PRIMS Full-text transcription (HTML)
CENTVRIA III. VARIARVM QVÆSTIONVM,
Oder / das Dritte Hundert Fragen / von allerley Ma - terien vnd Sachen / Samt Vnvorgreifflicher Antwort darauff / auß Vornehmer vnd Ge - lehrter Leute Schrifften genommen / und geſamlet.
Jn VerlegungGeorg Wildeyſen/ Buchhaͤndlers zu Vlm. Gedruckt JnNuͤrnberg/ beyWolff Eberhard Felßecker/ im Jahr1659.

Jnhalt der Fragen im dritten hundert.

  • 1. HAt man bey den Juden / im ſiben - den Jahr / die Schulden gantz er - laſſen / vnd wie ſeyn die Juden den Armen zu huͤlffe kom̃en? Dabey mit einkommet / daß man nicht Vrſach geben ſolle / daß man ſich zu einer andern Religion begeben müſſe: Jtem / daß es allzeit Arme / unter den Juden / gege - ben / p. 1. ſeqq.
  • 2. Mag ein Chriſt / vnd ſonderlich ein Gottesgelehꝛ - ter / zur Peſtzeit / mit gutem Gewiſſen fliehen? p. 6.
  • 3. Seyn die jenige / ſo ſich ſelbſt vmbbringen / fuͤr behertzte / vnd tapffere Leuthe zu halten / vnd iſt es ei - nem Chriſten / ſolches zuthun erlaubt? Vnd was verurſachet die Verzweiflung? 10.
  • 4. Gehoͤren die Wort: Denn dein iſt das Reich / vnd die Krafft / vnd die Herꝛligkeit / in Ewigkeit / Amen: Aigentlich zum Vatter Vnſer? 15.
  • 5. Jſt es den Weibern / im Nothfall / die Kinder zu tauffen / erlaubt? Daſelbſt auch von der Wider - Tauff geſagt wird. 18.
  • 6. Wie pflegt man es mit den Fuͤndelkindern zu halten? Vnd ſolle man auch die Mißgeburten tauf - fen? 23.
  • 7. Was iſt von der jenigen Kindern Seeligkeit zu hoffen / welche jhre Muͤttern / vor der Tauff vmb - bringen? Jtem / ſeyn auch die todten zu tauffen? Vnd wie ſolle man die erwachſene tauffen? Da - ſelbſt auch vom Weſterhembd / vnd dem Weiſſen Sontag: Jtem / was zu thun / wann ein Kind et - wann gar nicht kan geboren werden / oder nur ein Glied herfür kompt? Jtem / von den Kindern / ſo das Tauffwaſſer beſudelt. 26.
  • 8. Jſt das H. Abendmal auch den Stummen zu raichen? Vnd ſeyn deſſelben Veraͤchter / vnd wel - cher geſtalt / zu deſſen Gebrauch zu zwingen? Da auch mit einkompt / ob man denen ſo jhren Ver - ſtand nicht haben / das H. Abendmal raichen ſolle? Jtem / von deſſelben oͤfftern Gebrauch. 30.
  • 9. Was iſt von den Altar Zierden zu halten? Vnd daſelbſt auch von den Prieſterlichen Kleidern / ꝛc. Vnd wie es in den Laͤndern gegen Mitternacht / mit den Kirchen Ceremonien gehalten werde? Jtem / daß man in den Kirchen Gebraͤuchen / auch vor Alters / nicht aller Orthen ainig geweſen / durchauß. 34.
  • 10. Jſt das Rauben / vnd Beutten / in einem recht - maͤſſigen Krieg / erlaubt? Dabey auch / was ein recht maͤſſiger Krieg ſey / vnd wie weit das Geſaͤtz deß Alten Teſtaments noch der Zeit guͤltig? Vnd was die Feldprediger zu bedencken. 38.
  • 11. Hat man aber nicht ſonderbare Erjnnerun - gen / die bey einem auch rechtmaͤſſigem Raub / in acht zunemmen? Dabey auch mit einkompt / was ein vnrechtmaͤſſiger Raub ſeye? Jtem / ob man denſelben kauffen doͤrffe? 45.
  • 12. Haſt du nichts / von heimblicher Eheverpflich - tung der Kinder / bey Handen? Dabey auch vil an - ders mehr mit einkommet: Vnd darunter von dem Nahmen Hugo. 51.
  • 13. Welche Ehen ſeyn verbotten / vnd welche ſeyn zugelaſſen? Vnd dabey auch / ob die Geiſtliche Ver - wandtnus die Ehe verhindere? p. 57.
  • 14. Was iſt ſonſten noch weiters bey den Ehe-Sa - chen in acht zunemmen? Dabey auch von Vereh - ligung der Auſſaͤtzigen / Narꝛen / Blinden / Lahmen / Stummen / Tauben / vnd dergleichen Perſonen. Jtem / ob einer die jenige zur Ehe nemmen koͤnne / mit welcher er zuvor einen Ehebruch begangen? Jtem / von Ehelichmachung der Vnehelichen Kinder / oder derſelben legitimirung. Jtem / von) (iijEhe -Eheverſprechung der Trunckenen / annehmung der Schreiben vnd Ring: Jtem / von Verheyra - tung der Perſonen / ſo vngleicher Religion: Jtem / von der Ehe alter / vnd junger Perſonen. 64.
  • 15. Was iſt von der Eheſcheidung zumercken? Jtem / wann einer vermaint eine Jungfraw zu Heyraten / die aber keine iſt / was da zuthun? Jtem / von Verwirꝛungen / vnd Vneinigkeit in der Ehe; vnd ſcheidung zu Tiſch vnd Betth. (Dabey auch mit einkom̃t / ob man die Weiber ſchlagen doͤrffe?) Jtem / von Auſſatz / vnd anderen vnheylſamen Kranckheiten / in wehrender Ehe / vnd vor derſel - ben. Jtem / wie es zu halten / wann einer vmb Miſ - ſethat willen deß Landes verwiſen wird? p. 72.
  • 16. Wird nicht auch / wegen der Verlaſſung / vnd was derſelben gleichfoͤrmig / die Eheſchaidung ge - ſtattet? Vnd daſelbſten auch von der Ehlichen Pflichtlaiſtung: Jtem / von der Vntuͤchtigkeit zum Eheſtand. Jtem / von Fruchtbarkeit in der Ehe. p. 78.
  • 17. Welche Religion iſt fuͤr die vhralte zu halten? Vnd warumb fingen die Evangeliſch: Lutheriſche: Nun bitten wir den H. Geiſt / vmb den rechten Glauben / ꝛc. p. 86.
  • 18. Gehoͤrt die Vorſorg / wegen der Religion / auch der Weltlichen Obrigkeit zu? Vnd was iſt fuͤr einvnter -vnterſcheid zwiſchen dem Geiſtlichen vnd Weltli - chen Gewalt? p. 91.
  • 19. Jſt der Hoheprieſter Heli ſeelig worden? Vnd was iſt der Juden Thargum? p. 93.
  • 20. Woher haben die in der Welt jederzeit fuͤrgan - gene / vnd noch jmmer fuͤrgehende Widerwertig - keiten / jhren anfang bekommen? Vnd daſelbſt auch von veraͤnderung der Sprachen; Jtem / woher der vnterſcheid der Kinder / die doch einerley El - tern gehabt / jhren Naturen nach / komme? Ob dem Geſtirn theils Widerwertigkeiten zuzuſchrei - ben? Vnd wie die Medici einander bißweilen zu - wider ſeyn. p. 94.
  • 21. Daͤrffen auch Weltliche von der Religion / vnd Glaubens-Sachen / diſputiren? Daſelbſt auch / ob die der Augſpurgiſche Confeſſion zugethane / recht Lutheraner genennet werden? Jtem / ob die Weltleuthe / oder Politici, dieſer Zeit / moͤgen Chri - ſten geheiſſen werden? Jtem / ob auch die Geiſtliche Perſonen der Weltlichen Obrigkeit vnderworf - fen? Vnd ob die Kirchendiener fuͤr Burger zu hal - ten? Jtem von Ratione Status, vnd Erfahren - heit der Sachen. 98.
  • 22. Jſt der Geiſtlichen Perſonen Buͤrgſchafft guͤltig? p. 101.
  • 23. Warumb hat das Volck Gottes ſovil Vichs ſchlachten / vnd opffern muͤſſen? Vnd warumb war bey jhnen ein vnterſcheid der reinen / vnd vnreinen Speiſen? Dabey auch mit einkompt / daß man vi - ler Hebræiſchen Woͤrter aigentliche bedeutung nicht habe. 102.
  • 24. Moͤgen die Kirchen-Guͤter veraͤuſſert werden? Daſelbſt auch / ob die Weltliche Obrigkeit verbie - ten koͤnne / daß jhre Vnterthanen jhre Guͤter zur Kirchen veraͤuſſern? 105.
  • 25. Solle man jederman begraben? Vnd iſt es er - laubt / etwas deßwegen zubegehren? Daſelbſt auch von den Ameiſen / vnd Meerſchweinen / wie ſie jhre Todten begraben: Jtem / von der Vbelthaͤter Begraͤbnis. Ob eines in der Gefaͤngnuß verſtorb - nen Coͤrper dannoch zu beſtraffen? Jtem / ob eines Schuldners Coͤrper / nach ſeinem Tode / koͤnne in Arꝛeſt genommen werden? Jtem / daß noch theils Voͤlcker zu der verſtorbnen Graͤber Speiſe tragen. p. 109.
  • 26. Was iſt von der Zauberer Wercke zu halten? Da auch von den Zauberern deß Koͤnigs Pharao geſagt wird. Jtem / ob es wahr ſey / daß die Teuffel mit den Menſchen Vnzucht treiben vnd Kinder zeugen? Vnd von jhren Verblendungen. Jtem / wie die Tuͤrcken jhre entloſſene Knecht wider be -kom -kom̃en ſollen. Wie eine durch Zauberey gantz lahm gemacht / in der Kirchen wider gerad worden ſeye. 114.
  • 27. Jſt der Roͤmiſche Keyſer dem Bapſt zu Rom vnderworffen? Da auch etwas von deß Keyſers Conſtantini M. Donation, vnd der Keyſerli - chen Salb: vnd Croͤnung / geſagt wird. p. 124.
  • 28. Daͤrffen Obrigkeits Perſonen / Richter / ꝛc. Ge - ſchenck annemmen? 130.
  • 29. Were es nicht gut / weñ man das Vergeltungs - Recht wider einfuͤhrte? 134.
  • 30.
    • Ob eine Weibsperſon / oder Jungfraw / einen zum Tode verurtheilten außbitten moͤge / zu dem ſie hernach zu Heyrathen begehret? 137.
    • Dabey auch mit einkom̃et / ob die Maͤgde Jung - frawen zu nennen ſeyen? 139.
  • 31.
    • Was heiſſet man die vier Faͤlle? 140.
    • Da auch von den Adelichen Geſchlechten / der Nachſteuer; dem Gleit / dem Woꝛt Bethe / Steuer / Zoͤll / Fleiſch / Gelt / ꝛc. vnd von einem theuren Kalb zu leſen. Jtem / von den Hiſtoriſchen Buͤchern in der Bibel. 142.
    • Jtem / ob ein Sigill / ohne die Vnderſchrifft / gnugſam ſeye? Jtem / von den Pfandhaͤuſſern / oder Montibus pietatis. Jtem / von Schawſpilen / Fewerwerffen / ꝛc. 143. 144.
  • 32.
    • Seyn nicht zu allen zeiten Helden geweſen? 145.
    • Daſelbſt auch / warumb der tapffern Helden Kinder bißweilen ũbel gerathen? 146.
  • 33.
    • Was hat man bey der Vertheidigung in acht zu nemmen? Dabey auch / was die Lehrjuͤnger / jh - ren Lehrmeiſtern / zu erzeigen ſchuldig. 147. 148.
    • Es iſt ein außgeforderter nicht zu warten ſchul - dig / biß jhme ſein Widerſacher den erſten Streich gibet. 148.
    • Ob einer / wann er fliehen kan / ſolches thun ſol - le? 149.
    • Von der gebuͤhrenden Nothwehr: Auch eines Sohns / vnd einer Jungfrawen. 151. ſeqq.
  • 34.
    • Seyn die Advocaten / oder Rechtſachwalter / vmbſonſt zu dienen ſchuldig? Vnd wer hat die Ko - ſten / wegẽ eingeholter Vrtheil / zubezahlen? 52. ſeq.
    • Da auch etwas von den Advocaten vnd Pro - curatorn ins gemein / mit einkommet. 52. 155.
  • 35.
    • Wann ein Edelman ein Docter wird / bringt es jhme nicht Schaden an ſeinem Stande? 155.
    • Daſelbſt ein mehrers von dem Adel / vnd den Gelehrten. 156. 158.
    • Jtem / ob ein Kind von einem von Adel / mit einer Vnedlen erzeugt / auch fuͤr Edel zu halten ſeye? 157.
    • Der Reichthumb an ſich ſelbſt macht nicht Edel. 158. ſeqq.
    • So wird mit einem adelichen Lehen / nicht zu - gleich auch der Adel geben. 159.
  • 36.
    • Welche Zeit wird fuͤr die Geburt eines Kindes rechtmaͤſſig gehalten? 159.
    • Dabey auch etwas von abtreibung der Kinder mit einkommet. 161.
  • 37.
    • Was hat es fuͤr ein Beſchaffenheit / vnd vnter - ſcheid mit den Frondienſten / oder Robaten? 162.
    • Dabey vnterſchidliche Fragen mit einbracht wer - den. 164. ſeqq.
  • 38.
    • Wann einer einem Wolff / ein Schaff wider abnimbt / iſt er ſolches ſeinem Herꝛn zu uͤberlieffern ſchuldig? 167.
    • Vnd werden die Diebe billich am Leben ge - ſtrafft? 168.
    • Da auch von der Frag gehandelt wird / wann der Strick bricht / ob der Dieb wider auffzuhen - cken? 169.
    • Jtem / ob die Straff deß Strangs / in eine Geltſtraff verwandlet werden moͤge? 170.
  • 39.
    • Moͤgen auch die erwachſene Pupillen peinlich befraget werden? Vnd was thut man denen fuͤr eine Straffe an / ſo über die Stattmauren ſprin - gen? 170.
    • Daſelbſt auch von der Tortur / oder Folter / ins gemein. 170. 171.
    • Dabey auch mit einkompt / was den Erbre - chern der Gefaͤngnuſſen; Jtem / denen / ſo durch verwechßlung der Kleider / den Gefangenen da - von helffen, vnd die Gehenckten vom Galgen nem - men: Wie auch den Kranckenwartern / wann ſie die Krancken hülffloß laſſen / oder von jhnen wei - chen / fuͤr eine Straff anzuthun ſeye? 172.
    • Da auch eines vnhoͤflichen Gefaͤngnißwarters ge - dacht wird? 174.
  • 40.
    • Koͤnnen die zum Tode verurtheilte ein Teſta - ment machen? 174.
    • Dabey auch von den Guͤtern deren zum Tode verurtheilten / ob ſie dem Fiſco heimfallen / oder nicht / bericht geſchihet / 175.
    • 2. Ob in Criminal-Sachen Buͤrgen zugelaſ - ſen werden? ſampt einem Anhang. 176.
  • 41.
    • Weme gehoͤren die gefundene Sachen zu / vnd was iſt ſonſten bey denſelben in acht zunemmen? 176.
    • Daſelbſt auch / wie es in Preuſſen / mit einſamb - lung deß Bornſteins / oder Agtſteins / gehalten werde. 178.
    • Jtem / weme die Guͤter gehoͤren / ſo nach einem Schiffbruch / am Geſtade gefunden werden? 179.
    • Jtem / wenn jemands etwas auß einem Wagen verleurt / vnd ſolches gefunden wird? 180.
    • Jtem / weme etwas ligends gehoͤrig / deme der es erſtlich erſehen / oder deme / der es am erſten auff - gehebt? 180.
    • Jtem / ob einer / ſo etwas gefunden / aber ſolches ſeinem Herꝛen zugeſtellt / deßwegen eine Vereh - rung zu begehren. 180.
    • Jtem / was der jenige zuthun / ſo ein gefunden Gut verſchwigen / vnd der / ſo es verlohrn / daruͤber geſtorben? 182.
    • Jtem / wie kleine Dinge leicht zu finden ſeyen? 182.
  • 42.
    • Wie wird es bey den Erbtheilungen / wegen der Vnkoſten / ſo auff das Studieren gangen / ge - halten? 183.
    • Vnd kan einer / wegen der Religion: Jtem / ein Kind / ſo ſich wider den Willen der Eltern / verhey - ratet / enterbet werden? 185.
    • Wer ein Ketzer zu nennen? 185.
  • 43. Muͤſſen die Zeugen / in allen Jnſtrumenten / oder offentlich auffgerichten Schrifften / ſich vn - derſchreiben? Dabey / daſelbſt auch erjnnerung von den Jnſtrumenten geſchihet. 186. ſeqq.
  • 44.
    • Was hat man bey der Kauffleut Buͤcher / vnd Rechnungen in acht zunemmen? 188.
    • Da auch von den außgeſchnittenen Zetteln / vnd Kerffhoͤltzern / was die beweiſen / geſagt wird. 190. ſeqq.
  • 45. Jſt das Wuͤrffelſpiel erlaubt? Vnd was hat man bey den Wettungen / vnd Gluͤckhaͤfen / zu be - dencken? 192.
  • 46. Dieweil ein Vatter / Hungers halber / vnd in hoͤchſter Noth / ſeine Kinder verkauffen darff / ſo wird gefraget / ob ſolches auch der Mutter erlaubt ſeye? 195.
  • 47. Thut das geſtolne Brot wol nehren? vnd mag ein Verkaͤuffer ſeines Hauſes Gebrechen ver - ſchweigen? 200.
  • 48. Warumb ſeyn die alten Juden vnter den Tho - ren zu Gericht geſeſſen? Vnd mag ein blinder Richter von ſeinem Ampt abgeſetzt werden? 201. 202.
  • 49. Vnder welchem Keyſer hat man die Ehebre - cher am Leben zu ſtraffen angefangen? 230.
  • 50. Wie wird der Meineyd geſtrafft? 206.
  • 51.
    • Was iſt in deß Haupts Zuſtaͤnden nutzlichen zu gebrauchen? 209.
    • Daſelbſt auch von Haupt - Nagel. 216. ſeqq.
    • Blaͤtterlein / Schieppen / Niß / Milbey / Laͤuß / Grind / Stirnſchmertzen / Kinsflechten / ꝛc. 217.
    • Jtem / vom Angeficht. 220.
    • Dem Anſtrich der Weiber. 221.
    • Jtem / von dem Haar / vnd deſſelben vnter - ſcheid; auch wovon das fruͤhezeitige grawe Haar entſtehe; vnd was man beym Haar abſchneideninin acht nemmen ſolle. 222.
    • Jtem / vom Haar auß - fallen; vnd dem Haarwurm. 224. 225.
  • 52.
    • Was dienet abſonderlich zu deß Hirns Ge - breſten? 226.
    • Da dann vnter andern / inſonderheit die Aber - witz / vnd Vnſinnigkeit / mit einkommet. 228.
    • Jtem / was in der Melancholia zugebrauchen? 230.
    • Jtem / von der Lycanthropia, oder vermein - ten veraͤnderung der Menſchen / in Woͤlffe. 231.
    • Jtem / vom Schroͤttelin / Alp / oder Trutt. 231. 232.
    • Jtem / vom Schlag / oder Gewalt Gottes. 234.
    • Jtem / vom Schwindel. 236.
  • 53. Woher entſtehet die fallende Sucht / vnd was kraucht man darfuͤr? 239.
  • 54. Woher kompt der Catharꝛ / Schnuder oder Schnuppen / vnd was pflegt man in ſolchem vor - zunemmen? 248.
  • 55.
    • Was hat man von der Naſen? 253.
    • Vnd woher entſpringt das Nieſſen? 254.
    • Alda auch von deß Socratis Engel; 256.
    • Vnd vom Schnupp-Taback. 254. 255.
    • Naſen Geſchwaͤr / 256.
    • Jtem / was den Geruch wider bringe. 257.
    • Jtem / was gut ſey wider das fluͤſſige Naſen - ſchweiſſen / oder bluten? 259.
    • Jtem / daß theils den Roſen Geruch nicht ley - den koͤnnen? 258.
  • 56. Was iſt bey den Ohren zubetrachten? Vnd was haben dieſelben fuͤr Anligen? Wie iſt jhnen zu - helffen? 260.
  • 57.
    • Was hat man bey dem Hertzen zubedencken? 268.
    • Dabey die eroͤrterung der Frag / von deß Men - ſchen Lebens Ziel / wider die Stoicos, vnd die den - ſelben folgen / mit einkommet. 269.
    • Jtem / ob man das Leben erlaͤngern koͤnne 271.
    • Wann man eine Vnverdaulichkeit im Magen verſpuͤrt / ſolle man nicht Brandten - vnd gewuͤrtz - ten Wein hinein ſchuͤtten. 271.
    • Was das Hertz ſtaͤrcke. 272.
    • Woher die Ohnmacht entſtehe? Vnd was hierinn zugebrauchen ſeye? 274.
    • Jtem / wider das Hertzklopffen / vnd zittern. 276.
  • 58. Was leidet die Leber für Anſtoͤſſe? Vnd was tauget wider dieſelben? 277. ſeqq.
  • 59. Was dienet wider deß Magens Gebreſten? 285.
  • 60.
    • Warumb koͤnnen den Hunger theils laͤnger ley - den / als Andere? Vnd woher entſtehet der Hunds - hunger? 301.
    • Daſelbſten auch / ob etliche Thier vom Lufft / vnd Geruch leben? und ob ein Menſch lang ohne Speiß vnd Tranck ſeyn koͤnne? 301. 302.
    • Jtem / ob in nemmung der Speiſen / ein Ord - nung zu halten? 302.
    • Jtem / warum die / ſo eine gar hitzige Leber / einen kalten Magen haben? 302.
    • Jtem / vom Eckel zur Speiſe; vnd was der Ap - petit / oder Luſt / zur ſelben mache? 303. 304.
  • 61.
    • Was hat das Miltz für beſchwerlicheiten? 306.
    • Von der Cappern rechtem gebrauch / vnd Nutz - barkeit. 308.
    • Jtem / der Frag / obs war / daß den Lackeyen das Miltz genommen werde? 315.
  • 62.
    • Was braucht man wider das Seitenſtechen? Jtem Seitengeſchwer? 316. ſeqq.
    • War zu das Roßkoot diene? 317.
  • 63.
    • Was dienet den Nieren / Lenden / vnd Ruck - grad / vnd verhütet den Hofer oder Buckel? 321.
    • Daſelbſt auch von den Harngaͤngen / Gelenck / Nerven / Haarenruhr / Ruckenwehe. 324. 328. 329.
    • Fuͤrs Auffligen in langwuͤrigen Kranckheiten / vnd verhuͤtung deß Hofers. 323. 330.
  • 64. Dieweil in der naͤchſten Frag / beym Ruckgrad / der Nerven gedacht worden / ſo wird gefragt / was) (nochnoch weiters bey denſelben in acht zunehmen ſeye? 331. ſeqq.
  • 65.
    • Was haſt du etwan wider den Nieren: und Blaſenſtein geleſen und geſamlet? 335.
    • Warumb die Kinder diſem Zuſtande ſonder - lich vnterworffen? vnd was die vilheit der Milch - ſpeiſen verurſache? 335.
  • 66.
    • Was dienet zur verhuͤtung der Peſt / vnd auch zu derſelben heilung? 349.
    • Darbey mit einkomt / ob die bewegung zur præ - ſervation vor der Peſt nutz ſeye? 351. ſeq.
    • Jtem / ob Einem mit der Peſt angeſteckten eine Ader zu eroͤfnen ſeye? und ob er purgiren ſolle? 357.
  • 67. Was dienet wider die Waſſerſucht? 361.
  • 68.
    • Warum iſt der Boden deß Geſchirꝛs / darinn man etwas fiedet / kalt; da doch alle andere theil heiß ſeyn? 366.
    • Warum faſſet ein mit Aſchen angefuͤlltes Ge - ſchirꝛ ſovil Waſſers / als ein laͤres? 367.
    • Daſelbſt auch / warum eines Fercklins Ruͤeſſel am erſten heiß wird? 367.
  • 69.
    • Warum faͤlt ein Stein / wann er herunter ge - worffen wird / anfangs langſamer? 368.
    • Dabey mit einkomt / wie lang ein Mühlſtein von den Sternen / biß auff die Erde / zu fallen het -te?re? Vnd anders mehr / als von den Pulsſchlaͤ - gen &c. 368. ſeq.
  • 70.
    • Wie vilmal iſt die Sonne groͤſſer dann die Er - de? und was iſt das blaue / welches man im Him̃el ſihet / wann es klar Wetter iſt? 369.
    • Vnd wie man ſich darunder ligend bedecken ſolle. 370.
    • Da - bey auch folgende Fragen mit eingebracht werden /
    • 1. Ob die Lufft kaͤlter ſeye / als die Erde vnd das Waſſer? 370.
    • 2. Obs recht geredt / die Sonne ziehet Waſſer? 370.
    • 3. Obs natuͤrlich koͤnne zugehen / warhafftiges Eyß in einer warmen Stuben zu machen? 371.
    • 4. Ob man den Wuͤrckungen / ſo jemand in ſei - ner Nativitaͤt findet / vorkommen moͤge? 371.
    • 5. Woher es komme / daß das faule Holtz im fin - ſtern ſo hell leuchte? 372.
    • 6. Ob die Americaner / vor Zeiten / den Euro - pæiſchen Leuten bekanter / als an jetzo geweſen? und auß was Ort der Welt ſelbige moͤgen entſprungen ſeyn? 372.
    • 7. Ob ein Trunck Wein geſuͤnder aus einem reinen Glaſe / al[s a]us einem ſilbernen inwendig nit vergulden Gefaͤſſe? 372. Dabey auch mit einkomt / ob man den Wein auffs Waſſer / oder das Waſſer auff den Wein gieſſen ſolle? 373.
    • 8. Woher es kom̃e / daß der ſchnee weiß iſt? 373.
    • 9. Woher es komme / daß die Birnen im Waſſer ehe zu grund gehen / als die Aepffel? 373.
    • 10. Ob das 1649. das wahre Jahr nach Chri - ſti Geburt ſeye? 373.
    • 11. Welche Zeit zum Holtzfaͤllen zu erwoͤhlen? 374.
    • 12. Wann gut Haar abſchneiden ſeye? 374.
    • 13. Woher es komme / daß / wann in der naͤhe ein Menſch ſterben ſolle / die Hunde heulen / und die Katzen / Eulen / ſchreyen? 374.
  • 71. Woher komts / daß die Hanen zu gewiſſer Nachtszeit kraͤhen? 374.
  • 72.
    • Wie erhelt man ein Feuer lang & c? und was iſt gut wider die Kaͤlte? 377.
    • Dabey auch mit einkommet / wann ein Schnee faͤlt / warum die Kaͤlte etwas nachlaſſe? 379.
  • 73.
    • Was erhelt den Wein gut / vnd bringt den Ver - derbten / und abgeſtandenen wider zu recht? 379.
    • Danebſt auch / wann man Brot in den Wein thue? Jtem / wer am erſten den Wein gewaͤſſert? und von deß Herculis groſſen Becher. 384.
    • Jtem / von allerley Kraͤuterweinen. 385. ſeqq.
  • 74.
    • Was erhelt das Bier gut? Was das Baum - oͤl / &c. Was dienet den Kaͤſen? Was hat man beym Eſſig in acht zu nehmen? 389.
    • Warum wird das Bier nit aller Orten gleich gut geſotten? 390.
  • 75.
    • Wie macht man einen guten Mett? 392.
    • Vndwiewie macht / und erhelt man eine gute Dinten? 392. ſeqq.
  • 76. Jſt der Menſch / von GOtt / anfaͤnglich gerecht vnd heylig / und daß Jhme wol ſeye / erſchaffen worden? 394.
  • 77.
    • 1. Was lehret man vom Gewiſſens Frieden? 396.
    • Gefallen Gott der Heyden Tugenden? Vnd haben dieſelben auch Gott geehret? 397.
  • 78.
    • Stehet es in deß Menſchen Willen / Tugentlich zu leben. 398.
    • 2. Seyn nicht etliche Verhandlungen nichts anders als Sünde? 399. und
    • 3. Kan nicht deß Menſchen Will gezwungen werden? 400.
  • 79. Haben Plato, und Plutarchus, recht geſagt / daß der Menſch das allerelendiſte Thier ſeye? 402.
  • 80.
    • Begegnet aber auch / und widerfaͤhret einem Menſchẽ in diſem Leben / eine Gluͤckſeeligkeit? 404.
    • Dabey auch anders mehr mit einkommet / ſonder - lich vom ſpaͤtten Gluͤck. 407.
  • 81. Jſt es erlaubt zu zoͤrnen? Vnd warum ſeyn die kleine Leute / und die Weibsperſonen / dem Zorn mehrers / als Andere / ergeben? 408.
  • 82.
    • Jſt die Tapfferkeit / ſo Einer im Krieg beweiſet /) (iijhoͤherhoͤher zu achten / als die / ſo auſſer deß Kriegs geſchi - het? 413.
    • Vnd Wie kom̃en miteinander über ein / und ſeyn auch wider einander / ein Foꝛchtſamer / Toller / und Tapf - ferer? 415.
  • 83.
    • Welcher iſt aͤrger / ein Geitziger / oder Verthuen - licher? 416.
    • 2. Jſt ein jeder Geber Freygeb? 418. Vnd
    • 3. Solle man auch den boͤſen Leuten etwas ge - ben? 419.
  • 84. Was iſt ein Bidermann / daſelbſt auch von ei - nem guten Nahmen. 420.
  • 85.
    • Darff man ſich der Schertz-Reden gebrau - chen? 422.
    • Vnd was thut mehrers / die Liebe zu er - langen / die Zung / oder die Augen? 424.
  • 86.
    • Sollen nicht die Muͤtter / jhre Kinder / ſelber traͤncken? 425.
    • Vnd was ſolle man fuͤr Saͤug - Ahmen erwoͤhlen? 427.
  • 87. Jſt aller Kuß verbotten? 427.
  • 88. Wie hat man ſich ſonſt in Sitten / ſonderlich beym Tiſch / zu verhalten? 431.
  • 89. Jſt die Geſellſchafft dem Einſamen Leben vor - zuziehen? Dabey auch mit einkommet / warumb die zu groſſe Gemeinſchafft endlich die Verachtung bringe? 438. 441.
  • 90.
    • Solle man zu Friedenszeiten / das Trillen / oder das Abrichten in den Waffen / anſtellen? 442.
    • und den jüngen Leuten das Reiten zulaſſen? 442.
  • 91.
    • Machet ein beruͤmter Ort / alda Einer geboren worden / denſelben auch beruͤmt? 444.
    • Vnd Von welcher Wolluſt hat Epicurus geredet? 446.
  • 92. Warumb machet das zu allen Dingen ja ſagen Freunde; die Warheit aber Feinde? 447.
  • 93. Wie haben die beruͤmteſte / und fuͤrtrefflichſte Voͤlcker jhre Zeit: und Jahrs Rechnungen ge - macht? 448. Sihe Iſa. Voſſium de vera ætato Mundi.
  • 94.
    • Haſt du nichts von ſonderbaren Kunſtſtuͤcken geleſen? 454.
    • Da auch von H. J. Wieſels weitern Erfindungen / und ſonderlich den Microſcop - (ſo theils Macroſcopia, und Smicroſcopia. nennen) geſagt wird. 475. ſeqq.
  • 95.
    • Haſtu nichts verwunderliches von theils Leu -[t]en verꝛichtet / auffgezeichnet? 463.
    • Vnd woher komt das Wort Struͤtzel? Jtem Marcipan? 466.
  • 96.
    • Wie pflegen die Reichs-Staͤtte auff den Reichs-Taͤgen / der Ordnung nach / zu ſitzen? 467.
    • Dabey auch ein mehres von den Reichs-Staͤt - ten / und den Handwercken in denſelben / jhren Ordnungen / und Gewonheiten / mit einkommet? 469. ſeqq.
  • 97. Woher kommen die Veraͤnderungen der Koͤ - nigreich / Geſchlechten / ꝛc. 97.
  • 98.
    • Jſt ein jeder ſtoltzer Menſch auch ein Narꝛ? 478.
    • Vnd darff Einer / wann Andere ſchweigen / ſich ſelbſt loben? 479.
  • 99. Woher das Faßnacht-Feſt ſeinen Vrſprung? 480.
  • 100.
    • Gehoͤrt der Biber: und Otterfang zum Forſt: oder Fiſch-Recht? 482.
    • Dabey auch andere Sachen / und Fragen / mit angehenckt werden; und darunter von groſſen Ra - ben / die Fiſch fahen. pag. ſeqq.

ENDE.

1

Des Dritten Hundert

Erſte Frag / Hat man bey den Juden / im ſiben - den Jahr / die Schulden gantz erlaſſen? Und wie ſeyn ſie den Armen zu Huͤlffe kommen?

JM 5. Buch Moſis / am 15. Capitel / wird alſo geleſen:

Über 7. Jahr ſoltu ein Erlas - Jahr halten. Alſo ſols aber zugehen mit dem Erlas-Jahr: Wenn Einer ſeinem Ne - heſten etwas borget / der ſols ihm erlaſſen / und ſols nicht einmanen / von ſeinem Neheſten / oder von ſeinem Bruder / denn es heiſt das Erlasjahr dem HErrn. Von einem Fremden magſtu es ein - manen / aber dem / der dein Bruder iſt / ſoltu es er - laſſen. Es ſoll allerdings kein Betler unter euch ſeyn / &c.

Jn dieſen Worten nun bevilhet Gott den Jſra - eliten / daß ſie in dem ſibenden Jahr / da alle Aecker ruheten / als wie es bey uns bißweilen im 2. biß -Aweilen2Die I. Frag. weilen im 3. und 4. Jahr geſchihet / was gelihen worden / allein von Fremden / nicht aber von ihren Bruͤedern / oder den Jſraeliten wider fordern / ſon - dern denſelben alle Schuld erlaſſen ſollen. Dieſer Befelch wird nicht von Allen gleich ausgelegt. Dann Etliche in der Meinung ſeyn / daß man / vor dem einfallenden ſibenden Jahr / die Schulden von den Bruͤedern wol habe einfordern koͤnnen; aber / in dem ſibenden Jahr ſelbſten / ſeye alles / was man ſchuldig / den Bruͤedern ſchlechter Ding zuerlaſſen geweſen. Dann die Wort dieſes Geſaͤ - tzes ſeyen klar / und thetten keine Auslegung leiden: auch deßwegen / dieweil Gott der HErr allein den Glaubens genoſſen die Schuld / und nicht den Fremdlingen geſchenckt haben wollen; wie auch S. Paulus zun Galatern am 6. v. 10. ſagt: Als wir nu Zeit haben / ſo laſſet Uns Gutes thun an Jederman / allermeiſt aber an des Glaubens ge - noſſen. Und 3. weilen Gott / wegen Schenckung der Schuld / ſo groſſe Vergeltung / in dem 4. 6. 10. Vers / verſpricht.

Andere aber wollen / daß in dem ſibenden Jahr man einen Schuldner nicht habe anfordern koͤn - nen; dieweilen / wie oben erwehnet / die Aecker / in demſelben / nicht angebauet wurden / und daher die Armen nicht hatten / davon ſie ihre Glaubiger bezahlen moͤchten; her gegen ein Fremder / oder Heyd / ſo außer des Juͤdiſchen Landes gewohnt / wann er in ſolchem Jahr ſeine Aecker angebauet /ſeine3Die I. Frag. ſeine Gebuͤhr wol hat abrichten koͤnnen. Dann ſonſt wurde die H. Schrifft ihr ſelbſten zu wider ſeyn / weil im 37. Pſalm v. 21. ſtehet: Der Gott - loſe borget / und bezahlet nicht. Und was ſie fuͤr andere Urſachen mehr ihrer Mainung / aus dem 9. Vers / des beſagten 15. Capitels / und von den leibaignen Knechten genom̃en / beybringen. Dann dieſelbe ums Gelt erkaufft worden / und gleichwol / in dem Erlaß-Jahr / nicht / ſondern / in dem ſiben - den Jahr ihrer Dienſtbarkeit / ſie haben loß ge - laſſen werden muͤſſen; wie aus dem 12. Vers er - ſcheinet; welches aber zu thun geweſt were / wann man die Schuld / den Schuldnern / gantz hette ſchencken ſollen; und alſo dieſes Geſatz nicht von einer Nachlaſſung; ſondern einem Auffſchub / daß man namlich / im ſibenden Jahr / die Beza - lung nicht zu begehren habe / zu verſtehen ſeye. Warum aber dieſes Geſaͤtz alſo gemacht worden / wollen Theils / darumb geſchehen ſeye / auff daß die Jſraeliten / von der Armuet getrieben / ſich nicht zu den Heyden begeben / und entweder Abgoͤtterer / oder doch Heuchler in der Religion / werden moͤch - ten; und ziehen ſie hieher / was im 1. Buch Sa - muelis / Cap. 26. v. 19. vom David ſtehet. Und iſt weniger nicht / daß die groͤblich ſuͤndigen / welche denen / ſo entweder in der Lehr irꝛig ſeyn / oder im Leben ſich nicht wol verhalten / mit ihrer Ernſthaf - tigkeit / Unverſoͤhnlichkeit / Unbarmhertzigkeit / und Grauſamkeit / Urſach geben / daß ſie / den HungerA ijzu4Die I. Frag. zu ſtillen / zu einer andern Religion ſich begeben muͤeßen. Aber alhie iſt die Haubt-Urſach des er - wenten Geſatzes / aus Gegeneinanderhaltung des 4. und 11. Verſiculs / des gedachten 15. Ca - pitels zu nehmen / daß zwar allezeit Armen im Lande Chanaan ſeyn werden; aber die Vermoͤg - liche / mit ihrer Handreichung / und Freygebigkeit / darzu thun ſollen / daß ſolche Haus-Arme / wann ſie ſchon etwan ein Aeckerlein haben / aber im ſiben - den / oder in dem Erlaß-Jahr / ſolches nicht bauen doͤrffen / nicht gar zu Bettlern werden / daß ſie von Haus / zu Haus / herum gehen / und das Almoſen begeren doͤrffen. Dann daß / unter den Juden / ſtaͤtigs auch hernach Arme geweſen / erſcheinet aus dem 22. Cap. der Spruͤche Salomo / v. 2. Reiche / und Arme / muͤſſen untereinander ſeyn / der HErr hat ſie alle gemacht. Und daß Chriſtus der HErr ſagt / beym Matthæo / Cap. 26. v. 11. Jhr habt allezeit Arme bey euch: und aus andern Orten mehr.

Dieſelbigen aber wurden der geſtalt / daß ſie nicht doͤrfften bettlen gehen / erhalten / 1. Wann die Reichere / wie gemeldt / im Erlaß-Jahr die Bezalung der Schuld nicht an ſie begehrt. 2. Wann ſie / in ſolchem ſibenden Jahr / ihnen gelaſ - ſen / was von ſich ſelbſt auff den Aeckern / und in den Weinbergen / gewachſen. 3. Wann ſie von den Zehenden / dern etliche auff die Seite gethan / oder abgeſondert wurden / den Fremdlingen / undalſo5Die I. Frag. alſo auch den Armen / etwas zugehen lieſſen. 4. Wann ſie des Armen Pfand bald wider ga - ben. 5. Wann ſie den Lohn / ohne Verzug / bezal - ten. 6. Wann ſie des Armen Gerechte Sach zu verkeren ſich ſcheueten. Und 7. nach dem Gebot Gottes / im 3. Buch Moſis / Cap. 23. v. 22. in der Ernd / auff dem Felde / nicht alles eingeſchnit - ten / auch nicht alles genau auff geleſen / ſondern ſolches den Armen / und Fremdlingen / gelaſſen haben. Und dieſer Geſtalt / ſo der ander Punet deiner Frag iſt / ſeyn ſie den Armen zu Huͤlff kom - men. Daß aber / zur Zeit Chriſti / und der Apoſtel / Lazarus vor den Thuͤren bettelte / erſcheinet dar - aus / daß / zu ſolcher Zeit / es uͤbel im Juͤdiſchen Lande geſtanden / und man GOttes des HErrn Bevelch nicht in acht genommen hat. Da mit aber die Reichen ihr Gelt / und Sachen / nicht vergebens herzugeben hatten / ſondern / nach dem erwehnten ſibenden Jahr / ihr hergelihenes wider erfordern moͤchten / ſo dieneten hier zu andere Ermahnungen / als im 2. Buch Moſis / Cap. 20. v. 9. Sechs Tag ſoltu arbeiten (nicht Feyrtaͤg halten / ſchlincken ſchlancken gehen / &c.): item / im Buch Hiob / Cap. 5. v. 7. Der Menſch wird zu Ungluͤck gebo - ren / wie die Voͤgel ſchweben empor zu fliehen: und was oben aus dem 37. Pſalm angezogen worden. Und hieher ziehet man auch L. ſi quis 5. §. ſed ſi filius 7. ff. de agnoſcendis, & alendis Liberis, vel Parentibus, wann ein Sohn ſeine Nahrung / we -A iijgen6Die II. Frag. gen ſeiner Geſchicklichkeit / ſelber ſuchen kan / daß er von dem Vatter nicht zu ernehren ſeye. Jſt nun ſolches ein Vatter dem Sohn nicht zu thun ſchul - dig; ſo ſeyn viel weniger Andere / die geſunden Leibs ſeyn / und ſich mit ihrer Arbeit ſelber erneh - ren koͤnnen / zu unterhalten / damit den Laſtern kein Anlaß gegeben werde. Denen aber / die den recht Armen guetes thun / verſpricht der HErr / im Anfangsangezognen 15. Capitel / ſeinen Se - gen / daß ſie werden vielen Voͤlckern leihen / und ſie von Niemand borgen / v. 6.

Die II. Frag. Mag ein Chriſt / und ſonderlich ein Gottes-Gelehrter / zur Peſtzeit / mit gutem Gewiſſen / fliehen?

UNder dem Wort Brot / in der Vierten Bitt / wird auch begriffen ein geſunder Lufft / und guete Geſund - heit / denen die anſteckende Seuch zu wider iſt. Ob nun / wann die Peſtilentz an einem Ort regieret / anderswohin zu fliehen erlaubt ſey? davon fin - den ſich drey ungleiche Mainungen. Dann Etli - che / ſo gar forchtſam ſeyn / fliehen ſtracks davon / vergeſſen ihres Ambts / und der Chriſtlichen Lieb / legen alle Hoffnung / und Vertrauen zu Gott hin - weg. Die Andere thun den Sachen zu wenig / wel - che wollen / daß die Flucht zur Peſt-zeit nicht al -lein7Die II. Frag. lein wider die Liebe des Naͤchſten / ſondern auch wider den Glauben an GOtt / und nichts anders ſeye / als ſich der maͤchtigen Hand Gottes / ſo dieſe Straff zuſchicket / zu widerſetzen; wider des H. A - poſtels Petri / in der 1. am 5. v. 6. Vermahnung. Die Dritten gehen den mitlern Weg / und ſagen / daß einem Chriſten / zur Peſtilentz-Zeit / zu flie - hen / wol zugelaſſen / und erlaubt ſeye / jedoch mit gewiſſer Maß / namlich 1. Wann ſolches einem ſein Amt zulaſſet. 2. Wann es / ohne Verletzung der Chriſtlichen Lieb geſchehe. 3. Wann das Wi - derſpiel nicht die Notturfft / und die Treu / damit einer einem andern verbunden / erfordere. Und dann 4. wann es nicht mit dem Vorſatz / den Todt; ſondern die Gefahr des Todtes / zu fliehen / geſche - he; und daß dieſe von GOtt geſchickte Straff nicht mit der Flucht des Orts; ſondern durch die Flucht der Suͤnden / abgewendet werden moͤge. Wann dieſe Bedingungen in Acht genommen werden / mag man vor der Peſt wol fliehen; die - weil ein ſolche Flucht mit dem Geſaͤtz der Natur / des HErrn Chriſti / und der Heiligen / Exempeln / uͤbereinſtimmet / der H. Schrifft / und der Ver - nunfft / nit zu wider lauffet. Dann 1. ſo iſt gewiß / daß ein jedes Ding / aus Trieb der Natur / ſein ſelbſt Erhaltung begehret. 2. Chriſtus der HErr hat vor der Zeit / ſo zu ſeinem Todte verordnet war / die Todtes-Gefahr / durch die Flucht / ver - huͤetet / Matthæi am 2. v. 13. und Cap. 15. v. A iiij21.8Die II. Frag. 21. beym Luca am 4. v. 30. beym Johanne C. 7. v. 1. und Cap. 8. v. 59. 3. So hat man / in H. Schrifft / hin und wider Exempel der Heyligen / ſo geflohen ſeyn / als des Jſaacs / Jacobs / Moſis / Davids / Elias / und des Propheten Uria / beym Jeremia / Cap. 26. v. 21. Und obwoln dieſe Bey - ſpiel nicht eben auff die Peſt gehen / ſondern die Ge - fahr des Todtes andeuten / ſo zum Theil von Hun - ger / zum Theil vom Schwerd / zu befoͤrchten war: Dannocht / weil die Schrifft die Peſt dem Hun - ger / und dem Schwerd / zurechnet: Wer wolte nicht daraus verſtehen / daß auch hieher das ge - meine Sprichwort gehoͤre / daß man von gleichen Dingen ein gleichmaͤſſiges Urtheil zu geben ha - be. 4. Daß ſolche Flucht nicht wider die Schrifft ſeye / erſcheinet daraus / dieweil wir unſers Leibs fleiſſig pflegen ſollen / damit er vor Schaden ver - wahret werde: item / daß wir die Gefahr nicht lie - ben / und ſie uns ſelbſten nicht uͤber den Hals zie - hen / auch Gott nicht verſuchen; ſondern uns / und unſerm Leben / vielmehr / durch die Flucht / Rath ſchaffen ſollen; zun Roͤmern Cap. 13. v. 14. zun Epheſern am 5. v. 29. Syrach am 3. v. 27. im 5. Buch Moſis Cap. 6. v. 16. und Matthæi am 24. Cap. v. 16. Und dann 5. wann man die Peſt / als eine von Gott zugeſchickte Straff nicht fliehen doͤrffte; ſo muͤeſte man auch vor dem Feinde nicht fliehen; dem entſtandenen Feuer nicht wehren; aus dem Waſſer / darein einer gefallen / nicht aus -ſchwim -9Die II. Frag. ſchwim̃en / und keine Artzneyen / wider die Kranck - heiten / und dergleichen / gebrauchen doͤrffen; die - weiln ſolche Ungluͤck gemeinlich auch ſo wol / als die Peſt / Straffen ſeyn. Wann aber die ober - wehnte Bedingungen nit verhanden / oder nicht in Acht genommen werden; ſo iſt auch die Flucht vor der Peſt nicht erlaubt; und moͤgen daher die Kir - chendiener / und Obrigkeits-Perſonen / ſo Andern in einer Statt vorgehen / und deren man nicht ent - rathen kan / mit gutem Gewiſſen / nicht fliehen / noch begehren / daß man ſie anderswohin ziehen laſſe; es ſeye dann / aus einer etwan gar hochwich - tigen Urſach / ſolches die Kirch / und Stadt / be - gehre / und treibe / wann Andere da ſeyn / ſo / unter - deſſen / das Regiment fuͤhren koͤnnen. Alſo moͤ - gen / und ſollen / die Eheleute / Eltern / und Kinder / Hausvaͤtter / und Haus-Geſinde / auch Bluets - Freunde / und Benachbarte / einander nicht ver - laſſen / es geſchehe dann aus Bitt / und Befelch des andern Theils / und wann ſie albereit andere Leut bekommen / deren Huͤlff / und Dienſt / ſie ſich gebrauchen koͤnnen; auch ſonderbare Faͤll verhan - den ſeyn. Sihe des D. Martini Lutheri Schrifft / ob man fuͤr dem Sterben fliehen muͤge / tom 3. Je - nen. German. f. 391. D. Joan. Forſter. decad 2. probl. Theolog. ex Orat. Domin. problem. 6. des M. Melch. Sylv. Eckhardi Chriſtianum Religio - ſum Claſ. 4. quæſt. 39. Und von der Flucht zurA vVer -10Die III. Frag. Verfolgungs-Zeit D. VVagner. part. 3. Poſtil. text. p. 364. ſeq. 718. 725. ſeq.

Die III. Frag. Seyn die Jenige / ſo ſich ſelbſt umbbringen / fuͤr behertzte / und tapfere Leute zu halten / und iſt es einem Chri - ſten ſolches zu thun erlaubt? Und was verurſachet die Ver - zweiflung?

WAnn man auff das Altum ſehen wil / ſo werden ſich viel dergleichen Beyſpiel / hin und wider / erzeigen. The - miſtocles, ſo ſich um ſein Vatteꝛland Athẽ wol ver - dient gemacht / als er / von ſeinen Mißguͤnſtigen / von dannen vertrieben / und vom Koͤnig in Perſien zum Kriegs-Obriſten / wider Griechenland / be - ſtelt ward / hat lieber ſich mit Gifft umbbringen / als das Vatterland bekriegen wollen. Alſo hat Cato ſich ſelbſt umgebracht / damit er nicht in des Julii Cæſaris Haͤnde geriethe. Porcia, des Catonis Tochter / als ſie ihres Ehe-Herrn Bruti Todt ver - nahm / und nicht ſtracks ein Eiſen zur Hand haben kunte / hat ſie gluͤende Kolen in den Mund genom - men / und ſich damit getoͤdtet. Die Edle Roͤmerin Lucretia, als der juͤngere Tarquinius ſie mit Ge - walt geſchwaͤcht / hat ſich ſelber mit einem Meſſer erſtochen. Alſo hat ſich auch jene Edle / und keuſche Roͤmerin / die der Tyrann Maxentius ſchaͤndenwollen /11Die III. Frag. wollen / ſelber um ihr Leben gebracht / damit ſie ihre Keuſchheit erhalten moͤchte; wie von ihr beym Euſebio lib. 8. c. 15. (al. 16.) zu leſen. Und wer wil alle dergleichen Exempel erzehlen? die auch ihre Lober deßwegen haben; wie dann ge - dachter Euſebius der jetzternanten Roͤmerin / ſo ei - ne Chriſtin geweſen / That nicht ſchilt; auch Vale - rius Maximus lib. 3. c. 2. und lib. 4. c. 6. der ob - erwenten Catonis, und der Porciæ, Selbſttoͤdtung hoch erhebt / und ſaget / daß aus des Catonis Wun - den mehr Ehr / als Bluet / geloffen ſeye. Die Do - natiſten haben ſich nicht geſcheuet / die Wort Chri - ſti / beym Evangeliſten Matthæo / Cap. 10. v. 39. Werſein Leben findet / der wirds verlieren / und wer ſein Leben verleuert / umb meinen Willen / der wirds finden / dergleichen Todtſchlaͤg zu entſchul - digen / zu mißbrauchen. Andere bemuͤhen ſich die Sach mit den Exempeln des Simſons / im Buch der Richter / Cap. 16. v. 30. und des Rhazis / oder Raziæ, im 2. Buch der Maccabæer / Cap. 14. v. 42. zu bemaͤnteln.

Aber! die Selbſttoͤdtung verdienet kein Lob; ſondern ſie iſt der Natur / und der Schrifft / zu wider / welche bevilhet / Du ſolt nicht toͤdten; und alſo weder andere / noch dich ſelbſt. Sihe / was im Geiſtlichen Recht c. tu dixiſti, und in den folgen - den 11. und 12. Cauſa. 23. quæſt. 5. item in l. 3. §. 6. de bon. eorum, qui ante ſentent. ſtehet. Jm 1. Buch der Keyſerlichen Verordnungen / tit. 8. §. fin. 12Die III. Frag. §. fin. wird geſagt / es ſeye dem Gemeinen Weſen daran gelegen / daß Niemand ſich ſeines Guets mißbrauche: vielmehr wird der Mißbrauch ſei - nes Leibs verbotten ſeyn. Gott nimt die Seel nicht an / ſo / wider ſeinen Willen / aus dem Leibe abſchei - det. Und hilfft da nichts / wann einer gleich vorher bettet / und einen Zedel hinderlaͤſt / daß er in wah - rem Glauben / alle Verzweiflung hindan geſetzt / ihme ſelbſt Hand angelegt habe; als wie ein Stu - dent / vor dem klaͤglichen Ende / an die Thuͤr / und Geſtuͤel ſeines Zimmers / gefchrieben haben ſolle; ich bin ſeelig / ich bin ſeelig. Dann ſolches Gebet iſt ſo wol / als des obangezognen Raziæ / unkraͤfftig / weil ſolches nicht nach GOttes Willen geſchihet / ein ungedultiges Gemuͤet / und damit Einer einer verdienten Straff / und Unehr / entgehen moͤge; keinen Glauben / kein Vertrauen in GOttes Barmhertzigkeit / anzaiget; auch das Eingeben / ſich ſelber umzubringen / unter dem Gebett / nicht vom gueten / ſondern dem boͤſen Geiſt / herruͤret.

Man pflegt zu ſagen / daß die Verzweiflung 4. M. mache / Monachum, Militem, Me - retricem, und Mendicum, das iſt / daß einer in ein Cloſter lauffe / einer ein Kriegsmann / Eine zur Huren werde / und theils ſich auffs bettlen le - gen. Darzu auch das fuͤnffte / oder Mors, das iſt / ein gewaltthaͤtiger Todte / kan gethan wer - den.

Was aber von denen zu halten / ſo ſonſten / demanſehen13Die III. Frag. anſehen nach / ein erbares Leben gefuͤhrt / aber / in der Hitz der Anfechtung / da der Teuffel ſonder - lich maͤchtig iſt / ſelber Hand anlegen / und da hin ſterben; Oder / nachdem ſie albereit Hand ange - legt haben / vor ihrem Ende / noch Reu / und Leyd / daruͤber tragen; davon kan man / ob ſie ſeelig wer - den? nichts gewiſſes ſchließen; ſondern es ſeyn ſolche Faͤll Gottes Urtheil zu uͤberlaſſen / und mit dem Apoſtel in der Epiſtel an die Roͤmer / Cap. 11. v. 33. zuruffen: O welche eine Tieffe des Reichtums / beyde der Weisheit / und Erkentnis Gottes / wie gar unbegreifflich ſind ſeine Gerich - te / und unerforſchlich ſeine Wege. Die Angefoch - tene aber ſeyn zu ermahnen / daß ſie ſich ihrer H. Tauff / der unentlichen Barmhertzigkeit Gottes / des unentlichen Verdienſts Chriſti / der allge - meinen Verheiſſungen Gottes / der in der Beicht empfangenen Vergebung der Suͤnden / und des Gebrauchs des H. Abendmals / erinnern; nicht lang ſolchen verfuͤhriſchen Gedancken auffmer - cken / ſondern zum Wort GOttes lauffen / da ſie Troſt gnugſam finden werden / auch einen ſchoͤnen Pſalmen ſingen; ihr Anligen gueten Freunden / ſonderlich ihrem Beichtvatter offenbaren; bene - bens auch bedencken ſollen / wann ſie ſich ſolten ſel - ten ſelber umbbringen / wie ſie ſich umb Seel / und Leib / um ihren ehrlichen Nahmen / um ein ehrliche Begraͤbnus / und die ihrige in Spott / und Schan - de / das Vatterland umb ein Mitglied / das Weib /um14Die III. Frag. um den Mann / und ſo fortan / bringen wurden. Wann ſie dieſes thun / auch fleiſſig betten werden / ſo iſt kein Zweiffel / daß ſie / durch Gottes Genad / und Beyſtand / wider zurecht gebracht werden moͤgen. Des Simſons Exempel gehoͤrt hieher nicht / dann das war ein heroiſches Werck / als der von GOtt zum Richter / und Heyland ſeines Volcks / wider die Philiſter berueffen war / und deßwegen in der Epiſtel an die Hebræer Cap. 11. v. 32. unter die Zahl der Glaubigen gezehlet; welches vom Razia nicht geſaget wird. Siehe Doct. Iohan. Forſterum problem. 4. dec. 3. probl. Theol. ex Orat. Domin. Andream Celichi - um in einem beſondern Buͤchlein von dieſer Frag gemacht / D. Ioan. Gerhardum dec. 6. quæſt. polit. 6. Ioan. Crügerum in Horto Virtutum, quæſt. 44. und Eckhardum, in Chriſtiano Religioſo, cl. 4. quæſt. 28. da er auch D. Balduinum in Caſib. Con - ſcient. und D. Thumm. Decal. p. 360. anziehet / auch von denen / ſo in der Tobſucht / und Melancholia / ſich umbbringen: deßgleichen von denen / ſo aus Traurigkeit / und Kranckheit / ohne Vorſatz / und Willen / ihnen das Leben zu nehmen / allgemach abſterben; wie nicht weniger auch von denen / die ſich toͤdtlich verwunden / aber nicht ſtracks dahin ſterben; ſondern noch zuvor Bueße thun / wie auch oben deſſen Erwehnung geſchehen / und man ein Exempel an dem Kerkermeiſter / in der ApoſtelGeſchicht /15Die IV. Frag. Geſchicht / C. 16. v. 27. und 32. hat; etwas erin - nern thuet.

Die IV. Frag. Gehoͤren die Wort; Denn dein iſt das Reich / und die Krafft / und die Herr - ligkeit / in Ewigkeit / Amen: aigentlich zum Vat - ter Unſer?

THeils wollen / daß ſie nicht darzu gehoͤren / dieweil ſolche vom Evan - geliſten Luca ausgelaſſen werden / ſie auch die Lateiniſche Exemplariæ nicht haben / noch die Lateiniſche Scribenten / als Tertullianus, Cy - prianus, Ambroſius, Hieronymus, Auguſtinus, die - ſelbe erklaͤret haben. Daher ſchreibet Bellarminus lib. 1. de bonis Operibus cap. 6. es ſeye gewiß / daß ſolche Wort nicht zum Evangeliſchen Text gehoͤ - ren / ſondern / von den Griechen / aus Gewonheit / ſo ſie / dieſelbe Wort / nach des Herren Gebett / in dem Opffer der Meß / zu ſagen / haben / einverleibt worden. Dann auch die aͤltiſten Lateiner / ſo der Griechiſchen Spraach erfahren geweſen / als / Tertullianus, Cyprianus, Ambroſius, Hieronymus, Auguſtinus, dieſer Wort keine Meldung thetten. Sihe ihne deßwegen / daß gedachte Wort ein An - hang des Vatter Unſers / bey den Griechen / als wie / bey den Lateinern / das Erloͤſe Uns / bitten wir HErr / &c. ſeyen.

Aber /16Die IV. Frag.

Aber / es ſcheinet viel glaublicher zu ſeyn / wann man ſagt / daß die gedachte Wort zum Vatter Unſer / wie ſie der Evangeliſt Matthæus / Cap. 6. v. 13. hat / gehoͤren. Dann alle / und jede Grie - chiſche Exemplaria haben dieſe Wort / oder den Beſchluß / beſtaͤndig; Nun aber ſeyn die Griechi - ſche von mehrerm Nachdruck / als die Lateiniſche. So ſtehet auch ſolche Clauſul in den Arabiſch: und Syriſchen Exemplarn. Und wann man zu - geben wolte / daß die Griechen dieſelbe zu dem E - vangeliſchen Text geflickt / wurde man nicht den Jrrgeiſtern / und verkerten Leuten / Urſach ge - ben / das Anſehen der H. Schrifft in Zweiffel zu ziehen? wie man dann dergleichen von den Ma - nichæern liſet; daß / wann ſie / durch die Schrifft / uͤberwieſen worden / ſie / daß die Text verfaͤlſcht / gelaͤſtert haben: Und von den Ketzern / ſeiner Zeit / der H. Irenæus, aus den Vaͤttern der aͤltiſte / lib. 3. adverſus hæreſes c. 2. alſo ſchreibet: Cùm ex Scripturis arguuntur, in accuſationem conver - tuntur ipſarum Scripturarum, quaſi non rectè ha - beant, &c. Darzu komt / daß S. Paulus / da er die ſibende Bitt in der 2. an Timotheum / am 4. von Erloͤſung von allem Übel / ſpricht; ſtracks darzu einen ſolchen Beſchluß / ſo dem unſern gantz aͤhnlich / ſetzet / v. 18. und außhelffen zu ſeinem Himliſchen Reich / Welchem ſey Ehre von ewig - keit zu ewigkeit / Amen. So ſeyn auch ſolche Wort nicht wider den Glauben / werden deßgleichen faſtalſo17Die IV. Frag. alſo im 1. Buch der Chronick / am 30. Cap. v. 11. geleſen; als daſelbſt ſtehet: Gelobet ſeyſtu HErr Gott Jſrael / unſers Vatters ewiglich / dir gebuͤrt die Majeſtet / und Gewalt / Herrlichkeit / Sieg und Danck. Denn alles / was im Himmel / und Erden iſt / das iſt dein. Dein iſt das Reich / und du biſt erhoͤhet uͤber alles zum Oberſten. Dein iſt Reich - tum / und Ehre fuͤr dir. Du herrſcheſt uͤber alles / in deiner Hand ſtehet Krafft / und Macht / &c.

Und obwoln diſer Beſchluß des Vatter Un - ſers beym Luca nicht ſtehet / ſo folget darum nicht nothwendig / daß man denſelben im Matthæo ausloͤſchen ſolle. Sintemal auch viel anders beym Matthæo / ſo der weitlaͤuffigſte aus allen Evan - geliſten / zu finden / ſo beym Luca nicht ſtehet. Und wann ſchon dieſe Wort / Denn dein iſt das Reich / &c. die Lateiniſche Exemplaria nicht / ſo haben doch ſolche / wie oben gemelt / die Griechiſche; ſo mehrers Authentiſch / als die Lateiniſche; wei - len man lieber aus dem Bronnen / als dem davon ablauffenden Bach / zu trincken pfleget: auch / in ſtritigen Sachen / man mehrers zu der Spraach / darinn etwas geſchrieben / als zu der / lauffet / in welche erſt hernach / aus der urſpruͤnglichen / et - was iſt uͤberſetzt worden. Und ſtehet / in dein Geiſt - lichen Recht / diſtinct. 9. c. 6. ut veterum librorum fides de Hebræis voluminibus examinanda eſt; ita novorum græciſermonis normam deſiderat: Oder / wie man ſonſten zu reden pfleget / daß man dieBBuͤcher18Die IV. Frag. Buͤcher des Alten Teſtaments / nach der Hebræi - ſchen; die Buͤcher aber des Neuen Teſtaments / nach der Griechiſchen Spraach / erklaͤren muͤſſe. Und ſeyn beſagte Lateiniſche Wort des H. Hie - ronymi an Lucinium Bæticum, epiſt. 28. wiewol die Uberſchrifft von S. Auguſtino ſagt / wegen der Gloß in ver. Græc. Und obſchon der vielgemelte Anhang / oder Beſchluß / von Tertulliano, Cy - priano, Ambroſio, Auguſtino, aus Uns nicht ge - nugſam bewuſten Urſachen / nicht / ſo iſt er doch von Chryſoſtomo, Theophylacto, und Euthymio, er - klaͤret wordeu. Siehe Chemnitium lib. 3. Harmon. Evangel. c. 52. f. 444. und Joan. Forſterum pro - blem. 8. decad. 3. problem. Theol. ex Orat. Domin. und D. Georg. Zeaͤeman in Apol contra Jacob. Kel - ler. artic. 12. c. 1. §. 2. p. 622. da er auch den Thomam de Aquino, und eine Welſche Bibel / An. 1541. zu Venedig gedruckt / anziehet.

Die V. Frag. Jſt es den Weibern / im Nothfal / erlaubt / die Kinder zu tauffen?

VOn Rechts: und Ord - nung wegen / gebuͤret allein den orden - lichen Kirchendienern / den H. Tauff zu beſtellen; und daher Marcion, und die Jhme gefolgt / ſich groͤblich geirret / welche den Weibern / auch bey offentlicher Verhandlung / und / auſſerdes19Die V. Frag. des Nothfals / das Tauffen zugelaſſen haben. Ob aber dieſelbe / auff den Nothfall / auſſer der Kir - chen / oder offentlichen Verſamlungen / wann man keinen ordenlichen / und beruffenen Prieſter / oder Kirchendiener / habenkan / die H. Tauff verrich - ten moͤgen? davon ſeyn nicht alle einerley Mai - nung. Dann hierwider die Reformirten ſtreiten; die Evangeliſch-Lutheriſche aber ſolches zulaſ - ſen / daß ſie das Kind / ſo gar ſchwach iſt / in dem Nahmen Gottes des Vatters / des Sohns / und Heiligen Geiſtes / tauffen. Und hier zu werden ſie / von ihren Pfarrern unterwieſen / und hernach / ob ſie den H. Tauff recht verrichtet / befragt. Urſachen deſſen ſeyn folgende. 1. Dieweil die noth kein Geſaͤtz hat / und billich die eußerliche Umbſtaͤnde der Per - ſonen / und des Orts / der Tauff weichen / ſo des Allmaͤchtigen Gottes Einſatzung iſt. Sintemal er an ſolche Umbſtaͤnde nicht gebunden / ſondern wo 2. oder 3. in ſeinem Nahmen verſamlet ſeyn / da iſt er mitten unter Jhnen / nach der Verheiſ - ſung Chriſti Matthæi am 18. v. 20. Zum an - dern / dieweil auch die Weiber ſeyn das heylige Prieſtertum / zu den heyligen Aemtern GOtt zu laiſten / von dem H. Geiſt / in Kraft des Bluets Chriſti geweihet; in der 1. Petri am 2. v. 5. in der Offenbaruug Johannis / am 1. v. 6. und Cap. 5. v. 10. beym Propheten Joel / Cap. 2. v. 28. und 29. Daher man liſet / daß die Weibs-Per - ſonen nicht allein zu Hauß / ſondern bißweilen auchB ijoffent -20Die V. Frag. offentlich / das Amt zu lehren gefuͤhret haben / als Debora / Hulda die Prophetin / Hanna / Eunica / Lois / Priſcilla. 3. Dann bey Gott iſt kein Anſe - hen der Perſon. Hie iſt kein Mann / noch Weib / denn ihr ſeyt allzumal einer in Chriſto Jeſu / ſa - get S. Paulus / zun Galatern / am 3. v. 28. 4. So findet man / daß etliche Weiber bißweilen die Kinder recht beſchnitten haben / als die Zipora / Moſis Eheweib / und die fromme Muͤttern / bey den Maccabæern / zur Zeit der Antiochaniſchen Verfolgung. Haben nun die Weiber ſolches im alten Teſtament koͤnnen verrichten / die jedoch ſelb - ſten unbeſchnitten waren; wie vielmehr werden Sie Tauffen moͤgen im Neuen Teſtament / weil Sie ſelbſten auch getauft ſeyu / und der Tauff / an ſtat der Beſchneidung / kommen iſt. 5. So erzehlet Ambroſius in Commentar. ad Eph. c. 4. daß / vor Zeiten / auch die Layen / wegen Wenigkeit der Kir - chendiener / den Tauff adminiſtri rt haben. Des D. Luthers Wort tom. 8. Ienens. f. 45. lauten hie - von alſo: Wenn ſich ſo geſchwinde Noth begibt / daß das Kindlein / ſo bald es zur Welt koͤmt / ſo gar kranck / und ſchwach / daß zu beſorgen / es moͤch - te ſterben / ehe es zur oͤffentlichen Tauffe in die Kir - chen koͤnte gebracht werden / ſo iſt den Weibern zu - gelaſſen / daß ſie es ſelbs taͤuffen / mit den gebraͤuch - lichen Worten / als nemlich / ich teuffe dich im Na - men des Vatters / und des Sons / und des H. Gei - ſtes / Amen. Jn dieſem Fall ſol man nachfolgendeUnter -21Die V. Frag. Unterſcheid mit Fleiß mercken / nemlich / daß alle - zeit die Mutter des Kindes ſoll auffs wenigſte 2. oder 3. Weiber / oder Perſonen / zu ſolcher Noth erfordern laſſen / die da koͤnnen Zeugnus geben / daß das Kind getaufft ſey / &c. Darnach aber / ſo das Kind lebendig bleibt / ſollen ſie es in die Kir - che / fuͤr den Pfarherren / oder Caplan / bringen / demſelben anzeigen / daß das Kindlein von Jhnen in der Noth getaufft ſey worden / und ſollen bitten / daß er wolle ſolche ihre Nothtauff / durch auffle - gung der Haͤnde / auff des Kindleins Heubt / be - ſtettigen / und bekreftigen / welches nicht derhalben geſchicht / als ob die geſchehene Tauff von den Weibern ſolt unrecht / und unkraͤftig ſeyn: Denn es iſt einmal an ihr ſelbs die rechte Tauffe / doch mus es auch ein oͤffentlich Zeugnis haben / welches dermaſſen / wie jetzt gemelt / durch den Kirchendie - ner geſchicht. Biß hieher D. Luther.

Wann es ſich aber begeben ſolte / daß die Wei - ber entweder zweifelten / oder zitternd ſagten / Sie wuͤſten nicht / ob ſie in der groſſen Angſt / das Kind recht getaufft; ſo ſagt abermals D. Luther alſo: Wirds aber anders befunden / daß das Kind nicht recht getauft iſt / oder daß die Leute nichts ge - wiſſes koͤnnen berichten / ſo teuffe es der Prieſter freudig. Denn es iſt wahr / wie Auguſtinus ſagt: Non poteſt dici iteratum, quod ita neſcitur eſſe factum, &c.

Ob aber eine Mutter ihr gebornes Soͤhnlein /B iijan22Die V. Frag. an einer Einoͤde / wann Lebens gefahr verhanden / teuffen koͤnne / und ſolle? iſt eine andere Frag / darauff D. Luther alſo antwortet: Jſts aber ſa - che / daß ein Weib mit der Geburt ſo gar unverſe - hens uͤbereilet wuͤrde / und das Kind ſo ſchwach were / daß es verſcheiden moͤcht / ehe Sie jemand darzu kuͤnte ruffen / in diſem Fall mag ſie das Kind allein teuffen / ſtirbt es alsdenn / ſo iſt es wol geſtorben / und hat die rechte Tauff empfangen / welches die Mutter in keinen Zweiffel ſtellen ſolle. So aber das Kindlein am Leben bleibt / ſoll die Mutter von ſolcher ihrer Tauffe keinem Men - ſchen nichts vermelden / ſondern ſtill ſchweigen / und nachmals das Kind / nach Chriſtlicher Ord - nung / und Gebrauch / zur oͤffentlichen Tauffe bringen. Und dieſe andere Tauffe ſoll und kan fuͤr keine Widertauff gerechnet werden / &c. Denn ſie allein darum geſchicht / daß der Mutter / als einer einigen Perſon / ſonderlich umb ſolcher wichtigen Sach / daran der Seelen ſeligkeit gelegen / gar nicht gegleubet mag werden; und ſolche ihre Tauf - fe kein Zeugnis hat / darum der oͤffentliche Tauf - fe hoch vonnoͤthen. S. D. Ioan. Forſterum prob - lens. 4. & 6. decæd. 2. de Baptiſmo, da Er / in dem letztern / auch den D. Lutherum, wider den Gretſe - rum, ſchutzet / und vertheidiget / welcher in Luth. Acad. Jhn / den D. Luthern / der Widertaͤufferi - ſchen Schwermerey / wegen des hieoben gegebenen Rahts / wann eine Mutter ihr Kindlein / ohnebey -23Die VI. Frag. beyſein ainiger Menſchen / taͤuffet / bezuͤchtigen wollen; da doch die Widertaͤuffer nicht einer ſol - chen / ſondern einer offentlich / von den Kirchen die - nern / in beyſein der beruffenen Zeugen / verrichten Tauff / ihren Widertauff entgegen ſetzen / und etn ordenlich getaufftes Kind wider tauffen.

Die VI. Frag. Wie pflegt man es mit den Fuͤn - del-Kinderu zu halten? und ſolle man auch die Mißgeburten tauffen?

JN unſern Kirchen pfleget man die Fuͤndel-Kinder (von welchen Nicol. Henel. in Otio VVratisl. c. 30. P. H. G. O. C. V. art. art. 132. zu leſen) zu tauffen / wann gleich ein Zedel dabey liget / daß Sie getauft ſeyen / aber kein Ort / wo / uñ von weme / und in weſ - ſen beyſein es geſchehen / dabey ſtehet / damit man / ob deme alſo / nachfragen koͤnte. Da von D. Luther tom. 8. Jen. f. 45. alſo ſchreibet. Wenn man irgend ein Kind auff der Gaßen / oder ſonſt an einem Ort findet / und nicht weis / wem es zugehoͤrig / ob es getauft ſey / oder nicht / wenn es ſchon getaufft were; doch / dieweil kein oͤffentlich Zeugnis fuͤr - handen / ſoll mans noch einmal in der Kirchen laſ - ſen teuffen / und mag ſolche Tauff fuͤr keine Wi - dertauffe geachtet werden. Denn die Widerteuf - fer fechten allein an die oͤffentliche Kinder - tauff / &c. Und dieſer Mainung iſt auch D. Ger -B 4har -24Die VI. Frag. hardus, beym Ludovico Dunte, in Caſib. Conſcient. da / am Blat 536. alſo ſtehet: Wann weder ſchriftlicher Bericht / noch einige Muͤndliche / oder andere Kundſchafft vorhanden / noch zu bekom - men / ſoll man mit ſolchem Kinde nur ſchlechter. Dinge zur Tauffe eilen. Dann geſetzt / daß es ge - taufft were / ſo wer es dannoch kein Widertauffe zu ſchelten / dann ein Widertauffe iſt / welche geſchicht wider eine oͤffentliche bekante Kindertauffe / &c. Biß hieher dieſe beede Doctores. Jns gemein iſt zu erachten / daß ſolche Kinder / ſo entweder die Muͤttern / der Muͤhe / ſolche zu erziehen / zu entge - hen / oder die Hueren / der Schand / und Straff / zu entfliehen / an einen Ort legen / nicht getauft wor - den. Dann wie ſolten ſolche Weibs-Perſonen fuͤr ihr Leibsfrucht ſorgen / ſo fuͤr ſich ſelbſten keine Sorg tragen. Die Scholaſtici vermeinen / daß man ſolche Kinder mit dieſen Worten tauffen ſolle: Wann du getauft biſt / ſo tauff ich dich nicht: Wann du aber nicht getauft biſt / ſo tauf ich dich / im Nahmen des Vatters / und des Sohns / und des H. Geiſtes: Aber von ſolcher Conditional - Tauff warnet D. Luther / an beſagtem Ort / f. 46. und ſagt / es ein unleidenlicher Mißbrauch geweſt ſeye / damit ungewiß werde / beyde die erſte / und die ander Tauffe / &c. Es laſt ſich die Catego riſche form der Tauff nicht in eine hypotheticam veraͤn - dern / daraus ein immerwerender Zweiffel / ſo wol bey dem / ſo tauffet / als bey dem / ſo alſo mit bedinggetauft25Die VI. Frag. getauft wird / ob Er ein / oder 2. mal / recht / oder unrecht / getaufft worden ſeye. Jſt deßwegen das ſicherſte / etwas gewiß wißen / und das ungewiße fahren laſſen.

Was den andern Puncten deiner Frag anbe - langt / ſo liſe ich / daß Martinus Weinrich ein Buch vom Urſprung der Mißgeburten geſchrie - ben / welches ich zwar nicht geſehen / aber nicht zweifle / daß Er / in ſolchem / von dem groſſen Un - terſcheid derſelben gehandelt haben werde. Dann theils Mißgeburten haben gantz keine Menſchli - che geſtalt / deßwegen ſie auch nicht zu tauffen / wei - len der Tauff allein fuͤr die Menſchen / von Chri - ſto / iſt eingeſetzt worden. Theils aber haben eine Menſchliche geſtalt / obwoln ſie entweder etliche Glieder zu vil / oder zu wenig / oder nicht voͤllig / oder gekruͤmt / oder wunderlich verkeret / und ver - ſtelt / haben. Wann nun bey denſelben / neben der empfindlichen / auch eine vernuͤnfftige Seel ver - ſpuͤret wird / ſollen ſie von der Tauff nicht ausge - ſchloſſen werden. Wiewol in ſolchen Faͤllen / ſon - derlich wann es mit den Mißgeburten alſo be - ſchaffen / daß man ſie nicht aigentlich erkennen kan / ohne Rath der Kirchen Vorſteher / und ver - ſtaͤndigen Perſonen / fuͤr ſich ſelbſten / hierinn nichts vor zu nehmen iſt.

Wann auch / wie bißweilen geſchihet / ſolche Mißgeburten auff die Welt kommen / ſo ineinan - der gewachſen / und zweyer Menſchen geſtaltenB vvor -26Die VI. Frag. vorſtellen / wird gefragt / ob man ſolche ein / oder zwey mal / tauffen ſolle? / und / aus Huttero, beym obgemelten Dunte, in Caſib. Conſcient. p. 538. geantwortet / wann man nicht aigentlich erkennen kan / ob es zween Menſchen leiblich zuſammen ge - wachſen / die aber gleichwol etwas / den Leib belan - gend / ins gemein haben; oder / ob es ein Menſch / ſo eine verſtaͤndige Seel hat / daß es rathſam ſeye / ſolche Mißgeburt ein mal zu tauffen / und die fuͤr - nemſte theil mit dem Waſſer / und den gewohnli - chen Worten / zu beſprengen. Wann aber man aigentlich erkennet / daß ſolche Mißgeburt 2. See - len / in unterſcheidenen / und gleichſam abgeſoͤnder - ten Coͤrpern / die aber umb die undere theil zuſam - men gewachſen / habe / ſo ſolle ſolches fuͤr zwey Perſonen / abſonderlich / getauft werden / unan - geſehen / daß die Zuſammenwachſung der Fuͤſſe nur einen Menſchen vorſtellen. Siehe D. Joh. Forſterum de Baptismo dec. 2. problem. 6. & dec. 3. problem. 6. Eckardum, in Chriſtiano religioſo, clas. 1. quæſt. 9. 10. & 11.

Die VII. Frag. Was iſt von der Jenigen Kinder ſeeligkeit zu hoffen / welche ihre Muͤt - tern vor der Tauff umbringen? item / ſoll man auch die Todten tauffen? und wie ſolle man die erwachſene tauffen?

Was27Die VII. Frag.

WAs das Erſte anbelangt / ob es wol der Warheit kaum aͤhnlich / daß die Jenige Muͤttern / ſo / ſtracks nach der Geburt / oder aber in dem harten Geberen / eine ſo erſchroͤckliche that begehen / ihrer Leibsfrucht ſee - ligkeit halber / jemals bekuͤmert geweſen / und ſol - che in ihrem Gebett / Gott vorgetragen haben; ſo zweifelt man iedoch an ihrer Seeligkeit nicht; die - weil GOtt den Glauben in ihnen wuͤrcken kan; auch die Kinder / nach der Regel der Goͤttlichen Gerechtigkeit / der Eltern Boßheit nicht tragen; und ob ſchon villeicht die grauſamſte Muͤettern (wann anders ſie diſes Nahmens / Muͤettern / wuͤrdig) ihrer Kinder / in ihrem Gebet nicht ge - dacht; ſo iſt doch die Kirch derſelben nicht unein - gedenck geweſen. Es wird Niemand die zu Beth - lehem umgebrachte / und villeicht noch zum theil unbeſchnittene Kinder verdam̃en; Welches dann auch auf dieſe ungetaufte zarte Maͤrtyrer zu zie - hen; und darfuͤr zu halten / daß GOtt denſelben einen Zuegang zu ſeiner Gnad mache / welchen der gottloſen Muͤetter Tyranney verſchloſſen. Sihe Ludovic. Dunt. in Caſibus Conſcientiæ, p. 545.

Betreffende das Ander / ſo ſchreibet S. Pau - lus / in der 1. an die Corinther / am 15. v. 29. Was machen ſonſt / die ſich tauffen laſſen uͤber den todten / ſo aller dinge die Todten nicht aufferſte - hen? Was laſſen Sie ſich tauffen uͤber den Tod -ten?28Die VII. Frag. ten? Welchen Spruch die Cerinthiani alſo ver - ſtanden / daß man auch die Todten tauffen ſolle; ſo aber mit der Einſatzung des H. Tauffes nicht uͤbereinkommet. Dann ſolcher nicht fuͤr die Tod - ten / ſondern die Lebendigen / eingeſetzt worden. An - dere haben den beſagten Spruch anders ausge - legt; da doch der Apoſtel / mit den angezognen Worten / ſihet auf die Gewonheit Etlicher zur ſelbigen Zeit / welche uͤber den Todten / oder uͤber den Todtengraͤbern / haben wollen getauft werden / damit Sie namlich hiedurch ihren Glauben / von aufferſtehung der Todten / offentlich bezeugten. Daraus dann zu ſchlieſſen / daß man mit nichten die Todten tauffen ſolle; und daß auch dieſelbe keinen Nutzen von der Tauffe haben.

Das Dritte belangende / kan aus der Evange - liſchen Hiſtoria / und der Apoſtel Geſchicht / nicht aigentlich erkent werden / auf welche weiſe S. Jo - hannes der Taͤuffer / und die Apoſtel / die Erwach - ſene getauft haben. Aus den Umſtaͤnden aber iſt zu muthmaſſen / daß die Erwachſene nicht mit dem gantzen Leib in das Waſſer / es ſeye nun in den Kleidern / oder ohne dieſelbe / getaucht; auch das Waſſer nicht uͤber den gantzen Leib herab gegoſſen worden; ſondern vilmehr / daß ſie geknuͤet / oder auff den Knuͤen gelegen / und ihre Haͤubter mit dem Waſſer beſprenget worden ſeyen. Auff wel - che weiſe auch / heutigs tags / in Sachſen / die Er - wachſene / beeder Geſchlechts / pflegen getauft / undallein29Die VII. Frag. allein der Hals entbloͤſt / und mit einem weiſſen Tuch bedeckt zu werden; wie dann / im anfang der Chriſtenheit / alle Chriſten mit einem weißen Kleid / oder Weſterhembd / bedecket / getauft wor - den ſeyn; und daher noch uͤbrig / daß / der naͤchſte Sontag nach Oſtern / noch heutigs tags / der weiſ - ſe Sontag genant wird / weilen daran / vor alters / die offentliche Handlung des Tauffs pflegte ge - halten zu werden / und die Getauffte daſſelbe Kleid / von der Tauffe an / die gantze Wochen uͤber / zu tragen. Siehe Eckhardum, in Chriſtiano reli - gioſo, clas. 1. qu. 13. und D. Forſter. de Baptis. dec. 3. probl. 9. & 10. Da er auch vil andere Fragen / und unter denſelben / dieſe / aus des D. Lutheri tom. 8. fol. 44. mit einbringet; Wenn ſichs mit ei - ner Frauen zutraͤgt / daß die Frucht nicht mag gentzlich von ihr kommen / ſondern allein ein Arm / oder ein Glied herfuͤr koͤmt / was da zu thun ſeye? und darauff auch / aus demſelben / die Antwort ſetzet / daß man nemlich daſſelbige Glied nicht taͤuffen ſolle; und noch weniger ein Kind / ſo noch im Mutterleib ſtecket / und von ihr nicht kommen mag / alſo / daß man wolte uͤber der Mutter Leib Waſſer gieſſen / &c. Denn / daß ſolches unrecht / und Goͤttlicher Schrifft ungemes ſeye / erſcheine klaͤrlich aus den Worten Chriſti / Joh. am 3. Da Er von der Tauffe alſo ſpricht: Es ſey denn / daß der[Menſch] anderweit geboren werde / &c. Darum ſol nu ein Kindlein getaufft / und alſo an -der -30Die VII. Frag. derweit geboren werden / ſo iſt von noͤten / daß es vor einmal geboren / und auff die Welt kommen ſey / welches nicht geſchicht / ſo nur ein ainiges Glied aus der Mutter erfuͤr koͤmt / &c. Sihe Luthe - rum, an erwentem Ort ſelber / item / was Gretſe - rus, in Luth. Acad. an ſeiner Mainung tadelt / und wie hergegen ihn / den D. Luthern / beſagter D. Forſter problem. 8. d. decad. 3. vertheidiget. Zum beſchluß wird noch diſes gemeldet / daß Balth. Bonifacius lib. 6. hiſt. lud. c. 20. de Copro - nymis, ſaget / man habe in achtung genommen / daß die Jenige Kinder / welche das Tauffwaſſer mit ihrem Kott beſudelt / gemeinlich gottloß / und laſter haft worden ſeyen. Wie dann ſolches be - zeugten Conſtantinus V. der Griechiſche Keyſer / Ethelredus, des Koͤnigs Edgari in Engelland Sohn / und der Keyſer VVenceslaus, welcher / als Er zu Nuͤrenberg getaufft ward / das Tauffwaſ - ſer / mit ſeinem Harn beſpritzt / und da man Jhn / noch nicht zwey Jahr alt gekroͤnt / den Altar / mit ſeinem Kott beſudelt hat.

Die VIII. Frag. Jſt das H. Abendmal auch den Stummen zu raichen? und ſeyn deſſel - ben Veraͤchter / und welcher geſtalt / zu deſſen Gebrauch zu zwingen?

Durch31Die VIII. Frag.

DUrch die Stummen verſte - het man die Jenigen / die nicht allein nicht reden / ſondern auch nicht hoͤren koͤnnen / dieweil dieſe beede Zuſtaͤnde / wegen natuͤr - licher Urſachen / gemeinlich beyſammen ſeyn. Und ſolches geſchicht entweder von Natur / oder durch einen Zuefall. Was die letztere anbelangt / haben ſolche entweder den Glaubensgrund / aus anhoͤ - rung des Worts Gottes / vorhero gelegt / oder nicht. Mit Jenen iſt kein zweifel / und kan mit den - ſelben ſchriftlich gehandelt werden / wann Sie des Leſens erfahren ſeyn. Von dieſen aber / ſo ihres Glaubens grund / ehe Sie / durch einen Zuefall Taub / und Stum / worden / nicht gelegt; wie auch denen / ſo von Natur / oder von Mutterleib an / al - ſo ſeyn / faͤlt Zweifel vor; dieweil zun Roͤmern am 10. v. 18. ſtehet; ſo koͤmet der Glaub aus der Predigt / das predigen aber durch das Wort Gottes. Es ſeyn aber auch dieſe / ſchlecht wegs / von dem Gebrauch des H. Abendmals nicht ab - zuweiſen / ſondern der geſtalt zuzulaſſen / wann auff vorhergehende fleiſſige Erkundigung / Sie / mit Wincken / ihr begierde / ſich des H. Sacra - ments theilhaftig zu machen / andeuten thun; Auch mit Geberden / und ſonderlich mit dem Fin - ger auf die hoſtias weiſende / deßgleichen mit der Hand / und den Augen / auf das Bildnus des ge - creutzigten Chriſti andaͤchtig zaigende / und ſehen -de /32Die VIII. Frag. de / ihren Glauben an Chriſtum zu verſtehen ge - ben. Dann / ob ſie wol des ordenlichen Glaubens - Mittel / nicht ohne den Rath GOttes / (der auch des Stummen / und Tauben Schoͤpfer iſt / im 2. Buch Moſis am 4. v. 11.) er manglen; ſo kan / und pflegt jedoch GOtt / auff eine andere weiſe / in ihnen / auch den Glauben anzuzuͤnden / und zu er - halten. Sie ſeyn gleichwol zu ermahnen / daß Sie fleißig in die Kirchen gehen / als in die Werckſtatt des H. Geiſtes / und das Betthauſe / darinn die - ſelbe / zu der Gemeinde Gebett / auch ihre Seuffzer thun ſollen. Sihe D. Ioan. Forſterum de Sacra - mento Cœnædec. 2. problem. 4. da er auch die Frag mit anhencket / Ob man denen / ſo ihren Verſtand nicht haben / das H. Abendmal raichen ſolle? und mit Unterſcheid antwortet / namlich / wann der Unverſtand beharrlich / daß ſolchen Aberwitzigen Leuten / als wie den Kindern / weil bey Jhnen die vom Apoſtel Paulo / in der 1. an die Corinther am 11. v. 28. und 29. erforderte Pruͤefung nicht da iſt / daßelbe nicht zu raichen; aber wol / wann die Hirnwuetigkeit bißweilen nachlaͤſſet / und der Verſtand wider da iſt / auch man Zeichen der Pruͤefung verſpuͤret / und Sie ſelber das H. Sa - crament begehren. Welches die Kirchendiener auch in den heftigen Kranckheiten / die etwan den Verſtand zu verrucken pflegen / in acht nehmen.

Was den Andern Puncten deiner Frag anbe - langt / ſo machet man einen Unterſcheid zwiſchendem33Die VIII. Frag. dem eußerlichen leiblichen; und dem innerlichen geiſtlichen Zwang. Den eußerlichen Gewalt ver - wuͤrft man / weil Gott der HErr keinen gezwunge - nen / ſondern freywilligen Dienſt / Pſal. 119. v. 108. in der 2. an die Corinther am 9. v. 7. in der 1. Petri Cap. 5. v. 3. lieb hat: der ander / oder Geiſtliche Zwang aber / von welchem Lutherus tom. 5. Jenen. vom 189. bis auff das 202. Blat / handelt / iſt von den Kirchendienern / denen Ver - aͤchtern des H. Abendmals / die etwan Jahr und Tag / ja bißweilen in etlichen Jahren / bey dem H. Abendmal ſich nicht einfinden / vil und oft / mit eifer und fleiß vorzuhalten / und Jhnen das Wort Chriſti / So offt ihr &c, ſambt dem Nuzen / ſo man davon hat / zu erklaͤren. Jn der erſten Kir - chen haben theils alle tag / ſonderlich aber alle Sontag / das H. Abendmal empfangen; davon in parte 3. Decreti, de Conſecratione, diſtinct. 2. c. 13. aus Auguſtino, alſo ſtehet: Quotidiè Euchariſtiæ communionem percipere, nec laudo, nec vitupero, omnibus tamen Dominicis diebus communican - dum ſuadeo, & hortor: ſi tamen mens ſine affectu peccandi ſit. Næm habentem adhuc voluntatem peccandi gravari magis dico Euchariſtiæ perceptione, quàm puri - ficari, &c.

CDer34

Die IX. Frag. Was iſt von den Altar-Zierden zu halten?

OB man das H. Abendmal auf einem Altar / von Stein erbauet; oder auf einem Tiſch / halten moͤge? wird fuͤr ein Mittelding / weil deſſen kein ausdru - ckenlicher Bevelch in der Bibel verhanden / ge - halten. Bey denen / ſo die Reformirten genant werden / hat man gemeinlich hoͤltzerne Tiſch; zu Bern aber in der Schweitz / in der Haubtkirch / iſt der Tiſch von ſchwartzem Marmor / von Loſanna dahin gebracht.

Alſo werden auch der Prieſter Kleidung unter die Mittelding gezogen. Theils Orten / als in Sachſen / und den Laͤndern gegen Mitternacht / werden bey haltung des H. Abendmals / von den Evangeliſchen Kirchendienern / noch die Meßge - waͤnder gebraucht. Und ſchreibet Nicolaus Hel - duarderus, ein Schleßwigiſcher Theologus, und Mathematicus, in der Vorrede uͤber ſeine Syl - vam Chronologicam Circuli Balthici, alſo: Es haben die Kirchen in Dennemarck / ſo wol auch in den Fuͤrſtentumen Schleßwig / Holſtein / ihre ſchoͤne Altare / mit Leinwand bedeckt / auch darauff alle woͤchentliche Sontage / Feſt: und Feyertage / ſchoͤne brennende Wachsliechter / darauff auch herrliche ſchoͤne außgeſchnittene / und verguͤldeteTafeln /35Die IX. Frag. Tafeln / von ſchoͤnen Bibliſchen Hiſtorien / vom Leyden Chriſti / oder von ſeinem Nachtmal &c, auffgerichtet: Und muͤſſen die Prieſter allenthal - ben / wie noch heut zu tage geſchicht / alle Woͤchent - liche Sontage / Feſt: und Feyertage / in einem ſchoͤnen Meßgewand / Alben / und Caſeln / von Sammet / oder guͤlden Stuͤcken / gewuͤrcket / und gemacht / zum Altar dienen / die Meß devotè hal - ten / auch ein Collect, neben der Epiſtel / und ge - woͤhnlichem Evangelio / ſowol auch das Vatter Unſer / und die Wort der Einſetzung des Nacht - mals Chriſti / gar zierlich / und hell ſingende / den Leuten (welches mit Andacht anzuhoͤren) vor - bringen. Und wird alſo der Gottesdienſt herrlich / und ruͤhmlich angefangen / und vollendet. Eine ſolche Chriſtliche Ordnung mit den Ceremonien / und Gottesdienſte / wird auch in Schweden / Lieff - land / Curland / Preußen / Pommern / Mechel - burg / ſowol auch in allen Seeſtaͤtten / gehalten / damit ſie nicht allein in der Lehre ainig / ſondern auch mit ihren Kirchen-Ceremonien gleichfoͤrmig uͤbereinſtimmen. Biß hieher gedachter Autor. Hergegen in Schwaben / und andern Orten des Obern Teutſchlands / bey den Evangeliſchen / die Meßgewaͤndter / und dergleichen / nicht braͤuchlich ſeyn; gleichwol noch die weiße Chor-Roͤcke be - halten werden. Daran aber ſich Niemand zu aͤr - gern / ſondern ſich hierinn nach gewonheit des Orts / weil ſolche Sachen nicht wider den GlaubenC ijoder36Die IX. Frag. oder guete Sitten / lauffen / zu bequemen / und dem H. Auguſtino zu folgen / welcher in epiſt. ad Ianuar. alſo ſagt: Totum illud genus rerum liberas habet obſervationes, nec diſciplina in his ulla melior gra - vi prudentiꝙ́ Chriſtiano, quàm ut eo modo agat, quo viderit Eccleſiam agere, ad quamcunꝙ́ for - devenerit. Quod enim neꝙ́ contra fidem, neꝙ́ contra bonos mores eſt, indifferenter eſt haben - dum, & pro eorum, inter quos vivitur, ſocietate ſervan dum. Dann / in den Kirchen-Gebraͤuchen man auch vor alten Zeiten nicht durchaus aller Orten ainig geweſen / wie aus Socrat. lib. 5. hiſt. Eccles. c. 22. Sozomen. lib. 7. c. 19. und Nicephor. lib. 12. hiſt. Eccles. c. 34. & 35. erſcheinet; und die Vorfahren / oder die Alten / auff die Cerem onien nicht gros geſehen; ſondern nur das nothwendig - ſte / und was den Glauben befoͤrderte / beſtaͤndig zu halten / bevolhen haben. Gleicher geſtalt wer - den auch die Geiſtliche Gefaͤß / als die Kelch / Pa - tehnen &c, unter die Mittelding gerechnet / wel - che nicht aus nothwendigkeit / oder einem Aber - glauben / eben von Gold / oder Silber / und uͤber - guldet / oder von einer ſolchen / und keiner andern form / als wie man es an einem Ort gewohnt ge - ſen / ſeyn muͤeßen; ſondern man gebrauchet ſich / wie in andern Cerem onien / alſo auch alhie der Chriſtlichen Kirchen Freyheit; ob gleich etwan / vor diſem / von denen / ſo einer andern Religion zu - gethan geweſen / dieſelbe ſeyn gebraucht worden. Der37Die IX. Frag. Der Koͤnig Nebucad Nezar zu Babel nahm die guͤlden / und ſilberne Gefaͤße aus dem Tempel zu Jeruſalem / und bracht ſie in den Tempel zu Ba - bel / welche hernach ſein Sohn / der Koͤnig Belſa - zer / holen laßen / und / bey ſeiner angeſtelten Mal - zeit / mit ſeinen Gewaltigen / ſeinen Weibern / und Kebsweibern / daraus getruncken. Aber / als Koͤ - nig Co res / oder Cyr us / ſolche Gefaͤß / aus dem Tempel zu Babel / wider nahm / und dieſelbe dem Sesbazar zueſtelte / und ſagte / dieſe Gefaͤße nim / zeuch hin / und bringe ſie in den Tempel zu Jeru - ſalem / und laß das Haus Gottes bauen an ſeiner ſtet / Daniel. cap. 5. v. 3. 1. Esræ c. 5. v. 14. 15. So ha - ben die Juden ſich derſelben / wie zuvor / zu ihrem Gottesdienſt gebraucht. Und an wie vilen Or - ten hat man / im naͤchſten Teutſchen Krieg / an ſtat der vorhin gehabten ſilbern / und guͤldenen Kelchen / ſo von den Soldaten geraubet worden / ſich der zinnern behelffen muͤeßen; die gleichwol vor ihnen nicht aller dings ſicher geweſen / wie dann Sebaldus, Pfarrer zu Beelitz / in ſeinem Brevia - rio hiſtor. p. 376. meldet / daß des Jahrs 1641. die Schwediſchen / in dem gedachten Staͤttlein / auch des zinnen Kelchs nicht verſchont / ſondern ſolchen zum Brunſtnapff ge - braucht hetten.

C iijDer38

Die X. Frag. Jſt das Rauben / und Beutten / in einem rechtmaͤßigen Krieg / erlaubt?

KRiegs-Raub iſt alles / was dem Feind / im Kriege abgenommen / und entwendet wird. Soll aber derſelbe fuͤr recht gehalten werden / ſo mues auch der Krieg rechtmaͤſſig ſeyn / namlich 1. von der Obrigkeit vorgenommen / dem Feind der gebuͤr nach ange - kuͤndet / und wider denſelben gefuͤhret werden. 2. Und zwar allein aus rechtmaͤßigen / nothwen - digen Urſachen / und 3. aus rechtem Vorhaben / und zu dem ende / daß man dardurch zum algemei - nen Frieden gelangen / bey ſeinen Rechten / und Freyheiten / gelaſſen werden / und dabey ein ruͤhigs ſtilles Leben fuͤhren moͤge. Sihe / was der Roͤmi - ſche Geſchicht-Schreiber Livius, oder vilmehr / bey Jhme / der Samniter Feld-Obriſter / oder General Feldmarſchall / wie man jetzt redet / der Cajus Pontius, des Herennii Sohn / lib. 9. am ende des 1. Capitels / ſaget: Juſtum eſt bellum, Samnites, quibus neceſſarium: & pia arma, qui - bus nulla niſi in armis relinquitur ſpes. Das tſt: das iſt ein rechtmaͤßiger Krieg / welcher denen / die ihn fuͤhren / hochnoͤtig iſt: und das ſind billiche Waffen / bey welchen kein andere Hofnung zum Frieden / als durch Wehr und Waffen / zu hof -fen.39Die X. Frag. fen. Und der H. auguſtinus ſchreibet epiſt. 205. an Bonifacium, der Krieg ſolle aus Noth gefuͤhret werden / damit GOtt aus der noth erette / und im Frieden erhalte. Dann es wird der Friede nicht deßwegen geſucht / daß man Krieg fuͤhre / ſondern der Krieg wird darum gefuͤhrt / damit man den Frieden erlange. Fuͤrs 2. wann nun / wie gemelt / der Krieg rechtmaͤßig / ſo wird auch das fuͤr einen rechtmaͤßigen Raub gehalten / was man von des Feindes ligenden / und fahrenden Haab / und Guͤttern bekommet. Dann es lehret die Natur / daß einem jeden ſich zu verthaͤdigen / gewalt mit gewalt von ſich abzutreiben / zugelaßen ſeye. Wann nun der Feind mir nicht allein das Leben / ſondern auch mein Haab / und Guet / zu rauben trachtet; So iſt mir dergleichen auch wider ihn zugelaßen. So iſt diß auch aller Voͤlcker Recht gemaͤß / daß man / in einem rechtmaͤßigen offenen Krieg / ſeinem Feind / mit rauben / und pluͤndern / ſchaden / und abbruch thun moͤge / §. item ea 17. Inſtit. de Rerum divis. & acquirendo ipſarum do - minio, l. 7. in princ. ff. de adquirendo rerum domi - nio, c. jus gentium. 9. diſtinct. 1. Und daß derglei - chen / vor Zeiten / auch vorgegangen / haben wir Beyſpiel im 1. Buch Moſis / Cap. 14. v. 11. 12. im Buch der Richter C. 5. v. 30. 1. Samuel. 13. v. 19. C. 30. v. 2. 5. und 16. und an andern Or - ten mehr; ſonderlich aber in den Weltlichen Hi - ſtorien / hin und wider. So iſt auch ſolches Rau -C iiijben /40Die X. Frag. ben / und pluͤndern / den Goͤttlichen Rechten ge - maͤß / im 5. Buch Moſis Cap. 20. v. 14. Eſa. 10. v. 6. C. 42. v. 24. Ezech. 29. v. 19. und 38. v. 12. Joſu. 22. v. 8. Und hat ſich das Volck Got - tes / zu jeden Zeiten / gegen ihre Feinde / im Krieg / dem Goͤttlichen Befelch gemaͤß verhalten / ſelbige / wo / und wie ſie gekoͤnnet / beraubet / und ausge - pluͤndert. Sihe erwentes 14. Cap. des 1. B. Mo - ſis / v. 16. 21. im 4. Buch Moſis das 31. Cap. v. 21. 31. im 5. B. M. C. 2. v. 35. und Cap. 3. v. 4. 7. im B. Joſu. C. 8. v. 27. / & C. 22. v. 8. im 1. Buch Samuel. C. 27. v. 8. im 2. Buch der Chronick / Cap. 14. v. 13. 14. 15. Cap. 20. v. 25. und Cap. 28. v. 6. und 8. Mehrere exempel ſeyn im 1. Buch der Maccabæer zu leſen. Und hat ihme das Volck GOttes / im Alten Teſtament / uͤber das rechtmaͤßige Rauben / und pluͤndern ih - rer Feinde / ſo gar kein Gewißen gemacht / daß ſie es fuͤr einen ſegen GOttes / und rechtmaͤßigen Ge - winn / gehalten. Sihe das 1. B. Samuel. C. 30. v. 26. Und obwolen im Neuen Teſtament derglei - chen Bevelch / und exempel / von Rauben / Beu - ten / und pluͤndern / nicht / ſondern vilmehr das Wiederſpil / zu finden: So hebt aber das Neue Teſtament nicht alles / und iedes auff / was im Ge - ſaͤtz des alten Teſtaments verfaſt / ſondern nur al - lein die Geſaͤtze von den unterſchiedenen Opfern / und Ceremonien / und eußerlichen Ordnungen des Levitiſchen Gottesdienſtes; deßgleichen derJuͤdi -41Die X. Frag. Juͤdiſchen Gerichten / Rechten / und Satzungen / weil dieſelbe von Gott verordnet / nit / daß ſie ewig bleiben ſollen. Was aber anlangt das jenige / ſo im Geſaͤtz GOttes der Natur-Recht gemaͤß / das iſt im Neuen Teſtament nicht abgeſchafft / ſondern verbleibt / und verbindet alle Menſchen / ein weg / als den andern. Weil dann das rechtmaͤßige Rauben / im Krieg / natuͤrlichen Rechtens / ſo kan ſolches im Neuen Teſtament nicht auffgehaben / noch verworffen ſeyn. Und ob wol ſolches nicht mit aus gedruckten Worten darinn bevolhen / und mit Exempeln / wie im alten Teſtament / beſtaͤttiget; So wird es doch ins gemein darinn nachgeben. Dann das Evangelium verwirfft / und verdamt das Kriegsweſen an ſich ſelbs nicht / ſondern nur allein deßen zufaͤllige / anklebende Gebreſten / Maͤngel / und Mißbraͤuche: Darum kan es auch deßen angehoͤrige Stuͤcke / als da iſt das recht - maͤßige Rauben / an / und vor ſich / nit verwerffen / noch verdammen / ſondern nur allein deßen zufaͤl - lige / darbey vor gehende Gebreſten / Maͤngel / und Mißbraͤuche. Und mag hie nicht irren / daß man dem Naͤchſten nichts nemmen / nichts boͤſes thun / mit ihm in Frieden leben ſolle &c. Dann man dem Naͤchſten aus diebiſchen Hertzen nichts ſteh - len / nemmen / oder boͤſes thun ſoll; aber daraus folget noch lang nicht / daß man ihm auch / in offe - nem rechtmaͤßigen Krieg / mit Recht / und guetem Fueg / nichts nemmen / rauben / ihm nichts boͤſesC vthun42Die X. Frag. thun ſolle. Dann diß geſchihet denen Natuͤrli - chen / Goͤttlichen / und Weltlichen Kriegs-Rech - ten gemaͤß / zu des gemeinen Landes Schutz / Rett: und Erhaltung. Ebenmaͤßig ſoll ein jeder mit dem andern im Frieden leben / doch / ſo vil muͤglich / und an ihm ligt; zun Roͤmern am 12. v. 18. uͤber - faͤlt mich aber mein Nachbaur feindlich / warum ſolte ich ſtill ſitzen / und mir das Meine laßen rau - ben? Deßwegen dann auch die Chriſtliche Keyſer Gewalt mit Gewalt / abgetriben haben / wie aus den Hiſtorien erſcheinet. Dabey / wie auch bey an - derer Chriſtlichen Koͤnigen / und Fuͤrſten / Krie - gen / es guete Beutten geben. Jn dem erſten Krieg / ſo Hertzog Carl von Burgund mit den Schwei - tzern gefuͤhrt / eroberten diſe bey Granſen An. 1476. all des Hertzogen Geſchuͤtz / 300. Tonnen Pulvers / ein groß Gut von Seyden / Damaſk: und ſammeten Gewaͤnden / mit ſamt andern koͤſt - lichen Geſchmeid / und Schatz / von Silber / und Gold / auch Edlen ſteinen / 3000. Saͤck vol Ha - bern / 2000. Heerwaͤgen / zween Waͤgen mit Stricken / und Sailern / damit Er die Gefangene aufhencken laßen wollen / 2000. Tonnen Hering / vil Tonnen mit geraͤucherten / und gedorreten Fi - ſchen / Fleiſch / Huͤnern / und Gaͤnſen / trefflich viel Stockfiſch / drey Waͤgen vol Armbruſten / ein Wagen vol Sennen an die Armbruͤſt / vil Waͤ - gen vol Engliſcher Pfeil / acht tauſent Kolben / die vol eiſen Stachelen waren / viel gulden / und ſilber -ne43Die X. Frag. ne Becher; item / das gantze Credentz / mit ſilbern Gießfaß Becken: ſein groß / und klein Sigel ſei - nes Bruder Antonii / &c. item Feigen / Mandel - kern / Meertraͤubel / und Specerey on zal / und maß / 24. Baner / und Faͤnlein / viel Gezelt / und ein großen Hauffen eßender Speiß. Des Gelts ward auch ſo vil im Laͤger gefunden / daß man es mit Huͤeten austheilen muſt. Es ward das verlo - ren Gut geſchaͤtzt auff die dreißig mal hundert tauſent kronen; wie Munſterus, im 3. Buch / ſeiner Welt-beſchreibung / am 182. und 183. Bl. des Basleriſchen Drucks vom jahr 1567. be - richtet. Siehe was Philip. Cominæus lib. 5. c. 1. nach des Caſp. Bærthii uͤberſetzung / hievon hat. Jnſon - derheit aber iſt von ſolchem Treffen Mich. Staͤtt - ler / in den Nuͤchtlaͤndiſchen Annalibus, oder ſeiner Schweitzer Chronick / lib. 1. part. 1. fol. 246. zu le - ſen / alda Er die erwente Beuten / fol. 247. ſeq. weitlaͤuffig erzehlet. Stumpfius ſchreibet / in der Schweitzer Chronick / lib. 8. c. 14. daß gedachter Hertzog Carl ſelber bekant / er hette / allein fuͤr ſei - ne Perſon / ob zehenmal hundert tauſent Guͤlden werth / vor beſagtem Granſé verloren.

Entlichen iſt das Rauben / und pluͤndern auch den Meltlichen Politiſchen Rechten nicht zu wi - der. Dann gewalt mit gewalt verthedigen laßen alle Geſaͤtz / und Rechten zue: Und abſonderlich das Beuten / und pluͤndeꝛn l. naturalem 5. §. ult. l. adeò. 7. in pr. l. transfugam. 51. §. 1. ff. de acquir. rer. do -min. 44Die X. Frag. min. §. item ea, Inſtit. de Rer. divis. l. 1. §. 1. ff. de acquirenda, vel amitt. poſſeſſione. So iſt in der R. K. Majeſt. und des H. Reichs Reutter Be - ſtallung An. 1570. zu Speyr aufgericht / artie. 83. 84. 87. 94. 95. 96. und wegen der Fuß - knecht / artic. 16. 20. 21. 62. 64. und 65. wie es mit dem Beuten / und pluͤndern gehalten werden ſolle / fuͤr geſchriben woꝛden. Über das / iſt das Beu - ten / und pluͤndern / mit ſeiner Maß / von allen ver - ſtaͤndigen Rechts: und Weltgelehrten gebillichet. Und erweiſet inſonderheit Jacobus Menochius lib. 6. præſumpt. 96. n. 1. aus vielen Autoribus, daß ein Soldat / in einem rechtmaͤßigen Krieg / mit ſicherem Gewißen / rauben / und beutten moͤge; ziehet auch etliche Theologos, und Canonistas, oder die uͤber das Geiſtliche Recht geſchriben haben / an. Aus welchem allem dann / was bißher geſagt / vom H. Doctore Cunræd Dieterichen / p. m. in ſei - nem Diſcurs vom Kriegs-Raub / und Beutten / pag. 45. dieſer Schluß gemacht wird: Was in Natuͤrlichen / Goͤttlichen / und Weltlichen Rech - ten zugelaßen iſt / das kan nicht unrecht / noch ſuͤn - de ſeyn. Nun iſt aber das rechtmaͤßige Rauben / Beutten / und Pluͤndern / in rechtmaͤßigen Krie - gen / in Natuͤrlichen / Goͤttlichen / und Weltlichen Rechten zugelaßen. Drumb ſo kan das recht - maͤßige Rauben / Beutten / und Pluͤndern / in rechtmaͤßigen Kriegen / nicht unrecht / noch Suͤndeſeyn.45Die XI. Frag. ſeyn. Es hat Quir. Kubach cent. 3. decur. 2. qu. 8. die Frag / ob Prediger ſich in einem Krieg / ſo der Gemeine Stand / wider ſeine Feind / fuͤhret / finden laſſen moͤgen? Und ſagt / ja / (in einem rechtmaͤßi - gen) / wan Sie nur / außer dem Nothfall / die Waffen nicht ſelbſten in die Hand nehmen / ſon - dern Andere / ſich tapfer zu wehren / anmahnen.

Die XI. Frag. Hat man aber nicht ſonderbare Erinnerungen / die / bey einem auch rechtmaͤßigen Raub / in acht zu nehmen?

ES ſtehet in dem Geſatz Non omne 144. ff. de Reg. juris, daß nicht alles / was zugelaßen / auch ehrlich ſeye. Jn der vorher gehenden Frag iſt erwiſen wor - den / daß das Beutten machen / in einem recht - maͤßigen Krieg / erlaubt ſeye. Solches aber mues in ſeinen Schrancken verbleiben / und eines / und anders / dabey in acht genommen werden / damit Einer hie durch ſein Gewißen nicht beſchwere. S. Paulus ſagt in der 1. an die Corinther am 6. v. 12. Jch hab es alles macht / es frommet aber nicht alles. Jch hab es alles macht / es ſoll mich aber nichts gefangen nemmen. Dann / auch in recht - maͤßigen Kriegen / ein großer Unterſcheid unter den Feinden. Dann theils ſeyn die Raͤdlins fuͤh -rer /46Die XI. Frag. rer / und Anhetzer; theils werden wider ihren Willen / und bey den Haaren darzue gezogen; die dann nicht alle uͤber einen Kaam zu ſcheeren / und gleichmaͤßig zu tracti ren. So iſt auch ein maͤchti - ger Unterſcheid unter den Underthanen des Fein - des. Dann etliche ſeyn boͤſe Leute / ſo luſt und ge - fallen am Kriege haben / und alle Feindſeeligkeit / wie / und wo ſie koͤnnen / erzeigen. Etliche aber ſeyn ſchlechte einfaͤltige Leuth / die nie kein belieben an ſolchen Unruhen gehabt / lieber in frieden / bey dem ihrigen / geſeßen weren / dem Gegentheil heimlich wol gewogen ſeyn / auch demſelben / wo ſie koͤnnen / und moͤgen / alles liebs / und guts / in der ſtille / er - zeigen. Deßgleichen iſt ein groſſer Unterſcheid un - ter den Reichen / und Armen; wie auch in der Weiſe des Raubens / und Pluͤnderens / wann man namlich ſich ſeines Gewalts mißbrauchet / und mit den Leuten unmenſchlich umbgehet. Gott der HErr ſelbſt / da Er / beym Propheten Jeremia Cap. 5. v. 10. zu ſtuͤrmen / und nider zu werffen be - vilhet / ſetzt hinzue / und machts nit gar auß. Wann dann nun auch / in rechtmaͤßigen Kriegen / den Sachen leichtlich zu vil geſchehen kan; So hat ſich ein jeder ehrlicher recht Chriſtlicher ge - wißenhafter Soldat wol vor zu ſehen / damit Er hier in nichts thue / dardurch er ſein Gewißen vor - ſetzlicher Weiſe beſchwere / und verunruͤhige. Und iſt rathſamer / entweder gar nichts / oder doch weni - ger / als zu vil / im Krieg zu rauben / und die Leuthe /ſon -47Die XI. Frag. ſonderlich die Arme / alſo aus zupluͤndern / daß ſie von Elend / und Hunger / ihr Leben laſſen muͤeſ - ſen.

