ES iſt dem Großguͤnſtigen Leſer / zweifels ohne / un - verboꝛgen / daß verſchienen 58. Jahrs / in der Franck - furter Herbſt-Meß / Ein Hundert Fragen / von allerley Materien / und Sachen / heraus kom̃en / dabey der - ſelben Collector, in der Vorrede / die Verheiſſung gethan hat / wann Er vermercken werde / daß ſolche Arbeit angenehm ſeyn moͤchte / noch mehre - re dergleichen Fragen herfuͤr zu ge - ben: Und aber derſelbe ſeithero / vom Herren Verleger / nicht an - ders vermercken koͤnnen / dann daß die gemelte Centuria wol abgegan - gen: Deßwegen Er dann bewegt) (iijwor -Vorrede. worden / ſolch ſein verſprechen ins Werck zu ſetzen / und / fuͤr diſesmal / die andere Centuriam, odeꝛ das An - der Hundert / mit widerholtem be - ding / und verwarung / wie in der er - wenten Erſten Vorrede einkommen / herfuͤr zu geben: Darinn abermals auch unterſchidliche Artzney Sachẽ mit eingebracht worden / die Er / an unterſchidlichen Orten / da Er ſich aufgehalten / aus Erfahr: und Er - zehlung; auch aus den Buͤchern / und geſchꝛibnen Veꝛzeichnuſſen / nach und nach / (dann Er ſonſt die Artz - ney-Kunſt nicht gſtudirt) geſamlet hat; und die Er in der vorigen / die - ſer / und folgenden Centuriis Quæ - ſtionum, nur zu dem Ende com - municiret / daß man / nach gelegen - heit und belieben / in der Eil / und da man etwan theils Orten keinen derArtz -Vorrede. Artzney Erfahrnen Mann haben kan / ſich ſolcher gebrauchen moͤge. Dann wo man der Artzney Docto - res, die auff hohen Schuelen ihre Kunſt / auch durch lange Erfahren - heit / gelehrnet / ihres Verſtands zu curiꝛen / gutes Zeugnus / und auff die Treu geſchworen / haben kan / ſolle man dieſelben in den Kranckheiten / und allerley Zuſtaͤnden / billich raths fragen / und gebrauchen; wie unter andern D. Andreas Keslerus in ſei - ner Theologia Caſuum Conſci - entiæ cap. 60. hievon weitlaͤuffig ſchreibet / auch in diſem unſerm Tra - ctat hin und wider deßwegen Erin - nerung geſchihet; dieweil die Natu - ren ungleich / und die Hauß-Mittel / wann ſie ſchon manchem wol bekom - men / nicht fuͤr einen Jeden ſeyn; wie - wol dieſelben / ſonderlich an denen) (iiijOr -Vorrede. Orten / da man weder Doctores, noch Apotecken hat / oftmals / wann ſie gleich fuͤr gering anzuſehen ſeyn / groſſen Nutzen ſchaffen. Welches dann dienſtlichen zu erinnern / und nur diſes noch alhie mit anzuhencken iſt / daß / in dem man ſolches geſchri - ben / Eines vom Adel Zedel herfuͤr kommen / darinn derſelbe berichtet / wie Er in ſeiner Fꝛau Mutter geſchri - benen Sachen / fuͤr das Podagra uñ Vergicht / folgendes Recept geleſen habe: Nimm Haußwurtz / ſtoß die gar wol / nimm ferners ein Tügel vol guten Eſsig / und ein halben Tügel mit guter Milch / thu es alles wol unter einander; zu lezt nimm von vier Eyern das Weiſſe / zerſchlag daſ - ſelbe gar wol / miſch alles aufs beſte unter einander / ſtreichs ſo dann auff den Fueß / oder wo es dir wehe thut /undVorrede. und bind es mit einem weiſſen Tuch wol zue; ſo wirſtu von ſtunden an / und dann ie laͤnger ie mehr / beſſerung empfinden.
Was die Schreibens-Art an - belangt / verbleibt zwar der Colle - ctor diſer Fragen gemeinlich bey ſei - ner alten Gewonheit: Wann Er aber an denen unterſchidlichen Or - ten / wo ſeine Sachen gedruckt wer - den / nicht ſeyn kan; ſo muß Er ge - ſchehen laſſen / daß man daſelbſt die Woͤrter ungleich ſetzet; begehrt ſich auch deßwegen in keinen Streit ein - zulaſſen; wann nur / im uͤbrigen / nichts auſſen bleibet / verſezt wird / oder die angezogene Stellen der Au - torum, und ihre Wort / wie auch die eingebrachte Sachen / nicht falſch / o - der anders / als ſie lauten / und ge - ſchrieben ſtehen / gedruckt werden. ) (vDannVorrede. Dann Er keine Grammaticam, Dictionarium, und dergleichen / ſchreibet; daß man ſich vil um die Buchſtaben ꝛc. zu bekuͤm̃ern; ſon - dern nur auff die Res, oder die Sa - chen / ſo einkommen / zu ſehen hat / da - mit nicht wider die pietät, gute Sit - ten / und Geſaͤtze / gehandelt werde. Das Gezaͤnck / wie man ein und an - der Teutſches Wort recht ſchreiben ſolle / uͤberlaſt man denen / ſo luſt dar - zu haben. Jſt aber zu beſorgen / werde noch ſo bald kein allgemeiner Schluß hierinn ergehen / nach wel - chem man ſich / in allen Cantzleyen / Schreibſtuben ꝛc. richten; auch ein Jeder / ſo etwas zu ſchreiben / oder ein Buch in den Druck zu geben willens iſt / daran verbindlich ſich halten / uñ kein Wort anders / als wie die Vor - ſchrifft / oder das Formular / lautet /ſchrei -Vorrede. ſchreiben muͤſte. Vor Jahren hat der vortreffliche Poët / Paulus Me - liſſus, ein Franck / beym Marquar - do Frehero, part. 1. Origin. Palat. c. 9. gewiſen / wie man die Teutſche Woͤrter / darinn ai / und ei / einkom - men / unterſcheiden / und recht ſchrei - ben ſolle; als /
Laien / oder Idiotæ, Laici, Leien / oder mutuò dare (darfuͤrſon -Vorrede. ſonſten vil / leihen ſchreiben): Laiten / comitari, deducere, Leiten / pati (darfuͤr man ſonſten gemeinlich Leyden ſchreibet):
Rain purus, Rein huc intus, und Rhein Rhenus: Raiten / rationem inire, Reiten / oder equitare (darfuͤr iezt vil ſchreiben Reuten):
und vil andere mehr. Alſo hat An. 1650. Herꝛ Johann Girbertus / Rector zu Muͤlhauſen / eine TeutſcheOr -Vorrede. Orthographi / aus der H. Bibel / auffgeſezt / ſo zu loben iſt: wiewol der Zeit theils auch damit nicht ver - gnuͤgt / und zu friden ſeyn; die deß - gleichẽ nicht haben wollen / daß man den Nahmen Syrach mit einem y / wie Er in der Bibel ſtehet / und biß - hero bey den Gelehrten braͤuchig ge - weſen / ſchreiben ſolle. Die aber her - gegen auch leyden muͤeſſen / daß man an ihrer Schreib-Art / immerzu et - was zu tadlen findet: wie ſie dann ſelbſten unter einander hierinn nicht ainig ſeyn / und gleich ſchreiben: wiewol etwã auch hieran die Buch - ſetzer Schuld haben; welche / wann der Autor das Wort Drucken / o - der Druckerey hat; Sie bey ihrem alten Trucken / oder Truckerey / und ſo fort an / bey den gewonten Woͤr - tern mehr / es ſeye gleich recht / odernichtVorrede. nicht / verbleiben thun. Davon a - ber dißmal weiter nichts zu melden iſt.
ENDE.
ENDE.
ES iſt ſolches uͤbernatuͤrli - cher Weiſe geſchehen. Dann des Herrn Chriſti Leib war nicht mehr den Geſaͤtzen der Natur / nach ſeiner Aufferſtehung / unterworffen / ſondern war ein geiſtlicher Leib / wie hievon M. Henricus Velſtenius, deca. 7. nobilium quæſtionum Philoſophi - carum, quæſt. 9. wider Timplerum, Petrum, Martyrem, Ioh. Piſcatorem, und Andere / weit - laͤufftig ſchreibet / und D. Hunnium, de per - ſona Chriſti, p. 96. anziehet. Sihe auch D. Iohan. Forſteri diſp. 5. in cap. 53. Eſaiæ, quæſt. 3. Da er th. 103. & ſeqq. von den verklaͤrten Leibern redet / und ſaget / daß dieſelbe nicht unſichtbar ſeyen / ſondern geſehen werden koͤnnen; wiewol ſie mit ſol - cher Klarheit / und Zaͤrtigkeit begabt ſeyn / daß ſieAvon2Die I. Frag. von ſterblichen / und irdiſchen Augen nicht moͤgen geſehen werden / wann ſie uns / als wie den Juͤn - gern / beym Evangeliſten Luca Cap. 24. durch ſonderbare Wirckung Gottes / nicht eroͤffnet wer - den. Wie dañ auch die jenige / die / am Oſtertag mit Chriſto / aus den Graͤbern herfuͤrgegangen / nicht von allen zu Jeruſalem ſeyn geſehen worden; ſon - dern allein von denen / welchen ſolches / aus ſonder - barer Gnad Gottes / gegeben worden. Chriſtus der Herr hat ſeinen Juͤngeꝛn die Wundmaͤhl gewie - ſen / auff daß Er die Wunden ihrer Zweiffelhaff - tigkeit heilete; ſo ſonſten wider die Gelegenheit der verklaͤrten Leiber iſt: Kan auch mit keinem Grund aus H. Schrifft / daß Er ſolche Wundmahl noch jetzt an ſeinem Leib habe / erwieſen werden. Dann / was aus dem Propheten Zacharia / Cap. 12. v. 10. und der Offenb. Johannis Cap. 1. v. 7. vor - gebracht wird / das gehet nur dahinaus / daß die Gottloſen den Herrn Chriſtum / der von ihnen geſtochen / geſchlagen und getoͤdet worden / ſehen werden / und nicht weiters. Nun mit ſolchem ver - klaͤrten Leib iſt Er / in dem Augenblick / in wel - chem Er von den Toden erſtanden / durch den verſigelten Grabſtein durchgedrungen; gleichwie Er / wie oben gemelt / durch die verſchloſſene Thuͤr / zu ſeinen Juͤngern eingegangen iſt. Theophyla - ctus in cap. 28. Matthæi, ſaget / der Herr iſt er - ſtanden / als der Stein noch auff dem Grabe ge - legen; nachdem aber der Herr aufferſtanden /iſt3Die II. Frag. iſt der Engel kommen / und hat den Stein abge - weltzt / auff daß die Weiber einen Zugang zum Grabe haͤtten.
ES wird im 34. Capitel des fuͤnff - ten Buchs Moſis geleſen / wie GOTT der Herr dem Moſi das gelobte Land Canaan gezeiget habe. Wie ſolches zugegangen / und wie Moſes alle Theil des ſo groſſen Landes habe / mit ſeinen Augen / in Acht nemen / und da - von urtheilen koͤnnen? iſt die Frag. D. VVolfg. Franzius, diſp. 14. ex Deuter. th. 166. antwortet / daß man / aus dem vierdten Vers / des gedachten Capitels / erachten koͤnne / daß GOTT des Mo - ſis Augen ſo ſcharff gemacht habe / daß ſie den ver - klaͤrten Augen ſeyen aͤhnlich worden / dann / iſt Chriſto dem Hernn leicht geweſen / die geborne Blinde ſehend zu machen / warum ſolte nicht Gott dem wolſehen den Moſi / aus ſeinex Allmacht / ein gantz ſcharffes Geſicht haben mittheilen koͤnnen. Daß aber theils dieſes Exempel / mit dem des H. Stephans in der vorgelegten Frag / und den ver - klaͤrten Augen / vergleichen wollen / das gehet nicht an. Dann Chriſtus der Herr iſt nicht in einenA ijraum -4Die II. Frag. raumlich - und natuͤrlichen Himmel auffgefahren / dergeſtalt / daß Erin demſelben bleiben / und auff - behalten werden ſolte / und nicht / unterdeſſen / wo Er wolte / allenthalben auff Erden / ſo offt es ihme beliebe / gegenwaͤrtig ſeyn / und ſichtbarlich erſchei - nen koͤnte. Dann darwider finden ſich unter - ſchiedliche Exempel in H. Schrifft / als in der A - poſtel Geſchicht / Cap. 9. v. 17. 27. Cap. 22. v. 17. 18. Cap. 23. v. 11. und Cap. 26. v. 14. in der 1. an die Corinther Cap. 9. v. 1. und Cap. 15. v. 8. in der 2. Epiſtel an die Corinther am 12. in der Of - fenbarung Johannis Cap. 1. v. 13. Jtem / Cap. 2. und 3. Und hat alſo Stephanus den HErrn Chriſtum / ihme nahend / geſehen.
Was anbelanget / daß der Satan dem Herrn Chriſto / auff einem ſehr hohen Berg / alle Reiche der Welt / und ihre Herrlichkeit gewie - ſen / oder angezeigt / Matth. 4. v. 8. Luc. 4. v. 5. iſt ſolches / wie Lyra, und die Gloſſa Ordinaria, ſagen / nicht alſo zuverſtehen / als ob von ſolchem Ort / alle Koͤnigreich / und Staͤdte / inſonderheit haͤtten koͤn - nen geſehen werden / und Satanas gleichſam des Herrn Chrſti Geſicht vermehret / daß Er damit alles / uñ alſo die gantze Welt geſehen: Wie - wol Jhme / auch im Stand ſeiner Ernidrigung / alles vor ſich gegenwaͤrtig war / und Er in allen / und jeden Koͤnigreichen / auch an den kleinſten Thei - len / nach beeden Naturen / allenthalben gegenwaͤr - tig war: auch nicht alſo zu verſtehen / als wannSata -5Die II. Frag. Satanas / ſolche Koͤnigreich dergeſtalt gewieſen haͤtte / daß er die Theil angezeigt / in welchen ein je - des Koͤnigreich gelegen; als wann etliche ſagten / ſihe / da iſt Rom / nicht daß ſie die Stadt Rom wei - ſen thaͤten / ſondern einen Theil der Erden / wo dieſe Stadt gelegen: Sondern darum geſchehen / auff daß / wann Satan / dem Herrn Chriſto / aus allen Reichen weichen thaͤte / und Er darinnen / aus Wolluſt / oder Stoltz / regirte / derſelbe ihn / den Satan / deswegen verehren / und dardurch alle Gnad ſeines Vatters verſchertzen ſolte. Oder / es iſt alſo zu verſtehen / wie die H. Engel / im 2. B. der Koͤnig am 6. v. 17. dem Propheten Eliſæo, und deſſen Diener / ihre Gegenwart / und Menge / mit aͤuſſerlichen Zeichen / und Geſtalten / zu erken - nen geben / und / wie der Satan / im 1. Buch Sa - muelis am 28. des verſtorbenen Samuels Ge - ſtalt / dem Saul gewieſen / und / die Teufel / zu ge - fallen den Zauberern / oder ihretwegen / im 2. B. Moſis / Cap. 8. die aͤuſſerliche Geſtalt der Froͤ - ſche / und dergleichen / vorgeſtellt: Alſo auch / zu ſolchem Ende / davon hie oben der Satanas aller Koͤnigreich Geſtalt / und in denſelben die vielfaͤlti - ge Eitelkeit des Menſchlichen Prachts / und die Perſonen / durch ſeine Engel / hat ſehen laſſen. Dann der Satan iſt ein wunderlicher Kuͤnſtler / und ein kuͤnſtlicher Gauckler. Es hat aber Chri - ſtus / der Herr / ſolche Geſtalten / ſo die Perſonen und Herrlichkeit aller Koͤnigreich vor gebildet / ih -A iijme /6Die II. Frag. me / dem Satan / nicht lang geſtattet / ſondern bald / und mit groſſem Spott des Satans / ver - gehen laſſen. Gleichwol erſcheinet dieſes daraus / wie dem Teufel alle Koͤnigreich der Welt auffs be - ſte bekand ſeyen / als durch welche er ſtaͤtigs herum - wandert / beym Hiob / Cap. 1. v. 7. Was die Zinnen des Tempels anbelangt / auff welche den Herrn Chriſtum der Satan geſtellet / ſo verſtehen theils darunter die aͤuſſerſte Thuͤrn / und derſelben Hoͤhe / auff dem Vorhof / oder der Heyden Hof / ſo He - rodes an den Tempel / von 720. Elen / hat erbauen laſſen / welcher Hoͤhe halber dañ einem das Geſicht vergangen / ehe man / mit demſelben / bis zu unterſt gelangt iſt / Sihe Ioſephum l. 15. c. 14. Antiqu. f. 173. Und zwar ſolle ſolcher Vorhof 16. Jahr vor Chriſti Geburt ſeyn erbauet worden; Darumb ſprechen die Juͤden / Johan. 2. v: 19. Dieſer Tem - pel iſt in 46. Jahren (dann Chriſtus der Herr damal 30. Jahr alt war) erbauet.
Sonſten lernen wir / aus der obgedachten Hi - ſtoria des Moſis / ſo das gantze verheiſſene Land vom Berg herab geſehen / daß es auch mit unſern Leibern / in dem ewigen Leben / eine ſolche Gelegen - heit haben / und ihr Geſicht / ohn alle Verhinder - nus / weit und breit / ſich erſtrecken werde. Wir lehrnen auch daraus / daß der hohen Haͤubter / we - gen der Suͤnde / GOTT nicht verſchone / und mit ſeinen Bedrohungen nicht ſpiele; ſondeꝛn die Straf - fen alſo anordne / daß ſie von vielen geſehen wer -den.7Die II. Frag. den. Dann alſo iſt Moſes / ehe er geſtorben / auff den Berg / gleichſam zur Richtſtatt / im Angeſicht alles Volcks / gefuͤhret worden. Des gleichen daß niemand / wegen ſeiner Gaben / ſolle ſtolziren / und gedencken / als wann GOtt vonnoͤhten haͤtte / ihme ein laͤngers Leben zu geben / dieweil er eine mehrexe Wiſſenſchafft / die Kirchen zu regiren / habe / als ſein Nachfahrer in vielen Jahren er - lernen koͤnne. Dann / GOtt dem Herrn gar leicht iſt / auch aus Steinen geſchicktere zu erwe - cken; gleichwie Er bisweilen fuͤrtreffliche Leut ge - ſchwind hinwegnimmt / und / wegen der Undanck - barkeit der Menſchen / zur Straff / Boͤſe / an der - ſelben Statt / ſetzet.
Welches dann etwas weitlaͤufftiger vermeldet wird / der Hoffnung / daß es dir nicht zuwider ſeyn werde / obſchon eines / und anders / darunter ei - gentlich die vor gelegte Frag nicht angehet. Sihe D. Franzium, an obangezogenem Ort.
ALſo ſagt Moſes in ſeinem 5. Buch / Cap. 4. v. 2. Jhr ſolt nichts darzu thun / das ich euch gebiete / und ſolt auch nichts davon thun / auff daß ihr bewahren moͤget die Gebot des Herrn / euers Gottes / dieA iiijich8Die III. Frag. ich euch gebiete. Sagt auch die Epiſtel an die Galater Cap. 1. verſ. 9. und das letzte Capi - tel in der Offenbarung S. Johannis / verſ. 18. Es heiſſet aber zu dem Wort Gottes hinzu / und davon thun / nicht / die vornemſte Spruͤch / mit andern / oder mehrern / oder wenigern / oder ver - ſetzten Worten / erzehlen; Dann ſolches beedes den Propheten / dem Herrn Chriſto ſelbſten / und den Apoſteln / im Brauch geweſen; und deswegen allen / und jeden Kirchenlehrern / und Zuhoͤrern dieſes gantz wol erlaubt iſt; wie augenſcheinlich der jenige / befinden wird / der die folgende Ort / als im 5. B. Moſis am 8. v. 3. Matth. 4. v. 3. und Mich. 5. v. 2. Matth. 2. v. 6. und im 5. Buch Mo - ſisam 24. v. 1. Matth. 5. v. 31. und Eſa. 9. v. 2. Matth. 5. v. 15. und Eſa. 45. v. 23. 24. zun Roͤmern Cap. 14. v. 11. gegeneinander halten thut: Sondern das heiſt allhie zum Geſatz / oder dem Wort Gottes / thun / etwas anordnen / oder fuͤr den Gottes dienſt ausgeben / das offentlich dem Wort Gottes zuwider iſt. Als da geweſen das ge - goſſen Kalb / 2. B. M. 32. v. 4. Die erbauung der Hoͤhinen / zu Ehren der Heydniſchen Goͤtter / 1. B. der Koͤnige Cap. 11. v. 5. 6. 7. 8. Jtem / die Vereh - rungder Kaͤlber zu Bethel / und Dan / 1. B. der Koͤnige / C. 12. v. 28. 29. 30. Jtem / der Altar zu Bethel / im beſagten 12. Cap. v. 33. und im Anfang des 13. Cap. des 1. Buchs von den Koͤ - nigen. Jtem / die Anbetung der ehrinen Schlan -gen /9Die III. Frag. gen / vor Zeiten in der Wuͤſten auffgericht / 2. B. der Koͤnige / Cap. 18. v. 14. Die Schlachtung der Menſchlichen Opffer / 2. Chron. 28. v. 3. An - ruffung der abgeſtorbenen Menſchen / die Be - ſchneidung beeder Geſchlechts / und zugleich auch die Tauff / bey den Abyſſinern oder Mohren; wie Chytræus in Commemoratione, de ſtatu Eccleſiarum Græcarum, &c. auch andere / bezeugen. Dann dieſes alles iſt wider den ausdruͤcklichen Willen der Goͤttlichen Zeugnuſſen / im 2. B. Moſis c. 20. v. 3. 4. 5. Buch c. 12. Joſ. 6. v. 36. 3. B. Moſis c. 1. und folgende. 5. Buch c. 6. v. 13. und c. 11. v. 20. Matth. 4. v. 10. 1. B. Moſis c. 17. v. 9. zun Galatern am 5. v. 2. 4. 6. 15. Hinwegthun aber vom Geſatz / oder dem Wort Gottes / heiſſet zulaſſen / was ausdruͤcklich von Gott verboten iſt; und hergegen / was in Gottes Wort zugelaſſen / verbieten; ſo da ſchnurſtracks deme zuwider iſt / was ausdruͤcklich in der H. Bibel / 1. Timoth. 3. v. 2. zun Coloſſern c. 2. v. 16. Matth. 19. v. 6. ꝛc. ſtehet. Was den andern Puncten deiner Frag anbelangt / ſo ſolle man ſich der Vaͤtter / und Aus - leger der H. Schrifft / Arbeit / nach dem Exempel der Berrhoenſer / in der Apoſtel Geſchicht / am 17. v. 11. gebrauchen / und nachforſchen / mit was Be - weis / und Gruͤnden ſie ihre Meinung zu behaub - ten / und derſelben ein Anſehen machen wollen / nach Ausſpruch des Apoſtels in der 1. an die Theſſalonicher / Cap. 5. v. 21. pruͤfet alles / undA vdas10Die III. Frag. das Gute behaltet. Und in der 1. an die Corin - ther / am 14. v. 29. 30. Die Weiſſager aber laſt reden / zween / oder drey / und die andern laſſet rich - ten. So aber ein Offenbarung geſchicht einem an - dern / der da ſitzt / ſo ſchweige der Erſte. Die Vaͤtter ſelbſten haben ihre Schrifften an das Geſatz ver - bunden / wann ein anderer beſſere werde herfuͤr - bringen / daß ſolche mehr / als jene / guͤltig ſeyn ſol - ten. Und ſagt Hieronymus / an Minerium, und Alexandrum; mein Vorhaben iſt / die Alten zu le - ſen / alles zu pruͤfen / das / was gut iſt / zu behalten / und vom Glauben der Catholiſchen Kirchen nicht zu weichen; beym VVolfgango Franzio, diſp. 3. ex Deuteron. th. 67. Da er / im vorgehenden / und her - nachfolgenden / ein mehrers hievon / auch das obe - re / von nehmen / und hinzuthun der Schrifft th. 17. & ſeqq. hat. Darzu / neben Andern / auch des D. Tobiæ Wagners Evangeliſche The - logia Patrum kan gethan werden; der im 1. Capi - tel / des 1. Theils / von der Autoritaͤt und An - ſehen der Kirchenlehrer / am 16. Blat / alſo ſchrei - bet: Wie gern wir auch die herrliche dona, und ge - waltige Gaben / der H. Vaͤtter erkennen / und aus ihren Schrifften mit Verwunderung mercken / was fuͤr gewaltige Seulen der Kirchen / und Liech - ter der Gemeinden / zu ihrer Zeit / Sie geweſt / die zum theil nicht nur die Dinten / ſondern gar ihr ei - gen Blut / in Verfechtung des waaren Glaubens / nicht geſpahrt; Nichts deſtoweniger iſt fuͤr einsoffen -11Die III. Frag. offenbar / daß der H. Geiſt eben nicht ſo gar an die dona adminiſtrantia, Amts-Gaben / wolqualifi - cir ter Leut / ſich verbinde; ſondern wie Chriſtus Gleichnusweis / Joh. 3. v. 8. von ſeiner Wirck - ung redet / blaſe / wo Er woll; Gleichwol in einem jeglichen ſich die Gaben des H. Geiſtes zum ge - meinen Nutz erzeigen / 1. Cor. 12. v. 7. Neben dem auch die Allergelehrteſte / und Froͤmſte / von Menſchlichen affect en / und ungleichen impreſſio - nen / mit nichten allezeit / und allerdings befreyet ſeyn / dardurch ſie etwa verhindert werden / auch in Gottes Wort und Glaubensſachen / zu erken - nen / und zu ſehen / was etwa die Jenige / ſo an Ga - ben / und Geſchicklichkeit mit ihnen nicht zu verglei - chen ſeyn / warnehmen / und ſehen / wie faſt an den gelehrteſten Kirchenlehrern Origene, Cypriano, Tertulliano, Hieronymo, Auguſtino, und andern mehr / zu ſehen / welche / ungeachtet ihrer hohen eru - dition, und Gaben / ihre benantliche Fehler; ꝛc. in wichtigen Puncten / haben gehabt / wie ſie unterein - ander ſich deswegen ſelbſten geſtrafft / anzuzeigen / daß die Groſſen nicht allezit die Weiſeſten / und die Alten das Recht nicht allwegen verſtehen / Job 32. v. 9. Und was weiter hernach bey ihme fol - get. Beym Propheten Ezechiel Cap. 20. v. 19. ſagt GOTT / nach meinen Geboten ſolt ihr leben / und meine Rechte ſolt ihr halten / und darnach thun. Aus den Vaͤttern koͤnnen / und ſollen ge - nommen werden / in den Beyſtimmꝛingen in denGlau -12Die IV. Frag. Glaubens-Artickeln / ſo allbereit aus H. Schrifft klar erwieſen ſeyn: Welche der Richter in Glau - bensſachen; und nicht die Vaͤtter; ſonderlich die Schul-Lehrer. Sihe D. Io. Forſterum probl. 7. dec. 1. de Sacram. Cœnæ, th. 31. ſeqq.
DAß theils ſchꝛeiben / und wol - len / daß man die Ketzer / als Ketzer / und die von der Kirchen verdammt ſeyen / mit leiblichen Straffen / ja mit dem Tode ſelbſten / bele - gen moͤge / bezeuget vieler Orten die Erfahrung / und das Werck / oder die Ubung / ſelber.
Hergegen ſagen Andere / daß die Ketzer / von der Weltlichen Obrigkeit / am Leben nicht zu ſtraffen ſeyen. Dann wokein Goͤttlicher Befehl verhan - den / und ein Ding wider das Wort Gottes / die Chriſtliche Lieb / den Gebrauch der erſten Chriſt - lichen Kirchen lauffe / ꝛc. davon ſolle ſich eine Chriſtliche Obrigkeit enthalten. Nun kan man aber keinen Goͤttlichen Befehl finden / daß man die Ketzer am Leben ſtraffen ſolle. Dann / was aus dem 5. Buch Moſis / Cap. 13. v. 6. und folgen - den angezogen wird / das iſt die Juͤden angegan - gen im Alten Teſtament / und mag auff die Geſaͤ - tze / in dem Neuen / nicht gezogen werden. Zu dem ein Unterſcheid iſt / zwiſchen den Ketzern im NeuenTeſta -13Die IV. Frag. Teſtament / und den Abtruͤnnigen von GOTT / und Dienern der fremden Goͤtter / in dem Alten. Dann alſo ſpricht Moſes: Wann dich dein Bru - der / ꝛc. uͤberreden wuͤrde / heimlich / und ſagen: Laß uns gehen / und andern Goͤttern dienen / die du nicht kenneſt / noch deine Vaͤtter / die unter den Voͤlckern um euch her ſind / ꝛc. Fuͤrs Ander ſtrei - tet die Toͤdung der Ketzer mit dem Wort Gottes. Dañ Mat. Cap. 13. v. 29. und 30. hat Chriſtus das ausgeten des Unkrauts verboten. Und beym Evangeliſten Luca / Cap. 9. v. 54. und folgenden / als ſeine Juͤnger Jacobus / und Johannes / ſpra - chen: Herr / wilt du / ſo wollen wir ſagen / daß Feuer vom Himmel falle / und verzehre Sie (die Samariter /) wie Elias thaͤt; hat Er Sie bedꝛaͤuet / und geſprochen; Wiſſet ihr nicht / welches Geiſtes Kinder ihr ſeyd? Des Menſchen Sohn iſt nicht kommen / der Menſchen Seelen zu verderben / ſondern zu erhalten. Und daß das Wuͤrgen / und toͤden / mit den Geſaͤtzen der Chriſtlichen Lieb ſtrei - te / erſcheinet aus der 1. an die Corinther Cap. 13. v. 4. und folgenden / da S. Paulus ſagt: Die Lie - be iſt langmuͤtig / und freundlich / die Liebe eifert nicht / ꝛc. ſie ſuchet nicht das ihre / ſie laͤſſet ſich nicht erbittern / ſie trachtet nicht nach Schaden / ꝛc. Sie vertraͤgt alles / ſie vertrauet alles / ſie hoffet alles / ſie dultet alles. Daraus erſcheinet / daß man ei - nes ſolchen verfuͤhrten / und armen Menſchen Heil und Bekehrung vielmehr mit Gedult erwarten /als14Die IV. Frag. als befliſſen ſeyn ſolle / daß Er aus dem Mittel ge - raumt / das ewige Leben / mit dem Zeitlichen / und alſo zugleich Leib / und Soel miteinander verlie - re. So ſtreitet ſolches Umbringen wider den Ge - brauch der erſten Chriſtlichen Kirchen. Und ſagt der H. Auguſt〈…〉〈…〉 us lib. 3. wider Creſconi. Grammat. c. 50. beym D. Ioan Forſtero, decad. 2. probl. Theol. ex Decalogo 6. th. 103 Es gefaͤllt keinem From̃en in der Kirchen jemals / wann man bis zum Tode / wider Einen / wann er gleich ein Ketzer iſt / wuͤtet. Es haben zwar die Roͤmiſche Kaͤiſer harte Ge - ſetz gemacht / und wider die Ketzer aus gehen laſſen / aber nur zum Schrecken / nicht zur Vollziehung; welches daraus erſcheinet / dieweil nirgends geleſen wird / daß derentwegen die Ketzer / als Ketzer / am Leben weren geſtraffet worden. Ja vielmehr das Widerſpiel bezeuget die Kirchenhiſtoria / vom Kaͤiſer Conſtantino, dem Groſſen / und den Kaͤi - ſern Theodoſio, und Valentiniano, deren jener den Ertzketzer Arium; dieſe aber den Neſtorium, ob ſie wol beede / in rechtmaͤſſigen Verſamlungen der Vaͤtter / ſeyn rechtmaͤſſig verdammt worden / nicht haͤrter / als mit Verweiſung ins Elend / haben ſtraffen wollen. Idem D. Forſterus, d. l. Sihe auch D. VVolfg. Franzium diſp 4. ex Deuteronomio, und was er daſelbſt uͤber das obangezogene 13. Capitel des 5. Buch Moſis / theſi 79. und fol - genden / ſchreibet / und daß ſolches nur von den Juͤ - den / und mit gewiſſer Maß / zu verſtehen / erweiſet:auch15Die IV. Frag. auch der erwehnten Chriſtlichen Kaͤiſer Geſaͤtz / wi - der die Ketzer / aus Nicephori lib. 8. c. 18. 25. & lib. 1. C. tit. 11. L placuit, & tit. 5 L. Arianis item, L. Ma - nichæos. 4. L. ubicunꝙ 21. anziehet / und ſaget / daß der Kaͤiſer Iuſtinus, ums Jahr Chriſti 526. die Gottslaͤſterliche Manicheer in Perſia ausgerott / dieweil ſie den Sohn auff ihre Mienung gebracht hatten. Jm uͤbrigen lehret er th. 90. weiſet auch in den folgenden / daß / und wie man den Ketzereyen / oder falſchen / und neuen Meinungen / ſonderlich denen / ſo wider den Grund des Chriſtlichen Glau - bens ſtreiten / geſchwind begegnen ſolle; nemlich / vor allen Dingen / nach obernanten H. Auguſtin / wider Creſconium lib. 3. c. 50. ſeyn die Leut zu lieben / die Jrꝛthum zu haſſen / und abzuthun / aber nicht die Menſchen. Die Vermahnungen / vom Jrr - thum abzuſtehen / ſollen oft widerholet / und ein Un - terſchied zwiſchen den Jrrenden gemacht werden. Dann theils der Ketzer ſeyn eines ſittſamen / und eingezogenen Lebens / die ſich / ohn Beruff / in nichts mengen / noch wider das Gebot / und Verbot / der ordentlichen Obrigkeit / weder in ihren / noch frem - den Orten / die Ketzerey ausſaͤen / noch das Volck zuſammenberuffen / oder den Landfrieden / und Einigkeit verwirren / noch bey dem gemeinen Poͤ - vel / offentlich / oder beſonders / die waare Religion / als Gottlos / und Ketzeriſch / ausruffen. Und mit ſolchen iſt eslinder umzugehen / und genug / wañ man anfangs allein mit Worten an ſie kommet:Wann16Die IV. Frag. Wann aber keine Vermahnungen / Geſpraͤch / und dergleichen fruchten wollen / die Ergernus und die Gefahr / zu benehmen / ſeyn ſie abzuſetzen / oder fortzuſchaffen. Theils Ketzer aber ſeyn hartnaͤckig / ungezaͤmt / wuͤtig / und toll / und den oberzehlten gantz widrig / die auch alle Vermahnungen ver - achten; und dieſe moͤgen / auch im Neuen Teſta - ment / nach geſtalt ihres Verbrechen / nicht als Ke - tzer / ſondern als Auffruͤhrer / Verwirrer der ge - meinen Sicherheit / und Einigkeit / Verurſacher groſſer Ergeꝛnuſſen / Widerſtꝛeber der Obrigkeits - Geboten / halsſtarrige Menger in allerley Sa - chen / und wiſſentliche Laͤſterer / auch als Zerſtoͤrer der wolbeſtelten Kirchen / entweder mit Geld - ſtraff / oder Verweiſung ins Elend / oder mit Ge - faͤngnus / oder gar mit Leibſtraff / angeſehen wer - den; ſonderlich / wann Sie offt ermahnt / und durch Gebot geſchreckt / dannoch von ihrer Halsſtarrig - keit nicht ablaſſen wollen / ſondern / viel in ihren laͤ - ſterlichen Jrrthum zu bringen / fortfahren. Alſo hat der Kaͤiſer Theodoſius alle / ſo es mit dem waa - ren Chriſtenthum nicht gehalten / oder nicht recht - glaubig geweſen / beym Socrate lib. 5. c. 10. gleich - wie der Kaͤiſer Martianus, den Eutycheten, und Neſtorium; aus den Staͤdten gejagt; auch / vor Alters / der Ort / wo die Ketzer ſeyn zuſammenkom - men / von dem gemeinen Koſten eingezogen worden iſt. Den David Georgen / ſo ſich ſelbſten zum Meſſia gemacht / und fuͤr einen ſolchen von ſeinenLehr -17Die IV. Frag. Lehrjuͤngern iſt gehalten woꝛden / hat man zu Ba - ſel des Jahrs 1559. verbrannt / nachdem Er dritthalbe Jahr im Grab gelegen war / zu wel - cher Zeit er von den Toden wider aufferſtehen werde / derſelbe / als Er noch gelebt / vorgeſagt hat. Was haben nur / vor Jahren / die Widertaͤuffer / im Teutſchland / fuͤr Jammer angerichtet / wel - che / mit jhren auffruͤhriſchen Bauren / vorgege - ben / Sie weren beruffen / daß ſie die gottloſen Fuͤr - ſten / mit dem Schwerd Gideonis / umbringen ſollen / und viel greuliche Thaten gethan / und ge - lehret? Davon beym gedachten Franzio, th. 104. zu leſen. Und deswegen man ſich nicht zu verwun - dern / warum im Jahr Chriſti 1529. auff dem Reichs-Tag zu Speyer / insgemein / wider Sie / die Widertaͤuffer / dieſelbe an dem Leben zu ſtraf - fen / ein Befelch ergangen iſt. Sihe / ob die Ketzer am Leben zu ſtraffen? auch den Thomam Sagit - tarium Exercit. Ethic. exot. 8. p. 203. Da Er / fuͤr den bejahenden Theil / Non vos. 41. C. de Liguribus. 43. C. 23. q. 5. c. qui peccat. 40. d. C. 23. q. C. 4. item den Covarruv. Gomez. Zaſium; und / fuͤr den laͤug - nenden Theil / den Camerarium, in Medit. Hiſtor. Beustium, und andere mehr / anziehet / auch es mit den Letzten ſelber halten thut. Sihe auch Melch. Sylvest. Eckhardum, in Christiano Religioſo, cl. 4. qu. 31. und vom obgeſagten Dav. Georgio, auch Calviſ. item Lundorp. in Sleid. contin. lib. 1. p. 114. ſeqq. Thuan. lib. 22. f. 613. ſeqq.
EHeils machen einen Unter - ſchied unter der Wiſſenſchafft / und dem Gewiſſen. Die Wiſſenſchafft neh - men Sie / an dieſem Ort / fuͤr ein bloſſes hiſtori - ſches Wiſſen / oder Gedaͤchtnus hiſtoriſcher Sa - chen / und ein Gezeugnus der geſchehenen / und nicht geſchehenen Dingen. Als / zum Exempel / bey einem Heyden / Tuͤrcken / oder Juden / iſt das eine Wiſſenſchafft zu nennen / da ein jeder / unter denſelben / weiſt / ſich erinnert / und bezeuget / daß dieſe ſeines Heydniſch-Tuͤrckiſch - oder Juͤdiſchen Vatters / Heydniſch-Tuͤrckiſch - oder Juͤdiſcher Glaub geweſen / die auch Er / mit der Mutter - milch / in ſich geſogen / und in derſelben / von Ju - gend auff / erzogen woꝛden; welche er nicht verlaſ - ſen / und eine andere annehmen koͤnne / damit er nicht wider das Wiſſen handele. Das Gewiſſen aber heiſſen ſie / in dieſer Handlung / ſowol eine Wiſſenſchafft hiſtoriſcher Sachen / als ein nach - dencken / pruͤfen / und beurtheilen derſelben / ſo wir wiſſen / ob ſie mit dem Anfang / das iſt / mit Gottes offenbartem Wort / uͤbereinſtimmen. Wann nun einer dahin gebracht werden kan / daß er zugibet / daß allein dieſes die waare Religion ſeyn muͤſſe / die mit der H. Schrifft uͤbereinſtimmet / ſo mußEr /19Die V. Frag. Er / gegen derſelben / ferners die ſeine / des andern / dritten / &c. Religion / halten / und wol erwegen / welche / unter denſelben / die waare ſeye / und als - dann ſich zu derſelben begeben / auch beſtaͤndig da - bey verbleiben. Hernach machen ſie auch einen Un - terſcheid / zwiſchen einer allzugroſſen Freyheit / ei - nen jeden glauben zu laſſen / was er will: und ei - nem groſſen / hefftigen Gewiſſenszwang. Die be - ſagte Freyheit / ſagen Sie / bringt einen Menſchen dahin / daß er endlich nichts nach Gott fraget / die Suͤnden fuͤr keine Suͤnden haͤlt / auch vor dem ewigen Verdamnus ſich nicht foͤꝛchtet; ſondern in ſeiner Ruchloſigkeit / als wann kein Gott / Engel / Teufel / und Hoͤll were / dahinlebet: Der Zwang aber werde zur Wuͤtigkeit / und Tyranney / daß man GOtt / der Jhme allein die Herꝛſchafft uͤber die Gewiſſen vorbehalten / einen Eingriff thue. Welches dann geſchehe / wann man ſtracks mit Gewalt / und Bedrohung ſehr ſchwerer Straffen / der Verjagung / Einziehung der Guͤter / Ge - faͤngnus / ja gar bisweilen des Feuers / zufahre; auch ins Werck ſelbſten ſetze / und die Leute mit Ge - walt / Einlegung der Soldaten / und erzehlten Mitteln / eine andere Religion / darinnen man noch nicht gnugſam unterwieſen iſt / anzunchmen / zwingen thue. Wie nun es eine groſſe Leichtfertig - keit / wann man aus Schmeicheley / Hoffnung Ge - winn / und Ehr / zu erlangen / und dergleichen / an - dern zu gefallen / das jenige gut heiſſe / deme deinB ijGewiſ -20Die V. Frag. Gewiſſen widerſpricht: Alſo ſey es auch die groͤſte Grauſamkeit / vor genugſamer / und voͤlliger Un - terweiſung / Andere wollen zwingen / daß Sie dei - ner Meinung ſeyen. Und dieweil kein Gewalt lang beſtehet / ſo erfahre man / daß / bey ſolchen ge - zwungenen Leuten / hernach kein rechter Eyfer / ſondern nur ein Heucheley / und daß Sie / wann der Wind anderſt gehet / haͤuffig hinwegfallen.
Derowegen / ſo hat / unter dieſen zweyen / nam - lich der allzugroſſen Freyheit / und dem Gewiſſens - zwang / die waare Kirch allezeit den mitlern Weg gegangen. Sie zwinge die / ſo mit ihr / in der waa - ren Religion / nicht uͤbereinſtimmen / nicht; Sie reiſſe dieſelbe nicht / ſondern lade Sie zu ſich / lehre dieſelbe aus Gottes Wort / nicht ein / ſondern offt - mals / gnugſam / und lang / und ſtaffelsweiſe / durch Unterꝛicht / und Ermahnungen / mit hoͤch - ſter Gedult / und Sanfftmut / nicht unwillig / mit ſchmaͤhen / und laͤſtern / und unterweiſe Sie alſo / daß Sie endlich / von jhrem Gewiſſen uͤberzeugt / freywillig / und ungezwungen / bekennen muͤſſen / dieſe / und keine andere / ſeye die waare Religion / zu der Sie ſich auch mit Luſt / und Begierd / bege - ben. Darzu auch viel thue / wann der Unterweiſer / zu ſeinem Fleiß / Weisheit / und Gelindigkeit / das eiferige Gebet zu GOtt / um die Bekehrung des Jrꝛenden / an die Hand nimmet. Wann auch theils halsſtarꝛig ſeyn / ſo ſey es tauglich / und nutz - lich / daß man mit Verſtand / und Voꝛſichtigkeit /den -21Die V. Frag. denſelben auch / wann es die Notdurfft erfoꝛdert / die ſchwere Goͤttliche Straffen voꝛhaͤlt; und alſo ſeinem Amt gnug thue; nicht aber das Gewiſſen beſtricke / oder zwinge.
Es bringen zwar theils / ſo luſt zun Verfol - gungen / und dem Gewiſſenszwang / tragen / das Geſatz Nullus. 2. C. de ſumma Trinitate, & fide Catholica, auff die Bahn. Hergegen andere den - ſelben vorhalten / was Matthæi c. 10. v. 22. Ioh. 16. v. 1. zun Galatern cap. 4. v. 29. in der Apoſtel Geſchicht cap. 8. v. 1. c. 14. v. 19. ſtehet; auch was zu Paſſau An. 1552. auffgerichtet / und / wegen Freylaſſung der Religion / An. 1555. zu Aug - ſpurg / auch erſt neulich zu Muͤnſter / und Oßna - brugg / namlich des Jahrs 1648. beſtetiget woꝛ - den iſt. Sihe D. VVolfg. Franz. diſp. 7. Deuteron. th. 71. & ſeqq. D. Joan. Forſterum, probl. Theol. ex Orat. Domin. 7. deca. 1. und andere mehr / ſon - derlich H. Andr. Cranium, in diſſert. de pace Relig, item Quirin. Kubach. cent. 3. quæſt. illuſtr. decur. ult.
DJeſe deine Frag entſtehet aus der vorgehenden / und haͤtte zu - gleich mit derſelben eroͤrtert werden koͤnnen. Thomas Sagittarius Exerc. B 3Ethic. 22Die VI. Frag. Ethic. exot. 8. ſagt / daß beede Theil / namlich die darwider ſeyn / und die es bejahen / ihre Urſachen haben. Er ſelber machet dieſen Unterſchied / und ſchreibet; Wann eine Religion in dem Roͤmiſchen Reich gelitten wird / ſo ſey Sie auch / vermoͤg des Religion-Friedens / in jeden deſſelben Gebieten / und Fuͤrſtenthumen / zu dulten. Dann die von ei - nem Hoͤhern zugelaſſene Freyheiten ſollen und koͤnnen nicht / durch die Nidere / auff gehebt werden. So iſt der Religions-Fried ein offentlich Werck / ſo durch eintzele Perſonen nicht ſoll geaͤndert wer - den: Werde Sie aber im Roͤmiſchen Reich nicht gelitten / und die / ſo derſelben zugethan ſeyn / fried - lich leben / ſo ſehe Er keine ſchein bare / und gnugſa - me Urſach / warum ſolche / ſo fuͤr ſich leben / ſolten aus einem Ort verjagt werden; Was du nicht wilſt / das dir geſchehe; ſolleſt du Andern auch nicht thun. Wann Sie aber unfriedlich leben / und immerdar von ihrer Religion ſchwatzen; ſo habe man abermals in Acht zu nehmen / ob Sie ſolches thun / etwas zu lernen / oder ihr Gifft auszubrei - ten. So fern es lernens willen geſchihet; ſo iſt die Sach richtig. Dann es were groß unrecht / den jenigen von der waaren Religion zu verſtoſſen / der einen groſſen Durſt / und Verlangen / nach derſel - ben traͤgt. Thun Sie es aber / ihr Gifft / oder fal - ſche Religion / dardurch unter die Leute zu brin - gen / ſo habe man wider zu ſehen / ob Sie auff den rechten Weg zu vermoͤgen / oder nicht: Bey denErſten23Die VI. Frag. Erſten ſeye auch keine Urſach / daß man Sie ver - jagen ſolle / ſondern Sie bedoͤrffen / als Schwache / eines Artzts: Seyn Sie aber nicht zu verbeſſern / ſo ſeyen Sie / als unnuͤtze Leute / hinwegzuthun / zwar nicht wegen der Religion / deren Sie zuge - than / ſondern wegen ihrer Hartnaͤckigkeit / und der von Jhnen heimlich angeſtellten Zuſammenkuͤnff - ten / welche gaͤntzlich verboten / L. 3. C. de ſummæ Trinit. L. 8. §. 3 C. de Hæret. & Manich. und ſon - derlich aus Beyſoꝛg / dz etwas uͤblers daraus ent - ſtehen / und ſich gar weit ausbreiten moͤchte. Sihe auch Toloſan. lib. 8. de Rep. c. 2. n. 15. Lipſ. 4. Polit. c. 2. Jacob. Martini cent. 8. diſp. philoſ. 2 qu. 10. da Er von dieſer Frag abſonderlich handelt / ob unterſchiedliche Religionen zu gedulten ſeyen? und ſchreibet hievon auch D. Philip Knipſchild / de jur. & privil. Civitat. Imperial. lib. 1. & 2. un - terſchiedliches; und ſagt c. 15. von den Urſachen / dardurch die Staͤdte zu Grund gehen / num. 38. daß der Unterſchied der Religion / in Franckreich / innerhalb 22. Jahren / namlich vom Jahr 1562. bis 1584. viertzig hundert tauſend Menſchen / durch allerley Straffen / und Kriegs-Unruhen / hinweggenommen habe. Seye deswegen beſſer / einen gemeinen Stand / obwoln derſelbe / der Zwie - ſpalt in der Religion halben / nicht einig / als kei - nen / zu haben. Man muͤſſe aber darum nicht alle Secten zulaſſen insgemein / es ſeye dann der ge - meine Stand alſo verwirꝛet / daß ohne gaͤntzlichenB iiijUnter -24Die VI. Frag. Untergang / oder Blutvergieſſen / die Sach nicht koͤnne vertragen werden. Und im 2. Buch / c. 3. n. 17. & ſeqq. will er / daß die Reichs-Staͤdt / wel - che des Jahrs 1555. nicht im Beſitz der Aug - ſpurgiſchen Confeſſion geweſen / die Religion gleich - wol aͤndern doͤrffen. Jtem / num. 136. daß den jeni - gen Buͤrgern / in einer Reichs-Stadt / oder auch anderer Staͤnde Unterthanen / die des Jahrs 1624. einer andern Religion / als ihre Obrigkeit / und die uͤbrige Buͤrger / geweſen / und ſolche in ih - ren Haͤuſern geuͤbet (als wie die Evangeliſche Buͤrger zu Coͤln / und Ach / gehabt zu haben / wol - len) dieſelbe auch noch heutigs Tags / nicht zu be - nehmen / ſondern ihnen / ſamt Zugehoͤr / wie Sie deren / im beſagten Jahr / in uͤbung geweſen / erwei - ſen koͤnnen / gantz und gar zulaſſen ſeye. Und eroͤꝛ - tert Er auch num. 137. ſeqq. die obſtehende Frag / ob eine Obrigkeit die Buͤrger / ſo derſelben Reli - gion nicht annehmen wollen / deswegen beſchweren / ſtraffen / und / wider ihren Willen / vertreiben koͤn - ne? Oder aber / wann Sie ruhig / und friedlich le - ben / leiden muͤſſe? Und ſagt / daß die Obrigkeit der gleichen Buͤrger nicht beſchweren; ſondern Sie bey dem Jhrigen verbleiben laſſen ſolle. Dann die Obrigkeiten / und Land-Herꝛen / haben keinen Gewalt uͤber der Unterthanen Gewiſſen: und ſey eine neue / und unerhoͤꝛte Verkuͤndigung / oder Predig des Worts / ſo durch Streiche / oder Schlaͤg / den Glauben erfordert / ſtehe im Geiſtli -chen25Die VI. Frag. chen Recht / l. quid autem. 1. diſt. 45. der Zwang macht mehrers erdichte / als waare Catholiſche Chriſten / wie / aus Auguſtino, P. Heigius lib. 1. quæſt. 12. n. 49. erzehle; auch deſſen oben Andeu - tung geſchehen. So ſtehe es in der Jenigen / ſo nicht einerley Religion mit ihrer Obrigkeit ſeyn / freyen Willen / ob Sie ausziehen wollen / oder nicht? ſo Er / D. Knipſchild / mit unterſchidlichen Scriben - ten / num. 156. erweiſet / und die Urſachen hinzu - ſetzet; und num. 169. ſaget / daß merum Imperi - um, und die hohe Fraißliche / oder Malefitziſche Obrigkeit / keine Gemeinſchafft mit der Religion / und der ſolche habe / nicht ſtracks / in Anſehung der - ſelben / die Religion aͤndern / oder einem andern / ſolches zu thun / verbieten werde. Jm Dorff Loſſau hat der Biſchoff zu Speyer das merum Imperi - um, oder die hohe malefitziſche Obrigkeit; aber der Hertzog von Wuͤrtemberg ſeiner Religion Ubung. Daher ſeyen auch dem / der nur die Vogteyliche Obrigkeit / oder die Nider gerichtbarkeit hat / und in Beſitz der Religionsuͤbung geweſen / und deſſen hernach von einem Fuͤrſten / oder Biſchoff / unter dem prætext, oder Fuͤrwand des meri Imperii, entſetzt worden / am Kaͤiſerlichen Cammergericht (ſo in Sachen / die Religion betreffend / der unge - zweifelte Richter iſt) Proceß erkennet worden; wie ſolches Er / der Autor, num. 170. mit Exempeln erweiſet: auch ferners ſchreibet / welcher den Kir - chen-Satz / die Lehenſchafft / oder jus PatronatusB vhat /26Die VI. Frag. hat / die Religion / an ſelbigem Ort / nicht aͤndern doͤrffe / ſondern einen ſolchen nennen / und voꝛſtel - len muͤſſe / zum Kirchendienſt / der deſſelbigen Orts Religion iſt. Alſo hat der Herꝛ Probſt zu El - wang / in der Reichs-Stadt Aalen / den Kirchen - Satz / und gleichwol / bis daher / einen Kirchen die - ner / ſo der Augſpurgiſchen Confeſſion, vorgeſtellet. Und obwol der Biſchoff von Coſtantz / an etlichen Orten im Hertzogthum Wuͤrtemberg / als zu Canſtat / Felbach / Uhlbach / &c. den Kirchenſatz hat; gleichwol / weil dem Hertzogen daſelbſt die ho - he Landsfuͤrſtliche Obrigkeit zuſtehet / ſo muͤſſe Er ſolche Kirchendiener / ſo der Augſpurgiſchen Con - feſſion ſeyn / præſenti ren / und unterhalten. Solches geſchehe auch zu Eßlingen; welche Reichsſtadt / ob Sie wol in dem Dorff Unterboingen / das jus Patronatus hat; jedoch / weilen die Edlen von Wernau / ſo der Catholiſchen Religion ſeyn / all - da die hohe Land-Obrigkeit haben / einen Catholi - ſchen vorſtellen / und beſolden muͤſſe.
HJerauff antwoꝛtet D. VVolfg. Franzius, diſp. 7. ex Deuteronomio, th. 66. ſeq. aus Auguſtino, daß als dannden27Die VII. Frag. den Frommen nichts uͤbrig ſey / als Schmertz / Seufftzer / und Gebet; und endlich die Gedult / in der Verfolgung / und Elend / wann die demuͤtig - ſte Bitt / und Vorbitt / nichts helffen / und es an - derſt nicht ſeyn kan. Dann vielmehr / wegen Chri - ſti / und der Warheit / alles zu verlaſſen / alles zu verkauffen / und in andere Staͤdt zu fliehen / Matth. 10. v. 23. als / entweder zu gefallen der Fuͤrſten / und der Maͤchtigern / zu heuchlen / und die Warheit zu vertuſchen / oder / wider das Wort Gottes / Aufruhren anzurichten / oder die Waffen / wider die Obrigkeit / zu ergreiffen.
D. Ioh. Gerardus, in quæſt. polit. decad. 10. qu. 7. ſagt unter anderm / wann einer die Wahl hat / ſoll er vielmehr vom Koͤnig / als Gott / abweichen: Dann es ein alterer Eid iſt / den man Gott gelei - ſtet hat. Man ſoll / in ſolchem Fall / dem Koͤnig Schatzung / oder Schoß / Zoll / gebraͤuchliche Frohndienſt / und dergleichen / nicht verſagen / wann nur das / ſo man GOtt ſchuldig / nicht da - hintenbleibet. Wann nun der Koͤnig Jemands zum falſchen Gottesdienſt antreiben wolt / ſo ſolle Er Chriſti Befelch Matth. 10. v. 23. folgen / und in eine andere Stadt fliehen; und ſo man einem anderswohin zu fliehen nicht geſtattet / ſo ſolle man viel mehr dem Leben / als Gott / Urlaub geben / und ſich lieber creutzigen laſſen / als Chriſtum auff ein neues creutzigen. Krieg zu fuͤhren / und mit Waf - fen ihrer Obrigkeit zu widerſtehen / gebuͤret denEintzelen28Die VII. Frag. Eintzelen nicht / dann die Eintzele / oder Privati, haben keinen Gewalt / Obrigkeit / noch das Schwerd-Recht / ſo die Obrigkeit nicht umſonſt traͤgt; hergegen Andern geſagt iſt / ſtecke das Schwerd in die Scheiden.
Andere machen einen Unterſchied unter den Unterthanen / ſo nicht andere als Unterthanen / und denen / ſo nicht ſchlechtwegs Unterthanen / ſondern auch zugleich Obrigkeiten / und zwar nit die geringſten ſeyn / als die Staͤnde eines Koͤnig - reichs / oder Landes. Beeden befihlet GOttes Wort Gehorſam zu leiſten / ſo lang der Gottes - dienſt frey gelaſſen wird. Wann aber eine Obrig - keit dieſes nicht thun will / ſondern ſich unterſtehet / die Unterthanen zu einer falſchen Religion zu zwingen / ſo ſoll es heiſſen: Man muß GOtt mehr gehorchen / als den Menſchen; in der Apoſtel Ge - ſchicht / C. 5. v. 29. Man muß aber darum nicht ſtracks von der Obrigkeit abfallen / viel weniger die Waffen ergreiffen: ſondern alles verſuchen / dardurch man die freye Ubung der waaren Reli - gion zu erhalten in Hoffnung ſtehet. Es ſollen 1. die Unterthanen der Obrigkeit einen Fußfall thun / und demuͤtigſt derſelben die Urſach anzei - gen / warum Sie ihre Religion nicht aͤndern koͤn - nen / und unterthaͤnig bitten / daß man Jhrer / was das Gewiſſen anbelangt / gnaͤdigſt ſchonen wolle. 2. Sollen Sie ſich anderer groſſen Herꝛen Vor - bitt gebrauchen. 3. Wann Sie hiemit nichts aus -richten /29Die VII. Frag. richten / ſollen Sie ſich an die hoͤhere Obrigkeit / wann es ſeyn kan / beruffen / und um derſelben Huͤlff anlangen. 4. Wann auch dieſes nicht an - gehet / ſollen Sie in Ruhe ſtehen / und / wegen der Religion / kein Urſach / ſich der Obrigkeit zu wi - derſetzen / oder von derſelben abzufallen / ſuchen / ſo lang dieſelbe von der aͤuſſerlichen Gewaltthaͤtig - keit ſich enthaͤlt. 5. Wann aber dieſelbe offentli - chen Gewalt / und Graufamkeit / zu uͤben anfahet / ſo ſollen Sie dem obgedachten Raht Chriſti fol - gen / und alſo von einer Stadt / in die ander / flie - hen / und Gott ihre Sach befehlen; der wirds wol machen; der auch des Koͤnigs Hertz in ſeiner Hand hat. Was aber den oberwehnten Staͤnden / ſo zu - gleich Obrigkeits-Perſonen vertretten / hierinnen zu thun? und ob Sie ſich / wider den aͤuſſerlichen Gewalt / wann Sie mit einem Kriegs-Volck ſol - ten uͤberzogen werden / zu ſchuͤtzen; ſonderlich / wañ Jhnen die Freylaſſung der Religion nicht allein verſprochen / ſondern auch / durch offentliche Schrifften / beſtetiget worden; und ob Sie ſich der Maccabæer Geſchicht zu bedienen? das laͤſſet man andern zu eroͤrten uͤber. Sihe von theils / was oben geſagt / den D. Forſterum problem. Theol. 3. decad. 2. ex Decalogo: item, von der Frag / wann ein hoͤherer Fuͤrſt einen nidern Fuͤrſten / in Glau - bens-Sachen / mit Krieg angreiffen wolte / ob die Unterthanen deſſelben obern Fuͤrſten Jhme Jhr Huͤlff abſchlagen / und den nidern Fuͤrſten / widerden30Die VIII. Frag. den hoͤhern / beſchuͤtzen moͤgen? die Autores, ſo Ioan, Crügerus, am Ende ſeiner 39. Frag / in Hor - co Virtutum, p. 112. anziehet.
DAß man mit denen / ſo nicht unſerex Religion ſeyn / entweder auſſer - oder innerhalb der Kirch / auff weltliche weiſe / wol umgehen / Kauffmannſchafft treiben / Zuſammenkuͤnfften anſtellen / von Sicherheit und Beruhigung des gemeinen Standes / ſich beraht - ſchlagen / und dergleichen / vornehmen moͤge / iſt / mit ſeiner Maß / erlaubt. So iſt den Studenten / die in ihrer Religion wol gegruͤndet; wie auch den Kauffleuten / und den Geſandten / unverboten / wegen eines nicht Theologiſchen / ſondern Hiſtori - ſchen Zwecks / in die einer andern Religion zuge - thane Kirchen zu gehen / die Predigten anzuhoͤren / und der Meſſe beyzuwohnen: Aber den Glau - ben / den Einer in ſeinem Hertzen hat / Andern zu gefallen / oder / um anderer Urſachen willen / mit dem Mund / und andern aͤuſſerlichen Zeichen / zu verheelen / oder gar zu laͤugnen / das iſt nit erlaubt; wiewol theils Politici, bisweilen / mit reden / thun / und ſchreiben / ſolches gut heiſſen / indem / wann Sie / ihres Glaubens halber / befragt / zweifelhaff -tig31Die VIII. Frag. tig antworteten / damit Sie nicht um die Gunſt ſpringen / oder gar in Lebens gefahr gerahten moͤch - ten; der Werck ſelber / als des niderknieens vor den Bildern / bey denen Umgaͤngen ſich befin - dens / und der gleichen / zu geſchweigen; Wie auch / daß man etwan ſeinen Namen verlaͤugnet / und ei - nen andern darfuͤr ſchreibet; oder ſich eines Be - trugs im unterzeichnen / gebrauchet; nit eingedenck / was Matthaͤi C. 10. v. 32. und zun Roͤmern am 10. v. 10. ſtehet. Es wird uns verboten / mit de - nen / ſo nicht unſerer Religion ſeyn / in Religions - und Gewiſſens-Sachen / Gemeinſchafft zu haben / und Jhnen zu heuchlen / Eſa. 52. v. 11. 2. Co - rinth. 6. v. 14. zun Epheſ. 4. und 5. v. 14. und 11. Es iſt nicht genug / daß einer in ſeinem Hertzen glaube / ſondern er muß ſolchen Glauben auch be - kennen / Pſal. 116. v. 10. Rom. 10. v. 9. Die Bekenner haben ein ruhiges Gewiſſen / Uberfluß an allem Guten / und machen ſich theilhafftig der ewigen Seeligkeit; hergegen Gott der HErꝛ den Heuchlern zeitliche und ewige Straffen drohet / im 2. B. der Koͤnig. 7. v. 34. Matth. 10. v. 33. Sie geben auch dem Naͤchſten aͤrgernus / ſo ſon - derlich zu verhuͤten / Matt. 18. v. 6. 7. Theils wol - len ſich behelffen mit dem Exempel des Naemans / im 2. B. der Koͤnig c. 5. v. 18. 19. der doch ſein Religion nicht verheelet; nicht vor dem Goͤtzen Rimmon nider gefallen iſt; ſondern ſeinem Fuͤr - ſten einen Hofdienſt erzeigt / in dem Er mit derHand32Die VIII. Frag. Hand den Koͤnig in den Tempel gefuͤhrt; als wie der Churfuͤrſt von Sachſen / dem Kaͤiſer Carolo V. als er zur Meß ſich verfuͤgen wollen / An. 1530. das Schwerd / ohn alle verletzung des Gewiſſens / vorzutragen / kein Bedencken / beym Sleidano lib. 7. gehabt hat. Jtem / wollen Sie Jhnen des Nicode - mi Beyſpiel zu Nutz machen / welcher zwar ge - glaubt / aber / aus Foꝛcht vor den Juͤden / nicht be - kennen wollen: Und bezeuget Johannes / C. 12. daß viel aus den Obriſten an Chriſtum geglaubt / aber / wegen der Phariſeer / den Glauben verheelet / auff daß Sie nicht auß der Schul geſtoſſen / oder in den Bann gethan wuͤrden / v. 42. Welche dann mehr die Ehr bey den Menſchen / als die Ehr Gottes / geſucht haben; Was Nicodemus her ge - gen gethan / das erſcheinet aus dem 3. Cap. S. Johannis / v. 1. und C. 7. v. 51. ſonderlich aber / als Er / zu einer gar gefaͤhrlichen Zeit / in Ange - ſicht der Juͤden / den Leib Chriſti zur Erden beſtat - tet. Und wie freudig ſich der Churfuͤrſt Johann Friederich von Sachſen / in ſeiner Gefaͤngnus / als man Jhme / daß Er das Interim annehmen ſolte / zugemutet / erzeigt / das erzehlet abermals Sleida - nus lib. 20 p. 583. Die Ehre Gottes iſt dem Leben / der Marter / und allem Gewin vorzuziehen. S. Matth. 10. v. 28. Luc. 12. v. 5. die Offenbarung S. Johann. C. 3. v. 16. c. quisquis metu. 80. und c. nolite timere. 86. Cauſa 11. q. 3. S. D. Ioh. Forſte - rum probl. Theol. 7. dec. 1. ex Symbolo Apoſtol. Sa -gittar. 33Die VIII. Frag. gittar. Exercit. Eth. 11. p. 270. ſeq. und Vlricum Weißland quæſt. miſcell. hiſt. polit. 4. da er auff die Frag / ob ein Reiſender / wann er von ſeiner Reli - gion nicht befragt wird / ohne Verletzung des Ge - wiſſens / ſich ſtellen moͤge / daß er einer andern Re - ligion ſeye? mit Nein antwortet. Dann obwoln keiner ſeine Religion / wann er von andern nicht darum befragt wird / zu entdecken ſchuldig / 1. B. Samuel. C. 21. v. 13. und nichts naͤrriſcher iſt / als ſich freywillig der Gefahr untergeben / vid. Plutarch. in Alcibiade: auch nichts ſchaͤdlichers / Sir. 3. v. 27. So thun doch dergleichen Geberden / und Wort / mit welchen die Reiſenden ſich ſtellen / daß ſie eine widerige Religion gut heiſſen / den Goͤttlichen Geboten ſchnurſtracks zuwider lauf - fen. Dann / wir ſollen Gott von gantzem Hertzen / von gantzer Seel / von gantzem Gemuͤte / und aus allen Kraͤfften lieben / 5. B. Moſis / C. 6. v. 5. Marc. 12. v. 30. Luc. 10. v. 27. So kan niemand zweyen Herren dienen / Matth. 6. v. 24. Luc. 16. v. 13. Ein anders leſen wir von Sadrach / Me - ſach / und Abednego / Dan. 3. und vom Eleazar / 2. Maccabaͤ. C. 6. v. 21. 24.
DJeſe Strittigkeit von den Bildern hat viel Unruhe in der KirchCerweckt /34Die IX. Frag. erweckt / vor Zeiten / und auch verwichene Jahr. Dann / in dem achten Seculo, iſt ſo viel Zancks ihrentwegen entſtanden / daß man deshalben et - liche Zuſammenkuͤnfften der Geiſtlichen angeſtel - let hat; deren ſonderlich 3. die vornemſten gewe - ſen / als die ſiebende Conſtantinopolitaniſche / un - ter dem Kaͤiſer Conſtantino Copronymo, im Jahr 755 - Die ander Niceniſche / unter der Kaͤiſerin Irene, An. Chriſti 788. und die Franckfurtiſche Zuſammenkunfft An. 794. Der Synodus zu Con - ſtantinopel hat alle Bilder insgemein verworf - fen: hergegen der Niceniſche die Bilder nicht al - lein zugelaſſen / ſondern auch dieſelbe zu verehren geboten. Die Franckfurtiſche Zuſammenkunfft / oder Concilium, iſt den mitlern Weg gangen / und hat die Bilder / und deren Hiſtoriſchen Gebrauch nicht verworffen; aber wol derſelben Verehr - und Anbetung. Folgender Zeit iſt es deswegen ruhig geweſen / bis des Jahrs 1522. der Andreas Ca - rolſtadius / in Abweſenheit des D. Luthers / zu Witteberg die Bilderſtuͤrmerey wider erregt / und mit Gewalt die Bilder aus der Kirchen geworf - fen; deme aber Lutherus / zu ſeiner Widerkunfft / ſich entgegengeſetzt / und 7. Predigten wider den - ſelben gehalten. Was aber nichts deſto weniger folgends in Teutſch - und Niderland / und ſonder - lich in Franckreich / mit den Bildern / in den inner - lichen Kriegen / und ſonſten / vorgegangen / dasli - ſet man in den Hiſtoriſchen Buͤchern / auch denaus -35Die IX. Frag. ausgegangnen / und verhandenen Schrifften; darunter auch ſeyn der Anhaltiſchen / und Caſſe - liſchen / deren D. Io. Forſterus dec. 1. probl. Theolog. 4. ex Decalogo, th. 13. & 14. gedencket / und / in den folgenden / von dieſen zweyen Fragen handelt. 1. Welche Bilder / in den Kirchen / zuzulaſſen / und welche nicht. 2. Warum man ſolche Bilder / die erlaubt ſeyn / haben / und behalten moͤge?
Was die Erſte Frag anbelangt / ſo ziehet er unter die nicht erlaubte die jenige Bilder / da man GOtt / der ein Geiſt iſt / und alſo ein unſichtbar / und unendlichs Weſen / aus Menſchlicher Witz / in Gleichnus eines ſterblichen Menſchen / oder der Voͤgel / &c. zu mahlen ihme vornimmt. Es wer - den aber davon ausgenommen die Bilder der je - nigen Ding / durch welche GOtt / in der Schrifft / ſich offenbaret / und gleichſam zu ſehen gegeben; als / Gott der Vatter in Geſtalt eines Alten / An - tiqui dierum, Daniel. 7. v. 13. Gott der Sohn / in Geſtalt eines reiſenden Menſchen / eines gewaffne - ten Fuͤrſtens / im 1. Buch Moſis C. 18. und Jo - ſuæ / Cap. 5. v. 13. und Gott der Heilige Geiſt / in Geſtalt einer Tauben / Matth. C. 3. v. 17. Dar - nach ziehet er unter die unerlaubte Bilder die Heydniſche / als / des Apollinis, Minervæ, und an - derer mehr / deren Namen auch nicht unter den Chriſten ſolten gehoͤret werden: Jtem / die un - zuͤchtige Bilder / und welche / die Geilheit zu erwe - cken / gemacht / und gemahlt werden; dergleichenC ijin36Die IX. Frag. in Jtalia / und Franckreich / in den Kirchen / viel ge - ſehen werden / wie Beza, im Muͤmpelgartiſchen Geſpraͤch / erzehlet hat; auch Paulus Hentznerus, in ſeinem Reisbuch / p. 313. von der Haubt-Kir - chen zu Neaples / alſo ſchreibet: in gradibus, ubi ad ſanctuarium D. Ianuarii aſcenditur, ad latus ſini - ſtrum, præter cætera, quæ marmori inciſa viden - tur, cernitur etiam effigies maris, & fœminæ nudæ, ſtando Veneri operam dantes, dignum templo ſpe - ctaculum. Welche / und dergleichen Bilder / von der Weltlichen Obrigkeit / nach den Exempeln des Moſis, Gedeonis, Iehu, Hiskiæ, Ioſiæ, billich ſollen ab - geſchafft werden; als die hin / und wider / in Heili - ger Schrifft verboten ſeyn. Nach dieſen unerlaub - ten Bildern folgen die erlaubten; deren gemeld - ter Autor zweyerley Gattung machet; als weni - ger / und mehr erlaubte: Unter die weniger erlaub - te ziehet er die erdichte / und aberglaubiſche Bilder / ſo entweder der H. Schrifft / oder der Warheit anderer Hiſtorien / entgegen ſeyn; Dergleichen dann in den Evangeliſchen Kirchen nicht leichtlich / auſſer etwan in Winckeln / an theils Orten / zur Gedaͤchtnus / was vor Jahren vorgeloffen / ge - funden werden: gleichwie man liſet / daß der Kaͤi - ſer Theodoſius / und der Biſchoff Theophilus / zu dem Ende / etlicher Heydniſchen Goͤtzen Bildnuſſen behalten / daß ſie der Heydniſchen Abgoͤtterey Zeu - gen weren. Die mehꝛ erlaubte ſeyn die jenige / ſo aus der Bibel genommen / und gemahlet / zu dem Endein37Die IX. Frag. in den Kirchen auffbehalten werden / daß ſie leh - ren / und zieren. Dann dieſelbe / mit ſeiner Maß / die Einfaltige / und ſonderlich die / ſo nicht leſen koͤn - nen / in den Kirchen-Hiſtorien unterweiſen / die / durch ſolche Gemaͤlde / ihnen dieſelbe einbilden / und wann ſie die anſehen / in die Gedaͤchtnus bringen.
Die Andere Frag betreffend / warumb derglei - chen jetzt angedeute / und erlaubte Bilder / man ha - ben / und leiden doͤrffe; wird ſolche / an obangezog - nem Ort / th. 40. & ſeqq. alſo beantwortet. 1. daß es geſchehe auß Chriſtlicher Freyheit / in derglei - chen Mitteldingen / die man auffrecht zu erhalten hat / nach der Vermahnung S. Pauli / zun Gala - tern Cap. 5. v. 1. Dann dergleichen Bilder zu ha - ben nirgends in H. Schrifft / ſonderlich des Neu - en Teſtaments / verboten. Zum andern / daß man daraus den Text von den Bildern recht / und ei - gentlich erklaͤren koͤnne; wie / und welcher geſtalt / namlich / den Juͤden Bilder zu haben / verboten worden; wie der Autor ſolches mit mehrerm auß - fuͤhret; auch / zu den erzehlten zweyen / noch die dritte und vierde Urſachen / warum man etliche Bilder in den Kirchen / ohne Nachtheil der Reli - gion / behalten moͤge / th. 54. und 56. hinzuthut / ſo man daſelbſt zu leſen hat. Sihe auch D. Fride - rici Balduini Gegenbericht auff Abrahami Scul - teti Bericht von Goͤtzenbildern / zu Prag / in einer Predigt gethan / gedruckt zu Wittenberg An. 1620. in 4.
HJierauff antworten die mei - ſten / daß die geheime Sachen / ſo ein Prieſter / oder Kirchendiener / in der Oh - ren-Beicht angehoͤrt / nicht zu offenbaren ſeyen; dieweil ſie daſelbſt GOtt angezeigt worden / wel - cher / ſo er will / leichtlich eine andere Weiſe erfinden kan / daß die That jederman bekand werde. 2. Die - weil ſolche Sachen dem Diener GOttes / unter dem Vertrauen des ſtillſchweigens / eroͤffnet wor - den / welcher ſein Gewiſſen nicht verletzen / noch ſein Anſehen / bey den Zuhoͤrern / verlieren / noch an - dere / die dergleichen mehrere / ſo ſie beſchweren / um Troſt zu bitten / auß freyem Gemuͤt / beichten moͤch - ten / abſchrecken ſolle: und dahero auch viel weni - ger der Beichtiger / oder Beicht-Vatter / die Ge - heimnuͤſſen aus dem Beichtenden / erforſchen koͤn - ne: Dann / wann der Beichtende / oder Beicht - Kind / es verſchweigt / ſo verſchweige es ihme ſol - ches zum guten / oder boͤſen. 3. Dieweil Lutherus auch ſolcher Meinung geweſt zu ſeyn / es das An - ſehen hat / indem er geſchrieben / daß die Venediger weislich gethan / daß ſie einen Moͤnch verbrennen wolten / welcher ein Weib verrahten / die gebeichtet /daß39Die X. Frag. daß ſie einen Juͤngling / im Beyſchlaff / umge - bracht habe: Jtem / weil er nicht gewolt / daß ein Pfarrer / wegen eines Weibs / ſo ihme / daß ſie ein Kind umgebracht / gebeichtet / die er auch abſolv irt gehabt / deswegen vor Gericht Zeugnus geben ſol - te: ſondern die Sach endlich auff andere Weiſe of - fenbar worden iſt. Vlricus Weißland / in der diſpu - tation de Codicillis, Corollar. 1. da er dieſe Frag auch ſetzet / und mit Nein darauff antwortet / ſchrei - bet alſo: B. Martinus Lutherus, hac dere, notatu digna recenſet in colloq. ſuis c. 18. rubr. Ob ein Die - ner des Worts Zeugnus geben moͤge / was er in der Beicht gehoͤrt hat? dum ita ſcribit: Einer fragte D. M. L. und ſprach: Wann ein Pfarr - herr / und Beichtvatter / ein Weib abſolvir te / das ihr Kind haͤtte erwuͤrget / und ſolches wuͤrde dar - nach / durch andere Leut / offenbart / und ruchtbar / ob auch der Pfarrer / ſo er darum gefragt wuͤr - de / beym Richter / Zeugnus geben muͤſte? Da antwortet er / mit nichten; Dann man muß Kir - chen - und Weltlich Regiment unterſcheiden / ſinte - mal ſie mir nichts gebeicht hat / ſondern dem HErrn Chriſto / und weil es Chriſtus heimlich haͤlt / ſoll ichs auch heimlich halten / und ſtracks ſa - gen: Jch habe nichts gehoͤrt / hat Chriſtus was gehoͤrt / ſo ſag Er es. Und ſetzt gemeldter Weiß - land darzu / es erzehle / an einem Ort / Thomas Treviſenſis, er habe gehoͤrt / daß Carolus, der Fuͤnffte / einen Pfarrer / ſo die Beicht geoffenba -C iiijret /40Die X. Frag. ret / am Leben geſtrafft; und der Churfuͤrſt zu Sachſen einen / ſo die Jhme gethane Beicht aus - geſchwatzt / vom Dienſt abgeſetzt habe. Und iſt auch dieſes hiebey / vierdens / zu bedencken / daß der Kir - chendiener allein / in der Beicht / iſt an GOttes ſtatt / aber auſſer dieſer Betrachtung / iſt er ein ei - niger Zeug / aus deſſen Zeugnus ſonſten niemands verurtheilt werden ſolle; alſo / daß es / wegen ober - zehlter Urſachen / beſſer iſt / daß man von denen / in der Beicht / bekanten Ubelthaten / ſchweige; als dieſelbe offenbare. Sihe D. VVolfg. Franzium, diſp. 11. ex Deuteron. th. 33. ſeqq. da er auch meldet / es ſcheine / daß etliche die offentliche Miſſethaten / ſo den gemeinen Stand / deſſen Heil / und Wol - fahrt / vernichten / ausnehmen / als da iſt die Zu - ſammenſchwerung / das Vatterland zu verrah - ten / Werffung des Giffts / und Feuers / in die Waſſer / und Haͤuſer / der Ketzer heimliche Zu - ſammenkuͤnfften / &c. und ſetzet er / am Rande / darzu / daß / in ſchweren Sachen / ein Kirchendie - ner / nichts / als mit gemeinem Belieben der Theo - logiſchen Collegi en / thun ſolle. Jn Franckreich ſol - len die Beichtvaͤtter verbunden ſeyn / wann ſie et - was in der Beicht vernehmen / das dem Koͤnig / und Koͤnigreich / ſchaͤdlich / ſolches anzuzeigen. Quirinus Kubach cent. 1. quæſt. Polit. Iurisd. de - tur. 4. qu. 1. machet dieſen Unterſchied: Wann ei - ne Ubelthat begangen / ſolle der Prieſter ſolche nit offenbaren: wann aber ſolche erſt begangen wer -den41Die XI. Frag. den ſolle / ſoll er ſein Beichtkind mit allem Fleiß da - von abmahnen; zugleich auch die Leute warnen / und ermahnen / daß man gute Wacht / und Auff - ſehen haben ſolle; aber die Perſon / die ihme ſolches in der Beicht geoffenbaret / nicht verrahten: und wann er ſolches gleich vor der Obrigkeit thaͤte / ſo gelte doch ſein Zeugnus / als einer einzelen Per - fon / hie nichts; wie er ſolches / in der folgenden Frag / erweiſet: und c. ſi ſacerdos de offic. c. omnic utriusꝙ́ ſexus de pœnitent. & remiſſ. l. 9. C. de Te - ſtibus, c. 10. C. 23. extra, d. t. Deuter. c. 17. v. 7. & c. 19. v. 15. anziehet.
WAs das Erſte anbelangt / wird der Tod Moſis / in ſeinem 5. Buch / Cap. 31. ſchoͤn beſchrieben / da er ſpricht / Jch bin heut 120. Jahr alt / ich kan nicht mehr aus - und eingehen / darzu hat der HErr zu mir ge - ſagt / du ſolt nicht uͤber dieſen Jordan gehen. Jtem / im 14. und 16. Vers: Der HErr ſprach zu Mo - ſe / ſihe / deine Zeit iſt herbeykommen / daß du ſter - beſt; Und: Sihe / du wirſt ſchlaffen mit deinen Vaͤttern. Jn welchen Worten 1. von Moſe ge -C vſagt42Die XI. Frag. ſagt wird / daß er nicht mehr auß - und eingehen kaͤnnen / das iſt / daß ſeine Kraͤfften / durch ſo vieler Jahren Sorg / und Muͤhe / ſchwach worden. 2. Daß GOtt zu Moſe geſagt / du ſolt nicht uͤber dieſen Jordan gehen / das iſt / Gott hat ein Schluß gemacht / nicht allein wegen der Zeit / ſondern auch des Orts halber / wo Moſes ſterben ſolle. 3. Jtem / deine Zeit iſt herbeykommen / ꝛc. damit wir wiſſen ſollen / daß GOtt jedem Menſchen eine gewiſſe Le - bens-Zeit beſtimmet / und daß niemand entweder ſpaͤter / oder baͤlder / ohne Gottes Willen / aus die - ſem Leben abſcheide. Und dann 4. wohin Moſes / in ſeinem Tode / gelangen werde? namlich / daß er ſchlaffen werde mit ſeinen Vaͤttern; welches die Schrifft anderswo nennet / verſamlet werden zu ſeinen Vaͤttern. Wer aber zu ſeinen Vaͤttern ver - ſamlet werden / und kommen ſolle / derſelbe wird nicht gantz untergehen. Welches aus dem Neuen Jnſtrument (wie das Teſtament Auguſtinus nen - net) erwieſen wird / indeme Matth. 17. v. 3. 4. auff dem Berg Thabor / Moſes / von Chriſto / und den Apoſteln / iſt geſehen worden: und dieweil Matth. 27. v. 52. 53. viel Leiber der Heiligen / ſo geſchlaf - fen / aus den Graͤbern aufferſtanden / nicht daß ſie wider ſterben / ſondern mit Chriſto in das Himmel - reich eingehen ſolten; ſo iſt kein Zweifel / daß jetzund Moſes / mit Leib / und Seel / mit Chriſto / in der Himmliſchen Herrlichkeit lebe. Die heutigen Pho - tinianer lehren / daß alle Leut / mit Leib / und Seel /unter -43Die XI. Frag. unter gehen; und daß / am Juͤngſten Tag / die Lei - ber / und Seelen der Frommen zwar wider werden aufferwecket; aber der gottloſen Coͤrper / und Seel / nicht wider herfuͤrkommen / ſondern gaͤntzlich ver - loren ſeyn; und daher auch die Gottloſen keine Qual in Ewigkeit auszuſtehen haben werden; wie ihre Meinung Franzius, diſp. 14. ex Deuteron. th. 54. erzehlet / und ſie billich fahren laͤſſet; des Moſis Exempel aber / den Sterbenden / zum Troſt vorgeſtellet.
Was den andern Puncten anbelangt / ſo iſt / nach dem Fall unſerer erſten Eltern / der Tod al - len Menſchen / von Gott / wegen der Suͤnde / auff - geſetzt. Jn welchem Stand aber / auf welche Weiſe / an welchem Ort / und zu welcher Zeit / ein jeder ſter - ben werde? Davon hat man zweyerley Betrach - tung / ein einzele / und ein allgemeine. Die einzele betrifft etliche ſonderbare Faͤll / deren Urſachen uns verborgen ſeyn: die allgemeine Betrachtung betreffend / gibt ſich / am allererſten / dabey an / Got - tes des HErrn Vorwiſſen / in deſſen Anſehung / das Lebens-Ende einem jeden Menſchen gewiß / und GOtt unzweifelich bekand iſt / als deme alles Zukuͤnfftige allezeit gegenwaͤrtig iſt. Es iſt aber ſolche Vorwiſſenheit GOttes nicht eine gaͤntzliche Urſach; ſondern eine Wiſſenſchafft / die auff an - dere Urſach gerichtet iſt. Und dieſelbe ſchauet Gott / in Betrachtung der Gottſel - und Gottloſigkeit / alſo an / daß er deswegen einem jeden ſeines LebensZiel44Die XI. Frag. Ziel ſetzet; und zwar ordenlicher Weiſe den From - men / zur Vergeltung / ein laͤngers / und den Boͤ - ſen / zur Straff ihrer Suͤnden / ein kuͤrtzers. Unter - deſſen aber / weil GOtt thun kan / was er will / ſo maͤſſiget er / nach ſeiner wunderſamen Weisheit / die Urſachen / und ſonderlich die natuͤrliche / alſo / daß er bisweilen / wider den Lauff der Natur / den Frommen / entweder das Leben erlaͤngert / oder / durch einen zu fruͤhen Tod / wie es zwar uns bedun - cket / ſie / vor dem kuͤnfftigen Ungluͤck / hinwegraf - fet. Er laͤſt auch zu / daß die Boͤſen / zur Straff der Suͤnden / ihnen ſelbſten / mit ihrem boͤſen Thun / das Leben / ſo / der Natur nach / noch laͤnger waͤh - ren koͤnnen / abkuͤrtzen; oder / daß ſie / wider ihren Verdienſt / lang leben / und zwar zu dem Ende / da - mit ſie Zeit haben / ſich zu bekehren / und die ewige Verdamnus abzuwenden. Jſt deswegen der jeni - gen Stoiſche Meinung / daß die Beſchaffenheit / und Zeit des Todes / einem jeden Menſchen gar eigentlich / und unwandelbar / aufferlegt ſeye / zu verwerffen. Dann ſonſten / wann das Ziel des Menſchlichen Lebens gantz nohtwendig / einem je - den Menſchen / vorbeſtimmt were; ſo wuͤrden die Verheiſſung - und Bedrohungen GOttes; auch der Frommen Gebet; alle Kunſt / und Fleiß / der Aertzte; alle Vorſichtigkeit / allen Todesgefaͤhr - lichkeiten / und den Leibſtraffen / zuentfliehen / eitel / und vergebens ſeyn. Es bringen zwar theils vor / was im Buͤchlein Hiob / Cap. 14. v. 5. item / im139.45Die XI. Frag. 139. Pſalm / v. 15. beym Sirach / Cap. 17. v. 2. ſtehet. Aber ſolche Spruͤch gehen zum theil da - hin / daß ſie die Frommen bekraͤfftigen / GOtt ſey ihr Leben / und die Laͤnge ihrer Tag / im 5. Buch Moſis / Cap. 30. v. 20. Theils / daß ſie die Boͤſen von ihren Suͤnden abmahnen / daß ſie nicht ſelb - ſten ihnen eine Urſach ihres Verderbens ſeyen. Sihe D. Forſterum decad. 3. probl. Theolog. ex Symbolo Apoſtol. probl. 9. da er auch / zum Be - ſchluß / mit anhaͤnget / daß unſer Alter / heutiges Tags / nicht viel abgenommen / wann wir nur / nach jener (Alten) Weiſe / maͤſſig lebten / und die Geſundheit / und unſer Leben / mit Ubermaß in Eſ - ſen / Trincken / und dergleichen / nicht verderbten.
Den Dritten Puncten betreffende / ob der Tod / fuͤr das Leben / dem Menſchen zu erwehlen? So iſt zu mercken / daß der Tod / auff dreyerley Weiſe / betrachtet wird / entweder Theologicè, oder Mora - liter, oder Naturaliter. 1. Theologicè iſt der Tod al - lezeit / fuͤr das Leben / einem Chriſten / zu erwehlen / damit wir ein beſſers Leben uͤberkommen; dieweil dieſes zeitliche Leben nicht allein kurtz / ſondern auch mit unzahlbar vielen Widerwertigkeiten umgeben iſt. 2. Moraliter, oder / nach der Sitten-Lehr / der Tode betrachtet / mag derſelbe / auch dem Leben / bisweilen vorgezogen werden / jedoch alſo / daß wir nach dem Tod ſtreben / aus einer ehrlichen Urſach / uud deswegen ein Lob davontragen moͤgen; ſol - ches auch geſchehe / wegen deß gemeinen Nutzens;und46Die XII. Frag. und wann / vermoͤg der Tugend / das Leben weiter nicht kan gefuͤhret werden. Dann das Leben / ohne Tugend / nicht ein Leben / ſondern der Tod iſt. 3. Na - turaliter, oder natuͤrlicher Weiſe / wird der Tod nie - mals begehrt / oder erwehlet / dieweil das Leben gut / der Tod aber boͤs: und das Leben die Erhal - tung des lebenden Leibs; der Tod aber deſſelben Verderben. Sihe D. Iacob. Martini cent. 5. quæſt. Philoſoph. diſput. 7. qu. 10.
Zum Anhang iſt nicht zu verſchweigen / daß Gaguinus parte 2. rerum Polonicarum, p. 207. ſich nicht ſcheuet zu ſchreiben / daß bey der Moſcaw / und Tartarey / Voͤlcker ſeyen / die er Grunſtinzos, und Serponovicos nennet / welche jaͤhrlich den 27. Novembris ſterben / und den 24. Aprilis wider le - bendig werden. Welches aber mit Keckermanno, Syſt. Phyſ. lib. 3. c. 10. p. 274. ſeq. fuͤr eine Fabel zu halten.
ES war Ruben des Patriar - chen Jacobs erſtgeborner Sohn / von der Lea / im 1. Buch Moſis c. 29. v. 32. und gebuͤrte ihm deswegen / vor andern ſeinen Bruͤdern / Gnad / und Ehr / das iſt / das Prieſter - thum / und Fuͤrſtenthum / alſo / daß / auß ſeinemGebluͤt /47Die XII. Frag. Gebluͤt / haͤtten Koͤnig ſollen erwehlet werden. Die - weil er aber eine Blutſchande wiſſentlich / und vor - ſetzlich / mit ſeines Vattern Kebsweib / der Bilha / ſo der Rahel Magd geweſen / begangen / ſo hat er hiedurch das Recht der Erſtengeburt verſchertzt / d. lib. C. 35. v. 22. und C. 49. v. 4. Da Jacob ih - me ſein Verbrechen vorhaͤlt / und ſagt / Du ſolt nicht der Oberſte ſeyn. Und als Moſes / im 5. Buch / Cap. 33. die Kinder Jſrael / vor ſeinem Tode / ſegnete / ſprach er / v. 6. Ruben lebe / und ſterbe nicht / und ſein Poͤbel ſey gering. Damit er die Vermiſchung der Barmhertzigkeit / und Ge - rechtigkeit GOttes / anzeigen wollen / daß er zwar ſeine Nachkoͤmmling / wegen der Verheiſſung / vor Zeiten dem Abraham / und ſeinem Samen ge - than / haben; aber dieſelben gering / und wenig; da mit die Gerichte Gottes / uͤber die Suͤnde / bey allen Nachkoͤmmlingen offentlich bekand werden. Und iſt das Prieſterthum / ſo ihme gehoͤrte / dem Stammen Levi; ein doppeltes Erbe dem Stam - men Joſephs; das Fuͤrſtenthum aber dem Judæ / gegeben worden / von welchem / nach der Wieder - kunfft / aus der Babyloniſchen Gefaͤngnus / die Kinder Jſrael / forthin alle ſeyn Juͤden genannt worden. Dann / ob er wol erſt der vierdte Sohn ſei - nes Vattern Jacobs war; darzu eine / ſo nicht ſei - nes Geſchlechts geweſen / geheuratet / und / uͤber das eine Blutſchande mit ſeiner Schnur Tha - mar begangen / 1. B. Moſis / Cap. 38. dieweil eraber48Die XIII. Frag. aber ſolches unwiſſend gethan / auch unwiſſend die - ſe Thamar / ſo von ihme geſchwaͤngert worden / zum Feuer verurtheilt; folgends ſein Unrecht erkennt / bereuet / und ſie foͤrters nicht mehr beſchlaffen; auch den Joſeph / den ſeine Bruͤder toͤden wolten / errettet / und fuͤr den Benjamin Buͤrg worden iſt: deswegen wird er / vom gedachten ſeinem Vatter / Cap. 49. v. 8. und folgenden / ſeinen 3. aͤlteren Bruͤdern vorgezogen / und hochgeſegnet: auch vom Moſe / im 5. B. Cap. 33. v. 7. allda geſagt wird: HErr / erhoͤre die Stimm Juda / mache ihn zum Regenten in ſeinem Volck / und laß ſeine Macht groß werden / und ihm muͤſſe wider ſeine Feinde geholffen worden. Dann Gott der HErr die Suͤnder / wie ſchwer ſie ſich auch verſuͤndiget / wann ſie nur nicht mutwillig / wider ihr Gewiſſen / in ihren Suͤnden fortfahren / zu Gnaden wider annimmt / auch leiblich / und geiſtlich / ſegnet; D. VV. Franz. diſp. 14. ex Deuteron. th. 139. & ſeqq.
JA. Urſachen deſſen ſeyn die folgende. 1. die Chriſtliche Freyheit / deren man ſich auch allhie zu gebrau - chen hat / nach der Vermahnung des Apoſtels / zun Galatern am 5. v. 1. 2. wegen des 15. Arti - culs in der Augſpurgiſchen Confeſſion, der in ſeinemAnfang49Die XIII. Frag. Anfang alſo lautet: Von Kirchen-Ordnung / von Menſchen gemacht / lehret man die jenigen halten / ſo ohne Suͤnde moͤgen gehalten werden / und zu Frieden / zu guter Ordnung in der Kirchen dienen / als gewiſſe Feyer / Feſt / und dergleichen. 3. Dieſer Gewonheit Altum. Dann / man will / daß Flaccus Alcuinus, Abbt zu Tours, geweſter des Bedæ Zuhoͤrer / und des Kaͤiſers Caroli Magni Præceptor, und Paulus, Aquilegienſis Diaconus, ſo um das Jahr Chriſti 800. in Anſehen gewe - ſen / die Sontaͤgliche Evangelien / und Epiſteln / alſo ausgetheilet haben. Welches zwar / was die ordenliche Austheilung anbelangt / zugelaſſen wird; aber / daß ſie die Erſte dieſes Wercks An - faͤnger ſollen geweſen ſeyn / wollen viel der Gelehr - ten nicht zugeben. Dann aus den Sermonibus des H. Auguſtini de tempore, oder den Zeit-Predig - ten / item / aus der 118. Epiſtel / an den Ianuarium, wird recht ermeſſen / daß die groſſe Liechter der Kirchen / B. Hieronymus, und Auguſtinus, ſolcher Evangeliſchen Lectio nen / in dem fuͤnfften Seculo, nach der Geburt Chriſti / die Erſte Erheber ge - weſen. Und / ſonders Zweifels / zur Nachfolg des einigen Haubts der Kirchen / Chriſti des HErrn / welcher / in ſeiner erſten Predigt / die Er zu Naza - reth / beym Evangeliſten Luca / Cap. 4. gehalten / nicht den gantzen Eſaiam zu erklaͤren ihme vor ge - nommen / auch nicht vom erſten Capitel angefan - gen; ſondern nur gewiſſe Wort / aus deſſelbenD61. Ca -50Die XIII. Frag. 61. Capitel / ſo zu ſeinem Vorhaben damaln ſchei - neten am tauglichſten zu ſeyn / erklaͤret. 4. Des Apoſtels ernſtlicher Befelch / 1. Corinth. C. 14. v. 40. daß alles in der Kirch ehrlich / und orden - lich / zugehen ſolle. Wie koͤnte aber eine richtigere Ordnung / als in den Sontaͤglichen Evangeli - en / gewieſen werden / welche mit vernuͤnfftigem Raht / nach den unterſchiedlichen Jahrszeiten / alſo eingetheilet ſeyn / daß alle / und jede Artickel der Chriſtlichen Religion / gar geſchicklich / jaͤhr - lich / daraus genommen / und erklaͤret werden moͤ - gen. 5. Die Nutzbarkeit ſolcher jaͤhrlichen Wider - holung. Daß ich euch immer einerley ſchreibe / ver - dreuſt mich nicht / und machet euch deſto gewiſſer; ſaget S. Paulus / zun Philippern / Cap. 3. v. 1. 6. Der Zuhoͤrer Ungeſchicklichkeit / und Ungeler - nigkeit / denen theils man ein Ding etlich mal vor - leſen / und wider holen muß; nach dem Exempel Chriſti des HErrn / welcher / beym Evangeliſten Luca / Cap. 24. v. 27. und 44. einerley Predigt / von einerley Jnhalt / zweymal widerholet hat. Jtem / des Koͤnigs Salomo; welcher in Spruͤch - woͤrtern Cap. 24. v. 19. 20. 21. alſo ſaget: Daß deine Hoffnung ſey auff den HErrn / ich muß dich ſolches taͤglich erinnern / dir zu gut. Hab ich dirs nicht manchfaͤltig fuͤrgeſchrieben / mit Rahten / und Lehren? daß ich dir zeiget einen gewiſſen Grund der Warheit / daß du recht antworten koͤnteſt denen / die dich ſenden. Jtem / nach demExempel51Die XIV. Frag. Exempel S. Peters / der / in ſeiner andern Epiſtel / Cap. 1. v. 12. 13. alſo redet: Darum will ichs nit laſſen / euch allezeit ſolches zu erinnern / wiewol ihrs wiſſet / und geſtaͤrckt ſeyd in der gegenwaͤrti - gen Warheit. Dann ich achte es billich ſeyn / ſo lang ich in dieſer Huͤtten bin / euch zu erwecken / und zu erinnern. Und dann 7. die Schwachheit der Einfaͤltigen / welche nicht fuͤrſetzlich zu aͤrgern / und unruͤhig zu machen / gleichſam als weren ſie bis - hero nicht recht unterwieſen worden. Und das ſeyn die vornemſte Urſachen / um welcher willen / die Ordnung / und dieſe alte / nutzliche / und nohtwen - dige Gewonheit behalten wird. Sihe D. Ioh. For - ſterum deca. 1. problem. Theolog. ex Decalogo, probl. 9.
WArum der erwehnte Sontag genant werde Lætare, oder der Freuden - Sontag / das wird dir / ohne Zweifel / wol vorhin bewuſt ſeyn. Dann / nachdem die Faſten / als eine Vorbereitung gegen dem heiligen Oſter - Feſt / halb fuͤruͤber iſt; So hebt ſich die Chriſtli - che Kirche an zu freuen / auff den rechten Oſter - Troſt / und ſinget / auff dem gemeldten Sontag / in ihrem Eingang / aus dem 66. Capitel des Pro -D ijpheten52Die XIV. Frag. pheten Eſaiæ, alſo: Freuet euch mit Jeruſalem / und ſeyd froͤlich uͤber ſie alle / die ihr ſie lieb habt / Freuet euch mit ihr alle / die ihr uͤber ſie traurig ge - weſen ſeyd.
