WAs die Fragen fuͤr groſſen Nutzen ſchaffen / kan man ohnſchwer auch aus dem abnehmen / weilen der Gottes: der Rechten: und der Artz - ney Gelehrten / auch vieler anderer vornehmer Leute Buͤcher derſelben voll ſeyn: dabey auch gemeinlich die Antwort zu finden; Wiewol es leichter iſt / zu fragen / als zu ant - worten. Longiore morâ opus eſt, ut ſolvas quæſtionem, quàm ut proponas, ſaget Seneca, in epiſt. 48. Es brauchet ein laͤngere Zeit / daß du die Frag auffloͤſeſt / als das du ſie auffgibeſt / oder auff die Bahn bringeſt. Und ſolle man daher nicht) (ijvonvon einem jeden Ding Fragen vor - legen; ſondern nur von nuͤtzlichen / erbaulichen / ehrlichen / wohlan ſtaͤn - digen / und zuͤchtigen Sachen; als wie dieſe gegenwaͤrtige ſeyn / die man aus vieler vornehmer Leute Schrifften / ſamt der Antwort dar - auff / zuſammen geleſen; Weilen die Buͤcher / daraus ſie genommen / den meiſten theil nit in teutſcher Sprach geſchrieben / und ob gleich theils in ſelbiger verhanden / ſie jedoch nicht Jedermans kauff / auch nit aller Or - ten zu bekom̃en ſeyn: und aber dem Vatterland / und deſſen Jnwoh - nern / ſo etwan zu ſolchen Sachen / wegen ihrer Nutzbar: und Ergoͤtz - lichkeit / in ihrer angebornen Teut - ſchen Sprach / davon berichtet zu werden / Luſt haben / billich hieriñ zu dienen; Weilen das Vatterland Jhme einen Theil unſerer Geburtzuſchrei -zuſchreibet / und wir demſelben mit dreyen Banden / als der Freundlich - keit / der Verwantnus / und der Un - terthaͤnigkeit / verbunden ſeyn. Zwar die Antwort / auf die erwehn - te Fragen / vielleicht nicht allerſeits Jedermann benuͤgen moͤchten: Wie dann in ſolchen Sachen / die ſich unterſchiedlich eroͤrtern laſſen / und uͤbungsweiſe vorgegeben werden / man nicht einen Richterlichen Aus - ſpruch thut; auch etwan eine ande - re Antwort / als vielleicht Einer in andern ſeinen Schrifften / gegeben / den Dingen mehrers nachzuden - cken / erfolget; ſo man ſich nicht ir - ren laſſen ſolle; ſonderlich / weil der / ſo dieſe Fragen / mit ihrer Antwort / alſo zuſammen getragen / ſie nicht ſelber erdacht / ſondern / wie vermelt / aus anderer Leute Schrifften ge - nommen hat / und daher dieſelbe /) (iijwannwann etwan Einem eine Antwort nit gefaͤllig / darumben anzufechten ſeyn. Dann Er / der Collector, ſich in ſolchen Streit nicht legen wird: gleichwol hiebey / von Jhme / dieſe Verſicherung geſchihet / daß er nicht allein ihre / der Autorum, ſo er benennet / Mainung auffrecht gegeben; ſondern / mit auffſchlagen der Stellen / ſo von Jhnen angezo - gen werden / ſo viel moͤglich / und zu - bekommen geweſen / an ſeinem Fleiß nichts ermangeln laſſen / mit ange - hencktem Erbieten / ſo fern derſelbe / daß ſolche ſeine wolgemeinte Ar - beit / dem grosguͤnſtigen Leſer be - lieben moͤchte / vernehmen wird / der - gleichen noch mehrere Fragen her - fuͤr zu geben; welchen Er zugleich hiemit der Goͤttlichen Obhut beſter maſſen empfehlen thut.
JnhaltMAn kan auß Gottes Wort noch nicht gewiß entſcheiden / ob diſer Koͤ - nig / den Gott an Weißheit / Reich - thum und Herꝛlichkeit / uͤber alle Koͤ - nige deß Erdbodens / erhoben / ſeine Suͤnde erkant / und von gantzem Hertzen ſich wider zu Gott bekehret habe / oder nicht. M. Caſpar Muͤl - ler / in pœnit. Hamburgica, I. Bußpredigt / p. 21. und in den Anmerckungen zu dieſem Ort / p. 377. ſeqq. ſagt alſo: Ob Koͤnig Salomo / nach ſeinem Suͤndenfall / Buſe gethan / und ſelig worden ſey / iſt eine ſchwere Frage. S. Hieronymus in cap. 1. Eccleſiaſtæ, und in cap. 43. Ezechielis tom. 4. ſchreibet / Salomo habe am Ende ſeines Lebens Bu - ſe gethan / und kurtz vor ſeinem Tod / das Buch ge - ſchrieben / welches der Prediger Salomonis genen - net wird. Mit welchen uͤbereinſtimmet Chryſo - ſtomus, ſerm. contra concubinarios tom. 5. Aund2Die I. Frag. und jetzterwehnter Hieronymus lib. 1. contra Pe - lag. cap. 6. tom. 2. ſchreibet: Jn der zukuͤnfftigen Welt / wird Salomo nicht allein Weißheit / und David Sanfftmuth haben / ſondern es wird auch der helle Hauff der Heiligen mit allerley herꝛlichen Tugenden gezieret ſeyn. Hierwider aber ſetzet ſich S. Auguſtinus, in Pſalm. 126. tom. 8. wann er ſchreibet / daß Salomo von Gott verworffen ſey / und lib. 17. de civit. Dei, cap. 20. ſchreibet er / Salomo habe einen guten Anfang gehabt / aber ein boͤſes Ende genommen. Sonſt iſt dieſes gewiß / erſtlich / daß in heiliger Schrifft von Salomons Buſen und Seeligkeit / nichts gemeldet wird / es wird aber geſaget / daß er ſein Hertz von dem Herꝛn / dem Gott Jſrael / geneiget habe / deßwegen der Herr uͤber ihn zornig geweſen ſey / 1. Reg. 1. v. 9. Zum andern / als Gott den Salomo / ſeiner Abgoͤt - terey halben / mit Worten geſtrafft / und ihm gedro - het hatte / das Koͤnigreich auff den Jerobeam zu bringen / Cap. 11. v. 11. da erkante Salomo ſeine Suͤnde nicht / ſondern widerſetzte ſich dem Rath Gottes / auch in dem / daß er den Jerobeam zu toͤd - ten ſuchte / 1. Koͤn. 11. v. 40. da er doch wol wuſte / daß es von dem Herrn kam / was Jerobeam thun ſolte. Zum dritten / waͤre Salomons Buſe rechtſchaffen geweſen / wuͤrde er / zu Zeugnuß deſſen / und zu Abthuung deß offentlichen / dem Volck Jſ - rael gegebenen Aergernuſſes / die Hoͤhen abgeſchaf - fet haben / welche er dem Aſtharoth / Chamos / undMil -3Die I. Frag. Milkom / den Greweln von Zidon / von Moab / und der Ammoniter / gebawet hatte. Dieweil aber Sa - lomo ſolch Aergernuß nicht abgethan / ſondern dieſe von ihm erbawete Grewel / erſtlich uͤber drey hun - dert und mehr Jahre hernach / durch den Koͤnig Joſiam ſind außgerottet worden / 2. Koͤn. 23. v. 13. kan man von ſeiner Buſe nicht viel ruͤhmen / und (wie S. Hieronymus thut) unter die Zahl derer im Glauben beſtaͤndigen Heiligen ihn nicht ſetzen. Es waͤre dann / daß Gott dem Salomo / am letzten En - de ſeines Lebens / noch haͤtte zu gute kommen laſſen die Verheiſſung / die er dem Geſchlechte Davids gethan / und geſagt hatte; Wann er eine Miſſethat thut / will ich ihn mit Menſchen-Ruthen / und mit der Menſchen-Kinder Schlaͤgen ſtraffen / aber meine Barmhertzigkeit ſoll nicht von ihm entwand werden / wie ich ſie entwand habe von Saul / 2. Sa - muel. 7. v. 14. 15. und auff ſolchen Fall haͤtte Gott dieſe ſonderbare / und dem Salomo auff keinerley Weiſe ſchuldige Gnade / ſo er ihm erwiſen / in ſeinem Wort nicht laſſen auffzeichnen / daß die Ruchloſen / Unbuß fertigen nicht darauß Anlaß nemmen moͤch - ten auff Gnade zu ſuͤndigen / die Glaͤubigen aber ſchaffeten / daß ſie mit Furcht / und Zittern / ſelig wůrden / Philip. 2. v. 12. Biß hieher der angezo - gene Autor.
M. Laurentius Fabricius in ſeinen partitioni - bus Codicis Hebræi cap. 11. p. 49. will / daß Sa - lomon den Prediger / nach ſeinem Fall / geſchriben /A 2als4Die I. Frag. als er ſich bekehret hatte / und darauff ſelig worden ſeye. Dann er nur mit Vaͤtter - oder Menſchlicher / zeitlicher / und nicht ewiger Ruthen gezuͤchtiget wor - den ſeye / 2. Sam. 7. v. 14. 1. Koͤn. 11. v. 9. und ha - be an ſeiner endlichen Gottſeligkeit nichts erman - gelt / alſo / daß dahero im andern Buch der Chro - nic. Cap. 11. v. 17. Juda geruͤhmet werde / daß es in dem Wege Salomo gewandelt habe.
D. Cunrad Dieterich in der 1. Predigt uͤber das 1. Cap. deß Predigers Salomo / ſchreibet am 4. und 5. Blat alſo; Von der Zeit aber / wann Sa - lomo dieſen Prediger gemacht / und beſchrieben / iſt eine maͤchtige groſſe diſcrepantz unter den Gelehr - ten. Dann / weil auß den Geſchichten Salomonis bekant / daß er / in ſeinem hohen Alter / durch ſeine Kebsweiber / zur Abgoͤtterey verleitet / ꝛc. deßwegen der Herr zum hoͤchſten uͤber ihn erzuͤrnet / und ihme die Verwuͤſtung ſeines Koͤnigreichs getroh et / 1. Koͤnig. 11. v. 5. 6. 7. 9. 12. ſo auch hernach ge - folget / 1. Koͤn. 12. v. 19. So wollen ihrer etliche / daß Salomon dieſen ſeinen Prediger / vor ſeinem Fall / ꝛc. gemacht / und beſchrieben / weil / da er im Alter in Abgoͤtterey gefallen / er ſich nicht widerbe - kehret / weil die Schrifft deren nicht gedencket; Deren Meinung geweſen ſeyn Tertullianus, Cy - prianus, Origines, Cyrillus Alexandrinus, Iſido - rus, Theodoretus, Lyra, deßgleichen Beda, vor andern auch der Jeſuit Bellarminus, und ſie mit vier Urſachen behaͤrten will / welche aber ſein eigenOrdens -5Die I. Frag. Ordens-Geſell der Jeſuit Lorinus widerleget. An - dere halten darfuͤr / daß Salomo diß Buch (den Prediger) im hohen Alter geſchrieben / nachdem er ſich / durch wahre Buß / von einem ſchweren Fall / zu Gott bekehret; deren Meinung dann die alte Hebreer / und Juden / wie auß ihrem Buch Se - der Olam, cap. 15. zu ſehen: Denen beypflichtet Hieronymus, Cyrillus Hieroſolymitanus, Hila - rius, Georgius Thaumaturgus, Hieronymus Buchiarius. Vincentius Beluacenſis, Thomas, Bonaventura, Carthuſianus. Andere / ſo darfůr halten / daß Salomo / zum Zeichen der Buß / diß Buch beſchrieben; und bringen die Juden ein tra - dition herfuͤr / daß Salomo / zur Warheit ſolcher ſeiner Pœnitenz / fuͤnffmal durch die Gaſſen zu Je - ruſalem gezogen / und endlich in den Tempel / ſo er erbawet / nackend mit fuͤnff Ruthen kommen ſeye / welches / ob es wol als beglaubt von Alvaro, Vival - do, Petro de Natalibus, und andern / vorbracht wird / wir doch billich fuͤr ein Juͤdiſch Fabelgedicht halten. Und ob wir wol keinem Suͤnder / und alſo auch Salomo / die Gnadenthuͤr Gottes nicht zu ſchlagen / ſondern ihne der Barmhertzigkeit Gottes billich uͤberlaſſen; So achten wir doch / bey ſolcher vorgehender diſcrepantz / es zu unſerm Vorhaben gleich ſeye / Salomo hab diß Buch vor / oder nach ſeinem Fall gemacht / wann wir nur gewiß ſeyn / daß ers gemacht / wie ers dann gemacht / welches uns zu unſerm Vorhaben gnugſam / weil ihm die ZeitA 3nichts6Die II. Frag. nichts gibt / noch nimmet. Jſt ohne das diß ein pro - blematiſche diſputitliche Frag / ſo ſich zu beeden Theilen diſputiren laſſet / umb deren willen / wie Totaſtus Abulenſis recht ſchreibet / kein Theil ver - meſſenlich eines Jrꝛthums kan beſchuldiget werden.
DAß die Menſchen natuͤrliche / und eingepflantzte Wiſſenſchafften von Gott haben / das wird geglaubet: Ob aber ſie einig / und allein dardurch koͤnnen ſelig werden / als wie etliche dem Herculi, Theſeo, Socrati, Ariſti - di, Antigono, Numæ, der Scipionibus, Catoni - bus, &c. Deßwegen / und weil ſie nach dem Geſaͤtz gelebet / die Seeligkeit zugeſchriben haben / das wird widerſprochen. Dann / obwolen die Heyden / auß natuͤrlichen Urſachen erkant / daß ein einiger Gott ſeyn muͤſſe / der alles regiere; ſo haben ſie doch nicht gewuſt / daß er Himmel und Erden erſchaffen / und daß er dreyfaltig in Perſonen / Vatter / Sohn und heiliger Geiſt. Zu deme haben ſie das Geſaͤtz nicht voͤllig erfuͤllet; und von deſſen Erfuͤller / unſerm ei - nigen Heyland Jeſu Chriſto / auſſer dem kein Heil und Seeligkeit zu hoffen / nichts gewuſt; ſondern die erwthnte Wiſſenſchafften ſeyn ihnen allein dar -umb7Die III. Frag. umb eingepflantzet: 1. daß die euſſerliche Zucht und Erbarkeit ruhiglich erhalten / das gemeine Leben recht und gluͤckſelig gefuͤhret. 2. Daß ſie / am Juͤngſten Gericht / ohn entſchuldigt ſich macheten / zun Roͤmern Cap. 1. v. 20. Und 3. dem rechten Gott / mit Hindanſetz - und Verwerffung ihrer fal - ſchen / erdichten Goͤtter / wie derſelbe / auß ſeinem offenbahrten Wort zu verehren / nachzuforſchen / auffgemuntert wuͤrden. Und obwoln Theils ver - meinen / daß die verſtaͤndigen Heyden / auß natuͤr - lichen unterſchiedlichen Gleichniſſen / daß in der ei - nigen Gottheit drey Perſonen ſeyen / haben erkennen koͤnnen; ſo iſt doch ſolches nicht; wie M. Henricus Velſtenius, decad. 5. quæſt. philoſoph. quæſt. 10. erweiſet: auch vorher decad. 4. quæſt. 10. Vitum Winshemium, den aͤltern / anziehet; welcher of - fentlich zu Wittenberg / geſagt haben ſolle: Huͤtet euch / ihr Zuhoͤrer / vor dem zwingliſchen Himmel: ich wolte mir nicht gern in ſolchem / deß Zvvinglii, (als welcher die obernante Heyden in den Himmel geſetzt) Himmel zu leben wuͤnſchen; dann ich mich ſehr vor deß Herculis Keulen foͤrchten wuͤrde.
DAS iſt darumb geſchehen / dieweil in ſolchen auß Gold / Silber / und anderm ge -A 4zeug /8Die IV. Frag. zeug / von menſchlicher Hand gemachten Bildern / die Teuffel ſich verborgen hielten / auß denſelben hoͤ - ren lieſſen / auff die Fragen Antwort gaben / und daß ihnen Menſchen geopffert wuͤrden / begehret ha - ben. Der Koͤnig David beſchreibt ſolchen Greuel / im 106. Pſalm / wann er v. 37. und 38. alſo ſagt: Und ſie opfferten ihre Soͤhne / und Toͤchter / den Teuffeln; und vergoſſen unſchuldig Blut / das Blut ihrer Soͤhne / und ihrer Toͤchter / die ſie opfferten den Goͤtzen Canaan / daß das Land mit Blutſchulden be - fleckt ward. Und verunreinigten ſich mit ihren Wercken / und hureten mit ihrem Thun. Dann / wie das bekante Sprichwort lautet: Wo GOtt ei - nen Tempel bawet / da ſetzet der Teuffel eine Capell darzu. Vor der Suͤndflut hat der Cain eine fal - ſche Kirch auffgericht: nach der Suͤndflut hat der Cham eine newe Religion erdacht / ſo unter ſeinem Enickel Nimrod / und Nachfahren / alſo zugenom - men / daß die meiſten Voͤlcker damit angeſtecket woꝛ - den ſeyn. Den Anfang ſolcher Abgoͤtterey mach - ten ſie mit Verzehrung deß heiligen Fewers. Dann weiln der Alt-Vaͤtter Opffer / durch vom Himmel - fallendes Fewer / verzehret wurde / iſt der Wahn ein - geſchlichen / daß Gott ein Fewer waͤre. Und daher iſt der Chaldæer Ur / das iſt ein Liecht; der Perſen Orimaſda / gleichſam ein heiliges Liecht; der Egyp - tier Serapis; und ſo fortan andere Namen bey an - dern Voͤlckern / entſtanden. Und hat folgends die Abgoͤtterey je laͤnger / jemehr zugenommen. Dann /dieweil9Die III. Frag. dieweil die wahre Religion / durch deß Chams Bos - heit / erſtlich argwoͤhniſch / hernach veracht / gemacht worden / ſo ſeyn der Abgoͤtter einer / nach dem an - dern / erdacht worden. Die Lehr von dem Weſen und Willen Gottes / ward gantz verworffen / und nur etwas von dem Geſaͤtz / und etlichen Gebraͤuchen / ſo ſie von den Vaͤttern empfangen / ſampt den Namen / behalten. Darzu hernach weiter kom̃en / daß in dem das Volck Gottes ſeine Propheten / Patriarchen ge - habt / und der Sohn Gottes ſich denſelben auf unter - ſchiedliche weiſe offenbaret / damit die Lauterkeit der him̃liſchen Lehꝛe erhalten weꝛdẽ moͤchte; daß der Teu - fel ſolches nachthun wollen / und auch Wahrſager / und Wahrſagerin / oder Sibyllen / Zeichendeuter / deſto mehr und dergleichen Perſonen erweckt / damit er die Leute betriegen / und in den Gottloſen deſto kraͤf - tiger ſeyn moͤchte; und wie Gott der Herr bey dem Volck Jſrael ein Oraculum angeordnet / dardurch Er ſelber geredet / und bey welchem der vornehmſte Sitz der Religion war: Alſo hatte der Teuffel / bey den Heyden / auch ſeine Oracula angeſtellt / bey wel - chen er auf vorgelegte Fragen Antwort gegeben / und waren ſelbige gleichſam der Abgoͤtterey Schloͤſſer / unter welchen die aͤlteſte und beruͤhmteſte / das Li - byſche / Dodonæiſche / und Delphiſche geweſen. S. D. Wolfg. Frantzium, diſp. 3. ex Deuteron. th. 80. 81. D. Jac. Martini, cent. 6. quæſt. illuſtr. phi - loſ. diſp. 2. qu. 8. & lib. 2, exerc. Methaphyſ. ex 4. th. 7. Es will Cornel. à Lapide in Cap. Judic. 2. A 5v. 10.10Die IV. Frag. v. 10. das durch Baalim, der Abgoͤtterer maͤñliche / und / durch Aſtharoth, die weibliche Goͤtzen ver - ſtanden werden.
WAS das erſte anbelangt / ſo vermei - net zwar Timplerus, lib. 4. Metaphyſ. c. 2. qu. 22. daß Gott umb die Sachen ſich nicht anders annehme / als wie ſie ſeyn; und deß - wegen die vergangene / fuͤr vergangene; die gegen - waͤrtige / fuͤr gegenwaͤrtige; und die kuͤnfftige / fuͤr zukuͤnfftige; aber nicht die vergangene / und zukuͤnf - tige / foͤr gegenwaͤrtige halte; nemlich / nach ſeinem / deß Timpleri, ſonſten gelehrten Manns / Kopff / der ſonderlich auff den Lauff der Natur ſehen thut. Wir aꝛme Menſchẽ kom̃en zwaꝛ auf zweyeꝛley weiſe zu der Sachen wiſſenſchafft / nemlich von denen uns mehr bekanten / durch Nachſinnen / zu den allgemeinen; und dann / daß wir auß denen / ſo von natur mehr bekant / und einen allgemeinen Anfang / und be - glaubte Regeln haben / etwas anders ſchlieſſen. Da - her erſcheinet / daß in unſerm Verſtand eines auß dem andern gemacht werde / eines vorgehe / das an - dere folge. Aber / weil bey GOTT dem Herrnſolches11Die IV. Frag:ſolches nicht geſchiehet / ſo iſt zu ſchlieſſen / das ihme nichts weder bekanter / noch unbekanter / und dunck - ler; ſondern die gemeine Regel unfehlbar wahr / daß Gott alles / und alſo auch das vergangene / und zu - kuͤnfftige / gegenwaͤrtig ſeye. S. Caſneri Vitti, de Deo uno & trino, c. 6. th. 6.
Was das ander anbelangt / obwol unlaugbar / daß Gott alles wiſſe / und ſeine Wiſſenſchafft gantz unwandelbar iſt; ſo haben ſich doch Leute gefunden / die gewolt / daß ſeine Vorſehung ſich nicht auff gantz geringe / und unachtbare Dinge erſtrecke; ſo der Goͤttlichen Majeſtaͤt entgegen ſey; und ſich mit S. Pauli Spruch 1. Corinth. Cap. 9. v. 9. item dem 22. Cap. Hiobs / v. 12. 13. 14. beholffen. Aber der Koͤnig David begreiffet im 104. Pſalm / alles unter der Vorſehung Gottes / wie daſelbſt zuleſen. Sihe auch den 146. Pſalm. v. 9. das Buch der Weiß - heit Cap. 14. v. 3. die Spruͤchwoͤrter Salomo / Cap. 16. v. 33. beym Evangeliſten Luca / Cap. 12. v. 6. die Epiſt. an die Coloſſ. Cap. 1. v. 17. zun Hebr. 1. v. 3. Henr. Velſten. nobil. quæſt. philoſ. decad. 10. qu. 10. alda er Auſtuſtin. l. 10. de civit. Dei c. 14. item, Serm. 6. in Matthæum; item in L. de præ - ſentia Dei ad Dardanum, & ſuper Pſalm. 148. und andere mehr / anziehet / auch auff die oben ange - zogene Einwuͤrff antwortet / und beweiſet / daß Gott der Herr nicht nur allein der Engel / und Men - ſchen / als der edleſten Geſchoͤpff; ſondern auch der geringern / als deß Viehes / Voͤgel / Fiſche / ja dergering -12Die V. Frag. geringſten / annehme / und ſeine Fuͤrſichtigkeit ſich auch auff dieſelbe erſtrecke; wie wol er mehres fuͤr die Menſchen / als die Wuͤrme / Sorg traͤget; wie ein Hausvatter zwar fuͤr alle / ſo in ſeinem Hauſe ſeyn / ſorget; jedoch einer mehrerern Vorſichtigkeit gegen die Kinder / als das Geſinde ſich gebrauchet.
JNsgemein will man / daß es viel beſſer ſeye / anderer Kirchen ſich zu enthalten. Dañ / wer ſich gerne in Gefahr begibt / der verdirbt drinnen / ſaget Syrach / Cap. 3. v. 27. Daher Chur - fuͤrſt Johannes von Sachſen / und die andere Pro - teſtirende Fuͤrſten / Anno 1530. zu Augſpurg / am Fronleichnams-Tag / auff Keyſers Caroli V. Be - gehren / dem Umbgang nicht beywohnen wollen / da - mit es nicht ſcheinete / als ob ſie mit ihrer Gegenwart / ſolchen Umbgang fuͤr recht hielten. Aber / in die Kirchen zu gehen / hat er / der Herr Churfuͤrſt / auff das hoͤchſte Anſuchen Jhrer Keyſerl. Majeſtaͤt / ſei - nes Ambts halber / nicht wegern koͤnnen. Es hat aber er / und die andere Fuͤrſten / vorher proteſtirt, daß ſie die Meſſe nichts angehe / wollen auch der keine Re - verentz thun; wie geſchehen. D. Luther ſagt / imTeut -13Die V. Frag. Teutſchen Jeniſchen 6. Theil / am 18. Blat: Dar - umb mag er wol von ſolcher Meſſen bleiben; oder muß er Dienſtshalben dabey ſeyn / ſo laſſe er den Pfaffen machen / und dencke dieweil an ſeinen Herrn Chriſtum im Himmel / und ſpreche ſei - nen Glauben / oder Pſalmen / gleichwie Naeman Syrius 4. Reg. 5. bey ſeinem Koͤnige in der Kirchen ſtund / und ließ die Prieſter ihrem Abgott opffern / und dienen / er aber war dieweil mit ſeinem Hertzen zu Jeruſalem / bey dem rechten GOTT. Was die reiſende Perſonen / Studenten / Kauff - und Hand - wercks-Leute / anlangt / ſo ſich Studirens / Treibung ihres Gewerb / und Handwercks halber / an derglei - chen Orthen / ſo nicht ihrer Religion ſeyn / auffhal - ten; ſo moͤgen ſie wol daſelbſten in die Kirchen ge - hen / und ihren Kirchendienſten / und Gepraͤng / zu - ſehen / jedoch der geſtalt / daß ſie ſolches zu keinem En - de thun / als daß ſie / davon befreyet / zeugen koͤnnen; und daß ſie in keine weiſe / und mit einiger bewegung deß Leibes ſich ſtellen / daß ſie dieſelben gut heiſſen; ſondern auch mit aͤuſſerlichen Geberden erweiſen / daß ihnen ſolche im ernſt nicht gefallen. Zum Ex - empel dienet S. Paulus / welcher zu Athen nicht allein umb alle Altaͤre gegangen; ſondern auch ſeine Augen allenthalben herum ſchieſſen laſſen / und in acht / was an jedem Altar geſchrieben / oder gemahlet war / genommen hat / jedoch alſo / daß er aller Abgoͤt - terey Verachtung augenſcheinlich von ſich ſehen lieſſe; in der Apoſtelgeſchicht / Cap. 17. v. 23. Einjeder14Die V. Frag. jeder hat in ſolchen Faͤllen ſein Gewiſſen Rahts zu fragen. So mag man mit denen / ſo nicht unſerer Religion ſeyn / wol umbgehen / mit ihnen handlen / auch eines / und anders verrichten / wann man nur nicht ihre Religion gut heiſſet / und ihnen heuchlet; ſondern Urſach ſuchet / und gelegenheit / ſie zu gewin - nen / und auff den rechten Weg zubringen. Und wann man Geſellſchafften / auch gar Eheberedungen ordentlich eingegangen / ſo ſeyn dieſelbe / ob ſchon die Perſonen ungleicher Religion / nicht zu brechen / wann nur der Glaͤubige ſeine Bekaͤntniß offentlich thut / und beſtaͤndig behaͤlt. Dann / wo keine Forcht einiger Verfuͤhrung / oder dergleichen; ſondern vielmehr eine gewiſſe Hoffnung der Gewinn - und Bekehrung obhanden / mag einer / ſo ſeines Glau - bens verſichert / wol ein Weib einer andern Religion nehmen / auch einen andern zu gaſt laden / und von demſelben ſich laden laſſen. Wann es aber ſchei - net / daß die / ſo unſerer Religion zu wideꝛ / deß wegen unſerer Geſellſchafft / der Ehe / und Dienſte / begeh - ren / auch oͤffter uns mit ſich zu Gaſtungen nehmen / und deſto vertraulicher mit uns umbgehen / damit ſie Urſach zur Verfuͤhrung haben moͤgen; ſo ſoll man ihrer Gaſtereyen / Ehen / Dienſten / und Gewerb - ſchafften muͤſſig gehen. Dann ſo wol die in ihrer Religion wolgegruͤndte / als ſchwache / allezeit ſiche - rer zu ſeyn erwegen ſollen / wañ ſie in Freundſchafft / Geſellſchafft / Buͤndniß / Ehemachung / auff den Reiſen / in Handlungen / in Dienſten / zu Haus / undin15Die V. Frag. in der Frembde / ſich zu ſolchen geſellen / die mit ih - nen einerley Glaubens ſeyn / und in dem Gebett zu GOTT uͤbereinſtimmen. Fuͤrnemlich aber ſol - len ſie ſich aller Widerwaͤrtigen / wider ihre Religion und Gewiſſen / lauffenden Dinge / Gebraͤuch / und dergleichen / enthalten / auch ihre Kinder zu der Ke - tzer / und widrigen Schulen nicht ſchicken; und die von der Kirchen außgeſonderte meiden / damit ſich dieſelben ſchaͤmen muͤſſen / und deſto eher mit der Kirchen wieder vereinbaret zu werden / ſich befleiſ - ſigen. Jnſonderheit ſolle man nicht heuchlen / und ſich anders ſtellen / als man im Hertzen glaubet / und andere vermeinen / daß man ihrer Religion ſeye: vielweniger aber / auß Forcht deß Todes / und Un - gnad deß Fuͤrſtens / oder wegen Bekommung groſ - ſen Nutzens / ſeine Religion gar verlaͤugnen / und abfallen / ſondern GOttes Ehre / der Folter / dem Tode / und allem Gewinn / vorziehen; ingedenck deſſen / was in der Offenbarung Johannis / Cap. 3. v. 15. 16. Matth. 10 v. 28. Luc. 12. v. 5. Cap. 80. quisquis metu, & cap. 86. nolite timere, cap. 11. q. 3. ſtehet. Sihe D. Joan. Förſter. problem. Theolog. ex Orat. Dominica, decad. 1. probl. 7. D. VVolfg. Frantzium diſp. 4. ex Deuteron. th. 110. & ſeqq. Thom. Sagittarium exercitat. E - thic. exoter. 11. th. 2. p. 207. ſeq,
WAnn die Frag allein von Chriſten iſt / ſo hat ſie ziemlicher maſſen ihre Eroͤrte - rung auß der vorhergehenden. Allein ſollen die Diener / und Dienerin / Knecht / unnd Maͤgd / ihren Herren / und Frawen / nicht heuch - len / moͤgen ſie zwar zur Kirchen begleiten / aber ihre Religion nicht gut heiſſen / ſondern offentlich zu ei - ner andern ſich bekennen; und alſo ihrer Herꝛſchafft / was ihr; zuvorderſt aber Gott geben / was ihme ge - bühꝛt. Was die Judẽ anbelangt / ſo ſollen die Chꝛiſten denſelben / wann ſie andere Dienſte bey den Chriſten haben koͤnnen / gar nicht dienen; dieweil ſie allerhand boͤſe Stuͤcklein bey denſelben lernen / an ihrem Sab - bath feyren / hergegen am Sontag / und andern Chriſtlichen Feyer-Taͤgen / arbeiten / ihrer Neben - Chriſten ſpotten / von ihrer Herrſchafft / wie ſie Chri - ſtum / den Welt Heyland / laͤſtert / anhoͤren / und darzu Gewinns halber / ſtillſchweigen / und anders mehr, wider ihr Gewiſſen thun; inmaſſen ſolches Herr M. Caſpar Muͤller / bey der Haupt-Kirch S. Petri / und Pauli / zu Hamburg / Prediger / in den Anmerckungen zur 6. Buß-Predigt / am 391. undfolgen -17Die VII. Frag. folgenden Blaͤttern / wider die Knecht / und Maͤgd / ſo ſelbiger Orten den Juden dienen / mit mehrerm außfuͤhret. Sie ſolten bedencken / was Jehu / im 2. Buch der Chronick / Cap. 19. v. 2. geſagt: Solt du ſo dem Gottloſen helffen / und lieben / die den Herrn haſſen; und umb deß willen iſt uͤber dir der Zorn vom Herrn. Jtem / in der 2. an die Corinther am 6. v. 14. und 17. Ziehet nicht am frem̃ - den Joch / mit den Unglaubigen / gehet auß von ih - nen / und ſondert euch ab / ſpricht der Herr / und ruͤhret kein Unreines an / ꝛc. Deßgleichen in der Epiſtel zun Epheſern am 5. v. 11. Habt nicht Ge - meinſchafft mit den unfruchtbaren Wercken / der Finſterniß / ſtraffet ſie aber vielmehr. Jtem / in der 2. Epiſt. S. Johannis / v. 10. 11. So jemand zu euch kombt / und bringt dieſe Lehre nicht / den nehmet nicht zu Hauſe / und gruͤſſet ihn auch nicht. Denn wer ihn gruͤſſet / der macht ſich theilhafftig ſeiner boͤſen Wercke. Und in der Offenbarung S. Johannis am 18. Cap. v. 4. und 5. Und ich hoͤret ein andere Stimme vom Himmel / die ſprach: Gehet auß von ihr mein Volck / daß ihr nicht theilhafftig werdet ih - rer Suͤnden / auff daß ihr nicht auch empfahet et - was von ihrer Plage. Denn ihre Sünden reichen biß in den Himmel / und GOTT dencket an ihren Frevel.
DJE Feſte ſeyn offentliche Feyr von unſern Geſchaͤfften / darinnen wir zu gewiſ - ſen Zeiten / mit Gott reden / unſer Heil und Seligkeit dardurch befoͤrdern / und die Ehre deß Schoͤpffers vermehren. Es ſeyn aber bey den Ju - den theils Feſte / und Feyer-Taͤg / entweder von. Gott / oder durch die Menſchen eingeſetzet wor den Die Erſte / ſonſten Legales feriæ, genant / ſeyn der Sabbath / ſo allwegen am 7. Tag in jeder Wochen / als an welchem Gott der Herr / nach Erſchaffung der Welt / geruhet hat. Nach demſelben war die monatliche Feyrung / Neomœnia, oder feſtivitas lunationis, welches Feſt ſie am Tag deß Neumon - den / zur Gedaͤchtniß der Goͤttlichen Regirung / nach dem Bevelch im 4. Buch Moſis / am 28. Capitel / gehalten. Darnach waren die hohen Feſte. Da - mit man aber die Sache deſto beſſer verſtehe / muß man zuvor wiſſen / daß die Hebræer / oder Juden / ihre Monat in zwyfacher Ordnung geſetzt. Die erſte iſt eine natuͤrliche / und politiſche / nemlich von dem Monat an / in welchem ſie fuͤr gewiß vermei - nen / daß die Welt ſey erſchaffen worden / und von welchem ſie ihr Jahr anfahen / nemlich vom Sep -tember /19Die VII. Frag. tember / oder Herbſtmonat / von ihnen Tiſchri, ge - nant; auff welchen folgen / Marchesvan, oder der October / Cislev, der November / Thebath, der December / Schebath, der Januarius / Adar, der Februarius / Niſan, der Mertz / Jijar, der April / Si - van, der May / Tamuz, der Junius / Abb der Ju - lius / und Elul, der Auguſtus. Die andere iſt eine Kirchen - oder Feſt-Ordnung / nach der der erſte Monat iſt Niſan der Mertz / 2. Jijar April. 3. Si - van May. 4. Tamuz Brachmonat. 5. Abb Hewmonat. 6. Elul Augſtmonat. 7. Tiſchri Herbſtmonat. 8. Marches Weinmonat. 9. Cis - lev Wintermonat. 10. Thebath Chriſtmonat. 11. Schebath der Jenner. 12. und letzte Adar, der Hornung. Das alſo / auff dieſe weiſe / Tiſchri der erſte / und ſibende Monat ſeyn kan. Jn gewiſſe Monat nun fallen die Feſte ein; als da ſeyn. 1. Fe - ſtum tranſitus, ſo nach ob erwehnter Kirchen-Ord - nung / auff den erſten Monat Niſan, oder den 14. Mertzen faͤllt / und zur Gedaͤchtniß / ſo wol deß vor - uͤbergehenden in Egypten / und der Juden Erſtge - bohrner verſchonenden Engels; als deß ungeſaͤu - erten Teigs / hochfeyerlich gehalten worden; wie da - von im 3. Buch Moſis / Cap. 23. v. 4. und folgen - den / zu leſen. Das ander hohe Feſt war der Wo - chen. Dann man zehlete von dem Tag Omer, das iſt / von dem andern Tag der Oſtern / ſiben voͤl - lige Wochen / und wurden alsdan die Pfingſten / den 6. Tag deß Monats Sivan, oder Maͤyen / ge -B 2halten /20Die VII. Frag. halten / zur Gedaͤchtniß deß auff dem Berg Sinat gegebnen Geſaͤtzes; davon an obangezogenem Orth / vom 15. biß auff den 23. Vers. Das dritte hohe Feſt wird Feſtum Tabernaculorum genant / ſo im ſiebenden Monat Tiſchri, oder den 15. Septem - bris / zu Außgang deß Jahrs / zur Gedaͤchtniß der viertzigjaͤhrigen Auffenthaltung in der Arabiſchen Wuͤſten / gehalten worden / in welcher Zeit die Kin - der Jſrael nur in Hůtten / und in keinen Haͤuſern gewohnet haben. Und machen noch heutigs Tags die Juden / umb ſelbige Zeit / Laub-Huͤtten / zu deſſen Erinnerung / auff. Zu dieſen hohen Feſten / wa - ren die mindere / als der heilige Sabbath deß Bla - ſens / oder clangor tubæ, den 1. Tag Tiſchri, und der Verſuͤhntag / oder dies expiationis, den 10. Tag / gemelten Monats Tiſchri, gethan; davon im beſagten 23. Cap. v. 24. und 27. Und das waren die gebottene Feſte. Die politiſche / oder die auß Einwilligung der Kirchen eingefuͤhret / und ange - nommen worden / ſeyn geweſen. 1. Das Feſt deß Geſaͤtzes / daran das letzte Capitel / ohn eines / auß dem 5. Buch Moſis / geleſen wuͤrde. 2. Viel Faſt - Taͤge / und darunter an dem 7. Tag Adar, an wel - chem Moſes geſtorben; und auff dem 8. Tag The - bath, oder Decembris; daran ſie eine gantz tran - rige Faſten gehalten / wegen / daß das Geſaͤtz Moſis / in die Griechiſche Sprach / von den Juden zu Ale - xandria in Egypten / iſt uͤbergeſetzt worden / zu wel - cher Zeit / wie ſie erzehlen / eine Finſterniß / drey Taglang /21Die VII. Frag. lang / auff dem gantzen Erdboden geweſen. 3. Viel andere Feyer-Taͤge / und darunter die Kirchwei - hung / vom Juda Maccabæo angeordnet / ſo den 25. Novembris gehalten worden; item das Feſt der Eſther / auff den 14. und 15. deß Monats Adar, oder Hornung / angeſtellt. Wer ein mehrers hievon zu wiſſen begehret / der leſe Scaligerum, de emendati - one temporum; Münſteri computum Judæo - rum, Buxdorffium in Synagoga judaica, Calen - darium Eberi, Laurentium Fabricium, Cap. 25. & ult. Partit. Codicis Hebræi, und von den beſag - ten dreyen Haupt-Feſten / Oſtern / Pfingſten / und der Laubhuͤtten / was D. VVolfg. Frantzius, diſp. 8. ex Deuteron. th. 99. & multis ſeqq. weitlaͤuffig ſchreiben thut.
WAS das erſte anbelangt / wollen Theils / und darunter Huberus, daß ohne Unterſcheid / man alle der unglaͤubigen Voͤlcker Kinder / wann ſie in der Chriſten Haͤnde gerahten / tauffen ſolle. Hergegen ſagt Beza, im Muͤmpelgartiſchen Geſpraͤch / daß ſeine Glaubens - genoſſen der Tuͤrcken Kinder nicht taͤuffen / es ſeyeB 3dann /22Die VIII. Frag. dañ / daß ſie auff die Fragen antworten koͤnnen / und daß ſie glaubten / bezeugen thaͤten. Unſere Gottesge - lehrte machen einen unterſcheid mit ſolchẽ Kindern / in dem theils entweder im Krieg gefangen / erkaufft / geſchenckt; oder bey uns / von leibeigenen Tuͤrcken / und andern ungetaufften Leuten / gebohren worden; und ſagen / daß man dergleichen Kindern / ohne ver - zug / tauffen ſolle: als wie der Patriarch Abraham / ohne zweiffel / aller ſeiner Knecht (obwoln deren un - ter ihnen / theils noch unglaubig geweſen) Kinder beſchnitten / weil ſie zu ſeinem Haus-Geſinde gehoͤrt haben. Und hieher gehoͤren die allgemeine Ver - heiſſungen / 1. Buch Moſis Cap. 17. v. 7. in der A - poſt. Geſch. Cap. 2. v. 39. und deß Herrn Chriſti allgemeiner Bevelch / Matth. 28. v. 19. Theils der Unglaubigen Kinder aber kommen nicht alſo / wie die erwehnte / ſchlecht wegs; ſondern nur auff ge - wiſſe maß / in unſern Gewalt / alſo / und der geſtalt / obwoln ihre Eltern unter den Chriſten wohnen; ih - nen jedoch in Kirchen / weltlichen / und haͤußlichen Sachen / eine Freyheit geſtattet wird. Und ſolche ſeyn heutigs Tags die Juden / denen hin und wieder im Roͤmiſchen Reich / zu wohnen / mit gewiſſer maß / erlaubet iſt. Dieſen nun ihre newgebohrne Kind - lein mit Gewalt zu nehmen / oder die Eltern / daß ſie ſolche den Chriſten / ſie zutauffen / und zuerziehen / bringen ſolten / zu zwingen / wurde der Kirchen Ge - wohnheit / und dem Geſaͤtz der Natur / ꝛc. ſchnur ſtracks zu widerlauffen. Dann kein Beyſpiel / we -der23Die VIII. Frag. der was die Beſchneidung / noch die Tauff anbe - langt / im alten / und newen Teſtament / noch in der Kirchen-Hiſtoria / zu finden / daß jemals von der Kirchen irgends dergleichen waͤre vorgenommen worden. So ſeyn die Kinder auß natuͤrlichem / und der Voͤlcker Recht / und der Eltern Gewalt / deren keines das Evangelium auff hebt. Die Tauff iſt ein Kirchen-Schatz / ſo fuͤr die / welche innerhalb / nicht die / ſo auſſerhalb der Kirchen ſeyn / gehoͤrig. Jſt auch die Gefahr deß Abfalls zubefoͤrchten / zu welchem die Kinder / nach der Tauff / wann dieſelbe / den Eltern / dem Geſaͤtz der Natur gemaͤß / wieder zugeſtellt werden / von ihnen leichtlich koͤnnen ge - bracht werden.
Was das ander / nemlich / wie es mit der Un - glaubigen Tauffe zu halten / anbetrifft / ſo ſeyn die - ſelbige entweder noch Kinder / oder allbereit bey Jah - ren / und erwachſen. Daß der Unglaubigen Kin - der / ſo entweder auß Recht der Gefangenſchafft / o - der Kauffs / oder Geſchencks / an uns gelangt / ohn allen Verzug / zu tauffen ſeyen / iſt oben Bericht ge - ſchehen. Welches auch von denen Kindern zu ver - ſtehen / deren Eltern uns mit Leibeigenſchafft zuge - than / und dieſelben bey uns gebohren worden / ob - woln ſie die Eltern lieber im Unglauben zu verblei - ben / als die heilige Tauffe anzunehmen / ihnen vor - genommen haben. Wofern ſie aber ſelbſten dieſelbe zu empfahen / und Chriſten zu werden begehren; ſo moͤgen die Kinder mit ihnen getauffet werden; alsB 4wie24Die VIII. Frag. wie man lieſet / daß die Apoſtel gantze Haͤuſer / das iſt / die Leute darinnen / getauffet haben. Wann es ſich begibt / daß ein Unglaubiger / oder an deme man zweiffelt / ob er getaufft / oder nicht getaufft ſeye / ſein Kind einem Kirchen-Diener / ſolches zu tauf - fen / bringet / inmaſſen heutigs Tags / die Zigeu - ner / nicht nur ein / ſondern zwey mal / und oͤffters / genuß halber / ihre Kinder ſollen tauffen laſſen / da ſolle fleiſſig und mit ernſt / nachgefragt werden / ob deß Kindes Eltern getaufft? was ſie von dem Tauff und den Glaubens-Artickeln / halten und glauben? und ob ſie wollen das Kind in der Chriſtlichen Re - ligion unterweiſen / und auffer ziehen? und derglei - chen. Was die Erwachſene anbelangt / ſollen die - ſelbe erſtlich zu Anhoͤrung Goͤttlichen Worts zuge - laſſen / und in dem Catechiſmo wol unter wieſen / und wann ſie den Grund Chriſtlicher Lehre ergriffen / und inſtaͤndig umb die Tauffe bitten / zu derſel - ben zugelaſſen werden; vor der Tauff aber / ſollen ſie auff jede / deß Kirchen-Dieners Frag-Stuͤck / bey offentlicher Handlung / antworten / und ihre Bekaͤntuiß von Chriſto thun / auch der Kirchen / daß ſie bey derſelben / biß an ihr letztes Ende / mit Verleihung Goͤttlicher Gnaden / beſtaͤndig verblei - ben wollen / verſprechen. Sihe D. Joh. Förſter. decad. 3. de Bapt. problem. 4.
NEJN. Dann alle und jede / hoͤren in ihren Verſamblungen / das Wort Got - tes nennen / von der ewigen Seligkeit / ſo nach dieſem Leben zu gewarten / reden / begehren auch alle derſelben; deßwegen auch / wie ſolche zuerlan - gen / ſie nachfragen ſollen. Thun ſie / auch die al - lereinfaͤltigſte unter ihnen / nicht einem jeden / der im Namen deß Tuͤrckiſchen Kaͤyſers / etwas be - vilcht / und einfordert / ſtracks glauben / ſondern mit groſſem Fleiß / bey andern / in den Staͤdten / und Doͤrffern / ob es ſich alſo verhalte? nachfragen / da - mit ſie nicht betrogen werden / obwoln ſolches nur das Zeitliche antrifft: wieviel mehr ſollen ſie dem Geiſtlichen nachforſchen / damit ſie erkennen moͤ - gen / was ſie eigendlich fuͤr Gottes Wort / und Be - velch halten ſollen / auff daß ſie dermaleins ihrer Seligkeit nicht beraubet werden. Und das koͤn - nen ſie deſto eher erfahren / dieweil kein Land / ja kein Winckel / unter den Tuͤrcken / und Tar - tarn / da nicht gefangene Chriſten ſolten ſeyn;B 5auch26Die XI. Frag. auch kein Ort / da das Jahr uͤber / man nicht vielmal der Chriſten Namen / ihre Laͤnder / Kriegsvolck / Waffen / und dergleichen / nennen hoͤren ſolte; koͤn - nen die Einfaͤltigen unter ihnen nachfragen / wie der Chriſten Staͤdte / Gold Gruben / und anders mehr / einzunehmen / und zubehalten; warumb thun ſie nicht / mit gleichem Fleiß / umb der Chriſten Reli - gion / ſich befragen? Und wann ſie etwas davon ver - nehmen; warumb dencken ſie der Sach nicht beſſer nach? unterreden ſich mit den Chriſten nicht / wel - che Lehre mit Gottes Wort mehrers uͤbereinſtimme / ihre / oder die unſere? ſonderlich / weil viel Chriſten hin und wieder in der Tuͤrckey beſtaͤndig wohnen / ih - re Kircher / und Prieſter haben; auch viel Kauff - leute dahin handlen; und die Tuͤrckiſche Handels - leute ſelbſten / ihre Gewerb / mit den Chriſten in Ar - menia / Polen / Ungarn / und anderer Orthen trei - ben. Und was mehr iſt / ſo wird auch ſo gar / in ih - rem Alcorano / unſers Herrn Meſſiæ gedacht / daß er von einer Jungfraw gebohren / als er groß worden / die Todten erwecket / die Auſſaͤtzigen gerei - niget / die Blinden erleuchtet / und mit einem Wort allerley Kranckheit geſund gemacht habe / und gen Himmel gefahren ſeye. Deß Jahrs 1539. den Auguſtmonats / hat einer auß Conſtantinopel / an ſeinen Freund / folgendes geſchrieben / ſo auch / zwar ohne Beyſetzung deß Namens / gedruckt worden / wie nemlich der Tuͤrckiſche Kaͤyſer / die Tuͤrckiſche Pfaffen gantz ernſtlich / und bey ihrem Gewiſſen /auffs27Die XI. Frag. auffs eifferigſte befraget habe / ob der Chriſtliche / o - der Tuͤrckiſche Glaub beſſer waͤre? da ſie dann lang nicht mit der Sprach herauß gewolt / doch endlich geantwortet haͤtten / daß der Chriſten wahrhaffter waͤre; dieweil in dem oberwehnten Alcoran / (ſo ihre Bibel) geſchrieben ſtuͤnde / daß Chriſtus in dem ſie - benden Himmel / bey dem groſſen GOTT ſeye / und das Gabriel / mit dem Mahomet / Chriſtum de - muͤhtig anbette / und ſich ihme / als dem Herrn / auch Johanni / Moſi / und andern Propheten / be - vehlen thaͤte / auff daß ſie bey dem groſſen GOTT / und bey Chriſto Jeſu / fuͤr ihn / eine Vorbitt einleg - ten. Und haͤtten dieſe Pfaffen darauß geſchloſſen / und deßwegen ihrem Kaͤyſer angezeigt / daß vermoͤg ſelbigen Textes / Chriſtus lebendig ſeye; hergegen ſie wuͤſten / daß Mahomet geſtorben / und zu Mecha be - graben worden. Fuͤrs ander / daß es ein uͤbernaͤr - riſch Ding waͤre / den Mahomet anzubetten / dieweil man wiſſe / daß Chriſtus groͤſſer / als er / und ein HErr / der von dem Machomet angebettet werde. Es verſtehet aber dabey / daß viel Tuͤrckiſche Pfaf - fen / von dem Kaͤyſer / umb ſelbiges 1539. Jahr / waͤren umbgebracht worden. Jm uͤbrigen bleibet es dabey / daß / an dem Juͤngſten Tag / auch die aller - einfaͤltigſt / und ungeſchickteſte Bauren der Tuͤꝛcken / und Tartarn / keine Entſchuldigung helffen / ſondeꝛn ſie / vor dem Sohn Gottes / mit groſſem ihrem ſcha - den / verſtummen / und ſchamrot gemacht umbkom - men werden. Sihe D. VVolfg. Franzium, diſp. ex Deuteton. th. 52. ſeqq.
ES ſagt vorgemeldter D. Frantzius, diſp. 4. th. 117. es ſeye allezeit ſicherer / daß / bey Hebung der Kinder auß der heil. Tauff / man ſolche Leute nehme / die in dem Gottesdienſt / und Gebett zu GOtt / mit uns eines Sinnes ſeyn. Aber etwas weiters hievon zu reden / ſo weiß man auß der Gewohnheit / daß etliche Perſonen inſon - derheit geladen werden / daß ſie dem heiligen Tauff beywohnen wollen. Dieſelben werden von den La - teinern Suſceptores, Compatres, Fidejuſſores, Sponſo res; die Weiber aber Matrinæ, Comma - tres; und ins gemein / Maͤnner und Weiber / Tauffs-Zeugen genant. Jhr Ampt beſtehet vor - nemlich in vier Stuͤcken. 1. daß ſie ſollen fuͤr das Kind ihr Gebett thun. 2. fuͤr das Kind / ſo ſie auß der Tauff heben / gut ſprechen / und Antwort geben. 3. Zeugen ſeyn / daß der Tauff rechtmaͤſſig gehan - delt / und verrichtet worden; und dann 4. daß ſie Achtung geben; ſonderlich / wann den Kindern ihre Eltern zu fruͤhe entgehen / daß dieſelben / ſo ſie auß der Tauff gehebt / in dem wahren Glauben / und der Gottſeligkeit / recht unterwieſen / und in der Erbar - keit erzogen werden. Was die Zahl der Gevattern anbelangt / hat man hierinn auff die Gewohnheit zuſehen.29Die X. Frag. ſehen. Nach dem geiſtlichen Recht / de conſecrat. diſtinct. 4. cap. 101. wird nur einer / es ſeye nun Mann oder Weib zugelaſſen. Nach Chur-Saͤch - ſiſcher Ordnung / in conſtitut. Eccleſ. tit. de Bapt. f. 308. werden mehr nicht / als 3. Gevattern auff einmal zunehmen geſtattet / und deme / der ſolche Ordnung uͤbertritt / hundert Gulden zur Straff aufferlegt. Dann Theils / umb das Einbinden / Ge - ſchenck / und ſonderlichen Nutzes / etwan auch un - ziemlichen Prachts / und Hoheit willen / gleichſam ein Kraͤmerey / nicht ohne groſſes Aergerniß / trei - ben / und damit Gottes Zorn erregen thun; wie mit mehrerern ſolches / in der gedachten Churfuͤrſtlichen Ordnung / außgefuͤhret wird. Es beſtehet ja alle Wahrheit in 2. oder 3. Zengen Munde / im 5. Buch Moſ .. 17. v. 6. Cap. 19 / 15. Matt. 18 / 16. 2. Cor. 13 / 1. Den Urſprung dieſer gewonheit / Gevattern / oder Zeugen zu Haltung deß H. Tauffs / zu laden / ſchreibet man dem Roͤm. Biſchoff Hygino zu / wel - cher im Jahr Chriſti 142. geſtorben iſt.
Damit wir aber wieder auff die obſtehende Frag kom̃en / ſo moͤgen / wie es dañ auch geſchihet ſo wol die Weibs-als Mannsperſonen / wañ ſie nur ihr rechtes Alter erreichen / zu Gevattern genom̃en werdẽ: auch Geiſtliche; obwoln in dem geiſtlichen Recht ſolches / was die Geiſtliche anbelangt / verbotten / de conſecr. diſt. 4. c. 103. & 104. Dabey aber zu betrachten / ob die Perſon / ſo man hierzu erbittet / ehrlich / und fromm / oder unehrlich / und boͤß ſeye. Dann die Unerbare / und Gottloſe / auch in Buͤrgerlichen30Die X. Frag. Sachen / Zeugniß zu geben / nicht zu gelaſſen wer - den. Darnach iſt auch die Religion in acht zu neh - men / und daß man inſonderheit die / ſo unſerer Glau - bens. Bekaͤntniß feind ſeyn / ſich auch auff vor - gehende Vermahnung / nicht beguͤtigen laſſen wol - len / nicht zu Gevattern nehmen; damit die ſchwach - glaͤubigen nicht geaͤrgert; wir in keinem Argwohn / als wann wir es mit den Feinden unſerer Religion hielten / geſetzt; der Name GOttes im Gebett nicht mißbraucht / und die / ſo unſerer Religion ſeyn / und ſich gerne zu dieſem heiligen Werck gebrauchen laſ - ſen wolten / gleichſam verachtet werden moͤchten. Zu dem iſt auch darauff zuſehen / daß das Kind deß Gebetts nicht beraubet werde. Dann vermuhlich iſt / daß die / ſo nicht unſer Religion / nicht gar eiffe - rig fuͤr daſſelbe bitten werden; man ſich auch ih - rer ſeits wenig zu getroͤſten / daß ſie ſich deſſelben / wie oben vermeldet / viel annehmen werden / daß es in der Gottſeligkeit / wahren Religion / Zucht / und Erbarkeit / wol erzogen werde; und was etwan der Bedencken mehr ſeyn. Sihe Johan. Förſter. problem. Theolog. de Baptismo, decad. 4. probl. 2. Da er auch theſi 73. meldet / wie ſich ein Kir - chen Diener zu verhalten / wann die Obrigkeit ei - nen Feind der Religion / zum Gevatter zuzulaſſen / zwingen thut.
ES werden oftmals Todſchlaͤge heimlich begangen / deren Thaͤter / jedoch entweder eine lange Zeit / oder gantz und gar verſchwiegen bleiben; daruͤber ſich man etwan verwundert / weiln Gott dem Herrn alles Gegenwaͤrtig bekant / und moͤglich iſt / daß ſie nicht offenbaret / und geſtrafft werden? Darauff geantwortet wird / daß zwar Gott vielerley Weg hat / die heimlich begehende Ehebruͤch / Moͤrderen / Dieberey / und andere Laſter zu offen - baren / und zuſtraffen: es waͤre ihme nichts leichter / als die Ehebrecher und Ehebrecherin / wann ſie zu - ſammen kommen / im Ehebruch ſelbſten / mit der Gicht / hinfallender Seuche / dem Schlag / Don - ner / und dergleichen / anzugreiffen / und hierdurch jedermaͤnniglich zu offenbaren: es waͤre ihm nichts leichter / als die Straſſen-Raͤuber / und Moͤrder / in den Waͤlden / den Woͤlffen / und andern Thieren zu zerreiſſen geben; die Abgoͤtter / Zaͤuberer / und He - xen / die Meyneidige / Gotteslaͤſterer / Luͤgner / Lot - terbuben / zu blenden / oder ſie Hoͤr - und Sprachloß zu machen: es waͤre ihm auch nichts leichter / als die halsſtarrige und widerſpenſtige Kinder / Auffruͤhrerund32Die XI. Frag. und dergleichen / von der Erden verſchlingen zu laſ - ſen: es waͤr ihm auch nichts leichter / als die began - gene Ubelthaten / den Obrigkeiten / durch Traͤume / Geſichter / zu entdecken: es ware ihm nichts leich - ter / als den Benachtbarten / Nachtszeiten / durch Traͤume / bey Tag aber / durch ſonderbaren Treib / einzugeben / und zuermahnen / daß ſie / was in ihrer Nachbarſchafft Boͤſes vorgehe / zu ſehen ſich dahin begeben: So waͤre endlich ihme nichts leichter / als den Vbelthaͤtern das Gewiſſen alſo zuruͤhren / daß ſie kein Raſt / noch Ruhe haͤtten / biß ſie ihre boͤſe Stuͤcke ſelbſten offenbaren thaͤten: Aber / es thut Gott der Here / erſtlich nicht alles / ſonderlich nach unſerm Belieben / was er kan thun / und offtmals / wie auß der heiligen Schrifft / und den Hiſtorien bekant iſt / gethan hat. Fuͤrs Ander / hat der All - maͤchtige GOTT / an das Tagliecht zu bringen / und offentlich die Vbelthaͤter zu ſtraffen / vorzeiten / die Auffſicht und Ampt den Aelteſten der Staͤdte / oder den Richtern / und den Leviten; im Newen Teſtament aber allein der Weltlichen Obrigkeit an - bevohlen. Wann derowegen man von boͤſen Tha - ten etwas vernimbt / aber nicht weiß / wer es gethan / ſo gebůhret es inſonderheit denen / ſo am Regiment ſitzen / daß ſie allen moͤglichen Fleiß / und Vorſich - tigkeit / auffs geſchwindeſte / verkehren / damit die Thaͤter moͤgen außgeſpuͤhret werden; und ſie / die Obrigkeits-Perſonen / ſo im Namen / und an Got - tes ſtat / bey den offentlichen Gerichten ſitzen / keinesUn -33Die XI. Frag. Unfleiſſes / Vberſehens / Trewloſigkeit / und Mein - eyds / bezuͤchtiget werden / und deßwegen ſchwere Straff leiden doͤrffen. Vber das / ſo offt ſich der - gleichen Faͤll zutragen / ſo erinnert GOTT alle / und jede Einwohner / daß ſie bedencken / es werde jetzt ihre Nachbarſchafft verunreiniget / und koͤnne auff keine andere weiſe / als durch offentliche Abſtraffung der Thaͤter / gereiniget / und außgeſoͤhnet werden. Und liegt derohalben allen / und jeden / ob / daß ſie / zu ſolcher Zeit / der weltlichen Obrigkeit huͤlffliche Hand bieten / den Schlupffwinckeln / wo die Miſſe - thaͤter verborgen liegen / nachforſchen / und ſie offen - baren. Bey dem gemeinen Poͤbel wird zwar ſol - ches fuͤr eine Verraͤhterey / und unehrlich gehalten; aber / vor dem himmliſchen Gericht / wird ſolches der Gottſeligkeit zugerechnet / wann man die Goͤttliche Ehr / und die gemeine Wolfahrt / nach allen Kraͤff - ten / und brennendem Eiffer / auffrecht zu erhalten / und die allgemeine / und ſonderbare Straffen / oder das Verderben / von ſeinem / und anderer Haͤuſer / abzuwenden / begehret. Und hat ein ſolcher Eiffe - rer auch ſeine Belohnung darfuͤr / in dem er der Straff entgehet / welche auff die gehoͤren / ſo eine Vbelthat veꝛtuſchen helffen. Dann denen / ſo ſolches thun / gleiche Straff mit den Verbrechern / beſtim̃et iſt. Und obwoln die nahend Befreundte; wegen der natuͤrlichen Liebs-Neigung / eine zeitlang einander verbergen koͤnnen; wann ſie abervon der Obrigkeit / ſo Gottes ſtatt vertritt / mit Aufflegung eines Eyds /Cernſtlich34Die XII. Frag. ernſtlich befraget worden; ſo iſt dann kein anderer Raht da / als dieſer / man muß Gott mehr gehorchen / als den Menſchen. Und alſo erforſchet und uͤber GOTT der Herr / in ſolchen Faͤllen / aller / und jeder Menſchen Froͤmmigkeit / Gehorſam / Fleiß / und Glauben / damit er alle / und jede / entweder in dieſem Leben / mit gemeinen Fewers-Bruͤnſten / Pe - ſtilentz / Kriegs / Unfruchtbarkeit / Plagen / zu bele - gen; oder die in Unbußfertigkeit / und Halsſtarrig - keit / auch in ſolcher Trewloſigkeit verharrende / in dem andern / und kůnfftigen Leben zu richten nicht vonnoͤthen habe. Sihe D. Wolfg. Franzium, diſp. 11. ex Deuteron. th. 2. & ſeqq.
HJerauff wird geantwortet / daß GOtt der Herr bißweilen / auß ſonderbarer Gnad / den Bußfertigen und Glaubigen / auff ein mal / und zu gleich / die Schuld / alle ewig / und zeitliche Straffen / nicht zwar wegen der Buß / als ein verdienſtlich Werck; ſondern auß lauter Barmhertzigkeit / erlaſſe; Wie man deſſen Exempel in heiliger Schrifft / 1. Buch Moſ. am 20. im 1. Buch der Koͤnig am 11. v. 12. Cap. 21. v. 29. 2. Buch35Die XII. Frag. 2. Buch der Koͤnig Cap. 22. v. 19. 20. 2. Buch der Chronic. 12. v. 7. und Cap. 33. v. 13. beym Pro - pheten Daniel. Cap. 9. v. 24. lieſet.