Jch zweifle nicht / du auch gerne wiſſen wolteſt / was ein Unrechtmaͤßiger Raub ſeye? ob gleich deine Frag aigentlich dahin nicht gehet.

Es iſt aber ein Unrechtmaͤßiger Raub 1. dieſer / welcher nicht in einem rechtmaͤßigen (der in der vor - gehenden Frag beſchriben worden) / ſondern un - rechtmaͤßigen Krieg / geſchihet. 2. Der nicht in des Feindes Land / und von deßen Haab / und Guͤet - tern / ſondern in andern fremden Herrſchaften / und von deren Guͤttern / die unſere Feind nicht ſeyn / veruͤbet wird. 3. Welcher nicht nach / ſondern wi - der alle Kriegs-Recht / Statuten / Geſaͤtze / Sitten / Gebraͤuche / und Ordinantzen / mit unbillichem Gewalt / unchriſtlichem Muthwillen / Barbari - ſchem Frevel / durch erſchroͤckliches Fluchen / und Gottslaͤſtern / moͤrderiſch Betrauen / ſchaͤnden der Frauen / und Jungfrauen / verjagen / ſtoßen / ſchlagen / tretten / abblaͤuen / bruͤglen / eingießen un - flaͤtiger ſachen / Daumeneyſen / ruͤtteln / kneblen / auffziehen / foltern / ſengen / brennen / andere der - gleichen Henckeriſche Marter-Mittel / aus ge - preßet / und zuwegen gebracht wird. Es iſt auch ein unrechtmaͤßiger Raub / welcher geſchihet an Kir - chen / und Geiſtlichen Guͤttern / ſamt allem dem / was ſolchen anhaͤngig / und nicht den offentlichen Feinden; ſondern den Freunden / Glaubens:Bunds:48Die XI. Frag. Bunds: und Schutzgenoßen / zuſtaͤndig. Es wer - den dieſelbe Freunde auch unrechtmaͤßig berau - bet / wann die / in den Quartiren / bey Jhnen / li - gende Soldaten ſich an ihrer Ordinantz / und De - putat / nicht vergnuͤgen laßen / ſondern in allem den vollauff / und uͤberfluß / haben wollen / und noch andere zu ſich laden / und nehmen; Eßen / und Trincken unnuͤtzlich verſchwenden / verderben / ver - ſchuͤtten: Daneben auch an den Haußvatter / wo nicht taͤglich / jedoch wochentlich ein gewißes Gelt / bald auch Stiffel / Kleider / und dergleichen / Er nemm es / woher Er wolle / begeren / die Fruͤchten ſelber ausdreſchen laßen / auch anders mehr / als wann es ihnen gehoͤrte / verkauffen. Und wann an deme nicht genug / ſondern Sie auch die Hausmuͤt - tern / Toͤchtern / und Maͤgdlein etwan von 10. 12. 13. 14. jahren / entweder mit Beredungen / oder durch Liſt / oder mit Gewalt / ſchwaͤchen / und oftmals offentlich / vor den Leuten / ſchaͤnden: Und noch aͤrger in den unbeſtaͤndigen Quartieren / und im ourchziehen / hauſen. Weiter vergreift man ſich auch im Pluͤndern / wann man alles mit gewalt aufhauet / verderbet / zerſchlaͤget / abreißet / zerzer - ret / und was man nicht mitnehmen kan / zerſchnei - det / den Roßen underſtreuet / ins koth wuͤrft / aus - lauffen laſt / ſchoͤne fruchtbare Baͤum abhauet / Haͤuſer / Gaͤrten / und in ſumma alles verwuͤeſtet; und mit den Leuten / ohn ainig anſehen der Perſon / ainiger Salvaguardia, ſey geſchriben / und verſi -gelt /49Die XI. Frag. gelt / oder mit lebendigen anweſenden Soldaten verſichert / grauſamlich umgehet. Jtem / wann man / in Duͤrchzuͤgen / Straiffen / und Beutten / Freund / und Feinde / anfaͤllet / Sie uͤbel tractiret / alles auff dem Felde verwuͤeſtet / onangeſehen / daß man mit Paß-Brieffen / und Glaitßleuten / verſehen iſt. Jtem / wann man in den Kriegs-An - lagen / daß Maß der Chriſtlichen Liebe / und Na - tuͤrlichen Billicheit / allzuweit uͤberſchreittet / ſol - che / uͤber das Vermoͤgen / mit Gewalt erpreßen wil / und was dergleichen mehr geſchihet.

Welches dann alles unrechtmaͤßig / weil es un - natuͤrlich / ungoͤttlich / und unchriſtlich / unrecht - lich / unbillich / ſchandlich / und ſchmaͤhlich / unnuͤtz - lich und hochſchaͤdlich iſt; wie diſes alles Herr Doctor Cunrad Dieterich / in ſeinem Diſcurs vom Kriegs-Raub / und Beutten / im 3. und 4. Puncten / mit vilen Urſachen erweiſet / auch ſon - derbare Exempeln beyfuͤeget / und p. 172. ſeqq. et - liche Einreden ablehnet. Ferners auch lehret / im 5. Puncten / daß das rechtmaͤßige Rauben / und pluͤndern / davon in der vor gehen den Frag gehan - delt worden / Niemand / als den kriegenden Sol - daten / zuzulaßen / und alſo davon / neben Andern / auch die Feldprediger / und andere Diener / auszu - ſchließen ſeyen.

Jtem ferner / im 6. Puncten / was mit dem er - pluͤnderten Raub / und Beutten / vorzunehmen? Und dann entlich im 7. Puncten / ob / und vonDwem /50Die XI. Frag. wem / dergleichen Raub / und Beutte / einzukauf - fen? namlich / der / in einem rechtmaͤßigen Krieg / redlicher weiſe / dem offentlichen abgeſagten Feinde abgenommener Raub / koͤnne / und moͤge / von ei - nem jeden / wer luſt / und lieb dazu hat / mit guetem Gewißen / wol einkauft werden; Aber der obenan - gedeute unrechtmaͤßige Raub nicht. Benebens ſeye auch ein Unterſcheid unter denen / die da kauf - fen / zu halten. Arme nottuͤrftige / ſonderlich die / ſo auch im Kriegsweſen verderbet / ſeyn ſo hoch nicht zu verdencken / wann ſie nit wißen / ob die Sa - chen vom Feind / oder Freund / herkommen / daß Sie etwas erkauffen: auch wann ſie gleich wißen ſolten / daß es Freunds Guet / wann ſie nur es in der Mainung kauffen / daßelbe / auff begeren / dem / deßen es geweſen / auf erſtattung ihres Kauff - gelts / gutwillig wider folgen zu laßen. Weil aber unrecht geraubt Gut / unrecht Gut bleibet / ſo ſey es beßer / wer ihm hieruͤber Gewißen machet / daß Er / ſey ſo arm / als er wolle / deßen muͤßig gehe / da - mit er hierin ſein Gewißen nicht beſchweren / noch belaͤſtigen moͤge. Reiche wolhabende Leut ſeyn wi - der unterſchieden. Dann deren Etliche kauffen ſolche Sachen ein / daß ſie dieſelbe vor ſich behal - ten / nur umb deß willen / weil Sie ſolche wolfeyl / und umb halb Gelt haben koͤnnen: Etliche / daß Sie es andern wider verkauffen / und daran ein ſtatliches gewinnen moͤgen: Beyde thuen un -[re]cht / und ſeyen hier in nicht zn entſchuldigen: wieEr51Die XI. Frag. Er ſolches p. 245. ſeqq. erweiſet; ſo du / wann dir diſes Buͤchlein zu handen komt / ſelbſten leſen kanſt. Und dann handelt Wolgedaͤchter Doctor S. im 8. und letzten Puncten / was denen Beraub - ten / und ausgepluͤnderten hiebey zu thun ſeye. Siehe / im uͤbrigen Quid de Spoliis Bellicis con - ſcientia ſtatuere debeat? auch M. Melch. Sylveſt. Eckhardum, in Chriſtiano Religioſo, clas. 4. quæſt. 70. Und die Theologiam Caſuum Con - ſcientiæ D. And. Kesleri, in dem 59. Cap. da Er die Frag hat / ob ein Chriſt mit guetem Gewißen Viehe / und andere Guͤetter / den Soldaten um ge - ring Gelt zu ſeinem Nutzen abkauffen koͤnne / von welchem Er weiß / daß es andern Leuten in der Nachbarſchafft unbillich iſt abgeraubet worden? und ſagt Nein / aus beweiſung unterſchiedlicher Urſachen / und mit Widerlegung der Einwuͤrff.

Die XII. Frag. Haſtu nichts / von heimlicher Eheverpflichtung der Kinder / bey handen?

ES haben von Eheſachen un - terſchidliche / als Beuſtius, Molradus, Monuerus, Hemmingius, Menzerus, Beza, Phil. Melanchthon, Cypræus, Arniſæus, und Andere mehr / geſchriben / die aber zimlich weitlaͤuff geſtelt. D. Felix Bidembachius, in ſeinem Tractat de Cauſis Matrimonialibus, gehet feinD ijkurtz52Die XII. Frag. kurtz hindurch; welchem Theologiſchen Tractat Er den Jnhalt der Fuͤrſtlichen Wuͤrttember gi - ſchen Ehe-Ordnung / wie ſolche / zu gebuͤrender Zeit / auff der Cantzel ſoll verleſen werden / vorher gehen laſt / und daruͤber folgende Außlegung ma - chet / oder vilmehr / in ſeinen Lebszeiten / gemacht hat. Kinder / ſo noch unter Vaͤtterlichem Gewalt ſeyn / ſollen ohne Vorwißen / und Willen der El - tern / ſich ehelich nicht verſprechen / bey vermeidung ihrer / und deren / ſo ſich mit ihnen einlaßen / oder ſie darzu verkuppeln / ernſtlicher Straff: und da ſie es gleich thun / wird doch ihr verſpruch / auff der Eltern begehren / fuͤr nichtig / und unkraͤftig durch Recht erkant. Auch wan ſie gleich ihren verſpruch vielfaͤltig widerholet / und ſich hoch daruͤber ver - ſchworen. Doch werden in diſem fall / die Eltern vermahnet / ihrer Kinder Gewißen zu ſchonen / und nicht / ohne wichtige Urſachen / ihren Schwur zu brechen. Jtem / wann auch ſchon die Beyſchlaf - fung / Schwaͤchung / oder Schwaͤngerung dar - auff gefolgt were / beſonders / wann das Kind noch minderjaͤhrig / nach der That / ſich der Eltern Gewalt gehorſamlich underwirfft / die ander Per - ſon unerbar iſt / oder andere dergleichen Umbſtaͤnd vorhanden ſind / Werden die Eltern nicht ge - drungen / weitere Urſach ihres diſſens (oder nicht Einwilligungs) anzuzeigen / wann ſie nur das mit Warheitsgrund ſagen moͤgen / ihre Kinder / ſo noch minder jaͤhrig / haben ſich / on ihr Wißen /und53Die XII. Frag. und Willen / verwortet / der ander Theil habe ſol - che heimliche Verlobnus geſucht / ſie wollen die ih - rige zu gebuͤrender Zeit ſchon ehrlich unterbringen. Wo aber die Kinder einen ehrlichen Heurat vor ſich haben / beede Theil einander nicht ungleich / und die Eltern keine ſondere ehehafte Urſach fuͤr - wenden koͤnden / warumb ſie den Willen nicht wol - len drein geben / ſollen die Kirchendiener ſie ver - mahnen / nicht ſo ſtoͤrrig zu ſeyn / und beedes ihrer / und ihrer Kinder Gewißen zu verſchonen. Wann aber die Eltern einmal den Willen drein gegeben / ausdruckenlich / oder ſtillſchweigend / in dem Sie ihrer Kinder Vorhaben gewuſt / und nicht wider - ſprochen / oder verwehret / ſo moͤgen Sie hernach ihren Verſpruch nicht mehr hindern. Was die Vaͤtter in dieſem Fall fuͤr gewalt haben / das iſt mit ſeiner maß auch auff die Muͤttern zu ziehen / beſonders / wann die Vaͤtter tod / und der Maͤnner naͤchſte Gefreunte / oder der Kinder geſetzte Pfle - ger einerley Mainung mit ihnen ſind. Deßglei - chen auch auff Ehni / und Ahna / wann Vatter / und Mutter verſtorben ſind. Eltern ſollen / und moͤgen doch ihrer Kinder Verheuratung gefaͤhr - licher / oder eigennutziger Weiß / in die Harr nicht verziehen / und ſollen ihres Ambts / Gewißens / und Seelen Seeligkeit / durch die Diener des Worts / fleißig erinnert werden. Jm fall Sie auff ihrer unvaͤtterlichen Haͤrtigkeit beſtehen / und in ihrer Kinder / ſo nunmehr ihre Jahr erreicht / undD iijSie54Die XII. Frag. Sie umb ihren Willen gebuͤrlich erſuchen / vor - habende ehrliche Heurat / ohne merckliche recht - maͤßige Urſachen nicht einwilligen wollen / ſo ſoll ihr Widerſprechen / bevorab / wo es ihnen nur umb großes Gut / und Reichtum / zu thun iſt / und ſie ſonſten an ihrer Kinder vorhabenden Heurathen nichts klagen moͤgen / vor dem Ehegericht nicht geachtet / noch angeſehen / ſondern Sie noch darzu mit allem Ernſt geſtrafft werden. Es moͤgen / und ſollen auch die Eltern / ihre Kinder / zu keinen Heu - raten / darzu ſie keinen Luſt haben / nur umb Gelt / und Guts / oder Geſchlechts willen / zwingen / dann Sie ihren Vaͤtterlichen Gewalt nicht zur Ty - ranney gebrauchen ſollen. Wo Sies aber zwingen wollen / und die Kinder nicht wißen zu will fahren / ſollen Sie die Obrigkeit / Kirchendiener / und naͤch - ſte Verwante / umb Rath / und Huͤlff / anſprechen / die dann das Jhrige gegen ſolchen ſtoͤrrigen El - tern werden wißen zu thun. Da es aber nichts hilfft / moͤchten ſie wol ein Zeitlang beyſeits gehen / und in ein ander Land / oder Ort / entweichen. Wo Sie aber einmal eingewilliget / ob Sie es ſchon un - gern gethan / moͤgen ſie nicht wider zu ruck gehen; ſollen auch nicht frevenlich / und one Urſach / ehr - liche den Eltern beliebte Heyrath abſchlagen / ſon - ſten ihr Ungehorſam ernſtlich ſoll geſtrafft wer - den. Und was von der Kinder Gehorſam / gegen den Eltern / in Eheverpflichtungen gemeldet / das ſoll auch von den Waiſen / gegen ihren Ordenli -chen55Die XII. Frag. chen Vormuͤndern von nechſten Blutsverwan - then (mit ſeiner maß) verſtanden werden / wann Sie naͤmblich billiche / wichtige / und erhebliche Ur - ſachen haben / und ihre vertraute Pupillen es ih - nen in ihren Willen ſetzen. Wann ſie aber bey ih - ren Jahren ſind / und ſich mit ehrlichen Perſonen in Ehegeluͤbdnus eingelaßen / ſo moͤgen es weder Pfleger / noch Verwante / noch Stieff-Eltern / wans ihnen ſchon nicht lieb iſt / hindern. Siehe / was von der Kinder / und Pflegbevolhenen ai - gentwilligem Eheverpflichten / in Wolloͤblicher des H. Roͤm. Reichs Freyer Statt Ulm Geſatz / und Ordnung / in ſtraff offenbarer Laſter / auch leichtfertigen verheuratens &c, tit. 11. Jtem Ge - ſatz / und Ordnung in Eheſachen / artic. von Ver - bott der Winckel-Ehe ꝛc. fol. 9. ſeqq. ſtehet. Do - ctor Dominicus Arumæus, in miſcel. juris contro - verſi Quæſtion. th. 18. & 25. beweiſet / daß nach Goͤttlich. Natuͤr. Weltlich / auch Geiſtlichen Rechten / der Eltern Einwilligung von noͤthen ſeye: Abber th. 19. daß ein Vatter ſeinen Sohn Eine zu heuraten nicht zwingen koͤnne: item / th. 22. & 23. daß die Schwagerſchafft aus der bloſſen Verloͤbnus / und ungebuͤrlichem Beyſchlaf entſtehe. Sihe unten die 42. Frag. Quirinus Ku - bach cent. 1. decur. 10. hat auch unterſchidliche Fragen; und darunter ob die Kinder / wann ſie ihrer Eltern einwilligung nicht gehabt / moͤgen enterbet werden? item / cent. 2. decur. 1. qu. 1. & 2. D iiijOb56Die XII. Frag. Ob etn Ehe / ſo wider der Eltern Willen gemacht / wan der Beyſchlaff darzue kommen / vernichtet werden moͤge? und ſagt / daß es / nach dem ſtren - gen Recht / wol ſeyn koͤnne; wie ich mich dann ſelbſten eines ſolchen Fals zu erinnern habe: wie - wol / wegen unterſchidlicher Urſachen / es rathſa - mer / der gelindern Weg zu gehen. S. Dn. Balth. Gockel. de Sæcris paternis, th. 39 da Er den Ba - ronem Enenkel. privil. 8. n. 1. anziehet. Obgedach - ter Kubach. hat auch die Frag / wann ein Junge Tochter / wegen ſonderbarer Liebe / ſo ſie zu einem traͤgt / ſeines Willens wird / ob ſie fuͤr eine Huer zu halten? da Er dann ſagt / daß ſolches Etliche verneinen / Andere aber beſtaͤttigen / und zieher Er Menochium caſu 328. an. Und hat Er cent. 2. decur. 6. qu. 1. ein andere Frag / ob auff ſolchen Beyſchlaff / wann man nicht gewiß weiſt / ob Ei - ner dem Maͤgdlein die Ehe verſprochen / man ih - me das juramentum purgationis aufferlegen ſol - le? Und antwortet / wann die Dirne ſonſten ein ehrliche Perſohn / und gueten Nahmens / mit Ja / wann ſie aber geringſchaͤtzig / und boͤſen Leut - munds / oder verſchreyt / mit Nein. Dann nicht vermutlich / daß Er ein ſolche erkant / daß Er ſie zur Ehe nemmen wolle / und dahero Er auch Jhr etwas zu geben / oder ſie zu heuraten / nicht ſchuldig ſeye. Zum beſchluß / iſt aus Herren Matthiæ A - bels von Lilienberg 2. Theil Seltzamer Gerichts - Haͤndel / cas. 85. noch zu melden / daß ein Schaaf -hirt57Die XIII. Frag. hirt in Maͤhren / noch vor Außgang eines Jahrs / fuͤnff ledige Weibsperſonen geſchwaͤngert / und ieder / ohne Vorwiſſen ſeines Vattern / die Ehe verſprochen; welchen man etliche Wochen ge - faͤnglich gehalten / hernach mit Rueten ausgeſtri - chen / und des Landgerichts verwieſen hat. Sihe / was von Eheverloͤbnußen / im I. Hnndert / und da - ſelbſt in der 27. Frag / einkommen iſt.

Die XIII. Frag. Welche Ehen ſeyn verbotten / und welche ſeyn zu - gelaßen?

DEr bey der Naͤchſten Frag angezogene D. Felix Bidembach / im Tractat von Eheſachen / cap. 3. han - delt / durch vil Fragen / gar weitlaͤuffig hievon / deren kurtzer Jnhalt dieſer iſt: Es ſoll / und mag / krafft des Goͤttlichen Geſatzes / im 3. Buch Mo - ſis / Cap. 18. und 20. der Mann nicht zum Weib nemmen 1. ſeine Mutter. 2. ſeine Tochter. 3. die Stieffmutter. 4. die Stiefftochter. 5. 6. die Schwe - ſter von einem / oder zweyen Banden. 7. 8. des Sohns / oder der Tochter Tochter. 9. die Ahna / oder Ahnfrau. 10. 11. des Vatters / oder Mut - ter Schweſter. 12. 13. des Bruders / oder Schwe - ſter Tochter. 14. 15. des Vatters / oder Mutter Bruders Weib. 16. 17. des Weibs Bruders /D voder58Die XIII. Frag. oder Schweſter Tochter. 18. die Schnur / oder Soͤhnin. 19. die Schwiger. 20. des Bruders Weib. 21. des Weibs Schweſter. 22. 23. des Stieffſohns / oder der Stiefftochter Tochter; noch 24. des Ehnins / oder Ahnherrns / Weib. Gleich - fals ſoll / und mag / kraft Goͤttlichen Geſatzes / ein Weib nicht zum Mann nemmen. 1. ihren Vat - ter. 2. ihren Sohn. 3. den Stiefvatter. 4. den Stieffſohn. 5. 6. Bruͤder / von einem / oder beeden Banden. 7. 8. Sohns / oder Tochter / Sohn. 9. den Ehni / oder Großvattern. 10. 11. des Vatters / oder Muetter Brueder. 12. 13. des Brueders / oder Schweſter Sohn. 14. 15. des Vatters / oder Muetter Schweſter Mann. 16. 17. des Manns Brueders / oder Schweſter Sohn. 18. den Toch - termann. 19. den Schweher. 20. den Schweſter - Mann. 21. des Manns Brueder. 22. 23. des Stieffſohns / oder der Stiefftochter Sohn. 24. der Ahna / oder Großmutter Sohn. Sihe Jhn / den D. Bidembach. p. 45. ſeq. des Leipzigiſchen Drucks / warum alhie mehr Perſonen / als beym Moſe, ſtehen / dieweil das Goͤttliche Geſatz nicht allein die Ehe / denen die ausdruckenlich beym Moſe be - namſet ſeyn / ſondern allen den jenigen / die mit den - ſelben in gleichem grad ſind / verbietet. Und iſt auch die Verehelichung mit des Weibs Schweſter Tochter verbotten / weil aus druckenlich des Vat - ters Bruders Weib zu ehelichen verbotten. Und ſagt Er in der 2. Frag / daß diſes Goͤttliche Ge -ſatz /59Die XIII. Frag. ſatz / weil es der Natuͤrlichen Zucht / und Erbar - keit / gemaͤß / auch uns Chriſten / in dem Neuen Te - flament / noch auff den heutigen tag ver binde; wie - wol nicht alle / ſowol Theologi, als Juriſten / damit uͤbereinſtimmen. Siehe / was Er hie[rv]on in der 4. Frag ferners handelt / und am 61. Blat ſchrei - bet / daß Einer auch ſeiner verſtorbnen Ehefrauen Schweſters Enicklein / oder Ur-Eni[c]klein / nicht zur Ehe nemmen koͤnne: und p. 62. daß Einer / ſo zu ihres vorigen Manns Brueders Sohn heu - raten wollen / ſolches zu thun / An. 1601. den 16 Aprilis, verſagt worden. Wie Er dann in der 5 Frag ſagt / daß es der Weltlichen Obrigkeit nicht zueſtehe / in denen von GOtt verbottenen Graden zu diſpenſi ren / oder etwas zu erlauben. Wo man aber / ohne Vorwißen / in ſolchen Graden zuſam - men geheuratet / oder eine Obrigkeit / aus mangel gnugſamer information, ein ſolche Ehe zulaſt / ſo ſolle dieſelbe nicht wider von einander getrennet werden. Dann vil hindert eine Ehe / ehe ſie beſtaͤt - tiget wird / welches ſie / wann ſie beſtaͤttiget worden / nicht wider von einander trennet. Unter deßen aber ſolche Leute ihren Gewißen / und Nachkommen / uͤbel Rath ſchaffen thetten. Jn dem andern theil des beſagten Capitels handelt Er von den Gra - den / ſo nach Fuͤrſtlichen Wuͤrttenbergiſchen Land - Rechten verbotten ſeyn. Und befindet ſich / aus ſelbiger Ehe-Ordnung / daß denen ehelich ſich ge - gen einander zu verloben verbotten. 1. die Ge -ſchwiſt -60Die XIII. Frag. ſchwiſtrigte Kinder / namlich zweyer Bruͤeder / oder zweyer Schweſtern / oder eines Bruedern / und Schweſtern / Kinder ſeyn; als wie Jacob / und Rachel / geweſen; welche Ehe ſonſten nach Goͤttlichem / auch Keyſerlichem Recht / nicht ver - botten iſt. 2. Geſchwiſtrigten Kindskindern / von einem / oder beeden Banden; obwoln weder in Goͤtt: oder Weltlichen Rechten / auch in vilen an - deren Obrigkeitlichen Ehe-Ordnungen / ſolcher dritte Grad der Bluets-Freundſchafft verbotten iſt. 3. auch denen / die mit des andern theils Vat - ter / oder Mutter geſchwiſtrigte Kinder / oder ge - ſchwiſtrigte Kindskinder ſind: item 4. denen / die mit des abgeſtorbnen Mann / oder Weib / ge - ſchwiſtrigte Kinder / oder geſchwiſtrigte Kindskin - der / geweſen ſind. Und hat Er / in der 3. Frag die - ſes 2. theils / Urſachen / warum die Wuͤrttember - giſche Ehe-Ordnung / im verbieten / weiter / als das Goͤttliche Geſatz / gehe / ſonderlich / dieweil man / in Eheſachen / nicht allein auff das / was zu - gelaßen / ſondern auch / was erbar iſt / ſehen ſolle / und damit die ſchuldige Ehrerbietung / gegen der Blutsverwantnus deſto beßer moͤge erhalten werden. Jn der vierten Frag hat er noch andere Perſonen / denen die Ehe / nach Wuͤrttembergi - ſchen Ordnung / verbotten iſt; als / daß keiner ſein angewuͤnſcht Kind / noch das in ſeiner Verpfleg / oder Vervogtum iſt / ihme ſelbſt / noch auch ſeinem Sohn / oder Tochter / anderſt / dann die Rechtenzu -61Die XIII. Frag. zulaßen / verehelichen moͤge. Jn der 5. Frag tra - ctirt er von der diſpenſation, oder Obrigkeitlichen Erlaubnus / davon auch etwas oben. Alhie aber wird von der diſpenſation geredt / in denen Graden / ſo nicht Gott / ſondern die Obrigkeit iedes Orts ſelber verbotten / in welchen ſie auch / umb ehehafter Urſachen willen / diſpenſi ren mag: doch / ie weni - ger das geſchicht / ie mehr wird aͤrgernus verhuͤe - tet / und es ſelten bey denen Heuraten / da man ein - ander ſo nahe verwant iſt / wol abgehet. Jm an - dern Grad der Blutsverwantnus / wo geſchwiſt - rigte Kinde einander begeren zu nemmen / iſt bey dem Fuͤrſtl. Wuͤrttemberg. Ehegericht / ſo vil ih - me D. Bidembachio wißend / nie diſpenſi rt / ſondern die jenige / ſo ſich nicht von einander ſcheiden laßen wollen / An. 1600. aus dem Hertzogtum geſchafft worden. Aber / im andern grad der Schwaͤger - ſchafft / da die neu Ehegemaͤcht mit vorigen ver - ſtorbnen geſchwiſtrigte Kind ſeyn / iſt etwa ein - willigung geſchehen / wie er am Blat 87. etliche Faͤll erzehlet. Jm 2. und 3. grad der Schwaͤger - ſchafft / wann die eine Perſon / die andere / die an - dere die dritte von dem gemeinen Stamme / iſt die diſpenſation leichter zu erhalten. Und wird in den diſpenſations - Faͤllen nicht angeſehen / ob aus vori - ger Ehe Kinder vorhanden ſeyen / oder nicht. Dar - auff etwan die / ſo die Sachen nicht verſtehen / ach - tung zu geben pflegen. Jm dritten grad der Bluetsverwantnus / und Schwagerſchafft / wirddie26[62]Die XIII. Frag. die Erlaubnus leichtlich erhalten. Etwas ſchwe - rers gehet es zue bey ungleicher Linien / wann die 1. Perſon im andern / die 2. im 3. grad iſt. Jm 2. und 3. Geſchlecht (nicht grad) der Schwager - ſchafft iſt die Ehe nicht verbotten; Daher mag des Weibs Mutter / des Manns Vatter. 2. der Mutter Stieffſohn / der Stieffmutter Tochter / von einem andern Mann. 3. Vatter / und Sohn / zwo Schweſtern. 4. Vatter / und Sohn / Mutter / und Tochter. 5. zween Bruͤder zwo Schweſtern. 6. unter zweyen Bruͤedern einer die Mutter / der ander die Tochter; Des Manns Sohn von ei - nem andern Weib / und des Weibs Tochter von einem andern Mann / einander zur Ehe nemmen. Jedoch ſoll man in dergleichen Faͤllen nicht alle - mal ſehen / was zugelaßen / ſonder was erbar / und unaͤrgerlich / und des Gewißens ſchonen / erinnert Er in der 6. Frag. Und ſo vil aus Jhme.

An. 1627. haben die Prediger zu Amersfort / an die Profeſſores der H. Schrifft zu Leyden in Hol - land / wegen einer Ehe / ſo Einer mit ſeines ver - ſtorbnen Eheweibs Schweſter Tochter gemacht / unwißend daß ſolches verbotten; ſo auch ein Dorff-Pfarrer offentlich in der Kirchen bekraͤfti - get / und der Fuͤrſt darinn diſpenſi rt / dieſe beede auch nun lang ehrlich miteinander gelebt / und Kinder erzeugt / ſchriftlich gelangen laßen / ob es eine rechte Ehe / und ob ſolche beede Perſonen zum Nachtmal des HErren zuzulaßen ſeyen? Dar -auff63Die XIII. Frag. auff die beſagte Profeſſores, als / D. Johannes Po - lyander, D. Andreas Rivetus, D. Antonius VVa - læus, und D. Anthonius Thyſius, geantwortet / daß es nicht ſeyn koͤnne. Dann obwoln diſer Fall im 3. Buch Moſis / Cap. 18. nicht ausdrucklich ſtehe / ſo ſeye Er doch manifeſtâ analogiâ dahin zu ziehen. S. D. Antonii Thyſii tractat. de Vſura, & fœnore, edit. An. 1658. per Theologos Acade - miæ Vltrajectinæ.

Jn Wolloͤblicher der Statt Ulm Ordnung in Straff offenbarer Laſter / tit. 13. ſtehet / daß Niemand ſich ehelich mit denen Perſonen ver - pflichten ſolle / die einander in ab: und auffſteigen - der Linien verwant / und zugethan / dann do einich Eheverpflichten / zwiſchen diſen Perſonen / geſucht / oder fuͤrgenommen werden ſolt / ſoll ſolche Ehe / nicht allein unbindig / und krafftloß ſeyn / und bey - de vermeinte Ehegemaͤcht / bey einander nicht ge - duldet / ſonder auch ernſtlich an Leib / Leben / oder ſunſt / ohnnachlaͤßlich geſtrafft werden. Jn Colla - teral / oder beſeitslicher Linien / ſollen auch die Per - ſonen / ſo bey den Eheſachen / im 1. und 2. Grad / der Sippſchafft / und Blutsverwandnus / gleicher oder ungleicher Linien / als Geſchwiſter git / und dero Kinder / deßgleichen ſo im dritten Grad / un - gleicher Linien / einander verwandt ſeyn / ſich keines wegs zuſammen ehelich verpflichten / und verheu - raten; Aber / zwiſchen Geſchwiſter git Kindskin -dern64Die XIII. Frag. dern ſoll die Ehe unverbotten ſeyn. Alſo ſoll es auch mit der Maag: und Schwagerſchafft gehal - ten / und derowegen auch / bey derſelben Maag: und Schwagerſchafft / im verheuraten kein naͤhe - re Eheverpflichtung geſtatt / und zugelaßen wer - den / dann / welche bemelten dritten Grad (alles den Eheſachen nach zu rechnen) an beyden ſeiten / oder Linien / erreicht hetten. Zum Beſchluß wird die Frag mit angehencket / ob die Geiſtliche Ver - wantnus die Ehe verhindere? darauff Quir. Ku - bach. cent. 2. dec. ult. antwortet / daß vermoͤg des t. extr. de Cognat. Spirit. 35. q. 3. & 4. ſolches wol geſchehe; weilen auch die Gevattern / ohne erlaub - nus / nicht koͤnnen vor Gericht geladen werden: Gleichwol / ſo mache bey Uns / heutigs tags / der - gleichen geiſtliche Verwantnus / oder Gevatter - ſchafft / keine Verhindernus zu der Ehe.

Die XIV. Frag. Was iſt ſonſten noch weiters bey den Eheſachen in acht zu nehmen?

ES begeben ſich / bey denſel - ben / allerhand Faͤll / davon zu reden zu lang fallen wurde. Gleichwol / damit auff dein begehren / etwas gemeldet werde / ſo han - delt / in den vorgehenden / vilgedachter D. Felix Bidembach / in ſeinem Buͤchlein von Eheſachen /cap. 65Die XIV. Frag. cap. 4. von der Raubung / mit gewalt gezwunge - nen / oder mit Liſten hinder gangenen Jungfrauen / und Weibern / und ſagt: Wann jemand ein Weibsperſon mit gewalt entfuͤhret / der mag ſie mit Recht zur Ehe nicht behalten / wann er ſie gleich auch geſchwaͤchet hat / da ſie ihn zu haben niemalen bewilliget / und noch nicht bey ihme woh - nen wil. Gleiche Mainung hat es auch / wann Ei - ner ein einfaͤltige Weibsperſon / mit Liſt / Betrug / und anderer Verlaitung / fuͤr ſich ſelbſten / oder durch Kupler / verfuͤhret. Jſt Sie noch under Vaͤtterlichem Gewalt / ſo iſt aller Verſpruch un - buͤndig. Jſt ſie dann ihres gewalts / ſo wird doch diſes / als heimlich / und unordenlich geſchehen / fuͤr nichtig erkant / und der Verbrecher ernſtlich geſtrafft. Siehe ein mehrers von der Straff der jenigen / ſo Eheweiber / oder Jungfrauen / entfuͤh - ren; item von Straff der Nothzucht; und der Verkuplung / die Peinliche Halsgerichts-Ord - nung Keyſers Caroli V. artic. 118. 119. 123. und was daruͤber Matthias Stephani p. 208. 210. und 221. und Bernhardus Zierit Zius, p. 121. 123. und 127. ſchreiben. Jtem der Statt Ulm Ordnung / in ſtraff offenbarer Laſter / tit. 3. 7. 8. 14. und 15.

Ofterwenter Doctor Bidembach hat / im Be - ſchluß ſeines Tractats de Cauſis Matrimoniali - bus, etliche Fragen mit angehenckt / als /

1. Von Verehelichung der Auſſaͤtzigen / Nar - ren / Blinden / Lahmen / Stummen / Tauben / und dergleichen. Da Er dann am 118. Blat ſagt /Ees66Die XIV. Frag. es were ſolchen Leuten beßer / ſie blieben unverheu - ratet / erkenten ihr Elend / und begerten nicht auch Andere deßen theilhaftig zu machen. Solten ſie ſich aber nicht enthalten koͤnnen / und Perſonen finden / die ſich mit ihnen zu verheuraten begerten / ſo moͤg Jhnen der Eheſtand nicht gaͤntzlich ver - wehret werden: Und kan hernach die geſunde Perſon / die Eheſcheidung nicht mehr begehren. Die Albere / und Thoren betreffende / wann die - ſelbe / auff erinnerung / und etlicher Zeit Auff - ſchub / gleichwol in ihrer Mainung beſtaͤndig ver - bleiben / wißen was der Eheſtand ſeye / und betten koͤnnen / auch ihre Nahrung haben / oder ſolche ge - winnen moͤgen / ſo ſeyen Sie an dem Eheſtand nicht zu verhindern; inmaßen ihme wißend / daß An. 1601. ein Heurat 2. Perſonen zugelaßen worden / deren keine recht verſtaͤndig zu ſeyn das anſehen hatte. Deßgleichen / wann ſtumme / und taube Perſonen / durch Zeichen / ſich erklaͤren / daß ſie einander zur Ehe begeren / moͤge ſolches Jhnen nicht verwehret werden.

2. Ob einer die Jenige zur Ehe nemmen koͤn - ne / mit welcher Er zuvor einen Ehebruch began - gen? Solches wird / wiewol ſchwerlich / und et - wan umb des Weibs / und Kinds / ſo im Ehe - bruch erzeugt / willen / nach dem tode der Ehefrau - en / zugelaßen; iedoch zuvor wol erkundiget / ob Er nicht / bey Lebzeiten des vorigen Weibs / ihr die Ehe verſprochen? Jtem / ob Sie nicht beede zum todedes67Die XIV. Frag. des vorigen Weibs befoͤrderlich geweſen? Wann das vorige Weib der Ehebrecherin verzigen / und den Mann gebetten / dieſelbe / nach ihren Tode zu nemmen / ſo erlangt Er deſto eher die Erlaubnus / wie p. 121. der Autor deßen exempel hat / und ſagt / daß Theils hierinn einer andern Mainung ſeyn; Er auch ſelber darfuͤr halte / daß ſolches nur / aus ſonderbarer diſpenſation, geſchehen koͤn - ne; obwol Theils des Davids exempel anziehen / daß Er die Bathſebam / mit der Er den Ehebruch begangen / nach ihres Manns Uriæ todt / zum Weibe genommen / welche Ehe auch der Prophet Nathan nicht zertrent / wiewol Er den Koͤnig hart deßwegen geſtrafft habe.

3. Handelt Er / in der Dritten Frag / gar weit - laͤuffig / ob / und wie die Kinder / ſo außer der Ehe er - zeugt / zu ehren gebracht / oder den Ehelichen gleich gemacht werden? Und gehet der Jnhalt kurtz da - hin / daß ſolche / auch die im Ehebruch erzeugte Kin - der / durch folgende eheliche Trauung / wann auch dieſelbe erſt auff dem Todtbett / und kurtz vor dem Abſcheiden aus dieſer Welt / geſchehen ſolte / legiti - mi rt / und fuͤr ehrlich gehalten werden / als wann Sie im Eheſtand erzeugt wor den weren. Darum die Kirchen diener Jhnen nicht entgegen ſeyn laßen ſollen / ſolche Leut / auff begeren / zu copuli eren / ja ſie ſollen junge Geſellen / die etwan Weibsperſonen geſchwaͤngert / er mahnen / dieſelbe zu ehelichen /E ijund68Die XIV. Frag. und ſie / den Kindern zum beſten / wider zu ehren zu bringen / und die Jenige / ſo mit Beyſchlaͤfferin / oder Concubi nen / Haußhalten / erinnern / ihr Zu - ſammengebung nicht auff die letzte Todtes noth zu verſparen / auch der alſo legitimi rten Kinder Ehr / wider die Unverſtaͤndige / und Laͤſtermaͤuler ret - ten. Jedoch ſollen Sie / in der gleichen Faͤllen / nichts frevenlich thun / noch ſich uͤbereilen / ſon - dern / wo die Sach zweifenlich / als in Verheura - tung deren / ſo zuvor Ehebruch mit einander ge - triben / die Perſonen zum Ordenlichen Richter / und deßen Erlaubnus / weiſen. Aber hievon wer - den die in Bluetſchanden erzeugte Kinder ausge - nom̃en. Von den andern oberwenten ſtehet in l. Le - gem. 7. C. de naturalibꝰ liberis, daß die der Barm - hertzigkeit nicht unwuͤrdig / ſo / wegen eines andern Verbrechen / in Ungluͤck kommen. Es werden aber ſolche Natuͤrliche / oder Uneheliche Kinder nicht allein durch die erfolgende Ehe; ſondern auch durch den Keyſer / und die Keyſerliche Hoff: und Pfaltzgraven / ſo ſolche Macht von der Key - ſerlichen Majeſtatt bekommen / legitimi rt / und Ehelich gemacht; ſihe Novell. Conſtit. 74. cap. 2. & l. qui in provinciæ. 57. ff. de ritu nuptiarum, Bo - naventuram Cottam Colleg. jur. Imperial. disqui - ſit. 3. th. 44. da Er auch th. 45. erweiſet / daß ein ſolche Eheverloͤbnus mit einer Beyſchlaͤfferin guͤltig ſeye / wann ſie auch erſt gemacht wird / wann man dahin ſterben wil: item th. 46. daß derHand -69Die XIV. Frag. Handwercker / und Anderer / Ordnungen / dar - durch ſie die Banckarten / oder uneheliche Kinder / von den Handwercken / und Zuͤnften / ausſchlieſ - ſen / bey den Legitimi rten nicht ſtat habe.

4. Hat ofternanter D. Bidembach p. 126. auch die Frag / ob ein Bezechter / ſo Einer die Ehe verſprochen / ſolch Verſprechnis / wann er nuͤch - tern wird / wider ruffen moͤge? Darauff er dann / nach unterſcheid der Umſtaͤnde / auch unterſchied - lich antwortet / deren Summ dahin ausgehet: Wann Einer / in trunckener / und voller Weiß / kurzum eine zum Weib haben / und ihme / weder von ihr / noch ihren Eltern / und Freunden / abweh - ren laßen / auch mit der Handlung nicht biß auff eine andere Zeit / da er nuͤchtern / warten wil / ſon - dern es von ſtunden an ſeyn mueß / der mag ſich hernach / wann es ihn des Morgens gereuet / mit der Trunckenheit nicht entſchuldigen / ſondern ſolle halten / was er verſprochen hat. Wann aber Ei - ner / durch einer Weibsperſon Eltern / Verwan - te / oder beſtelte Kupler / zu Zechen / Taͤntzen / und dergleichen Zuſammenkunften / geladen / und her - nach in Trunck / und Voͤllerey / mit vilen Anrei - tzungen / gleichſam gezwungen wird / ihr die Ehe zu verſprechen; ſo geſchehe ihme zwar nicht un - recht / wann er ſeinen Verſpruch halten muͤeße: jedoch / wann er ſich mit ihr noch nicht fleichlich ein - gelaßen; Er ſonſt ehrlichen Nahmens; nicht ſelbſten gelegenheit ſolches Heurats geſucht; ſichE iijher -70Die XIV. Frag. hernach ſolcher Zuſammenkunften enthalten; und nicht ſelbſt / ſolche Con venten anzuſtellen ver - urſacht / ſo moͤg er frey erkant werden. Welcher aber gantz toll / und voll / hernach erſt in ein ander Hauß gehet / vil von Ehe: und Hochzeit-Sachen ſchwaͤtzen / und verſprechen wil / das werde fuͤr kein Eheverloͤbnis gehalten / deme man auch kein Ge - hoͤr geben / und wo er ſich mit Worten / oder Wer - cken / ungebuͤrlich erzeiget / mit pruͤgeln zum Haus hinaus jagen; und die Obrigkeit einen ſolchen Menſchen / wann er oft komt / abſtraffen ſolle. Ob - erwenter D. Bonaventura Cotta an angezognem Ort / th. 17. hat auch dieſe Frag / und ſagt / daß man meiſtentheils dahin gehe / daß man die Be - ſchaffenheit der Trunckenheit anſehen muͤeße / und daß die meiſten Doctores wollen / wann der Trun - ckene nicht verſtehe / was er thuet / daß auch die Ehe nicht guͤltig ſeye. Alda er auch andere Fra - gen von Eheverloͤbnußen / und darunter auch th. 25. und 26. dieſe hat / wann eine Weibsperſon / von einem Liebhaber ein Schreiben empfahet / und ſolches / wann ſie es geleſen / nicht ſtracks verreißet; und eine Jungfrau einen / von einem jungen Ge - ſellen / ihr / under dem Nahmen ehelicher Treu / geſchenckten Ring / ſtillſchweigend annehme / Ob ſie in ſeine Lieb bewillige? Welches beedes er mit ja beſtaͤttiget.

5. Handelt Herr D. Bidembach S. von Verehelichung mit einer unglaubigen Heydni -ſchen /71Die XIV. Frag. ſchen / Juͤdiſchen / oder ſonſten einer widrigen Reli - gion zugethanen Perſon / und wil / wann ein Chriſt eine Heydin / oder Juͤdin zur Ehe nemmen wolle / ſo von ihrem Glauben nicht begert zu weichen / das moͤg er mit guetem Gewißen nicht thun / ſeye auch nicht zugeſtatten / es ſeye dann / daß ſie den wahren Chriſtlichen Glauben anzunehmen verſpreche. Ein anders ſeye / wann man ſich mit einer ſolchen Perſon einlaße / die zwar nicht in allen Puncten der Religion mit Uns ainig / gleichwol aber dem Chriſtlichen Glauben nicht zu wider ſeye; wiewol es große gefahr mit ſolchen Heuraten habe. Wann anfangs beede Eheleut unglaubig geweſen / und eins davon zum Chriſtlichen Glauben ſich bekeret / daß darum̃ das Unglaubige nit verlaßen / ſondern dannoch ihme Beywohnung thun ſolle. Quirinus Kubach gehet cent. 2. decur. 1. faſt auch auff ſol - chen ſchlag hinaus / daß ein Ehe mit einer Juͤdin / oder Heydin / wann keine Hofnung der Bekehrung da iſt / nicht zuzulaßen; wann es aber albereit ge - ſchehen / zu gedulden ſeye / wann die Eheleuth frid - lich leben / und die Unglaubige des Glaubigen Re - ligion nicht laͤſtert.

Und dann 6. hat er unterſchiedliche Urſachen / warum ein junger Geſell nit zu einer alten Weibs - perſon heuraten ſolle; jedoch / weil ſolche Ehe nicht verbotten / und der Eheſtand / außer der Haubtur - ſach von Erzeugung der Kinder / auch andere Ur - ſachen hat / ſolle man ſolchen Perſonen / wann einE iiijVer -72Die XV. Frag. Verſpruch zwiſchen ihnen alberait geſchehen / an Beſtaͤttigung deßelben / nicht Hinderung thun. Ein anders iſt / wann ein alter Mann / ein junges Maͤgdlein nimt / da man noch Hofnung haben kan / daß ſie Kinder miteinander zeugen werden.

Die XV. Frag. Was iſt von der Eheſcheidung zu mercken?

HJevon handelt / in dem vor - hergehenden / ofternanter D. Felix Bi - dembach / im 5. und 6. Capitel / und 1. Von der Scheidung des Ehebruchs hal - ber / in der 1. 2. und 3. Frag / des beſagten 5. Ca - pitels / deren inhalt diſer: Wann iemand entwe - der mit einer ledigen / oder verehelichten Perſon / die Ehe bricht / ſo mag der Unſchuldige Theil Scheidung erlangen / wann der Ehebruch offen - bar / und erwieſen; und er ſich mit dem bruͤchigen Theil nicht wil verſoͤnen laßen; welches in allweg bey Jhme zu ſuchen / und deßwegen eine Zeitlang zu warten / ehe dem Unſchuldigen / auch nach er - gangenem Urtheil / anderwerts ſich zu verheura - ten vergoͤnnet wird. (S. auch Kubach cent. 2. de - cur. 1. qu. 6. ſo gleicher Mainung iſt.) Solte aber / nach dem Ehebruch / er dem ſchuldigen Theil / wi - derumb eheliche Beywohnung thun / ſo wird ſol - ches fuͤr eine Verſoͤnung gehalten / und / nachFuͤrſtl.73Die XV. Frag. Fuͤrſtl. Wuͤrttembergiſcher Ehegerichts-Ord - nung / kein Eheſcheidung mehr geſtattet; wie auch nit / wann in ſchwebenden Rechten / und ehe das Endurtheil ergehet / er auch ehebruͤchig / und ſol - ches erwieſen wuͤrde; da dann eines gegen dem andern aufgehebt iſt. Ob aber wann jemands / Ehebruchs halber / von dem andern geſcheiden wird / ſolche Abgeſchidene / Bruͤchige / oder ſchul - dige Perſon / ſich / wann ſie ſich nicht enthalten kan / auch / wie die Unſchuldige / wider verheuraten moͤge? darinn ſeyn Theils widriger Mainung. Nach ermelter Wuͤrttemberg. Ordnung wird dem Bruͤchigen Theil anderwerts ſich zu verheu - raten nicht verwehret / je doch daß er das Land mei - de. Jn der Statt Ulm Ordnung / in ſtraff Offen - barer Laſter / ſtehet tit. 4. §. 4. alſo: Jnſunders aber / ſetzen / und verordnen wir hiemit / wo ein Ehe - gemaͤcht / an dem andern / Ehebruchs halben / ſchuldig / und dem Unſchuldigen / nach gewißer erkundigung des Ehebruchs / zugelaßen wuͤrdt / ſich widerum zu verheuraten / So ſoll alsdann das bruͤchig / in Unſerer Statt / Oberkeit / und Gebiett / alda das Unbruͤchig ſein Anweſen hat / ferner nicht wohnen / oder geduldet werden / in kei - nen Weg.

Wann vor volzogner Ehe / der Braͤutigam / oder die Braut / in Unzucht ſich einlaßet / ſo dem Ehebruch gleich zu achten / ſo wird der unſchuldigeE vTheil /74Die XV. Frag. Theil / auff begeren / ledig erkant / iedoch der ſchul - dige etwas gelinders / als die Ehebrecher / ge - ſtrafft.

Ob Einer / ſo vermeint eine Jungfrau zu heu - raten / und aber hernach / daß er betrogen worden / befindet / ſich wider von derſelben ſcheiden laßen moͤge / ſeyn ſo wol die Theologi, als auch die Juri - ſten / nicht ainer Mainung. Und ziehet unſer D. Bidembach den D. Luther an / p. 98. welcher von einem ehrlichen Mann deßwegen Raths ge - fraget worden / der demſelben gerathen / daß er ſein nunmehr Ehefrauen / ſo von einem andern ge - ſchwaͤngert / nicht hinwegg thun ſolle; Dann der geſtalt / wann er ihr diſes verzeihe / werde er ſie ih - me ſtaͤts gehorſam / und demuͤetig haben; Wel - ches auch dem gelehrten Mann M. B. K. ſol - le gerathen worden ſeyn / als Er eine Junge / ſchoͤne / und gar reiche Wittib / zu St. geheuratet / aber die erſte Nacht / daß ſie ſchwanger / befunden hat; die Er gleichwol / auf Bitt der Naͤchſten Befreunten / und einrathen ſeines Gnaͤdigen Herꝛen / Herꝛn C. W. H. v. Z. behalten / wie vor jahren berichtet worden iſt. D. Dominicus Arumæus in miſcel. juris Contr. Quæſt. 26. ver - meint / daß ein ſolcher / deme ein geſchwaͤchte zu theil wird / es gedultig ertragen / und vor eine ſtraff von Gott ihme aufferlegt halten ſolle; wie - wol Beza, in tract. de divort. f. 88. darwider ſeye; wie dann auch Herꝛ B. Freyherꝛ von S. als Er /in75Die XV. Frag. in der Hochzeit / daß ſeine Braut von einem An - dern geſchwaͤngert erfahren / mit ſeinen Beyſtaͤn - den / ſich / des andern tags / wider davon gemacht / und nicht mehr / ob Sie wol / mit großem Leib / in der Kirchen / vor maͤnniglich / als der / ſo dieſes ſchreibet / ſelber geſehen / offentliche Bueß gethan / daß Er wider zu ihr kehrete / beredet hat werden koͤnnen. Dann nicht alle / wie jener Wiegenkraͤmer ſo gedultig ſeyn. Unſer Autor hat auch p. 99. ſeq. unterſchidliche Urſachen / warum ſich Einer / von einer Solchen moͤge ſcheiden laßen: Welches dann auch / wie er exempel anziehet / geſchehen / und noch geſchehen moͤge / wann keine Verſoͤnung bey Jhme zu erhalten / (welches auch Kubach cent. 3. dec. 1. qu. 1. ſagt) er fuͤr ſich ſelbſten from / und red - lich iſt / und / nach dem / daß ſeine Vertraute von ei - nem andern ſchwanger / innen worden / ihr nit ehe - liche Beywohnung gethan. Und hat Er auch ein exempel / daß An. 1605. den 12. Decembris / Ei - ne / ſo der geſtalt zuvor geſcheiden worden / nach dem Sie ſich ferners wol verhalten / ſich ander - wertlich wider zu verheuraten / erlaubnus bekom - men hat.

Jm 6. Capitel hat Er / D. Bidembach / Urſa - chen / von Verwirrungen in der Ehe / ſo aber die - ſelbe nicht ſchaiden / und wie die Eheleute wider zu verſoͤnen: Da Er dann erſtlich ins gemein von der Uneinigkeit in der Ehe handelt / darnach 3. Fragen anhenckt; deren Jnhalt dieſer iſt; Daßdie76Die XV. Frag. die Eheleut umb keinerley Urſach willen / es ſeyen Zaͤnck / Haͤder / Schlag-Haͤndel / oder dergleichen / ſich ſelbſten von einander trennen ſollen / und moͤ - gen / und daß ſie auch deßwegen weder die gaͤntzli - che / noch die Scheidung zu Tiſch / und Bett / er - langen / ſondern durch die Kirchendiener / und die Obrigkeit / ſich wider miteinander zu vergleichen ernſtlich ermahnet / und die Halsſtarrige / nach der Wuͤrttembergiſchen Ehe-Ordnung / mit Ge - faͤngnus / und andern Straffen darzue angehalten werden. Und wie wuͤetend / und raſend gleich ein Theil gegen dem andern ſich verhelt / ſo wird doch kein gaͤntzliche Eheſcheidung / wann ſchon Eines dem Andern / durch Gifft / oder ſonſten gewalt - thaͤtiger Weiſe nach dem Leben ſtehen ſolte / fuͤrge - nommen / ſondern alle Mittel / durch auflegung eines Eyds / durch Buͤrgſchafft-Laiſtung / und dergleichen / verſucht. Jm fall aber gleichwol nichts helffen wil / und etwan der eine Theil in euſ - ſerſter Lebensgefahr ſtehet / ſo wird etwan erlau - bet / daß ſolche Eheleuthe abſonderlich wohnen / da doch der Schuldige / dem Unſchuldigen / Un - terhalt verſchaffen mueß / biß Sie ſich wider mit einander verſoͤhnen. Quirin. Kubach cent. 1. quæſt. illuſtr. politico-Jurid. decur. 1. qu. 8. ſagt / wann ein Eheweib from / und haͤußlich / und der Mann grimmig / ſo moͤge die Scheidung zu Bett geſche - hen / c. ex transmiſſa, c. literas de reſtitut. Spoliæ - torum: wie dañ auch der Keyſer in §. 2. l. 8. C. derepu -77Die XV. Frag. repudiis, die Scheidung zuelaße / wann zu erwei - ſen / daß ſie mit Riemen / oder Schlaͤgen / uͤbel ge - halten worden. Wann das Weib aber boͤß / und nachlaͤſſig / ſoll der Mann auff ihre Sitten / und Gemuͤet / fleißige achtung geben / ob ſolche / durch freundliche / und gelinde Wort / zu verbeßern; oder nicht? Auff den erſten Fall / ſoll er wider in acht nehmen / ob es ungefaͤhr / oder mit gantzem fleiß / geſchehe / wann ſie ſich oft vergreiffet: da dann / ſovil das erſte anbelangt / Er nie an die Schlaͤge es kommen laßen / im andern aber / ſie fleißig / daß ſie davon abſtehe / ermahnen ſolle. Will ſie es dann nicht thun / ſondern widerſetzet ſich halsſtarriger weiſe / ſo moͤge Er ſie wol / jedoch mit maß / zuͤchtigen. Heinrich Freder von Dan - tzig hat ein Buͤchlein von diſer Frag / ob ein Mann ſein Eheweib zu ſchlagen berechtiget ſey? geſchri - ben / ſo David Schirmer verteutſcht / und das An. 1656. zu Dreßden in 8. gedruckt worden iſt: Darinn Er dann den Weibern das Wort ge - waltig fuͤhret / und die Ehemaͤnner zur Lieb / und Ainigkeit vermahnet: Da auch / am 14. Blat / Eines Reimen angezogen werden / ſo alſo lau - ten:

  • 1. Der greifft den Himmel an / und bricht der Liebe Band /
  • 2. Der ſein Weib uͤberlaͤufft mit einer ſchwe - ren Hand.
Grego -78Die XV. Frag.

Gregorius Rolbagius, in certamine maſculofœmi - neo, part. 2. cap. 34. n. 36. & 37. ſagt: Quæ (ver - ba) ſi non proficiunt, demùm etiam modicam ca - ſtigationem, quæ modò ab ingenuis hominibus alie - na non ſit, nec flagellis, aut fuſtibus, niſi forte propter talem aliquam cauſam, quæ ad matrimonii ſolu - tionem ſufficiat, fiat, D D. noſtri permittunt, &c. Jener blinder Bettler zu Treviſo, ſo / wie Boni - facius in hiſt. ludicra, lib. 2. c. 37. p. 55. a. bezeu - get / noch ſeiner Zeit / und alſo neulich gelebt / hat es zu grob gemacht / in dem Er ſeinem Eheweib / ſo Jhme die Blindheit vor geworffen / als ſie ge - ſchlaffen / die Augen / mit Spaͤn-Nadeln / oder Glufen / durchſtochen hat. Wann aber / in ſtehen - der Ehe / ein Ehegemaͤcht vom Auſſatz / hinfallen - der Seuch / Wahnſinnigkeit / und andern derglei - chen unheilſamen Kranckheiten / ergriffen wird / ſo moͤgen Sie ſich nicht von einander trennen / ſon - dern ſollen ſolches Creutz / als von GOtt auffer - legt / gedultig tragen. Jedoch ſoll das Geſunde nicht gezwungen werden / immerzu bey dem Auſ - ſaͤtzigen zu wohnen; aber wol demſelben ſeinen Unterhalt / nach moͤglichkeit / zu verſchaffen; auch Jhme nicht gaͤntzlich die Eheliche Beywohnung / wann Er ſich nicht enthalten kan / zu verſagen; wiewol ſie zu ermahnen / beederſeits ſich der Keuſch - heit / ſo vil moͤglich / zu befleißigen / und Gott umb Geduld zu bitten / damit vil Unheil vermitten blei - ben moͤge. Wann aber Jemand / vor beſtaͤttigterEhe /79Die XVI. Frag. Ehe / dergleichen Kranckheit am Hals gehabt / und villeicht mit fleiß verſchwigen / ſo mag die be - trogene Perſon wider geſchieden werden. Dann nicht zu vermueten / daß Einer zu einer Auſſaͤtzi - gen / Unſinnigen &c, ſich wißentlich verheuraten wuͤrde. Wann ein Theil ſich uͤbel verhelt / und / umb Mißethat willen / des Landes verwiſen wird / gehet darumb auch kein Eheſcheidung vor / ſon - dern es muͤſſen die Ehegemaͤcht Lieb / uñ Layd / Ehr und Schmach / mit einander tragen; und kan ſich das Unſchuldige / vor des Schuldigen Tod / nicht anderwerts verheuraten.

Die XVI. Frag. Wird nicht auch / wegen der Ver - laßung / und was derſelben gleichfoͤr - mig / die Eheſcheidung geſtattet?

ES hat dieſe Frag vil / und oftwolernanter D. Bidembach / dem 7. Capitel ſeines dickangezogenen Buͤch - leins von Eheſachen / auch einverleibt / und ſagt / daß das Ehegericht im Hertzogtum Wuͤrttem - berg die Eheſcheidung / Vermoͤg des Paulini - ſchen Spruchs / in der 1. an die Corinther / C. 7. v. 15. So aber der Ungleubige ſich ſcheidet / ſo laß ihn ſich ſcheiden: Es iſt der Brueder / oder die Schweſter / nicht gefangen in ſolchen Faͤllen: ie - doch mit diſen Bedingungen / zuelaße. 1. Wannwißend80Die XVI. Frag. wißend iſt / daß das hinweg ziehen / oder die Ver - laßung / aus mutwillen / und boßheit geſchehen / und der Verlaßer nicht willens iſt / wider zu kom - men. Dann die Juriſten einen Unterſcheid zwi - ſchen der nothwendigen / und unnothwendigen Ab - weſenheit / machen. Die Nothwendige Abweſen - heit nennen ſie die / wann ein Mann / ob Er gleich gern wolte / nicht widerkeren kan; als / wann Er in den Krieg gezogen / oder von den Feinden ge - fangen / oder / ſeines Ambts halber / daſelbſt etli - che Jahr aufgehalten wird; oder wegen ſeiner Handlungen / und Kaufmannſchafften / in frem - den Landen / laͤnger ſich aufhalten mues; oder von einer Kranckheit an ſeiner Haimraiſe verhindert wird; oder wann er aus einer Statt / und Land / verwiſen / nicht nach Hauß darff. Und in ſolchen Faͤllen wird dem Weib niemals geſtattet / daß ſie zu einem andern heurate / ſie ſeye dann gewiß / daß der Mann geſtorben. So Sie auch mit einander ſich alſo verglichen / und der Mann mit einwilli - gung des Weibs verreiſt iſt / ſo wird ihr die an - derwertige Verheuratung auch nicht zugelaßen. Ein anders iſt die Boßhafftige / und Unnothwen - dige Abweſenheit / wann namlich der Ehemann / aus keiner ehehaften Urſach / ſonder aus lauter Leichtfertigkeit / und Boßheit / ſein Eheweib ver - laſt / und lange Zeit außen bleibt / auch kein Ge - muͤet wider heimzukommen hat; Da dann / nach 6. oder 7. Jahren / Sie von ihme geſcheiden wird;wann81Die XVI. Frag. wann man zuvor gerichtlich erkant / ob die Abwe - ſenheit noͤthig / oder nicht; und ob er ihr / in ſolcher Zeit / nie geſchriben / oder etwas geſchickt; item wann Er zuvor offentlich geladen / oder citi rt wor - den; aber / auf die geſetzte Zeit / weder Er / noch Jemand / an ſeiner ſtat / erſchienen. Wann nun / nach rechtlicher Scheidung / ein weggelofner wi - derkomt / hat Er ſein geweſtes Eheweib / ſo nun - mehr Einem andern vertrauet / nicht wider anzu - ſprechen: Will Er aber auch wider heuraten / ſo muß Er das Land meiden / oder an einem weitent - legnen Ort / von ſeiner vorigen Wohnung / ſich ſe - tzen; wie dann Er / D. Bidembach / in der 2. Frag / zwey exempel hat / darunter Einer / nach acht jahren / eben an ſeines Weibs Hochzeittag / wider kommen / ehe ſie noch mit einem andern in der Kirch eingeſegnet worden; Er ihrer aber nicht mehr; ſondern nur / daß er ſich wider verheuraten doͤrfte / begeret hat; ſo er auch erlangt. Und ſol - che Verlaßungen gehen ſelten ohne Hurerey / oder Ehebruch / bey dem Verlaßer / ab; und bleiben dergleichen Geſellen gerne ſovil Jahr aus / damit Sie / wann das Weib / zu welchem Sie kein Luſt / ſich wider zu verheuraten erlangt / alsdann eine andere zur Ehe nemmen doͤrffen; welche Luthe - rus den Dieben / Raͤubern / und Ehebrechern / tom. 5. Jen. f. 383. vergleichet / und daß Sie / von der Obrigkeit / abzuſtraffen ſeyen / vermeinet; wie Er / D. Bidembach / ferner anzaiget. Quirin. FKubach82Die XVI. Frag. bach cent. 1. decur. 1. qu. 7. ſagt / daß in Thuͤringen / und ſelbigen Landen / der Abweſende / durch offent - liche Edict 3. mal von der Cantzel citi rt / und her - nach an die Kirchthuͤren deren Orten / wo er ſich in die Ehe begeben / und auch an denen / da man vernimt / er ſich aufhalte / angeſchlagen werden. Und ziehet Er Baſil. Monnerum in tr. de Ma - trimon. und Gail. lib. 1. obs. 57. an.

Es verlaßen aber nicht nur die Eheleute einan - der / ſondern geſchicht auch oft / daß ein Braͤuti - gam / nach der Eheverloͤbnus / vor der Hochzeit / hinweg ziehet. Wann nun die Abweſenheit ihre wichtige Urſachen hat / ſo mueß die Braut / biß die Verhinderung voruͤber / oder ſo lange Zeit warten / als zwiſchen ihnen abgeredt / und vergli - chen worden. Befindet es ſich nun / daß ſolches Außenbleiben aus Vorſatz / boͤßlich / und mutwil - lig geſchihet / mueß Sie 2. oder 3. Jahr warten / wiewol Theils nur von einem Jahr ſagen / und wollen / daß ſolche Zeit in die Wilkur des Richters zu ſetzen / welcher den Verzug / und des Maͤgdleins Alter / zu betrachten hat. Es mueß aber / ehe man ihr / einen andern zu nehmen / zuelaßet / ein zwey / oder dreyfache Ladung / oder Citation, vorherge - hen / wie Er in der 3. Frag erinnert. Bonav. Cotta, disquiſit. 3. Colleg. Imperial jur th. 15. ſagt: Wann Er / aus muthwilliger oder boßhafter Urſach / außenbleibe / ſo ſtehe es ihr frey / ſich wider zu ver - heuraten / damit Sie die gelegene Zeit ſich zu ver -ehe -83Die XVI. Frag. ehelichen nicht verſaume / und ziehet das C. de illis extr. de Sponſal. und uͤber ſolches Cyn. und Pa - normitan. item l. 2. C. de Repud. item Schneidevvi - num, und Fachineum, an.

Zu der muthwilligen / oder boßhafften Ver - laßung / und Außenbleiben / wird auch gezogen / wann die Eheleut einander die Eheliche Pflicht / wider die Vermahnung S. Pauli in der beſag - ten 1. Epiſtel an die Corinther / Cap. 7. v. 3. 4. 5. halßſtarriger weiſe / nicht laiſten. Wann nun alſo ein Ehegemaͤcht / dem Andern / uͤber alles vermah - nen / ſtraffen der Obrigkeit / und in die Gefaͤngnus legen / halßſtarriglich die Ehepflicht nicht laiſten / und eheliche Beywohnung nicht thun wil / ſo wird dem andern theil / ſich anderwerts ehelich einzu - laßen vergoͤnnet. Und hat der Autor / in der 4. Frag / ein exempel / daß An. 1600. den 13. No - vembris, ein ſolches Urtheil zu Stutgart ergan - gen. Und handelt Er / in den folgenden zweyen Fragen / auch von der impotentia, oder Untuͤch - tigkeit zum Eheſtand / ob einem ſolchen derſelbe zu - zulaßen? und ob / wegen ſolcher Untuͤchtigkeit / eine Eheſcheidung moͤge geſtattet werden? Und gehet die Summ dahin aus: Wann ein Theil zu ehelichen Wercken nicht tuͤchtig / ſo werde erkant / daß zwiſchen ihnen kein Ehe geweſen. Und das geſchehe 1. Wann die Untuͤchtigkeit bekantlich; welches an den Mannsperſonen durch die Medi - cos, und Wund-Artzet / an den Weibs-Perſonen /F ijdurch84Die XVI. Frag. durch die Hebammen / und andere hierzue taugli - che Weiber / erkant werde. Wo ſie nicht bekantlich / muͤeßen die Eheleut eine Zeitlang beyſammen wohnen / biß man die Sachen gnugſam erfahren. 2. Wann die Untuͤchtigkeit natuͤrlich / und immer - waͤrend / auch durch kein Mittel mehr zu verbeßern / und zu heilen. Wo man aber Hofnung habe / daß ſie moͤge curir et werden / ſo werde kein Scheidung erkant. Und 3. wann die Untuͤchtigkeit vor der Verehelichung ſchon am Leib geweſen / und der an - der theil davon nichts gewuſt hat. Wo aber Je - mand erſt nach der Hochzeit / durch einen Unfall / untuͤchtig worden / da ſoll der ander Theil vilmehr mitleiden mit Jhm tragen / als ihn verlaßen. Es were dann ſach / daß er mutwillig / und fuͤrſetzlich / mit dem Eiſen / oder Artzneyen / ſich zum Eheſtand untuͤchtig gemacht hette / ſo werde alsdann die ge - ſunde / uñ tuͤchtige Perſon / ledig / oder frey / erkant.

Wann eine Weibs-Perſon weiſt / daß Einer zu Ehelichen Wercken untuͤchtig / Sie auch von dem Richter / und den Kirchendienern / ermahnet wird / in keine ſolche Ehe ſich zubegeben; Sie aber / uͤber alles verwarnen / ſich mit einer ſolchen Per - ſon einlaßen wil / ſo wird / durch ein Decret, den Kirchendienern zugelaßen / ſolche Ehe zu beſtaͤtti - gen / in maßen / wie der Autor p. 117. ſagt / ſolches An. 93. 96. und 1599. geſchehen / komt Sie aber hernach der Reukauff an / ſo mag Sie die Abſoͤn -derung /85Die XVI. Frag. derung / oder Scheidung / nimmermehr als dan ſuchen / oder begehren. Und ſolche Ehen / werden / wie er daſelbſt ſchreibet / Joſephs Ehe genant. Al - ſo hat ſich die Abiſag / zu dem David / legen laßen / die Er aber nie erkant hat / im 1. Buch der Koͤnig am 1. Die Fuͤrſtin Eliſabetha Gonzaga von Mantua hat ihres Herren / und Gemahel / des Hertzogen Guidonis Vbaldi zu Urbin / in Welſch - land / Untuͤchtigkeit zu den ehelichen Wercken ſo geheim gehalten / daß es kein Menſch hat erfahren koͤnnen / und die Underthanen / die gerne einen Er - ben von ihnen gehabt hetten / ihr die Unfruchtbar - keit zugemaͤßen haben; wie beym Petro Bembo, lib. ſingul. davon zu leſen. Bißweilen wird die Untuͤchtigkeit der Maͤnner / von den Weibern / unbillich vorgewendet; als wie aus den exempeln Premislai Ottogari, Koͤnigs in Boͤhaim; und Johann / Hertzogens in Kaͤrnten / Koͤnig Johan - ſen aus Boͤheim Sohns / beym Joh. Dubravio, und VVenceslao Hagecio, in ihren Boͤhmiſchen Hiſtorien / erſcheinet. Alſo meldet Poſſevinus, in der Mantuaniſchen Hiſtoria / lib. 8. von einer Fuͤrſtlichen Perſon / ſo auch fuͤr untuͤchtig aus ge - ſchrien werden / die aber mit einer ſchoͤnen Jung - frauen ihre Unſchuld erwiſen; und darauff eine Fuͤrſtliche Fraͤulein zur Ehe bekommen habe. Siehe ein mehrers von der Eheſcheidung auch beym D. Joh. Forſtero, dec. 2. ex Decalogo, pro - blem. 9.

F iijZum86Die XVI. Frag.

Zum Beſchluß diſer Materi / iſt noch mit an - zuhencken / daß in einer Raiß-Beſchreibung durch Heuteliam, oder Helvetiam, ſtehet / p. 278. daß ein Burgermeiſter zu Bern / von zweyen Frauen / uͤber etlich dreißig Kinder gehabt habe. Magda - lena Forſterin / welche An. 1644. im 90. Jahr ihres Alters / zu Herspruck / als ein Exulantin, geſtorben / hat erlebt 56. Enicklein / 64. Ur-Enick - lein / und 2. Ur-Enicklein (Urur-Enicklein); und ſeyn von ihr herkommen 134. Perſonen; Dn. D. Dietherr / in Spicilegio &c. ad Th. pr. Beſoldi, p. 650. muͤſte Sie alſo ſelbſten 12. Kinder gehabt haben.

Die XVII. Frag. Welche Religion iſt fuͤr die uralte zu halten?

DJe Jenige iſt unzweifenlich die Uralte / die allein Gottes Wort / das iſt / die offenbarte Lehre / in den be - werten Schriften der Propheten / und Apoſteln / fuͤr die einige Richtſchnur / und Grund des Glau - bens / und was hierin nicht begriffen / oder wider dieſe Lehr iſt / fuͤr falſch / und unrecht helt. Weil nun das der rechte aigentliche wahre Grund / und Prob / der uralten Religion / und Kirchen Gottes iſt / ſo kanſtu ſelbſten daraus ermeßen / welche die uralte / wahre Religion ſeye?

Fer -87Die XVII. Frag.

Ferners / welche Kirch die uralte Bekentnis des Glaubens / namlich das Bekentnis / ſo man den Apoſtoliſchen Glauben nennet / das Niceni - ſche / und das Athanaſianiſche / fuͤr recht helt / die mueß zu der uralten Religion / und Kirchen / ge - hoͤren / weilen ſolche Bekentnußen aus gewißem / und unlaugbarem Wort Gottes genommen / und zuſammen bracht ſind.

Jtem / welche Kirch die Concilia, Patres, und was die Menſchen geordnet / und geſetzt / nit weiter annimt / denn ſo fern ſie mit dem klaren / und offen - barten Wort Gottes uͤbereinſtimmen; Da ſie aber von demſelben abweichen / verwirft; die mues eine Anzaigung der uralten rechten waren Religion / und Kirchen Gottes / haben.

Die Jenige Kirch / die da lehret / daß ein ainiger GOtt / in dreyen unterſchiedenen Perſonen ſeye / und allein GOtt anrueffet: item / die von keinem andern Mitler / zwiſchen Gott / und Uns / denn al - lein Jeſum Chriſtum / weiſt / die iſt ja die uralte Religion / und Kirch Chriſti.

Die Jenige Religion ſo von der Erbſuͤnde / von des Menſchen freyen Willen / von erfuͤllung des Geſetzes / von Notwendigkeit des Neuen Gehorſams an den Bekerten / wie man fuͤr Gott gerecht werde / von gueten Wercken / als Fruͤchten des Glaubens / und der Gerechtigkeit; von der Weltlichen Obrigkeit / vom Eheſtand / von Auff - erſtehung der Todten / und juͤngſten Gericht / undF iiijandern88Die XVII. Frag. andern mehr / recht lehret / die mues ja die rechte / wahre / uralte Religion / und Kirche Chriſti ſeyn / darinnen Gott mit ſeinem reinen Wort / und Sa - cramenten wonet / die Menſchen wider neugebieret / und ſeelig machet / darin auch Gott recht erkant / angeruffen / und geehret wird.

Weiter / welche Kirch den reinen unbefleckten Gottesdienſt / gegen dem allein Allmaͤchtigen / und ewigen GOtt / wie im 1. und 2. Gebott bevolhen / uͤbet / die hat ja ein Zeugnis der rechten uralten Religion / und Kirchen Chriſti.

Jtem / welche Kirch die Aemter / und Staͤnde / als das Predig-Amt / die Obrigkeit / den Hauß: und Eheſtand / fuͤr rechte / guete Ordnungen Got - tes des HErren haͤlt / und lehret / daß ein jeder dar - innen dem lieben Gott dienen / und ihme mit froͤli - chem Gewißen gefaͤllige Werck thun koͤnne / und ſolle / auch gewiß ſeyn kan / weil er dieſelbein ſeinem klaren Wort bevolhen / daß ſie Gott gnaͤdiglich anſehen / und in dieſem / und kuͤnftigen Leben / gar reichlich belohnen werde; die mueß ja die uralte Religion haben.

Jtem / welche Kirch lehret / maͤßig leben / Al - moſen geben / ſtraffet die Fuͤllerey / Unzucht / und andere Laſter; gebrauchet ſich der H. von Chriſto eingeſetzten Sacramenten / als des H. Tauffs / und H. Abendmals / mit betten des Vatter Un - ſers; die hat auch das Zeugnis der uralten Kir - chen in Gottes Wort gegruͤndet.

Welche89Die XVII. Frag.

Welche Kirch die eußerlichen Ceremonien zur erbauung / zum Wolſtande / und zu guter Ord - nung / nach der geraden Regel Goͤttlichen Worts / richtet / das Gewißen nicht an dieſelbe bindet / auch kein Verdienſt der Seeligkeit daraus machet: item die Sontaͤgliche / und andere Feſt / mit anhoͤ - rung Gottes Worts / mit betten / ſingen / GOtt dancken / und gebrauch des H. Abendmals bege - het; item die Todten ehrlich begraͤbt / und alle an - dere Chriſtliche Übungen / aufrecht erhelt / die hat ja ein Zeugnis der uralten Kirchen Chriſti / als die ſolches auch gethan.

Weiter / welche Kirch allein Jeſum Chriſtum fuͤr das ainige Haubt der Kirchen auff Erden / nach der Lehre S. Pauli / zun Epheſern / am 1. v. 22. helt / und dann entlich nichts anders lehret / bekent / und uͤbet / als das in der uralten Kirchen / in alten / und neuen Teſtament / bekant / und geuͤbet worden / außer / daß im alten Teſtament / in Cere - monien / und Weltlichen Regierung / es eine an - dere geſtalt gehabt / welche Chriſtus im Neuen Teſtament auffgehaben; die hat ein recht Zeug - nis der rechten uralten Kirchen Chriſti. Aus wel - chem allem nun du / wann du dich in der Welt umſiheſt / den Schluß ſelber machen kanſt / wo die rechte / wahre / und uralte Religion anzutreffen? Und wann du dieſelbe findeſt / und dich auch zu ihr bekenneſt / ſo ſoltu dir den ſchoͤnen ſehr alten an - daͤchtigen Lob / und Bit-Geſang / Nun bitten wirF vden90Die XVII. Frag. den H. Geiſt umb den rechten Glauben &c, laßen ſehr eyferig bevolhen ſeyn / daß namlich der H. Geiſt / durch die Lehr / und anhoͤrung des H. Wort Gottes / ein rechten wahren Glauben auff das ei - nig Fundament / Jeſum Chriſtum / den treuen Heyland / inbruͤnſtige Lieb / ſteiffe Hoffnung / gnaͤ - diglich geben / mehren / ſtaͤrcken / und beharrliche Beſtendigkeit / wider Schand / Todt und Teufels Anklag / ja alle Anfechtung / zum ſeeligen End / miltiglich verleihen woͤlle. Und iſt beſagtes Bit - Geſang nicht neu / ſondern eines von den alten / rei - nen / Chriſtlichen Pfingſtgſangen. Der Roͤmiſch Catholiſche Prælat / Johannes Leuſentritius von Olmuͤtz / Thum-Dechant zu Budißin / oder Bau - tzen / des Biſtums Meißen / in Ober und Nider Laußnitz weyland geweſter Adminiſtrator, und in Geiſtlichen Sachen Commiſſarius generalis, nen - net es ein ſehr alten andaͤchtigen Lob-Geſang / und die Melodey ein gemeinen altbekanten Thon / im 1. Theil ſeines Teutſchen Gſangbuchs / am 177. Blat / zu beſagtem Budißin / An. 1573. durch Michael Wolrab / gedruckt. Sihe D. Conradum VVolffgangum Platzium, von dem beſagten Geſang / in ſeinem Bericht / Anno 1586. zu Tuͤbingen / in 4. ausgangen.

Die91

Die XVIII. Frag. Gehoͤrt die Vorſorg / wegen der Religion / auch der Weltlichen Obrigkeit zue?

FA / aber mit ſeiner Maß; namlich nicht Anſtellungsweiſe / als ob die Weltliche Obrigkeit / nach ihrem belieben / bald dieſe / bald jene Religion einfuͤhren / Kirchen-Geſaͤtz machen / und wider abthun / koͤnte / und ſolte; ſondern Schutz: und Vertheidigungs - weiſe / auff daß / durch bequeme Perſonen / von der Warheit der Religion / und anderm darzue ge - hoͤrigem / und groͤßerm Anſehen / erforſchung ge - ſchehen / und alles / nach gueter Ordnung / in der Kirchen / verrichtet / und angeſtelt werden moͤge. Dann daß die Gottſeeligkeit in einer Statt im ſchwang gehe / darauff hat eine Obrigkeit fleißig zu ſehen; und iſt ſowol die Lehr / als die Perſon / ſo da lehret / wol in acht zu nehmen. Die Lehr helt in ſich die Religion / und die Kirchen-Gebraͤuch / oder Ceremonien. Die Religion iſt die rechte Lehr von GOtt / von demſelben / zu der Menſchen See - ligkeit offenbaret. Deren Einfuͤhrung dann / und der eingefuͤhrten Schutz / und Vertheidigung an - zuſehen. Bey der Einfuͤhrung hat man die War - heit / und Ainigkeit / zu betrachten. Der Schutz beſtehet theils in den Koſten / dieſelbe / ſo von noͤ - then / herzugeben; theils auch in Beſtraffung derGott -92Die XVIII. Frag. Gottloſen. Und dann ſeyn die Ceremonien wolan - ſtehende Kirchengebraͤuch. Jn welchem allem man den Unterſcheid des Geiſt - und Weltlichen Gewalts zu beobachten hat. Dann ſolcher in vi - lem / und ſonderlich in der obligation, und execu - tion, unterſchieden iſt. Siehe Thomam Sagittari - um exercit. Ethic. exot. 8. th. 7. und andere mehr / ſo davon geſchriben / ſonderlich aber D. Theodo - um Reinkingk / de diſcrimine ſeculari, & Eccle - ſiaſto, libro 3. iſt auch hierzue nicht unfuͤglich des D. Sigismund Selden Diſcurs / von der Keyſer / und Baͤbſt Gewalt / und wie weit ſich derſelbe / be - vorab gegen den andern / erſtrecke / zu leſen. Was die Augſpurgiſche Confeſſion fuͤr einen Unterſcheid zwiſchen dem Geiſt: und Weltlichen Gewalt ma - chet / davon ſihe den 28. Artickel; und die Apolo - giam der Confeſſion, tit. von der poteſtate Eccleſia - ſtica, fol. 132. ſeqq. Und was D. Balth. Mentze - rus, in exeges. Auguſt. Confeſſ. artic. 14. von Be - ruff der Kirchendiener geſchrieben / ſo auch der Weltlichen Obrigkeit / neben der viſitation, ſuſten - tation, und protection (das iſt / beſuchung und nach - forſchung / wie ſich dieſelben in Lehr / und Leben ver - halten; Verſorg / und Unterhaltung / und dann der Beſchuͤtzung) doch nit allein / zueſtaͤndig iſt; Davon obgemelter D. Reinkingk / d. lib. 3. clas. 1. cap. 6. auch zu leſen iſt.

Die93

Die XIX. Frag. Jſt der Hoheprieſter Heli ſeelig worden? Und was iſt der Juden Thar - gum?

JOhannes Bißelius, decad. 2. illuſtrium Ruinarum, ab Orbe condito, ruina. 10. p. 540. ſchreibet / das den beſagten Juͤdiſchen Hohen - prieſter Eli / oder Heli / oder Helis / von deßen En - de im 1. Buch Samuelis / Cap. 4. v. 18. zu leſen / zu den Verdamten rechneten / S. Gregorius, S. Eu - cherius, Venerabilis Beda, S. Chryſoſtomus homil. 59. in Genes. und an andern Orten zum oͤftern; item S. Cæſarius Arelatenſis, B. Petrus Damiani, und S. Auguſtinus. Hergegen diſen Helin verthei - digten und der Hoͤll befreyeten S. Theodoretus, Ly - ra, Dionyſius, Carthuſianus, Toſtatus, Cajetanus, Serarius, Sanchez, Mendoza, Cornelius, und die meiſten Andere; und zwar diſes billich / wegen der Urſachen / die Salianus, Cornelius, und Andere / beybringen thetten.

Was den andern Puncten anbelangt / iſt der Juden Thargum die paraphraſis Chaldaica, oder Chaldæiſche weitere Erklaͤrung der Buͤcher des alten Teſtaments / ſo ein mehrers / als der Text / in ſich haͤlt / und welche der Jonathan / ein Sohn Vzielis, und Zuhoͤrer / oder Lehrjuͤnger des Hille - lis, viertzig Jahr vor der Geburt Chriſti / herfuͤr -geben94Die XX. Frag. geben hat: Welche Erklaͤrung auch bey den Ju - den in ſolchem Anſehen iſt / daß Niemand / unter Jhnen / derſelben zu widerſprechen ſich unter ſtehet. Sihe D. Joan. Forſterum diſput. 1. in caput. 53. Eſaiæ, th. 47. & ſeqq.

Die XX. Frag. Woher haben die in der Welt ie - derzeit fuͤrgangene / und noch immer fuͤr - gehende Widerwertigkeiten ihren Anfang er - langt?

DJe H. Goͤttliche Schrifft hat / wie alles anders / mit der Warheit ſchreiben koͤnnen / was der liebe GOtt erſchaffen / und angeordnet hat / daß alles mitein - ander recht / und guet: und wann gleich / dem euſ - ſerlichen Anſehen nach / eines dem andern zu wider geweſen were / daß es doch / durch GOttes All - macht / und Weißheit / untereinander ſolcher maſ - ſen temperi rt worden iſt / daß es zu allen / und ieden Zeiten / voͤlligen Beſtand hat haben koͤnnen. Da - bey es aber nicht lang verbliben / ſondern ſo bald / unter denen zu allem guten erſchaffenen Engeln / ihrer Etliche ſich an der von dem lieben GOtt er - langten Weißheit / Gerechtigkeit / und Heiligkeit / nicht haben wollen benuͤgen laßen / ſondern ſich / aus lauter Hoffart / demlieben GOtt widerſetzt / ſo hat darauff / zwiſchen ihnen Beeden / die Unainig -keit95Die XX. Frag. keit ihren Anfang genommen; und hat bald her - nach / unter den abgefallenen Engeln / ſich Einer in die form einer Schlangen verborgen / und erſt - lich die Evam / und / durch dieſelbe / den Adam / gleichfals aus lauter Hoffart / beredet / wider Got - tes gethanes ernſtliches Verbot / an dem Baum des erkaͤntnis des Guten / und des Boͤſen / ſich ſo wißent: und vorſetzlich zu vergreiffen / und davon zu eßen. Darauff dann / zwiſchen Gott / und der Schlangen / das iſt / den boͤſen Engeln / wie auch zwiſchen Adam / und Eva / die Unainigkeit / und folgends eine Suͤnde / nach der andern / uͤber Hand genommen / und was auff der gantzen Welt vorhero den Menſchen voͤlliglich / und beſtaͤndig - lich zu gutem hette gedeyen ſollen / das alles iſt Jh - nen hernach zum Fluch / und Widerwertigkeit / ge - macht worden / und hat ſich alles geaͤndert. Es haben auch vor gedachte beede Eheleuth / nach dem Sie zween Soͤhne / Cain / und Abel / erzeugt / zu ih - rem großen Hertzenleyd erfahren muͤeßen / daß die - ſelbe gegen Gott / und untereinander ſelbſten / un - gleiches Sinnes geweſen ſeyn / und Cain nicht nachgelaßen / biß er ſeinen Bruder Abel ermordet hat. Darauff dann / von einer Zeit zu der andern / ſich / zwiſchen des Adam / und der Evæ Hinder - laßenen / die Uneinigkeit / und andere Suͤnden / ſo weit gehaͤufft / daß der liebe Gott die gantze Welt / mit der Suͤndflut / verderbt / und allein den Noa / mit ſeinem Weib / 3. Soͤhnen / und deroſelben Wei -bern /96Die XX. Frag. bern / erhalten hat. Als derſelben Nachkommen folgends / zu ihres Nahmens Gedaͤchtnus / in dem Land Sinear / eine Statt / und Thurn / haben bau - en wollen / deßen Spitz biß in den Himmel reichen ſolte / ſo hat Gott die vorhero bey Jhnen beſtande - ne einerley Spraach ſo weit verwirret / daß keiner des andern Spraach ferner hat vernehmen / oder verſtehen koͤnnen; Dardurch ſie dann von diſem ihrem fuͤrgenommenen Bau / auch wider ihren Willen / haben ablaßen muͤeßen. Und umb ſolcher Urſach iſt auch weiter die Zertrennung der Ge - muͤeter erfolgt / in deme ſich einer von dem andern / den er nicht verſtunde / abgeſoͤndert / und zu deme geſellet / deßen Rede Er verſtehen koͤnnen: und hat alſo die Ungleicheit der Spraachen verurſachet / daß ſie ſich weit von einander in der Welt zerſtreuet haben. Zwar es auch an Uneinigkeit nit gemangelt zwiſchen denen / ſo einerley Herkom̃ens / und Spra - che / geweſen ſeyn; wie / aus den exempeln des Eſau / und Jacobs / des Jacobs / und Labans / des Volcks Jſraels / mit denen zu Jeruſalem / und in Juda / nach des Koͤnig Salomons Abſterben / erſcheinet. Und iſt kein Wunder / daß die Menſchen mit ein - ander / wegen Ungleicheit der Naturen und Ai - genſchaften / nicht ainig / dieweil ein Menſch mit ſeinem aignen Fleiſch / und Blut / taͤglich zu kaͤmpf - fen / zu geſchweigen was Er fuͤr einen Kampf mit dem boͤſen Feind / und der Welt / auszuſtehen hat / wann er anderſt des Allmaͤchtigen Gnade erwer -ben /97Die 20. Frag / des 3. Hundert. ben / und darinnen verbleiben wil. So aͤndert ſich ein Menſch zu allen / und ieden Zeiten / bey tag / und nacht / in der Kindheit / Jugend / Mannli - chem / und erlebtem Alter / und um das ende ſeines Abſterbens / wie auch bey geſundem / und kranck en Leib. Und daher kein Wunder / daß die Kinder / ſo einerley Eltern haben / oftmals einander ſo un - gleich ſeyn; weiln / zur Zeit der Empfaͤngnus / die Eltern nicht allezeit von gleichem Zueſtande des Leibs / und Gemuͤets / geweſen; wiewoln auch dem Geſtirn / ſonderlich dem Mon / Theils die Urſach ſolcher Ungleicheit zuſchreiben wollen. Zwar / daß ſonſten / bey andern Menſchen / ſo nicht von einer - ley Eltern herkommen / oft große Widerwaͤrtig - keit / iſt / ſolches vil / außer der obgedachten Un - gleicheit der Naturen / und Aigenſchafften / dem Geſtirn zuaignen / und ſagen: Qui tempore nati - vitatis habent ſigna aſcendentia contraria, in ip - ſorum qualitate, & contraria triplicitate, ſibi in - vicem eſſe inimicos. Item, quando Sol, & Luna, ſunt in oppoſitionibus diverſis, inter homines illo tempore progenitos, nunquam ſatis convenire poſ - ſe. Das iſt nichts neues / und erfaͤhret man / daß die Gelehrten / vilmals / in allerhand Wiſſen - ſchafften / wider einander ſeyn / und ſtreiten. Unter andern vilen wird auch dieſes Exempel erzehlet. Alß des Jahrs 1611. der beruͤmte Churfuͤrſtlich Pfaͤltziſche Rath / und Hoffgerichts Præſident / der Hippolytus à Collibus, ſo unterſchiedliche SachenGin98Die 20. Frag / des 3. Hundert. in den Druck gegeben / zu Heydelberg Laͤgerhaft worden / und ſich die derentwegen gebrauchte zween Medici, in einem / und dem andern / nit haben ver - gleichen koͤnnen / ſondern in ſeiner / des Krancken / perſoͤnlichen Gegenwart / einer den andern beſchul - digt / als wann dieſe / oder jene Meinung / denen Reguln des Hippocratis, oder Galeni, zuwider we - re; Diſer Krancke Hippolytus à Collibus, im ſchimpf / und ernſt / geſagt habe: Inter ipſorum al - tercationem ſibi moriendum eſſe ſecundum Regu - las Naturæ: Daß / unter ihrem Gezaͤnck / Er / nach den Reguln der Natur / ſterben muͤeße. Und diſes iſt alſo die kurtze Antwort auff deine Frag. Wiltu eine weitlaͤufferige haben / und wie nicht nur die Menſchen / ſondern auch das Geſtirn / die Ele - menten / die Thier / allerley Gewaͤchs &c, einander zu wider / wißen wollen / ſo liſe des Herren D. Leon - hart Wurfbains Diſcurs hievon / ſo Er ſeiner Hi - ſtoriſchen Relation / wie oft zwiſchen dem Hauß Oeſterreich / und Franckreich / Frieden gemacht worden / vorher geſetzet hat.

Die XXI. Frag. Daͤrffen auch Weltliche von der Religion / und Glaubensſachen / diſputir en?

ES iſt oben / in der 17. Frag / meldung geſchehen / was die wahꝛe / rech - te / und uralte Religion ſeye. Ob nunvon99Die 21. Frag / des 3. Hundert. von ſolcher auch den Weltlichen zu diſputir en er - laubt ſeye? Wirſtu / ohne Zweifel / fragen. Tho - mas Sagittarius, in exercitat. Ethic. exot. 8. th. 7. p. 200. antwortet mit ja; jedoch mit diſem Vorbe - halt / daß es geſchehe / in Mainung / darinn ge - ſtaͤrckt / und erbauet / nicht verwirt / und verfuͤhrt zu werden / auch mit dem Vorſatz / nicht zu zancken / ſondern zu lehrnen. Und ziehet Er daſelbſt des Keyſers Martiani Wort an / die lib. 1. Cod. tit. 1. de Summa Trinitate, in pr. l. 4. alſo lauten: Nemo Cleriscus, vel militaris, vel alterius cujusli - bet conditionis, de fide Chriſtiana, publicè turbis coadunatis, & audientibus, tractare conetur in poſterum, ex hoc tumultus, & perfidiæ occaſionem requirens. Er fragt weiter / weilen die / ſo die Lehr / welche in Heyliger Schrifft allein auf Chriſtum gegruͤndet / mit wahrem Glauben ergreiffen / und bekennen / außer des Worts Chriſten / auch Luthe - raner / heutigs tags genant werden / ob Sie recht alſo zu heißen ſeyen? und antwortet / daß es gar recht geſchehe; mit anziehung des Hunnii, in der Widerlegung des Embdiſchen Berichts / cap. 1. p. 1. & ſeq. Er beweiſet auch daſelbſt / p. 201. daß die Weltleute / oder Politici, diſer Zeit / Chriſten zu nennen / nicht zwar / als Politici, ſondern ſo weit die Politica, mit der Theologia, uͤbereinſtimmet / und dieſelbe ſich diſer underwuͤrffet. Dann / gleich wie ein Philoſophus, nit als ein philoſophus, ein Chriſt / oder unter die Chriſten zu rechnen / iſt / ſondernG ijwann100Die 21. Frag / des 3. Hundert. wann Er ſich der Lehr vom wahren Chriſtentum / und der Theologiæ, underwuͤrffet / nach Gottes Ge - botten lebet / und allein durch Chriſtum gerecht / und ſeelig zu werden / feſtiglich glaubet; Alſo hat es auch eine ſolche Gelegenheit mit dem Politico. Daß deßwegen wol ein Politicus, oder Weltmann / ein Chriſt / und ein Chriſt ein Weltmann ſeyn kan. Th. 8. p. 204. hat Er die Frag / ob auch Geiſt - liche Perſonen der Weltlichen Obrigkeit under - worffen? und antwortet hierauff / daß Sie under derſelben / und auch uͤber dieſelbe / ſeyen. Und auff die Frag / ob auch die Theologi, und Kirchendiener / fuͤr Burger eines Gemeinen Standes zu halten? ſaget Er; es ſeye eben ſovil / als wann Einer frag - te; ob das Haubt / oder das Hertz / ein Glied des Menſchlichen Leibs weren? Darzue noch zu thun / daß die Machiavelliſche Ratio Status nichts neu - es / ſondern ein Werck ſeye / das von Anfang der Welt gewehret hat; wie D: Reinking / in ſeiner Bibliſchen Politik erweiſet. Jtem / daß der Her - tzog von Alba die Wiſſenſchafft / die wir aus den Buͤchern erlernen / ein Waßer der Ciſtern; die aber / ſo wir durch Erfarenheit zuwegen bringen / ein Lebendiges / und des Bronnen ſelbſten / Waßer genennet habe; S. Herren D. Dietherren / in Spi - cilegio, ſive ulterioribus addit. ad Thes. pract. Beſoldi, p. 671.

Die101

Die XXII. Frag. Jſt der Geiſtlichen Perſonen Buͤrgſchafft guͤltig?

NEin / vermoͤg des c. Te qui - dem 29. C. 11. quæſt. 1. Novel. 123. c. 6. c. 1. de Fidejuſſoribus; dieweil Sie mit dem privilegio fori, deme Sie / ohn begruͤeß: und erlaubnus des Biſchoffs / nicht renunci ren / oder ſich deßen verzeihen moͤgen / ſich ſchutzen koͤnnen / c. ſi dilig en ti. 12. c. cum con tingat. 13. & c. ſigni - ficaſti. 13. de Foro competenti, Gaill. lib. 1. obſerv. 37. Mynſinger cent. 1. obſerv. 22. Wann Sie aber gegeben / und angenommen worden / ſo muͤeſ - ſen Sie Fueß halten / und bezahlen / lib. 3. Decret. Greg. tit. 22. de Fidejuſſor. c. 2. Davon gleichwol die Moͤnch ausgenommen werden / als die nichts aigens haben / und was Sie uͤberkommen / dem Cloſter uͤberkommen / c. nulli. 3. C. 12. qu. 2. es ſeye dann / daß die Verwaltung des Kloſters Jhnen anbevolhen ſeye / und daßelbe deßwegen einen Nu - tzen habe; Authent. Hoc jus porrectum C. de SS. Ec - cleſiis, Bonavent. Gauerus, diſp. extraord. 6. quæ eſt de Fidejuſſoribus, conclus. 5. Da Er auch auf die Frag / wann ein Lay fuͤr einen Geiſtlichen Buͤrg worden / ob ein ſolcher Buͤrg vor einem Weltlichen Richter moͤge beklagt werden? mit ja antwortet / auf daß die Glaͤubiger deſto beßer verſichert ſeyn koͤnnen / und dieſelbe ſonſten ſich nicht in einen Han - del / oder Contract, eingelaßen haben wurden.

G iijDie102

Die XXIII. Frag. Warum hat das Volck GOttes ſovil Vichs ſchlachten / und opfern muͤeſ - ſen? Und warum war bey Jhnen ein Unterſcheid der rei - nen / und unreinen Speiſen?

ES moͤchte zwar Jemands Wunder nehmen / warum es Gott / dem HErren Himmels / und der Erden / ge - fallen habe / von ſeinem Volck / ſovil Opfer zu be - gehren / und dieſelbe entweder gantz / oder zum theil zu Aſchen werden laßen; und ob es nicht beßer geweſt were / zu Vermehrung der Haußhaltung zu behalten / oder zu Unterhaltung der Armen ſolche anzuwenden? Was fuͤr Vich jaͤhrlich ge - opfert worden / kan man beylaͤuffig ausrechnen; Was die 12. Fůrſten Jſrael / bey Einweihung des Tabernaculs geopfert / das iſt im 4. Buch Moſis / Cap. 7. und was der Koͤnig Salomon / bey einweihung des Tempels zu Jeruſalem ge - opfert / das iſt im 1. Buch der Koͤnig / Cap. 8. v. 63. zu leſen. Aber ein ſolcher darff ſich nicht ver - wundern / wann Er bedencket / daß Gott fuͤr diſen Gehorſam / und Koſten / die Jſraeliten geſegnet / daß man Nirgents ſovil Vichs / als eben im Juͤ - diſchen Lande geſehen / auf daß alle daher lehrnen / die Prieſter / und Kirchendiener / an GOttes ſtat /zu103Die 23. Frag / des 3. Hundert. zu unterhalten / und deſto reichlicher zu begaben / damit Sie auch von demſelben mehrere / und gluͤck - ſeeligere Ertrag: und Einkuͤnften von den Ae - ckern / und dem Vich / zu erwarten / und zu hoffen haben. Sihe D. VVolfg. Franzium, diſp. 6. ex Deuteron. th. 147. da Er auch ſagt / daß der Koͤ - nig Herodes / bey einweihung des von ihm erbau - ten Vorhoffs / drey tauſent Ochſen geopfert habe.

Was den Andern Puncten deiner Frag an - belangt / namlich von Unterſcheid der Speiſen / und welcher Thiere Fleiſch / und welcher nicht / die Juden haben eßen doͤrffen / von Vich / Fiſchen / und Voͤgeln / ſo zum theil rein / zum theil unrein geweſen; wie davon weitlaͤuffig im 5. Buch Mo - ſis / Cap. 14. und im 3. Buch am 11. zu leſen iſt. Und zwar / ſo war Jhnen erlaubt / alles Thier zu eßen / das ſeine Klauen ſpaltet / und widerkeuet; Von Fiſchen / was Floßfedern / und Schupen / hat. Alles anders war ihnen verbotten / wie auch das Gevoͤgel / ſo da kreucht / item die Raub: und Nacht-Voͤgel; als der Adler / Habicht / Geyer / die Raben / Nachteule / Uhu / &c. Dabey aber nicht zu verſchweigen / daß man die aigentliche Bedeutung viler Hebræiſchen Woͤrter nicht hat / dieweil auch die gelehrtiſte Hebræiſche Außleger mit einander hierinn nicht uͤbereinſtimmen; und diſer Streit noch ferner under des Richters Auß - ſpruch verbleiben wird; und daher zu wuͤnſchenG iiijwere /104Die 23. Frag / des 3. Hundert. were / daß man hievon des Koͤnig Salomons uͤb - rige Schriften haben koͤnte / deren im 1. Buch der Koͤnige Cap. 4. v. 33. Meldung geſchihet. Dar - nach iſt zu mercken / daß Theils Thier / Fiſch / Voͤ - gel / nicht ſchlecht wegs ein Greuel / oder boͤß / und unrein / ſondern ihnen / den Juden / alſo genant werden / im beſagten 3. Buch Moſis / Cap. 11. und zwar auff zweyerley weiſe / namlich / zum theil / als Juden / und zum theil auch / als Menſchen. Den Juden / als Juden / ſolten theils rein / theils unrein ſeyn / auff daß Sie / ſo GOtt der HErr / durch ſonderbare Zeichen / und Offenbarungen / ihme zu ſeinem Volck erwoͤhlet / und von deme die gantze Welt die wahre Religion erlehrnen ſolte / von allen uͤbrigen Voͤlckern / ſo under der Sonnen / unterſcheiden wuͤrden; und in dem / durch ſolche gelegenheit der Speiſen / die Juden allen Voͤlckern zu verſtehen gaben / ſie hetten diſen Unterſcheid der Speiſen von Gott empfangen / und ſolchen auch zu ehren des gebiettenden GOttes behielten / haben Sie immerzue mehrere aus dem Jrrtum zur Him - liſchen Warheit gebracht. Und obwoln aus denen verbottenen etliche angenehm / und nutzlich / ſo ha - ben doch ſolche Jhnen eine ſolche uͤbung des Ge - horſams ſeyn ſollen / gleich wie / vor dem Fall / dem Adam der fuͤrgeſetzte Baum. Daraus dann die hoͤchſte Fuͤrſichtigkeit GOttes erſcheinet / in dem Er auff unterſchidliche weiſe ſich beflißen / die Leute zu ſeiner Erkantnus zu vermoͤgen / auff daß Erallen105Die 23. Frag / des 3. Hundert. allen die Entſchuldigung benemmen thette. Fuͤrs ander / den Juden / als Menſchen / ſeyn theils Sa - chen rein / theils unrein. Dann / obwoln was Gott erſchaffen / guet iſt; ſo iſt iedoch nicht alles zur Menſchlichen Speiß nutzlich / und geſund / wann es ſchon wolgeſchmack zu ſeyn einen beduncken thuet. Unter deßen aber hat Gott nichts vergebens erſchaffen. Dann / was des Menſchen Natur ſchaͤdlich / das wird etlichen unvernuͤnfftigen Thie - ren zur Speiſe. Daraus erſcheinet die Liebe Gottes zu den Menſchen / der auch derſelben Geſundheit in acht nimmet / und was zu derſelben tauglich / vorſchreiben wollen / als wie der Apoſtel / in der 1. an Timotheum / am 5. v. 23. im Neuen Teſta - ment / gethan hat. Andere Urſachen / und was man bey denen erlaubten / und verbottenen Thie - ren / nach der Sitten-Lehr / in acht zunemmen / ſeyn / beym D. VVolfgango Frantzio, diſput. 7. ex Deu - teronomio, th. 143. & ſeqq. zu leſen: Da Er auch th. 157. und folgenden / Warumb das Bluet zu eßen / im Alten / und von den Apoſteln / den Chri - ſten / im Neuen Teſtament / verbotten worden / und anderm mehrem / handelt.

Die XXIV. Frag. Moͤgen die Kirchen-Guͤetter vereuͤßert werden?

HJerauff wird von Theils geantwortet / daß die Jenige uͤberfluͤßigeG vGuͤtter /106Die 24. Frag / des 3. Hundert. Guͤtter / ſo nur im Schatz / und zum Pracht / und nicht zu unterhaltung Kirchen / und Schuelen / aus einer gottſeeligen Urſach / die Gefangene zu erloͤſen / und der Armen Hunger zu ſtillen / in ſol - chen Faͤllen / ſo die Rechten zuelaßen / wol moͤgen vereuͤßert werden; Deßgleichen auch im Noth - fall / wann eine Kirch mit Schulden uͤberhaͤuft / derſelben wider auffzuhelffen; und dann wegen Nutzbarkeit / wann das Kirchenguet dardurch verbeßert wird: Wann nur ſolches mit reiffer Berathſchlagung / ob es auch der Kirchen fuͤr - traͤglich; und mit des Biſchoffs / oder Prælaten / under dem ſolche Kirch iſt / Authorität, und De - cret, auch mit einwilligung des Capituls / geſchi - het. Dann / wann dieſe Umbſtaͤnde zuſammen kommen / ſo iſt die Enteußerung guͤltig; obwoln ſonſten fuͤr eine Regel gehalten wird / was GOtt einmal gewidmet / oder zugeaignet worden / daß ſolches zu Weltlichem Brauch nicht ſolle gezogen werden / L. jubemus 14. C. de SS. Eccleſiis. Sihe von deme / was oben von Vereußerung der Kir - chenguͤetter geſagt worden / L. ſancimus. 21. mit der folgenden Authentica, d. tit. de SS. Eccles. Authent. Hoc jus porrectum, eodem tit. Novel. 120. c. 6. cap. Aurum 70. C. 12. quæſt. 2. cap. ſine exceptione 52. ibidem Bonavent. Cottam, disqui - ſit. Colleg. jur. Imperial. 5. conclus. 5. Der D. Theo - dorus Reinkingk de Regim. Secul. & Eccles. lib. 3. clas. 1. cap. 3. ſezet 4. Urſachen / umb deren willendie107Die 24. Frag / des 3. Hundert. die Kirchenguͤetter zu einem andern Gebrauch / als Sie geſtifftet / moͤgen verwendet werden. 1. iſt der Nothfall / wegen der gemachten Schulden / cap. 1. de rebus Eccles. non alienand. in 6. 2. die Nutzbarkeit der Kirchen / namlich / wann fuͤr das enteußerte der Kirch etwas beßers gegeben wird / cap. tua, de his, quæ fiunt â Prælat. 3. die Ungele - genheit / oder Unbequemlicheit der Kirchen / c. non liceat Papæ, Caus. 12. quæſt. 2. Wann namlich auf ein Guet großer Koſt / ohne Nutzen / zu wen - den; oder wann daßelbeweit entlegen / und ſolches gegen einem gelegneren vertauſcht / oder deßwegen verkauft wird. 4. wegen der Gottſeelig: oder Barmhertzigkeit / als zur erledigung der Gefan - genen / Begraͤbnis der Rechtglaͤubigen / und auff - enthaltung der Armen; davon oben. Chriſtus der HErr hat dem reichen Juͤngling nicht bevol - hen / daß Er ſeine Guͤetter im Tempel aufhencken / ſondern verkauffen / und den Armen geben ſolte / beym Matthæo Cap. 19. v. 21. Die Cleinodien / und andere koͤſtliche Kirchenguͤetter / werden fuͤr einen Schatz des Chriſtlichen Volcks gehalten / ſo im Nothfall / und wann ein gehlinger Kriegs - Einfall geſchihet / den Feinde damit abzutreiben / angewendet werden moͤgen. Alſo ſtehet im Reichs Abſchied zu Speyer An. 1542. aufgerichtet / §. Aber die Kirchen-Kleinoder / und Gezierde / ſol - len in dieſer Anlag nicht mit begrieffen / ſondern als zu einem Schatz der Chriſtenheit / wo man deszu108Die 24. Frag / des 3. Hundert. zu einer eilenden / nothwendigen / unvermeidlichen Huͤlff beduͤrffen wuͤrde / geſpart / und behalten wer - den. Welches in dem R. Abſch. zu Speyer / vom Jahn 1544. §. Aber der Kirchen Kleinoder &c, widerholet wird. Dann die erhaltung des Chriſt - lichen Bluets / und Abwendung der Gefahr / wird fuͤr koͤſtlicher / als alle Guͤetter / gehalten; wie der Keyſer in obangezognem Geſatz Sancimus. 21. C. de SS. Eccles. ſagt. Deßwegen dann auch der Bapſt dem K. Ferdinanden / zum Tuͤrcken-Krieg die Vereußerung der Clemodien / und anderer koͤſtlicher Kirchen / und unbeweglicher Sachen / zu - gelaßen / R. Ab. zu Speyer vom Jahr 1530. §. nachdem Churfuͤrſten &c. daſelbſt: der Kirchen Kleinoder / auch etlich theil der Geiſtlichen unbe - weglichen Guͤtter im H. Reich zu Widerſtand des Tuͤrcken zu verkauffen &c, wiewol damit / wie daſelbſt zu leſen / hernach aͤnderung vorgegangen. Es diſputiren die Rechtsgelehrten / ob die Weltli - che Obrigkeit / durch ein Geſatz / ihren Undertha - nen verbietten koͤnne / daß Sie ihre / ſonderlich un - bewegliche Guͤetter / under was Nahmen / und Ti - tul / es ſeyn moͤge / zur Kirchen / oder den Geiſtli - chen vereußern / und uͤberlaßen moͤgen? in maßen von den Venedigern / und etwan auch von An - dern / geſchehen ſeyn ſolle. Und wollen Theils / daß ſolches aus hochwichtigen Urſachen ſeyn koͤnne / nicht zwar der geſtalt / daß die Underthanen gar nichts / ſondern daß Sie nicht alles / oder gar zuuͤber -109Die 25. Frag / des 3. Hundert. uͤberfluͤßiges / an die Geiſtliche Perſonen ſollen kommen laßen; wie davon / unter Andern / auch Andreas Seifardus, beeder Rechten Doctor / in ei - ner Rede An. 1607. zu Wittenberg in 4. gedruckt / zu leſen iſt.

Die XXV. Frag. Solle man Jedermann begra - ben? und iſt es erlaubt et - was deßwegen zu begehren?