Warum aber gemeldter Sontag auch der Todt-Sontag genennet wird; davon berichtet Martinus Mollerus, im 2. Theil ſeiner Poſtill / p. 3. 4. folgendes: Es ſeyn heut (namlich Anno 1599. da er dieſes / auff dem beſagten Sontag / zu Goͤrlitz / in Ober Lauſnitz / geprediget) Sechshun - dert / und Vier und Dreiſſig Jahr / da die Pre - digt des H. Evangelii / in Schleſien / und Polen / angangen iſt / und unſere Vorfahren zum Chriſt - lichen Glauben ſind bekehret worden. Denn / nach - dem ſie zuvor in Heydniſcher Blindheit geſtecket / und den ſtummen Goͤtzen gedienet hatten / fuͤgets Gott / daß Koͤnig Mießlaus in Polen / Hertzogs Boleslai in Boͤhmen Tochter begehret. Weil aber der Polniſche Koͤnig / unter welchem damals die Schleſien auch gehoͤrig / noch ein Heyde / die Boͤhmen aber ſchon laͤngſt zu Chriſto bracht wa - ren / will ihn die Jungfrau nicht haben; es ſey denn / daß er ſich zuvor tauffen laſſe / und ein Chriſt werde. Als nun der Koͤnig ſolches bewilliget / wird ihm die Jungfrau / gen Geiſen / bracht / da / zur ſel - bigen Zeit / das Hof-Laͤger war. Ehe ſie ihm aber getrauet ward / laͤſſet ſich der Koͤnig / in Gegen - wart der Braut / und ihres Vattern / taͤuffen / und befihlet / daß man alle Heydniſche Goͤtzen / inallen53Die XIV. Frag. allen ſeinen Laͤndern / abthun / und den Chriſtli - chen Glauben annehmen ſolte. Solches iſt her - nach ins Werck geſetzt worden / den 7. Martii, der damals der Sontag Lætare geweſen / und ha - ben die abgoͤttiſchen Bilder zerbrochen / verbrant / vergraben / ins Waſſer geworffen / ſich mit Hauf - fen taͤuffen laſſen / und mit Freuden dem lebendi - gen Gott gedienet. Ja / daher koͤmmt die alte Ge - wonheit / daß das junge Volck / jaͤhrlich / auch heu - te den Todt austreibet. Das iſt: Sie richten einen gewoͤhnlichen Goͤtzen zu / tragen ihn hinaus ins Feld / werffen ihn ins Koht / oder ins Waſſer / und lauffen eilend davon. Nachmals hauen ſie ein Baͤumlein ab / ſchmuͤcken es fein / nennen es den Sommer / und bringen es mit froͤlichem Geſange herwider / an zuzeigen / daß ſie Gott danckbar ſeyn / fuͤr das rechte Erkaͤntnus ſeines Namens / ja / daß ſie ſich freuen / daß ſie GOtt von den todten Wercken der Heydniſchen Abgoͤtterey errettet / und zum rechten Baum des Lebens / welcher iſt Chriſtus / gefuͤhret / und des ewigen Freuden - Sommers / theilhafftig gemacht hat. Bis hieher der beſagte Mollerus.
Hantſchmanus, in Orat. apodictica de noviſſi - mis Mundi, p. 24. da er des beſagten Schleſi - ſchen Gebrauchs / wiewol mit etwas Veraͤnde - rung / gedencket / ſchreibet / daß faſt ein ſolcher Brauch auch in etlichen Meißniſchen Staͤdten eingefuͤhrt / und in denſelben annoch / auff dem ge -D iijmeldten54Die XV. Frag. meldten Sontag Lætare, ohne aͤrgernus / erhalten werde.
DJeſes iſt eine ſchwere Frag / welche nicht allein den Rechts gelehrten / und Weltmaͤnnern; ſondern auch den Gottes gelehrten / ſolche zu eroͤrtern / viel Muͤhe gemacht hat: ſonderlich / als deswegen An. 1588. groſſe Unruhe zu Regensburg entſtanden; wie aus einer deswegen gedruckten Schrifft zu erſe - hen / und in der Centuria 16. Oſiandri, f. 1049. zu leſen.
Es wird aber allhie nicht von einem ſolchen Wucher gefragt / dardurch des Naͤchſten Ver - moͤgen zernichtet / und er an den Bettelſtab / ja in das hoͤchſte Elend / geſetzet wird; ſo unter den Chriſten nicht zu gedulten / und dergleichen Wu - cher / in H. Schrifft / gar hoch verboten iſt: Son - dexn / von einem ſolchen Contract, durch den ein Geld / mit dieſem Beding / aus geliehen wird / daß nicht allein das Haubt-Gut / zu ſeiner Zeit / wider heimgegeben; ſondern auch daruͤber ein jaͤhrli - cher Zins / der aber nicht hoͤher / als er durch die Geſaͤtz / und Ordnungen beſtimmt / lauffen ſolle / gereicht werde; welchen man ſonſten einen Ver - geltungs-Wucher / oder ein jaͤhrliches Intereſſe,zu55Die XV. Frag. zu nennen pflegt: Und anders iſt / als ein Zins - kauff / widerkaͤufflicher Zins / dardurch die Geiſt - liche Guͤter mehrertheils erhalten / und davon Kirchen - und Schuldienern / ihre Beſoldungen gereichet werden; ſo D. Luther tom. 7. Ien. 390. zulaͤſt; und von ſolchem Brentius, im Bedencken ſeiner wucherlichen Contracten, und Zins-Geld / alſo ſchreibet: Nun ſind zweyerley Zins-Contra - cten: der eine iſt / daß man mit hundert Guͤlden (exempli gratiâ) auff ein Acker / Wieſen / Haus / oder andern Guͤtern / und jaͤhrlichen Einkommen / fuͤnff Guͤlden / vermoͤg rechtmaͤſſiger Ordnung / inmaſſen es auff dem Reichstag zu Augſpurg / Anno 30. im Roͤmiſchen Reich conſtitu irt / und verordnet / erkaufft. Solchen Contract, als der von gemeinen Rechten / aus erheblichen billichen Urſachen / fuͤr ein ordenlichen Kauff erkennt / wiſ - ſen wir nicht zu verdammen / &c.
Was nun das obangedeute jaͤhrlich Intereſſe, oder uſuram compenſatoriam, und die Frag / ob einem Chriſtenmenſchen / mit gutem Gewiſſen / von Andern / bisweilen einen Wucher / das iſt / uͤber das Haubt-Gut / einen jaͤhrlichen Zins zu nehmen / erlaubt ſeye? anbelangt; ſo wird dar - auff vom D. Iohanne Forſtero dec. 3. probl. Theol. ex Decalogo, probl. 2. mit Ja geantwortet / jedoch etliche Bedingnuſſen mit angehenckt / und die Leu - te in 3. Hauffen abgetheilet; in deren Erſten die Armen ſeyn / und ſonderlich die / die entweder we -D iiijgen56Die XV. Frag. gen Kranckheit / oder Alters halber / mit ihrer Ar - beit / nichts gewinnen moͤgen. Jn dem Andern Hauffen ſeyn die / die zwar ſelber geringen Ver - moͤgens / und alſo ander Leut bedoͤrfftig; aber ſtarck von Leib ſeyn / daß ſie ihnen / und den ihri - gen / mit ihrer Hand-Arbeit / die Nahrung zuwe - genbringen koͤnnen. Der Dritte Hauff iſt der je - nigen / welche die Lebens-Mittel wol haben; Aber daneben zu ihrer Haushaltung / oder andern ehr - lichen Gewerben / ſo ſie treiben / ſolche deſto beque - mer / und mit groͤſſerm Nutzen / fortzuſetzen / von Andern Geld zu entlehnen pflegen. Was den 1. und 2. Hauffen anbetrifft / ſo will er / D. Foͤrſter / daß man von keinem derſelben ein Wucher / oder Zins / nehmen ſolle: Und zwar / daß auch von den 1. Armen das Haubt-Gut nicht zu fordern / ſon - dern ſolches ihnen / als ein lauters Almoſen / zu laſſen; Von den 2. aber allein das Haubt-Gut / und kein Zins davon zu nehmen ſeye; wie die von ihme angezogene Spruͤch / in den Spruͤchen Sa - lom. Cap. 3. v. 27. Matth. 5. v. 42. Sirach 29. v. 1. und folgenden / ſolches zu erkennen geben. Wird daher allhie allein von dem Dritten Hauf - fen geſtritten / ob man denſelben Geld leihen ſolle / und moͤge / daß ſie / uͤber das Haubt-Gut / an ſtatt jaͤhrlichen Zinſes / etwas zu reichen haben? Wel - ches dann / wann nachfolgende Reglen in Acht genommen werden / zu thun erlaubt iſt.
1. Wann ſolcher jaͤhrlicher Zins die Summvon57Die XV. Frag. von 5. Guͤlden nicht uͤbertrifft / als die vom Roͤ - miſchen Kaͤiſer / und vermoͤg eines Ausſchreibens des Churfuͤrſten zu Sachſen / ſo man das Torgi - ſche nennet / zu nehmen erlaubt ſeyn.
2. Daß man die Zeit / und die Summ / ob jene langwirig / dieſe etwas groß ſeye / in Acht nimmet.
3. Daß ſolcher Geldhandel / oder Contract, ſonderlich denen erlaubt ſeye / die ſelber mit dem Geld / von welchem ſie allein die Nahrung haben / nicht handlen koͤnnen; als da ſeyn die Wittibe / Waiſen / und andere / die zu den Gewerben nicht tuͤchtig ſeyn. Andern aber / die allein von Zinſen leben / ſich in nichts uͤben / ſondern nur in lauterm Muͤſſiggang ihr Leben zubringen / will er Forſte - rus keinen Beyſtand leiſten.
4. Wofern auch Andere / als oberwehnte / ihr Geld auff Zins ausleihen wolten / ſolte es ihnen dergeſtalt erlaubt ſeyn / wann ſie der obangedeu - ten beeden Hauffen / des 1. und 2. nicht vergeſſen / ſondern auff ſie ein groͤſſers / und beſſers Abſehen / als auff die / ſo des Dritten Hauffens / oder Ge - ſchlechts ſeyn / tragen / und haben.
5. Wann es ſich begeben thaͤte / daß / nach dem aus geliehenen Geld / der Schuldner / durch ein unverſehenes Ungluͤck / ſo groſſen Schaden leide - te / daß er kaum das Haubt-Gut wider heimge - ben / zu geſchweigen / daß er daruͤber etwas weiters bezahlen koͤnte; ſo ſolle alsdann der Glaͤubiger nicht allein den jaͤhrlichen Zins; ſondern auch /D vnach58Die XV. Frag. nach Gelegenheit der Umſtaͤnde / das gantze Haubt-Gut / und alſo die gantze Schuld dem Schuldner ſchencken / und dieſes nach dem Recht der Chriſtlichen Liebe / auff die / in dieſem gantzen Handel / zu ſehen: gleichwol auch zu bedencken iſt / was S. Paulus / zun Corinthern / Epiſt. 2. C. 8. v. 13. ſchreibet: nit geſchicht das der Meinung / daß die andern Ruhe haben / und Jhr Truͤbſal / ſondern / daß es gleich ſey. Jtem / in der 1. an Ti - moth. C. 5. v. 8. So aber jemand die Seinen / ſon - derlich ſeine Haus genoſſen / nicht verſorget / der hat den Glauben verlaͤugnet / und iſt aͤrger dann ein Heyd. Dann die Chriſtliche Lieb von ihr ſelbſt anfahet / und man alſo mehrers ſich ſelbſt / und die Seinige / als Andere / zu bedencken hat. End - lich / widerlegt auch gemeldter Doctor die Ein - wuͤrff / ſo / wider die Zinsnehmung / vorgebracht werden / th. 103. & ſeqq.
Mit ihme ſtimmet auch faſt uͤberein D. Ioan. Gerhardus, decad. 8. quæſt. polit. 1. da er gar viel Autores, ſo wider den Wucher geſchrieben / item / was andere vom Zinsnehmen halten / anziehet / und des Molinæi Meinung / in tr. de Vſuris, n. 86. lobet / der eben auch einen folchen Unterſchied / unterden Entlehnern / und Ausleihern / als oben einkommen / machet / aber darzuſetzet; daß es unge - recht were / daß ein Anderer / mit unſerem Geld / einen Nutzen ſchaffte / wir aber / unter deſſen / nichts gewinnen thaͤten; auch ungerecht were / aus einemAcker59Die XV. Frag. Acker Guͤlt zu nehmen / und nichts von dem Geld zu bekommen. Und beſchlieſt er endlich / aus Rauchbari q. 18. n. 19. daß ein Ubermaß began - gen werde / nicht allein / wann man ausdruͤcklich ei - nen groͤſſern Zins; ſondern auch / uͤber denſelben / oder / auſſer deſſelben / noch etwas anders bedingen thut; welches dann rechte Wucherer ſeyn / wider welche die heilige Schrifft / die Kirchen-Lehrer / auch Rechts gelehrte / und viel Andere / reden. Si - he auch Joan. Crügerum, in Horto virtutum, quæſt. 55. da er / im Beſchluß / aus Hunnio, ſagt / daß die jaͤhrliche Zinſe / mit dem verhaſten Namen Wucher / unbillich verworffen werden.
Wer ein mehrers hievon zu leſen begehrt / der findet ſolches beym H. D. Paul Scherman / de Vſuris ad Mutuum accedentibus, und in denen ſtrittigen Schrifften / die / bey naͤchſt langwaͤhren - dem Teutſchen Krieg / wegen Abzahlung der auff - genommenen Gelder / herfuͤr geben worden ſeyn. Item ſihe D. Lucæ Beckmanni diſputationes de V - ſuris, da er auch diſp. 2. th. 50. die Frag hat / wann viel Glaͤubiger ſeyn / ob man den Zins begehren doͤrffe / ehe die Capitali en bezahlt ſeyn? Sihe auch VVeſenbec. Conſil. 50. Und hat inſonderheit D. Antonius Thyſius von dem Wucher / da man von den Armen Pfand / und noch darzu einen groſſen Zins nimmt / ob ſolche Leute zum H. Abendmal zuzulaſſen? geſchrieben / ſo An. 1658. zu Utrecht in 4. gedruckt worden.
ES ſeyn dreyerley Staͤnd in dieſem Leben / in welchen ſich Leute fin - den / denen zu geben iſt; als in dem Geiſt - lichen - oder Kirchen-Stand / den Kirchen - und Schuldienern: im Weltlichen / der Obrigkeit / welcher Schoß / und Zoll gebuͤret: Und dann / in dem Haus-Stand / den Armen.
Es ſeyn aber der Armen zweyerley / Bettler / und Haus-Arme Leut.
Von den Erſten wird allhie gefragt / ob denſel - ben insgemein / und ohne Unterſchied / zu geben ſeye? da dann dieſelbe wider in zween Hauffen ab - zutheilen. Jm Erſten ſeyn alte Leut / die mit ihrer Hand-Arbeit / und Fleiß / nichts mehr gewinnen koͤnnen: Jtem krancke / blinde / lahme / und derglei - chen arinſeelige / betruͤbte Leut: Zu welchen auch zu ziehen / die / um der Himmliſchen Warheit wil - len / Vertriebene; Jtem / die nicht / aus ihrem Ver - ſchulden / ſondern durch Feuer / Krieg / und andere ungluͤckhaffte Faͤll / um das Jhre kommen ſeyn: Welchen allen billich etwas zu ſchencken / und zu geben iſt.
Jn dem Andern Hauffen der Bettler befinden ſich die Landſtreicher / oder Vaganten / und der - gleichen Muͤſſiggaͤnger / welche / ob ſie wol ſtarcke /und61Die XVI. Frag. und geſunde Glieder haben / gleichwol lieber mit bettlen / als arbeiten / ihre Nahrung ihnen zuwe - genbringen wollen. Und denen ſolle man gantz / und gar nichts geben. Dann alſo ſagt Sirach / Cap. 12. v. 4. 5. 6. 7. Gib dem Gottsfuͤrchtigen / und erbarm dich des Gottloſen nicht / Thu Guts dem Elenden / und gib dem Gottloſen nicht. Be - halt dein Brod fuͤr ihm / und gib ihm nichts / daß er dadurch nicht geſtaͤrckt werde / und dich unter - trette / du wirſt noch eins ſoviel Bosheit durch ihn empfahen / als du ihm Guts gethan haſt. Denn der Allerhoͤheſte iſt den Gottloſen feind / und wird die Gottloſen ſtraffen. Es thun dergleichen her - umlauffende Geſellen gleichſam mit Fuͤſſen tret - ten die allerheiligſte Goͤttliche Ordnung / die im 1. Buch Moſis / C. 3. v. 19. ſtehet: Jm Schweiß deines Angeſichts ſolt du dein Brod eſſen. Sirach ſagt abermals Cap. 7. v. 16. Ob dirs ſaur wird mit deiner Nahrung / und Ackerwerck / das laß dich nicht verdrieſſen / denn GOtt hats ſo geſchaf - fen. Und S. Paulus / in der 1. an die Theſſaloni - cher Cap. 4. v. 11. 12. Arbeitet mit euren eignen Haͤnden / wie wir euch geboten haben / auff daß ihr erbarlich wandelt gegen die / die drauſſen ſind / und ihrer keines beduͤrffet. Das iſt / wie die gloſſa darzuſetzet: Nehret euch ſelber / und liget nicht den Leuten auff dem Halſe. Und in der 2. Epiſtel an die Theſſal. C. 3. v. 8. ſtellet ſich S. Paulus ſelbſten zum Exempel vor / daß er nicht umſonſtdas62Die XVI. Frag. das Brod genommen von Jemand / ſondern mit Arbeit / und Muͤhe / Tag / und Nacht / hab er ge - wircket / daß er nicht jemand unter ihnen beſchwer - lich were. Und im 10. Vers ſagt er: Da wir bey euch waren / geboten wir euch ſolches / daß / ſo je - mand nicht will arbeiten / der ſoll auch nicht eſſen. Uber das / ſo ſtecket gemeinlich in der Haut ſolcher Landſtreicher / und ſtarcken Bettler / nicht nur die Faulkeit / ſondern auch boͤſe Tuͤck / Nachſtellun - gen / und allerley Laſter. Davon ein Buͤchlein vorhanden / deſſen Uberſchrifft: Expertus in truf - fis, von der falſchen Bettler Buͤberey / welches D. Luther wider ausgehen laſſen / und mit einer Vor - rede gezieret hat / tom. 4. Ienens. German. f. 381. Und ſolche Leute ſoll die Obrigkeit im Zaum hal - ten / und damit ſie ſolches mit ernſtlichem / und hurtigem Gemuͤt thue / ſoll ſie / zum oͤfftern / auff der Cantzel / darzu ermahnet werden / nach dem Exempel Lutheri, tom. 4. Jenens. German. am ob - angezognen Blat / des gleichen tom. 5. f. 390. und tom. 7. f. 382. ſchreibet Joh. Forſterus, der heiligen Schrifft Doctor / und weiland Profeſſor zu Wit - tenberg / problem. Theolog. ex Decalogo, dec. 3. probl. 3. da er auch th. 148. auff den Einwurff antwortet; Wann beym Luca Cap. 6. v. 30. ſte - het: Wer dich bittet / dem gib. Dann ſolches nicht dahin zu verſtehen / daß man allen Bettlern / ohne Unterſchied / geben ſolle / ſondern ſolche Wort / wie es das Vorhaben / und der gantze Jnhalt / lauter /und63Die XVI. Frag. und klar / mit ſich bringet / werden der Juͤden fal - ſchen Lehr / da durch ſie / daß allein die Freunde zu lieben / die Feinde aber zu haſſen ſeyen / ihnen ein - bildeten / ſchnurſtracks entgegengeſetzt.
Wir wollen aber auch einen Gelehrten aus den Weltlichen / namlich den Thomam Sagittarium, hieruͤber vernehmen; welcher in ſeiner 13. Exercit. Eth. exot. ſchreibt / daß das Auffſehen wegen der Bettler / ſo ſonſten die Thuͤren umgeben / der O - brigkeit zuſtehe / Vermoͤg Policey-Ordnung / vom Jahr 1577. tit. 27. und Churfuͤrſtlich Saͤchſiſcher / des Jahrs 1573. tit. Bettlere / p. 114. daſelbſt ſtehet: Die ſich ſonſt ihrer Hand - Arbeit nehren koͤnnen / oder zu dienen geſchickt ſeyn / des bettlens / oder muͤſſiggehens / nicht ge - ſtattet; und wird / zu Anfang / dieſe vielguͤltige Urſach darzugeſetzt: und ſoviel man denſelben gibt / ſoviel wird den Duͤrfftigen abgebrochen. Sonſten machet auch gemeldter Autor einen Un - terſchied zwiſchen den Bettlern / deren theils ſtarck / theils ſchwach / und nicht freyen Willens arm ſeyn. Die jenige / ſo ſtarck / und freywillig arm ſeyn wollen / die ſolle man aus dem Gebiet verja - gen / oder mit Gewalt zur Arbeit antreiben: die Schwachen aber / und die nicht muhtwillig arm ſeyn / gedulten / verſorgen / und mit allem geneigten Willen auffnehmen. Sihe hievon auch Petr. Hei - gium part. 2. quæſt. jur. Civ. & Saxon. durch die gantze 27. Frag.
Es64Die XVI. Frag.Es wird an dieſem Ort auch gefragt / ob ein je - de Stadt ihre Armen ſelber unterhalten ſolle? Darauff abermals gemeldter Sagittarius mit Unterſchied antwortet / p. 329. namlich / wann ſie das thun koͤnne / ſo ſeye die Sach richtig; wo nicht / ſo koͤnne man derſelben ſolches nicht zumuhten. Und dieſen Unterſchied machet auch die obberuͤhr - te Saͤchſiſche Ordnung / p. 115. daſelbſt geſagt wird: Wer es aber nicht in deren Vermoͤgen / als moͤgen ſie Kundſchafft geben / damit ſie / an andern Orten / Eleemoſynen bitten moͤgen. Und in der ob - beſagten Policey-Ordnung ſtehet: Daß auch die Obrigkeit Verſehung thue / daß ein jede Stadt / und Commun, ihre Armen ſelbſt ernehre / und un - terhalte / und den Frembden nicht geſtatte / an ei - nem jeglichen Ort im Reich zu betteln / vnd ſo dar - uͤber ſolche ſtarcke Bettler befunden / ſollen die - ſelbige / Vermoͤg der Rechten / oder ſonſt / gebuͤr - lich geſtrafft werden / Andern zu Abſcheu / und Exempel: es were dann Sach / daß ein jede Stadt / oder Amt / alſo mit vielen Armen beladen / daß ſie der Ort nicht moͤchten ernehrt werden / ſo ſoll die Obrigkeit dieſelben Armen mit einem brieflichen Schein / und Urkund / in ein ander Amt zu befoͤr - dern / Macht haben.
Sihe / im uͤbrigen / auch / was Ioan. Biſſelius, dec. 2. illuſtr. ab Orbe condito Ruinarum, Ruinâ 3. p. 109. wider die ſtarcke / geſunde / und noch nicht al - te Bettler / ſchreibet / welche zu bettlen nichts / alsder65Die XVI. Frag. der Wolluſt des Bettlens / namlich der Muͤſſig - gang / die Freyheit / Entlaſſung der offentlichen Beſchwerden / das umſchweiffend Leben / und die Veneriſche Geilheit / treibet. Jtem / D. J. B. Schupp. von den 7. boͤſen Geiſtern / welche heu - tigs Tags Knecht / und Maͤgde regieren / und verfuͤhren / deren der erſte dem gemeinen Volck die Suͤſſig - und Lieblichkeit des Muͤſſiggangs / und der Freyheit / und daß das Brod jetzo guts Kauffs / und es daneben ein koͤſtlichs Ding ſeye / daß einer daheim ſitzen / und die Haͤnde in den Schos legen koͤnne / einbildet. Wieviel werden der Eltern gefunden / die ihre Kinder etwas redlichs erlernen / und ſie Andern dienen laſſen ſolten; Sie aber zu Haus bey ſich behalten; ſonderlich an ſol - chen Orten / da es reiche Almoſen-Kaͤſten / und Spitaͤl hat / darauff ſie ſich verlaſſen / und / unter - deſſen / die Jhrige verſaumen. Sihe desgleichen D. Philip Knipſchild / von den Reichs-Staͤdten / cap. 25. von den ſtarcken Bettlern / Vaganten / Zigeunern / fahrenden Schulern / ſo auff den Gaſ - ſen herumſingen / denen / ſo ſich / der Religion hal - ber / fuͤr vertriebne Pfarrer / und Schulmeiſter / ausgeben: Jtem / den ſtarcken Handwercks-Ge - ſellen / ſo herumziehen / und nicht ſchaffen / oder ar - beiten moͤgen; und dergleichen. Wie dann auch theils / ſo fuͤr gebrechlich am Leib ſich aus geben / bisweilen ihr Brod wol beſſer gewinnen koͤnten.
DEr H. Hieronymus hat / vor Zeiten / beſtritten / es ſeye bisweilen er - laubt / zu Nutz deß Naͤchſten / zu luͤgen / Commentar. in verſ. 14. cap 2. epiſt. ad Galatas. Und hat es das Anſehen / daß Hieronymus hierinn des Origenis Meinung habe nachfol - gen wollen / welcher auch einem weiſen / und ehrli - chen Mann ein Lugen zugelaſſen / wann es nur de - nen nutzlich / derenwegen ſolche geſchehen thaͤte. Aber Auguſtinus hat dem Hieronymo widerſpro - chen / und ſeine Meinung / in den Briefen / die er an ihn geſchrieben / widerlegt. Und eben dieſem H. Auguſtino wird auch zugeſchrieben die Abthei - lung der Lugen / da eine ein kurtzweilige / die ander ein dienſtliche / und die dritte ein ſchaͤdliche / genant wird; und deren ſich die Schul-Lehrer gebrau - chen / als Lombardus lib. 3. diſt. 38. l. A. Von der Dritten Artiſtkein Streit. Dann niemand iſt / der laͤugnen ſolte / daß ein ſchaͤdliche Lugen nicht ſolte Suͤnde ſeyn wider das achte Gebot. Daß aber etwas ein rechte Lugen koͤnne genennet wer - den / wird erfordert 1. daß es falſch genant wer - de. 2. daß es auß zweyfachem Hertzen geſchehe / das iſt / aͤuſſerlich anderſt geredt / und anderſt inwen -dig /67Die XVII. Frag. dig / im Hertzen gedacht werde. 3. daß das Vor - haben zu betruͤgen da ſeye. Und 4. wann das nicht da / ſolches / aus eiteler Befliſſenheit einen Andern nu[r]damit zu beluſtigen / nicht wegen eines ehrli - chen / und erlaubten Zwecks / wider Chriſti des HErrn ernſtlichen Ausſpruch / Marc. 9. v. 51. und die Apoſtoliſche Vermahnung / zun Epheſ. 4. v. 29. Cap. 5. v. 4. geredet werde. Nun / aus die - ſen 4. Bedingnuͤſſen einer rechten / und eigentlich ſo genanten Lugen / ſo in dem achten Gebot ge - gruͤndet ſeyn / kan man leichtlich von den jenigen Exempeln das Urtheil nehmen / ſo entweder in H. Schrifft zur Gedaͤchtnus auffgezeichnet ſtehen / oder in dem gemeinen Leben vorlauffen. Dann welchen Reden / aus denen angedeuten vier Con - ditio nen einer Lugen / zugleich kan zugeeignet wer - den / denſelben muß auch die Beneñung der Suͤnde ſelbſten gegeben werden / mit welchem Namen ſie auch moͤgen geſchmuckt / und benennet werden. Welchen Reden aber keine aus denen beſagten Conditio nen / oder doch weder die Dritte / noch Vierdte / kan zugeeignet werden; denen mag man auch weder den Namen / noch die Beſchreibung der Suͤnde / warhafftig und eigentlich geben. Daraus dann klar erſcheinet / daß weder die Gleichnuͤſſen / noch die Gedichte / deren ſich etliche in der Bibel / als / im Buch der Richter / Cap. 9. im 2. Buch Samu. C. 12. und im 2. Buch der Koͤnige / Cap. 14. gebraucht / unter die Lugen zuE ijrechnen68Die XVII. Frag. rechnen ſeyen: ſonderlich die beſagte Gleichnuͤſ - ſen / ſo gantz weit von der eigentlichen Art der Lu - gen ſich befunden / daß ſie nichts anders ſeyn / als eine Vorſtellung der Warheit / unter der Deckin / oder Uberzug der Gleichnuͤſſen. Daraus auch dieſes kan geſchloſſen werden / daß die jenigen der Heiligen Thaten / ſo man insgemein fuͤr dienſthaff - te Lugen haͤlt / eigentlich zu reden / meiſtentheils nit Lugen ſeyn; ſondern vielmehr eine Verbergung der Warheit / wegen einer gerechten / und ehrlichen Urſach gebraucht; denen man aber nicht unbe - dachtſam nachfolgen ſolle / weilen auch die Heili - gen ihre Faͤll / und Maͤngel gehabt haben. Daher Auguſtinus von der Heb-Ammen That / im 2. Buch Moſis / am 1. ſchreibet: Vivos conſervare natos opus fuit miſericordiæ: at pro vita ſua men - titas eſſe opus erat infirmitatis. Wie weit aber ſol - che Verheelung / oder Verbergung / einem Chriſten erlaubt ſeye / das wird einem jeden ſein Gewiſſen zu erkennen geben / welches uns in dieſer Sach der Sirach zu einer Lehrmeiſterin / und Vermahne - rin / vorſtellet / wann er ſagt im 19. Cap. Offen - bars nicht / wo du es ohne boͤſe Gewiſſen thun kanſt. Sihe Forſter. problem. 5. decad. 3. probl. Theol. ex Decalogo; item Iob. Crügerum, in Horto Virtu - tum, qu. 66. da er auch die Abtheilung der Lugen in pernitioſum, jocoſum, und officioſum, wie oben ſtehet / hat / und darzuſetzet / primum damno, ſecun - dum excuſo, tertium laudo, das iſt / die ſchaͤdlicheLug69Die XVIII. Frag. Lug verdamm ich / die ſchertzhaffte entſchuldige ich / und die dienſthaffte lobe ich. Und ziehet er da - ſelbſt unterſchiedliche Autores, und darunter Mynſingerum cent. 5. obſ. 17. an.
DEr redet nicht falſch / der da vermeint / er rede die Warheit. Die Falſchheit ſicht auff die Sach ſelber; das luͤgen aber auff den Vorſatz des Willens / ſo der moraliſchen Tugend zuwider iſt. Kan dero - wegen der jenige keiner Lugen bezuͤchtiget werden / der von des Kaͤiſers Tod / durch ſeinen Freund / ſchrifftlich iſt berichtet worden; und er ſolches auch Andern ſagt / hernach aber daſſelbe nicht er - folget. Daß es alſo ein anders iſt / falſch reden / und ein anders / luͤgen. Sihe Iac. Martini cent. 5. diſp. 6. qu. 8.
Was das Ander anbelangt / ſo kan freylich der / ſo die Warheit redet / luͤgen / wann er das / ſo an ſich ſelbſten waar iſt / nicht glaubet. Zum Ex - empel / ein Redner thut / in ſeiner Rede / den Feind gewaltig loben / welches er doch ſelber nicht glau - bet / noch leichtlich ſagen wurde / wann es nicht die Materi geben thaͤte. Geſetzt nun / es ſeye waar / und gleichwol ſo thut er / nach der Sitten-Lehr /E iijluͤgen;70Die XVIII. Frag. luͤgen; dieweil er ſelber nicht / was er ſagt / glau - bet / thut auch ſolches zu keinem guten Ende ſagen / ſondern / daß er die Zuhoͤrer betruͤge; Und daher / ob er ſchon die Warheit redet / ſo betruͤget er doch.
Alſo / wer ſagt / ich luͤge / kan die Warheit re - den. Dann / wann man auff das Wort / luͤgen / ſihet / ſo iſt es waar / daß er luͤget. Er ſagt nicht / als weit ich die vorgebrachte Sach betrachte. Dann dieſelbe iſt falſch. Mit wenigem. Die Red iſt waar / aber die Sach / in der Red angezeigt / iſt falſch; Sagittar. Exercit. Eth. 11. p. 269. da er auch p. 270. und p. 272. dieſe Fragen hat: Ob aus einem falſchen bisweilen ein waares entſtehen koͤnne? Und ob es zu luͤgen gar nicht erlaubt ſeye? Und antwortet auff die erſte Frag / daß es wol ge - ſchehen koͤnne; Aber nicht an ſich ſelbſt / und aus einer Nohtwendigkeit / ſondern zufaͤlliger Dings. Auff die Andere iſt allbereit in der vorgehenden Frag geantwortet worden. Er ſagt / es ſeye / ſchlechtwegs / zu luͤgen nicht erlaubt / wann man aber das luͤgen gegen einem andern groͤſſern Gut / oder Wolfahrt halte / ſo aus der Lugen erfolgen kan / ſo moͤchte ſolche / wo nit gelobt / doch entſchul - diget werden; welches auch bey andern Laſtern ſich begebe. Sihe unten die 79. Frag.
DAs Angeben iſt zweyerley / ein erlaubtes / und ehrliches: und dann / ein unerlaubtes / und unehrliches / ſo mit der Verraͤhterey geſchwiſterigt Kind iſt / ſich keiner ehrlichen Mittel gebraucht / und zukeinem ehrlichen Ende gerichtet iſt. Hergegen es mit ei - nem ehrlichen Angeben eine andere Beſchaffen - heit hat. Dann da iſt eine ehrliche Urſach / in dem nicht die Unſchuldige / und Fromme / ſondern die Schuldige / und Boͤſe / angeben werden; und zwar zu einem guten Ende / auff daß gute Zucht / und gemeine Wolfahrt erhalten / die Gefahr ab - gewendet / und die boͤſe Leut gebeſſert werden. Und ligt der Obrigkeit ob / daß ſie hier zu ehrliche Maͤn - ner beſtelle / nach dem Exempel der Roͤmer / ſo ihre Cenſores, Sitten-Richter / und Auffſeher gehabt / damit alles erbarlich hergegangen. Es iſt nicht jedem Angeber zu trauen / ſondern der Lehr des Sirachs nachzukommen / Cap. 19. v. 15. Und daß ein ſolches Angeben / es geſchehe gleich von de - nen / ſo von der Obrigkeit hierzu beſtellt ſeyn / oder von Andern / ehrlich / und erlaubt ſey / beweiſen die Bibliſche Exempel / als des Joſephs / der dem Jacob angezeigt / was ſeine Soͤhn unrechts ge - than / im 1. Buch Moſis / Cap. 37. v. 2. Des Koͤ - mg Davids / der / als er vor ſeinem Sohn Abſo - lon geflohen / zu Kundſchafftern / oder Ausſpe - hern / den Huſai / Zadok / und Abjather / zu Jeru -E iiijſalem72Die XIX. Frag. ſalem hinterlaſſen / 2. Samu. Cap. 16. S. Pauli Enenckels / von ſeiner Schweſter / der die Juͤden / ſo in ſeinem Tod zuſam̃en geſchworen / ihme Pau - lo / und der Obrigkeit / angezeigt hat / in der Apo - ſtel Geſchicht / Cap. 23. v. 16. Der Hausgenoſſen Clöes, welche die Uneinigkeiten / und Suͤnde der Corinther / dem gemeldten Paulo / angeben ha - ben / 1. Cor. 1. v. 11. Die andere Urſach iſt / die - weil er Paulus 1. Corinth. 6. v. 1. ſeqq. will / und befihlet / daß die Strittigkeiten der Glaubigen / den Glaubigen / ſollen kund gethan werden. Die Dritte kan dieſe ſeyn; weil alle ehrliche Anklag erlaubt / und zugelaſſen / ſo iſt auch das Angeben zugelaſſen / als das unter der Anklag begriffen iſt. Zum Vierdten kommt darzu die groſſe Nutz - barkeit / die man vom Angeben hat. Dann / aus den Hiſtorien / und der gemeinen Erfahrung / be - kand / daß durch ſolchen Weg offt groſſem Un - gluͤck / ſo allbereit nahend / und vor der Thuͤr ge - weſen / iſt vorgebauet worden. Bey den Unver - ſtaͤndigen wird zwar ſolches Angeben fuͤr eine Verraͤhterey / und unehrlich gehalten; aber / vor dem Himmliſchen Gericht / wird es der Gottſee - ligkeit zugeſchrieben / wann man die Goͤttliche Ehr / und die gemeine Ruhe / nach allen Kraͤfften / und inbruͤnſtigem Eifer / auffrecht zu erhalten / die ge - meine / und einzele Straffen / oder Untergaͤng / von ſich / und Andern / abzuwenden / ſuchet; Darauff auch die Belohnung erfolget; da hergegen derVer -73Die XX. Frag. Verheeler / und Stehler / nach der gemeinen Re - gel / gleicher Straff wirdig ſeyn. Und hiemit ſtim - met / Fuͤnfftens / auch uͤberein L. 28. 〈…〉〈…〉. 5. lib. 1. C. tit. 3. de Episc. & Clericis, ſo alſo lautet: Nec dela - toris nomen, ſuſpicionemq́; formident, cùm fides, atq́; induſtria eorum tàm laude, quàm honeſtate, ac pariter pietate non careat, cùm veritatem in publicas aures, & lucem deduxerint. Was et - wan dawider pflegt vorgebracht zu werden / das gehet nur wider die Verleumder / falſche Angeber / und Verraͤhter / von denen Tacitus lib. 4. Annal. f. 71. Alex. ab Alex. lib. 4. gen. dier. c. 22. und / aus ihnen / Gerhardus dec. 6. quæſt. polit. 4. zu leſen; da er auch von dem Amt der oberwehnten Cenſo - rum, (ſo nunmehr alſo in Abgang kommen / daß man jetzt nichts mehr davon weiſt / wie Lips. 4. po - lit. 11. n. 66. ſagt) handelt. Bey den Roͤmern hat - ten die Angeber den halben Theil der Straff / ſo hernach der Nero auff den vierdten Theil geſetzt hat.
DAß die Engel erſchaffen worden / und alſo unter die Creaturen zu zehlen ſeyen / wird ſonderlich aus dem 104. Pſalm / v. 4. und der Epiſtel an die Coloſſer /E vC. 1.74Die XX. Frag. C. 1. v. 16. item aus dem Concilio Niceno, erwieſen. Obwoln Moſes / in der Hiſtoria von der Schoͤpf - fung / ihrer nicht gedencket; als der allein die Er - ſchaffung der Coͤrperlichen Welt / und alſo der ſichtbarlichen Dinger / beſchreiben / und / nach dem Verſtand der Hebræer / die von Natur etwas un - geſchickt waren / und die Lehr von Geiſtlichen Sa - chen nicht recht faſſen kunten / ſich richten wollen.
Wenn aber die Engel erſchaffen worden? da - von ſeyn unterſchiedliche Meinungen. Etliche / als Origenes, Baſilius, Nazianzenus, wollen / daß ſie vor der ſichtbaren Welt erſchaffen: Andere / als Gennadius, Achacius, zugleich nach Erſchaf - fung der Welt. Die Dritten / daß es geſchehen in - nerhalb der Sechs Tagen / darinn die Welt er - ſchaffen worden / als Auguſtinus, und viel Andere. Und daß die Engel nicht vor / ſondern mit dieſer Welt erſchaffen worden / erſcheinet aus der H. Schrifft / die die Engel den ſichtbaren Creaturen hinzuſetzet / auch ſolches / in dem Lateranenſiſchen Concilio, geſchloſſen worden iſt. Daß ſie vor dem Menſchen geweſen / will man aus dem 38. Cap. Hiobs erachten / da GOtt den Job fraget: Wo wareſt du / da alle Kinder Gottes (das iſt / die En - gel / ſo Gottes Soͤhne / wegen der Erſchaffung /) jauchtzeten. An welchem Tag aber / ob ſie an dem erſten / mit dem Liecht / wie Etliche wollen / oder am andern / wie Andere darfuͤrhalten / ꝛc. erſchaffen worden / das laͤſt man dahin geſtellt ſeyn / nach S. Augu -75Die XX. Frag. Auguſtini Spruch / in epiſt. 78. Magis eligo cau - tam ignorantiam confiteri, quàm falſam ſcien - tiam profiteri.
Was endlich den dritten Theil der Frag an - betrifft / namlich aus welcher Materi, oder Zeug / die Engel erſchaffen worden / ſo kan auch davon nichts beſtetiget werden. Dann etliche ha - ben gewolt / daß ſie luͤfftige Coͤrper haͤtten: Ande - re aber / weil ſie mit einem Glantz pflegen zu er - ſcheinen / vermuten / daß ſie einer hellſcheinenden Natur / und alſo daher / den erſten Tag der Schoͤpffung / aus dem Liecht herfuͤrgebracht wor - den ſeyen. Dieweil ſie aber Geiſter ſeyn / und ge - nannt werden / ſo moͤchte man nicht ungereimt ſa - gen / daß ſie aus nichts / durch Gottes Allmacht / weren gemacht worden / gleichwie des Menſchen Seel / die auch ein unſterblicher Geiſt / nicht aus ei - ner Elementariſchen Materi, ſondern aus nichts / von Gott gemacht / wie aus dem 2. Cap. v. 7. des 1. Buchs Moſis geſchloſſen wird. Aber! was wollen die geringſchaͤtzige Wuͤrmlein / von den Engliſchen Geiſtern / reden? Wir glauben / ſagt Bernhardus / in ſeiner Predigt / am Michaelis Feſt / und halten mit ungezweiffeltem Glauben / daß ſie durch Goͤttliche Gegenwart / und An - ſchauen / ſeelig / ſich / ohne Ende / in den Guͤtern des HErrn freuen / die das Aug nicht geſehen / noch das Ohr gehoͤrt / noch in des Menſchen Hertz kom - men ſeyn. Was ſolte dann der Menſch davon /mit76Die XX. Frag. mit den Menſchen / reden; der ſelbſten nicht gnug - ſam iſt / deren zu gedencken; noch ſie / dieſelbe nur anzuhoͤren. Sihe D. Iohan. Forſterum, dec. 2. Pro - blemat. Theolog. ex Symbolo Apoſtol. probl. 3. der auch den 5. Octobris An. 1611. eine abſonderliche diſputation gehalten / darinn er Zehen Jrrtuͤme von den Engeln / als 1. der Saducæer / und Wi - dertaͤuffer / daß keine Engel ſeyen. 2. der jenigen / ſo die Engel anruffen / und anbeten. 3. deren / ſo gewolt / daß ſie / von Ewigkeit her / ſeyen. 4. der Sa - turnilianorum, und Baſilidianorum, daß die Engel die Schoͤpffer geweſen. 5. der Manichæer / Priſ - cillianiſten / und Anderer / daß die Engel aus ei - nem vorhingeweſten Zeug / oder Materi, erſchaf - fen worden. 6. des Juſtini, Tatiani, Origenis, und Anderer / daß die Engel Coͤrper / oder Leiber / haben. 7. vorgedachter Manichæer / und Priſ - cillianiſten / daß die Engel / in der erſten Schoͤpf - fung / mt zugleich alle gut von Gott ſeyen erſchaf - fer worden. 8. des Irenæi, Iuſtini, Clementis Alex - andrini, Tertulliani, und Anderer / daß die En - gel nicht vor dem Fall des Menſchen / ſondern erſt hernach / gefallen ſeyen. 9. der Jenigen / die die Engel in 3. Ordnungen / und 9. Choͤr abgetheilet zu ſeyn vermeinen. Und dann 10. des Origenis, daß die Engel endlich einmal / wegen der unendli - chen Barmhertzigkeit Gottes / aus der Hoͤlliſchen Verdamnus ſollen erloͤſet / und ſelig werden / wi - derlegen thut.
WAs das Erſte anbelangt / thut der offtangezogne Doctor Foͤrſter probl. 4. decad. 2. Problem. Theol. ex Symbolo Apoſtol. erſtlich die alte / und neue Jrr - tuͤmer hievon widerlegen. Hernach berichtet er / daß / alſo zu reden / zween allgemeine Theil des Ebenbild Gottes geweſen. 1. die Vaͤtterliche An - nehmung / und Liebe des Menſchen / vor Gott / ver - einbart mit der Mittheilung der zeitlichen Guͤter / und des ewigen Lebens / Vermoͤg der holdſeeligen Stimme Gottes / Laſt Uns Menſchen machen / ein Bild / das Uns gleich ſey. 2. die hoͤchſte Gleich - foͤrmigkeit aller Kraͤfften / und vollkommene Rich - tigkeit / ſo vornemlich in 5. Stuͤcken beſtanden. 1. in der vollkommenen Wiſſenſchafft GOttes / und Weisheit / zun Coloſſern 3. v. 10. 2. in voll - kommener Heiligkeit / und Gerechtigkeit / zun E - pheſern C. 4. v. 24. 3. in vollkommener Wirckung aller Tugenden / zun Coloſſ. 3. v. 12. 13. 4. in der Unſterblichkeit / welche / mit dem Beding des Ge - horſams / dem Menſchen natuͤrlich geweſen / der aber / nach dem Fall / wegen der Suͤnd / die Sterb - lichkeit nachgefolget iſt / im Buch der Weisheit /Cap.78Die XXI. Frag. Cap. 2. v. 23. zun Roͤmern am 6. im letzten Vers. 5. die Herrſchafft uͤber alle Thier / im 1. B. Mo - ſis / C. 1. v. 26. Aber dieſe Gaben / und Guͤter / ſo dem Menſchen anerſchaffen geweſen / ſeyn alle / nicht ohne erſchroͤckliche der Vollkommenheit / und Fuͤrtrefflichkeit der gantzen Natur / Verder - bung / hinwegkommen; gleichwol des Menſchen Weſen ſelber verblieben; in welchem durch Chri - ſtum das Ebenbild Gottes erneuert wird / nicht zwar durch Umkehrung der Subſtantz, oder des Weſens ſelber / ſondern durch Verneuerung der Qualitaͤ ten / oder Eigenſchafften / in der 2. an die Corinther / Cap. 3. v. 18. zun Coloſſern 3. v. 10. Und zwar jetzt im Reich der Gnaden / anfangs - weiſe / durch das Wort / und die Sacramenten; Dorten aber / im Reich der Herrlichkeit / vollen - diglich / in der 1. an die Corinther am 15. v. 42. 43. und in der Apoſtel Geſchicht / am 3. v. 21. Sihe auch M. Henricum Velſtenium, diſput. Eth. 3. qu. 2. da er beweiſet / daß das Ebenbild Got - tes ein natuͤrlich / und nicht uͤbernatuͤrliches Ge - ſchenck / oder Gab / in dem Menſchen / vor dem Fall / geweſen ſeye / und ziehet er daſelbſt den Da - vid. Rungium, in exam. Controverſ. de imagine Dei, c. 5. th. 102. & ſeq. item Mentzerum, tom. 3. diſp. Marpurg. diſp. 8. an.
Was den Andern Puncten deiner Frag an - belangt / ſo ſtehet im 1. Buch Moſis / Cap. 2. v. 7. Und Gott der HErr macht den Menſchen auseim79Die XXI. Frag. eim Erdenkloß / und er blies ihm ein den lebendigen Odem in ſeine Naſen / und alſo ward der Menſch ein lebendige Seele. Damit angezeigt wird / daß die Seel ein Geiſt ſeye / nicht etwas coͤrperlich. Auff welche Weiſe aber hernach / und noch der Zeit / die Seele fortgepflantzet worden / und fort - gepflantzet werde? davon iſt ein ſchwerer Streit. Theils wollen / daß die Seelen von den Eltern / auff die Kinder / fortgepflantzet: Theils aber / daß ſie / ohne Mittel / von Gottt erſchaffen / und den Kindern eingegoſſen werden. Die Erſten nehmen ihren Beweis / aus der H. Schrifft / und zwar / aus dem 1. Buch Moſis / Cap. 1. v. 28. item Cap. 8. v. 17. und Cap. 9. v. 1. Da Gott Adam / und Eva / den Noah / und die Seinige / geſegnet / und geſprochen / Seyd fruchtbar / und mehret euch / und erfuͤllet die Erde. Welches dann ein wircklicher Segen geweſen / der nicht nur auff einen Theil des Menſchen / ſondern auff den gantzen Menſchen / der von Seel / und Leib / beſtehet / gehoͤret; und alſo / nachdem Mann / und Weib / erſchaffen worden / hernach / aus ihrem Gebluͤt / durch Goͤttlichen Segen / der Menſch erzeuget wird. 2. Dieweil der Eva nicht / wie dem Adam / die Seel von Gott ein - geblaſen / ſondern durch die Ripp / und in / und mit der lebendigen / und beſeelten Ripp / auch die Seel in dieſelbe zugleich fortgepflantzet worden ſeye / ge - glaubet wird. 3. Weil von Adam Cap. 5. v. 3. geleſen wird / daß er ſeinen Sohn Seth gezeugethabe /80Die XXI. Frag. habe / der ſeinem Bild ehnlich war: Welches Bild / oder Ebenbild / gewiß nicht nur in dem Leib / ſondern auch / und vornemlich in der Seel / den Sitz hat. 4. Daß von den 70. Seelen geſagt wird / daß ſie aus des Jacobs Lenden kommen ſeyen / Cap. 46. v. 26. und im 2. B. Moſis / Cap. 1. v. 5. 5. Daß Chriſtus ein waarer Menſch / aus der Mutter Natur / oder Subſtantz, in der Welt / oder in der Zeit / geboren; Symb. Athan. 6. Die - weil ſonſten / wider die Pelagianer / nicht kan ge - wieſen werden / durch welche Weiſe / oder Wege - lein / die Erb-Suͤnde / von den Eltern / auff das Kind / durch das geberen / koͤnne gebracht werden. Aus welchen Urſachen dann miteinander geſchloſ - ſen wird / daß die Seelen nicht von neuem / von Gott / ohne Mittel / erſchaffen / und eingegoſſen; ſondern / von der Eltern Seel / mit dem Samen / fortgepflantzet werden / dabey aber GOtt ſein ſon - derliche Wirckung auch hat; wie hievon / mit meh - rerm / beym D. Ioan. Forſtero dec. 2. Problem. Theol. ex Symb. Apoſtol. probl. 6. zu leſen; daſelbſt er auch auff des Gegentheils Einwuͤrff antwor - ten thut. Und dieweil anderswo hievon gehandelt / auch viel andere Theologi, ſo es mit der oberwehn - ten erſten Meinung halten / daſelbſt angezogen worden; ſo wird es bey dem geſagten gelaſſen. 〈…〉〈…〉
HJevon finden ſich / bey den Kirchen-Scriben ten / zweyerley Mei - nungen; deren die erſte iſt / daß / dem Namen nach / dieſe Bekantnus / von den 12. Apo - ſteln ſelbſten / ehe ſie von Jeruſalem abgeſchieden / alſo zuſammengetragen worden ſeye; und zwar 1. von S. Petro dieſe Wort: Jch glaub an Gott Vatter / den Allmaͤchtigen. 2. Johanne: Schoͤpf - fer Himmels / und der Erden. 3. Jacobo: Und an Jeſum Chriſtum / ſeinen einigen Sohn / unſern HErrn. 4. Andrea: Der empfangen iſt vom H. Geiſt / geboren von der Jungfrauen Maria. 5. Philippo: Gelitten unter Pontio Pilato / ge - creutziget / geſtorben / und begraben. 6. Thoma: Nidergefahren zur Hoͤllen / am dritten Tage auff - erſtanden von den Todten. 7. Bartholomæo: Auffgefahren gen Himmel / ſitzend zur Rechten Gottes / des Allmaͤchtigen Vatters. 8. Mat - thæo: Von dannen er kommen wird zu richten die Lebendigen / und die Todten. 9. Jacobo Al - phæo: Jch glaube an den Heiligen Geiſt / ein hei - lige Chriſtliche Kirche. 10. Simone: Die Ge - meinſchafft der Heiligen / Vergebung der Suͤn - den. 11. Juda: Aufferſtehung des Fleiſches. F12. und82Die XXII. Frag. 12. und Matthia: Und ein ewiges Leben. Und daß / von gedachten heiligen Apoſteln / dieſe Be - kantnus ſelber ſeye gemacht worden / wollen Ruf - finus Aquileienſis, Ambroſius, Hieronymus, Au - guſtinus, Andere der Alten mehr; aus denen der beſagte Auguſtinus eben alſo dieſe Bekantnus in 12. Artickel austheilet / wie vorgemeldt worden. Und der viel aͤlter iſt / als er / namlich Irenæus, nen - net ſolche Bekantnus nicht allein eine Apoſtoliſche tradition, ſondern thut derſelben Begriff / oder Summ / faſt mit eben dieſen Worten erzehlen / wie ſolche beſchrieben vorhanden iſt.
Die andere Meinung iſt der Jenigen / welche wollen / daß dieſer kurtze Begriff des Catholiſchen Glaubens das Symbolum Apoſtolicum, wegen der Materi, genant werde / dieweil die vornemſte Ca - pitel der Apoſtoliſchen Lehr / ſo hin und wider in ihren Schrifften aus gebreitet / gleichſam in dieſes Buͤſchelein zuſammengeſammelt / und gebracht / begriffen ſeyen. Welche Meinung ihme Auguſti - nus auch nicht zuwider ſeyn laͤſt; wie ſie dann mit der Warheit ſcheinet am beſten zuzutreffen; und dieſes ſonderlich darum / dieweil Lucas / ſo der A - poſtel Geſchicht gar fleiſſig beſchrieben / dieſer Hi - ſtori von Zuſammentragung der 12. Artickel / durch die Apoſtel / ſo zu wiſſen gantz denckwirdig / und dahero zu beſchreiben ſonderlich nohtwendig geweſt were / nirgends Meldung thut; da er doch etlichervil geringerer Sachen / mit emſigem Fleiß /und83Die XXIII. Frag. und gar nachſinnig gedencket. Ob aber ſchon in - ſonderheit / oder den einzelen Worten nach / ſolche Bekantnus / von Jhnen / den Apoſteln / ſelbſten / (welches doch noch heutigs Tags viel glauben / auch ſolche Meinung nicht gar zu verwerffen iſt) nicht; ſondern villeicht von einem ihrer Lehrjuͤn - ger / oder Nachfolger / zuſammengeſchrieben wor - den; So wird doch dieſe Bekantnus ins gemein / oder nach Verſtand der Wort / in der Apoſtel Buͤchern auff gezeichnet gefunden: und ſonderlich in der Apoſtel Geſchicht / Cap. 2. da S. Peter / in ſeiner Pfingſt-Predigt / die meiſten alle / oder doch die vornemſten Artickel des Apoſtoliſchen Glaubens / haubtſaͤchlich erzehlet. Sihe Forſter. probl. 2. ex Symb. Apoſtol.
WAs das Erſte anbelangt / ſo ſeyn davon viererley Meinungen. 1. der gar alten Dolmetſcher / die durch die Griechiſche Wort / ἄρτον ἐπιοὐσιον, oder das taͤgliche Brod / das Brod des Lebens / namlich Chriſtum den HErrn / verſtanden. 2. Etlicher Vaͤtter / wel - che die beſagte Wort fuͤr den Leib Chriſti im H. F ijAbend -84Die XXIII. Frag. Abendmal aus gelegt. 3. der Schul-Lehrer / ſo ſich unterſtanden / ſolche Bitt / auff die Verwande - lung des Brods / in den Leib Chriſti / zu ziehen. Und dann die vierdte / daß gemeldte Wort ei - gentlich von dem taͤglichen Brot / das iſt / allem dem / was zu des Leibs nohtduͤrfftiger Nahrung / Kleidung / ꝛc. erfordert wird / zu verſtehen ſeyen: Welche Auslegung auch / wie offternanter D. Foͤrſter / probl. 4. dec. 2. ex Orat. Dominica erwei - ſet / die eigentliche / und beſte iſt. Es ſolle das Woͤrt - lein Brod herkommen von βροτὶς, das iſt / ſterb - lich / anzuzeigen / daß der ſterbliche Menſch ohne Brod nicht koͤnne erhalten werden. D. Luther meldet / daß man billich in eines jeglichen frommen Fuͤrſten Schild / fuͤr ein Loͤwen / oder Rauten - krantz / ein Brod ſetzen / oder auff die Muͤntz / fuͤr das Gepraͤg / ſchlagen ſolte / damit beedes Sie / und die Unterthanen / erinnert wuͤrden / daß man / durch ihr Amt / Schutz / und Frieden / haben / und des lieben Brods genieſſen koͤnne. Sihe M. Georg Albrechten / in der Erklaͤrung des Vatter un - ſers / 16. Pr. Bl. 211. und 213.
Was den Andern Frag-Puncten anbelangt / ſo ſagt Chriſtus / unſer HErr / und Heiland / beym Evangeliſten Matthæo / Cap. 5. v. 43. Liebet eu - re Feinde / ſegnet / die euch fluchen / thut wol denen / die euch haſſen / bittet fuͤr die / ſo euch beleidigen / und verfolgen / auff daß ihr Kinder ſeyd euers Vatters im Himmel. So ermahnet S. Paulus /in85Die XXIII. Frag. in der 1. an den Timotheum / Cap. 2. v. 2. daß man Bitte / Gebet / Fuͤrbitt / und Danckſagung fuͤr alle Menſchen / fuͤr die Koͤnige / und fuͤr alle Obrigkeit / thun ſolle: Darunter er dann auch den Wuͤterich Neranem, unter welchem er gelebt / begriffen hat. Und der Prophet Jeremias er - mahnet die hinweggefuͤhrte Jſraeliten / im 29. Cap. v. 7. Suchet der Stadt (Babel) Beſtes / ꝛc. und beſtehet fuͤr Sie zum HErrn. Dann / wenns ihr wolgehet / ſo gehets euch auch wol. Von Chri - ſto / dem HErrn / hat der Prophet Eſaias / C. 53. v. 12. geweiſſaget / daß er fuͤr die Ubelthaͤter bitten werde; welches er dann auch / beym Evangeliſten Luca / Cap. 23. v. 34. gethan. So hat Moſes fuͤr den gottloſen Koͤnig Pharao gebeten / im 2. Buch / Cap. 9. v. 29. und Stephanus fuͤr ſeine Feinde / in der Apoſtel Geſchicht / Cap. 7. v. 60. welches auch die Chriſten / in der Erſten Kirchen / wie Ter - tullianus, in apolog. adverſus Gentes, bezeuget / ge - than / und fuͤr die Heydniſche Kaͤiſer / und ihre Diener / &c. gebeten haben.
Theils machen einen Unterſchied zwiſchen den Feinden der Kirchen / deren etliche zu gewinnen / etliche nicht: und zwiſchen den Endurſachen des Gebets / deren eine ſehe auff der Feinde Bekeh - rung / die ander auff ihren Untergang. Fuͤr die Feinde der Kirchen / ſo zu gewiñen / ſagen ſie / ſeye zu bitten / daß ihnen Gott wolle verzeihen / und ſie be - kehren; wie ſolches auch in der Litaney geſchihet. F iijVor86Die XXIII. Frag. Vor die Feinde aber der Kirchen / ſo nicht zu ge - winnen / ſo lang ſie ſolche ſeyn / ſeye ſo gar nicht zu bitten / daß viel mehr von Gott zu begehren / daß er ihr feindliches Beginnen / mit ſeinem maͤchtigen Arm / zernichten / und ſie endlich / wann ſie anderſt nicht koͤnnen gezaͤumt werden / ſtuͤrtzen / und aus - rotten wolle. Dann dieſes letztere viel nutzlicher / als daß die heilige Kirch Gottes / zugleich mit der Himmliſchen Warheit / von Jhnen / in Gefahr geſetzt werde. Und in dieſem Stuck leuchten fuͤr / mit ihrem Exempel / David / und Jeremias / als jener im 3. Pſalm / v. 7. Pſ. 5. v. 11. Pſ. 9. v. 18. Pſ. 68. v. 2. 3. und dieſer im 17. Cap. v. 13. und 18. Und wann die Lade zog / ſo ſprach Moſe / HErr / ſtehe auff / laß deine Feind zerſtreuet / und die dich haſſen / fluͤchtig werden fuͤr dir; im 4. Buch Mo - ſis / Cap. 10. v. 35. Daher ſage Baſilius Magnus: Welcher nicht wider die Ketzer betet / der iſt ſelber ein Ketzer / beym gedachten D. J. Forſtero, probl. Theol. 5. dec. 2. ex Oratione Dominica.
DAß ein Ort dem Teuffel / und ſeinen Engeln / bereit / und verord - net / das iſt klar aus dem 25. Capitel S. Matthæi / v. 41. zu erſehen: So iſt auch nichtzu87Die XXIV. Frag. zu verneinen / daß der Sitz der Seeligen / von dem Ort der Verdamten / gar weit abweſend: daß es aber ein natuͤrlicher Ort unter der Erden / oder eine Tieffe / um das Mittel der Erden ſeye; das iſt bishero nicht gnugſam erwieſen worden; und wi - derlegt des Gegentheils Einwuͤrff / gar weitlaͤuff - lig / der viel - und offtangezogne D. Ioan. Forſterus, deca. 4. probl. Theol. ex Symb. Apoſtol. probl. 1. Da er auch th. 36. (nachdem er gelehrt / daß die Weite des Sitzes der Auserwehlten / von dem Ort der Verdamten / nicht natuͤrlich - oder Erdmeſſe - riſcher Weiſe / nach Gelegenheit des Lagers / ſoviel die Groͤſſe; ſondern nach Gelegenheit des Stan - des / und der Eigenſchafft / und alſo Theologicè, zu beſchreiben ſeye) den Brentium anziehet / wel - cher ſage / wann man / von Geiſt - und Himmliſchen Sachen zu reden / dieſe Woͤrter / oben / und unten / zwar aus Menſchlicher Gewonheit gebraucht; aber nicht den Oertern nach / ſondern nach der Wirde / und Unwirdigkeit; Erhoͤh - und Erni - derung; Beluſtigung / oder Freuden / und Schre - cken; Froͤlichkeit / und Traurigkeit / benennet wer - den. Wann am juͤngſten Tag / die Erde / und die Werck / ſo darinnen ſeyn / verbrant werden ſollen / in der 2. Epiſtel S. Petri / Cap. 3. v. 7. ſo kan die Hoͤll / die ewig waͤhren wird / nicht in dem innerſten / oder um den mittelſten Theil der Erden / oder in - fra terræ ſuperficiem, wie es Theils geben / ſeyn. Jn heiliger Schrifft iſt nirgends offenbaret / woF iiijdie88Die XXIV. Frag. die Hoͤll ſeye; deswegen auch ſich nicht gebuͤret / einen gewiſſen Ort derſelben zuzuſchreiben; ſondern zu glauben / was von der Verdamten Pein / die ewig waͤhren wird / Eſa. C. 66. v. 24. Matth. 25. v. 46. in der Offenbarung Johannis / Cap. 14. v. 11. in derſelben auff gezeichnet ſtehet. S. Augu - ſtinus lib. 20. de civit. Dei, c. 16. ſagt: Ignis inferna - lis cujusmodi, & in qua Mundi, velrerum parte futurus ſit, hominem ſcire arbitror neminem, niſi fortè, cui Spiritus divinus revelârit, beym gedach - ten Forſtero, th. 44. Sihe von der gemeldten hoͤlli - ſchen Pein / und derſelben erſchroͤcklichen Beſchrei - bung / unter Andern / auch das An. 1658. in 12. ausgegangnes Buͤchlein / der Rachgierige / und Unverſoͤhnliche Lucidor benamſet / im Buchſta - ben G. Und eben in dieſem Jahr iſt ein anders / auch in 12. zu Muͤnchen / gedrucktes Buͤchlein / der Abgefertigter Herold / aus der andern Welt / von denen im Fegfeuer leidenden Seelen / in dieſe Welt geſandt / genant / herfuͤrkommen / darinn der Autor, P. Georgius Raw / Cap. 3. ſagt: Es ſeye bey allen gewiß / daß die Hoͤll mitten unter der Er - den / und zwar hol / und rund / wie eine Kugel: auff welches Ort zwar das Fegfeuer gebauet / aber un - terſchiedliche Meinungen / ſeyen. Dann Etliche ihnen eine tieffe / weite / breite / und faͤhige Gruben / an einem gewiſſen Ort der Welt / einbildeten / darinnen die Seelen gereiniget werden. Andere woͤllen / das Fegfeuer umgebe die Hoͤll Zirckelweis;Etliche89Die XXIV. Frag. Etliche aber hielten darfuͤr / das Fegfeuer ſey ein Port / Ufer / oder Geſtade des Hoͤlliſchen Reichs: Er aber vermeint p. 21. es ſehr glaublich ſeye / daß das Fegfeur die Hoͤll nicht voͤllig umringe / ſon - dern daß / an einem gewiſſen Theil der Welt / ein geraumes ſpatium ſeye / welches gleichſam ein Eingang in die Hoͤllen offen ſtehe / damit die Ver - damten / durch das Fegfeuer / keinen Paß haben. Es zimme ſich auch / ſchreibt er weiter / daß das Fegfeuer naͤchſt an der Hoͤllen ſtehe / zum Theil / wegen der Gleichheit der empfindlichen Pein / (dann unter beyden Feuern ſey kein anderer Un - terſchied / als daß jenes ewig / dieſes zeitlich) zum Theil / weil ſolches gereiche zu groͤſſerer Pein / und Demuͤtigung derſelbigen Seelen. Ob aber beede Ort mit einem Bollwerck / oder Paftey / unter - ſchieden ſeyen / koͤnne man nicht wiſſen; glaubwir - diger aber ſey es / daß Gott allein / durch ſich ſelber / ein gewiſſes Ziel geſetzt habe / welches kein Theil uͤberſchreiten koͤnne / weil beyde Feuer hart anein - ander ſtoſſen / ja / ſo gar ein Feuer ſeyen. Und am 25. Blat meldet dieſer Jeſuit / daß viel H. Lehrer der Kirchen / und ſonſt andere vorneme Scriben - ten / unverholt ausgeben / daß / neben dem Fegfeu - er / &c. noch ein andere Wohnung ſey / darinnen die Seelen aller Schmertzen frey / nur auff die Stund warten / darinn ſie ſolten in das Ort der ewigen Freude eingelaſſen werden. Etliche hielten darfuͤr / daß dieſes Ort in den Luͤfften oben ſeye /F vund90Die XXIV. Frag. und koͤnte wol ein Vorhof des Himmels genent werden; Darinnen doch die Seelen nit alſo ein - geſchloſſen / und eingeſchrenckt ſeyen / daß ſie nicht bisweilen heraus koͤnnen. Am Blat 53. redet er von S. Patritii Gruben / oder Fegfeuer / im Jrr - land. Und Cap. 5. p. 83. ſchreibt er / Bellarminus heiſſe die 3. Ort des Fegfeuers gut / und Suarez bekenne / daß die Seelen im Fegfeuer auch von den Teuffeln / jedoch durch ſehr extraordinari Gottes - Macht / gepeiniget werden. Cap. 7. berichtet er / das Fegfeuer werde waͤhren / bis zu End der Welt; Alsdann werde das Fegfeuer entweders laͤhr gelaſſen / oder aber / nach etlicher Meinung / die Schiedmauer nidergeriſſen / und alſo / durch Zuſetzung deſſelben / die Hoͤll erweitert werden. p. 99. will er / daß theils lange Zeit im Fegfeuer / theils vielleicht bis an juͤngſten Tag / verbleiben; Und ſeye nit gar zu verwerffen / was zu Rom ein anſehenlicher Prediger / auff der Cantzel / geſagt / daß nemlich einer heiligen Perſon eroͤffnet wor - den / daß Koͤnig Salomon laͤnger / als 2600. Jahr / im Fegfeuer gebuͤſſet / und darnach gen Himmel gefahren ſeye / p. 114. ſeq. am 103. Blat / (nachdem er die Wort in der 1. S. Petri / im 3. Cap. v. 19. alſo erklaͤret / daß Chriſtus / als er in die Vor-Hoͤll der Alt-Vaͤtter / und in das Feg - feuer / der Seelen nach / kommen / allen lieben See - len / die allda verſtrickt waren / geprediget /) ſchreibt er weiter / daß / als / zur Zeit Noe / die Menſchen dieWaſſer91Die XXIV. Frag. Waſſer wachſen geſehen / haͤtten ſie ſich bekehret / und weren alſo / ob ſie gleichwol erſoffen / den See - len nach / erhalten / und zum Theil in die Vor - Hoͤll / zum Theil in das Fegfeuer / verwieſen / und aus derſelben Gefaͤngnus / dahin Chriſtus / nach ſeinem Tode / geſtiegen / erloͤſet worden. Und wollen die Lehrer / das Fegfeuer ſeye alsdann / von Chri - ſto / gantz und gar erſchoͤpfft worden. Wer ein meh - rers hievon zu wiſſen begehrt / der mag das ernan - te Buͤchlein ſelber / wie auch des Martini de Roa Seelen-Huͤlff / oder Bericht von dem betruͤbten Zuſtand der armen Seelen im Fegfeuer / zu Yn - ſprugg An. 1655. in 12. gedruckt / leſen. Und dann / ſo vermeinet D. Ioan. Balth. Schuppius, in der diſputation, die er wider des P. Bertii Oration gehalten / daß faſt das gantze 6. Buch des Virgilii Æn. nichts anders / als das Baͤpſtiſche Fegfeuer ſeye; da er ein mehrers / am Ende gemeldter diſ - putation, hat.
DAß die Welt / wie ſie nicht von Ewigkeit her / geweſen / auch nicht ewig waͤhren / ſondern mit der Zeit / die allein Gott bewuſt iſt / unter gehen werde / iſt klar /und92Die XXV. Frag. und offenbar / aus dem 102. Pſalm / v. 27. Eſaia / Cap. 34. v. 4. und Cap. 51. v. 6. Luc. 21. v. 33. in der 2. Petr. 3. v. 7. in der Offenbarung Joh. Cap. 20. v. 11. und C. 21. v. 1. & 2. Wie es aber da mit zugehen werde / davon ſtreiten die Gelehrten: und vermeinen die alten Kirchen - Lehrer / als Hieronymus in Cap. 24. Matth. und Auguſtinus, an unterſchiedlichen Orten / es werde die Welt / und was darinn / nur veraͤndert / und verbeſſert werden / und haben Sie / und Andere / die es mit ihnen halten / auch deſſen ihre Urſachen / genommen aus dem 102. und 104. Pſalm / aus dem Prediger Salomo / Cap. 1. v. 4. der Epiſtel an die Roͤmer am 8. und der 1. an die Corinther / Cap. 7. v. 31.
Hergegen wollen Theils der heutigen Gottes - Gelehrten / daß Himmel / und Erden / und alſo die gantze Welt / gaͤntzlich / und nach ihrem Weſen / vergehen werde; Krafft der klaren Wort / beym Luca / Cap. 21. v. 33. im 102. Pſalm / v. 27. Eſa. Cap. 51. v. 6. in der Offenb. Johan. C. 20. v. 11. und 21. v. 1. alſo / daß wie Gott der HErr die Welt aus nichts erſchaffen / Er dieſelbe auch wider zu nichts machen / und es heiſſen werde / was der Poet ſaget: Et redit in nihilum, quod fuit ænte nihil. Ein Vorbild wird genommen aus dem 3. Buch Moſis / Cap. 14. v. 44. und 45. Da die Haͤuſer der Auſſaͤtzigen nicht obenhin zu erneuern; ſondern aus dem Grund abgebrochen / und ver -tilgt93Die XXVI. Frag. tilgt zu werden / befohlen wird. Was iſt aber die Welt jetzt / nach dem Fall / anders / als ein Siechhaus / ſo mit dem Auſſatz der Suͤnde ſo tieff befleckt / daß ſie anders nicht / als durch ihren gaͤntzlichen Untergang / gereiniget werden kan. Sihe D. Ioan. Forſterum, decad. 2. probl. Theol. ex Symb. Apoſtol. probl. 2. da er auch auff die Be - helff der oberwehnten erſten Meinung antworten thut. Welcher / des D. Foͤrſters / Meinung / auch D. Iacobus Martini cent. 10. qu. illuſtr. philoſ. diſp. 9. qu. 6. und M. Henr. Velſtenius Nobil. quæſt. Philoſoph. dec. 10. qu. 5. ſeyn / und des Gegentheils Urſachen ableinen.
ES werden ſonderlich 3. For - men / oder Geſtalten / der Weltlichen Regierungen gefunden / deren eine das Koͤnigreich / und mit einem andern Namen die Monarchia genant wird / in welcher das gemeine Weſen an Eines Willen haͤnget. Die andere Form iſt die Ariſtocratia, das iſt / der Vornem - ſten Gewalt / in welcher die / ſo Andere mit Raht / und Tugend / uͤbertreffen / den Vorgang haben. Die dritte iſt die Democratia; oder des Volcks Regierung.
Welche94Die XXVI. Frag.Welche nun / unter dieſen Dreyen des Weltli - chen Regiments Formen / die beſte ſeye? wird ge - fragt. Und darauff geantwortet / daß bey allen Dreyen ſich Ungelegenheiten ereignen. Dann das Koͤnigreich / oder die Monarchia, oder das Einzele Regiment / da einer allein regieret / bald zur Ty - ranney werden kan / wann der / ſo da herrſchet / ſich der gemeinen Wolfahrt nichts annimt / ſondern nur auff ſeinen Reichtum / und Hochheit / ſihet. So kan die Ariſtocratia etwan zur Oligarchia werden / wann man in Verehrungen / und Straf - fen / nicht auff den Verdienſt ſihet / die Vornem - ſten des Regiments / die gemeine Guͤter zu ihrem Privat - Nutzen anwenden / und inſonderheit dahin ſehen / daß ſie ſich bereichern / und dann / ſo wird die Democratia leichtlich zu einem zerruͤtten / unor - denlichen Weſen.
Gleichwol wird die Erſte Weiſe / oder Form / den Andern beeden / von den meiſten Politicis, vor - gezogen / dieweil dieſelbe zu der Regierung Gottes am naͤchſten kommet. Dann nur ein Gott iſt / der / nach ſeinem gantz freyen Willen / alles regieret / und ordnet / im Himmel / und auff Erden / und dieſes auffs allerbeſte. So iſt / fuͤrs Ander / der Natur mehrers gemaͤß / Eines / als Vieler / Ge - walt. Dann unter den Jmen / oder Bienen / iſt ein Koͤnig; unter den Voͤgeln der Adler / unter dem Geſtirn die Sonn; ein Glied in dem Menſchen / ſo uͤber die Andere iſt / namlich das Hertz / des Le -bens95Die XXVI. Frag. bens Anfang / bey allen Thieren. Und mit einem Wort zu ſagen / ſo ſihet man / bey allem Geſchlecht der erſchaffenen Dinge / eines / ſo den Andern vor - gehet / und wirdiger iſt / als Andere / ſo deſſelben Geſchlechts ſeyn. So iſt auch / Drittens / ſolche Re - giments-Form die alleraͤltiſte / auch die beſtaͤn - digſte / und ſicherſte. Es kan auch ein Regent / leichter / als ihr viel / die Unterthanen in ihrem Amt erhalten. Dann ſie mehrers einen einzelen Herren verehren / und / wegen ſeiner Macht / foͤrch - ten / als da etliche regieren / die offtmals nicht einig ſeyn: Wie dieſe / und andere mehr Urſachen / beym Georgio Schoͤnborner / lib. 5. Politicorum, cap. 1. Io. Gerhardo, dec. 1. quæſt. polit. 7. Iacobo Martini, cent. 1. quæſt. Philoſoph. diſp. 6. qu. 10. und denen / ſo ſie anziehen / geleſen werden; deren gleichwol Einer / oder der Ander / hinzuſetzet / daß man die - ſes von einem ſolchen einzelen Regenten verſtehen ſolle / der nach den Geſaͤtzen herrſchet / in allem nicht ſeinen / ſondern der Unterthanen Nutz ſuchet / und deßwegen bekuͤmmert iſt.
Die andere Regiments-Form / oder die Demo - cratia, hat auch ihre Lober / und wird des Gemei - nen Volcks Regiment vorgezogen. Dann bey denſelben heiſt es / viel Koͤpff / viel Sinn. Es gibt bey dem Volck gar bald allerley Aenderung; wie das Meer ſtets beweglich / alſo auch das Volck; bey deme ſelten guter / und beſtaͤndiger Raht / Vernunfft / Unterſchied / und Fleiß / zu finden. Man96Die XXVI. Frag. Man ſihet in des Volcks Regiment auff die Gleichheit inſonderheit / und wird / durch Vielheit der Stimmen / gleich ſobald ein ungeſchickter / und geringer Kerls / hoch oben angeſetzt / als ein Ge - ſchickter / und gutes Geſchlechts / ſo ſolcher Ehr wirdig were. Dann Gott theilet ſeine Gaben nicht gleich aus; ſo haben auch / in einem natuͤrlichen Leib / nicht alle Glieder einerley Amt: unter den Sternen leuchtet immer einer heller / als der an - der. Ja / bey dieſer Regiments-Form / ſeyn bis - weilen die Gottloſe / und Laſter haffte / beſſer daran / als ehrliche / und unſchuldige Leut. Und wie wol - ten die ſonderbare Rahtſchlaͤge / bey dem gemeinen Poͤbel / geheim verbleiben? da ſonſten die Ver - ſchwiegenheit / im Regiment / das beſte / und ſicher - ſte Band iſt. So kommen auch die aus dem Volck erwaͤhlte Regenten nicht zu rechter Zeit zuſam - men / ſondern gebrauchen ſich hierinn / wegen ihrer groſſen Freyheit / des eignen Willens / dardurch offt viel verabſaumt wird. So iſt auch bey ſolchen Leuten nichts ungeſchickters / und nichts ſtoͤltzers; und fahren daher mit Ungeſtuͤm / wie ein Regen - bach. Jſt derowegen die Ariſtocratia, da Wenige / aber die guten Verſtands / vornemen Ge - ſchlechts / loͤblicher Sitten / und Tugenden / ſeyn / der Democratiæ, oder des gemeinen Volcks / Re - giment / vorzuziehen / ſo zwar einen praͤchtigen Na - men / und das Anſehen hat / als wann es nach Gleichheit der Geſaͤtze / Einem nicht mehr / alsdem97Die XXVII. Frag. dem Andern / gebe; aber in der That ſelbſten be - zeuget / daß es nichts wenigers / als mit ſeinem Na - men uͤbereinkomme. Sihe Curtium lib. 10. de R. G. Alex. c. 7. n. 11. Bodin. l. 6. de Rep. c. 4. n. 694. Tholozan. lib. 5. de Rep. c. 3. n. 25. & lib. 13. c. 12. n. 17. Gerhard. qu. polit. 8. dec. 1. Schoͤnborner lib. 5. c. 2. da er auch unterſchiedliche Erinnerungen fuͤr die hat / ſo in einer Stadt das Regiment fuͤhren / oder da die Ariſtocratia im Schwang gehet: Und dann / was er / im 3. Capitel / wider die Democra - tiam ſchreibet.
HJierinn ſeyn die Gelehrten nicht einig / indeme Theils wollen / daß die Abwechslung mit den Regiments - Perſonen vortraͤglich - und nutzlicher ſeye. Dann der vornemſte / und beſte Zweck / darauff man in einem wolbeſtelten Gemeinen Stande zu ſehen / ſeye die Tugend; und ſolle ihme eine Obrigkeit nichts hoͤhers / und mehrers angelegen ſeyn laſſen / als daß ſie / ſo viel moͤglich / an allen Tugenden furtreffliche / und tapffere Burger hab〈…〉〈…〉 Welches ſie aber nicht beſſer zu wegen bringen werde / als wann ſie anſehenliche Vergeltungen der Tugend /Gals98Die XXVII. Frag. als einen gantz gewiſſen Zweck / auff denſelben zu ſehen / und ſolchen zu erlangen / vorſtelle. Nun koͤnne aber kein groͤſſere Vergeltung der Tugend ſeyn / als die Ehre ſelbſten. Dann / wo man die Tu - gend nicht in Ehren haͤlt / da kan ein guter Stand nicht lang auffrecht beſtehen. So ſolle ein Chriſt ſonderlich darauff ſehen / daß / ſo viel es immer ſeyn kan / alle Urſachen zur Auffruhr / und Bur - gerlicher Uneinigkeit / dienende / mit der Wurtzel ausgeraufft werden. Nun ſeye die Ungleichheit der Vergeltungen eine Urſach der Auffruhren / und Uneinigkeiten: Hergegen die Gleichheit / wann man dieſelbe / in Austheilung der Ehren / und der gemeinen Sachen unter den Burgern / in Acht nimmet / des Friedens / und der Einigkeit / Gefert. Uber das / ſeye es / wann man mit den Obrigkeits-Perſonen abwechſelt / und nicht alle - zeit / und lang / Einen bey einem Amt ſitzen laͤſt / darzu nutz / daß deſſelben Gemuͤt ſich nicht des - wegen erhebet / und ſtoltz wird; in Bedenckung / daß er bald ſeine Ehren-Stelle / einem Andern / uͤberlaſſen / und demſelben alsdann den Gehor - ſam leiſten muͤſſe. Daher / als Ageſilaus von ei - nem gefragt worden / woher es komme / daß der Gemeine Stand zu Sparta / vor Andern / ſo gluͤckſeelig were? Er / beym Plutarcho, in Lacon. apopht. geantwortet hat: Dieweil die Spartaner / oder Lacedæmonier / vor Andern / darinn ſich mehrers uͤben / daß ſie zugleich zu gebieten / undGehor -99Die XXVII. Frag. Gehorſam zu leiſten wiſſen. Und dann befoͤrdere auch die Abwechslung / das wol Haushalten. Dann das werde ſchlechter beſtelt von denen / ſo in dem Obrigkeits-Stande ſeyen; wie ſolches Iu - nius p. 1. quæſt. polit. ult. mit dem Exempel Epami - nondæ, Lyſandri, Ariſtidis, Fabricii, erweiſe.
Hergegen ſeyn Andere / welche die Abwechs - lung der Obrigkeits-Stellen nicht fuͤr gut halten / ſondern wollen / daß dieſelben beſtaͤndig verbleiben ſollen. Dann wie die Neuerung / und Veraͤnde - rung der Speiſen / des Getraͤncks / und des Luffts / ſchaͤdlich iſt / wann man ſchon dieſelbe in gleiche / oder auch beſſere / verwandelt; alſo ſeye es auch beſſer / die alte Obrigkeit leiden / als eine neue her - beybringen; dieweil alle der Sachen Neuerung / nicht ohne Verunruhigung / ſeye. Kaͤiſer Tibe - rius hat die Veraͤnderung der Obrigkeiten nicht gut geheiſſen / deſſen Urſachen / und ein Exempel von Mucken / oder Fliegen / genommen / beym Ioſe - pho lib. 18. Antiquitatum cap. 13. zu leſen. Zu dem / einem Gemeinem Nutzen wenig geholffen iſt / wann die alten Obrigkeits-Perſonen / die nunmehr Wiſſenſchafft um die Sachen haben / hinweg: und neue / die erſt lernen muͤſſen / an ihre Statt kommen; und hernach dieſelbe / wann ſie nun Prob thun ſolten / auch wider weichen muͤſſen. So ſchmaͤlert auch in etwas ſolche Veraͤnderung / ſonderlich die jaͤhrliche / oder zweyjaͤhrige / wie et - wan theils Orten gebraͤuchig / das Anſehen derG ijObrig -100Die XXVII. Frag. Obrigkeit / die doch in allweg / gegen die Unterge - bene / auffs beſte ſoll erhalten werden.
Welches dann auff beeden Seiten wichtige Urſachen ſeyn / daruͤber gemeinlich die Gelehrten / den Schluß zu machen / Bedenckens tragen; wie - wol Theils derſelben einen Unterſchied der Bur - ger; item zwiſchen den unterſchiedlichen Formen / oder Geſtalten der Republiken; des gleichen zwi - ſchen den Hoͤhern / und Nideren Obrigkeits-Per - ſonen / machen / und vermeinen / daß die hohen Aemter / bey einerley Perſonen / wegen der lang - wuͤrigen Erfahrenheit beſtaͤndig verbleiben ſollen; mit den Nidern aber man wol Veraͤnderung vor - nehmen moͤge: und hat man hierinn inſonderheit auff den alten Gebrauch / und Gewonheit / jedes Orts / ſo nicht leichtlich zu aͤndern iſt / zu ſehen.
ES haben / vor Zeiten / die Leute alſo nach Ehren geſtrebt / daß ſie alles uͤber und uͤber haͤtten gehen laſ - ſen / wann ſie nur einen Obrigkeits-Stande er - langen moͤgen. Und geſchihet noch der Zeit gar ſel - ten / daß man dem Ehren-Fluß ſich widerſetzet; und das anerbottene Gold nicht achtet; ſondern es thun faſt alle ſich zum Regiment / und groſſe Sachen zu fuͤhren / tuͤchtig ſchaͤtzen / wenig biswei -len101Die XXVIII. Frag. len ingedenck der Lehr des Cicronis, lib. 1. Offic. pag. 35. Welcher etwas zu verrichten gehet / ſolle Ver - ſicherung thun / daß er nicht nur betrachte / wie ehrlich ſolches ſeye; ſondern auch / ob er daſſelbe zu verbringen tuͤchtig / und maͤchtig ſeye?
Es begibt ſich aber gleichwol auch unterweilen / daß ein Heraclitus. ein Themiſtocles, ein Fabricius, ein Appius, gefunden wird / der ſich der Regierung nicht unterziehen will. Alſo hat Moſes / im 2. Buch / am 4. Anfangs nicht daran gewolt / daß er des Jſraelitiſchen Volcks Vorſteher wuͤrde: Und ſich Saul / im 1. Buch Samuelis / Cap. 10. v. 22. verborgen. Dann es ſchrecket viel von der Regierung ab / die Groͤſſe / und Vielheit der Un - ruhen. Dann das Regieren keine Wolluſt / ſon - dern Sorg / ja eine Straff iſt. Daher Antigonus, als er geſehen / daß ſein Sohn ſich gegen die Un - terthanen beſchwerlicher / und ungehaltner er - zeigt / zu ihme geſagt hat: Weiſt du / mein Sohn / nit / daß unſer Koͤnigreich ein Adeliche Dienſtbar - keit iſt. Sihe auch / was Tiberius geantwoꝛtet / beym Suetonio, in ſeinem Leben / cap. 24. Und es iſt kein Wunder. Dann / wann einen laſterhafften / und ungehorſamen Knecht / oder Diener / zu regieren es ſchwer faͤllt: Vielmehr wird es einem ehrli - chen Mann ſchwer / und betruͤbt fallen / ein gantzes Volck / darunter viel boͤſe / und laſterhaffte Leut ſeyn / zu regieren. Sihe Tholozan. lib. 6. de Rep. cap. 2. Viel ſchrecket auch von der Regierung ab /G iijdie102Die XXVIII. Frag. die Mißgunſt / und der Leute Undanckbarkeit. Dann die Mißgunſt inſonderheit denen nachge - het / welche an Tugend reich / und hoͤher herfuͤr - kommen.
Ob aber ſchon bey der Verwaltung / was die Arbeit anbelangt / nichts beſchwerlichers; und wegen der Beleidigungen / nichts kuͤm̃erhaffters / und der Gefaͤhrlichkeiten halder / nichts forchtſa - mers: So ſollen jedoch ehrliche Maͤnner / wann ſie anderſt darzu tauglich / die Regierung nicht ausſchlagen. Und doͤrffen ſie ſich die Mißgunſt davon nicht abſchrecken laſſen. Dann die vornem - ſte Kunſt / bey dem Regiment / iſt / die Mißgunſt wiſſen zu erleiden; und dieſelbe mit Tugend zu vertreiben. Machen die offentliche Geſchaͤfft viel Muͤhe / ſollen hergegen die Regenten GOtt den HErrn / um ſeinen Beyſtand / und Huͤlff / zum oͤfftern / anlauffen.
Wann aber Theils / deſſen unerachtet / fuͤr ſich ſelber leben / und die Muͤhe / Sorg / Ungunſt / und andere Ungelegenheit / fliehen wollen; So ſeyn ſie / wider ihren Willen / ein Obrigkeits-Stell anzu - nehmen / zu zwingen. Dann wir ſeyn uns nicht al - lein / ſondern auch dem Vatterland geboren wor - den / ſo ihme den vornemſten Theil unſerer Ge - burt zuſchreibet / und alle Lieb zu den Eltern / Naͤchſtverwanden / und guten Freunden / zugleich begreiffet. Deswegen / wann das Vatterland ei - nen beruffet / zu einem Amt / kan man demſelbenſich103Die XXVIII. Frag. ſich nicht widerſetzen; ſondern gebuͤret ſich / ſo offt es die Gelegenheit gibet / demſelben nutz zu ſeyn / und zu helffen / ſo viel man kan. Wann es den Wirdigen erlaubt were / ſich der Amts-Be - ſchwerden zu entſchuͤtten / ſo wuͤrde es offt uͤbel um einen Ort ſtehen. Deswegen dann / vor Zeiten / faſt alle Voͤlcker / und Staͤdt / ihre beſondere Ge - ſaͤtz gehabt / und Straffen geordnet / wider die Je - nigen / die ein ihnen auffgetragenes Amt / und Obrigkeits-Stell / nicht haben annehmen wollen; und wird ſolches / noch der Zeit / bey den Venedi - gern / in Acht genommen. Zwar man die unwilli - ge Hund nicht zum jagen nehmen ſolle; iſt auch ein gewaltthaͤtiges nicht langwuͤrig: Und werden offtmals die eigne Sachen zu Haus / weil man auff dem Rahthaus / oder bey den Aemtern / ſitzet / verſaumt: Aber / es ſolle einem jeden das Gemei - ne Weſen lieber / und angelegner / als ſein eignes / ſeyn: Dann das Gemeine iſt viel herrlicher / und hoͤher. Und haben die Obrigkeits-Perſonen da - von auch die hoͤchſte Ehr / im 82. Pſalm / und et - wan auch / vor Andern / einen ſonderbaren Nutzen. Jedoch / iſt / zum Beſchluß / auch dieſes anzuhen - cken / daß die Entſchuldigung nicht gantz verbot - ten; ſondern dieſelbe anzunehmen / wann ſie / we - gen hohen Alters / Leibs Unvermoͤglichkeit / Ar - mut / und anderer ehehafften Urſachen halber / ſo wiſſend / und bekand / ſeyn / geſchihet.
JA / Wann namlich ſolches ſeine vorgeſchriebne Grentzen uͤber - ſchreitet / die Weisheit nicht zu Raht ziehet / und des Geſaͤtz-Gebers Will / und Mei - nung / nicht recht verſtehet / und die allgemeine Ge - ſaͤtz nicht / nach den ſonderbaren Umſtaͤnden des Orts / der Zeit / und der Perſonen / examini ret / noch auch die Billichkeit in Acht nimmet. Sihe Ariſtotelem lib. 5. Eth. Nic. c. 10. Terent. in Heau - tontimor. Es ſollen die Richter nicht ſo ſcharff ſeyn / daß ſie allezeit auch die geringe Fehler ſo hoch erheben wolten; ſondern / weil irren Menſch - lich iſt / mit den Menſchlichen Schwachheiten Mitleiden bisweilen haben / und daruͤber ſeufftzen. Die Poeten haben / vor Zeiten / gedichtet / daß des Herculis Keul feucht von Oel ſeye / damit anzu - deuten / daß die Streich der Gerechtigkeit / mit dem Oel der Barmhertzigkeit / zu lindern ſeyen; und die Gerechtigkeit / mit der Barmhertzigkeit / herein - tretten ſolle. Und daher thun die Geſaͤtze ſelbſten einem Richter die Billichkeit befehlen / L. placuit 3. C. de judic. l. 4. §. interdum ff. de eo, quod certo loco, l. 14. §. 13. ff. de relig. & ſumpt. fun. l. in omni - bus quidem 90. ff. de R. J. Wer wolte nicht viel -mehr105Die XXX. Frag. mehr des Kaͤiſers Auguſti Guͤtigkeit / beym Sene - ca, lib. 1. de Clement. c. 9. als die Raͤuhe / und Grauſamkeit des Claudii, loben / davon Suctonius in Claudio, cap. 34. 37. 38. und Bodinus lib. 3. de Rep. c. 5. n. 311. zu leſen. Sihe Ioan. Crügerum, in Horto Virtutum, qu. 78. da er auch 2. Exempel ſtrengen Rechts hat / eines vom Vectio, einem Burger zu Rom / welcher / als er einem voruͤber - gehenden Zunfftmeiſter nicht iſt auffgeſtanden / umgebracht worden; und das Ander / wann ei - ner im Raht der Areopagitarum gelachet / ihme die Leibs-Straff darauff ſtunde; aus Plut. in Grach. und Æſchin. contr. Timarch.
DJeſes iſt ein ſchwere Frag / und die Eroͤrterung gefaͤhrlich / und gleichwol (wegen der begebenden Faͤlle /) noͤhtig / ſaget Io. Gerhard. dec. 10. quæſt. polit. 6.
Vor allem iſt zu wiſſen / wer ein Tyrann zu nen - nen ſeye? Iacobus Martini, cent. 2. diſp. 4. quæſt. illuſtr. philoſ. 10. ſagt / daß die Politici einen Unter - ſchied zwiſchen einem Tyrannen ins gemein / und eigentlich alſo genanten / machen. Ein eigentlich alſo genanter Tyrann ſeye der / ſo unrechtmaͤſſiger Weiſe ein Reich / oder Fuͤrſtentum / ihme zugeeig - net / das iſt / welcher / wider den Willen der Geſel -G vlen /106Die XXX. Frag. len / oder der Unterthanen / nicht von dem Fuͤrſten angewuͤnſcht / noch durch die Stimme des Volcks / nicht durchs Los / nicht durch Erb-Recht / nicht durch Teſtament / und rechtmaͤſſigen Krieg / nicht durch ſonderbare / und Himmliſche Stimm / er - weckt / einen gemeinen Stande angefallen; wie beym P. Gregor. Tholoz. lib. 26. de Rep. c. 7. und Bodino lib. 2. c. 5. zu leſen. Und ſolche werden / nach der Politicorum Meinung / ſchreibt er / eigentlich Tyrannen genant / ob ſie ſchon freundlich / oder wol / das Volck regieren / und demſelben ſich gefaͤl - lig machen. Sie hoͤren auch nicht auff / Tyrannen zu ſeyn / wann ſie hernach / entweder aus Forcht / oder auff andere unerlaubte Weiſe / durch die je - nige / ſo die Wahl-Gerechtigkeit haben / ſich zu Fuͤrſten erwehlen / und ausruffen laſſen; es ſeye dann / daß / wie etliche wollen / ſie ſich / nach erlang - ter Tyranney / ſelbigen Gewalts gaͤntzlich abge - than / und dem Urtheil der jenigen / ſo / rechtmaͤſſi - ger Weiſe / ein Fuͤrſtentum uͤbergeben koͤnnen / gantz / und gar unterwerffen / oder mit ihrem Ge - ſchlecht / oder Nachkommen / das Fuͤrſtentum uͤber hundert / und mehr Jahr / im Beſatz gehabt / und alſo verjaͤhret’ oder aber vom Volck / wann ſon - ſten an niemands der rechte und hoͤchſte Gewalt hanget / ſie zu rechtmaͤſſigen Fuͤrſten ſeyn erklaͤret worden. Ferners / ein nicht eigentlich alſo genan - ter Tyrann ſeye der jenige / welcher / ob er wol ein rechtmaͤſſiger Fuͤrſt / aber / daß er tyranniſch re -giere /107Die XXX. Frag. giere / von ihme geſagt werde / weil er des rechtmaͤſ - ſigen Gewalts / wider die Unterthanen / mißbrau - chet / und das jenige veruͤbet / ſo die Tyrannen zu veruͤben pflegen. Und da werde wider ein Unter - ſchied gemacht / 1. unter einem Tyrannen / ſo den hoͤchſten Gewalt hat / und ein Monarch iſt / und einem Erwehlten / oder Nidern. 2. unter Frem - den / und Burgern. Dieſes aber unangeſehen / will der Autor des Buͤchleins / der rachgierige / und unverſoͤhnliche Lucidor genant / im Buchſta - ben D / daß kein rechte definition eines Tyrannen vorhanden / ſonſten auch Moſes / Joſua / David / Tyrannen muͤſten geweſt ſeyn / und ſetzet darzu: Wann eine Obrigkeit ihren Amts-Zorn nicht ſehen laſſe / ſo thue ſie eben ſoviel Schaden / als die Tyrannen.
Damit wir aber wider auff unſere Frag kom - men / ſo ſagt abermals obangezogner Iac. Mar - tini, daß / vor Zeiten / Geſaͤtz gemacht worden / daß man die rechten Tyrannen / oder die ein fremdes Fuͤrſtentum anfallen / ungeſtrafft umbringen moͤ - ge / und daß denen / ſo ſolches thun / Geſchenck / und Ehre / gebuͤren thaͤten. Es were aber gleichnol hie - von Strittigkeit / zwiſchen den Griechen / und La - teinern / geweſen / indem die Griechen gewolt / daß man einen / ſo ſich zum Tyrannen machen wollen / nicht eher / als wann man in der Sach erkant hat - te / ungeſtrafft umbringen moͤge; die Roͤmer aber einem jeden ſolches / ſo bald man etwas vermerckte /zu108Die XXX. Frag. zu thun erlaubt haben. Was das ander Ge - ſchlecht der Tyrannen betrifft / ſo wollen die Poli - tici, ſchreibet er / daß einen Monarchen ein fremder Fuͤrſt / entweder heimlich / oder durch offentlichen Gewalt / wol umbringen moͤge; aber nicht ſeine Burger / dieweil ſie keine Bottmaͤſſigkeit uͤber ihre hohe Obrigkeit haben: Aber einen Tyrannen / ſo nicht ſowol zu gebieten / als dem hohen Gewalt / oder dem Reich / Dienſte zu erzeigen / moͤchten ſie wol aus dem Weg raumen.
Dabey gleichwol gemeldter Autor erinnert / daß ſolches / was geſagt / dergleichen angehen moͤ - ge / ſo auſſer dem Volck Gottes ſeyn. Wir aber haben zu bedencken / was Gott ſagt / Du ſolt nicht toͤdten; und was zun Roͤmern im 13. Capitel ſte - het; ſonderlich weil die Tyrannen fuͤr ein Geiſel Gottes / wegen der Suͤnde / dem Volck uͤber den Hals geſchickt / zu halten ſeyn: die gleichwol auch / wann ſie ihres Gewalts mißbrauchen / der Goͤtt - lichen Rach nicht werden entfliehen koͤnnen: Zu geſchweigen / daß ſie ſtaͤts ein unruͤhiges Gewiſſen haben. Sihe die erwehnte Autores, I. Mart. und Gerhard. an beruͤrten Orten / ſelber / da dieſer hie - von weitlaͤuffig handelt / und vermeldet / daß Tho - loz anus lib. 6. de Rep. c. 18. n. 19. auch die dritte Art der Tyrannen mache / namlich / wann einer ein fremde Herrſchafft nicht allein einnimt / ſondern auch darinn tyranniſch ſich / bey ſeiner Regierung / verhaͤlt / den man wol umbringen moͤge. Und inder109Die XXXI. Frag. der 9. Frag erweiſet er / daß ein Tyranney nicht langwuͤrig ſeye / ſo auch der 55. Pſalm / v. 23. zu erkennen gibt; und deswegen ein alter Tyrann fuͤr ein Wunderding zu halten iſt. Dann die Kla - gen / und Zaͤher der armen Leut / ſo die Tyrannen grauſam gepeiniget / desgleichen der Witwen / und Waiſen / Seufftzer / die ſie / um ihre Ehemaͤn - ner / und Eltern / unmenſchlich gebracht / und der jenigen Heulen / und Geſchrey / ſo ſie betruͤbt / und ihnen das Jhrige nehmen / klagen ſie / vor dem hoͤchſten Gericht Gottes / an.
NAch des Hieronymi / eines Tyrannen in Sicilia / Todtſchlag / iſt auch aller ſeiner Freund / und Ver - wandten Untergang erfolgt; und hat man des - gleichen / wider die Weiber / mit unerhoͤrter Grau - ſamkeit gewuͤtet; und ſeyn die Bilderſtoͤck nider - geriſſen / alle ausgangene Befelch zernichtet / nicht allein die ungerechte / ſondern auch die wolabge - faſte / damit ja keine Fußſtapffen / oder Anzeigun - gen der Tyranney uͤbrig blieben; Iac. Martin. cent. 10. diſp. 6. qu. 10. Sihe aber Th. Fazellum, de rebus Siculis, poſter. dec. lib. 5. cap. 1. in pr. Und ſcheinet / daß es dem Gemeinen Weſen / zu Nutz /und110Die XXXI. Frag. und Frommen / gereiche / wann es ſeyn kan / daß al - le des Tyrannen Ordnungen abgethan werden / auff daß alſo alle Gedaͤchtnus der Tyranney auffgehebt werde; und ſich die Nachfolger zu be - foͤrchten / damit ſie nicht mit der Zeit gleiches zu erwarten / und deswegen vor aller Tyranney zu huͤten ein Exempel vor Augen haben.