Bißweilen vergibt Gott die Schuld / und ewi - ge Straff / aber nicht damit zugleich auch die zeit - lich oder leibliche Zuͤchtigung; auff daß er der Leute Glauben / und Gedult / pruͤfe; die Anruffung uͤbe / und ſie von newen Suͤnden abſchrecke; welche leib - liche Zuͤchtigung / wann er darumb erſuchet wird / wegen deß Mitlers Jeſu Chriſti / er mildert. Exem - pel deſſen findet man hin und wider in H. Schrifft / als im 1. Buch Moſis / Cap. 3. an unſern erſten Eltern; im 4. Buch Cap. 12. v. 13. 14. 15. an Maria / oder Miriam / der Schweſter Moſis / item daſelbſt Cap. 14. an dem murrendem Volck; fer - ners Cap. 20. v. 11. 12. und im 5. Buch Cap. 3. v. 23. an dem Moſe ſelbſten; im 2. Buch Samuelis Cap. 12. am Koͤnig David / auch im 16. Capitel. Und iſt es nicht allezeit ein gutes Zeichen / wañ Gott die gꝛoſſe / ſchwere Sůnden gantz mit keiner zeitlichen Straff zuͤchtiget. Sihe / das 2. Buch der Maccab. Cap. 6. v. 14. 15. die Epiſtel an die Hebræer / Cap. 12. Welches dann die jenigen wol mercken ſollen / die da vermeinen / daß nach der Beicht / und Loß - ſprechung / oder Abſolution, mit den ewigen / ihnen auch allezeit / und von rechtswegen / die zeitliche Straf - oder Zuͤchtigungen nachgelaſſen ſeyen / und dahero deſto kuͤhner / und ſicherer werden / und offt - mals wider in die alte Sůnden fallen; und deßwe -E 2gen36Die XII. Frag. gen auch / wie es die taͤgliche Erfahrung bezeu - get / mit Kranckheiten / und andern Straffen von GOTT heimgeſuchet werden. Zwar Chri - ſtus der Herr / unſer Erloͤſer / nicht nur fuͤr die Suͤnde / ſondern auch fuͤr die Straffen der Suͤnden / zeitliche und ewige / gantz vollkommen - lich genug gethan / Eſa. Cap. am 53. Galat. 3. Rom. 4. Und wenn uns GOTT die Suͤn - de vergibt / ſo nimbt Er das gantze Tuch mit al - len vier Zippeln / und ſchuͤttet die Suͤnde / und ſampt der Suͤnde / Hoͤlle / Tod / Teuffel / und alles Vbel / und alle Schmach / Plag / und Un - gemach / ſo von der Suͤnden herruͤhret / hinweg / und und ſchleuderts miteinander in Abgrund deß Meers; wie D. Morlinus ſagt: Allein muß man auff die Gnade Gottes nicht ſuͤndigen / ſondern mit Forcht und Zittern ſchaffen / daß man ſelig werde. Dann ſo lang wir leben / ſeyn wir nicht gantz und gar ohne Suͤnde / und werden von denſelben erſt durch den Tod voͤllig erloͤſet. Gleichwol koͤnnen wir / durch Goͤttlichen Beyſtand / uns vor groben / und wiſſent - lichen Suͤnden hüten; und wañ als dann ſchon den Glaubigen / undin dem Stand der Gnaden ſich be - finden den / und welche die Veꝛgebung ihꝛer Suͤnden erlangt haben / Truͤbſalen zu handen gehen; ſo ſeyn es doch keine Zorn-Zeichen / ſondern Lieb-Zeichen; nicht Henckers-Peitſchen / ſondern Vatters-Ru - then: nicht Haß / oder Feinde Streiche; ſondern Mutter-Schlaͤge; im Sprichwoͤrtern / Cap. 3. v. 11. 12.37Die XIII. Frag. 11. 12. zun Hebr. am 10. v. 34. 35. 36. Auguſti - nus uͤber den 98. Pſalm. Und dieſes inſonderheit darumb: 1. Damit die groͤſſe der Suͤnde deſto tief - fer erkant / 2. dieſelbe deſto fleiſſiger verhuͤtet / und 3. die Gottloſen / durch dergleichen Exempel / deſto hefftiger erſchrecket werden. Sihe D. Frantzi - um, diſput. 13. ex Deuteron. theſ. 172. ſeqq. und thue darzu D. Johan. Förſteri problem. Theolog. ex Orat. Dominic. decad. 2. pro - blem. 9.
D. Martinus Luther / in Commenta - rio uͤber das 20. Capitel deß 2. B. Moſis / Tom. 4. Jen. Germ. ſaget alſo: Dieſe Frage / war - umb der Sohn fuͤr den Vatter leide / hat der Pro - phet Ezechiel gehandelt / und ſpricht: Jhr habt ein Sprichwort unter euch in Jſrael / die Vaͤtter haben Heerling geſſen / und uns ſind die Zeene ſtumpff worden. Und Jeremias ſpricht: Unſere Vaͤtter haben geſuͤndiget / und ſind dahin / wir aber muͤſſen ihrer Suͤnde entgelten / und gehet noch heu - tigs Tages / wir ſuͤndigen / und verdienen / das unſere Nachkommen entgelten muͤſſen. Das ſoll man aber nicht alſo verſtehen / daß eine Straffe derC 3Seelen38Die XIII. Frag. Seelen ſeye / daß das Kind umb deß Vatters wil - len / verdammet werde. Wie es dann Ezechiel ſelbſt anzeiget an jetzund gemeldten Orth / die Seelen / ſpricht Gott / durch Ezechiel / ſind alle mein / deß Vatters / und deß Sohns / welche aber ſuͤndiget / die wird ſterben; ſondern man ſoll es von der leiblichen Straffe verſtehen / Er ſtraffet die Kinder umb der Vaͤtter willen / laͤſſt ſie ſterben / die doch ſonſt gleich - wol ſterben muͤſſen / und ſtrafft alſo die Vaͤtter / daß er zu weileu / ein gantz Geſchlecht außrottet. Alſo ſegnet er die Vaͤtter in den Kindern / daß viel Nach - kommen genieſſen (leiblich) daß die Vaͤtter fromm geweſen ſind. Biß hieher Lutherus. Sihe was im 2. Buch Moſis am 20. v. 5. 6. und 5. Buch / Cap. 5. v. 9. 10. und Cap. 34. v. 16. Ezech. Cap. 18. v. 4. und 20. im 1. Buch der Koͤnige / am 16. v. 12. im 2. Buch / Cap. 14. v. 6. im 2. Buch der Chronic. Cap. 25 v. 4. beym Propheten Jeremia am 31. v. 29. und 30. ſtehet. Welche Spruͤche D. Johan. Förſter, problem. Theolog. decad. 3. ex Decalo - go, problem. 10. alſo vergleicht / daß GOttes deß Herrn Außſpruch im 2. Buch Moſis / Cap. 20. und im 5. Buch Cap. 5. zu verſtehehen ſeye von der zeitlichen Leib-Straffe / durch welche bißweilen Gott / anß ſeinem gerechten Gericht / auch die Kin - der; ſonderlich wann ſie in die Fußſtapffen ihrer gottloſen Vaͤtter tretten / und alſo zugleich gantze Geſchlecht / außzurotten zulaͤſſet. Bey den Pro - pheten Ezechiel / Cap. 18. und Jeremia 31. aber /werde39Die XIV. Frag. werde geredt von der Seelen ewiger Straffe / wie auß dem Wort Seele / ſo fuͤnffmal wiederholet wird / recht zu ſchlieſſen ſeye. Endlich werde im 5. Buch Moſis Cap. 24. im 2. Buch der Koͤnige Cap. 14. und im 2. Buch der Chronic. Cap. 25. ei - gentlich von der Haupt-Straffe / ſo die Obrigkeit den Vbelthaͤtern anthut / gehandelt. Sihe / was Herr Gottlieb von Hagen / im 3. Theil deß Buchs Comitiologiæ Ratisbon. am 118. und folgenden Blaͤttern / gar hefftig wider das Geſaͤtz Quisquis, 5. ad L. Jul. Majeſtat. ſchreibet / und zum behuff ſeiner Meinung / das beſagte 24. Cap. deß 5. Buchs Mo - ſis v. 18. das 14. Cap. im 2. Buch der Koͤnige v. 6. und das 18. Cap. auß dem Propheten Ezechiel / v. 4. 17. und 20. anziehet.
NEJN. Dann erſtlich war außdruͤck - lich von GOTT verbotten / von den Tod - ten die Wahrheit zuerforſchen / im 3. Buch Moſis / am 20. v. 27. und im 5. Buch am 18. v. 10. 11. Zum andern iſt es nicht wahr / daß der Seli - gen Seelen / ſo in der Schoß Abrahæ ſeyn / durch der Hexen Beſchwoͤrungen / koͤnten von dannen be - ruffen werden. 3. Wird deß Propheten SamuelsC 4Leib /40Die XIV. Frag. Leib / innerhalb der Zeit zweyer Jahren / wann er nicht allbereit gar verfault geweſen / jedoch alſo ver - ſtellt worden ſeynd / daß er in der herꝛlichen Geſtalt / mit welcher / da er gelebt begabt war / und ſich / in ſolcher / dieſer erdichte Samuel / dem Koͤnig Saul / zu ſehen / dargeſtellt / nicht hat erſcheinen / vielwe - niger der Goͤtter Anſehen vorbilden koͤnnen; Dann die Zauberin ſagte / daß ſie ſehe Goͤtter herauff ſtei - den auß der Erden. 4. Und wie ſolte deß gottſelig - ſten Propheten Coͤrper / ſo ſchon lang begraben gelegen / deñ der Rock / den er mit ſich ins Grab nicht genommen; in einem Augenblick / auff der gottloſen Zauberin Bevelch angezogen haben? daß aber ſeine Geſtalt dem Koͤnige alſo vorgeſtellet worden / iſt dem Teuffel / ſonderlich bey ſelbigem gottloſen Menſchen / und ſeiner leibeigenen Magd / leicht zu thun geweſen. Dann er ſich nicht allein in einen Engel deß Liechts verwandeln kan; ſondern auch auff der Menſchen / weil ſie noch leben / Geberde / und andere Umbſtaͤnde / gar ſcharffe Achtung gie - bet / ſolche in der Gedaͤchtniß behaͤlt / und auß ſol - cher gleichen Geſtalt / auch eine Stimme deß Pro - pheten gleichmaͤſſig / gegeben hat. Dann der Herr antwortete dem Saul weder durch Traͤume / noch durchs Liecht / noch durch Proyheten. Daher 5. zu ſchlieſſen / daß Er ihme vielweniger / durch den verſtorbenen Samuel / werde geantwortet haben / welchen / da er noch gelebet / er nicht gerne gehoͤret hat. Und obwoln die Weiſſagung deß Prophetenam41Die XIV. Frag. am Saul wahr worden / ſo hat aber der Teuffel / als ein Tauſentkünſtler auß dem vorgehenden / auch auß der Feinde Macht / wohl erachten koͤnnen / wie es ihme ergehen werde; ja ihn ſelber / denn er von GOTT verlaſſen zu ſeyn gewuſt / und der bey der Zauberin Raht geſucht / und alſo in ſeinen Gewalt gebracht / in die Gefahr deß Kriegs / und ein ſol - ches ungluͤckhafftes Ende zu nehmen / antreiben koͤnnen. Sihe was deßwegen im 1. Buch der Chronic. Cap. 11. v. 13. und 14. ſtehet. 6. So iſt es auch wider GOttes Wort / daß die Todten / ohne ein Wunderwerck von dem Allerhoͤchſten / wi - der ſolten lebendig werden. 7. So ſeyn auch die Hei - ligen nicht in deß Teuffels Gewalt / daß ſie von den - ſelben ſolten unruhig gemacht werden koͤnnen. Und obwoln Syrach Cap. 46. ſolche Hiſtoriam hat / ſo er zehlet er doch dieſelbe allein bloß / wie ſie im angezogenen Orth / deß 1. Buchs Samuelis / ſte - het / in dem er die Lob-Spruͤche deß Samuels / und anderer / die Nachkoͤmmlinge / zur Nachfolge der Alt-Vaͤtterlichen Tugend auffzu muntern / kuͤrtzlich ſetzet / und auch deß gemeinen Juͤdiſchen Volcks Meinung redet / aber nicht ſaget / ob die Erſchei - nung deß Samuels wahr / oder eine Verblendung geweſt ſeye. 8. Wuͤrde auch der Samuel ſich nicht haben anbetten laſſen / welcher gelehret / daß allein GOTT anzubetten ſeye. Und wie hat der Mann Gottes / zu dem gottloſen Saul / ſagen koͤnnen / Morgen wirſt du / und deine Soͤhne mit mir ſeyn? C 5Sihe42Die XV. Frag. Sihe Tertullian. in libro, de anima, Auguſtinum lib. quæſt. veteris, & novi teſtamenti quæſt. 17. Jacob. Martini Cent. 10. quæſt. illuſtr. philoſoph. diſput. 3. qu. 5. und 10. Frantz. diſput. 7. ex Deu - teron. th. 27.
WAS das Erſte anbelangt / ſo brin - gen die meiſten Wiedertaͤuffer / und mit denſelben auch die heutige Photinianer / deß Origenis, und der Marcioniten Jrrthum / daß einem Chriſten Krieg zufuͤhren / nicht erlaubet ſey / wider herfuͤr: welcher zwar auß dem Alten Teſta - ment / mit Zeugniſſen / und Exempeln / daß GOtt ſelber Krieg zu fuͤhren gebotten / dieſelbe / ſo ſie recht - maͤſſig und gebuͤhrend gefuͤhret / Streit und Rach Gottes genant werden; auch von ihme / dem Volck Jſrael / Geſaͤtz / und eine gewiſſe Ordnung / die Kriege recht zu fuͤhren / vorgeſchrieben worden / wi - derlegt werden kan. Zu deme hat auch GOTT tapffere Kriegs-Heldẽ erwecket / und ſie mit Kriegs - Tapfferkeit außgeruͤſtet; deßgleichen haben die hei - lige Patriarchen / Propheten / und gottſelige Koͤ - nige / GOtt dem Herrn angenehme und gefaͤlli - ge Krieg gefuͤhret. Weiln aber die jetzige Wider -taͤuffer /43Die XV. Frag. taͤuffer / mit den Manichæern / und andern alten alten Ketzern / die Schrifften deß Alten Teſtaments verwerffen. Deßwegen ſo iſt mit ſolchen Schwer - mern / auß dem Newen Teſtament zu handlen. Da dann erſtlich beym Evangeliſten Luca / Cap. 3. v. 14. geleſen wird / was Johannes der Taͤuffer den Kꝛiegs - leuten / auff ihre deßwegen gethane Frag / geantwor - tet habe; darauß dann alſo zu ſchlieſſen: Hat Jo - hannes der Taͤuffer / von den Kriegsleuten / was ih - nen zuthun? befragt / das Kriegen / da er es damaln wol haͤtte thun koͤnnen / auch ſollen / nicht verworf - fen; ſondern ſie mit gewiſſer maß / in demſelben be - ſtaͤttiget: ſo folget / daß das Kriegen im Newen Te - ſtament / eine erlaubte Sache ſeye / ꝛc. Und hie - mit ſtimmet auch Auguſtinus epiſt. ad Marcell. uͤberein. Ferner wird ſolches auß der Epiſtel an die Roͤmer Cap. 13. erwieſen; wann S. Paulus ſagt / die Obrigkeit traͤgt das Schwerdt nicht umbſonſt / ſie iſt Gottes Dienerin / eine Raͤcherin zur Straffe / uͤber den / der boͤſes thut. Darauß alſo kan geſchloſ - ſen werden: Wann / auß S. Pauli Zeugniß / die Obrigkeit von Gott verordnet iſt / daß ſie ſoll ſeyn eine Raͤcherin / und die jenigen / ſo Boͤſes thun / zaͤ - men; und aber bißweiln / deren / ſo Boͤſes begehen / und inſonderheit ſolcher / ſo die Religion und den ge - meinen Frieden verunruhigen / Beſchaffenheit / und Macht / alſo gethan iſt / daß ſie / ohne Kriegsmacht / nicht gebaͤndiget / und im Zaum nicht gehalten wer - den koͤnnen; ſo erſcheinet darauß / daß einem Chri -ſten44Die VX. Frag. ſten / im Newen Teſtament / auch heutigs Tags / Krieg zu fuͤhren erlaubt ſey / &c. wird geleſen / daß die Chriſten unter den Kaͤyſern Marco, Antonio, Maximiano und Juliano, ob ſie wohl nicht ihres Glaubens geweſen / ſich im Krieg gebrauchen laſ - ſen; Anderer / ſonderlich der erſten Chriſtlichen Kaͤyſer zu geſchweigen. Zu dem / iſt der Krieg nichts anders / als eine rechtmaͤſſige Vertheidigung; Er zwinget die Leute gerecht / und maͤſſig zu ſeyn; machet auß einem geilen / einen beſcheidenen / auß einem faulen / einen tapffern; und wird dardurch der Fried erlangt / damit man in demſelben / ohne Beleidigung ſicher leben koͤnne. So hat uns Gott die Haͤnde darzu geben / daß auſſer anderm derſel - ben Gebrauch / wir uns ſelbſten / und andere damit ſchuͤtzen koͤnnen. So wird auch in H. Schrifft nirgends Krieg zufuͤhren verbotten. Der Haupt - mann / ſo Kriegsleute unter ſich gehabt / Matth. 8. und der Cornelius / in der Apoſt. Geſchicht am 10. ſeyn deßwegen nicht geſcholten / oder den Krieg hin - fuͤhro zu verlaſſen / ihnen gebotten worden. Und obwoln die Widerſacher etliche Spruͤche auß der - ſelben anziehen / ſo ſeyn ſie doch nicht von der offent - lichen / ſondern der eintzelen Rach / da ein Menſch / ſich an ſeinen Naͤchſten nicht raͤchen ſolle / zuverſte - hen. Es ſeyn zwey Stuͤck / dardurch ein gemeiner Stand erhalten wird / nemlich die Tapfferkeit wi - der die Feinde / und die Einigkeit zu Hauß. Die Rechte / Gericht / Geſaͤtz / die Religion / und allesdeß45Die XV. Frag. deß gemeinen Standes vermoͤgen / und macht / wird unter dem Schild der Kriegs-Diſciplin erhalten: machet die Leute in ihrem Stande ruhig ſeyn: weiln niemands ſich unterſtehet / den herauß zu fordern / oder zu beleidigen / den er weiß zum Widerſtand hur - tig und bereit zu ſeyn. Es machet der Krieg / auß einem verthunlichen / einen maͤſſigen; iſt auch kein beſſers Mittel / die Muͤſſiggehende / und den Wol - luͤſten ſich Ergebende / unnütze Leute / auß einer Stadt / und Lande zu vertreiben / als wann man ſie in den Krieg ſchicket. Siehe ein mehrers hievon beym D. Cunrado Dieterico, in der 3. und 12. Predigt / uͤber das 3. Capitel deß Predigers Salo - mo / Lucam Oſiandrum, in Enchirid. controv. quæ Auguſtanæ Confeſſionis Theologis, cum Anabaptiſtis intercedunt, cap. 9. quæſt. 3. & cap. 10. quæſt. 1. VVolfg. Franzium, diſp. 10. theſ. 101. & ſeqq. ex Deuteron. Joan. Förſter. probl. Theol. ex Decal. decad. 2. probl. 4. Joan. Cerhard. deca. 7. qu. polit. 1. Jac. Martini cent. 5. quæſt. philoſ. diſp. 10. qu. 10. & cent. 9. qu. 9. diſp. 7. Joan. Crügeri[Hortum] virtutum, qu. 39. Nicol. Hardkopf. qu. bellicarum 1. und andere mehr / welche mie gnugſamen Urſachen erweiſen / daß den Chriſten Krieg zu fuͤhren / auch im N. Teſtament eꝛlaubt ſeye; und dem Tertulliano, Lactantio, Eraſ - mo Roterodamo, den Photinianern / Widertaͤuf - fern / und andern / auff ihre Einwuͤrff / (deren unter - ſchiedliche bey dem ſo genanten Beato Joachimo, inforti -46Die XV. Frag. fortitudine pacis, oder Eroͤrterung der Frag / ob ein Chriſt Krieg fuͤhren koͤnne? ſo er verneinet / zu fin - den) antworten; benebens aber auch vermelden / was rechtmaͤſſige Krieg; wann / und wie dieſelbe vorzunehmen; auch alſo zu fuͤhren ſeyen / daß es nicht Straſſenraͤuberiſche und moͤrderiſche Thaten werden; und die / ſo ſolche Kriego fuͤhren / wegen deß unſchuldig vergoſſnen Bluths / auch anderer groſſen Suͤnden / ſo vielmals in den Kriegen vor - gehen / GOtt dem Herrn nicht ſehr ſchwere Re - chenſchafft zugeben haben. Dann Krieg zu fuͤh - ren der hohen Odrigkeit zuſtehet / die aber in acht zu - nehmen deſſen rechtmaͤſſige Urſachen / welche ſie in heiliger Schrifft zu finden / wie nemlich das Volck Gottes / vorzeiten / ihre Krieg wider die / ſo Auffruhr und Abgoͤtterey angericht; das Recht der Natur gebrochen / dem Koͤnig und dem Volck eine ſchmach zugefuͤgt; die wahre Religion / die offentliche Frey - heit deß Vatterlands / das Leben der Ehegenoſſen / und Kinder angegriffen / die Vertraͤg und Buͤnd - niſſene vernichtet / gefuͤhret habe. Man ſolle aber zuvor / ehe es zum Krieg kombt / alles verſuchen / ob man durch guͤtliche Mittel / den Strittigkeiten ab - helffen koͤnne. Und ſo nichts helffen will / in dem Krieg ſich alſo verhalten / daß die unſchuldige Leute / krancke und alte / auch die kleinen Kinder / nicht umbgebracht / denſelben ihre Nahrung nicht entzo - gen / das Weiber-Volck nicht geſchwaͤcht; und nicht alles zum Raub gemacht / und verwuͤſtet werde. Dann /47Die XV. Frag. Dann / wie der heilige Auguſtinus, de Verbis Do - mini, ſagt: Kriegen iſt keine Suͤnde; aber wegen deß Raubs kriegen / das iſt eine Suͤnde; item / wider den Fauſtum; die Begierde Schaden zu thun / die Grauſamkeit ſich zu raͤchen / ein verwickelt / und un - verſoͤhnliches Gemuͤht / die Wildigkeit ſich zu wider - ſetzen / die Vppigkeit zu herrſchen / und was derglei - chen iſt / die ſeyn es / ſo in dem Krieg billich verdam̃t werden. Was dann die End-Urſach der Krieg anbelangt / ſolle dieſelbe einig und allein dahin ge - richtet ſeyn / damit eine rechtmaͤſſige / und nothwen - dige Beſchuͤtzung vorgenommen werde / daß wann offentlicher Gewalt abgetrieben worden / Fried / und erwuͤnſchte Ruhe / dem gemeinen Weſen widerge - bracht werde. Sihe D. Lutherum, tom. 3, Jen. German. Ob Kriegsleute auch im ſeligen Stand ſeyn koͤnnen?
Was das Ander anbetrifft / ob namlich Ge - walt mit Gewalt abzutreiben erlaubt ſeye? ſo iſt was den offentlichen Gewalt angehet / der Schluß auß dem vorgehenden zumachen. Ob aber ein eintzeler Menſch / mit gutem Gewiſſen / im Nothfall / ſich wehren doͤrffe? da ſagen die Wider taͤuffer nein dar - zu / und bringen zum Beweiß die Spruͤche herfuͤr / zun Roͤmern am 12. v. 17. 19. an der 1. an die Co - rinth. Cap. 6 v. 7. und Matth. am 5. v. 39. ꝛc. Her - gegen die Evangeliſchen lehren / daß in dem unver - meidlichen Nothfall / ein Chriſt die Schutz-Wehr fuͤr ſich / und die Seinige / wol ergreiffen moͤge: je -doch48Die XV. Frag. doch der Geſtalt: 1. daß mit fleiß / und ernſtlich der jenige / ſo Gewalt brauchen will / von ſeinem Vor - haben abgeſchreckt werde. 2. daß / ſo viel es ſeyn kan / der Obrigkeitliche Schutz / oder anderer Leute Huͤlff / geſucht werde; 3. wann ſolche Mittel nicht zu wegen zubringen / und deß Vberfallers groͤſſere Gewalt / auff keine andere weiſe / als mit der Gegen-Wehr ab - zutreiben iſt. 4. daß man ſo viel moͤglich veꝛſuche / die Widerpart alſo zubeſchaͤdigen / daß ſolche die Waf - fen hinzulegen gezwungen werde / als daß man den Feind ſtracks umbringe. 5. und wann auch ſolches nicht geſchehen kan / und Lebens-Gefahr auff dem Verzug ſtehet / ſo muß es mit der zulaͤſſigen Gegen - wehr / ſo man moderamen inculpatæ tutelæ nen - net / alſo beſchaffen ſeyn. 1. Daß man ſich einer Gleichmaͤſſigkeit der Jnſtrumenten / oder Wehren gebrauche. 2. Und daß es alsbalden / nicht eine Zeit hernach; und 3. nicht im Gemuͤht / ſich auß Schmertzen der angethanen Unbilligkeit zu raͤchen / oder zubeſchaͤdigen; ſondern ſich / und die Seinige / wider die augenſcheinliche / und gegenwaͤrtige Ge - fahr zu ſchuͤtzen / geſchehe. Welches letzte dann in ſolchen Faͤllen / inſonderheit zubeobachten iſt. Dann GOtt / als der allerbeſte Hertzenkuͤndiger / ſihet zu vorderſt auff deß Menſchen Zuneigung / und Ge - muͤht / und thut daher von ſeinen Verhandlungen / ſo wol in allen andern Miſſethaten / als auch und in - ſonderheit in dem Todſchlag urtheilen; wie zu ſehen iſt im 2. Buch Moſis / Cap. 21. v. 13. Und fuͤr dieſeerzehlte49Die XV. Frag. erzehlte Meynung / ſtreitet das Geſaͤtz der Natur / daß nemlich Gewalt mit Gewalt zu hintertreiben: item das Geſaͤtz im 2. Buch Moſis Cap. 22. v. 2. und deß Abrahams Exempel im 1. Buch Moſis am 14. Und ein ſolcher / der im Nothfall / einen An - greiffer umbbringet / kan kein Todſchlaͤger genennet werden. Auß welchem dann / und den Umbſtaͤn - den / auff die obang eregte der Widertaͤuffer Ein - wuͤrff leichtlich zu antworten iſt. Sihe D. Joh. Förſter. decad. 2. problem. Theol. ex Decalogo, problem. 5. da er / unter anderm / auch auff den Spruch Chriſti Matt. 5. v. 39. Jch aber ſage euch / daß ihr nicht widerſtreben ſollt dem übel / ſondern / ſo dir jemand einen Streich gibt / auff deinen rech - Backen / dem biete den andern auch dar / eine drey - fache Antwort gibt; auch hierůber deß Cardinals Hugonis Wort anziehet. Suche das 18. Cap. S. Johannis / v. 22. 23. und das 23. Capit. in der Apoſt. Geſchicht. v. 2. und 3.
THeils ſagen ja / und ziehen die Exem - pel Moyſis / Samuelis / und Eſdræ / an. Aber der Philoſophus 4. polit. c. 15. will / daß der Prieſter Ampt / von der weltlichen Obrig -Dkeit50Die XVI. Frag. keit / ſoll unterſcheiden ſeyn. Dann ſelbiges den gantzen Menſchen / nicht einen Theil von ihm / er - fordert. So iſt die weiſe der Verwaltung gar weit von einander; und wann die Lehr mit dem Schwert bewahret / kuͤnte leichtlich eine Abgoͤtterey mit ein - reiſſen. Vber das / hat unſer Herr und Hey - land offentlich geſagt / ſein Reich ſeye nicht von die - ſer Welt; ja / er iſt allein auff den Berg gewichen / als er verſtanden / daß das Volck kommen / und ihn zum Koͤnig machen wolle. Wie ſchicket ſich dann / daß geiſt - und weltliche Reich znſammen? So hat Er / der Herr Chriſtus / ſelber kein Urtheil uͤber das Ehebrecheriſche Weib / ſprechen wollen / dieweil er nicht zu richten / wie eine irrdiſche Obrigkeit / kom - men war. Deßwegen ſo gebuͤhret einer geiſtlichen Perſohn / daß ſie zweyerley Verrichtungen habe. Dann denen / ſo zu groͤſſern Dingen verordnet / wer - den die mindere verbotten / nicht daß ſie deren un - wuͤrdig waͤren / ſondern weil ſolches denſelben uͤbel anſtaͤndig. Wo iſt einiger Apoſtel / als ein Rich - ter der Menſchen geſeſſen; oder hat die Graͤntzen unterſchieden / oder die Laͤnder außgetheilet? Jch lieſe / daß die Ayoſtel / uͤber die das Urtheil ergehen ſollen / geſtanden; aber nicht / daß ſie Urtheil faͤl - lend geſeſſen waͤren; ſaget Bernhardus de conſid. ad Eugenium. Und iſt dem heiligen Petro nicht bevohlen worden / daß er regiere / oder unterwerffe; ſondern daß er weide / und zwar nicht ſeine / ſondern deß Herrn Chriſti Schaafe; welcher / in ſeinemLeiden /51Die XVII. Frag. mit Dornen gekroͤnet / in dem Purpur Mantel aber verſpottet woꝛden. Sihe Johan. Gerhardum de - cad. 5. quæſt. polit. quæſt. 10. und die / ſo er daſelb - ſten anziehet.
DJeſe Vorbereitung beſtehet in gebuͤh - render Aufferziehung / die ſehr nothwendig / und auch zum allernuͤtzlichſten iſt. Dann es mangelt allenthalben an Gelegenheiten nicht / daß junge Leute / ſo von Natur etwan zu dem Boͤſen ge - neiget ſeyn / auch andere / ob ſie gleich guter Arth / und ſinnreich ſeyn / wann die Zucht entweder gantz hindan geſetzt / oder recht gebraucht wird / verfuͤhret werden koͤnnen. Die Unterweiſung / ſonderlich wann man ſie zu rechter Zeit vornimmet; iſt die Brunnquell und Wurtzel aller Tugend / und Wiſ - ſenſchafft. Solche Erziehung aber hat inſonder - heit ihr Abſehen auff deß Leibs Geſtalt / und Unter - weiſung deß Gemuͤhts. Sollen dahero die Eltern / wann ſie Soͤhnlein bekommen / die eine geſunde und gute Leibs-Beſchaffenheit haben / mit allem Fleiß zu ſehen / daß ſie erhalten / wann ſie aber boͤß / etlicher maſſen / und ſo viel moͤglich / verbeſſert / werde. Zu deß Leibs Stande / und guter Geſtalt / thut viel / wañD 2man52Die XVII. Frag. man auff der Speiſen Unterſcheid / und daß die Kinder mit denſelben nicht uͤberfuͤllet werden / Ach - tung gibet. Jtem / daß die Eltern zuſehen / daß ihre Glieder nicht verkruͤmt / oder auff einerley wei - ſe ungeſtaltig werden. Sie ſollen auch denſelben ihre Leibs-Vbungen / nach geſtalt deß Alters / und die ihnen gebuͤhren / zu laſſen. Dann fuͤr die Kna - ben gehoͤren ſolche Bewegungen / dardurch deß Leibs Traͤgheit / und Faulkeit / verhuͤtet werde; den mehr erwachſenen aber / etwas ſtaͤrckere; jedoch / daß man allwegen auff jedes Leibes Zuſtande ſein Ab - ſehen habe. Und inſonderheit dienet das Spatzi - rengehen hieher trefflich wol. Was die Unter - weiſung deß Gemuͤhts anbelangt / ſolle man / je mehr daſſelbe dem Leib vorgehet / und je beſſer / und groͤſſer ſeyn der Seelen / als deß Leibs Guͤtter / groͤſſere Sorge fuͤr dieſelbe tragen. Dann / ob - woln eine gute Natur / und Art / viel thut / die gute Wiſſenſchafften recht zu ergreiffen / und recht zuverſtehen / auch bey Theils andern / wie unab - laͤſſige Arbeit / oder Fleiß / alles uͤberwindet. Wann aber die Vorſorge / und das Auffſehen nicht darbey iſt / wird die Natur entweder nichts / oder doch gar wenig außrichten. Es begreifft aber ſolche Vorſorge die Unterweiſung / und die übung: und die Vnterweiſung wider vier Stuͤck / nem - lich / 1. Von wem. 2. Wann. 3. Warumb; und 4. wie ſolche anzuſtellen. Das erſte beſte -het53Die XVII. Frag. het auff den Eltern / und Lehrmeiſtern. Wann die Eltern ihrer Kinder Unterweiſung / entweder wegen Vnwiſſenheit / oder anderer Verhinde - rungen halber / ſelber nicht vorſtehen moͤgen; ſol - len ſie Lehrmeiſter ihnen halten / deren Trew und Fleiß / ſie ihre Kinder anvertrawen / und unterge - ben; doch alſo / daß die Eltern auch ſelber fleiſſige Auffſeher; die Lehrmeiſter aber / in guten Kuͤn - ſten / und Sprachen / erfahren / und guten Sitten ſeyen / und ihren Lehrjuͤngern / das / ſo ſie zu er - lernen / getrewlich / und embſig vorhalten. Den obgedachten andern Puncten / wann / betreffend / ſo ſolle die Vnterweiſung zeitlich geſchehen / und damit ſo lang fortgeſetzet werden / biß man etwas zu Jahren kombt / und eines ſolchen Wegweiſers nicht mehr vonnoͤthen. Haben derowegen die Knaben und Juͤnglinge / der Unterweiſer inſon - derheit vonnoͤthen. 3. Warumb aber ſolches ge - ſchehen ſolle / da hat man auff die Sitten / und Leh - re / zu ſeheu / welche beyde wann ſie huͤbſch bey einander ſtehen / einen jungen Menſchen ſehr an - genehm machen. Zu den Sitten gehoͤret die Gott - ſeligkeit / wegen GOttes / und die Frombkeit / we - gen der Menſchen. Bey der Lehr hat man auff die Wolredenheit / und Weißheit / zu ſehen. Die weil aber nuͤtzlich iſt / daß man zu unterſt an - fahe / ſo ſolle / erſtlich / ein Lehrmeiſter / einen Lehr-Juͤngern / die Crammaticam, oder die Sprach - unnd Schreib-Kunſt / vorgeben /D 3durch54Die XVII. Frag. durch welche man zu Erlernung der Sprachen ge - leitet wird. Dieweil aber der Sprachen mancher - ley / ſo rahtet einer / daß zuvorderſt die Latein - und Griechiſche ſollen erlernet werden. Wann nun der Lehrer den Nutzen der Grammaticaliſchen Re - geln / etlicher maſſen / in den Rednern / und Poeten gewieſen / ſoll er die Dialecticam, oder Diſputir - Kunſt / mit ſeinen Untergebnen / vornehmen; und mit derſelben zu gleich auch die Rhetoricam, oder die Red-Kunſt. Was den vierten / oder letzten Puncten betrifft / wie nemlich die Unterweiſung an - zuſtellen; ſo erfordert man ins gemein von den Lehrmeiſtern. 1. Daß ſie ihre Lehr-Juͤnger / zum Fleiß / mit Geſchencken ſollen anreitzen. 2. Die - ſelbe von aller boͤſen Geſellſchafft abhalten; Und 3. die Lehrjuͤnger / als moͤglich / ſich zu frommen / und und gelehrten Leuten / geſellen, von welchen ſie jeder - zeit frommer / und gelehrter hinweg gehen. Abſon - derlich aber / die Sitten betreffend / ſoll ihnen mit gu - tem Exempel vorgegangen; auch denſelben eines andern Tugend / und die darauff erfolgete Ehr / vor - gehalten werden. Die Lehre belangend / ſo ſoll man die Knaben allgemach unterweiſen / und mit vielem Auffgeben ſie nicht uͤberhaͤuffen: item / eine richtige Ordnung halten / auch nur das nuͤtzlichſte ihnen vorgeben; und denſelben / bißweilen eine Ru - he / und Ergoͤtzligkeit goͤnnen / damit ſie nicht ſterigs uͤber dem Lernen ſitzen doͤrffen. Und ſo viel von der Unterweiſung. Was fuͤrs Ander nun die uͤbungbe -55Die XVII. Frag. betrifft / ſo gehet ſolche den Lehrjuͤnger an / welcher 1. ſoll ſeyn gelernig. 2. Mit außwendig lernen ſtetigſt die Gedaͤchtniß uͤben. 3. Keine Arbeit flie - hen. 4. Unermuͤdet dem Lernen obliegen / inge - denck / daß die Baͤume nicht von einem Streich fallen. 5. Stetigſt ihme vornehmen ſeine Sa - chen mit der Zeit auffs hoͤchſte zu bringen / und ge - lehrter / als Plato / oder irgends ein Doctor ſeyn moͤge / zu werden. Dann die Voͤgel / ſo nur umb die Pfuͤtzen ſich auffzuhalten pflegen / die fliegen / bey heiterem Himmel / ſelten hoͤher. 6. Daß er die ſchaͤdliche Wolluͤſte meide. Wann nun alſo ein guter Anfang gemacht / und ein ſolcher Grund zu Hauß geleget wird / ſo iſt gute Hoffnung da / wann ein ſolcher Juͤngling hernach auff eine hohe Schul kombt / das / was ferner darauff gebawet wird / wol gerahten / und viel Nutzen ſchaffen werde. Sihe D. Jacob. Martini, quæſt. 8. diſput. 6. Quæſtion. illuſtr. philoſoph. cent. 2. und cent. 7. diſput. 5. quæſt. 10. da er handeit / wie die Jugend in einem gemeinen Stande unterwieſen werden ſolle?
BEy Gott dem Herrn / iſt eine groſſe / und verwunderliche Vermiſchung der Gerechtigkeit / und Barmhertzigkeit. ErD 4iſt56Die XVIII. Frag. iſt ein Vatter nach der Guͤttigkeit / und ein Herr nach / oder in der Zucht. Welches auch von ei - nem Fuͤrſten / ſo gleichſam GOttes Stadthalter iſt / zu wuͤnſchen waͤre / daß Gnade und Gerech - tigkeit miteinander wandeln thaͤten; weilen dieſes die zwey Stuͤtzen / darauff die Regiments-Laſt lie - get. Wann aber den mitlern Weg allezeit / und gleich zu gehen / ſehr ſchwer iſt; ſo wird daher nicht unbillich gefragt / ob es beſſer ſeye ein wenig nach der Gerechtigkeit / oder aber nach der Gnade meh - rers ſich zu lencken? Und zwar / ſo iſt bißweilen / nach Unterſcheid der Umbſtaͤnde / und ſonderlich zu dieſer Zeit / da allerhand Laſter uͤberhand neh - men / man ſich derſelben auch nicht ſchaͤmet / die Strengigkeit / der Guͤtigkeit vorzuziehen; weilen man mit uͤberſehen / nur mehrers zu ſuͤndigen An - laß giebt. Durch Gelindigkeit wird ein Fuͤrſt / und die Geſaͤtz / veraͤchtlich gemacht. Der Roͤ - mer Reich waͤre zu groſſe / deß Pertinacis Freund - ligkeit / und deß Heliogabali naͤrriſche Wolluſt / ſchier gefallen / wann nicht demſelben Kaͤyſer A - lexander Severus, mit ſeiner Ernſthafftigkeit zu Huͤlff kommen waͤre. Der Kaͤyſer Aurelianus iſt fuͤr nothwendig / ob er wol ernſthafft war / ge - halten worden / dieweil deß Roͤmiſchen Reichs im Schwang gebende Laſter keinen gelindern Fuͤr - ſten / zu gel[a]ſſen haͤtten. Seyn auch etwann theils Voͤlcker alſo genaturet / daß ſie nur mit ei - ner eiſernen Ruthen wollen regiret werden. Sover -57Die XVIII. Frag. verurſachet die Guͤtigkeit eines Fuͤrſten / gar offt / daß die Schmeichler und Diebe / einen gemeinen Stand berauben; die Strengigkeit aber macht / daß die Beampte im Zaum gehalten werden / und ihrem Ampt genug thun. Aber! wie dem al - lem / ſo iſt doch die Gnade / der Strenge / vor - zuziehen. Und ſolches hat die Natur ſelber et - licher maſſen lehren wollen / welche der Jmen / o - der Bienen / Koͤnigen / keinen Stachel zugelaſ - ſen / oder doch den zugebrauchen nicht haben wol - len / damit ſie deſto weniger jemands Schaden thaͤten. Die Liebe der Unterthanen begleitet am beſten einen Fuͤrſten: Wer aber geliebt ſeyn will / muß mit ſchwacher Hand regieren. Und wer wer weiß nicht / daß das geſtrenge Recht / offt - mals die groͤſte Unbilligkeit iſt? Vnd / wie / in einer zweiffelhafftigen Sache / allezeit beſſer iſt ei - nen Schuldigen ledig laſſen / als einen Vnſchul - digen verdammen; alſo iſt auch / in andern Sa - chen / die Strenge der Gerechtigkeit / mit der Bil - ligkeit / zu vermiſchen / abermals nach dem Exem - pel deß Koͤnigs aller Koͤnigen. Dann obwolen derſelbe / wie genaͤdig / alſo auch gerecht iſt; ſo er - ſcheinen doch gegen uns mehrere Wirckungen ſei - ner Barmhertzigkeit / als Gerechtigkeit. Dann Gottes Eigenſchafft iſt / ſich erbarmen und ſchonen. Der Kaͤyſer Leo I. pflegte zu ſagen / welchen die Sonne beſcheine / denen pflege ſie auch die WaͤrmeD 5mit -58Die XIX. Frag. mitzutheilen; alſo ſolle auch von einem Kaͤyſer de - nen Gnade erwieſen werden / die er anſihet. Sihe Tholoſ. lib. 6. de Rep. c. 18. n. 18. Bodin. lib. 2. de Rep. c. 4. Cerhard. dec. 3. quæſt. polit. qu. 3. & Jac. Martini cent. 2. quæſt. Philoſ. diſp. 6. qu. 10. und die ſie daſelbſt anziehen.
DAS Regiren iſt die allergroͤſte Kunſt / ſonderlich einen Menſchen; und je groͤſſer die Gewalt / und ein Fuͤrſtenthumb iſt / je groͤſſer Weißheit hat auch ein Regent vonnoͤthen. Sein deßwegen / die jenigen / welche kuͤnfftig ins Regiment zu tretten / von Jugend auff / alſo zu un - terweiſen / daß ſie nicht allein ihnen / ſondern auch andern / uͤber die ſie regiren ſolten / mit der Zeit nuͤtz - lich und vorſtaͤndig ſeyn moͤgen. Die erſte Sorg aber ſolle ſeyn / daß ein junger Fuͤrſt in der himmli - ſchen Lehr / auß der heiligen Schrifft / recht unter - wieſen werde; welches allen Chriſten zuſtehet. Her - nach ſolle man denſelben in die Wiſſenſchafft nuͤtz - licher / und guter Kuͤnſten fuͤhren; jedoch in den nidern nicht zu lang auffhalten / ſondern allein das nothwendige ihme darauß vorhalten; auch bißwei - len denſelben etwas in den Poeten leſen laſſen; in welchen ſonderlich die von keuſchen / ernſtlichen / undhohen59Die XIX. Frag. hohen Sachen handlen / man viel ſchoͤnes / nuͤtzli - ches und erbawliches findet. Sonderlich aber ſolle ein Fuͤrſt ihme die Leſung der hiſtoriſchen Buͤcher angelegen ſeyn laſſen. Dann in denſelbigen findet er allerhand Beyſpiel / denen er wegen darauß ent - ſtandener Ehr / und Glůckſeligkeit / zufolgen; her - gegen auch ſolche / die er / der Gefahr / erlangten Schande / und boͤſen Außgangs halber / zu meiden hat. Es iſt die Hiſtoria eine Lehrmeiſterin / wie je - mand ſein Leben anzuſtellen / ſie zuͤchtiget / durch un - gleichheit und aͤnderung der Haͤndel / der Gluͤckſe - ligen Stoltz / und troͤſtet die Ungluͤckhaffte in ihrem Elend. Sie erzaͤhlet der Weiſen Rahtſchlaͤge / der Helden fuͤrtreffliche Thaten / aber auch der Vermeſſenheit und Thorheit / ungluͤckſelige Auß - gaͤnge. Die Hiſtoriſche Buͤcher ſeyn die beſte Raͤh - te / die / wann ſie beruffen / werden / ſtets da ſeyn / nichts verbergen / nicht ſchmeicheln; hat Julius Cæ - ſar, wie Suetonius cap. 7. von ihme berichtet / als er deß groſſen Koͤnigs Alexanders Bildniß geſehen / ge - ſeufftzet / wie viel mehrern Gewalt wird die Hiſtoria haben / wann in der ſelben ſeine Thaten geleſen wer - den. Darneben aber ſolle ein Fuͤrſt auch der Wol - redenheit / und allerley Sprachen / ſich befleiſſigen; damit er nicht allein / gegen die Seinige ſeine Rede / ſonderlich in Auffruhren / recht fuͤhren; ſondern auch / bey andern Fuͤrſten / und deren Geſandten / die Notdurfft ſelber muͤndlich vorbringen / und ſo es zum Krieg kombt / die Soldaten anreden / und ſel -bige60Die XX. Frag. bige zur Tapffer - und Standhafftigkeit ermahnen koͤnne. Vnd dann ſo iſt einem Fürſten die Wiſ - ſenſchafft der Rechten / und der Weltlichen Sa - chen noͤthig. Was aber andere Kuͤnſte anbelangt / ſo Theils an einem Fuͤrſten erfordern / ſeyn dieſelbe nicht alſo nothwendig. Dann / welche in den Schul - Kuͤnſten veralten / die ſeyn das Regiment zu fuͤh - ren nicht gar tuͤchtig: jedoch mag ein Fuͤrſt / ſo ei - nen guten Verſtand / und die muͤſſige Zeit darzu hat / wegen ehrlicher Beluſtigung / auch dieſelbe erlernen. Sihe Gerhard, deca. 3. quæſt. polit. 6. Lipſ. lib. 1. polit. cap. 9. & 10. Tholoſ. lib. 10. de Republ. cap. 4. n. 12. Jacob. Martini Cent. 2. diſput. philoſoph. 9. qu. 10.
ES geſchicht offt / daß auß geringen Standes / und faſt unbekandter Leuten Kin - der Herkommen / die hernach zu den hoͤchſten Ehren und Wuͤrden / gelangen / inmaſſen man / unter andern / ein Beyſpiel am Socrate hat / wel - ches Eltern geringe Leute geweſen / der aber fol - gends ſo hoch geſtiegen / daß er von jederman fuͤr den Allerweiſſeſten iſt gehalten worden. wie beym Diogene Laẽrtio in vitis philoſop. von ihm zuleſen.61Die XX. Frag. leſen. Da dann gefragt wird / wann ein Sohn zu dergleichen / oder hoͤhern Wuͤrden / als der Vatter iſt / oder zu Obrigkeits Stellen / gelanget / ob er ſei - nem Vatter der im niedrigen Stande iſt / und ſich ſchiecht behelffen muß / deßwegen vor zuziehen ſeye? ſonderlich / weil die heilige Schrifft befihlet / daß die Eltern / von den Kindern ſollen geehret wer - den; auch die Natur ermahnet / daß man die El - tern den Kindern vorſetzen ſolle; deßgleichen die unvernuͤnfftige Thiere / als die Storchen / nud an - dere / ihren Eltern Ehren-Dienſte erweiſen. Her - gegen aber wird allen und jeden in der Epiſtel an die Roͤmer / Cap. am 13. gebotten / daß ſie der Obrigkeit unterthan ſeyen / derſelben gehorchen / und ſie ehren ſollen. Fuͤrs ander / geouͤhret ſich / daß eine Obrigkeit im Gericht ſitzet. Sihe Au - thor. collat. 6. tit. 11. cap. 3. Nun geſetzt / daß der Vatter fuͤr dtß Sohns Gerichte moͤchte gela - den werden / da dann gewiß der ſitzende Sohn mehr als der vor ihme ſtehende Vatter / wird ge - ehret werden. Da deß Q. Fabii Maximi Vat - ter / zu Pferde / dieſem ſeinem Sohn / von ferne entgegen kam / hat Fabius dem Diener bevohlen / ſolte den Vatter heiſſen abſitzen / welcher es auch gethan / und den Sohn gelobt / daß er ſeines Ge - walts Anſehen erhalten. Drittens / ſolle ein Richter / oder Obrigkeit / ohne einige Zuneigung / oder Anſe - hung der Peꝛſon / ohne Gunſt / ohne Haß / oder eignes Nutzens / wegen auffrecht / und gewiſſenshafftig / dieSachen62Die XX. Frag. Sachen erkennen / unterſcheiden / Urtheil faͤllen / und die Straffen aufferlegen. Wann nun ein Vatter eine boͤſe Sache haͤtte / und von dem Sohn / im Gericht / ſtraffwuͤrdig erkant wuͤrde; ſo waͤre ja der Sohn hoͤher / als der Vatter. Man kan aber beydes alſo vergleichen / damit einem jeden ſeine Eh - re / dem Vatter / als einem Unterthanen / und dem Sohn / als einer Obrigkeit / verbleibe; daß nem - lich in dem Hauß-Stande / der Vatter dem Sohn vor: in dem weltlichen aber / dem Sohn nachgehe. Dann im Hauß-Stande wird ein Sohn nicht als eine Obrigkeit geachtet: hergegen aber in dem welt - lichen / bey offentlichen / und Obrigkeitlichen Ver - richtungen / der Vatter / nicht als ein Vatter / ſon - dern fuͤr eine eintzele Perſon / und Unterthanen ge - halten; gleich wie auch ein Sohn / ſo ein Prieſter / dem Vatter / ſo kein Prieſter iſt / in ſeiner Prieſter - lichen Verwaltung / vorgehet; aber auſſerhalb de - ren / hoͤret die offentliche Ehrerbietung auff / und fangen die natuͤrliche Ehren wider an / nach welchen die Eltern / den Kindern / vorzuziehen ſeyn: und daher auch Baldus geſagt haben ſolle / daß in denen Sachen / ſo zu Hauß geſchehen / auch ein Sohn / wann er Papſt iſt / ſeinen Vatter ehren ſolle. Und wird beym Gellio geleſen / daß bey der Gaſt-Mahl - zeit deß Philoſophi Tauri, dem Vatter / ſo eine privat / oder eintzele Perſon geweſen / ein ehrlicher Sitz / als dem Sohn / der doch uͤber das Land Cre - tam oder Candiam, geſetzt war / eingeben worden. Es63Die XIX. Frag. Es ſtehet gleichwol bey dem Sohn / wann er in dem Obrigkeits-Stande iſt / und deßwegen dem Vat - ter / in offentlichen Handlungen vorgehet / daß er / zur Anzeig guten Willens / auß Freundligkeit / und Demuht / ſeinen Vatter / ſo ſonſten ſein Unterthan waͤre / nach Gelegenheit der Umbſtaͤnde / zu ſich be - ruffen / und ihme den Vorſitz laſſen mag / ſo der Kaͤyſer Heliogabalus, gegen ſeiner Mutter / gethan / und ſo bald er in den Raht kommen / ſeine Mutter laſſen herbey tretten / und ihr nicht al - lein den Oberorth; ſondern auch die Freyheit / ge - wiſſe Geſaͤtze zu machen / gegeben haben ſolle. Alſo hat der Koͤnig Salomo / nach demer neulich / auff Abſterben ſeines Vattern Davids / das Koͤnigreich Jſrael / erlangt / ſeine Mutter / ſo zu ihme kommen / zur rechten Hand ſitzen laſſen; wiewol Theils ver - meinen / daß bey den Alten / eine andere Ordnung im Sitzen gehalteu worden / und die lincke Hand ehrlicher / als die rechte / geweſen ſeye. Sihe Jac. Martini, cent. 3. diſput. 2. qu. 10. & Cerhard. de - cad. 3. qu. 10. und die ſie daſelbſt anziehen.
DJE meiſten antworten mit ja / dieweil ſolches GOtt / die Natur / und die Ver - nunfft / zu Stifftern habe; und daß nachdem64Die XXI. Frag. dem jenigen / ſo auß gewiſſer Einfuͤhrung / langwaͤ - rendem Gebrauch / und Einſtimmung vieler weiſen Leute / gemacht / und beſtaͤttiget worden / man allezeit urtheilen ſolle. So begreiffen die Geſaͤtz das Recht / und die Billigkeit: wie dann unſere Vor-Eltern dieſer Tapfferkeit / und Weißheit / geweſen / daß ſie / in Machung der Geſaͤtze / allein auff die Wolfahrt deß gemeinen Standes geſehen haben. Zu dem / wann wan nicht nach den Geſaͤtzen das Vrtheil faͤllen wolte / ſo wuͤrde deꝛſelben Anſehen gebrochen / und gemindert / eine boͤſe Gewonheit eingefuͤhret / dardurch die Leute / die Geſaͤtze zu verachten / oder gar vor gering zuhalten / gewoͤhnt; alſo / daß allge - mach die Geſaͤtze ſich auß den Staͤdten verliehren / und wann gleich etliche noch vorhanden / jedoch ſie / als wann keine da waͤren / gehalten wuͤrden. Auß welcher Stadt aber die Geſaͤtze weichen / in dieſelbe pflegen Auffruhr und Krieg einzuziehen. Ja / es kan ohne die Geſaͤtz / kein Haus / keine Stadt / kein Volck / noch das gantze menſchliche Geſchlecht / noch die Natur der Sachen / noch die Welt ſelbſten / auff - recht ſtehen. Was aber oben geſagt worden / daß man allezeit nach den Geſaͤtzen urtheilen ſolle / iſt mit Unterſcheid zuverſtehen. Dann es gewiß iſt / daß die Geſaͤtz allein ins gemein / was man thun / und laſſen ſolle / gebiethen; und von den ſonderbaren Sachen nichts gewiſſes hegreiffen / weil ſie nicht alle und jede Umbſtaͤnde / ſo ſich begeben moͤgen / vorſe - hen / oder mit Worten außſprechen koͤnnen. Eswurden65Die XXI. Frag. wurden auch die Geſaͤtzgeber / den Richtern / ſo groſ - ſen Gewalt niemals einraumen / wann ſie alles den Geſaͤtzen haͤtten einverleiben moͤgen. Zu dem kan man nicht allezeit dem ſtrengen Recht nachgehen / ſondern muß bißweilen auch auff die Billigkeit ſe - hen. Dann wo dieſe von dem Geſaͤtz abgeſondert wird / ſo iſt ſolches gleichſam ein Coͤrper ohne Blut / und Seel; und waͤre alſo / unter der Tyranney deß Geſaͤtzes / aͤrger / als unter eines Menſchen Tyran - ney / zu leben. Und deßwegen ſo laͤſſt ein allgemei - nes Geſaͤtz / entweder wegen der Nutzbarkeit / oder Nothwendigkeit / oder der Erbarkeit / oder auß an - dern Vrſachen einen Nachlaß zu: und wo etwas in einem Geſaͤtz nicht klaͤrlich entſcheiden / da ſoll ein Richter / nach ſeiner Weißheit / dem Abgang / und mangel deß Geſaͤtzes zu huͤlff kommen / nicht daß er das Gefaͤtz auffhebe / ſondern daſſelbe vollſtaͤndiger mache. Es iſt aber das / was geſagt worden / nicht dahin zuverſtehen / daß mann wegen Geſchenck / Freundſchafft oder Haß / das Recht biegen / oder auff Reichthumb und Armuht ſehen / auch nicht wider / ſondern nach den Geſaͤtzen / damit ſie im Bie - gen nicht gar brechen / urtheilen ſolle. Erklaͤren kan man ſie wann ſie gar zu ſcharff / und von der natuͤr - lichen Billigkeit abweichen / oder die Wort derſelben nicht klar / oder zweiffelhafft ſeyn; oder unterſchied - liches bedeuten thun. S. L. plac. 8. C. dejud. l. in o - mnib. 90. de R. J. L. 13. §. 7. ff. de excuſ. Tut. l. 29. §. 4. ff. Mand. l. bona fides. 31. ff. Depoſ. l. quod con -Eſtitutum66Die XXII. Frag. ſtitutum 21. de Teſt. milit. l. ſi verò 64. §. 9. ſolut. matr. Bodin. lib. 6. de Rep. c. 6. Jacob. Martini cent. 4. diſput. 1. quæſt. Philoſ. 10. Toloſ. lib. 7. de Rep. cap. 20. n. 20. Cerhard. dec. 5. quæſt. polit. 3.
ES iſt eines Geſandten Ampt / alles / was ihme vorgeſchrieben / und durch den / von deme er geſchickt wird / anbevohlen worden / zuverhandlen; dahero man ſchlieſſen will / daß ein Geſandter nichts darwider thun koͤnne / wann es ſchon das Anſehen habe / daß es ſeines Herren Nutz beſſer waͤre / wann er deſſelben Bevelch in etwas nicht nachkommen thaͤte. Dann / wann er in ſei - ner Hoffnung betrogen wuͤrde / ſo muͤſte er die ſchuld deß Vngehorſams haben / und die unabbittliche Straff außſtehen: ſo es aber vielleicht beſſer damit ablieffe / ſo waͤre zwar GOTT Danck darfuͤr zu ſa - gen; Aber / weil hierdurch ein Exempel eingefuͤhrt / dardurch wohlbedachte Rahtſchlaͤge verderbt wuͤr - den / ſo waͤre ſolches nicht zu geſtatten; und habe C. Julius Cæſar deßwegen in lib. de bell. civil. geſchri - ben / daß der Legat Silanus recht / und weißlich ge -than /67Die XXII. Frag. than / in dem er mit dem Feind nicht geſchlagen / ob es wol das Anſehen hatte / daß er einen gewiſſen Sieg davon tragen wuͤrde. Dann / wie er ſagt / er nichts wider den Bevelch deß Feld-Herrn hat fuͤꝛnehmen ſollen. Deßwegen man auch will / daß der Fabius recht am Leben angeklagt worden / weil er wider das Verbott / deß Dictatoris Pavii, den Feind ange - griffen / ob er wol deſſen zwantzig tauſent erlegt / und nur hundert von den Roͤmiſchen Buͤrgern verloh - ren hatte. Ja / Poſthumius und Manlius, haben auch ihrer eignen fuͤrtrefflichen Soͤhnen nicht ver - ſchonet / ſondern ſie am Leben geſtrafft; weilen ſie wider ihr / der Vaͤtter / als Feld-Herren / Gebott / mit dem Feinde geſchlagen; wiewol ſie obgeſieget ha - ben. Alſo habẽ die Athenienſer ihre Geſanten / dieweil ſie einen andern Weg / als ihnen bevohlenwar / gerei - ſet ſeyn / getoͤdtet. Die Geſandten / ſo von dem Roͤ - miſchen Raht / nach Tarent geſchickt / ob ſie wol ſehr hart injurirt worden / haben ſich deßwegen nicht be - klagt / ſondern ihre Botſchafft mit denen Worten / ſo ſie empfangen / verrichtet. Stehet deßwegen den Geſandten zu / alles fuͤrſichtig / und wolbedaͤcht - lich / ſonderlich / wann es nmb Buͤndniß / und Frie - den machen / nur die Graͤntzen eines Reichs / unnd umb ihres Fuͤrſten Anſehen / und Wuͤrde zu thun / zuverhandlen / damit / wann ſie ihren Bevelch uͤ - berſchreiten / ſie nicht in Lebens Gefahr / kommen. Wann aber einem Gewals-Brieff dieſes ange - henckt wird: was weit ers zuthun ſich gebuͤhret / dasE 2wird68Die XXII. Frag. wird der Geſandte / nach Unterſcheid deß Orts / der Zeit und der Perſonen / zuverrichten wiſſen: oder / die Geſandten werden / nach ihrer Weißheit / oder Ver - ſtand / thun und verrichten / was ſie ihrem Herren nuͤtzlich und ehrlich zu ſeyn erachten werden; ſo moͤgen ſie etwas thun / wann nur der Haupt-Sach / auff welche ihre Gewalt lautet / nichts dardurch ab - gehet / und es nur geringere Dinge betrifft. Dann ſonſten / als zum Exempel / wann von den Feinden / oder auch den Bundsgenoſſen / etwas begehret wur - de / ſo zu deren Landes Erweiterung / zu Schaden a - ber deß ſchickenden Fuͤrſten gereichen thaͤte; ſo muͤſ - ſen die Geſandten ſolches ihrem Herren hinterbrin - gen / und hieruͤber eines abſonderlichen Bevelchs er - warten. Und haben dieſelbe ſonderlich auch auff ihres Herren Natur / und Gemuͤt zu ſehen; wie da - von ein mehrers bey denen / ſo von dem Ampt eines Botſchaffters geſchrieben / auch beym Valerio Ma - ximo lib. 2. c. 2. n. 5. Cerhard. decad. 4. quæſt. polit. 9. und Jac. Mart. cent. 3. quæſt. philoſ. diſput. 10. qu. 8. zu leſen.
Was nun das ander anbelangt / ob den Ge - ſandten Geſchenck und Gaben von denen anzuneh - men / an welche ſie geſchickt werden / gebühre? ſo wol - len Theils darauff mit Nein antworten. Dann die Geſchenck verblenden und verkehren das Gemuͤht / und den Verſtand / und verderben offt deß Gerech - ten Sach. Bey den Athenienſern war den Ge - ſandten / denẽ offt ſehr wichtige Sachen anvertrauetwer -69Die XXII. Frag. werden / Geſchenck anzunehmen / vorzeiten / verbot - ten. Und waͤre bey ihnen einsmals ein Geſandter / ob er wol einen ehrlichen / und allen Athenienſern ſehr angenehmen Frieden erhandelt / weil er darfuͤr angeſehen worden / daß er in ſeiner Geſandtſchafft Geſchenck angenom̃en / ſchier umbs Leben kommen / wie beym Xenophonte in rebus Cræcis, zu leſen. Q. Fabius Gurges, C. Numerius, Cn. Fab. Pi - ctor, und Q. Ogulinus, ſo Botſchaffts weiſe / an Koͤnig Ptolemæum / von den Roͤmern geſchickt worden / haben die Geſchenck / ſo ſie von ihme em - pfangen / in die offentliche Schatz - und Rent-kam - mer gebracht; davon Valer. Maxim. de abſtin. & contin. lib. 4. c. 3. zu ſehen. Der Großfuͤrſt in der Moſcau pflegt ſeinen Geſanten / wañ ſie wieder nach Hauß kom̃en / alle Geſchenck zu nehmen. Die Vene - diger verbieten den Jhrigen auch ſolche anzunemen. Theils aber unterſcheiden die Geſchenck / deren et - liche bißweilen darumb gegeben werden / die Ge - ſandten zu beſtechen / damit ſie etwas thun / ſo ihnen nicht anbevohlen und erlaubt iſt: andere aber / die nur Ehren / und geneigten Willens halber / zu Bezeugung guter Freund - und Nachbarſchafft ver - ehret werden / welche man wol annehmen / und behal - ten doͤrffe. Wie dann auch die Roͤmer im Brauch hatten / faſt alle Geſandten / ſo an ſie geſchickt wurden / nicht ohne Geſchenck wieder abreiſen zu laſſen. Sihe die oberwehnte / Jac. Mart cent. 4. diſp. 2. qu. 7. und Gerh. dec. 4. qu. 10.
ES ſagt Gott der Herr / im 1. Buch Moſis Cap. 9. v. 6. Wer Menſchen Blut vergeuſſt / deß Blut ſoll auch durch Menſchen vergoſſen werden / dañ GOTT hat den Menſcheu zu ſeinem Bilde gemacht. Alſo machet auch Moſes / in dem 5. Buch / in Beſchreibung der Straffen / an unterſchiedlichen Orten / keinen Un - terſcheid zwiſchen Edlen / und Unedlen. Welches ingleichem der allerweiſeſte Koͤnig Salomo im 1. Buch der Koͤnige / Cap. 2. in acht genommen. Dañ ſonſten / wann die Edelleute frey außgiengen / von denſelben deſto mehrere Vbelthaten begangen wuͤr - den; da ohne das ein vornehmer Mann doppelt ſuͤn - diget / in der That / und mit boͤſem Exempel. Theils aber machen einen Unterſcheid zwiſchen der Gerech - tigkeit / und Billigkeit; welche bißweilen jener vor - gezogen wird / l. 183. ff. de R. Jur. Jtem / zwiſchen den Geſaͤtzen und Freyheiten; zwiſchen den Edlen an Tugend und Gebluͤt; und dañ unter den Umb - ſtaͤnden / derenwegen dann geſchehe / daß bißweilen nicht alle / ſo ſich verſuͤndigen / mit gleicher Straff belegt werden; wie auch auß dem 35. Capitel deß4. Buchs71Die XXIII. Frag. 4. Buchs Moſis / und der Hiſtoria Jonathans / im 1. Buch Samuelis / Cap. 14. v. 45. zuerſehen. Jn den Haußhaltungen wird das Eheweib / und ein Sohn gelinder / als ein Knecht / gehalten. Vnd die Aertzte pflegen die Kinder gnaͤdiger / und beſſer / als das Geſinde zu tractiren / obwoln ſie einerley Kranckheit und Anliegen haben. Alſo ſollen / und koͤnnen auch die adeliche Perſonen / ob ſie wol gleicher Straff / wegen eines mit andern / ſo geringern ſtan - des ſeyn / begangenen Laſters / wuͤrdig waͤren / gnaͤ - diger gehalten werden; Lipſ. lib. 4. Polit. c. 11. 12. 15. Dann es einem gemeinen Stande nuͤtzlich iſt / wann adeliche Perſonen in demſelben ſeyn; iſt auch der beruͤhmten Leute Gedaͤchtniß / ſo ſich wol verdient gemacht / ob ſie ſchon tod / lange Zeit zu er - halten. Und haben deßwegen die weltliche Rechte / den Edlern / und Vornehmern unter dem Volck / einen Vorzug zu gelaſſen / welches die Rechts-Ge - lehrten auß dem Geſatz ad Beſtia 31. ff. de Pœnis, erweiſen. Dann die beklagte Edelleute / werden nicht / wie andere / in die Gefaͤngniß gelegi / ſondern in Arreſt genommen. Einem adelichen Zeugen / wird vor Gericht mehrers / als einem andern ge - glaubt; wie auch in den Geſandſchafften / die Ed - len / den Unedlen / vorgezogen werden. Sihe Ti - raquell. de Nobilit. c. 20. n. 23. & ſeqq. Gerhard. decad. 6. qu. 3. Jacob Mart. cent. 4. diſp. 9. qu. 10.