ES ſagt GOtt der Herr zum Adam / im 1. Buch Moſis am 3. v. 19. Du biſt Erden / und ſolt zu Erden werden. Jm Prediger Salomo / am 12 / v. 7. ſte - het: Der Staub mus wider zu der Erden kom - men / wie er geweſen iſt. Jm gemelten 1. Buch Mo - ſis C. 15. v. 15. ſpricht Gott zu Abram: Du ſolt fahren zu deinen Vaͤttern mit frieden / und in gu - tem Alter begraben werden. Wie nun den from - men ein ehrliche Begraͤbnis eine Belohnung der Gottſeeligkeit: alſo iſt eine unehrliche Begraͤb - nus / den Boͤſen / eine Straff ihrer Gottloſigkeit. Beym Propheten Jeremia Cap. 16. v. 5. 6. 7. ſagt der HErr: Jch habe meinen Friede von die - ſem Volck weggenommen / ſamt meiner Gnade / und Barmhertzigkeit / daß beyde groß / und klein / ſollen in dieſem Lande ſterben / und nicht begraben / noch beklagt werden / und Niemand wird ſich uͤberſie110Die 25. Frag / des 3. Hundert. ſie zuritzen / noch kahl machen &c. Und im 22. Cap. v. 19. Er ſoll wie ein Eſel begraben werden / zurſchleifft / und hinauß geworffen fuͤr die Thor Jeruſalem. Von den Ameißen ſchreibet Plinius, daß ſie ihre Todten begraben. Daraus zu ſehen / daß es natuͤrlich ſeye / wann man die Todten be - graͤbet. Beſagten Plinii Zeugnus / ſo Er lib. 11. Natural. hiſtor. c. 30. hat / bekraͤftiget D. Mich. Gehlerus, epist. 1. de Formica, wie Er namlich An. 1604. zu Heydelberg / auf dem H. Berg / ein A - meißen / ſo ohne Kopf war / von den Andern / mit großer Pomp begraben geſehen / und ſich daruͤber verwundert habe. S. ein mehrers / von den Omeiſ - ſen in der 48. Frag unſers 4. Hundert. Daſelbſt Er auch / aus des Ariſtotelis hiſtoriæ Animalium, von den Delphinen / oder Meerſchweinen / erzeh - let / wann ein Delphin ſterbe / daß ihrer vil zuſam - men kommen / und denſelben in der tieffe begraben / damit er nicht von Andern gefreßen werde: Deß - gleichen von den Jmen / oder Bienen / wann eine derſelben im Bienenkorb abſterbe / alle andere das Aas hinaus tragen. Jm Neuen Teſtament / und bey den Chriſten / ſolle die Begraͤbnis Niemands / auch denen / ſo am Leben geſtraft worden / wann Sie Buß gethan / verſagt werden. Sihe L. 1. & fin. ff. de Cadaverib. punitorum, L. obnoxios. 11. de Religioſis, & ſumptibus funerum, c. fures. 2. lib. 5. Decret. Greg. tit. de Furtis, cap. quæſitum eſt. 30. C. 13. qu. 2. Zwar / nach dem GeiſtlichenRecht /111Die 25. Frag / des 3. Hundert. Recht / wird die Begraͤbnus verſagt denen in den Bann gethanen / ob ſie wol außerhalb der Kirch - hoͤfe / oder Gottsaͤcker / oder der Glaubigen Be - graͤbnißen / in anſehung der Menſchlichen Natur / oder Menſcheit / begraben werden moͤgen c. 19. d. l. alſo daß / wie den Frommen / wann ſie gleich gar nicht / oder doch ſchlecht begraben werden / ſolches nicht ſchadet; auch ein ſtatliche / und beruͤmte Be - graͤbnis den Gottloſen nichts nutzet; cap. ſacris. 12. lib. 3. Decret. Greg. tit. 28. de Sepulturis: item offentlichen Wucherern / wann ſie namlich in ſol - cher Wucherey dahin ſterben / und ſich nicht beke - ren / cap. 3. lib. 5. Decret. Gr. tit. 19. Jtem denen / ſo auff friſcher That in einem Laſter betretten werden / und ohne Bueß dahin ſterben / d. c. ſacris, de ſepul - tur. Jtem den Ketzern / cap. 2. ex. de Hæreticis, in 6. und den Juden l. hac valitura. 19. in verb. inſultantes fidei noſtræ, Cod. de Judæis. Alſo wird auch die Chriſtliche Begraͤbnus denen verſagt / welche Jhnen ſelbſten den Tode anthun / entweder aus Verdruß zu leben / oder in dem ſie ihr Gewiſ - ſen / wegen einer begangenen Übelthat / aͤngſtet / oder aus Forcht koͤnftiger Straff. Dann ſolche werden entweder in ein Faß geſchlagen / und auff einem Fluß fortgeſchickt; oder werden under der Thuͤrſchwellen ihres Hauſes heraus gezogen / auff einer Schleiffen / aus gefuͤhrt / und / durch den Hen - cker / an dem Ort / wo die Übelthaͤter pflegen abge - than zu werden / verbrant; Oder / wann es vor -neh -112Die 25. Frag / des 3. Hundert. nehmere Perſonen / nahend bey dem Gotts-Acker / oder Freudhoff / begraben. Und ein ſolche wird ei - ne Hunds-Begraͤbnus genant. Sihe das 1. B. der Koͤnig Cap. 21. v. 24. und im 2. B. der Koͤ - nig Cap. 9. v. 36. item eine Eſelsbegraͤbnus / oben aus Jeremia. Noch etwas hiebey zu gedencken / ſo hat auch Kubach cent. 2. dec. 2. qu. 1. die Frag / ob der hingerichten Übelthaͤter Coͤrper zu begra - ben? Da Er dann vilerley Urſachen / daß es ge - ſchehen / und nicht geſchehen ſolle / beybringet; je - doch entlich ſchließet / wann der gehenkten / oder aufs Rad gelegten Coͤrper / den Freunden / ſolche zu begraben / verſagt werden / ein gueter / und dem Gemeinen Weſen ſehr nutzlicher Gebrauch ſeye.

Was den Andern Puncten deiner Frag anbe - langt / ob namlich die Kirchen-Pfleger vor den Ort / da Einer begraben wird; item die Schul - diner / Singer / Meßner / oder Kuͤſter / etwas fuͤr die Beſtattung der Leich / von Rechtswegen zu be - gehren? Darauff antwortet D. Bonaventura Cotta Colleg. jur. Imperial. diſquiſit. 5. conclus. 16. daß / nach dem Geiſtlichen Recht / Sie nichts for - dern moͤgen / c. abolendæ. 13. ext. de ſepult. c. non ſatis. 8. junct. c. ſeq. ext. de Simonia, mit beyge - fuͤegter Hiſtoria / wie der Koͤnig Alphonſus einen Geiſtlichen geſtrafft / welcher einer Wittib ver - ſtorbnen Ehemann / one Gelt / nicht hat begraben wollen. Er ſagt gleichwol dabey / daß ſolches in Teutſchland abkommen ſeye; dieweil / zur ſelbigenZeit /113Die 25. Frag / des 3. Hundert. Zeit / die Kirchen / und Schuldiener / ſonſten gnug - ſame Beſoldungen / und Einkom̃en gehabt haben: Obwoln man noch der zeit / bey den Armen / die alte Gebott / oder Geſaͤtz / in acht nehmen / und / aus Barmhertzigkeit gegen unſerm Naͤchſten / derglei - chen Dienſte demſelben vergebens erweiſen ſolte; in Betrachtung des 25. C. Matth. v. 42. und folgen - den. Er ſezet auch conclus. 14. den Fall / wann ein Dieb / oder Straßen-Raͤuber / wegen begangener Mißethat / were ins Gefaͤngnis gelegt worden / aber / ehe das Urtheil ergangen / darinn geſtorben; ob er nichts deſtoweniger zu verurtheilen; alſo daß die Straff an ſeinem Leib volzogen werde / die Er / ſo Er gelebt / hette außſtehen muͤeßen. Und ſagt von Nein / dieweil die Mißethat / oder An - klag / mit dem Tode / verleſche / l. defuncto. 6. ff. de publ. judic. ſihe auch l. is qui 11. ff. ad L. Iul. Ma - jeſt. Jtem conclus. 15. hat Er die Frag / ob eines Schuldners / der nicht bezahlen kan / Coͤrper / nach dem Tode / in Arreſt koͤnne genommen / damit ſeine Begraͤbnus moͤge verhindert werden? Und ant - wortet gleichfals mit Nein / weiln wißend / wann die Glaͤubiger in ſolchen Fall dergleichen vorneh - men / Sie nicht allein um ihre Schuld ſpringen / ſondern auch ſo vil / von ihrem Aignen / des ver - ſtorbnen Erben / zu bezahlen haben / und uͤber das auch umb den dritten theil ihrer Guͤtter / von der Obrigkeit / geſtraft / und ſie unehrlich gemacht werden / Authent. item qui domum Cod. deſepulc. HVio -114Die 26. Frag / des 3. Hundert. Violato, & Novel. 60. cap. 1. Alſo ſchreibt auch Kubach cent. 2. decur. 2. qu. 2. illam conſuetudi - nem non eſſe juri, & rationi conſentaneam, per text. in l. ne corpora. 38. ff. de religios. l. 43. ff. d. t. l. fin. c. de ſepulch. viol. ut & auth. ſeq. d. t. Balth. Bonifacius, in hiſt. lud. lib. 9. c. 14. ſagt / daß noch bey vilen Voͤlckern der Brauch / daß Sie / zu ge - wißen Tagen / Speiſe zu der Verſtorbnen Graͤber bringen; und melde Paulus Marſus, daß Er bey den Barbaris, in Africa / Cilicia / und faſt in gantz Aſia / ſolches zu halten geſehen habe.

Die 26. Frag. Was iſt von der Zauberer Wercke zu halten?

HJevon ſeyn unterſchiedliche Mainungen / deren ich alhie / wegen kuͤrtze / nur etliche erzehlen wil. Und erſt - lich zwar ſchreibet D. Johan. Forſterus dec. 1. pro - blem. Theol. ex Decalogo, problem. 5. daß die Zau - berin / Lateiniſch Veneficæ genant werden / weil ſie / aus Antrib / und mit Huͤlff des Teufels / Venenæ oder Gifft beraiten / mit welchen ſie den Menſchen / und Viche / Schaden zu thun begehren. Jhre Werck werden ins gemein getheilet in die / ſo man zu geſchehen vermeint / oder die auf der Einbild: und Verblendung / beſtehen; und die / ſo warhaf - tig vorgehen. Was die erſte betrift / hat man aus der Erfahrung / daß ſie in einem tieffen Schlaff /welchen115Die 26. Frag / des 3. Hundert. welchen ſie mit Salben / ſo ſie an die Schlaͤffe zu ſtreichen pflegen / zu wegen bringen / unbeweglich da ligen / hernach aber gehling erwachen / und daß ſie hie / und dort / geweſen / wunderliche Sachen ge - ſehen / gehoͤrt / und verbracht haben / erzehlen / ſo aber lautere Traͤum / oder des Teufels Verblen - dungen / geweſen. Die andere / oder wahrhafte Werck / geſchehen entweder von den Zauberin ſel - ber / oder aber / in ihrem Nahmen / und an ſtat ih - rer / vom Teufel / deme ſie ſich leibaigen / und in ſei - nen Dienſte / ergeben. Deren Wercke / ſo ſie ſelber thun / kan man entweder Natuͤrliche Urſachen / oder keine / geben. Alß / wann ſie durch Kraͤuter / oder andere Sachen / ſo vergift / den Menſchen / nnd Thieren / Schaden zufuͤegen / und zwar ge - meinlich aus eingeben des Teufels / ſo ein geuͤbter Naturkuͤndiger / und Tauſentkuͤnſtler iſt. Herge - gen oftmals man keine natuͤrliche Urſachen geben kan / warum diſes / und jenes / ſo ſie beraiten / den Menſchen / und Vich / ſolte Schaden bringen koͤn - nen. Und dann geſchihet vil Dings an ſtat / und und in dem Nahmen der Zaͤuberer / vom Teufel ſelbſt / ſonderlich allerley Wetter in der Luft / aus Verhaͤngnus GOttes / welches die Teufel deſto leichter thun koͤnnen / weil ſie Fuͤrſten / und Gewal - tigen / Herren der Welt ſeyn / die in der Finſternis diſer Welt herrſchen / boͤſe Geiſter under dem Him - mel / wie ſie vom Apoſtel / in der Epiſtel an die E - pheſer Cap. 6. v. 12. genant werden. Es bildenH ijaber116Die 26. Frag / des 3. Hundert. aber die Zauberin ihnen ein / was der geſtalt vom Teufel verrichtet wird / daß es durch ſie geſchehe / weil ſie alſo vom Teufel bezaubert ſeyn / deßen Freud iſt / wann er die Armen Leut alſo bethoͤren kan. Es werden aber die Zauberer / und Zaube - rin / nichts deſtoweniger mit dem Feuer abgeſtraft / wann / zu dem Bund mit dem Teufel gemacht / auch kommet / daß von ihnen / oder dem Teufel / den Menſchen / Vich / den Fruͤchten auff dem Fel - de / &c, durch Zauberey / Schaden geſchehen. GOtt der HErr ſagt im 2. B. Moſis / C. 22. v. 18. Die Zaͤuberinnen ſoltu nicht leben laßen. S. was im 3. B. Moſ. C. 20. v. 6. ſtehet. Und ob es Jhnen wol am Vermoͤgen mangelt / ſolches Un - gluͤck zu ſtiften / deren wegen ſie zum Tode verur - theilt werden; ſo ermangelt aber der Wil / und Luſt daran / ihnen nicht; alſo / daß ſie ſich bereden / es ſeye gewiß von ihnen geſchehen / und heimlich daruͤber ſich erfreuẽ. Und komt darzu / weil ſie ſich / als Werckzeuge / hierzue vom Teuffel gebrauchen laßen. Es erinnert gleichwol beſagter D. Foͤrſter / daß man / in beſtraffung diſes Laſters / behutſam gehen / ſich nicht uͤbereilen / auch keiner verbottenen Proben hierzue / gebrauchen ſolle. Dann der Teu - fel iſt ein Lugner / und Moͤrder / vom anfang her / und hat luſt an des Menſchen Verderben.

P. Joan. Biſſelius, dec. 2. illuſtr. ab Orbe condi - to Ruinarum, ruina 7. p. 285. meldet / daß er ſich erinnere / beym Delrio vor Jahren / geleſen zu ha -ben /117Die 26. Frag / des 3. Hundert. ben / daß der Zauberin Coͤrper / wann ſie erſt von dem Beyſchlaff mit dem Teufel hinwegg gehen / nach dem Aaaß ſtincken. Wiewol Jacob. Marti - ni cent. 6. illuſtr. quæſt. Philoſoph. diſp. 2. quæſt. 7. Urſachen beybringet / daß von ſolchem Beyſchlaff gantz nichts / ſonder derſelbe nur fuͤr ein Einbil - dung / zu halten ſeye: Der auch cent. 10. diſp. 1. qu. 5. gar weitlaͤuffig von der Zaͤuberer Wercken di - ſputi ret: und noch weitlaͤuffiger in diſputat. gene - rali de Cognitione ſui, problem. 10. handelt / ob in den Zeichen / Ringen / Bildern / Worten / Lob / Wunſch / Beſchwerung / Neſteln / und Band / hinderſich geworfnen Steinen / an gewiße Ort ge - ſteckten Kraͤutern / in die Erde vergrabnen Bei - nern / Haaren / Naͤgeln / Kott / ꝛc. ein ſolcher Ge - walt zu heilen ſeye / als die Zauberer / und Zeichen - deuter / vorgeben? Da Er dann vil / und darunter auch Agrippam, Paracelſum, Mizaldum, benam - ſet / ſo ſolches glauben; hernach auch Andere / ſo es / als Aber glaubiſch / verwerffen / anziehet; mit welchen auch Er / D. Jacob. Martini, es helt / und daß es wider GOttes Wort lauffe / nicht natuͤr - lich / auch betruͤeglich / und falſch ſeye / und ſo gleich etwas wahr werde / es doch vom Teufel herkom - me / lehret. Sihe Jhn auch cent. 10. quæſt. 5. diſp. 9. Ob die Seelen der Zauberer aus ihren Leibern moͤgen hinweggenommen / und zu der Zaͤuberer Zuſammenkuͤnften gefuͤhret werden? So er / we -H iijgen118Die 26. Frag / des 3. Hundert. gen beygebrachter Urſachen daſelbſt / widerſpricht; item / d. cent. 10. diſp. 4. quæſt. 4. Was von des Koͤnig Pharaons in Egypten Zauberern zu hal - ten / und wer ſie geweſen? item / diſp. 5. qu. 4. wie dieſelbe haben Schlangen machen koͤnnen? / han - delt / und zugleich auch den Bodinum lib. 2. Dæmon. mag. c. 6. widerleget / und aus denen fuͤnfferley Arten / damit dieſe rechte Zauberer / die Schlan - gen machen koͤnnen / die fuͤnfte fuͤr die wahr haftig - ſte helt / in deme die Teuffel die von den Zauberern hinweggeworffene Staͤb / daß es die Menſchen nicht gemerckt / heimlich hinweggenommen / und / an ſtat derſelben / Schlangen / jenen an der ſchwe - re gleich / anderswoher geſchwind gebracht / den Zuſehern / auf eine unſichtbare Weiſe / vorgeworf - fen / alſo / daß es ſcheinete / daß ſolche Staͤb in Schlangen weren veraͤndert worden. Dann ſon - ſten das Weſen eines Dings / allein durch Goͤtt - liche / und unendliche Macht / veraͤndert werden mag.

Die An. 1658. gedruckte Raiß-Beſchreibung durch Heuteliam p. 159. ſeqq. handelt auch von der Hexen Werck / und helts nur fuͤr Verblendungen / außer / daß ſie bey den Taͤnzen erſcheinen thetten. M. Henrieus Velſtenius decad. 8. Nobil. quæſt. philoſoph. quæſt. 7. ſagt / es werden vil vornehme Leute gefunden / als Auguſtinus, Ludovicus Vives, Thomas Aquinas, Benedictus Pererius, Zanchius, Fr. Valeſius, und Andere mehr / die in der Mai -nung119Die 26. Frag / des 3. Hundert. nung ſeyn / daß die Teuffel Menſchliche Coͤrper an ſich nehmen / und alſo mit den Leuten Unzucht treiben; Daher / wann ſie bey den Weibern ligen / Incubi, wan Sie aber mit den Maͤnnern zu thun / Succubi, pflegen genant zu werden. Jhre Urſachen ſeyn dieſe. 1. daß die Teufel koͤnnen Menſchliche Coͤrper an ſich nemmen / und in denſelben Menſch - lichen Lebens Aemter verrichten; wie aus unter - ſchidlichen Hiſtorien / in den Tiſchreden D. Luthe - ri, und beym Gesnero in explic. Gen. diſp. 6. q. 4. p. 155. zu erſehen. 2. obwoln die Teuffel / weder in ſich / noch in den angenommenen Coͤrpern / einen aignen Saamen haben; ſo koͤnnen ſie doch den / von den Maͤnnern aus gelaßenen Saamen auf - faßen / und dem Weibe zubringen. 3. Welches dann die Jenige / mit denen der Teufel zu thun ge - habt / beſtaͤndig ausſagten; und 4. bezeuge es auch die erfahrung / daß dergleichen Weiber vom Teufel empfangen / und geboren hetten. Hergegen ſeyen Andere / und auch beruͤmte Leuth / der Mai - nung / daß der Teufel mit falſchen Einbildungen die Hexen nur betruͤege / daß ſie im Schlaff glau - ben Sie haben mit dem Teufel zu thun gehabt / ob es wol warhaftig nicht geſchehen: Oder es koͤn - nen die Hexen / durch Huͤlff des Teufels / die Kranckheit uͤberkommen / ſo die Aertzt / den Alp / das Schroͤtelin / oder die Trut / nennen / (davon in - ſonderheit / unden / in der 52. Frag / von des Hirns Zuſtaͤnden) daß ſie daher vermeinen / daß es derH iiijTeufel120Die 26. Frag / des 3. Hundert. Teufel geweſen / ſo bey ihnen gelegen. Und hiemit ſtimmet auch Er / Velſtenius, uͤber ein; und ſezet ſeiner Mainung diſe Urſachen / dieweil die Teufel Geiſter ſeyn / ſo Fleiſch / und Bluet / nicht; auch keinen Saamen weder an ſich ſelbſten / noch auch von Andern / haben. So bezeugten auch die / ſo Zauberiſche Jungfrauen aufgeſchnitten / und zer - glidert / daß man ſolche / auch noch damaln / da man ſie hat verbrennen ſollen / rein / und Jung - frauen / erfunden habe; ob ſie wol bekant / daß ſie ſich oftmals leiblich mit dem Teufel vermiſcht het - ten. Und thuet Er zugleich auch / auf des Gegen - theils obeingefuͤhrte Urſachen / antworten / und mit D. Luthern ſchließen / daß es nicht wahr ſeye / daß / aus dem Teufel / und einem Menſchen / et - was moͤge geboren werden / und daß ſolche Kinder / von denen man erzehlet / daß Sie von den Teufeln erzeugt worden / entweder Teufel / ſo in Geſtalt Menſchlicher Kinder erſchienen / oder wahre Men - ſchen-Kinder / aber entweder underlegte (ſo man Wechſelbaͤlge nennet) / oder von Weibern mit ihren aignen / oder andern Maͤnnern erzeugte / und vom Teufel verſtelte / Kinder / geweſen. Jn der folgenden 8. Frag / handelt beſagter Velſte - nius auch von deme / ob die Zauberinen / Wind / Regen / Hagel / und Ungewitter / machen koͤnnen? Und ſagt / an / und fuͤr ſich ſelbſt / vermoͤgen Sie ſolches nicht zu thun / ob ſie wol allerley naͤrriſche Poßen / die Er erzehlet / treiben / und gleichwol ver -mei -121Die 26. Frag / des 3. Hundert. meinen / wann Ungewitter entſtehet / daß ſolches ſie / durch dergleichen Mittel / zuwegen gebracht; weil es Jhnen der Teufel / als ein Naturkuͤndiger / zuvor alſo eingegeben; wie hievon oben alberait meldung geſchehen; und damit auch D. Fran - zius diſp. 2. ex Deuteron. th. 4. uͤbereinſtimmet. Da Er auch th. 99. und 104. ſchreibet / wie der Teufel mit Vorſtellung anderer Geſtalten / die Leute verfuͤren koͤnne / als im Lande Canaan / mit großen Riſen / ſo die Außſpeher / aber Joſua / und Caleb nicht / geſehen: Dergleichen exempel Lud. Lavaterus de Spectris, Cranzius von der Chuni - gunda, Keyſer Heinrichs des Andern Gemah - lin / und Johannes de la Cerda / in ſeinem Buch von den Weibern / von einem Jůngling / haben / und dahero Er die Richter ermahnet / daß wann die Hexen auch unſchuldige Weiber angeben / als ob dieſelbe ihrer Art weren / (weilen der Teufel ih - re Geſtalt ihnen vorgeſtelt) Sie behutſam gehen ſollen. Es ſchreibet Auguſtinus Limmerus, in der Michaels Leipzigiſchen Relation vom Jahr 1657. p. 87. daß / im Paderborniſchen / ein Mann eingezogen / und verbrant worden / der be - kant / daß Er auff einer Hochzeit / 18. Leuten / in ei - ner Morgen-Suppen / den boͤſen Geiſt beyge - bracht / die auch alle befeßen / aber / als der Mann gerichtet / zum theil wider vom boͤſen Geiſt verlaſ - ſen worden ſeyen.

H 5Sigis -122Die 26. Frag / des 3. Hundert.

Sigismundus Evenius, in diſputat. de Ma - gia, quæſt. 2. ſchreibet / man ſage / daß die Tuͤrcken / noch heutigs tags / die Leibaigne Knecht / wann ſie ihnen entlauffen / mit diſem Mittel wider zuruck bringen / in deme ſie des Knechts Nahmen / auf ei - nen Zedel geſchriben / in ſeiner Kammer aufhen - cken; hernach demſelben greulich fluchen / daher ſie wollen / daß / durch des Teufels Gewalt / geſche - he / daß ein Fluͤchtiger vermeine / wie auff der Straßen Loͤwen / oder Drachen / Jhme entgegen kommen / oder das Meer / und die Fluͤß gegen ihm auslauffen &c, dar durch er dann erſchreckt wider in die alte Dienſtbarkeit / ſo haͤrter als der Tod / zuruck keret. Den Leuten / ſo Melancholiſcher Na - tur / und ſich in der Finſtere leichtlich foͤrchten / ſtellet der Teufel greuliche Geſtalten fuͤr / ſo ie doch keine da ſeyn. Und kan Er den / ſo ohne das man - gel an ſeinen Augen hat / und ein Ding anders / als es iſt / anſtehet / deſto mehrers betruͤegen. Zu geſchweigen / was er im Gemuͤet fuͤr Verwirrun - gen / beym Menſchen / machen kan. Was Er fuͤr eine Macht habe / wann es Jhme Gott verhengt / erſcheinet aus des Hiobs Hiſtoria. Und kan da - her leichtlich das Urtheil / von den ungeſtuͤmmen Wettern / ſo zu ungewonter Zeit / und auf eine un - gewonliche Weiſe / entſtehen / gemacht werden. Dann der Teufel des Geſtirns / und der Plane - ten / Kraft / und Gelegenheiten / wie auch / wie es in ſeiner Luft / darinn er herrſchet / beſchaffen / wolweiſt /123Die 26. Frag / des 3. Hundert. weiſt / und wann alſo der Einfluß / und die Mate - ri / verhanden / ſolches ſeinen lieben getreuen an - zaiget / die dann / mit ihrer Gaukeley / vermeinen zur Rach uͤber ihre Feinde / oder / aus Mißgunſt gegen dem Naͤchſten / den Luft zu verunruͤhigen / ein ungeſtuͤmmes Wetter / und Donner / zu erre - gen; Wiewol auch Gott der HErr / oftmals / ſei - ne Macht in ſolchen Wettern ſehen laſt. Sihe auch / was Er Evenius, quæſt. 4. von der Zauberer Verkuͤndigung kuͤnftiger Sachen ſchreibet; wel - che zwar nicht gewiß / gleichwol aber auch bißwei - len / wie der Sternſeher / zuetreffen. Sihe / im uͤbri - gen / des Francisci Roſetti Traurige Hiſtorien / und die Anmerckungen darzue. Jtem Balih. Boni - facium lib. 14. hiſt. lud. cap. 5 & ſeqq. von Zaube - riſchen Buchſtaben / Woͤrtern / Beſchwoͤrungen: Jtem / lib. 17. c. 5. de Succubo, & Incubo. Diſes iſt noch zu melden / daß Herr Peter Franck / Pfar - rer zu Gleußen / in Francken / mir den 21. Octobr. geſchriben / An. 58. daß Oſanna Albertin / Va - lentin Alberts / des Schultheißen zum Albrechts / einem Hennebergiſchen Dorff / unfern Sula / Tochter / etliche Jahr / von den Hexen / oder Un - holden / unmenſchlich geplaget worden: und ob - woln die Hexen / entlichen theils zu Meiningen / theils zu Sula / juſtificirt, und verbrant worden / Sie gleichwol / wegen ausgeſtandener großer Marter / bey drithalb Jahren / gantz lahm geſeſ - ſen ſeye. Als Sie aber des Jahrs 1627. den 25. April /124Die 27. Frag / des 3. Hundert. April / ihres Alters im 22. zu Gevatter gebetten worden / iſt ſie zwar / auff einem Karn biß zur Kir - chen gefuͤhret / und dann / von ihrem Vatter / in die Kirche getragen / und auff einen Stuel geſetzt wor - den. Als man aber nun zur Tauffe ſchreiten wol - len / und die Amme ihr das Kind / wie gebraͤuchli - chen / auff die Arm gegeben / iſt ſie vom Stuel auf - geſtanden / hat das Chriſtliche Werck ſtehend ver - richt / iſt auch hernach / ohne ainiges Menſchen Huͤlff / aus der Kirchen gegangen / und hat das Kind ſelbſt in ihres Gevattern Hauß getragen. Jſt ihr alſo ergangen nach dem Traum / den ſie / zu unterſchiedlichen malen / zuvor gehabt / wie ſie namblich zu Gevatter gebetten / in die Kirche ſich hette tragen laßen muͤeßen / aber aus der Kirch ſelbſt gangen ſey. Sihe die 24. Frag / im Vierten Hundert.

Die 27. Frag. Jſt der Roͤmiſche Keyſer dem Bapſt zu Rom under - worffen?

THeils ſagen ja / wie deren Ur - ſachen Joannes Garſſenius Mindanus, J. V. D. de pontificia electi Romanorum Imperatoris Coronatione, weitlaͤuffig erzehlet. Und iſt aus den Hiſtorien bekant / was vor großer Streit / und Bluetvergießen / wegen diſer Frag / zwiſchen den Gibellinern / oder denen / ſo es mit denKeyſern /125Die 27. Frag / des 3. Hundert. Keyſern / und den Guelphen / oder denen / die es mit den Baͤpſten gehalten / entſtanden. Was in Iure Canonico, und Decreti Gratiani prima par - te, distinct. 96. und ſonderlich cap. 7. 10. 14. item Decretal. Greg. lib. 1. tit. 33. c. 6. & Clementinarum lib. 2. tit. 11. c. 2. circa fin. & Extravagant. Com - mun. lib. 1. tit. 8. cap. 1. in fine, Jtem bey den Ca - noniſten / auch dem Bellarmino, von des Bapſts Gewalt ſtehet / das kanſtu ſelbſten aufſchlagen / und leſen.

Andere aber ſagen Nein / und wollen / daß nicht der Roͤmiſche Keyſer dem Bapſt; ſondern der Bapſt dem Keyſer underworffen ſey / und ſeyn ſolle; Chriſtus der HErr ſage beym Luca C. 22. v. 25. 26. Die Weltlichen Koͤnige herrſchen / und die Gewaltigen heißet man gnaͤdige Herren; ihr aber nicht alſo / Sondern der groͤßeſt unter euch / ſoll ſeyn wie der juͤngſte / und der fuͤrnemeſt wie ein Diener &c, Sie ziehen auch an das 13. Capitel der Epiſtel an die Roͤmer v. 1. und was hieruͤber S. Chryſoſtomus; item Bernhardus epiſt. 42. an Henricum Senonenſem episcopum, ſchreiben / ſo beede auch die Geiſtlichen einſchließen / daß Sie / ſo wol als die Weltlichen / der Obrigkeit underthan ſeyn ſollen. Wie dann S. Paulus ſelbſten / in der Apoſtel Geſchicht / am 25. v. 10. ſich auff den Keyſer beruffen / und von Jhme hat gerichtet ſeyn wollen. Sie bringen exempel herfuͤr / daß / vor Jahren / die Baͤpſte / von den Keyſern / beſtaͤttiget /theils126Die 27. Frag / des 3. Hundert. theils abgeſetzt / und andere wider eingeſetzt wor - den; item wie nach / und nach / der Baͤpſte Gewalt alſo zugenommen habe / und dergleichen mehr; Antworten auch dem Cardinaln Bellarmino (wel - cher / in ſeinen Buͤchern de Romano Pontifice, fuͤr die Hocheit des Bapſts zu ſchreiben ihme fleißig angelegen ſeyn laße / auch den beſagten Spruch / beym Evangeliſten Luca / anderſt / als Er den Worten nach laute / habe auslegen wollen) / und Andern / auf ihre Vorwuͤrff / und Einreden; hal - ten auch des Keyſers Conſtantini M. Geſchenck / fuͤr erdicht / und daß in den alten des Decreti Gra - tiani Codicibus dieſelbe nicht zu finden / und erwei - ſen ſolches aus theils Roͤmiſch: Catholiſchen Scribenten / als / Antonino Archiep. Florent. Ni - colao Cuſano, Laurentio Valla, und andern / ſo es fuͤr eine Fabel gehalten. Siehe Ioan. Forſter. probl. 2. decad. 2. problem. Theolog. ex Decalogo, ober - nanten Garſſenium, das Buch P. SixtiV. Fulmen brutum in Henric. Sereniſſ. Regem Navarræ, & illuſtriſſ. Henricum Borbonium, Principem olim Condæum, euibratum, intituli ret; da auch zugleich dem obgedachten Cardinaln Bellarmino geant - wortet; und von der erwenten des Keyſers Con - ſtantini Magni donation gehandelt / und anders mehr mit eingebracht wird. Sihe auch Nicol. He - nel. in Otio VVratislav. c. 22. da Er viel Beweiß hat / daß gemelte Schanckung falſch ſeye.

Melchior127Die 27. Frag / des 3. Hundert.

Melchior Goldaſtus ſchreibet an den Keyſer Ferdinanden den Andern / in ſeinem 3. Buch / von dem Koͤnigreich Boͤheim / und einverleibten Laͤn - dern / cap. 13. p. 352. & ſeqq. unter anderm / Daß dem Bapſt die Majeſtaͤt / in Weltlichen Sachen / was ſein Land angehe / auch von denen / ſo nicht der Roͤmiſchen Kirchen ſeyn / ſoviel namlich die eußerliche Ehr anbetreffe / nicht zu entziehen ſeye: und ſagt p. 362. ſeq. alſo: Mich bedunckt / daß man die Sach / durch ein fuͤgliche außlegung wol vergleichen koͤnne / wann nemlich die Sonn dem Gottesdienſt / ſo da von eignem des H. Geiſtes Liecht ſcheinet / und der Mond dem Keyſertum / ſo durch das Liecht / das von deßelben Gnad entleh - net wird / leuchtet / verglichen werde; Daß namb - lich der Bapſt ſein Majeſtaͤt in Kirchen / und Geiſtlichen Sachen / wie die Sonn am Tag; der Keyſer in Weltlichen / und irdiſchen / gleich als der Mond bey der Nacht / erhalte. Jn Geiſtlichen Sachen / ſchreibt Er Goldaſt / iſt der Bapſt der Oberſt / und mehr als der Keyſer / in den Weltli - chen iſt der Keyſer der Hoͤchſt / und mehr als der Bapſt. Jn welcher unterſchiedlichen Betrachtung zwar unterſchiedene Majeſtaͤtten ſeyn / doch alſo / daß eine der andern / gleich wie die Sonn des Monds / und der Mond der Sonnen / Huͤlff be - darff. Der Keyſer iſt in dem Geiſtlichen / und was die Religion anbetrifft / den Gehorſam der Kir - chen / und der Bapſt in dem Zeit: und Weltlichen /dem128Die 27. Frag / des 3. Hundert. dem Reich denſelben ſchuldig &c. Und auff ſolche weiſe iſt zu verſtehen / was die Doctores lehren / daß der Keyſer nidriger ſeye / als der Bapſt / nemlich κατα τὶ, und in anſehung der Geiſtlichen Majeſtaͤtt / welche der Keyſer an den Bapſt tieffer zu ehren jme nicht laſt zu wider ſeyn: in dem Weltlichen aber iſt der Bapſt die Keyſerliche Majeſtatt / als ſei - nen Herren / und Beſchuͤtzer / billich in ehren zu hal - ten / und mit gebuͤrender Underthaͤnigkeit in acht zu nemmen ſchuldig. Welches / wann wir auff das Goͤttliche / Geiſt: und Weltliche Recht gehen wol - len / alſo wahr iſt / daß der Keyſer / wann Er etwan wider den Bapſt / des Reichs Gerechtigkeit wider herbey zu bringen / oder zu erhalten / ſich auffleh - net / nimmer mehr das Laſter der beleydigten Ma - jeſtaͤt zu begehen / gezigen werden kan / als welche Majeſtaͤt bey ihme ſelbſt / nicht bey dem Bapſt iſt. Biß hieher Goldastus, der in dem folgenden ſol - ches noch mehrers wider die / ſo da wollen / daß der Keyſer / auch in dem Weltlichen / dem Bapſt un - derworffen ſeye / hinaus fuͤhret / und erweiſet. Darzue man des D. Sigismund Selden / wey - land Keyſerlichen Vice - Cantzlers Diſcurs leſen kan / welchen Er / im Jahr 1558. auff Keyſer Fer - dinanden des I. Bevelch / von der Keyſer / und Baͤpſt / Gewalt / gemacht hat. Sihe auch Lathe - rum de Cenſu lib. 3. c. 17. 18. 23. Arniſæum de I. Majeſtat. lib. 1. c. 4. n. 5. cap. 5. n. 6. lib. 2. c. 6. n. 5.129Die 27. Frag / des 3. Hundert. n. 5. und Jo. Limnæum lib. 1. de I. publ. c. 9. n. 37. ſeqq. & cap. 11. n. 36. ſeqq. Jn den Keyſerlichen Capitulation en komt diſes mit ein: Zum Erſten / daß wir in Zeit ſolcher Koͤniglichen Wuͤrden / Ampt / und Regierung / die Chriſtenheit / und den Stul zu Rom / auch Paͤbſtliche Heiligkeit / und Chriſtliche Kirchen / als derſelben Advocat / in gutem treulichen Schutz / und Schirm / halten &c, ſollen / und wollen. Und daher wird es / ſonders Zweifels / kommen / daß Quirinus Kubach cent. 2. illuſtr. Quæſt. Politico-jurid. decur. 5. qu. 10. ſchreibet / daß der Keyſer des Bapſts Schutzherr / aber nicht ſein Lehenmann / ſey.

Zum Beſchluß / wil ich noch mit anhencken / was obvermelter Juriſt / D. Garſſenius von der Croͤnung des erwoͤhlten Roͤmiſchen Keyſers / durch den Bapſt / beſchließlichen halten thuet. Der ſagt nun lit. E. alſo: Sit itaꝙ́, ut multa in pauca conferam, ſententia noſtra hæc: Pontificem jus coronandi Imperatorem neꝙ́ ex divina lege ha - bere, neque ex humana aliqua ſanctione ſibi aſ - ſerere, & vindicare poſſe, parumque referre, co - ronatus, an non coronatus ſit â Pontifice Impera - tor ab Electoribus legitimè electus. Imò magis eſſe ex utilitate, & dignitate Imperii ſtatuo, ſi unctio Pontificis planè omittatur, & Conſtitutiones ea de refactæ ante aliquot ſecula revocentur. Quia ta - men decorum eſt, peragi aliquâ ſolennitate electi Imperatoris declarationem, ſufficiat coronatioJArchi -130Die 28. Frag / des 3. Hundert. Archiepiscopi Colonienſis, quæ ex vetuſtiſſimo mo - re fieri ſolet Aquisgrani, cujus etiam mentionem facit, quamvis perfunctoriè, Caroli IV. Bulla ve - aurea, in qua ſolemnia creandi, & confirmandi Imp. omnia accuratè deſcribuntur, de unctione verò Pontificis ne minimus quidem litteræ apex re - peritur. Sihe / wie die Roͤmiſche Keyſer / und Koͤ - nige / geſalbet werden / auch beym Henelio, in Otio VVratislav. c. 14. & c. 46. da Er ſagt / daß / vor dem Keyſer Carolo M. kein Roͤmiſcher Keyſer ſeye mit dem Oel geſalbet worden.

Die 28. Frag. Daͤrffen Obrigkeits-Perſonen / Richter / &c, Geſchenck annehmen?

JOannes Crügerus, in Horto Virtutum, quæſt. 53. antwortet hierauff mit Nein. Dañ wann eine Obrigkeit nach Geſchenck trachtet / kan ſie dem Argwohn nicht entfliehen / daß ſie nicht ſolte beſtochen / oder verkeret ſeyn. Quando l Oro parla, la lingua non ha forza, ſagen die Jtalia - ner beym Angelo Monoſino lib. 3. Flor. Ital. Ling. p. 129. Wann das Gold redet / ſo hat die Zung keine Kraft. Die Lateiner ſagen: Auro lo - quente, nihil pollet quævis Oratio. Es mues deß - wegen eine von den ſtreitenden Parteyen / ſo zum geben erſtorbne Haͤnde hat / unden ligen. Die An - nemmung des Geſchencks / iſt eine uͤbertrettung derWar -131Die 28. Frag / des 3. Hundert. Warheit / ſtehet im Geiſtlichen Recht / C. qui rectè 66, Cau. 11. qu. 3. Und im 5. Buch Moſis / Cap. 17. v. 19. Du ſolt das Recht nicht beugen / und ſolt auch kein Perſon anſehen / noch Geſchenck neh - men / denn die Geſchenck machen die Weiſen blind / und verkeren die Sachen der Gerechten. Herge - gen / wer Unrecht haßet / ſamt dem Geitz / und ſeine Haͤnde abzeucht / daß er nicht Geſchencke neme / der wird in der Hoͤhe wonen / und Felſen werden ſeine Feſte / und Schutz ſeyn / Eſa. C. 33. v. 16. Ein beſtochner Richter thuet die Warheit uͤbel erfor - ſchen. Der Prophet / und Richter in Jſrael / Sa - muel / konte ſich / lib. 1. c. 12. v. 3. ruͤhmen / daß Er von Niemands Hand ein Geſchenck genommen / und ihme die Augen nicht blenden laßen. Aber ſeine beede Soͤhn / Joel / und Abia / beede Richter zu Berſaba / 1. Sam. C. 8. v. 3. hatten das Lob / daß ſie ſich zum Geitz geneigt / Geſchenck genom - men / und das Recht gebeuget haben. Gedachter Crügerus ſagt / daß noch in Sachſen / aus des Churfurſten Moritzen Ordnung / die Gewonheit in uͤbung ſeye / daß die ſo im Lande nach Gericht - Stellen trachten / einen Ayde thun / daß Sie / ohn alles Geſchenck / das Rechtſprechen wollen. P. Ioan. Biſſelius S. J. de pestiferis peccatorum mor - talium fructibus p. 43. ſchreibet / es ſeye zu ſagen / und zu erfahren gantz klaͤglich / daß an etlichen Hoͤfen / und bey theils Ambtleuten / auch bey de - nen / ſo fuͤr fromm angeſehen ſeyn wollen / Nie -J iimand /132Die 28. Frag / des 3. Hundert. mand / one Geſchenck / und Beſtechungen / etwas erlangen koͤnne. Oftmals / wan ſonſt anders nichts verhanden / ſo mues das Weib / oder die Tochter / uͤberlaßen werden. Und thuet Er davon in den Nachfolgenden ein mehrers erzehlen; hat auch p. 42. & ſeqq. des Pauli Daifachii exempel / am Hoff des Daifuſamæ, des Japoniſchen Kay - ſers / welcher / der ſonſt ein Chriſt / eine Zeitlang / einen Advocaten abgeben; hernach aber des fuͤr - nemſten Dieners am ſelbigen Hoff / des Conzu - quedoni, eines Heyden / An. 1612. Secretarius geweſen; entlich aber / als ein Rauber / Geſchenck Annehmer / Betruͤeger / und Verfaͤlſcher / in der Statt Surunga, durch Keyſerliches Urtheil / zu Aſchen verbrant worden; gleichwol beym Chri - ſtentum verbliben iſt; welches der beſagte Keyſer / als ein Heyd / hart verfolget hat. Jn Beſchrei - bung einer Raiß / ſo zween Exulanten durch Heu - teliæm gethan / und An. 1558. in 8. gedruckt wor - den / ſtehet am Bl. 30. Bey den Heuteliern habe man ungleiche procedur en. Bey Etlichen ſoll es nur offentlich geſchehen; Bey Andern aber muͤeſ - ſe man die Richter zu Hauß unterrichten / und ſey denſelben / fuͤr ihr Audientz / oder Verhoͤr / erlaubt / Verehrung von eßigen Speiſen / als / Zuckerſtoͤck / (oder Huͤet) / große Haſen / feiſte Capaunen / und dergleichen / zu nemmen: Silber / und Gold aber ſoll bey dem Eyd verbotten ſeyn. Licentiat Her - mann Hamelmann ſchreibet in der Oldenburgi -ſchen133Die 28. Frag / des 3. Hundert. ſchen Chronick part. 1. c. 22. fol. 75. und part. 2. c. 16. Daß der erwoͤhlte Biſchoff zu Padelborn Willebrand / und Graff Moritz der Dritte von Oldenburg / kurtz vor ihrem Ende / ihre Haͤnde ausgeſtreckt / und frey offentlich geſagt / das ſeyn die Haͤnde / die von Niemand Geſchencke empfan - gen / oder auch Niemands wißentlich unrecht ge - than haben. Man leſe / wie mit boͤſem Gewißen Geſchenck genommen werden / wegen Befoͤꝛderung zu Aemtern / in Geiſtlich: und Weltlichen Stan - de; item / wegen der Urtheil / und des Rechtſpre - chens: wegen Advocatur / und Interceſſion; we - gen nachlaßung gebuͤrender Straff; wegen Be - foͤrderung auch in guten Sachen / ſo man ohne das / Obrigkeits Amt halber zu thun ſchuldig; wegen geringer Bemuͤehung &c, den D. Andr. Keslerum, in ſeinem Tractat von den Gewißens - Faͤllen / cap. 54. da Er von allerley erlaubten / und unerlaubten Geſchencken / ſo die Menſchen einan - der zu geben pflegen / handelt. Unter welchen auch / und zwar zu geben erlaubt ſeyn 1. Gaben / ſo nach gewonheit eines ieden Orts in gewißen Faͤllen der Obrigkeit gegeben werden. 2. Gaben der Danck - barkeit / wann die Obrigkeit ſich ihrer Undertha - nen Sach treulich angenommen / und vil Muͤhe / und Arbeit ihretwegen gehabt. Und 3. Geſchen - cke / durch welche ein Underthan ſeine ſchuldige Lieb / und Treu ſeiner Obrigkeit zu erkennen gibt.

J iijDie134

Die 29. Frag. Were es nicht gut / wann man das Vergeltungs-Recht wider einfuͤhrte?

HJevon leſen wir im 2. Buch Moſis / Cap. 21. v. 23. ſeqq. und im 3. Buch / Cap. 24. v. 19. ſeq. Daß wer ſeinen Naͤchſten verletzt / daß man demſelben thun ſol / wie Er gethan hat / Schade / umb Schade / Seel umb Seele / Auge um Auge / Zan umb Zan / Hand um Hand / Fuß um Fuß / Brand um Brand / Wunde um Wunde / Beule um Beule. Diſes aber hat der Verletzte nicht von ſich ſelbſt thun doͤrffen / ſondern es gebuͤrte dem Richter; der auch hierinn nichts nachlaßen darfte / ſondern bey dem Geſatz verbleiben mueſte / es were dann / daß der Beleydigte vor den Thaͤter batte / oder Gelt vor den zugefuͤgten Schaden annehmen wol - te / welches aber auch die Richter zu benennen hal - ten; wie D. VVolfg. Frantzius diſp. 10. ex Deute - ron. th. 91. aus Ioſepho, und Lyra, ſchreibet.

Und ſolches Vergeltungs-Recht / oder Ius, oder pœnam talionis, hat GOtt der HErr ſelber / in ſeinen Gerichten / wider die Suͤnde / gantz emſig beobachtet. Der Cain hat ſeinen Brueder umge - bracht / der vom Lamech wider umgebracht wor - den: Der Joſeph iſt fuͤr einen Knecht / von ſeinen Bruͤedern / verkauſt worden; daher ihre Nach -kom -135Die 29. Frag / des 3. Hundert. kommen auch Knechte in Egypten ſeyn mueſten. Koͤnig Pharao hat die Kinder erſaͤuffen laßen / deßwegen Er auch im Meer umkommen. Koͤnig David hat des Uriæ Weib beſchlaffen / daher ſei - ne Kebsweiber / von ſeinem Sohn Abſolom / wider ſeyn beſchlaffen worden. Dem Adonibeſek wurden die Daumen an Haͤnden / und Fuͤeßen verhauen / wie er zuvor 70. Koͤnigen gethan; und deßwegen geſagt hat: Wie ich gethan habe / ſo hat mir Gott wider vergolten / im Buch der Richter / Cap. 1. v. 7. Womit Jemand ſuͤndiget / damit wird er auch geplaget / ſtehet im Buch der Weißheit / Cap. 11. v. 17. und Lucæ am 6. v. 38. Denn eben mit dem Mas / da ihr mit meßet / wird man euch wider meßen. Bißweilen zwar laͤſt Gott die Straff vil Jahr anſtehen / und ſtrafft etwan erſt die Nach - kommen / wann ſie an dergleichen Suͤnden belie - ben tragen: Aber Er thuet alsdann die Lang - ſamkeit / mit der Schwere / und Haͤrtigkeit / herein bringen. Und ſolch Vergeltungs-Recht haben nicht nur die Juden / ſondern auch andere Voͤlcker in uͤbung gehabt. Und ſeyn ſonderlich des Pytha - goræ Lehrjuͤnger darauff gangen / die da gewolt / daß einem vergolten werden ſolle / was er einem an - dern gethan / es ſeye gleich mit Vorſatz / oder ohn - gefaͤhr geſchehen. Und wurde / von den Heyden / zum Volzieher ſolches Rechts / in der Hoͤll / der gar ernſtliche Richter Radamanthus, mit 2. Bruͤedern Æaco, und Minoe, gemacht. UndJ iiijſolle136Die 29. Frag / des 3. Hundert. ſolle dieſes Recht noch bey den Tuͤrcken in uͤbung ſeyn. Ob es aber wider allenthalben einzufuͤhren / davon diſputi ren die Gelehrten. Das ſelbiges / ſo vil die Schaͤrffe anbelangt / in abgang kommen / thun Camerarius in hor. ſubciſiv. und andere mehr / beym Crügero in Horto Virtutum, qu. 80. erwei - ſen. So hat auch Ciceroni daßelbe nicht gefallen / und Ariſtoteles es in ſolcher Mainung / wie es die Pythagoræi haben wolten / nicht gebillichet / weiln ſolches ſcharffe Recht / weder in der diſtributiva, noch commutativa justitia, platz finde. Dann in der distributiva, oder Außtheilungs-Gerechtig - keit / ſihet man auff die Umſtaͤnde der Perſonen. Wann Einer einen Burgermeiſter / wie einen Knecht / tractiren / und ſchlagen wolte / ſo wurde ge - wiß die Beſtraffung nicht gleich ſeyn. Wann Ei - ner einem gemeinen Soldaten eine Maultaſchen verſetzte / und von demſelben wider eine bekommen thette / ſo were es vergolten: Aber der Obriſte / wann Er von einem ſolchen ein Maultaſchen be - kaͤme / wurde damit / daß Er dem Soldaten wider eine gebe / gewiß nicht vergnuͤgt ſeyn. So habe auch ſolches Recht in der Commutativa nicht ſtat / dieweil nicht allezeit gleiche Sachen gegen einan - der ausgewechſelt werden. Sihe den beſagten Crügerum, item Sagittarium exercit. Eth. exot. 14. th. 7. p. 360. da Er ſagt / daß diſes Vergeltungs - Recht beßer zu der distributiva, als commuta - tiva, zu ziehen / zwar nicht ἁπλᾶς, und ſchlechterDings;137Die 30. Frag / des 3. Hundert. Dings; ſondern κατ᾽ ἀναλ γίαν; wan namlich die Straffen ſelbſten auff gewiße weiſe / nach beſchaf - fenheit der That / verglichen / und gemaͤßiget wer - den; welches dann einen großen Nutzen in der Ge - rechtigkeit habe. Und begeben ſich immer ſolche Faͤll / da man noch auf diſes Recht ſihet; und de - me / ſo einem ein Hand abgehauen / wider eine Hand abhauet. Wann man aber einem / ſo ſeinem Naͤchſten / der nur noch ein Aug gehabt / daßelbe ausgeſchlagen / auch nur ein Aug nehmen wolte / ſo geſchehe jenem zu kurtz. Dann derſelbe werde nun gantz blind / diſer aber koͤnte mit einem Aug noch ſehen / und etwas verrichten. Es mues glei - ches mit gleichem vergoltem werden. Er hat dem andern ſein Geſicht genommen / deßwegen ihme auch das Geſicht zu nemmen iſt; es koͤnte dann dem Blinden in ander Weg ein benuͤegen geſche - hen; ſaget Bodinus lib. 6. de Republ. cap. ult. num. 768. da Er wider den beſagten Ariſtotelem, weil Er ihme / wie oben gemelt / diſes Vergeltungs - Recht nicht gefallen laßen / diſputi ret / und deßel - ben Mainung verwirffet.

Die 30. Frag. Ob eine Weibs-Perſon / oder Jungfrau / einen zum Tode verurtheil - ten ausbitten moͤge / zu dem ſie her - nach zu heuraten be - gehrt?

J vEs138Die 30. Frag / des 3. Hundert.

ES wollen Theils / daß man wol bey GOtt fuͤr die Suͤnder bitten koͤnne / aber bey der Weltlichen Obrig - keit moͤge mit gutem Gewißen einer fuͤr einen ſol - chen nicht bitten / deßen Straffs erlaßung ein aͤr - gernis der Kirchen were. Dann der Obrigkeit ſtehe zue / nach dem Geſaͤtz Gottes zu richten / da - mit die Laſter / und Übelthaten / die Er geſtraft ha - ben wil / nicht ungeſtraft hingehen. Dominicus Arumæus, in miſcellis aliquot juris Controverſi quæſtionibus, hat N. 49. eben auch deine Frag / ob ein Maͤgdlein einen Übelthaͤter zu ihrem Mann ausbitten / und erledigen koͤnne? und ſagt Nein. Wenn ein Hader iſt zwiſchen Maͤnnern / ſo ſol man ſie fuͤr Gericht bringen / und ſie richten / und den gerechten rechtſprechen / und den gottloſen ver - dammen; ſtehet zu anfang des 25. Cap. im 5. Buch Moſis. Man ſolle nicht Urſach zu ſuͤndi - gen geben; und nicht geſtatten / daß die Laſter un - geſtraft bleiben. Es wollen zwar Theils / daß man fuͤr die / ſo zu verdammen / oder verurtheilen; aber nicht fuͤr die / ſo alberait verurtheilt worden ſeyn / bitten koͤnne; ſonderlich Jungfrauen / in anſe - hung des H. Eheſtands / und wann die Wolfahrt eines gemeinen Weſens / ſolches rathen moͤchte. Jn der Raiß-Beſchreibung durch Heuteliam, wird p. 153. gemeldet / daß eine junge Wittib / zu Rom / einen vom Adel / ſo verurtheilt war / vomBapſt139Die 30. Frag / des 3. Hundert. Bapſt aus gebetten habe. Anno 1606. iſt des Haubtmans Strehlins geweſter Feld-Schreiber alſo / durch eine Jungfrau / die er hernach geeheli - chet / zu Wien erbetten / und beym Leben erhalten worden; wie Hieron. Ortelius part. 4. Chron. Vn - gar. p. 153. berichtet: aber nicht / ob es eine Magd / oder ein andere ledige Tochter / geweſen / ſagt. Dann theils dieſen Titel Jungfrau / den Maͤg - den / weiln vil / unter Jhnen boßhaftig ſeyn / und ihrer Herrſchafft wenig zu lieb thun / nicht gon - nen / auch gar aus dem Keyſerlichen Recht ſolches erweiſen wollen; die aber Valent. Guil. Forſterus obſervat. lib. 1. cap. 15. p. 31. Helfr. Vlr. Hunnius, diſput. 5. quæ eſt de publicis judiciis, th. 16. und Ia - cobus Martini cent. 5. quæſt. illuſtr. Philoſ. diſp. 1. quæſt. 8. widerlegen / und daß die Jenige / ſo noch keinen Mann erkant / nach Natuͤrlich: und Bur - gerlichen Rechten / Jungfrauen ſeyen / erweiſen; obwoln / den Wuͤrden nach / wann eine Tochter / oder eine / ſo an ſtat der Tochter / in einem Hauſe / iſt / dieſelbe die Jungfrau / die Maͤgde aber ge - meinlich nicht alſo / genennet: gleichwie bey hohen Standes-Perſonen / die Toͤchtern Fraͤulein / die Anfwarter in / oder Beſchließerin / Jungfrauen / die uͤbrigen aber Maͤgde / geheißen werden; die aber iedoch alle / wann ſie noch rein / Jungfrauen ſeyn; wie dann auch / vor Jahren / die unverheu - rate der großen Herren Toͤchtere / nit anders / als Jungfrauen genant worden; biß der Titul Fraͤu -lein140Die 31. Frag / des 3. Hundert. lein aufkommen iſt. Und obwoln die Maͤgd / weil ſie noch in Dienſten / wie ietzt angedeutet / ins ge - mein nicht Jungfrauen genant werden / ſo werden Sie iedoch / wann ſie ſich verheuraten / alſo tituli - ret / und / von Rechtswegen / wann ſie anderſt noch unbefleckt / auff den Cantzeln / mit diſem Nahmen ausgerueffen. Jſt auch bey Hochzeiten gar gemein / daß man fragt / wievil die Braut Jungfrauen gehabt habe? wiewol dieſelben / bey gemeinen Hochzeiten / mehrertheils Maͤgde ſeyn.

Die 31. Frag. Was heißet man die Vier Faͤlle?

DJeſe ſeyn 1. Wo die Sachen lauter. 2. Wann / wegen der Zeit / ein unwiderbringlicher Schaden zu erwar - ten. 3. Wann die Sach wider den Gemeinen Nu - tzen were. Und dann 4. Wann die Sach keinen Verzug leidete. Darauff dann die Mandata, oder Bevelch / beym Cammergericht / ohne Clau - ſul / erfolgen. Sihe VVehner. in pract. obſervat. lit. V. v. Vier Faͤlle / p. 641. und Philipp. Knip - ſchildt / de jur. & privileg. Civit. Imper. lib. 2. c. 33. num. 145. da Er auch ſagt / dieweil die Reichs - Staͤtte dem Reich / und dem Keyſer / ohnmittel - bar underworffen / ſo koͤnnen ſie auch nicht anders - wo / als vor dem Keyſer / dem Cammer gericht / und vor ihren Richtern der erſten Jnſtantz / angelangtwer -141Die 31. Frag / des 3. Hundert. werden (S. unden die 96. Frag.). Jtem / cap. 29. n. 47. und folgende / da Er von den Adelichen Ge - ſchlechtern handelt / ſagt Er num. 61. daß die Je - nigen / welche / von den Keyſern / den Adel abſon - derlich erlangt / fuͤr Edelleut zu halten / und der Edlen Freyheiten zu genießen; ob Sie wol in den Staͤtten wohnen: Aber die andern Geſchlechter / ſo man aus gewonheit Junckern nenne / nicht. Jm 26. cap. n. 25. ſchreibet Er / daß das Gelait nicht nur mit der That / ſondern auch mit Worten ge - brochen werde / alſo / daß die gemeine Rede: Wort brechen kein Glait / wie VVehnerus in pract. obſer - vat. verb. Wort brechen kein Glait / nicht wahr zu ſeyn verſtanden werde: welchen VVehnerum Er ſonſten anziehet c. 17. n. 41. daß Er / im beſagten Buech / v. Nachſteuer / (davon Bayern / wie D. Dietherr v. Abſchoß / p. 16. ſagt / nicht weiſt) vers. Ob Nachfriſten / f. 519. geſchriben / wann ein Burger anderswohin ſich begebe / und den Abzug bezahle / ſo daͤrffe Er von dem Gelt / ſo man Jhme noch ſchuldig (von Nachfriſten) keine Steuer be - zahlen. Jtem n. 3. das Bethe / heutigs tags / nichts anders ſey / als eine Schatzung / und ordenliche Steuer / welche die Underthanen / und ſonderlich die Bauren / ihren Herren zu geben ſchuldig. Jtem / cap. 16. num 82. aus dem Klo cken / de ærario lib. 2. c. 11. num. 3. daß der Herr Churfuͤrſt zu Sach - ſen / (da die Laͤnder noch gantz beyſammen villeicht geweſen) Jaͤhrlich / von Tranck: und Bierſteuer15.142Die 31. Frag / des 3. Hundert. 15. tauſent Thaler bekomme. Jtem num. 78. daß in der Statt Eimbeck die Obrigkeit ihr allein die Gerechtigkeit daſelbſt Bier zu ſieden zueſchreibe; und num. 81. daß ſolches Recht auch der Herr Churfuͤrſt / und Hertzog in Bayern / Jhme allein vorbehalte. item / num. 66. aus gedachtem Klocke, de Contribut. & Ærario, daß man in Holland / allein aus dem Haͤring-Fang / Jaͤhrlich ein Mil - lion / 470000. (Guͤlden) bekommen / und nicht weniger von der Stockfiſch / und der Lachs: oder Salmen-Fang / zuwegen bringen ſolle. Jtem / num. 35. aus dem beſagten Klock, de Ærario, daß Er / in Oſt-Frießland / ein Kalb umb 64. Reichsthaler verkauft / geſehen. Jtem / num. 3, daß bey den Venedigern es die Leib-Straff auf ſich habe / wann man von Vermehrung des ge - meinen Gelt-Kaſtens rede / Welches dann von Jhnen / wie Cominæus lib. 2. de bello Neapolitano ſpreche / weißlich angeordnet worden ſeye. Es iſt aber nun lange Zeit / daß beſagter Cominæus ge - lebt hat. Und moͤgen Sie villeicht bey den Krie - gen / ſo Sie mit dem Keyſer Maximiliano I. und andern Potentaten / ſonderlich dem Tuͤrcken / gefuͤhrt / diſes Geſatz wider abgethan haben. Fer - ners meldet Er D. Knipſchild / cap. 12. n. 10. aus des Althuſii Politick / es ſcheine / daß die Hiſtori - ſche / uud der H. Schrifft Buͤcher / aus des Juͤdi - ſchen Koͤnigreichs Geheimen Schrift-behalter hergenommen worden ſeyen. Jtem / daſelbſt num. 15.143Die 31. Frag / des 3. Hundert. 15. daß ein bloßes Sigill / ohne die Underſchrifft / ein Ding erweiſe; und were der Doctorum gemei - ne Mainung / daß heutigs Tags / ein offentlich / oder das wahre Sigel / nach dem Geiſtlichen Recht / und der ganzen Welt offentlich angenom - mener Gewonheit / ohn andere Beyhuͤlff / und Un - derſchrifft / gemeinlich / wie ſolches auch die taͤgliche Erfahrung beſtaͤttige / einen voͤlligen Beweiß ma - che. Jedoch ſey es ſicherer / und rathſamer / wann zu der Siglung / auch die Underſchreibung kom - me; wie Magerus de Advocatia armata, cap. 14. n. 59. darfuͤr halte. Jn dem obernanten 16. Cap. des gemelten 2. Buchs / ſagt Er / daß an vi - len Orten in der Chriſtenheit / von 160. und mehr Jahren hero / von gottſeeligen Maͤnnern / große Gelt-Summen / den Armen davon zu leihen / ver - ordnet worden / welche Summen Montes pieta - tis, oder Berge der Gottſeelig: oder Barmher - tzigkeit / item Pfandhaͤuſer genennet werden. Wie es aber damit fuͤr eine Gelegenheit habe / davon ſeye Leonh. Leſſius, de Iuſtit. & jure, lib. 2. c. 20. dubitat. 23. n. 29. & 30. zu leſen. Sihe / was Er num. 105. wider / und fuͤr die Schauſpil / diſputi - ret / die Er mit ſeiner maß guet heißet: und num. 134. die Fuͤrſten / und Obrigkeiten ermahnet / daß Sie des Feuerwercks / Feuer: und Waßer - kuglen / und Ragettlein werffens / damit gleich - ſam in einem Augenblick / oftmals vil tauſent guͤl - den unnuͤtz / wie Er ſagt / verſchwendet werden / ſichent -144Die 31. Frag / des 3. Hundert. enthalten ſollen. Und dieſes habe aus des ofter - nanten D. Knipſchildts S. angezognem 2. Buch von den Reichs-Staͤtten / ich hieher bringen wol - len; obſchon deine Frag ſo weit nicht gehet / dir doch hoffentlich nicht zu wider ſeyn wird. Und kanſtu / ſo du wilt / von den oberwenten Pfand - haͤuſern / auch D. Lucam Beckmannum, diſputat. 2. de Vſuris, th. 22. leſen / die Er nicht verwirfft / ſondern billichet. Hergegen Andreas Rivetus, Theol. Profeſſor zu Leyden / in Catholici Orth. tract. 4. qu. 15. p. 295. ſolche Pfandhaͤuſer / in Italia nicht lobet / und ſaget / daß man ſolche nicht guet heißen / udd vertheidigen koͤnne / man wolle dan dieſes wi - der die H. Schrifft thun &c. Dann ſelbige Pfandhaͤuſer / oder Montes pietatis, leihen den Armen nicht vergebens / ſondern ſie muͤeßen / alle Monat / auch wegen einer kleinen Summ / etwas / uͤber das Capital / und noch darzue ein Pfand / ge - ben / welches ſtracks verkauft wird / wann in der geſetzten Zeit man nicht bezahlet. Und weil man ohne Pfand nichts leihet / und aber die Armen oft ihre Kleider / und Haußrath / verſetzen muͤeßen / de - ren Sie ohne ihren Schaden nicht entrathen moͤ - gen / auch ſolche Pfand Gott der HErr / in ſeinem Geſaͤtz / zu behalten ernſilich verbotten / ſo koͤnten ſolche Haͤuſer von einem ſchweren / und unge - rechten Wucher nicht entſchul - digt werden.

Die145

Die 32. Frag. Seyn nicht zu allen Zeiten Helden geweſen?

ES iſt kein Zweifel / daß zu al - len Zeiten / vom anfang der Welt / Hel - den geweſen / beedes in betrachtung Got - tes des HErren / und auch der Menſchen. Dann Gott iſt zu allen / und ieden Zeiten; fuͤr ſeine Kirch / und den gemeinen Stande / darinn dieſelbe ihren Auffenthalt gehabt / ſorgfaͤltig geweſen; und hat deßwegen allezeit ſolche Leute erweckt / durch wel - che / als Fuͤhrern / oder Stuͤtzen / beedes die Kirch / und das Gemeine Weſen / beſchuͤzt / und erhalten werden moͤchten. Jn Betrachtung der Menſchen / findet ſich deßgleichen / daß allezeit Etliche erfun - den worden / die an ſonderbaren Tugenden / ſon - derlich in der Tapferkeit / Andere / mit Verwun - derung / uͤbertroffen haben: Welches dann die Geiſt: und Weltliche Hiſtorien bezeugen. Und zwar iſt ſolches nicht ohne Urſach geſchehen. Dann zu allen Zeiten hat die Kirch / und der Ge - meine Stand / ſeiner Erhalter / und Beſchuͤtzer / von noͤthen gehabt / ſonſten / wann ſolcher Stand gaͤntzlich ohne dieſelben geweſen / Er leichtlich ein - fallen / und gar zu Aſchen hette werden moͤgen. Und dieſe fuͤrtreffliche Leute ſeyn Heroes, oder Helden / zu nennen; wiewol auch zwiſchen denſel - ben ein Unterſcheid; in dem ihrer zu einer ZeitKmehr /146Die 32. Frag / des 3. Hundert. mehr / als zur andern geweſen / und einer in diſer / ein ander / in einer andern Tugend / Andere uͤber - troffen haben. Und wie zu allen Zeiten ſolche Hel - den geweſen; alſo ermangelt es noch ietzund nicht an denſelben / wie es die Erfahrung bezeuget. Es ſeyn aber die Helden / ſonderlich die / ſo von den Poeten ſo hoch gepreiſet werden / nicht ohne Maͤn - gel geweſen; ſondern es hat auch bey Jhnen ge - heißen: Große Leute fallen hoch. item: es hat auch ein großer Mann offt die groͤſte Thorheit ge - than. Dann bey denſelben heftige Bewegungen / welche / wann ſie von Jhnen nicht in Zaum gehal - ten werden / ſo vergreiffen ſie ſich ſchwerer / als An - dere: und weil Sie nur mit hohen / und fuͤrtreffli - chen Sachen umgehen / ſo koͤnnen ſie auch leichter / und mehrers / als in geringen Dingen / irren; ſon - derlich / weil ſie ihren Kraͤften / Verſtand / und Weißheit / bißweilen zu vil trauen / Niemanden zu Rath ziehen / auch / ihrer herrlichen Thaten hal - ber / ſtoltz / und hoffertig werden / und daruͤber in großen Schaden geraten koͤnnen. Dann gemein - lich ſolcher Helden Außgang / oder Ende / klaͤglich zu ſeyn pfleget: auch Jhnen ihre Kinder ſelten nacharten; dieweil / was gar hoch geſtigen / nach / und nach wider herab ſteiget / und etwan gantz zu Boden faͤlt. Es ſeyn die Leute / wie die Zahlpfen - ninge / die bald vil / bald wenig gelten / wie ſie gelegt werden; ſonderlich / wann GOtt den Hochmut /und147Die 32. Frag / des 3. Hundert. und das Verbrechen / ſo etwan ſolche Helden be - gangen / an den Kindern ſtraffen wil; wiewol die Naturkuͤndiger auch ihre Urſachen / wegen der Empfaͤngnus / wie beym Lemnio, de occult. naturæ miraculis, zu leſen; Andere aber / die Sittenlehrer haben; als die alzugroße Liebe der Eltern / und boͤſe der Kinder erziehung / welcher ſolche Helden / ſo ſelten zu Hauß / und ſtaͤts mit hochwichtigen Geſchaͤften beladen ſeyn / nicht abwarten koͤnnen. Sihe von deme / was bißhero von den Helden / und der Heroiſchen Tugend / geſagt worden / die Sit - tenlehrer / Keckermanum, und Andere mehr / in - ſonderheit aber den Thomam Sagittarium, exer - cit. Eth. exoter. 16. da Er durch / und durch unter - ſchidliche Fragen / und Lehrſtuͤck / von diſer fuͤr - trefflichen Tugend hat.

Die 33. Frag. Was hat man bey der Ver - theidigung in acht zu nehmen?

DJeweil bey der 15. Frag / des erſten Hundert / ob Krieg zu fuͤhren; und Gewalt / mit Gewalt / abzutreiben erlaubt ſeye? alberait etwas / auch von deiner ie - tzigen Frag / und der rechtmaͤßigen Nothwehr / ge - redet worden; ſo wil ich daher alhie deſto kuͤrtzer hindurch gehen. Es wird aber die Beſchuͤtz: oder Vertheidigung inſonderheit dem gemeinen Na -K ijtuͤrli -148Die 33. Frag / des 3. Hundert. tuͤrlichen Recht zugeſchriben / alſo / daß / in anſe - hung deßelben / die Vertheidigung ſcheinet nicht zu verſagen auch ſeye einem Bauren / wider den Edelmann / dem Sohn wider den Vatter / dem Lehrjuͤnger / wider den Lehrmeiſter (wie ſolches die Rechts-Gelehrten mit unterſchidlichen Rechts - Stellen erweiſen): wiewol / dem Gewißens-Ge - richt nach / ein anders zu ſagen iſt. Dann daß die Eltern zu ehren ſeyen / weiſt Jedermann: deßglei - chen auch die Lehrmeiſter / als deren in Obacht - nemmung / den Lehrjuͤngern Gluͤck / und Seegen / bringet: und daher auch ihr Perſon / den Lehrjuͤn - gern / nicht anders / als der Eltern Perſon den Kindern / iederzeit fuͤr heilig / und ehrerbietig ſolle angeſehen werden. Ja / den Præceptoribus, oder Lehrmeiſtern / gehoͤret deſto groͤßere Gunſt / und Ehrerbietung / iemehr Sie / mit ihrer Unterwei - ſung / beßere Kinder / die / hernach Jedermann nutz ſeyn koͤnnen / machen / l. Aquilius. 27. ff. de Do - nationibus. Aber! in deiner Frag fortzufahren / ſo hat ein Außgeforderter / wann offenbahr / und Zeichen einer gewißen Feindſchafft verhanden / nicht zu warten / biß der Widerſacher ihme den er - ſten Streich gibet; wie davon auch ein ausdruck - licher Text in der Peinlichen Halßgerichts-Ord - nung Caroli V. artic. 140. verhanden / ſo alſo lau - tet: So Einer Jemand mit einem toͤdtlichen Waffen / oder Wehr / uͤberlaͤuft / anficht / oder ſchlaͤgt / und der Benoͤthigt kan fuͤglich / ohnFaͤhr -149Die 33. Frag / des 3. Hundert. Faͤhrligkeit / oder Verletzung ſeines Leibs / Lebens / Ehr / und guten Leumuths / nicht entweichen / der mag ſein Leib / und Leben / ohn alle Straff / durch ein rechte Gegenwehr / retten. Und ſo er alſo den Benoͤthiger entleibt / iſt er darumb nichts ſchul - dig / iſt auch mit ſeiner Gegenwehr / biß er geſchla - gen wird / zu warten nicht ſchuldig / unan - geſehen / ob es den geſchribenen Rechten / und Ge - wonheiten entgegen were. Bey welchem Paß / mir ein Beyſpil / von 2. Schwaͤbiſchen Bauren ein - faͤlt / ſo / in einer vornehmen Statt / einander aus - gefordert; und weilen der Eine nicht gleich von Le - der ziehen kunte / der Ander / deßen krummer De - gen hurtiger heraus gienge / daß er alsgemachs anehacken wolle / geſagt hat. Er wird bedacht ha - ben / daß es beßer ſeye / bey Zeiten vorkommen / als nach empfangener Wunden / eine Artzney ſuchen: wiewol Er / ſonders Zweifels / die Keyſerliche Ge - ſaͤtze l. ult. in f. C. in quibus cauſis in integrum re - ſtitutio neceſſaria non eſt; und l. 1. C. Quando liceat unicuique ſine judice ſe vindicare, nicht wird geleſen haben. Ob aber Einer / wann Er flie - hen kan / ſich auf die Seiten machen ſolle? iſt wi - der eine andere Frag. Darauff die Weltleute / ſonderlich die Frantzoſen / mit Nein antworten. Andere aber / ſo auff das Chriſtentum / und die Verantwortung dermal einiſt bey GOtt / ſehen / rathen / daß / ſovil es die Menſchliche Schwach - heit leidet / man dem Ungluͤck entweichen ſolle. K iijDie -150Die 33. Frag / des 3. Hundert. Dieweil es leichtlich geſchehen kan / daß entweder der Eine / oder der Ander / oder gar beyde / umbs Leben kommen moͤgen. Ein anders iſt / wann die Flucht nicht wol geſchehen kan / wie aus den oban - gefuͤrten Worten des Keyſer Carls erſcheinet; auch durch die Flucht wir den Feind nur gemein - lich kuͤner machen: und die Ehr / dem Leben gleich geachtet wird / ja Ehrlichen Leuten der guete Nahm lieber / als das Leben / ſeyn ſolle. Und hat man / im Nothfall / und im Schrecken / nicht eben allezeit auff die Gleicheit der Waffen / zu ſehen / wann man nur die gebuͤrende Maß nicht uͤberſchreitet. Und ſolche Schutzwehr iſt nicht nur allein deme / ſo uͤber - fallen / oder angegriffen wird / ſondern auch von den Seinigen den Gewalt abzutreiben / erlaubt; alſo daß / wann die / ſo ihrem Schwagern / oder Vettern / oder einem andern Freunde / zu Huͤlff ſpringen / den Überfaller / oder Angreiffer / nach ge - brauchter Beſcheidenheit / und genommener recht - maͤßiger Nothwehr / umbbringen / nicht zu ſtraf - fen ſeyen. Wie dann ſolches in obangezogner Pein - lichen Hals gerichts-Ordnung tit. 150. Und was daruͤber Matthias Stephani, p. m. 269. ſchreibet / befindlich iſt. Und ſolle ein Chriſt / ſeinem Neben-Chriſten / wann Er in Lebensgefahr iſt / wann es fuͤglich geſchehen kan / zu Huͤlffe kommen / wie ſolches Bonaventura Cotta, in der 1. Diſputa - tion, ſeines Collegii jurium Imperialium, conclus. 26. erweiſet / auch in den vorher gehenden Conclu -ſioni -151Die 33. Frag / des 3. Hundert. ſionibus, von denen Sachen / ſo hieoben einkom - men / und in der folgenden 27. zu leſen iſt / was von Beſchuͤtzung des Lebens alberait geſagt worden / auch von den Guͤettern zu verſtehen ſeye / wann man ſich der rechtmaͤßigen Nothwehr gebrauchet / und / durch Gelegenheit der Guͤetter / der Uber - fallene auch in Lebens gefahr iſt. Und in der 28. Concluſion wil Er / wann gleich Einer die gebuͤ - rende Nothwehr nicht gebrauchet / und den An - greiffer daruͤber umbbringet / daß Er iedoch mit der Ordenlichen Straff nicht zu belegen / ſondern / außer der Ordnung abzuſtraffen ſeye; weilen es gar ſchwer / ſeinen gerechten Zorn zu maͤßigen / und mit deme gelinder umbzugehen ſeye / welcher dar - zue verurſacht ſich rechen / und ſein Bluet / wie es hat ſeyn koͤnnen / errettet haben wollen. Sihe auch Gail. lib. 2. obſervat. 110. n. 15. & ſeqq. Da Er ſagt / daß / wann Einer einen Anfaller erſt in der Flucht umbbringe / Er iedoch mit der Ordmari - ſtraff Legis Corneliæ de Sicariis nicht zu belegen / ſondern / nach ermaͤßigung des Richters / wegen der Uberſchreitung / abzuſtraffen ſeye; alda du auch ein mehrers von deiner Frag finden wirſt. Jtem Kubach. der cent. 1. decur. 2. qu. 8. 9. 10. vil von der Vertheidigung hat / ſo Natuͤrlichen / der Voͤlcker / und Burgerlichen Rechts iſt / und deßwegen auch eine Jungfrau / zu erhaltung ihrer Ehr / Einen / ſo Jhr dieſelbe zu nehmen begehrt / ungeſtrafft umbbringen; und ein Sohn / imK iiijNoth -52[152]Die 34. Frag / des 3. Hundert. Nothfall / ſich gegen ſeinem Vatter wol wehren moͤge; wie Er ſolches daſelbſten ausfuͤhret / und auff des Bodini, des Hippolyti de Marſil. und Anderer / ſo darwider ſeyn / Urſachen / antwortet. Es hat ein Vatter wol die Macht / ſein Kind / auch mit maͤßigen Straichen / zu ſtraffen; aber nicht umbzubringen; deßwegen / das Leben zu er - retten / ein Sohn ſich wol ſelber ſchuͤtzen mag. Jtem / decur. 6. qu. 2. ob Einer / ſo ſich zu erretten / einen andern umbbringet / in ſeinem Gewißen ſi - cher / und vor Gott entſchuldigt ſeye?

Die 34. Frag. Seyn die Advocaten / oder Recht - ſach-Walter / umſonſt zu dienen ſchul - dig? und wer hat die Koſten / wegen eingeholter Urtheil / zu bezahlen?

ES ſchreibet der Verfaßer des Buͤchleins / der Rachgierige / und unverſoͤhnliche Lucidor genant / in der Zueſchrift ſonderlich / wider die Advocaten / Pro - curatores &c, und meldet / wann ein ſolcher ſich fuͤr einen Juriſten außgebe / es eben ſo vil were / als wann ein Kuͤſter / oder Meßner / auff einem Dorff / zu ſeinem Superinten denten / bey der Viſitation, ſa - gen wolte / guten Morgen / Herr Collega. Jch weiß gar wol (ſpricht Er) / was das Wort Ju - riſten fuͤr ein honorable Wort ſey. Man gehetdurch153Die 34. Frag / des 3. Hundert. durch manche große Statt / und ſiehet vil Docto - res, und Licentia ten / aber wenig Juriſten. Und was Er daſelbſt weiters hat; auch / im Buchſta - ben E. des Barclai Argenid. 3. Buch anziehet / da Ibburanes, von den Advocaten / Procuratorn / alſo ſagt: Vnde tanta illa gens vivit, niſi ex inju - ria papuli, ex clade, & ſanguino miſerorum.

Nun laſt man geſchehen / daß Theils Gewiſ - ſensloſe Advocaten / ſo Er Schadvocaten nennet / die Leute uͤbernemmen / bey Jhnen auch der Hiſpa - nier Sprichwort: Mu has palabras, y pocos echos, Vil Wort / und wenig Werck / wahr wer - de: Aber deßwegen haben die / ſo auffrecht han - deln / Jener nicht zu entgelten; ſeyn auch dieſelbige nicht ſchuldig (es geſchehe dann / aus ſonderba - ren Urſachen) Einem umbſonſt zu dienen / oder deßelben Sach vergebens uͤber ſich zu nehmen / und zu treiben; wie ſolches Bonaventura Cotta, diſquiſit. 1. Collegii jurium Imperialium, mit der Camergerichts-Ordnung / unterſchidlichen Geſaͤ - tzen / und vornehmen Rechts-Gelehrten / erweiſet. Zu dem wir von Natur ſchuldig ſeyn / deme der Uns was guetes erweiſet / ſolches wider zu vergel - ten / l. ſed etſi. 25. §. conſul. 11. ff. de hæreditatis pe - titione. So ſolle auch keinem ſein Amt ſchaͤdlich ſeyn / l. ſi ſervus, §. Quod verò 5. ff. de Furtis, & l. ſed ſi quis 7. ff. Teſtamenta quemadmodum ape - riantur.

K vWas154Die 34. Frag / des 3. Hundert.

Was den Andern Puncten anbelangt / ſo helt beſagter Doctor Cotta, conclus. 42. d. diſquiſit. 1. darfuͤr / daß / in geringern Geſchaͤften / die bey den Schoͤpfen-Stuͤelen ein geholte Urtheilen / oder Conſultationes Scabinorum, der Richter / ſo des ſtritigen Rechthandels gerne bald loß were / und der Schoͤpfen / (oder der Rechtsgelehrten auff Hohen Schuelen) Bedencken / oder Rathſchluß / daruͤber begehrt / den Koſten ſelber tragen / und ſol - chen nicht den ſtreitenden Parteyen auflegen ſolle; dieweil ihme obgelegen / daß er entweder ſelbſten das Urtheil faͤlle / oder einen Beyſitzer darzue ge - brauche; und dahero / weil Er nothwendig den Auſſpruch thun mueß / ſo ſeyn die Parteyen nicht ſchuldig das zu bezahlen / darzue ſie nicht verbun - den ſeyn. Hievon aber / wer den Koſten tragen ſol - le / erklaͤret ſich Keyſer Carl der Fuͤnfte / in der Peinlichen Halß-Gerichts-Ordnung / im 219. oder letzten Artickel; namlich / daß ſolches ohne der Parteyen Koſten geſchehe / es werde dann ent - weder vom Klaͤger / oder des Beklagten / oder Ge - fangenen Freunde &c, begehrt / daß der Richter der Rechtsverſtaͤndigen Rath erſuchen ſolle / ſo muͤßen dieſelben den Koſten tragen. Wiewol D. Matthias Stephani, p. m. 356. hieruͤber ſchrei - bet / man ſehe / daß / durch gewonheit / bey den Ge - richten / ein anders eingefuͤhret worden / wie ſolches die taͤgliche Erfahrung bezeuge. Es ſollen aber die Richter / und Obrigkeiten / verhuͤeten / daß auffder -155Die 35. Frag / des 3. Hundert. dergleichen Rathſchlaͤge nicht zu große Koſten gehen. Sihe im uͤbrigen / von den Advocaten / Procuratorn / neben Andern / auch den Iliconem Vmmium Friſium, und in der Diſputation von den Procuratoribus, das Corollarium, p. 96. ſeqq. item was D. Joannes Zangerus, in Orat. Seculari, An. 1602. zu Wittenberg gehalten / von dem Lob / und Nothwendigkeit der Rechtsgelehrten &c, hat / und daſelbſt den D. Luthern / p. 21. ſeq. anziehet. Jtem / Cottam diſq. 2. Coll. jur. Imp. concl. 23. Advocatorum Scripta in Camera non æſtimantur ad foliorum quantitatem, ſed ad eorum bonitatem; ſaget D. VValtherus de privil. DD. c. 18. qu. 85. beym Herren D. Dietherren ad Th. pr. Beſoldi v. Advocaten / p. 32. ſeq.

Die 35. Frag. Wan Ein Edelman ein Doctor wird / bringt ihme nicht ſolches Schaden an ſeinem Stande?

MJt nichten / ſondern viel - mehr Ehr. Daher dann auch vil Vor - nehme von Adel / den Doctors-Titul angenommen; ja auch Freyherrlich / Graͤfflich / und Fuͤrſtliche Perſonen denſelben nicht ausge - ſchlagen haben; wie du einen gantzen Hauffen Beyſaiel / in den Traurigen Hiſtorien des von Roßet / naͤmlich in denen Anmerckungen darzuefinden156Die 35. Frag / des 3. Hundert. finden wirſt. Jn des Doctoris Juſti Meieri tyro - cinio legali, de Tranſactionibus, parerg. 2. ſtehet / daß Herr Arnold von Reyger / ein vortreflicher Juriſt / und des Herren Churfuͤrſten zu Brande - burg Rath (ſo ſich ſelber einen Doctorem beeder Rechten geſchriben) / zu Jena / eine Diſſertation von diſer Frag gehalten / ob die Doctora liſche Wuͤrde / oder die Annemmung eines andern gra - dus, des Geſchlechts Adelthum ſpoͤttlich / oder dunckel / mache / darinn Er dann / daß ſolches nicht erfolge / vil Urſachen ſetze. Jch hab zwar ſolche Oration meines Wißens nicht geſehen / gedencket auch derſelben Er Arnoldus de Reyger, in ſeinem Theſauro Juris ſelber nicht / da Er darzue / im Wort Doctor, guete Gelegenheit gehabt hette. Di - ſes aber ſagt Er / tom. 1. fol. 717. Doctor dicitur nobilis, imò dicitur magis nobilis, quàm ille, quieſt nobilis genere, quia Doctoratus eſt dignitas, & Do - ctor præfertur Nobili ſimpliciter. Sed hoc non pro - cedit in Doctoribus gradum recipientibus per re - ſcriptum, vel bullam &c. Und auf diſen Schlag gehet auch des beſagten D. Meyers Frag aus / die Er parerg. 1. hat / ob Einer / ſo Edel an Ge - ſchicklicheit / und Tugend / einem / ſo Edel / dem Ge - ſchlecht nach / vor zuziehen ſeye? und wil Er / è l. penult. C. de poſtulando, Ariſtotele, Saliceto, Jul. Pacio, Romano, & Fernan. Vasquio, erweiſen / daß Jener diſem vorzuziehen. Dann der Adel ſeye eineußer -157Die 35. Frag / des 3. Hundert. eußerlich Guet / und komme her von der Vor-El - tern Tugend / und werde unter die Guͤetter des Gluͤcks gezehlet: Der Adel aber der Tugend / und Wißenſchafft / ſeye ein innerliches Guet / und zwar ein Guet des Gemuͤets / ſo denen andern / ſo zum Leib / und vom Gluͤck / oder Reichthum &c, gerechnet werden / vorgehe. 2. Ein Edelmann am Geſchlecht ſolle deßwegen geehret werden / dieweil man darfuͤr halte / daß Er from / ehrlich / und ſei - nen Vor-Eltern gleich; welches aber bißweilen faͤhle / und daher der / von deme man gewiß weiſt / daß Er ein Adeliches / tugendhaftes / und geſchik - tes Gemuͤet hat / dem andern vorzuziehen. So werden die / ſo eine Wißenſchaft hoher / und fuͤr - trefflicher Dinge erlangt / aus druckenlich die Ade - lichſte Zugenant / in d. l. penult. vel 7. C. de poſtu - lando. Und ziehet Ioan. Crugerus, in Horto Vir - tut. quæſt. 40. p. 115. ſeq. texte an / daß die Ge - lehrte ins gemein / den Edlen zu vergleichen / und daß der Adel nicht nur von den Rechts gelehrten / ſondern auch von Andern / zu verſtehen; und am 117. Blat wil Er / daß / mit allem Recht / die Ge - lehrten / den Kauffleuten / in einer Republick / vor - zuziehen ſeyen.

Und dieweil wir auff den Adel kommen / ſo fra - get der D. Bonaventura Cotta disquiſit. 2. Colleg. Iur. Imperial. conclus. 19. Wann ein Edelmann Eine / ſo nicht von Adel heuratet / und mit ihr einen Sohn erzeuget / ob derſelbe auch fuͤr Edel zu hal -ten?158Die 35. Frag / des 3. Hundert. ten? Und ſagt von Ja / wann man auf das ge - ſchribne Recht / in l. cum legitimæ. 19. ff. de Statu hom. l. 1. ff. ad municipalem. & l. Senatoris. 5. ff. de Senatoribus, ſehe; wiewol Jhme nicht unwißend / daß nach bekanter Gewonheit des Teutſchlands / Einer / Adelswegen / von Vatter / und Mutter / und deroſelbigen Groß / und Elter-Vatter / und Mutter Helm / und Schild / auffzulegen habe; Da Er den Tiraquellum de Nobilitate anziehet / und ſaget / daß dem Gemeinen Weſen daran gele - gen / daß der Staͤnde / und Geſchlechte / Wuͤrde / erhalten werde. Und handelt Er conclus. 22. und in folgenden / weitlaͤuffig vom Adel / ſonderlich der mit Tugend gezieret iſt: hat auch viel von der Hocheit / und Adel / der Doctorum, ſonderlich der Rechtsgelehrten / conclus. 23. da Er / unter an - derm / die Reformirte Policey-Ordnung / vom Jahr 1577. anziehet / darinn (tit. 12.) den D〈…〉〈…〉 ctoribus gleiche Kleidung / wie den Edelleuthen / und guͤldene Ketten zu tragen / erlaubt wird. Weñ aber einer von Adel wol ſo gelehrt / als ein Do - ctor / eines gar alten / und anſehenlichen Ge - ſchlechts / eines Fuͤrſten Rath / Keyſerlicher Hoff - Graff / oder einer Hohen Schuel Rector, oder Pro - feſſor, were / ſo wil Er / daß in ſolchen / und derglei - chen Faͤllen / ein Edelmann / einem Doctori billich vorgehe / conclus. 24. und in der 25. Concluſion, daß der Reichtum an ſich ſelbſten den Adel keineswegs159Die 36. Frag / des 3. Hundert. wegs mache / alſo gar / daß wan gleich der Keyſer Einem ſchlechtwegs ein Adelich Lehen gebe / den Adel damit zugleich nicht gebe; dieweil der Adel in einem Augenblick nicht entſtehe / ſondern durch Tugend / erlangt / auch nicht einem Guet / ſondern der Perſon / gegeben werde; deßgleichen nicht am Guet / ſondern an der Perſon des Gebers / oder Verleihers / hange; und ein anders ſeye / einem ein Lehen / und ein anders den Adel zu geben / oder einen zu adlen / ſeye; wie Er ſolches conclus. 26. mit mehrerm ausfuͤhret.

Die 36. Frag. Welche Zeit wird fuͤr die Geburt eines Kinds rechtmaͤßig gehalten?

JNs gemein helt man dar - fuͤr / Wann ein Kind neun Monat in Mutterleib gelegen / daß ſolches die rechte Zeit der Geburt ſeye. Sihe l. Gallus. 29. in pr. ff. de Liberis, & poſtumis heredibus instituen - dis. Es wird aber auch ein Kind im ſibenden Mo - nat fuͤr recht geboren gehalten / nach Mainung des fuͤrtrefflichen Artztes Hippocratis. Und ſagt der Juriſt Paulus, in l. 12 ff. de ſtatu Hominum, alſo: Septimo menſe naſci perfectum partum, jam re - ceptum eſt, propter auctoritatem doctiſſimi viri Hippocratis: & ideò credendum eſt, eum, qui ex juſtis nuptiis ſeptimo menſe natus eſt, juſtum filiumeſſe. 160Die 36. Frag / des 3. Hundert. eſſe. Sihe auch l. 3. §. fin. ff. de ſuis, & legitimis he - redibus. Welches einer verborgnen Krafft der ſibner Zahl zugeſchriben wird / ſo in allen Dingen viel vermoͤgen ſolle; wiewol auch theils dem Ge - ſtirn ſolches zueſchreiben; Bonav. Cotta, diſquiſit. 2. Coll. jur. Imper. concl. 20. Wann hievon Hertzog Adolph zu Schleßwig einen rechten Bericht ge - habt hette / wurde Er mit ſeines Bruedern / Graff Gerharden / Gemahlin / nicht ſo unbeſonnen ver - fahren ſeyn. Dann gemelter Graff Gerhard hat ſich im Jahr 1432. an Fraͤulein Annam / aus dem Fuͤrſtlichen Hauſe Baden verheuratet / welche gleich in der Hochzeit von ihme ſchwanger worden / und ſich bald hernach / mit demſelben / in Holſtein begeben / daſelbſt ſie folgends / im 7. Monat / Zwillinge / naͤmlich einen Sohn / und eine Tochter / geboren. Herzog Adolphen iſt die Sach verdaͤch - tig vorkommen / und hat es ſo weit gebracht / daß ſie wider in ihr Vatterland umbkeren muͤeßen. Und iſt ihr beſagter Eheherr / Graff Gerhard zu Holſtein / nicht lang hernach / zu Embrick am Rhein / wie auch das Soͤhnlein / beym beſagten Hertzog Adolphen / geſtorben; das Fraͤulein aber iſt in ein Kloſter gethan worden; wie hievon beym Joan. Iſaacio Pontano rerum Danicar. hiſtoria, p. 595. umſtaͤndlich zu leſen; auch Johann Peter - ſen / in der Holſteiniſchen Chronick / pært. 3. p. 109. ſeq. M. Balthaſar Kerner / in der 19. Predigt uͤber das Haußbuͤchlein Ruth / und andere mehr /zwar161Die 36. Frag / des 3. Hundert. zwar nicht alle mit gleichen Umſtaͤnden / die doch der Wahrheit nichts benehmen / dieſe Geſchicht erzehlen.

Von denen Kindern / ſo im 11. Monat gebo - ren werden / iſt mehr Streits / ob ſie namlich fuͤr rechte des Ehemans Kinder / und ſeine Erben / zu erkennen? wegen des ausdrucklichen Textes / in l. 3. §. 11. ff. de ſuis & legitimis heredibus, und Novel. 39. c. 2. wiewol keine gewiße Zeit / zum gebehren / von der Natur / ſcheinet geordnet zu ſeyn; wie hie - von / und der ailff Monatlichen Geburt / Myn - ſingerus cent. 6. obſervat. 40. auch Henricus Sal - muth in Commentar. ad lib. 2. Guidonis Pancirol - li, tit. 10. von der Siben / Acht / Neun / Zehen / Ailff / Zwoͤlff / Dreyzehen / und Vierzehen Mo - natlichen Geburt / in welcher anzahl der Monat theils Weiber geboren haben / zu leſen ſeyn. item Kubach. cent. 1. decu. 1. qu. 6. von der Geburt ei - nes Kinds / deßen Vatter im Gemaͤcht verletzt worden. der auch cent. 2. decur. 7. qu. 8. ſagt / daß Beustius de Matrim. p. 2. c. 36. bezeuge / daß die Ailff Monatliche Geburt einer ehrlichen Frauen fuͤr rechtlich erkant worden. Und hat Er deßen alhie ſeine Urſachen / ſonderlich wann die Mutter zuͤchtig / und maͤßig / iſt.

Von den Traͤncklein zu abtreibung der Kin - der / S. Henel. in Otio VVratislav. c. 28. p. 217. und von der Straff die Peinl. Halßg. Ord. Ca - roli V. Und hat beſagter Henelius daſelbſt auch /Laus162Die 37. Frag / des 3. Hundert. aus Ammiano Marcellino, der Koͤnigin Euſe - biæ That / welche / weil Sie unfruchtbar war / des Keyſers Juliani Gemahlin / Helenam, mit Be - trug angereizt / ein Gifft zu trincken / daß / ſo offt Sie ſchwanger worden / das Kind nie zu rechter Zeit geboren hat.

Die 37. Frag. Was hat es fuͤr eine Beſchaffen - htit / und Unterſcheid mit den Frondienſten?

ES muͤeßen die Bauren / auch theils andere Underthanen Dien - ſte thun / ſo man Frondienſte nennet; und die zum theil gewiß / zum theil ungewiß ſeyn. Die erſte werden genant geſetzte Dienſte / als die ihre gewiße Tage haben; die andere aber voͤllige / oder Landbreuchliche Dienſte; ſo entweder mit der Hand / oder durchs Vich geſchehen / und daher Handdienſte / Pflugdienſte / Fronfuhren / Hoff - fuhren / und mit andern Nahmen / nach gelegen: und gewonheit der Laͤnder / und Oerter / geheißen werden. Jn den Oeſterreichiſchen Landen werden Sie Robaten genant; villeicht vom Jtalianiſchen Wort Roba, oder Robba, ſo ins gemein alle aͤuſſer - liche Guͤetter des Menſchen bedeutet; und davon ſie ein Sprichwort haben: Chi non robba, non robba; Wer nicht Zwackt / wird nicht Reich: man kan ſchwerlich reich werden / ohne ſchaden derSeelen.163Die 37. Frag / des 3. Hundert. Seelen. Frohndienſt aber hat den Nahmen vom alten Wort Frohn / ſo heylig bedeutet. Dann ſol - che Dienſte ſeyn eine Vergeltung der heyligen Freyheit / ſo durch entlaßung der Laib-Aigen - ſchafft; oder auch wegen des Schutzes / ſo die Un - derthanen von ihrer Herrſchafft / item / wegen der Guͤetter / und Haͤuſer / ſo ſie auff ihres Herren Grund / und Boden haben geſchihet / darfuͤr ſie Dienſte laiſten thun; welche gleichwol alſo gemaͤſ - ſiget werden ſollen / damit das arme Volck nicht alſo damit beſchwert werde / daß es / durch Ver - hinderung aigner Geſchaͤfte / nicht Hunger ſterbe / oder zu einer Aufruhr bewegt werde. An theils Orten muͤeßen die Bauren alle Tag ihrem Her - ren eine Perſon zu der Arbeit hergeben / wann Er es begehrt; daneben auch zu gewißer Zeit / mit dem Vich / als im Mad / Ernde / Holtzfaͤllen / und fuͤhren ꝛc / frohnen / und etwan noch darzue / an Feyrtaͤgen / Pottenweiſe lauffen; ſonſten aber zum jagen / und dergleichen / helffen; und / außer der Dienſte / an etlichen Orten / auch Gelt / Ge - treid / Gaͤnſe / Aenten / Huͤener &c, geben / ſo man Silbergroſchen / Silberzinß / Guͤlt: oder Pacht - Getreide / Zinß-Huͤner / oder Rauch-Huͤener nen - net. Und ſolche Dienſte entſtehen durch Vertraͤg / Teſtamenten / Verjaͤhrigen / Erbfolge / Beſtaͤnd - nußen / Verheuratungen / und auf andere Weg.

Alhie wird gefragt / wann Bauren einem E -L ijdel -164Die 37. Frag / des 3. Hundert. delmann / der etliche Soͤhn hinder ſich verlaßen / die Baufuhren zu laiſten ſchuldig; und aber ſei - ne Soͤhne nicht alle beyſammen auff des Vatters Gut wohnen koͤnnen / und daher ihnen aigne Woh - nungen erbauen wollen / ob dieſelbige Bauren / ih - nen allen / auch Bauholtz zuzufuͤhren koͤñen ange - halten werden? Darauff mit Nein geantwortet wird / wann ſie dergleichen vorhin / oder ihre Vor - Eltern / an unterſchidliche Ort / nicht gefuͤhrt ha - ben / oder darzue nit verbunden geweſt ſeyn; weilen ſolche Dienſte gemeinlich an ein gewißes Ort be - ſtimmet ſeyn; und alſo deßelben wegen / und nicht wegen der Perſonen / die Dienſte gelaiſtet werden muͤeßen.

Weiter iſt die Frag / wann / naͤchtlicher Zeit / ei - ne Brunſt in des Herren / under dem ſie ſeyn / Hau - ſe entſtehet / ob auch / in ſolchem Fall / die Bauren zum Loͤſchen moͤgen angetriben werden / weilen Sie ſonſten die Frohndienſte nur bey Tage thun? Antwort / Billich. Dann ſolche Dienſte / ſeyn / wie oben gemelt / zur Vergeltung eingefuͤhrt. Es er - fordert ſolchen Beyſprung auch die Erbarkeit / Underthaͤnigkeit / Chriſtliche Lieb / und ihre aigne Wolfahrt; damit / wann die Brunſt nicht ge - loͤſcht wurde / es auch uber ihre Haͤuſer gehen moͤch - te. Aber ſolches iſt auf das jagen / daß namblich die Bauersleute / auch bey der Nacht / die Wacht bey den Garn / und Netzen halten / oder die Hundevon165Die 37. Frag / des 3. Hundert. von weitentlegneren der Edelleut Guͤettern / bey der Nacht / auff daß ſie Morgens fruͤhe da ſeyn / herbringen / oder die Garn herbeyfuͤhren ſolten / nicht wol zu erſtrecken; dieweil die Frohndienſte bey Tag verrichtet werden / und es mit dem jagen keine ſolche Noth / und Billicheit / als wie oben mit der Brunſt / hat.

Es moͤgen gleichwol die Edelleut einem Huͤebner / oder Huͤffner / oder Dienſtbauren / ſein Gut / voꝛ der - gleichen Fron-Dienſten / befreyen; weil ein ieder ſeines Guets Herr iſt / l. in re mandata. 21. C. Mandati. Wann aber diſes nicht geſchihet / und die Bauren die Dienſte nicht thun wollen; moͤgen ſie darzue mit Bruͤglen / Gefaͤngnußen / oder Geltſtraffen / angehalten: ja / wann ſie in ihrer Halßſtarrigkeit beharren / gar von den Guͤettern / nach des Herren Belieben / vertriben; dieweil die Guͤtter denſelben mit dem Anhang / dergleichen Frohndienſte zu laiſten / uͤberlaßen zu ſeyn ver - ſtanden werden. Daher / wann ſie dieſelbe nicht thun / auch der Herr ſie laͤnger auff den Guͤettern zu gedulden nicht von noͤthen hat. Lauffen Sie dann ſelbſt davon / mag ſie der Herr / in einem an - dern Gebiet auftreiben. Welches / wie mir wißend / vor Jahren / in Maͤhren geſchehen / von den Boͤh - miſchen Herren / denen ihre Underthanen dorthin entloffen ſeyn; denen man ſie iedoch nicht allezeit hat abfolgen laßen.

L iijUnd166Die 37. Frag / des 3. Hundert.

Und dergleichen Dienſte ſeyn die Undertha - nen ihrem Herren / auch außer deßelben Gebiett / und Wohnung / zu laiſten ſchuldig / wann ſie nur nicht zu weit raiſen doͤrffen / ſondern denſelben A - bend wider zu Hauſe ſeyn koͤnnen. Dann ſonſten das Gelt darfuͤr zu nehmen iſt.

Obwoln der Bauersmann auf ſeinen Koſten die Dienſte zu thun / ſo iſt iedoch hierinn auf die Vertraͤg / gewonheit des Orts / und die Armuet der Perſon / zu ſehen; ſonderlich / wann Einer / wi - der ſeine Schuldigkeit / allein auf des Herren erſu - chen / etwas thuet / oder einen fernen Weg mit dem Herren raiſen mueß / ſo iſt es billich / daß der Herr ihme den Unterhalt gebe. Aber den Werckzeug mueß der Bauer ſelbſt erkauffen / und was ver - brochen / wider machen.

Wenn gleich die Underthanen ungeſatzte Dienſte haben / ſo ſollen ſie dennoch von ihrem Erbherren nicht uͤbermaͤßig / und zu hoch beſchwert werden.

Wann ein Underthan ſein Bauren: und zu - gleich auch ſein Schueſter-Handwerck treibt / in welchem iſt Er dem Herren zu frohnen ſchuldig? Antwort / wann nichts gewißes beſtimt worden / ſo ſtehet es bey dem Underthanen / in welchem Er ſeinem Herren dienen wolle; weil die Wahl bey deme ſtehet / ſo etwas zu thun ſchuldig iſt / oder et - was verheißen hat / l. qui ex pluribus. 106. ff. de verb. obligæt.

Wann167Die 38. Frag / des 3. Hundert.

Wann Edelleut Baurenguͤetter kauffen / ſeyn ſie darumb der Frohn-Dienſte / ſonderlich der Nachbardienſte / und Gemeindienſte / nicht befrey - et. Dann man nicht auf die Perfon / ſondern das Guet / zu ſehen hat.

Wann du ein mehrers hievon zu wißen begeh - reſt / kanſtu Paul. Matth. VVehnerum, in pract. obſerv. lit. D. Verb. Dingnottul / p. 102. ſeqq. Chri - stoph. Beſold. in Theſæuro practico, lit. F. v. Frohn / Frohndienſt; Io. Iac. Speidelium, in Notab. Iu - rid. Hiſtor. polit. eodem v. und Bonavent. Cottam, disquiſit. 2. Colleg. jur. Imperial. conclus. 31. & ſeqq. und die Sie daſelbſt anziehen / leſen.

Die 38. Frag. Wann Einer einem Wolff ein Schaff wider abnimt / iſt Er ſolches ſei - nem Herren zu uͤberliffern ſchuldig? Und werden die Diebe billich am Leben ge - ſtrafft?

WAs das Erſte anbelangt / wird darauff mit ja geantwortet; dann ein Ding ſo lang unſer zu ſeyn erachtet wird / ſo lang es wider kan uͤbernommen werden / l. 44 ff. de adquir. rer. Domin. Es mag aber ſol - ches allezeit wider erlangt werden / es were dann daßelbe verzehrt / l. 8. in fine, ff. Famil. erciſe. Wann nun der / ſo dem Wolff ein Schaff / demL iiiiFuchſen168Die 38. Frag / des 3. Hundert. Fuchſen eine Henne / einem Habicht einen Vogel / abgejagt / ſolche Thier / auff Begehren / nicht her - geben wil / vermeinende / Er habs gleichſam er - jagt / ſo wird es fuͤr einen Diebſtal angezogen / und mueß Ers erſtatten / d. l. 44. in fin.

Von dem andern Puncten ſeyn bey den GOt - tes: und Rechts gelehrten / nicht gleiche Mainun - gen. Dann Theils ſagen ja / und bringen dieſe Ur - ſachen. 1. Achon iſt / wegen begangenen Diebſtals / von dem Volck geſteiniget worden / Ioſu. 7. v. 25. 2. Der Koͤnig David. 2. Samuel. C. 12. v. 6. hat des Todes ſchuldig einen erkant / der nur ein ainiges Schaͤfflein genommen. 3. Wann die Verbrechung zunimt / ſo waͤchſt auch die Straff. 4. Wann man nicht ſtraffen wolte / wurde Nie - mands ſeiner Sach ſicher ſeyn. Und 5. damit man deſto mehr Urſach / ſich vor dem ſtehlen zu huͤeten / habe. Dominic. Arumæus, in miscell. aliquot juris controverſi Quæſtion. qu. 48. Andere gehen einen lindern Weg / namlich daß man den Dieben / ſon - derlich / wegen geringeren Diebſtals / und wann ſie keinen Gewalt gebraucht / oder zu Nachts in die Haͤuſer nicht geſtigen ſeyn / nicht ſtracks das Leben nehmen; ſondern Jhnen eine andere Straff an - thun / oder in den Eiſen ſie arbeiten laßen ſolle. Si - he / was Johan. Bonifacius libro de Furtis, aus den alten Scribenten / wie der Diebſtal vor Zeiten fuͤr ehrlich gehalten / und belohnet worden / zuſammen gebracht hat.

Fuͤrs169Die 38. Frag / des 3. Hundert.

Fuͤrs Ander iſt man auch in deme nicht ainig / wann der Strick bricht / der Dieb herunder faͤlt / und beym Leben bleibet / ob man denſelben wider aufziehen / und hencken ſolle? Da dann die Mei - ſten ſolches bejahen / dieweil die Urtheil die Vol - ziehung erfordern. 2. Sonſten der geſtalt mit dem Hencken nur ein Geſpoͤtt getriben wurde. 3. Dem Gemeinen Weſen es daran gelegen / daß die Übel - thaten nicht ungeſtraft verbleiben. 4. Dieweil in Keyſer Carls des Fuͤnften Peinlicher Halß-Ge - richts-Ordnung / artic. 162. ausdrucklich ſtehet / daß wer zum dritten mal ſtihlet / mit dem Strang vom Leben zum Tod geſtrafft werden ſolle. Herge - gen aber Andere es fuͤr ein Wunderwerck halten / wann ein Dieb vom Galgen herab faͤlt. Sihe be - ſagten Arumæum, quæſt. 50. Man ſiehet hierinn vil auff den Ort / da der Diebſtall begangen wird; Wie dann Petr. Gregorius Tholozanus lib. 37. c. 2. & cap. 12. ſeq. Syntagm. Iur. univers. diſtinct. 21. ſeq. ſchreibet / daß Er oft geſehen / die Jenige auff - hencken / ſo die Beutel / oder Seckel / in des Parla - ments Palaſt zu Tholoſa / abgeſchnitten / obwoln kaum ſechs Pfenning in den Seckeln gefunden worden; dieweil die Begierd / und Boßheit zu ſteh - len / und der Raub an ſolchem Ort begangen / die - ſe Straff verdienen / damit dergleichen Haͤuſer / und Plaͤtz / von ſolcher Boßheit befreyet bleiben. Quirinus Kubach. cent. 2. decur. 7. qu. 1. hat auch diſe Frag / ob ein Dieb / wann er vom Galgen faͤlt /L verle -170Die 39. Frag / des 3. Hundert. erlediget werde? Und ſagt / daß Decius, Alcia - tus, Gomezius, Tiraquellus, VVeſenbecius, wollen / daß Er ledig zu zehlen ſeye: Hergegen aber Har - prechtus, und Andere / mit denen auch Er es hal - te / das Widerſpil lehren. Und hat Er auch da - ſelbſt qu. 3. die Frag / ob die Straff des Strangs / bey den Dieben / in eine Geltſtraff / moͤge verwan - delt werden? Und ſagt / daß ſolches von den Fuͤr - ſten wol geſchehen moͤge / ſalvo tamen jure tertii; Aber nicht von Andern / ſo ihren Obrigkeitlichen Gewalt / und Gebiett / von den Fuͤrſten empfan - gen / und haben; ſondern Sie muͤßen ſolches an ihre Obern / oder an den Keyſer / gelangen laßen / oder weiſen.

Die 39. Frag. Moͤgen auch die erwachſene Pu - pillen peinlich befraget werden? und was thut man denen fuͤr eine Straffe an / ſo uͤber die Stattmau - ren ſpringen?

DEn Erſten Puncten deiner Frag betreffend / ſo wil man ſolches bey denen / ſo nunmehr uͤber die 14. Jahr alt ſeyn / zuelaßen / aber bey den Juͤngern nicht / vermoͤg des Geſatzes / de minore. 10. ff. de Quæſtio - nibus; wiewol der / ſo noch nicht 14. Jahr alt / ge - ſchreckt / und mit Ruthen geſtrichen werden kan / l. 1. §. Impuberi. 33. ff. de SC. Sillaniano. Es iſt die Peinliche Frag / oder Tortur / ein gefaͤhrlicheSach /171Die 39. Frag / des 3. Hundert. Sach / und betruͤeglich / in dem Theils dieſelbe nit achten / Andere aber / durch ſo große Ungeduld / bewegt werden / daß Sie alles liegen / als die Pein ausſtehen wollen / l. 1. §. quæſtioni. 23. ff. de quæſtio - nibus, Bonavent. Cotta du quiſit. 4. conclus. 54. da Er auch deren Urſachen / ſo anderer Mainung ſeyn / ablainet.

Was den Andern Puncten betrifft / ſo ſeyn die / ſo die Thor zu Rom verlezt / oder mit angeleg - ten Laitern / oder in andere Weg / uͤber die Mau - ren geſtigen / (vide de Mœnium, & Portarum ſanctitate etiam Bonifacium lib. 3. cap. 41. Hiſtor. ludic. ) am Leben geſtraft worden / §. Sanctæ. 10. Inſtitut. de Rerum Diviſione. Ob aber ſolche Straff auch noch heutigs Tags guͤltig? das wol - len die meiſten nicht zugeben / ſondern den Lindern Weg gehen. Sihe Schneidevvinum, ad d. §. num. 3. Und obwoln dieſe Straff / in Kriegs-Zeiten / auff die Churfuͤrſtliche / und Reichs-Staͤtte / koͤnte gezogen werden / ſo hat ſie aber bey den geringen Staͤttlein nicht ſtat / d. Cotta disquiſit. 5. Colleg. jur. Imperial. conclus. 19. da Er auch die Frag hat / was man dem Jenigen thun ſolle / welcher / in einer Churfuͤrſtlichen / oder Reichs-Statt / ein Todtſchlag / naͤchtlicher Zeit / begangen / damit er der Gefahr der Anklag entrinnen moͤchte / uͤber die Mauren / oder den Wall / geſprungen /? und wann er vor Gericht geſtelt wird / und offenbahr iſt / daß Er eine Nothwehr thun muͤeßen / ob er nichts deſto weniger / weil er / durch einen andernWeg /172Die 39. Frag / des 3. Hundert. Weg / als durch das Thor / hat entfliehen wollen / Lebens gefahr auszuſtehen habe? Da Er dann mit Nein antwortet / und ſaget / weil dabey keine Verraͤtherey / oder Kriegs-Gefahr / und derglei - chen / darauff ſonſten das l. deſertorem. 3. §. 13. & 17. de re Militari gehet / verhanden / daß ein ſol - cher mit einer wilkuͤrlichen Straff / als / der Statt Verweiſung / mit Gefaͤngnus / oder einer Gelt - Straff / wann er ehrlichen Herkommens / und vor - hin ein erbares Leben gefuͤhrt hat / zu belegen ſeye. Aber wol / concl. 21. daß die Erbrecher der Ge - faͤngnußen / und die Gefangene / wann ſie durch ſolche Gelegenheit entwiſchen / (aber wider bekom - men werden) am Leben zu ſtraffen ſeyen. Und hat Er conclus. 22. den Fall: Wann ein Weib / deßen Ehemann umb den Halß gefangen ligt / denſel - ben beſuchet / und durch tauſchung der Kleyder / ihn erlediget / Ob ſie ſo dann an ſeine ſtat ſtehen ſolle? und wil / daß ſie außer der Ordnung / wann man die Billicheit / die eheliche Lieb / und den ihrem Mann ſchuldigen Gehorſam / anſehe: Wann man aber das Recht / und deßelben Schaͤrffe / be - trachte / am Leben zu ſtraffen ſeye / vermoͤg l. 4. C. de Cuſtodia Reorum, und der Peinlichen Halß - Gerichts-Ordnung Keyſers Caroli V. Jch hab unterſchidliche ſolche exempel geleſen / da / durch Verwechslung der Kleyder / die Gefangene ſeyn loß worden / aber nirgents dabey geſchriben gefun - den / daß die / ſo da gebliben ſeyn / an ihrer ſtat / we -ren /173Die 39. Frag / des 3. Hundert. ren / und ſonderlich am Leben / geſtraft worden. Dieſe Treu / ſo die Weiber ihren Maͤnnern / die Knechte ihren gefangenen Herren ꝛc. erzeugt / wird vilmehr von den Scribenten / geruͤhmet. So darff man auch / ohne Lebens gefahr / und außer erlaub - nus des Richters / die Leiber der Geſtraften nicht von Galgen abnehmen / oder ſie begraben / l. 1. & ult. de Cadaveribus punitorum, in D. VVeſem - bec in paratit. ff. de ſepulchro violato, n. 3. da Er diſes auch auff die jenige ziehet / ſo die halb todte / oder in den letzten Zuͤgen ligende / umbbringen / oder die Jhnen anbevolhene Krancken / auff daß ſie durch Hunger / oder dergleichen Fall / durch ei - ne geſchwinde Kranckheit / umbkommen muͤeßen / verlaßen. Dann / ob es wol anfangs einem ieden in ſeinem freyen Willen ſtehet / die Sorg der Kran - cken / an was fuͤr einer Kranckheit ſie auch ligen / auf ſich zu nehmen; aber hernach muͤeßen ſie nothwendig bey den Krancken verbleiben: ſonſten es fuͤr eines gehalten wird / einen an der Peſtilentz ligen den umbbringen / oder die Urſach des Todes / durch eine boßhaftige Verlaßung / ihme gegeben haben / d. Bonavent. Cotta, conclus. 23. da Er hierzue l. ſi quis. 38. §. qui abortionis, ff. de pœnis auff ſeine Mainung richtet. Dabey noch diſes zu mercken / daß Quirinus Kubach. cent. 2. decur. 3. qu. 1. die Straff / ſo in l. fin. ff. de R. D. auff die er - brecher der Mauren / und Thoͤr / und die Überſtei - ger derſelben / verordnet / davon hieoben geſagtworden /174Die 40. Frag / des 3. Hundert. worden / nicht nur auff die Statt Rom / ſondern auch auff andere / ziehet. Zum Beſchluß / weilen oben der Gefangenen / und Gefaͤngnißen / gedacht worden / iſt eines unhoͤflichen Gefangenenwarters alhie zu gedencken / von deme Herr Matthias A - bele / aus Foxio, im 2. Theil ſelzamer Gerichts - Haͤndel / caſu. 137. ſchreibet / daß Heinrich Be - ningfeld / ein Ritter / die Fraͤulein Eliſabeth in Engelland / bey Regierung ihrer Schweſter / der Koͤnigin Mariæ / in der Gefaͤngnus / verwahren muͤßen; der aber ſich gar unhoͤflich gegen Sie verhalten. Alß Sie nun / auf abſterben gedachter Koͤnigin Mariæ / ſelber Koͤnigin ward / hab Sie diſen Ritter vor ſich kommen laßen / und ihn mit dieſem Beſcheid abgefertiget / Er ſolte ſich mit frid / und ruhe / nach Hauß begeben / doch den Koͤ - niglichen Hoff fuͤrohin meiden. Wann aber die Koͤnigin eines groben Gefangenen-Huͤtters koͤnf - tig werde von noͤthen haben / ſoll / vor Andern / de - rentwegen an ihn gedacht / und Er hierzue wider erkiſet / und befoͤrdert werden.