Wann es aber der Stand eines Gemeinen Weſens nicht zulaͤſt / eine ſo ſtarcke Artzney zu ge - brauchen / ſo mag man / was die Tyrannen loͤbli - ches / und rechtmaͤſſiges geordnet / behalten / das unrechtmaͤſſige aber hinwegthun. Cicero ſagt / beym obgedachten Iacobo Martini, es ſeye nichts gebraͤuchlichers / als daß der Tyrannen Acta, oder Verhandlungen / guͤltig / und gleichwol die / ſo dieſelbe umgebracht / in den Himmel geſetzet wer - den. Da mit die Rechtsgelehrten / Bart. und Iaſon, wie ſie obernanter Iacob. Martini anziehet / uͤber - einſtimmen / welche gewolt / daß der Tyrannen Nachfolger an das jenige verbunden ſeyen / was ſie / die Wuͤterich / rechtmaͤſſiger Weiſe / verſpro - chen / und gethan haben; das uͤbrige aber unguͤl - tig ſeyn ſolle. Alſo hat Kaͤiſer Conſtantinus Ma - gnus, was der Tyrann Licinius unrechts decre tirt / und befohlen / durch ein Geſatz abgethan / das an - der aber beſtetiget. Wann aber auch dieſer Weg / ohne neuer Empoͤrungen Gefahr / nicht gaͤnglich ſeyn will / ſo muß man eine Zeitlang die unbilliche Sachen erdulten / bis ſie allgemach verrauſchen /oder111Die XXXII. Frag. oder verbeſſert werden. Alſo haben Thraſybulus den Athenienſern / nach Vertreibung der 30. Ty - rannen; und Cicero den Roͤmern / nachdem d〈…〉〈…〉 Iulius Cæſar umgebracht worden / die Amneſtiam, oder die Vergeſſung aller Schmach / gerahten / und befohlen / daß der Tyrannen Verhandlungen g〈…〉〈…〉 tig ſeyn ſolten; weil ſonſten das gefallene nicht wider auffgericht; noch das auffgerichte Gemei - ne Weſen lang haͤtte beſtehen koͤnnen.
WAs die Erſte Frag anbelangt / ſo wird ins gemein darfuͤr gehalten / daß zu eines Standes Wolfahrt gehoͤren die Gottſeligkeit / die Religion / die Weisheit der O - brigkeit / die Haltung uͤber die Geſaͤtz / die Gerech - tigkeit / die Einigkeit / die Straffen der Laſter / die Flucht von der Neuerung / der Fuͤrſten Auffrich - tig - und Wachtſamkeit / Verhuͤtung der Zwy - ſpaltung zwiſchen den Maͤchtigen / und Edlen / die Erhaltung der Geſchlechte / Verſorgung der Armen / Gleichheit in Reichung der Steur / und Anlagen / Beſtellung der Sitten-Richter / die Bewahrung des Gemeinen Gelt-Kaſtens / unddann /112Die XXXII. Frag. dann / daß man zuſehe / daß die Obrigkeit nicht ih - ren Nutzen von dem Gemeinen Weſen ſuche. Wann nun hierwider gehandelt wird / ſo wird der Gemeine Stand zerruͤttet / und endlich gar zu Boden gerichtet.
Wann man aber eigentlicher / und vollkomme - ner von der Sach reden will / ſo koͤnnen die Urſa - chen der Veraͤnderungen / gleichſam zu dreyen Brunnquellen / gezogen werden; und ſeyn dieſel - be Goͤttliche / Natuͤrliche / und Menſchliche.
Zur Erſten Claß / oder Ordnung / gehoͤrt Got - tes Vorſehung / welche / wie in allem andern / alſo auch in dieſem Werck / den Vorgang hat. Es iſt in dieſer Welt nichts immerwaͤhrend / und beſtaͤn - diges / ſondern alles / was entſtehet / kan / nach Ab - lauff der Zeit / wider vergehen.
Zur Andern Claß / und den Natuͤrlichen Ur - ſachen / ziehen auch etliche eben die beſagte Unbe - ſtaͤndigkeit aller Ding / dergleichen den Einfluß der Sternen / der Oerter guten / und nicht guten Lufft / und Gelegenheit / oder Lager.
Die Menſchliche Urſachen moͤgen in die aͤuſ - ſerliche / und innerliche abgetheilet werden. Zu den aͤuſſerlichen gehoͤret der Feinds-Gewalt / ſon - derlich / wann die Feinde gar nahend / und maͤch - tig: hergegen ein Land mit genugſamer Gegen - wehr nicht verſehen iſt. Zu den innerlichen / wer - den die Wolluſt / allerhand Laſter / Auffruhren / die Ungerechtigkeit / der Eigen-Nutz / die Veracht -und113Die XXXII. Frag. und Verſaumung Gottes Worts / die Verfol - gung / wegen der Religion / die Begierde zu herr - ſchen / heimlicher Neid / junger Raht / Befoͤrde - rung der Unwuͤrdigen zu den Ehren-Aemtern / wann die Geiſtlichen einen Fuß auff der Cantzel / den andern aber auffm Rahthaus haben wollen / die Eitele derſelben Gezaͤnck / ſo bald zu einem groſ - ſen Feuer werden koͤnnen / ſo langſam wider ver - leſchen thut: Jtem / wann die Obrigkeit nicht den Tugenden ergeben / und ſich durch Laſter verhaſt / und veracht machet: auch dieſelbe gottloſe / ver - ruchte / ſchalckhaffte / geitzige / und ungeſchickte Die - ner hat: auch in Kriegs-Sachen allerley Maͤn - gel vorgehen: Jtem die Undanckbarkeit gegen die leidenliche Fuͤrſten / ſo Gott ſtraffet; und derglei - chen mehr / gezogen / und gerechnet.
Die Andere Frag betreffend / ſo iſt unſtrittig / daß die Stern-Kunſt / ſo des Himmels Natur / und der Sterne Bewegung betrachtet / hoch zu halten ſeye. Die gantze Welt iſt ein Buch der Goͤttlichen Wiſſenſchafft / deſſen drey Blaͤtter ſeyn / der Himmel / die Erde / und das Meer; wie Clemens Alexandrinus geſagt hat. Es mißbrau - chen aber viel der beſagten loͤblichen Sternkunſt / indeme ſie allerley Zuſtaͤnde der Koͤnigreich / Laͤn - der / und Staͤdte / auch der Koͤnige / Fuͤrſten / und ander Leute Todte / und dergleichen / aus den Ster - nen / und der Geburts-Stunde / fuͤr gewiß / ver - kuͤndigen / oder vorſagen wollen / und damit ſichHofft -114Die XXXII. Frag. offtmals zu ſchanden; Andere aber aberglau - biſch / und forchtſam / machen; auch die ſelben bis - weilen in Schaden bringen; ſehen nicht / daß die Wirckungen der Stern unterſchiedlich / und un - gewiß ſeyn / und welcher Geſtalt die Materi den Himmliſchen Einfluß an ſich nimmet. Und weil ſie ſolches nicht wiſſen / ſo thun viel / wie Albertus lib. 2. de Mineral. tr. 3. c. 3. beym Gerhardo, dec. 10. q. 1. ſchreibet / ſo aus dem Geſtirn etwas verkuͤn - digen / / offtmals liegen / und machen dieſe Wiſſen - ſchafft / ſo an ihr ſelbſt gut / und nutzlich iſt / abſcheu - lich. Es iſt gleichwol nicht zu laͤugnen / daß man / von den natuͤrlichen Wirkungen / Regen / Win - den / der Duͤrre / &c. viel aus dem Geſtirn vorſa - gen koͤnne: ſo weiſt man auch / daß die Sonn waͤr - me / und druͤckne / und der Mond befeuchtige. Ge - ſchicht nun dieſes / und anders mehr / an dieſen zweyen Liechtern / warum wolte man dann geden - cken / daß die uͤbrigen Sterne vergebens weren er - ſchaffen worden? Aber die Vorſagungen derſel - ben ſeyn auff einen ſchluͤpfferigen Grund / namlich auff die Obſervationes, erbauet; deswegen ſeyn ſie auch offt gantz eitel. So kan / und pflegt auch Gott / wann er deswegen eiferig angeruffen wird / ſolche Verkuͤndigungen abwenden. Und ſolches erfaͤhret man noch mehrers / wann man von den Menſchlichen Haͤndeln eines / und anders / vorzu - ſagen / ſich unterſtehet. Dann obwoln die Sitten des Gemuͤts / nach des Leibs Beſchaffenheit / ſichrichten;115Die XXXII. Frag. richten; und der Himmel eine groſſe Krafft / die Sitten / und Zuneigungen der Menſchen zu len - cken / und alſo auch des Gemeinen Weſens Ge - ſtalt / und Stand / zu veraͤndern hat / ſo ſeyn jedoch die Verrichtungen allezeit in des Menſchen Ge - walt / ſo denen Zuneigungen vielmals widerſtre - ben. Daher die Sternſeher wol thun / wann ſie ſa - gen / das Geſtirn gebe allein ein Anleitung / oder Zuneigung / zu einem Ding. Sintemal das Ge - ſtirn kein Nohtwendigkeit mit ſich bringet: und ob - ſchon ein Menſch / nach Gelegenheit ſeines Leibs / zu einem Laſter ein Zuneigung hat; ſo kan er doch etlicher maſſen / wegen ſeines freyen Willens / an - ders thun.
Auff die Dritte Frag wird geantwortet / daß es geſchehen koͤnne / aber nicht allezeit darauff zu gehen ſeye. Wann ein Artzt ein ſolche Lehr kan ge - ben / daraus die zukuͤnfftige Kranckheiten koͤnnen vorgeſagt / bisweilen auch abgewendet / geheilet / oder wenigſt gemildert werden: Warum wolte ein verſtaͤndiger Regent / die zukuͤnfftige Bege - benheiten eines Standes nicht auch vorher ſehen koͤnnen? Zwar nicht auff ſolche Weiſe / wie Gott der HErr / deme alles gegenwaͤrtig iſt / ein Ding vorher ſihet; Deſſen Willen / und was er zu thun vorhabens iſt / niemand ergruͤnden / und ausrech - nen kan: Gleichwol verkuͤndiget er mit dunckeln Anzeigungen bisweilen auch / was geſchehen wer - de. Alſo iſt von einem ſpielenden Knaben ein ehrineH ijTafel116Die XXXII. Frag. Tafel in einem Waſſer gefunden worden / in wel - cher der Statt Soiſſons in Franckreich groſſes E - lend / ehe ſolches derſelben begegnet / beſchrieben ge - weſen; wie beym Majero, in den Flandriſchen Jahr-Buͤchern / zu leſen. Dergleichen ſich offt - mals auff andere Weiſe zugetragen / daß man ein groſſes vorſtehendes Ungluͤck daraus hat abneh - men koͤnnen. Was iſt allein vor der Belager - und Zerſtoͤrung Magdeburg hergegangen? Ande - rer Orten Begebenheiten / in folgender / und neuli - cher Zeit / anjetzo mit Stillſchweigen zu uͤbergehen. Allein muß man in Außleg - und Verkuͤndigung behutſam gehen. Die Natuͤrliche / und Menſch - liche Sachen bringen auch keine Nohtwendigkeit / ſondern nur eine Vermutung: als wie Seneca epiß. 114. ſagt / daß der Uberfluß in Gaſtungen / und Kleidern / Anzeigungen einer krancken Stadt ſeyen. Und iſt nicht aus jedwedern widerwertigen Faͤllen / und Zuſtaͤnden eines Orts / ſtracks von deſſelben Untergang zu urtheilen. Sihe Bodinum lib. 4. de Rep. c. 3. n. 424. ſeq. Gerhard. dec. 10. quæſt. polit. qu. 1. 3. & 4. Jac. Martini cent. 10. quæſt. ill. philoſ. diſp. 4. qu. 9. & 10. und Andere mehr / und darunter den Schoͤnborner / ſo durch das gantze 7. Buch / de Rerumpublicarum everſio - nîbus, in ſeiner Politic, handelt: item Gregor. Rich - ter. in axiomat. polit. wie aus dem Regiſter zu erſehen / lit. R. v. Respublica.
ETliche Scribenten / ſo von Weltlichen / und Regiments-Sachen ihre Meinungen an Tag geben / wollen / daß die Fuͤrſten / ſo keinen Oberherren erkennen / und den hoͤchſten Gewalt haben / den Geſaͤtzen nit unterworffen ſeyen. Dann / wann ein Fuͤrſt glei - chen Geſaͤtzen / wie ein Unterthan / zu gehorſamen haͤtte / ſo muͤſte man ihn unter die Unterthanen / und Knechte / zehlen. So ſey ein Fuͤrſt / ein Bild - nus der Goͤttlichen Majeſtaͤt; die er auch fuͤr ſei - nen Oberherren allein erkenne / und habe daher ein Monarch / wann er wider das Geſaͤtz handele / nur Gott den HErrn zu einem Raͤcher / und Rich - ter. Sihe Bodinum lib. 1. de Republ. cap. 8.
Aber dieſes iſt nicht alſo bloß dahin zu verſte - ſtehen / daß ein Fuͤrſt keinen Geſaͤtzen unterworf - fen were. Sintemal keine Zeit geben werden mag / daß ein Menſch gantz und gar von den Geſaͤtzen befreiet geweſen were.
Deswegen / damit man etwas gewiſſes ſchlieſ - ſe / ſo iſt vor allen Dingen zu wiſſen / daß ein Koͤnig nicht befreiet ſey von den Goͤttlichen / und Natuͤr - lichen Geſaͤtzen; weilen / in Anſehung derſelben / er noch ein Burger iſt / und denſelben / wie andere Burger / Gehorſam leiſten muß. Sintemal erH iijder118Die XXXIII. Frag. der Goͤttlichen Geſaͤtze Verwahrer / nicht Schwaͤ - cher / ſeyn ſolle: So mag er auch den Natuͤrlichen Geſaͤtzen nichts benehmen. Jſt deswegen ein ty - ranniſche Stimm des Kaͤiſers Caligulæ geweſen / welcher / als ihn ſeine Muter geſtrafft / geſagt hat: Es ſey ihm alles erlaubt: Wie auch des Philoſo - phi Anaxarchi Antwort ſcheltens wuͤrdigiſt / wel - cher / als er den Alexander troͤſten wollen / geſagt hat / daß ihme den Clytum umzubringen erlaubt geweſen ſeye: Dann Jupiter / und der Koͤnig / moͤ - gen thun / was ſie wollen. Hergegen des Kaͤiſers Trajani recht Koͤnigliche Stimm geweſen / als er das Schwerd ſeinem Marſchall uͤberreicht / und geſagt: Dieſes Schwerds gebrauche dich fuͤr Mich / wann ich rechte Sachen anbefehlen; wann ſie aber ungerecht ſeyn werden / ſo brauche dieſes Schwerd wider Mich.
Bleibet alſo dabey / daß ein Potentat wider die Goͤttliche / und Natuͤrliche Ordnungen nichts thun doͤrffe: Von den Burgerlich - oder Welt - lichen Geſaͤtzen aber iſt der meiſte Streit / ob von denſelbenein Fuͤrſt gantz befreiet ſeye?
Gewiß iſt es / daß er ein Herr der Burgerli - chen Geſaͤtze / ſo zum Heil / und Wolfahrt eines gemeinen Standes gemacht ſeyn / iſt / und dieſelbe / nach deſſen Zuſtande / wie es ihm beliebt / richten mag; wie ein Artzt / nach Gelegenheit der Kranck - heiten / derſelben Zu - und Abnehmen / auch der zu - faͤlligen Dingen / der Krancken unterſchiedlichenNaturen /119Die XXXIII. Frag. Naturen / und den Jahrszeiten nach / unterſchied - liche Artzneyen vorſchreiben thut. So gehoͤrt auch das Geſaͤtzgeben / zu der Koͤniglichen Hochheit. Und in dergleichen iſt des Fuͤrſten Vorhaben nicht / Jhme ſelber wollen Geſaͤtze vorſchreiben. Aber gleichwol hat er auch zu bedencken / was die Kaͤiſer Theodoſius, und Valentinianus, l. 4. C. de Legib. conſtitut. Princip. melden / es ſtehe der Hochheit eines Regenten wol an / wann er ſage / er ſey an die Geſaͤtz gebunden / &c. wiewol in L. Princeps 31. ff. de Legib. ſtehet / daß ein Fuͤrſt den Geſaͤtzen nicht unterworffen ſeye. Ein Koͤnig ſoll nicht anders / als ein frommer Mann ſeyn / und der Erbarkeit nachſtreben / ungezwungen / und ſeine Freyheit an die Geſetz binden / als in welchen die Gerechtigkeit / und die andere Tugenden / be - griffen ſeyn. Der Poët Claudianus erinnert alſo den Theodoſium ſeines Amts:
Welcher Kaͤiſer Theodoſius auch ſeinem Sohn Honorio ein ſchoͤne herrliche Vermahnung hin - terlaſſen / die gleichfals beſagter Claudianus, in et - lichen Lateiniſchen Verſen / gar artig verfaſſet hat / und wol werth ſeyn / daß ſie in eines jeden Po - tentaten Pallaſt / mit guldenen Buchſtaben / ge - ſchrieben werden / und auff Teutſch alſo lauten:
H iiijWann120Die XXXIII. Frag.Wann du wilſt / daß man fleiſſig halt /Was du gebeutſt / ſo ſchaffe bald /Daß du ſeyſt ſelbſt der erſte dran /So folgt dann willig jederman /Die Welt nur auff den Fuͤrſten ſicht /Und ſich nach ſeim Exempel richt.Ein ſtreng Gebot nicht ſo viel thut /Als eins Regenten Beyſpiel gut.
Theils machen einen Unterſchied unter dem Reichs-Geſaͤtz / und eines Regenten Stimm: Das Reichs - oder Fuͤrſtentums-Geſaͤtz / ſagen ſie / ſeye / daß ein Fuͤrſt den Geſaͤtzen nicht unter - than ſeyn ſolle: Aber die Stimm des Regenten ſeye / daß er ſich des Reichs Geſaͤtz nicht wolle ge - brauchen / ſondern nach den Geſaͤtzen / deren er be - freyt / leben. Und dieſer Stimm gebrauchen ſich die fromme Fuͤrſten am meiſten / und liebſten: die boͤſe aber nicht. Sihe Tholoz. l. 7. c. 20. I. M. c. 2. d. 7. q. 10.
DAs Juſtinianeiſche Recht hat vom Kaͤiſer Juſtiniano ſeinen Na - men. Dann er verſchafft / daß die Roͤ - miſche Geſaͤtz / ſo hin und wider zerſtreuet waren /zuſam -121Die XXXIV. Frag. zuſammen geſamlet / und in ein Corpus, oder Werck / ſolten gebracht werden; ſo von Theophilo, und Andern / ſonderlich aber vom Triboniano, verrichtet worden; und hat er / der Kaͤiſer / ſolches hernach beſtetiget; wiewol er auch ſelbſten nicht wenig Geſaͤtz von neuem gemacht / und ausgehen laſſen. Und dieſes Juſtinianeiſchen Rechts Brunnquellen ſeyn / das Natuͤrliche / und das Burgerliche Recht / das namlich ein jede Stadt ihr ſelber gemacht hat / und alſo das Jus Civile Romanorum iſt / ſo ihnen die Roͤmer gemacht ha - ben; von deme inſonderheit Valentinus Forſterus, in hiſt. Juris Civilis Romani zu leſen. Sie haben aber ſolches entweder aus dem Geſaͤtz / oder aus den Sitten / gemacht: Daher auch die Abthei - lung des Rechts iſt / indem es in das geſchriebene / und nit geſchriebene / abgetheilet wird. Das Geſaͤtz iſt ein Gebot / durch ein offentliche Verordnung ge - macht. Die Sitten ſeyn ein Recht / ohne offentliche Verordnung / allein aus ſtillſchweigender Ein - willigung des Volcks entſprungen; in welchem Verſtand es auch die Gewonheit genennet wird. Und das ſeyn die Brunnquellen des Juſtinianei - ſchen Rechts. Die Endurſach war / daß / in der Roͤmiſchen Republik / die Gerechtigkeit erhalten wuͤrde / ſo nichts anders / als eine Tugend / einem jeden das Seinige zu geben: Einem jeden aber das Seinige zu geben / iſt / eines andern Perſon nicht zu beleidigen / noch ſeine Sachen ihme nehmen /H vund122Die XXXIV. Frag. und entziehen; welches beydes / wann es geſchicht / man ehrlich leben thut. Daher ſeyn die 3. Rechts - Gebot; Ehrlich leben; ein andern nicht beleidi - gen / oder beſchaͤdigen; und einem jeden das Sei - nige geben. Sihe Henr. Velſtenium diſput. Eth. 12. qu. 4.
Was / fuͤrs Ander / das Geiſtliche Recht / oder Ius Canonicum, anbelangt / ſo haͤlt man darfuͤr / daß es vornemlich aus der Apoſtel Traditioni - bus ſeinen Urſprung habe / c. Eccleſiaſticarum diſt. 11. weii es das Altum Canones, das iſt / Regulas, genant / nicht unfuͤglich das Regulariſche / ſonſten aber von dem Kaͤiſerlichen abgeſondertes Recht / kan genant werden. Den Namen der Geſaͤtze ha - ben ſie ſolchen Regeln / oder Canonibus, nicht geben wollen / da mit ſie nicht das Anſehen haͤtten / als wolten ſie das Roͤmiſche Reich / in dem Weltli - chen / auffheben / oder in etwas unruͤhig machen: dieweil ſie den zeitlichen Verordnungen nichts be - nehmen / ſondern nur denſelben Folg leiſten / wann ſie nicht wider die Goͤttliche / und Evangeliſche Ordnungen ſeyn. Und eben dieſe folgende Tradi - tiones hat folgends / nach den Zeiten des Kaͤiſers Conſtantini Magni, die Kirch / von den 4. Conciliis, oder Haubt-Verſamlungen der Geiſtlichen / als dem Niceniſchen / Conſtantinopolitaniſchen / E - pheſiniſchen / und Chalcedonenſiſchen / angenom - men; wiewol auch andere Canones, in denſelben Conſiliis, von den Vaͤttern / zu Erhaltung des Ca -tholi -123Die XXXV. Frag. Catholiſchen Glaubens / und der Kirchen-Zucht gehoͤrig / hinzugethan worden ſeyn: Welche alle / vom Iuſtiniano, die Krafft eines Geſaͤtzes bekom - men haben / in Novella 131. Die hernach vom Gra - tiano, einem Bononienſiſchen Moͤnch / zu S. Pro - culo, im Jahr Chriſti 1108. von neuem zuſam - men getragen worden / und den Namen Decreti bekommen haben. Sihe Bonaventuram Cottam de Gothis, Colleg. Iur. Imperial. diſquiſit. 1. th. 53. Und thue inſonderheit darzu / was Cunradus Rittershu - ſius JC. de differentiis Juris Civilis, & Canonici, ſeu Pontificii, gleich im Eingang / ſolches Tra - ctacts / hievon ſchreibet.
WAs das Erſte anbetrifft / ſo werden die Geſaͤtze Mauren / und Boll - werck / der Burgerlichen Einigkeit heiſ - ſen / alſo / daß unſere Vor-Eltern das Geſaͤtz einer Stadt Seel / und Geiſt / billich genant haben. Der von zweiffelhafftigen Sachen Raht gibet / muß von Haß / Freundſchafft / Zorn / Barmhertzigkeit / und andern dergleichen Zuneigungen / frey ſeyn. Dann wo dieſelbe vor den Augen umgehen / ſowird124Die XXXV. Frag. wird das Gemuͤt nicht leichtlich das Recht erken - nen. Wer will aber der Richter Affe cten ſtaͤrckere Feſſel / oder Fuß-Eiſen / anlegen / als gute Geſaͤtz? dann dieſelbe ſeyn frey von allen Verwirrungen; und haben wir von ihnen faſt mehr Gutthaten / als von der Natur; dieweil von derſelben die Menſchen mit gar hefftiger der Begierden Hitz getrieben / und verſtrickt werden: Durch das Ge - ſaͤtz aber wird eben dieſen Begierden / damit die Menſchen ins Verderben offtmals gerahten / ge - ſteuert / und gewehret / und des Menſchen Natur / ſo fuͤr ſich zu den Laſtern geneigt / regiert / und zu der Tugend geleitet. Wir irren alle manichfaltig. Jſt deswegen eines Leiters / und Fuͤhrers vonnoͤh - ten / ohne den kein Werck recht von ſtatten gehet / namlich das Geſaͤtz; gleichwie die Baumeiſter ohne das Richtſcheid / und Lineal / nicht leichtlich was vornehmen. Zu deme / auch die Geſaͤtz / auſſer anderer Nutzbarkeiten / ſo ſie uͤberhaͤuffig leiſten / die boͤſe Richter gleichſam in Verwahrung neh - men / und einſchraͤncken.
Es wird aber allhie gefragt / ob die Schrifft von der Weſenheit eines Geſaͤtzes ſeye? Da dann die Weſenheit / von der Vorſtaͤndigkeit / unter - ſchieden wird. Zu der Weſenheit eines Geſaͤtzes thut die Schrifft nichts. Dann die ausdruͤckliche Einwilligung des Volcks machet ein Geſaͤtz / und nicht die Schrifft. Der Spartaner / oder Lacedæ - monier / Geſaͤtz ſeyn niemals ſchrifftlich verfaſſetworden /125Die XXXV. Frag. worden / weches auch ausdruͤcklich / bey Jhnen / durch ein Geſaͤtz / verbotten geweſen iſt. Und wurde daraus folgen / wann alle Geſaͤtzin offnen Schriff - ten muͤſten herfuͤrgegeben werden / daß die jenigen Geſaͤtze / und Ordnungen / ſo eine Stadt fuͤr ſich machet / ſo durch den Ausruffer / oder Murren / offentlich verkuͤndiget werden / keine Geſaͤtz weren. Aber / was die Vorſtaͤndigkeit anbelangt / daß namlich die Geſaͤtze ſtets vor Augen ſchweben / ſo wird darzu die Schrifft inſonderheit erfordert. Dann ſonſten wurde das Geſaͤtz ſchwerlich dem Volck recht bekand werden.
Betreffende den Andern Frag-Puncten / ſo wird darauff mit Nein geantwortet. Dann die - weil ein Geſaͤtz allgemein ſeyn ſolle; der Menſchli - chen Handlungen aber eine ſolche Ungleichheit / dz alle zugleich / in des allgemeinen Geſaͤtzes Umfang / inſonderheit nicht koͤnnen begriffen werden; des - wegen ſo thun die Geſaͤtz-Geber allein die jenige Faͤll / oder Handlungen / ſo am meiſten vorgehen / den Geſaͤtzen einſchlieſſen. Es iſt aber darum das Geſaͤtz nicht mangelhafft / und mit demſelben uͤbel beſtelt / wannſchon daſſelbe nicht alle ſonderbare Sachen in ſich haͤlt. Dann ſolcher Mangel komt nicht her von des Geſaͤtzes Natur / oder von des Geſaͤtz-Gebers Ungeſchicklichkeit / ſondern von dem Unterſchied / und Vielheit der Sachen. Dann offtmals der Geſaͤtzgeber ſelbſten weiſt / daß das Geſaͤtz / ſo er ins g[e]mein gegeben / moͤge ei -nen126Die XXXV. Frag. nen Ausnahm leiden / aber / damit die Geſaͤtze nicht unzahlbar werden / (dann es viel beſſer / daß man gar wenig Geſaͤtz habe / und uͤber denſelben halte) ſo laͤſt er ſolche exception aus / und uͤberlaͤſt ſie der Vorſichtigkeit des Richters; welcher / ſo offt ſich ein ſonderbarer Fall zutraͤgt / ſo in dem allgemei - nen Geſaͤtz ausdruͤcklich nicht begriffen / alsdann die Billichkeit zu Hand nimt / des Geſaͤtzes Ab - gang ergaͤntzet / und von dem vorhandenen Fall alſo ein Urtheil ſpricht / daß der Geſaͤtz-Geber / wann er ſelbſten zugegen were / kein anders davon faͤllen koͤnte. Ja / wie bisweilen es dem Krancken beſſer bekombt / wann der Artzt ſich ſeiner eignen Wiſſenſchafft / und Erfahrenheit / gebrauchet / als daß er / nach denen von den Medicis vorgeſchrieb - nen Reglen / die Artzneyen / namlich / wegen der ſonderbaren der Kranckheit Zuſtaͤnden / verord - net: Alſo kan auch ein Regent unterweilen / wegen der beſondern Begebenheiten / ohne ausdruͤckli - chen Befelch der Geſaͤtz / ſo nicht alles / wie ge - meldt / ſonderlich das geringſte / begreiffen koͤnnen / einen Entſcheid / oder Ausſpruch geben. Wie aber eines Artztes Weisheit / ohne der medici niſchen Kunſt Wiſſenſchafft / gering zu halten iſt: Alſo bedarff auch ein Richter / auſſer der Richtigkeit ſeines Verſtands / inſonderheit der Geſaͤtz Wiſ - ſenſchafft / damit er dardurch den allgemeinen der - ſelben Jnhalt recht / und geſchicklich auff jede Faͤll / und Sachen / fuͤgen / und richten koͤnne.
DAs Anſehen des Alters iſt einem jeden ſo lieb / daß ein altes Geſaͤtz / ohne Obrigkeit / ſich ſelbſten / wie Bodi - nus lib. 4. de Republica, cap. 3. n. 525. ſagt / leicht - lich ſchuͤtzen kan; die Neulichkeit aber der Geſaͤtz / kaum durch Hoffnung einiger Gaben / oder Forcht der Straffen / oder durch Obrigkeitliches Amt / beſtehen mag. So iſt auch eine Veraͤnderung der Geſaͤtze nicht ohne Gefahr / dieweil derſelben An - ſehen / ſo bey dem Poͤvel fuͤr heilig gehalten werden ſolle / auff dieſe Weiſe geſchwaͤcht wird. Dann der Gemeine Mann / durch boͤſe Einbildung ver - fuͤhrt / vermeinet / daß wie die alte Geſaͤtz abgethan worden; alſo werden auch die neuen nicht lang waͤhren / und dahero unverbuͤndlich ſeyn. Deswe - gen / beym Thucydide, des Cleonis Meinung iſt: Es ſtehe beſſer mit einer Stadt / die ſich der boͤſen Geſaͤtz beſtaͤndig gebraucht / als mit der jenigen / ſo gute Geſaͤtz habe / aber nicht beſtaͤndig dabey ver - bleibe / lib. 3. de bello Peloponnes. p. 126.
Damit aber auff die vorgelegte Frag etwas ei - gentlicher geantwortet werde; ſo ſeyn folgendeRegeln /128Die XXXVI. Frag. Regeln / die Henr. Velſtenius, diſp. Eth. 12. quæſt. 9. hat / in Acht zu nehmen. 1. Daß man nicht unbe - dachtſam von denen Geſaͤtzen weichen ſolle / die man lange Zeit fuͤr recht / und billich gehalten hat. Dann wie / in den Kranckheiten / man neue Artz - neyen nicht verſuchen ſolle / wenn man dem Ubel durch die alten zu Huͤlff kommen kan: Alſo ſolle man auch nicht neue Geſaͤtzmachen / wann die al - ten etwas darreichen / dardurch man dem uͤblen Zuſtand eines Gemeinen Weſens zu Huͤlff kom - men mag. 2. Unterdeſſen moͤgen die Geſaͤtze geaͤn - dert werden / wann es die Noht erfordert / oder ein ſcheinbarliche Nutzbarkeit deſſen vorhanden. 3. Boͤserfundene Sachen / und boͤſe Gewon - heiten / werden weder / wegen langwuͤriger Zeit / noch wegen langer Gewonheit / beſtetiget. Dann wie die Menge der Jrrenden / dem Jrrtum / keinen Behelff gibt: alſo hilfft auch eine lange Verjaͤhrung / weder der Gewonheit / noch den boͤ - ſen Geſaͤtzen / etwas. Und hat daher der weiſe So - lon faſt alle Geſaͤtz abgethan / die Draco, den Athe - nienſern / nicht mit der Dinten / ſondern mit dem Blut / wie einer / Demades genant / ſolle geſagt ha - ben / geſchrieben / gegeben / die alles Verbrechen / als ob ſie einander gleich weren / am Leben ge - ſtrafft. 4. Die Sitten werden offt geaͤndert / wie auch andere Sachen mehr / auff welche man / in Machung der Geſaͤtze / zu ſehen hat. 5. Es ſolle aber ein Fuͤrſt / oder eine Obrigkeit / zu Abthuungder129Die XXXVI. Frag. der Geſaͤtz nicht gaͤch / und auff einmal / ſondern allgemach / ſchreiten / und dieſelbe gleichſam ſtill - ſchweigend abgehen laſſen.
Was das Ander anbelangt / ſo wollen Theils / daß die Menſchliche Geſaͤtz das Gewiſſen nicht binden; dieweil das Gewiſſen mit Gott / und nicht mit den Menſchen / zu thun hat: Daher auch der Unterſchied unter dem Jrrdiſchen / und dem Ge - wiſſens-Gericht; item / unter dem Weltlichen / und Goͤttlichen Recht / entſtanden. Hergegen An - dere Ja ſagen / und zwar darum 1. dieweil die Menſchliche Geſaͤtz von dem Goͤttlichen hergelei - tet werden. 2. Wer ſich der Obrigkeit widerſetzt / der widerſtrebt Gottes Ordnung. 3. Dieweil die Hochheit der Fuͤrſten auff einem ſchluͤpfferigen Grund ſtuͤnde / wann man nicht ſagen wolte / daß dieſelbe durch den Willen GOttes unterſtuͤtzet wuͤrde. Dieſe beede Meinungen zu vergleichen / ſo iſt 1. zu wiſſen / daß einer Weltlichen Obrigkeit nicht gebuͤret / mit ihren Geboten / von dem Ge - horſam Gottes / zu verleiten. Dann in ſolchem Fall heiſt es / man muß GOtt mehr gehorchen / als den Menſchen. 2. muß man die Geſaͤtz unter - ſcheiden. Dann etliche kommen her aus dem Goͤtt - lichen / und Natuͤrlichen Recht: Etliche aber ſeyn von ſolchen Sachen gemacht worden / die weder in Goͤttlichem / noch Natuͤrlichem Recht / ausdruͤck - lich verbotten. Die Erſten verbinden das Gewiſ - ſen ohnfehlbarlich. Die Andern thun zwar ſolchesJauch /130Die XXXVII. Frag. auch / wann die Sach / davon ſie handeln / viel an - trifft / zwar nicht vor ſich / und ohne Mittel / ſon - dern weil die Obrigkeit / ſo ſolche aus der Macht / die ſie von GOtt / geſetzt hat / verachtet / ihr nicht Gehorſam geleiſtet / und alſo GOtt / und ſeiner Ordnung / widerſtrebet wird. Wann aber ein Ge - ſaͤtz geringfuͤgig iſt / und deſſelben Ubertrettung weder zu Verachtung der Obrigkeit / oder Gottes des HErrn / gereichet / ſo kan deswegen keine Obli - gation in dem Gewiſſen entſtehen.
ES iſt das Jagen ein gar gu - te / und geſunde Ubung / dardurch der Leib ſtaͤrcker / und das Gemuͤt tapfferer gemacht wird / und da allerley kriegeriſche Sachen vorkommen. Dann man im Jagen lauffen / reu - ten / die wildeſte Thier ausſpuͤren / und zu Boden faͤllen / lernet; und weder vom Schweiß / oder der Hitz / noch von Kaͤlte / Hunger / und Durſt abge - mattet wird / oder doch nicht abgemattet werden ſoll: alſo / daß es ein rechter Kampff-Platz / auff welchem die Fuͤrſten / und der Adel / des Kriegs gewohnen koͤnnen. Und weil das Jagen ein ſo A - deliches / und gantz luſtiges Exercitium, deme Koͤ - nig / Fuͤrſten / Graven / Freyherren / Edelleut / undAndere /131Die XXXVII. Frag. Andere / bey Tag / und Nacht / obligen / ſo hat Kaͤi - ſer Albertus, beym Ænea Sylvio, lib. 4. de dict. & fact. Alphonſi, c. 29. geſagt / daß er aller anderer Ubungen / auſſer des Jagens / wol entrahten moͤ - ge. Es iſt das Jagen eine Nachſtellung der wil - den Thier / den Menſchen zur Nahrung / Klei - dung / und andern Nutzbarkeiten dienlich.
Wiewol nicht ohne / daß durch das Jagen die Menſchen bisweilen unfreundlich / wild / und grauſam werden / die das Menſchenblut / fuͤr wil - der Thier Blut / achten; auch groſſe Gefahr da - bey iſt; und in den Hiſtorien nicht wenig Exempel der jenigen zu finden / die durch das Jagen in groſ - ſen Schaden / und gar um ihr Leben kommen ſeyn; als wie dem Baſilio Macedoni, und Johanni, bee - den Conſtantinopol. Kaͤiſern; dem Koͤnig Lam - berto in Italia; Chilperico, dem Koͤnig in Franck - reich; Guilielmo Ruffo, Koͤnig in Engelland; dem Fulconi, Koͤnig zu Jeruſalem / und vielen Andern mehr / begegnet iſt: Des groſſen Unkoſtens / ſo auff das Jagen gehet / und des Schadens / ſo dar - durch den Feldern / Aeckern / Weinbergen / &c. geſchihet / und daß die Bauersleut von ihrer noht - wendigen Arbeit abgehalten werden / und derglei - chen / zu geſchweigen; deswegen auch im Geiſtli - chen Recht c. vident, 10. c. qui venætoribus, 8. & c. Eſau. 11. diſt. 86. das Jagen ein ſchlechtes Lob hat. Aber / wann man hergegen die obernante Nutzbar - keiten bedenckt / ſo kan man dem Jagen ſein LobJ ijnicht132Die XXXVII. Frag. nicht abſprechen. Und wann man ſolches gar ein - ſtelte / und das Wild zunehmen lieſſe / was wurde endlich daraus werden? Wer wurde auff dem Feld / ja in ſeinem eigenen Hauſe / ſicher ſeyn? Welches man dann / in dem naͤchſten Teutſchen Krieg / wol erfahren / daß auch die Woͤlffe / in theils kleine Staͤdtlein / ſo durch Peſt / Hunger / und Schwerd / an Menſchen faſt oͤde geſtanden / zu lauffen ſich nicht geſcheuet haben. Viriatus Lu - ſitanus, als er ein Hirt geweſen / hat die Kriegs - Kunſt allein aus dem Jagen gelernet / und nach - dem Er / von den Jaͤgern / zu ihrem Heerfuͤhrer ge - macht worden / das gantze Kriegs-Volck / gantzer 14. Jahr / wider die Roͤmer / mit Ehren gefuͤhret; wie beym Livio, lib. 52. und 54. zu leſen. Xenophon. lib. 1. de vita Cyri, p. 22. lobet die Perſen / daß ſie dem Jagen obgelegen ſeyn. Der Patriarch Jſaac hat Wolgefallen an ſeines Sohns Eſau Jagen gehabt / im 1. Buch Moſis / Cap. 27. v. 3. Der Simſon war auch ein Jaͤger / im Buch der Rich - ter / Cap. 15. v. 4. & 5. Zudem auch aus der H. Schrifft / auſſer der Exempel / daß das Jagen er - laubt ſeye / erwieſen werden kan; als / dem 1. Buch Moſis / Cap. 9. v. 2. 10. da dem Menſchen alle Thier unterworffen worden. Und was uns zur Nahrung / und Kleider / gegeben / das darff man auch fangen. Sihe beſagtes erſtes Buch Moſis / C. 1. v. 28. 30. und C. 3. v. 21. die 1. Ep. an Ti - moth. 4. v. 4. Wo nun etwas zugelaſſen wird / ſoſcheinet133Die XXXVII. Frag. ſcheinet es / alles zugelaſſen zu ſeyn / l. adrem. 56. l. ad legat. 62. ff. de Procurato. l. 2. ff. de jurisdict. Begehrt man / auſſer der H. Schrifft / Exempel fuͤrtrefflicher Jaͤger / ſo ſtehet da Herodes Ma - gnus, beym Ioſepho lib. 1. c. 16. de bello Iud. in f. Jtem Antoninus Pius, der Kaͤiſer / beym Cuſpinia - no; Alexander M. beym Plutarcho; M. An - toninus Philoſophus, der Kaͤiſer / beym Iul. Capito - lino: Und Andere / bey Andern. Alſo hat der weiſe Koͤnig Alphonſus zu Neaples / wann er et - wan ſein Gemuͤt / ſo von vielen Geſchaͤfften unlu - ſtig worden / erfriſchen wollen / ſich des Jagens ge - braucht; wie beym Panormitano, de rebus geſtis Alphonſi, auff zuſchlagen iſt.
Theils machen einen Unterſchied unter dem Gebrauch / und Mißbrauch des Jagens. Den Gebrauch heiſſen ſie 1. ſo weit er dienet zur Noht - durfft der Nahrung / und der Kleider; auff wel - che die alleraͤltiſte Jaͤger geſehen haben: Dann dieſelbe mehrertheils vom Wildpret gelebt / und mit dem Bogen ihre Nahrung geſucht haben. 2. wann man ſich des Jagens zur Geſundheit / und Beluſtigung / nach ſchweren Verrichtungen / gebrauchet; als wie die obgedachte / Alexander Magnus, und Alphonſus gethan haben. Den Mißbrauch aber nennen ſie / 1. wann einer ſich al - ſo dem Jagen ergibt / daß er daruͤber die nohtwen - dige Geſchaͤfft ſeines Beruffs verabſaumet / und ohne Unterlas / taͤglich / dem Jagen obliget / undJ iijdie134Die XXXVII. Frag. die Waͤlder muͤd machet / wie Koͤnig Mithridates ſolle gethan haben / und Dio Caſſius lib. 69. p. 795. ſchreibet / daß Kaͤiſer Hadrianus gejagt / ſo offt es die Gelegenheit geben. 2. wann man auff das Ja - gen zu viel Unkoſien wendet / als wie der Actæon, von deme die Fabel entſtanden / daß er von ſeinen eigenen Hunden ſeye gefreſſen worden. 3. wann ei - ner mit dem Jagen den Benachtbarten / und ſei - nen eignen Unterthanen / an ihren Guͤtern / groſ - ſen Schaden zufuͤget. Welches alles dann unver - antworlich; der rechte Gebrauch aber / nach Goͤtt - lichem / Natuͤrlichen / der Voͤlcker / und Kaͤiſerli - chem Recht / zulaͤſſig / l. unica, C. de venatio. Fera. lib. 11. Sihe auch das 1. Buch der Chronic / C. 12. v. 22. Das hohe Lied Salom. C. 2. v. 15. und das 1. Buch der Koͤnig / Cap. 4. v. 23.
Es koͤnten allhie unterſchiedliche andere Fra - gen angehenckt werden. 1. Ob die Noht / oder die Kurtzweil / die Menſchen das Jagen gelehret? 2. Ob die Fuͤrſten den Unterthanen das Jagen verbieten koͤnnen? 3. Warum die Fuͤrſten / und andere Groſſe Herren / die Jagens-Gerechtigkeit an ſich gezogen? 4. Warum den Geiſtlichen das Jagen / aber nicht das Fiſchen / verbotten? Wie - wol / heutigs Tags / in gewiſſen Faͤllen / ihnen ſol - ches zugelaſſen wird? 5. Wann einem von Adel ein jurisdiction ertheilt wird / ob er auch zugleich die Gerechtigkeit zu jagen bekomme? Und wann er von dem Fuͤrſten ſolche an einem Ort erlangt /ob135Die XXXVII. Frag. ob auch das hohe / und ſchwartze grobe Wildpret darunter verſtanden werde? 6. Wann einer oh - ne Erlaubnus auff einem fremden Boden jaget / ob er / was gefangen worden / deſſelben Herrn zu - zuſtellen / oder fuͤr ſich zubehalten habe? 7. Wann ein wildes Thier von einem alſo verwundet wor - den / daß es unſchwer zu fahen / und ein ander ſol - ches fa het / ob es des Verletzers / oder des Fangers / ſeye? 8. Ob ein Jaͤger / wider das offtwiderholte Verbot / jagend / am Leben koͤnne geſtrafft werden? 9. Ob das Jagen edler / ſo mit Menſchen / und Hunden / als mit Garn / und dergleichen / geſchie - het? 10. Wann ein Haſe / oder ander Thier / ſo an offentlichen Orten zu jagen verbotten / einem in das Haus laufft / und daruͤber gefangen wird / weme derſelbe zuſtaͤndig ſeye? 11. Wann ein wildes Thier einen Menſchen verletzt / ob man daſſelbe / weil es verbotten / das Wild zu faͤllen / nicht umbringen doͤrffe? 12. Ob ein wildes Thier / ſo in ein Garn / oder Gruben / gefallen / nicht von den Voruͤbergehenden koͤnne ledig ge - macht / und mit ſich hinweggenommen werden? 13. Ob das Jagen zu den Regalien gehoͤrig? Und andere mehr: Weil du aber derſelben nicht gedenckeſt / ſo laß ich auch die Beantwortung un - terwegen. Wann du ſie aber begehreſt / werden dir der Iuri ſten / und Weltlicher Scriben ten / Buͤ - cher Bericht daruͤber ertheilen / und darunter Arniſæus lib. 3. de jur. Majeſt. cap. 4. Harpprech -I 4tus136Die XXXVII. Frag. tus in Commentar. ad §. feræ 12. Iuſtit. de R. D. Bonav. Cotta disquis. 6. Coll. Iur. Imperial. Concluſ. 5. & ſeqq. Bonav. Gauerus in diſp. de ve - natione, Gerhardus dec. 7. quæſt. polit. 7. qu. 8. & 10. Mart. C. 6. diſp. 6. qu. 10. & d. 5. q. 10. Und Quirinus Kubach cent. 2. quæſt. illuſtr. decur. 3. qu. 3. Welcher zur achten Frag antwortet / wann einer aus Vermeſſenheit offtermals wilde Thier gefangen / alſo / daß er des Fuͤrſten nur ſpottet / oder auch / mit Vorwand des Jagens / Rauberey treibet / ſo vermeine er / daß man einen ſolchen wol am Leben ſtraffen moͤge / weilen allhie Platz habe / was in H. Schrifft geſchrieben ſtehet / wer dem Fuͤrſten nicht Gehorſam leiſtet / ſolle des Todtes ſterben; obſchon ſonſten das Verbrechen nicht am Leben zu ſtraffen were.
MAn hat / vor Zeiten / die Roͤ - mer / an Kriegs-Erfahrenheit / faſt al - len Voͤlckern vorgezogen; Dieſelbe aber haben / in allen ihren Zuͤgen / das Fußvolck fuͤr ihr Kriegsmacht gehalten / und darauff ge - bauet. Dann ein Fußknecht in viel Ort gelanget / dahin ein Reuter nicht kommen kan: es kan ein Fußvolck die Ordnung halten / und wann ſie bro - chen ſind / wider in dieſelbe tretten: die Reuter aberziehen137Die XXXVIII. Frag. ziehen mit groſſer Muͤhe in richtiger Ordnung daher / und wann ſolche einmal getrennet wird / werden ſie nicht leichtlich wider geſamlet. Uber das / wie unter den Leuten ein groſſe Ungleichheit / alſo iſt ſie auch unter den Pferden; deren theils guter Natur / und kuͤhn; andere aber forchtſam ſeyn / die duꝛch das Getuͤm̃el / und Geſchoß / leichtlich ſcheuch gemacht / und aus der Ordnung gebracht werden koͤnnen. Offt geſchicht es / daß auff ein edles Pferd ein verzagter Mann; und hergegen ein tapfferer / auff ein heilloſes Pferd / zu ſitzen komt; daraus dann viel ungereimtes / und unordenli - ches / entſtehet. Und dann / ſo moͤgen die Fußgaͤn - ger / wann ſie recht in die Schlacht-Ordnung ge - ſtelt / viel leichter der Reuter Ordnung verwirren / und brechen / als ſie / von der Reuterey / getrennet werden. Welches nicht allein die Erfahrung / und Beyſpiel / ſondern auch alle die / ſo von Kriegs - Sachen etwas ſchrifftliches hinterlaſſen / erwei - ſen / und bezeugen. Daß alſo mehr auff das Fuß - volck / als die Reuterey / im Krieg / zu ſehen iſt. Welches dann der Franciſcus Carmignuolus wol in Acht genommen / als er die groſſe Staͤrcke des Schweitzeriſchen Fußvolcks / ſo wider den Vicon - ten Philippen / Hertzogen zu Meyland / ins Welſchland geſchickt worden / geſehen / daß er / als ein hochverſtaͤndiger Mann / damit er ſich nicht in einen zweiffelhafftigen / und ungewiſſen Streit / mit dem Feind / einlieſſe / viel Fußvolck zuJ vſich138Die XXXVIII. Frag. ſich genommen / auch die Kuͤriſſer von Pferden abſteigen laſſen / und damit den Schweitzern ent - gegen gangen / ſie auch erlegt hat. Dann die Kuͤ - riſſer / ſo von den Waffen bedeckt waren / der Schweitzer Ordnung / ohne Schaden / durchge - drungen / und ſie nidergemacht haben.
Welches aber nicht deswegen geſagt wird / als wann die Reuter bey den Schlachten gantz unnuͤtz weren. Dann auch dieſelbe nohtwendig / zum Theil das Fußvolck zu beſchuͤtzen / und zu bedecken; zum Theil zum außſtreiffen / und pluͤndern; zum Theil den geſchlagenen / und fluͤchtigen Feinde / zu ver - folgen: und dann auch die feindliche Reuterey auffzuhalten. Sihe D. Jac. Martini, cent. 2. quæſt. phil. diſp. 5. qu. 8.
ES iſt auffkommen / daß die Fuͤrſten anſehenliche / und wolbefeſtigte Schloͤſſer / aus 2. Urſachen / erbauet / entweder die Feinde abzutreiben / oder die Unter - thanen zu bezwingen / und im Zaum zu halten. Welches beedes aber / vorgedachter Doctor Jaco - bus Martini d. diſp. 5. qu. 9. nicht tauglich zu ſeyn erachtet. Dann was die erſte Urſach anbe - langt / ſo ſeyn die Befeſtigungen eines Schloſſes / zu Kriegs - und Friedens-Zeiten / gar gefaͤhrlich /dieweil139Die XXXIX. Frag. dieweil ſie leichtlich / entweder aus Unfleiß / oder Betrug der Waͤchter; oder durch feindlichen Ge - walt / oder Hunger / und langwuͤriger Belage - rung / koͤnnen verloren werden. Wann nun der Feinde ſolche einbekomt / wird er ſie wider dich ge - brauchen. Deswegen Ariſtoteles ſagt / es ſeye ein Schloß / in einer wolbeſtelten Republik / unnuͤtz / und gefaͤhrlich; und gebe ſolches eine Anlaß / und Gelegenheit zur Tyranney. Man liſet in den Hi - ſtorien / als der Epiroten Koͤnig Pyrrhus einsmals nach Athen kommen / und von den Burgern / als ein Gaſt / hoͤflich empfangen / und nachdem er ſel - bige gar reiche Stadt / und damals eine Mutter aller guten Kuͤnſte / beſichtiget / in das Schloß Pal - ladis gefuͤhrt worden / auch / nach verrichter ſeiner Andacht / ſelbiges / ſo von Natur / und Kunſt ſehr feſt geweſen / mit groſſer Verwunderung beſichti - get / hab er / als er abgeſchieden / und auff den Marckt kommen / den Vornemſten der Stadt / ſo ihn begleitet hatten / gar ſchoͤnen Danck / fuͤr das groſſe Vertrauen / ſo ſie gegen ihme zu haben ſehen laſſen / geſagt / und ſie ermahnet / hinfuͤro keinem Koͤnig mehr in daſſelbe zu gehen / zu geſtatten / damit nicht Gelegenheit gemacht werde / ſolches einzunehmen. Jſt daher beſſer / mit tapffern Kriegs-Leuten umgeben ſeyn / welche ſo man hat / ſcheinet es / daß die befeſtigte Schloͤſſer / ſonderlich / wann derſelben viel / und unterſchiedliche / nicht gar nutzlich ſeyen; als die ohne Soldaten nichtsvermoͤ -140Die XXXIX. Frag. vermoͤgen; ſollen ſie aber mit Beſatzungen befeſti - get / und verwahret werden / ſo wird die Macht der Soldaten getheilet / und gemindert. Daher haben die Spartaner keine Mauren um die Staͤdt / ſo ſie eingenommen / leiden wollen / und darfuͤr gehal - ten / daß allein der Kriegsleute Tapfferkeit die Bollwercke were. So er ſihet man aus den Hiſto - rien / daß die Schloͤſſer ſeyn Haͤuſer / oder Woh - nungen / der Tyranney / und der Uneinigkeit gewe - ſen. Der Corinther fuͤrtrefflicher Obriſter / der Timoleon / welcher das Vatterland erſtlich vom Tyrannen erlediget / und von den Syracuſanern / denen er zu Huͤlff geſchickt worden / die langge - waͤhrte Dienſtbarkeit abgewendet / ſolle geſagt ha - ben / daß eine Stadt / ſo ein beſetztes Schloß haͤtte / kaum jemals ohne Tyranney ſeyn koͤnte. Dann / als er den Dionyſium aus Sicilia verjagt / und den Burgern das Jhrige wider zugeſtellet; auch der Staͤdte Mauren / ſo im Krieg nider geworffen worden / wider erneuert / und den Staͤdten ihre Ge - ſaͤtz / und Freyheit / wider gegeben; hat er das Schloß zu Syracuſa von Grund aus zerſtoͤret; und geſprochen: Jetzt haben wir den ſtarcken Grund zum Frieden gelegt / indem wir der Ty - rannen Wohnung / und Sitz / zu nichte gemacht. Wann man auch eine verlorne Stadt / mit Huͤlff des Schloſſes / ſo allein getreu verblieben / wider erobern will / ſo hat man nichts deſtoweniger eines Kriegs-Volcks / als wann kein Schloß da were /vonnoͤh -141Die XXXIX. Frag. vonnoͤhten / und zwar eines deſto groͤſſern / je mehr es glaublich ſcheinet / daß ihrem Herrn die Burger deſto abholder worden / wegen des Unge - machs / ſo ſie aus dem Schloß empfangen / als ſie gelitten haben wurden / wann kein Schloß were vorhanden geweſen.
Theils Fuͤrſten bilden ihnen ein / wann ſie nun - mehr ihre vorgenommene Veſtungen erbaut / daß ihnen niemands mehr werde widerſtehen moͤgen / und daß jetzt alles in ihrer Gewalt ſeye; Aber ſie bedencken nicht / daß daraus die hefftigſte Feind - ſchafft / und Widerſetzlichkeit entſtehet: und wann ſolches geſchicht / koͤnnen die Schloͤſſer nichts helf - fen. Dann wer in des Volcks Haß faͤlt / wann er auch die ſtaͤrckiſte Bollwerck haͤtte / koͤnten ſie ihn jedoch nit befreyen; Sintemal / wann das Volck einmal die Waffen ergreifft / ſo fehlet es nicht an Auslaͤndern / die denſelben zu Huͤlff kommen.
Seyn derowegen allein zween Weg uͤbrig / die Unterthanen mit Gewalt im Zaum zu halten; Einer / daß du ein tapffers Kriegsvolck in Bereit - ſchafft habeſt. Der Ander / daß du die auffruͤhri - ſche Geſellen gaͤntzlich ausrotteſt / daß ſie weiter nicht abfallen / und die Waffen wider dich ergreif - fen moͤgen. Dann ſonſten / wann du Anderer Guͤ - ter pluͤnderſt / ſo bleiben ihnen die Waffen uͤber; nimſtu ihnen auch die Waffen / ſo thut die Unſin - nigkeit Waffen hergeben; und wann du / nach Hinrichtung der Obriſten / die uͤbrigen leben laͤſ -ſeſt /142Die XXXIX. Frag. ſeſt / ſo ſtehen aus ihnen immer andere Raͤdels fuͤh - rer auff.
Aus welchem allem erſcheinet / daß viel Schloͤſ - ſer vielmehr ſchaͤdlich / als nutzlich ſeyen / ſonder - lich zu dieſer Zeit / wegen des groben Geſchuͤtzes. Dem jenigen Fuͤrſten aber / der ein maͤchtiges Kriegsvolck unterhaͤlt / koͤnnen etliche Schloͤſſer / ſo am Meer / oder an pfuͤtzigen Oertern gelegen / ein feindliches Kriegsvolck auffzuhalten / oder ab - zuwenden / nutz ſeyn / bis man die Kraͤfften erholet / und wider daſſelbige ſicher ſich davon machen kan.
Und dieſes iſt des angezognen D. Martini Meinung / die aber nicht allen gefaͤllig ſeyn wird / die da wiſſen / was die feſte Schloͤſſer / ſo gemein - lich jetzt Cittadelle genant werden / in den groſſen Niderlaͤndiſchen Staͤdten / auch zu Metz / und an - derswo / fuͤr einen Nutzen / bis daher / geſchafft haben.
EHeils haben gewolt / daß die jenige nicht tapffere Maͤnner weren / die ihre Zuflucht zu den Mauren neh - men thaͤten; und als einer dem Ageſilao einer Stadt ſtarcke Mauren zeigete / und ihn fragte / ob ſie nicht ſchoͤn weren? hab er geantwortet: Ja /aber143Die XL. Frag. aber da nicht Maͤnner / ſondern Weiber / wohne - ten; wie dann die Stadt Sparta ohne Mauren war / dieweil ſie / wie Lycurgus ſagte / mit Maͤn - nern / nicht mit Ziegelſteinen / umgeben geweſen. Als Phantoides, oder Panthoides, in Aſiam Pot - ſchafftsweiſe geſchickt worden / und man ihme ein feſte Mauer zeigete / hat er ſolche ein ſchoͤnes Ge - mach der Weiber genant. Und was dergleichen mehr / aus Plutarcho, in Lacon. und vita Lycurgi, Platone in 6. de LL. Iſocrate in Areopag. (welcher gewolt / daß nicht durch praͤchtige Mauren / noch groſſe Anzahl der Burger / ſondern durch Weis - heit der Regenten / eine Stadt auffrecht erhalten werde) / jenem Comice (ſo geſprochen / wann die Einwohner ſitſam / und wolgezogen / ſo ſeye eine Stadt ſchoͤn befeſtiget) item aus Bodino lib. 5. de Rep. c. 5. Juſtino, lib. 2. c. 12. v. 14. Machiavello, diſp. polit. lib. 2. c. 24. und Melch. Junio, quæſt. polit. p. 2. quæſt. 64. mem. 1. angezogen wird; auch der Koͤnig Philippus in Macedonien / beym Cice - rone lib. 1. epiſt. ad Attic. epiſt. 13. geſagt hat / daß alle Staͤdt moͤgen erobert werden / in welche nur ein Eſel / mit Gold beladen / ſteigen koͤnne.
Aber dieſes unangeſehen / ſeyn Andere Politicſ in der Meinung / daß es erlaubt / und rahtſam ſeye / die Staͤdte zu ummauren / und zu befeſtigen. Und ſolches beweiſen ſie 1. aus H. Schrifft / als / aus dem 2. Buch der Chronik / C. 11. v. 6. C. 14. v. 6. 7. & 8. C. 17. v. 2. 12. 13. 19. C. 27. v. 4. C. 32.144Die XL. Frag. C. 32. v. 5. Dahin auch zu ziehen die Hiſtoria des Nehemiæ / C. 2. & ſeqq. Sihe Gregor. Tholoſ. lib. 2. c. 3. und obgedachten Bodinum. Fuͤrs Ander / dieweil man liſet / daß auch die aͤltiſte Staͤdt mit Mauren ſeyn umfangen geweſen / als Jeruſa - lem / beym Ioſepho lib. 6. c. 6. B. I. Babylon / &c. 3. Hat die Natur ſelbſten die Befeſtigungen ge - gezeigt; indem die Thier ihre Hoͤlinen / und ſichere Ort / auch die Voͤgel ihre Neſter an ſolchen ha - ben. Desgleichen die Natur etliche Staͤdt mit Suͤmpffen / Bergen / und Fluͤſſen / befeſtiget hat; auch nicht leichtlich ein Haus gefunden wird / ſo nicht mit ſeinen Waͤnden / Thuͤren / und derglei - chen / ſolte verwahret ſeyn: Ja / unſere Leiber thun wir mit Waffen bedecken; warum ſolten wir nicht auch die Staͤdte / wider der Feinde Anfaͤll / mit Mauren umgeben? Zudem auch die Vernunfft rahtet / daß man Mauren erbauen ſolle / daß nicht nur etlicher / ſondern aller Einwohner / Weiber / Kinder / Gelt / und Guͤter / vor der Feinde Einfaͤll / pluͤndern / und rauben / ſicherer ſeyn moͤgen. Und dann 4. dieweil auch die Rectores in den Provinci - en / in lib. 8. Cod. tit. 12. ermahnet werden / daß ſie zuſehen / daß die Einwohner jeder Stadt die Mau - ren entweder neu machen / oder die alten ſtaͤrcker erneuern ſollen / l. 12.
Daß es / fuͤrs Ander / rahtſam ſeye / die Staͤdte zu befeſtigen / dieweil 1. vor allen Dingen / den Verſtaͤndigen obliget / daß wider die FeindlicheAnfaͤll /145Die XL. Frag. Anfaͤll / eine Stadt befeſtiget ſeye / und derſelben Gewalt abzutreiben ihre Bollwerck / und Befeſti - gungen / habe. 2. Wann die Staͤdt mit Mauren umgeben / ſo kan man der Burger Blutſchonen / und was man durch Kalch / und Stein verrichten kan / das darff man nicht durch Menſchliche Coͤr - per verbringen: und iſt bisweilen der jenigen / ſo an uns wollen / ein groͤſſerer Hauff / als daß man denſelben mit etlich wenigen / oder Menſchlicher Tapfferkeit / abtreiben koͤnte. 3. Wann eine Stadt keine Mauren / ſo reitzet ſie andere an / dieſelbe zu uͤberfallen / und zu pluͤndern; welches nicht ſo leichtlich geſchicht / auch geſchehen kan / wann eine Mauer vorhanden; wie ſolches mit dem Exem - pel Engellands / und der Seythiſchen Voͤlcker / Gregor. Tholoſan. lib. 2. c. 3. num. 5. erweiſet. Und iſt die Befeſtigung der Staͤdt / ſonderlich jetzt / we - gen des Geſchuͤtzes / und anders Gezeugs / ſo / zu Belaͤgerung der Staͤdte / erfunden / gar bequem. 4. Zudem / offt einem gantzen Koͤnigreich daran gelegen geweſen / wann eine wolbefeſtigte / und mit aller Notdurfft wolverſehene Stadt / ein Kriegs - Volck / ſo darvor gelegen / und ſich ſelbſt / durch Hunger / Peſt / andere Kranckheiten / Kaͤlte / und dergleichen / auffgeraumt / wider abgetrieben hat / oder ſich ſo lang erhalten / bis man ihr zu Huͤlff kommen iſt. Die Stadt Tyrus hat / vor Zeiten / die Belagerung 6. Monat / Conſtantinopel 8. Jahr / die Stadt Veii, in Hetruria / 10. Jahr / und dieKStadt146Die XL. Frag. Stadt Arzilla, im Koͤnigreich Feß / ſieben Jahr lang / ausgeſtanden. Die Belagerungen Ant - dorff / Leyden / Oſtende / ſeyn noch in friſcher Ge - daͤchtnus. Und iſt / was fuͤr groſſes Volck der Koͤnig Ludovicus XIII. in Franckreich / Anno 1621. vor ſeiner Stadt Montauban, verloh - ren / und dieſelbe gleichwol nicht erobern moͤgen / Gramondus in hiſt. Galliæ zu leſen. Sihe von deme / was geſagt / den Anti-Machiavellum, Cœl. Rho - digin. Vegetium, Reuſnerum de Stratagem. Dio - dor. Sicul. Curtium, Chalcondyl. Plutarchum in Camillo, Leonem Aphrum, Hiſtor. Belg. Und daß die Mauren auch zur Zierde / und Anſehen dienen / den Ariſtot. in polit. und warum dieſelbe / vor Zeiten / fuͤr heilig gehalten worden / den Henr. Salmuth, in not. ad Panciroll. de 7. mundi mirac. lib. 1. pag. 208. und im uͤbrigen auch den D. Cun - rad. Dietericum, in diſc. polit. de Munitionibus, & Propugnaculis, membro 2. Da er desgleichen / in den folgenden / handelt / wo / und wie die Ve - ſtungen / auch von welcher Materi, in was Form / und dergleichen / zu erbauen ſeyen.
DJeweil du von Erfindung der Buͤchſen nichts zu wiſſen begehrſt /als147Die XLI. Frag. als der ſolches vorhin weiſſeſt / und / ohne Zweif - fel / des D. Chriſt. Beſoldi diſſertationem hiſtori - cam de Bombardis wirſt geleſen haben: So will ich davon auch nichts melden; ſondern ſtracks zu deiner Frag mich wenden.
Und zwar ſo wollen viel / daß man ſich des Ge - ſchuͤtzes / aus nachfolgenden Urſachen / nicht ge - brauchen ſolle 1. dieweil daſſelbe groſſe Verhin - dernus den jenigen bringet / die ſonſten / wegen der Staͤrcke / und Kriegs-Tapfferkeit / beruͤhmt ſeyn / indem ſie ſich ſolcher nicht mehr alſo / als wie es ſich gebuͤrte / fuͤglich gebrauchen koͤnnen; ſondern dieſelbe gleichſam begraben ligt / indem das Ge - ſchoß einen ſolchen Gewalt hat / daß faſt nichts davor ſicher ſeyn / und beſtehen kan; auch / aus den Kugeln / die rechte Kriegs-Tapfferkeit nicht kan erwieſen werden. 2. Dieweil ſolchen / der groben Stuͤck / Gewalt auch die Mauren / und Thuͤrne / nicht ertragen moͤgen / wie ſtarck ſie auch ſeyn. 3. D. Lutherus hat dieſelbe ein gantze abſcheuliche / gar gefaͤhrliche / und des Teuffels Erfindung / genant. 4. Von den Roͤmern / die doch / durch al - ler Menſchen Beyſtimmung / die allertapfferſten / und an Kriegs-Tugend die beruͤhmteſten / und hochberuffeniſten geweſen / liſet man nicht / daß ſie ſich ſolcher / oder dergleichen gefaͤhrlichen / und ver - haſten Inſtrumen ten / zu Bekrieg - und Unterthaͤ - nigmachung ihrer Feinde / gebraucht haͤtten; ſon - dern ſie ſtelten die Hoffnung des Siegs allein / undK ijeinig /148Die XLI. Frag. einig / auff den Degen. 5. Mit den Buͤchſen wer - den die ſtreitbariſte / und tapfferiſte Kriegsleute / auch von den Allerheilloſiſten / und Verzagtiſten offtmals nidergemacht / dieweil ſie nicht / durch rechte Tapfferkeit / ſondern durch bloſſe Kunſt / mit ihnen ſtreiten / ia auch offt ungefehr einen ſolchen beruͤhmten Kriegsmann mit einer Kugel faͤllen. 6. Und was will man von dem groſſen Koſten ſa - gen / der auff die Stuck zu gieſſen / und in andere Weg / auch dieſelbe zu fuͤhren / zu begleiten / und zu verwachen / daß ſie dem Feinde nicht zum Raub werden / gehet?
Hergegen aber / bringen Andere auch ihre Ur - ſachen / warum man ſich des Geſchoſſes / und der - gleichen Inſtrumen ten / gebrauchen moͤge / deren die 1. genommen wird aus dem 5. Buch Moſis / Cap. 20. v. 20. da Gott ſelber gebotten: Allerley Holtz / oder Baͤume / ausgenommen die fruchtba - ren / auszurotten / und ſich derſelben zu Bollwer - cken / die Staͤdte damit zu erobern / zu gebrauchen. 2. Alſo wird vom Koͤnig der Juden Uſia / im 2. Buch der Chronik / Cap. 26. v. 15. geleſen / daß er zu Jeruſalem Kriegs-Inſtrumen ten gemacht / und gebraucht. Dann ſo lauten die Wort: Und macht zu Jeruſalem Bruſtwehr kuͤnſtlich / die auff den Thuͤrnen / und Ecken / ſeyn ſolten / zu ſchieſſen / mit Pfeilen / und groſſen Steinen. 3. So thun Ariſto - teles in polit. und die Hiſtorici, bezeugen / daß auch die Alten ſich vieler Kriegs-Inſtrumen ten bedient /die149Die XLII. Frag. die Iunius quæſt. polit. 74. erzehlet / und Lipſius, in ſeinem Tractat de Machinis, Tormentis, Telis, beſchreibet. 4. Es iſt auch eine groͤſſere Macht / und Nachdruck / in dergleichen Geſchoß / als in den Waffen. Und dann wird ein Krieg durch das Geſchuͤtz eher zu Ende gebracht / auch die Staͤdte / und Veſtungen / damit baͤlder / und leichter ero - bert. Aus welchen Urſachen dann ſie ſchlieſſen / daß / wie die Mauren zu Beſchuͤtzung; alſo das Geſchuͤtz zur Verletzung / an gebuͤrendem Ort / und zu rechter Zeit / zu gebrauchen wol erlaubt ſeye.
WAs von den Balgereyen zu halten ſeye? Hat Herr Reinking / Koͤ - niglich Dennemaͤrckiſcher Cantzler / in der Bibliſchen Policey / wie der Antenor, als er ſich nennet / im Rachgierigen Lucidor, lit. G. bezeuget / geſchrieben.
Daß aber die Zwey-Kaͤmpff / vor uralten Zei - ten / in Ubung geweſen / bezeugen ſowol die Bibli - ſche / als Weltliche Hiſtorien. Da die Philiſter / wider die Jſraeliten / einen Krieg vorgenommen / iſt es zu einem Zwey-Kampff / oder Duell / zwi - ſchen dem Goliath / und dem David gerahten / inK iijwelchem150Die XLII. Frag. welchem dieſer des Goliaths Meiſter worden iſt / im 1. Buch Samuelis / C. 17. und beym Ioſepho. lib. 6. Antiquit. c. 11. Andere unterſchiedliche Zwey-Kaͤmpff werden geleſen im 2. Buch Sa - muelis / C. 21. Ein anderer Kampff / zwar nicht zwiſchen zweyen / ſondern mehrern / wird im beſag - ten Buch / Cap. 2. v. 14. 15. und 16. alſo beſchrie - ben: Abner (des Sauls / und ſeines Sohns Js - boſeths / Feld-Haubtmann) ſprach zu Joab (ſo des Koͤnig Davids Feld-Haubtmann geweſen): Laß ſich die Knaben auffmachen / und fuͤr uns ſpielen. Joab ſprach: es gilt wol. Da machten ſich auff / und giengen hin / an der Zahl Zwoͤlff / aus Benjamin / aus Jsboſeth / Sauls Sohn / Theil / und 12. von den Knechten David. Und ein jeglicher ergreiff den andern bey dem Kopff / und ſtieß ihm ſein Schwerd in ſeine Seiten / und fielen miteinander.
Jm Trojaniſchen Krieg haben ſich Patroclus, und Lycius Sarpedon miteinander gebalget / und iſt Lycius geblieben. Nach des Hectoris, und Achillis Untergang / als der Trojaner Sachen nun zum Ende ſich neigeten / hat Philoctetes, den Alexandrum, oder Paridem, alles Trojaniſchen Ungluͤcks Erheber / zu einem abſonderlichen Kampff ausgefordert / und ihn umgebracht. Ja / es iſt dahin kommen / daß die alten Teutſchen die zweiffelhaffte / und ſonderlich die peinliche Sachen dardurch eroͤrterten / glaubende / daß GOtt deme /ſo151Die XLII. Frag. ſo eine gerechte Sach haͤtte / beyſtehen / und ihme den Sieg verleihen thaͤte. Koͤnig Froto der Dritte in Dennemarck hat ein Geſaͤtz gemacht / daß alle Strittigkeiten durch einen Zwey-Kampff ſolten geſchlichtet werden. Jn Jtalia haben die Longo - barder dieſen Brauch auch eingefuͤhrt. Es wur - den auch die Kaͤmpff / aus Begierde der Rach / angeſtelt: alſo hat Badius Campanus, den T. Quintium Criſpinum, beym Livio, lib. 25. c. 18. zu einem Kampff ausgefordert. Jtem / wegen der Liebhaberin; als wie Clytus, und Dryas, wegen der Pallenis, der Hodomathum Koͤnigs / Sithonis, Tochter / ſich miteinander gebalgethaben. Wegen der Ehr / und die Staͤrcke zu probieren / ſeyn der - gleichen Kaͤmpffe angeſtellet worden. Als Sulpi - tius, und C. Licinius Calvus, Burgermeiſter zu Rom geweſen / haben die Galli, nahend der Stadt / ihr Lager geſchlagen / da dann einer / aus den Gal - lis, ein Mann von groſſer Laͤnge / mit lauter Stimm / den ſtaͤrckiſten Roͤmer / zu einem Zwey - Kampff ausgefordert / auff daß / aus dem Aus - gang deſſelben / man verſtehen moͤchte / welches Volck beſſer im Krieg were. Der Kaͤiſer Probus, da er noch Proconſul in Africa geweſen / hat den Aradionem, einen gar tapffern Mann / in einem ſolchen Kampff / umgebracht / und denſelben ehr - lich begraben.
Heutigs Tags werden dieſelben wider auffs neu / an vielen Orten / auff gebracht / und beredetK iiijman152Die XLII. Frag. man ſich / daß an ſolchen die Tapffer - und Hertz - hafftigkeit / gelegen ſeye; und daß das Geſaͤtz der Natur vor ſie rede / indeme ſolches den Gewalt / mit Gewalt / abzutreiben erlaubet. Aber / daß es eine irrige / ja gottloſe Meinung ſeye / iſt von vielen erwieſen worden. Und haben ſonderlich unter - ſchiedliche in Franckreich / als daſelbſt ſolches bal - gen gar gemein / und keine Koͤnigliche Verbott / ja die Lebens-Straff / ichtwas vermag / darwider geſchrieben. Es ſtehet in ſolchen Kaͤmpffen nicht nur die Ehr / wie man ſich einbildet / ſondern auch des Menſchen Lebens: ja offtmals / vornemlich wann es aus Rach / und Zorn / geſchihet / der See - len-Gefahr / darauff. Man verſuͤndiget ſich wi - der das fuͤnffte Gebot; thut auch wider das Ge - ſaͤtz der Natur / ſo die Erhaltung / nicht das Ver - derben des Menſchen begehrt. Und warzu iſt die Obrigkeit? warzu die Geſaͤtze? wann du deine Sach ſelber mit dem Degen ausfuͤhren wilſt. Und was iſt fuͤr eine Tapfferkeit / wann du mit ei - nem Kugeln wechſelſt / und dir ohngefaͤhr ein Schuß gerahtet? Gewalt mit Gewalt abzutrei - ben / wird zwar / mit ſeiner Maß / und auff gewiſſe Weiſe / erlaubt: aber ſolches muß alſobalden / wann einer angegriffen wird; und nicht erſt uͤber etliche Stunden / Tag / oder Wochen / durch das ausfordern / geſchehen.
Es werden gleichwol ſolche Zwey-Kaͤmpff zu - gelaſſen / wann ſie / wegen Erhaltung eines Reichs /und153Die XLII. Frag. und deſſelben Schutzes; die Dienſtbarkeit abzu - treiben / die Freyheit zu erhalten / die Verheerung der Laͤnder abzuwenden / die Anzuͤndungen der Staͤdte / und das blutvergieſſen der Menſchen / zu verhuͤten / und ein Ende an dem Krieg zu ma - chen / (mit Einwilligung der Hohen Obrigkeit / oder der Feld-Herren) geſchehen; wann namlich / aus zweyen boͤſen Dingen / das wenigere zu erweh - len iſt: ſonſten aber durchaus nicht. Sihe D. Iac. Martini, cent. 5. qu. Philoſoph. diſp. 8. qu. 8. Tho - mas Sagittarius exerc. Eth. exot. 15. gehet / am 373. Blat / kurtz hindurch / und ſagt: Es werde ein Duell / oder Zwey-Kampff / entweder wider den Feind / oder ſeinen Mit-Burger / vorgenommen. Geſchehe es wider den Feind / wer wolte laͤugnen / wann man allen Widerſtand thun darff / daß man auch einem nicht widerſtehen doͤrffte? Da - her / vor Jahren / unter den Obriſten / nichts ge - meiners / als dieſes / geweſen; wie aus den Bey - ſpielen des Pallantis und Turni, Æneæ und Lau - ſi, Æneæ und Mezentii, Æneæ und Turni, beym Virgilio 10. und 12. Æn. und viel ande - rer mehr / zu erſehen. Wann aber der Kampff ſei - nen Mitburger anbetrifft / ſo war ſolcher vor Zei - ten / bey den Roͤmern / erlaubt / und wurde ein Sach zu erweiſen / oder aber ein vorgeworffenes Laſter abzuleinen / gebraucht; wie davon c. 2. de purgat. vulg. c. 1. de pac. ten. & c. 1. de ter. pu. in duell. zu leſen. Aber / heutigs Tags / iſt ſolches /K vund154Die XLII. Frag. und alle dergleichen blutige Schauſpiel / abge - ſchafft / l. Unica C. de gladiat. c. Monomachiam. 2. q. 4. c. 1. de purg. vulg. Es thun zwar die Docto - res einen Unterſchied machen in den Kaͤmpffen / ſo aus Erlaubnus des Fuͤrſten / oder nicht / geſche - hen: Aber gemeldter Sagittarius will ſolches nit gelten laſſen / ſintemal einem Fuͤrſten nicht erlaubt ſeye / uͤber das Goͤttliche Geſaͤtz / ſo da iſt: Du ſolt nicht toͤdten / zu diſpenſi ren; ſeye auch dieſes kein gerechte / und von GOtt zugelaſſene Weiſe / die Zaͤnck / und Strittigkeiten / beyzulegen; oder auch eine gewiſſe Beweiſung unſerer Unſchuld / dieweil / in einem Zwey-Kampff / der jenige / ſo ſchuldig / ſeinen Gegentheil uͤberwinden koͤnne; wie Danæus lib. 2. Eth. Chriſtian. c. 13. bemercke. Sihe die Au - tores, die er / Sagittarius, daſelbſten anziehet / und die Peinliche Halsgerichts-Ordnung Caroli V. art. 140. Jtem Quirin. Kubach cent. 1. quæſt. de - cur. 1. qu. 6. ob der jenige / ſo einen in einem Duell / an ſeinem Gemaͤcht / alſo verletzt / daß er forthin zu ehelichen Wercken untuͤchtig iſt / am Leben zu ſtraffen ſeye? da er dann / wann der Beſchaͤdigte nicht ſtirbet / mit Nein antwortet.
JN der vorgehenden Frag iſt gemeldet worden / welcher geſtalt etwan die Zwey-Kaͤmpff zu geſtatten. Wann es ſich nun begibet / daß auff ſolche Weiſe 2. Ob - riſte / oder Andere / ſo zum Streit verordnet ſeyn / zuſammentretten / damit ſie die gantze Sach ent - ſcheiden; So ſollen die Kaͤmpffer wol erwegen / welcher geſtalt ſie ſich in den Kampff begeben / was ihnen wolanſtaͤndig / und was eines jeden Fuͤrſten Heil / und Wolfahrt / erfordere / oder nicht?
Wann ſie derowegen mannlich miteinander geſtritten / und es ſich begibt / daß einer / oder der ander / in Gefahr / entweder der Dienſtbarkeit / oder des Todtes / komt / und keines denen nutz iſt / fuͤr die er kaͤmpffet / ſo ſolle er vielmehr ſich uͤber - wunden zu ſeyn darſtellen / als zulaſſen / daß er umgebracht werde; und bedencken / daß es an ihm nicht ermangelt / und er das gethan / was er hat thun koͤnnen. Dann zulaſſen / daß er / ohne einen Nutzen / umgebracht werde / were ein verwegenes Stuck / und dem Natuͤrlichen Geſaͤtz entgegen: Daneben auch eine ſchaͤdliche Hartneckigkeit / ſich uͤberwunden zu ſeyn nicht bekennen; da er doch warhafftig uͤberwunden iſt. Wann aber einer vor die Warheit des Glaubens kaͤmpffte / ſo iſt es beſ - ſer / daß er den Todt erwehle / als daß er ſeine waa - re Religion verlaͤugne. Dann damit / daß er das / ſo waar iſt / laͤugnete / er ein groſſes〈…〉〈…〉〈…〉〈…〉156Die XLIV. Frag. begienge; ſagt offternanter D. Iacob. Martini, cent. 5. diſp. 8. qu. philoſ. 9. Da er auch / was her - gegen Andere ſagen / ſetzet / die ihr hoͤchſtes Gut in der Ehr ſuchen / und bey denen es heiſt: Es ſeye beſſer / hertzhafft zu ſterben / als elendiglich / und in der Dienſtbarkeit / zu leben: Deswegen auch die Lacedæmonier / ihren Kriegs-Leuten / befohlen haben / daß ſie ſich niemals uͤberwunden geben ſolten.
ES haben Plato, Ariſtoteles, und alle Rechtverſtaͤndige / darfuͤrgehal - ten / daß alle gute Geſaͤtz umſonſt / und vergebens / ſeyen / wann / in einer Stadt / die Ju - gend nicht recht unterwieſen werde. Dann wie / auff die Saat / man die Hoffnung der Ernde ſe - tzet; alſo hanget des gantzen uͤbrigen Lebens Er - wartung an der Kinder-Zucht. Dann aus einer boͤſen Unterweiſung kommen her boͤſe Buben / boͤ - ſere Juͤngling / und die allerboͤſeſten Maͤnner. Welche ihre Kinder nicht recht unterweiſen / und lehren / die thun nicht allein den Kindern / ſondern auch dem gemeinen Weſen / Schaden. Daheꝛo / bey den Spartanern / der jenige / ſo der Kinder Unter - weiſung unterlaſſen / aus der Stadt vertriebenworden157Die XLIV. Frag. worden iſt. Und hat Socrates geſagt / man muͤſſe entweder keine Kinder erzeugen / oder wann man die bekommen / ſonderlich ſorgfaͤltig ſeyn / wie man die recht unterweiſen wolle: und hat deswegen Plu - tarchus ein gar ſchoͤnes Buch / von Erziehung / und Unterweiſung der Kinder / hinterlaſſen. Sin - temal eines gemeinen Standes Grund iſt / derſel - ben Erziehung; wie man deſſen ein Exempel von Gaͤrtnern / und wie ſie mit den Baͤumen / und an - dern Garten-Gewaͤchſen / umgehen / hernimmet; item / von der Obrigkeit / welche ein Ubelthat / ſo nunmehr uͤberhand genommen / abſtraffen thut; daß es auch vielmehr gebuͤre / das Ubel ſelbſten / ehe es uͤberhand nimmet / zu beſchneiden / und gar auszurotten.
Ob aber die Kinder beſſer zu Hauß / oder in of - fentlichen Schulen / unterwieſen werden? iſt dein Frag. Darauff dann / nicht von Allen / einerley Antwort gegeben wird. Dann die es mit der Un - terweiſung zu Hauß halten / bringen zweyerley Urſachen inſonderheit herfuͤr; deren die 1. daß bey Vielen / vielerley Untugenden mit unterlauf - fen / und alſo ein Kind / durch andere laſterhaffti - ge Buben / bald koͤnne verfuͤhret werden. Die 2. aber / daß ein Lehrmeiſter ſovielen nicht ſo nutz ſeyn / und ſoviel in den Schulen thun koͤnne / als ei - ner zu Hauß / bey Einem / oder doch ihren We - nigen.
Aber! woher haben die Knaben die Untugen -den158Die XLIV. Frag. den und boͤſe Sitten / als aus ihrem Hauß? und bringen ſolche ſodann mit in die Schul; wann ſie namlich / von dem offtmals gottloſen Hauß-Ge - ſind / allerley Boͤſes / und Uppiges ſehen / und hoͤ - ren; die Vaͤtter nicht Achtung darauff geben; die Muͤtter denſelben alles geſtatten / und die Hauß-Lehrer ſchlaͤfferig ſeyn / und wol ſelber et - wan boͤſes Exempel geben. Und wannſchon die - ſelben ihr wenigen zu Hauß beſſer / als die Schul - meiſter vielen / abwarten koͤnnen; ſo mangelt es ihnen aber am Anſehen; ſonderlich wann ihre Lehr-Juͤnger albereit etwas erwachſen / und der Muͤtter alzugroſſe Lieb darzu komt / daß ſie / die Præceptores, keinen rechten Ernſt / in Abſtraffung des Verbrechens / gebrauchen doͤrffen.
Da hergegen die Lehrmeiſter in den Schulen / als / die von der Obrigkeit beſtelt ſeyn / kein beſon - ders Abſehen haben; ſondern eine Gleichheit hal - ten ſollen; weilen die Kinder / was die Nutzbarkeit anbelangt / nicht nur ihren Eltern / ſondern dem gantzen Gemeinen Weſen / ſie kuͤnfftig darinn nutzlichen zu gebrauchen / geboren ſeyn; und daher auch in den offentlichen Schulen unterwieſen / zur Forcht GOttes / allen guten Tugenden / und zu Erlernung guter Kuͤnſten / angehalten werden ſollen. Und thut der Eifer / und die allhie erlaubte Mißgunſt / ſehr viel: indem ein Knab / einem an - dern / nicht goͤnnet / daß derſelbe mehr / als er / wiſ - ſen ſolle / und daher ſich dahin bemuͤhet / daß erihme159Die XLIV. Frag. ihme gleich werden / oder wol gar denſelben / an Geſchicklichkeit / uͤbertreffen moͤge. So lernet man auch viel vom Auffmercken / und faſſet ein Ding leichter / wann man ſolche von Andern auffſagen / und erzehlen hoͤret; als / wann man / zu Hauß / nur allein bey den Buͤchern ſitzet / und das ihme vorgegebene auswendig lernet. Zu Hauß haͤlt ſich einer fuͤr den Allergeſchicklichſten: wann er aber in eine Schul kommet / und hoͤret / daß juͤngere / als er / mehrers wiſſen / da ſihet er erſt / woran es ihme fehlet. So vermoͤgen auch das offentliche Lob / die offentliche Geſchenck / und die offentliche Schmach / mehrers in den Gemuͤtern der Juͤng - linge / als was zu Hauß geſchihet. Dahin / ohne Zweiffel / Carolus Magnus, der Erſte Teutſche Kaͤiſer / geſehen / indem er zu Paris / und anders - wo / offentliche Schulen geſtifftet / auch dieſelbe offt beſuchet / und die Knaben / ſo ſich in denſelben fleiſſig verhalten / mit groͤſſern Ehren begnadiget. Es werden auch die Knaben in den Schulen kecker im Reden / freundlicher / und geſelliger / als zu Hauß / und halten darnach die mit ihren Schul - Geſellen gemachte Freundſchafft gemeinlich be - ſtaͤndig / bis ans Ende ihres Lebens.
Seyn daher die offentliche / den Hauß-Schu - len / vorzuziehen / gleichwol dergeſtalt / daß der / ſo es vermag / erſtlich zu Hauß einen Lehrmeiſter et - lich Jahr halte / bis der Knab etwas erſtarcke / und am Verſtand zunehme; ehe er in eine offentlicheSchul160Die XLV. Frag. Schul gethan werde: und / nachdem ſolches er - folgt / daß er nichts deſtoweniger denſelben weiter behalte / damit er die in der Schul angehoͤrte / und auffgebene Sachen / mit dem Knaben / wider - hole.
WJder die Juriſten / oder die Rechts-Gelehrten / bringen Theils vor / daß jedem Menſchen noch in Mut - terleib eingepflantzt werde / wie er das Waare vom Falſchen / das Gute vom Boͤſen / das Ehr - liche vom Schandlichen / das Billiche vom Un - billichen / das Erlaubte vom Unerlaubten / &c. unterſcheiden / und beurtheilen moͤge. Und hier - zu gebrauchen ſie ſich der Epiſtel an die Roͤmer / Cap. 2. v. 14. 15. Da der Apoſtel ſagt: Dann ſo die Heyden / die das Geſaͤtz nicht haben / und doch von Natur thun des Geſaͤtzes Werck / dieſelbigen / dieweil ſie das Geſaͤtz nicht haben / ſind ſie ihnen ſelbſt ein Geſaͤtz / damit / daß ſie beweiſen / des Ge - ſaͤtzes Werck ſey beſchrieben in ihren Hertzen / ſin - temal ihr Gewiſſen ſie bezeuget / darzu auch die Gedancken / die ſich untereinander verklagen / oder entſchuldigen. 2. Seyen gar viel Geſaͤtz gemachtworden /161Die XLV. Frag. worden / aus welchen ein jeder ſelbſt leichtlich ur - theilen koͤnne / was recht / billich / ehrlich / und nutz - lich / was zu begehren / und zu fliehen ſeye. 3. Die Geſaͤtz / und die Gerechtigkeit ſelber / werde meh - rers verdunckelt / geſchwaͤcht / verkehret / verderbt / ja offtmals / durch die Menge der Juriſten / gar auffgehebt. 4. Werde der Rechts gelehrten / aus - drucklich / nirgends in der Bibel ehrlich gedacht. 5. Thaͤten die Juriſten Chriſto dem HErrn / und ſeinem Wort / widerſprechen / wann er Matth. 5. v. 39. ſpricht / daß man dem Ubel nicht widerſtre - ben / ſondern / ſo dir jemand einen Streich auff dei - nen rechten Backen gibt / deme du den andern auch darbieten ſolleſt / &c. item / v. 44. daß man die Feinde lieben; und die einem fluchen / ſegnen ſolle: Hergegen die Juriſten ſagen: Es iſt erlaubt / Ge - walt mit Gewalt abzutreiben; und eine angetha - ne Schmach zu raͤchen. 6. Bringen ſie auff die Bahn / daß Plato geſagt habe / die Menge der Ju - riſten ſeye ein Anzeigung eines uͤbelbeſtelten Re - giments: item / daß Cuſpinianus vom Kaͤiſer Fri - derico III. (al. IV. ) ſchreibe / daß er die Juriſten mittelmaͤſſig geliebt / das iſt / nicht gar hoch geach - tet habe: und dann / aus Ludovico Vive, lib. 7. de cauſ. corr. artium, daß Koͤnig Matthias Corvi - nus alle Juriſten / aus gantz Ungarn / vertrieben habe. Mit dieſen / und dergleichen / heilloſen / unge - reimten / und nichtswerthen Urſaͤchlein / unterſte - hen ſie ſich / das hohe Anſehen dieſer edlen Wiſſen -Lſchafft162Die XLV. Frag. ſchafft zu verkleinern / zu vernichten / und veraͤch - tig zu machen: Hergegen die Artzney-Kunſt hoch / und bis an den Himmel zu erheben. Dann dieſel - be ſey die alleredelſte / und nutzlichſte Wiſſen - ſchafft / ſo die heilige Schrifft / uns allen / ſo hoch zu derehren / ſo oͤfftern befehle: Dieſelbige gehe mit dem Menſchlichen Coͤrper um; hab auch einen edlen Zweck / namlich des Menſchen Geſundheit zu erhalten / oder den Krancken zu derſelben wider zu verhelffen / ſo allem Gut / und Gelt / und an - dern Gaben / vorzuziehen. Franciſcus Valleſius, nachdem er die Schwachheit / und Eitelkeit dieſer Urſachen vermerckt / hat er / in ſeinem Buch / de Sacra Philoſophia, c. 74. denſelben zu helffen ver - meint / indem er ſagt / die Jurisprudentz habe 2. Theil / civilem, und litigioſam. Der Erſte gehe mit Regierung eines gemeinen Standes um / der Ander ſeye die Recht-Sachen zu fuͤhren geſchaͤff - tig: Der Erſte ſey / ohne Zweiffel / der Artzney - Kunſt vorzuſetzen: aber der Ander gehe derſelben nach; wiewol der Leute Geitz / und Unwiſſenheit / denſelben auch der Medicin vorziehe. Aber! was vermeint man wol / es fuͤr ein Unterſchied / zwiſchen ſeinen beeden Theilen der Rechten Wiſ - ſenſchafft / habe? Gehen ſie nicht beyde mit der Gerechtigkeit um? Haben ſie nit beyde den Zweck / oder die Endurſach / vor ſich / namlich / daß einem ieden das Seinige gegeben werde.
Darum iſt des Valleſii gemeldte Abtheilungvon163Die XLV. Frag. von ſchlechter Krafft; ſondern je hoͤher die Ge - muͤts-Guͤter / gegen den Leibs-Guͤtern / oder Ga - ben; je hoͤher auch die Juriſten / ſo mit dem Ge - muͤt umgehen / gegen die Aertzte / zu achten / und dieſen vorzuziehen ſeyn. Zudem / hat auch der Rechten Wiſſenſchafft / oder die Iurisprudentz, eine groſſe Verwandnus mit der Theologia, indem ſie ſich gantz und gar auff die Zehen Gebot / als einen gar feſten Grund / ſteuret / und deswegen den naͤchſten Ort nach der Theologia hat.
Was die oberwehnte Einwuͤrff anbelangt / und zwar den 1. obwoln das Vermoͤgen / von einem Ding zu urtheilen / allen Menſchen / von Natur eingepflantzt / nichts deſtoweniger / weil daſſelbe / durch unſer erſten Eltern Fall / alſo verfinſtert / und verderbt worden / daß kaum etliche Fuͤncklein uͤbergebliben / deswegen ſo iſt einer ſtetigen Ubung / und Ausbutzung / wie an einem roſtigen Eiſen / vonnoͤhten.
Und daher ſeyn die Wiſſenſchafften des Rechts / von den Weiſen / und vieler Sachen Er - fahrnen / und gelehrten Maͤnnern / in Schrifften gebracht / damit ſie / zum oͤfftern / den Leuten ins Gemuͤt gebracht / und nach denſelben geurtheilet werde. Wegen diſer Urſach / hat Gott ſelbſten ſeine heilige zehen Gebot gegeben / welche man ſo Tags / ſo Nachts / durchgehen / und ſie betrachten ſolle. Weilen aber ſolchen Wiſſenſchafften des Rechts / nicht jederman / wegen anderer Geſchaͤfft / mit Fleiß obligen kan; ſo iſt vonnoͤhten / daß etlicheL ijſeyen /164Die XLV. Frag. ſeyen / die ſich darauff legen. Und iſt dieſes auch wol zu mercken / daß des H. Apoſtels Pauli oban - gezogner Ort fuͤrnemlich / und inſonderheit / von der Erkantnus Gottes rede / die ein jeder aus den Geſchoͤpffen / und derſelben wunderbarlichen Ordnung / und anmuͤtiger Betrachtung / erken - nen moͤge.
Auff den 2. Einwurff iſt zu antworten: Wer dann nach den Geſaͤtzen richten werde / wann ihme dieſelbe nicht wol bekant ſeyn? Wer wird aber ſolche ſo eigentlich / und ſteiff in der Gedaͤchtnus behalten / wann er ſie nicht zuvor getreulich aus - wendig gelernet? Wer wird derſelben Klugheit erforſcht / und erfahren haben / wann er nicht in denſelbe nemſig / und ernſtlich / iſt geuͤbet worden?
Der Dritte Einwurff iſt allein waar von den zanckſuͤchtigen Sachwaltern / und gehet mitnich - ten die rechten Rechtsgelehrten / oder die Wiſſen - ſchafft des Rechts ſelber / an; dieweil eine Sach vielmehr aus ihrem rechten / und gebuͤrenden Ge - brauch / als aus dem ſchaͤndlichen Mißbrauch / zu erkennen / und zu beurtheilen iſt. Von den erwehn - ten Sachwaltern / ſchreibet der Autor des Buͤch - leins / der Rachgierige / und Unverſoͤhnliche Luci - dor genant / ſehr ſcharff / und ſagt / unter andern: GOtt verzeihe es den Profeſſoribus auff Univer - ſitä ten / welche unterweilen der Welt ſolche Bril - len verkauffen. Jtem: Wann ein ſolcher gewiſſen - loſer / ungelehrter Procurator, oder Schadvocat /ſich165Die XLV. Frag. ſich fuͤr einen Juriſten ausgebe / es ebenſoviel we - re / als wann ein Kuͤſter / oder Meßner / auff einem Dorff / zu einem Superinten denten / bey der Viſita - tion, ſagen wolte / guten Morgen / Herr Collega. Jch weiß gar wol (ſagt er) was das Wort Juri - ſten fuͤr ein honorable Wort ſey. Man gehet durch manche groſſe Stadt / und ſihet viel Doctores, und Licentia ten / aber wenig Juriſten. Sihe auch Ar - gen. Barclai lib. 3. Nicol. Henelium in otio VVra - tislavienſi, cap. 6. da er auch l. 1. ff. de extraord. cognit. anziehet / und ſaget / daß es ſehr nutzlich were / wann ein Richter das Honorarium, dem Advocaten / nach Geſtalt der Sach / und ſeinen ge - brauchten Fleiß / und nicht nach den Schrifften / und Anzahl der Blaͤtter / verordnen thaͤte.
Dem 4. Argu ment wird entgegengeſetzt / was im 2. Buch Moſis / Cap. 22. v. 8. und im 82. Pſalm / v. 2. und 7. ſtehet.
Auff den 5. Einwurff wird geantwortet / daß Chriſtus / an ſelbigem Ort / rede inſonderheit von der Verfolgung / und Truͤbſeeligkeiten / welche die Chriſten / wegen Bekantnus ſeines Namens / lei - den / und ausſtehen muͤſſen. Sonſten verbietet er die Freyheit / und rechtmaͤſſige Rach mitnichten / wie ſolches mit ſeinem eignen Exempel kan erwie - ſen werden / aus dem 18. Cap. Johannis / v. 23.
Es ſchadet gleichwol nicht / wann Juriſten / und die Aertzte / oder die Medici, einander mit der Ehr ſelbſten begegnen / und vorkommen / ſon -L iijderlich166Die XLV. Frag. derlich wann junge Doctores der Rechten / den al - ten Medicis, Fuͤrſtlichen Leib-Aertzten / oder auch den Senioribus, oder Decanis, in der medici niſchen Facul taͤt / aus Hoͤflichkeit / den Vorgang laſſen. Jm uͤbrigen ſihe hievon den §. 1. J. de juſtitia, & jure, l. 10. ff. eodem, §. 2. l. 1. §. 5. ff. de vartis, & extra cognitio, auth. habita C. ne filius pro patre, das Buch der Weisheit / Cap. 6. D. Joh. Geibar - dum dec. 9. quæſt. polit. 6. D. Jac. Martini, cent. 9. quæſt. illuſtr. Philoſ. d. 1. 9. 10. Bonav. Cot - tam diſquiſit. 1. Colleg. jur. Imperial. th. 9. und Andere mehr / ſo dieſe Frag abgehandelt haben. Jtem / ob ein Advocat / erlaubter Weiſe / wider ſeinen Gegentheil ſich des Betrugs / in einer gu - ten Sach / den Rechts - Handel deſto ehunden zu Ende zu bringen / gebrauchen moͤge? Und ob ei - ner / an einem Feyrtag / ſeinen Leuten / ſo bey ihme Raht ſuchen / dienen moͤge? Quirin. Kubach cent. 1. decur. 1. illuſtr. quæſt. Politico-juridicar. qu. 5. & cent. 2. decur. ult. qu. 5. da er auff beede Fra - gen / mit ſeiner Maß / Ja ſaget.