WAS von dieſer Frage / zwiſchen Cl. Salmaſio, und Johanne Miltone, in verwichnen Jahren / wegen deß Anno 1649. den 30. Jener / alten Calenders / mit dem Beil hingerichten Koͤnigs Caroli I. in Groß-Bri - tanien / fuͤr Schrifften gewechſelt worden; auch andere hernach von dieſer / der Engellaͤnder That / und ob den Vnterthanen / ihren Fuͤrſten vor Ge - richt zu fordern / denſelben zu verurtheilen / und gar am Leben zu ſtraffen / erlaubt ſeye? geſchrieben ha - ben; auch / was erſt neulich ein Engellaͤnder / ſo ſich William Allen, nennet / her fuͤr gegeben / das iſt offentlich am Tag. Theils ſeyn der Meinung / wann ein Fuͤrſt alles nach ſeinem Belieben thaͤte / deß Vatterlandes Geſaͤtz ſchwaͤchete / den Weibs - perſonen Gewalt anthaͤte / unſchuldige Leute umb - braͤchte / und den Namen eines Fuͤrſten / in eines Tyrannen verwandelte / daß man einen ſolchen wol toͤdten doͤrffte; wie dann auch beym Seueca trag. ſtehe:
— Victima haud ulla amplior Poteſt, magisque opima, mactari Jovi, Quàm Rex iniquus. —
Seye73Die XXIV. Frag.Seye auch nicht wider die Natur / einem Ty - rannen / wann mans koͤnne / das Leben zu nehmen; als wie man die jenigen Glieder / ſo den uͤbrigen Theilen deß Leibes ſchaͤdlich ſeyn / hinweg thue. Als der Tyrann Ariſtodemus ſo uͤbel mit den Vornem - ſten zu Cumis, auch / mit den Juͤnglingen / ver - fahren / und die uͤbrigen unverſehens zu toͤdten ihme vornahm / ſo haͤtten die Unterthanen denſelben / ſampt ſeinen Kindern / und Befreundten / ergriffen / und durch grewliche Marter umbgebracht. So waͤre auch der greuliche Tyrann Phalaris, zu Agrigent / von dem Volck gefangen / gebunden / und mit ſeinem Weib und Soͤhnen / verbrant worden. Und wann der Keyſer Nero ihme nicht ſelbſt das Leben genommen / ſo haͤtte er eine ſchwerere Straff von dem Roͤmiſchen Volck zuerwarten gehabt.
Andere aber ſagen / daß ein Fuͤrſt / als eine offentliche Perſon / von den Vnterthanen / und ein - tzelen Perſonen / nicht koͤnne verurtheilt / und am Le - ben geſtrafft werden. So ſagt die heilige Schrifft / daß man der Obrigkeit ſolle Gehorſam leiſten / der - ſelben mit Gewalt nicht wiederſtreben / wann man nicht der Ordnung / und alſo GOtt dem Herrn ſelbſt widerſtehen wolle. Es bezeugen es die Beyſpiel / oder Exempel / Chriſti deß HErrn / und der heiligen Leute / die groſſe Verfolgungen / und Truͤbſalen / lie - ber erdulden / als ihre Haͤnde an die Obrigkeit le - gen wollen. Vnd wer habe jemals geſehen / daß dieE 5andern74Die XXIV. Frag. andern Glieder deß Leibs / dem Haupt / wann es ſei - nem Ampt nicht genug gethan / ſich widerſetzt haͤtte? Und wer ſolte die jenige zu Schifffahrende nicht fuͤr unſinnig halten / die / bey gar groſſem Ungewitter / und Sturm-Winden / den Schiffmann / oder Re - genten deß Schiffes / umbs Leben bringen wolten? weil ſie dann durch ſich ſelbſten ins Verderben / und in den gewiſſen Tode / ſtuͤrtzen wuͤrden. Da - her dann auch / die jenigen für, unſinnig zuhalten waͤren / welche einen Fuͤrſten hinzurichten / ver - meinten.
Theils machen einen Unterſcheid zwiſchen ei - nem / ſo ein rechtmaͤſſiger Fuͤrſt iſt / aber in ſei - ner Regier - oder Verwaltung / ſich nicht / wie es ſeyn ſolte verhaͤlt / ſondern Tyranniſch handelt: und zwiſchen einem / ſo kein Recht / oder rechtmaͤſſigen Titel zu einem Lande / oder Gebiet gehabt / ſondern daſſelbe mit Gewalt angefallen hat; daß man einen ſolchen / als einen geſchwornen Feind deß gemeinen Standes / und deme eine rechtmaͤſſige Beherꝛſchung nicht zugelaſſen iſt / wol umbbringen moͤge; und oh - ne zweiffel auch gedachter Seneca dahin geſehen ha - ben werde. Eine andere Gelegenheit aber habe es mit einem Fuͤrſten / der entweder durch die Erbfol - ge / oder durch die Wahl / rechtmaͤſſiger weiſe / zum Regiment gelangt iſt; aber ſeiner Gewalt mißbrau - chet / und denſelben zu einem Raub machet / alle Got - tesfurcht / Recht und Erbarkeit hindan ſetzet; wel - ches man gleichwol mit Gedult ertragen / und Gottdie75Die XXIV Frag /die Sache bevehlen / keines wegs aber / denſelben ſel - ber / zur Lebens-Straff hinreiſſen ſolle; wiewol es etwann in der That / ſondern vom Recht / nemlich / ob die Unterthanen recht daran gethan? gefraget wird; auch ein groſſer Unterſcheid iſt / zwiſchen ſol - chen Fuͤrſten / die wiſſentliche Tyrannen / als wie die erzehlte geweſen / und andere / die keine Tyran - nen ſeyn; ob ſchon etwann / wider ihr Regiment / die Unterthanen ein / und andere Klag haben moͤgen; dieweil man nicht einem jeden allezeit Recht thun kan; auch / wie bey andern Menſchen / alſo auch bey den Fuͤrſten / ſo keine Engel ſeyn / Menſchliche Schwachheiten mit unterlauffen thun. Fuͤrs an - dere machen die Weltweiſen auch einen Vnter - ſcheid zwiſchen einem Fuͤrſten / der keinen umſchren - ckten Gewalt hat / und / auſſer GOTT / keinen Ober. Herren erkennet; und zwiſchen einem / der einen gemaͤſſenen Gewalt traͤgt / und einer hoͤhern Obrigkeit unterworffen iſt; welcher letzte dann ſei - nes Thuns Red / und Antwort / zu geben habe / welcher auch / nach Geſtalt ſeines Verbrechens / von der hoͤhern Obrigkeit / zur Straff gezogen werden koͤnne. Sihe Bodinum lib. 2. de Rep. cap. 5. Tholozan. lib. 6. de Republ. n. 18. 19. Jacob Martin. cent. 4. quæſt. philoſoph. diſput. 7. quæſt. 9.
DAß der Ehbruch eine greuliche Suͤnd ſeye / wird von niemands gelaͤugnet / es waͤ - re dann einer der gottloſeſte Menſch. Dann dardurch wird ein guter Name verletzt / ſo uns lieber als das Leben ſeyn ſolle; dieweil das Leben auch die Boͤſen / einen guten Namen aber nur die Frommen haben. Und das vor Gottes Augen der Ehebruch ein verhaſſtes Laſter ſeye / erſcheinet darauß / weil er ſolches am Leben zu ſtraffen bevohlen / im 3. Buch Moſis / Cap. 20. v. 10. im 5. Buch / Cap. 22. v. 22. Theils Voͤlcker haben auch die Ehebrecher hinge - richtet / als wie von denen in Tenedo, Alexander ab Alexandro, bezeuget; wiewol andere dieſes La - ſter auff eine andere weiſe abgeſtraffet haben; wie beym Bodino lib. 3. de Rep. c. 3. n. 16. etwas davon zu leſen; weilen allhie nicht von der Straffe / ſon - dern nur das gefragt wird / ob die Ehebrecher / Manns - und Weibs-Perſonen / mit gleicher ſtraffe zu belegen ſeyen?
Da dann es ſcheinet / daß die Maͤnner deſto haͤrter zu beſtraffen / weilen von ihnen mehrers er - fordert wird / mit Tugend zu uͤberwinden / und duꝛch gutes Exempel die Weiber zu regiren / c. indignan -tur77Die XXV. Frag. tur 4. cauſ. 32. qu. 6. Es werden die Weiber / ſo leicht glauben / leicht betrogen; und daher wird nach deß Kaͤyſers Juſtiniani Geſaͤtz / in auth. ſed hodiè C. ad L. Jul. de adult. ein Ehebrecherin ge - ſteupet / und in ein Cloſter gethan. So werden nach Saͤchſiſchen Recht / lib. 2. Landrecht / artic. 13. die Ehebrecherin auch mit einer geringerern Straff / als die Maͤnner / angeſehen; weiln ein Mañ ein beſtaͤndigers Gemuͤht / und einen edlern gebrauch deß Verſtands hat.
Hergegen ſagen andere / daß von den Wei - bern eine groͤſſere Keuſchheit / als von den Maͤnnern erfordert werde; oder doch / daß die Keuſchheit bey beyden gleich ſeyn ſolle. Der Romulus habe den Maͤnnern / wie beym Plutarcho ſtehe / erlaubt / die Ehebrecherin anzuklagen; ſolches aber zuthun den Weibern verſagt; und wie beym Gellio lib. 10 noct. Att. zu leſen / habe ein Mann / wann er ſein Weib im Ehebruch erdappt / ſie ungeſtrafft umb - bringen moͤgen; aber ſie habe den Mann / wann ſie denſelben im Ehebruch erwiſcht / mit keinem Fin - ger anruͤhren doͤrffen; ſeye auch kein Geſatz / biß auff die Zeit deß Kaͤyſers Auguſti / wider die Ehe - brecheriſche Maͤnner gemacht wordeu; wiewol C. Julius Cæſar, auſſer der Qrdnung / einen Freyge - laſſenen / ſo eines Roͤmers Eheweib beſchlaffen / am Leben geſtrafft habe.
Andere aber wollen / daß in abſtraffung deß Ehbruchs eine Gleichheit ſolle gehalten werden / dieweil Gottder78Die XXVI. Frag. der Herr / in ſeinem Geſaͤtz / keinen Unterſcheid zwiſchen den Maͤnnern und Weibern mache. Und obwoln ein Weib ihren Ehemann / wann ſie ihn im Ehebruch ergreifft / nicht umbbringen darff / ſo hat ſie aber die Macht / ihn bey der Obrigkeit anzukla - gen / daß er geſtrafft werde. So wird auch weder an den alten Roͤmern / daß ſie den Maͤnnern / noch am Keyſer Juſtinian / daß er den Weibern / ſo viel Genad erzeigt / gelobt; noch die Schwachheit an dem Weiblichen Geſchlecht entſchuldigt / weil man wol weiß / daß / nach Goͤttlich - und natuͤrlichem / auch der Voͤlcker Recht / die Weiber / die Ehrer - bletung und Gehorſam / ihren Maͤnnern zuerzeigen / ſchuldig ſeyn. Daß es alſo dabey verbleibet / daß mit den Maͤnnern und Weibern / in Abſtraffung deß Ehebruchs / eine Gleichheit ſolle gehalten wer - den. Sihe beſagten D. Jacob. Martini Cent. 5. 3. qu. 10. und D. Joh. Gerhardum, quæſt. polit. dec. 6. qu. 7.
WAnn man bedenckt / was Chriſtus / unſer Heyland / Matth. 5. v. 37. befihlet / daß unſere Rede ſoll ſeyn / ja / ja / nein / nein / item / was beym Propheten Zacharia 8 v. 16. Rede einer mit den andern Wahrheit: Jtem / inder79Die XXVI. Frag. der Epiſt. an die Epheſer Cap. 4 / 25. leget ab die Luͤ - gen / und redet ein jeder mit ſeinem Nechſten die Wahrheit; Jtem zum Coloſſern am 3. v. 9. Luͤget nicht[untereinander] / ſtehet / ſo ſolle man nichts ver - ſchweigen / ſondern die Sach erzehlen / wie ſie an ihr ſelbſt iſt / nicht ſehen auff die Umbſtaͤnde deß Orts / der Zeit / und der Perſonen. Daß aber ſolche Spruͤch mit ſeiner maß zu verſtehen / gibt die Lebens-Regel / ſo Chriſtus der Herr / ſeinen Juͤngern / Matthæi am 10. v. 16. vorgeſchrieben: Seyd klug wie die Schlangen / und ohn falſch / wie die Tauben. Und Matth. 7. v. 6. Jhr ſollt ewere Perlen nicht fuͤr die Saͤw werffen / auff daß ſie dieſelbigen nicht zertret - ten mit ihren Fuͤſſen / und ſich wenden / und euch zu - reiſſen. Deßwegen dann / auff die oberwehnte Fra - ge / mit Vnterſcheid zu antworten / und zwar: 1. Wann die Frag GOttes deß Allmaͤchtigen Ehre / die Religion / das Gewiſſen / und einem gegebne Trew und Glauben / anbetrifft / ſolle man nicht Brey im Maul haben / unnd keinen Nagelsbreit von der Wahrheit abweichen / Matth. 10. v. 32. in der Offenbarung Johannis am 3. v. 16. und nach andern Spruͤchen der heil. Schrifft. Und hat da - her deß heiligen Apoſtels Petri Verlaͤugnung keine Entſchuldigung. 2. Wann die freywillige Offen - bahrung eine Suͤnde waͤre / ſo iſt es keine Luͤgen / wann man etwas verbluͤmter weiſe anders redet / und anzeiget; ſondern man mag ſich ſolcher Geſtalten gebrauchen / die ein Ding verbergen. Daher deßjenigen80Die XXVI. Frag. jenigen Weibs / im 2. Buch Samuelis / am 17. v. 19. That uicht geſcholten wird / daß ſie den Jona - than / und Ahimaaz / die zu Bahurim in einen Brun - nen geſtiegen / von ihren grimmigen Feinden erloͤ - ſet / in dem ſie eine Decke uͤber deß Brunnen Loch / und daruͤber Gruͤtz gebreitet / daß man es nicht mer - ckte; und da deß Abſalom Knechte nach ihnen frag - ten / geſagt hat / daß ſie uͤber das Waͤſſerlein gangen waͤren. Mehr Exempel werden part. 2. Loc. Com. Chemnitii p. 233. erzehlet. 3. Jſt die Verbor - genheit / deren man ſich / wegen einer gerechten und ehrlichen Sach / gebraucht / in ſolchen Sachen / ſo zu offenbaren nicht vonnoͤthen / nicht; uverwerffen. Dann die Geſaͤtz der Verſchwiegenheit ſeyn nicht zu brechen / ſo ſowol eine Tugend / als die wahr - redenheit / iſt. Vnd waͤre es die hoͤchſte Thorheit / an einem Raht / nnd Rahts-Herren / wann er deß Rahts Erkaͤntniſſen einem / unter dem Vorwand / daß er den Argwohn der Luͤgen zu entfliehen / es of - fenbarete. Dann dieſe Wahrheit / mit dem Ge - wiſſen / und der Verſchwiegenheit / und alſo mit dem Eyd deß Rahts / und endlichen mit dem Ge - meinen Beſten / ſtreiten / und dem allem zu wider ſeyn wurde. 4. Seyn wir nicht ſchuldig allezeit alle Wahrheit zu ſagen / ob wir wol ſchuldig einen Theil derſelben zu ſagen waͤren / wie Keckerman. in Syſth. Eth. p. 291. lib. 2. da er deß Athanaſii Ex - empel er; ehlet / ſchreibet. Sihe offterwehnten Jac. Martini Cent. 5. diſp. 6. qu. 7. mit welchemauch81Die XXVII. Frag. auch Thomas Sagittarius uͤber einſtimmet / wann er in ſeinen Exercitat. Ethic. exoter. p. 270. ſagt. 1. Seye die Wahrheit in allweg zu reden / wann es die Ehre Gottes erfordere. 2. Wann es deß Nech - ſten und unſere Wolfahrt antreffe. Auſſer dieſem / koͤnnen ſich unterſchiedliche Faͤll zutragen / in denen die Warheit koͤnne / ja ſolle auch verborgen gehalten werden; da dann in deſſen der / ſo etwas wahrhaff - tiges verſchweiget / nicht ſtracks etwas falſches rede; wie dergleichen Faͤll Danæus lib. 2. Eth. Chriſt. c. 26. p. 258. habe; und Auguſtinus contra Fauſtum, zu leſen ſeye. Und geſchicht offt / daß einer einen Unbekanten anbetrifft / deme er nicht alſobalden al - les zu entdecken ſchuldig iſt.
THeils Ehe-Verloͤbniſſen ſeyn recht - maͤſſig / und zugelaſſen: Theils haben nur einen Schein. Die rechtmaͤſſige ſeyn / welche durch Wort / ſo eine gegenwaͤrtige Zeit bedeu - ten / klar / und ohne Zuſatz einiger Bedingniß / ge - ſchehen; als / ich nehme dich zum Weib / oder Mann. Und dergleichen Verloͤbniſſen ſeyn be - ſtaͤndig / und koͤnnen nicht zuruͤck gehen / ob ſchon der Beyſchlaff noch nicht geſchehen; als welche al -Flein82Die XXVII. Frag. lein in dem unterſchieden werden / daß jene ſeye der Anfang / dieſer aber die Vollziehung der Ehe. Dañ auß beyderſeits Einwilligung entſtehet ſtracks ein krafftige Verpflichtung / und wird eine Verlobte fuͤr ein Eheweib gehalten / welche / ſo ein anderer be - ſchlaͤfft / als ein Ehebrecher geſtraffet wird; im 5. Moſis / am 22. v. 23. Deßwegen hat Adam das von GOTT ihme gegebnes Weib / nicht allein in Anſehung ihrer Erſchaffung / ſondern und vielmehr wegen deß Ehe-Bandes / noch vor dem Beyſchlaff / Bein von ſeinen Beinen / und Fleiſch von ſeinem Fleiſch genennet. Und die hochgelobte Jungfrau Maria / wird deß Joſephs Gemahl / und er ihr Mann / beym Evangeliſten Matthæo / geheiſſen / deme ſie doch allein yertrawet war / Cap. 1. Die Verloͤbniſſen aber / nur dem Schein nach / ſeyn ſchlechte Verheiſſungen / und machen keine wuͤrck - liche Verpflichtung / koͤnnen auch / wiewol es nicht vermeſſentlich geſchehen ſolle / wider vernichtet wer - den / als die eitel / und unrechtmaͤſſig geweſen. Es ſeyn aber ſolcher Verſprechungen unterſchiedliche Arten / und werden Theils vom gegenwaͤrtigen / Theils vom zukuͤnfftigen / genant. Die Gegen - waͤrtige werden entweder ohne / oder mit Beding / gemacht. Die ohne Beding ſeyn wieder unter - ſchiedlich. Theils Ehe-Verloͤbniſſen koͤnnen nie - mals guͤltig ſeyn / als 1. die / ſo wider den Willen GOttes / mit Blus Freunden / und nahend Ver - ſchwaͤgerten / in den verbottenen Staffeln gemachtwer -83Die XXVII. Frag /werden / von welchen im 3. Buch Moſis / v. 6. und folgenden deß 18. Capitels / zu leſen. 2. Welche geſchehen mit einem Verſchnittenen / oder einem ſolchen / der mit einer anſteckenden / unheilſamen / oder dergleichen Kranckheit behafft / ſo in der That alle Hoffnung / die Ehe zu vollziehen / benimmet. Ein anders iſt / wann der Auſſatz / oder ein andere anſteckende Kranckheit / in waͤrender Ehe entſtehet / da die Eheleute einander nicht verlaſſen ſollen; S. lib. 4. Decretal. Greg. tit. 8. de conjugio Lepro - ſorum. Etliches Verſprechen / ob es wol anfangs nicht guͤltig / kan jedoch hernach beſtaͤtiget werden / als 1. daß ſo durch Gewalt / oder auß Forcht / er - preſſet werden / wird vor nichtig gehalten / es ſeye dañ daß hernach eine freye Einwilligung / oder eigen - williger Beyſchlaff / darzu komme. 2. Das Ver - ſprechen / ſo auß Jrrthum in der Perſon geſchehen / iſt unguͤltig / es erfolge dann darauff die Vereini - gung. 3. Die heimliche Verloͤbniſſen / ſo da / ohne der jenigen / in deren Gewalt die Verlobende ſeyn / Einwilligung gemacht worden. Wann aber ſol - cher Gewalt zu hoch geſpannet wird / ſo verleuret der Gewalthabende ſein Recht / und iſt das Verſpre - chen guͤltig; ſonderlich / wann ſolches durch die Obrigkeit beſtaͤttiget wird. Ein Exempel deſſen haben wir im Buch der Richter am 21. Cap. v. 22. Und dann werden etliche Verloͤbniſſen / die anfaͤng - lich gültig geweſen / hernach vernichtet; als 1. wann eine / ſo fuͤr eine Jungfraw verheurahtet worden /F 2aber84Die XXVII. Frag. aber keine iſt. 2. Wann ſie von einem andern ge - ſchwaͤngert ſich befindet. Der Joſeph / weil er fromm war / wolte ſeine vertraute Mariam / heim - lich verlaſſen / beym Evangeliſten Matthæo / Cap. 1. v. 19.
Welche mit Beding vom Gegenwaͤrtigen ge - macht werden / haben entweder eine ehrliche Bedin - gung / als / ich nehme dich zum Weib / wann der Vatter darein williget: oder eine unehrliche / wañ du dich beſchlaffen laͤſſeſt: oder eine unmoͤgliche / wann du dein Alter / graue Haar / und Runtzeln hin - weg legeſt. Was die ehrliche Außdingung anbe - trifft / wann ſolche noch nicht erfuͤllt / laͤſſt dieſelbe ei - nem Theil der Verſprechenden zu / auch ohne Ein - willigung deß andern / wieder zu weichen / c. unic. §. fin. de Sponſ. l. 6. Und wann auch ſchon ſolche Bedingung erfuͤllt / ſo traͤgt ſie doch eine gewiſſe / und unverbruͤchliche Verpflichtung beſtaͤndiger Ehe nicht auff ſich. Dann wer etwas mit Beding thut / der ſetzet ſeine Rede auff ein Ungewiſſes; und ſchei - net nicht / daß es ſein klarer / und gantz freyer Will / der doch in dieſer Verhandlung erfordert wird / ſeye. Ein ſchaͤndlich und unmoͤgliche Bedingung aber / machet den heiligen Eheſtand ſpoͤttlich / zuge - ſchweigen / daß darauß ein kraͤfftiger Handſtreich erfolgen ſolte.
Erſtlich die Ehe-Verloͤbniſſen vom zukuͤnffti - gen / oder die da geſchehen durch Wort / ſo eine künf - tige Zeit bedeuten / als ich will dich zur Ehe nehmen /ich85Die XXVIII. Frag. ich will zu dir heurahten / es ſeyen gleich dieſelben lauter / oder mit Beding / ſeyn auch unkraͤfftig: als der Kinder / ſo noch nicht ſieben Jahr alt ſeyn / L. in Sponſ. 14. ff. de Sponſ. & cap. uni. Sexti Decretal. lib. 4. tit. 2. de deſponſat. Impuberum; es ſeye dann / daß ein ſolcher zu ſeinen Jahren komme / und auff ein newes ſeine Zuſage beſtaͤttige / oder die Bos - heit das Alter erſtatte / und eine Vermiſchung dar - zwiſchen komme. Sihe D. Jacob. Martini, cent. 6. quæſt. Philoſ. diſput. 8. quæſt. 9. und die er da - ſelbſt anziehet: item d. t. 2. de deſp. Imp.
DJE Freyungen ſeyn ſolche Ort / auß denen man einen Vbelthaͤter nicht nehmen darff. Jhr Gebrauch iſt ſehr alt; wie dann in Außtheilung deß heiligen Landes / GOTT der Herr bevohlen / daß die uͤbrigen 12. Staͤmme der Jſraeliten / den Leviten ſolten geben 48. Staͤdte / mit ihren Vorſtaͤdten zu befitzen / auß denen Er ge - wollt / das ſechſe ſeyn ſolten freye Staͤdte / daß dahin fliehen moͤchte / welcher einen Todſchlag wider ſei - nen Willen begangen / und daß deren drey diſ - ſeits / und drey jenſeits deß Jordans / im Lande Canaan ſeyn ſolten; wie davon im 4. B. Moſis /F 3Cap.86Die XXVIII. Frag. Cap. 35. im 5. Buch am 19. im Buch Joſua Cap. 20. Und was D. VVolfg. Frantzius, diſput. 10. ex Deuteronomio. hieruͤber ſchreibet / zu leſen. An andern Orthen / als zu Thebis / Athen / Epheſo / ꝛc. waren auch dergleichen Freyheiten; und wann die Schuldner zu der Dianæ Tempel / in der gemelten Stadt Epheſo flohen / ſeyn ſie ſicher vor ihren Glau - bigern geweſen. Und wurden ſolche Freyungen / in Geiſt - und Weltliche abgetheilt. Die Geiſtliche werden Gottes Fried / und Kirchen Freyheit ge - nant. Dann die in die Kirchtn fliehen / moͤgen wi - der ihren willen / wegen deß Orts Wuͤrdigkeit / dar - auß / nach gemeinem Recht / nicht gezogen werden. Sihe l. 2. 3. & 6. G. de His, qui ad Eccleſiam con - fugiunt, lib. 1. tit. 12. Die Gothen haben niemand beleidiget / die Sicherheit von den Kirchen begehr - ten. So hat Koͤnig Alexander in Schotten geord - net / daß die Dieb und Raͤuber / wann ſie zu einer Kirch fliehen / ihres Lebens halben Sicherheit haben ſolten. Die Weltliche Freyungen belangende / waren vorzeiten der Kaͤyſer und Koͤnige Bilder - ſtoͤck befreyet; und noch vielmehr ihre Perſonen ſelbſten / daher der Æſopus den Crœſum, der Lydier Koͤnig / ſo ihn ohne Urſach toͤdten wolte / alſo ange - redet hat: Herr Koͤnig / ich ruͤhre deine Fuͤſſe an / daß du mich ohne Vrſach nicht umbbringeſt; Ma - gerus de advocat. armata cap. 15. num. 83. So waren der Koͤnige Haͤuſer vorzeiten auch ſolche Freyungen. Heutigs Tags ſeyn hin und wiederin87Die XXVIII. Frag. in der Chriſtenheit / und ſonderlich im Teutſchland / viel Freyungen / fuͤr die / ſo ſich vor Nachſtellungen nicht allein befoͤrchten / ſondern auch allerley uͤbels / auſſer etlicher Faͤll / begangen haben; als da iſt der Burgfried in Fuͤrſtlichen Hofſtaͤtten / der Veſtun - gen / und Kriegslager / der Rahtshaͤuſer in den Staͤdten / der Collegien / oder Schulhaͤuſer auff hohen Schulen / auch etlicher ſonderbaren / durch die Kaͤyſer gefreyter Hoͤf / oder Centfreyer Haͤuſer. Unter andern Freyungen aber deß Teutſchlandes / iſt inſonderheit die Stadt Reutlingen / fuͤr die Tod - ſchlaͤger beruͤhmt / daß ſolche / ſo unvorſaͤtzlich in ei - nem Zanck und groſſem Zorn / einen umbgebracht / alda Sicherheit haben. Anno 1622. hat Melchior Pfizer / ein Maurer von Goͤppingen / den Zacha - rias Langjahr / beyder Rechten Doctorn / und Fuͤrſt - lichen Wuͤrtembergiſchen Raht / erſtochen / und iſt hieher nach Reutlingen geflohen; den deß Doctors Wittib angeklagt / er iſt aber deß Jahrs 1624. loß - geſprochen worden; jedoch daß er der Fraw Klaͤ - gerin / die auffgelauffene Gerichtskoſten hat bezahlen muͤſſen; wie davon weitlaͤffig beym D. Philipp Knipſchildt / de juribus, & privilegiis civitat. Im - perial. lib. 3. cap. 44. fol. 936. 945. ſeqq. weitlaͤuf - fig zu leſen; der auch lib. 2. c. 28. vermeldet / daß der Teutſche Orden / vom Kaͤyſer Carolo IV. Anno 1378. ein privilegium erhalten / daß alle deß Or - dens Haͤuſer / ꝛc. darzu alle / die mit ihr Leib und Gut darein fliehen / frey und ſicher ſeyn ſollen. F 4Sonſten88Die XXVIII. Frag. Sonſten aber iſt inſonderheit auch beruͤhmt deß Clo - ſters Adelberg Freyhoff / in der Stadt Eßlingen / da die / ſo an Ehren / Leib und Leben mit Recht ge - ſtrafft werden moͤchten / frey ſeyn / ſo lang es dem Prælaten zu Adelberg / ihn darinn zu gedulden / be - liebet. Und dieſe Freyheit haben Kaͤyſer Friedrich Anno 1484. Maximilian Anno 1513. Carolus Anno 1551. und Ferdinand der erſte Anno 1559. beſtatiget. Ferners / im Wuͤrtembergiſchen Staͤt - lein Newenburg / oder Neuenpyrg / da einer / ſo ei - nen Todſchlag in der Gaͤheit begangen / ſechs Wo - chen und drey Tage ſich ſicher auffhalten kan. J - tem / in dem Oeſterreichiſchen Staͤdtlein Ober - Berckheim im Elſaß / da ein ſolcher Todſchlaͤger ſein Lebenlang / durch hundert Jahr / und einen Tag frey iſt. Wie auch in dem Cloſter Creutzlingen / auſſer der Stadt Coſtantz. Jtem zu S. Urich in Augſpurg / da aber die Freyheit nur 3. Tag waͤret / und deßwegen allezeit am dritten Tag / die Erlaubniß laͤnger allda zu bleiben / von dem Abt zu erbitten iſt. Jtem / im Cloſter Salmanſchweiler / welches An - no 1541. vom Kaͤyſer Carolo V. die Freyheit er - langt hat / daß in demſelben / wie auch in allen deſſen Doͤrffern / Weylern / und Gerichten / die in die Acht erklaͤrte ſich ſicher auffhalten moͤgen; Johann. Jacob. Speidel. in Notabil. Juridico-Hiſtorico - politicis lit. F. voc. Freyheit. Zu Kirchberg / bey Vlm / hat es eine Freyheit fuͤr die Schuld - ner.
Ob89Die XXVIII. Frag.Ob es nun wol eine ſolche Gelegenheit mit den Freyungen / wie jetzt gemeldt / hat; und ſol - che / wie ſie herkommen ſeyn / in ihrem Stande erhalten werden moͤgen: So erinnern doch Theils dabey / daß man den Mißbrauch bey ſolchen nicht einreiſſen laſſen ſolle. Dann wann alle / ſo zu den Kirchen fliehen / ſolten frey ſeyn; ſo wuͤrden die La - ſter ungeſtrafft bleiben / keine Schulden bezahlet / und auß den Tempeln Moͤrder-Gruben werden. Und ſeye deßwegen Koͤnig Franciſcus der Erſte in Franckreich zu loben / welcher geordnet / daß die zu den Kirchen fliehende Vbelthaͤter ſolten ergriffen / und erkant werden / ob ſie der Kirchen Freyheit zu genieſſen / oder nicht; Petr. Gregor. Tholoſ. lib. 13. de Republ. cap. 23. num. 11. Welcher Brauch noch daſelbſt iſt / und gleichwohl dem oberwehnten tit. qui ad Eccleſias confugi - unt, & ne quis ab Eccleſia extrahatur nichts be - nommen ſeyn ſolle / weilen / nach Beſchaffenheit deß Verbrechers / und daruͤber ergangener Erkaͤnt - niß / gleichwol den Kirchen ihre Freyheit / unnd Recht verbleibe. Sihe Limnæum, in Notitia Regni Franciæ, lib. 1. c. 8. p. 182. So ſeye das / was oben auß der Bibel angezogen worden / nicht allge - mein; ſondern hab nur ſein Abſehen auff das alte Teſtament. Dann durch dieſelbige Frey-Staͤdte ei - ne entwerffung und Abbildung / deß Geheimniß / und Dienſtes Chriſti vorgeſtellt worden; welches vorbildF 5aber / mit90Die XX. VIII. Frag. mit den uͤbrigen allen / durch den dargeſtellten Meſ - ſiam abgethan worden. Der Joab habe ſich auch dieſer Freyheit bedienen wollen / in dem er zum Altar geflohen[:]damit er der verſchuldten Straff deß To - des entgehen moͤchte / im 1. Buch der Koͤnige / am 2. Cap. ſo ihm aber nichts geholffen. Dann Gott der Herr hat ſelber im 2. Buch Moſis / Cap. 11. v. 14. bevohlen / daß man den vom Altar reiſſen ſolle / welcher mit Fleiß / und nachſtelliger weiſe / den Naͤchſten umbgebracht / wie Joab gethan hat. Pau - ſanias / als er zu der Minervæ Tempel / in der Stadt Sparta / geflohen / hat daſelbſt ſterben muͤſſen: die Kaͤyſer / Auguſti und Tiberius / haben die Freyun - gen abgethan / damit die Laſter / ſo uͤberhand genom - men / nicht ungeſtrafft blieben. Sihe Alexander ab Alexandro, lib. 3. Gen. dier. c. 20. Cornel. Ta - citum. 3. Animal. Dion. in Auguſto, lib. 47. p. 340. fol. Gerhard decad. 8. quæſt. polit. 4. Jac. Mart. quæſt. philoſ. cent. 7. diſp. 1. qu. 10. Petr. Heigium part. 2. quæſt. jur. qu. 24. n. 45. 47. 56. 57. Philip. Knipſchild, de civit. Imperial. lib. 2. c. 28. Joan. Crügerum, in Horto virtutum, qu. 26. und andere mehr / auß welchen zuerſehen / daß der Kirchen / und anderer oberzehlten Ort Freyhei - ten nicht zu genieſſen. 1. Die betruͤgliche Tod - ſchlaͤger. 2. Die Jungfrawen Raͤuber / es ſeye dann der Raub mit Willen der Jungfrawen ge - ſchehen. 3. Die Ehebrecher. 4. Die Diebe. 5. Die Kirchen-Raͤuber / Moͤrder / Straſſen Raͤu -ber /91Die XXIX. Frag. ber / naͤchtliche Verwuͤſter der Aecker / und die Ver - raͤhter. 6. Die in der Freyung ſuͤndigen / und mit einem Pfeil / oder Wurffſpieß / oder einer Buͤchſen / einen andern / ſo auſſerhalb der Freyung iſt / umb - bringen. 7. Noch die in die Acht erklaͤrete / es habe dann ein Ort ein ſonderlich privilegium deßwegen. 8. Noch die Juden / wann ſie was verſchulden / ob ſie ſchon in die Freyungen / und Kirchen fliehen / und daſelbſt getaufft werden. 9. Ein zum Tod Ver - urtheilter / wann er ſich / in dem er vom Nachrichter zur Gerichtſtatt gefuͤhret wird / auß den Banden le - dig machet / und in eine Kirchen / oder Freyung / entfliehet; wiewol etliche Doctores, ſo viel dieſen letzten anbelangt / einer andern Meinung ſeyn. S. gedachten D. Knipſchnildt / an erwehntem Ort / n. 36. & ſeqq.
DJeſe Frage iſt nicht gar vergebens. Dann weil man zu bedencken / in was Truͤb - ſalen und Widerwaͤrtigkeiten / der Menſch / nach dem Fall gerahten / in dem er ſich deß Guten / ſo er vor demſelben gehabt / beraubt / ſo gebuͤhret ſich auch unter andern / von dem Stande zu reden / in welchem die Menſchen / ſo viel das Regiment an -belangt /92Die XXIX. Frag. belangt / geweſen / wann Adam und Eva nicht ge - fuͤndiget haͤtten?
Hierauff nun antworten Theils / weil Mann und Weib / als die erſte Geſellſchafft / verhanden / und die Lieb von Natur ihnen eingepflantzet wor - den / ſo waͤren ſie allein nicht geblieben / ſondern haͤtten Kinder erzeuget; wie ſie dann auch GOTT der Herr geſegnet / und geſagt: Seid frucht - bar / und mehret euch / und fuͤllet die Erden / und macht ſie euch unterthan. Auff ſolche Vermeh - rung / nun waͤre ja auch ein Regiment erfolget / un - ter ſo vielen Leuten. Was es aber fuͤr eine Regi - rung geweſen waͤre? das wiſſen wir nicht / ohne zweiffel aber / gantz eine andere / als die jetzige iſt: welche zwar gut; aber noch viel beſſer in dem Stan - de der Unſchuld geweſt waͤre. Sihe Lamb. Da - næum in polit. Chriſti. Keckerman. in diſp. po - lit. Velſtenium nobil. quæſt. philoſoph. deca. 1. quæſt. 10. da er auch den Auguſtinum lib. 14. de Civit. Dei c. 22. & 23. ſeq. anziehet / welcher da - ſelbſt von den Hochzeiten / und Eꝛzeigung der Kinder im Paradeiß / wann unſere erſte Eltern nicht ge - ſuͤndiget haͤtten / gar ſchoͤn rede.
Andere aber antworten auff die vorgelegte Frag mit Nein / und nehmen ihren Beweiß von dem Ampt der Obrigkeit / welches beſtehet / 1. im Vorſchreiben und Gebieten deß jenigen / ſo ehrlich. 2. Jm Verbieten deſſen / ſo unehrlich. 3. Son - derlich im Zaum halten / und abſtraffen der jenigen /ſo93Die XXX. Frag. ſo Veraͤchter und Vbertretter der Geſaͤtze ſeyn. 4. Jn Beſchuͤtzung der Unterthanen vor allerley Wi - derwaͤrtigkeiten; welchen vier Stuͤcken aber keines im Stand der Unſchuld / ſonderlich aber das dritte / und vierte / ſo die vornehmſte / vonnoͤthen; deßwe - gen auch keine weltliche Obrigkeit daſelbſten geweſt waͤre. Sihe Jacob. Martini Cent. 8. diſput. 5. quæſt. 9. da er auch auff deß Gegentheils Urſachen antwortet.
VNter den allgemeinen Tituln / dar - durch man die Sachen erlanget / iſt in - ſonderheit der von der Erbſchafft / dar - durch man das jenige bekombt / ſo der Verſtorbene gehabt hat. Welches dann entweder durch Teſta - ment / oder ohne daſſelbe / den Rechten / und Geſaͤ - ſaͤtzen nach / an uns kommet. Es iſt aber ein Te - ſtament unſers Gemuͤhts Bezeugniß / dardurch wir unſern Willen erklaͤren. Wie es nach un - ſerm Abſterben ſolle gehalten werden. Dabey An - fangs zwey Stuͤck in acht zu nehmen. 1. Ob die Perſon / ſo ein Teſtament auffrichten will / ſolches zu thun Macht habe? 2. Wie vermoͤg der Rechten ſolches geſchehen moͤge?
Es94Die XXX. Frag.Es koͤnnen aber alle ein Teſtament machen: 1. So ihres Gewalts / bey gutem Verſtand / und der Lebens Straff nicht unterwoꝛffen ſeyn. 2. Hergegen ſolches zu thun nicht macht hat ein Sohn / und Toch - ter / ſo noch unter vaͤtterlichem Gewalt ſeyn / auſſer von deme / ſo ein Sohn im Krieg erworben / oder demſelben aͤhnlich iſt; wann es gleich der Vatter zu thun erlaubet. Und ob gleich die Toͤchtern ver - heurahtet ſeyn / ſo werden ſie doch umb deß willen / daß ſie ehelicher Stand vom vaͤtterlichem Gewalt nicht erledigen kan / letzten Willens Verfaſſungen auffzurichten verhindert: wiewohl heutigs Tags / nach uͤblichem Teutſchen Gebrauch die verheurahte Toͤchtern / fuͤr auß dem vaͤtterlichen Gewalt entlaſ - ſene / gehalten werden. Sihe VValtherum de renunciatione ſucceſſionum c. 5. §. 14. Ayrer / in Proceſſu juris c. 8. obſerv. 1. num. 16. 17. 18. Ar - niſæ. de jure Connub. c. 7. Sect. 2. n. 12. So moͤ - gen auch die Kinder / mit außdruͤcklicher Bewilli - gung deß Vatters / Geſchencke von Todes wegen thun / und von denen Sachen / ſo ſie auſſeꝛ der Vaͤt - terlichen Guͤter / uͤberkommen / ſchencken / jedoch / daß ein offner Schreiber / oder Notarius, in Abwe - ſenheit deſſen / deme die Schenckung geſchiehet / die - ſelbe annehme. So auch ein Kaͤyſer den Kindern was ſchenckte / haben ſie daruͤber freye Macht. Fer - ners haben nicht Macht Teſtamenten auffzurich - ten offentliche Wucherer / es ſeye dann / daß ſie Verſicherung thun / das mit Vnrecht abge -nom -95Die XXX. Frag. nommene wieder zuerſtatten. Jtem / ein Ty - rann. Jtem / ein Lehenmann / von ſeinem Le - hengut / von welchem er dem Lehen-Herren / Lehen - Dienſte zu leiſten ſchuldig; es ſeye dann / daß er ei - nen ſolchen zum Erben einſetzet / an deme ohne das / nach ſeinem Tode / das Lehen fallen thaͤte / und die Befreundte darein willigen / unnd der Lehen-Herr das Teſtament beſtaͤttiget. Jtem ein Moͤnch / er haͤtte denn eheliche Kinder / ſo mag er im Cloſter wol eine Theilung zwiſchen ihnen machen / was er aber nicht vertheilet / das bleibet dem Cloſter. Und wann er nach dem Eingang ins Cloſter / ohne vorgemach - te Ordnung verſtirbet / ſo bekommen die Kinder nicht mehr / als ihren Kinds-Theil; das andere bleibet alles / ohne Mittel / dem Cloſter. Aber die Leyen-Prieſter moͤgen wol ihren letzten Willen verfaſſen. Jtem / die Geiſel welche wañ ſie alſo ohne Teſtament (ſo ihnen gleichwol zu machen zugelaſſen werden kan) ſterben / all ihr Haab und Gut / dem ge - meinen Geld-Kaſten / verlaſſen. Jtem / die Leib - eigene Knecht / außgenommen in denen Guͤttern / ſo ſie durch Krieg / oder ihre Geſchickligkeeit erwor - ben. Jtem / ein von den Feinden Gefangener. Jtem / ein regulirter Domherr / ſo ſich dem Gewalt ſeines Prælaten offentlich unterworffen. Jtem / Knaben unter 14. und Maͤgdlein unter 12. Jahren. Aber am letzten Tag / wann er ſchon nicht verfloſ - ſen / ein ſolcher Unmuͤndiger ein Teſtament machen kan. Jtem / die Unſinnige. Wann aber ein ſolcherUn -96Die XXX. Frag. Unſinniger bißweilen verſtaͤndig wird / ſo mag er in ſelbiger Zeit / wol ein Teſtament machen / jedoch / daß es in ſolcher verſtaͤndigen Zeit gantz geendet wer - de. Jtem / ein verſchwenderiſcher Menſch. Wann es aber gemacht worden / ehe ihm die Obrigkeit die Verwaltung ſeiner Guͤtter verbotten / ſo bleibt es kraͤfftig. Jtem / ein Blinder / es ſeye dann / daß er ſieben Zeugen / zu ſampt dem Notario, oder dem ach - ten Zeugen zu ſich / auff einmal / und an einen Ort / erfordere / und ihnen vermelde / daß er gedencke ei - nen mündlichen / und nicht ſchrifftlichen letzten wil - len / auff zurichten. 2. Daß er die Erben nicht al - lein mit Nahmen nenne / ſondern auch mit ihrem Weſen / wuͤrden / und Staͤnden / vor dem Notario klaͤrlich vermelde. 3. Daß der Notarius, oder in ſeinem Abweſen / der achte Zeug / (welcher das Te - ſtament zu Pappier bringen ſolle) und hernach ein jeder Zeug / inſonderheit ſich mit eignen Haͤnden unterſchreibe / und das Petſchafft auffdrucke / und wann ſolches geſchehen / ſo mag der Teſtirer ſein Te - ſtament / oder Codicill (welches ihme ſonſten auch zu machen verbotten) oder andern letzten Willen / ei - nem auß den Zeugen zu behalten geben: welche 3. Bedingungen ſonſten in denen von Mund-außge - ſprochenen Teſtamenten eines Sehenden / nicht vonnoͤthen ſeyn. Und in einem ſolchen / eines Blin - den Teſtament wird die Erbſatzung vor den Neben - Gemaͤchten / oder den Legaten geſetz. Jtem / doͤrf - fen nicht Teſtament machen die von Natur taub /und97Die XXX. Frag. und ſtum̃ ſeyn. Es hat gleichwol Kaͤyſ. Juſtinian / in L. diſcr. 10. C. qui teſt. facere poſſunt, vel non, die Auffrichtung eines Teſtaments den jenigen Tauben und Stum̃en zugelaſſen / wañ ſie gelehꝛet (deß ſchrei - bens erfahren) ſeyn; als wie man Exempel hat / daß Theils ſtum̃ und taub geboren / und dañoch das Leſen und Schreiben erlernet haben. Sonſten aber koͤnnen ſolche Leute von einem Kaͤyſer / die Erlaubniß / ein Te - ſtament zu machen / erlangen / und die Beſchreibung deſſelben andern uͤberlaſſen. Jtem die / denen ein Teſtament auffzurichten verbotten. Jtem / die in die Acht Erklaͤrte / und Verbannte; deßgleichen die Ketzer; Widertaͤuffer / zur ewigen Gefaͤngniß ver - dambte / auch zum Tode Verurtheilte / es ſeye dann geſchehen / ehe das Urtheil ergangen; Wiewol man Theils Orten den Verurtheilten zulaſſet / eine Ord - nung ihres letzten Willens zu machen. So moͤgen auch die / ſo oͤffentlich zur Hand Abhauung verdamt werden / ein Teſtament machen / L. 10. ff. qui teſta - ment. facere poſſunt. Und dann / ſo iſt den jeni - gen Teſtamenten zu machen verbotten / welche ins Gebluͤht heurahten / und die ewig auß einem Orth / aber nicht die / ſo nur auff eine gewiſſe Zeit / von dan - nen verwieſen werden / und deßwegen weder das Buͤrger-Recht / noch ihre Guͤtter / verlieren.
Zum Andern hat man zu ſehen / wie ein Teſta - ment / daß es / vermoͤg der Rechten / beſtaͤndig auff - zurichten ſeye. Welches dann in der Zierligkeit und in den Theilen deſſelben / beſtehet. Die Zierligkeit ei -Gnes98Die XXX. Frag. nes Teſtaments iſt zweyerley / offentliche / und eintze - lichte. Die offentliche iſt / ſo auff offentlicher Glaubwuͤrdigkeit / und Gezeugniß ſich gruͤndet: ſo wieder zweyerley Arten. 1. Wann der Teſtirer / durch eine Bittſchrifft dem Fuͤrſten / ſolches ſein Te - ſtament übergibt / daß es vor ſeinem Raht abgeleſen / oder gewieſen / und hernach in den geheimen Schꝛifft behalter gelegt / und daſelbſt / biß zum Tode deß Te - ſtament-Machers auffbehalten werde. Die ande - re Art iſt / wann der Teſtirer ſein Teſtament oder letz - ten Willen / vor einem Gericht / entweder dem Rich - ter offentlich erklaͤret / oder ſchꝛifftlich uͤbergiebet / mit Bitt / daß es in die Acta, oder Gerichtliche Hand - lungen / gebracht werde.
Die Eintzele / oder Privat-Zierligkeit iſt / wann der Teſtirer ſeinen letzten Willen den eintzelen / oder Privat-Zeugen eroͤffnet / welche auch zweyerley / ei - ne gemeine / und eigendliche. Die gemeine Zier - ligkeit gehoͤret zu jedem Teſtament / und beſtehet auff drey Stuͤcke; nemlich in Zuſammen-Beruffung der Zeugen / in Bezeugung deß letzten Willens / und der auff einmal vorgenommen deſſen Verrichtung.
Was das erſte anbelangt / nemlich die Zuſam - men-Beruffung der Zeugen / ſo werden dabey wider 3. Ding erfordert / nemlich die gelegenheit der Zeugẽ / deꝛſelben erbittung / und ihr gebuͤhꝛende Anzahl. Dañ vors 1. muß bey den Zeugen erwogen werden / ihr Zu - ſtand / Aufrichtigkeit / Beſcheidenheit / guter Name / und das Alter. Dañ zu Zeugen nicht genom̃en wer -den99Die XXX. Frag. den koͤñen. 1. Weiber / wiewol ſie in andern Sachen Zeugen ſeyn koͤnnen. 2. Unmuͤndige / unter 14. Jahren. 3. Unſinnige. 4. Verſchwenderiſche / denen die Verwaltung ihrer Sachen verbotten. 5. Die Stummen. 6. Tauben. 7. Ehrenruͤhrige. 8. So unter deß Teſtamentmachers Gewalt ſeyn. 9. Ein Vatter im Teſtament ſeines Sohns / in er - langten Kriegs-Guͤttern. 10. Ein Bruder deß Teſtirers / ſo zu gleich unter Vaͤtterlichen Gewalt iſt. 11. Der eingeſetzte Erb. 12. Alle die / ſo dem Teſtirer / oder dem von ihme eingeſetzten Erben / mit naher Blut Freundſchafft verwandt ſeyn; und dar - unter der Vatter deß Erben / und wer unter deß Er - ben Gewalt iſt. 13. Die / denen man nichts ver - ſchaffen mag. Und dann 14. Einer / ſo beyder Geſchlechts iſt. Hergegen alle die jenigen / ſo Teſta - menten machen koͤnnen / auch Zeugen ſeyn moͤgen; deßgleichen der Schreiber deß Teſtaments / oder Notarius; ein Leibeigener Knecht / ſo man daß er frey ſey vermeinet hat: Jtem / ein Vatter / und Kinder / aber allein in eines frembden Teſtament; Jtem / zween Bruͤder zugleich; Jtem die / denen etwas vermacht worden; wiewol es ſicherer iſt / an - dere an ihre ſtatt zunehmen; Jtem / denen man et - was zu trewen Haͤnden anvertrawt / und Perſonen / ſo ihnen verwandt ſeyn. Und dieſe Zeugen / ſo das oberwehnte andere Stuͤck / muͤſſen inſonderheit er - betten / und zuſammen beruffen werden; deren / ver - moͤg gemeiner Rechten / ſieben ſeyn muͤſſen; wie -G 2wol100Die XXX. Frag. wol deren / nach dem geiſtlichen Recht / nur zwey oder drey mit dem. Pfarrer / oder viere ohne den Pfarrer / in den Kirchen-Laͤndern gnug ſeyn: auch Theils Orthen nur zween erfordert werden. Wann nun die Zeugen beyſammen / ſo eroͤffnet die Perſon / ſo ein Teſtament machen will / vor ihnen / ſeine Mei - nung / und ſolches entweder / Schrifft - oder muͤnd - lich. Jn Schrifften geſchicht es / wann der Teſti - rer ſeinen letzten Willen ſchrifftlich verfaſſt / und mit ſeiner Unterſchrifft beſtaͤttiget / allen Zeugen zugleich darlegt / und ſagt / daß in ſolchem Libell / oder Schrifft / ſein Teſtament begriffen ſeye / und ſie bittet / daß ſie als Zeugen / ſich unterſchreiben / und ihre Petſchafften auff drucken wollen. Muͤndlich werden die Teſtamenten auffgerichtet / wann der Teſtirer ſeinen letzten Willen vor ſieben Zeugen / gantz und offentlich erzehlet alſo / daß ſie alle wiſſen koͤnnen / wer ſeine Erben / und was ſeine Meinung ſeye; welches man ein Nuncupativum, oder von Mund außgeſprochenes Teſtament nennet; ſo nicht noͤthig auffs Pappier zu bringen; aber gut iſt / weiln in der Zeit / da der Teſtirer noch lebet / ein / oder der ander Zeuge ſterben kan / daß man ſolches auch ſchrifftlich verfaſſet / und den Zeugen vorlieſet / und ihre Namen darzu ſetzet / oder ſie wol gar unterſchrei - ben laͤſſet. Von dem Teſtament zweyer Eheleute / ſo man Reciprocum heiſſet. Sihe Beſoldum, conſil. 284. & 288. Und dann muß drittens al - le Teſtaments-Handlung zu einer Zeit / und auff einmal101Die XXX. Frag. mal geſchehen / alſo / daß keine andere frembde Handlung / ſo hieher nicht gehoͤret / darzwiſchen komme; ſondern die Zeugen alle beyſammen blei - ben muͤſſen / biß alles verrichtet iſt.
Und ſo viel von der oberwehnten gemeinen Zierligkeit eines Teſtaments. Was aber die ei - gentliche anbelangt / ſo gehoͤrt ſolche allein zu einem in Schrifften auffgerichtem; oder zu einem muͤnd - lich außgeſprochenen / oder zu eines Blinden Te - ſtament.
Eines in Schrifften auffgerichten Teſta - ment eigentliche / oder ſonderbare Zierligkeit iſt / daß der Teſtirer / wie auch die Zeugen / ſich unterſchrei - ben / und ihre Petſchafften auffdrucken. Der Te - ſtirer ſoll ſich in Gegenwart aller ſieben Zeugen / ſelbſt unterſchreiben / oder ſo er nicht ſchreiben kan / oder durch Kranckheit daran verhindert wird / ſoll er den achten Zeugen an ſeiner ſtatt / erbitten / iſt auch gut / daß er an allen Blats Seiten zu unterſt ſich unterſchreibet. Auff ſeine deß Teſtirers Un - terſchrifft / ſo beylaͤuffig dieſe: Jch N. N. bekenne / daß diß / ſo obſtehet / mein Teſtament und letzter Will ſeye) folget der Zeugen Unterſchrifft / und Sieglung. Es muß aber ein jeder Zeug in ſei - ner Unterſchrifft / eigendlich ſeinen ſelbſt eige - nen / und auch ſonderlich die Erſten / deß Te - ſtirers / Nahmen ſetzen; Alß / Jch N. beken - ne / daß ich zu dieſem Teſtament / durch N. G 3als102Die XXX. Frag. als Teſtirern zu einen Zeugen erfordert und gebetten bin / und mich in ſeiner / und beygeſchriebner Mitzeu - gen Gegenwart unterſchrieben habe. Es pflegt ſich auch der erſte Zeug faſt mit ſolchen Worten zu un - terſchreiben: Jch N. bekenne mit dieſer meiner Handſchrifft / daß ich vom N. heut N. im Jahr N. erfordert / und gebetten worden bin / zu einem Zeu - gen ſeines Teſtaments / ſo er in meiner / und nachfol - gender Zeugen Gegenwart / in ſeiner Hand gehabt / und verſtaͤndig und vernuͤnfftig außgeſagt / daß er dariñ ſeinen letzten Willen begriffen / und mich hier - au zu unterſchreiben / und zu ſiegeln / und deſſen alſo ein Zeug zu ſeyn / erſucht / daß ich darauff in Beyſeyn und Anſehen meiner andern Mit-Zeugen / mich mit eigener Hand unterſchrieben / und mein angebohr - nes Petſchafft auffgedruckt habe. Diß mein N. von N. eigene Handſchrifft. Es moͤgen aber dieſe Wort / nach Gelegenheit und Stande deß Zeugens / geaͤndeꝛt werden. Bißweilen ſetzet man / auſſer deß Jahrs / Tags und Stunden / auch den Ort darzu / wo es geſchehen. So pflegen etwan auch die nachfolgen - de 6. Zeugen / ſonderlich die Letzten / nur zu ſchreiben: Jch N. bekenne mit dieſer meiner Handſchrifft / und gewohnlichem Petſchafft / deme alſo zu ſeyn / wie obſtehet. Man mag ſich auch eines andern Pet - ſchaffts gebrauchen / wann nur in der Unterſchrifft deſſen Meldung geſchiehet. Und ſo viel von der ei - gentlichen eines in Schrifften auffgerichten Teſta - ments Zierligkeit. Was die von Mund außge -ſprochene /103Die XXX. Frag. ſprochene / oder nuncupativa, Jtem eines Blinden Teſtament / anbelangt / iſt oben allbereit davon ge - redt worden. Und mag ein ſolches vor 7. oder auff den Doͤrffern vor 5. Zeugen außgeſprochenes Te - ſtament unbeſchrieben veꝛbleiben; oder durch einen Notarium inſtrumentirt werden; der aber ſich unterſchreiben / und ſein Notariat-Zeichen darzu ſetzen muß: der Zeugen Unterzeichniſſen aber ſeyn nicht vonnoͤthen. Es mag auch einer / der nicht in Schrifften / ſondern muͤndlich ſeyn Teſtament ma - chen will / alſo verfahren / daß er ſeinen letzten Wil - len auff einen Zedel ſchreibet / oder durch einen an - dern ſchreiben laͤſſet / und hernach denſelben den ſie - ben Beruffenen / und anweſenden Zeugen vorliſet. Es mag auch einer / oder eine / neben ihrem Traͤger / oder Kriegiſchen Vormnnd / die Richter / oder Rahts-Herren eines Orths / nemlich derſelben et - liche / zu ſich / wann er nicht außgehen kan / erfordern laſſen / und ihnen ſeinen letzten Willen andeuten / mit gebuͤhrender Bitt / ſolchen ins Gericht - oder Stadt-Buch / einzuſchreiben / auß welchem her - nach ein Notarius ein vidimus ziehen und machen kan.
ES iſt bißhero gemeldtet worden / was zu Auffrichtung eines Teſtaments gehoͤre / damit es beſtaͤndig verbleibe. Jetzt folgen etliche ſonderbare Regeln / darin man etlicher maſ - ſen / auß ſonderbarer Zulaſſung / von der rechten Form der Teſtamenten weichet. Alß
Jn den Teſtamenten der Kriegsleute / wann ſie zu Felde liegen / werden nur zween Zeugen erfor - dert; wann ſie aber in einer Schlacht ſeyn / koͤnnen ſie / auch die Stummen und Tauben ohn einige Zierligkeit / ihr Teſtament machen / alſo / daß wann man ihren Willen auff der Wehrſcheiden / oder im Sand / oder auff andere weiſe geſchrieben findet / ſol - ches guͤltig iſt. Es mag auch ein Soldat ſo offent - lich geworben / einer unehrlichen Perſon / auſſer ei - ner Huren / oder ſeiner Koͤchin etwas verlaſſen. Es iſt auch ein Kriegsmanns Teſtament noch ein gan - tzes Jahr / ob er wol vom Krieg wieder nach Haus gelangt iſt / guͤltig / wann er nur mit deß Feldherrn Erlaubniß / und ehrlich abgeſchieden. Er kan auch zum Theil ohne / und Theil mit Hinderlaſſung eines Teſtaments ſterben / ſo ſonſten bey andern Perſonen nicht paſſirlich iſt. Es verliehret aber dieſe Gnad / wann er wegen eines ſchweren Verbrechen verur - theilt wird; wie wol er eines Kriegs Verbrechens halber / Teſtament machen kan. Etliche erſtre - cken dieſes der Soldaten Privilegium auch auff ein Teſtament / ſo zur Zeit / in welcher man gewiſet / iſt gemacht worden.
Sonſten wird durch ein ſonderbares Recht / denen ſo an einer anſteckenden Kranckheit / als / zum Exempel an der Peſt darnieder liegen / zu gelaſſen / daß ſie vor 2. oder 3. Zeugen / und ſonderlich Mañs - perſonen / ihr Teſtament machen moͤgen / und hieriñ an andere Zierligkeiten nicht gebunden ſeyn.
Koͤnnen die Eltern / auß einem beſondern Recht / zwiſchen ihren Kindern / auch denen legiti - mirten / und auß Vaͤtterlicher Gewalt entlaſſenen Kindern; wie auch eine Mutter / zwiſchen ihren natuͤrlichen / oder unehelichen Kindern / ohne Zier - ligkeit / eine Ordnung machen / es ſeye dann / daß ſie eines hohen Standes waͤre: aber ein Vatter muß wegen ſolcher uuehelichen Kinder; deßgleichen wañ er zu ſeinen Kindeꝛn eine frembde Peꝛſon einmiſchet nach gemeinem Recht teſtieren. Dann ſonſten / wann neben / und mit den Kindern eine Perſon / die nicht auß der Zahl der Kinder iſt / und alſo auch deß Teſtierers Eheweib / zugleich mit ins Teſtament kombt / ſo hat daſſelbe / was ſelbige Perſon anbe - langt / keine Krafft / ſondern wird vor nichtig gehal - ten. Es kan aber ein Vatter / zwiſchen ſeinen Kindern / auff zweyerley weiſe eine Ordnung ma - chen in Schrifften / nemlich / vor 2. oder 3. Zeugen / wann ſie ſchon abſonderlich nicht gebetten worden / mit außlaſſung aller Zierligkeit / ſeinen letzten Willen erklaͤꝛen: oder aber / auch ohne Zeugen ſein Teſtament mit eigner Hand ſchreiben / oder durch einen andernG 5ſchreiben106Die XXXI. Frag. ſchreiben laſſen / und ſo dann ſelber unterſchreiben / und in ſolcher ſeiner Unterſchrifft / daß es ſein Teſta - ment ſeye / klarlich vermelden. Er kan aber in einem ſolchen die Kinder nicht enterben; ob er wol ſonſten / weil er lebet / ſeine Guͤter unter die Kinder außthei - len mag; und wann er in ſeinem auß ſonderbarem Recht alſo geſchriebnen Teſtament / die Gleichheit nicht in acht genommen; ſo wollen Theils / daß es nicht guͤltig ſeye; wie auch in der Mutter Teſta - ment zwiſchen den Kindern; welches deßgleichen von ihr unterſchrieben werden muß. Ein Blin - der / ob er wol auch nur zwiſchen ſeinen Kindern ein Teſtament machet / hat dannoch 8. Zeugen vonnoͤ - then. Wo fern ein Vatter nicht in Schrifften / wie jetztgemeldt / ſondern nur muͤndlich / unter ſei - nen Kindern / eine Ordnung zu machen begehrt / ſo iſt es genug / wann er ſeinen Willen nur vor zweyen Zeugen / auch Weibs-Perſonen / ob ſie wol nicht ab - ſonderlich hierzu erbetten worden / eroͤffnet.
Ein Teſtament zu milden Sachen ge - macht / in welchem der Teſtirer ſeine Guͤter der Kir - chen / oder den Armen / oder die Gefangene davon zu erledigen / hinderlaͤſſt / kan beſtaͤndig nur vor 2. Zeugen / auch Weibs-Perſonen / ob ſie wol abſon - derlich deßwegen nicht ſeyn beꝛuffen worden / auffge - richtet werden.
So kan auch ein Fuͤrſt ohne Zierligkeiten / ſo ſonſten die Recht erfordern / ein Teſtamentmachen?107Die XXXI. Frag. machen; wiewol es ſicherer / wann er auch Zeugen darzu nimmet.
Und dann iſt den Bauren / auß ſonderba - ren Recht / erlaubt / ihren letzten Willen vor fuͤnff Zeugen zu machen; und mag auff den Doͤrffern / einer / fuͤr einen / ſo nicht ſchreiben kan / ſich un - terſchreiben.
ES iſt bißhero von unterſchiedlichen Regeln geredet worden / ſo bey Auffrichtung der Teſtamenten in acht zu nehmen. Nun folgen die Theil eines Teſtaments / deren etlich ei - gentliche / und vornehmſte deßſelben ſeyn / als die ſtracke Einſetzung eines Erben; und deſſen Enter - bung: Andere aber / ſo Gemeinſchafft haben ſo wol mit dem Teſtament / und Codicillen / und die zufaͤl - liger weiſe zum Teſtament kommen / als die Neben - Vermaͤchtniß / oder Geſchaͤfft; Erbſchafft ſo ei - nem andern vertrawt wird / ſolche einem andern zu uͤberlaſſen: und die Verordnung eines Vor - munds.