Die 40. Frag. Moͤgen die zum todt Verurtheil - te ein Teſtament machen? und werden auch in Criminal - Sachen Buͤrgen zuegelaßen?

OB wol deren zum Tode Ver - urtheilten Guͤetter nicht mehr / wie vor Zeiten / dem Gemeinen Gelt-Kaſten /per175Die 40. Frag / des 3. Hundert. per Authent. bona Damnatorum C. de bonis Pro - ſcriptorum, heimfallen; So wird doch Jhnen ein Teſtament zu machen nicht leichtlich zugelaßen; dieweil ſie mit der Verurtheilung ſelbſten das Burger-Recht verliehren / l. ſunt quidam. 17. §. 1. & l. qui ultimo. 29. ff. de pœnis, der geſtalt / daß auch das Teſtament / ſo ſie / vor ihrer Verurthei - lung / gemacht / nichtig / und kraftloß / wird / l. ſi quis. 6. §. irritum ff. de injuſto, rupto, & irrito fa - cto teſtamento. Welches man auch dahin zeucht / wann Einer / nach gefaͤltem Urtheil / ehe ſolches volzogen wird / entweder entfliehet / oder aus des Richters Haͤnden erlediget wird. Bißweilen ge - ſchihet es aus ſondern Gnaden / daß Einem Ver - urtheilten zum tode ein Teſtament zu machen er - laubet wird. Alſo hat Koͤnig Ludwig der XIII. in Franckreich / dem Herzog Heinrichen von Mont - morency, ehe er An. 1632. den 30. Octobris, Neuen Calenders / umb 3. Uhr des Abends / zu Tholoſa (welcher Statt / und des Landes Langue - dok / Gubernator Er geweſen) / mit einem Beil gekoͤpft worden / ſein lezten Willen zu machen ver - gont / ſo Er auch gethan / und ſolch ſein Teſtament dem Koͤnig / ſo damals zu Tholoſa war / uͤber - ſchickt hat. Dann der Koͤnig ſeiner Guͤtter / die ſonſten / vermoͤg des ergangenen Urtheils / Jhrer Majeſtaͤtt heimgefallen weren / nicht begehret. Er hatte das Laſter der beleydigten Majeſtaͤtt began -gen /176Die 41. Frag / des 3. Hundert. gen / in dem Er es mit dem Herzog von Orleans / wider Jhn / den Koͤnig / gehalten / deßwegen dann ſeine ſehr anſehenliche Guͤtter hetten confiſci rt wer - den ſollen / weiln auch in obangezogner Authenti - ca Bona Damnatorum, deren Guͤetter / ſo gemel - tes Laſter begehen / mit dieſen Worten: In Ma - jestatis verò crimine Condemnatis veteres leges ſervari jubemus, ausgenommen werden.

Was den Andern Puncten anbelangt / ſo werden Buͤrgen in Criminalſachen / zugelaßen; Wann aber dieſelbe den Ubelthaͤter nicht ſtellen / ſo muͤeſ - ſen Sie die verglichene / oder abgeredte Straff ausſtehn; oder / ſo keine Straff benent / werden ſie nach des Richters Wilkur abgeſtrafft. Kubach cent. 3. dec. 4. qu. 10. der auch dec. 5. qu. 7. ver - meint / wann ein Fuͤrſt Einem / ſo die Ubelthat ent - deckt / daß Er ungeſtraft bleiben ſolle / verſpricht / daß ſolches zu halten ſeye.

Die 41. Frag. Welchem gehoͤren die gefundene Sachen zue / und was iſt ſonſten bey denſelben in acht zu nehmen?

HJeruͤber fallen ungleiche Mainungen. Doctor Bonaventura Cotta, disquiſit. 6. Colleg. jur. Imperial. conclus. 22. vermeint / mit diſem Unterſcheid der Sach zu helffen / wann Einer einen Schatz in locoſacro,177Die 41. Frag / des 3. Hundert. ſacro, oder religioſo (ſo geweicht / und wo einer be - graben ligt) / oder an einem Ort / ſo ihme zueſtaͤn - dig / finde / daß derſelbe gantz ſeyn ſeye; weil es gleichſam auch die Natur rathe / und alles / was ob / und under der Erd / dem Grundherren zuſte - he; und ein Schatz eine alte Hinderlegung des Gelts / deßen Gedaͤchtnus nicht mehr verhanden / und daher / daß ſolches in keines Gewalt mehr ſeye zu achten; und alſo fuͤr einen Gluͤckpfenning gehalten werde; und dieſes deſto mehr / wann es in loco ſacro, oder religioſo, ſo ihme keiner zuzu - ſchreiben / oder fuͤr ſein Guet zu halten hat / gefun - den werde. Allein mues es ohngefehr geſchehen / nicht mit fleiß geſucht / noch Beſchwerungen / und Teufliſche Mittel / darzue gebraucht werden. Es ſchreibet Balth. Bonifacius lib. 10. c. 15. (da Er / wie auch lib. 11. c. 17. de metallicis dæmonibus handelt) / daß man fuͤr gewiß habe / daß die under der Erden vergrabene Guͤetter in der Teufel Ge - walt ſeyen. Deßwegen man leſe / es ſich gar offt begeben habe / daß / wann man Schaͤtze ausgegra - ben / von den Teufeln ſehr ungeſtuͤmmes Wetter erreget worden. Wann man aber einen Schatz / an einem fremden Ort / es ſeye ein offentlicher / oder beſonderer / findet / ſo gehoͤre der halbe Theil dem Finder / der ander halbe Theil aber dem Herren des Orts. Jn anſehung deßen / wann ein Lehen - mann / in ſeinem Lehen-Guet / einen Schatz antref - fe / ſo muͤeße Er den halben Theil davon auch ſei -Mnem178Die 41. Frag / des 3. Hundert. nem Lehenherren geben / concl. 23. Wann Eine[r]ein Hauß kaufte / und der Verkaͤuffer wißete / daß ein Schatz darinn / entweder von ſeinem Vatter / oder einem andern Vorfahren / vergraben lege; iſt die Frag / wann ſolcher gefunden entlich wurde / wem Er gehoͤrte? darauff Er conclus. 24. ant - wortet / dem Verkaͤuffer; dieweil der Kaͤuffer ent - weder nichts davon weiſt / und alſo denſelben nicht beſitzet / ob Er ſchon den Boden hat; Oder / daß ein Schatz da lige / ihme wißend / Er iedoch / nach langer Beſitzung / ihme ſolchen nicht aigen ma - chen koͤnne / dieweil Er weiſt / daß es ein fremdes Guet ſeye; und uͤber das / ſolcher Schatz weder von ihme / noch dem Verkaͤuffer / von ſeinem Ort verruckt worden.

Die Edelgeſtein / und anders / ſo man am Meer-Geſtade findet / ſeyn ſtracks / nach Natuͤr - lichem Recht / des Finders / aber nicht nach dem geſchribnen Recht / als / nach welchem die Verjaͤh - rung / und das Recht der Lands-Fuͤrſtlichen / oder Hohen Obrigkeit / Andern vorgezogen wird. Alſo hat der Herr Churfuͤrſt zu Brandeburg / als Herzog in Preußen / allein die Gerechtigkeit / den Agtſtein / oder Bornſtein / ſamlen zu laßen / und haben die Underthanen in Preußen hierinnen ih - me nichts einzureden; moͤgen auch die Fremde Raiſende Perſonen / von der ſamlung deßelben abgehalten werden. Anderthalben Meilen von der Pillau wird der meiſte geſchoͤpft / und ſeyn laͤngſt am Ufer der Oſt-See etliche Galgen auf -gericht179Die 41. Frag / des 3. Hundert. gericht fuͤr die / ſo ſich etwas von ſolchem Stein hinweg zu nehmen unterſtehen wolten. Man ſagt / der Herzog erhalte ſeine gantze Hoffſtatt zu Koͤ - nigſperg davon. Dann die Tonne 100. auch 150. Guͤlden / darnach die Sorten ſeyn / gelten thuet. Wann ein Nord-Sturm komt / ſo lauffen die Bauren nach dem Ufer / haben Hamen / wie Fiſchhamen / mit welchen ſie ins Meer hinein / den Wellen entgegen kommen / und das Kraut / und Gemoͤß / darinn der Born: oder Agtſtein / ver - wickelt / ſchoͤpfen / ans Ufer tragen / und den beſag - ten Bornſtein heraus leſen.

Wann man / in großem Ungeſtuͤm des Meers / Guͤtter aus dem Schiff wuͤrft / das bleibt in der Schifffahrenden Herrſchafft / als die noch Hof - nung haben / nach der Windſtille / oder wann das Meer ſolche Guͤtter ans Ufer auswerffen moͤch - te / dieſelbe wider zu bekommen. Sihe Kubach. cent. 1. decur 7. qu. 4. da Er § fin. Inſtit. de R. D. l. 1. C. de Naufr. P. H. G. Ord. Caroli V. und Gail. obs. anziehet. Wiewol man in Franckreich / ſolche Guͤtter / ſo / durch Schiffbruch / ans Ufer / oder das Geſtade / kom̃en / ſtrittig machet / und die Her - ren / ſo ihr Gebiett da herum haben / ſolche zu ſich ziehen wollen; wie anderswo davon gemeldet wor - den: Darwider aber Nicol. Henelius, in Otto VVratislav. cap. 37. p. 322. heftig ſchreibet; auch Bodinum lib. 1. de Rep. c. 10. item Authent. Navi - gia C. de Furt. die P. Halßg. Ord. Caroli V. art. M ij218.180Die 41. Frag / des 3. Hundert. 218. Gail. 1. obſ. 18. und das Geiſtliche Recht / auch herbey bringet / ſo darwider ſeyn.

Wann Jemands aus der Gutſchen / oder Wagen / im fahren / unvermerckt / etwas entfaͤlt / das bleibt / wan mans innen wird / ſein / und wans der Finder nicht wider geben wil / ſo mag man ihn / als einen Dieb / anklagen; conclus. 25.

Wann Zween miteinander ſpazieren gehen / und einer von ferne einen guͤldenen Ring ligen ſiehet / der ander aber / nach deme man zum Ort kommet / denſelben geſchwinder aufhebet / ſo ſolle dem Ergreiffer der Ring gehoͤren / Conclus. 26. dieweil die Erfindung / ohne die Ergreiffung / nichts iſt. Herr Matthias Abele von Lilienberg / im 2. Theil ſelzamer Gerichts-Haͤndel / cas. 27. erzehlet / daß Einer ſeinem Geferten / auff dem Weg / ein ligendes Goldſtuck gezeigt / welches der Ander alßbalden aufgehebt / und dem Erſten nichts davon geben wollen. Seyen deßwegen fuͤr den Richter kommen / der entſcheiden / weil das Goldſtuck unweit von der Statt / und alſo in des Statt-Gerichts Grund / und Boden / gefunden worden; Alſo bleib es auch billich demſelben: Und ſeyn alſo beede Theil / mit aufhebung der Ge - richts-Unkoſten / abgewiſen worden.

Wann Einer etwas findet / ſo ſoll Er darfuͤr nichts begehren; Wann aber der / deme ein ver - loren Ding zueſtaͤndig / dem Finder eine Vereh - rung zu geben verſpricht / ſo mues Ers halten /oder181Die 41. Frag / des 3. Hundert. oder kan deßwegen verklagt / und darzue angehal - ten werden / conclus. 27. wie gemelter D. Cotta di - ſes / was oben geſagt / mit Rechts gruͤnden aus - fuͤndig machet / benebens aber auch theils Rechts - gelehrte / ſo ihme in einem / oder dem andern zu wi - der ſeyn / anziehet. Wolgedachter Herr Abele cas. 82. & 83. meldet alſo: Zween verlieren Gelt / verſprechen dem Finder guete Verehrung / wollen aber hernach mehr haben / und ſchweret Einer un - ter Jhnen noch einen Ayd darzue / daß nicht nur 8. ſondern 9. hundert guͤlden / in dem Sack gewe - ſen: daher / vor Gericht / dem Finder / das Ge - fundene Gelt zugeſprochen worden; wiewol der Erſie / als Er ſein Unrecht bekante / und dem Fin - der das Verſprochene gegeben / das Seinige wider bekam. Der auch p. 207. ſeqq. die Frag eroͤrtert / wann man nicht weiſt / weme das Gefundene ge - hoͤrig / Ob der Finder ſolches mit gutem Gewißen behalten / oder zu milden Sachen verwenden ſol - le? und ſagt / moͤge es von Rechtswegen / oder de jure, wol behalten / doch es gottſeliger ſeye / wans den Armen gegeben werde.

Von den Gottes gelehrten wird dieſer Rath gegeben / wann Einer etwas finde / ſoll er ſolches dem jenigen / dem es zueſtaͤndig / wider geben: ken - net / oder weiſt er ihn nicht / ſoll er das Gefundene ſo lang in ſeinem Hauſe behalten / bis darnach ge - fragt wird / oder ſoll ſolches offentlich verkuͤndigen laßen / oder bey der Obrigkeit hinderlegen. SiheM iijdas182Die 41. Frag / des 3. Hundert. das Geiſtliche Recht / c. ſi quid inveniſti. 6. C. 14. qu. 5. item / was im 3. Buch Moſis / C. 6. v. 2. 3. 4. 5. 6. 7. und im 4. B. C. 5. v. 7. 8. ſtehet. Wann aber der nicht mehr lebet / deme die Sach / oder das Guet / ſo einer betruͤeglich an ſich ge - bracht / oder verſchwiegen / und behalten; auch kei - nen rechtmaͤßigen Erben hinderlaßen / ſo ſollen der Kirchen / oder den Armen / ſolche verlorne Sa - chen zugeſtelt / und noch darzue / fuͤr die begangene Suͤnd / oder begangen Unrecht / etwas geopfert werden. Sihe D. VVolfg. Franzium diſput. 11. ex Deuteron. th. 106. ſeqq.

Jn einem Buch hab ich geleſen / wann Einer Sonnenwirbel Kraut / in Augſt-Monat / wann die Sonn im Himliſchen Zeichen der Jungfrau iſt / geſamlet / beyſeits trage / und ſolches mit einem Wolff-Zahn in ein Lorbeer-Blat wickele / dem ſolle kein Feind ſchaden koͤnnen / und ſo er etwas verliere / ſoll er diſes ſtuck under ſeinen Polſter le - gen / ſo werde ihme der jenige fuͤrkommen / ſo es ge - funden. Wer es glauben wil. Jch / fuͤr meine Per - ſon / halte nichts davon.

Und dann ſaget Albert. Linemann, in ſeinen deliciis Calendariogr. daß eine Nadel / Gelt / oder andere kleine Dinge / ſo entfallen / behender gefun - den werden / wenn man ſie ſchrege / und gegen dem Liecht / ſuchet.

Die183

Die 42. Frag. Wie wird es bey den Erbthei - lungen gehalten wegen der Unkoſten / ſo auffs ſtudiren gangen? und kan Einer / wegen der Religion; item ein Kind / ſo ſich wider den Willen der Eltern verheuratet / enterbt werden?

DJeweil / bey den Erbthei - lungen unter den Kindern / Eines / ſo etwas von den Vaͤtterlichen Guͤettern / weil der Vatter gelebt / als das Heuratguet / und der gleichen / bekommen / wider in die Theilung mueß kommen laßen / oder ſo lang ſtill ſtehen / biß die andere Geſchwiſterigt / ſo noch unverheuratet / oder dergleichen nicht bekommen / auch ſovil em - pfangen; So iſt daher deine Frag nicht verge - bens; Und die Antwort darauff auch nicht un - ſchwer / dieweil die Rechtsgelehrten insgemein der Mainung ſeyn / daß die Unkoſten / ſo uͤber das Studiren gangen / bey den Erbtheilungen / nicht abzuziehen ſeyen / nach dem Geſatz / quæ pater filio. 50. ff. famil. erisc. & l. 1. §. nec caſtrenſe. 15. ff. de collat. bonorum. Dann zu vermuten / weilen der Vatter den Sohn ſtudiren laßen / daß ſein Wunſch geweſen / daß ein gelehrter Mann aus ihme werden moͤchte. Darzue auch der offentliche Nutz komt / ſo der einzelen Nutzbarkeiten vorzuzie -M iiijhen;184Die 42. Frag / des 3. Hundert. hen; dieweil durch der Gelehrten Wißenſchafft die gantze Welt erleuchtet / zum Gehorſam gegen Gott / und der Obrigkeit / der Underthanen Leben unterwiſen wird. Sihe Authent. habita C. ne filius pro patre, Thoming. decis. 32. Chriſtian. Krem - bergk de Sumtibus Studioſorum, Gu. Artneri quæſt. de ſumtibus Studiorum, Cottam diſquiſit. 9. con - clus. 23. Welches aber ſo weit guͤltig / wann ſolche Unkoſten wol / und nutzlich angelegt worden; ſonſten dieſelbe in die gemeine Erbſchafft einzu - werffen / oder abzuziehen / ſeyn.

Und diſes wird auch erſtreckt auff das Docto - rat / und die Buͤcher / ſo fuͤr den Sohn erkauft wor - den; daß auch ſelbige Koſten ihme nicht abzuzie - hen ſeyen; wie ſolches bemelter D. Cotta conclus. 24. mit Rechts-Gruͤnden behaubten wil. Ein Sohn daͤrff ſeine Kriegs-Waffen nicht in die Theilung kommen laßen: Gleiche Mainung hat es auch mit den Buͤchern / ſo auch gleichſam Waf - fen ſeyn / damit man nicht weniger dem Menſchli - chen Geſchlecht / als mit den Schwertern / und der - gleichen / Vorſehung thuet.

Bey Vertheilung der Vaͤtterlichen Verlaſ - ſenſchafft / iſt viler Orten braͤuchig / daß der aͤltere Brueder die Außtheilung machet / und der Juͤn - gere die Wahl hat: Wiewol ſolchem Gebrauch Andere zu wider ſeyn. Sihe gemelten Cottam conclus. 25.

Was den andern Puncten anbelangt / ſo erwei -ſet185Die 42. Frag / des 3. Hundert. ſet D. Bonaventura Gauerus, diſputatione extra - ordinaria 4. conclus. 18. daß weder ein Vatter ſei - nen Sohn / noch der Sohn den Vatter / wann Sie nicht einerley Religion ſeyn: Noch die Kinder / wann ſie / ohne der Eltern / oder des Vatters Ein - willigung / ſich verheuratet / enterben moͤgen / oder enterbet werden koͤnnen. Und zwar / was die Reli - gion betrifft / ſo kan ein Sohn kein Ketzer genennet werden / dieweil die Urſach der Ketzerey / ſo im Te - ſtament darzue geſetzt wird / nicht nach eines ieden Belieben auszulegen; als / wann ein Roͤmiſch - Catholiſcher Vatter / ſeinen Sohn / ſo der Evan - geliſchen Religion zugethan / einen Ketzer nennen wolte; ſondern der ein Ketzer zu nennen iſt / der ei - ne andere Religion / als wie ſie in den 4. Haubt - Conciliis begriffen / hat / Novel. 115. c. 3. §. ſi quis. Nun komt die Evangeliſche Religion mit denſel - ben uͤberein. Deßwegen kein Evangeliſcher fuͤr ei - nen Ketzer gehalten werden kan. Zu deme die Reichs-Conſtitutiones die Evangeliſche Religion zuelaßen / und deßwegen ein Sohn / wegen derſel - ben / nicht enterbt werden mag. Sihe hievon inſon - derheit Henr. Andr. Cranium, de pace Religionis in Romano Imperio ſervanda, part. 2. problem. 6. connex. 3. & 4. p. 264. & 267. Fuͤrs ander / die einwilligung der Eltern belangende / weil dieſe Ur - ſach / vom Keyſer / in der beſagten Novella 115. nicht gemeldet wird / ſo iſt ſie auch unter die Urſa - chen / warum ein Vatter ſeinen Sohn enterbenM vkoͤnne186Die 43. Frag / des 3. Hundert. koͤnne nicht zu ziehen. Wann namlich eine Tochter ſich an einen ehrlichen Mann verheuratet hat. Sihe Gail. lib. 2. obſerv. 95. n. 17. Coraſium Miſ - cellaneorum juris civil. lib. 1. c. 17. Joan. Sichar - dum adtit. 4. lib. 5. Cod. de Nuptiis, l. 5. num. 7. & 8. und was oben bey der 12. Frag einkommen iſt.

Die 43. Frag. Muͤßen die Zeugen / in allen Jn - ſtrumenten / oder offentlich aufge - richten Schriften / ſich underſchreiben?

DEr offentlichen Jnſtrumen - ten Gewalt / und Anſehen / iſt ſo groß / daß Sie vor Gericht voͤlligen Glauben machen; und wann die darzue gehoͤrige ſtuͤck ein mal / oder anfangs / in acht genommen worden / ſo iſt es genug. Wie aber ſolche aufzurichten / und zu verfertigen / daß ſie beglaubt ſeyen; Davon iſt die Novella 44. Keyſer Maximilian des Erſten Ordnung / zu Unterrichtung der Offenen Nota - rien / wie die ihre Aemter uͤben ſollen / zu Coͤln An. 1512. auffgericht / Bonaventura Gauerus diſpu - tat. extraordin. 3. conclus. 32. Die unterſchidliche Notariat-Buͤcher / als / Abraham Sauers / A - dam Volckmans / Philip Meiſters / Johann Rudolph Satlers / Matthiæ Hertels / und an - derer mehr; ſonderlich aber Jacobus Bornitius deInſtru -187Die 43. Frag / des 3. Hundert. Inſtrumentis, ſive Documentis literariis, oder von Briefflichen Uhrkunden / zu leſen.

Damit aber auff deine Frag geantwortet wer - de / ſo wil obgedachter Gauerus, daß die Unter - ſchrifft der Zeugen nicht zu einem Jnſtrument er - fordert werde / wann ſie nur bey Abhandlung der Sach geweſen / und von dem Notario ihre Nah - men dem Jnſtrument einverleibet werden. Und berufft Er ſich hierinn auff des Keyſers Juſtiniani Novellam. 73. de Inſtrumentorum cautela, & fi - de, und daſelbſt auff den §, ſed etſi quis, und den §. ſed etſi Inſtrumenta, oder das c. 2. & 5. Ob nun wol ſolches bey Etlichen / und auch bey den Teſta - mentis Nuncupativis zugelaßen werden kan; ſo erfordern iedoch die Teſtamenta Solennia, und andere Handlungen / darzue die Notarii gebraucht werden / und daruͤber Inſtrumenta aufrichten / daß die Zeugen ſich unterſchreiben / daß Sie denen Sa - chen ſelbſten in der Perſon beygewont haben. Zwar / wann ein Zierliches / und verſchloßenes Teſtament / darinn ſich die Zeugen underſchrei - ben / aufgerichtet worden / und ein Notarius ein Jn - ſtrument mit anhenckt / daß Er der Aufrichtung beygewont / und wie ſich ſowol der Teſtirer / als ſei - ne erbettene Zeugen / nacheinander underſchriben / und ihre Sigillen aufgedruckt / folgents auch die - ſelbe fuͤr die ihrige erkant / und daß es alles auf einmal geſchehen / Er / mit ſeinen beeden abſonder - lich erbettenen Jnſtruments-Zeugen / gehoͤrt / undgeſehen188Die 44. Frag / des 3. Hundert. geſehen habe / ſo iſt es nit noͤtig / daß ſolche Zween / oder drey Jnſtruments-Zeugen ſich underſchrei - ben; ſondern genug / daß Er ihrer / in ſeinem Jn - ſtrument / mit Nahmen gedencket / und Sie eriñert / daß ſie die Zeit / Perſonen / und Ort / auch zu Hauß ſelber fleißig aufzeichnen / und was ſie gehoͤrt / und geſehen / in guetem Angedencken behalten wollen. Was ſonſten zu den Jnſtrumenten gehoͤrig / und wie dieſelben moͤgen unkraͤftig gemacht / und ver - nichtet werden / davon hat gar vil Joſephus Mas - cardus, in ſeinem großen Werck / de Probationi - bus, wie aus dem weitlaͤuffigen Regiſter / zn ende / lit. I. verb. Inſtrumentum, zuerſehen. Schlage auch das Regiſter uͤber die Singularia Doctorum, auff.

Die 44. Frag. Was hat man bey der Kauffleut Buͤcher / und Rechnungen / in acht zu nehmen?

EJnes Beſchreyten / oder un - ehrlichen Kauffmans Buch wird nicht geglaubt / wann gleich an einem Ort ein Geſatz verhanden / daß man der Kaufleut Buͤ - cher glauben ſolle; Joannes de Arno, ſingul. 45. nu. 2.

Jns gemein halten die Rechts gelehrten dar - fuͤr / wann die Handels-Buͤcher von einem fuͤr aufrecht / und redlich gehaltenem Mann / mit aig -ner189Die 44. Frag / des 3. Hundert. ner Hand geſchriben / die Einnahm / und Außgab / Schuld / und Gegenforderung / wie auch die Ur - ſach der Obligation, darzue geſchriben worden / daß ſie ein halbe Beweiſung in ſich haben; alſo daß darauff einem ſolchen wol der Eyd zu voͤlliger Prob / ſo man jusjurandum ſuppletorium nennet / koͤnne gegeben werden; Gaill. lib. 2. obſervat. 20. num. 4. Ioan. Emericus à Rosbach, in Proceſſu ju - dieiario, tit. 62. de Inſtrumentis, nu. 23. Iacob Ay - rer / im Hiſtoriſchen Proceſſu juris, cap. 9. obſer - vat. 8. part. 1. da Er auch die Wuͤrttembergiſche / Nuͤrnbergiſche / und Franckfurtiſche Ordnungen hierinnen ſezet: Darzue ich der Loͤbl. Statt Ulm / die Er / D. Ayrer / nit hat / thun wil / ſo tit. 25. vom Gerichtlichen Proceß / §. 10. & 11. alſo lautet: Etliche (Schriftliche Urkunden) ſeind Schuld - Buͤcher / und Schuld-Regiſter / fo die Kauffleut / Gewandſchneider / und Kraͤmer / auch Handwer - cker / halten / und machen / und darein / was Sie verhandlen / verkauffen / oder ihren Kunden ar - beiten / verzeichnen. So dann dieſelben Schuld - Buͤcher ordentlich / und formlich / das iſt / mit Be - nennung deren Perſonen / ſo die Waaren ausge - nommen / oder ausnemmen laßen / und durch wen / auch umb was Gelt / mit vermeldung des Jahrs / Monats / und Tags / unterſchiedlich / leßlich / und verſtaͤndlich / geſchrieben ſeind: auch Sie / die Kauffleuth / ſonſt in ihren Gewerben / auffrecht / und redlich befunden / und eins guten Leumuth /und190Die 44. Frag / des 3. Hundert. und Glaubens / ſeind / und der Gegentheil / wider ſolche Buͤcher / kein Gegenbeweiſung / noch recht - meßige Vermutung / fuͤrzuwenden hett / So thun ſie zu der Beweiſung ſo viel / daß auff ermelte Buͤ - cher / und gute Umbſtaͤnd / der Ayd in Supplemen - tum, zu voͤlliger Beweiſung / mag ertheilt werden. Jn mangel aber oberzehlter Umbſtaͤnde / und ad - minicu len / ſolle den fuͤrgebrachten Schuld-Buͤ - chern / oder Regiſtern / kein Glauben zugeſtelt / noch ichtzit darauff erkent werden. Gleicher geſtalt es auch mit der Kraͤmer / ſo zu offenem Kram / oder Laden / ſitzen / auch der Handwercker Schuld-Buͤ - cher / und Regiſtern / gehalten werden ſoll.

Jtem / §. 12. ſeqq. Dieweil auch in diſer Statt / und faſt allenthalben auff dem Land herumb / ſehr braͤuchlich iſt / unter dem gemeinen Mann / daß die Contrahen ten / an ſtat Brieff / und Siegel / ausge - ſchnittene Zeddel / deren iedem Theil einer / etwan auch mit ihren Handen underſchrieben / etwan un - underſchrieben: Deßgleichen / an ſtat ſolcher Zed - del / Kerffhoͤltzer / da der Schuld-Herr den Stock behelt / der Einſatz aber / und Gegen-Wechſel / dem Schuldmann zugeſtelt wird / mit einander auffrichten / So dann auch dieſelbe zu der Bewei - ſung / von dem Schuldforderer / ein: und fuͤrge - bracht / und begehrt wurde / dem Gegentheil ſeinen Gegenwechſel-Brieff / oder Kerffholtz / auch bey - zulegen / So ſoll ſolches angenommen / und dar - auff der ander Theil angehalten werden / den be -gehrten191Die 44. Frag / des 3. Hundert. gehrten Gegen-Zeddel / oder Einſatz / auch beyzu - legen: Da dann dieſelben alſo fuͤrgelegt / und gleichſtaͤndig gefunden werden / Soll denſelben volkommenlicher Glaub zu der Beweiſung zuge - ſtelt / und darauff entlich zu recht erkant werden. Wurde aber der ander Theil keines Gegenkerff - Zeddels / oder Kerffholtzes / geſtaͤndig ſeyn / noch dieſelben fuͤrzeigen woͤllen / in diſem Fall ſollen die Richter mit fleiß erwegen / in was Weſen / Heꝛkom - men / Erbarkeit / und Glauben / ein iede Partey ſeye / welche auch ihres fuͤrgebens beßern Behelff / und ſtaͤrckere Vermutungen fuͤr ſich habe / und alſo / nach fleißiger ermeßigung ermelter / und anderer Umbſtaͤnde / zu ihrer / der Richter / erkant - nus ſtehen / ob einigem / und welchem Theil / Klaͤ - gern / oder Beklagten / zu entlichem Entſcheid der Sachen / der Ayd zu ertheilen ſeye. Doch / da ein außgeſchnitten: oder Kerff-Zeddel beeder Par - teyen / ſo miteinander contrahi rt / Subſcriptiones, und mit aigner Hand Underſchreibungen hett: Ob ſich dann gleich der Gegenwechſel nicht finden wolt / oder gar verloren were / So ſoll doch dem fuͤrgelegten Zeddel / volkommenlicher Glaub zu der Beweiſung zugeſtelt werden. Es ſoll aber dem Gegentheil iederzeit bevor ſtehn / gegen allen ob - erzehlten Schrifftlichen / und dergleichen Bewei - ſungen / ſeine exceptiones, Einreden / Widerle - gungen / und alle andere ſeine Notturfft / fuͤrzu - bringen / &c.

Wann192Die 44. Frag / des 3. Hundert.

Wann der Kauffmann / oder deme die Buͤ - cher &c. gehoͤrt / todt / ſo thuet man nichts deſtowe - niger denſelben nachgehen; dieweil der darzwi - ſchen gekommene Tod an ſtat des Ayds iſt / und nicht weniger Glauben verdienet / als ein leiblicher Ayd; dieweil nicht erachtet wird / daß Jemand uneingedenck ſeiner Seeligkeit / und in der Suͤnde abſterben wolle / c. ſancimus. 1. 26. Caus. quæſt. 7. l. fin. C. ad L. Iul. repetund. Man auch in der Kauffleut Gericht nach der Billicheit urtheilet / und auff Trau / und Glauben ſihet. Dann / wann man dergleichen Buͤcher ꝛc. in Zweifel ziehen wol - te / ſo wurde das gemeine Gewerb leichtlich in Zer - ruͤttung kommen / und viel Kaufleute von den Handlungen abſtehen; D. Ayrer d. l. n. 6. 7. 8. und die Er daſelbſt anziehet. Wann du hievon ein mehrers zu wißen begereſt / kanſtu / ohnmaß - geblich / den Mascardum de Probat. im Regi - ſter / item Menochium de arbitrar. judic. quæ - ſtion. lib. 2. cas. 91. 92. & 93. und Benvenutum Straccham, in ſeinem Buch von der Kaufman - ſchaft / aufſchlagen.

Die 45. Frag. Jſt das Wuͤrffelſpiel erlaubt: Und was hat man bey den Wettun - gen / und Gluͤck-Haͤfen zu bedencken?

Das193Die 45. Frag / des 3. Hundert.

DAs Wuͤrffelſpiel wird ins gemein von den Rechts gelehrten fuͤr unerlaubt / und boͤß / gehalten / auch in Geſaͤtzen verbotten: und daher auch das Gelt / das man unter dem Spilen zu geben verſprochen / nicht fuͤr erlaubt / oder ſolches zu bezahlen erach - tet / weil es fuͤr ein Wucherliches Gelt / ſo keine Verbuͤndnus auff ſich hat / gehalten wird / und man das Gelt / ſo man mit Wuͤrffeln verſpilt / nit wider fordern kan / per l. 1. & 3. C. de Aleatoribus, & alearum luſu, l. 1. ff. eodem, l. periculi pretium. 5. ff. de nautico fœnore. Sihe Lucam Beckman - num diſputat. 2. de Vſuris, th. 20. & 21. und von der Straff der Wuͤrffelſpiler / Menochium de Arbitr. judic. quæſtionibus, cas. 399. & 400. Und iſt in gemeltem erſten Geſatz Cod. de Aleatoribus verſehen / daß man einen / ſo im Wuͤrffelſpil ver - ſpilt / nicht verklagen moͤge / und wann Er was be - zalt / moͤg er ſolches wider fordern / ſowol Er / als ſeine Erben / bey dem Gewinner / und ſeinem Er - ben / iederzeit / und nach 30. Jahren. Und ſtehet dabey: Quod ſi vel ipſe, vel ejus heredes repetere neglexerint, liceat cuicunque volenti, & præcipuè civitatis, in qua id factum est, primati, vel de - fenſori, repetere, & in opera civitatis id expende - re. Data autem ſuper aleæ luſu cautio ſit irrita, & condici poſſit, &c. Theils Orten achtet man gleichwol diſes nicht / ſondern es wird ein großesNGelt194Die 45. Frag / des 3. Hundert. Gelt mit Wuͤrffeln verſpilt / ſonderlich in Franck - reich. So ſagt D. Lanſius in orat. contra Hiſpa - niam, daß auch die Spanier dem Wuͤrffelſpiel uͤber die maßen ergeben ſeyn. Vom Koͤnig Mat - thia Corvino in Ungarn ſchreibet Bonfinius decad. 4. rer. Vngar. lib. 8. f. 653. daß Er mit Wuͤrffeln / in einer Nacht / Zehen tauſent Gulden gewonnen / und damit ſeine Soldaten bezahlet habe. Sihe ein mehrers hievon beym Paschaſio Juſto, in ſei - nem Buch de Alea.

Von den Wettungen / wann naͤmlich Zween mit einander umb ein gewiß Gelt wetten / der / und der / werde ein Koͤnig; oder die und die Statt / oder Schloß / ſo ietzt belagert / gewiß eingenoͤmmen wer - den / und ſo es nicht geſchehe / Er / das erwente Gelt / dem Andern; Hergegen ſelbiger / dieſem / wann das jenige / darum ſie wetten / erfolge / zu ge - ben ſchuldig ſeyn ſolle / ſchreibet obgedachter D. Beckmann / daß man ſolche nicht unter die Wu - cherliche Conträct zu rechnen / oder dieſelbe zu ver - werffen habe; ſondern der jenige / ſo verſpilt / und das verglichene Gelt nicht bezahlen wil / bey der Obrigkeit verklagt werden ſolle / d. l. th. 19. wie Er ſolches mit unterſchiedlichen vornehmen Rechts gelehrten / ſo ſeiner Mainung ſeyn / erwei - ſet; auch gleiches von den Gluͤck-Haͤfen / wie mans nennet / daſelbſt ſchreibet; Da oft Einer / mit wenig Gelt / vil uͤberkommet; daß auch ſolche Handlung erlaubt ſeye; wiewol dieſelbe nicht Je -der -195Die 46. Frag / des 3. Hundert. dermann gefaͤllig / weiln dardurch der Naͤchſte / ſo vilmals ein zimliche Summ Gelts hinein legt / und nichts darfuͤr heraus hebt / liederlich umb daßelbe gebracht wird / auch andere Ungelegen - heiten dabey mit vorlauffen / und etwan auch groſ - ſes Ungluͤck daraus entſtehen kan. Man geſtat - tet aber ſolches nicht einem Jeden / ſondern nur ge - meinlich denen / ſo durch Unfall in Armuet / und Schulden gerathen / ob Sie ſich / durch ein ſolches Mittel / wider erholen koͤnten. So wird auch durch die Obrigkeit guete Aufſicht gebraucht / daß der Blinden Zeddel nicht gar zu viel in den Hafen kommen; derſelbe auch / zu rechter Zeit / wider ver - petſchirt / und an gehoͤriges Ort gethan / und ver - wahrt werde / damit kein Betrug mit unter - lauffe.

Die 46. Frag. Dieweil ein Vatter Hungers hal - ber / und in hoͤchſter Noth / ſeine Kinder verkauffen darff / ſo wird gefragt / ob ſolches auch der Muetter erlaubt ſeye?

D die Vaͤtter / in hoͤchſter Armuet / der Nahrung halber / Soͤhn / und Toͤchtern / verkauffen moͤgen / iſt ein klarer Text in l. 2. C. de Patribus, qui filios ſuos dis - traxerunt; da der Keyſer Constantinus alſo an -N ijfangt:196Die 46. Frag / des 3. Hundert. fangt: Si quis propter nimiam paupertatem, ege - statemque, victus cauſa filium, filiamve ſangui - nolentos vendiderit &c. Ob aber ſolchen Gewalt auch die Muͤttern haben? davon ſeyn die Rechts - gelehrten nicht alle einer Mainung. Ioan. Schnei - devvinus Inſtit. de patria poteſtate, num. 29. wil / daß ſolche Verguͤnſtigung allein bey dem Vat - ter / und nicht bey der Mutter / auch nicht bey dem Groß-Vatter / obwoln der Enick-Sohn auch in ſeinem Gewalt ſeye / ſtat habe. Mit welchem auch Andere uͤbereinſtimmen / aus Urſach / weilen die Kinder nicht under Muͤtterlichem / ſonder Vaͤt - terlichem Gewalt ſeyn. Hergegen Andere wollen / daß under dem Vatter auch die Mutter verſtan - den werde; dann in den Rechten allezeit das Maͤnnliche / auch das Weibliche Geſchlecht be - greifft / wann etwas generaliter, und ins gemein gebotten / oder verbotten / zugelaßen / oder nicht / wird; wie Iohannes Goeddæus ad l. 1. ff. de verbo - rum & rerum ſignificatione, num. 33. & ſeqq. ſol - ches weitlaͤuffig erweiſet. Es iſt alhie nicht umb den Vaͤtterlichen Gewalt zu thun / ſondern / umb der Armuet willen / mag der Vatter den Sohn verkauffen / welche Urſach auch bey der Mutter iſt: Zu deme die Mutter / bey aufbringung der Kinder / ein mehrers / als der Vatter / thuet / c. 2. ext. de Converſione infidelium, ſeu tit. 33. lib. 3. De - cret. Greg. Sihe D. Petr. Mejerum, Hervord. de publ. judiciis, th. 32. und die Er daſelbſt an -ziehet.197Die 46. Frag / des 3. Hundert. ziehet. Und dieſer Mainung / daß die Muͤtter / im Nothfall / und Hungers halber / ihre Kinder verkaͤuffen moͤgen / iſt auch Quirinus Kubach cent. 1. quæſt. politico-jurid. 2. decur. 8. da Er auch / in der 3. Frag / dem VVeſenbecio, in π, beyfaͤlt / daß ein Vatter / außer der Armuet / und Mangel / wegen einer ehehaften andern Urſach / als wann er in der Gefaͤngnus / weil er ſich nicht loͤſen kan / ſterben muͤeſte / ſeinen Sohn verkauffen moͤge. Diſſent. quò ad Matrem, Dn. D. Henr. David Chuno, & Dn. Balth. Gockel. in diſp. de Sacris Pa - ternis, th. 27. Zwar ich mich nicht erinnere / gele - ſen zu haben / daß die Muͤttern / Kinder verkauft / aber wol / daß Sie in der Hungersnoth dieſelbe ge - eßen haben; wie wir deßen auch ein exempel im 2. Buch von den Koͤnigen Cap. 6. v. 29. haben. Jn der Belagerung der Statt Jeruſalem / ſagte ein Adeliches Weib / Nahmens Maria / zu ihrem Soͤhnlein / beym Ioſepho, im 7. Buch vom Juͤdi - ſchen Krieg / Cap. 8. Ach Kind / wem ſoll ich dich / als ein elendes Troͤpflein / im Krieg / im Hunger / in der Auffruhr / behalten? Wann du ſchon le - bendig bleibeſt / muſtu doch der Roͤmer Knecht ſeyn: aber der Hunger iſt diſer Knechtſchafft vor - kommen; ſeye deßwegen mir zu einer Speiſe. Und als ſie das geſagt / hat ſie das Kind gemetzget / oder geſchlachtet; und davon geeßen; wie hievon / und was ſich weiter mit dem uͤberblibenen begeben / daſelbſt zu leſen.

N iijDie198

Die 47. Frag. Thuet das geſtolne Brot wol nehren? Und mag ein Verkaͤuffer ſeines Hauſes Gebrechen verſchweigen?

ES laßen ſich Theils Leuthe bereden / aus eingeben des Teufels / ſonderlich in den Doͤrffern / daß von dem geſtollenen Graß das Vich wol gemeſtet wer - de / und ein geſtollenes Brot wol nehre. Aber / es ſtehet in Spruͤchwoͤrtern am 20. v. 17. Das ge - ſtolen Brot ſchmeckt ieder man wol / aber hernach wird ihm der Mund voll Kiſelinge werden. Wie nun die Kiſelſtein nicht feiſt machen / alſo auch das geſtolne Brot nicht. Welches man dann auch auff andere Sachen / Holtz / Leingewand / Speiſe / Ge - traͤnck / und alles anders / ſo man mit Stehlen be - komt / ziehen kan / daß ſie einem / wie Kiſelſtein ſey - en. Zwar / in der großen Hungersnoth man etwan Jemands zu guet helt / daß Es ein Brot entfrem - det; und ſchreibet Abraham Sauer / in ſeinem Staͤtt-Buͤchlein / als des Jahrs 1315. ein theu - re Zeit geweſen / habe man / zu Coͤln / den Armen zugelaßen / daß Sie das Brot von den Laͤden / und wo mans feyl gehabt / haben nemmen moͤgen. Jm 5. Buch Moſis / zu ende des 23. Capitels / ſtehet alſo: Wenn du in deines Neheſten Weinberg ge - heſt / ſo magſtu der Drauben eßen / nach deinemWillen /199Die 47. Frag / des 3. Hundert. Willen / bis du ſatt habeſt / aber du ſolt nichts in dein Gefaͤß thun. Wenn du in die Saat deines Neheſten geheſt / ſo magſtu mit der Hand Eeren abrupfen; aber mit der Sicheln ſoltu nit drinnen hin und her fahren. Welches aber nur dahin an - geſehen / daß die / ſo eines Glaubens / etwas / iedoch geringe Sachen / erdulden / und einander / dieſelbe unbeſchwert zugenießen / zulaßen ſollen. Jnſonder - heit aber wird damit angedeutet / daß iederzeit un - ſere Freygebigkeit / gegen dem Naͤchſten / ſo keine Aecker / Weinberg / und Gaͤrten hat / offen ſtehen ſolle / damit Er / neben Uns / zugleich fuͤr die herr - liche Gaben / und Creaturen / Gott zu loben / Ur - ſach habe. Daß aber nichts ausgetragen / oder ſchaden gethan werden ſolle / geſchahe darumb / auff daß die Guͤtter nicht gemein wurden / ſondern ein Unterſcheid zwiſchen dem Beſitzer / und An - dern / were / und der den groͤſten Theil des Nutzens hette / ſo dabey die Arbeit angewendet hat. Dann da ſolte alle Boßheit / und ein ſchadhaftes Ge - muͤete / fern ſeyn; welches aber die haben / ſo bey tag / und nacht / heimlich / und ſchleichend / in die Gaͤrten gehen / und in denſelben / Birn / Aepfel / Kirſchen / abbrechen / die Baͤume verderben / auch den Aeckern Ruͤeben / Schotten oder Erbis / und anders mehr / nemmen / nach Hauß tragen / ſich / und ihr Vich / lange Zeit davon erhalten. Wann aber Einer aus Kranckheit / oder weiten Weg /N iiijhellig /200Die 47. Frag / des 3. Hundert. hellig / und muͤed / oder einen ſonderlichen Natuͤr - lichen Luſt hat / und vor einem Weinberg / Gar - ten &c, voruͤber gehet / deme wird ſeinen Natuͤrli - chen Luſt zu buͤeßen / und ſich / wegen ſeiner Mat - tigkeit / zu erlaben / nicht verſagt / iedoch / daß er des gueten Willens nicht mißbrauche / und ihme das / ſo nicht ſein iſt / mit des Naͤchſten Schaden / und Ungelegenheit / nicht zuaigne; D. VVolfg. Fran - zius, diſp. 12. ex Deuteron. th. 67. & ſeqq. Sihe D. Andr. Kesler. in Theol. Cas. Conſc. cap. 58. Ob ein Menſch wider das ſibende Gebott ſuͤndt - ge / welcher aus großer Hungersnoth / ſich beym Leben zu erhalten / das ſeines Naͤchſten iſt / ohne deßen Wißen / und Willen / gebrauchet? Da Er dann 3. Mainungen ſezet. 1. Des Thom. Aquin. Soti, Lutheri, Leſſii de Juſtitia, & jure, daß es kein Diebſtal / oder Suͤnde. 2. Des Perkinſii de caſibus conſc. daß es eine geringere Suͤnd / als der Straſſenraͤuber / und 3. anderer Theologorum, daß es ein Diebſtal / und eine Suͤnd ſeye. Er D. Kesler haͤlt es mit den Erſten / und widerleget der Dritten Einwuͤrff / und beweiſet / daß es kein Dieb - ſtal / oder Suͤnde / ſeye.

Was den Andern Puncten anbelangt / ſo di - ſputi rt davon Cicero lib. 3. de Officiis, §. Vendat ædes Vir bonus, p. m. 125. ſeq. und ſchließet / daß ein Verkaͤuffer / eines Hauſes Maͤngel / dem Kaͤuffer / anzaigen ſolle / auf daß Er / der Ver - kaͤuffer / wann er ſolche verhelet / nicht hernach / we -gen201Die 48. Frag / des 3. Hundert. gen des erfolgenden Schadens / angefochten wer - de. Ja Er nennet einen ſolchen keinen aufrichtigen / ehrlichen / gerechten; ſondern einen verſchlagnen / betruͤeglichen / ungerechten Mann. Thuet nun das eiv Heyd / als Cicero geweſen; Was ſollen dann die Chriſten / von einem / ſo ein Chriſt / und ein Bi - dermann ſeyn wil / ſagen / der die Maͤngel eines Hauſes / eines Pferdes / oder eines andern Dings / dem Kaͤuffer verſchweiget? Und iſt kein Zweifel / daß diſes auch / unter andern / eine Urſach ſeye / daß hernach ein ſolcher Verkaͤuffer / und ſeine Erben / wenig Gluͤcks mehr haben; ſonderlich wann der Schaden / ſo aus der Verſchwiegenheit entſtehet / groß iſt.

Die 48. Frag. Warum ſeyn die alten Juden un - ter den Thoren zu Gerichtgeſeßen? und mag ein blinder Richter von ſeinem Ambt abgeſetzt werden?

D die Richter im Volck Gottes under den Thoren der Staͤtte zu Gericht geſeßen / erſcheinet etlichmal aus dem 17. aus dem 21. v. 19. und 22. Cap. v. 15. des 5. Buch Moſis / aus dem Buͤchlein Ruth / Cap. 4. v. 11. und aus den Spruͤchen Salomo / am 22. v. 22. daſelbſt ſtehet: Beraube den Ar - men nicht / ob er wol arm iſt / und underdruͤckne denN vElenden202Die 48. Frag / des 3. Hundert. Elenden nicht im Thor. Und im 31. Cap. v. 22. Jhr Mann iſt beruͤmet in den Thoren / wenn Er ſitzet bey den Eltiſten des Landes. Diſes aber iſt von den undern Richtern zu verſtehen / fuͤr welche erſtlich eine Sach mueſte gebracht werden; dieweil ſolche Ort freyer ſeyn von allem Argwohn des Betrugs / und Beſtechung durch Geſchenck / und in andere Weg; auch Reiche / und Arme / Frem - de / und Einwohner einen oͤffentlichern / und leich - tern Zuegang haben. Es hatten aber dieſe Rich - ter / ihre Ober-Richter / von denen im gemelten 5. B. Moſis C. 17. v. 8. & ſeqq. Sihe Carolum Sigonium de Rep. Hebræ. lib. 6. p. 400. und hin und wider.

Bey dem andern Puncten deiner Frag iſt zu mercken / daß ein Richter / ſo umb beede Augen kom - men / von ſeinem Ambt nicht kan entſetzet werden / wie ſolches Dominicus Arumæus in miſcell juris Controverſi quæstionibus, qu. 15. erweiſet / auch deßen ein ausdrucklicher Text in l. 6. ff. de judiciis, wie auch in l. 1. ff. de postulando, §. 5. in f. Aber / nach einem Neuen Ambt zu trachten / wird an ietzt gemeltem Ort / ihme nicht zugelaßen; Davon auch beſagter Arumæus, qu. ſeq. 16. wider Ande - re / ſchreibet. Und ziehet Kubach dec. 3. cent. 3. qu. 9. l. 1. §. 4. de poſtul. an / daß ein Blinder nicht zum Richter koͤnne gegeben werden.

Die203

Die 49. Frag. Under welchem Keyſer hat man die Ehebrecher am Leben zu ſtraffen ange - fangen?

VOr der Roͤmiſchen Mo - narchia / und Keyſertum / iſt alberait / aus des Romuli Geſatz / bey den Roͤ - mern / der Ehebruch / nach Belieben des Manns / und der Befreunten / geſtraft worden; hernach hat der Roͤmiſche Keyſer Octavius Auguſtus ein Geſatz gemacht / ſo Iulia genant wird / von welchem die Juriſten ſtreiten / ob daraus koͤnne erzwungen werden / daß der Ehebruch mit dem Schwerd zu ſtraffen? Andreas Tiraquellus (den Nicol. Intri - gliolus, beym Iuſto Mejero, de Tranſactionibus, th. 13. quæſt. 2. der Juriſten Calepinum nennet) de legibus Connubial. in l. 13. num. 20. & ſeq. iſt ſolcher Mainung; welchem zueſtimmet Ioan. Goeddæus Commentar. ad L. inter. 101. de verb. Signif. n. 4. Menoch. de arbitr. judic. quæſt. 290. n. 3. Ioan. Coraſius lib. 2. Miſcell. c. 1. n. 9. und an - dere mehr / und ſonderlich Marcus Lycklama von Nyholt / Profeſſor zu Franecker lib. 2. Mem - branar. ecloga. 9. Hergegen Iuſtus Lipſius, in Com - mentar. ad lib. 4. Annal. Taciti, fol. m. 91. zu erweiſen vermeint / daß damaln der Ehebruch nicht am Leben geſtraft worden / ſondern die Lebens -ſtraff204Die 49. Frag / des 3. Hundert. ſtraff erſt hernach aufkommen ſeye. Wie dann vil Andere auch in der Mainung ſeyn / daß / nach dem gemelten Geſatz Iulia, die ordenliche Straff die Verweiſung geweſt ſeye. Die Dritten wollen / ſie were ein Lebens: aber nicht Bluetſtraff / geweſen. Theils ſchreiben die Lebens-Straff dem Antonino Pio, theils dem Keyſer Alexandro, Andere An - dern zue. Und dann machen Theils den erſten Chriſtlichen Keyſer / Constantinum den Großen / zu dem Rechten diſes Geſatzes Gebern / daß nam - lich die Ehebrecher / und Ehebrecherin / mit dem Schwerd ſollen gerichtet werden / per l. quamvis. 30. C. ad L. Iul. de adult. daſelbſt zu ende ſtehet: Sacrilegos autem nuptiarum gladio puniri oportet. Sihe Iacobum Rævardum, tom. 1. Variorum lib. 4. c. 6. circ. fin. p. m. 659. (von welchem Aubert. Miræus, in Elog. Belg. p. 90. alſo ſchreibet: Ia - cobum Rævardum audeam, cum I. Lipſio, Belgii noſtri Papinianum nominare) / und obernanten D. Iuſt. Mejerum, d. l. Wiewol beſagter Goed - dæus, vermeint / daß gemelter Keyſer Constanti - nus nur das alte Geſatz / ſo ein Zeitlang in abgang gerathen / wider erneuert habe; welches auch Key - ſer Karl der Fuͤnfte / in der Peinlichen Halß-Ge - richts-Ordnung / artic. 120. gethan / und ober - nantes Geſatz Quamvis, ſo eine lang Zeit vorhero ſchlecht in acht genommen worden / wider erfriſcht / in dem Er alſo geordnet hat: So ein Ehemann einen andern / umb des Ehebruchs willen / den Ermit205Die 49. Frag / des 3. Hundert. mit ſeinem Eheweib verbracht hat / peinlich be - klagt / und deß uͤberwindet / derſelbig Ehebrecher / ſamt der Ehebrecherin / ſollen / nach ſag unſer Vorfahren / und unſer Keyſerlichen Rechten / ge - ſtrafft werden. Jtem / daß es auch gleicher Weiß / im Fall / ſo ein Eheweib ihren Mann / oder die Perſon / damit der Ehebruch vollnbracht haͤtte / beklagen wil / gehalten werden ſoll. Woruͤber D. Matthias Stephani ſchreibet / daß der doppelte Ehebruch / wann namlich ein Ehemann / mit einem Eheweib / zu thun hat / von den Sachſen / Ober - Hurerey genant werde: und daß ein ſolcher Ehe - bruch / nach der gedachten Caroliniſchen Ord - nung / am Leben geſtrafft werde: Wie auch / wann ein Lediger / bey eines andern Ehe-Weib ſchlaͤfft. Wiewol man hierinn / wie Er num. 3. cir. f. ſagt / auff die Gewonheit eines Orts zu ſehen habe / cùm constet, plerisque in locis, ſtatutis municipalibus, veluſu, vel Conſtitutionibus ſuperiorum judicum, adulteros non pœnâ Capitali, ſed pecuniariâ tan - tùm, vel aliâ extraordinariâ, & arbitrariâ puniri. Jn Franckreich / wie Rebuffus ſchreibt / iſt nie ge - hoͤrt worden / daß die Ehebrecher am Leben ge - ſtrafft wuͤrden: imò inibi in laude induſtriæ adul - terium poni, testatur Ant. Robert. rer. Iudic. lib. 1. c. 14. ſchreibet Herr D. Dietherr / in Addit. ad Theſ. Pract. Beſoldi, v. Ehebruch / p. 359. Man hat aber gleichwol bey den Reformirten daſelbſtdie206Die 50. Frag / des 3. Hundert. die Leib-Straff mit den Ehebrechern vorgenom - men / wie anderswo aus Thuano, Bericht geſche - hen iſt. Sihe ein mehrers hievon beym Berlichio, part. 4. concluſ. 27. Und daß / wann Einer ſich / wegen des begangenen Ehebruchs / verglichen / Er hernach das Weib / ſolches Ehebruchs halber / nicht mehr anklagen koͤnne / den obernanten D. Mejerum, d. th. 13. quæſt. 3.

Die 50. Frag. Wie wird der Mein-Eyd geſtrafft?

ES werden Leuthe gefunden / die vermeinen / daß die Mein-Eydigen zu ſtraffen allein Gott gebuͤre / als deßen Nahmen ſie / im ſchwoͤren / vergeblich gefuͤhrt ha - ben. Und tractiret auch Fichardus conſil. 148. nu. 5. vol. 2. dieſe Frag / ob der Meineyd auch mit ei - ner Weltlichen Straff abgeſtrafft werden koͤnne? uñ beſchließet; es moͤge auch eine Weltliche Obrig - keit den Meyneyd / aber nach Wilkur / und geſtalt der Sachen / und unterſchidlicher Faͤlle / entweder ſchaͤrffer / oder gelinder / beſtraffen. Und beweiſet naͤchſt angezogner D. Iuſtus Mejer, de Tranſa - ctionibus th. 20. quæſt. 1. daß in den Rechts-Buͤ - chern eine den Mein-Eydigen verordnete Straff gefunden werde; da Er auch unterſchiedliche Rechts gelehrten / und darunter Menocnium,de207Die 50. Frag / des 3. Hundert. de Arbitrar. judic. quæſtion. Cent. 4. Cas. 319. und VVeſembecium in paratit. n. 13. ff. de jurejuran - do, anziehet / da Er ſagt / obwoln der Meyn-Eyd / ſovil die Seel / und das Gewißen anbelangt / Gott zum Recher habe / l. 2. C. de rebus credit. der ſol - chen auch mit ſchweren Straffen reche; ſo folge darumb daraus nicht / daß der Mein-Eyd nicht auch / durch die Geſaͤtz / geſtrafft werde. Jn der Peinlichen Halß-Gerichts-Ordnung Keyſers Caroli V. ſtehet artic. 107. alſo: Welcher vor Richter / oder Gericht / einen gelehrten Mein-Eyd ſchweret / ſo derſelbig Eyd zeitlich Gut antrifft / das in deß / der alſo faͤlſchlich geſchwoꝛen hat / Nutz kommen / der iſt zufordriſt ſchuldig / wo er das ver - mag / ſolch faͤlſchlich abgeſchworen Gut / dem Ver - letzten wider zu kehren / ſol auch darzue verleumd / und aller Ehren entſetzt ſeyn. Und nachdem im Heyligen Reich ein gemeiner Gebrauch iſt / ſolchen Falſchſchwerern die Zween Finger / damit ſie ge - ſchworen haben / abzuhauen / dieſelben gemeine ge - woͤhnliche Leibſtraff woͤllen wir auch nicht endern. Wo aber Einer / durch ſeinen falſchen Eyd / je - mand zu peinlicher Straff ſchwuͤre / derſelbig ſoll mit der Peen / die er faͤlſchlich auff einen andern ſchweret / geſtrafft werden. Wer ſolch falſch Schweren mit Wißen / fuͤrſetzlich und argliſtig - lich darzu anrichtet / der leidet gleiche Peen. Biß hieher dieſe Ordnung. Daruͤber Matthias Ste -phani208Die 50. Frag / des 3. Hundert. phani fraget / wann der Meineydige ſonſten umb die obangedeute Zween Finger kommen were / wie Er alßdann zu beſtraffen? da Er Baldum an - ziehet / welcher ſage / wann Einer / in ſolchem Fall / der Rechten Hand mangle / daß ihme die Lincke ſolle abgehauen werden; der gleichwol darzue thue / daß ſolches hart were / dieweil hiedurch der Menſch gar untuͤchtig gemacht werde; und deß - wegen villeicht an einem andern Glied die Straff zu volziehen ſeye. Und ſchreibet Er ferners / aus Matthiæ Coleri decis. 114. n. 10. daß der Burg - graͤvin zu Meißen An. 1576. geantwortet wor - den / als die Meineydige wider in ihr Gebiett kam / und / daß ihr ein Finger in der Rechten Hand mangelte / befunden worden / mit der ſie geſchwo - ren / daß die Zween naͤchſte Finger ihr ſolten abge - hauen werden. Wann aber ein Meineydiger / nach ſeiner Verweiſung / das dritte mal wider - komt / ſo greiffet man zur Lebensſtraff / und wird ein ſolcher hingerichtet. Nach dem Geiſtlichen Recht / wird ein Mein-Eydiger in den Bann ge - than / und ein Geiſtlicher ſeines Amts entſetzt; wie Er / D. Matthias Stephani, es daſelbſten p. 186. & ſeq. erweiſet. Sihe von Mein-Aydigen / und wie Theils ſich mit dem Eyde loß gemacht / was Bonifacius lib. 8. hist. lud. cap. 18. 19. & 20. ſchreibet.

Hiebey iſt noch zu vermelden / daß Nicol. He -nelius109[209]Die 51. Frag / des 3. Hundert. nelius in Otio VVratislav. c. 15. dieſe Eydsformul fuͤr guet helt: So wahr mir Gott helff, oder / So wahr mir GOtt helff / durch JEſum Chriſtum / unſern Erloͤſer: Oder / ſo wahr mir Gott helff / nach ſeinem H. Wort.

Die 51. Frag. Was iſt in des Haubts Zueſtaͤn - den nutzlichen zu gebrauchen?

ES hat das Haubt allerley Zueſtaͤnde / darfuͤr aber auch allerley guete Mittel verhanden ſeyn / deren al - hie nur etliche / aus einem geſchribnen Buch / ein - gebracht werden. Und zwar ſo wendet die

Kalte Gebreſten des Haubts / und waͤr - met / Naͤgleinblumenwein; item / Majoran / mit Roſmarin / Betonien / Melißen / und Salbey / in Wein geſotten / uñ iederzeit einen guten Trunck da - von gethan: item friſcher Maioran zerꝛiben / uñ in die Naßloͤcher gethan. Alſo ſeyn guet Lavendel / Salbey / und eingemachte Muſcatnuß. Jtem / nimm Zimmetrinden / Jngwer / und Calmus / ie - des ein halb Lot / Pariskoͤrner / oder Cardomoͤm - lein / 1. Quintl / Pfeffer / und Mußcatenbluͤhe / ie - des ein halbs quintlein / Cubeben Zween ſcrupel / mache ſolche ſtuck zu einem Pulver / thue Zucker / und einhalbs quintlein Aniß / darzue / und iße da - von Meth getruncken iſt auch guet.

Wider die Haubt-Fluͤße brauche ſtaͤtigs Sal - bey / Kramer-Naͤgelein / oder ſchlucke etlich Ma -Oſtix -210Die 51. Frag / des 3. Hundert. ſtixkoͤrner hinab. Zu kalten Fluͤßen iſt diß Rauch - pulver guet; Nimm Majoran / Camillen / Roſ - marin / rothe Roſen / iedes ſovil / als einer auf 2. mal mit den Fingern faßen kan / Spicanardi / ſo - vil man auf ein mal mit den Fingern faßen kan / weißen Agtſtein / Waldrauch / Maſtix / Bech ſo auf den Wachholderſtauden waͤchſt / Bech / ſo am Epheu oder Wintergruͤn / waͤchſt / beede wol ge - doͤrt / und Weyrauch iedes 4. Lot / ſtoße es zu einem groben Pulver / und vermiſchs. Nimm Aloës opt. Succocitr. 5. qu. Spec. de gemmis 4. ſcrupel / mach mit einem wolriechenden weißen Wein 50. Pilu - len daraus / ſo wol verguldet / und nuͤchtern 1. oder 2. davon genommen werden ſollen. Wer ein fluͤſ - ſiges Haubt hat / der trag ſtaͤts Wermut darauff / er laͤſt kein Fluß herab ſincken. Chamillen-Blu - men / und rothe Roſen / iedes gleich vil / in Saͤcklein eingerigen / und warm uͤber die Stirn / und das Haubt gelegt. Ungeſtampfter Hirß 8. Lot / mit 2. Lot Saltz vermiſcht / darnach in einer Pfannen uͤber dem Feuer geroͤſt / und in ein langes ſchma - les Saͤcklein gethan / auf die Scheitel des Haubts warm gelegt / vertreibt die Haubt-Fluͤß.

  • flor. Lavendulæ, p. 1. (ſem.
  • Bethonicæ, Rorismar. Roſar. rub. anap.
  • Nucis Moſchat. 2. Scrup.
  • Caryophil. Cubebar. Macis, granor. Cher - mes, Santalicitrini, Aſſæ dulcis, aa, ein halb Scrup.
Ma -211Die 51. Frag / des 3. Hundert.
  • Mastich. el. anderhalb Scrup.
  • Gummi Juniperi 1. Scrup.
  • Storacis. calam. 1. Scrup.

Daraus mach ein grobes Pulver zu einem Haubt-Haͤublein.

Schleim / und boͤſe Feuchtigkeit ziehen aus dem Haubt / Schluͤßelblumen-Wein / Balſamblaͤtter in ein Saͤcklein gethan / und dieſelbe des Nachts - ber die Scheittel des Haubts gelegt.

Haubt ſtaͤrcket / Naͤgleinblumen-Waßer / Zu - cker / Syrup / und Eßig, item Gelbveilenwaßer / Schluͤßelblumen-Wein / Majoran-Waßer / und Wein / eingemachte Muſcatnuß / alle Morgen / und Abents / eines Scrupels ſchwer / vor der Mal - zeit genommen: item Kuͤmmel-Zucker / Fenchel / Lavendelzucker; oder waſche das Haubt mit Lau - gen / darinn Lavendel / Salbey / und Majoran / ge - legt worden.

Schwermuͤetigkeit des Haubts von Truncken - heit vertreibt Lavendel-Waßer / das Haubt damit gewaſchen / und in die Naſen gezogen: item / Koͤl nach dem Eßen geßen.

Dem von großer Hitz aus gebrantem / und aus - gedrucknetem Haubt hilfft Borragenkraut / und Stengel / in Waßer geſotten / und aufs Haubt ge - legt.

Jm Haubt-Wehe braucht man anfangs Roſenwaßer / Muſcaten-Oel / Eiſenkrautwaßer / Schellkraut: und Fenchelwaßer. Die Haͤnde /O ijund212Die 51. Frag / des 3. Hundert. und Fuͤeße / ſoll man oft mit laulechtem Waßer waſchen; aber nicht baden. Wan der Schmertz von der Hitz / braucht man Zitwanpulver / mit friſchem Waßer aufgelegt. Wann vil Feuchtigkeit da iſt / ſo ſoll man mit Haubt-Pillulen purgieren / oder nemmen Alo. Roſarum ſine mirrha Ʒij, ſpec. elect. de gemmis Ʒs, cum Syr. f. Roſar. f. pillul. pro. 3. doſ. unâ vice. 13. hora ante cœnam; ſo D. Iohan. Crato, fuͤr den Freyherrn von Zierotin / in Maͤh - ren / ſolle geordnet haben. Wann der Schmertz von uͤberfluͤßigen Trincken / ſolle man ſich erbre - chen; item Wermut / und Muͤntzen / gebrauchen. Wann Er von ſchwachem Magen / nimt man Quitten: item / ißet Linde / und leicht verdaͤuliche Speiſen. Ein vornehme Frau / Herrenſtands / hat gerathen zu nemmen Wacholderbeer / Majoran / Kram-Naͤgelein / kleiu geſtoßen / mit Eyerklar ein Saͤlblein gemacht / etliche Troͤpflein Branten - wein darein gethan / auf ein Tuͤchlein geſtrichen / und auf den Wirbel gelegt. Soll nicht allein fuͤr allerley Kopfwehe ſeyn / ſondern auch die Gedaͤcht - nis ſtaͤrcken. Obgedachter Dreyer Keyſer Leib - Doctor / Jo. Crato, hat fuͤrs Haubt-Wehe ins ge - mein / wie Einer es im Maͤhren mitgetheilt hat / auch folgende Mittel geordnet: olei Roſati com - pleti ij, Aqu. Roſar. iiij,[Ac]cet. Roſat. j, ſo man vernuſchen / auf die Stirn / und den Nacken / mit Tuͤchlein legen / und oft widerholen / und den Ma -gen213Die 51. Frag / des 3. Hundert. gen mit der Magen-Salb ſchmieren ſolle. Jtem Aloes Roſat. Ʒj, cum extract. Cal. arom. f. pillu - N. IX. oder / pillul. mastichin. Ʒjs, f. pill. medio - cres, davon eines eingenommen / wann man wil ſchlaffen gehn. Oder / Aqu. Acetos. Viol. Cichor. Roſar. aa Ʒij, aceti vinoſi jß, Camphorægran. ij. misce. Sonſten braucht man im Hitzigen Haubt - Wehe Veielwaßer / mit einem Seeblumen-Sy - rup / und thuet davon Nachts einen gueten Trunck / ſchlegts auch eußerlich / mit leinen Tuͤchlein / und darzue genommenen Roſenwaßer / umb. Oder Burzel-Safft / mit Veiel: oder Roſenoͤl ver - miſcht / und an die Schlaͤff geſtrichen / ſo auch ſchlaffen macht. Oder: Nimm Roſenoͤl 4. Lot / Roſenwaßer 3. Lot / Roſeneßig 1. Lot / darinn netze leinine Tuͤchlein / und ſchlage ſie uͤber das Haubt. Und ſo die Hitz gar groß were / kan man Veiel: oder Seeblumen-Oel darunder miſchen. Zum Haubt-Wehe von Kaͤlte brauchet man Conſer - ven-Zucker von Naͤgelein-Blumen / Majoran - Waßer uͤbergeſchlagen / und das Oel in die Na - ſen gethan: item Melißen. Jns gemein nimbt man Veieloͤl / und ein wenig Roſenoͤl / und ſtreichts auff die Schlaͤff. Oder / mache von friſchem Quendel einen Krantz / und leg ihn auff das bloſ - ſe Haubt. Oder / waſche das Haubt mit Wein / darinn gedoͤrte Roſen geſotten ſeyn. Oder: nim des Euphorbii (ſo ein Gummi) / Myrrhen / undO iijAra -214Die 51. Frag / des 3. Hundert. Arabiſchen Gummi / iedes gleich vil / miſch mit ge - klopftem Eyerklar / und Saffran / wol unterein - ander / und legs vornen auf die Stirn des Haubts uͤber: Wird vor ein gewißes Mittel wider das Haubt-Wehe gehalten. Oder: nimm 1. Lot Schwefel / 1. Lot Sterck: oder Krafftmeel / 1. L. Nuß / 1. Lot Wacholderbeer / 1. Lot Gall-Aepfel / 1. Lot weißen Weyrauch: Dieſe Stuck ſtoße klein / miſch darunter Eyerweiß / ſchmiers auff ein grob Papir / binds dem Patienten auff beede Schlaͤff / wenn es drucken / erfriſch es wider mit Eyerweiß. Soll eines Geiſtlichen im Bayriſchen Laͤger / in Heßen / gewiße offtprobirte Kunſt vor die Haubt - Schwacheiten geweſen ſeyn. Oder: Nimm Eyer - klar / Roſeneßig / Roſenwaßer / Roſenoͤl / Holder - Eßig / Saffran / Saltz / ſovil du zwiſchen 2. Fin - gern heben kanſt / klopfs wol unter einander / netz ein Tuch darinn / ſchlags uͤber die Stirn / und Schlaͤff / wans drucken iſt / netz wider / thue das gar offt: es hilfft. Wann große Hitz dabey / binde ge - ſaltzne Limoni uͤber die Pulß / ziehet die Hitz aus. Wann die Leut vom Haubtwehe gleichſam wollen unſ[i]nnig werden / Nimm Chamillen-Blumen 2. Handvoll / Dillenkraut / Majoran / rote Roſen / iedes 1. Handvol / ſiede diſe Stuck in Brunnen - waßer zum halben Theil ein / ſeihe die Bruͤhe durch ein Tuch / netze darein doppelte leinine Tuͤch - lein / legs warm uͤber Stirn / und Schlaͤff / und thues offt. So aber ein Menſch im Haubt albe -rait215Die 51. Frag / des 3. Hundert. rait unrichtig were / ſo nimm 2. Handvol Eiſen - ſenkraut / und 1. Handvol Chamillen / ſeuds in ei - ner alten Maß Laugen den Dritten Theil ein / und zwag ihn alle Tag damit. Oder: nimm zwey Lot weißen Weyrauch / 1. Handvol duͤrren Wermut / 7. Pferſichkoͤrner / 1. Handvol Wacholderbeer / ſtoß iedes bſonder / darnach nimm ein Maß Eßig / des beſten / laß wol ſieden / binds auffs waͤrmeſt auff das Haubt / und um die Schlaͤff. Solle gar bewehrt ſeyn / und auch ſchlaffen machen. Sihe die folgende Frag / und daſelbſt Schwindel. Wann Einer ſich vol geſoffen / und nicht weiß / wo Er vor Kopfwehe bleiben ſolle / der nemme Weinrauten / ſtoße die wol mit Eßig / thue darzue Pferſingkern / und Roſenoͤl / temperirs wie ein Pflaſter / und legs lauwarm uͤber die Stirn / und Schlaͤff. Das Haubt-Wehe von der Sonnen vertreibt Pſyllien - ſamen-Schleim / mit ſovil Chamillen-Oel durch - einander vermiſcht / darnach Tuͤchlein darinn ge - netzt / und alſo / wie ietzt gemelt / uͤbergelegt. Vor Haubtwehe / in hitzigen Fiebern / nimm Gerſten - meel / 2. Handvol / temperirs mit friſchem ausge - preſten Fenchelkraut-Safft / und friſchem Roſen - oͤl / zu einem Pflaſter. Die gemeine dicke Gerſten - bruͤhelein ſeyn guet zum Haubtwehe / wann ſolches vom trincken hitziger / und geſchwefelter Wein herkomt.

Zu einem Zerſchlagnen / Zerknitſchten / undO iiijge -216Die 51. Frag / des 3. Hundert. geſchwolnen Kopf / nimm 6. Lot geſtoßenen Roͤ - miſchen Kuͤmmel / 2. Lot geſtoßen Saltz / 6. Lot ro - hes Honig / und 4. Lot Terpentin / vermiſchs uͤber einem linden Feuerlein zu einem Saͤlblein / das leg dem Krancken warm uͤber den Schaden / auf einem Tuͤchlein. Sonſten braucht man wider die Haubt-Geſchwulſt / Weinrautenwaßer warm / nezet ein zwifach lemin Tuch darinn / windets warm um das Haubt / und ſo es drucken wird / ne - zet mans wider.

Wider die Haubtſchuͤß / zerknitſcht man Wer - muet / ſiedet ihn in Waſſer / und bindet denſelben pflaſtersweiſe ſaͤnftiglich um das Haubt. Oder man leget zerſtoßen friſchen Baldrian / mit der Wurzel / wie ein Pflaſter / auff.

Zu den Haubt-Wunden werden die friſch zer - ſtoßene Naͤgleinblumen / darein gethan / gelobt. Wann Einem das Haubt zerknitſcht worden / ſo nimm / uͤber das / ſo hie oben alberait einkommen / rein gepulvert Weitzenkleyen / thue darzue den dritten Theil Schweininſchmaltz / ſeuds mit Traufwein zu einem Pflaſter / ſtreich davon auf ein Tuch / und legs warm uͤber den Schaden.

Wann es auff einer Seiten naget / und wuͤetet / als wann ein Wurm darinn were / ſo nimm Seu - fenchelkraut / ſtoße das mit Eßig / und Baumoͤl / und legs wie ein Pflaſter uͤber / erfriſch es auch des Tags 2. mal. Diſer Zueſtand wird der Haubt - Nagel / oder Haubtwurm / genant. Wider welchenauch127[217]Die 51. Frag / des 3. Hundert. auch diſes wol / und bald / helffen ſolle; Netz ein Schwammen einer Zwerch Hand brait in warmen Beyfuß-Waßer / und legs alſo warm auf das ſchmertzhaftig Ort / und ſo der Schwamm kalt wird / ſo netz ihn wider darin / und thue das offt.

Das Haubt reiniget Kuchenſchellenwaßer in die Naſen eingeſupft: Jtem / Meußoͤhrleinkraut friſcher Safft in die Naſen gezogen.

Dicke rote Geſchwer / oder Bauſen / heilet Lulch - kraut zerſchnitten / klein in einem Moͤrſer geſtoßen / und pflaſtersweiſe uͤbergelegt.

Hitzige Blaͤtterlein des Haubts heilen Camil - len in Waßer geſotten / und das Haubt zum ofter - mal damit gewaſchen. Oder / nimm rein gepulvert Eiſenkraut / des aufgedruckneten Saffts Acaciæ, iedes 2. Lot / gepulvert Myrrhen ein halb Lot / miſchs mit gnugſamen rauhen Wein / wie ein Saͤlblein / damit heile die gemelte Blaͤtterlein.

Vor die Schebigkeit waſche dich mit Meiſter - wurtzwaßer.

Vor die Schieppen ſiede Chamillen: oder brauch Veielwaßer / oder Knoblauchſafft; oder nimm Myrtenbaums Saamen / oder die Beer / in Wein geſotten / uñ waſche das Haubt damit. Oder ſeude Wermut in Waßer / und waſche das Haubt damit. Oder / nim̃ friſch Scabioſenkraut / hacks / uñ ſtoß es / darnach druck den Safft durch ein Tuch aus / und ſtreich das Haubt des Tags etlich malO vdamit218Die 51. Frag / des 3. Hundert. damit an. Vor die Schiepen aber des Angeſichts / ſtoße Chamillenblumen zu pulver / vermiſchs mit Hoͤnig zu einem Saͤlblein / ſchmier dich des Tags 2. mal damit / und waſche dich M. und Ab. mit geſottenem Chamillenwaßer wider ab. Oder / waſche dich mit Bier.

Die Niß toͤdtet Menwelwurtz / oder Grind - wurtz / in der Laugen gebraucht; item Schwefel mit Schweinenſchmer vermiſcht: Die Niße aber under der Haut nimt hinweg Salbeywaßer / oder das Bier / darinn Salbey geſotten; item Erbſen - ſuppen / Hyßop-Blaͤtter: item die beſagte Grind - wurtz / zerſtoßen mit Eßig / und Saltz. Jtem Wer - mut in Waßer geſotten.

Knoblauch mit Wolgemut geſotten / und ge - truncken toͤdtet Laͤuß / und Niß. Arnoldus Villano - vanus wil / wann man Wermut in Waßer ſiede / und die junge Kinder 3. oder 4. Monat lang alle Abend darinn bade / ſo bekommen ſie keine Laͤuß / Niß / oder Floͤhe / nimmermehr. Wolgeſaltzner Eßig / item Laugen von Goldwurtz / iſt auch wider die Laͤuſe.

Den Grind heilet Wermut geſtoßen / und auf das Haubt gelegt. Oder / nimm Holwurtz / mit dem Kraut / und aller Zugehoͤr / ſeuds in Bach - waßer / und mach davon ein Bad / ſo allen boͤſen fluͤßigen Grind heilet / darinn gebadet / und das Waßer / wie Erdrauchwaßer M. und Ab. iedes - mal 4. oder 5. Lot / getruncken. Oder / Nimm Sca -bio -219Die 51. Frag / des 3. Hundert. bioſenkrautſafft / und gueten ſcharffen Weineßig / iedes ein guet Theil / ſeuds ſaͤnfftiglich uͤber einem linden Feuerlein / biß ſie dick werden wie ein Oel / und ſchmier den Grind / Reuden / und Flechten / es heilet wunderbarlich. Alſo heilet allerhand boͤ - ſen Grind Habermeel / mit Loroͤl / und Eßig / zu ei - nem Pflaſter gemacht / und daruͤber geſchlagen: die Grindflecken aber vertreibet Liebſtoͤckelwaßer / des Tags etlich mal damit gewaſchen. Fließenden Grind des Haubts / und Angeſichts / druͤcknet / und heilet bald rein gepulvert Reismeel 6. Lot / rein gepulvert lebendiger Schwefel 2. Lot / ver - miſchs mit ſcharffem Eßig zu einem Saͤlblein / und ſalbe den Grind damit. Zum Haubtgrind nimm Pappelnwurtzel / ſeud ſie in ſtarckem Eßig / zerſtoß / und zwing ſie durch ein Tuch / nimm dann diſes Saffts ein Vierling / Schweinenſchmaltz 1. Lot / Queckſilber ein halb Lot / Weinſtein 2. Lot / miſch alles / und ſalbe. Zum Erbgruͤnd nim den Samen von der Althea / ſeuds mit Knoblauch / und Eßig / und ſchmier dich damit an der Sonnen. Oder / ol. Roſar. iiij, Lytharg. præpar. Ʒs, Myrrh. Ʒs, Aristoloch. long. Ʒs s, Aloëpat. j, Sangu. Dracon. Ceruſſ. Bol. Armen. Ariſtoloch. rot. aa Ʒß, Ceræparum, miſce, f. unguent.

Ein Medicus hat folgendes Saͤcklein / zum Kopf / in der Laugen zugebrauchen verordnet: Mac. Ʒj. Stoech. Ʒij, Majoran. Aſar. - momil. Calament, Origan. Serpill. Puleg. fol[.]Laur. 220Die 51. Frag / des 3. Hundert. Laur. aa M. ß. Ros. M. 1. Caryophil. Cinam. Nucis mos. aa Ʒs. Cubeb. j. Cort. Citri Ʒiij. Sem. S〈…〉〈…〉 ap. Ʒ. iij. M.

Stirnſchmertzen hilfft Weinrauten / und Saltz / wol geſtoßen / und mit Honig zu einer Sal - ben gemacht. Oder / nimm Wermuet / Rauten / und Gundelreb / iedes gleich vil / miſch ſie mit gnugſamen Honig / und einem Weißen von einem Ey / und ſchlags auf einem Tuch / wie ein Pflaſter / uͤber.

Kinsflechten heilen rein gepulvert Eiſen - kraut / der aufgedruknete Safft Acaciæ, iedes 1. Lot / rein gepulverte Myrrhen 1. qu. mit gnugſa - men Wein zertriben / und des Tags etlich mal das Kien damit geſalbet. Und diſes Saͤlblein hei - let auch des Angeſichts Blaͤtterlein. Sonſten ſeyn wider die Hitzblaͤtterlein im Geſicht Zucker / und Roſenwaßer / vermiſcht.

Das beſagte Angeſicht ſchoͤn / und holdſee - lig / zu machen / zertreib Maſtix in Waßer / oder Eßig; Oder nimm Myrrhenoͤl. Nimm einen großen Limoni / thue den oben auff / damit das inn - wendige heraus genommen werden moͤge / thue hernach / in die Hoͤlle / darfuͤr / Zucker Candi / mit etlichen Goldblaͤttlein / thue den Deckel wider da - ruͤber / und ſetz den Limoni in heiße Aſchen / und wann er ſiedet / thue das ausgenommene alles wi - der darein / und thu es darauf gleich vom Feuer. Damit netze ein leines Tuͤchlein / und beſtreiche dasAnge -221Die 51. Frag / des 3. Hundert. Angeſicht ſanft damit. Die Weiber haben ande - re Anſtrich auch / die man probiren kan / ſo man Kuͤmich / oder Knoblauch iſſet / und den Athem daran gehen laſt / ſo wird das Angeſicht bleich. Oder wann man Erbis kifet / ſo faͤlt der Anſtrich ab. Wann das Angeſicht ſiehet / als wer es Auſ - ſatzig / nimm alt Schmer / ein Vierling eines pf. Gallas / Schwefel / iedes 4. Lot / Jmber / Wey - rauch / iedes 2. Lot / rothe Myrrhen ein halb Lot / miſch / und beſtreich das Angeſicht damit. Zum Kupfern Angeſicht / iſt guet Blaulilien-Wurtzel zerriben / den Safft mit Geißmilch vermiſcht / und das Angeſicht damit geſchmiert. Alſo heilet auch Pfinnicht roht Angeſicht Erdbeerſafft / damit ge - waͤſchen / oder Tuͤchlein in Erdrauch waßer ge - weicht / und Abends uͤbergelegt. Die Zitterſchen / und Flechten deßelben heilet Erdrauch inn: und eußerlich gebraucht; item / Schellkraut klein ge - hackt / geſtoßen / und des Tags 2. mal friſch uͤber - gelegt. Weitzenmeel / mit dem ſauren Honig-Sy - rup / wie ein Saͤlblein gemacht / und taͤglich damit geſchmiert / vertreibt des Angeſichts Anmaͤhler / Flecken / und Maſen. Oder / nimm die Broſam von Weitzenbrot mit Honig temperi rt / wie ein Pflaſter / ſo auch alle Maſen von ſchlagen / ſtoſ - ſen ꝛc. vertreibt. Wann man auch dieſe Broſam duͤnn mit Honig anmacht / zu einem Saͤlblein / und damit das Angeſicht Abents anſtreicht / Morgens aber mit geſottenem Kleyenwaßer wi -der222Die 51. Frag / des 3. Hundert. der abwaͤſcht / ſo werden auch die Schiepen des An - geſichts vertriben. Sonſten waͤſcht man die Hitz - Blaͤtterlein / und Seuerlein des Angeſichts / mit Erdbeerkrautwaßer / und leſts ſelber drucken wer - den. Oder vermiſch Sauerteig mit Wein / und ein wenig gepulverten Weirauch / zu einem Saͤlblein / und legs auff ein Tuͤchlein. Die Blaue Maͤhler vertreibt Wermutſafft / mit geſtoßenem Roͤmi - ſchen Kuͤmmel / und Honig / Pflaſterweiſe durch - einander temperi ret. Oder / Nimm Majoran / ſeud ihn in Wein / und ſchlag ihn in einem Tuͤch - lein warm oder laulecht / uͤber. Angeſichts Bu - ckeln / Beulen / und Druͤſen / zeitiget / heilet / und zertreibt Beyfuß geſtoßen / und warm / wie ein Pflaſter / uͤbergeſchlagen. Angeſichts Runtzeln vertreibt Fenchelwaͤßer / das Angeſicht damit M. und Ab. angeſtrichen / und von ſich ſelbſt laßen drucken werden.

Was die Haar am Kopff anbelangt / (von deren Lob Balth. Bonifacius, in historia ludicra, lib. 1. c. 7. geſchriben / auch Ansonius Hottomanus, in ſeinem dial. de Barba, und Phil. Camerarius, in oper. ſu. vil zuſammen getragen haben / Und was von den gekreuſten Haaren zu halten? Sagittar. in exercit. Eth. exot. p. 239.) ſo machen dieſelbe wachſen die Aſche von Geißmiſt / mit Oel ver - miſcht / und angeſtrichen. Oder nimm eine gruͤne Edex / und einen Jgel / pulveriſirs / und vermiſch das Pulver mit Oel / und ſalbe den Ort damit /da223Die 51. Frag / des 3. Hundert. da man Haar haben wil. Oder nimm groß Neſ - ſelwurtz / machs zu Pulver / und brauchs zur Lau - gen. Schoͤnes Haar zu ziehen / nimm Rebenaſchen 16. Lot / Gerſtenſtroh 2. Handvol / Suͤßholtz 2. Lot / das ſiede in einer großen Maß Waßers / laß wol einſieden / und ſeihe es durch / waſch das Haubt damit / und laß von ſich ſelbſten drucken werden. Zu langen / ſchoͤnen / und zarten Haaren / und Bart / nimm des gediſtillirten Honigwaßers / und Himmelbrandwaßers / und loͤſe darinn Natter - ſchmaltz auff / darnach buͤrſte dich alle Tag damit / und laß es von ſich ſelbſt drucken werden. Huͤener - Kot gedoͤrrt / zu kleinem Pulver geſtoßen / mit Ho - nig / oder Leinoͤl angemacht / und auf ein kaale ſtett gelegt. Oder / beſtreiche den Ort mit Beyfußwaſ - ſer / oder mit Zwibelſafft; oder nimm Lilienblaͤt - ter / und ſtoß ſie mit Baumoͤl: oder ſiede Stab - wurtz in Oel / und ſalbe das Haubt damit. Schwartze Haar macht wachſen der Safft von Eiſenkraut / in welchen man die gruͤne Schelffen von Haſelnuß / ſamt ein wenig von Gerſtenbrot / und Eiſen-Roſt thuet / und die Haar damit faͤr - bet. Zu den krauſen Haaren / wann du das Haubt gezwagen haſt / ſo beſtreich das Haar oft mit dem Safft von Beerenklauen (Sphondylio) / und laß allwegen von ſich ſelbſt drucken werden. Einer ſagt / man ſolle die Haar erſtlich 3. oder 4. mal mit Beerenſchmaltz ſchmieren / wolle man ſie hernach Gelbicht haben / ſo ſolle man geſtoßen Saffran indie224Die 51. Frag / des 3. Hundert. die Laugen legen; wolle mans ſchwarz haben / ſo ſolle man Aſchen von Weinreben in die Laugen thun; Sollen ſie weiß werden / ſolle man die Haar uber den Rauch des lebendigen Schwefels hal - ten. Jtem / ſolle man / im Haar abſchneiden / den Stier / Wag / Jungfrau / und Wieder / meiden / ſo wachs es zierlich / ſonderlich / wan mans im Neuenmond abnemme. Das gar zu fruͤhezeitige graue Haar entſtehet von einer duͤnnen / und durchſcheinenden faulen waͤßerigen Feuchtigkeit. Darwider ſolle Hunds-Milch / damit geſalbet / ſeyn. Das Gelb Veyelinoͤl machet graue Haar ſchwartz. Das Außfallen aber der Haar entſte - het oftmals auch von einer waͤßerigen Feuchtig - keit / uñ weil die Gaͤnge / oder Lufftloͤcher gar zu weit ſeyn. Darwider braucht man Wermut in der Lau - gen geſotten / mit Stabwurtz / und das Haubt da - mit gewaſchen; das auch kraͤftiglich die Papeln thun. Oder / nimm Bilſenkraut ein halb Lot / Meußdreck 1. , Venushaar anderthalb Lot / Lilienoͤl / ſovil gnug iſt / und mach ein Salben da - raus. Daß die Haar ausfallen / nimm Griechiſch Bech 6. Lot / Maſtix 2. Lot / Gummi Armoniac 1. qu. Auripigment / oder Arſenick / ein halbs , und ein wenig War / den Armoniac zertreib in Wein / und miſch ihn mit dem zerlaßnen Wax. Feigbonen-Meel auf die Haar gethan / macht ſie ausfallen / und laſt keine andere wachſen. DasPulver225Die 51. Frag / des 3. Hundert. Pulver von eines Schwanen Beiner auf eines Kopf geſtreuet / ſoll alsbald die Haar ausfallen machen. Rebenſafft mit Baumoͤl vermiſcht / ſoll es auch thun. Daß gar kein Haar wachſe / wann daßelbe zuvor ausgerauft worden / ſolle gewiß ſeyn / wann man einen Laubfroſch zu Pulver bren - net / Sprengkrautwaßer darzue thuet / und alß - dann ſchmieret. Oder nur das Pulver von einem gruͤnen / und verbranten Froſch nimt / das mit Waßer miſchet / und das Haubt damit waſchet: oder den Safft von Erdrauch mit Arabiſchen Gummi vermiſcht. Vor die Milben ſiedet man Wermut in der Laugen / oder auch Saltz: item Beyfueß in heißer Laug uͤber Nacht gebeizt. Vor Leuß / Niß / und alle Unreinigkeit der Haar / ſiedet man Odermenig in der Laugen; oder macht eine Salbe von Knoblauch / Saltz / und Weineßig / und ſchmiert das Haubt damit. Den Haarwurm ver - treibt Scheelwurtz mit Wein geſotten / und wie ein Pflaſter uͤber geſchlagen. Oder / waſche den Scha - den allwegen mit einer Laugen aus Weinreben-A - ſchen gemacht / warm / und wann er troken worden / ſo nim Scheiben-Glaß / ſtoß es aufs kleiniſte / ſchlags durch ein Siblein / thue darunter Honig / laß uͤber einem Kolfeuer ſieden / ruͤrs wol unter - einander / ſchmirs auff die Wunden / ſo zeuhets den Wurm aus. Oder ſeude zuvor Haberſtroh in einem Keßel / und waſche damit die Rufen ab / und weil die Wunde noch friſch iſt / ſo nim Eßig / undPLeinoͤl /226Die 52. Frag / des 3. Hundert. Leinoͤl / iedes gleich vil / ſchlags wol durcheinander / thu darzu gepulvert Bleyweiß / daß eine weiße Salbe werde / und ſtreichs mit einer Feder uͤber den Wurm.

Die 52. Frag. Was dienet abſonderlich zu des Hirns Gebreſten?

DAs Hirn iſt das oͤberſte und hoͤchſte unter allen innerlichen Gliedern des Menſchen / ein Sitz / und Wohnung des Verſtands / Gedaͤchtnus / und Urtheilens / welches von der Natur / mit mancherley wunder - barlichen unterſchiedlichen Eigenſchaften erſchaf - fen; Dann es iſt ohn Blut / ohne Fleiſch / weiß / weich / gleich als ein Schaum zuſammen gepackt / wie das Marck / feucht / kalt / in ihm ſelbſt unem - pfindlich / ſo es doch die Empfindlichkeit / ſamt dem Bewegen / durch die Nerven / oder Flachs-Adern / allen Glidern zuſchicket / mittheilet / und dardurch erhaͤlt. Es ſtrecket ſich zum Hirn der anfang aller Adern aus dem Hertzen / und endet ſich daſelbſt. Daher komt der Schlaff / in welchem es ruhet / und dem gantzen Leib Ruhe mittheilet. Darneben aber iſt diß edleſt ſtuͤck gantz zarter art / unzalbaren Beleidigungen underworffen / welche gefehrlichſte Nachtheil mit ſich bringen. Sihe Chriſtoph Wir - ſung / und Jac. Theodor. Tabernæmontanum, in ihrem Artzneybuch / part. 1. cap. 12. fol. 91. ſeqq.

Damit227Die 52. Frag / des 3. Hundert.

Damit nun dir / in etwas gedienet werde / ſo fol - gen / aus meinem nach und nach geſchribnen Artz - neybuͤchlein / folgende Mittel / als / daß das

Hirn ſtaͤrckt bereiter Pfefferkuͤmmel / des Morg. und Abends / wenn man zu Bette gehen wil / wol in Mund gekeuet / und folgends hinab ge - ſchlukt: item Roſmarin. Es ſtaͤrckt daßelbe auch alles das / ſo das Haubt ſtaͤrcket: item Maſtix / deßen etlich Koͤrner geſchlukt: item / eingemach - te Muſcatnuß Morg. und Ab. eines ſcrupels ſchwer / vor der Malzeit / geeßen. Der vortrefliche Medicus, Io. Crato, hat einem alten Mann / zu ſtaͤrckung des Hirns / folgende Saiffen geordnet / Sapon. Veneti lib. 1. Santali citrini, Radic. Ireos aa js, Garyophyl. Ʒj, Ambrægran. vj. Daraus ſolle man / mit Roſenwaßer / Kuͤgelein machen / und damit oft das Haubt ein Stund vor Abends ſalben.

Hirns Gebreſten wendet Pontiſcher Wer - mutwein. item / Bergrauten geeßen / oder getrun - cken: item Naͤgleinblumen-Wein / und derſelben Conſervenzucker: item / Melißen.

Hirns kaltem Gebrechen hilfft Conſerven - Zucker von Schluͤßelblumen; item Majoran / Lavendelzucker / und Oel / Naͤgelein / Lindenbluͤhe - waßer.

Hitzig Hirn erfeuchtet Veielwaßer / mit See - blumen-Syrup / vermiſcht / und einen guten ſtar - cken Trunck davon / gegen der Nacht / gethaͤn.

P ijHirns228Die 52. Frag / des 3. Hundert.

Hirns Verſtopfung / und Verletzung / hilft Salbey. Hirn reiniget Erdrauch: Kuchenſchel - len: Weinrautenwaßer / iedes abſonderlich in die Naſen gethan. item friſcher Maͤuß-Oehrleins - krautſafft: item / Bertramwurtzel mit Feigen / in Eßig / oder ſuͤßen Wein / geſotten / damit den Halß gegurgelt / und warm im Mund gehalten.

Hirnſchroͤtige Wunden heilet friſch ausge - druckneter Safft von Bibernel in die Wunden getrauft. Jtem / des Crollii Stich: und Wund - pflaſter / ſo ich ſelbſt zu Lintz an Einem probiren ge - ſehen / deme der Hack von einer ſchweren Truchen zimlich tieff in den Kopf oben gegangen / als das Lad von der Truchen ihme auff den Kopf gefal - len.

Die Aberwitz entſtehet aus entzuͤndung der Haͤutlein des Hirns / ſo das Hirn erhitzen / den Ver - ſtand ſchwaͤchen / und die Aberwitz verurſachen. Anfangs pflegt man / wie J. Cocus, in libel. de A - nima Philippi, berichtet / ſtracks die Haar abzu - ſchneiden / und das Haubt mit laulechten Eßig zu waſchen / damit das Hirn erkaͤltet werde. Man thuet auch alles Gemaͤlde hinweg; und gibt dem Patienten Bruͤhelein von Seeblumen / Oehlma - gen / und dergleichen / ſo den Schlaff bringen / der den Aberwitzigen ſonderlich guet iſt. Jtem / legt Quendel mit Eßig / und Roſenoͤl vermiſcht / uͤber die Stirn. Oder man gebe Roͤmiſchen Quendels Kraut gepulvert alle Morgen 3. Quintel mit ei -nem229Die 52. Frag / des 3. Hundert. nem Truͤncklein Honig-Eßigs ein. Jn einem Be - richt ſtehet alſo: Einem Unſinnigen ſoll erſtlich das Haar aufm Kopf abgenommen werden. Alß - dann nimm Wacholderbeer / brich davon die Bitz - lein / item Weinrauten / Abrauten / iedes eine Handvol. Schneid die Kraͤuter / und ſtoß ſie mit den Wacholderbecren in einem Moͤrſer / bis man die Stengel nit mehr ſiehet / darnach thues in ein Leinſatoͤl / und ruͤrs durcheinander / wie ein Mueß / mach ein Hauben aus einem blau wuͤllen Tuch / daß es ihm uͤber den gantzen Kopf / und Hirn ge - he / und ſtreich das Mueß wol warm uͤber den Kopf / ſetz die Hauben dem Krancken auff / und laß ihn 3. darinn ligen; und ſo es gar hart wird / ſo netz es wider mit dem Leinſatoͤl. Die Frau Graͤvin von Ortenburg / in Bayern / ſol vilen Leu - then / ſo etlich Jahr ſeyn zerruͤt geweſen / damit geholffen haben. Sonſten hab ich auch diſes ge - funden: Behe eine ſchnitten Rockenbrot / ziechs durch einen Wein-Geiſt / oder Spiritum vini, ſaͤe Kuͤmmich darauf / und binde ſie einem unrichtigen hinden auf den Hals zum Haubt / es ſolle helffen / und auch dem Haubtzittern wehren. Einer hat geſchriben / Wann ein Menſch der Sinnen be - raubt / ſolle man Lavendel / und rechte Kraußmuͤntz in Kofent / oder Nachbier / kochen / uͤber Wachol - derbeer / und aufgeſchnitne Welſche Nußen / ſo ſich von den Kernen ſcheelen laßen / und wol durchein - ander zerriben ſeyn / alsdann ſolle mans wolP iijdurch -230Die 52. Frag / des 3. Hundert. durcheinander reiben / ſo werds wie ein Hanff - imlch / davon ſoll man dem Krancken des Mor - gens warm / und des Abends kalt zu trincken ge - ben / es helffe / durch Gottes Genad / bald. Jn der Speiſe ſolle man junge / und friſche Endivien; item Habermeel / gebrauchen. Wann eine kleine Aberwitz / von Fiebern / oder Trunckenheit / verur - ſacht / da / iſt ſolchen Leuten abermals der Schlaff am beſten: item / eingemachte Citronen-Schelffen Morgens fruͤhe / und Abends 2. Stund vor dem Eßen / ein zimlichen Theil geßen. Siehe das vor - hergehende Capitel / §, im Haubtwehe. Jch finde bewehrt zu ſeyn / wann man in hitzigen Fiebern im Kopf nicht recht wird / daß man Kalbs-Lungen friſch brauchen / dieſelbe in ein heiße Milch / und ſo dann / wie mans leiden kan / uͤber die Stirn legen ſolle. Der Rauch von Rheinfaren ſolle auch die Fantaſey vertreiben; item Borragenwein / und Zucker gebraucht / item Nachtſchattenwaßer ge - truncken. Von Verwirrung des Hirns von eines wuͤetenden Hunds Biß / iſt in der 71. Frag / des Erſten Hunderts / Bericht geſchehen. Jn der Me - lancholia / welche aus den Gemuͤets-Zunaigun - gen / und der Verſtopfung der Krees-Aederlein / entſpringt / ſolle man alle affecten von ſich / und aus dem Hirn / ſchlagen; ſich der Ochſenzungen - Wurtzel / der Cappern / Erdrauch / Hopfen / Vei - eln / Borragen / Granaten / Citronen / Baſilien /Melißen /231Die 52. Frag / des 3. Hundert. Melißen / Quendl / gebrauchen; wie auch der Thymſeiden / oder des Epithymi, mit kleinen Ro - ſinlein / oder Veielſafft / oder des Pulvers / etwan 2. 3. oder 4. quintlein / mit Honig / Saltz / und Weineßig / getruncken. Jtem / iße einen zimlichen Theil der eingemachten Citronen-Schelffen / M. und Ab. vor dem Eßen. Jn der Melancholia / ſo morbus myrachialis genant wird / und in welcher ein Menſch allerley redet / und wunderliche Sa - chen vornimt / braucht man Sachen / ſo das Miltz eroͤfnen. Jſt auch aus dem Kopf / und Magen / der Unrath auszufuͤhren / und zu ſtaͤrcken. Galgant oft gebraucht / item Lavendelwaßer / und Zimmet / ſeyn auch guet. Hieher ziehet man auch die Ly - canthropiam, da die Leut ſagen / ſie ſeyen in Woͤlf - fe veraͤndert / auch den Woͤlffen nacharten / todtes Fleiſch / oder Aaas / freßen / auch oft Menſchliche Coͤrper ausgraben: Welcher Zueſtand / wie die Melancholia / curi ret wird / und iſt das beſte / wañ man die Krancke zu Hauß behelt. Ob nun wol die Doctores, J. Cocus, Jacobus Martini, und an - dere mehr / es nur fuͤr eine Einbildung / und Me - lancholi / halten: So ſeyn doch auch vil / die da glauben / daß die Leuth zu gewißer Zeit in Woͤlff verwandelt werden / ſonderlich in den kalten Laͤn - dern / davon anderswo geſagt worden.

Jtem wird hieher gezogen das Schroͤttelin / Alp / oder Trutt / wann Einer im Schlaff ver - meint / es lig etwas auff Jhn. Daher die altenP iiijWei -232Die 52. Frag / des 3. Hundert. Weiber glauben / es ſeye entweder der Teufel / oder ein Menſch / den ein Menſch lieb habe; da es doch ein Dampf / oder zaͤher Schleim / iſt / ſo den hin - dern theil des Hirns beſchwert / die Gaͤng / und Flachs-Adern / verſtopfet. Darzue komt der Traum / daß Einer vermeint / daß Er von einem gedruckt werde / dieweil die eußerliche Glieder / we - gen der verſtopften Nerven / anfangen / von den lebendigen Geiſtern / verlaßen zu werden / und ie mehr dieſelbe abgehen / ie groͤßer iſt auch der Ab - gang an den Geiſtern / die zu dem Hirn lauffen. Daher werden die innere Sinn ihnen einbilden / es ſteige etwas / von den Fuͤeßen / biß zur Bruſt her - auff / als wie mir im Staͤttlein Bitterfeld / in Sachſen / begegnet / als man mich in eine Kam - mer / ſo voller Schuncken / Speckſchwarten / und dergleichen / allein gelegt hat. Jnſonderheit brin - gen die uͤberfluͤßige Feuchtigkeiten / vilerley Traͤum / und Einbildungen / ſonderlich bey denen / ſo einen boͤſen unverdaͤulichen Magen haben / und auf dem Rucken ligen / vil Haſen: Rindfleiſch / und andere grobe Speiſen eßen / ſich auch damit uͤberfuͤllen. Wann Einem eine ſchwarze Geſtalt erſcheinet / ſo bedeutet es vil Melancholiſche Feuch - tigkeit; wann eine Feurige / vil Gallen; wann ei - ne Waͤßerige / viel Rotz. Man mueß mit dem Haubt-Kuͤßen hoch ligen / oft ſich der Pæonien / Fenchel / Wurtzel / und derſelben Samen / gebrau - chen / maͤßig leben / und den Leib wol bewegen / auchnie233Die 52. Frag / des 3. Hundert. nie in den Schuhen ligen / dieweil der Fuͤeße Waͤr - me im Schlaff ſtark iſt. Man ſolle auch / vor dem einſchlaffen / 7. oder 6. Pæonienkoͤrner verſchlu - ckeſſ. Jſt eine gefaͤhrliche Kranckheit. Jch hatte im Land Maͤhren einen Koſtwirt / der / bey der Nacht / mit bloßem Degen herum gefochten / und ver - meint / die Trutt / ſo ihn druckte / und Erfuͤr ein boͤ - ſes Weib hielte / zu treffen / fragte dann mich / Morgens / ob nichts zu mir kommen. Es haben aber ich / und die bey mir im Zimmer / ſo nahend dem Wohnzimmer geweſen / waren / Gott Lob / nie nichts gehoͤrt / oder empfunden: gleichwol iſt der guete Mann / wie auch ein Lediger Mahler / und die Koͤchin / daruͤber gantz Contract worden / ſeyn auch beyde geſtorben / Er aber / der Haußherr / wie auch ſeine Ehefrau (keine Kinder hatten Sie) ſeyu gleichwol beym Leben bliben. Er hat hernach / un - der der Thuͤrſchwellen / ſo auff die Gaßen / und ich / und meine Angehoͤrige / taͤglich daruͤber / und / GOtt ſeye abermals demuͤetigſt gedanckt / ohne Schaden gangen / graben laßen / da ſich dann Bei - ner / Haar / und anderer Unrath / wie Er mir her - nach erzehlt hat (dann ich / nach einem halben Jahr / das Loſament geaͤndert / und mich in eine andere Koſt begeben) gefunden haben. Wann die Alten mit dem Schroͤttelein / oder Alp / geplagt werden / ſoll es / wie D. Cocus wil / den Schlag / in - nerhalb 2. Jahren / bedeuten. Des Pfefferoͤls 4. Victrioloͤls 3. und Agtſteinoͤls auch 3. troͤpflein /P vmit234Die 52. Frag / des 3. Hundert. mit 10. troͤpflein der tincturæ Corallorum, Mor - gens / auf einmal eingenommen / ſolle guet darfuͤr ſeyn; wie auch diſes Schretzlein drucken der Jun - ge Fenchel / oder Dolden / in der Speiß gebraucht / vertreiben: oder ſalbe das Haubt / zu Nacht / warm / mit Weinrautenoͤl / wann du zu Bett ge - hen wilſt. Sihe hievon auch etwas oben in der 26. Frag.

Was obgedachten Schlag anbelangt / wird Er auch der Tropf / und Gewalt Gottes genant / und iſt eine Benemmung der Sinn / und Bewe - gung: und zwar Zweyerley / ein allgemeine / oder Apoplexia, und eine beſondere / oder paralyſis, und werden die / ſo damit behafft / Paralytici, oder Gichtbruͤchtige genant. Anfangs ſeyn die Apo - plectici, oder die mit dem Schlag getroffen wer - den / zu bewegen / und mit laulechten leininen Tuͤ - chern zu verwahren / damit die Verſtopfung hin - weggenommen werde. Jtem / ſoll man ſich des La - vendelwaßers gebrauchen / die Fůeße reiben; Senffſaamen zerſtoßen / und under der Zungen halten / wie auch eine Muſcatnuß: item Zimmet: und Meyenbluͤmleinwaßer / trincken / dann ſie ver - treiben den dicken Schleim / und loͤſen die Ver - ſtopfung auff. Raͤuche dich mit weißen Agtſtein / ſo auch fuͤr den Schlag / das Glied〈…〉〈…〉 ßer zu ſtel - len / wie auch das Blut aus der Na〈…〉〈…〉 bewehrt ſeyn ſolle. Einer hat einem Schlag[ſuͤchti]gen einen Tropfen des Galbanſaffts-Oel〈…〉〈…〉 den Nabel ge -riben /235Die 52. Frag / des 3. Hundert. riben / welcher alſobald iſt wider zu ſich ſelbſt kom - men. Wann der Leib verſtopft / thun die Clyſtier wol. Wer vom halben Schlag getroffen iſt / mag Brantenwein brauchen: item Naͤgelein. Wer vom gantzen Schlag getroffen / der ſoll Schluͤßel - blumenwaßer trincken; item ſich des Majoran / Roͤmiſchen Quendels / Salbey / Pæonien / A - lantwurtz / und Lindenbaum-Blumen gebrau - chen. Jtem / Nim Muſcatennuß-Oel anderhalb ſcrupel / der grauen Ambra 6. tropfen / der ſchwar - tzen 3. des Biſams 6. tropfen / des beſten Cibeths 10. tropfen / des Agtſteinoͤls 3. tropfen / und des Meyenbluͤmlein-Oels / ſovil von noͤthen / daraus ein Saͤlblein gemacht / und mit ſolcher oben am Haubt / das Mittelgruͤeblein / wol geſchmiert / auch in die Naßloͤcher geriben. Jſt auch guet fuͤr die Fraiß / und Ohnmachtẽ / deßgleichen / zur Peſtzeit / daran gerochen. Der gelb Veiln-Zucker dient zur præſervativ, oder Verhuͤetung des Schlags; wie auch Schluͤßelblumen / Melißen / Lavendel / und 2. Senffkoͤrner alle Morgen nuͤchtern ver - ſchlungen. Jtem / der Anhaltiſch Geiſt / Mor - gens etliche tropfen auf den Wuͤrbel gethan; oder trinck Wermutwein. Diſes ſoll bewehrt ſeyn: Nimm Angelikwurtzwaßer / das von den duͤrren Wurtzeln mit Wein angefeuchtet / und darnach diſtillirt wird / alle 8. Tag 2. mal / iedes mal ein par Loͤffelein / des Abends / wann man wil zu Beth ge - hen / und das allwegen / wann ein Viertel / Neu /oder236Die 52. Frag / des 3. Hundert. oder Vol-Liecht / eingehen wil / und zwar ein Tag zuvor / und darnach auff den folgenden Tag / wann das Liecht eingehet / auch / ein. Jn einem Zet - telein ſtunde folgendes: Nim ein Handvol / oder 2. Meyenbluͤmlein / leg die in den beſten Wein / und vermach das Geſchirꝛ wol / und laß den Wein ſtehen 12. Tag lang / darnach nimm die Bluͤm - lein aus dem Wein / druks wol aus / und brenne ſie darnach 5. mal aus einem Roſenhuet: Dar - nach / wann diſes geſchehen / ſo geuß ſovil Laven - delwaßer darunter / und trinck alle Monat / oder alle Tag davon. Es behuͤet dich ſicherlich vor dem Schlag / macht ein ſcharffe Gedaͤchtnis / erfriſcht das Hirn / und ſtaͤrcket die Glider des Menſchen. Fuͤr den Schlag / der die Zungen erlaͤmet / trinck gelb Veyelwaßer / M. und Ab. zween Loͤffel vol / und ſchmiere beyde Seiten am Kopf / darmit / die Zung wird wider ganghaft. S. Ein Schlag - Balſam / hie unden / zu lezt diſer Frag / nach dem Schwindel.

