſt war umb den Rand etwas blaß / mitten gantz ſchwartz. Es hat ihn auch der Herr P. Heinrich in Breßlan / der Herr Wurtzelbauer in Nuͤrnberg / der Abt LE PECH zu Narbonne / der P. LAVAL zu Marſeille, der Herr Graf MARSIGLI zu Taraſcon, und andere haben ihn an anderen Orten obſerviret. Es iſt a - ber wohl zu mercken / daß die Aſtronomi der Koͤnigl. Academie der Wiſſenſchaf - ten zu Montpellier, von welchen FONTE - NELLE (Hiſtor. de l’ Academie Royale des Scienc. A. 1706 p. m. 148) ruͤhmet / ſie haͤttẽ mit groͤſſerer Aufinerckſamkeit als andere darauf acht gehabt / die Sache eben ſo befunden / wie ich ſie nicht ohne Wiederſprechen in den Leipziger - Actis A. 1706 p. 335 beſchrieben / ehe ihre Obſervation heraus kommen. Vid. Act. Erud. A. 1708 p. 348. Endlich hat der Herr von Tſchirnhauſen in Dreßden durchT 4ein288Anfangs-Gruͤndeein Sechszehen-ſchuhiges Fern-Glaß wahr genommen / daß kurtz vor dem Anfange der Finſternis das Sonnen - Licht an dem Orte zu zittern angefan - gen / wo der Mond eingeruͤcket. Eben dergleichen hat er in dem letzten Zolle des Sonnen-Lichtes angemercket / als er verfinſtert ward.
266. Jch habe zu anderer Zeit dergleichen Zittern in dem Rande der Sonne durch ein acht-ſchuhiges Fernglaß obſerviret / da ſie aus den Wolcken an dem Horizont hervorbrach / und nach langem Regen die Luft voller Duͤnſte war: welches aber verſchwand / als die Sonne hoͤher ſtieg / und die Duͤnſte in der Luft zer - theilete.
267. Kepler (in libello de nova Stella Ser - pentarii c. 23. p. 115) berichtet / daß eben ein ſolcher heller Ring / als in unſerer Finſternis geſehen worden / im Jahr 1605 im October zu Antwerpen und Nea - pel bey einer gaͤntzlichen Verfinſterung der Sonne er - ſchienen: welches mich eben antrieb in unſerer Finſter - nis deſto gnauer darauf acht zu haben. Eben ſo er - zehlet Scheiner (in Roſa Urſina lib. 4. part. 2. c. 27. f. 740) / daß in einer Sonnen-Finſternis den 25 Decembr. 1628. zu Barcellona das Zittern des Son - nen-Lichtes an dem Rande des einruͤckenden Monds obſerviret worden. Hevel hat ein gleiches in ver - ſchiedenen Sonnen-Finſterniſſen bemercket (Come - togr. lib. 7. f. 365).
268. Wenn der Mond nach dem Un -ter -289der Aſtronomie. tergange der Sonne nahe bey dem Ho - rizont geſehen wird / ſo iſt nur ein klei - ner Theil erleuchtet. Je weiter er von der Sonne weg ruͤcket / je ein groͤſſerer Theil wird lichte. Wenn er 180 Grad / oder den halben Himmel von der Son - ne weg iſt und ihr in Anſehung unſe - rer Erde gegen uͤberſtehet / ſo hat der gantze Mond Licht. Gehet er weiter fort und kommet der Sonne wieder naͤher / ſo nimmet das Licht wieder ab / biß er es endlich gantz verlieret / wenn er wieder zu der Sonne kommet. Es iſt aber / ſo lange das Licht zu nimmet / der lichte Theil gegen Abend / wenn es abnimmet / gegen Morgen gekehret. Abſonderlich iſt merckwuͤrdig / daß man auch den finſteren Theil des Monds ſe - hen kan / wenn er noch nicht die Helfte Licht hat / und ſiehet er wie ein ſehr blaſſes Woͤlcklein aus.
269. Es iſt demnach beſtaͤndig der Theil des Monds erleuchet / welcher der Sonne entgegen geſetzet iſt.
270. Wenn der Mond zu der Sonne kommet und kein Licht hat / nennen wir ihn den Neu-Mond; wenn die Helf -T 5te290Anfangs-Gruͤndete gegen Abend Licht hat / das erſte Viertel; wenn er gantz helle iſt / den Voll-Mond; endlich wenn die Helf - te gegen Morgen ſcheinet / das letzte Viertel.
271. Weil der Mond unſerer Erde ein merckliches Licht giebet / ſo iſt er in Anſehung ihrer ein groſſes Licht zu nennen.
272. Der Mond verlieret zu weilen bey hellem Himmel / wenn er mit vollem Lichte ſcheinen ſol / ſein Licht entweder gantz / oder zum Theil. Es laͤſſet aber nicht anders / als wenn eine dunckele Scheibe von Morgen gegen Abend in den Mond einruͤckte. Und iſt merck - wuͤrdig / daß an allen Orten ein gleich groſſer Theil des Monds verfinſtert wird: auch der Mond zu ſelbiger Zeit entweder in der Ecliptick oder ſehr na - he bey derſelben iſt.
273. Wenn der Mond mit vollem Lichte ſcheinet / ſo ſtehet die Erde zwiſchen ihm und der Sonne (§. 268). Die Erde wierft ei - nen Schatten der Sonne gegen uͤber (§. 53. Optic.). Da ſie nun in der Ecliptick ſte - het (§. 57) / ſo faͤllet ihr Schatten gegen denGrad291der Aſtronomie. Grad der Ecliptick / welcher von dem Orte 180° entfernet iſt. Derowegen da bey die - ſem Grade ſich der Mond befindet / wenn er ſein Licht verlieret; iſt keinesweges zu zweifeln daß die Urſache der Beraubung des Mond - lichtes da her ruͤhre / weil er in Schatten der Erde kommet.
274. Weil der Mond in dem Schatten der Erde des Lichtes beraubet wird / damit er die Erde erleuchtet; ſo kan dieſes Licht nicht ſein eigen ſeyn / ſondern er muß es anders woher haben / und zwar von der Sonnen / maſſen der erleuchtete Theil beſtaͤndig gegen ſie gekchret wird (§. 269).
275. Wenn der Voll-Mond in dem Schatten der Erde ſeines Lichtes be - raubet wird / nennet man es eine eine Monds-Finſternis.
276. Weil die Monds-Finſterniß eine wuͤrckliche Beraubung des Lichtes iſt / ſo iſt es kein Wunder / daß ſie an allen Orten gleich groß geſehen wird.
277. Auch muß ſie zu gleicher Zeit an al - len Orten angehen und aufhoͤren.
278. Wir zehlen unſere Stunden von. dem Mittage an / wenn die Sonne in den Meridianum kommet: ſie kommet aber an einem Orte / der weiter gegen Morgen liegt / eher in den Meridianum als an einem ande - ren / der weiter gegen Abend iſt. Darumb muß die Finſternis zu einer ſpaͤteren Stunde in dem erſten / als in dem anderen Orte ange - hen.
279. Wenn ihr demnach die Zeit / zu wel - cher die Finſternis in dem Orte gegen Abend angieng / von der Zeit / zu welcher ſie in dem gegen Morgen ihren Anfang nahm / abziehet; ſo bleibet der Unterſcheid der Stunden an beyden Orten uͤbrig. Z. E. den 22. Febr. 1701. gieng die Monds-Finſternis zu Paria an umb 10 Uhr 15′ 23″ / zu Berlin umb 10. Uhr 59′ 36″. Derowegen iſt der Unter - ſcheid der Stunden zu Paris und Berlin 44′ 13″ / das iſt / zu Berlin iſt 44′ 13″ eher Mittag als zu Paris.
280. Auf dieſe Weiſe ſind die Tabulæ differen - tiarum horariarum Meridianorum gemacht wor - den / welche in Aſtronomiſchen Rechnungen groſſen Nutzen haben / auch in der Geographie von groſſer Wichtigkeit ſind.
281. Jn einigen Finſterniſſen iſt derMond293der Aſtronomie. Mond bey hellem Himmel / da man die kleineſten Fixſterne gar wohl ſehen kon - te / gantz verſchwunden / ſo daß man den Ort auch durch die beſten Fern - Glaͤſer nicht finden koͤnnen / wo er ge - ſtanden. Dergleichen hat Kepler A. 1580 und 1583 (Aſtron. Optic. p. 227) A. 1601 (l. c. p. 297) und 1620 (Aſtron. Co - pernic. lib. 5. p. 825); ingleichen Hevel (Selenograph. cap. 6. f. 117) obſerviret. Als eben dieſes in einer Mond-Finſter - nis A. 1642 d. 14 Apr. RICCIO LUS mit vielen Jeſuiten zu Bononien / inglei - chen viele durch gantz Holland wahr - nahmen; wurde der Mond doch zu Ve - nedig und zu Wien geſehen / und zwar ſa - he er in dem erſten Orte gantz roth aus. (Vid. Ricciolus Almag. Nov. lib. 4. c. 6. Schol. 4. f. 203). Jn der Mond-Finſter - nis / welche ſich den 23 Decembr. 1703 er - eignete / ſahe der Mond in der gaͤntzli - chen Verfinſterung zu Arles dunckel-roth und braun / zu Avignon hingegen helle roth aus / ja ſo helle / als wenn er durch - ſichtig waͤre und die Sonne von der an - dern Seite durchſchiene. Zu Marſeille ſahe er gegen Nord-Weſt roͤthlicht und gegen Suͤd-Oſt gantz dunckel aus und verſchwand voͤllig bey gantz hel - lem Himmel.
Der294Anfangs-Gruͤnde282. Weil die Farben des Monds nicht beſtaͤndig einerley ſind in ſeiner Verfinſte - rung / ja zu einer Zeit an verſchiedenen Orten nicht einerley Farben / und in einigen gar kei - ne geſehen werden / ſo koͤnnen ſie dem Mond nicht eigenthuͤmlich ſeyn.
283. Da nun keine Farben ſeyn koͤnnen / wo kein Licht iſt (§. 60. & ſeqq. Optic. ); ſo muß der Mond auch in dem Erd-Schatten noch einiges Licht haben; Und da die Strah - len dieſes Lichtes in der Luft gebrochen wer - den / dadurch ſie in unſer Auge fallen (§. 211) muͤſſen ſie an verſchiedenen Orten auf ver - ſchiedene Art gebrochen werden / denn ſonſt koͤnten ſie nicht in verſchiedene Farben ver - wandelt werden. Derowegen entſtehen die verſchiedenen Farben des Monds in ſei - ner Verfinſterung von der verſchiedenen Be - ſchaffenheit der Luft an verſchiedenen Or - ten.
284. Weil die Strahlen der Sonne in unſerer Luft gebrochen werden / ſo fahren ſie auch hin und wieder durch den Erdſchatten durch / und zwar umb ſo vielmehr / ie ſtaͤrcker die Refraction iſt / folgends hat der Mond in dem Erdſchatten viel oder wenig Licht nach der Beſchaffenheit der Luft / die von der Sonne erleuchtet wird. Derowegen koͤn -nen295der Aſtronomie. nen die Farben an einem Orte in verſchiede - nen Zeiten unterſchieden ſeyn / ob gleich die Luft daſelbſt einerley Beſchaffenheit hat.
285. Wenn ihr demnach die Farben vorher ſagen wollet / welche der verfinſterte Mond haben wird: ſo muͤſſet ihr nicht allein auf die Beſchaffenheit der Luft an den Orten acht geben / wo die Finſternis obſerviret wird / ſondern auch hauptſaͤchlich auf die Beſchaffen - heit der Luft an den Orten / welche zu beyden Seiten des Monds die erleuchtete Helfte der Erde von der ſinſteren unterſcheiden. Jhr koͤnnet aber die Oerter finden / wenn ihr auf die gegebene Zeit der Verfinſte - rung die Oerter ſuchet / wo die Sonne auf - und nieder - gehet: welches in der Geographie angewieſen werden ſol.
286. Der Mond ſiehet ſo wol bloſſen Augen als durch ein Fern-Glaß an ei - nem Orte heller / als in dem andern aus. Wenn ihr durch ein Fern-Glaß den zu - und abnehmenden Mond betrachtet / ſo ſiehet die Peripherie / darinnen ſich das Licht endet / in den hellen Orten hoͤcke - richt / in den dunckelen aber gleich und eben aus. Jn den groſſen Flecken fin - det man hin und wieder kleine hell - leuchtende Theile. Abſonderlich aber ſind zwey Dinge merckwuͤrdig; nem - lich 1. daß einige Theile in dem Mond erleuchtet werden die von dem erleuch - teten Theile abgeſondert ſind und in dem noch finſteren liegen: 2. daß auſſerdem296Anfangs-Gruͤndedem groſſen Flecken / die man mit bloſ - ſen Augen ſehen kan / durch die Fern - Glaͤſer noch andere kleine entdecket wer - den / welche von Tage zu Tage / ja von Stunde zu Stunde ihre Groͤſſe / Figur und Stelle aͤndern / ſich in die rundte her - umb bewegen und ſtets der Sonnen entgegen geſetzet ſind.
287. Alle Theile des Monds werden von der Sonne auf gleiche Art erleuchtet. Da ſie nun aber nicht gleich helle ausſehen; koͤn - nen ſie nicht auf einerley Art die Sonnen - Strahlen reflectiren / und ſind dannenhero auch ſelbſt von verſchiedener Art.
288. Weil die Peripherie / darinnen ſich das Licht endet / in den Flecken gleich und e - ben iſt; ſo muͤſſen die Theile des Monds / welche weniger Licht als die andern reflecti - ren / auch ſelbſt gleich und eben ſeyn.
289. Die Theile welche eher erleuchtet werden / als andere / die dem erleuchteten Theile des Monds naͤher liegen / muͤſſen hoͤ - her als ſie ſeyn.
290. Die veraͤnderlichen Flecken habenall297der Aſtronomie. alle Eigenſchaften des Schattens (§. 48. 53. 54 Optic.)
291. Hevel (Cometograph. lib. 7. f. 363) hat zu verſchiedenen malen wahr - genommen / daß der Mond und ſeine Flecken nicht klahr und helle / wie zu an - derer Zeit / ausgeſehen / unerachtet er einerley Weite von der Erde und einer - ley Hoͤhe uͤber dem Horizont gehabt / und der Himmel allenthalben ſo helle geweſen / daß er die Sterne von der ſechſten und ſiebenden Groͤſſe ſehen koͤn - nen / uͤber dieſes ſich eben des Fern-Gla - ſes bedienet / damit er ſonſt den Mond zu obſerviren gewohnet geweſen.
292. Aus den Umbſtaͤnden der Obſerva - tion erhellet / daß die Urſache / warumb der Mond zu einer Zeit dunckeler ausgeſehen als zu der andern / in etwas zuſuchen ſey / welches nahe umb den Mond geweſen und gehindert / daß man deutlich durchſehen koͤnnen.
293. CASSINI (Memoires de l’ Acad. Royal des Sciences A. 1706 p. m. 327) hat oͤfters obſerviret / daß / wenn Sa - turnus / Jupiter und einige Fixſterne von dem Mond bedecket worden / die(3) UFigur298Anfangs-GruͤndeFigur etwas laͤnglicht worden / in dem ſie dem Rande des Monds nahe kom - men / ſo wol auf der erleuchteten / als finſteren Seite deſſelben. Hingegen hat er auch ſehr ofte ihre Figur unveraͤn - dert geſehen.
294. Weil die Figur der rundten Coͤrper durch die Refraction der Strahlen / die von ihnen in das Auge fallen / in ein Oval ver - wandelt wird; ſo muß in dem erſten Falle eine dichte Materie umb den Mond geweſen ſeyn / darinnen die Strahlen der Sterne ge - brochen worden: in dem anderen Falle aber muß ſie nicht mehr daſelbſt anzutreffen gewe - ſen ſeyn.
295. Wollet ihr zweifeln / ob dieſe Veraͤnderung der Figur von der Refraction verurſachet werden koͤnne: ſo kleibet einen rundten Eireul von Papier mit Wachs inwendig an ein Glaß und gieſſet Waſ - ſer darein. Durch das Waſſer wird euch der Cir - cul wie ein Qval ausſehen. Daraus verſtehet ihr zugleich / warumb die Sonne und der Mond im Horizont wie ein Oval ausſehen / wenn die Luft da - ſelbſt ſehr dunſtig iſt.
296. Der Mond iſt ein dichter und dunckeler Coͤrper / der viele Berge / Thaͤler und Meere hat.
Be -299der Aſtronomie.Jn den Sonnen-Finſterniſſen tritt der Mond zwiſchen die Sonne und die Erde (§. 261) und wird allſo von ihr auf der von uns weggekehrten Seite beſchienen. Wenn er nun durchſichtig waͤre / wuͤrden die Strah - len der Sonne durchdringen und einen hel - len Glantz in dem Monden verurſachen. Er ſiehet aber vielmehr in gaͤntzlichen Verfin - ſterungen der Sonne gantz ſchwartz aus (§. 265). Derowegen muß er ein dichter und dunckeler Coͤrper ſeyn: Welches das erſte war.
Es ſind aber an der Mond-Flaͤche einige Theile uͤber die anderen erhaben (§. 289) und zwar mercklich / denn ſonſt koͤnten wir ſie in der Weite nicht ſehen (§. 28 Optic.) Die erhabenen Theile nennen wir Berge / die tiefen Thaͤler. Derowegen ſind in dem Monden Berge und Thaͤler: welches das andere war.
Wir finden in dem Monden groſſe Plaͤtze / die weniger Licht / als die anderen reflecti - ren / und dabey gleich und eben ſind (§. 288). Nun haben die fluͤßigen Coͤrper ei - ne gantz gleiche und ebene Flaͤche / und re - flectiren weniger Licht als die Erde / weil ſie durchſichtig ſind und einen Theil der Strah - len durchfallen laſſen. Derowegen muͤſſen die beſtaͤndigen Flecken des Monds eineU 2fluͤßige307Anfangs-Gruͤndefluͤßige Materie und zwar weil ſie keine Far - ben haben / auch ſich niemals aͤndern / Waſ - ſer ſeyn. Demnach hat es Meere im Mon - den: welches das dritte war.
297. Solcher geſtalt ſind die hellen Plaͤ - tze in dem Meere Jnſuln.
298. Da man aber auch erhabene Oer - ter in den Meeren des Monds und an den Ufern obſerviret; ſo ſind darinnen groſſe Steinklippen und Vorgebuͤrge.
299. Jhr werdet dieſen Schluͤſſen deſto ſicherer trauen / wenn ihr euch mit Heveln (Selenogr. cap. 6. p. 148) auf einem hohen Thurme oder Berge umb - ſehen wollet. Denn wo das Land eben iſt / wird der Horizont auch gleich und eben; wo jenes aber ber - gicht und felſicht iſt / wird dieſer ungleich und zaͤ - ckicht ſeyn.
300. Jhr koͤnnet nicht mehr zweifeln / daß die veraͤnderlichen Flecken / welche lauter Ei - genſchaften des Schattens haben (§. 290) wuͤrckliche Schatten der Berge und Felſen ſind.
301. Weil die Berge in dem Monden einen Schatten werfen / ſo ſiehet man auch daraus / daß er ein vor ſich finſterer und undurchſich - tiger Coͤrper ſey.
302. Derowegen wirft er auch beſtaͤndig einen Schatten hinter ſich der Sonne gegen uͤber (§. 53 Optic.).
303. Wenn allſo eine Sonnen-Finſter - nis iſt / ſo kommet die Erde in den Schatten des Monds (§ 261) / gleich wie der Mond in ſeiner Verfinſterung in den Schatten der Erde tritt (§. 275). Demnach iſt die ſo genante Sonnen-Finſternis in der That ei - ne Erd-Finſternis.
304. Umb den Mond hernmb iſt ei - ne Elaſtiſche und ſchweere Luft / darin - nen die Duͤnſte aufſteigen und durch Regen oder Thau wieder herunter fal - len.
Wenn das Sonnen-Licht durch eine gaͤntzliche Verfinſterung uns entzogen wird / kan man umb den Mond einen breiten hel - len Glantz ſehen / der mit ſeiner Peripherie gantz parallel iſt (§. 265). Derowegen muß umb den Mond eine fluͤßige Materie ſeyn / die ſich nach ſeiner Figur accommodiret und die Strahlen der Sonne / ſo hinein fallen / refringiren und reflectiren kan. Dieſe Ma - terie muß unten dichter und oben duͤnner ſeyn / weil der Glantz an dem Rande desU 3Monds302Anfangs-GruͤndeMonds ſtaͤrcker iſt als gegen ihr Ende / ja immer nach und nach abnimmet (§. 265). Dergleichen fluͤßige Materie / die unſere Er - de umbgiebet / iſt die Luft (§. 23. 24 Aëro - metr. & §. 180 Aſtron.) Derowegen iſt auch umb den Mond herumb Luft. Und da wir befinden / daß unſere Luft unten di - cker / oben duͤnner iſt wegen ihrer Schweere und Elaſtiſchen Kraft (§. 17. 23 Aërom. ); ſo ſchlieſſen wir auch billich / daß die Monds - Luft ſchweer und Elaſtiſch ſey: welches das erſte war.
Es iſt aber die Monds-Luft nicht immer gleich durchſichtig (§. 291. 292) verurſachet ein Zittern im Rande der Sonne (§. 265) und verwandelt zuweilen die rundte Figur der Sterne in eine Oval-Figur (§. 293). Da nun dieſes alles in unſerer Luft geſchiehet / wenn viel Duͤnſte in ihr anzutreffen (§. 266. 295); ſo iſt kein Zweifel / daß nicht auch die Monds-Luft zu der Zeit mit vielen Duͤnſten angefuͤllet ſey / wenn man dergleichen Din - ge in ihr wahr nimmet: welches das andere war.
Allein da die Luft zu anderer Zeit wieder - umb reine iſt (§. 294); ſo muͤſſen die Aus - duͤnſtungen aus ihr wieder in den Mond her - ab geſtuͤrtzt werden / und allſo faͤllet entweder ein Thau oder Schnee / oder es regnet: wel - ches das dritte war.
305. Der Mond iſt eben ein ſolcher Coͤr - per wie unſere Erde.
Denn er iſt vor ſich dunckel und undurch - ſichtig (§. 296. 301) hat Berge / Thaͤler und Meere (§. 296) / Jnſuln / Stein-Klippen und Vorgebuͤrge (§. 297. 298). Er wird von ei - ner ſchweeren und Elaſtiſchen Luft umbge - ben / darinnen die Ausduͤnſtungen aufſteigen und Regen / Schnee und Thau zeugen (§. 304). Derowegen iſt er ein ſolcher Coͤrper wie unſere Erde. W. Z. E.
306. Da wir wiſſen / daß auf unſerer Erde der Re - gen und Thau vom Himmel faͤllet / damit die Pflan - tzen wachſen; die Pflantzen aber wachſen und die Baͤu - me Frucht bringen / damit die Thiere ihre Nahrung haben: ſo hat man nicht ohne Grund ſtarcke Muth - maſſung / es ſey auch der Mond mit allerhand Pflan - tzen und Baͤumen wie unſere Erde gezieret und habe zu ſeinen Jnwohnern Thiere und Menſchen. Denn alles / was zum Wachsthum der Pflantzen und Fortpflantzung der Thiere erfordert wird / treffet ihr in dem Monden wie auf unſerer Erde an. Und da Gott alles erſchaffen umb ſeine Majeſtaͤt dadurch zu offenbahren / wir aber die Dinge nicht ſehen und bewundern koͤnnen / damit er den Mond ausgezieret; ſo muß er als ein weiſer Herr umb ſeinen Zweck zu erhalten auch vernuͤnftige Crea - turen hinein geſetzt haben / die ſeine Wercke daſelbſt betrachten und bewundern koͤnnen / folgends einen Leib und eine Seele haben / das iſt / Menſchen. Jhr werdet dieſen Muthmaſſungen noch mehr zu trauen / wenn ihr unten hoͤren wer det / daß unſere Erde in der That ein Planete ſey und ſich mitten unter ihnen im Himmelbefin -374Anfangs-Gruͤndebefinde / auch wenn ihr ſie aus verſchiedenen Plane - ten anſehen ſolltet / ſie bald wie ein Mond / bald wie die Venus oder der Jupiter / bald wie ein anderer Stern erſcheinen wuͤrde. Denn die aͤußere Gleich - heit wird euch ein zulaͤnglicher Grund ſeyn die Gleich - heit des Schmuckes dieſer Coͤrper daraus zu ſchlieſ - ſen. Und kan ich mit dem vortreflichen Hugenio (in Coſinoheoro lib. 1. p. m. 16. 17) ſagen: Wenn ihr einen aufgeſchnittenen Hund und in demſelben Lunge / Leber / Hertze / Magen und Gedaͤrme geſehen haͤttet / wuͤrdet ihr davon gleich ſchlieſſen / daß nicht allein in allen Hunden / ſondern auch in Ochſen / Schafen und allen Thieren / die von auſſen einige Gleichheit mit der Geſtalt der Hunde haben / alle dergleichen Einge - weide anzutreffen ſind? oder wenn ihr in einem Pla - neten geweſen waͤret / und euch in demſelben umbgeſe - hen haͤttet; wuͤrdet ihr nicht ohne Bedencken ſchlieſ - ſen / daß es in den uͤbrigen auf gleiche Art ausſaͤhe? Nun doͤrfet ihr euch nicht erſt wuͤnſchen in einen Pla - neten zu kommen / denn ihr ſeyd ſchon in einem / und zwar demjenigen / der mitten zwiſchen den andern im Himmel ſtehet. Nur ein wenig Gedult! Jhr ſollet deſſen bald uͤberfuͤhret werden.
307. Ein micrometrum / dasTab. III. Fig. 23. iſt / ein Jnſtrument zu machen / dadurch man die Kleinigkeiten in dem Himmel meſſen kan.
So iſt das Jnſtrument fertig.
Denn ſehet des Nachts nach zwey Sternen / die ihr mit eurem Fernglaſe auf einmal faſ - ſen koͤnnet / und deren Weite voneinander in Minuten und Secunden durch gnaue Ob - ſervation bekandt iſt. Schraubet die Schrauben beyderſeits hinein / biß ſie die beyden Sterne beruͤhren. Zehlet / wie viel mal ihr die Schrauben noch herumb drehen muͤſſet / biß ſie in dem Mittelpuncte zuſam - men ſtoſſen / ſo wißet ihr / wie viel Gewinde den Minuten und Secunden der gegebenen Weite der Sterne zukommen / und koͤnnet durch die Regel detri finden / wie viele Se - cunden fuͤr ein Gewinde zu rechnen / folgends eine Tabelle verfertigen / darinnen einer je - den Zahl der Gewinde oder Schrauben - Gaͤnge ihre gehoͤrige Secunden oder Minu - ten zugeeignet werden. Oder ihr koͤnnet dieſe Tabelle noch ſicherer ausrechnen / wenn ihr nach einer accuraten Perpendicul-Uhr die Secunden und Minuten zehlet / welche vorbey flieſſen / ehe ein Stern der im Æquato - re iſt in dem unbeweglichen Fernglaſe von dem Ende der einen Schraube bis zu dem an - dern kommet / und ſie in Minuten und Se - cunden des Æquatoris (§. 115) verwandelt. U 5Wenn306Anfangs-GruͤndeWenn ihr nun Z. E. nach dem verfinſterten Monden ſehet / und die Schrauben dergeſtalt richtet / daß ſie beyderſeits die aͤuſerſten Puncte an der Peripherie des Monds be - ruͤhren / da das Licht ſich endet; ſo doͤrfet ihr nur zehlen / wie vielmal die Schrauben umb - gewendet werden muͤſſen / ehe ſie im Mittel - Puncte zuſammen ſtoßen / dieſe Zahl zeiget in der verfertigten Tabelle die Groͤſſe der Seh - ne des verfinſterten Theiles in Minuten und Secunden. Solchergeſtalt koͤnnet ihr durch dieſes Jnſtrument die Kleinigkeiten im Himmel meſſen / die ſich durch Qvadranten / Sextanten und Octanten nicht meſſen laſ - ſet. W. Z. E.
308. Die Erfindung dieſes Micrometri eignet ſich der Herr Kirch zu in dem Calender / den er A. 1696 herausgegeben / und wird in dem Brennpuncte des letzten Augen-Glaſes angemacht / wenn das Fernglaß mehr als zwey Glaͤſer hat. De la Hire beſchreibet in ſeinen Tabulis Aſtronomicis part. 2. p. 65. & ſeqq. noch zwey andere Micrometra, deren das er - ſte Auzout erfunden / wie aus den Diverſes Ouvra - ges de Mathematique & de Phyſique f. 415 & ſeqq zu erſehen / welche die Academie der Wiſſenſchaften zu Paris A. 1693 herausgegeben / und Hevel noch mit einigen Zuſaͤtzen vermehret hat. Vid. Acta Erud. A. 1708. p. 125 & ſeqq.
309. Durch dieſes Jnſtrument koͤnnet ihr die ſcheinbahre Laͤnge der Schatten / den dieBerge307der Aſtronomie. Berge in dem Monden werfen / und der Mee - re / ingleichen die Weite der Spitze eines Berges / die erleuchtet wird / von dem er - leuchteten Theile des Monds meſſen.
310. Hevel (Selenogr. c. 8. f. 266) errinnert / daß es am beſten umb das erſte Viertel geſchehe / da die Berge dem Auge gerade entgegen ſtehen / maſſen zu anderer Zeit die verlangte Weite kleiner erſcheinetz als ſie iſt. Er hat ſich aber in verſchiedenen Bergen $$\frac {1}{26}$$ / in anderen nur $$\frac {1}{30}$$ / $$\frac {1}{34}$$ / ja $$\frac {1}{40}$$ des ſcheinbahren Diameters des Monds / und an einigen noch gerin - ger gefunden. Dieſes wird uns unten dienen die Hoͤhe der Berge im Monden zu finden.
312. Wenn ihr die ♀ durch ein Fern - glaß beſchauet / ſo werdet ihr meiſtens nur einen Theil derſelben erleuchtet ſe - hen / wie in dem Monden / wenn er nicht voll iſt. Und zwar iſt der erleuchtete Theil beſtaͤndig der Sonne zugekehret. Vid. Ricciolus (Almageſt. Nov. lib. 7. ſect. 1. c. 2. §. 4. f. 484 & 485. & Hevelius in Prolegom. Selenogr. f. 68. & ſeqq. Auch werdet ihr den ♀ meiſtens nur zum Theil erleuchtet ſehen / und zwar viel oder we - nig / nachdem er gegen der Sonne ſte - het. Vid. Ricciolus l. c. & Hevelius l. c. f. 74. 75. Ja auch im ♂ werdet ihr der - gleichen wahrnehmen. Vid. Ricciolus l. c. f. 486 & Hevelius l. c. f. 66. 67.
313. Petrus Gaſſendus hat A. 1631. d. 7. Nov. zuerſt und nach ihm andere zu ver - ſchiedenen malen den ☿ unter der Son - ne geſehen / welcher wie ein ſchwartzer rundter Flecken ſich durch den Sonnen - Teller durch zubewegẽ ſcheinet. vid. Gaſ - ſendus in Inſtitut. Aſtron. lib. 2. c. 14. & Bullialdus in Aſtron. Philol. lib. 10. c. 5. f. 375. 376. Auf eine ſolche Art hat Jeremias HOROCCIUS A. 1639. d. 24. Nov. die ♀ in der Sonne geſehen: wel - che Begebenheit / ſo lange die Welt ſte - het / ſonſt nie obſerviret worden / auch nicht eher wiederkommen wird als A. 1761 den 25 May. Vid. ipſius Obſerva - tiones cœleſtes in Operib. poſthum. p 393. conf. Acta Erudit. Lipſ. A. 1693. p. 66 & ſeqq. Von beyden Begebenheiten hat Hevel einen Tractat in fol. heraus ge - geben unter dem Titul: Mercurius & Venus in Sole.
314. Derowegen ſind ♀ und ☿ zu ſelbiger Zeit der Erde naͤher geweſen als die Sonne.
315. Wenn ihr aber ordentlich einige Zeit nacheinander die ♀ obſerviret / wer - det ihr mit Heveln (Selenogr. Proleg. f. 68. 69) befinden / daß / wenn ſie bald nachdem309der Aſtronomie. dem Untergange der Sonne geſehen wird / ſie mit vollem Lichte ſcheinet / ie weiter ſie aber von der Soñe wegruͤcket / immer mehr und mehr von ihrem Lichte verlieret / bis ſie endlich in ihrer groͤſten Entfernung (welche niemals uͤber 47° iſt) nur halb erleuchtet erſcheinet. Jn - dem ſie nach dieſer Zeit ſich der Sonne wieder naͤhert / nimmet ihr Licht noch immer mehr und mehr ab / ie naͤher ſie der Sonne kommet. Und ſo bald ſie wieder kurtz vor der Sonnen Aufgang geſehen wird / iſt ſie nur gantz ein wenig erleuchtet. Doch indem ſie von der Sonne weg gehet / nimmet ihr Licht immer zu / bis ſie in dem groͤſten Abſtan - de von ihr abermals die Helfte er - leuchtet iſt. Wenn ſie aber zu der Sonne wieder zuruͤcke kehret / nimmet ihr Licht immer zu / daß ſie endlich mit vollem Lichte ſcheinet / wenn ſie ſich un - ter die Strahlen der Morgen-Sonne verbergen will.
316. Die ♀ beweget ſich umb die Sonne herumb.
317. Derowegen muß ſie bald uͤber / bald unter der Sonne / folgends der Erde bald naͤ - her / bald weiter von ihr weg ſeyn als die Sonne.
318. Nemlich ſie iſt uͤber der Sonne / wenn ſie na - he bey ihr mit vollem Lichte ſcheinet; unter ihr aber / wenn ſie nahe bey derſelben nur ein wenig erleuchtet iſt. Kaͤme ſie niemals uͤber die Sonne / und allſo weiter von der Erde als ſie iſt; ſo wuͤrde ſie niemals volles Licht haben / ja niemals die Helfte erleuchtet werden. Denn ihr ſehet es an dem Monden / daß er beynahe 90° von der Sonne ſtehen muß / wenn das erſte oder letzte Viertel ſeyn ſol / hingegen wenn er voll wird / 180° von ihr entſernet iſt.
319. Eben dergleichen hat Hevel (l. c. f. 74. & ſeqq. ) von dem ☿ angemercket. Nemlich auch ihn ſahe er A. 1644. den 22. Nov. beynahe gantz voll kurtz vor der Sonnen-Aufgang: hingegen hat er ihn auch nach dem weniger als die Helf - te erleuchtet angetroffen. Und iſt wohl zu mercken / daß er groͤſſer ausſahe / wie er wenig Licht hatte / als da er faſt gar voll war: dergleichen er auch von der ♀ obſerviret.
320. Der ☿ kan nicht ſo ofte als die ♀ geſehen wer - den / weil er niemals uͤber 28° und gar ſelten bis 28° von der Sonne weggehet. Derowegen hat man jetzt einen großen Vortheil / daß man ihn bey Tage finden kan / welches Hevel noch nicht gewuſt / da er ſeine Selenographiam ſchrieb / daher er das ab - und zunehmende Licht dieſes Planetens nicht ſo gnau wie in der ♀ beſchrieben / die man unterweilen dengantzen Tag uͤber mit bloſſen Augen ſehen kan.
321. Der ☿ beweget ſich auch umb die Sonne / muß aber ihr naͤher als die ♀ ſeyn / weil er niemals ſo weit von ihr wie ſie weg - gehet.
322. Derowegen iſt auch ☿ unterweilen weiter von der Erde weg als die Sonne.
323. Die Venus heiſſet der Mor - gen-Stern (Pſoſphorus, oder Lucifer) wenn ſie vor der Sonne hergehet; hin - gegen der Abend-Stern (Heſperus) / wenn ſie ihr nachfolget.
324. Eben ſo koͤnte man den ☿ bald den Abend - Stern / bald aber den Morgenſtern nennen / weil er gleichfals entweder vor der Sonne hergehet / oder ihr nachfolget: wenn er nur oͤfterer zu fehen waͤre.
325. De la Hire hat A. 1700. (Memoires de l’ Academie Royale des Sciences An. 1700. p. 288. & ſeqq. ) durch ein Sech - zehnſchuhiges Fernglaß in der ♀ groͤſſe - re Berge als im Mondẽ obſerviret. Sie ſahe aber durch ſein Fernglaß drey mal ſo groß aus als der Mond mit blo - ßen Augen gefehen wird. Jn den uͤbri - gen Planeten hat man keine Berge wahrnehmen koͤnnen.
326. Caſſini hat zu verſchiedenen ma - len in der ♀ zwey Flecken obſerviret (O - zanam Cours de Mathem. Tom. 5. Trait. de Geogr. part. 1. c. 3. p. 84. 85.). Eben ſo hat er A. 1666. den 3. Martii zu Bononien im ♂ vier dunckele Flecken durch ein Fern - Glaß von 16½ Schuhe; und den 24 Febr. zwey andere viel groͤſſere geſehen / welche letzteren zu eben der Zeit Cam - pani zu Rom durch ein Fern-Glaß von 35 Schuhen entdecket. Er hat auch A. 1665 in dem ♃ zwey Flecken; A 1690 zwey andere kleinere; und A. 1691 noch zwey andere weiſſe wahrgenommen. Jn dem ☿ aber / welcher der Sonne ſehr nahe iſt / hat man wegen ſeines hellen Lichtes / und in dem Б wegen ſeiner all - zugroſſen Weite von der Erde noch kei - nen Flecken entdecken koͤnnen (Ozanam l. c. p. 83. 84). Jn dem ♂ ſahe Hugenius (Syſtem. Satur. p. 7) A. 1656 einen brei - ten dunckelen Streifen / der mitten durchgieng und bey nahe den dritten Theil des Diameters durchgehends breit war. Sonſt trift man beſtaͤn - dig in dem Jupiter Streiffen an / wie wol nicht immer auf einerley Art. Denn zu weilen iſt nur einer / zu weilen ſind drey und mehrere / insgemein zwey: auchwer -313der Aſtronomie. den ſie nicht immer an einem Orte gefun - den / und veraͤndern ihre Weite gegen - einander. Hugenius l. c. p. 6. 7. & in Coſmoth. p. m. 22. Ricciolus Almag. Nov. lib. 7. ſect. 1. c. 1. f. 486. Hevelius in Selenogr. Proleg. f. 42. & in Cometogr. lib. 7. f. 371.
327. Aus den Obſervationen der Flecken hat Caſſini geſchloſſen / daß ♃ ſich innerhalb 9 St. 56 Min. ♂ innerhalb 24 St. 40 Min. und ♀ innerhalb 24 St. umb ihre Axe bewe - gen / und daher die Geſtalt einer Kugel ha - ben.
328. Derowegen iſt glaublich / daß auch die uͤbrigen beyden Planeten ☿ und Б ſich umb ihre Axen herumb bewegen / unerachtet man noch keine Obſervationen vor ſich hat / daraus man dieſes gewiß ſchließen / und die Zeit / innerhalb welcher ſolches geſchiehet / de - terminiret werden koͤnte.
329. Von dem Monden weiß man gewiß / daß er ſich nicht umb ſeine Axe beweget / ſondern immer eine Seite der Erde zukehret: auſſer daß er zuweilen einen Schwang bekommet / welchen man daraus ſiehet / daß auf der einen Seite einige Berge und Flecken ver - ſchwinden / auf der andern aber andere zum Vorſcheine kommen. Es wird aber durch dieſen Schwang (den die Aſtronomi motum libratorium nennen) gar we - nig von der andern Seite des Monds zu Geſichte ge -(3) Xbracht:314Anfangs-Gruͤndebracht. Hiervon hat Hevel einen weitlaͤuftigen Brief an den Ricciolum zu Dantzig 1654 iu fol. her - aus gegeben / zugleich mit einer andern von der Sonn - und Mond-Finſterniß des 1654ten Jah - res. Den erſten hat Ricciolus in ſeine Aſtrono - miam Reformatam lib. 3. c. 12. fol. 169. 191. mit ein - drucken laſſen / welcher auch c. 14. ſeine eigene Obſer - vationen von dieſem Schwange weitlaͤuftig anfuͤhret.
330. Simon Marius hat zuerſt A. 1609. gegen das Ende des Novembris kleine Sternlein umb den Jupiter wahr ge - nommen / die er anfangs fuͤr Fixſterne gehalten / bis er gemercket / daß ſie mit dem Jupiter fortruͤckten / und doch zu - gleich in Anſehung des Jupiters ihre Stelle veraͤnderten. Da er allſo inne worden / daß es Jupiters-Monden waͤ - ren / hat er von dem 29 Decembris an ſei - ne Obſervationen aufzuſchreiben ange - fangen: wie er in der Vorrede uͤber ſei - nen Mundum Jovialem, der zu Nuͤrn - berg 1614 in 4. heraus kommen / erzehlet. Bald darauf / nemlich den 7. Jan. hat Gallilæus Gallilæi eben dieſelben Sterne geſehen / und noch in ſelbigem Jahre in ſeinem Nuncio ſidereo, den er zu Florentz in 4. heraus gab / ſeine Obſervationen bekandt gemacht.
331. Dieſe Jupiters-Monden werden auch ſeine Trabanten (Satellites Jovis) genennet. Gallilæushieß315der Aſtronomie. hieß ſie Sidera Medicæa. Man pflegt auch insbeſon - dere mit dem Mario den erſten den Jupiters - Mercurium / den andern die Jupiters-Ve - nerem, den dritten den Jupiters-Jupiter / und den vierdten den Jupiters-Saturnum zu nennen.
332. Caſſini hat nach vielen mit groſ - ſem Fleiße angeſtellten Obſervationen endlich gefunden / daß unter den Tra - banten des Jupiters der erſte in einem Tage 18 Stunden 28 Minuten und 36 Secunden; der andere in 3 T. 13 St. 18 M. 52 S. der deitte in 7 T. 3 St. 59 M. 40 S. und der vierdte in 16 T. 18 St. 5 M. und 6 S. umb ihn herumb gehe.
333. Galilæus und Marius haben an - gemercket / daß der erſte nicht weiter als 3 / der andere hoͤchſtens 5 / der dritte 8 / der vierdte 14 Diameter des Jupiters von ihm weggehe / wiewol Marius fuͤr den letzten nur 13 ſetzet.
334. Die Jupiters-Monden werden auf eine Weile unſichtbahr / wenn ſie dergeſtalt zu ſtehen kommen / daß durch den Jupiter und ſie aus der Sonne eine gerade Linie gezogen werden kan.
X 2Der316Anfangs-Gruͤnde335. Sie werden alſo ihres Lichtes bey hellem Himmel beraubet / wenn die Sonne ſie nicht beſtrahlen kan / das iſt / verfinſtert (§. 275).
336. Derowegen werden ſie von der Son - ne erleuchtet / und ſind demnach finſtere Coͤr - per wie der Mond.
337. Weil Jupiter ihnen kein Licht giebet / ſo muß er auf der Seite / die von der Sonne weggekehret iſt / auch kein Licht haben.
338. Wenn dem Jupiter ſeine Mon - den entweder unter ihm oder uͤber ihm zu nahe kommen / kan man ſie fuͤr ſeinem Glantz eine Weile nicht ſehen. Wenn ſie zwiſchen der Sonne und dem Jupi - ter ſtehen / bemercket man einen kleinen rundten Flecken auf ihm. A. 1707 d. 26 Martii hat Maraldi durch ein Fernglaß von 34 Schuhen den vierdten Monden durch den Jupiter in geſtalt eines dun - ckelen Fleckens ſich bewegen geſehen. So bald er aber duꝛch kommen / hat er ihn an dem Rande des Jupiters auf gewoͤhn - liche Art erblicket. Eben dergleichen Flecken hat er im Jupiter den 4 April durch ein Fernglaß von 17. Schuhenobſer -317der Aſtronomie. obſerviret / als ſich der dritte Mond durch ihn beweget / oder vielmehr vor ihm vorbey geſtrichen. Hingegen den 11 Apr. da eben dieſer Mond vor dem Jupiter vorbey ſtrich / konnte er keinen Flecken wahrnehmen. Memoires de l’ Acad. Royale des Sciences A. 1707. p. m. 375. & ſeqq.
339. Weil die Jupiters-Monden finſtere Coͤrper ſind / und ihr Licht nur von der Son - ne bekommen (§. 336) / ſo muͤſſen ſie einen Schatten der Sonne gegenuͤber werfen (§. 53. Opt.). Derowegen ſind die Flecken / welche man an dem Jupiter ſiehet / wenn ſie zwiſchen ihm und der Sonne ſtehen / ihre Schatten.
340. Weil nun ihr Schatten Circul - rundt ausſiehet / muͤſſen ſie die Geſtalt einer Kugel haben (§. 57. 58. Opt.)
341. Wenn ſie ſich aber ſelbſt auf dem Jupiter als ein dunckeler Flecken præſenti - ren / da ſie doch von der Sonne beſtrahlet werden; muͤßen nothwendig Veraͤnderun - gen in ihrer Luft vorgehen / welche verhindern / daß daß das Sonnen-Licht nicht auf einer - ley Art reflectiret werden kan. Derglei - chen auch geſchehen muß / wenn ihr SchattenX 3auf118Anfangs-Gruͤndeauf dem Jupiter groͤſſer als ſie ſelbſt ausſiehet.
342. Durch groſſe Fernglaͤſer ſiehet man 5. kleine Sterne umb den Б ſich he - rumb bewegen. Den erſten hat Caſſinus durch ein Fernglaß von 70 den andern durch ein Fernglaß von 35 Schuhen A. 1684 entdecket / nachdem er ſchon vor - her den dritten A. 1672. und den fuͤnften A. 1671. gefunden hatte. Du Hamel Phil. Vet. & Nov. Tom. 5. Phyſ. part. 2. Tract. 1. diſſ. 3. c. 9. p. m. 113. Den vierdten hat Hugenius 1655. zuerſt geſehen. Vid. Sy - ſtema Saturninum p. 3.
343. Hugenius hat nur ein Fernglaß gehabt / da - rinnen das Objectiv-Glaß im Diameter 12 Schu - he / das Augenglaß aber im halben etwas weniger als 3 Rheinlaͤndiſche Zoll war. Nach dieſem hat er ein Fernglaß gebraucht / darinn das Objectiv-Glaß 23 Schuhe / und zwey Augenglaͤſer von 1½ Zollen im Dia - meter waren. Vid. Syſtem. Saturn. p. 3. 4.
