JCh habe dieſe Anfangs - Gruͤnde von der Geſchuͤtz - Kunſt einig und allein zu dem Ende vor der Fortifi - cation erklaͤhren wollen / weil man dieſe ohne jene nicht verſtehen kan. Wir werden ins kuͤnftige hoͤren / daß die Manier zu fortificiren ſich nach den Attaqven richten muͤſſe. Die Attaqven aber geſchehen durch Huͤlfe der Artillerie / und koͤnnen dannenhero nicht verſtanden wer - den / wenn man von dieſer keine Er - kaͤntnis hat: folgends wird euch auch in der Fortification viel ver - borgen bleiben. Uber dieſes iſt es eben ſo noͤthig etwas von der Ar -tille -[6]Vorrede. tillerie / als von der Fortification zu wieſſen / auch fuͤr die jenigen / welche nichts weiter ſuchen als in der Converſation von dem / was ſich im Kriege zu unſeren Zeiten zutraͤ - get / vernuͤnftig zu diſcurriren / oder auch nicht ohne Vergnuͤgen in den Feſtungen auf Reiſen ſich umbzu - ſehen. Derowegen hoffe ich / es werde mein Abſehen denen nicht mießfallen / welche die Mathema - tick ſo zu erlernen geſonnen / daß ſie ſelbige auf Reiſen und in ihrem kuͤnftigen Leben nutzen koͤnnen. A - ber auch diejenigen / welche durch die Mathematick die Geſetze der Natur und der Kunſt zu erforſchen geden - cken / werden durch dieſe Anfangs - Gruͤnde von der Artillerie Gelegen - heit bekommen durch tiefes Nach - ſinnen in der Natur und Kunſt zur Zeit noch verborgene Dinge hervor zubringen und die Artillerie in einen recht Mathematiſchen Habit zu verkleiden: Welches ich jetzt keines - weges zu thun geſonnen.
1.
DJe Artillerie oder Geſchuͤtz - Kunſt iſt eine Wieſſenſchaft des Geſchuͤtzes / welches man in Belagerung der Feſtungen zugebrau - chen pfleget.
2. Weil die Wieſſenſchaft eine Fertigkeit des Gemuͤthes iſt alles / was man behauptet / aus unwiederſprechlichen Gruͤnden darzu - thun: ſo muß man in der Artillerie nicht al - lein erklaͤhren / wie das Geſchuͤtze verfertiget wird; ſondern auch zulaͤngliche Urſachen anfuͤhren / warumb es ſo gemacht wird / und warumb es dieſe und nicht andere Wuͤrckun - gen haben kan.
3. Derowegen hat man in der Artillerie auch die Materien zu erwegen / womit das Geſchuͤtze geladen wird: weil man ohne ihre Erkaͤntnis unmoͤglich die Urſache von der Wuͤrckung des Geſchuͤtzes verſtehen kan.
4. Die Artillerie hat noch viel andere Nahmen: Einige nennen ſie die Feuerwercker-Kunſt; andere die Zeugmeiſterey-Kunſt; noch an - dere die Buͤchſenmeiſterey-Knnſt. Jm Lateiniſchen heiſſet ſie Pyrobologia und Pyrotechnia. Man brauchet auch das Wort Artillerie von dem Geſchuͤtze ſelbſt / welches in Belagerungen er - fordert wird.
5. Das Pulver iſt die Haupt-Sache in der gan - tzen Artillerie / welches zu der Erfindung alles Ge - ſchuͤtzes Anlaß gegeben hat. Derowegen iſt noͤthig / daß wir uns fuͤr allen Dingen umb deſſen Natur und Eigenſchaften bekuͤmmern. Es wird aber daſſelbe aus Salpeter / Schwefel und Kohlen gemacht. Dan - nenhero muͤſſen wir von dieſen Dingen zu erſt re - den.
6. Den Salpeter zu laͤutern und in Mehl zu brechen.
So wird der Salpeter von aller Unſauber - keit gereiniget / das iſt / gelaͤutert: welches das erſte war.
So wird er ſich in ein feines weiſſes Mehl zerbrechen: welches das andere war.
7. Noch andere Methoden findet man bey dem Simienovvicz in ſeiner vollkommenen Geſchuͤtz-Feu - erwerck - und Buͤchſenmeiſterey-Kunſt part. 1. c. 3. f. 57. Uns begnuͤget / daß wir die leichteſte deutlich beſchrie - ben haben.
8. Der Salpeter wird entweder aus Salpeter-Er - de geſotten / oder von alten Mauren abgeſchabet / in - gleichen auch aus dem Urin und noch auf viele ande - re Art zu bereitet.
9. Man pfleget den Salpeter wol etliche mal zu laͤutern / damit er recht reine wird. Denn ſo er un - reine iſt / bleibet viel Unreinigkeit zuruͤcke / wenn er verbrennet wird / ſo wol unter / als auſſer dem Pul - ver.
10. Daher haͤlt man es fuͤr ein Zeichen einesA 5wohl10Anfangs-Gruͤndewohl gereinigten Salpeters / wenn er in einer hellen und zertheileten Flamme gemaͤchlich aufgehet und keinen Unflat zuruͤcke laͤſt / ſo man mit einer gluͤen - den Kohle an ihn kommet.
11. Hingegen iſt es ein Zeichen / daß viel von ge - meinem Saltze darunter iſt / wenn er auf der gluͤen - den Kohle ein ſtarckes Geraſſel macht und ſehr ſpruͤ - tzelt.
12. Den Schwefel zu laͤutern.
So iſt geſchehen / was man verlangete.
13. Der gelbe Schwefel / den man wegen ſeiner Cylindriſchen Figur / in welcher er verkauft wird / Canonen Schwefel zu nennen pfleget / iſt zuden11der Artillerie. dem Pulver der beſte. Sonſt hat man auch grauen / welcher den Nahmen des lebendigen Schwe - fels fuͤhret und eine ieregulaͤre Figur hat / weil man ihn zu uns bringt / wie er aus der Erde gegraben wird.
14. Man haͤlt den Schwefel fuͤr gut / wenn er zwie - ſchen zwey eiſernen warmen Blechen wie Wachs oh - ne G[e]ſtanck zerflieſſet und das uͤberbliebene eine rothe Farbe hat.
15. Man bedienet ſich des gereinigten Schwẽfels wenn man den Salpeter von ſeiner ſchaͤdlichen Fettig - keit reinigen wil. Denn man laͤſſet dieſen uͤber ei - nem gelinden Kohlfeuer ſchmeltzen / und ſtreuet als - denn gantz wenig geſtoſſenen Schwefel daruͤber; ſo entzuͤndet ſich derſelbe / und verzehret die Fettigkeit mit. Wenn der Salpeter ſchaͤumet / ſo nimmt man den Schaum mit einem reinen Loͤffel weg.
16. Zu dem Pulver dienliche Kohlen zu brennen.
So iſt geſchehen / was man verlangete.
Wenn ihr die Kohlen nicht in groſſer Menge zu brennen habt / ſo
So iſt geſchehen / was man verlangete.
17. Nach der andern Methode werden die Reis-Kohlen / die man zum Zeichnen brau - chet / aus ſubtil geſpaltetem Holtze gebrandt.
18. Wo man nicht Haſel-Stauden und Weiden in der Menge hat / nimmt man jung Linden-Holtz / und ſpaltet es. Einige nehmen es auch von Biercken und Dannen.
19. Man ſchneidet aber das Holtz zu der in der Aufloͤſung beſtimmten Zeit ab / weil ſich zur ſelbigen Zeit die Rinde am beſten abſcheelen laͤſſet.
20. Haltet Salpeter in einem Loͤffel uͤber die Flamme des Lichtes / ſo wird er zwar ſchmeltzen / aber ſich nicht ent - zuͤnden. Jndem er aber anfaͤnget zu ſieden / werdet ihr den fluͤßigen Salpe - ter voller / und zum Theil ziemlich groſ - ſer Blaſen ſehen. Ja wenn ihr auch angezuͤndetes Papier daruͤber haltet / daß die Flamme den flieſſenden Salpe - ter beruͤhret / ſo wird er ſich doch nicht entzuͤnden.
21. Allſo iſt der Salpeter keine Materie / die vor ſich verbrennlich waͤre.
22. Die vielen Blaſen aber zeigen an / daß viel Luft in dem Salpeter ſeyn muͤſſe.
23. Werfer in Mehl gebrochenenSal -14Anfangs-GruͤndeSalpeter / auf eine gluͤende Kohle / ſo wird er mit Raſſeln in einer Flamme aufgehen. Oder werfet eine Licht - Putze in dergleichen Salpeter / ſo wird ſolches gleichfals erfolgen.
24. Weil der Salpeter vor ſich keine verbrennliche Materie iſt (§. 21) / ſondern nur wie ein Dampf aufgehet; ſo muß die Flam̃e bloß entſtehen / wenn der Dampf der Kohle oder der Liechtputzen ſich mit den fluͤchtigen Theilgen des Salpeters vereini - get / und dadurch in eine ſchnellere Bewegung gebracht wird.
25. Daher hoͤret auch die Flamme bald auf / ſo bald die Kohle nicht mehr glimmet / und kan ſie den uͤbriegen Salpeter nicht anzuͤn - den.
26. Es haben zwar einige aus gegenwaͤrtiger Erfahrung ſchlieffen wollen / als wenn der Salpeter vor und an ſich ſelbſt eine verbrennliche Materie waͤre; allein wie ſehr ſie ſich darinnen betrogen / iſt aus der vorhergehenden Erfahrung abzunehmen.
27. Haltet Schwefel in einem Loͤffel uͤber die Flamme des Lichtes / ſo wird er anfangs ſchmeltzen / und von der groſ - ſen Hietze ſich endlich entzuͤnden. Ge -pul -15der Artillerie. puͤlverter Schwefel ſchmeltzet nur hin und wieder / wenn ihr ihn mit der Flam - me eines angezuͤndeten Papieres beruͤh - ret.
28. Daß ſich der Schwe[f]el leicht entzuͤndet / iſt ei - nem ieden bekandt: und dannenhero nicht noͤthig viel davon zu reden.
29. Nehmet gantz klein zerſtoſſene Kohlen / und haltet ein angezuͤndetes Papier daran; ſo werdet ihr inne wer - den / daß ſie nur hin und wieder anfan - gen zu glimmen / aber bald wieder ver - loͤſchen.
30. Vermieſchet in Mehl gebroche - nen Salpeter mit klein geriebenen Koh - len / und haltet ein angezuͤndetes Papier daran; ſo wird es / ob wol etwas lang - ſam / anbrennen / und in einer Flamme aufgehen / aber geſchmoltzenen Salpe - ter mit Kohlſtaube vermenget hinter - laſſen.
31. Die Urſache iſt aus der 2 Erfahrung und ihrem Zuſatze (§. 23. 24. ) herzunehmen. Nemlich wenn die Kohlen zu glimmen angefangen (§. 29) / ſchmeltzen ſie den Salpeter (§. 20). Daher ſteigen die Kohl -und16Anfangs-Gruͤndeund Salpeter-Duͤnſte zugleich auf. Derowegen giebt es eine Flamme. (§. 24.)
32. Vermieſchet gepuͤlverten Schwe - fel mit klein zerſtoſſenen Kohlen / und haltet ein angezuͤndetes Papier daran; ſo zuͤndet ſich der Schwefel zum Theil an / und der uͤbriege ſchmeltzet. Es breñet aber derſelbe zwieſchen dem Kohlſtau - be in einer duͤnnen blauen Flamme weg / und laͤſt die Kohlen unverſehret / auſſer daß unterweilen ein Staͤublein hin und wieder gluͤend wird.
33. Vermieſchet in Mehl gebrochenen Salpeter mit gepuͤlvertem Schwefel / und haltet ein angezuͤndetes Papier daran; ſo entzuͤndet ſich / ob wol et - was langſam / der Schwefel / und gehet behende mit einem kleinen Geraͤuſche und einer hellen Flamme auf / doch blei - bet viel Salpeter geſchmoltzen zuruͤcke.
34. Die Schwefel-Flamme iſt ſonſten blau / und ſteiget gemaͤchlich auf. Daß allſo hier die Flamme helle wird / und geſchwinde auffaͤhret / kommet von den Salpeter-Duͤnſten her: gleichwie auch das kleine Geraͤuſche von dem Salpeter herruͤhret.
35. Pulver zu machen.
Auf -17der Artillerie.So iſt geſchehen / was man verlangete.
36. Wenn Feuer zu dem Pulver kommt / ſo entzuͤndet ſich der Schwefel (§. 27) und weil alle Materien wohl untereinander ge - mieſcht ſind / werden die Theilgen von den Kohlen bald gluͤend / und unterhalten das Feuer (§. 29). Der Salpeter ſchmeltzet gleichfals (§. 20) / und vermehret die Flam - me / macht ſie helle / ſchnell aufſteigend / ſich ausdehnend und raßelnd (§. 30. 33. 34). De - rowegen wenn ein Koͤrnlein angezuͤndet wird / ſteckt es gleich die uͤbriegen an / und ge -Bhet.18Anfangs-Gruͤndehet behende in einer ſich ausbreitenden Flam - me in einem Geraͤuſche auf.
37. Weil aber der Salpeter nicht entzuͤn - det wird / ſondern nur in der Geſtalt eines Dampfes mit der Schwefel-Flamme auf - faͤhret / auch die Theilgen der Kohlen nicht voͤllig in ein lauteres Feuer verkehret werden; ſo iſt kein Wunder / daß das angezuͤndete Pulver einen groſſen Dampf macht.
38. Man hat verſchiedene Saͤtze zu dem Pulver / und werden dieſelben auch nach der Groͤſſe des Ge - ſchuͤtzes / dazu man das Pulver brauchen wil / unter - ſchieden. Simienowicz (part. 1. c. 14. f. 61. recom - mendiret zu groſſem Geſchuͤtze auf 100. Pf. Salpeter / 20 Pf. Schwefel / und 24 Pf. Kohlen: fuͤr Muſqve - ten auf 100. Pf. Salpeter / 18 Pf. Schwefel / und[20]Pf. Kohlen: fuͤr Piſtolen auf 100 Pf. Salpeter /[12]Pf. Schwefel und 15 Pf. Kohlen.
39. Damit man der beſchwerlichen Muͤhe des Stampfens uͤberhoben wuͤrde / hat man Pulver-Muͤh - len aufgebauet / da die Stampfen durch die Kraft des flieſſenden Waſſers beweget werden. Es beſchreiben dieſelben Daniel Ellrich in dem andern Theile / den er der Artillerie des Simienowicz angehaͤngel / c. 15. f. 46. ſeqq. und Surirey de ſaint Remy in ſeinen Memoires d’ Artillerie Tom. 2. p. m. 111.
40. Wenn ihr euch ohne groſſe Muͤhe ſelbſt Pulver -ma -19der Artillerie. machen wollet; ſo thut Schwefel / Salpeter und Kohlen in gehoͤriger Proportion in einen irrdenen Topf / gießet Waſſer darauf / und laſſet es bey dem Feuer zwey oder drey Stunden gantz einkochen. Neh - met die Materie heraus / trocknet ſie ein wenig in der Sonne / oder des Winters in der warmen Stube / und koͤrnet ſie.
41. Das gekoͤrnte Pulver hat mehr Staͤrcke / als das zerriebene: ingleichen das kleinkoͤrnichte iſt ſtaͤrcker / und ent - zuͤndet ſich ſchneller als das großkoͤr - nichte.
42. Eben ſo hat man befunden / daß das Pulver eine ſehr groſſe Gewalt be - komme / wenn es eingeſchloſſen iſt / und ſich nicht frey ausdehnen kan / indem es ſich entzuͤndet: welche Eigenſchaft es mit der Luft gemein hat.
43. Auch iſt merckwuͤrdig / daß ein ei - niges Fuͤncklein Feuer einen gantzen Haufen / er mag ſo groß ſeyn als er im - mer mehr wil / in einem Augenblieck ent - zuͤnden kan.
44. Zur Luſt pfleget man ein knallendes Pulver folgender geſtalt zu machen. Nehmet drey Theile Salpeter / zwey Theile Salis Tartari, und einen Theil Schwefel. Zerſtoſſet es klein zu Pulver / undB 2mie -20Anfangs-Gruͤndemieſchet es wohl unter einander. Wenn ihr ein we - nig davon in einen Loͤffel thut / und uͤber das Licht o - der gluͤende Kohlen haltet; wird es einen ſehr groſſen Knall geben / ſo bald es ſchmeltzet / einen kuͤpfernen Loͤſſel im Boden durchloͤchern / und wenn man das Pulver mit einer Muͤntze zugedeckt / dieſelbe mit Ge - walt wider die Decke werfen. Jch habe auch ein we - niges in ein irrdenes Gefaͤſſe gethan und zugeſtopfet / auf gluͤende Kohlen geleget / ſo hat es mit einem groſ - ſen Knalle daſſelbe in tauſend Stuͤcke zerſchmieſſen / und auch die Kohlen ſelbſt zerdruͤmmert.
45. Das Pulver zu probiren / ob es gut ſey oder nicht.
Wenn es ſich bald entzuͤndet / der Rauch fein gerade aufſteiget / auf dem Papiere nichts zuruͤcke bleibet / und daſſelbe nicht verbrant wird; ſo iſt das Pulver gut.
Wenn dieſes allein im Feuer aufgehet / und keine Unreinigkeit zuruͤcke laͤſt / ſo iſt es gut - zuͤndet es aber die andern zugleich mit an / ſo iſt viel gemeines Saltz mit unter den Salpe -ter21der Artillerie. ter / oder die Kohlen ſind nicht recht geſtoſ - ſen / oder das Pulver iſt uͤberhaupt nicht recht geſtampfet worden. Bleiben ſchwartze Flecke zuruͤcke / ſo ſind die Kohlen nicht recht ausgebrant. Findet man eine Fettigkeit auf der Tafel / ſo iſt der Salpeter und Schwefel von ſeiner unreinen Fettigkeit nicht gnung gereiniget worden. Endlich weiſſe und gelbe Puͤnctlein zeigen an / daß der Sal - peter nicht gnung gelaͤutert worden. Wenn es in allem verſehen / ſo bleibet faſt mehr Un - rath zuruͤcke / als im Feuer aufgangen.
Wenn das Pulver gut ſeyn ſol / ſo muß der Schwefel und Salpeter wohl gelaͤutert / die Kohlen recht ausgebrandt / alle drey Ma - terien recht klein zerrieben und untereinander auf das beſte vermenget ſeyn (§. 35). Jſt dieſes alles richtig / ſo entzuͤndet ſich das Pul - ver von dem geringſten Fuͤncklein / und die Flamme hebt die uͤbriege Materie mit einem Dampfe auf (§. 36. 37). Allſo bleibet nichts zuruͤcke / was die Tafel oder das Papier ver - unreinigen oder gar verbrennen kan: welches das erſte war.
Hingegen wenn gemeines Saltz unter dem Salpeter iſt / ſo ſpruͤtzelt er hin und wieder. Sind nun vollends die Kohlen nicht recht kleine zerſtoſſen / ſo werden glimmende Fun - cken in das Haͤuflein zur Seiten geworfen /B 3die22Anfangs-Gruͤndedie es gleichfalls anſtecken / daß es mit in ei - ner Flamme aufgehen muß. Jngleichen wenn die Kohlen zu grob geweſen / bleiben die kleinen Theilgen zuruͤck auf der Tafel / weil ſie mit der Flamme nicht zugleich gehoben werden / oder ſind auch dem Schwefel nicht gnung incorporiret (§. 32). Jſt der Salpe - ter nicht gnung gelaͤutert / noch alles wohl ge - ſtampfet und ſattſam untereinander gemen - get / ſo ſchmeltzet der Salpeter und umbwie - ckelt die Kohlen / daß keines von beyden mit der Flamme des Schwefels auffahren kan (§. 30. 33). Derowegen bleibet ſonderlich in dieſem Falle viel Unrath zuruͤcke; welches das andere war.
46. Es iſt zu wieſſen / daß in den oben angefuͤhrten Erklaͤhrungen der Salpeter und Schwefel ungelaͤu - tert geweſen / auch die Materien nicht mit ſolchem Fleiſſe unter einander gemenget worden / wie es in Zubereitung des Pulvers geſchiehet: damit durch die - ſelben zugleich kund wuͤrde / wie viel daran gelegen ſey / daß man den Salpeter und Schwefel ſorgfaͤltig laͤutere / und die Materien auf das genaueſte mit ein - ander vereinige.
47. Die Stuͤcke ſind Geſchuͤtze / dar - aus man groſſe eiſerne / bleyerne und ſteinerne Kugeln in die Weite durch die Gewalt des Pulvers treiben kan / und zwar nach einem Orte / der mit dem Geſchuͤtze in einer geraden Linie lieget.
48. Der Unterſcheid der Stuͤcke oder Canonen entſtehet hauptſaͤchlich aus der Schweere der Kugeln / die ſie ſchieſ - ſen / und bekom̃en daher unterſchiedene Nahmen. Die groͤſten werden Car - thaunen genennet. Die kleinen Schlan - gen; die kleineſten Falconen.
49. Man pfleget nicht allein dieſe Arten der Stuͤ - cke von neuem einzutheilen / Z. E. man hat doppel - te Carthaunen / gantze Carthaunen / hal - be Carthaunẽ / Noth-Schlangẽ / Qvar - tier-Schlangen / Feld-Schlangen / halbe Schlangen / Falconen / Falconetlein / u. ſ. w. ſondern man ſetzt auch noch eine groͤſſere Art der Stuͤcken uͤber die Carthaunen / welche man Scharf-Metzen nennẽt / und noch eine kleinere unter die Falconetlein / welche Serpentinlein heiſſen. Allein es iſt unnoͤthig / abſonderlich in die - ſen Anfangs-Gruͤnden davon zu reden / zumal da nicht alle Voͤlcker in dieſen Eintheilungen mit einan - der uͤberein kommen.
50. Damit die Stuͤcke der groſſen Ge - walt des Pulvers wiederſtehen koͤnnen / wer - den ſie entweder aus Eiſen / oder aus Metall gegoſſen.
51. Das Metall iſt eine Mixtur aus Kupfer / Zinn und Meßing. Die Proportion wird verſchieden an - gegeben. Einige rechnen auf 100. Pf. Kupfer an Zinn 10 / an Meßing 8. Pf. Andere rechnen auf 100 Pf. Kupfer an Zinn 10 / an Meßing 5 und noch darzu an Bley 10 Pf. Andere machen es noch anders.
52. Anfangs ſetzte man nur die Stuͤcke aus eiſer - nen Staͤben zuſammen / wie die Boͤtticher aus den Tauben die Faͤſſer zuſammen ſetzen. Dergleichen be - ſchreibet Wilhelm Dilich in ſeiner Krieges - Schule part. 1. lib. 5. c. 2. f. 439.
53. Der Diameter der Muͤndung des Stuͤckes AB heiſſet der Caliber.
54. Die gantze Hoͤhle des Stuͤckes ABC D heiſſet die Seele oder der Lauf. Es wird aber daſſelbe in drey Theile abge - theilet: nemlich in das Bodenſtuͤcke MK / das Zapfen-Stuͤcke IG / weil da - ſelbſt die Zapfen P ſind / damit es auf den Laffeten auflieget / und das Mund - Stuͤcke GA.
55. Die Delphine GI ſind die Hand - haben / damit das Stuͤcke gehoben wird.
56. Die Laffetten ſind das Geruͤſte /Tab. II. Fig. 3. darauf das Stuͤcke lieget.
57. Der Caliber-Stab iſt ein Maaßſtab / darauf die Groͤſſe der Dia - metrorum von den ſteinernen / eiſernen und bleyernen Kugeln / wie ſie mit ihrem Gewichte zunehmen / verzeichnet iſt. Z. E. Es ſtehet darauf die Laͤnge einer Pfuͤndi - gen / zweypfuͤndigen / dreypfuͤndigen Kugel / u. ſ. w.
58. Wenn man allſo den Caliber eines Stuͤckes auf den Caliber-Stab bringet; ſo kan man bald ſehen / wie viel Pfund Bley / Eiſen und Stein das Stuͤcke ſchieſſet.
59. Und wiederumb / wenn man einem angiebet / wie viel Pfund Bley / Eiſen oder Stein aus einem Stuͤcke geſchoſſen wer - den ſol; kan man auf dem Caliber-Stabe den Caliber davon abnehmen.
60. Der Spiel-Raum iſt der Un - terſcheid zwieſchen der Muͤndung des Stuͤckes und dem groͤſten Circul der Kugel / oder zwieſchen dem Caliber und dem Diameter der Kugel.
B 5Die26Anfangs-Gruͤnde61. Aus dem gegebenen Diametro der Kugel den Caliber des Stuͤckes / und folgends den Spiel-Raum zu finden.
62. Wenn ihr beyde Linien AB und BF auf dem verjuͤngten Maaßſtabe meſſet (§. 189. Geom.); ſo koͤnnet ihr ihre Verhaͤltnis ge - geneinander finden.
63. Man laͤſſet aber in der Muͤndung fuͤr die Ku - gein einen Spiel-Raum / damit ſie nicht etwann ſte - cken bleiben / und das Stuͤcke von der Macht des Pnl - vers Schaden nehme / wenn ſie mit Gewalt hinein ge - trieben worden. Es hat aber der Chevalier de Saint Julien in ſeiner Werckſtadt des Vulcani (la Forge de Vulcain) p. 56. angemercket / daß die Kugel viel wei - ter gehe / und der Schuß viel gewieſſer fey / wenn die Kugel einen richtigen Caliber hat / und ein wenig mit Gewalt hinein getrieben wird. Philip’s ein Engel - laͤnder macht in ſeinem Mathematical Manual p. 165 die Kugel-Laͤnge $$frac{19}{26}$$ des Calibers.
64. Wenn eine eiſerne Kugel etwas zu groß iſt / leget man ſie ein oder etliche mal in ein ſtarckes Feuer / daß ſie durch und durch gluͤend wird / und laͤſt ſie hernach wieder kalt werden. So gehet iedes mal etwas von ihrer Groͤſſe ab.
65. Aus dem gegebenen Caliber denTab. II. Fig. [4]. Diametrum der Kugel zu finden.
So iſt ſeine Sehne ED der Diameter der Kugel.
66. Einen Caliber-Stab zu verferti - gen.
So iſt der Caliber-Stab fertig. W. Z. T.
Man ſol erweiſen / daß / wenn der Diame - ter einer Einpfuͤndigen Kugel 100 Theile hat / die viel pfuͤndigen ſo viel derſelben haben muͤſſen als in der Tabelle angegeben wird.
Wenn nun die Kugeln von einerley Mate - rie ſind / ſo verhalten ſich ihre Schweeren wie ihre Groͤſſen / das iſt / eine Bleyerne Kugel von 2 Pf. iſt zwey mal ſo groß als eine von 1 Pf. / eine von 3 drey mal / eine von 4 vier mal ſo groß als eine von 1 Pf. / u. ſ. w. die
Groͤſ -29der Artillerie.| Pf. | Diame - tri. | Pf. | Diame - tri. | Pf. | Diame - tri. |
| 1 | 100 | 31 | 314 | 61 | 394 |
| 2 | 125 | 32 | 317 | 62 | 396 |
| 3 | 144 | 33 | 321 | 63 | 398 |
| 4 | 159 | 34 | 324 | 64 | 400 |
| 5 | 171 | 35 | 327 | 65 | 402 |
| 6 | 182 | 36 | 330 | 66 | 404 |
| 7 | 191 | 37 | 333 | 67 | 406 |
| 8 | 200 | 38 | 336 | 68 | 408 |
| 9 | 208 | 39 | 339 | 69 | 410 |
| 10 | 215 | 40 | 342 | 70 | 412 |
| 11 | 222 | 41 | 345 | 75 | 422 |
| 12 | 229 | 42 | 348 | 80 | 431 |
| 13 | 235 | 43 | 350 | 85 | 439 |
| 14 | 241 | 44 | 353 | 90 | 448 |
| 15 | 247 | 45 | 356 | 95 | 456 |
| 16 | 252 | 46 | 358 | 100 | 464 |
| 17 | 257 | 47 | 361 | 105 | 471 |
| 18 | 262 | 48 | 363 | 110 | 479 |
| 19 | 267 | 49 | 366 | 115 | 486 |
| 20 | 271 | 50 | 368 | 120 | 493 |
| 21 | 276 | 51 | 371 | 125 | 500 |
| 22 | 280 | 52 | 373 | 130 | 506 |
| 23 | 284 | 53 | 376 | 135 | 512 |
| 24 | 288 | 54 | 378 | 140 | 519 |
| 25 | 292 | 55 | 380 | 145 | 525 |
| 26 | 296 | 56 | 382 | 150 | 531 |
| 27 | 300 | 57 | 385 | 155 | 537 |
| 28 | 304 | 58 | 387 | 160 | 542 |
| 29 | 307 | 59 | 379 | 165 | 548 |
| 30 | 311 | 60 | 391 | 170 | 553 |
Groͤſſen aber der Kugeln verhalten ſich wie die Cubi ihrer Diametrorum (§. 226. Geom). Derowegen iſt der Cubus des Diametri ei - ner zweypfuͤndigen Kugel 2 mal; einer drey - pfuͤndigen 3 mal / einer vierpfuͤndigen 4 mal ſo groß als einer einpfuͤndigen / u. ſ. w. Wenn man ſolcher geſtalt den Cubum des Diame - tri einer einpfuͤndigen Kugel mit 2 / 3 / 4. u. ſ. w. multipliciret und aus den Producten die Cubic-Wurtzel ausziehet; ſo kommen die Diametri der zwey-drey-vier-pfuͤndi - gen Kugeln heraus. W. Z. E.
67. Wenn ihr durch Huͤlfe des Caliber - Stabes aus dem gegebenen Caliber finden wollet / wie viel Bley / Eiſen oder Stein das Stuͤcke ſchießen kan; ſo muͤſſet ihr erſt nach der 7 Aufgabe (§. 65) den Diametrum der Kugel ſuchen.
68. Gleicher geſtalt wenn euch geſaget wird / wie viel Pfund Bley / Eiſen oder Stein ein Stuͤcke ſchieſſen ſol und ihr ſollet den Ca - liber dazu finden; ſo nehmet von dem Cali - ber-Stabe den gehoͤrigen Diametrum der Kugel und ſuchet daraus den Caliber nach der 6 Aufgabe (§. 61).
69. Das Boden Stuͤcke IM muß die - cker ſeyn als das Zapfen-Stuͤcke GI unddas31der Artillerie. das Zapfen-Stuͤcke GI diecker als das Mund-Stuͤcke AG.
Wenn das Pulver ſich entzuͤndet / ſo deh - net es ſich gewaltig aus. Was ſeiner Aus - dehnung wieder ſtehet / wird mit groſſer Ge - walt von ihm gedruckt / wie aus der ſtarcken Bewegung der groſſen Kugel erhellet / die von dem Pulver aus der Seele des Stuͤckes getrieben wird. Denn weil das Pulver / ſo eingeſchloſſen iſt / ſich auf alle Seiten aus zu dehnen ſuchet; ſo darf man nicht zweifeln / daß das Stuͤcke einerley Gewalt mit der Ku - gel ausſtehen muß. Je mehr aber das Pul - ver eingeſchloſſen iſt / je ſtaͤrcker iſt ſeine Ge - walt: wie uͤberhaupt von allen Coͤrpern / die in ihrer Ausdehnung gehindert werden / be - kand iſt. Nun iſt aber das Pulver in einen umb ſo viel engeren Raum eingeſchloſſen / je weiter die Kugel darhinten ſtecket: hinge - gen bekommet es umb ſo viel mehr Raum / je weiter die Kugel hervor ruͤcket. Derowe - gen brauchet das Pulver eine groͤſſere Ge - walt wieder das Stuͤcke in dem Boden-Stuͤ - cke IK als in dem Zapfenſtuͤcke GI und in die - ſem eine groͤſſere Gewalt als in dem Mund - ſtuͤcke AG. Eben dieſes geſchiehet noch umb einer anderen Urſache willen. Es zweifelt niemand / daß / wenn ein Coͤrper den an - deren beweget / ſeine Kraft dadurch gebro -chen32Anfangs-Gruͤndechen werde / und zwar umb ſo viel mehr / je groͤſſer die Bewegung iſt / die er dem anderen mittheilet / und je groͤſſer der Wiederſtand iſt / den er findet. Da nun das Pulver ei - ne ſehr ſchweere Kugel in ſchnelle Bewegung ſetzet und nicht allein ihren Wiederſtand / den ſie uͤberwindet / ſondern auch den Wie - derſtand von allen Seiten des Stuͤckes aus - zuſtehen hat; ſo muß ſeine Kraft immer je mehr und mehr abnehmen / je weiter es in der Seele des Stuͤckes zur Muͤndung hervor kommet. Derowegen weil das Bodenſtuͤ - cke IK einer groͤſſeren Kraft wiederſtehen muß als das Zapfenſtuͤcke GI und dieſes a - bermal einer groͤſſeren als das Mundſtuͤcke AB; ſo muß das Bodenſtuͤcke IK diecker als das Zapfenſtuͤcke IG und dieſes diecker als das Mundſtuͤcke GA gemacht werden. W. Z. E.
70. Daher macht man den Diameter des Boden-Stuͤckes IK 3 Caliber / den Diameter des Zapfenſtuͤckes GI etwas ge - ringer und den Diameter des Mundſtuͤckes AG bey der Muͤndung zwey Caliber.
71. Weil aber die Kraft des Pulvers im - mer nach und nach abnimmet / ſo laͤſſet man auch die Diecke des Stuͤckes immer nach und nach abnehmen. Da nun MO 3 Caliberhaͤlt33der Artillerie. haͤlt (§. 70); machet man IQ umb $$frac{1}{12}$$ / iq umb $$frac{3}{12}$$ / GL umb $$frac{4}{12}$$ / gl umb $$frac{6}{12}$$ eines Ealibers geringer als MO.
72. Wenn die Kugel kleine iſt / ſo brauchet man weniger Pulver zu der Ladung und hat in ſolchem Falle das Stuͤcke nicht eine ſo groſſe Gewalt auszuſtehen als ein anderes / welches eine groͤſſere Kugel ſchieſ - ſet. Derowegen iſt es billich / daß man dieſelben Stuͤ - cke viel duͤnner machet als andere. Daß man aber in allen Faͤllen einerley Proportion vermoͤge des 1 Zuſatzes in acht nimmet / geſchiehet zur Zeit bloß der Beqvemlichkeit halber. Denn es hat noch niemand erwieſen / daß der Wiederſtand in verſchiedenen Stuͤ - cken gegen die Gewalt des Pulvers ſich verhalten muͤ - ſte wie ihre Calibers.
Eben dieſes iſt bey dem anderen Zuſatze zu er - rinnern.
73. Allſo haben die Mathematici noch etwas in dieſem Stuͤcke der Artillerie / wie in allen uͤbriegen / zu erfinden. Und darf man ihre Bemuͤhungen kei - nes weges als fruchtloß anſehen. Denn vielleicht haben die Stuͤcke einer viel geringeren Diecke noͤthig / und ſo kan man ſie mit geringeren Koſten gieſſen und mit geringerer Muͤhe wegfuͤhren laſſen.
74. Die Seele des Stuͤckes A B C D muß durchgehends einen Caliber weit ſeyn.
Die Kugel wird von der Gewalt des Pul -Cvers34Anfangs-Gruͤndevers fortgeſtoſſen / weil es niergends einen Ausgang findet. Wenn nun an einem Orte die Seele des Stuͤckes weiter als ein Caliber waͤre; ſo koͤnte das Pulver zum Theil neben der Kugel aus dem Stuͤcke her - ausfahren und dannenhero wuͤrde dieſelbe nicht mit der gantzen Kraft heraus getrieben. Derowegen muß die Seele durchgehends einen Caliber weit ſeyn. W. Z. E.
75. Die Seele muß ſo lang ſeyn / daß das Pulver alles voͤllig in Feuer ge - rathen / wenn die Kugel ausfaͤhret.
Wenn die Seele kuͤrtzer iſt / ſo wird die Kugel nicht durch die gantze Ladung / ſondern nur von einem Theile des Pulvers heraus getrieben. Und verbrennet ſolcher geſtalt nicht allein ein Theil des Pulvers vergeblich / ſondern weil die Kugel von einer geringeren Kraft angetrieben wird / ſo kan ſie auch nicht ſo weit gehen / als wenn ſie von der gantzen Ladung ausgejaget wird. Jſt die Seele laͤnger / ſo benimmet man der Gewalt des Pulvers ein groſſes durch den Wiederſtand der vielen Luft / welche auf einmal heraus ge - jaget wird. Derowegen darf ſie nicht laͤn - ger / noch kuͤrtzer ſeyn / als daß das Pulvervoͤl -35der Artillerie. voͤllig in Feuer gerathen / wenn die Kugel herausgehet. W. Z. E.
76. Es ſtimmet die Erfahrung mit uͤberein. Denn wenn die Stuͤcke allzulang ſind / ſo tragen ſie nicht weit. Die alten Stuͤcke wurden ſehr lang gemacht: allein als eines mals ohngefehr unter ſtetem Feu - ren von einem Stuͤcke 2½ Schuh abſprungen und der Buͤchſenmeiſter aus Noth das beſchaͤdigte Stuͤ - cke auf ſeinem Poſto behalten muſte / befand er / daß felbiges viel weiter und ſchaͤrfer ſchoß / nachdem es kuͤrtzer worden war / als vorhir. Und daher iſt es kommen / daß man die Stuͤcke kuͤrtzer zu machen angefangen. Es erzehlet ferner Elrich in dem o - ben angefuͤhrtem Wercke c. 17. f. 25 / daß Koͤnig Gu - ſtavus mit dem Oberſten Sigerath A. 1624. vor Stockholm die Probe angeſtellet und befun - den / daß ein neuer Canon / der 48 Pfund Eiſen ſchieſſet / weiter traͤget als ein alter doppelter Canon / der 96 Pfund Eiſen ſchieſſet.
77. Eben ſo lehret die Erfahrung / daß man in ein langes Stuͤcke eine ſtaͤrckere Ladung brauchet / als in ein kurtzes / wenn ſie beyde einerley Caliber ha - ben: ſol anders die Kugel aus einem ſo weit als aus dem anderen geſchoſſen werden.
78. Wie aber die rechte Laͤnge / welche unſer Lehr - ſatz erfordert / in jedem Falle zu finden ſey / iſt zur Zeit noch nicht ausgeſonnen worden. Man hat ſich bloß nach der Erfahrung gerichtet / und die Laͤnge des Stuͤckes nach ſeinem Caͤliber ſo gut proportioniretC 2als36Anfangs-Gruͤndeals ſich hat thun laſſen: daher iſt es auch geſchehen / daß nicht bey allen Voͤlckern einerley Gewohnheit aufkommen. Z. E. Ein Stuͤcke / ſo 48 Pfund Ei - ſen ſchieſſet / haͤlt bey uns ohne die Traubel 18 Dia - met[r]os der Kugel: auf 36 Pf. rechnet man 20; auf 24 Pf. 21; auf 12 Pf. 24; auf 8 Pf. 27; auf 6 Pf 28; auf 4 Pf. 30 Diametros der Kugel. Di - lich in ſeiner Kriegs-Schnie (part. 1. lib. 5. c. 5. ſeq. f. 447) hat noch gar viel andere Verhaͤltniſſe der Stuͤcke zu ihrem Caliber. Die gewoͤhnlichſten Stuͤ - cke der Frantzoſen ſind alle 10 Schuh lang und ſchieſſen 33 / 24 / 16 / 12 / 8 und 4 Pf. Bley. Auſ - ſer dieſen haben ſie noch einige Feld-Stuͤcke / welche 8 Schuh lang ſind und 8 / auch 4 Pf. Bley ſchieſſen. Die weniger als 4 Pf ſchieſſen / bekommen zur Laͤn - ge 7 Schuh. Vid. Chevalier de Saint Julien l. c. p. 23. 24. Die bey den Engellaͤndern uͤbliche Stuͤcke beſchreibet Taylor in ſeinem Treasury of the Ma - thematicks c. 15. Sect. 2. prop. 1. p. m. 284. Z. E. auf 17 biß 28 Pf. iſt die Laͤnge 12 Schuh; auf 10 biß 15 Pf. 11; auf 7 biß 9 Pf. 10; auf 6 Pf. 9; auf 3¾ Pf. biß 4¾ Pf 8; auf 2 biß 3 Pf. 7.
79. Ein Stuͤcke zu zeichnen / deſſen Ca - liber gegeben wird.
Gleichwie nicht alle die Stuͤcke von glei - cher Laͤnge machen; ſo pflegen ſie auch die - ſelbe nicht auf gleiche Weiſe zu theilen. Wir wollen allſo einige Arten anfuͤhren.
Solcher geſtalt iſt das Stuͤcke ohne die Zier - rathen gezeichnet / an deren Ausmeſſung nicht viel gelegen.
78. Die Delphine ſind 1¾ Caliber lang und ſte - hen 1 von einander. Die Laͤnge der Traubel iſt 2 / die Diecke 1 Caliber.
79. Das Zuͤndloch iſt $$frac{1}{12}$$ oder auf das hoͤchſte ⅛ eines Calibers weit. Anfangs bohrete man es Per - pendieular / hernach etwas ſchraͤge / damit es von der Gewalt des Pulvers nicht ſo bald erweitert wird. Allein man hat ſich in ſeiner Hofnung betrogen. Ei - nige haben es mit beſſerem Fortgange nicht in einer Linie fort gebohret / ſondern anfangs ſchraͤge / hernach perpendienlar hinunter. Doch iſt dieſer Fehler da - bey / daß man es nicht gantz raͤumen kau.
80. Die Laffeten-Wand zu einemTab. III. Fig. 5. Stuͤcke zu zeichnen.
So iſt geſchehen / was man verlangete.
81. Die Axe der Laffetten zu zeich -Tab. III. Fig. 6. nen.
C 4Auf -40Anfangs-GruͤndeSo iſt geſchehen / was man verlangete.
82. Die Raͤder der Laffeten zu zeich - nen.
83. Es wird aber das Rad aus 6 Felgen zuſam - men geſetzet und bekommet 12 Speichen / nemlich in jeder Felge zwey.
84. Die Laffeten-Waͤnde werden mit vier eiſer - nen Riegeln verbunden / und iſt ſo wol an ihnen als an anderen Theilen der Laffeten verſchiedenes Ei - ſen-Werck anzutreffen. Jch halte es aber fuͤr un - noͤthig in dieſen Anfangs-Gruͤnden davon zu reden / und erinnere vielmehr / daß hinten gegen den Boden des Stuͤckes die Laffeten ſchraͤge niederfallen / damit man die Armen auf dieſelben legen kan / wenn man das Stuͤcke erhoͤhen oder erniedrigen wil. Wer von der gantzen Structur der Stuͤcke und ihrer Laffeten eine vollkommenere Nachricht verlanget / kan des Surirey de Saint Remy Memoires d’ Artillerie, wel - che das andere mal zu Paris 1707 in 4. heraus kommen / oder auch Michaelis Mieths Neue Geſchuͤtz-Beſchreibung davon aufſchlagen.
85. Aus dem gegebenen Gewichte / Z. E. einer Eiſernen Kugel / das Ge - wichte einer Steinernen und Bleyer - nen von gleichem Caliber zu finden.
Es verhaͤlt ſich das Eiſen zu dem Steine wie 3 zu 1 / hingegen zu dem Bleye wieC 582 zu
42Anfangs-Gruͤnde82 zu 23. Wenn euch derowegen das Ge - wichte einer Eiſernen Kugel gegeben wird / ſo koͤnnet ihr nach der Regel detri (§. 107. Arithm. ) das Gewichte einer Steinernen und Bleyernen von gleichem Caliber finden. W. Z. T. u. Z. E.
Z. E. Es wieget eine Eiſerne Kugel 30 Pf / ſo wieget eine Steinerne von gleichem Caliber 10 Pf. eine Bleyerne 43 $$frac{3}{14}$$ Pf.
86. Die Lade-Schauffel iſt das Jnſtrument / damit die Ladung / das iſt das zum Schieffen noͤthige Pulver biß auf den Boden der Seele in das Stuͤ - cke gebracht wird.
87. Sie muß dannenhero eine Figur be - kommen / die nicht allein geſchieckt iſt das Pulver ohne die geringſte Verſchuͤttung zu - halten / ſo lange man wil; ſondern auch daſ - ſelbe gemaͤchlich ausſchuͤtten zulaſſen / wenn ſie biß auf den Boden der Seele kommen iſt.
88. Jhre Groͤſſe muß nach der Ladung proportioniret werden.
89. Die Ladung richtet ſich nach der Kugel / welche das Stuͤck eſchieſſet Die Groͤſſe des Calibers richtet ſich nach dem Diametro derKugel.43der Artillerie. Kugel. Derowegen proportioniret man die Lade-Schauffel wie alle Theile des Stuͤ - ckes nach dem Caliber.
90. Die Ladung iſt insgemein das halbe Gewichte der Kugel. Nemlich wenn die Kugel 30 Pf. haͤlt; ſo iſt die Ladung 15 Pf. Stuͤck-Pulver. Taylor (l. c. Sect. 2. prop. 2. p. m. 285) laͤſſet es bey dieſer La - dung bewenden / wenn man aus Carthaunen ſchieſ - ſet. Hingegen fuͤr die Schlangen nimmt er ⅔; fuͤr Falconen ⅘; fuͤr kleinere Stuͤcke das gantze Ge - wichte der Kugel. Jn Prob-Schieſſen machet er im erſten Falle die Ladung ⅘ / im andern ⅔ / im drit - ten und letzten bis 1½. Einige nehmen an ſtat des grobkoͤrnigen Stuͤck-Pulvers Mouſqveten-Pulver / und machen die Ladung nur halb ſo groß wie ſonſt. Es hat aber Chevalier de Saint Julien p. 33 errin - nert / daß es nicht an der Groͤſſe der Koͤrner / ſon - dern an der Guͤte des Pulvers gelegen ſey.
91. Die Lade-Schaufel wird aus ſtarckem Kupfer - Bleche gemacht.
92. Nach dem gegebenen Caliber ei - ne Lade-Schaufel zu zeichnen.
So iſt geſchehen / was man verlangete.
93. Wenn ihr den Rieß in gehoͤriger Groͤſſe machet / ſo koͤnnet ihr nach demſelben die Schauffel zu ſchneiden. Wenn dieſes geſchehen / wird das Blech nach der Muͤn - dung des Stuͤckes in die Runde geſchlagen / damit man mit der Schaufel in die Seele deſſelben ungehindert fahren kan / und mit dem unterſten Rande auf einem Kolben / deſ - ſen Diameter ein Caliber iſt / mit Nieden an - geheftet. Laſſet ihr nun ferner eine Stange BC in den Kolben AB ſchieften: ſo iſt die La - de-Schauffel fertig.
94. Weil man die Lade-Schauffel bis auf den Boden der Seele hinein ſtoſſen muß (§. 86); ſo muß ihre gantze Laͤnge C D 2 bis 3 Schuh laͤnger als die Seele des Stuͤckes ſeyn.
95. Der Setz-Kolben / Setzer /oder45der Artillerie. oder Stampfer iſt das Jnſtrument / damit die Ladung auf einander geſtoſ - ſen wird.
96. Derowegen wird er in der Geſtalt ei - nes Cylinders zubereitet aus ſtarckem Holtze / und iſt ſein Diameter AB 1 Caliber / die Laͤn - ge AD 1½ / auch wol 2. Auch wird er hinten und forne mit Kupfer uͤberkappet / und eine Stange EC in denſelben geſchieftet.
97. Weil man bis an den Boden der Seele hinein ſtoſſen muß (§. 86. 85); ſo be - kommet er einerley Laͤnge mit der Schauffel (§. 94).
98. Der Wiſch-Kolben oder Wi - ſcher iſt das Jnſtrument / damit das Stuͤcke ausgewiſchet wird / nachdem es loßgezunden worden.
99. Der Kolben AB wird von Linden -Tab. IV. Fig. 11. Holtz gedrehet in geſtalt eines Cylinders / 2 Caliber lang ¾ breit im Diametro, und mit Schaf-Fellen uͤberzogen / biß er ſich gnau in die Seele des Stuckes ſchiecket. Es wer - den aber die Felle mit kuͤpfernen Naͤgeln an - genagelt / daß dadurch dem Stuͤcke im Abwi - ſchen kein Schaden geſchiehet / und dieStan -46Anfangs-GruͤndeStange BC wird wie in den Setz-Kolben und die Lade-Schaufel (§. 94. 94) einge - ſchieftet.
100. Die Kugeln zu probiren / ob ſie juſt ſind oder nicht.
Koͤnnet ihr ſie innerhalb derſelben umbwen - den / und ſchiecket ſie ſich im uͤbriegen accu - rat darein; ſo iſt ſie juſt. W. Z. F.
Wenn die Kugel zu klein / und der Spiel - Raum zu groß iſt / kan das Feuer neben der Kugel durch die Seele heraus fahren / und allſo wird ſie nicht von der gantzen Kraft des Pulvers angetrieben. Daher iſt der Schuß ſchwach / und uͤber dieſes / weil das Feuer bloß uͤber der Kugel heraus faͤhret / kan ſie leicht aus ihrem Ziel geruͤcket werden. Da - her iſt der Schuß ungewiß. Endlich wenn die Kugel zu groß iſt / kan das Stuͤcke zer -ſprin -47der Artillerie. ſpringen (§. 63). Derowegen muß ſie ih - ren gehoͤrigen Spiel-Raum in der Seele haben. Da nun die Kugel-lehr nach dem - ſelben eingerichtet; ſo ſind die Kugeln rich - tig / wenn ſie ſich in dieſelbe ſchiecken. W. Z. E.
101. Ein Stuͤcke zu laden.
So iſt geſchehen / was man verlangete.
102. Es iſt nicht uͤbel gethan / wenn man die Kugel mit Heu oder Stroh creutzweiſe fuͤttert / damit ſie ge - drang in das Stuͤcke gehe (§. 63).
103. Eine gluͤende Kugel in ein Stuͤ - cke zu laden.
104. Man wirft die gluͤenden Kugeln in die Magazins und Haͤuſer der Buͤrger / umb ſie dadurch in Brand zu ſtecken. Da - mit nun dieſelben nicht weiter als durch das Dach fahren / muß man das Stuͤcke nicht ſo ſtarck / als ſonſt laden.
105 An ſtat der Kugeln ladet man zu - weilen Kartetſchen in die Stuͤcke / die aus Papier / Pergament / Zwillich oder auch eiſernem Bleche gemacht / und mit Mouſqueten-Kugeln / Naͤgeln / Ketten und dergleichen gefuͤllet werden.
106. Jndem ſie durch die Gewalt des Pulvers heraus getrieben werden / breitet ſich die eingefuͤllete Materie aus und thut groſſen Schaden. Es muß dannenhero der Ort / wo man ſie hinſchießt / nicht gar zu nahe ſeyn / damit ſie ſich recht ausbreiten koͤnnen: doch auch nicht gar zu weit / damit ſie ſich nicht allzuſehr ausbreiten / und ihre Kraft ver - lieren.
107. Es werden aber die Kartetſchen nicht ebenTab. I Fig. 13 Kugelrund / ſondern vielmehr in der Geſtalt eines Cylinders / abgekuͤrtzten Coni und vollkommenen Co - ni verfertiget.
108. Ein Stuͤcke horizontal und nach(2) Die -
50Anfangs-Gruͤndeiedem Grade der Erhoͤhung uͤber die horizontal. Linie zu richten.
So iſt geſchehen / was man verlangete.
Es ſey HI die Horizontal-Linie / das iſt die Linie / welche in allen ihren Puncten von dem centro der Erde gleich weit weg iſt. Wenn ihr nun das Stuͤcke beuget / biß es in dieſe Li - nie kommet / ſo iſt der Diameter des halben Circuls GB zugleich mit in der Horizontal - Linie / folgends da alle ſchweere Coͤrper / ver - moͤge der Erfahrung / auf dieſelbe perpendi - cular fallen / ſo muß der Bleywurf aus dem centro des halben Circuls C von dem Dia - metro GB perpendicular herabhangen / und demnach den 90 Grad D abſchneiden (§. 18. Geom.): welches das erſte war.
Hin -51der Artillerie.Hingegen wenn das Stuͤcke uͤber die Ho - rizontal-Linie HI erhoͤhet iſt / ſo iſt der Win - ckel I vermoͤge deſſen / was erſt geſaget wor - den / ein rechter Winckel / und allſo machet der Winckel ICH mit dem Winckel CHI, nach welchem das Stuͤcke erhoͤhet worden / 90 Grad (§. 96. Geom.). Aber eben dieſer Winckel ACE macht mit dem Winckel C DE 90° / maſſen DCG ein Qvadrant iſt. De - rowegen muß der Winckel DCE dem Win - ckel CHI gleich ſeyn: folgends wenn ihr das Stuͤcke nach dieſem Winckel erhoͤhen wol - let / doͤrfet ihr es nur ſo lange erhoͤhen / bis der Bleywurf CE den verlangten Winckel in L abſchneidet.
109. Damit man das Stuͤcke nach Ge - fallen erhoͤhen und niederlaſſen kan / hat man hoͤltzerne Keile bey der Hand / die hinten an dem Traubel zu Ende des Bodenſtuͤckes un - tergeſchoben werden.
110. Man hat wahrgenommen / daß der Schuß am weiteſten reichet / wenn das Stuͤcke umb 45° uͤber den Horizont erhaben / das iſt / wenn der Winckel AHI 45° iſt. Bey den uͤbriegen Graden ge - hen die Schuͤße gleich weit / wenn ſie von dem 45 Grade beyderſeits gleich wegſtehen.
D 2Die111. Es iſt bereits von denen Mathematicis ausge - rechnet worden / wie viel bey iedem Grade von dem 1 an bis auf den 45 der Schuß weiter gehet / als wenn das Stuͤcke horizontal gerichtet iſt. Weil aber die - ſes nicht wol unter die Anfangs-Gruͤnde der Mathe - matick gerechnet werden kan; ſo wollen wir diejenigen / welche zu hoͤheren Dingen luſt haben / in des Gallilai Dialogos de motu und Blondells Kunſt die Bom - ben zu werfen verweiſen.
12. Jnſonderheit iſt befunden wor - den / daß eine Carthaune / die 33. Pfund Bley ſchießt / in der groͤſten Richtung von 45° bis 6000 Schritte / in der nie - drigſten von 0° biß 600 Schritte die Kugel getragen. Eine Carthaune / die 24 Pfund ſchießt / hat in dem erſten Fal - le gleichfals 6000 / in dem anderen 700 Schritte; eine Schlange die 16 Pfund ſchießet / in dem erſten Falle 8000 / in dem anderen 800; eine Schlange / die 12 Pfund ſchießet / in dem erſten 5000 / in dem anderen 450; ein Stuͤcke / das 8 Pf - ſchießet / in dem erſten 1500 / in dem ande - ren 400 und endlich ein Stuͤcke / das 2 Pf. ſchießet / in dem erſten 1500 / in dem anderen 150 Schritte die Kugel ge - trieben. Vid. Chevalier de Saint Julien p. 37.
113. Eben dieſer Ingenieur hat wahr -ge -53der Artillerie. genommen / daß die Stuͤckkugeln aus einer Weite von 600 Schritten 9. 10. 11. 12. bis 13 Schuh tief in die Erde ge - drungen.
114. Wenn ein Stuͤcke geloͤſet wird / gehet es zwey bis drey Schritte zuruͤcke / weil nemlich die Gewalt des Pulvers wieder den Boden ſtoͤſſet.
115. Die Stuͤcke und ihr Zugehoͤr wegzufuͤhren / rechnet man 300 Pfund auf ein Pferd. Allſo brauchet man Z. E. zu 27. Kugeln fuͤr eine Carthaune / die 33 Pfund ſchieſſet / 4. Pferde.