Der Schwindel iſt auch ein Gebrechen des Hirns / und gehet gern vor dem beſagten Schlag her. Wird Lateiniſch vertigo, das iſt / ein umb - wirblen / genant. Dann Einen nicht anders ge - dunckt / als es lauffe alles / ſo Er ſehe / geſcheibs mit ihm umb / oder es vergehet ihm das Geſicht / und ſchwermen ihm ſeltzame Sachen / und Farben / vor den Augen / umb. Und geſchicht zu Zeiten / daßalles237Die 52. Frag / des 3. Hundert. alles finſter wird / und oft mit ſolchem Gewalt / daß ſie zu Boden fallen / wie auch den Geſunden geſchicht / wann man ſie oft umbdrehet / ſie in die große tieffin von der Hoͤhin ſehen / umblauffende Raͤder / oder Waßerwuͤrbel / anſchauen. Wann nun obiges geſchihet / das Angeſicht / und Augen / rot werden / die Adern hindern Ohren groß / und blutreich erſcheinen / ſo iſt leicht zu urtheilen / daß uͤberfluͤßigs Blut im Haubt ſeye / welches das Hirn beſchwere. Darumb ſoll man ſolchen Kran - cken / von ſtund an / mit ordenlichem purgiren zu Huͤlff kommen; nachmals gedachte Adern hin - dern Ohren oͤffnen / drey Untz mehr / oder minder / Blut laßen. Dann diß iſt ein beſondere Huͤlff zu diſem Gebrechen / wie auch zu iedem Schwindel. Alſo ſollen ihm auch Laßkoͤpf / ongebickt / oben auff das Haubt / deßgleichen under dem Halß / auff die Hoͤhe der Schultern / und die Waden / geſetzt wer - den. Man ſoll auch warme Fußwaßer mit Kraͤu - tern / ſo das Haubt ſtaͤrcken / brauchen. Wo ſich aber ſolche Adern nicht / wie gemelt / erzeigen / doch das Angeſicht rot iſt / ſoll man die Baſilica ſchla - gen / Laßkoͤpf / wie geſagt / ſetzen / das Haubt mit Ro - ſen-Eßig / und Oel / befeuchten / alle hitzige Spei - ſen / unmaͤßiges ſchlaffen / und wachen / von hohen in die tieffe Ort ſehen / und was dergleichen iſt / mei - den. Siehe / wie man ſich weiter zu verhalten / in des Wirſungs Artzney-Buch part. 1. c. 12 fol. 95. Son -238Die 52. Frag / des 3. Hundert. Sonſten braucht man præparirten Coriander, und Aniß: Zum Fueß: und Handwaßer / Ma - joran / und Salbey. Es ſeyn auch guet zugebrau - chen Naͤgleinblumen / Balſam / Melißen / Roͤ - miſch Quendel / Spicanardi / Lavendel / Ehren - preiß / Senff auf das Haubt gelegt / Alantwurtz - Wein / Cardobenedicten / Meyenbluͤmlein / Car - domoͤmlein / Cubeben / Lindenbluͤhe / und Citro - nenſafft / Chamillenoͤl / Kuͤmmich / Fenchel / Pe - terlin. Jn eines geſchribnen Artzney-Buͤchlein hab ich geleſen / daß die Sail-Tantzer / wider den Schwindel folgendes Mittel brauchen thetten: Nimm Kuͤmichſaamen / Betonienkraut / edle Salbey / Cubebwurtzel / Lavendelſaamen / Majo - ran / Zimmet / Naͤgelein / Saffran / Muſcatnuß / Angelik. Diſe Sachen zerſtoße / trags am Halß / und rieche bißweilen daran. Daſelbſt ſtunde auch dieſes: Nimm Galgant / Cardomoͤmlein / Cori - ander / Borretſchblumen / Ochſenzungenwurtzel / Veyelwurtzel / fein Zucker / ſovil von noͤthen / zer - ſtoß dieſe Sachen / mach es in ein Saͤcklein / und trags am Halß. Oder nimm von diſem / in der fruͤhe / einen Meßerſpitz vol / ein / ſo thuet dir kein Kopf dein Lebenlang wehe / und kan dir Nirgend geſchwinden. Jtem / Nimm ein Lot Lavendelbluͤhe / ein Loth weißen Senff / ein Lot Welſchen Fenchel / 3. Lot fein Zucker / ſtoß alles klein zu Pulver / und nimm davon / alle Morgen / was du zwiſchen 3. Fingern faßen kanſt. Der Oeſterreichiſche Schlag -Balſam239Die 53. Frag / des 3. Hundert. Balſam iſt auch herrlich guet; welcher alſo be - raitet wird / olei nucis myristicæ ſtillaticii Ʒj, Ambræ gryſeæ veræ gr. vj, ſuccini nigri (Ambræ nigræ dictæ) præpar. gr. iij, olei è ſpica ſtillaticii pauxil. Moſchi Alexandrini gr. vj, Zibetti le - ctiſſ. gr. X. olei ſuccini albi ſtillat. q. s. incorporen - tur, fermenteſcat in ſuum tempus. Brauch da - von / auff ein mal nicht mehr dann ein Hanffkorn groß / vor den Schlag / oben auf den Kopf / gleich in den Wirbel / und in die Naßloͤcher geſchmieret. Vor die Peſt / wan man durch einen Ort / da es ſtirbt / raiſet / daran gerochen. Vor den Schwin - del / und Vergehung des Geſichts / auff die Schei - tel / und Schlaͤff / geſchmieret; in großer Ohn - macht ein wenig in die Naſen; und / vor das Klin - gen der Ohren / ein wenig in die Ohren gethan.

Die 53. Frag. Woher entſtehet die Fallende Sucht? Und was brauchet man darfuͤr?

DJeſe Seuch / ſo von den Griechen Epilepſia, von den Lateinern Morbus Comitialis, Caducus, Her - culeus, und Lunaticus, genant wird / iſt ein Ge - brechen des Hirns / auch ein ſchnelles Angreiffen / und auffhalten / aller ſinnligkeit / nemlich / da den Menſchen der Verſtand / alle Kraͤften des Ge -muͤets /240Die 53. Frag / des 3. Hundert. muͤets / ſamt der Empfindlicheit / und Gebrauch der Glieder / dergeſtalt benommen wird / daß ſie unverſehens zu Boden fallen / ſchaumen / etwa un - bewegt da ligen / nicht ſehen / hoͤren / noch empfin - den / zu Zeiten auch umb ſich ſchlahen / und arbei - ten / Doch wenn ſie widerum zu ihnen ſelbſt kom - men / von nichten wißen / was ihnen begegnet iſt. Darneben ſeyn wol Etliche / die ringlicher fallen / auch behalten / wie es Jhnen ergangen iſt. Urſa - chen diſer Kranckheit ſeyn mancherley; wie ſie denn / aus allen Vier Feuchtigkeiten des Menſch - lichen Coͤrpers / entſtehet. Darzue hilfft auch Über - eßen / Trunckenheit / auffriechende Speiſen / Zwi - fel / Knobloch / rohe Fruͤchten / und was dergleichẽ / ſo kalter / und feuchter Art ſeyn: Bauchwuͤrme / deren vergifter Rauch ſich / vom Magen / in das Hirn / erſtreckt / erſtunckener natuͤrlicher verhalte - ner Same / oder verſtopfte Monatzeit der Wei - ber; wie es denn oft denen Frauen widerfehret / die erſt empfangen haben: Das zu lang an heißer Sonnen / ſonderlich ſitzend / verharren / und in fei - ſten vollen Leiben Bocks-Leber geßen / oder gero - chen. Jhnen ſchadet auch das donnern / plitzen / wel - ches ſie gar leichtlich zum fallen bewegt; Eben al - ſo / wo ſich Eines uͤberfluͤßiger Ruhe / ſchlaffens / und was den Rotz mehret / gebrauchet: Jtem / der Mittagwind / item der gar kalte von Mitnacht / kalte / und feuchte Landſchaften / der Geruch vondiſen241Die 53. Frag / des 3. Hundert. diſen fuͤnff nachbenanten ſtuͤcken. 1. Geißhorn / welcher ſo gewaltig iſt / daß er die / ſo vermeinen ſie ſeyen ſolcher Sucht ſchon entledigt / und dieſen Ge - ruch empfahen / von ſtund fallen macht. Jtem 2. Galbanum, ein Gummi. 3. Myrrhen. 4. Ben - zuin / oder Benzoi / ein wolriechend Gummi / ſo zu den Rauch-Kertzlein gebraucht wird: Und 5. vor allen / das Epfichkraut / von welchem erfahren iſt / daß es einen hat fallen gemacht / da ers nur in ei - nem Garten anſichtig ward.

Die Jugend iſt diſer Sucht vilmehr / denn das Alter / underworffen / wird aber leichter bey jungen Leuten gewendet. Mit den Kindern zwar / ſo noch an der Bruſt ligen / iſt nichts ſicherers fuͤrzunem - men / denn daß die Seug-Ammen gute Ordnung in ihrem Leben halten / ſich guter ringdaͤuiger Spei - ſen gebrauchen / naͤmlich ſolcher / die mittelmaͤßig waͤrmen / was grobe Feuchtin machet / meiden / ſich des Manns enthalten / und wann ſchwaͤngerung da / das Kind keines wegs mehr ſaͤugen. Sie ſollen ſich / vor eßens / zimlich uͤben / gewaͤßerten Wein trincken / ſich vor Fruͤchten / und Kraͤutern / ſonder - lich denen / ſo kalt / und feucht ſeyn / huͤten. Siehe hievon ein mehrers in des Wirſungs / und Taber - næmontani Artzney-Buch / part. 1. c. 12. fol. 118. ſeqq.

Jch wil alhie nur etlicher Mittel gedencken / ſo ich mehrertheils aus geſchribnen Bůchern aufge - zeichnet / und etwan im Raiſen vernommen habe. QAls /242Die 53. Frag / des 3. Hundert. Als / wann man das Bluet aus den Fuͤeßen Ei - nes / der die Fraiß / oder Vergicht / oder / wie mans in Schwaben nennet / die Hertz-Arbeiten hat / einem Hund zu freßen gebe / ſo ſoll der Hund ſolche bekom - men / und der Menſch davon erledigt werden. J - tem / ſolle man alle Tag / Morgens und Abents / von Weinrauten trincken / auch / wan eben der We - hetag da iſt / Weinrauten auf das Genick legen / das ſolle wehren / daß man nicht erblinde. Feld - kuͤmmich gekeut / und den Kindern ins Angeſicht gehaucht. Wann Einer faͤlt / ſoll man ſtraks eine Turteltauben nehmen / und ihres Bluts / mit ei - nem bequemen gebranten Waßer / eingeben. Oder / balle friſche Rauten ein wenig zuſammen / und ſte - cke ſie dem Krancken in die Naſen: oder / oder trinck / von Bergrauten. Oder / blaſe Einem / der bald niderfaͤlt / ein wenig Rauten / und Bibergeil / in die Naſen; oder gib ihm ein wenig Vitriol-Oel auf die Zunge: Er ſtehet bald wider auff. Das Waßer von jungen Hezen in Alemb. diſtillirt iſt gar guet. Der Saltz-Geiſt einem / ſo diſe ſchwere Kranckheit hat / in aqua vitæ eingegeben / wird da - von erledigt. Die præparirte Perlen ſeyn auch guet. Jtem / beſtreiche dem Patienten die Lippen mit Menſchenbluet / ſo wird Er alßbalden erle - digt: item reibe die große Zehen an den Fuͤeßen hart / oder ſtich darein. Unter den gemeinen Sa - chen / wie D. Cocus erinnert / iſt nichts beſſers / alsdas243Die 53. Frag / des 3. Hundert. das Pulver von eines Menſchen Hirn / wañ man ſolches in einen Bachofen thuet / daß es wol dru - cken werde; hernach heiß heraus nimt / und in Meyenbluͤmlein / Lindenbluͤhe / Sauer-Ampfer / Ehrenpreiß / Betonien / Majoran / Schluͤßelblu - menwaßer / ausloͤſcht / hernach pulvert / und da - von ein Scrupel / mit Meyenbluͤmleinwaßer / nicht allein / wann der Wehetag da / ſondern auch alle Monat / zur Verwahrung darfuͤr / eingibet. D. Jo. Crato hat geſchwind diſes Clyſtier gebraucht / namblich Ehrenpreiß / und Rauten eine Hand - vol / und Saltz / und ſolche Sachen in einer Fleiſch - bruͤhe kochen laßen. Jn Boͤheim / hat man mir von dieſem Nießpulver / ſo guet ſeyn ſolle / geſagt: Ellebor bily, Peltram / Angelicka / Zazwor / und Piwonka / das iſt / weiße Nießwurtz / Bertram / Angelickwurtzel / Jngber / und Pæonien / oder Gichtwurtzel. Das Ziegenfleiſch / welches auf der Brandſtatt / da die todten Menſchen-Coͤrper ſeyn verbrant worden / gebraten wird / ſoll ein gewiße Artzney wider die ſchwere Noth ſeyn; wie Einer / aus Sixto Platonico berichtet. Den Kindern / ſo die Fraiß / oder Hertz-Arbeit / haben / ſolle man / des Tags / oft einen Loͤffel vol von blauen Veyelwaßer zu trincken geben. Einer ſagt / daß folgende Artz - ney / durch etliche Perſonen / bewehrt ſey erfunden worden: Nimm lebendige Schwalben / ſie ſeyen jung / oder alt / ſovil du haben magſt / thue ſie in ein ſaubern Hafen / vermach ihn wol / und ſetz denſel -Q ijben244Die 53. Frag / des 3. Hundert. ben in ein Gluet / daß ein kleines Pulver daraus werde. Nimm darnach den Zehenden theil Bi - bergeil / die guet / und friſch iſt / ruͤrs wol durchein - ander / darnach geuß ein ſcharffen Eßig darauff / machs damit zu einem Muͤeslein / brenne ſolches in einem Roſenhuet aus; und ſo einen alten Menſchen dieſe Kranckheit ankomt / ſo gib ihm ſol - ches Waßers ein Eßloͤffel vol / einem jungen Kind aber 2. oder 3. tropfen / nach gelegenheit der Per - ſonen / zu trincken: und behalt ſolches Waßer / in einem wolverwahrten Glaß / auff.

Folgendes koͤſtliches Waßer ſolle in der Fraiß bey allerley Perſonen / auch in Mutter-Kranck - heiten / vilfaltig von der Hochwolgebornen Frauen von Bucheim / Frauen zu Horn / in Unter Oeſter - reich / bewehrt ſeyn erfunden worden: flor. Tiliæ, Lil. Convall. Salviæ, Nympheæ, jedes 3. Lot / Pæo - niæ, Betonicæ, Bugloſſæ, Anthos, Calendulæ, Ar - temiſiæ, jedes 2. Lot / Semin. Pæoniæ conquaſſat. Ra - dic. Fraxinellæ, Aristoloch. longæ, Pæoniæ, jedes 6. quintl. visci quercini, de Corylis, iedes 1. Lot / Macis, Zedoariæ, iedes 3. quintl. Herb. Rutæ, Artemiſiæ, Meliſſæ, Majoran. Ceterach, iedes ein halbe Handvol / Castoriirecent. opt. 2. quintl. infundantur in ſuffici. quantitate vini veteris albi . 16. ſtent in infuſione per dies iiij. poſtea deſtill. in balneo Mariæ s. art. lento igne, ita tamen ne quid expiret. Deſtill. ſervetur in vitro exquiſitè clauſo.

Ein245Die 53. Frag / des 3. Hundert.

Ein anders koͤſtlich Waßer iſt mir / im Land Steyer / von einem Candidato Medicinæ, H. D. O. Auſtrio, mitgetheilet worden / ſo an vilen Per - ſonen / auch in Augen-Zueſtaͤnden / bewehrt ſolle ſeyn erfunden worden: Nimm friſche Holder - bluͤhe / hacke ſie klein / nimm darnach friſche Eyer / die thue oben am ſpitze ein wenig auf / thue die ge - hackten Holderbluͤhe in ein Außbrennhuet / unge - fehrlich zween zwerch Finger dick / und ſetz die Eyer mit dem Spitz uͤber ſich in den Holder / daß ſie fein dick ineinander ſtehen / biß die Leg Holderbluͤhe - berlegt iſt / darnach mach wider ein Leg mit Hol - derbluͤhe / auf die Eyer / und mach der Leg 3. mit Eyern / und 3. oder 4. mit Holder / brens fein ſit - tiglich aus / und wenn du es brauchen wilt / ſo gib einem Kind ein gueten Loͤffel vol / einem Hinfallen - den aber 3. guete Loͤffel vol / zu trincken: Netze auch ein Tuͤchlein im Waßer / und legs dem Krancken auf die Schlaͤff / und Hirn. Es hat aber das Waßer dieſe Aigenſchafft / Wans eins braucht / daß es die Kranckheit noch ein oder 2. mal er - ſchroͤcklich hat: Dann es treibts innwendig her - aus: aber hernach wirds beßer. Laß dich es nur nicht erſchrecken / ſondern gibs dem Krancken nur immer fort ein. Zu den erhizten Augen muß man zu Nacht ein troͤpflein 2. oder 3. drein laßen / und ein Tuͤchlein darinn netzen / und auff die Augen le - gen. Es iſt auch guet vor den Kopfwehe / wann mans eußerlich aufleget.

Q iijFol -246Die 53. Frag / des 3. Hundert.

Folgendes Lebens-Waßer / oder Aqua vitæ, wird auch gelobt / flor. Lavend. 2. Lot / Salv. 1. Lot / Roſmarin 1. Lot / Cubeben / Paradißkoͤrner / Muſcatbluͤhe / Muſcatnuß / Galgant / Naͤgelin / Zimmet / Pæonien / iedes 1. Lot / alten Wein 3. Pfund / M. Macerentur, & deſtill. in Baln. Mar.

Welcher under 7. Jahren iſt / der eße Eichen - miſpel. Solche Leut ſollen vil Feigen eßen; iſt ih - nen auch guet / wenn Sie keinen Wein trincken. Chamillenblumen mit Honig in Eßig geſotten / und getruncken / verhuͤtet ſolchen Zueſtand / item Bertramwurtzel am Hals / und auf bloßer Haut getragen / auch oftermals daran gerochen. Den Jungen Kindern ſoll man / im erſten Muͤeslein / eingeben 3. Perlein / 1. Corallen / und 3. Pæonien - koͤrner gepulvert / zur Vorkommung.

Wiltu wißen / ob Einer mit diſer Kranckheit be - hafft / oder nur Schalckheit treibe? ſo gib ihme von einer gebratenen Bocks-Leber zu eßen / ſo faͤlt Er / wann es wahr / ſtracks nider.

Folgende Artzney wird fuͤr ein gewißes Mittel fuͤr die Gicht / oder Fraiß / gehalten: Nimm die Wurtzel von den Schluͤßelblumen / thue darzue Calmus / und Yſopwurtzel / Muſcaten / Naͤgelein / und ſchwartzen Pfeffer / zerſchneide / und zerſtoße ſolche ſtuck / binde ſie in ein ſeidin Tuͤchlein / und hencks 2. oder 3. Tag in Brantenwein / oder inandere247Die 53. Frag / des 3. Hundert. andere Lebenswaßer / darnach vermiſche ſolches mit Schluͤßelblumen / und Endivienwaßer / und gib davon 3. oder 4. Lot zu trincken.

Weinrauten / die friſch / und gruͤn / in die Kinds - Wiegen herum gelegt / bewahret die Kinder vor dem Gicht / oder Fraͤſel / oder Arbeit; oder fuͤlle die Kißziechen damit. Wann aber das Kind die Gicht ſchon hat / ſo nimm ein ſtuck von einem Zie - gelſtein / und mache das heiß / wuͤrff darnach zer - ſtoßene / oder zerribene Rauten mit Eßig / darauf / und laß ihme den Rauch in die Naſe gehn. Man mags auch erwachſenen Menſchen brau - chen. Oder halte den Jungen Kindern den Dampf vom abgeleſchten Schwefel vor die Naſen / wann ſie die Fraiß haben; ſolle bewehrt ſeyn. Die Koͤr - ner / oder Wurtzel von Pæonien an den Hals ge - henckt / dienet auch wol: daran ſie deßgleichen rie - chen koͤnnen / und mag man darzue ein wenig Bi - bergeil / und Rauten / nemmen. Alten Leuten kan man des Extractts von Pæonien eingeben: item / das Saltz davon / aber nicht uͤber 2. oder 3. Graͤn ſchwer: Den Kindern tauget ſolches nicht / denen man / an deßen ſtat / Pæonienzucker / in Pæonien - waßer zertriben / eingeben kan.

Sihe mehrere Mittel wider die ſchwere Kranck - heit / in der 4. Centuriæ Lezten Frag.

Q iiijDie248

Die 54. Frag. Woher komt der Catharr / Schnuder / oder Schnuppen / und was pflegt man in ſolchem vorzunehmen?

DEr Griechiſche Nahm Ca - tharrus iſt auch in unſere Teutſche Spraach / wie vil andere Woͤrter mehr / eingeſchlichen / und iſt ſovil als ein abfallender Fluß vom Haubt / der ſich in die Kelen / und auff die Bruſt ſencket / offt die Lufftroͤhr des Halß / und der Lungen / dermaſſen verſtopft / daß er erſteckt. Er ſetzt ſich auch zu Zeiten in die Naſen / und macht die Schnuder / oder Schnuppen. Und obwol ſolche Fluͤß / nach dem ſie geartet ſeyn / ihre ſondere Nah - men haben / ſo werden doch ins gemein alle zehe / ſchleimerige Fluͤße / die ſich von einem Glied auff das ander ſencken / Catharri genant. Sie entſtehen aber erſtlich aus mancherley Urſachen / als wenn die Feuchtigkeit des Hirns / durch die Sonnen / das Baden / von auffriechenden Speiſen / als / Zwifel / Knobloch / Senff / Pfeffer / und dergleichen / zer - theilt / und fluͤßig gemacht wird. Zum andern / auß großer Kaͤlte / darinn ſich die Glieder des Haubts zuſammen ziehen / und die Feuchtin mit Gewalt ausdrucken / wie in einem naßen Schwam̃ zu ſehen iſt. Alſo moͤgen ſie auch aus uͤberfluß derMate -249Die 54. Frag / des 3. Hundert. Materien / es ſeye die gelbe Gall / oder Rotz / wie auch aus mehr andern eußerlichen Urſachen / als ſcharffem Mitnachtwind / der ſchnell auff den Mittagwind entſtehet / bewegt werden.

Nun in ſolchen Zueſtaͤnden / in dem die Fluͤße aus dem Kopf entweder auf die Bruſt / oder in die Kelen / oder zu der Naſen / oder in den Ruck - grad / Aerme / und an andere Ort / fallen / einen engen / oder ſchweren Athem / Keuchen / Hertzwehe / Hueſten / Heißere / Schmertzen in den Glidern (wie dann das Podagra / wie D. Cocus ſagt / nichts anders / als ein Catharr im Fueß / iſt) verurſa - chen / braucht man ſich des Schrepfens / inſonder - heit / wann es ein heißer Fluß; wie auch des Rei - bens der Fuͤeße / wann es ein kalter. Jn dem hitzigen pflegt man auch oft die Haͤnde / und Fuͤeße zu wa - ſchen / und Roſen in die Naßloͤcher zu ſtecken. Wann der Hueſt einen aͤngſtet / ſo haͤlt man Ei - chenlaub / und Burtzelblaͤtter in den Mund. Son - ſten nimt man Veiel: oder Suͤeßholtz-Zucker. Man mueß ſich vor aller Unmaͤßigkeit huͤeten / am Eßen zu Mittag / ſonderlich beym Abendmal / ihme abbrechen / auf daß die Daͤmpf nicht vermeh - ret werden. Es ſchadet auch vil Schlaffen / ſon - derlich bey Tag / oder das under der Sonnen / oder Mond / geſchihet / weilen dardurch die Feuchtig - keit zunimmet. Jn dem kalten Catharr iſt Majo - ran: und ſonderlich Fenchelwaßer / in die Nas - loͤcher gethan / nutzlichen zu gebrauchen. DesQ vAqua -250Die 54. Frag / des 3. Hundert. Aquapendentis pilulæ Aloëticæ, oder die Agtſtein: oder andere Haubt-Pilulen / dienen auch wol / aber nicht gleich anfangs: wie man dann auch nicht alſobalden raͤuchern ſolle / ſondern erſt nach dem 3. oder 4. Tag. Darzue dann die edlen Steyri - ſchen Rauchkertzen gar dienlich ſeyn; item / der Waldrauch / ſo gleichſam wie Maſtixkoͤrner aus - ſiehet / und in den hohen Steyriſchen Gebuͤrgen / unter den großen Amaißen / inſonderheit guet ge - funden wird; wiewol man in den Apothecken des Obern Teutſchlands wenig von ſolchem Gummi weiſt / das doch zu vilen Sachen gar nutzlichen zu - gebrauchen iſt. Sonſten werden auch folgende Rauchzeltlein gelobt: Aloës opt. 2. , Ma - ſtic. Caryophyll. iedes ein halben Scrupel / Olib. Sandarac. iedes 1. , Succin. albiſſ. odorif. 2. Lot / cum Laud. f. Trochisci. Fuͤr Fuͤrſtliche Kinder / Benzoni 6. Lot / Lign. Aloës 10. und ein halbs qu. Laudan. 3. qu. Storac. Calam. 4. qu. 5. Ros. 2. qu. Dragag. Garyoph. anderhalb qu. Musc. 1. cum mucil. q. s. M. f. Trochisci, vel Candelæ. Jch hab unterſchidliche Beſchreibungen der Rauchkertzen / wie ſie in Oeſterreich auff den Schloͤßern gemacht werden / geleſen; darunter auch diſe war: Nimm Schwartzwurtz ein halb Lot / Meiſterwurtz 2. Lot / Haſelwurtz / mit Kraut / und Wurtzel 1. Lot / Tor - mentilwurtz ein halb Lot / Bibernelwurtz / und An - gelicawurtz / iedes auch ein halb Lot / Rothe / ſchwartze Myrrhen / Weyrauch / Agtſtein / iedes1. Lot /251Die 54. Frag / des 3. Hundert. 1. Lot / Pæonienkoͤrner; Spaich / iedes 2. Lot / Na - terſchlauch 1. Lot / Wilden Hanff 2. L. Wilden Saffran / gelben Agtſtein / weiße Corallen / iedes 1. L. Perlein ein halb Lot. Dieſe ſtuck alle muͤßen zu Pulver geſtoßen werden. Dann nimm 2. Pf. Wax / und laß dieſe ſtuck wol darein knetten / dann nim Hanff: Gold: Silber: und 3. ſeiden Faͤden / und mach daraus ein Dacht / zu einer Rauchker - tzen. Folgende Mittel ſeyn auch nutzlich / . Con - fect. Dianthos (oder Roſmarinzeltlein) 3. Lot / oder ſovil du wilſt / und iße davon / wann du ſchlaf - fen geheſt / oder Morgens auffſteheſt 3. oder 4. Zeltlein. 2. Des Elix. Proprietat. Paracelſi. 7. oder 8. Tropfen in einer Bruͤhe / oder laulechtem Wein / Morgens um 9. Uhr / vor dem Eßen / ge - nommen / und etlich Tag alſo beharret. 3. Crem. Tartari 3. quint. Diagrid. cum calcinati gr. XII. opt. miſc. & divid. in 3. partes. Abents um 5. Uhr 3. Tag nacheinander / in einer Bruͤhe ge - braucht.

Folgende Magenſtruͤtzelein ſeyn auch bequem / Confect. Pineocatæ, cum Cort. Citri, & ol. ci - nam. 6. Lot / davon ein halbes um 10. Uhr vor dem Mittageßen / wie auch Abents vor dem Eſ - ſen / genommen.

Jtem / Semin. Coriandri præpar. anderhalb Serupel / Aniſi, Fœniculi, iedes 1. ſcrupel / Nucis Moſch. cond. ſic. N. 1. confect. Diagalangæ 1. Lot /252Die 54. Frag / des 3. Hundert. Lot / Sacch. Roſat. tab. 6. Lot / M. f. Tragea. Von dieſem Triet ſoll man ein halben Loͤffel vol / mit ei - ner gebeten Schnitten weiß Brots / in rotem Wein geweichet / Mittags / und Abents / ein Viertel - ſtund nach dem Eßen / gebrauchen. Daneben / und zuvorderiſt aber / wann der Fluß gar ſtarck / und Gefahr verhanden / ſoll man die Medicos, wann man die haben kan / zu Rath ziehen.

Folgende ſeyn Hauß-Mittel. Wann der Ca - tharr nicht fließen wil / ſo nimm Gummi Armo - niak 1. Lot / gepulverten Bertram ein halb Lot / ſtoß wol durcheinander in einem Moͤrſer / und mach mit Himmelſchwertelwurtz-Safft ein Taig - lein daraus / nimm davon ein wenig auf ein Meſ - ſer / ſtreichs warm in die Naſen / ſo wird bald Waſ - ſer heraus fließen. 2. Den Schnuppen aber zu vertreiben / und auszudrucknen / Nimm Meiſter - wurtz / die duͤrr iſt / zerſchneid ſie klein / wuͤrfs auf gluͤende Kolen / und empfahe den Rauch davon in die Naſen. Oder / nimm Gerſten: und Haber - ſtroh / Pappelnkraut / Baumwollen mit Zuge - hoͤr / iedes ein Handvol. Siede dieſe ſtuck alle in ei - nem Hafen mit Waßer / und empfahe den warmen Dampf davon in den Mund / und in die Naſen / darnach lege dich nider / und ſchwitze wol darauff. Es mueß aber ſolches nicht gleich anfangs / ſondern / nach etlichen Tagen / vor - genommen werden.

Die253

Die 55. Frag. Was hat man von der Naſen; Und woher entſpringt das Nieſen?

DJe Naſe iſt auch ein fuͤr - nemm eußerlich Glied des Angeſichts / artlich aus Nerven / und Kruſplen zu - ſammen geſetzt / und von der Natur zu mancher - ley Braͤuchen verordnet. Sie iſt wegen der Lufft / und unterſcheidung des Geruchs / in die Hoͤhin geſetzt / und mit ſolcher Aigenſchaft begabt / daß ſie Hertz / Lungen / und alle innerliche Glieder / mit ſtaͤtigem an ſich ziehen / und widergeben des Lufts / (ohn welchen kein Menſch / noch Thier / bleiben mag) erfriſche / und erkuͤle. Zu diſem / hat ſie fol - gende Kraft / den Geruch der Speiſen zu urthei - len: iſt nahend bey und uͤber den Mund geſetzt / damit ſie lieblichs / und abſcheulichs / nutzlichs / odeꝛ ſchaͤdlichs / vor / und ehe es der Mund empfacht / gleich credentze / und urtheile. Alſo ſtehet ſie mitten im Angeſicht / nicht allein zu einer Zier / ſondern auch als eine Schiedwand / zwiſchen beiden Au - gen / die zu beſchuͤtzen. Deßgleichen iſt ſie ein orden - liche Straß / die uͤberfluͤßige Feuchtigkeit des Haubts / und Hirns / zu reinigen / damit ſolche nicht auf die Bruſt / oder anderswohin ſincken / und ſchwere Kranckheit verurſachen. Es ſtehen aberdiſem254Die 55. Frag / des 3. Hundert. diſem Glied auch mancherley Gebrechen zue / als Geſchwer / Verſtopfungen / Schnuder oder Ca - tharr / uͤberfluͤßiges Bluͤten / Verluſt / und ſchwe - chung des Geruchs. S. Wirſungs ꝛc. Artzney - Buch / part. 1. c. 8.

Was das Ander / namlich das Nieſen / an - belangt / ſo iſt daßelbe / oder die Sternutatio, ein Bewegung der Natur / oder treibenden Krafft / dieſe Ding auszutreiben / die den Luft verhalten. Oder: Nieſen iſt ein ſonderliche Bewegung des Hirns / die uͤberfluͤßige Feuchtin / oder Materi / auszutreiben / und das / mit Huͤlff des eingezoge - nen Luffts / der dieſelbe ſchnell / durch Mund / und Naſen / auswuͤrft. Urſach des Nieſens ſind ſcharpfe Ding / als Zwiefel / Gilgen / Nießwurtz / Pfeffer / Senffſamen / und dergleichen / riechen / eſ - ſen / oder in die Naſen / ſupfen / die Naſenloͤcher ge - gen der Sonnen auffheben / in denſelben mit etwas umgruͤblen &c. Es rathen vil das Nieſen / wel - ches zwar taugentlich iſt / ein feuchtes Haubt zu reinigen / wann nicht zu beſorgen were / daß ſeine gewaltige Bewegung das Haubt nicht zuſehr er - ſchuͤttete. Darum iſt alhie beſcheidenlich zu hand - len / und ſonderlich / ſovil im̃er moͤglich / der Nieß - wurtz / Euphorbii, Bertrams / Eſelcucumer - Saffts / und dergleichen / wan ſie nicht mit andern Sachen vermiſcht ſeyn / muͤßig zu gehn / oder ſich deren zu enthalten. Was vom Tabak / den theilszum255Die 55. Frag / des 3. Hundert. zum Nieſen machen brauchen / zu halten / davon moͤgen die Neuen Medici befragt werden. Jn meinem Locinero, Wirſung / Tabernæmonta - no &c, finde ich nichts davon; weiln ſolches Kraut damaln noch nicht bekant geweſen ſeyn wird. Theils loben es / theils nicht. Sihe des Schnup - Tabacks artige Beſchreibung in Icaria Biſſelii, p. 252. & ſeq. wird vom Dodonæo Hyosciamus Peruvianus, Nicotiana aber nach dem Nicotio, ei - nem Portugeſen / genant / der ihn am erſten / aus der Neuen Welt / in Europam gebracht / und da - mit vil gewonnen haben ſolle. Sonſten machet Nie - ſen das Oel von Ladano, ſo ein Gummi: item / die Wurtzel von Kuchenſchellen gepulvert / und davon in die Naſen gethan; item Meußoͤhrlein - kraut friſch geſtoßen / den Safft davon ausge - preſt / und in die Naſen gezogen. Man ſolle ſolches Nieſen nicht verhalten; Wann es aber zu ſtarck wird / und Gefahr dabey iſt / ſo macht man einen Rauch von Camomillen / Bimenten / Bach - muͤntz / Roſen &c: item befeuchtet man die Ge - burtsglider mit einem kalten Waßer / damit die Waͤrme / und austreibende Kraft / eingehalten werden: item / zuͤndet man eine Feder / oder Kar - tenblat / an: man bindet auch die eußerliche Gli - der; dieweil die Waͤrme dardurch zuruck gezogen wird / auf daß die austreibende Krafft weiter nichts thun kan. Jtem / man ſchmieret Anißoͤl aufden256Die 55. Frag / des 3. Hundert. den Wuͤrbel / oder Cron des Haubts / oder helt Ei - nem den geribenen Anis-Samen vor die Naſen. Dann es gleichſam ein kleine Fraiß; und wird oftmals der gantze Leib bewegt. Und wann man ſo offt nieſet / bedeutet es vil verhandenen Unrath / und daß die austreibende Krafft noch ſtarck ſeye. Etliche haben vermeint / wie Rhodiginus aufge - zeichnet / daß des Socratis Engel / das Nieſen ge - weſen / und das / wann ſolches auf der rechten Sei - ten geſchehen / Er / etwas zu thun / angetriben; auf der Lincken aber / etwas vorzunehmen / abgehalten worden ſeye.

Aber wider auf das Haubtſtuck / die Naſen / und deren Gebrechen / zu kommen. So iſt ſonder - lich ein Fleiſchicht Geſchwer in derſelben / bey Etli - chen / wiewol bey Wenigen / ſo Polypus genant wird / und ein uͤberfluͤßig ſtinckend Fleiſch iſt / ſo aus den Naßloͤchern waͤchſt; und nicht leichtlich geheilet werden kan; Daher es die Aertzte Noli me tan - gere nennen. Man brauchet gleichwol anfangs ein laulecht Waßer / darinn Salbey / und Rau - ten / geſotten; item miſchet man den Rautenſafft / mit Wein / und thut ihn in die Naſen: item / nimt man die Pilulen von Serapin-Safft. Oder: Nimm gepulvert Holwurtz / durch ein reines Sib - lein geſchlagen 1. Lot / gepulvert Aloepatik / und rein gepulvert ungeleſchten Kalck / iedes ein Hand - vol / miſch / und temperirs / in einem Moͤrſerlein / wol mit Honig / daß es ein Saͤlblein werde. Jſtauch257Die 55. Frag / des 3. Hundert. auch guet wider den Krebs der Naſen. Den Schmertzen aber zu ſtillen nimt man laulecht Dill - waßer; ſprizet auch laue Milch darein. So ſtrei - chet man ſolches Fleiſch an / mit Laſerſafft / Vitri - ol / und Spaniſchgruͤn / vermiſcht / etlich Tag nach - einander / alsdann ziehet man das Geſchwer mit einer Scheer aus. Sonſten heilet Naſen-Geſchwer der ausgedrucknete friſche Safft von Ackeleyen / in die Naſen gethan.

Vor die Verſtopfung der Raſen / mache aus Majoran Pulver / mit Hartz / Wachs / und Ter - pentin / Naſenzaͤpflein / ſiede Stadwurtz in Waßer / und ziehe mit der Naſen die durchgeſigene Bruͤhe zu dir / oder lege das duͤrre Kraut auf Koln. Und wann die Fluͤß / ſo in die Naſen fallen / nit heraus wollen / ſo nimm Paradißholtz / Maſtix / Wey - rauch / iedes gleich vil / ſtoße ſie / mach einen Rauch davon / und empfang denſelben durch die Raſen. Folgende Naſenzaͤpflein ſollen auch guet ſeyn / Pulv. major. Rut. Sem. Nigell. Caryophyll. Nu - cis moſch. Sinap. Eruc. Pyret. Staphyſag. edes 1. ſcrupel / cum cera, & terebinth. q. s. misce, f. Na - ſale, cum filo appenſo. Oder: Ol. Viol. vel. A - mygd. dulc. de Croco, iedes 2. quintl. jreos 3. gran / Piper. long. Euphorb. iedes 2. gran / Ceræ, q. ſ. f. Vnguentum.

Den Geruch bringt wider / gruͤne Rauten da - ran gerochen; Jtem / Stabwurtzwaßer in die Naſen gezogen; Aniß-Samen / und Kraut / inRWaßer258Die 55. Frag / des 3. Hundert. Waßer geſotten / oder vilmehr in Wein / und den warmen Dampf davon in die Naſen empfangen. Die keinen Geruch haben / koͤnnen auch folgendes Pulver brauchen: Chamom. Majoran. Stoech. Arab. Calament. ana, M. j. Miſce. Oder: Caſtor. ein ſcrupel / Piper. nig. Ellebor. alb. iedes 7. graͤn / Sem. Nigell. ein halb quintl. Miſce. Theils koͤnnen den Roſen-Geruch nicht leyden; welche Kranckheit die Neuen Medici Guttam roſaceam nennen. Franciſcus Venerius, Herzog zu Venedig / hat an einem Feyrtag / als Er in die Kirchen gehen wollen / die Roſen-Craͤntz / und der - gleichen / damit der Altar gezieret war / geſchwind hinwegg zu thun bevolhen / damit Jhme / wie vor - mals offt geſchehen / keine Ohnmacht ankaͤme. Joannes Donatianus, ein Prieſter zu Treviſo, wird alleweil mit dem Nieſen geplaget / ſo balden die Roſen herfuͤr kommen; hat auch keine Beße - rung / biß die Roſen zu verwelcken anfangen / und die Lilien herfuͤr bluͤehen. So toͤdtet die Roßkaͤfer der Roſen-Geruch / und haben auch die Hunde ein Abſcheuen darvor / und geben mit ihrer Naſen ſolches zu erkennen; Balth. Bonifacius in hist. lu - dicra lib. 1. c. 14. Daß ein Biſchoff zu Breßlau / durch oͤftern Roſen-Geruch / die Fluͤß ſo ſehr be - wegt / daß er davon geſtorben / iſt anderswo / aus Cureo, eingebracht wordeu.

Fuͤr das uͤberfluͤßige Naſenſchweißen / oder Blueten / ſeyn etliche Mittel in des M. Z. Col -lecta -259Die 55. Frag / des 3. Hundert. lectaneis p. 36. ſeq. auch ein bewehrtes / in centur. 2. quæſt. 56. da von der Bluet-Artzney gehandelt wird / zu leſen. Ein wenig Roſen-Eßig in die Na - ſen gezogen / ſolle das Bluet auch von ſtunden an ſtellen. Jtem Kuͤnle / oder Serpillum, gruͤn / oder gedoͤrrt / vor die Naſen gehalten. Man nimt auch ein Bluetſtein in die Hand; legt hitzige Sachen an weit: und kuͤlende an nahend gelegne Ort. Man helt auch Poley in der Hand; man pflegt etwan auch ein Tuͤchlein in gar kaltem Waßer zu netzen / und umb das Gemaͤcht zu ſchlagen / da mit die Hitz geſchwaͤcht / und das Bluet dicker werde. Wann das Schweißen vom Hirn kombt / ſolle das Angeſicht mit Seeblumen: Roſenwaßer / und Eßig / gewaſchen werden. Jſt es von der Leber / Miltz / oder Mutter / ſolle man kuͤlende Sachen / mit Eßig / gegen ſolche Ort halten; item Teſchel - kraut mit Wein gekocht / auff das Genick / und den Pulß / thun; oder in der Hand / auf der Seiten / da das Bluet heraus lauft / halten. Die Gemei - ne Leuth halten laulecht Seukoot / mit Eßig ver - miſcht / fuͤr die Naſen. So ſolle ein gruͤener Froſch / gedoͤrrt / gepulvert / und in die Naßloͤcher gethan / das Bluet ſtellen. Kraͤfftig iſt / wann man Laß - koͤpf an die Fuͤeß / Schenckel / Rucken / neben dem Miltz / und der Leber / ſetzet. Jn hoͤchſter Gefahr aber laͤſt man zur Ader auff dem Arm / dann dar - durch das Bluet ſehr ſtarck herab gezogen wird. Theils nemmen Zwibelſafft mit Eßig vermengt /R ijund260Die 56. Frag / des 3. Hundert. und ziehen ihn an ſich in die Naſen; welches auch ein Zwibel entzwey geſchniten / und vor die Naſen gehalten / thuet. Oder halte Pæonienwurtzel un - der der Zungen. Das gebrante Waßer von Schweinbrot / oder Cyclamino, in die Naſen ge - zogen / ſolle das Bluet wunderlich ſtellen. Nimm des Bluets / ſo aus der Naſen / oder Wunden / fleuſt / brenne es zu Pulver / und blaſe es den Blue - tenden in die Naſen / oder ſtreu es ihm in die Wun - den / ſo ſetzt ſich das Bluet / und gibt ſich die Wun - den zuſammen. Oder / laß Jhn in eine Eyerſchal blueten / und verbrenne dieſelbe. Einer berichtet / ſeye probirt / wann man von einem Tiſch einen Na - gel nehme / ihn ins Bluet duncke / hernach ihn un - den zu oberſt wider einſchlage: item / wann man ein ſtuͤcklein von einem Strick / daran Einer ſich ſelbſt hat erhenckt / in ein Getranck lege / darinn ei - ne Zeitlang ligen laße / und davon trincke / das ſeye ein Geheimnuß / das Bluet zu ſtellen.

Die 56. Frag. Was iſt bey den Ohren zu be - trachten? Und was haben dieſelben fuͤr An - ligen?

ES folgen nun weiter im An - geſicht die Ohren / herrliche und noth - wendige Glieder / welche die Natur / als Jnſtrument / und Werckzeug / die Stimm / undanders261Die 56. Frag / des 3. Hundert. anders Gethoͤn / zu empfahen / und urtheilen / ver - ordnet hat. Deren ſeyn ſowol an Menſchen / als Viehe / Zwey / an ieder Seiten des Haubts eins / die zu aller Zeit offen gebildet / weil wir des Gehoͤrs ſowol ſchlaffend / als wachend / bedoͤrffen / ſie auch mit manchen krummen Eingaͤngen außwendig weitlaͤuffig formiret / damit ſie vil Lufts / und Hall / fahen / es deſto baß behalten / und unterſcheiden moͤchten; welche krumme Renck auch darzue die - nen / daß nicht leichtlich etwas darein fallen kan. Über das / iſt die ſtaͤts trieffende Feichtin / die wir Ohrenſchmaltz nennen / an ſtat eines Vogelleims / daran die kleine Muͤcklein / und dergleichen / ſo da - rein kriechen wolten / behaften. Es ſtehen aber den Ohren mancherley Gebrechen zue / ſo / von den Gelehr ten / in 3. fuͤrnemſte Stuck getheilet wer - den / als 1. da Eines des Gehoͤrs gantz und gar beraubet wird / ſo wir die Taubheit nennen. 2. So das Gehoͤr geſchwaͤcht / oder gemindert iſt / alſo / daß eins nicht hoͤret / dann mit großem Aufmer - cken / und lauterem ſchreyen. 3. Wird das Gehoͤr verruckt / oder dergeſtalt verderbt / daß Eins vermeint / es hoͤre Pfeifen / ſingen / rauſchen / oder anders / das doch nit iſt. Urſachen deren ſeyn ſchier unzalbare / eins Theils Natuͤrliche / andere aus Zuefaͤllen / eußerliche / und innerliche / als / zu hitziger / oder kalter Lufft / ſchnelle Veraͤnderung von der Hitz / in die Kaͤlte / und dergleichen: item /R iijwann262Die 56. Frag / des 3. Hundert. wann warmes / oder zu kaltes Waßer in die Oh - ren komt; item ſtoßen / fallen / Thierlein / ſo darein kriechen / ungeleſchter Kalck &c. Alſo auch ein ſchwaches Hirn / Haubt / und gantzer Leib / Haubt - fluͤß / ſonderlich kalte / Zahnwehe / der Schmertz anderer Glieder / und der Nerven / ſo zum Gehoͤr gehoͤren / Geſchwulſten / Erſchweren / Wuͤrme / ſo in den Ohren wachſen. Diſe alle / und vilmehr an - dere / haben ihr beſonders Anzaigen / und Zeichen; Davon Wirſung / und Tabernæmontan / in ih - rem Artzneybuch / part. 1. cap. 9. zu leſen.

Jch wil alhie abermals nur etliche Artzney - Mittel / ſo ich etwan in geſchribnen Buͤchern ge - funden / und erfahren habe / verzeichnen / als /

Daß das Gehoͤr wunderlich ſtaͤrcket Wermut in Waßer / und Eßig / geſotten / und den Dampf durch ein Traͤchter / in die Ohren empfangen. O - der / Nimm 3. theil Kleyen / 1. Theil rothe Roſen / ein halb theil Wermut / ſeuds in Wein / und ſchlags warm uͤber die Ohren / wie ein Pflaſter / und erfriſch ſolches oftermal.

Wann Einem von Catharr ein ſtarcker Fluß zu den Ohren felt / dardurch ein großer Schmertz verurſachet wird / der brauche nachfolgendes Mit - tel: rad. Aſari 6. qu. Hellebor. el. pulv. Colo - cynth. iedes 2 qu. Herb. Rosmarini, Salviæ, Ori - gani. Scordii, ana Mi. Sem. Aniſi, fœnic. ana Zij, Myrrhæ, Olibani, ana 1. , Caſtorei anderthalb qu. ſo man wol zerſchneiden / und grob ſtoßen / auchetlich263Die 56. Frag / des 3. Hundert. etlich mal in Wein ſieden laßen ſolle. Oder / nimm davon den halben theil / und ſiede den mit Wein / in einem kleinen wolvermachten Haͤfelein / und laß hernach den Dampf / durch ein Traͤchter / der ſich gleich aufs Haͤfelein ſchickt / ins Ohr gehen / und das alle Morgen fruͤhe Nuͤchtern. Kan auch all - wegen ein Loͤffel vol Weins wider darzue gegoſſen werden. Man mag deßgleichen davon auf einen heißen Ziegelſtein gießen / und gleicher weiſe / durch den Traͤchter / den Dampf empfahen. Sonſten ſtillet den Ohrenſchmertzen Wermutoͤl warm in die Ohren gelaßen; Alſo auch Dillenoͤl / welches man auch mit ungewaſchner Woll eußerlich auf - legen kan. ol. Nymph. Hyoſciam. Vnguent. Anod. iedes vj. qu. Opii, Croci, iedes ein halben ſcrupel / M. Sign. Schlafſaͤlblein / die Schlaͤff damit zu ſchmiren. Jſt einem Mir bekanten O - briſten wol bekommen. Nimm Rockenbrot / wie es aus dem Ofen komt / ſchneid daßelbe entzwey / und halt es ſo warm fuͤr die Ohren / als warm du es erleyden kanſt.

Ohren Geſchwer / und Eyter / heilet Wermut in Waßer / und Eßig / geſotten / und den Dampf durch ein Traͤchter in die Ohren empfangen. A - nisſamen zu reinen Pulver geſtoßen / mit Roſen - oͤl vermiſcht / und darnach in die Ohren getrauft. Das Geſchwer zeittiget Chamillen-Oel / in einer Meerzwibel gebraten / und warm in die Ohren ge - trauft. Geſchwer hinder den Ohren / Ohrenmuͤ -R iiijtzel /264Die 56. Frag / des 3. Hundert. tzel / oder Ohrklam / curirt Habermeel / mit Tau - benkoot / zu einem Brey geſotten / darnach auf ei - nem Tuch / wie ein Pflaſter / uͤbergelegt. Ein be - wehrtes Pflaſter: Nimm des geſaͤuberten Gal - benſaffts XII. Untz / Salmiax XII. Untz / rein ge - pulvert Silberglet vj. Untz / Baumoͤl XII. Untz. Vermiſch erſtlich das Silberglet / und Baumoͤl wol durcheinander / laß ſittiglich miteinander ſie - den / bis zu der Dicke eines Honigs / dann thue den Salmiax rein gepulvert darein / laß ein wenig ſie - den / und vermiſche es wol. Darnach zerlaß den Galbenſafft / mit ein wenig Weins / und thue den auch darzue / ruͤrs darnach gewaltig durcheinan - der / bis es ſich wol vereinbart / und kalt wird. Wer Eiter hat in den Ohren / der ſtoß Teſchenk raut / und laß den Safft in die Ohren. Gereinigter Fen - chelſafft / mit Honig vermiſcht / thuets auch. Fluͤſ - ſige Ohren curirt Pſyllienkrautſafft mit Honig temperirt / und darein getropft.

Wider das Sauſen / und Brauſen in den Oh - ren / iße Anis / Fenchel / Kuͤmmich / in der Speiß. Man kans auch auf Kolen legen. Man ſoll oft Maſtix keuen / damit die Materia durch den Mund ausgefuͤhret werde. Goldkaͤferlein hin - den in Nacken gelegt / nemmen das Sauſen hin - wegg. So iſt auch das Nußwaſſer guet. item Pferſichkern: und Bitter Mandeloͤl: Jtem / Roͤmiſcher Kuͤmmel geſtoßen / mit friſchem But - ter / und warmen Waßer / vermiſcht / und warm indie265Die 56. Frag / des 3. Hundert. die Ohren getrauft. Jtem Anißſamen in gebran - tem Wein gebeizt / durchgeſigen / und in die Ohren getrauft. Wann Einem was im Ohr iſt / daß es darinn ſauſet / ſo rauch dich mit Meiſterwurtz ins Ohr / laͤſt auch kein Apoſtem wachſen.

Zerknirſchten Ohren hilfft Gaͤnßſchmaltz / und Meibermilch / wol untereinander gemiſcht / und in die Ohren getrauft.

So etwas in die Ohren gekrochen / nimm Geiß: oder Ziegen-Gallen / vermiſch es mit Weiber - milch / und treuffe es in die Ohren. So dir ein Ohr - hoͤlderling in ein Ohr komt / ſo nimm Armoniak - Saltz / und zertreib das in lauterm Waßer / daß Es zergehe / und nimm des Waßers ein troͤpf - lein / laß ins Ohr fallen / ſo ſtirbt es / hernach gehts herfuͤr / und wird mit einem Gufenknopf heraus gezogen. Oder thue ein Haar hinein. Alſo kriechen die Oehrlein heraus / wenn man ein Loch in einen Nußbaum macht / und das Ohr davor helt. Die Floͤhe gehen herfuͤr / wenn man ein Nußblat / oder des Nachts ein Liecht fuͤrs Ohr helt; Petræus, in enchir. Chirurg. p. m. 493.

Bißweilen wachſen Wuͤrme in den Ohren / die nicht allein jucken / ſondern auch bißweilen einen großen Schmertzen machen. Man ſihet ſie etwan an der Sonnen / und entſtehen aus dicken / und fau - len Feuchtigkeiten / durch Mittel der Natuͤrlichen Waͤrme. Darwider braucht man den Wermut - Safft / mit eim wenig Eßig in die Ohren gelaßen;R vitem266Die 56. Frag / des 3. Hundert. item den Safft von Pferſichkern; item Fenchel: und friſch Corianderkraut-Safft; item gelaͤutert Maͤußoͤhrleinſafft / mit ein Weineßig vermiſcht / und warm eingetrauft. Oder gieß in das eine Ohr / darinn Wuͤrm ſeyn / Oel / und / in das an - der / Brantenwein / ſo ſollen ſie alle herauß krie - chen. Sihe die 98. Frag / im 4. Hundert.

Ohrenbluet / ſo heraus lauft / ſtillet Schaften - heu alſo friſch / und gruͤn geſtoßen / den Safft ausgepreſt / und in die Ohren getrauft. Gerunnen Bluet vertreibt Pfefferkuͤmmel zu Pulver geſtoſ - ſen / und mit Baumoͤl vermiſcht.

Die Taubheit iſt eine Benemmung / oder Verhinderung des Gehoͤrs; und iſt faſt unheil - ſamlich. Gleichwol ſo legt man ein laulecht Brot auff / ſo die Materi verzehret / und die Gefaͤß ſtaͤr - cket. Jch hab von einem alten Gelehrten Mann gehoͤrt / daß Er etlichen / denen das Gehoͤr vergan - gen mit dem heißen Rockenbrot / davon hie oben gemeldet worden / wider zu recht geholffen habe. Jn Oeſterreich ſagte mir eine Frau / wer ein heiſ - ſes Brot nicht leiden koͤnne / pflege ſolches / entzwey geſchnitner / zwiſchen 2. Schuͤßel zu legen / ſo gebe es etliche troͤpflein / die ſich anhengen / und die thue man alsdann in die Ohren. Theils brauchen die pilulas Communes aus der Apothecken / welche / wie mich ein Doctor der Artzney berichtet hat / ei - nem Kaufmann ſo wol bekommen / daß Er wider hat die Glocken leuten hoͤren moͤgen. Theils thunS.267Die 55. Frag / des 3. Hundert. S. Johanskrautoͤl / oder Veieloͤl / oder etwas von Theriak / in das Ohr. Das Fuͤeßwaͤſchen ſolle man auch oft vornehmen / damit man die Materi vom Kopf / und Ohren / herab ziehe. Das Waßer von diſtillirten lebendigen Krebſen in das Ohr ge - than / ſoll in 15. Tagen das verlohrne Gehoͤr wun - derlich widerbringen / wan mans nicht zu lang hat anſtehn laßen. Wacholderbeer / und Sevenbaum / iedes gleich vil / wol zerſtoßen / und fein klein zer - ſchnitten / zuſammen in einem Neuen Hafen / oder Topf / geſotten / mit einer Stuͤrtzen wol vermacht; dann oben in die Stuͤrtze ein kleines Loͤchlein ge - macht / und die Ohren uͤber daßelbe / daß der Dampf hinein gehe / gehalten / ſo wird dem Übel - hoͤrenden / naͤchſt Gott / dardurch geholffen. Oder / ſiede Bonen in Waßer biß ſie wol gekocht ſeyn / darnach gieße die Bruͤhe davon / und lege die ge - kochten Bonen in ein Schuͤßel / ſtelle einen Trech - ter daruͤber / und laß den Dampf / etlich Tag nach - einander / in das Ohr gehen: Solle des Mat - thioli erfahrne Kunſt geweſen ſeyn. Aber die Taub geboren ſeyn / denen kan man Natuͤrlicher / und Menſchlicher weiſe nicht helffen / als wie Hans Andreas Muͤller / ein Hammerſchmids-Geſell zu Ulm / der Taub / und Stumm / wie ich berichtet bin / auff dieſe Welt kommen / noch A. 1658 ge - lebt / und in ſeiner Jugend gleichwol leſen / und ſchreiben gelehrnet / daß Er ſeine Beicht ſelber ſchreiben / und ſeinem Herren Beichtvatter uͤber -geben268Die 57. Frag / des 3. Hundert. geben kan: Jm uͤbrigen alles durch deuten zue - gehet / weil man nicht allwegen zum ſchreiben die Zeit hat.

Die 57. Frag. Was hat man bey dem Hertzen zu bedencken?

DAs Hertz iſt eine Brunn - quell des Lebens / und aller Natuͤrli - chen Hitz / in allen Thieren mitten in den Leib geſetzt / daß es das Blut erwaͤrme / durch den gantzen Leib ausbraite / und damit das Leben er - halte. Wendet ſeine〈…〉〈…〉 Spitz etwas gegen dem Lin - cken Duͤtlein / welches dann dem gemeinen Mann Urſach gibt zu glauben / es lige das Hertz in der Lincken Seiten. Es lebt am erſten / und ſtirbt am lezten ab. Es entſpringen darinn die Lebendige Geiſter / oder Spiritus Vitales, welche daßelbe in unablaͤßiger Bewegung erhalten / dergeſtalt / daß es auch aus dem Leib genommen / mehrmals zap - pelt / und ſich beweget. Mit diſem bewegen / und von diſem Ort / theilt es darnach die Pulßadern / die Bewegung / famt dem Leben durch den gantzen Coͤrper. Jn diſem Hertzen iſt auch der Sitz aller gemuͤtlichen Bewegungen / als / Freud / Leid / Trauren / Forcht / Sorg / Kuͤmmernus / Hofnung / Liebe / Haß / Zorn / Neid / Mitleiden / Erbarmung / und dergleichen. Das Hertz hat auch ob ſeiner Hoͤ - hin etwas Feiſte / welche von der Natur darzuever -269Die 57. Frag / des 3. Hundert. verordnet / das Hertz zu befeuchtigen / damit es / ſei - ner unablaͤßigen Bewegung halber / nicht zu ſehr verdrockne. Eben ein ſolche Feuchtigkeit / und zu gleichem Gebrauch / hat auch zu Zeiten die dick fleiſchin Haut / die etwa nicht vil minder / dann Beinhart wird / und umb das Hertzligt / von den Griechen Pericardion, und von Uns das Hertz - haͤußlin / oder Hertzgruͤblein genant / in ſich / die underweiln einen kleinen Unterſcheid vom Harn hat / zun Zeiten auch wie ein gerunne Milch gefun - den wird. Diſe kuͤlet auch die uͤberfluͤßige Hitz / als mit einem friſchen Tau. Wo auch ſolche Feuchtig - keit gar verdrocknet / als den Schwindſuͤchtigen / und Traurigen geſchicht / ſo folget der Tod. Wie auch im Gegentheil geſchehen mueß / wann ſie zu vil uͤberhand nimbt / daß das Hertzzittern / klopfen / ſamt der Zerſtoͤrung der Lebendigen Geiſter / ent - ſtehet. Die Stoici, und die denſelben folgen / bilden ihnen ein / es muͤeße alles / was geſchicht / nothwen - dig alſo geſchehen / daß ein Menſch / eben alſo / und nicht anders / auf dieſe / und keine andere Stund / ſterben muͤeße. Aber hiedurch wurde alle Krafft des Gebetts vernichtet: die Goͤttliche Verheiſ - ſung / und Betrohung / den Frommen / langes; den Boͤſen aber kurtzes Leben zu geben / und zu laſ - ſen / unguͤltig: der Artzney Gebrauch vergebens. Gott dem HErren zwar iſt eines ieden Menſchen Lebens-Ende gantz gewiß / und wird ſolches nie -mals270Die 57. Frag / des 3. Hundert. mals veraͤndert; dieweil bey Jhme nichts ver - gangenes / nichts zukuͤnftiges / ſondern alles ge - genwaͤrtig iſt. Wann nun Gott der HErr ſiehet / daß diſer / oder Jener / diſes / oder Jenes / thun wer - de / und alſo mit ſemer Unmaͤßigkeit den Lebens - Faden abreißen / ſo weiß Er daher des Lebens En - de gewiß vorher; aber ſolches Vorwißen leget den vorhergewuſten Sachen keine Nothwendigkeit auff; ſondern vilmehr / dieweil Gott von Ewigkeit geſehen / daß Er ſeine Sachen alſo anſtellen wer - de / daß Er deßwegen laͤnger nicht leben koͤnne / deß - wegen hat Er ſolches vorher gewuſt / und des Le - bens Ende beſtimmet. Und koͤnnen daher die Gott - loſen ſich wider GOtt nicht beklagen / wann ſie zu fruͤhe ſterben / als wann Er Jhnen bloß ſolches Ziel geſetzt hette; ſondern ſie ſollen bedencken / daß Er / zur Straff ihrer Suͤnden / ihnen ſolches Ziel verordnet / als die / weil ſie unmaͤßig in Fuͤllerey / Hurerey / und dergleichen / leben / ſolches Ziel nicht uͤberſchreiten koͤnnen. Dann / wann der Natuͤrli - che Lebens-Balſam / und die Natuͤrliche Waͤrme dahin / ſo iſt es unmoͤglich / daß der Menſch leben koͤnne. Wann aber dergleichen Leute maͤßiger ge - lebt / ſo hette ihnen Gott ein anders Ziel geſezt / das iſt / hette ſie laͤnger leben laßen; Er aber hette ſich deßwegen nicht geaͤndert / oder in ſeiner Vorwiſ - ſenheit geirret: Dann Er eben das geſehen hette / daß ſie die / und die / werden wurden / deßwegen Erihnen271Die 57. Frag / des 3. Hundert. ihnen auch / durch ſolche Maͤßigkeit / das Leben er - laͤngert hette. Es koͤnten alhie mehrere Fragen beygebracht werden / ob namlich das Leben durch den Geruch koͤnne erlaͤngert werden? Jtem / Ob durch ein gantz maͤßiges Leben / und gewiße Artz - ney / (als wie Joſephus Michelius, in apologia Chymica, contra Libavium, p. 221. vermeint hat / daß die alten Vaͤtter eine ſolche vom Himmel ih - nen offenbarte gehabt hetten) auf vil hundert Jahr das Leben koͤnne erſtreckt werden? und wo - her es kommen / daß die beſagte Vaͤtter ſo alt wor - den ſeyen? &c. Aber hievon koͤnnen Andere / und darunter Keckermannus, in Syſtem. Phyſ. lib. 3. cap. 5. p. 228. ſeq. & cap. 10. de Vita, p. 263. 265. & 267. ſeq. (welche Leut natuͤrlicher Weiſe laͤn - ger / als Andere / leben) / item die 55. Frag unſers 4. Hundert geleſen werden. Da Er auch p. 258. erinnert / was fuͤr einen Schaden Jhnen die Jeni - ge thun / wann ſie eine Unverdaͤulicheit in ihrem Magen verſpuͤren / Branten / und gewuͤrzten Wein hinein ſchuͤtten. Dann die Natuͤrliche Waͤrme / nicht durch eine ſolche ſcharpfe / und gar zu ſehr durchtringende Hitz / ſondern durch eine ſanfte / oder linde Waͤrme / wil erhalten ſeyn; und ſagt / unter anderm / alſo: Notandum diligenter, calidum innatum, quia est cœleſti calore perfuſum, etiam cœleſti, id eſt, blando & benigno calore opti - conſervari.

Jch272Die 57. Frag / des 3. Hundert.

Jch wende mich daher zu des Hertzens Gebre - chen. Da dann 1. zu melden / was daßelbe ſtaͤrcke / namblich Naͤgeleinblumen / auf allerley Art ge - braucht. Jtem: Nimm eingemachten Veyel: Borragen: und Naͤgleinblumen-Zucker / iedes gleich vil / thue darzue den Sauren Citronen; oder der ſauren Granat-Aepfel-Syrup / oder Safft / daß es wie ein Latwerglein werde / davon ſoll der Krancke ſtaͤts eßen. Veil-Julep / und die Veiel - Taͤfelein / manus Chriſti Violætæ genant: item / Schluͤßelblumen-Wein / und Conſervenzucker / ſeyn auch guet. Wider die Mattigkeit iſt auch Pomeranzenbluͤhe-Waßer / und Pomeranzen - Schelffenoͤl; item Limonienſafft / mit Borragen: und Ochſenzungenwaßer. Corall. rubr. & alb. præpar. ieder 1. qu. Santal. omnium, ieder 2. ſcrup. ligni Alo. 1. qu. Caryophyl. 2. ſcrup. Cort. Citri anderthalb qu. Sem. Citri Acetos. ana ein halb qu. Camphoræ. 1. ſcrup. Croci ein halb ſcru. flor. Ros. Anth. Nenuphar (Seeblumen) Viol. Borrag. Bugloſ. Meliſſ. iedes 1. ſcrup. Speci. elect. de Gemmis anderthalb qu. M. f. pulvis, deßen Pulvers nimm 4. ſcrup. & f. cum aq. Roſar. Bor - rag. Acetos. Meliſſ. ana 4. Lot / epithema. Schwa - ches Hertz in hitzigen Fiebern zu ſtaͤrcken / und die Geiſter zu erquicken / Nimm Erdbeerwaßer 4. Lot / Roſenwaßer 2. Lot / Malvaſir 1. Lot / gepul - verte Manus Chriſti Kuͤchlein anderthalb Lot /weißen273Die 57. Frag / des 3. Hundert. weißen geribnen Agtſtein ein halbs quintlein / ver - miſch gemelte Stuck wol durcheinander / davon gib dem Krancken alle Stund ein Loͤffel vol / aber zuvor wol durcheinander geruͤrt / ein. Das Hertz erfreuet Baſilienkraut.

Die Hertzſchwacheit iſt ein Schmertz / oder eine empfindliche Stechung in dem Obriſten Magen - ſchlund / ſo man ſonderlich unter dem Athem fan - gen / und gehen / empfindet. Die Urſach iſt ein Ze - her Schleim an ſolchem Ort. Theils loben das Undaͤuen: Theils das Wermutwaßer / oder Bi - menten in Wein gekocht: item Naͤgelein in Mund gekeut / und in die Naſen geriben. So iſt diſes ein bewehrtes ſtuck / wider das Hertzdrucken / und ſte - chen / wann man das Waßer trinckt / ſo gebrant iſt von der Schlehenbruͤhe. So trinckt man / wider den Schmertzen des Hertzgruͤbleins / Gerſten - Meth.

Das Hertzgeſperr / oder Keuchen / vertreiben die Obriſten Schoͤßlein von der Stabwurtz / ſamt ih - ren runden gelbfarben Knoͤpflein / und Blumen / in Waßer / Wein / oder gueten Bier / geſotten / und die durchgeſigne Bruͤhe / mit Zucker / oder Honig / ſuͤeß gemacht / und ſolchen Tranck Ab. und Morg. iedes mal 3. oder 4. Untz / warm getruncken / von alten Leuten. Jtem / Pfefferkuͤmmel zu Pulver geſtoßen / und / zu einem Lot des Pulvers 6. Lot Jungfrau-Honig / in geſtalt einer Latwergen ver - miſcht / und den Kindern davon zu lecken geben. SDeß -274Die 57. Frag / des 3. Hundert. Deßgleichen gibt man den Kindern Fenchelſafft / der gelaͤutert iſt / und ſich geſetzt hat / mit friſch ge - molckner Milch vernnſcht / und mit Kandelzucker ſuͤß gemacht / oft zu trincken. Hertzkam̃er Schmer - tzen vertreiben auch Wegwartenblaͤtter geſtoßen / und wie ein Pflaſter under die lincke Bruſt ge - legt. Und das Hertzdrucken / ein Handvol Tauſent - guldenkraut / ein Handvol Cardobenedicten-Di - ſtel / und ein Handvol Yſopp / alles in einer Kan - ten mit guetem alten Wein geſotten / und alle Morg. Mitt. und Abents / davon getruncken / warm.

Die Ohnmacht iſt ein Abnehmen der Gei - ſter / deßwegen ein Menſch ſich uͤbel befind. Man gebrauchet ſich wolriechender Kraͤuter; item / des Roſen: und Zimmetwaßers / auch des Eßigs; ſonderlich von Naͤgelblumen / darein auch ein we - nig Kramer-Naͤgelein geſchnitzelt. Dann damit werden die Geiſter erquickt / und wider herfuͤr be - ruffen. Man befeuchtet auch das Angeſicht mit kaltem Waßer: aber deßen ſolle man / in gefaͤhr - lichen Kranckheiten / muͤeßig gehn / dieweil es die Geiſter ſehr ſchwaͤcht. Sonſten aber pflegt man dem Krancken geſchwind Roſen: und Wegwar - ten: oder das gemelte gemeine kalte Waßer / mit Ungeſtuͤmm / ihme unwißend / ins Geſicht zu gieſ - ſen / und die Schlaͤffe / Lefzen / und Pulß-Adern / mit guetem Roſeneßig zu reiben. Den Mund / und die Naſenloͤcher / ſoll man auch ein wenig zu -halten /275Die 57. Frag / des 3. Hundert. halten / da mit der Athem ſeines gefallens nicht ausgehe: Auch ſoll man dem Krancken ein wenig Wein / Zimmetwaßer / oder Malvaſir / in den Mund ſpruͤtzen. Sobald die Ohnmacht ein wenig nachlaͤſt / ſoll man dem Krancken ein wenig Weiß brot in Wein genetzt / und ein friſch weichgeſottenes Ey / zu eßen geben / und / nach demſelben / ein Be - cher Weins trincken laßen. Siehe Fabric. Hil - danum, im Tract. vom Heißen / und kalten Brant / p. m. 897. Theils pflegen die Ohnmaͤchtige zu ſchlagen / item / die Geburts-Glider zu reiben; den Daumenfinger zuſammen ziehen; oder ein ſpitzig Holtz / oder Gufen / in die Naͤgel zu thun: Dann / wegen eines euſſerlichen Schmertzens / die Geiſter gleich herfuͤr beruffen werden. Man braucht auch Melißen-Eßig / Poley / Roͤmiſchen Kuͤmmel / Borragenbluͤmlein / Majoran / Mayenbluͤm leinwaßer / Citronen / Pomerantzen / Limoni: und Quittenſafft / item Granaten-Safft / mit Borra - gen: oder Sauer-Ampferwaßer / getruncken: item Rockenbrot / das zwey mal gebachen iſt / auff einem Roſt geroͤſt / darnach in Eßig geweicht / und wie ein Pflaſter uͤber die beyde Pulß / oder Haͤnd / gelegt. Sihe oben einen Safft unter den Hertzſtaͤr - ckungen.

Das Hertz erkuͤlet Veyeln-Syrup / mit Ger - ſten: oder friſch Brunnenwaßer eingeben. Nimm Sauerampfer / Seeblumen: und Borragenwaſ - ſer / vermiſch ſolche mit Roſeneßig / thue auch einS ijwenig276Die 57. Frag / des 3. Hundert. wenig Saffran / und Campher / darzue / und netze leinine Tuͤchlein darinn / und legs uͤber das Hertz. Oder: Aqu. Cardu. benedict. Ros. Cichor. Ace - tos. ana lib. 5. Syr. de acetos. Citri, de Limon. Rob de Ribes, ana 3. Lot / Oxyſacchar. ſ. 2. Lot / Spee. Liberant. 3. quintl / M. & parùm bulliant, deinde colentur, & f. Jule. clar. confort. refriger. Cor, & omnia membra principalia. Rothe Ran - nen Rueben fein breit / wie die Ruͤeben-Sch nitz ge - ſchnitten / gar oft uͤber die Solen gebunden / ziehen auch die Hitz von dem Hertzen. Kalte Gehreſten des Herzens aber curi ren Melißen.

Hertzklopfen / und Zittern / vertreibt Baſilien / item Majoran / daran gerochen; item Veiel: Borragen: und Ochſenzungenwaßer / uͤberge - legt / darunter man den pulverem Triaſantal. und Diamargarit. frigid. vermiſchen kan. Man braucht auch zerſtoßne Perlen / und trinckts mit Wein. Ochſenzungen / Borragenzucker / Ehren - preiß: Cardobenedicten: Sauerampferwaßer / ſeyn auch guet: item Ackeleyenbluͤmleinwaßer / eußerlich gebraucht: item / Pfefferkuͤmmel wolin Mund gekeut / und den Safft davon hinein ge - ſchluckt. Ligni Aloës 1. qu. Ambr. gr. ij, Ma - cis. 1. Lot / Cort. Citri anderthalb qu. Ponantur in aq. vitæ, & extrahatur virtus illorum. Deinde hujus Aquæ vitæ 1. ſcrup. & aq. Roſar. 1. Lot / & detur in potu horâ unâ ante Cœnam. uͤber - zognen Aniß. Wider das Hertz-Zittern in hitzi -gen277Die 58. Frag / des 3. Hundert. gen Fiebern / nimm Gerſtenmeel 2. Handvol / klein geſtoßen Eybiſchkraut ein Handvol / thue darzue gepulverten Sandel / gebrant Bonen / und Cam - pher / iedes ein wenig / ſeude das mit Haußwurtz: oder Buͤrtzelkrautſafft / zu einem Pflaſter / ſtreichs auf ein Tuech / und legs laulecht uͤber das Hertz. Man macht in ſolchen Fiebern / wider das hitzige Brennen / und Ohnmacht / folgenden Überſchlag: Nimm Wegwartenwaßer 6. Lot / Roſenwaßer 4. Lot / Naͤgleinblumen-Eßig / Malvaſier / oder gu - ten firnen Wein / iedes 2. Lot / rothen / und weißen Sandel / iedes 1. , Campher 10. graͤn / geſtoſ - ſenen Saffran 5. graͤn. Vermiſch diſe ſtuck alle durch einander / und netze einen rothen zwifachen Zendel darinn / legs laulecht uͤber das Hertz / und erfriſch es oftermals. Jn dergleichen Hertzens - Ohnmachten nimt man auch Endivienwaßer 4. Lot / Roſenwaßer / des ſauren Syrups von den Judenaͤpfeln / iedes 2. Lot / Seeblumen-Syrup 1. Lot / miſch / und gibs dem Krancken M. und Ab. iedes mal ſovil zu trincken.

Von der Hertz-Breun ſihe die 52. Frag im 2. Hundert.

Die 58. Frag. Was leidet die Leber fuͤr Anſtoͤß?

DJſes edle Glid des Menſch - lichen Coͤrpers hat alsbald nach derS iijDia -278Die 58. Frag / des 3. Hundert. Diaphragma, oder Zwerchleiſten / ihren Stand / oberhalb des Magens. Wird von den Griechen Hepar, von den Lateinern Jecur, genant / und um - greift den Magen / natuͤrlicher weiſe mit fuͤnff fa - chen (wunder ſelten mit Vieren) / gleich als mit ſo vilen Fingern / in der Rechten Seiten / und er - ſtrecket ſich auch mit diſen Fachen etwa biß zur Lin - cken Seiten / doch nicht in allen gleich. Jhr ſeyn von der Natur die allertrefflichſte / und dem Menſchli - chen Leib nothwendigſte Verwaltungen gegeben / damit die Coͤrper ernehret / und bekraͤftiget wer - den; darumb ſie auch allen Thieren / ſo Blut ha - ben / verlihen iſt. Jhr Weſen iſt ein keiff Fleiſch / von rother Farb / einem erſtockten Blut nicht un - gleich / mit Lufft / und Bluetaͤderlein erfuͤllet / war - mer / und feuchter Natur / wie auch das Blut. Darneben ſovil ihr aigen Weſen betrifft / ohn Empfindnus. Mit ihrer form vergleicht ſie ſich faſt einem erſterwachſenden Mond / oder halben Zirckel. Jn dem Menſchen iſt die Leber / nach groͤſ - ſe des Leibs zu rechnen / voͤlliger / dann in keinem Thier / und ſonderlich in denen / ſo der Fuͤllerey ob - ligen / oder von Art forchtſam ſeyn. Die Leber iſt auch ein Sitz aller Begierden; ein Brunne der Bluetreichen Adern; eine Koͤchin volkommens / und uͤberreichliches Bluets / welches ſie nach - mals / wunderbarlicher Weiſe / in den gantzen Leib austheilet / und damit alle Glieder erhaͤlt / und ſtaͤrckt. Solche ihr artliche Wuͤrckung wird nichtunge -279Die 58. Frag / des 3. Hundert. ungereimt dem Moſt verglichen / der hat ſeine He - fen / die ſetzt ſich zu grund: weiter iſt etwas luftigs in ihm / das ſteigt empor / das wir die Blumen heiſ - ſen. Letztlich ſo verraͤucht im jaͤren / was waͤßericht iſt. Eben dergleichen geſchicht auch in der Leber / die zeucht erſtlich allerhand vermiſchte Feuchtig - keit in ſich / zu Hauff / das truͤb / und grob / namlich die Melancholia / uͤberſchickt Sie dem Miltz: Was leicht / hitzig / und gleichſam feurig iſt / als die Cholera / verſamlet die Gall. Die uͤberfluͤßige waͤßerige Feuchtigkeit / ſo noch im Bluet bleibet / ihr aber nit tauglich iſt / ſchickt ſie den Nieren / von dannen kombt es in die Blatter / und wird von den Harn ausgetriben.

Nun diſes edle Glied iſt auch (wie der gantze Menſchliche Coͤrper) mancherley Kranckheiten underworffen. Ehe ich aber etwas davon melde / wil ich zuvor berichten / was die Leber thue ſtaͤrcken / namlich Pontiſcher Wermutwein; Chamillen / Erdrauch / Odermenig / Leber-Balſams Conſer - ven-Zucker. Nimm 2. Handvol Jung Peterlin - kraut / und eine Handvol friſch Salveyenblaͤtter / zerſchneid ſie klein / und ſtoße ſie mit einer Broſa - men Brots / ſo groß / wie ein Baumnus / gar klein / darnach ſtreichs mit einem gueten Becher vol Wein-Eßigs / oder Agreſts / durch ein Pfeffer - Tuch / ſo wird es ein guete wolſchmeckende Salſe.

Die Leber-Sucht vertreibt Aniß geßen: item Wegwarten-Safft / ein Tag etlich nacheinan -S iiijder280Die 58. Frag / des 3. Hundert. der getruncken / alle Morgen nuͤchtern / iedes mal 6. Lot. Jſt den Leberſuͤchtigen / die Bluet durch den Stuelgang von ſich geben / ein bewehrte Artzney: welches auch Wegwartenwein thuet. Fuͤr Leber-Bloͤdigkeit brauche die Leberbluͤmlein; item trinck Morgens nuͤchtern 5. Lot ausgedrukts / und gelaͤuterts Wegwarten-Saffts / mit 1. Lot gueten alten weißen Wein vermiſcht / und lege dich dar - nach auf die Rechte Seiten.

Erzuͤnte Leber curi ret Veielwaßer / mit See - blumenwaßer getruncken / auch eußerlich mit En - divien / Cichori: oder Wegrichwaßer / uͤbergelegt. Alſo auch in Sauerampferwaßer leinine Tuͤch - lein genetzt / und uͤbergelegt. Oder / nimm Seeblu - men / und Endivienwaßer / iedes faſt 3. Untz / Ro - ſeneßig 1. Untz / aller Santaln Pulver 1. . Solche ſtuck miſche untereinander / netze leinine Tuͤchlein darinn / und ſchlags uͤber die Leber; und ſtehe zu / daß du nichts von Feigen eßeſt. Ro - ſenoͤl / Veieloͤl / iedes 2. Lot / weißen Sandel / oder Santal / ein halbes Lot / Bleyweiß 2. qu. ein wenig Eßig / und ein wenig Wax / daß es ein Saͤlblein werde. Agtſtein / Salniter / Krebsaͤuglein / ie - des gleich vil / mach daraus ein Puͤlverlein / da - von nimm ein wenig Morgens in einer Bruͤhe. Oder / Nimm Wegwartenwaßer 4. Lot / Leber - krautwaßer / und Endivien-Syrup / iedes 2. Lot / ſauer Citronen-Syrup 1. Lot / und vermiſchs. Es geſchicht aber die Entzuͤndung der Leber / wañdie281Die 58. Frag / des 3. Hundert. die Leber entweder durch zuvil Getraͤncks / Be - wegung / oder aus andern Urſachen / erhitzet wird / davon in der Rechten Seiten inſonderheit ein Schmertz / mit abnehmen des gantzen Leibs / ent - ſtehet.

Sonſten wendet Leberſchmertzen / und Stechen / Wermut / item Roͤmiſchen Kuͤmmels Pulver / ein Gulden ſchwer / mit einem Trincklein Wein - met / eingeben. So iſt wider das Stechen / und ſchmertzen von Hitz / Endivienwaßer 16. Lot / Ro - ſenwaßer 12. Lot / weißer / und rother rein gepulver - ter Sandel / iedes 1. qu. Campher 1. ſcrupel / mi - ſche / und netze ein Zendel / oder Tuch / darinn / und leg es laulecht uͤber die Leber. Wann aber der Schmertz iſt von kalter windiger Feuchte / ſo nimm Camellnheu anderthalb Handvol / Bergwermut / und Odermenig / iedes 1. Handvol / Anißſamen / Calmus-Wurtzel / iedes 1. Lot / Zerſchneide dieſe ſtuck klein / thue ſie in zwey Saͤcklein / und ſeude ſie in einer Maß Waßers den Dritten theil ein / druck darnach eins mit 2. Tellern aus / daß es nit mehr trieffe / und lege ſie alſo / eins nach dem an - dern / warm uͤber. Oder / Nimm Weitzenmeel 16. Lot / Gaͤnßſchmaltz 4. Lot / ſeude ſolche ſtuck mitein - ander in Waßer / darinn Chamillenblumen / und Wermut geſotten iſt / zu einem Pflaſter / ſtreich davon auf ein Tuch / und legs uͤber die Leber.

Erkalte Leber erwaͤrmet eingemachte Muſcat - nuß / Morg. und Ab. eines ſcrupels ſchwer / vor derS vMal -282Die 58. Frag / des 3. Hundert. Malzeit / geßen: item / Fenchel / Peterlin / Leber - Balſams Conſerven-Zucker / nuͤchtern einer Ca - ſtanien groß geeßen; item Kuͤmmel / item Wer - mut / mit Baumoͤl geroͤſt / und Pflaſtersweiſe - bergelegt.

Verſtopfung der Leber iſt / wann die Adern / und Loͤcher verſtopft werden / dardurch Schwirig - keit / und Schmertze / empfunden wird. Man brau - chet Cichoriwurtz / item Fenchel / und Peterlin - wurtz / und ihre Saamen; item Spargenwurtz / Wegwartenwaßer / Majoranzucker / Yſopwaſ - ſer; Saurampfer / Endivien / und Lattich / mit Eßig beraitet / und geßen. Cappern mit Weineſ - ſig / Baumoͤl / und kleinen Roſinlein / wie ein Sa - lat geßen / oder vor anderer Speiſe genoßen. Edel Leberkraut / Cardobenedicten / Hirſchzungen-Sy - rup; Rhabarbarpilulen 1. quint. in Wermut - waßer getruncken; Holderbluͤhewaßer M. und Ab. iedesmal auf 3. Lot getruncken; Roſenſy - rup ſo purgirt / item / der Groß Eßigſafft von Ho - nig; welche ſtuck alle fuͤr die gemelte Verſtopfung ſeyn. Brauch auch / vor die Verſtopfung der Le - ber / und Miltz den Cremorem Tartari, und deſ - ſen 3. Lot / theil ihn in 4. theil / nimm davon des Morgens 2. Stund vor eßens / einen theil / in ei - nem warmen ſuͤplein. Ein bewaͤhrtes Saͤlblein zu der verſtopften / und verhaͤrten Leber: Nimm weiß Roſenoͤl / Blauveieloͤl / weiß Gilgenoͤl / iedes ein Loͤffel vol / 1. Lot Weißwax / 4. Loͤffel vol Roſen -Eßig /283Die 58. Frag / des 3. Hundert. Eßig / ein weinig Weinrauten / und Sandel / auch ein wenig Gaffer / oder Campher / und zerlaß alles durcheinander. Diſes ſolle in der Verſtopfung auch gewiß helffen / Nimm gelaͤuterten Fenchel - Safft 6. Lot / mit 2. Lot des ſauren Eßig-Syrups vermiſcht / und trincks des Morgens nuͤchtern: Oder / gelaͤuterten Endivienſafft 6. Lot / mit 2. Lot des beſagten Syrups / und trincks warm / ſo die Verſtopfung von dickem verbranten Gebluͤet iſt. So eine hitzige Verſtopfung verhanden / Nimm Endivienwaßer 4. Lot / Brunleberkrautwaßer / und Sauerampfer-Syrup / iedes 2. Lot / Endi - vienſyrup 1. Lot / miſch / und gib dem Krancken / M. und Ab. iedesmal ſovil zu trincken. Mit Cha - millenoͤl warm geſalbet / und folgents mit warmen Tuͤchern bedeckt: item / von Kuͤmmich Taͤfelein geßen / thuet auch wol.

Leber Fluß / oder Ruhr / ſtopfet Wegrichwaſ - ſer. Oder / nimm Roſen / und rothen Sandel / ie - des 1. Lot / Spicanardi 1. , Gerſtenmeel 4. Lot / Wein / und Eßig / ſovil zu einem Pflaſter genug iſt / und legs uͤber. Das Eichenlaubwaßer braucht man entweder allein / oder mit Wegrichwaßer / und Odermenig-Syrup / vermengt / und thuet des Morgens einen gueten ſtarcken Trunck. Sonſten ſolle in der Leber-Ruhr / die Terra Sigillata, in ei - nem ſauren anziehenden Wein / ein gewißes Huͤlff - Mittel ſeyn: item ſalbet man die gantze Rechte / und Lincke Seiten / mit dem Wermut-Oel / vordem284Die 58. Frag / des 3. Hundert. dem Eßen. Alſo iſt / wider die andere Feuchtigkeit / der Wermutſafft friſch ausgedruckt / und / zehen Tag nacheinander / des Morgens / nuͤchtern iedes mal 1. Lot mit Zucker vermiſcht / getruncken.

Bißweilen bekomt die Leber ein Geſchwer / wann die Verſtopfung von einer dicken / und boͤſen Feuchtigkeit / entſtehet; welcher Zueſtand gemein - lich toͤdtlich iſt. Man braucht gleichwol Wein - rauten mit Wein geſotten / und geſtoßen / darnach mit Baumoͤl wie ein Pflaſter temperirt, und warm uͤbergelegt. Jtem / Gerſtenmeel / mit geſtoſ - ſenen Feigen / Dacteln / und Roſenoͤl / in einem Waßer / zu einem Pflaſter geſotten / auf ein Tuch geſtrichen / und uͤbergelegt.

Harte Leber erweicht Wermutwein. Wider die Verdorrung der Leber von unmaͤßiger Unkeuſch - heit / nimm Endivienwaßer 6. Lot / Endivien-Sy - rup 3. Lot / miſch / und gibs dem Krancken / Morg. und Ab. iedesmal ſo vil zu trincken / etlich Tag nacheinander. Harte Knollen der Leber erweicht Wermut. Oder / nimm geſcheelte bittere Man - del / Enzian / Anis / iedes gleichvil / mach ein Pul - ver daraus / und gib davon einen Gulden ſchwer / mit Odermenigwaßer zu trincken. Jſt auch ſonſt fuͤr alle Gebrechen der Leber guet.

Zur Lebergeſchwulſt dienet in gleichem Oder - menig. Zur hitzigen Geſchwulſt nimm Weitzen - meel 16. Lot / Roſenoͤl 4. Lot / und Wegwarten - waßer ein Pfund. Laß ſolche ſtuck ſittiglich zu ei -nem285Die 59. Frag / des 3. Hundert. nem Pflaͤſter miteinander ſieden / ſtreich davon auf ein Tuech / und legs uͤber.

Faule Leber / davon einem der Athem ab - ſcheulich ſtinckt / erfriſchen Weinrauten / und Sal - beyenkraut / iedes gleich vil. Mach ein ſubtiles Pulver daraus / und brauch davon alle Morgen nuͤchtern eines quintleins ſchwer.

Leber Wunden / und Stich / heilen die Suͤp - lein von Staubmeel / dieſelbe wol geſotten / und oft geeßen.

Die 59. Frag. Was dienet wider des Magens Gebreſten?

ES ligt der Magen under der Diaphragma, oder Zwerchleiſten / zwi - ſchen der Leber / und Gallen / auff der Rechten / dem Miltz auff der Lincken Seiten / das iſt / faſt mitten im Coͤrper / doch etwas mehr auff der Lincken Seiten / dann Rechten / Darumb von der Natur alſo geordnet / damit er der Leber Raum ließe. Diſer Magen / oder Ventriculus, iſt zu einer empfahung der Speiß verordnet / dieſelbige zu kochen / bereiten / und nachmals gleich als aus ei - nem reichlichen Speißkaſten / was gedaͤuet / und ge - reiniget iſt / ieglichem Glied / was ihm nutz / und dienſtlich / zu ſeiner Erhaltung / und Nahrung / iſt / mitzutheilen / das Unrein aber / durch das Ge - daͤrm / und andere Natuͤrliche Weg / als ein Über -fluß /286Die 59. Frag / des 3. Hundert. fluß / auszuwerff[e] n. Sein Weſen iſt von außen hart Fleiſch / innenkeiff / aͤdrig / rauch / mit vilen Fachen / damit er die Speiſe an ſich ziehet. Sein geſtalt iſt langlecht / doch ſinnwell / innen hol / faͤſ - ſig / leichtlich außzudaͤuen / unden weit / gegen ſei - nem Mundloch / oder Magenſchlund (das ai - gentlich Stomachus, Oeſophagus, genant wird) eng; den Hunds-Magen nicht ungleich. Am oberſten hat er den gedachten Mund die Speiſe zu empfahen / unden aber ein andere Oefnung / was gekocht iſt / in die Daͤrm zu ſchicken / da hernach der Überfluß ausgeworffen wird. Beyde Loͤcher wer - den gleich von ſtunden an wunderbarlich / nach empfangener Speiſe / beſchloßen / damit die verdaͤu - ende Hitz nicht verrieche. Dann / wo im obern Mundloch ſolches beſchließen nicht geſchicht / ſo gibt es arge Daͤuung / ſchaͤdlichen auffriechenden Dampf / und ſchwechung natuͤrlicher Hitz. Deß - gleichen macht der under / wann er nicht beſchloßen wird / unverdaͤute / und andere Durchbruͤch. Und ligt ſolcher undere Magen-Mund faſt umb das Hertzgruͤblein: Da hergegen der Obere / oder der Schlund / die Straß iſt / dardurch Speiß / und Tranck / aus dem Mund / biß in den Magen kom̃t. Es beſchleuſt den Magenmund Corianderzucker / nach den Malzeiten ein halbes Loͤffelein vol geeſ - ſen: item / Quitten-Latwerg.

Es hat aber der Magen allerley Zueſtaͤnde. Jns gemein iſt in der Magenſucht Enzian gepul -vert287Die 59. Frag / des 3. Hundert. vert mit Wein / oder Endivien / oder Wegwart / oder Kirſchenwaßer (ſo Hitz verhanden) zu ge - brauchen. Aq. Mastich. F. Aq. Stomach. D. Horſtii, iedes 1. Lot / Tab. Diamarg. frigid. 2. quintl. Von diſem vermiſchten Magenwaßer / ſollen die / ſo einen ſchwachen Magen haben / Mor - gens / ohngefehr umb 8. Uhr / oder / wann man ausgehn wil / und neblicht Wetter / iſt / ein kleines Loͤffelein vol nemmen; auch wol eines eine Stund nach dem Mittag: und Abend-Eßen. Nimm / fuͤr Magenwehe / und Schmertzen / einen Eyer - dotter / zween Loͤffel vol verſchaͤumt Honig / 15. Koͤrner Maſtix; reibs / und miſche / lege ſie in eine große Eyerſchalen / brats in einer heißen Aſchen / und iße davon; iſt auch vors Wuͤrgen / und er - brechen / beruͤmt. Das Maſtichwaßer allein / ein halben Loͤffel vol / Morgens / oder umb 9. und A - bends umb 3. Uhr / oder wann man ſchlaffen gehn wil gebraucht. Cinam. opt. ein halb qu. Zinzi - ber. alb. Caryophyll. Macis, Cardomom. Nuc. Moſchat. Coriand. præpar. Galangæ, iedes 1. ſcrupel / Granor. Paradyſ. Cubebar. iedes ein hal - ben ſcrupel / die ſoll man grob zerſchneiden / und mit 12. Lot fein Zucker / in Roſen: und Lavendelwaſ - ſer zerlaßen / ferner darzue nemmen ol. Carui, Macis, Calam. Aromat, iedes 2. Tropfen / f. Confectio, Sig. Morſchellen. Stoße ein Muſcat - nuß / thue darzue 12. Lot Roſenhonig / und 4. Lot Brantenwein / kochs miteinander / bis der ge -brante288Die 59. Frag / des 3. Hundert. brante Wein gar verrochen / davon nimm alle Morgen 3. Loͤffel vol nuͤchtern ein. Es mildert den Schmertzen / ſo von Kaͤlte / oder Blaͤſten / entſtan - den / wunderbarlich. Man legt auch / ſo man wil / Majoran in guetem weißen Wein geſotten / biß er dick wird / wie ein Pflaſter / uͤber. Folgend Triſe - ney / oder Tragea, wann der Magen uͤbel kochet / und Blaͤſt verhanden ſeyn / dienet auch wol: Spe. Arom. Roſat. anderthalb quint. Diag alangæ, ein halbs qu. Sem. Coriandri præpar. anderthalb , Nucis moſch. cond. ſic. Cort. Citri, & Arant. cond. ſicc. iedes 1. , Sacch. Roſati tabul. 8. Lot / Ulmiſch Zuckerbrot / oder Panis biscocti Vlmens. 2: Lot / M. f. tragea. Nimm rein gepulverten Pfefferkuͤmmel 2. Lot / verſchaͤumt Honig 6. Lot / und vermiſch ſolches zu einer Latwergen / und nim̃ davon alle Morgen 1. Lot / oder Caſtanien groß / nuͤchtern; ſolle probirt ſeyn. So der Schmertz von rohem Eßen / oder undaͤulicher Speiſe / ſo iße Weinrauten / und Salbeyen / iedes gleichvil ge - ſtoßen / mit Saltz. Man ſchmiert auch den Ma - gen mit Wermut / Rauten / und Chamillen / wann ſie zuvor in Baumoͤl geſotten ſeyn. Hitziges Ma - genwehe / von der Gallen verurſacht / curirt Weg - wartenwaßer 4. Lot / Endivienwaßer / Syrup. Ace - tati Simpl. oder Eßig-Syrup / iedes 2. Lot / Qui - ten-Syrup 1. Lot. Miſch / und gibs dem Kran - cken zu trincken. Alſo iſt / wider die Hitz / auch guetein289Die 59. Frag / des 3. Hundert. ein Gerſten-Muͤeslein / mit Fleiſchbruͤhe wol ge - ſotten / und mit ſauer Granaten-Safft temperirt. Wider den Schmertzen des Magens von einem Wurm / fallen / oder ſtoßen / nimm Gerſtenmeel 6. Lot / gepulvert Ladanum 1. Lot / Alvepatik rein ge - pulvert anderthalb Lot / roter gepulverter Roſen 3. , weiß Lilienoͤl 4. oder 5. Lot. Seude dieſe Stuck alle miteinander in genugſamen Wegrichſafft zu einem Pflaſter / davon ſtreich auff ein Tuch / und legs warm uͤber den Magen.

Die Daͤuung befoͤrdert auch Wermutwein / und Oel / item / Chamillen / Kuͤmmich / Anis / Cardomoͤmlein / Zitwan / Galgant / Jngwer / Zimmet &c. Nimm Pfefferkuͤmmel 2. Lot / ſchwartzen Pfeffer / duͤrre Weinrauten / iedes 1. Lot / machs zu Pulver / ſchlags durch ein haͤrin Siblein / thue darzue des Eßig-Saffts von Ho - nig 12. Lot / miſch / und behalts in einem Porcel - lanbuͤchslein / und nimm davon Morgens nuͤch - tern ein Loͤffel vol / und faſte 3. Stunden.

Wider die Undaͤuung / wann der Magen nit recht kochet / ſolle bewehrt ſeyn / wann man geſotte - ne Krebs-Schalen zu Pulver macht / und ſolches Pulver in Waßer ſiedet / und daßelbe trincket. Tab. Confect. post Pastum 9. Lot / dieſelbe in glei - che theil zerſchnitten / und 3. quintl. auff ein mal / nach dem Eßen / geßen. Werden daher in Apothe - cken Poſtpaſtum Confect genant. Die Pfeffer - Zeltlein ſeyn auch guet. Wil man purgiren / ſoTtaugen290Die 59. Frag / des 3. Hundert. taugen die Magenpillulen / oder Stomachicæ; item die pilulæ Alephanginæ, oder die gemeine Haubt - Pilulen. Den aufſteigenden Daͤmpfen zu wehren / iße allezeit / nach der Malzeit / gebratne Quitten / oder Quitten-Syrup / oder eingemachte Nuß. Trinck Wermutſafft ein Eyerſchal vol / mit ſovil gueten Weins; welches auch Aniszucker thuet. Oder / iße rohen Peterlin / und trinck einen Loͤffel vol guten Weineßig darauff / ſo vertreibt er den Geſchmack von Knoblauch / und von den geſchwe - felten Weinen.

Jch finde / daß einem Vornehmen Fuͤrſten / zur Dauung / und ſtaͤrckung des Magens / diſes Pul - ver verordnet worden ſeye; Nemt Haſelwurtz 1. Lot / Alexandrin. Blaͤtter 2. Lot / Anis andert - halb Lot / Engelſuͤß 3. qu. mit 5. Lot Zucker ver - miſcht / Morg. und Ab. allezeit ein qu. geßen. Ein Jud hat ſich. folgender Artzney gebraucht: Jngwer / Naͤgelein / Zitwan / Engelſuͤß / Haſel - wurtz / Muſcatenbluͤhe / Galgant / weißen Wer - rauch / Anis / Fenchelſamen / Rautenſamen / Pe - terlinſaamen / Feldkuͤmmel / Bibenellenwurtzel / iedes 1. Lot / mit ein Pfund Zucker Candi ver - miſcht / alle Morg. und Ab. ein halbs quintl geſ - ſen; Das durchdringet alle Glieder / rreiniget das boͤſe Gebluͤet / helt Lung / und Leber / in Geſundheit / benimt den Wehetagen des Haubts / es ſtaͤrcket die Augen / reiniget die Blaſen / lindert die Bruſt / ſtaͤrckt den Magen / reiniget das Miltz; iſt guetvor291Die 59. Frag / des 3. Hundert. von den Hueſten / und Stein / macht auch ein gue - te Farb.

Bißweilen mueß man wider geben / was man geeßen / welches geſchihet / wann man ſich uͤberiſ - ſet / oder von Zehem Magenſchleim / bißweilen auch von Hitz / und Kaͤlte. Man helt ein gebaͤhet Brot fuͤr die Naſen / oder ſchmieret Muſcatnus - Oel an den Magens-Schlund. Ein gewiße Artz - ney wider das Erbrechen / und Undeyen des Ma - gens: Nimm / Sommers-Zeiten / Geißmilch / oder / in Mangel deren / ein andere Milch / und ein Zweyling Semel / Maſtix ein halb Lot / und Wer - mutoͤl / auch neun Gipfel Wermut / ſiede es / und legs zwiſchen 2. Tuͤchern uͤber den Magen / des Tags 3. mal. Winterszeit kanſt du / an ſtat der Milch / und Semel / einen gueten Wein nemmen / und ein gebroͤſelt Brot darein thun / auch / an ſtat des gruͤnen / duͤrren Wermut gebrauchen. Jſt auch guet wider die rothe Ruhr der Kinder. Son - ſten mag man Wermut-Safft / oder Wein / al - lein / wider das Erbrechen des Magens / brau - chen. Pimentenſafft / mit Eßig warm gemacht / und auff den Magen gelegt / weret auch dem Er - brechen. item / dieſe Latwerg / Maſtich. Myrrhæ, Ros. iedes ein halbs qu. Syr. de Agreſt. q. ſ. M. detur ante, & post cibum. Jtem / El. de Mace. 1. Lot / Rob de Rib. 3. qu. vermiſch / und gib ein Ha - ſelnuß groß davon ein; thue auch ein Wein auff einen gluͤenden Ziegelſtein ſprengen / und laß denT ijRauch292Die 59. Frag / des 3. Hundert. Rauch zu dir gehn: Hilfft es nicht / ſo iſt es / wie Einer ſagt / geſchehen. Ein Anderer helt diſes fuͤr bewehrt / wann Einer gar zu ſehr uͤbergibt: Nim̃ ein weichgeſotten Ey / ſaltz es / wie gebraͤuchlich / thue geſtoßenen Pfeffer darein / und trincks aus. D. Bauhinus ſagt / aus einem Andern: Wann Einer einen Becher mit Waßer nimt / und in dem - ſelben Campher einer Haſelnuß groß / ſo Er an - gezuͤndet verbrennen laſt / darnach Einem eingibt / der das Magen-Wehe hat / und ſonderlich den Weibern / wann Jhnen die Beer-Mutter auf - ſteigt / ſo weiß ich / daß es von ſtund an hilfft. Die eingemachten Hanbuten / oder derſelben Latwerg / dienen auch hierzue. Vor die Junge Kinder / im erbrechen des Magens / Nimm 4. Lot Weitzen - weel / roͤſte es in einem eiſernen Pfaͤnlein / biß es gar braun wird / thue darzue 2. hart gebrattene Eyerdotter / rein gepulverten Weyrauch 1. Lot / Maſtix gepulvert ein halbs Lot / Arabiſchen Gummi / rothe Roſen / Muſcatnuß / alles gepul - vert / iedes 1. qu. Alle diſe ſtuck ſtoß wol durchein - ander / mit 2. theil Eßig / und ein theil Balſam - muͤntzſafft / daß es / wie ein Pflaſter werde / davon ſtreich auf ein leinin Tuͤchlein / oder weißen Bar - chet / und legs dem Kind warm uͤber das Hertz - gruͤblein / und den Magen. Oder nimm gedoͤrte Weinrauten ein drittheil eines quintleins / thue darzue reinen weißen Weyrauch 8. graͤn / ſtoß / oder reib es zu einem ſubten Pulver / und gibs demKind293Die 59. Frag / des 3. Hundert. Kind mit roth Roſen-Syrup. Jtem / ein bewehr - tes Stuck / fuͤr Alte / und Junge: Nimm 2. Lot Pontiſchen Wermut / geroͤſt Brot / Gallen-Aepf - fel / Aloepatik / Mutter-Zimmet / Maſtix / und Weyrauch / iedes 1. Lot. Stoß alles zu reinem Pulver / thue darzue ein Becherlein vol Eßigs / Quittenoͤl / Nardenoͤl / iedes 2. oder 3. Lot / ſeuds mit einander in einem eiſernen Pfaͤnlein / mit ſtaͤt - tigem Ruͤren / biß es wird wie ein Brey / davon ſtreich auf ein Tuch / wie ein Pflaſter / und legs aufs waͤrmeſte uͤber das Hertzgruͤblein.

Bißweilen iſt es nutzlich / wann man ſich er - bricht / darzue D. Panſa diſes Mittel verordnet hat: Nim̃ ein Hand vol Gerſten / und ein Hand vol Rettich / koche beedes im Waßer biß zur Helf - te / daß nur ein Trunck bleibe / ſeige die Bruͤhe durch ein Tuͤchlein / und thue darzue Meerzwibel - Syrup 3. Lot / ſuͤß Mandeloͤl 2. Lot / vermiſchs / und nims laulecht ein / und bewege dich in einer Stund zum Brechen. Wann man ſonſten ein Lot der Stickwurtz / oder Zaunruͤben (Bryoniæ) nimbt / laſts uͤber Nacht in Wein ligen / morgens durch - ſeihet / und von der Bruͤhe warm trincket; ſo gibt es ein ſanftes Erbrechen. Alſo auch Mengel: oder Grindwurtz / zerſtoßen / und mit Waßer ein wenig warm gemacht / gemiſcht / und ausgetrun - cken. Oder / Radic. Aſari 1. Lot / Semin. Naſtur - nii, Atriplicis, iedes 3. qu. Erucæ, Aſari, iedes 2. T iijqu. 294Die 59. Frag / des 3. Hundert. qu. Radic. Raphani 2. Lot / Coqu. in aqua q. ſ. ad medietatis conſumptionem. Hujus decocti unciis 5. addatur oxymel. ſquillit. uncia una, olei Camome - lini drachmæ 6. & detur tepidum.

Erkaltem Magen hilfft gepulvert Calmus ein quintlein / und ſovil Zimmetroͤhrlein untereinan - der vermiſcht / und Morgens in einem Drunck Wermutwein gebraucht. Jtem Cardobenedicten / item Pfefferoͤl. Nimm einen gueten Trunck firnen Wein / mach den warm / thue darzue geſtoßen Jmber 1. , geſtoßen Naͤgelin ein halbs , und trinck das Morgens fruͤhe. Schmier dich mit Wermutoͤl. Des Magens kalten Schleim ver - zehret Pfeffer / und Jngwer / in einem warmen Trunck Wein gebraucht. Oder / nimm ſchwartzen Pfeffer 4. Lot / Jngwer 2. Lot / des beſten Saff - rans 1. , Naͤgelein / und Galgant / iedes 2. , ſtoße diſes alles zu einem ſubtilen Pulver / und ge - brauch es. Zukaltem Magen / und hitziger Leber / zugleich / iſt gut Pfeffer / mit Lattich geeßen. Dann der Pfeffer im Magen bleibt / und der Lattich die Leber erkuͤlt.

Des Magens aufblaͤhen / und beißen / wendet Roͤmiſcher Kuͤm̃el / in Wein / und Baum - oͤl / geſotten / biß ſich der Wein verzehret; darnach durchgeſigen / ein Filtz darinn genezt / ausgedruckt / und warm uͤbergelegt.

Wider das Aufſtoßen / und Roͤpſen / Diaga - lang. Diatrionpiper. ana, unciam unam, miſcecum295Die 59. Frag / des 3. Hundert. cum aq. Salv. Oder / Wermutwein / Kuͤmmel / Anisſaamenpulver 1. mit Wein zertriben / und warm getruncken. Jtem / Coriander / nach der Speiß / ein halbes Loͤffelein vol geßen. Jtem / nimm Chamillenkraut / und Blumen 2. Handvol / Ma - joran / Rauten / und Wermut / iedes ein Handvol / zerſchneids / und mach ein gerigens Magenſaͤck - lein daraus / das trag ſtaͤtig auff dem Magen / und ſalb auch denſelben Morg. und Ab. mit Cha - millen: und Rautenoͤl.

Der Klux / Schluck / Guͤrtzen / Heſchgen / Sin - gultus, iſt ein Tonn / oder Klang / einer ſtarcken Bewegung des Magens / aus einer kraͤmpfigen Gelegenheit herkommend. Man ſoll den Athem an ſich ziehen / daß die Nerven eingehalten wer - den. So ſeyn warme Sachen zu gebrauchen / als / Rauten / Wermut / Bimenten / Lorberbeer / Naͤ - gelin / &c, auch der Magen oft mit den Haͤnden zu druken. Rautenſafft entweder zu ſich genom - men / oder damit geſchmiert / iſt guet: item Spitz - muͤntz pulveriſirt / und mit Sauerteig / wie ein Pflaſter / uͤbergelegt. Oder nimm gebaͤhet Brot / ſtoß es klein / miſch darunter ein halbs Lot Maſtix / thue es in ein Saͤcklein / und legs warm uͤber. Dil - lenoͤl bekomt auch wol. Eine vornehme Frau in Oeſterreich hat nur pflegen ihr Meßer / ungefehr / von ihr zu legen / ſo hat der Schluck aufgehoͤrt. Theils verſtopfen die Ohren mit den Fingern. Theils thun ein Meßer in die Kanten / und trin -T iiijcken296Die 59. Frag / des 3. Hundert. cken daraus. Andere eßen nur von einer Muſca - ten-Nuß: oder von einer Quiten-Latwerg.

Der Sod / oder Ardor Stomachi, Magens - Hitz / Brennen / in dem Obern Magens-Mund / entſtehet meiſtentheils von feiſten Sachen / als Honig / und dergleichen; bißweilen auch aus der Bewegung / Baden. Man braucht ſich der Bockshoͤrner / oder S. Johans-Brot. Ein Me - dicus, ſo nun tod / hat diſes geraten / man ſoll nem - men 2. quintlein S. Johañsbrot klein zerſchniten / 1. qu. Kreiden / und ein halbs quintl. Muſcatnus / ſolche ſtuck vermiſchen / und eßen. Ein Anderer wil / man ſoll nehmen 2. Lot Kreiden / ein halb Lot Muſcatbluͤhe / und ein halb Lot Muſcatnuß / diſes alles pulveriſiren / in 2. Lot gelaͤutert Canari-Zu - cker ſieden / Zaͤltlein davon gießen / und eßen. D. Cocus wil / es ſeye nichts kraͤftigers / als die Karp - fenſteinlein in dem Mund gehalten; oder / zu Pulver gemacht / und eingenommen: item / See - blumenwaßer. Theils legen das Weiße von einem Ey in das Hertzgruͤblein; oder brauchen Wege - rich / und Suͤßholtzſafft; oder eßen Pferſichkoͤr - ner; oder Fenchelzucker / und dergleichen; und le - gen Nachtſchattenblaͤtter zerſtoßen uͤber. Son - ſten vertreibt Magens-Brennen / und Hitz / Fen - chelwaßer M. und Ab. iedesmal 4. oder 5. Lot ge - truncken; item Wegwartwaßers 5. oder 6. Lot al - ſo gebraucht. item Fenchelzucker geßen. Jtem / Erdheer; und Teſchelkraut geſtoßen / und wie einPfla -297Die 59. Frag / des 3. Hundert. Pflaſter / uͤbergelegt. Siede aus 16. Lot ſchoͤnen weißen Canarizucker / und 5. Aechtmaß / oder 80. Untzen friſch Bronnenwaßers / ein Tranck / bey ei - nem linden Kolfeuerlein / den halben theil ein / ſei - he es durch ein Tuch / und trinck nach Luſt.

Magens Durchlauffen ſtillet Naͤgeleinoͤl / etli - che troͤpflein in Wein / oder einer Huͤenerbruͤhe / warm getruncken. Jtem / Nim Maſtix / und Ro - ſenoͤl / iedes gleichvil / miſch ein wenig Eßig darzue / und ſalbe den Magen damit. Oder / nimme Ma - ſtix / Muͤntzen / gebrant Helffenbein / rothe Coral - len / roth / und weißen Sandel / iedes 1. qu. Rinden von weißem Brot 4. Lot / das weiche ein halbe Stund in Eßig / ſtoße darnach alles untereinan - der / vermiſch damit Quitten: und Maſtixoͤl / ie - des 2. Lot / Gerſtenmeel ſovil vonnoͤthen zu einem Pflaſter / und leg es warm uͤber. Jſt ſonderlich guet vor das Undauen des Magens / mit der Ruhr.

Ein Medicus hat Einem zu Lintz / ſo einen ver - ſchleimten Magen gehabt / folgende Artzney ge - ordnet: fol. Senæ el. 1. Lot / Rhabarb. opt. 2. qu. Cinnamom. 1. , in einem Buͤndelein 24. ſtund / in eine Halbmaß Wermutwein gehenckt / und et - lich Tag nacheinander fruͤhe einen gueten Trunck davon gethan.

Magens innerliche Apoſtem / und Geſchwer / zu heilen / nimm gepulvert Chamillen 4. Lot / ge - pulvert Leinſamenmeel / Griechiſch Heu / iedes 2. T vLot /298Die 59. Frag / des 3. Hundert. Lot / Schweinenſchmaltz 5. Lot / ſeuds mit einander / biß es dick wird / wie ein Brey / ſtreichs auf ein Tuech / und legs warm uͤber / wie ein Pflaſter. Es heilet auch die Apoſtem der Daͤrm / und Einge - weids. Jtem Sauerteig / mit Eyerdotter / durch einander geſtoßen / zu einem Pflaſter tempe rirt / und uͤbergelegt. Es heilen auch Magens-Ge - ſchwer die Gerſtenbreylein / von wolgebeuteltem Gerſtenmeel / ohne Butter / Schmaltz / oder Oel / nur mit einem gar wenig Saltz beraitet.

Magensbluten vertreiben die Reiß-Muͤßlein / mit Milch / und eim wenig Arabiſchen Gummi rein gepulvert / geſotten / ein wenig geſaltzen / und ge - nuzt.

Erkalten Magen waͤrmet Anißſamen geſaͤu - bert 1. Lot / weißer Jngber / Galgant / iedes ein halb Lot / Naͤgelein / Zitwan / Muſcatnus / iedes ein quintl / ſtoß zu einem ſubtilen Pulver / und mach / mit 12. Lot geſtoſſenen Zucker / ein Triſeney dar - aus / und brauch darvon / vor den beeden Jmbſen / allwegen ein Stund zuvor / iedes mal ein Loͤffel vol / auff einem gebaͤhten Schnitlein Weißbrots / in guetem weißen Wein gewaicht / und allwegen nach dem Eßen ein halbes Loͤffelein vol.