Was nun die ſtracke Einſetzung eines Erben anbelangt / wann nemlich der Teſtamentmacher ſei - ne Erbſchafft einem alſo vermacht / daß dieſelbenicht108Die XXXII. Frag. nicht dardurch eine Mittels Perſon / fallen ſolle / ſo werden dabey die Perſonen / die man zu Erben ein - ſetzet / und auch die ſtaͤffel ſolcher Einſetzung betrach - tet. Die Perſonen ſeyn zweyerley Arten; und die erſte deren / denen der Teſtirer die Erbſchafft hinter - laſſen muß / es ſeye dann daß man darfuͤr halte / daß ſie der Außſchlieſſung / oder deß Vbergangs wür - dig / als da ſeyn deß Teſtirers Kinder / ſeine Eltern / und Geſchwiſterig. Die andere Art iſt der jeni - gen / die der Teſtirer allein auß freyem Willen zu Erben einſetzet. Was die erſten anbelangt / nem - lich die Kinder / ſie ſeyen entweder gebohren / oder noch im Mutterleib / Weiblich: oder Maͤnnlichen Geſchlechts / Jtem / die Enickel / und Enicklin; ꝛc. ſo muͤſſen / wie angedeutet / dieſelben entweder zu Erben eingeſetzt / oder außdruͤcklich / und mit Namen enterbet werden. Eine Mutter aber / oder ein mütterlicher Anherr / hat nicht vonnoͤthen / daß ſie ihre Kinder / oder Enickel / entweder zu Erben einſetzen / oder mit Namen enterben / ſondern moͤ - gen dieſelben uͤbergehen / oder ihrer nicht geden - cken. Dahero ſolche uͤbergangene Kinder allein die Klag eines ungebührlichen Teſtaments anſtel - len moͤgen / wider die eingeſetzte Erben / nicht aber das Teſtament unkraͤfftig nennen koͤnnen. Es iſt aber ein ſolches ungebuͤhrliches Teſtament / ſo wider die Gebuͤhr / und Ampt der Eltern gemacht wird; deßgleichen wann die Kinder ihre Eltern / ohne Urſach / in dem ihnen gebuͤhrenden Theil uͤberge -hen:109Die XXXII. Frag /hen: deßgleichen auch die uͤbergangene Muͤtter / und Schweſtern / wann eine unehrliche Perſohn zu Erben eingeſetzt worden; Jtem / die uͤbergange - ne natuͤrliche / oder uneheliche Kinder / in ſolchem Fall / die Klage eines ungebuͤhrlichen Teſtaments haben / und anſtellen moͤgen. Es werden aber vom Kaͤyſer Juſtinian in Novell. 115. cap. 3. vier - zehen Vrſachen erzehlet / umb deren willen die Kin - der der Vaͤtterlichen Erbſchafft koͤnnen beraubet werden. Nemlich / 1. Wann ein Kind gewalt - thaͤtige Hand an die Eltern leget. 2. Denſelben eine groſſe Schmach anthut. 3. Wann es den Vatter / wegen einer That / ſo das Leben verwir - cket / und doch nicht wider den Fuͤrſten / oder den gemeinen Stand iſt / angeklaget haͤtte. 4. Wann es mit Zaubern / und dergleichen Perſonen / als ein Zauberer / umbgehet. 5. Wann es mit Zau - berey / oder dergleichen / den Eltern nach dem Le - ben zu ſtellen ſich unterſtehet. 6. Wann eines der Kinder mit ſeiner Stieffmutter oder ſei - nes Vattern Beyſchlaͤfferin; oder eine Toch - ter / oder Enicklein / mit dem Stieff-Vat - ter / ꝛc. wiſſentlich ſich vermiſchet. 7. Wann ein Kind den Vatter angeben / dardurch er einen groſſen Schaden an ſeinen Guͤttern erlitten. 8. Wann die Soͤhne / die Eltern / die Schulden halber / oder auch wegen einer andern Vrſache / mit Gefaͤngniß belegt worden / mit ihrem Gut - ſprechen / wann ſie darzu tauglich / und deß -wegen110Die XXXII. Frag. wegen erſucht worden ſeyn / nicht darauß erledigen wollen. 9. Wann eines der Kinder ſeinen Vat - ter / ein Teſtament zu machen / oder zu aͤndern / ver - hindert. Sihe gleichwol hieruͤber den Bocerum, claſſ. 3. diſp. Jur. 3. n. 38. 10. Wann ein Sohn ein Gauckler worden / es waͤre dann / daß der Vat - ter auch ein ſolcher waͤre. 11. Das geile Leben ei - ner Tochter / deſſenwegen ſie eine ehrliche Heuraht außgeſchlagen; es ſeye dann / daß ſie ſich verheurah - ten wollen / die Eltern aber ſie / ob ſie wol von fuͤnff und zwantzig Jahren alt / daran verhindert haͤtten. 12. Wann ein Kind ſeinen armen / deß Verſtands - beraubten / oder krancken Vatter zu verſorgen unter - laſſen hat. Welche Urſach auch Theils ſtat zu ha. ben vermeinen bey den Bluts-Freunden; alſo / daß ein frembder Gutthaͤter / ja auch die Obrigkeit ſelb - ſten / im Fall ſolcher Verlaſſung / den ſonſt rechten Erben vorzuziehen. 13. Wann die Kinder / ſo allbereit das 18. Jahr ihres Alters haben / und es thun koͤnnen / ihren / von den Feinden gefangenen / Vatter nicht loͤſen. 14. Wann die Kinder Ketzer / der Vatter aber ein Rechtglaͤubiger iſt. Es nen - net aber der Kaͤyſer Juſtinian in der obangezogenen newen Ordnung / den einen Ketzer / welcher die vier allgemeine der Geiſtlichen Zuſammenkuͤnffte / und was darinnen von den verſambleten Vaͤtter zu Ni - cæa / Conſtantinopel / Epheſo / und Chalcedon / ge - ſchloſſen worden / nicht fuͤr Recht haͤlt. Bey wel - chen 14 / Urſachen / wie ſie hie oben erzehlet worden /zu111Die XXXII. Frag /zu mercken / es erfordert werde / daß eine derſelben / oder auch mehrere / dem Teſtament mit Nahmen muͤſſen einverleibt / und von dem eingeſaͤtzten Erben erwieſen werden. Und wann ſolche Enterbungs Urſach nicht erwieſen werden kan / ſo wird darumb das Teſtament nicht unkraͤfftig / ſo viel die Geſchaͤff - te / Erbſchafft zu vertrauter Hand gemacht / Frey - heit / und Vormundſchaffts Verordnung / anbe - trifft / ſondern allein die Einſaͤtzung deß Erbens ver - nichtet / vermoͤg der obgedachten Novell. Conſtit. 115. c. 3. in f. verſ. ſiautem hæc. & auth. excau - ſa C. de liber. præter. Es ſeyn aber / auſſer der erzehlten 14. auch noch andere Urſachen / derenwe - gen die Kinder moͤgen enterbet werden. Sihe An - ton. Matthæum in notis & animadverſ. ad tit. Inſt. de in offic. teſt. p. 168. und don der Enter - bung ins gemein tom. 2. Conſil. Argent. conſil. 48. num. 12. 13. 14. 17. 23. Daneben ſeyn auch acht Urſachen / ob welcher Willen die Eltern / von den Kindern moͤgen enterbet werden / die man auch im Teſtament eigentlich benennen muß. 1. Wann ein Vatter ſeine Kinder / wegen einer Vbelthat / ſo das Leben verwircket / auſſer deß Laſters der beleidig - ten Majeſtaͤt / anklaget - 2. Wann erwieſen wer - den kan / daß der Vatter ſeinen Kindern / durch Gifft / oder in andere Wege nach dem Leben ge - ſtanden. Wann der Vatter bey eines der Kinder Weib / oder Beyſchlaͤfferin geſchlaffen. 4. Wann ein Vatter den Kindern / von ihren eigenen Sachen /ein112Die XXXII. Frag. ein Teſtament zu machen / nicht zulaſſen wollen. 5. Wann die Eltern eines / oder das ander / ſeinen Eh - genoſſen / als der Kinder Vatter / oder Mutter / entweder mit Gifft / oder auff andere weiſe / entwe - der nach dem Leben geſtanden / oder das ihnen der Verſtand verruckt werden ſolte / ſich bemuͤhet. 6. Wann ein Vatter ſeine Kinder / ſo von ihrem Verſtand kommen / zu veꝛſorgen / und zu ernaͤhren / unterlaſſen. 7. Wann der Vatter die gefange - ne Kinder nicht loͤſet. 8. Wann der Vatter ein Ketzer / die Kinder aber rechtglaͤubig. Sihe die beſagte Novell. 115. cap. 4. Endlich was anbelangt die Enterbung der Bruͤder und Schweſter / ſo iſt dieſelbe guͤltig / auſſer / wann eine unehrliche Per - ſon an ihrer ſtatt / zu Erben eingeſetzt worden; wie oben allbereit / von der Klag wider ein ungebuͤhrli - ches Teſtament / einkommen iſt. Wann aber der enterbte und uͤbergangene Bruder / oder Schweſter / eben ſo unehrlich / als der eingeſaͤtzte Erb / oder / daß ſie undanckbar gegen dem Teſtirer geweſen / oder vorhin allbereit ihren gebuͤhrenden Theil / (ſo heutigs Tags der dritte von der gantzen Erbſchafft iſt) em - pfangen zu haben / erwieſen werden kan / ſo bleibet das Teſtament bey Kraͤfften.
Nach Erzehlung der gewiſſen Erben / fol - gen jetzt auch die Andere / ſo der Teſtierer / nach ſeinem guten Belieben / und freywillig ernennen / und einſetzen mag; dergleichen alle ſeyn / ſo außer der Kinder / Eltern / und Geſchwiſterigt von beydenBan -113Die XXXII. Frag. Banden / ſich befinden. Es koͤnnen aber zu Erben eingeſetzt werden alle die / ſo macht haben ein Teſta - ment zu machen / hergegen nicht Erben ſeyn moͤgen. 1. die verwieſene. 2. die da ſeyn in einer Geſell - ſchafft / ſo kein beſonders Privilegium hat. 3. die vom Glauben abgefallne. 4. ſo keine gewiſſe El - tern haben. 5. der jenigen Kinder / ſo das Laſter der beleidigten Majeſtaͤt begangen. 6. die Ketzer. 7. die Moͤnch. 8. ein Knecht / ſo mit ſeines Herꝛn Ehefrawen Ehebruch getrieben. 9. ein Fuͤrſt / we - gen eines Rechthandels. 10. ein Mañ / oder Weib / zwiſchen welchen ein Ehebruch vorgegangen. 11. ein Weib / ſo innerhalb eines Jahrs / nach deß Manns tode / ſich wider verheurahtet / bekombt das nicht / ſo ihr der Mann in ſeinem Teſtament außge - macht hat. 12. ein ungewiſſe Perſon. Sihe aber Bocerum de claß. 3. diſcip. 4. n. 15. Und dann 13. dem man nichts legiren / oder verſchaffen mag. Sonſten hat der Teſtirer macht / einen / oder meh - rere / oder welche er will / Erben einzuſetzen; ſo mag er auch denſelben andere nachſetzen / daß / wann die eingeſetzte ſeinen / deß Teſtirers Tode nicht erleben ſolten / andere / an ihre ſtatt / Erben ſeyn koͤnnen: oder wann ein eingeſetzter Erb nicht Erb zu ſeyn be - gehrt / ein anderer ſeine Stell vertretten kan / damit einer nicht erbloß ſterbe. Als / wañ Johannes nicht erben wird / ſoll Petrus Erbe ſeyn. Jtem / Titius und Sejus, welcher unter ihnen leben wird / ſoll mein Erb ſeyn. Wann ſie nun beede noch leben / ſo ſeynHſie114Die XXXI. Frag. ſie auch beede Erben; wañ aber der eine geſtorben / ſo kombt die Erbſchafft voͤllig an den uͤberbliebenen. Deßgleichen kan ein Vatter / der noch ohnmuͤndige Kinder hat / einen andern zum Affter-Erben einſe - tzen / damit / wann die Kinder / in ſolcher Unmuͤn - digkeit / vor dem vierzehenden Jahr ſterben / derſelbe Affter-Erb ſo dann an ihre ſtatt tretten kan. Als: mein Sohn Sejus ſoll Erbe ſeyn / und wann er Erb wird / aber in ſeiner Unmuͤndſchafft verſtirbet / ſo ſolle Cajus Erb ſeyn. Welches dann auch von ei - nem Ahn-Herren / ſo dergleichen thun mag; und einem / ſo erſt nach deß Vatters tod geboren werden ſolle / zuverſtehen iſt / und kan ein ſolche Affter. Erb - ſchafft zu Ende deß Brieffs verborgenlich geſetzet / bedecket und verſchloſſen / auch im Teſtament befoh - len werden / daß ſo lang der Erb lebet / derſelbe un - terſte Theil nicht geoͤffnet werde / auff daß dem Er - ben / von dem Affter-Erben / nicht hinderſtellig nach - geſtellt werde. Hievon aber / und andern Nachge - ſetzten / oder Affter-Erbſchafften / als wann ein Vat - ter oder Mutter / ſo ſich nicht wider verheurahtet / ihren aberwitzigen / ohnſinnigen / verthunlichen / und andern armſeligen Kindern Affter-Erben mit gewiſſer Maß ſetzen / und dergleichen andern meh - rern / die Rechtsgelehrten zu leſen / und zu befragen ſeyn.
EJn Codicill iſt die andere Art von Te - ſtamenten / ſo nur fuͤnff Zeugen erfordert; Und mag dardurch einer ſeinen letzten Wil - len / ohne ſtracke Einſetzung deß Erbens / ordnen / wie er es / nach ſeinem Tode gehalten haben will. Es koͤnnen aber nur die jenigen Codicillen machen / wel - chen Teſtamenten zu machen erlaubet iſt. Und ob - wolen / wie angedeutet / durch die Codicillen die Erbſchafft ſchlechtwegs hin nicht hinderlaſſen wer - den kan / man auch darinnen keine Affter Erben ernennet / noch enterbet / noch dem eingeſetzten Erben einige Maß vorſchreibet / als wie es ſonſt in einem ordenlichen Teſtament geſchihet; ſo moͤgen jedoch die Sachen durch Anvertrawen / und Vermaͤcht - nuſſen in derſelben hinterlaſſen / auch Vormuͤnder (die aber in dem Teſtament zubeſtaͤtigen ſeyn) geſetzt: Und das noch mehr iſt / ſo mag auch ein Erbſchafft / durch einen andern / deme ſie dergeſtalt anvertrawet wird / ſolche einem andern zuzuſtellen / einem verſchafft werden. Es ſollen aber die Codi - cillen / zun Zeiten deß Kaͤyſers Auguſti auffkommen ſeyn / als die Roͤmiſche Burger / wegen ihrer wei - ten und langen Reiſen / nicht allezeit die Zierlich - keiten / ſo ein ordenliches Teſtament erfordert /H 2haben116Die XXXIII. Frag. haben in Acht nemmen koͤnnen. Was nun die Auffrichtung der Codicillen betrifft / ſo doͤrffen die oberwehnte fuͤnff Zeugen nicht eben mit ſonderm Fleiß beruffen ſeyn; ſondern iſt genug / wann ſie ungefaͤhr zuſammen kommen / es ſeyen Maͤnner / oder Weiber; jedoch / daß es zugleich / und auff eine Zeit vorgenommen werde; auch unter den Zeugen weder Fidei commiſſarii, noch Legatarii, das iſt / denen man eine Erbſchafft anvertrawet / oder etwas vermachet / als in ihrer eignen Sach ſeyen. Es werden aber die Codicillen entweder in Schrifften / oder ohne dieſelben / und entweder mit dem / oder oh - ne Teſtament / und entweder vorher oder hernach auffgericht / und obwolen nicht vonnoͤhten iſt / daß die Codicillen mit eigener deß Teſtirers Hand ge - ſchrieben und ſignirt werden / ſo muͤſſen doch dieſel - ben / ſo zu Papir gebracht worden / von den Zeugen unterſchrieben werden; und erfordert eines blinden Codicill eben die Form / als wie ſein Teſtament. Es mag einer eines oder mehr Codicillen / und entweder mit Wincken / oder mit außtrucklichen Worten ma - chen. Es iſt auch dieſes eine Weiſe Codicillen zu ordnen / wann ein Teſtirer dem Teſtament mit an - hencket / ſo fern ſein Teſtament von Rechtswegen nicht fuͤr kraͤfftig gehalten werden moͤchte / daß es doch gelten ſolle / als ein Codicill / oder als ein Ge - ſchenck von deßwegen / oder als ein letzter Will / in der beſten / und beſtaͤndigſten Weiſe / als es immer von Rechtswegen geſchehen ſoll und kan. Es magauch117Die XXXIII. Frag. auch der Teſtirer entweder das Gericht zu ſich er - fordern / und vor demſelben ſeine Außgemaͤchte / oder Geſchaͤfft benennen; Darauff dann unter dem Gerichts-Sigill ein Bekantnuß herauß geben wird: Oder aber / es beſchreiben der Teſtirer / oder die Te - ſtirerin / ſolch Codicill ſelbſten / und benennen dar - innen die Legata, oder Außgemaͤchte / oder derglei - chen Sachen / die auch / nach auffgerichtem Teſta - ment / dem Teſtirer / anderſt zu ordnen / eingefallen ſeyn / unterſchreiben daſſelbe / verpitſchirens / und bitten fuͤnff Gezeugen / daſſelbe auch zu thun: Dar - auff dann der Notarius die Zeit / den Orth / ꝛc. und den Willen deß Teſtirers / der Zeugen / und ſeinen Namen unterſchreibet / auch ſein Notariat Zeichen auffdrucket; Vorhero aber vormeldet / daß der Te - ſtirer ſeinen letzten Willen in etlichen Puncten ge - aͤndert / verbeſſert / ꝛc. habe und wolle / daß ſein hie - von auffgerichtes Teſtament / in allen Clauſulen / ſo durch dieſes Codicill nicht geaͤndert; ſo wol als daſſelbe / kraͤfftig / ſteth und veſt ſolle gehalten wer - den / ꝛc. Theils erinnern darbey / wann einer ohne Teſtament ſterbe / koͤnne er zuvor die Erben bitten / daß ſie die in ſeinem Codicill ſtehende Fidei com - miſſa, oder Legata, außrichten wollen: und ſo dar - inn geſetzt worden / daß ein Erb der Erbſchafft un - faͤhig / ſo werde deſſelben Theil dem gemeinen Gelt-Kaſten zugeeignet.
ES ſeyn gemeine Theil der Teſtamen - ten / oder Codicillen / oder ein anvertrautes Gut / ſolches einem andern zuzuſtellen; oder ein letzter Will / dardurch einer / ſo auß deß Ver - machers Guͤtern etwas empfahet / mit erſuchen / daß er ſolches einem andern gebe oder thue / alſo ge - genant / weil das Verlaſſene eines Erben / oder ei - nes andern Trew und Glauben / dergeſtallt uͤberge - ben wird / daß er daſſelbige einem andern zuſtelle. Und iſt zweyerley: nemlich ein allgemeines / und ſonderbares. Ein allgemeines iſt / wann der Ver - macher ſeinem Erben befilcht / oder ihn bittet / einem andern die Erbſchafft zu uͤberlaſſen; auff welche Weiſe die Erbſchafft / eine anvertrawte Erbſchafft genennet wird. Und kan ein ſolcher / der vom Erben die Erbſchafft uͤberkommet / wider gebetten werden / daß er dieſelbe weiters einem andern / als dem drit - ten zu uͤberlifern. Und wird ſolches Fidei com - miſſum entweder durch Teſtament hinterlaſſen / als zum Exempel / Lucius Titius ſoll mein Erb ſeyn / welchen ich bitte / daß er auffs ehiſte / als es ſein kan / meine Erbſchafft antrette / ſelbe aber dem Cajo Sejo uͤbergebe / und zuſtelle: oder durch Codicillen /wann119Die XXXIV. Frag. wann er dem ſtracken Recht nach / keinen Erben hat / den im Teſtament eingeſetzten / oder dem recht - maͤſſigen / gleichſam Ehren-Erben / bittet / daß er einem andern die Erbſchafft uͤberlaſſe. Dann / wo einer in einem Codicill in - und mit Form eines Fideicommiß, eine Erbſatzung haͤtte vorgenom - men / ſo hat dieſelbe auch Krafft / jedoch dem Fidei commiſſario, oder dem die Erbſchafft anvertrawet worden / an ſeinem gebuͤhrenden Theil / oder Tre - bellanica, davon hernach unvorgreifflich. Die Vollziehung eines allgemeinen Fideicommiſſi be - ſtehet in nohtwendiger Antrettung der Erbſchafft / und derſelben wider Uberlaſſung; Und wann der eingeſetzte ſtracke Erb ſolche Erbſchafft nicht antret - ten will / kan er von der Obrigkeit darzu gezwungen werden: Wie auch / wann der Erb nach Antret - tung der Erbſchafft / ſolche einem andern nicht uͤber - geben will; da er doch nur neun Theil davon zu uͤberlaſſen / hergegen die drey Theil / das iſt den vier - ten Theil / ſo Trebellanica genennet wird / von der gantzen Erbſchafft inn zu behalten hat; Ob ſchon der Teſtirer deſſen in ſeiner Verordnung nicht ge - dacht haͤtte. Dann ſolcher Theil ihme von rechts - wegen gebuͤhret; Hergegen auch dieſes vierdten Theils halber / die Beſchwerden der Erbſchafft zu tragen hat: die uͤbrige Beſchwerden aber mitein - ander fallen / vermoͤg deß Trebelianiſchen Rath - Schluſſes / auff den Fideicommiſſarium, oder den jenigen / deme der Fiduciarius Heres, oder der ein -H 4geſetzt120Die XXXIV. Frag. geſetzte Erb / die Erbſchafft uͤberlaſſet. Wann aber dieſer ander Erb / die Erbſchafft dem dritten wider uͤberlaſſen muß / als wie oben ein ſolcher Fall geſetzet worden; ſo hat er weiter nicht macht / etwas von der Erbſchafft abzuziehen; es waͤre dann Sach / daß der erſte ſeinen gebuͤhrenden Theil nicht davon ge - nommen haͤtte / ſo iſt es dann dieſem andern Erben / oder Fideicommiſſario Hæredi, erlaubet / die Tre - bellianicam abzuziehen; ſonſten er umb das / ſo er von der Erbſchafft hinweggenommen / geſtrafft wurde. Es koͤnnen ſich aber Faͤll zu tragen / in wel - chen ein Erb den Abzug nicht hat; als wann der Te - ſtierer außdrucklich demſelben verbotten; oder / wann der eingeſetzte Erb / erſt durch die Obrigkeit / die Erbſchafft anzutretten / hat gezwungen werden muͤſſen. Und ſo viel von dem allgemeinen Fidei - commiſſo.
Ein abſonderlich / oder ſonderbares Fideicom - miſſum iſt / wann der Teſtamentmacher / in ſeines letzten Willens Verordnung / etliche beſondere Sa - chen einem Bittweiſe uͤberlaſſet / nemlich ſeinen Erben erſuchende / daß auß der Erbſchafft / er je - mands einen Acker oder ein Hauß / oder etwas an Geldt hinauß gebe. Heutiges Tags aber wird ein ſolches abſonderliches Fideicommiß, und eiu Legat, oder Außgemaͤcht / fuͤr einerley gehalten.
Hieher werden auch gezogen die Fideicommiſ - ſa Familiæ, oder Vorſchickungen / oder einem ge -wiſſen121Die XXXIV. Frag. wiſſen Geſchlecht anvertraute Guͤter / wann nem - lich ein Teſtierer ſeinem Geſchlecht zum Vorauß etliche ſeine Gůter alſo vermacht / daß allwegen der aͤltiſte ſolche beſitzen / und nach deſſen Tode dieſelbe wider an den aͤltiſten ſeines Stammens und Na - mens fallen ſolle. Und wann es Lehen ſeyn / ſo wer - den ſie Umbgehende / oder Geſchlechts-Lehen ge - nant. Es werden auch wegen der Eheleuth / ſo in die Armuth gerathen / Pfruͤnd oder Leibgeding gemachet: Deßgleichen vom Kaͤyſer Leyen - Pfruͤnde / oder Paniß-Brieff / nach vermoͤg ſeines Rechtens / ſo jus primarum precum genant wird / an die Stiffter und Cloͤſter / ertheilet.
Ob die obermelte Fideicommiſſa Familiæ, oder Stammguͤter / oder einem gewiſſen Geſchlecht an - vertrawte gewiſſe Guͤter / mit Bewilligung der noch lebenden Perſonen ſelbigen Geſchlechts / ih - res beſſern Nutzens wegen / eigenthumlich von ei - nem / ſo deſſelben Geſchlechts iſt / koͤnnen gemacht werden? iſt eine ſchwere Frag. Die meiſte ant - worten mit Nein: Etliche aber in ſeiner Maß / mit Ja. Sihe D. Johannem David Cumerell, in diſputatione inaugurali juridica de Termino Fideicommiſſorum Familiæ, exhib. ana - lyſin Nov. 159.
LEgatum iſt ein vermachtes / beſcheidenes Gut / oder ein Geſchenck / von dem verſtorbe - nen / in ſeinem Teſtament oder Codicill / hin - terlaſſen. Es mag aber ein jeder legiren, der macht hat ein Teſtament auffzurichten. Wird deßwegen ſolches einem Knecht / einem Tauben / einem ſo ſei - nes Stands halber in Zweifel ſtehet / und einem Hauß-Sohn / oder der noch daheimden / und unter vaͤtterlichem Gewalt iſt / zu thun verbotten. Man kan aber Legata, Außgemaͤcht verſchaffen denen / welche Teſtament machen moͤgen; Jtem / ein Ledi - ger ſeiner Beyſchlaͤfferin; aber nicht ein Soldat / oder ein Geiſtlicher. Deßgleichen mag man etwas vermachen den Teſtaments Zeugen / Jtem denen / ſo ein Teſtament / oder Codicill / angeben / aber nicht denen ſo ſolches ſchreiben / es ſeye dann daß der Te - ſtirer mit eigener Hand / oder auß ſeinem Willen / ein dritter ſolches Außgemaͤcht darzu ſchreiben thut. Es koͤnnen aber nicht vermacht werden ſolche Sa - chen / ſo nicht verhanden / als ein verbronnen Hauß / oder die Kirchen - und offentliche Sachen / oder ein Lehen / ohne deß Lehen-Herren Einwilligung: oder die dem Legatario, das iſt dem / welchem etwas auß -gemacht123Die XXXV. Frag. gemacht wird / keinen Nutzen bringen. Hergegen alle andere Sachen verſchafft werden moͤgen / coͤr - perliche und uncoͤrperliche / das iſt / was vor Augen liget / an allerhand Guͤtern / Haußrath / Vieh / Schulden und dergleichen: Jtem / die zukůnfftige / ſo dem Teſtirer / von Rechtswegen angehoͤren / oder er zu erwarten; und viel anders mehr / davon in den Rechts-Buͤchern zu leſen. Jtem / kan der Teſtirer ſeinen Erben aufferlegen / daß er einem andern ſein Hauß beſſern / oder ſeine Schulden vor ihn bezah - len ſolle / und dergleichen mehr / ſo im Rechten nicht verbotten. Es werden aber die Legata entweder im Teſtament / oder in den Codicillen hinterlaſſen. Theils Orthen werden dieſelbe auch nur vor drey Zeugen / beeder Geſchlechts geordnet / und die ge - ringe bey den Vormunds-Aemptern eingeſchrie - ben. Jn den Teſtament - und Jnſtrumenten pfle - gen ſie gemeiniglich vornen angeſetzt zu werden / und hernach erſt die Einſatzung deß Erben; Wie - wol es hierinn gleich gilt. Was ſonſten allhie koͤnte beygebracht werden / ob nemlich ein Legatum, ſon - derlich dem Gewiſſen nach / man zu geben ſchuldig / wann das Teſtament vernichtet wird / oder unge - dultig iſt? Jtem / ob man ein ſolche Vermaͤchtnuß thun koͤnne / nach Geſtalt der Religion? Jtem / wie die Legaten zu nicht werden koͤnnen? Davon ſeyn die Rechtsgelehrten / in ihren Buͤchern zu leſen. Das iſt aber in Acht zu nemmen / wann ein Erb - ſchafft mit zu vilen Außgemaͤchten beſchweret wird /ob124Die XXXV. Frag. ob zwar ſolches / wann es den Rechten nach auffge - richtet worden / nicht faͤllet / daß die Erben dieſe Gut - that haben / daß ſie / nach Jnhalt deß Geſaͤtzes Fal - cidiæ, dardurch uͤber die neun Theil von der Erb - ſchafft / durch Legata zu verordnen / verbotten wird / ſie den vierdten Theil innen behalten moͤgen / damit gleichwol der Teſtirer Teſtamenten / ꝛc. nicht gar umbſonſt ſeyen / und die eingeſetzte Erben / wann ſie keinen / oder doch geringen Nutzen davon haben ſol - ten / die Erbſchafft anzutretten / ſich verweigern moͤchten. Es wird aber dieſe Gutthat heutiges Tags allein den Fremden / oder denen / ſo nicht noht - wendige Erben ſeyn gegoͤnnet; dann die Kinder / und andere / welchen ſich / wegen deß ungebuͤhren - den Teſtaments / zu beklagen / erlaubet iſt / auff ihr Legitimam, Kinds oder Geſchwiſterlichen Theil zu klagen haben. Es iſt aber die Legitima ein Theil der vaͤtterlichen Guͤter / ſo ein Vatter ſeinen Kindern / die nicht undanckbar ſeyn / zu hinterlaſ - ſen ſchuldig; und heutiges Tags / nach Anzahl der Soͤhn und Toͤchter / pfleget außgetheilet zu werden. Dann wann der Kinder mehr als viere / ſo gebuͤh - ret ihnen der halbe Theil aller vaͤtterlichen Guͤter; wann ihr aber nur vier / oder weniger / der dritte Theil; als zum Exempel: Es verlaſſt ein Mann vier Kinder / und 3600. fl. Was iſt die Legitima? Antwort. 1200. fl. und gebuͤhret jedem Kind da - von 300. fl. Ein ander aber 6. Kinder / und auch 3600. fl. Was iſt da die Legitima? Antwort. 1800.125Die XXXV. Frag. 1800. fl. und bekombt deßgleichen ein jedes Kind 300. fl. das uͤbrige / nemlich bey dem erſten 2400. und bey dem andern 1800. fl. kan der Vatter / ohne Einred der Kinder / wem er will / als Legata, ver - machen. Es ſeyn auch unterſchidliche Faͤll / derent - wegen die Kinder die Legitimam nicht zu fordern: Wie von ſolchen / auch der Legitima der Enickel / der Eltern / (ſo da iſt der dritte Theil deß Sohns / oder deß Enickels Guͤter) der Bruder / Schweſter / Eheleuthe / abermals die Rechtsgelehrte / als Hei - gius part. 1. quæſt. 25. & 32. Beuſtius in L. 1. de jurejurando, n. 157. & ſeqq. Bocerus claß. 5. diſp. 24. und viel andere zu leſen ſeyen; die von der Legitima, Jtem / auch von der oberwehnten Falcidia (ſo deßgleichen nicht allwegen ſtatt hat / als von deß Weibs Heuratsgut / von den Legatis zu mil - ten Sachen / und andern mehrern) geſchrieben ha - ben. Es kan auch ein Erb ſich ſeines Rechts der Falcidiæ, ſo er Anfangs gehabt / ſelber verluſtigt machen; Wann er entweder kein Inventarium, oder Verzeichnuß der verhandenen erblichen Guͤ - ter / mit denen er umbzugehen / angefangen; o - der nicht rechtlich / das iſt / nach der vom Kaͤyſer Juſtinian vorgeſchriebenen Weiſe gemacht hat. Dann die Erben / ehe ſie die Erbſchafft antretten / zwey Gutthaten haben / nemlich 1. ſich daruͤber zu bedencken / und 2. wann ihnen die Erbſchafft arg - woͤhniſch vorkommet / alsdann und zu vorderiſt alle Sachen beſchreiben zu laſſen; dieweil man keineneine126Die XXXV. Frag. eine Erbſchafft anzutretten zwingen kan; Sonſten wann die Schulden groß / und die Verlaſſenſchafft gering / ein Erb nicht allein der Falcidiæ ſich nicht bedienen koͤnte; ſondern noch darzu die Schulden bezahlen / und die Legata abrichten můſte / einen Soldaten außgenommen / welcher ob er wol kein Inventarium machet / dannoch mehr nicht / als was verhanden / zu bezahlen hat. Wie aber ein In - ventarium auffzurichten ſeye? davon iſt allhie die Frag nicht / ſondern von Legatis, oder Außge - maͤchten; vor welchen alle Unkoſten der Leich / und dergleichen / Jtem die Schulden abgerichtet / und alsdann die Legata bezahlet werden / von den hin - derlaſſenen Guͤtern / welche man ſchaͤtzet / wie ſie zur Zeit deß Teſtirers geweſen. Es mag auch ein Le - gatarius, oder ein ſolcher / deme etwas verſchafft worden / ſolches Geſchaͤfft ſelber zu ſich nemmen / es ſeye dann daß dem Erben etwas daran gelegen Dann die Gefahr deß verſchafften Guts gehet den Legatarium an / der hergegen in andern Sachen / ohne Beſchwerden / und mit ſeinem Legat gantz frey iſt; es waͤre dann / wie oben angedeutet / daß der Erb nicht zu ſeinem gebuͤhrenden Theil kom - men koͤnte / wann die Legatarii, von ihren Außgemaͤchten nicht etwas fallen laſſen thaͤten.
WAnn einer auß freyem Willen / in Betrachtung vorſtehender beſorglichen Todesgefahr / einem andern etwas al - ſo ſchencket / daß er es gleichwol lieber ſelbs behal - ten / als dem Begabten geben wolte / jedoch / weil er es nach ſeinem Tod nicht ſelbſt beſitzen kan / ſolches lieber dem Begabten / als dem jenigen / der ein Erb iſt / goͤnnen thut. Es werden aber darumb die Do - nationis mortis cauſâ, oder die Schanckungen Todes wegen / unter dem Wort Teſtament / oder eigentlich eines letzten Willens / nicht begriffen / ſondern ſie nemmen ihr Weſen zum Theil herauß den Verhandlungen / zum Theil auß den letzten Willen / oder Vermachungen. Und werden drey Stuck erfordert / wann ein ſolche Schanckung To - des wegen ſolle beſtaͤndig und kraͤfftig ſeyn. 1. daß außdrucklich deß Todes gedacht werde / dann ſon - ſten man es fuͤr ein Geſchenck zwiſchen den Lebendi - gen halten koͤnte. 2. werden fuͤnff Zeugen darzu erfordert / wann ſolche Schanckung auſſerhalb Ge - richts geſchihet. 3. die Gegenwart deß Schen - ckers / oder Donantis, und deſſen / deme geſchencket wird / oder deß Donatarii, oder ihrer Gewalts -Trager /128Die XXXVI. Frag. Trager beederſeits: wiewol theils wollen / daß deß Donatarii Anweſenheit es nicht vonnoͤhten habe / dieweil dergleichen Schanckungen / den Außge - maͤchten / oder Legatis, und andern letzten Willens Vermachungen / verglichen werden. Und obwolen ein Sohn / ſo noch unter vaͤtterlichem Gewalt iſt / nicht teſtiren kan / ſo mag er doch / wann es der Vatter zu laͤſſt / eine Schanckung von Todes wegen thun. Und wann alle Gůter mit einander alſo verſchenckt worden / und der Schencker den Abzug / oder Falcidiam, davon in der vorgehenden Frag gehandelt worden / nicht außtruckenlich verbotten / ſo moͤgen die Erben deſſen / ſo ohne Teſtament ver - ſtorben / den vierdten Theil ſeiner Guͤter / die er al - ſo / wie gehoͤrt / verſchenckt hat / davon abziehen. Es werden aber ſolche Schanckungen vernichtet. 1. wann es den Schencker gerewet. 2. wann er wi - der geſund worden / oder der Gefahr entgangen. 3. wann der Donatarius, oder dem geſchencket worden / vor dem Donatore, oder dem Schencker geſtorben. Sihe Petr. Heigium part. 1. quæſt. 27. n. 41. 43. 45. & qúæſt. 33. n. 74. Beuſt. in L. 1. de jurejur. n. 207. und andere mehr / ſo davon mehr geſchrieben.
WAs das Erſte anbelanget / ſo wird eins nach den Rechten auffgerichtes Te - ſtament / auff zweyerley Weiſe wider un - kraͤfftig gemacht. 1. Wann der Teſtierer / auß freyem Willen ſein Teſtament zerreiſſet / oder die Sigill hinweg ſchneidet / oder die Schrifft durch - ſtreichet / oder das Teſtament widerruffet / und ein anders machet. Dann deß Menſchen Will iſt wandelbar / biß an ſeines Lebens Ende; alſo gar / daß auch einer ihme ſelbſt das Geſaͤtz im Teſtament nicht machen darff / daß ihme von dem vorigen Willen zu weichen nicht ſolte erlaubet ſeyn. Und obgleich der Teſtierer ſchwoͤren thaͤte / daß er bey ſolchem von ihme gemachten Teſtament verblei - ben wolle / es doch nicht guͤltig waͤre. Aber / durch bloſſen Willen / und bloſſer Rew deß Teſtierers / wird das vorige Teſtament nicht unkraͤfftig gema - chet / es ſeyen dann zehen Jahr voruͤber / und werden drey Zeugen darzu genommen / oder werde die Sach bey einem Richter angebracht / und ordentlich ver - zeichnet. Wann zwey Teſtament auff einen TagJgemacht /130Die XXXII. Frag. gemacht / darinnen unterſchiedliche Erben eingeſe - tzer worden / vorgebracht werden ſolten / wird ge - fraget / welches unter denen beeden gůltig ſeye? Bocerus claß. 3. diſp. 9. n. 16. vermeinet keines. 2. Wird ein Teſtament wider den Willen deß Teſtierers unkraͤfftig / durch Uberkommung eines Erbens / groſſen und mittelmaͤſſigen Verluſt ſei - ner Ehren / offentlicher Gerichtlicher Verurthei - lung zum Todte; oder ſelbſt Entleibung; Deß - gleichen wann kein Erb verhanden / oder der ein - geſetzte Erb die Erbſchafft nicht antretten will. So wird eines Kriegsmanns Teſtament / ſo er im Feld - lager gemacht / nach einem Jahr ſeiner Entlaſſung / nichtig: Wann auch etliche auß den Zeugen / vor deß Teſtaments Eroͤffnung / ſterben: Jngleichem wann die Klag wider ein ohngebuͤhrliches Teſta - ment vor Gericht behauptet wird; Wiewol auff ſol - chen Fall / allein die Einſatzung deß Erbens faͤllet; die Legata aber / oder die Außgemaͤchte / und das uͤbrige / verbleibet. Es ſeyn auch andere Urſachen / darumb ein Teſtament vernichtet wird / davon die Rechtsgelehrten zu leſen: Unter welchen auch dieſe ſeyn. 1. Wann der Erb deß Teſtierers Tod nicht rechet. 2. Wann einer ein Teſtament vor falſch auffricht / und ſolches nicht außfuͤhren kan. 3. Wañ einer einen gezwungen / ober verhindert / ein Teſta - ment zu machen / oder die Codicill zerſchnitten. 4. Wann der eingeſetzte Erb / den von den Feinden gefangenen Teſtament-Macher nicht erlediget. 5. Wann131Die XXXVII. Frag. 5. Wann derſelbe von ſeinem Verſtand kommet / und der Erb denſelben zuverſorgen unterlaſſet / ſo wird die Erbſchafft ihme entzogen / und denen gege - ben / ſo ſich deß Teſtierers annemmen. Sihe einen ſchoͤnen rechtlichen Rahtſchlag / von unterſchiedli - chen Rechtsfragen / die vielfaltig in Erbſchafften vorfallen / beym Philipps Meiſtern in ſeiner Rhe - toric / fol. 790.
Was das Ander / nemlich die Eroͤffnung der Teſtamenten anbelanget / ſo hat man hierinn inſon - derheit auff das Geſaͤtz / oder uͤblichen Gebrauch ei - nes Orths zu ſehen. Wann aber kein ſonderbahres Geſaͤtz verhanden / ſo gehet man den gemeinen Rech - ten nach / und werden die Zeugen / ſo geſigelt / oder der groͤſte Theil derſelben / von der Obrigkeit zuſam - men beruffen / die Sigill beſichtiget / das Schnuͤr - lein entzwey geſchnitten; oder / ſo nicht gnug Sieg - ler verhanden / das Teſtament in Beyſein ehrlicher Maͤnner eroͤffnet. Und ſoll ſolche Eroͤffnung inner Jahrsfriſt auffs Laͤngſte geſchehen. Es muß aber der Theil deß Teſtaments verſchloſſen bleiben / ſo der Teſtierer zu eroͤffnen verbotten / oder verbotten zu haben verſtanden wird / als da iſt die Pupillariſche Affterſetzung / oder ſubſtitutio. Es verbleibet auch der jenige Theil verſchloſſen / ſo zu eines andern Un - ehr und Schmach gereichet / und den Tag und Jahr begreiffet. Und verbleibet alsdann / nach ſol - cher Eroͤffnung / ein Teſtament kraͤfftig / ſo fern innerhalb zehen Tagen / von der Zeit der Publica -J 2tion132Die XXXVIII. Frag. tion anzurechnen / nichts darwider eingewendet wird. So wird allen denen / die das Teſtament et - was angehet / wann ſie es begehren / ſolches zu eroͤff - nen / zu ſehen / erlaubt / und ihnen Abſchrifft davon / vonder Obrigteit ertheilet / wo fern ſie dieſes nicht auß Argliſt / oder Boßheit ſuchen. Und wann alſo das Teſtament eroͤffnet / beſichtiget und abgeſchrie - ben worden / ſo pfleget ſolches bisweilen von der Ob - rigkeit wider verſieglet / und in den Schrifftbehalter hinderlegt zu werden / damit wann eine Copey ver - lohren / man eine andere darvon nemmen koͤnne. Und mag auch ſolches von denen / ſo darbey gewe - ſen / aber auſſer der Zeugen beſiegelt werden. Und ſo auch hernach das Teſtament gar verloren gienge / ſo verbleibt doch das Verlaſſene guͤltig / und iſt man ſolches zu geben ſchuldig.
BJß daher iſt in etlichen Fragen / von Teſtamenten / und letzten Willens Ver - faſſungen geredet worden. Es geſchihet aber vilmals / daß jemands ohne Auffrichtung eines Teſtaments / und Benennung der Erben / verſtir - bet / und ein namhafftes verlaſſet; da ſich dann fra - get / wie es damit / und der Erbfolge / oder ſucceſſio -ne ab133Die XXXVIII. Frag. ne ab inteſtato, gehalten werde? Darauff zu wiſſen / daß 1. die Kinder / und darunter auch Moͤnche / ehelich gemachte / und an Kindsſtatt an - genommene / die Eltern erben. Und hindert nichts / ob ein Kind / nach dem ſechſten Monat / umb den Anfang deß ſiebenden / oder aber zu Außgang deſſel - ben / oder im achten / oder im neundten / oder zehen - den / oder auch umb den Anfang deß eilfften Mo - nats / geboren worden. Es erben aber die Soͤhn / und Toͤchtern / wann ſie allein ſeyn / den Koͤpffen nach / das es heiſſt / ſo viel Mund / ſo viel Pfund. Wann aber neben denſelben auch Enicklen verhan - den / ſo erben ſie nach den Staͤmmen; Alſo / daß eines verſtorbnen Sohns oder Tochters / Kinder miteinander nur ſo viel nemmen / als ihr Vatter / oder Mutter / wann ſie noch im Leben waͤren. Deß - gleichen Erbfolge in die Staͤmme / und nicht in die Haͤupter / geſchihet / wann der Verſtorbene nur Enicklin / von unterſchiedlichen Kindern hinter - laſſen hat.
Zum 2. Erben die Eltern ihre Kinder / ſo ohne eheliche Erben abſterben / zugleich alſo / daß die Mut - ter ſo viel bekombt als der Vatter / von allen deß Kinds Guͤtern / und ſchlieſſen den Ahn. Herren und Ahn-Frawen auß. Wann auſſen der Eltern der Verſtorbene / auch Muͤttern und Schweſtern / von beeden Banden hinterlaͤſſt; ſo wird die Erb - ſchafft unter ihnen / nach Anzahl der Perſonen / gleich getheilet in die Haͤupter / auff daß ſie alle El -J 3tern134Die XXXVIII. Frag. tern und Kinder / gleiche Theil uͤberkommen / und wird deß Verſtorbenen Bruder ſeinem Ahn-Her - ren nicht vorgezogen / ſondern ſie erben zugleich. Wann aber der Verſtorbene / neben den Eltern / auch ſeiner verſtorbenen Bruͤder / oder Schweſtern / Kinder hat / ſo erben dieſe alle in die Staͤmme / und bekommen nicht mehr als ihr Vatter bekom - men haͤtte / wann er noch im Leben waͤre. Wann aber der Verſtorbene auſſer der Eltern / nur Brů - der und Schweſtern / von einem Bande / das iſt / von einem Vatter oder von einer Mutter hat / ſo werden von ſeinen Eltern / ſolche Stieffgeſchwiſte - rigt außgeſchloſſen.
Zum 3. Wann der Verſtorbene weder Kin - der noch Eltern mehr hat / ſo erben ihn ſeine rechte Geſchwiſterigt / oder die Bruͤder und Schweſtern von beeden Banden / das iſt / die einen Vatter / und eine Mutter / mit dem Abgeleibten gehabt haben / in die Haͤupter. Seyn aber / neben ſolchen / auch Kinder von deß verſtorbenen rechten Bruͤdern und Schweſtern / ſo vor ihme verſchiden / vorhanden / ſo erben diſe mit ihres Vatters oder Mutter Bruͤder und Schweſter in die Staͤmme / und bekommen ſo viel / als ihre Eltern bekommen haͤtten / wann ſie noch lebten. Und wann keine Vatters / und Mut - ters Bruder vorhanden / ſo thun erwehnte Kinder die Vatters und Mutters Bruͤder / ſo dem verſtorb - nen nur von einem Bande verwandt geweſen / gantz außſchlieſſen. So auch der verſtorbne / von eines vorihm135Die XXXVIII. Frag. ihm abgeſchidnen rechten Bruders oder Schweſters Sohn / oder Tochter haͤtte / und zugleich auch eines andern vor ihm verſtorbnen Bruders oder Schwe - ſtern / deßgleichen von beedẽ Banden / ein Enckel oder Encklin / verhanden waͤren / ſo wird alsdann beſag - ter Sohn oder Tochter dieſem Enckel oder Encklin / vorgezogen. Wann aber keine Geſchwiſterigt von beeden Banden / noch auch ihre Kinder mehr verhanden / ſo erben alsdann den Verſtorbenen ſeine Geſchwiſterigt / ſo ihme nur von ſeinem Ban - de zugethan ſeyn / vor allen andern Verwandten / mit eines Bruders oder Schweſters / ſo gleicher condition ſeyn / Kindern in die Staͤmme / und werden den beſagten Enicklen / ſo von dem vorher abgeleibten deß verſtorbnen Brudern von beeden Banden herkommen / wie auch deß verſtorbenen Vatters oder Mutters Bruder / ꝛc. vorgezogen. Es werden aber zu den Vaͤtterlichen Guͤtern allein die Bruͤder und Schweſtern / ſo vom Vatter her; und zu den Muͤtterlichen Guͤtern allein die / ſo von der Mutter her einander verwandt ſeyn / zugelaſſen; wiewol hierinnen nicht alle gleicher Meinung ſeyn.
Wann aber der Verſtorbne weder Bruͤder noch Schweſtern verlaͤſſt / ſondern nur Bruͤder oder Schweſtern-Kinder / ſo thun alsdann dieſelben ih - res Vattern / oder Mutter Brudern / oder ihres Vattern oder Mutter Schweſter / nicht in die Staͤmme / ſondern in die Haͤupter / erben. Wann aber von dieſen niemands mehr verhanden / ſo wirdJ 4den136Die XXXVIII. Frag. den andern Befreundten der Zugang zur Erb - ſchafft geſtattet / und zwar denen ſo dem Verſtorb - nen am nechſten verwandt ſeyn / und werden die ůb - rigen alle außgeſchloſſen; Alſo / daß auch einer an ſeines Vattern ſtatt nicht tretten kan. Und wann mehrere eines Staffels oder Grads-Verwandte ſeyn / ob ſie wol auß unterſchiedlichen Staͤmmen entſproſſen / ſo erben ſie alle in die Haͤupter / nicht in die Staͤmme / und werden die Befreundte fort und fort zugelaſſen / wann man nur umb ihre Ver - wandtnuß vergwiſſet iſt.
Nach der Verwandten alſo erzehlten Erbfolge / pfleget man ſo dann von den Außwendigen zu hand - len; als da ſeyn die Eheleute / der gemeine Geld - Kaſt / und andere mehr. Es erbet auch ein Braut ihren Braͤutigam / wann keine Erben verhanden / und gehet dem gemeinen Geld-Kaſten vor / welcher nur erbet / wann weder ein Befreundte / noch ein Patron / noch ein Ehegemaͤcht / noch ein Thuns - Verwandter (das iſt / ein Geſellſchaffter / Kirch / Cloſter / ꝛc. dabey der Verſtorbne einverleibt gewe - ſen) verhanden / ſo deß Abgeleibten Erbſchafft an - tretten thaͤte: Wie hievon / und anderm mehr / Schneidevvinus ad tit. Inſtit. de Hæred. quæ ab inteſtato deferuntur; Matth. Berlichius part. 3. concluſ. 24. Henr. Bocerus, claß. 3. diſp. 10. Joh. Harpprecht. in commentar. de Succeß. ab inteſtato, und andere / ſo von der Erbfolge / wann kein Teſtament oder letzten Willens Auffrichtung verhanden / geſchrieben zu leſen ſeyn.
ES iſt das Schwoͤren nichts anders / als mit Zuziehung deß Goͤttlichen Gezeug - nuß / verſprechen / daß einer das / ſo er beſtaͤt - tiget oder verneinet / halten wolle. Wer da ſchwoͤ - ret / der ruffet Gott an / und bittet / daß er ein Zeug ſeines Verſprechens ſeye / und wann er ſolches nicht halte / ihn ſtraffen wolle. Sihe Weſenbec. in paratit. in ff. l. 12. tit. 2. de jurejurando, n. 2. Ci - ceron. lib. 3. de offic. p. 145. ſeqq. Jn der E - piſtel an die Ebreer Cap. 6. v. 16. wird geſagt: Die Menſchen ſchwoͤren wol bey einem groͤſſern / dann ſie ſind / und der Eyd macht ein Ende alles Haders / darbey es feſt bleibet unter ihnen. Dann ein jeder Eyd beſtehet in dieſen zweyen Stucken / deren eines iſt die Anruffung Gottes / daß er / als ein Hertzen - kuͤndiger ein Zeug ſeyn wolle / daß wir die Warheit reden: Das ander iſt / da wir uns ſelbſt wůnſchen / uns verpflichten und verfluchen / wann wir betruͤ - gen / daß uns Gott ſtraffen ſolle; wie dann Gott den nicht ungeſtrafft laͤſſt / der ſeinen Namen ver - gebens fuͤhret. Darnach iſt der Eyd ein ſehr groſ - ſes Band / ein gar nutzliches Mittel / und gar noht -J 5wendig138Die XXXIX. Frag. wendig in einem gemeinen Stande; dieweil man ſich deſſen etwas beglaubt zu machen / die abgehan - delte Sachen / und andere ſo wol offentliche / als ſonderbare Verrichtungen zu beſtaͤttigen / und feſt zu machen / gebrauchet / damit der jenige / den weder Trew und Glauben / und die Gerechtigkeit / etwas zu halten beweget / dannoch auß Forcht vor der Straff Gottes / und ſeines Gewiſſens halber / von der Trewloſigkeit und Betrug / abgeſchreckt werde. So iſt der Eyd vor Gericht in unterſchiedliche Weg / wie beym Joachimo à Beuſt. de jurejurando, und andern zu leſen / und die Ubung mit ſich bringet / auch wegen unſers Naͤchſten / demſelben in ſeinen Angelegenheiten bißweilen damit zu Huͤlff zu kom - men / nohtwendig. Aber Gut und Gelts wegen / ſolle man keinen Eyd thun; aber wol uns von einer falſchen Bezuͤcht loß zu machen / wann es mit gutem Gewiſſen geſchehen kan. Es wollen zwar die Wi - dertaͤuffer auß dem fuͤnfften Capitel S. Matthæi / verſ. 33. und folgenden / und auß dem 5. Cap. S. Jacobi / v. 12. erweiſen / daß man gar nicht ſchwoͤ - ren ſolle: Aber es werden / an ſelbigen Orten / nicht die Eydſchwůr gantz und gar / und ohne Unterſchid / ſondern nur die vermeſſene / eitele / und ohnnohtwen - dige / in welchen der Name Gottes / zu eitelen / nichtswerthen und unnuͤtzen Sachen / nicht ohne groſſe deſſelben Entheiligung mißbrauchet wird; und fůrs ander auch / das Schwoͤren bey den Crea - turen verbotten. Sihe Lucam Oſiandrum inEnchir. 139Die XL. Frag. Enchir. contr. cap. 10. quæſt. 2. Und Jacob. Martini cent. 10. quæſt. Philoſoph. quæſt. 8. diſp. 8.
ES bezeuget die taͤgliche Erfahrung / daß Kaͤyſer / Koͤnig / Fuͤrſten / und andere vortraͤffliche Maͤnner / ſo man billich Liech - ter der gantzen Welt nennen koͤnte / ſo wol als die / ſo gantz geringen und armen Standes ſeyn / ohne Unterſchied / und Anſehen der Perſonen / dahin ge - hen und ſterben. Dann alle Menſchen / ſie ſeyen Edel / oder Unedel / reich oder arm / die muͤſſen ſter - ben. Daher ſie auch / ſo bald ſie geboren werden / ſterbliche genant werden. Und Anaxagoras, ein Heyd / da er von ſeines Sohns Todte hoͤrete / beym Valerio Maximo lib. 5. cap. 10. ſagte: Du ver - kuͤndigeſt mir nichts ohnerwartes / oder newes; dann ich wuſte wol / daß er von mir geboren / ſterb - lich waͤre. Deßwegen dann billich die jenige / welche zu Ehren und Wuͤrden gelanget / aber ihres vorigen Standes und Herkommens / nicht mehr eingedenck ſeyn / ſondern wegen deren von oben herab ihnen verlihenen Gaben ſtoltz werden / und andere verach -ten /140Die XL. Frag. ten / außzulachen ſeyn; Dieweil es eine ſolche Be - ſchaffenheit mit den Menſchlichen Dingen hat / daß ſie unzahlbaren Pfeilen deß Gluͤcks unterworffen / und deßwegen / wann es bluͤhet / niemands ſich er - heben / auch wann daſſelbe widerwaͤrtig und hart ſich erzeiget / gar zu verzagt ſeyn ſolle. Ein jeder ſoll ſich ſelbſt betrachten / und gedencken / daß er nur ein Frembdling in dieſer Welt ſeye. Und ob er wol hoch geſtigen / ſo ſoll er doch andere nicht verachten / viel weniger grauſamlich gegen die Geringere / und ſeine Unterthanen verfahren / oder vermeinen / daß alles nun / Leben und Guͤter in ſeiner Gewalt ſeyen; ſondern vielmehr ſolche Ungeſtuͤm̃igkeit / mit Ver - nunfft und der Beſcheidenheit zaͤumen; hergegen im reden und thun der Freundlichkeit und Lieblich - keit ſich befleiſſigen und betrachten / daß er ſo wol / als die geringſte und aͤrmſte auß der Erden herkom - men / und wider zu Erden werden muͤſſen.
Der Roͤmer Feld-Herren und Obriſten / wann ſie im Krieg ihre Sachen gluͤcklich verrichtet / ſeyn in die Stadt auff einem Triumph-Wagen mit groſſem Pracht / und einer guͤldenen Cron von edlen Steinen gezieret / ſo ein Scharffrichter getragen / eingezogen / damit ſie wol Achtung geben thaͤten / die uͤbrige Zeit ihres Lebens alſo ſich vorzuſehen / daß ſie bey ſolcher Ehre verbleiben / und deßwegen nicht ſtoltz auch werden moͤchten und ſolten. Es war auch an ſolchen Wagen eine Schelle und Geiſel gehen - cket / und damit zuverſtehen gegeben / daß ſie in einenſol -141Die XL. Frag. ſolchen Unfall gerathen koͤnten / daß man ſie mit Geiſeln ſchlagen / und gar am Leben ſtraffen moͤch - te. Welches dann nichts anders / als Erinnerun - gen deß Menſchlichen Elends / und gewiſſen Todes waren. Dann die Alten ihren hohen Haͤuptern dergleichen ſonderbare Zeichen geordnet / bey denen ſie ſich ihres kuͤnfftigen Todtes erinnerten / auch die Nachkoͤmlinge ermahnet wurden / daß aller ſterbli - chen Menſchen Fleiſch endlich verfaule / und zu nichts werde. Zu Conſtantinopel war der Ge - brauch / daß an dem Tag / an welchem der Kaͤyſer mit der Kaͤyſerlichen Cron gekroͤnet worden / zu ihme / wann er in ſeinem Koͤniglichen Stuhl oder Thron geſeſſen / ein Maurer mit unterſchiedlichen Gattungen von Steinen getretten / ihn befragend / welchen er / der Kaͤyſer / haben wolle / daß ihme da - von ſein Grab gemacht werde?
Der Sultan in Egypten und Syrien / Sala - dinus, ſeiner Kriegsthaten halber ein beruͤhmter Held / von deme Jovius, in Elog. zu leſen / damit er ſeiner Menſchlichen Schwachheit und Elends / eingedenck waͤre / als er dem Todte nahend war / hat ein Teſtament gemacht / und in ſolchem allen Pracht bey ſeiner Leicht verbotten / und befohlen / daß man allein auff einer Lantzen / ein alten abgeſchab - nen Rock / der Leich vortragen / ſolchen auch / ſo von ſchwartzer Farb geweſen / mit ihme begraben ſolte / theils ſagen / es ſeye ein Hembo geweſen / darbey er außzuruffen befohlen / daß allein dieſe Leinwad / außallen142Die XL. Frag. allen Guͤtern / dem Saladino uͤbrig verbleibe. Sihe / was der allweiſeſte Koͤnig Salomon / im Buch der Weißheit Cap. 7. v. 3. 4. von deß Menſchen Elend ſchreibet.
Koͤnig Philippus in Macedonien / als er die Athenienſer geſchlagen / und ſich befoͤrchtet hat / daß er deßwegen ſtoltz werden moͤchte / hat er einen Kna - ben beſtellt / daß derſelbe alle Tag / ehe der Koͤnig außgienge / oder Gehoͤr gabe / der Menſchlichen Schwachheit Gedaͤchtnuß widerholen / und ruffen ſolte; Gedenck Philipp / daß du ein Menſch biſt. Dieſes Koͤnigs Philippi Gemahlin / die Olympi - as, als ſie gehoͤret / daß ihres Sohns / deß Groſſen Alexanders Coͤrper viel Tag ohnbegraben gelegen ſeye / hat ſie mit einem bittern Seuffzen geſagt: O Sohn / der du haſt wollen in der Zahl der Goͤtter ſeyn / und ſolches zu wegen zu bringen / mit groſſer Embſigkeit dich unterſtanden / muſt jetzt deſſen manglen / was ſonſt allen ſterblichen Menſchen ge - mein iſt / nemlich der Erden und der Begraͤbnuß. Dann die Hiſtorien-Schreiber erzehlen / daß ſein Leichnam viel Tage / wegen ſeiner groſſen Haͤupter Berahtſchlagungen / wer ihme in der Regierung nachfolgen ſolte / unbegraben gelegen ſeye.
Kaͤyſer Severus hat ihme ein Geſchirꝛ / darinn nach altem Gebrauch / ſeine Aſchen ſolte gethan werden / machen laſſen / ſo er offt in die Hand genom - men und geſagt hat: Du wirſt den Mann faſſen / den die gantze Welt nicht faſſen koͤnnen.
Kaͤy -143Die XL. Frag.Kaͤyſer Maximilian der Erſte / hat zwey gantzer Jahr (theils ſagen von dreyen) vor ſeinem Todte / da er noch bey guter Geſundheit war / ein Todten - Truchen auß Bley und eichenem Holtz machen laſ - ſen / und ſolche in ſeine Reiß-Truchen geſchloſſen / auch dieſelbe allenthalben / wohin er reiſe / mit ſich herumb gefuͤhret / und allwegen in ſeiner Schlaff - kammer bey ſich gehabt: Daher dann die Unwiſ - ſende dieſelbe fuͤr eine Schatz-Truchen gehalten. Er hat auch in ſeinem Teſtament befohlen / daß ſein Coͤrper in eine grobe Leinwad eingewickelt / derſelbe nicht eroͤffnet / und an ſtatt deß Balſams / und Ge - wuͤrtzes / in die Ohren / Naſen und Mund / lebendi - ger Kalch gethan werden ſolte / damit der Coͤrper deſto ehender verzehrt werden moͤchte.
Wieviel Fuͤrſten haben ſich der Regierung ab - gethan / als die Kaͤyſer Anaſtaſius II. Theodo - ſius III. Iſacius Commenus, Manuel Comme - nus, Lotharius Kaͤyſers Ludovici Pii Sohn. Ca - rolus V. Bambus Fuͤrſt in Hiſpanien / Ethelre - dus der Mercier in Engelland Koͤnig / Rachiſus der Longobarder / und viel andere mehr / in dem ſie die Hinfaͤllig - und Eitelkeit dieſes Lebens / und daß nichts beſtaͤndig ſeye / und das Gluͤck mit dem Men - ſchen wunderlich ſpihle / auch die maͤchtigſte Poten - taten / offtmals von ihrem Thron / auffs tieffeſte her - unter geſtuͤrtzet werden / betrachtet haben. Und eben der beſagte Kaͤyſer Carl / der Fůnffte / ſolle lang zu - vor / ehe er ſich deß Reichs abgethan / ihme auch ſeineTod -144Die XLI. Frag. Todtentruchen haben bereiten / ſein Todtengeraͤth darein thun / und wol fuͤnff Jahr lang heimlich mit ſich herumb fuͤhren / und alle Nacht gantz fleiſſig ver - wahren laſſen; Alſo / daß Theils ſeiner Leute / die umb ihn waren / vermeinten / daß ein Schatz; An - dere aber / daß etwas von Buͤchern / und dann die dritten / das ſonſten etwas groſſes darinn verborgen auffbehalten wuͤrde. Und ſolle er offt geſagt haben / daß er / nach Auffgebung der Regierung / in der Hi - ſpaniſchen Einoͤde / oder in den 7. Meilen von Pla - centz gelegnen Cloſter S. Juſti, auß einer ruͤhigen Betrachtung / in einem Tage / mehr vollkommner Wolluſt / als von allen ſeinen Sigen und Trium - phen / davon gebracht habe.
Kaͤyſer Auguſtus hat beym Suetonio, in ſeinem Leben / cap. 99. als er dem Tode nachend war / die Seinige befraget / ob es ſie nicht bedunckte / daß er ſein Leben als ein Spilmann wol zugebracht haͤtte?
Majolus, in Diebus canic. erzehlet von einem Jůngling / daß er in ſeiner Schlaffkammer hin und wider ein todes Bild auffgehenckt / und ſchoͤne nach - denckliche Vers darzu geſchrieben habe. Sihe Mat - thæum Tympium, in ſpeculo Boni Magiſtratus part. 1. Signo. 33. & in parte. 2. Sig. 19. und die er daſelbſten anziehet.
DAß vor Zeiten eine jede Stadt ihren eignen Koͤnig gehabt / erſcheinet auß dem Moſe / ſondeꝛlich auß ſeinem erſten Buch im 14. Cap. Dann / weil die Erde noch nicht ſo gar voll war / hat es gar wol geſchehen koͤnnen / daß ein jede Stadt / deren dazumal wenig waren / ihren eige - nen Koͤnig hatte; dieweil der Geſtalt die Staͤdte leichter und beſſer / als gantze Laͤnder haben regiert werden / auch ſich die Koͤnige ihres Gewalts nicht ſo leichtlich mißbrauchen koͤnnen. Aber / heutiges Tages / nach dem das Menſchlich Geſchlecht gewal - tig zugenommen / und das Land davon voll iſt / wurde es groſſe Ungelegenheiten geben / wann jede Stadt / deren ſchier unzahlbare viel ſeyn / jetzt ihren eigenen Koͤnig haben ſolte. Dahero einer auff die vorge - legte Frag alſo antwortet: Wann eine Stadt kei - ner Handlung mit denen Benachbarten vonnoͤh - ten / und mit ihr ſelbſten koͤnte zu frieden ſeyn / ſo waͤ - re zu erachten / daß eine ſolche Stadt nicht ungluͤck - hafft ſeyn wurde / wann ſie / auch andere alſo beſchaf - fene Staͤdte / jede von einem eigenen Koͤnig ſolten regieret werden. Dieweil aber die Staͤdte heuti - ges Tages der Handlungen halber / eine der andern beduͤrfftig / und ohne Huͤlff anderer Staͤdte nicht beſtehen koͤnnen / ſo wurde es gar unbequem fallen / wann uͤber eine jede Stadt ein beſonderer Koͤnig re - gieren ſolte. Und / wegen ſolcher Menge der Staͤd - te / ſey es geſchehen / daß gantze Voͤlcker den KoͤnigenKſeyen146Die XLII. Frag. ſeyen unterworffen worden. Sihe Velſtenium deca. 4. Nobil. quæſt. Phil. quæſt. 8.