ALe ehrliche Geſellſchafft der Menſchen hat von der Natur ihren Urſprung / und wird ſonderlich durch Abgang / und Mangel / erhalten. Dann ſolchermachet /167Die XLVI. Frag. machet / daß nicht allein unter denen / ſo Lands - und Stadt-Leute ſeyn / ein ſtetiger Tauſch der jeni - gen Sachen / die einer hat / dem andern aber man - gelt / vorgehet; Sondern auch die Fremde das jenige / ſo ſie gleichſam inſonderheit vor Andern haben / zu Uns bringen / und hergegen etwas an - ders / daran ſie Mangel / bey uns abholen: Ja auch / durch Antrieb der Natur / und des Man - gels / oder aus einer andern Urſach (wie dann der Menſchlichen Sachen Faͤll mancherley ſeyn / und bisweilen einem auch ſeiner Landsleute Sitten / Gewonheit des Vatterlands / und die Religion daſelbſt / nicht annehmlich) / die Sitze veraͤndert / und dieſelbe in einem andern Land / und in einer andern Stadt / genommen / und geſucht werden: Welches nicht allein / vor Zeiten / gar gemein / ſon - dern auch noch heutigs Tags gebraͤuchlich iſt. Daher dann nicht allein von den Wanderſchaff - ten der Unſern; ſondern auch der Fremden / ob und welcher geſtalt ſolche zu gedulten / und ob ſie zu Burgern / in den Staͤdten / auffzunehmen ſey - en? gehandelt / und gefragt wird.
Was das Reiſen / und Wandern anbelangt / kan anderswo davon geredet werden. Alhie iſt al - lein deine Frag zu beantworten.
Und zwar ſeyn Erſtlich der jenigen Urſachen beyzubringen / ſo wider die Fremde / ſolche nicht auffzunehmen / oder zu gedulten / lauffen: Deren die 1. iſt / daß / vor Zeiten / die beruͤhmte Sparta -L iiijner /168Die XLVI. Frag. ner / oder Lacedæmonier / wie auch die Athenienſer / keine / die Roͤmer aber wenig Fremde gelitten; auch den Kindern Jſrael / im 2. Buch Moſis / C. 33. v. 33. und im 5. Buch / C. 7. v. 2. und 3. gebotten worden / daß ſie keine Fremde unter ſich leiden ſolten / damit ſie nicht von denſelben verfuͤh - ret / ſonderlich aber zu ihrer Abgoͤtterey / angerei - tzet werden moͤchten. Dann ſolche Gefahr / daß die Einheimiſchen / von ihrer alten Religion / durch die Fremde / verleitet werden koͤnnen / wol zu beden - cken iſt / auch S. Paulus ſeinen Corinthern / Epiſt. 2. C. 6. v. 14. befihlet / daß ſie nicht am fremden Joch / mit den Unglaubigen / ziehen ſollen. Und was von der Religion geſagt worden / kan auch auff die gute Sitten / und dergleichen gezogen wer - den / darinn bisweilen die Einwohner / von den Fremden / koͤnnen verderbt werden: wie man dann eher das Boͤſe / als das Gute / lernet / und annimt. Fuͤrs 2. daß die Veraͤnderung der Sprach / und der Kleidung / gemeinlich / mit den Fremden / an einem Ort / eingefuͤhret wird; welches man / im naͤchſten Teutſchen Krieg / wol erfahren hat: des groͤſſern Prachts / bey Hochzeiten / Malzeiten / und dergleichen / daruͤber ein groͤſſerer Geltman - gel in Teutſchland entſtanden / zu geſchweigen. 3. Daß die Fremden bisweilen ſich an einem Ort niderlaſſen / damit ſie alles ausforſchen / wol in Acht nehmen / und es ſodann andern zu wiſſen machen / und verrahten koͤnnen. Und iſt ohne das /wann -169Die XLVI. Frag. wanngleich einem Fremden wol zu trauen / und er unſchuldig iſt / nicht rahtſam / die Geheimnuſ - ſen demſelben zu offenbaren. 4. So richten biswei - len die Fremden / wann ſie ein Zeitlang an einem Ort gewohnt / und ihnen nicht alles / nach ihrem Belieben / dahergehet / Auffruhren an; oder ſe - hen / wie ſie andere um ihre alte Sitz / entweder mit Betrug / oder durch Gewalt / bringen / und ver - treiben. Daher auch von Verſtaͤndigen gerahten wird / daß ein Haus-Vatter nicht viel fremde Knecht / ſonderlich Landsleute / halte. 5. Wann auch eine Obrigkeit zuviel mit den Fremden um - gehet / ſo macht ſie ſich / bey den Einheimiſchen / ver - daͤchtig / und verhaſt / und erfaͤhret / bisweilen / der Fremden wanckelmuͤtigen Sinn / mit Schaden. Der Groſſe Alexander hat / in nichts mehrers / ſei - ner Kriegsleute Gemuͤt von ſich abgewendet / als / daß er die Perſen ſo befoͤrdert hat. Der Perſa Siſenes, oder Siſines, ſo lang in Macedonia gelebt / und / mit dem gedachten Alexander / ſich in Aſien begeben / iſt / von ſeinen Landsleuten / durch Schrei - ben / ihn / den Koͤnig / umzubringen / angereitzt wor - den. Liſe Curtium lib. 3. c. 7. c. f. Daraus zu ſehen / wannſchon etwan Fremde fuͤr ſich nichts Boͤſes im Simm haben / ſie doch / durch die Auslaͤnder / zu einem Bubenſtuck koͤnnen angetrieben werden. Und was dergleichen Urſachen mehr ſeyn moͤgen / ſo man wider die Fremde / und darunter / das zwi - ſchen den Burgern / und Fremden / kein rechte Lie -L vbe / und170Die XLVI. Frag. be / und kein rechtes Vertrauen ſeye / vorgebracht werden.
Hergegen Andere nicht ſchlechtere Urſachen haben / warum man die Fremde beherbergen / und zu Burgern auffnehmen ſolle. Und zwar die 1. auch aus H. Schrifft / als dem 2. Buch Moſis / Cap. 22. v. 21. dem Dritten / C. 19. v. 10. 33. Cap. 23. v. 22. und dem 5. Buch / C. 10. v. 19. und C. 24. v. 19. da Gott der HErr befihlt / die Gaͤſte / und Fremdlinge / auffs allerfreundlichſte zu halten. Mit dieſem Goͤttlichen Geſaͤtz ſtimmen auch uͤberein / das Natuͤrliche / und der Voͤlcker Recht. Dann was iſt Menſchlicher / als einen Jrrenden / Vertriebnen / und Beleidigten auff - nehmen? 2. So thut auch die Nutzbar - und ſchier gar die Nohtwendigkeit ſelber / den Fremden / in einem Gemeinen Stande / den Zugang eroͤffnen. Dann was macht denſelben / bey den Auslaͤndern / mehrers beliebt / und was bringt demſelben eine mehrere Gunſt / und Zierde; als wann ſie verneh - men / daß man die Fremdlinge gern beherbergt / und unterkommen laͤſt? Nun iſt einem Gemeinen Weſen viel daran gelegen / wann man gute Freun - de / und wolgeneigte Nachbarn hat. Was will man von der Kauffmanſchafft ſagen? welche / ohne Zulaſſung der Fremden / keines Wegs wol getrieben werden kan. So iſt es einem Gemeinen Stande auch darumen nutzlich / Fremde einzuneh - men / damit derſelbe nicht abnehme. Dann dieweilnicht171Die XLVI. Frag. nicht allein jede Menſchen / ſondern auch die Ge - ſchlechte / die Voͤlcker / mancherley Zufaͤllen / ſo nicht gezehlet / weniger verhuͤtet werden moͤgen / un - terworffen: Der Tod auch taͤglich etliche hinweg - nimt; und die Peſt bisweilen gantze Staͤdt aus - laͤret; und der Krieg groſſe Koͤnigreich einſam / und oͤd / macht: So iſt vonnoͤhten / wann dieſelbe nicht gar zu Grund gehen ſollen / daß ſie mit Fremden wider beſetzt werden; Zwar allgemach / und nicht auff einmal / auff daß / wann ſie Hauf - fenweis ſolten eingenommen werden / ſie die noch uͤbergebliebene alte Jnwohner nicht gantz un - terdrucken. Uber das koͤnnen auch die / ſo anders - woher / und gar aus weitentlegnen Orten / zu uns kommen / offtmals / mit gutem Raht / mit ihrem Gelt / guten Kuͤnſten / und in andere Weg / einem Gemeinen Weſen behuͤlfflich ſeyn / und daſſelbe zieren. Anderer Exempel zu geſchweigen / und al - lein alhie dieſes einigen zu gedencken / haben nicht die Griechen / ſo von dem Tuͤrckiſchen Tyrannen / aus ihrem Vatterland / vertrieben worden / die Griechiſche Sprach / mit ſich in Jtaliam / und Teutſchland / gebracht? 3. So ſolten die / ſo heff - tig wider die Fremde ſeyn / bedencken / daß wir in dieſer Welt nur Fremdling ſeyn / und keine blei - bende Statt haben / zun Hebræern am 13. v. 14. ſondern unſer Burger-Recht im Himmel ſeye / zun Philip. Cap. 3. v. 20. Und keiner gewißweiſt / ob er ſelber gewiß / bis ans Ende / in ſeinem Vatter -land /172Die XLVI. Frag. land / zu verbleiben? oder wohin etwan noch ſeine Kinder gerahten moͤchten? deswegen / was wir gerne haͤtten / daß auff ſolchen Fall uns gethan wuͤrde / ſollen wir andern auch thun; und ſolches deſto mehr / weil wir wiſſen / daß es Gott gefaͤllig; wie aus obangezognen Orten H. Schrifft / und dem Propheten Ezechiel / Cap. 47. v. 21. 22. er - ſcheinet. Es ſeyn auch die Alten Vaͤtter / und Verſtaͤndigen / hiewider nicht / ſagt Caſſiodorus, lib. 5. ep. 9. es ſeye voller Gottſeeligkeit / ein frem - des Volck / mit offentlichen Aemtern / ſich verbun - den zu machen / und nicht nur die Landsleute / zum Gewinn des Vermoͤgens / zuzulaſſen / ſondern auch die Fremde ſelbſten darzu einzuladen. Dann er / und andere / wol verſtanden / was etwan die Fremde / bey einer Stadt / fuͤr Nutzen / wie oben al - bereit angedeutet / ſchaffen moͤgen / und daß offt / durch eines Fremdlings Raht / Auffrichtigkeit / und Huͤlff / das Leben der Burger erhalten wor - den; wie ſolches / ſonderlich in den Kriegen / Auff - ruhren / und Belagerungen / geſchehen. Jſt nicht / durch Huͤlff eines Fremden / namlich des Ebed - melechi / eines Mohren / der Prophet Jeremias ſeiner Banden loß / und durch vernuͤnfftigen Raht / und Vorſichtigkeit des Joſephs / gantz E - gypten / und die benachbarte Laͤnder / in der Theu - rung / erhalten worden? Anderer dismal zu ge - ſchweigen. Die erſte Vermehrung der Stadt Rom haben die Sabiner gemacht: Koͤnig Rei -chard173Die XLVI. Frag. chard in Engelland hat / in kurtzem / die Stadt Londen erweitert / als er den Fremden / ſo zehen Jahr daſelbſt gewohnt / das Burger-Recht er - theilet hat: Und Koͤnig Caſimirus der Groſſe / das Koͤnigreich Polen Volckreicher / und beſſer erbau - ter gemacht / als er die Teutſche daſelbſt / mit ihrem Teutſchen Recht / einkommen laſſen. Anderer Laͤn - der / und Oerter / abermals alhie / Kuͤrtze halber / nicht zu gedencken.
Solche nun / und vielleicht andere mehrere / Ur - ſachen ſeyn der jenigen / ſo die Fremde auffzuneh - men rahten. Daruͤber dann / und uͤber des Gegen - theils obeingefuͤhrtes Bedencken / Theils ſolchen Ausſchlag geben / daß man das Burger-Recht nicht unbedaͤchtig einem jeden / ſo daherlaufft / ſon - dern alsdann den Fremden geben folle / wann es die offenbare Nutzbarkeit eines Gemeinen Stan - des / deſſen Erweiterung / Erbauung / Erleichte - rung der Beſchwerden / und Aufflagen / auch die Zierung / erfordert / und zulaſſet; namlich / wann ein groſſer Abgang an Burgern / wann die Frem - de ehrliche Leute / wann ſie / auſſer ihrer Verſchul - digung / in Ungluͤck gerahten / aus einem friedli - chen Lande / ſonderlich / wann ſie / wegen der waa - ren Religion / vertrieben worden ſeyn; jedoch der - geſtalt / daß man ſie (auſſer erheblichen Urſachen / und wo es etwan braͤuchig iſt) nicht in den Raht / und Gericht / oder zur Regierung / ziehe: auch daß ihr Anzahl / und Gewalt / nit zu groß werde. Sihe174Die XLVII. Frag. Sihe Caſum lib. 5. Sph. Civit. c. 1. & 3. Richte - rum axiom. polit. 383. & 384. Keckerman. Syſt. polit. p. 377. Iacob. Martini cent. 5. diſp. 6. qu. 9. & cent. 8. diſp. 5. qu. 10.
WAs das Erſte anbelangt / ſo haben die Hebræer die Banckart nicht auffgenommen bis in das zehende Ge - ſchlecht / wie zu leſen aus dem 5. Buch Moſis / Cap. 23. v. 2. Dann die Ehr des Eheſtands ſcheinet ſolches zu rahten / und weil ſolche Exempel viel Schaden bringen / ein weites Fenſter / und Thor / zur Unzucht eroͤffnen. Und ſeyn ſolche un - ehrlich Geborne gemeinlich unruͤhige Leute / und boͤſer / als andere / wegen des boͤſen Anfangs / und uͤbler Erziehung: und daher unangenehm / und verhaſt / mit denen ehrliche Leute nicht gern viel zu thun haben; weil ſie auch unbeſtaͤndiges Gemuͤts ſeyn / nicht allweg Glauben halten / und keine gu - te Soldaten geben ſollen. Und werden ſie im Geiſt - lichen Recht fuͤr unehrlich gehalten c. ſi gens An - glorum diſt. 56. c. conjunctiones. 35. q. 2. c cum mul. tæ. 15. q. 8. der Ehebrecher Kinderſeyn ein Greuel vor GOtt. Wider ſie redet das 3. Capitel desBuchs175Die XLVII. Frag. Buchs der Weisheit gar ſcharff / und ſagt / unter anderm alſo: Die Kinder der Ehebrecher gedey - en nicht / und der Same aus unrechtem Bette wird vertilget werden. Und ob ſie gleich lang leben / ſo muͤſſen ſie doch endlich zu Schanden werden / und ihr Alter wird doch zuletzt ohne Ehre ſeyn. Was aus der Hurerey gepflantzet wird / das wird nicht tieff wurtzeln / noch gewiſſen Grund ſetzen. Die Kinder / ſo aus unehelichem Beyſchlaff geboren werden / muͤſſen zeugen von der Eltern Bosheit / wider die Eltern / wann man ſie fraget. Sihe / was Ioan. Biſſelius, dec. 2. illuſtrium ab Orbe condito Ruinarum, ruinâ 3. p. 110. wider die Banckart / ſchreibet. Bey den Athenienſern ſeyn / vor Zeiten / die Banckart von den Burgerlichen Aemtern ausgeſchloſſen geweſen: S. Plutarch. in Pericle, und / nach dem Roͤmiſchen Recht / ſtehen die Eh - ren-Pforten / ordenlicher Weiſe / den Banckarten nicht offen / argu. l. honor, §. de honoribus, ff. de muner. & hono. dieweil der Obrigkeit Anſehen / und Hochheit / eine Unehr angethan wird / wann dergleichen Geſellen zu Raͤhten / und offentlichen Ehren / zugelaſſen werden. Es wurden auch die Aemter ſelbſten verachtet / wañ / ohne Unterſchied / Eheliche / und Uneheliche / ſolche verwalten thaͤ - ten: Dardurch auch leichtlich allerley Uneinig - keiten entſtehen moͤchten.
Hergegen ſeyn auch Urſachen / warum man et - was vom ſtrengen Recht ablaſſen / den Banckar -176Die XLVII. Frag. ten ihrer Eltern Verbrechen nachſehen / und ſie zu Burgern auffnehmen kan / ob ſie wol nicht alſo / wie die ehelich Geborne / leuchten / und / ihres Her - kommens halber / ſich ruͤhmen koͤnnen; wann ſie nur tugendhafft ſeyn / und ſich wol verdient ma - chen. Dann der Sohn ſoll nicht tragen die Miſ - ſethat ſeines Vatters / Ezechiel. Cap. 18. v. 20. Die Menſchen / woher ſie auch kommen / ſeyn Gottes Creatur / c. undecunque. 56. diſt. Und kan die Geburt ſelbſten einen im geringſten nicht befle - cken / c. nunquam, diſt. eâdem: und kan des Vat - tern Ubelthat dem Sohn kein Schandflecken an - haͤngen / l. crimen ff. de Pœnis; und iſt mehrers der Natur Unguͤtigkeit zuzuſchreiben / ſo dergleichen herfuͤrgebracht. Und hat man viel Exempel / daß die Uneheliche Andern / an Tugenden / und Ge - ſchicklichkeiten / vorgangen ſeyn. Sihe Palæot. de Spuriis, und Tiraquell. in tr. de Nobilit. Es ſeyn auch Uneheliche in die Geburts-Lini Chriſti ge - rechnet worden / c. Dominus. 56. diſt. Iephthe, einer Huren Sohn / iſt unter die Richter in Jſrael ge - zehlet worden / im Buch der Richter / Cap. 11. Und haben vor Zeiten die Banckarten zu hohen Ehren koͤnnen erhebt werden / l. generaliter §. 2. & l. Spurii, ff. de Decurionibus, & filiis eorum.
Auff das obangezogene 3. Cap. der Weisheit antworten Theils / daß es ſcheine / ſolches nur von den Kindern der Ehebrecher zu verſtehen ſeye / an welche der Eltern Miſſethat / durch erbliche Nach -folg /177Die XLVII. Frag. folg / kommet; und die in ihrer gottloſen Eltern Fußſtapffen tretten / und denſelben beharrlich nachſetzen; nicht von denen / ſo denſelben nicht nachfolgen / ſondern ſich ehrlich / und loͤblich ver - halten. Jtem / daß das oberwehnte Geſaͤtz im 5. Buch Moſis dahin ſehe / daß die Erbarkeit gruͤ - ne / und daraus erſcheine / wie GOtt dem HErrn die ungebuͤrliche Vermiſchung ein Greuel ſeye; nicht / daß man / in ſolcher Sach / keines Wegs ſol - te diſponi ren koͤnnen. Allein erinnern ſie dabey / daß man ſolche Banckarten zu keinem Kirchen - Dienſt nehmen / auch nicht leichtlich ihnen ein Obrigkeits-Stell einraumen ſolle. Welche Aus - ſchlieſſung von offentlichen Aemtern nicht eigent - lich eine Straff / ſondern ein Creutz / zu nennen; ſo ſie deſto gedultiger in dieſem Leben zu tragen ha - ben / und die auch obenangezogene holdſelige Stim̃ / beym Proph. Ezech. am 18. mit danckbarem Ge - muͤt erkennen ſollen / dardurch ihnen die Erledi - gung von der ewigen Pein / und die Milderung der zeitlichen Straffen / ſo irgends eine zu gewar - ten / verſprochen wird / jedoch / daß ſie ſich auff den Weg der Gottſeligkeit / und der Tugend / zu gehen ſich befleiſſen / und auff demſelben beſtaͤndig ver - bleiben. Sihe D. Iacob. Martini, cent. 9. quæſt. illuſtr. Philoſoph. diſp. 2. qu. 10. und D. Ioh. Ger - hard. quæſt. polit. dec. 9. qu. 7. Quirin. Kubach cent. 1. decur. 5. qu. 4. ſagt kuͤrtzlich alſo: Melius illi mchi videntur ſentire, qui putant, ſpuriosMpoſſe178Die XLVII. Frag. poſſe civitate donari, ſeu cives eſſe, &c.
Was den Andern Frag-Puncten anbelangt / ſo ſeyn die Banckart von der Doctora liſchen / und Magi ſtraliſchen dignitet, oder Wuͤrdigkeit / nicht auszuſchlieſſen / arg. l. Spurii 6. ff. de Decurionibus, l. 21. C. ad L. Cornel. de Fals. dieweil / wer ſich mit ſeiner eignen Tugend zieret / mit ſeiner Eltern Schmach nicht ſoll entzieret / oder entunehret wer - den / c. nunquam, diſt. 56. ſintemal / im Ehebruch / (oder von einer Beyſchlaͤfferin) geboren werden / iſt deſſen Schuld nicht / der geboren wird / ſondern deſſen / der ihn gebehret / oder erzeuget / c. naſcid. diſt. 56. Palæott. in tr. de Spur. c. 56. es ſeye dann / daß die Gewonheit eines Orts darwider iſt; dar - auff man dann zu ſehen hat / l. de quibus. 32. ff. de Legibus. Sihe Bonavent. Cottam, diſquiſit. Colleg. Iur. Imp. 3. th. 68.
DAs mehr als ein Weib neh - men iſt zweyerley / eines / wann / durch den Todt / das erſte Weib dem Mann entzogen wird / und er ein andere nimt: und dasander /179Die XLVIII. Frag. ander / wann einer / auff einmal mehr / als ein Ehe - weib / hat.
Daß / nach dem Tode des erſten Weibs / man ſich nicht wider verheuraten ſolle / haben nicht al - lein theils der alten Heyden / ſondern auch etliche aus den Chriſten gewolt. Von den Roͤmern be - zeugets Valerius Maximus, lib. 2. c. 1. Daher etliche Roͤmiſche Frauen lieber die uͤbrige Zeit ih - res Lebens im Wittibſtande zubringen / als ſich wider verheuraten wollen. Bey der Portia, des Bruti Gemahlin / als ein Weib / ſo ſonſt von guten Sitten geweſen / aber wider einen Mann genom - men hatte / gelobet ward / hat Portia geantwortet: Daß ein gluͤckhaffte / und keuſche Matron / nicht mehr / als einmal ſich verheurate. Ein andere ward / von den Freunden / ermahnet / daß ſie / nach Abgang des erſten Ehemans / einen andern neh - men ſolte / dieweil ſie noch jung / und gar ſchoͤn we - re; deren das eine / Hoffnung / Kinder zu bekom - men / machte / das ander / eine Gegenlieb verſpre - chen thaͤte; Aber / ſie ſagte / das will ich keines Wegs thun: Dann / wann ich einen frommen Mann bekomme / muß ich foͤrchten / ſolchen wider zu verlieren; bekomme ich aber einen boͤſen; was muͤſte mich vor eine Thorheit angehen / daß ich / nach einem guten / einen ſo boͤſen zulaſſen ſolte. Daß dieſer Meinung auch andere Voͤlcker gewe - ſen / erſcheinet daraus / weilen der Geſaͤtz-Geber Charondas, die andere Ehe / in ſeinen Geſaͤtzen /M ijver -180Die XLVIII. Frag. verbotten hat / wie beym Theodoro Siculo, und daß / bey theils Teutſchen / nur die Jungfrauen ſich ver - heuratet haben / beym Tacito, de moribus Germa - norum, zu leſen iſt. Unter den alten Chriſten / ſo von der andern Ehe uͤbel geurtheilt / ſeyn geweſen die Cathari, und Montaniſtæ, und der es mit ihnen gehalten Tertullianus; item die Novatiani; des gleichen Gregor. Nazianzenus, Origenes, Chry - ſoſtomus, Hieronymus. Theils wollen / daß die Na - tur gleichſam etlichen Thieren es eingepflantzt ha - be / wann eines aus denſelben / ſo ſich zuſammenge - ſellet / ſtelle / daß das ander alsdann einſam bis an ſein Ende verbleibe; als wie ſolches von den Kraͤ - hen / und Turteltauben erzehlet wird. Daß es aber auch im Neuen Teſtament erlaubt ſeye / wann ein Ehefrau ſtirbt / wider eine andere zu nehmen / wird aus den Apoſtoliſchen Spruͤchen / 1. Corinth. 7. v. 39. 1. an Timoth. C. 5. v. 14. zun Roͤmern am 7. v. 3. und aus Auguſtini lib. 16. de Civit. Dei, c. 34. erwieſen. Sihe D. Iacob. Martini, cent. 6. quæſt. illuſtr. Philoſ. diſp. 8. qu. ult. der auch daſelbſten das Exempel von der obgedachten Portia, und anders mehr / hat.
Die Ander Art des vielen Weibernehmens iſt / wann einer / auff eine Zeit / und zugleich / mehr / als ein Weib / hat: ſo erſtlich der Lamech auffge - bracht hat / im 1. Buch Moſis / Cap. 4. v. 19. und ſolchen Brauch hernach Abraham / Jacob / Da - vid / Salomo / und andere: auch viel / um den An -fang181Die XLVIII. Frag. fang deß Neuen Teſtaments / unter den Chriſten behalten haben; und Theils Widertaͤuffer / zur Zeit D. Luthers / gern ſolchen auffgebracht haͤtten; aber / heutigs Tags / unter ihnen nicht mehr zuge - laſſen iſt. Dann / obwoln Gott der HErr / im Al - ten Teſtament / einem mehr / als ein Weib / inſon - derheit zu dem Ende geſtattet / daß es zu Vermeh - rung des Samens Abrahams gedienet / ſo hat er doch ſolches nie gebillichet; hat auch / im Neuen Teſtament / ſolcher Zulaſſungs Urſach auffge - hoͤrt; und iſt der erſten Einſatzung des Ehe - ſtands im 1. Buch Moſis / Cap. 2. v. 24. zuwi - der. Liſe den Ausſpruch Chriſti des HErrn hier - uͤber beym Matthæo / Cap. 19. und was der A - poſtel in der 1. an die Corinther / Cap. 7. v. 2. be - fihlet. Und ob zwar Anfangs / im Neuen Teſta - ment / viel / ſo wol Juden / als Heyden / ſo mehr / als ein Weib hatten / zu Chriſto bekehrt worden / ſo ſeyn ſie doch nicht zugelaſſen worden / ſie haben dann die letztere Weiber hinweggethan: Oder aber / wann ſolches ſchwerlich hat geſchehen koͤn - nen / und man ſie nichts deſtoweniger auffgenom - men; ſo iſt ihnen doch ſolche That unehrlich gewe - ſen / und hat ſie zwar Paulus 1. Timoth. Cap. 3. zum Chriſtenthum zugelaſſen; aber nicht zum Kirchendienſt. Und was des Graven von Glei - chen / in Thuͤringen / Exempel anbelangt / der zwey Weiber gehabt / wie deſſen Gedaͤchtnus noch zu Erfurt / bey S. Peter / zu ſehen; ſo hat ihn nichtM iijder182Die XLVIII. Frag. der alte Gebrauch / auch nicht die Geilheit / ſon - dern die Begierde zur Freyheit / und die aͤuſſer - ſte Noht darzu vermoͤcht. Und hat man nicht zu ſehen / was geſchehen / oder geſchehen moͤch - te / ſondern was zu thun erlaubt ſeye; Iac. Mar - tini, an obangezognem Ort. Ein mehrers hievon hat D. Ioan. Forſterus, probl. 7. dec. 2. ex Decalo - go. Sihe auch / was Kubach cent. 1. dec. 10. qu. 8. ſchreibet / und den Meiſner. part. 1. Phil. Sobriæ ſect. 2. c. ult. ſo die beſagte Patres entſchuldigen will / anziehet; aber ſeiner Meinung nicht iſt.
Was den Andern Frags-Puncten anbelangt / ſo werden die Weibsperſonen beſchuldiget / daß ſie der Wolluſt begierig ſeyen; wiewol nicht alle: und beſchreibet Joh. Biſſelius eines boͤſen Weibs Lob / aus Ephræmo, dec. 2. ruinâ 9. p. 470. Aber eines Weibs Geilheit kan ihres Manns Anſehen / und Auffrichtigkeit nicht beſchmitzen / oder ver - kleinern / hat auch er deſſen nicht zu entgelten: es ſeye dann / daß er / zu ihrer Schandloſigkeit / durch die Finger ſehe / und mit Willen darzu ſtillſchwei - ge. Sihe / was beym Propheten Ezechiel / Cap. 18. v. 20. zun Galatern am 6. v. 5. zun Roͤmern am 14. v. 12. ſtehet. Da dem weiſen Stilponi, vom Metrocle Cynico, als eine Schmach / vorgeruckt ward / daß er eine unzuͤchtige Tochter haͤtte / hat Stilpo, den Metroclem gefragt / ob das Verbre - chen ſein / oder ſeiner Tochter were? Und da Me - trocles geantwortet / die Suͤnd iſt der Tochter / aberdas183Die XLIX. Frag. das Ungluͤck iſt dein / hat Stilpo weiter gefragt / wie kan das ſeyn? ſeyn nicht die Suͤnde / Faͤhler? Metrocl. Ja. Stilpo, Seyn nicht die Faͤhler der jenigen / ſo gefallen ſeyn / auch Jrrtuͤmer geweſen? Metr. Ja. Stil Und ſeyn nicht die Jrrtuͤmer der jenigen / ſo geirret / Ungluͤck? mit welchen Wor - ten dann der weiſe Mann erwieſen / daß niemand eines andern Suͤnde ſollen zugerechnet werden. D. Jac. Mart. cent. 8. diſp. 4. quæſt. 10.
THeils ſagen Nein / dieweil ſie zur Geilheit / und boͤſen Exempeln / Urſach geben: Sie auch anſehenlichen Leuten uͤbel anſtehen: Es were GOtt zu groſſer Schmach gereicht / als / durch den Tantz / ſein lieb - ſter Prophet Johannes umgebracht worden: und ſeye ein jeder Sprung im Tantz / ein Sprung zum Abgrund der Hoͤllen: Mitten im Zirckel ſtehe der Teuffel / von deme alle Jungfrauen in der lin - cken Hand / zur Anzeig der Bosheit / herumge - fuͤhrt werden: alle Bewegung der Leichtfertig - keit were ein Sprung in die Tieffe der Kloak. Sanct Chryſoſtomus nents Teuffliſche Taͤntz / und daß die Chriſten ihre Seel ins Verderben geben thaͤten: Calvinus, daß es Merckzeichen einer huͤriſchen Leichtfertigkeit ſeyen: und ſolle Iul. Cæſar Scaliger. M iiijgeſagt184Die XLIX. Frag. geſagt haben / daß er keine groͤſſere Thorheit in der Welt / als das Tantzen / geſehen haͤtte: und Ludovicus Vives haͤlt darfuͤr / es nutz ſeye / daß ei - ne Jungfrau zum tantzen ſich nicht gewehne; und ſagt / daß / eins mals / Fremde in dieſe Laͤnder kom - men / und von ferne den Taͤntzern zugeſehen / aber die Muſik nicht gehoͤrt / und vermeint / unſere Leu - te weren durch eine ſonderbare Art der Unſinnig - keit eingenommen. Jm Kaͤiſerlichen Recht waren ſie / vor Zeiten / verbotten / l. dies feſtos. 11. C. de fe - riis: wie auch in etlichen Conciliis. Kaͤiſer Albertus pflegte zu ſagen / das Jagen were eine Maͤnnliche Ubung / das Tantzen aber gehoͤrte fuͤr die Wei - ber; Kaͤiſer Fridericus III. wolte lieber das Fie - ber haben / als Tantzen: und Koͤnig Alphonſus in Aragonien / und Sicilien / hielte die Frantzoſen fuͤr leichtfertig / weil ſie ſich den Taͤntzen ergeben thaͤten; und meldet Bodinus lib. 4. de Rep. c. 2. n. 406. ums Ende / daß das Rahthaus zu Magde - burg / mit den Burgern / ſo getantzt / durch von Himmel gefallenes Feuer / gantz abgebrant worden ſeye. Und was dergleichen mehr / wider die Taͤntze / vorgebracht wird.
Andere unterſcheiden die Taͤntze / und ſagen / daß theils boͤſe / unzuͤchtige / und ſchandloſe / als die nackende / naͤchtliche / unzimliche Hahnen / und dergleichen Taͤntze ſeyen; ſo / als ſuͤndliche / billich zu fliehen / und zu verbieten / und von denen die an - gedeute Concilia, Gangrenſe, & Elibertinum, itemdie185Die XLIX. Frag. die Patres, reden thaͤten: Andere aber ehrliche / und zuͤchtige / ſo bey Tag geſchehen / und zulaͤſſig ſeyen. Das Tantzen iſt / vor Alters / zu ehrlicher Ergetzlichkeit / und Freude / vornemlich des Jun - gen Volcks / gehalten worden / wie in der Chur - fuͤrſtlichen Saͤchſiſchen Ordnung / tit. von unor - denlichen Taͤntzen / ſtehet: auch man aus Plutarcho ſchreibet / daß / bey den Griechen / die Muſik / und das Tantzen / angenehm / und lobenswerth gewe - ſen. So ſagt der Prediger Salomo / Cap. 3. v. 4. Tantzen hab ſeine Zeit: Und wollen ſie auch aus dem 11. Cap. Matthæi / v. 17. erweiſen / daß das Tantzen nicht verbotten. Und Doct. Luther ſchrei - be im 4. Jenenſ. Theil ſeiner Buͤcher / am 133. Blat: Daß man von Tantzen ſaget / es bringe viel Reitzung zu Suͤnden / iſt waar / wenn es uͤber die Maß / und Zucht / faͤhret. Aber es kan auch einer wol mit einer bulen / die weder Schmuck / noch Schoͤne hat / denn die Liebe iſt blind / faͤllet ſo ſchier auff einen Kuͤhe-Dreck / als auff ein Lilien-Blat. Drumb / weil Tantzen auch der Weltbrauch iſt / des jungen Volcks / das zur Ehe greifft / ſo es auch zuͤchtig / ohn ſchandbare Weiſe / Worten / oder Geberde / nur zur Freude geſchicht / iſts nicht zu verdammen. Bis hieher Lutherus. Andere ſa - gen / wann das Tantzen wegen einer guten / und ehrlichen Endurſach / geſchehe / und die gebuͤrende Maß / in Anſehung der Perſonen / des Orts / der Zeit / und dergleichen Umſtaͤnden in Acht genom -M vmen186Die XLIX. Frag. men werde / ſo ſeye ſolches nicht zu verdammen; weilen daſſelbe nicht allein zur Leibs-Staͤrcke / und Geſundheit / wann es maͤſſig / und hoͤflich geſchi - het; ſondern auch zur ehrlichen Ergetzlichkeit / die - net / und auch die Trunckenheit dardurch abge - wendet / und verhuͤtet wird. So werden im Tan - tzen offtmals ehrliche Juͤnglinge / und Jungfrau - en / miteinander bekant / und dardurch ein Anfang zu ehrlicher Verheuratung gemacht. Es werden auch junge Leut zur Leutſeelig - und Hoͤflichkeit dardurch angereitzt / und gewehnet. Und thut / ſon - ders Zweiffels / deswegen Danæus ſelbſten / lib. 2. Eth. Chriſt. nicht alles Tantzen / wie Andere / ſo ſei - ner Religion ſeyn / ſondern nur das jenige ver - werffen / welches die Geilheit zu erwecken / und zu vermehren pfleget. Es iſt in Franckreich / und En - gelland / erlaubt / die Weibsperſonen zu kuͤſſen; ſo viel eine mehrere Anreitzung zur Geilheit ſeyn kan / als das Tantzen; wann daſſelbe / von ehrlichen Perſonen / an einem ehrlichen Ort / und in Bey - ſeyn ehrlicher Leute / nicht mit ungebuͤrenden um - herdraͤhen / und unzuͤchtigen Geberden / auch nicht zur Unzeit / und wann man in der Kirchen ſeyn ſol - le / geſchihet; wie die jenigen gethan / ſo auff einer Brucken getantzt / und daruͤber den Gottesdienſt verſaumt; aber / als die Brucken bald gebrochen / ihrer bey die 200. im Waſſer / wie Cranzius be - richtet / erſoffen ſeyn. S. D. Ioan. Forſterum, dec. 2. problem. ex Decalogo. 10. D. Ioan. Gerhard. dec. 8. quæſt. 187Die L. Frag. quæſt. polit. 6. D. Iac. Martini, cent. 7. quæſt. il - luſtr. philoſoph. diſp. 4. qu. 10. Thom. Sagittarium, exercit. Eth. 9. th. 6. Ioh. Crügerum, in Horto Vir - tætum, qu. 70. und die ſie daſelbſt anziehen.
THeils bey den Alten haben den Sachen zu wenig gethan / als der Phi - loſophus Theodorus, der Diogenes, die Al - bani, die Sabæi, der Saladinus, und andere mehr: Theils / als die Chriſten / und Maͤrtyrer / haben die Ehr nicht haben moͤgen / daß ſie begraben haͤt - ten moͤgen werden; ſondern des Himmels Decke / oder das Waſſer / ihr Grab geweſen.
Theils haben eine ſeltzame Weiſe mit ihren Todten gebraucht / als / die Colchi, ſo die Verſtorb - ne an die Baͤume gehenckt; ſo auch die Parthi, Bactriani, und Caſpii ſollen gethan haben: Die Roͤmer haben ſie verbrant / ſo auch noch jetzt die Heydniſche Jndianer thun. Die Lothophagi, und Ichthyophagi haben die Jhre ins Meer geworf - fen: Die Hircani den Hunden vorgeworffen: Die Perſen den Voͤgeln / und Hunden: Die Maſ - ſagetæ, und Derbitæ, haben ihre alte Eltern / und Befreundte / geſchlachtet / und gefreſſen: Die E - gyptier haben der Verſtorbnen Coͤrper balſamirt / mit ſonderm Gewuͤrtz / und Cedern Pulver / ein -gemacht /188Die L. Frag. gemacht / daß ſie mehr / als zwey tauſend Jahr / alſo ſeyn erhalten worden / auſſer der Fluͤß / und des Eingeweids. Von den Moſcowitern ſchreibet Reinoldus Heidenſten. vom Moſcowitiſchen Krieg / daß ſie ihre Todten / ein Jahr lang / in ihren Tod - ten-Truhen / an einem gewoͤlbten Ort / auffbehal - ten / ehe ſie ſolche in die Erde begraben. Jn den Ar - rianicis Inſulis ſollen der Menſchen Leiber nicht verfaulen / daher man ſie unter dem freyen Him - mel ligen laͤſt. Theils der Tartar freſſen der zum Todte verurtheilten Coͤrper. Die alten Teutſchen haben die Todten verbrant. Und wer will alle der Alten / wie auch der noch vorhandenen Voͤlcker zum Theil / Gebraͤuch erzehlen.
Der gemeiniſte iſt / heutigs Tags / daß die Ver - ſtorbne in die Erden verſcharret werden / von der ſie kommen ſeyn. Welches nicht allein die Heiligen im Volck Gottes; ſondern auch / vor Zeiten / die Athenienſer / und die in Æthiovia; ja die Roͤmer ſelbſten / ehe das Verbrennen bey ihnen auffkom - men / gethan haben. Und ſolche Gewonheit ſchei - net auch am naͤchſten mit der Goͤttlichen Vorſa - gung / im 1. Buch Moſis / Cap. 3. v. 19. Du ſolt zu Erden werden / uͤbereinzukommen.
Allein ſolle kein groſſer Pracht / wie etwan zu geſchehen pfleget / damit getrieben werden. Dann ſolcher gereichet mehr den Lebendigen zum Scha - den / als den Verſtorbnen zum Behuͤlff. Und iſt ſonderlich der Gebrauch an theils Orten nicht zuloben /189Die L. Frag. loben / da man / nach der Leich / Gaſtungen anſtel - let / und ſtarck trincken thut / ſo ſich zu einer Klag / und bey den betruͤbten Hertzen / gar nicht ſchicket. Sihe Henr. Salmuth. parts 1. Comment. in Pan - cirol. de Exequiis Mortuorum, Sagittar. exercit. Eth. 9. th. 8. p. 237. Und von deme / was oben ſte - het / Gerhard. dec. 8. qu. polit. 9. & 10. Jac. Mar - tini, cent. 7. quæſt. illuſtr. Philoſ. diſp. 7. 9. 10. & diſp. 8. qu. 10. Und die ſie daſelbſt anziehen / als Cœl. Rhodigin. in Antiq. Lectionibus, Plinium, Scaliger. in exercit. Camerar. in meditat. hiſt. Po - lyd. Vergil. dererum invent. Kirchmannum in li - bro de Funeribus Romanorum, Alex. ab Alex. in genial. dier. Opere, Ortelium in Theatro Orbis, de Hibernia, Textorem in Officina; und viel An - dere mehr. Von der Klagheit ſihe l. ſi qua. 2. C. de ſecund. nupt. und Nicol. Henelium in otio Ura - tislav. cap. 5.
ES haben die Erfahrnen der Eigenſchafften / und Glieder / des Menſchlichen Leibs / die dritte deſſelben Austheilung dem Bauch verordnet: Deſſelbi - gen Anfang auswendig / gleich unter der Bruſt /inwen -190Die LI. Frag. inwendig aber / von dem Zwerchfell / Leiſten / oder Diaphragma / abwarts geſtellet / und bis zum Anfang der Schenckel erſtrecket: Daß alſo dieſer Theil begreifft / auswendig / folgende Glieder / als / am vordern Theil / den Nabel / der gleich / als ein Mittel des gantzen Leibs / wie auch des Bauchs / iſt. Unter dieſem folgen beyder Geſchlechts Ge - burts-Glieder; am hintern Theil aber ſeyn die Lenden / und Arßbacken / welche die Miſtpforten / oder den Maßgang / bedecken. Die innerliche Glieder ſeyn Magen / Leber / Gallen / Nieren / Blatter / Daͤrm; und / bey dem Weiber-Volck / die Mutter. Dieſe alle ſeyn viel gefaͤhrlichen Kranckheiten unterworffen.
Vor dieſes Mal / auff deine unterſchiedliche Fragen zu antworten / und zwar erſtlich ins ge - mein / ſo ſeyn / vor allem / die verſtaͤndige Aertzte hierinn / wie in andern des Leibs Gebreſten / Rahts zu fragen. Gleichwol aber deinem Begehren in et - was ein Genuͤgen zu thun / ſo will ich fuͤrs
I. Etliche Mittel / ſo man in den gedruckten / ſonderlich aber geſchriebnen Buͤchern / gefunden / und an denen Orten / da man keine Doctores der Artzney gehabt / fuͤr gewiß / und bewaͤhrt zu ſeyn / erfahren / hieher bringen; Als einen / bey einer von Adel gefundenen Zedel / des D. Schweick - harts / ſo alſo gelautet: ℞. Syr. Roſati Solutivi ℥ js, de floribus Perſicorum ℥ ij, cum decocto florum, & fructuum q. ſ. fiat potio, darunter des EdelmannsMutter191Die LI. Frag. Mutter geſchrieben hatte: Das Recept hat mich / mit der Huͤlff Gottes / geholffen / da ich ſehr im Leib verſtopffet war / und ſonſt nichts mehr helffen wolte. Sie war aber einer Choleriſchen / und San - guiniſchen Natur. Andere eſſen Pferſich / vor anderer Speiß: Oder eſſen die Bluͤhe / wie einen Salat / bereitet. Einer Frauen hat endlich geholf - fen ein halb Loth Senisblaͤtter wol gepulvert / und auff ein in Wein geduncktes Schnitlein Brots geſtreuet / und alſo geſſen. Einer rahtet / wann ſonſt nichts helffen wolle / ſo ſoll man den achten Theil einer Maß Brantenweins / der kleinern Maß / und ein Achttheil Leinoͤl / ſamt einem Loͤffel voll Jungfrauen-Honigs / nehmen / und es austrin - cken. Ein Freyherr / ſo viel Tag verſtopfft geweſen / und ihme ſonſt nichts helffen wollen / hat laſſen blau Lilienwurtzel unterwerts ausgraben / ſolche in einem Moͤrſer zerſtoſſen / und hat des Saffts einen Loͤffel voll ausgetruncken; davon er / ohne Schaden / bald offnen Leibs worden. Zu den Stul - Zaͤpfflein gebrauchen theils ein halbe umgewente / und in Baum-Oel geweichte Feigen: oder ein Strimpffl von Unſchlit-Kertzen / machens for - nen ſpitzig / und nehmens zu ſich: oder / das weiſſe von einem Ey / und Saltz / jedes gleich viel / ma - chens zu einem Teiglein / und aus ſolchem Stul - zaͤpfflein / die ſie hartlecht werden laſſen / darnach ſelbige mit Baumoͤl beſchmieren / und ſolche / an gebuͤrendem Ort / einſtecken. Andere nehmen / anStatt192Die LI. Frag. Statt eines Clyſtiers / ein feiſte Fleiſchbruͤhe / mit Chamillen-Oel. Oben einzunehmen / rahtet man den Pfeffer / vor anderer Speiſe / genommen. Fuͤr die zarte Perſonen ein Muͤslein / aus den jungen Holderſchoͤßlingen / mit Spinat / und feiſter Fleiſchbruͤhe / genoſſen; oder das Pulver aus den Schoͤßlingen in einer Fleiſchbruͤhe; oder die mittelſte Rind davon gepulvert / und in Wein ein - genommen / ſoll oben / und unten treiben: oder das Marck aus den Caſſienroͤhren / anderthalb Loth / Rhabarber / 2. Scrupel / der edlen Spicanardi / 10. Gerſtenkoͤrner / und des Diagridii, 5. Gerſten - koͤrnlein ſchwer / daraus / mit Zucker / ein Latwerg - lein gemacht werden ſolle. Und thut man / mit der beſagten Caſſia / gar ſicherlich purgiren; man gibt der Caſſienbluͤhe anderthalb Quintlein / den Kindern; denen aber / ſo etwas erwachſen / und den ſchwangen Weibern / zwey Loth; die Starcken koͤnnen 3. Loth brauchen / entweder allein geeſſen / oder in einer Huͤnerbruͤhe zertrieben. Die aber ei - nen bloͤden / und feuchten Magen haben / ſollen der Caſſien muͤſſig gehn. Schweinbrotſafft in den Nabel gethan / ſolle gewiß treiben. Ein par Loth / oder mehr / friſch Baumoͤl / mit einem Trunck warmen Biers / eingenommen / iſt auch gut: item / Zwetſchen mit Waſſer / und ein wenig Wein / geſotten / dieſelbe geſſen / und die Bruͤhe da - von getruncken: Oder koche Senis-Blaͤtter 1. Loth / mit Zwetſchen / und kleinen Roſinlein / undiſſe /193Die LI. Frag. iſſe / oder trincke davon. Sonſten nimt man 1. Loth Senisblaͤtter / und ſiedets mit Zwetſchen / thut ein wenig Jngber / und etwas von den Hertzblumen / als / rohten Roſen / und dergleichen / darzu / druckts hernach aus / und gibt ein Achttheil einer Maß davon zu trincken. Oder / nimm des Pulvers von Senetblaͤttern ein Theil / und Zucker zween Theil / auch ein wenig Jngberſtup / weich ein Semelſchni - ten in Wein / thue hernach dieſe Triſaney darauff / und iß ein Stund vor dem Nachteſſen / purgirt gar gelind. Theils gebrauchen ſich des Spiesglas / oder Antimonii, ſo viel auff einen Meſſerſpitzen ge - het / in Wein / oder Bier / jedoch daß es etliche Stund mit dem Wein / oder Bier / ſtehe. Man muß aber zuſehen / daß man das / ſo ſich am Bo - den ſetzet / nicht zugleich mit austrincke; dann ſolch Antimonium des Queckſilbers / und des Schwefels / aber mehr erdiſche / und dem Glas gleichende / Natur hat; Keckerman. Syſtem. phyſ. lib. 5. cap. 4. p. 621. Den Leib behaͤlt offen Butter / in einer Nußſchalen uͤber den Nabel gelegt; item / ein kalte Milch / ohne Brod / Morgens fruͤhe ge - truncken: Oder / eine gebaͤhet Schnitten Brods in Baumoͤl gedunckt / und Morgens geſſen. O - der / gib dem Verſtopfften / Moꝛgens und Abends / des durchgeſchlagenen Gerſtenſchleims 8. Loth / rein gepulvert Amelmeel 4. Loth / und miſchs mit guter Huͤner / und Capaunerbruͤhe / ſoviel hierzu noͤhtig / und laß ſittiglich miteinander / zu einemNdinnen194Die LI. Frag. dinnen Breylein / ſieden. Oder / nimm durchge - ſchlagene Kleyenbruͤhe / ein Becher voll / und zer - treibe damit / in einem Schuͤſſelein / zween Eyerdot - ter / thue darzu einer Caſtanien groß friſchen But - ter / ſetze darnach das Schuͤſſelein auff einen Ha - fen / mit ſiedheiſſem Waſſer / bis der Butter zer - gangen iſt; laß aber nicht ſieden / und trincks als - dann / ſo warm du es leiden kanſt / Morg. und Ab. ein Stund vor dem Mittag - oder Nacht-Eſſen: Jſt eine gute Artzney fuͤr die jenige / ſo ſchwerlich zu Stul gehen / und uͤber Feld reiſen muͤſſen. Stul - gang ſoll machen / daß man dem Krancken nicht eingeben darff / Bech / und Weyrauch / in einem Scherben / auff gluͤende Koln / gelegt / und den Scherben in einen Leibſtul gethan / und den Kran - cken darauff geſetzt / daß ihme der Rauch in den Leib gehe. Oder / nimm ſiedheiß Waſſer / thus in einen Stul / und laß den Dampff in den Afftern gehen; welches ein Doctor fuͤr beſſer gehalten hat. Wenn junge Kinder / ſonderlich / ſo um die 9. Jahr ſeyn / verſtopfft werden / ſo brauch ihnen 3. Quintlein Caſſien / und ein Scrupel / oder den dritten Theil eines Quintleins Rhabarbar / mit Zucker vermiſcht / und thu ein wenig Zimmetwaſ - ſer darzu / mach ein Latwerg daraus / und laß eſſen.
Fuͤrs II. was die Bauchfluͤſſe zu ſtopffen an - belangt / ſo ſeyn derſelben dreyerley Arten. 1. der gemeine / ſonſten Diarrhœa genant / da die gekochteSpeis /195Die LI. Frag. Spels / aber dinner / durch den Stulgang hinweg - gehet. Der 2. wann die Daͤrm geſchweren / und das Blut / mit dem Kot / gehet; ſo man die rohte Rur / und Dyſenteriam heiſſet; und wider dreyer - ley iſt / namlich wann es / von einem / wie ein feiſtes / oder Spuͤlwaſſer; item / wie abgeſchabnes von Fellen / oder die Zeſamlein / oder Faͤſamlein der Daͤrmen / und dann Blutsſtuͤcklein / mit einer ei - terigen Materi / gehet. Der 3. iſt Lyenteria, wann die ungekochte Speiſen wider ausgeworffen werden.
Wider den Erſten Fluß / dienet zubereiter Co - riander-Same / Quitten-Latwerg vor dem Eſſen genommen: gebaͤhet Brod mit Muſcaten-Nuß: Muͤntze mit Wein gekocht: Sauer-Ampffer Safft / mit Roſenzucker / Quitenſafft / und ein we - nig von Armeniſchem Bolo: die Blaͤtter von Do - ſten / oder Wolgemut / gedoͤrrt / und zu Pulver ge - rieben / hernach mit einem Eyerdotter / in einer Pfannen / oder auff einem heiſſen Ziegel / zu Kuͤch - lein gemacht / gebachen / und geeſſen: groß Tau - ſentguͤlden-Kraut Wurtzel / in rohtem ſauren Wein / oder in Wegrich / oder Tormentillwaſſer geſotten / und getruncken: Muſcatenpulver in ei - nem Ey gebachen / und geeſſen: Eichenlaub in ſau - rem Wein geſotten / und getruncken / ſo bewerth iſt: Schlehen in ſuͤſſem Wein: gebachne Birn: Koͤrnlein aus den Granat-Aepffeln: Neſpeln: unzeitige Oliven: Heydelbeer: Ribes: duͤrreN ijRoſen196Die LI. Frag. Roſen in Wein / oder Waſſer gekocht / und des Tags offt davon getruncken. Wider allerley Bauchfluͤß / ſonderlich / wann einen eine purgation ſtarck angreifft / wirfft man Maſtix / und Wey - rauch / auff gluͤende Koln / und laſt den Dampff hinten hinein gehn: oder trinckt warme Milch / oder Quitenwein: oder Weggras / Wegtritte oder Lungenkraut-Waſſer. Den Kindern pflegt man ein Pflaſter von Tormentill / und Nater - wurtz / jedes ein halbs Quintlein / Maſtix / und Quiten-Oel / jedes ein Loth / mit 6. Quintlein Wax vermiſcht / uͤber den Nabel zu legen. Friſch gemalen Rockenmeel alſo warm / wie es von der Muͤhlen komt / genommen / und darunter 2. fri - ſche Eyerdotter / auch 2. gepulvert Muſcatnuß / und ſoviel reingeſtoſſenen breiten Wegrichſa - mens / geruͤrt / vermiſcht / auff einem warmen Herd gebachen / und dem Krancken zu eſſen geben: Soll / in Bauchfluͤſſen / bewerth ſeyn. Jtem / nimm Ro - ckenmeel 2. Theil / gemein Saltz 1. Theil / vermiſchs mit Eyerklar zu einem Teiglein / daraus mach Zaͤpfflein / klein oder groß / und ſchmiers / wann dus brauchen wilt / mit Butter / oder Baumoͤl. Gekocht Reiß iſt auch gut vor Bauchfluͤß: item / geroͤſcht Reiß in einer eiſernen Pfannen / und dar - nach aus Regen - oder geſtaͤhlten Waſſer / ſauber ausgewaſchen / und mit Geiß - oder Kuͤhemilch / darinn gluͤende Kiſelſtein abgeleſcht worden / zu einem Breylein geſotten / iſt ein heilſame guteSpeis /197Die LI. Frag. Speis / zu allerley Bauchfluͤſſen / und dem erloͤ - cherten Magen. Oder ſiede Kleyen in friſchem Waſſer / oder Fleiſchbruͤhe / bis es ein dickes Bruͤ - helein gibt / drucks durch ein Tuch / und thue But - ter / und Saltz / ſoviel genug iſt / darzu / und laß miteinander auffſieden. Theils thun geribelt weiß Broſam im Sieden darzu / und laſſen alſo den Krancken eſſen: ſo auch in Kopffs-Bruſt - und Lungen-Zuſtaͤnden / gut iſt. Habern ſtopfft auch. Bauchfluß junger Kinder ſtopfft Gerſtenmeel / mit dem Waſſer / darinn Sumachkoͤrner wol ge - ſotten ſeyn / zu einem Pflaſter gemacht / auff ein Tuch geſtrichen / und uͤbers Baͤuchlein gelegt. Jn einem geſchriebnen Buͤchlein iſt geſtanden / daß gepulverter Coriander den Stulgang wunder - barlich ſtelle / wann man denſelben ins Tranck thue.
Wider den andern Fluß / oder die rohte Ruhr / und derſelben andere Art / inſonderheit / helffen bisweilen keine Mittel. Wider die erſte / und drit - te Art gebraucht man ſich ſonſten der gelben Lili - en / oder Schwertel / geſotten; item im Anfang der Mechoaca mit Wein: dann der Unraht auszu - fuͤhren iſt: und dienet hierzu inſonderheit dieſes Puͤlverlein / ſo man ſelbſten probirt hat. ℞ pulv. Rhabarb. Ʒi, Myrob. citrin. ℈ i. M. Es wird ſonſten auch / wider die rohte Ruhr / als bewerth / gelobt / S. Johans Blumenoͤl wol geſotten / Ab - und Morgends einen Loͤffel voll getruncken: itemN iijMuͤntzen /198Die LI. Frag. Muͤntzen / mit Habern geſotten: Burtzel / mit Sauerampffer-Waſſer: 1. Eyerdotter / mit Muſcatnuß gebraten / und geeſſen. Oder / nimm das weiſſe / und den Dotter von einem Ey / ſtoß darunter 3. Muſcatnuß / 3. Gallaͤpffel / ruͤhrs zu einem Muͤslein / ſtreichs auff ein blaues Tuch / und legs des Tags 3. mal uͤber den Nabel. Einer hat dem Autori dieſes Werckleins / den 20. Apri - lis, des Jahrs 1658. alſo geſchrieben: Fuͤr die rohte Ruhr iſt / von vielen / fuͤr ein bewerth Mittel erkennet worden / wie ichs ſelber ihrer etliche habe brauchen ſehen / denen es auch noch ſelbiges Tags geholffen / daß ſie haben ein Blutwurſt / ohne Speck / geſotten / und gnug davon nuͤchtern geſſen / ohne Brod / ſonſt nichts darzu / auch kein Saltz / ohne was Anfangs / da mans gemacht hat / dar - zu kommen iſt. Jn einem geſchriebnen Buͤchlein ſtunden folgende Mittel / als / fuͤr die rohte / und weiſſe Ruhr / nimm von 2. neugelegten Eyern die Dotter / und ein Muſcatnuß klein geſtoſſen / item / zimlich Saltz / zerſchlags klein in einem Schuͤſſe - lein / gieß darnach auff ein heiſſen Ziegelſtein / Zeltleinweiſe / laß alſo bachen / und gib dem Kran - cken davon zu eſſen. Oder / nimm unzeitige Holtz - birn / brenn ein Waſſer daraus / und gibs den Krancken zu trincken: es ſtellet faſt. Oder / nimm zwier gebachnen Lebzelten / brat ihn auff einer Glut wol / auff beydẽ ſeiten / ſtreue darauff geribne Muſ - ratnuß / und iß: ſolle bewerth ſeyn fuͤr alle Ruhr. Oder /199Die LI. Frag. Oder / nimm das Gelbe vom Ey / ſchneid ein hal - be Muſcatnuß darein / thus wider in die Schalen / brats hart / und iſſe es Morgens / und zu Nacht. Wegrichſamen zerrieben / in ein Ey gethan / und auff einem warmen Ziegel gebraten / ſolle die Ruhr auch bald ſtillen. Schlehenwein / Erbſich / Ribes - ſafft / und Traͤublein / werden auch gelobt. Jtem / nimm Roſen: und Myrtenoͤl / Quitten: und Maſtixoͤl / jedes 1. Loth / Galles / Roſen / Granat - Bluͤhet / Myrtenkoͤrner / Bolarmen / Drachen - blut / Maſtix / jedes 1. Scrupel / Wachs / ſoviel noht iſt zu einer Salben / damit man den Magen ſalben kan. Auff daß einer / von einem andern / die Ruhr nicht bekomme / ſoll er Saltz in das Se - cret werffen. Theils nehmen Quittenwaſſer 4. Loth / vermiſchen es mit 4. Loth dicken rohten Weins / trinckens Abends / Morgens / und zu Mittag. Wann man die rohte Ruhr allbereit ein Tag viere gehabt / ſo pulveriſier die rohten Coral - len / miſche darunter rechten guten gepulverten Blutſtein / jedes 2. Gerſtenkoͤrner ſchwer / gibs dem Patienten des Morgens fruͤhe nuͤchtern in warmen Wegrich / oder Roſenwaſſer / ein. Die Tormentill-Wurtzel gepulvert / und mit warmen Wein eingeben / iſt faſt kraͤfftig. Einer ſagt / daß Fuͤnfffingerkraut-Wurtzel / in friſcher Milch ge - ſotten / durchgeſigen / und alle Tag 3. oder 4. mal / jedesmal ein guten Becher voll warm getruncken / alle Artzney / die Ruhr zu vertreiben uͤbertreffe. N iiijWie200Die LI. Frag. Wie auch er der beſagten Tormentillwurtzel Pul - vers / ein Quintlein in rohtem Wein zertrieben / und getruncken / als ein bewerthes Mittel wider die rohte Ruhr / und alle Bauchfluͤß / lobet; aber dabey erinnert / ſo ein Fieber vorhanden / man / an Statt des Weins / Regen - oder geſtaͤhltes Waſ - ſer nehmen muͤſſe. Den Schmertzen der Daͤrmen in der Ruhr / von Verletzung der ſcharpffen Feuch - tigkeit / zu mildern / nimm Chamillen 2. Theil / Steinklee 1. Theil / fuͤll ein Saͤcklein damit / und laß in halb Wein / und halb geſtaͤhltem Waſſer / ſieden / preß darnach mit 2. Tellern hart aus / und legs warm uͤber. Du magſt der Saͤcklein 2. ma - chen / und je eins ums ander aufflegen. Folgendes ſoll auch gewiß bewerth ſeyn wider dieſen Zuſtand / nimm 3. Gran / oder 1. ij. von einem Todtenkopff / vornen vom Spitz der Hirnſchal / ein. Jtem / Ham - melsbruͤhe / welche gar feiſt iſt: oder / lege die Nieren auff einen Roſt / und iſſe ſie. Oder / nimm den Safft von den wolzeitigen Holderbeeren / Huͤl - ſen / und Kern / ausgedruckt / knette darein gut Ha - bermeel / daß kein ander Meel darzu komme / bachs alſo zu Kuchen / und iß davon. Eberkraut in roh - tem / oder weiſſen Wein geſotten / und in rohtem Wein getruncken / ſolle die Ruhr von Stund an vertreiben. Jtem / das Pulver von Hirſchenblut / mit Agleiwaſſer / ein guten Meſſerſpitz 3. mal ein - genommen / wann kein Hitz vorhanden / machetman201Die LI. Frag. man ein ein gutes Bad von Eichenlaub / und Braunmuͤntzen.
Wider den Dritten Fluß braucht man / was den Magen ſtaͤrcket / als Galgant / Coriander / Anis / inſonderheit einen Magen-Wein. Muͤn - tzen mit Muſcatnuß auff den Nabelgelegt / iſt auch gut: oder / Muͤntzen / Wermut / Kuͤmmich / ein Saͤcklein daraus gemacht / und uͤber den Magen gelegt; den man auch mit Muſcatnuß ſchmieren kan. Jſt bey den Kindern gemein. Nimm Ma - ſtix / Weyrauch / Ladanum, oder Laudanum, Muſcatbluͤhe / Paradeisholtz / Citronenſchaͤlffen / und Cypreßnuß / daraus mach Zeltlein / und brauchs in ſaurem Wein / oder geſtaͤhltem Ger - ſtenwaſſer. Fuͤr allerley Durchbruͤch ein bewer - thes Pulver; nimm ausgedruckte Attichbeer / machs mit Rockenmeel an / thue darzu gepulvert Tormentillwurtz / jedes halben Theil durcheinan - der gemiſcht / und nims in einem Ey ein.
Es iſt aber zu mercken / daß man nicht ein jede Artzney gleich Anfangs / ſondern theils erſt in 2. oder 3. Tagen / nach Anfang des Fluſſes / brau - chen ſoll.
Zum III. Bauchgrimmen betreffend / iſt da - von albereit im Erſten Hundert / und daſelbſt in der 64. Frag gehandelt worden / als man von der Daͤrmen Gebreſten zu reden gehabt hat. Und werden / in der vorher gehenden 63. Frag / auch Mittel / wider die Bauchwuͤrm / angezeigt. WillN vdaher202Die LI. Frag. daher alhie hergegen etwas von den Bauchwin - den / oder Blaͤſten / melden. Welche von einer ſchwachen Waͤrme entſtehen / ſo die Feuchtigkeit nicht verzehren kan / und wann ſolche dinne Feuch - te / oder die Blaͤſt / im Leib behalten werden / verur - ſachen ſie viel Ungelegenheit. Man braucht dar - wider Fenchel / Anis / Galgant / Zitwar / Pfef - fer / Naͤgelem / Wein / wann der Leib unrein / und die Speis uͤbel zu verdauen. Zimmet / Muſcaten - bluͤhe / Nußoͤl / Cardobenedicten-Pulver / ſeyn auch gut; item Kuͤmmich / und ſonderlich der Bal - ſam. Fœniculi D. Gregor. Horſtii. Stelle in einem Glas Baumoͤl / und Brantenwein / jedes gleich - viel / etlich Tag an die Sonnen / ſo haſtu ein herr - liche Artzney wider die Winde / oder Flatus. Oder / nimm bereiten Coriander anderthalb Loth / Zim - metrinden 1. Loth / weiſſen Pfeffer / ſchwartzen Pfeffer / weiſſen Jngber / Naͤgelein / Galgan / je - des 3. Quintlein / Saffran ein halb Quintlein / mach ein ſubtiles durchgeſchlagnes Pulver dar - aus / behalts in einem verſchloſſenen Buͤchslein. Jſt ein herrliche Speiswuͤrtz / ſonderlich wider die Winde. Der Leib ſoll allezeit offen ſeyn / mit der Manna / und linden Clyſtiern / offen behalten werden. Man macht auch ein Salben aus Ta - marisken / Cappern / bitter Mandel / und Wer - mutoͤl / jedes 1. Loth / mit in Eſſig zertriebnen Ar - moniak / und Wachs. Oder / man ſiedet Wein - rauten in weiſſen Wein / und ſchlaͤgts warm uͤber /ſo203Die LI. Frag. ſo die Auffblehung des Bauchs / von Winden verurſachet / leget. Dillſamen zu Pulver geſtoſ - ſen / und mit warmen Wein getruncken / thut auch etwas. Und wann eine ſolche windige materi im Leib auffgehalten wird / ſo entſtehet das rumpeln und murren im Bauch. Dann indem ſie keinen Ausgang hat / macht ſie ein ſolchen Laut. Die uͤbelverdauende Speiſen / item Schwachheit des Magens / und der Daͤrmen / thun viel darzu; bis - weiln auch ein kalter Lufft / und ein nicht wol gerei - nigter Trunck. Man braucht darwider / was zu Staͤrckung des Magens dienet. Es vertreibt ſol - ches rumpeln auch Weinrautenwaſſer / M. und Ab. jedes Mal 4. oder 5. Loth eingetruncken. Ei - ner hat dieſes Mittel fuͤr das Grimmen im Leib: Nimm 3. Loͤffel voll Baumoͤl / 3. Loͤffel voll But - ter / 3. Loͤffel voll Eſſig / 3. Loͤffel voll Saltz / und 3. Loͤffel voll Honig: Laß alles durcheinander zerge - hen in einer Pfannen / und hacks ſo lang / bis es zu einer Salben wird / dann ſtreichs auff ein Tuͤch - lein / und legs dem Krancken auff den Nabel.
IV. Wider den Zwang zum Stulgang / thue Eichenlaub in ein Saͤcklein / machs in heiſſem Waſſer warm / und halt es vor den Maßgang. Wann es erkaltet / ſo machs bald wider warm / brauchs wie zuvor. Oder ſchmier denſelben mit Chamillenoͤl. Oder nimm Chamillenoͤl mit Eyer - dotter wol vermiſcht / und ſtreichs mit dem Finger in den Hintern. Oder ſiede weiſſen Wein / mitWein -204Die LI. Frag. Weinrauten / oder Rauten / halb ein / und trincks / wanns durchgeſigen. Oder nimm des Rocken - meels 2. Theil / Saltz 1. Theil / miſch es mit Eyer - klar zu einem Teiglein / mach daraus Zaͤpfflein / und ſo du die brauchen wilſt / ſo ſchmiers mit But - ter / oder Baumoͤl. Oder / nimm Roͤmiſchen Kuͤmmich / Kuͤbelhartz / und Wachs / jedes gleich viel / zerſchneid / und verbrich das Wachs / und Hartz / vermiſchs mit dem Kuͤmmich / legs davon auff ein Glut / in einem heimlichen Gmachſtul / und laß den Rauch zu dir in den Afftern gehen / und thue das offt / es hilfft vor den ſchmertzlichen Geluſt zum Stul / in der rohten Ruhr / oder in andern Bauchfluͤſſen.
MUndkruͤmme vertreibt Ma - joranoͤl. Jtem / das Oel von Muſca - tenbluͤhe; und die Pillulen von Opo - panaco.
Des Munds Saͤure vertreibt 1. Quintlein gepulverten Corianders mit Waſſer getruncken.
Mundfaͤule heilet Poley mit Wein / Honig / und Aloe gekocht / und den Mund offt damit aus - gewaſchen; item / das Zahnfleiſch mit Poleypul - ver gerieben. Jtem / Meerrettich / oder Kreen / zer -ſtoſſen /205Die LII. Frag. ſtoſſen / und mit Honig vermiſcht. Jtem / Roſen - honig; Maulbeerſafft; Gallaͤpffel klein zerſtoſ - ſen / und uͤbergeſtreut; Maſtixoͤl. Oder / zerſtoſ - ſe einen friſchen Krebs / drucke den Safft aus / und nimm / wegen der Lieblichkeit / darzu Braunel - len - und Salvey-Waſſer / und waſche das Zahn - fleiſch.
Mund-Geſchwaͤr heilet der Safft aus dem friſchen gruͤnen Wolgemut / vor ſich ſelbs / oder mit Feigen gebraucht / oder in Eſſig geſotten: item / das Pulver von Galgan-Wurtzel eingeſtreut: item / Sanickelſafft / oder Waſſer / damit gegur - gelt / und gewaſchen: item / Garafelwurtzel / und Kraut / in Wein / und Waſſer geſotten / und zu 16. Unzen 4. Unzen Roſenhoͤnigs genommen. Die Loͤcher heilet Maͤußoͤhrlein-Safft / oder Waſſer / damit gegurgelt. Die hitzige Geſchwaͤr heilet Wegrich-Roſen - und Teſchelkrautwaſſer / jedes 4. Loth / Roſenhonig / Maulbeerſafft / jedes 2. Loth / vermiſche ſie miteinander / und ſpiele den Mund damit aus.
Mundes-Hitz curiret Gottesgnad - oder Ru - prechtskraut / und Erdbeerwaſſer / offt damit ge - gurgelt.
Mundsverſehrung heilet der Safft des Wol - gemuts; item Ackeley / Schafftenheu / Liebſtoͤckel - Agrimonien - und Erdbeerkrautwaſſer / damit gegurgelt.
Zu den Mundsblattern ſeyn die Lindenbaum -Blaͤtter206Die LII. Frag. Blaͤtter in Waſſer geſotten / und den Mund da - mit aus geſpielt / gut.
Zu den Munds-Schrunden nimm rein ge - pulvert Amelmeel / Penid-Canien - und Ro - ſenzucker / jedes 1. Loth / temperiers mit Roſen - waſſer zu einem Latwerglein / gleich einem dinnen Saͤlblein / und beſtreich die Schrunden offt da - mit. Jtem Quittenkern / mit Roſenwaſſer.
Mund erfriſchen und befeuchtigen die einge - machte Amarellen / ſaure Granaten / Ribes.
Die uͤbrige Feuchtigkeit aber vertreibt Corian - derſamen zu einem ſubtilen Pulver geſtoſſen / und mit Wein / wie ein Saͤlblein gemacht / und die Zun - gen damit gerieben.
Wider des Mundes uͤblen Geruch zerſtoſſe Alaun / thue den in Wein / und waſche damit den Mund: Oder gurgle dich mit Wermutwein; keue Fenchel; oder iſſe fruͤhe nuͤchtern warm Brod aus einem kalten Brunnenwaſſer.
Zerſchrundene Lefftzen heilet Veieloͤl mit weiſ - ſem Wax zu einem Saͤlblein gemacht: Oder nimm Kirſchenhartz / weiche es in Roſenwaſſer / daß es ſchleumig werde / und beſtreich die Lefftzen damit: oder mit Quitten-Kern Schleim: Oder Hennenſchmer in Roſenwaſſer gewaſchen: Oder Wegrich - und Poleyen-Safft vermiſcht: Oder nimm Pſyllien-Samen Schleim 1. Loth / rein ge - pulvert Arabiſch Gummi / mit ein wenig Hartri - gelblumen-Waſſer zertrieben / ein halbes Loth /Gaͤns -207Die LII. Frag. Gaͤnsſchmaltz 2. Loth / temperiers wol durchein - ander zu einem Saͤlblein.
Wann man keinen Geſchmack hat / braucht man Jngber mit Saltz / ſaͤubert die Zunge offt / und bedienet ſich des Wermuts in Speis / und Tranck.
Hergegen vertreibet der Zungen Bitterkeit ei - ner halben Caſtanien groß Pſyllienſamen / binde den in ein Tuͤchlein / legs in ein Becherlein voll warm Wegwarten: oder Sauerampfferwaſſer / laß ein Stund oder 3. darinn ligen / darnach ſtreich es / je uͤber ein Weil / uͤber die Zung / das ziehet die boͤſe Hitz heraus / und kuͤlet die Zung. Du kanſt auch den vierten Theil Roſen - oder Him - beer-Eſſigs / mit dem obgemeldten Waſſer / ver - miſchen.
Zungenſchleim vertreibt Stabwurtz zu Pulver geſtoſſen / mit Honig vermiſcht / die Zung / und Bi - ler damit gerieben.
Zu den Zungenblaͤtterlein tauget Honig mit kaltem Waſſer; item Honig / mit dem Speichel zertrieben; item Maulbeer / Veilſafft / Roſen - honig.
So einem die Sprach gelegen / nimm Reblaub - Safft / thue den in Eſſig / und trinck ihn: oder ſie - de Poley in gutem Wein / oder Eſſig. Der Wer - mutwein ſolle die verlorne Sprach auch wider bringen; item / Bertram geſtoſſen / in gebrantem Wein gebeitzet / und die lame Zung damit beſtri -chen.208Die LII. Frag. chen. So wenden die Laͤme der Zungen Weinrau - ten / Salveienkraut / jedes ein Handvoll / Bertram 1. Loth / welche gemelte Stuck alle klein geſchnitten / in gutem weiſſen Wein den dritten Theil einzuſie - den / darnach die Bruͤhe abzuſeihen / durch ein rei - nes Tuch / und die Zung offt warm damit zu waͤ - ſchen / ſeyn.
Wider die Duͤrre der Zungen / nimm einen Becher voll Roſenwaſſer / thue ein wenig Zucker darzu / und mach / mit geſtoſſenen Quittenkoͤrnern / einen Schleim; davon nimm einen Loͤffel voll / und halt ihn im Mund. Oder / nimm Sauerampffer - waſſer / mit ein wenig Eſſig / und Campher. Oder / mach einen Schleim von denen zerſtoſſenen Kuͤr - biskoͤrnern / und Gerſtenwaſſer. Alſo dienet / wider die Raͤuhe / und Schrunden der Zungen / der aus - gezogene Pſyllien-Schleim / mit Mertzveielnwaſ - ſer bereitet / und mit gepulvertem Zucker Candi / bis er ſuͤß wird / vermiſcht / und damit die Zung offtermals beſtrichen. Oder / ſiede Gerſten in Waſſer / ſo lang bis ſie auffreiſſet; nimm als - dann / von der durchgeſigenen Bruͤhe / 6. Loth / reingepulverten Zucker Candi 3. Loth / verſchaͤumt Honig ein halb Loth; Laß miteinander einen Wall auffſieden / und beſtreich die Zung offtermals da - mit. Wegwartenwurtzel zerſchnitten / und geſotten / iſt auch gut.
Zungen Verwundung heilen Gerſten 2. Loth / weiſſer Traganth / Pappelenſamen / Quittenkern /geſcha -209Die LII. Frag. geſchaben / und geſchnitten Suͤßholtz / und Suͤß - holtz-Safft / jedes 1. Loth. Siede dieſe Stuck in gnugſamen Waſſer / und drucks hart aus / durch tin Tuch / dieweils noch warm / iſt / zertreib darnach darinn 4. Loth Penidzucker / und beſtreich damit den Mund / und Zungen / offt / mit einem Fe - derlein.
Zungen-Geſchwaͤr heilet Kleyen in Waſſer geſotten / bis das Waſſer ſchluͤpfferig wird / dar - nach durchgeſigen / und mit Honig vermiſcht / off - termals warm im Mund gehalten / und wann es kalt wird / wider ausgeſpien.
Zungen-Geſchwulſt / und Schmertzen / legt Wermutkraut zu Pulver geſtoſſen / mit Honig vermiſcht / unter die Zung gethan / und in Mund gehalten / auch mit Wermutwein ausgegurgelt. Jtem / Bertram / mit Veielwurtz / und weiſſen Senffſamen / jedes gleich viel / in Wein geſotten / und mit der durchgeſignen Bruͤhe den Mund warm gewaſchen / und / ſo warm es zu leiden / in Mund gehalten.
Wider das Froͤſchlein unter der Zungen / nimm weiſſen Feinzucker / Alaun / Gruͤnſpan / oder Spa - niſchgruͤn / jedes 1. Loth / ſtoſſe ſolche Stuck zu ei - nem ſubtilen Saͤlblein / damit beſtreich das Froͤſchlein offtermal / es hilfft / wann es ſchon ver - altet iſt.
Wann die Kinder weiſſe Zungen haben / kom - met ſolches her vom ſchwachen Magen / und denOKres -210Die LII. Frag. Kresaͤderlein / wann ſie verſtopfft ſeyn. Ein Do - ctor zu Znoym in Maͤhren hat / einem jungen Knaben von Adel / dieſe Mittel geordnet / ℞. Wegwarten / Saurampffer / Betonien / Frauen - haar / Erdivien / Kraͤuter / und der Hertzſtaͤrcken - den Blumen ein jedes / was man mit 3. Fingern faſſen kan / die groͤblecht zerſchnitten / und auff 6. Mal in einer Huͤnerbruͤhe ungeſaltzen eingenom - men / allwegen ein halbes Seidl / Morgens fruͤhe / warm. Ferner vom Urguento Roſ. Meſ. ein Loth / alle Abend den Rucken / und Lenden / damit zu ſchmieren. Jtem / noch weiters dieſes Pulver / ℞. Spec. elect. de gem. frigid. Diarrhod. Abbat. aa ℈ f. pulv. rub. Pannon. (oder das in ſelbigen Landen gebraͤuchliches Ungariſch Puͤlverlein) Ʒβ, Mar - garit. præpar. ℈ β, corn. Cervi præpar. ℈ j. Von die - ſem Pulver ſoll man auff 4. Mal / in einem Bor - ragen - oder Cardobenedictenwaſſer / alle Tag / einen Theil eingeben / und ſich ein halbe Stund gar warm zudecken.
Was endlich die Braͤune anbelangt / ſo ent - ſpringt ſie aus hitzigen / und duͤrren Urſachen / und wird die Zung davon nicht allein weiß / wie im vorgehenden hieoben zum Theil geſagt worden; ſondern ſie erſchwartzet / verdorret / erſchrindet / ſoder erhaͤrtet. Man braucht darwider Haus - wurtz / Quittenkern / und Braunellenwaſſer. Oder ſiede Braunellenkraut in Honigwaſſer / und gurg - le den Hals offt damit. Oder / nimm / zu demBrau -211Die LII. Frag. Braunellenwaſſer / ein wenig Roſenhonig / Maul - beer - und Nußſchaͤlen-Safft / und ſolches des Tags etlich Mal. Oder / nimm ſchoͤne rohte Co - rallen / laß ſie in Erbſelen-Safft zergehen / wel - ches in 3. Tagen geſchehen kan / und thue darzu Braunellenwaſſer / ſoviel vonnoͤhten: und / nach - deme man dem Krancken die Zunge von allem Un - flat rein geſaͤubert / ſo ſchwaͤncke er damit den Mund wol aus / und trincke ein wenig davon. Jſt ein bewerthes Mittel; Wie auch dieſes: Nimm lebendige Krebs / in ungleicher Zahl / 3. 5. 7. oder ſoviel du wilt; ſtoſſe ſie in einem ſteinern Moͤrſer / und nimm Braunellenwaſſer / als viel vonnoͤh - ten / item / ein wenig Roſenwaſſer / und ſchuͤts uͤber die zerſtoßne Krebs / thue darzu 3. Loͤffel voll Ro - ſen-Eſſig / ſeihe es / und gib davon dem Krancken ein wenig zu trincken. Jtem / ſchabe von eines tod - ten Roſſes Bein / oder von einem Kuͤhe-Kopff / und gib davon ein wenig / in einer Suppen / Waſ - ſer / oder Wein / ein. Sonſten gebraucht man ſich der gemeinen Braͤun - oder Salpeter-Zeltlein / in Bronnenwaſſer zerlaſſen / und damit den Mund ausgewaſchen; oder / im Nohtfall / nur des Schießpulvers auff die Zunge gehalten. Man nimt auch Quittenſafft 3. Loth / Erbſich-Safft / oder Rob de Berber. 1. Loth / Burzelwaſſer 6. Loth / vermiſchts / und trinckts auff ein Mal. Sonſten nimt man zum gemeinen Tranck / Gerſten ein hal - be Handvoll / 30. Pflaumen / oder Zwetſchen / ſoO ijduͤrr212Die LII. Frag. duͤrr ſeyn / Erbſich / Zimmetrinde / jedes 1. Loth; ſieds in 3. Maß Waſſer / bis ungefehr ein Vier - theil verzehret iſt / und trinck nach Durſt. Es wol - len zwar Theils / daß man keine Gerſten nehmen / weil ſie die Braͤun vermehren ſoll; und rahten darfuͤr dieſes Tranck / ſo in der Braͤun / und Un - gariſcher hitzigen Kranckheit probiert worden: Nimm 2. Maß Waſſer / und bezeichne den Ha - fen / wie weit ſolches reiche / hernach geuß noch ein halbe Maß darein / und nimm darzu ungefehr 7. oder 8. Blaͤtter Salbey / der Hauswurtz etwan auch ſoviel / und ſchneid / aus 2. Quitten / kleine Spaͤltlein / und laß es untereinander ſieden / bis ein halbe Maß / und alſo / bis an das im Anfang gezeichnete Ort / eingeſotten hat; hernach laß ein wenig kalt werden / und den Patienten davon trin - cken. Vor die Hertzbraͤun / nimm ein neugelegtes Ey / klein zerſchlagen / miſche darunter um ein Kreutzer Brantenwein / und um 1. Kr. Saffran / gieſſe ſcharpffen Eſſig daran / und trincks. Jch halte aber dafuͤr / ehe man ſolches Mittel braucht / man einen verſtaͤndigen Artzt zu Raht ziehen ſol - le. Sonſten nimt man wider die Hertz-Braͤun 3. oder 5. Krebs / thut das ſchwartze Aederlein / und den Hennich vom Kopff davon / ſtoſt das uͤbrig im Moͤrſer / und treibts mit Salat - Waſſer ab. 〈…〉〈…〉
DJeſe Seuch iſt in dem Obern Teutſchland wenig / aber / in den Mitter - naͤchtiſchen Laͤndern / nur zu ſehr bekant / daraus ſie auch im Jahr 1486. zum erſten Mal / in die Braunſchweigiſche Lande kommen / und ſeyn viel Leute damit behafftet worden: Wie in der Braunſchweigiſchen Chronick f. 437. ſtehet. Olaus Magnus, lib. 16. rer. Septentr. ſagt: Der Schoer - buch / wie ſie ihn nennen / Scorbutus, erzeige ſich ſon - derlich in den Belagerungen / darwider dann gut ſeye / daß man die Mauren inwendig mit Holtz be - decke / und von Wermut trincke. Wie dann der Wermutwein / oder aber ein altes Bier / darinn Wermut gebeitzet / mit Butter getruncken / dar - wider gut iſt. So vielleicht das Kraut / ſo dem Cæ - ſari Germanico, von den Frieſen / gewieſen worden / als damaln der Schorbock / an dem Teutſchen Meer-Strich / gewuͤtet hat / geweſen iſt. Anfangs / ehe die Schenckel / und andere Glieder / blaue / braune / ſchwartzlechte Fleck bekommen / und das Zahnfleiſch zu bluten anfahet / kan man ſolchem Zuſtand wol begegnen; Und ſoll dieſes ein be - werthe Artzney darwider ſeyn / wann man nimt Fuͤnfffingerkaut / mit den Wurtzeln / 2. Handvoll / die klein zerſchneidet / und in Drey AechtmaſſenO iijWaſſers214Die LIII. Frag. Waſſers halber einſeudet / hernach es durch ein Tuch ſeihet / darinn 5. oder 6. Loth Roſenhonig / und 2. Loth Alaun / zertreibet / den Mund / und das Zahnfleiſch offtermals warm damit waſchet / und auch den Hals damit gurgelt. Kreſſenkraut / Winterkreſſen / Erdrauch / Maſtixoͤl / und Wach - holderoͤl / werden auch darwider gelobt. Ein vor - trefflicher Doctor hat / einer Weibsperſon / fol - gendes Schwitztraͤncklein / offtermalen zu wider - holen / gerahten.
Cum ſero lactis caprini depurato contund. in mortario marm. extrah. ſuccus, & depuretur, ℞. depurati ſucci ℥ iij, ſyrup. de baccis Iuniperi ℥ j, ſpir. ſalis ℈ s. M. S. Schwitztraͤncklein. Zu den geſchwolnen Fuͤſſen (deren Geſchwulſt gleichwol innerhalb 2. oder 3. Tagen ſich verloren / wann ſie im Bett liegen blieben) nemt Ehrenpreis / Sal - bey / rohte Bucken / Chamillen / jedes 3. Handvoll / Lorbeeren 2. Loth / Wacholderbeer 6. Loth / alles miteinander geſotten zum Fußbad. Den Leib of - fen zu behalten / nemt 2. Quintlein zerſchnittenen Rhabarbars / legts in ein Viertelein Weins uͤ - ber Nacht / und trincket ein halbes Viertelein da -von /215Die LIV. Frag. von / zu Anfang des Morgeneſſens. Wann ſich groſſe Hitz / und Roͤhte / auch obangedeute Fleck an den Schenckeln / erzeigen / ſo nemt Erdwuͤrmlein - Oel 2. Quintlein / weiß Lilienoͤl 1. Quintl. Ungu. Diapompholigos 6. Quintlein / vermiſcht / und mit doppelten Tuͤchlein uͤbergelegt. Sihe Salom. Al - bertum, in hiſtor. Scorbuti.
NJmm reinen Weyrauch / Wacholder-Gummi / Maſtix / jedes 2. Loth / Wacholderbeer 1. Loth / Para - disholtz 1. Quintl / ſtoß es alles groͤblich / thus in ein Saͤcklein / unternehe es / daß das Pulver nicht zuſammenfalle; und trag es unter dem Hut / auff dem Haubtwuͤrbel. Man kan ſolches Pulver auch zum raͤuchern brauchen / Lavendel / Dragant mit Honig vermiſcht / und unter der Zungen gehalten / bis er zerſchmeltzt; klein Tauſendgulden. Kraut / Wermutwein / Roͤmiſcher Kuͤmmel / ſeyn auch gut wider die Fluͤß. Theils waſchen zum oͤfftern das Haubt mit Wermut-Wein; oder nehmen Stabwurtz / ſiedens in Waſſer / oder laſſens uͤber Nacht in heiſſer Laugen weichen / und waſchen da - mit den Kopff. Ein leinin Saͤcklein mit Roͤmiſchen Kuͤmmel / Saltz / und ungeſtampfften Hirſchen halb gefuͤllt / und warm auff die Cron / und Schei -O iiijtel216Die LIV. Frag. tel des Haubts gelegt / ſtillet gewaltig die Fluͤß.
Fluͤß / ſo auff die Bruſte fallen / verzehret das Pulver der Lorbeer / mit Honig / und ſuͤſſem Wein / zn einer Latwergen gemacht. Den gelben Agtſtein / wann der Schnupffen allbereit 6. oder 7. Tag ge - waͤhret hat / laß dir inſonderheit befohlen ſeyn / zuͤnde ſolchen an / und halt den Mund daruͤber. Oder nimm des Agtſtein-Balſams ein Scrupel / und des ausgedruckten Muſcatennuß-Oel einen halben Scrupel / und ſtreich von dieſem Fluͤß - Balſam / ein Linſengroß auff den Wuͤrbel. Der Anhaltiſch Geiſt / in den Apothecken / wird inſon - derheit auch gelobt. Oder / nimm Meliſſen / Bor - ragen / und ſchwartz Kirſchenwaſſer / jedes 1. Loth / des Elixir. vitæ Matthioli 3. quint lein / des ſau - ren Schwefeloͤls 5. Tropffen / und des gar weiſſen Zucker Candi 1. Loth / vermiſchs / und laß es / durch ein glaͤſern Traͤchter / lauffen / daß es lauter wer - de / und nimm davon ein Loͤffel voll / oder zween / wann Noht vorhanden iſt.
Dinne / und ſcharpffe Fluͤß wendet Burzel - kraut geſotten / und wie ein Gurgelwaſſer ge - braucht; item der Suͤßholtz-Syrup.
Grob / und boͤſe Feuchtigkeit zertheilt / und fuͤh - ret aus / der Roͤmiſche Quendl / alle Morgen nuͤchtern / ein Loth des Pulvers von dem Kraut / mit Honig-Eſſig / oder Wein / getruncken. Oder / nimm ein Quintlein des Pulvers von der Haſel - wurtz / mit warmen Bier / oder Honigwaſſer / ein /bewege217Die LIV. Frag. bewege dich darnach wol / und ſtecke einen Finger in den Hals / zum erbrechen. Jſt probirt. Ein Schweißbad von Schellkraut gemacht / fuͤrdert den Schweiß gewaltig / und fuͤhret viel kalter Feuchtigkeit aus. Corianderzucker / ſo nur ein we - nig / uͤberzogen / ein halbes Loͤffelein voll / nach der Malzeit / geeſſen / iſt gut / wann einem das Maul voll Waſſer / und Speichel / laufft. Ein Medicus hat folgende Sachen / die Fluͤſſe zu reinigen / ver - ordnet: ℞ Herb. Abſinth. Pontici, Marrub. Ta - mariſci, Saturiæ, Calamintæ montanæ, Epithymi, Florum cordial. aa p. 1. Semin. Ozymi, Cardom. aa Ʒj. Fol. Senæ inciſ. ℥ j, Agarici albi, Turbith gummoſi aa Ʒjβ, Rhabar. elect. Ʒj, Macis, Ga - ryophyl, Zinzib. Cinamom, aa Ʒβ, Spicæ celt. ℈ ij. Miſc. dentur in Charta ſecundùm artem conciſa, & contuſa. Sign. Materia. Etwan in anderthalb Maß Wein zu legen / und Morgens fruͤhe / ſo offt man will / ein gemeines Tiſchbecherlein voll davon zu trincken.
JM innerſten Theil der Leber / oder ihrem mittlen Fach / iſt ihr / von der Natur / ein Blaͤtterlein / oder Baͤlglein / angehenckt / darein ſich die hitzigſte / bittere / und ſcharpffe Feuchtigkeit / ſo vom Blut gereiniget /O vund218Die LV. Frag. und gleichſam gelaͤutert wird / verſamlet. Dieſe nennen die Griechen Choleram, die Lateiner Bilem, und wir die Gallen. Dieſer Feuchtigkeiten ſeyn dreyerley Arten / als liechte / gelbe / und ſchwartze. Die erſte zwo ſeyn / unter allen Feuchtigkeiten des Menſchlichen Coͤrpers / die hitzigſten / trucken / ſcharpff / und nagend. Derhalben bringen ſie all - wegen ſcharpffe Kranckheiten mit ſich. Die ſchwar - tze / der Farb halber / von den Griechen Melan - cholia genant / iſt kalt / trucken / ſcharpff / und ſchwer / auch nicht anderſt / dann ein Grundſupp / und Hefen / des groben Gebluͤts. Dann eben da - her / oder aus der gelben Gallen / wann die zu hart geroͤſtet / und verbrennet wird / empfahet ſie ihren Urſprung. So werden die liechte / oder gruͤne / und gelbe / leichtlich in die ſchwartze veraͤndert. Sie macht die Menſchen bisweilen unrichtig / und witz - los. Und geſchicht / aus der maͤchtigen Unter - ſchiedlichkeit der Hitz / und Kaͤlte / daß ſich die ſchwartz vielmehr im Winter / dargegen die an - dern im Sommer erzeigen. Wo es ſich nun begibt / daß die Wege / ſo ſolchen Uberfluß / von dem Blut in der Gallen Gefaͤß / und Blaterlein / fuͤhrend / verſtopffet werden / ſo dringt die Choleræ, mit dem Gebluͤt / entweders durch den gantzen Leib / macht darnnt die Geelſucht / und etwan auch / wegen ihrer Schaͤrpffe / und Hitz / Choleriſche / und faſt gern Drittaͤgliche Fieber; Oder / wann ſie gar uͤber - hand nimt / mancherley arge / ſcharpffe / und dieHaut -219Die LV. Frag. Hautverletzende Geſchwaͤr. Zun Zeiten geſchicht es / daß die Gall ihren Uberfluß in den Magen ausgeuſt / welches die Daͤuung verhindert / und zerſtoͤrt / auch den Unwillen bewegt; und iſt kein taugendlicher Mittel / ſich derſelben zu entladen / denn das undaͤuen / ſonderlich / ſo man noch nuͤch - tern iſt. Dargegen iſt die ſchwartze / die ſich ihrer Schwere halber / ſelbſt unter ſich ſencket / durch den Stulgang auszutreiben / welches am bequemlich - ſten mit Cliſtieren / auch dem Schweiß / und / durch den Harn / erlanget wird. Sonſten fuͤhret die uͤbri - ge Gallen / das Gewaͤſſer / und den Schleim / aus dem Leib / der Veielſafft / item / des Roͤmiſchen Quendels Pulver ein Quintlein / mit Wein / oder Honigwaſſer / getruncken: Oder Muͤnch Rhabarbars-Pulver ein Quintlein / mit einem Drittheil / oder halb ſoviel Jngwers / in einer Bruͤ - he eingenommen; oder die Wurtzel in Wein ge - ſotten / und Morgens einen guten Trunck gethan. Wie dann auch die rechte Rhabarbar; item / Senisblaͤtter / Attich / gelbe / und ſchwartze Miro - balanen / Caſſia / der Holder / die Latwerg von den purgirenden Pflaͤumlein / der Wermutwein / der Erdrauchſafft / Cichori-Zucker / wider die auff - ſteigende Gallen gelobt werden.
So lindern die auffſteigende / hitzige / und ſchar - pfe Gallen / Sebeſten / Zwetſchen / Bruſtbeerlein / und Suͤßholtz in Waſſer geſotten / und davon ge - truncken: item / Limonienſafft / und Syrup / Quit -ten -220Die LV. Frag. tenſchleim / ſaure Granaten / Ribes / Veielſafft / und Julep / Boragenſafft / Lattich wie ein Salat geſſen / item das Waſſer getruncken; desgleichen Burzelkraut geſſen.
Jtem fuͤhret Choleriſche Feuchtigkeit aus / der Wermut in Waſſer den dritten Theil eingeſotten / durchgeſigen / davon genommen 7. Loth / und dar - unter vermiſcht 1. Loth Roſenhonig / und Morg. und Ab. jedesmal ſoviel warm getruncken; wann kein verſchleimter Magen da iſt. Man braucht auch Erdrauch uͤber Nacht in Kaͤswaſſer / oder friſchen Molcken erbeizt / und des Morgens fruͤhe nuͤchtern getruncken.
Jm uͤbrigen hat man ſich eines verſtaͤndigen Artztes Raht zu erholen.
AUffwallend hitzig Gebluͤt ſtellet Schlehenſafft / item / Bruſtbeer - lein in Waſſer geſotten / und davon ge - truncken.
Hitzig Gebluͤt kuͤlen Erbſich / Ribes / Veiel - Julep / Lattich oder Lactuca, geeſſen; item / deſſen Waſſer M. und Ab. auff 2. Loth getruncken / wel - ches gut Gebluͤt macht.
Gebluͤt reiniget Naͤgeleinoͤl / des Morgens 3. oder 4. Troͤpfflein / mit ein wenig Wein eingenom -men.221Die LVI. Frag. men. Jtem / Cardobenedict - und Ehrenpreiswaſ - ſer; Koͤrbelkraut / Agrimonien / Rabioſen / Och - ſenzungen / Wegwarten / Canarizucker. Serapin Gummi / und Wermut / behuͤten vor Faͤule. Ein Quintlein Wermutpulvers / mit gutem Wein / eingenommen / hilfft denen / ſo ſich befoͤrchten von uͤbrigem Gebluͤt zu erſticken. Grob / und verbrant melancholiſch Gebluͤt reinigen Veieln / und Me - liſſen / item / Roͤmiſch Quendel / der Syrup von Borragenblumen / Senis / Bethonien / Erdbeer - krautwaſſer / alle M. und Ab. jedesmal 4. oder 5. Loth getruncken / und auch den Wein damit ge - miſcht.
Wider das Blutauswerffen / oder Speien / dienet der Salbey-Safft / des Morgens nuͤch - tern / mit Honig getruncken; item / eingemachte A - lantwurtzel / Quittenſafft / Roſenſafft / alter Ro - ſenzucker / duͤrre Roſenknoͤpfflein in Wein geſot - ten / und davon getruncken; Oder / nimm verſi - gelte Erden / Bolarmen / Drachenblut / Mumi - en / jedes 2. ꝗ, Sperma Ceti 1. ꝗ, Rhabarb. ein halbes Quintlein / mach ein ſubtiles Pulver dar - aus / und gibs / mit rohtem ſauren Wein / zu trin - cken. Burzel-Syrup wird auch gelobet. Und iſt ſonderlich dieſes ein Geheimnus / wider das Blut - auswerffen / wie auch das Naſenbluten / wann man das Blut / in welchen die jungen Haͤslein in Mutterleib ligen / auff ein Tuͤchlein thut / ſolches mit dem Pferſch / am Lufft ſelbſten laſt druckenwerden /222Die LVI. Frag. werden / und ein wenig vom Tuͤchlein / ſo nun duͤrt iſt / ein halbe Stund / oder mehr / in Erdbeer - und Wegrich miteinander vermiſchten Waſſern / li - gen laſt / und hernach etwan ein Loͤffel voll / oder zween davon / ſamt dem zertriebnen Tuͤchlein / ein - gibt. Fuͤnfffingerkraut / Garbenkraut / Peterlein / Odermenig / item / Breylein von Weitzenmeel / oder Amelmeel / mit Mandelmilch bereitet / ſeyn auch gut. Oder / Reißmuͤslein / mit Milch / und ein wenig Arabiſchem Gummi gepulvert / geſot - ten / und ein wenig geſaltzen / ſo das bluten aus dem Magen / oder von einer gebrochenen Ader / iſt.
Wann einer hoch gefallen were / der nehm ein Quintlein Garbenkraut gepulvert / mit gutem ſtarcken Wein-Eſſig / ein; oder der geſtoſſenen Großtauſend guldenkrautwurtzel ein halbes Loth in Wein. Aeuſſerlich / zum ſalben / braucht man Loroͤl / aus den Beeren gepreſt. Folgende Salb kan man aͤuſſerlich / und innerlich brauchen: Neh - met friſchen Butter ein halbes Pfund / Sperma Ce - ti, oder Walgeyl / Walroͤte / 2. Quintlein / Roht - farbwurtzel / und Ochſenzungen / jedes 3. Quintl. Mumien ein Quintlein; was zu puͤlvern / muß auffs ſubtilſte geſchehen. Man findet aber die roh - te Salb in den Apothecken. Sonſten gibt man auch Hundsfeiſte / in ſaurem Weineſſig zertrieben / ein / und ſoll es hernach keine Noht mit dem Ge - fallenen haben. So ſolle Natterwurtz / mit ſeinem gebranten Waſſer / oder Rabioſenwaſſer / namlich ein Quintlein des Pulvers davon / das von fal -len /223Die LVI. Frag. len / ſchlagen / &c. gelifert / oder gerunnen Blut zertheilen / und ausfuͤhren: item / Braunellen - kraut mit Honigwaſſer / und Ehrenpreis / ge - truncken. So iſt Enzianwaſſer / und Wurtzel / den jenigen gut / ſo hoch gefallen / und etwas im Leib zer - brochen haben. Oder / Eichenlaubwaſſer / mit Ab - bißwaſſer getruncken; oder Nußwaſſer / oder Maßlieben / auff allerley Art gebraucht. Bocks - blut ſoll bewerth ſeyn. So wird zum zertheilen des Bluts / und die zerriſſene Glieder widerum zu recht zu bringen / gelobt / Mumien / Tormentill oder Birckwurtz / Krebs-Augen / Rapuntic. jedes 1. Quintl / Sperma Ceti 1. Scrupel / daraus ein Pulver zu machen / und deſſen dem Krancken ein Quintlein im Wein zu trincken geben. Oder / nimm Caſſien mit pulveriſirter Mumien ver - miſcht. Oder trinck Erdrauchſafft 3. oder 4. Loth. Koͤrbelkraut iſt auch gut. Oder / nimm Mumien / Rhabarbar / Sperma Ceti, jedes 1. Scrupel / in Lindenbluͤhewaſſer ein: ſolle ein Pfaͤltziſche pro - birte Artzney ſeyn. Uber die beſchaͤdigte Ort lege Roͤmiſchen Kuͤmmel zu Pulver geſtoſſen / und mit Wermutſafft / wie ein Pflaſter / bereitet.