344. Außer den Monden des Saturni und Jupi - ters ſind keine andere entdecket worden. Zwar brin - get Antonius Maria Schyrlæus de Rheita in ſeinem O - culo Enochi atque Eliæ lib. 4. c. 1. noch 5 andere Ju - piters-Trabanten auf die Bahn / welche er den 29 Dec. 1642 obſerviret haben wil / und dem Pabſte Ur - bano VIII. zu Ehren Sidera Urbanoctaviana nennet: Allein Gaſſendus hat / da er ſeine Obſervationen un - terſuchet / gefunden daß er Fixſterne fuͤr Jupiters - Monden angeſehen / daher ſie auch ſich nicht wie dieſe mit dem Jupiter von Abend gegen Morgen / ſondern vielmehr wie jene von Morgen gegen Abend zu bewe -gen119der Aſtronomie. gen geſchienen / auch de Rheita ſelbſt ſie hernach nicht mehr wiedergeſehen. Vid. Ricciolus in Almag. Novo Tom. I. lib. 7. fect. 1. c. 3. f. 489.
345. Caſſini hat aus vielen Obſerva - tionen erlernet / daß der erſte von den Saturnus-Monden in einem Tage 21 Stunden 18 Minuten und 31 Secunden / der andere in 2 T. 17 St. 41 M. 27 S. der dritte in 4 T. 13 St. 47. M. 16 S. der vierdte in 15 T. 22 St. 41 M. 11 S. und der fuͤnfte in 74 T. 7 St. 53 M. 57 S. umb den Б umbkommen.
346. Durch gute Fernglaͤſer erſchei - Б in ſo ſeltſamer und veraͤnderlicher Ge - ſtalt / daß man eine gute Zeit nicht ge - wuſt / was man daraus machen ſollte. Hugenius hat mit ſonderbahrem Fleiſſe und vortreflichen Fernglaͤſern eine ge - ranme Zeit dieſen Planeten abſerviret / und hauptſaͤchlich befunden / daß er 1.Tab. III. Fig. 24. unterweilen / wie die uͤbrigen Plane - ten rundt erſcheine und mitten durch - ihn ein dunckeler Strich gehe: 2. unter - weilen zwey helle Armen habe / die zu beyden Seiten angeſetzt erſcheinen / wo vorhin der dunckele Strich durchgieng / und nach einer geraden Linie ausgedeh - net / an dem Coͤrper aber des Saturni breiter als hinten ſind / und ſpitzig zu -X 4lauf -320Anfangs-Gruͤndelauffen / der dunckele Strich hingegen in dem Saturno etwas hoͤher ſtehe / als die Armen: 3. die Armen ſich ſpalten und in zwey Henckel verwandelt werden / der Strich aber unter dem unterſten Theile der Henckel in dem Coͤrper des Saturni herunter trete. Vid. Syſtema Saturninum p. 9. & ſeqq. Es iſt nicht zu vergeſſen / daß man innerhalb den Henckeln die Fix - ſterne ſehen kan.
347. Zwar haben einige Aſtronomi vor dem Hu - genio noch viel andere ſeltſamere Figuren des Б ob ſerviret / welches ſie auch aufgehalten die wahre Urſache der ſeltſamen Erſcheinungen zu erſinnen. Denn Hugenius (Syſtem. Saturn. p. 35 & ſeqq. ) hat klaͤhrlich erwieſen / daß ihre Fernglaͤſer zuſchlecht geweſen die eigentliche Geſtalten des Б zu obſervi - ren. Z. E. Gallilaus hat A. 1610 und nach ihm an - dere den Б als aus drey Coͤrpern beſtehend geſehen / nemlich zu jeder Seite noch einen kleinen rundten hellen Circul / uͤber ſeinen gewoͤhnlichen Coͤrper. Al - lein da Ricciolus A. 1655 im April und May ihn in eben dieſer Geſtalt gefunden / hat ihn Hugenius mit zwey hellen Armen obſerviret und ſo oft er ihm durch ſein Fern-Glaß von 23′ der geſtalt erſchienen / hat er durch ein geringeres von 5 biß 6 Schu - hen an ſtat der Armen zwey kleine Scheiben geſe - hen.
348. Aus den angefuͤhrten Obſervatio - nen hat Hugenius richtig geſchloſſen / daß umb den Б ſich ein rundter und etwas brei -ter321der Aſtronomie. ter / aber duͤnner Ring bewege / welcher uͤber - all von ihm gleich weit abſtehet / aber gegen die Ecliptick incliniret iſt / und deſſen Dia - meter ſich zu dem Diameter des Planetens bey nahe verhaͤlt wie 9 zu 4.
349. Casſini ſetzet den Diameter des Ringes zu dem Diameter des Planetens wie 11 zu 5. (Du Hamel Phyſic. part. 2. Tract. I. diſſert. 3. c. 6. p. m. 110 Tom. 5 Philoſ. Vet. & Nov.) Hugenius (Syſtem. Saturnino p. 78) eigentlich wie 4 zu 9′ oder bey nahe wie 11 zu 5.
350. Der erſte Mond des Saturni iſt nach dem Casſino kaum einen Diamettr des Ringes von ſeinem Mittelpuncte weg / der andere 1¼ / der dritte 1⅔ / der vierdte 4 / der fuͤnfte 10½. Du Hamel l. c. p. m. 113.
351. Der dunckele Strich im Coͤrper des Saturni iſt der Rand von dem Ringe und daher der Ring ein vor ſich finſterer Coͤrper.
352. Saturnus / Jupiter / Mars / Ve - nus und Mercurius ſind ſolche Coͤrper wie der Mond.
Denn ſie ſind finſter und haben vor ſich kein Licht / als was ſie von der Sonne bekom - men: welches in der ♀ / dem ☿ und ♂ dar - aus klahr iſt / weil beſtaͤndig nur der TheilX 5er -322Anfangs-Gruͤndeerleuchtet / welcher der Sonne entgegen ge - kehret iſt (§. 312) / auch die erſten beyden Planeten wie ein dunckler Flecken in der Sonne erſchienen (§. 313). Von dem Jupiter koͤnnet ihr es daraus abnehmen / weil jener den Schatten ſeiner Trabanten (§. 339) / auffaͤngt; dieſer aber ein ſehr ſchwaches Licht hat / wie ſein Ring der ein finſterer Coͤr - per iſt / (§. 35). Weil das Sonnen-Licht durch den ☿ und die ♀ nicht durchfaͤllet / wenn ſie in der Sonne geſehen werden (§. 312) / ſo ſind ſie nicht feſte / ſondern dichte Coͤrper. E - ben dieſes erkennet ihr aus dem Schatten von dem Jupiter / dadurch er ſeine Traban - ten verfinſtert (§. 335. 337) und koͤnnet es all - ſo auch von dem ♂ und Б ſchlieſſen. Die veraͤnderlichen Flecken und Streiffen in der ♀ / dem ♂ und ♃ erkennet man / daß eine Luft umb dieſe Welt-Coͤrper ſey / die Veraͤn - derungen unterworfen / und Duͤnſte aus ih - nen in ihr aufſteigen / bald wieder herunter geſtuͤrtzet werden / wie aus dem Beweiſe des 3 Lehrſatzes gantz deutlich abzunehmen. (§. 304). Derowegen koͤnnen wir auch die - ſes von den uͤbrigen Planeten annehmen (§. 306). Eben ſo da wir in der ♀ groſſe Berge antreffen (§. 325) / werden wir nicht irren / wenn wir auch in die uͤbrigen Planeten Ber - ge ſetzen / unerachtet wir ſie durch unſere ietzi - gen Fern-Glaͤſer nicht entdecken koͤnnen / zu - mal in dem Б und ♃ / die nicht allein von derEr -323der Aſtronomie. Erde gar zu weit weg ſind / ſondern auch ſtets mit vollem Lichte ſcheinen.
Da nun ſo wol die drey Oberen / als die beyden unteren Planeten dichte / undurchſich - tige und vor ſich finſtere Coͤrper ſind / die ihr Licht einig und allein von der Sonne haben; uͤber dieſes groſſe Berge in ihnen und eine veraͤnderliche Luft umb ſie / auch in der Luft zuweilen ſtarcke Duͤnſte / folgends in den Planeten ſelbſt Gewaͤſſer angetroffen wer - den; ſo ſind ſie alle zuſammen ſolche Coͤrper wie der Mond (§. 296. 304). W. Z. E.
353. Weil der Mond eben ein ſolcher Coͤr - per wie unſere Erde iſt (§. 305); ſo koͤnnen wir mit recht auch die drey oberen und zwey unteren Planeten / nebſt des Б und ♃ Trabanten fuͤr Erd-Kugeln halten.
354. Dannenhero iſt glaublich / daß ſie von Menſchen und Thieren bewohnet wer - den.
355. Von den Jnwohnern der Planeten haben zwar einige nichts als ſuͤſſe Traͤume geſchrieben / un - ter welchen ſonderlich Kircherus in ſeinem Itinere Ecſtatico allein Hugenius in ſeinem Coſmotheoro. hat aus ſehr ſcheinbahreu Gruͤnden vieles von ih - rem Zuſtande durch vernuͤnftige. Schluͤſſe hergeleitet. Und hat der Herr Wurtzelbauer wohl ge - than / daß er ihn in die Teutſche Sprache uͤberſe - tzet. Wer Luſt haͤtte / koͤnte noch viel weiter gehen. Un -324Anfangs-GruͤndeUnſer Vorhaben aber leidet dergleichen Weitlaͤuf - tigkeit nicht.
356. Jupiter hat A. 1563 den Satur - num, Mars A. 1591 den 9. Januar. den Jupiter / Venus A. 1590 den 3. Oct. den Martem, und A. 1599 den 8 Jun. den Mercurium der Erde verdecket. Kepler in Aſtron. Optic. p. 305. Copernicus fuͤhret an (Revolut. Cœleſt. lib. 5. c. 23) / daß der Mond A. 1529 die ♀ verdecket. Und Ricciolus (Almag. Nov. lib. 7. Sect. 6. c. 14 f. 721) bringet Exempel von Be - deckung der Fixſterne durch den ♃ und ♂ bey.
357. Derowegen muß wenigſtens da - mals wie die Verdeckungen geſchehen / Sa - turnus weiter als Jupiter / Jupiter weiter als Mars, Mars weiter als Venus / Venus weiter als der Mond und der verdeckte Fix - ſtern weiter als Jupiter und Mars von der Erde geweſen ſeyn.
358. Ob aber dieſes immer ſo ſey / laͤſſet ſich aus den angefuͤhrten Obſervationen allein nicht erwei - ſen.
359. Den ſcheinbahren Diameter der Sterne zumeſſen.
Auf -325der Aſtronomie.Dieſes geſchiehet am fuͤglichſten durch das Micrometrum (§. 307) / nur muͤſſet ihr mercken / daß das Augen-Glaß uͤber dem Lichte ſchwartz anlaufen muß / nicht allein wenn ihr nach der Sonne ſehet; fondern auch / (wie Hugenius in Syſtem. Saturnino p. 84 aus eigener Erfahrung erinnert /) wie wol vielweniger / wenn ihr den ☿ und die ♀ obſerviren wollet / damit der allzu groſſe Glantz der Sonne / den beyden Planeten benommen werde / auch die letzteren beyde recht rundt erſcheinen. Jngleichen iſt die rechte Bedeckung des Objectiv-Glaſes in acht zu nehmen / (§. 76 Dioptr.).
360. Jhr werdet finden / daß der ſchein - bahre Diameter der Sonne / des Monds und der uͤbrigen Planeten nicht immer von einer Groͤſſe ſey. Derowegen iſt klahr / daß ſie der Erde einmal naͤher ſeyn muͤſſen als das andere (§. 76 Optic.)
361. Hugenius, welcher mit ſonderbahrer Ge - ſchicklichkeit die Groͤſſe des ſcheinbahren Diameters der Planeten unterſuchet / hat folgendes herans ge - bracht (Syſtem. Saturn. p. 77 & ſeqq.) Jn der klei - neſten Weite von der Erde iſt der Diameter des Ringes 1′ 8″ / des Saturni ſelbſt 30″ / des Jupi - ters 1′ 4″ / des Martis 30″ / der Veneris 1′ 25″. Jn der mittleren Weite ſetzet er den Diameter der Sonne 30′ 30″, Von dem Mercurio und dem Monden hat er nichts aufgezeichnet. Nach dem Ty -chone326Anfangs-Gruͤndechone iſt der Diameter des Saturni in der mittle - ren Diſtantz von der Erde 1′ 50″ / des Jupiters 2′ 45″ des Martis 1′ 40″ / der Veneris 3′ 15″ / des Mercurii 1′ / der Sonae 31′ / des Monds / wenn er am groͤſten erſcheinet / 36′. Ricciolus ſetzet den Dia - meter in der geringſten Diſtantz von der Erde fuͤr den Б 36″ / fuͤr ſeinen Ring 1′ 12″ / fuͤr den ♃ 34″ 23″ / fuͤr den ♂ 46″ / fuͤr die ♀ 4′ 8″ / fuͤr den ☿ 25″ 12‴ / fuͤr die Sonne 32′ 8″ / fuͤr den Mond 32′ 24″.
362. Der groſſe Unterſcheid zwiſchen den Obſer - vationen des Tychonis und Riccioli kommet daher / daß jener ohne Fern-Glaͤſer die Planeten geſehen / durch welche ihnen der falſche Glantz benommen wird - Ricciolus hat zwar Fern-Glaͤſer gebraucht / aber noch nichts von dem Micrometro gewuſt / ohne welches die ſcheinbahre Groͤſſe viel muͤhſamer und ungewiſſer ge - funden wird / wie ihr aus ſeiner Aſtronomia Refor - mata (lib. 10. c. 1. f. 353. 354) erſehen koͤnnet. De - rowegen iſt dasjenige / was oben von der ſcheinbah - ren Groͤße der Fixſterne geſagt worden (§. 148) nur in ſo weit anzunehmen / als man ſie erachten kan / wenn man den Diameter der Sterne von der erſten Groͤſſe mit dem Diameter des Mondes und den Dia - meter der kleineren mit dem Diameter der vorigen nach dem bloſſen Augen-Maaſſe vergleichet / wie die Alten gethan.
363. Wenn ihr durch ein Fern-Glaß auch die groͤſten Fixſterne betrachtet / ſo ſehen ſie nur wie ein Punct aus und kan ihr Diameter durch das Micro - metrum nicht gemeſſen werden. Hugenius (Coſ - motheor. lib. 2. p. m. 115) ſchaͤtzet ihn nicht viel uͤ - ber 4 Tertien ſelbſt in dem Hunds-Sterne. Galli - læus (in Syſtem. Coſm. Dialog. 3 p. m. 345) fetzet 5″ / unerachtet er auch kein Fern-Glaß gebrauchet. Er327der Aſtronomie. Er hat nemlich einen etwas dicken Bind-FadenTab. III. Fig. 26. ausgeſpannet und iſt ſo lange zuruͤcke getreten / biß ihm der Stern verdeckt worden. Denn aus der gegebenen Dicke des Fadens AB und den Linien AC und BC die biß in das Auge C gezogen worden / koͤnnet ihr den Winckel C (§. 45 Trigon. ) finden.
364. Aus der gegebenen parallaxi eines Sternes ſeine Weite von der Erde zu - finden.
Z. E. die groͤſte Horizontal-Parallaxis des Monds iſt bey dem de la Hire (Tab. Aſtr. XVIII p. 27) 1° 1′ 25″.
Log. 328Anfangs-GruͤndeLog. Sin. | 8.2519888 |
Log. TV | 0.0000000 |
Log. Sin. Tot. | 100000000 |
Log. TK | 17480112 / welchem in |
Tabellen zu kommen 55 $$\frac {97}{100}$$ . |
Demnach iſt der Mond der Erde niemals naͤher als 56 halbe Diameters der Erde.
365. Aus der gegebenen Weite des Sternes von der Erde und ſeinem ſchein - bahren Diameter den wahren Diame - ter zu finden.
Jn dem bey A rechtwincklichtem Trian - gel ACO wiſſet ihr den Winckel O / als den halben ſcheinbahren Diameter / und die Diſtantz des Sternes von der Erde CO. Derowegen koͤnnet ihr ſeinen halben Dia - meter AC finden (§. 34 Trigon.)
Z. E. die geringſte Diſtantz des Monds CO iſt 56 $$\frac {97}{100}$$ (§. 364.) und AOC / (nachdem de la Hire Tab. Aſtron. XVIII. p. 27) 16′ 30″.
94292195 | ||
Log. AC | ‒ 0.5707805 / welchem | |
in Tabellen zukommen $$\frac {1000}{3722}$$ . |
Derowegen iſt der Diameter des Monds $$\frac {1000}{3722}$$ . oder $$\frac {268}{1000}$$ (§. 112 Arithm. ) von dem Diameter der Erde.
366. Weil der Diameter der Erde ſich zu dem Diameter des Monds verhaͤlt wie 250 zu 67 / (§. 68 Arithm. ) ſo verhaͤlt ſich die Flaͤche der Erde zu der Flaͤche des Monds / wie 62500 zu 4489 (§. 219. 160 Geom.): hingegen der gantze Coͤrper der Erde zu dem gantzen Coͤrper des Monds / wie 15625000 zu 300763.
367. Derowegen iſt die Flaͤche der Erde beynahe 14 mal ſo groß als die Flaͤche des Monds; hingegen die gantze Erde iſt beyna - he 52 mal ſo groß als der Mond (§. 62. 56. A - rithm.).
368. Da nun unſere Erde das Sonnen - Licht / damit ſie beſtrahlet wird / eben ſo wol als der Mond reflectiret; ſo muß ſie 14 mal ſo viel Licht in den Monden / als der Mond auf die Erde werfen.
369. Daher iſt nicht zu zweifeln / daß das ſchwache Licht / welches man umb den Neu -Tab. IV. Fig. 28. mond in dem von der Sonne weggekehreten Theile des Monds ſiehet / von der Erde ſey /(3) Yin -330Anfangs-Gruͤndeindem es dem erleuchteten Theile der Erde entgegen geſetzet iſt.
370. Aus dem gegebenen Diameter desTab. VI. Fig. 29. Monds AC und der Weite der Spitze eines Berges / die erleuchtet wird / von dem erleuchteten Theile des Monds ab / die Hoͤhe deſſelben Berges bd zu finden.
Z. E. Jn einigen Bergen iſt AB = $$\frac {1}{26}$$ AE (§. 310). Wenn ihr nun AC 67 / oder ae 134 dergleichen Theile gebet / als der halbe Dia - meter der Erde 250 hat (§. 366); ſo iſt AB = 5 $$\frac {2}{13}$$ (§. 24. 56 Arithm. ) / folgends zu ac wie 5 $$\frac {2}{13}$$ zu 67 / oder wie 67 zu 871.
(ac) 2 = | 758641 |
(ab) 2 = | 4489 |
(BC) 2 = | 763130 |
bc = | 873 |
dc = | 871 |
bd = | 2 |
Nehmet ihr nun ferner den halben Dia - meter der Erde / wie insgemein geſchiehet 860 Teutſche Meilen an; ſo findet ihr (§. 107. A - rithm. ) ac 231 $$\frac {7}{25}$$ Meilen / oder beynahe 462 halbe Meilen / und endlich / da ſich bd zu ac wie 2 zu 871 verhaͤlt / bd etwas uͤber eine hal - be Teutſche Meile.
371. Da man die Hoͤhe der Berge im Monden mit ſolcher Gewißheit ausrechnen kan; doͤrfet ihr euch es umb ſoviel weniger beſrembden laſſen / daß man je - den Berg und jedes Meer mit ſeinem beſondere Nah - men nennen kan. Hevel hat die Nahmen der Ge - birge und Meere auf unſerer Erde angenommen / und ſie denen im Monden gegeben / weil er eine Gleichheit zwiſchen der Charte uͤber den Mond / und der Charte uͤber die halbe Erdkugel bemercket (Selenogr. c. 8. f. 225. & ſeqq.). Ricciolus (in Almag. Nov. lib. 4. c. 7. f. 204 & in Aſtron. Reformat. lib. 3. c. 11. f. 168.) hat nach Langreni Exempel den Bergen und Flecken Nahmen der Perſonen gegeben / wiewol mit dem Un - terſcheide / daß da der Koͤnigliche Coſmographus in Spanien Langrenus ſich der Nahmen allerhand be - ruͤhmter Perſonen bediente / Ricciolus bloß die Aſtro - nomos gewuͤrdiget / daß ihrer bey Betrachtung des Monds gedacht wuͤrde: welches Hevel auch vorha - bens war / wenn er nicht beſorget haͤtte / es moͤchte ei - ner oder der andere einen Argwohn bekommen / als wenn er in dieſer Benennung ſein Urtheil von der Groͤße der Meriten eines jeden Aſtronomi entdecken wollte (Selenogr. l. c. f. 224). Es hat aber die Charte uͤber den Mond einen groſſen Nutzen in Ob - ſervirung der Mond-Finſterniſſe / wie ihr aus denen Obſervationen ſehen koͤnnet / die in den Memoires de l’ Academie Royale des Sciences und in anderen Buͤ -Y 2chern332Anfangs-Gruͤndechern hin und wieder zu finden. Die Frantzoſen blei - ben bey der Benennung des Riccioli.
372. Aus der gegebenen Weite des Monds von der Erde CO den ſcheinbah - ren Diameter der Erde in dem Mondẽ zu finden / das iſt den Winckel / unter wel - chem die Erde in dem Monden geſehen wird.
Z. E. Es ſey CO = 55 $$\frac {97}{100}$$ / AC = 1 (§. 364).
Log. CO | 17480112 | ||
Log. Sin. Tot. | 100000000 | ||
Log. ac | 0.0000000 | ||
Log. Sin. O | 8.2519888 / welchem in | ||
Tabellen zukommen | 1° 1′ 25″ |
Scheinbahrer Diam. der Erde im ☽ 2 250
Weil ihr fuͤr co die geringſte Diſtantz der Erde von dem Monden angenommen / ſo kan der Diameter der Erde niemals groͤßer als 2° 3′ oder 123′ erſcheinen.
373. Daher ſiehet der Diameter der Er - de beynahe viermal ſo groß im Monden / als der Diameter des Monds auf der Erde aus (§. 361).
374. Weil aber die Erde unter einem ſo kleinen Winckel in dem Mondẽ geſehen wird; kan man nichts deutlich von derſelben ſehen. Und daher præſentiret ſie ſich den Seleniten nicht anders als ein rundter helle leuchtender Teller (§. 368 Aſtron. §. 29 Optic.)
375. Wenn der Mond in B und die ErdeTab. IV. Fig. 28. in a / die Sonne in S iſt; ſo iſt der gantze er - leuchtete Theil der Erde von dem Mondẽ weg gekehret / und allſo koͤnnen ſie die Erde gar nicht ſehen. Ruͤcket der Mond bis in G / ſo ſehen ſie einen Theil von der erleuchteten Helfte / und einen Theil von der finſteren. Kommet er bis in E / ſo koͤnnen ſie den halben erleuchteten Theil ſehen / in H mehr als den halben / und endlich in C den gantzen. Sol - chergeſtalt nimmet bey ihnen das Erdlicht zu / wenn bey uns das Mond-Licht abnimmet. Wenn ſie Neu-Erde haben / iſt bey uns Voll-Mond: und wenn bey ihnen Voll - Erde iſt / haben wir Neu-Mond. Eben ſo begreiffet ihr / daß wenn der Mond in I kom - met / das Erdlicht abnimmet / in D die Erde im letzten Viertel iſt / u. ſ. w. folgends dasY 3Erd -334Anfangs-GruͤndeErdlicht den Seleniten abnimmet / wenn bey uns das Mondlicht zunimmet.
376. Solchergeſtalt ſiehet die Erde den Seleniten eben ſo wie uns der Mond aus / und wird dannenhero mit Recht von ihnen / wie von uns der Mond / unter die Zahl der Sterne / und zwar der Planeten geſetzet. Denn ſie iſt ein Coͤrper / welcher ihnen des Nachtes an dem Himmel leuchtet.
377. Jhr koͤnnet leicht erachten / daß / wenn die Erde aus einem Planeten geſehen wird / der weiter von ihr weg iſt als der Mond / ſie auch viel kleiner aus - ſehen muͤſſe (§. 76. Optic. ) und allſo an einigen Or - ten auch wuͤrcklich wie ein Stern erſcheine. Daher ha - ben wir ſo viel Recht Jnwohner in die Planeten zu ſe - tzen / als dieſe habe Jnwohner auf der Erde zu ſuchen. Dieſes wird deutlicher erhellen / wenn euch die Weite der uͤbrigen Planeten / ingleichen der Fixſterue von dem Erdboden bekandt ſeyn wird: die man aber aus Mangel ihrer mercklichen parallaxi nicht wie im Monden finden kan. Derowegen wollen wir zuvor die Geſetze ihrer Bewegung unterſuchen.
378. Auſſer dem / was hin und wieder von der eigenen Bewegung der Plane - ten beygebracht worden / werdet ihr noch verſchiedene andere Dinge anmer - cken / wenn ihr auf ſie acht habet. Allſo werdet ihr befinden / daß der ſcheinbah - re Diameter des Б ♃ und ♂ groͤſſer aus - ſiehet / weñ ſie von der ☉ weit weg ſind / alswenn ſie ihr nahe ſtehen / ſo gar daßder335der Aſtronomie. der Diameter des ♂ acht mal ſo groß ausſiehet / wenn er von der Sonne 180° wegſtehet / als wenn er mit ihr in einem Orte des Himmels geſchen wird.
379. Es hat Dechales (Aſtron. lib. 6. prop. 48. f. 548. Tom. 4. Mund. Mathem.) wohl angemer - cket / daß man die angefuͤhrte Veraͤnderung der ſchein - bahren Groͤße keinesweges von der Refraction herho - len koͤnne; maſſen man den ♂ / wenn er nahe bey der Sonne iſt / gantz im Horizont zuſehen bekommet / wenn er aber der Sonne entgegen geſetzet iſt / im Meridiano ſelbſt mitten in der Nacht obſerviret. Jhr wiſſet a - ber / daß die Refraction / welche die Sachen vergroͤſ - ſern kan / in dem Horizont am ſtaͤrckſten iſt (§. 215).
380. Derowegen ſind die Planeten / ſie moͤgen in dem Himmel ſtehen / wo ſie wollen / der Erde naͤher wenn ſie der Sonne entgegen geſetzt / als wenn ſie ihr ſehr nahe ſind.
381. Die Laͤnge und Breite eines Pla - netens zu obſerviren.
382. Wenn ihr dergleichen Arbeit mit Fleiß trei - bet / werdet ihr alles dasjenige befinden / was in dem folgenden angefuͤhret wird.
383. Б kom̃et beynahe in 10746 / ♃ in 4330 / ♂ in 686 Tagen / ♀ und ☿ mit der Sonne umb den gantzen Himmel herumb. Doch iſt die Bewegung einmal nicht ſo ge - ſchwinde wie das andere / denn ſie laufen gleiche Bogen des Thier-Kreiſes in un - gleicher Zeit durch. Und zwar befin - det man die Bewegung einmal am laͤng - ſamſten / einmal am geſchwindeſten. Die Oerter / wo dieſe geſchiehet / ſind 180° von einander entfernet.
383. Wenn Б ♃ und ♂ der Sonne na - he ſind / ſo bewegen ſie ſich geſchwinder / als wenn ſie weit von ihr weg ſind. Wenn ſie 180° von der Sonne wegkom - men / gehen ſie zuruͤcke / und ehe ſie zuruͤ - cke gehen / ingleichen wenn ſie auf hoͤren zuruͤcke zu gehen / ſtehen ſie ſtille. Sie gehen aber laͤngſamer zuruͤcke als vorſich. 337der Aſtronomie. ſich. Denn da Mars, wenn er zur Son - ne kommet / in einem Tage 47. Minuten durchlauft / laufet er in dem Zuruͤckege - hen nicht mehr als 24 Minuten durch.
384. Wenn ein Planete im Thier - Kreiſe gerade fort gehet / ſo wird er geradelaͤufig (Directus) genennet. Blei - bet er ſtehen / ſo heiſſet er Stillſtehend (Stationarius): gehet er aber zuruͤcke / Ruͤckgaͤngig (Retrogradus).
385. Vergleichet die Zeiten mit ein - ander / in welcher ein Planete gerade - laͤufig / ſtillſtehend / und ruͤckgaͤngig iſt / ſo werdet ihr ſie auch in einem Plane - ten nicht beſtaͤndig von gleicher Groͤſſe finden. Abſonderlich iſt in dem ♂ der Unterſcheid ſehr mercklich. Jngleichen iſt der Bogen des Thierkreiſes in die - ſen Faͤllen nicht immer von einer Groͤſ - ſe. Es iſt aber ohngefehr ♄ 244 / ♃ 284 / ♂ 705 Tage rechtlaͤufig; der er - ſte 8 / der andere 4 / der dritte 2 Tage ſtillſtehend; der erſte 136 / der andere 119 / der dritte 75 Tage ruͤckgaͤngig. Es gehet aber ♄ bey nahe 7 / ♃ 10 / ♂ 10 biß 12 Grade zuruͤcke.
386. Hingegen ♀ und ☿ lauffen ge - ſchwinde und gerade fort / wenn ſie uͤber der Sonne; aber langſam / wenn ſie unter der Sonne ſind / und werden ruͤcklaͤufig / wenn ſie unter der Sonne ſind und mit ihr in einem Orte geſehen werden. Es iſt aber ♀ bey na - he 542 Tage gerade laͤufig / einen ſtehet ſie ſtille und 42 gehet ſie zuruͤcke. Und ☿ gehet bey nahe 93 Tage gerade fort / einen halben ſtehet er ſtille und 22 lauft er zuruͤcke.
387. Die drey oberen Planeten ha - ben laͤnger eine Nordiſche / als Suͤdi - ſche Breite / und die groͤſte Suͤdiſche Breite iſt groͤſſer als die groͤſte Nor - diſche. Eben ſo hat ♀ und ☿ bald eine Nordiſche bald eine Suͤdiſche Breite und beyde nehmen biß aufeinen ge - wiſſen Grad zu / hernach wieder ab.
388. Derowegen muß die Bahn der Pla - neten die Ecliptick in zwey Puncten durch - ſchneiden.
389. Der Mond ſtehet niemals ſtil - le / wird auch nicht ruͤckgaͤngig: dochbewe -339der Aſtronomie. beweget er ſich einmal geſchwinder als das andere / und iſt der Unterſcheid ſehr mercklich. Die Bewegung iſt iñerhalb 28 Tagen einmal am geſchwindeſten und einmal am laͤngſamſten. Auch laufet der Mond einmal den Thierkreiß ge - ſchwinder durch als das andere. Jn - gleichen iſt es nicht von einem Voll - Monden ſo lange biß zu dem andern.
390. Jm erſten und letzten Viertel iſt allzeit der Mond weiter von der Er - de als wenn er neu und voll iſt / das iſt / wenn der Mond im erſten oder letzten Viertel die groͤſte Weite von der Erde hat ſo iſt er weiter von der Erde weg als wenn er im Neu - oder Voll-Monden den groͤſten Abſtand von der Erde er - langt. Auch wird die Bewegung viel ungleicher umb die Viertel als im neu - en und vollem Lichte gefunden.
391. Wir ſollen nun zeigen / wie das Welt-Ge - baͤude beſchaffen ſeyn muͤſſe / damit alles auf dem Erd - boden uns ſo erſcheine / wie es letzt aus den Ob - fervationen vorgeſtellet worden. Derowegen iſt klahr / derjenige koͤnne keinen Glaubẽn finden / welcher uns den Welt-Bau dergeſtalt beſchreibet / daß man dar - aus die Urſache der Obſervationen nicht erſehen kan. Hingegen kan man ſich leicht uͤberreden / derjenige muͤſſe den Welt-Bau wohl verſtehen / der ihn ſo be -ſchrei -340Anfangs-Gruͤndeſchreibet / daß man nicht allein von allen Obſervatio - nen die Urſache gleich zeigen / ſondern auch alles vor - her daraus finden kan / was man obſerviret / ehe die Obſervationen angeſtellet werden. Bedencket wohl bey euch ſelbſt / ob nicht alle vernuͤnftige ſo urthei - len muͤſſen / wenn ſie nicht durch ein Vorurtheil auf - gehalten werden.
392. Es iſt nicht glaublich / daß / wie Tycho de Brahe vorgiebet / die Erde T im Mittelpuncte der Welt ruhe / der Mond / die Sonne / und die uͤbrigen Pla - neten nebſt den Fixſternen ſich inner - halb 24 Stunden von Morgen gegen Abend bewegen / und zwar dergeſtalt / daß diejenigen Planeten laͤngſamer um ſie herumb kommen / welche einen klei - nen Weg zu laufen haben / als die ſo weit von der Erde weg ſind und durch einen groſſen Raum ſich bewegen muͤſſen.
Denn wenn ihr dieſen Satz als wahr an - nehmet / koͤnnet ihr keine Urſache geben / war - umb dergleichen von der Bewegung der Sterne auf dem Erdboden wahrgenom - men wird / als vorhin angemercket worden. Jhr koͤnnet nur oben hin zeigen / woher es kom - me / daß die Planeten in verſchiedener Zeit ſich von Abend gegen Morgen umb den Him - mel herumb zu bewegen ſcheinen. Nemlich weil die Fixſterne geſchwinder herumb kom -men341der Aſtronomie. men als die Planeten und unter dieſen die - jenigen am laͤngſamſten / die der Erde am naͤheſten ſind; ſo koͤnnen weder die Plane - ten insgeſammt den Fixſternen / noch die un - teren mit den oberen morgen wieder in den Meridianum kommen / wenn ſie heute mit ihnen durch denſelben gegangen / ſondern bleiben etwas zuruͤcke weiter gegen Morgen ſtehen. Z. E. Setzet es ſey heute Neu - Mond und gehe der Mond mit der Sonne durch den Meridianum. Da die Sonne von der Erde weiter weg iſt als der Mond; kommet ſie geſchwinder als er umb die Erde herumb. Derowegen wenn ſie morgen wie - der in den Meridianum kommet / kan der Mond noch nicht da ſeyn / ſondern er ſtehet et - was zuruͤcke gegen Morgen. Und allſo ſchei - net es / als wenn er zuruͤcke gegangen waͤre. Allein dieſes einige kan den Satz nicht wahr - ſcheinlich machen. Wieviel ſind nicht Din - ge / die ihr durch gegenwaͤrtigen Satz gar nicht erklaͤhren koͤnnet. Wenn die Sonne / der Mond und die uͤbrigen Planeten ſich umb die Erde bewegeten / ſo beſchrieben ſie Schraubengaͤnge umb dieſelbe (§. 47. 48. 378 ) / und da ihre Weite von der Erde nicht immer einerley iſt (§. 360) / waͤren die Schraubengaͤnge bald weit / bald enge. Aus gegenwaͤrtigem Satze koͤnnet ihr nicht die ge - ringſte Urſache geben / worher es komme / daß die Planeten bald einen weiten / bald ei -nen342Anfangs-Gruͤndenen engen Gang umb die Erde nehmen / noch auch ſagen / wie ſie den weiten eben ſo geſchwinde als den engen durchlauffen koͤn - nen. Die Sonne ſchweifet niemals uͤber die Tropicos oder Wende-Circul und die Planeten ſchweifen niemals uͤber den Thier - Kreiß heraus (§. 62. 65). Jhr koͤnnet aus dem Tychoniſchen Welt-Gebaͤude abermal keine Urſache anzeigen / warumb ſie ihre Schrauben-Gaͤnge nicht biß gegen die Po - le fort fuͤhren und was ſie wiederumb umb - kehren heiſſet. Man hat wahrgenommen / daß der Ort / wo der Planete am weiteſten von der Erde weg iſt / ſich verruͤcket. Dar - aus folget / daß / wenn der Planete einmal ſeine Schraubengaͤnge zu Ende gebracht und er ſie wieder von neuem anfaͤngt / er nicht mehr die alten wiederholet / ſondern gantz neue beſchreibet. Daher muͤſte er / ſo lan - ge die Welt ſtehet / alle Tage einen anderen Weg umb die Erde genommen haben. Wie ihr dieſes aus dem Tychoniſchen Welt-Baue erklaͤhren wollet / daran iſt nicht einmal zuge - dencken. Eben ſo wenig koͤnnet ihr ſagen / warumb die Schraubengaͤnge bloß umb des willen enger werden als ſie ſonſt ſeyn wuͤrden / weil der Planete auf unſe - rer Erde umb einen groͤſſeren Theil des Him - mels von der Sonne entfernet zu ſeyn ſchei - net (§. 380). Fraget man ferner / wie es zu gehe / daß die Planeten bald ſtille ſtehen /bald343der Aſtronomie. bald gar zuruͤcke zugehen ſcheinen / das iſt / ihre Schrauben-Gaͤnge umb die Erde bald in gleicher Zeit mit den Fixſternen / bald ge - ſchwinder abſolviren; ſo weiß man auch hier nicht die geringſte Urſache zu geben. Am al - lerwenigſten kan man zu rechte kommen / wenn man die beſonderen Umbſtaͤnde dieſer Erſcheinungen / die oben (§. 383. ſeqq. ) an - gefuͤhret worden / erklaͤhret wiſſen wil. Allſo ſehet ihr / daß durch den Tychoniſchen Welt - Bau nichts begriffen werden kan / was in demſelben vorgehet. Derowegen iſt nicht glaublich / daß ihn Tycho recht beſchrieben (§. 391). W. Z. E.
393. Weil mau aus dem Tychoniſchen Welt-Baue keine Urſachen der Himmels - Begebenheiten erſehen kan; ſo iſt er auch in der Aſtronomie zu gar nichts nutze. Denn in dieſer Wiſſenſchaft ſuchen wir die Geſetze der Bewegung der Planeten (§. 377) / da - mit wir die Himmels-Begebenheiten zuvor berechnen koͤnnen: aus den Tychoniſchen Schrauben-Gaͤngen aber wird ſich niemand in dieſer Arbeit zu rechte finden / weil man keine Urſache von ihren Veraͤnderungen ge - ben kan.
394. Dannenhero wenn diejenigen’ / welche der Erde alle Bewegung benommen / die Himmels-Be - gebenheiten ausrechnen wollen; haben ſie wieder ih -ren344Anfangs-Gruͤnderen Satz annehmen muͤſſen / daß die Planeten mit der Sonne ſich in Circuln von Abend gegen Mor - gen bewegeten / die nicht ihren Mittelpunct in dem Mittelpuncte der Erde / ſondern auſſer demſelben hatten. Da aber dieſes allein nichts helfen wollen / haben ſie an die groſſe Circul kleine Circul geſetzet / die ſie Epicyclos genennet / und ſich eingebildet / als wenn der Planete in der Peripherie des kleinen Cir - culs herumb lieffe / deſſen centrum in dem groſſen ſich verruͤckte. Ja wenn ſie mit den Epicyclis nicht auskommen kotnnen / ſetzten ſie das centrum eines dritten Circuls in die Peripherie des andern und nennten ihn Epicycepicyclum. Und doch bey allen dieſen ertichteten Dingen / von denen ſie verſichert waren / daß ſie im Himmel nicht anzutreffen waͤren / konten ſie doch nicht recht auskommen.
395. Vielleicht gedencket ihr / es ſey dieſes ein klahrer Beweiß / daß dem Verſtande des Menſchen Schrancken geſetzet ſind / die er nicht uͤberſchreiten kan / damit er erkenne / GOtt koͤnne uͤberſchwencklich thun uͤber alles / was wir verſtehen. Allein eure Ge - dancken wuͤrden Grund haben / wenn ich nicht bald zeigete / daß wir einen Welt Bau uns gedencken koͤn - nen / daraus einer in ſeiner Studier-Stube durch bloſſes Nachſinnen die Himmels-Begebenheiten er - lernen kan / die er ſonſt durch fleißige Betrachtung des Himmels erkennet. Wollet ihr ſagen / dieſer Welt-Baue ſey von dem menſchlichen Verſtande nur ertichtet worden: ſo fuͤrchte ich ſehr / daß ihr dem goͤttlichen Verſtande nachtheilige Gedancken fuͤh - ret / den ihr uͤber den menſchlichen Verſtand mit Recht unendlich erheben wollet. Denn ihr werdet begreiffen / daß der Welt-Bau / den ich beſchreiben werde / durch kurtze Wege das leiſte / was durch Umbwege ge - ſchaͤhe / wenn die Erde ſich nicht bewegen ſollte. Nun muͤſſet ihr geſtehen / daß es eine groͤſſere Weißheit iſteine345der Aſtronomie. eine Machine zu erſinnen / die durch einen kurtzen Weg etwas ausrichtet / als eine andere / die eben dieſes durch viele Umbwege verrichtet. Derowegen wuͤrde folgen / daß der menſchliche Verſtand weiſer waͤre als Gottes: welcher boͤſe Gedancken keinem Menſchen iemals in den Sinn kommen ſol. Und lieber / von wem haben wir den Verſtand / das iſt / das Vermoͤgen zu gedencken / was moͤglich iſt? haben wir es nicht von GOtt? Wenn wir allſo einen Welt - Bau erſinnen / darinnen ſich ohne Wiederſprechen al - les dasjenige zeiget / was wir in der Welt mit unſe - ren Augen wahrnehmen; ſo koͤnnen wir mit recht ſa - gen / GOtt hat uns ihn ſelbſt gelehret / und daher muſſen wir uns keines weges einbilden / er wolle dieſe Erkaͤntnis uns verborgen ſeyn laſſen.
396. Nun werdet ihr ſagen: GOtt koͤnne uns durch die natuͤrlichen Kraͤfte unſeres Verſtandes nicht etwas anders lehren / als er uns in ſeinem Worte ge - offenbahret hat. Jn der Bibel aber habe er geſaget / daß die Erde ruhe / und die Sonne ſich alle Tage umb ſie herumb bewege. Aber lieber! gebet auf Gottes Wort wohl acht / damit ihr nicht eure Traͤume mit ihnen unvermerckt verknuͤpfet. Wir wollen allſo zu - erſt uͤber den Regeln der Auslegung der Worte Got - tes miteinander eines werden / ehe wir unterſuchen / was GOtt geſaget hat. Jhr gebet mir 1. zu / daß GOttes Worte kein leerer Thon ſind / und man da - her nothwendig bey denſelben etwas gedencken muß: 2. daß die Worte GOttes geſchickt ſind diejenigen Gedancken in uns zu erregen / welche wir dabey haben ſollen / wenn wir nur nicht durch Vorurtheile und Un - achtſamkeit dieſes hindern. Denn ſonſt waͤre das Wort GOttes uns unverſtaͤndlich / und daher nichts nutze. Hieraus nun folget 3 daß GOtt entweder ſelbſt in ſeinem Worte den Begriff von den Woͤrtern die er brauchet / gegeben haben muß / das iſt / er muß(3) Zgeſa -346Anfangs-Gruͤndegeſaget haben / was ihr vor Gedancken bey denſelben haben ſollet / oder ihr muͤſſet ſchon vorhin einen Begriff von denſelben haben. Denn muͤſſet ihr 4. in dem anderen Falle keine andere Gedancken bey den Woͤr - tern / die Gott in der Schrift brauchet / fuͤhren / als die in euch erreget werden / wenn ihr die Dinge ge - genwaͤrtig empfindet / von welchen geredet wird. Denn keinen andern Begriff kan GOtt ohne Erklaͤh - rung ſeiner Worte von euch fordern / als den er euch durch eure natuͤrliche Kraͤfte beygebracht hat. Wenn ihr dieſes voraus ſetzet / ſo werder ihr begreiffen / daß man aus der Bibel den von uns verworfenen Lehrſatz nicht beſtetigen kan.
397. Wir wollen die Redens-Arten der Schrift unterſuchen / welche man zu Beſtetigung des verwor - fenen Lehrſatzes anfuͤhret. Z. E. Man beruffet ſich darauf / daß Joſua der Sonne befohlen / ſie ſollte ſtil - le ſtehen / und ſie ſey ſtille geſtanden / Joſ. X. 12. 13. Wenn ihr nun fraget / was Joſua bey dieſen Worten fuͤr Gedancken hat haben koͤnnen; ſo werdet ihr befin - den (§. 396) / er habe verlangt / die Sonne und der Mond ſollten ihre Stelle in Anſehung der Erde nicht aͤndern. Denn wo er ſtund / kam ihm vor / als wenn die Sonne uͤber der Stadt Gibeon und der Mond uͤ - ber dem Thal Ajalon ſtuͤnde. Haͤtte er ſeine Stelle veraͤndert / ſo waͤren ihm auch die Sonne und der Mond nicht mehr uͤber dieſen Oertern erſchienen. Da er nun auf ſeiner Stelle ſtille ſtehen blieb / verlangte er weiter nichts als daß die Sonne ihm immer uͤber Gibeon / und der Mond uͤber dem Thal Ajalon er - ſcheinen moͤchte. Daher heiſſet ſtille ſtehen hier ſo viel als aus einer gewiſſen Stelle uͤber einem gewiſſen Orte geſehen werden. Derowegen koͤnnet ihr aus dem ſtille ſtehen der Sonne / welches in der Bibel be - ſchrieben wird / nicht ſchlieſſen / daß ſie ſich wuͤrcklich umb die Erde bewege: denn die Sonne hat dem Jo -ſua347der Aſtronomie. ſua immer uͤber Gibeon erſcheinen koͤnnen / auch wenn die Erde in ihrer Bewegung umb ihre Axe gehemmet worden / oder auch auf eine andere vortheilhaftere Art / die wir nicht wiſſen / weil ſie GOtt uns nicht of - fenbahret. Jhr werdet ferner anfuͤhren / daß gleich - wol die Schrifft (Eccleſ. I. 5.) mit ausdruͤcklichen Worten ſaget: Die Sonne gehet auf und gehet unter / und laͤuft an ihren Ort / daß ſie wieder daſelbſt aufgehe. Allein weil die Schrifft ſich niergends erklaͤhret / was ſie durch den Auf - und Untergang der Sonne wolle verſtanden ha - ben; ſo erfordert ſie keinen anderen Begriff / als den wir insgemein davon haben. Wenn ihr nun auf die auf - und unter-gehende Sonne acht habet; ſo koͤnnet ihr nichts anders wahrnehmen / als daß euch auf en - rer Stelle / wo ihr ſtehet / die Sonne in dem Hortzont erſcheinet. Und allſo wenn die Schrift ſaget: die Sonne gehet auf und gehet unter: doͤrfet und koͤnnet ihr euch weiter nichts gedencken / als daß ſie in dem Morgen - und Abend-Horizont von euch geſehen wird. Eben ſo wenn ihr fraget / was ihr euch bey den Wor - ten gedencken ſollet / die Sonne laͤufft an ih - ren Ort; werdet ihr finden / daß ſie nichts anders zu ſagen haben / als die Sonne werde nach einiger Zeit von uns auf der Erde wieder an dem Orte geſehen / wo wir ſie vorhin ſahen. Und in dieſem Verſtande ſagen auch die / welche der Sonne keine wuͤrckliche Bewegung umb die Erde zugeſtatten / die Sonne ge - he auf und gehe unter / und lauffe umb die Erde her - umb.