116. Die Moͤrſer oder Boͤler ſind Geſchuͤtze / daraus man Granaten / Bom - ben / Carcaſſen und andere Feuerkugeln nach einem Bogen werfen kan.
117. Weil aus den Moͤrſern Kugeln von ziemlicher Schweere durch die Gewalt des Pulvers getrieben werden; ſo pfleget man dieſelben / gleichwie die Stuͤcke / entweder aus Eiſen / oder aus Metall zu gieſſen.
118. Jm Falle der Noth machet man ſie aus bier - ckenem / lindenem oder anderem zaͤhen Holtze: doch muͤſſen ſie unten / wo das Pulver hinkommet / entwe -D 3der54Anfangs-Gruͤndeder mit Bley ausgegoſſeu / oder mit einem ſtarcken Muſqveten-Lauf gefuͤttert / auch von außen mit eiſer - nen Reifen umbgeben / und mit ſtarcken Striecken uͤ - ber denſelben gebunden werden.
119. Es beſtehet aber der Moͤrſer aus der Seele ABCD, darein die Bombe oder eine andere Feuer-Kugel geladen wird / und aus der Kammer GEH, darein das Pulver kommet.
120. Der Caliber des Moͤrſers / oder die Weite der Seele / richtet ſich nach dem Dia - metro der Feuer-Kugel.
121. Weil aber die Feuer-Kugeln einen ſehr groſſen Diametrum haben / und von einer ge - ringeren Schweere ſind als eiſerne und bley - erne Stuͤckkugeln von gleicher Groͤſſe; Die Ladung des Pulvers aber nach ihrer Schweere / und die Groͤſſe der Kammer nach der Ladung ſich richtet; ſo kan man die Kam - mer viel enger / als die Seele des Moͤrſers machen.
122. Weil die Feuer-Kugeln innerhalb dem Moͤrſer auch ſelbſt angezunden werden; ſo kan die Seele des Moͤrſers bey weitem nicht ſo lang ſeyn als die Seele des Stuͤckes.
123. Da die Kammer die groͤſte Gewalt von dem Pulver ausſtehen muß; wird der Moͤrſer unten bey demſelben viel diecker ge - macht als oben bey der Seele.
124. Damit die Gewalt des Pulvers recht gerade gegen das centrum der Feuer - Kugel zuſtoͤſſet / wird die Seele unten an der Kammer in der Geſtalt einer halben Kugel ausgehoͤlet: welche Aushoͤlung man das Lager nennet.
125. Es werden die Moͤrſer auf gar verſchiedeneTab. V. Fig. 14. Art proportioniret. Doch wird man an den neueren meiſtens folgende wahrnehmen: Die Tiefe der Seele AB hat 1½ Muͤndung: AC iſt die Tiefe der Kammer FE ¾ / ihre Muͤndung GH ⅓ bis ⅖ der Muͤndung des Moͤrſers. Nach eben dieſem Maaße iſt der Moͤrſer im Metall bey der Kammer ⅓ / bey dem Lager ⅕ / oben bey der Seele ⅛ biß ⅙ Die Schildzapfen ſind ⅕ lang / ⅖ diecke; ſtehen uͤber der Kammer ¼. Der Boden unter der Kammer iſt ⅓ diecke.
126. Nach der Frantzoͤſiſchen Manier werden dieTab. V. Fig. 15. Schildzapfen KL unten an den Boden des Moͤrſers gemacht. Es iſt aber die gautze Laͤnge KL 2⅓ / der Diameter derſelben ⅔ der Muͤndung.
127. Es ſind dannenhero auch die Laffeten derD 4Moͤr -56Anfangs-GruͤndeMoͤrſer gar ſehr unterſchieden. Fuͤr die ſtehendenTab. V. Fig. 16. Moͤrſer / deren ſich die Frantzoſen ſonderlich bedienen / hat Surirey de Saint Remy (Tom. 1. p. 259. & ſeqq) allerhand Laffeten beſchrieben. Es haͤlt aber die Laͤnge AB 6 Muͤndungen / die Hoͤhe der Laffeten - Wand CD 1. die Schild-Zapfen liegen mitten auf den Laffeten in C. Hingegen wenn die Schild-Zapffen mitten an dem Boͤler ſind / muͤſſen die Laffeten etwas hoͤher werden. Man macht ſie bis 1¾ Muͤndung hoch.
128. Die Bomben / ſind hohle ei - ſerne Kugeln / welche mit Pulver ange - fuͤllet werden / und in deren Mundloch A eine hoͤltzerne Brand-Roͤhre AB ge - ſchlagen wird / mit einem beſonderen Brande angefuͤllet.
129. Damit man die Bowben bequem heben / und gemaͤchlich in den Moͤrſer laſſen kan / werden oben zu beyden Seiten des Mundloches A Ohren C gemacht / und Strie - cke daran gebunden.
130. Die Brand-Roͤhre A B wird zu dem Ende gemacht / damit die Bombe nicht eber entzuͤndet wird / biß ſie an den gehoͤrigen Ort aus dem Boͤler geworfen worden. Dero - wegen muß der Brand / damit ſie angefuͤllet / aus einem langſam brennenden Zeuge berei - tet werden.
Der57der Artillerie.131. So bald der Zeug in der Zuͤnd-Roͤh - re AB bis an das Pulver brennet / entzuͤndet ſich dieſes auf einmal / und weil es nicht Raum hat ſich auszudehnen / zerſprenget es die Bombe mit groſſer Gewalt / daß durch die herumbfliegenden Stuͤcke Eiſen Men - ſchen und Gebaͤude ſehr beſchaͤdiget / auch dieſe in den Brand geſtecket werden.
132. Derowegen bedienet man ſich mit gutem Fortgange der Bomben / theils die Beſatzung auf den Wercken zu beſchaͤdigen / theils die Gebaͤude der Buͤrger in den Staͤd - ten zu verwuͤſten.
133. Die Diecke des Eiſens an einer Bombe iſt ⅛ / ⅑ oder ⅒; die Weite des Mundloches $$frac{2}{9}$$ oder ⅑ ih - res Diametri. Die Brand-Roͤhre iſt nach eben die - ſem Maaſſe $$frac{6}{8}$$ oder ⅞ lang / die Weite ihrer Hoͤle $$frac{1}{16}$$
134. Die Brand-Roͤhre wird unten etwas zuge - ſpietzt gemacht / damit ſie ſich beqvemer hinein ſchla - gen laͤſſet. Sie wird mit duͤnnem Bindfaden umb - wunden / und mit Schreiner-Leim uͤberſtriechen / da - mit ſie nicht etwan von dem angezuͤndeten Brande Schaden nehme / und die Bombe vor der Zeit anſtecke.
135. Eine Bombe zu machen.
D 5Auf -So iſt geſchehen / was man verlangete.
136 Zudem Kuͤtt nehmet geſtoſſenen ungeloͤſchten Kalck / Ziegelmehl / reine Aſche und Feil-Spaͤne / menget alles wohl untereinander / und feuchtet es mit Leimwaſſer an.
137. Einen Moͤrſer zu laden.
So iſt geſchehen / was man verlangete.
138. Einige ſetzen die Bomben mit einem holen Spiegel ein / der nach dem Lager und der Bombe ausgedrehet wird. Und geſchiehet das Einſetzen und verdaͤmmen zu dem Ende / daß ſich die Bombe der Gewalt des Pulvers anfangs widerſetzet / und dannen - hero deſto ſtaͤrcker angetrieben wird.
139. Die Staͤrcke der Ladung koͤnnet ihr aus der Schweere der Bombe finden / wenn ihr auf 30 Pfund Schweere ein Pfund Pulver rechnet. Allein man kan ſich doch nicht iederzeit an dieſe Regel binden; ſondern zuweilen etwas zugeben / zuweilen etwas da - von thun / nuchdem es die Umbſtaͤnde erfordern.
140. Einen Moͤrſer nach einem ge - gebenen Grade zu richten.
Auf -60Anfangs-GruͤndeSo iſt geſchehen / was man verlangete.
Es iſt zu erweiſen / daß der Winckel GHI / den die Axe des Moͤrſers GH mit dem Ho - rizont HI macht / dem Winckel DBN gleich ſey.
Weil HK und AB auf AF perpendicu - lar ſtehen / ſo iſt HK mit AB parallel (§. 92. Geom.) / folgends der Winckel H K I dem Winckel ABI gleich (§. cit. Geom.) Nun macht HKI mit KHI 90° (§. 96. Geom.) und ABI macht mit DBN auch 90°. Derowe - gen iſt der Winckel G H I dem Winckel DBN gleich. W. Z. E.
141. Es geben Gallilæus in dem oben angefuͤhre - ten Wercke / Torricellius in ſeinem Wercke de motu gravium naturaliter deſcendentium & projectorum und abſonderlich Blondell in ſeiner Kunſt die Bomben zu werfen Regeln an / nach welchen man fin -den61der Artillerie. den kan / wie hoch der Moͤrſer zu richten iſt / damit die Bombe an den gehoͤrigen Ort faͤllet / der naͤher iſt als der Moͤrſer traͤget / wenn er auf den 45 Grad gerichtet. Weil ſich aber die Regeln aus unſern An - fangs-Gruͤnden nicht erweiſen laſſen; ſo haben wir auch dieſelben hier nicht anfuͤhren ſollen.
142. Wir fuͤhren vielmehr einige Er - fahrungen an / die der Chevalier de Saint Julien p. 67 angemercket: Ein Moͤrſer / deſſen Caliber 12 Zoll war / hat im 45 Grade der Bombe 180 Rheinlaͤndiſche Ruthen geworfen / wenn er mit 2 Pfund Pulver geladen wurde; hingegen 225 / wenn er mit 2½ / und 270 / wenn er mit 3 / endlich 350 / wenn er mit 5 biß 6 Pfun - den geladen wurde. Jm erſten Falle iſt der Schuß auf jeden Grad der Er - hoͤhung des Moͤrſers umb 48 / im an - dern umb 60 / im dritten umb 72 Schuh veraͤndert worden. Wenn die La - dung eines Moͤrſers von 8 Zollen im Caliber ½ Pfund war / ſo gieng der wei - teſte Schuß im 45 Grade 157½; wenn ſie ¾ war / 232½; wenn ſie endlich 1 Pfund war / 307½ Rheinlaͤndiſche Ru - then. Auf jeden Grad wurde er ver - geringert in dem erſten Falle umb 42 / in dem anderen umb 62 / in dem dritten umb 82 Schuh. Jn dieſem Moͤrſer iſt die Kammer nach alter Manier Cy -lin -62Anfangs-Gruͤndelindriſch geweſen. Man hat aber je - tzund eine Art Moͤrſer / darinnen iſt die Kammer Kugelrund ausgehoͤlet / der - gleichen bey dem Surirey à Saint Remy p. 255 beſchrieben werden. Von dieſen iſt folgendes angemercket worden. Ein Moͤrſer von 6¼ Zoll im Caliber hat ſei - ne Bombe durch ein wenig mehr als 1 Pfund Pulver biß 320; ein anderer von 8⅓ Zoll durch 1¾ Pfund Pul - ver biß 425; noch ein anderer von 12½ Zoll durch 5 biß 6 Pfund Pulver biß uͤ - ber 600 Rheinlaͤndiſche Ruthen ge - worfen.
143. Die Granaten ſind von den Bomben nur der Groͤſſe nach unter - ſchieden. Wenn ſie ſehr klein ſind / und nicht uͤber zwey Pfund wiegen / wier - fet man ſie mit den Haͤnden und wer - den dannenhero Hand-Granaten genennet.
144. Mat hat aus der Erfahrung / daß die Granaten / Armen und Beine ent - zwey ſchlagen / und an dem Kopfe / auch andern Orten des Leibes oͤfters toͤdtlich verwunden.
Die63der Artillerie.145. Die Moͤrſer / daraus man die GranatenTab. VI. Fig. 19. wierfet / ſind faſt eben ſo verfertiget / wie die Moͤrſer zu den Bomben. Sie werden aber aus zwey Stuͤ - cken geſchmiedeten Eiſens zuſammen geſetzet mit ei - ſernen Reifen feſt verbunden und an ein Klotz derge - ſtalt befeſtiget / daß die Axe der Seele mit dem Ho - rizont einen Winckel von 45 Graden machet.
146. Die Carcaſſen ſind laͤnglichte Kugeln / welche mit kleinen Stuͤcken von Mouſqveten-Laͤufen / die mit bleyernen Kugeln geladen / Hand-Granaten und anderem Feuerkugel-Zeuge gefuͤllet / und mit zwey eiſernen Reifen und Striecken gleich anderen Feuer-Kugeln gebunden werden.
147. Weil die Carcaſſen koſtbahr und muͤhſam zu machen ſind / und doch nicht viel beſſere / ja zu weilen wol geringere Wuͤrckung haben / als die Bomben und gluͤenden Ku - geln / ſo ſind ſie nicht fonderlich zu gebrauchen.
148. Der Feuer-Kugel-Zeug wird auf gar ver - ſchiedene Art zu bereitet. Jch wil zum Exempel nur einen Satz anfuͤhren. Nehmet 3 Pfund Pul - verſtaub / 1 Pfund Salpeter und 1 Pfund Schwe - fel. Mieſchet alles wohl unter einander: ſo iſt ge - ſchehen / was man verlangete.
149. Was den Bund betrieft / ſo ſol bald in fol - gendem ein mehreres davon erwehnet werden Hier mercke ich nur noch an / daß die Carcaſſen eine Brand - Roͤhre wie die Bomben bekommen / die mit eben ſol - chem Zeuge / wie in den Bomben / gefuͤllot wird: hin - gegen ſie nicht mit Pulver / wie die Bomben / ſondern mit Feuer-Kugel-Zeug gefuͤllet werden / damit ſie nicht auf einmal loßgehen / ſondern nach und nach ihre Wuͤrckung thun.
150. Durch die Feuer-Kugeln ver - ſtehen wir diejenigen / welche angezuͤn - det werden / und brennen koͤnnen.
151. Es ſind derſelben gar vielerley Arten / nach dem ſie entweder die Haͤuſer anzuſtecken / oder die Beſa - tzung zu beſchaͤdigen / oder aus anderen Abſichten ge - brauchet werden. So hat man Z. E. Leucht - Kugeln / die man an einen Ort wierfet / den man erleuchten wil: Dampf-Kugeln / welche es fin - ſter machen / daß man an einen Ort nicht ſchen kan: Stinckende Kugeln / dadurch man die Luſt mit einem garſtigen Geſtancke inficiret.
152. Weil zu den Carcaſſen / gleich wie zu den aͤ - briegen Feuer-Kngeln ein Kugel-Sack gemacht wird / auch in ihrer Erklaͤhrung eines Bundes Erwehnung geſchiehet / und uͤber dieſes alle Feuer-Kugeln ge - taufet werden: ſo muͤſſen wir noch mit wenigem von den Kugel-Saͤcken / den Buͤnden und der Taufe der Feuer-Kugeln reden.
153. Einen Oval-Sack zu einem Feu -Tab. VI. Fig. 20. er-Ballen zu zeichnen und zu machen.
So iſt der Kugel-Sack fertig.
154. Man kan dergleichen Kugel-Saͤcke noch auf gar viel andere Art verfertigen.
155. Einen kugel-rundten Sack zu ei -Tab. VI. Fig. 21. nem Feuer-Ballen zu machen.
Alsdenn iſt der Kugel-Sack fertig.
156. Auch dieſe Art der Kugel-Saͤcke kan auf ver - ſchiedene andere Manieren gemachet werden.
157. Eine Feuer-Kugel zu binden.
So iſt der Bund fertig.
158. Zu einer hundert-pfuͤndigen Kugel haͤlt derobe -67der Artillerie. obere Ring im Diameter 3½ Zoll / der untere 3 Zoll / jeder iſt ¼ Zoll diecke. Zu leichteren Kugeln wird er geringer gemacht. Einige geben ¼ von dem Dia - metro der Kugel dem Diametro des Ringes.
159. Eine Feueꝛ-Kugel zu taufen.
160. Eine Leucht-Kugel zu machen.
E 2Auf -So iſt die Leucht-Kugel fertig und kan / wie ſie iſt / aus dem Moͤrſer in den Ort geſchoſſen werden / den ſie erleuchten ſol.
161. Eine Dampf-Kugel zu machen.
162. Es giebet noch gar viel andere Methoden die Leucht - und Dampf-Kugeln zu machen.
163. Die Petarde iſt ein Jnſtru -Tab. VII Fig. 23. ment von Metall / in geſtalt eines abge - kuͤrtzten Coni / welches mit Pulver gefuͤl - let / und zum Zerſprengen / Z. E. der Tho - re / Mauren / Bruͤcken / Palliſaden / u. ſ. w. gebrauchet wird.
164. Daher iſt ihre Groͤſſe verſchieden / nach dem man im zerſprengen viel Wieder - ſtand findet.
165. Die Hoͤhe EF iſt dem unteren Diametro BC gleich / insgemein macht man EF und BC 10 Zoll / ſo bekommet AD 7 Zoll. Die Diecke des Bodens EG / ingleichen des Metalls an der Muͤndung BH iſt ⅕ von der gantzen Hoͤhe EF.
166. Damit man die Perarde da an -Tab. VII. Fig. 24. haͤngen kan / wo etwas geſprenget werden ſol; wird ſie auf das Matrill-Bret gena - gelt und / damit dieſes angehet / werden ge - gen die Muͤndung eiſerne Handhaben ein - gegoſſen.
Die70Anfangs-Gruͤnde167. Die Groͤſſe des Matrill-Bretes rich - tet ſich nach der Groͤſſe der Petarde. Die Laͤnge AB haͤlt etwas uͤber zwey Diametros. Zum Exempel / wenn der groͤſte Diameter in der Petarde 10 Zoll iſt / machet man AB 24 Zoll oder 2 Schuh. Die Breite AC bekommet ¾ von der Laͤnge AB / als in un - ſerem Falle 18 Zoll. Umb der Feſtigkeit willen machet man zwey eiſerne Baͤnder AD und BC qveruͤber und mitten an der Seite CD wird ein eiſerner Hacken E befeſtiget / mit welchem man das Matrill-Bret nebſt der angeſchlagenen Petarde anhaͤngen kan. Die Diecke des Bretes iſt vier biß ſechs Zoll / mitten wird es nach dem groͤſten Dia - meter der Petarde umb einen Zoll ausge - ſchnitten / damit dieſelbe accurat darein paſ - ſet.
168. Damit man die Petarde loßzuͤn - den kan / muß oben an dem Boden AD ein Zuͤndloch E gemacht werden / welches oben im Diameter ohngefehr ⅔ von der Diecke des Bodens bekommet.
169. Eine Petarde zu laden.
So iſt die Petarde geſchieckt / daß man ſie in das Matrill-Bret einſetzen kan.
170. Surirey de Saint Remy part. 2. p. m. 315. 316 hat noch eine weitlaͤuftigere Manier die Petar - den zu laden.
171. Die Minen find unter der Er - de gegrabene Keller / die man mit etli - chen Tonnen oder Saͤcken Pulver fuͤl - let / umb die auf dem Keller liegende Laſt in die Luft zu ſprengen / wenn man das Pulver anzuͤndet.
E 4Die72Anfangs-Gruͤnde172. Z. E. w[e]nn man einen alten Thurm untergruͤ - be / und in der gemachten Grube einige Tonnen Pul - ver dergeſtalt verſchließte / daß man ſie doch noch an - zuͤnden / und dadurch den Thurm uͤber einen Haufen werfen koͤnte; ſo nennete man dieſes den Thurm unterminiren.
173. Unerachtet die Minen nicht wohl unter das Geſchuͤtze gerechnet werden koͤnnen / ſo habe ich dennoch vor noͤthig geachtet / hier in der Artillerie davon zu reden / weil nicht allein andere Autores dergleichen gethan: ſondern hauptſaͤchlich weil es unſere Abſicht erfordert / die wir bey dieſer gantzen Arbeit haben. Denn wir haben / wie in der Vorrede gemeldet wor - den / die Anfangs-Gruͤnde der Artillerie umb dieſer Urſachen willen der Fortification præmittiret / damit man urtheilen kan / wie die Feſtung angelegt werden muß / wenn ſie der Gewalt der Attaquen wiederſtehen ſol. Da nun das Unterminiren der Wercke eine Haupt-Artaqve iſt; muß billich auch hiervon erſt einige Kundſchaft eingeholet werden / ehe man die Kriegs-Baukunſt mit gutem Verſtande vornehmen kan. Weil aber mehr bey den Minen zu bedencken / als man ſich anfangs einbilden moͤchte / ſo wollen wir zuerſt hieher ſetzen / was die Erfahrung gelehret hat / damit wir aus dieſen Gruͤnden ihre Beſchaffenheit herleiten koͤnnen.
174. Wenn die Mine zu ſcharf gela - den iſt / macht ſie nur eine enge Grube / deren Diameter nicht groͤſſer iſt als die Weite der Kammer / darinnen das Pul - ver geſtanden. Wenn ſie aber rechteLa -73der Artillerie. Ladung hat / ſprenget ſie alles / was mit umb die Kammer gelegen / in die Hoͤhe. Wenn ſie zu ſchwach geladen / macht ſie nur eine kleine Erſchuͤtterung auf der ſchwaͤchſten Seite.
175. Von dem erſten und letzten fuͤhret Chevalier in den Memoires de l’ Academie Royale des Sciences 1707 p. m. 711 ein Exempel an.
176. Es iſt dannenhero hoͤchſt noͤthig / daß die Menge des Pulvers nach der Schweere der Laſt / die man ſprengen wil / proportioniret werde.
177. Und ſolchergeſtalt muß ein Minirer theils die Laſt / welche man ſprengen wil / theils die Menge des Pulvers / ſo dazu erfordert wird / auf das genaueſte auszurechnen wieſ - ſen.
178. Zu dieſer Rechnung muß ein Minirer nicht allein aus der Geometrie die Stereometriſchen Rech - nungen verſtehen / ſondern auch aus der Fortiſ[icat]ion von der Staͤrcke der Wercke an einer Feſtung Nach - richt haben. Aus der Erfahrung aber muß[ihm be -]kandt ſeyn / wie ſchweer iede Art des Erdreiches und des Mauerwerckes ſey / die geſprenget werden ſol.
179. Aus ſehr vieler Erfahrung / we -E 5che74Anfangs-Gruͤndeche der beruͤhmte Vauban bey vielen Be - laͤgerungen ſelbſt gehabt / iſt endlich folgendes fuͤr gut befunden worden. Es werden nemlich in einer Mine erfor - dert fuͤr iede Cubic-Ruthe Frantzoͤſiſch / das iſt 216 Cubic-Schuh
| Lockere Erde | 9 bis 10 | Pf. Pul - ver. |
| Feſte und ſandichte Erde | 11 bis 12 | |
| Thon | 15 bis 16 | |
| Neues Mauer - Werck | 15 bis 20 | |
| Altes Mauer - Werck. | 25 bis 30 |
180. Dieſe Erfahrung des Vauban fuͤhret Cheva - lier in dem vorher angezogenen Orte p. 708. an. Sa - rirey de Saint Remy part. 3. p. 156. berichtet / daß durch beſondere zu dem Ende angeſtellte Erfahrungen man befunden / es ſprenge eine Untze Pulver einen Cubi[c -]Schuh Erde / das iſt / bis 100 Pfund. Er giebt da - bey an / daß man rechnen koͤnne fuͤr einen Cubie[c -]Schuh
| Lockere Erde | 90 | Pfund. |
| Sand | 150 | |
| Thon | 100 | |
| Fette Erde | 115 | |
| Mauerwerck von | ||
| Steinen 120 bis 125 | ||
| Mauerwerck von Ziegeln. | 90 |
Man kan aber leicht erachten / daß das Erdreich und Mauerwerck nicht uͤberall von einerley Schweere ſey.
181. Aus der gegebenen Laſt / die man ſprengen ſol / die Groͤße der Kammer zu der Mine zu finden.
Was heraus kommet iſt die Seite des Cu - bi / dem die Kammer oder Mine gleich wer - den ſol.
Z. E. Es ſollen durch eine Mine 864 Cu - bic-Schuh Erde geſprenget werden / man ſol die Seite der Minen-Kammer finden.
21676Anfangs-Gruͤnde216 — 10 — 864
10 — — 8640
〈…〉 Pfund.
39304 40 — — — 〈…〉 9″. 8′″ Seite der Kammer. 1| 572| 160. 1| 3:: |::: 3: |::: 1|::: — — |::: 331|::: — — |::: 241| 160 (36| 3):: 2178:: 1188: 216 — — — 229896 — — — 11264
182. Wenn die Kammer etwas groͤſſer iſt als der Raum des Pulvers erfordert; ſo muß ſie vollends mit Heu / Stroh / oder Miſtaus -
77der Artillerie. ausgefuͤllet werden. Denn wenn ein leerer Raum iſt / daß das Pulver / wenn es ange - zuͤndet wird / ſich bald ausbreiten kan / ſo thut die Mine wenigere Wuͤrckung.
183. Und weil die ſtarcke Ladung die Wuͤr - ckung der Mine hindert (§. 174); pfleget man lieber zwey oder mehrere Kammern als eine anzulegen.
184. Eine Mine anzulegen.
So iſt geſchehen / was man verlangete.
185. Wenn die Mine auf einmal ſpielen ſol / ſo muͤſſen die Gaͤnge DB / BE und BC von einer Laͤnge ſeyn.
186. Wer genauere Nachricht verlanget / kan des Surirey à Saint Remy Memoires d’ Artillerie. Tom. 1. Tit. 15. p. 154 & ſeqq. und des Herrn Baron von Borgsdorf neu entdeckte Minier-Kunſt nachle - ſen.
Ende der Artilleri[e].
JCh habe mich bemuͤhet die Fundamental-Geſetze der Fortification dergeſtalt zu - erklaͤhren / daß zugleich rich - tiger Grund derſelben gezeiget wuͤr - de. Damit man aber auch ſehen moͤchte / auf was fuͤr Art und Wei - ſe ihnen ein Gnuͤgen geſchehen koͤn - ne; habe ich die vornehmſten Ma - nieren zu Fortificiren zugleich be - ſchrieben. Und weil es unmoͤglich iſt / ein gruͤndliches Urtheil von ei - ner Befeſtigungs-Art zu faͤllen / wenn man nicht die Groͤſſe der Li - nien und Winckel an einer Feſtung gnau weiß; ja auch dieſe Erkaͤnt - nis ein richtiger Leitſtern iſt / wenn der Bau wuͤrcklich vorgenommen werden ſol; ſo iſt zugleich ange - wieſen worden / wie man durch(2) FHuͤl -[82]Vorrede. Huͤlfe der Geometrie und abſon - derlich der Trigonometrie alle Lini - en und Winckel ausrechnen kan / die man zu wieſſen verlanget. Hier - aus werden auch diejenigen / welche bloß die Practiſchen Theile der Ma - thematick zu erlernen gedencken / zur Gnuͤge ſehen; wie viel gluͤcklicher ſie in ihrem Vorhaben ſeyn wuͤrden / wenn ſie die Lehrſaͤtze der Geome - trie und die Trigonometrie wohl inne haͤtten.
Zu dieſem Gluͤck aber koͤnnen ſie gelangen / wenn ſie nicht allein die in dem erſten Theile enthaltene An - fangs-Gruͤnde der Rechen-Kunſt / Geometrie und Trigonometrie ſich wohl bekand machen; ſondern auch gegenwaͤrtige Anfangs-Gruͤnde von der Fortification mit Fleiß durch ſtudiren werden. Abſonder - lich aber wil noͤthig ſeyn / daß ſie ſo wol die vorgeſchriebenen Exempel nachrechnen / als auch andere ſich ſelbſt aufgeben / biß ſie dieſe Rech - nung in richtiger Fertigkeit haben.
1.
DJe Fortification oder Kriegs - Bau-Kunſt iſt eine Wieſſen - ſchaft einen Ort dergeſtalt zu befeſtigen / daß ſich wenige gegen viele die ihn attaqviren / mit Vortheile defen - diren koͤnnen.
2. Einen Ort befeſtigen / heiſſet ſo viel / als ihn dergeſtalt einſchlieſſen und verwahren / daß der Feind nicht nach ſeinem Gefallen hinein kommen / und den Jnwohnern Schaden zufuͤgen kan.
3. Einen Ort aber attaqviren heiſ -F 2ſet84Anfangs-Gruͤndeſet ſo viel / als ſich zu demſelben nahen / und mit Gewalt eindringen.
4. Endlich einen Ort defendiren heiſſet ſo viel als den Feind / der ihn at - taqviret / abhalten / daß er nicht hinein kommen kan.
5. Die Manier zu fortificiren muß ſich nach der Manier zu attaqviren richten.
Ein Ort wird Fortificiret / daß man ihn gegen den Feind / der ihn attaqviret / defendi - ren kan / (§. 1.). Der Feind / in dem er ihn attaqviret / ſuchet mit Gewalt in denſelb[en]zu dringen / (§. 3). Wil man nun den Ort defendiren / ſo muß man die Bemuͤhung des Feindes zu nichte machen (§. 4). Dero - wegen muß die Feſtung ſo angeleget werden / daß den Attaqven des Feindes Wieder - ſtand geſchehen kan. Und demnach muß ſich die Manier zu Fortificiren nach der Ma - nier zu Attaqviren richten. W. Z. E.
6. Wenn man von der Vollkommenheit einer Feſtung urtheilen wil / muß man ſich fuͤr allen Dingen die zu der Zeit uͤblichen Atta -qven85der Fortification. qven bekand machen und mit dieſen den Bau der Feſtung vergleichen.
7. Hierdurch lernen wir die Arten zu befeſtigen in verſchiedenen Zeiten vernuͤnftig beurtheilen / und nehmen uns in acht / daß wir nicht alte und neue Feſtungen mit einander vergleichen / die gantz ver - ſchiedenen Attaqven entgegen geſetzet worden.
8. Wenn die Attaqven ſich aͤnderen / muͤſ - ſen auch die Manieren zu Fortificiren ſich aͤnderen.
9. Derowegen kan man keine Manier zu befeſtigen in allem fuͤr beſtaͤndig ausge - ben / man koͤnne denn darthun / daß entwe - der die zu der Zeit uͤbliche Attaqven ſich nicht mehr aͤnderen koͤnnen / oder daß die Feſtung allen moͤglichen Veraͤnderungen derſelben gleichen Wiederſtand thue: welchen Be - weiß nicht leicht einer uͤber ſich nehmen wird.
10. Einer giebet durch ſeine Erfindungen dem an - dern immer Gelegenheit weiter nach zu ſinnen und wieder auf was neues zu gedencken. Derowegen kan kaum im Fortificiren etwas erdacht werden / wo - durch dem Feinde mehr Abbruch als vorhin geſchie - het; ſo wird man gleich wieder darauf ſinnen / wie man eine Veraͤnderung in den Attaqven mache und dieſen Vortheil der Feſtungen wieder zernichte. Es erfordert demnach die Klugheit eines Ingenieurs, daß er ſelber bedencke / was etwan fuͤr eine Veraͤn -derung86Anfangs-Gruͤndederung in den Attaqven gemachet werden koͤnte / da - dnrch ſein Vorhaben zernichtet wuͤrde. Denn ſo kan er dem zubeſorgenden Fehler bey Zeiten abhel - fen.
11. Die Wercke an einer Feſtung muͤſ - ſen der Gewalt der groͤſten Machinen / die man in den Attaqven braucht / ſo viel moͤg - lich / wieder ſtehen koͤnnen.
12. Man muß den Feind ſo weit und ſo lange von der Feſtung entfernet hal - ten / als wegen anderer Umbſtaͤnde nur immer moͤglich iſt: auch die Wercke an der Feſtung ihm ſo lange aus den Augen ruͤcken / als man ſie wieder ihn noch nicht brauchen wil.
Der Ort wird befeſtiget / daß der Feind nicht hinein kommen ſol (§. 2). Er ſol aber dergeſtalt beſeſtiget werden / daß man den Feind abhalten kan / wenn er mit Gewalt hinein dringen wil (§. 1. 4). Derowegen muß man ihn ſuchen ſo weit und ſo lange von der Feſtung entfernet zu halten / als nur im - mer moͤglich iſt: welches das erſte war.
Wenn die Wercke an einer Feſtung dem Feinde eher in den Augen liegen / als man ſie zu der Deſenſion noͤthig hat: ſo kan er durch ſein Geſchuͤtze dieſelben ruiniren / undich87der Fortification. ich kan ſie nicht zu meiner Defenſion brau - chen / wenn ich ſie noͤthig habe. Da nun dieſes der Haupt-Abſicht der Fortification zu wieder iſt (§. 1); ſo muß man ihm alle Wercke ſo lange aus den Augen ruͤcken / als man ſie wieder ihn zugebrauchen noch nicht noͤthig hat: welches das andere war.
13. Es muß dannenhero kein Ort umb die Feſtung geduldet werden / der hoͤher als ſie und ihr ſo nahe liegt / daß der Feind durch ſein Geſchuͤtze davon die Feſtung erreichen / oder auch zu ſeinem Vortheile gnau beſehen kan.
14. Kan man dieſes nicht verhindern / ſo muß die Hoͤhe ſelbſt befeſtiget werden / daß man ſich derſelben zu ſeinem Vortheile wie - der den Feind bedienen kan.
15. Daher ſchiecket ſich kein Ort zu einer Feſtung / der in einem Thale zwieſchen Ber - gen und Huͤgeln lieget.
16. Die Feſtung ſol ſo angeleget wer - den / daß ſie ſo wenig Beſatzung erfor - dert / als moͤglich iſt.
F 4Be -88Anfangs-GruͤndeDie Haupt-Abſicht der Fortification er - fordert / daß ſich wenige gegen viele in einer Feſtung defendiren koͤnnen (§. 1). Je we - niger man demnach Beſatzung brauchet / je naͤher tritt man dieſer Abſicht. Derowe - gen ſol man billich darauf ſehen / wie man die Feſtung ſo angebe / daß ſie ſo wenig Be - ſatzung erfordert als moͤglich iſt. W. Z. E.
17. Es iſt aber wohl zu mercken / daß man nicht ſchlechter Dinges wenig Befatzung erfordert / ſondern nur in ſo weit es moͤglich iſt / das iſt / ohne Nachtheil der noͤthigen Defenſion geſchehen kan. Nemlich man ſol zu ſehen / ob man nicht auf eine andere Ma - nier eben ſo eine ſtarcke / oder vielleicht auch ſtaͤrckere Defenſion durch geringere Beſatzung haben koͤnne.
18. Es darf nicht erſt erinnert werden / daß man mit Recht in der Fortification dahin trachtet / wie ſich wenige gegen viele defendiren moͤgen. Denn es koſtet viel eine ſtarcke Beſatzung zu unterhalten.
19. Man muß die Vollkommenheit einer Feſtung nicht allein aus der Staͤrcke der Defenſion / ſondern in Vergleichung derſel - ben mit ihrer Beſatzung beurtheilen.
20. Die Beſatzung muß auf den Wer -cken -89der Fortification. cken fuͤr dem feindlichen Geſchuͤtze ſicher ſeyn.
Die Belagerten ſollen ſich mit Vorthe[ei]- le gegen den Feind defendiren koͤnnen (§. 1). Nun haben ſie einen Vortheil / wenn ſie zwar dem Feinde / der Feind aber ihnen nicht Schaden zu fuͤgen kan. Dieſer Vortheil wird erhalten / wenn ſie frey hinaus feuren koͤnnen; ſie aber fuͤr dem feindlichen Ge - ſchuͤtze ſind. Derowegen muß man die Beſatzung auf den Wercken wie der das feindliche Geſchuͤtze bedecken. W. Z. E.
Die Beſatzung ſol den Feind abhalten / daß er ſich der Feſtung nicht nahen / noch in dieſelbe kommen kan (§. 1. 4). Allſo muß ſie auf den Wercken fuͤr dem feindli - chen Geſchuͤtze ſicher ſeyn. W. Z. E.
21. Sie muß allſo nicht allein wieder die Stuͤck-Kugeln / ſondern auch wieder die Bomben / Granaten und andere Feuer-Ku - geln eine zulaͤngliche Bedeckung haben (§. 47. 116. Artill.)
22. Es muß lein Ort umb die Feſtung / viel weniger gantz nahe an der Feſtung ſeyn / da der Feind fuͤr den Augen derF 5Be -90Anfangs-GruͤndeBelagerten bedecket iſt / folgends durch ihr Geſchuͤtze nicht incommodiret wer - den kan / er aber der Feſtung Schaden zuzufuͤgen vermag.
Der Beweiß iſt faſt eben wie in dem vor - hergehenden Lehrſatze (§. 20).
23. Derowegen fol kein Ort an einer Fe - ſtung ſeyn / der nicht aus einem anderen kan geſehen und beſtriechen werden. Den ſonſt koͤnte ſich der Feind ſicher in denſelben logiren und fuͤr den Augen der Belagerten daſelbſt bedecket ſeyn.
24. Und demnach muß jede Linie an der Feſtung eine andere zu ihrer Secundantin haben.
25. Man ſol aber darauf ſehen / daß die Linien / welche andere ſecundiren / groͤſſer ſind als die Beaͤngſtigten / ſo viel nur im - mer moͤglich iſt.
26. Ja damit eine Linie durch vieles de - fendiren nicht entkraͤftet wird; ſol ſie nicht mehr als einen beaͤngſtigten Ort defendiren.
27. Wenn ich eine Linie wieder den Feind bran - che / ſo muß ihm dieſelbe in Augen liegen / und allſokan91der Fortificasion. kan er ſuchen das Defendiren mir zu verwehren und dieſelbe bey der erſten Defenſion ruiniren. Wenn ſie nun hernach noch andere beaͤngſtigte Qerter defen - diren ſol / und ſie iſt ſchon ruiniret / ehe die Beaͤng - ſtigung angehet; ſo kan man ſich auf dieſe Secun - dautin wenig verlaſſen.
28. Die Defenſion ſol in der Naͤhe auf einen Muſqveten-Schuß eingerich - tet werden.
Die Muſqveten-Kugel iſt in der Naͤhe kraͤftig gnung einen zu toͤdten / die Defenſi - on aus Muſqveten iſt geſchwinder als aus Stuͤcken / und nicht ſo koſtbahr. Uber dieſes iſt die Kraft einer Stuͤck-Kugel in der Weite / wo eine Muſqvete hin traͤgt / umb ſo viel ge - waltiger: ja man kan auch in ſolcher Wei - te mit gutem Nachdruck Cartetſchen brau - chen / die in der Weite eines Canonen-Schuſ - ſes keine gute Wuͤrckung mehr haben (§. 106 Artill.) Darumb ſol man in der Naͤhe die Defenſion lieber auf einen Muſqveten - als Canonen-Schuß einrichten. W. Z. E.
29. Die Linie / welche einen beaͤngſtigten Ort ſecundiret / muß von ihm nicht uͤber ei - nen Muſqveten-Schuß abliegen.
30. Die Defens-Linie nennen wirdie -92Anfangs-Gruͤndediejenige / nach welcher man das Ge - ſchuͤtze richtet.
31. Die Staͤrcke einer Linie die einen beaͤngſtigten Ort defendiret und die Defendirende oder auch Secun - dirende hinfuͤhro heiſſen ſol / ſchaͤtzet man aus der Zahl der Stuͤcke und Muſ - qvetierer / die man an dieſelbe ſtellen kan.
32. Alle Secundirende Linien A B, A E, F G, die zwieſchen einerley De - fens-Linien BC und AD liegen / haben eine Staͤrcke.
Es iſt klahr / daß iedes Stuͤcke und ein ie - der Muſqvetierer einen gewieſſen Raum ein - nimmet. Es ſey ein ſolcher Raum BH: wenn nun HI / IK und KA eben ſo groß ſind / ſo koͤnnen an der Linie AB 4 Stuͤcke oder 4 Soldaten ſtehen / wenn das Geſchuͤtze nach den Linien BC und AD gerichtet wird. Man ziehe mit den beyden Defens-Linien (§. 30) die Linien HL / IM / KN parallel. Weil die Weite zwieſchen dieſen Parallelen immer einerley bleibet / (§. 23. Geom.) ſo koͤnnen nie - mals zwieſchen den beyden Defens-LinienBC93der Fortification. BC und AD mehr als vier Stuͤcke oder Mu - qveten nach ihnen gerichtet werden. Fol - gends haben alle ſecundirende Linien AB / AE FG / die zwieſchen denſelben liegen / einerley Staͤrcke (§. 31). W. Z. E.
33. Wenn die Defens-Linie BC mit der Secundirenden BA einen rechten Winckel macht; ſo iſt die Staͤrcke ihrer Laͤnge gleich / und allſo kan man von ihr in dieſem Falle die ſtaͤrckeſte Defenſion nehmen / die ſie geben kan.
34. Man machet dannenhero die perpen - dicular-Linie AB zu dem Maaß-Stabe der ſchiefen AE und krummen FG.
35. Aus dem gegebenen Winckel EA D; den die Defens-Linie AD mit der Secundirenden EA macht / und der Laͤn - ge der Secundirenden / ihre Staͤrcke zu finden.
Es iſt noͤthig / daß ihr die Secundirende Linie ſucher / welche mit eben dieſer Defens - Linie A D einen rechten Winckel machet. Derowegen ſprechet:
Wie der Sinus Totus zu der gegebenen Laͤnge der Li - nie AE.
So94Anfangs-GruͤndeSo verhaͤlt ſich der Sinus des ge - gebenen Winckels. zu der geſuchten Perpendicu - lar-Linie AB.
Z. E. Es ſey AE 48° / EAD 51° 36′.
Log. Sin. Tot. 100000.000
Log. AB 11.6077524 dem in den Tabellen am naͤchſten kommet 40° 5′ 2″.
Weil BC mit AD parallel iſt / ſo iſt der Winckel BEA dem Winckel EAD gleich (§. 92. Geom.) Und dannenhero wie der Si - nus Totus zu AE / ſo der Sinus des Win - ckels BEA oder EAD zu AB (§. 34. Trigon) W. Z. E.
36. Wollet ihr wieſſen / wie viel Stuͤcke und Mu - ſqvetierer man an die Secundirende Linie ſtellen kan; ſo doͤrfet ihr nur mercken / daß man fuͤr iedes Stuͤcke 12′ / fuͤr ieden Soldaten 4′ rechnet.
37. Das Anruͤcken an die Feſtung muß dem Feinde im̃er ſaurer gemachet werden / ie naͤher er derſelben kommet.
Die Feſtung defendiren heiſſet den Feindab -95der Fortification. abhalten / daß er nicht mit Macht hinein drin - gen kan (§. 4). Je naͤher er aber derſelben kommet / ie groͤſſer iſt die Gefahr. Je groͤſſer aber die Gefahr iſt / ie mehr muß man ihm Widerſtand thun koͤnnen / umb feine An - ſchlaͤge zu zernichten / und ſich von der Gefahr zu befreyen / ſo viel moͤglich iſt. Derowegen ie naͤher der Feind an die Feſtung kommet / ie ſaurer muß ihm das Anruͤcken gemacht werden. W. Z. E.
38. Daher ſol man auch in derſelben Zeit von allen Seiten ſtarcke Defenſion haben / damit ſeine Macht an den Wercken / die man ihm entgegen ſetzet / gebrochen / und ihm die Eroberung der Feſtung koſtbahr und muͤh - ſam gemachet werde.
39. Weil aber iedes Werck ſeinen Se - cundanten (§. 24.) und zwar ſeinen eigenen (§. 26.) haben ſol, ſo ſol ſich ſtets ein neuer Secundante hervor thun / ſo ofte man ein neues Werck der Macht des Feindes entge - gen ſetzet.
40. Und allſo muß man ſtets verdeckte Wercke / oder wenigſtens verdeckte Linien an der Feſtung haben / bis der Feind die letzte Attaqve vornimmet / damit auch bey derſel -ben96Anfangs-Gruͤndeben der beaͤngſtigte Ort noch einen Secun - danten hat.
41. Man muß die gantze Gegend umb die Feſtung frey beſtreichen koͤn - nen / und der Feind muß nichts umb die - ſelbe zu ſeiner Bedeckung finden.
Die Beſatzung ſol den Feind ſo lange von der Feſtung entfernet erhalten als moͤg - lich iſt (§. 12). Sie kan ihn aber nicht an - ders als durch das Geſchuͤtze abhalten. De - rowegen muß ſie die gantze Gegend umb die Feſtung frey beſtreichen koͤnnen / und der Feind muß niergends eine Bedeckung finden. W. Z. E.
42. Eben hierinnen beſtehet wiederumb ein Vor - theil / den die Belagerten vor dem Feinde haben. Denn ſie ſind wieder das Geſchuͤtze des Feindes zu - laͤnglich bedecket (§. 20): der Feind aber findet keine Bedeckung / ſondern muß ſich erſt eine machen / oder weiter zuruͤcke bleiben / abſonderlich wenn er die Erde zu ſeiner Bedeckung erſt mitbringen muß.
43. Hierdurch erhaͤlt man / daß der Feind weit von der Stadt ſich lagern / und entwe - der ſeine Macht zertheilen / oder eine groͤſſere Armee mitbringen muß.
43. Die Feſtung muß an allen Orten gleich ſtarck fortificiret ſeyn.
Sie iſt verlohren / ſo bald der Feind ſich an einem Orte einen offenen und ſicheren Gang in dieſelbe gemachet. Denn wenn ſich wenige in einer Feſtung gegen viele defen - diren ſollen (§. 1); ſo findet man keine ſo ſtar - cke Beſatzung darinnen / die nach ſo vielen Bemuͤhungen / als die Defenſion erfordert hat / noch in dem Stande ſeyn koͤnte den Feind wieder herauszuſchlagen: wie ſich denn auch ſolches anderer Umbſtaͤnde halber nicht wohl wuͤrde thun laſſen. Jſt nun die Feſtung in einem Orte ſchwaͤcher als in dem anderen / ſo wird der Feind ſie an dem ſchwa - chen attaqviren / und iſt die Staͤrcke in den uͤ - briegen Orten vergebens. Derowegen ſol ſie an allen Orten gleich ſtarck fortificiret wer - den.
44. Es hat Rimpler in ſeiner befeſtigten Fe - ſtung / die er zu Franckfurt am Mayn 1674. in 12 heraus gegeben / dieſes fuͤr einen groſſen Fehler der Feſtungen angegeben / daß ſie gantz verlohren gehen / wenn der Feind nur ein Werck auf dem Haupt-Wal - le eingenommen. Er erfordert demnach / man ſolle einen Ort ſo fortificiren / daß der Feind nicht eher Meiſter von der Feſtung wird / er habe denn alle Wercke mit Gewalt eingenommen. Unerachtet er ſelbſt nicht gewieſen hat / wie ſeine Anſchlaͤge in das Werck zu ſtellen; ſo haben doch andere dieſes zu thun(2) Gſich98Anfangs-Gruͤndeſich bemuͤhet. Weil man aber noch zu zweifeln Ur - ſache hat / ob ſie iemals werden bewerckſtelliget wer - den; ja vielleicht auch noch fragen kan / ob ihre Be - werckſtelligung zu rathen waͤre; ſo wollen wir uns in dieſen Anfangs-Gruͤnden damit nicht aufhalten / in welchen wir nur ſolche Dinge beyzu bringen geſonnen ſind / die ihren gewieſſen Nutzen finden. Derowegen ſetzen wir dieſe Rimpleriſche Maxime vor ietzt bey ſei - te / als die wir zu unſerem Zwecke nicht brauchen wer - den.
45. Wenn ein Ort fortificiret wird / ſo muß man einen Wall umb denſelben aufwerfen.
Man befeſtiget einen Ort / umb den Feind abzuhalten / daß er nicht mit Gewalt hinein dringen kan (§. 1. 4). Man haͤlt ihn aber ab durch das grobe Geſchuͤtze (§. 41). De - rowegen muß man auf die Feſtung Stuͤcke pflantzen koͤnnen. Da nun die Stuͤcke nicht allein wegen ihrer Laͤnge einen ziemli - chen Raum einnehmen (§. 78. 80. Artill. ) / ſondern auch zuruͤcke laufen / wenn ſie geloͤſet werden (§. 114. Artill. ): kan man nicht / wie vor Alters / ehe das Geſchuͤtze erfunden wur - de / mit einer Mauer zufrieden ſeyn: Viel - mehr muß man einen breiten Wall von Erde aufwerfen. W. Z. E.
46. Damit man zu dem Walle Erde ha - be / und zugleich dem Feinde das Anruͤckenin99der Fortification. in der Naͤhe ſauer gemacht werde (§. 37); ſol ein Graben umb den gantzen Wall von auſ - ſen herumb gehen.
48. Man muß demnach die Groͤſſe des Grabens dergeſtalt einrichten / daß man ſo viel Erde aus demſelben nehmen kan / als man zu dem Walle noͤthig hat.
49. Weil die Beſatzung fuͤr dem feindli - chen Canoniren bedeckt ſeyn ſol (§. 21); ſo muß der Wall gegen das Feld hoͤher ſeyn als gegen die Stadt.
50. Und da die Erfahrung gelehret / daß das Erdreich nicht wohl zuſammen haͤlt / wenn man den Wall gleich einer Mauer perpendicular auffuͤhret; ſo macht man ihn ſo wol gegen den Graben / als gegen die Stadt abhaͤngig.
51. Der hohe Theil des Walles IG / da - durch die Beſatzung wieder die Stuͤck - Kugeln des Feindes bedecket wird / nen - net man die Bruſtwehre. (Parapet.)
52. Es muß demnach die Bruſtwehre ſo diecke ſeyn / daß ſie einen Canonen-SchuͤßG 2aus -100Anfangs-Gruͤndeaushalten kan / das iſt / 20 bis 24 Schuhe (§. 113. Artill).
53. Weil ſie aber ſo hoch ſeyn muß / daß die Beſatzung fuͤr den Stuͤckkugeln des Fein - des darhinter ſicher iſt; ſo muß ſie nicht unter 6 bis 7 Schuh gemachet werden.
55. Damit die Soldaten von dem Wal - le auf den Feind in der Naͤhe feuren koͤnnen / ſo machet man ein oder auch wol zwey Ban - quets oder Baͤncklein an die Bruſtwehre / auf welche die Soldaten treten / wenn ſie uͤ - ber die Bruſtwehre hinaus ſchieſſen wollen.
56. Die Breite des Banquet iſt 3′ / daß man beqvem darauf ſtehen kan / und ſo hoch / daß man frey uͤber die Bruſtwehre in das Feld ſehen koͤnne / das iſt / 1½ / 2 bis hoͤchſtens 3′ / nachdem nemlich die Campagne viel oder wenig gegen der Feſtung erhaben iſt. Jn dem letzten Falle leget man ein doppeltes Banqvet an / damit es den Soldaten nicht ſauer faͤllet hinauf zu ſteigen.
57. Es ſol ab er die Bruſtwehre gegen das Feld etwas niedrieger ſeyn als gegen die Stadt / damit man deſtofreyer hinaus ſehen und feuren kan. Man pflegt ſie dannenhe - ro umb 2 bis 3 Schuh niedrieger zu machen.
58. Der niedriege Theil des Walles ge -Tab. IV. Fig. 11. gen die Stadt AE / darauf die Soldaten ſich befinden / und die Stuͤcke gepflantzt werden / nennet man den Wallgang (Terreplein.)
59. Da auf den Wallgang Stuͤcke ge - pflantzet werden (§. 41) und dieſe zwey biß drey Schritte zuruͤcke laufen / wenn ſie geloͤſet werden (§. 114. Artill. ); ſo giebet man der Breite des Wallganges DC 24′ bis 30′.
59. Die Schraͤge AB und IN welche derTab. IV. Fig. 11. Wall beyderſeits bekommet / nennet man die Boͤſchung / Abdachung oder Droſ - ſirung (Talud.)
61. Der Wall bekommet eine Boͤſchung / damit das Erdreich nicht aus einander ge - trieben wird / und er einfalle (§. 50). Da nun der Wallgang mehr als die Bruſtweh - re auszuſtehen hat; ſo wird die innere Boͤ - ſchung AB billich groͤſſer gemachet / als die aͤuſere IN.
62. Man hat noch eine andere und zwar wichtigere Urſache / warumb man die aͤuſſere Boͤſchung geringer machet als die innere. Man muß nemlich dem Fein -G 3de102Anfangs-Gruͤndede nicht viel Raum zu einer vortheilhaften Breche goͤnnen: noch ihm die Feſtung zu erſteigen leichte ma - chen.
63. Aus vor angefuͤgter Urſache muß die Groͤſſe der Boͤſchung ſich nach der Hoͤhe des Walles richten.
64. Jngleichen ſoll ſie groͤſſer gemachet werden / wenn das Erdreich ſchlimm iſt / oder nicht wohl zuſammen haͤlt / als wenn es gut iſt.
65. Ja wenn man gar den Wall mit einer Mauer fuͤttert / kan ſie viel geringer als ſonſt gemachet werden.
66. Daher laͤſſet ſich nicht leicht eine Regel ge - ben / nach welcher man die Boͤſchung iederzeit gnau de - terminiren koͤnte. Jedoch wenn man etwas ſagen wil / ſo ſetzet man fuͤr gutes Erdreich die Anlage der aͤuſeren Boͤſchung MN der halben; fuͤr mittel maͤßige ⅔ und fuͤr ſchlimmes der gantzen Hoͤhe des Walles gleich. Hingegen die Anlage der inneren BC mag man auch in gutem Erdreiche der Hoͤhe AC gleich machen / in mittelmaͤßigem und ſchlimmen noch groͤſ - ſer / mit einem Worte / ſo groß als man wil.
67. Wenn man eine Futter-Mauerhat / rechnet man im guten Erdreiche auf 6′ / im mittelmaͤßigen auf 5′ / im ſchlimmen auf 4′ der Hoͤhe einen Schuh fuͤr die Anlage der Boͤſchung. Das Mauerwerck ſelberbe -103der Fortification. bekommt $$frac{1}{9}$$ bis ⅙ / oder auch wol / wenn es nicht das beſte iſt / ⅖ der Hoͤhe zu ſeiner Boͤſchung.
68. Die Anlage des gantzen WallesTab. IV. Fig. 11. zu finden.
Es ſey DC = 25′ (§. 59.)
D M = 23 (§. 52. 56.)
ſo iſt CM = 48
ſo iſt BN = 66
69. Der Wall muß lieber etwas nie - drieg / als gar zu hoch gemacht werden.
Die Belagerten ſollen das Feld frey be - ſtreichen koͤnnen (§. 41). Wenn aber der Wall hoch iſt / ſo kan der Feind bald unter die Stuͤcke ruͤcken. Uber dieſes gehen die Schuͤſſe nicht mit dem Horizont parallel. Es iſt aber bekand / daß die Horizontal-SchuͤßeG 4mehr104Anfangs-Gruͤndemehr als die andern raſiren. Derowegen ſol der Wall lieber niedrieg / als gar zu hoch gemachet werden. W. Z E.
70. Man darf nicht einwenden / daß ein niedrieger Wall die Haͤuſer in der Stadt nicht gnung bedecke. Denn es hat keine Gefahr / daß der F[ei]nd die Haͤuſer der Buͤrger mit Stuͤckkugeln durchloͤchern wird / die er mit Bomben gluͤcklicher in die Aſche legen kan / in - dem er ſeine Kraft viel lieber anwendet die Wercke nieder zu reiſſen.
71. Der Herr Baron von Borgsdorf in ſei - ner unuͤberwindlichen Feſtung p. 42. verlanget dan - nenhero / es ſolle der Wall unter 24′ gemachet werden: und man ſetzet die Schracken insgemein 16 bis 24.
72. Die Hoͤhe des Walles muß ſich nach der Gegend umb die Feſtung rich - ten.
Man ſol von dem Walle die Gegend umb die Feſtung frey beſtreichen koͤnnen (§. 41. Jſt nun die Gegend hoch ſo kan der Wall hoch ſeyn; iſt ſie tief / ſo muß der Wall niedrieg werden. Und ſolcher geſtalt muß ſich die Hoͤhe des Walles nach der Hoͤhe der Gegend richten. W. Z. E.