Den Blutfluß ſtopffet Weyrauch / item Pan - toffelholtz-Rinden / zerſtoſſen / und mit Wegrich - waſſer getruncken. Welches auch thun unzeitige Maulbeer mit Wein / oder Wegrichwaſſer / ge - truncken.
Blut in den Wunden ſtillet Fuͤnfffingerkra ut -Wurtzel -224Die LVI. Frag. Wurtzelpulver / in dieſelbe geſtreuet / oder Maͤus - oͤhrleinkraut geſtoſſen / und uͤbergebunden: item / Wolle von Cardobenedicten. Oder / zerſtoſſe fri - ſchen Salbey / und lege ihn uͤber: Dergleichen auch mit Leberkraut / und Brombeerblaͤttern / je - den abſonderlich / zu verfahren / wie auch mit den Eichenblaͤttern. Man kan auch die Gall-Aepffel pulveriſiren / und auff die Wunden thun: Oder ſie auff gluͤende Koln legen / bis daß ſie auch gluͤ - end werden / darnach ſoll man ſie mit Wein / und Eſſig / wider abloͤſchen / und zur Blutſtellung brauchen. Das Marck / oder faule Weſen in Buch - oder Eichenholtz (ſo wie ein Leder ausſihet) auff die Wunden gelegt / ſtelt nit allein das Blut / ſondern heilet auch alſobald. Jſt offt von einem bekanten Holtzhacker probiret worden. Ein ver - wunderlich Geheimnus ſolle folgendes ſeyn / ſo ein Jtalianer mitgetheilet hat / zu ſtellen alles Blut / wann auch gleich eine Ader getroffen worden we - re: Nehmt des Lebenwaſſers 6. Loth / Terpentin 2. Loth / Bolarmen 6. Loth / Maſtix 2. Loth / Mu - mien 1. Loth. Alle dieſe Stuck ſollen diſtilliert / und zum Gebrauch auffbehalten werden. Wird eine Ader durchgeſchlagen / ſo waſche den Ort mit die - ſem Waſſer / netze ein Tuͤchlein darinn / legs dar - auff / und binds mit einer Binden zu.
Die Blutſchwaͤren zeitiget Kreſſenſamen mit Sauerteig uͤbergelegt: Alſo kan man Neſſel -blaͤtter225Die LVII. Frag. blaͤtter zerſtoſſen / mit Saltz vermengen / und wie ein Pflaſter uͤberlegen.
DJe Gleich ſtaͤrcket Veiel - wurtzoͤl / item Maſtix - oder Pomeran - tzenſchaͤlffen-Oel / damit geſalbet. Die Glieder ſtaͤrcket Naͤgelein-Blumenwaſſer / item Schluͤſſelblumen / Wein / und Conſer ven-Zucker; item Majoran / Betonien.
Gleichſucht vertreibt Citronenſchaͤlffen-Oel: item / der Wein / darinn Chamillen-Blumen uͤber Nacht gebeitzet worden ſeyn / ſtetig getruncken / und auswendig mit Chamillen-Oel / des Tags 2. mal / geſalbet / und mit warmen Tuͤchern umwunden. Jtem / Erdrauch in Wein geſotten / und Pflaſter - weis uͤbergelegt / iſt auch gut in der Gliedſucht.
Kalt / und lauffend Gicht in den Gliedern ver - treiben Chamillenblumen 4. Handvoll / Kleyen / ungeſtampffter Hirſch / jedes 3. Handvoll / gemei - nes Koch-Saltz 1. Handvoll / miſch / und reihe ſie in einen leinen Sack ein / mach denſelben warm / auff einem heiſſen Ziegelſtein mit Wein beſprengt / und leg denſelben uͤber das ſchmertzhaffte Glied. Oder / nimm Chamillenoͤl / mit gebrantem Wein vermiſcht / reib das Glied warm damit / und win - de darnach warme Tuͤcher darum. Bibergeil einPwenig226Die LVII. Frag. wenig in Bibernellenwaſſer geſotten / und getrun - cken / wendet auch das kalt / und lauffende Gicht / und Schuß / in den Gliedern / oder nimm Erdbeer - kraut / Chamillenblumen / Beyfuß / Wermut / jedes 2. guter Handvoll / thue gemeldte Stuck zer - ſchnitten in ein Saͤcklein / ſeuds in halb Wein / und Waſſer / damit bad / und baͤhe die Schenckel wol / ſo warm du es erleiden magſt / und lege das Saͤcklein warm uͤber das ſchmertzhaffte Ort.
Allerley Gleich-Gebrechen wendet die Mecho - aca / von einem halben / bis auff 2. Quintl in 6. Loth weiſſen Wein / oder in Wegweiswaſſer / ein - geben / in welchem es uͤber Nacht ſolle gebeitzet / und darnach / am Morgen fruͤhe / ſamt dem Pulver / getruncken werden. Jtem / das Wacholderbeer - Oel.
Kalte Gebrechen der Glieder curirt S. Jo - hanskraut-Oel. Erfroͤrten Gliedern zu helffen / nimm Hundfeiſte / Hirſchen-Unſchlit / und Ka - tzenſchmaltz / desgleichen zerlaſſenen Speck / der auff ein kalt Waſſer gegoſſen ſey / jedes zu gleichen Theilen / und machs zur Salben. Lege Schaͤfin Unſchlit auff / ſo ſchadet es nicht. Oder koche Ruͤ - ben wol / netze ein Tuͤchlein in die Bruͤhe / und ſchlags um das erfrorne Glied; oder binde zer - floſſene Ruͤben uͤber den Schaden. Sonſten er - waͤrmen die erkalte Glieder Betonien / Roͤmiſch Quendel / ꝛc.
Entzuͤndte hitzige Glieder curirt Veielwaſſer /und227Die LVII. Frag. und Julep; Roſenſalben / alte Nußkern gekeut / und uͤbergelegt; item / Lattich-Safft mit leinin Tuͤchlein uͤbergelegt. Nimm Attich / Chamillen / Steinklee / jedes 1. Handvoll / Kleyen / Weitzen / auch ſoviel / laß in einer Laugen ſieden / ſo wird dem Glied / innerhalb des 3. oder 4. Tags / geholffen. Der innerlichen Glieder Entzuͤndung wehret Lat - tich / item Seeblumenwaſſer getruncken. Wider die aͤuſſerliche Entzuͤndung / nimm der Broſam von einem Rockenbrod / 2. Loth / Baumnußkern / Wermut / Wegrichſamen / jedes 1. Loth / ſtoſſe al - les gar klein / und ſiede die mit gnugſamen Eſſig zu einem Brey / ſtreichs darnach auff ein Tuch / und legs warm / wie ein Pflaſter / uͤber. Jſt vor allerley Entzuͤndung. Hitzige Wehetagen der Glieder / ſtillen Schluͤſſelblumen in Milch geſotten / Tuͤch - lein darein genetzt / und uͤber geſchlaͤgen.
Das erſtarren der Glieder wendet Meliſſen - waſſer / item Spikanard / und Lavendel: desglei - chen der Salbeywein / Eybiſch Salb / oder Dial - thæa, Jndianiſch Spicanardi / Kramernaͤgelein. Die innerliche Glieder erwaͤrmet und ſtaͤrckt Zu - cker von Gelb Veieln; item Majoran / Meliſſen / eingemacht Muſcaten-Nuß / Cardomoͤmlein / Quitten-Latwerg.
Jnnerliche Glieder reiniget die gelbe Myro - balanen.
Jnnerlicher Glieder Verſehr - und Verwun - dung heilet Benedictenkrautwurtzel / zu PulverP ijgeſtoſſen /228Die LVII. Frag. geſtoſſen / und ein Quintlein ſchwer mit weiſſem Wein getruncken.
Die Glieder zu erweichen / auch die lame / und verſtopffte zu eroͤffnen / braucht man Jſop-Oel / Wachholderoͤl / und Veielreben-Oel; ſo auch die erkalte Glieder erwaͤrmen. Sonſten eroͤffnen die verſtopffte Glieder Majoranwaſſer / Doſten / Se - nisblaͤtter / eingemachter Calmus.
Jnnerlich - und aͤuſſerliche Gliederfluͤß ſtopffen Brombeerblumen Kraut / und Wurtzel.
Geſchwolne ſchmertzhaffte Glieder lindert Weißbrod in Milch gekocht / und darzu das Oel vom Steinklee gethan. Die hitzige Geſchwulſt le - get Huͤnerdarmſafft; und vertreibt die Schmer - tzen / Schluͤſſelblumen gebraucht; item / Muſca - tennußoͤl; item / der Wein / darinn gedoͤrrte Ro - ſen geſotten; Fuͤnfffingerkraut geſtoſſen / und wie ein Pflaſter uͤbergelegt. Oder / nimm Weitzen - und Gerſtenmeel / Chamillenblumen / und Roſen / zu Pulver geſtoſſen / jedes 4. Loth / Chamillen - und Roſenoͤl / jedes 2. Loth / ſeud alles mit gnugſamen Waſſer / zu einem Pflaſter.
Verrenckten Gliedern hilfft Schweinsbrod - wurtzel geſotten / und die Glieder mit der Bruͤhe gebaͤhet. Jtem / Rockenbrod mit Eſſig zu einem Pflaſter geſotten. Eybiſch Salben. Weitzen - Kleyen in Eſſig geſotten / und warm uͤbergelegt; item / Gerſtenmeel mit Kleyen / Eſſig / und Butter / jedes ſoviel gnug iſt / zu einem Pflaſter geſotten /auff229Die LVII. Frag. auff ein Tuch geſtrichen / und warm uͤbergelegt.
Harte Beil weicht / und zertheilt Veielwurtzoͤl / alt Baumoͤl / Scammoni-Safft mit Honig / oder Oel / vermiſcht / und angeſtrichen / vertreibt ſie gar. Dillenoͤl zertheilts auch. Nimm Rockenmeel / fri - ſche Eyerdotter / Honig / uud Schweinenſchmaltz / treibs ab zu einer Salben. Oder / nimm Sauer - teig / mit Saltz vermiſcht / und leg ihn uͤber. Oder / Wermut geſtoſſen / auff einem heiſſen Ziegelſtein mit Wein beſprengt / wol gewaͤrmet / und uͤberge - legt: Oder Fuͤnfffingerkraut in Eſſig geſotten / und wie ein Pflaſter uͤbergeſchlagen. S. alhie unten / Knollen.
Muͤde / matte / und erſchlagene Glieder bringen die Chamillen in Waſſer geſotten zu recht / ein Bad davon gemacht.
Wider das zittern der Glieder dienet Wer - mutwein. Jtem / Wißkuͤmmel-Kraut mit den Stengeln wol geſotten / die Glieder offt damit ge - baͤhet / und gewaſchen. Oder / iſſe nuͤchtern / wann du aus dem Bad kommeſt / Rockenbrod / aus fri - ſchem Brunnenwaſſer. Oder / ſtoſſe Beyfuß / dru - cke den Safft aus / miſche ihn mit Baumoͤl / und ſalbe die Glieder damit. Oder / nimm Wißkuͤm - mel-Kraut / mit den Stengeln wol geſotten / dieſel - be damit gebadet / und wol gebaͤhet / auch offt da - mit gewaſchen. Eſelscucumern-Oel / Wachol - derheer-Oel / Pomerantzenſchaͤlffen-Oel / undP iijBorra -230Die LVII. Frag. Borragenwein / jedes abſonderlich gebraucht / ſeyn auch gut.
Gliedwaſſer ſtellet Naͤgeleinoͤl. Ein bewerthes Stuck iſt dieſes: Nimm Beyfuß / Chamillenblu - men / Leinſamen / Armeniſchen Bolus / jedes gleichviel. Seude dieſe Stuck in Eſſig / und legs alſo warm uͤber: item / ſtreue rein gebeutelt Ro - ckenmeel in die Wunden. Nimm einen Bad - ſchwamm / mach ihn zu Pulver / ſtreue es darein / es geſtehet von ſtundenan. Oder / nimm Wermut / ſeude ihn in einem Waſſer / bis er ein wenig weich wird / leg ihn dann warm auff den Schaden.
Unempfindlichkeit der Glieder curirt klein Tauſendguldenkraut-Safft.
Gebrochene / geſchundene / geſchlagene Glieder bewahret / vor Entzuͤndung / Gerberbaumſame in Waſſer geſotten / und auffgelegt: Curirt aber werden ſie mit dem Samen / oder den Beeren von Myrtenbaum / in Wein geſotten / und damit gebaͤ - het. Die Breylein von Staubmeel / offt geeſſen / thun auch wol: item / Wermut mit Wein / Ho - nig / und ein wenig geſtoſſenen Kraͤmerkuͤmmel ge - ſotten / und Pflaſterweiß auffs waͤrmſte uͤberge - legt. Nimm Wermut 2. Theil / thue darzu Kley - en / Papeln / Steinklee / und Chamillenblumen / je - des 1. Theil / ſeuds in Wein / und Waſſer / nimm ferners Roſen / Chamill - und Dillenoͤl / ſoviel von - noͤhten / mach ein Pflaſter daraus / legs warm uͤber / heilet wunderlich die zerknitſchten Muſculn /oder231Die LVII. Frag. oder Maͤuſe. Die Glieder / ſo entzwey gebrochen / heilet auch rein gebeutelt Staubmeel / deſſen man 8. Loth / Gerſten - und Bonenmeel / jedes 4. Loth / gepulverten Bolarmen 3. Loth / verſigelter Er - den / Drachenblut / Maſtix / alle zu einem ſubtilen Pulver geſtoſſen / jedes 1. Loth nimmet / und mit Eyerklar vermiſchet. Damit du aber nicht beſor - gen doͤrffeſt / daß das Glied apoſtemir / ſo nimm Roſenoͤl 16. Loth / Wachs 8. Loth / Terpentin 4. Loth; zerlaß / und ruͤhre des gemeldten Pulvers darein / ſoviel gnug iſt / daß es dick werde / wie ein Pflaſter / davon ſtreich auff ein bequem leinin Tuch / und wann das Glied wider wol eingerichtet iſt / ſo lege das Tuch uͤber das gantze Glied / ſchine daſſelbe darnach wol / und binds ſteiff / daß es ſich nicht bewege / und laß es alſo 10. Tag unauffge - bunden ligen.
Wann einem ein Glied ſchwinnen wolte / der haue es mit Neſſeln / und reibs wol mit Neſſel - waſſer / ſo komt es zu ſeiner vorigen Vollkommen - heit.
Jnnerlicher Glieder Aufflauffen wehret Le - ber-Balſams Syrup / welcher auch dieſelbe eroͤff - net; Wie desgleichen Agrimonien-Waſſer M. und Ab. jedesmal 4. oder 5. Loth getruncken / und den Wein damit gemiſcht. Welches auch thut Liebſtoͤckelwurtzel / in Wein / Bier / oder Waſſer geſotten / und die durchgeſigne Bruͤhe getruncken.
Jnnerliche Verſehrung heilet Sophienkraut -P iiijwaſſer /232Die LVII. Frag. waſſer / 4. oder 5. Loth getruncken / auch ſonſten aͤuſ - ſerlich zu den Schaͤden gebraucht: Oder Hol - wurtz / mit dem Kraut / und Blumen / in Waſſer / Wein / oder Bier / geſotten / M. und Ab. jedesmal ein Truͤncklein davon gethan. Jnnerliche Verſeh - rung von fallen / ſtoſſen / ꝛc. heilet Angelickwurtzel in Waſſer / oder Wein / geſotten / Oder / nimm 1. Quintl / zertreibs mit Wein / oder Waſſer / dar - inn Beyfuß geſotten worden / und trincks warm. Es zertheilet auch das gerunnen Blut / und Milch / im Leib. Oder / nimm Koͤrffelkraut 3. Handvoll / Sanickel / Sinnau / Wintergruͤn / je - des 2. Handvoll. Zerſchneid dieſe Stuck klein / thue ſie in eine Kanten / oder verſchraubte Fla - ſchen / ſchuͤtt daruͤber ein Maß guten weiſſen Wein / verlutirs wol / und laß / in einem Keſſel / mit ſiedendem Waſſer / geſetzt / 4. Stunden in ſteter Hitz nacheinander ſtehen / und ſieden / darnach ſeihe den Trunck ab / durch ein Tuch / und gib davon M. und Ab. jedesmal 8. Loth / warm zu trincken. Jſſe daneben / in Suppen / und ſonſten / Koͤrbelkraut; ſo auch herrlich gut wider das gerunnen Blut iſt. So iſt nachfolgende Salben beruͤhmt: Nimm friſchen Sanickel 8. Loth / Bethonienkraut / junge Dolden von Fenichelkraut / gruͤn unzeitige Wa - cholderbeer / jedes 6. Loth / Alantkraut-Wurtzel / Walwurtzel / Weinrauten / Edel Gamanderlein / Rosmarinkraut / oder die Zweigen davon / jedes 4. Loth / gute ſaͤfftige Rhapontick 4. Loth. DieſeStuck233Die LVII. Frag. Stuck alle muͤſſen friſch ſeyn / klein zerſchnitten / darnach mit 2. Kramerpfund friſchen Butters / zum Mus geſtoſſen / und acht Tag an die Sonnen geſetzt / darnach ein Becherlein voll Sanickelwaſ - ſers darzu geſchuͤttet / und folgends / uͤber einem linden Feuerlein / ſittiglich geſotten werden / bis das Waſſer und die Safftigkeit in den Kraͤutern / gar verzehret iſt. Alsdann ſoll man es hart aus - preſſen / und kalt laſſen werden / ſo gibt es ein ſchoͤne gruͤne Salb / davon man alle Morgen / und Ab. ein Loth / mit einem Truͤncklein Bier zertrieben / warm trincken / auch aͤuſſerlich die ſchmertzhafften Ort wol / und warm / damit ſalben ſolle.
Knollen erweicht / und heilet Gummi Armoni - ak / ein Theil / in 5. Theil weiſſen Wein zerlaſſen / und gepulvert / runde Oſterlucey / und ein wenig geſtoßnen Saffran / darzu gethan / auff ein Tuch geſtrichen / und uͤbergelegt. Oder / nimm des fri - ſchen auffgedruckten Agrimonienkrauts-Saffts 6. Loth / vermiſch den mit 6. Loth friſch Kaͤswaſ - ſer / und trinck ſolches Morgens nuͤchtern warm / faſte zum wenigſten 3. Stund darauff / und be - harre das 9. Tag nacheinander / im abnehmenden Mond. Jſt probirtwider Kroͤpff / Knollen / und Truͤſen.
Knollen von der Gliedſucht / und dem Zipper - lein verurſacht / vertreibt Armoniacſafft / wie ein Pflaſter gebraucht: item / Galbenſafft mit Eſſig zerlaſſen / und wie ein Pflaſter temperirt. Blut -P vknollen234Die LVII. Frag. knollen zertheilt der Sauerteig vom Weitzenmeel gemacht / mit gnugſamen ſchweinen Schmaltz durcheinander wol geknetten / und zu einem Pfla - ſter bereitet. S. oben harte Beul.
Die Knollen / oder Knoͤdel / ſo an Haͤnden / und Fuͤſſen / nach dem Podagra / entſtehen / ſolle man / nach dem Bade / mit Terpentinoͤl ſchmieren / ſo vergehen ſie. Oder / nimm Hundsſchmaltz / Bee - renſchmaltz / Wild Katzenſchmaltz / und Fuchs - ſchmaltz / gleichviel / zerlaſſe ſie / und ruͤhre halb ſo - viel des Terpentin-Oels darunter / und ſalbe dich in der Waͤrme taͤglich 3. mal damit.
Lame Glieder vom Schlag wider zu recht zu bringen / nimm Fuchsoͤl / und Bibergeil / und ſchmiere das lame Glied / ſamt dem Ruckgrad / warm damit. Oder / nimm Rauten / Wermut / Salbey / jedes 1. Handvoll / geſtoſſenen Pfeffer 2. Quintlein / ſeuds in 2. Maß Wein / und trincke alle M. und Ab. davon 4. Loͤffel voll / reibe auch damit warm gemacht die lamen Glieder / ſo wer - den ſie wider zu recht gebracht. Folgende Salb dienet auch zu den erlamten Gliedern: Nimm Menſchenſchmaltz / Wolffsſchmaltz / Beeren - ſchmaltz / jedes 1. Loth / Dachsſchmaltz / Fuchsoͤl / weiß Wachs / Anisoͤl / jedes 2. Loth / laß unterein - ander zergehen / und ſchmiere die Glieder damit.
Maͤhler vertreibt Rockenbrod wol im Mund gekeuet / und pflaſtersweiſe uͤbergelegt. Uber ein blaues Maͤhl vom ſtoſſen / ſchlagen / lege Wermutgeſtoſſen /235Die LVII. Frag. geſtoſſen / auff einem heiſſen Ziegelſtein mit Wein beſprengt / und warm uͤbergelegt. Oder / mach ein Pflaſter von geſtoſſenen Anis / und Kuͤmmel / mit Wachs / und ein klein wenig Terpentin / vermiſcht. Uber Zittermaͤhler ſtreiche des Tags etlichmal den ausgepreſten Safft aus dem Abbiskraut / mit ein wenig weis geſtoſſenen Vitriol / oder Gallichen - ſtein / vermiſcht.
Maͤuslein / oder Mausfleiſches / Entzuͤndung heilet Teuffelsdreck in ein Wachs gewickelt / und alſo eingeſchluckt. Dieſes ſoll bewaͤrth ſeyn / nimm Wermut 2. Theil / mit Kleyen / Pappeln / Stein - klee / und Chamillenblumen / jedes 1. Theil / in Wein / und Waſſer / geſotten / darzugethan Ro - ſen-Chamillen - und Dillenoͤl / jedes ſoviel gnug iſt / mach daraus ein Pflaſter / und legs warm uͤber. Dill - und Regenwuͤrmlein-Oel vermiſcht / iſt einem wol bekommen / der Schmertzen im lin - cken Arm um die Maus gehabt hat. Wann die Knurfel zu ſehr ausgedrucknet / ſo alle Bewegung verhindert / nimm Pappelnblaͤtter / und ſeuds; oder brauch die Bruͤhe von geſottenen Kalbs - und Schaf-Fuͤſſen: oder Wermutwein: oder Beyfuß: oder Leberbalſams-Safft; ſo alles das Geaͤder oͤffnet / und reiniget; und ſtaͤrcket inſon - derheit das weis Geaͤder / Chamillenoͤl damit ge - ſalbet; item / die Pillulen von Sagapeno.
Der Glieder Schmertzen ſtillen Chamillen ge - ſtoſſen / und mit friſchem Butter ein Pflaſter dar -aus236Die LVII. Frag. aus gemacht: Oder / mache Chamillenoͤl / mit Gerſtenmeel / zu einem Pflaſter / oder ſalbe dich mit Dillenoͤl. Den Schmertzen vom ſtoſſen / oder fallen / leget Weinrauten geſtoſſen / und ein wenig in einem Pfaͤnnlein gewaͤrmet. Oder / nimm friſch Broſam von Rockenbrod 16. Loth / friſchgemolck - ne Schafmilch 2. Pfund / Chamillenoͤl / Lilienoͤl / jedes 4. Loth / des auffgedruckneten Saffts von Magſamen ein halb Loth / mit der obgemeldten Milch zertrieben. Laß ſolche Stuck miteinander ſieden zu einem Pflaſter / und wann es zu rechter bequemer Dicke geſotten worden iſt / ſo ruͤhre fuͤnff friſcher Eyerdotter darein / ſo iſt es gerecht. Sol - ches ſtreich auff ein Tuch / und legs warm uͤber. Solle ein jeden Schmertzen / wie groß er auch ſey / in kurtzer Zeit / legen. Jn einem geſchriebnen Artzney - Buch iſt folgendes gefunden worden: Es waͤchſt ein Wurtz in Bergen / und rauhen ſteinigen Or - ten / die nent man die groſſe Beerwurtzel / oder Am - broſiam. Sie hat einen hohen Stengel / groß / und lang / wie ein groſſer Meerrettich / auſſen gar ſchwartz / innen weiß / und iſt zu oberſtherum harig. Dieſe Wurtzel muß man wol doͤrren / zu Pulver ſtoſſen / und deſſelben ein guten Theil in ein Pfaͤnn - lein thun / Wein daran gieſſen / wol darinn ſieden laſſen / und alſo warm auff allerley wuͤtende Schmertzen von fallen / ſtoſſen / ſchlagen / und ſte - chen / und auff alle entzuͤndte Glieder / Wunden / und Biſſe / da einer von Schmertzen ſchreyen muß /uͤber -237Die LVII. Frag. uͤberſchlagen. Es ſtillet ſolche von ſtundan / mit groſſer Verwunderung. So es erkaltet / ſchabs ab / waͤrms wider in Wein / und ſchlags alſo warm daruͤber. Man hat vielen Leuten damit geholffen / die vermeint / ſie haben den kalten Brand / an ei - ner Hand / und daß man dieſelbe abnehmen muͤſte.
Kalte Gebrechen der Gewerb / wie auch die Schmertzen darinn / wendet S. Johanskraut - Oel.
Den Kuͤtzel vertreibt Lilienwurtzel in Honig ge - ſotten / und ſich damit geſchmiert.
ES iſt albereit / im vorgehen - den / etwas von den Schmertzen der Gli - der geſagt worden; wie auch von der Laͤme / oder Contraction. Und hat man in Apo - thecken ein beſonders Waſſer / aqua arthritica ge - nant / deſſen / und des Waſſers ſalviæ compoſ. je - des gleichviel / man nimmet / Tuͤchlein darinn ne - tzet / und ſich damit waͤſchet. Das Ziegelſteinoͤl loͤ - ſet die Contraction maͤchtig auff. Jtem / nimm Un - ſchlit / je aͤlter je beſſer / und des beſten Theriacks / jedes ein halb Pfund / Campher ein Loth / denſel - ben loͤſe auff in aqua vitæ, oder in gar wol rectifi - cir ten Brantenwein / oder Wein - Geiſt: DasUnſchlit /238Die LVIII. Frag. Unſchlit / und Theriac / ruͤhre in einem warmen Moͤrſer gar wol untereinander / geuß die Auffloͤ - ſung des Camphers darauff / mache eine Salben daraus / die nicht zu dick / noch zu dinn ſeye; als - dann laß dir ein Schweiß-Bad zurichten / und / nachdem du darinnen gebadet haſt / ſo ſalbe die Glieder / und Gelenck / damit; ſo wirſtu hoffent - lich Huͤlffe befinden. Du muſt aber ſolch baden / und ſalben / wochentlich 3. mal thun / bis zur voͤlli - gen Beſſerung. An den Wacholderbaͤumen fin - det man Schwaͤmlein / davon Waſſer gebrennet wird / welches herrlich gut wider die Gicht in den Gliedern iſt. Michael Bapſt / in ſeinem Artzney - und Wunderbuch / ſchreibet / daß die Aertzte / ei - nem krummen Weib / zu Rochlitz in Meiſſen / ſo an Krucken gangen / gerahten / daß ſie das Marck aus den Beinen / oder das feiſte von einem deſſel - ben Tags gehenckten Menſchen / zum ſchmieren nehmen ſolte: Sie aber habe das Fett / ſo von den Schinbeinen herunter getroffen / zum halben Theil geſſen / mit dem andern aber ſich geſchmieret / und ſeye des andern Tags geſund worden. Nimm fri - ſche Wacholderbeer / Dannen - oder eines andern Baums / Miſpel / wilde Salbeyen / Wolgemut / Eichenlaub / und Wermut / jedes 3. Haͤndvoll / und ein zimliches Haͤfelein voll Ameiſen / zer - ſchneid / und zerſtoß alles gar klein / ſieds mit Waſ - ſer / in einem bedeckten Geſchirr; laß den Kran - cken wol ſchwitzen / und mit ſolchem Waſſer baͤhen. Nach239Die LVIII. Frag. Nach dem Schweiß / wann die Glieder wol er - weicht ſeyn / nimm Vitriol - oder / ſo es nicht vor - handen / gemeines Oel / und Terpentinoͤl / und thue die krumme Glieder alſo gemiſcht / ſo warm / als es der Krancke leiden kan / damit ſalben; und ſol - ches widerhol offt. Es ſolle / wie ein alter Freund / ſo nun todt / beſtetiget hat / die Kruͤmme / oder Laͤ - me / wann ſie auch erblich were / und von Kindauff gewaͤhret haͤtte / hinwegnehmen. Der auch / folgen - des Mittel / ſo er / ohne Zweiffel / auff ſeinen weiten Reiſen / fuͤr nutzlich befunden / mitgetheilet hat: ℞ Radic. Ebuli ℔ viij, Gentian. bacc. Lauri, Iu - niper. Rutæ Sylveſtr. aa iiij. ℔, Chamomil. Hy - perici, Agrimon. fol. Salicis, Querci, aa M. j. miſce, & f. ſaccucus, qui ponatur in magnum ahenum, & infirmus ſæpius eo utatur. Der Saltz - Geiſt / mit Terpentinoͤl / Wachsoͤl / und Chamil - len / wird ſehr gelobt; Oder brauche Baͤhungen / und nimme darnach den Saltz-Geiſt / ſuͤß Vitriol - Oel / oder den Terpentin-Geiſt / ſo wol deſtill irt ſeye. Oder / nimm Wiſelſchmaltz / Terpentinoͤl / Chamillenoͤl / Dachsſchmaltz / und Wachs / mache es zur Salben / und legs uͤber / darunter aber ver - miſche das beſagte Oleum Salis, oder Saltzoͤl / oder Geiſt. Jn dem unleidenlichen Schmertzen nimm die Blaͤtter von friſch Hauswurtz-Kraut / zerſtoß ſie / und thue darzu Saltz / und Eſſig. Die mittlere Rinden von Holderbaum mit Saltz / und Eſſig / thut auch ſoviel. Oder mache / in der Laͤme / einDampff -240Die LVIII. Frag. Dampffbad / von Wacholderbaum-Wipffel / wilder Salbey / Wolgemut / Eichenlaub / und Wermut / zerhacke / und ſeude es in Waſſer / ſchuͤt - te es in ein huͤltzene Wannen / und weiche die Fuͤß / und Aerm / darinn: Alsdann nimm Terpentin - Saltz - und Vitrioloͤl / jedes Oels gleichviel / ver - miſch es wol untereinander / und ſchmier damit / als warm du es leiden kanſt / deine lame / und krumme Glieder / ſo benimmts dir die Laͤme. Haͤtte aber dieſelbe lang gewaͤhret / ſo ſolle der Krancke mit den pilulis fœtidis, arthriticis, oder de Caſtoreo, deren doſis ein Quintlein ſchwer / pur - girt werden / nach Gelegenheit. Man lobet auch den Wein / darinn Chamill enblumen uͤber Nacht gebeitzet worden / ſtetig davon getruncken / auch das Oel aͤuſſerlich gebraucht. Haberkern / oder Haber - meel / in der Speis genoſſen / iſt auch ein herrliche Artzney. Jm Monat Iunio, rauffe die Bilſenbluͤhe ab / thue ſie in ein Glas / verſtopffe es wol / und ver - grabe es unter die Erden / ſo wirds zu Waſſer; deſſen nimm 4. Loth / und miſche darunter ein Quintlein Wacholderoͤl / und ſchlags uͤber den ſchmertzlichen Ort. Darneben iſt dis auch ein uͤberausnutzliches Ding / daß man ſich dieſes nachbeſchriebnen Bades vors Podagra gebrau - che / wann der Schmertz nit vorhanden iſt. Nimm vom Wacholderholtz die aͤuſſerſte Rinden / ge ſchaben / und zu kleinen dinnen Spaͤnlein geſchnit - ten / in Waſſer gekocht / in eine Wannen geſchuͤt -tet /241Die LVIII. Frag. tet / und den Patienten / wann er nuͤchtern iſt / ſtets darinnen gebadet. Bequem iſt es auch darneben / daß man ihn zuvor purgire mit den pilulis de El - leboro nigro, oder dergleichen Artzneyen. Es ſtillet allen Schmertzen des Podagræ, und der Gleich / in 2. oder 3. Stunden. Folget eine koͤſtliche Salb / Zipperlein damit zu ſtillen / die Erkruͤmmung und Laͤme / auch Erſterbung der Glieder damit auff - zuloͤſen: Nimm Wacholderbeeroͤl / Terpentinoͤl / Petroleum / jedes gleichviel / thue darzu ein wenig Spicoͤl / und ſchab darein ein wenig Venediſcher Seiffen / ſetze es uͤbers Kolfeuer / laß es zergehen / thu auch darein Pappelſalbe / Dialtheæ / oder Altheſalb / Beeren - und Dachsſchmaltz / und laß alſo eine Salb daraus werden / damit ſchmiere die Gleich der lamen Glieder / taͤglich / des Morgens / Mittags / und Ab. fein warm / bey einem Ofen / wol eingerieben / das machet das Marck / das er - kaltet / und geſchwunden iſt / wider wachſen / gibet ihm ſeine natuͤrliche Hitze / und machet die erkrum - ten Adern / und Glieder / widerum gantz gelencke / gerad / und geſund; und iſt noch kraͤfftiger / wann es nach dem Bade / darinn das geringe Wachol - derwaſſer / ſo nach Diſtilirung der Beer von Wacholderoͤl uͤberbleibt / gebraucht wird.
Herr Balthaſar Leiman / Cantzler zu Graͤtz / hat dieſes præſervativum vors Podagra ge - braucht: Mache ein Holderſalſen / alsviel du wilt / nachfolgender maſſen / an: Wann ſie nochQnicht242Die LVIII. Frag. nicht gar geſotten iſt / und doch etwas dick worden / ſo wege den Safft / und ſoviel nun derſelbe (auſſer des Geſchirrs) wigt / ſoviel nimm wolgeſtoſſenen gemeinen Zucker / thue denſelben in den Safft / ruͤhrs wol / und ohne Unterlaß untereinander / bis es zimlich dick / und zu einer Salſen geſotten iſt. Von derſelben nimm eben / wann das Liecht neu wird / oder in puncto des Neumonden / 3. oder 4. Loth / und ſchwitze darauff bey 2. Stunden. Netze die ſchmertzhafften Ort mit dem Wein-Geiſt / und laſſe dieſelbe von ſich ſelbſt wider trucken werden / und ſolches thue des Tags 3. oder 4. mal / ſo leget ſich nicht allein der Schmertz / ſondern das Zipper - lein ſoll auch gaͤntzlich vergehen. Zu Milderung des Schmertzens / nimm Roſenoͤl / die Broſamen von Semel / eins Eys Dotter / Kuͤhemilch / ein we - nig Saffran / koch alles zuſammen / wie ein Kin - derbrey / ſtreichs auff ein Tuch / und legs uͤber. Oder / nimm Holderwaſſer / Roſenwaſſer / und Brantenwein / eines ſoviel als des andern / und ne - tze ein ſaubers Tuͤchlein darinn / und legs uͤber den Schmertzen / es ringert ihn. Wann man auch die Podagriſche Oerter mit dem Oel von Opopanace ſchmieret / ſo leget ſich der Schmertz / und dienet wi - der den unleidenlichen Huͤfftwehe. Setze 2. Laß - koͤpffe auff beede Fuͤſſe / oberhalb bey den Zehen (man ſolle aber unter einem Kopff nur 12. Bicke / oder Hiebe / thun) wañ man die Koͤpffe hinwegthut / ſolle man den Ort mit Hirſchen-Unſchlit ſchmie -ren /243Die LVIII. Frag. ren / und zuſehen / daß man ſich nicht etwa reibe / oder kratze / ſie moͤchten ſonſten ſchweren. Wann man das erſtemal alſo geſchrepffet hat / ſolle man uͤber acht Tag noch einmal / darnach uͤber 3. Wo - chen wider / folgends uͤber 4. Wochen ſchrepffen / und es als dann alle Monat widerholen / und ſol - ches allezeit 2. Tag vor dem Neumonden verrich - ten.
Zum hitzigen Podagra ſollen gewiß dienen Hauswurtzhlaͤtter / dieſelbe aus gebrent / in demſel - ben Waſſer ein Scharlach genetzt / und uͤber ge - hunden. Oder / nimm rohe Gerſten / doͤrr ſie gar wol / zerſtoß klein / nimm ſoviel Schafmiſt / miſch es durcheinander / und geuß darauff Wegerichwaſ - ſer / mach ein Teiglein daraus / und legs uͤber / wo dir wehe iſt.
Wann der Schmertz von Kaͤlte / ſo dienet das Myrrhen - und Fuchs-Oel: Wo aber man nicht purgiret / und der Leib offen / ſo iſt alles vergeben - lich. Sonſten iſt auch gut der Fuchsbalg um den Fuß gewickelt; oder Fuchsoͤl gebraucht. Fuͤr den Pfarrer zu Neuhauß in Ungarn hat ein Artzt folgendes geordnet: ℞ ſaſſ. parill. 6. ℥, Chinæ 3. ℥, Senisblaͤtter 3. ℥ ß, Thurbit 2. ℥ ß, Paradisholtz ℥ ß, Engelſuͤßwurtzel 1. ℥ ß, Anisſamen / und Fen - chel / jedes anderthalb Loth / Hermodactyl. 2. ℥, Judenkirſchen 2. ℥. Klaube die Stengel von Se - nisblaͤttern / die andern Stuck alle ſchneide klein / vermiſchs / gieß 12. Maß Steyriſchen / oder Un -Q ijgariſchen244Die LVIII. Frag. gariſchen Wein darauff / und trinck davon nach Gelegenheit.
Nimm Rindfleiſch mit Wein ein wenig ange - feucht / uͤberſchlag es etlichmal / nach 6. Stunden immer ein mal / ſo zeucht es einen groſſen Wuſt aus. Wann von dieſem Fleiſch ein Hund iſſet / ſo bekomt er auch das Podagram.
Die Straßburgiſche pilulæ antipodagricæ wer - den auch gelobt / deren Beſchreibung ein Medicus daſelbſt / dem Collectori dieſes Werckleins / alſo mitgetheilet hat: ℞ Trochiſc. Alhandal. diagrid. aloesroſat. aa Эj, extract. lign. Aloes Эß. M. f. pil. num. 30. pro purgat. Zur præſer virung aber vor dem Podagra / nimm von ſolcher Maſſa 12. Grana / mach daraus 6. Pillulen / und brauchs 3. Tag vor dem Neumonden / am erſten Tag eins / den andern 2. und den 3. drey. Ein Apothecker aber auch alda / hat dieſe Beſchreibung / die er vom Herrn Apothecker Ringler bekommen / fuͤr gerecht gehalten / ℞ Trochiſc. Alhand. Aloes roſat. dia - gridii aa Эj, extract. ligni Aloes gr. iiij, f. pill. n. 18. deaurent. Lege zerſtoſſene / oder geſchabte Ruͤ - ben uͤber den Schmertzen / und wann ſie trucken / andere friſche.
Wann die Knie angriffen werden / iſt die Pal - menſalb herrlich darzu / ſo uͤber geſchlagen auff einem Tuͤchlein.
Oder / ſtoſſe Wermut mit Tag - und Nachts - kraut / ſeuds in Baumoͤl / und ſchlags / ſo warmes245Die LVIII. Frag. es zu erleiden / wie ein Pflaſter / uͤber. Oder Opo - panac mit ein wenig Weins zerlaſſen / zur Dicke eines Pflaſters geſotten / auff ein Tuch geſtrichen / und uͤbergelegt. Oder Weitzenkleyen in Eſſig ge - ſotten / und wie ein Pflaſter warm uͤbergelegt. Johann Wieſel / weitberuͤhmter Opticus in Aug - ſpurg / wie ich auß ſeinem Schreiben / vom 13. Octobr. dieſes 1658. Jahrs / erlehrnet / iſt in die 35. Jahr lang mit dem Podagra behafftet gewe - ſen / und offt 8. und 9. Wochen / mit groſſen Schmertzen / des Bettes huͤten muͤſſen / dar durch er an beeden Knien erkrummet / und iſt ihme ſon - derlich das lincke / eines Menſchenkopff groß er - hartet. Er hat aber ſelbſten einen Spiritum er - funden / damit er die Geſchwulſten geſchmiert / und wider gerad / und geſund worden iſt. Andere ſeine neue Erfindungen ſollen im Dritten Hundert der Fragen einbracht werden.
Es ſolle der Patient Turteltaͤublein bey ſich haben / welche ordenlich auch das Podagram be - kommen / daran ſterben / und hiedurch dem Pa - tienten den Schmertzen lindern ſollen.
Zum hitzigen / und kalten Podagra zugleich / nimm Lorbeerblaͤtter / Rosmarin / Salbey / Ber - tramwurtzel / Schluͤſſelblumen / Lavendel / klein Zeitloſen / Bibergeil / Hermodact. Weiſſe Roſen / Wermut / Sanickel / Odermenig / Johanskraut / breit / und ſpitziger Wegrich / jedes ein Handvoll / ſtoſſe alles / ſiede es in Butter / darnach drucksQ iijaus /246Die LVIII. Frag. aus / laß es ſieden zu einer Salben / ſchmiere da - mit / wo es dir wehe thut. Solle eines Juden Ge - heimnus geweſt ſeyn. Nimm Saffran / Roſenoͤl / und ein wenig des auff gedruckneten Saffts von den Magſamen-Haͤubtern / temperirs mit Wei - bermilch / und ſtreichs auff den Schmertzen. Schafgarben iſt auch ſehr gut wider alles Anli - gen der Fuͤſſe. Jtem / nimm Brenn-Neſſel / zer - ſtoſſe / und lege ſie zwiſchen 2. Tuͤchern uͤber / ſie lindern den Schmertzen / ſo probirt worden. Jtem / nimm kleinzerſtoſſenen Bezoar 2. Ducaten ſchwer / mach ſolchen mit gnugſamen Roſenhonig / und Roſeneſſig an / ſtreich ihn auff ein Tuͤchlein / leg ihn uͤber / und ſo offt das Tuͤchlein trucken wird / ſo offt netz es wider. Jſt gut denen / ſo in der Eil et - was zu verrichten haben. Und ſolle der Kaͤiſer Matthias / wie auch des H. Roͤm. Reichs Vice - Canzler / der Freyherr von Ulm / &c. ſich dieſer Artzney bedient haben. Herr Oth Friederich Gey - er von Oſterburg / ꝛc. ſo An. 1620. in der Schlacht vor Prag geblieben / hat dem Schreiber dieſes / gnaͤdig vermeldet / daß das gediſtillirt Froͤſch - ſchmaltz angeſtrichen / innerhalb 24. Stunden ge - wiß helffe / laß aber den Menſchen nicht alt wer - den / weil es hineintreibe; und Herr Eraßm Frey - herr von Eyzing / wie Jhre Gn. auch ihme / dem Schreiber / ſolches erzehlt / hat alle Morgen 9. Wacholderbeer geſſen / welche demſelben das Po -dagram247Die LVIII. Frag. dagram vertrieben / daß er es ſein Tag nicht mehr bekommen hat.
Zur Linderung binde Rettichſchnitlein unten an die Fuͤßſolen; oder lege an dem breſthafften Ort warm Kuͤhekoht auff.
Nimm den Harn von einem kleinen geſunden Knaben / diſtillir ihn / leg darein zerſtoſſen Knob - lauch / vermach das Geſchirr wol / putrific irs 4. Tag nacheinander / als dann diſtillirs zum an - dern mal; und ſtreichs mit einer Feder auff den Schmertzen; ſo ein erfahrnes Mittel ſeyn ſolle. Oder / nimm Wacholderholtz / ſchab die aͤuſſerſte Rinden davon / das ander zerſchneid klein / kochs in Waſſer / darinn bade nuͤchtern. Soll vielen vors Podagra / Contraction, und den Schlag / ge - holffen haben: doch muß der Leib zuvor purgtret ſeyn. Das Ziegelſteinoͤl wird auch ſehr gelobet. Qder / nimm Krafftmeel 3. Loth / Sanguinis Dra - conis, oder Drachenblutwurtzel 2. Loth / Bolar - men 1. Loth / und 2. friſche Eyerdotter / miſch alles wol untereinander / und mach mit Roſenoͤl / ſoviel hierzu gnug iſt / ein Pflaſter daraus / ſtreichs auff ein Leder / oder Barchet / und legs auff. Es hilfft / naͤchſt Gott / gar bald. Ein Zingieſſer hat berich - tet / daß er / vor etlichen Jahren / ſehr groſſe Schmertzen an der rechten Achſel allein mit dem Betonienwaſſer / darein er Tuͤchlein genetzt / und gar warm uͤbergeſchlagen / ſtracks vertrieben ha - be. So iſt auch ein ſibentzig jaͤhriger Mann / allemQ iiijdurch248Die LIX. Frag. durch den Gebrauch des Betonienwaſſers / von dem Podagra gaͤntzlich entledigt worden.
Warum die Weibsperſonen gemeinlich vom Podagra befreyet ſeyn? iſt Urſach ihre Monat - liche Reinigung. Dahero / wann ſie daſſelbe be - kommen / ſo geſchiehet es aus einer ſonderlichen aͤuſſerlichen Urſach / namlich / durch Zorn / uͤbri - ges trincken / das Venusſpiel / und wegen der Un - fruchtbarkeit; wie Doctor Koch ſagt.
DJe Haͤnde machet weiß / und ſchoͤn / ein friſcher neuer ungeſaltzner Kaͤs / durch ein Tuch gedruckt / klein gepulvert / Kleyen darunter gemiſcht / und die Haͤnde damit gewaſchen. Von Weitzenkleyen / mit warmen Waſſer vermengt / und gewaſchen / wer - den die Haͤnde ſonderlich glat / lind / weiß / und zart. Oder / nimm Kleyen ein Handvoll / 1. Eyerklar mit weiſſem Wein geſotten / und mit der durchge - ſigenen Bruͤhe die Haͤnd offtermals gewaſchen.
Der Haͤnde Geſchwulſt von Kaͤlte nimt hin - weg Rauten / und ein wenig Saltz / geſtoſſen / und in Baumoͤl mit ein wenig Weins geroͤſtet / und wie ein Pflaſter warm uͤber geſchlagen.
Haͤnde Seyerlein / und Zitterſchen / heilet Wei -tzen249Die LIX. Frag. tzen geſtoſſen / und zween Theil deſſelben / mit einem Theil gepulverten Weyrauch / und gnugſamen Wein tempe rirt / und wie ein Pflaſter uͤberge - ſchlagen. Es vertreibt auch alle Seyerlein / Flech - ten / und Zitterſchen des Leibs.
Fuͤr die Schrunden an Haͤnden / Fuͤſſen / und heimlichen Oertern / nimm Hirſchen-Unſchlit / oder Boͤcken-Unſchlit / Honigoͤl / das Hartz / wel - ches man Lycium nennet / und Oel aus Weitzen gepreſſet / miſch es mit Capaunen-Fett unterein - ander. Oder / nimm nur S. Johansoͤl / und Hir - ſchen-Unſchlit vermiſcht / ſo bewerth fuͤr die Schrunden aͤn Haͤnden iſt.
Vors Zittern der Haͤnde brenne Eſpenholtz zu Aſchen / davon mach eine Lauge / und waſch die Haͤnde damit; oder beitze Beyfuß in Roſenwaſ - ſer: Oder / nimm Biber geil 2. Quintlein / Bran - tenwein 1. Loth / Roſen - und Weißlilienwaſſer / jedes 1. Quintlein / und mache daraus ein Saͤlb - lein. Oder / waſche die Haͤnd des Tags etlichmal mit Weinrautenwaſſer / laß ſie von ſich ſelbs tru - cken werden. Oder / zerſchneid Schelkraut mit der Wurtzel / ſieds in Waſſer / und bade die Haͤnde damit. Oder / waſche die Haͤnd offt mit Fuͤnff fin - gerkrautwaſſer / und laß von ſich ſelbs trucken werden. An die lincke Hand werden inſonderheit die Ringe angeſteckt / dieweil dieſelbe / was die Spi - tze anbelangt / dem Hertzen naͤher; und die Alten /Q vin250Die LIX. Frag. in der lincken Hand / den Schild gefuͤhrt / und des - wegen dieſe Hand gezieret haben.
Den Schmertzen in einem Arm zu ſtillen / wann kein Geſchwulſt da iſt / nimm ſuͤß Mandel - oͤl / und Kalbsmarck jedes 2. Loth / und bey 10. Tropffen Malvaſier / und mach ein Saͤlblein daraus. Gebrochnem Arm hilfft Baldrian - waſſer / Morg. und Abends jedesmal 5. oder 6. Loth getruncken.
Der Achſel Geſtanck vertreibt Artiſchockwur - tzel in Wein geſotten / und da von getruncken / oder geſtoſſen wie ein Pflaſter uͤbergelegt / oder ange - ſtrichen.
Wider Uchſen-Geſchwer / lege Corianderſafft / mit Bonenmeel zu einem Pflaſter temperirt / und auff ein Tuch geſtrichen / uͤber.
Naͤgel-Gebreſten hilfft das Wachsoͤl: Oder zerlaſſe Wachs / und miſche darein Natter - oder Tormentillwurtzel / auffs ſubtiliſte gepulvert / und uͤbergelegt. Naͤgelruntzeln ezen ab die Blaͤtter der Kuchenſchellen / oder Pulſatillæ. Wackelnde / und abgeloͤſte Naͤgel bringt zu recht Fuͤnfffinger - kraut / mit ſchweinen Schmaltz geſtoſſen / und wie ein Pflaſter uͤber gelegt. Vor die rauhe ungeſtalte Naͤgel zerſtoſſe Schaͤfin Unſchlit / mit Alaun / und legs uͤber: Oder / ſtoſſe Wermut / und leg ihn mit Seiffen / und Eſſig / pflaſtersweiſe / auff ein Tuch geſtrichen / uͤber: Oder / lege Gerſten - meel mit Bech zu einem Pflaſter geſotten / undauff251Die LIX. Frag. auff ein Tuch geſtrichen / uͤber. Theils haben den Aberglauben / daß man Naͤgel an einem Don - nerſtag beſchneiden muͤſſe. Jn dem Theatro Dia - bolor. zu Franckfurt am Mayn An. 1575. gedr. ſtehet f. 201. daß bey den Roͤmern dieſer Aber - glaub geweſen: Wann ein Kramer / auffm Jahr - marckt / heimlich ſeine Naͤgel / an Haͤnden / und Fuͤſſen / beſchnitte / ſo ſolte er viel Gelts loͤſen. Theils ſchneiden ſie im Stier / Wag / Wider / Loͤw / und im zunehmenden Mond / ab. Schrundige Naͤgel ſolle eben das abſchneiden am Donnerſtag verhuͤten / wie man vor gibt / und darwider helffen Serapingummi / und Operment / jedes gleichviel / pulveriſirt / und mit Baumoͤl zum Pflaſter ge - macht. Schwartze / und zerknitſchte Naͤgel machet glat / Chamillenoͤl 1. Loth / Jlgenoͤl / Huͤner - und Gaͤnsſchmaltz / Jungfrauwachs / jedes ein halb Loth / zerlaß / ſtreichs auff ein Tuͤchlein / und legs / wann es kalt worden iſt / uͤber.
Was fuͤrs Ander die Fuͤß anbelangt / ſo geben etliche fuͤr / daß die jenige / ſo Gerſtenbrod ſtetig in ihrer Speis brauchen / vor allen Kranckheiten der Fuͤß ſicher ſeyn ſollen. Andere ſagen / wenn man die Fuͤſſe waſche / und mit demſelbigen Waſſer 3. mal die Augen beſtreiche / ſoll es ihnen wolthun: und etliche halten darvor / wann man das Fuß - waſſer / das man Abends gebraucht / ſonderlich am Samſtag / gleich aus gieſſe / daß es dem Ge - ſicht / und Gehoͤr / Schaden bringen ſolle.
Fuͤß -252Die LIX. Frag.Fuͤßſchmertzen ſtillet die Creutzwurtz friſch / mit altem ſchweinen Schmaltz / geſtoſſen / und wie ein Pflaſter uͤber gelegt. Solle eine gewaltige Huͤlff wider den Schmertzen der Fuͤß / und Nerven / ſeyn. Oder / nimm Gerſtenmeel 2. Theil / mit einem Theil Leinſamenmeel / in Nachtſchatten-Safft zu einem Brey geſotten: Welches wider den Schmertzen / und Auffblehung der Schinbein / und der Fuͤß / vom gehen / groſſen Reiſen / oder an - derswoher verurſacht / auff ein Tuch geſtrichen / und Pflaſterweiſe uͤbergelegt / dienen ſolle. Die Schuͤß / und Gicht / ſolle legen / Erdbeerkraut / Chamillenblumen / Beyfuß / Wermut / jedes 2. gute Handvoll. Thue gemeldte Stuck zerſchnitten in ein Saͤcklein / ſeuds in halb Wein / und Waſ - ſer / damit bade / und behe / die Schenckel warm / und lege das Saͤcklein warm uͤber.
Das Stincken der Fuͤß vertreibet das Pulver von Meſſing / welches die Guͤrtler abſchaben / in einem Pfaͤnnlein geroͤſtet / daß es gluͤend werde / hernach / wann es kalt worden / in den Stumpff geſtreuet; ſo ſchwitzen die Fuͤß nicht / und ſo ſie auch gar rauch an der Solen waͤren / ſo werden ſie davon glat.
Erfrorne Fuͤß zu heilen / ſeude Rauten in Baumoͤl / und ſchlag ſie uͤber das erfroren Glied / ſo warm du es leiden kanſt. Oder / nimm des Broſams von einem Rockenbrod 16. Loth / ſchwei - nen Schmaltz 8. Loth / Bier ſoviel vonnoͤhten /laß353[253]Die LIX. Frag. laß miteinander zu einem Pflaſter ſteden / legs warm auff einem Tuch uͤber den Schaden / er - friſch es des Tags 2. mal; es hilfft / wann es ſchon lang gewaͤhret hat. So erwaͤrmet erfrorne Schenckel ein halb Suͤmmern Haber / ſiede den wol in halb Wein / und Waſſer / ſoviel du darzu bedarffſt / und laß halber einſieden: thue darnach den Habern in 2. Saͤck / deren ein jeder einer Elen breit / und lang iſt / und binde dem erkalten Men - ſchen um ein jedes Bein / oder Schenckel / einen / ſo warm er es leiden kan / das thue ihme des Morg. Mitt. und Ab. und beharr das 3. Tag nachein - ander. Oder / baͤhe die erfrorne Fuͤß / und Ferſen / mit der Bruͤhe / darinn die Blaͤtter / und Wurtzel des Mangolts geſotten ſeyn. Weyrauch mit ſchweinen Schmaltz vermiſcht / iſt auch gut. Oder / nimm Terpentin / ſaltz den zimlich wol / ruͤhr ſo lang / biß daß es ein Teig werde; darnach ſtreichs auff ein Tuͤchlein / und legs 8. Tage lang uͤber / zum wenigſten des Tags 2. mal. Oder / baͤhe die Fuͤß mit geſottener Ruͤbenbruͤhe; Oder / zerſtoß die geſottene Ruͤben / und legs auff / wie ein Pfla - ſter; Und ſoll nichts beſſers ſeyn / als die Ruͤben - Salben. Das Hirn von einer Kraͤhen / und uͤber - gebunden / haͤlt man auch fuͤr gewiß; und wann ſonſten nichts helffen will / ſo laß dir unten auff der Schauffel / oder obern Theil des Fuſſes / ſchrepffen.
Wann einer einen Stifft / oder fonſten etwaseinge -254Die LIX. Frag. eingetretten / ſo nimt man Stabwurtzkraut / und ſchweinen Schmer untereinander / geſtoſſen auff - gelegt / ziehet alles heraus. Etliche nehmen auch Oſterluceykraut / und Meltenſamen / Gut-Hein - richs - und Diptams-Safft / auch Gaͤnsdreck dar - unter.
Die Geſchwulſt der Fuͤſſe entſtehet / wann die Fluͤß haͤuffig in dieſelbe hinabſteigen: Die Ur - ſach iſt gemeinlich in der Leber. Chamillen / und Haſelwurtz gekocht / wie auch das weiß Lilienoͤl / ſeyn da gut: item / Gummi Armoniac / mit gutem Weineſſig zerlaſſen / wie ein Pflaſter / auff einem Tuch / uͤber gelegt / vertreibt die harte Geſchwulſt in 4. Tagen. Oder / nimm Weinrauten / und ein wenig Saltz / ſtoſſe / und roͤſte es in Baumoͤl / mit ein wenig Weins / und ſchlag es warm uͤber. So heilet Schenckel / und Schinbein Geſchwulſt / Wermut klein zerſchnitten 3. Theil / mit einem Theil Weyrauch auff gluͤende Koln gelegt / und M. und Ab. damit beraͤuchert. Oder / vermiſche Chamillenoͤl mit reingeſtoſſenem Saltz. Oder / ſiede 2. Theil Gerſtenmeel / mit einem Theil Lein - ſamenmeel / in Nachtſchatten-Safft / zu einem Brey / und legs uͤber / wie ein Pflaſter.
Auff geſchwolne Schenckel von Auſſatz curirt geſtoſſene Spargenwurtzel / mit Eſſig geſotten / und uͤbergelegt. Geſchwolnen Schenckeln von der Waſſerſucht / zu helffen / ſtoſſe die Broſam von Rockenbrod / mit Laugen / oder Wein / und Saltz /und255Die LIX. Frag. und temperirs wie ein Salb / ſtreich damit die Schenckel an / und laß darauff 4. Stunden lang ruhen. So nun eine waͤſſerige Feuchtigkeit heraus - laufft / ſoll man dieſelbe mit einem linden Schwam̃ abwiſchen / mit einem weichen Luͤmplein drucken / und darnach die verletzten Oerter / mit Quitten - oder Myrtenoͤl / ſchmieren. S. unten die 63. Frag.
Maſen / und Flecken der Schinbein / von ſtoſ - ſen / ſchlagen / oder fallen / nimt hinweg Coriander zu Pulver geſtoſſen / mit Eſſtg temperirt / und uͤbergeſchlagen.
Schinbein-Blattern heilet die Broſam von einem Rockenbrod / das wol gehoͤfelt iſt / klein zer - ribelt / darzu Honig / und Weins genug genom - men / und wol bey dem Feuer / wie eine Supp / ge - ſotten. Jn dieſer Bruͤhe netze darnach ein zwyfach leinin Tuch / und leg es warm uͤber die Schenckel / oder Schinbein / und wann es trucken wird / ſo ne - tze es wider / und thue ſolches ſo lang / bis die Blaͤt - terletn vergangen ſeyn.
Der Schinbein faule Schaͤden curirt Rocken - kern / und ungeſchaͤlt Gerſten / auch Taubenkoht / jedes ein gut Theil / thue ſie in einen neuen Hafen / verlutir ihn wol / ſetz ihn in ein ſtarckes Feuer / und brenne gemeldte Stuck zu Pulver / ſtoſſe es dar - nach / ſchlags durch ein Sieblein / und zettel davon taͤglichs ein wenig in den Schaden.
Geſicht an den Fuͤſſen vertreibt S. Johans -kraut /256Die LIX. Frag. kraut / mit dem Samen gedoͤrrt / gepulvert / und mit Wein getruncken.
Schaͤden der Fuͤß / ſo die Schuh wund ge - rieben haben / curirt Zwibel-Safft / mit Huͤner - ſchmaltz vermiſcht / und darauff geſchmiert.
Wann die Ferſen auffreiſſen / nimm pulveriſir - ten Galbanum (ſo ein Gummi) und Dragant / item Neuwachs / und blau Lilienoͤl / jedes gleich - viel / und mach daraus eine Salben. Von den Schrunden der Ferſen / ſihe die folgende Frag.
DEren ſeyn viel / und man - cherley / davon inſonder heit D. Samuelis Hafenrefferé ſchoͤner Tractat de Cutis, cique adhærentium partium affectibus omnibus, zu leſen. Alhie werden nur etliche derſelben / ſamt etwas / ſonderlich Hausmitteln / ſo da zu gebrau - chen / namhafft gemacht / als da ſeyn /
1. Das Wild: oder S. Anthoni-Feuer / oder Rach / Rohtlauff / Geſegnet / die Roſe. Wo ſich dis an einem Ort des Leibs erregt / ſo erzeigt es ſich mit hitzigem Gebluͤt / mit Gallen vermengt / gantz roht / und trucken. D. Cocus, in ſeinem Com - ment. in Philippi libellum de Anima, ſagt alſo: Eryſipelas, vel ignis ſacer, eſt tumor, ortus à bile calidiore, & ſanguine, inferens dolorem ſummum. Ent -257Die LX. Frag. Entſpringt gemeinlich von der hitzigen Leber / hitzi - ger Sachen Gebrauch / Brantenwein / groſſer Bemuͤhung / Zorn / und Gemuͤts-Bewegung. Dann / durch dieſes alles / wird gleichſam das Ge - bluͤt ſiedend / und von den inwendigen / zu den aͤuſ - ſerlichen / fortgetrieben; und wann die Hitz / mit dem Blut / ſtreitet / ſo entſtehet gleichſam eine Brunſt / und ein kleiner Schauder / ſo allwegen vor dem Rohtlauffen hergehet. Es iſt gleichwol nicht allwegen ein Schmertz dabey. Man braucht Anfangs Erdrauch / und Holderbluͤhewaſſer; Darnach wann es ſich ſehen laſt / leget man Hol - derblaͤtter auff; item / fette Tiſchtuͤcher / oder Fa - rinet; ein rohtes Tuch / oder rohten Zaͤndel / ein ungebleichte Leinwat / Froͤſchlaich; aber ſolche Mittel ſeyn erſt am 3. oder 4. Tag zu gebrauchen. Oder / ſiede gruͤne Wacholderbeer in Wein / und legs zwiſchen zweyen Tuͤchlein uͤber / ſoll von ſtundan helffen. Herr Obriſter von Altheim / hat Herrn Oth Friederich Geyern von Oſterburg / damals Herrn Obriſt Seyfrieden von Collonitſch Auffwartern / in Ungarn / heiſſen nehmen die gel - ben Wacholderbeer / wie ſie im andern Jahr wachſen / und weder gruͤn / noch ſchwartz ſeyn / die - ſelbe zwiſchen 2. Tellern zerquetſchen / und zwiſchen 2. Tuͤchlein aufflegen / davon er von dieſem Zu - ſtand / der ihn vorhin ſehr / und offt geplaget hat / gaͤntzlich iſt erledigt worden. Die Holderſalſen iſt auch gar gut darzu. Oder / nimm Rockenmeel /Rund258Die LX. Frag. und ſtreue es auff / oder binde einen Rockenſack um den Fuß. Karpffen-Gall wird auch gelobt / wann man mit dem Safft das Glied ſchmieret. Oder / nimm ein Haſenſchwantz / der ihm gleich abgehau - en worden / da er ſterben wolte / doͤrre ihn mit Haut / und Haar / und binde denſelben an das verletzte Ort; ſo bewaͤhrt ſeyn ſolle; Wie auch Teſchel - krautſafft / mit Hauswurtz / und Eſſig / vermiſcht. Oder / nimm friſche gruͤne Blaͤtter von den Wel - ſchen Nußbaͤumen / und binds uͤber. Magſtu ſie nicht gruͤn haben / ſo nimm die duͤrren / die man zu rechter Zeit hat abgenommen / ziehe ſie durch ein friſches Waſſer / laß ſie wider trucken werden / und legs uͤber. Einer hat dieſes Mittel / nimm einen Schmaltzkuͤbel / der neulich iſt gelaͤret worden / thue ein Glut / in einem Geſchirrlein / darein / uñ ein wenig weiſſen Weyrauch darauff / heb den Fuß uͤ - ber den Schmaltzkuͤbel / jedoch mit einem ſchmozigen Tiſchtuch bedeckt / und laß den Rauch zu dir ge - hen. Ein bekanter zu Tuͤbingen hat / nach dem Rohtlauff / groſſe Hitz empfunden / und Loͤcher in den Schenckeln bekommen / daß man es fuͤr einen halben Brand gehalten / der aus Raht des Me - dici allein S. Johans-Balſam auff geſtrichen / und ein Kraut - oder Mangoltblat darauff ge - legt / ſolches laſſen trucken werden / und mit dem Oel herum geſtrichen. Sonſten macht man auch aus Nachtſchattenſafft / mit Bleyweiß / Silber - glet / und Roſenoͤl / eine Salben. Andere brauchenandere259Die LX. Frag. andere Mittel; aber nicht ſolche / ſo in der That kaͤlten / damit man die Roͤhte / oder dieſen Unraht / nicht einwerts treibe.
2. Blattern / ſo hitzig / werden gekuͤlt / und ge - heilt / wann man entweder Brombeerblaͤtter / oder aber Eichenblaͤtter / uͤberlegt. Uber die Zinnblat - tern lege Gummi Armoniac / mit gutem Wein - eſſig zu einem Pflaſter gemacht / und auff ein Tuch geſtrichen. Oder / nimm Weinrauten ein Hand - voll / guten ſcharpffen Sauerteig ein Loth / gepul - vert Pfefferkoͤrner ein Quintlein / 3. Kornfeigen / Saltz anderthalb Quintlein / zerſtoß die Stuck wol / daß ein Pflaſter daraus werde / legs uͤber die Blattern auff ein Tuch geſtrichen / und wechſel ſolches des Tags 2. mal ab / ſo wirckt es wunder - barlich / und ſondert / in zween Tagen / das geſunde Fleiſch / von dem faulen / ab. Seuerlein der Haͤnde / und des Angeſichts / vertreibet geſtoſſen Weitzen 2. Theil / und 1. Theil gepulvert Weyrauch / mit gnugſamen Wein vermiſcht / und wie ein Pflaſter uͤber geſchlagen. Oder / vermiſche Sauerteig mit Wein / und ein wenig gepulvertem Weyrauch / zu einem Saͤlblein / ſtreichs auff ein Tuͤchlein / und legs uͤber. Solche Hitzblaͤtterlein entſtehen von einer dinnen / und hitzigen Feuchtigkeit; und pflegt man ſich offt mit geſottenem Gerſtenwaſſer zu wa - ſchen; auch Wegrich / Seeblumen / und Endi - vienblaͤtter / darauff zu legen. Oder / man nimt Rauten / Saltz / Bleyweiß / und gepulvert Sil -R ijberglett /260Die LX. Frag. berglett / machts mit Baumoͤel zu einer Salben. Schwartze Blattern heilet Weggraßwaſſer / mit leininen Tuͤchlein uͤbergeſchlagen. Das gruͤn Roͤhrlinkraut geſtoſſen / und Pflaſtersweiſe uͤber - gelegt / leſchet die Hitz der ſchwartzen brennenden Blattern / an den Beinen / Bruͤſten / Gemaͤchten. Braune hitzige Blattern curiren Eichblaͤtter / item / die Blaͤtter der Rheinweiden / uͤbergelegt. Blaͤtterlein des Munds heilet Maulbeerſafft; oder die Lindenbaum-Blaͤtter in Waſſer geſotten / und den Mund damit ausgeſpielt. Tormentill - waſſer iſt ſehr dienlich den jungen Kindern / die das Eſſen im Mund haben / offt die Blaͤtterlein mit einem leinin Tuͤchlein gewaſchen. Jtem / Got - tes gnad - oder Ruprechtskraut-Waſſer. Man legt auch die gruͤne Blaͤtlein davon dem Kind auffs Haubt: item / Ackeleywaſſer / davon man auch ein halbes Loͤffelein voll kan zu ſchlucken ge - ben. Kleyen zu reinem Pulver geſtoſſen / und mit Honig zu einem Pflaſter gemacht / heilet die eyte - rende Blaͤtterlein des Haubts / wie ein Pflaſter uͤber gelegt.
Von den Blattern der Schinbein iſt / in vorge - hender Frag / geſagt worden.
Von den Kinds-Blattern / Maſern / oder Durchſchlechten / moͤchte / mit der Zeit / anderswo Bericht geſchehen.
3. Carfunckel iſt ein Geſchwulſt von einem er - hitzten Gebluͤt herkommend / welcher die Haut an -brennet /261Die LX. Frag. brennet / iſt gifftig / und ſchier unheilſam / wann kein Eyter da iſt: Wann aber ſolches vorhanden / hat man Hoffnung der Geneſung. Darzu dann dienet der Safft von Holder / mit dem Waſſer von Holderbluͤhe: aͤuſſerlich aber pflegt man die Blaͤtter von Oſterlucey auffzulegen. Jordanus ſagt / daß die Carfunckel durch Aufflegung der Wallwurtz / mit verwunderlichem Fortgang / ge - brochen worden.
4. Flechten / Flecken / und Sprenckel / vertreibt Koͤhlſafft / Rettichſafft / mit Honig vermiſcht / und angeſtrichen. Dergleichen thut auch Oſterlucey - Pulver mit Honig / oder Eſſig / vermiſcht. Weiß - wurtzwaſſer ſoll die beſte Artzney darzu ſeyn. Es kommen aber die Flechten her von Verderbung der Feuchte / ſo die Haut angreiffen / und ein Jucken verurſachen; und iſt die Materi ein heiſſes Ge - bluͤt / ſo von innen heraus getrieben wird. Man nimt den Holderſafft von den aͤuſſern Rinden er - preſt: item / Roſenſalb / die Speichel eines nuͤch - tern Menſchen / Papyroͤl (wann mans mit einem feurigen eiſernen Loͤffel ausbrent). Alle Fleck der Haut zu vertreiben / nimm Maulbeer / wann ſie anfahen roͤhtlecht zu werden / und beſtreichs da - mit: ſoll bewaͤhrt ſeyn.
5. Was obangedeutes Jucken der Haut anbe - langt / ſo vertreibt ſolches Poley in Waſſer geſot - ſen / und mit dem Waſſer gewaſchen. Es dienet in ſolchem Jucken / wann die Fluͤſſe / durch die Waͤr -R iijme /262Die LX. Frag. me / bewegt werden / Pappeln gekocht; item Endi - vien / Seeblumen / Sauerampffer / Hauswurtz - blaͤtter gekocht: item / des Menſchen Harn. Das Jucken an den Geburtsgliedern benimt Terpen - tinoͤl / damit beſtrichen. Das beiſſen des gantzen Leibs vertreibt friſch Peterlein klein zerſchnitten / mit Roſenoͤl wol geſtoſſen / und den Leib damit be - ſtrichen; item / mit Wermutwaſſer ſich gebadet / oder gewaſchen.
6. Mit-Eſſer / Eſſer / ſeyn Wuͤrmlein / welche in der Haut der Kinder / von boͤſen / und verderb - ten Feuchtigkeiten / ſonderlich von der unreinen Milch der Mutter / wachſen. Man badet ſie mit Chamillen / und Saltzwaſſer: Das Gerſtenwaſ - ſer / mit ein wenig Niter / iſt auch gut.
7. Finnen entſpringen von einer rotzigen Ma - teri, damit viel Gallen vermiſchet iſt. Etliche zwar vermeinen / ſie kommen von einem verbran - ten Gebluͤt / mit etwas Rotz / ſo von uͤbriger Hitz gleichſam in weiſſe Kuͤgelein gebildet werde. Man braucht darwider eingemachte Lactuken / oder Wein / darinn erhitztes Gold abgeleſcht worden; item / Rosmarinwaſſer / bittere Mandel mit Bronnenwaſſer zertrieben. Bey den Schweinen aber vertreibt die Finnen Hanff-Samen / wann man ihnen denſelben 2. Tag vor dem Stechen ein - gibet. Oder ein brennend Scheit in den Rachen geſtoſſen / gleich wann mans ſtechen / oder ſchlach - ten will. Viel Waſſer zu trincken geben / item dasSengen263Die LX. Frag. Sengen der Haar / und ſtete Bewegung / thut auch viel.
8. Allerley Schrunden der Haut heilen auff - gedrucknete Rauten zu einem ſubtilen Pulver ge - ſtoſſen 1. Loth / Baumoͤl 3. Loth / Wachs 1. Loth / bereite es zu einem Saͤlblein. Zu den Schrunden der Ferſen von Winterkaͤlt / nimm Galbenſafft 2. Loth / reingepulverten Tragant 2. Loth / Geiſ - ſen-Unſchlit 1. Loth / Wachs anderthalb Loth / gelbe Veieln 4. Loth / zerlaß das Geiſſen-Unſchlit / Wachs / und Veieloͤl durcheinander / thue den Galbenſafft mit Wein zertrieben darunter / ver - miſch es wol / und ſtreue den Traganth allge - maͤchlich darein / arbeite ſolches wol durcheinan - der / und ſo es nicht weich genug iſt / ſo nimm des gelben Veieloͤls mehr darzu / ſoviel dubedarffſt / daß es ein lindes Pflaſter geben mag / das ſtreich auff ein Tuch / ſchneid / nach deinem Gefallen / Pflaſter davon / und legs uͤber. Die Haubt - Schrunden nehmen hinweg Weinrauten mit Alaun wol geſtoſſen / darnach mit Honig zu einer Salben gemacht / und das Haubt damit ange - ſtrichen. Man ſoll aber zuvor das Haar abſchnei - den. Schrunden im Hintern heilet Staubmeel reingebeutelt darein geſtreuet. Von den Schrun - den der Lefftzen S. oben die 52. Frag / vom Munde.
9. Raͤudigkeit / Schaͤbigkeit / Kretzen / und an - dere dergleichen Gebrechen der Haut / nimt hin -R iiijweg264Die LX. Frag. weg die Pomade-Salb 3. Quintlein / Schwefel ein halber Scrupel / Althen 1. Quintlein / Alaun 1. Scrupel / alles vermiſcht zur Salben gemacht. Ein verwunderliche Salb / ſo Mecum genant wird: Nimm des Saffts von Schelkraut / Bor - retſch / oder Borragenkrauts / Erdrauch / Apo - ſtemkrauts / Grindwurtz / jedes einen Vierding / Silber glett / Bleygelb / oder Bleyweiß / ſo gewa - ſchen / und des gebranten Kupffers / jedes 1. Loth / miſch alles mit der Eſſig-Mutter / oder Heffen / und ſchweinen Schmaltz / zu einer Salben. Theils nehmen nur des Apoſtemkrauts / Wegerichs / und Grindwurtzs Saͤffte / ſieden ſie mit Oel / und ma - chen mit dem Wachs eine Salben daraus. Schwefel mit Baumoͤl angemacht: Oder En - zianſafft mit Honig vermiſcht / und angeſtrichen; Oder zerſtoß Moͤnch Rhabarbarwurtz / gieß Ro - ſenwaſſer daruͤber / darzu thue Saltz / und das Weiſſe von einem Ey / und ſchmiere dich damit im Bade. Terpentinoͤl / mit Vitrioloͤl / und Span - gruͤn / vermiſcht / heilet alle Kretzen / den Grind / und Rauden / die Haut damit gerieben / oder ge - ſchmiert. Oder / nimm der Roſenſalb 2. Quint - lein / pulv. Tartar. ſubtil. flor. ſulphur. Nitri præ - par. Majoran. jedes ein halbs Quintlein / und ein wenig Roſenoͤl / miſche es / und mach ein Saͤlb - lein daraus / ſo bewaͤhrtiſt. Allein muß der Leib zuvor wol purgirt ſeyn / ſonſten man demſelben damit groſſen Schaden thun wurde. Vor Grind /und265Die LX. Frag. und Rauden eine heilſame Salben: Nimm ein Unz / oder 2. Loth / Terpentin / thue ihn in eine Schuͤſſel / geuß friſch Bronnenwaſſer daruͤber / und waſch ihn damit 2. oder 3. mal / biß er gantz weiß wird / und nimm darzu 2. Loth ungeſaltznen Meyenbutter / und reingepulvert Saltz 1. Loth / 2. friſche Eyerdotter / ein halbs Loth Roſenoͤl / und den Safft von einer ausgepreſten Pomerantzen. Diß alles miſche wol zuſammen / und mache ein feines Saͤlblein daraus / damit beſtreiche Morg - und Ab. an Haͤnden / Fuͤſſen / &c. die Kretzen / und Grinde. Nichts beſſers ſolle ſeyn / als die Haͤnde in einer warmen Bruͤhe / darinn Krebs geſotten worden / gebaͤhet / oder ſich damit gewaſchen. Die ausgeſchlagene kretzige Haut heilet auch gar ge - ſchwinde das Marck von einem Eſel / ſich damit geſchmiert. Etliche machens alſo: Sie nehmen Eſelsmarck / und Terpentinoͤl / miſchen ein wenig Vitriol / und Gruͤnſpan darunter / und heilen da - mit alle Grind / und Raͤudigkeit des Leibs. Jtem / Hundsſchmaltz 2. Loth / Roſenoͤl 4. Loth / laß uͤber einer Glut zergehen / und ſchmier die Kraͤtzen da - mit. Der Pomerantzen-Safft / mit Zucker / Mor - gens gebraucht / treibt die Kretzen durch den Harn hinweg / welcher dann Morgens ſchwartz aus - ſihet.
10. Anſprung / oder Serpiginem, vertreiben auch theils der hieoben erzehlten Mitteln.
11. Zitrach vertreibt Schelkraut klein zer -R vſchnit -266Die LX. Frag. ſchnitten / zwey Handvoll / Saltz ein Handvoll / und ein halbe Maß Eſſig / vermiſch / und ſalbe dich. Oder / nimm Jngwer / Pfeffer / Schwefel / alles geſtoſſen / zu gleichen Theilen / vermiſches / thus in ein Buͤndlein / tuncks in ein Eſſig / und tupffe da - mit; probat. Zu den Zitrach / oder Ziterſchen des Angeſichts / brauch reingepulvert Eiſenkraut / und des auff gedruckneten Saffts Acaciæ, jedes 1. Loth / reingepulvert Myrrhen 1. Quintlein / zertreib dieſe Ding mit gnugſamen Wein / wie ein Saͤlblein / und ſalbe die Flechten des Tags etlich - mal damit / ſie heilen bald. Zitrach des Kins cu - rirt auch der friſchaußgepreſte Schelkrautſafft / damit offtermals beſtrichen / oder brauch das Schelkrautwaſſer / oder netze Tuͤchlein darinn / und legs uͤber.
12. Rufen von Beulen / und Geſchweren / nim - methinweg Weitzenmeel / Roſenoͤl / Butter / jedes 2. Loth / vermiſches / und thue darzu einen Dotter von einem Ey / damit ſchmier ſie des Tags etlich - mal / ſo fallen ſie hinweg.
13. Fuͤr das Anmal / wie einer berichtet / ſoll gutſeyn / wann der Vatter des Kinds ſich ohnge - fehr ſchneidet / und das Blut dem Kind auff - ſtreicht / es laſt drucken werden / und das Blut ſelber abfallen: Oder / wann die Kindbetterin ſol - ches Anmal Morgens lecket / ehe man ſolches ein - faſſet / und in die Wiegen leget / und ſolches 6. Wochen treibet.
14. Frage267Die LX. Frag.14. Fratte an Armen / Beinen / und Haͤls - lein der jungen Kinder / vertreibt Ruprechtskraut / oder Gottes gnadwaſſer / damit gewaſchen / Tuͤch - lein darein genetzt / und uͤbergelegt: Oder / das zu Pulver geſtoſſene Amelmeel.
15. Die Muſelſucht vertreibt Erdrauch auff allerley Art gebraucht; Oder / Weinrauten mit Pfeffer / und Niterſaltz vermiſcht / klein / und wol geſtoſſen / und den Leib damit geſalbet. Das Apo - ſtemkraut vertreibt auch die ſchwartze Muſel - ſucht. Nimm Weitzenkoͤrner von einem nuͤchtern Menſchen wol / und zum allerkleiniſten gekeuet / alſo / daß ſich die Speichel wol damit vermiſche 4. Loth / mit 8. Loth ſchwartzer Seiffen vermiſcht zu einer Salben / und die befleckten Ort damit ge - ſchmieret. Oder / nimm Gerſtenmeel / thus in ei - nen Hafen / ſchuͤtt Waſſer daruͤber / und ruͤhrs wol durcheinander / laß erſitzen / und nimm davon das lautere / und klare Waſſer / und waſch das Angeſicht offt damit.
16. Striemen von Ruten / und Geiſeln / heilet friſches Dillkraut 2. Handvoll / Baumoͤl 24. Loth / ſtarcker Weineſſig 6. Loth / laß miteinander uͤber einer Glut ſieden / biß der Eſſig / und der Safft im Dillenkraut gar verzehret iſt. Darnach ſeihe es durch ein Tuch / und zerlaß darinn 3. Loth Wachs / ſo gibt es ein fein lindes Pflaſter / das ſtreich auff ein Tuch / und legs uͤber den Schaden / es heilet bald.
Die268Die LX. Frag.Die Streichmaſen heilet Roͤmiſcher Kuͤmmel / mit Honig / und Roſinlein durcheinander geſtoſ - ſen / und wie ein Pflaſter uͤbergelegt. Oder / Pe - terlinkraut / mit einer Broſam von weiſſem Brod geſtoſſen / oder mit Eyerweiß / vermengt. Oder / Weinrautenwurtzel zu einem ſubtilen Pulver ge - ſtoſſen / und mit Honig zu einer Salben gemacht.
17. Wartzen / oder Liechtdorn ſoll das Blut / ſo ein Schwein im Hertzen hat / damit geſchmieret / gewiß vertreiben: Und Katzentraͤublein geſotten / und damit gewaſchen / ein Geheimnus ſeyn. Ein friſche Schneck / wie ſie aus ihrem Haͤuslein komt / mit Saltz beſtreuet / und bewegt / biß es einen Schaum gibt / damit beſtrichen. Diß iſt gewiß / wann man die Schnecken / ſo des Sommers auff dem Gras kriechen / nimt / und in ein Glas / mit Saltz / thut / und an die Sonnen ſtelt / daß ein Oel daraus wird / und ſich mit ſolchem ſalbet / daß die Wartzen vielen davon vergangen ſeyn. Zwibel mit Saltz vermiſcht ſoll auch gut ſeyn. Wann die Roß trincken / ſo halte die Hand unter / und ſchmier dich mit ihrem Geifer; ſolle probirt ſeyn; wie auch das Taubenblut. Wartzen des Hintern heilet Fuͤnfffingerkraut in Eſſig geſotten / und uͤbergeſchlagen.
18. Ein ſchoͤne Haut im Angeſicht / an Haͤn - den / und gantzem Leib zu machen: Nimm die Blumen des Camelenheus anderthalb Loth / Vei - elwurtz 1. Loth / Maſtix ein halb Loth. Stoſſe dieſeStuck269Die LX. Frag. Stuck zu Pulver / und mach / mit geſottenem Ger - ſten ſchleim / ein Teiglein daraus / darnach formir ſie zu kleinen Scheiblein / laß ſie trucken werden / und wann du ſie brauchen wilt / ſo zerſtoſſe / und zertreibe ſie mit Waſſer / wie ein dinnes Saͤlblein / darmit ſtreich dich an / am Angeſicht / Haͤnden / oder andern Orten des Leibs / thue es offt / aber waſche dich allezeit uͤber ein Stund wider ab. Es vertreibt auch die Runtzeln / welche aus Abneh - mung der Feuchtigkeit / durch die Waͤrme / mit der Zeit / entſtehen / wie man an dem Leder ſihet / wann mans an die Sonnen leget. Dann wie die Feuchte die Haut ausſtrecket / und glat machet / al - ſo verurſachet derſelben Abweſenheit die Zuſam - menziehung. Sorg / und Traurigkeit / ſo aus - truͤcknen / thun auch viel zu den Runtzeln / item der Lufft. Sonſten machet die Haut auch glat / und ſchoͤn / das Bier / item / das Erdrauchblumenoͤl / damit geſchmieret. Haut-Flecken / und Mackel vertreibt Hanenfuß geſtoſſen / und uͤbergelegt. Die Unreinigkeit aber vertreibt Ehrenpreis mit Wein geſotten / getruncken / auch aͤuſſerlich ge - braucht. Zerſchrundene Haut von Kaͤlte heilet Beerſanickel.
WAs das Erſte anbelangt / iſt albereit etwas in der vorgehenden Frag geſagt / und daſelbſt auch der Carfunckel / der Peſtilentziſchen Geſchwer / gedacht worden.
Es entſpringen aber die Geſchwer von der ver - derbten Feuchtigkeit / ſo die Natur an einem Ort des Leibs ſamlet. Die Bewegung des Leibs iſt nutz - lich; item / Ochſenzungen auffgelegt. So thut das Waſſer vom Menſchenkoht wunderbarlich heilen. Oder / lege Nuſſen mit Honig / und ein we - nig Rauten / vermiſcht / uͤber. Man bereitet auch einen rohten Stein zu alten Geſchweren / und off - nen Schaͤden / und andern vielen Gebreſten nutz - lich / ſo in den Oeſterreichiſchen Landen gemein iſt; und man vielleicht denſelben des gleichen in den Apothecken finden wird: Wie auch des Herrn Sigmund Friederichen / Freyherrns zu Herber - ſtein / gutes Pflaſter; deſſen / und des vorgehen - den Steins Beſchreibung / zu lang ſeyn / hieher zu ſetzen. Wollen daher anderer gedencken / als einer Salben / dardurch allerley Loͤcher geheilet worden / Nimm Pfenningkrauts / oder Naterkrauts / bee - der Geſchlechts / jedes 4. Loth / der ſpitzigen Oſter - lucey / oder Ariſtolochiæ acutæ, Heidniſch Wund - kraut / oder Conſolidæ Ponticæ, jedes ein halbs Pfund / ſtoſſe es zuſam̃en mit anderthalb Pfund gewaſchenen Terpentin / und acht Loth Eyer-Oel / daraus mache ein Geſtalt gleich einer Salben. Was271Die LXI. Frag. Was unter dieſer Salben nicht heilet / das wird ſchwerlich unter anderer Artzney auffgebracht. So ſolle folgende Artzney / zu den alten Schaͤden / und Geſchweren / bewaͤhrt ſeyn: Nimm Koͤll - kraut / im ausgehenden Heumonat / thue die Mit - telrippen davon / die Blaͤtter koch in weiſſem Wein / und waſche die Schenckel / oder Schaͤden mit der Bruͤhe / darnach lege die Blaͤtter warm darauff. Das Wacholderbeeroͤl iſt auch gut. Ober / nimm Silberglett 1. Loth / Wachs 2. Loth / des Gummi / Sarcocolla genant / und des Galba - ni, jedes ein Scrupel / Weyrauch / und Maſtix / jedes 2. Scrupel / und mach mit Roſenoͤl eine Salb daraus.
Flieſſende / freſſende Geſchwer heilet die Blaͤt - ter von Oelbaum zerſtoſſen / und auffgelegt; item / Myrtenbaum - oder Holderbluͤhe-Blaͤtter mit Gerſten-Maltz vermiſcht / und wie ein Pflaſter uͤbergelegt. Fleiſch - und Waſſer-Carnoͤffel heilet Spargenwurtzel zu einem ſubtilen Pulver geſtoſ - ſen / und eines Quintleins ſchwer davon offter - mals mit Waſſer getruncken.
Harte Geſchwer weichen / und heilen gekochte Zwibel mit Meertraͤublein / und Feigen / oder nur den Zwibel allein / wie ein Pflaſter / uͤbergelegt. Oder / nimm gepulverte Chamillen 2. Loth / Ey - biſch-Blaͤtter / Pappeln-Blaͤtter / jedes 1. Loth / Gerſtenmeel 1. Loth / Lilienoͤl / Chamillenoͤl / jedes2. Loth /272Die LXI. Frag. 2. Loth / ſeuds mit Waſſer zu einem Pflaſter / und legs uͤber.
Hitzige Geſchwer heilet S. Peterskraut / oder Tag / und Nacht / die Blaͤtter zerknirſcht / und uͤ - bergelegt. Die Broſame von Rockenbrod / mit Baumoͤl / thun auch das ihrige.
Jnnerliche Geſchwer heilet Oſterlucey / item / das Waſſer von Ackeleyen-Bluͤmlein diſtillirt / jedesmal Morgens und Abends 4. oder 5. Loth / getruncken.
Offne Geſchwer hefftet S. Johanskraut gruͤn zerknirſcht / und uͤber gelegt: Reinigen aber thut Honig - und Eppich-Safft / miteinander geſotten / und gebraucht.
Phlegmatiſche Geſchwer heilet friſche Weg - diſtelwurtz zerſtoſſen / und uͤbergelegt.
Geſchwer unter den Achslen heilen Weitzen - kleyen / mit Schwefel / und Terpentin / zu einem Pflaſter bereitet / und auff ein Tuch geſtrichen.
Faule / unreine Geſchwer reinigen / und heilen die Neſſel-Blaͤtter zerſtoſſen / mit Saltz vermengt / und uͤbergelegt: item / mit Wacholder-Waſſer aus gewaſchen: item / Oſterluceykraut / in Wein / oder Laugen / geſotten / damit gewaſchen / und dar - nach das Kraut daruͤber gelegt / oder das Pulver eingeſtreut. Andere Geſchwer curirt der Roͤmiſch Quendl mit Eſſig uͤber gelegt: item / Gerſtenmeel mit Taubenkoht zu einem Pflaſter gemacht: item / Fenchel zu Pulver geſtoſſen / mit Meth ge -ſotten /273Die LXI. Frag. ſotten / darnach mit ſchweinem Schmaltz zu einem Pflaſter gemacht / und warm uͤbergelegt.
Ein geheimes Stuͤcklein / alle Schaͤden zu hei - len / daß ſie zeitig werden / auffbrechen / und ohne Schaden heilen. Nimm Peterſilienkraut / ſoviel genugſam / ſtoß in einem Moͤrſer / breit es uͤber ein Tuch / daß 2. Finger uͤber den Schaden gehen / und laß uͤber Nacht ligen / zu Morgens lege wider ein neues daruͤber / das thue ſo lang / bis es heilet. Jn einem geſchriebnen Artzney-Buͤchlein hab ich fol - gendes Mittel / ſo fuͤr alte / und neue Schaͤden / auch das faule Fleiſch bewaͤhrt ſeyn ſolle / gefun - den: Nimm Bleyweiß / Silberglett / jedes ein Loth / Campher oder Gaffer ungefehrlich einer Welſchen Nuß groß. Dieſe 3. Stuͤck jedes inſon - derheit klein zerſtoſſen zu Pulver / thue in ein Glas zuſammen / und geuß ein halbe Maß aus gebrant Schellkrautwaſſer daran / vermachs wol / daß kein Dampff darvon mag. Nimm auch Betonien - kraut / und Natterzuͤngleinkraut / eines ſoviel / als des andern / und mach daraus ein Pulver; und wann du ein Schaden heilen wilt / ſo nimm das ob - gemeldt Waſſer / und waſch den Schaden mit ei - nem Federlein / oder mit einem Tuͤchlein ſauber, aus; nimm nachmals das Pulver von den obbe - ſagten 2. Kraͤutern / und ſtreue es auff den Scha - den / und das des Tags 2. mal / und zum andern mal muſtu das Pulver / mit gemeldtem Waſſer / aus dem Schaden waſchen.
SGeſchwer274Die LXI. Frag.Geſchwer an den Naͤgeln der Finger heilen die rohe Blaͤtter des Myrtenbaums / oder die Aſchen der verbranten Blaͤtter / mit Oel / und ein wenig Wachs / vermiſcht / und wie ein Pflaſter uͤber ge - legt: item / der Buchdornſafft.
Gerſtenmeel mit Waſſer geſotten / und die Bruͤhe heraus gepreſt / darnach mit Bech / und Baumoͤl / geſotten / und uͤbergelegt / bringt die Geſchwer zun Eytern. Oder mach dieſe Salbe / ſo alle Ding eytern machet / von Hirſchen-Un - ſchlit / Terpentin / jedes 4. Loth / Roſenoͤl ein Loth / laß zergehen / ſchuͤtts in friſches Waſſer / ruͤhrs / bis es weiß wird / und ruͤhre darunter ge - pulvert weiſſen Weyrauch / und Maſtix / jedes 1. Loth.
Eiſſen / und Geſchwer reiniget das Wachsoͤl. Zu den Blut-Eiſſen nimm Rockenmeel / friſche Eyerdotter / Honig / und ſchweinen Schmaltz / miſch zu einem Pflaſter / oder Salben. Oder / leg Sauerteig / und Saltz / uͤber.
Die Druͤſen erweichen Gummi Armoniac 1. Theil / in 4. oder 5. Theil weiſſen Wein zerlaſſen / und auff eim Tuch uͤber gelegt: item / runde Oſter - lucey gepulvert / und ein wenig geſtoſſenen Saff - ran darzugethan / und vermiſcht. Oder die Wur - tzel des Fuͤnfffingerkrauts geſtoſſen / und uͤber ge - legt / auch alle Tag des Saffts von dieſem Kraut Morg. und Abends jedesmal 4. Loth getruncken. Oder / nimm einen guten Theil des friſchaus ge -preſten275Die LXI. Frag. preſten Waſſer-Eppichſaffts / thue darzu Rocken - meel / und ein wenig Butter / miſch es zu einem Pflaſter / legs aͤuff ein Tuch / und alsdann uͤber Beulen / Schlier / Eiſſen / oder dergleichen Ge - ſchwer. Es zeitiget / und reiniget ſie bald.
Bruſt-Geſchwer heilet Gerſten mit Mandel - milch zu einem Muͤslein geſotten / und mit eim we - nig Penidzucker ſuͤß gemacht. Dieſes thut auch die gemeine dicke Gerſtenbruͤhe / item / die Kleyen - ſuͤpplein; item / Weitzenmeel mit Milch / friſchen ſuͤſſen Mandeloͤl / und ein wenig Zucker / zu einem Brey geſotten.
So iſt wider die Apoſtem der Bruſt / das Aus - werffen zu befoͤrdern / Weinrauten zu Pulver ge - ſtoſſen / und 1. Quintlein ſchwer / mit geſottenem Suͤßholtzwaſſer getruncken. Oder / nimm Wei - tzenmeel 4. Loth / Roſenhonig 3. Loth / 2. Eyerdot - ter / und Schweinenſchmaltz / ſoviel gnug iſt / mach ein Pflaſter daraus / und ſtreichs auff ein Tuch.
Sonſten braucht man wider die Apoſtem 2. Handvoll Lein / und 2. Handvoll Gerſten. Dieſe 2. Stuck zerſtoſſe gantz klein / ſchneid Zwibel darein / ſeuds untereinander wol in Geißmilch / darnach thus in 2. Saͤcklein / und legs auff die ſeiten / da der Schmertz iſt. Es erweichet die Apoſtem Dillenoͤl / Fuͤnfffingerkraut in Eſſig geſotten / und uͤber ge - ſchlagen: item / Endivienkraut friſch geſtoſſen / und uͤbergelegt. Jnnerliche Apoſtem heilet Koͤr -S ijbelkraut276Die LXI. Frag. belkraut in der Speis gebraucht; item / Gerſten - bruͤhelein / mit ein wenig Kleyen / und Mandel - milch / geſotten / darnach durchgeſigen / und genu - tzet. Hitzige Apoſtem heilet Wegwartenkraut ge - ſtoſſen / und wie ein Pflaſter uͤbergelegt. Apoſtem - Geſchwulſt leget Koͤrffelkraut / mit ſchweinen Schmaltz / und Wachs / zu einem Pflaſter ge - macht.
Finger-Geſchwer heilen Gerberbaumblaͤtter / mit Eſſig oder Honig angeſtrichen.
Fiſtel iſt ein Geſchwer / oder Schaden / das ein harte dicke Haut um ſich hat / tieff / und lang im Leib / mit krummen Gaͤngen / ſchleufft / iſt hart zu beſchlieſſen / und zu heilen / und wirfft auch unter - weilen / an ſtatt des Eyters / ein dinne Feuchtin aus. Man findet auch wol ſolcher Fiſteln / die ſich oben an der Haut wenig erzeigen / aber mit ihren Wurtzeln tieff / und verborgen ligen / derohalben auch deſtogefaͤhrlicher ſeyn. Man braucht aber darfuͤr / Alaun / und Zucker jedes 2. Loth / des Mercurii Sublimati 2. Quintlein / der Tutiæ præpar. ein halb Quintlein gebranten Weins / ſo - viel vonnoͤhten / und miſchts zu einem Waſſer. Oder / man nimt Hunds zungenſafft / und Roſen - honig / jedes gleichviel / ſiedet ſie ſittiglich / bis ſich der Safft zum Theil verzehret / darnach machet / mit Terpentin / mans zu einer Salben. Wann man die faule Wunden / alte Schaͤden / und Loͤ - cher / mit Wermutwein waͤſchet / ſo werden die Fi -ſtel /277Die LXI. Frag. ſtel / und andere Zufaͤll / verhuͤtet. Die Broſam von wolgehoͤfeltem Rockenbrod / eine Nacht in ei - ner ſtarcken Laugen geweicht / darnach in einem Moͤrſer wol geſtoſſen / zeucht den Eyter / und Faͤul - nus / aus der Tieffe einer Fiſtel / und heilet / wie ein Pflaſter uͤber gelegt. Jtem / Sauerteig / mit ſcharpffer Laugen / auff ein Tuch geſtrichen / zeucht auch alle Faͤulnus aus.
Winterfroͤſtige Schaͤden heilen die Broſam von einem Rockenbrod 16. Loth / Schweinen - ſchmaltz 8. Loth / Bier / ſoviel vonnoͤhten. Laß die miteinander zu einem Pflaſter ſieden / davon ſtreich auff ein Tuch / legs warm uͤber den Scha - den / erfriſch es Morg. und Abends; oder brenne nur Rockenkorn zu Pulver / und ſtreu es in die Schaͤden; prob. Oder / mach gebrant Gerſten - pulver / mit reingepulverten Gallaͤpffeln / jedes gleichviel / und mit Beerenſchmaltz / zu einer Sal - ben. Fluͤſſige Schaͤden curiren duͤrre Weinrauten auff Koln gelegt / und davon den Rauch empfan - gen. Oder / ſiede Schellwurtz mit Wein / und legs uͤber. Zu den alten Schaͤden brauch Wacken - kraut zum einſtreuen / und Hufkraut zum uͤberle - gen; prob. So iſt dieſe Salb zu alten Schaͤden offt probiret worden: Nim̃ Schweinenſchmaltz 2. Pf. Wacholderoͤl aus den Beeren 1. Vierding / Mer - curii Sublimati 8. Loth / Weyrauch / Maſtix / je - des 4. Lot / Hartz / Wachs / jedes 2. Loth / machs zur Salben. Die faule Schaͤden waſche mit VitriolS iijin278Die LXII. Frag. in Waſſer geſotten. Die offne Schaͤden waſche wol aus / nimm als dann Bircken-Rinden / doͤrre ſie wol / ſtoſſe ſie zu Pulver / und ſtreue es darein. Zu den freſſenden Schaͤden nimm die Wurtzel von Schellkraut / ſtoſſe ſie zu Pulver / und zetele es darein: Oder / lege Schellkraut mit Honig wol zerſtoſſen uͤber.
DEr Krebs iſt ein umſichfreſ - ſend Geſchwer / welches auch fuͤr ein Art der Fiſtel gehalten wird / empfahet ſeinen Namen vom Meer-Krebs / nicht allein dar - um / daß er umſich kreucht / ſondern daß er etwan / ſonderlich an Weibsbruͤſten / wie daſſelbe Thier - lein geſtaltet / geſehen worden. Dann da ſtrecken ſich die Adern mit ſchwartzem Blut erfuͤllet / und auff geſchwollen / auff beeden Seiten / nicht anders aus / als wie des gedachten Krebs Fuͤßlein. Ur - ſach deſſen iſt eine uͤberfluͤſſige Melancholia.