398. Damit ihr euch aber in dieſe Erklaͤhrung de - ſto beſſer finden koͤnnet / ſo mercket / daß man von na - tuͤrlichen Dingen zweyerley Erkaͤutnis haben koͤnne / nemlich eine Hiſtorie von dem / was in der Natur ge - ſchiehet / und eine Wiſſenſchafft / wie es geſchiehet. Je -Z 2ne348Anfangs-Gruͤndene ſtellet uns die natuͤrlichen Dinge vor / wie ſie von den Sinnen; dieſe aber / wie ſie von dem Verſtande begriffen werden. Die erſte iſt der andern niemal zuwieder / wenn ihr nur in acht nehmet / was ich von den ihr zugehoͤrigen Begriffen geſaget habe. Durch beyde kan man zum Lobe und Preiſe GOttes ange - muntert werden. Die erſte ſchicket ſich fuͤr alle Leute / ſur gelehrte und ungelehrte / ja fuͤr die allereinfaͤltig - ſten unter der Sonnen: die andere aber reimet ſich nur fuͤr die Weltweiſen / und zwar diejenigen / welche ihren Verſtand in Erkaͤntnis der Wahrheit viel ge - uͤbet / zumal da meiſtentheils eine nicht geringe Er - kaͤninis der Mathematick dazu mit erfordert wird - Nun geſtehen alle / daß die Schrifft nicht allein fuͤr die Weltweiſen von hohem Verſtande / ſondern vor jederman ohne Unterſcheid geſchrieben ſey. Derowe - gen wenn ſie durch die Betrachtung der natuͤrlichen Dinge die Menſchen zum Lobe GOttes aufmuntern wil; muß ſie ſich der natuͤrlichen Hiſtorie / keines we - ges aber der Wiſſenſchaft dazu bedienen. Solcher - geſtalt koͤnnet ihr die Entſcheidung ſolcher Fragen / die in die natuͤrliche Wiſſenſchaft gehoͤren / aus der Vibel nicht holen. Darumb handeln diejenigen wunder - lich / welche aus der Schrifft ausmachen wollen / ob der Auf - und Untergang der Sonne von ihrer Bewe - gung umb die Erde / oder vielmehr von der Bewegung der Erde umb ihre Axe herruͤhre.
399. Die Sonne liegt beynahe mitten in dem Welt-Gebaͤnde / und wendet ſich daſelbſt nur umb ihre Axe. Umb ſie be - wegen ſich ☿ / ♀ und die Erde jener am geſchwindeſten / dieſer unter den dreyen am laͤngſamſten / nemlich in einem Jah - re. Jn 24 Stunden aber wendet ſichdie349der Aſtronomie. die Erde wie die uͤbrigen Planeten umb ihre Axe herumb. Jn einer groͤſſeren Weite als ſie beweget ſich umb die Sonne / und allſo umb ſie zugleich ♂ / in noch einer weiteren ♃ und endlich in ei - ner noch weiteren ♄. Die Fixſterne a - ber ſind oben im Firmamente unbeweg - lich / auſſer daß ſie ſich ſonder Zweifel umb ihre Axe bewegen. Der ☽ beweget ſich umb die Erde innerhalb 27 Tagen / aber zugleich mit der Erde in Jahres - Friſt umb die Sonne: gleich wie die Ju - piters - und Saturnus-Monden ſich umb den ♃ und ♄ / aber zugleich mit ih - nen umb die Sonne bewegen.
Denn wenn ihr euch den Weltbau auf ſolche Art vorſtellet / koͤnnet ihr auf einmal begreiffen / woher es komme / daß ihr von der Bewegung der Planeten wahrnehmet / was aus den Obſervationen angefuͤhret worden. Denn weil die Erde ſich innerhalb 24 Stun - den umb ihre Axe herumb beweget; ſo muß ein Stern nach dem andern umb den gantzen Himmel herumb in eurem Horizont erſchei - nen. Und allſo ſehet ihr die Sterne nach einander auf - und unter-gehen. Und aus eben dieſer Urſache gehet die Sonne alle Ta - ge auf und unter / und ſcheinet ſich umb die Erde herumb zu bewegen.
Z 3Wenn350Anfangs-GruͤndeWenn die Erde in 1 iſt / ſehet ihr die Son - ne in ♎. Kommet ſie in 2 / ſo ſehet ihr die Sonne im ♍. Jſt die Erde in 4 / ſo erſchei - net die Sonne im ♑ hingegen im ♈ / wenn jene in 7; im ♋ / wenn ſie in 10 iſt. Sol - chergeſtalt ſcheinet ſich die Sonne innerhalb einem Jahre umb die Erde zu bewegen.
Bildet euch ein in S ſey die Erde / und der Mond bewege ſich umb ſie aus 1 in 2 / aus 2 in 3 u. ſ. w. So ſehet ihr ihn auf der Erde / anfangs im ♈ / hernach im ď / in ♊ u. ſ. w. Folgends ſcheinet er euch in 27 Tagen den gantzen Thier-Kreiß durch zulaufen.
Wenn die Crde einen weiteren Weg umb die Sonne nimmet / als die ♀ und ☿ / ſo muͤſſen die beyden Planeten ſtets entweder vor der Sonne hergehen oder ihr nachfol - gen. Sie koͤnnen aber nur auf gewiſſe Weite von ihr zugehen ſcheinen und zwar ☿ weni - ger als ♀ / dieweil er der Sonne naͤher als dieſe iſt. Jn dem aber die Erde ſie ſo wol / als die Sonne umbgehet; muͤſſen wir ſie gleich - fals in einem Jahre den Thier-Kreiß durch - laufen ſehen / unerachtet ſie in der Zeit / da ſie umb die Sonne herumb kommen / in der That ihren Lauf umb den gantzen Himmet herumb vollenden.
Die Planeten / welche der Sonne naͤher ſind / kommen geſchwinder herumb / als die weiter von ihr weg ſind; denn jene haben nur einen kleinen / dieſe aber einen viel wei -teren351der Aſtronomie. teren Weg zu laufen. Da aber die Pla - neten ſich nicht in Circuln bewegen / in de -Tab. V. Fig. 33. ren Mittelpuncte die Sonne anzutreffen; ſo ſcheinet uns ihre Bewegung einmal ge - ſchwinder als das andere / und zwar ge - ſchwinder; wenn ſie von der Erde weit weg als wenn ſie ihr nahe ſind. Denn ſetzet Z. E. der Planete bewege ſich aus Q durch N. in P / ſo wird es euch auf der Erde in T vor - kommen als waͤre er den halben Thier-Kreiß LAO durchgelaufen / da er doch in der That mehr als die Helfte ſeines Weges zuruͤcke geleget. Setzet ferner er bewege ſich aus P durch M in Q / ſo bildet ihr euch in T ein / er habe den halben Thier-Kreiß OPL durch - laufen / da er doch in der That weniger als die Helfte ſeines Weges vollendet. Nun iſt NC = CM (§. 43 Geom.) und daher NT groͤſſer als TM. Derowegen ſcheinet ſich der Planete geſchwinder zu bewegen / wenn er von der Erde weit weg iſt / als wenn er ihr nahe iſt.
Wenn die Erde Z. E. in N iſt und ♂ in A / ♃ in B / ♄ in C / ſo ſcheinen euch dieſe Pla - neten mit der Sonne an einem Orte des Him - mels zu ſtehen. Jſt aber die Erde in T und die Planeten ſind in den vorigẽ Oertern / ſo ſchei - nen ſie euch von der Sonne 180° entfernet zu ſeyn. Eben ſo verhaͤlt ſichs / wenn die Erde in N und die Planeten in D / E / F ſind / dar - umb muͤſſen die oberen Planeten allerdingsZ 4viel352Anfangs-Gruͤndeviel weiter von der Erde weg ſeyn / wenn ſie bey der Sonne ſind / als wenn ſie weit von ihr weggehen.
Wenn die Erde in N / ☿ in G / ♀ in H iſt / ſo ſind dieſe beyde Planeten ihr naͤher als die Sonne; iſt aber die Erde in T / die bey - den Planeten aber in G und H / ſo iſt die Sonne der Erde naͤher als ſie.
Es ſey die Erde in A / Jupiter in 1 / ſo ſehet ihr ihn in a und mit der Sonne in einem Or - te. Die Erde komme in B / ſo ruͤcket ♃ in 2 und ihr ſehet ihn in b u. ſ. w. Darumb ſchei - net er euch in dem Thier-Kreiſe gerade fort zugehen. Hingegen komme die Erde bis in F und der Planete biß in 6 / ſo ſehet ihr ihn in[f]/ u. ſ. w. Derowegen ſcheinet er zuruͤ - cke zu laufen / wenn er von der Sonne am weiteſten weggehet. Eben ſo verhaͤlt ſich die Sache / wenn ihr an ſtat des Jupiters den ♂ und ♄ nehmen wollet. Allein wenn dieTab. VI. Fig. 35. Erde in A / ☿ in 1 iſt / ſehet ihr ihn in a. Kom - met ſie biß in B und er in 2 / ſo ſehet ihr ihn in b u. ſ. w. Darumb ſcheinet er durch den Thier-Kreiß gerade durch zu laufen. Hin - gegen kommet die Erde biß F / ☿ biß 6 / ſo ſehet ihr ihn in f und er ſcheinet euch ruͤckgaͤn - gig zu werden / unerachtet er in ſeinem We - ge immer gerade fort gehet. Derowegen wird er ruͤcklaͤufig / wenn er unter der Son - ne iſt und mit ihr bey nahe an einem Orte des Thier-Kreiſes geſehen wird. Eben ſo kanman353der Aſtronomie. man es von der ♀ erweiſen. Aus dieſem ſe - het ihr wie ohne Schwierigkeit die Urſache von den Himmels-Begebenheiten aus ge - genwaͤrtigem Lehrſatze gegeben werden kan / und ihr werdet aus dem folgenden erſehen / daß auch die allergnaueſten Umbſtaͤnde dar - aus ſich determiniren laſſen. Allſo iſt wol nicht zu zweifelen / daß das Welt-Gebaͤude in gegenwaͤrtigem Lehrſatze richtig beſchrie - ben ſey (§. 391).
400. Weil die Pol-Hoͤhe ſich auf der Er - de nicht veraͤndert / ſo muß die Axe der Erde / in dem ſie umb die Sonne herumb gehet / mit der Welt-Axe beſtaͤndig parallel blei - ben. Und daher iſt eine beſondere Bewe - gung vonnoͤthen / dadurch dieſes erhalten wird.
401. Copernicus nennet dieſe Bewegung motum reflexionis. Damit ihr euch dieſelbe deſto fuͤglicher einbilden koͤnnet; ſo ſetzet es ſey auf eine Flagge eine Kugel dergeſtalt gemahlet / daß ihre Axe mit der Welt-Axe parallel iſt. Fahret mit dem Schiffe umb eine Jnſul. Wenn der Suͤd-Wind blaͤſet; ſo wird die Flagge beſtaͤndig gegen Norden ſtehen und allſo die Axe der daran gemahleten Kugel unveraͤn - dert mit der Welt-Axe parallel erhalten werden.
402. Wiederumb in dem die Erde ſich umb ihre Axe beweget / ſuchet alle Materie die zu ihr gehoͤret / ſich von dem MittelpuncteZ 5des354Anfangs-Gruͤndedes Circuls / in deſſen Peripherie ſie ſich be - findet / zu entfernen und zwar unter dem Æ - quatore am meiſten / gegen die Pole weniger. (§. 248) Da nun eben dieſe Materie vermoͤge ihrer Schweere gegen den Mittelpunct der Erde getrieben wird / ſo muß die vorige Kraft ihr wiederſtehen (§. 12 Hydroſt. ) derowegen muß die Materie leichter uͤber dem Æqua - tore als gegen die Pole ſeyn.
403. Auch dieſes hat die Erfahrung bekraͤftiget. Denn als man die Perpendicul-Uhren von Pariß in die Jnſul Cayenne in America gebracht / welche nicht uͤber 4 biß 5 Grad von dem Æquatore ent - fernet iſt; hat man befunden / es muͤſſe daſelbſt das pendulum 1¼ Linie kuͤrtzer als zu Pariß ſeyn / wenn es eine Secunde ſchlagen ſol. Nun iſt aber bekandt / daß / wenn im pendulo die Laͤnge des Fa - dens unveraͤndert bleibt / die Kugel leichter werden muͤſſe / ſo es laͤngſamer als vorhin gehet. Hieraus erkennet / wie gnau der beſchriebene Welt-Bau mit der Erfahrung uͤbereinſtimme.
404. Man nennet den beſchriebenen Welt-Bau den Copernicaniſchen / weil ihn Copernicus in den neueren Zeiten wieder in Anfnehmen gebracht: denn unter den Alten haben ſchon Philolaus und an - dere ihn vertheidiget. Es hat zur Zeit niemand etwas erhebliches wieder ihn einwenden koͤnnen. Was insgemein von unverſtaͤndigen angefuͤhret wird / die entweder die Eigenſchaft der Schweere vergeſſen / oder nicht bedencken / daß zugleich die Luft mit der Erde ſich innerhalb 24 Stunden umb ihre Axe be - wege; verdienet nicht beantworter zu werden. Der -glei -355der Aſtronomie. gleichen iſt / daß ein Stein nicht unten bey den Thurm fallen koͤnnte / wenn er von oben herunter geworfen wuͤrde. Der einige Zweifel kan hier entſtehen / daß /Tab. V. Fig. 31. wenn die Erde einmal in O / das andere mal in M iſt / der Fixſtern S in Anſehung des Diameters der Erdbahn OM eine merckliche parallaxin haben muͤ - ſte. Dergleichen aber aus den Obſervationen nicht zuerweiſen geweſen. Hierauf hat ſchon Copernicus geantwortet / es waͤre der Diameter der Erdbahn OM in Anſehung der Entfernung des Sternes von der Erde OS oder SM nur fuͤr ein Punct zuhalten und daher der Winckel OSM oder die Parallaxis des Fixſternes unmercklich. Da aber die Weite der Sonne von der Erde ſonderlich von den neueren Aſtronomis ziemlich groß gefunden worden / Z. E. biß 22 000 halbe Diameter der Erde / hat es vielen unglaublich geſchienen / daß eine Linie von 22000 Diametern der Erde unter den Fixſternen nur wie ein Punet erſcheinen ſollte / in dem ſie ſolcher geſtalt uͤberaus weit von der Erde abſtehen muͤſten. Dero - wegen hat ſonderlich der beruͤhmte Aſtronomus in Engelland / Herr Flamſteed mit ſonderbahrer Ge - ſchicklichkeit und ſehr accucaten Jnſtrumenten die Hoͤhe des Polar-Sternes von A. 1689 an biß 1697 obſerviret und gefunden / daß die Diſtantz des Polar-Sternes vom Pole umb den Eintritt der Sonne in Krebs 40 biß 45 Secunden groͤſſer ſey als wenn die Sonne in Steinbock kommet. Vid, Flamſtædii Epiſtola ad Walliſium d. 20 Decembr. A. 1698 data Tom. 3 Operum. Mathem. Walliſii f. 701 & ſeqq. Unerachtet aber Gregorius (in Element. Aſtron. lib. 3 Schol. prop. 55 f. 275. 276) zu be - haupten ſich bemuͤhet / daß dergleichen Obſervation auch wol ſtat finden koͤnnte / wenn gleich die Fix - ſterne in Anſehung des Diameters der Erdbahn O M keine merckliche parallaxin haͤtten; ſo ſind doch die Einwuͤrfe theils aus der Bewegung der Erdeumb356Anfangs-Gruͤndeumb die Sonne / theils umb ihre eigene Axe herge - nommen worden.
405. Casſini (wie Gregorius l. c. Schol. prop. 54 f. 274 anmercket) hat obſerviret / daß der erſte Stern im Widder zu weilen in zwey zertheilet erſcheine / dergleichen er auch von dem einen Haupte der Zwil - linge gefunden. Einige andere in den Plejadibus und der mittlere in Orions-Schwerdte ſind ihm zuTab. V. Fig. 31. weilen dreyfach / ja vierfach erſchienen: deſſen Urſa - che ſich gar wohl aus der Bewegung der Erde umb die Sonne begreiffen laͤſſet. Denn wenn ſie in O iſt / koͤnnet ihr zwey Sterne / deren einer niedri - ger iſt als der andere in einem Orte ſehen / die ihr aus M in verſchiedene Oerter ſetzet. Sehet / wie die neueſten Obſervationen die Richtigkeit des Co - pernicaniſchen Welt-Gebaͤudes bekraͤftigen. Da - mit ihr nun aber auch ferner ſeinen vortreflichen Nu - tzen in der Aſtronomie erlernet; ſo muͤſſen wir die Bewegungs-Geſetze der Sterne gebuͤhrend unterſu - chen und zwar den Anfang von der Sonne machen / theils weil ihre Bewegung wenigeren Jrregularitaͤten unterworfen als der uͤbrigen Planeten / theils weil der letzteren Bewegung ohne die erſte nicht verſtan - den werden kan (§. 383. 386).
406. Den Eintritt der Sonne in den Æquatorem oder das Æquinocti - um zu obſerviren.
Jch ſage / wie viel Minuten in der Declina - tion enthalten ſind / ſo viel Stunden vor o - der nach Mittage iſt der Eintritt in den Wid - der oder die Waage geſchehen: welches man zu wiſſen verlangete.
Jnnerhalb 24 Stunden lauft die Soñe bey - nahe den erſten Grad des Widders oder der Wage durch / und in einem ſo geringen Rau - me koͤnnet ihr euch einbilden / als wenn ſich die Declination alle Stunden gleich viel aͤn - derte. Da nun die Declination fuͤr den 1° ♈ und ♎ 24′ oder nach dem de la Hire 23′ 15″gefun -358Anfangs-Gruͤndegefunden wird; ſo ſehet ihr / daß ſich die De - clination in einer Stunde umb eine Minute veraͤndere. W. Z. E.
407. Wenn ihr verſchiedene Æquino - ctia hinter einander obſerviret / werdet ihr finden / daß die Sonne laͤnger in den Nordi - ſchen Zeichen bleibet als in den Suͤdiſchen. Z. E. nach des Caſſini Obſervationen iſt die Sonne in den Nordiſchen 186 Tage 14 Stunden 53 Minuten / in den Suͤdiſchen aber 118 T. 14 St. 56 Min. und allſo in jenen laͤn - ger als in dieſen 7 T. 23 St. 57 Min. Vid. Riccioli Aſtron. Reform. lib. 1. c. 7. f. 22. 23.
408. Den Eintritt der Sonne in den Krebs und Steinbock / oder das Solſti - tium zu obſerviren.
409. Wenn ihr demnach in der Son - nen-Hoͤhe umb 15 Secunden fehlet / koͤnnet ihr in der Zeit fuͤr den Eintritt der Sonne inKrebs360Anfangs-GruͤndeKrebs oder Steinbock einen gantzen Tag fehlen. Und darumb iſt es ſehr ſchweer die - ſelbe gnau zu obſerviren.
410. Daher hat Edmundus Halley in den Leipziger Actis Tom.[2]Supplem. Sect. 5. p. 228 & ſeqq. eine andere Methode angegeben / welche ſich aber fuͤr An - faͤnger nicht ſchicket.
411. Wenn ihr einige Æquinoctia und Solſtitia hinter einander obſerviret / werdet ihr inne werden / daß die Sonne ſich nicht gleiche Zeit in den vier Qvadranten der Ecli - ptick verweilet. Z. E. Nach dem Ricciolo laͤufet die Sonne aus dem Widder in den Krebs innerhalb 93 Tagen 36 Minuten; aus dem Krebſe in die Wage innerhalb 93 T. 12 St. 12 Min. aus der Wage in Stein - bock innerhalb 89 T. 14 St. 11 M. aus dem Steinbocke in Widder innerhalb 89 T. 45. M. Vid. Aſtron. Reform. lib. 1. c. 7. f. 22. 23.
412. Da der Diameter der Sonne umb den Krebs kleiner iſt als umb den Steinbock; ſo muß ſie auch im erſten Falle weiter von der Erde ſeyn als im andern (§. 76 Opt.) Derowegen iſt die Sonne weiter weg von der Erde in dem halben Circul / da ſie ſcheinet geſchwinder zu laufen; als in dem andern /da361der Aſtronomie. da ſie ſich dem Anſehen nach laͤngſamer be - weget.
413. Die Groͤſſe des Sonnen-Jahres zu finden / das iſt / die Zeit / welche ver - fließet / bis die Sonne die gantze Eclip - tick durchlauffet.
Z. E. Hipparchus hat das Herbſt-Æqui -(3) A ano -362Anfangs-Gruͤndenoctium 158 Jahr vor Chriſti Geburt zu Alexandrien den 27 Septemb. 24 St. oder recht im Mittage / Hevel aber zu Dantzig A. 1655 den 12 Sept. 21 St. 12 M. 30 S. ob - ſerviret.
Æquinoct. Hipparchi 158 J. 27 Septemb. | |||
24 St. 0′ 0″, | |||
Unterſcheid der Meridian. - | 1 | 27 | 9 |
Æquinoct. Hipparchi | |||
im Dantz. Mer. 158 J. 27 Sept. 22 St. 33″ 51″ | |||
Æqui. Hevelii 1655 J. 12 | 21 | 12 | 30 |
verlaufene Jah. 1812 | |||
wie viel das Æquin. | |||
zu ruͤcke getreten | 14 T. 1 St. 20′ 21″ | ||
wie viel es in einem | IV | ||
Jahre zu ruͤcke gehet | 11′ 10″ 12‴ 37 | ||
Julianiſch. Jahr | 365 T. 5 St. 59. 59. 59. 60 | ||
Sonnen Jahr | 365 T. 5 St. 48. 49. 47. 23 |
414. Kepler ſetzet in den Tabulis Rudolphi - nis die Groͤſſe des Sonnen-Jahres 365 T. 5 St. 48′ 57″ 39‴ Ricciolus in ſeiner Aſtronomia Re - formata 365 T. 5 St. 48′ 48″ / Tycho 365 T. 5 St. 48′ 57″ de la Hire in ſeinen Tabulis Aſtrono - micis 365 T. 5 St. 49′ / ſo groß nemlich als Blan - ohini und Casſini dieſelbe gefunden und die Verbeſ - ſerer des Julianiſchen Calenders in dem Gregoria - niſchen angenommen. Vid Acta Erudit. A. 1705 p. 309.
415. Man ziehet die Æquinoctia den Solſtitiisvor /363der Aſtronomie. vor / weil ſie gnauer als dieſe zu obſerviren ſind (§. 409). Man wehlet aber am liebſten Herbſt-Æqui - noctia zu dieſer Rechnung aus / weil im Fruͤhlinge wegen der vielen Duͤnſte in der Luft die Refraction die Obſervation unrichtig machen kan / und zwar ſol - che / die in den Mittag fallen / weil ſie am allerbe - ſten obſerviret werden koͤnnen.
416. Wenn ihr die Groͤſſe des gantzen Sonnen-Jahres wiſſet / koͤnnet ihr auch fin - den / wie viel die Sonne in einem gemeinen Jahre von 365 Tagen / in einem Tage / in ei - ner Stunde / in einer Minute u. ſ. w. von der Ecliptick durchlaͤuft (§. 107 Arithm. ) und folgends die Tabulas mediorum mo - tuum Solis ausrechnen.
417. Wenn die Sonne in der Ecliptick einmal ſo geſchwinde fort gienge als das andere / ſo koͤntet ihr entweder durch die Regel Detri oder aus den Ta - bulis mediorum motuum auf einen jeden Tag und eine jede Stunde ihren Ort in der Ccliptick finden: allein ſo habt ihr gehoͤret / daß ihre Bewegung un - gleich ſcheinet (§. 386). Derowegen muß man un - terſuchen / wie man dieſe Ungleichheit berechnen koͤnne.
418. Die Erde und alle uͤbrigenTab. VII. Fig. 36. Haupt-Planeten als ♄ / ♃ / ♂ / ♀ und ☿ bewegen ſich in einer Ellipſi umb die Sonne / welche in ihrem einen Brenn - Puncte A lieget / und zwar dergeſtalt /A a 2daß364Anfangs-Gruͤndedaß die Linie AC / welche aus der Son - ne in den Mittelpunct des Planetens gezogen wird / in gleicher Zeit gleiche Theile von der Ellipſi beſchreibet / ſo daß der Theil von der Ellipſi PAC ſich zu der gantzen Ellipſi verhaͤlt wie die Zeit / da der Planete den Bogen PC durchlaͤuft zu der Zeit / da er die gantze Peripherie durchwandert.
419. Anfangs ſetzte man / die Planeten bewegten ſich in Eccentriſchen Circuln umb die Erde / oder Sonne: allein die Erfahrung lehrete / daß die in ſolchen Circuln angeſtellte Rechnungen mit dem Lau - fe des Himmels nicht voͤllig uͤbereinſtimmeten. Kepler aber iſt zu erſt auf die Gedancken kommen / daß ſie nicht Circul / ſondern Ellipſes beſchrieben: wie er es aus vielen Obſervationen in ſeinem Com - mentario de Stella Martis weitlaͤuftig darthut. Er hat aber auch zugleich das Geſetze der Bewegung durch die Obſervationen ausgemacht / daß in glei - cher Zeit gleiche Theile von der Ellipſi beſchrieben wuͤrden. Und unerachtet Sethus Wardus in ſeiner Geometria Circulari und mit ihm der Graf von Pa - gan in ſeiner Theorie des Planetes davon abgewi - chen / umb die Geometriſche Rechnung in der Ellipſi leichter zu haben / in dem ſie geſetzet / es erſcheine die Bewegung des Planetens aus dem andern Brenn - Puncte L in gleicher Zeit gleich groß; ſo hat doch Iſmaël Bullialdus in ſeinen Fundamentis Aſtrono - miæ Philolaicæ clarius explicatis c. 1. & 2 p. 7 & ſeqq. deutlich erwieſen / daß ſie mit den Obſerva - tionen nicht uͤber einſtimme und dannenhero bleibendie365der Aſtronomie. die Aſtronomi billig bey dem Kepler / unerachtet ſeine Rechnung nicht voͤllig Geometriſch iſt.
420. Durch die Ellipfin verſtehen wir eine krum - me Linie / in deren Axe PX zwey Puncte A und Lan - genommen werden koͤnnen / daraus man gegen jeden Punct in der Peripherie der Ellipſis zwey Linien ziehen kan / die ſo groß ſind als die Axe PX. Die gedachten Puncte A und L werden die Brenn-Pun - cte genennet. Von dieſer Linie werdet ihr in dem vierdten Theile ein mehreres finden.
421. Damit wir nun verſtehen moͤgen / wie nach dem Kepler die Bewegung der Planeten ausge - rechnet werde; muͤſſen wir vor allen Dingen uns ei - nige Kunſt-Woͤrter bekandt machen.
422. PERIHELIUM iſt der Punct X /Tab. VII. Fig. 36. wo der Planete der Sonne A am naͤch - ſten iſt: APHELIUM aber der Punct P / in welchem er von der Sonne am wei - teſten wegſtehet.
423. Diejenigen / welche den Planeten mit der Sonne eine Bewegung umb die Erde zueignen / nennen den Punct X das Perigæum; den Punct P aber das Apogæum.
424. Die Linie PX / welche aus dem Perihelio in das Aphelium gezogen wird / heiſſet LINEA APSIDUM.
425. Die Diſtantz des Brenn-Pun - ctes A / wo die Sonne iſt / von dem Mit - tel-Puncte B / wird die ECCENTRICI - taͤt genennet.
426. Die Linie AC / welche aus dem Mittelpuncte der Sonne A in die Pe - ripherie der Ellipſis oder die Bahn des Planetens gezogen wird / heiſſet die Di - ſtantz / im Lateiniſchen auch INTER - VALLUM.
427. Die mittlere Anomalie iſt die Zeit / welche der Planete zubringet / in - dem er von dem Apogæo biß zu einem gewiſſen Puncte C in ſeiner Bahn fort - gehet.
428. Alſo ſchicket ſich zu ihrem Maaße das Stuͤcke von der Elliptiſchen Flaͤche PAC / welches die Linie / ſo aus der Sonne A in den Planeten C gezogen wird / wehrender Zeit beſchrieben (§. 418).
429. Zu dem Ende theilet Kepler die gantze Ellipſin in 360 gleiche Theile und jeden Theil in 60 Scrupel / wie man den Circul einzutheilen pfleget /und367der Aſtronomie. und durch die Theile und ihre Scrupel ſpricht er die mittlere Anomalie aus.
430. Jn der alten Aſtronomie hieß die mittlere Anomalie der Bogen / welchen der Planete nach ſeiner mittleren Bewegung von dem Apogæo weg war.
431. Durch die mittlere Bewegung verſtehet man die jenige / vermoͤge wel - cher der Planete in gleicher Zeit gleiche Stuͤcke von ſeiner Bahn beſchreibet.
432. Hingegen durch die wahre Be - wegung verſtehen wir diejenige / wel - che wir dem Planeten zu eignen / in dem wir ihn auf der Erde obſerviren.
433. Der Eccentriſche Circul iſt der jenige / welcher mit der halben Axe BP durch das Aphelium P und Periheli - um X beſchrieben wird.
434. Dieſer Eircul wird angenommen die Ano - maliam mediam dadurch zu determiniren / wie aus folgendem erhellen wird.
435. Die Eccentriſche Anomalie / iſt der Bogen des Eccentriſchen Circuls PK zwiſchen der Linea Apſidum PX undA a 4der368Anfangs-GruͤndeTab. VII. Fig. 36.der Linie KL / die aus dem Mittelpun - cte des Planetens C auf die Linie PX perpendicular gezogen wird und oben in K den Eccentriſchen Circul durch - ſchneidet / wenn man ſie verlaͤngert.
436. Die Coæquir te Anomalie iſt der Winckel PAC / welchen die beyden Linien / ſo aus dem Mittelpuncte der Sonne A in das Aphelium und den Planeten C gezogen werden / mit einan - der machen / das iſt / der Winckel unter welchen der Bogen zwiſchen dem A - phelio und dem Planeten aus der Son - ne geſehen wird.
437. Daher nennet man ſie auch Angulum ad Solem, oder den Winckel an der Sonne. Jhr koͤn - net euch auch einbilden / als wenn aus A uͤber den Fixſternen ein groſſer Circul beſchrieben wuͤrde. Als denn waͤre die Anomalia Coæquata ein Bo - gen von dieſem Circul zwiſchen dem Aphelio und dem Orte / wo der Mittel-Punct des Planetens ge - ſehen wird.
438. Die ÆQATION oder PROSTA - PHÆRESIS iſt die Differentz der mitt - leren und Coæquirten Anomalie.
439. Man pfleget ſie auch Æquationem Centri zu nennen. Und Kepler (in Epit. Aſtron. Co -pern,369der Aſtronomie. pern. lib. 5. part. 2. c. 4. p. 691) theilet ſie in zwey Theile / nemlich in Æquationem Opticam & Phyſicam. Er ſetzt nemlich / daß nicht allein wegen der verſchie - denen Diſtantz von der Sonne die Bewegung des Planetens ungleich erſcheine / ſondern auch wuͤrcklich ungleich ſey in ſeiner Bahn. Und nennet er partem æquationis phyſicam den Triangel BAC / oder wel - cher ihm gleichguͤltig iſt den Triangel BAK (den er ſonſt Triangulum æquatorium heiſſet); hingegen den Winckel BCA partem opticam.
440. Die Eccentritaͤt der Sonne zu finden.
441. Weil der ſcheinbahre Diameter der Sonne ſehr klein iſt / ſo nimmet Kepler (in Epit. Aſtron - lib. 6. p. 717) an / es verhielten ſich die Weiten des Pla - neten von der Sonne AX zu AP wie der ſcheinbahreA a 5Dia -370Anfangs-GruͤndeDiameter in A zu dem ſcheinbahren Diameter in X. Nun iſt er in X 31′ / in der mittleren Diſtantz PB 30½. Derowegen PB: PA = 30½: 31 = 61: 62. Setzet PB = 100000 / ſo iſt PA = 101640 / folgends AB = 1640. Allein da der ſcheinbahre Diameter der Sonne ſehr klein iſt / kan man in dieſer Methode gar leichte fehlen. Daher hat Kepler die Eccentri - citaͤt noch auf eine ſorgfaͤltigere Art geſucht / und 1800 heraus gebracht.
442. Jn der Sonne iſt die Elliptiſche Bahn von einem Circul wenig unterſchieden. Daher kan man auch die Methode behalten / welche gegeben wird das Aphelium und die Eccentricitaͤt in dem Eccentri - ſchen Circul finden / wenn man nemlich ſetzet / als wenn die Sonne ſich in demſelben beweget.
443. Wenn ihr den Ort obſerviret (§. 43) / wo die Sonne am kleineſten ausſiehet; ſo wiſſet ihr wo das Aphelium der Erde iſt.
444. Vergleichet ihr eure Obſervation mit den Obſervationen der Alten; ſo werdet ihr inne werden / daß das Aphelium der Er - de veraͤnderlich ſey.
445. Kepler in ſeinen Tabulis Rudolphinis (part. 2. f. 43) ſetzet die Bewegung des Apogæi der ☉ oder Aphelii der Erde jaͤhrlich 1′ 2″. De la Hire in ſeinen Tabulis Aſtronomicis p. 16. behaͤlt ſie eben ſo. Es war aber das Aphelium der Erde A. 1700. 〈…〉〈…〉Jan. 8° ♋ 7 30″.
446. Aus zwey in einem Jahre hinterein -371der Aſtronomie. einander obſervirten Æquinoctiis und einem Orte der Sonne in S zwiſchen dem Æquinoctio und Solſtititio, ihr A - pogæum N und die Eccentricitaͤt TC zu finden.
Ricciolus in ſeinem Almag. Nov. lib. 3.Tab. V. Fig. 3〈…〉〈…〉 c. 24. f. 153. 154. giebt folgende Methode an / welche wir mit ihm bald auf ein Exempel ap - pliciren wollen. Er hat An. 1646. d. 22. Sept. das Herbſt-Æquinoctium in P zu Bononien nach Mittage umb 14 Uhr 56″ und A. 1648. nach Mittage umb 5 Uhr 56′ das Fruͤhlings-Æquinoctium in Q obſer - viret. Derowegen hat ſich die Sonne in dem Bogen PMQ 178 T. 15 St. verweilet / und daher iſt der Winckel PCQ 176° 3′ 41″. (§. 414.) / folgends der Wincke TPC 1° 58′ 9″ ½ (§. 95. 101. Geom.) und der Bogen PN Q 183° 56′ 19″. Weiter hat er A. 1646 die Sonne in S den 28 Jul. zu Mittage im 5° 14′ ♌ obſerviret. Daher war der Bogen RL / das iſt der Winckel RTL / 125° 14′ / und al - ſo STP 54° 46′. Weil nun von der Obſer - vation in S biß zu dem Æquinoctio in M 56 T. 14 St. 56′ verfloſſen ſind / ſo iſt der Win - ckel SCP 55° 48′ 34″ (§. 414). Addiret den Winckel STP 54° 46′ zu TPC 1° 58′ 10″ / ſo bekommet ihr den Winckel SIC 123° 15′ 50″ / (§. 100 Geom.) und folgends iſt TIC 56°44′372Anfangs-Gruͤnde44′ 10″ (§. 54 Geom.) / der Winckel S aber oder die Æquation 55′ 56″.
Da nun in dem Triangel csi uͤber die Win - ckel der halbe Diameter des Eccentriſchen Circuls SC 100000 bekandt iſt; koͤnnet ihr (§. 34 Trig) CI 1913½ finden / welche von PC 100000 abgezogen PI uͤbrig laͤſſet 98086½.
Derowegen ſuchet nun ferner in dem Tri - angel TIP die Seite TI / welche (§. 34 Trig. ) 4084½ heraus kommet.
Endlich da ihr in dem Triangel TIC auſ - ſer dem Winckel I die beyden Seiten TI und IC wiſſet; koͤnnet ihr (§. 37 Trigon. ) ſo wol die Eccentricitaͤt TC 34 31 / als den Winckel RTA 27° 47′ 45″ finden. Wenn ihr nun die gefundene Eccentricitaͤt TC 3431 halbi - ret / ſo kommet die Eccentricitaͤt fuͤr die El - lipſin 1715½ heraus. Ziehet ihr den Win - ckel RTA von RTL 125° 14′ ab / ſo bleibet der Winckel ATL oder die Diſtantz des Apo - gæi A von ⚪ ♈ 67° 26′ 15″ zuruͤcke / daß dem - nach dieſes den 28 Jul. 1646 im 78° 26′ 15″ ♋ geweſen.
447. Wenn auf der Axe PX die Linie KL perpendicular aufgerichtet wird / welche ſo wol die Fllipſin in L / als den Eccentriſchen Circulin K durchſchnei - det / und uͤber dieſes aus dem Brenn - Puncte A biß in K und C die geraden Li - nien AK und AC gezogen werden; ſover -373der Aſtronomie. verhaͤlt ſich das Stuͤck des Circkuls PAK zu dem gantzen Circul / wie das Ellipti - ſche PAC zu der gantzen Ellipſi.
448. Der Beweiß ſol in dem vierdten Theile ge - geben werden / wo wir den Jnhalt der Ellipſis zu ſu - chen anweiſen.
449. Derowegen koͤnnet ihr die mittlere Anomalie durch das Stuͤcke des Eccentri - ſchen Circuls PAK ausdrucken (§. 428).
450. Aus der gegebenen Eccentri - ſchen Anomalie PK und Eccentritaͤt BA die mittlere Anomalie eines jeden Pla - netens zu finden.
Die gantze Arbeit kommet darauf an / daß ihr findet / wie viel ſolcher Theile das Stuͤcke des Eccentriſchen Circuls KAP hat / derglei - chen dem gantzen Circul 360 zukommen (§. 424). Es beſtehet aber ſolches aus dem Sectore PBK und dem Triangel ABK. Je - ner haͤlt ſo viel Theile als er Grade und Mi - nuten hat. Darumb muͤſſet ihr nur finden / wie viele dem Triangel AKB zukommen: wel - ches folgender geſtalt geſchiehet:
451. Nach dem Kepler iſt die Eccentricitaͤt AR im ♂ 9265 ſolcher Theile / dergleichen BP 100000 hat / und daher die Flaͤche des gantzen Eccentriſchen Circuls 31415 900000 (§. 163. Geom.). Es ſey PK 62° / ſo iſt KL 88295 und KAB 409026587. Da nun der gantze Circul 1296000 Secunden haͤlt; muͤſ - ſen dem Triañgel KAB 16874 Sec. das iſt / 4° 41′ 14″ zukommen. Addiret dazu den Bogen KP 62°; ſo kommet die mittlere Anomalie PKA 66° 41′ 14″ heraus.
452. Wenn der Planete von dem Perihelio X zu dem Aphelio lauffet / muß der Triangel KAP von dem Sectore des Circuls abgezogen werden.
353. Es darf nicht erſt mit vielem errinnert wer - den / daß wenn man Aſtronomiſche Tabellen aus - rechnen wil / die Anomalia Eccentri nach Gefallen angenommen wird.
454. Aus der gegebenen Eccentrici - taͤt und der Eccentriſchen Anomalie die Di - ſtantz des Planetens von der Sonne KA zu finden.
Es ſey die Eccentricitaͤt AB / wie ſie im ♂ gefundẽ wird / 9265 / die Eccentriſche Anoma - lie HP 62° / der halbe Diameter des Eccen - triſchen Circuls iſt 100000. Weil der Winckel CBL der Eccentriſchen Anomalie gleich iſt / ſo iſt BCL ihr Complement zu 90° (§. 96. Geom.) und daher BL der Sinus des Complements 46947. Machet BN der Eccentricitaͤt AB gleich. Da nun BK: BL = BN: BT / das iſt / 100000: 46947 = 9265: BT; ſo findet ihr BT = 4350. Ad - diret BT zu BX / ſo iſt aus der Natur der El - lipſis AC = BT + BX = 104359.
455. Wenn der Planete in dem andern und drit - ten Qvadranten iſt / muß BT von BX ſubtrahiret wer - den.
456. Aus der gegebenen Eccentriſchen Anomalie und der Eccentritaͤt die coæ - quirte Anomalie zu finden.
Der erſte Fall. Wenn der Planete in dem erſten oder vierdten Qvadranten iſt /ver -376Anfangs-Gruͤndeverfahret alſo. Suchet ſeine Diſtantz von der Sonne AC (§. 430); ſo habet ihr in dem Triangel CAL den rechten Winckel L / die Seite AC und endlich die Seite AL als die Summe aus der Eccentritaͤt AB und dem Sinu Complementi der Eccentriſchen Ano - malie BL. Derowegen koͤnnet ihr den Win - ckel PAC (§. 37 Trigon. ) finden.
Der andere Fall. Wenn die Eccentri - ſche Anomalie PD ein Qvadrant iſt; ſo iſt die Eccentricitaͤt AB die eine Seite in dem Tri - angel EBA und ihr findet wie vorhin den Winckel EAP.
Der dritte Fall. Wenn der Planete in dem andern und dritten Qvadranten iſt / ſo ſuchet abermals ſeine Diſtantz von der Sonne AS. Alsdenn wiſſet ihr in dem Tri - angel SAM den rechten Winckel M die Sei - te AS / und uͤber dieſes die Seite AM als die Differentz des Sinus IH oder MB des Bo - gens ID (welcher entweder der Uberſchuß uͤ - ber 90° oder das Complement zu 180° iſt) von der Eccentricitaͤt AB. Derowegen findet ihr wie vorhin den Winckel SAP.
Z. E. Es ſey die Eccentricitaͤt AB 9265 die Eccentriſche Anomalie PK 62°; ſo iſt AK 28° und daher BL 46947 / folgends AL 56212. Nun iſt AC 104350. Derowegen findet ihr den Winckel ACL 32° 35′ 22″ / folgends den verlangeten CAP 57° 24′ 38″.
457. Wenn die mittlere Anomalie und die coæquirte von einander abgezogen werden / bleibet die Æquatio Centri uͤbrig (§. 438).
458. Jetzt verſtehet ihr / wie die Tabulæ Æqua - tionum von dem Kepler gerechnet worden. Jhr findet nemlich in denſelben 1. die Eccentriſche Ano - malie / welche von einem Grade biß 180° hingeſchrie - ben worden und darunter 2. Æquationis partem Phy - ſicam, ſo (§. 450) gefunden worden / in dem es der Triangel BAK iſt. Die beyde zuſammen addiret ma - chen die mittlere Anomalie aus. Derowegen iſt es nicht noͤthig geweſen / daß ſie beſonders in die Tabel - len hingeſetzt wuͤrde / wie bey andern Brauch iſt. Ferner 3. treffet ihr da die Anomaliam coæquatam und das Intervalium oder die Diſtantz des Planetens von der Sonne an. Wollet ihr die gantze Æqua - tionem Centri wiſſen; ſo koͤnnet ihr ſie (§. 432) leicht finden.
459. Jn andern Tabulis Aſtronomicis findet ihr die mittlere Anomalie / die von 1 biß 30° fuͤr 12 Zeichen hingeſchrieben wird und daneben die Æqua - tionem Centri; denn man muß insgemein die Ano - maliam coæquatum aus der Æquatione centri fin - den. Und die Tabulæ motuum mediorum mit den Tabulis Æquationum Centri ſind in der Sonne zu - laͤnglich ihre Bewegung oder viel mehr die Bewegung der Erde umb ſie auszurechnen. Jn den uͤbrigen Pla - neten aber ſind noch andere Rechnungen von noͤthen / weil noch eine neue Ungleichheit in ihrer Bewegung daher entſtehet / daß die Erde ihnen bald naͤher kom - met / bald weiter von ihnen weggehet: wovon bald ein mehreres geredet werden ſol.
460. Aus der gegebenen Eccentrici - taͤt und der mittleren Anomalie die Ec - centriſche und coæquirte Anomalie zu finden.
Die mittlere Anomalie iſt die Flaͤche PK A und die Eccentriſche Anomalie die Flaͤche PKB / welche ſo viel Theile von der gantzen Flaͤche des Eccentriſchen Circuls / als der Bogen PK und folgends der Winckel PBK Grade hat. Derowegen kommet alles dar - auf an / daß ihr den Triangel BKA in ſol - chen Theilen findet / dergleichen der Cccen - triſche Circul 360 hat. Kepler verrichtet dieſes nur durch verſuchen: und hat auch nach ihm keiner eine recht Geometriſche Rech - nung gerade zu angewieſen.
Es ſey die Flaͤche PAK 66° 41′ 14″. Der Sector PBK iſt kleiner als PAK; derowegen iſt auch der Sinus KL des Bogens KP klei - ner als 66° 41′ 14″ / das iſt / als 91522. Setzet demnach der leichten Rechnung hal - ber / es ſey KL 90000. Weil die Triangel DAB und KAB eine Grund-Linie AB ha - ben / verhalten ſie ſich wie ihre Hoͤhen DB und KL (§. 172 Geom.). Den Triangel ABD koͤnnet ihr (§. 150 Geom.) finden / ma - ßen die Eccentricitaͤt AB = 9265 und der halbe Diameter des Eccentriſchen CirculsDB379der Aſtronomie. DB = 100000. Es iſt aber ſelbiger 46 3250000 / oder 19110″. Derowegen findet ihr durch die Regel Detri den Triangel KAB 17199 oder 4° 46′ 39″. Weil ihr den Sinum KL 90000 angenommen / ſo waͤre die Eccentriſche Anomalie KP oder KBP 64° 10′ und demnach KAB + KBP 68° 56 36″ und alſo groͤſſer als die mittlere Anoma - lie umb 2° 15′ 25″. Nehmet alſo die Ec - centriſche Anomalie umb 2° 15′ 25″ weni - ger an als vorhin / nemlich 61° 54′ 35″ oder 88214″ und ſuchet wie vorhin den Triangel KAB / welchen ihr 16858″ oder 4° 40′ 58″ finden werdet. Addiret ihn zu der ange - nommenen Eccentriſchen Anomalie 61° 54′ 35″; ſo kommet die mittlere heraus 66° 35′ 33″. Dieſe iſt umb 5′ 41″ kleiner als die gegebene. Derowegen iſt die Eccentriſche Anomalie zu klein angenommen worden. Addiret demnach zu ihr 5′ 41″; ſo wird ſie 62° 0′ 16″. Suchet abermal den Trian - gel KAB / welcher 4° 41′ 43″ halten wird. Solcher geſtalt iſt die mittlere Anomalie 66° 41′ 29″ und alſo umb 15″ zu groß. Dero - wegen nehmet die Eccentriſche Anomalie umb 15″ kleiner als vorhin an / nemlich 62° 0′ 1″. Suchet den Triangel KAB / ſo fin - det ihr ihn wie vorhin 4° 41′ 13″ / und fol - gends die mittlere Anomalie 66° 41′ 14″; ſo groß nemlich als ſie angegeben worden. B b 2Dero -380Anfangs-GruͤndeDerowegen koͤnnet ihr die Eccentriſche A - nomalie 62° 0′ 1″ annehmen.