73. Cœhorn in ſeiner neuen Fortification c. 8. p. 249 & ſeqq. (der Frantzoͤſiſchen Uberſetzung / die zu Hage 1706 heraus kommen) tadelt mit Recht diejenigen / welche ohne Unterſcheid der Gegend fuͤr dieWer -105der Fortification. Wercke einerley Hoͤhen vorſchreiben. Er hat ſeine Manier zu fortificiren auf den Horizont gerichtet / welcher in den meiſten Orten der Niederlande ange - troffen wird / und uͤber das ordentliche Waſſer im Sommer 3′ / 4′ bis 5′ erhoben iſt. Jn dieſem Falle giebt er der Hoͤhe des Wallganges 12′. Da er nun die aͤuſſere Hoͤhe der Bruſtwehre 4′ / die innere aber 6′ macht / ſo kommt die gantze aͤußere Hoͤhe des Wal - les 16′ / die innere 18′.
74. Es iſt aber zu wieſſen / daß man die Hoͤhe der Gegend nach dem Fluſſe rechnet / welcher in der Naͤhe iſt. Man erforſchet nemlich durch das Waſſerwaͤ - gen / welches unten in ſeinem Orte ſol erklahret wer - den / wieviel Schuhe das ebene Land uͤber das ordent - liche Waſſer im Sommer erhoben iſt.
75. Der Wall kan nicht in einer Linie / oder auch wie ein Viel-Ecke nach den Seiten des Platzes fortgefuͤhret wer - den; ſondern es muͤſſen hin und wieder einige Wercke uͤber den uͤbriegen Wall weiter heraus geleget werden.
Eine iede Linie an der Feſtung ſol eine an - dere zu ihrer Secundantin haben (§. 24.) Wolte man nun umb die Feſtung den Wall in einer Circul-Linie / oder in einer anderen krummen in ſich ſelbſt laufenden Linie / oder auch nach den Seiten des Platzes in geſtalt eines Viel-Eck es herumb fuͤhren; ſo koͤnte keine Linie die andere ſecundiren / wenn ſie be - aͤngſtiget wird. Derowegen muͤſſen uͤberG 5die -106Anfangs-Gruͤndedieſen Wall hin und wieder andere Wercke heraus geleget werden. W. Z. E.
76. Die Wercke / welche uͤber den Wall / der nach den Seiten des Platzes aufgeworfen worden / weiter herausge - leget werden / heiſſen Bollwercke oder Baſteyen (Baſtions).
77. Ehe das Pulver erfunden ward / bauete man an ſtat des Walles eine hohe und diecke Mauer: an ſtat der Bollwercke aber worden viereckichte Thuͤrme aufgefuͤhret / die einen Armbruſt-Schuß voneinander lagen.
78. Die Bollwercke muͤſſen ſpietzig zu lauffen.
Man laſſe es nicht ſpietzig zulaufen / ſon - dern gebe ihm die Geſtalt eines viereckichten Thurmes / als ABDC. Ziehet von beydẽ Sei - ten die aͤuſerſten Defens-Linien FE und GE / ſo bleibet an dem Bollwercke ein Triangel C ED / der von den Secundirenden Linien nicht kan beſtriechen werden / und dahin ſich der Minierer / ſo das Bollwerck ſprengen will / ſi - cher hin logiren kan. Da nun dieſes unge - reimt iſt (§. 22); ſo muß die Feſtung fpietzig zulaufen / wie CED. W. Z. E.
79. Die Linien CE und ED / welche die Bollwercks-Puͤnte formiren / heiſſen die Geſichts-Linien (Faces).
80. Der Frantzoͤſiſche Nahme iſt gewoͤhnlicher als der Teutſche; darumb werden wir uns deſſelben hin - fort bedienen.
81. Der mitlere Wall zwieſchen zwey Bollwercken wird die Cortine (la Cour - tine) genennet.
82. Die Bollwercke koͤnnen nicht aus bloſſen Facen beſtehen.
Wenn die Bollwercke aus bloſſen Facen BA und AC beſtuͤnden / muͤſten ſie theils ein - ander ſelbſt defendiren / theils von der Cortine CE ſecundiret werden. Allein ſowol die Fa - cen / als die Cortine liegen dem Feinde gantz frey in Augen. Da nun dieſes den Maxi - men der Fortification zuwieder iſt (§. 12); ſo koͤnnen die Bollwercke nicht aus bloſſen Fa - cen beſtehen. W. Z. E.
83. Es wuͤrden auch die Boll wercke nicht geran - mig gnung ſeyn: worauf man doch auch zu ſehen hat / wie bald ſol erwieſen werden.
Die108Anfangs-Gruͤnde84. Es ſind allſo auſſer den Facen noch zwey andere Linien zu den Bollwer - cken kommen / nemlich BD und EC / welche die Bollwercke an die Cortine anhaͤn - gen / und die Flanqven oder Streiche (les Flancs) genennet werden.
85. Es iſt wol nicht zu zweiffelen / daß die Figur der Bollwercke aus den viereckichten Thuͤrmen der Fortification entſtanden / deren Figur man in Erwe - gung des 15. Lehrſatzes etwas veraͤndert hat. Doch erhellet aus dem / was bisher angefuͤhret worden / daß man eben auf dieſelbe wuͤrde kommen ſeyn / wenn man ſie aus den Grund-Maximen der Fortification herge - leitet haͤtte.
86. Solchergeſtalt hat die Feſtung in ihrem aͤuſe - ren Umbfange nichts als Facen / Flanqven und Co - tinen. Unerachtet aber bloß dieſe Linien wuͤrcklich zu ſehen ſind; ſo bildet man ſich doch noch andere Linien ein / welche ihren Nutzen haben / theils wenn man die Feſtung auf dem Papiere zeichnen / theils wenn man ſie auf dem Felde abſtecken wil. Derowegen iſt noͤ - thig / daß auch dieſelben erklaͤhret werden.
87. Die aͤuſere Polygon iſt die Li - nie AB, welche von einer Bollwercks - Puͤnte A bis zu der anderen B gezogen wird.
88. Wenn man die Face AF bis andie109der Fortification. die Cortine EH continuiret / ſo heiſſet AG die kleine / oder die Streichende De - fens-Linie (la ligne de defenſe flanquan - te.)
89. Hingegen die Linie AH / welche von der Bollwercks-Puͤnte A gegen das En - de der Flanqve H des uͤberſtehenden Bollwerckes gezogen wird / nennet man die beſtaͤndige Defens-Linie (la ligne de defenſe fichante).
90. Das Stuͤcke von der Cortine GH, welches die beyden Defens-Linien ab - ſchneiden / nennet man die Second-flanc oder Neben-Streiche.
91. Die Linien CL und CE / welche den Eingang in das Bollwerck formieren / nennet man die Kehllinien (Demigor - ges).
92. Die Linie CD / welche aus der Cortine EH und zwey Kehl-Linien CE und HD beſtehet / wird die innere Po - lygon genennet.
93. Die Linie AC, welche von derKeh -110Anfangs-GruͤndeKehle C bis an die Bollwercks-Puͤnte A gezogen wird / heiſſet die Capital - oder Haupt-Linie (la Capitale).
94. Der Radius CI, damit der Circul beſchrieben wird / darein man die innere Polygon traͤget / wird der kleine Ra - dius genennet.
95. Der Radius AI / damit der Circul beſchrieben wird / der durch die Boll - wercks-Puͤnten gehet / heiſſet der groſſe Radius.
96. Die Capital AC iſt der Unterſcheid zwiſchen dem kleinen Radio IC, und dem groſ - ſen AI.
97. Nicht allein die Linien / ſondern auch die Win - ckel an der Feſtung / welche die erklaͤhrete Linien mit einander machen / fuͤhren ihre beſondere Nahmen. De - rowegen iſt noͤthig / daß auch dieſelben beygebracht werden.
98. Der Polygon-Winckel LGE iſt derjenige / den die Kehllinien LC und CE oder die innere Polygonen MC und CD mit einander machen.
99. Der Bollwercks-WinckelFAN111der Fortification. FAN iſt derjenige / den die Facen NA und AF miteinander machen.
100. Der Streich-Winckel AHE iſt derjenige / welchen die beſtaͤndige De - fens-Linie AH mit der Cortine HE ma - chet.
101. Der kleine Winckel GAB (An - gle diminué) iſt derjenige / den die kleine Defens-Linie AG mit der aͤuſeren Poly - gon AB machet.
102. Der Schulter-Winckel (An - gle de l’ Eſpaule) iſt derjenige / den die Fa - ce mit der Flanque machet.
103. Der Centri-Winckel (Angle du Centre) CID iſt derjenige / den die bey - den Radii CI und DI, ſo aus den Enden der inneren Polygon CD gezogen werden / miteinander machen.
104. Die Flanqven und Cortine ſecun - diren einander: die Facen aber werden von den Flanqven und Second-Flan - qven defendiret.
Be -112Anfangs-GruͤndeDie Schuͤße ſo wol aus Stuͤcken als Mouſqveten werden nach einer geraden Linie gerichtet. Derowegen wenn man von einem Puncte einer Linie zu allen Puncten einer an - deren gerade Linien ziehen kan / die miteinan - der parallel laufen / oder auch von allen Pun - cten einer Linie lauter Parallel-Linien mit der anderen ziehen kan; ſo koͤñen in dem erſten Fal - le beyde Linien einander defendiren / in dem anderen aber kan die erſte die andere ſecundi - ren. Derowegen iſt klahr / daß die Flan - qven und Cortine einander; die Flanqven a - ber und Second-Flanqven die Facen defen - diren. W. Z. E.
105. Derowegen ſind groſſe Flanqven beſ - ſer als kleine (§. 25).
106. Auch muͤſſen die Flanqven dem Fein - de nicht eher in die Augen fallen / als bis er uͤ - ber den Graben heruͤber wil / und die Face at - taqviret (§. 12).
107. Die beſtaͤndige Defens-Linie AH ſol nicht uͤber 60. Rheinlaͤndiſche Ruthen lang ſeyn.
Die Flanqve HQ defendiret die Face AF (§. 104). Es ſoll aber die Defenſion aufMu -113der Fortification. Muſqveten eingerichtet werden (§. 128). De - rowegen muß ſie nicht laͤnger ſeyn / als ein Mu - ſqveten-Schuß gehet. Nun werden die Muſqveten-Kugeln ſchwach / wenn ſie uͤber 60 Rheinlaͤndiſche Ruthen kommen. Da - rumb muß die beſtaͤndige Defens-Linie nicht uͤber 60 Rheinlaͤndiſche Ruthen lang ſeyn. W. Z. E.
108. Man redet hier nicht von Schuͤſſen / die auf ein gewieſſes Ziel gerichtet ſind. Denn wer nach dem Ziel ſchieſſen wil / wuͤrde in einer ſolchen Weite gar ſchlecht zurechte kommen.
109. Melder erlaubet auf das hoͤchſte 65 Ru - then: Scheiter 70 bis 82: der Graf von Pagan / de Ville und Vauban ſteigen bis 75. der Baron von Borgsdorf laͤſſet mit Recht nicht uͤber 60 zu / damit die Carteiſchen in den Beſtuͤr - mungen gebrauchet werden koͤnnen / die das beſte Mit - tel wider dieſelben ſind.
110. Der Bollwercks-Winckel ſoll nicht allzu ſpietzig / und allſo nicht un - ter 60° ſeyn.
Die Wercke an der Feſtung muͤſſen der groͤſten Gewalt des Geſchuͤtzes / damit man ſie attaqviret / ſo viel moͤglich / wiederſtehen koͤnnen (§. 11). Da nun ein allzu ſpietziger(2) HWin -114Anfangs-GruͤndeWinckel / der unter 60° iſt / durch das feind - liche Canoniren leichte eingeſchoſſen werden kan; ſo ſol der Bollwercks-Winckel nicht allzu ſpietzig / und dannenhero nicht unter 60° ſeyn. W. Z. E.
111. Uber dieſes bekommen auch die Bollwercke mehr Raum und werden zu der Defenſion geſchieck -〈…〉〈…〉 r / wenn der Winckel nicht allzu ſpietzig iſt.
112. Die Flanqve ſol mit der beſtaͤn - digen Defens-Linie einen rechten Win - ckel machen.
Man ſol die Flanqve dergeſtalt anlegen / daß man die ſtaͤrckſte Defenſion daraus nehmen kan. Nun kan die Defenſion nicht ſtaͤrcker ſeyn / als wenn die Flanqve auf der Defens-Linie perpendicular ſtehet (§. 33) und uͤber dieſes ſind die geraden Schuͤſſe auch gewieſſer als die ſchiefen. Derowe - gen ſol die Flanqve auf der Defens-Linie perpendicular ſtehen. W. Z. E.
113. Hierinnen ſind faſt alle Ingenieures unſerer Zeiten mit einander einig. Jn der alten Manier zu fortificiren ſetzete man die Flanqve auf die Corti - ne perpendicular / damit ſie nicht dem Feinde zu ſehr in den Augen laͤge. Allein man hat andere Mittel ſie ihm noch beſſer aus den Augen zuruͤcken: von wel - chen wir bald reden wollen.
114. Der unterſte Theil der Flanqve K H muß etwas zuruͤcke gezogen wer - den biß in LI.
Die Flanqve CH machet mit der Cor - tine DH einen ſtumpfen Winckel (§. 112). Allſo lieget ſie dem Feinde ſehr in Augen. Sie ſol aber ſo lange vor ſeinen Augen ver - borgen ſeyn / biß er uͤber den Graben heruͤber wil (§. 106). Derowegen muß der andere Theil KH biß in LI zu ruͤcke gezogen wer - den / damit er von dem oberen CK verdecket wird. W. Z. E.
115. Weil die Flanqve die Face EF ſecun - diret (§. 104) ſo muß der Feind dieſelbe nicht eher zu ſehen bekommen / als biß er ſich in die brêche an der Face EF leget. Dar - umb ſollen die Linien K E und H E, nach welchen die Flanqve CH zu ruͤcke gezogen wird / aus der Bollwercks-Punte E gezogen werden. Wie wol da die brêche eben nicht an der Bollwercks-Puͤnte / ſondern etwas beſſer herunter geſchoſſen wird; ſo kan man die obere Linie KE auch wol aus einem an - deren Puncte der Face ziehen.
116. Man ziehet die Flanqyen 2 biß 3 RuthenH 2zuruͤ -116Anfangs-Gruͤndezuruͤcke. So groß nemlich werden die Linien KL und HI angenommen.
117. Der obere Theil der Flanqve / welcher zu Bedeckung des unteren Theiles EF dienet / wird das ORILLON genennet.
118. Umb mehrerer Feſtigkeit willen ſol das Orillon rund gemachet werden: doch muß der Bogen die Defens-Linie A H nur beruͤhren / damit es nicht das Feuer aus der Flanqve des uͤberſtehenden Bollwerckes HG hindere und allſo der Face AD die gehoͤrige Defenſion benehme.
119. Es ſol aber das Orillon ſo klein ge - machet werden als es ſich thun laͤſſet / damit die Flanqve HC nicht ohne Noth verkuͤrtzel wird.
120. Die Flanqven KL ſollen einge - bogen werden.
Man ſol die Flanqven ſo anlegen / daß ſie der Gewalt des feindlichen Geſchuͤtzes / ſo viel moͤglich iſt / wieder ſtehen (§. 11). Wenn ſie nach einer geraden Linie auf gefuͤhret wer - den / ſo kan der Feind eine Batterie gegen ſieauf -117der Fortification. aufwerfen / davon er alle Puncte der Flan - qve gerade zu beſtreichen kan: Hingegen wenn ſie eingebogen iſt / kan nicht mehr als ein Schuß die Flanqve gerade zu treffen. Da nun die Schuͤſſe / ſo gerade zu gehen / kraͤfti - ger ſind als die anderen: ſo koͤnnen die ein - gebogenen Flanqven von dem Feinde weni - ger beaͤngſtiget werden / als die geraden. Derowegen ſol man ſie eingebogen machen. W. Z. E.
121. Die eingebogenen Flanqven werden auch dem Feinde mehr aus den Augen geruͤ - cket / als die geraden: welches abermals ein Vortheil iſt / darauf man zu ſehen hat (§. 12).
122. Zu der Defenſion des Grabens / koͤnnen niedrieg geſenckte Flanqven an - geleget und mit Stuͤcken bepflantzet werden.
So ofte ein neues Werck der Macht des Feindes entgegen geſetzet wird / ſo ſich ein neuer Secundante hervor thun (§. 39). Da - her wenn der Feind uͤber den Graben wil / muß ſich an der Feſtung eine Linie hervor thun / davon man ihm ſolches am beſten weh - ren / oder wenigſtens am beſchweerlichſten machen kan. Nun ſind die Schuͤſſe beſſer /H 3wel -118Anfangs-Gruͤndewelche den Graben Horizontal beſtreichen / als welche tief gehen. Derowegen muß man eine niedrieg geſenckte Flanqve haben / aus der man den Graben mit Stuͤck-Kugeln und Cartetſchen Horizontal beſtreichen kan. W. Z. E.
123. Damit aber der Feind nicht mit ſo gutem Vortheile Bomben und Granaten hinein werfen / noch die von der oberen Flan - qve herunter fallende Erde oder Steine de - nen in der unteren beſchweerlich fallen / wenn ſie eingeſchoffen wird; ſo ſol die niedriege Flanqve von der oberen durch einen kleinen Graben abgeſondert werden.
124. Es muͤſſen aber die niedriegen Flan - qven ſo wol als der Haupt-Wall aus einem Wallgange und einer Bruſtwehre mit einem Banquet beſtehen.
125. Vor dieſem uͤberwoͤlbete man dieſelben und nennete es Caſematten. Allein die Er - fahrung lehrete es / daß ſie nicht viel nutze waren. Denn es ward in denſelben ein ſo groſſer Dampf / wenn man nur einmal loß feurete / daß eine lange Zeit niemand darinnen bleiben konte. Die Gewoͤl - ber ſprungen oͤfters und fielen ein / entweder von der Gewalt der Bomben / oder dem ſtarcken Knalle des geloͤſeten Geſchuͤtzes. Derowegen hat man die Ca - ſematten wieder fahren laſſen. Nur iſt zu mercken /daß119der Fortification. daß einige auch noch die niedriegen Flanqven Ca ſematten zu nennen pflegen.
126. Wenn man die niedriegen Flanqven durch einen Graben von den oberen abſondert / ſo erhalt man auch dieſes / daß die auf den hohen von dem bey Loͤſung der Stuͤcke in den unteren aufſteigendem Rauche nicht zu ſehr incommodiret werden / auch derſelbe ſich eher verziehen kan.
127. Die Facen ſollen nicht uͤbermaͤſ - ſig groß / doch auch nicht allzu klein ſeyn.
Der Feind pfleget die Feſtung an der Fa - ce zu attaquiren / theils in dem er brêche ſchieſſet / das iſt / einen Theil derſelben durch eiſerne Stuͤck-Kugeln ruiniret / theils in dem er die geſchoſſene brêche durch Minen erweitert / das iſt / einen Theil derſelben ſpren - get / damit er ſich darein logiren und den Sturm wagen kan. Jſt die Face ſehr groß / ſo kan er eine deſto groͤſſere brêche anlegen und ſtaͤrcker ſtuͤrmen: auch kan er ſeine Mi - ne deſto beſſer vergraben / daß ſie nicht allein gewiſſere Wuͤrckung thut / ſondern auch von den Belagerten durch Contraminiren nicht ſo leicht entdecket werden kan. Da man nun dem Feinde keinen Vortheil goͤnnen darf (§. 1); ſo muͤſſen die Facen nicht allzu groß ſeyn: welches das erſte war.
H 4Ob120Anfangs-GruͤndeOb man aber gleich die Face zu keiner Se - cundantin einer anderen Linie an dem Haupt - Walle brauchen kan; ſo holet man doch aus ihr die Defenſion einiger Wercke / die zu weilen uͤber den Graben geleget werden. Und uͤberhaupt brauchet man ſie als Contra - Batterien wieder die Batterien des Feindes im Felde. Damit man nun ſich nicht ſelbſt eines Vortheiles beraube / in dem man dem Feinde keinen goͤnnen wil; ſo muͤſſen die Facen auch nicht allzuklein gemachet werden: welches das andere war.
128. Jn dieſer Abſicht ſetzet man / die Facen ſol - len nicht uͤber 30 / auch nicht leicht unter 24 Ru - then ſeyn.
129. Man ſollte aber in allen dergleichen Faͤl - len / da man aus Nothwendigkeit dem Feinde einen Vortheil zu geben ſcheinet / dahin trachten / wie man ihm denſelben durch andere[M]ittel zu Waſſer ma - chen moͤge.
130. Weite Kehlen ſind beſſer als enge.
Wenn der Feind ſich in die brêche an der Face lagert / und den Sturm wagen wil; ſo muß man ſich noch wiederſetzen. Derowe - gen iſt noͤthig / daß man gegen die Kehlen ſichver -121der Fortification. verretranchire / das iſt / eine Bruſtwehre aufwerfe. Waͤren nun die Kehlen enge / ſo wuͤrde man ein allzu kleines retranchement machen koͤnnen / oder man muͤſte es gar un - terlaſſen. Und in dieſer Abſicht ſind die wei - ten Kehlen beſſer als die engen. W. Z. E.
131. Abſonderlich muͤſſen weite Kehlen an den Bollwercken ſeyn / wenn man die Flan - qven zuruͤcke ziehen / oder auch gar auſſer den hohen noch niedriege Flanqven antegen wil (§. 114. 122. 123).
132. Die Berme (Berme) iſt ein Gang oder breiter Rand umb den Fuß des Walles unten an dem Graben.
133. Weil die Berme nicht allein zu der Feſtigkeit des Walles dienet / wenn er nicht mit einer Mauer gefuͤttert iſt / in dem ſie hin - dert / daß der Wall / wenn er ſich ſetzet / nicht einfaͤllet; ſondern auch die Erde oder Ziegel auf haͤlt / wenn die Bruſtwehre eingeſchoſſen wird / daß ſie nicht in den Graben fallen und dem Feinde zum Vortheile denſelben fuͤllen kan: ſo ſol uͤberall umb den Wall eine Ber - me angeleget und entweder mit lebendigem Dorn-Gehecke beſetzet oder verpalliſadiret werden.
134. Die FAUSSE-BRAYE oder der Untere Wall iſt ein Gang umb den Wall mit einer Bruſtwehre und dazugehoͤrigem Banquet verſehen.
135. Wenn die Fauſſebraye niedrieg iſt / ſo kan man aus derſelben das Feld nicht be - ſtreichen und ſie dannenhero nicht eher brau - chen / als biß der Feind an den Graben kom - met. Jſt ſie darbey enge ſo verlieret ſie oͤf - ters gar ihren Gebrauch. Denn wenn der Feind die Bruſtwehren des oberen Walles einſchieſſet / wird die Fauſſe-braye davon ge - fuͤllet / ehe man ſie brauchen kan.
136. Derowegen wenn man eine Fauſſe - braye haben wil / ſo ſol ſie billich etwas erhoͤ - het werden. Dabey aber muß ſie geraumig und von dem oberen Walle durch einen be - ſonderen Graben abgefuͤhret ſeyn.
137. Dieweil die Fauſſebrayen in der Hollaͤndi - ſchen Fortification denen Beſchweerlichkeiten unter - worfen ſind / welche in dem erſten Zuſatze angefuͤhret worden; ſo haben viele von den neuen Ingenieu - ren ſie gar abgeſchaffet. Doch haben andere ſie von neuem wieder eingefuͤhret / nach dem ſie den Fehlern durch dergleichen Mittel abzuhelfen geſucht als im anderen Zuſatze beruͤhret worden.
138. Der Herr Baron von Borgsdorf hat verſchiedene Vortheile angewieſen / die man durch eine wohl angelegte Fauſſe-braye erhalten koͤnte. Er ruͤhmet abſonderlich (in ſeiner Unuͤberwindlichen Fe - ſtung p. 52.) daß man durch die Fauſſe-braye eine verdeckte communication umb die gantze Feſtung herum haben koͤnne / und zwar einig und allein / durch die ſelbe / wenn die Wercke abgeſondert ſtehen.
139. Anfangs fuͤhrete man die Fauſſe-braye umb den gantzen Wall. Die aber vermeinet / daß ſie an der Face dem Feinde mehr vortheilhaftig waͤre als wieder ihn dienete / haben ſie hernach nur vor die Flanqve und Cortine geleget.
140. Allein weil die Fauſſe-braye nach den ver - ſchiedenen Manieren zu fortiſiciren auf verſchiedene Art gemachet wird: ſo laͤſſet ſich uͤberhaupt davon - nicht viel ſagen.
141. Man ſol den Graben lieber breit als tief machen.
Wenn der Graben ſehr breit iſt / ſo brau - chet der Feind eine groſſe Gallerie uͤber den - ſelben / und allſo faͤllet es ihm beſchweerlicher uͤber einen breiten / als uͤber einen ſchmalen Graben zukommen. Jſt der Graben ſehr tief / ſo kan man ihn nicht recht Horizontal be - ſtreichen; in welchem Falle doch die Kugelnam124Anfangs-Gruͤndeam beſten raſiren. Da nun ein breiter und nicht allzu tiefer Graben den Belagerten Vortheile bringet / dem Feinde aber nachthei - lig iſt; ſo ſol der Graben umb eine jede Fe - ſtung lieber breit als tief gemachet werden (§. 1). W. Z. E.
142. Damit der Graben von der Flan - qve gantz beſtriechen werden kan; machet man ihn bey nahe der Flanqve gleich.
143. Und wenn die Flanqve auf der De - fens-Linie perpendicular ſtehet / ziehet man ihn mit der Face parallel. Jn anderen Faͤl - len laͤſſet / man ihn gegen die Schulter-Win - ckel zu laufen / daß er gegen die Flanqven et - was breiter wird / als gegen die Puͤnte.
144. Damit aber der Graben vor der Bollwercks-Puͤnte weder zu ſchmal / noch zu ſchwach wird; ſo machet man ihn vor derſel - ben rund.
145. Umb der Feſtigkeit willen giebet man dem Graben beyderſeits eine Boͤſchung wie dem Walle / daß allſo die Unterbreite des Grabens kleiner wird als die obere. Und muß ſich die Anlage der Boͤſchung nach der Tiefe richten (§. 63).
146. Die Schrancken der Tiefe des Grabens ſe - tzet man insgemeln zwieſchen 1° und 2°.
147. Vor die Breite laͤſſet ſich keine gewieſſe Re - gel geben / weil man ſo viel Erde aus dem Grabe[n]nehmen muß als zum Bau des Walles gehoͤret (§. 48). Doch kan man dieſes errinnern / daß ſie groͤſ - ſer ſeyn muß als die Laͤnge der groͤſten Baͤume und allſo niemals unter 8° / damit der Feind nicht mit leichter Muͤhe ſeine Gallerie uͤber den Graben ſchla - gen koͤnne. Sie wird meiſtens zwieſchen 8° und 12° ſallen.
148. Die meiſten Ingenieurs machen die Anla -Tab. IV. Fig. 11. ge der Boͤſchung LP und RS der Tiefe des Grabens gleich. Wenn aber der Graben ausgemaurei wird / ſo kan die Boͤſchung viel geringer werden und nim - met man insgemein fuͤr die Anlage LP oder RS ⅙ der Tiefe PO oder RQ.
149. Es haben einige mit einander diſputiret / ob es beſſer ſey einen trockenen Graben / oder einen Gra - ben mit Waſſer zu machen. Nun iſt es wol wahr daß es nicht allzelt dem Ingenieur frey ſtehet / zu wel - chem er reſolviren wolle; ſondern er muß einen Gra - ben nehmen / wie er ihn nach der Beſchaffenheit des Landes haben kan: unterdeſſen laͤſt ſich doch fragen / welcher Graben mehr Vortheile fuͤr dem anderen hat. Jn einem Graben mit Waſſer iſt das Unſerminiren der Bollwercke beſchweerlicher / auch ſcheinet es mehr Muͤhe zu haben uͤber denſelben zukommen. Jn trockenen Graͤben kan man beſſer Ausfaͤlle thun und bey mislingenden Ausfaͤllen ſich dahin ſicher retiri -ren /126Anfangs-Gruͤnderen / auch wol den Feind in dem Graben incommo - diren.
150. Ozanam (in ſeinem Traité de Fortifica - tion p. 53) wil / man ſolle in einem Graben mit Waſ - ſer mitten einen kleinen Tamm von Erde oder San - de laſſen / oder / welches rathſamer iſt / Pfaͤhle hinein ſchlagen / die ohngefehr einen Schuh uͤber das Waſ - ſer gehen / damit man nicht mit Schieffen uͤber den Graben kommen kan.
151. Wenn der Graben trocken iſt und ausgemau - ret wird / pfleget man an den Ecken Treppen zumachen / damit man daraus in die Contreſcarpe kommen kan.
152. Die Auſſenwercke (les De - hors) ſind alle diejenigen / welche man uͤber den Graben des Haupt-Walles hinaus leget / theils den Feind dadurch fein lange von der Feſtung entfernet zuhalten / theils die Wercke des Haupt - Walles dadurch zu bedecken / theils die Macht des Feindes durch derſelben Be - ſtuͤrmung zu brechen / theils aus ande - ren dergleichen Abſichten.
153. Weil dieſe Abſichten bey Fortifici - rung eines Ortes hoͤchſt noͤthig ſind (§. 12. 37. 38. 39. 40 ), ſo ſind auch Auſſenwercke bey einer Feſtung noͤthig.
154. Da man nun die Auſſen-Wercke dem Feinde entgegen ſetzet umb ſeine Macht dadurch zubrechen; ſo muͤſſen ſie nicht allein ſtarcke Defenſion haben / ſondern auch ſo an - geleget werden / daß der Feind nicht ſelbige / wenn er ſie mit Sturm erobert / zu Batterien wieder den Haupt-Wall gebrauchen kan. Denn wenn ſie der Feind leicht erobern und hernach zu ſeinem Vortheile brauchen koͤnte; waͤren ſie den in der Erklaͤhrung angefuͤhrten Abſichten zu wieder.
155. Dannenhero ob gleich die Auſſenwercke in dem erſten Zuſatze fuͤr noͤthig erklaͤhret werden; ſo wer - den doch hierdurch keines weges alle ohne Unter - ſcheid gebilliget / ſondern nur diejenigen / welche den gemeldeten Abſichten ein Gnuͤgen thun und dabey dem Feinde zu keinem Vortheile dienen.
156. Es haben diejenigen allerdings Recht / die nicht viel von weitlaͤuſtigen Auſſenwercken halten / ſonderlich von denen / die ſchlechte Defenſion haben und / wenn ſie mit geringer Muͤhe eingenommen wor - den / dem Feinde zu guten Batterien dienen. Denn ſie erfordern viel Beſatzung und / wenn ſie mit Sturm erobert werden / gehen oͤfters die Stuͤcke verlohren / daß die Feſtung ihres noͤthigen Geſchuͤtzes dadurch entbloͤſſet wird. Zu geſchweigen daß oftmals viel Volck darauf gehet.
157. Das Ravelin (Ravelin) iſt einWerck128Anfangs-GruͤndeTab. III. Fig. 10.Werck welches bloß zwey Facen hat aT und bT / und vor die Cortine FH geleget wird.
158. Es muß aus den Facen DL und EN der beyden Bollwercke / zwieſchen denen es lieget / defendiret werden.
159. Derowegen koͤnnen die Facen des Ravelins aT und bT gegen die Schulter - Winckel L und N zulauffen.
160. Solcher geſtalt dienet es zu Bede - ckung der Cortine FH und der Flanqven NH und FL.
161. Der halbe Mond (Demilune) iſt ein Werck / welches gleich einem Bollwercke auſſer den Facen MO und NO auch Flanqven MK und LN / ob wol gantz kleine / hat und am gewoͤhnlich - ſten vor die Bollwercks-Puͤnte G / ie - doch auch fuͤr die Cortine geleget wird.
162. Wenn es fuͤr der Cortine lieget / wird es wie das Ravelin von den Facen des Bollwerckes defendiret.
163. Hingegen lieget es vor der Puͤnte G / ſo haben die Flanqven MK und L N aus denFa -129der Fortification. Facen des Bollwerckes / die Facen aber MO und ON aus den zu beyden Seiten liegen - den Ravelinen ihre Defenſion haben.
164. Derowegen ſind die Flanqven des halben Monds mK und Ln nichts anders als die uͤber den Graben Creutzweiſe con - tinuirten Facen des Bollwerckes dG und fG; ſeine Facen aber laufen gegen den Winckel P vor der Cortine zu.
165. Solcher geſtalt geben ſie dem Haupt - Wall nicht die geringſte Bedeckung.
166. Aus den halben Monden ſind die Contreguar den b a c entſtanden / als man die Facen deſſelben mit den Facen des Bollwerckes parallel biß an den Graben des Ravelins gezogen.
167. Sie bedecken allſo die Facen des Bollwerckes EF und EB.
168. Dannenhero kan das Ravelin PRQ nicht aus den Facen des Bollwerckes ſecun - diret werden / wo Contreguarden ſind.
169. Die Contreguarde muß von dem(2) JRa -130Anfangs-GruͤndeRavelin PRQ defendiret werden und hat allſo gar ſchlechte defenſion.
170. Wenn der Feind in der Contreguar - de Raum und viel Erde findet / ſo kan er die - ſelbe in eine ſehr vortheilhafte Batterie ge - gen die Face EF verwandeln / und ſind dergleichen Contreguarden nicht zu billigen (§. 156).
171. Sie ſollen dannenhero ſehr ſchmal ge - macht und gemauret werden.
172. Man ruͤhmet am meiſten die Cœhorniſchen Contreguarden / welche dem vorhergehenden Zuſatze (§. 168.) ein gnuͤgen leiſten.
173. Die einfache Scheere (Simple Tenaille) iſt ein groſſes Werck / wel - ches aus zwey Facen Py und Ty die ei - nen einwarts gebogenen Winckel for - miren / beſtehet.
174. Die Facen Ty und Py muͤſſen ein - ander ſelbſt defendiren und iſt dannenhero die Defenſion nicht ſonderlich / zu mal da der Winckel y gar keine Defenſion hat.
175. Wegen ihrer Weitlaͤuftigkeit nim -met131der Fortification. met die Scheere nicht allein viel Raum ein / ſondern dienet eben umb dieſer Urſache wil - len dem Feinde / wenn er ſie erobert. Dero - wegen kan ſie nicht ſehr gelobet werden (§. 154. 155).
176. Jn Erwegung deſſen / was in beyden Zuſaͤ - tzen geſaget worden / hat man die Scheerwercke aus der neuen Fortification faſt gar verwieſen. Denn man brauchei ſie niergends als etwan in ſolchen Faͤl - len / wo ein Werck aufzuwerfen iſt / daß einem ge - ringen Anlaufe wiederſtehen darf.
177. Die doppelte Scheere (dou - ble Tenaille) iſt ein Werck / welches aus zwey kleinen einfachen Scheeren Pbz und Tcz zuſammen geſetzet wird.
178. Dannenhero gielt alles von ihr / was von der einfachen Scheere (§. 174. 175. 176 ) errinnert worden.
179. Das Horn-Werck (Ouvrage à Cornes) beſtehet aus zwey halben Bollwercken GMI und HLK und einer Cortine IK.
180. Unerachtet dieſe Wercke gleiche De - ſenſion mit der Feſtung zu haben ſcheinen;J 2ſo132Anfangs-Gruͤndeſo verhaͤlt ſich doch dieſes in der That anders / in dem die Linien viel kleiner fallen.
181. Uber dieſes erforderen ſie viele Beſa - tzung und iſt gemeiniglich ſchweer die Artil - lerie fort zubringen / wenn ſie mit Sturm ero - bert werden. Jngleichen koͤnnen ſie dem Feinde wegen ihres vielen Raumes / den ſie einſchlieſſen / vortheilhaft fallen.
182. Derowegen ſol man ſie (§. 154 & ſeqq. ) niergends brauchen / als wo ein Platz ein zunehmen iſt / den man dem Feinde nicht goͤnnen wil / und in dergleichen Faͤllen doch darauf ſehen / daß / wenn der Feind ſich des Werckes bemaͤchtiget / er dennoch der Fe - ſtung nicht auſſerordentlichen Abbruch dar - aus thun koͤnne.
183. Das Kron-Werck (Ouvrage couronné) iſt ein doppeltes Hornwerck POEFNM und MLGHIK.
184. Dannenhero gielt alles von ihm / was von dem Hornwercke (§. 180 & ſeqq. ) beyge - bracht worden.
185. Die Bruſtwehren und der Wall muͤſſen in den Auſſen-Wercken eben wie in den Haupt-Wercken erbauet werden.
Be -Die Auſſenwercke / die an eine Feſtung geleget werden / haben eben ſo viel auszuſtehen / als die Hauptwercke. Da nun die Hauptwercke den Attaqven gemaͤß eingerichtet worden (§. 5); ſo muͤſſen die Auſſenwercke wie die Haupt - wercke erbauet werden. W. Z. E.
186. Den Graben pfleget man insgemein etwas kleiner zumachen / nemlich oben 6. Ruthen breit. Doch iſt es beſſer / wenn man ihn ſo breit / wie vor den Haupt - Wercken machen kan.
187. Die CONTRESCARPE iſt das aͤuſerſte Werck an einer Feſtung / welches aus einem Gange umb den Gra - ben und einer Bruſtwehre / deren Ab - dachung ſich mit dem ebenen Felde ver - lieret / beſtehet. Der Gang wird der verdeckte Weg (Chemin couvert); die Bruſtwehre das GLACIS (ingleichen Eſplanade) genennet.
288. Weil der bedeckte Weg mit dem Wallgange und das Glacis mit der Bruſt - Wehre des Haupt-Walles uͤbereinkommet: ſo iſt die Breite des bedeckten Weges und die Hoͤhe des Glacis eben ſo wie die Breite des Wall-Ganges und die Hoͤhe der Bruſt - Wehre.
J 3Die189. Von der Hoͤhe des bedeckten Weges iſt nichts zu errinnern / weil das Glacis auf die Horizontal-E - bene gebauet wird. Jngleichen hat man ſich nicht umb die Diecke des Glacis zu bekuͤmmern / weil ſeine Abdachung ſich mit dem ebenen Felde verlieret und allſo 8 bis 10 Ruthen hinausgezogen wird.
190. Der bedeckte Weg lieget an dem aͤu - ſerſten Graben (§. 184). Dannenhero wird das Glacis mit dem Graben uͤberall parallel gezogen / auſſer wo man Waffen-Plaͤtze (Places d’ armes) zu Verſammlung der Soldaten anleget.
191. Weil die Abdachung des Glacis ſich mit dem ebenen Felde verlieret; ſo kan es nicht eingeſchoſſen werden. Und dannenhe - ro iſt die Contreſcarpe eines von den wich - tigſten Wercken der Feſtung: umb welcher Urſachen willen einige verlangen / man ſolle / wenn nur Raum vorhanden / eine doppelte Contreſcarpe machen.
192. Damit aber auch der Feind ſie nicht erſteigen kan; ſol ſie verpalliſadiret werden.
193. Dannenhero haͤlt man auch die Feſtung mehr als vor halb verlohren / wenn der Feind die Contre - ſcarpe erobert / ſonderlich wenn ſie ſo angeleget wor - den / daß es ihn viel Maͤhe koſtet dieſelbe zugewin - nen.
194. Palliſaden ſind Pfaͤhle von Holtze 5 biß 6 Schuhe lang und ſo wol unten als oben ſpietzig.
195. Wenn man allſo einen Ort verpal - liſadiren wil / ſo werden dergleichen Pfaͤhle 3′ tief in die Erde ſo nahe neben einander ge - ſetzet / daß man zwieſchen zweyen nur mit ei - ner Muſqvete durchkommen kan.
196. Traverſen ſind Bruſtwehren / die man uͤber den Wallgang nnd den bedeckten Weg qver uͤber leget.
197. Sie hindern allſo / daß der bedeckte Weg nicht kan enfili ret / das iſt / von dem Feindlichen Geſchuͤtze nach der Laͤnge durch - ſtriechen werden.
198. Jngleichen dienen ſie zur retirade, wenn der Feind in die Contreſcarpe ein - bricht.
199. Endlich dienen ſie auch zu der Bede - ckung wieder die Bomben. Denn wenn die Bomben auf den Wall / oder den bedeck - ten Weg fallen; koͤnnen ſich die Soldaten hinter die Traverſen legen / und ſie uͤber ſich wegſchlagen laſſen.
200. CAPONIERES ſind in die Er - de biß 5 Schuh eingegrabene Gaͤnge / die oben entweder gewoͤlbet oder mit hoͤltzernen Decken verſehen und ſo ſtarck mit Erde uͤberſchuͤttet ſind / daß keine Bombe noch Carcaſſe durchſchlagen kan.
201. Man leget ſie dannenhero unter dem Glacis, ingleichen unter dem Walle an der Fauſſebraye, zu weilen auch unter den Bruſt - wehren an / damit die Soldaten ſich hinein retiriren koͤnnen / wenn die Bombardirung geſchiehet.
202. Es werden aber die Caponieres ſo weit ge - machet / daß 35 biß 40 Muſqvetirer darinnen Raum haben. Zuweilen verſiehet man ſie mit Schießſcharten.
203. Halb-CAPONIERES ſind aus Holtz zuſammen geſchlagene Gallerien / welche an die Bruſtwehren / ſonderlich das Glacis geſetzet werden. Jhre Hoͤ - he an der Bruſtwehre iſt ohngefehr 9′ / an dem andern Ende 8′. Oben werden ſie ſtarck mit Bretern verſchlagen und mit Sand-Saͤcken oder Erde bedecket.
204. Sie dienen allſo gleichfals zu derJ 4Be -137der Fortification. Bedeckung der Soldaten wieder die Bom - den.
205. Endlich die CONTRA-Minen ſind gewoͤlbete Gaͤnge unter den Facen / die zu dem Ende angeleget werden / da - mit man deſto leichter die Minen des Feindes entdecken und das Pulver daraus nehmen kan.
ENDE des erſten Theiles der Fortification.
206. DJe Hollaͤndiſche Manier zu fortificiren beſtehet da - rinnen:
207. Aus dieſen angenommenen Linien werden dieuͤbrie -139der Fortification. uͤbriegen durch Trigonometriſche Rechung gefunden - wie wir bald ausfuͤhrlich zeigen wollen.
208. Wir wollen aber die Hollaͤndiſche Manier zu fortificiren nach Freitagen vortragen:
209. Alle Winckel eines nach Hollaͤn - diſcher Manier fortificirten Regulaͤ - ren Viel-Eckes zu finden.
Es ſoll Z. E. ein Regulaͤres Viel-Ecke for - tificiret werden / man ſoll alle Winckel der Feſtung finden.
Solcher geſtalt hat man die Winckel gefun - den / die man verlangete.
210. Weil man die Winckel zu wieſſen noͤthig hat / wenn man die Trigonometriſche Rechnung der Linien vornehmen / die Feſtung von dem Papiere auf das Feld tragen oder abſtecken / und von ihrer Defenſion urtheilen wil: ſo wil ich dieſelben nach den vornehm - ſten Viel-Ecken hieher ſetzen.
| Groſſe der Winckel in Hollaͤndiſchen Regulaͤren Feſtungen. | |||||||
| Nahmen der Winckel. | IV | V | VI | VI | IIX | IX | X |
| Centri-Win - ckel. | 90° | 72° | 60° | 51° 26′ | 54° | 40° | 36 |
| Polygon - Winckel. | 90 | 108 | 120 | 128.34 | 135 | 140 | 144 |
| Bollwercks - Winckel. | 60 | 72 | 80 | 85.42 | 90 | 90 | 90 |
| Kleiner Win - ckel FGE. | 15 | 18 | 20 | 21.26. | 22.30 | 25 | 27 |
| Schulter - Winckel. | 105 | 108 | 110 | 12.126 | 112.30 | 115 | 117 |
211. Aus der gegebenen Flanqve FEund141der Fortification. und der Face AF nebſt dem kleinen Win -Tab. I. Fig. 4. ckel FGE / die kleine Defens-Linie AG zu finden.
Es ſey Z. E. im Sechs-Ecke FE 9° und FGE 20° (§. 206): AF aber 24°.
Log. Sin. FGE 95340517
Log. FG 1.3690383 / welchem in den Tabellen am naͤchſten kommet 23° 3′ 9″
AF = 2400
AG = 4739
212. Aus der gegebenen Flanqve FE / Face AF und Cortine EH nebſt dem klei -Tab. I. Fig. 4. nen Winckel FGE die Second-Flanc GH zu finden.
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. EG 11.342.0241 / welchem in den Tabellen am naͤchſten kommet 21°9′8″ EH 36.0.0
GH 1402
213. Aus der gegebenen Face AF und dem kleinen Winckel FAo die aͤuſſere Po - lygon AB und die Diſtantz der Polygo - nen OE zu finden.
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. AO 11.3531970 / welchem in Tabellen am naͤchſten kommet 2 2°5′5″
2
2 AO = 4510
EH = 3600
AB = 8110
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. FO 10.9142629 / welchem in den Tabellen am naͤchſten kommet 8° 2′ 1″
FE 800
EO 1621
214. Aus der gegebenen Diſtantz der Polygonen PC / der Surface AO und dem halben Polygon-Winckel CAP die Capi - tal CA / die Kehle CE und die innere Po - lygon CD zu finden.
Log. Sin. PAC 99375306
Log. AC 3.2722524 / welchem in den Tabellen am naͤchſten kommet 18°7′1″
Log Sin. Tot. 100000000
Log. AP 12.9712224 / welchem in dem Tabellen am naͤchſten kommet 9°3′6″
AO = 2.25.5
GE = 1319 2
2 CE = 2638 EH = 3600
CD = 6238
215. Aus der gegebenen Diſtantz der Polygonen HR / der Surface AO und der Cortine EH den Winckel AHR / den diebeſtaͤn -145der Fortification. beſtaͤndige Defens-Linie AH mit der Flanque HP machet / ingleichen die De - fens-Linie AH ſelbſt zu finden.
EH = OR = 36°0′0″
AO = 2255
AR = 5855
Log. HR 32097830
Log. AR 376.7.5.269
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. Tang. ahr 10.5577439 welchem in Tabellen am naͤchſten kommet 74° 31′.
Log. Sin. AHR 99839455
Log. AR 37.67.5.269
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. AH 3.7835814 welchem in den Tabellen am naͤchſten kommet 60°7′5″
216. Jhr koͤnnet auch durch den Pythago - riſchen Lehrſatz die Defens-Linie AH finden / wenn ihr die Qvadrate von AR und RH ad - diret und (§. 90 Arithm. ) die Qvadrat -(2) KWur -146Anfangs-GruͤndeWurtzel ausziehet (§. 167. Geom.) Welche Rechnung aber etwas beſchwerlich iſt.
217. Aus der gegebenen inneren Poly - gon CD und dem Centri-Winckel CID den kleinen Radinm CI zu finden.
Es iſt CD im Sechs-Ecke 6238‴ der Winckel CID 60° / und allſo CS 3119‴ CIS 80°.
Log. Sin. CIS 96989700
Log. CS 3.4.9.4.0.154
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. CI. 3.7950454 / welchem in den Tabellen zukommet 62°2′8″.
218. Wenn ihr zu dem kleinen Radio CI die Capital CA addiret / ſo kommet der gantze Radius AI heraus.
Exem -CI = 62° 3′ 8″
AC = 1871
AI = 8109
219. Durch die bisher erklaͤhreten Aufgaben iſt fol - gende Tabelle conſtruiret worden.
| Tabelle der Linien an dem Haupt-Riſſe der Feſtung. | ||||||
| Nahmen der Linien. | IV. | V | VI | VII | VIII | IX. |
| Der kleine Radius. | 42.76 | 43.23 | 62.39 | 72.68 | 83.15 | 91.76 |
| Die innere Polygon. | 60.23 | 61.54 | 62.39 | 63.07 | 63.98 | 36.89 |
| Die Face. | 24.00 | 24.00 | 24.00 | 24.00 | 24.00 | 24.00 |
| Die Flanc. | 600 | 8.00 | 8.00 | 9.00 | 10.00 | 11.00 |
| Die Kehle. | 12.24 | 12.77 | 13.19 | 13.53 | 13.82 | 13.85 |
| Die Capital. | 16.47 | 17.33 | 18.71 | 20.03 | 21.29 | 22.57 |
| Die beſtaͤn - dige Defens - Linie. | 60.47 | 60.55 | 60.66 | 60.69 | 61.20 | 61.49 |
220. Die Anlagen derer Boͤſchungen / des Wall - ganges / der Bruſtwehren u. ſ. w. ingleichen die Hoͤ - hen fuͤr alle Theile der Feſtung ſind aus beyden hieher - geſetzten Tabellen abzunehmen.
K 2An| Anlagen und Breiten. | ||||||
| Nahmen. | IV | V | VI | VII | VIII | IX. |
| Jnnere Boͤ - ſchung. | 12 | 14 | 15 | 16 | 18 | 18 |
| Wallgang. | 21 | 22 | 25½ | 27 | 28 | 30 |
| Banqvet. | 3 | 3 | 3 | 3 | 3 | 3 |
| Bruſtwehr. | 12 | 12 | 12 | 12 | 12 | 12 |
| Aeuſere Boͤ - ſchung. | 6 | 7 | 7½ | 8 | 9 | 9 |
| Berme. | 6 | 6 | 6 | 6 | 6 | 6 |
| Oberbreite des Grabens | 72 | 84 | 96 | 108 | 120 | 132 |
| Untere Brei - te. | 52 | 60 | 76 | 84 | 96 | 108 |
| Bedeckter Weg: | 12 | 15 | 16 | 17 | 21 | 21 |
| Banqvet. | 3 | 3 | 3 | 3 | 3 | 3 |
| Glacis. | 69 | 69 | 69 | 70 | 74 | 80 |
| Hoͤhen. | ||||||
| Nahmen | IV | V | VI | VII | VIII | IX |
| Wallgang | 12 | 14 | 15 | 16 | 18 | 18 |
| Banqvei | 1½ | 1½ | 1½ | 1½ | 1½ | 1½ |
| Bruſtweh - re innen. | 6 | 6 | 6 | 6 | 6 | 6 |
| Auffen. | 4 | 4 | 4 | 4 | 4 | 4 |
| Tiefe des Grabens. | 10 | 10 | 12 | 12 | 12 | 12 |
| Glacis. | 6 | 6 | 6 | 6 | 6 | 6 |
221. Jn dem Grund-Rieſſe einer Feſtung wird nicht allein der gantze Umkreiß aller Wercke nach gehoͤriger Proportion aller Linien angedeutet; ſondern es werden zugleich alle Breiten und Diecken der Wercke mit vorge - ſtellet.
222. Einen Grund-Rieß einer Fe -Tab. III. Fig. 10. ſtung nach Hollaͤndiſcher Manier zu ma - chen.
Solchergeſtalt iſt der gantze Umb-Rieß fer - tig.
So iſt abermahls der gantze Umb-Rieß fer - tig.
223. Wenn ihr mit dem Ausziehen leicht zurechts kommen wollet / ſo muͤſſet ihr die erſte Art Parallel - Linien zuziehen brauchen / die in der 14 Aufgabe der Geometrie (§. 186. Geom) angewieſen worden.
224. Ein Ravelin zu zeichnen.
So iſt geſchehen / was man verlangete.
225. Einen halben Mond zuzeichnen.
K 4Auf -226. Eine einfache Scheere zu zeich - nen.
So iſt die einfache Scheere fertig.
227. Eine doppelte Scheere zu zeich - nen.
So iſt die doppelte Scheere fertig.
228. Ein Horn-Werck zu zeichnen.
So iſt geſchehen / was man verlangete.
229. Ein Kron-Werck zu zeichnen.
So iſt geſchehen / was man verlangete.
230. Man kan es auch noch beſſer machen / wenn man aus der angenommenen inneren Polygon DB die Kehle / Flanqve und Capital / wie zu der Seite des Sechs-Eckes in der oben gegebenen Tabelle (§. 219) proportioniret.
231. Das Profil oder der Durch - ſchnitt iſt ein Rieß / darinnen man die Breiten und Hoͤhen / Diecken und Tiefen der Theile an einer Feſtung andeutet.
232. Ein Profil zu einer Feſtung zu zeichnen.
233. Weil das Profil auf eben ſolche Weiſe in den uͤbriegen Manieren zu ſortificiren / die wir noch an - fuͤhren wollen / gemacht wird / auch die Grund-Rieſſe eben wie in der 8 Aufgabe (§. 222) ausgezogen werden / wenn einmal der Umbrieß fertig: ſo wuͤrde es unnoͤthig ſeyn ſolches in ſolgenden ſtets zu wie - derholen.
234. Man hat eine lange Zeit geglaubet / als wenn die Maximen der Hollaͤndiſchen Manier zu fortifici - ren unverwerfiich waͤren und demnach keine andere Veraͤnderung als etwan in Proportionirung der Li - nien gegen einander vorgenommen. Allein man hat endlich befunden / daß es dergleichen Feſtungen an ge - hoͤriger Defenſion ziemlich fehle. Denn die Face bekommt aus den Flanqven ſchlechte und ſonderlich aus den Second Flancs ſehr ſchiefe Defenſion (wie durch die erſte Aufgabe des erſten Theiles §. 35. aus - gerechnet werden kan): die Flanqven ſind nicht ſon - derlich bedeckt: die Fauſſebraye iſt allzu enge: die Anſſenwercke ſind oͤfters ſehr weitlaͤuftig und gar ſchlecht defendiret / und was ſonſt noch mehr ausge - ſtellet werden kan / in dieſen Anfangs-Gruͤn den aber auszufuͤhren nicht moͤglich iſt.
235. Die Manier zu fortificiren des Grafens von Pagan beruhe - auf folgenden Maximen.
1. Durch236. Das angegebene Maaß iſt von zwoͤlffuͤßigen Ruthen zuverſtehen. Daher wird es nicht undien - lich ſeyn / wenn wir es auf zehenfuͤßige reduciren / damit die Zeichnung nach dem gewoͤhnlichen verjuͤng - ten Maaß-Stabe geſchehen kan. Zu dem Ende ſe - tzen wir folgende Tabelle hieher.
Nah -| Nahmen der Linien. | Groß-Ro - yal. | Mitt. Ro - yal. | Klein - Roy. |
| aͤuſſere Po - lygon | 120° | 108° | 96° |
| Face | 36 | 33 | 30 |
| Defens-Lin. | 84. 8′ | 76. 1′ | 67. 5′ |
| Perpendicul EF. | 18 | 18 | 18 |
237. Zum Grund-Rieſſe werden zwar einige mehr auſſer dieſer Linien als noch der Radius er - fordert: doch wenn einer auch die uͤbriegen nebſt de - nen vornehmſten Winckeln zuwieſſen verlanget / der kan ſie wie vorhin in der Hollaͤndiſchen Manier durch die Trigonometrie finden. Wir wollen es nur in einigen zeigen.
238. Aus der gegebenen aͤuſſeren Po -Tab. IV. Fig. 12. lygon AB und dem Perpendicul EF den Bollwercks-Winckel zu finden.
So bleibet der verlangte Bollwercks-Win - ckel uͤbrieg.
Log. AE _ _ 17781512
Log. Tang. EAF 94771213 / welchem in den Tabellen am naͤchſten kommt 16° 42′[2]2 EAF = 33 24 Polygon-Winckel in VI Ecke = 119 60 Bollwercks-Winckel = 86 36
239. Aus dem gegebenen Centri - Winckel A I B und der aͤuſſeren Poly - gon AB den groſſen Radium AI zu fin - den.
Es geſchiehet durch die 12 Aufgabe der Trigonometrie (§. 34 Trigon.)
Log. Sin. AIE _ _ 96989700
Log. AI _ _ 2.0791812 / welchem ver - moͤge der Tabellen zukommen 120°.