Es iſt der Krebs anfangs wol zu heilen; aber hernach wird ihn niemands / ohne die Wund-Artz - ney / vertreiben. Man braucht darwider Arons - wurtzel gepulvert / und eingeſtreut; inwendig aber den Safft von Thymſeiden / oder Epithymo, auff 8. oder 10. Loth / auff einmal eingenommen. Theilslegen279Die LXII. Frag. legen Neſſelblaͤtter zerſtoſſen / mit Saltz vermengt / uͤber. Geheimnuſſen ſeyn / geſchlagene Bleytaͤfe - lein / oder gebrantes Bley / darauff gelegt: item / Hecht-Eingeweid / Roſenoͤl / Terpentin / Maſtix / und Weißweyrauch / jedes 2. Loth genommen / und zu einer Salben gemacht: Jtem / wann die Sonn in dem Krebs gehet / brenne lebendige Krebs / in einem verlutirten Hafen / und / in einem Bachofen / zu Pulver / und ſtreue es in die Loͤcher. Jſt auch wider andere boͤſe Geſchwer / und fuͤr eines wuͤten - den Hundsbiß. Ein vornehmer Doctor hat dieſe Geheimnus / einem guten Freund / alſo vermeldet: Nimm lebendige Krebs / wann Sonn / und Mond in dem Krebs lauffen / thus in ein Hafen / vermach ihn wol mit Laim / und brenn ſie im Ofen / bis ſie gantz weiß werden / und ſtreue ſodann das Pulver in die Wunden. Theils nehmen Schellkrautwaſ - ſer / Morg. und Ab. 4. oder 5. Loth getruncken / auch damit gewaſchen. Oder / nimm Rockenmeel / und Weitzenmeel / jedes 3. Loth / bereiten Kupffer - ſchlag auff das kleiniſt gerieben 2. Loth / mach ſol - che Stuck / mit genugſamen Roſenwaſſer / an / daß es ein Pflaſter geben moͤge / ſtreichs auff ein Tuch / und legs uͤber den Schaden. Jſt auch vor den Bruſtwurm.
Krebs-Geſchwulſt vertreiben die Broſam von Rockenbrod / mit ein wenig friſcher Welwurtzel ge - ſtoſſen / und wie ein Pflaſter uͤber gelegt.
Wie der Krebs an heimlichen Orten zu curi -S iiijren?280Die LXII. Frag. ren? item / die Beſchreibung des wunderbarlichen Waſſers Benedicti Faventini Bononienſis, wel - ches den Auſſatz / Krebs / und andere boͤſe Ge - ſchwer / in kurtzer Zeit / ohn einiges Mahl / heilen ſolle / unterlaß ich allhie anzudeuten; und vermel - de hergegen andere Mittel / wie den Gebreſten des Hintern / ſo auch ein nohtwendig Glied iſt / zu be - gegnen ſeye.
Man legt aber auff des Hintern / oder Aff - tern / Ausgang Sternkraut / wie ein Pflaſter / uͤber. Ein mehrers hievon iſt in unſerem Erſten Hundert Fragen / und daſelbſt von den Daͤrmen / zuſuchen. Hinters-Schrunden heilet Buchsdorn - Safft angeſtrichen / oder uͤber gelegt. Des Si - tzens Gebreſten ſoll wunderbarlich legen eine Spitzmaus / zu Pulver gebrant / und mit Gaͤns - ſchmaltz vermiſcht. Zu den Geſchweren des Hin - tern braucht man Sanickel-Safft / oder Waſſer. Oder: Nimm rein Semelmeel / alt Baumoͤl / je - des gleichviel / und ein wenig Bech / laß das Baumoͤl / und Bech zergehen / welches Bech nur halb ſoviel ſeyn ſoll / als des Oels / darnach thue das Semelmeel darzu / ruͤhrs wol durcheinander zu einer Salben / und legs warm / auff leinine Tuͤchlein geſtrichen / uͤber den Schaden. Des Hin - tern / oder Arſches Hitz vertreibt Sanickel-Safft / oder / in Mangel deſſen / das Kraut wol in Waſſer geſotten / und die Schaͤden damit zum offtermal gewaſchen / und darnach das gepulverte Krautdarein281Die LXII. Frag. darein gezetelt: Oder beſtreich den Ort mit Saͤu - diſtel / oder Haſenkoͤl-Safft / und uͤberleg ihn mit Tuͤchlein. Gewaͤchs / und Knollen / im Hintern heilet Pſyllienſamens-Schleim / ungefehrlich auff 3. Untz deſſen eingenommen / und in ein bleyin Moͤrſer gethan / denſelben wol darinn auff ein Stund gerieben / darnach ſchmier die Knollen da - mit / und leg ihn auch mit leininen Tuͤchlein dar - auff. Oder / nimm / wider die Knollen / im Hin - tern / oder S. Fiackers Kranckheit / geroͤſt Gerſten - meel / mit altem Baumoͤl geſotten zu einem Pfla - ſter / und auff ein Tuch geſtrichen / legs / ſo warm du es leiden kanſt / uͤber.
Uber erzehlte Sachen / ſeyn auch Geſchwer / die ſich im Hintern / um den Afftern / etwa mit / zun Zeiten ohne Blut / ſelten ohne Schmertzen / und mit mancherley Hindernus / erzeigen. Jhr Ur - ſprung iſt auß etlichen kleinen Aederlein / ſo ſich bis auff das aͤuſſerſt des Maßgangs erſtrecken / von Uns die Roſen - oder Guͤlden-Ader / item die Feigblattern / oder Feigwartzen / von den Griechen die Hæmorrhoides, von den Lateinern Ficus, und Mariſcæ, oder ungeſchmacke Feigen / genant. Wann nun dieſe mit Blut / oder Feuchtigkeit / uͤ - berladen ſeyn / ſo oͤffnen ſie ſich / und floͤſſen das Melancholiſch Gebluͤt aus / welches eine groſſe Entladung der Natur / und geſund iſt; derhalben ſolche zu oͤffnen offt befohlen wird. Sie flieſſen aber auch / zun Zeiten / ſo unmaͤſſig / daß man MuͤheS vhat /282Die LXII. Frag. hat / dieſelbige zu ſtellen. Und dieſe Feigblattern / ſo Blut geben / ſeyn eigentlich die Hæmorrhoides: Andere ſeyn ohne Blut / als die Feigwartzen / und aͤrger als der andern keine / deren Urſach iſt das Melancholiſch Blut. Von den uͤbrigen fuͤnffer - ley Arten / ſihe Wirſung / in ſeinem Artzneybuch / part. 3. cap. 10 f. 253. Da er auch ſagt / daß in al - len dieſen Arten der Feigblattern die Artzet ein ge - meine Regel haben / daß ſie die fuͤr ſolche Ge - ſchwer / und Maͤngel halten / die ſchwerlich zu hei - len ſeyn.
Jch will gleichwol etliche Artzneyen ſetzen / ſo / in einem geſchriebnen Buch / gefunden worden; als: Nimm Weißwullkraut / ſeuds / und baͤhe den Hin - tern damit. Theils legen Wegrichwaſſer uͤber: oder ſie zerſtoſſen die friſche Blaͤtter / und Wurtzel / von Feigwartzenkraut / und legens / oder ſtreuen das Pulver daruͤber.
Feigwartzen-Fluͤß eroͤffnet Nuß-Oel / damit geſalbet.
Feig-Blattern heilen Pferſingkern-Oel / bit - ter Mandeloͤl / jedes gleichviel / oder 2. Loth / wei - cher Styrax / Bdellium, jedes 1. Quintlein / ver - miſch es / und ſalbe. Nimm ein blau Wullentuch / tuncks in Oliven-Oel / und halts warm / Ab. und Morg. 5. Tag lang fuͤr den Hintern / bis du gene - ſeſt. Scharlach ſoll noch beſſer ſeyn. Oder / nimm Wieskuͤmmel / feuchte denſelben wol mit Wein an / wirff ihn auff ein heiſſen Ziegelſtein / empfaheden283Die LXII. Frag. den Dampff / durch einen Gemachſtul / ſo werden die Feichblattern geheilet; probat. Oder / Pe - terlin in Wein geſotten / und uͤbergelegt. Gulden - Adern / oder Feigblattern-Geſchwulſt / vertreiben die oberſten Gipffel von Stabwurtz geſtoſſen / und mit Honig vermiſcht / auff ein Tuͤchlein geſtrichen / und uͤbergelegt. Gulden-Ader Schmertzen wen - det Chamillenblumen 2. Handvoll / Heublumen / die von dem Heu uͤberbleiben / davon die Pferd geſſen haben; Salbeyenkraut / Rosmarin / jedes eine Handvoll / ſeude ſolche Stuck in Waſſer / mach davon ein Dampffbad / und empfahe den Dampff / durch einen Gemachſtul. Gulden-Ader Ver - ſtopffung oͤffnet Roͤmiſch Kuͤmmel geeſſen; item / Zwibelſafft / damit gerieben; oder / lege Schwein - brotſafft / mit Baumwoll / uͤber. Gulden-Ader Fluß ſtopffet Gerberbaum-Samen / mit Eicheln - koln / zerſtoſſen / und aufgelegt: item / Schellkraut / mit der Wurtzel / in rohtem Wein geſotten / und davon Morg. und Ab. getruncken. Jß Reiß / und ſtoſſe Amelmeel zu einem ſubtilen Pulver / machs mit Eyerweiß / wie ein Saͤlblein / und legs uͤber. Oder ſeude Pfenningkraut / mit Natterwurtz / Wegrich / und rohten Roſen / in ſaurem rohten Wein / und trincke davon. Zu einem Saͤlblein / nimm Enzian / Lorbeer-Beer / Myrrhen / gemeine Holwurtz / jedes 2. Quintlein / Wermutoͤl / ſoviel vonnoͤhten / oder 8. Loht Honigs / und vermiſch es. Ein Medicus hat / zu Eroffnung der Gulden -Ader /284Die LXII. Frag. Ader / folgendes geordnet: ℞ ſucc. Squillæ Ʒj, Ci - cutæ ℥ ij, Mercurial. Ʒiij, Serpent. Salis com - mun. aa Ʒj, Mellis. Ʒij, f. ſuppoſitor. Derſelben zu groſſen Fluß aber inzuhalten dieſes: ℞ plumbi uſti pulveriſati, Oliv. Lithargir. Gummi Arab. aa ℥ ij, Temperentur cum oleo Roſar.
Zu des Hintern Zuſtaͤnden wird auch der Wolff / oder Intertrigo, gezogen / ſo da iſt die Hin - wegruckung des Haͤutleins / entweder wegen Viel - heit der Blaͤſt / oder Winde; oder auß ſtoſſen / reiben / kratzen; und ſonderlich / wann man nicht wol beritten iſt. Daher man den Hintern / vor der Reiſe / mit Bocks-Fette / oder Unſchlit / ſchmieren ſolle. Sonſten heilen den Wolff am Hintern / Hundsfeiſte / damit geſalbet: Das Pulver von Schweinslungen eingeſtreuet: Die Rinde von ei - nem Fiechtenbaum zu Pulver geſtoſſen / mit Sil - berglett / und Weyrauch vermengt / und auch ein - geſtreut. Alſo brauch mit dieſen beeden Stucken / dem Silberglett / und Weyrauch / die Lerchbaum - Rinden / wann du dir einen Wolff geritten haſt. Oder / nimm 6. Loth friſcher junger Weinrauten - blaͤtlein / rein gepulvert Silberglett 2. Loth / ſtoſſe dieſe wol untereinander mit gutem Weineſſig / und Roſenoͤl / bis daß ſie ein Geſtalt einer Salben uͤ - berkommen / damit ſalbe den Ort. Jſt auch gut vor den Grind / und hitzige Blaͤtterlein des Haubts. Oder / mache Weinrautenſafft / mit Eſ -ſig /285Die LXIII. Frag. ſig / Bleyweiß / und Roſenoͤl / vermiſcht / zu einer Salben.
NJmm Venediſche Waͤſch - Seiffen ein wenig / ein recht Jungfrau - Honig / und des beſten ſchoͤnen Meels / und ein wenig Geißmilch darunter / oder / ſo man die nicht haben kan / nur die vor gemeldte 3. Stuck / ein wenig laulecht / ziehet die Hitz weck / und leget al - lerley harte ungeſchlachte Geſchwulſt / auch zur Zeit der Peſt / item die boͤſe Bruͤſte / auff einem zarten Tuͤchlein uͤbergelegt: Soll ein ſonderlichs Geheimnus ſeyn. Sonſten erweichet die harte Ge - ſchwulſt Brackendiſtel-Wurtzel angehenckt / oder uͤbergelegt. Jtem / kleine Kletten geſtoſſen / und uͤ - bergelegt. So erweicht / und zeitiget Lilienoͤl / und ein wenig Saffran: item / Terpentin / Maſtixoͤl / Veielwurtz geſotten / und uͤbergelegt: Rein ge - pulvert Kleyen / mit dem ſauren Honig-Syrup / zu einem Pflaſter gemacht. So niderlegen die Ge - ſchwulſt / die Koͤlkraͤuter zerſtoſſen / mit Gerſten - meel vermengt / und uͤbergelegt. Jtem / zertheilen die Geſchwulſt / Doſten geſotten / und mit Ger - ſtenmeel gekocht / auch mit Eſſig / und Oel / ver - miſcht / und uͤbergelegt: Jtem / das Nußoͤl.
Fuͤr Gaumen Geſchwulſt iſt Nußſchelffen -Safft286Die LXIII. Frag. Safft gut: item / Maulbeerſafft: item / Roͤmi - ſcher Kuͤmmel / mit Feigen / und Fenchelſamen / in Wein geſotten / und die durchgeſigene Bruͤhe / ſo warm mans leiden kan / im Mund gehalten.
Fuͤß-Geſchwulſt benehmen Holderblaͤtter / und Frucht / in Saltzwaſſer geſotten / und darinn geba - det: Holderbluͤhe-Waſſer getruncken / und alt Baumoͤl gebraucht / iſt auch gut. Fenchelwurtzel geſtoſſen / mit Baumoͤl / und Wein / zu einem Pflaſter geſotten / und warm uͤbergelegt. Fuͤnff - fingerkraut in Eſſig geſotten / und uͤbergeſchla - gen: oder Weinrauten / mit friſchem ungeſaltznen Butter wol geſtoſſen / und uͤbergelegt / thut auch das Seinige. Sihe oben die 59. Frag.
Friſche Geſchwulſt / ſo von kalten Fluͤſſen ent - ſtehet / vertreibt Roͤmiſcher Quendel / mit Eſſig vermiſcht / und uͤbergelegt. So zertheilen kalte har - te Geſchwulſt die Ringlblumen / in Wein geſotten / und uͤbergelegt: item / der Wermutwein. Des - gleichen Weitzenmeel / das wol gebeutelt iſt / mit Butter / Honig / Zwibel-Safft / und Waſſer / zu einem Pflaſter geſotten / und uͤbergelegt; welches auch Weitzenbrod in Meth geſotten thut: item / Gerſten-Meel / mit Feigen / und Taubenkoht / zum Muß geſtoſſen / und mit Eſſig zum Brey ge - ſotten.
Hitzige Geſchwulſt vertreibt Baſilien / mit Ger - ſtenmeel / Roſenoͤl / und Eſſig / uͤbergelegt. Ein gute Kuͤhlſalb zur hitzigen Geſchwulſt: NimmHirſchen -287Die LXIII. Frag. Hirſchen-Unſchlit / laß es zergehen / thue darzu blau Veieloͤl / ruͤhrs wol untereinander / und legs auff. Haſenkoͤl / und Rockenkern / in Waſſer dick geſotten / auff ein Tuch geſtrichen / und warm uͤber - geſchlagen / zeitiget alle hitzige Geſchwulſt. Wind - Roͤsleinwurtzel 2. Theil / Ziſererbſen-Meel / Feig - bonenmeel / und die Broſam von Rockenbrod / je - des 1. Theil / mit gnugſamen ſchweinen Schmaltz geſtoſſen / und uͤbergelegt. Nimm Weißwurtz / zer - kuͤbs im Mund / und thus auff ein Tuͤchlein / ſchlags uͤber den Backen / ſo ziehet es Hitz / und Wut / heraus / und legt die Geſchwulſt.
Geſchwulſt von ſchlagen / und ſtoſſen / benimt Waſſer-Eppich / mit den Wurtzeln / zerſchnitten / klein geſtoſſen / darnach mit Eſſig geſotten / und warm uͤber gelegt.
Jnnerliche Geſchwulſt legt das geſtoſſne Pul - ver von Engelwurtz 1. Quintlein / mit Wein / oder einem andern bequemen Waſſer / ge - braucht.
Weil du naͤhermals begehrt haſt / daß ich un - befragt ſelbſten etwas erinnern wolte: Als will ich etwas allhie / vom Gemaͤcht / oder mannlichen Glied / mit anhencken. Als;
Daß das diſtillirte Waſſer von langen Oſter - lucey / ein ſonderlich Mittel / vor die Verſchrung heimlicher Ort. Oder / nimm Baumoͤl / Eyer - klar / Campher / Bolarmen / und Bleyweiß / miſch untereinander / es hilfft. Zu den Geſchweren / iſtgut288Die LXIII. Frag. gut Tormentill / Eiſenkraut / Meusoͤhrleinwaſ - ſer. So heilet heimlicher Glieder Geſchwer das Wullkraut / oder ſeine Blumen / in Waſſer ge - ſotten / und warm auffgelegt: item / Cortander - kraut-Safft / mit Bonenmeel / zu einem Pflaſter tempe rirt. Jtem / Sonnenblum in rohtem Wein geſotten / ein wenig Alaun darzugethan / und aus - gewaſchen. Wann die Haut der teſticulorum vom Schweiß geſchweret / ſo nimm 2. Loth Gallesaͤpf - fel / Alaun 2. Quintlein / und machs mit Huͤner - feiſt zum Pflaſter.
Hitzige Geſchwulſt der Gemaͤchte curirt Man - deloͤl. Oder / ſtoſſe Weinrauten / mit Lorbaum - Blaͤtter / und legs uͤber. Jtem / Teſchelkrautſafft / mit einem Tuͤchlein lauwarm uͤber gelegt / und er - friſcht; item / Broſam von Rockenbrod / mit Meth / und Baumoͤl / zu einem Brey geſotten. Windige Geſchwulſt des Gemaͤchts legt Bilſen - kraut-Samen zerſtoſſen / mit Wein vermiſcht / und wie ein Pflaſter uͤbergelegt. Oder / nimm Weitzenmeel 8. Loth / gepulvert Cypreſſen-Nuß 1. Loth / ſeuds mit Honigwein / oder Weinmeth / zu einem Pflaſter / und legs warm / auff ein Tuch geſtrichen / uͤber. Andere Geſchwulſt legt Ziſer - Erbſenmeel in Milch / oder Waſſer / geſotten / oder ſonſt mit Honig vermiſcht / und uͤbergelegt. Desgleichen gepulvert Roͤmiſch Kuͤmmel / mit kleinen Roſinlein geſtoſſen / und Pflaſterweiſe uͤ - bergelegt. Es entſtehet aber die Geſchwulſt derteſticu -289Die LXIII. Frag. teſticulorum aus Menge des Samens / oder einer windigen Materi, welche dahin ſich begibt / ſon - derlich / wann die Leber ſchwach iſt. Die Milch / darinn gluͤender Stahl abgekuͤlt worden / wird gelobt.
Hoden-Schmertzen vertreiben die Taͤfelein von Roͤmiſchen Kuͤmmel; ſonſten aber rahtet man / wider den Schmertzen des Mannlichen Glieds / Wolgemut gepulvert / und darauff gethan. O - der / nimm Eyer dotter / brenn ſie in einer Pfannen / ſo gehet Oel daraus / damit ſalbe dich / mit einem Federlein. Oder / nimm Honig / Baumoͤl / Eſſig / Brantenwein / zu gleicher maſſe / und miſchs mit ein wenig Loroͤl / und ſalbe von auſſen. Zu dieſen erzehlten Mitteln / koͤnte man noch mehrere thun / als / daß heimlicher Glieder Verſehr - und Ver - wundung gewiß heilen ſolle Amelmeel ein halb Loth / Fleiſchlein / Sarcocolla genant / Bleyweiß / je - des anderthalb Quint. Kuͤhemilch / darinn gluͤ - ende Kiſelſtein abgeloͤſcht worden ſeyn / 8. Loth / vermiſch / und ſpritze davon alle Tag 3. oder 4. mal in die Ruten.
Die umfreſſende Geſchwer an Mann / und Weibern / ſolle wunderbarlich curiren der ausge - zogene Schleim von Pſyllienſamen 6. Loth / Ro - ſenoͤl gleich ſoviel / wol vermiſcht in einem bleyinen Moͤrſel / und zum wenigſten ein Stund / mit einem bleyinen Stoͤſſel / umgeruͤhrt / daß ſie ſich wol ver - einigen / und ein Saͤlblein daraus werde / das legTmit290Die LXIII. Frag. mit leininen Faͤſelein in die Geſchwer / und Loͤcher. Oder Dillkraut / mit ſeinen Staͤnglein / zu Aſchen gebrant / das Pulver in die Loͤcher / und Geſchwer / geſtreuet. Oder / ſchabe Faͤſelein von leinin Tuch / und mach / aus der Dillenaſchen / mit Honig / ein lindes Saͤlblein / und thus / mit den Faͤſelein / des Tags 2. mal in die Loͤcher / aber zuvor waſche / und reinige den Schaden / mit Waſſer / darinn Myr - tenblaͤtter geſotten ſeyn. Wegwart-Safft zu den Loͤchern gebraucht / auch das Kraut zu Pulver geſtoſſen / und darein geſtreuet.
Hoden - und Rutenblattern ſollen heilen Sca - bioſenkraut / Menwenwurtzel / und friſche Gaͤns - pappeln / jedes gleichviel / zerſchneid / und ſiede ſie in Wein / bis daß ſie wie ein Mus werden / ſtoſſe ſie darnach in einem Moͤrſer / und vermiſchs mit gnugſamen Schweinenſchmaltz / ſtreichs auff ein Tuch / und legs uͤber.
Wider der Hoden / und Ruten Geſchwulſt / oder / wider die Hochbaͤlge / nimm Garbenkraut / Korbfeigen klein zerſchnitten / rohte Roſen / Geiß - bonen / jedes gleichviel / zerſtoß ſie klein / thus in ein Saͤcklein / ſeuds in Wein / und legs warm uͤber. So die Geſchwulſt von Feuchte / oder Winden / ſo nimm gepulverten Ammeyſamen / vermiſch den - ſelben mit wolgeklopfftem Eyerweiß / wie ein Pfla - ſter / und legs warm uͤber. Oder / nimm Amel - meel / Griechiſchhartz / und Weyrauch / jedesgleich -291Die LXIII. Frag. gleichviel / ſtoſſe die zu einem ſubtilen Pulver / und zetels in die Schrunden.
Wider die Schlier / neben den Gemaͤchten / be - ſtreiche den Ort mit Scorpionoͤl. Jn einem ge - ſchriebnen Buch ſtehet dieſes Mittel: ℞ Ammo - niaci ℥ j, Bdelii, Sagapeni aa Ʒij, Semin. Sinapi, Radic. Pyrethri aa Ʒj, Euphorbei, Caſtorei aa Эj, Ficuum N. 3. fermenti acerrimi ℥ ß, Mithridat. Ʒjß Gummi diſſolvantur in aceto, & f. emplaſtr. Zu erweichen / und heilen / ſiede Gerſten / und Kleyen / jedes gleichviel / ſo lang bis die Gerſt zerfaͤhret / und die Kochung dick wird / wie ein Brey / und legs wie ein Pflaſter uͤber. Die Geſchwer an dem untern Theil des Leibs / wo die Heiddruͤſen ſeyn / ſo inguen, ins gemein aber die Scham genant wird / curiret auch Coriander / mit Honig / und Roſenoͤl vermengt. So heilet Eiſenkraut / mit ſchweinen Schmaͤltz temperirt / die Geſchwulſt / und Schmer - tzen der inguinum.
Dem Samenfluß ſteuret Coriander zu Pul - ver geſtoſſen / und davon bey einem Loth / mit kal - tem friſchen Brunnenwaſſer zertrieben / mit Zu - cker ſuͤß gemacht / und getruncken. Oder / nimm gereinigten Anisſamen 4. Loth / Huͤnermaͤgen / die bereitet / und getrucknet ſeyn 2. Loth / Galgan ein halbs Loth / rohter gebranter Corallen anderthalb Quintl. weiſſen Feinzucker dritthalb Loth / mach ein reines Pulver daraus / davon brauch ein Loͤf - fel voll / auff ein mal / vor / oder nach dem Nacht -T ijeſſen.292Die LXIII. Frag. eſſen. Man muß ſich huͤten vor Speiſen / die viel Samen machen / als / vor weichgeſottenen Eyern / wol zubereitem Fleiſch / &c. her gegen viel von Sa - lat / Endivien / Wegrich / und dergleichen / ſo den Leib ein wenig erkuͤlen / eſſen; ſich vor ſtarcker Be - wegung / als dem Reiten / Tantzen / Ballenſchla - gen / auch vor Zorn / und zu groſſer Freude / huͤten. Man lobet die Cloſterbeerlein / Ribesſafft mit Wegrichwaſſer eingeben / Neſpel / ſaure Grana - ten / Brombeerſafft / Lattichſafft / mit ein wenig Campher vermengt / und die Gemaͤcht damit be - ſtrichen; item / Eichenlaub-Waſſer getruncken. Wer Sauerampffer-Samen / den ein Knab ge - ſamlet / der nie kein Weib erkant hat / brauchet / der - ſelbe ſoll keinen Samen von ſich laſſen koͤnnen / we - der ſchlaffend / noch wachend: item / wer Wein - rauten-Samen iſſet.
HAlswehe vertreibet Wer - mut zu Pulver geſtoſſen / und durch ein Sieblein geſchlagen 2. Loth / Hartrigel - blumenoͤl / Jungfrauwachs / jedes 6. Loth / das Wachs / und Oel / zerlaß / und vermiſch das Wer - mutpulver wol damit / laß erkalten / ſo wirds ein Pflaſter / das ſtreich auff ein Leder / und legs uͤber den ſchmertzhafften Nacken / oder Hals. Oderhenck293Die LXIV. Frag. henck Teuffelsdreck an Hals. ℞ Spec. Diatrag. frig. Ʒij, Saccari cand. alb. ℥ s, Boli Armen. Ori - ent. præpar. Эj. M. f. pulvis ſubtil.
Halsfluͤſſen wehret Honigwaſſer ein Pfund / Senffſamen in Eſſig zerſtoſſen 1. Loth / geſtoßner langer Pfeffer ein Quintlein / thue ſolches unter - einander / und gebrauchs wie ein Gurgelwaſſer. Oder ſeude Eiſenkraut in Wein / und / mit der durchgeſignen Bruͤhe / gurgle den Hals.
Hals-Gebrechen wendet Maulbeerſafft / mit Wegrich-Waſſer / vermiſcht / und ausgegur - gelt.
Jn Hals-Geſchweren / und Geſchwulſt / waſche den Mund offt aus / mit Erdrauchwaſſer; trinck auch ſtets durch ein Liebſtoͤckel-Roͤhrlein / und gurgle dich mit dem Waſſer. Ein gewiſſe Artzney ſolle ſeyn / Weinrauten / Knoblauch / Teuffels - dreck / dieſe Stuck klein zerſtoſſen / darnach Wein nach deinem Gefallen darzugethan / vermiſcht / durch ein Tuch getrieben / und den Hals alle Stund / zum wenigſten ein mal / warm gegurgelt. Nimm ein warm Rockenbrod / brich das entzwey / und empfahe den warmen Dampff davon in den Hals / das eroͤffnet die Geſchwer / und zertheilt die Fluͤß. Die Kleyen - und Reißmuͤslein ſeyn auch gut. Gerſtenmeel / mit Korbfeigen / wol durchein - ander zu einem Pflaſter geſtoſſen / und mit einem Tuch uͤber den ſchmertzhafften Hals gelegt. Wer -T iijmut294Die LXIV. Frag. mut geſtoſſen / und in Waſſer geſotten / darzu ge - than Honig / und ein wenig Berg - oder Niterſaltz / darnach Pflaſterweis um den Hals gebunden / iſt gut wider Hals geſchwulſt / und Geſchwer.
Hals-Verſehrung heilet Braunellenwaſſer / Erdbeerkraut / und Wurtzel / geſotten: item Fuͤnff - fingerkraut.
Verwundten Hals heilet Teſchelkrautwaſſer / offt damit gegurgelt.
Faule Loͤcher des Hals heilet Kunigundkraut - waſſer / den Mund offtermals damit gewaſchen / und den Hals gegurgelt.
Hals-Knollen vertreiben Weitzenkleyen / mit Schwefel / und Terpentin / zu einem Pflaſter ver - miſcht / auff ein Tuch geſtrichen / und uͤberge - legt.
Wider die harte Geſchwulſt des Halſes / nimm breit Wegrichwaſſer / und Wein / jedes 8. Loth / gebranten Alaun ein halbes Quintlein Roſen - honig / Maulbeerſafft / jedes 2. Loth / laß ein wenig ſieden / und gurgle dich offt damit. Wider die hi - tzige Geſchwulſt ſeude Feigen in Waſſer / und gurgle mit der Bruͤhe den Hals. Nimm ein Schwalbenneſt alſo gantz / wie man es findet / thue es in ein Hafen / geuß Eſſig daruͤber / daß es ſieden kan / und wie ein Brey wird / ſchlag es zwiſchen 2. Tuͤchern / ſo warm du es erleiden kanſt / um den Hals. Jſt offt vor Geſchwulſt der Mandel / und des Hals / bewaͤhret worden.
Unbe -295Die LXIV. Frag.Unbeweglicher / und erſtarter Hals wird zu recht gebracht / wann man ſolchen mit Rindern Unſchlit / und Baumoͤl untereinander vermiſcht / ſchmieren thut. Wenn einem das Haubt hin - terſich zogen wird / der nehme eines halben Scru - pel ſchwer Laſer-Safft ein / oder trincke Serapin - Safft.
Rauhen Hals curiren die Feigen / und einge - machte Amarellen / Candelzucker / Penidzucker / Reißmuͤslein / Weitzenmeel mit Balſammuͤntz / und Butter / geſotten. Weitzenkleyen in Waſſer geſotten / und mit der durchgeſignen Bruͤhe den Mund warm gegurgelt. Theils ſieden Kleyen in Meth / und gurglen; Oder machen ein Breylein von Amelmeel / mit friſchgemolckner Milch / und einem Loͤffel voll Honigs / laſſen es wol ſieden / und gebens warm zu eſſen.
Ein koͤſtlich Gurgelwaſſer / nimm ein Handvoll Braunellen / um 2. Pfenning Alaun / anderthalb Margranten Aepffelſchalen / thus in ein Seidl Waſſer / und in ein Seidl Wein / ſeuds gar wol / und gurgel dich damit des Tags 4. mal. Dar - nach nimm den Schleim von Quittenkern / miſch den unter Roſenhoͤnig / und / nach dem Gurglen / gibs zu lecken. Wann einer gar die Hertzbraͤun hette / ſo nimm 3. oder 5. Krebs / thue das ſchwartze Aederlein / und den Hoͤnnich vom Kopff / davon / ſtoß das uͤbrige im Moͤrſer / und treibs mit Sa - latwaſſer durch / und gib den Krancken ein ſtar -T iiijcken296Die LXIV. Frag. cken Trunck. Ein anders Gurgelwaſſer / ℞ Herb. Salv. Major. Prunell. Beton. aa M. ß, Flor. Roſ. rubr. Malv. arbor. violar. Sambuc. aa. p. iij. Semin. Aniſi Ʒjß, Coq. in ſ. q. aq. font. colat. adde mell. Anthoſat. ℥ ij, Rob. Moror. ℥ jß, oxymel. ſquil - lit. ℥ j. M. Ein anders: Nimm Hagenbutzen / ſeuds mit Waſſer / und gurgle dich / wann Hals - wehe da iſt / damit. Oder / nimm ſchlechten Meth / und ſeude darinn Roſenblaͤtter / und Salbey / je - des / was man zwiſchen 3. Fingern faſſen kan / und ein par Feigen. Man macht auch ein Gurgel - waſſer / aus Waſſer / Honig / Hyſop / Salbey / und duͤrren Roſen.
Wann das Zaͤpfflein fuͤrfaͤlt / das iſt / die Gur - gel zuviel herab haͤngt / daß ſie ſcheint die Zung anzuruͤhren / welches wegen einer rotzigen Feuchte / ſo vom Hirn auff die Gurgel faͤlt / geſchihet / ſo nimt man Saltz / Jngwer / und andere hitzige Sa - chen / ſo den kalten / und dicken Fluß hinwegneh - men / bis die Gurgel wider an ihr Ort komt. Wol - gemut iſt auch gut. Jtem / mit Wermutſafft ge - gurgelt. Jtem / nimm Rockenkorn ſoviel / als ein Huͤner-Eywigt / thue darzu ein gantzes Huͤner - Ey / und auch eines Eys ſchwer Saltz / miſch / und brenn es zu Aſchen in einem irrdin Geſchirrlein: Thue darzu ein Eyrſchal voll Pfefferkoͤrner / ſtoß alles zu einem ſubtilen Pulver / und behalts zum Gebrauch. Wann es nun die Noht erfordert / ſo blaſe des Pulvers / Morgens nuͤchtern / durch einRoͤhr -297Die LXIV. Frag. Roͤhrlein / ein wenig in den Hals / und / nach dem Eſſen / wider ein wenig: Es hilfft wunderbarlich. Ein Saͤcklein von Blumen / und Kraut / des Mut - terkrauts / gemacht / ſolle auch gut ſeyn / auff den Bauch gelegt. Nimm langen Pfeffer / beiſſe dar - ein / und zeuch den Athem an dich. Jtem dienet der Maulbeerſafft / Ribesbeerlein-Safft / mit Roſen - waſſer vermiſcht: item / Wegwartenkraut / mit der Wurtzel / in Waſſer geſotten / und gegurgelt; ſo alle 3. wider die Geſchwulſt des Zaͤpffleins; Wider die Verſehrung aber deſſelben / Maͤus - oͤhrleinwaſſer / offt damit gegurgelt / dienen.
Keelen-Geſchwer heilet Kleyen 2. Theil / mit ei - nem Theil zerſchnittenen / oder zerquetſchten Suͤß - holtz / in Waſſer geſotten / und / mit der durchge - ſignen Bruͤhe / den Mund offt warm geſpuͤlt / und ein Zeitlang auch darinn gehalten / und den Hals offtermals damit warm gegurgelt / nimt auch die Geſchwulſt hinweg. Hitzige Keelen curirt Gottesgnad - oder Ruprechtskrautwaſſer. Man kan auch Quittenkern drinn netzen / und alſo aus - waſchen. Den Schmertzen vertreibt Gummi Ar - moniak / mit Honig / wie ein dinnes Saͤlblein abge - trieben / und auswendig / wie ein Pflaſter / uͤber den Hals gelegt. Rauhe Keelen curiren uͤberzogne Fenchel - und Anistaͤfelein / Amelmeelſuͤplein / Kleyen in Honigwaſſer / oder Meth / geſotten / und / mit der durchgeſignen Bruͤhe / warm gegurgelt. Das thut auch die Broſam von Weitzenbrod / inT vWaſſer298Die LXIV. Frag. Waſſer geſotten / darnach aus gedruckt / durch ein Tuch geſigen / und damit gegurgelt. So mildert / Veielſafft-Syrup / item Ruͤben; und benimt den Schmertzen Roſen-Blaͤtter ein Handvoll / mit ei - nem Pfund Waſſer geſotten / durchgeſigen / und darnach darzu 2. Loth Roſen-Honig / und 1. Quintlein gebranten Alaun genommen / und zu einem Gurgelwaſſer vermiſcht. Verwundte Keel heilen Maulbeer - und Buchkoͤlwaſſer / oder Erd - beerwaſſer / offt damit gegurgelt.
Die Heiſere / Raucedo, entſtehet in der Lufft - Roͤhr / ſonderlich dem oberſten Theil derſelben: daher der Hals mit Tuͤchlein wol zu verwahren. Man braucht den Syrup von den groſſen Wein - beeren Morg. und Ab. item den Zucker Candi / und wird ſonderlich das Fußwaſſer von Chamil - len / und Kunigundkraut / gelobet. Und wann der Fluß vom Haubt iſt / ſoll man weiſſe / und rohte Roſen / auch Agtſtein / aufflegen. Suͤßholtz - und Veielſaͤfft / ſeyn auch gut; item / Burretſchwur - tzel in Waſſer geſotten / und den Hals damit aus - gegurgelt. Oder / nimm Myrrhen / zerſtoß den / trinck ihn in einem friſchen neugelegten Ey. Oder / ſchneide Feigen halb voneinander / netze ſie wol in Brantwein / zuͤnds an / und iſſe; ſo ſonſten wider die Huſten / mit braunem Zucker Candi / gebraucht wird. Oder / trinck ein weichgeſotten Ey / mit Oel / und Pfeffer / vermiſcht / aus / wann du ſchlaffen gehen wilt.
Wider299Die LXIV. Frag.Wider Mandel-Geſchwer / nimm 2. Theil ge - roͤſt Gerſtenmeel / und 1. Theil Saltz / ſtoß in einem Moͤrſer / mit Weinmeth / oder Honigwein / zu ei - nem Teig / daraus mach kleine Broͤcklein / und bachs im Ofen. Wilt du es brauchen / ſo ſtoß de - ren eins zu einem ſubtilen Pulver / und mach / mit Waſſer / ein dinnes Saͤlblein daraus / und ſchmier die geſchaͤdigte Ort des Tags offt damit. Es iſt auch gut wider die Geſchwer des Zahnfleiſches / und Bilder. Wider die Geſchwulſt der Mandel / nimm geſaͤubert Abbißwurtzel / ſchneids klein / thue eine gute Handvoll in 3. Aechtmaß (ſo bey 120. Loth halten) Waſſers / zum halben Theil einge - ſotten / und / mit der durchgeſignen Bruͤhe / den Hals offtermals gegurgelt. Eiſenkraut / mit der Wurtzel / in Wein geſotten / und gegurgelt / iſt auch gut. Sonderlich aber dienet zu allerley Ge - brechen der Mandel / Suͤßmandeloͤl / damit ge - ſchmieret. Mandel-Hitz curiret Endivienwaſſer / warm damit gegurgelt: item / Dillenoͤl warm in die Ohren getraufft / und / mit ungewaͤſchner Wollen / warm um den Hals aͤuſſerlich auffge - legt.
Nacken-Wehe benimt Wermut zu Pulver ge - ſtoſſen / und durch ein Sieblein geſchlagen 2. Loth / Hartrigelblumen-Oel / und Jungfrau-Wachs / jedes 6. Loth. Das Wachs / und Oel / zerlaß / und vermiſch das Pulver wol damit / laß erkalten / ſo wirds ein Pflaſter / ſtreichs auff ein Leder / undlegs300Die LXIV. Frag. legs uͤber den Schmertzen: iſt ein bewaͤhrtes Mit - tel. Oder / nimm Gerſtenmeel / mit Korbfeigen / zu einem Pflaſter geſtoſſen / und auff einem Tuch uͤ - bergelegt.
Kroͤpff zertheilet das Galbanoͤl. Einer ſchreibt / daß Koͤrbelkraut / oder Wendewurtzel / mit Schmer vermiſchet / und auff die Kroͤpff geſchmieret / ſie vertreibe. Theils legen Hauswurtz / Schaͤfen Un - ſchlit / und Saltz / jedes gleichviel / zerſtoſſen uͤber. Oder / nimm langen Pfeffer / Meerſpinn / Eyer - ſchal / jedes 1. Quintlein / Badſchwam / Salniter / jedes 2. Quintlein / und gib davon ein Quintlein / im abnehmenden Mon / ein / in Wein. Etliche thun / wegen Lieblichkeit / geſchaben Suͤßholtz dar - zu. Andere ruͤhmen das alte Schuchleder gepul - vert / und geeſſen. Theils legen Tormentillkraut / und Wurtzel / gruͤn zerſtoſſen / uͤber: Oder / Wei - tzenkleyen zu einem Pflaſter vermiſcht / und auff ein Tuch geſtrichen: Oder Gerſtenmeel / mit wei - chem Bech / Wachs / Baumoͤl / und Kinderharn / zu einem Pflaſter gemacht. Herr Johann Wie - ſel / Opticus zu Augſpurg / hat ein Mittel / die Kroͤpffe / wann ſie noch nicht gar alt ſeyn / zu ver - treiben / erfunden.
WAs den Huͤfft-Wehe anbe - langt / ſollen ſolchen vertreiben Meliſſen in Wein / oder Waſſer geſotten / und uͤber - gelegt. Wider das alte Huͤfftwehe / nimm Ma - ſtix / und Myrrhen / jedes gleichviel / zerſtoß / und ſiede es in Chamillenoͤl / damit ſchmier dich warm. So das Huͤfftwehe von Kaͤlte / ſiede Alantwurtzel wol in Wein / ſtoß ſie mit Schweinenſchmaltz an / und leg es warm uͤber. Eine Graͤvin hat genom - men guten Wein / Butter / Jungfrauwachs / Ma - ſtix / und Weyrauch / klein zerſtoſſen / darnach in ei - nem Hafen geſotten / und warm damit geſchmiert. Eichenlaub-Waſſer ſolle ſolches auch vertreiben. Wider dieſes Huͤfftwehe / Iſchiaticum dolorem, oder Sciatica, wie ihn die Jtalianer / Theils Teut - ſche aber Grien / nennen / ſolle D. Spiegel geordnet haben / des gelben Wachs ein halb Pfund / des Hartzes von Fiechtenbaum / und Terpentin / jedes 2. Quintlein / vermiſcht. Oder / nimm des Oliven - oͤls ein Pfund / Ochſenmarck / Gelbwachs / ſo friſch / Fiechtenbaum-Hartz / jedes 4. Loth / friſchen Butter 6. Loth / machs weich uͤber dem Feuer / und zu einer Salben. Oder / ℞ Oleum de Caſtoreo, Eu - phorb. Laurin. aa ℥ ij, Unguenti Dialtheæ, pin - gued. Urſi, Taxi, aa ℥ ß, Ol. Petrolei Ʒß, Juni - peri Ʒj, pulver. Piperis longi Ʒjß, Euphorb. ℥ jß, Pyrethri Ʒij, Ceræ q. ſ. f. unguentum. Jtem / ein Rauchpuͤlverlein / nimm Maſtix / Weyrauch /weiß30[302]Die LXV. Frag. weiß Agtſtein / Wacholder-Gummi / jedes 1. Quintlein / Roſmarin / Lavendel / jedes / was man zwiſchen 3. Fingern faſſen kan. Jſt auch gut zu den ſchmertzhafften Fuͤſſen / ums Knie herum zu raͤu - chern / und ſodann ein widergeraͤucherts warmes Tuch darum zu ſchlagen.
Sonſten wird dieſes Hausmittel gelobt: Nim̃ Venediſche Seiffen / Brantenwein / und Wach - holderbeer / untereinander zerſtoſſen / und ſich da - mit gerieben. Oder / nimm die Broſam von Ro - ckenbrod / ſeuds in Kuͤhe - oder Schafmilch / wie ei - nen Brey / und thue hernach darzu 2. Eyerdotter / und ein wenig gepulverten Saffran / ſtreichs auff ein Tuch / und legs warm / wie ein Pflaſter / uͤber. Oder / nimm Chamillenblum 4. Handvoll / Kley - en / ungeſtampfften Hirſch / jedes 2. Handvoll / ge - mein Saltz ein Handvoll / miſch es / thus in ein lei - nin Sack / mach denſelben / auff einem heiſſen Zie - gelſtein / mit Wein beſprengt / warm / und legs uͤber. S. Wirſungs Artzneybuch / part. 4. c. 6. was das Huͤfftwehe ſeye?
Das Ander / namlich den Krampff / belangend / ſagt D. Bauhinus, vom Bollerbade / alſo: Das Strecken / oder Jucken der Muſcu len / Waden / und derſelben aderichten Band / (ſo man den Krampff nennet) entſtehet von vilen dicken Daͤmpf - fen / und Blaͤſten / wie bey den ſchlaffenden ſchwe - ren Fuͤſſen / mit denen es nicht allerdings recht be - ſchaffen / offt geſchihet. Darfuͤr ſeyn die Waſſerzu303Die LXV. Frag. zu Wembdingen / Badenweiler / und Boll / gut D. Cocus ſchreibt alſo: Spasmus fit modò à frigore nimio, modò ex nimiæ vacuitate, modò à reple - tione nimia. Und thut darzu folgende Mittel / als / Weiber-Milch / weil ſie befeuchtet / wann der Krampff im Waden: Veielwurtz-Oel / oder die Blaͤtter in Kuͤhemilch geſotten / und darauff gele - get: Mit laulechtem Waſſer / darinn Muſcat - nuß gekocht / gebaͤhet: Elendklauen bey ſich getra - gen: ſonderlich aber etwas von einer Menſchen - Haut uͤber das Glied gelegt / oder am Halſe getra - gen: item der Wolffsbalg / und ein ſubtiles Rei - ben. Andere ſagen / Haaſenzaͤhn bey ſich getragen / oder in einen Ring gefaſt / und angeſteckt / ſey ein gewiſſes Mittel darfuͤr. Theils laſſen die Haͤutlein von einer Aal (Anguilla) wircken / daß gleichſam Bendel daraus werden / die man darnach uͤberbin - det. Jnwendig nimt man ein Poley mit Wein / Honig / und Aloes gekocht / und getruncken; item / mit Eſſig / und Saltz / geſtoſſen / und warm damit gerieben. Oder ſalbe mit Weinrauten-Oel. Den Krampff an verwundten Leuten vertreibt Gummi Armoniak / auff gluͤende Kolen gelegt / und den Rauch in die Wunden empfangen. Den Maul - krampff an Menſchen vertreiben die pillulæ fœtidæ, von Serapinſafft.
Einem Mauleſel ſchlag Gerſtenmeel / mit war - mem Trauffwein / hinten uͤber / und ſo ein Ge - ſchwulſt vorhanden / oͤffne ſie.
DAs Eingeweid hat allerley Beſchwerlichkeiten / und Gebrechen / darwider dienen Spargen in der Speiß genutzt: Garafel / oder Benedicten-Wurtzel / und Krautwaſſer / reiniget daſſelbe: Bibernellenkraut - wurtzel / und Samen / benimt den Schmertzen: Die Reißmuͤslein ſeyn gut in den Geſchweren deſ - ſelben: Wermutwein ſtaͤrcket das Eingeweid: Wie auch Erdrauch / Peterlin / Eiſenkraut / und die gemeine dicke Gerſtenbruͤhe; Der Aniswein hilfft der Verſtopffung: Sanickel in Waſſer / Bier / oder Wein / geſotten / und / von der durchge - ſignen Bruͤhe Morg. und Ab. jedesmal 6. Loth warm getruncken / heilet die innerliche Verwun - dung: Des gleichen heilet die innerliche Verſeh - rung die Holwurtz / mit dem Kraut / und Blumen / in Waſſer / Wein / oder Bier / geſotten / Morg. und Ab. jedesmal ein Truͤncklein davon gethan. Eng - bruͤſtigkeit vertreibt Bibernellenwurtzel-Pulver / in der Speiſe gebraucht; item / Penidzucker: item / ein Troͤpfflein / oder 2. Galbanſafftoͤle / mit Wein getruncken.
Der geweſte Hiſpaniſche Secretarius, Perezius lobet die Aloe / und die rechte Ambra / ſo die natuͤr -liche305Die LXVI. Frag. liche Feuchtigkeit im Menſchen erhalte; und ſagt tom. 2. epiſt. 117. alſo: toma una pildora ordinaria del Aloes, de 6. en 6. dias, ytras ella otra tantæ Can - titad de Ambar gris. Es un gran remedio para la Conſervation del humido radicale, rayz de la vi - da del cuerpo humano, porque el Ambra vegeta. So haͤlt das Leben auff / und macht junggeſchaffen des Pontiſchen Wermuts Syrup 3. Loth auff ein mal eingenommen.
Ein Pulver / vor allerley Leibs-Gebrechen / ſo ein hoher Potentat gebraucht / und dabey alt wor - den iſt. Nimm Wieſenkuͤmmel / Anis / Ammey - ſamen / Eppich / Fenchel / Bethonien / friſche Muͤntz / Poley / Yſop / Spicanardi / Pfeffer / Cri - ſtallin-Saltz / gemein trucken Saltz / Rauten / Hanenkamb / Augentroſt-Kraut / Weyrauch / Maſtix / klarer Gummi / die fuͤnfferley Geſchlecht der Myrobolanen / und Kichern / jedes ein halbes Loth / vermiſch alles / und mach ein gar ſubtiles Pulver daraus / und nimm davon / fruͤhe Mor - gens / ſoviel / als auff einen Groſchen zu faſſen iſt / auff einem Biſſen Brod / oder in einer Suppen / ein.
Ein anders Pulver / zu vielen Leibs-Gebreſten dienlich: Nimm weiſſen Weyrauch / Jngwer / Galgan / Naͤgelin / Muſcatenblumen / Zitwar / Anis / Canneell / Feldkuͤmmel / Suͤßholtz / Rau - tenſamen / Salbey / Fenchel-Samen / Bibernelle / jedes 1. Loth. Dieſes alles pulveriſiret / und geſie -Vbet /306Die LXVI. Frag. bet / zuſammen gethan / Abends / und Morgens / ungefaͤhrlich eine Nußſchalen voll davon ge - braucht / auff einem Schnitlein gebehter Semmel in Wein genetzt / geſtreuet / das reiniget die uͤbrige Feuchtigkeit / waͤrmet das Gebluͤte / benimt das Haubt-Wehe / machet gutes Gehirn / ſtaͤrcket das Hertz / erhaͤlt Lung / und Leber / reiniget das Miltz / vertreibt den Huſten / lindert die Bruſt / ſtaͤrcket den Magen / vertreibet den Stein / er ſey weiß / oder roht: Jſt auch gut wider die Waſſerſucht / und Fieber.
Die Wacholder-Latwerg iſt gut denen / ſo einen boͤſen Magen haben / denſelben zu ſtaͤrcken / und den boͤſen Duͤnſten / ſo nach dem Haubt ſteigen / den Schwindel / und andere Ungelegenheit verurſa - chen / zu wehren / zu gebrauchen / und ſich vor der Peſt zu verwahren. Sie wird alſo bereitet: Laß ein Pfund Wacholderbeer in Waſſer / oder Wein / zwey Stunden ob dem Feuer wol ſieden / darnach ſeihe ſie durch ein leinin / oder haͤrin Tuch / drucks aus / daß die Huͤlſen / und Koͤrnlein voneinander fallen / den Safft / ſo durchgegangen / thue wol rei - nigen / und laß mit ſoviel Zucker einſieden / bis er dicklecht wird / darunter vermenge auffs allerklei - niſte geſtoſſen 2. Loth Jngwer / Muſcatenbluͤhe / und Calmus / jedes ein halb Loth / Cubeben ein Quintlein; alsdann thue es in ein rein Glas / vermache es wol / und ſtelle es einen Monat lang an die Sonnen / davon gebrauch dich allwegen /nach307Die LXVI. Frag. nach der Malzeit / eines guten Meſſer-Spitzen voll.
Von des Saltz-Geiſtes / oder Oels; desglei - chen des Vitriol-Geiſtes / des Spiritus Tartari, des Olei de Lateribus, oder Ziegelſteinen-Oels; des Terpentin-Oels / und Geiſtes / und anderer mehr / als Elixir. Proprietat. Paracelſi, &c. Zube - reitungen / und Tugenden / fuͤr allerley Gebrechen des Menſchlichen Leibes / findet man Beſchrei - bungen hin und wider in den Chymiſchen Buͤ - chern / ſonderlich beym Crollio: Wurde zu lang ſeyn / alles alhie einzubringen.
Die Feiſtigkeit / und gar zu groſſe Leibigkeit ei - nes Menſchen / iſt auch des Leibs Beſchwerden ei - ne / und kommet / wie man meinet / von einem ſchlei - migen Gebluͤt her / welches den gantzen Leib be - ſeuchtet / oder vielmehr erkuͤlet / und macht / daß man zu viel Speis begehret / und zu ſich nimmet. Jac. Theod. Tabernæmontanus ſagt / daß der Sau - erbronn zu langen Schwalbach die Feiſtigkeit ver - zehre. Sonſten braucht man Roͤmiſchen Kuͤmmel 2. Theil / mit einem Theil bitterer Coſtuswurtzel / zu Pulver geſtoſſen / und davon / alle Morgen / ein Quintlein mit Wein getruncken / auch taͤglich in der Coſt gebraucht.
Bisweilen wird der Leib aͤuſſerlich verletzt / da dann / die Pfeile auszuziehen / gut iſt die Oſterlu - rey / oder Holwurtzkraut / zerknirſcht / und uͤberge - legt. Oder / nimm die Wurtzel von den Rohren /V ijdie308Die LXVI. Frag. die in den Teichen wachſen / ſtoſſe ſie klein / ver - mengs mit Jungfrau-Honig / mach ein Pflaͤſter - lein / und legs auff die Wunden / es zeucht alles heraus / was drinnen iſt / auch das Geſchoß. Ver - giffte Pfeil treibet aus / Galbenſafft / mit Myrr - hen / und Wein / getruncken. Fuͤnfffingerkraut - Wurtzel gepulvert / und ein Quintlein ſchwer mit Wein getruncken / iſt auch gut.
Wiltu ein Eiſen aus den Wunden ziehen / ſo nimm Gaͤnsdreck von einem Ganſer / legs Ab. und Morgens auff die Wunden / ſo komt das Ei - ſen vor das Loch / daß mans mit den Fingern her - auſſer nehmen kan. So ziehet Eiſen / und Dorn Serapingummi / aus.
Spleiſſen auszuziehen / ſtoſſe Stabwurtz / mit ſchweinem Schmaltz / zu einem Pflaſter. Oder / nimm friſch Maͤusoͤhrlinkraut / oder aber das Pulver von den gedoͤrten / und vermiſche es mit Haſenſchmaltz / zu einem Pflaſter / und legs auff einem Tuͤchlein uͤber.
Der Nabel hat auch ſeine Gebreſten. Jhn trei - bet zuruck Burzelkraut / mit Roſen-Honig / und Bolarmen / vermiſcht / und uͤber gelegt. Fuͤr Na - belgeſchwer ſiede Weitzenmeel mit altem Baumoͤl / thue darzu Terpentin / temperirs wie ein Pflaſter / ſtreichs auff ein Tuͤchlein / und verbinds des Tags 2. mal. Jm Nabelbruch / thue den Nabel zuvor hinein / darnach lege das Pflaſter von Gum̃i Ar - moniak / mit Wein zerlaſſen / und mit geſtoſſenemPfeffer -309Die LXVI. Frag. Pfefferkuͤmmel bereitet / uͤber. Pſyllienſamen ge - ſtoſſen / mit Eſſig vermiſcht / und wie ein Pflaſter bereitet / ſchaffet auch ſeinen Nutzen.
Des Zwerchfels Geſchwulſt vertreibt Fenchel - Samen / zu reinem Pulver geſtoſſen / und mit Ho - nig / wie ein Pflaſter formirt / auff ein Tuch geſtri - chen / und warm uͤbergelegt. Zwerchfels Schmer - tzen / und Spannen / vertreibet Wermutwein / Pontiſcher Wermut-Syrup / Fenchel-Meth / Aniszucker / jedes abſonderlich gebraucht.
DJe Huͤner-Augen werden auch Kreen-Augen genant. Mit den - ſelben / ſie ſeyen gleich an Solen / oder andern Orten des Fuſſes / hat es ein ſolche Ge - ſtalt / daß daſelbſt ein klein / ſchwartz hartes Ge - ſchwerlein / anzuſehen wie ein Huͤner-Aug / waͤchſt; das macht / ſeiner Haͤrtin halber / wann man dar - auff tritt / nicht geringen Schmertzen. Man hat zwar unterſchiedliche Huͤlffs-Mittel / aber ſie wol - len bisweilen / bey manchem / wenig ausrichten; aber theils bekommen ſie wol / deren ich etliche er - zehlen will; als / Nimm der Regenwuͤrmlein ein Handvoll / mach ſie zu Pulver / und brauchs mit Brantenwein angemacht / und uͤbergelegt. DasV iijgruͤne310Die LXVII. Frag. gruͤne Pflaſter; item das Pflaſter von Steinklee / ſollen auch gut ſeyn: item / Schnellblumen ge - ſtoſſen / und gequetſcht / mit Saltz vermiſcht / und uͤbergelegt / auch 3. Wochen alſo getragen. So lobet man den warmen Kropff von Capaunen. Setze die Fuͤß in ein warm Waſſer / laß ſie wol weichen / beſchneide das groͤbſte / und leg gruͤnes Wachs / ſo ein Weil in einem Eſſig gelegen / daruͤ - ber / das laß 6. oder 7. Tag darauff ligen. Oder / nimm ein gute Handvoll Genſerichkraut / laß im Waſſer / bis zum dritten Theil / in einem Haͤfelein / einſieden / netze ein Tuͤchlein darinn / und legs offt uͤber. Oder / nimm Terpentin / und Wachs / zer - laſſe ſie ob einem Feuer gemachſam zuſammen / alsdann / ehe es wider erkaltet / reibe es ſubtil / thue Reuſchgelb darein / und miſch es wol untereinan - der / hernach ſtreichs auff ein leinin Tuͤchlein / und legs Pflaſterweiſe uͤber die Huͤner-Augen / ſo wer - den ſie getoͤdtet / daß ſie mit Wurtzel / und allem / ausgehen / hernach heilet man ſie leichtlich. Oder / nimm des Euphorbii 1. Loth / langen Pfeffers 1. Quintlein / ſtoſſe ſie in einem Moͤrſel / legs in 8. Loth gebranten Weins / laß es uͤber Nacht darinn ligen / fruͤhe Morgens nims wider heraus / laß es trucken werden / und mach ein Pulver daraus / mi - ſche darunter nachfolgende Oel / namlich Cha - millen - und Lilienoͤl / Lohroͤl / Bibergeiloͤl / Wachs / Hirſchen-Unſchlit / jedes 1. Loth / machs zur Sal - ben / und legs auff die Huͤner-Augen / ſie vergehenohn311Die LXVII. Frag. ohn allen Wehetag. Theils beſtreichen die War - tzen / und Kreen-Augen / des Tags offtermals / mit friſchem Safft von Schellkraut. Andere neh - men Gummi Armoniak / mit Honig / zu einem Pflaſter gemacht. Oder / Weinrauten gruͤn ge - ſtoſſen / und uͤbergelegt. Oder / Sauerteig von Weitzenmeel gemacht. Oder Braunwurtz. Oder Gruͤnwachs mit ein wenig Baumoͤl / ſo etlichen geholffen. Oder einen Strohalm / damit in die Huͤner-Augen gegraben / alsdann den Halm in einen Miſthauffen vergraben. Oder / ſie nehmen gruͤne Nußſchaln / druckens etlich mal in ein Eſ - ſig / und beſtreichen damit die Wartzen / Huͤnerau - gen / oder dergleichen / und haltens fuͤr bewaͤhrt. Das Mail / oder Flecken / kan man mit einer halb - zeitigen Maulbeer / wann ſie rohtlecht iſt / auffge - ſtrichen / wegbringen.
Was das Ander / namlich die Bein / anbe - langt / ſo wird dieſes Beinbruch-Pflaſter gelobt / nimm Hartz 8. Loth / Wachs 8. Loth / Roſenoͤl ein halb Loth / laß Hartz / und Wachs / zergehn / und thue das Oel darein: Darnach nimm Drachen - blut / ein halb Loth / Mumien / Maſtix / Wey - rauch / jedes 1. Loth / Bonenmeel / Chamillenpul - ver / jedes 1. Loth / Bolarmen 2. Loth / Arabiſchen Gummi 1. Loth / und machs zu einem Pflaſter.
Bein auß den Wunden ziehet Bibernellenwur - tzel zerſchnitten / und geſtoſſen / darnach wie ein Pflaſter uͤbergelegt. Beinſprieſſen ziehet ausV iiijGalben -312Die LXVII. Frag. Galbenfafft vor ſich ſelbſt / oder mit einem andern Pflaſter vermiſcht / auff ein Tuch geſtrichen / und uͤbergelegt. Beſchaͤdigt Bein heilet das gruͤne Kraut der gelben Ruͤben / wie ein Pflaſter uͤber - gelegt. Uber obernantes Beinbruch-Pflaſter / ſoll die Beinbruͤch heilen / Gerſtenmeel 6. Loth / Wey - rauch zu einem ſubtilen Pulver geſtoſſen / 2. Loth / miſch / und machs / mit Eyerweiß zu einem weichen Pflaſter / das ſtreich auff ein Tuch / legs uͤber den Bruch / und verbinde denſelben gerings umbher wol / daß er nit voneinander gehen mag / und laß ein Tag etlich darauff ligen / bis der Bruch wider geheilet iſt / das geſchicht bald / wenn er nur recht eingerichtet wird. Die Weitzen-Breylein ſeyn beedes ein gute Speis / und heilſame Artzney dar - zu.
JCh halte nicht / daß du die Beſchreibung der Waffen-Salb / ſo Herr Grav Ernſt von Schaumburg erfunden haben ſolle / begehreſt / ſonſten ich dir die - ſelbe wol mittheilen koͤnte. Und wirſtu vielleicht / beym D. Jacobo Martini cent. 5. quæſt. illuſtr. diſp. 10. qu. 6. und in ſeiner diſputat. generali de Cogni -tione313Die LXVIII. Frag. tione ſui das 9. Problema, was von der Waffen - Salb zu halten? geleſen haben. Will daher nur von andern / und natuͤrlichen Mitteln / Meldung thun; namlich / daß das Teſchenkraut / mit Wein / und Honig / gekocht / und auff die friſche Wunden gelegt / ſie zu hand heilen ſolle. Erdbeerkraut / und der Speck von der Schwarten abgeſchaben / und vermiſcht / ſoll ein bewaͤhrte Wund-Salben ſeyn. Gutheinrich iſt auch ein treffliches Wundkraut: Jtem / rohte Myrrhen / Drachenblut / und Aloe / auffs kleiniſt pulveriſirt / und in die Schaͤden ge - ſtreuet / verhuͤtet das faule Fleiſch. Chamillen ge - ſtoſſen / uͤbergelegt.
Ein gutes Wundpulver. Nimm Heidniſch Wundkraut / rohte Pucken / oder Puͤſſen / ſpitzigen Wegrich / Winter gruͤn / Agrimonien / Gulden - gauchel / weiſſen Sanikel / und Suͤnau / eines ſo - viel / als des andern / in einer Cammer am Lufft gedoͤrt / und pulveriſirt. So du es einem Ver - wundten geben wilt / ſo nimm ſoviel / als du in den vordern 3. Fingern heben kanſt / thue es in einen guten weiſſen Wein / in ein halbe Kanten / ſetze die in ein heiß Waſſer / laß einen kleinen Walthun / doch daß es nicht uͤber gehe / als dann gib dem Ver - wundten Morgens und Abends einen guten Loͤffel voll zu trincken. So ers wider von ſich gibt / iſt es ſorglich / ſo ers behaͤlt / hats keine Gefahr.
Eine koͤſtliche Wund-Salb / welche den Scha - den in 20. Tagen / ohne Eiter / und Schmertzen /V vheilet.314Die LXVIII. Frag. heilet. Nimm Mumien / Griechiſch Bech / Ma - gnetſtein / Campher / jedes ein halbs Quintlein / Welſche Corallen 3. Quintlein / Jungfrau - Wachs 1. Loth / Myrrhen ein halb Loth / Aſchen - Schmaltz / oder Eyr-Oel / ſoviel zur Salben von - noͤhten.
Nimm ausgelaſſenen Speck / Honig / und Ro - ckenmeel / machs zur Salben / beſtreich die Wun - den damit / ſo heilet ſie in zween Tagen zu.
Ein gutes Stich-Pflaſter: Nimm weiſſe Co - rallen / weiſſen Agtſtein / terræ Sigillat. Armoniac. Opoponac. Bdellii, jedes ij. Loth / Mumiæ iij. Loth / Magnetſtein / Drachenblut / Maſtix / Wey - rauch / jedes 4. Loth / Aſchen-Schmaltz 8. Loth / Silberglett / Jungfrau-Wachs / Griechiſch Bech / Terpentin / Baumoͤl / jedes ein halb Pfund. Was zu ſtoſſen iſt / das ſtoſſe / die Gummi laß im Eſſig zergehn / und machs / nach der Kunſt / zum Pflaſter.
Allerley Wunden zu heilen / die Narben / und Wund-Mal zu vertreiben / Nimm Rheboͤcklein - ſchmaltz / Roſeneſſig / Lilienoͤl / Roſenwaſſer / jedes gleichviel / laß untereinander zerſchmeltzen / ruͤhrs wol / und legs auff den Schaden. Sonſten dienet wider die Narben auch aus gedruckter Bethoni - enſafft / dicklecht geſotten / Wachs / Terpentin / und Roſenoͤl / darzu genommen / und damit geſchmie - ret. Die Wunden aber zuſammen zu ziehen / und zu den Zitter-Malen / oder wider die Flechten /nimm315Die LXVIII. Frag. nimm der Walwurtz 1. Quintlein / gebrant Hirſch - horn / und der verſigelten Erden / jedes 2. Scru - pel / und des gebranten Alauns 1. Scrupel: mach daraus ein ſubtiles Puͤlverlein. Wiltu / daß kein Schrunden / oder Maſe / von den Wunden / geſe - hen werden / ſo ſtreue in dieſelbige / weil ſie noch ein wenig offen / geſtoſſen Zucker. Eſchenſchmaltz iſt auch gut.
Wann einer gar ſehr verwundet worden / ſo will Einer / daß man / vor allen andern Dingen / in einem Moͤrſer zerſtoſſen Maͤusoͤhrlein nehmen / und auff die Wunden legen ſolle / ſo vor allem Schmertzen bewahre: und heile ſolche bald die Rauten / mit dem Weiſſen von einem Ey auffge - legt. Die Wunden aber am Kopff heilet geſchwind Bethonienblaͤtter zerſtoſſen / und pflaſtersweiſe auff gelegt.
Die Blaͤtter von Eichenbaͤumen geſtoſſen / und auff ein friſchgehauene Wunden gelegt / zeucht ſie alſo zuſammen / daß man ſie nicht hefften darff. Nimm den Safft von Bibernellenkraut / und ſo du bis in die Hirnſchaln wund wereſt / und triefteſt den Safft drein / ſo heilet es.
Das Blut in Wunden zu ſtillen / nimm Wey - rauch / und Aloe / jedes gleichviel / machs zu Pul - ver / nimm das Weiſſe vom Ey / und Haſen-Haar / und legs auff die Wunden. Oder / nimm Mu - mien / Alaun / jedes 2. Quintlein; Bolarmen / Drachenblut / und verſigelte Erd / jedes 1. Loth /machs316Die LXVIII. Frag. machs zu Pulver. Oder ſtreue gebrent Menſchen - haar / wie ein Pulver / ein / ſo verſtehet das Gebluͤt von ſtunden an. Cardobenedicten-Woll auff die Wunden gelegt: item / die Blumen von dem Garbenkraut geſtoſſen / und wie ein Pflaſter uͤber die friſche Wunden gelegt / ſtellen auch. Jtem / Te - ſchelkraut / oder Burſa Paſtoris, zwiſchen zweyen Steinen zerquetſcht / und in der Hand / auff welcher Seiten die Wunden iſt / zwiſchen dem kleinen / und Goldfinger / feſt gebunden mit einem Tuͤchlein / ſoll alles Blut ſtellen / wann auch ein Ader ge - troffen were: welches eines Jtalianers geheimes Stuͤcklein geweſen. Zum Hefften / und Blutſtel - len / brauch auch Weidenblaͤtter / Cypreſſenblaͤt - ter / klein zerſtoſſen / Gallaͤpffel gepulvert.
Ein edler Tranck / der auch in den Stichen / Schuͤſſen / und in den Weid - und Haubtwunden / heilſamlich erfahren iſt: Nimm Ackeleyenkraut 6. Handvoll / Heidniſch Wundkraut 4. Handvoll / Mangoltblaͤtter 3. Handvoll / Bethonienkraut 2. Handvoll. Dieſe Kraͤuter muͤſſen alle gruͤn / und friſch / geſamelt werden; die ſoll man klein zerſchneiden / oder hacken / darnach in eine Kanten / ohn einigen weitern Zuſatz Weins / oder Waſſers / thun / die Kanten darnach mit einem Teiglein von Weitzenmeel / und Eyerweiß / bereitet / wol verklei - ben / daß kein Dunſt daraus gehen mag / darnach in ein Keſſel mit Waſſer ſetzen / und / mit ſtetigem Feuer / vier Stunden lang darinn ſieden laſſen /und317Die LXVIII. Frag. und alſo vor ſich ſelbſt laſſen kalt werden. Es di - ſtillirt ſich davon ein Waſſer / das ſoll man dar - nach durchſeihen / und in einem wolvermachten Glas / an einem kuͤlen Ort / zum Gebrauch behal - ten. Von dieſem Tranck gib dem krancken Ver - wundten / Morg. und Ab. jedes mal 2. Loͤffel voll / du wirſt Wunder ſehen.
Nimm Sanikelkraut / Tauſendguldenkraut / rohten Beyfuß / Walwurtz / Gottesgnad / Heid - niſch Wundkraut / Wintergruͤn / jedes ein Hand - voll / Feinzucker ein Vierdling / zerſchneide alle die - ſe Stuck / thue ſie in eine Flaͤſchen / und ſchuͤtte dar - uͤber ein Maß guten Firnenweins / und ein halbe Maß Waſſers / laß darnach 4. Stund / in einem Keſſel / mit ſiedendem Waſſer / bey ſtetem Feuer / ſieden; folgends kalt werden / ſeihe darauff den Tranck durch / ſo haſtu einen bewaͤhrten Wund - Tranck / ſonderlich zu Stichen / und Schuͤſſen / davon gib alle Morgen / und Abend / fuͤnff Loth zu trincken.
Stich / und Wunden Geſchwulſt legt Fenchel - kraut geſtoſſen / mit Eſſig vermiſcht / und warm uͤbergelegt. Zu den Stichen durch den Leib / und Maßdarm / nimm der zamen / und wilden Ange - lickblaͤtter / jeder anderthalb Handvoll / Geißfuͤſ - ſelkraut / Liebſtoͤckelkraut / Sanickel / jedes ein Hand - voll / guͤlden Guntzel / Brunellenkraut / Ackeleyen - kraut / Schatheil / Sonnenbluͤmleinkraut / und Maͤusoͤhrlein / oder Nagelkraut / jedes ein halbeHand -318Die LXVIII. Frag. Handvoll / Mumien / Liebſtoͤckelwurtz / Engel - wurtz / Tormentill / jedes ein halb Loth. Zerſchnei - de dieſe Stuck klein / thus in ein zinen Flaͤſchen / nimm ferners darzu 6. Loth Zucker / und ſchuͤtt daruͤber guten Firnenwein / und friſch Brunnen - waſſer / jedes ein halbe Maß / ſchraube darnach die Flaͤſchen zu / und ſetze ſie in einen Keſſel mit ſie - dendem Waſſer / laß ſie vier Stunden / mit ſteti - gem Feuer darinn ſieden / darnach / wann es kalt worden iſt / ſoll mans zum Gebrauch durchſeihen / und dem Verwundten alle Morgen und Abend ein Untz / oder 3. warm zu trincken geben / Man ſoll ihm auch / in ſeinen Wein / oder Tranck / zam / oder wild Engelwurtz-Kraut legen / daß er da - von trincke / ſolle es auch in der Speiſe gebrauchen; probat.
Nimm die Blaͤtter / oder Wurtzel / von Oſter - lucey / doͤrre / und ſtoſſe ſie zu Pulver / vermiſch daſſelbe mit Terpentin / und Leinoͤl in einem Tigel / uͤber einem linden Kolfeuer / und mach eine Sal - ben daraus; probat.
Wider die Hitz / lege Bonenmeel / mit Gerſten - Mus vermengt / uͤber; oder trinck des Tags 2. oder 3. mal Nußwaſſer / es laͤſt kein Hitz zuſchla - gen.
Zu unreinen Wunden / mache ein Pflaſter aus friſchen Meliſſenblaͤttern / und Saltz. Sonſten waͤſchet man dieſelbe auch mit Salbeyſafft / und Honig vermiſcht / aus. Cypreſſenblaͤtter in Eſſigzerſtoſſen /319Die LXVIII. Frag. zerſtoſſen / und auff die Wunden gelegt / ezen das faule Fleiſch aus / und behalten die Wunden rein. Siede gelbe Ruͤben in Waſſer / oder Wein / und waſche damit aus.
Thue Wein / und Zucker in die Wunden / ſo hei - len ſie; item / lege altes Schuchleder auff.
Zu den Geſchwulſten / brauche friſch Schmaltz / und legs mit blau Papir uͤber: item / lege geſtoſ - ſen Eiſenkraut uͤber.
So ein Menſch mit einer Buͤchſen-Kugel ge - ſchoſſen wird / ſo nimm friſchen Beyfuß / ſtoß den wol mit Wein / druck den Safft heraus / davon gib dem Verwundten / im Tag 2. mal / jedes mal ein par Loͤffel voll / oder auff die 3. Loth / zu trin - cken / und geuß auch ein wenig in die Wunden. Es vertreibt des Pulvers ſchmertzliche Entzuͤndung / und Gifft / und iſt eine gewiſſe Pulverloͤſchung. So man aber das Kraut nicht gruͤn haͤben kan / ſo ſolle man das duͤrre in halb Wein / und Waſſer ſieden / dem Verwundten des Tags 2. mal / jedes mal auff 5. Loth / zu trincken geben / und / wann man den Krancken verbindet / auch die Wunde damit auswaſchen. Jſt offtmals probirt worden.
Wider das Gliedwaſſer lege Menſchenkoht / warm auff. Sihe im vorgehenden / in der Frag von den Gliedern / ein mehrers hievon.
Fuͤr den Afel / oder Zuſchlag / und Entzuͤn - dung / iſt / vor allen Dingen / das Geheimnus der groſſen Beerwurtz die beſte Artzney / und viel Geltswerth /320Die LXVIII. Frag. werth / und kan ein Feldſcherer viel Ehr damit ein - legen / wie einer berichtet. Sonſten brauchet man Krebsaugen / ſtoſſet ſie zu Pulver / gieſſet Nacht - ſchatten - und Roſenwaſſer daran / netzet ein Tuͤch - lein darinn / und legts daruͤber. Oder: Nimm Eyerklar / einer Haſelnuß groß / auch ſoviel Alaun / und rohte Myrrhen / das alles ſtoſſe zu Pulver; nimm darnach 1. Loͤffel voll Roſenwaſſer / 1. Loͤf - fel voll Wegrichwaſſer / temperir das alles durch - einander / netz ein ſaubers Tuͤchlein darinn / und legs uͤber den Schaden / es heilet / und vertreibt den Afel.
Von unterſchiedlichen Pflaſtern / iſt albereit geſagt worden / und halte ich nicht darfuͤr / daß du die Beſchreibung des Gelben Zugpflaſters / des Graven-Pflaſters / (ſo Haut machet / und ſehr heilet) des gruͤnen Pflaſters zu alten faulen Schaͤden / des Waſſer-Pflaſters / Hefftpflaſters / und anderer mehrern / begehreſt; weil du ſelbſten ſolche in den Buͤchern / ſo von der Wund-Artz - ney handeln / leſen / oder / bey deinem Barbirer / Bericht davon haben kanſt. Will daher nur noch ein wenigs melden / und mit einem Pflaſter be - ſchlieſſen.
Ein koͤſtlich Oel zu allen Wunden / Nimm die Blaͤtter / und Gipffel des Sophienkrauts / die gar friſch ſeyn / ein Pfund / ſtoß ſie klein / in einem Moͤr - ſer / thus in ein kupffern Pfann / ſchuͤtt daruͤber ein Pfund Baumoͤl / laß ſittiglich miteinander ſie -den /321Die LXVIII. Frag. den / bis der Safft / und das Kraut / ſich verzehret; Darnach preß es hart aus / und thue darzu ein Vierling Terpentin / und laß 10. oder 12. Tag / in einem kuͤpffern Geſchirr / ſtehn / ſo wird es ſchoͤn gruͤn / das heb auff.
Roͤtelſtein / der gut iſt / gepulveriſirt / und in die Wunden geſtreuet / heilet in wenig Tagen / ziehet zuſammen / und laſt die Wunden nicht ſchweren; probat. Wunden ſollen auch Hobelſpaͤn / und Leim / heilen; wie einer berichtet hat.
Wund-Sucht verhuͤten edel Garbenkrauts - Blaͤtter geſtoſſen / und uͤber die Wunden ge - legt.
Vor die Wunden / ſo von wilden Schweinen gehauen worden / nimm / warn der Brand zuvor geloͤſcht iſt / Sophienkraut 4. Loth / gefeilet Saͤu - zaͤhn 3. Loth / roth Corallen 1. Loht / mach dieſe Stuck zu einem kleinen Pulver / und zetels in die Wunde / bis daß ſie heil wird.
Ein Pflaſter / das da zeitiget / und weichet / nimm Zwibeln / Knoblauch / Eibiſch / blau Lilien - wurtzel / Leinſamen / ſeuds in Waſſer / und ſtoſſe al - les gar wol / thue darunter geſtoſſen Griechiſch Heu / oder fœnum Græcum, und ſchweinen Schmer / und machs / uͤber dem Feuer / zur Salben.
Das iſt noch zu mercken / daß die Haubtwun - den / ſo beym vollen Liecht gehauen / weit gefaͤhrli - cher / als die jenigen / ſo bey dem neuen Liecht ge - macht werden / ſeyn ſollen.
SO man die Pferde mit dem Safft aus den Kuͤrbis-Blaͤttern be - ſtreicht / ſeyn ſie ſicher vor den Fliegen / und Mucken.
Die Weibsperſonen / ſo ihre Monatliche Zeit haben / werden / von den Mertzen-Pferden / wie man ſaget / angefallen / deswegen ſie fruͤhe Pferd - miſt in die Schuch legen / oder einen Halmen von den Habern / ſo ſie am erſten haben ſchoſſen geſehen / bey ſich tragen: Oder / ſie werffen ihnen / wann ſie angefallen werden / nur ein Stuck / von ihrem Hemd abgeſchnitten / fuͤr.
Haſelwurtz-Blaͤtter / im Meyen / unter das Futter gethan / machet die Pferde rein / und mu - tig.
Daß ein Roß alle andere weit uͤberlauffe / durch ein natuͤrlich Mittel / das ſoll dir muͤndlich geſagt werden.
Roß wol zaumen; Gib ihme offt Maͤusoͤhr - lein-Kraut klein zerſchnitten unter dem Futter zu eſſen.
So ſich ein Roß nicht will beſchlagen laſſen / ſo thue in ein jedes Ohr ein klein rundes Kiſelſtein -lein /323Die LXIX. Frag. lein / ſo ſteht es. Oder leg ihm einen Stein / in ein Ohr / und halt ihm das Ohr zu mit einer Zangen. Etliche wollen / man muͤſſe die Steinlein unter ei - nem Dachtropff nehmen.
Wann ein Roß niderfaͤlt / und man nicht weiſt / was es vor ein Gebreſten ſey / ſo leg ihm ein Stuck des Fahrenkrauts-Wurtzel unter die Zungen / ſo hebt es bald an zu ſtallen / und miſten / und ſtehet wider auff. Solle bewaͤhrt ſeyn: Oder / laß es nichts anders / als Weitzenmeel / in Waſſer zertrie - ben / trincken / wann es ein unbekante Kranckheit hat.
Wann die Pferde nicht ſtallen koͤnnen / ſo ſiede Heuhechelwurtzel / und geuß es ihnen ein. Oder / nimm die weiſſen Steinlein aus den Krebsaugen / ſtoſſe ſie zu Pulver / und geuß ſie dem Roß mit Wein in den Hals. Wann ein Roß verſtopfft iſt / nicht miſten / oder harnen kan / nimm Roſenhonig / Senesblaͤtter / gieß Milch / und Baumoͤl / daran / miſch es wol untereinander / thue es in einen Ha - fen / zerſchmaͤltze es / laß darnach kalt werden / und geuß es dem Roß ein. Peterlinkraut / und Wur - tzel / zu Pulver geſtoſſen / wol geſaltzen / und mit dem Futter vermiſcht / macht auch ſtallen. Nimm ein Stuck Speck / eines Fingers lang / und eins groſſen Daumens dick / und beſtreue das wol mit gepulvertem Agrimonienkraut / und ſtoß es dem hartleibigen Roß in Hintern / wol in den Afftern hinein / ſo wirds bald weich im Bauch werden.
X ijWann324Die LXIX. Frag.Wann einem Pferd der Huff vernagelt iſt / daß es hincket / nimm groß Wullkraut / zerknitſch es / zwiſchen zweyen Steinen / und ſchlags dem Pferde um / wann der Nagel zuvor ausgezogen iſt / es hilfft wunderbarlich. Oder / raum hinweg / bis auff den Grund / und treuffe Unſchlit hinein / thue Roßmiſt darauff / und verbinde es mit einem Tuch. Oder / brich ihm das Eiſen ab / binde ihm Bronnkreß auff / in altem Schmer geſotten. Wanns aber ſchon Eiter gefaſſet / ſo nimm Hartz / und alt Schmer / zerlaſſe es untereinander / und bind es ihm warm auff.
Zu des Roß Huffzwang / nimm Weitzen / zer - ſtoß den groblecht / vermiſch ihn mit Schmaltz / und ſeud den in Waſſer / daß er weich wird wie ein Pflaſter / das bind dem Roß uͤber den Huff / mit einem wullinen Tuch.
Zu dem Wurm brauch Peſtilentzwurtz. Vor Feiffel / (darwider auch Gundelraͤb gut iſt) und Wurm / nimm Habern / und Gerſten / jedes gleich - viel / roͤſte ſie / in einer Pfannen / uͤber dem Feuer / daß ſie gar heiß werden / thue ſie darnach in ein Saͤcklein / und legs dem Roß warm uͤber das Creutz / und ſchuͤtte ihm Eſſig in das rechte Ohr; reibe es auch unten an dem Bauch / mit einem Ste - cken / oder der Streugabel / daß es warm werde. Oder / gib ihme Abbiskraut unter das Futter. Vor den auswerffenden Wurm / vermiſche die Broſam von einem Rockenbrod / mit Saltz / undbinds325Die LXIX. Frag. binds 3. oder 4. Tag drauff / und laß allwegen uͤ - ber Nacht auff ſolchem. Vor den beiſſenden Wurm / nimm Odermenigkraut / und Wurtzel / ſtoß ſie zu Pulver / und gib davon dem Roß 4. Loth / mit warmem Waſſer zertrieben / ein / ſchneide auch das Kraut klein / und gibs ihm unter dem Futter zu eſſen. Wann ein Roß die Wuͤrmer hat / davon ſie nicht allem auff dem Bauch ſich herum - weltzen; ſondern auch / innerhalb 24. Stunden / ſterben / ſo gib ihnen in der Speiß / oder Tranck / Menſchenkoht ein / ſo wirds wider beſſer; ſo wey - land eines bekanten Pfarrers gewiſſes / aber auch gantz geheimes Mittel / geweſen.
Zu den Schaͤden der Pferde / iſt Oſterlucey gut. Alle Wunden / und Bruͤch der Pferde zu heilen / nimm Rockenmeel / mit den Kleyen / das noch nit gebeutelt iſt / und Kuͤhekoht / jedes gleich - viel / miſch / und thue es in ein neuen Hafen / und fuͤlle denſelbigen damit / thue ein Deckel daruͤber / verlutir ihn gar wol / ſetze den darnach in ein ſtarck Feuer / laß darinn ſtehen / bis der Hafen gantz gluͤ - end wird / darnach laß das Feuer von ſich ſelbſt abgehn / und den Hafen darinn ſtehn / bis er erkal - tet / und das Feuer verliſcht / als dann mache den Hafen auff / und ſtoſſe die Materi darinn zu einem ſubtilen Pulver. Das faul Fleiſch aber in den Wunden zu verzehren / nimm Sinnau 4. Loth / Spangruͤn 2. Loth / ſtoß dieſe Stuck zu einem rei - nen Pulver / und ſtreue es in die Wunden.
X iijSo326Die LXIX. Frag.So ein Roß die Wiffl hat / ſo durchſtich ihme die untere Ader an der Zungen / und reib ihme Saltz darein.
Vor das Bauchgrimmen / ſo aus faulem Heu verurſacht wird / ſchmier dem Roß Menſchenkoht an den Gaumen. Oder / nimm Rautenſamen zu Pulver geſtoſſen / 4. oder 5. Loth / vermiſchs mit ei - ner Aechtmaß Weins / und ſchuͤtts dem Roß warm ein. Oder / nimm ungeſtampfften Hirſchen / und Saltz / ſoviel vonnoͤhten / roͤſte es uͤber dem Feuer / in einem Keſſel / darnach thus in ein leinin Sack / und binds dem Roß uͤber den Bauch.
Bauchſchlaͤchtiges / oder ſchlechtbaͤuchiges / und keichendes Roß zu recht bringen / nimm ein gute Handvoll reingeſtoſſener Kleyen / und 3. Handvoll gepulvert Saltz / zertreib dieſe Stuck mit weiſſem Wein / machs warm / und geuß es dem Roß 9. Tag nacheinander / alle Tag / ein mal / ein / durch ein Rohr / oder / gib dem Roß 3. Tag nacheinan - der nichts anders zu eſſen / dann trucken Rocken - kleyen.
Wann ein Roß thoͤricht wird / ſoll man ihme Menſchenkoht / klein zerſtoſſen / und in Wein zer - trieben / durch den Hals einfloͤſſen. Wider das Hirnwuͤten / nimm Waſſer-Eppich / Gerſtenſtroh / Kleyen / und Lattichkraut / zerſchneids klein / miſche es durcheinander / und gibs dem Pferd offtermals zu eſſen.
Hat ſich ein Pferd getretten / ſo nimm Unſchlit /Wachs /327Die LXIX. Frag. Wachs / alt Schmer / und ein wenig Bech / miſch es untereinander / legs uͤber / das macht gute Huͤf - fe. Wann ein Roß ſich ſelbſt gereicht / und getret - ten / nimm ein gebaͤhetes Rockenbrod / vermiſch es mit Saltz / und binde es dem Gaul uͤber den Tritt.
Wider der Pferde Raͤudigkeit / nimm Schwe - fel / Gruͤnſpan / alt Schmer / Weyrauch / Neſſel - wurtzel / Menſchenharn / laß alles miteinander ſie - den / und ſalbe es damit. Oder / ſeude Wermut in ſcharpffer Laugen / und waͤſche die Rauden wol da - mit / bis die Rufen abgehen / darnach nimm gepul - vert Schwefel 2. Theil / und Spaniſch gruͤn ein Theil / mach mit altem Schmer ein Salben dar - aus / ſalb das Pferd wol damit an der Sonnen / thue das alle Tag zweymal / es heilet bald.
Wann ſich ein Pferd reibet / ſo nimm Schwefel / Lorbeer / Queckſilber / alt Schmer / machs zur Salben / und ſchmiers damit.
Wann einem Pferd der Kern ſchwindet / nimm alt Schmer / Sevenbaum / Knobloch / Sauerteig / und faule todte Krebſe / ſtoſſe alles wol durchein - ander / laß dem Pferde bis auffs Leben auswircken / und ſchlags ihm damit ein.
Vor das Fehl / fang einen Harn von einer Kuhe auff / und ſpritz dem Pferd damiit in die Augen. Oder / ſtoß Rauten zu einem Pulver / und blaſe ihms in die Augen.
Vor feiſte / und waͤſſerichte Augen / Schoßfaͤll /X iiijund328Die LXIX. Frag. und Waſſerrehe / ſchneide Wermut / und Enzian klein / und gibs im Futter zu eſſen. Rinnende Au - gen curirt Bacillenkraut klein zerſchnitten. Au - gen-Nagel heilet Wegwarten / alſo gebraucht. Zu den ſchwuͤrigen Augen / nimm Amelmeel zu reinem Pulver geſtoſſen 2. Loth / geſtoſſenen Wey - rauch 1. Loth / vermiſchs / und temperirs wol mit Honig / und thue davon dem Roß / alle Tag 3. oder 4. mal / ein wenig in die Augen. Der Blindheit wehret Maͤusoͤhrleinkraut.
Wann ein Roß geſchwuͤlt / ſoll man es nicht auffſchneiden / ſondern das Weiſſe aus dem Ey nehmen / und einen Alaun unter die Eyer reiben / und ein Pflaſter machen / ſo weit der Schaden ge - het. Oder / nimm Weitzenmeel / Kleyen / Eſſig / und Honig / und ein Eyrklar / miſch zu einem Pflaſter / das ſchlag dem Gaul uͤber die Geſchwulſt / laß 3. Tag drauff ligen; darnach thue es hinweg / und lege ein friſches uͤber / wie vor / das thue ſo lang / bis daß die Geſchwulſt gar verzehret / und vergan - gen iſt. Geſchwolnen Schenckel / heilet Schellkraut 2. Handvoll / mit den obriſten Gipffeln des Weg - richskrauts / wann es Bluͤmlein / oder Samen / hat / einer Handvoll / und ein wenig Weineſſig / ge - ſtoſſen / und des Tags 2. mal / wie ein Pflaſter / uͤbergelegt. Zum geſchwolnen Schlauch / brauch Meiſterwurtz / die duͤrr iſt / ſchneide ſie zu kleinen Stuͤcklein / wirffs auff gluͤende Kolen / und laß dem Gaul den Rauch an den Schlauch gehen /und329Die LXIX. Frag. und bedecke den Gaul wol mit einer Decken / daß der Dampff wol zu ihm gehen mag / das thue alle Tag zum wenigſten 3. mal / und beharrs 8. Tag aneinander.
Das Abnehmen zu wenden / ſchuͤtte dem Roß geroͤſt Weitzen zum Futter zwyfach vor / und traͤncks des Tags 3. mal. Bleibt den das Pferd noch mager / ſo ſoll man ihm den Weitzen mit Kleyen vermiſchen / und es mit geringer Arbeit uͤben.
Wann ein Roß in die Augen geſchlagen wird / nimm ein friſche Broſam Rockenbrods / legs in ein friſches Bronnenwaſſer / und thus wie ein Pfla - ſter uͤbers Aug: Oder / nimm gebaͤhet Rocken - brod / netze es in weiſſem Wein / und legs uͤber; probat.
Wann ein Roß den Bug verſtoſſen / ſeude Wegwartenkraut / und gib ihm daſſelbe Morgens zu eſſen / leg ihm auch dieſes Kraut in ſein Trin - cken. Wann ein Roß am Bug / oder an allen Vie - ren / Mangel hat / oder vermuͤdet iſt / welches man den lauffenden Hendſch nennet / ſo mach ihm ein Einſatz von Semel - oder Weitzenmeel / mit Wein / und Honig / und ſchlag ihms etliche Tag alle A - bend damit ein.
Wider den Durchlauff / nimm Amelmeel zu Pulver geſtoſſen 6. Loth / rein gepulvert Gallaͤpf - fel 2. Loth / miſch mit eim Pfund rohten herben Wein / und ſchuͤtts dem Gaul ein.
X vVors330Die LXIX. Frag.Vors Fieber / gib ihme Weitzenmeel vor ſein Futter zu eſſen / jedoch nit zuviel auff ein mal / und zertreibe auch das Meel in lauem Waſſer / und laß ſonſt nichts anders trincken.
Die Feigwartzen ſchneid hinweg / und waͤſchs wol aus / mit Fuͤnfffingerkraut-Safft; hernach ſtreue gepulvert Kreiden darein.
Wann ein Roß ein Feder geſſen / ſo gib ihme Gerſten / welche zuvor ein halbe Stund in einem kalten Waſſer erquellet ſeye / neben einer Handvoll Scheelkraut / klein zerſchnitten / und vermiſcht / zu eſſen.
Wann ein Roß Huͤnermiſt geeſſen / davon es Grimmen bekommen / nimm 4. Loth gepulverten Waſſer-Eppich / ein Pfenningglaͤslein voll Ho - nigs / und ein Achtmaß Weins / vermiſchs / machs warm / und ſchuͤtts darnach dem Gaul ein.
So ein Roß Unzifer / Spinnen / Scorpion / &c. geſſen / ſo laß es weidlich lauffen / bis es wol erwar - met / und ſchwitzet: darauff ſoll man ihm alsbald das Blut am Gummen laſſen / und daſſelbe ihm alſo warm einſchuͤtten / ihme auch Rockenkorn / und Lauch / miteinander gekocht / zu eſſen geben.
Verrenckten Fuß heilet Rockenkleyen / mit Eſ - ſig zu einem Brey geſotten / und warm uͤberge - ſchlagen. Verrenckt / oder geſchwollen Koͤte / oder Fuͤß / bringen zu recht ein gut Theil Fuͤnfffinger - kraut / das ſiede in Wein / thue darzu ein klumpen Butter / ſo groß wie ein Gans-Ey / weniger / odermehr /331Die LXIX. Frag. mehr / nachdem du des Krauts viel / oder wenig nimſt. Laß ſolches ſieden / bis das Kraut wol weich wird / alsdann binde es warm um die Koͤte / das thue Morg. und Ab. und beharrs 5. Tag nach - einander.
Wider die Floßgallen / nimm gepulverten Schwefel / gepulvert Thannenblaͤtter / und Bech / jedes gleichviel / miſch mit altem Schweinen - ſchmaltz zu einer Salben / und verbinde dem Roß den Schaden damit; probat.
Wann ein Roß die Froͤſchen hat / daß ihme die Backen ſchwartz werden / ſoll man nehmen gebra - tenes Rockenbrod / und dem Gaul inwendig die Backen wol damit reiben / bis daß ſie bluten / dar - nach nimm Saltz / und Honig / temperirs durchein - ander / und beſtreich ihm damit die Backen / und das Maul.
Vor die Gallen der Pferd / nimm Rocken - meel / Eſſig / und Menſchenharn / vermiſchs gleich einer Salben / und ſchmier dem Gaul die Gallen damit.
Wider die Roßgraten / wenn die Pferde hin - ten geſchwollen ſeyn / nimm Beyfußkraut / ſtoß es wol mit altem ſchweinen Schmaltz / laß darnach uͤber einem linden Feuerlein ſittiglich ſieden / bis der Safft ſich verzehret / darnach ſeihe es durch / und ſalbe das Roß alle Tag 2. mal damit.
Wann ein Roß die Squinantia, oder Hals-Ge - ſchwer / Braͤune / und die Geſchwulſt der Zungen /uͤber -332Die LXIX. Frag. uͤberkomt / ſoll man ihm das Maul / und den Schlund / mit warmem Waſſer baͤhen / darnach mit Rinds-Gallen reiben laſſen / und ihme nichts anders / dann Gerſten / oder Gerſten-Meel / mit Salpeter vermiſcht / zu eſſen geben. Oder / laß / wi - der das Halsgeſchwer / dem Roß unter der Zun - gen / und zertreib Kleyen im Waſſer / daß es zim - lich dick werde / und gibs ihm zu trincken / und ſonſt nichts anders / bis es geſund wird; Daher es wol duͤrſtig werden zu laſſen iſt / damit es dieſes trincke.
So einem Roß das Geſchroͤte geſchwollen iſt / nimm Gerſten-Meel / vermiſch das mit friſcher Geißmilch / und ſtarckem Weineſſig / wie ein Pfla - ſter / ſtreichs auff ein Tuch / und bind ihme des Tags 2. mal uͤber.
So man einem Roß die Geylen / oder Hoden / ausgeſchnitten hat / nimm die Broſam von einem harten Rockenbrod / und Saltz / jedes gleichviel / binde es dem Roß 3. oder 4. Naͤcht uͤber den Scha - den / und wirff taͤglich gepulvert Spaniſchgruͤn darein / ſo heilet es wider.
Gebrentes Roß heile alſo: Seude Habern / in einem Hafen / mit gnugſamen Waſſer / bis daß er gar weich wird / und ſtoß denſelben wol in einem Moͤrſer / zwing darnach den Schleim / und das Marck / durch ein Tuch / damit ſalbe den Brand.
Wider die Harnſtrenge / und Harnwinde / ſeu - de Haberſtroh in Waſſer / ſchuͤtt das Waſſer inein333Die LXIX. Frag. ein Zuber / und ſtell es unter das Roß / daß der Laun wol zu dem Schlauch mag gehen / decke das Roß mit Decken / und Sargen / warm zu / wirff jederweiln ein gluͤenden Sinckelſtein in den Zuber. Wann nun das Roß alſo wol gebaͤhet worden / ſo reibe es wol mit dem warmen Stroh. Oder / nimm Wegwartenwurtzel / und groſſe Klettenwurtzel / je - des gleichviel / ſeude die in Wein / und ſchuͤtt dem Roß den Wein ein.
So ein Roß ein Hornſpalt hat / ſo ſiede Hir - ſchen / der geſcheelet iſt / in Waſſer / thue darzu ein Stuck Hirſchenunſchlit / und das weiſſe von einem Ey / ſiede es wol / bis es wie ein Pflaſter wird / ſtreichs auff ein Tuch / und binds dem Roß warm uͤber den Fuß / daran der Spalt iſt / und thue das alle Tag ein mal / ſo lang bis der Spalt wider zu - ſammen heilet.
So einem Roß die Huͤfft / oder Heeſſen / ſeyn auff gelauffen / nimm Weitzenmeel / und Eyerklar / mit den Schaln / zerſtoſſe die Schaln gar klein / und mach ein Salb daraus.
Erkaltet Roß erwaͤrmet Rauten / mit Ma - ſtix / und Honig geſotten / und demſelben einge - ſchuͤtt.
Huſten vertreibt Buchkoͤl zu Pulver geſtoſſen / und mit Saltz zu lecken geben / oder unter das Fut - ter geſchnitten.
Das Keichen / und Engbruͤſtigkeit / vertreibt Wegwarten / mit der Wurtzel zu Pulver geſtoſ -ſen /334Die LXIX. Frag. ſen / und dem Roß mit Waſſer eingeſchuͤttet. Oder / ruͤhre Weitzenmeel an mit lauem Waſſer / und gib ſolches dem Roß zu trincken / laß es auch etlich Tag nichts anders trincken. Gib jhm auch / wider die Lungenſucht / Tormentillkraut / und Wurtzel / in Futter / und Getraͤnck / ſchuͤtte auch bisweilen das Pulver mit warmem Waſſer ein.
Wider das Kopffwehe ſtoſſe Wegwartkraut / und Wurtzel / zu Pulver / vermiſchs mit Saltz / und gibs dem Roß zu lecken.
Den Krebs heilet Wermut / Knoblauch / Pfef - fer / Bertram / mit altem Schmer wol durcheinan - der geſtoſſen / wie ein Pflaſter uͤbergelegt / und wol geſchmieret.
Wenn ein Roß gerne Laimen / oder Erden / iſſet / und davon abnimt / ſo zerſchneide Wegwart - kraut / Wegwartenwurtzel / Beyfuß / und Seven - baum / alles auffs kleiniſte / jedes gleichviel / ver - miſch / gibs dem Roß unter dem Futter / und netz ihm das Futter mit Saltzwaſſer.
Fuͤr die Leberſucht / ſchneide Waſſer doſten klein unter das Futter / oder gibs ſonſten dem Roß zu eſſen / und das geſtoſſen Pulver davon mit Saltz zu lecken.
Sattelwunds Roß heilen die Broſam von Rockenbrod in gnugſamen Eſſig geweicht / und / in einem Moͤrſer / zu einem Mus geſtoſſen / und wie ein Pflaſter uͤber gelegt. Alſo Wegwartskraut / und Wurtzel / zu Pulver geſtoſſen / in den Scha -den335Die LXIX. Frag. den geſtreuet / und davon geeſſen: und kanſtu den - nocht reiten.
Es heilet auch die Loͤcher / und Wunden / am Rucken / unter dem Sattel / Agrimonien in Wein geſotten / und den Schaden damit ausgewaſchen / darnach gepulvert Odermenigkraut darein ge - ſtreuet. Es heilet hald.
Maßleid zum Eſſen benimt friſch Roͤhrlein - kraut / unter das Futter geſchnitten: lege auch das Kraut ins Getraͤnck: Oder / nimm friſch Weg - wartenkraut / ſchneids klein unter das Futter. Fuͤr die Verdauung / gib ihme / an Statt des Futters / duͤrre Gerſten / und hart Heu / zu eſſen: darneben / ſiede Heublumen in Waſſer / und laß es 3. gantzer Tag nichts anders trincken.