461. Die Zeit zu obſerviren / da ein Planete der Sonne entgegen geſetzet iſt oder 180° von ihr wegſtehet.
462. Weil ♀ und ☿ durch Fern-Glaͤſer neben der Sonne im Meridiano koͤnnen ge - ſehen werden; ſo wird auf eine gleiche Wei - ſe die Zeit gefunden / da ſie mit ihr in einem Orte des Thier-Kreiſes geſehen werden.
463. Die Zeit zufinden / da ein Plane - te durch den Thier-Kreiß herumb kom - met.
Z. E. Longomontanus hat zu Coppenha - gen A. 1582. d. 21. Aug. nach dem alten Ca - lender den ♄ der Sonne entgegen geſetzt ob -ſer -383der Aſtronomie. ſerviret im 7° 26′ ♓ A. 1583 d. 3 Sept. St. 13 im 19° ♓ 50′ / A. 1611. d. 15 Aug. St. 16 im 2° 12′ ♓. Tycho hat A. 1582 d. 21 Aug. St. 2 dergleichen in 7° ♓ 26′ und die Aſtro - nomi zu Alexandrien A. 136 d. 9 Jul. St. 24 haben den ♄ im ♑ 14° 14′ der Sonne ent - gegen geſetzt obſerviret. Aus dieſen Obſer - vationen rechnet ihr die Zeit / da ♄ umb die Sonne herumb kommet / folgender geſtalt.
Erſte Obſervation J. 1582 T. 21 Aug. St. 2 in ♓ 7° 26′ Andere Obſervation J. 1583 T. 3 Sept. St. 13 in ♓ 19 50
Mittlere Zeit T. 377 St. 23 dazu gehoͤrige Bewegung 12° 24′ oder 744′ 744′ geben 9371 St. was 360° oder 21600? die Zeit des Laufes T. 109 73 St. 13
dritte Obſervation J. 1611 d. 15 Aug. St. 16 in ♓ 2° 12′ Zeit zwiſchen der I und III. T. 10586 St. 14 dazu gehoͤrige Bewegung 354° 46′ oder 21286′
21286′ geben 254078 St. wie viel 21600′? die Zeit des Laufes T. 10742 St. 18.
Alexandr. Obſerv. J. 136 T. 9 Jul. St. 24 im ♑ 14° 14′ Tychoniſche J. 1582 T. 21 Aug. St. 2 in ♓ 7° 28′B b 4Un -384Anfangs-GruͤndeUnterſcheid der Merid. + St. 1. 35′ Tychoniſche im Alexandr. Merid. St. 3. 35 Mittlere Zeit T. 528194 St. 3 35′ (welche durch 10742 dividiret andeutet / daß ♄ 49 mal ſeine Bahn durchgelaufen und 1836 Tage uͤbrig laͤſt) dazu gehoͤrige Bewegung 49 Circul 53° 12′ oder 17993° 12′
17993° geben 528194 St. wie viel 360°? die Zeit des Laufes 10747 T. 4 St. das iſt / 29 Egyptiſche Jahre 162 T. 4 St.
464. Ein Egyptiſches Jahr haͤlt 365 Tage / und ſolche verſtehen wir in dem folgenden.
465. Kepler (in Epit. Aſtron. lib. 6. part. 2. c. 1.) rechnet fuͤr den Lauf des Saturni 29 J. 174 T 4 St. 58′ 25″ 30‴ / des Jupiters 11 J. 317 T. 14 St. 49′ 31″ 56‴ / des Martis 1 J. 32 1 T. 23 St. 31′ 56″ 49‴. Daher findet ihr die taͤgli - che Bewegung des erſten 2′ 0″ 36‴ / des andern 4′ 58″ 26‴ / des dritten 31′ 26″ 39‴.
466. Weil ♀ und ☿ der Sonnen niemals entgegen geſetzt werden / auch ihre Zuſammen - kuͤnfte mit der Sonne von den Alten aus Mangel der Fernglaͤſer nicht obſerviret wor - den; ſo kan man die Zeit ihres Laufes umb die Sonne auf ſolche Art nicht finden.
467. Wenn ihr aber verſchiedene Obſer - vationen habet von dieſen beyden Planeten / da ſie entweder fruͤhe oder des Abends am weiteſten von der Sonne weggegangen; koͤn - net ihr aus denſelben auf eben dergleichen Art die Zeit ihres Laufes heraus bringen.
468. Kepler (in Epit. Aſtron. lib. 6. part. 3. p. 760 ſetzet die Bewegung der ♀ umb die Sonne in 224 T. 17 St. 44′ 55″ 14‴; ☿ in 87 T. 23 St. 13′ 24″. Bey dem de la Hire (in ſeinen Tabulis A - ſtronomicis p. 65. 73) iſt die Bewegung der ♀ in einem Tage 1° 36′ 8″; des Mere. 4° 5′ 32″.
469. Aus drey Obſervationen / da Saturnus, Jupiter und Mars der Sonne entgegen geſetzt geweſen / den Ort ihres Apogæi, die Eccentricitaͤt und ihren ei - genen Ort im Thier-Kreiſe nach der mitleren Bewegung zu finden.
Z. E. Tycho hat den ♂ der Sonne entgegen geſetzt obſerviret A. 1585 d. 30. Jan. St. 19 15′ im ♌ 21° 35′ 10″; A. 1587 d. 6. Mart. St. 7. 20′ in ♍ 25° 42′; und A. 1589. d. 14. Apr. St. 6. 20′ in ♏ 4°. 23′. Alſo iſt ABD 34° 6′ 50″ / BDC 38° 41′ / BDG 145° 53′ 10″. Die Zeit zwiſchen der erſten und andern Ob -ſer -388Anfangs-Gruͤndeſervation iſt 2 J. 34 T. 12 St. 35′; von der andern zur dritten 2 J. 39 T. 23 St. De - rowegen iſt der Winckel AEB 40° 39′ 13″ / BEC 43. 30 45 / folgends DGB 20. 19. 36 / DB G 13. 47. 14. / ADC 72. 47. 50 / CDG 107. 12. 10 und DCG 30. 6. 51. Hieraus nun wird auf vorgeſchriebene Weiſe gefunden DG 13721 / DC 18329 / DBC 63. 34. 42 / BC 12792 / BE 17256 / EBD 4. 39. 56 / EDB 25. 36. 52 / ED 3247. Da nun in der Obſervation in B ♂ im 25° 42′ ♍ war / ſo iſt ſein Apogæum im 0. 5′. 8″ ♍ den 6 Mart. 7 St. 20′ nach dem alten Calender und Uranienburgiſchen Meridiano A. 1587 geweſen. Da nun BE: DE = 17256: 3247; ſo findet ihr DE (wenn ihr BE 100000 annehmet) 18817 / deſſen Helfte 9403 die Ec - centricitaͤt in der Ellipſi iſt.
470. Wenn ihr die mittlere Bewegung fuͤr die Zeit rechnet / ſo von einer Obſervation biß zu der an - dern verfloſſen; muͤßen die gantzen Circul weggelaſſen werden.
471. Es hat zwar Kepler aus 4 Obſervationen das Apogæum und die Eccentricitaͤt zu finden ange - wieſen / und haͤlt dieſelbe Methode fuͤr beſſer: allein ich habe diejenige erwehlet / welche den Anfaͤngern am leichteſten iſt. Und unerachtet man den Planeteñ in den eccentriſchen Circul ſetzet; ſo kan man doch daß auf ſolche Art gefundene Apogæum und die Eccen - tricitaͤt auch auf die Ellipſin appliciren / wenn man nemlich dieſe halb zerſchneidet / und in D den Brenn -Punct389der Aſtronomie. Punct ſich einbildet / darinnen die Sonne iſt / in E den andern Brenn-Punct.
472. Man erwehlet aber ſolche Obſervationen / da der Planete der Sonne entgegen geſetzt iſt / weil er zu ſolcher Zeit aus der Sonne und von der Erde in einem Orte des Thier-Kreiſes geſehen wird / und da - her die Ungleichheit der Bewegunng aufhoͤret / die von der Bewegung der Erde umb die Sonne herruͤhret.
473. Weil man heute zutage die Zuſam - menkuͤnfte der ☉ mit dem ☿ und der ♀ obſer - viren kan / und man nicht alte Obſervationen vonnoͤthen hat / wenn der Ort des Aphelii und die Eccentricitaͤt geſucht werden ſol / auch keine Obſervationen beqvemer ſind als die Zuſammenkuͤnfte der ♀ und des ☿ mit der Sonne; ſo koͤnnet ihr auf gleiche Art ſo wol das Aphelium als die Eccentricitaͤt dieſer beyden Planeten finden.
474. Wenn alte und neue Obſervatio - nen miteinander verglichen werden; ſo erken - net man / daß das Aphelium ♄ ♃ ♂ ♀ und ☿ beweglich ſey.
475. Doch da die Bewegung uͤberaus langſam iſt / und man in der Aufloͤſung gegenwaͤrtiger Aufga - be ſolche Obſervationen annimmet / die nicht gar zu weit voneinander entfernet; ſo hat man ohne einen mercklichen Jrrthum daher zu beſorgen ſetzen koͤnnen / als wenn es unbeweglich von der erſten biß zu der drit - ten Obſervation geweſen waͤre.
476. Nach dem Kepler (in ſeinen Tabul. Ru - dolph. part. 2.) war An. 1700 das Aphelium ♄ ♐ 28°. 3′. 44″ / ♃ ♎ 8. 10. 40 / ♂ ♍ 0. 51. 29 / ♀ ♒ 3. 24. 27 / ☿ ♐ 15. 44. 29. Die Bewe - gung in einem Jahre iſt im ♄ 1′ 10″ / im ♃ 47″ im ♂ 1′ 7″ / in ♀ 1′ 18″ / im ☿ 1′ 45. De la Hire, welcher die Zuſammenkuͤnfte der Planeten mit der Sonne obſerviret / ſo zu Keplers Zeiten noch fuͤr unmoͤglich gehalten ward / hat es etwas anders ge - ſetzet / wie aus beygefuͤgtem Taͤfelein zu erſehen.
Ort des Aphelii 1700 | Jaͤhrliche Beweg. | ||
♄ | ♐ 29°. 14′. 41″ | 1′. | 22″ |
♃ | ♎ 10. 17. 14 | 1. | 34 |
♂ | ♍ 0. 35. 25 | 1. | 7 |
♀ | ♒ 6. 56. 10 | 1. | 26 |
☿ | ♐ 13. 3. 40. | 1. | 39 |
Von der Eccentricitaͤt wollen wir nicht eher geden - cken / bis wir verſtehen / wie man ſie fuͤr alle Plane - ten in ſolchen Theilen geben kan / dergleichen der hal - be Diameter der Erdbahn / nicht aber die Bahn eines jeden Planetens / 100000 hat.
477. Oben habt ihr die Zeit gefunden / wenn der Planete den Thier-Kreis durchlauft / aus Obſerva - tionen von ſeinem wahren Orte. Jhr ſollet aber von Rechtswegen Obſervationen von ſeinem mittleren Orte dazu genommen haben. Derowegen koͤnnet ihr / nachdem ihr durch gegenwaͤrtige Aufgabe den mitt - leren Ort der Sonne finden koͤnnet / da er der Sonne entgegen geſetzt iſt / dieſelbe Rechnung noch einmalvon391der Aſtronomie. von neuem vornehmen / und die Zeit des Laufes der Planeten gnauer finden.
478. Die NODI oder Knotten ſind die beyden Puncte der Ecliptick / in welchen die erweiterte Bahn des Pla - netens ſie durchſchneidet.
479. Die Ecliptick wird in der aͤuſerſten Flaͤche der Welt-Kugel uͤber den Fixſternen concipiret (§. 57) die Bahn des Planetens wird von ſeinem Mittel - Puncte beſchrieben / indem er ſich umb die Sonne her - umb beweget / und iſt ſolchergeſtalt weit von der E - cliptick entfernet. Bildet euch aber ein / als wenn der Circul oder vielmehr die Ellipſis, darinnen ſich der Planete beweget / dergeſtalt erweitert wuͤrde / daß er gleichfals bis uͤber die Fixſterne gienge: ſo werdet ihr euch nicht allein beſſer einbilden koͤnnen / als ſonſt / wie die Bahn des Planetens gegen die Flaͤche der Ecli - ptick incliniret iſt / und ſie in zwey Puncten durchſchnei - det; ſondern auch das uͤbrige / was von der Ausſchwei - fung der Planeten von der Ecliptick geſaget werden ſol / deſto leichter verſtehen.
480. Von dem einen Nodo faͤngt der Planeten an uͤber die Ecliptick herauf zu ſteigen in die Nordi - ſchen Zeichen: von dem andern aber ſteiget er herun - ter in die Suͤdiſchen Zeichen. Jener wird Nodus a - ſcendens; dieſer deſcendens genennet. Zuweilen heiſ - ſet auch jener Nodus Borealis: dieſer aber Auſtra - lis. Jene deutet man an durch ☊; dieſen aber durch ☋.
481. Die INCLINATION wird ge -nen -392Anfangs-GruͤndeTab. VII. Fig. 37.nennet der Bogen PR eines Circuls / der durch den Planeten P und die Ecliptick dergeſtalt aus der Sonne S beſchrieben wird / daß er mit ihr in R einenen rechten Wincke macht; oder der Winckel an der Sonne PSR deſſen Maaß der Bo - gen PR iſt.
482. Das Argument der INCLI - NATION iſt der Bogen von der er - weiterten Bahn des Planetens NP / welcher zwiſchen ſeinem aufſteigenden Nodo und dem Orte P / wo der Planete aus der Sonne S geſehen wird / enthal - ten iſt.
483. Der Eccentriſche Ort des Pla - netens iſt der Punct P in ſeiner erweiter - ten Bahn / in welchem er aus der Sonne S geſehen wird.
484. Daher nennet man auch die Eccentri - ſche Laͤnge des Planetens den Bogen der Ecli - ptick / welcher zwiſchem den ♈ ⚪ und der Jnclination des Planetens PR enthalten iſt.
485. Die Reduction zur Ecliptick iſt der Unterſcheid zwiſchen der Eccen - triſchen Laͤnge und dem Argumente der Jnclination.
An -393der Aſtronomie.486. Hier muß die Eccentriſche Laͤnge wie das Argument der Jnclination von dem aufſteigenden Knoten an gerechnet werden.
487. Die Curtirte oder verkuͤrtz -Tab. V. Fig. 39. te Diſtantz des Planetens iſt die Linie SR / welche zwiſchen dem Mittelpuncte der Sonne S und der Perpendicular - Linie HR aus dem Planeten P auf der Flaͤche der Ecliptick enthalten iſt. Der Unterſcheid HR zwiſchen der Curtirten Diſtantz SR und wahren Diſtantz PS von der Sonne S heiſſet die Curtirung oder Verkuͤrtzung.
488. Die Knoten oder Nodos zu ob - ſerviren.
Obſerviret einige Zeit hinter einander die Laͤnge und Breite der Planeten (§ 381) und wenn ihr mercket / daß ſie ſehr abnimmet / ſo ſtellet dieſe Obſervationen mit Fleiß fort / biß ihr findet / daß der Planete keine Breite hat / denn weil ihr zugleich ſeine Laͤnge obſer - viret / ſo wiſſet ihr den Knoten.
489. Wenn ihr die neuen Obſervationen mit den alten vergleichet / werdet ihr nicht al -(3) C clein394Anfangs-Gruͤndelein inne werden / daß ſie nach der Ordnung der Zeichen fort ruͤcken; ſondern auch wie ſchnelle dieſe Bewegung ſey.
490. Daher hat man die Tabellen von der Be - wegung der Knoten conſtruiren koͤnnen. Denn da die Bewegung ohne dem ſehr langſam iſt / nimmet man an / daß ſie in gleicher Zeit einen gleichen Bo - gen fort ruͤcken.
491. Wo die Knoten im Anfange dieſes Jahr - hundertes geweſen und wie viel ſie in einem Jahre fortruͤcken / koͤnnet ihr aus beygeſetztem Taͤfelein er - ſehen. Denn unerachtet bloß des aufſteigenden ge - dacht wird; ſo wiſſet ihr doch auch zugleich den Ort des niederſteigendens / wenn ihr 180° dazu addiret: weil vermoͤge der Obſervationen die beyde Knoten 180° von einander entfernet ſind und daher die Bahn eines jeden Planetens die Flaͤche der Ecliptick mit - ten in der Sonne durchſchneidet.
Ort des ☊. | Jaͤhrliche Bewe - gung. | |
Nach Keplern. | ♄. 22°. 49′. 4″ ♋ | 1′. 12″ |
♃. 5. 31. 47 ♋ | 0. 4 | |
♂. 17. 50. 46 ď | 0. 40 | |
♀. 14. 19. 5 ♊ | 0. 47 | |
☿. 14. 47. 26. ♉ | 1. 25 | |
Nach de la Hire. | ♄. 21°. 56. 29 ♋ | 1. 12 |
♃. 7. 11. 44 ♋ | 14 | |
♂. 17. 25. 20 ♉ | 37 | |
♀. 13. 54. 19 ♊ | 46 | |
☿. 14. 53. 14 ♉ | 1. 25 |
492. Die groͤſte Jnclination des Pla - netens zu finden / das iſt / den Winckel / den ſeine Bahn mit der Erdbahn / oder ſeine erweiterte Bahn mit der Eclip - tick machet.
493. Kepler ſetzet dieſen Winckel im Saturn. 2° 32′ / im Jupiter 1° 20′ im Marte 1° 50′ 30″ / in der Venere 3° 22′ / im Mercur. 6° 54′. Bißher hat man aus denen Obſervationen keine Urſache zu muthmaſſen daß er veraͤnderlich ſey.
494. Aus dem gegebenen Jnclina - tions-Winckel PNR und dem Argumen - te der Jnclination PN die Jnclination PR zufinden.
Die Aufloͤſung iſt voͤllig wie in der 9 Auf - gabe des erſten Theiles (§. 99).
495. Auf ſolche Art iſt die Tabula Inclinatio - num der Planeten gerechnet worden.
496. Aus dem gegebenen Jnclina - tions-Winckel PNR und dem Argumen - te der Jnclination PN die Reduction zu finden.
497. Auf ſolche Act iſt die Tabula Reductionum gerechnet worden. Exempel hiervon zu geben iſt nicht noͤthig / weil ſie mit denen uͤberein kommen / die in dem erſten Theile von der Declination / geraden Aſ - cenſion und Laͤnge der Sonne gegeben worden.
498. Aus der gegebenen Diſtantz desTab. V. Fig. 39. Planetens von der Sonne PS und der Jnclination PSR die Curtirte Diſtantz RS zu finden.
Weil der Triangel PRS bey R rechtwinck - licht iſt / ſo verhaͤlt ſich wie der Sinus totus oder Radius des Eccentriſchen Circuls zu der gegebenen Diſtantz PS / ſo der Sinus Complementi der Jnclination das iſt / der Sinus des Winckels RPS / zu der Eurtirten Diſtantz RS (§. 34 Trigon.).
499. Ziehet die Curtirte Diſtantz RS von der wahren Diſtantz des Planetens von der Sonne PS ab; ſo bleibet die Eurti - rung in ſolchen Theilen uͤbrig / dergleichen der halbe Diameter des Eccentriſchen Cir - culs 100000 hat.
500. Solcher geſtalt iſt die Tabula Curtatio - num gerechnet worden auf alle Grade des Arguments der Jnclination. Und ſind demnach die Tabulæ Inclinationum, Reductionum & Curtationum bey dem Kepler in ſeinen Rudolphinis fuͤr jeden Planeten in eine gebracht.
501. Der Heliocentriſche Ort desC c 3Pla -398Anfangs-GruͤndePlanetens iſt der Punct der Ecliptick wo der Planete aus der Sonne geſehen wird: der Geocentriſche aber / wo er von der Erde geſehen wird.
502. Was bißher von der Bewegung der Pla - neten geſaget worden / dienet nur ihren Ort zu finden / wenn ſie aus der Sonne geſehen werden. Und da - her ſehen wir ihn niemals in demſelben / als wenn er der Sonne entweder entgegen geſetzt iſt / oder mit ihr zuſammen kommet. Jn den andern Faͤllen aber entſtehet noch eine andere Ungleichheit in der Bewe - gung der Planeten / die zu und abnimmet / nach dem die Erde ihnen entweder naͤher kommet / oder wei - ter von ihnen weggehet. Und iſt dieſes ein klahrer Beweiß / daß die Erde ſich umb die Sonne bewegen muͤſſe; weil nemlich dieſe Ungleichheit ſo gar gnau mit der Bewegung der Erde verknuͤpfet iſt. Von dieſer nun iſt noch noͤthig zu reden.
503. Der Commutations-Win - ckel ESR iſt der Unterſcheid zwiſchen dem wahren Orte der Sonne E / wo ſie nemlich von der Erde geſehen wird / und dem zur Ecliptick reducirtem Orte des Planetens R.
504, Er wird alſo gefunden / wenn ihr entweder den wahren Ort der Sonne von den Heliocentriſchen des Planetens / oder dieſen von jenem abziehet.
505. Der Elongations-Winckel ETR (welcher auch / der Winckel an der Erde genennet wird) iſt der Un - terſcheid zwiſchen dem wahren Orte der Sonne E und dem wahren Orte des Planetens / wo er von der Erde geſe - hen wird.
506. Die PARALLAXIS der Erd - Bahn iſt SRT oder der Unterſcheid zwiſchen dem Commutations - und E - longations-Winckel.
507. Es iſt abermals ein herrlicher Beweiß fuͤr die Bewegung der Erde umb die Sonne / daß dieſe Parallaxis groͤſſer iſt im Marte als im Jupiter und groͤſſer im Jupiter als im Saturno: denn der erſte iſt der Erde naͤher als der andere / der andere aber naͤher als der dritte. Die Groͤſſe der Parallaxis a - ber richtet ſich allzeit nach der Weite.
508. Aus dem gegebenen Commuta - tions-Winckel TSR / der Diſtantz der Erde von der Sonne TS und der Cur - tirten Diſtantz des Planetens SR den Elongations-Winckel STR / die Paralla - xin der Erdbahn SRT und die Diſtantz des Planetens von der Erde TR zufin - den.
C c 4Auf -400Anfangs-Gruͤnde509. Einige nennen den Commutations-Winckel Anomaliam Orbis.
510. Die Breite des Planetens iſt die Diſtantz von der Ecliptick PR / wie ſie von der Erde geſehen wird / das iſt der Winckel RFP.
511. Alſo iſt der Unterſcheid zwiſchen der Jncli - nation und der Breite des Planetens leicht zu er - achten. Jene nemlich iſt der Winckel PSR / unter welchem des Planetens Abſtand von der Eeliptick aus der Sonne geſehen wird; dieſe aber der Winckel RTP / unter welchem eben dieſer Abſtand aus der Erde erſcheinet.
512. Die Breite des Planetens zu finden aus dem gegebenen Commuta -tions -401der Aſtronomie. tions-Winckel ESR und Elongations - Winckel STR.
Man inferiret: wie der Sinus des Elon - gations-Winckels RTS zu dem Sin. des Commutations-Winckels RSE oder RST (§. 5 Trigon. ) ſo die Tangens des Com - plements zu den Jnclinations-Winckel RSP zur Tang. des Complements zu der Breite oder dem Winckel PTR.
Wie SR zu TR alſo die Tangens des Complements RSP zu der Tang. des Com - plements RTP (§. 76. Optic.). Nun iſt SR zu TR wie der Sinus RTS zu dem Sin. RST (§. 33 Trigon.). Derowegen wie der Sinus RTS zu dem Sin. RST ſo die Tan - gens des Complements zu RSP zur Tang. des Complements zu RTP. W. Z. E.
513. Weil die Breite des Planetens nicht ſehr groß iſt / ſo nehmen einige an / es verhalten ſich die Jnclination zu der Breite wie RS zu TR / oder wie der Sinus RTS zu dem Sin. RST. Vid. Mercator in In - ſtit. Aſtron. lib. 2. ſect. 2. c. 23. p. 161.
514. Wenn die Winckel RST und STR gegeben ſind / wiſſet ihr die Verhaͤltnis der Diſtantz der Erde TS und des Planetens RS von der Sonne S gegeneinander.
515. Auf ſolche Weiſe hat man gefunden / daß wenn die mittlere Diſtantz der Erde von der Sonne 10 iſt / die mittlere Diſtantz ☿ von der Sonne 4 / der ♀ 7 / des ♂ 15 / des ♃ 52 und des ♄ 95 ſey.
516. Wenn man die Verhaͤltnis des hal - ben Diameters von dem Eccentriſchen Cir - cul eines jeden Planetens zu dem halben Diameter des Eccentriſchen Circuls der Er - de weiß (§. 515) und die Eccentricitaͤt eines jeden in ſolchen Theilen / dergleichen der ge - dachte halbe Diameter 100000 hat (§. 469); ſo kan man die Eccentricitaͤt fuͤr alle Plane - ten in ſolchen Theilen finden / dergleichen der halbe Diameter des Eccentriſchen Circuls der Erde 100000 hat.
517. Rach dem Kepler (in Epit. Aſtron. lib. 6; part. 2. p. 732. & part. 3. p. 765.) ſind die Eccentri - citaͤten und Diſtantzen von der Sonne in dergleichen Theilen folgende:
Groͤſte Diſtantz | Mittlerere | Kleineſte | Eccentr. | |
♄ | 1005207 | 951000 | 896793 | 5700 |
♃ | 544708 | 519650 | 494592 | 4822 |
♂ | 166465 | 152350 | 138235 | 9263 |
☉ | 101800 | 100000 | 982000 | 1800 |
♀ | 72900 | 72400 | 71900 | 694 |
☿ | 46955 | 38806 | 30657 | 21000 |
518. Wenn ihr die Zeiten der Bewegung des Planetenumb die Sonne mit ihren Weiten von derſelben vergleichet / werdet ihr befinden / daß ſie ſich gegeneinander verhal - ten wie Qvadrate der Bewegungen zu den Cubis der Weiten: welches Kepler zuerſt von den Haupt-Planeten wahrgenommen / Caſſini aber auch von den Monden des Sa - turni und Jupiters richtig befunden.
519. Z. E. Saturnus gehet beynahe in 30 / Jupi - ter in 42 Jahren umb die Sonne (§. 54). Alſo ſind die Qvadrate von der Zeit ihrer Bewegung umb die Sonne wie 900 zu 144. Die Diſtantz des Saturni von der Sonne verhaͤlt ſich in des Jupiters ſeiner bey nahe wie 9 zu 5 (§. 515) und alſo die Cubi derſelben / wie 729 zu 125. Es iſt aber bey nahe 900: 144 = 729: 125 (§. 62 Arithm.). Jn den Jupiters-Mon - den verhalten ſich die Zeiten, in welchen ſie umb ihn herumb kommen / bey nahe wie 1¾ / 3⅗ / 7⅙ und 16¾ / ih - re Diſtantzen vom Jnpiter 5⅔ / 9 / 14⅓ und 25. Alſo iſt das Ovadrat der Zeit des erſten zu dem Qvadrate der Zeit des andern 3: 13 / und der Cubus der Di - ſtantz des erſtern zu dem Cubo der Diſtantz des an - dern 170: 736. Es iſt aber bey nahe 3: 13 = 170: 736 (§. 261 Arithm.)
520. Bißher habe ich die Bewegung der Planeten umb die Sonne erklaͤhret. Nun muß ich auch noch von der Bewegung des Monds reden. Es beweget ſich aber derſelbe umb die Erde in einem Monate und zugleich mit der Erde umb die Sonne in einemJah -404Anfangs-GruͤndeJahre. Unerachtet aber keine Parallaxis der Erd - bahn hier ſtat findet / indem er ſich nicht wie die uͤbri - gen Planeten hauptſaͤchlich umb die Sonne beweget; ſo kan man doch mit der bloſſen Æquatione centri nicht auskommen / als nur wenn Neu - und Voll-Mond iſt / in andern Faͤllen findet ſich mehrere Ungleichheit in ſeiner Bewegung als in den uͤbrigen Planeten: welches auch ſo ſeyn muß / wie Newton in ſeinen Prin - cipiis Philoſophiæ Naturalis Naturalis Mathemati - cis lib. 3. prop. 22. & ſeqq. p. 427 & ſeqq. und aus ihm Gregorius in Elementis Aſtronomiæ prop. 21. f. 317 & ſeqq. à priori erwieſen. Und hieraus ſehen wir abermal die Vortreflichkeit des Copernicaniſchen Welt-Baues / wie er von dem Kepler perfectioni - ret worden / weil man auch die Urſachen zeigen kan / warumb die Planeten ſich nach den Keplerianiſchen Bewegungs-Geſetzẽ ſo gnau richten / und wie das gan - tze Welt-Gebaͤude unveraͤndert ſo lange Zeit dauren kan.
521. Die Zeit zu finden / in welcher der Mond umb die Erde herumb kommet / das iſt / die Groͤſſe eines Periodiſchen Monats zu determiniren: ingleichen die Zeit zu finden / welche von einem Voll-Monden biß zu dem andern ver - fließet / oder die Groͤße eines Synodi - ſchen Monats zu determiniren.
Z. E. Copernicus hat zu Rom A. 1500. zwey Stunden nach Mitternacht d. 6 Nov. eine Monds-Finſternis obſerviret / und A. 1523. St. 4 M. 25 im Anfange des Auguſtmo - nats eine andere zu Cracau. Hieraus fin - det ihr die Groͤſſe des Synodiſchen Mo - nats folgender geſtalt:
J.406Anfangs-GruͤndeJ. 1523. T. 237 St. 4. M. 25
J. 1500 T. 310 St. 2. M. 20.
J. 22 T. 292 St. 2 M. 5
Schalt-Tage 5
Mittlere Zeit J. 22 T. 297 St. 2. M. 5
das iſt St. 199850 oder 11991005 M.
welche durch 282 Monathe / die wehrender Zeit verfloſſen / dividiret fuͤr einen Monat / bringen 42521 M. 9 S. 9 T.
Groͤſſe des Synodiſchen Monats 29 T. 12. St. 41 M.
Eben dieſer Copernicus hat A. 1522 den 6 Sept. 1. St. 20′ nach Mitternacht / das iſt / im 2272 Jahre des Nabonaſſers / zu Cracau eine Mond-Finſternis obſerviret / und in dem 28 Jahre des Nabonaſſers iſt eine andere zu Babylon umb Mitternacht zwiſchen dem 18 und 19 des Monaths Toth geſehen worden / oder nach dem Cracaui ſchen Meridiano den 26 Aug. St. 10 M. 10 nach Mittage.
J. 2272 T. 6 Sept. 13 St. 20 M.
J. 28 T. 26 Aug. 10 St. 10 M.
Mittlere Zeit 2243 Egyptiſche Jahre T. 11. das iſt 1178936830 M. St. 3. 10′.
Wenn ihr dieſe Zahl durch die vorhin gefun - dene Groͤſſe des Monats dividiret / ſo zei - get der Qvotient / daß wehrender Zeit 27724Mo -407der Aſtronomie. Monate verfloſſen. Durch dieſe Zahl di - vidiret die mittlere Zahl / ſo kommet die Groͤſſe des Synodiſchen Monats 42524 M. 3 S. 10 T. 9 Q.
das iſt T. 29. St. 11. M. 44 S. 3. T. 10.
Jn dieſer Zeit vollbringet die Sonne in der Ecliptick 29° 6′ 24″ 18‴ und alſo der Mond 389° 6′ 24″ 18‴. Derowegen wird die Groͤſſe des Periodiſchen Monats gefunden 27 T. 7 St. 43 M. 5. S.
522. Weil die wahre Bewegung ſo wol der Sonnẽ als des Monds von der mittleren unterſchieden iſt; ſo ſollte von Rechtswegen die Sonne und der Mond in beyden Finſterniſſen in einem Grade der Anomalie / das iſt / gleich weit von ihrem Apogæo geweſen ſeyn / denn ſo iſt die Æquatio centri beyderſeits gleich groß: allein wenn die Obſervationen von den Finſterniſſen ſehr weit von einander entfernet ſind / wird der da - her beſorgende Fehler kaum verſpuͤret / Kepler ſetzt die Taͤgliche mittlere Bewegung in den Tabulis Rudolphinis f. 79 13° 10′ 35″; welchem de la Hire in ſeinen Tabulis p. 23. beypflichtet.
523. Weil ihr wiſſet / daß der ☽ innerhalb dem Synodiſchen Monate 360° von der Sonne weg kommet; ſo koͤnnet ihr durch die Regel detri finden / wie viel Grade und Scru - pel er in einem Tage von ihm weggehet.
524. Und da der Mond in ſeiner voͤlligen Verfinſterung mit einer Weile entweder inden408Anfangs-Gruͤndeden Knoten oder faſt in denſelben iſt; ſo koͤn - net ihr auf eine gleiche Art durch Obſerva - tionen von ſolchen Finſterniſſen die Bewe - gung der Knoten finden. Denn wenn ihr auf die Zeit der mittleren Verfinſterung den Ort der Sonne ſuchet / doͤrfet ihr nur 180° ad - diren / umb den Ort des Knotens zu haben.
525. Die Obſervationen geben es / daß die Kno - ten des Monds ſich in die vorhergehende Zeichen be - wegen / und zwar nach dem Kepler in einem Tage 3′ 48″ 38″. Dahingegen die Knoten aller uͤbrigen Planeten in die folgenden Zeichen fortruͤcken. Man nennet den aufſteigenden Knoten den Drachen - kopf / den niederſteigenden aber den Drachen - Schwantz.
526. Wenn ihr die taͤgliche Bewegung des Knotens zu der Bewegung des Monds addiret / ſo habet ihr die Bewegung ſeiner Breite / das iſt / wie weit er in einem Tage von dem Drachenkopfe wegkommet / und koͤnnet dannenhero durch die Regel detri fin - den / in wie vieler Zeit er 360° von ihm weg - gehet / das iſt / wieder von neuem zu ihm kom - met: welche Zeit der Drachen-Monat (Menſis Draconiticus) genennet wird.
529. Auf ſolche Weiſe ſind die Tabulæ motus La - titudinis gerechnet worden / die wir bey einigen fin -den409der Aſtronomie. den / als bey dem Bullialdo in ſeinen Tabulis Philo - laicis, daraus die Diſtantz des Mondens von dem Drachen-Kopfe gefunden wird. Kepler rechnet die Bewegung der Breite in einem Tage 13° 46.
528. Die erſte Ungleichheit in der Bewegung des Mondens wird ge - nennet / welche aus der Eccentricitaͤt entſtehet und im Neu - und Vollmon - den der Unterſcheid zwiſchen dem wah - ren und mittleren Orte des Mondens giebet.
529. Kepler ſetzet der Mond bewege ſich in einer Ellipſi, in deren einem Brenn-Puncte die Erde iſt / eben ſo wie die anderen Planeten in einer Ellipſi, in deren einem Brenn-Puncte die Sonne iſt. Dero - wegen da die Tabellen / welche man noͤthig hat den wahren Ort des Mondens im Neu - und Voll-Monden zu finden / eben ſo wie in der Sonne und den uͤbrigen Planeten gerechnet werden / iſt nicht noͤthig weiter et - was hiervon zugedencken. Die Bewegung des A - pogæi iſt nach dem Kepler in einem Tage 6′ 41″ und daher des Mondens von ſeinem Apogæo 13° 3′ 54″ / folgends kommet er wieder zu ſelbigem / wenn er einmal von ihm weggegangen / in 27 T. 13 St. 18 M. 35 S. welche Zeit man den Anomali - ſtiſchen Monat oder (menſem Anomaliſticum) zu nennen pfleget. Die Eccentricitaͤt AB ſetzet er 4362 ſolcher Theile / dergleichen BP der halbe Dia - meter des Eccentriſchen Circuis 100000 hat. WennTab. VII. Fig. 36. man die Æquationem centri auf eine gegebene Zeit(3) D dfinden410Anfangs-Gruͤndefinden kan; ſo laͤſſet ſich die groͤſſe des Synodiſchen / Periodiſchen und Drachen-Monats gnauer berech - nen als vorhin (§. 521 & ſeqq. ) geſchehen / in dem man die Zeit findet / da der Mond und die Sonne nach ihrer mittleren Bewegung einander entgegen geſetzt geweſen. Es wird aber die Cccentricitaͤt und der Ort des Apogæi aus drey Finſterniſſen gefunden voͤllig wie die Eccentricitaͤt und der Ort des Aphelii in den oberen Planeten (§. 469). Dieſe Ungleichheit verurſacht daß von einem Neu-Monden biß zu dem Voll-Monden nicht beſtaͤndig gleich viel Tage ſind. Denn ſo wol der Mond als die Sonne gehen wegen derſelben umb das Apogæum laͤngſamer fort als umb das Perigæum.
530. Wenn man den Ort des Mondens auf eine ſolche Art wie den Ort der Sonne rechnet (§. 530) / und ihn zugleich mit Fleiß obſervi - ret (§. 381); ſo trieft die Rechnung der Obſervation zu / ſo ofte Neu - oder Voll - Mond iſt: allein auſſer dieſem niemals. Und zwar iſt der Unterſcheid umb ſo viel mercklicher / je naͤher der Mond dem er - ſten oder letzten Viertel kommet / und in Vierteln am allergroͤſten. Dieſer Unterſcheid nun wird die andere Un - gleichheit des Mond-Laufes genen - net.
531. Dieſe Ungleichheit gehet in einem Monate zweymal zu Ende. Den zweymal findet ſie gar nicht ſtat / nemlich im Neu - und Voll-Monden; zweymaliſt411der Aſtronomie. iſt ſie am groͤſten / nemlich im erſten und letzten Vier - tel.
532. Wenn alſo nicht Neu - oder Voll-Mond iſt / ſo nennet man den einmal æquirten Ort des Mondens Locum Lunæ fictum, welcher durch die andere Æ - quation noch weiter corrigiret werden muß.
533. Es behaͤlt zwar Kepler nur eine einige Ellipſin fuͤr den Mond / gleich wie fuͤr die uͤbrigen Planeten: doch damit er die andere Ungleichheit aus - rechnen kan / ſetzet er in der einen Bahn eine doppelte Eccentricitaͤt / ein doppeltes Apogæum und eine doppelte Lineam Apſidum, und alſo auch zwey Tri - angula æquatoria, durch deren Flaͤchen die æqua - tiones phyſicæ exprimiret werden / dadurch die Be - wegung des Mondens entweder ſchneller oder laͤngſa - mer wird. Und weil die andere Ungleichheit auch die Breite des Mondens mit betrieft / ſo muß man den Winckel / welchen die Bahn des Planetens mit der Ecliptick in den Knoten macht / veraͤnderlich ſetzen.
534. Die Diſtantz der SonneTab. VII. Fig. 40. von dem Apogæo oder auch dem Knoten des Monds / iſt ein Bogen der Ecliptick DG zwiſchen dem Apogæo oder auch dem Knoten D und dem wah - ren Orte der Sonne G. Man nimmet auch davon den Winckel an der Erde A an / oder ſein Complement zu 360°. deſſen Maaß der Bogen BG iſt.
D d 2An -412Anfangs-Gruͤnde535. Z. E. Es ſey der Drachen-Kopf D / der Drachen-Schwantz F die Sonne in G: ſo iſt ſie umb den Bogen DFG von dem Drachen-Kopfe weg. Man nimmet fuͤr die Diſtantz das Complement deſ - ſelben zu 360° oder den Winckel DAG aa.
536. Die Monatliche oder Ver - aͤnderliche Eccentricitaͤt iſt diejenige / wo durch die andere Ungleichheit des Mond-Lauffes erklaͤhret wird.
537. Die Monatliche Eccentrici - taͤt zu finden.
Es ſey HAG die Linie in welcher die Zu - ſammenkunft des Mondens mit der Sonne geſchiehet und ihr entgegen geſetzet wird. Laſſet ans dem Mittelpuncte der Mondbahn B auf die Linie HG eine Perpendiculat-Linie BC fallen und ziehet durch die Erde A mit ihr die Linie IK parallel: ſo ſind die beyden Eccentricitaͤten des Punctes B die Linie AB und BZ oder AC / deren jene fuͤr die erſte Ungleichheit / die andere aber fuͤr die andere gehoͤret. Weil nun in D das Apogæum des Mondens / in H der Ort iſt / da er der Son - ne entgegen ſtehet / ſo wiſſet ihr den Win - ckel DAH. Derowegen da in dem recht -winck -413der Aſtronomie. wincklichten Triangel BAC auch die Seite AB bekandt iſt als die unveraͤnderte Eccen - tricitaͤt des Mondens; koͤnnet ihr die veraͤn - derliche AC (§ 34 Trigon. ) finden.
Z. E. Es ſey BAC 36° / AB 4362.
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. AB 36396856
Log. Sin. ABC 99079576
Log. AC 135476432 / welchem in Tabellen zu kommen 3529.
538. Die Monatlichen ScrupelTab. VII. Fig. 40. der Laͤnge ſind der Werth des groͤſten Trianguli Æquatorii ZOB oder BNZ / welches auf der Monatlichen Eccentri - citaͤt aufgerichtet wird / in ſolchen Thei - len / dergleichen das allergroͤſte 60 hat / wenn nemlich der Punct B in E faͤllet.
539. Verlaͤngert BC biß an die Mond-Bahn in O und N. Ziehet BZ mit CA parallel / und aus O und N die Linien OZ und NZ / ſo haͤlt der Triangel BOZ oder BNZ die monatliche Scrupel der Laͤnge in ſich fuͤr denjenigen Monat / da die Diſtantz der Son - ne von dem Apogæo des Mondens der Winckel D AH iſt.
540. Derowegen koͤnnet ihr die monatli -D d 3chen414Anfangs-Gruͤndechen Scrupel wie die Groͤſſe des Triannguli Æquatorii (§. 440) finden / nur daß die Flaͤ - che des Triangels BOZ in ſeine gehoͤrige Scrupel verwandelt werden muß.
541. Z. E. Es ſey BZ = 3529 / BC 100000 / ſo iſt BOZ 176450000. Wenn der Punct B in E faͤllet / ſo iſt AC = AE = 4362 / die Flaͤche des Triangels auf ſelbiger Eccentricitaͤt 218100000. Derowegen ſaget 21810 geben 60 was geben 17645? Und ihr ſindet durch die Regel Detri BOZ bey na - he 48′ 33″. Unerachtet aber in der Ellipſi die Li - nien BO und BN dem halben Diameter. BD nicht voͤllig gleich ſind; ſo hat doch Kepler erwieſen (in Epit. Aſtron. lib. 6. part. 4 p. 800) daß der Un - terſcheid in gegenwaͤrtigem Falle nicht zu attendiren ſey / denn der groͤſte Fehler / ſo daher entſtehen kau / wenn B in E faͤllet / iſt nicht uͤber 17 Secunden.
542. Ziehet durch den Mittelpunct des Eccentriſchen Circuls CB die Linie PQ mit HG oder der Linie des Monat - lichen Apogæi, darinnen Neu - und Voll-Mond geſchiehet / parallel der Mond ſey nach ſeinem einmal æquirten Orte in L: ſo heiſſet der Bogen PL o - der der Winckel PBL das Monatliche Argument der Laͤnge.
543. Jhr findet es demnach / wenn ihr die Diſtantz der Sonne vom Apogæo DAH o -der415der Aſtronomie. der DBH (§. 92 Geom.) von der Diſtantz des Mondens von ſeinen wahren Apogæo D BL abziehet.
544. Die Monatlichen Æquationen zufinden.
Es ſey CA die monatliche Eccentricitaͤt auf eine gegebene Zeit oder einen Augenblick und der Mond in ſeinem einmal æquirtẽ Or - te in L; ſo iſt der Triangel ALC ſeine mo - natliche Æquation in Graden und Minu - ten / dergleichen der gantze Eccentriſche Circul 360° hat. Derowegen kommet es darauf an / daß ihr den Triangel ALC fin - det.
Denn weil AC = BZ / ſo verhalten ſich die Triangel ALC und BLZ wie ihre Hoͤ - hen LV und LT (§. 172 Geom). Wieder - umb weil die Triangel BLZ und BAC glei - che Grund-Linien BZ und AC haben; ſo verhaͤlt ſich TL: TV — BLZ: BAC (§. cit.) Nun iſt TL: TL ‒ TV = BLZ: BLZ - ALC. Oder TL: TV = BLZ — BLZ - CAL. Derowegen BLZ: BAC: BLZ: BLZ ‒ CAL / folgends BLZ: BLZ = BAC: BLZ ‒ CAL (§. 104 Arithm.) De - rowegen iſt BAC = BLZ - CAL. W Z. E.
545. Wenn der Planete in dem andern halben Eircul in M waͤre / muͤſtet ihr den Triangel ABC (welchen Kepler particulam exſortem nennet zu EMZ addiren / damit der verlangete BAM heraus kaͤme.
546. Wenn der Planete in L iſt / und ſei - ne Eccentriſche Anomalie der Bogen DL / ſo iſt die einmal coæquirte Anomalie der Winckel DAL uud die zugehoͤrige mittlere Anomalie die Flaͤche DAL / welche aus dem Sectore DBL und dem Triangel BAL beſte - het (§. 427. 435. 436). Addiret zu der Flaͤ - che DAL den monatlichen Triangel CLA / ſo kommet die mittlere Anomalie fuͤr die zum andern mal coæquirte Anomalie herausund417der Aſtronomie. und der Winckel DAL iſt in Anſehung des monatlichen Arguments die zum andernmal coæquirte Anomalie. Jn dem andern hal - ben Circul wird der Triangel CAM von der Flaͤche HAMGN abgezogen / damit man die mittlere Anomalie fuͤr die zum andern mal æquirte erhaͤlt.
547. Hingegen aus der gegebenen mittle - ren Anomalie fuͤr die zum andernmal coæ - quirte wird ſie wie oben (§. 460) gefunden.