240. Durch gegenwaͤrtige Aufgabe iſt folgende Tabelle conſtruiret worden.
| Groſſer Radius im | |||||||
| V. | VI. | VII. | VIII. | IX. | X. | XI. | |
| Groß-Ro - yal. | 102°. 1′ | 120°. | 138°. 3′ | 15°6. 8′ | 175°. 4′ | 194°. 1′ | 212°. 9′ |
| Mittel - Royal. | 91.6. | 108. | 124.3 | 141.1. | 157.2. | 174. | 185.4 |
| Klein - Royal. | 81.7. | 96. | 110.4 | 125.4 | 140.3 | 155.3 | 169.6 |
241. Den Grund-Rieß zu einer Fe - ſtung nach Paganiſcher Manier zu zeichnen.
242. Das Ravelin vor der CortineTab. V. Fig. 13. zu zeichnen.
So giebet ſich das innere Ravelin TXS.
242. Die Contre-guarden vor den Bollwercks-Puͤnten zu zeichnen.
So iſt die Contreguarde biß auf das Aus - ziehen fertig.
243. Dieſe Manier zu befeſtigen des Grafens von Pagan iſt ſehr wohl aufgenommen worden / als er ſie zuerſt zu Pariß 1645 heraus gab. Doch kan nicht geleugnet werden / daß ſeine Contreguarden allzu geraumig / die reterirten Flanqven etwas zu kurtz / auch allzu enge und nahe an einander ſind und das Orillon viel zu groß iſt: welchen Fehlern Blondell abzuhelfen getrachtet.
244. Blondell hat in ſeiner Ma - nier zu fortificiren ſich folgende Maxi - men vor Augen geſetzt.
1. Er163der Fortification.245. Aus dem gegebenen Centri-Win - ckel AIB und aͤuſſeren Polygon AB / den groſſen Radium AI zu finden.
Die Aufloͤſung iſt voͤllig wie in der 17 Auſ - gabe (§. 239).
246. Aus dem gegebenen kleinen Win -Tab. IV. Fig. 12. ckel FAB / oder ABF und der aͤuſſeren Polygon AB die Laͤnge der Face AD zu finden.
Jm Sechs-Ecke iſt EAF 25° (§. 244) und AE 60 zehenfuͤßige Ruthen. Dero - wegen iſt die Rechnung dieſe:
Log. Sin. AFE _ _ 99572757
Log. AF _ _ 1.8208755 / welchem in den Tabellen am naͤchſten kommt 66°2′. 2) Face AD = 331
247. Aus der gegebenen Face AD undTab. IV. Fig. 12. der Defens-Linie AH nebſt dem klei - nen Winckel BGH die Cortine GH zu finden.
L 3Auf -166Anfangs-GruͤndeJm Sechs-Ecke iſt FGK 25° (§. 244) / die Face 331′ / die Defens-Linie 840′.
BG = 8. 4.0′ 2′ BC = BF = 662 GF = 178 Log. Sin. Tot. _ _ 100000000Log. _ _ GF. _ _ 22504200Log. Sin. GFK _ _ 99572757Log. GK _ _〈…〉〈…〉 2.2076957 welchem in den Tabellen am naͤchſten kommt 1601′ 3″ 2 Cortine GH = 3226
248. Aus der gegebenen Defens-Li -nie167der Fortification. nie AH, der Face AD / der Cortine GHTab. IV. Fig. 12. und dem kleinen Winckel D H G / den Winckel / den die Flanqve DG mit der Cortine GH macht und die Laͤnge der Flanqve DG zufinden.
Jm Sechs-Ecke iſt F H G 25° (§. 244) die Face AD 331 (§. 246) die Defens-Linie AH 840′ (§. 244) und die Cortine GH 3226″ (§. 247).
AH = 84.0 AD = 331 DH = 509L 4DH168Anfangs-GruͤndeDH = 5090″ _ _ DH = 509. 0″ GH = 3226 _ _ GH = 3226 de+gh = 83. 16′ _ _ dh-gh = 1864 D+G+H = 18. 0° H = 25 D + G = 155 ½ (D+G) = _ _ 77°. 30′
Log. Tang. ½ (G-D) 10.0047762 / welchẽ in den Tabellen am naͤchſten kommt 45° 19′ ½ (D + G) 77° 30′ _ _ ½ (D + G) 77° 30′ ½ (G-D) 45 19 _ _ ½ (G-D) 45 19 G = 122 49 _ _ D = 32 11 Log. Sin. D _ _ 97264257Log. GH _ _ 35086644Log. Sin. H _ _ 9625948313.13.46.1.27 Log. DG _ _ 34081870 welchem in den Tabellen am naͤchſten kommt 25°6′0″
249. Aus der gegebenen Defens-Linie AH der Cortine GH / dem kleinen Win - ckel AHL / und dem halben Bollwercks - Winckel HAL die Kehle LG und Capi - tal AL zu finden.
AHL = 25° / HAL = 35° / AH = 84° / GH = 3226″. HAL = 35° AHL = 25 HAL + AHL = 60 ALH + HAL + AHL = 180 (§. 95. Geom) ALH = 120. (§. 98. Geom.)
L 5Log. 170Anfangs-GruͤndeLog. Sin. ALH _ _ 99375306 (§. 34 Trigon.)
13.68.28706 Log. LH _ _ 3.7453400 / welchem in den Tabellen am naͤchſten kommet 556.3 GH = 3226 LG = 2337
13.55.0.2.276 Log. AL _ _ 36126970 / welchem in den Tabellen am naͤchſten kommet 40°9′9″.
249. Wenn ihr die Kehle LG mit 2 multi - pliciret / und zu der Cortine GH addiret / be - kommet ihr die innere Polygon LM.
LG = 2337″ 2 2LG = 4674 GH = 3226 LM = 7900
250. Die Linien / welche zum Grund-Rieſſe noͤ -thig171der Fortification. thig ſind / ſetzen wir nach Geometriſchen / das iſt zehen - fuͤßigen Ruthen hieher in folgenden Tebellen.
| Groß-Royal. | ||||||||
| Nahmen der Linien. | IV. | V. | VI | VII | VIII | IX | X | XI |
| Groſſer Ra - dius. | 84°. 9 | 102°. | 10° | 138°3′ | 156°. 9′ | 194°1′ | 194°. 1′ | 213°. |
| Defens-Li - nie. | 84. | 84. | 84. | 84 | 84 | 84 | 84 | 84 |
| Perpendi - cul | 16. | 23. | 27.8 | 31.6 | 34.4 | 38.4 | 38.9 | 39.6 |
| Aeußere Po - lygon. | 120. | 120. | 120. | 120. | 120. | 120. | 120. | 120. |
| Klein-Royal. | ||||||||
| Nahmen der Linien | IV. | V | VI | VII | VIII. | IX. | X. | XI. |
| Groſſer Ra - dius. | 72° | 86°7′ | 102°. | 117°. 6 | 133°. 2′ | 128°. 7′ | 156°. | 181°. 2′ |
| Defens-Li - nie. | 72. | 72. | 72. | 72. | 72. | 72. | 72. | 72. |
| Perpendi - cul EF. | 13.6 | 19.5 | 23.6 | 26.8 | 29.4 | 32.6 | 32.6 | 33.7 |
| Aeuſſere Po - lyg on. | 102 | 102 | 102. | 102. | 102 | 102 | 102 | 102. |
251. Den Grund-Rieß zu einer Fe - ſtung nach Blondells Manier zu ma - chen.
252. Die Bruſtwehre in der niedriegen Flanqve iſt 9′ bis 10′ hoch / in der mittleren 6′ bis 7′ / in der ober - ſten 3′½. Die Hoͤhe des gantzen Walles iſt 27′ bis 36′.
253. Es geſtehet iederman gantz gerne / daß Blon - dell ſeine Manier zu fortificiren ſehr wohl ausgedacht / und den Haupt-Maximen der Fortification ein ziem - liches Gnuͤgen gethan. Allein man beklaget dabey / daß 1. die Feſtung einen uͤberaus groſſen Raum ein - nimmt / theils wegen der weitlaͤuftigen Bollwercke / theils wegen der breiten Graben: daß 2. der Bau ſehr koſtbahr iſt / abſonderlich wegen der gantz gemau - reten Contregarden. Denn umb dieſer Urſachen wil - len laͤſſet ſich dieſe Manier nicht wohl ins Werck ſtel - len. Doch kan ſie zu anderen Erſindungen Anlaß ge - ben. Sonſt kan man auch die ſo nahe aneinander gelegene Flanqven / die Cavaliere / welche den Raum ſich zu retranchiren benehmen / und andere dergleichen Dinge mehr nicht billigen.
254. Es hat aber Blondell ſeine Manier zu for - lificiren zu Paris 1683. in 4. in ſeiner Mutter-Spra -che
174Anfangs-Gruͤndeche heraus gegeben / und iſt ſelbige bald darauf zu Am - ſterdam A. 1684 und abermals A. 1686. zu Hage in 8 nachgedruckt worden.
255. Vauban gruͤndet ſich in ſeiner er - ſten Manier zu fortificiren auf nach - folgende Maximen:
256. Aus der gegebenen aͤußeren Po - lygon AB und dem Centri-Winckel C deu groſſen Radium zu finden.
Die Aufloͤſung iſt eben wie in der 21 Aufgabe (§. 245):
257. Aus der gegebenen aͤußeren Poly -Tab. IV. Fig. 12. gon AB und dem Perpendicul EF den kleinen Winckel HAF und folgends den Bollwercks-Winckel zu finden.
Die Aufloͤſung iſt voͤllig wie in der 16. Aufgabe (§. 238).
258. Aus der gegebenen Face AD / derTab. IV. Fig. 12. halben aͤußeren Polygon AE und dem kleinen Winckel EAF die Diſtantz der Schulter-Winckel DC und folgends die Defens-Linie AH zu finden.
Jm Sechs-Ecke iſt der kleine Winckel eaf 18° 26′ (§. 257) / folgends dfe 71° 34′. Die halbe aͤußere Polygon ae iſt 54° / die Face 30° 4′:
Log. Sin. Tot. 100000000 Log. AF _ _ 1.7552685 / welchem in den Tabellen am naͤchſten kommet _ _ 56°9′ AD = 304 DF = 265 Log. Sin. Tot. _ _ 100000000
Log. BN _ _ 12.4003712 / welchem in den Tabellen am naͤchſten kommet 25°1′4″ 2 DC = 5028 AD = 3040 AH = 8068
259. Wenn ihr AF von der Defens-Linie FHK abziehet / ſo bleibet FH uͤbrieg. Da nun in dem rechtwincklichten Triangel FKH der kleine Winckel H bekand iſt / ſo koͤnnet ihr durch Huͤlfe deſſelben die halbe Cortine KH finden.
AH = 8. 0.68″ AF = 5690 FH = 2378 Log. Sin. Tot. 100000000
Log. KH _ _ 13.3533371 / welchem in den Tabellen am naͤchſten kommet 2256″ 2 GH 4512
260. Aus der gegebenen Defens-Li -Tab. IV. Fig. 12. nie AH / der Cortine GH / dem kleinen Winckel AHL und dem halben Boll - wercks-Winckel HAL die Capital AL und Kehl-Linie GL zu finden.
Dieſe Aufgabe kommet voͤllig uͤberein mit der 25 Aufgabe (§. 249.) daher hat ſie auch mit ihr einerley Aufloͤſung.
(2) MDie178Anfangs-Gruͤnde261. Aus der gegebenen Face AD, der Defens-Linie AH / und der Cortine GH nebſt dem kleinen Winckel DHG die Flanqve DG zu finden.
Die Aufloͤſung geſchiehet eben ſo wie in der 24 Aufgabe.
262. Den Grund-Rieß des Haupt - Walles nach Vaubaniſcher Manier zu machen.
263. Wenn man nicht mit dem Ozanam (Traitè de Fortification part. 3. p. 146. & ſeqq. ) auf bisher erklaͤhrete Weiſe den Grund-Rieß machen wil; ſo kanM[2]man180Anfangs-Gruͤndeman die Groͤſſe der dar zu noͤthigen Linien ohne Geo - metriſche Eintheilung der aͤußeren Polygon AB aus folgender Tabelle nehmen:
| VI. | V. | VI. | VII. | VIII. | IX. | X. | |
| Groſſer Radius | 76°82′ | 91°8′ | 108° | 124°4′ | 141° | 163°2′ | 174° |
| Perpendi - cul EF | 13.6 | 15.4 | 18. | 18. | 18. | 18. | 18. |
| Face. | 30.4 | 30.4 | 30.4 | 30.4 | 30.4 | 30.4 | 30.4 |
264. Die Tenaille vor der Cortine zu zeichnen.
Jhr koͤnnet auch nur die einfache Tenail - le OFN annehmen und ſie gehoͤriger maſ - ſen ausziehen.
265. Das Ravelin und den halben Mond fuͤr der Cortine zu zeichnen.
266. Die Brillen zu beyden Seiten des Ravelins oder halben Monds zu zeich - nen.
267. Die kleine Brille zu zeichnen / welche zu Bedeckung des halben Monds zwieſchen die groſſen geleget wird.
iſt geſchehen / was man verlangete.
268. Die Waffen-Plaͤtze (Places d’ar - mes) in der Contreſcarpe zu zeichnen.
Auf -183der Fortification.Und ſolchergeſtalt iſt geſchehen / was man ver - langete.
269. Die Traverſen in der Contreſcar - pe zu zeichnen.
So iſt geſchehen was man verlangete.
270. Vauban hat ſeine Manier zu fortificiren nicht ſelbſt heraus gegeben. Sie iſt aber von verſchiedenen welchen er ſie erklaͤhret / wiewol nicht auf einerley Art zum Druck befoͤrdert worden. Man haͤlt fuͤr die beſte Beſchreibung derſelben / welche der Abt du Fay unter dem Titu!: Veritable maniere de bien fortifier de M. Vauban bekand gemacht. Es iſt das Werck gedruckt worden zu Amſterdam A. 1692. in 12. Der Herr Profeſſor Sturm hat in dem verwichenen 1709. Jahre dieſelbe gleichfals zu Hage unter dem Titul: Le Veritable Vauban publiciret.
271 Es iſt aber die Baubaniſche Manier zu forti - ficiren ſehr wohl aufgenommen worden / ſo bald ſie zum Vorfcheine kommen / theils wegen verſchiedener guter Maximen die darinnen in acht genommen worden / theils weil ſie in Anſehung ihrer Staͤrcke nicht viel Ko - ſten erfordert. Allein dieſes wil nicht allen gefallen / daß die Facen ſo gar frey dem Feinde in den Augen lie - gen / auch die groſſen Brillen nicht ſonderliche Defen - ſion haben.
272. Jn ſeiner verſtaͤrckten Manier ſiehet Vauban auf folgende Stuͤcke:
273. Die aͤuſſeren Bollwercken behalten ihr Maaß / wie in der erſten Manier zu fortificiren / daß dannen - hero nicht noͤthig iſt von Ausrechnung ihrer Winckel und Linien etwas zu gedencken. Wir wollen dem - nach bald zu dem Grund-Rieſſe ſchreiten.
274. Den Grund-Rieß nach VaubansTab. VIII. Fig. 16. verſtaͤrckter Manier zu fortificiren zu machen.
275. Das dopp elte Ravelin zuzeich - nen.
276. Die W〈…〉〈…〉 fen-Plaͤtze und Tra - verſen in〈…〉〈…〉 Co〈…〉〈…〉 eſcarpe zuzeichnen.
Es geſchiehe〈…〉〈…〉 wie in der 37 und 38 Aufgabe (〈…〉〈…〉)
Die277. Dieſe andere Manier zu befeſtigen des Vau - baus haben der Autor des Ingenieur François (der zu Paris 1707 in 8 heraus kommen) lib. 3. c. 5. p. 145 der Chevalier de Saint Julien in ſeiner Archite - cture Militaire c. 9. p. 44 & 45 und der Herr Pro - feſſor Sturm in ſeinem Veritable Vauban part. 3. lib. 2. c. 11 §. 2 p. 139 / wiewol nicht alle voͤllig auf einerley Weiſe beſchrieben.
278. Die Haupt-Wercke ſind in dieſer andern Manier wie in der erſten / nur daß die Flanqven weniger verdeckt ſind und an ſtat der Brillen ver - doppelt worden: welches allſo dem Fehler der we - nigen Bedeckung der Flanqven zu ſtatten kommt. Die Verſtaͤrckung ſol hauptſaͤchlich in der reterirten Feſtung beſtehen. Unerachtet aber die Facen der kleinen Bollwercke noch aus einer ziemlichen Second - Flanc ihre Defenſion haben uͤber die gewoͤhnliche aus den Flanqven; ſo zweifeln doch einige / ob dieſelben ſich lange halten koͤnnen / nachdem die groſſen deta - chirten Bollwercke von dem Feinde erobert worden - Allein es wird niemand leicht in Abrede ſeyn / daß die reterirten Bollwercke be[ſſer]ſind als die Retran - chements, die man ſonſt an〈…〉〈…〉 Kehlen aufzuwerfen pfleget.
279. Es ſind zwar noch〈…〉〈…〉 ſchiedene an - dere Manieren zu fortificire〈…〉〈…〉 und unter denſelben auch ſolche / in denen alle〈…〉〈…〉 Maximen an - zutreffen; allein ich laſſe〈…〉〈…〉 gnuͤgen die jenigen erklaͤhret zu haben / von de〈…〉〈…〉 das meiſte Reden in der Welt iſt und die zugl〈…〉〈…〉 Erlaͤuterung der im erſten Theile erklaͤhreten Gr〈…〉〈…〉 geln dimen koͤñen.
Ende des a〈…〉〈…〉 Theiles der For〈…〉〈…〉 ation.
280. Regulaͤre Feſtungen werden genennet in welchen alle gleichnahmi - ge Linien und Winckel von einerley Groͤſſe ſind.
281. Es werden die Regulaͤren Feſtungen erbau - et / wenn der Platz eine Regulaͤre Figur hat. Und iſt eben die Regulaͤre Fortification welche in dem vorhergehenden andern Theile beſchrieben worden.
282. Eine Jrregulaͤre Feſtung heiſſet diejenige / in welcher die gleich - nahmigen Linien und Winckel nicht ei - nerley Groͤſſe haben.
283. Weil die Feſtung an allen Orten gleich ſtarck fortificiret werden ſoll (§. 43) / uñ es leichter iſt; wenn die Natur nicht einem Orte fuͤr dem anderen ein Vortheil gegoͤnnet / ei - nen Regulaͤren als Jrregulaͤren Platz uͤber - all gleich ſtarck zu fortificiren / (§. 280. 282);ſo190Anfangs-Gruͤndeſo werden in ſolchem Falle die Regulaͤren Feſtungen den Jrregulaͤren vorgezogen.
284. Daher wenn man einen Jrregulaͤ - ren Platz zu fortificiren bekommet / ſol man denſelben ſo viel moͤglich Regulaͤr machen / in dem man hin und wieder an einigen Orten etwas hinweg nimmt / an andern aber hinzu - thut.
285. Wenn ihr die Jrregularitaͤt erken - nen wollet; ſo gebet acht auf die Seiten und Winckel des Platzes u. vergleichet jene mit den aͤuſſeren oder iñeren Polygonẽ / dieſe aber mit den Winckeln der Regulaͤrẽ Figuren. Als denn werdet ihr〈…〉〈…〉 den / ob die Seiten eine geſchieckte Laͤnge haben / oder ob ſie zu klein / oder allzu lang ſind: ingleichen ob die Win - ckel eine geſchieckte Groͤſſe haben / oder ob ſie zu klein / oder auch einwarts gebogen ſind.
286. Unerachtet es das Anſehen hat / als wenñ man in der Jrregulaͤren Fortification immer nach der Hollaͤndiſchen Manier von innen heraus fortifi - ciren muͤſte / weil die innere Polygonen gegeben wer -Tab. IV. Fig. 17. den in der in Grund gelegten Figur des Platzes: ſo kan man doch beſtaͤndig von auſſen hinein fortifici - ren / wenn man Luſt hat / maſſen man nur noͤthig hat aus einem Puncte innerhalb der Figur A durch alle Winckel Linien und zwieſchen dieſen in ſolcher Weite als die Bollwercke erfordern mit den Seitender191der Fortification. der Figur Parallel-Linien zu ziehen. Denn ſolcher geſtalt bekommt man die aͤuſſere Polygonen.
287. Einen Jrregulaͤren Platz / ſo viel moͤglich Regulaͤr zumachen.
Wenn die Figur laͤnger als breit iſt / ſo
So iſt der Jrregulaͤre Platz ſo regulaͤr ge - macht als moͤglich iſt.
Wenn die Figur faſt einerley Laͤnge und Breite hat / ſo
1. Be -192Anfangs-GruͤndeSo iſt abermals der Jrregulaͤre Platz ſo re - gulaͤr gemacht als moͤglich iſt.
288. Einen nach der vorhergehenden Aufgabe veraͤnderten Platz zu fortifi - ciren.
So iſt geſchehen / was man verlangete.
289. Dieſe allgemeine Methode / welche der Che - valier de Saint Julien in ſeiner Architecture Mili - taire cap. 13. p. 64. 65. angewieſen / verwandelt die Jrregulaͤren Feſtungen bey nahe in Regulaͤre und iſt dannenhero billich werth zu halten. Es kan aber nicht ſchaden / wenn wir auch etwas von andern ſonſt gebraͤuchlichen Methoden beybringen.
290. Einen Jrregulaͤren Platz zu for - tificiren / da die Seiten eine geſchieckte Laͤnge und die Winckel eine geſchieckte Groͤſſe haben.
Z. E. Es ſol eine Polygon von auſſen hinein nach Vaubans erſter Methode fortificiret werden / welche 120° lang iſt und mit der an - deren einen Winckel von 127° macht / der dem Winckel des Sechs-Eckes am naͤheſten kom̃t Da nun nach dem Vauban die aͤuſſere Poly - gon 108° / die Perpendicular / ſo aus ihren Mitteln aufgerichtet wird / 18° und die Face 304′ haͤlt; ſo ſprecht:
108 — 18 — 120 〈…〉 18 960 12 2 116 〈…〉 108 — 304 — 120 120 6080 304 36480
Allſo iſt die Perpendicular 21° / die Face 338′.
Wenn euch das Rechnen beſchweerlich iſt / ſo koͤnnet ihr auch gegenwaͤrtige Aufgabe Ge - ometriſch aufloͤſen. Nemlich.
Dieſe ſind die zu dem Grund-Rieſſe der Jr - regulaͤren Feſtung noͤthigen Linien.
Man ſol erweiſen / daß / wie die zum Rieſ - ſe noͤthigen Linien ſich in der Regulaͤren For - tification zu ihrer Polygon / allſo auch die ge - fundenen gleichnahmigen Linien fuͤr den Rieß zu der Jrregulaͤren Feſtung zu ihrer Polygon verhalten. Nun iſt DF mit AB parallel ge - zogen worden. Derowegen verhaͤlt ſich wie CA zu AB ſo CD zu DF (§. 177. 182. Geom.) folgends auch CA: CD = AB: DF (§. 104 Arithm.) Gleichergeſtalt iſt CA: AB = CE: EG, folgends CA: CE = AB: EG. W. Z. E.
291. Die Linien werden vor geſchieckt gehalten /N 2wenn196Anfangs-Gruͤndewenn ſie zwieſchen 96° und 120° fallen nach Geo - metriſchem oder zehenfuͤßigem Maaße.
292. Wenn die Jrregulaͤre Polygon eine Linie / die zwieſchen 9°6 und 120° faͤllet / mehr als einmal in ſich begreifet / ſo wird ſie in etliche Polygone eingetheilet / und bekom - men einige Bollwercke eine gerade Kehle.
293. Solcher geſtalt muß eine Linie / die in zwey aͤuſſere Polygonen eingetheilet wer - den ſol / nicht unter 192 Geometriſchen Ru - then ſeyn.
294. Wenn die zum Rieſſe benoͤthigten Linien nicht in allen Viel-Ecken einerley ſind; ſo muͤſſet ihr den Winckel der Jrregulaͤren Figur mit den Regulaͤren Polygon-Winckeln vergleichen / und welchem Viel-E - cke er am naͤheſten kommet / nach ſelbigem muͤſſet ihr euere Linien proportioniren. Z. E. Der Winckel 127° kommet dem Winckel des Regulaͤren Sechs - Eckes am naͤheſten bey. Jn dieſem Falle muͤſſet ihr die zum Rieſſe noͤthigen Linien zu der Seite euer Jr - regulaͤren Figur ſo proportioniren / wie dieſelben im Sechs-Ecke zu der Regulaͤren Polygon proportio - niret ſind.
295. Eine Linie zu fortificiren / die un - ter 192° / aber uͤber 120° hat; oder die fuͤr ein Bollwerck zu groß / fuͤr zwey zu klein iſt.
Auf -197der Fortification.Leget nach Beſchaffenheit der Umbſtaͤnde ein gutes Auſſen-Werck vor die Cortinen welches nicht allein gewaltig defendiret werden kan / ſondern auch ſelbſt die beyden Bollwercke / zwieſchen denen es lieget / zu defendiren vermag / und uͤber dieſes Raum gnung hat ſich / wenn es noͤthig iſt / vortheil - haftig zu retranchiren.
Wenn der Winckel des Viel-Eckes es zulaͤſſet / daß man die Defens-Linien ohne den Bollwercks-Winckel zu ſchwaͤchen / ge - gen das Mittel der Cortine ziehen kan; ſo koͤnnet ihr qver uͤber den Graben einen guten Caponier legen / der 60′ breit und von dem Grunde des Grabens an 7′ hoch iſt und o - ben eine offene Gallerie fuͤr die Muſqvetirer hat.
Jhr koͤnnet auch noch andere Erfindun - gen anbringen / wenn ihr die Umbſtaͤnde des vorgegebenen Falles nebſt den Grund-Re - geln der Fortification vor Augen habt / den Z. E. Wenn an einer allzulangen Seite ei - ne gar zukurtze lieget; ſo gehet es oͤfters an / daß ihr das gantze Bollwerck auf die lange Seite ſetzet und das kurtze zur Cortine an - nehmet / geſetzt daß ihr von innen heraus for - tificiret: wiewol auch dieſes mit einer klei - nen Veraͤnderung angehen kan / wenn ihr von auſſen hinein fortificiret.
296. Was von dem Caponiere geſaget worden / recommen diret der Chevalier a Saint Julien in ſei - ner Architecture Militaire cap. 11. p. 53 & ſeqq. als ein Mittel groſſe Staͤdte mit Erſparung vieler Koſten / die theils auf den Ban / theils auf die Be - ſatzung / theils auf die Munition gewendet werden muͤſſen / zu befeſtigen. Denn weil er die Defenfion aus dem Caponiere nimmet / ſo ziehet er die Defens - Linie nach der Laͤnge eines Muſqveten-Schuſſes mitten aus der Cortine und kan allſo der aͤuſſeren Polygon bis 144 Geometriſchel Ruthen geben. Tab. IX. Fig. 20.Sein Vorhaben koͤnnet ihr aus der beygefuͤgten Fi - gur erlernen / in welcher AB = 144° / AC = 72° / CF = ⅒ AB / FI = FO = 42° / AL = BK = ⅕ AB = 2 CF. Die Flanqve LO theilet er in 5 Theile / von welchen er 2 dem Orillon giebet / die uͤbriegen 3 ziehet er umb 3° zuruͤcke und for - miret nach Vaubaniſcher Manier eine eingebogene Flanqve. Er leget vor den Caponier ein doppeltes Ravelin. Des erſten Capital iſt 27° / und ſeine Facen werden gegen die Cortine in der Weite 9° von den Flanqven gezogen. Umb das erſte Rave - lin kommet ein Graben von 7°. Von dem an wird die Capital des andern Ravelins 19° gerech - net / und ſeine Facen werden mit den Facen des er - ſten parallel gezogen.
297. Eine Linie zu fortificiren / die allzu kuttz iſt.
Einen Fall haben wir ſchon in der 4 Auf - gabe mit aufgeloͤſet: Wenn ſie nemlich ne -ben199der Fortification. ben ſich lange Seiten hat / daß man ſie zur Cortine annehmen kan.
Da nun aber nach regulaͤrer Art eine all - zukurtze Linie zu fortificiren unmoͤglich iſt / weil die Bollwercke allzu kleine Flanqven und oͤfters auch gar zu ſpietzige Winckel be - kommen wuͤrden; ſo kan man ſie nach Ge - legenheit wie eine Tenaille einſchneiden und im uͤbriegen zu den Auſſen-Wercken ſeine Zuflucht nehmen.
298. Einen allzu ſpietzigen Winckel zu fortificiren.
Wenn er nicht unter 60° iſt und die an -Tab. IX. Fig. 21. dern Umbſtaͤnde leiden es / ſo koͤnnet ihr ihn zum Bollwercks-Winckel annehmen und dannenhero die Facen an den beyden Sei - ten der Figur / die ihn einſchlieſſen abſchnei - den und von deren Ende die Flanqve BD und CE herunter ziehen.
Oder er mag ſo ſpietzig ſeyn als er wil / ſo koͤnnet ihr ein Horn-Werck auf denſelben ſetzen. Ja es werden ſich auch noch andere Wege zeigen / wenn man auf die uͤbriegen Umbſtaͤnde / ſo ſich in beſonderen Faͤllen zei - gen / acht giebet.
299. Einen einwarts gebogenen Win - ckel zu fortificiren.
Einen einwarts gebogenen Wincke / A B C pfleget man oͤfters zu laſſen / wie er iſt / und nur mitten ein Ravelin X hinzule - gen. Jſt aber die Diſtantz A C ſo groß / daß ſie fuͤglich fuͤr eine Polygon paßiren kan / ſo nimmet man ſie davor an und fortificiret wie in der 3 Aufgabe (§. 290) / nur daß man die Flanqven uͤber die Linie A C biß an die Linien A B und B C herunter zie - het.
300. Was wir nach dem Exempel anderer von der Jrregulaͤren Fortification beygebracht / ſind nur Gedancken / die man haben kan / wenn man die Faͤl - le eintzeln betrachtet. Derowegen waͤre zu wuͤn - ſchen / daß ein in der Fortification verſtaͤndiger Mann ſich uͤber dieſe Arbeit machte und alle Faͤlle ſo vor - kommen koͤnnen / gnau diſtingvirte und auf geſchieck - te Wege daͤchte / daß man in jedem zu dem vorge - ſetzten Ziele am beſten kommen koͤnte.
301. Hier ſind die Grund-Regeln der Fortifica - tion / welche in dem erſten Theile erklaͤhret wor - den / niemals aus den Augen zuſetzen. Denn alles was man in der Jrregulaͤren Fortifieation vornim - met / muß ſich nicht weniger als die Regulaͤre For - tification nach denſelben rechtfertigen laſſen.
302. Jederman aber ſiehet leicht / daß man aller dieſer Muͤhe uͤberhoben iſt / wenn man nach der erſten Anfgabe einen Jrregulaͤren Platz / ſo viel moͤglich Regulaͤr zu machen ſich bemuͤhet.
303. Die Caſtelle oder Citadellen ſind kleine Feſtungen / die man an die groſſen Staͤdte leget / umb dadurch die Einwohner im Gehorſam zu erhalten / als auch die Feſtungen zu verſtaͤrcken.
304. Dannenhero ſol ein Theil von der Ci - tadelle in die Stadt gehen / und muß man die Haupt-Straßen der Stadt von derſelben beſtreichen koͤnnen: hingegen muß ſie ſo weit von den Haͤuſern abgelegen ſeyn / daß man aus denſelben denen auf dem Caſtelle keinen Schaden zufuͤgen kan.
305. Eben ſo muß man von dem Wercke der Citadelle den Wallgang der Feſtung frey beſtreichen koͤnnen; hingegen die auf der Feſtung muͤſſen die Citadelle niergends offen finden.
306. Zu dem Ende pfleget man die Citadel - len / wenn es die uͤbriegen Umbſtaͤnde leiden wollen / an den hoͤchſten Ort zu legen / und duldet auch umb dieſelbe keine Hoͤhe / mit derN 5man
202Anfangs-Gruͤndeman aus der Citadelle nicht eine Communi - cation haben kan.
307. Man leget auch die Citadelle oben an den Fluß / damit die Beſatzung in derſel - ben wol der Stadt / die Stadt aber nicht ihr die Zufuhre auf dem Waſſer abſchneiden kan.
308. Und weil der Feind / ob er gleich die Feſtung erobert / doch noch nicht Herr von derſelben iſt / er habe denn zugleich die Cita - delle inne; folgends er ſo wol gegen dieſelbe als die Feſtung eine voͤllige Attaqve fuͤhren muß; ſo ſol man die Citadelle in allem wie ei - ne Regulaͤre Feſtung fortificiren.
309. Dannenhero iſt nicht noͤthig erſt be - ſonders von ihren Rieſſen zu handeln. Nur mercket / daß man wenigſtens ein Vier-Ecke / hoͤchſtens ein Sechs-Ecke / am liebſten aber ein Fuͤnf-Ecke dazu nimmet / und in allen Faͤl - len zwey Bollwercke in die Stadt hinein ruͤ - cket.
310. Solchergeſtalt darf die Stadt an ſelbigem Orte nicht befeſtiget ſeyn / wo das Caſtell aufgeworfen wird.
311. Anfangs machte man alle Linien kleiner als an einer Feſtung. Daß es aber nicht wohl gethanwar /203der Fortification. war / laͤſt ſich aus dem 5. Zuſatze (§. 308). ab - nehmen.
312. Wenn ihr aber eine Citadelle an eine Fe - ſtung legen wollet / ſo zeichnet vorher dieſelbe auf dem Papiere beſonders. Schneidet dem Rieß der Cida - delle aus / und verſchiebet ihn auf den Rieße der Fe - ſtung ſo lange / bis ſie recht wohl lieget. Notiret mit Puncten / wo ſie die Feſtung durchſchneidet. So ſe - het ihr was von der Feſtung niedergerießen werden muß / und ihr koͤnnet den Rieß in eines bringen.
313. Feld-Schantzen heiſſen alle Wercke die auf dem Felde entweder zu Verſicherung eines Paſſes / oder zu einer ſicheren Retirade / oder zu Defendirung der Linien / welche man umb das Lager gezogen / oder aus anderen Abſichten in der Eile aufgeworfen werden.
314. Weil ſie keine Belagerung gleich den Feſtungen ausſtehen doͤrfen / ſo koͤnnen ihre Bruſtwehren auch viel ſchwaͤcher / und ihre Graben viel kleiner als an der Feſtung ſeyn. (§. 5).
315. Den Graben macht man 24′ bis 30′ breit / 8′ bis 10′ tief. Die Anlage des Walles iſt 17′ bis 18′ / in groſſen bis 30′ / die Hoͤhe des Wallganges 3′ bis 4′ / die Bruſtwehre 9′ bis 10 / in groſſen 14′ bis 15 diecke und mit ihrem Banqvet 6 bis 7 / hoch.
316. Wenn das Werck die voͤllige Fi - gur eines rechtwincklichten Vier-Eckes hat / nennet man es eine Redoute.
317. Eine Schantze / die aus lauter Scheeren zuſammen geſetzet iſt / wird eine Stern-Schantze genennet.
318. Eine dreyeckichte Feld-Schantze zu zeichnen.
319. Weil alle Feldſchantzen auf einerley Art aus - gezogen werden / ſo iſt es nicht noͤthig / daß eine Sa - che ſo vielmal wiederholet werde.
320. Eine Redoute zu zeichnen.
321. Eine viereckichte Feld-Schantze mit halben Bollwercken zu zeichnen.
322. Eine viereckichte Feld-SchantzeTab. IV. Fig. 12. mit gantzen Bollwercken zu zeichnen.
323. Eine Fuͤnfeckichte und Sechseckich - te Feld-Schantze mit gantzen Bollwer - cken zu zeichnen.
324. Eine Sternſchantze zu zeichnen.
325. Eine halbe Redoute zu zeichnen.
Ende des dritten Theiles. der Fortification.
326. Den Superficial. Jnhalt des Pro - files zu finden.
Es iſt in dieſer Rechnung nur zu erweiſen / daß der Jnhalt eines Trapezii ACDB ge -Tab. IV. Fig. 27. ſunden wird / wenn ſeine beyden Seiten CD und AB parallel ſind / indem man die halbe Summe derſelben durch die Hoͤhe EC multi - pliciret: welches allſo geſchiehet.
Die halbe Summe der beyden Seiten AB und BC iſt gleich der kleinen Seite CD o - der ET, und der Helfte der beyden Linien AE und TB als des Unterſcheides derſelben. Wenn ihr demnach die halbe Summe der beyden Seiten AB und BC mit CE multipli - ciret / ſo iſt es eben ſoviel / als wenn ihr ET / ½ AE und ½TB durch CE multipliciret haͤttet:(2) Ofol -210Anfangs-Gruͤndefolgends kommet der Jnhalt des Rectanguli CETD (§. 145. Geom.) und der beyden Tri - bngel CAE und DTB (§. 151) / das iſt / des Trapezii ACDB heraus. W. Z. E.
AN 63′ _ _ EN 3′ 0″ _ _ ½HG _ _ 3′ CM 41 _ _ EF 16 _ _ Gr _ _ 1 AN+CM 104 _ _ Fr 480 _ _ △ HGr = 3 ½ (AN+CM) 52 AE _ _ 15 _ _ ½IK _ _ 2′ _ _ HG _ _ 6′ 260 _ _ Kf _ _ 2 _ _ IK _ _ 4 52 _ _ △ fIK _ _ 4 _ _ HG+IK 10 AfDB _ _ 780 △ HGr _ _ 3 _ _ ½ (HG+IK) 5 HGIK 45 _ _ GK _ _ 9 HRfI 52 _ _ HGIK _ _ 45 RO 1′ _ _ WZ _ _ 68 ½PO 3 _ _ ½yW _ _ 3 △ PRO 3 _ _ △ YWZ _ _ 20400 △ YUW _ _ 300 TUXV _ _ 80 HrfI _ _ 5200 □ Fr _ _ 480 AfDB _ _ 78000 Jnhalt des Profiles _ _ 104860″.
325. Aus dem gegebenen Superficial - Jnhalt des Profiles und der Tieft des Grabens PO oder QR / die Ober - und Unter-Breite deſſelben LS und OQ zu finden.
Es ſey der Superficial-Jnhalt des Profi - les 104860″ / die Tiefe des Grabens ec 100″.
〈…〉 1048″ ⅗ _ _ 1048″⅗ OP 100 _ _ OP 100 LS = 1148⅗ OQ = 948⅗
Weil ſo viel Erde aus dem Graben ge - nommen werden muß / als zu dem Baue er - ſordert wird / (§. 48); ſo nimmet man den Su - perficial-Jnhalt des Profiles von der Fe - ſtung fuͤr den Superficial-Jnhalt des Pro - files von dem Graben an. Dieſer aber iſt das Product aus LR in OP / weil LP = RSO 2= OP212Anfangs-Gruͤnde= OP (§. 148) / vermoͤge deſſen / was in der vorhergehenden Aufgabe erwieſen wor - den. Derowegen wenn ihr den Superfi - cial-Jnhalt des Profiles von der Feſtung durch die Tiefe OP dividiret / ſo kommet die Linie LR heraus; folgends wenn ihr PL oder RS addiret / die Oberbreite LS; wenn ihr LP oder OP davon ſubtrahiret / die Unterbreite O Q
328. Wenn auch die Anlage der Boͤſchung der Tie - fe nicht gleich waͤre / ſo wuͤrde ſie doch gegeben / und doͤrfte man alſo an ſtat der Tiefe nur ſelbe entweder addiren / oder ſubtrahiren.
329. Unerachtet der Graben vor der Cortine etwas dreiter wird / ſo kehret man ſich doch in dieſer Rech - nung nicht daran / weil leicht zuviel Erde nach derſelben heraus kommt / indem ſie in dem Baue oͤffters mehr zuſammen getrieben wird / als ſie vorher war.
330. Kommen unterweilen einige Veraͤnderungen in dem Proͤfile vor; ſo wird ein ieder / welcher die An - fangs-Gruͤnde der Geometrie inne hat / ſonder vieles Nachdencken auch die Rechnung nach Nothdurft zu veraͤndern wieſſen.
331. Den Coͤrperlichen Jnhalt des Profiles zu finden.
Wenn die innere Laͤnge der aͤuſſeren gleich waͤre / doͤrfte man nur den Superficial -Jn -213der Fortification. Jnhalt durch die Laͤnge aller Linien multipli - ciren (§. 205. Geom.)
Weil aber die innere Laͤnge viel kuͤrtzer iſt / als die aͤuſſere / ſo addiret man die beyde zu - ſammen / und multipliciret durch die halbe Summe derſelben den Superficial-Jnhalt / umb den Coͤrperlichen zu haben.
Der Beweis iſt faſt eben auf die Art wie in der 2 Aufgabe.
332: Die Laͤnge der aͤußeren Linien wird entweder in der Manier zu fortificiren angegeben / oder durch o - den er klaͤhrete Trigonometriſche Rechnungen gefun - den. Woraus erhellet / daß dieſelben oben nicht fuͤr die lange Weile gelehret worden / noch als unnuͤtze Sub -Tab. IV. Fig. 28. lilitaͤten an zuſehen ſeyn. Hingegen wenn ihr die aͤuſ - ſere Laͤnge AB nebſt der Anlage CD wieſſet / koͤnnet ihr allzeit die innere DE durch die Trigonometrie finden: wie in folgender Aufgabe gelehret wird.
333. Aus der gegebenen aͤußeren Laͤn -Tab. IV. Fig. 28. ge eines Theiles an der Feſtung AB nebſt der Anlage oder Diecke deſſelben DC / die innere DE zu finden.
Es ſey AB die Face eines Bollwerckes 24°0′ DC (= EF) die Anlage der Bruſtweh - re 18′. So iſt DAB der halbe Bollwercks - Winckel / und FBE der halbe Schulter - Winckel. Es ſey jener 40° / dieſer 55°.
Log. AC _ _ 1.3314590 / welchem in den Tabellen am naͤchſten kommet 2°1′4″.
Log. BF _ _ 1.0954993 / welchem in den Tabellen am naͤchſten kommet 1°2′4″
AC _ _ 214 AC+BF _ _ 338 AB _ _ 24.00 DE _ _ 2062
334. Die Bau-Unkoſten und Zeit zu uͤberſchlagen.
Eure gantze Rechnung kommet darauf an / daß ihr ſuchet / wie viel die Erde / welche der Coͤrperliche Jnhalt des Profils in ſich be - greiffet / zu verarbeiten koſtet. Wenn ihr demnach aus der Erfahrung angenommen / wiviel ein Mann einen Tag uͤber Erde aus - ſuͤhren kan / und wie viel ihr ihm davor lohnen muͤſſet; ſo koͤnnet ihr ſo wol die Zeit als die Koſten / welche erfordert werden die gantze Erde auszufuͤhren / durch die Regel detri aus - rechnen (§. 110. Arithm.)
335. Wenn anderer Bau-Zeug als die Erde erfor - dert wird / ſo wird auch die dazu erforderten Unkoſten wie nicht weniger die Zeit zu der Arbeit ausrechnen koͤnnen / wer nur in der Geometrie und Rechen-Kunſt, gnungſam erfahren iſt.
336. De Medrano in ſeinem Ingenieur pratique lib. 3. p. 152. nimmet an / es koͤnne ein Mann einen Tag uͤber 400 Cubic-Schuhe Erde ausgraben / und vier Perſonen koͤnten dieſelbe auf eine Weite von 160 Schuhen in einem Tage verfuͤhren.
337. Eine Feſtung abzuſtecken.
Es iſt hier weiter nichts noͤthig / als daß anO 4alle216Anfangs-Gruͤndeallen Winckeln eine Stange aufgerichtet werde.
338. Den Grund zu dem Walle zu le -
Wenn ihr einen feſten Boden antreffet / ſo habet ihr weiter nichts vonnoͤthen / als daß ihr ihn ebenet. Wenn der Boden locker iſt / muͤſſet ihr ihn / wie in der Bau-Kunſt ge - lehret worden (§. 237. Archit. ) durch hin - ein getriebene Pfaͤhle / oder auch durch ei - nen Roſt (§. 215. Arch) befeſtigen.
Wenn der Boden ſumpfig iſt / der Moraſt a - ber nicht ſehr tief gehet / und unten ein feſter Boden folget; ſo doͤrfet ihr ihn nur mit Stei - nen und Sande etwan 3 Schuh hoch uͤber - ſchuͤtten: oder ihr koͤnnet auch / wie in dem vor - hergehenden Falle / Pfaͤhle aus Eichen oder Erlen hinein treiben / und den Raum dar - zwieſchen mit Fachinen und Steinen fuͤl - len.
Wenn der Moraſt tieff / oder auch der Bo - den darunter nicht ſonderlich feſte iſt / koͤnnet ihr euch abermal der Pfaͤhle / des Roſtes / der Fachinen und Steine bedienen.
339. Einen Wall von bloſſer Erde aufzufuͤhren / ohne eine Futter-Mauer.
So iſt geſchehen / was man verlangete.
340. Wo man keine Weiden hat / beſtreuet man jede Reihe Raſen mit Heu-Saamen.
341. Eine Futter-Mauer aufzufuͤh - ren.
342. Jn die Bruſtwehre Schieß - Scharten ein zu ſchneiden.
So iſt geſchehen / was man verlangete.
343. Weil die Bruſtwehre durch die Schieß - Scharten ſehr geſchwaͤchet wird / ſonderlich wenn ſie nicht gemauret iſt; ſo gefallen einigen beſſer die Schantz-Koͤrbe / welche man nach Perſpectiviſcher Art hinter einander ſtellet.
244. Die Schantz-Koͤrbe zumachen.
So iſt geſchehen / was man verlanget.
245. Weil die groſſen Schantz-Koͤrbe einer groͤſſeren Laſt Erde zuwiederſtehen ha - ben / als die kleineren; ſo pfleget man ſie wol doppelt zu verzaͤunen.
246. Man muß oͤfters die Schantz-Koͤrbe in Vorrath machen und ſtehet auch oͤſters nicht frey ſie an dem Orte zumachen / wo man ſie braucht. De - rowegen muß man ſie aus der Erde ungefuͤllet wie - der ausreiſſen / wenn ſie fertig ſind / und ſie zu ſei - ner Zeit an gehoͤrigem Orte wieder einſchlagen / und fuͤllen.
247. Die Thore ſollen mitten an die Cortine geleget werden.
Weil durch die Thore ein offener Weg in die Stadt iſt; ſo muͤſſen ſie an den Ort ge - leget werden / wo die ſtaͤrckſte Defenſion iſt und ſie eine gute Verdeckung haben koͤnnen / damit der Feind ſich nicht an dieſelben wa - gen darf. Nun iſt die ſtaͤrckſte Defenſion an der Cortine / theils wegen der groͤſſe der Linien / die ſie defendiren (§. 104) / theils weil der Graben vor ihr viel breiter als vor den Bollwercken / und das Ravelin vor derſel -ben222Anfangs-Gruͤndeben eine gute Bedeckung giebet. Derowe - gen ſollen die Thore mitten an die Cortine ge - leget werden. W. Z. E.
348. Damit man zu den Thoren wehren - der Belagerung keinen offenen Zugang ſin - den kan; muͤſſen nur ſchlechte hoͤltzerne Zug - bruͤcken uͤber den Graben / keines weges aber ſteinerne angeleget werden.
349. Und wieder unvermutheten Uber - fall muͤſſen die Thore mit Fallgattern und Schlagbaͤumen verſehen werden.
Ende des vierdten Theiles Der Fortification.
350. Wenn man einen Ort attaqvi - ren wil / ſo muß man ihn zu erſt beren - nen / der General-Qvartier-Meiſter muß mit gehoͤriger Vorſichtigkeit die Qvartiere eintheilen und die Paͤſſe muͤſſen alle wohl beſetzet werden / daß niemand durch kommen kan.
Wer einen Ort attaqvieret / der wil mit Gewalt in denſelben hinein dringen und ſich deſſelben bemaͤchtigen (§. 3). Wenn die in der Stadt ſich defendiren wollen / muͤſſen ſie nicht allein zu ihrem Unterhalt mit noͤthigem Proviant verſehen und an gehoͤriger Muni - tion und Beſatzung keinen Mangel haben. Damit man ihnen aber dieſes alles / ſo viel moͤglich iſt / benimmet / muß die gantze Armee umb die Feſtung herumb gelagert und alle Paͤße muͤſſen auf das fleißigſte beſetzet wer - den / weil ſolchergeſtalt den Belagertenaller224Anfangs-Gruͤndealler Succurs und alle Zufuhre an Muni - tion und Proviant abgeſchnitten wird. W. Z. E.
351. Je mehr es nun dem Belagerten Or - te entweder an Beſatzung / oder an Munition und Proviant fehlet / je ſchaͤrfer muͤſſen die Paͤſſe beſetzet werden und je genauere Auſ - ſicht muß man daſelbſt brauchen.
352. Daher iſt es gut / wenn man vorher ausſpioniret / wie die Feſtung mit Beſatzung / Proviant und Munition verſehen ſey.
353. Ja damit die Belagerten nicht Zeit haben ihre Beſatzung zu verſtaͤrcken und mit Proviant und Munition ſich zu verſehen; hielfet es oͤfters gar viel / wenn man eine Fe - ſtung unvermuthet berennet / ſonderlich wenn man ausſpioniret / daß ſie in ſchlechtem De - fenſions-Stande ſey.
354. Hingegen da die in der Feſtung die Anſchlaͤge des Feindes / ſo viel an ihnen iſt / zu nichte machen ſollen (§. 4); ſo erfordert ih - re Klugheit nicht allein auf dergleichen Spio - nen zu der Zeit / wenn man ſich ihrer einiger maſſen vermuthen kan / fleißig acht zu haben / ſonderen auch die Jnwohner ſelbſt nicht leichterfah -225der Fortification. fahren zulaſſen / wie ſtarck ſie mit Proviant und Munition verſehen.
355. Und daher muß man zu Spionen wietzige und verſchlagene Koͤpfe brauchen / die ſich in allerhand Verſtellungen wohl zufin - den wieſſen.
356. Damit ſie aber in ihrem Lager ſicher ſind / muͤſſen ſie es ſo weit von der Feſtung aufſchlagen / daß man ihnen mit keiner Stuͤck - Kugel mehr ſchaden kan.
357. Daher koͤnnen die Belagerten zuwei - len den anmarchirenden Feind vexiren / wenn ſie nemlich anfangs nicht mit dem groͤſten Geſchuͤtze auf ihn loß feuren. Denn ſo ſich der Feind einbildet / ſie haͤtten kein groͤſſeres und ſich der Feſtung zu nahe logiret; koͤnnen ſie ihn durch das groͤbere Geſchuͤtze noͤthigen / daß er ſich wieder reteriren muß.
358. Circumvallations-Linien ſind eine Bruſtwehre mit einem Gra - ben / die der Feind umb ſein Lager ge - gen das Feld aufwierfet.
359. Sie hindern allſo / daß[n]iemand in das Lager von auſſen hinein ko〈…〉〈…〉 kan.
360. Wenn die Circumvallations-Linien Defenſion haben ſollen / ſo muͤſſen hin und wieder halbe und gantze Reduten / oder auch andere Feld-Schantzen aufgeworfen werden.
361. Contravallations-Linien ſind eine Bruſtwehre mit einem Graben / die der Feind gegen die Feſtung auf - wierfet.
362. Sie hindern allſo / daß die Belager - ten / wenn Sie einen Ausfall thun / nicht in das Lager dringen koͤnnen.
363. Wenn der Feind in der Naͤhe campiret und man vermuthet / er wer - de durch einen Succurs die Feſtung zu entſetzen ſuchen; ſo muß eine Circum - vallations-Linie umb die gantze Feſtung herumb gezogen werden.
Die Circumvallations-Linien hindern / daß niemand in das Lager hinein dringen kan (§. 359). Diejenigen aber / welche die Fe - ſtung entſetzen wollen / verlangen in das La - ger hinein zudringen. Wenn man ſie allſo abhalten wil / muß eine Circumvallations-Li - nie umb das Lager gezogen werden. Derowe -gen227der Fortification. gen wenn der Feind in der Naͤhe campiret und man vermuthet / er werde durch Succurs die Feſtung zu entſetzen ſuchen; ſo muß das Lager in Circumvallations-Linien eingeſchloſ - ſen werden. W.Z.E.
364. Je groͤſſer allſo der Succurs iſt / den man zu befuͤrchten hat; je mit mehreren De - fenſions-Wercken muͤſſen die Circumvalla - tions-Linien verſehen werden (§. 5.)
365. Die Hoͤhe der Bruſtwehre iſt 5′ biß 6′ / oder auch wol 8′ biß 9′ / die Diecke 8′ biß 10′. Sie be - kommet 2 biß 3 Banqvette. Die Breite des Gra - bens iſt 10′ biß 12′ / die Tiefe 5′ biß 6′. Die Feld - Schantzeñ werden in der Weite von zwey Muſqve - ten-Schuͤſſen an die Linie geleget / damit man von beyden das Mittel erreichen kan.
366. Damit die Armee / welche die Fe - ſtung entſetzen wil / ſich nicht der Doͤrfer / Hoͤhen und Hoͤltzungen / an welchen die Linie vorbey gehet / zu ihrem Vortheile bedienen kan; ſo ſollen ſie mit eingeſchloſſen / oder / weñ man umb des willen die Linie allzuweit hin - aus ziehen muͤſte / auf einen halben Canonen - Schuß gar abgebrandt und die Hoͤhen forti - ficiret werden.
367. Wenn eine ſtarcke Beſatzung in der Feſtung lieget / ſollen Contravalla - tions-Linien gezogen werden.
P 2Be -228Anfangs-GruͤndeWenn eine ſtarcke Beſatzung in der Fe - ſtung iſt / ſo hat man Ausfaͤlle zubeſorgen. Da nun die Contravallations-Linien hin - dern / daß die Belagerten / wenn ſie Ausfaͤlle thun / nicht in das Lager dringen koͤnnen; ſo muͤſſen in ſolchem Falle Contravallations-Li - nien gezogen werden. W. Z. E.
368. Weil man nicht mit ſo vieler Mann - ſchaft einen Ausfall thut / als die Armee iſt / welche den Entſatz der Feſtung verſuchet; ſo doͤrfen auch die Contravallations-Linien nicht in ſo gutem Defenſions-Stande ſeyn als die Circumvallations-Linien. Derowegen iſt es gnung / wenn man nur hin und wieder hal - be Reduten anleget (§. 325).
369. Wenn aber das Lager in Circumval - lations-Linien und Contravallations-Linien zugleich eingeſchloſſen wird / muß zwieſchen beyden ſo viel Raum gelaſſen werden als noͤ - thig ſeyn wuͤrde ſich in guten Defenſions - Stand zuſetzen / wenn der Succurs die Lini - en forciren ſollte.
370. Alle Wercke / die der Feind aufwierfet / theils ſein Lager zu verſchantzen / theils ſich ſicher zu der Fe - ſtung zu nahen / pfleget man zuſammen TRENCHE - EN zu nennen.
371. Wenn ein ſtarcker Fluß durch die Stadt flieſ - ſet / ſo wird eine Bruͤcke uͤber denſelben geſchlagen / damit die Qvartiere von beyden Seiten der Stadt mit einander Communication haben. Zu ihrer Bedeckung und Defenſion werden an beyden Ufern Wercke aufgeworfen.
372. Approchen oder Laufgraͤben ſind Graben mit einer Bruſtwehre ge - gen die Feſtung zu / darinnen man ſicher biß an die Contreſcarpe gehen kan.
373. Es werden allſo die Apprôchen an der Seite der Feſtung angeleget / wo man at - taqviren wil / folgends wo man der Feſtung am leichteſten beykommen kan.