Wider die Erhartung des Magens (und Le - ber) nimm ij. oder iij. Untz des Gummi Armo - niak / thue es in ein ſauber Pfaͤnlein / und ſchuͤtt ei - nen gueten Weineßig daruͤber / laß ſo lang ſieden / biß es ſo dick wird / wie ein Honig / darmit ſchmierdie299Die 59. Frag / des 3. Hundert. die erhartung gar wol / leg darnach ein Papir da - rauff / und verbind es. Alſo vertreibt des Magens drucken Wegwartenkraut / friſch vor ſich ſelbſt geſtoßen / oder mit Gerſtenmeel / vermengt / und wie ein Pflaſter uͤber das Hertzgruͤeblein gelegt.

Magens Geſchwulſt legt dieſes gutes Mittel: Nimm friſchen ausgedruckten Wermuetſafft / Roſeneßig / iedes 20. Lot / Baumoͤl / Jungfrau - Wachs / iedes 16. Lot / Hirſchenmarck 4. Lot / laß den Wermut / Roſeneßig / und Baumoͤl / mit ein - ander ſieden / biß der Safft / und Eßig / ſich ver - zehrt / darnach ſeihe es durch ein rein Tuch / zerlaß darinn das Wachs / und Marck / und mach ein Pflaſter daraus / davon ſtreich auff ein lindes Le - der / und legs uͤber den Magen.

Magenfaͤule vertreibet Pontiſcher Wermut - wein.

Magens uͤbrige Feuchtigkeit fuͤhret aus / Ha - berkuͤmmel zu Pulver geſtoßen / und 1. mit Wein getruncken: item / der Same mit Zucker uͤberzogen. Jn H. Johann Albrechts von Man - delslo / Seel. Morgenlaͤndiſcher Reiſe Beſchrei - bung / ſtehet fol. 42. daß das Kraut Thee / von den Hollaͤndiſchen Materialiſten / bekommen werden koͤnne / daraus ein ſchwartzes Waßer gekocht wer - de / ſo man in Jndien gar gemein / aber gar heiß / trincke: habe eine zuſammenziehende Krafft: ſeye dem Magen / Lung / und Leber / dem Gebluͤete / ja allen innerlichen Gliedern / des Menſchen / heil -ſam /300Die 59. Frag / des 3. Hundert. ſam / verzehre alle uͤbrige Feuchtigkeiten / warvon der Menſch traͤg / und ſchlaͤfferig / auch ungeſund wird; und mache / daß die Leute / die es fleißig ge - brauchen / zu einem hohen Alter gelangen. Sihe auch Ad. Olearii Perſianiſche Raiſe-Beſchrei - bung lib. 5. c. 17. in Jndia trincken Sies des Tags 3. mal / nemlich des Morgens fruͤhe / nach der Mittags-Malzeit / und auff den Abend. Son - ſten fuͤhret den Magenſchleim auch aus / und rei - niget den Magen / das Kraut von Jungen Bi - bernellen in der Speiß gebraucht; item / einge - machte Bibernellenwurtzel.

Verſtopften Magen oͤfnet Wermut / zu Pul - ver geſtoßen / und des Tags 3. mal / iedesmal ei - ner Caſtanien groß / eingenommen: item Fenchel - waßer.

Wider die Blaͤſte / oder Winde des Magens / loben die Bad-Aertzte die Oel von Wermut / und Maſtix / wie auch Naͤgelein / Galgant / Muſcat - bluͤhe / Eniß. Wie es dann theils Orten gar ge - mein / daß man Eniß / und Coriander / und der - gleichen Confect / nach dem Eßen einnimt. Wer - mutoͤl vertreibet auch die Magenwinde / wann man ſich warm damit ſalbet. Pontiſcher Wer - mut-Syrup 3. Loth auf ein mal eingenommen: item / Fenchelſamen zu Pulver geſtoßen / und mit Wein getruncken; oder aber vor ſich ſelbſt geßen / thuet auch wol.

Erloͤ -301Die 60. Frag / des 3. Hundert.

Erloͤcherten Magen bringt wider zu recht ob - gedachter Pontiſcher Wermut-Syrup: Jtem geroͤſt Gerſten-Meel mit den Gipfeln von den Brombeerſtauden / oder Burtzelkraut / oder Haußwurtz / wol geſtoßen / mit ein wenig Waßers beſprengt / folgents wider wol geſtoßen / daß es ein Pflaſter werde / auf ein Tuch geſtrichen / und uͤber den Magen gelegt.

Die 60. Frag. Warum koͤnnen Theils den Hun - ger laͤnger leyden / als Andere? Und woher entſteht der Hunds - Hunger?

EJnem Thier / auf daß es ſtaͤ - tigs erhalten werde / dieweil immer zu et - was an ſeinem Weſen abgehet / iſt die Nahrung / durch den Mund zu ſich zu nemmen / von noͤthen / es ſeye dann / daß ſolches etwas ver - hindere / ſo den Eckel mache / oder man der Speiſe nicht begehrt. Dann was Theils von etlichen Thieren ſchreiben / daß ſie allein vom Lufft leben; deßgleichen vom Geruch / das wird von vilen in Zweifel gezogen. Vom Thierlein Chamæleon iſt es gewiß nicht wahr / daß es ohn einen Mund ſeyn ſolle; da doch daßelbe die voruͤberfliegende Mu - cken / durch Liſt / mit ausgereckter Zunge / fahet.

Ob aber ein Menſch nicht nur etliche Tag / ſon - dern Wochen / Monat / ja Jahr / ohne Speiß / undTranck /302Die 60. Frag / des 3. Hundert. Tranck / leben koͤnne? wird gefragt; auch mit Ja geantwortet / ſowol von Krancken / als Geſunden. Exempel ſeyn in der 85. Frag / des 1. Hundert Fragen / einkommen; mehrere hat Caſpar Bartho - linus exercit. 6. problem. Philoſoph. & Medic. 1. Da Er auch deßen Urſachen beybringet; und pro - blem. 4. von der Frag handelt / ob / in nemmung der Speiſen / eine Ordnung ſolle gehalten / und die weichen Speiſen / vor den harten / genoßen werden. Deren Mainungen beeden Er nicht / ſondern der Dritten iſt / daß man hierinn zwiſchen den Wei - chen / und Harten / keinen Unterſcheid halten; ſon - dern / wie man in einen Hafen unteꝛſchidliches thut / es auch alſo mit dem Magen halten ſolle / als der alles miteinander zu kochen; wiewol nicht gelaͤug - net werden koͤnne / daß die weiche Speiſen baͤlder / aus dem Magen / in die Daͤrme kommen / als die haͤrtere. Und exercit. 9. problem. 4. antwortet Er auch auf die Frag / warum die / ſo eine gar hitzige Leber / einen kalten Magen haben? und ſagt / daß ſolches von der Leber nicht an ihr ſelbſten / ſondern zuefaͤlliger Dinge / verurſacht werde. Es ſeyn aber / damit wir wider auf das erſte kommen / die Urſachen / daß Theils weniger / als Andere eßen. 1. daß die Natur mit wenigem vergnuͤgt / und wir nicht ſovil bedaͤrffen / als wir taͤglich aus gewon - heit zu Uns nemmen. 2. die uͤble beſchaffenheit des Magen-Schlunds. 3. die ſchwache natuͤrliche Waͤrme / ſo wenigere Nahrung erfordert. Daheres303Die 60. Frag / des 3. Hundert. es geſchihet / daß die Alten leichter ohne Speiß ſeyn koͤnnen / als die Jungen / dieweil die ſchwache Waͤrme weniger von der Feuchtigkeit verzehret. Alſo faſten / die vil Rotz / laͤnger / als die vil Gal - len haben; weilen jene kaͤlterer Natur ſeyn. 4. An ſtat der Speiß / iſt oft die Feuchtigkeit / oder die Feiſte / oder Catharroſiſche Fluͤß / ſo vom Haubt herunder fallen / ſonderlich wann kalte / und feuch - te Fluͤße zuſammen kommen; als wie bey denen theils geweſen / deren oben gedacht worden; da hergegen die / ſo einen hitzigen Magen haben / und geſund ſeyn / wann ſie nichts eßen / vor dem vierten Tag ſterben. 5. Wann Einer ſich feſt bindet / der wird den Hunger laͤnger leyden koͤnnen / als ein Anderer: Alſo moͤgen die feiſte Leute laͤnger fa - ſten / als die Magere. Dann / wan die Nahrung mangelt / ſo greift der Magen die Feiſte an. Es kan auch eine verborgene Urſach ſeyn / Warum theils vil Jahr lang ohne Speiß und Tranck / le - ben / und dannocht dabey / als wie der Brueder Claus / in der Schweitz / geſund ſeyn koͤnnen.

Bey denen / ſo ſich nicht recht befinden / wendet den Eckel zur Speiſe der Pomeranzen / und Li - monien-Safft; item ſaure Aepfel / Quitten / Muſcatnus / Naͤgelein / Cardomoͤmlein / Erbſich - ſafft / Ribes-Beerlein / Jngwer / oder etlich troͤpf - lein von Naͤgeleinoͤl / in Wein / oder Huͤnerbruͤhe / warm eingenommen. Und ſolcher Eckel entſtehet von boͤſer Feuchtigkeit im Magen / auch von einemſtin -304Die 60. Frag / des 3. Hundert. ſtinckenden / oder ſonſt verderbten Lufft: Bißwei - len entſtehet auch ſolcher Unwill / aus einer uns verborgnen Urſach / wann man eine Speiſe nur anſihet. Wann eine ſchwacheit der Lebens-Geiſter obhanden / iſt der Wein guet: Wann Verſtopf - ung der Flachs-Adern / ſoll man Wermut in der Speiß brauchen / oder zerſtoßen mit Eßig / und Saltz / an die Fueßſolen binden. Wann aber der Fluß eine Urſach / ſo dienet das Erbrechen wol.

Sonſten erwecken / und machen einen Luſt / oder Appetit zur Speiſe / Salbey / Ruͤeben mit Eßig / und Saltz geeßen / Rapunzel / Saur-Ampfer mit Eßig / Cappern / Senff / Agreſt / oder der Safft von unzeitigen Trauben / Limonien / Maulbeer vor der Speiß geeßen / eingemachte Amarellen / Quitten-Latwerg / und Syrup / ſaure Granaten / Saurach / Hagdornbeer / eingemachte Oliven vor anderer Speiſe geßen; ſaure Kirſchen. Lege fri - ſche Wermutblaͤtter in die Schuhe / und gehe mit bloßen Fuͤeßen darauff. Trinck Fenchelwein. Mach ein Breylein von geroͤſtem Gerſtenmeel / mit einer kraͤftigen Huͤener: oder Fleiſch-Bruͤhe / ſeuds wol / temperirs darnach mit Quiten: oder ſauer Granatfafft / oder mit Agreſt. Jſt auch den ſchwangern Weibern guet.

Bey Theils Leuten bedarff es des Appetitma - chens nicht / ſonderlich bey denen / die ſchwere Ar - beit / und derſelben vil / haben / und bey denen dieWaͤr -305Die 60. Frag / des 3. Hundert. Waͤrme ſtarck iſt: Es ſchmecket ihnen alles wol / was man ihnen gibt / und vorlegt. Bey Theils iſt auch ein unnatuͤrlicher Hunger / ſo man den Hunds-Hunger zu nennen pfleget; derglei - chen ich einen zu Sobieslau / in Boͤheim / gekennet / der ſtaͤts hat eßen muͤeßen; wiewol man auch Mittel darfuͤr hat; als Rockenbrot in Baumoͤl geweicht / und geeßen / welches man auch in Moſt / oder dickem geſottenen Wein / weichet; oder die Weitzenkoͤrner mit Kuͤhemilch wol ſiedet / und iſ - ſet; auch den Magen mit Wacholder: oder Ter - pentinoͤl / ſchmieret; und die pilulas fœtidas von Serapinſafft brauchet. Es entſtehet aber ſolche Kranckheit ſowol aus Kaͤlte / als Hitz. Wo ſie die Hitz verurſachet / ſo mag es aus heißen Luͤften / Lauffen / harter Arbeit / unmaͤßigem Wachen / Fie - bern / großer Ruhr / Magen / oder Daͤrmenwuͤr - men / ſo die Speiß verzehren / herkommen: item / aus Schleim / ſo in den Magen faͤlt / und die behal - tende Kraft ſchwaͤchet / geſchehen: es kan auch die zu große Magenhitz eine Urſach ſeyn / wann die - ſelbige langwerig iſt. Von Kaͤlte geſchihet ſol - cher Hunger / wann die im Magenmund haftet; da dann man ohne Unterlaß der Speiß begeret / und ie groͤßer deßelben Kaͤlte iſt / iemehr der Hun - ger zunimt / biß alle Krafft geſchwaͤchet wird. Zu diſen kan auch die dritte Urſach kommen / namlich ein erſaͤuerte Feuchtin / aus Rotz / und Melancho - li / im Magenmund ligend / die ſolche BegierdeVerwe -306Die 61. Frag / des 3. Hundert. erwecket. Siehe / was hievon / und wie ſolchem Übel abzuhelffen / Wirſung / und Tabernæmontan / in ihrem Artzneybuch / part. 3. c. 2. fol. 303. ſeq. weit - laͤuffig ſchreiben.

Die 61. Frag. Was hat das Miltz fuͤr Be - ſchwerligkeiten?

DAs Miltz wird von den Griechen Splen, und von den Lateinern Lien genennet / und iſt ein namhaft nothwendig Glied / welches ſein Legerſtatt in der Lincken Seiten / gegen der Leber / und Gallen / uͤber / zu naͤchſt an dem Magen hat. Es iſt mit etlichen Aederlein an den Rucken gebunden / da die gantze Rippen ein end haben / erſtreckt ſich mit dem einen Spitz gegen der Leber / und gerechten Seiten. Sein Subſtantz / und Weſen / iſt von zartem lucken Fleiſch / wie ein Schwamm / doch gegen der Lungen abgeſchezt / vil haͤrter / und zuſammen gepackter / als vil es weicher / und duͤnner / dann die Leber / iſt. Es wird auch mit vilen Aederlein / und Luftloͤch - lem durchzogen / mit welchen es die grobe Melan - choliſche Feuchtin ringlich von der Leber anzeucht / ſich davon ernehrt / und erhelt. Daraus erſchei - net / daß diſes Glids Verwaltung iſt / die Leber von der groben Melancholiſchen Feuchte zu reini - gen / das reiniſt zu behalten / und das grobe durch ſondere Weg auszutreiben. Wo diß nicht ge -ſchicht /307Die 61. Frag / des 3. Hundert. ſchicht / und das Miltz alſo geſchwaͤcht wird / daß es nicht volkommenlich an ſich zeucht / ſo entſtehen Melancholiſche Kranckheiten / Trauren / Unmut / Schwermuͤtigkeit / und zun Zeiten verwirrung der Vernunft. Es entſtehen auch Geſchwer / Peutzel / Außſatz / Wildfeuer / und dergleichen / aus ſolcher Schwacheit. Zeucht es aber wol an ſich / kan aber den uͤberfluß nicht austreiben / ſo laufft es mit ge - ſchwellen auff / daß leichtlich zum erſchweren gera - tet. Treibt es dann diebeißende / und ſcharffe Ma - teri zu uͤberfluͤßig in den Magen / ſo erweckt ſie den unerſetlichen Hunds-Hunger. Wo es erſtarret / ſo wird das Undaͤuen erregt / die Daͤrm mehr - mals / durch zu ſtaͤtigs Abſchaben / toͤdtlich verlezt / ſamt mehr andern gefaͤhrlichen Zufaͤllen. Die fuͤrnemſte Maͤngel aber ſeyn / Entzuͤndung / Ver - ſtopfung und Erhartung. Die Urſachen ſeyn ent - weder aͤußerliche / oder innerliche. Die von außen herkommen / moͤgen von ſolchen Speiſen ſeyn / ſo melancholiſch Gebluͤet machen / als / Kaͤß / Kraut oder Kol / geſaltzen Fleiſch / und dergleichen. Die in - nerliche kommen von der Leber / und uͤberfluͤßiger Melancholiſcher Feuchtigkeit / her / oder / ſo das Miltz nicht recht beſchaffen iſt.

Jn ſolchen Zueſtaͤnden nun iſt es am rathſam - ſten ſich eines verſtaͤndigen Artzes Huͤlff zu ge - brauchen. Jch wil gleichwol / meinem Gebrauch nach / auch etzlicher Artzneyen gedencken / ſo ich / in langer Zeit / zuſammen geſchriben / und nutzlich zuV ijſeyn308Die 61. Frag / des 3. Hundert. ſeyn erfahren haben habe; als / ein herrliches Pflaſter in der

Miltzſucht: Nimm Gummi Armoniak / des fremden Gummi Bdellii, und Korbfeigen / iedes 2. Lot / Saurteig 1. Lot / Weinrauten-Bletter / die Frucht von Tamarisken / Bergſaltz / iedes 1. . Den Gummi Armoniak / und Sauerteig / zerlaße mit Eßig / und ſtoße alle obgemelte ſtuck damit wol durcheinander / daß es ein Pflaſter werde / das ſtreich dann auf ein Tuch / oder Barchet / und legs uͤber.

Jn Verſtopfung des Miltzes / werden nutzli - chen gebraucht / bittere Mandel / mit Terpentin / Ehrenpreiß / Quendlwaßer / die Bruͤhe von Hirſchzungen getruncken / und die Blaͤtter eußer - lich uͤbergelegt. Hopfen / Honig / der Groß Eßig - ſafft von Honig genoßen / und aus Aeſchbaͤumen Geſchirr getruncken. Vor allen andern Sachen aber / werden die Cappern gelobt; wan man nam - lich ſie zweymal wol mit warmem Waßer aus - waͤſcht / damit das Saltz davon komme / hernach uͤber Nacht in Eßig waichen laͤſt / und fruͤhe wi - der / mit einem warmen Waßer auswaͤſcht / und alßdann ein wenig Eßig daran geuſt / und / mit ge - nugſamen Oel / zu andern Speiſen / oder allein / eſ - ſen thuet. Jſt auch wider die Wind / und Wehe - tum in der Rechten Seiten. Dann die Capperen / mit dem Eßig / die verſtopfte Gaͤng eroͤfnen / und das Miltz ſtaͤrcken; bekommen auch der hartenGe -309Die 61. Frag / des 3. Hundert. Geſchwulſt / oder erhaͤrtung in dem Miltz / und Le - ber / Scirrhus genant / ſo aus einem dicken / und truͤ - ben Gebluͤet / nach der Verſtopfung entſpringet / wol / darwider man ſonſten Mandeloͤl / item / S. Johansoͤl / zum ſchmieren / gebrauchet; inwendig aber Hirſchzungen / und Erdrauch / mit Senes - blaͤttern / geſotten. So erweichet man das erhar - te Miltz mit folgendem Pflaſter: Nimm des Gummi Armoniak / und Wax / iedes 18. Lot / Cypriſchen Terpentin / des Gummi Bdellii, und Galbenſaffts / iedes 4. Lot / weißen Weyrauch / Myrrhen / iedes 2. Lot / Harteigelblumen-Oel 9. Lot. Den Armoniak / Galbenſafft / und Bdellium, zerlaß mit dem beſten Weineßig; wie auch beſon - der das Wax / und Terpentin: Vermiſchs her - nach mit dem Oel / biß ſie ſich vereinbaren; dar - uach thue die Myrrhen / und Weyrauch / rein ge - pulvert darein / und boͤre es wol / ſtreichs dann auf ein Barchet / oder Leder / und legs uͤber das breſt - haftig Miltz. Jn einem geſchribnen Buͤchlein hab ich folgendes geleſen / Wann auch das Miltz ſo hart / als ein Holtz were / ſolches zu erweichen: Nim̃ Cappern 2. Haͤndvol / klaube ſie ſauber / waſche ſie wol / und laß wol auswaͤßern / als wolte man ſie - ber Tiſch zu der Speiſe eßen / ferners Tamarisken - kraut 2. Handvol / item / 3. Blaͤtter Hirſchenzun - genkraut. Diß alles hack gar klein / thues darnach in einen ſaubern Hafen / geuß darauf ein halbe Maß Wein / und ein halbe Maß Waßer / legV iijdarzue310Die 61. Frag / des 3. Hundert. darzue Schmaltz / eines Ganß-Ey groß / laß auff 2. oder 3. Finger brait einſieden / ſeichs darnach ab / laß die Kraͤuter kuͤelen: alßdann nimm ein ſaubers leinines Saͤcklein / 2. Hand brait / und ei - ner ungefaͤhrlich lang: thue die Kraͤuter / und Cappern / darein / naͤhe es fein / wie die Goͤlter / oder Bettdecken / ab / und leg das Pflaſter wider in ſei - ne vorige Suppen / und waͤrme es wol / legs dar - nach aufs waͤrmeſt / als du es leyden magſt / auf das Miltz / und binds mit einem Band zum Leib / und wans drucken wird / ſo netze / und waͤrme es wi - derum in ſeiner Suppen / und das thue des Tags oftmal / und 5. Tag nacheinander; ſolleſt es auch bey Nacht auf deiner Seiten tragen. Am ſechſten Tag muſtu ein friſches Pflaſter machen / und wi - der 5. Tag gebrauchen wie vor. Das thue auff 20. Tag. Aber Einen hat es baͤlder geholffen / deſ - ſen Miltz zuvor / wie ein Brett hart war / und Jh - me kein Doctor mehr helffen kunte. Darneben aber hat Er auch alle Tag / Tamariskenkraut - Waßer ein wenig getruncken. Jn der beſagten Verſtopfung des Miltzes / machet man auch / aus Cappern-Rinde / und Kraut / mit Hirſchzungen / Ackermuͤntz / Oſterlucey / Poley / und Haſelwurtz / in Eßig gekocht / einen Überſchlag. Oder / nimm Capernoͤl 2. Lot / Hirſchenmarck / und Gaͤnßfett / iedes ein halbes Lot / Ammoniak in ſcharffem Weineßig zerlaßen 3. quintlein / oder ein halbes Lot / Wachs ſovil zu einem Saͤlblein gnug iſt; da -mit311Die 61. Frag / des 3. Hundert. mit der Krancke / iederzeit auf der Lincken Seiten / ſich wol ſchmieren ſolle. D. Piverel hat des Jahrs 1623. Einem / wider die Verſtopfung / nachge - hendes geordnet / zu Graͤtz im Land Steyer: pulv. Senæ præparat. 2. ſcrupel / pulv. Rhabar. 1. ſcrup. Diagrid. 3. graͤn / M. f. pulvis, zum purgi - ren / fruͤhe in einer Fleiſchſuppen einzunehmen. 2. Armoniaci aceto forti ſol. 2. Lot ol. de Cappa - rib. Lilior. albor. & ceræ, q. ſ. f. cerotum, instar linguæ bub. in oblong. in corio extend. uͤber das Miltz gelegt / und wider Morg. oder Ab. erneuert / zuvor aber mit der Miltzſalben wol geſchmieret. 3. Oxymel. Squillit. vj, alle Abents / wan man wil ſchlaffen gehn / ein Loͤffel vol eingenommen. Dienet auch zur Leber / Lungen / und dem Kopf. Conſerv. Viol. Buglos. Borrag. Meliſſ. ana Ziij. Mithridat. Zij, oder 2. quintlein / cum Syrup. de pomis f. Electuar. alle Morgen einer Haſelnuß groß davon eingenommen. J. C. Baricellus in hort. gen. p. m. 153. ruͤhmet den Roͤmiſchen Wermut / wan man ſolchen ſiedet / und die Bruͤhe Morgens nuͤchtern trincket. Damit aber ſolches mit beßerm Nutzen geſchehe / ſoll der Miltzſuͤchtige / nach dem Eßen / das Waßer / darinn ein Hammer: oder Hueffſchmid / oder Schloßer / das gluͤend Eiſen oftmals ausgeloͤſcht hat / trincken. Dann es die Erfahrung bezeuget / daß die Thier / ſo bey ſolchen Handwerckern erzogen werden / ein kleines Miltz haben. Benivenius ſolle einen Burger zu Florentz /V iiijſo312Die 61. Frag / des 3. Hundert. ſo den Scirrhum, oder die harte obgedachte Ge - ſchwulſt / ſiben Jahr lang / gehabt / allein mit ſol - chem Loͤſchwaßer / und den Capparn / geſund ge - macht haben. Allein muß man ſolche Sachen lang brauchen. Zur ſolchen Haͤrte / tauget auch diſes Pflaſter / Nimm der zerſchnittenen / oder geſcha - benen Saiffen / und Zwibel / iedes 2. Lot / und Ho - nig 1. Lot / und kochs mit 2. Lot Kuͤhemilch / zu er - nem Pflaſter. Doſtenwein getruncken / und der Rettich-Syrup genoßen / ſeyn auch guet / wider die Miltzſucht. So eroͤfnet die Verſtopfung der Wermutwein: item / Chamillenblumen in Wein geſotten / Morg. und Ab. iedesmal auf die 8. Lot / oder ein gemein Tiſchbecherlein vol / getruncken. Oder / ſo bewehrt ſeyn ſolle / Nimm geſaͤuberten Gummi Armoniak 2. ſcrupel zu pilulen gemacht / und / alle Morgen / ſovil nuͤchtern eingeſchluckt / mit Hirſchzungenſyrup / und alſo ein Tag acht be - harret.

Fuͤr des Miltzes aufblaͤhen / dienet Majoran in Waßer geſotten / und davon getruncken; auch in Wein geſotten / und Pflaſtersweiſe uͤbergelegt / oder mit dem Safft / oder Oel / geſtrichen. Man braucht auch Anis / Fenchel / Kuͤmmel; und zum uͤberlegen / Anißſamen 2. Lot / Roͤmiſchen Kuͤm - mel / Keuſchbaumſamen / Rauten / Poleyen / und Quendel / iedes 1. Lot. Siede diſe ſtuck in Wein / thue Dillen: und Cappernoͤl / iedes auf ein Lot darzue / machs wie ein Pflaſter.

Miltz313Die 61. Frag / des 3. Hundert.

Miltz reiniget Thymſeiden / item Calmus in Wein geſotten / und darvon getruncken: item A - ckeleyenkraut in Wein geſotten / mit Zucker ſuͤß ge - macht / und die durchgeſigene Bruͤhe / Morg. und Ab. iedesmal auf 6. oder 7. Lot getruncken. Wie man dann immer auf des Miltzes Wolſtand be - dachtſeyn ſolle. Welches Unrichtigkeit / wie oben alberait angedeutet worden / von der Kaͤlte / Feuch - te / Schleumigkeit / und Melancholey: Die Haͤr - tigkeit deßelben von einer Verſtopfung / und zu - ſammenziehung der Pulß-Adern / ſo von der Waͤrme verlaßen worden / und deßhalben in dem Miltz ſich vilfaltig ineinander wiklet / entſtehen. Es wird auch von den Puls-Adern / ſo mit einer dicken Feuchtigkeit erfuͤllet ſeyn / zum oͤfternmal die ſchwartze Gelbſucht / durch die Verſtopfung des Miltzes / verurſachet / ſonderlich bey den Jung - frauen / wann ſie anfangen Mannbar zu werden; deßgleichen die Verſtopfung des Leibs / boͤſe Ge - ſtalt / und die Waßerſucht.

Den Miltzſchmertzen wendet Bergmuͤntzſy - rup / und Waßer; item / Hirſchzungen / mit Wein / und Tamarisken / geſotten / und getruncken: item / ein quintlein / oder ſovil man mit 3. Fingern faßen kan / des gepulverten Roͤmiſchen Kuͤmmels / mit einem trincklein firnen Weins / zertriben / und des Morgens nuͤchtern warm getruncken. Oder / ſo bewehrt / nimm des beraiten Galbenſaffts 1. qu. mach Pilulen daraus / und ſchluck dieſelbe gantz. V vOder /314Die 61. Frag / des 3. Hundert. Oder / wann der Schmertz von Blaͤſten / nimm ein halbs quintlein geſaͤuberten Gummi Armo - niak / thue darzu 2. Troͤpflein Anis: oder Dillen - ſamenoͤl / das gediſtillirt iſt / mach Pillulen dar - aus / und verſchluck ſie nuͤchtern. Man legt auch Eiſenkraut / mit altem ſchweinen Schmaltz / geſtoſ - ſen / wie ein Pflaſter uͤber.

Fuͤr das Rumpeln / und Brodeln des lauffen - den Waßers / umb das Miltz / nimm Pfefferkuͤm - mel 2. Handvol / Keuſchbaum-Saamen / oder Muͤnchs-Pfeffer / und Weinrautenſaamen / iedes 4. Lot. Stoße dieſe ſtuck groblecht / und mach zwey gerigene Saͤcklein daraus / deren Waͤrme ie eines umb das ander auff einem heißen Ziegelſtein / und legs außwendig auf das Ort / da du das Brodlen fuͤhleſt. Alſo vertreibt des Miltzes Feuchtigkeit Wermut friſch ausgedruckt / und zehen Tag nach - einander / des Morgens nuͤchtern / iedesmal 1. Lot / mit Zucker vermiſcht / getruncken.

Miltzes Geſchwer heilen Weinrauten mit Wein geſotten / und geſtoßen / darnach mit Baum - Oel wie ein Pflaſter temperirt / und warm uͤber - gelegt. Jn hitzigen Geſchweren / nimm Gerſten - meel 6. Lot / des innern Marcks von Kuͤrbſen auch ſovil / weißen Magſaamen 2. Lot / weißen / und ro - then Sandel / iedes 1. Lot / alles zu einem ſubtilen Pulver geſtoßen / ferners Veieloͤl 4. Lot. Alle ſol - che ſtuck ſiede in Wegweiß: und Nachtſchatten - Safft / iedes gleichvil / zu einem Pflaſter / ſtreich davon auff ein Tuch / und legs uͤber das Miltz.

Fuͤr315Die 61. Frag / des 3. Hundert.

Fuͤr die Geſchwulſt dienet Chamillenoͤl / mit eim wenig Eßigs vermiſcht / und damit geſchmie - ret: item / Serapingummi 1. qu. mit einem Trinck - lem gueten Weineßigs zertriben / und warm ge - trunken. Oder / ſiede Weinrauten in Eßig / netze einen Filtz darinn / druck ihn wol aus / und leg ihn warm uͤber. Oder / nimm Gerſtenmeel / und Geiß - dreck / iedes gleichvil / ſeuds in halb Eßig / und halb Waßer / zu einem Pflaſter / ſtreichs auf ein Tuch / und legs uͤber.

Das Miltz mindert Seufenchel / oder Haar - ſtrangs Gummi / oder Safft / mit einem weichge - ſottenen Ey eingenommen: item / Gummi Ar - moniak 1. quintl ſchwer mit Eßig getruncken.

Zum Beſchluß fragt es ſich / obs wahr / was man etwan vorgibt / daß den Lackeyen / weil ſie ſo ſtarck lauffen muͤßen / das Miltz genommen wer - de? Antwort / Nein. Dann es ohne Verluſt der Geſundheit / und des Lebens / nicht mag genom - men werden: Sonſten wurde die ſchwartze Gall in den Coͤrper ausgeſchuͤttet / und braͤchte die aller - gefaͤhrlichſte Kranckheiten / hette auch der Magen keinen Antreiber / die Begirde / die Speiſe zu em - pfahen / zu erwecken. Man nimmet aber zu La - ckeyen / die geſunder Natur ſeyn / denen man auch niedliche Speiſen gibet / daraus ein guetes Gebluͤet herkomt; die Gewonheit thut auch vil bey Jhnen; und ſonderlich der Gebrauch ſolcher Artzneyen / ſo ſie ſtaͤrcken / und die ſchwartze Gall demmen. J. Co -cus,316Die 62. Frag / des 3. Hundert. cus, in explic. libelli de Anima Philippi Melan. cap. 20. ſect. 3. part. 2. Sihe auch Jacob. Mar - tini diſput. 6. de Cognitione ſui, quæſt. 3. da Er fuͤnff Urſachen hat / derenwegen das Miltz einem Menſchen nicht kan gantz genommen / aber wol / wie auch oben angezeigt / durch Artzneymittel / ſo die dicke Feuchtigkeiten ausfuͤhren / gemindert wer - den / und muͤeßen die Mißgeburten geweſen ſeyn / deren Schenckius 3. obſerv. 7. gedencket / die entwe - der die Zeit ihres Lebens / oder doch etlich Jahr lang / kein Miltz gehabt haben ſollen / denen / ohne Zweifel / die Natur / was ſie einerſeits ermangelt / anderſeits wider herein gebracht hat.

Die 62. Frag. Was dienet wider das Seiten - ſtechen?

DAs Rippwehe / Pleuritis, oder Stechen / breitet ſich in den Netzlen / oder Haͤutlein / ſo die Rippen umbfa - hen / aus / und erſtrecket ſich etwa bis zu den Schul - tern; und bringet Fieber / ſtechen / ſchmertzen / ſchauder / kaͤlte / ſchwerlich Athmen / und Hueſten. Die Urſachen ſeyn mancherley. Eußerliche moͤ - gen ſeyn / unmaͤßige Hitz / oder Kaͤlte / harte uͤbung / kalter Mitnachtwind / uͤberfluͤßiges trincken gar kalten Weins / oder Waßers / tragen ſchwerer La - ſte / fallen / ſtoßen / ſtreich / item / wann man ſich er - hitzet hat / und darauff ſchnell in der Kaͤlte ent -bloͤßet.317Die 62. Frag / des 3. Hundert. bloͤßet. Die innerliche Urſachen entſtehen aus Voͤlle des Haubts / und gantzen Coͤrpers / fuͤr an - dern Feuchtigkeiten aber / aus der Gall / folgends / aus dem Gebluͤt / nachmals aus dem Rotz / oder Schleim / gar ſelten aus der Melancholia. Wind / und Blaͤſt moͤgen auch das Stechen / aber allein das falſche / verurſachen. D. Cocus ſagt / von dem Seitenſtechen / kurtz alſo: Pleura est membranæ cingens costas; inter hanc membranam, & co - stas, horum[ꝗ́]musculos, quando colligitur humor alienus, & is inflammatur, tunc oritur dolor, qui pleuriſis dicitur. Man braucht anfangs Cardui - benedictenwaßer / item / Endivienſafft / Hechtkifer mit Wein; Veielſyrup. Philippus Melanch - thon hat den Safft vom Roßkoot ausgedruckt / hat ihn den Krancken geben / und bevolhen / daß ſie ſolten ſchlaffen / und wol ſchwitzen. Dann das Roßkoot die Krafft hat zu eroͤfnen / zu kochen / und auszuwerffen. Damit man aber ſolches deſto beſ - ſer brauchen moͤge / ſoll mans mit dem Carduibe - nedictenwaßer ausdrucken. Zum Trinckwaßer be - raite diſen Julep: Nim Veielwaßer 1. pfund / weißen Zucker ein halbs pfund / oder etwas weni - ger / das ſiede miteinander bey einem linden Kol - feuerlein / leutere es mit einem Eyweiß / biß es ſich ſetzt / und trincke davon. Gebrauch dich fleißig des Borragenwaßers / daraus man auch ein Man - delmilch machen kan. Jſt das Stechen von Win - den / ſo trinck Carduibenedicten-Wein. Nim einKoͤl -318Die 62. Frag / des 3. Hundert. Koͤlkrautblat / legs auf einen heißen Ziegelſtein / befeuchte es mit ungeſaltzenem Butter / oder Huͤ - nerſchmaltz / daß es wol weich werde / ſtreue klein - geſtoßenen Kuͤmmel darauff / und legs alſo warm auf die Seiten. Die Eybiſch Salb iſt auch guet. Schlehenbluͤewaßer / zuvor / uͤber Nacht / in gue - tem Wein erbeizt / in balneo Mariæ gebrant / und getruncken / iſt bewehrt: wie auch das Waßer / da - rinn die Oberſten Gipfel von den Neßeln geſotten worden: item S. Johannskraut-Saltz. An. 1623. hat ein Medicus zu Graͤtz / J. W. dieſes Traͤncklein geordnet: Mannæ, Caſſiæ, iedes 1. Lot / Mell. Roſat. ſolut. 4. Lot / Cremor. Tartari 1. qu. cum decocto Cordiali q. ſ. f. potio. Zum Sei - ten-Geſchwer / nim die Broſam von einem wolge - ſaͤuerten Rockenbrot / ſtoß ſie wol mit friſchem Butter / Eybiſchſalb / und Loroͤl / iedes gleichvil / als vil man bedarff / zu einem Pflaſter / davon ſtreich auf 2. Tuͤcher / und leg es vornen / und hin - den / gegen dem Geſchwer. Zum Tranck nimm un - geſcheelte Gerſten 4. 6. oder 8. Lot / waͤſche ſie wol / thues in 2. Maß Waßers / nim̃ darzue gueten Ca - narizucker 8. Lot / ſieds ſittiglich bey einem Feuer / ohne Rauch / biß die Gerſten aufreißet / laß kalt werden / ſeihe es duꝛch / uñ trinck nach Luſt / zur ſpeiß. Jſt das Stechen im Leib vom Gebluͤt / nim̃ ein Haar Leinſaatſaam / ſtoß in / ſamt einer Feigen / klein / nim̃ darzue ein wenig Honig / und ſieds in einer Milch; ſtreichs hernach auf ein blau Papir / oder auf einTuch /319Die 62. Frag / des 3. Hundert. Tuch / und legs uͤber. Es vertreibt nicht allein das Stechen; ſondern laͤſt auch kein Apoſtem wach - ſen. Man mag ſich auch mit dem Galban / oder mit dem Serapinoͤl / ſchmieren: Deßgleichen taͤg - lich 3. troͤpflein des Myrrhenoͤls / in guetem kraͤf - tigen Wein / einnehmen.

Einer hat diſe Ordnung zu halten vorgeſchri - ben: Wann einen das ſtechen mit Froſt anſtoſſet / ſo brauch Theriak / oder Methridat / und ſchwitze darauf. Jſt aber das ſtechen alberait in die Sei - ten kommen / ſo ſiede man / in einer Pfannen / Geiß - milch / thues hernach in ein Rinderne Blaſen / es ſey gleich von Ochſen / oder Kuͤhen / und legs alſo warmer auf das ſtechen der Seiten / oder ſo kein Blater verhanden / kan man ein wenig Saffran in die Milch thun / einen Schwamm darinn netzen / und uͤberlegen / welches man ein mal etlich alſo warmer thun kan / dann es erweicht das Apoſtem. Jnwendig ſoll man brauchen 4. oder 5. Loͤffel vol Eßig / 2. Loͤffel Hoͤnigs / ein halbe Handvol Pfen - ningkrauts / jung Aichenlaub / nicht gar ein halbe Handvol / Sophienkraut / Brunellẽ / iedes ein hal - be Handvol / hernach ſolches in Haͤfelin thun / und etwan ſo lang / als man ein hart paar Eyer ſeudet / ſieden laßen / und dem Patienten ein Loͤffelein vol / oder 2. eingeben / und ſolches des Tags 6. oder 7. mal thun. Es ſoll aber der Krancke bey Leib keinen Wein trincken / ſondern Jhme ein Waßer von Fei - gen / Zweſpen / Weinbeerlein / Suͤßholtz / Fenchel / oder Aniß / ſieden laßen / aber keine Gerſten dar -zue320Die 62. Frag / des 3. Hundert. zue nehmen / weilen ſolche die Breun / ſo gerne da - bey iſt / nur ſtaͤrcken ſolle. Wo aber keine Breun verhanden / oder zu beſorgen / ſo nimm zum Trinck - waßer / im Seitenſtechen / geſcheelt / und gereinigte Gerſten / fein ſauber gewaſchen 4. Unz / oder 8. Lot / Corinth-Traͤublein 2. Untz / der rothen / und ſchwarzen Bruſtbeerlein / ieder 2. Lot / geſchaben Suͤßholtz / klein geſchnitten 1. Lot / Mertz-Veyeln ein Haͤndlein vol / Venushaar ein halbes Haͤnd - lein vol / der Gipflen von duͤrrem Yſop / ſovil man mit 3. Fingern faßen kan. Zu diſen ſtucken nimm drithalbe Maß Waßers / und laß ſieden / biß die Gerſt aufreißet.

Schmier dich m̃it Wermutoͤl. Oder / nimm ungeſtampften Hirſchen 2. Handvol / Kleyen 1. Handvol / Saltz ein halbe Handvol / miſch / und roͤſte ſie darnach in einer Gluet / thue ſie in ein be - quemes Saͤcklein / und legs / ſo warm du es erley - den kanſt / uͤber / darnach ſalbe die Seiten mit der Eybiſchwurtzſalb; oder mit folgender: ol. Ma - ſtichin. Cydon. Capperor. Abſinth. iedes 1. Lot / M. cum cera f. unguentum, Sign. Salben / den Magen / und beede Seiten / zu ſchmieren. Oder / nimm Chamillenblumen 2. oder 3. Handvol / in friſcher Kuͤhemilch geſotten / in ein Saͤcklein ge - than / darnach mit 2. Tellern ausgedruckt / und warm uͤber die ſchmertzhafte Seiten gelegt. Soll die Stich bald legen. Jm hitzigen Seitenſtechen /nimm321Die 63. Frag / des 3. Hundert. nimm Chamillenblumen / und Steinklee / iedes gleich vil / thue die in ein Saͤcklein / ſeuds in Waßer / und ein wenig Eßig / darnach drucks aus / und legs warm uͤber den Schmertzen.

Die Geſchwulſt umb das Zwerchfell / und Sei - ten / vertreibt Fenchelſamen zu reinem Pulver ge - ſtoßen / und / mit Honig / wie ein Pflaſter ver - miſcht / auff ein Tuch geſtrichen / und warm uͤberge - legt.

Die 63. Frag. Was dienet den Nieren / Lenden / und Ruckgrad? Und verhuͤetet den Hofer?

JN der Lincken Seiten / gleich under dem Miltz / iſt in iedem Coͤrper / ſowol der Thier / als der Menſchen / von der Natur / der eine Nieren verordnet: Dargegen der ander / in der Rechten / etwas hoͤher geſezt / alſo / daß derſelbig zu zeiten das groͤſte Fach der Leber be - ruͤrt. Diſer Rechte iſt auch / in allen Leiben / groͤſ - ſer / und volkommener / dann der Linck / auch nicht mit ſovil Feiſte uͤberladen / weil er hitziger / dann der ander iſt. Beyde ſeyn ſtarck an den Ruckgrad geheftet / haben etliche Aederlein von der Leber / dardurch ſie Blut mit Waßer vermiſcht / auch et - was von der Gallen / an ſich ziehen / dieſe von ein - ander ſcheidend / was ihnen zur erhaltung taugt / behalten das Waßer in ihr Hoͤlin / gleich als in ein Pfitz / verſamlend / welches die Gall faͤrbt / undXdurch322Die 63. Frag / des 3. Hundert. durch die Harngaͤnge (deren iede Nieren einen be - ſondern hat) in die Blatter / oder Blaſen / ſendet / von dannen ausgelaßen wird. Dieſe Harngaͤnge / oder Vreteres, ſeyn weißlecht / hart / etwas fleiſchig / und faſt der Blater art / damit ſie nicht leichtlich / von der ſchaͤrpfe des Harns / oder anderem / verle - zet werden. Der Nieren ſubſtantz / und Weſen / iſt von keifem / hart zuſammen gepacktem Fleiſch / et - licher maßen rund / der Ochſen / oder Kuͤhe Nie - ren / die groͤße ausgenommen / faſt gleich.

Nun dieſe werden auch durch mancherley weg / mit beſchwerlichen ſchmertzlichen Kranckheiten be - laden / von den Griechen ins gemein Nephritis, oder Nierenwehe genant. Sie kommen mit Hitz / und Kaͤlte / Grieß / Stein / allerhand Gebrechen / und ſchaͤrpfe des Harns. Außwendige Urſachen moͤgen ſeyn / Streich / Fallen / ungewoͤnliche Be - wegung / hartes Reiten / zu Fuß wandern / große Hitz / oder Kaͤlte / umb die Nieren / truͤbes Waßer trincken / ſchwere / ungewonte Laſt tragen / unmaͤßi - ge Unkeuſchheit / zu langer Gehrauch Harntrei - bender Speiß / und Tranck. Jnnerliche Urſachen ſeyn zu hitzige / kalte / feuchte / oder druckene Com - plexion, Verfaulung des Natuͤrlichen Samens / Apoſtem / oder Geſchwer / und dergleichen.

Der Rucken fangt alsbald nach endung des Haubts an / erſtreckt ſich nach laͤngs durch den gantzen Leib / biß zum Maßgang / und werden ihm 24. Beinlein / (von Theils gar 37.) zugeſchri -ben /323Die 63. Frag / des 3. Hundert. ben / Vertebræ, Spondyli, und Gelencke genant; de - ren der Halß 7. und zwar die kleiniſten unter den andern hat. Darauf folgen des Rucken &c. 12. bey den Lenden / oder Nerven / ſtehen fuͤnffe. An diſen haftet das lezte / und eußerſte ſtuͤck des Ruckgrads / von etlichen der Arßburtzel genant / der hat ai - gentlich 3. Bainlein / und zu lezt das vierte / ſo man den Schwantz heißet / ſo auch aus 3. Stuͤcken zu - ſammen geſezt / welche / und ſonderlich das lezt / kruͤſplechter / dann der Arßbuͤrzel / ſeyn. Diſe Bein des Ruckgrads ſeyn alle durchauß hol / mit Marck erfuͤllet / welches ſubſtantz dem Hirn nicht ungleich / und ein Urſprung aller harten Nerven iſt. Und ſeyn diſer Nerven vil / welche alle / und ie - de / durch ein aigen Loͤchlein / aus dem Ruckgrad / ſeinem Glied die bewegung / und empfindung / mit - theilet. Derohalben geſchiehet / wo dieſer Bein - lein eines oder mehr / durch ſtoßen / fallen / oder in andere Weg / verlezt / oder verruckt wird / daß an - dere Glieder / von wegen des Nerven / der ſich da - hin ſtrecket / erlamen / unempfindlich werden / und andere ſchwere Kranckheiten folgen.

Am Rucken waͤchſt der Hofer / oder Buckel / ſo mehrers den Jungen / ſonderlich den Kindern / dann den Erwachſnen / die ſtaͤrckere Beinlein ha - ben / widerfehret. Diſes geſchihet nun aus eußerli - chen / oder innerlichen Urſachen. Die eußerliche ſeyn / ſtoßen / fallen / ſchlagen / unordenliches Legen der Kinder / verrencken / und was dergleichen /X ijdurch324Die 63. Frag / des 3. Hundert. durch verwarloſung der Außwarterin / ſolchen zarten Leiblein geſchehen mag. Die Jnnerliche moͤ - gen entſtehen aus einſtrupfen / und Krampf der Nerven / uͤberfluͤßigen Winden / und Blaͤſten / zu - fließenden Materien / Feuchtigkeiten / Geſchwe - ren / und dergleichen / ſo ſich in den Ruckgrad legen / und die Bein von einander dringen. So nun eine / oder mehr Vertebra, Wirte / oder Gelenck des Ruckgrads / aus ſeinem Ort verrucket wird / ſo muß nothwendig folgen / daß auch die Rippen / ſo darinn gefeſtet ſeyn / denſelbigen nachziehen / da - mit den Leib kuͤmmen / und die Schulterblat empor heben.

Folgen hierauff etliche Artzney-Mittel / aus ei - nem geſchribnen Buch; als / daß dem Nieren - Gebrechen helffe Pfefferoͤl / Zim̃etrinden / Man - deloͤl / Kuͤmmichzucker / Ams. Folgendes Pfla - ſter hat Einem ein Medicus geordnet: mu - cilag. Semin. Lini, fœnugræ. Radic. Altheæ, iedes 2. Lot / Lytharg. 3. Lot / ol. Scorp. 6. Lot / M. Nie - ren Verſehrung heilen die Bruſtbeerlein; oder / nimm Fenchelmeel ein gut theil / Roſen: oder Myrrhenoͤl / ungefaͤhrlich auff 6. Lot / zu einem Pflaſter geſotten / und auff einem leinin Tuch - bergelegt. Zerſtoßene / und verwunte Nieren heilet Nußoͤl. Diabetes, oder der Fluß noch nicht ver - aͤnderten Trancks / ſo man ſonſten die Harn-Ruhr nennet / wird durch kuͤlende Sachen / als Weg - richſamen; Burtzelſamen / oder beeder diſer Kraͤu -ter325Die 63. Frag / des 3. Hundert. ter Blaͤtter; auch Roſen: und Seeblumenblaͤt - ter / um den Ort der Nieren gelegt / inngehal - ten.

Nieren reiniget weiß Dannenhartz / auf ein Lot / oder 5. quintlein ſchwer / mit Wein getruncken. J - tem / Wacholderbeer / Meth / Feigen mit Pfeffer beſtreuet / und Morgens 1. oder 2. geeßen / ſo den Sand außfuͤren. Fenchelwurtzſafft friſch ausge - druckt 6. Lot mit 2. Lot guten Weins / warm getrun - cken / ſo bewehrt. Die eußerſte Rinden von den zamen Paſtenachen gedoͤrt / zu einem ſubtilen Pulver geſtoßen / und 1. quintl ſchwer / mit einem trincklein gueten weißen Wein / zertriben; ſo auch den Lendenſtein austreiben ſolle. Spargenwurtzel in Wein / oder Waßer geſotten / und die durchge - ſigene Bruͤhe getruncken.

Nieren Verſtopfung oͤfnet Zimmetrinde; item Holderbluͤhen aßer / M. und Ab. iedesmal auf 3. Lot getruncken / item Ehrenpreißſafft mit Quendl - waßer. Wermutwein. Anis. Gelbe Rueben. Bi - bernellen: Peterlin: und Fenchelwaßer. Wiß - kuͤmmel. Oder / ſiede Chamillenblumen in Wein / und trinck Morg. und Ab. iedesmal ein gemei - nes Tiſchbecherlein vol: item / ſalbe den Ort mit Chamillenoͤl / und bedecke ihn folgends mit war - men Tuͤchern.

Nieren waͤrmet / und ſtaͤrckt Geel Veielwaßer: item Poley: und Lavendelwaßer; item Stein -X iijklee -326Die 63. Frag / des 3. Hundert. kleewaßer / Lilienoͤl / Rautenoͤl / den Bauch damit geſalbet.

Das Nierenwehe iſt / wann die Nieren entzuͤn - det werden / davon ein großer Schmertz entſtehet / auff welchen ein Fieber / und Harnſtrenge / erfol - get. Man braucht anfangs Gerſtenmeel / mit Ro - ſenwaßer vermiſcht / und wie ein Pflaſter auff den Rucken gelegt. Sonſten iſt Cichoriblumenzucker; item Cappern / und Peterſil / Pferſingkernoͤl 8. Lot auf einmal getruncken: item Zirbelnuͤßlein mit geſcheeltem Cucumerſaamen / in ſuͤßem Wein geſotten / und getruncken. Eußerlich brauch die Roſenſalb / Lorbeerpflaſter / Veyelwurtzoͤl / Ber - tramoͤl. Oder / ſtoße Beyfuß / und mach / mit al - tem Schmer / oder Schweinen Schmaltz / ein Pfla - ſter daraus / ſtreichs auf ein Tuech / und legs uͤber die Nieren / und Lenden. Oder / nim Hirſchen: und Gerſtenmeel / iedes gleich vil / in weißem Wein zu einem Brey geſotten / auf ein Tuch / wie ein Pfla - ſter / geſtrichen; ſo der Nieren / und Lenden Schmertzen legt / des tags 2. mal warm uͤberge - legt.

Nieren Geſchwer heilen Chamillen zu pulver geſtoßen 4. Lot / Leinſaamenmeel 2. Lot / Kleyen 2. Lot / Seſamoͤle 4. Lot. Seude alle dieſe Stuck / mit friſcher Milch / zu einem Pflaſter / ſtreichs auff ein Tuch / und legs eußerlich uͤber. Jtem / Fenchel - ſafft von der Hoͤfen gereiniget / und geleutert 6. Lot / mit 4. Lot friſch Mertzveyelnoͤl / und 2. LotCaßien -327Die 63. Frag / des 3. Hundert. Caßienfiſteln Marck / friſch ausgezogen / wol durcheinander vermiſcht / und warm getruncken. bewehrt in hitzigen Geſchweren. Jße Gerſten - breylein von reinem Gerſtenmeel / mit friſcher Milch geſotten / und zimlich geſaltzen. Gediſtillirt Rettichwaßer iſt auch guet. Es entſtehet aber ein Geſchwer von entzuͤndung / oder dem Stein / und wird verſpuͤrt / wann eine eyterige Materi mit dem Harn gehet.

Wider der Nieren Hitz brauche die San - delſalb; Oder / nimm Seeblumen / und Veyel - Oel / iedes 3. Lot / Roſenoͤl 1. Lot / Wachs ſovil zu einem Saͤlblein gnug iſt / und beſtreiche / oder ſchmiere dich darnach mit demſelben / um die Nie - ren. Jnwendig brauch Limonienſafft / Veielwaſ - ſer / und Saffran. Korngraßwaßer leſchet auch die Hitz; item Erdbeerwaßer M. und Ab. iedes - mal 4. oder 5. Lot getruncken / und den Wein da - mit gemiſcht.

Schleim / und Grieß / fuͤhret aus den Nieren Meerrettichwaßer / Steinkleewaßer / Steinbrech - waßer / nach gehabtem Wannenbad / allezeit auf 4. Lot getruncken.

Bißweilen wachſen Wuͤrme in der Pfuͤtzen der Nieren / von verwunderlicher groͤße / die Fleiſch / und Bluet / gantz vernagen / welchem Übel / das aus verfaulter Feuchtigkeit herkomt / auch nicht begegnet werden kan / weil die Wuͤrme nicht her - aus zu bringen.

X iiijWider328Die 63. Frag / des 3. Hundert.

Wider die Erhartung der Nieren / nimm be - raiten Armoniak / und des Gummi Bdellii, iedes ein halbs quintlein / zertreib es mit einem Trinck - lein Waßers / darinn Chamillenblumen / oder Steinklee / geſotten worden / und trinck davon ein Tag etlich nacheinander. Jtem / ſalbe dich mit Chamillenoͤl / und lege folgents warme Tuͤcher - ber. Jſt auch vor die Geſchwulſt.

Nierenblaͤſt zertheilet Dillenoͤl / mit ungewaſch - ner Lambwollen / warm uͤbergelegt.

Lenden (ſo der Sitz der Nieren / und umb die / hinden her / wir Uns pflegen zu guͤrten) Schmertzen / oder Wehe / vertreibt Wermutwein getruncken: item Fenchel geeßen: item Peterlin - ſaamenpulver 1. quintlein mit Eßig getruncken. Oder nim 3. Lot friſchen Peterlinſafft / mit 6. Lot weißen Wein vermiſcht / und warm getruncken. Jſt bewehrt. Oder / nimm Weitzenmeel 12. Un - tzen / Baumoͤl 4. Untzen / Fenchelkrautſafft 16. Untzen / oder 32. Lot / und 2. Lot Eßigs. Solche ſtuck ſeude miteinander zu einem Pflaſter / und legs / des Tags zweymal / warm uͤber den ſchmer - tzen. Lendenwehe vertreibt auch / ſo man ſich mit Wacholderoͤl ſchmiert / oder Poleywaßer trinckt / oder ſich mit Veyelwurtzoͤl ſalbt / oder Kraut / und Wurtzel von Borragen / mit einander ſtoßet / in Wein ſiedet / und warm auffleget.

Wider das Rucken-Wehe / nimm Wachol - derbeer / Baumoͤl / Brantenwein / Saiffen / undBeer -329Die 63. Frag / des 3. Hundert. Beerſpeck / ſeuds in einem Neuen Haͤfelein / zu ei - ner Salben / verdecks / daß der Dampf nicht da - von gehet / ſalbe den Rucken damit / bey einer gue - ten Waͤrme / und reibs wol hinein / es hilfft. Oder / Ceroti Santal. & Ceroti infrigi. Gale. ana ij, oder 2. Untz / M. f. Cerotum, & imponatur dor - ſo. Trinck Wermutwein. Jße Kuͤmmich / Aniß - zucker / Spargen. Brauche Serapin-Pillulen. Zum Ruckwehe der Kinder nimm Chamillenoͤl 2. Lot / Cappaunenſchmaltz 1. Lot / Jungfrauwax ein halb Lot. Zerlaß uͤber einer Gluet / laß erkal - ten / ſo gibts ein Saͤlblein / damit ſchmier dem Kind den Rucken / bey einer Gluet. Vor das Ruckwehe ins gemein / ein erfahrnes Mittel: Nimm Fen - chelkraut / Eppichkraut / alles klein gehackt / und geſtoßen / iedes 4. oder 5. Handvol / Dillſamen geſtoßen 2. Handvol / Chamillenoͤl / Maſtixoͤl / Rindern Unſchlit / iedes 5. Lot / laß das Unſchlit / mit den Oelen / zergehn in einer Pfannen / darnach thue die gemelte Kraͤuter / und den Dill-Samen / darzue / roͤſte es wol untereinander / daß es gar heiß werd / und legs zwiſchen zweyen leininen Tuͤ - chern uͤber den Rucken / und Lenden / ſo warm es der Kranck leiden mag. Wann es kalt wird / ſo waͤrme es wider in den vorgemelten Oelen / und Unſchlit / und continuirs alſo 3. Tag an einander. Erkaltem Ruckgrad hilfft Majoranoͤl / damit geſalbet; item Serapin-Gummi / mit Rautenoͤl zerlaßen zu einem Saͤlblein. Jtem Gummi Opo -X vpanak /330Die 63. Frag / des 3. Hundert. panak / mit Loroͤl / oder Wunderbaumkoͤrneroͤl / oder Rautenoͤl / zertriben / Morg. und Ab. damit geſalbet. Jtem / Peterlinwurtzel / die noch friſch iſt / in einem Moͤrſer mit Wein wol geſtoßen / darnach den Saft / durch ein Tuch / hart ausgepreſt / und davon 6. oder 7. Lot getruncken.

Eußerliche ſchwere Verwundung der Nieren / und des Ruckens / vom Ligen / in langwuͤrigen Kranckheiten / heilet Fenchmeel; davon hieoben bald zu anfang der Artzney-Mittel / in Nieren - Zueſtaͤnden. Folgendes Saͤlblein iſt auch bewehrt im Auffligen / ſo deßgleichen fuͤr Brand / und Kraͤtzen / dienet / Nimm 8. Lot Butter / und 1. Lot weiß Wachs / laß in einem Pfaͤnlein zergehn / her - nach nimm das Weiß von einem neugelegten Ey / mit 5. tropfen Roſenwaßer / zerklopf es wol / biß es wol ſchaͤumig wird / thues kalt unter den Butter / dann nimm 6. Lot Bleyweiß klein geſtoßen / und ruͤhrs wol darunter.

Das am Rucken der Hofer / oder Buckel wachſe / iſt oben vermeldet worden: Denſelben ver - huͤetet der Serapinſafft / oder Gummi / auf ein Le - der / wie ein Cerot / oder Pflaſter geſtrichen / und auff den anfahenden Buckel gelegt. Folgendes Pflaſter ſolle auch guet ſeyn / wann man ſich vor einem Hofer beſorget: Nimm der wilden Granat - Aepfelbaum-Bluͤet / Balaustia genant / und ro - the Roſen / iedes ein halbs quintl / Chamillenblu - men / Steinklee / die Gipfel vom Wermuet / iedes1. qu. 331Die 64. Frag / des 3. Hundert. 1. qu. Maſtix / und das ſchwartz Wachs-Gummi / Laudanum genant / iedes anderthalb , weiß Li - lienoͤl / Chamillenoͤl / Suͤeß Mandeloͤl / und weiß Wax / ſovil von noͤthen / mach daraus ein Pfla - ſter / ſtreichs auff ein Leder / bedecks mit einem Zen - del / oder zarten Leinwat / und unternaͤhe es.

Die 64. Frag. Dieweil in der naͤchſten Frag / beym Ruckgrad / der Nerven gedacht worden / ſo wird gefragt / was noch weiters bey denſelben in acht zu nehmen ſeye?

ES iſt ein Streit / Woher die Spann: oder Senn-Adern / ſo die Lateiner Nervos, und die Teutſchen auch gemeinlich Nerven / item Flachs-Adern / und Weiß-Geaͤder / nennen / ihren Urſprung nemmen. Der alte beruͤmte Philofophus Ariſtoteles vermeint / aus dem Hertzen: Galenus, und ſeine Anhaͤnger aber wollen / ſie entſpringen aus dem Hirn / und Marck des Ruckgrads; wie in der vorhergehen - den Frag angedeutet worden. Und ſolcher Mai - nung ſtimmen / heutigs tags / die Meiſten bey; wie beym Caſp. Bauhino Anatom. lib. 3. cap. 18. ſonderlich p. 639. ſeq. Jac. Martini, de Cognit. ſui diſput. 3. de Nervis, & Arter. und vilen An - dern mehr / zu erſehen. Nun diſer Flachs-Aderen /oder332Die 64. Frag / des 3. Hundert. oder Nerven / zehlet Albertus 77. im Menſchli - chen Leib / aber unterſchidlicher Arten an groͤße / haͤrte / zaͤrte / und anderm / die aber in diſem einhel - lig uͤbereinkommen / daß ſie kalter Natur / und oh - ne Bluet / ſeyn; unter welchen 3. fuͤrnembſte Ar - ten genant werden / als Nervi, Tendines oder Chordæ, und Ligamenta, oder Flachs: Spann: und Band-Adern. Die Erſte Art / Nemblich die Nerven / oder Bieg-Adern / entſtehet vom Hirn / und den 2. Heutlein / ſo es umbwiklen / dura, und pia mater genant; item von dem Marck des Ruckgrads / ſo Albertus des Hirns Statthalter heißet / weil beyde faſt gleicher Natur ſeyn. Dieſe Nerven ſeyn von Natur etwas drukner / und waͤr - mer / dann das ander Weiß-Geaͤder / haben auch mehr empfindlicheit / als die Pulß-Adern. Und obwoln / wie in der vorigen Frag gemeldet wor - den / diſe Nerven ſich weit ausſtrecken / ſo komt doch keine in die Gebein (die Zaͤhn allem ausge - nommen) / auch nicht in die Kruͤſpelen / Feiſte / Bandadern / und Druͤſen / als welche Stuͤck we - der Empfindlicheit / noch Bewegung / bedoͤrffen. Wann ſich nun ſolche Nerven allenthalben in die Meußlen / oder Lacerten / erſtreckt haben / ſo er - wachſet / an iedem Ort / da es ſeyn ſol / die andere Art / das ſeyn die Tendines, oder Spann-Adern. Dieſe ſeyn hart zuſammen gepacktes Weſens / nach der leng leicht zu ſpalten / aber uͤberzwerch hart / und ſchwerlich abzuſchneiden / oder zu erbre -chen:333Die 64. Frag / des 3. Hundert. chen: ſo ſie auch verlezt werden / ſeyn ſie gar miß - lich zu heilen: moͤgen auch kein Feuer leyden; und ſeyn unter den gemelten 3. Arten die Haͤrteſte; die Bandadern die weicheſte; und halten die Flachs: oder Bieg-Adern / das mittel. Die dritte Art / Ligamenta, wie gemelt / oder Band: und Sen - Adern / iſt / oder ſeyn / unempfindlich / entweders in das Maußfleiſch / oder an die Bein geheftet / damit ſie / wie ihr Nahm vermag / die Meußlen / und Gebein zuſamen binden. Vil machen hierinn keinen Unterſcheid / ſondern heißen Sie alle Ner - ven / Flachs: Senn: Spanadern &c, mit einem gemeinen Nahmen.

Nun dieſe haben auch ihre Zueſtaͤnde / und darzue die Mittel / wie denſelben etwan geholffen werden mag. Und zwar ſo heilet die zerrißene / und gebrochene Nerven das Pulver der Erdwuͤrm - lein / oder das Oel aus Jhnen beraitet: item die Tormentillwurtz / Wallwurtz oder Conſolida, und dergleichen.

Wann Einem die Nerven / oder Sennadern / zu kurtz werden wollen / nimm Capaunenſchmaltz / ſchmiere dich damit / und binde eine Hundshaut daruͤber / das erweichet / und erlaͤngert die Nerven. So erweicht auch die Erharte Nerven das Lilien - Oel.

Die Nerven ſtaͤrckt / und waͤrmet Maſtix; item / Citronenſchelffenoͤl / Quittenoͤl / Majoran - waßer / und Oel / Alantwurtzwein / Wermutwein /Cha -334Die 64. Frag / des 3. Hundert. Chamillenoͤl / ſich damit geſchmieret. Den Gebre - chen helffen die pilulæ von Sagapeno, und Opopa - naco, item Dillenoͤl.

Nerven Geſchwulſt mildert Habermeel / mit Eßig / und Feigbonenoͤl / zu einem Pflaſter ge - ſotten / und auff einem Tuch warm uͤbergelegt.

Nerven Verſtopfung eroͤfnet Schluͤßelblu - menoͤl / mit Rautenoͤl / Bibergeiloͤl / Petroleo, Pfefferoͤl / und Spickoͤl / zu einem Saͤlblein ge - macht.

Nervenſchmertzen legt Wermut / Salvey / Po - ley / Roſmarin / eines ſovil / als des andern / in dick rotem Wein geſotten / die Ort damit warm gebe - het / und die warme Kraͤuter darnach daruͤber ge - ſchlagen; oder / nim Gummi Armoniak 3. Untz / des Pflaſters Diaquilon, oder Diachylon, und Gelbwachs / iedes 6. Untz / gepulverten weißen Weyrauch / und Maſtix / iedes 1. Lot / incorpo rirs zum Pflaſter / ſtreichs auff ein Barchet / und legs uͤber.

Verzuckte / und durchgeſchnittene Nerven cu - rirt Lilienwurtz / mit Honig vermiſcht. Die Wun - den heilet auch Chamillenoͤl: Eingeſchrumpfte Nerven aber bringt zu recht Wermutwein damit gebehet / und geriben / item mit Galbenſafftoͤl ge - ſchmieret. Verrenckte Sennadern heilet auch Wei - tzenkleyen in Eßig geſotten / und warm / wie ein Pflaſter / uͤbergelegt.

Ner -335Die 65. Frag / des 3. Hundert.

Nerven-Fluͤß ſtillet Weitzenmeel / mit dem Safft aus Bilſenkraut / zu einem Pflaſter ge - ſotten / auff ein Tuch geſtrichen / und uͤberge - legt.

Die 65. Frag. Was haſtu etwan wider den Nie - ren: und Blaſen-Stein geleſen / und geſamlet?

DAs Grieß / Sand / Stein / haben ihren Urſprung mehrertheils in den Nieren / und der Blatter / oder Blaſen / und ſelten in den Huͤlenen anderer inner - lichen Glieder / als der Leber. Solchen Zueſtand ererbet man bißweilen / wie das Podagra / den Außatz / und andere Kranckheiten. Bißweilen entſtehet er von ſchwacheit des Magens / und der Leber / welche zehen groben Schleim kochen: item von truͤber Luft / Überfuͤllung des Leibs / groben ſchleimerigen Speiſen / welche nicht allein die Nie - ren / ſondern faſt alle innerliche Glieder verſtopf - fen / und verhindern / daß ſie ihr Gebuͤr nicht ver - richten. Das ſihet man ſcheinbarlich an den jun - gen Kindern / welchen dieſe Kranckheit faſt aufſe - tzig iſt / weil ſie vil von Milch eßen / welcher ſtaͤter Gebrauch befuͤrdert / daß Grieß / und Stein / waͤchſt / Daraus folgt / daß ſie nicht wenig roher ungekochter. Feuchtigkeit zu Hauff ſamlen / auswelchen336Die 65. Frag / des 3. Hundert. welchen der groͤber theil / ſamt dem Harn / in die Blatter ſincken / daſelbſt / wie der Leim im Ziegel - ofen / abgedoͤrt / und ſteinhart gebrant wird. Der Blaterſtein iſt weißer / haͤrter / groͤßer: der Nie - renſtein rotlecht / weicher / und kleiner. Ligt der Stein in der Blatter / oder Blaſen / ſo reibt ein Menſch die Gemaͤcht offt mit den Haͤnden / das Mannlich Glied richt ſich auff / auch bey den Kin - dern; der ſchmertz ligt mehrertheils vornen auff der Scham: ſo fleuſt der Harn mit muͤhe / und ſchmertzen / und geſchicht zu Zeiten / daß / in ſolchem Zwang / der Maßdarm außgehet. Ligt aber der Stein in den Nieren / ſo iſt groͤßerer Schmertz in Lenden / nicht anderſt / als weren es die Grimmen / weil er ſich under ſich ſenckt. Den Wehtagẽ merckt man weniger in der Ruhe / als im Bewegen. Es erregt ſich Begird zum Undaͤuen / und auffkop - pen / Verſtopfung des Leibs / harter Außfluß des Harns; ſo dann in einem ſo zarten Glied / als die Nieren ſeyn / nicht ohne großen ſchmertzen abge - het. Und merket man ſolches auch daher / wo der Schmertz ſtaͤtigs an einem Ort verharret / der Harn mit Grieß / Sand / zehen Schleim / etwan mit Blut / und anderm vermiſcht iſt / und die Nie - ren faſt hitzig ſeyn. Folgents reichen diſe Schmer - tzen auch in die enge der Harngaͤng / fuͤrnemlich in feiſten Coͤrpern / da ſie Brennen / und Wehetagen im vordern theil des Mannlichen Glieds / wannder337Die 65. Frag / des 3. Hundert. der Harn wird aus gelaßen / machen. Sihe Wir - ſungs / und Tabernæmontans Artzneybuch / part. 3. cap. 17. da auch fol. 358. b. der Unterſcheid zwi - ſchen den Grim̃en / oder der Colica, und den Stein (in welcher erkantnus oft die Leute betrogen wer - den) gewieſen wird.

Jch wil nunmehr zu deinem Begehren ſchreit - ten / und erſtlich / was den Stein verhuͤette / und ihn nicht wachſen laße; hernach auch / was den - ſelben breche / und austreibe / anzaigen / als vil ich namlich / in geſchribnen Buͤchern / aufgezeichnet gefunden / und berichtet worden bin / auch ſelbſten erfahren habe.

Welche ſich vor dem Stein befoͤrchten / die ge - brauchen ſich des Peterſils / bitteren Mandel / Spargen / als welche die Harngaͤng erweitern: enthalten ſich der Speiſen / ſo vil Schleim machen / als der Kaͤß / und ſchleimiger Fiſch / als der Ael / Karpfen &c, item des Neugebachnen / und noch etwas warmen Brots / das auch nicht recht geſaͤu - ert / und gebachen worden; item vilen Saltzes / und geſaltzner Speiſen / weil diſe Sachen alle vil erdi - ſche Materi haben: meiden allerley Milch-Spei - ſe / und Verhaltung des Harns / auch das ſtaͤtige ſitzen. Bethonien hergegen gebraucht dienen wol; wie auch Wacholderoͤl 5. oder 6. troͤpflein fruͤhe / und zu Nacht / mit Peterſilienwaßer getruncken / aber nicht offt / dann ſonſten es die Nieren erhitzet. So verhuͤeten auch Kirſchenwein / mit den Kir -Yſchen -338Die 65. Frag / des 3. Hundert. ſchenkern; Brackendiſtel gepulvert / und vor dem Eßen oft gebraucht: ein / oder 2. friſche Feigen / mit Pfeffer beſtreuet / fruͤhe geeßen: die weißen Steinlein in den Roſenknoͤpfen in Wein genom - men / und mit Zucker zur Latwergen gekocht: junge Neſpelein in Kuͤchlein gebachen / oder in Wein ge - ſotten / und getruncken. Der Safft von Erbſeln / oder Peißelbeer / iſt ſehr guet / an ſtat eines Eßigs gebraucht. So ſeyn die Baͤder von Pappeln / Chamillen / und ſonderlich von Ruͤbkraut / treff - lich guet. Nachfolgende Artzney ſoll ſo koͤſtlich ſeyn / daß kein Stein in Lenden / oder in der Blaſen wachſe / Nim Suͤßholtzwurtzel / Eibiſch / und Pap - peln / iedes 9. quintl / Meerhirſchen / Neſpelkern / iedes 1. Lot: Über dieſe zerſtoßene ſtuͤcke geuß 2. pfund Steinbrechwaßer / laß halb ein ſieden / und ſeihe es durch. Von dieſer Bruͤhe trinck fruͤhe ein zimlichen trunk / zwey mal in der Wochen. Son - ſten iſt auch Alantwurtzwein guet; item Nacht - ſchatten ſchlutten Kerſchenſafft / oder der Wein / ſo den Sand treiben: item / ungefehr 20. Pferſing - kern / und ein halb Loth Weinbeer / miteinander ge - eßen / und ein gueten Trunck rother Erbisbruͤhe darauf getruncken. Jtem / Cubeben geeßen; Ei - chenlaubwaßer / item das Pulver von Eicheln ge - braucht; des Bircken-Saffts allwegen fruͤhe 6. Lot / und offt getruncken. Wermut. Schwartze Ziſererbſen in Waßer geſotten / und davon ge - truncken. Jtem / Hyſop / ſo auff den Maurenwaͤchſt /339Die 65. Frag / des 3. Hundert. waͤchſt / mit Tag / und Nachtkrautwaßer / zu einem Syrup gemacht. Herr Conrad Schloßberger / S. weyland Denckendorffiſcher Pfleger zu Eßlingen / hat die Judenkirſchen / wann ſie nach Bartholo - mæi wol zeitig ſeyn / oder auch duͤrr geſtoßen / mit Zucker / oder wol in Wein gewaicht / wider den Stein / und Grieß / nutzlichen gebraucht. Ein An - derer hat diſes folgende Traͤncklein fuͤr den Sand: Rad. Genist. Liquirit. Tapſi barbat. ana 1. Lot / Aristol. rot. 2. qu. Rhabar. 1. qu. gran Iunip. cochl. 1. contundantur groſſo modo, adde vini ſublim. 6. Vnc. Medonis 8. Vnci. Syr. Viol. 4. Vnc. Miſce. Ein bewehrt Pulver: Nimm Fenchelſamen 2. Lot / Anißſamen / weißen Steinbrechſamen / Suͤß - holtz / Mattkuͤmmel / Peterlinſaamen / iedes 1. Lot / Meerhirß ein halb Lot / gueten Feinzucker 2. Lot / ſtoß alle dieſe ſtuck zu einem reinen Pulver / und ſchlags durch ein haͤrin Siblein / und behalts in einem beheben Geſchirrlein zum Gebrauch. Wann es die Notturfft erfordert / ſo nimm da - von 1. quintl oder 1. Goldgulden ſchwer / mit weiſ - ſem Wein zertriben. Oder / nimm Erdbeer aus einem weißen Wein wol gewaſchen 32. Untz / zer - treibe ſie wol / wann ſie drucken worden mit einem huͤltzenen Loͤffel / in einer huͤltzenen Schuͤßel zu ei - nem Brey / mit einer Maß Brantenwein / Thues hernach in ein wolvermachtes Glaß / und brauch davon / im Sommer / alle Morgen / nuͤchtern / einen gueten Loͤffel vol / und ruͤrs zuvor wol durchein - ander.

Y ijWann340Die 65. Frag / des 3. Hundert.

Wann man aber das Grieß / und den Stein / nunmehr ſtarck verſpuͤret / ſo ſeyn darwider nach - folgende Mittel / namlich derſelben eines / oder das ander / zugebrauchen / von Einem / und dem An - dern (dann einerley nit Jedermann huͤlfft) heil - ſamlich befunden worden; als wider den

Blaſenſtein Succi Alkekengi, Petroſelen. ana lib. 1. Semin. fœniculi, Apii, Lactucæ, Saxi - frag. Milii Solis, ana 2. quint. Vvar. paſſul. flor. viol. recent. ana 1. Lot / bulli. in aqua, cum parum vini albi, ad conſumtionem tertiæ partis, col. & dulc. cum Saccharo, q. ſ. f. Syrupus. Oder: Rha - barb. 2. , Juniperi. 1. Vnc. cort. caſſ. fiſt. 3. quint. Lap. Judaici ein Loth / Agar. Zinzib. Cinam. Ga - lang. aa. 1. , Mithrid. el. 3. , Macis. an - derthalb , Mastich. 1. , Garyophyl. ein halb quint. vini ſublim. fort. lib. 2. vini Cretici lib. 4. macecentur, & ſoli exponantur, deinde duæ un - ciæ omni mane, vel in balneo, exhibeantur. Son - ſten vertreibt den Blaſen-Stein der Syrup von Rettich / mit Rettichwaßer / oder Wein / eingenom - men; item Wacholderwaßer; item / die harte Steinlein in den Neſpeln / zu Pulver geſtoßen / und ein quintlein ſchwer / in einem Trunck weißen Wein / darinn zuvor Peterſilienwaßer geſotten iſt / einge - nommen: oder brauchs in Cardobenedictenwaſ - ſer. Jſt bewehrt / aber ſehr ſtarck. Michael Bapſt in ſeinem Artzneybuch / hat diſes Mittel: NimmSan -341Die 65. Frag / des 3. Hundert. Sanguinem menstrualem, doͤrre / und ſtoße ihn zu Pulver / und nims ein; es zermalmet / wie Er ſagt / den Stein dermaßen / daß er ſtucksweiſe vom Menſchen gehet. Nimm Heuhechelwurtzelrinde / ſeuds in Wein / und trincks / oder brauch auch das Waßer / und Saltz / davon. ſolle vilen geholffen haben.

Drey Knoblauch geſchnitten / und in einem Trunck weißen Wein ein Wal thun laßen / her - nach durch ein Tuch getriben / und getruncken / iſt wider den Lendenſtein.

Schlehenbluͤeh gedoͤrt / zu Pulver geſtoßen / und ein quintlein ſchwer in einem Trunck warmen weiſ - ſen Wein eingeben / ſoll manchem Menſchen ge - holffen haben.

Eichenlaubwaßer wird gelobt zu dem reißen - den Stein / und Grien in Lenden / getruncken.

Lendenſtein zermalmet / und vertreibt / Ehren - preißwaßer getruncken; oder Koͤlkraut / mit einem alten Hanen geſotten / und geeßen:

Nim 4. ſchoͤne weiße Kißlingſtein / mache die gluͤend / und leſche ſie in guetem Reinfall / oder Malvaſier / fein verdeckt / daß nichts verriechen kan / ab. Diſes Weins alle Morgen ein Loͤffel vol getruncken / ſolle / ohne Schmertzen / den Stein aus der Blaſen / und auch den Nierenſtein / wunder - barlich austreiben.

Nimm des ligni Nephritici, oder Grieß-Nie - renholtzes 2. Lot / zerſchneid ſolches gar klein / thueY iijes342Die 65. Frag / des 3. Hundert. es in ein Maß Waßers / und davon allezeit einen Loͤffel vol in deinen Tiſchwem / zum trincken; her - gegen thue allwegen wider einen Loͤffel vol Waſ - ſers in den Hafen / und ſolches ſo lang / weil das Waßer blau bleibt. Welche Artzney des D. Ca - merarii zu Nuͤrnberg geweſt ſeyn ſolle.

Einer / den ſonſt nichts wider den Sand / und Stein / helffen wolte / hat folgen des mit Nutzen ge - braucht. Er nahm die Butzen von den Feld-Ro - ſen / reinigte ſie von den inwendigen Koͤrnern / thatte das uͤbrige in ein verglaſte Buͤchſen / goß einen geleutterten Zucker alſo heiß daruͤber / und ruͤrte es 3. Tag lang offt / biß ein Latwerg daraus ward. Einer ſchreibt / man koͤnne die gemelte Pu - tzen gantz in einen unvergornen neuen Wein ſie - den / darnach durchſchlagen / und mit Zucker zu ei - ner Latwerg ſieden / und Morgens nuͤchtern brau - chen.

Nimm Maulbeerſtein / weißen Augſtein / iedes ein halbe Handvol / davon allwegen 4. Tag / vor dem Neumonden / gebraucht / was auff einen Meſ - ſerſpitz gehet / ſolle fuͤr den Stein ein gar gewiße Artzney ſeyn. Wider den Nieren-Stein iſt auch Ginſt / oder Genſters / Saamen / und Blumen / trefflich guet.

Nimm Pappeln / und Tag / und Nachtkraut / iede[s]eine Handvol / Steinbrech / ein halbe Hand - vol / einſamen / und Griechiſch Heu / iedes 1. Lot / 12. Feigen / klein zerſchnitten / und geſtoßen / her -nach343Die 65. Frag / des 3. Hundert. nach in Milch geſotten / darzue gethan Gaͤnß - Feiſte 4. Lot / und daraus ein weiches Pflaſter ge - macht.

Eines Cappuciners in Franckreich Waßer / den Sand / und Stein / zu treiben / war diſes / Ra - dic. fœniculi, Eryngii marini, Petroſelini, iedes 3. pfund / fruſt. roſar. ſylveſtr. viſci quercin. ana. 1. , Semin. Bardanæ majoris (Groß Kletten), & minoris, ana. anderthalb , Vrticæ, Saxifrag. Petroſel. ana anderthalb Lot / F. infuſio in lib. 20. vini aromatici, dicti Malvaſia de Garba. Huic infuſioni adde Succi Limon. parietar. Raphani, Petroſelin. ana lib. 4. M. omnia, & destillentur in Baln. Mar. us[ꝗ́]quo remaneant feces. Pro Sa - libus. Salis Vrinæ humanæ ex Carabe, Tar - tari Victriolati, Prunellæ, Mercurialis, ana 1. Vnci. Alkekengi, Cremoris Tartari, ana. ein halb , f. infuſio horum ſalium in prædicta aqua, & ſervetur. Vſus aquæ erit 3. Vnc. cum 5. guttis ſpiritus Victrioli 4. horis ante prandium, purgato, ut decet, optimè corpore.

Ein bewehrte Artzney: Nim̃ eine guete Hand - vol Wegwartenwurtzel / ſaubere / und ſchneide ſie klein / nimm darnach ein Stammen von rothem Koͤl / den ſchneide auch klein / thues zuſammen in ein bequemes Geſchirr / ſchuͤtte friſch Brunnen - waßer / und gueten alten firnen Wein / iedes ein halbe Maß / daruͤber / und laß ſittiglich miteinan - der uͤber das Drittheil einſieden / darnach ſeiheY iiijden344Die 65. Frag / des 3. Hundert. den Tranck ab / und gib auf ein mal 4. Untz / oder 8. Lot / davon zu trincken. Es hilfft wunderbar - lich.

Eine Salb wider den Stein / den Rucken da - mit zu ſalben / ol. Scorpion. Amygdal. amar. Li - liorum, Camom. ana 1. Lot / Vnguent. dialth. 3. , miſce, cum ceraf. Vnguent. Ferners ein Waßer / Rad. fœnic. Liquirit. Saſſæ parillæ, ana 1. Lot / Semin. fœnic. Coriand. iedes 2. , Cinamom. el. 3. [], M. Sign. Materia zum taͤglichen Trinck - waßer.

Mache Habern in einem Saͤcklein warm / und legs hinden bey den Schloßen auff. Nimm das Bluet von einem jungen reinen Boͤcklein / ſo 3. Wochen mit Epheu geſpeiſt / und hernach getoͤdtet worden / machs zu Pulver / und gibs ein mit Ep - heuwaßer.

Nimm Fenchelwurtzel / und die Obriſten Cro - nen / mit dem halbzeitigen Saamen / iedes 1. Handvol / zerſchnitten Suͤßholtz 2. Lot / und ein halbe Handvol Haͤuhekel / oder Ochſenbrechwur - tzel / in einer Maß halb Waßer / und Wein / uͤber den Dritten theil eingeſotten / durch ein Tuch ge - ſigen / und alle M. und Ab. iedes mal 1. Untz / oder 4. davon warm getruncken / treibt den Reißenden Stein ohne Schmertzen hinweg: darzue man auch ein Lenden-Bad von Wild Papelnkraut / und Wurtzel / machen mag. Man hat auch die Be - ſchreibung des Sacchari Nephritici Baſilii Valen -tini,345Die 65. Frag / des 3. Hundert. tini, deßen man taͤglich 5. oder 6. mal 2, guete Meſſerſpitz emnehmen ſolle. Dann mit diſem Zue - ſtande vil behaftet ſeyn; Daher man auch gueter Artzneyen; damit man das eußerſte nicht ergreif - fen darff / von noͤthen hat. Sintemal das am Stein ſchneiden oftmals gefaͤhrlich iſt. Wie dann auch der beruͤmte Juriſt in Franckreich / der Tag und Nacht faſt uͤber dem ſtudiren geſeßen / nam - lich Renatus Choppinus, An. 1606. unter dem Schneiden eines ſehr großen Steins / geſtorben iſt. Einer ſchriebe mir den 20. April. diſes 58. Jahrs / daß Er den Stein / zweintzig Lot ſchwer / den Herr Saubertus, lange Zeit / in der Blaſen getragen / auch daran zu Nuͤrenberg geſtorben / in der Bi - bliotheck daſelbſt / geſehen / und ſolchen in Handen gehabt habe / den man aber erſt / nach ſeinem Tode / von ihme geſchniten hat.

Aber / noch etlicher Artzney-Mittel / wider den Nierenſtein / zugedencken / ſo lobt man den Terpen - tin-Geiſt in einer Bruͤhe genommen / und ſich dar - auff bewegt. Schmier auch dich mit der Feiſte von Koͤniglein / oder leg den Balg auff das Gemaͤchte. Theils brauchen fuͤr den Stein die zerlaßene Krebs-Augen / wenn man ſie allein / oder mit dem Cryſtallenoͤl vermiſcht / in Rettich / oder Biber - nellen-Waßer eingibet: treibet auch zugleich alle giftige Materien aus dem Leibe / und iſt den Ver - wunten eine ſichere Verwahrung vor boͤſen An - faͤllen / auf einmal ohngefehr 15. 16. oder auf dasY vmeiſte346Die 65. Frag / des 3. Hundert. meiſte 17. Troͤpflein eingenommen. Den Jungen Kindern nimm Chamillenblumen 2. theil / Stein - klee / Roſmarin / Salbey / Meer-Rettich / Rettich - blaͤtter / iedes 1. theil / ſeuds mit einander in gnug - ſamen Waßer / und laß das Kind des Tags 2. mal dariñ baden / und gib ihm in dem Bad 2. oder 4. Loͤffel vol Chamillenwaßer zu trincken.

Ein koͤſtlich offt probirtes Lenden-Bad mach alſo: Nimm Hirſchen: oder Milii kraut / mit Stengeln / und dem Saamen / fuͤnff Handvol / alt Koͤlkraut 3. Handvol / Chamillenblumen / Kaͤß - pappeln / Fuͤnff fingerkraut / Meerhirſchkraut / ie - des 2. Handvol / Waßer-Eppich / Peterlinkraut / Brennende Neßeln / Poleyenkraut / Tag und Nachtkraut / und Bachmuͤntzen / iedes 1. Hand vol / und ſiede ſie wol in Bachwaßer.

Wann der Stein in den Nieren erhartet / und nit fort wil / ſo nimm Weizenmeel 4. Untz / Leinſaa - men / Griechiſch Heuſaamen / alles zu reinem Pul - ver geſtoßen / iedes 3. Lot / gepulvert Eybiſchwurtzel 2. Lot / Dilloͤl / gelb Veyeloͤl / iedes 3. Lot / Honig 3. Untz / und Waßer darinn Chamillenblumen ge - ſotten worden ſeyn / vermiſch / und laß ſittiglich - ber einem linden Kolfeuerlein zu einem Pflaſter ſieden / und wans geſotten iſt / thue 3. Lot Terpentin darzue / miſch es / und ſtreich davon auff ein Tuech / legs warm uͤber die Lenden / und Nieren:

Ein Waßer wider den Stein D. Joan. Roſæ. Herb. Saxifrag. Rutæ murariæ, ana 3. unc. Se -min. 347Die 65. Frag / des 3. Hundert. min. Milii Solis, Lapid. Carpion. Oculor. Can - cri, Masticis, Olibani ana. 3. Lot / Fimi Colum - bini 1. , pulveris. omnia, & poſteà affund. vini albi Rhen. Aceti vini opt. ana, mens. 3. ſtent in marmore per dies 5. poſteà deſtill. in Balneo Mar. Nimm 2. Handvol Peterſilien / thues in ein Haͤ - felein / geuß daran ein halb pfund Baumoͤl / und ein halbe Maß alten Wein / laß mit einander ſie - den / und legs alſo warm under dem Nabel uͤber: Solle bewaͤhrt ſeyn.

Jn einem Linzeriſchen geſchribnen Artzneybuͤch - lein hab ich geleſen / wie folget: Ein koͤſtliches / und bewehrtes Pulver: Jngwer / Galgant / Zitwar / Calmus / Paradißkoͤrner / Naͤgelein / Muſcat - nus / Muſcatbluͤhe / Aniß / Kuͤmich / Suͤßholtz / Weinrutſamen / Salvey / Fenichelſamen / Senes - Blaͤtter / Bibernellwurtzel / weißer Weyrauch / Cubeblein / Zimmetrinden / Mauer-Rauten. Di - ſer ſtuck iedes nimm ein Loth / und halb ſovil / oder etwas mehr / als diſe ſtuck alle waͤgen / Zucker Candl / was ſich doͤrren laſt / ſoll gedoͤrrt werden / das ander aber geſtoßen / der Aniß / Kuͤmmel / und Fenchelſamen / in einem gueten ſtarcken Eßig 24. ſtunden gepaiſt / und wider gedrucknet / alßdann erſt zerſtoßen / und durchgeſibet / ferner alles in ein - ander gemenget / und in einem verglaſten irrdinen Geſchirr / oder gueten Gſtattel (Schachtel / Lade) behalten / daß der Lufft / oder Wind / nicht darzuemag:348Die 65. Frag / des 3. Hundert. mag / ſonſten es ſeine Krafft verleuert. Diſes Pul - ver reiniget das Gebluͤet; nimbt hinweg die We - hetagen des Haubts / die Melancholey: macht ein friſch Hertz; behelt Lungen / und Leber / in Geſund - heit / reiniget das Miltz / vertreibt die Geſchwer aus dem Halß / und die Hueſten; macht lind umb die Bruſt; nimbt hin alle innerliche Kranckhei - ten; ſtaͤrckt / und erhizt den Magen; macht guete Daͤuung; vertreibt die Fieber / reiniget die Blat - ter (oder Blaſen) macht wol harnen / treibt vom Menſchen den Stein / Er ſey roth / oder weiß / klein oder groß / ſo muß er von Jhm gehen / wie die Steinkoͤrnlein. Es erklaͤrt das Geſicht / macht ein guete Farb / ſtaͤrkt die Stimm / reiniget das Gehirn / vertreibt den Schwindel / und die Waſ - ſerſucht. Und dann ſaget Libert. Fromondus, lib. 5. Meteorol. c. 2. art. 5. p. 345. daß der Sauer - brunn zu Spaa / wider den Stein / und alle Ver - ſtopfungen / heilſam ſeye. Jtem / Bartoldus Ni - huſius, in tractat. Chorograph. de nonnullis Aſiæ provinc. appendice, alſo: Sciendum eſt, Troglo - dyten paſſerculi genus eſſe, cujus uſus adverſus calculum inſignis. vide Scaliger. exerc. 235. Wol - cher auch exercit. 344. ſect. 8. ein anders Mit - tel / den Stein in der Blaſen / und den Nieren / zu brechen ſetzet.

Die349

Die 66. Frag. Was dienet zur Verhuͤetung der Peſt / und auch derſelben Heilung?

DJe Peſtilentz / ſo an theils Orten der Brechen / das Zeichen / Pe - ſtin / und mit andern Nahmen genen - net wird / hat meiſtentheils ihren Urſprung vom vergiften Luft; Theils ſchreiben denſelben auch bißweilen dem Geſtirn zue; Davon Caſparus Bar - tholinus, Malmogius Danus, exerc. 4. probl. Philos & Med. 2. zu leſen / welcher ſolches / wi - der Andere / beſtaͤttiget; daneben aber auch ande - re Urſachen / daraus die Peſt entſtehen kan / nicht verwuͤrfft / als da ſeyn / ſchlechte Nahrung / wie es zur Zeit der Theurung / und in den Feld-Lagern geſchihet; verderbter Luft; Anſteckung von des Krancken Athem; vergiften Daͤmpfen der Er - den / vergiften / und mit fleiß darzue beraiteten Artz - neyen; Schrecken / und Einbildungen; des Pa - tienten beſonderer / und verborgner Leibs-Zue - ſtand / davon derſelbe eher als ein Anderer / von der Peſt / ergriffen wird. Der Doctor Wolfgang Frantz ſagt / diſput. 2. ex Deuteronom. th. 109. daß die Peſt bißweilen auch in dem heftigſten Winter zu wuͤeten nicht aufhoͤre / es ſeye dann die Anzahl der von Gott / aus gantz gewißen Urſa - chen / darzue beſtimten ergaͤntzet / oder erfuͤllet. Dann /350Die 66. Frag / des 3. Hundert. Dann / wann man nicht von natuͤrlichen Urſa - chen / ſondern von Goͤttlichen / reden wil / ſo iſt die Suͤnde die meiſte Urſach an ſolcher erſchrecklichen Straff / und Seuche / dardurch Menſchen / und Viehe / zame / und wilde / fliegende / und ſchwim - mende Thier / dermaßen hingerichtet werden / daß mehrmals nicht allein Doͤrffer / und Staͤtt / ſon - dern auch gantze Landſchaften eroͤſet / und ausge - raͤumet werden. Der Guido Cauliacenſis, in ſeiner Chirurgia, tractat. 2. doctr. 2. c. 5. gedenckt einer Peſt zu ſeiner Zeit / des Jahrs 1348. zu Avignon in Franckreich / die ſo heftig / und vergift geweſen / daß damit auch die angeſteckt worden / die die Krancken nur angeſehen haben / und daß an man - chen Orten / kaum der vierte Theil der Menſchen uͤbergebliben ſeye: und hat Er deren keine andere Urſach gefunden / als die Zuſammenfuͤgung des Saturni, Jovis, und Martis, ſo zuvor im Jahr 1345. den 24. Mertzen / im 14. grad des Waſ - ſermans / geſchehen war. G. G. N. P. in der An - zaigung der denckwuͤrdigen Sachen / vom Jahr 1650. biß 58. ſagt / daß man Anno 55. aus der Moſcau / geſchriben / daß daſelbſt in 800. tauſent Menſchen an der Peſt geſtorben ſeyen. Barthol. Keckermannus in Syſtem, Phyſ. lib. 2. c. 14. Da Er am 177. Blat / auf wie vilerley Weiſe der Luft (daraus gemeinlich / wie oben gemelt / die Peſt ent - ſtehet) koͤnne vergiftet werden / handelt / ſagt / daß dieſelbe von einem Ort / an das ander / entwederdurch351Die 66. Frag / des 3. Hundert. durch Buͤcher / oder durch Kleider / koͤnne gebracht werden. Dann man exempel habe / daß Brieffe von einem gueten Freunde / aus einem Peſtilenzi - ſchen Ort geſchickt / den Leſer; wie auch die Buͤ - cher / aus einer Bibliotheck erkauft / die Jenige / ſo ſich derſelben gebraucht / angeſteckt hetten: Wel - ches dann auch mit den Kleidern geſchehen / in maßen An. 1564. zu Dantzig ſich begeben / daß Eines Kleider / aus Engelland dahin gebracht / die Statt infici rt haben. Es wil zwar Paulus Pia - ſecius in ſeiner Chronick p. 413. daß die Brieff nicht von der Peſt angeſteckt werden; es ſeyen dann dieſelben mit einem hanffenen / oder ſeidenen Faden / verwahret: Aber / die Jtalianer trauen nicht / ſondern raͤuchern dieſelbe zuvor wol / ehe Sie ſolche aufthun / und leſen.

Was nun die Mittel ſich vor diſer ſchweren Seuch vorzuſehen anbelangt / ſo iſt das allerheil - ſamſt / und gewißeſte / daß man hertzlich Reu / und Leyd / uͤber die begangene Suͤnde trage / ſich mit GOtt verſuͤne / und eyfferig umb abwendung ſol - cher Straffe ihn erſuche; benebens ein gottſeliges / eingezognes / keuſches / und nuͤchters Leben fuͤhre: Auch der Obrigkeit Gebotten / Geſaͤtz / und Ord - nungen / und was etwan die Aertzte iedes Orts fuͤr Lebens-Reglen vorſchreiben / gehorſam / und fol - ge / laiſte. Oberwenter D. Bartholinus hat problem. 4. die Frag / ob zur præſervation vor der Peſt / die Bewegung nutz ſeye? und ſagt / wider Andere /ja /352Die 66. Frag / des 3. Hundert. ja / iedoch / daß es an einem reinen Ort / und weit von denen Infici rten / und nach Mittag / wann es nicht nebelicht iſt / durch ſpazieren gehen / tragen / reiten / fuͤhren / geſchehe.

Von Natuͤrlichen Mitteln werden zur Vor - ſehung folgende / unter andern / gelobt / als: Naͤg - leinblumen Conſervenzucker: item / wann man mit Naͤgeleinblumen-Eßig die Haͤnd / und das Angeſicht / beſprengt / auch ſolchen in der Speiß nutzet. Thue eine große Spinne in eine Nußſcha - len / und hengs alſo lebendig an den Halß. Krot - ten getoͤdtet / und in einem Hauß aufgehenckt; ſo alles bewehrt ſeyn ſolle: deßgleichen / wann Einer ſeinen aignen Harn Morgens fruͤhe / nuͤchtern trincket / ſoll er 24. Stunde ſicher ſeyn: Knoblauch in gueten ſcharffen Eßig geſchnitten / und warm getruncken: Lachen-Knobloch / oder Waßer-Ba - thengel / oder Scordium, auf allerley Art ge - braucht / und ſonderlich des Pulvers von dem ge - doͤrten Kraut 1. quintl ſchwer mit Wein getrun - cken. Nimm Wacholderbeer / Rauten / und Nuß - kern / iedes gleichvil / zerſtoß dieſelbe wol / und machs mit Eßig zu einer Latwergen; und iße da - von alle Morgen einer Muſcatnus groß. Oder: Nucleorum nucis juglandis N. VI. Folior. Rutæ benè contuſ. vierthalb Vnci. granorum Iuniperi X. Ficu. in aceto per noctem macerat. N. 80. Radic. Valorianæ, Mors. Diabol. Osturcii, omn. in pul -verem353Die 66. Frag / des 3. Hundert. verem redact. ana andeꝛthalb Vnc. Conſerv. Beton. & Scabios. ana VI. Vnc. Contundantur omnia di - ligenter cum aqua Petaſitis, aut, loco ejus, Scordii, q. ſ. & fiat Electuarium, davon man bißweilen eßen ſolle. Theils weichen die zeitige Wacholder - beer in guetem Weineßig uͤber Nacht / laßen ſie wider drucken werden / nehmen deren 6. oder 7. keuens zuvor / und ſchluckens alßdan Morgens nuͤchtern hinab. Der Koͤnig Mithridates brauch - te 2. gedoͤrte Baumnuß / mit 2. Feigen / 20. Rau - tenblaͤttern / und ein wenig Saltz / untereinander geſtoßen / und nahms nuͤchtern ein. D. Oſwald Gaͤbelhofer hat dieſe Artzney / ſo bewehrt ſeyn ſol - le / Nimm Teufels Abbißkraut / und Wurtzel / ei - ne guete Handvol / und 10. Lorbeer / die zerquetſche wol in einem Moͤrſer / geuß dann ein Maß gueten alten Wein daran / laß ſieden / biß es drey Finger tieff eingeſotten / dann ſeihe es / und drucks aus / und zerreibe einer Welſchen Nußen groß Theriack darinn / behalts / und brauch geſunder alle Mor - gen 1. Loͤffel vol davon; Krancker aber / oder ſo du dich allein beſorgeſt / oder erſchrickeſt / ein Trinck - glaͤßlein vol / und ſchwitze wol darauff unge - ſchlaffner. Wann man einen Citronen / oder / an ſeine ſtat / ein gantzen Limoni in Roſenwaßer / und Zucker / ſo lang ſiedet / biß Er zu einer Bruͤhe wird / und deren ein / oder 2. Loͤffelein Morgens zu ſich nimmet; iſt oftmals gluͤcklich probirt wor - den / auch fuͤr Gifft. Colerus ſchreibt / es ein Ge -Zheim -354Die 66. Frag / des 3. Hundert. heimnus ſeye / wann man fruͤhe Morgens alle Tag 3. Staͤudlein des Garbenkrauts / oder Millefolii nehm / ſiede ſie in Bier / und trinck 5. oder 6. Loͤffel vol. Nimm ein Maͤßlein Malvaſier / ein quintl Rhabarbari, ſo zuvor ein Stund in Malvaſier geweichet / Jngber ein halb Loth / Muſcatbluͤhe 2. Lot / und fein Zucker / laß den dritten Theil einſie - den / behalts darnach auff / und nimm / in Ster - benslaͤuften / alle Monat 2. mal davon warmer ein / und faſte 3. oder 4. Stunden darauff / es pur - girt ſanftiglich / und wol. Das Haubt kan man mit Roſmarin raͤuchern. Wann einen ein Froſt / oder Schauder / anſtieße / der nehme alſobald ein quintl gepulvert Tormentilwurtzel / und auch ein quintlein gueten Theriack / Tormentilwaßer 4. Lot / gueten ſtarcken Weineßig 2. Lot / vermiſchs / trincks / und ſchwitze 3. Stunden darauff: iſt be - wehrt. Jtem / hencke Bibernellenwurtz an bloßen Halß. Gepulvert Tormentilwurtzel des Morgens nuͤchtern einer Hafelnuß groß / mit einem trincklein Weins / im Winter / im Sommer aber mit Eßig / oder Ampferwaßer eingenommen / ſoll deßelbigen Tags den Menſchen vor der Peſt behuͤeten. Ein Rath vom D. Jo. Kratone / zur Peſt-Zeit Anno 1582. ertheilt: Der Lufft ſoll wol purgirt ſeyn mit Wacholder holtz / Roßmarin / und andern wolriechenden Sachen: wie auch das Zimmer beſprengt mit Weinſtockblaͤttern / Weidenblaͤt - tern / Veyeln / Quitten / im Sommer: im Win -ter355Die 66. Frag / des 3. Hundert. ter aber ſoll man ſich des Pulvers von zerſtoßenen Wacholder-Beeren / mit Augſtein gebrauchen / oder folgende Kuͤgelein / zum Riechen / beraiten laßen: Cort. Citri, Santalor. ligni Aloës ana ein halb quin. Storacis, Calamitæ, Ladani anæ 1. , Gall. moſc. Aleptæ moſcatæ ana j. Ambræ gr. 3. cum mucilagine Traganti f. Orbiculi, qui naribus ſæpè admovendi. Der Leib ſolle in der Wochen 2. oder 3. mal von den boͤſen Feuchtig - keiten gereiniget werden mit nachfolgenden Pilu - len: Aloes Roſat. 1. Lot / Myrrhæ ein halb Lot / Croci 1. Ambræ el. ein halben ſcrupel / cum Syr. de Corticibus Citri, J. pilulæ pro ZXIIII. Davon ſolle man ein halbs quintlein / eine Stund vor dem Nachteßen / nehmen. Zur præſervation hat Er / D. Crato / folgende Latwerg geordnet: Nimm der Welſchen Nußen 20. der fetten Korbfeigen 15. die Wurtzel von Tormentil / Pimpinell / Lorber - beer / iedes dritthalb quintl. Citronen-Schelffen / Galgant / in Eßig beraiter Muſcatbluͤhe / iedes anderthalb quintl / Wermutblaͤtter / Rauten / Scabioſen / iedes eine Handvol / Borragenblu - men eine halbe Handvol / Hirſchhorn / Bol Ar - men / verſigelt Erden / iedes 2. quint. auserleſnen Myrrhen 1. , des Morgenlaͤndiſchen Saff - rans ein halbs quintl / mit 3. pfunden verſchaͤum - ten Honigs / ein Latwerg daraus gemacht / davon man Morgens einer Caſtanien groß nemmen ſol - le. Und damit die Natur ſich nit an ein Ding ge -Z ijwehne /356Die 66. Frag / des 3. Hundert. wehne / ſoll man mit Theriak / oder Mithridat / umwechslen; oder von folgender Latwerg ein Loͤf - fel vol nemmen; der Wurtzel von Wullkraut / und Tormentill / ieder 3. quintl / Citronenkoͤrner 2. , Melißen / und Kuͤmmich Saffts / iedes 2. Lot / Zuckers / der in Melißenwaßer zertriben / ein pfund / ſo man bey einem linden Feuerlein ſieden laßen ſolle. Electuarium Antipestilentiale præ - ſtantiſſ. & probatiſſ. Theriacæ elect. Androm. Conſerv. Roſarum, Mithridat. dom. ana Vnc. iij. Elect. de Zedoar. Rad. Camphoræ, ana unc. 1. Elect. de Ovo unc. 1. flor. Salph. cum myrrha, & aloë præparat. Santal. albi, citrini, & rubri, cro - ci opt. ana anderthalb drach. Boli Armeni Orien - tal. Terræ Sigill. veræ, Spec. de Gemmis calid. & de Gem. frigid. Diatrion Santali ana drach. 2. Oſſis de Corde Cervi ſcrup. 4. Dictamni albi, Ze - doariæ rad. Angelicæ el. Gentianæ, Aristoloch. ro - tundæ veræ, Tormentillæ, Valerianæ, Morſus Diaboli, Pimpinellæ, Petaſitis Hofflattichwurtz / Levistici, Caſſiæ fiſtulæ Holtz / Paradeißholtz / Diabugloſſ. Dianthos, herbæ Veronicæ, baccar. Lauri, myrrhæ el. Rutæ, ana ſcrup. 4. Aquæ Vitæ drachm. 6. Syr. Acetoſit. Citri q. ſ. vel unc. 6. f. Electuar. Von diſer Latwergen Morgens / wenn man aufſtehet / deßgleichen Abents / wenn man ſchlaffen gehet / einer gueten Erbis groß genom - men / behuͤet / naͤchſt Gott / vor der Peſtilentz. Weñ aber Einer ſie alberait bekommen / ſoll Er alßbaldeins357Die 66. Frag / des 3. Hundert. eins quintlein ſchwer einnehmen / 4. oder 5. Stund dararauff wol ſchwitzen / und / nach dem ſchwitzen / ihme auf der Seiten / da die Beule ihm aufgefah - ren / ein Ader oͤfnen laßen. Dieſe Beſchreibung iſt / von Einem Herren / guͤnſtig mitgetheilt wor - den.

Was nun / wan Einer von der Peſt / darvor einen Jeden GOtt behuͤeten wolle / angegriffen woͤrden / die Heilung ſelbſten anbelangt / ſo iſt al - lererſt etwas davon / und daß man eine Ader oͤf - nen laßen ſolle / geſagt worden: Welcher Mai - nung nicht nur vil der Neuen Aertzten / ſondern auch / aus den Alten / Celſus, Avicenna, Ægine - ta, und Andere / geweſen: Welche Mainung aber Andernacus, Montanus, Langius, Forestus. Platerus, Lemnius, und Andere mehr vornehme gelehrte Leuth / verwerffen; und hat Caſparus Bar - tholinus exerc. 4. problem. Philos. & Med. 3. un - terſchidliche Urſachen warumb man mit Einem / den alberait die Peſt er griffen / keine Aderlaß vor - nehmen ſolle; erweiſet ſolches auch mit Exempeln / daß die / ſo zur Ader gelaßen / und purgirt haben / geſtorben; die aber es unterlaßen / davon kommen ſeyn. Jſt daher am beſten / ſolche Artzneyen zu brauchen / ſo das Gifft vom Hertzen treiben / und wol ſchwitzen machen. Es verehrte mir An. 1634. Einer / ſo ein Medicus ſeyn wolte / nachgehende Beſchreibung: Nimm Wacholder: oder Cro - natheer / und Weinkraut / iedes ein guete Handvol /Z iijgueten358Die 66. Frag / des 3. Hundert. gueten Theriaks / und Angelikwurtzen / iedes 2. Lot / Spignelwurtzen 1. Lot / Boli Armeni, Lieb - ſtockwurtzen / Baldrianwurtzen / Holtzwurtzen / ſo man Aristolochiam Rotundam nent / iedes ein halb Lot / Saffran / Rot Myrrhen / Galgant / Gaffer oder Campher / Bibergail / Krauengel / iedes ein halbs quintlein / Jſopkraut ein guete Handvol. Was zu ſtoßen iſt / das ſoll man ſtoßen / die Kraͤu - ter klein zerſchneiden / in ein Seidl Eßig / und ein halb Seidlein Brantenwein / alle ſtuck thun / gar ſtarck in einer Flaſchen / daß kein Dampf heraus moͤge / vermachen / hernach in ein haißes Waßer / iedoch daß es nicht faſt ſiede / vier Stund lang ſe - tzen / davon einem Krancken einen Loͤffel vol einge - ben / denſelben ſchwitzen / aber vor 12. Stund nicht ſchlaffen laßen. Zur præſervation mag man in ſolches Waßer einen Bißen Brot netzen / und zu Morgens einnehmen / auch ein Badſchwaͤmlein darein tauchen / und daran riechen. Andere ra - then / man ſoll / ehe 12. Stunden vergangen / der Latwergen vom Ey / und Saffran / einer alten Perſon 1. , einer Jungen geſtandnen / oder ei - nem Weibs-Bilde 2. ſcrupel ſchwer / zertriben / ein - geben / und etlich Stund darauf ſchwitzen laßen. Fuͤr den großen Durſt ſolle man ſich des Conſer - venzuckers von Sauerampfer gebrauchen. Theils geben den Waßer-Bathenigſafft / mit Cardobe - nedictenwaßer / ein / und decken den Krancken im Bett warm zue. So helt man folgenden Tranckfuͤr359Die 66. Frag / des 3. Hundert. fuͤr bewehrt: Nimm Tormentilwurtzel ſubtil ge - pulvert 1. , weiß Diptamwurtzel auch rein ge - pulvert ein halbs quintlein / gueten Theriak ein quintl / Tormentilwaßer / Melißenwaßer / gueten ſcharffen Weineßig / iedes 2. Lot / miſch / und trincks auf ein mal / ſchwitze 3. Stunden darauff / und druͤckne den Schweiß mit warmen Tuͤchern ab. Es kan Einer auch / wan Er alberait mit der Peſt behaft / nur ſeinen aignen Harn trincken / und dar - auf wol ſchwitzen / hernach einen Theriak zur præ - ſervation nemmen.

Über die Peſtilentz-Blattern legt man gebra - tene Zwibel / mit Methridat: oder Theriak: oder Zwibel / und Feigen; oder leinine Tuͤchlein in Nußwaßer genezt. Einer ſchreibt / daß hierzue kaum ein beßere Artzney ſey / als wan man die Blaͤtter des Arons gruͤn / oder duͤrr / uͤberlege. Zur Prob gibt man der Angeſteckten Perſon ge - ſtoßene Krebs-Augen ein quintlein / in warmen Eßig / ein / behelt Ers bey ſich / ſo iſt / durch Gottes Huͤlff / Beßerung da. Ein Ander wil / man ſolle eines geſunden Menſchen / oder des Krancken aig - nes Kott auf die Beulen warm legen / und ſo es duͤrr wird / wider erfriſchen. Einer wil / wann Ei - nem ein Zeichen / oder Apoſtem / gewachſen / ſoll Er nemmen Weinrauten / und Wermut / iedes gleich vil / ſie wol ſtoßen / mit Menſchenkot zu einem Pfla - ſter vermiſchen / und auff einem Tuch uͤberlegen / ſo brech es bald auff. Darnach ſolle man nemmen ungeleuterten friſchen Butter / auf ein TuͤchleinZ iiijſtrei -360Die 66. Frag / des 3. Hundert. ſtreichen / und uͤber das Loch legen / daßelbe des Tags auf die acht mal erfriſchen / und ſo lang be - harren / biß kein Wueſt heraus gehet. Oder / nim gebratene Feigen / vermiſchs mit Saffran / Honig / und Rockenmeel / mach daraus ein Pflaſter / und lege ſolches auf das Zeichen warmer / ſo probirt ſeyn ſolle. Oder / nimm Feigen / Taubenkoot / Ey - bißwurtzel / mit eim wenig Hartz / oder Bech / und Lilienoͤl / ſo das Gifft auszeucht. Man legt auch Sauerteig / mit Baumoͤl / und Saltz / vermengt / uͤber. Der beruͤmte Medicus Jordanus hat gera - then / aus genommene / oder aber gedoͤrte / und wi - derumb mit Wein geweichte Froͤſch auff die Beu - len zu legen: item granorum Alkakengì, Ca - ricarum pinguium, ana 2. Vnci. contundantur op - timè, ut fiat maſſa in formam emplaſtri redacta, appone cuti quocunque volueris, illuc extrahet venenatum tumorem. Einer hat diſes Mittel vermeldet: Nimm Terram Sigill. die friſch ſeye / ungeleſchten Kalch / Spaniſche Saiffen / zerreib es alles untereinander / mach ein Pflaſter dar - aus / leg es auf die Blatter / und in 24. Stunden hernach ſchmier es mit der gelben Salben / ſo faͤlt die breñende Blatter heraus / und wird heil. Und / ſo man beſorgt / der Patient werd ſterben / ſo nimm ein Ey / Nußoͤl / Eßig / und Senff / durcheinander gemiſcht / ſo wird es heil. Solle zu Bruͤßel an 1200. Perſonen ſeyn probirt worden. Die oban - gedeute Gelbe Salben aber mach alſo: NimmSchaff -361Die 67. Frag / des 3. Hundert. Schaff-Unſchlit von Nieren ein Pfund / Hartz 1. Neu wachs drey Vierding / auch ſovil Ter - pentin / Honig / und Butter / iedes 1. pfund / den Dotter von fuͤnff Eyern / gepulverten Maſtix 2. Lot. Den Butter laß inſonderheit zergehn / und ſchuͤtt ſolchen erſt darunter / wann die Salb an - fangt kalt werden mit 9. Eyern / die wol klopft ſeyn ſollen / ruͤrs alßdann wol / biß es kalt wird / dann kanſtu es in Buͤchſen thun.