Strengel vertreibt ein Maͤßlein Gerſten / in Waſſer geſotten / bis es ſchier eingeſotten iſt / dar - nach laß es uͤberſchlagen / und ſetze den Hafen / mit der Gerſt / in einen Sack / und binde dem Roß den Sack an den Kopff / doch alſo / daß die Augen her - aus gehn / und kein Dampff zu ihnen mag / damit ſie nit verderbet werden / und nur allein zum Maul / und Nasloͤchern.
Mauch an Roſſen zu heilen / brenn das Ort wol mit einem heiſſen Eiſen / bicks darnach mit ei - ner Flieten / und lege gebaͤhetes Rockenbrod / mit Saltz / alſo warm darauff; laß 24. Stund ligen / alsdann thue es hinweg / und ſtreue gepulvert Spaniſchgruͤn darein.
Das336Die LXIX. Frag.Das Naſenbluten ſtillet Corjanderkrautſafft in die Naſen goſſen.
Rotzig Pferd curirt Haber ſtroh / in einem Keſ - ſel / mit Waſſer geſotten / darnach in einen Zuber geſchuͤtt / und ein Wanne mit Haber auff den Zu - ber geſetzt / daraus das Roß eſſen ſolle.
Vernageltem Roß hilfft Hirſchen / mit altem Schmaltz geſotten / dem Roß das Eiſen abgebro - chen / und ihme die materi daruͤber gebunden. Uber 2. Tag ſchlag ihme das Eiſen wider auff / und rei - te / wohin du wilt.
Ein Roß zu purgiren / ſiede Rockenkorn im Regenwaſſer / bis es weich wird / und wider truͤck - net / und gibs ihm hernach / an Statt eines Fut - ters / zu eſſen. Kanſt ihm auch das geſottne Waſ - ſer zu trincken geben / und mit andern Waſſern vermiſchen.
Zu Rehe gerittenem Roß helffen Rockenkley - en / roͤſte ſie in Eſſig / bis ſie trucken ſeyn / ſchlags dann dem Roß fein warm uͤber die Fuͤß / mit einem Haſenbalg / daß das Haar inwendig gewandt ſeye / und thue das 2. mal nacheinander / ſo bald der er - ſte Einſatz kalt worden iſt. Wann das geſchehen / ſo nimm ein Glaͤslein voll gebranten Weins / und rein gepulverten Camin-Ruß / ruͤhrs durcheinan - der / daß es wie ein Saͤlblein werde: ſolches ſchlag dem Pferd / mit Haͤnffenwerck / in die Fuͤß / und ver - dinds wol. Waſſerrehe vertreiben Wermut / und Enzian / klein geſchnitten / und im Futter zu eſſengeben.337Die LXIX. Frag. geben. Zu verhuͤten / daß dir ein Pferd / wann du zu reiten haſt / nicht zu rehe werde / ſo nimm Weg - wartenkraut / und Wurtzel / zerſchneid ſie klein / und gibs dem Roß alle Morgen / und Abend / unter dem Futter zu eſſen.
Feiſte / und waͤſſerichte Augen euriren allererſt obengedachte Wermut / und Enzian klein geſchnit - ten / und unter dem Futter zu eſſen geben. Schwuͤ - rige Augen heilet Amelmeel zu reinem Pulver ge - ſtoſſen 2. Loth / geſtoſſenen Weyrauch 1. Loth / ver - miſchs wol mit Honig / und thue davon dem Roß alle Tag 3. oder 4. mal / ein wenig in die Augen.
Wann ein Roß Blut ſtallet / ſo nimm zehen Loth rein gepulvert Amelmeel / friſch gemolcken Geißmilch / 40. Loth / 10. Eyer / und 14. Loth Baumoͤl / miſch es / und ſchuͤtts dem Gaul / durch ein bequemes Jnſtrument / in den Hals. Wanns lauter ſtallet / ſo laß ihme Sommer gerſten-Meel in ſeinem Waſſer zertreiben / und ein Haͤndlein voll Saltz darzu nehmen / und nichts anders / als das / ihme zu trincken geben.
Wann einem Roß die Solen gar hinweg ge - zogen ſeyn / ſo nimm Broſam von einem friſchen Rockenbrod / vermiſch die wol mit Saltz / leg es Nachts uͤber die Solen / des Morgens nimm un - gebranten Laimen / und Spaniſch gruͤn / durchein - ander / vermiſchs / und binds dem Roß auff die Fuͤß / und thue es alle Tag 2. mal.
Fuͤr das Uberbein / nimm Semel - oder Wei -Ytzenmeel /338Die LXX. Frag. tzenmeel / und mach / mit Waſſer / ein Teiglein dar - aus / das bind dem Roß uͤber das Bein / wie ein Pflaſter / und laſſe es 3. Tag ligen / dann nims hin. weg. Jſt nun die Haut nicht offen / ſo oͤffne dieſelbi - ge mit einer Flieten / mach darnach ein Pflaſter von Weitzenmeel / mit Saͤukoht / und nuͤchterm Speichel / binde es uͤber das Uberbein / laß wider 3. oder 4. Tag ligen / ſo lediget es ſich von dem andern Bein ab.
WErmut geſtoſſen / und mit Saltz zu lecken geben / bewahret die Schaf vor allerley Kranckheit. Wann ein Schaf / von einem gifftigen Thier / gebiſſen were / ſo ſchuͤtt ihme 3. Loth gepulverten Nardenſamen / mit war - mem Wein zertrieben / ein. Huſten / und Keichen / Strengel / und Strauchel / vertreibt Krottendill zu Pulver geſtoſſen / und zu lecken geben. Den Schaf - ſterben verhuͤten duͤrre Weinrauten / ſo man den Stall / alle Morg. und Ab. damit beraͤuchert. Schaf werden ſeiſt vom Habern / ſo man ihnen den des Tags 2. mal / jedes mal ſoviel / als man in ei - ner Hand halten kan / zu eſſen gibt / aber nicht meh - rers / ſonſten werden ſie gar zu feiſt. Wann dieSchaf339Die LXX. Frag. Schaf von den Kraͤutern eſſen / darauff / Morgens fruͤhe / noch der Tau ligt / ſo werden ſie kranck / und ſterben / dann der Tau iſt eines angenehmen Ge - ſchmacks / darneben aber kalter Natur. Wann nun die Schaf denſelben mit Begierd eſſen / ſo wird die Leber davon verſtopfft / und viel Gall ge - ſamlet / ſo die Daͤrm angreifft / und den Abgang beſchleiniget.
II. Wie die Tauben in einen Schlag zu geweh - nen / haben Theils ſonderbare Mittel: weilen aber ſolches vielmals mit Schaden des Naͤchſten ge - ſchihet / auch groſſe Uneinigkeit daraus entſtehet / mag ich derſelben Mittel nicht gedencken: Aber wol / daß man will / wann man einen Wolffskopff in ein Taubenhaus hencke / ſo koͤnne kein Katz / Marder / Wiſel / und dergleichen ſchaͤdliche Thier / den Tauben ſchaden: item / wann man weiß Nieß - wurtz / mit Weitzen / koche / und ſolches den Aenten / Tauben / und dergleichen Gefluͤgel / vorwerffe / ſo ſollen ſie davon voll werden / daß man ſie mit den Haͤnden fahen koͤnne. Die Taubenzucht zu erhal - ten / gib ihnen Roͤmiſchen Kuͤmmel mit Linſen / in Honigwaſſer geweicht / zu eſſen / oder nur Pfeffer - kuͤmmel allein / ehe ſie ausfliegen. Oder: ſiede Gerſtenmeel mit Waſſer / und knets mit zerſtoſſe - nen Korbfeigen / und ein wenig Honigs / durchein - ander / und ſtells den Tauben zu eſſen vor / ſo blei - ben ſie gerne / und haben ihre Jungen lieb. Theils legen Eiſenkraut in ein Taubenhaus. Lulchſa -Y ijmen;340Die LXX. Frag. men; desgleichen Sorgſamen / von den Weitzen durchſibet / und zu eſſen geben / machet die Tauben feiſt. Alſo machet die Turteltauben geſcheelte Ger - ſten feiſt. Jtem / ſtelle ihnen des Tags etlich mal friſch Waſſer fuͤr / darinnen ſie baden / und ſich abwaͤſchen moͤgen; Oder gib ihnen Hirſchen zu eſſen.
III. Das Viehe ins gemein betreffende / ſolle wi - der das Beſchreyen / wie mans nent / daſſelbe mit Sevenbaum beraͤuchert / trefflich gutſeyn. Viehes Verwundung heilet Holwurtz.
Wenn es kranck iſt / ziehe ihm Gilbwurtz durch das Kin.
Wann ein Ochs Blut harnet / ſo ſolle der Menſch / der ſolches zum erſten erſihet / alſobald das Blut / mit ſamt der Erden / oder Koht / neh - men / und dem Ochſen zu eſſen geben; wie man ei - nen im Schloß Schwanberg / in Unter Steyer gelegen / alſo berichtet hat. Sonſten / wann ein Rind Grasſiech iſt / und Blut harnet / ſo ſiede Gerſten mit Speck in Waſſer / zerriebel Rocken - brod darein / und ſchuͤtt es dem Rind / durch ein be - quem Jnſtrument / warm ein. Den verſtandenen Harn treibet fort Gottesgnad / oder Ruprechts - kraut / zu Pulver geſtoſſen / und mit Saltz zu lecken geben / oder mit Wein zertrieben warm eingegoſ - ſen / oder das Kraut in Wein geſotten. Es ver - treibt ihnen auch den Nierenſtein.
Des Rindviehes Wunden heilet auch Sani -ckel341Die LXX. Frag. ckel gruͤn zerſtoſſen / oder aber geſotten / und wie ein Pflaſter uͤbergelegt.
Die Leberſucht vertreibt Waſſerdoſt unter das Futter klein vermiſcht.
Fuͤrs Keichen / ſtoſſe Beyfußkraut zu Pulver / und gibs dem Vieh mit Saltz zu lecken. Alſo brauch auch Stabwurtz 2. Theil / mit einem Theil Yſop: item Meiſterwurtzel zu Pulver geſtoſſen / und mit 4. mal ſoviel Saltzvermiſcht / und alle Tag zu lecken geben.
Wider den Huſten dienet gemalene Gerſten; item / das kleiniſt / und reiniſt von Spreyer / und Wickenmeel / jedes auff 8. Loth / welches man ne - tzen / in 3. Theil abtheilen / und dem Rind-Vieh nacheinander zu eſſen geben ſolle.
Den Bauchlauff wendet Teſchelkraut / oder ge - roͤſt Habermeel / geſſen.
Viehes Blehen verhuͤtet / und vertreibt Mett - ramkraut / mit Saltz zu lecken geben.
Fuͤr die geſchwollene Schenckel / ſeude Hirſchen / und Leinſamenmeel / jedes gleichviel / in Eſſig / zu einem Pflaſter / und legs auff einem Tuch warm uͤber. Oder: ſiede Maͤusoͤhrleinkraut wol mit Wein / und legs warm uͤber.
Den Schelmen / oder Sterben des Viehes / verhuͤtet Hirtzwurtz zu Pulver geſtoſſen / mit Saltz vermiſcht / und davon alle Tag gelecket. Wann das Rindvieh / und die Schafe / ſehr geiffern / Hitz ha - ben / und dahin ſterben / ſoll man ihnen Tormentill -Y iijwurtz342Die LXX. Frag. wurtz unter ihr Eſſen vermiſchen / das behuͤt ſie. Wann ſie aber albereit kranck ſeyn / ſoll man ihnen auff die 4. Loth gepulvert Tormentillwurtz / mit Waſſer zertrieben / einem Schaf aber anderthalb Loth / einſchuͤtten. Oder / gieß ihme nachfolgendes Pulver / mit warmen Eſſig / ein: Nimm der weiſ - ſen / und ſchwartzen Hirtzwurtzel / Berg-Peterlein - wurtzel / Wacholderbeer / jedes ein halb Pfund / Eberwurtzel / Liebſtoͤckelwurtzel / jedes einen Vier - ding / zu Pulver geſtoſſen. Etliche geben ihnen nur bey 4. Loth von Hirtzwurtz-Pulver / mit Eſſig / ein.
Fuͤr den Froſch unter der Zungen braucht man Weinrauten / Salbeyenkraut / weiſſen Hunds - dreck / Saltz / und Camin-Ruß / jedes gleichviel / zu Pulver gemacht / und dem Viehe die Zunge wol damit gerieben.
Viehes Maßleid oder Unluſt zur Speiß / be - nimt geſtoſſener Nardenſamen 5. Loth / Baumoͤl 24. Loth / das zertreib mit 40. Loth Weins durch - einander / und ſchuͤtte es dem Viehe warm ein.
Viehe maͤſtet Pontiſcher Wermut / und ma - chet daſſelbige ohne Gallen / item maͤſten es Heide - korn / und Kleyen.
Das Viehe bewahret vor Mucken / Hoͤrnuſ - ſen / &c. Weichbech / mit Baumoͤl wol vermiſcht / und dem Viehe die Augen damit herum / auff 2. Finger breit / wie ein Zirckel / beſtrichen.
Den Blutfluß benimt Weitzenmeel mit einemEy /343Die LXX. Frag. Ey / Butter / und Pferdbruntz / zu einem Teiglein gemacht / in warmer Aſchen gebraten / und zu eſſen geben.
Vor unbekante Kranckheit / ſiede Gerſten ſehr wol in Waſſer / bis ſie zerfaͤhret / und ſchuͤtte die Bruͤhe / mit der Gerſten / dem krancken Viehe ein.
Fuͤrs Fieber ruͤhre geroͤſt Gerſtenmeel in Wein / und gibs dem Viehe zu eſſen: Oder ruͤhre Gerſtenmeel mit Saltzwaſſer ein / und decke das Rind warm zu. Eiſenkraut iſt auch gut.
Wann die Augen flieſſen / pulveriſir die Ba - cillenkraͤuter / und gib das Pulver mit Saltz zu le - cken. Wann die Augen ſchweren / ſchuͤtte ihnen ge - laͤuterten Rautenſafft ein / laß aber dem Rind zu - vor ein Ader unter der Zungen oͤffnen. Die ge - ſchwolne Augen curirt Weitzenmeel / mit Meth / oder Honigwaſſer / zu einem Pflaſter gemacht / und dem Rind uͤber das Aug gebunden.
ETwas weniges; und zwar 1. daß man wolle / wann man die Netze mit Ziegelſteinoͤl beſtreiche / ſo fange man viel Fiſche. Einer ſetzet dieſes Mittel: Nimm Rindskutteln / oder Fleck / lege ſie in deine SchuchY iiijunter344Die LXXI. Frag. unter die bloſſen Fuͤſſe / und gehe einen Tag dar - auff / daß ſie nach dem Schweiß deiner Fuͤſſe rie - chen / darnach ſtecke ſie an den Angel / oder in die Fiſchreuſen / ſo wirſtu viel Fiſch fangen: Dann ſie die Menſchen lieb haben. Allerley Fiſch zuſam - men zu bringen / nimm Bonenmeel / Boͤcken-Un - ſchlit / Ochſenblut / und ein wenig Reigerſchmaltz / miſche es unter einander / und hengs in einem Tuͤch - lein verbunden ins Waſſer. Oder nimm Bocks - blut / oder Reigerſchmaltz / ſchmier die Haͤnd da - mit / und halts im Waſſer ſtill. Oder / nimm Erd - beerwurtzel / und legs in die Reuſen. Oder / nimm ein kleines Glaͤslein / thue vor 3. oder 4. Pfenning Queckſilber darein / ſamt Nachtholtz / vermachs gar wol mit Wachs / und Hartz / und hencks in die Reuſen. Oder nimm 2. Loth Queckſilber / ein Vierding Salpeter / der gelaͤutert iſt / ein Achtel Schwefel klein geſtoſſen / daß der Hafen halb voll ſey: nimm darzu ungelaͤſchten Kalck / und vermach den Hafen gar wol / daß kein Waſſer drein moͤg kommen / und wirffs in ein tieffe Gruben / die man ſonſt nicht fiſchen kan / ſo ſchwimmen dte Fiſch alle uͤber ſich / und fangeſt du ſie leichtlich mit den Haͤnden.
Ein anders / die Fiſch mit den Haͤnden zu fan - gen / nimm Weitzenmeel / Reigerſchmaltz / Baum - oͤl / und der Bein von einem Reiger / jedes 1. Loth / ſtoſſe die Reigerbein zu einem ſehr reinen Pulver /ſchlag345Die LXXI. Frag. ſchlag die durch ein haͤrines Siblein / und vermiſch es wol mit den andern Stucken zu einer Salben / und ſchmiere damit die Haͤnde / und Schinbein. Oder / nim̃ ein wenig Roſen / und ein wenig Senff / und einen Fuß von einem Wieſel / und legs in ein Netz / oder Reiſchen. Oder / nimm ein ſchwartze Henn / und 3. Eyer dotter / Saffran einer Erbis groß / mach ein Loch in die Henn / und ſtoß die ge - nanten Materien darein / machs Loch wider zu / darnach ſtoß die Henn in ein Roßmiſt / 3. oder 4. Tag / oder ſo lang / bis ſie faul wird / ſo findeſtu gel - be Wuͤrmlein darinn / deren ſteck allwegen eines an den Angel / die andern behalt in einem ver - ſchloßnen Buͤchslein: Du wirſt Wunder ſehen / ſagt einer. Peterlinkraut in die Fiſchbehalter / oder ins friſch Waſſer geworffen / machet die ſchwache Fiſch wacker.
2. Voͤgel zu fahen / dienet Tormentil / wie man berichtet / mit Korn / oder Gerſten / in Wein geſot - ten / und auff ein Vogelherd / ꝛc. geworffen / ſo freſ - ſen ſie das Korn mit der Wurtz / und werden da - von truncken / daß ſie nicht mehr fliegen koͤnnen. Und dieſes iſt am beſten zu thun / wenn ein groſſer Schnee ligt. Oder / nimm Weitzen / oder Korn / und weich es ein in Weinheffen / daß es drinnen quell / wirffs den Voͤgeln fuͤr / wann ſie es freſſen / ſo fal - len ſie um / als weren ſie todt / ſo hebt man ſie auff / aber uͤber ein Stund iſt ihnen nichts mehr. Daß die Voͤgel den geſaͤeten Samen nicht auff freſſen /Y vnimm346Die LXXI. Frag. nimm Weitzen / und weiſſe Nießwurtz / miſchs / ſiede die in Wein / und ſaͤe die gerings um den Garten / oder das Feld herum.
Hergegen toͤdtet die Raupen Scabioſenkraut getruͤcknet / oder gedoͤrrt / ſolches auff gluͤende Ko - len gelegt / und die Gewaͤchs damit beraͤuchert.
Ob Voͤgel auff den Baͤumen wachſen? ge - hoͤrt hieher nicht / und kan davon des Michael Mayers Tractat de volucri arborea, absꝙ́ patre, & matre in Inſulis Orcadibus forma Anſerculo - rum proveniente, zu Franckfurt gedruckt / item / des Friderici Hermanni Flayderi Antwort auff die Frag / An in rerum natura dentur volucres, quæ naſcuntur in Arboribus, zu Tuͤbingen ge - druckt / geleſen werden; da ſolches beſtetiget wird von unterſchiedlichen Orten. Ex Tauri ad inter - necionem fuſtibus cæſi viſceribus loco obſcuriori relictis 20. dierum ſpacio ingentia Apum exami - na erumpunt; ut Quidam tradit.
3. Von den Hennen ſchreibet der Capitan Fa - britius Campanus lib. 7. de la vita civile pag. 135. wann ſie unter einem Fluͤgel / ein Reiß von wilden Rauten tragen / ſo koͤnnen ihnen die Fuͤchs / Mar - der / &c. nicht ſchaden. Jhren Bauchfluß wendet Gerſtenmeel in Wein genetzt / mit Wachs / und ge - ſottener Quitten-Aepffelbruͤhe zu einem Teiglein bereitet / und kleine Kuͤgelein daraus gemacht: Oder / nimm eine Handvoll geroͤſt Gerſtenmeel / und gleich ſoviel Wachs / das zerlaß / miſch es zu -ſammen347Die LXXI. Frag. ſammen mit Wein / mach Kuͤgelein daraus / und gibs ihnen vor anderer Speis. Daß die Huͤner feiſt werden / ropffe ihnen die Flugfedern aus / thus in ein finſter Gemach / und ſpeiſe ſie mit geroͤſtem Gerſtenmeel / das mit Waſſer / oder Wein / ange - feuchtet iſt. Oder / weiche Weitzenbrod in Milch / oder Waſſer / und gibs ihnen einen Monat lang in einem beſondern Gemach / und nichts / als Milch / zu trincken. Daß die Hennen viel / und groſſe Eyer legen / gib ihnen den Samen von der Geißrauten zu eſſen; oder lege geroͤſt Rockenbrod in ein friſch Waſſer / laß darinn uͤber Nacht erweichen / des Morgens gib es den Hennen vor anderer Speiß zu eſſen / und darnach um den Mittag wider: Ge - gen dem Abend aber gib ihnen Gerſten / Habern / Weitzen / oder ein wenig Hanffſamen / ſo ſollen ſie auch in der groͤſten Kaͤlte Eyer legen. Jtem / wegen der groſſen Eyer / gib ihnen halbgeſotten Gerſten / und Hirſchen / zu eſſen. Oder / nimm ein Reiter - maͤßlein Kleyen / und vermiſche ein Becher voll ge - pulverter Schneckenhaͤuslein darunter / machs an mit Wein / und gibs den Huͤnern zu eſſen. Etliche nehmen / an Statt der Schneckenhaͤuslein / gepul - verte Ziegelſtein. Daß ſie ſchwartze Eyer legen / nimm Holderbluͤhe / und thus ihnen unter das Eſſen.
Daß die Capaunen feiſt werden / ſperre ſie in ein dunckels Kaͤmmerlein / weiche ihnen Weitzen - koͤrner in einem beſondern Geſchirr / mit Milch /und348Die LXXI. Frag. und gib ihnen auch Milch / in einem beſondern Ge - ſchirr / zu trincken / und das beharre 30. Tag / und gib ihnen ſonſt nichts zu eſſen / und zu trincken. Und das thut auch Gerſten: item Gerſtenmeel mit Wein / oder Bier / angefeuchtet / und ſollen ihnen die Flugfedern ausgeriſſen werden.
Der gleichen werden auch die Faſanen mit Ger - ſten / und Hirſchen / feiſt gemacht: und ſo man ih - nen die Gerſten in Milch weichet / und ſonſt nichts anders zu eſſen / und trincken / als Milch / gibet / ſo bekommen ſie ein ſchoͤnes / weiſſes / und ſehr gutes Fleiſch.
Die Antvoͤgel thut man in einen beſchloßnen Zwinger / ſaͤet in der Mitte Gras / wirfft Gerſten ins Waſſer / und laſt ſie deren gnug eſſen.
Alſo ſchleuſt man auch die Kuͤniglein ein / und gibt ihnen Gerſten / und Kleyen / durcheinander vermiſcht / zu eſſen: Oder aber / Wegwarten / und Haſenkoͤl.
4. Wann du Gaͤns maͤſten wilt / gib ihnen Wegwarten / und Haſenkoͤl / zu eſſen; item / m[a]ch aus Rockenmeel / und Honig / einen Teig / und dar - aus kleine Kuͤgelein. Vom Gerſtenmeel / mit Waſ - ſer angeruͤhrt / und zu einem Teig / auß ſolchem Kuͤgelein gemacht / und dieſelbe laſſen trucken wer - den / bekommen ſie groſſe Lebern. Jns gemein be - kommen ſie von der im Waſſer geweichten Gerſten ein ſchoͤns weiſſes Fleiſch / und werden feiſt davon. Wann man auch den Gaͤnſen Weitzen in Waſſerquellet /349Die LXXI. Frag. quellet / und zu eſſen gibt / ſo bald ſie ausgeſchloffen ſeyn / ſo werden ſie bald fluck / und feiſt davon.
5. Die Schwein machet feiſt Rockenkleyen / mit geſtoſſenen Ruͤben / vermiſcht / item Gerſten / Bier - heffen / Hirſchen. Vor dem Sterben verhuͤtet ſie Berg-Peterlin; item Hirtzwurtz / mit gepulverten Wacholderbeeren / ihnen zu eſſen geben. Wann man denſelben Rockenkleyen unter Geißmolcken / oder Spielwaſſer / vermiſcht / und in den Trog thut / ſollen ſie gerne nach Hauß lauffen.
6. Einen Hund kan einer mit ſeinem Speichel zu ſich gewehnen. Wider den wuͤtenden Hundsbiß zerquetſche Knoblauch / miſche Honig / und Gaͤnſe - ſchmaltz darunter / und legs uͤber; Oder aber Wermut mit Honig zerſtoſſen / und Pflaſterweiſe auffgelegt; Davon aber anderswo / namlich cent. 1. quæſt. 71. ein mehrers geſagt wird.
Geſunden Hunds-Biß heilet Fenchelſamen zu Pulver geſtoſſen / mit Honig vermiſcht / auff ein Tuch geſtrichen / und uͤbergelegt. Jſt die Wunde tieff / ſo fuͤlle ſie mit Pulver von Dillkraut / und deſſen Stengeln / aus. Zum Tranck nimm die Wurtzel des Liebſtoͤckleins / in Wein / Bier / oder Waſſer geſotten / und durchgeſigen.
Man ſagt / wann man ein Huͤndlein / ſo noch an ſeiner Mutter ſaͤuget / an einen ſchmertzhafften Ort des Menſchlichen Leibs haͤlt / daß ſelbiger Schmertz an das Huͤndlein komme / ſonderlichwann350Die LXXI. Frag. wann ſolches einfaͤrbig ſeye. Sihe Majolum tom. 2. dier. Canicul. colloq. 4.
Vor Hundsbellen ſolle gut ſeyn Hundszungen bey ſich getragen.
Fuͤr die Raͤudigkeit der Hund / nimm Schiß - beerenholtz / Schwefel / der gut / und rein iſt / und A - laun / jedes gleichviel / alles geſtoſſen / mit altem Schmer / und ungeſaltzenem Butter / zur Salbe gemacht / und damit etlich mal geſchmieret. Oder / mache wider den haͤßlichen Grind / und Blatern / dieſe Salb: Nimm Galbenſafft / Storax / Hir - tzenmarck / Wax / Baumoͤl / Berg - oder Niterſaltz / Honig / jedes gleichviel / zerlaß das Hirtzenmarck / Wachs / Honig / und Baumoͤl / uͤber einer Glut / und ruͤhr darnach den Galbenſafft / mit Eſſig zer - laſſen / darein / daß alles miteinander wol vermiſcht werde / alsdann thue ferner darzu den Storax / und Niterſaltz / zu einem reinen ſubtilen Pulver geſtoſſen / temperirs wol durcheinander. Jſt dieſe Salb nicht duͤnn genug / ſo thue mehr Baumoͤl darzu; Oder ſtreue das Pulver von der gedoͤr - ten Hirſchwurtzel in die Wunden / und Loͤcher.
Wider das Jucken / und Beiſſen der Hunds - haͤut / ꝛc. nimm Sevenbaum / und Tabackkraut / ſeuds in Laugen / oder Waſſer / ſo lang / als ein harts par Eyer / und bade den Hund damit lau - lecht / und ſolches 3. oder 4. mal. Und kan das Kraut / und Waſſer / allwegen auffbehalten / und wider gewaͤrmet werden.
Wann351Die LXXII. Frag.Wann die Hund von Bienen / Weſpen / &c. geſtochen werden / ſo brenne Weinrauten zu A - ſchen / miſch die mit friſchem Waſſer / wie ein Saͤlblein / und ſchmier den Stich damit.
Die Hund machet feiſt / und ſtarck / Kleyen in Molcken / oder ſchmutzigen Suppen eingeruͤhrt: Toͤdten aber ſollen ſie die Spargen in Waſſer ge - ſotten / und ihnen zu trincken geben.
WAs das Erſte anbelangt / hat zwar Laurentius Valla den Thieren den Gebrauch des Verſtands zuge - ſchrieben. Welches aber ein ungereimte Meinung geweſen. Dann / wann ſie eine Vernunfft hetten / warum wurden ſie dann unvernuͤnfftig genant? Die Wercke der Thier ſeyn alſo beſchaffen / daß ſie nicht von der vernuͤnfftigen Seel / ſondern von der Natur herkommen; daher ſie auch / wann die aͤuſ - ſerliche Verhinderungen hinweg ſeyn / ihr Werck / zu welchem ſie von der Natur getrieben werden / nicht unterlaſſen koͤnnen. Sagacitas quædam in brutis eſt, & virtutum ſemina, ſagt Bolognetus tr. de lege, c. 5. n. 19. Oder vielmehr Schatten von Tugenden. Sihe Sagittar. exerc. Eth. exot. 6. th. 6. p. 154.352Die LXXII. Frag. p. 154. Man bringet zwar Urſachen auff die Bahn / namlich 1. Dieweil bey den Thieren ſolche Sachen in Acht genommen werden / die fuͤr Tu - gend zu halten ſeyen / als bey den Turteltauben die eheliche Lieb / und Keuſchheit: Bey den Ohmeiſſen die Sparſamkeit / und Vorſichtigkeit: Bey an - dern Thieren die Tapfferkeit / daß ſie ſich wehren / und fuͤr ihre Jungen ſtreiten: daß ſie nicht leicht - lich etwas eſſen / ſo ihrer Natur zu wider; auch Theils in eſſen / und trincken / ſich maͤſſig halten. (Sihe von den Elephanten Lipſi. cent. 1. epiſt. 50. und / aus demſelben / Joachim. Prætorium, in hi - ſtoria Elephanti) Wo nun aber eine Tugend iſt / da wird auch eine Vernunfft zu ſeyn erachtet / von welcher die Tugend herkommet. 2. Dieweil Gott / im Alten Teſtament / einen Ochſen / ſo einen Men - ſchen umgebracht / zu ſteinigen befohlen / ſo er / ſon - ders Zweiffels / nicht gethan / wann nicht der Ochs aus einem Vorſatz ſolches verbrachthaͤtte: Wo aber ein Vorſetzlichkeit / da ſeye auch ein Verſtand. 3. Daß Theils Thier viel kuͤnfftiges vorher wiſ - ſen / und die Veraͤnderung des Wetters anzeigen. Aber! hier auff wird geantwortet 1. Daß alle der Thier Wercke nicht ſeyen Tugenden / ſondern nur Gleichnuſſen derſelben / dieweil ſie nicht von der Vernunfft / ſondern von der Natur / ſo die Thier alſo antreibet / herkommen / daß ſie nicht anders / als dergeſtalt / etwas thun koͤnnen; Die Ohmeiſ - ſe nicht anders / als im Sommer einſamlen muß /damit353Die LXXII. Frag. damit ſie im Winter zu leben habe: auch die Tur - keltaub nicht anders / als keuſch ſeyn moͤge: Wie - wol ſie nicht verſtehen / warum ſolches geſchehe. Die Tugenden aber / eigentlich zu reden / befinden ſich nur bey denen / die auch anders thun koͤnnen; als wie der Menſch / der zwar keuſch leben ſolte / aber offtmals ſolcher Tugend nicht nachſtrebet. Etliche antworten / obwoln der Jltiß / ein kleines Thier / ihme ſeine Nahrung ſamlet / und ſoviel Zell ulein machet / als viel es unterſchiedliches Ge - traids finden kan; und wenn das Maͤnnlein ver - merckt / daß es ihme / an der Nahrung / kuͤnfftig er - manglen moͤchte / das Weiblein ausjagt / daſſelbe aber an einem andern Ort ein Loch machet / und iſ - ſet / auch andere Maͤnnlein herbeybringet; und die Voͤgel mit ſolcher Kunſt ihre Neſter machen / daß ſich die Menſchen nicht genug daruͤber ver - wundern koͤnnern / auch offtmals an einem ſolchen Ort / da kein Menſch hinkommen kan; als wie der Buch-Finck auff den aͤuſſerſten Aſt eines Baums; und der Eyßvogel / von den Graͤten der Fiſche / ein Neſt machet / ſo mit keinem Eiſen kan verletzet werden: Daß doch ſolches nicht von der Vernunfft; ſondern von den innern Sinnen her - komme: Dergleichen es ſich auch mit der Gedaͤcht - nus / und Unterſcheidung der Sachen / verhalte; als wann ein Hund eingedenck iſt / wohin er ein ſtuck Fleiſch / ſo er nit eſſen koͤnnen / gelegt; item wann ereinen Fremden / von ſeinem Herrn / und andernZHaus -354Die LXXII. Frag. Hausgenoſſen / zu unterſcheiden weiſt. 2. Daß aber / wie oben gemeldt / Gott der HErr einen Och - ſen umzubringen befohlen / iſt nicht deswegen ge - ſchehen / daß derſelbe etwas aus Vorſatz gethan; ſondern / damit er die Vortrefflichkeit des Men - ſchen anzeigete / und dardurch die Menſchen vom Todtſchlag abmahnete / und zu erkennen gebe; Wann GOtt alſo ernſtlich einen Ochſen / ſo einen Menſchen toͤdtet / ſtraffet / der doch ſolches nur aus bloſſem Antrieb der Natur thut: Wie vielmehr er den Menſchen ſtraffen werde / der mit Vorſetz - lichkeit ſeinen Bruder / oder Nebenmenſchen / um - bringet. Auff den 3. Einwurff antwortet man / daß die Sinne beſſer bey vielen Thieren / als dem Menſchen / bey welchem die Sinne von der ver - nuͤnfftigen Seele verhindert werden / ſo bey den unvernuͤnfftigen Thieren nicht geſchihet.
Was den Andern Puncten deiner Frag anbe - langt / ſo ſeyn / vor Zeiten / die Pythagorici, und die Manichæer / in der Meinung geweſen / daß die Seelen der unvernuͤnfftigen Thier / nach ihrem Todte / uͤbrig bleiben / und ſich in andere Thier be - geben thaͤten. Aber! die jenige Geſtalten / ſo an der Materi, ſoviel das Weſen / die Wuͤrck - und Er - haltung betrifft / allein hangen / die gehen zugleich auch mit der Materia unter. So wird auch der Thier Seel in H. Schrifft nicht gedacht / daß ſie ſolten / als wie des Menſchen Seel / unſterblich ſeyn; ſondern in derſelben vielmehr angedeutet /wann355Die LXXIII. Frag. wann ſie ſagt / daß des Thiers Seel / in ſeinem Blut ſeye / daß die Thier ſowol dem Leib / als der Seelen nach / aus der Erden herkommen ſeyen. Zu dem / weil Gott / und die Natur / nichts verge - bens thun: Die Seelen aber der Thier / nach dem Todte / nichts mehr nutz ſeyn koͤnnen / ſo iſt der Warheit aͤhnlich / daß ihre Seelen nicht mehr uͤb - rig ſeyn / und an einem gewiſſen Ort auffbehalten werden: ſondern / wie ſie von der Materi herkom - men / und in derſelben ihren Auffenthalt gehabt; alſo gehen ſie auch mit derſelben wider zu Grund.
DJe vornemſte Urſach dieſes iſt Gott / der / mit dem Stral / dieſen / und nicht einen andern / ohne ſcheinbare na - tuͤrliche Urſach / trifft. Daher der Stral / ob er wol aus natuͤrlichen Urſachen entſtehet / nicht durchaus natuͤrlich iſt / ſondern einig und allein / von Gott / der den Stral nach ſeinem Willen fuͤh - ret / hanget. Die andere / und natuͤrliche Urſach / daß der Stral mehrers die Menſchen / als die un - vernuͤnfftige Thier / beſchaͤdiget / iſt die Duͤnnig - keit des Menſchlichen Fleiſches / und der Haut. Dann dieſe geſchwinder dem Stral-Geiſt / als die dickere Haͤute der Thier / den Durchgang geben;Z ijund356Die LXXIII. Frag. und es dahero geſchihet / daß offt / in dem Men - ſchen / alle Gebeiner zermalmet werden / und doch der Haut nichts geſchihet. Ob aber wol die Thier ſeltener getroffen werden; gleichwol / wann es ein - mal geſchihet / ſo bleiben ſie ſtracks todt: Da her - gegen die Menſchen vom Stral getroffen biswei - len lebendig bleiben / des Menſchen Vortrefflich - keit damit anzuzeigen; wiewol ſie gantz von ihrem Verſtand kommen. Alſo erzehlet Iul. Cæſ. Scali - ger, exercit. 13. ſect. 1. de Subtilitate, von einem Kuͤhehirten / welchem der Stral ein gar kleines Loͤchlein durch ein Ohr gemacht hatte / der zwar le - bend geblieben / aber alſo unbeſinnt / und erſchro - cken / daß er hernach niemals mehr recht verſtaͤndig geweſen / oder wol hat reden koͤnnen. Es will gleich - wol Einer / wann man die vom Stral Getroffene ſtarck auff der Erden hin und wider waltze / daß ſie gleich wider zu athmen anfahen / und in gar kurtzer Zeit zu recht kommen: Die ſchwartze Farb / ſo ſie bekommen / weiche allein dem rohten Wein: Die Hitz / und die Wunden / werden durch ſuͤß Mandel - oͤl vertrieben / alſo / daß die Getroffene gantz ohne Maaſen geheilet werden / und der Schmertz / ſamt der Entzuͤndung / hinwegg gehe. Welcher geſtalt aber der Stral den Menſchen beſchaͤdige / ſeyn die Gelehrte nicht einer Meinung. Etliche wollen / daß ein Stein / ſo in den Wolcken entſtehe / mit dem Donner herabfahre / ſo alles / was ihme vorkom - me / zu Boden ſtoſſe. Andere aber ſagen / daß ſol -ches357Die LXXIII. Frag. ches nicht ſeyn koͤnne / dieweil / zu Herfuͤrbringung eines Steins / eine Zeit erfordert werde; der Stral aber gar geſchwind entſtehe / auch bey denen / ſo vom Stral verletzet werden / kein Stein anzutref - fen ſeye; Und thue alſo der Stral-Geiſt / durch ſeine vergiffte Eigenſchafft / verletzen; als wie man ſihet / daß ein Schießpulver / obwoln ſeiner nicht viel iſt / bisweilen gantze Gebaͤu / und die entgegen - kommende Menſchen / darniderwuͤrfft / das inner - ſte durchdringet / und beſchaͤdiget. Man hat gleich - wol zu Dresden / und in mehrern Kunſtkammern / dergleichen Stein / oder Donnerkeil / in Verwah - rung; gibt auch Keckermannus, Syſtem. Phyſ. lib. 6. c. 6. zu / daß / mit dem Stral / ein Stein herab - falle / aber gar ſelten; wie er daſelbſt / wie es damit zugehe / auch bisweilen Eiſen / und Stahel / damit her unterkommen / zu leſen iſt: auch erzehlen thut / wie des Jahrs 1607. den 7. Junii, Neuen Ca - lenders / zu Dantzig / an dem Ort / da das Schmer / Unſchlit / ꝛc. auffbehalten / und auffm Theerhof ge - nant wird / der Stral etliche Leute getoͤdtet / da doch ihren Kleidern gantz nichts geſchehen iſt: item von dem grauſamen Donner-Wetter zu Colberg in Pommern / An. 1595. auff S. Matthæi Tag / um 7. Uhr des Abends / ſo fuͤr Vorboten des zu - kuͤnfftigen groſſen Ungluͤcks / ſo dieſe Stadt her - nach betroffen / gehalten worden iſt.
Jch halte darfuͤr / dir nicht zuwider ſeyn werde /Z iijwann358Die LXXIII. Frag. wann ich zu deiner Frag noch etwas mehrers ſe - tze; als
1. Warum das Wetter ſonderlich in den Kir - chen-Thuͤrnen einſchlage? Deſſen man eine zwy - fache Urſach beybringet / weil dieſelbe / wegen ihrer Hoͤhe / dem Stral naͤher; und dann / weilen in den Freud - oder Kirchhoͤfen um die Kirchen / von de - nen daſelbſt begrabnen Coͤrpern / viel Duͤnſtetaͤg - lich uͤberſich ſteigen / ſo den Stral-Geiſt an ſich zie - hen / und denſelben leichtlich anzuͤnden; darzu auch kommet / daß der Stral nicht gerad unter ſich faͤhret / ſondern auff die Seiten ſich begibet / und alſo mit ſeiner Bewegung / zuvorderiſt das / was gar hoch iſt / anruͤhret.
2. War um bisweilen der Stral ein Weinfaß breche / und doch der Wein in einem / oder zweyen Tagen / nicht auslauffe? Dieweil der Stral / wann er gech zum Wein komt / denſelben etlicher maſſen aͤndert / und etwas von demſelben / ſo kleb - richt / und leimericht / heraustreibet / welches her - nach / wie ein Tuͤchlein / den Wein umgibet / daß er nicht auslauffen kan; nicht anders / als wie das klebrichte Floͤhkraut / oder Pſyllienkraut / wann mans in den Wein wirfft / denſelben alſo klebricht macht / daß er / wann er gleich in keinem Geſchirr were / nicht auslauffen koͤnte. Wie Einer erzeh - let.
3. Warum man ſich des Geleuts / und Geſchuͤ - tzes / unter dem Donnerwetter gebrauche? namlichdarum /359Die LXXIII. Frag. darum / damit durch ſolchen Schall / und Knall / die Wolcken / ſo albereit zum Donnerſchlag zu - ſammen ziehen / zertheilt / und verjagt werden / auff daß die Daͤmpff herauskommen moͤgen / und alſo hiedurch der Stral / und Donnerklapff / entweder gantz und gar verhuͤtet / oder doch nicht mit ſolcher groſſen Gefahr / und Knall / geſchehen; wiewol bey theils etwan mit den Glocken eine Abgoͤtterey mit unterlauffen mag.
4. Theils halten darfuͤr / daß der Lorbeerbaum vor dem Stral ſicher ſeye. Aber / daß man ſich darauff nicht zu verlaſſen habe / erſcheinet aus der 19. traurigen Hiſtoria / des Franciſci von Roſſet / nach der Teutſchen Ordnung / und Drucks. An - dere wollen / daß ein Meerkalb / und ein Adler / nicht leichtlich vom Stral getroffen werden. Ein gewiſſers Mittel ſolle ſeyn / wann man ſich an ei - nen Ort begibt / ſo tieffer / als fuͤnff Schuch unter der Erden iſt. Das ſicherſte / und beſte aber iſt / wahre Reue uͤber die begangene Suͤnd / und ein eiferiges Gebet.
5. Was ſonſten alhie weiters zu erinnern were / namlich / warum der Stral ein Schwerd ſchmel - tzen mache / ohne Verletzung der Scheiden? Den Fuß verletze / ohne Schaden des Schuhes? Daß die gifftige Thier / wann ſie getroffen werden / alles Gifft verlieren? Warum er die Thier inwendig verbrennet / auswendig aber ſie gantz bleiben / daß man nichts an ihnen vermercken kan? DasZ iiijKind360Die LXXIV. Frag. Kind in Mutterleib / ohne Schaden der Mutter / beſchaͤdiget? Die Haar an dem Menſchlichen Leib / auch die unter den Achſeln / verbrennet / und doch einig Merckzeichen eines Brands nicht hin - terlaͤſſet? Davon kanſtu des Joan. Magiri Phy - ſiol. Peripatet. im 4. Buch / cap. 4. p. 291. zu le - ſen.
MAn hat nicht allein Exempel / daß auß todten Coͤrpern Blut gefloſ - ſen; ſondern auch / daß wann einer um - gebracht worden / und man den Thaͤter nicht ge - wuſt / derſelbe aber zu dem Entleibten gebracht worden / dieſer Blut von ſich zu geben angefangen hat. Von dem Erſten hat man ein Beyſpiel / an dem Koͤnig Friederichen dem Erſten in Denne - marck / einem Hochloͤblichen Fuͤrſten / aus deſſen / ſo An. 1533. geſtorben / Leib das Blut / durch den Sarck / heraus gelauffen iſt / daß man Gefaͤß / das Blut darinnen auffzuſamlen / hat unterſtellen muͤſſen; ſo / ohne Zweiffel / die nicht lang hernach darauff erfolgte Truͤbſalen / in ſelbigen Landen / vorbedeutet hat; Wie Hans Regkmann / undHer -361Die LXXIV. Frag. Hermannus Bonnus / in ihren Luͤbeckiſchen Chro - nicken / bezeugen.
Von dem andern aber es die Erfahrung gibet / auch in des Franciſci von Roſſet 10. und 16. Hi - ſtori / des Teutſchen Drucks / Beyſpiel zu leſen. Und hat Otho Melander tom. 1. Joco-Ser. num. 518. & 19. etliche derſelben geſamlet / aus welchen zu erſehen / daß theils Entleibte / wann ſie / uͤber et - liche Zeit / aus gegraben worden / in Gegenwart der Thaͤter geblutet haben. Bey den Lucernern hat ein Soldat ſein Weib mit dem Kuͤſſen erſteckt / dar - auff ſie / in ſeiner Gegenwart / angefangen Blut zu ſchwitzen; wie Cruſius, in ſeiner Schwaͤbiſchen Chronick / part. 3. libr. 9. c. 12. bezeuget. D. Chri - ſtoph. Beſoldus, in Theſauro practico, lit. B. V. Baar-Recht / hat ein ſonderbares Exempel / ſo ſich zu Wertheim in Francken / und D. Joan. Ja - cob. Speidelius, in Notabil. Juridico-Hiſtorico-Po - liticis, lit. B. V. Baar-Recht / ein anders / ſo ſich in Hiſpanien / begeben.
Damit aber auff deine Frag geantwortet wer - de / ſo kan man ſolcher Blutflieſſung eines todten Coͤrpers / keine offenbare Urſach geben / ſondern man muß zu den verborgenen ſich wenden; deren Zwey ſich befinden; als Erſtlich / daß Gott damit den Todtſchlaͤger wolle offenbaren / und denſelben der Obrigkeit zu beſtraffen uͤbergeben: und dann die Andere / ein ſonderbarer Widerwillen des Ent - leibten / gegen dem Entleiber / deſſen AnruͤhrungZ vder362Die LXXIV. Frag. der Entleibte nicht leiden kan / ſondern ſich gleich - ſam darfuͤr entſetzet / und Blut von ſich gibet. Dann / wann einer verdaͤchtig wird / daß er den Todtſchlag begangen / ſo pflegt man denſelben / an etlichen Orten / entweder auff Begehren der Be - freundten / oder von der Obrigkeit ſelbſten / fuͤr das Baar-Recht zu ſtellen: Welches daher alſo ge - nant wird / weilen die verdaͤchtige Perſonen uͤber die Baar / darinn der Entleibte ligt / gefuͤhret / und darbey ihres Verdachts / und der Miſſethat ernſt - lich erinnert werden / ehe ſie den Coͤrper anruͤhren / oder den dreyfachen Eyd / nach Gewonheit eines Orts / mit Legung 2. Finger auff des Entleibten Mund / auff den Stich / und auff den Nabel / leiſten.
Aber hieraus iſt keine allgemeine Folgerey zu machen / und deswegen / wann keine andere Zeug - nuſſen da ſeyn / auff das bloſſe Blutflieſſen nicht zu gehen / weilen etwan ein todter Coͤrper / in Gegen - wart ſeiner naͤchſten / und liebſten Freunde / wegen ſonderbarer Zuneigung zu denſelben / Blut von ſich geben: Auch man Exempel hat / daß man ei - nen Thaͤter zu dem Entleibten gefuͤhrt / und faſt gleiches / wie obſtehet / mit ihme vorgenommen; der todte Coͤrper aber kein Blut von ſich gegeben; vielleicht darum / weilen der Todtſchlag ohngefaͤhr geſchehen / und das Blut keine Rach begehrt hat: Da hergegen in Sachſen geſchehen ſeyn ſolle / daß ein Herr einen / ſo ihme nicht Rechnung thun koͤn -nen /363Die LXXIV. Frag. nen / auffhencken laſſen / der / als einsmals der Herr / nach zweyen Jahren / voruͤber gereiſt / an - gefangen / durch den Mund / und Naſen / zu blu - ten / obwoln der Coͤrper halb auff dem Galgen al - bereit yerzehret war. Und deswegen / weil das Bluten nicht allwegen fuͤr eine gewiſſe Anzeig des Todtſchlags zu halten / auch etwan der boͤſe Feind / einen Unſchuldigen in Verdacht / und um das Le - ben zu bringen / ſein Werck dabey haben / oder / durch Zauberey / etwas mit unterlauffen kan / ver - ſtaͤndige Rechtsgelehrten nicht wollen / daß man / wegen bloſſer Blutvergieſſung / wann ſonſten keine andere Anzeigungen vorhanden / ſtracks zu der Folterung / oder ſtrengen Frag / ſchreiten ſolle. Ein gewiſſere Prob hat Ferdinandus Gonzaga, aus dem Fuͤrſtlichen Hauſe Mantua / angeſtelt / da ein Todtſchlag begangen worden / und man nicht gewuſt / weilen etliche dabey geweſen / wer es eigentlich gethan: Da er dann alle fuͤr ſich kom - men / und einen jeden ſeine Bruſt entbloͤſſen laſ - ſen; iſt darauff umhergegangen / hat einem jeden / mit der Hand / daran gegriffen / und zu einem / dem das Hertz / fuͤr Andern / zappelte / geſprochen / du haſts gethan: Der dann auch alſobald die That bekennet; weil ihme / das unruͤhige Gewiſſen / das Hertz unruͤhig gemacht hat. Sihe D. Ægid. Strau - chium, Phyſ. Special. Sect. 2. c. 7. de temperamento, & qualitat. occultis, Controverſ. 4. Gerhard. de - cad. 6. qu. polit. 9. VVolfg. Franzium, diſp. 11. exDeute -364Die LXXIV. Frag. Deuteronom. th. 22. & ſeqq. Petr. Mejerum de Fidejuſſ. materia, coroll. 2. obernante DD. Beſold. und Speidel. und die ſie daſelbſt anziehen / item be - ſagten D. Melandrum, Matthiam Stephani, uͤber den 33. Articul der Peinlichen Hals-Ge - richts-Ordnung Caroli V. und Bernhard Zieritz. in notis uͤber die gedachte P. H. G. O. c. 149. Da er vermeldet / daß es / an etlichen Orten / in Teutſch - land / der Gebrauch ſeye / daß der jenige / den man im Argwohn hat / ſeine Finger in die Wunden le - gen / und etliche Wort darzu ſprechen muͤſſe / und daß / hierdurch / etlich mal / die Thaͤter ſeyen offen - bahret / und weilen andere Anzeig - und Vermu - tungen / darzukommen / gerichtet worden. Er ſchreibt auch / wiewol ſolches Blutens / von den Weltweiſen / Aertzten / und Rechtsgelehrten / al - lerley Urſachen angedeutet werden / die Martinus Delrio, in commentar. erudito in Octaviam Sene - cæ, v. 127. erzehle / und lobe; Daß doch er darfuͤr halte / ſolches Bluten komme her / aus einer Anti - pathia, und groſſen Haß des Entleibten / gegen den Thaͤter / welcher ein heimliche verborgene Eigen - ſchafft dem Coͤrper eingedruckt / ſo bey demſelben hernach verbleibe. Sihe auch Henricum Bocerum, in tract. de quæſtionibus, & torturis reorum; und Iacob. Martini in diſp. generali de Cognitione ſui, probl. 8. da er von ſolcher Prob gantz nichts haͤlt.
DEr Jrrwiſch iſt ein Lufftge - fecht / in dem unterſten Lufft / aus einem feiſten / und klebrichten Dampff / ſo her - umſchwirmet / die Zuſeher / und Reiſende / betruͤ - get. Oder der Jrrwiſch iſt ein warhafftiges feuri - ges Meteorum, oder in der Lufft ſchwermendes Feuer / ſo bey den feuchten / und ſubtil ausduͤnſti - gen ſchwefelhafftigen Oertern / zur Zeit des Som - mers / und des Herbſts / erhaben wird. Linem l. in delic. Calend. Theils heiſſen es ein Nachtliecht; weiln ſolcher Dampff / oder dicker / und zaͤher Rauch / von der Nacht-Kaͤlte angezuͤndet wird; und ſich gern bey Pfuͤtzen / Gerichtsſtaͤtten / Gotts - Aeckern / und an denen Orten / da es viel Daͤmpff gibt / ſehen laſt. Lateiniſch aber wird es ein thorrecht Liecht genant / weil es / wie die thoͤrrichten Leute / un - beſtaͤndig iſt / ein weil den Reiſenden vor / ein weil nachgehet / ein weil ſich uͤber ſich ſchwingt / bald aber wider herunterlaͤſt / und alſo nie an keinem gewiſſen Ort verbleiben thut; ſondern wie der Lufft / alſo auch dieſes Liecht ſich beweget: den Leu - ten / ſo ihme folgen / vor: den fluͤchtigen aber nach - gehet; dieweil die Menſchen / ſo dieſem Nachtliechtnach -366Die LXXV. Frag. nachfolgen / den Lufft / und zugleich / mit demſelben / den Jrrwiſch forttreiben; Wann ſie aber fliehen / den Lufft an ſich ziehen / und zugleich mit demſelben auch den Jrrwiſch / oder Nachtliecht / daß es ſchei - net / es folge ihnen nach. Wer nun auff die Bewe - gung ſolches Liechts Achtung gibet / dieſelbe fuͤhret es gemeinlich in gefaͤhrliche Abweg. Deſſen man eine doppelte Urſach gibet; deren die eine iſt na - tuͤrlich / die ander uͤbernatuͤrlich. Dann / die Wan - dersleute / wann ſie ſolches Nachtliecht ſehen / ver - meinen / ſie ſehen ein Kertzenliecht in einem Staͤtt - lein / Dorff / oder Haus / angezuͤndet / deme ſie nach - gehen / und daruͤber vom rechten Weg kommen / uͤber gefaͤhrliche Hoͤhine / in die Gruben / Waſſer / Suͤmpff / und dergleichen / fallen / offtmals Bein brechen / ja gar ums Lebenkommen. Und fuͤhret ſie der Jrrwiſch ſonderlich gerne zu den Waſſern / als daſelbſt herum es viel Daͤmpff gibt / davon er ſeine Auff - und Unterhaltung hat. Die andere / oder uͤbernatuͤrliche Urſach iſt der Teuffel / der ſich offtmals / ohne Zweiffel / darzuſchlaͤgt / und / durch ſolches Lufft-Gefecht / oder Lufft-Zeichen / die Leute in aͤuſſerſte Lebens Gefahr ſtuͤrtzet. Deswegen am rahtſamſten / wann es auſſer Gefahr geſchehen kan / daß man nicht weiter reiſe / ſondern / wann man ſolches Liechts anſichtig wird / ſtill ſtehe. Bis - weilen geſchicht es / daß wann man ſolches Nacht - liecht erſihet / daß Theils davon ſterben; deſſen abermals eine doppelte Urſach gegeben werdenkan;367Die LXXV. Frag. kan; unter denen die erſte iſt / die alzugroſſe Forcht / und Entſetzung; dardurch alles Gebluͤt zum Her - tzen erfordert wird / und die natuͤrliche Waͤrme er - ſtecket; die andere aber / der gifftige Dampff / ſo ſich um den Jrrwiſch befindet / und demſelben Nah - rung gibet. Wann nun ſolcher an ſich gezogen / wird die Bruſt hart beweget / die Geiſter ge - ſchwaͤcht / das Hertz erſticket / und ſtirbet der Menſch dahin:
Wann du hievon ein mehrers zu wiſſen begeh - reſt / ſo liſe den Keckermannum Syſtem. Phyſ. lib. 6. c. 4. da er p. 660. & ſeqq. gar weitlaͤufftig hievon handelt.
HJerauff antwortet Ariſto - teles lib. 4. Ethic. ad Nicom. c. 15. mit Nein. Dann ſich ſchaͤmen / ſtehet den boͤ - ſen Leuten zu: ein frommer Mann aber begehet nichts boͤſes. Jungen Leuten ſtehet die Schamhaff - tigkeit wol an; aber die Alten / und Ehrliche Leute / ſollen alſo leben / daß ſie ſich ihres Thuns nicht ſchaͤmen doͤrffen. Bißweilen wird einem ehrlichen Mann / von ſeinen Naͤchſtverwandten / ein Unehr / und Schand angethan: Weilen aber ſolches nicht aus ſeinem eignen Verbrechen herkommet / deswe -gen368Die LXXVI. Frag. gen er Red / und Antwort zu geben haͤtte / auch dar - umen ihme entweder die Ehr / oder Spott / und Verweiſung / gebuͤrete: So hat er um das / was die Seinige thun / ſich nicht zu ſchaͤmen; ob es ih - me wol wehe thut / wann ſeine Naͤchſtverwandte ſich groͤblich vergreiffen. Wann aber je (wie dann ſuͤndigen / und irren / Menſchlich iſt) etwas einer ſelbſten begienge / dardurch er den Namen eines ehrlichen Manns / oder / wie man zu reden pflegt / Bidermanns / verlieren thaͤte / ſo iſt es rahtſamer / und beſſer; daß er ſich deſſen ſchaͤme / und Leyd dar - uͤber trage; als daß er ſolches unterlaſſen ſolte. Dann dergeſtalt wurde er eines unverſchamten Menſchen Namen auff ſich laden.
DJe Betruͤbnus machet / daß die Waͤrme ſich einwarts begibet / die Glieder ſchwaͤchet / ſie niderwirffet / und die Verrichtungen groͤſten Theils verhindert. Dann alles / ſo ſchaͤdlich / wann es verhalten wird / mehr bekuͤmmert / weiln der Seelen Vorhaben mehrers vermehret wird; wann aber ſolches ſich auslaſſet / ſo wird auch das Vorhaben etlicher maſſen getheilet / und dardurch der innere Schmertzgemin -369Die LXXVII. Frag. gemindert; und in deme / durch Ermunterung der Geiſter / das Hirn erwaͤrmet wird / ſo gehet die ge - machte Waͤrme durch die Augen herab / und we - gen dieſes / wann die Menſchen / ſo in Traurigkeit ſeyn / aͤuſſerlich dieſelbe offenbaren / ſo kan durchs weinen / oder ſeufftzen / ſolche gemildert werden. Wer aber ein truͤckneres Hirn hat / der weinet / wegen Mangel der Materi / nicht. Das Weinen iſt ein Werck / ſo den Betruͤbten / und Schmertzen - leidenden / eine Erquickung bringet / und alſo auch die Traurigkeit mindert. Es ſeyn die Menſchen von Natur theils traurig / theils froͤlich. Die trauriger Natur ſeyn / koͤnnen den Widerwertig - keiten weniger Widerſtand thun; ſeyn auch zu froͤlichen Sachen nicht geſchickt; hergegen das Widerſpiel ſich bey denen befindet / ſo froͤlicher Na - tur ſeyn. Welche wenig Waͤrme bey ſich haben / als die Alten / Krancken / und die von einer Kranck - heit auff ſtehen / ſeyn ſchwach / moͤgen den Wider - wertigkeiten einen geringen Widerſtand thun / und ſeyn daher auch gemeinlich traurig. Die Zornige ſeyn auch nicht froͤlich / dieweil der Zorn nicht ohne Traurigkeit iſt. Welche gar wol auff ſeyn / die ha - ben viel / und zwar ſuͤſſes Gebluͤt / bey ſich / und iſt ihnen alles entweder froͤlich / oder nehmen das Traurige nit alſo / wie andere / zu Hertzen; ſondern ſeyn gern bey Geſellſchafften / lieben das Geſang / Saͤiten - und Schauſpiel / auch andere dergleichen Kurtzweil.
A aWas370Die LXXVII. Frag.Was das Andere betrifft / ſo weichet / im Schre - cken / die Waͤrme / ſo auſſer dem Hertzen iſt / ein - warts / und daher erbleichen die Forchtſame / und zittern mit der Stimm / wann die Waͤrme die Glie - der verlaſſen / und erfolget auch das Zaͤhnklap - pern. Es iſt aber immer ein Menſch forchtſamer / als der ander / als man bey den Weibsperſon en / den Kindern / denen / ſo melancholiſcher / oder trau - riger Natur / ſeyn / und bey den Alten / erfaͤhret; auch bey denen / ſo / von Jugend auff / ſich zum ein - ſamen Leben gewehnet haben / welche die ſchwache Waͤrme (dann die Waͤrme die Kuͤnheit / die Kaͤl - te aber die Forcht / zeuget) verzagt / ſchreckhafft / und forchtſam / machet / daß ſie ſich / die Widerwer - keiten hertzhafftig abzuwenden / nicht erzeigen / und beweiſen koͤnnen.
HJerauff wird mit Unter - ſchied geantwortet. Fuͤr ſich / oder an ſich ſelbſten / kan einer ihme nicht feind ſeyn: Dann / von Natur / begehrt ein jeder nur des Guten; Er kan auch nichts Boͤſes / als unter dem Schein des Guten / begehren: ſintemal alles Boͤ - ſes / wider ſeinen Willen iſt. Und daher ſagt der Apoſtel / zun Epheſern am 5. v. 29. Niemand hab jemals ſein eigen Fleiſch gehaſſet. ZufaͤlligerDinge371Die LXXVIII. Frag. Dinge aber kan ſich einer ſelber haſſen / auff zwey - erley Weiſe: 1. Jn Anſehung des Guten / deſſen er begehrt; Zum Exempel / wann er etwas be - gehrt / ſo er fuͤr gut haͤlt / welches doch ſchlechtwegs boͤß iſt. 2. Zum Theil ſeiner ſelbſten / deme er Gu - tes zu erweiſen vermeint / das doch Gottes Geſaͤ - tzen / und der rechten Vernunfft / entgegen iſt. Und wann alſo ſolche Leut das Gottloſe lieb haben / ſo thun ſie nicht allein ihre Seel / ſondern auch ſich ſelbſt haſſen. Dann wer Gottloſigkeit lieb hat / der haſſet ſeine Seele.
EJne Lugen iſt / wann wider des Gemuͤts Sinn / und Meinung / et - was / entweder zur Unehre Gottes / oder zu Schaden des Naͤchſten / mit Worten vorge - bracht wird. Und gehoͤrt deswegen hieher aller Be - trug; und die Heucheley in Religions-Sachen / dardurch die Kirch betrogen wird: item / wann man das Verſprochene / ohne Urſach / nicht halten thut: Hergegen die Warheit eine Tugend iſt / wel - che eine Gleichheit haͤlt zwiſchen deme / was man ſagt / und thut; alſo / daß die Wort / und die Tha - ten / miteinander uͤbereinſtimmen.
Theils beſchreiben die Lugen alſo: 1. Wann man die Unwarheit redet. 2. Aus doppeltem Her - tzen / das iſt / wann einer in ſeinem Gewiſſen uͤber -A a ijzeugt372Die LXXIX. Frag. zeugt iſt / daß es falſch ſeye / und er jedoch ſolches fuͤr waar ausgibet. Dahin zu ziehen / was im 12. Pſalm / v. 3. ſtehet: Einer redet mit dem andern unnuͤtze Ding / und heucheln / und lehren aus un - einigem Hertzen. Und 3. wann es geſchihet / in Willen / oder mit dem Vorſatz / zu betriegen. Es iſt auch eine Lugen / wanngleich kein Will zu Scha - den da iſt; namlich / wann etwas aus leichtfer - tigem / oder eitelem Gemuͤt / vorgebracht wird / ſo keine ſcheinbarliche / oder glaubwuͤrdige / und ehr - liche / Urſach hat. Dergleichen Lugen der Schmeichler / Großſprecher / und ihres gleichen / Leute ſeyn. Sihe oben die 18. Frag / und ob einer / der zu einem andern ſagt / deiner Ehren ohne Schaden / das iſt nicht waar / ſondern erlogen / zu entſchuldigen ſeye? D. Beſoldum in Theſ. practico, v. Lugin. Kubach cent. 2. decur. 9. qu. 1. & 2. da dieſer alſo ſchreibet: Si quis dicit, tu mentiris, ſal - vo tuo honore, non ſtatim habeo contra eum actio - nem injuriarum, niſi manifeſtè de Calumnia con - ſtet. Ergò proteſtatio hîc prodeſt, quæ licet abeſſet, adhuc tamen non dabitur actio injuriarum. Der auch daſelbſt / in der 2. Frag / Wann mich einer einen Dieb / Schelmen / Lugner / nennet / ob ich / zu meiner Vertheidigung / mit Recht ſagen koͤnne / du liegeſt / du biſt ein Dieb? den Fachineum, der ſol - ches bejahe; item Gail. lib. 2. obſ. 101. n. 4. anzie - het: aber dabey erinnert / daß Andere darwider ſeyen / und daß einer die ihme angethane Schmach /mit373Die LXXX. Frag. mit einer andern / nicht zuruck geben koͤnne / wann er / bey ſeiner Obrigkeit / wegen der ihme zugefuͤg - ten Unehr / ſich beklagen moͤge.
WAs das Erſte anbelangt / ſo machen Theils einen Dreyfachen A - del / einen anfahenden / wachſenden / und vollkommenen / und wollen / daß allein der Alte / der vollkommene ſeye. Jn dieſem kommen die mei - ſte uͤberein / daß der Alte hoͤher / als der Neue / zu achten. Warum aber ſolches nicht auch bey denen nicht geadelten Geſchlechten / die etwan wol ſo alt / als die geadelte / ſeyn moͤgen / geſchfhe / koͤnte ge - fragt werden? Einer antwortet / daß die Tugend ſeye des Adels Vatter: je aͤlter nun die Tugend / je aͤlter auch der Adel: Nun lebten die Edelleut ein tugendſames Leben / ſo allein die Leute unſterb - lich macht / nach dem gemeinen Spruͤchwort: Dignum laude virum Muſa vetat mori: Herge - gen viel der Un-Edlen alſo leben / daß man nicht weiſt / daß ſie einmal gelebt haben / indem ſie nicht nach Tugenden ſtreben / und dardurch ſich un -A a iijſterblich374Die LXXX. Frag. ſterblich machen. Daher / vor Zeiten / die Adeliche Heyden ihr Geſchlecht entweder von den Goͤttern / oder von den Menſchen / ſo unter die Goͤtter geſetzt worden / hergefuͤhret haben.
Den Andern Frag-Puncten betreffende / wei - len die vom Adel gemeinlich / vor Andern / zu Eh - ren / Wuͤrden / und Obrigkeits-Aemtern / gezogen werden; und aber denſelben nicht gebuͤrend vor - ſtehen koͤnnen / wann ſie nicht zuvor in guten Tu - genden / Sitten / und Wiſſenſchafften / ſeyn unter - wieſen worden; So erſcheinet hieraus klaͤrlich / daß die Adelichen Kinder / einer fleiſſigen Erzieh - und Unterweiſung / als gemeiner Leute Kinder / vonnoͤhten haben. Und dieweil / von Adelichen El - tern / gemeinlich auch Adeliche Kinder herkom - mer / ſo iſt inſonderheit derſelben gute angeborne Natur in Acht zu nehmen / daß ſie noch herrlicher / und fuͤrtrefflicher werde; welches dann / durch gu - te Zucht / und Erlernung guter Kuͤnſten / und Sprachen / zuwegengebracht werden kan. Dann wie ein guter Erdboden / wann er nicht gepflantzt / und gebauet iſt / unfruchtbar wird; alſo bringet auch der Boden des angebornen Art / ohne einem verſtaͤndigen Erbauer / das iſt / einem Lehrmeiſter; und einem guten Samen / oder Unterweiſungs - Reglen / keine Frucht. Und wie ein Acker / je beſſer er von Natur geweſen / je aͤrger / wann er nicht ge - bauet / wird: alſo werden auch die Juͤnglinge / die / vor Andern / mit einem guten Verſtand bega -bet375Die LXXXI. Frag. bet ſeyn / wann man ſie verabſaumet / oder nicht recht erziehet / vor andern / boͤs / verwegen / und Stiffter alles Ungluͤcks. Und haben ſie dahero einer mehrern Auff ſicht / und fleiſſiger Erziehung / vonnoͤhten.
DJeſes Wort wird nicht nur eine ſolche Lehr / die von Bewegung des Himmels; ſondern auch fuͤr die Kunſt genommen / ſo aus der unterſchiedlichen Bewe - gung / und Lager des Geſtirns / kuͤnfftige Sachen vorſaget. Und wird alſo getheilet in die jenige / ſo inſonderheit die Aſtronomia, und in die / ſo die Aſtrologia genant wird / und mit denen Vorſa - gungen / wegen des Gewitters / der Geſundheit / und anderer zufaͤlligen Dinge / umgehet. Da her - gegen die Aſtronomia nichts anders iſt / als eine Wiſſenſchafft der Bewegung der Himmliſchen Coͤrper; Davon dann in den Schulen gelehret wird. Dann dieſe Edle Kunſt allen andern Wiſ - ſenſchafften gleichſam dienet; und vornemlich der / von der Heiligen Schrifft: Dieweil aus in Acht - nehmung der Himmliſchen Craiſe / und der Be - wegungen / ſo ſtets auff einerley Weiſe / verbleiben /A a iiijerler -376Die LXXXI. Frag. erlernet / und erkant werden kan / die Macht / Groͤſ - ſe / und Fuͤrtrefflichkeit des Schoͤpffers derſelben. S. Paulus zun Roͤmern / am 1. v. 20. ſpricht: Dann daß man weiß / was Gott ſey / iſt ihnen of - fenbar. Dann Gott hat es ihnen offenbaret / da - mit daß Gottes unſichtbares Weſen / das iſt / ſeine ewige Krafft / und Gottheit / wird erſehen / ſo man das warnimt an den Wercken / namlich an der Schoͤpffung der Welt. Ob nun wol mit ſolchem Spruch S. Paulus alle Ding von Gott erſchaf - fen verſtehet / ſo ſcheinet es jedoch / daß er inſonder - heit die Himmliſche Coͤrper verſtanden habe. Sin - temal / mit ihrer herrlichen Schoͤnheit / Groͤſſe / und Menge / auch ihren unterſchiedlichen / und verwunderbarlichen; jedoch immerwaͤhrenden / und beſtaͤndigen Bewegungen / ſie uͤber die maſſen des Allmaͤchtigen Gottes Guͤte / Weisheit / und Vorſichtigkeit erweiſen / und ruͤhmen / und uns zur Erkantnus / Liebe / und Verwunderung / inſonder - heit fuͤhren. Darum ſagt der Koͤnigliche Prophet David / im 19. Pſalm / Die Himmel erzehlen die Ehre GOttes / und die Feſte verkuͤndiget ſeiner Haͤnde Werck. Und im 8. Pſalm / v. 4. Jch werde ſehen die Himmel deiner Finger Werck / den Mon - den / und die Sterne / die du bereiteſt. Es dienet fer - ners dieſe Wiſſenſchafft auch zur Naturkuͤndi - gung / zur Artzney / der Welt-Beſchreibung / rech - ter Erlernung der Hiſtorien / Verſtaͤndnus der Poeten / und deren Buͤcher / ſo von Acker - undBauers -377Die LXXXI. Frag. Bauers-Sachen vorhanden; und anderer mehr / darinn immerzu der Zeiten / der Jahr / Monat / Tag / Stunden / der Feſte / Finſternuſſen / des Auff - und Nidergangs der Sternen / der Himm - liſchen Zeichen / und anderer Zierden / Meldung geſchihet. Sihe von der Fuͤrtrefflichkeit / Lieblich - keit / und vielfaltiger Nutzbarkeit der Aſtronomiæ, des Doctoris Chriſtophori Meureri Erſte Red zu Leipzig gehalten / und daſelbſt im Jahr 1596. in 4. gedruckt.
Was / fuͤrs Ander / die Erfinder ſolcher Ed - len Kunſt anbelangt / ſo iſt kein Zweiffel / daß zu - vorderiſt GOtt ſelbſten der Erfinder derſelben ſeye; und dann des Menſchlichen Geſchlechts Vor-Eltern / und Fortpflantzer / namlich der A - dam / Noe / Abraham / und Andere ihres glei - chen; welche / wie ſie alle Wiſſenſchafften auff die Nachkommende gebracht / alſo haben ſie ſich auch inſonderheit des Himmels Lauff / den zu erlernen / gelegt. Dann / wie der Juͤdiſche Geſchicht-Schrei - ber Ioſephus lib. 1. rerum Iudaicarum berichtet / c. 4. weil Adam den Seinigen den Untergang der Dinge / und Menſchen / vorgeſagt / und daß der eine durchs Feuer / der ander durch Krafft des Waſſers / geſchehen werde; haͤtten ſie 2. Seulen / eine von Ziegel / die andere von Stein / auffgericht / in welche ſie die von ihnen erfundene Wiſſenſchaff - ten geſchrieben / damit ſie nicht untergiengen. Und / im 16. Capitel / daß Abraham / als ein gerechter /A a vgroſſer /378Die LXXXI. Frag. groſſer / und in Himmliſchen Sachen wolerfahr - ner / und gelehrter Mann / am erſten die Egyptier die Rechenkunſt / und des Himmelslauffs / geleh - ret habe. Wer aber folgends dieſe fuͤrtreffliche Wiſſenſchafft fortgepflantzt / und ſie vermehret habe; davon iſt jederzeit Streit geweſen / indem etliche ſolches den Egyptiern / Andere den Aſſy - riern / Theils den Babyloniern / Theils den Ae - thiopiern / zuſchreiben. Etliche wollen / der Atlas, Koͤnig in Mauritania / ſeye der Erſte Erfinder geweſen: Daher das Gedicht entſtanden / daß er den Himmel auff Schultern trage. Sihe von ih - me den Diodorum Siculum, und B. Auguſtinum, de Civitate Dei. Es mag aber deme ſeyn / wie da wolle / ſo iſt doch gewiß / daß dieſe Wiſſenſchafft die aller aͤltiſte ſeye / weilen ſie nit allein vor der Suͤnd - flut / ſondern auch um den Anfang der Welt / ge - weſen; alſo daß ſie mit andern Kuͤnſten / und Wiſſenſchafften / billich / und mit gutem Recht / um das Altum ſtreiten kan. Folgender Zeit haben dieſe Kunſt mehrers erklaͤrt / und bekant gemacht / Claudius Ptolomæus, ein Egyptier / Theon Alexæn - drinus, Proclus Diodochus, Ioannes de Sacro Boſco, ein Engellaͤnder / Lucas Gauricus, Eraſmus Oſual - dus Schreckenfuchſius, Eraſmus Reinholdus, Ge - orgius Purbachius, Johannes Regiomontanus, Ja - cobus Faber Stapulenſis, Franciſcus Capuanus, Pe - trus de Aliaco, Elias Vinetus, Theodorus Gram - minæus, Chriſtophorus Clavius, Mich. Mæſtlinus,Alex -379Die LXXXI. Frag. Alexander Picolomineus, Ioh. Pæna, Ioan. Stöph - lerus, Gerhardus Cremonenſis, Petrus Nonius, Ni - colaus Copernicus, Tycho Brahe, I. Stadius, Io. Schonerus, Appianus, Gemma Friſius, Vadianus, Dryander, G. Io. Rhæticus, S. Stevinus, G. Merca - trr, Ab. Ortelius, I. Keplerus, und Andere mehr. Sihe des oberwehnten D. Chriſtoph. Meureri An - dere Red / die er von der Stern-Kunſt gehalten; item D. Thom. Lanſii Orat. pro Germania, p. 54. und von den uͤbrigen Mathematiſchen Wiſſen - ſchafften / als der Arithmetica, Geometria, Geo - dæſia, Muſica, Geographia, Mechanica, Optica, Architectonica, auch beym Meurero, um das Ende; item / des Ioh. Henr. Alſtedii Elementale Mathematicum; und des Ambroſ. Rhodii Ma - thematicarum Diſciplinarum Encyclopædiam; da er auch probl. 10. die Frag eroͤrtert / ob der Him - mel / oder die Erde / bewegt werde?
ES iſt jederzeit ein groſſer Streit zwiſchen den GOttes gelehrten / und der Sternkunſt-Erfahrnen / wegen der Vorſagungen aus dem Geſtirn / geweſen / und haben Theils den Sachen zuviel / Theils aber zu wenig gethan; indeme ſie gar zu viel auff ſolche Verkuͤndigungen / als ob ſie nicht fehlen koͤnten;herge -380Die LXXXII. Frag. hergegen Andere dieſelbe nur fuͤr Fablen / und Maͤhrlein gehalten / und mehr auff des Sternſe - hers Perſon / und Leben / als auff die Kunſt ſelber / geſehen.
Der mitlere Weg iſt / wie in anderem / alſo auch alhie / der ſicherſte: und daher zu glauben / daß die recht Stern-Gelehrte / der Fix - und Jrrſtern Auffgang / Nidergang / Finſternuſſen / und an - ders mehr / ſo zu des Himmelsſtande gehoͤrig / ge - wiß / und lang vorhero / wiſſen koͤnnen. Dann weil dieſes alles allein an den Bewegungen der Himm - liſchen Kugeln hanget / ſo ſie nun ſoviel hundert Jahr / in richtiger / und gleicher Ordnung allezeit gehalten zu haben / die Erfahrung uͤberfluͤſſig er - wieſen; Was ſolte dann verhindern / daß die Stern-Gelehrte nicht hievon auch dieſer Zeit ein gewiſſe Wiſſenſchafft ſolten haben koͤnnen?
Was aber / fuͤrs 2. die Kranckheiten / die Kaͤl - te / Hitze / das Gewitter / Regen / Duͤrre / Unfrucht - barkeit / Erdbidem / und dergleichen natuͤrliche Wuͤrckungen / ſo unter dem Mon / von der Himm - liſchen Coͤrper Abfluß / groͤſten Theils geſchehen / betrifft / koͤnnen die Stern-Gelehrten zwar etwas ſcheinbar - und der Warheit ehnliches / aber nichts gewiſſes / davon vermelden. Dann / weil ſie des Geſtirns / ſo / zu gewiſſer Zeit eines Jahrs / die Herrſchung / Kraͤfften gar wol erkant / und erfah - ren haben / ſo koͤnnen ſie / aus fleiſſiger Beobach - tung / was ſich etwan zutragen moͤchte / mutmaſ -ſen:381Die LXXXII. Frag. ſen: Aber / daß ſie etwas gewiſſes daraus ſchlieſ - ſen koͤnnen / das folget nicht; dieweil es garſchwer iſt / aller Stern / von welchen dergleichen Begeb - nuſſen hintertrieben werden koͤnnen / Gewalt / und Zuſammenfuͤgung haarklein zu wiſſen; Sie / die Sterngelehrte / auch viel noch nicht erkundiget ha - ben; uͤber das / zu ſolcher Wiſſenſchafft / nicht nur die Betrachtung des Himmels / ſondern auch der untern Welt Natur / unterſchiedliches der Erden Lager / und eines jeden Landes Eigenſchafft / und anders mehr / zu wiſſen erfordert werden: und da - her man aus der Erfahrung hat / daß ſie offt ir - ren / und die Sachen viel anders / als ſie vorgeſagt / ſich zugetragen haben; und deswegen das Aſtro - logiſche Urtheil / von den Natuͤrlichen Wuͤrckun - gen / nicht gewiß / und unfehlbar ſeyn kan; Wie dann auch M. Albertus Linemann / in ſeinem Prognoſtico auffs Jahr 1638. die Frag eroͤrtert / Woher es komme / daß die Calender-Schreiber / in der Gewitter-Stellung / bisweilen irren. Wei - ter / die Handlungen / ſo an dem Menſchlichen Willen hangen; desgleichen die zufaͤllige Fort - gaͤng der Dinge / oder unverſehene Begebenheiten / wer gewinnen / oder verſpilen werde / ꝛc. betreffende / koͤnnen die Stern-Gelehrte dieſelbe nicht vorher ſehen. Dann was die Verrichtungen des freyen Willens anbelangt / ſo iſt davon zu wiſſen / daß wie die Himmliſche Coͤrper / als materialia, in den Verſtand / und Willen / als immaterialia, fuͤrſich /382Die LXXXII. Frag. ſich / oder mit einer nohtwendigen Bewegung / nicht einflieſſen (dann ſonſten unſer Thun nicht frey we - re; es were keine Gerechtigkeit; Gott wurde einer Ungerechtigkeit beſchuldiget / indem er etliche mit Guͤtern uͤberhaͤuffte / Andere aber mit Creutz be - legte: auch Gottes Regierung / und Vorſehung / dardurch auffgehebt: und alles nachſinnen / vor - nehmen / Berahtſchlagung / der Glaub / und un - ſers Heylands Zukunfft / ſamt allem Verdienſt / umſonſt): Alſo vermoͤgen auch die Sternſeher / aus Anſehung der Himmliſchen Coͤrper / derglei - chen Verrichtungen / und derſelben Fortgang / nicht vorher ſehen. Wie dann keiner / aus allen Ca - lender-Schreibern / ſoviel man weiſt / den Daͤnen vorher geſagt / daß Sie / die Schweden / im Win - ter / dieſes 58. Jahrs / uͤber das Eiß ziehende / heim - ſuchen / und ſchier bis an die Stadt Coppenhagen kom̃en / auch ſolche / und die fuͤrtreffliche Veſtung Cronenburg / gar belaͤgern wuͤrden.
Und iſt es eine vorſetzliche Thorheit / an etlichen Sternſehern / wann ſie wollen den Menſchen / kuͤnfftige Sachen / fuͤr gewiß verkuͤndigen / daß ſie namlich nohtwendig / und auff eine gewiſſe Zeit / ſich begeben werden; welches doch zu wiſſen gantz unmuͤglich iſt / es werden dann naͤchſtgelegne Ur - ſachen / zu dem verkuͤndzgten Ding / beygebracht; welches aber die Sterne / ſo gar weit davon / nicht thun koͤnnen. Bleibt deswegen dabey / daß die Stern-Gelehrte allein Vermutungs-Weiſe et -was383Die LXXXII. Frag. was vorher verkuͤvdigen / und das alles / was vor - geſagt wird / entweder geſchehen / oder nicht geſche - hen moͤge. Das Geſtirn hat ſeine Zuneigung / bringt aber keine Nohtwendigkeit mit ſich. So kan man auch nichts gewiſſes von des Menſchen Todt / aus dem Geſtirn / wiſſen. Wann aber die Sternſeher ſo weit fuͤrwitzig gehen wollen / kan man mit dem D. Jacobo Martini, cent. 5. quæſt. illuſtr. Philoſoph. diſp. 7. qu. 6. aus dem Cæſſiodoro in Pſal. ſagen: Die ſeyn blind / und zu ſcheuen / wel - che vermeinen vorzuſehen / was der Schoͤpffer uns nutzlich zu verbergen beſchloſſen hat. Ein mehrers hievon ſchreibet er / D Jac. Mart. d. cent. 5. diſp. 5. quæſt. 4. item Thom. Sagittarius exercit. Eth. exot. 4. th. 9. 10. und Barthol. Keckerman, in Sy - ſtem. Phyſico, lib. 2. c. 4. & lib. 6. cap. 4. p. 750. & 755. ſeq. Da er von Cometen handelt / ſo billich die Calender-Schreiber / einstheils / ſo / unbedacht - ſam / bisweilen etwas vor gewiß ausgeben / leſen ſolten. Und ſagt er / p. 751. unter anderm / alſo: Conſideratiores Aſtrologi optant aliquem divinitus excitari, qui hanc diſciplinam reformet, & veris principiis naturalibus conformet; quod dum neme adhuc facit, utuntur hodiè Aſtrologi omnes fictis illis, & falſis Ægyptiorum, Chaldæorum, & A - rabum principiis, ſive Regulis; quod quomodo de - fendere poſſint, ipſi videant, &c. Und antwortet er auch d. lib. 2. c. 4. p. 118. auff die Frag / warum die Aſtrologiſche Vorſagungen / inſonderheit auffdie384Die LXXXIII. Frag. die Stunde der Geburt eines Menſchen zu rich - ten? wiewol es gewiſſer were / wann man den Au - genblick der Empfaͤngnus wiſſen koͤnte.
SJe wollen / daß man / ſoviel moͤglich / auff die Gleichheit des Alters / des Standes / und anderer Sachen mehr / ſehen ſolle; und bringen des vortrefflichen Juriſten Andreæ Gaill Vers auff die Bahn / ſo alſo lauten:
Si qua virgo mihi contingat nubilis, eſtonon mendica nimis, non opulenta nimis.Par opibus, generiꝙ́ meo, par relligioni,Non ea pulchra nimis, non cafœda nimis,Sed medios habeat laudati corporis artus,Non ea longa nimis, non ea parva nimis;Conjugis ut ſervet nullis irriſa decorem,Non ea craſſa nimis, non ea macra nimis.Veſtibus incedat mundis, at ſemper honeſtè,Non ea compta nimis, non ea ſpreta nimis.Expectet patiens, & ſeri debita lecti,Non laſciva nimis, non pudibunda nimis:
Daß namlich ſein kuͤnfftige Ehe-Gemahlin nicht zu arm / auch nicht zu reich / ſeinem Vermoͤ - gen / Geſchlecht / und Religion / gleich / nicht gar zuſchoͤn /385Die LXXXIII. Frag. ſchoͤn / auch nicht zu haͤßlich / nicht zu lang / und groß / auch nicht zu kurtz / und klein; nicht zu dick / auch nicht zu mager ſey / in ſaubern Kleidern / aber allezeit ehrlich / nicht zu viel auffgebutzt / auch nicht zu veraͤchtlich / &c. auff ziehen ſolle. Von den gar - zuſchoͤnen pfleget man zu ſagen / daß ſie ſelten gar keuſch ſeyen; und were die ſchoͤn genug / ſo ein ſchoͤ - nes Gemuͤt haͤtte: Gleichwol aber will man auch nicht / daß man eine gar haͤßliche nehmen ſolle / weil der Eheſtand offtmals lang waͤhret / die Geſtalt aber abnimmet / und die Haͤßlichkeit mit dem Al - ter zunimmet; die Natur auch ab haͤßlichen Din - gen ein Abſcheuen hat; und ein ungeſtaltes An - geſicht / bisweilen / eine Anzeigung boͤſer Sitten iſt / und ſelten ein ſchoͤne Seel / in einem haͤßlichen Leib / wohnet. Und ſchlieſſen ſie daher / daß einer nicht eine gar zu haͤßliche / auch nicht gar zu ſchoͤne; ſondern eine / mittelmaͤſſiger Geſtalt / heuraten ſol - le; damit bey ihme nicht wahr werde / wie man im Spruͤchwort zu ſagen pflege / welcher ein weiſſes Pferd / und ein ſchoͤnes Weib / habe / derſelbe ſelten ohne Schmertzen ſeye; und ein Anderer / ſo geſagt / daß ein ſchoͤnes Weib ein ſuͤſſes Gifft ſeye / nicht gelogen habe. Dann aus der Schoͤnheitentſtehen die Verſuchungen / aus den Verſuch - und Anrei - tzungen / Unehr / und Schmach.
Ferners / ſo pflegen arme Weiber gemeinlich den Mangel; die reiche aber den Untergang / mit ſich in des Manns Haus zu bringen. Daher / ſolleB banders386Die LXXXIII. Frag. anders es ein friedliche Ehe abgeben / abermals die Gleichheit das beſte Mittel iſt. Dann wenig gefunden werden / die / aus Barmhertzigkeit / arme Weiber nehmen / ſondern haben faſt alle offne Au - gen / was man mit ſich ins Haus bringt / und wol - len das Fleiſch mit dem Gewuͤrtz haben / und ſa - gen: Bring mit dir / wann du wilt leben mit mir: Hergegen die reiche Weiber auch ſtaͤtigs ihren Maͤnnern / was ſie daher gebracht / vorzuwerffen pflegen; wannſchon ſolches nicht alle thun / es doch gemeinlich zu geſchehen pfleget: und deswegen es das bequemſte iſt / wann man abermals den mit - lern Weg gehet / und eine nimmet / ſo ehrlich / und mit Tugenden begabt / wann ſie ſchon nicht ſonder - lich beguͤtert iſt.
Des gleichen auch von den andern obangereg - ten Umſtaͤnden zu urtheilen; wann man namlich am Stande / und Alter nicht gleich iſt; da dann ſchlechter Gehorſam / wie es ſeyn ſolte / und Ehrer - bietung / anders zu geſchweigen / erfolget; und die langgewohnte Sitten ſchwerlich mehr zu aͤndern ſeyn; Daraus dann allerley Unruhe / und Unge - legenheiten / hernach zu entſtehen pflegen. O wie ſtehet es hergegen ſchoͤn / wann Mann / und Weib / ſich / ſo lang der Eheſtand waͤhret / wol miteinander begehen; auch die Liebe nach dem Todte waͤhret; wiewol Theils Maͤnner ihrer Eheweiber Abſter - ben nur zu hart auff genommen haben; wie aus den Beyſpielen des Orphei, Periandri Corinthii,Mar -387Die LXXXIII. Frag. Marci Plautii, Antonini Pii, Claudii Cæſaris, und des Koͤnigs Darii Hyſtapis, erſcheinet. Sihe Joh. Biſſelium decad. 2. illuſtrium ab Orbe condi - to Ruinarum, ruinâ 7. p. 258. & ſeqq. auch unten die letzte Frag; und von Etlicher wunderlichen Brauch / ſo ſie in Erwehlung der Weiber ge - braucht / Franzium diſp. 9. ex Deuteron. th. 127. Jtem / von der Frag / Ob ein Gelehrter ſich verheu - raten moͤge? Ulricum Weißland quæſt. miſcell. 11. da er mit Ja antwortet: Wiewol eine junge Doctors-Wittib keinen Doctor mehr nehmen wolte; wie in der Reis-Beſchreibung durch Heu - teliam, p. 152. ſtehet: Ob es eine Ehe zu nennen / wann der Beyſchlaff nicht erfolgt? Jtem / Ob ein Braͤutigam / wann er merckt / daß ſeine Braut / in ihren Bruͤſten / Milch habe / deswegen / als ob ſie keine Jungfrau mehr were / ſie verlaſſen koͤnne? antwortet Quir. Kubach cent. 1. quæſt. jurid. polit. decur. 10. qu. 7. und cent. 3. decur. 2. qu. 7. beeder - ſeits mit Nein; weilen / bey dem letzten / wiſſend / daß auch ehrliche Jungfrauen / item ſchwangere Weiber / und bisweilen auch gar die Maͤn - ner / in den Bruͤſten / Milch ha - ben moͤgen / und auch haben.
JNs gemein wird Einer / der gutes Geſchlechts / auch ſeiner Ge - ſchicklichkeit halber beruͤhmt iſt / und wiſſentlich / und mit Willen / eine Hur heuratet / fuͤr barmhertzig gehalten / und ein barmhertziger Menſch genant. Und ſagt auch das Geiſtliche Recht lib. 4. Decretal. Epiſtolar. Gregorii, tit. 1. de Sponſalibus, & Matrimoniis, cap. 20. Wir ord - nen / daß allen / welche offentliche Weiber / aus dem Hurenhaus / ziehen / und zu Weiber nehmen / ſol - ches / ſo ſie thun / zu Vergebung der Suͤnden ge - deyen ſolle. Und cauſa 32. quæſt. 1. c. Non eſt cul - pandus. 14. ſtehet alſo: Non eſt culpandus Oſec Propheta (interim, ut ſequatur hiſtoriam) ſi me - retricem, quam duxit, ad pudicitiam converte - rit, ſed potius laudandus, quod, ex mala, bonam fecerit, &c. daß es namlich nicht Suͤnd ſeye / wann einer eine Huren zum Eheweib nimt / ſondern zu loben / wann ſie hiedurch zur Keuſchheit gebracht / und / aus einem boͤſen / ein frommes Weib gemacht werde. Unterdeſſen aber iſt es eine unzeitige / und gar gefaͤhrliche Erbarmung / ſo den Schaden / undſtaͤtigen389Die LXXXIV. Frag. ſtaͤtigen Nachklang / mit ſich ziehet. Dann die Schand wird nicht abgethan / wannſchon das Verbrechen hernach unterlaſſen: viel weniger wird ſie auffhoͤren / wann ſolches etwan auch im Eheſtand getrieben wird. Non ſolùm ea, quæfacit, ve ùm ea quoque, quæfecit, & ſi facere deſiit, le - ge notatur. Neque enim aboletur turpitudo, quæ poſtea intermiſſa eſt; ſaget Vlpianus in l. 43. §. 4. ff. de ritu nuptiarum. Sihe Sagittarium exercit. Eth. exot. 13. th. 2. p. 322. ſeq.
Was den Andern Puncten deiner Frag anbe - langt / ſo ſeyn Etliche der Meinung / daß der jeni - ge / ſo eine Hur mit Gewalt beſchlaͤfft / und aus dem Hurenhaus raubet / gar nicht zu ſtraffen ſeye. An - dere aber ſagen ja: und die Dritten / obwol ein ſol - cher nicht mit der Ordinari-Straff ex l. un. C. de raptu Virginum. zu belegen / daß es jedoch der Bil - lichkeit gemaͤß ſeye / daß ein ſolcher / nach Wilkur / oder Belieben des Richters / auſſer der Ordnung / abgeſtrafft werde / in Anſehung des angethanen Gewalts / und dieweil eine Hur / wider ihren Wil - len / bey einem zu ſchlaffen nicht koͤnne gezwungen werden. Sihe Bonaventur am Gauerum de publi - cis Delictis, & eorundem Pœnis, concluſ. 26.
DJeweil das vornemſte Amt der Maͤſſigkeit darinn beſtehet / eine Maß vorzuſchreiben / wieviel man Speiſe zu ſich nehmen ſolle / ſolche Maß aber / nach Geſtalt eines jeden Kraͤfften / gemacht wird; wer ſolte ſo boͤſe Augen haben / daß er nicht ſehen koͤnte / daß nicht ſoviel einem Zwerglein / als einem Rie - ſen / zuzulaſſen ſeye. Dann ein Menſch hat einen groͤſſern Hunger / und Durſt / als ein anderer / und bedarff daher einer mehrern Nahrung / hat auch groͤſſere Krafft / die Speis / und Tranck / zu ver - dauen / als ein Anderer. Warum wolte dann ei - nem Menſchen / vor einem andern / nicht ein meh - rers zu eſſen / und zu trincken / erlaubet ſeyn? Als der Milo von Croton ein Kalb (Theils ſagen von einem Ochſen) auff geeſſen / und etlich Maß Wein darzu aus getruncken / hat er allererſt ſeinen natuͤr - lichen Hunger / und Durſt / geſtilt; ſo einem an - dern nachzuthun ungelegen geweſt were. Daher die jenigen / ſo hart arbeiten / natuͤrlicher Weiſe / ein mehrers / als Andere / ſo muͤſſig gehen / zu eſſen begehren. Durch die Speis ſollen die Kraͤfften er - quickt / und ermuntert / nicht aber erlegt werden; welches aber geſchicht / wann man mehr zu ſich nimt / als die Natur ertragen kan; daher dann hernach Kranckheiten entſtehen. Deswegen die / ſo begehren geſund zu ſeyn / ſich mit dem Eſſen / und Trincken / nicht uͤberladen / hergegen der Arbeit be - fleiſſigen ſollen. Es iſt eines jeden Natur / und wasſein391Die LXXXV. Frag. ſein Magen ausſtehen kan / zu erforſchen / damit man allein dem Leib ſoviel zulaſſe / als viel zur Ge - ſundheit noht iſt. Sihe Henr. Velſtenium diſp. E - thic. 8. quæſt. 8. da er auch / in der 10. Frag / von den Carthaͤuſern handelt / ob dieſelbe / ſo durchs gantze Jahr kein Fleiſch eſſen / fuͤr maͤſſige Leute zu halten? und ruͤhret er zugleich an / ob deme alſo / was Cardanus ſagt / daß ſie / die Carthaͤuſer / von den Wantzen / nicht geplaget werden; welchen Scaliger, exercit. 246. ſect. 5. damit auslachet / auch beſagter Velſtenius dem Scaligero hierinn nicht zuwider iſt. Aber / Abrahamus Gölnitzius, in ſeinem Itinerario Belgico-Gallico, zu Leyden in Holland An. 1631. ausgangen / in Beſchrei - bung der groſſen Carthaus im Delphinat / am 416. Blat / beſtetiget des Cardani Meinung / und ſagt / daß der Moͤnch Cellen / oder Wohnungen / inwendig von Eichenholtz / und vor allen Wantzen ſicher / und frey / ſeyen; Da doch die Handwercks - Leute / und der Moͤnch Bediente / ſo gleich dabey wohneten / derſelben nicht befreyet werden; daruͤ - ber ſich dann die Antiquitates Pariſienſes verwun - derten; ſonderlich / weil die Moͤnch / in ihren Klei - dern / ligen / kein Leingewand tragen / die Kleider ſelten veraͤndern / auch die Bett von Holtz ſeyn. Ge - meldtes Cloſter iſt das erſte geweſen / ſo von dem Stiffter des Carthaͤuſer-Ordens / dem Brunone, von Coͤln / im Jahr Chriſti 1084. zu erbauen iſt angefangen worden. Jn dem groͤſſern CapituloB b iiijſeyn392Die LXXXV. Frag. ſeyn 6. ſchoͤne Taflen / die ein Carthaͤuſer-Moͤnch gar kuͤnſtlich gemahlet hat. Die erſte zeiget den Domherren an / der ſich / in ſeiner Todtenbaar / zu Paris / auff gerichtet / und erſtlich geſagt: Daß er / aus gerechtem Urtheil Gottes / angeklagt: her - nach / daß er / aus gerechtem Urtheil Gottes / geur - theilt: und dann endlich / daß er / aus gerechtem Gericht / oder Urtheil / Gottes / verdamt worden ſeye: und daher / weil er ſich / zum dritten mal / auff gerichtet / und dieſe Wort geſprochen / er dem beſagten Brunoni Urſach gegeben / daß er ſich / von Paris / hinwegbegeben hat. Es ziehet gleichwol Bartholomæus de la Font, Koͤniglicher Frantzoͤſi - ſcher Raht / und Geheimer Secretarius, in der Er - innerung an den Leſer / zu des J. de Fonteny, des Jahrs 1611. zu Paris gedruckter Beſchreibung Franckreichs / dieſe Geſchicht in einen Zweiffel / und will es vielmehr fuͤr eine Erſchein - oder Of - fenbarung / dem gedachten Brunoni geſchehen; als fuͤr eine wahrhaffte Hiſtori / halten; weilen kein Scribent (ſelbiger Zeit) derſelben gedencke: da es doch nicht moͤglich geweſen / daß eines ſolchen denckwuͤrdigen Dings / ſo in einer ſo beruͤhmten Kirchen / und in der Haubt-Statt des Koͤnigreichs Franckreich / alda die vornemſte / und beruffeniſte Hohe Schul in der Chriſtenheit war / vorgegan - gen / nicht von jemands ſolte ſeyn beſchrieben wor - den.