374. Derowegen ehe man die Trenchéen eroͤfnet / muͤſſen die Ingenieurs zu vor die Ge - gend umb die Feſtung ſo nahe in Augenſchein nehmen als nur immer moͤglich iſt / wenn ſie nicht vorher gnungſam verkundſchaft wordẽ. Es geſchiehet aber ſolches entweder bey naͤcht - licher weile / da ſie nicht koͤnnen geſehen werdẽ; oder bey Tage durch Huͤlfe der Zaͤune und hohlen Wege.
375. Da nun die Belagerten alle Anſchlaͤ - ge des Feindes / ſo viel an ihnen iſt / zu nichte / oder wenigſtens ihre Ausfuͤhrung ſchweer machen ſollen; ſo ſollen ſie auch alle hohleP 3Wege230Anfangs-GruͤndeWege ausfuͤllen / alle Hoͤhen und Gebaͤude abtragen / und den Ort eben machen / auch alle Zaͤune ausrotten.
376. Wie zu verhindern / daß die ſchwachen Oerter bey naͤchtlicher Wei - le nicht verkundſchaft werden.
Goulon in ſeinen Memoires pour l’ at - taque & pour la defenſe d’ une Place p. m. 7. ertheilet folgenden Rath / der auch ſchon in der That gut befunden worden.
377. Dem Feinde die Eroͤfnung der Trenchéen beſchweerlich zu machen.
Auf -231der Fortification.Solcher geſtalt werdet ihr dem Feinde die Eroͤfnung der Trenchéen beſchweerlich ma - chen: welches man thun ſollte.
378. Die Belagernden ſollen umb dieſe Zeit Dampf-Kugeln gegen die Feſtung wer - fen und ſich bemuͤhen die von den Wercken heraus geworfene Leucht-Kugeln entweder mit Erde / oder mit Waſſer auszuloͤſchen: auch ſie mit Bombardiren von ihrem Schieſ - ſen abhalten.
379. Die Approchen zu fuͤhren.
Wenn kein gutes Erdreich vorhan - den / ſo laſſen ſich die Approchen auf ſolche Art nicht fuͤhren. Derowegen ſo der Boden ſandicht / felſicht oder moraſtig iſt / ſo ſetzet ſie aus Schantz-Koͤrben in einer geraden Linie gegen die Face, die ihr attaqviren wollet / zu - ſammen / viel weiter als die vorigen / in ge - ſtalt lauter hinter einander gelegter Redoutẽ.
380. Zuweilen werden die Approchen doppelt ge -Tab. XII. Fig. 32. fuͤhret / und mit Communications-Linien HI feſte an einander gehaͤnget.
381. Je naͤher man der Feſtung kommet / ie tiefer muͤſſen die Approchen gemacht werden / damit man von der Feſtung nicht hinein ſehen kan.
382. Jndem an den Approchen gearbeitet wird / muß man von den Batterien auf die Feſtung loß feu - ren / und inſonderheit des Nachtes eine Menge Bom - ben auf die Wercke werfen / umb es dahin zu bringen / daß man aus der Feſtung die Arbeiter an den Appro - chen nicht hindere. Und dienen des Nachts die Feu - er-Kugeln dazu / daß man ſiehet / wohin das Geſchuͤtze zu richten ſey.
383. Es thun aber die Belagerten wohl / wenn ſieTab. IV Fig. 17. nicht allzuſtarck heraus feuren. Denn ſo unterlaͤſſet es auch der Feind. / ihre Wercke werden nicht vor der Zeit ruiniret / und das Geſchuͤtze kan mit dem Pulver und Bley beſſer hernach gebrauchet werden.
P 5Die384. Bey naͤchtlicher Weile die Ver - fertigung der Approchen zu hindern.
Goulon in dem oben (§. 376) angezogenen Orte p. m. 14. beſchreibet folgende Mittel.
385. Die Ausfaͤlle ſind ſonderlich zu wa - gen / wenn man mit den Approchen nicht uͤ - ber 30′ bis 40′ von den Palliſaden weg iſt / damit nicht / wenn man ſich zu weit waget / der Ruͤckweg abgeſchnitten werden kan.
386. Wenn man die Arbeiter aus den Approchen gejaget / oder auch die anderen aus den Batterien ver - trieben; ſo kan man entweder einen Theil der Appro - chen wieder zu fuͤllen / oder auch die Stuͤcke vernageln.
387. Eben Goulon hat p. 15. 16. noch andere Mittel an - gewieſen / wodurch die Approchierer in ihrer Arbeit geſtoͤhret werden koͤnnen. Hieher gehoͤren auch die Contra-Approchen / welche die Belagerten zuweilen vor der Cortine in der Geſtalt eines Hornwerckes und der Weite eines Muſqveten-Schuſſes von der Stadt hinaus ſuͤhren / umb die Arbeiter in den Approchen zu hindern.
388. Die Batterie iſt eine Bettung fuͤr die Stuͤcke an einer Bruſtwehre mit Schieß-Scharten.
389. Eine Batterie zu zeichnen.
So iſt geſchehen / was man verlangete.
390. Die Schieß-Scharten koͤnnen umb die Bruſtwehre nach der 10 Aufgabe des 4 Theiles eingezeichnet werden (§. 342.). Nemlich
391. Wenn die Batterie wuͤrcklich gebauet wird / ſo werden die Bretter auf Balcken genagelt / und der Raum hinter den Bretern wird mit geflochtenen De - cken beleget / damit die Raͤder nicht in die Erde ein: ſchneiden / und man deſto reinlicher auf der Batterie herumb gehen kan. Es werden aber umb des Zu - ruͤcklaufens der Stuͤcke willen die Balcken an der Bruſtwehre etwas niedrieger als hinten geleget. Sonſt liegen ſie voneinander nach der Breite der Batterie 8 bis 10′.
392. Die Hoͤhe der Batterie richtet ſich nach der Hoͤhe der Gegend. Die Bruſtwehre iſt 6′ hoch / davon bekommen die Schießſcharten 3′ zu ihrer Hoͤhe; die Tiefe des Grabens iſt gleichsfals 6′.
393. Der Keller W wird mit Bretecn oder Haͤu - ten / oder haͤrinnen Decken bedeckt / damit das Pulver nicht verwahrloſet werden kan. Heute zu Tage pfle - get man auch wol die Bruſtwehren zur Seite DI und CK wegzulaſſen.
394. Sappiren heiſſet die Contre - ſcarpe durchbohren umb einen bedeckten Gang in den Graben zu bekommen.
395. Die Contreſcarpe mit Sturm zu erobern.
396. Wenn der Feind in die Contreſcar - pe eindringet / ſollen die Belagerten ſich an - gelegen ſeyn laſſen ihn mit Granaten und an - deren Feuren / auch durch Sprengung der Minen wieder heraus zu jagen.
397. Wenn es aber unmoͤglich faͤllet den Feind aus der Contreſcarpe zu ſchlagen / ſo ſollen die Belagerten entweder durch Capi - tulation die Feſtung dem Feinde uͤbergeben und der Belagerung ein Ende machen; oder den Feind die Attaqve continuiren laſſen / und ſich aus der Contreſcarpe in das naͤchſt - gelegene Werck reteriren.
398. Durch Sappieren der Contreſcar - pe ſich bemeiſtern.
So iſt die Sappe fertig / und dadurch die Contreſcarpe geoͤfnet / daß man ſich darein logiren kan.
399. Wenn der Feind durch die Sappe bis an den Graben kommen; ſo iſt nun noch uͤbrieg / daß er ſich einen Weg uͤber denſelben mache.
400. Der Gang / den ſich der Feind uͤber den Graben machet / wird die Gallerie genennet.
401. Eine Gallerie ůber den Graben fuͤr aie Minierer zu machen.
So iſt geſchehen / was man verlangete.
402. Wenn ihr mit der Gallerie biß an die(2) QFace
242Anfangs-GruͤndeFace des Bollwerckes kommen / ſo muͤſſet ihr die Luͤcke an der Boͤſchung gleichfalls mit ei - nem Dache verdecken / damit niemand hinein ſehen kan und ihr ſicher hingehen koͤnnet / wo hin ihr wollet.
403. Wenn die Brêche zum Stuͤrmen beqvem iſt / ohne daß ſie erſt durch unterminie - ren erweitert werden darf; ſo hat man der - gleichen Gallerie nicht noͤthig / ſondern darf nur den Graben fuͤllen / damit man unter ſte - tem Canoniren auf die Wercke / welche die beaͤngſtigte Linie defendiren ſollen / Sturm laufen kan.
404. Jhr koͤnnet auch die Gallerie ans bloſſen Schantz-Koͤrben zuſammen ſetzen und oben wie vor - hin mit einem Dache decken.
405. Wenn es ſo weit kommen / daß alles zum Haupt-Sturme fertig / pflegen die Belagerten gemei - niglich die Chamade zu ſchlagen und durch Accord die Feſtung dem Feinde zuuͤbergeben.
Cnde der Fortification.
GLeichwie ich in dem gan - tzen Wercke mich beflieſ - ſen hauptſaͤchlich dieje - nigen Sachen vorzutra - gen / welche in dem menſchlichen Le - bẽ ihren gewiſſen Nutzen haben; ſo iſt mir auch ſonderlich in der Mechanick dieſe Abſicht niemals aus den Au - gen kommen / weil dieſelbe zu der irr - diſchen Gluͤckſeeligkeit ein gꝛoſſes bey - traͤget. Denn ihr haben wir es zu dancken / daß wir unzehliche Ver - richtungen / welche in dem menſchli - chen Leben nicht zu entrathen ſind / viel hurtiger uud mit einem weit groͤſſeren Fortgange vornehmen / als ſonſt moͤglich waͤre / und uns die Arbeit erleichtern koͤnnen / in dem wir entweder lebloſe Geſchoͤpfe / oder die Thiere verrichten laſſen /Q 3was246Vorrede. was wir ſonſt thun muͤſten. Jch habe nicht noͤthig in einer Sache / die jederman bekand iſt / Exempel anzufuͤhren; aber wol zu erꝛinnern / daß in dieſen Anfangs-Gruͤnden al - le gewoͤhnliche Vortheile erklaͤhret ſind / auf die man in dem Gebrauch / ja in Erfindung der Machinen zu ſehen hat. Jhr werdet nicht allein die einfachen Machinen / daraus die andern zuſammen geſetzet werden / beſchrieben finden / welches insge - mein zu geſchehen pfleget: ſondern ich habe zugleich gewieſen / was in Verfertigung derſelben in acht zu - nehmen / und umbſtaͤndlich ausge - fuͤhret / wie eine jede Kraft / die man zu Bewegung der Machinen bran - chen kan / appliciret werden muß. Unterdeſſen werden auch diejeni - gen / welche die Mechanick in Erkaͤnt - nis der Natur nutzen wollen / zu ih - rer Vergnuͤgung verſchiedenes ſin - den / und zwar ſolche Sachen / die ih - nen ſchlechter Dinges zu wieſſen noͤ - thig ſind / wenn ſie ſonderlich von den Bewegungen der Thiere und der Menſchen etwas gruͤndliches erkennen wollen.
1.
DJe Bewegungs-Kunſt oder Mechanick iſt eine Wieſſen - ſchaft entweder mit Vortheil der Kraft / oder der Zeit etwas zubewe - gen / das iſt / eine groͤſſere oder geſchwin - dere Bewegung hervor zu bringen / als ſonſt der gegebenen Kraft vor ſich moͤg - lich waͤre.
2. Die Bewegungs-Kunſt (Mechanica) handelt zwar eigentlich von allen Geſetzen der Bewegung / wie auch einige dieſelbe in ihren Mechaniſchen Schrif - ten zuerklaͤhren ſich bemuͤhen / Z. E. der groſſe En - gellaͤndiſche Mathematicus, Johannes Walliſius, in ſeiner Mechanica, die zu erſt 1669 in 4. zu Oxfurt heraus kommen / darnach aber zugleich mit von neu - em in dem erſten Volumine ſeiner Operum Ma - thematicorum gedruckt worden. Jnsgemein aber redet man in der Mechanick nur von den Machinen / dadurch die bewegende Kraft entweder vermoͤgender gemacht wird / eine groͤſſere Laſt als fonſt zu bewegen / oder die Bewegung geſchwinder als ſonſt zuverrichten. Da wir nun in unſeren Anfangs-Gruͤnden nicht weiter zu gehen geſonnen / indem wir meiſtens mitO 4dar -248Anfangs-Gruͤndedarauf ſehen / was im menſchlichen Leben einen au - genſcheinlichen Nutzen hat; ſo haben wir auch unſe - re Erklaͤhrung darnach einrichten wollen / damit ein jeder bald aus derſelben wahrnehmen kan / was wir abzuhandeln geſonnen.
3. Alles / was die Bewegung verur - ſachet / nennen wir eine Kraft; was a - ber beweget wird oder der Bewegung wiederſtehet eine Laſt.
4. Daher werden ſo wol die lebendigen als lebloſen Creaturen unter die bewegenden Kraͤfte gerechnet / deren man ſich eine Bewe - gung hervor zubringen bedienet. Unter je - ne gehoͤren die Menſchen und das Viehe; un - ter dieſe die Luft / das Waſſer und das Feuer / die Schweere der Coͤrper oder die Gewichte und die Federn.
5. Da nun die Mechanick lehret / wie man mit einer gegebenen Kraft eine vortheilhafte Bewegung hervor bringen kan (§. 1); ſo muß in derſelben auch gezeiget werden / wie man ſich der Menſchen / der Thiere / der Luft / des Waſſers / des Feuers / der Gewichte / der Fe - dern zu vortheilhaften Bewegungen bedienen kan
6. Wenn die Bewegung wuͤrcklich ge - ſchiehet / heiſſet es eine lebendige Kraft: wenn aber die Laſt nur erhalten wird / nennet man es eine todte Kraft.
An -249der Mechanick.7. Dieſes Benennen der Kraͤfte doͤrfte vielleicht ei - nigen ſeltſam vorkommen: allein es geſchiehet ohne Urſache. Denn warumb ſolten wir uns nicht derſel - beu Benennungen bedienen / die ſo wol von den Gelehr - ten als Ungelehrten laͤngſt gut geheiſſen worden. Theilet nicht der ſcharfſinnige Leibnitz ſelbſt die Kraͤfte in lebendige und todte ein in ſeinem Specimine Dynamico in den Leipziger-Actis A. 1695, p. 149? Und unſere Muͤller nennen das Waſſer todt / wenn es ſtille ſtehet / und allſo nicht in den Stand geſetzet wird / ihre Muͤhlen zu bewegen.
8. Dasjenige / ſo die Kraft vermoͤgend machet eine vortheilhafte Bewegung hervor zu bringen / nennet man eine Machine.
9. Wir werden bald vernehmen / daß unveraͤnderli - the Geſetze der Natur ſind / nach welchen alle Kraͤfte ihre Bewegung hervor bringen / wenn ſie etwas bewe - gen und die Machinen gleichfals nach dieſen unveraͤn - derlichen Geſetzen vermoͤge ihrer Structur die Kraͤfte zu vortheilhafter Bewegung vermoͤgend machen. Da - her pfleget man alle Wuͤrckungen Mechaniſch zu nen - nen / die nach den unveraͤnderlichen Bewegungs - Geſetzen der Natur aus der Structur oder Beſchaf - fenheit der Dinge nothwendig ſo und nicht anders er - folgen. Wenn nun iemand ſich ruͤhmen wil / daß er Mechaniſch philoſophire / ſo muß er die Wuͤrckungen der Natur und Kunſt nach den Bewegungs-Geſetzen der Natur aus der Structur der wuͤrckenden Dinge erklaͤhren und klaͤhrlich erweiſen / wie ſie nach jenen ver - moͤge dieſer moͤglich ſind. Wieviel aber dazu erſor -O 5dert250Anfangs-Gruͤndedert werde / werdet ihr aus dem folgeñden ſchlieſſen koͤnnen. Und hieraus erkennet ihr / was diejenigen fuͤr Gedancken haben / welche nicht allein das groſſe Welt - Gebaͤude / ſondern auch auf unſerer Erd-Kugel alle Pflantzen / Thiere / ja den Menſchlichen Coͤrper ſelbſt Machinen nennen. Sie geben nemlich durch dieſe Benennung zu verſiehen / daß die Bewegungen in dem groſſen Weltgebaͤude nicht weniger als alle Veraͤnde - rungen und Wuͤrckungen / die wir bey den Pflantzen / Thieren / ja in dem Menſchlichen Coͤrper ſelbſt wahr - nehmen / nach den ewigen Bewegungs-Geſetzen der Natur aus ihrer Structur nothwendig erfolgen / und allſo ihre Moͤglichkeit allein durch Erwegung dieſer beyden Sachen von dem Menſchlichen Verſtan - de begrieffen werden kan.
10. Wenn ihr dieſes bedencket / ſo werdet ihr bald ſehen / daß die wenigſten Mechaniſch philoſophiren / welche das Wort Mechanice ſtets im Munde haben. Jhr werdet auch ohne vieles Kopfbrechen begreiffen / daß die Mechaniſche Philoſophie nicht ſo ungereimt iſt / wie ſie von Unverſtaͤndigen ausgeſchriehen wird. Ja wenn ihr im Fortgange mercken werdet / daß weder die Bewegungs-Geſetze der Natur / noch das Vermoͤ - gen der Kraͤffte ohne die Geometrie und Rechen-Kunſt erkand werden koͤñen: ſo werdet ihr mir ohne weiteres Bedencken zu geben / es koͤnne ohne die Mathematick[i]emand ſo wenig tuͤchtig philoſophiren / als einer der keine Fuͤſſe hat oder wenigſtens lahm iſt / hurtig ren - nen und laufen.
11. Der Hebel iſt eine gerade Linie AB / ſo in einem Puncte C auflieget / an deren einem Punct A die Kraft / an ei -nen251der Mechanick. nem anderen B aber die Laſt appliciret werden kan.
12. Es iſt hier uͤberhaupt zu mercken / daß / wenn man das Vermoͤgen des Ruͤſtzeuges unterſuͤchet man Anfangs von der Materie / daraus er beſtehet / und von den Eigenſchaften der Materie / wie auch von der aͤußeren Figur / welche der Ruͤſtzeug gewieſſer Umb - ſtaͤnde wegen bekommet / abſtrahiret und nur dasjeni - ge betrachtet / was ihn zu einem Ruͤſtzeuge machet / da - mit man weiß / was ihm als einem Ruͤſtzeuge zukom - met. Hindert hernach die Materie / daraus er beſtebet / ſein weſentliches Vermoͤgen / ſo iſt ſolches ins beſon - dere auszumachen.
13. Wo ihr euch allſo bey einer Bewegung drey Puncte einbilden koͤnnet / die in einer ge - raden Linie liegen / und umb deren eines die Bewegung geſchiehet / an dem anderen die Kraft / an dem dritten aber die Laſt applici - ret iſt; daſelbſt treffet ihr einen Hebel an.
14. Derowegen was fuͤr einen Vortheil der Hebel in der Bewegung giebet; derſelbe muß auch in demſelben Falle ſtat finden.
15. Wenn ihr dieſes wohl mercket / ſo werdet ihr aus den Geſetzen des Hebels nicht allein von den mei - ſten Jnſtrumenten und anderen Weicken der Kunſt / ſondern auch von den wunderbahren Bewegungen in den Coͤrpern der Thiere und der Menſchen gruͤndliche raiſon geben / und beyderſeits ihr Vermoͤgen ausrech - nen koͤnnen. Auf dieſem Grunde ruhet das vortreff - liche Gebaͤude des Johannis Alphonſi Borelli, ich meine ſein herrliches Werck de motu Animalium.
16. Ein Rad an einer Axe / (Axis in Peritrochio) iſt nichts anders als ein an einer Welle befeſtigter Circul AFDA wel - cher zugleich mit der Welle BIKB umb ihꝛ gemeines Centrum C beweget werden kan. Ja es iſt gnung / wenn man ſich ei - nen Circul nur gedencken kan / der in der Bewegung der Welle umb ihre Axe DE beſchrieben wird.
17. Jhr treffet demnach ein Rad an einer Axe an / wo ihr euch gedencken koͤnnet / daß ein groͤſſerer Circul als der Durchſchnitt einer Welle iſt / beſchrieben werde / wenn dieſelbe ſich umb ihre Axe beweget. Z.E. in Mecha - niſchem Verſtande gehoͤren die gewoͤhnlichen Winden FGHI mit unter die Raͤder an einer Axe / weil die Stange IH / die in der Bewe - gung der Welle umb ihre Axe FG fortgeſtoſ - ſen wird / einen Circul beſchreibet (§. 9. Geom.)
18. Dannenhero was von den Raͤdern an einer Axe hinfort wird erwieſen werden; koͤn - net ihr in allen dieſen Faͤllen anbringen.
19. Wenn es zu der Ausuͤbung kommet / muͤſſen die - ſe Raͤder auf verſchiedene Art verfertiget werden / nachdem entweder die Kraft iſt / welche an ſie applici - ret wird / oder nachdem ſie die Bewegung einem an - deren Theile mittheilen ſollen.
20. Wenn ein Rad anderswo ein - greiffen ſol / wird es mit Zaͤhnen oder Kammen beſetzet / entweder oben an der Stierne / oder nur zu der Seiten un - weit der Peripherie. Jn dem erſtenn. 1. Falle nennet man es ein Stiern-Rad oder Stern-Rad; in dem andern abern. 2. ein Kaͤmm-Rad.
21. Dasjenige Rad / welches beweget wird / indem ein anders mit ſeinen Kam - men in daſſelbe eingreiffet / wird das Getrieb genennet.
22. Wenn es aus zwey Scheiben KL und MN zuſammen geſetzet wird / und an ſtat der Kammen Cylindriſche Stoͤ - cke eingeſchlagen werden / pfleget man es auch einen Trilling zu nennen.
23. Die Trillinge und Getriebe ſtellen unierwei - ien nur die Axe vor / wie unten erwieſen werden ſol.
24. Ein Circul oder eine Scheibe AB / die umb ihr centrum C beweget wird / wenn die Kraft in D das Gewichte E indie254Anfangs-Gr[uͤ] ndedie Hoͤhe ziehet / wird eine Rolle oder Scheibe des Klobens (trochlea) ge - nennet.
25. Es iſt dannenhero eine Rolle im Klo - ben von einem Rade an einer Axe darinen un - terſchieden / daß hier nur ein Circul umb ſein centrum beweget wird / da hingegen in dem anderen Falle zwey Circul ſich umb ihr ge - meines centrum bewegen / oder wenigſtens ein Circul (nemlich der Durchſchnitt der Welle) und der Radius des andern / als wie die Stange in der Winde (§. 17.)
26. Eine ſchiefliegende Flaͤche ABC wird genennet / welche mit der horizon - tal-Linie einen ſchiefen Winckel ACB machet.
27. Wenn dergleichen Flaͤche umb ei - ne Welle IK im Kreiſe herumb gefuͤhret wird / entſtehet eine Schraube: die Welle aber / darumb ſie gefuͤhret wird / nennet man die Spindel.
28. Wenn die Spindel mit ihren Gaͤn - gen durch ein Loch gehet / welches eben dergleichen Schrauben-Gaͤnge hat /heiſ -255der Mechanick. heiſſet es eine Schrauben-Mutter / als LM.
29. Der Punct C umb welchen ſich die Machine bewegen kan / wird der Ruhe - Punct oder auch der Bewegungs - Punct genennet.
30. Die Directions-Linie (Linea directionis) iſt eine gerade Linie / nach welcher die Kraft und die Laſt entwe - der wuͤrcklich beweget werden / oder ſich bewegen wuͤrden / wenn nicht etwas die Bewegung hinderte. Z. E. wenn das Gewichte O nach der Linie A O herunter ſallen wuͤrde / wenn man es in A abſchneiden ſollte; ſo heiſſet die Linie A O ſeine Directions - Linie. Wiederumb wenn eine Kraft in H nach der Linie HB ziehet; ſo iſt gleichfals HB ihre Directions-Linie.
31. Die Directions-Linie HB wird gege - ben / wenn man die Groͤſſe des Winckels C BH ſaget / den ſie mit der Machine ACB ma - chet / oder vielmehr einer Linie CB / die aus dem Ruhe-Puncte C an den Ort B gezogen wird / wo die Kraft oder Laſt appliciret iſt.
32. Die Entfernung (nemlich vonTab. I. Fig. 1.dem256Anfangs-Gruͤndedem Ruhe-Puncte) iſt eine Linie CD, welche aus dem Ruhe-Puncte C auf die Directions-Linie BH perpendicular ge - zogen wird.
33. Alſo haben die Kraft und die Laſt die groͤſte Entfernung / wenn ſie unter einem rech - ten Winckel an die Machine appliciret wer - den. Denn wenn die Directions-Linie BE mit der Machine AB einen rechten Winckel machet / ſo iſt die Entfernung CB / machet ſie aber einen ſchiefen Winckel CBH / ſo iſt die Entfernung CD. Nun iſt aber in dem recht - wincklichten Triangel C B D die Linie CB groͤſſer als CD (§. 167. Geom.)
34. Der Mittelpunct der Schweere (centrum gravitatis) iſt derjenige / da - durch ein Co̊rper in zwey gleichwichtige Theile getheilet wird.
35. Der Mittel-Punct der Groͤſſe (centrum magnitudinis) iſt derjenige / dadurch ein Coͤrper in zwey gleich groſſe Theile getheilet wird.
36. Die Horizontal-Linie iſt diejeni - ge / in welcher ein iedes Punct von dem centro oder Mittelpuncte der Erde gleich weit weg iſt.
Der257der Mechanick.37. Da nun die Erde beynahe Kugel-rund iſt / wie in der Geographie erwieſen werden ſol; ſo iſt die Horizontal-Linie eigentlich ein Circul-Bogen (§. 25. 26. Geom.)
38. Allein weil die Sehnen kleiner Bo -Tab. I. Fig. 9. gen / ſonderlich in groſſen Circuln / mit den Bogen beynahe uͤberein kommen / oder nicht mercklich von ihnen unterſchieden ſind; ſo kan man die gerade Linie MB / welche die wahre Horizontal-Linie in dem gegebenen Orte C be - ruͤhret / fuͤr die Horizontal-Linie annehmen.
39. Die gerade Linie MB / welche die wahre Horizontal-Linie in einem gege - benen Puncte C beruͤhret / wird die Scheinbahre Horizontal-Linie ge - nennet.
40. Die Schweere iſt eine Kraft / durch welche der Coͤrper gegen den Mittel - punct der Erde getrieben wird.
41. Wenn ein Coͤrper DE dergeſtaltTab. I. Fig. 10. aufgehaͤnget wird / daß die Linie / nach welcher man ihn aufhaͤnget / AB durch ſeiner Schweere Mittel-Punct gehet / ſo haͤnget er ſtille.
(2) RBe -258Anfangs-GruͤndeDenn weil derſelbe durch den Mittelpunct der Schweere in zwey gleichwichtige Theile getheilet wird (§. 34); ſo drucket auf der einen Seite der Theil E ſo viel darnieder / als auf der anderen der Theil D. Und dannenhero iſt keine Urſache / warumb eher der Theil D als der Theil E gehoben werden ſollte. Dero - wegen kan keiner gehoben werden / und ſol - cher geſtalt hanget der Coͤrper ſtille. W. Z. E.
42. Eben dieſes geſchiehet / wenn man den Coͤrper im Mittelpuncte der Schweere aufle - get.
43. Was demnach den Mittelpunct der Schweere unterſtuͤtzet / das traͤget die Schweere des gantzen Coͤrpers.
44. Und darumb kan man ſich einbilden / als ſey die gantze Schweere in dem einigen Mittelpuncte der Schweere bey einander.
45. Wenn ein Coͤrper durchaus aus einerley Materie beſtehet / und einerley Breite und Diecke behaͤlt; ſo kommt der Mittelpunct der Schweere mit dem Mittelpuncte der Groͤſſe uͤberein.
Be -259der Mechanick.Wenn ein Coͤrper durchaus aus einerley Materie beſtehet / und einerley Breite und Diecke behaͤlt / ſo iſt keine Urſache / warumb Theile von gleicher Groͤſſe nicht gleichwich - tig ſeyn ſolten / und dannenhero ſind ſie noth - wendig gleichwichtig. Da nun der Coͤrper durch den Mittelpunct der Groͤſſe in zwey gleich groſſe (§. 35) / durch den Mittelpunct der Schweere aber in zwey gleichwichtige Theile (§. 34) getheilet wird; ſo muß der Mittelpunct der Schweere mit dem Mittel - puncte der Groͤſſe uͤberein kommen. W. Z. E.
46. Den Mittelpunct der Schweere in einem jeden Coͤrper zu finden.
Unterweilen koͤnnet ihr den Mittelpunc[r]der Schweere finden / wenn ihr den CoͤrperR 2au
260Anfangs-Gruͤndeauf einem ſpietzigen Stiefte hin und wieder verſchiebet / Z. E. einen Teller auf der Spietze einer Gabel.
47. Borellus (de motu animalium part. 1. Prop. 134. p. m. 167.) hat nach der erſten Art gefunden / daß in dem Menſchlichen Coͤr - per der Mittelpunct der Schweere an dem Orte der Scham iſt.
48. Dannenhero iſt in der Scham die Schweere des Coͤrpers beyeinander (§. 44.)
49. Hieraus wird ein jeder / welcher der Sache ein wenig nachdencken wil / die Urſache ſehen / warumb GOtt die Scham ſonderlich des Mannes in den Mit - telpunct der Schweere geſetzet. Denn er wird be - finden / daß hierdurch im Beyſchlafe die Arbeit erleich - tert wird ſo viel als als nur moͤglich iſt; und allſo die Weisheit des Schoͤpfers bewundern.
50. Wenn die Directions-Linie in - nerhalb den Grund faͤllet / darauf der Coͤsper ruhet / ſo muß er ſtille liegen / und kan nicht fallen / ſo bald aber dieſelbe auſ - ſerhalb dieſen Grund verruͤcket wird / muß er gegen die Seite fallen / wo die Di - rections-Linie von dem Grunde auswei - chet.
Die Directions-Linie iſt eine gerade Linienach261der Mechanick. nach welcher der Coͤrper ſich in einem gegebe - nen Falle entweder wuͤrcklich beweget / oder bewegen wuͤrde / wenn nichts ſeine Bewegung hinderte (§. 30). Faͤllet nun dieſe innerhalb den Grund des Eoͤrpers; ſo kan der Coͤrper ſich nach dieſer Linie nicht bewegen. Und allſo muß er ſtille liegen oder ſtehen: welches das erſte war.
Hingegen wenn die Directions-Linie auſ - ſerhalb den Grund des Coͤrpers faͤllet; ſo hin - dert nichts / daß er nicht nach derſelben ſich be - wegen koͤnte. Und dannenhero muß er ſich nach derſelben bewegen: welches das andere war.
51. Je breiter der Grund iſt / darauf der Coͤrper ruhet / ie mit groͤſſerer Muͤhe kan er um - geworfen werden; denn die Directions-Linie muß durch einen groſſen Raum beweget wer - den / ehe ſie auſſerhalb den Grund verruͤcket wird.
52. Die gerade Linie MB / welche denTab. I. Fig. 9. Circul in C beruͤhret / machet mit dem Radio CL einen rechten Winckel in dem Beruͤhrungs-Puncte C.
Wenn die Linie CL auf MB nicht perpen - dicular ſtehet / ſo kan man aus L eine andere Perpendicular-Linie auf MB ziehen (§. 89. R 3Geom.)262Anfangs-GruͤndeGeom.) Es ſey dieſelbe LB. Weil nun der Winckel B ein rechter Winckel iſt / ſo muß LC groͤſſer als LB ſeyn (§. 167. Geom.) Es iſt aber LC = LN (§. 43. Geom.). Fol - gends iſt LN groͤſſer als LB. Da nun die - ſes ungereimet iſt; ſo muß bey C ein rechter Winckel ſeyn. W. Z. E.
53. Die Directions-Linie der ſchwee - ren Coͤrper ſtehet auf der ſcheinbahren Horizontal-Linie perpendicular.
Die ſchweeren Coͤrper fallen vermoͤge ih - rer Schweere nach dem centro der Erde (§. 40) und allſo kommet ihre Directions-Linie mit dem Radio der Erd-Kugel CL uͤberein (§. 30. Mech. & §. 11. Geom.) Die ſcheinbahre Horizontal-Linie MB beruͤhret die Periphe - rie der Erde in C (§. 37. 39). Derowegen machet die Directions-Linie der ſchweeren Coͤrper mit der ſcheinbahren Horizontal-Li - nie einen rechten Winckel (§. 52.) und ſtehet demnach auf derſelben perpendicular (§. 18. Geom.) W. Z. E.
54. Weil die Schweere des gantzen Coͤr - pers in dem Mittelpuncte der Schweere bey - einander iſt / muß die Directions-Linie der ſchweeren Coͤrper aus dem Mittelpuncte der Schweere auf die ſcheinbahre Horizontal-Li - nie perpendicular gezogen werden (§. 44).
55. Ob ein ſchweerer Coͤrper in einer gegebenen Lage vor dem Falle ſicher ſey oder nicht / zu finden.
Wenn dieſes innerhalb den Grund des Coͤr - pers faͤllet / ſo iſt er vor dem Falle ſicher; faͤllet es aber auſſerhalb ſeinen Grund / ſo muß er auf dieſelbe Seite fallen. W. Z. F.
Weil das Perpendicul aus dem Mittel - puncte der Schweere auf die ſcheinbahre Ho - rizontal-Linie gezogen worden; ſo iſt es die Directions-Linie des Coͤrpers (§. 54) Wenn aber dieſe innerhalb den Grund des Coͤrpers faͤllet / ſo iſt er vor dem Falle ſicher: faͤllet ſie aber auſſerhalb den Grund / ſo muß er auf die - ſelbe Seite fallen (§. 50). W. Z. E.
56. Durch dieſe Aufgabe kan man den Gang der Menſchen und der Thiere / das Fliegen der Voͤgel / und das Schwimmen der Fiſche erklaͤhren / wie Borel - lus gethan in ſeinem vortreflichen Wercke de motu A - nimalium part. 1. prop. 145. & ſeqq. p. 188. & ſeqq.
57. Ja durch dieſe Aufgabe kan man die UrſacheR 4aller264Anfangs-Gruͤndealler moͤglichen Poſituren finden und ausmachen / wa - rumb GOtt die Fuͤſſe ſo und nicht auſ eine andere Art gemachet hat.
58. Sie dienet demnach die Poſituren in Gemaͤhl - den und Statuen zu beurtheilen und Gottes Weis - heit und Guͤte deutlich zu erkennen / jene wenn wir be - finden / wie geſchieckte Mittel er ſeinen Zweck zu erlan - gen gebrauchet / dieſe wenn wir wahrnehmen / daß er den Fuͤſſen die groͤſte Vollkommenheit nach ihrer Art gegeben / nnd den Mittelpunct der Schweere des Lei - bes in den bequemſten Ort gebracht hat.
59. Wenn an den beyden Enden A und C eines Hebels ABC zwey Gewichte G und F angehaͤnget werden / die ſich ge - geneinander verhalten wie die Entfer - nung des kleinen F zu der Entfernung des groſſen G; ſo muͤſſen ſie einander die Wage halten / und keines kan das andere bewegen.
Es ſey zum Exempel F 1 Pf. und G 3 Pf. Es ſeyn ferner die Directions-Linien der bey - den Gewichte FC und GA in C und A auf AC perpendicular: ſo iſt BC die Entfernung des Gewichtes F und AB die Entfernung des Ge - wichtes G (§. 32) / folgends nach unſerer Be - dingung AB: BC = 1: 3.
Weil die Schweere der Coͤrper un - veraͤndert bleibet / wenn gleich ihre Fi - gur veraͤndert wird; ſo bilde man ſich ein / daß beyde Gewichte in Cylindervon265der Mechanick. von gleicher Diecke verwandelt werden / und zwar dergeſtalt / daß ein halbpfuͤndiges Stuͤcke die Laͤnge der kleinen Entfernung A B bekommet: ſo haͤlt der Cylinder IK / in welchen das kleine Gewichte F verwandelt worden 2; der andere aber HI / der aus dem groſſen G entſtanden / 6 ſolcher Theile als A B iſt. Wenn ihr euch demnach ferner ein - bildet / daß die Laͤnge B C in D verlaͤngert wird / biß CD = AB und hingegen AB in E / biß AE = BC; ſo iſt die Linie ED der Laͤnge des gantzen Cylinders HK gleich. Es iſt aber die Linie ED in dẽm Puncte B in zwey gleiche Theile getheilet / weil von B biß E 4 / von E biß D auch 4 ſolcher Theile ſind als A B iſt. Da nun der Cylinder HK ſeinen Mit - telpunct der Schweere in dem Mittelpuncte der Groͤſſe hat (§. 45) / ſo gehet die Linie BM / nach welcher er aufgehaͤnget wird / durch den Mittelpunct ſeiner Schweere / folgends haͤn - get erſtille (§. 41) / und kan demnach keiner von den beyden Cylindern HI und IK / fol - gends auch keines von den gleichgieltigen Gewichten G und F das andere uͤberwiegen. W. Z. E.
60. Wenn derowegen die Gewichte F und G einander gleich ſeyn ſollen / ſo muͤſſen auch die Entfernungen AB und BC einander gleich ſeyn. Denn F: G = AB: BC. Derowegen wenn F = G / ſo iſt auch AB = BC.
61. Auf dieſem̃ einigen Lehrſatze beruhet alles / was in der gantzen Mechanick zu erweiſen iſt. Daher wird erfordert / daß man ſich denſelben wohl bekand mache. Zu dem Ende wil ich noch nach dem Exempel des Jungenickels in ſeinem Schluͤſſel zur Me - chanica p. 107. 108 zeigen / wie man denſelben durch eine Erfahrung beſtetigen kan.
62. Das Mechaniſche Fundamental - Geſetze / oder den vorhergehenden Lehr - ſatz / zu probiren.
Jch ſage / dieſes iſt dem Fundamental-Ge - ſetze / welches in dem vorhergehenden Lehrſa - tze erwieſen worden / gemaͤß.
Denn ihr koͤnnet ſetzen / die Stuͤcke Holtz haͤtten alle gar keine Schweere und hienge an deren ſtat in ihrer Schweere Mittelpun - cte / welcher beyderſeits in die mitte faͤllet (§. 45). ein Gewichte / ſo ihr gleich iſt (§. 44). Weil nun im Wagerechten Stande AB, DE und GH Horizontal ſind und allſo die Directions-Linien der Gewichte / ſo man in ihrer Mitte ſich einbildet / auf den Linien AB / DE und GH perpendicular ſtehen (§. 53); ſo ſind die Entfernungen derſelben Ge - wichte von den Ruhepuncten den halben Li - nien AC und CB, DF und FE, GI und IH gleich. Da nun die Schweere der Theile die einander die Wage halten / ſich gegen ein - ander verhalten wie ihre Entfernungen ver - kehret genommen / daß / wenn Z. E. IH 3 Pf. iſt / und GI mit den darauf liegenden Thei - len 9 Pf haͤlt / GI 1 und IH 3 iſt; ſo iſt klahrdaß268Anfangs-Gruͤndedaß dadurch der vorhergehende Lehrſatz be - ſtetiget wird. W. Z. E.
63. Eine Wage wird genennet ein Jnſtrument / dadurch man die Schwee - re eines Co̊rpers finden kan.
64. Eine richtige Wage zumachen.
Jch ſage / wenn das Zuͤnglein inne ſtehet / ſo ſind die Coͤrper / welche in den Wage-Scha - len liegen / von gleicher Schweere.
Wenn man die Wage in I aufhaͤnget / ſo ſtehet HI auf der Horizontal-Linie perpen - dicular (§. 53). Derowegen wenn das Zuͤnglein CK innerhalb ſeinem Behaͤltniſſe HI ſtehet / ſo iſt der Wage-Balcken AB Ho - rizontal / weil das Zuͤnglein auf ihm Perpen - dicular aufgerichtet worden. Da nun die Directions-Linien der Gewichte in D und Egleich -269der Mechanick. gleichfals mit den Armen AC und CB einen rechten Winckel machen (§. 53); ſo ſind ih - re Entfernungen den Armen AC und CB gleich (§. 32). Solcher geſtalt verhaͤlt ſich das Gewichte in E zu dem Gewichte in D wie AC zu CB (§. 59). Es iſt aber AC = CB. Derowegen ſind auch die beyden Ge - wichte in D und E einander gleich. W. Z. E.
65. Dannenhero iſt die Wage falſch / wenn die beyden Armen AC und CB ungleich ſind.
66. Eine Wage zu probiren / ob ſie richtig oder falſch ſey.
Verwechſelt die Wage-Schalen oder die Gewichte in denſelben / welche ſie in dem Wa - gerechten Stande erhalten. Denn ſo bey geſchehener Verwechſelung dieſer aufgeho - ben wird / ſo iſt die Wage falſch: bleibet er aber / ſo iſt ſie richtig. W. Z. F.
Denn wenn die Wage falſch iſt / ſo ſind die Armen ungleich (§. 65) und dannenhero iſt die Wage-Schale an dem kleinen Arme ſchweerer als die an dem groſſen (§. 59). Wenn ihr nun die ſchweerere Wage-Schalean270Anfangs-Gruͤndean den langen Arm und die leichtere an den kurtzen haͤnget; ſo muß nothwendig der Wagerechte Stand gehoben werden. W. Z. E.
67. Auf einer falſchen Wage die wahre Schweers des Co̊rpers zufin - den.
Dieſe iſt die Wahre Schweere der Wahre. W. Z. F.
Es verhaͤlt ſich wie A C zu CB ſo die Schweere der Wahre zu dem Gewichte in der Schale D / und wiederumb wie AC zu CB ſo das Gewichte in der Schale E zu der Schweere der Wahre (§. 59). Derowe - gen verhaͤlt ſich auch wie das Gewichte in der Schale D zu der Schweere der Wahre / ſo die Schweere der Wahre zu dem Gewichte in der Schale E: folgends kan die Schwee - re der Wahre auf vorgeſchriebene Art ge - funden werden (§. 106. Arithm.) W. Z. E.
Es ſey das Gewichte in E 10 Pf / in D 9 Pf. 〈…〉 Schweere der Wahre.
68. Wenn man die Schweere der Wah - re gefunden / ſo weiß man auch die Verhaͤlt - nis der beyden Armen AC und CB / denn ſie verhalten ſich wie die Schweere der Wah - re zu dem Gewichte in der Wage-Schale D / als in unſerem Exempel wie 900 zu 94 8 / oder wie 225 zu 237 (§. 68. Arithm.)
69. Wenn euch die Verhaͤltnis der Ar - men AC und CB gegeben iſt / ſo koͤnnet ihr vermoͤge des Fundamental-Geſetzes (§. 59) durch die Regel Detri (§. 107. Arithm. ) fin - den / wie viel in jedem Falle die Wage truͤ - get. Es ſtehen Z. E. in dem vorigen Falle 100 Pf in E mit der Wahre in D in Wagerechtem Stande; ſo geſchiehet die Rechnung allſo:
225272Anfangs-Gruͤnde225 — 237 — 100 〈…〉 100 — — — 23700
Jhr bekommet demnach 105 $$frac{75}{225}$$ Pfund Wahre an ſtat 100 / und allſo 5 $$frac{5}{9}$$ Pfund zu viel.
70. Jhr koͤnnet auch durch die Regel Detri finden / wie viel der groſſe Arm zu groß iſt / und allſo die Wage verbeſſern. Denn ſetzet der gantze Balcken AB ſolle 1000 oder mehrere Theile haben. Sprecht; Wie die Summe der beyden Armen zu dem groſ - ſen Arme / ſo 1000 zu eben demſelben: ſo koͤnnet ihr ihn durch die Regel Detri in tau - ſend Theilgen finden (§. 107 Arithm.)
AC273der Mechanick.AC = 225 BC = 237 AC + BC = 462 — 237 — 1000 1000 237000 〈…〉 BC ½ AB BC — ½ AB.
Demnach iſt der groſſe Arm bey nahe umb $$frac{13}{1000}$$ zu groß.
71. Eine Schnell-Wage wird ge - nennet / durch die man mit einem Ge - wichte Coͤrper von verſchiedener Schweere abwiegen kan.
72. Eine Schnellwage zu machen.
So iſt die Schnellwage fertig.
Weil die beyden Armen MO und NO einander in Wagerechtem Stande erhalten / ſo iſt es eben ſo viel als wenn ſie keine Schwee - re haͤtten. Derowegen haͤlt das Gewichte R in 1 mit einem / in 2 mit zwey / in 3 mit drey / in 4 mit vier ꝛc. Pfunden in M die Wage (§. 59). Und dannenhero kan man mit einem Gewichte Coͤrper von verſchiede - ner Schweere abwiegen. Derowegen iſt MON eine Schnellwage (§. 71). W. Z. E.
73. Es iſt ſicherer / daß ihr die Puncte 1. 2. 3. 4. u. ſ. w. in dem langen Arme ON durch die Erfah - rung determiniret.
74. Aus der gegebenen Schweere des Hebels AB / der Entfeꝛnung des Schweer - Punctes CV / der Laſt CA und der Kraft CB / und der Schweere der Laſt die Groͤſſe der todten Kraft zufinden.
Auf -275der Mechanick.Es ſey CA = 1 / CV = 2 / CB = 5′ / G = 10 Pf. O = 300.
1 — 2 — 10 10 — — 20 Pf. 3.00 Laſt 280 5 — 1 — 280 1 — 280 〈…〉 Kraft.
75. Aus der gegebenen Schweere des Hebels AB / der Entfernung des Schweeꝛ - punctes CV / der Laſt CA und der Kraft CB / und der todten Kraft / die Schwee - re der Laſt zu finden.
So kommet die Schweere der geſuchten Laſt heraus.
Es ſey CA = 1 / CV = 2 / CB = 5 / G = 10 Pf / die todte Kraft 56 Pf.
1 — 2 — 10 10 20 erſter Theil der Laſt. 1 — 5 — 56 5 280 anderer Theil der Laſt. 20 erſter Theil der Laſt 300 gantze Laſt.
76. Aus der gegebenen Schweere derTab. I. Fig. 1. Laſt O und des Hebels G / der todten Kraft und der Laͤnge des Hebels A B nebſt dem Schweer-Puncte des Hebels V / den gemeinen Schweer-Punct C zu - finden / wo nemlich der Hebel aufzule - gen iſt / damit die Kraft die Laſt erhal - ten kan.
Es ſey die Kraft in B = 56 / die Schweere des Hebels G = 10 / die Laſt O = 300 Pf / AB = 6 / VB = 3.
S 366278Anfangs-Gruͤnde66 — 10 — 3 $$frac{3}{30}$$ 〈…〉 = $$frac{5}{11}$$ = ZB $$frac{66}{11}$$ = AB $$frac{61}{11}$$ = AZ 366 — 66 — $$frac{61}{11}$$ das iſt 61 11 $$frac{61}{11}$$ (§. 118. Arithm.) 11
77. Wenn die Laſt in B zwieſchen dem Ruhe-Puncte C und dem Orte der Kraft in A appliciret iſt; ſo verhaͤlt ſich gleichfals die todte Kraft in A / zu der Laſt in B wie die Entfernung der Laſt CB zu der Entfernung der Kraft CA.
Man verlaͤngere C A in D / biß DC = CA / ſo iſt klahr / daß die Kraft in A eben ſo viel vermag als die Kraft in D (§. 60). Wenn aber die Kraft in D das Gewichte in B er - haͤlt / ſo verhaͤlt ſie ſich zu demſelben wie BC zu CD oder CA (§. 59). Derowegen muß ſich auch die Kraft in A zu der Laſt in B verhalten wir BC zu CA. W. Z. E.
78. Dieſen Hebel wollen wir hinfuͤhro den Hebel von der anderen Art nennen. Jm Lateiniſchen heiſſet man ihn Vectem homodromum, und den erſten Ve - ctem heterodromum.
79. Aus der gegebenen Schweere ei -Tab. II. Fig. 16. nes Hebels von der anderen Art E / der Laſt G / dem Schweer-Puncte F / der Entfernung der todten Kraft CA / die Groͤſſe der todten Kraft in A zu fin - den.
Es ſey CB = 1 CF = 3 / CA = 6 / G = 300 Pf. E = 10 Pf.
6 — 3 — 10 oder 2 1 10 (§. 118 Arithm. ) 1 〈…〉 erſter Theil der KraftS 46280Anfangs-Gruͤnde6 — 1 — 300 1 〈…〉 anderer Theil der Kraft. erſter Theil der Kraft. 55 gantze Kraft.
80. Wenn ihr euch dieſe Aufgaben von dem Hebel / die bisher erklaͤhret worden / wohl bekandt machet / nnd dabey euch deſſen beſinnet / was oben (§. 13. 14) erinnert worden; ſo werdet ihr das gantze Werck des Borelli de motu animalium verſiehen / auch in der Baukunſt ausrechnen koͤnnen / wie weit ein Balden - Kopf uͤber die Mauer hervorragen muß / damit er die darauf ruhende Laſt am beſten tragen koͤnne. Unzeh - lich viel andere Faͤlle wil ich ietzt mit Stillſchweigen uͤ - bergehen / da dieſe Rechnungen Nutzen haben. Denn es iſt faſt kein einiges Jnſtrument in der Kunſt / und keine Bewegung eines feſten Coͤrpers in der Natur / dabey man nicht dieſelben anbringen koͤnte. Jhr ha - bet demnach gemeldete Aufgaben als Sachen von groſ - ſer Wichtigkeit anzuſehen.
81. Wenn die Kraft den Hebel aus I. in M niederdrucket / ſo verhaͤlt ſich der Raum / den die Kraft durchlaͤuft / zu dem Raume durch welchen die Laſt be - weget wird / wie die Laſt zu der todten Kraft.
Be -281der Mechanick.Denn wenn die Kraft ſich durch den Bo - gen LM beweget / ſo wird die Laſt durch den Bogen HN gehoben. Demnach verhaͤlt ſich der Raum der Laſt zu dem Raume der Kraft wie der Bogen HN zu dem Bogen L M / das iſt / weil die Winckel bey I einander gleich ſind (§. 58. Geom.) wie HI zu IL / fol - gends wie die todte Kraft zu der Laſt (§. 59.) W. Z. E.
82. Wenn man aus N auf HI das Per - pendicul NO und auf IL aus M das Per - pendicul KM fallen laͤſſet; ſo verhaͤlt ſich NI zu NO wie MI zu KM (§. 10 Trigon. ) folgends NI: MI = NO: KM (§. 104. Arithm.) Derowegen verhaͤlt ſich die Hoͤhe / wodurch ſich die Laſt beweget / zu der Hoͤhe / durch wel - che die Kraft herunter ſteiget / wie die todte Kraft zu der Laſt.
83. Derowegen wird ſo viel Kraft erfor - dert 3 Pfund durch 1. Schuh als 1 Pfund durch 3 Schuh in gleicher Zeit zu bewegen.
84. Weil man die Geſchwindigkeit der Be - wegung aus dem Raume beurtheilet / der in einer Zeit durchlaufen wird; ſo verhaͤlt ſich auch die Geſchwindigkeit / mit welcher ſich dieS 5Kraft282Anfangs-GruͤndeKraft beweget zu der Geſchwindigkeit / mit welcher die Laſt beweget wird / wie die Laſt zu der todten Kraft.
85. Was von dem Hebel von der erſteñ Art erwie - ſen wordeu; laͤſſet ſich auch auf den Hebel von der an - deren Art appliciren.
86. Wenn die Directions-Linie der todten Kraft mit dem Radio des Rades AC und die Directions-Linie der Laſt E mit dem Radio der Welle CB einen rechten Winckel machet; ſo verhaͤlt ſich die todte Kraft zu der Laſt wie der Ra - dius der Welle CB zu dem Radio des Ra - des AC.
Die Kraft wuͤrde die Laſt erhalten / wenn gleich nur die Linie AB zuruͤcke bliebe. Da nun in C der Ruhepunct iſt / in B die Laſt und in A die todte Kraft rechtwincklicht appliciret wird / ſo verhaͤlt ſich dieſe zu jener wie CB zu CA (§. 13. 59.) W. Z. E.
87. Wenn die Directions-Linie der tod - ten Kraft FH mit dem Radio des Rades FC einen ſchiefen Winckel machet; ſo iſt es eben ſo viel als waͤre ſie in G appliciret. Und dannenhero verhaͤlt ſie ſich zu der Laſt wie CB zu CG.
88. Wenn euch der Winckel GFB / den die Kraft mit dem Radio des Rades machet / und der Radius des Rades gegeben ſind; ſo koͤnnet ihr die Linie CG durch die Trigonome - trie finden (§. 34. Trigon.).
89. Es vermag die Kraft am meiſten / wenn ihre Directions-Linie mit den Radio des Rades einen rechten Winckel machet (§. 33. 86).
90. Weil man ſich aber bey der todten Kraft das Rad nicht anders als einen Hebel vorſtellen darf (§. 13); ſo laßen ſich alle Aufga - ben von dem Hebel auch auf das Raͤderwerck appliciren.
91. Aus der gegebenen Laſt G / und denen Radiis der Axen BH, AD, EF und der Raͤder BA, DE, EG die todte Kraft zu finden / welche in G appliciret werden muß.
Es ſey C = 6000 Pf. BH = 6″ / AB = 34 / AD = 5 / DE = 35 / EF = 4 / FG = 27.
34 — 6 — 6000 oder 17. 3. 3 18000 〈…〉 oder Kraft in A 35 — 5 — 1059 7 — 1 (§. 118. A - rithm.) 〈…〉 Kraft in E 27 — 4 — 15 1 $$frac{2}{7}$$ 4 605 $$frac{1}{7}$$ 〈…〉 Kraft in G.
92. Wenn die Laſt geſuchet / und die Kraftgege -285der Mechanick. gegeben wuͤrde / ſo darf man nur von der Kraft in G anfangen / und das Gewichte in F fuͤr die Kraft in E annehmen / u. ſ. w.
93. Wenn eine Kraft eine Laſt durch Huͤlfe eines Rades an einer Axe beweget / ſo verhaͤlt ſich der Raum der Kraft zu dem Raume der Laſt wie die Laſt zu der todten Kraft.
Wenn das Rad einmal herumbgedrehet wird / ſo gehet auch die Welle CB einmal her - umb (§. 16.) und alſo wird die Laſt E ſo viel Schuhe herauf gehoben / als die Peripherie der Welle betraͤget. Derowegen ſtellet die Peripherie der Welle den Raum der Laſt / und die Peripherie des Rades den Raum der Kraft vor. Und demnach verhaͤlt ſich je - ner zu dieſem wie die Peripherie der Welle zu der Peripherie des Rades / oder (welches gleich viel iſt) wie der Radius der Welle CB zu dem Radio des Rades CA / folgends wie die todte Kraft zu der Laſt (§. 85.) W. Z. E.
94. Wenn viel Raͤder in einander geheñ / ſo iſt zu mercken / daß diejenigen / ſo an einer Welle feſte ſind / in gleicher Zeit herumb kommen / hingegen das kleine - re / welches in das groͤſſere greifet oder von dem groͤſſe - ren herumb getriebeu wird / ſo vielmal herumb gehe / in dem das groſſe einmal herumb kom - met / wie vielmal die Peripherie des kleinen in der Pe - ripherie des groſſen / oder / welches gleich viel iſt / dieZahl286Anfangs-Gruͤndedie Zahl der Kammen im kleinen in der Zahl der Kammen im groſſen enthalten iſt.
95. Aus den gegebenen Verhaͤltniſſen der Radiorum oder Peripheriẽ der klei - nen Raͤder zu den Radiis oder Peripheriẽ der groſſen zu finden / wie vielmal dasje - nige / ſo am geſchwindeſten gehet / her umb kommet / ehe das / ſo am laͤngſam - ſten beweget wird / ſeinen Lauf einmal vollendet.
So iſt das Product die Zahl / welche andeu - tet / wie vielmal das geſchwindeſte Rad G herumb gehet / indem das laͤngſamſte A ein - mal ſeinen Lauf vollendet (§. 93) W. Z. F.