Wider die Peſtilenziſche Flecken / oder Pe - tecchie, nim gelaͤuterts Geißrautenſaffts 4. Lot / mit 2. Lot Cardobenedictenwaßer / und einem hal - ben Quintlein Armeniſchen Bolus, zu einem Traͤncklein permiſcht / und zween Tag nacheinan - der / des Morg. und Ab. ſovil iedes mal eingenom - men. Einem jungen Menſchen under 12. Jahren / biß auf achte / ſoll man halb ſovil geben / und ei - nem Kind under achte / biß auf 4. Jahr / den drit - ten Theil / und denen / ſo darunder / den vierten Theil; Oder / trinck Morg. und Abends / iedes mal 5. oder 6. Lot Geißrautenwaßer / und deck dich warm zue.

Die 67. Frag. Was dienet wider die Waßer - Sucht?

WAßerſucht iſt eine Kranck - heit aus kalter Feuchtigkeit / ſo die Glie - der durchleufft / der geſtalt / daß ſie ent -Z vweder362Die 67. Frag / des 3. Hundert. weder alle / oder etliche / auffgeſchwellet. Die ge - meine Zeichen / und Vorlaͤuffer ieglicher Waßer - ſucht / ſeyn anfaͤnglich Geſchwellen / und Auflauf - fen der Fuͤß / und Schenckel / nachmals des An - geſichts / Augbrauen / Leffzen / Zahnbuͤhler / bey Manns-Perſonen der Gromen / etwa des gantzen Leibs: item / Verwandlung natuͤrlicher Farbe in weiße / großer Durſt / Unluſt zu eßen / Verhal - tung des Stulgangs / Schweiß / Außwurff / und dergleichen Überfluͤßigkeiten / wenig Harnen / Traͤg: und Verdroßenheit zu allen Sachen. Es werden von den Aertzten Dreyerley Arten der Waßerſucht inſonderheit benent / als / Anaſarca, wan das Waßer zwiſchen Haut / und Fleiſch / durch den gantzen Leib / alle Glieder / auch das Angeſicht / dringet / und die auffgeſchwellet. 2. As - cites, da der Bauch / und Schenckel / auffſchwel - len / hergegen die Obern Glieder verdorren. 3. Tympanites entſtehet mehr aus Wind / als Waſ - ſer / und laufft darinn der Bauch hoch auff / der Nabel boltzet weit herfuͤr / die andern Glieder werden alle mager; ja der Bauch wird dermaßen auffgeblaſen / daß / wo man darauff klopft / er einen hellen Hall / wie eine Baucken / gibet; daher dann ihr auch der Nahme kommen iſt.

Nun / der gantze Zweck / die Waßerſucht ins gemein zu vertreiben / ſtehet auff dieſen 3. puncten / namlich 1. Die Haͤrtin der Geſchwulſt / ſo in den Daͤrmen / und anderswo / ligt / zu erweichen. 2. Sich363Die 67. Frag / des 3. Hundert. 2. Sich ſolcher Sachen zu befleißigen / ſo die Feuch - tigkeiten zertheilen. Und 3. zu trachten / dieſelbe / durch den Stuelgang / und fuͤrnemblich mit dem Harn / auszufuͤhren. Die fuͤrnemſte Mittel hier - zue haften darinn / wenig trincken / ſchmal / und or - denlich / leben / zimliche uͤbung haben / vil ſchwitzen / oft purgiren / und Cliſtieren brauchen. Wo Ei - nes der Waßerſucht beſorgete / oder dieſelbe noch im erſten Angriff were / der brauche fleißig den Erdrauchzucker / dann er reiniget das Gebluͤet: und der Augentroſtzucker oͤfnet die Verſtopfung. Wann man das Saltzoͤl / oder Geiſt / mit Wer - mut-Saltz vermiſchet / in guetem Wein / oder al - lein in Wermutwaßer / einem Waßerſuͤchtigen taͤglich eingibet / ſo vertreibt es die Waßerſucht / Und das ſollen auch thun / wann ſolche erſt neu - lich angefangen 1. Majoranwein / 2. Quendel in guetem alten Wein geſotten / und getruncken. 3. Gamanderlein in Waßer wol geſotten / und da - von getruncken. 4. Senff mit Feigen / und Kuͤm - mel / zerſtoßen / und eingenommen. 5. Yſop / mit Feigen / und Niter / wie ein Pflaſter uͤbergelegt: oder Senff zerſtoßen / mit eines Jungen Knabens Harn vermiſcht / und uͤber die Geſchwulſt gelegt. 6. geſtoßene Galgantwurtzel 1. quintlein ſchwer / mit warmen Wein eingenommen. 7. Cardobene - dictenpulver 1. quintlein unterweilens gebraucht. 8. Anderthalb / oder 2. quintlein des Mechoa - cans Pulver mit Wein eingegeben richtet vil aus. 9. die364Die 67. Frag / des 3. Hundert. 9. die Pferſichbluͤhe wie ein Salat geeßen. 10. der ausgepreſte Safft von den Holderbeeren mit Wein getruncken / treibet das Gewaͤßer mit Ge - walt: item / Holderbluͤhewaßer M. und Ab. ie - desmal auf 3. Lot getruncken: item Holderſalſen mit Erdrauchwaßer gebraucht. 11. der purgi - rende Roſen-Syrup fuͤhret das gelbe Waßer aus. item Wermut. 12. Fenchel / Anis / Biber - nellen / Peterlin / ſeyn auch guet. 13. Der Safft von gekochten weißen ſcheiblechten Ruͤeben / in ei - nem Moͤrſer geſtoßen / und getruncken / ſolle die an - gehende Waßerſucht gewiß vertreiben / und auch den Leib oͤfnen. Deßgleichen auch wider die Waſ - ſerſucht bewehrt ſeyn ſoll Mettramkraut in Wein geſotten / Morg. und Ab. iedesmal ein Becher - lein vol warm getruncken / biß einer geſund wird. 14. Nimm Peterlinwurtzel ſauber gereiniget / Anißſamen / Wißkuͤmmel / Fenchelſamen / iedes ein halbs Lot / laß ſolche ſtuck in einer verlutirten Kanten / mit 2. Maß friſches Waßers vermiſcht / vier Stunden / in einem Keßel mit Waßer ſieden / darnach ſeihe es durch / und laß den Waßerſuͤch - tigen nach Durſt trincken. Jtem / nimm Waßer - doſts friſch ausgepreſten Saffts 2. Lot / Blau - himmelſchwertelwurtzel-Saffts 1. Lot / des beſten Mithridats ein halb quintl / des beſten Theriaks ein ſcrupel / gepulverten Zucker Candi ein halb Lot / miſchs zu einem Trincklein / und gib dem Waßer -ſuͤch -365Die 67. Frag / des 3. Hundert. ſuͤchtigen / alle acht Tag ein mal / zu trincken / es treibt das Gewaͤſſer gewaltig. Endivienkraut / und Wurtzel / in gnugſamen Waßer den Dritten Theil eingeſotten / durch geſigen / und ſtaͤttig vor ei - nen gemeinen Tranck / zur hitzigen Waßerſucht / getruncken. Nim Gerſtenmeel / und Geißdreck / iedes 3. Theil / und Niterſaltz ein theil; ſeuds mit Wein zu einem Pflaſter / ſtreichs auff ein Tuech / und legs uͤber den gantzen Bauch.

Die Windige Waßerſucht vertreibt Matt - kuͤmmel in Brot gebacken / und Anis; ſo auch mit Wein warm getruncken / guet iſt.

Die Geſchwulſt vertreibt Weinrauten mit Korbfeigen / und Wein / geſotten / und geſtoſſen / darnach mit Baumoͤl vermiſcht / und warm - bergelegt. Zur kalten Geſchwulſt nimm grobe Kleyen / 4. Handvol / Saltz / Pfeffer-Kuͤmmel / Aniß-Saamen / Hirſch / Steinklee / Chamillen - Blumen / iedes 2. Handvol / thues in einen beque - men Leininen Sack / den reihe Rautenweiß / mit einem Faden / waͤrme den auf einem Ziegelſtein / beſpreng ihn dann mit Wein / und leg den uͤber den gantzen Bauch / ſo warm als du es ley - den kanſt / und waͤrme ihn wider.

Die366

Die 68. Frag. Warum iſt der Boden des Ge - ſchirrs / darinn man etwas ſiedet / kalt; da doch alle andere theil heiß ſeyn? Und warum faßet ein mit Aſchen angefuͤl - tes Geſchirr ſovil Waßers / als ein laͤres?

WAs das Erſte anbelangt / wird geantwortet 1. dieweil die Kaͤlte des Waßers / an dem Boden des Ge - ſchirrs / die eußerliche Hitz des Feuers gantz aus - loͤſchet: ſintemal die Waͤrmere theil des Waſ - ſers / wegen der beygefuͤgten Leichtigkeit / immerzue uͤberſich ſteigen / die kaͤltere aber / ihrer Natuͤrli - chen Schwere halber / allezeit underſich gehen / und alſo an dem Boden bleiben. 2. der Boden des eh - rinen Geſchirrs / oder Keßels / oder Pfannen / iſt nicht heiß / dieweil das Ertz / oder Eiſen / aus ſeiner Natur / kalt iſt / und ſolche Kaͤlte / ſovil es vermag / behaltet: es behelt aber der Boden dieſelben deſto beßer / weiln des Waßers Kaͤlte darzue komt / ſo ſich in die ritzlein hinein begibt / in deme / als der theil des Waßers / ſo erwaͤrmet vom Feuer wird / uͤber ſich ſteiget; der kalte Theil aber ſtaͤts aufm Boden bleibet. Welches man zwar im außgieſſen nicht in acht nehmen kan / weiln es mit dem andern warmen vermiſchet wird: aber wol / wann manein367Die 68. Frag / des 3. Hundert. eid warmes Waßer in das Geſchirr geuſt / und der Boden deßelben gleich davon erhitzet wird. 3. Die - weil die Flamm ihrer Natur nach / uͤber ſich zu fahren / und eine zugeſpizte Geſtalt zu machen be - gehrt / daher dann die Seiten eines Keßels mehr erhitzet / als den Boden; welches man auch erfaͤh - ret / wann man mit den Haͤnden das Feuer unden von einander thuet / daß man weniger gebrennet wird / als wann man den Finger uͤber die aufſtei - gende Flamm helt. Und wollen Theils / daß das Schießpulver nicht angezuͤndet werde / wann die Kertzenflamm auf der Seiten zu dem Pulver ge - halten werde. Sihe Scaligerum exercitat. 101. ſect. 8. und Keckermann. Syſtem. Phys. lib. 2. c. 12. p. 168. ſeq. Daſelbſten beſagter Scaliger auch die Frag eroͤrtert / warum eines Fercklins / oder jungen Schweinlins / Ruͤßel / in dem mans bra - tet / am erſten heiß; wann mans aber vom Feuer thuet / am erſten kalt wird / da doch der uͤbrige Coͤr - per warm bleibt?

Was das Ander anbelangt / ſo geſchicht es 1. dieweil die Aſche von Natur hitzig / daher das Waßer / das man darauf gießet / ſtracks aus - reucht / verzehret wird / und damit auch die ſubti - lere theil der Aſchen hinweg gehen. 2. So nimbt die Druͤckne der Aſchen vil Waßers hinweg. 3. Weiln die Luͤcke der Aſchen das Waßer in ſich faßet / und nicht leichtlich von dem Waßer kan umbſchloßen werden.

Die368

Die 69. Frag. Warum faͤlt ein Stein / wann Er herunder geworffen wird / anfangs langſamer?

D ein Stein anfangs langſamer / auf die Lezte aber geſchwin - der faͤlt / wil man / daß es wegen des Lufts geſchehe / den der Stein im fallen ſcheidet / oder zertheilet / welcher dann ſich anfangs wider - ſetzet / hernach aber nicht mehr. 2. weiln der Stein / ſeines natuͤrlichen Orts / namblich der Erden / be - gehret. Sihe ein mehrers hievon / beym Joh. Ma - giro lib. 1. Phyſiologiæ Peripat. cap. 4. p. 60.

Alhie koͤnte gefragt werden / Wie lang ein Muͤhlſtein / von den Sternen / bis auff die Erde zu fallen hette? Tycho Brahe rechnet / von den Fix-Sternen / biß an die Circumferentz der Er - den / bey nahe 12026414. Meilen Wegs. Crü - gerus befindet / in ſeinem Calculo, im Prognostico uͤbers 1638. Jahr / daß ein Muͤhlſtein / zu der gemelten großen Reyſe / von den Fix-Sternen / biß auff die Erden / nicht mehr / denn einen Tag 19. Stunden 28. Minuten / und 42. Puls - ſchlaͤge / noͤtig habe. Welches aber Albertus Li - nemannus, in ſeinen deliciis Calendariographicis widerſpricht / und ſagt / Er habe zu fallen 293. Jahr369Die 70. Frag / des 3. Hundert. Jahr. 3. Tag 11. Stund. 46. Minuten / und 13. Pulsſchlaͤge / auf deren einen zween Augenblick gehen: Wiewol Er Linemann vorhero / in der 2. Frag / ſeines Prognostici, auffs Jahr 1637. von 293. Jahren. 3. Tagen. 14. Stunden. 30. Minu - ten / und 30. Pulsſchlaͤgen / deren 70. auff eine Minuten gehen / geſagt hat. Libertus Fromondus lib. 2. Meterolog. c. 3. artic. 11. alſo: Pulſus unus eſt quater milleſima, & quater centeſima quinquage - ſima pars horæ; cùm arteria mea ſalubriter, & moderatè micat: micationes enim 4450. horæ ſpatio curiosè computavi. Balth. Bonifacius, in hiſt. ludicra, lib. 17. cap. 12. & 13. hat unterſchid - liches von ſchweren Sachen / ſo in der Lufft frey ſtehen / Da Er auch etwas / aus Athanaſio Kir - chero, vom Magnetſtein mit einbringet: item von den Magnet-Felſen / ſo beſagter Kircherus fuͤr er - dicht halte.

Die 70. Frag. Wie vilmal iſt die Sonne groͤßer / dann die Erde? Und was iſt das Blaue / welches man im Himmel ſiehet / wann es klar Wetter iſt?

DEr in der naͤchſten Frag an - gezogene M. Albertus Linemannus ſagt / in ſeinem Prognostico auffs Jahr 1641. daß D. Lansbergius, in ſeiner Vranometria be -A afinde /370Die 70. Frag / des 3. Hundert. finde / daß die Sonne groͤßer ſeye / als die Erde / in die 434. mal; der Mond aber kleiner / als die Erde / in die 45. mal; und kleiner als die Sonne in die 19770. mal. Er Linemann aber / halte es mit Herren Keplero, und VVendelino, daß die Sonn noch weit groͤßer ſeye.

Was / fuͤrs Ander / das Blaue / welches wir nach im Himmel ſehen / anbelangt / ſo wil Er / daß es eine Farb ſeye / welche aus gemengetem Liecht der Sonnen / oder Sternen / und dem Schatten der duͤnſtigen Luft / entſpringe / da das Liecht anfaͤng - lich auff das Obere Lufft-Revir faͤllet / und einen kleinen Schatten verurſachet / welcher weniger durchleuchtend machet die undere Luft / ſelbiges verfinſtert mehr / und mehr die naͤhere duͤnſtige Lufft / und ſo fort an / da denn unſer Auge ſolches gemengete Schatten-Liecht ergreiffet / unwißend von wannen es herruͤhre. Bey kuͤeler Nacht ligt man underm blauen Himmel weit waͤrmer / wenn man ſich mit dem ausgezognen Wammes bedeckt / als wenn mans anbehaͤlt. Idem, quæſt. 2. in progn. An. 1650.

Gedachter Linemannus hat / im angezognen Werck / unter andern Fragen / auch dieſe /

1. Ob die Lufft kaͤlter ſeye / als die Erde / und das Waßer? und antwortet / die Lufft.

2. Obs recht geredt / daß die Sonne Waßer ziehe? Antwort / Nein. Dann es keine Ziehung /ſondern371Die 70. Frag / des 3. Hundert. ſondern eine Reſolvirung / oder vilmehr diſſipi - rung der Elementariſchen dicken Materien / in ih - res gleichen weit ſubtilere / ſeye.

3. Obs natuͤrlich koͤnne zugehen / wahrhafti - ges Eyß / in einer warmen Stuben zu machen? Antwort / ja. Fuͤllet eine zimliche tieffe Schale mit Schnee / ſolchen Schnee ruͤret mit ein gut theil Saltz ein / auch koͤnnet ihr etwas Waßer darzu gießen / und untereinander umruͤren / nachmals fuͤllet ein Glaß mit klarem Waßer / und ſezet das Glaß mit Waßer in das eingeruͤrte Saltz / und Schnee / doch alſo / daß kein geſaltzen Waßer un - ter das klare Waßer komme; und ſezet alsdan die Schale / mit dem Glaß / worinnen das reine Waßer verhanden / auff einen Ort / ja auff einen warmen Ofen / ſo wird / nach wenig Zeit / das reine Waßer im Glaſe / maͤhlich / und maͤhlich / zu Eyß werden. Oder / fuͤllet mit dem gemiſchten Saltze / und Schnee / eine Schuͤßel / oder Kanne / und ſetzet ſie auff einen Tiſch / gießet etwas reines Waßers daran / ſo ſoll auch die Schale / oder Kanne / an den Tiſch gefrieren / da ihr das klare natuͤrliche Eyß ſuͤnden werdet / welches aus ſauberm klaren Waſ - ſer entſtanden.

4. Ob man den Wuͤrckungen / ſo Jemand in ſeiner Nativitaͤt findet / vorkommen moͤge? Ant - wort. Die Erfahrung / worauff die Nativitaͤt - ſtellung beruhet / iſt ſehr ungewiß / Phantaſtiſch / Aberglaubiſch / Naͤrriſch / als zu verkuͤndigen /A a ijwievil372Die 70. Frag / des 3. Hundert. wievil Kinder erfolgen ſollen? item / was fuͤr Ge - ſchlechts ein jegliches ſeyn werde? Jtem / 1. 2. 3. oder 4. Weiber / obs Jungfrauen / oder Wittiben ſeyn / und wie lang iede leben werde? Jn Sum̃a / man ſolls nicht gar verwerffen / aber auch ihr nicht zuvil trauen; und ſolle man die ſtellung auff den Punct der Geburt richten.

5. Woher es komme / daß das faule Holtz / im Finſtern / ſo hell leuchte? Antwort. Es iſt im fau - len Holtz ein Feuer verhanden / welches ein wenig die umſtehenden Duͤnſte erleuchtet.

6. Ob die Americaner / vor Zeiten / den Euro - pæiſchen Leuten bekanter / als an ietzo / geweſen? und aus was Ort der Welt ſelbige moͤgen ent - ſprungen ſeyn? Antwort. Die Americaner ſeyn / vor Zeiten / den Europæiſchen ſo bekant geweſen / als immermehr die Tuͤrcken den Hungarn / und die Africaner den Spaniern; und iſt vermuet - lich / daß die Americaner ehe von den Africanern / als ſonſten von den Aſtatiſchen / ihren Urſprung genommen haben; wie Er Linemannus ſolches aus Platone, in Timæo, und Critia, da der Jn - ſel Atlantis gedacht wird / zuerweiſen vermeint.

7. Ob ein Trunck Wein geſuͤnder / aus einem reinen Glaſe / als aus einem ſilbern nicht inwen - dig vergulten Gefaͤße? Antwort / aus einem Gla - ſe. Dann das Silber kan niemals / ohne einen kupfernen Zuſatz / gearbeitet werden: der Wein aber hat allezeit eine Natuͤrliche Saͤure bey ſich /und373Die 70. Frag / des 3. Hundert. und ziehet ſich da her der etlicher maßen giftige Spi - ritus, aus dem kuͤpferichten Silber / in den Wein / und beraubt ihn nicht allein ſeines guten Ge - ſchmacks / ſondern macht ihn auch dem Menſchli - chen Coͤrper ſchadhafft. Darzue ich thue / daß Iul Cæſar Scaliger in exercitat. 101. ad Hieron. Cardanum, ſect. 4. ſeine Mainung / daß man den Wein auf das Waßer gießen ſolle / verwerf - fe / und wolle / daß man / wegen beßerer miſchung / das Waßer in den Wein ſchuͤtten ſolle. Welches deßwegen gemeldet wird / weilen ich in Franckreich vilmals des Cardani Mainung practici ren geſe - hen / in dem man zuvor ein wenig Waßers in das Trinckglaß gethan; und dann erſt den Wein dar - auff gegoßen hat.

8. Woher es komme / daß der Schnee weiß iſt? Antwort. Weil der Schnee nichts anders / als ein zertheiltes / oder zerzerrtes Eiß / oder gefrornes Waßer / ſo in kleinen ſtuͤcklein zuſammen hanget. Darzue Er auch andere Urſachen ſetzet.

9. Woher es kom̃e / daß die Birnen im Waſ - ſer ehe zu grund gehen / als die Aepfel? Weil die Birnmaterie raͤuher / dichter / und ſchwaͤrer iſt / als die Aepfelmaterie:

10. Ob das 1649. das wahre Jahr nach Chriſti Geburt ſeye? Antwort. Man ſolte ſol - ches in die 4. oder 5. Jahr weiter zu rucke ziehen / namlich / an ſtat 49. ſchreiben 1653. oder 54.

A a iij11. Wel -374Die 70. Frag / des 3. Hundert.

11. Welche Zeit zum Holtzfaͤllen zu erwoͤhlen ſeye? Antwort / das Bauholtz im Winter / bey abnehmenden Liecht.

12. Wann guet Haar abſchneiden ſeye? Ant - wort / wann es geſchwind wider wachſen ſoll / im zunehmen des Monds / und inſonderheit / wenn Venus, und Jupiter, mit dem Mond in guetem Vernehmen ſtehn. Wer allezeit / bey abnemmen - den Liecht die Haar abnehmen laſt / wird entlich unvermerckt zur Glatze gelangen.

13. Woher es komme / daß / wenn in der naͤhe ein Menſch ſterben ſolle / die Hunde heulen / und die Katzen / Eulen / ſchreyen? Antwort: Weil aus dem mit dem Tode ringenden Menſchen ein durch - tringender ſubtiler Dunſt heraus ſteige / welcher / wegen ſeiner ſubtilen / und durchdringenden Na - tur / ſich / von dem Sterbenden / biß in die ferne / verziehe / welchen obbenante Thier vernehmen / und zum Geſchrey gereitzet werden: und daß auch die Laͤuſe / wegen ſolcher Duͤnſte / einen ſterbenden Menſchen verlaßen.

Wiltu ein mehrers hievon / und andern Fra - gen wißen / ſo kauff dir das Buch / An. 1654. zu Koͤnigſperg in 4. gedruckt / ſelber.

Die 71. Frag. Woher komt es / daß die Hahnen zu gewißer Nachts-Zeit kraͤhen?

Hierauff375Die 71. Frag / des 3. Hundert.

HJerauff antwortet Einer alſo: Alß wie alle Thier ihre ſondere Antrib / von der Natur ihnen einge - pflanzt / haben: Alſo hetten auch die Hahnen dergleichen / aus einer verborgenen Qualität, daß ſie / ordenlicher Weiſe / umb Mitternacht erwach - ten / und / mit erſchwingung der Fluͤgel / zu kraͤhen anfahen thetten. Sie ſeyen hitziger Natur / und koͤnnen deßwegen / ſonderlich weil ſie auch bald aufſitzen / und ſich zur Ruhe begeben / ihre Speiſe bald verdaͤuen. Und daher mag es villeicht auch kommen / daß ein geſunder Hahn mehr / als eine geſunde Henne / trinket. Daruͤber dann M. Albertus Linemannus, in delic. Calendar. in dem prognoſt. zum Jahr 1654. quæſt. 7. dieſe Wort ſetzet: Alſo ſoll auch ein Mann mehr / als ein Weib / trincken koͤnnen.

Die Saracener haben eine laͤcherliche Mai - nung vom Hahnen-Gſang / in ihrem Alcoran / namlich / daß im Himmel ein großer Hahn ſeye / deßen Geſang / oder kraͤhen / allein die Hahnen auff Erden vernehmen / und Jhme nachkraͤhen thetten / ſo offt Sie ſein kraͤhen hoͤreten.

Vil / auch aus den Gelehrten / bekennen / daß Sie keine gewiße / und offenbare Urſach ſolches Geſangs geben koͤnnen / ſonderlich / daß die Hah - nen bey Nachts / wann ſie vom Schlaff erwachen / nicht zwar zu dreyen Stunden / wie Theils / widerA a iiijdie376Die 71. Frag / des 3. Hundert. die Erfahrung ſchreiben / gleichwol aber zu gewiſ - ſen malen / oder Zeiten / kraͤhen. Der Scaliger, exercit. ad Cardan. 239. lachet den Erasmum Roterodamum hoͤhniſch aus / welcher in den Ada - giis (chil. 3. centur. 7. proverb. 66. priusquam Gal - lus iterum cecinerit), aus eines ſeiner Freunde Mainung / ſchreibet / daß der Hahn aus Veneri - ſcher Begierd / und Antrib / kraͤhe; gleichwol Er Scaliger auch gnugſam an den Tag gibt / daß Er ſolches Geſangs keine gewiße Urſach geben koͤnne; ſondern vermeint / daß es ein zuefaͤllig Ding ſeye. Cardanus thuet den Sachen auch nicht genug / in dem Er darfuͤr helt / daß die Hahnen aus Begir - de zur Speiſe alſo kraͤen. Cæl. Rhodiginus lib. 16. Antiquitat. cap. 13. diſputi rt hievon weitlaͤuffig / und ſagt / unter anderm / daß man deßen eine Ur - ſach von dem ſonderbaren Einfluß der Sonnen / und alſo von Veraͤnderung des Luffts / geben koͤnne / welcher dann zu Nacht / ſonderlich umb den Aufgang der Sonnen / wann die Hahnen am mei - ſten kraͤhen / gar mercklich geaͤndert werde. Wel - che Urſach zwar nicht zu verwerffen / aber darne - ben eine noch naͤhere zu ſuchen iſt; welche beym Keckermanno, in Syſtem. phys. lib. 3. cap. 29. p. 450. dieſe iſt; daß die Veraͤnderung des Luffts / ſo bey Tag bißweilen / ſonderlich aber bey der Nacht / geſchihet / des Gockelhahnen hitzigers / und duͤners Bluet / mehr als anderer Thier / hefftiger bewe - get / und in dem Er ſolches ſtaͤrcker antreibet / auchzugleich377Die 72. Frag / des 3. Hundert. zugleich Daͤmpf / oder Blaͤſte / in den Adern / und Muſculn / oder Fleiſch-Maͤuslein / erwecket / wel - che Daͤmpf / in dem ſie der Gockelhahn wil zertrei - ben / Er ſeine Fluͤgel beweget / und mit erhabenen Gurgel kraͤet; nicht anders / als wie Einer / wel - cher von Blaͤſten / oder Winden / in den Muſcu - lis, beſchweret iſt / die Glieder ausdehnet / oder ſich rencket; Oder auch / wie die Tauben / die Haͤhnen / und ander Gefluͤgel / wann ſie dergleichen Blaͤſte / aus veraͤndertem Gebluͤet / verſpuͤren / ihre Fluͤgel zuſammen ſchlagen.

Die 72. Frag. Wie erhelt man ein Feuer lang ꝛc? Und was iſt guet wider die Kaͤlte?

WAnn man in einer Eiſernen / Blechinen &c Buͤchſen das Feuer ein gantzes Jahr erhalten wil / ſo thuet man in die Buͤchſen Wacholderholtz-Aſchen / und auff ſolche gluͤende Kohlen / von gedachtem / oder auch wol nur von Eichem Holtz / und daruͤber wider A - ſchen / ſo bleibts alle weil; wie Einer berichtet: Dann ich es nicht erfahren habe. Wie auch diſes nicht / wann man ſagt / daß Einen das Feuer nicht brenne / ſoll Er nehmen einen Farren-Hoden / die Haͤnde damit ſchmieren / oder aber mit Baldrian. Oder / nimm den Safft von Wildenklee / undA a vſchmier378Die 72. Frag / des 3. Hundert. ſchmier die Haͤnde damit / ſo ſolle man ein heißes Eiſen tragen koͤnnen.

Wider die Kaͤlte brich Neßel ab / vor Auf - gang der Sonnen / ſeuds in Oel / und ſchmier / mit demſelben / die Glieder / ſo ſollen ſie keine Kaͤlte em - pfinden; oder ſchmiers mit Fuchs / oder Haſen - Fett. Die Winterkaͤlt erleuchtert Sefelſamen ge - pulvert / und / mit geſtoßenem Pfeffer / iedes eines quintleins ſchwer / in guetem alten Wein / des Morgens nuͤchtern / getruncken. Jſt denen guet / ſo vil in der Kaͤlte ſeyn muͤeßen. Jn der Moſcau / und an andern Orten / da es gar kalt / werden den Leuten offt die Naſen / und andere Glieder / von der Kaͤlte / alſo verderbt / daß wann Sie in ein warmes Gemach kommen / ſolche Glieder ſtracks erſter - ben / und vilen auch gar abfallen. Dann die Kaͤlte hat vorher die Natuͤrliche Waͤrme gantz ausge - loͤſcht / und iſt nur noch etwas von der Natuͤrli - chen Feuchtigkeit uͤbrig gebliben / ſo ſolches Glied etlicher maßen noch an den uͤbrigen Coͤrper gepa - cket hat. Wann man nun an einen warmen Lufft gelangt / ſo wird auch ſolche noch uͤbrige Feuchte ausgedorret / und erſtirbet hiedurch gantz / und faͤlt herab. Daher pflegt man / an ſolchen Orten / das erfroͤrte Glied in ein kaltes Waßer zu thun / da - mit ſolches die uͤbrige Feuchte erhalte / und ſo noch etwas von der Waͤrme verhanden / inwendig hin - ein treibe / und alſo mit ihrem kalten Umbſtand mache / daß ſich ſolches Glied allgemach wider er -holen379Die 73. Frag / des 3. Hundert. holen moͤge; Keckerman. in Syſtem. Phys. lib. 3. c. 3. p. 220. Welches auch anderswo / als auf den hohen Schweitzeriſchen / und Benachbarten Ge - buͤrgen / geſchihet / wann man die Fuͤße ꝛc. verfroͤ - ret / daß man dieſelbe zuvor in ein kaltes Waßer ſetzet / ehe man in eine warme Stuben kommet / oder ins Bett ſich leget. S. Joſiam Simlerum, in Com - mentario de Alpibus.

Wann ein Schnee faͤlt / laſt die Kaͤlte etwas nach. Urſach deßen iſt / dieweil der Schnee entſte - het durch austreibung der Waͤrme aus der Wol - cken; dieſe ausgetribene Waͤrme aber / in den un - dern Luft ausgeſprengt wird / und denſelben ein wenig waͤrmer macht / nicht anders / als wie der Rauch / ſo zu des Rauchfangs Loch hinaus gehet / den herumſtehenden Luft etwas erwaͤrmet; und daher die Raben / in der groͤſten Kaͤlte / zu den Ca - minen / oder Schornſteinen / oder Rauchfaͤngen / herbey zu fliegen pflegen.

Die 73. Frag. Was erhelt den Wein guet / und bringt den verderbten / und abge - ſtandenen wider zu recht?

ZErſchneide Beyfußwurtzel / in 2. Maß gueten Weins / ſeihe es dar - nach durch / und ſchuͤtts / im Ablaß / in ein Fuder Weins / ſchlags zue / und laß ligen; ſobleibt380Die 73. Frag / des 3. Hundert. bleibt der Wein bey gueter Farb / und Krafft. Ei - ner rathet diſen Einſchlag in ein Weinfaß; Nim̃ Schwefel / Wiſmut / Naͤgelein / iedes 2. Lot / Lan - gen Pfeffer / Muſcaten / weißen Weirauch / Cam - pher / Paradißkoͤrner / Peterleinwurtzel / Jung - frau-Wachs / Roͤmiſchen Kuͤmmel / Zimmetrin - den / Muſcatbluͤhe / iedes 1. Lot / machs zuſammen / wie ſichs gebuͤrt. Der weiße Sand / daruͤber ein Wagen gangen / iſt herrlich guet in ein Weinfaß zu ſchuͤtten: item / wann man einen Kiſelſtein auff den Spund legt / ſo ſoll der Wein guet bleiben. Wenn man einen Wein anzaͤpft / daß Er die Farb behalten ſoll / nimm ein ſchoͤns Tuͤchlein / thue da - rein ſaubere Weitzenkoͤrnlein / gruͤne Tannzapfen / und ein wenig Weinrauten / und etliche Kiſelſtein - lein / hencks ins Faß / daß es den Boden nicht be - ruͤre. Den Wein wol geſchmack zu machen / hencke Holderbluͤhe in einem Saͤcklein ins Faß. Den Wein ſuͤeß zu behalten / nimm ein pfund oder mehr Senffkoͤrner / thue ſie in einem Saͤcklein ins Faß / wann der Wein noch in Moͤſten iſt / laß es alſo darinnen / er bleibet ſuͤeß.

Hat aber der Wein ſeine Farb verloren / und iſt rot worden / ſo nimm eine neugemolkne Milch / wie ſie alſo warm von der Kuhe komt / ſchuͤtte die ins Faß / ſo zeucht ſie die Roͤte an ſich / und ſezt ſich auff das Gleger.

Abgefalnen Wein wider zu recht zu bringen / Nimm ein heiß Rockenbrot / wie es aus dem Ofenkomt /381Die 73. Frag / des 3. Hundert. komt / ſchneide unden an dem Boden des Brots ein Loch / und die Rinde hinweg / lege das Brot - ber den Spunten des Faß / und laß es ligen / biß es kalt wird. Oder nimm ein heiß Gerſtenbrot / wie es aus dem Ofen komt / ſchneids von einander / und lege einen Theil alſo heiß uͤber den Spunten / laß ligen / bis es kalt wird / und thue das etlich mal nach einander. Jſt auch wider den

Stinckenden Wein. Sonſten / ſo du einem Wein den boͤſen daͤmpfichten Geſchmack nehmen wilt / ſo nimm Lorbeer-Bonen / ſeuds mit Wein / und ſchuͤtts ins Faß / oder mach ein Saͤcklein / fuͤlle es mit Salbey / und hencks ins Faß / daß es den Wein nicht beruͤre. Wann ein Weinuͤbel ſchmeckt vom Faß / oder etwan von einer ſchimlechten Tau - fel / ſo nimm neugebackne Semel / alſo heiß / wie ſie aus dem Ofen kommen / brich die von einander / lege ſie aufs Beyl / oder den Spund / thue ſolches etlich Tag / ie oͤfter / ie beßer: ſo ziehet das heiße Brot den Geſchmack an ſich. Einer wil / daß man Semel: oder Weitzenmeel in einem Bach-Ofen heiß machen / das in ein Saͤcklein thun / und mitten ins Faß Wein hencken; oder aber ein Saͤcklein mit Gerſten an das Faß binden ſolle / ſo werde der ſchimlete Geſchmack vergehn.

So man auch in das Faß eines verderbten Weins einen Rettich henckt / und uͤber eine Weil hernach wider heraus ziehet / ſo wird er beßer.

Jſt382Die 73. Frag / des 3. Hundert.

Jſt ein Wein zaͤch / ſo zapfe das Faß ab auff einen halben Eymer / und nimm ſaubere Kiſelſtein / mache ſie faſt heiß / und thue ſie in das Faß / ſo zer - treibet die Hitz die Zaͤhe. Darnach nimm ausge - zogne Mandel / zerſtoß die / geuß deßelben Weins daruͤber / druck es durch ein Tuch / daß die Kraft heraus gehe / daßelbe geuß darnach ins Faß / und fuͤlle es wider mit gutem Wein; ſo einkoͤſtlichſtuck ſeyn ſolle. Theils nemmen Schlehen / ehe ſie noch ſeyn blau worden / doͤrren die im Luft / ſtoßen ſie / und werffens in den Wein / ruͤrens wol umb / und ſchlagen darnach das Faß zue. Einer ſagt / wenn ein Wein zehe / dick / und konecht werde / ſolle man Kuͤemilch / mit einem wenig Saltz darein thun / oder eine Handvol weiß Lilienwurtz gedoͤrt nem - men / und es ins Faß hencken / daß ſichs ſencke. O - der nimm zu einem zaͤhen / ſeygern / und truͤben / Molkenfarben Wein / ſolchen wider zu recht zu bringen / Semel: oder Weitzenmeel / friſch ge - molkne Milch / und das Weiße von Eyern / we - nig / oder vil / nach dem das Faß groß / oder klein iſt / ſchlage diſe ſtuck durcheinander / biß daß es ei - nen ſchaum gibt / geuß es alsdann miteinander in den Wein / ſchlag darnach den Wein / mit einem durchloͤcherten Ruͤhrſcheid durcheinander / biß daß er anfahet zu ſchaͤumen / darnach laß ihn ru - hen / ſo wird er / in vier Tagen / ſchoͤn / lauter / und friſch. Den fuͤnften Tag laß ihn dann ab / in einander383Die 73. Frag / des 3. Hundert. ander ſauber beraitet Faß / und laß ihn zum we - nigſten 14. Tag zugeſchlagen ruhen.

Sonſten ſolle man Truͤebe Wein mit Zirbel - nußen / oder Pferſichkern / oder Eyerklar / und eim wenig Saltz / geſchwind wider zu recht bringen / auch gantz huͤbſch / und klar / machen koͤnnen. Ei - ner ſagt / von ſauber gewaſchenen Haberſtroh / das man darnach wider druͤcknen / und in einen Moſt / oder andern Wein / ein Zeitlang henken ſoll.

Wenn ein Wein eßigt / oder anzickt / Nimm Weitzen / und neu Wachs / iedes 1. pfund / ſchnei - de das Wachs zu kleinen ſtuͤcken / vermiſchs mit den Weitzen / thue es in 1. oder 2. Saͤcklein / hencks in den Wein / ſo komt Er wider zu recht. Alſo bringt einen Malvaſir / wann er ſauer wird / wider zu recht / wenn man ein waͤchſin Geſchirr macht / daſſelbe mit Honig fuͤlt / und hernach auch einen waͤchſinen Deckel daruͤber macht / und alſo ver - macht in den Malvaſier henckt; So mir / eins - mals / von einem gueten Freund / ſo immerzue faſt einen Malvaſier im Keller gehabt / nunmehr aber todt / anvertraut worden iſt.

Einer berichtet / wann es anfahe zu donnern / ſolle man einen Ballen aus druckenem Rocken - meel machen / ein ſaubers Tuͤchlein auff die Spun - ten des Faſſes / und den Meel-Baln darauff / le - gen / und den wol in die Spunten drucken / ſo werde der Wein vor dem Donner bewahret.

Boͤſen384Die 73. Frag / des 3. Hundert.

Boͤſen Schleim ziehet aus dem Wein Gerſten - hrot in einem Koͤrblein in den Wein gehenckt.

Schwefel ziehet aus dem Wein ein heiß Ro - kenbrot / wie es aus dem Ofen komt. 1. oder 3. mal / wie oben / beym Abgefalnen Wein / vermeldet worden.

Wann ein giftig Thier in den Wein gefallen / ſo wirff auch ein heißes Brot in das Faß / welches dem Wein alles Gifft benemmen ſolle.

Schwimt ein Birn / oder ein Ey / oder die Wa - cholderbeer / im Wein / ſo iſt Er gerecht / fallen ſie aber zu grund / ſo iſt Waßer darunter.

Einem Weinfaß das Ausrinnen zu vertrei - ben / nimm geſtoßen Glaß / klein geſtoßene Kiß - ling / gerednen Kalch / thue es in einer Pfannen ins heiß Unſchlit / ruͤrs / thue darzue Gebluͤet von Schaffen / oder Kaͤlbern / netze dariñ Haußflachs / oder Hanffwerck / und ſchlags warm umb das Faß. Es beſtellet auch das Waßer in den Roͤh - ren / oder Brunnen.

Das Pulver vom beſten Weinſtein hat nicht ein geringe Krafft zu reinigen; wie Bauhinus ſagt. Und weilen vil im Brauch haben / wann der Wein zu kalt / ein Brot in denſelben zu legen / und her - nach zu trincken / ſo ſagt Fromondus in Mete. lib. 5. c. 2. alſo: Constat vinum, etiam gelidiſſimum, poſtquam à pane, etiam â furno, aut ab igne non recenti, combibitum est, intepeſcere. Sed unde vires illæ pani? Dic, ſicca ista, & poroſa, ſpiritusquosdam385Die 73. Frag / des 3. Hundert. quosdam calorificos, ubi plures confluxerint ab humore compulſi, continere. Staphylus, ein Sohn Sileni, ſoll am erſten den Wein gewaͤßert haben; wiewol ſolches Athenæus dem Amphictyoni, der Athenienſer Koͤnig / nach des Philochori Mai - nung / zueſchreibet / auch Andere einen andern deſ - ſen Urſprung / beym Bonifacio lib. 1. hist. lud. c. 16. ſetzen; der auch c. 18. & c. 58. von des Herculis Be - cher zu leſen / der ſo groß geweſen ſeyn ſolle / daß Er nicht nur daraus getruncken / ſondern auch dariñ / als wie in einem Schiffe / gefahren.

Dieweil ich zweifele / ob du des weyland beruͤm - ten Manns Leonhard Murars Bericht von Krafft und Wuͤrckung der Kraͤuterwein haben werdeſt: Alß wilich dir denſelben / auff ein Fuͤr - ſorg / auch mittheilen.

Alant-Wein von der Wurtzel / ſo im abnem - menden Monn des Octobris / oder im anfang des Sommers gegraben / und an der Sonnen gedoͤrt worden / iſt ſonderlich guet dem Geſicht / raumet den groben kalten Schleim aus der Bruſt / dienet treflich wol wider den Hueſten / und ſchweren A - them / ſtaͤrcket den Magen / treibet den Harn / und die Monatzeit der Weiber.

Wermut-Wein vom Kraut / ſo zuvor ein oder 2. mal durch ein Siedheißwaßer gezogen / den ſtarcken dem Haubt beſchwerlichen Geſchmack zu benemmen / toͤdtet die Wuͤrm / erwaͤrmet den kalten Magen / und ſtaͤrcket ihn; Dienet wider al -B blerley386Die 73. Frag / des 3. Hundert. lerley Fieber / und die Gelbſucht / vertreibt die Winde im Leib / und heilet das Grimmen aus der Schleimigkeit / und verhaltenen Winden / ent - ſtanden.

Salvey-Wein ſtaͤrcket den Magen / die Weibliche Mutter / die Nieren / und Blaſen: Jſt den Keichenden / und Lungſuͤchtigen ein heilſame Artzney / ſtillet das Seitenſtechen / eroͤfnet die ver - ſtopfte Leber / dienet wider alle kalte Kranckheiten des Hirns / nit allein getruncken; ſonder auch die Glieder damit geriben: Hilfft dem Zahnwethum / und den ſchlotterten Zaͤhnen.

Roſmarin-Wein iſt wider alle Kranckhei - ten zu trincken / ſtaͤrcket das Hirn / das Hertz / und das Geaͤder / macht luſtig zum eßen / verzehret die Schleimigkeit / befeſtiget die Zaͤhn / und das Zahn - fleiſch / dienet wider die Schwindſucht / widerſtehet dem Altaͤglich / und Viertaͤglichen Fieber / nutzet wunderbarlich den Schlaffſuͤchtigen / und Gicht - bruͤchigen / und vertreibt das Zittern an Haͤnden / und Fuͤeßen.

Augentroſt-Wein iſt / wie es der liebliche Nahm ſelbſt / mit ſich bringt / und auch alle hoch - erfahrne Medici aus wolbeglaubter Erfah - rung einhelliglich beſtaͤttigen / unter den Augen - Artzneyen die beſte / wider die dunckeln / und bloͤden Augen / wendet allen Mangel des Geſichts / was daran hinderlich geweſt nimt er hinweg / wes Al -ters387Die 73. Frag / des 3. Hundert. ters auch ein Menſch ſeyn mag / und dienet treff - lich wol den vieraugenden Leuten.

Fenchel-Wein aus den Fenchel-Samen dienet auch wider die Tunckelheit der Augen / loͤſet auff die Waßerſucht / widerſtehet dem Gifft / be - nimt die Huſten / und treibet die Weibliche Blu - men.

Weichſel-Wein gibt Kraft / und Staͤrckung dem Hertzen / und Magen / loͤſchet den Durſt / kuͤh - let / und trucknet / und kan / in fuͤrfallen den Noͤthen / iederzeit auch von den duͤrren Weichſeln angeſetzt werden.

Haſelwurtz-Wein / Oder / wie man ihn in Oeſterreich nennet / Weyrauchskraut-Wein / er - oͤffnet die Verſtopfung an Leber / und Miltz / und die harte Geſchwulſt: iſt den Waßerſuͤchtigen / Geelſuͤchtigen / Keichenden / und Huſtenden / ein ſehr fruchtbarliche Artzney.

Schlehen-Wein wie ſolcher am Rhein - ſtrom aus den Schlehen im Herbſt / da ſie fein zei - tig / und wol weich worden / haͤuffig beraitet wird / ſtellet des Leibes Durchbruch / und die Rothe Ruhr.

Judenkirſchen-Wein fuͤhret aus den Nieren / und Blaſen kraͤfftiglich die Materien / daraus der Sand / und Stein / erwachſen / und treibet mit gantzer Macht den verhaltenen Harn.

B b ijZit -388Die 73. Frag / des 3. Hundert.

Zitwar-Wein ſtaͤrcket das Hertz / und trei - bet die boͤſe giftige Daͤmpf davon / bekom̃et treflich wol den Jenigen / welche oft der Schwindel / und Ohnmacht anſtoſt; iſt auch ſonderlich gut wider die Peſtilenziſche Luft.

Melißen-Wein dienet aigentlich wider das Hertzpochen / und Zittern des Hertzens / benimt die Melancholey / reiniget das Gebluͤet / widerſte - het der Graͤtz / machet ein froͤliches Gemuͤt / und be - helt den Leib fein offen.

Ochſenzungen-Wein fuͤhret die verbraͤn - te Melancholiſche Feuchtigkeiten / durch den Harn / aus / bringet das Gehirn wider zu recht / heilet die Aberwitzigen / und bringt Sie wider zu gutem Verſtand / und rechten Sinnen.

Hyſſop-Wein bekomt auch wol den Alten Leuten / dienet wider den feuchten Huſten / wider die Fraiß / heilet die Lunge / machet die Stimm hell / und lauter; iſt auch dienlich fuͤr den ſchweren Athem.

Cardobenedicten-Wein dienet auch zu den Kranckheiten / darfuͤr der Wermut-Wein gut iſt.

Wegwarten-Wein iſt zu der Verſtopfung der Leber / und Eingeweids; item / wider die Gelb - ſucht / Sodt / Waßerſucht / Drey / und Viertaͤgi - ge Fieber. &c.

Biß hieher obernanter Theologus, Medicus, und Astrologus, Murarius.

Ein389Die 74. Frag / des 3. Hundert.

Ein vornehmer Medicus hat folgende Stuck zu einem Kraͤuterwein / auff 8. oder 10. Maß / ge - ordnet: Cardobenedict / Tauſentgulden-Kraut / Ehrenpreiß / Hirſchzungen / Wacholderbeer / Me - lißen / Lungenkraut / iedes 1. Handvol / Cichori - Wurtz 2. Lot / Alantwurtz 1. Lot / Citron-Schelf - fen ein halb Lot / Tamarisken-Rinden 1. Lot / Chi - nawurtz geraſpet 2. Lot / Benedictwurtz 3. Lot / weiß Violwurtz / und Wermut / nach Belie - ben.

Die 74. Frag. Was erhelt das Bier guet? Was das Baumoͤl? &c, Was dienet den Kaͤ - ſen? Was hat man beym Eßig in acht zu neh - men?

DAs Bier wird guet erhal - ten / wann man / mit Eßig beraiten Co - riander / mit dem Hopfen ſiedet.

Ein Bier / ſo nach dem Faß ſchmeckt / bringt wider zu recht ein Handvol Weitzenkoͤrner / in ei - nem Saͤcklein ins Faß gehenckt.

Das ein Bier nicht ſauer werde / nim̃ 2. oder 3. Handvol Bertramwurtzel klein geſchnitten / uñ ein guete Handvol Tauſentguldenkraut / auch klein geſchnitten / und hencke ſie / in einem ſaubern leinin ſaͤcklein / in das Bier. Oder / nim̃ ein heiß Gerſten - brot / und leg / nach und nach / ein warmes ſtuͤcklein davon uͤber den Spund / und laß alle mal erkalten.

B b iijWans390Die 74. Frag / des 3. Hundert.

Wans ſauer werden wil / ſo brenne Beyfueß / mit aller ſeiner ſubſtantz zu Aſchen / nimm davon eine Handvol / und darzue ſovil Buchholtzaſchen / miſchs mit Bier / und ſchuͤtts in ein Fueder Bier / ruͤhrs wol mit einem Loͤcherten Stecken / und laß darauff ruehen.

Es fragt Keckermannus Syſtem. Phys. lib. 3. cap. 1. p. 208. wie es zugehe / daß ein Bier nicht an einem Ort / wie an dem andern / geſotten werden koͤnne / wann man ſchon einerley Waßer / Hopfen / und Gerſten / darzue nehme? und antwortet / daß es des Luffts halber geſchehe / welcher an einem Ort anders / als am andern.

Verdorben Baumoͤl bringt wider zurecht ein Handvol Corianderkraut / ins Oel offtmals ge - henckt.

Diſtillirtes Waßer machet klar gepulvert Amelmeel / darein geworffen / und durch einander geruͤrt / das Glaß hernach ein weil ſtehen laßen / ſo wird ſich das Amelmeel zu Boden ſetzen / wel - ches man darnach oben abſeihen kan.

Die Kaͤſe / ſo wol zum Bier / fuͤr Theils Leute / taugen / bewahret vor den Magen / wann man ein Birkensſtaͤudlein / oder kleines Ruͤetlein / darein ſtecket: Oder aber die Kraͤuter / ſo man in den Kaͤß thun wil / mit Birckenſafft befeuchtet. Wann ſie aber alberait madig / ſoll man Aaronsblaͤtter da - rein legen.

Alte / und bittere Kaͤſe bringt zu recht / wann man ſie befeuchtet / mit Gerſtenmeel beſtreuet / undVon391Die 74. Frag / des 3. Hundert. ſo man ſie brauchen wil / zuvor die oberſte Rinden herab ſchabet.

Von dem Eßig / ſo inſonderheit vier merckli - che Aigenſchaften hat / namblich / daß er kalt iſt / die Krafft zu durchgehen / die Krafft zu druͤcknen hat / und beißig iſt / handelt obgedachter Kecker - mannus, d. lib. 3. cap. 3. p. 217. ſeq. zimlich weit - laͤuffig.

Einer meldet / wann man wolle geſchwind ei - nen Eßig machen / muͤeße man geſtoßene Man - golt-Wurtzel in den Wein legen / ſo werde er / in - nerhalb 3. ſtunden / zu Eßig: ſo man ihn aber zum Wein wider haben wolle; doͤrffe man nur Koͤlkrautwurtzel darein thun. Wann man einen Rettich doͤrre / und ſtoße / in einen Wein lege / und zu pulver mache / ſo werde / nach etlichen Tagen / ein Retticheßig daraus; welcher den Nierenſtein zuvertreiben / auch zu vilen andern Sachen mehr / ſehr nutzlich ſeye. Berthram in gueten Wein ge - legt / und an die Sonn geſetzt / ſoll einen gar ſcharf - fen Eßig geben. Oder / nimm ungeſchelte Gerſten / roͤſte ſie wol in einer Pfannen uͤber dem Feuer / biß ſie Braunſchwartz wird / wuͤrffe ſie alßdann alſo heiß in den Wein. Wiltu einen ſchlechten Eßig guet machen / ſo henck ein gueten Sauerteig ins Eßig-Geſchirr / und ſetz den Eßig an ein warm Ort.

Bier-Eßig zu machen / ſeude ein theil Biers / laß wider kalt werden / thue geroͤſt Erbſen alſo heiß darein / und ein wenig Sauerteig. Oder /B b iiijwuͤrff392Die 75. Frag / des 3. Hundert. wuͤrff geroͤſt Weitzenkoͤrner darein; item / geroͤſt Rinden von Rockenbrot / und ein wenig Myrrhen / dieweils im jaͤhren iſt.

Die 75. Frag. Wie macht man ein gueten Mett? Wie macht / und erhelt man eine guete Dinten?

WAs das Erſte anbelangt / ſo lehret Einer einen Mett alſo zu ma - chen: Nimm ein Viertelein von einer Maß gueten unverfaͤlſchten Honigs / und 3. Maß / oder ein wenig mehr friſch Trinckwaßers. Dieſes thue miteinander in einen neuen verglaͤ - ſten Hafen / oder Topf / der zuvor mit einem heißen Waßer verbruͤet iſt / ſtelle ihn auff einen Herd / und mache ein Kollfeuer darumb / laß auch allge - mach ſieden. Wann nun / unter dem ſieden / es ei - nen Schaum auffwirfft / ſo heb ihn mit einem Schaumloͤffel fein ſauber herab / laße hernach ſie - den / biß ſchier ein halbe Maß eingeſotten / darnach nimm auserleſne rotte Roſenblaͤttlein / und Roſ - marin-Bluͤemlein / iedes eine Handvol / legs in den Mett / und laß noch ein Wall / oder Sudt / mit einander thun / und darnach fuͤr ſich ſelbſt kalt werden.

Was das Ander betrifft / ſo ſagt Einer / daß Er / in einem geſchribnen Buch / dieſes geleſen: Zu einem Viertel Waßer / geuß ein ViertelWeins /393Die 75. Frag / des 3. Hundert. Weins / nimm darzue 12. Lot Galles / 6. Lot Vi - triol. 4. Lot Gummi. anderthalb Lot Alaun. 1. Lot Saltz. Klaube es alles fein ſauber / und ver - miſch es / laß es ſtehen 2. Tag / und 2. Nacht / dar - nach ſetz es zum Feuer / daß wol heiß werde / aber nicht ſiede; zuvor aber ruͤhre es / und nach dem Waͤrmen auch / und zwar acht Tag lang / alle Tag zwey mal. Ein Anderer ſagt / man ſoll nemmen Galles 12. Lot / gemeinen Vitriol 8. Lot / Arabi - ſchen Gummi 1. Lot / oder 8. Lot Galles. 3. Lot Vi - triol / Arabiſchen Gummi 2. Lot / zu einer Maß Biers. Oder / nimm 2. Haͤnde vol Gallaͤpfel in 4. oder 3. theil zerſchnitten / geuß darauf ein halbe Maß Bier / oder Wein / und laß es acht Stunde ſtehen / darnach ſeihe es von den Gallaͤpfeln ab / und thue Vitriol darein / und gegen dem Vitriol ein Drittheil Gummi / laß es beym Feuer warm werden / und doch nicht ſieden / ſo iſts eine guete Dinten. Über dieſen Gallaͤpfeln magſtu alſo 4. oder 5. mal Dinten machen.

Dinten in der Noth / nimm ein Wachsliecht / zuͤnts an / und halts under ein ſaubers Becketlein / biß der Rueß daran henget / geuß alsdann ein warm Gummi-Waßer dran / und miſchs durch einander.

Dinten zu behalten / daß ſie nicht verdrukne / ſchimle / nit gefriere / noch die Motten / und Maͤu - ſe / das Papir freßen / Nimm die eußerſte Scha - len / oder Haͤußlein / darinn die Haſelnuß wachſen /B b vund394Die 76. Frag / des 3. Hundert. und thue ſie in die Dinten / ſo druknet ſie nicht ein: Thue auch ein wenig Saltz darein / ſo ſchimlet ſie nit: und vor die Maͤuß / und Motten / ein wenig Wermutwaßer / oder ein gueten theil Wermut - ſafft; vor die Gefruͤer aber ein wenig Branten - wein darein. So verhindert Kreiden / in die Dinten geſchaben / das Fließen.

Die 76. Frag. Jſt der Menſch / von GOtt / an - faͤnglich gerecht / und heylig / und das Jhm wol ſeye / erſchaffen worden?

ES finden ſich etwan Leute / die daran zweiflen / und diſes ihres Zwei - fels folgende Urſachen einwenden. 1. Dieweil die erſchaffung des Menſchen nichts anders iſt / als eine Herfuͤrbringung eines Men - ſchen / wie er ein Menſch iſt; und daß deßwegen derſelbe / von Gott / natuͤrliche Gaben / aber nicht Sittiſche / das iſt / die Heyligkeit / und Gerechtig - keit / empfangen habe. 2. Dieweil der Menſch / von Gott / durch die Schoͤpfung / einen freyen Wil - len empfangen habe / alſo / daß Er / wann er ge - wolt / GOtt dem HErren hette gehorſam / oder nicht / gehorſam ſeyn moͤgen. 3. Wann der Menſch anfangs heylig / und gerecht / were erſchaffen wor - den / ſo hett er / ohn Zweifel / dem Geſaͤtz GOttes / von dem verbottenen Baum die Fruͤchte nicht zueßen /395Die 76. Frag / des 3. Hundert. eßen / Gehorſam gelaiſtet / und were nicht ſo leicht - lich in die Suͤnde gefallen. Und dahero vermeinen Sie / der Menſch ſeye anfaͤnglich / von Gott / we - der gerecht / noch ungerecht / ſondern ein ſolcher er - ſchaffen worden / welcher hette koͤnnen heylig / und gerecht werden / wann er nur ſeinen freyen Willen nicht zum Boͤſen / ſondern zum Gueten / hette an - richten wollen. Hergegen haben Andere vil wich - tigere Urſachen / daß der Menſch anfangs ge - recht / und heylig / ſeye erſchaffen worden. Und 1. dieweil der Menſch zum Ebenbilde GOttes er - ſchaffen; Gott aber heylig / und gerecht iſt. 2. Die - weil der Menſch aufrecht / und volkommen ge - macht worden; und 3. S. Paulus / zun Epheſern am 4. v. 24. ausdruklich bezeuget / daß der Menſch nach GOtt geſchaffen ſey / in rechtſchaffener Ge - rechtigkeit / und Heyligkeit. Wie diſes M. Hen - ricus Velstenius diſputat. Eih. 3. quæſt. 1. weitlaͤuf - figer ausfuͤhret / und auff die angefuͤhrte des Ge - gentheils vermeinte Urſachen antwortet; und entlich beſchließet / daß der erſte Menſch in Ge - rechtigkeit / und Heyligkeit / erſchaffen worden ſeye. Und beweiſet Er auch / in der vorhergehenden 2. diſputation, und in derſelben erſten Frag / daß der Menſch inſonderheit erſchaffen worden / daß Jh - me wol ſeye; und deßwegen der Menſch / wann Er weiſt / warum ihn Gott erſchaffen / dahin / daß Er recht lebe / bedacht ſeyn ſolle. Und ziehet Er / zum Beſchluß / des Senecæ Wort an / daß Er vordem396Die 77. Frag / des 3. Hundert. dem Alter ſorg getragen / auff daß er wol lebte; und im Alter / daß Er wol ſtuͤrbe.

Die 77. Frag. 1. Was lehret man vom Gewiſ - ſens-Frieden? 2. Und gefallen auch GOtt der Heyden Tugenden?

WAs das Erſte betrifft / ſo lehret die Theologia anders / von dem Ge - wißens Frieden; und anders die Philo - ſophia Practica. Der Gewißens-Friede / davon die Gottes-Gelehrten / oder die Theologi, handlen / bedeutet den Friden mit GOtt / wann Gott auch Uns / aus einem hoͤchſten Richter / und Feinde / gnaͤdig / und guͤetig / wird / und wir hingegen eines ruͤhigen / und gueten Gemuͤets gegen ihm ſeyn / denſelben nicht knechtlich foͤrchten / und haßen / auch kein anklagendes Gewißen / und zitternd Hertz / noch die vorige gewalt / und tyranney des Sathans / und des alten Adams / in uns verſpuͤ - ren; welcher Fride Uns nach der Rechtfertigung widerfehret. Die Sittenlehrer / oder Philoſophi practici, aber / lehren von dem Gewißen recht veruͤbter Thaten / da ein Menſch / in uͤbung der Tugenden / wol mit ſich zu friden iſt; und ſolche Wolluſt / oder Ergoͤtzlichkeit / begreift in ſich. 1. Das Gewißen recht / und ehrlich veruͤbter Tha - ten / da Einer weiſt / und gewiß iſt / daß Er ehrlich /und397Die 77. Frag / des 3. Hundert. und recht / gelebt / und gethan habe. 2. Frid / und Ruhe im Willen / und Begirden / wann namlich Jemands vor keinen Straffen in diſem Leben ſich foͤrchtet / ſondern Vergeltung vilmehr / wegen ehrlicher Thaten / hoffet / und erwartet. 3. Die Lie - be der Tugend / und Gluͤckſeeligkeit. Und entlich 4. die Freude und Beluſtigung / da Einer ihm ſel - ber / wegen rechter Thaten / Gluͤck wuͤnſchet / und derentwegen eine ſuͤße Vergnuͤgung hat. Und wer ein ſolches guetes Gewißen hat / darff umb der Leute Urtheil ſich nicht bekuͤmmern / cap. temera - rium, und etlich folgende / Caus. 11. quæſt. 3. Mihi ſententia de me non niſi apud me fertur. Nec quic ſim alium rogo. Interno isto judice ſi probus au - diam, quid addent, aut dement mihihi ſermones? Nec famam tamen ſperno, aut negligo; ſed hoc te moneo, non eſſe eam nostræ potestatis; ſaget Lipſius epiſt. 77. cent. 1. Sihe d. Velst. diſp. 2. qu. 7.

Anlangende das 2. ſo kanſtu davon Chemni - tium in exam. Concil. Trident. par. 1. fol. 125. & ſeqq. und Sagittar. in templo virtut. exercit. 3. qu. 1. leſen: Welcher auch exercit. Eihic. exot. 8. p. 195. dieſe Frag hat / ob die Heyden GOtt ge - ehret haben? und darauff antwortet / daß ſie es zwar / aber gar unrecht / und ſehr ſchwach gethan / als die des Goͤttlichen Liechts beraubet waren. Da - her dann theils dieſe / theils andere Goͤtter erdacht / und verehret haben.

Die398

Die 78. Frag. Stehet es in des Menſchen Wil - len / tugendlich zu leben? 2. Seyn nicht etliche Verhandlungen nichts anders / als Sünde? Und 3. kan nicht des Menſchen Will gezwun - gen werden?

JCh verſtehe / daß erſtlich deine Frag ſey von des Menſchen Freyheit in den Handlungen / ſo zu di - ſem Leben gehoͤrig / als vil die Weltweiſen davon haben verſtehen moͤgen; wiewol auch hierinn / was wir vermoͤgen / ainig / und allein / der Gnade / und Guͤete Gottes zuzuſchreiben iſt. S. Paulus / in der 1. an die Corinther Cap. 4. v. 7. fragt: Was haſtu / das du nicht empfangen haſt? So du es aber empfangen haſt / Was ruͤhmeſt du dich denn / als der es nicht empfangen hette? und S. Jacobus / in ſeiner Epiſtel / Cap. 1. v. 17. ſagt / alle gute Gabe / und alle vollkommene Gabe / kom - met von oben herab / von dem Vatter des Liechts. Dann / in Geiſtlichen Sachen / ſeyn wir blind / und nicht tuͤchtig von Uns ſelber etwas zu dencken / als von Uns ſelber / ſondern was wir tuͤchtig ſeyn / iſt von GOtt. Es wird aber auf ſolche deine Frag geantwortet / daß Tugend / und Laſter / zu begehen / bey Uns ſtehet; ſintemal der gueten / und boͤſen Handlungen Urſachen / als der Wil / die Berath -ſchla -399Die 78. Frag / des 3. Hundert. ſchlagung / und die Erwoͤhlung / iſt in unſer Ge - walt. Und warzue thetten die Geſaͤtzgeber / wegen ehrlicher / und redlicher Thaten / Belohnungen / und Anmahnungen; wegen boͤſer / und unehrli - cher aber / Abmahnungen / und Straffen vorſtel - len? Wann nicht dieſelben in unſerm Willen / und Gewalt / ſtuͤnden. Dann durch keine Straff / oder Belohnung / Beredung / oder Widerrathen / wirſtu es dahin bringen / daß wann dich hungert / und duͤrſtet / der Durſt / und Hunger davon ver - gehe. Vid. Velſten. diſp. Eth. 4. qu. 8. & Sagittar. exerc. Eth. 4. th. 8. p. 105.

Auff den andern Puncten deiner Frag ant - wortet gemelter Velſtenius d. diſp. Eth. 4. qu. 4. und cent. 1. quæſt. illuſtr. dec. 10. qu. 6. mit Nein / und ſezet deßen unterſchidliche Urſachen / ſo daſelbſt zu leſen. Johannes Crügerus, in Horto Virtut. quæſt. 46. fraget auch / ob der Menſch / in den Natuͤrli - chen Wolluͤſten / ſuͤndigen koͤnne? und antwortet mit Ja / wegen der taͤglichen exempel / da die Men - ſchen nicht der Begierde / ſo ihnen von Natur ein - gepflanzt / als der Begirde der Speiß / und Trancks / zu erhaltung ihres Leibs / und ſo fort an / nachhengen / ſondern ein Überfluß da ſeyn mueß / biß man voll / und toll / wird: auch ſich Einer an ſeinem Eheweib nicht benuͤgen laſt / ſondern mit vilen andern zu thun hat / und gar dem Keyſer Heliogabalo nachartet / von deme Ælius Lampri -dius,400Die 78. Frag / des 3. Hundert. dius, und Jo. Bapt. Egnatius, in ſeinem Leben / zu leſen. M. Thomas Sagittarius exercit. Eth. exot. 4. th. 2. p. 85. eroͤrtert auch dieſe Frag / ob Gottes Wil / des Menſchen Willen eine Nothwendigkeit aufferlege alſo / daß Er nicht anders / als wie es GOtt wil / thun koͤnne? und ſagt Nein darzue. Gott zwingt des Menſchen Willen nicht / ſondern Er legt ihme die gantz freye Mittel vor / dieſelbe zu erwoͤhlen / und zu ergreiffen. Und hat Er auch th. 8. p. 104. die Frag / Ob einem Wollenden un - recht geſchehen koͤnne? da Er dann einen Unter - ſcheid zwiſchen einem gantz freyen / und einem gleichſam angehaltenen / oder verbundenen Wil - len / machet. Bey jenem / wann Einer mit willen leidet / geſchicht ihm nicht unrecht: geſchicht ihm aber unrecht / ſo leydet er nicht mit willen. Wann aber Eines Wil nicht gantz frey iſt / ſo mag ihme unrecht geſchehen. Dann bißweilen Einer in et - was / ein groͤßers Übel zu verhuͤeten / einwilliget / ſo er wol unterlaßen wurde / wann er ſeines freyen Willens geleben koͤnte: Wie Er hievon daſelbſt ein mehrers hat; und daraus auch der dritte Punct deiner Frag verantwortet werden kan. Und hat ſonderlich oftgedachter Velſtenius, decad. 6. illuſtrium quæſt. philoſoph. qu. 10. diſe Frag ab - gehandelt / ob ein Menſch wider ſeinen Willen / gezwungener Weiſe / etwas wolle / das iſt / Ob ein gezwungener Will / auch ein Will ſeye? welcheFrag401Die 78. Frag / des 3. Hundert. Frag dann einer fuͤr ein hoͤlzin Schier-Eiſen hal - ten moͤchte. Dann wo die Freyheit dem Willen entzogen wird / ſo iſt kein rechter Will mehr da; ſondern iſt eben ſovil / wann man den Willen zwin - get / als wann man dem Feuer die Waͤrme entzie - hen wolte: Und was dergleichen Urſachen mehr von ihme beygebracht werden. Darauff aber eben die Antwort faͤlt / als wie ſie oben alberait ange - deutet worden / daß man namblich den Willen auf zweyerley Weiſe betrachten koͤnne. Wann man ihn fuͤr ſich / und aigentlich alſo zu reden / beden - cket / kan er nie gezwungen werden: aber wann man denſelben mit einer eußerlichen Wuͤrckung betrachtet / ſo kan Er / etlicher maßen / bezwungen genent werden. Zum exempel / wann ein Ungeſtuͤm auff dem Meer entſtehet / und Einer / wil er anders ſein Leben erhalten / die Guͤtter aus dem Schiffe wirfft / ſo iſt es zum theil ein gezwungener / zum theil ein freyer Will; ein gezwungener / in anſe - hung der Ungeſtuͤm̃ / als einer aͤußerlichen Wuͤr - ckung; und ein freyer Wil / in dem der Kaufman lieber die Waaren / als ſein Leben / ſo mehr iſt / dann dieſelben / verlieren wil; wiewol er es auch nicht gern thuet; gleichwol weil er die Wahl hat / aus zweyen eines zu erwoͤhlen / ſo kan / daß es gantz wider ſeinen Willen geſchehen / benebens aber / daß ſein Wil gantz frey geweſen / auch nicht geſagt werden. Barthol. Keckermannus, in Syſtem. Ethici præcognit. p. m. 55. machet einen Unterſcheid zwi -C cſchen402Die 79. Frag / des 3. Hundert. ſchen dem Willen / als dem Willen / ſo nie etwas gezwungen thuet; und zwiſchen den eußerlichen des Menſchen Handlungen / ſo von dem Willen herkommen / welche gezwungen werden koͤnnen.

Die 79. Frag. Haben Plato, und Plutarchus, recht geſagt / das der Menſch das allerelendiſte Thier ſeye?

HJerzue hat Jhnen Urſach geben / weil der Menſch mehrern Zu - naigungen / als ein unvernuͤnftiges Thier / underworffen. Bey den Thieren finden ſich zwar auch affecten / oder Zunaigungen / und Be - gierden / von Natur / wie auch die Sinne / ſo man aus ihren Wercken / und eußerlicher Bewegung erkennen kan. Dann / wann ein Hund von ferne einen Haſen erſihet / und denſelben zu erlauffen zweifelt / ſo bewegt er ſich nicht: Wan er ihme aber nahend iſt; ſo verfolgt er ihn mit großer Begier - de. Obwoln ein Thier / das koͤnftige nicht erkent / gleichwol wird es / aus natuͤrlichem Trieb / zu et - was auff das koͤnftige bewegt / als wann es das koͤnftige Vorſehen thette. Aber / auff deine Frag zu antworten / ſo iſt zwar wahr / daß kein Thier ſovil Gemuͤets-Bewegungen / und Einfaͤlle / als der Menſch / hat; aber / man mueß einen Unter - ſcheid / zwiſchen einem gueten / und boͤſen affect /oder403Die 79. Frag / des 3. Hundert. oder Zunaigung; Und darnach auch zwiſchen ei - nem / ſo fuͤr ſich iſt / und dem / ſo zufaͤllig iſt / ma - chen. Der Menſch iſt zwar an ſich ſelbſt / und ſei - ner Natur nach / mehrern affecten / oder Zunai - gungen / als ein Thier / underworffen; aber die - ſelbe ſeyn guet / welche von der Vernunfft / und dem Willen / zu dem gueten / und der Volkommen - heit des Menſchen / gerichtet werden / und nicht zu deßelben Undergang / und Elend. Dann ſie ſeyn Anraizungen zur Tugend / Liebkoſungen / und ſtaͤ - tige Geferten. Zufaͤlliger Weiſe aber geſchicht es / daß ſolche Affecten boͤß ſeyn / und zu dem Boͤ - ſen fuͤhren / die aber / durch Unterweiſungen / und Lehren / verbeßert / und geaͤndert werden moͤgen; Da hergegen / bey den Thieren / nichts iſt / dadurch der Zorn / und anderer Bewegungen Übermaß / regiert / gebeßert / und im Zaum gehalten werden koͤnte.

Sehen dahero / daß der Menſch mehrere Ein - faͤll hat; dieweil Er erſtlich mehr erkennet / und weiſt / und durch die erkantnus etwas begehret / und / durch das begehren / beſtuͤrzt wird. 2. Die - weil er nicht zu einerley Lebens Art / wie die Thier / ſondern zu vilerley / geboren iſt. Und 3. dieweil er ſich der Vernunft gebraucht; und derſelben Nutz - barkeiten theilhaftig iſt. Die Wolluſt / und der Schmertz / oder Freud / und Leyd / ſeyn der An - fang / der Zundel / und die Beglaiter der Einfaͤll / und Verwirrungen des Gemuͤets: Welche dannC c ijbey404Die 80. Frag / des 3. Hundert. bey einem Menſchen ſich inſonderheit befinden. Sihe Velſtenium, diſput. Eth. 5. quæſt. 1.

Die 80. Frag. Begegnet aber auch / und wider - faͤhret einem Menſchen / in diſem Leben / eine Gluͤckſee - ligkeit?

ES iſt ein elend Ding umb aller Menſchen Leben / ſo bald ein Menſch geboren wird / ſo iſt Leben / und Tod / bey - ſammen. Lebt er gleich ein Zeitlang / ſo iſt er doch vilen Widerwaͤrtigkeiten / Unruhen / Kranck - heiten / Bekuͤmmernußen / auch Sorgen fuͤr die Seinige / und dergleichen / underworffen. Wie kan dann da eine Gluͤckſeeligkeit ſeyn? und was iſt fuͤr guetes von diſem fluͤchtigen Leben zugewar - ten? Da oft alles under / und uͤber ſich gehet / und deßwegen das Menſchliche Leben einem Schiff auff dem Meer verglichen wird; auch deßwegen Solon gewolt / daß man keinen Menſchen / vor ſeinem Tode / gluͤckſeelig halten koͤnne. Ob nun wol Aristoteles darwider iſt / und einem mit Tu - gend begabten Mann eine Gluͤckſeeligkeit zue - ſchreibet: Da hergegen die Todten nicht mehr der Tugend abwarten koͤnnen: ſo habe auch das Gluͤck ſovil Macht nicht / daß es einen Bidermann / von ſeiner ehrlichen Verrichtung abwendig / und aus einem gluͤckſeeligen / einen elenden Menſchen / ma -chen405Die 80. Frag / des 3. Hundert. chen koͤnte. Ja die Tugend leuchtet in der Wider - wertigkeit vil heller / als in dem Gluͤck / herfuͤr: Gleichwol / wann wir die H. Schrifft (wie wir es dann thun ſollen) beſehen / ſo iſt die Gluͤckſeeligkeit erſt nach dem Tode zugewarten. Dann alſo ſte - het im Buch der Weißheit Cap. 3. v. 1. und 9. Der Gerechten Seelen ſind in Gottes Hand / und keine Qual ruͤret ſie an. Seine Heiligen ſind in Gnaden / und Barmhertzigkeit; und Er hat ein auffſehen auff ſeine Außerwehlten. Sihe / was beym Propheten Eſaia Cap. 60. v. 18. und fol - genden / in der 1. Corinth. 2. v. 9. und an vilen Or - ten der H. Schrifft mehr / von der ewigen Seelig - keit / die keine Unterlaßung / und Verwirrung / wie oftmals in der Zeitlichen Freude alhie geſchihet / haben / ſondern immerdar / ohne aufhoͤren wehren wird / aufgezeichnet ſtehet.

Theils machen einen Unterſcheid zwiſchen der vorgeſezten Gluͤckſeeligkeit; und zwiſchen der / ſo der Menſch volkommenlich erlangen kan. Wann die Mittel ſchwach werden / mueß man darum den Zweck nicht hinwegg thuen. Mancher Student erlanget das nicht / wohin Er zihlet / es mues aber darum der Zweck / gelehrt zu werden / nicht abge - ſchaft werden; wird diſer nicht gelehrt / ſo kan es ein anderer werden / wann Er gleich zu der rechten Volkommenheit nicht kommet; wie dann auch in diſer Welt immer einer tugendlicher / und gluͤck - ſeeliger / als der Ander; wiewol / wie die rechteC c iijWiſ -406Die 80. Frag / des 3. Hundert. Wißenſchafft / erſt in jenem Leben; alſo auch die volkommene Gluͤckſeeligkeit alsdann erlangt wer - de / welche kein Aug geſehen / kein Ohr gehoͤrt hat / und da wir Gott gegenwaͤrtig / von Angeſicht / zu Angeſicht / ſehen / und erkennen werden. Es were ein mehrers von der Zeitlichen Gluͤckſeeligkeit; ob darzue auch guete Freund; deßgleichen woler - zogene Kinder / von noͤthen ſeyen? und was des Dings mehr iſt / beyzubringen / davon die Sitten - Lehrer diſputiren: Dieweil du aber / ohne Zwei - fel / derſelben Buͤcher / guten theils / ſelber haben wirſt; ſo wil ich allein diſer Frag gedencken; Ob / durch der Kinder Ungluͤck / oder auch Boßheit / der verſtorbnen Eltern Gluͤckſeeligkeit geſchwaͤcht / oder gemindert werde? Da dann Thomas Sagit - tarius, in exerc. eth. exot. 18. th. 7. p. m. 453. ſaget / daß die Gluͤckſeeligkeit der verſtorbnen El - tern / entweder in anſehung ihrer ſelber / oder un - ſertwegen / betrachtet werde. Wann man auff Sie ſelber ſehe / ſo werde derſelben Gluͤckſeeligkeit / durch der Kinder Ungluͤck / nicht geſchwaͤcht. Dann das were ungereumt / wann man ſagen wolte / daß die volkommeniſte Freude / ſo den From - men im Himmel beraitet iſt / wegen der Boßheit / und Gottloſigkeit der Kinder / gleichſam dunckel gemacht / und beſchmizt werden ſolte. Sintemal der geſtalt die Freude nicht ſtaͤtigs wehren / ſon - dern ſtaͤtigs abgewechſelt werden wurde; da dochſolche407Die 81. Frag / des 3. Hundert. ſolche Gluͤckſeeligkeit im Himmel / durch zeitliche Ding / nicht kan benommen / noch geſchwaͤcht wer - den. Der Patriarch Abraham hat gottloſe Nach - kommen hinder ſich verlaßen / Er aber iſt / nichts deſtoweniger / der allergluͤckſeeligſte verbliben. Wann man aber auff Uns ſiehet / ſo wird die Gluͤckſeeligkeit / ſo in diſem Leben die Eltern ge - habt / nach unſerem Urtheil / uns beduncken / durch der Kinder Boßheit / gleichſam gemindert / und abgethan zu werden / oder etlicher maßen / zu erle - ſchen. Daher die Teutſche Art zu reden entſtan - den: Er ſolle das ſeinem ehrlichen Vatter zu Hohn / und Spott / nicht begangen; ſeines Vat - ters in der Gruben verſchonet haben. Jtem: Wans ſein frommer Vatter im Grab wuͤſte / er kerete ſich umb / und kaͤme / wann es moͤglich we - re / wider herfuͤr. Wird derohalben allein / in an - ſehung Unſer / die wir noch leben / die jenige Gluͤck - ſeeligkeit / das Anſehen / und gueter Nahm / ſo die Eltern / vor Jahren / als ſie auff der Crden ge - weſen / gehabt / durch ihre boͤſe Kinder / in etwas verfinſtert / und thuen gleichſam einen Gewalt ley - den / wiewol ihnen ſelbſten / im ewigen Leben / an der Seeligkeit / hiedurch nichts abgehet. Zum Be - ſchluß iſt zu mercken / daß Theils ſich des Gluͤcks / ſo Sie erſt ſpatt bekommen / nicht groß mehr ach - ten; wie dann Jener Beotus, beym Stobæo ſerm. 10. gethan / welcher / als Er alberait uͤber 70. Jahr alt geweſen / Einen Schatz gefunden / denſel -C c iiijben408Die 81. Frag / des 3. Hundert. ben fahren laßen / als der Jhn nichts mehr an - gienge. Und erzehlet Bonifacius, in hiſt. ludicra, lib. 6. c. 24. von Einem / der neulich lang zu Rom in hoͤchſtem Mangel gelebt / als ihm entlich ein Biſtum angetragen worden / Er geſagt habe; ja wol ein Brot fuͤr einen Zahnloſen / oder Zahn - luckigen.

Die 81. Frag. Jſt es erlaubt / zu zoͤrnen? Und warum ſeyn die kleinen Leute / und die Weibs-Perſonen / dem Zorn mehr / als Andere / ergeben?

WAs es fuͤr eine Gelegen - heit mit dem Zorn habe / das erfaͤhret man taͤglich / und ſtellet einen zornigen Menſchen Herr Johann Georg Styrzel / Wol - verdienter Burgermeiſter zu Rotenburg an der Tauber / Ablegmin. Epigrammat. pugill. 4. epi - gram. 6. in Tollo irato, p. 4. vor: hat auch Thom. Sagittarius exercit. Eth. exot. 7. th. 8. p. 181. die Frag / Ob man ſchwerer der Wolluſt / als dem Zorn / widerſtehen moͤge? Der auch auff deine Frag / in diſp. 10. th. 3. p. 247. kurtz alſo antwor - tet: Daß uͤber die Suͤnde / und Laſter / zoͤrnen / eine hohe Tugend ſeye. Dann uͤber die boͤſe ſtuͤcke / und ſolche Sachen / die des Zorns wuͤrdig / ſich nicht erzoͤrnen / iſt die Boßheit ſelber; in der Freund -ſchafft409Die 81. Frag / des 3. Hundert. ſchafft aber eine Heucheley; weilen keiner / in der Freundſchafft / zugleich ein aufrichtiger Mann / ein Freund / und Heuchler / ſeyn kan. Sondern der Jenige Zorn iſt zu ſchelten / wann er zu heftig / an ungebuͤrendem Ort / und zur Unzeit / auch ſol - cher Sachen halber geſchihet / uͤber die man ſich nicht erzoͤrnen ſolle. So ſolle auch in einem recht - maͤßigen Zorn Maß gehalten werden; und iſt nichts ſchaͤdlichers / als wann man ſich darinn - bereilet. Sihe Senecam, in ſeinen Buͤchern vom Zorn: item Joſeph. Quercetanum ſect. 1. Diæte - tici polyhiſtorici, cap. 6. da auch unterſchidliche exempel / was theils Hohen Leuten der große Zorn fuͤr ſchaden gebracht; und was theils hergegen fuͤr Mittel / wider denſelben / gebraucht haben / zu leſen; und nimm zu diſen beeden auch den Plu - tarchum de Ira: Der Philoſophus Athenodorus hat / dem Keyſer Auguſto, als er von ihme abſchei - den wollen / gerathen / daß Er nie nichts im Zorn / und mit Bitterkeit des Gemuͤets / thun ſolte. Und wann er je / wegen einer wichtigen Gelegenheit / zor - nig werden moͤchte / ſolte er ehunder nichts gebiet - ten / biß er die 24. Griechiſche Buchſtaben an den Fingern abgezehlet hette: Dardurch er dem Key - ſer zuverſtehen geben / daß er ſich nicht uͤbereilen ſolte / und daß / in ſolcher Zeit / ihme / wo nicht gaͤntz - lich / iedoch etwas vom heftigen Zorn vergehen werde. S. Paulus / in der Epiſtel an die Epheſer / Cap. 4. v. 26. ſagt: Zuͤrnet / und ſuͤndiget nicht /C c vlaßet410Die 81. Frag / des 3. Hundert. laßet die Sonne nicht uͤber eurem Zorn underge - hen. Der Hetrurier Geſanten / ſo Heyden geweſen / haben die Roͤmer / beym Dionyſio Halicarnaſſes lib. 5. Antiquit. Roman. p. m. 357. ermahnet / daß ſie keinen unſterblichen Zorn / in ihrem ſterb - lichen Leibe / tragen ſolten. Wie vilmehr ſolle Uns Chriſten diſes geſaget ſeyn. Man ſolle inſonder - heit bey Gaſtungen / ſo zur Freude / und guetem Geſpraͤch / angeſtellet werden / nicht zoͤrnen / wann gleich einem etwan ein Wort / oder Rede / mißfaͤlt / oder Er auch / im Schertz / getroffen wird; wie ſol - ches Crügerus, in ſeinem Tugend-Garten / und deßelben 61. Frag / mit mehrerm erinnert; auch in der folgenden 62. ausfuͤhret / was oben geſagt worden / daß man ſich nicht uͤber iedes Ding / als wie der Koͤnig Xerxes, uͤber das Meer / Andere uͤber etwas anders / theils uͤber die unvernuͤnftige Thier / und dergleichen / gethan / ſondern nur uͤber Menſchen / weilen bey Jhnen Hofnung der Beſ - ſerung iſt / und zwar wie auch oben gemelt / maͤßig - lich / zoͤrnen ſolle. Dann / wer wolte das guet heiſ - ſen / was Gal eazius Sfortia, Fuͤrſt zu Meyland / gethan / der / im Zorn / einen Bauren / ſo einen Ha - ſen gefangen / denſelben alſo roher / mit ſambt dem Fell / zu freßen gezwungen hat / davon Er geſtor - ben iſt. Ob / und wie Einer / ſo einem andern / im Zorn / eine Schmach angethan / zu entſchuldigen ſeye / ſihe Gail. lib. 2. obſervat. 106. n. 8. & ſeqq. Jtem / ob die Zornwuͤetigkeit aͤrger / als die Lin -dig -411Die 81. Frag / des 3. Hundert. digkeit / oder Überſehenheit / den beſagten Crüge - rum quæſt. 63. Da Er dann die Lindigkeit / dem Zorn / vorziehet / und die lobet / ſo die Gelegenheit / ſich zu erzoͤrnen / verhuͤetet haben / als wie der Koͤ - nig Cotys in Thracia gethan / welcher alle gar ſub - til / und kuͤnſtlich gemachte Geſchirrlein zerbro - chen / damit er ſich / uͤber die Diener / die ſolche et - wan hernach zerbrechen moͤchten / nicht erzoͤrnen doͤrfte. C. Julius Cæſar hat des Cn. Pompeji Brieff verbrent / auff daß / wann er ſie durchleſen thette / er nicht dardurch zum Zorn angereitzet wuͤrde. Und das iſt eines.

Was den andern Frag-Puncten anbelangt / ſo gibt Einer die Urſachen / daß kleine Leut ſo bald zornig werden / dieweil ein kleines Stuͤblein eher / als eine große / und weite Stuben / warm wird. Und obwoln wichtige Urſachen / umb deren willen zu zoͤrnen / als wegen des Schutzes der Religion / des Vatterlands / unſers gueten Nahmens / der Eltern / Bruͤeder &c, erfordert werden; auch keine Menſchen zu fuͤnden / die nicht / von ihren Zu - naigungen / ſolten eingenommen werden / ſo ge - ſchicht iedoch ſolches vil ehunder bey kleinen; wie auch bey Jungen Leuten / als die einer hitzigen / und drucknen Leibs-Conſtitution ſeyn / und ſonderlich wird / bey den kleinen / die Gall bald / und oft / we - gen einer liederlichen / nichtswerten Urſach / erhi - tzet / als welche / wegen enge des Orts / und kleineweite412Die 81. Frag / des 3. Hundert. weite der Glieder / das Gemuͤet ſtracks einnimbt / und wie die nidere Haͤußlein / und Bauren-Huͤt - lein anzuͤndet. Und eben / wegen der Waͤrme / und Druͤckne / werden die Zornige auch deſto eher gla - zend. Hergegen die Alten kalter Natur ſeyn; iſt auch mehr Verſtand bey den Alten / welche Jh - nen beßer / als die Jungen / wißen abzubrechen / und ihre Begirden im Zaum zu halten: Wie - wol man auch Juͤnglinge findet / die ein reines Ge - bluͤet / guetes temperament / auch einen gantz ge - ſunden Leib haben / die weniger / als Andere / zum Zorn bewegt werden; bey denſelben deßgleichen keine Forcht / oder Begierde / ſich zu raͤchen / leicht - lich gefunden wird. Diß iſt noch bey den Kleinen zu mercken / daß ſie auch deſto zorniger ſeyn / wann ſie ſehen / daß ſie verachtet werden.

Was entlich die Weibs-Perſonen betrifft / de - ren unmaͤßigen Zorn Syrach / im 25. Capitel / v. 21. ſeqq. und / vor ihme / der Koͤnig Salomo / in Spruͤchwoͤrtern / C. 21. v. 19. beſchriben / ſo gibt man deßen die Schuld der Leibsgelegenheit / denen Fluͤßen / und Geiſtern / die bey den Weibsperſo - nen weich / weitlaͤuffig / und ausbraitend ſeyn / al - ſo / wann die Gall ſich bey Jhnen entzuͤndet / ſtrack / und / ohne ainigen Verzug / durch den gantzen Leib / und alle deßelben Glieder / ſich ausbraitet / und das Gebluͤet umb das Hertz ſiedend / gleichwol al - ſo / daß es bald wider laulecht wird. Dann gleich wie die Anglen / und das Stroh / gar geſchwinddas413Die 82. Frag / des 3. Hundert. das Feuer faßen; gehling aber verbrennen / und leichtlich gedempfet werden: Alſo wird auch ein Weibs-Perſon gar geſchwind erzoͤrnet / fangt wunderliche Haͤndel an; aber ſolche Hitz / und Wuͤrſigkeit in einem nicht gar ſtarken / und beherz - ten / auch feuchten Leibe / verleuert ſich bald wider / und wird verſoͤnet; wiewol auch theils den Zorn lang halten koͤnnen. Die andere Urſach wird des Gemuͤts Unvermoͤglicheit / und des Verſtands Schwacheit / zugemeßen; Wie man dann ſiehet / wann ſich ein Weib heftig erzoͤrnet / daß ſie gleich - ſam ohnmaͤchtig wird / und nicht bey ihr ſelbſt iſt / das iſt / ihre Gemuͤets-Bewegungen / durch den Verſtand / nicht mehr regieren kan / den Zaum der Vernunfft gantz von ihr wuͤrfft / und ſich unbe - dachtſam in allerley Ungluͤck ſtuͤrzet. Siehe Vel - ſtenium diſp. Eth. 11. qu. 3. & diſput. 6. qu. 10.

Die 82. Frag. Jſt die Tapferkeit / ſo Einer im Krieg erweiſet / hoͤher zu achten / als die / ſo / außer des Kriegs / geſchihet? Und wie kommen mit einander über ein / und ſeyn auch wider einander / ein Forcht - ſamer / Tolkuͤner / und Tapferer?

ES finden ſich Etliche / ſo die Tapferkeit in die Kriegiſche / und Bur - gerliche abtheilen / und jene vil hoͤher /als414Die 82. Frag / des 3. Hundert. als dieſe halten; Andere aber ſeyn darwider / und wollen / daß einerley Tapferkeit ſeye in / und außer des Kriegs / und alſo keine der andern uͤberlegen. So wil Cicero, daß die Burgerliche Tapferkeit nicht minder / als die Kriegiſche / ſeye / und ſagt lib. 1. Offic. p. m. 36. parva ſunt foris arma, niſi eſt Conſilium domi. Das iſt: es ſeye draußen mit den Waffen ſchlecht beſtelt / wann nicht gueter Rath zu Hauſe ſeye. Vor Zeiten zwar / hat mans fuͤr gar hoch gehalten / wann Einer im Krieg geſtor - ben / dieweil damaln allein ſolcher mit einem Lob / oder Leich-Rede / iſt gezieret worden / biß man auch Anderer / ſo nicht im Krieg umbkommen / Lobſpruͤ - che / oder Lob-Reden / zu halten angefangen / und noch dergleichen Sermonen / und Leich-Predigten angeſtelt / und gehalten werden. Wann die groͤſte Tapferkeit / mit dem groͤſten Übel umzugehen ha - ben ſolte / ſo were die Burgerliche / oder Haußtapf - ferkeit / der Jenigen / ſo von außen / wider den Feind geſchihet / vorzuziehen. Dann mancher Kranck - heit kan man mit keiner Menſchlichen Macht / oder ainigen Mitteln / widerſtehen / iſt auch oft kei - ne Hofnung da / dieſelbe abzutreiben: Da herge - gen man einem Feinde widerſtehen kan; oder ie - doch eine Hofnung / demſelben Widerſtand zu thun / da iſt: und dahero ein Krancker im Bett wider einen groͤßern Feind / als ein Geſunder im Feld zu kaͤmpfen hat. Und ſtirbt ein Kriegsmann /mit415Die 82. Frag / des 3. Hundert. mit bluetigen Haͤnden / einem faſt Unſinnigen manchmals gleich; hergegen mancher Krancker / mit hoͤchſter Geduld / und bey gueter Vernunft / die allergroͤſte Schmertzen / und entlich den Todt ſelbſten / uͤberwindet / und ausſtehet. Daher Jh - nen Theils wuͤnſchen / daß Sie / vor der Fauſt / und nicht auff dem Lager / oder im Siechbett / ſter - ben moͤgen; in maßen ich ſelber einen vornehmen Rittersman gekennt habe; der ihme alſo / in mei - ner Gegenwart / gewuͤnſcht; auch ſeines Wun - ſches / nach zweyen Jahren / in einer Schlacht / iſt gewehret worden; obwoln Er / wann er ſich / auf beſchehenes zueruffen / ergeben wollen / beym Leben hette verbleiben koͤnnen.

Was den Andern Puncten anbelangt / ſo kom - men ein Verzagter / Kuͤener / und Tapferer / in der Forcht / und Zuverſicht / oder Vertrauen / als einem Ding / damit ſie umbgehen / uͤberein: ſeyn aber in deme unterſcheiden / daß ein Tapferer mit - telmaͤßig in dem Vorgeſezten ſich verhelt / ein Forchtſamer bald darinn verzagt wird; ein Kuͤe - ner aber alles uͤberwindet. Jnſonderheit aber ſeyn ein Tapferer / und Tollkuͤener / widereinander. 1. in deme ein Tapferer Mann / mit guetem Bedacht / ſich in eine Gefahr begibt; der Kuͤene aber ver - meßen / und mit einer Verwegenheit / darein faͤlt. 2. ein Tapferer iſt in Ausſtehung der Gefahr / und der Arbeit / beſtaͤndig; ein Tollkuͤener abernicht.416Die 83. Frag / des 3. Hundert. nicht. 3. die Tapfern halten ſich vor der Gefahr ruͤhig / ſtill / und ohne ſchmaͤhung des Feindes: Die Tollkuͤnen hergegen ſeyn / vor der Gefahr / gaͤch / ſchreyend / betrohend / ruhmredig; aber / wann es zun Streichen komt / gehen ſie zuruck / ver - laßen die Freunde / und begeben ſich auff die Flucht. Seyn alſo mit dem Maul nur gewaltige Helden / und muͤßen entlich die Fuͤeße bey Jhnen das beſte thun.

Die 83. Frag. Welcher iſt aͤrger / ein Geitziger / oder Verthuenlicher? Jſt ein Jeder Ge - ber freygeb? Und ſolle man auch den boͤſen Leuten etwas geben?

WAs das Erſte betrifft / mueß man die verthunliche / und verſchwen - deriſche Leuth unterſcheiden. Dann Theils thun aus Einfalt das ihrige liederlich an - wenden: Theils aber haben auch andere Laſter an ſich / ſeyn ungerechte Leuth / und wann ſie das ihrige anworden / ſo greiffen ſie auch nach ander Leuth Guͤetter / damit ſie etwas zuverthun haben moͤgen. Dergleichen ſeyn / ſo Schulden machen / damit ſie deſto ſtatlicher leben / und Andern reich - lich geben koͤnnen; oder die groß angeſehen ſeyn wollen / aber es in der Taſchen nicht haben / unddaher417Die 83. Frag / des 3. Hundert. daher Andern nehmen / auf daß ſie wider Andern vil ſchencken moͤgen. Vil aus den Verſchwende - riſchen ſeyn auch mit dem Laſter der Unmaͤßigkeit behaft / die auf ſchaͤndliche / unzuͤchtige / und nur auf ſolche Sachen ihr Gelt anwerden / damit ſie ihr Geilheit buͤßen moͤgen. Und ſolche verſuͤndi - gen ſich im geben / und nehmen. Jm geben / weil der Freygebigkeit zueſtehet / Ehren halber zu ge - ben / und darinn das Mittel / und den Zweck / wiſ - ſen zu treffen. Was ſolte aber einem ſolchen Ver - ſchwender mit der Erbarkeit zu thun ſeyn? deme vil lieber das Hueren / freßen / und ſauffen iſt; der auch kein Mittel / und Weiſe / zu halten weiſt / ſon - dern ſeine Bett: und Tiſchgeſellen / denen beßer / daß ſie arm weren / reich machet. Jm Nemmen aber verſuͤndiget ſich ein ſolcher; in dem / wann Er / durch zu vil geben / und verthun / zu manglen anfahet / ihn die Begierde / Andern / durch Be - trug / und mit Gewalt / das ihre zu rauben / und hinwegzunehmen / treibet; damit Er ſeinen Schmarotzern / und Hueren / zu geben habe. Von den Erſten nun / die das Jhre aus Einfalt / oder Unverſtand / verthun / ſaget man / daß ſie beßer / als die Geitzigen; ſo lang ſie nicht in Ungerech - tigkeit / und dergleichen Laſter / als wie ietzt von dem andern Hauffen geſagt worden / fallen. Dann ſel - bige Lezte vil aͤrger / als die Geitzhaͤlſe / ſeyn. Das man aber die Erſten / oder Einfaltig verthuenli - che / fuͤr beßer / als die Geitzige / helt / geſchihet da -D drum /418Die 83. Frag / des 3. Hundert. rum / weil Sie Jhnen / mit geben / eine Zeitlang vil Freunde machen; auch eher / als ein Geitziger / auff den rechten Weg gebracht / und Jhnen / ſonderlich wann ſie etwas aͤlter worden / der entliche Man - gel / und Armuet / leichtlich vor gebildet / und Sie / zur rechten Freygebigkeit / moͤgen angewiſen wer - den. Da hergegen ein Geitzhals weder Jhme / noch Andern nutz iſt / außer wann er ſtirbet / und ſeine Guͤtter den Erben hinderlaͤßet. Er weiſt im Annemmen keine maß zu halten; ſein Übel iſt un - heilſam; und ie aͤlter er wird / iemehr auch ſolches Laſter zunimmet. Die Jtalianer ſagen: l Ava - rizia è ſcuola d ogni vizio: Der Geitz iſt ein Schuel alles Laſters. Die Lateiner ſprechen: Om - nis improbitatis mater est avaritia. Sihe Thom. Sagittar. exercit. Eth. exot. 9. th. 8. p. 237. exercit. 13. th. 4. (da Er p. 330. des Sigismundi Suevi Geitz-Wagen anziehet) / und exercit. 18. th. 7. item Joan. Crügerum, in Horto Virtutum, quæſt. 54. und M. Henric. Velſten. diſput. eth. 9. quæſt. 6.

Anlangend das Andere / Ob ein ieder Geber / fuͤr Freygebig zu halten? So antwortet darauff beſagter Crügerus, quæſt. 52. mit Nein. Dann Theils ſchencken etwas / damit ſie eine Gunſt er - langen / und das Recht brechen moͤgen. Theils die gern eine Ehr / und Obrigkeits ſtell hetten / bemuͤe - hen ſich / durch Gaben / ſolche zu erlangen / als wie man vom Roͤmer Tyberio Graecho liſet / daß Er /in419Die 83. Frag / des 3. Hundert. in einer großen Theurung / dem Volck umbſonſt Getreid ausgetheilet / damit er hiedurch die Wahlſtimmen der gantzen Statt uͤberkommen moͤchte. Theils geben Gelt aus / damit ſie einen groͤßern Nutzen damit ſchaffen. Entlich ſeyn Et - liche / die zwar etwas / aber mit unwillen / und ver - druß / hergeben. Dieſe alle wil gedachter Crügerus fuͤr keine Freygebige halten: Dieweil Sie ſich er - innern ſolten / daß Recht / und Gerechtigkeit / nicht verkaͤufflich; und daß eine rechtſchaffene Ehr / und Wuͤrde / nicht durch Gelt / ſondern durch Tu - gend / erlangt werde; es / nach großem Gewinn zu trachten / ſehr ſchandlich ſeye / und eine Freygebig - keit / eine Hurtigkeit im Geben erfordere. Dann wer geſchwind gibt / der gibt zweymal. Und die Jtalianer geben des Auſonii Spruch: Si benè quid facias, facias citò: nam citò factum gratum erit, ingratum gratia tarda facit: beym Ange - lo Monoſinio lib. 5. Floris Ital. Ling. p. m. 224. alſo: Non donare, chi tarda a dare: Der weiß nicht zu geben / welcher im geben langſam iſt. Und Seneca lib. 2. de Benefic. c. 1. bald nach dem an - fang / ſagt / eine Guthat ſeye nicht angenehm / die lang zwiſchen des Gebers Haͤnden geſteckt ſeye.

Was den Dritten Puncten deiner Frag be - trifft / ſo ſolle man gleichwol auch einen Unterſcheid im Geben halten / und zwar den Boͤſen / als Boͤ - ſen / nichts darreichen / damit ſie unſerer Guthaten zur Suͤnde nicht mißbrauchen / und in ihrer Boß -D d ijheit /420Die 84. Frag / des 3. Hundert. heit / und Suͤnden / nur noch mehrers geſtaͤrkt wer - den. Denen / ſo tugendlich leben / Uns mit Dien - ſten / und in andere weg zugethan ſeyn / ſolle man ſonderlich / vor Andern / etwas geben. Wiewol / wann es ohne ſonderbaren unſern Schaden ge - ſchehen kan / man auch den Boͤſen / den Fremden / und Unbekanten / ja den Feinden ſelbſten / guetes thun ſolle; dann da thuet man nicht den Boͤſen / und Laſterhaften Menſchen etwas zu guet / ſon - dern ſpringet der Menſchlichen Natur bey / und huͤlfft der Armuet / und Gebrechen. GOtt der HErr ſiehet nicht auff unſere boͤſe / und verderbte Sitten / ſondern laͤſt die Sonn aufgehen uͤber Ge - rechte / und Ungerechte. Obgedachter Weiſe Se - neca, ſonſten ein Heyd / ſagt: Wann du den Goͤt - tern nachfolgeſt / ſo gibe auch den Undanckbarn. Dann auch den Gottloſen gehet die Sonne auff / und ſtehet das Meer den Raͤubern offen. Siehe Crügerum d. quæſt. 52. und Velſtenium d. diſp. 10. qu. 10.

Die 84. Frag. Was iſt ein Bidermann?

EJn ehrlicher / aufrichtiger / und beſtaͤndiger Mann / der von den La - teinern Vir bonus, rotundus, quadratus genant wird; davon Goclenius in Eth. Maurit. und Sagittarius exercit. Eth. exoter. 5. th. 8. p. 130. zu leſen. Ein ſolcher redet / wie es ihme umbs Hertziſt /421Die 84. Frag / des 3. Hundert. iſt / und daher man von einem ſolchen zu ſagen pflegt / er iſt ein redlicheꝛ alter Teutſcher / der nichts vom verbottenen ſimuli ren / und diſſimuli ren / oder anders reden / und anders im Hertzen geſinnet ſeyn / weiſt; ſondern offens Hertzens iſt / was Er verſpricht / auch helt / und ſich / durch keine Betro - hungen / und Pein / von der Warheit abſchreken laſt; und der die Schandloſigkeit fuͤr ein groͤßers Übel / als den Tod ſelbſten: hergegen einen gueten Nahmen hoͤher / als alle Schaͤtz / und Reichtum helt / und ſein Gewißen ſtaͤts in acht nimmt; nicht achtet / was andere etwan von ſeinem Thun / und Laßen reden; ſondern ſtaͤts deßen ingedenck iſt / was man zu ſagen pflegt:

Man huͤte ſich vor der That /
Der Lügen wird wol rath.

Dann einen gueten Nahmen behalten / und denſelben auch nach dem Tod verlaßen / ligt zum theil in unſerem / zum theil auch nicht in unſerem Gewalt. Jn unſerem Gewalt iſt Er / wann wir recht handlen / und thun. Dann das recht thun iſt der Grund / und die Urſach eines guten Geruͤchts / oder Nahmens. Jn unſerem Gewalt aber iſt ſol - cher nicht / ſovil das Guetheißen / was wir thun / anbelangt. Dann wie ein Mahler nicht verhuͤe - ten kan / daß nicht von ſeinem Kunſtſtuͤcke unter - ſchidliche Urtheil ergehen / und ein uͤbelſehender etwas an den Farben tadelt: Alſo ſtehet es auch nicht bey Uns / was ein Jeder von Uns redet / daſ -D d iijſelbe422Die 85. Frag / des 3. Hundert. ſelbe ihme zu verwehren. Sihe ein mehrers von diſem Wort Bidermann beym Herren D. Diet - herren / in ſpicilegio, ſive ulter. additionibus, ad Thes. pr. Beſoldi, p. 588. da Er den beſagten The - ſaurum tit. 57. lit. B. aus Schickfuſio, und den Schneidevvin. ad Inſtit. tit. de Injuriis, § ſed & num. 5. anziehet.

Die 85. Frag. Darff man ſich der Schertz - Re - den gebrauchen? Und was thuet meh - rers / die Liebe zu erlangen / die Zung / oder die Au - gen?

WAs das Erſte anbelangt / wird mit ja geantwortet / wann ſolche Schertz das Mittel halten / nicht zu lang wehren / Niemands an ſeinen Ehren / und guetem Nahmen angreiffen / und beleydigen. Und ſonderlich / wann anſehenliche / und betagte Per - ſonen zugegen / gebuͤrt es jungen Leuten nicht / daß ſie ohnbefragt reden / ſondern ſtehet Jhnen vil - mehr / das aufmercken zue. Zwar auch vornehme Leuthe ſich an den Schertz-Reden / wann ſie zu rechter Zeit vorgebracht werden / beluſtigen / und dardurch ihr von vilen Geſchaͤften / und Sorgen / abgemattes Gemuͤet erfriſchen / erquicken / und froͤlich machen: allein muͤeßen ſie mit Maß ge - ſchehen / auff daß kein Verdruß daraus entſtehe;ſon -423Die 85. Frag / des 3. Hundert. ſonderlich / wann man zwiſchen wichtigen Sachen / liederliche / und garſtige Zotten / und Poßen / mit einmengen wolte. Die Fabeln / ob ſie wol erdicht / und falſch ſeyn / gehen ſie doch / in dergleichen Ge - ſprechen wol an / und beluſtigen inſonderheit / wann man ſich derſelben recht zugebrauchen weiſt; wie anderswo / davon geſagt worden. Theils miß - brauchen ſich der H. Schrift / zu ihren Schertzre - den; darwider dann Erasmus, in Commentar. in epist. ad Ephes. c. 5. und Keckerman. lib. 2. Syſtem. Eth. c. 7. (da Er vil von Schertzreden hat) p. m. 278. ſchreiben. So muͤeßen auch dieſelbe nicht ge - mein / und gar zubekant ſeyn / die man ſonſten Salabaderiſche / und Zigelerianiſche / nennet. Sie ſollen auch fein kurtz ſeyn / weilen man die edle Zeit nicht mit dergleichen / ſondern wichtigeren Sachen / zubringen / und darfuͤr ſchoͤne Hiſtorien / und der - gleichen erzehlen / und vorbringen ſolle. Cicero lib. 1. Offic. p. m. 46. redet recht vom Gebrauch der Schertz-Reden / wan Er ſagt: Ne[ꝗ́]enim ita ge - nerati â natura ſumus, ut ad ludum, & jocum facti eſſe videamur, ſed ad ſeveritatem potius, & ad quædam ſtudia graviora, & majora: Lu - do autem, & joco uti illis quidem licet, ſed ſicut ſomno, & quiete, tùm, quando gravioribus, & ſeverioribus rebus ſatisfecerimus. Dergleichen ſolle man der Abweſenden entweder gar nicht / oder iedoch beſcheidenlich gedencken / damit wir / in deme man die Gegenwertige beluſtiget / die Ab -D d iiijweſende424Die 85. Frag / des 3. Hundert. weſende nicht beleydigen / und wann es Jhnen zu Ohren komt / dieſelbe Uns nicht zu Feinden ma - chen. Man mueß auch die Perſonen / ſo gegenwaͤr - tig ſeyn / unterſcheiden. Dann theils koͤñen Schertz wol einnehmen / und wider außgeben: Andere aber werden bald auff den Eſel geſezt / als die ſich auff das Schertzen nicht verſtehen; und da - hero Haͤndel anfahen / das Meßer auff den Tiſch werffen / Glaͤſer zerbrechen / und dergleichen meh - rers thun.

Betreffende das Andere / ſo antwortet dar - auff Velſtenius, diſp. Eth. 5. qu. 5. daß die Augen mehr / als die Zunge / in erhaltung der Lieb thue / als in welchen unſers Gemuͤets Abbildung / und alle Lieb / gelegen. Sie thun auch wider unſern Willen aͤußerlich entdecken / was inwendig im Her - tzen verborgen iſt / in dem ſie entweder Freud / oder Traurigkeit / Lieb / oder Haß / oder Ungeſchick - licheit &c, zu erkennen geben. Hergegen die Zung betruͤeglich iſt / und oftmals des Hertzens Zunai - gungen verbirget / daß ein Liebhaber deme nicht gnugſam trauen kan / was Jhme von ſeiner Buel - ſchafft vorgebracht wird / er habe dann das Pfand in der Hand. Das Geſicht verurſachet den An - fang / und die Zunemmung der Lieb; dann ohne daßelbe / und ehe einem die Geſtalt einer Perſon gefaͤllig / man nicht leichtlich zum Geſpraͤch kom - met / des Willens / daß man ſich mit ihr in rechte /und425Die 86. Frag / des 3. Hundert. und erlaubte Lieb einzulaßen begehrte. Daher werden die Augen des Hertzens Fenſter genant / durch welche die Lieb eingehet: Darauff folget erſt der ander Staffel / namlich die Rede. Hiemit ſtimmet auch Balth. Bonifacius, in hist. ludicra, lib. 2. c. 34. uͤber ein / wann Er ſagt: Oculi ſunt Veneris illices, & potentiſſ. amoris incitamentum, quorum fulgur, & amabilis intuitus, quodam quaſi morſu vitalia populatur, & morſicatim me - dullas depascitur, quos cum oſculamur, ut inquit Plinius, animum ipſum videmur attingere.

Die 86. Frag. Sollen nicht die Muͤtter / ihre Kinder / ſelber traͤncken? Und was ſolle man fuͤr Saͤug-Amen erwoͤhlen?

AUff das Erſte antworten die Sitten-Lehrer / daß es billich nicht nur bey den Armen / ſondern auch bey den Reichen / geſchehen ſolle. Dann die Natur weiſt von keinem Unterſcheid. Sie hat allen Wei - bern die Bruͤſte / und zwar Zwey / gegeben. Sie mittheilet allen / nach der Geburt / die Milch / und diſes nicht umbſonſt. Dann Gott / und die Natur / thun nichts vergebens; ſondern thun es zu dieſem ende / damit Sie ihre Kinder ſelber traͤncken / oder ſaͤugen. Welches dann beedes dem Kind / und der Mutter / nutz iſt. Dem Kinde zwar / weilen daßelbeD d vhiedurch426Die 86. Frag / des 3. Hundert. hiedurch mit mehrer Sorg / und Fleiß / aufge - bracht / und verwahret wird; welches offt bey den Saͤug-Amen / deren die Kinder nicht ſeyn / nicht geſchihet; die wol bezecht ſchlaffen / dieſelbe ver - warloſen / und wann ſie ſich im Bette herumb wal - tzen / die arme Kinder / wie man exempel hat / erdru - cken / oder erſtecken; oder ſonſten dieſelbe uͤbel hal - ten. Welches dann der Lohn iſt / fuͤr die Muͤtter - liche Verſaumnus / und ſchlechte Zunaigung / oder Lieb / ſo ſie zu ihren Kindern tragen. Zugeſchwei - gen der boͤſen Sitten / ſo die Kinder von ſolchen Saͤug-Amen / die etwan bißweilen nicht fromm / verſoffen / und huͤriſch ſeyn / mit der Milch in ſich ſaͤugen / und alſo mit der Zeit Jhnen nacharten. Der Mutter aber iſt es nutz 1. zu beßerer erhal - tung der Geſundheit. Dann / was durch aufhal - tung / verfaͤulung / und groͤßern Zuefluß der Milch / vil Frauen / fuͤr große Kranckheiten / und Ungelegenheiten / ausgeſtanden / das hat ſie die Erfahrung gelehret. 2. Zu mehrer Liebe gegen die Kinder. Jedoch iſt auch hierinn ein Unterſcheid zu machen. Dann mit theils Muͤettern iſt es alſo beſchaffen / das / wann ſie es gleich gerne thun wol - ten / ſie es doch nicht koͤnnen; wie von ſolchen Ver - hindernuͤßen der Aertzte Buͤcher zu leſen; und ſie / die Muͤettern / deßwegen wol zu entſchuldigen ſeyn.