ES will Danæus, im Eingang ſeiner Politic / daß die Menſchen ſich nirgends groͤber vergreiffen / und gefaͤhrlicher irren / als in den Regiments-Sachen. Welches dann auch auß dieſer Frag erſcheinet; da theils darauff alſo antworten / daß die Obrigkeit / der Natur nach / eher ſeye / als die Unterthanen: und ſcheinet / daß ſie alſo ſchlieſſen: Was es fuͤr eine Gelegenheit mit dem Hauß-Regiment / dieſelbe hat es auch mit dem Burgerlichen - oder Weltlichen. Nun aber iſt in dem Haͤußlichen der Vatter gleichſam als ein Fůrſt der Natur / und Zeit nach / eher geweſen / dañ die Soͤhn / als Unterthanen. Dann der Adam war eher als der Abel. Deßwegen ſeyn auch im Weltli - chen Regiment / die Fuͤrſten / als die Vaͤtter / der Natur / und Zeit nach / eher dann die Unterthanen / als Soͤhne.
Andere aber ſagen / die Unterthanen ſeyen eher als die Obrigkeit geweſen. Dann es viel anders mit dem Hauß-als mit dem Weltlichen Regiment be -ſchaffen /147Die XLII. Frag. ſchaffen / und dahero nicht ineinander zu vermen - gen. Das Hauß-Regiment beſtehet in der Natur / das Weltliche aber an der Wahl / und Einwilligung der Menſchen /; und kombt alſo nicht auß der Na - tur. Zu dem / und fuͤrs 2. hat im Haußſtand ein jeder nur uͤber ſeine Haußgenoſſen zugebieten gehabt; in dem Burgerlichen aber iſt nicht nur ein Hauß - geſind; ſondern werden darinn unterſchiedliche Voͤlcker begriffen. 3. Jn einem Weltlichen Re - giment ſihet man auff eine Gleichheit deß Rechts / welchem undere und obere unterworffen: Jn dem Haͤußlichen aber iſt allezeit der Vatter der Ober - Herꝛ / die Kinder aber ſeyn zu gehorſamen ſchuldig / daß alſo allhie keine Gleichheit zu ſehen. Dann ob - wolen in dem Haußweſen die Vaͤtter eher / als die Kinder geweſen / ſo ſchlieſſet ſich doch hierauß nicht / daß es auch im Politiſchen alſo ſeyn muͤſſe. Dann in jenem ſeyn erſtlich unterſchiedliche Haußhaltun - gen geweſen / durch deren Wahl-Stimmen die Koͤnige erwehlet worden / und hat keiner regieret / er ſeye dann durch deren Einwilligung darzu beſtaͤtti - get worden. Dann wann die Voͤlcker geſehen / daß einer tapffer / gerecht / und auffrichtig / ſo haben ſie ihn zu ihrem Koͤnig erwoͤhlet / damit er wegen ſeiner Tugenden / und loͤblichen Thaten belohnet wurde. Welches dann bald von dieſem / bald von einem an - dern Volck freywillig geſchehen / daß wann ſie einen geſehen / der andere an Tugend uͤbertroffen / ſie vor billich gehalten / ſich alle demſelben zu untergeben /K 2und148Die XLIII. Frag. und ihn zu einem beſtaͤndigen Fuͤrſten uͤber ſie zu machen; wie die Hiſtorici und Politici, hierinn miteinander uͤbereinſtimmen / und darauß zu be - mercken iſt / daß die Koͤnige / von den Unterthanen erwoͤhlet worden / und dieſe der Natur und Zeit nach / eher als jene geweſt ſeyen. Idem Velſtene - us ibidem, quæſt. 9. & ab eo laudati Autores.
DJeſes iſt eine auß den vornehmſten Weltlichen Regiments-Fragen / welche ihre Nutzbarkeit und Nohtwendigkeit / in dem gemeinen Leben hat. Dieſelbe aber zu eroͤrtern / muß man vor allen Dingen in Acht nemmen / wel - che Stadt ihr mit Recht dieſen Namen zu rechnen koͤnne / daß ſie ſich fuͤr volckreicher / und deßwegen auch fuͤr gluͤckſeliger ruͤhmen moͤge. Dann man die Gluͤckſeligkeit einer Stadt nicht auß der Menge der Zapffenwirth / Wuͤrſtmacher / Paſteten - und Leckkuchenbacher / oder dergleichen Leuthen; ſondern vielmehr auß Vielheit fuͤrtrefflicher / zu Fried - und Kriegszeiten nohtwendiger / und beruͤhmter Maͤn - ner / auch groſſer Anzahl kuͤnſtlicher und guter Handwercker / vornehmer Kauffleuthe / die mit ih - ren ehrlichen Handthierungen / Verſtand undVor -149Die XLIII. Frag. Vorſichtigkeit / einer Stadt zu Huͤlff kommen / ſie zieren und erweitern / erkennen muß. Und von einer ſolchen Stadt redet das 14. Capitel verſ. 28. der Spruͤchwoͤrter Salomo: Wo ein Koͤnig viel Volcks hat / das iſt ſeine Herꝛlichkeit / wo aber we - nig Volcks iſt / das macht einen Herren bloͤde. Deß - wegen dann auch der gedachte Koͤnig Salomo. 1. Buch der Koͤnige Cap. 3. v. 8. wegen groſſer Men - ge deß Volcks geruͤhmet wird. Und ſolcher Geſtalt wird niemand laͤugnen / daß die Groͤſſe der Laͤnder / und Reiche / auch die Menge der Burger in den Staͤdten / den kleinen und uͤbel bewohnten Staͤd - ten / vorzuziehen. Dann die Erfahrenheit hat biß - hero gnugſam gelehret / was die kleinen Reiche vor Beſchwerden haben / alſo daß / wann ein maͤchtiger Gewalt ůber ſie kommet / ſie ſich wider denſelben nicht ſchuͤtzen moͤgen; oder wann ſie Geldt herſchieſ - ſen / und Unkoſten auffwenden ſollen / ſolche / wann ſie ſchwer / nicht lang erdulden koͤnnen.
Hergegen finden ſich andere / ſo den volckreichen Staͤdten die Gluͤckſeligkeit abſprechen. Dann es gewiß iſt / daß die mit Volck mehrers beſetzte nicht ſo leichtlich regieret / und mit Geſaͤtzen in Zaum ge - halten werden koͤnnen / als die kleinen; pflegen auch die Burger nicht ſo einig / bekant und freundlich miteinander zu ſeyn / in den groſſen Staͤdten / als wie in den andern. So gehen auch in den groſſen und volckreichen Staͤdten mehrere Suͤnd und La - ſter; Deßgleichen auch offtmals Auffruhren / undK 3Ver -150Die XLIII. Frag. Verwirrungen empor / ſo nicht allein ihnen ſelber / ſondern auch gemeiniglich den Benachbarten aller - ley Ungelegenheiten verurſachen; Wie unter an - dern / an den Staͤdten Ninive / Babylon / und alt Rom zu erſehen / die voller groſſen Sůnden geſteckt / und ſich den Auffruͤhrern ergeben / aber endlich zum Theil erbaͤrmlich untergangen / zum Theil verwuͤ - ſtet worden / und von ihrem Weyland gluͤckſelig - ſten / in einen betruͤbten Stande gerahten ſeyn.
Derowegen die dritten den mittelſten Weg ge - hen und ſagen / daß nach Geſtalt deß Orths / und Fruchtbarkeit deß herumb gelegnen Landes / darinn eine Stadt ſich befindet / die Groͤſſe derſelben / und die Menge der Einwohner allda zu loben und zu bil - lichen ſeye; ſonderlich wann zu Waſſer derſelben alles zufuͤhren kan / als wie Amſterdam / Hamburg / Dantzig / Venedig / und viel andere mehr ſeyn. Wann aber ſich begebe / wie es offt geſchehe / daß die Staͤdte an unfruchtbaren Orthen gelegen / und de - nen man nichts zufuͤhren kan / volckreich werden; ſo ſeye rahtſam / daß man eine gewiſſe Anzahl der Burger / Perſonen und Haͤupter beſtimme / welche / damit wegen uͤberhaͤuffter Menge / eine Stadt ſich nicht ſelbſt verzehre und erſchoͤpffe / und auß Hun - ger und Mangel / ſo ſelten bey ſolchem Zuſtande auſſen bleibet / nicht gantz endlich verwuͤſtet / und un - terdrucket werde; von deme / ſo entweder eine Stadt auß ihren Aeckern und Guͤtern ſamlet / oder von auſſen ihr zugebracht werden kan / ſich erhalten / auchorden -151Die XLIV. Frag. ordenlich und ohne Schaden verwahren moͤgen. Die ůbrigen Burger / ſonderlich die Geringere / und das arme Volck / koͤnnen in einen rechtmaͤſſi - gen / ſonderlich Außlaͤndiſchen Krieg / oder aber in frembde ungebawte Laͤnder / und Jnſuln / ſampt Weib und Kindern / die oͤde Oerter zu erbawen / und die Religion daſelbſten / ſampt den guten Sit - ten auffzurichten / und fortzupflantzen / verſchickt werden; Jnmaſſen nicht allein bey den Alten ſol - ches braͤuchig geweſen / ſondern noch von den Fran - zoſen / Engell - und Niderlaͤndern / auch andern Voͤlckern geſchihet. Sihe Danæum, in polit. Chriſtiana, und auß ihme / Velſtenium dec. 5. Nobil. quæſt. qu. 9. da er auch deß boͤſen Rahts / den Ariſtoteles hierinn gegeben / und der Athenien - ſer Gebrauch / das Volck zu mindern / gedencket; aber ſolche wie recht und billich verwirfft.
WAs das Erſte anbelanget / ſo ſeyn zwey Fluͤgel / und zwey Laͤitern / dardurch man uͤber ſich kommen kan / nemlich die Waffen zu Kriegs - und die Feder oder gute Kuͤn - ſten / zu Friedenszeiten. Den erſten Weg hoch / und in den Adel-Stand zugelangen / hat ScipioK 4Afri -152Die XLIV. Frag. Africanus gegangen / und thun noch die Polen den - ſelben gehen; haben auch etliche Rechtsgelehrten / als Salycetus, Alciatus, Lucas de Penna, und an - dere mehr / dem Kriegsweſen den Adel außtrucklich zugeſchrieben; wie beym Joan Crügero, in Horto Virtutum, quæſt. 40. zu leſen; daſelbſt er aber darzu ſetzet / daß das Kriegsweſen allein und an ſich ſelbſten nicht adele. Dann / bey den Roͤmern / haben alle Burger in den Krieg ziehen muͤſſen / die aber nicht alle Edelleut worden ſeyn; wie er ſolches da - ſelbſt mit mehrerm erweiſet / und außfuͤhret. Muß deßwegen ein Kriegsmann / ſo nach dem Adel - Titul ſtrebet / eines tapffern ohnerſchrockenen Ge - muͤths ſeyn; auch nach Erbarkeit trachten / und wann er mit dem L. Siccio Dentato, von deme Bodinus lib. 3. de Rep. cap. 8. n. 350. zu leſen / ſich ruͤhmen kan / daß er lange Jahr dem Vatter - land gedienet / in vielen Schlachten geweſen / ſo und ſo viel Wunden empfangen / und deßwegen zu unterſchiedlichen malen / ſtattlich begabet worden / auch anſehenliche Beuten davon getragen; ſo mag er ſich / mit wolverdientem Recht / umb den Adel - Stand annemmen.
Was den Andern Frags-Puncten betrifft / ſo wollen zwar die Rechtsgelehrten / daß mehrers der Adel von dem Vatter / als der Mutter ſeinen Ur - ſprung habe. Dann nach dem Vatter werden die Kinder genennet / und haben ſich ſeines Ge -ſchlechts153Die XLV. Frag. ſchlechts und Wuͤrden zu ruͤhmen. Wann man aber auff die Natur und Eigenſchafften ſehen will / ſo empfanget ein Kind mehrers von der Mutter / als dem Vatter; wie Thomas Sagittarius, in exercitat. Ethicis, exotericis, in diſp. 3. de cau - ſis Virtutis, p. 63. erweiſet; wiewol er darbey mel - det / daß von beeden / dem Vatter / und der Mutter der Adel entſpringe / und auff das Kind gebracht werde. Welches auch Jacobus Martini cent. 6. quæſt. Philoſoph. qu. 7. diſp. 10. will / und auff anderer / ſo einer andern Meinung ſeyn / Einwuͤrf - fe / unterſchiedlich antwortete / und werden an vie - len Orthen die Gebraͤuch in Acht genommen / daß die Edelleuth ihren Adel nicht nur vom Vatter / ſondern auch von der Mutter her / erweiſen muͤſſen. So gibt es auch nicht nur Manns ſondern auch Weibs - oder Kunckel-Lehen; welche / nach Abgang deß Manns-Stammens / auff die Weiber fallen / und ſie davon die gebuͤhrende Dienſte durch andere verrichten laſſen. Und vermahnet er zu letzt / daß man in Erwoͤhlung eines Eheweibs / groſſen Fleiß brauchen / auff den Adel und gute auffrichtige Sit - ten / und nicht auff das Geldt ſehen ſollen.
ALlhie moͤchte jemands mit Nein ant - worten / dieweil man mit einem Feinde offentlich handlen ſolle. Einem rechten Kriegsmañ gebůhret nicht mit Betrug / oder heim - lichen Kuͤnſten / ſondern den Feind offentlich mit Waffen anzugreiffen. Sihe Tacitum, am Ende ſeines andern Jahrbuchs. Daß insgemein Trew und Glauben zu halten ſeye / haben wir einen Text / in L. 1. in pr. ff. de pact. L. non minorem 20. C. de tranſact. L. juris gentium §. ait prætor. 7. ff. depactis. Auch einem Feinde / 23. qu. 1. c. noli exiſt. einem Ketzer. Dann es ſchwer iſt Trew und Glauben nicht halten / L. 1. ff. de pecunia con - ſtituta.
Dieſes aber ohnangeſehen / ſo gehet der groͤſte Theil der Gelehrten dahin / daß man ſich der Kꝛiegs - Luͤſte gar wol gebrauchen moͤge. Und haͤlt man es groſſen Kriegs-Helden fuͤr die groſſe Ehr und Ruhm / wann ſie den Sieg ohne Gefahr / und mit wenigem Blut erlangen; Wann nur deß Krieges Urſach gerecht iſt: da es dann gleich alsdann gilt / ob du den Feind offentlich oder heimlich uͤberwin - deſt / c. Dominus noſter 23. qu. 2. cap. 2. Alſo hat Gott der Herr ſelber dem Joſuæ befohlen / daß er der Stadt Hai oder Ai / und ihrem Koͤnig ein Hinterhalt beſtellen ſolle / Joſ. 8. v. 2. und zum David / als er wider die Philiſter ziehen wolte / ſprach er im 2. Buch Samuelis Cap. 5. v. 23. duſolt155Die XLV. Frag. ſolt nicht hinauff ziehen / ſondern komm von hinden zu ihnen / daß du an ſie kommeſt gegen den Maul - beerbaͤumen. Allein muß man zuſehen / daß nicht unter ſolchem Schein / Trew und Glaub / ſo ſon - derbar und auffrecht / beederſeits auffgerichtet wor - den / gebrochen werde / und eine Verraͤhterey vorge - he. Sihe Lipſium lib. 5. polit. c. 17. Joan. Ger - hard. dec. 7. quæſt. polit. 5. Sagittar. exerc. Eth. exot. 15. p. 378. Joh. Crügerum in Horto Vir - tut. quæſt. 41. und die ſie daſelbſt anziehen. Die bekante Koͤnigin Fredegund in Franckreich / damit ſie gar nahe an das feindliche Lager gelangen moͤch - te / und doch nicht in Acht genommen wurde / hat ſie alle Pferde ihres Kriegsvolcks / mit gruͤnen Aeſten von Baͤumen biß an die Koͤpff bekleidet / ꝛc. Anno 1634. als die Moſcowiter in dem Krieg / ſo ſie mit den Polen fůhrten / die Stadt Smolenscum belaͤ - gerten / war ein Außſpeher / welcher eines Botten Ampt vertrat / und von den Polen zu ſeinen Mo - ſcowitern / und von dieſen zu jenen / ab und zugienge / und zwar allwegen ohne Schaden / alſo / daß man es im Polniſchen Lager (welches endlich die beſagte Stadt entſetzte) nicht vermerckte. Dann er mit Zweigen von Baͤumen / ſo allezeit gruͤnwaren / ſei - nen gantzen Leib zu oberſt / vom Haupt an / biß gar zu unterſt der Fuͤſſe herumb bedeckt / auch die Aerme an die Lenden fleiſſig angebunden; umb die Achſel und Schulterblat aber / rings herumb / wie es die Natur der Baͤume gibt / hat er etwas breiter dieAeſte156Die XLVI. Frag. Aeſte außgebreitet / biß ſie allgemach uͤber deß Scheitel / in Geſtalt / einer ſpitzigen Hoͤhe / zu - ſammen giengen. Er wanderte alſo die gantze Nacht durch / ſo offt er aber nur ein geringes Ge - raͤuſch verſpuͤhrete / ſtunde er ſtill; wann aber die Gefahr voruͤber / gieng er wider fort / biß der Tag anbrach. Dann alsdann blieb er ſtehend / von Auff - gang der Sonnen / biß zu ihrem Nidergang / als wie ein allein auff dem Feld ſtehendes Baͤumlein. Joh. Biſſelius dec. 2. illuſtrium ab Orbe condito Rui - natum, ruina, 7. p. 252. 253. & 284.
DJe jenigen / welche in eine Schlacht ziehen / aber wann das Gluͤck ein wenig wanckelt / ſtracks auch zu wancklen und zu zapplen anfangen / die werden vielmehr gehelmete / das iſt / forchtſame Haſen / als gewaffnete und hertz - haffte Maͤnner genant. Der Tod iſt zwar unter den ſchroͤcklichen Dingen / vielen das Allerſchroͤck - lichſte; Aber ein tapfferer Kriegsmann muß den - ſelben nicht foͤrchten / ſonſten er ſich in den Krieg nicht begeben ſolte: viel weniger aber zaghafft wer - den / wann ihme einer oder der ander Streich wird. Dann157Die XLVI. Frag. Dann die ihnen einbilden / ſie ſeyen ein Erdin Ge - faͤß / ſo gleich / wann etwas daran ſtoſſet / gebrochen wird / die ſollen vielmehr zu Hauß bleiben / und bey dem Ofen Bieren doͤrren / oder Aepffel braten / damit dieſelbe / wann ſie mit Schanden wider zu zuruck kommen / nicht alſo empfangen werden / als wie ein Laconiſch Weib ihre Soͤhn / ſo auß Zag - hafftigkeit wider herauß gelanget ſeyn / willkommen geheiſſen / und geſagt hat: Wo eilet ihr faule / und fluͤchtige leibeigene Leut hin? wollet ihr wider in den Můtterlichen Leib / auß welchem ihr herkom - men / gehen? Gleichwol / wann ein Kriegsheld / oder tapfferer Mann ſeine Feinde auffs hefftigſte verfolget aber von denſelben alſo in die Enge getrie - ben wird / daß er nicht anderſt / als durch die Flucht ſein Leben retten kan / wer wolte ihm ſolche letzte Freyung nicht zulaſſen und goͤnnen. Dann ob - wolen das Fliehen ſtraffbar und ſchandlich iſt / L. omne delictum, 6. §. qui in aciæ 3. ff. de re militari Weſenbec. conſ. 19. n. 17. So iſt je - doch nach der gemeinen Regel / ein Nohtfall an die Geſaͤtze nicht gebunden. Als ſagte Antigonus, als er den Feinden weichen thaͤte / er ſuche nicht die Flucht / ſondern die Gelegenheit zu kriegen. Crügerus in H. v. q. 42.
ES iſt die Trunckenheit alles Ubels / Haupt-Schloß / ein Zundel der Laſter / und Ernehrerin der Jrꝛthumen / c. ante omnia 9. diſt. 35. cap. 15. qu. 1. c. ſanè 7. Sie nimbt alle Weißheit hinweg; vertreibet den heiligen Geiſt. Dann wir nicht zugleich von dem Wein / und dem heiligen Geiſt voll werden koͤnnen. Sie iſt eine freywillige Hirnwuͤtigkeit; und wird deßwegen der Heyden Abgott / der Bacchus, als ein Unſinniger gemahlet; dieweil die jenigen / ſo ſich deß Weins unmaͤſſig gebrauchen / von ihrem Verſtand kom - men; wie deſſen ein Exempel vom Maximo, beym Euſebio lib. 8. hiſt. Eccleſ. c. 15. nach deß Mu - ſculi Verdolmetſchung / (al. 16.) zu leſen. Deß - wegen dann auff die vorgelegte Frag leicht zu ant - worten / daß nemlich ſolches Laſter den Ubelthaͤter nicht entſchuldigen koͤnne. Maſſen die Schandlo - ſigkeit niemand entſchuldiget / L. tranſactione fi - nita 30. C. de tranſact. L. 1. C. de libercli cauſa. Dann die Trunckenheit ſelbſten anzuklagen; und ward ſolche bey den Athenienſern am Leben geſtraf - fet; und waren Leuth beſtellt / welche gute Achtunggaben /159Die XLVII. Frag. gaben / was ein jeder bey einer Mahlzeit trincken thaͤte. Die newe Engellaͤndiſche Regierung hat / vor wenig Jahren / auch den Wirthen ein Geſaͤtz gemacht / wieviel ſie einer Perſon von Getraͤnck ab - folgen laſſen ſolten. Die Widertaͤuffer in Maͤh - ren / als ſie noch daſelbſt geduldet worden / haben de - nen / ſo auſſer ihrer Sect waren / oder den Fremb - den / ſo bey ihnen eingekehrt / nichts mehr geben laſ - ſen / wann ſie vermercket / daß ſie vermerckt / daß ſie bezecht werden wolten. Welches man auch / vor dieſem / zu Nancy, in Lothringen / in Acht genom - men hat. Und iſt unlaugbar / daß auch / wolbeſtell - ten Orthen deß Teutſchlandes / vor Jahren man den Gaſtgeben nicht zugelaſſen / uͤber die Gaſſen / ſo viel Weins / als man gewollt / herauß zu geben; viel weniger ſie in den Wirthshaͤuſern / biß in die ſpaͤhte Nacht ſitzen zu laſſen / oder an Sonn - und Feyertaͤ - gen vor den Predigten / ihnen Brandtwein / Wach - holder / Aniß. Waſſer auffzuſetzen. Und wann un - ſere alte Teutſchen ſchon truncken worden / ſo haben ſie ſich zu Bethe gelegt: Aber nach dem der Taback vor wenig Jahren auffkommen / da kan einer ſich in einem Tag etlich mal nuͤchtern / und wider voll ſauf - fen / dardurch er umb ſeinen Verſtand gebracht / faul und verdroſſen zu allem Thun und Arbeit / und endlich mancher zu einem heilloſen / verdorbenen Mann wird; wie die Erfahrung bezeuget; und dar - auß zu ſehen iſt / was der Teuffel damit ſuchet / wañ er den Leuten den Taback ſo angenehm machet. Sihe160Die XLVII. Frag. Sihe ein mehrers wider den Mißbrauch deß Ta - backs / im Buͤchlein / truckene Trunckenheit / zu Nuͤrenberg / bey Michael Endtern in 12. gedruckt. Aber wider auff die Trunckenheit zu kommen / ſo iſt auß den Hiſtorien bekant / wie hart die Alten dieſelbe geſtrafft. Dann die Trunckene begehen viel boͤſes / ſie verderben die Natur / ſich ſelber / und einen gan - tzen gemeinen Stand. Bey den Moſcowitern wer - den die Trunckenbold / wann ſie auch gleich Prieſter ſeyn / offentlich geſteupet; und iſt von der Geiſtlichen Straff / wann ſie das Vollſauffens uͤberzeuget wer - den / in cap. epiſc. 1. d. 35. &c. à crapula 14. de vita, & honeſt. Clericorum lib. 3. decret. Gre - gor. tit. 1. zu leſen. Es ſeyn gleichwol die jenigen / die ohne Vorſatz / und gar ſelten / wann ſie von an - dern geladen / und mit Geſund-Trůncken / und in ander Weg darzu angereitzet werden / etwas mehrers trincken / etwas gnaͤdiger zu tractiren: Wie dann in ſolcher Meinung auch die Rechtsgelehrten ſeyn / vermoͤg L. perſpiciendum. II. §. delinquitur ff. de pœn. L. omne delictum. §. per vinum ff. de re milit. gl. in d. cap. Sanè. 7. c. 15. q. 1. und die Autores, ſo Joan Crügerus, in Horto virtutum, quæſt. 47. p. 136. anziehet; da er auch deß Nohæ Trunckenheit gedencket / ob ſolche zu ent - ſchuldigen ſeye?
ES wird in L. Domitius. 27. ff. qui teſtam. fac. poß. geſagt / daß dieſes ein naͤrriſche Frag ſeye / die nit habe ein Urſach zu zweiflen. Nun ſolle aber keiner zweiflen hieran / daß von den Richtern die Wiſſenſchafft der Rech - ten erfordert werde / nach welchen ſie das Urtheil faͤllen ſollen. Eines gemeinen Standes Gluͤckſee - ligkeit beruhet darauff / daß er von weiſen Leuthen regieret werde. Die Egyptier haben das Gemaͤl - de der Gerechtigkeit mit Bůchern umbzaͤunet / da - mit anzuzeigen / daß die Lehr / oder Wiſſenſchafft nohtwendig an einem Richter erfordert werde. Sol - le deßwegen ein Richter / wann er ſeinem Gewiſſen und Ampt wol rahten und gnug thun will / ihme ſo viel Wiſſenſchafft zu wegen bringen / als viel er / zu Entſcheidung der Sachen vonnoͤhten hat. Er ſolle dem Manlio Torquato nachfolgen / der ſich be - foͤrchtet / ein boͤſes Exempel einzufuͤhren / wann er mit frembden Augen den gemeinen Stand zu ver - walten / uͤber ſich nemmen ſolte. Dann es offenbar / daß die Unwiſſenheit deß Rechts / niemands ent - ſchuldiget / per L. regula 9. & tot. tit. ff. de juris,L&162Die XLVIII. Frag. & facti ignar. l. 2. 3. 10. 12. C. eodem. Wie hart Quintus Mucius, den Servium deßwegen ge. ſtrafft / und geſagt: Es iſt einem Patritio, und Adelichen Mann verweislich / das Recht mit dem er umbgehet / nicht zu wiſſen / das iſt / auß dem L. ne - ceß. 2. §. Servius 43. ff. de orig. juris, bekant. Es iſt die Unwiſſenheit der Rechten unleidenlich an de - nen / ſo dem gemeinen Weſen vorgeſetzet ſeyn / ſaget das c. 3. ſi in Laicis diſt. 38. als die eine Mutter iſt alles Jrꝛthums / cap. 1. de diſt. 38. und wird mancher Unſchuldiger durch einen unverſtaͤndigen Richter / in groſſes Ungemach geſetzet; wiewol er / wann er unrecht richtet / auch zur Srraff gezogen werden kan; davon aber anderſtwo zu ſagen iſt. Si - he unterdeſſen den Joh. Crügerum, in Horto Vir - tutum, quæſt. 79. da er auch den Bodinum lib. 6. de Rep. c. 1. n. 651. anziehet / welcher von ſeinen Landsleuten geſagt; daß vor Zeiten / die Aempter den Wuͤrdigen gegeben / jetzt aber den Unwuͤrdigen verkaufft wuͤrden: (ſo gleichwol in dem Truck vom Jahr 1594. an dem angezogenen Ort / nicht ſtehet) Jtem deß Terentii in Adelph. act. 1. Scen. 2. Vers / daß nichts ungerechters / als ein unerfahrner Menſch / welcher nichts vor recht gethan haͤlt / als was er ſelber thut. Darzu gleichwol zu ſetzen / daß man nicht allwegen aller Orten gelehrte Leuth / ſon - derlich nach groſſen Lands-Verderbungen / Krieg und Sterbenslaͤufften haben / und zu Richtern nem - men kan; Deßwegen die Advocaten / Gericht - undStadt -163Die XLIX. Frag. Stadtſchreiber / den Mangel erſetzen muͤſſen: und weiſſt offtmals einer / ſo von Natur mit einem herꝛ - lichen Verſtand begabet iſt / der Sache einen beſſern Außſchlag / als einer / ſo von Jugend auff bey dem Studieren herkommen / zu geben; ſonderlich / wann er Staffelsweiſe allgemach zu ſeinem hohen Ampt auffgeſtiegen / und ihme die vaͤtterliche Geſaͤtze / und deß Orths / wo er lebet / Gewonheiten wol bekant ſeyn.
ES iſt wiſſend / daß die heutigen Juden / Chriſtum den Herrn / nicht allein fuͤr den Meſſiam nicht erkennen / und ehren wollen; ſondern auch deſſen Namen / Perſon und Majeſtaͤt; taͤglich mit grauſamen Laͤſterworten / anfechten; ſeine hochgelobte Mutter / mit Ehrenruͤhrigen / und Teuffliſchen Worten ſchmaͤhen; allen Chriſten grewlich fluchen; deß gantzen Roͤmiſchen Reichs gaͤntzlichen Untergang wuͤnſchen / und erwarten / ja taͤglich in ihrem Gebett von Gott begehren: uͤber das mit unermaͤßlichem Wucher unſere Leute er - ſchoͤpffen; keinem ehrlichen Handwerck und dem Ackerbaw obligen; offtmals die Brunnen vergiff - ten / und auff andere Weiſe unſerm Leben nachſtel - len; auch falſche Meinungen unter den Unverſtaͤn - digen außſeen; Dahero viel Chriſtliche Fuͤrſten /L 2und164Die XLIX. Frag. und Oberkeiten / recht gethan / daß ſie dieſelben / auß dem Roͤmiſchen Reich / in Aſiam, zu ihren Bruͤ - dern / den Tuͤrcken geſchickt haben. Die aber / dieſel - be noch dulden / ſollen wol zuſehen / was ſie thun / da - mit ſie nicht ihrentwegen die Straff Gottes auff ſich laden. Es ſeyn vielmehr die Juden mit Gefaͤng - nuß / Verweiſung und anderer / ja Lebens-Straff anzuſehen / wann ſie / von ihrem Wucher / Gottslaͤ - ſterung / Fluchen und dergleichen Unthaten / nicht laſſen; Sie auch zu zwingen / unſere Kirchen und Predigten zu beſuchen / und mit gelehrten Chriſten offt umbzugehen. Sihe D. Wolffg. Franzium diſp. 7. ex Deuteron. th. 68. & 69. welcher auch in der 9. diſp. th. 171. 177. Urſachen anzeiget / warumb folgender Zeit / nicht ſo viel Juden zu Chri - ſto bekehret worden / als in der erſten Chriſtlichen Kirchen. Theils haben noch gute Hoffnung zu ih - rer Bekehrung / und ſehen auff den 59. Pſalmen v. 12. Das 11. Capitel an die Roͤmer / v. 25. und 26. Sophon. 3. v. 7. und 8. Hoſ. 3. v. 4. 5. Luc. 21. v. 24. Andere Urſachen / warumb ſie zu gedulden / hat Joan. Gerh. dec. 9. quæſt. polit. 1. Hergegen aber auch ſolche / daß man ſie wegen ihrer boͤſen Thaten / ſo ſie begangen / und noch begehen / fortwei - ſen ſolle / deren etliche er erzehlet; gleichwol der er - ſten Meinung iſt / daß man ſie / die Juden / nicht verfolgen / umbbringen und verjagen; ſondern dahin anhalten ſolle / daß ſie nach den Roͤmiſchen Geſaͤtzen / friedlich / ruhig / und ohne Aergernuß der Chriſtenleben;165Die XLIX. Frag. leben; nicht newe Synagogen / ohne Erlaubnuß der Obrigkeit deß Orths / erbawen / Chriſtum den Herrn nicht laͤſtern / oder die Chriſtliche Reli - gion verachten / ſich unſere Leuthe zu den ihren zu bringen nicht unterſtehen; einen Juden / ſo ein Chriſt werden will / daran nicht verhindern; daß ſie die Bibel auch in andern Sprachen leſen / und den Gottloſen Meinungen von der Sterblichkeit der Seelen / daß es kein Todſchlag / wann ein Jud einen Heyden umbbringet; auch kein Meineyd ſeye / wann einer ſein Verſprechen / auch mit einem Eyde heſtaͤttiget / nicht halte / und ihren Menſchen - Satzungen / Urlaub geben / oder widerſprechen; daß ſie nicht mit den Chriſten ſich verheurahten / nicht groſſen Wucher / oder andere unerlaubte Handlun - gen treiben / nicht zu offentlichen Aemptern zuge - laſſen / und ihre Sachen vor der Obrigkeit deß Orts eroͤrtert werden; auch ein gewiſſes Zeichen haben ſollen / dabey man ſie von den Chriſten unterſcheiden moͤge. Sihe auch D. Dan. Ottonem de jure publ. Imp. Rom. cap. 19. wie ſonſten man mit den Juden umbgehen ſolle / damit ſie bekehret werden moͤchten / ſihe D. Joh. Forſterum diſp. 1. in cap. 53. Eſaiæ, th. 72. & ſeqq. Jtem / was von ihnen im 9. Cap. 〈…〉〈…〉r Epiſtel an die Roͤmer v. 3. 4. 5. 28. ſtehet. 〈…〉〈…〉ſchreibet Joan. Biſſelius, dec. 2. illuſtri - um ab Orbe condito Ruinarum, R. 8. p. 404. daß ein ſilberner Seckel / oder Siclus, nicht mehr als vier Hiſpaniſche ſilberne Regalen gehalten / ſo kaumL 39. Ba -166Die L. Frag. 9. Batzen unſerer Muͤntz / oder Victoriatos, oder bacios Cermanicos, machen. Andere rechnen ein ſolchen Juͤdiſchen Seckel auff einen halben Thaler / theils auff 8. Batzen / oder einen halben Guͤlden / Meißniſch Gelt / oder auff 16. Luͤbecker Schilling / oder ein Luͤbecker Marck.]
ES iſt die Gaſtfreyheit eine Tugend / dardurch man die Gaͤſte freundlich empfa - het / und hernach wol halten thut. Welches dann geſchihet / mit freundlichem und froͤlichem An - blick; mit lieblichen Worten / und holdſeligem Zu - ſprechen: und guter an Speiß / Tranck / Ligerſtatt / und dergleichen Verſorg - und Bewirtung. Und gehoͤret zur Tractation auch / daß man zwiſchen den Perſonen / die man zu gaſt haͤlt / auffnimmet oder beherberget / einen Unterſchied mache; und auch / wann die Gaͤſte / wider abſcheiden / ihnen mit freund - lichen Worten / Gebaͤrden und Thaten / begegne. Darwider aber offt gehandelt wird; indem die Frembden / wann ſie in ein Wirtshauß kommen / bißweilen ſchreyen muͤſſen / daß ſie heiſer werden moͤchten / biß jemands auß einem Winckel herfuͤr kommet; die Gaͤſte mit ſchelen Augen anſihet / auffihr167Die L. Frag. ihr Befragen ihnen kaum das Maul goͤnnet / ſie lang mit dem Eſſen warten laͤſſt / welches gleichwol hernach offt ſchlecht genug iſt / alſo daß einer ihme mit ſeinem Gelt den Hunger ſchier kauffen / und doch alles thewr genug bezahlen muß. Und wann ſchon der Wirth etwas freundlicher und auffrichtig iſt / ſo ſeyn hergegen die Ehehalten unwirſch / und bißweilen / ſonderlich die Knecht / untrew. Der - halben der Obrigkeiten Ampt iſt / daß ſie nicht al - lein offene Wirthshaͤuſer fuͤr die Reiſenden / und Gaͤſte / hin und wider auffrichten und anſtellen / weil es heiſſt / man kan wol Gold und Silber mit ſich tragen / aber nicht eine Herberge; und die Wirthe / ſo mit Außhaͤngung offentlicher Schild / ihre Haͤu - ſer zu offentlichen Herbergen gemacht / die Gaͤſte zu beherbergen zwingen: Sondern auch ihr Auffſicht auff dieſelbe zu haben / damit alles ordentlich hergehe / und die Gaͤſte in der Rechnung nicht uͤbernommen werden; ſo auch von Hertzog Moritzen zu Sach - ſen Anno 1543 und dem Churfuͤrſten Auguſto, Anno 1573. ernſtlich den Obrigkeiten anbefohlen worden. Und wird in der Churfuͤrſtlichen Saͤchſi - ſchen Ordnung beym Thoma Sagittario, in exer - cit. Eth. exot. 15. pag. 386. daß die Wirth alles ſtuckweiſe den Gaͤſten / was ſie verzehren / anſchrei - ben ſollen / alſo geleſen: Deßgleichen ſolle nun hin - fuͤrder ein jeder Wirth oder Gaſtgeber / ſeinem Gaſt ſtuͤckweiſe rechnen / was er ihm vor Futter / Mahl - zeit und Getraͤncke ſchuldig. Und wo einer befin -L 4det /168Die LI. Frag. det / daß er uͤber die Satzung beſchwert / ſoll er den Gerichten / oder dem Raht / ſolches anzeigen / wo dann der Wirth daran ſchuldig befunden / ſoll er hundert Gulden zu Straff / den Gerichten zu geben ſchuldig ſeyn. Und eben in derſelbigen Ordnung / p. 56. tit. von den Wirthen / wird außtrucklich ge - ſetzt; daß von den Raͤthen der Staͤdte / zu jederzeit Futter und Mahl ſoll geſetzet / und an die Wirths - haͤuſer angeſchlagen werden. Was aber oben ge - ſagt worden / daß die Wirth / ſo ihre Schild offent - lich außhencken / die Frembde beherbergen muͤſſen / ſo kan er hierzu weiter nicht gezwungen werden / als viel Gaͤſte er beherbergen kan. Argum. Lunico §. ult. ibi nec poteſt repellere iter agentes, ff. furti adverſ. nautas, caupo. & Stabul. junct. L. im - poſſib. ff. de R. J. 185. Bonavent. Cotta disquis. 5. Collegii jurium Imperial. th. 24.
DJe Propheceyung oder Weiſſagung deß Propheten Danielis / hat nur vier hoͤchſte einzele oder Welt-Reiche / in wel - chen die allergewaltigſte / groͤſte / und wolbeſtellteſte Koͤnigreiche in der gantzen Welt gezehlet werden / die biß auff die Zukunfft Chriſti aneinander weh - ren / dergeſtalt / daß eines dem andern nachfolgenſolten /169Die LI. Frag. ſolten / ſo die andere Koͤnig in Zaum hielten. Und hierauß iſt offenbar / daß das Tuͤrckiſche Reich kein Monarchia ſeye.
Zwar der Tuͤrckiſche Sultan / wegen ſeiner groſ - ſen Macht / ſich den Allerhoͤchſten Kaͤyſer zu nennen nicht ſchewet. So ſeyn etliche der Meinung / daß durch die groſſe eiſerne Zaͤhne / beym Propheten Daniel / Cap. 7. v. 7. das Tuͤrckiſche Reich verſtan - den werde.
Aber viel beſſer wird daſſelbe durch Gog / und Magog in heiliger Schrifft angedeutet / wie auch durch das kleine Horn / welches hatte Augen / wie dio Menſchen Augen / und ein Maul / das groſſe Ding redete; Daniel d. cap. v. 8. Wiewol Pererius dar - wider iſt lib. 8. Commentar. in Daniel p. 443. und dieſen Ort vom Antichriſt außleget. Der Nam Tuͤrck ſolle einen Verwuͤſter; oder einen hin / und widerſchweiffenden Hirten bedeuten; welcher dem Tuͤrcken beſſer / als der Nam Monarch gebuͤhret. Das groͤſte Band in den Welt-Reichen iſt die Wiſ - ſenſchaffl guter Kuͤnſten / welche aber der Tuͤrck fuͤr nichts haͤlt / alſo / daß die jenige Gefangene / ſo ſich nur auff Erlernung der freyen und ehrlichen Kuͤn - ſten gelegt / und keine Handwerck koͤnnen / es ſehr boͤß bey den Tuͤrcken haben: Hergegen die Hand - wercksleute bey ihnen wol fortkommen. Daher auch in ihrem Alcoran / ſo derſelben Bibel ſolche Lehren ſtehen / ſo gantz ungereimt / mit der rechten Ver - nunfft ſtreiten / und dem Liecht der Natur zu widerL 5ſeyn.170Die LI. Frag. ſeyn. Bey den andern vier Welt - oder einzelen Reichen / oder Monarchiis, ſeyn Koͤnige und Fuͤr - ſten / in groſſem Anſehen geweſen /; die aber in der Tuͤrckey entweder gar nicht gefunden / oder ſo noch etliche Fuͤrſten uͤbrig ſeyn moͤgen / ſolche fuͤr gar ge - ring / und hart gehalten werden. Daher auch / als vor kurtzer Zeit / die Janitſcharen ihre beede Kaͤyſer / den Oſman / und den Jbrahim erdroßlen laſſen / nie - mand da geweſen / ſo ihren Tode gerochen haͤtte. Dann ob ſie wol ihre Baſchen haben / ſo gemeinig - lich von geringem Stand / durch das Kriegsweſen uͤberſich kommen / ſo ſeyn ſie aber den gebornen Fuͤr - ſten nicht zu vergleichen; auch gleichſam keinen Augenblick ſicher / daß ihnen nicht ihr Kaͤyſer eine ſeidene Schnur / oder eine Saͤiten / oder Handzwel ſchicket / damit ſie ſich ſelbſten (ſo ſie fuͤr eine groſſe Ehr halten muͤſſen) damit erdroßlen; oder auch von den Spahi / oder Janitſcharen / oder den Reu - tern / und Fußvolck / nidergeſebelt werden; alſo / daß auch ihr Muphti oder Hoherprieſter deſſen nicht be - freyet iſt: jetzund zugeſchweigen / wie die newe Kaͤy - ſer / nachdem ſie in die Regierung getretten / ihre juͤngere Bruͤder hinrichtenlaſſen / und andre grewli - che und tyranniſche Thaten begangen haben. Sihe Joh. Gerh. dec. 1. qu. pol. 10. Jac. Martini cent. 1. qu. Philoſoph. diſp. 8. qu. 10. Und andere mehr / ſo ſie daſelbſt anziehen / auch die newlichere Hiſtorien-Schreiber. Jn Summa / unter dem Tuͤrckiſchen Tyranniſchen Reich ſihet man nichtauff171Die LI. Frag. auff die gemeine Wolfahrt / auff die Geſaͤtz die Ge - rechtigkeit / Erbarkeit / Froͤmmigkeit; ſondern der Tuͤrckiſche Sultan thut alles nach ſeinem Belieben ſuchet nur zeitliche Ehr / Wolluſt / ſeines Reichs Er - weiterung / es geſchehe gleich mit Recht oder Un - recht; wie auß dem jetzigen Venediſchen Krieg er - ſcheinet; und deßwegen wer dem Tuͤrckiſchen Reich den Titul einer Monarchiæ oder Welt-Reichs ge - ben wolte / fuͤr einen verkehrten / Heydniſchen / Bar - bariſchen Menſchen zu halten waͤre / ſo dem Pro - pheten Daniel ins Angeſicht widerſprechen / auch keinen Weltweiſen abgeben thaͤte / als der den An - fang / Stoff / Geſtalt und Ende einer Monarchi nit wuͤſte. Dann die Monarchia iſt von Gott einge - fuͤhret / den Frommen zur Zuflucht; das Tuͤrckiſche Reich aber hat ſeinen Anfang von eines geilen und gottloſen Menſchens Begierde zu herꝛſchen / und Vermeſſenheit / wie auß deß Mahumets / als dieſer Tyranney Anfaͤngers und Regenten / Geſchicht / offenbar iſt. Wann wir auff den Stoff / oder die Materi ſehen / ſo begehret die Monarchia den Frie - den / und die Gerechtigkeit: die Tuͤrckiſche Regie - rung aber Auffruhr / Wolluſt / Geilheit / und Unge - rechtigkeit. Sihet man auff die Form / oder Geſtalt / ſo iſt die Monarchia eine Werckſtatt der Wiſſen - ſchafft / und Geſchicklichkeit der Gottſeligkeit und Erbarkeit: Sie iſt eine Verwahrerin der Geſaͤtz und der Gerechtigkeit: bey der Tuͤrckiſchen Tyran - ney aber / wird ſolcher Sachen nichts geachtet. Undend -172Die LII. Frag. endlich ſuchet die Monarchi zu vorderiſt die Ehre Gottes / und hernach die Wolfahrt deß Vatterlan - des: das Tuͤrckiſche aber ſetzet ihren falſchen Pro - pheten / den obbeſagten Mahometh / Chriſto dem Herrn vor / und glaubet nicht / daß er Gottes Sohn ſeye.
ES pflegen die Notarii, auch andere / ſo inſtrumenta, oder offene Schrifften / Te - ſtamenten und dergleichen auffrichten / ge - meinlich die Wort / im Namen der heiligen Goͤttli - chen unzertrennten Dreyfaltigkeit Gottes deß Vat - ters / deß Sohns / und deß heiligen Geiſtes: oder eine andere Anruffung deß Goͤttlichen Namens / im Eingang zu ſetzen. Es wollen gleichwol Bona - ventura Cotta, disquiſit. 1. Collegii jur. Impe - rial. th. 5. Und Bonaventura Gauerus, diſput. extraord. 3. th. 31. daß die Anruffung deß Namens Gottes nicht von der Subſtantz eines Jnſtruments ſeye / alſo / daß wann ſolche außgelaſſen / darumb das Jnſtrument nicht krafftloß werde / wann man auff das geſchriebene Recht ſehe / per Novel. 47. cap. 1. Dann man nirgends in dem Recht / daß man dieſes thun ſolle / befohlen zu ſeyn finde; alſo / daß denen / ſo darauß das Widerſpihl anziehen / oder ſagen wol -len /173Die LII. Frag. len / es zu erweiſen ſtehe / arg. L. ab ea ff. de probat. Mynſing. conſ. 43. n. 27. & 28. Welcher Mei - nung auch Valent. Guil. Forſterus, diſp. J. 1. th. 2. iſt. Aber in deß Kaͤyſers Maximiliani primi Ordnung / zu Unterrichtung der offenen Notarien / wie die ihre Aempter uͤben ſollen / Anno 1512. zu Coͤlln auffgericht / ſtehet alſo: Und nach dem von gemeinen Rechten / Brauch / Ubung und Gewon - heit eingefuͤhret iſt / daß in Auffrichtung der offen Jnſtrumenten und ihr Solenniteten diß Form ge - halten / und nemlich im Anfang 1. nach Anruffung Goͤttlichen Namens / von dem alle Gutthat kom - met. 2. die Jahrzahl unſers Heils. 3. Roͤmiſch Zinßzahl / Indicto genant. 4. der Name deß oberſten Fuͤrſten. 5. darnach Monat / Tag / Stund / Mahl - ſtatt / und an welchem Orth derſelben. 6. Darnach Jnhalt der geſchehenen Handlung. 7. darnach die Gezeugen darzu genommen / deren aller Namen und Zunamen klaͤrlich beſchrieben. 8. und zu letzt das Signet. Und 9. Unterſchrifft der Notarien / deß dann allweg darzu gebetten oder erfordert wer - den / und von derſelbigen Bittung oder Erforderung anzeigen thun ſoll / geſetzt werden. Darumb ſo ge - bieten und ordnen wir / dieſelben Form fuͤrthin zu halten / nichts deſto minder vorbehalten / weß ſonſt von eines jeden Orths Gewonheit zu halten waͤre. Doch alſo / daß auffs wenigſt im Begriff deß heili - gen Roͤmiſchen Reichs / den Namen und Jahr der Regierung eines Roͤmiſchen Kaͤyſers / oder Koͤ -nigs /174Die LIII. Frag. nigs / ſo zu derſelben Zeit iſt / zuſetzen in keinem We - ge (als bißhero von etlichen Unbillichen / und Saͤu - migen geſchehen iſt) unterlaſſen werde.
DEr ſonſt hochberuͤhmte Ariſtoteles hat gewollt / daß die Adern ihren Urſprung im Hertzen haben / darinn er ſich aber ge - irret / als deme die Zergliderungs-Kunſte und Er - fahrenheit / unwiſſend geweſen / auß welcher man weiſt / daß alle Adern von der Leber herkommen / und daß theils derſelben / als vena portæ, das Hertz gar nicht beruͤhret / durch welche groſſe Ader die Leber die beſte Nahrung von der gekochten Speiß / auß dem Mittel der Eingeweid / an ſich zeucht / und ins Blut verwandelt. Die Arteriæ, oder Lufft-Adern / dar - durch der Geiſt deß Lebens in den gantzen Leib auß - getheilet wird / haben wol von dem Hertzen ihren Urſprung: gleich wie die Nervi, das weiß Geaͤder / dardurch die Glieder zuſammen gehalten werden / und durch welche die Bewegung geſchihet / ihren Anfang oder Urſprung im Hirn haben. Und daß die Blut-Adern / oder Venæ, wie geſagt von der Le - ber herkommen / erſcheinet auch darauß / daß / wann die Leber ſchwach / die Nahrung im gantzen Leib ver - hindert wird / welche durch Mittel deß Gebluͤts / ſodie175Die LIII. Frag. die Adern fuͤhren / geſchihet; und hergegen / wann man der Leber zu Huͤlff kommet / ſo hat es auch mit der Nahrung wider einen guten Stande. Warumb aber eine Ader groͤſſer als die andere / geſchihet wegen der beſagten Nahrung. Dann welches Glied einer mehrern Nahrung vonnoͤhten / dahin gehet auch eine groͤſſere Ader / jedoch alſo / daß allezeit ein gewiſſe Vergleichung zwiſchen dem Leib und den Adern ſeye. Andere Fragen / ob die Adern empfindlich? und wie ſie außgetheilet werden / und dergleichen; Jtem / wie ſie die Gerechtigkeit / und die Chriſtliche Lieb vorbilden / ꝛc. koͤnnen bey denen / ſo ſonderbar von dem Menſchlichen Leib geſchrieben haben / auff - geſuchet werden: bey denen auch zu finden / was man in den Ader-Gebreſten brauchen ſolle; Als: Jn den geſchwollenen / von Melancholiſchem Gebluͤt / und vieler Feuchtigkeit auffgelauffenen / auffgeblaſenen Blut - oder Krampff-Adern; ſo man auch ein Uber - bein nennet / rahtet man eine Eroͤffnung der naͤch - ſten Ader dabey: Jtem einen Uberſchlag von Ci - chori / Endivien / und Salat gekochter Bruͤhe; wann aber der Schmertz ſehr groß / ein laulechte Milch.
Zu den gebrochenen / zerhawenen / oder zerſchnit - tenen Adern / nimbt man gedoͤrt / und gepulvert Re - genwuͤrmlein / und das Oel davon diſtillirt. Tor - mentill iſt auch gut. Oder / man nimbt Regen - wuͤrmer und Klettenkraut / jedes 1. Handvoll / alt Rhein Boͤrgenſchmer / 1. Viertel oder mehr / ſtoſſealles176Die LIII. Frag. alles zuſammen in einem Moͤrſel / bindet es uͤber / davon die Adern gedenet / und ſauber zuſammen ge - heilet werden. Zerhawene Adern und Nerven heff - tet / und heilet auch Staubmeel / mit den Schne - cken / ohne die Haͤußlein / in einem Moͤrſer wol durch einander geſtoſſen / und darnach wie ein Pflaſter uͤbergelegt. Jtem / heilet die verſehrte / zerſtoſſene / zerquetſchte Adern / und Maußfleiſch / Gummi O - popanac / alle Tag ein Drittheil eines Quintleins / mit halb Wein / und halb gediſtillirt Regenwůrm - Waſſer / oder eines jeden 2. Loth eingenommen. O - der nimb zu den zerhawenen und blutenden Adern / Weyrauch und Aloes / jedes gleich viel; ſtoſſe ſie gar klein / und miſche das Puͤlverlein mit dem weiſſen vom Ey / und mache ein Pflaͤſterlein darauß / lege es uͤber / und widerhole es offt / und ſo lang / biß die Ader zugeheilet / und das Blut zu lauffen auffgehoͤret hat. So eines Jtalieners Mittel geweſen iſt;
Der auch dieſe Artzney gebrauchet / wann eine Bruſt Ader / oder ein andere inwendig deß Leibs ge - brochen / daß er Eyer-Schalen genommen / dieſelbe gar ſubtil geſtoſſen / durch ein Haͤrin Sieb lauffen laſſen / und in einen Granaten Wein / oder Wegerich Waſſer eingeben hat. Sonſten heilet Eichenlaub - Waſſer getruncken die zerſprungenen Aederlein im Leib; oder Haſenblut in Erdbeerwaſſer eingenom - men / wann man Blut außſpeyet. Jtem / die zer - brochene Adern in der Bruſt oder Lungen / die ge - meine dicke Gerſtenbruͤhe geſſen; oder Suͤppleinvon177Die LIV. Frag. von Staubmeel; oder Reismuͤßlein mit Milch / und ein wenig Arabiſchen Gummi rein gepulvert / geſot - ten / und ein wenig geſaltzen / genoſſen.
Adern-Gaͤnge oͤffnet Weinrauten-Waſſer / Morgens und Abends jedesmal 4. oder 5. Loth / ein Zeit lang getruncken.
ES iſt die Aderlaͤß darumb auffkommen / damit durch Eroͤffnung der groͤſſern Adern / das uͤberfluͤſſige und grobe Gebluͤt außgelaſſen werden moͤge. Warumb aber theils ihr zartes Ge - blůt / ſo ſie lieder ſpahren ſolten / von ſich an etlichen Orten / da es faſt gemein iſt / und zwar das Jahr nicht einmal von ſich laſſen / und ob es allwegen noht - wendig / oder aber nur auß Gewonheit ſpatzieren ge - hens / und dergleichen / wegen / oder gutes Leben zu haben / geſchihet? laſſt man dahin geſtellet ſeyn. Chryſippus Gnidius hat am erſten die Aderlaß ver - nichtet: Jacobus Pons hat ein gantzes Buͤchlein / wider die Freyheit / ja Leichtſinnigkeit / viel Gebluͤts von ſich zu laſſen / geſchrieben. Theils wollen / daß man den Knaben vor dem 16. oder 17. Jahr ihres Alters / kein Ader ſchlagen ſolle. Dann die Knaben haben ein zartes Fleiſch / dardurch die Geiſter leicht - lich gehen / und daher die Natur ſehr geſchwaͤcht /Mauch178Die LIV. Frag. auch das Leben verkůrtzet wird; zu deme ſie eines mehrern Gebluͤts zu ihrem Auffwachſen / vonnoͤhten haben. Es werden aber davon die jenigen außge - nom̃en / die ſtarck und einer guten Leibsgeſtalt ſeyn / bey welchen man im 12. oder 14. Jahr / die Ader - laͤß vornemmen kan. Man hat ein Exempel / daß einem Knaben auch im fuͤnfften Jahr ſeines Alters / wegen deß Fiebers / davon er erledigt / eine Ader er - oͤffnet worden. Aber ſolches Exempel muß man nicht auff andere ziehen: dann in euſſerſter Lebens - Gefahr / muß man ſich der euſſer ſten Mittel gebrau - chen. Theils der Alten haben ſich auch der Lufft - Adern Eroͤffnung bedienet / und es Arteriotamiam genant; iſt aber hernach abkommen / weil ſie ſehr ge - faͤhrlich / in dem ſie den Lebens-Geiſt fuͤhren / und beedes wegen der immerwehrendem Bewegung; beedes auch wegen deß gar duͤnnen Gebluͤts nicht bald wider zuſammen wachſen. Bey den Alten ſolle man / nach dem 70. Jahr / die Aderlaͤß unterlaſſen / dieweil bey ihnen weniger Gebluͤts / und kaum ſo vil / als ihnen zu ihrer Nahrung vonnoͤhten. 2. Weil ſie kalter Natur ſeyn / und durch Entzichung deß Ge - bluͤts / noch kaͤlter werden. Sonſten aber ſolle man denen / ſo mittelmaͤſſigen Alters / die Adern eroͤffnen / es ſeye dann / daß ſolches etwas anders verhindere / als da iſt die Schwachheit / und ſonderlich die Unrei - nigkeit deß Leibs. Dann die unreine Leiber haben weniger gutes Gebluͤts / davon ſie ernehret werden. Daher / wann ihnen das Gebluͤt entzogen wird / ſogehet179Die LIV. Frag. gehet es mit der Nahrung ſchlecht daher / die Waͤr - me wird gemindert / und die Kraͤfften geſchwaͤchet. Gleichwol / wo es die Noht erfordert / und in heffti - gen / geſchwinden Kranckheiten / und wann noch Kraͤfften vorhanden / ſo mag man ihnen laſſen: Wie dann Joan. Carvinus, in ſeinen Dialogis de ſan - guine ſchreibet / daß Gervaſius Maquinonus, im Hufftwehe eines ſiebentzig jaͤhrigen Manns gethan habe. Jn hitzigen Naturen dienet eine Aderlaß ſon - derlich wol / dardurch der gantze Leib erkuͤhlet wird. Und ſolle ein mehrers Gebluͤt von den Maͤnnern als Weibern außgelaſſen werden. So hat man auff die vorgehende / gegenwaͤrtige / und kuͤnfftige Zufaͤll deß Krancken zu ſehen. Dann wer wolte ſo verwegen ſeyn / der wann ein Zufall / als zum Exempel / da Fiebriſche / verhanden iſt / zur Ader laſſen wolte. Den Zornigen / und in dem Gemuͤth beſtuͤrtzten (dieweil alsdann in dem Hertzen das Gebluͤt gar hi - tzig iſt) auch denen ſo ſchwitzen / ſich im Bade oder durch die Leibs-Ubung ſehr erhitzet haben / ſolle man kein Ader oͤffnen; auch nicht / wann man eben rei - ſen / oder etwas ſchweres arbeiten ſolle. Wann die Noht verhanden / mag man auch Nachmittag / und umb Mitternacht ein Ader ſchlagen laſſen: ſonſten aber iſt die Morgens-Zeit am beſten darzu; ſonder - lich wann man den Tag zuvor / oder auch an ſelbi - gem Tag / wann es die Sach erfordert / ein geringe Artzney / zur Eroͤffnung deß Leibs gebrauchen thut. Es muß aber nicht gleich geſchehen / wann man außM 2dem180Die LIV. Frag. dem Beth kommet / bey den Geſunden / dieweil ſich die Kraͤfften nicht gantz wider erholet / und die Gei - ſter noch unruhig / das Gebluͤt etwas dick / die Daw - ung noch nicht gar verbracht / und man ſich einer Ohnmacht zu beſorgen: Dahero man ein paar oder drey vier Stunde warten ſolle / wann man ge - ſund iſt. Mit den Krancken hat es eine andere Meinung. Die Geſunden / ſo ſtarcker Natur / nnd viel Gebluͤts haben / auch ihr Magen es leidet / ſollen nuͤchtern laſſen / und 2. Stund darauff faſten; dañ wann man gleich iſſet / ſo ziehet die leere Leber die Speiſe an ſich / und wird niemals ein gutes Gebluͤt darauß gemacht. So muß man auch nicht gleich auff die Aderlaͤß ſchlaffen / dann es beſchweret das Hirn / und verhindert die Dawung; darzu kommet / daß die Aderlaͤß und der Schlaff zugleich kuͤhlet und befeuchtet; und daher die Gefahr / die natuͤrliche Waͤrme außzuloͤſchen bevor ſtehet. Jſt daher raht - ſam 4. Stunde auff die Aderlaͤß auffs wenigſte zu wachen; kan es laͤnger ſeyn / iſt es deſto beſſer / und dahero nach Geſellſchafft zu trachten / dieweil ſon - ſten der Schlaff / wegen der verlornen Geiſter / und Kraͤfften gerne da iſt / und die muͤde Glieder eine Erquickung begehren. Wann die Kraͤfften gering / und jemands nicht blutreich iſt / ſo ſolle man / vor der Aderlaß / ein wenig Suppenbruͤhe / oder ein weiches Ey eſſen. Dann wann der Magen gantz nuͤchter / und ein Menſch darzu forchtſam / ſo wird bey ſchwa - chen Leuten das Gebluͤt zu den innerlichen Gliderngezo -181Die LIV. Frag. gezogen und ſteigen die Daͤmpffe auß dem Magen uͤber ſich / darauß dañ eine Ohnmacht entſtehen kan. Nach der Aderlaͤß kan zu rechter Zeit geeſſen werden / wie oben gemeldt / und dienen zu wider Erholung der Geiſter / und Kraͤfften ein guter Wein / ſo wol nehret / weich geſottne Eyer / (deren eines / wie einer berichtet / ſo viel Bluts machen ſolle / als ein Pfund Fleiſches) Kramets-Voͤgel / Hennen / junge Huͤ - ner / und dergleichen. An hitzigen Orten / Jtem im Sommer / und in heiſſen Tagen / ſolle man entweder gar kein Blut / oder nur deſſen ein wenig laſſen; die - weil die uͤbrigen Geiſter ſonſten durch die Schweiß - loͤcher außgehen; wie theils wollen; da man doch / auß der Erfahrung / daß man in den hitzigen Mor - genlaͤndern / und auch in Hiſpania / nur offt und viel Gebluͤts von ſich laſſet: Welches zwar denen / ſo auß kalten Laͤndern dahin gelangen / nicht wol be - kommet. Sonſten pfleget man im Fruͤhling und Sommer auff dem rechten: im Herbſt aber und Winter auff dem lincken Arm zu laſſen. Jtem / will man / daß nach dem Newmonden die junge Leut / ſo blutreich / nach dem erſten Viertel / Maͤnner und Weiber / ſo noch nicht alt; nach dem Vollmonden / Alte: und nach dem letzten Viertel / die gar alte / und Melancholiſche laſſen ſollen. Es hat aber die Noht kein Geſatz: wie auch mit den Zeichen; auff welche ohne das viel nichts halten / und deſſen Ur - ſachen beybringen; wiewol der beruͤhmte Artzney Doctor / und Calender-Schreiber / David Herli -M 3cius,182Die LIV. Frag. cius, Weyland ſehr viel darauff geſehen; wie auß ſeinen bey etlichen noch verhandenen Calendern / ſonderlich vom Jahr 1616. erſcheinet. Am binden iſt gar viel gelegen / daß die Ader nicht waltze / im ſchlagen. Und muß die Wunden nicht gar tieff ſeyn / damit die Ader an ihrem untern Theil / oder die Puls-Ader / ſo unter der Ader ligt / nicht getrof - fen werde. So iſt die Wunden heilſamer / die nach dem Lager der Ader / und nicht uͤberzwerch gemacht wird. Und ſo die Kraͤfften da / mag man ein groͤſ - ſers Loch machen / auff daß deſto mehr Gebluͤts her - auß komme. Den Arm pflegt man vorher wol zu reiben / damit wegen der Waͤrme / das Gebluͤt deſto lieber lauffe. Theils Orten pfleget man auch zuvor das Glied mit Wein oder Oel zu ſalben / damit die Adern deſto mehr auffgeſchwellen / auch das Geblůt duͤnner werde / zum Außlauffen. Man ſoll auch die Hand bewegen / in dem das Blut gehet / dieweil es dardurch herzu gezogen wird / und lieber fortlauffet. Deßwegen auch alle Binden / an allen Glidern ſol - len auffgeloͤſet werden: dann dieſelben halten ſonſt das Gebluͤt auff / und zuruck. Wann man auffhoͤ - ren will / ſo thue man einen Finger auff die Ader le - gen / ſo geſtehet das Gebluͤt. Und ſolle nach der A - derlaͤß der Lufft mittelmaͤſſig warm ſeyn. Dann dieweil durch dieſelbe der Leib erkaͤltet wird / ſo muß man ihn / durch die euſſerliche Waͤrme widerumb zu recht bringen. Hergegen iſt die Kaͤlte / Nebel und dergleichen / ſo beedes dem Gebluͤt / und denGei -183Die LV. Frag. Geiſtern ſchaͤdlich zu fliehen. Es tauget auch her - nach nicht / daß man unmaͤſſig lebe / weil vorhin der Leib / und die Kraͤfften geſchwaͤchet ſeyn. Joan Car - vinus in laud. ſuprà dial. J. Cocus, in explicat. libelli de Anima Phil. Melancht. Ægid. Strauch. in Rerum natural. Scientia.
WAs den Erſten Frags-Puncten an - belangt / weil der gantze Leib mit Adern durchzogen / ſo iſt nutzlich anzuzeigen / wel - che zu dieſem oder jenem Glied / alſo einer oder der andern Kranckheit / zu ſchlahen ſey. Unter dieſen ſind erſtlich ſechs / die man von Achslen / biß in den Elenbogen / und ob der Hand laſſen mag. Die erſte wird genennet Cephalica, Haupt-Ader. Die 2. Baſilica, Leber-Ader / oder Hepatica. Die 3. Me - diana, Cardiaca, Corporalis, Nigra, Matrix, und Communis, das iſt / Mittle / Hertz / Leib / Schwaͤr - tze / Mutter / und gemeine Ader. Die 4. Axillaris, Achſel-Ader / weil ſie ſich daſelbſt am ſcheinbarlich - ſten erzeiget. Die 5. zu Ende deß Arms / und An - fang der Hand / die man zu laſſen faſt auß der Ge - wonheit kommen iſt. Die 6. iſt auff der Hand / zwi -M 4ſchen184Die LV. Frag. ſchen dem kleinen / und Goldfinger / welche die Aertzt Sceiles, ſpleneticam, und Salvatellam, nennen / das iſt / die Miltz-Ader; wiewol die Aertzt zu unſer Zeit / dieſe / ſo auff der lincken Hand iſt / fuͤr die Miltz / oder Spleneticam; die aber auff der Rechten die Salvatellam, halten. Weiter werden dem un - dern Theil deß Leibs / das iſt / den Schenckeln / und Fuͤſſen / drey fuͤrnemſte Adern zu geben / als Iſchia - tica, Huff-Ader / Saphea, die ſcheinbare / die man etwas verruckt Saphenam nennet: Die dritte Po - plitis, der Knie / welche eben die Mittel Ader iſt.