Es ſey die Peripherie des Rades A 24 / des kleinen D 12; des andern groſſen Rades E 36 / des andern kleinen F 9.
〈…〉
Allſo gehet das letzte Rad G 8 mal her - umb / indem das untere A einmal herumb kommet.
96. Die Peripherien werden auch durch die Zahlen der Kammen gegeben / weil die Kammen in Raͤder / die in einander greiffen / von gleicher Groͤſſe ſind.
97. Die Zahl der Raͤder und die Zahl der Kammen an den Raͤdern und den Getrieben oder der Trillings-Stoͤcke zu finden / wenn angegeben wird / wie viel - mal das Kad / ſo am geſchwindeſten ge - het / herumb kommen ſol / ehe das laͤng - ſamſte einmal ſeinen Lauf vollendet.
Es ſol das geſchwindeſte Rad 40 mal her -Tab. III. Fig. 19. umb gehen / ehe das laͤngſamſte einmal ſeinen Lauf vollendet. Weil nun 40 durch Mul - tiplication 5 in 8 entſtehet / ſo ſehet ihr / daßzwey288Anfangs-Gruͤndezwey Raͤder mit Kammen und zwey Getrie - be oder Trillinge vonnoͤthen ſind. Gebet je - dem Trillinge 6 Stoͤcken / ſo bekommet das laͤngſamſte Rad A 48 / das mittlere E 30 / das letzte G keine Kammen / ſondern dieſes wird nach der Beqvemlichkeit der bewegenden Kraft eingerichtet.
98. Aus der gegebenen Kraft und Laſt die Zahl der Raͤder und Verhaͤltniſſe ihrer Radiorum gegen die Radios ihrer Axen oder der kleineren an einer Welle mit ihnen befeſtigten Raͤder zu finden.
Denn ſo viel habet ihr Raͤder noͤthig / als der - gleichen Zahlen heraus kommen / und die Dia - metri der Axen / oder Getriebe und Trillinge verhalten ſich gegen die Diametros der Raͤ - der / die mit ihnen an einer Axe befeſtiget / wie 1 zu denſelben Zahlen (§. 90). W. Z. F.
Es ſey die Laſt 30000 Pf. die Kraft 60 Pf. ſo iſt der Qvotient 500 Pf. Weil nun die -ſe289der Mechanick. ſe Zahl ſich in 4. 5. 5. 5. zerfaͤllen laͤſſet / ſo kan man 4 Raͤder machen. Jn dreyen verhaͤlt ſich der Diameter der Axe zu ihrem Diame - tro wie 1 zu 5 / im vierdten wie 1 zu 4.
99. Die Zerfaͤllung der Zahlen beruhet auf der U - bung. Man kan aber dieſelbe am beqvemſten verrich - ten / wenn man die Zahl / welche zerfaͤllet werden ſol durch kleine Zahlen zu dividiren ſuchet. Doch muß nach geſchehener Diviſion nichts uͤbrieg bleiben.
Unterweilen gehet es nicht an / daß eine gegebe - benene Zahl in lauter gantze zerfaͤllet werden kan. De - rowegen muß man in dieſem Falle entweder zuletzt ei - nen Bruch beybehalten / oder wenn es die Sache leidet / die Zahl umb etwas vermehren / biß ſie ſich beqvem zer - faͤllen laͤſſet.
100. Kamm-Raͤder und Stiern-Raͤ -Tab. III. Fig. 20. der zu machen.
101. Damit die Kammen-Koͤpfe in der Bewegung keinen Wiederſtand geben / muͤſ - ſen ſie rundt gemachet werden.
102. Es hat der Herr Roͤmer zu erſt gefunden / und nach ihm de la Hire theils in ſeinen Memoires de Mathematique & de Phyfique (A Paris 1694. in 4.) p. 51. & ſeqq. theils in ſeinem Traitê de Mecanique (A Paris 1695. in 12.) p. 368. & ſeqq. angewieſen / wie man den Kammen die beſte Figur geben koͤnne / daß ſie den geringſten Wiederſtand in der Bewegung ver - urſachen. Weil aber dieſes eine Erkaͤntnis der hoͤ - heren Geometrie von den krummen Linien erforderet; ſo laͤſſet ſich hier in den Mathematiſchen Aufangs - Gruͤnden davon nicht handelen.
103. Damit die Felgen in der Bewegung nicht ausſpringen / ſo muß jederzeit ein Kam - men in das Wechſel geſetzet werden.
104. Da man nun die Raͤder aus vier Felgen zuſammen zu ſetzen pfleget / muß man jederzeit eine ſolche Zahl der Kammen anneh - men / die ſich durch 4 dividiren laͤſſet.
105. Wenn die Raͤder nicht aus Felgen zuſam - men geſetzet ſind / ſo hat man auch nicht voͤllig eine Zahl der Kammen zu erwehlen / die ſich durch 4 divi - diren laͤſſet.
T 2Die292Anfangs-Gruͤnde106. Die Kammen und Getrieb - oder Trillings-Stoͤcke recht auszutheilen.
107. Einen Trilling zu machen.
1. Se -293der Mechanick.So iſt geſchehen / was man verlangete.
108. Wenn man beſorget / daß die Drucke des Rades die Getrieb-Stoͤcke leicht zerbre - chen koͤnte / ſchneidet man dieſelbe in der Welle ein / und nennet es einen Kumpf.
109. Dergleichen findet man Z. E. in den Schneide - Muͤhlen / wo die Kammen des Wagens / darein das Holtz geipannet wird / in einen Kumpf eingreifen.
110. Wenn der Wiederſtand nicht gar zu groß iſt / ſo macht man den Trilling nur aus einer Scheibe / und ſetzet gantz kurtze Stuͤcke darein.
111. Dergleichen findet man hin und wieder in den Oel-Muͤhlen an der Hebe-Welle.
T 3Die294Anfangs-Gruͤnde112. Raͤderwerck ohne Kam̃en zu ma - chen.
113. Man machet dergleichen Raͤderwerck / weil es wenig koſtet / die Bewegung durch daſſelbe ziemlich weit continuiret / und die Proportion des kleinen Ra - des gegen das groſſe ſehr klein angenommen werden kan. Jhr findet es in den Schleif - und Polier-Muͤh - len / ingleichen an dem Spinn-Rade der Seiler / und an dem Spulrade der Leinweber und Tuchmacher.
114. Wenn eine Kraft eine Laſt auf ei - ner ſchiefliegenden Flaͤche ABC erhaͤlt / dergeſtalt / daß ihre Directions-Linie DK mit ihrer Laͤnge AC parallel iſt; ſo ver -haͤlt295der Mechanick. haͤlt ſie ſich zu der Laſt wie die Hoͤhe AB zu der Laͤnge AC.
Es ſey die Directions-Linie des Gewich - tes DH: So kan man ſich einbilden / es ſey die gantze Schweere der Laſt in einem Puncte derſelben Z. E. in F beyſammen (§. 30. 44.) Und demnach iſt ihre Entfernung von dem Ruhepuncte EF / hingegen die Entfernung der Kraft iſt ED (§. 32). Da nun DEF einen He - bel vorſtellet / deſſen Ruhepunct in E / ſo ver - haͤlt ſich die Kraft in D zu der Laſt in F wie EF zu ED. (§. 59). Weil nun DEG ein rechter Winckel iſt / und EFG gleichfals; hingegen der Winckel EGF den beyden Triangeln EFG und DEG gemein iſt; ſo muß auch der Win - ckel EDF dem Winckel GEF / folgends der Winckel DEF dem Winckel EGF gleich ſeyn (§. 99. Geom.) u. demnach EF: ED = GF: EG (§. 182. Geom.) Wiederumb weil die Verti - cal-Winckel bey G einander gleich (§. 58. Geom.) und bey F und H rechte Winckel ſind; ſo iſt auch HCG = FEG (§. 99. Geom.) und dannenhero GF: EG = GH: GC (§. 182. Geom.) Endlich iſt auch GH: GC = AB: AC (§. 177. Geom.) und demnach EF: ED = AB: AC / folgends wie AB zu AC ſo die todte Kraft zu der Laſt. W. Z. E.
115. Wenn eine Kraft eine Laſt auf einer ſchief-liegenden Flaͤche LMN dergeſtaltT 4er -296Anfangs-GruͤndeTab. III. Fig. 23.erhaͤlt / daß ihre Directions-Linie RL mit der Grundlinie MN parallel iſt; ſo ver - haͤlt ſie ſich zu der Laſt wie die Hoͤhe LM zu der Grundlinie MN.
Es iſt aus dem Beweiſe des vorhergehen - den Lehrſatzes klahr / daß man annehmen koͤn - ne / als ſey in dem Hebel TQS in T die Kraft / in S die Laſt appliciret; folgends iſt die Kraft zu der Laſt wie QS zu TQ oder RS (§. 59.) Da nun in dem angefuͤhrten Beweiſe ferner dar - gethan worden / daß die Triangel RQS / SQO / OPN und LNM einander aͤhnlich ſind; ſo iſt QS: RS = SO: QS = OP: PN = LM: MN (§. 182. 177. Geom.) Demnach verhaͤlt ſich die Kraft zu der Laſt wie LM zu MN. W. Z. E.
116. Weil die Schraube nichts anders iſt / als eine umb eine Welle herumbgefuͤhrete ſchiefliegende Flaͤche (§. 27.) und die Kraft ſich mit der Grundlinie parallel beweget; ſo verhaͤlt ſich die todte Kraft zu der Laſt oder dem Wiederſtande / den ſie zu uͤberwinden hat / wie die Weite der Schrauben-Gaͤnge zn der Peripherie der Schraube.
117. Daher haben die Schrauben mit en - gen Gaͤngen mehr Vermoͤgen als die mit wei - ten / wenn ſie von gleicher Diecke ſind.
118. Wenn die Laſt von C bis G bewegetwor -297der Mechanick. worden / ſo hat man ſie umb GH erhoben / hingegen die Kraft K iſt umb die Linie G C niedergeſtiegen. Derowegen verhaͤlt ſich der Raum der Kraft zu dem Raume der Laſt wie die Laſt zu der todten Kraft (§. 114).
119. Eben dieſes gielt auch von der Schrau - be. Denn wenn die Kraft ſich durch die Pe - ripherie der Schraube beweget / ſo wird die Laſt umb die Weite der Schraubengaͤnge niedergedruͤckt. Darumb verhaͤlt ſich der Raum der Laſt zu dem Raume der Kraft wie die Weite zwieſchen zwey Gaͤngen zu der Peripherie der Schraube / das iſt / wie die tod - te Kraft zu der Laſt (§. 116).
120. Aus der gegebenen Kraft / der Peripherie der Schraube und der Wei - te der Schrauben-Gaͤnge den Wieder - ſtand zu finden / denn die Kraft mit einer Schraube uͤberwinden kan.
Suchet zu der Weite zwieſchen den Schrauben-Gaͤngen / der Peripherie der Schraube und der Kraft die vierdte Propor - tional-Zahl (§. 108. Arithm.) So iſt ge - ſchehen / was man verlangete.
Es ſey die Weite der Schraubengaͤnge 3″ /T 5die298Anfangs-Gruͤndedie Peripherie der Schraube 25″ / die Kraft 30 Pf.
3 — 25 — 30 1 10 10 (§. 118 Arithm.) 250 Laſt
121. Aus der gegebenen Kraft und Laſt die Eintheilung der Schraube zu finden.
Es ſey die Laſt 250 Pf / die Kraft 30 Pf. 1299der Mechanick. 〈…〉 Weite der Gaͤnge Peripherie der Spindel. 314 — 100 — 25′ 100 2500
〈…〉 Diameter der
122. Wenn ihr demnach die gefundeneTab. III. Fig. 25. Peripherie der Spindel 248″ auf die Linie BC traget / und in B ein Perpendicul aufrich - tet (§. 90 Geom.) darauf die Weite der Gaͤnge AB aus B gegen A ſo vielmal traget als Gaͤnge werden ſollen und das Rectan - gulum ADBC conſtruiret (§. 132. Geom.) ſo koͤnnet ihr die Gaͤnge BI / 1. 2 / 2. 3 / 3. 4 u. ſ. w. ziehen. Wenn ihr nun dieſen Nieß umb die Spindel kleibet; ſo iſt die Eintheilung der Schraube richtig.
123. Man beweget oͤfters die Schrauben durch einen Zieh-Pengel / welcher mit der Spindel ein Rad an einer Axe formiret (§. 17) und dannenhero die Kraft noch uͤber das Vermoͤgen der Schraube ver - mehret (§. 86).
124. Wenn die Schraube in ein Stiern-Rad eingreifet / ſo nennet man ſie die Schraube ohne Ende.
125. Die Kammen in dem Stiern-Ra - de muͤſſen nach den Schrauben-Gaͤngen ein - geſchnitten werden / das iſt / nach dem Win - ckel der Spindel.
126. Die Schraube ohne Ende darf nicht mehr als drey Gaͤnge haben.
127. Wenn die Schraube einmal her - umb gedrehet wird; ſo windet ſich in dem Stiern-Rade ein Kammen aus.
128. Zuweilen beweget auch ein Stiern-Rad die Schraube ohn Ende: in welchem Falle die Schrau - ben-Gaͤnge ſehr weit von einander ſeyn muͤſſen und dannenhero auch die Kammen an der Stierne des Rades ſehr ſchraͤge eingeſchnitten werden. Und ge - het hier die Schraube uͤberaus geſchwinde herumb.
129. Wenn die Kraft E mit einem umb eine Rolle C gezogenem Seile eine Laſt D erhaͤlt; ſo iſt ſie der Laſt gleich.
Die Kraft A verhaͤlt ſich zu der Laſt Bwie301der Mechanick. wie BC zu CA (§. 24. 59). Nun iſt AC = DB (§. 24). Derowegen iſt die Laſt der Kraft gleich. W. Z. E.
130. Wenn die Kraft K eine Laſt LTab. III. Fig. 27. mit einem umb eine Rolle gezogenem Striecke dergeſtalt erhaͤlt / daß die bey - den Striecke parallel ſind und die Rol - le zugleich mit der Laſt hinauf gezogen wuͤrde / wenn eine Bewegung geſchaͤhe; ſo verhaͤlt ſich dieſelbe zur Laſt wie 1 zu 2.
Weil der Strieck in F feſte iſt und das Gewichte L in H haͤnget; ſo verhaͤlt ſich die Kraft zu demſelben wie GH zu GI (§. 77). Nun iſt GH = ½ GI (§. 24). Derowe - gen iſt auch die Kraft die Helfte der Laſt. W. Z. E.
131. Daher vermehren in einem Kloben nicht die oberen / ſondern nur allein die unte - ren Scheiben das Vermoͤgen.
132. Wenn in einem Kloben alle Strie - cke MN, SX, QR, PO, TV einanderTab. IV. Pig. 28. parallel ſind / ſo verhaͤlt ſich die Kraft in Z zu der Laſt W wie 1 zu der Zahl der Seile / die von der Laſt gezogen werden.
Be -Denn weil in dieſem Falle alle Striecke gleich gedehnet werden / ſo wird die gantze Laſt durch dieſelbe gleich vertheilet. Dannen - hero hat die Kraft in Z nicht mehr zu erhal - en als was auf den Strieck MN kommet (§. 129). Solcher geſtalt verhaͤlt ſich die Kraft zu der Laſt wie 1 zu der Zahl der Striecke / die von der Laſt gezogen werden. W. Z. E.
133. Wenn ihr durch die Zahl dieſer Striecke (5) die Laſt (500) dividiret / ſo kom - met die Kraft (100) heraus.
134. Hingegen wenn ihr die Kraft (100) durch die Zahl der Striecke (5) multiplici - ret / ſo kommet die Laſt (500) heraus.
135. Und weil die Zahl der oberen und un - teren Rollen zu ſammen in einem Kloben der Zahl der Seile gleich ſind / ſo kommet ſelbi - ge heraus / wenn ihr die Laſt (500) durch die Kraft (100) dividiret.
136. Die Rollen werden entweder aus Holtz oder von Meßing gemacht und an ihrer Peripherie ver - ziefet / damit die Seile nicht ausgleiten koͤnnen.
137. Zuweilen ſetzet man die Scheiben in den Kloben nicht uͤber / ſondern neben einander / abſon - derlich wenn derſelben viel ſind.
138. Wenn eine Laſt durch einen Kloben beweget wird / ſo verhaͤlt ſich der Raum der Kraft zu dem Raume der Laſt wie die Laſt zu der todten Kraft.
Wenn das Gewichte oder die Laſt umb einen Schuh erhoͤhet werden ſol / muͤſ - ſen alle Striecke / die von ihr gedehnet wer - den / umb einen Schuh verkuͤrtzet werden. Allſo muß die Kraft ſo viel Schuhe heraus ziehen als Seile ſind. Darumb verhaͤlt ſich ihr Raum zu dem Raume der Laſt wie 1 zu der Zahl der Striecke / die von der Laſt ge - dehnet werden / das iſt / wie die todte Kraft zu der Laſt (§. 132.) W. Z. E.
139. Bey einem Keile verhaͤlt ſich die Kraft zu der Laſt oder dem Wieder -Tab. III. Fig. 33. ſtande / den die Sache giebet / ſo zer - ſpaltet werden ſol / wie die halbe Diecke ML zu der Laͤnge MN.
Der Keil iſt aus zwey ſchiefliegen den Flaͤ -chen304Anfangs-Gruͤndechen zuſammen geſetzet. Da es nun gleich viel iſt / ob man die Laſt auf derſelben bewe - get / oder ob man ſie mit Gewalt darunter wegſtoͤſſet / und die Directions-Linie der Kraft / die mit einem Keile ſpaltet / mit der Laͤnge des Keiles uͤber einkommet; ſo ver - haͤlt ſich die Kraft zu der Laſt wie die halbe Diecke ML zu der Laͤnge MN. W. Z. E.
140. Derowegen vermag ein ſpietziger Keil mehr als ein ſtumpfer / weil ML zu MN in jenem eine kleinere Verhaͤltnis als in die - ſem hat.
141. Es werden die Keile entweder aus Eiſen o - der aus Holtz gemacht. Auf ihre Natur gruͤndet ſich das Vermoͤgen der Meſſer / Beile / Aexte und anderer Jnſtrumente.
142. Wenn das Waſſer / welches ei - ne Machine treibet / von oben auf das Rad faͤllet und auf demſelben liegen bleibet / damit es durch ſeine Schwee - re auf der einen Seite das Rad nie - der druͤcket; ſo nennet man es ein O - berſchlaͤgtiges Waſſer-Rad.
143. Hingegen ein Unterſchlaͤgti - ges Waſſer-Rad iſt / wenn es uͤber demWaſ -305der Mechanick. Waſſer haͤnget und durch ſeinen ſchnel - len Schuß beweget wird.
144. Weil das Waſſer ſelten auſſer in gar groſſen Fluͤſſen einen ſo ſchnellen Strom hat / daß es Muͤhlen treiben koͤnnte; ſo muß es erſt lebend gemacht werden.
145. Es bekommet aber das Waſſer gleich wie andere ſchweere Coͤrper ſein Leben durch den Fall: denn je hoͤher es herunter faͤllet / je ſchneller iſt ſeine Bewegung und je mehr Kraft hat es zuſtoſſen.
146. Weil ein ſchweerer Coͤrper ſo lange faͤllet / als er ſich dem Centro der Erde naͤ - hern kan; ſo muß der Ort / wo das Waſſer - Rad ſtehen ſol / viel niedriger liegen als der Ort / wo es hergeleitet wird.
147. Weil aber das Waſſer ſein Gefaͤl - le von einem Orte biß zu dem andern nach und nach bekommet; ſo muß man ihm ſolches auf einmal geben / wenn es lebend werden ſol / und dannenhero wieſſen / wie viel man Ge - faͤlle hat / das iſt / wie viel der Ort / wo das Waſſer-Rad ſtehen ſol dem centro der Er - de naͤher iſt / als der andere / wo es hergeleitel wird. (§. 146).
148. Das Waſſer-waͤgen iſt eine Kunſt zufinden / wie viel ein Ort dem Centro der Erde naͤher iſt als ein an - derer.
149. Weil die Horizontal-Linie in allen ihren Puncten von dem Centro der Erde gleich weit weg iſt (§. 36); ſo doͤrfet ihr nur die Horizontal-Linie des einen Ortes biß an den anderen Ort fortziehen und in dem letzten meſ - ſen / wie viel die Horizontal-Linie deſſelben un - ter der Horizontal-Linie des erſten lieget.
150. Daher muß im Waſſer-Waͤgen vor allen Dingen die Horizontal-Linie gefunden werden.
151. Weil man eine gerade Linie am beſten aus einem Orte in den andern fortziehen kan; ſo nimmer man die ſcheinbahre Horizontal-Linie an ſtat der wahren an. Damit ihr aber in groſſen Weiten nicht mercklich fehlet / ſo muͤſſet ihr ausrechnen lernen / wie viel ein gegebener Punct der ſcheinbahren Horizon - tal-Linie uͤber die wahre erhoben ſey: welches nach folgender Aufgabe geſchiehet.
152. Aus dem gegebenen Semidiame - tro der Erde CL und der Laͤnge der ſcheinbahren Horizontal-Linie CB zu finden / wie viel ihr Punct B uͤber derwah -307der Mechanick. wahren Horizontal-Linie CN erhoben ſey.
Weil dieſe Regel wegen der weitlaͤuftigen Rechnung verdruͤßlich faͤllet / hat man eine leichtere erdacht / die zwar in der Theorie nicht richtig / in der praxi aber gar nahe zu trieft. Nemlich
Dividiret das Qvadrat der gegebenen Weite CB durch den Diametrum der Erde 2 CL ſo kom̃et die geſuchte Erhoͤhung heraus.
Es ſey C B 900 Pariſer-Schuh / oder 129600 Liniẽ (den der Pariſer-Schuh hat 12 Zoll u. der Zoll 12 Linien). Dividiret das Qva -U 2drat308Anfangs-Gruͤndedrat davon 16796160000 durch den Diame - ter der Erde 5649345216 Linien / ſo kommet NB bey nahe 3 Linien heraus.
153. Nach dieſer Aufgabe koͤnnet ihr euch eine Ta - belle conſtruiren / die ihr im Waſſerwaͤgen fuͤr groſſe Weiten gebrauchen koͤũet: dergleichen Picard in ſeinem Traité du nivellement c. 1. p. 7 nach Pariſer-Maaße gegeben und wir hieher ſetzen wollen / wie wol mit ei - ner ſchlechten Veraͤnderung / weil ſie auch fuͤr Rhein - laͤndiſches Maaß ohne mercklichen Fehler gebrauchet werden kan / in dem auch in dieſem der Schuh in 12 Zoll / der Zoll in 12 Linien eingetheilet wird.
| Weiten | Erhoͤhungen. | |
| 300 Schuhe | 0. Zoll. | 0⅓ Linie. |
| 600 | 1⅓ | |
| 900 | 3 | |
| 1200 | 5⅓ | |
| 1500 | 8⅓ | |
| 1800 | 1 | 0 |
| 2400 | 1 | 9⅓ |
| 2700 | 2 | 3 |
| 3000 | 2 | 9 |
| 3300 | 3 | 6 |
| 3600 | 4 | 0 |
| 3900 | 4 | 8 |
| 4200 | 5 | 4 |
| 4500 | 6 | 3 |
| 4800 | 7 | 1 |
| 5400 | 8 | 11 |
| 5700 | 10 | 0 |
| 6000 | 11 | 0 |
154. Eine Waſſer-Wage zuma - chen / das iſt / ein Jnſtrument / damit man die Horizontal-Linie finden kan.
Wenn ihr das Jnſtrument mit den Hacken F und E an eine Schnure aufhaͤnget und der Faden des Bleywurfes faͤllet in die Linie DH / ſo iſt ſo wol die ausgeſpannete Schnu - re als der Diameter des Jnſtrumentes AB ein Theil von der ſcheinbahren Horizontal - Linie.
Die Directions-Linie der ſchweeren Coͤr - per ſtehet auf der ſcheinbahren Horizontal - Linie perpendicular (§. 53). Nun iſt der Fa - den des Bleywurfes die Directions-Linie der bleyernen Kugel (§. 30) und faͤllet auf die Linie AB perpendicular / wenn ſie die Linie DH decket (§. 18. 55 Geom.) Derowegen muß in ſolchem Falle die Linie AB ein TheilU 3der310Anfangs-Gruͤndeder ſcheinbahren Horizontal-Linie ſeyn. W. Z. E.
155. Es hat ſchon Ricciolus (Geogr. Reform. lib. 6. c. 26 f. 129) angemercket / daß man mit dieſerTab. IV. Fig. 30. Waſſer-Wage leicht fehlen kan / wenn ſie nicht ſehr groß iſt / in dem ſie den Unterſcheid von 5 Minuten / ja wol halben Graden kaum andeutet. Wenn ſie aber groß iſt / kan man ſie nicht beqvem hin und wie - der tragen. Doch pfleget man in dieſem Falle an ſtat des halben Circuls nur ein duͤnnes Bret EGHF an den Diameter AB rechtwincklicht anzuleimen / da - mit der Radius CD biß in E verlaͤngert werden kan:
156. Wenn man den Bleywurf in D an -Tab. IV. Fig. 29. haͤnget und das Jnſtrument durch Huͤlfe einer Schraube-Muteer / die an dem Dia - meter AB befeſtiget / auf ein Stativ ſchrau - bet; ſo iſt AB gleichfals Horizontal / wenn der Faden in das centrum C faͤllet. Und dan - nenhero kan man auch den halben Circul / den man im Feldmeſſen gebrauchet / zu einer Waſſer-Wage machen.
157. Wenn ihr den bloſſen Arm / daran der Bleywurf haͤnget / behaltet und die Bogen in beyden Seiten wegſchneidet; ſo kommet die Bley-Wage heraus / damit man alles Ho - rizontal richtet: die aber der Beqvemlichkeit halber dem aͤuſſerlichen Anſehen nach vielen Veraͤnderungen unterworfen.
158. Richtet durch dieſelbe / oder eine an -dere311der Mechanick. dere Methode / die hernach beſchrieben wer - den ſol / das Meß-Tiſchlein Horizontal; ſo koͤnnet ihr auch dieſes zu einer Waſſer-Wa - ge brauchen.
159. Noch auf andere Manier Waſ - ſer-Wagen zumachen.
Wenn die Roͤhre AB Horizontal ſtehet / ſo ſtehet das Waſſer in beyden glaͤſernen Roͤh - ren gleich hoch. Derowegen koͤnnet ihr durch dieſes Jnſtrument / wenn ihr die Roͤh - ren mit Waſſer fuͤllet / die Horizontal-Linie finden.
So iſt die Linie MN Horizontal / wenn das Blaͤſelein mitten ſtille ſtehet. Denn ſo bald die Roͤhre in einem Orte hoͤher iſt / ſteiget die Luft hinauf.
160. Wenn ihr weit hinaus ſehen und den Punct / darnach ihr zielet / deutlich erkennen wollet; muͤſ - ſet ihr an ſtat der Dioptern ein Fern-Glaß brauchen. Jn dieſem Falle aber iſt noͤthig / daß die Linie / ſo aus dem Zielungs-Puncte in das Auge gezogen wird / mitten durch die centra der Glaͤſer gehet. Solches nun zuerfahren / ſpannet in dem foco des Objectiv - Glaſes einen zarten Faden Seide aus / zielet nach ei - ner gewiſſen Sache und mercket / was fuͤr eine Linie der Faden in ſelbigem decket. Hierauf wendet das Objectiv-Glaß umb ſein centrum. So nun der Fa - den immer eine Linie decket / ſo ſind die Glaͤſer recht eingeſetzet: wiedriegen Falles muͤſſet ihr durch Huͤlfe einer Stell-Schraube / die an dergleichen Fern-Glaͤ - ſern jederzeit gefunden werden ſoll / das Objectiv - Glaß ſo lange nieder druͤcken oder erhoͤhen / biß ihrTab. IV. Fig. 33. ſolches erhaltet. Weil aber auch gedachte Geſichts - Linie mit der Horizontal-Linie / ſo durch die Wage gefunden worden / parallel laufen muß; ſo ſetzet umb das Jnſtrument recht zu ſtellen die Waſſer - Wage in A und zielet in einer Weite von etwan 250 nach dem Mittelpuncte einer Scheibe C / nach dem die Wage Horizontal gerichtet worden. Setzet in die Hoͤhe des Auges eine andere Scheibe D / gehet mit der Waſſer-Wage in B und / nach dem ihr ſie dergeſtalt Horizontal gerichtet / daß das Auge in den Mittelpunct der erſten Scheibe C zu ſtehen kommet / zielet nach der anderen Scheibe D. Koͤnnet ihr wie - der ihren Mittelpunct ſehen / ſo iſt das Jnſtrument recht geſtellet: wo nicht / ſo muͤſſet ihr das Fernglaß entweder erhoͤhen oder nieder druͤcken / bis die Geſichts -Linie313der Mechanick. Linie mitten zwieſchen den Mittelpunct der Scheibe und den zu erſt erzieleten Punct faͤllet.
161. Das Gefaͤlle des Waſſers iſt eine gerade Linie / umb welche die Ober - Flaͤche deſſelben in einem Orte dem Mit - telpuncte der Erde naͤheꝛ iſt als an einem anderen.
162. Das Waſſer zu waͤgen / oder das Gefaͤlle des Waſſers zu finden.
Hoͤhe des Ufers in A 64″ _ _ Hoͤhe in B 5′ 8″ AD 56 _ _ BC 72 120 _ _ 130 120 Gefaͤlle 10
163. Wenn ihr von einem Orte in den an - deren nicht ſehen koͤnnet / ſo verfahret ſtuͤckwei - ſe / daß ihr nemlich die gegebene Weite in etli -Tab. IV. Fig. 34. che Theile eintheilet. Weil ihr aber unter wegens Oerter antreffen koͤnnet / die hoͤher liegen als der Ort / wo ihr anfanget; ſo ſetzet die Waſſerwage EF zwieſchen zwey Staͤbe AG315der Mechanick. G und BH / traget die Erhoͤhungen des Mit - telpuncts der Tafel D zur Lincken jederzeit beſonders / und die Erhoͤhungen des Mittel - punctes der Tafel C zur rechten gleichfals be - ſonders in euer Memorial. Addiret die er - ſten zu einander / und die anderen auch zu ein - ander / ſo doͤrfet ihr nur die beyden Summen von einander abziehen / wenn ihr das Gefaͤlle finden wollet.
Lincke Hoͤhen AD 34″ Rechte Hoͤhen BG 5′ 7
BO 68 MP 102
Hoͤhe des Ufers 64 Hoͤhe des Ufers 58
166 2.17
156
Scheinbahres Gefaͤlle 5a
164. Wenn das Gefaͤlle auf eine groſſe Weite gefuͤhret wird / ſo muͤſſet ihr das Scheinbahre Gefaͤlle in das wahre durch ge - hoͤrigen Abzug verwandeln (§. 152. 153).
165. Jch koͤnte zwar jetzt zeigen / wie man aus dem gegebenen Gefaͤlle und dem Durchſchnitte des Waſſers urtheilen kan / wie groß die Kraft deſſelben iſt welches eine nuͤtzliche Rechnung gaͤbe / wenn man wiſſen wollte / ob man durch das gegebene Waſſer eine gegebene Ma - chine treiben koͤnne oder nicht / und dieſes umb ſo viel leichter / weil ſchon Mariotte hierzu dienliche Rechnun - gen in ſeinem Traitê du mouvement des eaux ange - wieſen p. 214. ſeqq. allein weil ſich die Beweiſe da -von
316Anfangs-Gruͤndevon nicht beybringen laſſen / wollen wir dieſe Materie nicht mit unter die Anfangs-Gruͤnde ſetzen.
166. Wenn der Waſſer-Stand oder Durchſchnitt des Waſſers kleine und das Gefålle ſehr groß iſt / machet man ein oberſchlaͤgtiges Waſſer-Rad: iſt der Waſſer-Stand groß / und das Gefaͤlle kleine / ſo machet man ein unterſchlaͤgti - ges Waſſer-Rad.
Wenn man ein oberſchlaͤgtiges Waſſer - rad haben wil / ſo muß es gantz unter dem Waſſer ſtehen (§. 142) und da doch das Waſſer hinter dem Rade bald wegflieſſen muß / ſo muß das Gefaͤlle etwas groͤſſer ſeyn als die Hoͤhe des Rades. Derowegen ſchiecket ſich ein Oberſchlaͤgtiges Waſſer - Rad niergends hin als wo man ein ſtarckes Gefaͤlle hat. Weil aber hier das Waſſer auf dem Rade liegen bleibet / und zugleich mit ſeiner Schweere es beweget / nicht durch den bloſſen Stoß (§. 142); ſo darf der Waſ - ſerſtand nicht ſo groß ſeyn / als wenn die Be - wegung durch den bloſſen Stoß des von dem Rade bald wieder abfallenden Waſſers ge - ſchaͤhe: welches das erſte war.
Hingegen wenn das Gefaͤlle kleine iſt / ſo iſt aus dem bisher erwieſenem ſchon klahr / daß kein oberſchlaͤgtiges Rad gemachet wer - den koͤnne. Dannenhero muß ein unter -ſchlaͤg -317der Mechanick. ſchlaͤgtiges gebrauchet werden. Weil aber hier das Waſſer bald wegfaͤllet / wenn es den Stoß verrichtet / ſo muß man deſto mehr Waſſer haben / welches auf einmal anſtoͤſ - ſet / damit das Rad geſchwinde gnung bewe - get werden kan. Und darum machet man ein Unterſchlaͤgtiges Waſſer-Rad / wo ein groſſer Waſſer-Stand / aber wenig Gefaͤlle iſt: welches das andere war.
167. Das Waſſer auf ein oberſchlaͤgti - ges Waſſer-Rad zu leiten.
So iſt geſchehen / was man verlangete.
168. Wenn man von dem gefundenen Ge - faͤlle alle dasjenige abziehet / was theils dem Waſſer zu ſeinem Fortgange in der Rinne / theils zu ſeinem Leben vor der Rinne / theils zu ſeinem Abfalle unter und hinter dem Ra - de gegeben wird; ſo bleibet die Hoͤhe des Ra - des uͤbrieg.
Es ſey Z. E. das Gefaͤlle des Waſſers 12 / die Entfernung des Waſſerſchatzes 300.
Ge -319der Mechanick.Gefaͤlle fuͤr den Fortgang des Waſſers _ _ 1½
Gefaͤlle fuͤr die Rinne _ _ ½
Gefaͤlle fuͤr dem Rade _ _ ½
Hoͤhe des Rades uͤber dem Waſſer _ _ ½
Gefaͤlle fuͤr dem Abfall des Waſſers _ _ 1
Abzug = 4
Das gantze Gefaͤlle = 12
Hoͤhe des Rades 8
169. Damit die Schaufeln das Waſſer / welches aus der Rinne herab ſchießet / alles faſſen moͤgen; muͤſſen ſie umb ⅓ laͤnger gema - chet werden / als die Rinne breit iſt. Es ſey Z. E. die Breite der Rinne 12″ / ſo iſt die Laͤn - ge der Schaufeln 16″.
170. Es iſt gut / wenn man das Waſſer aus einem Teiche leitet / indem man es ſo viel nur moͤglich iſt / ſpahren kan / daß nichts ver - geblich wegfließet.
171. Wenn der Waſſer-Schatz nicht ſtarck gnung iſt / ſollen zu deſſen Verſtaͤrckung alle herumb befindliche hohe Qvellen darein geleitet werden.
172. Qvellen zu ſuchen.
Auf -320Anfangs-GruͤndeDenn wo ein ſolcher Dampf aufſteiget / da - ſelbſt iſt eine Qvelle. (Vitruvius lib. 8. c. 1.)
Wollet ihr euch deſſen noch mehr verſichern / ſo
Wofern ſich des Nachtes uͤber kleine Tro - pfen an das Gefaͤße anhaͤngen / ſo iſt daſelbſt eine Qvelle zu finden. (Vitruvius l. c.)
173. Ein oberſchlaͤgtiges Waſſer-Rad recht einzutheilen.
Auf -321der Mechanick.So iſt geſchehen was man verlangete.
174. Die Figur der Schaufeln iſt dem - nach ein Rectangulum (§. 20. Geom.) / deſ - ſen Breite der Linie HI gleichet.
175. Jhre Zahl giebet ſich aus der benie[m]ten Weite(2) XDH. 322Anfangs-GruͤndeDH. Man kan Z. E. in ieden Qvadranien 5 bis 6 und allſo im gantzen Rade 20 bis 24 Schaufeln ma - chen.
176. Wenn die Schaufeln nach dem Diameter des Rades eingeſetzet werden und zwar innerhalb den Felgen / und das Waſſer-Rad treibet nur einen Mahl - gang; ſo nennet man es Staberzeug: treibet es aber zwey Gaͤnge / Panſter - zeug: Hingegen wenn die Schaufeln o - ben an der Stierne eingeſetzet werden / heiſſet es Straubzeug.
177. Die Hoͤhe der Schaufeln im Staber - und Panſterzeuge iſt etwas geringer als die Tiefe des Waſſers / die Breite aber etwas geringer als die Breite des Waßer-Stan - des / damit das Rad niergends anſtoͤſſet. Sie ſtehen weit voneinander / oder nahe bey - ſammen / nach der Staͤrcke des Waſſers.
178. Jm Staberzeuge iſt ihre Weite 12″ bis 13; im Panſter-zeuge 16″ / 18″ bis 20″. Die Hoͤhe eines Staber-Rades iſt 12′ / eines Panſter-Rades 16′. Fuͤr jenes iſt der Waſſer-Stand wenigſtens 2 Quadrat - Schuh und das Gefaͤlle nach geſchehenem Abzuge 2″: fuͤr dieſes der Waſſer-Stand 5′ / das Gefaͤlle 18 / ′.
179. Das Straub-Rad wird gebrauchet /wenn323der Mechanick. wenn das Gefaͤlle zu einem Oberſchlaͤgti - gen Rade zu klein / und der Waſſer-Stand zu Staber-Zeuge gleichfals zu klein iſt. Die Hoͤhe richtet ſich nach der Staͤrcke des Waſ - ſers.
Z. E. Es kan das Gefaͤlle 3 und mehrere Schuhe / der Waſſer-Stand 1½ Schuh ſeyn.
180. Wenn ein Waſſer ſtarck anzulaufen pfleget / muß man das Rad dergeſtalt ein - haͤngen / daß man es nach Gefallen in die Hoͤ - he ziehen und niederlaſſen kan.
181. Man nennet das Panſter-Rad welches man in die Hoͤhe ziehen kan / Zieh-Panſter: welches aber auf ei - nem unbeweglichen Zapfen-Lager ſtets liegen bleibet / Stock-Panſter.
182. Wenn das Waſſer allzuſtarck anlauft / kan man das Rad nicht hoch gnung ziehen / denn ſonſt grei - fet das innere Kamm-Rad nicht in ſein Getrieb. Da - her kan man die Kamm-Raͤder dergeſtalt zubereiten / daß man unter den gewoͤhnlichen Kammen noch ande - re dem centro naͤher ſetzen kan: wo zu ſich die Einthei - lung leicht ans dem / was oben (§. 106.) geſaget wor - den / finden laͤſſet.
183. Das Waſſer auf unterſchlaͤgtige Waſſer-Raͤder zu leiten.
X 2Auf -324Anfangs-GruͤndeUnd ſolchergeſtalt iſt geſchehen / was man ver - langete.
184. Wenn ihr keine Gelegenheit habet ei - nen Muͤhlgraben zu fuͤhren / ſo leget das Wehr nahe bey der Muͤhle qveer uͤber den Fluß / damit ihr ſo viel Waſſer dadurch auf - haltet / als ihr zu Bewegung der Muͤhle von noͤthen habet.
185. Wenn der Graben ſo breit iſt / daß ihr zwey Waſſer-Raͤder nebeneinander le - gen koͤnnet; ſo muͤſſet ihr auch zwey Waſſer -X 3Bette326Anfangs-GruͤndeBette nebeneinander machen / und das wilde Fluthbette entweder zwieſchen die beyden Waſſer-Bette oder neben des andere Waſ - ſer-Bette legen.
186. Habet ihr mehr als zu einem Rade Gefaͤlle / ſo muͤſſet ihr ſo viel als Waſſer-Raͤ - der kommen ſollen / Waſſer-Bette hinterein - ander legen.
187. Wenn der Muͤhlgraben von dem wilden Bache nicht weit abgefuͤhret werden kan; ſo muͤſſet ihr das Ufer mit eingeſchlagenen Pfaͤhlen / Fachinen und ausgeſchuͤtteter Erde als einen Schierm wieder das wil - de Waſſer befeſtigen.
188. Wo ihr wenig Gefaͤlle habet / doͤrfet ihr dem Waſſer in dem Graben auf 100 Schuhe nicht mehr als ¼ eines Schuhes Gefaͤlle geben.
189. Ein Wehr zu bauen.
190. Weil nicht allein dem Ober-Muͤller / ſonderñ auch den umbliegenden Feldern und Wieſen Schaden geſchehen kan / wenn der Fachbaum des Wehres zu hoch geleget / und allſo das Waſſer zu ſehr aufgehalten wird; ſo wird durch Geſchworene ein Pfahl einge - ſchlagen / der da anzeiget / wie hoch der Fachbaum im Wehre geleget werden koͤnne. Dieſen nennet man den Siecher-Pfahl.
19. Wenn viel Waſſer-Bette hinter einander geleget werden / ſo muß dem Waſſer fuͤr dem erſten Rade mehr Ge - faͤlle gelaſſen werden / als fuͤr den hinte - ren.
Es lehret die Erfahrung / daß das Waſſer durch den Stoß an das Waſſer-Rad ſeine gantze Kraft nicht verlieret / ſondern noch et - was von derſelben / und zwar ein ſehr gutes Theil uͤbrieg behaͤlt / wie aus dem ſchnellen Schuſſe abzunehmẽ / mit dem es von dem Ra - de abfaͤllet. Da nun das waſſer / welches ſchon viel Leben hat / durch einen geringeren Fall e - ben ſo lebhaſt gemacht werden kan / als durch einen groͤſſeren geſchahe / da es todt war; ſo iſt es billig / daß demſelben fuͤr dem erſten Rade ein groͤſſeres Gefaͤlle gegeben werde / als fuͤr dem hinteren. W. Z. E.
192. Wenn Z. E. drey Raͤder hintereinander lie - gen / ſo pfleget man dem erſten das halbe Gefaͤlle zu ge - ben / und die andere Helfte theilet man unter die an - dern beyde. Wer eine rechte Maͤthematiſche Aufloͤ - ſung hiervon geben wollte / muͤſte die Kraͤfte des Waſ - ſers / die es durch den Fall bekommet / und die Kraͤfte / welche es nach dem Stoſſe uͤbrieg behaͤlt / ans zurechnen wieſſen: welches aber nicht unter die Anfangs-Gruͤnde gehoͤret / und in einem anderen Orte gezeiget werden ſol.
193. Eine Machine durch den Wind zu bewegen.
Auf -329der Mechanick.Wenn ihr nun das Seil DE an einen Ha - cken anhaͤnget und es mit der Winde FG aufwindet / ſo ziehet ſich das Dach mit den Wind-Fluͤgeln gegen den Hacken herumb.
194 Die erſte Manier iſt bey uns in Teutſchland / die andere aber in Holland braͤuchlich. Damit in der Hollaͤndiſchen das Dach ſich beqvem herumb drehen laͤſſet / muͤſſet ihr oben umb das Gebaͤude ei - nen hoͤltzernen Ring machen / und in denſelben einen Canal vertiefen. Jn dem Boden des Canals ſetzet dergeſtalt meßingene Rollen ein / daß ſie ein wenig uͤber denſelben hervorgehen. Endlich verbindet das Dach an einen hoͤltzernen Ring / der in den Canal geſencket werden kan.
195. Eine Machine zu machen / die ein Thier durch ziehen bewegen kan.
So iſt geſchehen / was man verlangete.
196. Jn Proportionirung der Laͤnge der Deich - fel hat man theils auf die Groͤſſe des Stiern-Rades / ſo oben an die Welle kommet / theils auf die Ge - ſchwindigkeit des herumblaufenden Thieres / damit es nicht den Schwindel bekommet / theils auf die Be - ſchaffenheit der Machine / abſonderlich die Laſt / welche ſie bewegen ſol zu ſehen.
197. Eine Machine zu machen / die ein Thier durch Treten bewegen kan.
198. Weil der Ochſe mit ſeinem Treten mehr vermag / wenn die Fuͤſſe von der Axe des Rades weit weg ſind (§. 86); ſo ſol er mit denſelben auf einer Schaufel ſtehen / die von ihr ſo weit entfernet / als nur immer moͤglich.
199. Wenn ihr kleine Laſten zu bewegen habet / als Z. E. einen Braten an einem Spieſſe; ſo koͤnnet ihr an ſtat der Schaufeln das Rad an der Stierne gantz mit Bretern beſchlagen und einen Hund inwendig hinein ſetzen / der es mit ſeinem Fuͤſſen herumb treibet.
200. Wie viel ein Thier Kraft zu ziehen oder zu treten habe / muß durch die Erfahrung ausgemacht werden.
201. Eine Machine zu machen / dieTab. VI. Fig. 40. ein Menſch durch drucken bewegen kan.
Machet an eine Horizontal gelegte Wel -le353[333]der Mechanick. le A B verſchiedene Armen / die durch das Centrum der Axe gehen / oder wenigſtens gegen daſſelbe eingeſetzet ſind. Denn wenn ihr mit der Hand einen Arm DC nach dem andern ergreiffet und niederdruͤcket; ſo wird die Welle herumb beweget. W. Z. T. W.
202. Eine Machine durch drehen zu -Tab. V. Fig. 41. bewegen.
Machet an die Welle entweder eine gera - de (n. 1) oder eine gekroͤpfte Kurbe (n. 2) EFG: ſo koͤnnet ihr die Welle mit herumb drehen. W. Z. T. W.
203. Eine Machine durch ſtoſſen zu bewegen.
Dieſes geſchiehet durch Huͤlfe der Win - de FIHG.
204. Eine Machine durch Treten zu bewegen.
Machet ein groſſes Rad / darinnen zwey Kerle ſtehen koͤnnen / faſt auf eben die Art / wie in der 1 Anmerckung der 33 Aufgabe (§. 199) angewieſen worden.
So kan der Kerle / wenn er ſich an eine Stan - ge anhaͤlt / und mit den Fuͤſſen die Stufen hinter ſich wegſtoͤſſet / das Rad bewegen. W. Z. T. W.
Wenn ihr mit dem Fuſſe auf G tretet und den Hebel niederdrucket / bald darauf den Fuß wieder in die Hoͤhe hebet u. ſ. w. ſo werdet ihr die Welle herumb treiben. W. Z. T. W.
205. Weil in dem letzten Falle die Laſt / ſo man in E appliciret zu ſeyn ſich gedencken muß / von dem Ruhepuncte C weiter weg iſt als der Fuß welcher auf G tritt; ſo muß man mehr Kraft zur Bewegung anwenden als die Laſt iſt (§. 77). Und dannenhero iſt dieſe Manier der Bewegung nur zu gebrauchen /wo335der Mechanick. wo man eine geringe Laſt zu bewegen hat. JhrTab. VI. Fig. 48. koͤnnet aber mit Vortheile die Stange in G appliciren und mit der Hand bey E den Ho - bel, bewegen.
206. Eine Machine durch Gewichte zubewegen.
Weil dieſes durch ſeine Schweere hinunter ſteiget und den Strieck abwieckelt / ſo drehet es die Welle herumb. W. Z. T. W.
207. Je tiefer das Gewichte zu ſteigen hat / je laͤngſamer laufet der Strieck ab und je laͤnger dauret dannenhero die Bewegung.
208. Wenn die Welle diecke iſt / ſo lau - fet viel auf einmal ab. Derowegen wenn die Bewegung lange dauren ſol / muß der Strieck umb eine duͤnne Welle gewunden werden.
209. Jhr koͤnnet machen / daß der Strieck langſam ablaufet / wenn ihr ihn durch einen Kloben ziehet. Denn wenn Z. E. der Klo - ben 4 Rollen hat / ſo laufen von der Welle 4 Schuh Striecke ab / ehe das Gewichte Lei - nen Schuh niedergeſtiegen.
210. Weil nun die Kraft in der kleinen Ent - fernung von dem Ruhepuncte (§. 208) appli - ciret wird; ſo ſchiecket ſichs nicht wohl derglei - chen Machinen durch Gewichte zubewegen / wo der Bewegung groſſer Wiederſtand ge - ſchiehet und ſie doch geſchwinde ſeyn ſol.
211. Die bewegende Kraft durch ein Gewichte zu verſtaͤrcken.
Jhr ſollet Z. E. eine Laſt E von 100 Pf. in die Hoͤhe ziehen.
Wenn ihr nun mit der Hand den Strieck D herunter ziehet; ſo brauchet ihr gantz wenig Kraft die Laſt E in die Hoͤhe zuziehen.
212. Eine Machine durch eine FederTab. VI. Fig. 47. zu bewegen.
213. Wie viel die Welle GH von G gegen H nach und nach abnehmen ſol / hat man bißher durch die Erfahrung ausgemacht / in dem man durch das Gehoͤre geurtheilet / ob die Uhren / die man durch Federn beweget / gleich gehen oder nicht. Allein Schottus in ſeiner Technica Curioſa lib. 9. c. 4(2) Yprop. 338Anfangs-Gruͤndeprop. 10 p. 641 erfordert mit Recht / man ſolle nach der Bewegung eines Perpendiculs unterſuchen / ob das Rad an einer Uhr / welches ſich am laͤngſten be - weget / immer in einer Zeit herumb kommet. De la Hire (Traitê de Mecanique prop. 72 p. 232 & ſeqq. ) hat gewieſen wie man die wahre Figur der Welle finden koͤnne: welches aber nur fuͤr die jeni - gen gehoͤret / die ſich in der hoͤheren Geometrie umb - geſehen.
214. Es haben zwar Thomas Savery in Tranſact. Anglic. p. 228, Amontons (Hiſtoire de l’ Acade - mie Royale de Sciences A. 1699) und Dionyſius Papin in einem 1707 zu Franckfurt edirtem Tractat unter dem Titul / Ars nova ad aquam ignis admi - niculo efficacisſime elevandam, wie wol jeder auf beſondere Art gewieſen / wie man ſich des Feuers zur Bewegung der Machinen mit gantz ungemeinem Vortheile bedienen ſol: allein es iſt mit ihren Er - findungen noch nicht ſo weit kommen / daß man ſie wuͤrcklich nutzen koͤnnte. Daher iſt wol das Feuer zur Bewegung der Machinen zur Zeit nicht anders zugebrauchen / als wenn man durch Huͤlfe ſeiner Waͤrme die Bratenwender treiben wil. Man macht nemlich von duͤnnem eiſernen Bleche in geſtalt einer flachen Schuͤſſel ein Rad / welches nicht weit unter dem Schlunde der Feuer-Mauer und faſt in ſeiner Breite an einer eiſernen Stange mit dem Heerde parallel aufgerichtet wird. Wenn nun das Feuer durch ſeine Waͤrme die Luft ausdehnet / oder auch den Rauch in die Hoͤhe treibet / ſtoͤſſet ſo wol jene als dieſer wieder das Rad und beweget es ſo lange her - umb / als nur gluͤende Kohlen auf dem Heerde ſind.
215. Wenn die Machinen bewegetwer -339der Mechanick. werden / ſo benehmen ſie einen Theil der Kraft durch ihren Wiederſtand.
Wenn die Machine beweget wird / ſo reiben ſich die Theile an einander und allſo muß die Kraft entweder die kleinen Theil - gen an den Flaͤchen niederdruͤcken / oder wenn die erhobenen Theilgen der einen Flaͤche in die Vertiefungen der andern fallen / ſelbige wieder heraus heben. Solcher geſtalt ge - het ein Theil der Kraft ab / welches ſonſt mit auf die Bewegung gewendet werden koͤnte.
Wiederumb wenn die Machine beweget wird / ſo muͤſſen die Flaͤchen der Theile / die einander beruͤhren / von einander abgeſondert werden. Da ſie nun nicht allein durch ih - re eigene Schweere / ſondern auch durch die Laſt / ſo beweget wird und durch die Kraft ſelbſt aneinander gepreſſet werden; ſo wird wiederumb einige Kraft erfordert / ſie von einander zu ſondern. Dannenhero leidet auch umb dieſer Urſachen willen die Kraft / welche eine Machine bewegen ſol / einen Ab - bruch. Allſo benehmen die Machinen / weñ ſie beweget werden / einen Theil der Kraft durch ihren Wiederſtand. W. Z. E.
216. Dem erſten Wiederſtande wird abgeholfen / wenn man nicht allein die Za - pfen und Zapfen-Lager / ingleichen die Kam -Y 2men340Anfangs-Gruͤndemen der Raͤder / die in einander gehen / und die Getrieb-Stoͤcke ſo glatt machet als moͤg - lich iſt; ſondern auch hauptſaͤchlich / wenn man die Theile der Machine / die ſich an ein - ander in der Bewegung reiben muͤſſen / mit Oele einſchmieret.
217. Der andere Wiederſtand wird ver - geringert / wenn die Zapfen der Wellen nicht groß gemachet werden.
218. Die Regeln / welche oben gegeben worden / die Kraͤfte der Machinen auszurechnen / treffen nur richtig ein / wenn kein Wiederſtand iſt. Und dan - nenhero waͤre es ſehr nuͤtzlich / wenn man auch die - ſen in allen vorkommenden Faͤllen gnau ausrechnen koͤnte. Jhr findet etwas von dieſer Materie in den Memoires de l’ Academie Royale des Sciences A. 1699 p. m. 260 ſeqq. wo Amontons behauptet / daß / wenn die Theile / ſo ſich an einander reiben / mit Oele eingeſchmieret werden / der Wiederſtand in Ei - ſen / Kupfer / Bley und Holtz beynahe einerley ſey /Tab. I. Fig. 48. und zwar ⅓ von der Kraft / wodurch die Theile an einander gedruͤcket werden. Z E. Es ſey eine Wel - le AB welche ſich mit ihrer gantzen Peripherie an ih - rem Lager reibet. An der Welle haͤnget ein Ge - wichte von 20 Pf. Die Kraft / welche an ihre Pe - ripherie appliciret wird es zu erhalten / iſt auch 20 Pf. (§ 60). Nun wird die Welle an ihr Lager von 40 Pf gedrucket. Allſo iſt der Wiederſtand 13⅓ Pf. Es iſt aber leicht zu erachten / daß / wenn die Kraft das Gewichte bewegen ſol / ſie umb ſo viel mehr vermehret werden muß / als der Wiederſtandaus -341der Mechanick. austraͤget. Da ſie nun dadurch groͤſſer wird / dru - cket ſie ſtaͤrcker und allſo vermehret ſie den Wieder - ſtand von neuem. Derowegen muß man auch noch ⅓ von dem / was man addiret hinzuſetzen umb den neuen Wiederſtand zu uͤberwinden u. ſ. w. biß end - lich dasjenige / was hinzu geſetzet werden ſol / nicht mehr mercklich iſt. Als in dem gegebenen Exempel addiret ihr 13⅓ Pf. zu 20 Pf. ſo iſt die Kraft 33⅓ Pf. Weil nun dieſe umb 13⅓ Pf. vermehret wor - den / addire ich ferner 4 $$frac{4}{9}$$ Pf. / weiter 1 $$frac{13}{27}$$ Pf. ferner $$frac{40}{81}$$ oder ½ Pf und endlich ⅙ Pf. das uͤbriege laͤſſet man weg. Die gantze Kraft demnach iſt 40 Pf. Es hat aber Amontons ferner dargethan / daß ſich verhalte wie der Raum / den die Kraft durchlaͤuft / zu dem Rau - me / durch welchen ſich der reibende Theil in eben der Zeit beweget; allſo der erſte Wiederſtand / der ver - ſpuͤret wird / wenn die Kraft mit dem reibenden Thei - le einen Raum durchlaͤuft / zu dem Wiederſtande / wenn ſie ſich durch verſchiedenen Raum bewegen. Z E. Es reibet ſich die Welle nur in dem fuͤnften Theile ihrer Peripherie: welches geſchiehet / wenn der Dia - meter des Zapfens nur ⅕ von dem Diameter der Wel - le iſt. Jn dieſem Falle wird der Wiederſtand nur ⅕ von 13⅓ Pf ſeyn / das iſt / 2⅔ Pf. Eben dieſer Amontons bemuͤhet ſich in dem angezogenen Orte p. 275 den Wiederſtand / der durch das Reiben der Striecke an den Kloben entſtehet / aus zurechnen.