Wann es dann mit einer / oder der andern / wie angedeutet / eine ſolche Bewantnus hat / daß Siedie427Die 87. Frag / des 3. Hundert. die Kinder ſelber nicht traͤncken koͤnnen / ſondern ei - ne Saͤug-Ame halten muͤeßen; ſo ſollen ſie eine ſolche erwoͤhlen / die from ſey / eine guete / und zier - liche Auſſprach / auch feine erbare Sitten habe / der Maͤßig: und Nuͤchterkeit ſich befleißige.

Die 87. Frag. Jſt aller Kuß verbotten?

NEin / ſondern nur der un - zuͤchtige. Dann derſelbe iſt ein Zundel zur Gailheit / c. nec aliqua Cau. 27. q. 1. Der Roͤmer Publius Meuius hat ſeinen gar lie - ben Freygelaßnen hart geſtrafft / als Er erfah - ren / daß Er ſeiner nunmehr Mannbaren Toch - ter einen Kuß gegeben; und / durch ſolche ernſtli - che Straff / dem Maͤgdlein / noch in ihren Kindli - chen Jahren / die Keuſchheit einpflanzen / und / mit ſolchem traurigen exempel / ihr zu verſtehen geben wollen; daß Sie nicht allein die unverſehrte Jung - frauſchafft / ſondern auch einen reinen Kuß / zu ih - rem koͤnftigen Mann bringen ſolle; Valer. Max. lib. 6. cap. 1. Als ein Juͤngling aus großer Liebe / ſo er zu des Piſistrati, eines Tyrannen zu Athen / nun auch Mannbaren Tochter / getragen / da Sie Jhme / auff der Gaßen / begegnete / dieſelbe gekuͤſt / wolte ſeine Gemahlin / daß Er den Juͤngling deß - wegen am Leben ſtraffen ſolte. Welches Er gleich - wol nicht gethan / ſondern geſagt hat / Wann wir die / ſo Uns lieben / umbbringen wollen / was wol -len428Die 87. Frag / des 3. Hundert. len wir denen thun / denen wir verhaſt ſeyn? Idem Valer. lib. 5. c. 1. Keyſer Rudolph der Erſte / nach dem ſein erſte Gemahlin geſtorben / hat Anno 1284. zum andern mal Hochzeit / oder / wie man ietzt redet / Beylager / zu Baſel / mit Agneſen / ei - nem ſchoͤnen / und jungen Fraͤulein / Graff Otten von Burgund Tochter / gehalten. Dieſe als eins - mals Graff Friderich von Leiningen / Biſchoff zu Speyer / von Ehren / und Hoͤflichait wegen / ab der Gutſchen heben wolte / hat Er ſich ihre Schoͤne - berwinden laßen / und derſelben einen Kuß auff den Backen geben / welches ſie gar uͤbel verdroßen / und es dem Keyſer geklagt / der dem Biſchoff als - bald / durch einen vom Adel / anzaigen laßen / Er ſolte ihm ein anders pacem ſuchen / zu kuͤßen / diſes gehoͤre ihm allein zu. Darauff der Biſchoff / des Keyſers Zorn befoͤrchtend / das Biſtum verlaßen / und ſich ſelbſt freywillig ins Elend begeben / da - rinn Er auch / biß an des Keyſers Tode / verbliben iſt; Gerardus de Roo, in der Oeſterreichiſchen Hi - ſtoria / lib. 1. f. m. 38. Und andere mehr. Jn dem Geiſtlichen Recht c. 104. de Conſecrat, distinct. 4. wird den Moͤnchen verbotten / die Weiber zu kuͤſ - ſen. Dann / obwoln die Kuß nicht gleich eine fleiſch - liche Verm̃iſchung mit ſich bringen; ſo verurſa - chen ſie doch einen Argwohn. Quirinus Kubach cent. 3. illuſtr. quæſt. polit. jur. qu. 6. antwortet auff die Frag / Ob der Kuß etwas zur prob des Ehe - bruchs thue? wan ſonſten nichts verhanden / daßſolcher429Die 87. Frag / des 3. Hundert. ſolcher entweder nichts / oder iedoch gar wenig er - weiſe.

Was einen Ehren: und Dienſtgrueß; auch einen zuͤchtigen und keuſchen Kuß / anbelangt / ſo wil man demſelben nicht groß zu wider ſeyn. Und ziehet man hieher S. Pauli Spruch / in der 1. an die Corinther / am 16. v. 20. Gruͤßet euch unter - einander mit dem heyligen Kuß; ſo auch in der 2. an die Corinthier / v. 12. Cap. 13. widerholet wird. Bey den Alten iſt einen / ſonderlich große Herren / zu kuͤßen / fuͤr eine große Ehr gehalten worden; wie hievon Henricus Salmuth, lib. 1. in not. ad Panciroll. tit. quomodo ſalutati fuerint Im - peratores, zu leſen. Und obwoln Cato gewolt / daß man die Weiber kuͤßen ſolte / zu erfahren / ob ſie ei - nen Wein / der Jhnen verbotten war / getruncken hetten; ſo wil man doch / daß / wie bey andern Voͤlckern / die Ankommende mit einem Kuß em - pfangen worden / auch bey den Roͤmern / ehe man den Weibern den Wein zu trincken verbotten / (ſo gleichwol / zu des Senecæ Zeiten / nit mehr in Übung geweſen) der Kuß / die Lieb dardurch anzudeuten / im Brauch geweſen ſey. Und ward es / noch mei - ner Zeit / in Franckreich / fuͤr unhoͤflich gehalten / wann ein ankommender Gaſt nicht die Frau / die Toͤchter / oder andere Jungfrauen im Hauſe / mit einem Kuß gegruͤeſt / umbfangen / oder gar in den Schoß hat ſitzen laßen. Welches villeicht noch di - ſer Zeit daſelbſt / wie auch in Engelland / und theilsOrten430Die 87. Frag / des 3. Hundert. Orten des Niderlands / braͤuchig ſeyn wird. Da hergegen die Teutſchen / und Ungarn / ſolcher Hoͤfflicheit / gegen ihrem Weibervolck / wol entra - then koͤnnen; ſonderlich aber die Jtalianer / und Hiſpanier / den Kuß fuͤr argwoͤhniſch halten / und daraus etwas anders vermueten. Heiſt daher / was man im Sprichwort ſagt: Laͤndlich / ſittlich. Es ſchreibet Balth. Bonifacius, in hiſt. ludicra, lib. 7. c. 7. & 8. gar vil vom Kuß / und ſagt / unter an - derm / das Keyſer Carl der Fuͤnfte / Bapſt Cle - menten dem 7. erſtlich den Fueß / hernach die Hand / und entlich den Mund / gekuͤſt habe; ſo auch des großen Koͤnigs in Mohrenland Geſan - ter gethan. Welche aber an Gottſeeligkeit / und Ehrerbietung etlicher maßen der Koͤnig Francis - cus I. in Franckreich uͤbertroffen / welcher demſel - ben Bapſt / als Er zu Jhme auff Marſilien kom - men / Anno 1533. erſtlich den Fueß / hernach das Knuͤe / und entlich den Mund gekuͤßet habe. Es werden / durch den Kuß / gleichſam die Ehen be - ſtaͤttiget; alſo / daß wann der Braͤutigam ſeiner Braut / einen Kuß gibet / und hernach / durch ab - ſterben / oder aus anderer Urſach / die Ehe nicht volzogen wird / Er den halben theil deßen / ſo Er der Braut geſchenckt / verliehret / da Er ſonſten al - les wider uͤberkommen hette / l. ſi â Sponſo C. de donat. ante nupt. S. Salmuth ad Panciroll. part. 1. p. m. 443. ſeq. aus was Urſachen Theils dieErden431Die 88. Frag / des 3. Hundert. Erden gekuͤſt / davon ſiehe obgemelten Bonifacium lib. 10. c. 24.

Die 88. Frag. Wie hat man ſich ſonſten in Sit - ten / ſonderlich beym Tiſch / zu verhalten?

DU haſt allererſt vernom - men / daß man ſich nach der Landsart (iedoch / daß man nichts wider Gott / und die Erbarkeit / begehe) richten muͤeße. Es be - greifft die Hoͤflicheit in Sitten mehr / als man ge - dencken kan. Die Knaben lehret man zwar die Ci - vilitatem morum, oder / wie Sie ſich in den Sitten zu verhalten / in den Schuelen: Aber die Alten muͤeßen ſolche taͤglich uͤben. Es entſtehen ſtaͤtigs ſovil neue Gebraͤuch / mancherley Titul / Reve - rentzmachung / Hand / und Rock kuͤßen / und aller - ley Gauckeleyen / daß auch der alte Heraclitus, der ſtaͤtigs nur geweint haben ſolle / ſich des La - chens / wann Er ſolche Sachen ſehe / nicht enthal - ten koͤnte. Und wer nicht zu ſolchen Haſionibus, und Leimſtengeliis, ſich helt / und es ihnen nach - thuet / der wird fuͤr einen groben Bengelium gehal - ten. Es iſt ein alter Brauch / die Hand zum Mund zu halten / und einem damit eine Ehr zu erweiſen. Wann es aber zu offt geſchihet / helt man es / der Zeit / fuͤr eine anzaigung / daß es nicht recht mit Jhme im Kopff ſtehe.

Was432Die 88. Frag / des 3. Hundert.

Was die Sitten beym Tiſch anbelangt / ſo ſol - len die Kleyder ſauber / das Geſicht / und die Haͤn - de gewaſchen / auch die Naſen wol geſchneutzet ſeyn. Und / ſo man uͤber Tiſch ſolches zu verrichten / ſolle man entweder darzue aufſtehen / oder ein Tiſch - tuͤchlein vor die Naſen halten.

Die Naͤgel an Haͤnden ſollen beſchnitten / und geſaͤubert ſeyn: Deßgleichen das Haar / die Zaͤh - ne / die Schuch. So ſolle man auch ſich nicht offent - lich im Kopf kratzen / noch wegen der Kraͤtzen bewe - gen / und Floͤch ſuchen.

Wann man ausſpritzet / hueſtet / oder nieſet / ſol - le man den Kopf auff die Seiten / und ſein Schnup - tuͤchlein fuͤrhalten / nichts mit den Fingern an - ruͤren / oder den Speichel wider hinab ſchlingen; auch ſich huͤetten / daß man keinen Kopper / oder Groͤltzer / und Pommer / thue / und hoͤren laße.

Wann ein Juͤngling uͤber Tiſch geſchmaͤhet wird / ſoll er nit wider ſchmaͤhen / und ſich daruͤber erzoͤrnen / auch keine Zotten / und Poßen / treiben / ſondern erbar da ſitzen / und ſich ſtill erzeigen: auch ihme am eßen / und trincken abbrechen.

Es ſolle einer nicht gantz ſtumm / auch nicht zu geſchwaͤzig: Deßgleichen nicht muͤrriſch / noch zu - vil glaubig ſeyn; ſich vor Unehr / und Schande huͤeten / und vornehme Leute in ehren halten: Nie - mand außlachen / auch uͤber den Tiſch nicht ſchlaf - fen. Und deßwegen / ehe man noch im Bett rechtaus -433Die 88. Frag / des 3. Hundert. aus geſchlaffen / nicht gleich / wann man man auff - geſtanden / zu Tiſche ſitzen; ſondern erſt etwan 6. oder 5. oder 7. Stunde hernach / wann man zuvor etwas gethan / und verrichtet hat: Alßdann man ſich erſt zu Tiſch ſetzen ſolle / wann derſelbe gedeckt / die Teller / Saltz / Brot / das Waßer zum Hand waſchen / oder den Wein damit zu miſchen / auch das Getraͤnck / und die Speiſen aufgeſezet ſeyn. Und wann ſolches geſchehen / ſolle man immer den undern Ort an der Tafel einnehmen / wann vor - nehme / und alte Leut verhanden ſeyn / denen man die Ehr laßen / oder wann ihrer ſovil / daß ſie nicht alle wol ſitzen koͤnnen / gar vom Tiſche auff ſtehen / und etwan auff einen Nebenſtuel / oder Banck / ſitzen / Und wann Einem etwas uͤber Tiſch / von einem Vornehmen Mann / vorgelegt wird / ſolle Er es mit zierlichen Geberden / und Danckbar - keit / annehmen.

Die Speiſen ſoll Einer entweder mit ſeinem Meßer / oder Gaͤbelin / oder aber / wo es braͤuchig / mit dreyen Fingern / aus der Schuͤßel / nemmen; nicht zu vil auff ein mal faßen / und damit beede Backen anfuͤllen / oder auff beeden Seiten eßen; oder mit zweyen Haͤnden ins Maul die Speiſe ſcheuben / oder mit einer die Speiſe nehmen / und mit der andern die Bein / und Fiſchgraͤt / auff der andern Seiten / aus dem Munde nemmen / damit man bey einer Geſellſchafft / ſo wol eßen mag / amE eAn -434Die 88. Frag / des 3. Hundert. Anfuͤllen nicht verhindert werde; in maßen man Exempel hat / ſo geſchehen iſt.

Von deme / ſo Einem vorgelegt wird / ſolle Ei - ner nicht alles behalten / ſondern ſeinem Beyſitzer etwas davon mittheilen; oder wol gar erſtlich mit dem Teller das vorgelegte gantz uͤberreichen; wel - ches man fuͤr ein Ehr helt; zumal es auch zur Ge - ſundheit dienet / wann man ſich mit Speiſen nicht uͤberladet. Dann man ſolle eßen / daß man lebe; und nicht leben / daß man eße. Sintemal / durch vil Eßen / der Kopf / und der Magen / nicht allein beſchweret / und die Geſundheit verderbet; ſondern auch der Verſtand / und Sinnreicheit / geſchwaͤchet wird.

Das Tiſchtuͤchlein / oder Serviette / ſoll man mit dem Bier / oder Wein / nicht benetzen; auch das Wammes mit ſolchen nicht beſudlen; oder das Kien / und Bart / unſauber machen; deßglei - chen die Haͤnde damit nicht beſudlen; ſondern den Mund / und die Haͤnde / mit eim Tuͤchlein oft ſaͤu - bern / oder wiſchen; auch / im zerſchneiden / und in die Schuͤßel langen / ſich nicht lang ſaumen.

Was vor Einem in der Schuͤßel ligt / ſoll er nemmen / nicht nach einem beßern Bißlein greif - fen / und Andern am Tiſch vor dem Maul hin - wegg nemmen; auch wañ ſein Nachbar die Hand in der Schuͤßel hat / ſoll Er nicht zugleich in die Schuͤßel langen. Vor diſer Zeit war der Brauch / in der Communität zu Wittenberg / daß / ob gleich14.435Die 88. Frag / des 3. Hundert. 14. am Tiſch ſaßen / doch nicht mehr / als Viere / auff ein mal / in die Schuͤßel haben fahren doͤrffen. Der Fuͤnfte / oder wann Einer / neben ſeinen Nach - baren / auf beeden Seiten / in die Schuͤßel gelangt / muſte ſtracks drey Pfenning Straff geben / und wurde vom Judice Jhme das Buͤchlein vorge - legt. Alſo ſoll unter deßen / weil man ein Gebra - tens / oder anders / zerſchneidet / Niemand / biß man damit fertig / nach einem ſtuck in die Schuͤßel greiffen.

Unter dem eßen ſolle man nicht in den Schoß / oder Bueſen langen / oder irgentswo am Leib ſich kratzen; wie etwan theils thun / und darnach wi - der die Speiſe anruͤhren. Man ſolle auch nicht mit den Fuͤeßen gampen; welches ein unbeſtaͤn - digs Gemuͤet anzaiget.

Ehe man ein Brot / Fleiſch / oder andere Spei - ſe / in den Mund nimmet / ſolle man ſolche zuvor zerſchneiden.

So iſt es wider die Hoͤfflicheit / wann Einer et - was alberait angebißen / oder in den Mund ge - nommen / ſolches wider daraus / in die Schuͤßel zu legen / oder in die Bruͤhe / oder in die Saulſe zu dun - cken. So iſt es ſchandlich[die] Finger zu lecken / und Beiner mit dem Zaͤhnen / wie die Hund / zu nagen; oder das Fleiſch herab zu kratzen / mit den Naͤ - geln / wie die Habicht; ſondern es ſolle ſolches mit dem Meßer geſchehen.

E e ijDie436Die 88. Frag / des 3. Hundert.

Die Brot-Rinden am Boden / Nußſchalen / Aepfelſchelffen / und dergleichen / item / was man vom Kaͤſe unſaubers ſchneidet / ſolle man beſonders thun; die Beiner aber auff die Gaßen werffen / jedoch zueſehen / daß man Niemands treffe / und beſchaͤdige.

Ein Jeder ſolle auff ſeine Geberden / und nicht auff Anderer / was dieſelbe thun / ſchneiden / und eßen / achtung geben; es ſeye dann der Haußherr / deme erlaubt iſt / zu ſehen / ob auch ſeine Gaͤſte recht bewirtet werden.

Ehe man trincket / und wann man getruncken hat / ſolle man den Mund mit dem Mundtuͤchlein wiſchen. Dann / wann es mit der Hand nur geſchi - het / halt man es nicht fuͤr hoͤflich. So ſolle man das Trinckglaß / oder den Becher / nur mit einer Hande zum Munde thun; Es weren dann die Trinck-Geſchirr ſo groß / als des Theſei geweſen / mit welchen Er die Centauros zum theil erſchla - gen / zum theil verjagt haben ſolle: Oder der Di - donis Vatters / des Beli; davon Virgilius lib. 1. Æn. zu leſen. Und wann man ie einen ſolchen ſchweren Becher mit zweyen Haͤnden mueß faßen / ſo ſoll es mit Hoͤflicheit geſchehen. Sonſten aber ſolle man ins gemein ein Glaß / oder Becher / mit dreyen Fingern aufheben; und die Augen nicht hin / und wider / fahren laßen; auch weil man den Becher in der Hand hat / nicht vil reden. Jſt auchſchand -437Die 88. Frag / des 3. Hundert. ſchandlich den Mund voll Speiſe haben / wann man iezt trincken wil.

Jſt das Glaß zuvol / ſo thue etwas davon / da - mit du es austrincken koͤnneſt. Und mach es nicht / wie etwan Manche / die etwas im Glaß uͤbrig / und darzue wider einſchencken laßen / und alſo einem Andern uͤbergeben / der oftmals einen Grauſen darob hat.

Wer geſund ſeyn wil / und der Wein zimlich ſtarck / ſoll denſelben ein wenig waͤßern; oder / nach gelegenheit mehr Waßers / als Weins / nehmen / und es nicht machen / wie jener Sprachmeiſter in Franckreich / M. G. welcher / wann Andere Jh - nen laßen ein Waßer in den Wein gießen; Er nur den Fueß des Glaſes hat benetzen laßen. Un - ter dem Trincken ſolle man nicht oft abſetzen / oder Luͤpferlein thun; ſondern in einem Zug trincken / was von noͤthen iſt. Davon gleichwol die / ſo einen Wein nur verſuchen wollen / aus genommen wer - den. Es mueß aber der Zug / oder Trunck / nicht ſo ſtarck ſeyn / daß man denſelben verſchnauffen / oder reſpiri ren muͤeße: So ſolle man nit zu geſchwind / auch nicht zu langſam trincken / ſondern das Mit - tel hierinn halten. Theils wollen / daß man / uͤber einer Malzeit / nicht mehr / als drey Truͤncke thun ſolle. Und hat man exempel von Hohen Potenka - ten / die ſolches in acht genommen haben.

Wann man vom Tiſch wider auffſtehen thuet / ſolle man die Haͤnde / und etwan wol auch / mit ei -E e iijnem438Die 88. Frag / des 3. Hundert. nem Waßer / den Munde auswaſchen. Von ei - nem Vornehmen Doctor im Land Steyer wird erzehlt / daß Er allwegen / nach dem Eßen / den Mund mit halb Waßer / und halb Wein geſaͤu - hert / und dardurch / ſo lang er gelebt / guete Zaͤhn behalten habe. Zuvor aber ſolle / im hinweg gehen vom Tiſch / ein Junger Menſch die Knie beugen / ſein Tiſchfacinet / Teller / und was darauff noch uͤbrig / mit ſich nehmen; und denen am Tiſch noch Verbleiben den das Eßen geſegnen. Siehe hievon ein mehrers in des Johannis Sulpitii Verulani Buͤchlein / von den Sitten / ſo man bey Tiſch in acht nehmen ſolle; und die Lateiniſch / und Fran - zoͤſiſche Erklaͤrung / ſo Gulielmus Durandus, An. 1542. zu Lyon daruͤber gemacht hat. Dabey noch diſes zu mercken / daß die Juden den Erſt - gebornen doppelt aufgetragen; auch noch die Moͤnch / in Italia, ihren Aebbten ſolches thun; wie Bonifacius, in hiſt. ludicra, lib. 7. c. 25. bezeuget. Jtem / daß bey den Juden / und Heyden / der Brauch geweſen / ehe man Abends zu Tiſche ge - ſeßen / ihren Gaͤſten ein Fueßwaßer zu geben; deſ - ſen Sie ſich auch ſelber bedient haben.

Die 89. Frag. Jſt die Geſellſchafft dem Ein - ſamen Leben vorzu - ziehen?

Man439Die 89. Frag / des 3. Hundert.

MAn mueß alhie einen Un - terſcheid machen. 1. unter den Men - ſchen / oder Perſonen. Dann man zwo Ordnungen der Weiſen fuͤndet / deren die eine ge - weſen / ſo einen gemeinen Stand beſtelt / und ge - macht / und / mit Geſaͤtzen verwahret: Die Ande - re aber / ſo weit von der Burgerlichen Unruhe / und Verachtung des Jrꝛdiſchen / fuͤr ſich / oder Jhnen / gelebt / und das Himmliſche betrachtet ha - ben. Und dieſen iſt billich das einſame Leben lieber / oder / wann Sie ie mit Leuten umgehen muͤeßen / ſo begehren ſie nur mit Gelehrten / und Verſtaͤn - digen umzugehen / und achten ſich keines Weltli - chen Anſehens / Prachts / und dergleichen. 2. Un - ter eines ieden Beruff / und Amt / ſo entweder of - fentlich / oder einzelicht / und beſonders. Offentliche Aembter koͤnnen nicht wol ohne Leute verrichtet werden; ein andere geſtalt aber hat es mit dem ein - zelichten Beruff / welcher in einem einſamen Leben / ſo von den Poeten inſonderheit gelobet wird / beſte - hen kan: gleichwol nicht gantz / auch nicht allezeit; ſondern man mueß auch mit Leuten umgehen / wie - wol es mit wenigern / und beßerern geſchehen kan. Sihe Stephanum Guazzum de Civili Converſa - tione lib. 1. p. 7. ſeqq. was Er von dem Einſamen Leben helt / und wil / daß man mit Leuten / aber Frommen / Gemeinſchafft haben ſolle. Aber! wo finden Sie ſich allezeit? Daher man auch Ande -E e iiijrer440Die 89. Frag / des 3. Hundert. rer nicht gar muͤßig gehen kan: gleich wie man die Saat / wegen Menge der Voͤgel / nicht unter - laͤſt. Es ſolle ſich Einer zu Frommen halten / ſovil Erkan: faͤlt er aber / wider ſeine Hofnung / unter boͤſe / ſo ſoll Er ſeyn wie ein Magnetſtein / ſo das Eiſen an ſich ziehet / und demſelben auch etwas von ſeiner Krafft mittheilet / aber von ihme nicht gezo - gen / oder veraͤndert wird. Wann man ſich gantz einſchleußet / als wie die Melancholiſche Leute / ſo mit Niemands moͤgen zuthun haben / ſo geſchihet der Geſundheit Schade. Daher man nicht gar ohne Leuthe / mit denen man ſich beſprachen moͤge / ſeyn ſolle. Bey Nachts iſt die Einſamkeit fuͤr - traͤglich zum Schlaff: Deßgleichen Einem / ſo einem Ding tieff nach dencken ſolle; und alſo den Studioſis, denen ein einſamer / und ſtiller Ort ſon - derlich bequem iſt / ihre Sachen anzuſtellen / und in der Stille zu verrichten. Daher man auch / vor Zeiten / gedichtet / daß die Goͤttinen der Kuͤnſten in den Waͤlden gewohnet / damit ſie nicht vom Volck verunruͤhiget wuͤrden: Wiewol Mancher / wann er ſchon / dem Leib nach / bey Leuten iſt / dem Gemuͤet nach / Andern / und Hohen Sachen nach dencken thuet / und alſo / auch mitten unter den Leuten / Ein - ſam ſeyn kan; und vil / ſo vor ſeinen Augen ge - ſchihet / nicht ſehen; oder mit offenen Ohren / was geredet wird / nicht hoͤren mag; als wie von Ei - nem erzehlet wird / den Einer gebetten / es Jhm zuguet441Die 89. Frag / des 3. Hundert. guet zu halten / daß Er demſelben mit ſeinem lan - gen Geſchwaͤtz verdruͤeßlich geweſen; Diſer aber ſolchem geantwortet / Er ſey ihme gar nicht ver - druͤeßlich geweſen / weil Er demſelben nicht zuge - hoͤret; ſondern andern Sachen / unter deßen / nachgedacht habe. Jſt alſo die Einſamkeit; her - gegen auch die Gemeinſchafft nicht gantz zu flie - hen; ſondern moͤgen beede / nach Unterſcheid der Umbſtaͤnde / Platz haben; wann nur die Einſam - keit nicht zur Melancholia; und die Gemein - ſchafft nicht zum Verderben / oder auch zur Ver - achtung / außſchlaͤgt. Es fragt Einer / warumb die zu große Gemeinſchafft entlich die Verach - tung bringe? und ſagt / daß es nicht deßwegen ge - ſchehe / wann man mit den Leuten umgehet / oder mit Jhnen ſich beſprachet / weiln ſolches die Lieb / und Zunaigung / nur vermehre; ſondern lige an der verkerten Leute Sinn; welche / durch ſolche Freundlicheit / den Hoͤhern ſich gleich achten / und uͤber andere / ſo ihres Stands ſeyn / erheben. Und daher entſtehe dann die Verachtung. Deßwegen ſollen Große Herren zueſehen / daß allwegen mit der Freundlicheit / auch die Gravität vermiſcht ſeye; damit die Freundlicheit nicht zu einer Leichtfertigkeit gerathe.

E e vDie442

Die 90. Frag. Solle man / zu Fridens-Zeiten / das Trillen / oder das Abrichten in den Waffen / anſtellen? Und den Jungen Leuten das Reiten geſtatten / oder zuelaßen?

WAs das Erſte betrifft / ſo wollen die / ſo von Regiments-Sachen geſchriben / ſolches loben. Welches auch B. Bonifacius, in hist. ludicra, lib. 2. cap. 38. thuet. Keiner wird ſich bald fuͤr einen Handwer - cker ausgeben / der nicht zuvor geuͤbet worden. Al - ſo werden / auff dem Nothfall / die Jenige mit ſchlechtem Nutzen wider die Feinde gebraucht / die nicht zuvor in den Waffen ſeyn abgerichtet wor - den. Ja / Sie ſeyn / wann ſie nicht wißen mit den Buͤchſen recht umbzugehn / ihren Mit-Burgern / und Spießgeſellen / oftmals ſchaͤdlich. Daher Sie dann / ehe man Sie zum Ernſt gebrauchet / außer der Gefahr / und Fridens-Zeit / in den Waffen abgerichtet werden; damit Sie / wann es zum Treffen komt / ſich nicht Weibiſch / ſondern Maͤn - niſch erzeigen / und gleichſam einen Vorgeſchmack / und Abbildung / wie es im Krieg daher gehe / ha - ben / und ſehen moͤgen. Wie ſolches unterſchidli - cher Orten im Brauch iſt; auch man / meiner Zeit / in Franckreich angefangen ſolche Kriegs - Schuelen anzuſtellen / darinn / unter einem wol -ver -443Die 90. Frag / des 3. Hundert. verſuchten / und geſchickten Meiſter / die Junge Leut / mallerley Waffen / Scharmuͤzieren / An - laͤuffen / Stuͤrmen / Abtreiben / und der gleichen Kriegsuͤbungen / ſeyn ab: und unterrichtet wor - den; in welchen auch Theils Teutſche / ſonderlich die vom Adel / umb ein verglichenes Gelt des Mo - nats / ſich haben unterweiſen laßen / und mit An - dern auffgezogen ſeyn; ingedenck / was dorten E - vander, als Er dem Æneæ ſeinen Sohn Pallan - ta undergeben / beym Virgilio lib. 8. Æn. vers. 515. ſeqq. geſagt hat:

ſub te tolerare ma - giſtro Militiam, & grave Martis opus, tua cernere facta Aſſuescat, primis & te miretur ab annis. S. VVeisland. in quæſt. miſcell. qu. 5.

Das Andere betreffende / ſo iſt es auch nicht unthunlich / wann man die Junge Burſch das Reiten bey Zeiten lehrnen / oder ſie auff ein Pferd ſitzen laſt; dieweil der Leib dardurch geſtaͤrckt / und gelenckig / wie man zu reden pflegt / und ſonderlich zu den Kriegs-Sachen man tuͤchtiger gemacht wird; da hergegen die / ſo nie auff ein Pferd kom - men / oder den Zaum in die Hand genommen / gar uͤbel das ſitzen hernach ausſtehen koͤnnen / und oͤf - ters das erſte mal vom Pferd herunder / und ins Kott fallen / und bißweilen auch von den Feinden gefangen werden. Und wann man gleich einen nitReiten444Die 91. Frag / des 3. Hundert. Reiten laſt / daß Er ein mal einen Kriegsmann abgebe; ſo hat doch das Reiten in andere Weg / ſonderlich im Raiſen / ſeinen großen Nutzen. Al - lein / wann man noch gar junge Leuth wil reiten laßen / mueß man zueſehen / daß nichts / wider ihre Kraͤften / und Vermoͤgen / ihnen geſtattet / der Pferde Natur / und Gelegenheit wol erkundiget / und die Knaben nicht auff ſolche geſezt werden / die Sie zu halten / und zu regiren zu ſchwach ſeyn / und daruͤber in Leib / und Lebens gefahr kommen koͤn - nen / wie man der Exempel gnugſam hat. Und wann man die zarte Leiber / durch ſtarkes Reiten / abmerglen laſt / ſo geſchihet es oftmals / daß ſie / vor der Zeit / und ehe ſie die Helfte ihrer Jahren erraicht haben / dahin ſterben.

Die 91. Frag. Machet ein beruͤmter Ort / alda Einer geboren worden / denſelben auch beruͤmt? Und von welcher Wolluſt hat Epicurus ge - redt?

DEm Erſten widerſpricht Plutarchus, in Demoſthene, welcher darfuͤr helt / daß zu der rechten / und wahren Gluͤckſeeligkeit / ſo meiſtentheils in gueten Sitten / und im Gemuͤet / beſtehet / dieſelbe zu er - langen / wenig helffe / ob Einer an einem wolbe - kanten / und beruͤmten / oder einem unbekanten /und445Die 91. Frag / des 3. Hundert. und geringen Ort; auch von einer ungeſtalten / und kleinen Muetter / geboren werde. Dann / ſo das Vatterland guet / der Jnwohner / oder Bur - ger aber boͤß / ſo wird ihn das Vatterland nicht ſtracks fromm machen. Es wird dir wenig helffen / daß du zu Athen geboren / du aber ein ungeſchlif - ner / und ungeſchickter Doͤlpel biſt. Hergegen es dir wenig Schaden bringen wird / wann du in ei - nem Doͤrfflein / ja gar in der Tartarey / geboren worden / wann du nur nicht weniger als Aristides, oder ein anderer Vornehmer / und gelehrter Mañ / biſt; auch der Tugend / und Erbarkeit dich erge - ben thueſt. Als Einer ſich geruͤmt / daß Er in ei - ner großen / und beruͤmten Statt were geboren worden / hat Aristoteles, beym Laërtio, geſagt: Es ſeye daran nichts gelegen; ſondern ob er auch eines ſolchen Vornehmen Vatterlands wuͤrdig ſeye. Gleichwol / weilen in großen / und beruͤmten Staͤtten man gemeinlich guete Schuelen hat; und auff Zucht / guete Sitten / und dergleichen / mehrers / als an geringen Orten / achtung gege - ben wird / ſo kan das Vatterland vil zu eines Lob / und Gluͤckſeeligkeit / ſeinen gueten Sitten / Auf - richtigkeit des Lebens / und anderm mehr / thun. Hergegen es Einem zu groͤßerer Unehr / und Schmach geraichet / wann Er an einem vorneh - men Ort geboren worden / und doch nichts gelehr - net hat / und weder Jhme / noch Andern / nutz ſeyn kan.

Was446Die 91. Frag / des 3. Hundert.

Was den andern Puncten deiner Frag anbe - langt; So ſeyn die Meiſten der Mainung / das der Epicurus, in dem Er die hoͤchſte Gluͤckſeeligkeit an die Wolluſt gebunden / von der Viehiſchen Wolluſt es verſtanden habe; Welche in der Un - zucht / freßen / ſauffen / ſpilen / und dergleichen / die Gaile / und gottloſe Weltkinder ſuchen. Aber / es finden ſich auch Etliche / ſo den beſagten Philoſo - phum Epicurum nicht fuͤr einen ſolchen Narren halten / daß Er / durch die Wolluſt / die angedeute ungezimte / ſolte verſtanden haben; ſondern Er habe die gemeint / die da beſtehet in Ruͤhigkeit des Gemuͤets / wann Einer keine Verwirrungen im Kopf / auch keine Schmertzen am Leib habe; und wie man etwan zu ſagen pflegt: Er iſt ruͤhig an Seel / und Leib: Welches dann billich fuͤr die groͤ - ſte Gluͤckſeeligkeit / in diſem Zeitlichen Leben zu halten. Und alſo vertheidigen den gedachten Epi - curum, aus den Alten / der Diogenes Laertius lib. 10. de vita Philoſophorum, cap. 1. in ſeinem / des Epicuri, Leben: Aus den Neuen aber / Michael Piccartus decad. 16. obſervat. c. 7. nach dem an - fang; item Thomas Sagittarius, exercit. Eth. exoter. 18. th. 9. p. m. 456. Carolus Stephanus, in Dictionario historico p. 867. und der Theologus, Samuel Meigerius, in Nucleo Historiarum lib. 5. cap. 24. Da diſer Lezte / unter anderm / ſaget: Das Epicurus ſo grob / und Baͤuriſch / von Wol - luſt nicht gelehrt habe / wie ihm von Unverſtaͤn - digen zugemeßen wird / iſt hiebevor aus dem Dio -gent447Die 92. Frag / des 3. Hundert. gene Laertio angezeiget worden. Dann Epicurus hat als dann einen Menſchen ſeelig / und gluͤckhaf - tig geachtet / wann er die Wuͤll uſt des Gemuͤets ſuchete / darinnen das hoͤchſte Guet ſitzet / daß Ei - ner nach feinen Tugenden ſtrebe / als / nach Erbar - keit / Keuſchheit / Weißheit / Verſtand / und Ge - rechtigkeit / die einem Menſchen ein ſuͤßes geruhi - ges Leben geben / das aus einem guten Gewißen herfließen muß / das giebet beſtaͤndige Freude. Dann / was kan fůr Freude ſeyn in einem loſen Le - ben / in Voͤllerey / und Viehiſcher Wolluſt / dar - auff das Ende voller Traurigkeit folget. &c.

Die 92. Frag. Warum macht das zu allen Din - gen ja ſagen Freunde / die Warheit aber Feinde?

DJe Urſach ligt nicht an der Warheit / ſondern an dem verkerten Sinn der Menſchen / welche uͤbel auf - nehmen / daß man Jhnen die boͤſe Thaten fuͤr - wuͤrfft / oder daß man Sie deßwegen mit Worten ſtraffet. Von Natur ſeyn die Menſchen / etwas zu erlehrnen / geneigt; und daher ſolten Sie auch die Wahrheit lieb haben. Aber / wann man Ei - nem / ohne Umbſchweiff / ſagt / was Er uurechts gethan; ſo iſt Feuer im Tach / da ſtoßet man die Erde / da ſchreyet alles nach der Rach. Daher /obwoln448Die 93. Frag / des 3. Hundert. obwoln die Waꝛheit lieb / ſo iſt ſie aber auch theuer / und ſelzam / und gar uͤbel zu finden; welches bee - des die Sachen / ſo man erfahren ſolle / und auch der Menſch / der die Warheit erforſchen ſolle / ver - urſachet. Von den Poeten wird die Warheit eine Tochter des Jupiters genant. Urſach iſt / weil al - les Guetes von GOtt komt. Was iſt aber auff diſer Welt beßer? Was iſt koͤſtlicher / als die Warheit?

Die 93. Frag. Wie haben die beruͤmteſte / und fuͤrtrefflichſte Voͤlcker ihre Zeit: und Jahrs-Rechnungen gemacht?

WJeviel an der Außrech - nung / und in achtnehmung der Zeiten gelegen / weil ſolche / bey unterſchidli - chen / unterſchiedlich iſt / das beweiſen ſowol die Geiſtlich: als Weltlichen Hiſtorien; und Plit - tarchus, in dem Leben des Solonis, wie ſchwer / und verwirret die auslegung / oder erleuterung derſel - ben ſeye / daß / obwoln unzahlbare ſich uͤber die Jahr-Buͤcher gemacht / in Willen / ſolche Auß - rechnungen zuverbeßern / hetten iedoch ſelbige Strittigkeiten niemals koͤnnen gantz aufgehebt werden. Dann ein iedes Volck hatte ſein Zeit-Re - giſter / oder Chronick / (darzue die Annales, Faſti,Ephe -449Die 93. Frag / des 3. Hundert. Ephemerides, oder Diaria, und Calendaria, gerech - net werden) von Andern unterſchieden.

Die Æræ, oder Epochæ, ſeyn den Mathema - ticis eine Wurtzel der Bewegungen; den Zeitbe - ſchreibern aber ein Anfang / und gleichſam die Grundſaul / davon die Zeiten gerechnet werden. Die aber ſehr ungleich ſeyn.

Dann der Hebræer Zeit-Regiſter kam mit den Jahren der erſchaffenen Welt uͤberein. Sie fien - gen aber die Zeiten erſtlich von der Vaͤtter / her - nach der Richter / und folgents der Koͤnige Zeiten an. Und mit ſolchen Rechnungen ſtimmet auch des Philonis Tafel uͤberein; wie auch des Rabbi Eliæ Thalmudiſche Mainung / daß namlich die Welt ſechstauſent Jahr wehren / hernach ver - brennen werde; und zwar 2000. Jahr ohne Ge - ſaͤtz. 2000. underm Geſaͤtz / und 2000. biß auff die Zeit des Meſſiæ. Damit auch Lactantius, und Auguſtinus, wie Sie vom Jacobo Martini, cent. 6. illuſtr. quæſt. Philoſoph. diſp. 1. quæſt. 8. an - gezogen werden / uͤberein ſtimmen.

Welcher Lactantius auch lib. 7. c. 14. von der Chaldæer / oder Babylonier Zeit-Rechnung zu leſen / ſo gar verwirrt / und erdicht geweſen; das auch von der Egyptier / und Perſier / geſagt wird[-]Was aber bey denſelben etwas gewiß war / das wurde von den Zeiten ihrer Koͤnige hergefuͤhrt.

Die Griechen kamen mit ihrer Zeit-Rechnung auch nicht uͤberein. Dann erſtlich fiengen die met -F fſten450Die 93. Frag / des 3. Hundert. ſten Griechiſche Scribenten ihre Zeit-Beſchrei - bung an von der eroberung der Statt Trojæ. An - dere von der Heraclitarum Widerkunft in Pelo - ponneſum: Andere von der Athenienſer Rich - ter. Jnſonder heit aber wurden von den Griechen die Olympiades in acht genommen; deren iede ein Zeit von vier Jahren begriffen hat. Dann / nach ſo vilen Jahren / und wann das fuͤnfte angefan - gen / ſeyn die Griechen / ihre Spil zu halten / zuſam - men kommen / in Olympia. Und wird ſolche Zeit - Beſchreibung in das Jahr nach erſchaffung der Welt 2758. gerechnet. Und da ſie eine Zeitlang unterlaßen worden / hat Sie Lycurgus wider / im Jahr der Welt 3188. angeſtelt / von welcher Zeit an Sie biß auff den Keyſer Theodoſium M. wie Cedrenus ſchreibet / geweret. Der anfang der - ſelben fiel auf den laͤngſten Tag im Sommer; und von dannen fiengen Sie ihre Olympiades, und das Jahr ſelbſten / an. Und von ſolchem anfang der Olympiadum ſeyn auch die Hiſtorien der Griechen zubetrachten.

Die Roͤmer haben vom Jahr der Welt 3212. als zu welcher Zeit die Statt Rom ſolle erbauet ſeyn / den anfang zu zehlen genommen. Sie haben aber auch der Burgermeiſter / und hernach der Keyſer / und Burgermeiſter Jahr / darzue geſezt. Ja / der Keyſer Diocletian hat / durch ein offent - lich Mandat / bevolhen / daß / von dem erſten Jahr ſeiner Regierung / forthin die Zeiten ſolten geſteltwerden;451Die 93. Frag / des 3. Hundert. werden; welches auch biß auffs Jahr 532. nach Chriſti Geburt / geweret hat. Dann damals hat der Keyſer Juſtinian bevolhen / daß / in den offent - lichen Brieffen / des Keyſers / und Burgermei - ſters Nahm / ſamt der Roͤmer Zinßzahl / oder In - diction, ſolte geſaͤzt werden. Sihe Novell. Conſtit. 47. cap. 1. Hieher werden auch Lustrum, und Se - culum, gezogen / deren jenes ein Zeit von fuͤnff / die - ſes aber eine Zeit von Hundert Jahren iſt.

Die Hiſpanier haben ihre Jahr-Rechnungen von dem 16. Jahr der Regierung des Keyſers Auguſti angefangen. Dann / zur ſelbigen Zeit / ward zu Tarracon das Gebott verkuͤndiget / daß die gantze Welt ſolte geſchaͤtzet werden; wiewol ſol - che Schatzung erſtlich im 42. Jahr des Keyſer - tums Auguſti angefangen. Es iſt aber die ge - wonheit auffkommen / daß diſer Anfang der Zeit iſt Æra genant worden / ſo aus diſen Buchſtaben A. E. R. A. das iſt / Annus erat Auguſti, das war das Jahr des Auguſti, allgemach iſt zuſam - men geronnen. Aber im Jahr Chriſti 1490. hat man / in den offentlichen Brieffen / deßen Worts zugebrauchen aufgehoͤrt. Dann / von ſolcher Zeit an / haben die Hiſpanier / mit Uns / die Zeit / nach Chriſti Geburt zu zehlen angefangen.

Die Saracener haben eine Jahrs-Rechnung / ſo Sie Hegiram neñen / ſo Theils fuͤr einen Kriegs - Zug / theils fuͤr des Mahomets Flucht / auslegen. F f ijDer452Die 93. Frag / des 3. Hundert. Der Anfang wird entweder ins Jahr Chriſti 593. oder 592. oder 623. geſezt.

Die Chriſten haben auch unterſchidlich ihre Jahr angefangen / Theils von Mariæ Verkuͤn - digung / oder dem 25. Mertzen / Andere von der Geburt Chriſti / Andere von ſeiner Beſchneidung / oder dem erſten Jenner. Die Nicæniſche der Geiſt - lichen Verſamlung hat geordnet / daß die Con - ſtantmiſche Indictiones ſolten darzue gethan wer - den; deren Anfang in das Jahr Chriſti 313. den 8. Tag vor dem erſten Octobris, gehoͤrt. Dann / an dieſem Tag / hat Keyſer Conſtantin den Ma - xentium uͤberwunden / und der Chriſtlichen Kir - chen den Frieden widerbracht. Damit dann die Gedaͤchtnus dieſer großen Wolthat deſto leichter erhalten wurde / ſo haben daher die Indictiones ih - ren Anfang genommen. Sie begreiffen aber eine Zeit von 15. Jahren / und iſt ihr Gebrauch fort - hin / ſowol in der Lateiniſchen / als Griechiſchen Kirchen / verbliben; außer / daß dieſe auch die Jahr nach erſchaffung der Welt darzue gethan hat: in Jener aber Bapſt Paschalis II. geordnet / daß die Jahr ſeines Baͤpſtlichen Sitzes beygeſchriben wer - den ſolten / da man vorhin nur der Keyſer Jahr ge - zehlet hatte. d. Jacobus Martini, d. l. Dabey aber zu mercken / daß Andere den Untergang des Maxentii ins Jahr 312. den 24. Septembris ſetzen / und alſo auch die erſte Indiction mit diſemTag /453Die 93. Frag / des 3. Hundert. Tag / und Jahr / anfahen; ſo den Griechiſchen Seribenten inſonderheit gebraͤuchig; wiewol die Lateiniſche erſt vom 1. Ianuarii des folgenden 313. ſolche anfahen. Sihe / was Andere von derſelben Urſprung ſchreiben / beym Setho Calviſio, in o - pere Chronolog. im gemelten 312. Jahr: Und / ſo du ein mehrers von unterſchidlichen Jahr - Rechnungen / als / de tempore politico in Græcta: de annis politicis Athenienſium: de anno Me - tonis magno: de Periodo Calippica â Solstitio æſti - vo: de anno Romano: de Epocha urbis condi - : de epocha Nabonaſſarea: de annis Arme - niorum, & Jezdegird: de annis Gelalæis: de Ca - lendariis Judaicis: de Calendario Judæorum No - vitio: de Judæorum Tecuphis: de annis Hegiræ: de Æra Diocletiana, & Æthiopum: de anno Cœlesti: de annis Jubilæis: de annis Sabbathi - cis: de annis captivitatis Babylonicæ: de tempo - re Mundi conditi, oder von der Zeit der erſchaf - fung der Welt: von der Suͤndflut: von dem Jahr der Geburt Abrahams: von dem Außzug der Kinder Jſrael aus Egypten: Jtem / vom an - fang der Olympiadum; item der obangedeuten Æra Hiſpanica: de anno Actiacæ Victoriæ: und vil andern mehrern / zu wißen begehreſt / ſo lieſe Jhn / den Calviſium, in ſeiner Iſa - goge Chronologica.

F f iijDie454

Die 94. Frag. Haſtu nichts von ſunderbaren Kunſt-Stuͤcken ge - leſen?

VOm Vergilio erzehlet man / daß Er nicht allein ein ſtatlicher Poet / ſondern auch ein Mathematicus, und Kuͤnſtler / geweſen / und eine ehrine Fliegen / ſo die andere zu Neaples verjagt / und Voͤgel von Holtz gemacht habe / welche / als wann ſie lebendig we - ren / durch den Wind / und Lufft / etwas wegs ge - flogen ſeyen; wie aus Ludovico de la Cerda, und Tiberio Claudio Donato, geſchriben wird. Boë - thius hat Ehrine Schlangen zugericht / ſo geziſcht; item ehrine Voͤgel / ſo zugleich geflogen ſeyn / und geſungen haben. Wie Er dann in Mechanicis ein ſehr erfahrner Mann geweſen. Keyſer Leo hat - te guͤldene Voͤgel / ſo geſungen haben. S. Biſſel. dec. 2. ruina. 7. p. 254.

Von Alberto M. berichtet man / daß Er ei - nen Bildſtock / in Menſchlicher form gemacht / ſo inwendig ſeine Gewicht / Raͤdlein / und derglei - chen / gehabt / die Zunge bewegt / und etliche ver - ſtaͤndliche Wort geredet habe. Er ſchickte / auff ei - ne Zeit / mit fleiß / den H. Thomam Aquinatem in das Zimmer / da dieſer Bildſtock war. Alß nun Er denſelben alſo reden gehoͤrt / iſt Er daruͤber er - ſchrocken / und hat mit einem Stecken denſelbenStock455Die 94. Frag / des 3. Hundert. Stock zerſchlagen / und ſolches / als Er gefragt worden / bekant / darauff Albertus geantwortet / daß Er / B. Thomas, ein Werck von 30. Jahren zerbrochen habe. So ſolle ein Bildſtock des Mer - curii, von Cederbaum gemacht / mit Menſchli - cher Stimm geredet haben; wie auch das Bild - nus der Fortunæ, zu Rom; in welchen beeden Lez - ten aber / wie auch was von des Apollinis Cumani Bildnus / ſo vier Tag lang geweinet / und derglei - chen / erzehlet wird / der Teufel die Rede formiret hat; wee Keckermannus Syſtem. Phys. lib. 1. cap. 4. p. m. 16. ſchreiber; alda Er Boterum lib. 8. Polit. c. 3. (der daſelbſt vil dergleichen verwunderliche Ding hat) / und Georg. Pictorium Villinganum, lib. 1. Serm. Conviv. p. 21. item Ludovicum Vi - vem, uͤber Augustinum, de Civitat. Dei, anzie - het. Das Janellus Turrianus, ein Baumeiſter von Cremona, ſo beym Keyſer Carl dem Fuͤnf - ten ſich aufgehalten / huͤltzene Spaͤtzlein fliegen laſ - ſen / die auch wider zuruck geflogen ſeyn: item / Eiſine Muͤhlen / ſo von ſich ſelbſt gegangen / und eine ein Moͤnch / under dem Ermel verborgner leichtlich tragen koͤnnen / gemacht / davon iſt Fa - mianus Strada dec. 1. de bello Belgico zu leſen. Alß des Jahrs 1640. die Statt Turin in Piedmont, von den Frantzoſen / belagert ward / hat Zinon von Bergomo eine Kugel von Ertz / oder Eiſen gemacht / ſo inwendig weit geweſen / und nur ein Loch gehabt / und hat Er in ſolche Kugel 25. Pfund Pulvers /F f iiijoder456Die 94. Frag / des 3. Hundert. oder ein anders Ding / daran die Belagerten Mangel gehabt / gethan / und alßdañ das Mund - loch / nicht mit einem iedwedern Deckel / ſondern epistomio, oder Obturaculo cochleato, ſeu Viticu - culato, wie es Einer Lateiniſch / und auff Jtalia - niſch Cocchiume, oder turacciolo fatto à vite, nen - net / wol vermacht. Alß die Kugel alſo verferti - get / hat Er in ein großes Rohr 3. Pfund Pul - vers / und / auff ſolches / die gemelte Kugel gethan / und in die Statt (ſo damals die Hiſpanier entſe - tzen wolten) geſchoßen / und zwar alſo beraitet / daß die Kugel an ein gewißes / und beſtimtes Ort / ohn einigen Schaden / gefallen iſt. Und wird dieſer Kuͤnſtler villeicht ſeidhero verſucht haben / groͤßere Kugeln zu machen / damit man ein mehrers / von allerhand nothwendigen Sachen / in einen bela - gerten Ort bringen moͤge. Vor der Statt Man - tua war / vor der An. 1630. vorgenommen Be - lager: und Eroberung derſelben / ein Fuͤrſtlicher Palaſt / Te genant / darinn ein vom Iuliano Ro - mano uͤbermalter Saal / ſo man den Riſenſaal geheißen / in welchem / ſo man geredet / es einen ſehr herrlichen Widerhall gegeben. Jngleichem / da eine Perſon in das eine Eck geſtanden / und gar ſtill geredet / ſo hat man es in dem andern Eck gar wol vernehmen / aber der Jenige / ſo in der Mitte geſtanden / nicht hoͤren moͤgen; deßen Urſach in dem Wuͤrttember giſchen Jtalianiſchen Raiß - Buch gegeben wird. Jn dem Adelichen Schloßzu457Die 94. Frag / des 3. Hundert. zu Ahorn / ein halbe Stund von Coburg gelegen / und Herren Wolff Friderich Muffeln / Fuͤrſtl. Brandenburg. Culmbachiſchen Gebiettiger auff der Veſtung Blaßenburg / gehoͤrig / iſt ein ſchoͤ - ne kunſtreiche Schnecke / die von unden hinauff / biß zum vierten Stockwerck / gehet. Wann man durch / das runde Loch / Steinlein / Aepfel / Birn / fallen laͤſt / ſo kommen ſie / ohn ainigen Anſtoß hin - under auff den Boden: Und wann Einer oben in das Loch mit leiſer Stimme redet / ſo kan ein anderer / der am undern Loch zuhoͤret / alles gar deutlich vernemmen; wie Herr Petrus Franck / Pfarrer zu Gleißa &c, der An. 1643. im ge - melten Schloß / Herren Erdmann Ernſts von Schaumburg (deßen Fr. Schweſter obwolernan - ter Herr Muffel ꝛc. zur Ehe hat) Præceptor ge - weſen / den 21. Octobris Anno 1658. berichtet hat. Von kuͤnſtlichen Fliegen / und darunter von einer zu Graͤtz im Land Steyer / ſo der vortreffliche Mahler / Petrus Paulus de Pomis, erdacht / Sihe Bonifacium, in hist. ludicra lib. 18. cap. 2. Von einem kuͤnſtlichen Wagen / ſo in Belagerung der Statt Oſtende gemacht worden / Lundoxp. tom. 3. Contin. Sleidani, p. 498. Und von des Herren Johann Wieſels / weitberuͤmten Optici in Aug - ſpurg / Kunſtſtuͤcken / des Martin Zeillers Hand - Buch / part. 2. voc. Sachen / p. 346. ſeqq. Seit - hero hat Ehrngedachter Herr / ſo ſich nunmehr in einem hohen Alter / namlich / in dem 75. Jahr /F f vbefin -458Die 94. Frag / des 3. Hundert. befindet / auch folgendes erfunden. 1. wie ein gar langes Perſpectif / durch einen beſondern Weg / zu verkuͤrtzen / das es dannocht unveraͤndert ſeines objectiv Glaſes / in aller guͤete / und vergroͤße - rung / verbleiben muͤge / dahin dann dieſer Kunſt Erfahrne / ohne Zweifel auch ihr abſehen haben / weil ein kurtzes Perſpectiv vil beßer / als ein gar langes zu regieren. Bey den Langen iſt dieſes / daß ſie ſich bald biegen / durch welchen Mangel ſich die Glaͤſer bald excentri ren / und aus ihrem rech - ten Sehcono kommen / und das / ſo man deſideri - ret / nicht erlanget wird / der gleichen / bey den kuͤr - tzern Perſpecti ven / man dieſes nicht zu befoͤrchten. Und hat Er erſtlich / an einem 24. ſchuͤehigen Perſpectiv / die Prob gemacht / daß derſelbige nur 15. Schuch lang worden / und gethan / was ein 24. ſchuhiger verrichtet; welchen Er nach Smir - na verkaufft. 2. Ferner hat Er folgents erfun - den / wie die Microscopiæ noch umb ein merckli - ches zu verbeßern / daß ſelbige vil groͤßer repræ - ſenti ren / als die Jenige / ſo bißhero von 2. und 3. Glaͤſern gemacht worden: und diſes anch auf ein beſonder wunderliche Manier / aber mit etwas groͤßerer Muͤhe / als bey vorigen. Etwas davon zugedencken / was Er / vermoͤg ſeines Schreibens / an den Verfaßer diſes Werckleins / vom 13. O - ctobris diſes 58. Jahrs / damit / und ſonderlich an dem Kaͤsſtaub / oder den Milben / obſerv irt / ſo Er / durch andere vorher gemachte Microscopianie -459Die 94. Frag / des 3. Hundert. niemals alles / ſo deutlich / als durch dieſes / ſehen koͤnnen; namblich / daß ſie / die Milben / haben acht Fuͤeßlein / vornen rothe / geſpizte / zerſpaltene Klauen / ein rothen geſpizten Schnabel / wie ein Saͤu-Ruͤeßel / zwey ſchwartzbraune Aeuglein; der Leib von hinden her blat / oder geviert / ver - gleicht ſich den groͤßern theil einer Fiſchblatern / durchſichtig / mit herauß gewachſnen langen Haa - ren / wie die Porſt / an den Spitzlein roͤthlicht / ſon - ſten uͤber den gantzen Leib weiß haarig. An ſtat ihres Unflats / gebehren ſie / aus dem Rucken / lau - ter lebendige Junge Milben / zu 4. und 5. auf ein mal / und ſo bald ſie geboren / ſchlieſt ſich die Ge - burtsſtatt / daß nichts davon zu ſehen / ſondern wi - der glat / und durchſichtig wird; die Geburt aber laufft der Mutter nach / allenthalben umb den Leib / und henget ſich an ihre Fuͤeße: welche die Mutter an ein ander bequemes Ort am Kaͤſe hin - ſchleppet / daſelbſten abſtreiffet / und / mit verlaſ - ſung der Jungen / wider an ihr altes Orth eylet. Bey den Floͤhen hat wolernanter Herr Wieſel auch etwas ſonderliches wahrgenommen: Wann man / im Anfang der Hundstaͤge / ein Weiblein / ſo groͤßer als das Maͤnnlein / in ein Floch-Glaß verſperrt / ſo werden / nach Außgang der Hundts - taͤg / lauter weiße Raͤtzlen / mit vilen Fuͤßlein / und gelben Koͤpflein / aus ihren Eylein: leben ohne Speiß ein lange Zeit. Einsmals ſpazierte Herr Wieſel in ſeinen Garten / ſahe im Weg einen an -dert -460Die 94. Frag / des 3. Hundert. derthalbſpaͤnnigen Regen-Wurm kriechen / und auff demſelben ein klein rothes Omeyßlein han - gen / das zwickte / und ſtach den Wurm / biß er todt bliben. Diſer Toͤdtung nun wolte Er gern Ur - ſach wißen / nahm das Omeyßlein / ertraͤnckte es in Brantenwein / und legte es under ſein Micro - ſcopium: Da Er dann ſahe / wie ſolches an den zween vor dern Fuͤeßlein / Scheren / wie die Krebs / und fornen / im Maul / zwey lange krumme ge - ſpizte Hoͤrnlein hatte; mit welchen / und den Schee[-]ren / es den Wurm zwickte / und ſich damit hielt / daß es / im umbwen den des Wurms / nicht herun - der fallen kunte. Es beugete / und kruͤmte den gan - tzen hindern Leib / bis zu den 2. geſcheerten fordern Fuͤeßlein / und ſtach daſelbſt den Wurm / daß er dick geſchwollen / und auff geloffen / und diſes an etlichen Orten / bis er todt gebliben. Des andern Tags fande Herr Wieſel / an einem zerklufften Spenlingbaum / große fliegende Omeißen / deren nahm Er eine in die Hand / und ſahe / daß ſie einen großen Angel / faſt Glaichs lang / heraus ſtreck - te / darhinder Er ein weiß Papir hielte / durch wel - ches ſie den Angel truckte / und ſtunde zu ende des Spitzleins des Angels / ein klares troͤpflein Waſ - ſer / ſo ſie / durch den Angel / nach dem ſtich / aus - ließe. Diſes troͤpflein that Er fornen auff die Spi - tze ſeiner Zungen / davon die Zunge augenblicklich auffloffe / und als Feuer brennete: welches Er / Herr Wieſel / vor ein ſtarck brennen des Gifft ge -halten /461Die 94. Frag / des 3. Hundert. halten / und das davon auch der obgedachte Wurm ſein Leben laßen muͤeßen. Ferners hat offtwolgedachter Herr Wieſel / durch ſein Jnſtru - ment / gefunden / daß die Mucken / oder Fliegen / nicht ſovil Augen / als es Theils machen / ſondern nur drey / ein großes / und zwey kleinere / und zwar alle drey vornen mitten auf der Stirnen ſtehend haben / das große oben in einem ablangen grauen Feld / die zwey kleinere aber under halb deßelben / neben einander / wie die ſchoͤniſte ſchwartze Perlen / ſchoͤn rund.

Dieſe / und andere mehr Erfuͤndungen hat Er / Herr Wieſel / auch ſeinen Tochtermann / Herren Daniel de Pier / in die 17. Jahr lang / gelehret / den Er Menniglich beſter maßen anbevelhen huet.

Sonſten hat vilwolermelter Herr (der / in die 35. Jahr lang / mit dem laidigen Podagra be - haftet geweſen / und oftermals / wie Er ſchreibt / in die 8. und 9. Wochen / mit großem ſchmertzen / des Betts Huͤetter ſeyn muͤeßen / und dardurch alſo zugerichtet worden / daß Er / an beeden Knuͤen / er - krumt / und vornemlich das Lincke Knuͤe eines Menſchen Kopfs groß / gleich als ein Bein / er - hartet iſt / und Er daher lange Jahr gantz krum / und gebuckter gehen muͤeßen) einen beſondern Po - dagriſchen Spiritum erfunden / in denſelben ein Schwaͤmlein gedunckt / und / mit ſolchem / desTags462Die 94. Frag / des 3. Hundert. Tags 3. oder 4. mal / die erhartete Geſchwulſten uͤberſtrichen / und davon gleich anfangs / in wenig Stunden / Linderung des Schmertzens empfun - den / und hat alſo damit continui rt / biß Er entlich ſein großes erhartes / und geſchwollenes Knuͤe zur gueten Geſundheit gebracht / und nunmehr / in die 12. Jahr lang / von diſem unfreundlichen / und ungeladnen Gaſt das wenigſte mehr vermercken koͤnnen / und an ietzo / in allen Gliedern / gantz ge - ſund / als eine Perſon von 30. Jahren ſeyn mag / ſich befindet.

Weiter hat Er auch einen Spiritum, oder Geiſt / alle Halßkroͤpff / ſo noch nicht ſehr eraltet / und erhartet ſeyn / in zweyen vierziehen Tagen / un - fehlbar zu heilen / ſo an vilen probirt worden; wie Er berichtet.

Und dann / als Er geſehen / und erfahren / daß in Jndien / oder Japonien / ſehr ſchoͤne / und kuͤnſtli - che Lac-Arbeiten / von allerhand Manier / ge - macht / in Teutſchland verfuͤhret / und in ſehr ho - hem Preiß verkaufft werden / hat Er dieſe Kunſt auch erlehrnet / beraits vil darinnen gearbeitet / und etlichen vornehmen Potentaten / wie Er aber - mals ſchreibet / zu großem Belieben / darmit ge - dienet. Und ſovil iſt aus dem oberwehnten Schrei - ben / Außzugsweiſe / zuberichten geweſt.

Sonſten hat ein gueter Freund mich diſes / durch ein Briefflein / erinnert: Außer eines groſ - ſen Tubam s / oder Perſpectiv-Rohrs / ſo Er erſtneulich463Die 95. Frag / des 3. Hundert. neulich einem Kauffmañ von Smirna verkaufft / welcher ſolchen dem Tuͤrckiſchen Keyſer gebracht / ſambtetlichen Spazier-Staͤben / von Japoniſcher Lack-Arbeit / weiß ich anders nichts / ſo Herr Wi - ſel ſeidther gemacht hette; ſondern diſes iſt das neuiſte von Jhme verfertiget. Habet Natura ſcientiarum theſauros innumerabiles, qui nullis ætatibus poterunt exhauriri. Nec deſperat Car - danus (in encom. Neron. ) fore, ut aliquando Ho - mines, & Volandiartem, & vitam in ſeculo pro - rogandi, poſſint reperire.

Die 95. Frag. Haſtu nichts verwunderliches von theils Leuthen verrichtet / aufge - zeichnet? Und woher komt das Wort Struͤtzel? item Marcipan?

BArthol. Keckermannus lib. 1. Syſtem. Phyſici p. 20. hat ein exempel von einem ge - bornen Stummen vom Adel / in Lithauen / welcher / durch ſeine Finger / ſo wol / und deutlich / mit ſeinen Dienern reden koͤnnen / daß Sie ſeine Mainung / und Willen / gar wol haben verſtehen koͤnnen. Zu Dantzig / ſagt Er / ſeye ein Student geweſen / ſo nur einen / und zwar den kleiniſten Fin - ger in beyden Handen / an den Fuͤeßen aber keinen Zehen / gehabt / und die eine Dreyeckichte geſtaltvor -464Die 95. Frag / des 3. Hundert. vorgeſtelt haben; der aber mit dem ainigen Fin - ger ſtaͤrcker / als ein anderer mit fuͤnffen / geweſen; der auchſchoͤn / und geſchwind mit demſelben ge - ſchriben; und auff ſeinen Fuͤeßen ſo ſteiff gewe - ſen / daß Er ſeltner / als ein Anderer / auff dem Eiß / und an ſchluͤpferigen Orten / gefallen iſt. Georg. Pictorius Villinganus lib. 4. ſerm. Convi - val. bezeuget / daß Er einen Hiſpanier geſehen / ſo ohne Aerm geboren worden / der aber mit den Fuͤeßen genehet / oder mit der Nadel geſchwinder etwas gemacht / als das hurtigſte Weib mit zwey - en Haͤnden; auch die Kriegs-Waffen ſo kuͤnſt - lich gehandelt / daß kein Soldat ihme in der Hur - tigkeit es gleich thun kunte; und mit dem Bogen alſo gewiß geſchoßen / daß Er nie des Zils faͤhlete / auch mit der Axt einen ieden etwas dickeren Aſt / mit einem Hieb zerſpaltete. Obgedachter Kecker - man. lib. 3. c. 28. p. 441. ſchreibet von einem Schwimmer / als die Statt Neaples / vom Koͤnig Alphonſo / belagert worden / welcher 2. oder 3. mal / Brieffe / ſo mit Wax uͤberzogen waren / von der Beſatzung im Schloß / ſo dem Koͤnig gewo - gen geweſen / aber / wegen der gar wol beſtelten Wacht / keine Schreiben durchbringen ſonſt koͤn - nen / under dem Waßer ſchwimmend / einen weiten Weg / ohne ſchaden / dem Koͤnig geliffert hat. Ein anders Exempel hat Gramondus lib. 17. hiſtor. Gall. p. 734. ſeq. des Amſterdamiſchen Drucks.

Als465Die 95. Frag / des 3. Hundert.

Als An. 1650. den 6. Junii, der Teutſche Friede / in Nuͤrenberg / offentlich verkuͤndigt ward / ſeyn bey 1500. kleine Knaben auff Stecken fuͤr des Herzogen von Amalfi Thuͤr kommen / vorgebende / man wuͤrde Jhnen Friedens-Pfen - ning austheilen. Welches / ob es zwar nie gedacht geweſen / dennoch den andern Tag geſchehen. Die Pfenning waren viereckicht / zehen Kreuzer werth. Auff einer ſeiten ſtunde Vivat Ferdinandus III. Romanorum Imperator. Auff der andern war ein Knab / auff einem Stecken reitend / und dabey: Friedens-Gedaͤchtnis in Nuͤrnberg. 1650. Herr Obriſt Ranff kam unverſehens nach Wien / und ließ durch die Statt blaſen / welches ſonſt hoch da - ſelbſt verbotten iſt / ritt den geraden Weg nach der Keyſerlichen Burgk / und uͤberreichte Jhr Kayſ. Majeſtatt den underſchribnen Receß / und gan - tzen Friedenſchluß / in blau Sammet gebunden / auff den Schnit verguͤlt / und mit 2. anhangen - den guͤldenen Siegeln / mit koͤſtlichen Demanten verſezt. Jhr Keyſerl. Majeſt. nahm ihn mit ſol - chen Freuden an / das Sie einen Ring ſechs tau - ſent Reichsthaler werth vom Finger zog / und dem Herren Obriſten / nebenſt einer guͤldenen Ketten / und anhangendem Gnaden-Pfenning / auff zwey tauſent Ducaten werth / verehrte; wie G. G. N. P. in der kurtzen Anzaigung der vornemſten Kriegs - Haͤndel / und anderer denckwuͤrdigſten Sachen / von An. 1650. bis 58. berichtet; auch ſagt / daßG gzum466Die 95. Frag / des 3. Hundert. zum Friedens-Zeichen in Prag / auff dem Alt - ſtaͤtter Marckt / eine Marmorſteinerne Saͤule / von ſibenzig Centnern ſchwer / wie auch auff der Bruͤcken ein Crucifix / ſo hoch geſchaͤtzet werde / auf gerichtet worden ſeye. Und diſes wenige hab ich fuͤr dißmal dir uͤberſchreiben wollen. Dann / wann alles verwunderliches / ſo von den Leuten verrichtet worden / und man in den Buͤchern auf - gezeichneter findet / ſolte zuſammen getragen wer - den / wurde man wol ein Buch darmit anfuͤllen koͤnnen: wie dann Bonifacius lib. 11. gleich an - fangs ein gantzes Capitel von vornehmen Maͤn - nern hat / ſo Kinder-Spil getriben haben.

Was das Ander anbelangt / ſo werden die Baͤume / ſo ſpizige Fruͤchten tragen / als wie der Fiechten / Zirbel-Baum / Strobiliferæ arbores, oder Strobelbaͤume genant. Und daher vermeint Keckermannus lib. 5. Syſtem. Phyſici, cap. 2. p. 591. moͤchte villeicht das Wort Struͤtzel / bey den Teut - ſchen / kommen / ſo ein zugeſpiztes Semmelbrot be - deutet. Vorgedachter Balth. Bonifacius, in hist. lud. lib. 9. c. 5. (da Er des Brots Lob hat / auch in den folgenden 4. Capiteln von allerley Gattungen des Brots / und im 10. Cap. von den Kuchen han - delt) vermeint / daß die Marcipan / oder Marci - panes, vom Marco Apicio den Nahmen haben / deßen Plinius, und Seneca, in Conſolat. ad Albi - nam, gedencken thetten; ſo ein Ertzſchlemmer ge -weſen;467Die 96. Frag / des 3. Hundert. weſen; und der gleichen Schleckereyen vil erfun - den hat.

Die 96. Frag. Wie pflegen die Reichs-Staͤtte auff den Reichs-Taͤgen / der Ord - nung nach / zu ſitzen?

ES werden die Reichs - Staͤtte in den Rheiniſchen / und Schwaͤ - biſchen Banck abgetheilet.

Auff dem Rheiniſchen Banck ſitzen 1. Coͤln. 2. Aach / mit gebraͤuchlicher Proteſtation wider Coͤln. 3. Straßburg. 4. 5. Luͤbeck / und Wormbs / ſo miteinander abwechslen. 6. Speyer. 7. Franck - furt. 8. Hagenau. 9. Colmar. 10. Schletſtatt. 11. Goßlar. 12. Bremen. 13. Muͤlhauſen. 14. Northauſen. 15. Weißenburg am Rhein. 16. Landau. 17. Ober Ehenheim. 18. Kayſers - berg. 19. Muͤnſter in S. Gregorienthal. 20. Roßheim. 21. Tuͤrckheim. 22. Dortmund. 23. Friedberg. 24. Wetzlar. 25. Gelnhauſen. 26. Hervord; derentwegen aber / wegen der exemtion, die Sach ſtritig iſt.

Auff dem Schwaͤbiſchen Banck ſitzen 1. Re - genſpurg. 2. Augſpurg. 3. Nuͤrnberg. 4. Ulm. 5. Eßlingen. 6. Reutlingen. 7. Noͤrdlingen. 8. Rotenburg an der Tauber. 9. Schwaͤbiſch Hall. 10. Rothweil. 11. Überlingen. 12. Heilbronn. G g ij13.468Die 96. Frag / des 3. Hundert. 13. Schwaͤbiſch Gemuͤnd. 14. Memmingen. 15. Lindau. 16. Duͤnckelsbuͤhel. 17. Biberach. 18. Ravenſpurg. 19. Schweinfurt. 20. Kemp - ten. 21. Winsheim. 22. Kauffbeuren. 23. Weil. 24. Wangen. 25. Jßni. 26. Pfullendorff. 27. Offenburg. 28. Leutkirch. 29. Wimpfen. 30. Weißenburg am Nordgoͤw. 31. Giengen. 32. Giengenbach. 33. Zell am Harmensbach. 34. Buchorn. 35. Alen. 36. Buchau am Federſee / und 37. Bopfingen. Des Erſten Bancks Gehei - mer Schrifft-Behalter iſt zu Speyer / und des Andern zu Ulm.

Wann aber auff einem Craißtag die Schwaͤ - biſche Reichs-Staͤtt zuſammen kommen / ſo ſitzen Sie alſo. 1. Augſpurg. 2. Ulm (wann der Tag / oder die Zuſammenkunfft / anderswo / als da - ſelbſt / angeſtellet wird). 3. Eßlingen. 4. Reut - lingen. 5. Noͤrdlingen. 6. Hall. 7. Überlingen. 8. Rotweil. 9. Heilbronn. 10. Gemuͤnd. 11. Mem - mingen. 12. Lindau. 13. Dinckelsbuͤhel. 14. Bi - berach. 15. Ravenſpurg. 16. Kempten. 17. Kauff - beuren. 18. Weyl. 19. Wangen. 20. Jßni. 21. Leutkirch. 22. Wimpfen. 23. Giengen. 24. Alen. 25. Bopfingen. 26. Pfullendorff. 27. Buchorn. 28. Buchau. 29. Offenburg. 30. Gengenbach. 31. Zell am Harmenſpach / ins gemein am Ha - merſpach genant.

Siehe von dieſen Staͤtten allen D. Philipp Knippſchildt / de jur. & privil. Civitat. Imperial. lib. 469Die 96. Frag / des 3. Hundert. lib. 2. c. 2. in welchem Werck allerley von den Reichs-Staͤtten zu leſen / ſo ſonſten bey Andern nicht leichtlich zu finden. Und lib. 1. c. 2. ſagt Er / unter anderm / daß kein Unterſcheid zwiſchen frey - en / und Reichs-Staͤtten / ſeye; und beduncke ihn / daß das Woͤrtlein Und (Freye / und Reichs - Staͤtte) nichts anders mit ſich bringe / als / daß die Reichs-Staͤtte ſeyen frey / und dem Reich ohn - mittelbar underworffen / gleichſam freye / und des Reichs Staͤtte. Jm beſagten 2. Buch / cap. 1. num. 45. & ſeqq. antwortet Er den Haßern der Staͤtte (darunter Andreas Knichen iſt / den Er lib. 1. c. 3. n. 1. der Staͤttiſchen Freyheit gantz auf - ſetzlichen Feinde nennet) / welchein Zweifel zu zie - hen ſich unterſtehen / ob Sie in ihren Herrſchaff - ten / und Gebietten / den Fuͤrſten / und Staͤnden des Reichs / gleich ſeyen; item c. 2. n. 45. ſeqq. auff den Vorwurff / daß die Reichs-Staͤtte / bey den Reichstaͤgen keine Entſcheidungs / ſondern nur Berathſchlagungs-Stimm hetten / und er - weiſet num. 72. ſeqq. daß Sie nicht nur ein Votum Conſultativum, etwas namlich helffen zu berath - ſchlagen; ſondern auch deciſivum, das iſt / eine Sach zu eroͤrtern / und darinn / neben andern Staͤnden / den Auſſpruch / zu thun / von Rechts wegen haben. Sezet auch d. cap. 1. n. 95. den Ver - trag zwiſchen dem Reichs Erb-Marſchallen / Herren von Pappenheim / und den Reichs-Staͤt - ten / in welchen die Reichstaͤge gehalten werden /G g iijAn. 470Die 96. Frag / des 3. Hundert. An. 1614. den 26. Octobris, gemacht. Siehe oben die 31. Frag. Jm fuͤnften Buch / da er von den Obrigkeits-Aemtern in den Reichs-Staͤtten handelt / hat Er unterſchidliches von den Hand - wercken; und ſagt cap. 2. num. 35. daß ein ſolches der Handwercker Geſaͤtz guͤltig ſeye / daß ein Wit - tiber / oder Geſell / in das Ambt / oder Handwerck / freyen muͤeße / wann nur eine da iſt / mit der Er ſich erlaubter Weiſe / in die Ehe begeben koͤnne. num. 59. daß eines Schinders Soͤhne zu den Handwercken zuzulaßen ſeyen / habe das Schoͤp - fen-Gericht zu Jena / An. 1626. im Julio / ge - ſprochen; wie ſolches Richterus decis. 80. num. 25. berichte; weil ein Schinder kein verleumbde / oder unehrliche / ſondern nur ein ſchandliche Per - ſon (oder / nicht infamis, ſed turpis ſaltem per - ſona) ſeye: Aber / daß man die Zunftgenoßen / oder Collegatarios nicht zwingen koͤnne / daß Sie einen Schergen in ihr Collegium, oder Zunfft / aufnemmen ſollen / ſeye auch daſelbſt / im Monat Aprilen / An. 1621. geſchloßen worden. Diſes Statutum aber ſeye unkraͤftig / wann die Handwer - cker einen in ihr Zunft zu nemmen nicht geſtatten wollen / der eines Stattknechts / oder Buͤttels / Wittib / zum Weib genommen; und ſagt Er / num. 62. daß das Auftreiben der Geſellen / und unredlich machen / der Obrigkeit zueſtehe. Und wil Er num. 70. & ſeqq. daß die nicht koͤnnen vom Handwerck / oder aus der Zunfft / abgeſchafftwerden /471Die 96. Frag / des 3. Hundert. werden / welche die zum Weibe nehmen / mit der Sie / vor der Prieſterlichen Einweihung / zu thun gehabt / oder zuvor geſchwaͤngert haben: auch nit der / ſo Eine / die von einem andern ſchwanger / ehli - chet: auch die nit / ſo mit dem Hencker ißet / trincket / oder ſonſten mit Jhme umbgehet. Der einen Hund entweder ohn gefehꝛ / oder aus noth / erſchlaͤgt / wird darum nicht unehrlich / wiewol es / an etlichen Or - ten / bey den geſchenckten Handwerckern / durch Mißbrauch / anderſt gehalten wird. Der / nach der Folter / ledig geſprochen worden / wird nicht fuͤr unehrlich gehalten. So iſt einem Geſchmaͤch - ten / bis zu Außtrag der Sachen / das Handwerck nicht nider zu legen; Reformation gueter Po - licey zu Augſp. An. 1548. auff gericht / tit. von Handwercks-Soͤhnen / Geſellen &c, item Poli - cey-Ordnung An. 1577. zu Franckfurt gebeßert / tit. 38. Sihe von der Handwercker Statut en auch Kubach. cent. 1. decur. 7. qu. 3. da Er ſagt / daß ſolche guͤltig / wann ſie nicht wider das jus publi - cum, oder zu Nachtheil des Dritten / gemacht; und ſonderlich / wann ſie von dem Fuͤrſten / oder der Obrigkeit / beſtaͤttigt worden.

Die 97. Frag. Woher kommen die Veraͤnde - rungen der Koͤnigreichen / Ge - ſchlechte &c.

G g iiijMan472Die 97. Frag / des 3. Hundert.

MAn erfaͤhret immerzue / wie theils Koͤnigreich / Fuͤrſtentum / Staͤt - te / Geſchlechte / Zue: und Abnem - men / Theils gar / ſamt den Voͤlckern / aus gerottet werden / ihre gewiße Zeiten / und Abwechslungen haben / dardurch etwan die lang gepreſte From - men erlediget / und die Boͤſen geſtraffet werden. Warum nun ſolches geſchehe / davon / und von den Zeiten / oder wie lang theils Koͤnigreich / und Geſchlechte &c, zu ſtehen / und zu weren: Oder / von dem Urſprung / Altum / Gluͤckſeeligkeit / Er - weiterung / Wehrung / und Veraͤnderung der Hohen / oder großen / und geringern Geſchlechte / der Fuͤrſtentumen / und Haubt-Reichen; inſon - derheit von der Wuͤrck: und Endurſach ſolcher Veraͤnderungen / iſt unter den Gelehrten vil ſtrei - tens; alſo / daß Theils ſolche den großen der Pla - neten Zuſam̃enkuͤnften; Etliche der Zahl 500. oder 1000. ſo Sie numerum ſacrum, und fata - lem nennen / zueſchreiben / welche vil Geſchlecht / und Freye Staͤnde / erraicht / ſelten aber uͤber die - ſelbe kommen weren. Etliche fliehen zu andern verborgenen Urſachen / und vermeinen / daß wie alle Menſchliche Sachen ihre gewiße Zeit / alſo auch die Fuͤrſtentum &c, und Geſchlechte / het - ten / uͤber die ſie nicht hinaus raichen / oder immer - zue in gleicher Gluͤckſeeligkeit ſeyn / und ſtaͤts weh - ren koͤnten; ſondern entlich undergehen muͤeſten. War473Die 97. Frag / des 3. Hundert. War nicht das Geſchlecht von Hohen Stauffen im Schwabenland vor Zeiten gluͤckſeelig / maͤch - tig / und mit hochberuͤmten unterſchidlichen Key - ſern / begabt? Welches aber mit Cunrado, oder wie ihn die Welſchen genant / Cunradino, im Teutſchland (dann in Italia noch etwas davon uͤberbliben) abgeſtorben; deßen Hiſtori auch Fo - lix Reineocius von Brandenburg / in ſeinem Pit - taco Franciſcano, oder im fuͤnften theil der Fran - ciſcaner Weißheit lib. 1. c. 1. & 2. weitlaͤuffig / und am Blat 63. auch ein altes der Teutſchen Lied davon / darinn ſeines Todes Urſach dem Bapſt Clementen dem Vierten gegeben wird / ſe - tzen thuet. Anderer Vornehmen / und alten Ge - ſchlechte / ſo nun dahin ſeyn / fuͤr dieſes mal zuge - ſchweigen. Man mag aber Urſachen des Unter - gangs ſo viler anſehenlicher Geſchlechte / und veraͤnderung ſo viler Regimenter / auff die Bahn bringen / als man wil; ſo ſeyn doch keine gewißere / als die Uns die H. Schrifft an den Tag gibet / und lehret / daß Gott der HErr die Koͤnigreiche &c ſe - tze / er halte / und zerſtoͤre. Anſehenliche Beyſpiel geben Uns die erſte 3. Capitel des 5. Buch Mo - ſis / in erhoͤhung der Jſraeliten / und Außrottung der gottloſen Heidniſchen Voͤlcker / aus dem Lan - de Chanaan; Hergegen / daß Er ihnen / den J - ſraeliten nichts von dem Lande der Kinder Eſau; auch nichts von dem Lande der Moabiter / und Ammoniter / geben wolle / aus welcher Lande ErG g vAndere474Die 97. Frag / des 3. Hundert. Andere Voͤlcker vertriben. Und das thuet Gott noch heutigs tags / Er vertreibt Etliche aus den Guͤettern / und ſetzet Andere dargegen ein / und richtet alles nach ſeinem Willen / alſo daß kein Betrug da etwas vermag / noch Gewalt wider die Frommen / wann Er nicht wil; ſondern es muß den Boͤſen alles zum Verderben geraichen. Er ordnet / und regieret / alle Koͤnigreich / groß / und kleine / alle Guͤeter / mittelmaͤßige / und die al - lerwenigſte / aller / und ieder Menſchen / Er erhelt / und vermehret entweder dieſelbe / oder mindert / und verderbt ſolche aller Orten / nach ſeinem Be - lieben. Dann die Erde iſt des HErren / und was darauff iſt. Alle Thier im Walde ſind ſein / und das Vieh auff den Bergen / da ſie bey tauſenten gehen / im 24. und 50. Pſalmen. Beym Prophe - ten Jeremia / Cap. 27. v. 5. 6. 7. ſpricht Gott der HErr: Jch hab die Erden gemacht / und Men - ſchen / und Vieh / ſo auff Erden ſind / durch meine große Kraft / und aus geſtreckten Arm / und gebe ſie / wem ich wil. Nu aber hab ich alle dieſe Land gegeben in die Hand meines Knechts Nebucad - nezar / des Koͤnigs zu Babel / und hab ihm auch die wilden Thier auff dem Felde gegeben / daß Sie ihm dienen ſollen. Und ſollen alle Voͤlcker die - nen &c. Damit ſtimmet auch der Prophet Da - niel uͤber ein / wann Er von GOtt / im 2. Capitel / v. 21. alſo redet: Er endert Zeit / und Stunde. Er ſezt Koͤnige ab / und ſetzet Koͤnige ein. Und im4. Cap.475Die 97. Frag / des 3. Hundert. 4. Cap. v. 14. Auff das die Lebendigen erkennen / daß der Hoͤheſt Gewalt hat uͤber der Menſchen Koͤnigreiche / und gibt ſie wem Er wil / und erhoͤ - het die Nidrigen zu denſelbigen. Theils Geſchlecht bleiben lang / theils eine kurze Zeit. Alſo gehet es auch daher mit den Koͤnigreichen / und Herrſchaf - ten; nach dem ihnen Gott eine Zeit beſtimmet hat. Er hat Ziel geſezt / zuvor verſehen / wie lang / und weit ſie wohnen ſollen; in der Apoſtel Geſchicht / Cap. 17. v. 26. Als obgedachter Koͤnig Nebu - cadnezar unter den wilden Thieren / in den Waͤl - den / ſeines Verſtands beraubt / von Graß / oder Kraͤutern / ſich nehrete; (ſihe / wie Theils ſolches außlegen / beym Jacobo Herrenſchid / in diſſert. de Bacchanaliis, p. 36.) hat ſich / ganzer ſiben Jahr lang / Niemands unterſtehen doͤrffen ſein Koͤnig - reich anzufallen / ſondern ſolches iſt ihme erhalten worden / biß Er wider zu ſeinem Verſtand gelangt iſt; Daniel. 4. v. 31. Wie aber Gott der HErr den Laͤndern / und Geſchlechten &c, ihr Ziel ſe - zet; Alſo geſchihet es auch abſonderlich mit den Menſchen. Wie Gott im 5. Buch Moſis Cap. 1. v. 6. ſagt / Jhr ſeyd lang gnug an dieſem Ber - ge geweſen / wendet euch / und ziehet hin &c: Alſo ſolle man auch fuͤr gewiß glauben / ſchreibet D. VVolfg. Franzius diſp. 2. th. 38. ex Deuteron. daß Gott alle / and iede Menſchen / an allen Orten / in einem Jedwedern Stand / gleichſam mit diſem Beding regiere: Du haſt lang genug unter diſenLeuten476Die 97. Frag / des 3. Hundert. Leuten gearbeitet; gehe nun zu diſen andern. Daß daher wir allen Beruff inſonderheit fuͤr einen Goͤttlichen billich halten ſollen. Und wan dich Gott nicht beruffet / ſo wiße / daß du / oder ein An - derer / noch nicht gnug / nach ſeinem Willen / al - hie / oder anderswo / gelebt habeſt.

Was die Endurſach der Erhalt: und Auß - rottung der Koͤnigreich / und Geſchlechten / anbe - langt / ſo ſcheinet keine andere zu ſeyn / als / daß alle Urſach haben den Gutthaten GOttes / der Danckbarkeit / deßgleichen den begangenen Suͤn - den / dem Zorn Gottes / und der Bueß &c, nach - zugedencken. Dann deßwegen befeſtiget Er den Thron der Koͤnigreiche / der Geſchlechte / und Haͤu - ſer / oder aber ſtoßet die Gewaltige / und auch die Eintzele / von ihrem Stuel / und Sitz / auff daß Sie erkennen / ob ihr biß daher gefuͤhrtes Leben entwe - der Gott gefallen / oder nicht gefallen habe. Dann wegen der Suͤnden geſchehen ſolche Veraͤnderun - gen / wie an den Chananæern / und vilen andern / zu erſehen / die wegen Abgoͤtterey / Ungerechtig - keit / Verachtung der Eltern / Hurerey / Schlem - men / und dergleichen Suͤnden / ins Verderben gerathen ſeyn. Wer Andere aus ihrem Erb ver - treibt / als wie die beſagte Chananæer / des gottlo - ſen Chams Nachkoͤmlinge / die Semiter / die wer - den wider vertriben. Der Koͤnig Sihon der Amo - riter hat den Moabitern das Land genommen /ſo477Die 97. Frag / des 3. Hundert. ſo Er beſeßen / deme aber ſolches die Jſraeliten wi - der genommen / im 4. Buch Moſis / Cap. 21. v. 26. Welches dann alle die wol mercken ſollen / wel - che mit Gewalt / und Unrecht / ſich bereichern / Ae - cker / Weinberg / Haͤuſer / Doͤrffer / Staͤtt / Graff - ſchafften / und Laͤnder / zu ſich raſpen. Jtem / die ei - nen unrecht maͤßigen Krieg fuͤrnehmen. Dann es eben ſo vil / als wann ſie mit ihrer Hand ſo vil Menſchen umbbraͤchten / ſovil auspluͤnderten / und verderbten. Dann Sie werden alßdann von unzahlbarer Leute Seuffzen bey Gott angeklagt; ſchreibet gemelter D. Frantz th. 54. und ermahnet die Kriegfuͤhrende / th. 55. daß Sie guete Kriegs - Diſciplin anſtellen ſollen / damit den Freunden / den Bruͤedern / und Benachbarten / mit Rauben / Vergewalthaͤtigen der Weibsperſonen / und der - gleichen / verſchonet werde. Und dann diſputat. 8. th. 52. Erinnerung thuet / daß vil anſehenliche Geſchlecht / wegen Grauſamkeit gegen ihre Un - derthanen / Tagloͤhner / und Knechte / under gehen / und daher die Fuͤrſten / Edelleut / und Voͤgte er - mahnet / daß Sie mit gelindigkeit ihre Angehoͤri - ge tractiren ſollen / auff daß nicht dieſelben / wann Sie / wider die Vertraͤg / wider Gerechtigkeit / und Billicheit / und wider die Chriſtliche Lieb / geplagt / und beleydiget werden / durch die Schmertzen / und Seuffzer / Sie bey Gott anklagen / und ſolche Herꝛ - ſchafften dardurch / Jhnen / und ihrem Geſchlecht /der -478Die 98. Frag / des 3. Hundert. der gleichen erſchroͤckliche Straffen auff den Halß laden.

Die 98. Frag. Jſt ein ieder Stoltzer Menſch auch ein Narr? Und darff Einer / wann Andere ſchweigen / ſich ſelbſt loben?

MAn pflegt im gemeinen Sprichwort zu ſagen / Stultus, und Stoltz / wachſn auff eim Holtz. Jtem:

Das Stoltz ſey Narꝛheit iſt be -
kant /
Dann Stoltz von Stultus wird ge -
nant.

Sintemal / durch den Stoltz / Manchem alle Witz / und Verſtand hinweg gehet / daß Er ſich ſelbſten nicht mehr erkent / und daruͤber zum Nar - ren wird. M. Thomas Sagittarius; in exercit. Eth. exoter. 12. p. 313. hat auch dieſe Frag / ob ein Jeder Stoltzer ein Narr ſeye? und beweiſet ſolches auch aus Menandro, beym Stobæo, ſerm. 22. Dann ein Stoltzer wird in ſeinem Verſtand be - trogen / in dem Er Jhme mehr einbildet / als ver - handen / oder da iſt. Und ſeye daher ein ieder Stoltzer ein rechter Narr / als der ſich proprio ſuo motu betriege. Und ſagt / in Superbiæ castris ſtul - torum-ſuperborum, & ſuperborum-ſtultorum plena eſſe omnia. Wie die Wind / wann ſie zu we -hen479Die 98. Frag / des 3. Hundert. hen auffhoͤren wollen / am ſtaͤrckſten ſeyn / alſo ſeyn auch ſtoltze Leut am naͤchſten bey ihrem Fall / wann Sie ſich am meiſten erheben.

Was das Ander anbelangt / ſo ſagt man zwar im Sprichwort: Aigen Lob ſtinckt: ſo die Jta - lianer alſo geben: Chi ſi loda, s imbroda; laus in ore proprio ſordescit. Und Michaël Verinus ſpricht beym Angelo Monoſinio, lib. 6. floris Ita - licæ Linguæ, p. m. 286.

De te alii narrent, proprio ſordescit in ore Gloria: ſi taceas, plus tibi laudis erit.

Daß namblich Einer ſich Andere ſolle loben / oder etwas von ſeinen loͤblich verrichten Thaten erzehlen laßen; weilen der Ruhm in eines aignen Mundt ſtincke; her gegen / wann Einer ſchweige / es Jhme zu mehrerm Lob gereiche. Gleichwol / wann Andere / da Sie es mit guetem Gewißen / und ohne Heucheley / wol thun koͤnten / auch bey ei - ner nothwendigen Sach / und an die Hand gegeb - ner Gelegenheit / billich thun ſolten / ſchweigen; So iſt es wol erlaubt / daß Einer die Sach / wie ſie an ihr ſelbſt beſchaffen / und was Er dabey nutz - liches / und loͤbliches gethan / jedoch mit gebuͤren - der Beſcheidenheit / erzehle / ſeinen gueten Nah - men rette / hiedurch boͤſen Nachklang / und Scha - den verhuͤete / auch ſein Heil / und Wolfahrt / mit Warheit / im Nothfall / befoͤrdere; ſonderlich / wann Er ſiehet / daß ſeine Mißgoͤnſtige / und Wi - derwaͤrtige / mit fleiß / ſein gebuͤrendes Lob ver -ſchwei -480Die 99. Frag / des 3. Hundert. ſchweigen / damit Sie deſto mehr Gunſt / und Be - foͤrderung / haben moͤgen. Siehe / ob ein Menſch den Andern / bey ſeinem Leben / und in ſeiner Ge - genwart loben moͤge? den D. Andr. Keslerum, in Theolog. Caſuum Conſcientiæ, cap. ult. da auff das Erſte geantwortet wird / daß man einen Men - ſchen / bey ſeinem Leben / wegen ſeiner Tugend / und Gaben / aber nicht wegen ſeiner Gluͤckſeeligkeit: und fuͤrs ander auch denſelben / in ſeiner Gegen - wart / wann Er es verdienet / und man deßen Ur - ſach hat / aber nicht Fuchsſchwaͤnzeriſch / und ge - nieß halber / wol loben moͤge.

Die 99. Frag. Woher hat das Faßnacht-Feſt ſeinen Urſprung?

ES nennen die Lateiner daſ - ſelbe Bacchanalia, vom Baccho, den die Heyden zu einem GOtt des Weins ge - macht: item / Liberalia, und Dionyſia, weilen ge - melter Bacchus, auch Liber, und Dionyſius, iſt geheißen worden. Und diſem zu ehren / iſt der glei - chen Feſt angeſtellet worden. Auguſtinus lib. 18. de Civit. Dei; cap. 13. thuet den Haubt-Urſprung dem Teufel zueſchreiben. Die Jnſtrumental-Ur - ſachen ſeyn die Heyden. Dañ / von den Egyptiern / und Jndianern / ſchier zwey tauſent Jahr vor Chriſti Geburt / iſt diſes Teufliſches Feſt er ſtlich gehalten worden / bald darauff ins Griechenland /folgends481Die 99. Frag / des 3. Hundert. folgends in Hetrurien / und entlich auch in die Statt Rom gelangt; daſelbſten die Keuſchheit der Weiber dardurch gewaltig in abnehmen ge - rathen. Es haben zwar die Engellaͤnder bey Jh - nen die Vermumte / und Mummereyen / nicht ge - duldet; auch Koͤnig Frantz der Erſte in Franck - reich / die durch offentlichen Bevelch / verbotten: Aber zu Rom / Venedig / und in gantz Jtalia / wird es hoch / als der furnemſten Feſte eines ge - halten. Wer es nicht glaubet / reiſe nur nach Ve - nedig / wird Er mit Verwunderung erfahren / was fuͤr Unſinnig: Leichtfertigkeit / und Thor - heit / zur ſelbigen Zeit / daſelbſten vorgehet. Bey den Teutſchen iſt es auch nicht gar abkommen / da man noch / theils Orten / mit Schaͤmhaͤubtern / oder Larven / herum gehet / Wuͤrffelſpil treibet / Narren-Kleyder anleget / dieſelbe verwexelt / alſo / daß die Manns-Perſonen Weibs: hergegen dieſe Manns-Kleider anziehen; tantzet / und al - lerley Poßen / und Leichtfertigkeit treibet. Andere aber / ſo daran kein Belieben tragen / pflegen aufs wenigſt Haſenoͤhrlein / ſo ſie Faßnacht-Oehrlein nennen / und vilerley anders Gebachens / item ſtat - liche Kuchen / und Plaͤtz / auch Paͤſtetten / und der - gleichen zu machen / und nicht allein zu Hauß in großer Froͤlichkeit / bey andern gueten Speiſen / und herrlichen Getraͤnck / zu verzehren; ſondern auch Andern zu verehren / und zu ſchicken / damit manH hwißen482Die 99. Frag / des 3. Hundert. wißen moͤge / daß man auch Faßnacht gehalten habe. Der Haußgenoßen Maͤuler / und Ange - ſicht / ſeyn bißweilen ſo ſchmuzig / daß Einer ſein Geſtalt / wie in einem Spiegel / ſehen koͤnte. Dann / an ſolchen obangedeuten Orten / da man noch Faßnacht helt / alles uͤberfluͤßig da ſeyn mueß. Thuet ein Haußvatter / der vil Kinder / Geſind / hat / ſolches nicht / ſo wird er fuͤr ein Hungerleider / und Geitzigen gehalten. Da mueß man etwan auch Spilleut haben; und wo man zu tantzen pflegt / guete Mandelmilch zum Gebachens / auf - ſetzen. Da laßen die Hauß-Muͤttern alle andere nothwendige Geſchaͤfft fahren / und warten allein dem Bachen in der Pfannen ab / und wann es nicht wol gereth / Sie die Schuld ſodann der Vil - heit des Saltzes / oder dem Muͤller / ſo ein ſo ſchwartzes Meel heimgeben / oder der Heffen / oder / daß Sie zu wenig Eyer genommen / geben. Die Maͤgd erweiſen zu keiner Zeit einen groͤßern Fleiß / als damals. Haͤnd / und Fuͤeß / thun als - dann ihr Amt: man laufft umb Milch / Meel / Eyer / Schmaltz / Weinbeer / und dergleichen.

Was die obernante Vermumte anbelangt / die bißweilen gar in Teufels-Kleydern aufziehen / ſo werden ſie dem abtrinnigen Teufel dardurch gleich. Und ſolte Sie der klaͤgliche Tod / ſo ihres gleichen davon bekommen / von ſolcher Verſtell: und Verkleidung abſchrecken. Exempel hat Ja -cobus483Die 99. Frag / des 3. Hundert. cobus Herrenſchmid / in diſſertatiuncula de Baccha - naliis, p. 57. ſeqq. darunter auch dieſe ſeyn. 1. von einem Juͤngling / der alſo in Bacchus-Kleydern / und mit einer Teufliſchen Larven / aufgezogen / zu Magdeburg / bey der Nacht / lebendig iſt vom Teufel hinweggefuͤhret worden. Zu Leipzig hat Einer / im herumb lauffen / einem andern ein Aug ausgegraben / und ihn / ſamt dem Aug / ums Le - ben gebracht. Ein ſolcher Vermumter iſt am Aſcher-Mitwoch in die Kirchen geloffen / da eben ein fuͤrnehmer Gottesgelehrter geprediget / der diſen erſehenen Geſellen deßwegen hart angeredet hat; welcher auch aus der Kirchen hinweg ge - gangen / und nicht lang hernach geſtorben iſt. Koͤ - nig Carl der Sechſte in Franckreich / hat zu eines Vornehmen von Adel Hochzeit Zuberaitung thun laßen. Alß aber mitten in der Nacht / zu Pa - riß / ein Spil gehalten worden / darinn 5. vom A - del / als Waldteuffel im Tantz aufgezogen ſeyn / darunter auch der beſagte Koͤnig geweſen / und der von Orleans entweder im Schertz / oder boß - haftiger weiſe / eine Fackel auff Sie geworffen / oder mit derſelben ſich zu Jhnen genahet / davon ihre leinme verbechte Kleider angezuͤndet worden / So ſeyn / Carolus Pictavus, Jobanus Fliſſus, der Graff von Iuniac, und noch einer tod gebliben / der Koͤnig / ſo von einer Frauen umbfangen / und bedeckt / iſt noch erhalten worden / aber umb ſeinenH h ijrechten484Die 99. Frag / des 3. Hundert. rechten Verſtand kommen: Der fuͤnfte Edel - mann aber / Manterella genant / hat ohngefehr ein Waßer bekommen / und iſt auch beym Leben blieben. Das Hauß / in S. Marcelli Vorſtatt / da dieſes geſchehen / iſt darauff abgebrochen wor - den. Die Faßnacht-Geſchicht / ſo ſich im Jahr 1570. auff dem Graͤflich Hohenlohiſchen Schloß Waldenburg / bey Oeringen / begeben / ruͤhret ge - melter Autor nur mit wenigen an; gedencket aber einer Hoch-Adelichen / und gottſeeligen Frauen / ſo dabey geweſen / und deßwegen / biß an ihr En - de / Chriſtlich getrauret hat. Es beſchreibet aber ſelbige klaͤgliche Hiſtori Martinus Cruſius part. 3. Annal. Suev. lib. 12. c. 16. Unter andern / ſo al - da Schaden gelitten / iſt Graff Eberhard von Hohenlohe verbronnen. An. 1600. iſt / auff der Wolgaſtiſchen Faßnacht / den 5. Hornung / bey einem Abendtantz / Herzog Johann Friderich in Pommern / in eine große ſchleunige Leibs-Kranck - heit gefallen / daß Er den 9. hernach geſtorben: Micrælius part. 2. lib. 3. vom alten Saͤchſiſchen Pommerlande / p. 600. Was ſonſten bey der Faßnacht zu betrachten / dieſelbe zu fliehen / und dergleichen / davon handelt obgedachter Herren - ſchmid / im angezognen Buͤchlein / weitlaͤuffig. Darzue der Polydorus Vergilius, de Rerum In - ventoribus, lib. 3. c. 17. und des D. Gesneri Ora - tion de Bacchanal. An. 1600. zu Wittenberggedruckt485Die 100. Frag / des 3. Hundert. gedruckt / wie auch D. Io. Iac. Speidelii Notabilia Iuridico. hiſtor. politica, v. Faßnacht / lit. F. p. 295. ſeqq. koͤnnen geleſen werden.

Die 100. und Letzte Frag. Gehoͤrt der Biber: und Otter - fang zum Forſt: oder Fiſch-Recht?

JN der Raiſe-Beſchreibung Zweyer Exulan ten durch Heuteliam ſtehet / daß einsmals / im Teutſchland / decidi rt worden / daß Er dem Herren der Fiſche - rey zugehoͤre; Einer aber hette diſen Unterſcheid gemacht / daß die Thier / und Voͤgel / ſo bey den Waßern gefangen werden / dem Herren der Fi - ſcherey zugehoͤreten: Wann man Sie aber in den Waͤldern antreffe / und ſie daſelbſt gefangen wuͤr - den / ſo gehoͤrten ſie dem Forſt-Herren: Wann ſie aber noch frey / ſo weren ſie Niemand zueſtaͤndig; wie davon ein mehrers daſelbſt zu leſen / p. 100. & ſeqq. alda auch p. 106. geſagt wird / daß Einer Hoͤrner an ſein Hauͤß anſchlagen / und darzue ſchreiben laßen; Die Hoͤrner werden von den Hir - ſchen / und Roͤchboͤcken / ſo Maͤnnlein ſeyn / aufm Kopf getragen; die Maͤnner ſeyn das Haubt im Hauß. Jtem / p. 111. daß ein Einfaltiger Tropf / in der Haſen-Jagd / einen gefangenen Fuchſen wider ledig gemacht / und geſagt habe / wann man Fuͤchs fangen werde / ſoll er ſich widerH h iijein -486Die 100. Frag / des 3. Hundert. einſtellen. Und ſovil ſtehet hievon daſelbſt. P. Matth. VVehnerus, in pract. obſervat. voc. Forſt - Recht / lit. F. p. m. 160. ſagt: Es gehoͤre auch dem Herren des Wildbans / Forſts / und Ge - jagdts / die Species Venationis des Biber: und Otterfangs / welche ein Anhang des Geweidts ſeye / und gehoͤre / gleichſam wie eine Fiſcherey / zu den Regalien; welches von der gewonheit des Schwabenlands Kellerus lib. 2. de offic. juridico - polit. c. 15. f. 445. in f. bezeuge. Hiemit ſtimmet auch D. Christoph. Beſoldus uͤber ein / in dem Er / in Thes. pract. lit. F. voc. Fiſcherey / alſo ſagt: Biber: und Otterfang iſt ein Anhang des Ja - gens / und Regalien / alſo gebuͤrt ſie auch dem Herren des Wildbans / Forſt / und Gejagts / als ein Species Venationis. Balth. Bonifacius in hiſt. lu - dicra lib. 2. c. 42. ſagt / daß man die Lutras, oder Otteꝛn / zum Fiſchfang bißweilen ſo zam gemacht / daß ſie in die Fluͤße ſich begeben / die voruͤber - ſchwimmende Fiſch ergriffen / und ihren Herren treulich geliffert haben. Und meldet Er vorhero / cap. 40. daß die in China große Raben haben / deren Haͤlſe Sie alſo knipfen / oder zuſammen zie - hen / daß ſie nichts eßen koͤnnen / gleichwol den A - them holen moͤgen. Dieſe laßen Sie / aus den Keffichten ins Waßer / da ſie dann die Fiſche fan - gen / und nach Hauſe bringen. Darauff ihnen der Halß wider geloͤſet wird / damit ſie auch zur gnuͤe - ge eßen koͤnnen.

Zum487Die 100. Frag / des 3. Hundert.

Zum Beſchluß / dieweil du mir ſovil Fragen vorgelegt / wil ich dir auch etliche aufgeben / die du mir / mit der Antwort / wider zuruck ſchi - cken wolleſt / namblich

  • 1. Wer die ſeyen / die ſo offt geſchlagen werden / und es nicht verdienen?
  • 2. Was das ſeye / ſo man eben legt / hin und wider kehret / alles ſihet / was darinn iſt / und damit thuet / was man wil?
  • 3. Wer die ſeyen / ſo ihren Her - ren alle Tag tragen / und doch kei - ne Schenckel haben?
  • 4. Wer die ſeyen / ſo am meiſten ihre Geſundheit lieben?
  • 5. Wer am beſten tantze?
  • 6. Welcher Menſch am beſten trincke?
H h iiij5. Wer488Die 100. Frag / des 3. Hundert.
  • 7. Wer der ſeye / deme man taͤglich mehr als hundert tauſent Stich mit dem Meßer gibt / und ihn doch nicht umbbringt?
  • 8. Was wird von einem Hoff - mann erfordert?
  • 9. Was iſt das / ſo einen ge - ſchwinden Lauff hat / und doch al - lezeit zuruck gehet?
  • 10. Was iſt das allerverdrieß - lichſte Ding in der Welt?
  • 11. Was iſt das allergeſchwin - deſte / und unluſtigſte?
  • 12. Was iſt ſuͤeßer / als das Honig?
  • 13. Was iſt bitterer / als die Gall?
  • 14. Was iſt haͤrter / als Eiſen / und Stahl?
  • 15. Wer ſeyn die / ſobegehren Einaͤugig zu ſeyn?
18. 489Die 100. Frag / des 3. Hundert.
  • 15. Warum ſetzet man Hanen / und nicht Hennen auff die Glocken - thuͤrn?
  • 17. Warum gehen die Boͤcke vor den Schaffen?
  • 18. Was iſt am allerungewi - ſeſten?
  • 19. Was ſiehet der Menſch am meiſten / und kan doch zu demſelben nicht kommen / oder ſelbiges an - ruͤhren?
  • 20. Was iſt das / ſo im Holtz waͤchſt / und in der Statt ſingt? welches aber bald zu errathen iſt: wie auch die folgende Frag /
  • 21. Was das ſeye / ſo weder trinckt / noch iſſet / kein Bluet hat / und doch die Leute zuſammen rueffet?
  • 22. Was iſt das / Zween haltenH h ves /490Die 100. Frag / des 3. Hundert. es / Zween ſehen es an / und Zween ſtecken ihm etwas ins Loch?
  • 23. Was iſt das / ſo da gehet / und kommet / und doch nie von ſei - nem Ort weichet?
  • 24. Wann thun den Haſen die Zaͤhn am meiſten wehe?
  • 25. Woher komt das Sprich - wort: Wildtbraͤt wil Pfeffer haben?

Jch koͤnte dir noch mehrere der - gleichen Fragen aufgeben: Wil es aber / fuͤr diſesmal / bey den obſte - henden verbleiben laſſen / und dei - ner Antwort darauff erwarten / mit Gegenverſprechen / ſofern dir belieben ſolte / Mir / ůber die biß - hero vorgelegte Drey Hundert noch mehrere zu uͤberſchicken / daßdie -491Die 100. Frag / des 3. Hundert. dieſelben auch / wann ich das Leben habe / nach befindlichen Dingen / moͤglichſt aufgeloͤſet werden ſollen. Gehab dich wol.

ENDE. NÜRNBERG /
[figure]
Gedruckt bey Wolff Eberhard Felßecker. Jm Jahr 1659.
[492]

Druckfaͤhler in dem Dritten Hundert Fragen.

  • Am Blat 13. in der 4. und 5. Zeil vom Ende / laßet das Wort Selten aus.
  • Bl. 34. Z. 19. Leſet Nicol. Helduaderus.
  • Bl. 78. Z. 5. L. aliena ſit.
  • Bl. 91. Z. 13. L. mit groͤßerm Anſehen.
  • Bl. 93. Z. 17. L. Dionyſius Carthuſianus.
  • Bl. 100. in der lezten Zeil / L. p. 671.
  • Bl. 129. Z. 4. L. in Zeit ſolcher Unſer Koͤnigli - chen Wuͤrden.
  • Bl. 157. Z. 6. L. ſo zum Leib / und dem Gluͤck.
  • Bl. 161. Z. 4. L. ſo erſt im 11. Monat.
  • Bl. 167. Z. 5. vom ende / L. kan uͤberkom̃en werden.
  • Bl. 182. Z. 16. L. bey ſich trage.
  • Bl. 193. Z. 9. laßet Nit aus / und leſet / mit Wuͤrffeln verſpilt / wider fordern kan.
  • Bl. 194. Z. 7. vom ende / L. verklagt werden koͤñe.
  • Bl. 199. Z. 4. vom ende / L. von den Aeckern.
  • Bl. 224. Z. 20. L. Venus haar ein halb Lot.
  • Bl. 243. Z. 15. L. Angelicka / oder Angelitska.
  • Bl. 250. Z. 19. L. Suc. Ros. Garyopla. anderthalb. , Muſc. 1. , cum mucil. Draga, q. s. M.
  • Bl. 251. lin. 17. L. cum $$\frac {△ }{ ☨}$$ calcinati.
  • Bl. 255. Z. 3. L. Lonicero.
  • Bl. 278. Z. 19. L. erſtwachſendeu.
  • Bl. 286. Z. 5. L. Leichtlich auszudaͤnen.
  • Bl. 292. in der lezten Zeil / L. ſubtilen.
Bl.[493]
  • Bl. 319. Z. 22. L. Sophienkraut / Brunellen / Scabioſen / iedes
  • Bl. 320. Z. 14. L. ſchmir dtch warm mit Wer - mutoͤl / und Z. 17. L. uͤber einer Glut.
  • Bl. 324. Z. 12. L. kruͤmmen.
  • Bl. 340. Z. 15. und 16. L. Macis ein halb quintl.
  • Bl. 356. Z. 12. L. flor. Sulphur.
  • Bl. 369. Z. 8. L. ſagt alſo:
  • Bl. 376. Z. 4. vom ende / L. ſo bey Tag bißweilen.
  • Bl. 379. Z. 3. vom ende / L. ſeuds in 2. Maß.
  • Bl. 386. Z. 13. L. Roßmarinwein iſt wider alle kalte Kranckheiten.
  • Bl. 390. Z. 23. L. bewahret von den Maden.
  • Bl. 442. Z. 10. L. und zur Fridenszeit / in den Waffen abgerichtet werden ſollen / damit
  • Bl. 447. Z. 3. L. Wolluſt.
  • Bl. 463. Z. 9. L. in encom. Heronis.
[494]

About this transcription

TextCentvria III. Variarvm Quæstionvm
Author Martin Zeiller
Extent518 images; 100676 tokens; 17673 types; 690985 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationCentvria III. Variarvm Quæstionvm Oder/ das Dritte Hundert Fragen/ von allerley Materien vnd Sachen/ Samt Vnvorgreifflicher Antwort darauff/ auß Vornehmer vnd Gelehrter Leute Schrifften genommen/ und gesamlet Martin Zeiller. . [12] Bl., 491 S., [1] Bl. WildeisenUlm1659.

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SUB Göttingen SUB Göttingen, 8 SVA VIII, 294:2 (1)

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationFachtext; Naturwissenschaft; Philosophie; Wissenschaft; Naturwissenschaft; Philosophie; core; ready; china

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  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-09T17:35:59Z
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ShelfmarkSUB Göttingen, 8 SVA VIII, 294:2 (1)
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