548 Wenn ihr euch nicht ſo viel Muͤhe geben wol - let / ſo doͤrfet ihr nur den Winckel ALC von dem Winckel DAL abziehen / oder in dem andern hal - ben Circul den Winckel CMA zu DAF + FAM addiren / damit die zum andern male coæquirte Anomalie her - aus kommet.
549. Tycho hat zuerſt obſerviret / daß zwar in dem erſten und letzten Vier - tel der zweymal æquirte Ort des Mon - dens mit dem obſervirten gnau zutrieft / als wie der einmal æquirte in dem Neu - und Voll-Monden. Allein auſſer die - ſen Faͤllen iſt zwiſchen dem gerechneten Orte und dem obſervirten noch ein mercklicher Unterſcheid / der in den O - ctanten / das iſt im 45 / 135 / 225 und 315 Grade der Entfernung von der SonneD d 5am418Anfangs-Gruͤndeam groͤſten iſt / und biß 41′ 32″ anwach - ſen kan. Dieſer wird die dritte Un - gleichheit des Mondlauffes / von dem Tychone und Kepler die Variation, von dem Bullialdo die Reflexion genennet.
550. Dieſe Ungleichheit muß von der Zuſammen - kunft bis zu der Entgegenſetzung von dem zweymal æquirten Orte ſubtrahiret / in der uͤbrigen Zeit aber zu ihm addiret werden: damit der wahre Ort heraus kommet.
551. Gregorius (in Elem. Aſtron. lib. 4. prop. 26. 〈…〉〈…〉. 322 & ſeqq. ) hat aus den Urſachen des Mondlauffes ſeine Ungleichheiten hergeleitet / und noch mehrere gefunden / als bereits angemẽrcket worden: womit ich aber die Anfaͤnger nicht irre machen wil / denen ich nur den Grund der Keplerianiſchen Aſtronomie zu zeigen mir vorgenommen habe.
552. Die groͤſte Variation zu flnden.
553. Tycho ſetzet die groͤſte Variation 40′ 30″. Kepler 52′ / und macht zum Maaſſe der Variation den Sinum der doppelten Elongation des Mondens HAL. Demnach verhaͤlt ſich wie der Sinus totus zu 51’ ſo der Sinus der doppelten Elongation HAL zu der Variation in gegebenem Falle. Z. E. Es ſey H AL 30° / ſo iſt der doppelte Bogen 60° / ſein Sinus, 26603 / folgends die verlangte Variation 44′ 10″. Es nennet aber Kepler die monatliche Æquation und Variation zuſammen Æquationem, Lumi - nis.
554. Weil die Breite eben dergleichen monatlichen Ungleichheiten unterwor - fen iſt wie die Laͤnge: ſo bildet euch ein / als wenn auſſer der Mondbahn ein Circul dergeſtalt gegen die Eclip - tick incliniret waͤre / daß er mit ihr einen Winckel von 5 Graden macht. Der Bogen / welcher zwiſchen dem Orte des Mondens und dieſem Cir - cul enthalten iſt / wird die monatliche Breite genennet.
555. Das monatliche Argument der Breite iſt die Diſtantz des wahren Ortes des Mondens von dem wahren Orte der Sonne.
556. Die Scrupel der Breite ſind die Sinus der Complemente zu ei - nem oder drey Qvadranten / oder des Uberſchußes uͤber eine oder drey Qva - dranten der Diſtantz der Sonne von dem aufſteigenden Knoten in ſol - chen Scrupeln / dergleichen der Sinus to - tus 60 hat.
557. Wenn euch demnach die Diſtantz der Sonne von dem Knoten gegeben wird / koͤn - net ihr die Scrupel der Breite durch die Re - gel detri rechnen.
558. Zu finden / wie viel der Winckel / den die Mondbahn mit der Ecliptick in den Knoten macht / wegen der Monat - lichen Ungleichheit veraͤndert wird.
Vermoͤge der Obſervation iſt die groͤſte Veraͤnderung 18 Minuten / und nimmet die - ſelbe zu nach der Diſtantz der Sonne von dem Knoten oder dem Winckel DAH. Dero - wegen inferiret: Wie der Sinus totus oder der Winckel HAL zu dem Sin. HAD / ſo 18 M. zu der Libration oder verlangten Ver - aͤnderung.
559. Wenn ihr was heraus kommet /durch421der Aſtronomie. durch die Scrupel der Breite multipliciret / kommet die Breite heraus.
560. Die Weite der Sonne von der Erde zu finden.
561. Man koͤnte auch den Ort des Mondens aus den Aſtronomiſchen Tabellen ausrẽchnen; allein weil dieſelben in Kleinigkeiten noch truͤgen koͤnnen / und in gegenwaͤrtiger Sache die gantze Rechnung auf etwas geringes ankommet; iſt es beſſer / daß man ſie durch die Sphaͤriſche Trigonometrie verrichtet.
562. Es iſt aber ſehr ſchweer die Zeit gnau zu fin - den / da der Mond halb erleuchtet iſt. Derowegen heiſſet Ricciolus die Zeit mercken / da man zweifelhaft wird / ob der Mond nicht ſchon die Helfte erleuchtet iſt / und wiederumb da man anfaͤngt gewiß zu werden / er ſey ſchon uͤber die Helfte erleuchtet; die mittlere Zeit aber fuͤr den Augenblick annehmen / da er halb er - leuchtet worden. Allein weil man es hier ſo leichte verſehen kan / hat Caſſini einen richtigeren Weg. er - dacht / der in den Leipziger-Actis 1685 p. 470 & ſeqq. beſchrieben ſtehet.
563. Je gnauer man aber die Diſtantz der Sonne zu ſuchen ſich bemuͤhet / je groͤſſer kommet ſie heraus / alſo daß die alten Aſtronomi alle dieſelbe unſtreitig viel zu kleine anſetzen. Wendelinus hat durch die in ge - genwaͤrtiger Aufgabe beſchriebene Art die parallaxin der Sonne oder den Wiñckel TSI 14 Secunden ge - funden / und Casſini auf ſeine Art nur 10 Secunden / mit welchem Flammſtaͤdt uͤbereinkommet / da ihn Ricciolus ſelbſt noch 25′ macht. Es iſt aber noͤ - thig / daß die Methode des Casſini in etwas erklaͤhret werde / welches ich in der folgenden Aufgabe thun wil.
564. Die Parallaxin des Martis und fol -Tab. VIII Fig. 42. gends der Sonne zu obſerviren.
565. Wenn der Obſervator nicht im Æquatore iſt / ſondern in einem Parallel-Circul / ſo iſt die Paral - laxis nicht mehr der Bogen PM / ſondern ein kleinerer / der ſich zu jenem verhaͤlt wie DA zu BA / das iſt / wie der Sinus der Hoͤhe des Æquatoris zum Sin. Tot. Derowegen koͤnnet ihr aus eurer obſervirten paral - laxi die unter dem Æquatore leicht finden.
566. Wenn Mars nicht im Æquatore iſt / ſo bewe - get er ſich in einem Circul / der mit ihm parallel iſt / und daher bekommet ihr den Winckel / unter welchem der halbe Diameter nicht der gantzen Erde / ſondern e - ben deſſelben Parallel-Circuls an der Erde geſehen wird. Dieſer Winckel aber verhaͤlt ſich zu jenem wie der halbe Diameter des Parallel-Circuls zu dem hal - ben Diameter der Erde (weil die Winckel ſehr kleine ſind) / das iſt / wie der Coſinus der Declination des Martis zum Sin. Tot. Derowegen koͤnnet ihr aber - mal aus der obſervirten parallaxi diejenige finden / welche er haben muͤſte / wenn er ſelbſt im Æquatore ſtuͤnde.
567. Weil die Sterne / wenn ſie in den ſechſten Stunden-Circul / das iſt / von dem Meridiano 90° weg kommen / dem Horizont ſehr nahe ſind / und nichtwohl425der Aſtronomie. wohl obſerviret werden koͤnnen: moͤget ihr ihn in dem dritten Stunden-Circul obſerviren / das iſt / wenn er von dem Meridiano 45° weggegangen. Denn wie ſich verhaͤlt IS der Sinus von 45° zu ID dem Sin. Tot. ſo die im dritten Stunden-Circul obſervirte paralla - xis zu der parallaxi im ſechſten.
568. Unerachtet aber auch der Planete nach ſeiner eigenen Bewegung fortgehet / ſo koͤnnet ihr doch aus zwey nacheinander obſervirten Mittags-Hoͤhen ſei - nen Ort in der Ecliptick (§. 381.) und folglich auch auf eine jede gegebene mittlere Zeit finden / in welchem er aus dem Mittelpuncte der Erde geſehen wird.
569. Zu der Obſervation ſpannet in dem Brenn - Puncte des Objectiv-Glaſes in einem Fern-Glaſe vier Faden in der Geſtalt eines Rectanguli ABCD aus. Wendet das Fernglaß ſo lange herumb / biß ein Stern durch den Faden AB oder CD ſich beweget; ſo iſt der Faden AB mit dem Æquatore parallel / und und ihr muͤſſet in dieſer Stellung das Fernglaß erhal - ten. Setzet es anfangs in den Meridianum / damit ihr den Durchgang des Planetens mit dem Sterne im Meridiano obſerviren koͤnnet; nach dieſem aber in den dritten Stunden-Circul.
570. Da in dem bey D rechtwincklichtem Triangel ADM der halbe Diameter der Erde und die Parallaxis AMD gegeben ſind / koͤnnet ihr (§. 34 Trigon. ) die Diſtantz des Martis von der Erde DM finden.
571. Da ihr nun die Verhaͤltnis der Di -(3) E eſtantz426Anfangs-Gruͤndeſtantz des Martis zu der Diſtantz der Son - ne von der Erde haben koͤnnet (§. 514); koͤn - net ihr auch ihre / ja auf eine gleiche Weiſe aller uͤbrigen Diſtantz von der Erde finden und dann ferner (§. 372) ihre Parallaxin aus - rechnen.
572. Nach dem Casſini (wie Ozanam in ſeinem Cours de Mathematique Tom. 5. Trait. de Geogr. part. 1. c. 2. p. 64. 65. berichtet) ſind die Weiten der Planeten und der Sonne von der Erde in halben Diametern der Erde von folgender Groͤße.
Groͤſte Wei - te. | Mittlere Weite | Kleineſte Weite | |
♄ | 244000 | 210000 | 176000 |
♃ | 143000 | 115000 | 87000 |
♂ | 59000 | 33500 | 8000 |
☉ | 22374 | 22000 | 21626 |
♀ | 38000 | 22000 | 6000 |
☿ | 33000 | 22000 | 11000 |
☽ | 61 | 57 | 53 |
573. Weil ihr die Diſtantz der Planeten von der Erde (§. 572) und ihren ſcheinbahren Diameter in der kleineſten Diſtantz (§. 361) wiſſet; koͤnnet ihr (§. 365) ihren wahren Dia - meter / folgends die Verhaͤltnis des Plane -tens427der Aſtronomie. tens zu der Erde (§. 366) / ja auch ſeine wahre Groͤſſe (§. 221. 222. Geom.) finden.
574. Und da in der Geographie gezeiget werden ſol / daß der halbe Diameter der Erde 860 Teutſche Meilen in ſich enthaͤlt. Koͤn - net ihr die Diſtantz der Planeten von der Er - de in Teutſchen Meilen finden. Z. E. die geringſte Diſtantz der Sonne von der Erde iſt 21626 halbe Diameter der Erde. Mul - tipliciret dieſe Zahl durch 860 / ſo kommet heraus / daß die Sonne 18598360 Teutſche Meilen von der Erde entfernet ſey / wenn ſie ihr am naͤchſten kommet.
575. Hugenius hat in ſeinem Syſtemate Satur - nino noch auf eine andere Art angewieſen / wie man die Groͤſſe der Welt-Coͤrper berechnen koͤnne. Weil nun dieſelbe nicht allein kuͤrtzer / ſondern auch gewiſ - ſer als die vorige iſt / in dem man die Verhaͤltnis der Welt-Coͤrper gegen die Sonne findet / ohne daß man die Weite der Sonne von der Erde wiſſen darf; ſo wird dienlich ſeyn / daß ich ſie noch in der folgenden Aufgabe erklaͤhre.
576. Die Groͤſſe der Welt-Coͤrper zu determiniren.
Z. E. der ſcheinbahre Diameter des Ringes umb den Saturnum iſt in ſeiner weiteſten Di - ſtantz 68 S. dieſe verhaͤlt ſich zu der mittleren Diſtantz der Sonne faſt wie 8 zu 1. Dero - wegen (da man hier annehmen kan, die ſchein - bahren Diameter verhalten ſich wie die Weiten) wuͤrde er in ſolcher Diſtantz 8 mal ſo groß / das iſt / 9′ 4″ ausſehen. Der Diame - ter der Sonne erſcheinet 30′ 30″. Dero - wegen (da man hier wegen der Kleinigkeit der ſcheinbahren Diametrorum annehmen kan ſie verhalten ſich wie die wahren) verhaͤltſich429der Aſtronomie. ſich der Diameter des Ringes umb den Sa - turnum zu dem Diameter der Sonne wie 9′ 4″ zu 30′ 30″ das iſt / bey nahe wie 11 zu 37. Nun verhaͤlt ſich der Diameter des Ringes zu dem Diameter des Saturni ſelbſt wie 4 zu 9 / das iſt / bey nahe wie 5 zu 11 / und demnach iſt ſeine Verhaͤltnis zu dem Diameter der Sonne etwas geringer als 5 zu 37. Sol - cher geſtalt verhaͤlt ſich die Groͤſſe des Saturni zu der Groͤſſe der Sonne wie 125 zu 50653 / das iſt / Saturnus iſt faſt 405 mal kleiner als die Sonne.
577. Auf ſolche Weiſe ſind von dem Hugenio in angefuͤhrtem Orte die Verhaͤltniſſe ausgerechnet worden / welche die Diameter der Welt-Coͤrper ge - gen einander haben / deren Cubi die Verhaͤltnis der Coͤrper ſelbſt geben. Beyde ſetzen wir in folgendes Taͤfelein.
Verhaͤltnis der Diameter ge - gen den Diam. der Sonne. | Verhaͤltnis der Coͤrper gegen die Sonne. | Wie viel die ⊙ groͤſ - ſer ſey. | |
Ring | 11: 37 | ||
♄ | 5: 37 | 125: 50653 | 405 |
♃ | 2: 11 | 8: 1331 | 166 |
♂ | 1: 166 | 1: 4574 296 | 4574296 |
♀ | 1: 84 | 1: 592704 | 592704 |
☿ | 1: 290 | 1: 24389000 | 24389000 |
578. Weil die Erde mitten zwiſchen der Venus und dem Mars ihre Stelle hat / ſo giebet Hugenius in ſeinem Syſtem. Saturnin. p. 80 auch ihrem Dia - meter die mittlere Arithmetiſche Proportional-Groͤſ - ſe zwiſchen dem Diameter der Venus und des Mar - tis. Derowegen da jener $$\frac {1}{84}$$ / dieſer $$\frac {1}{166}$$ von dem Diameter der Sonne haͤlt / giebt er dem Diameter der Erde $$\frac {1}{111}$$ von dem Diameter der Sonne. Dan - nenhero verhaͤlt ſich die Sonne zu der Erde wie 1367631 zu 1 / das iſt / die Sonne iſt 1367631 mal groͤſſer als die Erde. Da nun die Sonne 30′ 30″ ausſiehet / iſt ihr Diameter $$\frac {1}{113}$$ ihrer Weite von der Erde / und folgendes der Diameter der Erde $$\frac {1}{12543}$$ von eben derſelben Weite. Demnach waͤre die mittlere Diſtantz der Sonne von der Erde 25086 halbe Diameter der Erde / welches etwas groͤſſer iſt als es die Rechnung des Casſini erfordert (§. 572).
579. So ihr nun den Diameter der Erde 1720 Teutſche Meilen annehmet / ſo baͤlt der Diameter der Sonnen 190920 Meilen und ihr findet ferner durch die Regel Detri fuͤr den Diameter im Ringe des Sa - turni 56760 / im Saturno 25800 / im Jove 37527 / in der Venere 2273 / im Marte 1150 / im Mercurio 658: woraus ihr auch ihren Coͤrperlichen Jnhalt in Cubiſchen Meilen finden koͤnnet. Hieraus nun iſt zu gleich klahr / wie der Erd-Diameter ſich zu dem Dia - meter der uͤbrigen Planeten und ſeine Groͤſſe zu ihrer Groͤſſe verhalte / welches aus beygefuͤgtem Taͤfelein zu erſehen.
Ver -431der Aſtronomie.Verhaͤltnis des Diameters der Erde gegen den Erd-Diameter der Planeten. | Verhaͤltnis der Erde gegen die Planeten. | Wie viel die Erde kleiner o - der groͤſ - ſer ſey. | |
Ring | 1: 33 | ||
♄ | 1: 15 | 1: 3375 | 3375 |
♃ | 1: 20 | 1: 8000 | 8000 |
☉ | 1: 111 | 1: 1367631 | 1367631 |
♀ | 3: 4 | 27: 64 | 2 $$\frac {10}{27}$$ od. 2⅓ |
♂ | 3: 2 | 27: 8 | 3⅜ |
☿ | 13: 5 | 2197: 125 | 17 $$\frac {7}{10}$$ |
Alſo iſt die Erde 17 $$\frac {7}{10}$$ mal groͤſſer als ☿ / 3⅜ mal groͤſſer als ♂: hingegen kleiner als die uͤbrigen alle.
580. Hugenius in ſeinem Coſmotheoro lib. 2. p. m. 114 mercket an / daß durch die vortreflichſten Fern-Glaͤſer die Fixſter - ne nur wie ein heller Punct ohne alle Breite erſcheinen.
581. Daher haben wir keinen gewiſſen Grund / daraus wir die wahre Groͤſſe ermeſſen koͤnnen.
582. Die Fixſterne koͤnnen ihr Licht nicht von der Sonne haben.
E e 4Be -432Anfangs-GruͤndeSie ſind weiter von der Sonne weg als Saturnus (§. 387) und doch iſt ihr Licht viel heller. Derowegen koͤnnen ſie es nicht von der Sonne haben. W. Z. E.
583. Alſo haben ſie ihr eigenes Licht und ſind demnach lauter Sonnen.
584. Daher iſt glaublich / daß ſie auch ihrẽ Pla - neten haben / die ſich umb ſie bewegen. Woraus denn eine unendliche Groͤſſe des Welt-Gebaͤudes ent - ſpringet und eine unzehliche Zahl der vernuͤftigen Crea - turen / die ihren Schoͤpfer loben.
585. Eben ſo hat man Urſache zu glauben / es ſey Sirius nicht kleiner als die Sonne. Und hierauf hat ſich Hugenius gegruͤndet als er in ſeinem Coſmotheo - ro p. 115 die Weite der Fixſterne von der Erde ei - niger maſſen ermeſſen wollen / welche er 27664 mal groͤſſer als die Diſtantz der Sonne von der Erde ſe - tzet. Da nun die Sonne 18920000 Teutſche Mei - len nach ihrer mittleren Diſtantz von der Erde weg iſt; muͤſten die Sterne uͤber 523402880000 Mei - len von der Erde weg ſeyn.
586. Zu weilen erſcheinen einige Ster - ne / die man vorhin nicht ſahe. Uber ei - ne Weile verſchwinden ſie und zu ande - rer Zeit kommen ſie wieder. Dergleichen Stern iſt auf der Bruſt des Schwanens welcher von den Aſtronomis Mira oderder433der Aſtronomie. der wunderbahre geneñet wiꝛd. Ande - re hingegen kom̃en nicht mehr wieder / wenn ſie ſich einmal ſehen laſſen. Der - gleichen iſt der Stern / welcher zu den Zeiten des Tychonis in dem Geſtirne der Caſſiopeæ erſchien / viel groͤſſer und heller als alle uͤbrige Sterne / ſo daß er auch des Nachtes durch die Wolcken uñ des Tages bey hellem Sonnen-Scheine von ſcharffen Augen geſehen wurde. Seine Groͤße und Helle nahm nach und nach ab / bis er endlich gantz verſchwand. Vid. Tycho Progymnaſm. Tom. I. c. 3. & ſeq.
587. Von dieſen Sternen / die nicht immer an dem Himmel zu ſehen ſind / hat eine weitlaͤufftige Hiſtorie Ricciolus verzeichnet in Almag. Nov. lib. 8. Sect. 2. c. I. & ſeqq. f. 130. & ſeqq.
588. Die Sterne / welche bald erſchei - nen / bald verſchwinden / ſind ſonder zweifel einige Planeten / die ſich um die Fixſterne als ihre Sonnen bewegen (§. 564).
589. Unter den Sternen / die ſich nur zuweilen ſehen laſſen / haben einige eine Bewegung in anſehung der Fixſterne / und oͤffters einen langen Schweif. Die - ſelben werden Cometen genennet. E e 5Sie434Anfangs-GruͤndeSie bewegen ſich uͤber dieſes auch wie das gantze uͤbrige Heer in 24 Stundẽ um unſere Erde. Nach ihrer eigenen Be - wegung aber folgen ſie nicht wie die Planeten den Zeichen des Thierkreiſes; ſondern gehen wol von Mittage gegen Norden. Durch gute Fernglaͤſer ha - ben ſie dem Hevel (Cometogr. lib. 8. f. 476) wie unſere Wolcken ausgeſehen. Und da Weigel A. 1664 den Cometen zugleich mit dem Monden und einem Woͤlcklein / ſo von der Sonne am A - bend-Horizont erleuchtet wurde / durch ein Fern-Glaß betrachtete / nahm er wahr / daß das Licht des Mondens in einem fortgieng / das Licht der Wol - cken und des Cometens aber uͤberall un - terbrochen war. Es ſahe das Licht des Mondens gegen das Licht der Wolcken und des Cometens aus wie eine ebene polierte Flaͤche gegen eine andere / die hin und wieder kleine Gruͤblein hat. Vid. die Fortſetzung des Himmels-Spie - gels c. 11. §. 5. p. 96. Die Koͤpfe der Co - meten ſehen in der mitten dichter aus als umb den Rand / welchen mittleren Theil man den Kern nennet. Dieſer Kern wird nach und nach kleiner / zer - faͤhret in viel Stuͤcke / ja endlich gar in eine Materie / die der uͤbrigen gleich ſie -het. 435der Aſtronomie. het. Vid. Hevelii Cometogr. lib. 9. f. 562. & lib. 7. f. 409. Es iſt aber der Kopf der Cometen A. 1665 und 1680 gantz erleuchtet geweſen / als ſie nur 22 bis 23 Grade von der Sonne wegſtunden. Der Schweif hingegen iſt ſo duͤnne / daß man die Fixſterne dadurch ſehen kan / wie Hevel Cometogr. lib. 8. f. 516. & 517. anmercket / und der Sonne jederzeit ent - gegen geſetzt.
589. Weil die Cometen die erſte Bewe - gung umb die Erde mit dem gantzen himm - liſchen Heere gemein haben; ſo koͤnnen ſie nicht in der Lufft ſich aufhalten / wie Ariſto - teles geglaubet / ſondern muͤſſen in dem Him - mel unter den Planeten oder uͤber denſelben ſeyn.
590. Da ſie aber ſo blaß wie eine von der Sonne erleuchtete Wolcke ausſehen; ſo iſt glaublich / daß ſie fuͤr ſich kein Licht haben / ſondern es wie die Planeten / von der Sonne bekommen.
591. Derowegen da die Planeten A. 1664 und A. 1683. gantz erleuchtet waren / wie ſie von der Sonne nur 22° wegſtunden; ſo muͤſ - ſen ſie uͤber der Sonne geweſen ſeyn / das iſt /wei -436Anfangs-Gruͤndeweiter von der Crde geſtanden als die Son - ne.
592. Da nun der Schweif von der Son - ne er leuchtet wird / ungeachtet er hinter dem Kopfe des Cometens und alſo in ſeinem Schatten ſtehet: ſo muß das Sonnen-Licht durch des Cometens Kopf durchfallen koͤn - nen / und demnach kan er kein dicker und fe - ſter Coͤrper ſeyn.
593. Der Schweif aber muß nur einem duͤnnen Nebel gleichen / weil ſich die Sterne dadurch ſehen laſſen.
594. Weil demnach der Schweif nur aus Duͤnſten beſtehet (§. 593) / der Kopf auch kein recht dicker und feſter Coͤrper iſt (§. 592) / uͤber dieſes in allem den Sonnen-Flecken gleich ſcheinet (§. 240); ſo ſchließen einige mit He - veln / daß die Cometen ſich bloß aus den Aus - duͤnſtungen der Sonne und der Planeten generirten.
595. Anderen hingegen ſcheinet es glaublicher / daß die Eometen bald in der Schoͤpfung von GOtt hervorgebracht worden / und logiren ſie in den weiten Raum / welcher zwiſchen dem Saturno und den Fix - ſternen anzutreffen / darinnen ſie fich in ſehr Eccentri - ſchen Bahnen bewegen laſſen. Casſini beruft ſich in ſeinem Tractatu de Cometis ſonderlich darauf / daß zu wellen Cometen in eben dem Orte des Himmelsge -437der Aſtronomie. geſehen werden / wo zu anderer Zeit einige erſchienen / und die neuere eben die Bewegung haben / welche man von den alten wahrgenommen. Alſo hat er befun - den / daß der Comet / ſo A. 1680 geſehen worden / mit einem andern / den Tycho 1577 obſerviret / ſo gnau uͤbereinkommet / daß man mit gutem Fuge ſetzen kan / es ſey A. 1680 der Comet wieder kommen / welcher ſich 1577 hatte ſehen laſſen.
596. Es moͤgen aber die Cometen entweder Welt - Coͤrper ſeyn / die von GOtt im Anfange der Welt er - ſchaffen worden / oder auch aus den Ausduͤnſtungen der Planeten / oder auf andere Weiſe von neuem ent - ſtehen; ſo kan man daher nicht erweiſen / daß ſie den Jnwohnern der Erde entweder etwas gu - tes oder etwas boͤſes bedeuten / wenn ſie von ihnen ge - ſehen werden. Denn in beyden Faͤllen haͤtte der Schluß keinen richtigen Grund. Ja in der Bibel hat ſich GOtt niergends erklaͤhret / daß er die Come - ten zum Zeichen ſeines Zornes oder auch ſeiner Gna - de geſetzet. Vielmehr hat er uns warnen laſſen / daß wir uns fuͤr den Zeichen des Himmels nicht fuͤrchten ſollen / wie die Heyden / Jer. X. Und es waͤre auch ungereimt / daß die Cometen Boten des goͤttlichen Zornes ſeyn ſolten / da die meiſten von den wenigſten Menſchen geſehen werden: wie denn von A. 1699 an bis 1709 faſt alle Jahre / aber nur von wenigen A - ſtronomis bey naͤchtlicher Weile Cometen geſehen worden. Vid. Hiſtoire de l’ Academie Royale des Sciences A. 1699. 1700. 1701 &c. Aus der Erfah - rung kan man nicht ſchlieſſen / daß die Cometen eine boͤſe Bedeutung haben. Denn es iſt keine Folge / auf die Erſcheinung des Planetens iſt einer gewiſſen Nation ein groſſes Ungluͤck begegnet: Derowegen hat der Comete dieſes bedeutet. Zu geſchweigen / daß man aus der Hiſtorie nicht erweiſen kan / es ſey jeder - zeit auf die Erſcheinung eines Cometens eine großeVer -438Anfangs-GruͤndeVeraͤnderung in den Reichen der Welt erfolget. Ja wenn GOtt einem gewißen Volcke durch ein Zeichen vom Himmel ſeinen Untergang ankuͤndigen wolte; muͤſte er es in unſere Luft ſetzen / daß es uͤber dem Lan - de oder der Stadt ſtehen bliebe / deme der Untergang angedeutet wird: wie man von dem Cometen erzeh - let / der uͤber Jeruſalem durch das gantze Juͤdiſche Land vor ihrer Verſtoͤhrung geſehen ward.
598. Jch koͤnte zwar noch beybringen / was man bey den Cometen / wenn ſie erſcheinen / zu obſerviren ha - be / ingleichen von der Linie / welche ſie in ihrer Be - wegung beſchreiben / und wie man ihre Bewegung ausrechnen koͤnne: allein weil dieſe Dinge nicht oͤf - ters gebraucht werden / wil ich die Anfaͤnger damit nicht aufhalten. Wer luſt dazu hat / kan theils in des Hevels Cometographia, theils in des Gregorit Elementis Aſtronomiæ lib. 5. ſect. 2. f. 412. & ſeqq. theils in des Halleji Synopſi Cometica (die in den Leipziger-Actis A. 1706. p. 218 & ſeqq. zu finden) zu - laͤngliche Nachricht finden.
599. Wenn der Planete mit der Sonne oder einem andern Orte des Himmels geſehen wird / oder von ihm umb den ſechſten / vierdten / dritten oder halben Theil des Himmels wegſtehet / ſo nennet man es einen Adſpect / und zwar insbeſondere in dem erſten Falle eine CONJUNCTION oder Zuſam - menkunft; in dem andern den Ge - ſechſt-Schein (Sextilem); in dem drit -ten439der Aſtronomie. ten den Gevierdt-Schein (Qvadra - tum); in dem dritten den Gedritt - Schein (Trigonum) und in dem letzten die Entgegenſetzung oder OPPOSI - TION.
600. Die Zeichen / damit ſie bemercket werden / ſind folgende ☌ ✱ ☐ △ ☍. Z. E. Wenn Saturnus und Jupiter im Gevierdt-Scheine gegeneinander ſte - hen / ſchreibet man ☐ ♄ ♃. Hingegen wenn das Zeichen des Adſpects nur zu einem Planeten geſetzet wird / verſtehet man zugleich mit dabey den Monden. Alſo bedeutet ✱ ♀ den Geſechſt-Schein der ♀ mit dem ☽ / das iſt / daß der Mond von der ♀ 60° wegſte - het.
601. Die Conjunction des ♄ und ♃ wird die groſſe Conjunction genennet / ja gar die groͤ - ſte Conjunction, wenn ſie im Anfange des Wid - ders geſchiehet / welches ſich alle 794 Jahre einmal zu - traͤget / da die groſſen beynahe nach 20 Jahren wie - der kommen. Die Aſtrologi haben ihnen dieſe Be - nennung zugeleget / weil ſie ſelbige von groſſer Wuͤr - ckung zu ſeyn erachtet: wie denn ſie das gantze We - ſen mit den Adſpecten auf die Bahn gebracht / und da - her nicht allein die Urſachen der Witterungen auf un - ſerem Erdboden / ſondern auch andere Einfluͤße in die Coͤrper auf der Erde / ja den Menſchen ſelbſt herholen wollẽ. Allein da man weder aus der Natur des Ad - ſpectes / noch durch gegruͤndete Erfahrung einigen Einfluß behaupten kan; ſo haben heute zutage alle verſtaͤndige Aſtronomi dieſen alberen Kram verlaſſen / und balte ich es auch fuͤr unbillig mit dieſem Unflate die koſtbahren Wahrheiten von dem praͤchtigen Weltge -baͤu -440Anfangs-Gruͤndebaͤude zu beſudeln. Es iſt allerdings kein Schluß: Saturnus ſtehet von dem Jupiter 90° weg in Anſe - hung unſerer Erde. Derowegen muß eine Veraͤn - derung des Wetters oder auch in den Coͤrpern auf dem Erdboden erfolgen. Eben ſo wenig ſchlieſſet es-heu - te iſt der Aſpect geweſen / das iſt / der oder jener Pla - nete hat uns auf der Erde 60 / 40 / 120 oder 180° von einem andern weg zuſtehen geſchienen und es hat ge - regnet. Derowegen iſt die Urſache des Regens ge - weſen / daß ſie ſo weit von einander zu ſtehen uns auf der Erde geſchienen. Keine andere Erfahrung als dieſe kan jemand anfuͤhren. Wer ſich nun nicht frem - de oder ungewoͤhnliche Woͤrter erſchrecken laͤſt / wird dergleichen Schluͤſſe meines Erachtens wohl nicht billigen. Jch will alſo lieber von den Mond - und Sonnen-Finſterniſſen / welche aus der Oppoſition und Conjunction des Mondens mit der Sonne eat - ſtehen etwas umbſtaͤndlicher reden.
602. Wenn der Mond in ſeiner Op - poſition entweder in dem Knoten oder nahe bey demſelben anzutreffen iſt; ſo wird er verfinſtert.
Wenn der Mond im Knoten iſt / ſo ſte - het ſein Mittelpunct in der Ecliptick / haͤlt er ſich aber nahe bey den Knoten auf / ſo iſt er auch der Ecliptick nahe / (§. 478). Nun wird er verfinſtert von dem Erdſchatten / wenn er der Sonne entweder in der Ccliptick oder nahe bey derſelben entgegen geſetzt iſt (§. 273); De - rowegen iſt eine Mondfinſterniß / wenn der Mond entweder im Knoten oder nahe bey demſelben voll wird. W. Z. E.
603. Es iſt alſo in einer Mond-Finſternis die Summe aus dem halben ſcheinbahren Diameter des Mondens und des Erdſchat - tens kleiner als ſeine Breite.
604. Die Groͤſſe des Erd-Schattens auf eine Zeit zu finden / da der Mond durch denſelben gehet.
Z. E. Horiz. Parallaxis der ☉ _ _ 1′ 1″ des ☽ _ _ 62 15
Summe _ _ 63 16
(3) F fder442Anfangs-Gruͤndeder halbe Diameter der ☉ _ _ 15. 30
der halbe Diameter des _ _ 47. 46 Erd-Schattens.
Es ſey AB der halbe Diameter der Son - ne / CF der Erde / ED des Erdſchattens / wo der Mond durchgehet: ſo iſt ACB der halbe ſcheinbahre Diameter der Sonne / DCE des Erd-Schattens / CBF die Horizontal-Paral - laxis des Mondens. Nun iſt GCE = ACB (§. 58. Geom.) und GCD = CBD + CDB (§. 100. Geom.). Derowegen iſt auch ACB + ECD = CBD + CDB folgends ECD = CBD + CDB - ACB. W. Z. E.
605. Da nun Kepler den kleineſten hal - ben Diameter des Erd-Schattens / wenn nemlich der Mond im Apogæo und die Son - ne im Perigæo iſt / 43′50″ gefunden und ver - moͤge der Obſervation der halbe Diameter des Mondens 15′ iſt; ſo muß eine Finſter - nis ſeyn / wenn die Breite unter 48′ 50″ iſt. Wiederumb weil der groͤſte halbe Diame - ter des Erd-Schattens 49′ 40″ / der Dia - meter des Mondens im Perigæo 16′ 22″ haͤlt; ſo kan keine Finſternis ſeyn / wenn die Breite des Mondens uͤber 66′ 2″ iſt (§. 603).
606. Derowegen muß der Mond nichtuͤber443der Aſtronomie. uͤber 12° von dem Knoten weg ſeyn / wenn er verfinſtert werden ſol / verſtehe nach ſeiner wahren Bewegung.
607. Es pflegen die Finſterniſſe nicht wieder zu - kommen als im ſechſten / zuweilen im fuͤnften Mona - te: welches man aus der Vewegung der Breite ſchlieſ - ſen kan / die in einem Monate 30° 0′ 40″ iſt. De - rowẽgen wenn eine Finſternis gegeben wird / kan man leichte find en zu welcher Zeit wieder eine Finſter - nis ſeyn wird. Schreibet nemlich vor euch die Be - wegung der Breite auf die Zeit der Finſternis / dar - unter eben dieſe Bewegung fuͤr 6 und endlich fuͤr 5 Monate. Addiret eine von den beyden letztern zu der erſten; ſo kommet die Diſtantz des Mondens von ſei - nem Knoten heraus und ihr koͤnnet (§. 606.) urthei - len / ob im fuͤnften oder ſechſten Monate eine Finſter - nis wiederkommet. Z. E. Es ſey
1612 ☽ Finſt. | 126 T. 5 St. 30. 20 | 5 Z. 21° 0′. 56″ |
6. Monate | 177. 4. 24.19 | 6. 4. 1. 23 |
5. Monate | 147. 15. 40.16 | 5. 3. 21. 9 |
Wenn ihr zu der Bewegung der Breite auf die Zeit der Finſternis 5 Z. 21° 0′ 56″ die auf 6 Monate 6 Z. 4° 1′ 23″ addiret / ſo kommet 11 Z. 25° 2′ 19″ heraus und alſo iſt die Di - ſtantz vom Knoten nicht voͤllig 6. Derowe - gen kommet die Finſternis im ſechſten Mona - te wieder. Jn Schalt-Jahren muß manF f 2nicht444Anfangs-Gruͤndenicht den Schalt-Tag vergeſſen / der im Fe - bruario dazu kommet.
608. Wenn der Mond gantz verfin - ſtert wird / nennet man es eine Total - Finſternis; wenn nur ein Theil deſ - ſelben verfinſtert wird / eine Partial - Finſternis.
609. Wenn ihr die Breite des Mondens von der Summe aus dem halben Diame - ter des Mondens und des Erd-Schattens abziehet / bleiben die Scrupel der Ver - finſterung in einer Partial-Finſternis uͤbrig.
610. Jn einer Partial-Finſternis die Groͤſſe der Finſternis zufinden.
Die Groͤſſe der Finſternis æſtimiret man nach Zollen. Nemlich man theilet den Dia - meter des Mondens in 12 gleiche Theile und ziehet dadurch aus dem Mittel-Puncte des Mond-Tellers 6 Circul. Wenn der Schatten den erſten Theilungs-Punet er - reichet / ſo iſt der Mond einen Zoll verfinſtert; erreichet er den andern / zwey Zoll u. ſ. w. Dero -445der Aſtronomie. Derowegen wenn ihr die Scrupel der Ver - finſterung (§. 609) gefunden / ſo ſprecht: der halbe Diameter giebet 6 Zoll / was geben eu - re Scrupel? Und ihr koͤnnet durch die Re - gel Detri finden / wie viel der Mond verfin - ſtert wird. Z. E.
der halbe Diam des Schattens 39 M. 37 S.
des Mondens 15 _ _ 4
Summe _ _ 54 41
Breite des Mondens _ _ 41
Scrupel der Verfinſterung _ _ 13 41
15.4 — 6 — 13.41
904 _ _ 821
6
4926
〈…〉 oder 5 $$\frac {26}{60}$$
Alſo iſt die Groͤſſe der Finſternis 5 Zoll 26 Minuten.
611. Die Zeit zufinden / welche die Fin - ſternis waͤhret.
Wenn ihr dieſe Zeit zu der Zeit des wah -ren447der Aſtronomie. ren Vollmondens / die ihr aus den Aſtrono - miſchen Tabellen ausgerechnet / addiret; ſo kommet das Ende der Finſternis heraus: wenn ihr ſie ſubtrahiret / der Anfang.
612. Wenn ihr durch die Logarithmos rechneñ wollet / ſo iſt zu wiſſen / daß der Unterſcheid zweyer Ovadrate dem Produete aus der Summe der beyden Seiten in ihre Differentz gleich ſey / und der Logari - thmus der Wurtzel heraus komme / ſo der Logarith - mus des Qvadrates halbiret wird. Z. E. Es ſey AI 40′8″ / AK 54′41″.
Log. AK + AI _ _ 1. 9770411
Log. AK - AI _ _ 1. 1641703
Summe _ _ 3 1412114
— — — — — 2
Log. KI _ _ 1. 5706057 / welchem in Tabellen zukommen 36′12″. Es ſey nun die Bewegung des Mondens von der Sonne in einer Stunde 28′ 54″ / ſo findet ihr die halbe Waͤhrung der Finſternis 1. St. 15 M. und demnach die gantze 3 St. 30 M.
613. Die Liñie IK nennet man die Scrupel der halben Waͤhre / (ſcrupula dimidiæ dura - tionis).
614. Das Mittel der Finſternis faͤllet eigentlich nicht in die Zeit des Vollmondens. Denn wenn der Mond in D waͤre zur Zeit des Vollmondens / ſo iſt die groͤſte Verfinſterung / wenn das centrum deſſelben in I kommet. Und alſo muß der Bogen DC erſt in Scrupel verwandelt / und von der Zeit des Vollmon - dens entweder ſubtrahiret / oder zu ihr addiret werden /F f 4nach -448Anfangs-Gruͤndenachdem der Punct I entweder gegen G oder K faͤllet. Jch habe die Aufaͤnger damit nicht au ſhalten wollen.
615. Der Bogen zwiſchen den Mit - telpuncten (Arcus inter centra) iſt die Linie AI welche aus dem Mittelpunc - te des Erdſchattens A auf die Mond - bahn GK perpendicular gefaͤllet wird.
616. Den Bogen zwiſchen den Mit - telpuncten zu finden.
617. Eben ſo koͤnnet ihr den Bogen DI (§. 34 Trig. ) finden / den ihr noͤthig habet / wenn ihr die Zeit der groͤſten Verfinſterung gnau wiſſen wollet (§. 614).
618. Der Schatten des MondensCED449der Aſtronomie. CED iſt enthalten zwiſchen den beydenTab. VIII Fig. 45. Linien ACE und BDE / welche die Sonne und den Monden auf einer Seite beruͤh - ren: hingegen der Halb-Schatten / CGFD iſt enthalten zwiſchen den bey - den Linien GCB und ADF / deren jene die Sonne zur Rechten in B und den Monden zur Lincken in C / dieſe aber die Sonne zur Lincken in A und den Mon - den zur Rechten in D beruͤhret.
619. Unerachtet GE ein Circul-Bogen iſt / ſo nim - met man ihn doch fuͤr eine gerade Linie an / weil er we - nig austraͤget.
620. Wenn der Halb-Schatten des Mondens aus dem Monden geſehen wird / ſo iſt der halbe ſcheinbahre Dia - meter der Sonne gleich.
Der halbe ſcheinbahre Diameter des Halb-Schattens iſt EDF. Dieſe aber iſt dem Winckel ADB gleich (§. 58. Geom). unter welchem der Diameter der Sonne AB aus dem Monden geſehen wird / das iſt / weil die Diſtantz des Mondens von der Erde gegen die Diſtantz der Sonne von derſelben faſt nicht zu achten (§. 572) / dem ſcheinbahren Diameter der Sonne auf der Erden. W. Z. E.
621. Die auf dem Erdboden eine Sonnen-Finſternis ſehen / ſtehen ent - weder im Schatten oder Halb-Schat - ten des Mondens.
Wir ſehen eine Sonnen-Finſternis / wenn der Mond die Sonne uns decket (§. 255). Denen nun / die im Schatten des Mondens oder in ſeinem Halb-Schatten ſtehen / wird die Sonne wenigſtens zum theil verdecket / nemlich umb ſo viel mehr ie naͤher ſie dem Schatten ſind. Derowegen ſehen ſie eine Sonnen-Finſternis. W. Z. E.
622. Da nun der Schatten des Mondens der Sonne gegen uͤber geworffen wird / die Erde aber den der Sonne entgegengeſetzten Ort in der Ecliptick einnim̃et (§. 399. pag. 350); ſo muß der Schatten und Halb-Schat - ten des Mondens gegen die Ecliptick fallen / wenn auf dem Erdboden eine Sonnen-Fin - ſternis ſich begeben ſol / und demnach der Neumond entweder in dem Knoten oder ſehr nahe bey demſelben ſeyn.
623. Derowegen ſehen die Seleniten ei - ne Erd-Finſternis / wenn wir eine Sonnen - Finſternis haben.
624. Kepler hat zuerſt hierauf acht gehabt / undda -451der Aſtronomie. dadurch die Rechnung der Sonnen-Finſterniſſe ſehr erleichtert. Derowegen wil auch ich nach ſeinem E - xempel zeigen / wie die Seleniten die Erd-Finſternis auf eine gleiche Art wie wir die Mond-Finſternis be - rechnen koͤnnen / und wir daraus ferner den Aufang und das Ende / ingleichen die Groͤſſe der Finſternis fuͤr einen gegebenen Ort auf dem Erdboden herleiten koͤnnen.
625. Der ſcheinbahre halbe Diame - ter der Erde in dem Monden iſt der Ho - rizontal-Parallaxi des Mondens gleich.
Es iſt aus der 54 Aufgabe (§. 372) klahr.
626. Den halben ſcheinbahren Dia - meter des Mond-Schattens zu finden / wie er von dem Monden an der Erde geſehen wird.
Ziehet den halben ſcheinbahren Diame - ter der Sonne von dem halben Diameter des Mondens ab / das uͤbrige iſt der halbe Dia - meter des Mond-Schattens bey nahe. Weñ der Diameter der Sonne groͤſſer iſt als des Mondens / ſo erreichet der Schatten nicht die Erde.
Es ſey der Diameter des Mondens CD /Tab. VIII Fig. 46. der Sonne OI und alſo die Linie AB / welche aus der Erde in E unter einem Winckel mit CD geſehen wird / groͤſſer als der Diameter des Mondens. So iſt BDI der Winckelun -452Anfangs-Gruͤndeunter welchem BI aus dem Monden oder (welches hier gleich viel iſt) aus der Erde ge - ſehen wird / das iſt / der Uberſchuß des ſchein - bahren Diameters des Monden uͤber dem ſcheinbahren Diameter der Sonne. Dem Winckel aber ide iſt der Winckel edf gleich / unter welchem aus dem Monden der halbe Diameter des Mond-Schattens EF geſe - hen wird. Derowegen bleibet der halbe ſcheinbahre Diameter des Mondſchattens uͤbrig / wenn ihr den halben ſcheinbahren Diameter der Sonne von dem halben Dia - meter des Mondens abziehet. W. Z. E.
627. Die Breite des Mond-Schat - tens auf dem Erdboden / das iſt / die Di - ſtantz ſeines Mittelpunctes von der Ec - liptick / iſt der Breite des Mondens gleich.
Die Sonne A ſtehe uͤber dem Puncte B / ſo iſt daſſelbe unter der Ecliptick. Der Mond C ſtehe uͤber D / ſo iſt DB die Breite des Schattens. Die Breite des Mondens iſt der Winckel ABC / denn unter dieſem wird ſeine Diſtantz von der Ecliptick geſehen. Die - ſer aber iſt dem Winckel DCB gleich (§. 92 Geom.) unter welchem die Breite des Mond-Schattens DB auf dem Erdboden aus dem Monden geſehen wird. Derowegen iſt dieſe Breite der Breite des Mondens gleich. W. Z. E.
628. Weil der Halb-Schatten mit dem Schattẽ des Mondens einerley Mittelpunct hat / ſo iſt auch ſeine Breite der Breite des Mondens gleich.