219. Die Bewegung der Machinen zu reguliren / daß ſie einmal ſo geſchwin - de als das andere gehen.
Man brauchet hierzu die Schwung-Naͤ -Y 3der342Anfangs-GruͤndeTab. VI. Fig. 48.der C D / welche entweder an der gantzen Peripherie mit Bley ausgegoſſen / oder nur an drey oder vier Orten mit gleich weit von einander abſtehenden Gewichten verſehen werden.
An den Uhr-Wercken appliciret man aus gleicher Abſicht einen Perpendicul AB / der mit zwey ſeidenen Faden DE und FG an ei - ne eiſerne Gabel GH gebunden / welche durch das Steige-Rad KI beweget wird. Die Kammen des Steige-Rades muͤſſen nach dem Bogen eingeſchnitten werden / welche man aus dem centro der Gabel mit der Laͤn - ge eines Armes L beſchreibet.
220. Die Schwung-Raͤder ſind noͤthig in Machinen / welche von Menſchen und Thie - ren beweget werden / damit ſie nicht zu wei - len in der Bewegung nach laſſen.
221. Hugenius, welcher die Perpendicul-Uhren zu erſt erfunden / hat in ſeinem Horologio Oſcillato - rio p. 10. 11 gewieſen / wie man das Perpendicul zwieſchen zwey beſonderen Federn aufhaͤngen ſolle / damit die Bewegung auf das allergenaueſte einmal wie das andere bleibe.
Ende der Mechanick.
WEnn ihr dieſe Anfangs - Gruͤnde der Hydroſta - tick duꝛchleſen werdet; ſo werden euch vielleicht einige Dinge gantz ſeltſam und wun derlich vorkom̃en. Denn insgemein bildet man ſich ein / die Schweere ſey der Materie eigenthuͤmlich / und koͤñe ihr dannenhero nichts ahgehen / weñ dieſe in dem Coͤrper unveraͤndert bleibet. Das Waſſer und andere fluͤßige Materien ſiehet man / ſo lan - ge ſie ſtille ſtehen / als todt an / und bildet ſich nicht ein / daß ſie in ſolchem Zuſtande eine Wuͤrckung in andere Coͤrper haben ſollten. Umb dieſer Urſachen willen kan man nicht be - greiffen / wie ſie dem Coͤrper etwas von ſeiner Schweere benehmen / oder auch indem ſie gantz ſtille zuſtehen ſcheinen / ihn mit Gewalt in die Hoͤhe treiben koͤnnen. Doch iſt dieſes al - les klaͤhrlich erwieſen / und kan durch die Erfahrung jeden Augenblieck be - ſtetiget werden. Dadurch lernet erkennen / daß die natuͤrlichen DingeY 5ſich346Vorrede. ſich gantz auders dem Verſtande des Menſchen / als den Sinnen vorſtel - len: von welcher Warheit euch die Optick noch mehr uͤberfuͤhren wird. Jhr haͤttet ſchon ein groſſes gewon - nen / wenn euch die Hydroſtatick auch nur zu dieſer Erkaͤntnis braͤchte / ſon - derlich wenn es euch ein Ernſt iſt / die Natur in ihrer eigentlichen Beſchaffenheit zu erkennen. Allein die Hydroſtatiſchen Lehrſaͤtze ſelbſt wer - den euch dienen von vielen verborgenen Wuͤr - ckungen der Natur die wahre Urſache auszu - finden / ohne welche ihr in den vornehmſten Hauptſtuͤcken der Phyſick nicht anders als im Finſtern tappen wuͤrdet. Wie man durch die Hydroſtatick die Guͤte der Metalle / Minera - lien und anderer dergleichen Dinge / ja auch abſonderlich aller fluͤßigen Materien erkennen koͤnne / hat der beruͤhmte Boyle in ſeiner Medi - cina Hydroſtatica zum Theil dargethan und ihr werdet es aus gegenwaͤrtigen An - fangs-Gruͤnden abnehmen koͤnnen. Der groſſe Nutzen der Hydroſtatick hat mich dem - nach verbunden euch die Haupt-Lehren dieſer herrlichen Wieſſenſchaft hier mit zutheilen. Und werde ich voͤlliges Vergnuͤgen haben / wenn durch dieſelben ein rechter Begrief von der Beſchaffenheit der Erkaͤntnis natuͤrlicher Dinge denen wird beygebracht werden / wel - che die Natur mit herrlicheren Kraͤften der Seele begabet / als daß ſie allein auf Brodt dencken ſolten.
1.
DJe Hydroſtatick iſt eine Wieſ - ſenſchaft von der Wuͤrckung der fluͤßigen Materie in die Schwee - re der Coͤrper.
2. Die Materie wird fluͤßig genennet / wenn ihre Theilgen nicht feſt zuſammen hangen / ſondern ſich leicht trennen laſ - ſen.
3. Dieſe Eigenſchaft der fluͤßigen Coͤrper erkenner man / indem ſie andere Coͤrper ſich frey durch ſich be - wegen laſſen / durch ihre eigene Schweere in Tropfen[z]ertheilet werden / die Figur eines jeden Gefaͤſſes im Augenbliecke annehmen / und wenn ſie in keinem Gefaͤ - ße ſind / zerflieſſen.
4. Ein feſter Coͤrper iſt hingegen / deſſen Theilgen dergeſtalt zuſammen hangen / daß ſie nicht ohne Muͤhe ſich trennen laſſen.
5. Ein Coͤrper von leichterer Art / iſt der / welcher / wenn er einen ſo groſſen Raum einnimmet als der andere / doch weniger wieget; oder der mit einem an - deren Coͤrper einerley Groͤße haben kan / aber weniger Schweere.
6. Hingegen ein Coͤrper von ſchwee - rerer Art iſt / welcher mit einem andern einerley Groͤſſe und doch mehr Schwee - re haben kan.
7. Wenn eine bleyerne Kugel ſo viel Raum einnim - met / als eine ſteinerne / ſo iſt ſie doch ſchweerer als die ſteinerne. Derowegen iſt das Bley ein Coͤrper von ſchweererer Art als der Stein / und hingegen der Stein ein Coͤrper von leichterer Art als das Bley.
8. Eine wiederſtehende Kraft / wird diejenige genennet / welche die Wuͤrckung einer anderen entweder gantz oder zum Theil zunichte machet.
9. Die ſchweeren Coͤrper drucken an - dere / auf denen ſie liegen / und ſuchen ſie aus ihrer Stelle zu jagen (§. 40. Mech.)
10. Wenn ein Coͤrper ſchweerer iſt alsein349der Hydroſtatick. ein anderer / ſo drucket er auch gewalti - ger niederwarts.
11. Wenn zwey oder mehrere Coͤrper eine Schweere haben / ſo drucken ſie gleich viel / und ſteigen / wenn ſie nicht gehindert werden / mit gleicher Kraft darnieder.
12. Wenn zwey Coͤrper oder mehrere einerley Groͤſſe / aber verſchiedene Schweere haben / ſo wendet der ſchwee - rere mehr Kraft an zum Niederſteigen / oder / wenn er gehindert wird / zum dru - cken / als der leichtere.
13. Wenn zwey Coͤrper einander mit gleicher Gewalt / aber nach entgegen - geſetzten Directions-Linien drucken / ſo folget keine Bewegung: wenn aber et - was mehr drucket / als ihm Wieder - ſtand geſchiehet / ſo geſchiehet die Bewe - gung nach der Directions-Linie des ſtaͤr - ckeren.
14. Wenn zwey Cylinder von gleicher Groͤſſe ſind / und doch ungleiche Hoͤhen und Grundflaͤchen haben; ſo muß die Hoͤhe des erſten in der Hoͤhe des anderenſo350Anfangs-Gruͤndeſo vielmal enthalten ſeyn / als die Grund - flaͤche des anderen in der Grundflaͤche des erſten.
Wenn zwey Cylinder einander gleich ſind ſo muß einerley heraus kommen / wenn man die Grundflaͤche eines jeden durch ſeine Hoͤhe multipliciret (§. 206. Geom.). Wenn ſich die Hoͤhe des erſten zu der Hoͤhe des anderen verhaͤlt / wie die Grundflaͤche des anderen zu der Grundflaͤche des erſten; ſo iſt das Pro - duct aus der Grundflaͤche des erſten in ſeine Hoͤhe dem Producte aus der Grundflaͤche des anderen in ſeine Hoͤhe gleich (§. 102. Arithm.) Derowegen wenn zwey Cylinder einander gleich ſind / ſo verhaͤlt ſich die Hoͤhe des erſten zu der Hoͤhe des anderen wie die Grundflaͤche des anderen zu der Grundflaͤ - che des erſten. W Z. E.
15. Weil die Coni oder Kegel der dritte Theil eines Cylinders ſind / der mit ihnen eine gleiche Hoͤhe und Grundflaͤche hat (§. 212. Geom.); ſo gielt gegenwaͤrtiger Satz auch von den Conis oder Kegeln.
16. Eben ſo kan man erweiſen / daß in allen Priſma - tis und Pyramiden / wenn ſie einander gleich ſind / die Grundflaͤche des erſten zu der Grundflaͤche des anderen ſich verhalten / wie die Hoͤhe des anderen Coͤrpers zu der Hoͤhe des erſten (§. 205. 211. Geom.).
17. Wenn zwey Roͤhren / da das Waſ - ſer oder ein anderer fluͤßiger Coͤrper aus einer in die andere kommen kan / mit Waſſer gefuͤllet werden / ſo ſtehet daſſel - be in der einen Roͤhre ſo hoch wie in der anderen.
Der erſte Fall. Wenn beyde Roͤhren AB und CD auf der Horizontal-Linie recht -Fig. 1. winckelicht ſtehen / und uͤber dieſes gleiche Diametros haben / ſo iſt das Waſſer beyder - ſeits von gleicher Schweere / wenn es gleich hoch ſtehet / (§. 202. Geom.). Derowegen wendet das Waſſer EB ſo viel Kraft an das Waſſer BD aus ſeiner Stelle zu jagen / als das Waſſer FD anwendet (§. 9) / und ſolcher Geſtalt kan keines daſſelbe austreiben (§. 13) / folgends muß es in einer Roͤhre ſo hoch als wie in der anderen ſtehen bleiben: welches das erſte war.
Der andere Fall. Wenn die Grund - flaͤche der Roͤhre GI viermal ſo groß iſt als dieFig. 2. Grundflaͤche der Roͤhre HK / und das Waſ - ſer ſetzte ſich in der groſſen aus L in O Z. E. umb einen Zoll / ſo muͤſte es in der kleinen aus M in N umb 4 Zoll ſteigen (§. 14). Dan - nenhero wenn in der groſſen Roͤhre 4 Pfund durch 1 beweget wuͤrden / muͤſte ſich in der groſſen 1′, Pf. durch 4′ bewegen. Da nunbey -373[352]Anfangs-Gruͤndebeyde Bewegung eine Kraft erfordert (§. 82. Mech. ) und ihre Directions-Linien einander entgegen geſetzet ſind; ſo kan das Waſſer in der groſſen Roͤhre GI das andere in der klei - nen HK nicht hoͤher heben / als es ſtehet (§. 13): welches das andere war.
Der dritte Fall. Wenn die eine Roͤh -Fig. 3. re PQ mit der Horizontal-Linie einen rechten / die andere RS mit ihr einen ſchiefen Winckel macht; ſo koͤnnet ihr die Schweere des Waſſers in der Roͤhre SR als eine Kugel auf einer ſchiefliegenden Flaͤche anſehen. Und dannenhero kan das Waſſer in der Roͤhre T V das Waſſer in der Roͤhre RS aufhalten / wenn es beyderſeits gleich hoch ſtehet (§. 114. Mech.). Nun haͤlt das Waſſer in der Roͤh - re TV das Waſſer in der Roͤhre PQ auf / wenn es beyderſeits gleich hoch ſtehet / ver - moͤge des erſten und andern Falles. De - rowegen muß auch das Waſſer in der Roͤh - re PQ dem Waſſer in der Roͤhre SR die Wage halten / wenn es beyderſeits gleich hoch ſtehet: welches das dritte war.
Der vierdte Fall. Hieraus iſt nun fer -Fig. 5. ner klahr / daß das Waſſer in zwey Roͤhren XW und YZ einander die Wage haͤlt / wenn es beyderſeits nur gleich hoch ſtehet / die Roͤh - ren moͤgen gantz verſchiedene ſchiefe Winckel mit der Horizontal-Linie machen / und von gantz verſchiedener Weite ſeyn: welches das vierdte war.
18. Derowegen wenn ihr in den BodenFig. 5. eines Faſſes / welches inwendig wohl ausge - pichet iſt / eine lange Roͤhre von Bleche einſe - tzet und in C feſt verpichet / daß weder Luft noch Waſſer durch kan / uͤber dieſes ſo wol das gantze Faß AB als die Roͤhre CD mit Waſſer voll fuͤllet; ſo werdet ihr ſehen / daß das wenige Waſſer in der Roͤhre CD den Boden AE in die Hoͤhe hebet / wenn er gleich mit viel Centnern beſchweeret wird: weil nemlich das Waſſer in der Roͤhre DC ſo viel drucket als der gantze Cylinder FA drucken wuͤrde.
19. An der Gewißheit iſt nicht zu zweifeln / indem ich ſelbſt mehr als einmal ſolches vielen gezeiget
20. Dannenhero hat man in dem Dru - cken der fluͤßigen Eoͤrper nur auf ihre Hoͤhe zu ſehen / und auf die Groͤſſe der Grundflaͤche / welche ihrem Drucken wiederſtehet.
21. Demnach wird der Boden FG in denFig. 6. 7. Gefaͤſſen HFGI eben ſoviel gedrucket / als wenn der Cylinder LFGL darauf druckete.
22. Wenn zwey Roͤhren / daraus der fluͤßige Coͤrper aus einer in die andere(2) Zkom -354Anfangs-Gruͤndekommen kan / mit fluͤßigen Materien von verſchiedener Schweere gefuͤllet wer - den; ſo verhaͤlt ſich die Hoͤhe des Coͤr - pers von der ſchweereren Art zu der Hoͤhe des Coͤrpers von der leichteren Art / wie die Schweere des leichteren zu der Schweere des ſchweereren in einem gleich groſſen Stuͤcke.
Es ſey Z. E. die Roͤhre CD mit Qveckſiel - ber / die Roͤhre AB mit Waſſer gefuͤllet. Weil das Qveckſielber 14 mal ſo fchweer iſt / als gleichviel Waſſer / ſo ſol man erweiſen / das Waſſer ſtehe 14 mal ſo hoch in AB als das Qveckſilber in CD.
Denn wenn die Roͤhren von gleicher Wei - te ſind / ſo verhalten ſich die Cylinder wie ihre Hoͤhen (§. 224. Geom.) Derowegen wenn die Hoͤhe des Qveckſielbers in der Roͤhre CD der vierzehende Theil von der Hoͤhe des Waſſers in der Roͤhre AB iſt / ſo iſt auch 14 mal ſoviel Waſſer in AB als Qveckſielber in CD / folgends das Waſſer ſo ſchweer als das Qveckſielber. Da nun das Qveckſielber ſo viel gegen DB als das Waſſer gegen BD dru - cket (§. 11.); ſo kan keines das andere bewegen (§. 13.). Weil aber ferner nichts daran gelegen iſt / ob die Roͤhren einerley Weite haben oder nicht / ingleichen ob ſie beyde auf der Horizon - tal-Linie perpen dicular ſtehen / oder nicht; (§. 17.) ſo wird in keinem Falle weder dasWaſ -355der Hydroſtatick. Waſſer das Qveckſielber / noch dieſes jenes bewegen koͤnnen / wenn jenes 14 mal ſo hoch ſtehet als dieſes. W. Z. E.
23. Weil der Beweiß einerley bleibet / wenn man fuͤr das Waſſer und Qveckſielber zwey andere flůßige Coͤrper von verſchiedener Schweere ſetzet; ſo darf man nicht zweifeln / daß er allgemein ſey.
24. Wenn ein Coͤrper von einer ſchweereren Art als eine fluͤßige Materie iſt in derſelben eingetauchet wird; ver - lieret er ſoviel von ſeiner Schweere / als die fluͤßige Materie wieget / die er aus - gejaget.
Es wird Z. E. ein Cubic-Schuh Bley in Waſſer eingetauchet: ſo ſol erwieſen werden / daß er ſoviel von ſeiner Schweere verlieret / als ein Cubic-Schuh Waſſer wieget. Der Cubic-Schuh Waſſer / den das Bley ausge - jaget / wurde von dem umbſtehenden Waſſer in ſeiner Stelle erhalten. Wenn nun das Bley in ſeine Stelle kommet / ſo muß von dem umbſtehenden Waſſer eben ſoviel von ſeiner Schweere erhalten werden / als das Waſſer wieget / ſo aus derſelbe gejaget worden. Dan - nenhero gehet dem Bleye ſoviel von ſeiner Schweere ab / als ein Cubic-Schuh Waſſer wieget. W. Z. E.
25. Weil nun ein Cubic-Schuh Eiſen ſoZ 2viel356Anfangs-Gruͤndeviel von ſeiner Schweere im Waſſer verlie - ret / als ein Cubic-Schuh Bley / und doch ein Cubic-Schuh Bley ſchweerer iſt als ein Cu - bic-Schuh Eiſen; ſo iſt klahr / daß das Eiſen und uͤberhaupt ein jeder Coͤrper von einer leichteren Art in einerley fluͤßigen Materie Z. E. im Waſſer einen groͤſſeren Theil von ſeiner Schweere verlieret / als das Bley oder uͤber - haupt ein ieder Coͤrper von einer ſchweereren Art.
26. Wenn allſo gleich ein Coͤrper von einer ſchweereren Art Z. E. Bley mit einem Coͤrper von einer leichteren Art Z. E. Eiſen in der Luft die Wage haͤlt; ſo halten ſie doch nicht im Waſſer / oder in einer anderen fluͤßigen Materie einander die Wage / ſondern das Bley giebet einen Ausſchlag.
27. Weil ein Cubic-Schuh Bley im Waſſer ſoviel von ſeiner Schweere verlieret als ein Cubic-Schuh Waſſer wieget / und hingegen im Weine ihm ſoviel von ſeiner Schweere abgehet / als ein Cubic-Schuh Wein wieget; ein Cubic-Schuh Waſſer a - ber ſchweerer iſt als ein Cubic-Schuh Wein: ſo muß das Bley mehr im Waſſer als im Weine / und allſo ein jeder Corper mehr von ſeiner Schweere in einer fluͤßigen Materie von einer ſchweereren / als von einer leichteren Art verlieren.
28. Daher bleibet ein Pfund Bley nicht im Wage-rechten Stande mit einem Pfund Bleye / wenn eines ins Waſſer / das andere in Wein gehangen wird. Oder uͤberhaupt zwey Coͤrper von einerley Art und Groͤſſe bleiben nicht im wagerechten Stande / wenn ſie in fluͤßige Materien von verſchiedener Schweere gehangen werden.
29. Die Schweere einer fluͤßigen Materie verhaͤlt ſich demnach zu der Schweere eines anderen Coͤrpers von gleicher Groͤſſe wie das Theil der Schweere / welches ihm in derſel - ben abgehet / zu ſeiner gantzen Schweere. Z. E. die Schweere des Waſſers verhaͤlt ſich zu der Schweere des Eiſens / wie das Theil der Schweere / welches ein Cubic-Schuh Eiſen im Waſſer verlieret zu ſeiner gantzen Schweere.
30. Die Schweere einer jeden fluͤßigen Materie zu finden / Z. E. des Weines in in einem Faſſe.
Z. E. Ein Cubic-Schuh Bley nach dem Pa - riſer-Maaße verlieret im Waſſer 72 Pf. Jhr ſollet finden / wie ſchweer 345′ Waſſer ſind.
1 — 72 — 345
72
690
2415
Schweere des Waſſers 24840 Pf.
31. Wenn euch die Schweere einer fluͤßigen Materie gegeben wird / ſo koͤnnet ihr auf eben eine ſolche Art ihren Coͤrperlichen Jnhalt finden / Z. E. Man fraget / wieviel 325000 Pf. Waſſer Raum einnehme
72 — 1′ — 325000
〈…〉 1 325000 Coͤrperlicher Jnhalt des Waſſers.
32. Die Verhaͤltnis der Schweere ei - ner fluͤßigen Materie zu der Schweere einer anderen fluͤßigen Materie von glei - cher Menge zu finden.
Und allſo verhaͤlt ſich die Schweere des Waſſers zu der Schweere des Oeles / wie das Gewichte / welches ein Cubic-Zoll-Stein im Waſſer verlieret / zu dem Gewichte welches eben derſelbe im Oele verlieret.
Z. E. Ein Cubic-Schuh Stein verlieret im Waſſer 72 Pf. im Oele 66 Pf. Derowegen verhaͤlt ſich die Schweere des Waſſers zu der Schweere des Oeles wie 72 zu 66 / oder wie 12 zu 11. (§. 68. Arithm)
33. Zu finden wie eine fluͤßige Mate - rie von einer ſchweereren Art in einer fluͤßigen Materie von einer leichteren Art wieget.
Z 4Auf -360Anfangs-Gruͤnde34. Aus dem gegebenen Gewichte eines Coͤrpers / der aus zwey verſchie - denen Materien zuſammen geſetzt wor - den / zugleich mit dem Gewichte / wel - ches er in einer fluͤßigen Materie ver - lieret / die Schweere der beyden Mate - rien ins beſondere zu finden / aus deren Vermieſchung er entſtanden.
Allſo iſt gefunden / was man verlangete.
Man hat einen Klumpen von 120 Pf. aus Zinn und Bley zuſammen vermieſchet / wel - cher indem Waſſer 14 Pf. verlieret. Jhr ſollet finden / wie viel Pfund Bley und wie viel Pfund Zinn in demſelben ſind. Die Erfahrung lehret / daß 37 Pf. Zinn im Waſ - ſer 5 Pf. und 23 Pf. Bley im Waſſer 2 Pf. von ihrer Schweere verlieren.
37363der Hydroſtatick.37 — 5 — 120
5
〈…〉 Pf.
23 — 2 — 120
2
〈…〉 Pf.
〈…〉
〈…〉 Pf. Schweere der Mate - rie von der leichteren Art. 120 Schweere des gantzen Coͤrpers. 46 Schweere der Materie von der ſchweereren Art.
35. Auf eben ſolche Weiſe kan die Aufgabe auf - geloͤſet werden / welche der Hydroſtatick den Ur - ſprung gegeben und von dem Archimede zu erſt auf -ge -364Anfangs-Gruͤndegeloͤſet worden: Wie viel nemlich der Soldſchmied Sielber unter die Krone des Koͤniges zu Syracuſa genommen / welche 18 Pf. ſchweer war. Denn weil 18 Pf. Gold im Waſſer 1 Pf. hingegen 18 Pf. Sielber 1½ Pf. und endlich die Krone 1⅓ Pf. von ihrer Schweere verlohren; ſo wird gefunden / daß zu der Krone 12 Pf. Gold und 6 Pf. Sielber ge - nommen worden.
36. Ein jeder Co̊rper / welcher von ſchweererer Art als eine fluͤßige Ma - terie / wendet in derſelben ſo viel Kraft an nieder zu ſteigen / als ſein Gewichte die Schweere der fluͤßigen Materie uͤberſchreitet / die eben ſo viel Raum wie er einnimmet.
Denn er verlieret ſo viel von ſeiner Schweere in der fluͤßigen Materie als die Schweere des Theiles derſelben iſt / der eben ſo viel Raum einnimmet (§. 24). Derowe - gen kan er nur die uͤbriege Kraft zum nie - derſteigen anwenden. W. Z. E.
37. Die Kraft allſo / welche den Coͤrper z. E. im Waſſer erhalten wil / darf nicht groͤſ - ſer ſeyn als der Coͤrper ſchweerer iſt als eben ſo viel Waſſer. Z. E. 37 Pf. Zinn verlie - ren im Waſſer 5 Pf. Allſo doͤrfet ihr nur 32 Pf. Kraft ſie in dem Waſſer zu erhalten.
38. Da nun das Gewichte des Coͤrpers die Schweere der fluͤßigen Materie / die er aus gejaget / mehr uͤberſchreitet / wenn ſie von leichterer / als wenn ſie von ſchweererer Art iſt / (§. 27); ſo muß er auch in jener geſchwinder / als in dieſer unterſincken. Z. E. Eine bley - erne Kugel ſincket im Weine geſchwinder un - ter als im Waſſer.
39. Die Kraft zu finden / welche er - fordert wird einen verſunckenen Coͤr - per unter dem Waſſer aufzuheben / wenn ſeine Schweere und Groͤſſe gege - ben werden.
Z. E. Die Laſt iſt 104500 Pf. ihre Groͤſſe 340′. Ein Cubic-Schuh Waſſer / darinnen ſie verſuncken / wieget 72 Pf.
340
72
680
238
24480 Schweere des Waſſers / ſo der Laſt gleichet.
1045.00 Schweere der Laſt
80020 Todte oder erhaltende Kraft.
40. Wenn die Laſt aus einerley Materie beſtehet / Z. E. aus lauter Bley / ſo darf euch die Groͤſſe nicht gegeben werden. Denn wenn ihr Z. E. wieſſet / wie viel ein Cubic-Schuh von ſeiner Schweere perlieret; ſo koͤnnet ihr durch die Regel Detri finden / wie viel die gantze Laſt von ihrer Schweere verlieret / und ſol - gends wie viel ſie uͤbrieg behaͤlt. Dieſer aber muß die erhaltende Kraft gleich ſeyn.
41. Abraham Cufler ſetzet in ſeinen Prin - cipiis Pantoſophiæ part. 3. p. 121 es verliere in dem Waſſer das Gold $$frac{1}{18}$$ / das Qveckſielber $$frac{1}{14}$$ / das Bley $$frac{1}{12}$$ / das Sielber ⅒ / das Ertz ⅑ / das Eiſen ⅛ / der Zinn ⅐ / von ſeiner Schweere. Dechales a - ber in ſeinem Mundo Mathematico Tom. 3. in Tract. de Hydroſtat. prop. 31 f. 104 bekraͤftiget / wenn die Schweere des Goldes 100 iſt / ſo ſey die Schweeredes367der Hydroſtatick. des Qveckſielbers von gleicher Groͤſſe 71½ / des Bley - es 60½ / des Sielbers 54½ / des Ertztes 47⅓ / des Eiſens 42 / des gemeinen Zinnes 39 / des ge - laͤuterten Zinnes 38¼ / des Magnetes 26 / des Mar - mels 21 / des Steines 14 / des Cryſtalles 12⅕ / des Waſſers 5⅓ / des Weines 5¼ / des Wachſes 5 / des Oeles 4¾.
42. Wenn ein Coͤrper von leichterer Art iſt als eine fluͤßige Materie / Z. E. als Waſſer / ſo tauchet er ſich ſo tief ein / biß das Waſſer / welches ſo viel Raum einnimmet als der eingetauchete Theil / ſo ſchweer iſt als der gantze Co̊rper.
Es ſey Z. E. der Coͤrper / ſo eingetauchet wird / ein hoͤltzerner Cylinder. Bildet euch ein / daß Waſſer beſtehe aus vielen Cylin - dern / die alle einander die Wage halten / weil ſie einerley Hoͤhe haben (§. 17). Wenn ihr nun den hoͤltzernen Cylinder auf das Waſ - ſer leget / ſo wird der Cylinder von Waſſer unter ihm mehr drucken / als die zu den Sei - ten wiederſtehen / (§. 10) / und dannenhero das Waſſer zur Seiten in die Hoͤhe treiben (§. 13) / folgends ſich ein tauchen. So bald er aber ſo viel Waſſer ausgejaget als ſeiner gantzẽ Schweere gleichet / iſt der Cylinder des Waſſers / von welchem er getragen wird / nicht ſchweerer als er vorhin war / da dasWaſſer368Anfangs-GruͤndeWaſſer an ſeiner Stelle war. Derowe - gen weil vorhin das umbſtehende Waſſer demſelben die Wage hielt / muß es auch jetzt / da fuͤr einen Theil Waſſer etwas gleichgiel - tiges ſubſtituiret worden / demſelben die Wage halten. Und ſolcher geſtalt kan ſich der hoͤltzerne Cylinder nicht weiter eintauchen. W. Z. E.
43. Wenn man einerley Coͤrper auf flieſ - ſende Materien von verſchiedener Art Schweere leget / ſo muß er in der von einer leichteren Art ſich tiefer eintauchen / als in der von einer ſchweereren Art Z. E. tiefer in Wein / als in Waſſer / weil mehr Wein als Waſſer dem Coͤrper an Schweere gleich iſt.
44. Je naͤher die Schweere des Coͤrpers zu der Schweere der fluͤßigen Materie Z. E. des Waſſers kommet / je tiefer tauchet ſich derſelbe ein. Z. E. Holtz von ſchweererer Art tauchet ſich tiefer ein / als Holtz von leichterer Art.
45. Wenn allſo der Coͤrper mit der fluͤßi - gen Materie einerley Art der Schweere hat / daß Z. E. ein Cubic-Schuh deſſelben ſo viel als ein Cubic-Schuh Waſſer wieget; tau - chet der Coͤrper ſich gantz unter und bleibetinner -369der Hydroſtatick. innerhalb dem Waſſer ſtehen / wo man ihn hinſtoͤſſet.
46. Wenn der Coͤrper ſich Z. E. umb den vierdten Theil eintauchet / ſo wieget der vierd - te Theil Waſſer ſo viel als der gantze Coͤr - per. Wenn ihr demnach vier Theile Waſ - ſer nehmet / das iſt / ſo viel als der Raum des gantzen Eoͤrpers faſſen kan; ſo muß daſſelbe viermal ſo viel als der gantze Coͤrper wiegen. Solcher geſtalt verhaͤlt ſich die Schweere des Coͤrpers zu gleich viel fluͤßiger Materie wie der eingetauchete Theil zu ſeiner gantzen Groͤſſe.
47. Wenn ein Coͤrper von leichterer Art als eine fluͤßige Materie iſt auf dem Boden eines Gefaͤſſes lieget; ſo kan er nicht eher von dem Boden gehoben werden / biß man ſo viel von derſelben hinein gegoſſen / daß ſie uͤber den Theil gehet / welcher ſich in derſelben eintau - chet / wenn das Gefaͤſſe voll iſt.
48. Aus der gegebenen Schweere Z. E. eines Cubic-Schuhes Waſſers und der Groͤſſe des eingetauchten Theiles eines Coͤrpers / die Schweere des gan - tzen Coͤrpers zufinden.
(2) A aAuf -370Anfangs-GruͤndeWeil der Coͤrper ſo viel wieget / als das Waſſer / welches dem eingetaucheten Thei - le gleich iſt (§. 42); ſo doͤrfet ihr nur ſagen: wie ſich verhaͤlt ein Cubic-Schuh Waſſer zu ſeiner gegebenen Schweere / eben ſo ver - haͤlt ſich der eingetauchete Theil des Coͤrpers zu der Schweere des gantzen Coͤrpers / die ihr demnach durch die Regel Detri (§. 107 Arithm. ) finden koͤnnet.
Ein Cubic-Schuh Waſſer wieget 72 Pf. der eingetauchete Theil des Coͤrpers iſt 740′.
1′ — 72 — 740′
72
1480
518
53280 Schweere des Coͤr - pers.
49. Aus der gegebenen Schweere Z. E. eines Cubic-Schuhes Waſſer / und der Schweere eines Co̊rpers / die Gro̊ſ - ſe des Theiles zu finden / umb welchen er ſich in dem Waſſer eintauchen muß.
Weil ihr ſagen koͤnnet; Wie die Schwee -re371der Hydroſtatick. re eines Cubic-Schuhes Waſſer zu der Groͤſſe eines Cubic-Schuhes / ſo verhaͤlt ſich die Schweere des gegebenen Coͤrpers zu der Groͤſſe des Theiles / umb welchen er ſich ein - tauchen muß (§. 42); ſo koͤnnet ihr abermals die verlangete Groͤſſe des einzutauchenden Theiles durch die Regel Detri finden (§. 107 Arithm).
Es ſey die Schweere des Coͤrpers 53280 Pf.
72 Pf. — 1′ — 53280 Pf.
1
53280
〈…〉 Groͤſſe des einzutauchenden Theiles.
50. Durch dieſe Aufgabe kan man die Ladung ei - nes Schieffes ausrechnen.
51. Ein Jnſtrument zu verfertigen / dadurch man erfahren kan / wie viel Saltz in der gegebenen Sole iſt.
Denn wenn ihr das Jnſtrument in die Sole eintauchet / ſo ſehet ihr / wie viel Pfund Saltz unter 100 Pfund Sole iſt. Wennihr373der Hydroſtatick. ihr demnach die Schweere der gegebenen Sole ſuchet; ſo koͤnnet ihr durch die Regel Detri (§. 107 Arithm) finden / wie viel Pf. Saltz in euer Sole enthalten ſind. W. Z. E.
52. Dechales Hydroſtat. prop. 27 f. 102 Tom. 3. Mund Mathm. erlaͤutert gegenwaͤrtige Aufgabe durchfolgendes Exempel. Es ſey die Schweere des ſuͤſſen Waſſers 64 Untzen oder 1200 Scrupel. Di - vidiret 1200 durch 99 / ſo zeiget der Qvotient 12 $$frac{12}{99}$$ / wie viel Scrupel Saltz ihr darein werſen muͤſſet / damit es den hunderten Theil des Gewichtes der Sole ausmacht. Dividiret ferner 1200 durch 98 / ſo zeiget des Qvotientens 12 $$frac{24}{98}$$ zwiefaches 24 $$frac{48}{98}$$ / wie viel Saltz ihr in das Waſſer werfen muͤſſet / da - mit es $$frac{2}{100}$$ des Gewichtes der Sole ausmachet. Di - vidiret weiter 1200 durch 97 / ſo zeiget des Qvoti - entens 12 $$frac{46}{97}$$ dreyfaches 37 $$frac{41}{97}$$ / wie viel Saltz ihr in das ſuͤſſe Waſſer werfen muͤſſet / damit es $$frac{3}{100}$$ des Gewichtes der Sole ausmachet / u. ſ. w. Wollet ihr nicht jedesmal frieſches Waſſer nehmen; ſo doͤrfet ihr nur die naͤchſt vorhergefundene Zahl von der fol - genden abziehen. Was alsdenn uͤbrieg bleibet / zei - get an / wie viel Saltz uͤber das vorhin ſchon hin - eingeworfene noch dazu gethan werden muß. Z. E. Wenn ihr zu erſt 12 $$frac{12}{99}$$ Scrupel hinein geworfen / ſo doͤrfet ihr umb den anderen Theilungs-Punct F zufinden nicht 24 $$frac{48}{98}$$ ; ſondern nur den Uber - ſchuß 12 $$frac{2}{9}$$ in das ſchon etwas geſaltzene Waſſer hin - ein werfen.
A a 3Die53. Die Kraft zufinden / welche einen Coͤrper in einer fluͤßigen Materie von ſchweererer Art als er iſt / Z. E. ein Stuͤcke Holtz unter dem Waſſer erhal - ten kan / wenn ſeine Gro̊ſſe und Schwee - re nebſt der Schweere der fluͤßigen Ma - terie / Z. E. eines Cubic-Schuhes Waſ - ſer gegeben wird.
Es iſt aus dem erſten Lehrſatze (§. 17) klahr / daß ſo viel Kraft erfordert werde den Coͤrper unter dem Waſſer zu erhalten / als das Waſſer mehr wieget / welches eben ſo viel Raum einnimmet. Derowegen
Ein Cubic-Schuh Waſſer wieget 72 Pf. ein Coͤrper / den man unter demſelben er - halten ſol / 100 Pf. Seine Groͤſſe iſt 8′.
1′375der Hydroſtatick.1′ — 72 — 8′
8
576 Pf. Schweere des Waſſers / welches dem Coͤrper gleichet.
100 Schweere des Coͤrpers.
476 Pf. Kraft / die den Coͤrper unter dem Waſſer erhaͤlt.
54. Weil der Coͤrper mit ſo groſſer Ge - walt in die Hoͤhe getrieben wird / als die Kraft iſt / welche ihn unter dem Waſſer oder einer anderen fluͤßigen Materie erhalten kan; ſo kan man durch gegenwaͤrtige Auf - gabe auch die Gewalt finden / durch welche ein Coͤrper in einer gegebenen fluͤßigen Ma - terie von einer ſchweererern Art als er iſt in die Hoͤhe getrieben wird. Als in dem vori - gen Exempel iſt dieſelbe 476 Pf.
55. Wenn ein Gefaͤſſe AB / das vollFig. 8. Waſſer iſt / biß an die Linie A C ſich eintauchet; ſo iſt die Kraft / welche das leere Gefaͤſſe biß an die Linie A C ein - getauchet erhalten kan / derjenigen gleich / die das volle in der Luft erhal - tenkan.
Weil das volle Gefaͤſſe ſo tief eingetau -A a 4chet376Anfangs-Gruͤndechet wird / als es die Kraft niederdruͤcket; ſo muß dieſe der Schweere deſſelben gleich ſeyn. Die Kraft aber / welche das volle Ge - faͤſſe in der Luft erhaͤlt / iſt auch ſeiner Schwee - re gleich. Derowegen muß auch die Kraft / welche das leere Gefaͤſſe biß zu der Linie AC in dem Waſſer niederdruͤcken kan / der Schweere des vollen Gefaͤſſes gleich ſeyn. W. Z. E.
56. Die fluͤßige Materie wird umb ſo viel ſchweerer als der unter getauchete Coͤrper von ſeiner Schweere in derſel - ben verlieret.
Wenn der Coͤrper untergetauchet iſt / ſo wird ſo viel von ſeiner Schweere von dem Waſſer getragen / als er in demſelben verlie - ret / wie aus dem Beweiſe des 3 Lehrſa - tzes erhellet (§. 24). Da nun dieſer Theil der Schweere zu gleich mit dem Waſſer un - ter und ober ihm in einem Cylinder dem umbſtehenden Waſſer die Wage haͤlt; muß es auch zu gleich mit dem Waſſer auf den Boden des Gefaͤſſes drucken und allſo mit jhm wiegen. W. Z. E.
57. Aus eben dieſem Beweiſe iſt klahr / daß die Kraft / welche angewendet wird einenCoͤr -377der Hydroſtatick. Coͤrper von leichterer Art als das Waſſer iſt in demſelben zuerhalten / zugleich mit dem Waſſer wiegen muß.
58. Daher kan man die 9 Aufgabe (§. 53) gar leichte in Erfahrung bringen / oder auch durch die Erfahrung ſelbige aufloͤſen
59. Alles was bißher erwieſen worden / laͤſſet ſich durch die Erfahrung ohne groſſe Muͤhe bekraͤftigen. Und ſind die Erfahrungen als Proben anzuſehen / dadurch man uͤberfuͤhret wird / daß man durch vernuͤnftige Schluͤſſe die Wahrheit richtig gefunden.
ENDE der Hydroſtatick.
ES iſt ein altes Herkom - men / daß man einen Theil aus der Phyſick zu einer Mathematiſchen Wiſſen - ſchaft gemacht / wenn man durch Huͤlfe der Arithmetick / Geo - metrie und Algebra denſelben recht ausgearbeitet. Denn auf ſolche Weiſe haben wir die Hydroſtatick / Hydraulick / Optick und Aſtronomie in die Zahl der Mathematiſchen Di - ſciplinen bekommen. Da man nun bereits von den Kraͤften und Eigenſchaften der Luft nicht ein ge - ringes auf Mathematiſche Art er - weiſen / ausrechnen und zu nuͤtzli - chen Kuͤnſten anwenden kan; ſo ha - be ich mir vor ohngefehr einem Jah - re die Freyheit genommen eine neue Mathematiſche Diſciplin aufzubrin -gen /382Vorrede. gen / welche ich die Aerometrie ge - nennet. Damit ich nun mein da - maliges Vorhaben nicht wieder ſelbſt zuverwerfen ſchiene / habe ich auch in dieſen Anfangs-Gruͤnden al - ler Mathematiſchen Wieſſenſchaften unter die Zahl derſelben die Aerome - trie mit ſetzen wollen. Es wiꝛd euch a - ber um ſoviel weniger unangenehm ſeyn / weil ihr nicht allein darinnen ei - nen Nutzen der Hydroſtatiſchen Lehren ſehen; ſondern auch die Be - ſchreibung der beruͤhmten Luft - Pomppe und Wetterglaͤſer darin - nen finden / und zugleich guten Grund zu der Hydraulick legen wer - det. Jch habe mich mit dem ver - gnuͤget / was zu dieſer Abſicht dienet / und dannenhero vieles weggelaſſen / was in meinen Elementis Aërometris zu finden.
1.
DJe Aerometrie iſt eine Wieſſen - ſchaft die Luft zu meſſen.
2. Meſſen heiſſet ſoviel als eine ge - wieſſe Groͤſſe zur Eines machen und die Verhaͤltnis anderer von gleicher Art zu derſelben unterſuchen.
3. Z. E. Wenn ihr das Tuch meſſen wollet / nehmet ihr eine gewieße Laͤnge fuͤr Eines an / welche ihr eine Elle nennet / und forſchet nach / wie vielmal dieſe Laͤnge in der Laͤnge des Tuches enthalten ſey. So wenn ihr die Waͤrme der Luft meſſen wollet / muͤſſet ihr einen gewieſſen Grad derſelben fuͤr Eines anneh - men / und ihre Verhaͤltnis zu demſelben unterſuchen / das iſt / fragen wie vielmal er genommen werden muß / damit euer Grad heraus kom̃et (§. 62 Arithm.)
4. Weil unter dem Nahmen Groͤſſe alles das jenige verſtanden wird / welches vermeh - ret oder vermindert werden kan; ſo laͤſſet ſich alles in der Luft ausmeſſen / was zu und ab - nehmen kan / oder durch einen gewieſſen Raum ausgedehnet iſt.
5. Durch die Luft verſtehe ich einen fluͤßigen Coͤrper / welcher in und uͤber der Erde allen Raum / der von anderen Coͤrpern verlaſſen wird / und leer zu ſeyn ſcheinet / einnimmet / wenn er nicht von einem anderen gehindert wird.
6. Jch ſuche hier weiter nichts als eine Eigenſchaft zugeben / daraus man die Luft erkennen kan.
7. Wenn ihr die Hand durch einen Raum / der leer zu ſeyn ſcheinet / gegen das Geſichte beweget; ſo werdet ihr wahrnehmen / daß et - was das Geſichte beruͤhret / unerachtet die Hand nicht daran kommet. Allſo muß eine Materie in demſelben Raume ſeyn / die ſehr ſubtil / weil man ſie nicht ſehen kan / und deren Theile nicht feſt zuſammen hangen / weil ſie die Coͤrper in ihrer Bewegung nicht aufhaͤlt / das iſt / die fluͤßig iſt (§. 2. Hydroſt.) Dero - wegen iſt die Luft in der Natur anzutreffen - (§. 5.).
8. Ein Coͤrper wird zuſammenge - druͤcket / wenn die ihm zugehoͤrige Ma - terie in einen engen Raum gebracht wird.
9. Ein Coͤrper wird ausgedehnet /wenn385der Aerometrie. wenn die ihm zugehoͤrige Materie durch einen groͤſſeren Raum ausgebrei - tet wird.
10. Dieſe Materie gehoͤret dem Coͤrper zu / welche mit ihm zu gleich wieget / beweget wird / und in der Bewegung an andere Coͤrper anſtoͤſſet. Die andere Materie aber / die durch den Coͤrper frey durchfließet / nennen wir frembde Materie.
11. Eine Wind-Wage iſt ein Jn - ſtrument / dadurch man die Gewalt des Windes abmeſſen kan.
12. Eine Luft-Pomppe zu ma - chen / das iſt / ein Jnſtrument / dadurch man die Luft aus den Gefaͤßen pomppet.
So iſt geſchehen / was man verlangete.
13. Daß man durch dieſes Jnſtrument die Luft aus pomppen koͤnne / lehret die Erfahrung / und darf allſo nicht erſt erwieſen werden. Wie es aber zugehe / wol - len wir bald erkennen.
14. Oben wird ein Keſſel gemacht / damit man Waſſer hinein gieſſen kan / wenn die Pomppe nicht Luft halten wolte: ingleichen daß kein Staub und Un - flath hinein kommet.
15. Auf die Schluͤſſel wird eine naſſe Hierſchlederne Scheibe geleget / weil die glaͤſernen Glocken / ſo man darauf ſetzet / nicht gnau gnung mit ihr ſonſt ſchlieſſen / und allſo die Luft durchlaſſen wuͤrden. Wie denn auch alle Roͤhren mit ledernen Scheiben an ihren Schrauben verwahret werden / die man mit warmem Unſchlitt uͤber dem Lichte eingeſchmieret. Der Stoͤp - ſel / wenn er ſtrenge gehet / wird mit reinem Baum - Oele eingeſchmieret / der Hahn aber mit Unſchlitt uͤber einem Kohlfeure.
16. Nehmet eine Lammes-Blaſe / aus welcher alle Luft heraus iſt / auſſer die / ſo hin und wieder zwieſchen den Fal - ten ſich aufhaͤlt; binder ſie feſt mit ei - nem Bindfaden; haͤnget ſie innerhalb der glaͤſernen Glocke auf / und pomppetB b 2aus388Anfangs-Gruͤndeaus dieſer die Luft: ſo werdet ihr ſehen / daß die Blaſe immer ie mehr und mehr ausgedehnet wird / nicht anders als wenn ſie aufgeblaſen wuͤrde / je mehr ihr Luft aus der Glocke gepomppet. Laſ - ſet wiederumb von auſſen durch Huͤlfe des Hahnes Luft in die Glocke / ſo wird die Blaſe wieder wie vorhin auf einmal zuſammen fahren / und ausſehen als wenn nichts darinnen waͤre.
17. Weil in der Blaſe nichts iſt als die wenige Luft / ſo ſich hin und wieder zwieſchen ihren Falten aufhaͤlt; ſo muß dieſe nothwen - dig ſich ausdehnen / wenn die umbſtehende Luft weggepomppet wird: Denn ſonſt koͤnte ſie die Blaſe nicht ſo aufblaſen. Da ſie nun aber ſich immer mehr und mehr ausdehnet / ie mehr die umbſtehende Luft ausgepomppet wird; ſo iſt deutlich abzunehmen; daß in der Luft eine Kraft ſey ſich gewaltig auszudeh - nen / und dieſelbe auch beſtaͤndig ihre Wuͤr - ckung hat / wenn ihr nicht etwas wiederſtehet. Dieſe Kraft nun / welche die Luft vermoͤgend macht ſich zuſammen drucken zu laſſen / und / wenn das Drucken gehoben wird / ſich wieder auszudehnen / wollen wir hinfuͤhro die Ela - ſtiſche Kraft nennen.
18. Wenn der Stoͤpſel DE in der Luft - Pomppe AB hervor gezogen wird; ſo wird in ihrer Hoͤhle ein leerer Raum / darein von auſ - ſen keine Luft kommen kan. Schließet ihr nun den Hahn GH auf / ſo dehnet ſich die Luft in der Glocke / welche auf dem Teller PQ an - gedruͤckt worden / aus und tritt durch die Roͤhre LKF in die Hoͤhle der Pomppe / bis ſie durchgehends gleich dichte iſt. Und ſolcher - geſtalt wird die Luft unter der Glocke duͤnner als ſie vorher war. Wenn ihr hierauf den Hahn GH umbkehret / biß das ſchraͤge auf - warts gebohrete Loch der Pomppe entgegen ſtehet / den Stoͤpfel I heraus nehmet / und den Stoͤpſel DE in die Pomppe hinein windet; ſo wird die Luft durch die Roͤhre FG und den Hahn GH heraus geſtoſſen.
19. Kuͤttet an eine groſſe glaͤſerne hoh - le Kugel eine meßingene kurtze Roͤhre mit einem Hahne und einer Schrauben - Mutter / damit ihr ſie nach Gefallen ver - ſchlieſſen / und auf die Lufft-Pomppe in L ſchrauben koͤnnet. Pomppet die Luft heraus / ſoviel als moͤglich iſt / und ſchlieſſet den Hahn zu. Schraubet ſie ab / und leget ſie auf eine Wage-Schale / auf die andere Schale aber ſo viel Ge - wichte als noͤthig ſind ſie in einen gnau -B b 3en390Anfangs-Gruͤndeen wagerechten Stand zu ſetzen. Hie - rauf machet den Hahn auf; ſo werdet ihr die aͤußere Luft mit einem Geraͤu - ſche hinein fahren hoͤren / und die Kugel wird einen Ausſchlag geben / auch beſtaͤn - dig mehr wiegen als da die Luft ausge - leeret war.
20. Weil die Kugel die Wage-Schale mehr niederdrucket / wenn ſie voll Luft / als wenn ſie leer iſt; ſo muß die Luft ſchweer ſeyn (§. 40. Mech.)
21. Jhr ſolltet vielleicht meinen / man koͤnne die Luft nicht innerhalb der Luft abwiegen / weil die Kugel / wenn ſie voll Luft iſt / ſo viel Schweere verlieret / als die Luft wieget / welche eben den Raum einnimmet / den ſie einſchlieſſet (§. 24. Hydroſtat.) Allein weil einerley Abgang der Schweere iſt / die Kugel mag voll Luft oder leer ſeyn: ſo iſt der Abgang allerdings em - pfindlicher / wenn ſie leer / als wenn ſie voll iſt. Und zwar iſt klahr aus angefuͤhrtem Lehrſatze / daß die Schweere der Luft ſo groß zu achten ſey / als die Ku - gel weniger wieget / nachdem ſie ausgeleeret wor - den.
22. Burcherus de Volder hat auf dieſe Weiſe gefun - den / daß ein Cubic-Schuh Luft bey nahe 1 Untze und 27 Gran oder 507 Gran halte. Vid. quæſtionas A - cademicæ de acris gravitate Theſ. 48. p. 50. & ſeqq.
23. Weil die Luft ſich zuſammen drucken laͤſſet / und die obere Luft durch ihre Schwee - re auf die untere drucket (§. 20. Aërom. & §. 9. Hydroſt. ); ſo iſt kein Wunder / daß die un - tere Luft dichter / die obere aber duͤnner be - funden wird.
24. Otto de Guericke, welcher die Luft-Pomppe zu - erſt erfunden / hat ſolches folgender geſtalt erfahren. Er hat unten bey einem hohen Thurme in ein Gefaͤße Luft gelaßen / und mit einem Hahne feſt verſchloßen. Nachdem er ſelbiges auf den Thurm hinauf getragen / und in der Hoͤhe eroͤfnet / hat er wahrgenommen / daß etwas Luft aus dem Gefaͤße herausgefahren. Vid. Experimenta Nova Magdeburgica de Spatio Vacuo c. 30. lib. 3. f 113.
25. Daher muß die untere Luft von ſchwee - rerer Art ſeyn als die obere / weil mehr derſel - ben in einem Raume enthalten.
26. Was iſt es Wunder / daß die Duͤnſte in der obe - ren Luft hangen bleiben / die durch die untere hinauf ſteigen (§. 45. Hydroſtat. )?
27. Die Elaſtiſche Kraft der Luft iſt der Kraft gleich / welche die Luft zu - ſammen drucket.
Die Luft wird von einer kleinen KraftB b 4nicht392Anfangs-Gruͤndenicht ſo enge zuſammen gedrucket als von ei - ner groſſen. Derowegen muß ſie derſelben wiederſtehen. Sie hat aber eine Elaſtiſche Kraft / durch welche ſie ſich / ſoviel ihr zugelaſ - ſen wird / auszudehnen trachtet (§. 16). Dar - umb muß ſie durch ihre Elaſtiſche Kraft der - jenigen wiederſtehen / die ſie zuſammen dru - cket (§. 8. Hydroſt.). Und weil dieſe nichts mehr wider ſie vermag; ſo muß ſie ihr gleich ſeyn (§. 13. Hydroſt.) W. Z. E.
28. Je mehr allſo die Luft zuſammen ge - drucket wird / je ſtaͤrcker wird ihre Elaſtiſche Kraft: Hingegen je duͤnner ſie wird / je ſchwaͤ - cher wird ihre Elaſtiſche Kraft.
29. Wenn allſo die Luft zweymal ſoviel ge - drucket wird / ſo wird ihre Elaſtiſche Kraft zweymal ſo ſtarck als vorhin. Wird ſie dreymal ſoviel gedrucket; ſo iſt ihre Elaſti - ſche Kraft dreymal ſo ſtarck wie vorhin / u. ſ. w.
30. Dannenhero iſt die Elaſtiſche Kraft der unteren Luft der Schweere der gantzen o - beren gleich / die auf ſie drucket.
31. Und darumb koͤnnen alle Wuͤrckun - gen von der Elaſtiſchen Kraft der unteren Luftgeſche -393der Aerometrie. geſchehen / die durch das Drucken von der Schweere der gantzen Luft moͤglich ſind.
32. Fůllet eine Roͤhre / die uͤber 32 Rheinlaͤndiſche Schuhe lang iſt / mit Waſſer. Verſtopfet ſie oben / daß kei - ne Luft hinein kan / und unten verſchlieſ - ſet ſie mit einem Hahne. Richtet die Roͤhre gerade auf / und ſetzet den Hahn ins Waſſer. Wenn ihr denſelben auf - machet / wird das Waſſer anfangen her - aus zu laufen / hingegen bald aufhoͤren / wenn es 31 Rheinlaͤndiſche Schuhe hoch ſtehet.
33. Weil das Waſſer / welches in der Roͤhre hangen bleibet / auf das Waſſer in dem Gefaͤſſe drucket (§. 9. Hydroſtat. ) und das umbſtehende Waſſer ihm nicht weichet / ſo iſt noͤthig / daß es umb und umb gleich viel ge - drucket werde. Nun drucket aber auf das Waſſer die Luft (§. 5. 20.). Derowegen muß dieſelbe auf eine Circul-Flaͤche ſo ſtarck drucken / als ein Cylinder Waſſer / der dieſen Circul zu ſeiner Grundflaͤche hat / und 31 Rheinlaͤndiſche Schuhe hoch iſt.
34. Weil die Luft das Waſſer in einer Roͤhre / die oben leer iſt / 31 Schuh hoch er - halten kan / das Qveckſielber aber 14 mal ſoB b 5ſchweer394Anfangs-Gruͤndeſchweer als das Waſſer iſt; ſo kan ſie daſ - ſelbe nur den vierzehenden Theil von 31 Schu - hen hoch erhalten. (§. 22. Hydroſt.).
35. Wenn ihr dannenhero eine glaͤſerne Roͤhre / die oben zugeſchmeltzet iſt / mit Qveckſielber fuͤllet / und in ein Gefaͤße mit Qveckſielber ſetzet / ſo wird das Qveck - ſielber aus der Roͤhre nicht gantz herunter fallen / ſon - dern in derſelben beynahe 28 Zoll hoch bleiben: wie Torricellius zuerſt wahrgenommen / von welchem ſie auch die Torricellianiſche Roͤhre genennei wird. Gießet ihr auf das Qveckſielber in dem Ge - faͤße Waßer / ſo ſteiget es hoͤher / weil die Luft mit dem Waßer drucket. Hingegen wenn ihr die Torricellia - niſche Roͤhre unter eine glaͤſerne Glocke mit einer weiten glaͤſernen Roͤhre ſetzet / und die Luft wegpomp - pet / ſo werdet ihr ſinden / daß das Qveckſielber nach und nach herunter faͤllet.