Die erſte wird auch Humeralis, die Schulter - Ader genant / weil ſie alle Oerter / ſo oberhalb deß Hals ſind / wañ ſie gelaſſen wird / entladet; alſo / daß dieſe Aderlaͤſſin dem Hauptwehe / Tobſucht und dergleichen / ſo auß Hitz entſtehen / nutzet.
Die ander unter den fuͤrnembſten / nemlich die Leber-Ader / wird gebrauchet in den Gebrechen deß Leibes unterm Hals / als der Bruſt / Leber und ande - rer / ſie deß uͤberlaͤſſigen Bluts zu entladen.
Die dritte oder Median-Ader / alſo genant / weil ſie das Mittel Orth zwiſchen den vor beſchriebenen zweyen hat / und ihren Urſprung von demſelben em - pfahet; auch in allen derſelben Gliedern Zufaͤllen nutzlichen kan gebrauchet werden; und daher com - munis, oder univerſalis, die allgemeine / geheiſſen wird; Jtem Nigra, die Schwartze / weil ſie im mit - ten deß Arms am beſten geſehen wird.
Die185Die LV. Frag.Die vierdte oder Achſel-Ader / iſt ein Aſt von der groſſen Leber-Ader / Vena Cava genant / und hat viel Gemeinſchafft mit der Haupt-Ader: wie auch die fuͤnffte zu Ende deß Arms.
Die ſechſte oder die Miltz-Ader / und Salvatella iſt faſt gebraͤuchlich. Dieweil ihr zugelegt wird / daß ſie das Miltz / Leber und Bruſt reinige / alles / was der Stimm ſchade / benemme die innerliche Glider / ſonderlich den Magen und Mund / vor Verletzung ſchuͤtze / und das Hertzwehe vertreibe.
Die Huff-Ader laͤſſet man gemeiniglich auff dem lincken Fuß / das Geblůt unter ſich zu ziehen / damit den Beſchwerden der lincken Seiten deß Genicks / Nieren / Mutter / und andern umbligenden Orten geholffen werde. Alſo die Feigwartz-Ader zu oͤff - nen / Hufftwehe im Podagra bey dem kleineſten Ze - hen. Sonſt erzeiget ſie ſich am ſcheinbar lichſten auſſen bey dem Knochen.
Die Roſen-Ader / oder Saphena, wird auch die Feigwartzen-Ader genant / und iſt wunderbarlich zu oͤffnen / das Blut unter ſich zu ziehen / in ſchweren - den Augen / Tobſucht / kleinen und groſſen Schlag / im Nacht. Geſpenſt fallender Sucht / Blutſpeyen / Weiber-Zeit und Fruchtbarteit / fůrdern / im Po - dagra / Peſtilentz und andern Zuſtaͤnden.
Die Knie-Ader iſt eben die Median / oder Mit - tel-Ader / welche ſich durch die Waden unter ſich / nicht anderſt dann oben / in die Haͤnd erſtrecket. Dieſe zu ſchlagen iſt nuͤtzer / dann die Huff - oderM 5Ro -186Die LV. Frag. Roſen-Ader / zu daſelbſt erzehlten Gebrechen / weil ſie der gleichen Mutter und dergleichen Glieder na - hender iſt / derhalb deſto kraͤfftiger ziehen kan.
Mitten an der Stirn iſt auch ein ſcheinbare A - der / die pfleget man zu laſſen am erſten Anſprengen deß Wehetagens / ſo ſich im hindern Theil deß Haupts und Gnicke erzeiget / wann es ſchon groß iſt / und lang gewehret hat / zu oͤffnen; deßgleichen auch in Wehetagen der Augen / Tobſucht / Nacht - Geſpenſt / und im Schlag: doch ſoll man zuvor die Haupt-Ader ſchlagen.
Eben zu erſtgemelten iſt auch eine Ader ob der Naſen / und Anfang der Stirnen zu eroͤffnen. Alſo erſcheinen Aederlein in den Augenwinckeln / nahe an der Naſen / zu oberſt gegen der Stirnen / ſo in hi - tzigem Augenwehe geoͤffnet werden. Alſo ſeyn an - dere Adern an Schlaͤffen; Jtem / hinder den Oh - ren in ſchwerem Hauptwehe / und Schwindel / zu ſchlagen. Jtem Lefftzen-Adern. Jtem / Gomen - Adern.
Unter der Zungen ſind auch etliche Aederlein / die man ſonderlich in dem erſtickenden Halsge - ſchwer / im Drucken zu Nachts / ſchwerer Zunge / ſchlagen kan.
Deßgleichen ſeynd am Hals Adern / die am Anfang deß Außſatzes / Halswehe / keichendem A - them / Heyſerin / Apoſtem / der Lungen / Gebrechen deß Miltzes / und der Seiten / als im Stechen ge - oͤffnet werden.
Unter187Die LV. Frag.Unter den Achſeln ſeyn Adern / Balfortes genant welche / wann einer ſchlagen ließ / ſo wuͤrde er mit Lachen ſein Leben enden.
Die Ader zwiſchen dem Mittel - und Gold - Finger / in beyden Haͤnden / iſt nie zu ſchlagen / es wolle ſich dann einer in die hoͤchſte Gefahr ſtůr - tzen.
Was den Andern Frag-Puncten anbelanget / nemlich die verworffene Taͤg / wie mans nennet / ſo haben die Alten ſonderlich die folgende in Acht ge - nommen / und gewollt / wer den 1. Tag deß Jen - ners zur Ader laſſe / der muͤſſe entweder ſterben / oder bekomme den Krampff / oder die Kraͤtze / oder werde blind / oder komme von ſeinem Verſtand.
22. Hornung / oder Peter Stuhlfeyer. Dann wer an dieſem Tag gelaſſen / der hab den Schlag verurſachet / und ſeye geſtorben.
25. Mertzen / ſo offtmals den gewiſſen Tod ver - kuͤndiget / ſo man auß der Erfahrung habe.
14. Aprilis / ſo S. Tiburtii Tag / wann ein A - derlaſſer nicht ſtracks geſtorben / ſo ſey es doch allwe - gen am vierdten Tag geſchehen.
6. May haben ſie in Acht genommen / daß nach der Aderlaͤß / der Schwindel oder Tobſucht erfolget ſeye.
11. Junii / haͤtten ſie die Aderlaͤſſer die Gelb - ſuche oder den Schwindel bekommen.
11. Sept. waͤren ſie ſchwindſuͤchtig oder lahmwor -188Die LV. Frag. worden / oder haͤtten einen ſtinckenden Schweiß bekommen.
5. Octob. entweder geſtorben / oder die Arbeiten bekommen. Und wer den
22. Novembris laſſe / der komme entweder am Schlag umb / oder von ſeinem Verſtand.
Sie haben auch den 21. Julii / 28. Februarii / den folgenden Tag auff den erſten Sonntag im Aprilen / und andere mehr / fuͤr ungluͤckhafft ge - halten.
Weiter iſt zu mercken / daß man das außgelaſſe - ne Blut in irꝛdinen / oder glaͤſernen / oder ſilbernen / oder zinnernen Geſchirre auffheben ſolle: dann in den andern verleuret daſſelbe bald ſeine rechte Farb. Und wann es geſtehet / kan man es in ein laulecht Waſſer ſchuͤtten / damit man recht davon urtheilen koͤnne. Sihe Joan. Carvinum in dial. de San - guine, Chriſtoff Wirſung / in der Einleitung in ſein Artzney Buch cap. 8. vom Aderlaſſen / D. Samu. Rafenrefferi Raphaelem, ſect. 1. cap. 3. & 4. und daſelbſt auch von ungluͤckhafften Tagen zur Ader - laͤß / und wie man von dem Gebluͤt urtheilen ſolle / p. 12. 13. & pag. 27. ſeqq. Michaël Papſt / in ſei - nem Artzney und Wunderbuch hat dieſe Erinne - rungen; daß ein roth Gebluͤt / mit einem ſchwartzen Circul / bedeute ein ſchwaches Haupt: das ſchwar - tze / und faſt waͤſſerige / das viertaͤgige Fieber: gruͤn / und waͤſſerig / bedeut Kranckheit an der Bruſt / und am Hertzen; hat das Blut ein liechte duͤnne Haut /ſo189Die LV. Frag. ſo bedeut es Kranckheit zwiſchen Haut und Fleiſch / gruͤndig oder kraͤtzig. Jſt es weichſelfaͤrbig / ſo be - deut es Kranckheit und Hitz.
Ein ander hat folgende Reglen. 1. wann das Blut nach der Aderlaͤß ein weil geſtanden / roth und dick wird / und nicht viel Waſſers darauff ſchwebet / ſo bedeutet es einduͤrre und heiſſe Natur / da wenig Gebluͤts. 2. Jſt es aber roht / alſo / daß weder zuvil / noch zu wenig Waſſers oben darauff iſt / auch nicht zu viel Schaums hat / das bedeut ein gute Natur / und geſunden Menſchen. 3. Jſt das Blut ſchwartz / und geſtaltet als das Unſchlit / blaw oder gruͤnlecht / das iſt boͤß / und bedeutet Fieber / und kuͤnfftigen Siechtag. Und ſolchen Leuten / ſo ſie anders blut - reich ſeyn / ſoll man offt laſſen. 4. Wann das Blut ſchaumet / ſo iſt Wehethum da umb die Bruſt. 5. ein blawes Gebluͤt zeiget ein Mangel am Miltz an. 6. iſt es gruͤn / ſo iſt Wehetag deß Hertzens. 7. iſt es gelb / ſo iſt einem wehe an der Leber. 8. hart und ſchwartz Blut iſt ein Zeichen der Melancholen / und daß er das Blut zu lang getragen hat. 9. Jſt das Blut roth / und hat einen ſchwartzen Ring / ſo hat der Menſch ein kranckes Haupt. 10. iſt das Blut hart und ſchwartz / und hat einen rothen Ring / ſo hat er das Gicht. 11. iſt aber das Blut ſchwartz / und hat viel Waſſers oben / ſo will ihn das Fieber beſtehen. 12. iſt aber das Waſſerunten / und das ſchwartze Blut oben / ſo iſt er waſſerſůchtig. 13. iſtdas190Die LVI. Frag. das Blut fein roth / und hat ein wenig Waſſers oben / ſo iſt er geſund.
Endlich ſo iſt Roſenoͤl herꝛlich gut zu den verletz - ten Adern / nach der Aderlaͤß. Wann der Barbie - rer die Ader durchgeſchlagen / vermiſche Terpentin - Oel mit Salpeter / klopffs ein wenig durcheinan - der / und ſchmiere damit den Arm. Oder / wann an ſtatt der Adern / die Nerven - oder Spann-Adern / getroffen worden / nimb Fuchsſchmaltz / und Dachs - ſchmaltz / jedes 6. Loht / Maſtixoͤl 4. Loht / Spicka - nardenoͤl 1. Loht / und Wein 2. Quintlein / miſche alles beym Fewer wol untereinander / legs deß Tags dreymal / nemlich Morgens / Mittags und Abends / warm auff den Schaden / und Schmertzen. Wider die Entzuͤndung der Adern / nach der Aderlaͤß / nimb Rauten / Wermuth / Gerſten / zerſtoß es alles / unnd auff einem heiſſen Blaͤtlein mache ein Pflaͤſterlein darauß / und binde es auff die Ge - ſchwulſt / es hilfft. Oder ſtoſſe Weinrauten mit Baumoͤle / roͤſch es in einer Pfannen / und lege es warm uͤber. Oder nimb ein Sawerteig von Wei - tzenmeel gemacht / mit genugſamen Schweinen - ſchmaltz durcheinander wol geknetten / und zu einem Pflaſter gemacht.
DAs Schrepffen iſt ein Art deß Auß - fuͤhrens / auß dem Leib / deß Gebluͤts / und der Feuchtigkeit / durch Auffſetzung der Laß-Koͤpff. Es wird aber nicht nur das boͤſe / wie ihnen theils einbilden / ſondern auch das gute Gebluͤt dardurch außgefůhret. Dann die End - Urſach deſſen iſt / daß ein jedwedere Feuchtigkeit her - auß gebracht werde / damit die Natur das / ſo verblei - bet / deſto beſſer kochen moͤge. Die Koͤpffe / ſo man darzu gebrauchet / ſeyn entweder ſilbern / oder zin - nern / oder glaͤſerin / oder meſſin. Man pfleget die - ſelbe mit Waſſer / darinn Majoran geſotten wor - den / zu reinigen; dieweil ſich leichtlich eine Feuch - tigkeit / und dardurch gar ein Gifft an dieſelbe / und die Schrepffeiſelein ſetzen kan. Wann man ein Kertzenliecht darzu haͤlt / ſo wird der Lufft darinn er - waͤrmet / und alſo důnner / aber ſtracks wider kaͤlter / wann man die Koͤpff an die Haut ſetzet / und dicker / alſo daß er ein kleinern Raum einnimmet / damit der uͤbrige Raum oder Platz / auff daß nichts leer ſte - he / mit dem Gebluͤt moͤge angefuͤllet werden. Und daher ſollen die Koͤpff auch beheb / und vollkommen ſeyn. Die Alten haben ſich auch der Hoͤrner darzu gebrauchet; ſo noch bey den Schweitzern in Ubung ſeyn ſollen. Theils wollen / daß die Laßkoͤpffe nicht zu brauchen ſeyen / es ſey dann der Leib zuvor wol ge - reiniget. Dann alsdann thaͤten ſie die uͤbrige Feuch - tigkeit / ſo tieff in der Haut / und anderswo im Leib ſtecket / herfuͤr ziehen. Alſo ſolle man ſie auch nichtanff192Die LVI. Frag. auff das Ort / da der Mangel iſt / ſondern darneben ſetzen / damit die Materi zertheilt / und anderswohin gezogen werde. Als im uͤbrigen Naſenbluten / auff oder uͤber den Nabel: in fluͤſſigen Augen / auff das Gnick: und alſo in andern Gebrechen / allwegen im Gegenſatz / und auff die Adern / ſo ſich mit ihrem Ur - ſprung vergleichen; nemlich nur bloß die Koͤpff / ohne das Blut außlaſſen. Wo man aber das Blut laſſen will / wie es dañ faſt gemein iſt / ſo geſchicht das an mancherley Glidern / in unterſchidlichen Zuſtaͤn - den / und unter andern / wann man die Materi / von einem Ort an einanders ziehen will / als wo Haupt - wehe zu wenden / ſo ſind die Waden zu ſchrepffen / und ſo fortan. An den Schenckeln laͤſt man / wann man den edlern Glidern will zu huͤlff kommen / im Nohtfall; ſonſten ſolches Schrepffen die Fuͤſſe ſchwach machet. Auffm Rucken vor die Schaͤbig - keit: umb die Schulterblat in Kopff - und Zahnwehe / umb den Elenbogen / wann man die Fluͤß von den Augen ziehen will. Bißweilen werden auch die Oh - renlaͤplein geſchlagen / in Augen / Zaͤhn und Ohren / Zuſtaͤnden. Bißweilen wird ein Laßkopff auff das Kuͤn geſetzt / wegen deß Angeſichts Rufen / und der - gleichen, aber nit ohne Gefahr / weil die Zung durch ſolches Schrepffen ſehr verletzt wird. Umb die Huͤfft und Lenden / ſetzet man bißweilen auch Koͤpff: Jtem zu den Bruͤſten und hindern Fuͤſſen. Es iſt aber ins - gemein zu mercken / daß man eine Ventauſen / oder Laßkopff nie ſetzen ſolle bey einem edlen Glid / als zur Bruſt / nahend dem Hertzen.
Es193Die LVI. Frag.wird geantwortet / das ſolches auß Brechung deß Lufts geſchehe / als wie / wann man mit einer Geiſel knellt. Fuͤrs 2. Warum̃ / ehe das Schrepffen geſchie - het / der Coͤrper wohl zu erwaͤrmen ſeye? dieweil durch die Waͤrme das Gebluͤt duͤnn / und zum auß - lauffen bequem gemacht wird. Dann die Waͤrme eroͤffnet / die Kaͤlte aber ziehet zuſammen. Es zie - het auch die aͤuſſerliche Waͤrme das Gebluͤt mehrers an ſich. Fuͤrs 3. Ob die Bewegung nuͤtzlich ſeye? Mit nichten: dann der Zulauff deß Gebluͤts wird dardurch verhindert / in dem die Waͤrme abgefor - dert / und der Leib / in Anſehung eines andern Lufts / durch die Bewegung immer erkaͤltet wird. Da - her / wann man ſchrepffet / die kalte Oerther nichts taugen / dann die Schweißloͤcher werden zuſammen gezogen / und begibt ſich das Blut wohl in den Leib hinein: So werden auch die Geiſter mehrers ge - ſchwaͤcht. 4. Warumb bißweilen im Schrepffen kein Blut außlauffe? Darumb / weil daſſelbe ent - weder etwas dick / oder kalt iſt: welches dann ſon - derlich bey Forchtſamen geſchiehet: bey denen die Waͤrme ſich einwarts begiebet: oder die Ventau - ſen entweder zu hart oder gar zu leicht angeſetzt ſeyn; dardurch nur die Geiſter / oder das ſubtilere Gebluͤt herauß gezogen werden: oder wann die Haut nicht recht gehawen wird: daher dann die Ventauſen wieder abfaͤllt: welches aber auch geſchehen kan / wann ſie von der Haut und Fleiſch nicht recht auß - gefuͤllet wird. 5. Warumb der Orth offt geſchwoͤl -Nlet /194Die LVI. Frag. let / oder ſchwaͤret? welches deß Gebluͤts halber ge - ſchiehet. Dann wann daſſelbe auß den Loͤchlein nicht recht außgezogen wird / ſo hengt es ſich an / und ziehet ein anders an ſich / welches wann es die Natur nicht außwerffen kan / auffgeſchwoͤllet; und endlich geſchwaͤret. Deßwegen man Unſchlit / ſonderlich Hirſchin / oder das gemeine Oel zum darauff ſchmi - ren gebrauchet / welches weil es warm / die geſchwulſt auffloͤſet. 6. Warumb ein Schmertz entſtehe / an dem Orth / wo man vorhin geſchrepfft / ſolches aber ein weil unterlaſſen? das geſchiehet / weil das Ge - bluͤt zur gewohnten Zeit pflegt herbey zu lauffen. Wann es nun auffgehalten wird / ſo entſtehet dar - auß ein Schmertz. Daher man das einmal ange - fangene Schrepffen nicht leichtlich gar wieder ein - ſtellen / oder unterlaſſen kan. 7. Und dann wird gefragt / warumb man nicht ſo offt zur Aderlaſſe / als man ſchrepffen thue? Antwort / weil durch die Aderlaſſung mehrere Feuchtigkeiten / und lebendige Geiſter / von dem Menſchen kommen; in dem das Gebluͤt auß den groͤſſern Adern gezogen wird; im Schrepffen aber das jenige / ſo mehrers in den aͤuſ - ſeren Theilen deß Leibes ſich beſindet. Wirſung / cap. 9. Einleitung. Keckerman. Syſth. Phyſ. lib. 7. p. 851. D. Cocus c. 7. Sect. 3.
DAS Ang iſt ein Werckzeug deß Ge - ſichts / welches Art feucht / rund / doch et - was nidergedruckt / mit Haͤutlein (deren Theils 5. oder 6. Theils 7. zehlen) und 3. Feuch - tigkeiten vollkommenlich zuſammen geſetzt. Es ſeyn die Augen ein verwunderlich Werck Gottes. Sie eroͤffnen Freud / Leid / Zorn / Ernſt / und andere Auffwallungen deß Hertzens; geben gewiſſe Anzei - gungen der verborgenen Begierden / alſo / daß recht geſagt wird; die Augen ſeyen wahrhaffte Bot - ſchaffter deſſen / das im Hertzen und Gemuͤht ver - borgen ſtecke. Die Naturkuͤndiger haben gewollt / daß die Augen / ſo tieff im Haupt liegen / ſchaͤrpffer ſehen / dann die herfuͤr boltzende: Jtem / daß die / ſo faſt blicken / oder die Augenglieder offt zuſchlagen / forchtſam ſeyn. Jm uͤbrigen iſt nichts koͤſtlichers / noch jedem lebenden Leib nothwendigers / dann das Geſicht; iſt auch das einige Stuͤck / ſo Leben unnd Tod unterſcheidet. Es werden da / auſſer den be - ſagten Haͤutlein / die Angenlieder / der Rand an bey - den Augenliedern / und Augbrauen Haar / Aug - brauen Wimper / die Gegend zwiſchen den Aug -N 2bꝛauen /196Die LXVII. Frag. brauen das ſchwartze und weiſſe im Aug / die zween Augenwinckel / die Augenwinckel gegen dem ſchlaff / und anders mehr betrachtet. Jtem / obwoln zwey Augen ſeyn / daß jedoch ein Ding nicht zwiefach ge - ſehen werde. Davon die Naturkuͤndiger / und die / ſo von Zergliederung deß Leibs geſchrieben haben / zu leſen ſeyn: Jtem / deß Alb. Lineman. deliciæ Ca - lendariographicæ.
Daneben hat man auch in acht zunehmen die unterſchiedliche Zuſtaͤnde der Augen / als das Trief - fen / Wehethun / Roͤthe und anders mehr. Und werden zu gleich etliche Fragen vorgebracht / als 1. Warumb Theils Augen ein Ding uͤber zwerg / oder auff der Seiten anſehen? 2. Warumb theils beſſer bey Nacht / als beym Tag ſehen? 3. Warumb theils nur in der Naͤhe ſehen? 4. Warumb den Kindern das Weinen / ſo auß der Zuſammendruckung der Druͤſen / oder glandularum entſtehet) das ſonſten den Augen ſchaͤdlich / nutz ſeye? Jtem / warum̃ man bißweilen in der Frende weinet? Jtem / warumb theils zum Weinen geneigter? hergegen theils in der Forcht / und Traurigkeit / gaꝛ nicht weinen koͤn - nen? ꝛc. welcher Fragen Eroͤrterung dann auch bey den angedeuten Natur kuͤndigern aufzuſchlagen.
Damit man aber auff den erſten Frag-Pun - cten komme / ſo ſeyn zwar / was zu der Augen Zuſtaͤn - den / deren hieoben etliche erzehlet worden / nuͤtzlichen zu gebrauchen / vornemlich die Augen-Aertzte umb ihr Gutachten / und Raht zu erſuchen: gleichwohlwerden197Die LVII. Frag. weꝛden allhie etliche Mittel erzehlet / ſo der Beſchrei - ber dieſes Buͤchleins an ſich ſelber erfahren / auch daß ſie andern wolbekommen / vernommen / und in Buͤ - chern auffgezeichnet und gefunden hat.
Und erſtlich ſtaͤrcket und ſchaͤrffet das Geſicht die gruͤne Farb / ſchauung in einen Spiegel / Brun - nen / oder waſſer / gebrauch deß Fenchels / oder nuͤch - tern gekaͤwt / hernach den Athem in ein Tuͤchlein laſ - ſen gehn / und warm uͤber das Aug gehalten. Jtem / Eiſen-Baldrian-Roſen-Augentroſt-Waſſer / und ſonderlich deß D. Craffts / 3. Keyſer Leib-Artztes / Agtſtein-Pillulen / jederweilen gebrauch. Jtem / Naͤgelein-Oel / morgens 3. oder 4. Troͤpfflein mit ein wenig Wein eingenommen: Jtem Saffran / Campher / Eyrklar / mit Alaun abgeruͤhret / und uͤ - ber die Augen gebunden. Weinrauten-Waſſer taͤglich 3. oder 4. Loht getruncken / und den Wein da - mit gemiſcht / ſoll alle Artzney uͤbertreffen: Und die Wurtzel deß gemeinen Baldrians zu einem reinen Pulver geſtoſſen / und die uͤber den andern Tag / ein halbes quintlein / mit einem Truͤncklein Weins zer - trieben / und eingenommen / ſoll das Geſicht / biß ans Ende erhalten. Theils ruͤhmen das friſche Brun - nen-Waſſer / wann man die Augen fruͤhe Morgens mit außwaͤſchet: ſo aber nicht fuͤr jederman / wie auch die zugerichte Augen-Waſſer; welche laulecht manchem beſſer bekommen. Dann die Naturen der Menſchen unterſchiedẽ ſeyn. Einer ſo 12. Jahr lang ſich der Brillen / oder Augenglaͤſer gebraucht / aberN 3nach198Die LVII. Frag. nach Erfindung deß folgenden Pulvers / deſſen man auff einmal morgens und abends / anderthalb quint - lein einnehmen ſolle / hat deren biß in ſein Alter nicht mehr bedoͤrfft. ℞. Puleg. Beton. Rut. Cheli - don. Semin. Saxifr. Leviſt. Aniſ. Ginam. Eu - phrag. ana ℥ jß Cardom. Zinzig. fœnic. Petro - ſel. Hyſſop. Origa. Siler. mont. ana Ʒjß. Ga - lang. ℥ jß. Sacch. ℥ jß, M. f. pulvisſubtilis. Oder; nimm Seſelſamen / Zimmetrinden / jedes 2. Loth / Roſmarinbluͤht. 1. Loht / Fenchel-Anis-Samen / Augentroſt / jedes anderthalb Lot / Parißkoͤrner / Cubeben / Muſcatenbluͤht / Naͤglein / anderthalb Quintlein jedes / machs zu Pulver / und ſchlags durch ein haͤrin Sieb / und brauche von dieſem Pul. ver / morgends und abends / 1. Stund vor den bey - den Jmbſen / jedes mal ein Quintlein.
Wann einen bedunckt / es fliegen Muͤcken vor ſeinen Augen herumb / oder es ſeyen Flecken / und Nebel dardor / ſo wird folgendes Waſſer fuͤr wun - derſam gehalten. R. Mell. opt. ℥ iiij, Urinæ pue - ror. ℥ ij Succorum Rutæ, Majoran. Chelid. fœ - nic. Verben. Euphraſ. ana ℥ ij. ſtercoris Lacerti, Piperlongi ana ℥ ß. Salis nitri ℥ ij, Sacchar. ℥ j. Aloes ℥ iiij, Semin. fœnic. Seſeleos, Sileris mont. ann ℥ ij, Tut. præpar. Sarcocoll. Vitrioli albiana ℥ iß. fell. Perdicis N. ij. fell. Bubuli. N.j. flor. Ro - rismar. p. ij. irrorentut omnia vino albo, & aq. Roſ. deſtill. in Baln. Mariæ. ſign. Aqua ad macu - las, & nubes oculor. davon man ein Troͤpffleindrey199Die LVII. Frag. drey oder vier / mit einer Feder in die Augenwinckel thut. Wann aber eine Hitz verhanden / muß man Roſenwaſſer darzu nehmen. Jtem / Aniß / Fen - chel und Pfeffer / mit Angentroſt / gebraucht. J - tem-Nimm Augentroſt gedoͤrrt / und gepulvert / 1. Loth / Zimmet anderthalb Loht / weiſſen Jngber anderthalb Loth / Cardomoͤmlein und Cubeben / jedes anderthalb Quintlein / Fenchelſamen 3. Quintl ein / und brauch von dieſem Pulver 1. Quintl. mit eim Loht Zucker vermiſcht / morgens und abends auff ei - ner Schnitten Brods / in gutem Wein geweicht / in der Wochen etlich mal. Jſt auch gut zum Hirn / und Haupt / wider die kalte Fluͤß.
Jn Augen-Schmertzen braucht man Roſen - Fenchel / Augentroſt Waſſer / mit dem weiſſen vom Ey; Jtem Weiber - oder Eſels-Milch / gekochte Weinbeer / oder das weiſſe vom Ey / mit Brunnen - Waſſer / oder Zitwer / auff die Stirn gelegt: oder / Weiber Milch mit Roſſen-Waſſer / und Wermut - Safft vermiſcht / und uͤber die Augen geſtrichen: Oder Fenchel / Augentroſt-Waſſer / jedes ein halb Quintlein / mit anderthalb Quintl. roht Roſen - Waſſer / und Zuckercandi vermiſcht. Oder Bro - ſam von Rocken Brodt / mit einem Eyerdotter / wie ein Pflaſter / auff einem Tuch uͤber die zugethane Augen gelegt. So der Schmertz von Fallen / Schlagen / oder Stoſſen / nimm Gerſten Meel / mit Pappeln-Safft / und dem weiſſen von einemN 4Ey /200Die LVII. Frag. Ey / zu einem Pflaſter gemacht / und auff ein Tuch geſtrichen.
Jn boͤſen / fluͤſſigen und trieffenden Augen / rahtet einer / ſoll man nehmen einen Hanen Fuß / mit aller ſeiner Zugehoͤr / ihn zerſtoſſen / und auff das Haupt / wann das Haar zuvor abgeſchoren / le - gen / und 5. oder 6. Stund darauff liegen laſſen / biß Blattern gezogen werden; die man alsdann mit ei - nem Scheerlein zerſchneiden ſolle / damit die boͤſe Feuchtigkeit herauß flieſſe. Die Blattern ſolle man mit friſchem Butter und Eyerdotter heilen / oder ein Koͤlblat warm gemacht darauff legen / dardurch die Schuͤß und Fluͤß wunderlich geſtillt werdẽ / da ſonſt kein Artzney helffen wolle. Sey auch gut auff die ſchmertzhaffte Huͤfft gelegt; und etzeten ſich die Bett - ler damit auff. Es dienen auch hierzu die Haupt - Pillulen; Jtem Maſtix und Cubeben. Zum Ge - nick kan man Krauſemuͤntz brauchen. So thut warmes Rockenbrodt / wie es auß dem Ofen kombt / hinden im Nacken auffgelegt / allerley Fluͤß und Roͤ - the herauß ziehen. Jtem / geſtoſſener Kren alſo auf - gebunden. Oder / nim̃ die Wurtzel von dem Klet - ten kraut / doͤrre ſie / machs zu Pulver / und mit einem Eyerklar zu einem Saͤlblein / und legs auch auffm Nacken auff: oder lege von einem gebraten Ey das weiſſe alſo heiß uͤber die Augen: ſo beydes von einer Freyfraͤwlein / ꝛc. gewiß befunden worden. Oder / nimm Roſen-Waſſer 8. Loht / darinn loͤſche gluͤen - des Gold / darnach thue darzu Aloe / Weyrauch /Maſtix /201Die LVII. Frag. Maſtix / Silberglet / jedes ein quintlein / laß ſieden / biß der dritte Theil verzehret iſt / drucks dann durch ein Tuch / und brauchs wie ein Augen-Waſſer.
Zu den rothen hitzigen Augen / und auch in theils andern Zuſtaͤnden der Augen / hat man folgen - des Augen-Saͤlblein fuͤr nuͤtzlich befunden: Nim̃ zubereiter Tutiæ 4. Quintlein / ungewaͤſſert But - ter-Schmaltz 4. Loht / waſche ſolches mit weiſſem Roſen - und Fenchel-Waſſer wol ab / und mache es zu einem Muͤslein. Zum gebrauch nimm einer Erbiß groß davon / ſtreich es an die Augenlieder / und in die Ecklein. Jtem / nim̃ ein vierfach zart Leinin Tuͤch - lein / in gerechten Brandtenwein gedunckt / darinn weiſſer Zuckercandi vergangen / und thue es uͤber die Augen / ziehet wunderlich die Hitz auß. Oder nim̃ Eyerklar / zerklopffs mit Roſen-Waſſer / und zeuch einen zarten Hanff dardurch / und bind ihn mit einer Laßbinden übers Genick. Oder nimm friſche ſüſſe Aepffel / ſieds mit Roſen-Waſſer zu einem Muͤslein / thue zubereiten Blutſtein / und ein wenig Saffran / oder nur Saffran allein darunter / zeuch ein dop - pelt Tuͤchlein dardurch / und binde es laulecht uͤber die Augen. Oder binde uͤber rothe und boͤſe Augen Holunder Schwaͤmlein / ſo zuvor in einem friſchen Brunnen-Waſſer naß gemacht worden / es ziehet alles auß. Oder nimm das weiſſe vom Ey / zer - treibs wohl mit Roſſen-Waſſer / und netze ein Haͤnffin Werck wohl darinn ab / und legs im Nacken mit einem Tüchlein uͤber. Von einemN 5Moͤnch202Die LVII. Frag. Moͤnch zu Wien iſt folgendes Augen Waſſer mit - getheilet worden. Nimm bereiter Tutiæ in der A - pothecken / 1. Loht / Aloe 3. Quintl. Saffran 1. qu. fein Zuckers 14. Loht / Naͤgelein 1. qu. Malvaſir / Roſen-Waſſer / jedes anderthalb ℔. Rautenſafft 1. Loht / und miſche es.
Wider die Faͤll und Haͤutlein uͤber die Augen / braucht man anfangs Rettich-Waſſer; oder weiſ - ſen Vitriol / in einem Brunnen - oder Roſen-Waſ - ſer; oder ein Erbis groß vom Pülverlein / durch ei - nen Federkiel ins Aug geblaſen. Ungewaſchen Wachtelſchmaltz / in einem Glaͤslein / an die Son - nen geſetzt / und mit ſelbigem Oel / darin man klein geſiebten Kuͤchelzucher thun ſoll / die Augen mit ei - nem Federlein beſtrichen / nimbt auch die Faͤll hin - weg. Mit folgendem Augen-Waſſer ſoll einer / ſo zehen Jahr ſtarrblind geweſen / wieder zu ſeinem Ge - ſicht gelanget ſeyn: Nimm Eppich / Fenchel / Rau - ten / Eiſenkraut / Betonien / Benedicten / Gaman - derlein / Feld-Cypreß / Bibernellen / Augentroſt / Klee / jedes gleichviel: zerſtoſſe ſie / und gieſſe eines Knaben Harn daruͤber / beſtreiche die Augen damit / und thue auch ein wenig davon hinein. Sonſten ſoll auch Starrblindheit / und Starr-Fehl / Nar - den-Samen zu einem Pulver geſtoſſen / und mit Veiel-Wurtz-Oel in die Naſen geſtoſſen / curiren: Jtem / nimm Schellkraut-Safft / duͤrr Wurtz - Safft / jedts 2. Loht / und Jungfrawn Honig 4. Loht /miſche203Die LVII. Frag. miſche / und thue davon deß Tags 3. oder vier mal jedes mal 3. oder 4. Troͤpfflein in die Augen.
Vberſtilpt Flarr-Augen hilfft gruͤn Waſſer Eppichkraut geſtoſſen / den Safft außgedruckt / und in die Augen gethan.
Gerunnen Blut in den Augen / zertheilt und vertreibt Roͤmiſcher Kuͤmmel zu Pulver geſtoſſen / mit Rauten-Safft vermiſcht / und ein Banmwoll darein genetzt / und warm uͤber die Augen gelegt - Augen ſo blutig von Fluͤſſen / curiret Peterlinkraut / mit Aloepatik geſtoſſen / und mit Frauen-Milch / wie ein Pflaſter / gemacht: oder weiche die Broſam von warmen Weitzen-Brodt in Wein / und legs deß Tags drey oder vier mal / Pflaſtersweiſe / warm uͤ - ber. Fenchel - und Augentroſt-Waſſer iſt auch gut. Jtem / Turter-Tauben-Blut; item ein newer Kaͤß / ohne Saltz / mit Honig vermiſcht / und auffgelegt.
Zu allerley Augen-Gebreſten findet man im Maͤyen / an den Wacholder-Stauden / weiche Schwaͤmme / wie ein Mus / und gelbfarbig / die nim̃ herab / und thue ſie in ein Glas / ſetze es an die Son - ne / ſo wird ein Waſſer darauß / daſſelbe ſeiche durch ein Tuch in ein anders Glas / und ſetze es deß Mor - gens / in einen Ameishauffen / ſo wirds gar ſchoͤn lau - ter und dienet fuͤr Menſchen und Vieh. Allein muß auch der / ſo gute Augen behalten wil / ſich vor vielem gebrauch deß Knoblauchs / Zwibel / Lauch / Bonen / Linſen / Senffs / Pfeffers / und ander er gar hitziger Sachen / auch ſtarcken Weins / deß Bads / groſſenWinds /204Die LVII. Frag. Winds / Feueꝛs / Staubs / Nuſſen / und der Sonnen Straalen mit unbedecktem Haupt huͤten.
Wider die Geſchwulſt der Augenlieder / ſo einem Gerſtenkoͤrnlein gleich / iſt am beſten / nichts zu ge - brauchen / oder das Aug nicht reiben; dañ ſolch Koͤꝛn - lein ſelbſten in 3. oder 4. Tagẽ hinweg gehet. Gleich - wol thun Theils Augentroſt - oder Roſen-Waſſer / oder das Oel von Erdwuͤrmlein darfuͤr brauchen.
Wider die hitzige Blaͤtterlein / oder Pfuͤtzlein in den Augen / iſt im anfang gut das Waſſer von Cithoꝛi Blumen / oder Baldrian / oder Meyen-Bluͤmlein.
Gruͤndige Augbrauen heilt der Safft deß Senffs mit Honig angeſtrichen. Oder Camillen im Waſſer geſotten / und wie ein Pflaſter uͤbergelegt.
So einem Eiſen / Stein / oder dergleichen in ein Aug geſprungen / nim̃ Haſen-Schmaltz 3. Loht / Vorwachs 1. Loht / gelben Agtſtein 1. quintl. Mag - netſtein anderthalb quintl. machs zur Salben / und legs Pflaſterweiß uͤber das Aug.
Von andern Zuſtaͤnden der Augen / und wie denen zu huͤlff zu kommen; als von der Roͤthe der Augenlieder; fuͤr ſtaͤts weinende Augen / und Ver - huͤtung deß zunehmenden Fluſſes: Jtem / wie deß Augapffels Schwinden und Abnehmen vorzukom - men: der Augbrauen Haar vertreiben: Augen - Blut / Streich und Wundmaſen / von Fallen / Schlagen / oder Stoſſen / heilen: Augen-Eyter vertreiben: Augen-Fiſteln heilen: Augen-Fleck / und Negel vertreiben: Augen-Geſchwaͤr; Augen -Geſchwulſt;205Die LVIII. Frag. Geſchwulſt, Augengilb: Augen-Klopffen: Augen / ſo zu Nacht das Liecht nicht leiden moͤgen: Augen - Narben: Augen-Umblauffen: Augen-Woͤrner: Augen-Winckel-Geſchwaͤr: Augen-Zwizern / zu heilen / und vertreiben; Sihe / die jenige / ſo von der Augen-Cur inſonderheit geſchrieben; und erhole dich inſonderheit Rahts bey den Aertzten / wie auch oben im Eingang Andeutung geſchehen.
Dieſes kan zum Beſchluß / wieder das Jucken und Beiſſen der Augen hinzu gethan werden / daß ſolches der Roͤmiſche Kuͤmmel zu einem ſubtilen Pulver geſtoſſen / und mit Eyerweiß zu einem Waſ - ſer gemacht / und in die Augen gethan / benimmet: fuͤr die beiſſende Hitz-Blaͤtterlein aber nimm Eiſen - kraut-Waſſer 3. Loht / Schelkraut-Waſſer / Fen - chel - und Augentroſt-Waſſer / jedes anderthalb Loht / vermiſche ſie / waſche die Augen damit / und netze lei - nene Tuͤchlein darinn.
ES iſt der Auſſatz unter allen Kranck - heiten / wie Theils wollen / die allerabſcheulich - ſte. Dann er vergifftet den Leib / daß ſeine Glieder davon gefreſſen / und verderbt werden / daßſie206Die LVIII. Frag. ſie zu Zeiten ſtuͤckweiß ab fallen. Die Naſen wird krumm / breit und eingefallen; Haar / Bart / und Augbrauen gehen auß / die Stimme wird heiſcheꝛ / der Athem ſchwer / keichend und ſtinckend / es entſte - het ein unmaͤſſiger Durſt / Erhart - und Aufflauf - fung deß Miltzes / unnatuͤrliche Hitz der Leber / und Nieren / erſchreckliche Traͤume / und Drucken; Wind / Blaͤſte / Verſtopffung deß Leibs / Geſchwaͤr an Fingern und Zehen / Spalt - und Hinfreſſung der Naͤgel / ſchwartz und uͤbel ſtinckend Eyter / hin und wieder am Leib / hitzige / rauhe / muͤhſame / beiſ - ſende Schuppen / Rufen / und Blattern / Ungleich - heit an der Haut / Erſtarrung der Schenckel / Ver - derbung der natuͤrlichen Farb / und dergleichen; wie - wol bey einem mehr / als dem andern. Dann vie - rerley Arten deß Auſſatzes ſeyn: als 1. Elephantia. oder Elephantiaſis, da der Leib / oder auffs wenigſt / das Haupt / alſo auffgeſchwollen wird / daß man ſa - gen moͤchte / er vergleicht ſich einem Elephanten; o - der aber / wegen der Haut / ſo eines Elephanten Le - der gleich wird. Man nennet dieſe Art auch einen allgemeinen Krebs; Jtem / die Malazey. 2. Ty - ria, von der vergifften Schlangen Tyro, da dem Krancken die Haut etlich mal mit groſſem hitzigen / und ſcharffen Schmertzen abgehet / auch andere Menſchen / ſo umb einen ſolchen ſeyn / vergifft / und befleckt werden. 3. Vulpina, wann die Haar auß - fallen / als wie einem Fuchs / der auch letzlich ver - ſchmacht / und außdoͤrret. Und dann 4. Leonina. wann207Die LVIII. Frag. wann die Hitze gleichſam die Glieder verzehret / und endlich gar die Unſinnigkeit erfolget.
Die Urſachen deß Auſſatzes ſollen ſeyn / ver - giffter Athem / groſſer Zorn / langes Trawren / Forcht und Kleinmuͤhtigkeit / langer Gebrauch Melan - choliſcher Speiſen / ſonderlich alter Kaͤſe / Pfinnigs Schweinen / und geſaltzenen Fleiſches / auch der ge - ſaltzenen Fiſch. Jtem / hitzige Leber / erhitzt ver - brennt melancholiſch Gebluͤht.
Wie man aber den Auſſatz erkennen ſolle / da - von haben unterſchiedliche / und auß denſelben auch D. Daniel Dinckel / geſchrieben. Theils ſagen / wann man gepulvert Bley / nach der Aderlaß / in das Blut werffe / und es untergehe: Jtem / ſo der Eſſig / oder die Laugen auff dem Blut anfahe zu ſieden: o - der es ſich mit dem friſchen Waſſer vermiſche; ſo bedeuet es den Auſſatz. Theils nehmen ein friſches Ey / thuns in ein Geſchirr / und laſſen daruͤber zu A - der und brechen alsdann das Ey auff / iſt es / als wann es geſotten waͤre / ſo ſeye allbereit der Auſſatz vorhanden.
Aber auff die vorgelegte Frage zu kommen / ſo will man / wann der Auſſatz uͤberhand genommen / die Roͤte der Augen / und eine ſpitzige Naſen darzu gelangt / ſo ſey es gethan / und koͤnne man nicht mehr helffen: aber wol im Anfang / mit Raht eines er - fahrnen Artztes: allein muß man es nicht lang an - ſtehen laſſen; wie es etwan Theils zu thun pflegen / und dardurch nicht allein ſich ſelbſt; ſondern auchandere208Die LVIII. Frag. andere ins Verderben bringen. Dann durch das Geſchirr / darauß ſolche Leut getruncken / durch die Speiſe / davon ſie gegeſſen / von ihren Kleidern / Beyſitzen / Beyſchlaffen / Anhauchen / andere / ſon - derlich die / ſo ihnen foͤrchten / mit dem Auſſatz ange - ſteckt werden koͤnnen; als wie mit der Frantzoſen Kranckheit / oder Peſt. Theils brauchen anſangs die Aderlaß / und von auſſen / Schwefel-Oel mit Roſen-Waſſer. Jtem / Erdrauch-Safft / 3. mal in der Wochen / jedesmal zwey oder drey Loht / deß Morgens nuͤchtern getruncken / und beharren damit ein gantzes Jahr. Folgends Waſſer Benedicti Flaventini von Bononien / ſolle den Auſſatz / Krebs / und andere boͤſe Geſchwaͤr in kurtzer Zeit / ohne eini - ges Mahl / heilen. Nimm Feilſpaͤn von Gold / Silber / Eiſen / Kupffer / Bley / und geſtoſſenen Storax / jedes ſo viel du wilt; laß es in eines Kna - ben Harn / der eitel Wein getruncken / einen gantzen Tag erweichen: thue es alsdann herauß / und behal - te den Harn in einem Glaſe: nimm hernach obge - meldte Feilſpaͤne wieder / laſſe ſie einen Tag in dem allerbeſten Wein erbeitzen; den dritten Tag lege es in Fenchel-Safft / den vierten in Weibermilch / die einen Knaben ſeuget / den fuͤnfften in Eyerklar. Wann dieſes alles geſchehen / ſo thue es in eine wol - verlutirte Retorten / mit ſampt einem groſſen unter - geſetztem Geſchirr / damit die Duͤnſte nicht herauß kommen; mache erſtlich ein gelindes Fewerlein / ſteige mit dem Fewer allgemach auff / und ſo ſehr bißalles209Die LIX. Frag. alles Waſſer herauß gefloſſen iſt / und behalts in ei - nem wolvermachten Glaß. Sihe obgedachten D. Dinckel d. L. quæſt. 2. D. Cocum, in expl. lib. de Anima Philip. D. Samuel Hafenreffer de Cutis Affectib. lib. 1. c. 15, p. 106. ſeqq. Micha. Bapſt / in ſeinem Artzney - und Wunderbuch / und andere mehr / und darunter ſonderlich Chriſtoph. Wir - ſung / in ſeinem Artzney-Buch / part. 5. c. 4. da er gar viel vom Auſſatz / auch deſſelben Cur / und wie man ſich in Ordnung deß Lebens / und in andere weg / zu verhalten ſchreiben thut.
WAS das Erſte anbelangt / ſo hat die Natur zu hinderſt an das mannlich Glied ein geruͤmpffet rauch Saͤcklein / o - der Beutelein / gehenckt / darin die Gromen bewah - ret / und erhalten werden. Dieſem begegnen nun mancherley Bruͤch / welche die Lateiner mit ei - nem gemeinen Namen / Herniam, nennen / und die ſich alle in gedachtes Saͤcklein ſencken. Ein andere Art deß Bruchs iſt / ſo in dem Nabel / darob / darumb / oder neben der Scham / es ſey an Manns - oder Weibs-Perſonen / geſchiehet. Ur - ſachen diß Bruchs ſeynd aͤuſſerliche / und innerliche. ODurch210Die LXI. Frag. Durch aͤuſſerliche entſtehen ſie entweders auß Fal - len / Stoſſen / harter Arbeit / ſchwerem Ttragen / ſtarckem Schreyen / und Blaſen / und ſonderlich wann der Leib wol geſpeiſet iſt / eilendem Lauffen / und herben Huſten. Die innerliche entſtehen da - her / wann ſich das Gedaͤrm oder deſſen Haͤutlein / oder Netzlein / nicht an ſeinem oedentlichen Orth er - halten kan / auff den Nabel / Scham oder Sack / ſin - cket: deßgleichen auß Wind / Feuchtigkeit / oder grobem melancholiſchen Blut. Wie aber ſolchen zu helffen / muß man bey den Wund - und andern Aertz - ten / ſich hieruͤber Rahts erholen. Sihe auch Wir - ſungs Artzney-Buch / part. 3. cap. 3. da er von aller - ley Bruͤchen weitlaͤuffig handelt. Man lobet ſon - ſten das Wundkraut-Waſſer / etliche Tage nach - einander getruncken / und die zerknitzſchte Blaͤtter davon aͤuſſerlich auffgelegt. Oder nimm Win - tergruͤn / heidniſch Wundkraut / jedes gleichviel / ſeuds in gutem Wein / und trincke alle Tage einen Monat lang nuͤchtern davon: nim̃ auch Hirſchen Unſchlitt / und Binpech / iedes ein Pfund / Wachs ein halb Pfund / mache eine Salb / und lege ſie daruͤber: ſoll eine Geheimniß ſeyn. Wann den Kindern das Naͤblein außgangen / ſo pflegen die Weiber auß Sauerteig / Brantenwein und Saltz / ein Muͤslein zu machen / und dem Knaben uͤbern Nabel zu legen. Ein Gebrochener ſolle von einem Trunck deß Weggras / oder Wegtritt-Waſſers / ſein geheilet worden. Sonſten ſagt einer / wannman211Die LXI. Frag. man deß Weggraskraut zwey Haͤnd voll nehme / ein halbe Maß Wein daruͤber ſchuͤtte / koche / morgens und Abends von trincke / ſo werde man in 5. Tagen wieder geſund. Wann einem das Gedaͤrm herab faͤllt / ſoll er Tag / und Nacht Kraut / mit Eſſig wol zerſtoſſen / warm daruͤber legen / ſo ſey es ein bewehrte Artzney. Der Trunck zu ſolcher Zeit / Wacholder - Wipfel / Salbey / Weinrauten / Zimmet / Anis / Wein mit halb Waſſer vermenget / und in einer Kannen geſotten.
Was das 2. nemlich die Bein-Bruͤche anbelangt / ſo ſeyn darzu abermals die Wund-Aertzt zugebrau - chen. Man pflegt das verraͤnckte Glied wieder an ſeinen Ort zubringen / hernach gekochten Lein / oder warm Oel / oder die Bruͤhe von gekochten Schafs - Fuͤſſen / darauff zu legen: anderm Weg aber das Glied außzudenen / hernach den Rucken zu ſchmie - ren: Bocks-Blut mit Eſſig iſt auch gut darzu. Fuͤr Beinwachs nimbt man Ammon. ℥ ij. Eu - phorb. Pyretr. ana ℈ j. Sal. nitr. ℈ s, Ceræ. Ol. Roſ. q. Suf. mach ein Pflaſter darauß / ſo man auff einem Leder uͤber Beinwachs leget. Man ſagt / ein Menſch ſolle 219. Bein haben. Auß den Wun - den ſolle Bibenellen Wurtzel zerſchnitten / und ge - ſtoſſen / und darnach wie ein Pflaſter uͤbergelegt / Beinziehen: Beinſprieſſen aber Galbenſafft auff ein Tuch geſtrichen. Beſchaͤdigt Bein heilet das Gruͤnkraut der gelben Ruben / uͤbergelegt. Fol - gendes Bein-Bruch. Pflaſter wird gelobet: nimmO 2Hartz212Die LIX. Frag. Hartz acht Loht / Wachs 8. Loht / Roſen-Oel ein halb Loht / laß zergehen / und mach mit eim halb Loht Drachen-Bluht mumiren / Maſtix / Weyrauch / jedes ein Loht / Bonenmeel / Camillen-Pulver / jedes ein Loht Bol. Armen. zwey Loht / Arab. Gummi ein Loht / ein Pflaſter. Weitzenbruͤhlein ſeyn beydes eine gute Speiß / und heilſame Artzney darzu. Son - ſten nimbt man Gerſtenmeel ſechs Loht / und Wey - rauch / zu einem ſubtilen Pulver geſtoſſen zwey Loht / miſche es / und machs mit Eyerweiß zu einem wei - chen Pflaſter / das ſtreich auff ein Tuch / legs uͤber den Bruch / und verbinde denſelben gerings umb - her wol / daß er nicht voneinandtr gehen mag / und laß ein Tag etlich darauff liegen / biß der Bruch wi - der geheilet iſt. Das geſchicht bald / weñ er nur recht eingerichtet wird.
DJE Blaſe oder Blatter iſt von zwey - en ſtarcken Haͤutlein / die ob aneinander hef - ten / zuſammen geſetzt / darinn das innerſt faſt zwier ſo dick / als das aͤuſſerſt / und nicht verge - bens alſo iſt / damit es der Schaͤrffe deß Harns deſto ſtatlichern Widerſtand thun moͤchte. Dieſe wer - den von einer weiſſen ſchleimerigen Materi erſchaf - fen / mit welchem weiſſen Geaͤder / ſie an vielen Or -ten213Die LX. Frag. ten zwiſchen beyden Haͤutlein / mit mancherley Ren - cken / ſambt etlichen Aederlein / vom Hertzen und Le - ber / durchzogen wird / damit ſie die Feuchtigekit von den Harn-Gaͤngen / ſo von den Nieren biß hieher reichen / an ſich ziehen / und in die Blater fuͤhren. Wirſung / im 3. Theil ſeines Artzney Buchs cap. 18. p. 368. c. Es ſeyn aber gedachte Gaͤng ſo klein / und eng / daß ſie in den todten Coͤrpern weder geſe - hen / noch gefunden werden / wie daß die Blattern der Thiere anzeigen / die dermaſſen beſchloſſen ſeye / daß weder Wind / noch Waſſer dardurch dringen mag. Jn Manns-Perſonen liegt die Blaſe na - hend bey dem Maßgang / erſtrecket ſich mit dem Hals / ſo fleiſchern iſt / krumb / ſchier wie ein Latei - niſch S gebildet / groß und lang / biß zum Anfang deß maͤnnlichen Glieds; aber bey den Weibs-Per - ſonen iſt ſolcher Hals etwas hoͤher / denn das Mund - loch der Baͤrmutter / iſt kurtz und weiter; derhald ben ihnen auch leichter / dann den Maͤnnern / am Stein zu helffen iſt. Jm Anfang / und rund um̃ den gedachten Blatter-Hals / iſt ein Maußechtig Fleiſch / daß die Harn-Gaͤnge ſo lang beſchloſſen haͤlt / biß der Menſch zu harnen begehrt. Sie iſt im Menſchen viel groͤſſer / dann in andern Thie - ren / mag auch gar weit / außgedehnet werden / da - mit ſie / wann es die Noht erfordert / viel Waſ - ſer faſſen moͤge. Wann die Blatter in ih - rem ſelbſt eigenen Weſen zerſtochen / oder loͤ - chericht wird / iſt Sie unheilſamb; Aber derO 3Blat -214Die LX. Frag. Blater-Hals wird ohn Pflaſter und Hefften / allein durch den Harn geheilt. Unter den Thieren haben allein Blattern / die / ſo lebendige Frucht gebaͤhren; Was aber Eyer legt / und das Gewuͤrme (die einige Schildkrot außgenommen) manglen ihr. Dieſe Blater nun / iſt von der Natur / zu einem Gefaͤß deß Harns verordnet / und dem Leib ein nothwen - diges Glied. Es hat aber daſſelbe auch mancher - ley gefaͤhrliche Gebrechen / als Grieß / Stein / hart Harnen / deß Harns gaͤntzliche Verhaltung / Schmertzen / Zwang / Harnwinde / ſo zu Zeiten nicht allein Hitz / und brennenden Harn / ſondern Geſchwulſten / und toͤdliche Geſchwaͤr verurſachet. Idem Wirſung / d. L.
Es dienet aber zur entzuͤnten Blaſen Endivi - en-Waſſer / morgens und abends getruncken.
Blaſen-Feuchtigkeit vertreibt Spitzmuͤntz - kraut gepulvert / und mit Gerſtenmeel zu einem Pflaſter gemacht / und warm unter den Nabel ge - lege. Sonſten dienen Camillen / Fenchel / Peter - lin / Calmus / Muſcatenuͤß. Oel / 2. oder 3. Tropff - lein eingenommen.
Die Geſchwaͤr der Blaſen heilet Gerſten - Waſſer mit Zucker getruncken / Kleyen Bruͤhlein / Reiß / Amelmuͤslein mit friſch gemolckner Milch bereit / geſſen. Gruͤndige Blaſen aber heilet Suͤß - holtz / mit ſuͤſſem Wein getruncken / oder die Wurtzel in Waſſer geſotten.
Blaſen215Die LX. Frag.Blaſen reiniget Alant / Weggras-Safft / Steinbrechkraut-Waſſer / Wacholderbeer-Waſ - ſer / Fuͤnffſingerkraut-Waſſer / Erdbeer-Waſſer / morgens und abends / jedesmal 4. oder 5. Loht / ge - truncken; item Anis.
Blaſen-Schleim fuͤhret auß die Bruͤhe / da - rinn Eibiſch-Wurtzel gekocht worden / getruncken.
Blaſen-Verſtopffung hilfft Wulkraut (ver - baſcum) in Wein / oder Waſſer geſotten / und da - von getruncken. Jtem / iſſe von Spargen / oder trincke Gras-Waſſer / abends und morgens / jedes - mal 4. oder 5. Loth.
Blaſen-Schmertzen vertreibt Roͤmiſch Kuͤm - mel in einem leinen Saͤcklein eingerigen / in Wein geſotten / darnach mit zwey Tellern außgedruckt / und darnach gar warm uͤber den Nabel und Bauch gelegt.
Daß die erloͤcherte Blaſen unheilſam ſeyn ſol - le / iſt oben gemeldet worden. Es thut gleichwol ei - ner ſagen / wann man nehme Weinrauten 4. Haͤnde voll / Beyfuß / Lein-Samen / Fœnigrek-Samen / alle ein wenig groͤblich zerſtoſſen / und jedes zwey Haͤnd voll / und dieſe Stuͤck in einen leininin Sack thue / ſie wohl in einem Kaſten: oder flieſſendem Waſſer ſiede / und ferner darzu auff die vier oder fuͤnff Pfund Baumoͤl nehme / wohl mit einander zu ſieden / und in ſolchem Lenden-Bad (ſo auch den verhaltenen Harn treibe) den Krancken alle Tag zwey mal / und etwann ein Stund oder drey badenO 4laſſe /216Die LXI. Frag. laſſe / ſo werde die erloͤcherte Blaſe wieder zu recht gebracht.
VNter dieſem Wort werden alle Zu - faͤll / ſo den Harn verhindern / verſtanden: welches geſchicht: 1. Wann ſich der Blat - terſtein fuͤr die Brunnen-Roͤhre legt / den Harn verhaͤlt / oder ein ſolches Außdehnen deß mannlichen Glieds / und der Vorhaut macht / daß dieſes / ſampt dem Stein die Harn-Gaͤnge verſtopfft. 2. Wann man hart / langſam / und mit Schmertzen harnet / welches gemeiniglich mit Reiſſen und Brennen deß vordern Theils am mannlichen Glied geſchiehet. 3. Da man offt harnen muß / das Waſſer doch nur troͤpfflend außfleuſſt: wird ſonſt ſtranguria ge - uant / und entſtehet / wie auch der vorgehende Zu - ſtand auß Schaͤrffe der Materien / und deß Harns / oder aber auß Schwachheit der Maͤußlein / und be - haltenden Krafft. Dann wo ſcharffe oder beiſſige Materi in die Blatter kombt / ſo reitzet ſie den auß - treibenden Gewalt ohne unterlaß / das / ſo zugefloſ - ſen iſt / von Stund an außzutreiben. Jſt aber die behaltende Krafft ſchwach / ſo kan ſie auch die aller - geringſte Beſchwerniß nlcht gedulden / ſondern laͤſſtdie217Die LXI. Frag. die verflieſſen. 4. Da der Harn gar verhalten wird / entweder auß Hitz / Erhartung der Harn - Glieder / Schwachheit der außtreibendẽ / und macht der an ſich haltenden Krafft: item / ſo ſich zeher di - cker Schleim für die Harn-Straſſen legt[:]item / verſamblet / und verſtocktes Blut in die Blatter kombt / und die Harn-Wege verlegt / ſo gewoͤhnlich denen wiederfaͤhrt / ſo hart gefallen ſeyn. Deßglei - chen / wann die Nieren mit ſampt der Blatter / er - ſchwoͤren: item / wann ein langes verhalten deß Harns geſchicht.
Und hiemit iſt die vorgelegte Frag beantwoꝛtet. Weilen aber bey den vorigen auch Artzney-Mitteln angehenckt worden: als geſchiehet es auch allhie. Und erſtlich brauchen die Aertzte zu Padua etliche Pillullen / ſo ſie vor dem gemeinen Mann gar heim - lich halten ſollen / nemlich ein Scrupel der Pillulen von Maſtix / oder von 3. Stuͤcken / oder der Magen - Pillulen / mit 2. Graͤnen deß guten wilden Cucu - mer-Saffts / und machen eine Pillule darauß / die ſie dor dem Nacht-Eſſen eingeben; welche im Ein - nehmen nicht beſchwehrlich iſt / und das auffbehal - tene Waſſer gewißlich reiniget. Ein geheimes Mittel den Harn zubefoͤrdern / wann derſelbe ſon - derlich deß Grieſſes halber nicht fort will / iſt von einem guten Freund / in Jtalianiſcher Sprache / mitgetheilet / dieſes: Nimm die Wurtzel von der Faͤrber-Roͤthe / Gengeuo, die Wurtzel deßO 5Gal -218Die LXI. Frag. Galgant aus den Morgenlaͤndern / und die Eyer - Schalen der Eyer / auß denen die Huͤnlein kommen / wann ſie außgeſchloffen ſeyn / jedes Stuͤck ſo viel / als deß andern / dieſelbe thue zu einem gar ſubtilen Pulver ſtoſſen / laſſe ſie durch ein gar zart haͤrin Sieb lauffen / und gib davon dem Krancken / wann er gantz nuͤchtern / ſo viel als ein Gold-Cronen wigt / mit einem Bruͤhlein / oder warmen Wein ein. Sonſten braucht man auch / wann man das Waſſer nicht machen kan / Krebs-Augen / und Haͤrings - Blaſen / geſtoſſen / in Wein geſotten / und warm ge - truncken. So haͤlt man folgendes fuͤr ein gewiſſes Mittel zu dem geſtandnen Harn / Harn-Wind / und troͤpfflicht harnen: Nim̃ Peterlinkraut / ſtoſſe und roͤſte es in friſchem Butter / oder Baum-Oel / ſchlags darnach warm / wie ein Pflaſter / uͤber das Gemaͤcht / und neben herumb. Man braucht auch weiſſen Weirauch: Jtem / ein halbes Quintlein der Haͤuslein / darinnen die Eichein wachſen / klein ge - pulvert / und mit Wermut-Waſſer / oder weiſſen Wein getruncken. Oder nim̃ einen guten Trunck Malvaſier / thue darzu ein Loht / oder mehr friſch Baum-Oel / und trincks miteinander; oder ſchmie - re den Nabel mit Unſchlit; oder den Schoß / und Nabel mit Agſtein-Oel. Einer ſchreibt / daß der jenige von der Harnwende / oder kalt Seiche / nicht mehr geplagt werde / welcher ein brennend Tamaris - ken-Holtz / mit ſeinem eignen Harn außloͤſche. Und ein anderer ſagt / wann man von breitem Wegrichtrincke /219Die LXI. Frag. trincke / und darzu geſtoſſnen weiſſen Agſtein / und Meelbyren-Samen (Palituti ſemen) thue / und mit Wein eingebe / ſey es als ein gutes Mittel / dar - durch einem geholffen worden / der in 15. Tagen nicht hab harnen koͤnnen. Einer lobet folgende Latwerg: nimm Spicanardi anderthalb Quintl. Eppich-Samen / Maſſilianiſch Zim̃et / Erdrauch - Samen / der Blumen von Kuͤnigundkraut / jedes ein quintl. Blumen von Spargen 3. Qu. Stein - brech-Wurtz / Süßholtz / jedes 2. quintl. Manns - treu-Wurtz auch ſo viel / Frauen-Haar 3. quintl. Anis 2. quintl. Zucker 4. Loht / Saurampffer-Sy - rup und von den fuͤnff Wurtzeln Safft 6. Loht dar - auß ein Latwerg zu machen.
Sonſten eroͤffnet und reiniget die Harngaͤng / eingemachte Alant-Wurtz / Hirſchzungen Wein / Peterlin / Liebſtoͤckel: und befoͤrdern den Harn die aͤuſſerſte Schelffen von Pferſich Kern / klein ge - puͤlvert: Jtem / Knoblauch geſchnitten / in ein Glas mit Waſſer gethan / und nach zweyen Stun - den getruncken: Jtem / ſo man nicht harnen kan / ſo zerſtoſſe man Meerrettich-Wurtz klein / roͤſte ſie mit Butter / und legs warm uͤber die Scham.