629. Derowegen wenn die Summe des halben ſcheinbahren Diameters der Erde / und des halben Diameters des Halb - Schattens / das iſt / die Summe der Hori - zontal-Parallaxis des Mondens (§. 625) und des Diameters der Sonne groͤſſer iſt als die Breite des Mondens; ſo kan irgendwo auf dem Erdboden eine Sonnen-Finſterniß geſehen werden.
630. Die Summe der groͤſten Horizon - tal-Parallaxis des Mondens 63′ 55″ und des Diameters der Sonne 33′ 30″ iſt 1° 37′ 25″. Derowegen wenn die Breite des Mondens kleiner als 1° 37′ 25″ / das iſt / wenn der Mond nicht uͤber 19° von dem Knoten wegſtehet; ſo kan irgendwo auf dem Erdbo - den eine Finſternis geſehen werden. Hin - gegen die Summe der kleineſten Horizon - tal-Parallaxis 53′ 30″ und der kleineſten Diameters des Sonne 29′. 27″ iſt 1° 22″ 27″. Da nun der Mond dergleichen Breite ha - ben kan / wenn er 16° von dem Knoten weg - ſtehet; ſo wird in ſolchem Falle an einem Orte eine Sonnen-Finſternis geſehen werden.
631. Solcher geſtalt koͤnnet ihr auch wie in der Mond-Finſternis die Scrupel deꝛ Ver - finſterung finden / wenn ihr die Breite des Mondens (das iſt des Mittelpunctes des Halb-Schattens) von der Summe der Ho - rizontal-Parallaxis und des Diameters der Sonne abziehet / und daraus ferner die Zoll finden (§. 610) welche den Seleniten durch den Halbſchatten an der Erde verfinſtert werden.
623. Da nun in der Erd-Finſternis der Diameter der Sonne mit dem halben Dia - meter des Erd-Schattens in der Mond-Fin - ſternis und die Horizontal-Parallaxis des Mondens in der erſten mit dem halben Dia - meter des Mondens in der andern uͤberein - kommet; ſo koͤnnet ihr auf eine gleiche Art wie in der Mond-Finſternis (§. 611) finden / wie lange die Erd-Finſternis den Selemiten waͤhret.
633. Denen Seleniten ſcheinet es zwar / als wenn der Halb-Schatten des Mondens die Helfte der Erd - Flaͤche durchwanderte / da er doch wegen der Bewe - gung der Erde umb ihre Axe nur den vierdten Theil derſelben durchſtreichet. Da nun eine Mond-Fin - ſternis mehr als von der halben Erde geſehen werden kan / ſo laͤſſet ſich eine Sonnen-Finſternis von viel we -ni -455der Aſtronomie. nigeren Jnwohnern der Erdeſehen. Nun muͤßen wir unterſuchen / wie man finden koͤnne / in was fuͤr Orten auf der Erde die Sonnen-Finſternis geſehen wird / nemlich in allen denen / die durch den Halb - Schatten des Mondens verſinſtert werden / wie ge - ſchwinde ſie in jedem Orte angehet / wie lange ſie waͤhret und wie groß ſie geſehen werde.
634. Den Ort zufinden / da die Son - ne auf eine gegebene Zeit Vertical iſt.
635. Wie viel Grade der Mittel - Punct des Halb-Schattens von der E - cliptick auf der Erde entfernet iſt.
Der halbe ſcheinbahre Diameter der Erde iſt der Horizontal-Parallaxi des Mondens gleich (§. 625) die Breite des halb Schattens aber der Breite des Mondens. (§. 627) Es ſey Z. E. jene 63″ / dieſe 61″. Sprecht demnach wie 63″ zu 90° ſo 61″ zu den verlangten Gra - den / um welche der Mittelpunct des Erdſchat - tens von der Ecliptick auf der Erde entfernet iſt. W. Z. F. W.
636. Da nun der Ort / in welchem die Son - ne vertical iſt / unter der Ecliptick lieget; wiſſet ihr zugleich den Ort (§. 634) / wo der Mittelpunct des Erd-Schattens auf die Zeit des wahren Nenmondens hintrift.
637. Wenn der Mond ſeine Declination wehrender Zeit der Finſternis nicht veraͤn - derte / ſo bewegete ſich der Mittelpunct des Erd-Schattens auf der Erd-Flaͤche mit dem Æquatore parallel. Derowegen wenn ihr nicht auf das gnaueſte zu wiſſen verlanget alle die Oerter / in welcher eine Finſternis ge - ſehen wird / doͤrfet ihr nur mit der Weite ſovieler457der Aſtronomie. vielen Grade / als der Halb-Schatten auf der Erde einnimmet / mit dem Æquatore zwey parallel-Linien herumb fuͤhren / derge - ſtalt / daß zwiſchen ihnen der Mittelpunct des Schattens jederzeit anzutreffen / und nicht mehr Raum nach der Laͤnge in ihnen einge - ſchloſſen wird / als etwa zwiſchen drey Stun - den-Circuln enthalten iſt; ſo werden alle Oer - ter eingeſchloſſen / wo die Finſternis zu ſehen iſt.
638. Jhr muͤſſet nemlich den ſcheinbahren Diame - ter des Halb-Schattens in Grade des Æquatoris der Erdkugel verwandeln / damit ihr wiſſet wie viel derſelben er einnimmet.
639. Wenn ihr den Raum / welchen der Halb-Schatten auf der Erdflaͤche einnim - met / in 12 Zolle auf gehoͤrige Weiſe theilet; ſehet ihr zugleich / wie groß an einem jeden Orte die Finſternis ſey.
640. Die Zeit / wie lange die Finſternis waͤhret / ingleichen wenn ſie angehet und aufhoͤret / wird faſt auf eben die Art wie in den Mond-Finſterniſſen (§. 6〈…〉〈…〉) gefunden.
641. Jch habe nur den Anfaͤngern zeigen wollen wie man auf eine leichte Art die Beſchaffenheit der Sonnen-Finſterniße erkennen koͤnne / damit ſie ih - nen vorſtellen moͤgen / wie es moͤglich ſey dergleichen verborgene Dinge zu wiſſen. Es haben zwar Ricci - olus in ſeinem Almageſto Novo und de la Hire in ſei - nen Tabulis Aſtronomicis nebſt anderen ſich bemuͤhet /(3) G gdurch485[458]Anfangs-Gruͤndedurch Trigonometriſche Rechnungen dieſes alles gnauer zu zeigen; allein es wuͤrde zu weitlaͤufftig ge - weſen ſeyn / und den Anfaͤngern zu verdrießlich / wenn ich ihnen haͤtte folgen wollen. Uber dieſes kommet es / wie ihr aus dem geſehen habet / was von den Fin - ſterniſſen geſaget worden / hauptſaͤchlich darauf an / daß man die Zeit gnau wiſſe / in welcher uns der Mond der Sonne entgegen geſetzt / oder mit ihr zuſammen zu kommen ſcheinet. Gleich wie aber dieſelbe aus den Aſtronomiſchen Tabellen berechnet wird / und ein jeder Autor in den ſeinigen Anweiſung giebet / wie aus ihnen die Bewegung der Planeten zu berechnen; ſo habe die Regeln die Zeit des Vollmondens und Neumondens zu rechnen / gleich wie die anderen die Laͤnge und Breite der Sterne zu rechnen weggelaſſen. Denn wer zum Aſtronomiſchen Calculo Luſt hat; kan ſich nach den Tabellen des Keplers oder de la Hire darinnen unterrichten laſ - ſen.
Ende der Aſtronomie.
JCh habe mir weiter nichts als die Mathematiſche Geo - graphie zu erlaͤutern vorge - nommen. Derowegen rede ich nur von ſolchen Dingen / die ſich an der Erde ausmeſſen und aus - rechnen laſſen / nemlich von der Fi - gur und Groͤſſe der Erde und de - nen daher ruͤhrenden Eintheilun - gen und Eigenſchaften. Dieſe ſind nicht allein der Grund von den Erd - Kugeln und Land-Charten; ſon - dern enthalten auch zugleich die Ur - ſache von den Abwechſelungen der Witterungen und der Nacht - und Tages-Laͤnge in ſich: welches alles Sachen ſind / die einem jeden zuwiſ - ſen ſehr dienlich. Dannenhero er - klaͤhre ich auch die Verfertigung der Erd-Kugeln und Land-Char ten und rede von der Beſchaffenheit der Witterungen und der Zeit nach den verſchiedenen Orten des Erdbodens. Da aber die Mathematiſche Geo -gra -462Vorrede. graphie auf die Aſtronomie gebau - et iſt und ich dieſe edele Wiſſenſchaft weitlaͤuftig erklaͤhret habe; ſo iſt es leichte geweſen von der Geographie mit wenigem viel zuſagen. Dero - wegen wer die Anfangs-Gruͤnde die - ſer Wiſſenſchaft wohl verſtehen wil / der wird zuerſt den erſten Theil der Aſtronomie durchgehen / unerachtet er eben nicht noͤthig hat alle Trigo - nometriſche Rechnungen mit zuneh - men. Es kan ihm aber auch nicht ſchaden / wenn er aus dem anderen Theile ſich die Beſchaffenheit des Welt-Gebaͤudes in etwas bekandt machet. Wer die Mathema tiſche Geographie recht geleꝛnet / wird nicht allein die Land-Charten beſſer als ein anderer verſtehen und gebrau - chen koͤnnen; ſondern auch in vielen Geographiſchen Materien ein groſ - ſes Licht haben und ſie beſſer als andere einſehen / die dergleichen Gruͤnde nicht wiſſen.
4631.
DJe Geographie iſt eine Wiſ - ſenſchaft von der Groͤſſe der Welt-Kugel und ihren daher ruͤhrenden Eigenſchaften.
2. Die Erde iſt beynahe kugelrundt.
Der Mond wird durch den Schatten der Erde verfinſtert (§. 273. Aſtron.). Der Erd-Schatten ſiehet wie ein Circul aus / der Mond mag in denſelben hinein kommen wo er wil / gegen Oſten / Weſten oder Suͤden / weit von oder nahe bey der Erde (§. 272. A - ſtron.). Alſo iſt der Durchſchnitt deſſel - ben ein Circul und folgends die Erde beyna - he kugelrundt (§. 57. 58 Optic.) W. Z. E.
3. Jch ſage die Erde ſey beynahe kugelruñdt. Denn wir treffen hin und wieder hohe Berge an / welche die kugelrundte Figur zu hindera ſcheinen. Doch weil ſie nicht hindern koͤnnen / daß der Erdſchat - ten ſich wie ein Circul praͤſentiret / muß ihre Hoͤbe ge - gen den Diam eter der Erde keine merckliche Verhaͤlt - nis haben. Uber dieſes haben die neueren Mathe -G g 4mati -464Anfangs-Gruͤndematici erwieſen / daß die Erde gegen die Pole niedrig gedruͤckt und mitten zwiſchen denſelben etwas erha - bener ſey. Vid. Newton in Princip. Philoſ. Natur. Mathem. p. 422. & ſeqq. Hugenius Diſcours ſur la cauſe de la peſanteur p. 153 & ſeqq & Gregorius in Elementis Aſtron. Phyſic. & Geom. f. 268. & ſeqq. Allein da nach des Hugenii Rechnung der groͤſte Dia - meter ſich zu dem kleinen wie 578 zu 577 verhaͤlt / und alſo nur umb $$\frac {1}{578}$$ groͤſſer iſt; kan uns ſolches in der Geographie nicht hindern / daß wir die Erde fuͤr eine Kugel halten.
4. Daher iſt es nicht wunder / daß man die Erde zur See ſchon etliche mal umbſchif - fet hat.
5. Ferdinandus Megellanes hat A. 1519 innerhalb 1124 Tagen die Erde das erſte mal umbſchiffet / nach ihm haben Franciſcus Draco ein Engellaͤnder A 1577 innerhalb 1056; Thomas Candiſch, auch ein Engellaͤn - der A. 1586 innerhalb 777; Simon Cordes aus Roterdam A. 1590 und Olivier Noort / gleichfals ein Hollaͤnder / A. 1598 innerhalb 1077; Wilhelm Cornelius Schouten An. 1615 innerhalb 749 und Jacob Heremiten und Joh Hugen A. 1623 innerhalb 802 Tagen dergleichen Reiſe gethan.
6. Dieſes iſt auch die Urſache / warumb die Sonne nicht an allen Orten auf dem Erdbo - den zu gleicher Zeit auf und untergehet; ſon - dern viel eher bey denen Morgen-als Abend -Laͤn -465der Geographie. Laͤndern in ihrem Horizonte und Meridiano ſich ſehẽ laͤſſet / daß auch / dañenhero / weñ man die Stunden des Tages von den Mittage an zehlen wil / die Uhr an allen Orten nicht einerley ſchlagen kan. Denn wenn bey uns Z. E. 3 Stunden nach Mittage ſind / muͤſſen die Morgenlaͤnder ſchon mehrere Stunden nach Mittage zehlen / nachdem ſie viel oder wenig weiter gegen Morgen liegen als wir.
7. Eben von der rundten Figur des Erde kommet es / daß die Reiſenden nicht allein zu Lande / ſondern auch zu Waſſer die Spitzen der Thuͤrme / und Maſtbaͤume der Schiffe / die Berge und Klippen allzeit eher ſehen / als was der Erde naͤher iſt.
8. Daher muͤſſen uns Leute die Fuͤſſe zu - kehren / welche man Antipodes zu nennen pfleget / und doch haben ſie den Himmel uͤ - ber ihrem Kopfe / und die Erde unter ihren Fuͤſſen / wie wir.
9. Man bildet ſich auf der Erd-Ku - gel alle Circul ein / die man auf der Welt-Kugel beſchreibet. Nemlich die beyden Puncte A und P / umb welche ſich die Erde innerhalb 24 Stunden bewe - get / nennet man die Pole / und zwar einen A den Nord-Pol / den andern PG g 5den466Anfangs-Gruͤndeden Suͤder-Pol. Der ÆQVATOR o - der die Linie iſt der Circul QR / der von jedem Pole A und P uͤberall 90° weg iſt. Die Ecliptick EL iſt ein Circul / wel - cher den Æquatorem dergeſtalt durch - ſchneidet / daß ſie mit ihm einen Win - ckel von 23° 30′ macht. Der TROPI - CUS CANCRI EN und TROPICUS CA - PRICORNI LM werden mit dem Æ - quatore in der Weite 23° 30′ parallel ge - zogen / und die beyden Polar-Circul UO und YX umb die Pole A und B in der Weite 33° 30′ beſchrieben. Der Ho - rizont wird hier eben ſo wie in der A - ſtronomie genennet.
10. Der MERIDIANUS iſt ein Cir - cul / welcher durch die Pole und einen je - den Ort beſchrieben wird.
11. Da nun der Mridianus umb die gan - tze Erd-Kugel herumbgehet / ſo muß mehr als ein Ortunter einem Meridiano liegen / und weil die Sonne in den Meridianum kommet / wenn es Mittag iſt (denn der Me - ridianus an der Himmels-Kugel iſt mit dem Erd-Meridiano in einer Flaͤche / ſo ha - ben alle dieſe Oerter zu gleicher Zeit Mittagund467der Geographie. und gehet alſo die Uhr bey ihnen auf einerley Art.
12. Es ſind ſo viel Meridiani als Puncte im Æquatore.
13. Damit man einen gewiſſen Aufang auf der Er - de hat / machet man einen von den Meridianis zum erſten. Und waͤre zu wuͤnſchen / daß alle Geogra - phi darinnen miteinander uͤberein kaͤmen / damit in Geographiſchen Rechnungen keine Verwirrung entſtuͤnde. Allein leider! ziehen nicht alle den erſten Meridianum durch einen Ort. Denn einige zichen ihn durch die Canariſche Jnſul Teneriffa, wegen des hohen Berges Pico, den man auf der See bis 60 Mei - len ſehen kan; andere durch die Cabover diſche Jnſul del Fuogo, andere die Caboverdiſche Jnſul St. Nico - lai / noch andere durch die Flandriſchen Jnſuln Cor - vo und Flores, noch andere durch die Canariſche Jn - ſul Palma, die Frantzoſen auf Befehl des Koͤniges Lu - dovici XIII. durch die Jnſul Ferro.
14. Die Weite zweyer Oerter AB zu finden.
15. Die Groͤſſe des Erd-Diameters zu finden.
Z.E. Es ſey LM 5 Teutſche Meilen / E 89° 55′ G 89 45′ / ſo iſt F 20′ folgends ſind 3600 oder 21600 M. 4500 und LF 860 Teutſche Meilen.
16. Man nimmet insgemein an / daß der halbe Diameter der Erde 860 Teutſche Meilen und ein Grad in der groͤſten Peripherie der Erde 15 TeutſcheMei -469der Geographie. Meilen haͤlt. Die Koͤniglichen Mathematici zu Pa - ris haben unter der Direction des / Picard, wie wol auf eine andere Art / die Groͤſſe des Erd-Diameters geſucht und dieſelbe 6538594 Fratzoͤſiſche Sechs - ſuͤßige Ruthen gefunden. Vid. Traité du nivelle - ment par Mr. Picard in Append. p. 196. Es verhaͤlt ſich aber der Pariſer-Schuh zu dem Rhein - laͤndiſchen wie 1440 zu 1390. Nach der alleine ue - ſten Ausmeſſung des Casſini, die er A. 1700 aus Be - fehl des Koͤniges wiederholet iſt der Erd-Diameter 6543170.
17. Alſo iſt die gantze Flaͤche der Erd-Ku - gel 9288000 Qvadrat-Meilen und der Coͤr - perliche Jnhalt derſelben 7987680000 Cu - bic-Meilen (§. 221 Geom.)
18. Die Groͤſſe eines Grades in jedem Parallel-Circul zufinden deſſen Ab -Fig. 4. ſtand vom Æquatore DF gegeben wird.
Weil euch DF gegeben wird / ſo wiſſet ihr in dem bey E rechtwincklichten Triangel EC F den Winckel C. Da nun auch der halbe Diameter der Erde CF bekandt iſt (§. 15) / koͤnnet ihr den halben Diameter des Paral - lel-Circuls EF (§. 34 Trigon. ) / folgends die Peripherie (§. 161 Geom.) und daher auch die Groͤſſe eines Grades finden.
19. Durch gegenwaͤrtige Aufgabe iſt folgendes Taͤ - felein gerechnet worden / darinnen in der erſten Reihedie470Anfangs-Gruͤndedie Diſtantz der Parallelen in Graden / in der andern aber die Groͤſſe eines Gradens in Teutſchen Meilen und ihren Minuten angegeben wird. Es iſt aber ei - ne Minute $$\frac {1}{60}$$ einer Meile.
0 | 15. 0 | 23 | 13. 48 | 46 | 10. 25 | 69 | 5. 23 |
1 | 14. 59 | 24 | .42 | 47 | .14 | 70 | .8 |
2 | .59 | 25 | .36 | 48 | .2 | 71 | 4. 53 |
3 | .58 | 26 | .29 | 49 | 9. 50 | 72 | .38 |
4 | .57 | 27 | .22 | 50 | .38 | 73 | .23 |
5 | .56 | 28 | .15 | 51 | .26 | 74 | .8 |
6 | 14. 55 | 29 | 13. 7 | 52 | 9. 14 | 75 | 3. 53 |
7 | .53 | 30 | 12. 59 | 53 | .2 | 76 | .38 |
8 | .51 | 31 | .51 | 54 | 8. 49 | 77 | .23 |
9 | .48 | 32 | .43 | 55 | .36 | 78 | .8 |
10 | .46 | 33 | .35 | 56 | .23 | 79 | 2. 52 |
11 | 14. 43 | 34 | 12. 26 | 57 | 8. 10 | 80 | 2. 36 |
12 | .40 | 35 | .17 | 58 | 7. 57 | 81 | .20 |
13 | .37 | 36 | .8 | 59 | .44 | 82 | .5 |
14 | .33 | 37 | 11. 59 | 60 | .30 | 83 | 1. 50 |
15 | .29 | 38 | .49 | 61 | .16 | 84 | 1. 34 |
16 | .25 | 39 | 11. 39 | 62 | 7. 2 | 85 | 1. 18 |
17 | .21 | 40 | .29 | 63 | 6. 48 | 86 | .3 |
18 | .16 | 41 | .19 | 64 | .34 | 87 | 0. 47 |
19 | 11 | 42 | .9 | 65 | .20 | 88 | .31 |
20 | 6 | 43 | 10. 58 | 66 | .6 | 89 | .16 |
21 | .0 | 44 | .47 | 67 | 5. 52 | 90 | 0. 0 |
22 | 13. 54 | 45 | .36 | 68 | 5. 38 |
20. Alſo koͤnnet ihr durch die Regel De - tri die vorgegebenen Grade eines jeden Cir - culs auf der Erd-Kugel in Teutſche Meilen und hinwiederumb die Meilen in Grade ver - wandeln. Z. E. Man begehret zu wiſſen / wie viel Meilen 16 Grade in dem Parallel - Circul machen / der vom Æquatore 51° ab - ſtehet. Sprecht: 1 Grad giebet 9 Meilen 26 M. was geben 16? So findet ihr 150 M 56′.
21. Wie weit man von einer Hoͤhe AE ſehen kan / zu finden.
Z. E. Es ſey AE 300′ oder 50 Frantzoͤſiſche ſechsfuͤßige Ruthen / ſo iſt DC 6543220 und C D 6543170 / und ihr findet den Bogen ED 12′ 25″ das iſt 3 Teutſche Meilen 7 $$\frac {1}{12}$$ Min.
22. Wenn ihr fuͤr AE 5′ annehmet / ſohoch472Anfangs-Gruͤndehoch nemlich als das Auge des Menſchen gemeiniglich uͤber der Erde erhaben iſt / wenn er in der ebene ſtehet; ſo werdet ihr finden / daß man in der ebene nicht uͤber eine Minu - te / das iſt / kaum $$\frac {1}{240}$$ einer Meile uͤberſehen kan.
23. So weit ihr von einer Hoͤhe ſehen koͤnnet / eben ſo weit kan auch die Hoͤhe / wo euer Auge iſt / geſehen werden. Und dem - nach koͤnnet ihr auch durch gegenwaͤrtige Auf - gabe finden / wie weit ein Berg / Thurm oder eine andere Hoͤhe geſehen werden kan; fol - gends auch wie weit ihr von einer bekand - ten Hoͤhe weg ſeyd / wenn ihr ſie zuerſt er - blicket.
24. Der Abſtand eines Ortes von dem Æquatore AQ gegen den Pol zu AL wird die Breite des Ortes (Lati - tudo Loci) genennet.
25. Die Breite eines Ortes LA iſt derFig. 6. Pol-Hoͤhe PH gleich.
PA = 90° (§. 9) Und weil der Ort L unter ſeinem Zenith lieget (§. 17 Aſtron. ) / ſo iſt LA auch 90° (§. 22. Aſtron.). Derowegen iſt HL = PA / folgends PH = LA (§. 31 Arith.) W. Z. E.
26. Alſo wird die Breite eines Ortes wie die Pol-Hoͤhe (§. 86. 96 Aſtron. ) gefunden.
27. Die Laͤnge eines Ortes (Longituto Loci) iſt der Bogen des Æ - quatoris, welcher zwiſchen dem erſten Meridiano und dem Meridiano eines Or - tes enthalten iſt.
28. Die Laͤnge eines Ortes zu fin - den.
29. Nun verſtehet ihr (§. 26. 28. ) wie die Ta - bellen der Breiten und Laͤngen der Oerter conſtruiret werden; dergleichen bey dem Ricciolo (Geogr. Ro - form. lib. 9. c. 4. f. 388) zu finden.
30. Wenn man eine accurate Uhr nach der Mittags-Linie eines Ortes ſtellet / ſo man abreiſet / und hernach an einem anderen Or - te aus der Hoͤhe der Sonne bey Tage und ei - nes Sternes bey Nachte die Stunde ſuchet / da man ſie obſerviret (§. 122. 193 Aſtron. ) bekommet man den Unterſcheid der Stun - den zwiſchen dem Orte / da man iſt / und wo man abgereiſet: folgends wenn ihr die Laͤnge des letzteren wiſſet / koͤnnet ihr auch die Laͤnge des erſten finden (§. 28).
31. Dieſer Methode muͤſſen ſich die Schiffenden zur See bedienen / damit ſie die Laͤnge ihres Ortes fin - den / wo ſie ſind. Die Breite aber koͤnnen ſie durch die Mittags-Hoͤhen der Sonne oder der Sterne / deren Deelination bekandt iſt / leicht haben (§. 96 Aſtron.). Wenn man aber die Laͤnge und Breite eines Ortes weiß / ſo weiß man auch wo man iſt. Denn kein ei - niger anderer Ort hat dieſe Laͤnge und Breite. Weil aber die Uhren mit der Zeit vom Himmel abweichen und man ihnen (ſonderlich ehe Hugenius die Perpendi - cul-Uhren erfandt) auf langen Reiſen nicht recht trauen darf; ſo haben die Engellaͤnder / Hollaͤnder und Frantzoſen 50000 Floren zur Belohnung geſetzet / wenn man eine richtigere Methode erſinnen wuͤrde die Laͤnge eines Ortes / wo man iſt / auf eine gegebene Zeit zu finden.
32. Die Laͤnder / welche von den bey - den Polar-Circuln ein geſchloſſen wer -den /475der Geographie. den / nennet man die kalten Zonen (Zonas frigidas); welche zwiſchen ei - nem Polar-Circul und einem Tropico liegen / die Temperirten Zonen (Zo - nas temperatas); welche zwiſchen den beyden Tropicis liegen / die hietzige Zo - ne (Zonam torridam).
33. Alſo ſind zwey kalte und zwey tempe - rirte Zonen / aber nur eine hietzige.
34. Wenn die Breite eines Ortes unter 23° 30′ iſt / ſo lieget er in der hietzigen Zone. Jſt ſie uͤber 23° 30′ aber unter 66° 30′ / ſo lieget ſie in einer Temperirten. Cndlich wenn ſie uͤber 66° 30′ iſt / in einer kalten (§. 9). Jhr koͤnnet aber auch wiſſen / in wel - cher temperirten oder kalten Zone ein Ort lie - get / wenn ihr wiſſet was fuͤr ein Pol uͤber ſei - nen Horizont erhoͤhet / oder gegen welchen Pol die Breite gezehlet wird. Z. E. Bey uns in Halle iſt die Breite etwas uͤber 51° und der Nord-Pol uͤber unſerem Horizonte. Alſo lieget unſere Stadt in der Nordiſchen temperirten Zone.
35. Denen / die unter den Tropicis lie - gen / wird die Sonne einmal des Jahres ver -H h 2tical;476Anfangs-Gruͤndetical; denen in der hietzigen Zone zweymal; denen auſſerhalb den Tropicis in den tem - perirten und kalten Zonen niemal. Denn die Sonne gehet nicht uͤber die Tropicos von dem Æquatore weg und kommet in jeden des Jahres einmal (§. 66 Aſtron. ) von den uͤ - brigen Tage-Circuln aber durchſchneidet ein jeder die Ecliptick in zwey Puncten.
36. Da nun die Sonnenſtrahlen es waͤr - mer machen / wenn ſie perpendicular / als wenn ſie ſchief auf die Erde fallen; ſo muß die Sonne in der hietzigen Zone es waͤrmer machen als in den temperirten und in den temperirten waͤrmer als in den kalten; ja in den temperirten und kalten muß ſie waͤrmer ſcheinen / wenn ſie in dem naͤchſten Tropico iſt als wenn ſie ſich in dem weiteſten befin - det.
37. Wenn die Sonne der Scheitel am naͤchſten iſt / faͤngt ſich der Som - mer an; wenn ſie am weiteſten da - von iſt / der Winter; wenn die Son - ne nach dem Winter in den Æquatorem tritt / der Fruͤhling; wenn ſie nach dem Sommer hinein kommet / der Herbſt.
Der477der Geographie.38. Alſo iſt in der hietzigen Zone alle Jah - re zweymal Sommer und einmal Winter; unter dem Æquatore zweymal Sommer und Winter / unter den Tropicis und in den temperirten und kalten Zonen einmal Sommer und einmal Winter (§. 34).
39. Es iſt aber in den Nordiſchen Zonen Sommer / wenn die Sonne in Krebs / und Winter / wenn ſie in den Steinbock tritt; Fruͤhling / wenn ſie in Widder / und Herbſt / wenn ſie in die Waage kommet. Hingegen in den Suͤdiſchen Zonen iſt Sommer / wenn die Sonne in Steinbock und Winter / wenn ſie in den Krebs tritt; Fruͤhling / wenn ſie in die Wage / und Herbſt / wenn ſie in Wid - der kommet. Derowegen wenn in den Nordiſchen Zonen Sommer iſt / ſo iſt in den Suͤdiſchen Winter; wenn in den Nordi - ſchen Winter iſt / ſo iſt in den Suͤdiſchen Sommer u. ſ. w. folgends ſind alle Jahres - Zeiten zugleich auf dem Erdboden.
40. Wenn man demnach fraget / zu was fuͤr einer Jahreszeit die Welt erſchaffen worden / muß man entweder die Frage von einem gewiſſen Lande / Z E. wo das Paradies geweſen / verſtehen / oder die Frage viel lieber dahin deuten / in welchem himmliſchen Zeichen die Sonne geſtanden. Da denn glaublich iſt / daß ſie in der Wage geweſen / weil die Juͤden nachH h 3dem478Anfangs-Gruͤndedem Exempel der Patriarchen das Jahr von dem Eintritt der Sonne in die Wage angefangen.
41. Wenn die Sonne im Æquatore iſt / ſo iſt an allen Orten des Erdbodens Tag und Nacht gleich.
Wenn die Sonne im Æquatore iſt / ſo lauft ſie innerhalb 24 Stunden einen Cir - cul durch / der mit dem Æquatore auf der Erde und alſo auch an der Welt-Kugel in einer Flaͤche iſt. Derowegen iſt der halbe Tage-Circul an allen Orten uͤber dem Ho - rizont (§. 24 Aſtron. ) und ſolcher Geſtalt die Sonne 12 Stunden uͤber / und 12 unter dem Horizont / das iſt / Tag und Nacht ſind einander gleich. W. Z. E.
42. Unter dem Æquatore oder der Linie iſt das gantze Jahr Tag und Nacht ein - ander gleich.
Denn weil der Æquator AQ durch das Zenith gehet / ſo macht er mit dem Horizont HR einen Winckel von 90° AMR (§. 22 Aſtron.). Nun ſind alle Tage-Circul / die zwiſchen den Tropicis TC und SV enthal - ten / mit ihm parallel (§. 34 Aſtron.). De -rowe -479der Geographie. rowegen machen auch ihre Diameter mit dem Diameter des Horizonts rechte Win - ckel (§. 92 Geom.) und werden demnach von ihm in zwey gleiche Theile getheilet (§. 418. Geom.). Derowegen iſt die Helfte aller Tage-Circul unter der Linie uͤber dem Hori - zont / folgends der Tag beſtaͤndig 12 Stun - den und die Nacht gleichfals 12 Stunden / welches man erweiſen ſollte.
43. Man ſaget von den Voͤlckern un - ter der Linie / daß ſie SPHÆRAM RE - CTAM oder die Erd-Kugel gerade haben / weil ihnen die Sonne und die Sterne von dem Horizont gerade her - auf ſteigen.
44. Da in der geraden Kugel der Æqua - tor durch das Zenith gehet / ſo liegen beyde Pole in dem Horizont (§. 14. 22 Aſtron.)
45. Unter dem Nord - und Sůder - Pole iſt ein halbes Jahr Tag und ein halbes Jahr Nacht.
Denn weil der Pol P oder N im Zenith ſtehet / ſo iſt der Æquator im Horizont (§. 14. 22 Aſtron. ) da nun alle Tage-Circul der Sonne mit dem Æquatore parallel beſchrie -H h 4ben480Anfangs-GruͤndeFig. 8.ben werden (§. 34 Aſtron. ); ſo iſt die Son - ne ſo lange uͤber dem Horizont / als ſie ſich zwi - ſchen dem einen Tropico RS und dem Æ - quatore AQ aufhaͤlt. Derowegen iſt die Sonne ein halbes Jahr uͤber dem Horizont und ein halbes Jahr unter demſelben (§. 52 Aſtron) folgends ein halbes Jahr Tag und ein halbes Jahr Nacht.
46. Wegen der groſſen Refraetion der in die dicke Luft ſehr ſchief einfallenden Strahlen wird die Sonne eher uͤber dem Horizont ge - ſehen / als ſie in den Æquatorem kommet / und ſcheinet noch uͤber dem Horizont zu ſte - hen / wenn ſie ſchon unter dem Æquatore iſt (§. 229. 210. Aſtron.). Und demnach macht ſie / daß der Tag / ſo nur ein halbes Jahr ſeyn wuͤrde / laͤnger und hingegen die Nacht kuͤrtzer als ein halbes Jahr wird.
47. Der Tag bricht an / wenn die Son - ne 19° unter dem Horizont iſt (§. 181 Aſtron. ) und demnach wenn die Declination gegen den entgegen geſetzten Pol 19° haͤlt (§. 74. 91. Aſtron.). Nun iſt die Sonne uͤber 54° von den Æquinoctial-Puncten in der E - cliptick weg / wenn ihre Declination 19° iſt (§ 99. 100 Aſtron.). Da ſie nun bey nahe alle Tage einen Grad durchlaͤuft (§. 416. Aſtron. ); ſo bricht der Tag 54 Tage eheran /481der Geographie. an / als die Sonne aufgehet. Eben ſo muß die Abend-Demmerung 54 Tage waͤhren. Darumb iſt nicht viel uͤber 2 Monate recht Nacht unter dem Pole. Und in dieſer Nacht haben ſie wol die halbe Zeit uͤber Mondſchein / zu weilen auch laͤnger.
48. Man ſaget / daß unter dem Pole SPHÆRA PARALLELA oder die Erd - Kugel (nemlich mit der Himmels-Ku - gel) Parallel ſey / weil die Sterne und die Sonne ſich mit ihrem Horizont Pa - rallel bewegen.
49. Derowegen gehen in der Parallel - Kugel die Sterne niemals unter (§. 168 Aſtron.)
50. Und demnach bekommet man daſelbſt nur die Helfte der Sterne zu ſehen.
51. Je groͤſſer die Pol-Hoͤhe in einem Orte iſt / je laͤnger iſt der laͤngſte und je kuͤrtzer der kuͤrtzſte Tag.
Es ſey HR der Horizont des einen / hr ei -Fig. 9. nes andern Ortes / in P der Nord-Pol: ſo iſt der laͤngſte Tag / wenn die Sonne in denH h 5Tro -482Anfangs-GruͤndeTropicum Cancri ST kommet / der kuͤrtzſte aber / wenn ſie den Tropicum Capricorni KL durchlaͤuft. Da nun von ST ein groͤſ - ſer Theil / hingegen von KL ein kleinerer Theil uͤber dem Horizont hr als uͤber HR erhaben iſt / maſſen SO groͤſſer als SN und KV kleiner als KZ; ſo muß die Sonne / wenn der Tag am laͤngſten iſt / laͤnger / und wenn er am kuͤrtzſten ifl / kuͤrtzer uͤber dem Horizont hr als uͤber HR bleiben. Und demnach iſt der laͤngſte Tag laͤnger und der kuͤrtzſte Tag kuͤrtzer / wo die Pol-Hoͤhe Pr groͤſſer iſt als wo ſie kleiner iſt. W. Z. E.
52. Weil ihr die gerade Aſcenfion der Sonne in den Tropicis wiſſet (§. 105 A - ſtron. ) und aus der Pol-Hoͤhe die ſchiefe Aſcenſion finden koͤnnet (§. 110 Aſtron. ); ſo koͤnnet ihr auch aus der gegebenen Pol - Hoͤhe eines Ortes finden (§. 116 Aſtron. ) / wie lang daſelbſt der laͤngſte und kuͤrtzſte Tag ſey.
53. Da nun die Pol-Hoͤhe immer zu - nimmet / ie weiter man von dem Æquatore gegen den Pol fortgehet; ſo nimmet auch mit der Breite des Ortes (§. 51) der laͤngſte Tag zu und den kuͤrtzeſte ab: und in den Orten wo einerley Breite iſt / ſind auch die Tage von gleicher Laͤnge.
54. Von den Voͤlckern / welchen der Pol uͤber dem Horizont erhaben iſt / ſa - get man / daß ſie SPHÆRAM OBLI - QUAM oder die Erdkugel ſchief haben / weil die Sonne und Sterne uͤber ihren Horizont ſchief herauf ſteigen.
55. Die Flaͤche der Erdkugel wird durch Circul / die mit dem Æquatore pa - rallel ſind / in CLIMATA eingetheilet. Nemlich durch jeden Grad der Breite / wo der laͤngſte Tag im Jahre eine hal - be Stunde zugenommen / wird ein pa - rallel-Circul gezogen.
56. Aus der gegebenen Groͤſſe des laͤng - ſten Tages an einem Orte ſeine Breite oder Pol-Hoͤhe zu finden.
Es ſey Z. E. der laͤngſte Tag 16 St. ſo iſt O
D 30° 4′ 56″ DS iſt 23° 30′.
Log. Sin. OD 97000477
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Tang. DS 9.6383.0.18
Log. Tang. O 9 9382541 / welchem in Tabellen zukommen 40° 56′ 23″. Derowe - gen iſt die verlangte Breite des gegebenen Ortes 49° 3′ 37″.
57. Durch gegenwaͤrtige Aufgabe iſt folgende Ta - belle conſtruiret worden / darinnen der Anfang eines jeden Climatis angedeutet wird.
I | 12. St. | 0° 0′ | XIII | 18 St. 0′ | 58°. 29′ |
XIV | 18. 30 | 59. 58 | |||
II | 12. 30′ | 8. 25 | XV | 19. 0 | 61. 81 |
III | 13. 0 | 15. 25 | XVI | 19. 30 | 62. 25 |
IV | 13. 30 | 23. 50 | XVII | 20. 0 | 63. 22 |
V | 14. 0 | 30. 20 | XVIII | 20. 30 | 64. 6 |
VI | 14. 30 | 36. 28 | XIX | 21. 0 | 64. 49 |
VII | 15. 0 | 41. 22 | XX | 21. 30 | 65. 21 |
VIII | 15. 30 | 45. 29 | XXI | 22. 0 | 65. 47 |
IX | 16. 0 | 49. 1 | XXII | 22. 30 | 66. 6 |
X | 16. 30 | 51. 58 | XXIII | 23. 0 | 66. 20 |
XI | 17. 0 | 54. 27 | XXIV | 23. 30 | 66. 28 |
XII | 17. 30 | 56. 37 | XXV | 24. 0 | 66. 31 |
58. Wenn einer die Erde von Abend gegen Morgen umbſchiffet / ſo hat er ei - nen Tag zuviel / wenn er nach hauſe kommet / wenn er aber von Morgen ge - gen Abend ſchiffet / einen Tag zu wenig.
Setzet / es ſchiffe einer den erſten Jenner des Mittags umb 12 Uhr aus. Wenn er nun gegen Morgen ſchiffet / ſo kommet er in Oerter / da eher Mittag iſt / nemlich wenn er 15 Grad von ſeinem Orte weggeſchiffet / ſo faͤngt er eine Stunde eher Mittag an / als an dem Orte / da er ausgeſchiffet. Da er nun die Tage in ſeinem Calender nach dem Meridiano ſeines Ortes zehlet / ſo hat er un - ter Wegens ſchon eine Stunde gewonnen / das iſt / er zehlet eine Stunde mehr als er ſolte. Es ſind aber umb die Erde herumb 24 mal 15 Grade. Derowegen wenn er die gantze Erde herumb kommet / muß er 24 Stunden / das iſt / einen Tag zuviel haben. Alſo kommet er z. E. nach ſeiner Rechnung im Sonntage nach Hauſe / und daſelbſt iſt erſt Sonnabend. Welches das erſte war.
Wenn einer 15 Grad gegen Abend geſchif - fet / ſo faͤngt er eine Stund ſpaͤter Mittag an / und iſt demnach wie vorhin klahr / daß er umb 24 Stunden kommen muß / wenn er umb die gantze Erde herumb faͤhret. Alſo kommeter486Anfangs-Gruͤndeer z. E. nach ſeiner Rechnung im Sonnaben - de nach Hauſe / und daſelbſt feyret man ſchon den Sonntag. Welches das andere war.
59. Wenn derowegen beyde einander auf dem Wege begegnen / ſind ſie ihrer Rechnung nach umb einen Tag voneinander unterſchie - den.
60. Die Welt-Gegend (Plaga) iſtFig. 11. ein Punct in der Flaͤche der Himmels - Kugel / darinnen ſich die gerade Linie en - det / welche aus dem Auge mit dem Ho - rizont parallel gezogen wird. Diejeni - ge Gegend / wo die Sonne zu Mittage geſehen wird heiſſet Suͤden / die ihr entgegengeſetzte Norden. Wenn ihr das Geſichte gegen Norden kehret / ſo iſt zur Rechten 90° davon Oſt; zur Lin - cken aber Weſt. Dieſe 4 Gegenden a - ber nennet man die Cardinal - oder Haupt-Gegenden. Zwiſchen ihnen kommen vier Neben-Gegenden / wel - che von den beyden Cardinal-Gegenden zur Seiten ihren Nahmen bekommen / dergeſtalt daß Suͤd und Nord zuerſt genennet wird. Sie heiſſen demnach Suͤd-Oſt / Nord-Oſt / Nord-Weſt / Suͤd-Weſt. Man theilet die Bo -gen487der Geographie. gen des Horizonts zwiſchen dieſen acht Gegenden wieder in zwey gleiche Thei - le / und ſetzet noch acht andere Neben - Gegendẽ / welche abermal ihre Nahmen von den zwey Gegenden zu ihren beyden Seiten bekommen / und zwar derge - ſtalt / daß die Cardinal-Gegenden zu - erſt genennet werden. Es ſind alſo die Nahmen dieſer Gegenden Suͤd-Suͤd - Oſt / Oſt-Suͤd-Oſt / Oſt-Nord-Oſt / Nord-Nord-Oſt / Nord-Nord - Weſt / Weſt-Nord-Weſt / Weſt - Suͤd-Weſt / Suͤd-Suͤd-Weſt. Endlich theilet man die Bogen des Ho - rizonts zwiſchen dieſen 16 Gegendẽ noch einmal in zwey gleiche Theile / und macht noch 16 andere Neben-Gegenden. Die - ſe bekommen ihren Nahmen von der anliegenden Cardinal-Gegend / oder ei - ner von den erſten Neben-Gegenden / nnd wird dazu geſetzet / gegen welche Cardinal-Gegend ſie liegen. Es ſind demnach dieſe Nahmen: Suͤd gen Oſten / Suͤd-Oſt gen Suͤden / Suͤd - Oſt gen Oſten / Oſt gen Suͤden / Oſt gen Norden / Nord-Oſt gen Oſten / Nord-Oſt gen Norden / Nord gen Oſten / Nord gen Weſten / Nord - Weſt gen Norden / Nord-Weſtgen488Anfangs-Gruͤndegen Weſten / Weſt gen Norden / Weſt gen Suͤden / Suͤd-Weſt gen Weſten / Suͤd-Weſt gen Suͤden / Suͤd gen Weſten.
61. Wenn ihr alſo eine von den Haupt - Gegenden wiſſet / ſo koͤnnet ihr die uͤbrigen al - le finden.
62. Die Welt-Gegenden zu finden.
63. Alſo koͤnnet ihr auch finden / wie viel Grade jede Gegend von der naͤchſten Cardi - nal-Gegend ſtehet / und was fuͤr einen Win - ckel die zwey naͤchſten miteinander machen. Z. E. die erſten Neben-Gegenden machen mit den Cardinal-Gegenden einen Winckel von 45°.
64. Man bedienet ſich insgemein der Magnet-Na - del. Weil aber dieſe nicht accurat Norden zeiget / ſo muß man erſt ihre Abweichung oder Declination von der Mittags-Linie obſerviren / welches geſchiehet / wenn ihr ſie uͤber der Mittags-Linie aufrichtet / und den Winckel / den ſie mit ihr macht / anmercket. Es iſt aber die Declination nicht einerley zu einer Zeit an allen Orten: ja in einem Orte iſt ſie veraͤnderlich.
65. Eine Erd-Kugel zu verfertigen.
Weil auf der Erd-Kugel alle Circul be - ſchrieben werden / die man ſich an der Him - mels-Kugel einbildet (§. 218) und die Oerter auf ihre Flaͤche aus der gegebenen Laͤnge und Breite eben ſo wie die Sterne auf die Him - mels-Kugel aufgetragen werden / nur daß die Erd-Kugel in ihren beyden Polen einge - henget wird; ſo koͤnnet ihr die Erd-Kugel auf eben eine ſolche Art wie die Himmels-Kugel verfertigen (§. 218 Aſtron.).
66. Weil auf der Erd-Kugel die Ecli - ptick und der Æquator beſchrieben iſt / ſo koͤn - net ihr wie auf der Himmels-Kugel (§. 225. 226. 228. 231 Aſtron. ) alle Tage fuͤr einen je - den Ort finden / wenn und in was fuͤr einer Gegend die Sonne auf und unter gehet / die ſchiefe und gerade Aſcenſion der Sonne / die Laͤnge des Tages und der Nacht / den An -(3) J ibruch490Anfangs-Gruͤndebruch des Tages und das Ende der Abend - Demmerung.
67. Wenn ihr einen Ort unter den Meri - dianum fuͤhret / koͤnnet ihr an demſelben ſei - ne Breite zehlen / und wenn ihr den Grad des Æquatoris, dadurch der erſte Meridianus gezogen wird / von dem Grade abziehet / der unter dem Meridiano ſtehet / findet ihr die Laͤnge des Ortes.
68. Wenn ihr acht gebet / was fuͤr Oerter mit eurem unter dem Meridiano ſind / ſo wiſſet ihr welche Voͤlcker mit euch zugleich Mittag haben / ingleichen was fuͤr Voͤlcker auf eine gegebene Zeit Sommer / welche Winter / Herbſt / Fruͤhling haben (§. 39.).
69. Wenn ihr acht gebet / was fuͤr Oerter in dem Horizont ſtehen / ſo wiſſet ihr / wo die Sonne auf und untergehet / indem es bey euch Mittag iſt.
70. Hingegen wenn ihr die Himmels-Ku - gel ſo einhaͤnget / daß die Pole auf dem Hori - zont liegen / koͤñet ihr die Eigenſchaften der ge - raden Kugel erkennen (§. 43). Haͤnget ihr ſie aber ein / daß die Pole ins Zenith und Nadir kommen; ſo koͤnnet ihr die Eigenſchaf - ten der Parallel-Kugel wahrnehmen.