36. Es iſt aber nicht noͤthig / daß ihr das Experi - ment unter freyem Himmel anſtellet; weil die Elaſti - ſche Kraft das Qveckſielber eben ſo hoch erhalten kan als die Schweere der gantzen Luft (§. 30. 31.)
37. Aus der gegebenen Grund-Flaͤche / der Luft-Saͤule ihre Schweere zu fin - den.
Es ſey der Diameter eines Circuls 100′″ / ſo iſt die Flaͤche 7850′″ (§. 163 Geom).
Hoͤhe der Waſſer-Saͤule 31 00 785000 2355 Jnhalt der Waſſer-Saͤule 24335000 1000″, = 64 Pf. — 24335″ 64 97340 146016 557440 〈…〉 Pf. Schweere der Luft - Saͤule.
38. Wenn eine Kugel im Diameter 1′ hat / ſo iſt die Grund-Flaͤche der Luft-Saͤule / die darauf druͤcket / ein Circul / deſſen Dia - meter 1′ hat / nemlich der groͤſte Circul der Kugel; und allſo ihre Schweere 1557½ Pf. Dergleichen Saͤule aber drucket nicht nur von oben / ſondern auch von unten (§. 30. 31).
39. Wenn ein Gefaͤſſe voll Luft iſt / vermag die aͤuſſere Luft nichts wieder daſſelbe: Wenn aber die innere aus - geleeret wird / erfolget eine Wuͤrckung / welche der druckenden Kraft der aͤuſſe - ren Luft gemaͤß iſt.
Wenn das Gefaͤſſe voll Luft iſt / die eben ſo dichte iſt / wie die aͤuſſere; ſo iſt die Elaſti - ſche Kraft der inneren der Elaſtiſchen Kraft der aͤuſſeren gleich (§. 27). Darumb dru - cket die innere Luft ſo viel heraus / als die aͤuſſere hinein drucket: folgends kan die aͤuſ - ſere mit ihrem Drucken wieder das Gefaͤſſe nichts ausrichten (§. 13 Hydroſt.). Wel - ches das erſte war.
Wenn aber die innere Luft entweder gantz oder zum Theil ausgeleeret wird (§. 10); ſo wird ſie in dem letzten Falle duͤnner als dieaͤuſſere397der Aerometrie. aͤuſſere (§. 16) und daher ihre Elaſtiſche Kraft geſchwaͤchet (§. 28). Da nun in dem erſten Falle dem druͤcken der aͤuſſeren Luft gar kein Wiederſtand geſchiehet / in dem an - deren aber weniger Wiederſtand gethan wird / als die aͤuſſere Luft drucket; ſo muß allerdinges eine Wuͤrckung erfolgen / die entweder der gantzen druckenden Kraft der Luft / oder ihrem Uberſchuſſe uͤber den Wie - derſtand der inneren proportioniret iſt (§. 13 Hydroſt.) Welches das andere war.
40. Nun werdet ihr die Urſache begreiffen / war - umb die Glocke an dem Teller ſo feſt haͤnget / wenn die Luft ausgepomppet wird / daß man ſie nicht loß - reiſſen kan; warumb zwey halbe kuͤpferne Kugeln / wenn man ſie zuſammen geleget / die Fuge mit ein wenig Unſchlitt verſchmieret und die innere Luft her - aus pomppet / ſo feſt zufammen halten / daß ſie auch durch viele Pferde nicht von einander gerieſſen wer - den; warumb die eckichten Glaͤſer von der aͤuſſeren Luft zerdruͤcket werden / wenn die innere ausgepomp - pet wird und warumb andere dergleichen Dinge mehr geſchehen.
41. Wenn in der Torricellianiſchen Roͤhre uͤber dem Qveckſielber ein we - nig Luft bleibet; ſo wird daſſelbe nicht ſo hoch darinnen ſtehen / als wenn ſie leer iſt.
Wenn die innere Luft ſo dichte iſt / wie dieaͤuſſe -398Anfangs-Gruͤndeaͤuſſere / ſo kan ihre Elaſtiſche Kraft allein der aͤuſſeren die Wage halten (§. 27 Aër. & 13 Hydroſt.). Derowegen muß das Qveck - ſielber vermoͤge ſeiner Schweere anfangen zu fallen (§. 13 Hydroſt.). Jn dem dieſes geſchiehet / dehnet ſich die eingeſchloſſene Luft aus (§. 16) und / da ſie duͤnner wird / nimmet ihre Elaſtiſche Kraft ab (§. 28). Da ſie nun nicht mehr der unveraͤnderten aͤuſſeren Luft die Wage halten kan (§. 13 Hydroſt. ) muß nothwendig etwas von dem Qveckſiel - ber zu ruͤcke bleiben. W. Z. E.
42. Weil die Schweere des Qveckſielbers und die Elaſtiſche Kraft der Luft zuſammen der aͤuſſeren Luft die Wage halten; ſo muß ſo viel Qveckſielber zu ruͤcke bleiben als den Uberſchuß der Schweere der aͤuſſeren Luft uͤ - ber die Elaſtiſche Kraft der eingeſchloſſenen erſetzen kan.
43. Und allſo iſt die Elaſtiſche Kraft der eingeſchloſſenen Luft der Schweere des Qveckſielbers gleich / welches zu dem Cylin - der fehlet / der allein mit der aͤuſſeren Luft die Wage halten wuͤrde.
44. Hieraus erkennet ihr zugleich die Urſache / warumb aus einem umbgekehreten Glaſe mit einem engen Halſe immer etliche Tropfen Waßer zu erſtheraus399der Aerometrie. heraus laufen / wenn oben etwas Luft iſt / ehe die aͤußere Luft durch ihre Schweere das Auslaufen hin - deren kan.
45. Wenn die Luft ſchweerer wird / ſo muß das Qveckſielber in der Torri - cellianiſchen Roͤhre hoͤher ſteigen; wird ſie aber leichter / ſo muß es nie - derfallen.
Denn das Qveckſielber in der Torricel - lianiſchen Roͤhre haͤlt die Wage mit der Schweere der Luft (§. 34). Wenn nun die - ſe geringer wird / muß auch die Schweere des Qveckſielbers / folgends ſeine Hoͤhe ab - nehmen: wird ſie aber groͤſſer / ſo muß auch das Qveckſielber hoͤher ſteigen (§. 13 Hy - droſt.) W. Z. E.
46. Da alle Tage im Jahre die Hoͤhe des Qveckſielbers in der Torricellianiſchen Roͤhre (ob zwar nicht viel / doch mercklich) ver - aͤndert wird; ſo hat man daraus geſchloſ - ſen / daß die Schweere und allſo auch die E - laſtiſche Kraft der Luft vielen veraͤnderun - gen taͤglich unterworfen ſey.
47. Daher bedienet man ſich dieſes Jn - ſtiumentes / die Veraͤnderungen in derSchwee -400Anfangs-GruͤndeSchweere der Luft damit abzumeſſen und nennet es BAROMETRUM oder auch BAROSCOPIUM.
48. Man hat zwar angemercket / daß das Qveck - ſielber von der Waͤrme duͤnner / und von der Kaͤlte diecker gemacht wird / dannenhero die Hoͤhe deſſel - ben in der Torricellianiſchen Roͤhre ſich umb etwas veraͤndern kan / ohne daß die Schweere der Luft ei - nigen Veraͤnderungen unterworfen; allein man pfle - get insgemein auf dieſe Kleinigkeiten nicht acht zu - haben. Wer aber Luſt hat die Veraͤnderungen in der Schweere der Luft gnau zuerkennen; der kan nachleſen / was zu dem Ende in meinen Elementis Aërometriæ prop. 74 & ſeqq. p. 215 & ſeqq. ange - wieſen.
49. Wenn ihr das Barometrum fuͤllet / ſo muͤſſet ihr euch wohl in acht nehmen / daß oben keine Luft in der Roͤhre bleibet. Derowegen wenn ſich an den Seiten der Roͤhre kleine Blaͤſelein anhaͤngen; koͤn - net ihr dieſelben mit einer gluͤenden Kohle / die ihr an die Roͤhre haltet / heraus jagen. Oder laſſet ei - ne groſſe Blaſe hinein fahren / welche die kleinen ver - ſchlucken und wenn ihr die Roͤhre umbgekehret / uͤber das Qveckſielber wieder herauf ſteigen wird.
50. Damit das Qveckſielber in dem Gefaͤſſe nicht verſchuͤttet wird / koͤnnet ihr ein gantz verſchloſſenes von Holtze branchen: weil die Luft frey durch daſ - ſelbe ſich bewegen kan. Jch zeige dieſes durch fol - gendes Experiment. Jch ſetze eine Glocke von Taͤn - ninnem Holtze / ohngefehr ¼ Zoll diecke auf den Teller; ziehe den Stoͤpſel bey verſchloßenem Hahne aus derLuft -401der Aerometrie. Luft-Pomppe und wenn er weit gnung heraus iſt / mache ich den Hahn auf / daß ein Theil von der Luft unter der Glocke in die Pomppe faͤhret (§. 18): ſo haͤnget zwar die Glocke anfangs wie die glaͤſerne an dem Teller / allein / wenn man das Ohre zu der - ſelben haͤlt / hoͤret man ein Geraͤuſche und / ſo bald dieſes aufhoͤret / iſt die Glocke wiederumb loß.
51. Die Luft in einem Gefaͤſſe durch die Luft-Pomppe zuſammen zudru - cken.
52. Die Gefaͤße / darinnen die Luft zuſammengedru - cket wird / muͤßen ſehr ſtarck ſeyn. Denn weil dadurch(2) C cdie402Anfangs-Gruͤndedie Elaſtiſche Kraft der Luft ſehr vermehret wird (§. 28); ſo koͤnnen die Gefaͤße mit Gewalt zerſpringen / und ſo ſie von Glaſe ſind / die Zuſeher verletzen. Da - her hat der Herr Leupold / ein ſehr geſchieckter Me - chanicus in Leipzig / ein beſonderes Jnſtrument erſon - nen / darinnen man ohne Gefahr die Luft zuſammen drucken kan: welches ich in meinen Elementis Aero - metriæ Schol. prop. 20. p, 92. beſchrieben.
53. Boyle in Engelland (Defenſ. doctrinæ de Ela - tere & gravitate aëris contra Linum part. 2. c. 5. p. m. 42. & ſeqq. ) und Mariotte in Franckreich Eſſay de la Nature de l’ Air p. 17. & ſeqq. it. Traité du Mou - vement des eaux & des autres Corps fluides part. 2. diſc. 2. pag. 140. & ſeqq. ) haben durch fleißige Erfahrung gefunden / daß eine doppelte Kraft die Luft in den halben / die dreyfache in den dritten Theil desFig. 2. vorigen Raums zuſammen drucket. Wollet ihr es ſelbſt erfahren / ſo nehmet eine lange glaͤſerne Roͤhre AB / die in C zugeſchmoltzen / gießet anfangs nur etwas weniges Qveckſielber hinein von D bis E / damit EC voll Luft bleibet. Wenn ihr in AD mehr Qveckſil - ber hinein gießet / ſo werdet ihr wahrnehmen / daß die Luft in der Roͤhre EC in eben der Proportion dem An - ſehen nach abnimmet / das iſt / zuſammen gedrucket wird / in welcher das Qveckſielber in der Roͤhre AD zunimmet.
54. Nehmet eine Blaſe darinnen gantz wenig Luſt iſt / und bindet ſie zu. Haltet ſie uͤber ein Kohl-Feuer / doch nicht zu nahe / daß ſie nicht verbrennet: So werdet ihr ſehen / daß ſie gewaltig aus gedehnet wird und endlich mit ei - nem groſſen Knalle gar zerſpringet. Neh -403der Aerometrie. Nehmet ihr ſie aber eher von dem Feuer weg / ſo faͤllet ſie nach und nach wieder zuſammen.
55. Die innere Luft in der Blaſe dehnet ſich aus / wenn ſie warm wird (§. 7). Da nun die aͤuſſere Luft ihr nicht wiederſtehen kan / ſo muß die Kraft / dadurch ſie ſich aus - dehnet / das iſt ihre Elaſtiſche Kraft (§. 16) ſtaͤrcker werden als die Schweere der aͤuſ - ſeren Luft iſt (§. 13 Hydroſt). Derowegen iſt klahr / daß die Elaſtiſche Kraft der Luf durch die Waͤrme vermehret wird.
56. Weil aber die Blaſe wieder zuſam - men faͤllet / wenn die Waͤrme weggehet; ſo muß die Elaſtiſche Kraft der Luft durch die Kaͤlte vergeringert werden.
57. Wenn ihr demnach eine glaͤſerne Roͤh - re BC mit Waſſer fuͤllet / die Kugel aber AFig. 3. C voll Luft laſſet / und die Eroͤfnung der Roͤh - re B in ein Gefaͤſſe mit Waſſer D E ſetzet; ſo wird das Waſſer in der Roͤhre BC in die Hoͤhe ſteigen / wenn es kalt wird / hingegen aus derſelben herunterfallen / wenn es warm wird: weil in dem erſten Falle die Luft in der Kugel ſich zuſammen ziehet / in dem andern a - ber ſich ausdehnet.
58. Man hat anfangs dieſes Jnſtrument gebrau - chet die Veraͤnderungen der Waͤrme und Kaͤlte in der Luft abzumeßen / und es Thermometrum, oder mit beſ - ſerem Rechte Thermoſcopium genennet / wiewol man an ſtat des Gefaͤßes noch eine Kugel an die Roͤhre ge - machet / die ein kleines Loͤchlein hatte. Allein weil auch die Schweere der Luft durch ihre Abwechſelun - gen viele Veraͤnderungen verurſachen kan (§. 33. 46); ſo hat man auf andere Erfindungen gedacht.
59. Ein Wetterglaß zu machen / da - rinnen man die Verånderungen der Waͤrme und Kaͤlte in der Luft wahr - nehmen kan.
So iſt das Jnſtrument fertig.
Denn weil die Erfahrung lehret / daß der Spiritus Vini ſich von der Kaͤlte zuſammenC c 3ziehet /406Anfangs-Gruͤndeziehet / von der Waͤrme aus einander getrie - ben wird; ſo werdet ihr aus dieſem Jnſtru - mente ſchlieſſen koͤnnen / daß die Kaͤlte zuneh - me / wenn der Spiritus in der Roͤhre faͤllet; hingegen daß es warm werde / wenn der Spi - ritus in der Roͤhre ſteiget. Derowegen iſt es ein Wetterglaß / darinnen ihr die Veraͤn - derungen der Waͤrme und Kaͤlte in der Luft wahrnehmen koͤnnet. W. Z. E.
60. Wenn der Spiritus tief faͤllet / ſo koͤnnet ihr zwar ſchlieſſen / daß es ſehr kalt wird / und / wenn er hoch ſteiget / daß es ſehr warm wird: allein ihr koͤnnet doch nicht wieſſen / wie viel mal Z. E. der Grad der heutigen Waͤrme in dem Grade der Waͤrme eines an - deren Tages enthalten ſey. Und demnach iſt dieſes Weiterglaß kein Jnſtrument / dadurch ihr die Waͤr - me abmeßen koͤnnet (§. 2).
61. Unerachtet aber die Veraͤnderungen in dem - ſelben ſehr empfindlich ſind / zumal wenn die Roͤhre ſubtil iſt / ſo daß der Spiritus mercklich ſteiget / wenn ihr die Kugel nur in die Hand nehmet und bald wiede - rumb faͤllet / wenn ihr ſie aus der Hand weg thut; ſo werdet ihr doch befinden / daß wenn bey recht kalten Winter-Tagen der Spiritus einmal tief gefallen / er nicht bald wieder ſteigen kan / ſondern noch tief ſtehen bleibet / wenn die Kaͤlte ſchon ziemlich nachgelaßen. Jch muthmaße / daß es daher komme. Man weiß aus der Erfahrung; wenn es kan wird / ſo gehet viel Luft aus den fluͤßigen Materien: welches ihr aus den Blaſen wahrnehmen koͤnnet / die umb ſelbige Zeit ſich an die innere Flaͤche des Glaſes anhaͤngen / darein ihr Waſ - ſer gegoßen. Dannenhero darf man wol nicht zwei - ſeln / daß auch bey heftiger Kaͤlte aus dem Spiritu Vi -ni407der Aerometrie. ni etwas Luft heraus gehe / und oben in die Roͤhre tre - te. Wenn es allſo waͤrmer wird / dehnet ſich dieſelbi - ge Luft mehr und mehr aus / und hindert den Spiritum, daß er nicht gnung herauf ſteigen kan. Da nun aber Mariotte (Eſſay de la Nature de l’ Air p. 97. & ſeqq. ) erwieſen / daß ein gewießer Theil Luft ſich in den fluͤßi - gen Materien ſolvire; ſo wird die Luft / welche durch die Kaͤlte ausgetrieben worden / bey mehr und mehr zunehmender Waͤrme allerdings ſich wieder mit dem Spiritu vermieſchen. Ehe allſo dieſes geſchiehet / muß er immer etwas niedrieger ſtehen als ſonſt / da die Luft noch nicht ausgetrieben war. Wenn ihr das er - fahren wollet / was ich von dem Mariotte annehme; ſo ſetzet Spiritum Vini unter die Glocke / und pomppet die Luft heraus / ſo wird auch die Luft haͤufig aus dem Spiritu gehen. Fuͤllet mit dieſem Spiritu ein Glaß mit einem engen Halſe / und laßet oben eine Blaſe in der Groͤße einer Haſelnuß. Setzet den Mund des Glaſes in Spiritum vini, den ihr in ein anderes Gefaͤſ - ſe gefuͤllet. Nach 24. Stunden wird die Blaſe ver - ſchwinden / und das Glaß voll ſeyn. Wenn ihr von neuem eine Blaſe hinein laßet / ſo wird dieſelbige laͤngſamer verſchwinden. Laßet ihr aber zuviel Luft hinein; ſo wird ſie endlich beſtaͤndig oben verblei - ben.
62. Jnsgemein theilet man zweyerley Grade ab: deren einige das Steigen der Waͤrme / die ande - re das Fallen der Waͤrme oder Zunehmen der Kaͤlte zeigen. Man traͤget aber das Wetterglaß in eineñ Keller / laͤſſet es uͤber Nacht darinnen ſtehen / und mer - cket / wo der Spiritus ſtehet. Von dem Puncte an / als dem Grade der gemaͤßigten Waͤrme / zehlet man aufwarts die Grade der Waͤrme / niederwarts aber die Grade der Kaͤlte.
63. Wie verſchiedene ſich bemuͤhet andere Ein - theilungen zu erſinnen / dadurch ſie entweder die Waͤrme oder Kaͤlte an einem Orte gnau abmeſſen / o - der auch die Eintheilungen der Wetterglaͤſer an ver - ſchiedenen Orten fuͤglich miteinander vergleichen koͤn - ten: habe ich in meinen Elementis Aërometriæ (prop. 73. Schol. 3 & ſeqq. p. 203. & ſeqq. ) gezeiget. Weil aber aus denſelben zu erſehen / daß man zur Zeit den vorgeſetzten Zweck hierinnen noch nicht erreichet; wil ich mich mit Wiederholung deßen nicht aufhalten / was dorten geſaget worden.
64. Eine Wind-Wage zu machen.
So iſt die Wind-Wage fertig.
Denn wenn der Wind einen Stoß wie - der die Fluͤgel thut / ſo wird die Schraube ohne Ende umbgekehret / und allſo das Ge - wichte L an dem Arme IK gehoben. Je hoͤ - her es aber kommet / ie ſchweerer wird es (§. 59 Mech.) Derowegen kan die Kraft / welche es bis auf einen gewieſſen Grad geho - ben / nicht bis 90 heben: ſondern die Machi - ne muß unbeweglich ſtehen / ſo lange kein ſtaͤr - ckerer Stoß des Windes kommet. Und all - ſo koͤnnet ihr ſehen / ob der Wind ſtarck blaͤſet oder nicht; nachdem er viel oder wenige Gra - de das Gewichte gehoben. W. Z. E.
65. Jch habe mit Fleiß die Schraube ohne Ende in die Windwage genommen / weil nicht allein dadurch die geringen Winde das Gewichte heben koͤnnen; ſon - dern auch daſſelbe / wenn es einmal auf einen gewießen Grad gehoben worden / nicht wieder zuruͤcke fallen kan: welches abſonderlich noͤthig / indem der Wind nicht in einem fort / ſondern nur ruckweiſe blaͤſet.
66. Zu dem Ende koͤnnet ihr auch das Gewichte verſchieben / indem es ſchweerer iſt / wenn es nahe bey K / als wenn es nicht weit von I iſt.
67. Wenn ihr nun die Kraft der Winde zu verſchie -C c 5denen410Anfangs-Gruͤndedeneñ Zeiten oder auch verſchiedene Stoͤße eines ſtarcken Windes gnau mit einander vergleichen wol - let: ſo kan ſolches durch folgende Aufgabe geſchehen.
68. Aus der gegebenen Laͤnge des Ar - mes CB / dem Winckel der Erhoͤhung BCH / und der Schweere des Gewich - tes zufinden / wie groß die Kraft ſey / wel - che es in G erhalten koͤnte.
Es fey CG 1 / BC 12 / das Gewichte 1 Pf. der Erhoͤhungs-Winckel BCH 37°.
Log. Sin. Tot. 100000000
Log. BC 10791812
Log. Sin. DBC 97794630
Log. DC 10.8586442 / wel - chem in den Tabellen am naͤchſten kom̃et 7.22 100 — 7. 22 — 1 Pf. oder 32. L. 32 1444 2166 〈…〉 Pf. 7 $$frac{1}{25}$$ L.
69. Die Laͤnge des Armes rechnet mañ jederzeit von dem Puncte an / wo der Mittelpunct der Schwee - re des Gewichtes iſt.
Cnde der Aerometrie.
DJe Hydraulick ſollte die Geſetze der Bewegung der fluͤßigen Coͤrper er - klaͤhren. Allein bißher iſt man meiſtentheils vergnuͤget ge - weſen / wenn man gewieſen / wie al - lerhand Machinen zuverfertigen / dadurch das Waſſer wieder ſeine natuͤrliche Schweere entweder zum Nutzen / oder zur Luſt zum ſteigen gebracht werden kan. Jch laſſe es in dieſen Anfangs-Gruͤnden bey der gemeinen Weiſe bewenden / weil das erſtere keine Arbeit fuͤr Anfaͤn - ger iſt / in dem es eine ziemliche Er - kaͤntnis von der Geometrie und Al - gebra erfordert. Uber dieſes iſt es auch meiner Abſicht gemaͤß / daß ich mich bloß in Erklaͤhrung der Waſ - ſer-Kuͤnſte und Spring-Bronnenauf -416Vorrede. aufhalte weil dieſe Wieſſenſchaft ih - ren unausbleiblichen Nutzen im menſchlichen Leben hat. Unterdeſ - ſen wuͤnſche ich mit allen verſtaͤndi - gen / daß geſchieckte Leute ſich auch uͤber die erſte Arbeit machen / in dem dadurch ein groſſes nicht allein zu vollkommenerer Zubereitung der Waſſer-Kuͤnſte und Spring-Bron - nen; ſondern auch hauptſaͤchlich zu der Vollkommenheit der Phyſick beygetragen werden kan. Denn in unſerem Leibe ſelbſt kommet das meiſte auf die Bewegung des Ge - bluͤtes und anderer fluͤßigen Mate - rien an. Dieſe aber wird nicht eher voͤllig begrieffen werden / biß von den Mathematicis die Bewegungen der fluͤßigen Materien in richtige Regeln verfaſſet worden. GOtt gebe / daß dieſes bald geſchehen moͤ - ge!
1.
DJe Hydraulick iſt eine Wieſ - ſenſchaft von der Bewegung des Waſſers und anderer fluͤſ - ſigen Coͤrper.
2. Durch eine Roͤhre verſtehen wir einen jeden hohlen Cylinder.
3. Das Waſſer durch des Archime -Tab. I. Fig. 1. dis Waſſer-Schraube in die Hoͤhe zu - bringen.
So koͤnnet ihr das Waſſer biß in A herauf - bringen.
Denn wenn ihr unten die Roͤhre biß ge - gen G in das Waſſer ſetzet / ſo wird von B biß F daſſelbe durch ſeine Schweere hinein fallen. Wendet ihr nun die Schraube umb / ſo faͤllet es von F biß G. Drehet ihr ſie noch einmal herumb / ſo faͤllet es von G biß H u. ſ. w. biß es endlich oben in A heraus flieſſet. Allſo koͤnnet ihr das Waſſer aus C biß in A hinauf bringen. W. Z. E.
4. Durch ein Paternoſter-WerckTab. I. Fig. 2. das Waſſer in die Hoͤhe zu bringen.
Wenn ihr mit der Kurbe HI die obere Wel - le GH herumb drehet / ſo wird das Waſſer biß in A gehoben werden. W. Z. T.
Weil die Roͤhre unten in L ein wenig ausgeſchnitten iſt und im Waſſer ſtehet / ſo muß das Waſſer in dieſelbe ſo hoch treten / als die Roͤhre in dem Waſſer ſtehet (§. 17 Hy - droſt.) Wenn ihr nun die Obere Welle GH mit der Kurbe H I herumb drehet / ſo wendet ſich die untere Welle CD gleichfals herumb und das Paternoſter ziehet ſich durch die Roͤhre AB. So bald nun eine Kugel in die Roͤhre kommet / laͤſſet ſie kein Waſſer / was darinnen iſt / wieder heraus. Dero - wegen wenn ſie in die Hoͤhe gezogen wird / ſtoͤſſet ſie das Waſſer vor ſich herauf und endlich oben in A heraus. W. Z. E.
5. Durch ein Schoͤpf-Werck das Waſſer in die Hoͤhe zu bringen.
Wenn ihr die obere Welle OP herumb dre - het / ſo werdet ihr mit den Eimern S das Waſſer biß in T heben und daſelbſt ausgieſ - ſen W. Z. T.
Denn wenn ihr die obere Welle PQ mit der Kurbe R herumb drehet / ſo wendet ſich auch die untere MN herumb und die Eimer S ziehen ſich in die Hoͤhe. Da nun die Ei - mer durch das Waſſer gezogen werden / ſchoͤpfen ſie ſich voll und werden allſo voll her - auf gezogen. Oben aber in T werden ſie umbgekehret und gieſſen demnach das Waſ - ſer aus. W. Z. T.
6. Die Paternoſter-Wercke ſind koſtbahr zu un - terhalten / weil die Kugeln ſich leicht zerreiben und nehmen auch viel Kraft weg / in dem ſie ſich an der Roͤhre ſtarck reiben und daher in der Bewegung vie - len Wiederſtand verurſachen. Die Schoͤpf-Wercke ſind im Winter nicht gut / weil die eiſernen Ketten von der groſſen Kaͤlte ſpringen. Nehmet ihr aber Seile an ſtat der Ketten, ſo zerreiben ſie ſich leicht.
7. Durch ein Schoͤpf-Rad das Waſſer in die Hoͤhe zu bringen.
Aufloͤ -421der Hydraulick.8. Jhr koͤnnet auch die Kaſten oben auf die Stier - ne des Rades ſetzen / und das Waſſer durch eben das Loch ausgieſſen / durch welches es geſchoͤpfet wor - den. Man kan es auch noch auf viel andere Arten machen.
9. Eine Waſſer-Pomppe zu machen /Tab. I. Fig. 5. dadurch man das Waſſer in die Hoͤhe pomppen kan.
So werdet ihr das Waſſer durch die kleine Roͤhre EC auspomppen koͤnnen.
Denn wenn ihr den Stoͤpſel D in die Hoͤ - he ziehet / ſo iſt in der Roͤhre ein leerer Raum und wird von dem drucken der Luft auf das umbſtehende Waſſer die Klappe aufgeſtoſ - ſen und das Waſſer hinein getrieben (§. 31 Aërometr.) Stoſſet ihr den Stoͤpſel wie - der zuruͤcke / ſo ſchlieſſet ſich die untere Klap - pe F zu und die Obere E thut ſich auf: da - durch wird das Waſſer uͤber den Stoͤpſel getrieben. Wenn ihr nun denſelben von neu - em in die Hoͤhe hebet / ſo hebet ihr das Waſ - ſer zu gleich mit herauf / biß es endlich an die Roͤhre EC kommet und durch dieſelbe heraus laufet. W. Z. E.
So werdet ihr abermals durch die Roͤhre T das Waſſer auspomppen koͤnnen.
Denn wenn ihr den Stoͤpſel N niederdruͤ - cket ſtoͤſſet ſich das Ventil D auf und das Waſſer ſteiget uͤber denſelben. Ziehet ihr ihn wieder in die Hoͤhe / ſo ſchlieſſet ſich das Ventil O zu und das Waſſer wird gegen den Unterſcheid P getrieben: wo es das Ventil Q aufſtoͤſſet und uͤber daſſelbe her - auf tritt / biß endlich die groſſe Roͤhre in T uͤ - berlaufet. W. Z. E.
10. Die andere Pompve muß biß an den Unter - ſcheid P R in das Waſſer geſetzet werden.
11. Ein Druck-Werck zu machen / da - durch man das Waſſer ſehr hoch dru - cken kan.
So iſt das Druck-Werck fertig.
Denn wenn ihr den Stempel F in die Hoͤ - he ziehet / ſo thut ſich das Ventil A auf und die aͤuſſere Luft treibet das Waſſer in den - ſelben (§. 31 Aërometr.). Stoſſet ihr ihn wieder zu ruͤcke / ſo ſchlieſſet ſich das Ventil A wieder zu und das Waſſer wird durch die Roͤhre ED heraus getrieben / welches das Ventil in E aufſtoͤſſet und ferner durch die in N angeloͤthete Roͤhre fortgeſtoſſen wird. Solchergeſtalt koͤnnet ihr durch dieſe Ma - chine das Waſſer in die Hoͤhe drucken. W. Z. E.
12. Es werden zwey Stiefel gemacht / damit die Machine hurtig hinter einander das Waſſer aus - ſprietzen kan / indem man es ſo anordnet / daß der eine Stempel niedergeſtoſſen wird / wenn man den anderen in die Hoͤhe ziehet. Man bedienet ſich der - ſelben zu den Feuer-Sprietzen / ingleichen zu den Waſſer-Kuͤnſten. Jn dem menſchlichen Coͤrper kommet das Hertze mit ihr voͤllig uͤberein: wovon des Herrn Hambergers / beruͤhmten Profeſſoris Ma - thematum zu Jena / Diſſertatio de Deo ex inſpe - ctione cordis demonſtrato, p. 2 & ſeqq Faſcic. Diſ - ſert. Acad. nachzuleſen. Wenn der Boden aus Meßing iſt / ſo koͤnnet ihr eine Kugel von Meßing an ſtat des Ventiles brauchen / welche in den Bo - den / wo die Eroͤfnung iſt / auf das ſorgfaͤltigſte ein - geſchmergelt (oder mit Schmergel eingerieben) worden. Andere brauchen an ſtat der Kugel einen anderen Coͤrper / der einem Stempel zu einem Moͤr - ſer aͤhnlich ſiebet / damit man ihn unten an dem Stiele mit einem Nagel verriegeln und er allſo ſich nicht in dem Stiefel umbkehren kan. Wenn der Boden aus Holtz iſt / kan man eine bleyerne Kugel zum Ventile nehmen. Die Klappen ſind Platten aus Kupfer / die mit Leder uͤberzogen werden: zu weilen werden ſie auch nur aus ſtarckem Leder ge - macht. Jn die kuͤpferne Klappen kommet ein Ge - winde / damit ſie ſich aufſtoſſen laſſen und wieder nie - derfallen koͤnnen. Daß ſie aber ſich nicht zu weit uͤ - berwerfen und ſtehen bleiben / wird durch eine kuͤ - pferne Feder gehindert.
13. Durch die Waſſer-Kunſt ver - ſtehen wir eine Machine / dadurch das Waſſer an alle umbliegende Oerter /D d 5Z. E.426Anfangs-GruͤndeZ. E. in die Bronnen aller Haͤuſer durch die gantze Stadt / hingeleitet werden kan.
14. Eine Waſſer-Kunſt zu bauen.
So wird das Waſſer in dieſen vertical - Roͤhren in die Hoͤhe ſteigen (§. 17. Hydroſt. ) und demnach iſt die Waſſer-Kunſt gebauet (§. 13). W. Z. T. W.
15. Es iſt wohl gethan / wenn man die Roͤhre in den Haͤuſern fein weit als wie einen Bronnen macht / und unten die Horizontal-Roͤhren mit einem Hahne verſiehet den man durch Huͤlfe einer langen eiſernen Stange nach Gefallen auf - und zuſchlieſſen kan. Denn ſo darf man nicht / wie hier bey uns geſchiehet / das Waſſer beſtaͤndig laufen laſſen / und kan im Winter die Roͤhre mit Mieſt und Stroh verbinden / daß das Waſſer nicht gefrieret. Damit nun aber / wenn wenig Waſſer verthan wird / der Keßel in der Waſ - ſer-Kunſt nicht uͤberlaufs / muͤſſet ihr eine Roͤhre da - rein machen / dadurch es wieder zuruͤcke in den Fluß laufen kan / wenn es zu voll wird.
16. Weil die Erfahrung lehret / daß das Waſſer beynahe wieder ſo hoch ſteiget als es gefallen iſt / welches auch den Hydroſtatiſchen Gruͤnden (§. 17. Hydroſt. ) gemaͤß iſt; ſo koͤn - net ihr Spring-Bronnen machen / wenn ihr durch eine Waſſer-Kunſt das Waſſer in dieHoͤhe428Anfangs-GruͤndeHoͤhe hebet / und aus dem Keſſel durch Roͤh - ren zu dem Bronnen in kleine kuͤpferne Roͤh - ren leitet / dadurch es ſpringen ſol.
17. Es ſollte / vermoͤge der Hydroſtatiſchen Gruͤnde (§. 17. Hydroſt. ) das Waſſer voͤllig ſo hoch ſteigen / als es herunter gefallen: allein die Erfahrung lehret das Wiederſpiel / in dem es jederzeit / etwas weni - ger in die Hoͤhe ſteiget als es gefallen iſt / ja wenn die Roͤhre fuͤr den Druck zu weit iſt / ſo ſpringet es gar nicht / ſondern laufet nur uͤber. Die Urſache iſt nicht ſo wol von dem Wiederſtande der Luft her zuhohlen / als in der eigenen Schweere des Waſſers zu ſuchen. Denn ich habe befunden / daß es unter einem durch die Luft-Pomppe ausgeleeretem Glaſe eben ſo hoch als in der Luft ſpringet / nur daß es ſich nicht oben in ſo viel Aeſte und Kuͤglein zertheilet. Hingegen habe ich zu - gleich befunden / daß das Qveckſielber / welches ſchwee - rer als Waſſer iſt / eine viel geringere Eroͤfnung der Roͤhre als das Waſſer erfordert. Nicht weniger muß die Roͤhre bey einem hohen Falle eine groͤſſere Eroͤf - nung haben als bey einem niedriegen. Mariotte (Traité du mouvement des eaux part. 4. diſc. 1. pag. 304. ſeqq. ) hat von der Hoͤhe des durch den Fall zum Springen gebrachten Waſſers folgendes angemercket.
| Hoͤhe des Sprunges. | Hoͤhe des Falles. | |
| 5′ | 5′ | 1″ |
| 10 | 10 | 4 |
| 15 | 15 | 9 |
| 20 | 20 | 16 |
| 25 | 25 | 25 |
| 30 | 30 | 36 |
| 35 | 35 | 49 |
| 40 | 45 | 81 |
| 50 | 50 | 100. |
Nemlich durch die Schweere wird das Waſſer nie - der gedruckt / durch den Trieb aber in die Hoͤhe geja - get. Da nun dieſe beyde Kraͤfte entgegen geſetzte Di - rections-Linien haben / muß allerdinges eine der ande - ren Wuͤrckung hinderen.
18. Wenn ihr uͤber der Thuͤre ein Gefaͤße mit Waſſer habet / daraus eine Roͤhre her - unter gefuͤhret wird / welche unter der Erde biß an die Unterſchwelle wieder aufwarts ge - bogen / und mit einem Hahne unten verſehen iſt / der ſich aufſchließet / ſo man die Thuͤre auf - thut / hingegen wiederum zuſchließet / ſo die Thuͤre zugemacht wird: ſo werden diejenigen / welche die Thuͤre aufmachen und durchge - hen / mit Waſſer beſpruͤtzet werden.
19. Faſt auf gleiche Art koͤnnet ihr ein Handfaß machen / in welchem das Waſſer unten in dem Handbecken ſpringet / wenn man den Hahn aufſchließet. Denn es wird wei - ter nichts erfordert als oben ein Gefaͤſſe mit Waſſer / aus welchem eine Roͤhre bis in das Becken gehet. Jngleichen pfleget man auf dieſe Art Spring-Bronnen zu machen / die man wie eine Sand - oder Waſſer-Uhr umb wenden kan.
20. Wenn ihr einen Spring-Bronnen mitten in einer Grotte habet / ſo laͤßet es ſehr angenehm / wenn ihr durch Spiegel zuwege bringet / daß er vielfaͤltig erſcheinet. Es iſt aber nichts weiter noͤthig / als daßihr430Anfangs-Gruͤndeihr aus dem Orte / wo das Waſſer ſpringen ſol / einen halben Circul beſchreibet / denſelben in 6 Theile ein - theilet / und nach den Sehnen dieſer Bogen die Spie - gel herumb ſetzet.
21. Dem ſpringenden Waſſer aller - hand Figuren zu geben.
Weil das Waſſer im Springen die Figur der Eroͤfnung der Roͤhre annimmet / und ihre Richtung behaͤlt; ſo kommet hier alles auf die Figur und die Richtung der Eroͤfnung der Roͤhre an. Derowegen
22. Jhr koͤnnet nach eurem Gutbefinden die er - klaͤhreten Manieren auf allerhand Art zuſammen nehmen: auch in der erſten an ſtat der Kugel andere leichte Coͤrper nehmen / Z. E. einen Vogel mit ausge - ſpanneten Fluͤgeln.
23. Ein Gieß-Faß zu machen / damit man den Garten begieſſen kan.
So iſt das Gieß-Faß fertig.
Denn wenn ihr das Gefaͤße biß an die Roͤhre durch das Waſſer ſtoſſet / und ſie iſt in E offen; ſo laufet es voll Waſſer (§. 17 Hydr.) Verſtopfet ihr mit dem Daumen die Eroͤf - nung E / und ziehet das Gefaͤße heraus; ſo kan kein Waſſer durch die Loͤchlein heraus laufen / weil die aͤußere Luft daſſelbe nicht heraus laͤſ - ſet (§. 30. Aërom.) Thut ihr aber den Dau - men weg / ſo drucket die Luft durch die Eroͤf - nung E ſo viel auf das Waſſer / als ihr unten und zu den Seiten bey den kleinen Loͤchern die Luft wiederſtehet (§. 28. Aërom.) Dannenhero dringet das Waſſer durch die - ſelben uͤberall heraus / und kan dadurch der Garten befeuchtet werden.
24. Hieraus erhellet zugleich / warumbTab. I. Fig. 9. man mit dem Stechheber ACEDBF Z. E. den Wein aus einem Faße heben kan. Denn wenn er in F offen iſt / und ihr ſtoſſet ihn durch das Spundloch in das Faß hinein / ſo tritt durch E der Wein ſo hoch in demſelben als er im Weine ſtehet (§. 17 Hydroſt.) Leget ihr auf F den Daumen / daß die Luft nicht hinein kan; ſo laͤſſet auch die Luft unten durch E nichts heraus fließen. Und allſo koͤnnet ihr den Wein damit ausheben.
25. Man machet auch zu weilen die Stech-HeberTab. I. Fig. 10. aus einer Glaͤſernen Kugel GH mit zwey ſubtilen Roͤhren IK und LM. Denn wenn ihr die unterſte Eroͤfnung M in die fluͤßige Materie ſtecket und durch die obere die Luft ausſauget; ſo wird von der aͤuſ - ſeren Luft die fluͤßige Materie durch die Roͤhre LM in die Kugel GH getrieben (§. 30 Aërom.) Verſchlieſ - ſet ihr nun die Roͤhre KI oben in K mit dem Dau - men / ſo kan wiederumb durch M nichts heraus flieſ - ſen. Dieſer Heber iſt gut / wenn man eine fluͤßige Materie / die uͤber einer anderen ſtehet / als die Oele / ſo ſich oben geſetzet / abſonderen wil.
26. Wenn ihr den kurtzen Theil ABTab. I. Fig. 11. eines Hebers ABC in das Waſſer ſtecket / und durch C die Luft ausſauget; ſo muß das Waſſer in dem kleinen Theile AB her - auf ſteigen / und durch den langen BC ſo(2) E elan -434Anfangs-Gruͤndelange heraus fließen / als die Eroͤfnung A unter dem Waſſer / und die Eroͤfnung C niedrieger als A ſtehet.
Denn wen ihr die Luft aus dem Heber AB C ausſauget / ſo wird er leer. Da nun die Luft auf das Waſſer drucket (§. 31. Aërom. ) und ihr innerhalb dem Heber nichts wiederſtehet: ſo muß das Waßer in dem klei - nen Theile AB von ihr hinauf getrieben wer - den / welches hernach durch den groſſen BC vermoͤge ſeiner eigenen Schweere herunter faͤllet. Da nun aber die Luft in A ſo ſtarck drucket als in C (§. 31. Aërom. ) hingegen weil BC hoͤher iſt als AB / das Waſſer in bC ſtaͤrcker gegen C als das in AB gegen A dru - cket (§. 20 Hydroſt. ); ſo muß das Waſſer ſo lange durch C laufen / bis die Luft durch A in den Heber fahren / und den ungleichen Druck aufheben kan (§. 13 Hydroſt.) W. Z. E.
27. Es iſt nichts daran gelegen / ob einer von den beyden Theilen / oder auch alle beyde Schlangenweiſe in die Kruͤmme gebogen ſind / oder nicht / wenn nur die unter Eroͤfnung C allzeit tiefer ſtehet als die obere A (§. 20 Hydroſt.)
28. Weil die Luft das Waſſer nicht uͤber 31 Schuhe durch ihren Druck in die Hoͤhetrei -
435der Hydraulick. treiben kan (§. 31 Aërom. ); ſo kan die Hoͤhe des kurtzen Theiles AB niemals uͤber 31 Schuhe ſeyn. Und dannenhero hat ſich He - ron und mit ihm Porta ſehr betrogen / wenn ſie durch einen Heber das Waſſer uͤber einen je - den hohen Berg zu leiten vermeinet.
29. Sie ſind aber auf dieſen Jrrthum gerathen / weil ſie ſich einbildeten / die leere Roͤhre ziehe das Waſſer an ſich / weil die Natur ein Abſcheu vor einem leeren Raume haͤtte.
30. Man veraͤndert zuweilen die GeſtaltTab. II. Fig. 12. des Hebers / und machet an ſtat des kurtzen Theiles eine weite Roͤhre RS / die an den Boden eines Gefaͤßes TV angeloͤthet / und nur in R eine Eroͤfnung hat. Denn wenn das Waſſer einmal durch die Roͤhre PQ zu fließen anfaͤnget / laufet es ſo lange / bis die Luft durch R in die weite Roͤhre RS kommen kan.
31. Dieſer Heber wird von dem Herone DiabetesTab. II. Fig. 12. genennet / und dienet derſelbe zu vielen luſtigen Erfin - dungen. Denn wenn ihr ihn in einem Becher anbrin - get / ſo koͤnnet ihr einſchencken und laufet nichts her - aus. So bald ihr ihn aber voll einſchencket / daß der Wein in die Roͤhre PQ trit / lanfet er gantz heraus. Wenn der Becher nicht gantz voll eingeſchencket / und ihr ſauget in Q / ſo kommet euch der Wein in den Mund gelaufen / und hoͤret nicht auf zu laufen / biß der Becher leer iſt / es ſey denn daß ihr durch Q hinein blaſet. Anderer Erfindungen wil ich jetzt hier kuͤrtze wegen nicht gedencken.
E e 2Die32. Einen Bronnen zu machen / welcher eine Weile Waſſer giebet / uͤber eine Weile zu flieſſen aufhoͤret und uͤber eine Weile wiederumb zu fließen anfaͤnget.
So iſt gefchehen / was man verlangete.
Denn ſo lange das Waſſer nicht uͤber den Heber gehet; kommet keines in den langen Theil deſſelben. Wenn es aber uͤber ihn gehet / ſo faͤnget er an zu laufen / und hoͤret nicht auf / bis das Waſſer gantz heraus iſt (§. 30. 31). Weil es nun durch den Heber ſtaͤrcker ablaufen kan / als es durch die Roͤhre zuflieſſet / ſo muß endlich die untere Eroͤfnung der weiten Roͤhre wieder uͤber dem Waſſer zu ſtehen kommen; folgends hoͤret das Waſſer auf zu laufen / und faͤnget nicht wieder eher an / bis es uͤber den Heber in dem Gefaͤße ſteiget. W. Z. E.
33. Dieſer Erfindung koͤnnet ihr euch bedienen / wenn ihr verlanget / daß Z. E. Cupido oder ein Thier diejenigen / welche die Statue betrachten / unvermerckt beſprietzen ſol.
34. Setzet zwey Gefaͤße AB und IKTab. II. Fig. 13. in eine Hoͤhe / und fuͤllet ſie beyde mit Waſſer. Das Gefaͤße AK laſſet offen / das andere IK aber verwahret / daß kei - ne Luft hinein kan. Oben ſetzet das dritte Gefaͤße QR nicht uͤber 31 Schuhe hoͤher als die vorigen / welches gleich - fals wieder allen Zugang der aͤußeren Luft wohl verwahret iſt. Aus dem Ge - faͤße A B gehet bis an das obere eine Roͤhre CD / die oben in E angeloͤthet. Eben ſo iſt die Roͤhre SH oben in F / a - ber auch zugleich in H / an das untere Ge - faͤße IK angeloͤthet. Endlich gehet aus dem Boden des Gefaͤſſes ik eine Roͤh - re LN / die etwas groͤſſer iſt als die Roͤh - ren DC und SH. Jch ſage / wie viel Waſſer aus dem Gefaͤße IK durch die Roͤhre LN heraus laufet; ſo viel ſteiget durch die Roͤhre DC aus dem Gefaͤße Ab in das obere QR hinauf.
Denn wenn das Waſſer durch die Roͤhre LN auslaufet / ſo tritt die Luft aus dem Ge - faͤſſe QR zum theil in das Gefaͤße IK. Da nun durch ihre Ausdehnung ſolchergeſtalt die Elaſtiſche Kraft geſchwaͤchet wird (§, 28 Aërom. ) ſo thut ſie nicht mehr ſoviel Wie - derſtand / als die aͤußere Luft auf das Waſ -E e 3ſer438Anfangs-Gruͤndeſer in dem Gefaͤße AB drucket. Und dannen - hero muß (§. 13 Hydroſt. ) ſo viel Waſſer hin - ein gedruckt werden / biß die Luft wieder in vorigen Raum gebracht wird / das iſt / ſo viel als durch die Roͤhre LN herauslaufet. Es muß aber das Waſſer durch die Roͤhre DC ſo lange heraufſteigen als es durch die Roͤh - re L N heraus laufet: weil die Luft auf A B ſo ſtarck drucket als ſie in N wiederſtehet / hingegen aber das Waſſer in der Roͤhre AD weniger gegen C als das Waſſer in L N gegen N drucket / in dem LN groͤſſer als DC. Da nun der Druck der Luft und des Waſ - ſers zu gleich gegen N ſtaͤrcker iſt als gegen C / ſo muß das Waſſer ſo lange durch LN heraus laufen und durch DC in die Hoͤhe ſteigen biß durch C wieder die Luft in die Roͤhre DC hinein fahren kan. W. Z. E.
34. Es hat allſo eben die Beſchaffenheit / wie mit dem Heber.
35. Einen Spring-Bronnen zu ma - chen / darinnen das Waſſer durch eine Roͤhre aus einem niedriegen Gefaͤſſe in eine glaͤſerne Kugel ſpringet.
Wenn ihr die Roͤhre EF in die Roͤhre G F ſtecket / daß die Roͤhre BD in dem Waſſer ſtehet; ſo wird das Waſſer aus der Kugel durch die Roͤhre EF herunter fallen und aus dem Gefaͤſſe IK durch die Roͤhre DC in die Kugel ſpringen.
Der Beweiß iſt wie in dem vorhergehen - den Lehrſatze.
36. Das Gefaͤſſe LM muß an dem oberen Boden einige Loͤcher haben / damit die Luft heraus kan / oder auch gar offen ſeyn.
37. Durch die zu ſammen gedruckteTab. II. Fig. 15. Luft das Waſſer ſpringend zu machen.
Wenn ihr nun die Luft in dem Gefaͤſſe AB durch die Luft-Pomppe zuſammen drucket (§. 49 Aërom. ) und / nach dem ihr ſie wieder abgeſchraubet und einen Aufſatz angeſchrau - bet / den Hahn AB aufmachet; ſo wird die Luft das Waſſer durch D mit Gewalt her - aus jagen.
Denn in dem die Luft zuſammen gedrucket wird / ſo wird ihre Elaſtiſche Kraft verſtaͤrcket (§. 26 Aërom). Da ſie nun ſtaͤrcker dru - cket / als die aͤuſſere in D Wiederſtand thut; ſo muß ſie das Waſſer durch die Roͤhre CD heraus jagen / biß ſie mit der aͤuſſeren wieder in Wagerechten Stand geſetzet wird (§. 13 Hydroſt.) W. Z. E.
Kuͤttet in ein Glaß CD eine glaͤſerne Roͤh - re AB / die oben in A eine ſehr ſubtile Eroͤfnung hat und bey nahe biß an den Boden des Gla - ſes gehet. Wenn ihr das Glaß mit Waſſer / doch nicht gantz voll / fuͤllet und durch die Roͤh - re AB hinein blaſet: ſo wird / wenn ihr zu bla - ſen aufhoͤret / das Waſſer zu ſpringen anfan - gen.
Der Beweiß iſt eben wie vorhin.
38. Wenn ihr dieſe Fontaine fuͤllen wollet / ſo doͤrfet ihr nur die Luft durch die Roͤhre AB ausſau - gen / und die Eroͤfnung A behende in das Waſſer ſtecken; ſo wird die aͤuſſere Luft beynahe ſo viel Waſſer hinein drucken / als Luft heraus kommen (§. 40 Aërom.)
39. Einen Spring-Bronnen zu ma -Tab. II. Fig. 17. chen / darinnen das heraus ſpringende Waſſer das andere nach ſich heraus treibet.
Wenn ihr das obere Gefaͤſſe A B mit Waſ - ſer fuͤllet und anfangs in die Schuͤſſel A E etwas Waſſer gieſſet / ſo wird das Waſſer ans dem Gefaͤſſe AB zu ſpringen anfangen und ſo lange fort ſpringen / als etwas in dem - ſelben uͤbrieg iſt.
Denn wenn das Waſſer aus der Schuͤſ - ſel AE durch die Roͤhre FG hinunter faͤllet / jaget es die Luft aus dem Gefaͤſſe CD durch die Roͤhre Hl in das obere Gefaͤſſe AB. Da nun dieſelbe etwas zuſammen gedrucket wird / ſo wird ihre Elaſtiſche Kraft vermehret (§. 28 Aër). Derowegen weil die aͤuſſere Luft bey K weniger Wiederſtand thut als die innere auf das Waſſer in dem Gefaͤſſe AB drucket; ſo muß das Waſſer durch die Roͤhre K L hinaus getrieben werden. Da nun das heraus getriebene Waſſer in der Schuͤſſel AE aufgeſammlet wird; flieſ - ſet es beſtaͤndig durch die Roͤhre FG hinun - ter und jaget die Luft aus dem unteren Ge - faͤſſe CD durch die Roͤhre HI in das obere AB. Derowegen ſpringet es ſo lange / als Waſſer in dem Gefaͤſſe AB iſt. Und ſol - chergeſtalt jaget das Waſſer / was herausſprin -443der Hydraulick. ſpringet / das andere nach ſich heraus. W. Z. E.
40. Dieſen anmuthigen Bronnen hat Heron von Alexandrien erfunden: daher er auch billich zu ſei - nem Andencken der Heronsbronnen (Fons He - ronis) genennet wird.
41. Einen Spring-Bronnen zu ma -Tab. II. Fig. 18. chen / darinnen das Waſſer durch die Waͤrme zum ſpringen gebracht wird.
Wenn ihr unter das Gefaͤſſe E F gluͤendeKoh -444Anfangs-GruͤndeKohlen ſetzet / oder ſonſt ein Feuer machet / ſo wird das Waſſer in M heraus ſpringen.
Denn durch die Waͤrme wird die Elaſti - ſche Kraft der Luft in dem Gefaͤſſe CF ge - waltig vermehret (§. 55 Aërom). Da ſie nun durch die Roͤhre IK ſtaͤrcker auf das Waſſer in dem Gefaͤſſe AD / als die aͤuſſere Luft durch die Roͤhre LM drucket; ſo wird das Waſſer durch gedachte Roͤhre hinaus getrieben. W. Z. E.
42. Damit die Elaſtiſche Kraft zulaͤnglich von der Waͤrme vermehret werden kan / muͤſſet ihr Anfangs die Roͤhre ML mit einem Hahne verſchlieſſen.
43. Wenn ihr die Glaͤſerne Kugel CD mit Waſ - ſer biß uͤber die Helfte gefuͤllet und ſie hernach in warmes oder gar ſiedendes Waſſer ſetzet (wie wol ihr das Glaß erſt uͤber dem Dampfe nach und nach muͤſſet warm werden laſſen); ſo wird das Waſſer gleichfals durch die Roͤhre AD heraus ſpringen.
44. Dieſer Erfindung bedieneten ſich die Egypti - ſchen Prieſter das arme unverſtaͤndige Volck bey ih - ren Goͤtzen-Opfern zu betruͤgen; in dem ſie dadurch zu wege brachten / daß von den Statuen der Goͤtzen die Altaͤre mit Wein / Oele / Milch oder einer an - deren fluͤßigen Materie beſprietzet worden: wovon Kircher in ſeinem Oedipo Ægyptiaco Tom. 2 part, 2 clasſ. 8 cap. 3 nachgeleſen werden kan. Un -ter445der Hydraulick. ter dieſen Betruͤgereyen war ſonderlich diejenige ſehr ſinnreich / dadurch ſich die verſchloſſenen Thuͤren aufthaten / wenn das Opfer auf dem Altare ange - zuͤndet ward: welche ich zum Beſchluß in der fol - genden Aufgabe noch erklaͤhren wil.
44. Wie zu machen / daß die ver - ſchloſſenen Thuͤren ſich aufthun / wennTab. II. Fig. 19. das Opfer auf dem Altare verbrennet wird.
Wenn ihr das untere Gefaͤſſe EF mit Waſ - ſer fuͤllet und auf dem Altare AB ein Feuer machet: ſo werden ſich die Fluͤgel der Thuͤ - re Q und P aufthun.
Aus dem Beweiſe der vorhergehenden Aufgabe iſt klahr / daß / wenn das Feuer auf dem Altare AB brennet / die Luft durch die Roͤhre in das Gefaͤſſe EF tritt und das Waſſer in den Heber GH treibet. Wenn es nun in das Gefaͤſſe HI lauft / wird es ſchwee - rer und ſteiget nieder. Derowegen werden die Wellen O und N herumb gedrehet und die Fluͤgel der Thuͤren R und P thun ſich auf. W. Z. E.
Ende der Hydraulick.
[447]CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
Fraktur
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