Alſo dienet folgendes Mittel wider das ſchwer - lich Harnen / nimm Lorbeer 2. Loht / Wacholder - beer 1. Loht / 3. Knobloch Haͤupter / zerſtoſſe alles / thue darzu ein Hand voll Gerſten Kleyen / geuß 2. Pfund weiſſen Wein daruͤber / ſied es / biß es dick / wieein220Die LXI. Frag. ein Pflaſter wird / ſtreichs auff ein Tuch / und legs uͤber die Scham: ſolle probirt ſeyn.
Jn dem Troͤpffleins Harnen gebrauchen theils die Laͤuſe / dieweil ſie in allen verſtopffungen die Kraft zu eroͤffnen haben / auch in der Gelbſucht / wegen ihꝛer Waͤrme / und Feucheigkeit: Jtem wird die Herings Seel / oder Herings-Blaſe gepulvert / und eingeben / gelobet; Jtetem Peterlin-Waſſer / die Blum von Ritterſporn: item Dillen - und Scorpion-Oel in die Ruthen gethan. Jtem die Wurtzel von Lorberbaum die Rinden von Roſmarin - und Am̃ey-Samen / jedes 1. qu. zu Pulver gemacht / und eingeben in einer Bruͤ - he Als ein alter Artzt zu einem / der das Waſſer nicht laſſen kunte / geholet worden / hat er ein Geiß laſſen bꝛingen / ſo er vor ſeinen Augen abzuſtechen bevoh - len / deren Blaſen er ihm zu trincken geben / davon er ſtracks geſund worden.
Fuͤr die Harnruhr / oder ſtaͤtigs Außflieſſen deß Harns / machet man ein duͤnnes Breylein / von rein gepulvertem Amelmeel mit Zucker. Jtem / nim̃ Ger - ſtenmeel ein gut theil / Roſenoͤel ſo viel gnug iſt / ſeuds mit gutem Weineſſig zu einem Pflaſter / ſtreichs auff ein Tuch / und legs uͤber die Nieren / gib auch den Krancken Gerſtenmüslein zu eſſen; oder Hirſchen - meel / mit Gerſtenbruͤhe zu einem Brey geſotten / auſſ ein Tuch geſtrichen / und warm uͤber den Nabel und Gemaͤcht / wie ein Pflaſter gelegt. Wann es bey Nachts im Schlaff geſchicht / ſo braucht man Ei - cheln / mit Myrrhen / Weyrauch und ſauren Wein /vor221Die LXI. Frag. vor dem Eſſen / einer kleinen Haſelnuß groß. Jtem / wer nicht drucken liegen kan / der lege nur ein Bonen unter das Mannsglied / ſo kan er den Harn halten. Oder man nehme ein gedoͤrrtes Haſen-Gemaͤchte / oder das Coagulum, Maͤglein / oder Runnen deß Haſens / und daꝛzu Gerſtenmeel und Gaͤnſeſchmaltz / und miſche es untereinander. Oder nim̃ Geiß - dreck / und brenn ihn zu Pulver / und wenn du deß Nachts wilt ſchlaffen gehn / ſo thue etwas davon in einen Becher mit friſchem Waſſer und trincks. Man findet bißweilen einen Fiſch in einem Hecht / den ſoll man in einem Backofen doͤrren / daß er ſich ſtoſſen laͤſſt / und dann denſelben brauchen. Theils rahten / wann man bey der Nacht / unwiſſend / das Bette benetzet / daß man ſoll Jgel-Fleiſch eſſen / und deſſelben feiſte Bruͤhe trincken; oder der Aſchen von einem gebranten Jgel nehmen drey quintlein / Odermenig zwey Loht / und der gelben Haͤutlein auß dem Huͤnermagen gepulvert / 1. Loht / mit Wein ge - truncken / wann man will ſchlaffen gehn. Oder nim̃ von einer Henne zuber eitem Magen 1. Loht / Oder - menig zwey / und von der Aſchen eines verbranten Jgels / drey quintlein / und mach darauß ein Pul - ver. Oder nimm ein halbes quintl. von Rauten / oder Weinrauten-Pulver / Abends in einem Wein ein. Einer růhmet dieſes folgende erfahrne Pul - ver: Nimm Odermenig 2. Loht / die innern Faͤllen von den Huͤner-Maͤgen / die bereitet und auffge - drucknet ſeyn / ein Loht / der Aſchen von einem ge -branten222Die LXI. Frag. branten Jgel drey quintl. ſtoß ſolche Stuͤck zu einem reinen Pulver / und gib davon ein quintl. mit war - men Wein / oder einer Bruͤhe / ehe man zu Bett ge - het / zutrincken. Jſt eben das hie oben angedeutete Mittel.
Harns-Brennen / und ſchneiden / wenden die Pferſich gegeſſen; Jtem / die Bruſtbeerlein in Ge - traͤncken und Latwergen gebraucht; Jtem die groͤſ - ſere Braunellen mit Honig gekocht / und in die Manns-Ruthen gethan / ſo viel thut / auch wann Eyter verhanden iſt. Oder mache ein Pflaſter von Gerſten-meel; Eſſig / und Roſenoͤl; oder ſchmiere die Roͤre / und gantze Scham / mit Lilien - oder Bi - bergeil-Oel: oder nimm ein quintlein Mithridat / allwegen über den andern Tag ein / oder zertreibe Bibergeil / 20. Gerſten-Koͤrner ſchwer / in rothem Wein / und trincke es. Oder / gepulvert Amel - meel / mit rein geſtoſſenem Tragant vermiſcht / und in Suppen / oder ſonſt eingenommen. Alſo lindeꝛt Harnsſchaͤrffe auch rein gepulvert Amelmeel / mit friſch gemolckner Milch zertrieben / und mit einer Spritzen warm in die Mannsruthen gethan. Zum taͤglichen Tranck / biß es ſich beſſert / nimm Gerſten 3. Haͤnde voll / ſchwartze und rothe Bruſtbeerlein / jedes anderthalb Loth / Suͤßholtz / Cucumer-Sa - men / Kuͤrbis-Samen / Citrullen-Samen / jedes 1. Loht / Burtzelkraut-Samen / Lattich-Samen / je - des drey Quintlein. Seudt dieſe Stuͤck in 3. maß Waſſers / den dritten Theil ein / ſeige den Tranckab223Die LXII. Frag. ab durch ein Tuch / und trincke bey Tiſch / und ſonſt davon.
Fuͤrs Blutharnen iſſe Reiß mit Huͤner: oder Fleiſch-Bruͤhe / und ein par friſchen Eyer-dotter ge - ſotten. Jtem / nimm Spargen-Samen / Peter - lin-Samen / Pfeffer-Kuͤmmel / jedes gleich viel. Stoſſe dieſe Stuͤck zu einem reinen Pulver / und gibs dem Krancken 5. Tag nach einander / jedes - mal ein halb Quintl. mit weiſſem Wein / deß mor - gens nuͤchtern und warm zu trincken.
DEß Brands iſt mancherley: inſon - derheit aber / verſtehet man durch dieſes Wort / den heiſſen und kalten Brand / dar - von der hochberuͤhmte Guilielmus Fabritius, Hil - danus, ein eignes Buch geſchrieben hat. Es iſt aber der heiſſe Brand eine anfahende Erſterbung / welche gemeiniglich folget den groſſen Entzuͤndun - gen / und verderbt die weiche Oerter deß Leibs / als Haut / Muſculen / Blut / und Hertz-Adern / Seh - nen / ꝛc. Oder / der heiſſe Brand iſt eine anfahen - de und vollkommene Erſterbung der vorgemeldten Oerter. Der kalte Brand aber iſt eine vollkoͤm̃ - liche / oder gaͤntzliche Erſterbung / nicht allein der vorgemeldten Oerter / und der Knochen / ſondern auch aller andeꝛer veſten und harten Oerter / in wel -cher224Die LXII. Frag. chen kalten Braͤnden / die Haut / das Fleiſch / Blut / und Hertz-Adern / Nerven / Baͤnde der Geleichen / ſampt den Knochen / erſtorben / und erfaulet ſind / und je laͤnger je mehr erfaulen / und in Summa das Gliedmas eyskalt und tod iſt. Die Urſachen ſolcher Außloͤſchung der Geiſter / und natuͤrlichen Waͤrme ſeyn dreyerley: 1. Geſchicht es durch eine haͤfftige und groſſe Veraͤnderung einer offentlichen und bekanten Eigenſchafft / als / unmaͤſſige groſſe Hitz / Kaͤlte / Feuchte und Troͤckne. 2. Auß einer verborgnen / und unbekanten Eigenſchafft / nemlich gifftige / und ſcharffe boͤſe Feuchtigkeiten / ſie ſeyen gleich in unſerm Leib gezielet / und fortbracht / oder durch eine außwendige / und zufaͤllige Urſach uns zu - kommen. 3. Wann die Geiſter / und ſonderlich dieſe / welche das Hertz / durch die Pulß-Adern / den Glied - maſſen zuſchicket / auffgehalten werden. Wann nun eine oder mehr dieſer vorgemeldten Urſachen / die natuͤrliche Waͤrme / eingepflantzte Feuchtigkei - ten / und Geiſter der Gliedmaſſen verderben / ver - gifften / oder auffhalten / verurſachen ſie an dem Ort erſtlich den heiſſen Brand / und darnach / wañ dem - ſelben nicht recht begegnet wird / oder nicht recht be - gegnet werden kan / auch den kalten Brand; wie hievon / als oben erwehnet / beym ehrngedachten Fa - britio, und was fuͤr Mittel zugebrauchen / weitlaͤuf - fig zuieſen.
Allhie wird allein / was man etwan in geſchrib - nen Artzney-Buͤchern gefunden / anch muͤndlich be -richtet225Die LXII. Frag. richtet worden / und ſonderlich wan man ſich aͤuſſer - lich gebrent hat / eingebracht; als ein Maͤhriſche Artzney / ſo man vor dieſem gar geheim gehalten: nim̃ einen newen glaſurten Hafen / thue darein anderthalb Maͤhriſche Maß Bach-Waſſer / ſo auß einem Waſſerfall / Strudel / oder Geraͤuſch / genom - men iſt / und zwey Loht Vitriol / und laß bey einem Feuer verdeckter ſieden / doch alſo / daß kein Troͤpff - lein herauß komme / und etwan zwey oder 3. Zwerch - finger weit eingeſotten werde. So aber etwas uͤ - berſotten / oder verſchuͤttet worden / ſoll mans auß - gieſſen und newe Materi nehmen. Wanns nun geſagt er maſſen eingeſotten / ſo nimm ein vierfach ſauber Tuͤchlein / duncks ins Waſſer / und legs uͤber den Schaden. Wanns ſchier drucken worden / ſo nimm ein anders / und waſch das vorige auß / laß drucken werden / und brauchs wider / ſo du wilt. Wann kein Waſſer mehr da / ſo ſeud ein anders / und brauchs ſo lang / biß der Brand vergeht. Solle ſeyn probirt worden an denen / welchen man hat wol - len die Fuͤß / und Arme wegen deß Brands / hin - weg ſchneiden. Wann das Waſſer beiſſen thut / ſo iſts eine gewiſſe Anzeigung der Geſundheit: ſo es aber nicht beiſt / darff mans weiter nicht brauchen / dann keine Artzney mehr an ſelbigem Menſchen hilfft.
Wider den Brand vom Feuer / oder heiſſem Waſſer / ſiede Habermeel in gnugſamer Geiß - milch / zu einem Brey / und legs auff einem TuchPuͤber226Die LXII. Frag. uͤber. Oder ſtoß Bibernellen-Wurtzel zu reinem Pulver / und machs zu Bibernellenkraut-Safft / und Eyerweiß / zu einem Saͤlblein / ſo wunderbar - heilet. Oder nimm Amelmeel / gewaſchen Sil - berglet / Bleyweiß / jedes zwey Loht / Roſen-Oel / S. Johanns-Oel / jedes 6 Loht / Neuwachs 2. Loht / zerlaß das Oel / und Wachs uͤber einer Glut / laß er - kalten / und waſche ſie drey oder vier mal mit Nacht - ſchatten - und Hartrigel-Waſſer / und thue alsdann die andere Stůck rein gepulvert darein / ruͤhre ſie wol durcheinander / ſo haſtu eine koͤſtliche Brand-Salb. Stoſſe Lattich / und miſche Saltz darunter / lege es darnach auff / ehe es Blaſen gezogen / es ſeye der Brand vom Fewer / Oel / oder Waſſer. Jtem / iſt auch gut fuͤr dem Brand deß Fewers / Schwe - fel / und deß Buͤchſenpulvers / Fahrenkraut-Safft / oder die dürre Wurtzel mit Roſen - oder Brunnen - Waſſer befeuchtet / ſo einen ſchleimigen Safft gibt / der vor den Brand nicht zubezahlen iſt: Jtem / Weibermilch gebraucht. Epheublaͤtter in Waſſer geſoteen / und alle Tage friſch uͤber den Brand ge - legt / heilet ihn / und laͤſſt nichts darzu ſchlagen / auch keine Kraͤtzen / oder Maſen werden; ſo ein vorneh - mer Freyherr ſelbſten erfahren hat. Jtem / die in - nere Rinde von dem Lindenbaum außgebrennt / und das Waſſer uͤber gelegt; ſo eines Baders zu Wil - dan / im Land Steyer / geheimes Kunſt-Stuͤcklein geweſen. Roſen-Oel / und ein Dotter vom Ey / durch einander geſchlagen / und damit geſalbet. Oder /227Die LXII. Frag. Oder / nimm einen Hafen mit Habern / geuß ihn voll Waſſers / laß das Waſſer einſieden / ſo dann geuß mehr daran / laß gar wohl einſieden / darnach druck den Habern auß / durch ein Tuch / und ſchmier den Brand damit. Oder halte alſobald den ge - branten Ort gegen dem Fewer / ſo ziehet eine Hitze die andere auß / welches mit dem Span. Wachs oft probiret worden. Oder lege warmen Kuͤhkoht uͤ - ber. Oder brauche alſobalden eine Krautbruͤhe / mit Saltz und Eyerklar; oder Quittenkern. Einer ſagt / man koͤnne gluͤendes Eyſen in Haͤnden tra - gen / wan man die Haͤnde mit dem Safft von Wil - denklee ſchmiere.
Sonnenbrand heilet Brunnkreß / oder Bach - bungenkraut / zerſtoſſen / und uͤber Nacht auffgelegt / und morgens wieder abgewaſchen.
Kaltem Brand ſolle wehren / auch ſolches offt ſeyn probirt worden / der Harn von einer Junfrauen die ihre Monatszeit hat / ein Tuͤchlein darein genetzt / und auff den Schaden gelegt. Jtem der außge - preſte Safft von den lebendig geſtaſſenen Krebſen / damit beſtrichen.
Eine erfahrne Pulver-Leſchung: Nimm fri - ſchen Beyfuß / ſtoſſe denſelben wol mit Wein / druck den Safft herauß / und gib dem verwunten deß Tags zwey mal davon / jedes mal auff zwey Loͤffel voll / oder drey Loht / zutrincken / geuß auch ein wenig in die Wunden / es vertreibt deß Pulvers ſchmertzlicheP 2Ent -228Die LXIII. Frag. Entzuͤndung / und nimmt die Vergifftung deſſelben hinweg.
Neſſelbrennen heilet Roſen-Waſſer mit Ey - erweiß zerklofft / und angeſtrichen.
Eine Brand-Salben. Nimm Huͤnerfeiſte 1. Loht / weiß Wachs zwey Loht / Bleyweiß 3. Loht / Baum-Oel 5. Loht / Campher ein halb quintlein / und das Weiſſe von drey Eyern. Laß die Huͤner - feiſte / Wachs und Baum-Oel zergehen / temperir dann das Eyerweiß / und folgends die andere Stuͤck darunter / und lege dieſe Salben auff den Brand / ſo vergehet der Schmertz / und heilet.
Vor allerley Brand / nimm ſiedheiß Baum - Oel / thue darein ſchwartze Schaaf-Woll / ſtreichs mit einem Federlein auff ein Werſich-Blat / oder blaues Papir; ſo voneiner vornehmen Frey-Frauen probirt worden. Oder ſtreiche Roſen-Oel / mit Eyerklar auff.
DAS Gedaͤrm hat zu unterſt am Ma - gen ſeinen Anfang / welches mit ſechſerley Arten unterſchiedlich iſt. Die erſte drey / und oberſte ſeyn gantz zart und duͤnn / in welchem ein Theil der Verdawung geſchicht. Die andere dreyArten229Die LXIII. Frag. Arten ſeynd die unterſte / viel fleiſchlicher / und di - cker / damit ſie die Schaͤrffe und Haͤrte deß Kohts deſto minder verlege. Es werden aber dem Ge - daͤrm dieſe ſechs Unterſcheidung / von wegen ihrer Groͤſſe / und Eigenſchafft / ſo ſie zu verwalten haben / nicht daß es ſechs unterſchiedliche Stůck ſeyn / gege - ben; dann es hanget alles dergeſtalt an einander / daß man es fuͤr einen einigen Darm halten kan / der ſich wunderbarlicher weiſe / durch mancherley Renck / und Kruͤmme / im Bauch verwickelt / und ſich von ſeinem anfang / biß zum außgang deß Maß - gangs / erſtrecket.
Jhr / der Daͤrmen Gebreſten wendet Naͤ - gelein-Oel / deß morgens drey oder vier Troͤpff - lein mit ein wenig Wein eingenommen. Jtem / nimm gepulverte Rauten zwey Loht / gepulvert Roͤmiſch Kuͤmich ein Loht / miſch mit Honig / ſo wol geſotten ſey / mach Stul-Zaͤpfflein darauß / und brauch jederweilen eines.
Die Daͤrme erwaͤrmet wilder Balſam / oder Roßmuͤntz / deßgleichen auch Bergmuͤntz / in Wein und Waſſer geſotten / und alſo warm uͤber den Na - bel gelegt.
Feuchtigkeit in den Daͤrmen verzehret Spitz - muͤntz-Kraut gepulvert / mit Gerſtenmeel zu ei - nem Pflaſter gemacht und warm uͤber den Na - bel gelegt.
P 3Ver -230Die LXIII. Frag.Verſehrete Daͤrm heilet Edel-Leberkraut in Wein geſotten / und davon getruncken; item Ro - ſen-Oel von hinden zu ſich genommen. Die Bach - bungen mit Oel gekocht / ſeyn gut zu den verwuͤnſten Daͤrmen. Verſehrte Daͤrm von der rothen Ruhr heilet Lindenbluͤht-Waſſer / getꝛuncken. Jtem / ein ſtuͤck Netz von einem Schaaf / zerſchneids / und roͤſte es in S. Johannskraut-Oel / und legs alſo warm auff den Bauch.
Das Eingeweid reiniget Rhabarbarum; daſſelbe ſtaͤrcket auch gewuͤrtzter Quitten-Syrup. Jtem / reiniget der Schanm von Glaͤſern / oder Glasgall / ſo der Glaßmacher Artzney. Reismuͤslein ſeyn gut in dem Geſchwaͤren deſſelben. Spargen in der Speiß genuͤtzt / taugen wieder alle deſſelb gebrechen. Wermut-Wein / item Erdrauch / Peterlin / Eiſen - kraut / und gemeine dicke Gerſtenbruͤhe / ſtaͤrcken es.
Daͤrm-Verſtopffung oͤffnen Anis-Wein / Cubeben / und Lerchen-Schwamm / jedes beſonder: item Bruſtbeerlein Latwerg / geſotten Fingerhut - kraut zwey Stunde vor Eſſens / item / ſchmieren ſie den Theil deß Magens umb den Nabel mit Haſen - feiſte / und ungeſaltznem Butter; oder machen Stul - zaͤpfflein von Unſchlit.
Wider die Daͤrm-Apoſtem / nimm gepulvert Camillen 4 Loht / Leinſamenmeel gepulveꝛt / Griech - iſch Heu / jedes zwey Loht / Schweinen-Schmaltz / 5 Loht / ſeuds mit einander biß es dick wird / wie ein Brey / ſtreichs auff ein Tuch / und legs warm wie einPfla -231Die LVIII. Frag. Pflaſter uͤber / es erweichet / und zeitiget die inner - liche Apoſtem deß Magens / der Daͤrm und Einge - weids. Die Reißmuͤslein ſeyn auch ſonderlich gut darzu.
Den Afterdarm treibet wider hinein Schweins - Brod-Safft mit Eſſig vermiſcht / und angeſtrichen: item / brauche vor deß Maſtdarms / oder Afftern Außgang / Wermuht / ſiede den in Wein / und behe mit dem durchgeſiegnen Wein den Affter; ſo warm du es leiden kanſt: daꝛnach ſchmier ihn mit Schreib - dienten / und thue denſelben ſittiglich mit einem lei - ninen Tuͤchlein hinein / und daß ein Tag oder drey: iſt probirt. Oder / brauche Camillen / Beyfuß / und Wullkraut zum raͤuchern und behen. Oder ſiede Eiſenkraut in Wein / und behe den Afftern wol damit / darnach beſtreich ihn mit weichem Bech und thue ihnhinein. Jß auch von Reiß. Oder / zerlaß Hir - ſchen-Unſchlitt / und ſchmiere damit den Afftern warm / und halte ein warmes Tuch vor; ſo eine er - fahrne Artzney. Oder lege Sternkraut wie ein Pflaſter uͤber. Zu den Geſchwaͤren deß Hindern braucht man Sanickel-Safft / oder Waſſer. Si - tzens Gebreſten thut wunder barlich legen eine Spitz - maus zu Pulver gebrant / und mit Gaͤns-Schmaltz vermiſcht. Schrunden im Hindern heilet Buchs - dorn-Safft angeſtrichen / oder wie ein Pflaſter uͤber - gelegt. Jtem / heilet die Verſehrung durchge - ſchlagene Kleyenbruͤhe / auff ein Pfund ungefehr / von hinden warm zu einem Menſchen gethan. OderP 4nimm232Die LXIII. Frag. nimm rein Semel - oder Weitzenmeel / alt Baum - Oel / jedes gleich viel / und ein wenig Bech / laß dieſe Stück zergehn (doch ſoll deß Bechs nur halb ſo viel als deß Baum-Oels / ſeyn) darnach thue das Meel darzu / temperirs zu einer Salben / und legs warm / auff leinene Tuͤchlein geſtrichen / uͤber den Affter. Heydelbeer-Oel heilet auch deſſelben Schrunden. Die Hitze deß Afftern vertreibt Saͤwdiſtel: oder Haſenkoͤhl-Safft / offt damit angeſtrichen / und Tuͤchlein daruͤber gelegt. Die Gallaͤpffel in Waſſer geſotten / und auffgelegt / ſeyn auch wider deſſelben Hitze: erweichen aber thun denſelben Eichenrinden in Waſſer geſotten / und ſich darein geſetzt. Wider das Auffgeſchwoͤllen deß Hindern / nim̃ Aronkraut / oder Teutſchen Jngber / Mauß-Ohrenkraut / und Wullkraut / jedes gleichviel / ſiede ſie in wolriechen - dem Wein / und laß ſie wol einſieden / hernach drucks auß / und mache davon ein Pflaſter.
Die Würm entſtehen im Menſchen am mei - ſten auß unordenlichen Speiſen / die nicht ver - daͤuet werden / als Gemuͤß / geſottenem Treid / ſon - derlich Weitzen / item / wann man bald auffs Eſſen badet / deß ehelichen Wercks mit vollem Bauch pfle - get / item von friſchen Bonen / geſaltzenen Fiſchen / Schweinenfleiſch / und dergleichen. Sie wach - ſen auch gern auß mancherley Trachten / oder Spei - ſen / ſonderlich wo viel roher Fruͤchte genoſſen wer - den / darumb ſie ſich auch am meiſtẽ / umb den Heꝛbſt / ſonderlich bey den Kindern erzeigen. Dieſes Wach -ſen233Die LXIII. Frag. ſen nun geſchiehet zun Zeiten im Magen / offt in Daͤrmen; und ſeyn deren dreyerley Arten / nemlich / lange Keßmaden / und runde / ſo in deß Menſchen Eingeweid entſtehen; davon gar weitlaͤuffig in deß Wirſungs Artzney-Buch / part. 3. cap. 15. §. 13. von Wuͤrmen in Daͤrmen / zu leſen. Adamus Lonicerus, umbs Ende erſten Theils ſeines Kraͤu - ter-Buchs / ſagt / wunn ein Kind die Spuͤlwuͤrme hat / ſoll man nehmen die Rinde von Eichenmiſtel / klein geſtoſſen / und dem Kinde mit warmer Milch eingeben zu trincken / ſo ſterben ſie in neun Stun - den / es helffe beyde Menſchen und Viehe. An - dere nehmen ein Handvoll gewachſen Rockenkorn / ſiedens in anderthalb Maß Waſſers / durchſeigen / und trincken es / ſo allen dienſtlich wider die Spuͤl - wuͤrme ſeyn ſolle: Jtem Wermut-Safft. Jtem / Camillen-Pulver auff ein oder anderthalb Quint - lein / mit altem Wein getruncken. Fuͤr die Wuͤr - me im Afftern / nimm eine Speckſchwarte und dru - cke die in den Affter / ſo hencken ſich die Wuͤrme dar - an. Es ſoll aber ein Faden an den Speck gebun - den ſeyn / daß man ihn damit wieder herauß ziehen kan. Oder / nimm eine gute Hand voll Oder - menigkraut / und ſiede das in einer Maß Waſſers den halben Theil ein / ſeige es dann / und trinck alle Morgen und Abend; jedesmal ein gemein Tiſch-Becherlein davon warm / und waſche den Hindern auch damit. So ſie aber tieff darinnen waͤren / ſoll man mit einer Spritzen in den AffternP 5ſpritzen.234Die LXIII. Frag. ſpritzen. Jtem der Knoblauch / auff unterſchied - liche weiſe gebraucht / treibet ſie auß. Jtem / Wer - muht / Stab-Wurtz / Peterlin; aber was bitter iſt / greiffen die Wuͤrm nicht an / es ſeye dann Ho - nig darbey. Weinrauten in Baum-Oel / geſot - ten / durch ein Tuch geſiegen / und getruncken. O - der nimm Weinrauten / roͤſte die mit Baum-Oel / und ein wenig Eſſig in eine Pfannen / und ſchlags warm / wie ein Pflaſter / uͤber den Nabel. Pulve - riſir die Feigbonen / gibs mit Honig / oder Eſſig ein / es treibt allerley Wuͤrm. Die erſte Linſenbruͤhe / den Kindern zu trincken geben / ſoll eine bewehrte Artzney ſeyn. Nim̃ deß ſtaͤrckiſten Eſſigs ein theil / geſottenen Weins zwey theil / gebrant Hirſchhorn / anderthalb Loht / Wurmſamen 4. Loht / Einhorn ei - nen halben Scrupel; ſtoſſe alles wol / und miſche. Jſt probirt. Roͤmiſcher Kuͤmmich mit Wein ge - truncken iſt auch gut. Coriander Samen gepul - vert / und einem Kind 1. quintl. mehr / oder weni - ger / mit Granaten-Safft / oder mit ſuͤſſem Wein eingeben / iſt auch probirt wider die Spuͤl-Wuͤrme. Jtem Wegwarten auß Eſſig geſſen / wie ein Sa - lat. Ein erfahrnes Mittel: nimm friſchem auß - gedrucktem Wermuht-Safft 18. Loht / Andorn - Safft 8 Loht / Rauten-Oel ſechs Loht / Kuͤhgallen 4. L. ver miſchs / und thue es zu den Krancken durch ein Clieſtirzeug.
JA freylich / und darunter die aller - ſchmertzlichſte Wehetagen der Grimmen / deren ſeyn zweyerley der fuͤrnehmſten Arten / Iliaca in den obern / und Colica, in den untern Daͤrmen.
Iliaca paſſio, oder die Grimmen deß obern zar - ten Gedaͤrms / entſtehen auß harter Verſtopffung / oder Geſchwulſt / ſo das verſamblet Koht weiter in das groͤber / oder groͤſſere Gedaͤrm nicht ſincken laͤſſt - Darauß folget dann groffer Schmertz / Stechen / und Reiſſen / ein ſtinckendes Auffkopffen / und Auß - kotzen zum Mund: daher dann ſolche Kranckheit / von etlichen / Herr erbarme dich / genant wird / weil ſelbige / wann ſie uͤberhand nimbt / den Tod bringet. Die gemeine / ſonderlich die Bauersleuthe / heiſſen es die Manns-Mutter. Die Urſachen deren ſeyn zu viel kalt Waſſer trincken / grobe ſtopffende Speiſe eſſen / als harten Kaͤß / Kuͤh - oder ander Fleiſch / das nit wol geſotten oder gebraten iſt; Schweinẽſleiſch / uͤbelgekochte Holtz-Tauben / nicht wolgekaͤuete und geitzig eingeſchlungene Speiß; Gemuͤß / Neſpeln / Byren / Schlehen / und was dergleichen anziehende Fruͤchten ſeyn / und dahero gemeinlich dieſe Grim - men / mehr umb den Herbſt / als zu andern Zeiten /regie -236Die LXIV. Frag. regieren: item kalte / und anziehende Luͤffte; Gifft und andere mehr.
Colica paſſio, ſeyn Grimmen / wie oben ge - meldt / deß untern oder groͤbern Gedaͤrms / welche daher entſtehen / daß der Vberfluß / ſo natuͤr - und gewohnlicher weiſe auß dem Leib ſoll geworffen werden / es ſeye Koht / Feuchtigkeit / Winde / oder Wuͤrm / verhalten werden. Urſachen dieſer Kranck - heit ſeyn faſt auch ſolche / die hie oben bey der Iliaca erzehlet worden. Dann dieſe zwo Arten der Grim - men ſeyn einander ſo nahend verwandt / daß man ſie zwo Schweſtern; ſonſten aber ins gemein Bauch - grimmen und Daͤrmgicht / nennet / ſo auß Verſtopf - fung Schleim und Rotz / auch außblaͤſt / oder Win - den / Apoſtem / und Verletzung der Daͤrmen / ꝛc. herkommen.
Wider dieſe Zuſtaͤnde / werden allerley Mit - tel / in den Artzney-Buͤchern geleſen. Allhie wer - den nur etliche eingebracht / ſo man entweder auß ei - gener Crfahrung hat / oder muͤndlich berichtet / oder von andern auffgezeichnet gefunden worden / als: daß man den Nabel mit Biberfeiſte ſchmieren; ein Ziegelſtein / etlicher maſſen warm / darauff halten ſolle / damit die Winde zertrieben werden; item / Saltz im Mund halten; Krebsſtein mit Malva - ſir / oder dem beſten Wein nehmen: oder Pomeran - tzen-Schelffen mit Zimmet und Galgant / oder Naͤ - gelein-Oel / Morgens drey oder vier Troͤpfflein mit Weiu einnehmen. Oder / nimm duͤrre Feigen /weiſſen237Die LXIV. Frag. weiſſen Hundsmiſt / jedes eine halbe Hand voll / ſeuds in anderthalb Pfund Wein den dritten Theil ein / thue ein wenig Saltz darzu / und geuß mit einem Clyſtier ein; ſo probirt worden / auch wider den Stein ein gewiſſes Mittel ſeyn ſolle. Eine Laug mit Oliven-Oel / von hinden gebraucht / ſoll dergleichen thun; item Regenwuͤrmlein-Oel / mit gepuͤlverten Regenwuͤrmlein vermiſcht / und damit den Ruͤck - grad geſalbet. Die Bruͤhe von einem gar alten Hahnen / mit wilden Saffran / und Engelſuͤß / wird auch durch ein Clyſtier gebraucht. Jnnerhalb deß Leibs / dienet zu nehmen / die Schmertzen zu ſtillen / ein halbes Quintl. Theriac / und außgezognen Kal - mus ein halben Scrupel; auff den Bauch lege das Pflaſter von Mutterkraut / und Steinklee / ſo man nach groͤſſe deß Bauchs / außdehnen ſolle. Verge - het dardurch der Schmertz nicht / ſo nimm oben zu dir den Safft von Pontiſchen Wermut / und Cha - millen-Safft / p. I. und deß weiſſeſten Weyrauchs Ʒj. kochs in lauterm Waſſer / als viel darzu vonnoͤ - then / ſeige es / und thue zu 8. Lothen / deß Chamillen - oder Mutter krauts-Saffts 1. Loht / ſo vermiſcht auff 2. mal einzunehmen. Und ſagt ein Artzt / daß er / mit dieſem Syrup / die groͤſte Schmertzẽ in den Daͤrmen und Magen geſtillet habe. Und meldet dabey / daß in ſolchen Gebreſten nicht allezeit / wann ſchon der Leib verſtopft / ſonderlich nicht mit der Manna / Rhabar - bar und Hiera zu purgiren ſeye; ſondern man muͤſſe den Kraͤfften / und den Lebensmitteln rahten. Wannkein Fie -238Die LXIV. Frag. Fieber dabey / lobet er die Muͤslein von Malvaſier / Eyerdotter / ein wenig Roſen-Waſſer / geſtoſſenen Zimmet und Zucker bereitet. Wann der ſchmertz gar groß / ſoll man nehmen Mandel-Oel / und deß beſten Weins / jedes gleichviel / und Wolgeil / in den Apothecken Sperma Ceti, genant / ein halbes Quintlein.
Sonſten werden wider die Colicam, auch fol - gende Mittel gefunden. Nimm deß langen Pfef - fers anderthalb Quintl. Bilſenſamen / 1. quintl. Ep - pichſamen dritthalb Quintl. Spicanardi / Ber - thram / Bibergeil / iedes 6. Graͤn / Saffran 2. qu. und Honig 8. Loht / zu einer Latwerg gemacht / und davon auff einmal anderthalb qu. genommen. Wi - der die Colic von Winden / nimm deß beſten Zim - mets 1. quintlein / Naͤgelein / Calmus Galgant / je - des ein halb quintl. Anisſamen / Mattkuͤmmelſa - men / Roͤmiſchen Kuͤmmel / jedes zwey Scrupel / Lorbeer N. 6. Muſcatell / oder deß beſten alten Weins 2. Pfund; ſiede dieſe Stuͤck laß den dritten Theil einſieden / ſeige hernach die Bruͤhe durch ein Tuch / und nim̃ morgens und abends / einen Trunck warm als viel mans leiden kan / ein. Folgende Pillulen ſollen auch bewehrt ſeyn; R. Pil. Alephrang. ℥ j. Diogr. Croci, Opii, ana gr. 1. M. f. pil. 9. cum aqu. Camomil. So ſoll dieſes ein gewiſſes Mit - tel wider die Grimmen ſeyn: Nim̃ Camillen-Blu - men in einem Malvaſier gebeiſt / und hernach deſtil - lirt / vier / ſechs oder acht Loht / nach Belieben / thuedar -239Die LXIV. Frag. darzu Zimmet / und Zucker / ſo viel als noͤthig / ver - miſchs zu einem Biſſen / oder Schluck. Zum ſchlaff in dem Reiſſen / nimm Saͤubrodt und Mithridat / jedes ein halb Quintl. Roſenzucker anderthalb Qu - und der Hundszungen Pillulen ein halb quintl. und vermiſchs. Es iſt aber hiebey / und bey andern der - gleichen Mitteln / am beſten / daß ehe man ſie brau - chet / ein erfahrner Artzt zu vor Rahts gefragt werde. Ein Welſcher / oder Jtalianer befihlet Wolffsfeiſte umb das Eingeweids Haͤutlein / beym Gemaͤchte deß Wolffs / zu nehmen / ſich damit zu ſchmieren / und ein ſchmutzig Tuch warm darauff zulegen / ſo werde man groß Wunder ſehen; der / oder ein an - derer / auch ein hoch verwunderliches Mittel / wie er es nennet / zu dem Seiten-Stechen / und Daͤrm - Schmertz hat / nemlich: Nimm Theriac / und Mi - thridat / und der Latwerg Triphera Perſica, genant / jedes ein Quintlein / Roſen-Waſſer 6. Loht / und Wegerich-Waſſer 4. Loht / thue es in ein Glas / ſchuͤtts und miſchs wol untereinander / dalla à beve - re al patiente, & vederai gran prova, das iſt / gibs dem Krancken zutrincken / du wirſt groſſe Prob ſe - hen. Den newgebohrnen Kindlein legt man gelb Viol Oel / mit Baum-Oel / warm auff den Nabel. Dieſes ſoll auch bewehrt ſeyn: Seud Wermuth in Baum-Oel / und nimm deß durchgeſiegnen Oels 24. Loht / und zertreib darinn deß Galbans 1. Loht / und thue es zu den Krancken / durch ein Cliſtier. Ei - ner ſagt / daß in dem obenernenten Schmertzen deßobern240Die LXIV. Frag. obern zarten Gedaͤrms / oder in Iliaca paſſione, die - ſes Clyſtier und Artzney-Mittel / das letzte ſeye: R. pulpæ, colocynth. Ʒj. ſuperfunde cochl. ij. aceti coch. viij. vini malvatici, Ol. Terebint. ℥ j. juris inteſtinor. ſ. pedum lib. I. M. & injice. Sonſten braucht man wider dieſen Zuſtand / ſo man auch den Vatter Siechthumb nennet / Wacholderbeer eine Handvoll / vier oder fuͤnff Judenkirſchen / zerſtoſſe ſie wol in einem Moͤrſer / ſeuds mit einem Becher Wein in einem ſaubern Pfaͤnnlein / laß ein we - nigeinſieden / trincks auffs waͤrmſte / Morgens / und Abends.
Wider die Bauchgrimmen / braucht man auch Gerſten-Maltz in einer Pfannen uͤber dem Feueꝛ geroͤſt / heiß gemacht / und in ein Saͤcklein ge - than / und warm uͤbergelegt. Oder / thue Rephuͤ - ner Federn in ein Saͤcklein / und legs warm uͤber den Nabel; mach auch ein Reißmuͤslein mit geſtaͤhlter Milch / und wol zu einem Breylein geſotten. Jſt ſonderlich gut / wann auch Kotzen / und ſtaͤtig Stul - gaͤng / verhanden. Vor die Kinder / netze einen Filtz / oder ungewaſchen Lamb-Wolle / in warmen Chamillen-Oel / und binds dem Kind warm uͤber das Naͤblein / und Baͤuchlein. Jtem / Rauten zu einem Puͤlverlein geſtoſſen / und eines Meſſerſpitz groß auff einmal eingeben.
Wider das Grimmen von Winden verur - ſachet / nimm Weinrauten-Samen / Pfefferkuͤm - mel / und Wiſenkuͤmmel / in Wein geſotten / iſt einſehr241Die LXV. Frag. ſehr guter gemeiner Tiſchtranck. Der gerechte Brantewein getruncken vertheilet die Darmwinde. Oder nim̃ einen guten Trunck alten Weins warm / thue darzu geſtoſſen Jngber 1. quintlein / geſtoſſene Naͤgelein ein halb quintlein / und trincks Morgens. Fenchelſamen zu Pulver geſtoſſen / und mit Weiu getruncken; oder aber auch vor ſich ſelbſt geſſen / iſt nach laut deß alten Reimen:
Semen fœniculi reſerat ſpiracula culi, ſonderlich gut die Winde außzutreiben. Wider das Auffblehen / dienet gut Gerſtenmeel ſechs Loht / Leinſamenmeel / und Meel von Fœnigrec / oder Griechiſch Hew / jedes zwey Loht / gepulvert Rauten anderthalb Loht / Dillen-Oel 6. Loht / ſeuds in gnug - ſamen Trauff-Wein zu einem Pflaſter / und legs warm auff einem Tuch uͤber den unterſten Bauch.
OBwoln der Durſt ein gemeines Auß - dorren / und Trocknen der innerlichen Glieder / ja / die uͤbernatuͤrliche Begierde deß Getrancks / biß weilen vom gantzen Leib iſt: ſo entſtehet er doch ſonderlich von der Leber / wann die - ſelbe von der Hitz verdorret; bißweilen auch vom Magen / wann geſaltzne und anbraͤnte Daͤmpff uͤberQſich242Die LXV. Frag. ſich ſteigen; bißweilen auch von der Bruſt / und den Nieren: oder der Leib mit hitzigen Fiebern / und dergleichen Kranckheiten beladen wird. Es ſolle der Durſt alle andere Qual uͤbertreffen / und thun die / ſo mit dem Rad gerichtet werden / mehrers uͤber den Durſt / als über den Schmertzen deß zerſtoſſe - nen Gebeins klagen. Urſachen deß Durſts / oder der unordenlichen Begierd deß Kalten und Feuch - ten / ſeyn mancherley / als / zu groſſe Arbeit / und V - bung lang an der heiſſen Sonnen / oder bey groſſem Fewer ſeyn / zu viel ſtarcke Wein trincken / geſaltzen / und geraͤuchert Fleiſch eſſen / Fiſch / Kaͤß / Pfeffer / Jngber / Naͤgelein / und ander hitzig Gewuͤrtz. So kombt auch der Durſt von Zorn und Trawrigkeit / die den Leib außdrůcknen; item von hitzigem Gifft; und ſtarckem Purgiren. Man hat auch erfahren / daß etliche / ſo den Durſt zu viel / und zu lang haben erdulden wollen / in ſolchem Durſt gefallen ſeyn / daß man den nicht mehr hat leſchen koͤnnen / und darauß ſchwindſuͤchtige Fieber / und andere verzehrende Kranckheiten entſtanden ſeyn.
Man braucht darwider Endivienwaſſer / Veilſafft / Burtzelwaſſer. Man haͤlt im Mund Chryſtall / oder Agſtein / oder wolbereiten Salniter / oder Pfefferkoͤr - ner / die die Feuchtigkeit an ſich zihen / und alſo etwas hiedurch den Durſt maͤſſigen: Jtem / Quittenſafft / Suͤßholtzſafft / Bleykugeln; oder man nimbt friſch Brunnen-Waſſer ein Pfund / thut darzu 6. oder 8. Loht / Veil-Syrup / und vermiſcht ſolches wol un -ter -243Die LXV. Frag. tereinander / und thut davon bißweilen einẽ Trunck. Boragenwaſſer / Sauerampferſafft / und Syrup / Limonienſyrup / ſauer Kirſchen / eingemachte Ama - rellen / und Pferſicht / ſauer Granaten / Granaten - ſafft / oder Wein / mit Saurampffer / oder Bora - genwaſſer vermiſcht / und getruncken. Der Safft / oder Rob von Saurach / Erbſich / S. Johannis Traͤublein / oder Ribes / mit Saurampffer-Waſſer geſotten / und davon getruncken; Jtem Ribes / oder Eitbeer-Safft / eingemacht / ſeyn auch gut. Oder / nim̃ der Broſam von Rocken-Brodt auff die fuͤnff oder 6. Vntzen / das iſt 10. oder 12. Loht / reibe die gar klein / thue es in ein ſteinern Krug / ſchuͤtte dar - zu ein Maß friſch Brunnen-Waſſer / geuß daß et - lich mal von einem Geſchirr in das ander / alſo daß es ſich wol vermiſcht / ſetze es alsdann an ein kuͤhlen Orth / biß es ſich ſetzet / alsdann ſeige das Waſſer durch ein Tuch / oder Claret-Sack / und trinck nach deim Wolgefallen. Oder / nim̃ Weitzen-Semel - Broſam / in einer Schuͤſſel / mit friſchem Brunnen - Waſſer / ein wenig Zucker / und Zimmet bereitet / ſtaͤrcket / noͤhret und leſchet den Durſt. Vitrioli - ſcher Roſen-Zucker iſt auch gut; aber Candel-Zu - cker ſolle Durſt machen. Das rohe Waſſer leſchet zwar auch den Durſt / aber in hitzigen Zuſtaͤnden / thut es damit allein nicht. Zu dem es bey Theils Leuten Schaden bringt / wann ſie nicht ein geſaltznen Trunck Waſſers darauff thun. D. Joh. Bauhi - nus ſagt: Es iſt das beſte fuͤr den Krancken / daß erQ 2ein244Die LXV. Frag. ein Loht Roſenzucker in den Mund nehme / und drin - nen halte / biß er allgemach ſelber hinab flieſſe / wel - ches den Durſt gewaltig leſchet. Ein ander Medi - cus hat folgendes Traͤncklein verordnet: R. aqu. fœnic. Borrag. Cichor. Acetoſæ, ana ℥ iij. ſemin. Melon. Citrul. ana ℈ j, F. emulſio, cui adde Syr. a - cetos. Citri ℥ ij, Rot. man. Chriſti perlat. ℥ j, corn. Cerv. præpar. ℥ j, M. & detur in Vaſculo, Sign. Traͤncklein / ein halbes Glaͤslein / oder ℥ ij / ſo offt ei - nen duͤrſtet / außzutrincken. Man nimbt auch Pſil - lienſamen Schleim / mit Veiel-Syrup vermiſcht / jedes gleichviel / etwan einen Loͤffel voll / oder zwey vor ſich ſelbſt ein / oder trinckts mit geſottenem Ger - ſtenwaſſer vermiſcht / wie einen Julep.
FJeber iſt eine ungleiche Vermiſchung der natuͤrlichen Geiſter / in hitzigere / und tru - ckenere Art / dann ſeyn ſoll. Oder Fieber iſt eine unnatuͤrliche Hitz / ſo auß dem Hertzen kombt / und die Verrichtungen hindert. Dann das Fie - ber iſt eine Hitz im Hertzen angezuͤndet / durch wel - che die natuͤrliche Waͤrme feurig wird. Die allge - meine deſſen Urſach iſt / wann die Nahrung boͤß / darauß boͤſe Feuchte entſpringet: item wañ man dieSpei -245Die LXVI. Frag. Speiſen nicht wol verdaͤuet; item / Eckel vor einer Speiß / Unterlaſſung deß Leibes-Ubung / unmaͤſſt - ges Leben / und dann offt auch ein anſteckender Lufft: ſonderbare Urſachen aber ſeyn / die Verderbung der Feuchte / und Abfall von ihrem natuͤrlichen Stand; bißweilen auch die Faͤulniß. Einer ſagt / die Fie - ber muͤſſen eine vorgehende Urſach haben / ſo dieſelbi - ge erwecke / als Muͤde / Wachen / Zorn / Toben / Trauren / ꝛc. Jtem / Sonnen-Hitz / Kaͤlte / harte Arbeit / Rohin deß Magens / Trunckenheit / vergiff - te Lufft / Hitz umb die Scham / es ſey auß Ge - ſchwulſten / Geſchwaͤren / oder Schlieren / ungeſun - den hartdaͤuigen Speiſen / Wohnung bey ſolchen Krancken / ſo auß mangel an der Lungen / oder ſonſt elnem ſtinckendem Athem haben / und was derglei - chen ſeyn mag. Daher kombt wegen der Hitz und Streits der Natur mit der Feuchte / der Durſt. Die Zeichen / oder Anzeigungen eines verhande - nen Fiebers / ſeyn gemeiniglich / eine geringe Zu - ſammenziehung deß Ruͤckgrads / das Rencken / das Guͤnnen. 2. Ein andere Farb der Lefftzen / und der Naͤgel / nemlich ein wenig ſchwaͤrtzlichte. 3. Ein Froſt / mit dem Durſt: Jtem / ein Schmertz in den Geleichen / und Muͤdigkeit / oder Erſchlagenheit der Glieder. Wann das Fieber vor ſeiner ge - wohnlichen Zeit kommet / bedeutet es viel Materi / und eine ſtarcke Natur; wann es aber verziehet / ein Abnehmen der Materi. Es ſeyn aber unterſchidliche Arten deß Fiebers / als eines / ſo nur einen Tag waͤ -Q 3ret:246Die LXVI. Frag. ret: ein anders / ſo taͤglich wiederkombt / ſeinen Vr - ſprung vom Rotz und Schleim hat / und deßwegen uͤbel zuvertreiben iſt. Ein anders iſt das dreytaͤgi - ge / ſo von der Gall: Ein anders das Viertaͤgige / ſo auß der ſchwartzen Gall entſtehet; und ſo fortan; davon die Aertzt Rahts zu fragen / und die Buͤcher / ſo davon außgegangen / zu leſen.
Allhie ſeyn nur etliche Regeln / und Artzneymittel kuͤrtzlich zuvermelden / ſo man / daß ſie tauglich und bewehret ſeyn / von andern erfahren hat: als / daß man / wann das Fieber einen angreifft / ſo die Aertzte paroxiſmum nennen / und einen Antritt / oder Be - wegung der Feuchten bedeutet / man den Krancken wol verwahren / und zudecken ſolle; ſintemal dar - durch die Schweißloͤcher eroͤffnet werden / und die Materi / oder der Vnraht / durch den Schweiß her - auß gehet. Man ſoll ſich auch zur ſelben Zeit alles Eſſens und Trinckens / enthalten; weil dardurch die Fieberiſche Vnreinigkeit / oder die Materi ſonſten vermehret wird / wann / wie oben gemeldet / man das Fieber im Ruckgrad vermercket / und eine Enge der Bruſt da iſt / ſolle man ſich erbrechen / oder undaͤuen; ſonderlich nach dem erſten oder andern Anfall welches Erbrechen mit einem laulichten Waſſer ge - truncken / oder durch andere Mittel zu wegen zubrin - gen. Theils geben ſtracks / wann man Kaͤlte und Hitze verſpuͤhret / im Anfang ein Quintlein von Car - dubenedicten-Pulver / in Cardubenedicten-Waſ - ſer ein / und laſſen einen Schweiß thun: und dienetwol /247Die LXVI. Frag. wol / wanns von Rotz / oder Schleim und der Gal - len herkombt. Wann die Hitze in dem paroxiſmo abnimmet / ſo laͤſſt man ein Gerſten-Waſſer zu / da - mit man den Schweiß treibe. Sonſten pfleget man den Krancken zu purgiren / damit die ſchwartze und gelbe Gall / ſampt dem Schleim außgefuͤhret werde: deßwegen dann bey den Aertzten Raht zu ſuchen iſt. Wann einen ein Fieber gleich anſtoſſen will / ſoll er von ſtund an 6. Loht Bibernellen-Safft warm trincken und darauff ſchwitzen. Plinius ſchreibt der Hirſch bekomme kein Fieber / darumb iſt er auch gut fuͤr denſelben Gebrechen. Und weiß ich etliche Fuͤrſtliche Perſonen (ſagt Bauhinus vom Boller Bade) die ſolch Wildpraͤt alle Tag / deß Morgens geſſen / und in langer Zeit kein Fieber em - pfunden haben. Man gibt vor / wann einer allezeit mit der Kreiden ein Strichlein an ein gewiſſes Ort ſchreibt / ſo offt er das Fieber / oder den Schuͤtter hat / daß es ihn nicht laſſe 9. Strichlein ſchreiben / ſondern vor dem neunten mal auffhoͤre. Welches man dahin geſtellt ſeyn laͤſt; wie auch andere der - gleichen Ding / und darunter dieſes: Nim̃ ſieben Wegrich Stengel / haͤngs an den Hals / und trags neun Tag / und in derſelben Stund / in welcher du ſie angethan wuͤrffs hinderwerts in ein flieſſend Waſ - ſer. Jtem / lege Tormentilkraut dem Krancken unter / diß er darauff ſchlaffe / und legs ihm auch in die Sch[u]h. Ein ander will / daßman einem das Ha - ſenkoͤlkraut unwiſſend unter ſeine Leilach ins BettQ 4legen248Die LXVI. Frag. legen ſolle. Folgendes iſt von hohen - und nidern Standes Perſonen probirt worden: Geuß einen Brandwein in ein ſaubers Pfaͤnnlein / und zuͤnd ihn an / daß er brenne; darnach ſchlage ein newes Ey darein / laß es ſieden / biß an die ſtatt / oder genuͤgen / und gibs dem Krancken am boͤſen Tag zu eſſen / wanns ihn ankombt: uͤber dreymal darff mans nicht brauchen. Jtem / nim̃ einen Regenwurm / waſch ihn ſauber / lege ihn hernach auff eine Hafendecke / bren ihn uͤber einer Glut zu Pulver / und gibs in ei - nem friſchen Waſſer ein. Jtem / R. Rhabarbar. Opt. ℈ ß, pulv. radic. Mechoac. ℈ ij, Spec. Diatur. cum Rhab. ℈ ß, Zinzib. albiſſ. ℈ ß, Trochis. Al - chandal. gr. iij, vel iiij, fiat pulvis ſubtilis. Sign. Pulver auff einmal / in einer warmen Bruͤhe / oder Erdrauch-Waſſer einzunehmen. Jtem / ein ſanfftes und lindes Clyſtierlein / in den Fiebern / ohne alle ge - fahr zugebrauchen: Nim̃ gerollt oder geſchet Ger - ſten / Veielkraut / Mangolt / Papeln / jedes ein Hand voll / ſeude dieſe Stuͤck in 3. Pf. Waſſers / den drit - ten theil ein / und ſeige es dann durch ein Tuch; nim̃ hernach der durchgeſignen Bruͤhe 24. Loht / Mertz - Veyeln-Oel 6. Loht / friſchen Butter zwey Loht / ge - meinen Speißzucker zwey Loht / ein friſchen Eyer - dotter / und anderthalb quintlein Saltz / vermiſchs wol durch einander / und thue es laulecht warm zu dem Krancken durch ein Clyſtirzeug / und laß ihn zum allerwenigſten ein Stund bey ſich behaten. J - tem / ſoll allerhand Fieber / wann ſie lang gewehret /Habern /249Die LXVI. Frag. Habern wolgeſotten curiren / wann man den / in ei - nem Saͤcklein / ein Tag drey / warm uͤber den Ma - gen legt / und hernach einer Saw zu eſſen gibt. So ſolle eine Spinne in einer Haſelnuß eingeſchloſſen / und am Hals getragen / ein ſonderliche Magnetiſche Artzney ſeyn. Regenwuͤrmer gepulvert / und von einem Menſchen-Kopff geſchabnes Pulverlein / jedes gleichviel darzu gethan / nemlich / ſo viel / als man auff ein friſch gelegtes und geſottenes Ey / an ſtatt einer Muſcatnuß / und Saltz nimbt / ein wenig vor dem Ruͤtlein / oder im paroxiſmo ſelbſten / auff einmal eingegeben; ſo eines bekanten Pflegers / o - der Amptmanns / Geheimniß geweſen / damit er al - lerley Fieber vertrieben hat. Andere ſagen / man ſolle Weiber-Milch nehmen / von einer / ſo einen Knaben ſaͤuget / und von derſelben drey Troͤpfflein / heimlich / daß der Febricitant nichts darumb wiſſe / in ein Ey thun / und ihn dieſes. alſo warm / ehe den - ſelben das Fieber ankombt / außeſſen laſſen / ſo werde er von allerley Fieber erlediget; oder man ſolle ſol - che Milch in ſeiu Trinck-Waſſer thun / fuͤr das taͤg - liche Fieber: Oder / man ſolle dem Krancken ge - doͤrretes Meuſchenkoht / mit Honig / oder Wein ein - geben / ſo komme ihn das Fieber nicht mehr an.
Fiebers Schautern vertreibt Rettich / mit Rau - ten / und Pfeffer-Oel zerſtoſſen / und den Ruͤckgrad damit geſchmieret: Oder / Stabwurtz mit Saltz / und Baum-Oel geſtoſſen / und uͤber die Pulß ge - legt: Oder / Weinrauten-Oel / und Malvaſir / jedesQ 5drey250Die LXVI. Frag. drey Loht / guten Mithridat / ein Loht / gemiſcht / und wanns Fieber kommen will / den Ruckgrad damit geſchmieret / und warm zugedecket.
Vors Fiebers Kaͤlte ſetzet einer dieſes Mittel: nim̃ Pfeffer / Jngber / Zitwan / Zimmet / jedes ein wenig / ſchneide es zu kleinen Stuͤcklein / trincks in gutem Weineſſig / warm / ein Stund vor deß Fie - bers Ankunfft / und lege dich in ein warmes Bett / ſo laͤſſet das Frieren nach.
Langwuͤriges Fieber vertreibt der purgirende Roſen-Syrup: oder / Wermut-Safft friſch auß - gedruckt / und zehen Tag nach einander deß Mor - gens nuͤchtern / jedes mal ein Loht mit Zucker ver - miſcht getruncken: ſolle bewehrt ſeyn.
Geelſuͤchtig Fieber ſolle Agrimonien oder O - dermenig-Waſſer / Abends und Morgens / jedes - mal vier oder fuͤnff Loht / getruncken / und den Wein damit gemiſcht / vertreiben. Es ſagt aber einer / wann einen / den ſiebenden Tag / nach einem ge - habten Fieber / die Gelbſucht anſtoſſe / ſo ſey es ein Zeichen zum Tode / und ohne Noht etwas mehr ein - zngeben.
Zu hitzigen und Vngariſchen Fiebern dienet ſonderlich das edle Gaffer - oder Campher-Pulver / ſo in den Oeſterreichiſchen Erblanden gebraͤuchig iſt. Man nimbt zwey Loht Gaffer. 4. Loht Jm - ber / ſechs Loht Zucker candi / zwey Loht Zitwar / ein Loht runde Holwurtz / zwey Loht deß gebranten Hirſchhoru / das zwiſchen unſer Frauen Tagen ge -fangen /251Die LXVI. Frag. fangen worden / das alles mach zu Pulver / und gib davon dem Krancken einen guten Loͤffel voll in ei - nem Eſſig ein: hilfft es nicht zum erſten mal / ſo gibs ihm zum andern und drittẽ mal ein / decke ihn warm zu / und laß ihn ſchwitzen. Dabey aber zu meꝛcken / wann groſſe Haupt - und Magen-Schmertzen ver - handen / daß man mit dem Campher / oder Gaffer / behutſam umbgehen ſolle; auch in acht nehmen / daß der Krancke nicht im Leib verſtopfft werde. Ein Getranck vor Hitz / und Ungariſche Kranckheit / ſo offt und viel / an Kindern und alten Leuten / probirt worden: nim̃ ein halbs Seidel kuͤhlende Waſſer / als Roſen-Endivien - und Sauerampffer-Waſſer / ſchlag darein das klare vom Ey / und neun Bluͤht Saffran / ſampt einem Meſſerſpitz Gaffer / und ſchlags mit ein wenig Alaun wol durch einander ab / und trinck dieſes Trüncklein zwey oder drey mal. Sonſten kuͤhlen die hitzige Fieber / Veiel-Waſſer mit Tuͤchlein / ůber die Bruſt geſchlagen: Jtem / Rettich-Schnidlein unten an die Fußſolen gebun - den: Jtem / genoſſen Citronen Syrup / Pomeran - tzen - und Limonien-Safft / Amarellen-Latwerg / Vitrioliſcher Roſen-Zucker / weinſaͤuerliche Gra - naten mit Zucker bereit: eingemachte Peiſſelbeer / Heydelbeer / Ribes oder Zeitbeer / eingemachte Quit - ten / Kloſterbeerlein / Aepffel im Mund gehalten: Gottesgnad / oder Ruprechtskraut / mit Eſſig / und ein wenig Saltz geſtoſſen / und kuͤhl auff die Fußſo - len gelegt: Oder / Genſerichkraut mit ein wenigRoſen -252Die LXVI. Frag. Roſen-Eſſig geſtoſſen / oder Kornblumen-Eſſig / al - ſo gebrauchet. Dicke Gerſten-Bruͤhe / Haber - meel - und Kleyen-Sůpplein / thun geſſen den Krancken auch wol. Jtem / nim̃ fünff Theil deß ſauern Granaten-Weins und weiſſen Zucker / drey Theil / und ſolches laß mit ſtaͤtigem Feimen oder ſchaͤumen ſyrupdick ſieden: oder vermiſch Roſen - Zucker mit Brunnenwaſſer / darnach treibs durch ein Tuch / und gib den Safft dem Krancken. J - tem / beſtreue Sommerzeit die Gemaͤcher mit Wei - den-Blaͤttern / welche auch die Krafft / neben den Li - monin-Syrup / und eingemachten Citronen / die Scharffe / und Geſchwinde / deßgleichen ſchwin - dende Fieber zu curiren. Schlaffen in hitzigen Fie - bern machet Pappel-Salb / und die Salb / Requies Nicolai, genant / miteinander vermiſcht / auff ein Tuͤchlein geſtrichen / und auff die Schlaͤff gelegt. Folgender Vberſchlag dienet auch in hitzigen Fie - bern: Nim̃ Roſen-Waſſer 16. Loht / Saurampfer / Seeblumen / und Ochſenzungen-Waſſer / jedes 6. Loht / weiſſen / rothen / und gelben Sandel / deß Pul - vers jedes zwey Quintl. Corallen-Pulver / ein Qu. Saffran ein halben Scrupel / Campher 3. Gran / Eſſig ein Loht / in welchen netze ein drey oder vier - fachs leinin Tuͤchlein / und legs uͤber das Hertz / und ſo es drucken worden / ſoll man es allweg wieder erfri - ſchen. Wer in den hitziger Fiebern gar verſtopfft waͤre / der nehme 12. Quetſchgen ein Loht kleine Ro - ſinlin. 3. qu. Sennesblaͤtter / und laſſe dieſelbe mit -einan -253Die LXVI. Frag. einander in einer feiſtẽ Bruͤhe ſieden / und thue end - lich darzu 1. Loht Zucker / und laß wol ſieden; dar - nach nehme er dieſelbige Blaͤtter wieder herauß / eſſe dieſelbe Zwetſchen / und trincke die Bruͤhe. Dieſes thun auch die Zwetſchen allein mit Waſſer / und ein wenig Wein geſotten / dieſelbe geſſen / und die Bruͤhe getꝛuncken.
Peſtilentziſche Fieber curiren Syrup von Ci - tronen / ſauren Pomerantzen / und Limonien-Safft / mit Borragen - und Sauerampfferwaſſer getrun - cken: Jtem / alſobalden ein Aderlaß gebraucht / und innerhalb 24. Stunden / darauff Nußlaub-Waſ - ſer / mit einem drittheil Eſſig vermiſcht / getruncken. Der Granatenſafft / oder Wein iſt auch gut. Hie - von wird ein mehrers im andern Hundert der Fra - gen vielleicht zu leſen ſeyn.
Taͤglich Fieber curirt Brackendiſtel-Waſſer; item Stabwurtz-Pulver mit Waſſer gemiſcht / und getruncken / ſo wunderlich helffen ſolle. Wider den Durſt haͤlt man Suͤßholtzſafft in dem Mund. Zum Eſſen dienet rein gebeutelt Gerſtenmeel / mit Man - delmilch zu einem Muͤslein geſotten / und genoſſen: item ein Brühelein von durchgeſchlagener Kleyen - Bruͤhe / Mandelmilch / und ein wenig Gerſtenmeels bereitet / und ziemlich dick geſotten.
Jm dreytaͤgigen Fieber purgire den Leib / als - dann ſtoſſe Rettich mit Saltz / und binds auff die Puls-Adern: Oder / trincke Holder-Bluͤht -Waſſer /254Die LXVI. Frag. Waſſer / Morgens und Abends / jedesmal auff drey Loht; und trage Roͤrlkraut / am Hals / auff bloſſer Haut; das Waſſer davon getruncken iſt auch gut. Anno 1625. im Mertzen / hat ein vornehmer Doctor / fuͤr einen Jungen Herrn / ſo damaln dreyzehen Jahr alt geweſen / und das dreytaͤgige Fieber bekommen / folgende Purgier-Latwerg geordnet: R. Diacy - don. laxativi ℥ j. Elect. de Tamari. cum fol. Senæ ℥ ijs Magiſt. Tartar. Vitrìol. ℈ s. cum ſacchoro f. Bolus. Sign. P. Latw. auſf einmal. Doppelt dreytaͤgige Fieber vertreibt Fenchel-Safft / der ge - ſotten / und gelaͤutert iſt / ſechs Loht / mit zwey Loht Manna zertrieben / und vier Stund vorm Eſſen ge - truncken / und alle Wochen zweymal gebraucht. Alſo vertreibt das dreytaͤgige Baſtart-Fieber Fen - chel-Wurtz in Artzney und Speiß gebraucht.