71. Aus der gegebenen Laͤnge und Breite zweyer Oerter ihre Weite zu finden.
72. Aus der gegebenen Laͤnge und Breite etlicher Oerter und der Diſtantz vieler anderen von zweyen der vorher - gehenden eine Land-Charte zu machen.
Und auf ſolche Weiſe koͤnnet ihr alle uͤbrigeOer -493der Geographie. Oerter darauf ſetzen: welches man verlange - te.
73 Die Methode gehet nur auf Particulir-Char - ten fuͤr gewiſſe Laͤnder und Provincien / denn da kan man die Circul-Bogen der Laͤnge und der Breite durch gerade Linien vorſtellen. Es iſt aber in ihrer Verfertigung noch gar wohl dieſes zu mercken / daß man die Grade der Breite auf AB und DC ſo groß annehmen kan als man wil / und beyderſeits von glei - cher Groͤſſe / in dem ſie Grade des Meridiani vor - ſtellen / die in allen Meridianis von gleicher Groͤſſe ſind. Allein weil die Grade auf B D und A C Grade der Parallel-Circul vorſtellen / dieſe aber immer kleiner werden / je naͤher ſie dem Pol kommen; ſo muͤſſen die Grade in der oberen Linie AC kleiner als in der unteren BD: hingegen beyde kleiner als die Gra - de zu den Seiten AB und CD werden Wenn ihr a - ber wiſſen wollet / wieviel der Grad in jedem Falle kleiner werden werden muͤße / doͤrfet ihr nur die Pro - portion der Grade in einem gegebenen Parallel-Cir - cul zu den Graden des Æquatoris aus der oben gege - benen Tabelle annehmen / einen Grad der Breite auf dem verjuͤngten Maaßſtabe meſſen / und durch die Re - gel detil ausrechnen / wie viel nach eurem verjuͤngten Maaßſtabe fuͤr einen Grad des Parallel-Circuls kom - met.
74. Wenn ihr eine Land-Charte vergroͤſſern oder verkleinern wollet / doͤrffet ihr nur die Grade der Laͤn - ge und Breite vergroͤſſern oder verkleinern: im uͤbri - gen koͤnnet ihr wie vorhin die Oerter abtragen.
73. Weil die Diſtantz nach Graden des Æqua - toris abgemeſſen wird; ſo koͤnnet ihr den MaaßſtabJ i 3fuͤr499Anfangs-Gruͤndefuͤr Meilen haben / wenn ihr einen Grad der Breite in 15 Theile eintheilet (§. 19). Und dieſes Maaßſta - bes bedienet ihr euch / wenn ihr die Oerter aus der ge - gebenen Diſtantz von zweyen anderen auftraget.
76, Was ins beſondere bey Verfertigung der Univerſal-Charten / welche die halbe Erd-Kugel vor - ſtellen / in acht zu nehmen iſt / hat Varenius (in Geogr Generali part. 2. lib. 3. prop. 6. p. m. 754 & ſeqq. ) weitlaͤufftig erklaͤhret: ich wil nur mit wenigem noch etwas in folgender Aufgabe davon gedencken / damit die Anfaͤnger ſich einen dentlichen Begriff von den U - niverſal-Charten machen koͤnnen.
77. Eine Univerſal-Charte zu verfer - tigen.
Und ſo iſt geſchehen was man verlangete.
78. Man bildet ſich ein / als wenn das Augẽ uͤber dem Æquatore erhaben waͤre biß es die gantze Erd - Kugel uͤberſehen koͤnte: ſo muͤſſen allerdings die Laͤnder / die weit von dem Auge weg ſind / einen klei - neren / Raum einzunehmen ſcheinen / als die na - hen ob ſie gleich von einer Groͤſ - ſe ſind.
Ende der Geographie.
DJe Chronologie iſt vielen Weitlaͤuftigkeiten und Schwierigkeiten unter - worffen / wenn man al - les / was in derſelben behauptet wird / demonſtrativiſch ausfuͤhren ſol. Allein mein gegenwaͤrtiges Vorhaben leidet es nicht / daß ich mich ſo weit vertiefe. Mir wird gnung ſeyn / wenn ich zeige / wie man aus Aſtronomiſchen Gruͤnden die Zeit-Rechnungen herleiten und zum gemeinen Gebrauch ſo wol in der Republick als in der Kirche an - wenden koͤnne. Aus der Hiſtorie wil ich zwar auch anfuͤhren / was entweder vor dieſem / oder noch heute zu Tage fuͤr Zeit-Rechnun - gen im Brauch geweſen: allein dieStrei -500Vorrede. Streitigkeiten / welche die Chrono - logi unter einander haben / wil ich hier eben nicht ausmachen. Wer die Anfangs-Gruͤnde der Aſtrono - mie ſich erſt bekandt machen wird und dabey auf das acht haben / was ich von der Chronologie beybringe / wird von ſich ſelbſt / wenn er Luſt hat / aus gehoͤrigen Scribenten das uͤbrige erlernen koͤnnen. Ohne die - ſe Huͤlfe aber iſt es unmoͤglich in dieſer Wiſſenſchaft einen ſicheren Tritt zuthun.
5011.
DJe Chronologie iſt eine Wiſ - ſenſchaft die Zeit auszumeſſen.
2. Die Zeit / welche vorbey ſtreichet / in dem die Sonne einmal umb die Erde herumb kommet / nennet man einen Tag. Es heiſſet aber auch der Tag die Zeit / welche die Sonne uͤber unſe - rem Horizont zu bringet; und die Nacht / welche ſie ſich unter unſerem Horizont verweilet. Jenen nennen wir den natuͤrlichen Tag; dieſen a - ber ſchlechter dinges Tag.
3. Weil die eigene Bewegung der Son - ne umb das Apogæum laͤngſamer iſt als um das Perigæum; ſo muͤſſen die natuͤrlichen Tage im Sommer kuͤrtzer als im Winter ſeyn.
4. Auch werden die natuͤrlichen Tage da -her502Anfangs-Gruͤndeher einander ungleich / weil die gerade Aſcen - ſion / der Sonne nicht auf gleiche Art zu nimmet / wie die ausgerechnete Tabellen es ausweiſen.
5. Derowegen wenn ihr eure Uhr nach der Mittags-Linie geſtellet und ſie gleich nach der mittleren Bewegung gantz richtig gehet; ſo wird doch die Sonne die folgende Tage nicht wieder im Meridiano ſeyn / ſo bald der Zeiger 12 weiſet. Den Unterſcheid nennen die Aſtronomi die ÆQUATION der Zeit.
6. Das Maaß alſo der Æquation der Zeit iſt der Theil des Æquatoris zwiſchen zweyen Meridianis, deren einer durch den mittleren / der andere durch den wahren Ort der Sonne in der Ecliptick gezogen wird / das iſt / die Differentz zwiſchen der geraden Aſ - cenſion fuͤr den mittleren Ort der Sonne und der geraden Aſcenſion fuͤr ihren wahren Ort.
7. Daher theilen die Aſtronomi die Zeit ein in die mittlere und ſcheinbahre / deren jene nach der mittleren / dieſe nach der ſcheinbahren oder wahren Bewegung der Sonne reguliret wird / und conſtruiren beſondere Tabellen / durch deren Huͤlfe die mittlere Zeit in die ſcheinbahre und die ſchein - bahre in die mittlere verwandelt werden kan: wel -ches503der Chronologie. ches man iñ Aſtronomiſchen Rechnungen oͤfters von noͤthen hat.
8. Die Tages - und Nachts-Laͤnge auf eine jede Zeit in einem jeden Orte zu finden / iſt in der Aſtronomie angewieſen worden (§. 116 Aſtron)
9. Der natuͤrliche Tag wird in 24 Stunden eingetheilet; die Stunde in 60 Minuten; die Minute in 60 Se - cunden u. ſ. w.
10. Der Anfang die Stunden zu zehlen / und alſo auch der Anfang des Tages muß von einem mercklichen Orte der Sonne im Himmel genommen werden / und alſo ent - weder von dem Mittage / da die Sonne im Meridiano ſtehet / oder von ihrem Auf - und Untergange / da ſie in dem Horizont erſchei - net; oder auch von Mitternacht / da ſie in den unteren Theil des Meridiani kommet.
11. Da der Mittag durch Huͤlfe der Mit - tags-Linie am beſten obſerviret werden kan (§. 43 Aſtron. ) ſchicket es ſich am beſten den Tag von dem Mittage anzufangen.
12. Die Aſtronomi fangen den Tag von Mittage an / und zehlen 24 Stun -den504Anfangs-Gruͤndeden in einer Reihe fort / daher nennet man auf ſolche Art gezehlete Stunden Aſtronomiſche Stunden. Wir hin - gegen fangen den Tag von Mitternacht an und zehlen 12 Stunden bis zu Mitta - ge / von Mittage aber bis Mitternacht wieder 12 Stunden / und heiſſen ſie Eu - ropaͤiſche Stunden.
13. Die alten Umbri und Araber fiengen den Tag wie die Aſtronomi an; die alten Egyptier aber und Roͤmer wie wir. Vid. Cenſorinus de Die nata - li c. 23. & Plinius lib. 2. c. 77.
14 Die Jtaliaͤner / Juden und Sine - ſer / (und vorzeiten die Athenienſer) ſetz - ten den Anfang des Tages in dem Un - tergange der Sonne; die Babylonier a - ber ſetzten ihn in den Aufgang der Son - ne / mit welchen die heutigen Griechen uͤberein kommen. Die nach erſter Art gezehlete Stunden heiſſen Jtalieniſche die anderen aber Babyloniſche Stun - den. Beyde werden 24 in einer Reihe fortgezehlet.
15. Die Juͤden theileten jeden Tag / er mochte lang oder kurtz ſeyn / und ſo auch jede Nacht in 12 Stunden. Und pfle -get505der Chronologie. get man daher ſolche ungleiche Stun - den Juͤdiſche Stunden zu nennen.
16. Jn langen Tagen ſind die Juͤdiſchen Stunden lang / in kurtzen aber kurtz.
17. Aſtronomiſche Stunden in Euro - paͤiſche und Europaͤiſche in Aſtronomi - ſche zu verwandeln.
Nach Mittage kommen die Aſtronomi - ſchen Stunden mit den Europaͤiſchen uͤber - ein / und findet alſo keine Verwandelung ſtat. Vor Mittage iſt der Unterſcheid 12 Stun - den / und gehoͤren die Aſtronomiſchen zu dem vorhergehenden Tage (§. 12). Derowe / gen addiret zu der Europaͤiſchen Stunde 12 - ſo habet ihr die Aſtronomiſche des vorherge - henden Tages; oder ſubtrahiret von der A - ſtronomiſchen 12 / ſo bekommet ihr die Euro - paͤiſche des folgenden Tages.
Z. E. Es wird gegeben die 19 Aſtronomi - ſche Stunde des 4 Julii. So iſt ſolches die 7 Europaͤiſche Stunde vor Mittage den 5 Ju - lii.
18. Die Babyloniſchen Stunden in A - ſtronomiſche und die Aſtronomiſchen in Babyloniſche zu verwandeln.
(3) K kAuf -506Anfangs-GruͤndeDer Unterſcheid zwiſchen den Babyloni - ſchen und Aſtronomiſchen Stunden iſt die halbe Tages-Laͤnge / und die Vor-Mittags - Stunden gehoͤren zu dem vorhergehenden A - ſtronomiſchen Tage (§. 14).
Derowegen addiret zu den Aſtronomi - ſchen Stunden die halbe Tages-Laͤnge: wenn weniger als 24 heraus kommet / ſo ha - bet ihr die Europaͤiſche deſſelben Tages; kommet mehr als 24 heraus / ſo werfet 24 da - von weg / das uͤbrige iſt die Babyloniſche des folgenden Tages.
Hingegen ziehet die halbe Tages-Laͤnge von der Babyloniſchen Stunde ab / ſo kom - met die Aſtronomiſche deſſelben Tages her - aus. Jſt die halbe Tages-Laͤnge groͤſſer als die Aſtronomiſche Stunde / ſo addiret erſt zu dieſen 24. Was nach geſchehener Sub - traction uͤbrig bleibet / iſt die Aſtronomiſche Stunde des vorhergehenden Tages.
Z. E. Cs ſey die halbe Tages-Laͤnge 6 St. und wird gegeben die 5. Aſtronomiſche Stunde den 21 Martii; ſo iſt ſolches die 11 Babyloniſche Stunde deſſelben Tages. Hingegen die 22 Aſtronomiſche Stunde iſt die 4 Babyloniſche des 22 Martii.
19. Weil die Laͤnge der Tage nicht an al - len Orten auf dem Erdboden zu gleicher Zeitei -507der Chronologie. einerley iſt; ſo verſtehet es ſich / daß man die halbe Tages-Laͤnge nach dem Orte æſtimi - ren muß / nach deſſen Meridiano die Stun - den gezehlet werden.
20. Und iſt hier uͤberhaupt einmal fuͤr allemal zu mercken / daß / wenn man von Verwandelung einer ge - wiſſen Art Stunden in andere redet / beyde nach einen Meridiano gezehlet werden. Derowegen wenñ Stunden verſchiedener Oerter gegeben werden / muͤſ - ſen ſie erſt (§. 280 Aſtron. ) auf einen Meridianum re - duciret werden.
21. Da ihr die Aſtronomiſchen Stunden in Europaͤiſche verwandeln koͤnnet (§. 17); ſo koͤnnet ihr auch die Babyloniſchen in Eu - ropaͤiſche und wiederumb dieſe in jene ver - wandeln.
22. Die Jtalieniſche Stunden in Eu - ropaͤiſche und die Europaͤiſchen in Jta - lieniſche zu verwandeln.
Der Unterſcheid der Jtalieniſchen und Europaͤiſchen Stunden iſt die halbe Nachts - Laͤnge / und / wenn die Europaͤiſche Nach - Mittags-Stunden die halbe Tages-Laͤnge uͤberſchreiten / geboͤren die mit ihnen uͤberein - kommende Jtalieniſche Stunden zu dem folgenden Tage.
Addiret zu den Europaͤiſchen Stunden vor Mittage die halbe Nachts-Laͤnge; nachK k 2Mit -508Anfangs-GruͤndeMittage aber noch 12: ſo kommen die Jtalie - niſchen Stunden heraus. Jſt die Summe uͤber 24 / ſo werfet 24 weg / und das uͤbrige iſt die Jtalieniſche Stunde des folgenden Ta - ges.
Hingegen ſubtrahiret von der Jtalieni - ſche Stunde die halbe Nachts-Laͤnge; ſo bleibet die Europaͤiſche uͤbrig / und zwar ſind es Nach-Mittags-Stunden / wenn uͤber 12 herauskommet. Gehet die Subtraction nicht an / ſo adddiret erſt 12: ſo kommet nach geſchehener Subtraction die Europaͤiſche Nach-Mittags-Stunde heraus.
Z. E. Es ſey den 21 Mart. die Europaͤiſche Vor-Mittags-Stunde 9. Die halbe Nacht-Laͤnge iſt 6 St. und alſo kommet die 15 Jtalieniſche Stunde deſſelben Tages mit uͤberein. Wiederumb es ſey die Europaͤi - ſche Nach-Mittags-Stunde 9. wenn ihr 12 und 6 addiret / ſo kommet 27 heraus / und alſo die 3 Jtalieniſche Stunde des 22 Martii.
23. Weil ihr die Europaͤiſchen Stunden in Aſtronomiſche verwandeln koͤnnet (§. 17); ſo koͤnnet ihr auch die Jtalieniſche in Aſtro - nomiſche verwandeln.
24. Die Juͤdiſchen Stunden in Eu - ropaͤiſche / und die Europaͤiſchen in Juͤ - diſche zu verwandeln.
Auf -509der Chronologie.Z. E. Es ſey die Laͤnge des Tages 16 Stun - den / ſo iſt die Groͤſſe einer Juͤdiſchen 1 St. 20 M. die Sonne gehet um 4 Uhr auf. Dem - nach iſt die achte Juͤdiſche Stunde nach der Europaͤiſchen Uhr um 10 Uhr 40 M. Hingegẽ die neundte Europaͤiſche Stunde iſt nach der Juͤdiſchen Uhr umb 3 Uhr und ¾ oder 45 M.
25. Die Aſtrologi theilen die Stunden des Ta - ges und der Nacht eben ſo ein / und eignen jede Stun - de das Regiment uͤber dem Erdboden einem gewiſſen Planeten zu in der Ordnung / wie ſie hier hinter ein - ander geſetzt worden ♄. ♃. ♂. ☉. ♀. ☿. ☽. der Tag bekommet ſeinen Nahmen von den Planeten / der die erſte Stunde herrſchet. Man faͤngt aber an von demKk 3Son -510Anfangs-GruͤndeSonnabende. Daher heiſſet dieſer Dies Saturni und die uͤbrigen 6 hinter einander Dies Solis, Lunæ, Martis, Mercurii, Jovis, Veneris. Dieſe Namen haben die E - gyptier zuerſt aufgebracht. Vid. Dio Caſſinus l. 37.
26. Ein Chaldaͤiſcher Scrupel iſt $$\frac {1}{1080}$$ von einer Stunde.
27. Die Juͤden / Araber und andere Margenlaͤndi - ſche Voͤlcker bedienen ſich deſſelben / und nennen ſie He - lakim.
28. Da nun 18 Chaldaͤiſche Scrupel ei - ne Minute machen; ſo werden die Minuten in Chaldaͤiſche Scrupel verwan - delt / wenn ihr ſie durch 18 multipliciret; hin - gegen die Chaldaͤiſchen Scrupel in Minuten / wenn ihr ſie durch 18 dividiret. Alſo ſind 15 Minuten 270 Chaldaͤiſche Scrupel.
29. Die Woche iſt eine Zeit von 7. Tagen.
30. Die Eintheilung der Zeit in Wochen kommet von der Schoͤpfung her / und iſt deswegen von den Patriarchen und Juden beliebt worden / von ihnen aber zu den meiſten Voͤlckern kommen. Die Heid - niſchen Perſier haben keine Wochen. Vid. Beveregius in Jnſt Chronolog. lib. 1. c. 6. p. m. 23. Eben dieſes wird von gewißen Jndianern angemercket in Act. E - rudit. Lipſ. An. 1708 p. 144 aus des Wafers Deſcri - ption of the Iſthmus of America.
31. Die Kirchen-Scribenten nennen alle Tage derWo -511der Chronologie. Wochen ferias hebdomadis und zehlen ſie von dem Sonntage an in ihrer Ordnung fort. Die Syrer / Araber / Moren und Chriſtliche Perſier nennen alle Tage in der Wochen Sabbat. Die Roͤmer und Grie - chen haben die Aſtrologiſche Benennung (§. 25) behal - ten / welche auch bey den Europaͤern im Brauch iſt / auſſer daß wir Teutſchen die Nahmen der meiſten Ta - veraͤndert.
32. Wenn ihr in dem Calender vom An - fange des Jahres an alle Tage durch die er - ſte 7 Buchſtaben des Alphabetes A. B. C. D. E. F. G. H andeutet; ſo hat jeder Tag in der Woche das gantze Jahr durch einerley Buch - ſtabe.
33. Der Buchſtabe / welcher im Ca - lender alle Sonntage das gantze Jahr durch andeutet / wird der Sonntags - Buchſtabe genennet.
34. Der Sonnen-Monat iſt die Zeit / in welcher die Sonne nach ihrer eigenen Bewegung ein himmliſches Zeichen durchlaͤuft.
35. Derowegen ſind die Sonnen-Mona - te einander nicht gleich (§. 411 Aſtron.)
36. Nach der mittleren Bewegung aber iſt ein Sonnen-Monat 30 T. 10 St. 29′ 4″ /K k 4wel -512Anfangs-Gruͤndewelcher alſo im Buͤrgerlichen Leben / da man nur gantze Tage zehlen muß / nicht in acht ge - nommen werden kan.
37. Ein Monden-Monat iſt die Zeit von einem Neu-Monden biß zu dem andern.
38. Weil die Groͤſſe eines Monden-Mo - nats 29 T. 12 St. 44′ 3″ haͤlt (§. 521 Aſtro - nom. ); ſo kan ſie im buͤrgerlichen Leben gleichfals nicht gnau beobachtet werden.
39. Ein Sonnen-Jahr iſt die Zeit / in welcher die Sonne die 12 himmliſche Zeichen durchlaͤuft.
40. Alſo beſtehet es aus 12 Sonnen-Mo - naten (§. 34).
41. Weil die Groͤſſe des Sonnen-Jah - res 365 T. 5 St. 49′ iſt (§. 414 Aſtron. ); ſo kan man im buͤrgerlichen Leben dieſelbe nicht in acht nehmen / weil groſſe Verwirrung entſtehen wuͤrde / wenn das Jahr nicht im - mer mit einem Tage angefangen wuͤrde. Derowegen muͤſſen einem gemeinen Son - nen-Jahre 365 Tage gegeben werden. Weñ aber die uͤbrigen Stunden und Scrupelgleich -513der Chronologie. gleichfals einen Tag ausmachen / ſo muß daß Jahr 366 Tage bekommen.
42. Wenn ihr 365 durch 12 dividiret / ſo kommen 30 heraus und bleiben 5 uͤbrig. De - rowegen da das Sonnen-Jahr 12 Monate hat; gehoͤren fuͤr 6 Monate 30 und fuͤr 5 Monate 31 Tage. Hat aber das Jahr 366 Tage / ſo ſind 6 Monate von 31 Tagen.
43. Ein Sonnen-Jahr von 366 Ta - gen heiſſet ein Schalt-Jahr / und der Tag / ſo eingeſchaltet wird / der Schalt - Tag.
44. Weil der Uberſchuß der Groͤſſe des Sonnen-Jahres uͤber 365 Tage 5 St. 49′ iſt; ſo muͤſſen innerhalb 100 Jahren 24 Tage eingeſchaltet werden und bleiben noch 5 Stunden 40 M. uͤbrig / welche in 400 Jahren 22 St. 40 M. und alſo nicht voͤllig einen Tag machen.
45. Ein Monden-Jahr iſt eine Zeit aus 12 Monden-Monaten.
46. Die Groͤſſe des Monden-Jahres iſt 354 T. 8 St. 48 M. 36. S.
47. Alſo iſt der Unterſcheid zwiſchen dem Monden-Jahre und Sonnen-Jahre 10 T. 21 St. 0 M. 24 S.
48. Wenn man 354 durch 12 dividiret / ſo kommen 29 heraus und bleiben 6 uͤbrig. Derowegen kommen im Monden-Jahre fuͤr 6 buͤrgerliche Monate 30 / fuͤr 6 aber 29 Tage.
49. Da nun der Unterſcheid zwiſchen dem buͤrgerlichen Monden-Jahre und zwi - ſchen dem wahren Sonnen-Jahre 11 T. 5 St. 49 M. iſt; ſo muͤſten innerhalb 100 Monden-Jahren 34 Monate von 30 und 4 von 31 Tagen eingeſchaltet werden / wann der Anfang des Jahres nicht durch alle Jahr - Zeiten durchwandern ſol. Und bleiben doch noch in 100 Jahren 4 St. 21 M. uͤbrig.
50. Ein gemeines Julianiſches Jahr hat 365 Tage; ein Schalt - Jahr aber 360 und iſt allezeit das vierdte ein Schalt-Jahr.
51. Es hat nemlich Julius Cæſar, der Verbeſſerer des Roͤmiſchen Calenders / den die Hohen-Prieſter aus Muthwillen gantz verdorben hatten / auf Ein - rathen ſeines Aſtronomi des Sosſygenis die Groͤſſe des Sonnen-Jahres 365 Tage 6 Stunden angenommen /und515der Chronologie. und alſo umb 11 Minuten zu groß / welches in hun - dert Jahren 18 St. 20 M. austraͤgt. Das Julia - niſche Jahr iſt unter den Chriſten in Europa bis 1582 bey allen im Brauch geweſen / da der Pabſt Gregorius den Calender geaͤndert. Alle in die Prote - ſtirenden Potentaten und Staͤnde des Reiches haben es aus einem ungegruͤndeten Eifer biß A. 1700 be - halten: und die Engellaͤnder haben es noch biß auf den heutigen Tag.
52. Das Gregorianiſche gemeine Jahr hat wie das Julianiſche 365 Ta - ge und das Schalt-Jahr 366. Allein weil in hundert-Jahren nur 24 Schalt - Jahre ſeyn koͤnnen / doch aber in vier - hundert Jahren 22 St. 40 M. noch uͤ - brig bleiben; ſo hat der Pabſt Gregorius zwar alle 4 Jahre ein Schalt-Jahr / aber in dem hunderten Jahre 3 mal hinter einander ein gemeines Jahr be - halten und nur das vierdte hunderte Jahr ein Schalt-Jahr ſeyn laſſen.
53. Alſo weichet er in 400 Jahren umb 1 St. 20 M. von dem wahren Sonnen-Jah - re ab.
54. Hingegen in 400 Jahren faͤngt ſich alle mal das Gregorianiſche Jahr umb 3 Tage fruͤher an als das Julianiſche.
55. Da nun von dem Concilio Nicæno an biß zu des Oregorii Zeiten der Unterſcheid 10 Tage war und A. 1700 auf 11 Tage anwuchs; haben die Evangeli - ſchen Staͤude des Reiches ſich in gedachtem Jahre reſolviret das Gregorianiſche Jahr wenigſtens auf eine Zeit anzunehmen / bis vielleicht auch denen von der Roͤmiſchen Kirche belieben wird auf eine beqve - mere Einſchaltung mit zu gedencken.
56. Die Nahmen der Monate und ihre Groͤſſe beydes in dem Julianiſchen als Gregorianiſchen Jah - re ſind aus beygeſetztem Taͤfelein zu erſehen.
Januarius | Jenner | 31 | Julius | Heumonat | 31 |
Februaius | Hornung | 28 | Auguſtus | Auguſtmonat | 31 |
Martius | Mertz | 31 | September | Herbſtmonat | 30 |
Aprilis | April | 30 | October | Weinmonat | 31 |
Majus | May | 31 | November | Wintermon. | 30 |
Junius | Brachm. | 30 | December. | Chriſtmonat. | 31 |
Der Schalt-Tag wird nach dem 23 Februarii ein - geſchoben und bekommet daher im Schalt-Jahre dieſer Monat 29 Tage. Anfangs hatten die Roͤmer nur zehen Monate. Daher ſind die Nahmen Sep - tember, October, November, December kom - men.
57. Es haben aber die Roͤmer gantz eine beſonde - te Art die Tage zu zehlen gehabt. Den erſten Tag nenneten ſie Calendas, darauf folgeten im Mertz / May / Julio und October 6 / in den uͤbrigen Mona -ten517der Chronologieten 4 Nonæ, auf dieſe 8 Idus und die uͤbrigen Tage wurden Calendæ des folgenden Monats genennet / nach den bekandten Verſiculn:
Es werden aber ſo wol die Nonæ und Idus, als die Calendæ ruͤckwarts gezehlet. Z. E. Der andere Mertz heiſſet Sextus Nonarum Martii. Der 16 Mertz decimus quintus Calendarum Aprilis.
58. Wir fangen das Jahr mit dem erſten Jenner an / nach dem Exempel des Julii Cæſaris, zu deſſen Zeiten der Anfang des Winters oder der Eintritt der Sonne in Steinbock ihm ſehr nahe war.
59. Die Egyptiſchen Jahre des Nabonaſſers beſtehen alle aus 365 Tagen: die Nahmen und Groͤſſe der Monate ſind aus beygeſetztem Taͤfelein zu erſehen:
Thoth518Anfangs-GruͤndeThoth | 30 | Tybi | 30 | Pachon | 30 |
Paophi | 30 | Mecheir | 30 | Pauni | 30 |
Athyr | 30 | Phamenoth | 30 | Epiphi | 30 |
Chojac | 30 | Pharmuthi | 30 | Meſori | 30 |
ἡμέραι ἐπαγόμεναι, oder angehaͤngte Tage 5. |
60. Alle 4 Jahre gehet alſo der Anfang des Jahres umb einen Tag nach dem Ju - lianiſchen zuruͤcke und alſo durchwandert er in 1461 Jahren das gantze Julianiſche Jahr. Der Anfang des erſten Nabonaſſeriſchen Jahres faͤllet auf den 26 Februarii des Ju - lianiſchen.
61. Dieſes Jahr muͤſſen wir verſtehen / wenn wir die Aſtronomiſchen Obſervationen bey dem Ptolomæo nutzen wollen. Als die Egyptier unter das Joch der Roͤmer kommen / haben ſie auch das Julianiſche Jahr angenommen / jedoch mit dem Unterſcheide / daß ſie ihre Monate und augehaͤngte Tage wie vorhin behalten / es vom 29 Auguſti angefangen / und den Schalt-Tag zwiſchen dem 28 und 29 Aug. das iſt / am Ende des Jahres eingeſchaltet. Und gehet das Schalt - Jahr der Egyptier vor dem Julianiſchẽ Schalt-Jahre vorher.
62. Mit dieſem Jahre der Egyptier kommet das Jahr der Mohren voͤllig uͤberein / auſſer daß ſie die Monate anders nennen. DieNah -519der Chronologie. Nahmen der Æthiopiſchen Monate und die Tage / in welchem ſie ſich nach dem Julianiſchen Calender anfangen / ſind aus folgendem Taͤfelein zu erſe - hen. Doch weil in dem naͤchſten Jahre nach dem Schalt-Jahre der Anfang in den 30 Tag des Auguſt - monats faͤllet / muß auch der Anfang der uͤbrigen Monate umb einen Tag fortgeruͤcket werden.
Maſcaã | 29 Aug. | Tyr | 27 Dec. | Ginbat | 26 Apr. |
Tykymt | 28 Sept. | Jacatit | 26 Jan. | Syne | 26 Maj. |
Hydar | 28 Oct. | Magabit | 25 Febr. | Hamle | 25 Jun. |
Tyshas | 27 Nov. | Mijazia | 27 Mart | Nahaſe | 25 Jul. |
Pagomen | 29 Aug. |
64. Den Anfang eines jeden Nabo - naſſeriſchen Jahres nach dem Juliani - ſchen Calender zu finden.
Z. E. Jhr ſollet den Anfang des 120 Na - bonaſſeriſchen Jahres finden. Dividiret 120 durch 4 und den Qvotienten 30 ziehet von57 ab /520Anfangs-Gruͤnde57 ab / ſo bleibet der 27 Jan. fuͤr den geſuchten Anfang uͤbrig.
65. Die Perſer hatten anfangs das Yez - degerdiſche Jahr / welches in allem mit dem Nabonaſſeriſchen uͤberein kom - met / nur daß es ſich von dem 16 Julii anfaͤngt und die Monate folgende Nahmen haben: Fervardin mah, Arda - baheſht mah, Chordad mah, Tyr mah, Mordad mah, Scharivar mah, Meher mah, Aban mah, Adar mah, Di mah, Beheman mah, Eſphandarmod mah. Die ange - haͤngten 5 Tage heiſſen Muſteraka. Un - ter dem Sultan Gelal haben ſie ihr Jahr geaͤn dert / dergeſtalt / daß ſie die Groͤſſe des Sonnen-Jahres 365 T. 5. St. 49′ 15″. 0‴. 48′‴ angenommen / alle 12 Mo - nate zwar von 30 Tagen und 5 Muſtera - ka zu Ende des Jahres behalten; aber nachdem ſie 6 oder 7 mal im vierdten Jahre einen Tag eingeſchaltet / ſie ein - mal erſt das fuͤnfte zu einem Schalt - Jahre gemacht. Es wird ſolches das Gelaleiſche Jahr genennet.
66. Den Anfang eines gegebenen Yezde - gerdiſchen Jahres koͤnnet ihr eben auf die Art wie das Nabonaßeriſche finden (§. 64) / nur daß der Qvotient / der heraus kommet /durch525der Chronologie. durch 4 dividiret / von 167 ſubtrahiren muͤſ - ſet / weil zwiſchen dem 16 Julii und dem 1 Jan. 167 Tage enthalten ſind.
67. Es hat dieſes Jahr von dem Yezdegird / dem letzten Koͤnige der Perſer / den Anfang bekommen / weil man dieſe Jahre zuzehlen angefangen / als er in dem Treffen mit den Saracenen geblieben.
68. Aus dem Gelaleiſchen Jahre erſiehet man / daß die Perſier ſchon vor langen Zeiten in der Aſtronomie ſehr erfahren geweſen / indem ſie nicht allein die Groͤſ - ſe des Sonnen-Jahres angu erkandt / ſondern auch eine uͤberaus geſchickte Art ein zuſchalten erſonnen / da durch die Æquinoctia und Solſtitia beſtaͤndig auf ei - nem Tage des Jahres erhalten werden.
69. Das Syriſche Jahr kommet mit dem Julianiſchen in allem uͤberein / auſſer daß die Monate andere Nahmen fuͤhren und der Anfang in den October des Julianiſchen faͤllet / wie aus beyge - ſetztem Taͤfelein zuerſehen.
Tishrin der 1ſte | October | Niſan | Aprilis. |
Tishrin der 2re | November | Aiyar | Majus. |
Canun der 1ſte | December | Haziram | Junius. |
Canun der 2re | Januarius | Tamuz | Julius. |
Shabat | Februarius | Ab | Auguſt. |
Adar | Martius | Elul | Sept. |
70. Ulugh Beigh, Albategnius und andere O - rientaliſche Scribenten brauchen dieſes Jahr.
71. Das Attiſche Jahr der Grie - chen / iſt ein Monden-Jahr und beſtehet aus 12 Monaten / die Wechſels-Weiſe 29 und 30 Tage haben. Damit ſich nun der Anfang des Jahres nicht durch das gantze Sonnen-Jahr verruͤckte / ha - ben ſie Schalt-Jahre von 13 Monaten gemacht und den ſechſten Monat dop - pelt gezehlet. Es iſt aber innerhalb 19 Jahren jederzeit das 3. 5. 8. 11. 14. 16. 19 ein Schalt-Jahr. Der Anfang des Jahres iſt von dem Neu-Monden ge - macht worden / der vor dem Sommer - Solſtitio am naͤchſten vorher gieng. Sie rechneten ihn aber zu des Metonis und Eudoxi Zeiten auf den 8 Junii, zu des Ti - mocharidis und Hipparchi Zeiten fiengen ſie ihn an auf den 27 Julii zu ſetzen.
72. Die Griechen haben aus Unwiſſenheit der A - ſtronomie ſehr verwirrete Jahr-Rechnungen gehabt: welches aber hier zu erzehlen zu weitlaͤuftig fallen wuͤrde. Die Nahmen der Attiſchen Monate ſind: Εκατομβαιών, μεταγειτνιὼν, βοηδρο - μὼν, μαιμακτηριὼν, πυανεψιὼν, ποσ -ειδε -527der Chronologie. ειδεὼν, γαμηλιὼν, ἀνθεςτηρίων, ἐλα - φηβολιὼν, μουνυχιὼν, Θαργηλιὼν, σκιρροϕοριών.
73. Das Macedoniſche Monden - Jahr kommet mit dem Attiſchen; das Son - nen-Jahr aber mit dem Julianiſchen voͤllig uͤ - berein / nur daß die Monate andere Nahmen / wie wol in beyden Jahren einerley haben. Die Ma - cedonier theileten zu weilen ihr Jahr in 4 gleiche Theile ein / nach dem Eintritt der Sonne in die 4 Cardinal-Puncte / ♈ ♋ ♎ ъ. Jedem Theile eigneten ſie 91 Tage zu / die in 3 Monate vertheilet worden. Dieſes Jahres haben ſich die Syromace - donier / Paphier und Bythinier bedienet / auſſer daß jede Nation ihre Monate anders genennet.
74. Das Arabiſche oder Muham - mediſche Jahr hat ordentlich 354 Ta - ge. Weil aber die Arabẽr das Aſtro - nomiſche Monden-Jahr von 354 T. 8 St. 48′ annehmen / ſo ſchalten ſie un - terweilen zu Ende des Jahres einen Tag ein. Es ſind aber unter 29 Jah - ren die Schalt-Jahre 2. 5. 7. 10. 13. 15. 18. 21. 24. 26. 29. Jhre Monate haben wechſels Weiſe 30 und 29 Tage / auſſer daß im Schalt-Jahre der letzte Monat Dulheggia gleichfals 30 Tage hat. Die Nahmen der Monate ſind folgende:L l 2Mu -528Anfangs-GruͤndeMuharram, Sophar, Rabia der erſte / Ra - bia der andere / Jomada der erſte / Jo - mada der andere / Rajab, Shaaban, Ra - madan, Shawall, Dulkaadah, Dulheggia. Das erſte Jahr hat ſich angefangen von dem 15 Julii nach dem Julianiſchen Ca - lender.
75. Das heutige Juden-Jahr iſt eigentlich ein Monden-Jahr von 354 Tagen / deſſen 12 Monate Tishri. Marheshvan, Casleu, Tebeth, Shebat, Adar, Niſan, Jiar, Sivan, Tamuz, Ab, Elul wechſels Weiſe 30 und 29 Tage haben. Sie ſchalten zu weilen nach dem Monden Adar einen gantzen Mo - nat ein von 30 Tagen / den ſie Veadar nennen. Unter 19 Jahren ſind die Schalt-Jahre 3. 6. 8. 11. 14. 17. 19. Der Anfang des Jahres geſchiehet von dem Neu-Monden / welcher nach der mitt - leren Bewegung des Mondens dem Herbſt-Æquinoctio am naͤchſten iſt. Unterweilen wird ſo wol in gemeinen / als in den Schalt-Jahren im Monat Casleu ein Tag weggenommen / daß je - nes nur 353 / dieſes 383 Tage hat: hin - gegen wird wiederumb unterweilen in beyden ein Tag hinzugeſetzet / daß jenes 355 dieſes 385 Tage hat. Die Urſache iſt /weil529der Chronologie. weil ſie den Neumonden Tiſri nach der Satzung der Alten niemal im 1. 4. 6. Tage der Woche feyren oder das neue Jahr davon anfangen wollen.
76. Jhre Rechnung hat Petavius in ſeiner doctri - na temporum lib. 7. c. 17. f. m. 386 & ſeqq. Tom. I. und kuͤrtzer / doch ſehr deutlich / Beveregius in In - ſtit. Chronolog. lib. 1. c. 14. 15. p. m. 54 & ſeqq. angewieſen. Vor dieſem hat Jacob Chriſt - mann / Profeſſor in Heydelberg / des Rabbi Ori Calendarium Palæſtinorum & univerſorum Judæo - rum aus dem Hebraͤiſchen in das Lateiniſche uͤber - ſetzt und mit Anmerckungen verſehen zu Franckfurt 1594 in 4 heraus gegeben.
77. Das Juͤdiſche Sonnen-Jahr kommet mit dem Julianiſchen gantz uͤ - berein und wird in 4 gleiche Theile o - der TEKUPHAS getheilet / nemlich TEKUPHAM TISRI, TEBETH, NI - SAN und TAMUZ, welche den Ein - tritt der Sonne in die vier Cardinal - Puncte ♈ ♋ ♎ ъ bemercken und hoch - heilig gefeyret werden.
78. Sie pflegen aber ihre Tekuphas nicht nach den Aſtronomiſchen Tabellen aus zu rechnen / ſondern ſetzen vielmehr im Schalt-Jahre und jedem Jahre nach dem Schalt-Jahre fuͤr jede einen gewiſſen Tag / ja Stunde und Minute / wie aus beygeſetztem Taͤfe - lein zu erſehen.
L l 3Te -530Anfangs-GruͤndeTeku - phæ | im Schalt - Jahre | I. | II. | III. |
Tiſri | 24 Sept. 9 St. | 24 Sept. 15 St. | 24 Sept. 21 St. | 25 Sept. 3 St. |
Tebeth | 24 Dec. 16 St. 30′ | 24 Dec. 22 St. 30′ | 25 Dec. 4 St. 30′ | 25 Dec. 10 St. 30′ |
Niſan | 26 Mart. 0 St. 0′ | 26 Mart. 6 St. | 26 Mart. 12 St. | 26 Mart. 18 St. |
Tamuz | 25 Jun. 7 St. 30′ | 25 Jun. 13 St. 30′ | 25 Mart. 19 St. 30′ | 26 Jun. 1 St. 30′ |
79. Der Anfang von welchem man die Jahre zehlet / wird die Jahrzahl ÆRA oder EPOCHA genennet.
80. Weil es frey ſtehet / wo von man den Anfang die Jahre zu zehlen nehmen wil; ſo haben auch weder vor dieſem alle Voͤlcker einerley Jahrzahl gehabt / noch haben ſie je - tzund einerley.
81. Damit man nun die verſchiedene Jahrzahlen in einander verwandeln koͤnte / hat man auf allerhand Mittel gedacht die Zeiten gnau zubezeichnen: von wel - chen demnach umbſtaͤndlich zu reden iſt.
82. Die Zeichen der Zeit (Chara -cte -531der Chronologiecteres Chronologici) ſind dergleichen Merckmahle / wodurch eine Zeit von anderen ihres gleichen unterſchieden werden kan.
83. Da man nun die Sonnen - und Mondenfinſterniſſe / den Eintritt der Sonne in die Cardinal-Puncte / die Neu - und Voll - Monden / die Aſpecten der Planeten und an - dere Himmels-Begebenheiten gnau berech - nen kan; ſo ſind dieſelben untruͤgliche Zei - chen der Zeit.
84. Wenn man die Jahrzahl eines Vol - ckes weiß und von einem Scribenten nach der Jahrzahl eines anderen Volckes etwas erzehlet / dabey aber einer Begebenheit zu - gleich mit gedacht wird / die bey dem erſten zu eben der Zeit ſich zu getragen; ſo kan man aus der bekandten Jahrzahl des einen Volckes die unbekandte des anderen ſchlieſ - ſen.
85. Auf beyde Arten kan man auch aus einigen bekandten Jahren / die nach einer Jahrzahl gerechnet werden / ſchlieſſen / wie viel Jahre nach derſelben man gezehlet / da dieſes oder jenes ſich zugetragen / wovon die Scribenten das Jahr nicht aufgezeichnet. Z. E. Setzet es waͤre das Jahr da ein Koͤ -L l 4nig532Anfangs-Gruͤndenig zur Regierung kommen nicht aufgezeich - net. Jhr findet aber daß in einem genan - ten Jahre ſeiner Regierung eine Finſterniß an der Sonne geweſen; ſo koͤnnet ihr dar - aus (§. 83) finden / in welchem Jahre er die Regierung angetreten.
86 Und auf ſolche Art hat man nicht allein die Jahrzahlen verſchiedener Voͤlcker / deren Hiſtorien wir aufgezeichnet haben / in richtige Ordnung ge - ſetzet; ſondern auch alle Begebenheiten entweder auf Jahre nach Erſchaffung der Welt oder vor Chri - ſti Geburt und nach Chriſti Geburt gebracht. Da - mit aber dieſe Arbeit deſto leichter wuͤrde / hat ſon - derlich Scaliger auf ein beſonderes Mittel gedacht / welches hier noch ferner zu erklaͤhren iſt.
87. Der Sonnen-Circul (Cyclus Solis) iſt die Zahl Jahre / nach welcher die Sonntage und die uͤbrigen Tage der Woche wieder mit einerley Buchſtaben bemercket werden / als vorhin in einem anderen Jahre geſchahe.
88. Weil ein gemeines Jahr aus 365 / ein Schalt-Jahr aber aus 366 Tagen beſtehet (§. 41) und alſo jenes aus 52 Wochen und ei - nem Tage / dieſes aus 52 Wochen und 2 Ta - gen (§. 29); ſo ruͤcket der Anfang des Jah - res um einen Tag / nach einem Schalt-Jahreum533der Chronologie. um 2 Tage in der Woche fort. Z. E. Weñ ein gemeines Jahr ſich von einem Sonntage an - gefangen / ſo faͤnget ſich das folgende von einem Montage an. Wenn ein Schalt - Jahr ſich yon einem Montage angefangen / ſo faͤngt ſich das folgende von einer Mittwo - che an. Derowegen da das Jahr ſich mit dem Buchſtaben A anfaͤngt / gehet der Soñ - tags-Buchſtabe in einem gemeinen Jahr umb einen / einem Schalt-Jahre umb 2 zu - ruͤcke. Denn W. Z. E. ein gemeines Jahr ſich vom Sonntage anfaͤngt / ſo iſt der Sonn - tags-Buchſtabe A. Das folgende Jahr faͤngt ſich von einem Montage an; alſo iſt der Sonntags-Buchſtabe G.
89. Weil in dem Julianiſchen und Gre - gorianiſchen Jahre der Schalt-Tag nach dem 23 Febr. eingeſchaltet wird (§. 56); und einerley Buchſtaben mit ihm behaͤlt / ſo muͤſ - ſen in einem Schalt-Jahre zwey Sonntags - Buchſtaben ſeyn / nemlich der erſte vom An - fange des Jahres bis zum 24 Febr. der ande - re vollends bis zu Ende des Jahres.
90. Dannenhero muß der Sonnen-Cir - cul aus 28 Jahren beſtehen / nemlich weil alle 4 Jahre ein Schalt-Jahr iſt / und 7 Buch -L l 5ſta -534Anfangs-Gruͤndeſtaben ſind / aus 4 mahl 7 Jahren / wie aus beygeſetztem Taͤfelein zu erſehen / welches nach den vorhergehenden Zuſaͤtzen conſtrui - ret worden.
1 GF | 5 BA | 9 DC | 13 FE | 17 AG | 21 CB | 25 ED |
2 E | 6 G | 10 B | 14 D | 18 F | 22 A | 26 C |
3 D | 7 F | 11 A | 15 C | 19 E | 23 G | 27 B |
4 C | 8 E | 12 G | 16 B | 20 D | 24 F | 28 A |
91. Dieſes Taͤfelein dienet beſtaͤndig in dem Ju - lianiſchen Jahre den Sonntags-Buchſtaben zu finden: allein weil in dem Gregorianiſchen Calender in dem hunderten Jahre 3 mal hinter einander ein gemeines Jahr iſt / ſo muß alle hundert Jahre ein neues Taͤfe - lein conſtruiret werden / von dem das dritte auch das vierdte Zahrhundert durch gielt / weil in dem vierd - ten hunderten Jahre ein Schalt-Jahr iſt (§. 52). Von A. 1700 bis 1800 gielt folgendes:
1 DC | 5 FE | 9 AG | 13 CB | 17 ED | 21 GF | 25 BA |
2 B | 6 D | 10 F | 14 A | 18 C | 22 E | 26 G |
3 A | 7 C | 11 E | 15 G | 19 B | 23 D | 27 F |
4 G | 8 B | 12 D | 16 F | 20 A | 24 C | 28 E |
92. Auf ein gegebenes Jahr nach Chriſti Geburt den Sonntags-Buch - ſtaben zu finden.
Auf -535der Chronologie.Z. E. Jhr verlanget den Sonntags-Buch - ſtaben fuͤr 1710 zu wiſſen
1710 9 1719 〈…〉
Der Sonnen-Circul iſt 11. Alſo der Sonn - tags-Buchſtabe im Julianiſchen Jahre A / im Gregorianiſchen E.