Aber! wider auff deine Frag zu kommen / ſo be -gehrt /393Die LXXXV. Frag. gehrt / hat auch der Menſch / des Eſſens vonnoͤh - ten? allein muß derſelbe nicht zu viel / oder zu we - nig / deſſen zu ſich nehmen. Dann die Speiſe wird nicht zu der Kraͤfften Unterdruckung / ſondern zu derſelben Erhaltung / gebraucht. Und ſoll ein je - der hierinn ſelbſten ſeine Vernunfft / und dann auch der Aertzte vorgeſchriebne Reglen / in Acht nehmen. Es wird gaͤntzlich ohne Speiſe / und ſon - derlich eine lange Zeit / natuͤrlicher Weiſe / nie - mand leben koͤnnen / wie Joh. Fridericus Schroterus, beym Sagittario, exercit. Ethic. exoter. 9. th. 5. p. 220. erwieſen: Aber / man muß ſich nicht uͤber - fuͤllen / ſondern vom Tiſch auffſtehen / wann man noch eſſen moͤchte / ſo kan die Speiſe beſſer verdauet / die Geſundheit erhalten / und die nohtwendige Ge - ſchaͤfft / mit mehrerm Luſt / und Fortgang / verrich - tet werden. Lang ſolle man nicht faſten / wegen der uͤblen Zuſtaͤnde / die Levin. Lemnius de occultis Naturæ mir aculis lib. 2. c. 21. bald nach dem An - fang / erzehlet. Aber ſolch Fruͤheſtuck ſolle maͤſſig / und wenig ſeyn; und nicht hernach den gantzen Tag waͤhren; als wie es etwan Theils machen / immerzu eſſen moͤgen; vielleicht auch / mit jenem Geſellen / ein etlich Meil Wegs lange Wurſt / ſich ſelber aber / daß ſie in einen Wurm veraͤndert wer - den koͤnten / wuͤnſchen / daß ſie / allgemach krie - chend / ſolche auffzehren moͤchten; Oder arten dem jenigen Juͤngling nach / der gar groſſe Perlein zer gehn lieſſe / und / auff einem Suͤpfferlein / ſeinB b vgroſſes394Die LXXXV. Frag. groſſes Vaͤtterliches Erbgut verſchlucken thaͤte. Was bey Gaſtungen fuͤr ein Uberfluß / auch zu unſern Zeiten / da ſo groſſe Klagen uͤber den Geld - Mangel ergehen / getrieben werde / das geben bis - weilen / unter anderm / auch die neue Zeitungen zu erkennen. Die Roͤmer haben / vor Zeiten / gewiſſe Geſaͤtz hierinn gehabt: Kaͤiſer Carl / der Fuͤnffte / hat / in der Reformation guter Policey / An. 1530. zu Augſpurg auff gericht / tit. von uͤbrigem Koſten der Hochzeit / Kinder-Tauff / und Begraͤbnuſſen / gebotten / daß ein jeder / in ſeinem Fuͤrſtentum / Grafſchafft / Herrſchafft / Oberkeit / und Gebiet / die obgemeldten Koſten / &c. abſtellen / auch denſel - bigen ein zimliche gute Ordnung machen / und daß ſolches alles mit darauff geſetzten Buſſen / und Straffen / unnablaͤßlich gehandhabt werden ſolle. Zum Eſſen gehoͤrt zwar der Trunck / damit die Speiſen beſſer verdaͤuet werden koͤnnen; anders Nutzens zu geſchweigen; desgleichen auch / daß es weniger ſchadet / mit Tranck / als mit Eſſen / uͤber - ſchuͤttet zu werden: Aber / was fuͤr ein Uberfluß auch hierinn gebraucht werde / erfahren die / ſo da reiſen / oder bey Gaſtungen / und vornehmen Zu - ſammenkunfften / ſich befinden muͤſſen / offt mit ih - rem groſſen Schaden; ſonderlich die etwan ſchwa - cher Natur / und des vielen Trinckens nicht gewoh - net ſeyn. Hoͤchſtgedachter Kaͤiſer Carl ſagt / in der obangezogenen Reformation, tit. vom Zutrincken / alſo: Und nachdem / aus Trunckenheit (wie mantaͤglich395Die LXXXV. Frag. taͤglich befindet) viel Laſters / Ubels und Un - rahts / entſteht / auch / zu vergangenen Reichs-Taͤ - gen / des Zutrinckens halben / geordnet / und geſetzt / daß ein jede Oberkeit ſolch Zutrincken abſtellen / und das zu vermeiden / die Uberfahrer ernſtlich ſtraffen ſoll / ſeynd doch ſolche Ordnung / und Sa - tzung / bis anher wenig gehalten / oder vollnzogen worden / ſondern hat der angezeigt Mißbrauch / uñ Unweſentlichkeit des Zutrinckens / allenthalben je laͤnger je mehr eingewurtzelt / ſich gemehrt / und uͤ - berhand genommen / daraus Gottslaͤſterung / Mord / Todtſchlaͤg / Ehebruch / und dergleichen Ubelthaten / gefolget / und noch zu dem / daß et - wan / durch Trunckenheit / die Heimlichkeiten / ſo billich verſchwiegen / offenbart werden / auch ſolch Laſter den Teutſchen / deren Mannheit von Alters hoch beruͤhmet / bey allen fremden Nationen / ver - aͤchtlich / &c. zu geſchweigen / daß das Zutrincken ein endlich Urſach iſt alles Ubels / und dem Men - ſchen / an ſeiner Seelen Seeligkeit / Ehr / Gunſt / Vernunfft / und Mannheit / nachtheilig; Dem - nach gebieten wir / &c. Sihe auch die Policey-Ord - nung / zu Franckfurt An. 1577. gebeſſert / tit. 8. von uͤbermaͤſſigem Trincken / ꝛc.
Theils wollen zwar ein Raͤuſchlein / ſo ſie ein Geiſtlich / oder Theologiſch Raͤuſchen nennen / ent - ſchuldigen / wann es nicht offt geſchihet. Den Al - ten / wie auch den Betruͤbten / wird ein mehrerer Trunck zugelaſſen / dieweil er den Schlaff bringt /die396Die LXXXV. Frag. die Geiſter erquicket / und der Sorgen Vergeſſen - heit geberet. Jn den Spruͤchen Salomo Cap. 31. v. 6. 7. ſtehet: Gebt ſtarcke Getraͤncke denen / die umkommen ſollen / und den Wein den betruͤbten Seelen / daß ſie trincken / und ihres Elendes ver - geſſen / und ihres Ungluͤcks nicht mehr gedencken. Den Krancken laſt man auch einen Wein zukom - men / jedoch nach Geſtalt der Kranckheiten; und daß es heiſſe / nicht zu viel. Theils werden geſund / wann ſie ſich / nach dem geſtrigen Abend-Trunck / uͤbel befunden haben / indem ſie an die alte Teutſche Reimen gedencken:
Welches ſolche Geſellen Hundes haare auffle - gen heiſſen: Aber theils bekomt es nicht wol; da - von dann die Aertzte zu befragen ſeyn: Sihe auch die Scholam Salernitanam de conſervanda bona valetudine, cap. 15. Und ob auff eines andern Ge - ſundheit zu trincken? Joan. Crügerum, in Horto Virtutum, quæſt. 49. da er des Meliſſi Vers an - ziehet / deren die erſte zween alſo lauten:
Nil prodeſt illi potus, quem nominat ab -ſens.2. Abſentem, & pro quo plurimæ vinafluunt, &c.
Jtem den Camerarium, der zum Beyſpiel / et - liche Reuter aufffuͤhret / welche ungefehr in den Wirthshaͤuſern zuſammenkommen / und mitein -ander397Die LXXXVI. Frag. ander auff Bruͤderſchafft getruncken: aber nicht lang hernach / im Krieg / einander umgebracht ha - ben. Welches dann ein glaͤſerne Freundſchafft ge - weſen iſt.
VNter andern Eigenſchafften des Geitzes / wird auch dieſe ernant / daß ſolches Laſter entweder gar nicht / oder doch ſchwerlich zu heilen ſeye; dieweil zu ſolchem die Menſchen von Natur geneigt ſeyn / indeme / wegen ihrer Erhaltung / es ihnen gleichſam ange - boren / daß ſie begieriger ſeyn / etwas zu haben / als geneigt etwas zu geben; und fuͤrs Ander / weilen gemeinlich / mit dieſer Untugend / die Alten behaff - tet ſeyn; deren Gewonheiten nicht leichtlich zu ver - aͤndern: Ein alter Papagey iſt der Ruten nicht gewohnt / und wann einer einen Alten lehren / und ermahnen will / daß er anders / als er bisher ge - pflegt hat / thun ſolle / ebenſoviel iſt / als wann er ei - nem eine Artzney vorſchreiben wolle; wie / vor Zei - ten / Diogenes geſagt haben ſolle. Warum aber die Alten mehrers / als die Jungen / dem Geitz erge - ben? gibt man die Urſach dem Abgang der Kraͤfften. Dann / wann die Alten ſehen / daß ihnen die Leibs-Kraͤfften abgehen / und daß ſie nicht alſo mehr arbeiten / und / durch ihre Arbeit / ihre Nah -rung398Die LXXXVI. Frag. rung ſuchen koͤnnen / als wie ſie in der Jugend ge - than haben; ſo ſtehen ſie immerzu in Sorgen / daß es ihnen endlich am nohtwendigen Unterhalt ermanglen moͤchte / und begehren daher / vor ſol - chem Mangel / ſich zu verwahren; nicht anders / als wie die Forchtſame / die ſich mehrers mit Waffen / als die Behertzte / vorſehen. Uber das / ſo haben die Alten in ſovielen Jahren / aus der Ub - und Erfahrung / gelernet / warzu der Pfenning nutz ſeye / und wie hoch das Geld / von den Leuten / gehalten werde / und was die Guͤter / oder der Reichtum / in dieſem Leben / fuͤr Nutzen ſchaffen: Welches alles aber die Juͤnglinge / ihres Alters halber / nicht wiſſen koͤnnen; und dahero auch die - ſer Untugend (auſſer etlich wenigen) nicht alſo / wie gemeinlich die Alten / ergeben ſeyn; bey denen der Geitz mit den Jahren zunimt; wanngleich die Unmaͤſſigkeit / und andere Unarten / abnehmen / und die Verthunlichkeit meiſtentheils im Alter ſich verlieret / und / aus den verſchwenderiſchen Juͤnglingen / gemeinlich karge Alten werden; wel - che Untugend dann bis in den Todte hineinwaͤhret. Daß alſo ein Weiſer nicht unrecht geſagt / wann / bey dem Menſchen / die andere Laſter alt werden; ſo wird allein der Geitz bey ihm jung: Und ein Anderer: die Alten / je weniger Wegs ſie zum Todte uͤberig haben / je mehr trachten ſie nach dem Zehrpfenninge.
DJeweil die Juͤnglinge eine hitzige / und zugleich feuchte Natur ha - ben / und bey denen die Geiſter vielfaltig ſich bewegen / und unbeſtaͤndig ſeyn; daher ſie bald erzoͤrnet / bald auch wider beguͤtiget werden. Wel - ches auch der Poet Horatius zu erkennen gibt / wañ er / de arte Poëtica, verſ 159. ſeq. alſo ſchreibet:
‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ geſtit paribus colludere, & iramColligit, ac ponit temerè, & mutatur in horasImberbis juvenis.
Hergegen die Alten von Natur trucken / kalt / langſam / ſeyn / nicht ſobald zum Zorn bewegt / aber / wann ſie einmal erzoͤrnet / nit ſo leichtlich wi - der moͤgen verſoͤhnet werden; ſondern behalten das angethane Unrecht / und die Schmach / lang in ihrem Hertzen; werden auch nicht bald zur Barmhertzigkeit bewegt. Darneben ſeyn die Juͤnglinge von ſchwachem Verſtand / als die der Sachen wenig erfahren / dencken denſelben / was es etwan mit ihnen fuͤr einen Ausgang gewinnen moͤchte / nicht groß nach; ſondern thun alles in der Geche / und koͤnnen dahero gar leichtlich / auff einen / und andern Weg / uͤberredet / und gebracht /zum400Die LXXXVIII. Frag. zum Mitleiden / und allen andern Gemuͤts-Zu - neigungen / ohne Muͤhe verleitet / und beweget werden.
MAn findet viel Exempel in den Hiſtorien / ſowol alten / als neuen / wie ſtarcke / und fuͤrtreffliche Helden gar zu groſſe Gemeinſchafft mit den Weibern ge - habt haben / als Simſon / Hercules / Pericles / Themiſtocles / Iulius Cæſar, und viel andere mehr. Vom Koͤnig Carolo, dem Sibenden / in Franck - reich / ſchreibet Bernhard von Birard / Herr von Haillan / in ſeinem Buch de l’ Eſtat & ſuccez des affaires de France, lib. 2. im Jahr 1426. am 155. Blat / a, daß er / in ſeinem groͤſten Elend / und da die Engellaͤnder den Meiſter in Franckreich ſpie - leten / ſich immer dar zu Meun ſur Teure, bey ſei - ner ſchoͤnen Agnes / auffgehalten; obwoln ihn Theils entſchuldigen wollen / daß er nichts unge - buͤrlichs mit ihr getrieben habe; wie beym Ioan. de Serre, in ſeinem Inventaire general de l’ hiſtoire de France, tom. 2. p. 273. ſeq. zu leſen. Die Poeten ha - ben gedichtet / daß Venus, und Mars, ſich zuſam̃en -gehalten.401Die LXXXVIII. Frag. gehalten. Die Urſachen deſſen ſollen ſeyn 1. weiln der Kriegs-Helden Leiber groͤſten Theils ſtarck / und voller Adern / und alſo gar Blutreich ſeyen / welches / ſamt den Geiſtern / ſie zum Venusſpiel antreibe / und die Geilheit in ihnen vermehre. 2. Dieweil die Kriegsleute gemeinlich gern trin - cken; der Wein aber / nach des Ariſtophanis Aus - ſpruch / der Veneris Milch ſeye. Ob nun dieſe Ur - ſachen guͤltig ſeyn moͤgen / davon wird das Ur - theil andern uͤberlaſſen; ſonderlich / weilen man nicht allein des Scipionis Africani, ſondern auch anderer hochberuͤhmten Kriegs-Helden / Exem - pel / oder Beyſpiel hat / welche gar keuſch geweſen ſeyn.
OBwoln faſt einerley Bewe - gung bey der Trunckenheit / und der unerlaubten Lieb / dieweil ſie beyde ſchaͤdlich / den Leib ſchwaͤchen / die Geheimnuſſen offenbaren / viel Kranckheiten / Zanck / Streit / und andere Ungelegenheiten / ja den Todt ſelbſten / ver - urſachen: So ſcheinet doch / daß die Liebe mehr als der Wein / wegen ihrer Hefftig - und Unge - ſtuͤmmigkeit / Gewalts habe; indeme ſie faſt den gantzen Verſtand bindet / und das Gemuͤt blind machet; wie Ioſephus Quercetanus, in Diatet. po -C clyhiſt〈…〉〈…〉402Die LXXXIX. Frag. lyhiſtorico ſect. 1. cap. 5. gleich nach dem Anfang / weitlaͤuffig erweiſet / wieviel Boͤſes aus der unzim - lichen Liebe zu erwachſen pflege. Daß alſo / wie ei - ner ſagt / die Wolluſt endlich den Todt bringet; Venus die Leich-Bitterin; der Teuffel der Todten - tengraͤber / und die Hoͤll das Grab / werden. Wie dann manche in dem Venus-Spiel ihr Leben ge - endet haben; deren Exempel auch Jo. Biſſelius dec. 2. illuſtr. ab Orbe condito Ruinarum, ruinâ 1. p. 31. erzehlet. Und iſt kein Wunder / daß die Buler thoͤ - richt werden / weilen ihr Gemuͤt in ihrem Leib ab - ſtirbt / und in einem andern lebt. Wo ich bin / da bin ich nicht: wo ich nicht bin / da iſt mein Gemuͤt / ſagt der Juͤngling Alceſimarchus, beym Plauto, in Ciſtellaria, act. 2. ſc. 1. v. 6. Beſagter Quercetanus hat unterſchiedliche Exempel / was die unzuͤchtige Lieb fuͤr einen Gewalt / und Wurckungen / bey theils Leuten hat / daß man ſich daruͤber verwun - dern muß; Der Lieb-Traͤncklein / und dergleichen teuffliſchen Mitteln / die Lieb dardurch zuwegen - zubringen / zu geſchweigen / durch welche Manns - und Weibs-Perſonen nicht allein um ihren Ver - ſtand / ſondern gar ums Leben gebracht worden ſeyn: Sihe Hippol. de Marſil. ad l. ejusdem 3. §. adjectio 2. ff. ad L. Corneliam de ſicariis, & vene - ficiis. Dieſes iſt zu beklagen / daß es dahin kommen / daß noch gar junge Leut albereit von der Bulerey Wiſſenſchafft haben / und theils Buben / und Maͤgdlein / miteinander von Bul-Sachen ihrGeſpraͤch403Die LXXXIX. Frag. Geſpraͤch halten; Sihe Ioan. Crügerum, in Hor - to Virtutum, quæſt. 48. p. 139. Viel anders waren unſere alte Teutſche geſinnet / wie beym Cæſare, und Tacito, zu leſen.
Aber / nunmehr auff deine Frag zu antworten / ſo rahten die Sitten-Lehrer / daß man ſich ſonder - lich vor dem Muͤſſiggang huͤten ſolle / weil derſel - bige ſonderlich Anleitung zur Hurerey gibt. Da - her der Draco zu Athen / als er in Acht genom - men / daß aus dem Muͤſſiggang unzahlbar viel Ubels herkomme / ein Geſatz gemacht / die muͤſſige Leute am Leben zu ſtraffen; Plutarch. in Solone: Welches auch der Koͤnig Amaſis in Egypten ge - than; Bodinus lib. 5. de Repub. c. 2. num. 537. p. 839. Bey dem Luciano thut die Venus ihren Sohn Cupidinem gar hart anfahren / daß er zwar die andern Goͤtter alle / aber die Minervam, und Muſas, und die Dianam, mit ſeinen Pfeilen nicht verletzet habe. Der aber der Mutter geant - wortet / daß die Minerva, mit ihrem ernſthafften Anſehen / oder gravi taͤt / ihn erſchrecke / und fluͤch - tig mache; die Diana jage den wilden Thieren nach / und ſeye geſchwinder / als er: die Muſæ aber thaͤten ſtaͤts etwas / und werden nie muͤſſig ge - funden. Das 2. Mittel iſt / daß man die Gelegen - heit meide. Hetten des Vlyſſis Geſellen bey der Circe nicht eingekehrt / weren ſie nicht in Schwein ver - wandelt worden. Were die Dina / des Patriar - chen Jacobs Tochter / zu Haus geblieben / were ſieC c ijnicht404Die LXXXIX. Frag. nicht um ihre Jungfrauſchafft kommen. Was hat den Koͤnig David den Ehebruch zu begehen angetrieben / als daß er viel geſehen: Wie dann das Geſicht / oder das Anſchauen / in der Lieb / groſſe Krafft hat / wie Heliodorus mit den Bey - ſpielen des Theagenis, und der Charicliæ, erweiſet: und daher der Koͤnig Cyrus, beym Xenophonte, lib. 5. de Cyri diſciplina, p. 147. die Panthiam, ein ſehr ſchoͤnes Weib / und der Groſſe Alexander / des Koͤnigs Darii in Perſien Gemahlin / und Toͤchter / nicht anſehen wollen / damit ſie / durch dieſer Weibs-Perſonen Schoͤnheit / nicht / zu un - gebuͤrlicher Lieb / moͤchten angereitzet werden. Und wann es ſeyn kan / ſo meide ſolche Ort / an welchen zur Geilheit antreibende Sachen die Sinne bewe - gen koͤnnen; ſonderlich auch ſolche Baͤder / da et - wan / theils Orten / Manns - und Weibsperſonen untereinander ſitzen. Wann ein Weib ihren Rock ausziehet / ſo leget ſie auch die Schamhafftigkeit damit hinweg. Und war deswegen es ein gantz unbilliches Begehren des Franciſci Sfortiæ, Her - tzogens zu Meyland / indem er gewolt / daß des Ludovici, Marggravens zu Mantua / Tochter Dorothea / ſo ſeinem Sohn Galeatio zur Ehe ver - ſprochen worden / von den Aertzten ſolte beſichtiget werden; wie gemeldter Crügerus, aus dem Tira - quello, erzehlet. 3. Daß man maͤſſig lebe / und dann 4. fleiſſig bete; nach der Vermahnung Chriſti des HErrn / beym Matthæo / Cap. 26. v. 41. Be -tet /405Die LXXXIX. Frag. tet / daß ihr nicht in Anfechtung fallet: Der Geiſt iſt willig / aber das Fleiſch iſt ſchwach. Zu welchen 4. Mitteln / noch andere mehr / aus H. Goͤttlicher Schrifft / oder der Bibel / koͤnnen gethan werden. Will nur noch dieſes / von den oberwehnten Lieb - Traͤncklein / und zauberiſchen Sachen / mit anhen - cken; das Michael Bapſt / in ſeinem Artzney - Kunſt - und Wunder-Buch / ſchreibet / daß man ein neues paar Schuch anlegen / ein Meil Wegs geſchwind darinn / bis die Fuͤß ſchwitzen / gehen / darnach alsbald einen Trunck Bier / oder Wein / aus dem rechten Schuch thun ſolle / ſo werde man einer wider gram. Oder / ſo einem die Lieb were zu eſſen / oder trincken / geben worden / der nehme der Eſſentz / oder Saffts von Perlen / ſamt der Eſſentz / oder Extracts von S. Johannskraut / jegliches ein Scrupel / in Waſſer / oder Syrup / oder in ei - nem Tranck / von den beeden zubereitet / ein. Man ſolle auch daneben / einem Bezauberten / einen gar guten Magnetſtein / auff die bloſſe Haut / an den Hals zu haͤngen pflegen. Jn dem Theſauro Pau - perum ſolle geleſen werden / wann einer eine Per - ſon / wider ſeinen Willen / lieb haben muͤſſe / daß er der Zauberin Koht nehmen / und ſolches in ſeinen rechten Schuch legen / und darauff gehen ſolle / ſo werde er ihr gleich feind werden. Sonſten hab ich geleſen / man ſoll nehmen ein halb Kron Aeuglein / ſolches gar ſubtil auff einem Reibſtein reiben / in einem Truͤncklein Weins eingeben / den PatientenC c iijwarm406Die LXXXIX. Frag. wanm zudecken / ihn ſchwitzen laſſen / und ſolches 3. mal / allwegen uͤber den andern Tag / thun / es helffe gewiß / wann einer auch ſchon ein Jahr lang dieſes Gifft im Leib gehabt hette. Es bringt gleich - wrl Nicol. Henelius von Hennenfeld / in ſeinem Otio VVratislavienſi, cap. 21. (da er von ſolchen Liebs-Traͤncklein / und ſonderlich von der Man - dragora bereitet / handelt) unterſchiedlicher ge - lehrter Leute Meinung herfuͤr / daß durch derglei - chen Traͤncke / weder Lieb / noch Haß / zuwegenge - bracht werden koͤnne; es ſeye dann / daß der leidi - ge Satan ſein Werck dabey habe. Daß aber die jenige / ſo ſolche Sachen einem geben / geſtrafft wer - den / das geſchehe deswegen / weil ſie es im Sinn gehabt / auch ſolche hitzige Sachen / oder Artzneyen / dem Menſchen geſchadet / oder wol gar den Todte verurſachet haben. Sihe / was D. Jacob. Martini von dergleichen Dingen cent. 6. quæſt. philoſoph. diſp. 3. parerg. 5. halten thut. GOtt behuͤte dich auff deiner Wanderſchafft / und ſonſten im Fort - gang deines Lebens / daß dir nichts dergleichen be - gegne / und duſolcher / und anderer Mittel / die et - wan erzehlet / und in den Buͤchern auffgezeichne - ter gefunden werden / nicht bedoͤrffeſt.
WAs man verſpricht / ſolle man halten. Dann gehaltene Treu / und Glauben / machet reich; ſo / vor Zeiten / fuͤr einen Denck-Spruch gebraucht wor - den / wie Gabr. Simeon Florentin. in Symb. Heroi - cis, p. 298. beym Sagittario, exercit. Ethic. exot. 11. th. 3. p. 273. berichtet. Daher iſt auch der Glaub / oder Fides, von den Heyden / fuͤr eine Goͤttin vereh - ret / und ihr / von dem Roͤmiſchen Koͤnig Numa, ein Tempel erbauet worden. Es were dann / daß etwas Boͤſes / wider Gott / und das Gewiſſen / lauf - fendes / were verſprochen worden: Jn welchem Fall dann / das Verſprechen nicht zu halten iſt. In malis promiſſis reſcinde fidem: in turpi voto muta decretum, quod incautè voviſti, ne facias. Impia enim eſt promiſſio, quæ ſcelere adimpletur. ſtehet in dem Geiſtlichen Recht / Cauſ. 22. quæſt. 4. aus c. 5. Iſidoro. Dem Feinde aber iſt Treu / und Glauben zu halten / wie Bodinus lib. 5. de Republi - ca c. 6. num. 594. ſeq. ſolches / mit Exempeln / er - weiſet. Jm beſagten Geiſtlichen Recht / oder in Iu - re Canonico, c. 23. qu. 1. c. Noli exiſtimare 3. wird geſagt: Wann Treu / und Glaub / zugeſagt wird / ſo iſt derſelbe auch dem Feinde / wider den gekrieget wird / zu halten. Sihe auch c. Innocens 23. C. 22. quæſt. 4. Auch einem Ketzer; Bodinus d. cap. 6. num. 598. & ſeq. Sihe Sleidanum lib. 3. p. 56. & 58. Ob aber auch einem Meerrauber / und Moͤr -C c iiijder /408Die XC. Frag. der / Treu / und Glauben zu halten / und ihme das / zu ſeiner Erledigung / von einem / verſprochene Geld / ſonderlich wann es mit einem Eide geſche - hen / zu geben? Darinn ſeyn die Gelehrten nicht einerley Meinung. Oberwehnter Bodinus lib. 1. c. 1. bald nach dem Anfang / ſagt Nein: im ange - zognen 5. Buch / cap. 6. aber / num. 603. & ſeq. diſpu tirt er hievon weitlaͤufftiger / ſo daſelbſt zu leſen.
DJe Umſtaͤnde machen einen Unterſchied in den Handlungen. Wann nun einer auffs zierlichſte redete zu der Zeit / da er ſtillſchweigen ſolte; ſo were es ja beſſer / daß er ſchwiege; als daß er / zur Unzeit / redende / alles Anſehen ſeiner Rede verlieren thaͤte. Son - ſten aber / und an ſich ſelbſten / iſt das Wolreden beſſer / als das Stillſchweigen. Sintemal die Re - de uns von der Natur gegeben iſt / auff daß wir das / ſo uns ermangelte / von Andern erbitten moͤchten / und was wir haͤtten / ſolches Andern mitzutheilen / uns erklaͤren koͤnten. Sihe Scaliger. exercitat. 256. p. 791.
DJe Natur iſt in den fuͤrtreff - lichen Sachen bisweilen karg / damit ſolche in groͤſſerem Werth / und Ver - wunderung / ſeyen. Andreas Baccius, in dem ſchoͤ - nen Tractat von dem Einhorn / ſagt / daß das Ein - horn ein fremdes wildes Thier / und in dieſen Laͤn - dern nie geſehen worden ſeye / und daher / ſeiner Natur nach / gar ſeltzam / welches in Wuͤſtinen / und Einoͤdinen / ſich ſtaͤtigs auffhalte / und das Horn / nach ſeinem Todte / aus den groſſen Einoͤ - dinen / durch die Fluͤſſe / hervor gebracht werde. Das zu S. Denys, nahend Paris / in Franckreich / item / das zu Straßburg / auffm Pfenningthurn / und des Koͤnigs in Polen / ſeyen rechte Einhorn; das zu Venedig ſeye nit gantz gerecht: der Bapſt / der Groß-Hertzog zu Florentz / und etlich wenig andere Potentaten / haͤtten nur Stuͤcke von einem rechten Einhorn. Ludovicus di Barthema, ein J - talianer von Bononien / ſo des Jahrs 1503. zwey Einhoͤrner zu Mecha in Arabien geſehen / deren das groͤſte ſich einem drithalbjaͤhrigen wol - erwachſenen Vollen / das ander faſt einem jaͤhri - gen Vollen verglichen / und das erſte ein Horn auff der Stirne / bey 3. Elen; das ander aber ein Horn ungefaͤhr 4. Spannen lang gehabt haben /C c vſchreibet /410Die XCII. Frag. ſchreibet / in ſeiner Orientaliſchen Reiſe / daß die - ſes Thier / ein Farb / wie ein dunckelbraunes Pferd / einen Kopff / wie ein Hirſch / nicht ſonders langen Hals / mit etlich wenig kurtzen Haaren / ſo ihme auff die eine Seiten hangen; item kleine Schen - ckel / und wie ein Roͤchboͤcklein / lang; Fuͤſſe vornen etwas geſpalten / Klauen wie die Geiſſen / auch viel Haar / an dem hintern Theil der Schenckel / habe. Andere erzehlen ferners / wo ſolche Thier an - zutreffen / und kommen nicht in allem miteinander uͤberein. Laurentius. Catelanus, Apothecker zu Montpellier, in Franckreich / hat auch ein Buͤch - lein vom Einhorn geſchrieben / welcher ſagt / daß ſie ſo ſtarck / und grauſam / wie die Loͤwen / ſeyen / und daß ſie an 3. Orten der Welt gefunden werden / als / 1. bey den Mohren / 2. zu Carajan / Bas - man / und Lambry / ſo Jnſuln zu Java gehoͤrig ſeyen / und dann in den Morgenlaͤndiſchen Jnſeln. Er leinet auch die Einwuͤrff der jenigen ab / ſo da wollen / daß kein Einhorn ſeye; und ſchreibt / daß des Herrn Chur fuͤrſten zu Sachſen / an einer gulden Ketten hangendes / Einhorn / auff ein Tonnen Goldes geſchaͤtzet werde. Aubignæus tom. 3. hiſt. lib. 2. c. 10. f. 139. berichtet / daß ein junger Edelmann / Sus genant / An. 1588. mit wenig Volck / die Stadt S. Bertrand in Franckreich / erobert / und daſelbſt ein Einhorn / auff achtzig tauſend Cronen werth geſchaͤtzt / bekommen habe. Jm fuͤnfften Theil des Theatri Europæi ſtehet /am411Die XCIII. Frag. am 1369. Blat / daß der Koͤnig aus Denne - marck / im Jahr 1647. dem Koͤnig in Franck - reich / ein Einhorn / welches 2. oder 3. Zaͤhen laͤn - ger / als das jenige / ſo in dem Schatz zu S. Denys gezeigt werde / verehret habe. Aus welchen unter - ſchiedlichen Erzehlungen du dann ſelbſten deiner Frag Eroͤrterung finden wirſt.
HJevon / und wie die Reiſen anzuſtellen / iſt anderswo / wie du weiſt / gehandelt worden; ſo alhie nit zu wider - holen. Es iſt um das reiſen ein nutzliches Ding / wie - wol man ſich wol vorzuſehen hat / ſonderlich groſſer Herren Soͤhne / denen bisweilen beſſer were / daß ſie zu Haus verblieben / als daß ſie ſich an gefaͤhr - liche / ſonderlich ſolche Ort / die nicht ihrer Reli - gion ſeyn / begeben. Es ſagte einsmal einer zu ſei - nem Sohn / der gern in Italiam reiſen wolte / daß man / aus ſelbigem Lande / nichts / als ein boͤſes Gewiſſen / einen ungeſunden Leib / und einen ledi - gen Beutel / bringen thaͤte. Welche 3. Stuͤck aber man nicht nur allein aus dem Welſch-ſondern auch aus andern Laͤndern / mit ſich / bisweilen zu Haus bringen kan / und thut / wann die Reiſen nicht recht angeſtellet werden. Ein Florentiniſcher Edelmann hatte tauſend Guͤlden geſamlet / damiter412Die XCIII. Frag. er einen Theil von Europa beſichtigte. Dieſes ſein Vorhaben eroͤffnete er ſeinem Vettern / einem ver - ſtaͤndigen / und gelehrten Mann / der ihm geant - wortet: Mein Vetter / lege zwey tauſend Guͤlden beyſeits / daß du vielmehr dich / als den Erdboden / erkenneſt. Dann es dir mehr Nutzen bringen wird / wann du / zu Haus / die Untugenden erfaͤhreſt / und dieſelbe verbeſſerſt / als daß du / auſſer dem Vatterland / mit gar groſſer Lebens-Gefahr / und unglaublichem Koſten / das Welſchland / Franckreich / Teutſchland / und endlich auch das Niderland / der Welt Auge / durchreiſeſt; Matth. Tympius part. 1. Spec. Boni Magiſtratus, ſign. 33. in f.
Manche reiſen ſehr weit / aber wann ſie ſolches ihnen zu Nutzen machen / und dem Vatterland / mit deme / ſo ſie / mit hoͤchſter Gefahr / erfahren / dienen ſolten / ſo entgehen ſie demſelben unverſe - hens. Fuͤr dieſes mal allein des Hoch-Edlen Jo - hann Albrecht von Mandelslo / eines Mechel - burgiſchen von Adel / zu gedencken; ſo iſt derſel - be / im Jahr 1638. den 16. Jener / von Jſpahan / dieſer Zeit des Koͤnigs in Perſien Lagerſtatt / (als dahin er / der von Mandelslo / mit den Fuͤrſt - lichen Holſteiniſchen Geſandten / vorhero gelangt war) abgereiſt / und hat / bis Schiras / bey 97. Farſang / oder Meilen / und von dar / bis Or - mus / bey 100. und unterwegs das Staͤdtlein Scharim / da / im Hornung / auff den Gebuͤrgen /alles413Die XCIII. Frag. aller noch Schnee war / gehabt. Den 10. Hor - nung kam er gar ſpat in die Stadt Laar / ferners / den 23. diß / in die Stadt Bandar Gamron / al - da / den 12. Mertzen / ihme / der ſelber auch kranck war / ſein Feldſcherer / Johan Weinmeiſter von Dantzig / ein wolerfahrner Wund-Artzt / ſo wol gereiſt / Hiſpanien beſucht / zweymal in Weſt-Jn - dien / oder America / auch der Lateiniſchen / Polni - ſchen / Spaniſchen / und Jtalianiſchen / neben ſeiner Mutter-Sprach / kundig geweſen / an einem hitzi - gen Fieber / geſtorben.
Von beſagtem Gamron / ſo noch Perſianiſch / iſt der von Mandelslo / zu Schiff / in Jndien / nach Surata auff die 500. Meilen / in 19. Tagen / ge - reiſt; welche Stadt dem groſſen Mogul / oder maͤchtigſten Koͤnig unter allen / in Oſt-Jndien / gehoͤrig. Von hinnen iſt er / zu Lande / nach Ama - dabad gereiſt / hatte / unterwegen / die Staͤdte Brotſch / Brodra / und andere kleinere / und kam den 12. Weinmonats nach Amadabad / ſo die Haubt-Stadt im Koͤnigreich Guſuratta / am Fluß Jndus gelegen / und dem gedachten groſſen Mogul zuſtaͤndig. Den 21. Octobris zog er von Amadabad / uͤber 12. Meilen / zur Stadt Cam - baia / und von dannen wider nach Amadabad; und von dar / den 29. Octobris, zu der Koͤniglichen Reſidentz-Stadt Agra / auff welcher Reiſe / auff die 50. Meilen von Amadabad / er die Stadt He - ribath / ſo Tamerlanes verwuͤſtet haben ſolle / ge -habt414Die XCIII. Frag. habt hat. Von der beſagten Stadt Agra / in der Provintz Jndoſtan gelegen / iſt er ferner hinauff ins Land nach Lahor / bey 70. Meilen gereiſt / wel - che Stadt des obgedachten Groſſen Moguls Sommer-Hoflager iſt. Von hier / wider zuruck / und Agra vorbey / auff offterwehntes Amada - bad / und von dannen wider gen Suratta / alda er den 26. Decembris ankommen iſt.
Jm Jener des folgenden 1639. Jahrs / iſt er zu Schiff nacher Goa gereiſt / kame Abends / den 5. Jener / zu der Portugeſiſchen Stadt / und Ve - ſtung / Daman / 15. Meilen von Suratta gele - gen / die damals der Koͤnig zu Decan zu Lande be - lagerte. Den 7. diß / fruͤhe Morgens / ließ ſich aber eine Portugeſiſche Stadt / und Veſtung ſe - hen / Namens Baſſien. Den 10. gemeldten Mo - nats / iſt er die Mohriſche Stadt Ratzipor / 21. Meilen von Goa / vorbeygangen / wie auch bey der Mohriſchen Stadt Fingerla / 4. Meilen von Goa gelegen / und dem obgedachten Koͤnig von De - can / (ſo maͤchtig iſt / und zu Viſapor Hof haͤlt) ge - hoͤrig; und iſt er / von Mandelslo / Abends / vor Goa ankommen / ſo noch der Zeit den Portugeſen zuſtaͤndig ſeyn ſolle / ſonſten aber in des beſagten Koͤnigs von Decan Lande gelegen iſt. Den 20. Januarii, iſt er von Goa / zur Veſtung Cananor / auff gebrochen / ſo damalen von Portugeſen beſetzt / die Stadt aber / ſo nicht gar groß / von Malaba - ren bewohnet war. Den 26. diß gieng ſeine Schif -fahrt415Die XCIII. Frag. fahrt fort / von Cananor / nach Zeilon / und kam er / gegen Abend / vor Calecuth / ſo er / wie auch her - nach die Portugeſiſche Veſtung Cotzin / vorbey - gefahren. Ferners iſt er / aus dem Jndianiſchen Meer / bis zu der Æquinoctial - Linie / und von ſolcher bis zur Jnſul Mauritius / die man vorbey - gefahren / und weiter / bis nach Cabo de bona Eſpe - ranza, oder Caput bonæ Spei, geſchiffet. Den 12. Ma[ji]iſt er / von dannen / wider abgefahren / hat vielfaltiges Ungewitter / und groſſe Stuͤrm aus - geſtanden / alſo / daß er / mit ſeiner Geſellſchafft / den Engellaͤndern / nohtwendig zuruck kehren / und eu ner Jnſel Madagazdar / oder S. Laurentii, ſich wenden / auch / bis der Winter / in ſelbigen Landen voruͤber / und ſchier bis aus den Herbſimonat / al - da verbleiben muͤſſen. Den 21. Auguſti / iſt er / von dannen / wider zu dem beſagten Haubt guter Hoffnung / oder Cabo de bona Eſperanza, gefah - ren / ſo fuͤr den halben Weg / namlich 2500. Mei - len / von Jndien / auff Holland zu / gehalten wird. Den 15. Septembris wider da auff gebrochen / und den 6. Octobris, zur Jnſel S. Helena gelangt / da - hin er 550. Meilen / oder Legues, gehabt hat. Den 9. dis ferners zu den Jnſeln Azores gefahren; und von ſelbigen / folgends nach Engelland / den 29. Novembris, fortgefahren / und den 16. De - cembris Dover vorbey geſegelt; nachdem dieſe Jndianiſche Schiffahrt / bis in den zwoͤlfften Monat / gewaͤhret hatte. Den 28. Decembris kamer416Die XCIII. Frag. er gen Londen / und hielte ſich in Engelland bey 3. Monaten auff / reiſte hernach in Holland / und Braband / und dann wider nach Gottorff / zu ſei - nem Gnaͤdigſten Fuͤrſten / und Herrn / Herrn Friederichen / Hertzogen zu Schleßwig / und Hol - ſtein / ꝛc. als mit Dero Durchleucht Geſandt - ſchafft / er / wie oben angedeutet / durch Lifland / Moſcau / Tartarey / an den Koͤniglich Perſiſchen Hof gelangt war. Er iſt aber zu Gottorff nicht verblieben; ſondern hat ſich folgends in Franck - reich begeben / daſelbſt / und / wie man berichtet hat / zu Bloys, an der Loire, er / den 15. Ma[ji]/ An. 1644. an den Kinder-Pocken / oder Durſchlech - ten / ſeines Alters im 28. Jahr / geſtorben iſt. Welches dann / zu Beweiſung deſſen / was oben von den Reiſenden vermeldet worden / ich / aus ſei - ner / des wolgedachten Herrn von Mandelslo / An. 1658. zu Schleßwig in fol. gedruckter Morgen - laͤndiſcher Reiſe Beſchreibung / ſo du vielleicht nicht haben magſt / kuͤrtzlich hieher bringen wollen.
DJeſes iſt eine hochwichtige Frag. Dann / weil ſelten etwas / ob es wol auffs beſte beſtelt / immerwaͤhrend verbleibet / auch viel groſſe / und darunter die Drey Welt-Reiche / als / das Aſſyriſche oder Chaldæi - ſche / das Perſiſche / und das Griechiſche / zu Grund gangen / daß zu beſorgen / auch das Vier - te / namlich das Roͤmiſche / ſo anjetzo bey den Teut - ſchen iſt / unter gehen moͤchte; ſonderlich / wann man bedencket / wie das Anſehen / und Macht des jetzt gedachten Roͤmiſchen Reichs / ſo weiland ſich ſo weit / und breit / erſtrecket / faſt alle Voͤlcker ihme unterworffen / auch nicht bald ein Feind demſel - ben gluͤcklich ſich widerſetzt hat / ja vor dem ſchier alle Koͤnigreich erſchrocken ſeyn / nach und nach / alſo abgenommen / daß wenig mehr davon uͤberig zu ſeyn ſcheinet. Daher dann uff ſolche deine Frag zu antworten eben ſchwer faͤllt / und hierzu eine mehrere Wiſſenſchafft / als bey mir iſt / erfordert wird. Gleichwol / damit ich dir in etwas hierinn dienen moͤge / will ich allein anderer Meinungen erzehlen / und dir das Urtheil davon uͤberlaſſen.
Und Erſtlich zwar will Lactantius, lib. 7. de divino præmio, c. 15. daß es eine Aenderung mit dem Roͤmiſchen Reich geben / der Roͤmiſche Nam gaͤntzlich vertilget / und das Kaͤiſertum in Aſien wider kehren / der Nidergang dienen / und der Auffgang herrſchen werde. Seine Urſachen ſeyn /D dwas418Die XCIV. Frag. was durch Menſchliche Kraͤfften erbauet worden / ſolches werde auch durch dieſelbe wider verrichtet; Der ſterblichen Menſchen Werck ſeyen ſterblich; und ſich daher niemands verwundern muͤſſe / wann ein Koͤnigreich / ſo mit ſo groſſer Muͤhe ge - ſtifftet / durch ſo viel Maͤnner vermehret / und mit ſo groſſem Reichtum beſtaͤttiget worden / endlich ein mal falle / und unter gehe. Und ſolche ſeine Mei - nung iſt nicht ohne Bekraͤfftigung mit anſehenli - chen Exempeln / deren hieoben albereit etliche be - namſet worden / als bey welchen Voͤlckern weiland der hoͤchſte Gewalt geſtanden / der aber nicht ge - blieben / ſondern / nachdem die von GOtt ihnen ge - ſetzte Zeit vorbey / ſie ſolchen / als ihnen nur ein Zeitlang zu verwahren anvertraut / Andern ha - ben uͤbergeben muͤſſen; alſo / daß endlich / nach dem faſt alle Koͤnigreich geſchwaͤcht / und zerſtoͤrt wor - den / der hoͤchſte Gewalt an die Roͤmer kommen iſt; deren alte Zeiten in gewiſſe Alter abgetheilet geweſen. Dann / unter den erſten Koͤnigen / es noch ſchlecht mit denſelben beſtelt war / daß man ihr Reich der Kindheit vergleichen koͤnnen / bis es / nach und nach / zum Maͤnnlichen Alter gelangt iſt. Nachdem aber ſie / die Roͤmer / ſoviel Voͤlcker uͤberwunden / und ihnen unterthaͤnig gemacht / und keine Krieg / ſo vorhin gleichſam eine Ubung der Tugend geweſen / mehr hatten / auch die Stadt Rom ſich ihrer Macht mißbrauchte / und durch innerliche Krieg elendiglich verderbte / haben ſiedas419Die XCIV. Frag. das Alter erreicht. Zwar folgends der Kaͤiſer Auguſtus ihnen wider auffgeholffen / auch / bey den folgenden Kaͤiſern / es um das Roͤmiſche Reich meiſtentheils wol geſtanden iſt. Aber! wie mit dem zunehmenden Alter die Leibs-Kraͤfften allgemacht abnehmen / die Runtzeln das Geſicht verſtellen / die Farb ſich aͤndert / und die Beiner kaum aneinanderhangen: Alſo hat auch die Staͤrcke der Jugend / damit das Roͤmiſche Reich / als ein ſtarcker Kaͤmpffer / auff der Rennbahn / ſich erwieſen / ſich verloren / und iſt nunmehr ſchier veraltet. Dann / wann wir uns nach den Laͤndern umſehen / ſo weiland unter der Roͤmer Gewalt ge - weſen / ſo werden wir wenig mehr finden / ſo die Hochheit des Roͤmiſchen Reichs erkennen. Von Aſia / von Africa / iſt das geringſte nicht mehr uͤberig. Wie es mit Ungarn / Portugal / Hiſpa - nien / Franckreich / Britanien / Dennemarck / Schweden / Polen / dem Griechenland / Sardi - nien / Sicilien / und andern / beſchaffen / das ligt am Tag. Von Jtalien / iſt noch etwas wenigs vor - handen / ſo den Roͤmiſchen Kaͤiſer fuͤr das Ober - Haubt / und Lehen-Herrn / erkent. Hergegen aber der Bapſt die Haubt-Stadt Rom / ſamt vielen Landſchafften / beſitzt / der Venediger / und ande - rer mehꝛ daſelbſten / ſo frey ſeyn wollen / zu geſchwei - gen. Daß alſo allein faſt noch das Teutſchland / und zwar nicht mehr gar voͤllig / uͤberig / ſo eigent - lich zum Roͤmiſchen Reich / in der That / gehoͤrig /D d ijund420Die XCIV. Frag. und dem Kaͤiſer unterworffen iſt. Daher Johan - nes Bodinus, ein Frantzos / ſich unverſchaͤmt unter - ſtehet / den herrlichen / und praͤchtigen Titel der Monarchi / oder Welt-Reichs / den Teutſchen zu benehmen / und denſelben ein Weil den Hiſpa - niern / einweil den Tuͤrcken / ſowol der Voͤlcker / als der Laͤnder halber / ſo unter ihnen ſeyn / zuzueignen. Und ſeyn auch die Juden in der Hoffnung / daß ſie nicht ewig vertrieben ſeyn / ſondern / nachdem das Roͤmiſche Reich vergangen / ſie wider in ihr Lande gelangen werden.
Aber viel einen beſſern Grund haben die / welche wollen / daß das Vierte Welt-Reich / bis an den Juͤngſten Tag / waͤhren werde. Dañ die haben zum Beweis die H. Schrifft / namlich die Danieliſche Weiſſagung. Es ſagt aber der Pr. Daniel / im 2. Capitel / alſo / zum Koͤnig Nebucadnezar: Du Koͤnig ſaheſt (im Traum) / und ſihe ein ſehr groß / und hoch Bilde ſtund gegen dir / das war ſchreck - lich anzuſehen. Deſſelben Bildes Haubt war von feinem Golde / ſeine Bruſt / und Arm / waren von Silber / ſein Bauch / und Lenden / waren von Ertz. Seine Schenckel waren Eiſen / ſeine Fuͤſſe waren eins theils Eiſen / und eins theils Thon. Solches ſaheſtu / bis daß ein Stein herabgeriſſen ward / ohn Haͤnde / der ſchlug das Bild an ſeine Fuͤſſe / die Eiſen / und Thon waren / und zumalmet ſie. Da wurden miteinander zumalmet das Eiſen / Thon /Ertz /421Die XCIV. Frag. Ertz / Silber / und Gold / &c. Du Koͤnig biſt das guͤlden Haubt. Nach dir wird ein ander Koͤnig - reich auffkommen / geringer denn deines. Dar - nach das Dritte Koͤnigreich / das ehrne iſt / wel - ches wird uͤber alle Land herrſchen. Das Vierte wird hart ſeyn wie Eiſen / &c. Daß du aber geſe - hen haſt die Fuͤſſe / und Zee / eins theils Thon / und eins theils Eiſen / das wird ein zertheilet Koͤnig - reich ſeyn / doch wird von des Eiſens Pflantze drinnen bleiben / &c. Und daß die Zee an ſeinen Fuͤſſen eins theils Eiſen / und eins theils Thon ſind / wirds zum Theil ein ſtarck / und zum Theil ein ſchwach Reich ſeyn / &c. Aber / zur Zeit ſolcher Koͤnigreiche / wird Gott vom Himmel ein Koͤnig - reich auffrichten / das nimmermehr zerſtoͤret wird / und ſein Koͤnigreich wird auff kein ander Volck kommen. Es wird alle dieſe Koͤnigreich zumal - men / und verſtoͤren / aber es wird ewiglich bleiben. Wie du denn geſehen haſt einen Stein ohn Haͤnde vom Berg herabgeriſſen / der das Eiſen / Ertz / Thon / Silber / und Gold zumalmet / &c. Bis hie - her der H. Prophet Daniel. Aus welchen Wor - ten zu erlernen / daß das Vierte / und letzte Welt - Reich werde eiſern ſeyn. Dann / wie das Eiſen al - les / auch das haͤrtiſte zermalmet; alſo werde es auch mit ſelbigem Roͤmiſchen Reich eine Gelegen - heit haben / daß ſolchem nichts widerſtehen werde koͤnnen. Daß aber die Fuͤſſe / und Zee / zugleich aus Eiſen / und Thon / ſeyn werden / zeigetklaͤrlich an /D d iijwas422Die CXIV. Frag. was es auff die Letzt fuͤr eine Beſchaffenheit mit ſolchem Vierten / oder Roͤmiſchen Reich haben / und daß es / bis zur Zukunfft Chriſti zum Gericht / verbleiben werde; Wie haͤtte der Prophet Daniel hievon klaͤrlicher reden koͤnnen? Er ſagt / es wer - den Vier Welt-Reiche (namlich das Aſſyriſche / deſſen Haubt eben der gedachte Koͤnig Nebucad - nezar geweſen / das Perſiſche / das Griechiſche / und das Roͤmiſche) entſtehen / in deren letzten / namlich dem Roͤmiſchen / der Sohn Gottes kom - men werde / nachdem alle Koͤnigreich zugleich ab - gethan / und ausgetilgt ſeyn werden. Wird dero - wegen unſer Roͤmiſch-Teutſches Reich ſo lang verbleiben / bis an demſelben der ewige Monarch / Chriſtus Jeſus / mit ſeiner Zukunfft zum Gericht / ein Ende machen wird. Darzu komt des Prophe - ten Daniels ſelbſten Traum / im 7. Capitel / von den vier Thieren / welche der Engel / von den vier Reichen auff Erden / ihme ausleget. Und daß noch immer die Pflantze / oder Staͤrcke des Eiſens ver - bleibe / haben wir / unter andern / auch ein augen - ſcheinlich Exempel an Kaͤiſer Carlen dem Fuͤnff - ten / was gewaltige Thaten er gethan; alſo / daß auch der Maͤchtige Tuͤrckiſche Kaͤiſer Solymann ſich vor nichts ſo ſehr / als vor denſelben / ſich ge - foͤrchtet hat. Wie lang hat Kaͤiſer Rudolph der Ander mit den Tuͤrcken in Ungarn / und zwar meh - rertheils gluͤcklich / gekriegt / und dieſelbe vomTeut -423Die XCIV. Frag. Teutſchen Boden abgehalten? Wurde zu lang ſeyn / auch von andern Teutſchen Kaͤiſern zu reden. Alle Koͤnige / und Potentaten in Europa / geben / den Teutſchen Kaͤiſern / den Titul eines Roͤmiſchen Kaͤiſers / und habens gethan von viel hundert Jahren hero. So iſt auch die Stadt Rom / als das Haubt / noch vorhanden; wiewol nicht mehr in ſeiner alten Herrlichkeit / jedoch noch praͤchtig ge - nug. Und obſchon dieſelbe jetzt unter eines andern Gewalt / ſo haben aber die Roͤmiſche Teutſche Kaͤi - ſer ſich der Anſprach darzu / vermutlich / nie gantz begeben. Was Hoͤchſtgedachter Kaͤiſer Carl An. 1527. mit ſolcher Stadt vorgenommen / das iſt dir vorhin genugſam bekant; obwoln / als Jhre Kaͤiſerliche Majeſtat / die Herren Chur-Fuͤrſten / durch Schreiben / erſucht / das ſie ſelbige Stadt / des Reichs Haubt / und die alte der Kaͤiſer Rech - te / und Gerechtigkeiten / dem Reich reſtitui ren wol - ten / Dieſelbe geantwortet haben ſollen: Er thaͤte ſolches / wann ihn die Religion nicht bewegte; wie aus Venturæ de Valentiis Parthenio litigioſo, Her - man. Latherus de Cenſu, lib. 1. c. 16. n. 63. p. 191. berichtet; der auch daſelbſten / und lib. 3. c. 24. n. 61. & 92. item Henningus Arniſæus, de jure Ma - jeſtatis lib. 2. c. 2. num. 4. und lib. 3. c. 1. n. 15. und oberwehnter Bodinus (ſo ſonſten den Teut - ſchen nicht ſonders guͤnſtig) lib. 1. de Republica: desgleichen D. Leonh. Wurffbain / part. 6. Relat. hiſtor. und Limnæus, in annot. ad Capitulat. Cæſ. D d 4Matthiæ,424Die XCIV. Frag. Matthiæ, & Ferdinan. II. Was unſere Kaͤiſer fuͤr eine Gerechtigkeit / und Macht / noch der Zeit / in Jtalia haben / zu leſen ſeyn. Und thut zu dem Anſehen ſehr viel / daß ſolches Kaͤiſertum nicht erblich iſt / ſondern / wann ein Kaͤiſer ſtirbt / ein an - derer / von den Herren Churfuͤrſten des Reichs / erwehlet wird / inmaſſen auch neulich / nachdeme daſſelbe / ein gutes uͤber ein Jahr hinaus / ohne ein Haubt geweſen / endlich den 8. (18.) Julii dieſes 18. Jahrs / von Denſelben / der Aller durchleuch - tigſte / und Großmaͤchtigſte Herr / Herr Leopoldus / Koͤnig in Ungarn / und Boͤheim / Ertz-Hertzog zu Oeſterreich / in Franckfurt / zum Roͤmiſchen Koͤ - nig / und kuͤnfftigen Kaͤiſer / erwehlet / und / den 22. Julii, (1. Auguſti,) daſelbſt darzu gekroͤnet worden iſt. Gott der HErr gebe Jhr Roͤm. Kaͤiſ. Maje - ſtat / langes Leben / gute Tag / beſtaͤndige Geſund - heit / und friedliche Regierung.
Was die obenangezogne Einwuͤrff / und 1. des Lactantii, daß / in der letzten Zeit / der Roͤmiſche Nam werde ausgetilget / und Aſia das Kaͤiſer - tum wider bekommen / ſo wird gefragt / wer ſolches Geheimnus dem Lactantio offenbaret habe? Es wird / ohne Zweiffel / eben damit ein ſolche Geſtalt / als mit ſeiner Vorſagung zum Juͤngſten Gericht / haben / deme er das zweyhunderſte Jahr / nach ſei - ner Zeit / beſtimmet. Nun iſt er ums Jahr 330. in einem Anſehen geweſen: haͤtte alſo / ſeiner Mei - nung nach / der Juͤngſte Tag im Jahr 530. kom -men425Die XCIV. Frag. men ſollen. Wann er wider lebendig werden koͤnte / und der Roͤmiſchen Monarchi uͤberbliebene Herr - lichkeit gegenwaͤrtig ſehen ſolte / wurde er ſich / uͤber die Goͤttliche Erhaltung derſelben / durch 1328. Jahr / von ſeiner Zeit an zu rechnen / nicht gnugſam verwundern koͤnnen / und bekennen muͤſſen / daß er hierinn gar zu forchtſam geweſt ſeye. Bleibet alſo dabey / wie anders mehr / ſo der Prophet Daniel vorher verkuͤndiget / erfuͤllet worden / daß auch dieſe ſeine Propheceyung werde beſtaͤndig / bis zur Zukunfft Jeſu Chriſti zum Gericht / verbleiben / obſchon dieſes letzte Welt-Reich nicht mehr ſo maͤchtig / als es etwan geweſen iſt; gleichwol / wann es einig / noch einem jeden aͤuſſerlichen Ge - walt / mit Goͤttlichem Beyſtande / widerſtehen kan.
Was / fuͤrs Ander / den Iohannem Bodinum anbelangt / der unſerm Reich / weil es an Reich - tum / Menge des Volcks / und der Laͤnder / nicht ſo maͤchtig / als Andere / den Namen des Welt - Reichs / oder Monarchiæ, zu benehmen ſich un - terſtehet; ſo iſt ſolcher Nam nit aus den zufaͤlligen Dingen / ſo der Eitelkeit unterworffen / zuermeſſen; ſonſten muͤſte folgen / daß das Reich / wie es unter den Kaͤiſern Honorio, Heraclio, und Andern / da - mals geweſen / auch nicht das Roͤmiſche Welt - Reich zu nennen were; weil es nicht mehr ſo maͤch - tig / als es ſich unter den Kaͤiſern Auguſto, und Trajano, befunden / geweſen. Alle MenſchlicheD d vSachen426Die XCIV. Frag. Sachen nehmen zu / und ab: wie wir ſolches an andern Koͤnigreichen ſehen. Und daß das Tuͤr - ckiſche nicht ein Welt-Reich / wie ihme Bodinus traͤumen laſt / zu nennen / das iſt / im Erſten Hun - dert der Fragen / erwieſen worden. Dann da iſt die waare Religion nicht: Man findet bey derſelben keine loͤbliche Geſaͤtz / und Ordnungen / keine wol - beſtelte Schulen / keine rechte Regierung / keine Fuͤrſten / und andere vornehme Herren / ſo fuͤr ih - res Koͤnigs Leben / und fuͤr die Freyheit / ſtreiten thaͤten; ſondern es iſt da eine lautere Sclaverey; indeme der Tuͤrckiſche Sultan / nach Wilkur / den Baſchen / ſo doch die Vornemſte ſeyn; ja auch die Janitſcharen / oder die Kriegsleute zu Fuß / ihrem Koͤnig / oder wie ſie ihn nennen / dem Kaͤiſer ſelb - ſten / das Leben nehmen / und ſich keiner / ſolches zu raͤchen / geluſten laſſen darff; anders alhie zu ge - ſchweigen; wie auch / was ſonſten oben angezogen worden / weil es ſich ſelbſten widerleget / zu uͤber ge - gen. Sihe gleichwol / was Lundorpius lib. 9. tom. 3. contin. Sleid. p. 401. ſeq. wie es / mit Abwuͤrgen der Naͤchſtverwanten / am Tuͤrckiſchen Hofe / daher - gehet / ſchreiben thut.
Jm uͤbrigen keines Wegs zweiffelnde / es wer - den Jhre Roͤm. Kaͤiſerl. Mtt. ꝛc. ſamt den Herren Churfuͤrſten / und allen Staͤnden des Reichs / als denen GOtt der HErr / bey dieſen unruhigen / und gefaͤhrlichen Zeiten / die Reliqui en der Vierten /und427Die XCV. Frag. und letzten Monarchi anvertraut / mit Hindanſe - tzung aller Verhindernuſſen / darauff weiters / wie bishero hoͤchſtloͤblich / und ruͤhmlich geſchehen / bedacht ſeyn / wie das noch vorhandene nicht al - lein erhalten; ſondern auch vermehret werden moͤge. Quid præpotenti Deo gratius? quid vobis laudabiltus? quid Imperio Romano glorioſius? ſagt Herr Ulrich von Noſtitz / vor dem Beſchluß ſeiner Rede / utrum Monarchia Romano-Ger - manica ante extremum diem ſit interitura? pag. 21.
ES will M. Laurentius Fa - britius, weiland der Hebræiſchen Sprach Lehrer zu Wittenberg / in ſeiner diſputa - tion, de materia lectionis in Hebræo ſermone, daß die Hebræiſche Sprach die jenige ſeye / ſo der erſte Menſch / namlich Adam / geredt / und daß des Noæ Geſchlechts Sprach nicht / ſondern der Nim - rodæer / bey dem Babyloniſchen Thurn / ſeye ver - wirret worden / und daß Es dras / nach der Baby - loniſchen Gefaͤngnus / die neue Hebræiſche Buch - ſtaben nicht erfunden habe. M. Chriſtoph. Cri - neſius, von Schlaccowald / in Boͤheim buͤrtig / ſo der Orientaliſchen Sprachen wol erfahren / und mit deme ich zu Wittenberg / und Altdorff / bekantgeweſen /428Die XCV. Frag. geweſen / ſagt / in ſeiner erſten diſputation, de Con - fuſione Linguarum, daß Moſes / wann er im 11. Capitel / v. 1. des erſten Buchs / ſpricht: Es hatte aber alle Welt einerley Zungen / und Sprachen / die Hebræiſche verſtanden habe / wie man dieſelbe jetzt nennet. Und daß dieſelbe die erſte Sprach ge - weſen ſeye / erweiſet er aus Auguſtini lib. 16. de ci - vit. Dei, c. 11. und Hieronym. in c. 3. Sophoniæ, und ſchreibt / daß / heutigs Tags / faſt alle Gelehr - te dieſer Sprach den Vorgang laſſen / den Goro - pium Becanum ausgenommen / welcher ſeine Ni - derlaͤndiſche derſelben vorzuziehen ſich bemuͤhe. Und bringt er noch mehr Urſachen herfuͤr / war - um die Hebræiſche die alleraͤltiſte Sprach ſeye / ſo von dem Heber (oder Eber / des Salah Sohn / Arphachſad Enickel / und des Sems Urenickel) den Namen habe. Und zwar / was den beſagten Becanum anbelangt / ſo ſeyn auch Andere wider ſeine Meinung / daß die Niderlaͤndiſch / oder Cim - briſche Sprach / der Hebræiſchen ſolte vorgezogen werden. Zwar / daß unſere Vor-Eltern / ſo vom Japhet / des Noæ / oder Noah / andern Sohn / her - kommen / bey Erbauung des Babyloniſchen Thurns / und Veraͤnderung der Sprachen / nicht geweſen / das will man aus dem 10. Cap. des 1. Buchs Moſis erweiſen. Wie dann die Austhei - lung des Erdbodens / unter des gedachten Noha / bald nach der Suͤndflut geſchehen. Die Erbau - ung aber des beſagten Thurns iſt erſt / zur Zeitdes429Die XCV. Frag. des ernanten Hebers / vorgenommen worden / nach - dem albereit die Nachkoͤmling des Japhets / in ihr Erbtheil / namlich die Mitternaͤchtiſche Jnſeln / und Pen-Jnſeln / ſich begeben hatten: und daher kein Wunder / daß in der Cimbriſchen Sprach ſo - viel Hebræiſche Woͤrter gefunden werden; wie Ioannes Lyſcander, in ſerm. 4. Danicarum Anti - quitat. erweiſet. Und iſt unlaugbar / daß die Teut - ſche eine uralte Sprach iſt / ſo ſich / unter dem Na - men der Celtiſchen / durch Europam / namlich Teutſchland / Dennemarck / Jsland / Schweden / Noꝛwegen / Engelland / Franckreich / Welſchland / und Hiſpanien / ausgebreitet hat.
Aber / weiter zu gehen / ſo iſt auch D. Chriſtophor. Beſoldus, de Linguarum ortu, atꝙ́ immutatione, cap. 12. der Meinung / daß die Hebræiſche die aͤlti - ſte / und allererſte Sprach ſeye / ſo aus dem Para - dis herkommen / und daher ſie die heilige Sprach genant werde. Sihe / was er daſelbſt / und im fol - genden Capitel / von dieſer Sprach weitlaͤuffig ſchreibet. Und daß die Hebræiſche Sprach die Brunnquell aller andern ſeye / ſtimmet auch mit zu D. Michaël Gehlerus, in diſput. Philoſoph. miſcellan. An. 1613. zu Prag gehalten / problem. 1. da er desgleichen dieſe des Pici Mirandulan[ſ]Wort ſetzet: Qui ordinem Hebraicæ linguæ pro - fundè, & radicaliter ten[u]erit, cujusꝙ́ ſtudii per - fectam normam habebit. Alſo will auch Kecker - man. lib. 4. ſyſt. polit. c. 7, daß die HebræiſcheSprach430Die XCV. Frag. Sprach die erſte ſeye / deren ſich der Menſch am allererſten gebraucht haͤtte.
Philippus Cluverius lib. 1. Antiq. German. fol. 74. hat ein andere Meinung / und will / daß die Hebræiſche nicht die allererſte ſeye / und daß unſe - rer erſten Eltern Sprach nirgends mehr zu fin - den / auch ſolche / vor dem Juͤngſten Tag / ſich nicht werde hoͤren laſſen / da alsdann mit derſelben alle Außerwehlten reden werden. Und ziehet Joan. Limnæus, in denen Annotam. zu des Kaͤiſers Ca - roli V. Capitulation, auch Andere an / welche ver - neinen / daß die Hebræiſche Sprach / ſo gar ſchwer / und zweiffelhafft / die erſte Sprach geweſt ſeye: Und ſetzet er darzu: ich halte die Hebræiſche Sprach fuͤr eine unter den Alten; aber / warum ich glauben ſolte / daß ſie die allererſte geweſen / bin ich / mit gnugſamen Urſachen / nicht gelehrt wor - den.
Ioſephus I. Scaliger. lib. 3. epiſt. 242. p. 520. und lib. 4. epiſt. 362. p. 701. ſchreibet / daß die Sprach / in welcher die heilige Schrifft verfaſt / die alleraͤl - tiſte / und von dem erſten Menſchen an / anfangs vollkommen / und unverfaͤlſcht in Aſſyria gewe - ſen; hernach aber / durch der Fremden Handtie - rungen / verderbt / und darauff die Syriſche / oder Phoͤniciſche / genant / und albereit / zur Zeit der Patriarchen / gebraucht worden: Als Abraham ins Land Cana an / oder Phœniciam, kommen / hab er ſolche lernen muͤſſen / weil er die Aſſyriſche gere -det:431Die XCV. Frag. det: Die Außlaͤnder / und die Jſraeliten ſelbſten / hetten lang hernach dieſelbe die Hebræiſche Sprach wegen des Abrahams / der / weil er vorhin jenſeit des Euphrats gewohnet / ein Hebræer geheiſſen worden / genant. Und dann ſchreibet H. G. P. Harsdoͤrffer / ſpecim. Philologiæ Germanicæ, diſ - quiſit. 3. p. 39. ſeq. daß keine Sprach rein / auch die Hebræiſche nicht / welches Abulenſis ſuper Geneſ. cap. 11. quæſt. 1. & 2. bezeichne. Dann / nachdem die Hebræer in die Gefaͤngnus hinweggefuͤhret worden / haben ſie etlicher maſſen ihrer eignen Sprach Gebrauch verloren / oder doch groͤſten theils verfaͤlſcht. Deswegen / als ſie wider / aus Babylonia / zuruckkommen / vonnoͤhten geweſen / Leute zu beſtellen / die dem Volck die Wort des Ge - ſaͤtzes / ſo in reiner Hebræiſchen Sprach gegeben worden / verdolmetſcheten: und dahero niemand ſich zu verwundern / daß / zur Zeit Chriſti / die He - bræiſche Sprach / mit Syriſchen / und Cahldæi - ſchen Woͤrtern vermiſcht / und verderbt / geweſen iſt.
ES wird deſſen nicht allein im 5. Buch Moſis / am 18. Capitel; ſondern auch / an andern Orten Heiliger Schrifft / gedacht. Wie es aber damit zugegan - gen? ſeyn nicht alle gleicher Meinung. Dann Theils wollen / daß die Heyden ihre Kinder taͤglich mit dem Feuer vom Altar der Goͤtzen haben be - raͤuchern laſſen / ohne Zweiffel darum / daß ſie hie - durch dieſelben zu dem Goͤtzendienſt / demſelben ihr Lebenlang anzuhangen / gewehneten. Und alſo erklaͤret es Guevara, in horologio Principum, was im 2. Buch der Koͤnig / Cap. 21. v. 6. geſagt wird / daß Manaſſe ſeinen Sohn durchs Feuer ge - hen laſſen.
Andere / als Lyra, uͤber das beſagte 18. Cap. des 5. Buch Moſis / vermeinen / daß es bedeute der Tartarn uͤblichen Gebrauch / welche vermei - nen / daß alles durch das Feuer gereiniget werde / und deswegen die Fremdlinge / ſo ihren Cham / oder Fuͤrſten / zu beſprechen haben / zwiſchen den Feuern hindurchgehen laſſen. Und dahero / ohne Zweiffel / die Heyden ihre Kinder durch das Feuer der angezuͤndten Opffer gehen laſſen / damit ſie ge - heiliget wurden. Welches ſie dann abermals zu dem Ende gethan / auff daß ſie / ihren Kindern / von Kindheit auff / ein Lieb / und geneigten Willen / zu den Goͤtzen / einpflantzeten.
Etliche / als Pellicanus, aus Rabbi Levi, muht - maſſen / daß durch das Feuerfuͤhren / oder gehenlaſſen /433Die XCVI. Frag. laſſen / ſoviel ſeye / als ſeine Kinder zum Dienſt des Goͤtzenweihen / und ſolches entweder eine Zeitlang / oder auff ewig dem ledigen Stande zueignen. Und ziehen Theils etliche Ort der H. Schrifft / als das oberwehnte 21. Cap. aus dem 2. Buch der Koͤni - ge / item das 16. v. 3. daſelbſt / und das 33. Cap. im 2. Buch der Chronick / v. 6. hieher.
Und dann ſeyn Etliche / als die Juden / in der Meinung / daß Theils Kinder gar ſeyen verbrant worden. Und beſchreibet Lyra, uͤber das 18. Ca - pitel des 3. Buchs Moſis / den Abgott Moloch, wie er von Kupffer / in Geſtalt eines Ochſen / in - wendig aus gehoͤlt / und ein Feuer darinn gemacht / bis der Goͤtz gleichſam gluͤend geweſen / und als - dann wurde der Knab zwiſchen deſſelben Haͤnde gethan / der Prieſter aber ſchlug auff die Pau - cken / und machte einen ſolchen Thon / daß man des dahinſterbenden Knaben Stimm nicht hoͤren kun - te / auff daß die Eltern kein Mitleiden mtt ihme haͤtten / ſondern vielmehr glaubten / ſeine Seele were von den Goͤttern auffgenommen in Ruhe / und ohne Schmertzen. Und redete / wie er Lyra, uͤber das 20. Capitel des beſagten 3. Buchs Mo - ſis / weiter ſchreibet / vom Moloch, die Schrifft oͤffters / als von andern Goͤtzen / weilen ihr viel zu dieſem geneigt waren / und ſie glaubten / daß / aus ſolcher Opfferung der Kinder / ſie erlangten / was ſie hernach begehrten. Und zwar / daß bey den Heyden die Kinder zu verbrennen der Brauch ge -E eweſen /434Die XCVI. Frag. weſen / erweiſet D. VVolfgangus Franzius, diſp. 3. ex Deuteronomio, wle auch diſputat. 9. und aus des Zuingeri theatro, item den Auctoribus, ſo von America geſchrieben / daß auch daſelbſt man Men - ſchen geopffert habe; und ſagt t[h]. 83. aus des Reineccii tom. 1. Syntagm. de Monarch. Chal - daic. & Aſſyr. daß der Koͤnig den Sennacherib / durch Auffopfferung ſeiner Soͤhne / Gott zu ver - ſoͤhnen / von denſelben / umgebracht worden. Und hieher wird gezogen / was vom Koͤnig Ahas zu Jeruſalem / im 2. Buch der Koͤnige / Cap. 16. v. 3. geſchrieben ſtehet / daß er ſeinen Sohn / nach den Greueln der Heyden / durchs Feuer habe ge - hen laſſen; das iſt / wie es im 2. Buch der Chro - nick / Cap. 28. v. 3. erklaͤret wird / ſeine Soͤhne mit Feuer verbrant habe. Jtem / Jerem. Cap. 7. v. 31. daß ſie ihre Soͤhne / und Toͤchter / verbrennen. Und ſagt der 106. Pſalm / v. 37. und 38. klar / daß ſie ihre Soͤhn / und Toͤchter / den Teuffeln ge - opffert / und unſchuldig Blut vergoſſen / das Blut ihrer Soͤhne / und ihrer Toͤchter / die ſie opfferten den Goͤtzen Canaan / daß das Land mit Blut - ſchulden beflecket ward. Unſere Vor-Eltern / die alte Teutſchen / haben auch ihre eigne Soͤhne auff - geopffert. Philippus Cluverius lib. 1. Antiq. Ger - man. ſchreibet / unter anderm / hievon alſo: Bey groſſen algemeinen Opffern haben ſie allerley Thier / von allerley Farben / genommen; aber / bey beſondern / und kleinen Opffern / haben ſie auff dieweiſſe;435Die XCVI. Frag. weiſſe; und wann ſie den untern Goͤttern / oder den Teuffeln / geopffert / auff die ſchwartze Farb / geſehen. Sie opfferten auch Menſchen / und gar ihre eigne Soͤhne. Sonderlich aber brachten ihre Diener / die junge Schergen / allerley Ubel - thaͤter / zum Opffern / herbey / und muſten biswei - len auch Unſchuldige herhalten. Die Gefangene wurden / bey den Opffern / mit Pfeilen erſchoſſen; Theils auch gecreutzigt. Wann dieſes verrichtet / haben ſie ſolche geopfferte Menſchen / und Vieh / gefreſſen / und / nach der Malzeit / allerley Kurtz - weil / und Spiel / angeſtelt / und aus dem Einge - weide den gluͤcklichen Fortgang ihres Kriegs er - lernet / & c.
WAs das Erſte anbelangt / wie man ein Weib / das der Mann / des Ehebruchs halber / fuͤr verdaͤchtig ge - halten / durch das bittere Waſſer / ob ſie ſchuldig / oder nicht / probiren muͤſſen / davon kanſtu ſelber / im 4. Buch Moſis / am 5. Cap. im 16. und fol - genden Verſiculn / leſen. Welchen Brauch aberE e ijandere436Die XCVII. Frag. andere Voͤlcker nicht nachthun ſollen / ſondern es gieng allein die Moſaiſche Policey / und die Kin - der Jſrael / an. Und hat daher derſelbe nicht auff andere Proben / ſo folgender Zeit / ohne Goͤttlichen Befelch / ſeyn eingefuͤhret worden / gezogen wer - den koͤnnen; als da ſeyn geweſen / die purgationes, oder Proben / durchs gluͤende Eiſen / Tretten auff die gluͤende Pflugſcharen / Halten der Haͤnde in ſiedendem Oel / oder Waſſer / und dergleichen / dardurch man erfahren wollen / ob der Bezuͤchtig - te eines Laſters ſchuldig / oder nicht: wie auch man durch das Waſſer die Hexen / und die Todtſchlaͤ - ger durch das Bluten des todten Coͤrpers / (da - von oben / in der 74. Frag) des gleichen die Un - ſchuld / durch die Zwey-Kaͤmpff / (davon oben in der 42. Frag) probiren wollen; item durch das Looswerffen; davon unterſchiedliche / und aus denſelben auch Fridericus Heinius, in diſſertatione de probatione, quæ olim per ignem, & aquam, cùm ferventem, tùm frigidam, fieri ſolebat, zu Tuͤ - bingen / bey des D. Chriſtoph. Beſoldi diſſertat. Phi - lologicis An. 1622. gedruckt / vom Looswerffen aber D. VVolfg. Franzius, diſp. 9. ex Deut. th. 124. und D. Gerhard. dec. 2. qu. polit. 3. geſchrieben ha - ben. Und daß die Prob durch das kalte Waſſer betruͤglich ſeye / ſchreibet auch gedachter Beſoldus ſelbſten / in Theſauro practico v. Waſſer-Urtheil / lit. VV. bisweilen iſt es angegangen; wie dann Chr. Lehman / in der Speyriſchen Chronick / lib. 2. c. 30.437Die XCVII. Frag. c. 30. folgendes Exempel erzehlet: Als / nach Koͤ - nig Ludwigs in Teutſchland Abſterben / der Kaͤi - ſer Carolus Calvus, des beruͤhrten Koͤnigs Bru - der / deſſen Soͤhnen einẽ Theil der Land / am Rhein - ſtrom / wider ab / und zu ſich zu ziehen vorgenom - men / und deshalben mit Kriegsvolck ſich Ober - Teutſchland genahet / iſt Koͤnig Ludwig der Juͤn - ger / von Franckfurt / mit ſeinem Kriegsvolck auff - gebrochen / und ſich gegen dem Kaͤiſer / ſeinem Vet - tern / anderſeits des Rheins / gelaͤgert / Geſandte zu ihm hinuͤber geſchickt / und ſein unbilliches Fuͤr - haben laſſen vermelden / und bitten / ſich feindlicher Handlung zu maſſen. Dieweil aber ſolch ſuchen / und bitten / nichts gefrucht / hat Koͤnig Ludwig 30. Perſonen zum Kaͤiſer geſchickt / deren Zehen durch ſiedend Waſſer / Zehen durch kalt Waſſer / Zehen mit gluͤenden Eiſen darthun / erweiſen / und beſtaͤt - tigen laſſen / daß von ſeinem Vatter her ihme die Land rechtmaͤſſig / und erblich / zuſtaͤndig / und der Kaͤiſer weder Fug / noch Recht daran hab. Ob nun wol die Sach / durch bemeldte gebraͤuchliche Mittel / ausfindig gemacht / und aus den 30. kei - ner verſehrt / noch verletzt worden / hat doch der Kaͤiſer ſein Fuͤrnehmen nicht geaͤndert / ſondern den Koͤnig gefangen / iſt aber / im Treffen / uͤber - wunden / und geſchlagen worden. Sihe hievon auch Andr. Brunnerum, part. 2. Annal. Virtutis, & Fortunæ Bojorum lib. 7. p. 228. Kaͤiſer Hein - richs des Andern Gemahlin / Fr. Chunegund /E e iijwurde438Die XCVII. Frag. wurde bezuͤchtiget / als ſolte ſie mit einem jungen von Adel / den man aus ihrem Zimmer gehen ſe - hen / zu thun haben; die dann ihre Unſchuld / und daß es nur ein Teuffels-Geſpenſt geweſen / indem ſie gluͤende Pflugſcharn / mit bloſſen Fuͤſſen / ohne Schaden / getretten / erwieſen hat; wie unterſchied - liche / und aus denen auch Raderus tom. 1. Bavariæ Sanctæ, p. 109. auffgezeichnet haben; welcher letz - te den Martinum Delrium anziehet / ſo von der Prob durchs Feuer / lib. 4. diſquiſit. Magicar. qu. 9. ſect. 3. weitlaͤuffig ſchreibe / und etliche Exem - pel beybringe. Ein ſonderliches erzehlet Albert. Cranzius, lib. 8. Vandal. c. 30. wie einer unſchuldig bezuͤchtigt worden / daß er ein Haus angezuͤndet haͤtte / welcher dann ſeine Unſchuld mit einem gluͤ - enden Eiſen / ſo er einen zimlichen Weg / ohne Scha - den / getragen / und hernach von ſich geworffen / er - wieſen hat. Das Eiſen iſt verſchwunden / und faſt ein Jahr voruͤber gangen / da einer / ſo die Gaſſen mit Kiſelſtein pflaſtern ſollen / das Eiſen in dem Sand noch gluͤend gefunden / und die rechte Hand damit verbrent; welcher dann hierauff eingezo - gen / die That bekennet hat / und geraͤdert worden iſt. Aber / heutigs Tags / iſt dergleichen Prob / als unrichtig / und aber glaͤubiſch / abgeſchafft / vermoͤg des Cap. final. de purgat. Vulgari, & c. Mennam. 2. q. 5. & c. conſuluiſti, ibidem, & cap. ex tuarum de purgat. Canon. S. Ioſeph. Maſcardum, de Pro -bation. 439Die XCVII. Frag. bation. volum. 1. quæſt. 4. num. 9. & 10 fol. 6. a, b. item Jac. Martini, cent. 5. diſp. 8. qu. 10.
Was den Andern Puncten deiner Frag an - belangt / ſo hat man / vor Zeiten / keine gewiſſe Per - ſonen zu Scharff - oder Nachrichtern gehabt / ſon - dern entweder die Zeugen / oder das gantze Volck / oder die Fuͤrſten ſelbſt / oder ihre Raͤht / und ande - re Diener / wie ſie bey der Hand geweſen / haben die Schuldige / oder die das Leben verwirckt / hinge - richtet; wie aus dem 2. Buch Moſis am 32. v. 27. 28. 3. Buch / Cap. 24. v. 16. 23. dem 4. B. Moſis / C. 15. v. 36. im Buch der Richter / C. 8. v. 21. dem 1. Buch Samuel. C. 22. v. 17. dem 2. B. Samuel. C. 1. v. 15. im 1. Buch der Koͤnig / Cap. 2. v. 25. 29. 31. 34. anderm B. der Koͤnig / C. 9. v. 32. und der Apoſtel Geſchicht / C. 7. v. 58. und 59. und andern Orten H. Schrifft mehr / er - ſcheinet. Sihe D. VVolfg. Franzium, diſput. 10. ex Deuteronom. th. 80. & ſeqq. daß ſolches Amt fuͤr ehrlich gehalten worden. Dann / wann es dem Richter keine Unehr / das Urtheil uͤber einen U - belthaͤter zu faͤllen / ſo iſt auch die Vollſtreckung deſſelben nicht unehrlich. Daß aber heutigs Tags / da man gemeinlich eigne / und beſtelte (wiewol nicht aller Orten) hierzu hat / dieſelbe ſo verachtet ſeyn / ſolle daher kommen / weil man vielmals die boͤſeſte / und laſterhafftigſte darzu erwehlet hat / welche / mit ihrem ſchaͤndlichen Leben / auch dieſem Amt ein Unehr / und Schandflecken / angehenckt haben. E e iiijSihe440Die XCVIII. Frag. Sihe Thomam Garconem nella piazza Univerſa - le di tutte le Profeſſioni del Mondo, diſcorſo 106. p. 753. der Venediſchen edition, vom Jahr 1599. in 4.
WAs das Erſte anbelangt / ſo iſt der See / oder Pful / ſo Aſphaltus, und Aſphaltites, item / das todte Meer / genant wird / an dem Ort / wo vor Zeiten die Staͤdte So - doma / Gomorrha / Adama / und Seboa (dann die fuͤnffte / namlich Bela / oder Soar / wegen des Loths Gebet / erhalten worden) geſtanden / ehe ſie / wie im 1. Buch Moſis / am 19. Capitel zu leſen / untergangen ſeyn / gelegen / deſſen Laͤnge / wie Ege - ſippus de excidio Hieroſolymorum lib. 4. 6. 18. be - richtet / von 580. und die Breite von 150. Stadiis, oder Renn-Weg / (deren jedes 125. Schrit hat) iſt. Von dieſem See / oder todten Meer / nun ſchreibet man / daß er einen Peſtilentziſchen Ge - ſtanck von ſich gebe / nichts herfuͤrbringe / als einen feiſten Schwefel-Schleim / oder Juden-Leim /auch441Die XCVIII. Frag. auch kein Fiſch in demſelben ſeye: man ſehe / an dem Geſtade / Aepffel / Trauben / ſo einem eine Be - gierd zu eſſen machen; aber / wann mans angreif - fe / ſie ſich voneinander begeben / zu Aſchen werden / und einen Rauch machen / als ob ſie noch brennen thaͤten / wie gemeldter Egeſippus, von ſeiner Zeit / ſchreibet; auch ſagt / wie die Meinung ſeye / daß alles / was man zu ertraͤncken vorhabe / lebendig wider herfurkomme: Das Waſſer ſeye bitter / dulte auch keine Waſſervoͤgel: und wann eine Kertzen angezuͤndet werde / ſolle ſie auff dem Waſ - ſer ſchwimmen / ohn einige Veraͤnderung / wann aber das Liecht ausgeleſcht werde / zu Grund ge - hen; und ſage man / daß Veſpaſianus befohlen / Leute / ſo nicht ſchwimmen gekoͤnt / mit gebundenen Haͤnden in die Tieffe zu werffen / die aber alſobal - den uͤberſich geſchwummen. Den beſagten Juden - Leim / von ſchwartzer Farb / ſamlen die / ſo mit Schifflein zu demſelben ſich nahen / ſo oben auff dem Waſſer herumgehe; und was er daſelbſt weiters hat. Und daß nichts Lebendiges in dem ge - dachten todten Meer unter gehe / wollen auch Dio - dorus Siculus, lib. 19. Tacitus, lib. 5. hiſtor. Ioſephus, lib. 4. de bello Iudaico c. 5. und Iuſtinus, lib. 36. c. 3. Es hat zwar / wie Villamontius, in ſeinem Orien - taliſchen Reis-Buch berichtet / einer vorgeben / daß / in ſeinem Beyſeyn / ein Eſelin ſeye hineinge - ſtuͤrtzt worden / und darinnen geblieben; Er / vonE e vVilla -442Die XCVIII. Frag. Villamont, aber hat das Widerſpiel erfahren / und ſagt lib. 2. cap. 27. auch / daß daſelbſt nichts Lebendiges untergehe.
Auff den andern Puncten deiner Frag ant - wortet D. Franzius, diſp. 14. ex Deuteronom. th. 177. ſeq. Es habe das Anſehen / weil Moſes den Eliam weit uͤbertroffen / daß er / ſeine Lehr zu be - ſtaͤttigen / offentlich / vor einer ſo groſſen Menge Volcks / von den Engeln / in den Himmel haͤtte ge - tragen werden ſollen: Aber ſolches ſeye / wegen der / mit offentlichem / und groſſem Aergernus / beym Haderwaſſer / begangenen Suͤnde / nicht ge - ſchehen: wie dann dergleichen von Enoch / und Elia / nirgends zu finden; deren jener ein Goͤttlich Leben gefuͤhret / im 1. Buch Moſis am 5. v. 24. dieſer aber / wie ein Feuer herfuͤrgebrochen / und ſein Wort / wie eine Fackel / gebronnen; wie Sy - rach / Cap. 48. v. 1. ſaget. Von ihrer Auffahrt ſchreibet Keckermannus, lib. 2. Syſtem. Phyſ. c. 2. p. 99. alſo: Licet corpus Enochi, & Eliæ cœlum tranſcenderit, tamen hoc non effecit corporis te - nuitas, & levitas, ſed ſupernaturalis gratia.
Den Dritten Puncten betreffend / ſo hat der Koͤnig Darius in Perſien / den hernach der groſſe Alexander uͤberwunden / den Sanabalath zum Oberſten des Landes Samarlæ gemacht / welcher ſeine Tochter Jſacham / des Hohenprieſters zu Je - ruſalem / des Jaddi / Brudern / dem Manaſſi / zum Weib gegeben; welches die Juden uͤbel auff -genom -443Die XCVIII. Frag. genommen; daher ſich Manaſſes / zu dem be - ſagten ſeinem Schweher Sanabalath begeben / der / mit Erlaubnus des beſagten Koͤnigs / Alex - anders des Groſſen / auff dem Berg Garizin ei - nen Tempel erbauet / und den gemeldten ſeinen Tochtermann daſelbſt zum Prieſter gemacht; ne - ben welchem Berg daſelbſt die Samariter da - mals Sichem / oder Sichar / zur Haubt-Stadt hatten; wie hievon / und was fuͤr Ungelegenheit hernach / wegen des neuen Tempels / entſtanden / beym Ioſepho, lib. 11. Antiquitat. c. 7. & 8. und lib. 12. cap. 7. zu leſen. Das Samaritaniſch Weib / ſo von Sichar war / ſagte zum Herrn Chriſto / beym Evangeliſten Johanne / Cap. 4. v. 20. Un - ſer Vaͤtter haben auff dieſem Berge angebetet / und ihr ſaget / zu Jeruſalem ſey die Staͤtte / da man anbeten ſolle. Die dann / durch das Wort Vaͤtter / nach Etlicher Meinung / entweder die je - nige Samariter verſtanden / welche / nach Erledi - gung der Juden / aus der Babyloniſchen Dienſt - barkeit / gelebt / und welche die Juden / zu Wider - Erbauung des Hieroſolymitaniſchen Tempels / als Helffer / nicht zulaſſen wollen: oder aber die Juden ſelbſten / welche / zur Zeit des obernanten Koͤnigs Alexanders des Groſſen / ſich zum auch oberwehnten Prieſter Manaſſe / von Jeruſalem / nach Sichar / oder auch hernach / wann ſie ſich ver - griffen / dahin begeben / und wann es denen zu Je -ruſalem444Die XCVIII. Frag. ruſalem wol ergangen / ſich auch fuͤr Juden; wann es aber denſelben uͤbel ergangen / fuͤr ein an - ders Volck ausgegeben; wie aus den obangezog - nen Stellen / beym Joſepho, zu erſehen. Der Ort ſelbſten / wo ſolcher Samaritaniſche Tempel ge - ſtanden / iſt ſonſten von den Alten hochgehalten worden; als alda herum Abraham / und Jacob / gewohnet haben ſollen / da auch die Gebeiner des Joſephs begraben worden / und anders mehr / ge - ſchehen.
WArum nicht? Der hochwei - ſe Mann Plato wurde lib. 2. de Rep. ſon - ſten nicht befohlen haben / die erſte der Knaben Unterweiſung von den Fabeln / oder Ge - dichten / anzufahen / wann man nicht einen groſſen Nutzen aus denſelben haͤtte / wann ſie ehrlich ſeyn. Dann die Poeten groſſe Weisheit unter ihren Gedichten verborgen haben; ſo heimliche der Na - tur Sachen / Sitten / Regierungs / und andere Dinge in ſich begreiffen / welche / wann die Muͤt - ter / und Saͤug-Ammen / den Kindern ſie erzeh - len / verurſachen / daß ſolche in ihrer Gedaͤchtnus / bis ins Alter / verbleiben / und viel mehrers bey ih - nen ausrichten / als wann man ihnen ſonſten vonwichtigen445Die XCIX. Frag. wichtigen Sachen / und Lehren / wie ſie ſich zu ver - halten / etwas vorſagte. Ermahnen nicht des Her - culis Thaten zur Tapfferkeit? Thut nit des lxionis Straff / in der Hoͤll / von ſchaͤndlichen Sachen ab - mahnen? Des Tantali Durſt / von dem Geitz ab - ſchrecken? Des Bellerophontis Unfall / und des Marſyæ Blindheit / die Vermeſſenheit zu unter - laſſen antreiben? Die groſſe Luſtbarkeit der Ely - ſiſchen Felder / zu Auffrichtigkeit des Lebens / zur Treu und Glauben / zur Billichkeit / der Religion / und andern Tugenden / bewegen? und hergegen von allen Laſtern der gar ernſtliche / und ſtrenge Hoͤllen-Richter Rhadamantus abhalten? und ſo von andern mehren zu ſagen; welches / ob es wol nur Gedicht; gleichwol hierunter die alte Scriben - ten groſſe Geheimnuſſen / daß ſie dem gemeinen Volck nit bekant wurden / veꝛdeckt haben. Gleichwie auch / bey den alten Teutſchen / die Prieſter / ſo ge - meinlich von Adel geweſen / ob ſie wol / daß ein eini - ger Gott ſeye / gewuſt / auch die Unſterblichkeit der Seelen geglaubt haben ſollen; wie Philip. Cluve - rius, in ſeinem Werck vom alten Teutſchland / zu erweiſen ſich unter ſtehet: Dieſes / und anders mehr / gantz geheim gehalten / auff daß der gemei - ne Mann ſolches nicht verſtehen ſolte / welchen ſie mit Fabeln / und Retzeln / abgeſpeiſet haben. Der Æſopus war / zun Zeiten des reichen Koͤnigs Cr〈…〉〈…〉 ſi in Lydien / nur ein leibeigner Knecht / abervon446Die XCIX. Frag. von hohem Verſtand / alſo / daß in ſeinen Fabeln viel hochgelehrte Sachen / und Lehren / verborgen ligen / und deswegen der jenige vor Zeiten / ſo ſeine Fabeln nicht geleſen / fuͤr grob / und ungeſchickt / ge - halten worden iſt. D. Martinus Luther / in der Vorrede uͤber ſolche ſinnreiche Fabeln / oder Ge - dicht / bekennet frey / daß / nach der Heiligen Schrifft / die feinſte Welt-Weisheit / in vernuͤnff - tigen Fabeln / zu finden / wer allein denſelben mit Fleiß nachdencke; wie Johann Mattheſius / in der 9. Predigt / von den Hiſtorien des Herrn D. Martin Luthers / hievon weitlaͤuffiger zu leſen; da er auch unter anderm / dieſes / am 94. Blat / ſaget: Weil nun diß die artigſt / und ſubtileſt Weiſe eine iſt / bittere / und ſcharffe Warheit / die ſonſt feindſelig / und unangenehm iſt / alſo / von groſſen Leuten / auch in die Kinder / wie uͤberzucker - ten Wurm-Samen / und Kellershals / zu brin - gen / und hochberuͤhmte Leut offt mit ſolchen Fa - beln groſſe Ding / beyn Regenten / Unterthanen / Kind / und Geſind / ausgerichtet / hat unſer Do - ctor (Luther) ſein Muͤhe / und Arbeit / an den al - ten / und verunreinigten Eſopum legen / und ſeinen Teutſchen ein verneuertes / und geſcheuertes Maͤhrlein-Buch zurichten wollen / daran der Zeit viel guter Leut ein ſonders Gefallen trugen / &c. bis hieher Mattheſius. Fabius Quinctilianus lib. 5. inſtitut. Orator. c. 11. p. 86. a. ſagt / daß dieFabuln447Die XCIX. Frag. Fabuln der Bauren / und unerfahrnen Leut / Gemuͤter einzunehmen pflegen; welche auch das / ſo erdichtet / einfaltig anhoͤren / und / durch Luſt eingenommen / deme leichtlich Glauben geben / daran ſie ein Wolgefallen tragen. Ein ande - rer meldet / daß die Fabeln bisweilen nutzlicher / als die Hiſtorien ſelbſten; weilen in den Fabeln man ſich der Freyheit im Reden gebrauchen darff / dieſelbige auch leichter / als die Hiſtorten / verſtanden werden / und mehrere Anmutigkeit / als die Schertz-Reden / haben. D. I. B. Schup - pius, in Oratore inepto p. 27. ſpricht / von den ob - erwehnten des Æſopi Fabeln / alſo: Plus Sapien - tiæ est in fabulis Æſopi, quàm in omnibus o - mnium Occamiſtarum, & Thomiſtarum diſpu - tationibus. Und / in der Vorrede uͤber den Rach - gierigen / und Unverſoͤhnlichen Lucidor, daß P. Laurenbergius, ihme / wolte beweiſen / daß die Fabulæ Æſopi, vom Koͤnig Salomone herkaͤmen / welcher ſie uͤber ſeiner Tafel erzehlt / die hernach Aſſaph zu Papier gebracht / und von ihme die Griechen bekommen haͤtten.
ES ſeyn oben in der 83. Frag etliche Lehren gegeben worden / weſſen man ſich / in Verheuratungen / zu ver - halten; da du dann auch fuͤglich dieſe Frag haͤt - teſt mit anhencken koͤnnen. Es wird aber auff die - ſelbe / von einem Frantzoſen / es demandes joyenſes, & recreatives, geantwortet / daß der jenige / ſo ein boͤſes Weib bekommet / ſich zu fruͤhe verheurate. Jn einer Reis-Beſchreibung durch Heuteliam (wie daſelbſt das Land / verkehrter Weiſe / genant wird) ſtehet / am 91. Blat / daß einer / ſo ein boͤſes Weib gehabt / gebetten habe:
O Gott im Himmel ich ruff zu dir /Ein Weib / und Creutz / haſt gebenmir /Nims Creutz von mir / und dasWeib zu dir /Nicht beſſer kanſtu helffen mir.
Hergegen haͤlt man die fuͤr die reichiſte Maͤn - ner in der Welt / welche fromme / und verſtaͤndigeWeiber449Die C. Frag. Weiber uͤberkommen; die auch darzukeuſch / und zuͤchtig ſeyn / und der Mann nicht ſagen darff:
Oberwehnter Frantzos fragt / Warum ein Kind mehr nach der Mutter / als dem Vatter / ſchreye? und antwortet / dieweil es beſſer wiſſe / wer ſein Mutter ſeye. Jtem / auff die Frag / welcher Schmertz unheilſam? Eine Naͤrriſche Tochter / ohne Scham.
Sonſten haͤlt man das fruͤhe Heuraten gemein - lich fuͤr gut / und koͤnnen die Eltern nicht beſſer ih - ren Kindern Rahtſchaffen / als wann ſie der Geil - heit ein Gebiß einlegen / und dieſelbe / ſonderlich die Toͤchter / bey Zeiten verheuraten. Dann es heiſt / wie jener ſagt:
Daher Theils Juriſten ſprechen: Es gehoͤre die Jungfrauſchafft unter die jenige Waaren / die durch Auffhalten nicht erhalten werden koͤnnen. Welches aber kein allgemeine Regel iſt / ſondern ihre vielfaltige Abweichungen hat.
Was den Andern Puncten deiner Frag anbe - langt / ſo weiſtu wol / daß die Poeten der Sonnen /F fden450Die C. Frag. den Mond / zum Weibe gegeben / welcher dann der Sonnen entweder den Rucken kehret / oder dieſelbe uͤberzwerch anſihet / auſſer einmal im Monat / da er dieſelbe recht anſchauet. Zwar unſere alte Teut - ſchen den Mond / den ſie angebeten / nicht der Son - nen / (darunter ſie GOtt verſtanden haben / und welcher Nam vom Wort Sonders herkommet) ſondern dem Wodan / oder dem Mercurio, zum Weib gegeben / und ihn Hertha / oder die Erden / unſer Groß-Mutter; item Venus / und Eſtar / oder Oſtar / daher der Eſtarmonat / oder der A - pril / item / das Wort / und Feſt Ooſtern / ſo die Engellaͤnder Eaſter nennen / entſprungen: item / Frea / und Fria / daher das Wort Freytag / vom Freyen / oder Heuraten / item / Frau / und Froͤwe / herkommen / genent / und ihme einen Tag in der Wochen / ſo vor Zeiten Maandag geheiſſen ward / gegeben; wie ihn dann die Daͤnen noch alſo nen - nen; ſchreibet Philippus Cluverius, vom alten Teutſchland / lib. 1. c. 29. Und weil du dein Be - gehren an mich / mit etwas kurtzweiligen Fragen / endeſt; will ich / zum Beſchluß / auch etwas der - gleichen mit anhencken / namlich / daß in des D. J. B. Schuppii Tractat / Freund in der Noht / p. 72. ſeqq. von einem Moͤnch ſtehe / daß er in einen Wald ſpatzieren gangen / und / in einem holen Baum / etwas Honig gefunden / einen Topff / oder Hafen / erbettelt / das Honig darein gethan / undihn451Die C. Frag. ihn neben ſein Bett gehangen; einsmals aber nachgedacht / was er damit machen wolte / und ge - ſagt habe: Jch will den Honig verkauffen / und ein Hun darfuͤr kauffen; das Hun kan mir ſoviel Eyer legen; die Eyer will ich Theils verkauffen / Theils ſie laſſen ausbruͤten / und junge Huͤnlein erziehen: die Huͤnlein kan ich verkauffen / und ein Lamm darfuͤr kauffen: Das Lamm kan uͤber ein Jahr ein Schaf werden / und wider ein Lamm bringen. Wann ich nun ein Lamm / und ein Schaf / habe / ſo will ich ſie verkauffen / und ein klei - nes Kalb darfuͤr kauffen; das Kalb ſoll mir ein Ochs werden: wann er fett iſt / will ich ihn ver - kauffen / und ein Stuͤck Geld daraus machen: darauff aus dem Cloſter gehn / und ein Frau nehmen / die mir ſoll einen jungen Sohn / und keine Tochter / bringen; derſelbe ſoll fleiſſig ſtu - diren / damit er einmal Bapſt werden moͤge: will ers aber nicht thun / und mir gehorchen / ſo will ich einen Stock (oder Stab) nemmen / und ihm an Kopff ſchlagen. Jndem ſchlug er mit ſeinem Stab / den er in der Hand hatte / an den Honig-Topff / daß er zerbrach / der Honig / und alle ſeine Anſchlaͤge / im Koht da lagen. Alſo ge - hets auch offtmals vielen / mit ihren Einbildun - gen / und groſſen Anſchlaͤgen / daß ſie zu Spott / und Schanden werden / auch darzu / indem ſie ih - res Beruffs / und Ambts Arbeit daruͤber ver -ſaumen /452Die C. Frag. ſaumen / zu Schaden kommen; auch es mit der - gleichen Leuten / bey denen gemeinlich mehr Geſchwaͤtz / als Verſtand / uͤbel umzugehen iſt.
ENDE.
NÜRNBERG /
Gedruckt bey Wolff Eberhard Felßecker.
Jm Jahr 1659.
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