93. Wenn ihr in einem immerwehrenden Calender / darinnen fuͤr jeden Tage des Monats die gehoͤrige Buchſtaben geſetzet ſind / den Sonntags-Buchſtaben durch alleMo -536Anfangs-GruͤndeMonate aufſuchet; ſo wiſſet ihr / auf welche Tage im Jahre die Sonntage fallen.
94. Wenn euch der Sonntags-Buchſta - be bekandt iſt / wiſſet ihr zugleich den Buch - flaben eines jeden andern Tages (§. 32) und koͤnnet wie vorhin finden / auf welche Tage des Jahres alle Montage / Dienſtage u. ſ. w. fallen.
95. Der Mond-Circul (Cyclus Lunæ) iſt die Zahl Jahre / in welcher die Neu - und Voll-Monden wieder auf ei - nen Tag des Julianiſchen Jahres kom - men.
96. Man giebet dem Mond-Circul 19 Jahre / und daher kan er nicht laͤnger als 312 Jahre die Tage richtig zeigen / auf welche in einem Jahre die Neu - und Voll-Monden fallen. Denn 19 Julianiſche Jahre ma - chen 6939 T. 18 St. Da nun die Groͤſſe eines Monden-Jahres 354 T. 8 St. 48 M. 36 S. haͤlt (§. 46); machen 19 Monden-Jah - re 6732 T. 23 St. 23 M. 24 S: deren Un - terſcheid vom Julianiſchen Jahre 206 T. 18 St. 36 M. 36 S. iſt. Nun machen 7 Mon - den-Monate 206 T. 17 St. 8 M. 31″. De - rowegen fehlen zu 19 Julianiſchen noch 1 St. 28′ 15″ / daß nicht 115 Monden-Monate vol -len -537der Geographie. lendet werden. Darumb fallen in dem er - ſten Jahre des Mond-Circuls die Neu - und Voll-Monden wohl wieder auf denſelben Tag / wenn er von neuem wieder angefangen wird / aber uͤber eine Stunde fruͤher als vor 19 Jahren / und innerhalb 312 Jahren treten ſie umb einen Tag zuruͤcke.
97. Die Zahl / welche das Jahr von dem Anfange des Monds-Circuls zeiget wird die Guͤldene Zahl genennet.
98. Die guͤldene Zahl in einem gege - benen Jahre nach Chriſti Geburt zu fin - den.
Z. E. Jhr verlanget zu wiſſen / was 1710 fuͤr eine Guͤldene Zahl iſt.
1710 1 1711 〈…〉
Weil538Anfangs-GruͤndeWeil nach geſchehener Diviſion 1 uͤbrig blei - bet / ſo iſt 1 die Guͤldene Zahl.
99. Zu den Zeiten des Concilii Nicæni, wel - ches A. 225. gehalten worden / ſind die Guͤldenen Zah - len in den Calender zuerſt geſchrieben worden umb die Neu - und Voll-Monden dadurch anzudeuten. Vid. Beveregius in Inſtit. Chronolog. lib. 2. ſub fin. p. m. 161. & ſeqq. Da nun biß jetzund 1375 Jahr ver - floßen / ſo muͤßen ſie uͤber 4 Tage dieſelben zu ſpaͤt an - zeigen. Wenn ihr alſo durch die Guͤldene Zahl die Tage der Neu - und Voll-Monden in dem Juliani - ſchen Calender finden wollet / muͤßet ihr von dem Ta - ge / den ſie zeiget / 4 Tage abziehen / ſo bleibet der rechte Tag uͤbrig.
100. Die Monatlichen Mond-E - pacten ſind der Uberſchuß eines Mon - den-Monats uͤber einen Buͤrgerlichen / Julianiſchen oder Gregorianiſchen Monat.
101. Ein Monden-Monat iſt 29 T. 12 St. 44′ 3″. Wenn demnach der buͤrgeliche Monat 31 Tage hat / ſo ſind die Epacten 1 T. 11 St. 15′ 57″. Hat aber der buͤrgerliche Monat nur 30 Tage / ſo ſind die Epacten 11 St. 15′ 57. Nemlich im erſten Falle ſind die Epacten bey nahe 1 T. 12 St. im andern bey nahe 12 St.
102. Die jaͤhrlichen Mond-Epactenſind539der Chronologie. ſind der Unterſcheid zwiſchen einem Buͤrgerlichen Sonnen-Jahre / und ei - nem Aſtronomiſchen Monden-Jahre.
103. Sie kommen alſo heraus / wenn ihr die 12 Monatlichen Epacten zuſammen ad - diret / und machen 11 Tage.
104. Alſo fallen die Neu - und Voll-Mon - den in dem folgenden Jahre 11 Tage im Monate fruͤher als im vorhergehenden.
105. Wenn ihr in den Monden-Circul zu den Guͤldenen Zahlen die Epacten ſetzen wol - let; ſo ſchreibet in dem erſten Jahre 11 / in dem andern 22 / in dem dritten aber an ſtat 33 nur 3 / in den vierdten 14 u. ſ. w. ſo werdet ihr finden / daß nach 19 Jahren die Epacten alle durch ſind / und ſich wieder von neuem / nemlich von 11 mit der guͤldenen Zahl 1 anfan - gen.
106. Aus der gegebenen guͤldenen Zahl eines Jahres die ihm zugehoͤrige jaͤhrliche Epacte im Julianiſchen Jah - re zu finden.
Multipliciret die guͤldene Zahl durch 11 / was heraus kommet iſt die verlangte Epacte / wenn ſie weniger als 30 iſt; ſonſt aber dividi -ret540Anfangs-Gruͤnderet das Product durch 30 / ſo bleibet ſie uͤbrig. Als in dieſem 1710ten Jahre iſt die guͤldene Zahl 1; alſo die Julianiſche Epacte 11. (§. 106).
107. Wenn ihr den Unterſcheid der Ta - ge zwiſchen dem Julianiſchen und Gregoria - niſchen Calender davon abziehet / ſo bleibet die Gregorianiſche Epacte uͤbrig. Z. E. A. 1711 iſt die Julianiſche Epacte 22 / und alſo die Gregorianiſche 11. Wenn nichts uͤbrig bleibt / wie A. 1710; ſo iſt die Gregorianiſche 30 oder ✶.
108. Es haben die Verfertiger des Gregorianiſchen Calenders die Epacten durch den gantzen Calender dergeſtalt getheilet / daß eine Epacte alle Jahre durch den Tag zeiget / auf welchen die Neu-Monden fallen. Derowegen wenn ihr die Epacte eines gegebenen Jahres gefunden habet; koͤnnet ihr alle Tage finden / auf welche der Neu-Mond faͤllet / wiewol nicht ſo gnau als durch die Aſtronomiſche Rechnung.
109. Wenn ihr die Epacten nicht jederzeit von neu - em ausrechnen wollet / koͤnnet ihr ſie aus behgefuͤgtem Taͤfelein nehmen / in welchem in der erſten Reihe die guͤldenen Zahlen / in der andern die immer wehrenden Julianiſchen Epacten und in dem dritten die Gregori - aniſche Epacten von 1700 bis 1900 zu finden.
1 XI541der Chronologie.1 | XI | * | 11 | I | XX |
2 | XXII | XI | 12 | XII | I |
3 | III | XXII | 13 | XXIII | XII |
4 | XIV | III | 14 | IV | XXIII |
5 | XXV | XIV | 15 | XV | IV |
6 | VI | XXV | 16 | XXVI | XV |
7 | XVII | VI | 17 | VII | XXVI |
8 | XXVIII | XVII | 18 | XVIII | VII |
9 | IX | XXVIII | 19 | XXIX. 30 | XIIX |
10 | XX | IX |
110. Der Roͤmer Zins-Zahl (Cyclus Indictionum) iſt eine Reihe von 15 Jahren / in deſſen drittes Jahr Chri - ſti Geburt geſetzet wird.
111. Wenn und zu was Ende dieſer Cyclus zu erſt eingeſetzet worden / iſt gantz ungewiß. So man ihn aber mit den Jahren nach Chriſti Geburt verglei - chet / faͤllet das erſte Jahr deſſelben 3 Jahre vor Chri - ſti Geburt: nicht aber iſt die Meinung / als wenn er ſchon zu Chriſti Geburt im Brauch geweſen waͤre.
112. Auf ein gegebenes Julianiſches oder Gregorianiſches Jahr der Roͤ - mer Zins-Zahl zu finden.
Addiret zu dem gegebenen Jahre nach(3) M mChri -542Anfangs-GruͤndeChriſti Geburt 3 und dividiret die Summe durch 15 / ſo bleibet der Roͤmer Zinß-Zahl uͤ - brig. Gehet es aber auf / ſo iſt dieſelbe 15
Z. E. Jhr verlanget der Roͤmer Zinß - Zahl fuͤr 1710 zu wiſſen.
1710 3 1713 〈…〉
Weil nach geſchehener Diviſion 3 uͤbrig bleibet / ſo iſt 3 der Roͤmer Zinß-Zahl.
113. Der Julianiſche PERIODUS iſt eine Zeit von 7980 Jahren / wel - che heraus kommet / wenn man den Sonnen - und Mond - Circul und der Roͤmer-Zinß-Zahl in einander multi - pliciret / und nach deren Verlauf alle dieſe drey Circul ſich wieder mit einan - der in einem Jahre anfangen.
114. Da nun die Welt noch nicht 6000 Jahr geſtanden / ſo ſind alle Jahre nach Er - ſchaffung der Welt bis auf das gegenwaͤrti - ge durch dieſe drey Zeichen in dem Juliani - ſchen Periodo dergeſtalt von einander un -ter -543der Chronologie. terſchieden / daß keines unter allen die Zei - chen hat / welche einem anderen zu kommen.
115. Zu dem Ende hat auch Scaliger dieſen Peri - odum zu erſt erdacht / damit man durch Huͤlfe deſſel - ben die verſchirdenen Jahrzahlen der Voͤlcker gar leichte in einander verwandeln koͤnte: wie ich in folgendem zeige.
116. Zu einem gegebenen Jahre des Julianiſchen Periodi den Sonnen-Cir - cul / die guͤldene Zahl und der Roͤmer Zinß-Zahl zu finden.
Dividiret das gegebene Jahr durch 28 / 19 uñ 153 in dem erſten Falle bleibet der Sonnen - Circul / in dem andern der guͤldene Buchſta - be und in dem dritten der Roͤmer Zinß-Zahl uͤbrig. (§. 90. 110. 113).
Z. E. Es ſey das gegebene Jahr 6840 / ſo iſt der Sonnen-Circul 8 / die guͤldene Zahl 19 / der Roͤmer Zinß-Zahl 15.
117. Aus dem gegebenen Sonnen - Circul / der guͤldenen Zahl und der Roͤ - mer Zinß-Zahl das Jahr des Juliani - ſchen Periodi zu finden.
Z. E. Jn dem 1709ten Jahre iſt der Sonnen - Circul 10 / die guͤldene Zahl 19 / der Roͤmer Zinß. Zahl 2.
10. 4845 = 48450 19. 4200 = 79800 2. 6916 = 13832 142082 〈…〉
Alſo iſt das vergangene Jahr das 6422 des Julianiſchen Periodi.
118. Wir Chriſten zehlen jetzund un - ſere Jahre von Chriſti Geburt; die er - ſten Chriſten zehletẽ ſie von dem Diocle - tiano (welche man die Jahrzahl der Maͤrterer oder Æram Diocletianam zu nennen pfleget) / und behalten dieſelbe noch heute zu Tage die Mohren in ihren Feſt-Rechnungen unter dem Titul der Jahre der Gnaden. Der Juͤ - den Jahr-Zahl gruͤndet ſich auf dieEr -545der Chronologie. Erſchaffung der Welt; der alten Roͤ - mer auf die Erbauung der Stadt Rom; der Griechen auf die Einſetzung der Olympiſchen Spiele. Die Nabona ſ - ſeriſchen Jahre werden von dem Na - bonaſſer / dem erſten Babyloniſchen Koͤ - nige; die Vezdegerdiſchen von dem Vez - degerde dem letzten Koͤnige der Perſi - er und die Tuͤrckiſchen von der Flucht Mahomets aus Mecca gerechnet. Die Jahrzahl von Chriſti Geburt faͤl - let in das 4713 Jahr des Julianiſchen Periodi nach gemeiner Rechnung; die Jahrzahl der Maͤrterer oder Aethiopiſche in das 4997 d. 17 Sept. die Juͤdiſche in das 953 d. 7 Oct. die Jahrzahl von Erſchaffung der Welt nach dem Scaliger in das 764 d. 26 Oct. die von Erbauung der Stadt Rom in das 3961 d. 21 Apr. die Griechiſche oder Olympiſche in das 3938 in Herbſt; die Nabonaſſeriſche in das 3967 d. 26 Febr. die Yezdegerdiſche in das 5345 d. 16 Jun. die Tuͤrckiſche in das Jahr 5335 d. 16. Jul.
119. Was von dem Urſprunge dieſer Jahrzah - len aus der Hiſtorie und wie ſie (§. 86) aus gewiſ - ſen Zeichen zu den Jahren des Julianiſchen Perio -Q 3di546Anfangs-Gruͤndedi reduciret worden / auch was fuͤr Streitigkeiten die Chronologi wegen einiger unter einander haben / von denen keine untruͤgliche Zeichen vorhanden; waͤ - re zu weitlaͤuftig hier zu erzehlen und zu unterſuchen. Nur iſt von der Olympiſchen anzumercken / daß eine Olympias 4 Jahre in ſich begreiffe und nicht allein die Olympiades von ihrem Aufange / ſondern auch die Jahre in jeder Olympiade gezehlet werden. So ſa - get man Z. E. das dritte Jahr in der 98tzigſten O - lympiade.
120. Alſo iſt es leicht ein jedes Jahr des Julianiſchen Periodi in alle andere Jahr - zahlen zu verwandeln / wenn ihr nemlich ſo viel abziehet als Jahre des Julianiſchen Pe - riodi verfloſſen / ehe ſich die andere Jahrzahl angefangen. Z. E. Jhr verlanget zu wiſ - ſen / welches Jahr nach Chriſti Geburt das 6422 des Julianiſchen Periodi ſey. Weil Chriſti Geburt in den Dec. des 4713 Jah - res faͤllet / ſo ziehet dieſe Zahl von 6422 ab / die uͤbrige Zahl 1709 iſt das Jahr nach Chri - ſti Gebnrt.
121. Eine gegebene Jahrzahl in eine andere zu verwandeln.
Z. E. Jhr verlanget zu wiſſen / wie viel in dieſem 1710ten Jahre die Tuͤrckiſche Jahr - Zahl iſt.
1710 | 64.23 | |
4713 | 5335 | |
6423 | 1088 | Tuͤrckiſche Jahr - zahl vom 16 Jul. an. |
122. Aus dieſer Aufgabe erheliet der Nutzen des Julianiſchen Periodi.
123. Die beweglichen Feſte ſind / welche nicht immer auf einen Tag des Jahres fallen / als Oſtern / Pfingſten / Trinitatis. Die unbeweglichen aber / die immer auf einen Tag fallen / als Weihenachten.
124. Die beweglichen Feſte / ſo die geſammte Chri - ſtenheit in der Abendlaͤndiſchen Kirche feyret / ſind folgende Sonntage / ſo ſich alle nach Oſtern rich - ten / nebſt anderen wenigen Tagen.
Septuageſimæ | Oſter-Sonntag |
Sexageſimæ | Oſter-Montag |
Quinquageſimæ | Oſter-Dienſtag |
oder Eſtomihi | Quaſimodogeniti |
Quadrageſimæ | Miſericordias Do - |
oder Invocavit | mini |
Reminiſcere | Jubilate |
Oculi | Cantate |
Lætare | Rogate |
Judica | den Donnerſtag dar - |
Palmarum | auf Himmelfahrt |
Gruͤne Donnerſtag | Exaudi |
Char-Freytag | Pfingſt-Sonntag |
Oſtern | Pfingſt-Montag |
Pfingſt-Dienſtag | |
Trinitatis. |
Alle Sonntage vor Septuageſimæ werden von dem Feſte Epiphania, die uͤbrigen nach dem Feſte der Dreyeinigkeit von Trinitatis an gezehlet und benen - net. Jn unſeren Landen ſind die unbeweglichen Feſte:
Neu Jahr oder Be - ſchneidung Chriſti 1 Jan. | Johann der Taͤufer 24 Jun. |
Mariaͤ Heimſuchung 2 Jul. | |
Epiphania oder H. drey Koͤnige 6 Jan. | Michaelis 29 Sept. |
Mariaͤ Reinigung o - der Lichtmeſſe 2 Feb | Weihenachten 25 Dec |
Stephanus 26 Dec. | |
Mariaͤ Verkuͤndi gung 25 Mart. | Johannes der Evan - geliſt 27 Dec. |
Vor dieſem wurden auch die Feſte der Apoſteln ge - feyret / ſo jetzt nur in Kirchen-Feſte verwandelt worden.
125. Jn der Roͤmiſchen Kirche werden auſſer den Apoſtel-Tagen auch noch Laurentius, Mariaͤ Him - melfahrt / Mariaͤ Geburt / Allerheiligen / nnd Mariaͤ Opferung nebſt vielen Kirchen-Feſten / als Ignatius, Franciſcus, Portiuncula, gefeyret. Jngleichen neh - men ſie die 4 Qvatember wegen der Faſten fleißig in acht / welche wir in unſerem buͤrgerlichen Leben noch ſehr gebrauchen. Es faͤllet aber der erſte auf die Mitt - woche nach Invocavit, der andere auf die Mittwoche nach Pfingſten / der dritte auf die Mittwoche nach Creutzerhoͤhung oder nach dem 14 Sept. und der 4te auf die Mittwoche nach Lucia oder nach dem 13 Dec. daher nennen wir ſie insgemein / das Ovartal Reminiſcere, das Pfingſt-Qvartal / das Qvartal Crucis und das Qvartal Luciæ.
126. Das Oſter-Feſt ſol ſtets den er - ſten Sonntag gefeyret werden / welcher auf den Voll. Monden nach dem Fruͤh - lings-Æquinoctio folget. Daher wenn der Voll-Mond auf den Sontag faͤllet / muß es 8 Tage hernach gefeyret wer - den.
Julianiſches | Gregorianiſches | ||
Oſter-Taͤfelein. | |||
Guͤldene Zahl. | Oſter-Vollm. | Epact. | Oſter-Vollm. |
1 | 5 April. D | * | 13 April. E |
2 | 25 Mart. G | XI | 2 April. A |
3 | 13 April. E | XXII | 22 Mart. D |
4 | 2 April. A | III | 10 April. B |
5 | 22 Mart. D | XIV | 30 Mart. E |
6 | 10 April. B | XXV | 18 April. C |
7 | 30 Mart. E | VI | 7 April. F |
8 | 18 April C | XVII | 27 Mart. B |
9 | 7 April. F | XXVIII | 15 April. G |
10 | 27 Mart. B | IX | 4 April. C |
11 | 15 April. G | XX | 24 Mart. F |
12 | 4 April. C | I | 12 April. D |
13 | 24 Mart. F | XII | 1 April. G |
14 | 12 April. D | XXIII | 21 Mart. C |
15 | 1 April. G | IV | 9 April. A |
16 | 21 Mart. C | XV | 29 Mart. D |
17 | 9 April. A | XXVI | 17 April. B |
18 | 29 Mart. D | VII | 6 April. C |
19 | 17 April. B | XVIII | 26 Mart. A |
Z. E. Jhr verlanget die Julianiſchen und Gregorianiſchen Oſtern zu wiſſen. So iſt beyderſeits die Guͤldene Zahl 11 / der Son - nen-Circul 12 / die Gregorianiſche Epacte XI / der Julianiſche Sonntags-Buchſtabe G / der Gregorianiſche D. Da nun der Oſter - Vollmond nach der Julianiſchen Cycliſchen Rechnung auf den 25 Martii faͤllet / und die - ſer ein Sonntag iſt / indem G dabey ſtehet; ſo muͤſſen die Julianiſchen Oſtern den 31 Martii gefeyret werden. Hingegen die E - pacte XI zeiget den Gregorianiſchen Oſter - Voll-Mond auf den 2 April und aus dem dabey ſtehenden Buchſtaben A erhellet / daßes552Anfangs-Gruͤndees ein Donnerſtag ſey. Demnach werden die Gregorianiſchen Oſtern den 5 April ge - feyret.
128. Einen Calender zu machen.
So iſt geſchehen / was man verlangte.
129. Wenn keine Ephemerides vorhanden / darin - nen auf alle Tage des gegebenen Jahres die Laͤnge und Breite der Planeten ſchon ausgerechnet; muß der Ort der Sonne und des Mondens nebſt andern Him - mels-Begebenheiten mit großer Muͤhe erſt aus den Aſtronomiſchen Tabellen ausgerechnet werden. Wir haben aber bereits die Ephemerides des Mezzavacci bis 1720 / und erwarten mit naͤchſtem von der Acade - mie der Wiſſenſchafften zu Paris Ephemerides bis 1750.
130. Der Anbruch des Tages / Auf und Unter - gang der Sonne / Tages - und Nachts Laͤnge wird aus einem Calender in den andern geſchrieben / weil ein ſchlechter Unterſcheid hierinnen in verſchiedenen Jah - ren zu ſpuͤren.
131. Man pfleget auch das Wetter und andern Aſtrologiſchen Aberglauben in die Calender zu ſetzen: allein vermoͤge des Reichs-Schluſſes ſol dieſes aus dem verbeßerten Calender wegbleiben. Und waͤre beſſer gethan / wenn die Calenderſchreiber das Wetter des vorhergehenden Jahres mit den Baroſcopiſchen und Thermoſcopiſchen Obſerrationen in ihre Calen - der braͤchten. Wollet ihr aber dem gemeinen Man - ne zugefallen Wetter hinein ſetzen; ſo ſchreibet es hin / wie es euch einkommet / nur daß es der Zeit ge - maͤß iſt. Es muß eben ſo gut eintreffen / als wenn ihr es nach deu Aſtrologiſchen Regeln geſucht haͤttet.
132. Mit was vor Diſcurſen ihr dem Kaͤufer euren Calender angenehm machen wollet / ſtehet in eurem Belieben.
133. Weil des immerwehren den Calenders vorhin gedacht worden / muß ich auch dieſen noch zum Beſchluß hieher ſetzen.
Jm -354Anfangs-GruͤndeJmmerwaͤhrender Gregoran. Calender. | |||||
Januarius | Februarius | Martius | |||
1. * | A | 1. XXIX | d | 1. ✶ | d |
2. XXIX | b | 2. XXVIII | e | 2. XXIX | e |
3. XXVIII | c | 3. XXVII | f | 3. XXVIII | f |
4. XXVII | d | 4. 25. xxvi | g | 4. XXVII | g |
5. XXVI | e | 5. xxv xxiv | A | 5. XXVI | A |
6. 25. XXV | f | 6. XXIII | b | 6. 25. XXV | b |
7. XXIV | g | 7. XXII | c | 7. XXIV | c |
8. XXIII | A | 8. XXI | d | 8. XXIII | d |
9. XXII | b | 9. XX | e | 9. XXII | e |
10. XXI | c | 10. XIX | f | 10. XXI | f |
11. XX | d | 11. XVIII | g | 11. XX | g |
12. XIX | e | 12. XVII | A | 12. XIX | A |
13. XVIII | f | 13. XVI | b | 13. XVIII | b |
14. XVII | g | 14. XV | c | 14. XVII | c |
15. XVI | A | 15. XIV | d | 15. XVI | d |
16. XV | b | 16. XIII | e | 16. XV | e |
17. XIV | c | 17. XII | f | 17. XIV | f |
18. XIII | d | 18. XI | g | 18. XIII | g |
19. XII | e | 19. X | A | 19. XII | A |
20. XI | f | 20. IX | b | 20. XI | b |
21. X | g | 21. VIII | c | 21. X | c |
22. IX | A | 22. VII | d | 22. IX | d |
23. VIII | b | 23. VI | e | 23. VIII | e |
24. VII | c | 24. V | f | 24. VII | f |
25. VI | d | 25. IV | g | 25. VI | g |
26. V | c | 26. III | A | 26. V | A |
27. IV | f | 27. II | b | 27. IV | b |
28. III | g | 28. I | c | 28. III. | c |
29. II | A | 29. II | d | ||
30. I | b | 30. I | e | ||
31. * | c | 31. * | f | ||
Aprilis | Majus | Junius. | |||
1. XXIX | g | 1. XXVIII | b | 1. XXVII | e |
2. XXVIII | A | 2. XXVII | c | 2. 25. XXVI | f |
3. XXVII | b | 3. XXVI | d | 3. xxv. xxiv | g |
4. XXVI | c | 4. XXV | e | 4. XXIII | A |
5. xxv. xxiv | d | 5. XXIV | f | 5. XXII | b |
6. XXIII. | e | 6. XXIII | g | 6. XXI. | c |
7. XXII | f | 7. XXII | A | 7. XX | d |
8. XXI | g | 8. XXI | b | 8. XIX | e |
9. XX | A | 9. XX | c | 9. XVIII | f |
10. XIX | b | 10. XIX | d | 10. XVII | g |
11. XVIII | c | 11. XVIII | e | 11. XVI | A |
12. XVII | d | 12. XVII | f | 12. XV | b |
13. XVI | e | 13. XVI | g | 13. XIV | c |
14. XV | f | 14. XV | A | 14. XIII | d |
15. XIV | g | 15. XIV | b | 15. XII | e |
16. XIII | A | 16. XIII | c | 16. XI | f |
17. XII | b | 17. XII | d | 17. X | g |
18. XI | c | 18. XI | e | 18. IX | A |
19. X | d | 19. X | f | 19. VIII | b |
20. IX | e | 20. IX | g | 20. VII | c |
21. VIII | f | 21. VIII | A | 21. VI | d |
22. VII | g | 22. VII | b | 22. V | e |
23. VI | A | 23. VI | c | 23. IV. | f |
24. V | b | 24. V | d | 24. III | g |
25. IV | c | 25. IV | e | 25. II | A |
26. III | d | 26. III | f | 26. I | b |
27. II | e | 27. II | g | 27. * | c |
28. I | f | 28. I | A | 28. XXIX | d |
[2]9. * | g | 29. * | b | 29. XXVIII | e |
30. XXIX | A | 30. XXIX | c | 30. XXVII | f |
31. XXVIII | d |
Julius | Auguſtus | September | |||
1. XXVI | g | 1. XXIV | c | 1. XXIII | f |
2. 25. XXV | A | 2. XXIII | d | 2. XXII. | g |
3. XXIV | b | 3. XXII | e | 3. XXI | A |
4. XXIII | c | 4. XXI | f | 4. XX | b |
5. XXII | d | 5. XX | g | 5. XIX | c |
6. XXI | e | 6. XIX | A | 6. XVIII | d |
7. XX | f | 7. XVIII | b | 7. XVII | e |
8. XIX | g | 8. XVII | c | 8. XVI | f |
9. XVIII | A | 9. XVI | d | 9. XV | g |
10. XVII | b | 10. XV | e | 10. XIV | A |
11. XVI | c | 11. XIV | f | 11. XIII | b |
12. XV | d | 12. XIII | g | 12. XII | c |
13. XIV | e | 13. XII | A | 13. XI | d |
14. XIII | f | 14. XI | b | 14. X | e |
15. XII | g | 15. X | c | 15. IX | f |
16. XI | A | 16. IX | d | 16. VIII | g |
17. X | b | 17. VIII | e | 17. VII | A |
18. IX | c | 18. VII | f | 18. VI | b |
19. VIII | d | 19. VI | g | 19. V | c |
20. VII | e | 20. V | A | 20. IV | d |
21. VI | f | 21. IV | b | 21. III | e |
22. V | g | 22. III | c | 22. II | f |
23. IV | A | 23. II | d | 23. I | g |
24. III | b | 24. I | e | 24. * | A |
25. II | c | 25. * | f | 25. XXIX | b |
26. I | d | 26. XXIX | g | 26. XXVIII | c |
27. * | e | 27. XXVIII | A | 27. XXVII | d |
28. XXIX | f | 28. XXVII | b | 28. 25. xxvi | e |
29. XXVIII | g | 29. 25. xxvi | c | 29. xxv. xxiv | f |
30. XXVII | A | 30. XXV | d | 30. XXIII | g |
31. 25. xxvi | b | 31. XXIV | e |
October | November | December | |||
1. XXII | A | 1. XXI | d | 1. XX | f |
2. XXI | b | 2. XX | e | 2. XIX | g |
3. XX | c | 3. XIX | f | 3. XVIII. | A |
4. XIX | d | 4. XVIII | g | 4. XVII | b |
5. XVIII | e | 5. XVII | A | 5. XVI | c |
6. XVII | f | 6. XVI | b | 6. XV | d |
7. XVI | g | 7. XV | c | 7. XIV | e |
8. XV | A | 8. XIV | d | 8. XIII | f |
9. XIV | b | 9. XIII | e | 9. XII | g |
10. XIII | c | 10. XII | f | 10. XI | A |
11. XII | d | 11. XI | g | 11. X | b |
12. XI | e | 12. X | A | 12. IX | c |
13. X | f | 13. IX | b | 13. VIII | d |
14. IX | g | 14. VIII | c | 14. VII | e |
15. VIII | A | 15. VII | d | 15. VI | f |
16. VII | b | 16. VI | e | 16. V | g |
17. VI | c | 17. VI | f | 17. IV | A |
18. V | d | 18. IV | g | 18. III | b |
19. IV | e | 19. III | A | 19. II | c |
20. III | f | 20. II | b | 20. I | d |
21. II | g | 21. I | c | 21. * | e |
22. I | A | 22. * | d | 22. XXIX | f |
23. * | b | 23. XXIX | e | 23. XXVIII | g |
24. XXIX | c | 24. XXVIII | f | 4. XXVII | A |
25. XXVIII | d | 25. XXXVII | g | 25. XXVI | b |
26. XXVII | e | 26. 25. XXVI | A | 26. 25. XXV | c |
27. XXVI | f | 27. XXV. xxiv | b | 27. XXIV | d |
28. 25. XXV | g | 28. XXIII | c | 28. XXIII | e |
29. XXIV | A | 29. XXII | d | 29. XXII | f |
30. XXIII | b | 30. XXI | e | 30. XXI | g |
31. XXII | c | 31. XX | A |
Ende der Chronologie.
MAn hat allerhand Ma - nieren erfunden auf allen erſinnlichen Flaͤ - chen Sonnen-Uhren zu beſchreiben. Alle gruͤnden ſich auf die taͤgliche Bewegung der Son - ne umb die Axe der Erde und koͤn - nen demnach nicht recht begriffen werden / wenn man nicht die Haupt - Lehren aus der Aſtronomie ſich wohl bekandt gemacht. Nun haͤt - ten wir zwar in dem vorhergehen - den zulaͤngliche Gruͤnde / daraus die vollkommenſte Theorie der Son - nen-Uhren in Geometriſchen Be - weiſen hergeleitet werden koͤnte; allein ich halte es fuͤr unnoͤthig die Anfaͤnger damit aufzuhalten. Weil die Gnomonick weiter nichts als die Beſchreibung der Sonnen-Uhren intendiret / ſonſt aber in keinen an -dern562Vorrede. dern Wiſſenſchaften zu ihrer per - fectionirung etwas beytragen kan: ſo habe ich es auch gnung zu ſeyn er - achtet / wenn ich ſie nuꝛ gantz practiſch abhandelte / u. daher diejenigen Me - thoden erwehlete / die leichte zu ver - ſtehen und ins Werck zurichten ſind. Wiederumb da die Sonnen-Uhren dazu gewiedmet ſind; daß man die Tages-Stunden daraus erkennen ſoll / ſo ofte die Sonne ſcheinet; ſo ha - be ich auch von andern Neben-Wer - cken in den Anfangs-Gruͤnden nicht reden wollen / nemlich wie man die Sonnen-Uhr zurichtẽ muͤſſe / daß ſie die Laͤnge des Tages und den Ort der Sonne in den himmliſchen Zeichen zugleich mit zeige / zumal da man die - ſes aus den Calendern viel richtiger erkennen kan. Und da gegenwaͤr - tige Anfangs-Gruͤnde allein fuͤr die Teutſchen geſchrieben ſind; verbleibe ich auch allein bey denen unter uns uͤblichen Europaͤiſchen Stunden. Wer aber zu mehrerem Luſt hat / dem werden unten an ſeinem Orte Wege zezeiget werden / wie er vor ſich weiter gehen koͤnne.
1.
DJe Gnomonick iſt eine Wiſ - ſenſchafft anf einer jeden gegebe - nen Flaͤche eine Sonnen-Uhr zu beſchreiben.
2. Man begnuͤget ſich meiſtentheils mit den ebenen Flaͤchen auſſer daß unterweilen die Flaͤchen der Ku - geln / der Cylinder / der Ringe und der Keſſel dazu be - liebet werden.
3. Die Sonnen-Uhr iſt eine Ver - zeichnung gewiſſer Linien auf einer ge - gebenen Flaͤche / darauf der Schatten des eingeſteckten Zeigers eine Stunde nach der andern faͤllet.
4. Daher kan eine Sonnen-Uhr nur die Stunden des Tages zeigen / welche ſie von der Sonne beſchienen wird.
5. Da nun eine Flaͤche / die mit dem Hori - zont parallel iſt / ſo lange von der Sonne be - ſchienen wird / als die Sonne uͤber dem Ho -N n 4rizont564Anfangs-Gruͤnderizont iſt; ſo kan eine darauf beſchriebene Uhr den gantzen Tag durch (wenn nur Sonnen - ſchein iſt) die Stunden zeigen.
6. Hingegen eine Flaͤche die gegen Mor - gen gerichtet iſt / kan nur die Vor-Mittags - Stunden; die aber gegen Abend ſiehet / nur die Nach-Mittags-Stunden zeigen; denn dieſe Flaͤchen ſtehen innerhalb dem Meridia - no (§. 25 Aſtron. & §. 60 Geogr.) und dem - nach kan jene nur Vor-Mittage / ehe die Son - ne in den Meridianum kommet; dieſe aber / nach Mittage / wenn ſie ihn verlaſſen / von ihr beſchienen werden.
7. Wenn eine Flaͤche gegen Mittag der - geſtalt incliniret iſt / daß ſie mit der Horizon - tal-Flaͤche einen Winckel macht / welcher der Hoͤhe des Æquatoris gleich iſt; ſo iſt ſie in der Flaͤche des Æquatoris. Derowe - gen kan ſie oben nur beſchrieben werden / ſo lange die Sonne uͤber dem Æquatore oder hier bey uns in den Nordiſchen Zeichen iſt; unten aber / ſo lange ſie ſich in den Suͤdiſchen Zeichen verweilet. Demnach kan die Uhr / ſo oben beſchrieben worden / nur den Fruͤhling und Sommer; die untere aber den Herbſt und Winter; jedoch beyde koͤnnen den gan - tzen Tag uͤber gebraucht werden.
8. Hingegen wenn eine Flaͤche gegen Mit - ternacht dergeſtalt incliniret iſt / daß ſie mit der Horizontal-Flaͤche einen Winckel macht / welcher der Pol-Hoͤhe gleich iſt; ſo iſt ſie in der Flaͤche des ſechſten Stunden-Circuls / und kan dannenhero oben nicht eher als nach 6 Uhr vor Mittage und nicht laͤnger als bis 6 Uhr nach Mittage; hingegen unten nicht laͤn - ger als biß 6 Uhr vor Mittage / und nicht eher als umb 6 Uhr nach Mittage beſchienen wer - den.
9. Ein Jnſtrument zu machen / da - durch man die Abweichung einer Ver -Fig. 1〈…〉〈…〉 tical-Flaͤche von Suͤden oder Norden erforſchen kan.
Jch ſage durch dieſes Jnſtrument koͤnnet ihr finden / wie viel Grade eine Vertical-FlaͤcheN n 5von566Anfangs-Gruͤndevon Suͤden oder Norden entweder gegen Oſten oder Weſten abweichet.
Denn wenn die Flaͤche gegen Mittag o - der Mitternacht ſiehet / ſo muß die Mittags - Linie auf einer jeden Linie / die an derſelben horizontal gezogen wird / perpendicular ſte - hen. Derowegen wenn ihr die Seite des Jnſtrumentes BC an die Flaͤche anleget / und es horizontal ſtellet / das Lineal aber an dem Mittelpunte D ſo lange verſchiebet / biß die Magnet-Nadel auf ihrer Declinations-Li - nie ſtehet; ſo wird die Schaͤrffe deſſelben in A fallen / wenn die Flaͤche nicht abweichet; hingegen wenn ſie abweichet / entweder ge - gen Oſten / oder gegen Weſten den verlang - ten Grad der Abweichung auf dem Jnſtru - mente abſchneiden / welcher nemlich den Winckel CEH zeiget / den eure Flaͤche mit der Flaͤche / ſo nach Mittage ſiehet / macht. DennFig. 2. es ſey A H die Seite der Flaͤche / ſo nach Mit - tage ſiehet / BC aber die Seite der abwei - chenden Flaͤche; ſo iſt CEA der Declinati - ons-Winckel. Nun ſey EG die Perpendicu - lar-Linie auf eurer Flaͤche / EF aber die Mit - tags-Linie / welche auf AH perpendicular ſte - het. Da nun CEA † AEG = 90° und FE G † GEA = 90° / ſo iſt auch CEA † AEG = FEG † GEA / ſolgends CEA = FEG. W. Z. E.
10. Aus dem gegebenen Declinations - Winckel von der Flaͤche / die gegen Mit - tage ſiehet / zu finden / wie lange eine de - clinirende Flaͤche von der Sonne be - ſchienen werden kan.
Z. E. Es decliniret eine Flaͤche von Mittage gegen Oſten 23°. Sprecht:
15[°]— 1. St. oder 60′ — 23°? 60 1380
〈…〉 1 St. 32 M. 5 60 4 St. 28 M.
Alſo faͤngt die Sonne 28 Minuten nach 4 Uhren die Flaͤche an zu beſcheinen / und verlaͤſ - ſet ſie auch wieder 28 Minuten nach 4 Uhren nach Mittage.
11. Auf ſolche Art koͤnnet ihr finden / wel - che Stunden auf einer jeden abweichenden Flaͤche von einer Sonnen-Uhr gezeiget wer - den koͤnnen.
12. Und hingegen wenn ihr nach einer ac - curaten Perpendicul-Uhr obſerviret / zu wel - cher Zeit die Sonne eine Flaͤche verlaͤſſet; die frey ſtehet; koͤnnet ihr auch daraus finden / wie viel Grade ſie gegen Oſten oder Weſten von der Flaͤche die gegen Mittage ſiehet / abwei -chet.569der Gnomonick. chet. Nemlich wenn ſie des Abends vor 6 Uhren die Flaͤche verlaͤſſet / ſo decliniret ſie gegen Oſten; verlaͤſſet ſie aber dieſelbe erſt nach 6 Uhren gegen Abend. Wenn ihr nun wiſſet / wie viel Minuten vor oder nach Mit - tage ſolches geſchiehet; ſo ſprecht: 60 Minu - ten geben 15° / wie viel geben die obſervirten Minuten? Z. E. Es verlaͤſſet die Sonne ei - ne Flaͤche des Abends um 7 Uhr 58′ und alſo 118 M. nach 6 Uhren.
60 — 15 — 118 15 590 118 1770 〈…〉
Alſo decliniret die Flaͤche gegen Weſten 29° 30′.
12. Die ÆQVINOCTIAL. Uhr iſt diejenige / welche auf einer Flaͤche be - ſchrieben wird / die mit dem Horizont ei - nen Winckel macht / welcher der Hoͤhe des Æquatoris gleich iſt.
13. Die Horizontal-Uhr iſt dieje - nige / ſo auf einer Horizontal-Flaͤche be - ſchrieben wird.
15. Die Vertical Uhren ſind / wel - che auf Vertical-Flaͤchen beſchrieben werden. Siehet die Flaͤche gegen Mit - tage / ſo nennet man die darauf beſchrie - bene Uhr eine Mittags-Uhr; hinge - gen eine Mitternachts-Uhr / wenn ſie gegen Mitternacht ſtehet. Endlich beiſſet es eine declinirende Uhr / wenn die Flaͤche decliniret.
16. Die Oriental-Uhren ſind die auf einer gegen Morgen gerichteten Flaͤche beſchrieben ſind: Die Occidental-Uh - ren aber / welche auf einer Flaͤche ſtehen / die gegen Abend ſiehet.
17. Die Polar-Uhren ſind die / wel - che auf einer Flaͤche beſchrieben werden / die gegen Norden dergeſtalt incliniret / daß ſie mit der Horizontal-Flaͤche einen Winckel macht / welcher der Pol-Hoͤhe gleich iſt. Wenn die Flaͤchen Winckel mit der Horizontal Flaͤche machen; die weder der Flaͤche des Æquatoris, noch des Poles gleich ſind / ſo nennet man es inclinirte Uhren / decliniret die Flaͤche zugleich / von Mittage oder Mitter - nacht / Deinclinirte Uhren.
18. Eine Æquinoctial-Uhr zu verfer - tigen.
So iſt geſchehen / was man verlangete.
Weil in Anſehung der Sonnen-Weite von der Erde ihr halber Diameter nur fuͤr ei - nen Punct zu halten / (§. 79 Aſtron. ) ſo koͤn - net ihr den Mittelpunct des Circuls C fuͤr den Mittelpunct der Erde / und weil der Circul in der Flaͤche des Æquatoris iſt / die auf der Mittags-Linie C 12 perpendicular erhoͤhete Zeiger-Stange fuͤr die Welt-Axe annehmen (§. 13 Aſtron.). Da nun die Sonne ihre Tage-Circul mit dem Æquatore parallel beſchreibet / und ſich einmal ſo geſchwinde / wie das andere beweget (§. 34 Aſtron. ); ſo muß auch der Schatten der Welt-Axe auf der Æ -qui -572Anfangs-Gruͤndequinoctial-Flaͤche in gleicher Zeit gleiche Theile des Circuls beſchreiben. Da nun die Sonne in 24 Stunden herumb kommet; darff die Peripherie des Circuls nur in 24 gleiche Theile getheilet werden / umb die Stunden-Linien zu haben. Und weil der Schatten der Sonne gegen uͤber geworfen wird (§. 53 Optic. ) ſo fallen die Vor-Mit - tags-Stunden gegen Abend / die Nach-Mit - tags-Stunden gegen Morgen. Solcher - geſtalt iſt die Æquinoctial-Uhr richtig con - ſtruiret. W. Z. C.
19. Demnach muß der Punct 12 auf der Mittags-Linie liegen.
20. Da in unſern Landen die Sonne nicht viel vor 4 Uhren aufgehet / und nicht lange nach 8 Uhren uͤber dem Horizont bleibet; wer - den die Stunden vor Mittage von 4 Uhr an / nach Mittage aber bis 8 Uhr auf die obere Æquinoctial-Flaͤche geſchrieben; hingegen auf der unteren Flaͤche an allen Orten die Stunden fruͤhe von 6 Uhr an bis Abends um 6 Uhr (§. 7).
20. Durch Huͤlfe der Æquinoctial - Uhr / eine Horizontal-Uhr und Verti - cal-Uhr zu beſchreiben.
Auf -573der Gnomick.21. Jhr ſehet leicht / daß auf gleiche Wei - ſe auf einer jeden inclinirten Flaͤche eine Sonnen-Uhr beſchrieben werden kan.
21. Eben auf ſolche Art koͤnnet ihr die O - riental - und Occidental-Uhren beſchreiben / wenn ihr nur mercket / daß die Welt-Axe mit dem Diameter des ſechſten Stunden-Cir - culs uͤberein kommet. Dannenhero muͤſ - ſet ihr eure Æquinoctial-Uhr / die auf einer Horizontal-Flaͤche gebuͤhrender Weiſe ge - ſtellet worden / dergeſtalt an die Oriental - o - der Occidental-Flaͤche halten / daß ſie den Æquinoctial-Circul in der ſechſten Stunde beruͤhret; ſo werdet ihr die Stunden-Linien finden koͤnnen / fuͤr welche die Zeiger-Stange uͤber der ſechſten Stunden-Linie parallel umb den halben Diameter der Æquinocti - al-Uhr erhoͤhet werden muß.
23. Wenn ihr aber die Æquioctial - Uhr auf eine Polar-Flaͤche dergeſtalt ſtellet / daß der Punct der 12 Stunde die Mittags - Linie beruͤhret / und die Zeiger-Stange mit ihr parallel iſt; ſo bekommet ihr die Stun - den-Linien fuͤr die Polar-Uhr / und muß dan - nenhero die Zeigerſtange uͤber der zwoͤlften Stunde in der Hoͤhe des halben Diameters mit ihr parallel aufgerichtet werden.
24. Hieraus ſind die Geometriſchen Manieren die Sonnen-Uhren zu beſchreiben / entſtanden / welche man fuͤr die leichteſten zu halten hat / und ich fuͤr die Haupt-Uhren in folgenden Aufgaben noch erklaͤhren wil.
25. Eine Horziontal-Uhr zu beſchrei -Fig. 6. ben.
26. Wenn ihr an ſtat AE die Linie AF (Fig. 4) aus a in F traget; ſo bekommet ihr die Mittags-Uhr / in welcher der Zeiger nach dem Winckel AFE eingeſetzet wird.
27. Eine Morgen-Uhr zu beſchrei -Fig. 7. ben.
So iſt geſchehen / was man verlangete.
28. Auf eben eine ſolche Art wird die Nach-Mittags-Uhr oder Abend-Uhr be - fchrieben / nur daß die Nach-Mittags - Stunden darauf verzeichnet werden.
28. Eine Polar-Uhr zu beſchreiben.
So iſt abermal geſchehen / was man verlan - gete.
30. Die Uhr koͤnnet ihr mit einer Figur nach eu - rem Gefallen umbſchreiben / wenn ihr nur die Stun - den-Linien biß an ihre Peripherie verlaͤn - gert.
Ende des dritten Theiles.
CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
Fraktur
Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
Distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial 3.0 Unported License.