Wider das viertaͤgig Fieber / doͤrre einen Gu - ckuck mit allem / wie er iſt / im Monat Meyen / pul - veriſir ihn / thue darvon ein Meſſerſpitz voll in rothen Wein / ſoll probirt ſeyn. Zu Prag hat D. Borbo - nius, einem Soldaten / ſo ein gantzes Jahr das vier - taͤgig Fieber gehabt / mit dem gebranten Pulver von einem Haſen / in Hirſchzungen-Waſſer eingeben / davon ihn erlediget. Erdrauch-Waſſer kan man ein quintlein vom Haſen-Hertz pulveriſirt / im Car - dubenedicten-Waſſer eingibt / daß es hilft / wañ man an ſtatt deß vorigen / wann man will brauchen. Sonſten iſt dieſes gewiß probiret worden / wañ man ein Henckers-Schwerdt mit Wein begeuſſt / oderdarein255Die LXVI. Frag. darein duncket / und davon zu trincken gibt / ſo ſolle das viertaͤgige Fieber vergehen. Etliche thun in ſolchen Wein ein Quintlein von der pulveriſirten Hirnſchal deß Menſchen. Heuſchrecken an den Hals gehengt / ſollen eben das auch wircken. Myr - hen-Oel ſoll auch herrlich gut ſeyn. Jtem / nim̃ deß Lapidis Lazuli, oder Laſurſteins / ſo in Roſen - Waſſer abgewaſchen / einen Scrupel / und Hieræ picræ Galeni, zwey Loht / und gib davon Abends 3. quintlein ein. Nachfolgende zwey Mittel ſollen ge - wiß fuͤr bewehrt erfahren ſeyn. Nim̃ Wermut zu Pulver geſtoſſen / Bech / Schweines Schmaltz / jedes 24. Loht / zerlaß uͤber einem linden Kohlfeuer - lein / darnach ruͤhre den Wermut darein / daß es ein Pflaſter werde / ſolches ſtreich auff ein Tuch / oder weiſſen Barchet / legs uͤber die Bruſt / Magen / und den gantzen Bauch / laß fuͤnff Tage darauff liegen: nach Verflieſſung derſelben / kanſtu es noch einmal thun: Oder / nim̃ deß außgedruckten friſchen Wer - muts-Safft anderthalb Loht / guten alten Alexan - driniſchen Theriac ein quintlein / guten altenweiſen Wein ein Loht / vermiſchs / und trincks drey Stund zuvor / ehe das Fieber komt / ruhe darauff / und wie - derhole es etwan viermal; allein muß der Patient vorher purgirt ſeyn.
Wider das ſchwindſuͤchtige Fieber Hecticam nim̃ Gerſtenmeel rein gebeutelt ein Haͤndlein voll / rein gepulvert Amelmeel halb ſo viel / ſeuds mit ge -nugſa -256Die LXVII. Frag. nugſamer Mandel-Milch / zu einem duͤnnen Brey - lein / thue darzu zwey friſche zerklopffte Eyer / und anderthalb Loht Penid-Zucker (ſo trefflich gut) das gib dem Krancken taͤglich zu eſſen.
DJE Fliegen oder Mucken ſeyn ein wolbekant Vngezieffer / deren Theils groͤſ - ſere / nemlich die Schmeiß-Fliegen / Theils kleinere. Sie haben eine Zung oder Roͤhrlein / dardurch ſie die Feuchtigkeit / und das Blut auß der Thiere Leiber an ſich ziehen / und damit alles ko - ſten / und zu ſich nehmen koͤnnen; ſonſten aber nichts als auffgeblaſene Haͤutlein ſeyn / ſo durch die Waͤr - me / die in denſelben von der Sonnen vermehret wird / bewegt werden. Daher ſie / umb den herbey - kommenden Winter / ſich verbergen / und biß auff den Fruͤhling halb tod da liegen. Sie ſeyn unver - ſchaͤmbt / garſtig / keck / unruͤhig / verdruͤßlich / her - umbſchweiffende / ſo allenthalben zu hauß ſeyn / ihre Wohnung und Bett haben / wo ſie die Nacht uͤber - eilet; haben ſechs Fuͤſſe / gehen aber auff vieren / und gebrauchen ſich der zwey foͤrdren / auch an ſtatt der Haͤnde / mit welchen ſie die Speiß in der Hoͤhe halten. Theils haben Haar / theils keine /; theils[ſ]eyn ſchwartz / theils aſchenfarbig; theils ſeyn gernebey257Die LXVII. Frag. bey den Menſchen; theils nahen dem Waſſer; theils auff den Feldern; theils plagen die Ochſen; theils die Hund; theils die Pferde; wie dann etliche mehr als ſechtzig Arten der Fliegen / ſo unterſchiedlich / gleich wie der Zweyffalter mehr als hunderterley Geſchlecht erzehlen; daruͤber ſich zu verwundern; und darauß GOttes deß Herrn groſſe Vorſich - tigkeit / auch in ſolchen kleinen Dingen zubetrachten. Das Weiblein bey den Fliegen iſt ein wenig groͤſſer / als das Maͤnnlein. Und ob ſie wol ungelernig / und ſichs zu nichts gewehnen laſſen / auch dem Men - ſchen nichts nutz; ſo ſeyn ſie doch verſchlagen / daß ſie ihren Feind / die Spinne / ſo ihnen in allen Ecken deß Hauſes Netze ſpannet / fleiſſig in acht nehmen / und deme entweichen; wiewol ſie denſelben gleich - wol bißweilen / wie auch den Voͤgeln zur Speiſe werden. Sie haben auch Zaͤhne / wie die Jmen; aber nicht ſolche wie andere Thiere.
Was die Floͤhe anbelangt / obwolnſie gantz ſchwach und klein / und daher auch David 1. B. Sam. Cap. 24 / 15. und Cap. 26 / 20. ſich ein Floch gegen dem Saul vergleicht: und ſie nichts anders / als haͤutlin / die von einem andern geſtolnen Blut / ſo auch die Farb anzeiget / auffgeſchwollen zu ſeyn ſcheinen; gleichwol werden ſie nit ungefehr / oder vom Satan; ſondern von obẽ herab / erſchaffen. S. D. Frantz. in hiſt. Anim. X. So haͤlt man darfuͤr / wird auch auß ihren Wercken beſtaͤttiget / daß in ihren wintzigen Leiblein / etwas an ſtatt der Haͤnde / Munds / Zaͤhne /RMaͤg -258Die LXVII. Frag. Maͤglein / Hertzens / und Hirns / ſeyn muͤſſe. Sie ſpuͤhren ihren Nachſteller gar bald / und ſpotten ſei - ner durch einen hurtigen Sprung; Sie ſeyn behen - de zur Flucht; koͤnnen ſich wol verbergeu / und wer - den ſchwerlich wieder gefunden / und ob man dieſel - be wol wieder ſihet / ſo ſeyn ſie doch ůbel zufahen. Sie eroͤffnen die Haut / als wann ſie die Kunſt eine Ader zuſchlagen / von einem Wund-Artz / oder Ba - der gelernet haͤtten / und ziehen das Gebluͤt ſo ſubtil herauß / daß auch die klaͤreſte Augen / wo ſie angeſetzt / kaum ſehen koͤnnen; und jedoch nicht ſonderlich we - he thun / es ſeye dann / daß ſie ſehr durſtig ſeyn. Sie breiten ihre Herrſchafften weit auß; dann bey dem Menſchen ſie alle Glieder überhupffen: die Hunde aber ſollen ſie ſehr ſtechen / und plagen. Sie halten ſich nicht alleine bey den Thieren / ſondern auch im Erd-Staub / an oͤden Orthen / und in unſaubern Kammern auff; biß ſie ſich anderswohin begeben. Es ſollen theils / ſo man die Erd-Floͤhe nennt / auch die Koll - und andere Kraͤuter benagen / oder außhoͤ - len: daruͤber bißweilen groſſe Klagen entſtehen / we - gen deß groſſen Schadens den ſie verurſachen / wañ GOTT der Herr / ſolche Straff uͤber die ſuͤn - dige Menſchen ſchicket; dardurch / wann ſie ſich mehren / alles verzehret / ſie aber nicht groͤſſer wer - den / ſondern endlich vergehen / und zu miſte werden. Die rechten Floͤh ſpringen mehrers / als daß ſie fluͤ - gen thaͤten; daher auch ihre hindere Fuͤßlein laͤnger feyn / auff daß ſie deſto beſſer gehen / und ſich leichteruͤber259Die LXVII. Frag. uͤber ſich erheben moͤgen / wann ſie fliegen ſollen. Winterszeit ſitzen ſie meiſtentheils in ihren Loͤchlein ſtill / und manglen; aber / wann die warme Zeit an - bricht / kommen ſie mit Freuden wieder herfuͤr. Wann ſie vom Blut ſatt ſeyn / ſo pflegen ſie nicht im Hembd zu bleiben / ſondern ſich in die Faͤlte der Roͤck / Hoſen / Struͤmpff zu machen / da ſie ihre Eylein le - gen / und hernach ihre Jungen / wann der Hunger / und Durſt verhanden / auß den Kleidern in die Faͤl - ten der Hembder bringen ſollen. Das Waſſer moͤ - gen ſie nicht; daher wañ es ſich zum regnen anlaſſen will / ſie deſto mehrers einen ſtechen; auch vom kalten Waſſer vertrieben / ja gar / wann man den Boden / oder die Erde / damit / ſonderlich mit einem abge - ſchmacken Waſſer beſprengt / getoͤdtet werden. Den ſtarcken Geruch von Rauten / Muͤntzen / Knob - lauch / Hopffen / Pferdharn / Wermuth / und der - gleichen / auch den Kalch koͤnnen ſie nicht leiden. Daher theils / mit geſottenen Rauten / Feldholder - Wurtzeln / Waſſer / ꝛc. die Gemaͤcher / beſprengen. Die da wollen daß die Floͤhe auß trucknem Staub wachſen / ſagen / daß das fůrnehmſte Mittel wider dieſes verdrießliche / und blutgierige Thierlein / ſo Menſchen und Vieh betruͤbet / ſeye / ſauber hauſen / die Gemach offt beſprengen / und den Staub ſauber außfegen. Wann man den Leib mit Wermuht reibt / oder das Haus beſprengt mit Waſſer / darinn Diſteln gekocht / ſeyn / ſo ſollen ſie vergehen. Ei - ner will / wann man Bocksblut in ein Loch im HausR 2thue /260Die LXVII. Frag. ſo verſamlen ſich da die Floͤh / und ſterben; welches auch auff dem Holtz geſchehe / ſo mit Jgelſchmaltz beſtrichen wird. Oder henge einen gebeiſteu Wolff - ſchwantz im Zimmer auff. Von der Saltzbruͤhe ſollen ſie alle ſterben; wie auch von Baͤrenſchmaltz und Blut: Jtem / vom gekochten Corianderwaſ - ſer. Einer ſagt / wañ man nehme Corianderkraut 2. Theil Holderblaͤtter / und Wermut / jedes ein theil / und laß ſie ſieden in Waſſer / und begieſſe die Ge - mach damit / ſo thaͤten ſie alle ſterben; auch die Laͤuß und Nuͤſſe in Kleidern. Das Traubenkraut mit andern Garten-Fruͤchten geſaͤet / ſoll das Kraut / Huͤlſen-Früchte / und Gemuͤß / vor den Erdfloͤhen behuͤten.
Warumb die Floͤhe die Weibsperſonen meh - rers / als die Maͤnner pflegen? bringet M. Albertus Linemann / in dem prognoſtico Anno 1654. dreyer - ley Urſachen vor. 1. Weil ſie ein weit zaͤrtere Haut / und ein ſuͤſſers Gebluͤt / als die Mannsperſonen. 2. Eine groͤſſere natuͤrliche Feuchtigkeit; und 3. lange Kleider haben / in welche die Floͤhe von der Erden / bald huͤpffen koͤnnen.
Was aber die Fliegen anbelangt / von denen o - ben zu erſt geſagt worden / ſo vertreibt ſie der Rauch von Hopffen. Jtem / die Thuͤr / Fenſter und Waͤn - de / mit Waſſer begoſſen dariñen Eiſenkraut gekocht iſt. Wer ſich mit Roͤmiſchen Kuͤmmeloͤl ſchmie - ret / den ſollen die Fliegen / und dergleichen Gſindl / nicht beiſſen koͤnnen. Jtem / ſollen ſie alle ſterben /wann261Die LXVIII. Frag. wann man einen Rauch von Wacholderholtz / und Beeren machet / und darauff das Zimmer / eine Nacht uͤber / wol zugemacht haͤlt. Vor der Milch / darinn Haſen-Gall vermiſcht iſt / ſollen ſie fliehen: Oder man ſiedet die Gall von einem Haſen / und be - ſprengt damit die Waͤnde. Daß ſie ſterben nimm den Safft von der Nießwurtz / und vermiſchs mit Honig. Jn Herrn Johann Albrechts von Man - delslo / Morgenlaͤndiſcher Reiſe-Beſchreibung ſte - het lib. 3. fol. 209 daß in der Jnſel Java die Muͤ - cken und Fliegen / ſo gifftig ſeyen / daß wann ſie einen ſtechen / groſſe Beulen davon aufflauffen.
NJmm der krauſen Salvien 7. Vntz / Muſcatnuß / Naͤgelein / Jmber / Pariß / jedes ein Loht / Zimmet geſcheelte Lorbeer / Bibergeilin / jedes ein Untz / Spicanardi ein quint - lein / Citronſchelffen ein halbs Loht / vermiſch alles grob zerſchnitten / oder zerſtoſſen / gieſſe zwey Maß deß beſten Weins daran laß 14. Tag wol verdeckt ſte - hen / alle Tag wol umbgeruͤhrt: darnach diſtillirs in Waſſer / den Kolben wolvermacht: brauch folgends davon iederweilen ein wenig; ſtreichs auch an die Naßloͤcher. Jſt dem Haupt und andern Gliedern deß Leibs ſehr nuͤtzlich / macht eine gute Gedaͤchtniß / und froͤlich. Oder:
R 3Nim̃262Die LXVIII. Frag.Nim̃ Muſcatbluͤht drey quintl. Stephas / Ma - ſeron / oder Majoran / jedes ein quintl. Waldreben - bluͤht Roſen / jedes ein halb Loht / Magdalenakraut ein quintlein / zerſchneids und thue es in ein Saͤck - lein / leges in die heiſſe Laugen / und zwag dich damit / ſo wird das bloͤde Haupt / Hirn / Gedaͤchtniß / dar - durch geſtaͤrckt / auch dem Schwindel widerſtanden. Der Rauch von Weyrauch und Myrrhen / in dem Mund und Naſen gelaſſen; oder ein Stuͤcklein deß weiſſen Weyrauchs bißweilen verſchluckt / ſolle die Gedaͤchtniß auch ſtaͤrcken: und folgende Artzney ein bewehrtes Mittel darzu ſeyn: Nimm weiſſen Weyrauch und langen Pfefferkoͤrner / jedes ein Scrupel / und trincks alle Morgen nuͤchtern mit La - pendel-Waſſer. Oder:
Nim̃ Peonienwurtz zwey Loht / Muſcatbluͤht Spica auß Jndia / Saffran / rohte Corallen / berei - te Perlen / jedes ein halbs quintlein / Zimmet / Naͤge - lein / Muſcatennüß / Jngber / Pfeffer / langen Pfef - fer / Cardomomi / Paris / jedes zwey Quintlein / Suͤßholtz fuͤnff quintlein / Helffantlaub drey Loht / Biſem / Ambra / jedes ſieben Gran / geleutert / und geſotten Honigs oder abgeſottnen Zuckers / 24. Loht / mach ein Latwerg darauß / und nim̃ darvon ſo viel als eine Muſcatnus groß iſt / ein; und trinck ein we - nig Honigwaſſer darauff. Dieſe Latwerg iſt wider allerley Zuſtaͤnde deß Haupts / erhaͤlt die Gedaͤcht - niß / und ſtaͤrcket den Verſtand. Dann man offt durch aͤuſſerliche Zuſtaͤnde umb die Gedaͤchtniß kom -men263Die LXVIII. Frag. men kan. Vom Doctor Paul Roͤber / geweſenen Superintendenten zu Wittenberg / ſchreibet man / daß er einen hohen Verſtand / und ein ſolches gutes Gedaͤchtniß / biß auff etwan drey Jahr vor ſeinem Tode gehabt / daß man ſich daruͤber verwundern muͤſſen. Aber als er im Jahr 1648. nach Gom - mern gereiſt / daſelbſten einen Superintenden ein - zuſetzen / hat die eingefallene Kaͤlte ſein Haupt alſo verfolgt / daß es davon ſampt der Gedaͤchtniß der - maſſen geſchwaͤcht worden / daß er / als er wieder nacher Haus kommen / gar keinen Brieff mehr le - ſen / auch von ſelbiger Zeit an / biß an ſein Ende / ſein Ampt nicht mehr verwalten koͤnnen / wie er dann Anno 1651. den 18. Mertzen / ſelig entſchlaffen.
Man braucht zwar die verlohrne Gedaͤchtniß wider zubekommen / Majoran / Meyen-Bluͤmlein / und dergleichen Waſſer: Jtem / Naͤgelein / Muſ - catbluͤht / Augentroft-Pulver / Maſeron / oder Ma - joran-Wein / wie ein ander Kraͤuter-Wein: Aber / bißweilen wollen auch die beſte Mittel nichts helffen.
Sonſten iſt dieſes die beſte Gedaͤchtniß die ei - ner von Natur hat / dieſelbe durch Maͤſſigkeit erhaͤlt / durch embſigen Fleiß / viel außwendig lernen / und uͤbung / auch Wiederholung deſſen / was man ge - ſchrieben und geleſen / vermehret. Und hat ſolche im hindern Theil deß Kopfs / oder im Nacken / Ge - nick / ihren Sitz. Wie Theils ihnen ſolche durch gewiſſe Regeln / und Stellungen zu wegen bringen /R 4ſo264Die LXVIII. Frag. ſo man memoriam localem, nennet; davon ſihe neben andern auch Jacob. Martiui, Cent. 8. quæſt. philoſoph. diſput. 6. quæſt. 7. da er auch meldet / daß man ſich vor der Trunckenheit / ſo der Gedaͤcht - niß Tode / von vielem Wein-Getraͤnck / uͤberfuͤllung deß Magens / friſche Fruͤchten / Milch / Kaͤß / ein - geſaltznem Fleiſch / Fiſchen / und allen dem / ſo blaͤſt / oder Winde macht / huͤtten / hergegen das Hirn rei - nigen / guter Lebens-Art / der Maͤſſig - und Einſam - keit (wo nemlich wenig Geraͤuſch / Getoͤß und Ge - ſchrey ꝛc. iſt. befleiſſigen ſolle. Sihe auch / was Johannes Magirus Phyſiologiæ Peripateticæ lib. 6. cap. 12. fuͤr einen Raht die Gedaͤchtniß auffzu - muntern / und zu erhalten giebet. Da er dann / un - ter anderm / ſagt / daß darzu nichts beſſers ſeye / als wann man das Leben recht anſtelle / und das Hirn in acht nehme; ſich in einem warmen und trucknen / oder temperirten Lufft / auffhalte; pfuͤtzigen / neb - lichten und truͤben Lufft / auch das Vollſauffen / Venusſpiel / zu langen Schlaff / und Wachen mei - de; die Speiſen mit Wolgemut / Quendel / Hyſ - ſop / Salvey / Roſmarin / Majoran / und Muſiat - bluͤht / koche; oder ein quintlein deß folgenden Pul - vers auff einmal einnehm. Nim̃ der Calmus an - derthalb quintlein / Cubeben / Muſcatbluͤht jedes 1. qu. deß weiſſen und langen Pfeffers / Jngber / jedes 2. Scrupel / Naͤgelein / Saffran / Zimmet / jedes ein Scrupel / deß weiſſeſten Weyrauchs / 1. quintl. deß beſten Zuckers 6. Loht / ſo alles zu Pulver zu machen. Das265Die LXIX. Frag. Das Reiben und oͤffters ſtrehlen / oder Haarkaͤm - men / morgens fruͤhe / thun auch das ihre darbey / wie auch die Salbung deß Haupts mit Muſcatnuͤß / oder Spicanardi / oder Naͤgelein-Oel. Und muß man nicht ſtaͤtigſt uͤber den Buͤchern ſitzen / und viel leſen; ſondern deme / was man geleſen / offt nach - dencken / und es wiederholen.
DJE Gelbſucht wird von den meiſten Icterus, von Theils Icteritia, item / mor - bus regius, Arquatus, Aurigo, und Suffu - ſia fellis, genant: und iſt eine ſolche Kranckheit / dariñ ſich die Gall in die gantze Haut außbreitet / und die mit ungeſtalten Flecken / doch ohne Hoppen / und Ungleichheit / bemaͤſſiget; deren dꝛeyerley geſchlecht / gelbe / gruͤne und ſchwartze. Die gelbe entſtehet auß Trieb der rohten oder gelben Cholera / oder Gall; die ſchwartze aber auß ſchwartzer Cholera / ſo vom Miltz verurſacht wird; wiewol dieſelbe / wie die Gruͤne auch von der Leber herkommen kan. Urſachen ſeyn harte Arbeit / oder Vbund in Hitz / eines vergifften Thiers Biß / langer Gebrauch hitziger / ſuͤſſer / und feiſter Speiſen / innerliche Geſchwaͤr: welche Stuͤck alle dle Leber verſtopffen /R 5daß266Die LXIX. Frag. daß ſie ſolche Materi nicht / wie ſeyn ſolte / in die Gallen ſchicken kan: derhalben ſie uͤber die Maß er - flammet wird / wie dann ſolches Verſtopffen / und Hitz / auch in den Adern / und allen Gliedern deß Leibs / geſchicht / dardurch das Blut verderbt / und in gruͤne / oder gelbe Farb verwandelt wird. Ur - ſachen / der ſchwartzen iſt Verſtopffung der Wege von der Leber zum Miltz / oder der Gaͤnge vom Miltz / zum Magen / ſchwaͤche der außtreibenden / oder an - ziehenden Kꝛafft / es ſey der Leber / oder Miltzes / darzu dann der Gebꝛauch melancholiſcher Speiſen viel be - huͤlfflich iſt. Jn Summa / ſie mag auß viel Hitz deß gantzen Leibs / ſo das Blut verbrennt / deßgleichen auß zu groſſer Kaͤlte / die das Blut erſtockt / und ſchwartz macht / herkommen.
Man braucht darwider Roͤmiſchen Wermut / Ungariſch Gold in Rheiniſchem / oder anderm gu - ten Wein außgeleſcht / oder darein gelegt / und da - von getruncken: Jtem / ab der Rhabarbara getrun - cken / oder Rhabarbar-Puͤlverlein eingenommen: Jtem / Fenchel / Chamillen / Erdrauch / Ehren - preiß / Saurampffer-Waſſer / Andorn-Safft mit Odermenig-Waſſer eingenommen; Roth Och - ſenzungenwurtzel / mit Honig-Waſſer geſotten / und davon getruncken; Holder-Waſſer / purgirender Roſen-Syrup / das Koht von einem Ganſer / in Wein oder Bier gehenckt / darab getruncken / und das Koht alle Tag vernewert. Wieder die Gelb - ſucht zwiſchen der Haut / ſchmiere deß Morgens /den267Die LXIX. Frag. den gantzen Leib mit Chamillen-Oel; und nachmit - tag brauch ein Schweißbad von Chamillenkraut / und Blumen. Theils legen friſch Teſchelkraut / oder Schelwurtz / in die Schuch. Aniß / Peterlin / junge Fenchel / oder Dolden / in der Speiß ge - braucht / ſeyn auch dienlich: item Koͤrbel / Oder - menig / Erdbe er / und Fuͤnfffinger-Kraut. Ein Weib zu Preßburg / die alte Heyſin genant / ſoll viel Leute an der Gelbſucht curirt haben. Sie nam ein Ey / ſotte es hart in deß Krancken Harn / durchſtachs etlich mal in der Schalen / mit einem Pfriemen / legte es darnach drey Stund in deß Krancken Harn / und verbrants im Ofen. Sonſten ſolle Birnbaͤu - men Miſtel in Wein geſotten / morgens und abends getruncken / bewaͤhrt ſeyn.
Ein koͤſtlich Pulver / nim̃ deß Samens von Ackeleykraut / geſchaben Helffenbein / Saffran / je - des ein Quintlein / und theils in drey gleiche Theil / und trinck drey Morgen nacheinander / jedesmal ein Theil / mit einem Truͤncklein warmen Wein / oder Wegwarten-Waſſer. Oder:
Nim̃ gelaͤutert Fenchel-Safft 6. Loht / mit 2. Loht deß ſauren Eſſig-Syrups von Honig gemacht / vermiſchs und trincks warm nuͤchtern / deß Mor - gens; ſoll bewehrt ſeyn. Alſo ſoll eine gewiſſe Huͤlff ſeyn / Odermenigkraut / das noch friſch und gruͤn iſt / geſtoſſen / und der Safft davon außgepreſt / deſ - ſen man 4. Loht nehmen / und darinn ein Loht Geiß - bonen / oder Koht / zertreiben / hernach durch einTuͤch -268Die LXX. Frag. Tuͤchlein ſeigen / wol außdrucken / und folgends drey Tage nacheinander Morgens nuͤchtern trin - cken ſolle. So ſolle ein bewehrtes Mittel dieſes ſeyn: Nim̃ deß Saffts von fuͤnfffingerkraut auff die ſechs Loht / mit ein wenig gepulverten Weyrauch vermiſcht.
Wider die hitzige Gelbſucht iſt gut Eiſen - kraut Waſſer getruncken; Jtem / Spargen ge - geſſen. Oder / nim̃ Wegwarten-Waſſer / Endi - vienwaſſer / Erdbeerkraut-Waſſer / und Wegwar - ten-Syrup / jedes zwey Loht / und deß ſauren Eſſig - Syrups ein Loht / vermiſchs und trincks. Jß die gemeine dicke Gerſten-Bruͤhlein. Nimm auch deß gelaͤuterten Saffts von Roͤhrlinkraut / und Wurtzel / taͤglich nuͤchtern ſechs Loht; ſolle eine gebenedeyete Artzney zu Gelbſucht / Waſſerſucht / und wider die Brunſt deß Magens von der Leber / ſeyn.
DES Giffts iſt viel und mancherley; daher dann allhie / weil es ſonſten zu lang weꝛden wuͤꝛde / nur etwas wenigs von mit - teln vermeldet wird.
Folgendes Pulver ſoll koͤſtlich ſeyn wider al - les Gifft: nim̃ der Erden auß Lemno, oder deß præparirten Boli Armeni Hiſpan. drey Ducatenſchwer /269Die LXX. Frag. ſchwer / Citronfamen / Lachen Knoblauch / oder Waſſerbathenig / oder Scordii, wilden Poleys / o - der Dictamni, præparirten Perlein / jedes zwey Du - caten ſchwer / deß Beins auß deß Hirſchen Hertzen / und Helffenbein / jedes eines Ducaten ſchwer / Ein - horn / und Bezwar / jedes zwantzig Gran. Diß alles mach zu Pulver / und nimm zehen Blaͤtter fein Gold darzu / vermiſch es durcheinander / und nimm viel Tag / allweg morgens nuͤchtern / eines halben Du - catens ſchwer / in einem der Kranckheit tauglichen gebranten Waſſer / vermiſch es auch unter die Speiß. Es hat groſſe Krafft das Gifft zuver - treiben / und das Hertz zu ſtaͤrcken: iſt gut in hitzi - gen / und Peſtilentziſchen Fiebern; kan auch den jenigen / ſo von vergifften Thieren beſchaͤdiget wor - den / mit Nutz gegeben werden. Folgendes Oel wider das Gifft / und peſtilentziſche Zuſtaͤnde / ſoll in gantz Jtalia beruͤhmt ſeyn: R. Olio antichiſ - ſime, ſe é poſſibile, ſe non lo puoi cavere, piglia Olio diſtill. ſia lib. X. Trementina Venetiana ℥ iij. Coſtimo. cio é pſeudo coſto ℥ j. Euforbio ℥ ij, infondarai tutle le ſopradette coſe per gior - ni ſei, & poi diſtilla à bagno Maria, aggiun - gendovi Scorpioni numero 200. quai ſiano preſi ne giomi Caniculari di Luglio, ò d’ A - goſto, & ſiano prima molto ben’ purgati con’ il Baſiliſco, & con la Menta, dandogliene à mangiare per ſpatio di 15. giorni continui. Dipoi R. Zedoaria, Radic. dı Carlina, Tor -men -270Die LXX. Frag. mentilla, Gentcana, ana ℥ j. Rad. di Dittamo bi - anco, di Ariſtologia longa. ana manip. I. Zaffa - rano ℥ ij. Rheubarbaro ℥ iij, Fiori de Ebulo, Sal - via, Roſmarino, ana manip. I. Theriaca, Mitri - date, ana ℥ iij. Meſcolarai ogni coſa in vaſo di vetro ben turato, & lo mettarai ſotto il lettame di Cavallo per giorni. 15. Dopoi lo caverai, & lo mettarai di nuovo à diſtillare à bagno Maria, & ſarà fatto. Theils Aertzre brauchen fuͤr den Stein den liquorem oculorum cancri, entweder denſelben allein / oder mit dem Oleo Chryſtalli, vermiſcht / in Rettich - oder Pimpillen-Waſſer ein; ſo auch zu gleich alle gifftige Materi auß dem Leibe treiben / und den Verwunten eine ſichere Verhuͤtung aller boͤſen Zufaͤlle ſeyn ſolle / auff einmal ohngefehr 15. 16. o - der auff das meiſte 17. Troͤpfflein eingenommen. Das duͤrre Kraut von Waſſer-Bathenig / oder Scordio, in Wein geſotten / und getruncken: item der Safft von Scordio. mit Cardubenedictenwaſ - ſer eingenom̃en / darnach ins Bett gelegt / und warm zugedeckt: Jtem / Rauten mit Feigen / und Nuß - kern / vor und nach der Speiß genoſſen / ſollen auch das toͤdliche Gifft auß dem Leibe vertreiben. Und dieſe Sachen / wie auch Nußwaſſer mit Theriac ver - miſcht / bewahren deßgleichen vor Gifft.
So einem mit Gifft vergeben waͤre / der nehme ein Becher voll warmer durchgeſchlagener Kleyen - bruͤhe mit Baum-Oel ein / und breche es bald wieder von ſich / und trincke die gemelte Bruͤhe etlich malalſo271Die LXX. Frag. alſo mit Oel vermiſcht / auffeinander / und breche ſich allegen wieder / ſo wird ihm geholffen. Oder / nim̃ Bibernellen. Wurtzel im abnehmenden Mond ge - graben / Tormentilwurtzel / außerleſene Zimmet - rinden / jedes ein Loht Paradißholtz / weiſſen Calecu - tiſchen Jngber / jedes ein quintlein / Muſcatenbluͤt ein halb quintlein / vermiſchs / und mach ein Pulver darauß / ſchlags durch ein ſubtil haͤrin Siblein / und behalts wol vermacht in einem ledernen Saͤcklein. Wann nun einer vermeint / es ſey ihm vergeben worden / oder habe Gifft geſſen und getruncken / dem ſolle man ein halb Loht von dieſem Pulver / mit dem beſten Wein eingebẽ / ſo ſchadet ihm das Gifft nicht.
Wider der Chriſtwurtz / Eberburtz / Nieß wurtz Schaͤdligkeit / dienet die Kochung von Wermuth / durchgeſigen / mit Nider-Saltz / und dem ſauren Honig-Syrup getruncken. Oder trinck Wermut - Wein / und erbriche dich; ſo auch wider das Gifft deß ſchwartzen Lerchenſchwambs / gruͤnen Corian - ders / und andern dergleichen. Sonſten benimbt auch die Schaͤdligkeit deß Corianders der Anisſa - men zu Pulver geſtoſſen / und ein quintl mit Trauff - Wein gebraucht zum Tranck. Jſt auch gut mit weiſſem Wein getruncken wider das Gifft der ſchwartzen Nießwurtz. So nimbt man auch wi - der die gifftige Kraͤuter / aber gleich anfangs / Ei - chenlaub in Waſſer geſotten / mit Milch ein A - ber Napellenkrauts Vergifftung / ſoll kein andere Artzney curiren koͤnnen / als Heilgilfft (Antoræ) Wurtzel272Die LXX. Frag. Wurtzel zu Pulver geſtoſſen / und ein quintlein ein - genommen. Alauns / Alrauns / Magſamen - Saffts / Vitriol / Spaniſcher Mucken / und der - gleichen etzender Ding Schaͤdligkeit vertreibt der Canarien-Zucker / mit friſcher Milch / wie ein Ju - lep zugerichtet / und nach Durſt getruncken. O - der ſtoſſe Zucker zu Pulver / vermiſchs mit Roſen - Oel / und friſchem Butter / und verſchlucks: Oder Weinrautenpulver / oder der Safft vier oder fuͤnff Loht / auff einmal / mit weiſſem alten Wein ge - truncken. Oder / nim̃ Teuffelsdreck / Wacholder - Beer / Birergeil / jedes ein Loht / ſtoß ſie zu einem reinen Pulver / und mache mit neun Loht Ho - nig / ein Latwerg darauß / davon gib auff ein - mal / einer Haſel-Nuß groß / mit Wein zer - trieben / ein.
Sonſten ſeyn auch wider die / der gedachten Spaniſchen Mucken / oder Goldkaͤferlein Schaͤd - ligkeit / die gemeine dicke Gerſten-Bruͤhelein; Jtem / die Muͤslein auß dem Reiß: So auch wi - der Operments Schaͤdligkeit / oder Reiß in Waſ - ſer geſotten / und getruncken. Ochſen-Bluhts Schaͤdligkeit vertreibt Gerſtenmeel mit Waſſer / und Honig zu einem Brey geſotten / darnach auff ein Tuch geſtrichen / und wie ein Pflaſter uͤber den Magen gelegt. Obgemeldtes Operment / oder eingenommen Arſenicum, curirt auch Amel - oder Krafftmeel in Waſſer geſotten / hernach erſitzen laſſen / folgends durchgeſigen / und ſtaͤtig / wie ſonſtein273Die LXX. Frag. ein Trinck-Waſſer gebraucht. Solcher Tranck verbeſſeꝛt auch die Schaͤdligkeit deß eingenommenen Kalcks. Gerſten-Reiß gegeſſen und getruncken / ſeyn auch gut.
Queckſilbers Schaͤdligkeit curiret Peterlin - Samen gepulvert / und mit Wein eines Goldgul - den ſchwer getruncken: Jſt auch denen gut / die Silberglaͤt / oder der Blaͤtter von dem Eybenbaum geſſen haben / mit ſuͤſſem Wein getruncken - Ge - doͤrrt Bibernellen-Wurtzel zu Pulver geſtoſſen / und davon ein Quintlein mit gutem warmen Wein ge - truncken; Oder / außgezogener Bibernellen-Sy - rup / etliche Tage nacheinander / Morgens und A - bends ein Loht / mit drey Loht Bibernellen-Waſſer / getruncken / hilfft auch denen / ſo nicht allein Queck - ſilber geſſen; ſondern auch in der Frantzoſen Cur / gar zu hart mit der Oueckſilber-Salben ſeyn ge - ſchmieret worden. Sonſten dienet wider das ober - wehnte Silberglaͤt / wann man einem Laugen mit Baum-Oel zu trincken gibt / und ihn ſich wohl er - brechen laͤſt; darnach ihme gepulverten Wermuht ein quintl. ſchwer / mit einem Truͤncklein Wein zer - trieben giebet.
Deß Gips Schaͤdligkeit vertreiben die gemei - ne Gerſtenbruͤhlein.
Gifftige Schwaͤmm ins gemein curiret der Wermut-Wein / oder Wermut-Safft / mit lau - em Waſſer / und ein wenig Eſſigs getruncken /Sund274Die LXXI. Frag. und ein quintlein deß Pulvers mit gutem Wein ein - genommen. Jtem / Rettich oder ſein Samen geſſen. Jtem / Roͤmiſch Kuͤmmel / Jndianiſcher Spicanard / Anis / und Bibergeil / jedes gleich viel / zueinem ſubtilen Pulver geſtoſſen / und davon ein quintlein auff einmal / mit weiſſem Wein zu trincken geben. Jtem / Meliſſen-Blaͤtter in guten kraͤffti - gen weiſſen Wein gelegt / und davon getruncken.
Gifftige Daͤmpff treibet vom Hertzen hinweg / Weinrautenblatter / in gutem weiſſen Wein / den dritten Theil eingeſotten / durchgeſigen / und warm getruncken. Wider die Schwaden / oder boͤſe Daͤmpff in Bergwercken / Nim̃ Liebſtoͤckel-Wur - tzel zwey Loht / Holwurtzel ein Loht / Veielwurtzel / Anisſamen / jedes ein halb Loht / ſtoß zu einem reinen Pulver / ſchlags durch ein Sieblein / und wann du wilt in die Gruben fahren / oder in die Huͤtten ge - hen / ſo nim̃ ein quintl. davon / zertreibs mit Wein / und trincks warm. Oder / zertreibe deß gereinig - ten Armoniac ein Drittheil eines quintleins / mit gu - tem weiſſen Wein / und trincks.
ES heilet ſie geſotten Meliſſenkraut uͤ - bergelegt: Jtem / Quendel-Waſſer getrun -cken /275Die LXXI. Frag. cken / auch den Schaden damit gewaſchen / und ge - netzte leinene Tuͤchlein darein gelegt: Oder / der Safft von Beyfuß Wurtzeln außgedruckt / und 2. oder drey Loht / mit einem Truͤncklein friſch Brun - nenwaſſers vermiſcht / und getruncken. Oder / nim̃ ſechs Loht deß friſchen außgepreſten Saffts von dem Oder menigkraut / und vermiſch damit ein Quintl. rein gepulvert Eyerſchaln / und trincks miteinander hinein. Soll alles Gifft ſchnell durch den Mund hinweg treiben. Jtem / Weinrauten mit Honig geſtoſſen / und wie ein Pflaſter uͤbergelegt. Oder / ſeude Rockenkleyen mit Rauten-Safft zu einem Pflaſter / lege es auff ein Tuch geſtrichen uͤber den Schaden. D. Joh. Bauhinus lib. 3. vom Boller - bade / cap. 75. p. 265. ſchreibet alſo: Mich duͤnckt das beſte ſeyn / wann man den Biß von einem gifftigen Thier alſobald mit dem Harn / oder geſaltzenem Waſſer / oder mit beyden zugleich / oder mit Laugen abwaͤſche / und darauff ſchrepffe / und brenne: daß man auch von ſtund an eine Artzney wider das Gifft brauche / als von Gauchheil / und dergleichen / und gleich darauff denſelben Tag etliche Stunden bade / doch ſich auch nicht gar zu ſehr abmatte / und dar - nach ſchwitze. Und hielt ichs darfuͤr / daß man mit dem Baden anhalten ſolte / biß die Haut außſchluͤge / darneben aber gute Achtung haben / daß der ſchadhaffte Ort / vor viertzig Tagen / nicht zugeheilet wuͤrde.
S 2Giff -276Die LXXII. Frag.Gifftige Thier und Wuͤrm im Leib treibet auß Angelicwurtz / Meerrettichwurtzel jedes gleichviel / ſtoſſe die zu einem reinen Pulver / ſchlags durch ein Siblein / und gib einem von dieſem Pulver / vier Morgen nacheinander / nuͤchtern / vier Stund vor dem Eſſen / einen guten Loͤffel voll mit einem war - men Truͤncklein Weins zertrieben ein. Soll eine gewiſſe Artzney ſeyn / daß die Thiere entweder durch den Mund oder Stulgang / herauß muͤſſen.
Gifftige Thiere vertreibet Beyfuß in Gaͤrten gepflantzet / auch bey ſich getragen. Jtem / der Dampff der angezuͤndten Roſmarinskraut-Wur - tzel / welches auch Rauten gedoͤrrt / und auff Kohlen gelegt: item / in Gaͤrten gepflantzet / thut. Alſo iſt Rauten oder Weinrauten zu Pulver geſtoſſen / und eines quintleins ſchwer mit weiſſem Wein ge - truncken / wider allerley gifftige Biß.
Bienen oder Jmen-Stich / heilen Lorbeer - baum-Blaͤtter / klein zerſtoſſen / und angeſtrichen. Jtem / Pappelkraut auffgelegt / oder mit dem Oel / darinn die Blaͤtter zerſtoſſen ſeyn / geſalbt. Jtem / kalte feuchte Erden uͤbergelegt. Oder ein Fliegen gleich nach der Bienen - oder Hummel-Stich auff - gelegt / ſo bewehrt iſt. Es berichtet einer / als er ei - nesmals zu Regenſpuꝛg / in einem Garten / unver - ſehens / von einer Jmmen geſtochen worden / hab er auß Raht deß Herrn deß Gartens / daß vor ſeinem Fuͤſſen ſtehendes Peterſilgenkraut genommen / undden277Die LXXII. Frag. den Stich damit gerieben / und habe vom ſelbigen Augenblick / nichts mehr empfunden.
Eines nuͤchtern Menſchen Biß wird mit Huͤ - nermiſt / Armeniſchen Bolo, und Muͤntz-Oel / ver - miſcht / und auffgelegt / geheilet. Weiber-Biß cu - rirt Fenchelwurtzel zu Pulver geſtoſſen / und mit glei - chem theil Bonenmeel / und Honig / ſo viel darzu vonnoͤthen / und Wachs / zu einem Pflaſter gemacht und uͤbergelegt.
Blindſchleichs-Biß oder Stich / heilet Wein - rauten-Pulver / ein Quintlein mit weiſſem Wein getruncken / welche Artzney auch iſt vor eingenom - mene Bleyweiß Schaͤdligkeit; darwider auch Wer - mutſafft mit Meth / etliche Tag getruncken / gut iſt.
Wider eines wuͤtenden Hunds-Biß / ſtaͤrcket man das Hirn mit Roſen-Zucker / laſſt zur Ader / reiniget die Wunden wol / und legt Sauerteig dar - auff / damit das Gifft zuruͤck gezogen werde: inſon - ders ſoll man ſie mit Eſſig / und Wein abwaſchen / oder aber feuchte Erde darauff legen / ſo das Gifft an ſich ziehet. Das Kraut / Gutheinrich / wird auch gelobt; Jtem / Nußkern von einem nuͤch: ern Menſchen gekaͤuet / und mit ſeinem Speichel wohl genetzt / und uͤbergelegt: Jtem Bonen / ſo auch gut wider eines Affenbiß / oder ſtoſſe einen friſchen Krebs / und leg ihn uͤber / ſo bewehrt ſeyn ſolle / auch vor Schlangen-Biß / weil alles Gifft davon außgezogen werden ſolle. Jtem / man kan ſich mit Neſſel-Waſſer waͤſchen / Tuͤchlein darinnS 3netzen /278Die LXXI. Frag. netzen / und uͤberlegen / ſonderlich / ſo ein wenig Saltz dabey / ſo probirt worden. Menſchen Haar in ſcharffen Eſſig gebeitzt / und auffgelegt. Spitz - muͤntz mit Saltz geſtoſſen / und uͤbergelegt / heilet oh - ne Sorg. Oder / nim̃ ein quintl. Entzianpulver / ein quintlein Myrrhen / und zwey quintl. gebranter Bachkrebs-Aſchen / gieß darüber Wein / und trinck davon vier Tage nacheinander / laß die Wunden of - fen / halte ſie mit Saltz-Waſſer rein / und ziehe das Gifft mit Laßkoͤpffen herauß. Oder / zerquetſche Knoblauch / miſche Honig und Gaͤnſe-Schmaltz darunter / und legs uͤber. Etliche Tropffen von dem Balſam auß Terpentin gar warm in die Wun - den gethan / lindert den Schmertzen / und heilet in kurtzer Zeit. Jtem / Krebs / in S. Johanns Nacht / vor Auffgang dtr Sonnen gefangen / hernach in ei - nem Hafen beym Feuer gedoͤrrt / pulveriſirt / und mit Butter geſſen; ſollen beyde bewehrt ſeyn. An - derer / auſſer der raſenden / Hunden Biß heilet Fen - chelſamen zu Pulver geſtoſſen / mit Honig tempe - rirt / wie ein Pflaſter auff ein Tuch geſtrichen / und uͤbergelegt. Jſt die Wunden tieff / ſo fůlle ſie mit Pulver von Dillkraut / und deſſen Stengeln auß. Man legt auch uͤber den Schaden friſche weiche Holder-Blaͤtter / mit Gerſten-Maltz vermiſcht. Oder / Neſſel-Blaͤtter zerſtoſſen / und mit Saltz uͤ - bergelegt.
Noͤſſelwurm Biß heilet Wermut / und Muͤntz - kraut / jedes gleichviel / in Wein geſotten / und diedurch -279Die LXXI. Frag. durchgeſiegene Bruͤhe getruncken; außwendig a - ber / weich Bech mit Saltz daruͤber gelegt.
Nattern und Schlangenſtich heilet der Safft von Aeſchen laub mit Wein getruncken; oder die Blaͤtter geſtoſſen / und auffgelegt: oder groß Klet - ten-Blaͤtter / mit Saltz vermiſcht / und uͤbergelegt: Jtem / Knoblauch geſſen / und einen guten Trunck Wein darauff gethan; auch aͤuſſerlich wie ein Pfla - ſter uͤbergelegt. Bockshorn / oder Quendel / Stab - wurtz / Rauten und Poley Rauch / vertreibt die Schlangen. Wann ein Mann von einer Schlan - gen geſtochen wird / der nehme einen Hanen / ein Weib aber / eine Henne / lebendig / und ſchneide ſie mitten durch den Ruͤcken / und lege ſie alſo warm uͤ - ber den Schaden. Jtem / zerquetſche Betonien / und legs mit einem weiſſen vom Ey auff / ſo das Gifft außziehet. Jtem / Wegerichkraut mit der Wurtzel / geſtoſſen / und umbbinde es mit einem Hirſchriemen. So heilet Nattern Biß Tormen - till-Wurtzel geſtoſſen / item / Geißrauten / wie ein Pflaſter uͤbergelegt. Oder / Beyfuß-Safft mit Waſſer vermiſcht getruncken. Scabioſenkraut - Safft mit Tuͤchlein uͤbergelegt / oder / daß gruͤne Kraut geſtoſſen / und wie ein Pflaſter uͤbergelegt. Heilwurtzſamen / Blum / und der Safft / mit Baum-Oel zertrieben / und ſich damit beſtrichen / ſoll den Biß oder Stich verhuͤtten: Garbenkraut aber geſtoſſen / und wie ein Pflaſter übergelegt / der Vipern Stich heilen. Schlangen / Salaman -S 4der /280Die LXXI. Frag. der / Mollen / und Froͤſch / treibet auß dem Leib An - gelicwurtz / Meerrettich-Wurtzel / jedes gleicher Theil / ſtoſſe die zu einem reinen Pulver / und ſchlags durch ein Siblein. Von dieſem Pulver gib einem / vier morgen nacheinander / nuͤchtern / 4 Stund vor dem Eſſen / einen guten Loͤffel voll / mit einem Truͤncklein Weins zertriben / und warm zu trincken / ſolle bewehrt ſeyn.
Scorpion-Stich curiren Feigen mit Saltz ver - miſcht / und angeſtrichẽ; item / Majoran - und Scor - pion-Oel. Wermut-Wein getruncken; item / An - gelica geſtoſſen / und ein quintl. davon mit Wein ge - truncken. Beſtreiche dich mit Rautenſafft / ſo ſcha - det dir kein Scorpion. Gerſtenmeel mit Wein / dar - in Weinrautten geſotten worden iſt / zu einem Pfla - ſter gemacht / und uͤber den Schaden gelegt / oder Wegwarten-Wurtzel / und Blaͤtter geſtoſſen / und uͤbergelegt. Der Rauch / oder Dampff deß ange - zuͤndten Calbani, und Schwefels / jedes gleichviel / vertreibt und toͤdtet die Scorpionen.
Spinnen-Stich curirt Poley mit Eſſig / und Saltz / geſtoſſen; item Rettich darauff gelegt. Und wer ſeine Haͤnde mit Rettichſafft beſtreicht / der kan allerley gifftige Thier anruͤhren. Trincke fuͤr der Bi - nenſtich Cardobenedictenkraut / Woll / und den Sa - men mit Wein und Pfeffer. Jtem / baͤhe das Orth vor wol / mit gutem warmen Wein-Eſſig / und dar - nach leg Wermut mit Rauten / lebendigem Kalch und Aſchen / geſtoſſen / und mit warmen Waſſer /wie281Die LXXI. Frag. wie ein Brey temperirt / auff einem Tuͤchlein uͤber. Jtem / rein gepulvert Kleyen / mit Eſſig zu einem Pflaſter gemacht.
Horniſſen-Hummeln-Weſpen-Stich / heilet Weinrauten zu Pulver geſtoſſen / und ein Quintl. ſchwer mit weiſſem Wein getruncken. Hummelſtich heilet friſch Endivienkraut / mit den Wurtzeln ge - ſtoſſen / und wie ein Pflaſter uͤbergelegt. Alſo heilen die Lorbeerblaͤtter klein zerſtoſſen / und angeſtrichen / die Weſpen-Stich. Daß aber einer nicht geſtochen werde / ſo nehme er Spargenwurtzel / zu einem ſubti - len Pulver geſtoſſen / und mit Baumoͤl / wie ein ſaͤlb - lein / temperirt / und beſtreiche ſich damit / oder mit Rautenſafft.
Krotten-Biß heilet Heilwurtz / gruͤn / oder duͤrr geſtoſſen / und mit Menſchen-Harn / wie ein Pflaſter gemacht / auff ein Tuch geſtrichen / und uͤbergelegt.
Katzen-Biß heilet Nardenſamen geſtoſſen / wie ein Pflaſter uͤbergelegt. Rauten vertrei - bet ſie.
Lobenheimer oder gifftige Waſſer-Schnacken vertreibet Wermut / in der Schlaff-Kammer auff gluͤenden Kolen gelegt: Jtem zuͤnde Galbenſafft an. Andere Schnacken toͤdten der Rauch von Roͤ - miſchen Kuͤmmel in der Kammer gemacht. Jtem kaͤue dieſen Kuͤmmel im Mund / und mit dem ſafft / den er gibt / ſalbe das Angeſicht / die haͤnde / und andeꝛe Glieder / ſo koͤñen dich die Schnacken nit ſtechen. SoS 5man282Die LXXII. Frag. man auch die Fenſter / Waͤnde / und die Thuͤren der Gemach mit dem Wein / darinnen Kuͤmmel geſot - ten / beſprenget / ſo kommen ſie nicht hinein.
Wieſel Biß heilet der Nardenkraut-Samen / zu Pulver geſtoſſen / und das Pulver vom Candi - ſchen Diptam / jedes ein quintlein / und mit Wein getruncken. Durch die Weinrauten werden ſie vertrieben: oder weiche Weitzenkoͤrner mit Sal - miax in Waſſer / und gieſſe dann an die Ort / da ſie gemeiniglich ihre Wohnung haben.
DAvon iſt allbereit in der vorgehenden Frag etwas geſagt worden. Sonſten ver - treiben das Unziefer Wermut und Berg - rauten: Und wird auch das Unziefer vom herumb gepflantzten Wermut / item durch den Rauch oder Dampff / von dem angezuͤndten Galbenſafft / in den Weingaͤrten; auß dem Leib aber mit dem Rheinfa - ren-Safft vertrieben / wann man deſſen zwey Loht mit Wein trinckt / oder das Kraut mit Wein ſiedet / und von der geſottenen Bruͤhe trincket. Ein meh - rers iſt bey der vorgehenden / item / in der 67. Frag / einkommen.
Die283Die LXXII. Frag.Die Omeyß iſt gar ein fuͤrſichtig und ſorgfaͤl - tig Thierlein / hatt auch in der Artzney ſeinen Nu - tzen. Sie werden durch Schwefel / und das Kraut Wolgemut / gepulvert / und uͤber ihre Wohnung ge - ſtreuet: Jtem / von Rauch deß Schwefels / Sto - rax / und Teuffelsdreck vertrieben. Wann man auß ſolchen Sachen einen Teig macht / und umb ihre Wohnung ſtreichet / ſo gehen ſie nicht herauß. Und wann man von dieſen Dingen etwas in ihre Loͤcher thut / ſo ſterben ſie: und wan man Scorbio - nenkraut auff ein Omeyshauffen legt / und die Loͤ - cher damit verſtopfft / ſo muͤſſen ſie auch alle ſterben.
Die Wandleuſe oder Wantzen / vertreibet auß den Gaͤrten und Zimmern / der Rauch von Bolel - lio (ſo ein Gummi) duͤrren Myrrhen / und Schwe - fel gemacht: Jtem / die Bonen-Blaͤtter in die Bett gelegt: Jtem / gruͤner Wermut mit Schweinen - ſchmaltz wol geſtoſſen / darnach geſotten / und durch - geſiegen und die Bettſtollen damit beſtrichen. O - der / ſeude das Horn von Pferds-Fuͤſſen / in einer ſcharffen Laugen / und waſch damit die Bett / oder wantzichte Ort. Solle bewehrt ſeyn; wie auch das folgende: begieſſe die Gemach mit Waſſer / und ſtreue friſche Rauten-Blaͤtter / und Zweiglein dar - auff.
Das gruͤne Coriander Kraut unter die Kuͤſ - ſen gelegt / oder in Meerzwibel Eſſig / oder nur in Waſſer geſotten / und die Gemach damit begoſſen / ſolle ſie auch vertreiben. M. Albertus Linemann,im284Die LXXIII. Frag. im Prognoſtico deß 1652. in der 10. Frag mel - det / daß die Wandlaͤuſe / oden Wantzen (oder Wentelein / wie ſie theils Orthen genennet werden) ihr Herkommen / in vielen Kammern auß dem Holtz / und dem Leimen haben / worauß die Haͤuſer gebawet ſeyn. Denn / wenn ein Holtz gegen das volle Liecht / oder beym vollen Liecht ſelbſten / ge - hauen wird / ſo iſt im Holtz viel Feuchtigkeit; deß - gleichen im Leim / wann derſelbe alſo gegraben wird: das Baum-Oel iſt der Wantzken Tod / ſagt er: Denn wenn mit dem Baumoͤl ein Wandlaus nur beruͤhret wird / ſo ſtirbt ſie alſobald. Ein Haus - vatter thut nicht uͤbel / ſchreibt er ferners / daß er ſei - ne Bettgeſtell auß fettem kuͤnichten Fichtenholtz fer - tigen laͤſſt / welches gegen das neue Liecht gehauen iſt.
WEerzwibeln unter daß Obſt gelegt / laͤſſet es nicht faulen.
Trauben bleiben am Stock / biß zu rech - ter Zeitigung gut / wann man umb den Stock / der ſonſten bald faule Trauben bringt / Gerſtenmeel / mit Burtzelkrautſamen vermiſcht / ſchuͤttet: die abge - nommene Trauben aber bleiben lang friſch / wann man ſie in Haberſtroh leget.
Die285Die LXXIII. Frag.Die Eyer werden friſch behalten / wann ſie in Rockenkorn vergraben werden. Wiltu ſie im Sommer friſch behalten / ſo vergrabe ſie / ſo bald ſie gelegt worden / in Kleyen. Andere reiben die Eyer mit rein gepulvertem Saltz / oder waſchen ſie ab mit Saltz-Waſſer / laſſen ſie darnach ein Stund oder vier liegen / biß ſie gar trucken werden / darnach vergraben ſie dieſelben in Kleyen.
Das Fleiſch bleibet friſch / wann mans in den Hirſen (Millium) verſcharret. Vor Mucken / und Maden / behuͤtet das Fleiſch Bier-Eſſig mit ſaubern Tuͤchlein genetzt und eingewickelt. Zum Einſaltzen nimm Corianderſamen / Wacholder - beer / eines jeden ein gut Theil / ſtoß zu einem grob - lechten Pulver / darnach thue deß Fleiſches ein Leg / mit warmen Saltz / zettele darnach deß Pulvers ein Hand voll darauff; weiter / ſaltze wider ein Leg Fleiſches / und ſo fortan; laß es ſeine Zeit im Saltz liegen / und henck es dann in den Rauch / ſo bleibt es gut / und iſt wolgeſchmack. Das Fleiſch im Hafen hefftet zuſammen / wann man Sanickel dabey ſeu - det. Wann man damit Sauerampfferkraut ſie - det / ſo wird das harte Fleiſch weich.
HUſten iſt eine Reinigung der Bruſt / durch welche aller uͤberfluß / ſo in derſelben / und in der Lunge ſteckt / wird außgeworffen. Und iſt ſolche Bewegung von der Natur / der Bruſt nicht anders zugeeignet / als dem Hirn das Nieſen / und dem Magen das Heſchen. Es iſt der Huſte zweyerley Art / nemlich / ein truckener und feuchter. Beyde entſtehen auß aͤuſſerlich - und innerlichen Urſachen. Die aͤuſſerliche ſeyn / wo etwas im Halß beſteckt / viel Pulver / und Staub empfangen wird / arger Peſtilentziſcher Lufft / hitzige / kalte / feuchte / oder gar zu truckne Zeit / und Art / welche eine arge Eigenſchafft in der Lungen machen: Deßgleichen rauhe / raͤſe Speiß / als zu viel Pfeffer / geſaltzener Kaͤß / oder Fleiſch / herbe ſaure Fruͤchte / Neſpeln / Eſſig / Limonien / ꝛc. item / wann einem die Speiß oder Tranck / in die unrechte Kehlen kombt / und dergleichen. Jnnerliche Urſachen ſeyn / zeher Schleim / und Catharr / der vom Haupt auff die Bruſt oder Magen ſincket: arge Daͤmpff / ſo in die Lufftroͤhr der Lungen kommen / dieſelbige entweder von wegen voͤllin deß Magens / Mangel am Miltz / Leber / Mutter / und andern Zufaͤllen beſchwehren / und viel dergleichen.
Was nun die Mittel wider den Huſten anbe - langt: ſo findet man deren in den Artzney-Buͤchern viel: und ſolle man ſich / wann derſelbe uͤberhand nimbt / bey einem Artzt guten Rahts erhohlen. Da - her allein der nachfolgenden / ſo in einem geſchrieb -nen287Die LXXIV. Frag. nen Buch man gefunden / zugedencken iſt: als man ſolle Poley mit Honig vermiſcht / nehmen / ſonderlich wann der Catharr den Huſten verur - ſacht; item Senff uͤber Tiſch; item Veiel-Sy - rup / mit der Bruſt-Latwerg / Lochſanum genant / und den Syrup von Frauenhaarkraut. Das Reiben der Haͤnde und Fuͤſſe thut auch wol. Roͤ - miſch Quendel-Syrup / und Waſſer. Melonen - ſamen von ſeinen Huͤlſen gereiniget / in Gerſten - Waſſer geſotten / zerſtoſſen / und getruncken. Suͤß - holtz mit ſuͤſſem Wein. Feigen und Yſop. Einer rah - tet dieſe Latwerg: Nim̃ den Syrup von Yſop / und Suͤßholtz / jedes ein Loht / der obgedachten Latwerg Lochſ. & experti, und von Fuchslungen / jedes 2. quintlein / und mach darauß eine Latwerg. Oder / Syr. de Liquirit. de Hyſſop. ana ℥ s. Loch ſan. & expert. de pulmon. vulp. ana Ʒiij, Traga Ʒj, A - niſi ℥ s, Cinam. ℈ ij, mivæ Citon. q. ſ. Und fuͤr eine ſchwangere Frau / ſo den Huſten hat / folgende Latwerg / R. Diapenid. Loch ſan. & exp. ana ℥ s, ol. Amygd. dulc. ℥ j, Syrup. Oxim. ſquillit. Hyſ - ſop. ana ℥ j. ol. Ireos Ʒj. Miſce. der Safft oder Sy - rup von Schlehenbluͤht: Jtem / die Bruſtbeerlein ſeyn auch gut. Jtem / Bruſtbeerlein: Safft / Jſ - pen-Safft / und Suͤßholtz-Safft vermiſcht / machet außwerffen. Oder nim̃ ein Sechzehntheil Bran - tewein / ein Achttheil Malvaſir / und zwey Loht Zu - cker candi / miſch / und brauchs kalt / morgens und a - bends / allwegen zween Loͤffel voll. Scabioſenblumen -Zucker:288Die LXXIV. Frag. Zucker: Jtem Roſmarin gebrent / und den Rauch in den Hals und Naſen gehen laſſen. Ein bewehrt Huſten-Pulver einer vornehmer Frawen / Freyher - ren Standes / ſo auch denen gut / ſo ſich der ſchwind - ſucht beſorgen; es eroͤffnet die Lungen-Roͤhr / und macht einen ringen Außwurff: Nimm Jngwer / Calmus / Lorbeer / Wacholderbeer / Fenchel / Jſop / Salbey / jedes zwey Loht / auch jedes abſonderlich pulver[i]ſirt / und ſo viel weiſſen Zuckercandi / als die obgedachte Stuͤck alle waͤgen / vermiſch es / und nim̃ alle Morgen davon ein / was du mit drey Fingern faſſen / oder heben kanſt / und zu Nachts / wann man will ſchlaffen gehen / auch ſo viel.
Alten Huſten vertreibt Wolgemut in Honig - Waſſer geſotten / und getruncken: Jtem / geſottene / und durchgeſchlagene Reißbruͤhlein / deß Tags et - lich mal getruncken / iſt eine gewiſſe und wunderliche Huͤlff wider den Huſten. Gerſten - und Kleyen - Bruͤhlein ſeyn auch gut.
Scharffen Huſten vertreiben geſottene Ruͤben / den Safft herauß gedruckt / mit ein wenig Zucker - candi ſuͤß gemacht / und alſo warm / wann man ſchlaffen gehen will / getruncken.
Wider den Eyter-Huſten / nim̃ Ruͤſtblaͤtter / und Pfefferkoͤrner / jedes gleichviel / zerſtoß / und trinck es mit warmen Malvaſier.
Wider den Huſten von Kaͤlte ſeude Weitzen - meel / mit friſchem Butter / weiſſen alten Wein / und gnugſamen Zucker zu einem Breylein.
Vor289Die LXXIV. Frag.Vor hitzigen Huſten nim̃ vier Loht rein gepulvert Amelmeel / vermiſche das mit friſch gemolckener Milch / thue darzu geſcheelte Citrullenkern / klein geſtoſſen / anderthalb Loht / und ein wenig friſch Mandel-Oel / ſeude dieſe Stuͤck wol zu einem Brey - lein / machs ſuͤß mit Penid-Zucker / gibs darnach dem Krancken zu eſſen.
Trucken Huſten vertreibet Fenchelwurtzſafft / mit Honigwaſſer alle Morgen und abend / jedesmal zwey Loht warm getruncken. Oder nim̃ ein halb Maß Geißmilch / thue darein ein Hand voll blawe Veiel / und ein Loht Zuckercandi / laß gemach auff - ſieden / und trincks warm. Oder / nim̃ Geißmilch / ſeude darinn Bockshoͤrnlein / oder S. Johannis - Brodt / und iß / oder trincks; ſo probirt iſt. Oder Zuckerpenid mit geſottenem Suͤßholtzwaſſer zu ei - nem Julep gemacht / und deß Tags viermal / je - desmal acht Loht warm getruncken. Jtem / Fen - chelſafft mit Milch und Penidzucker vermiſcht / und den Kindern offt davon zu lecken geben.
Seude ein Waſſer mit Fenichel / hernach thue Zuckercandi / und ein wenig Zimmet darein / und trincke es vor den Durſt / in der Huſten. Oder / nim̃ zwey Loht Zucker / und friſch Brunnenwaſſer ein Maß / ſeude daß den dritten Theil ein. Wiltu es beſſer haben / ſo thue darzu ein halb Loht klein ge - ſchnitten Suͤßholtz / und ein Loht der kleinen Roſin - lein / laß es mit dem Zucker ſieden / ſeige es durch / und trinck nach Notdurfft. Oder / nim̃ der Wur -Ttzel290Die LXXV. Frag. tzel von Sauerampfer und China / Suͤßholtz / Wein - beerlein / deß beſten Zimmets / jedes drey Quintlein / Fenchelſamen zwey quintl. und Coriander 1. quintl. thue es groͤblicht zerſchneiden / und ſeuds mit ſechs Maß Waſſer eine halbe Stund. Jſt auch wider Seitenſtechen. Oder / nim̃ Fenchelwurtzel in fri - ſchem Waſſer den halben Theil eingeſotten / und der durchgeſigenen Bruͤhe alle morgen nuͤchtern drey Stunden vor dem Eſſen / und deß Nachts 2. Stun - den vor dem Nacht Jmbiß / jedes mal 6. Loht / mit zwey oder drey Loht Yſop-Syrup vermiſcht / warm getruncken. Jſt eine bewehrte Artzney wider den Huſten / auch das Keichen / und ſchwe - rem Athem.
DAß / ſo insgemein die Bruſt von uns / und Lateiniſch Thorax genant wird / hat vorne〈…〉〈…〉 ihren Anfang / nach Endung deß Halſes / reicht ſo weit als die Rippen; oder / hat das vorderſt und hinderſt Theil deß Leibs / vom Hals ab / biß auff das Diaphragma, oder das Bruſtfaͤll im Leib in ſich. Der Vordertheil iſt in der Mitte / nach laͤngs ab / etwas eingeſenckt / dargegen an bey -den291Die LXXV. Frag. den Orten / unter den Tuͤttlen oder Bruͤſten erhoͤ - het: Gleichfals auch der Hindertheil / der Ruͤck - grad ernidert / aber an beyden Seiten durch die Schulterblat / und Rippen erhaben. Dieſer Ort iſt nicht gantz beinin wie die Hirnſchal / auch nicht gantz fleiſchin / ſondern ordenlich eines umbs ander / mit Beinen und Maͤußlein vermiſcht / und erfuͤllt / alſo / daß die Rippen ſolche vornen und hinden beſchlieſ - ſen / und die innerliche Glieder / gleich als mit einer Vormauer beſchůtzen und zuſammen halten. Wie nun dieſer Theil deß menſchl. Coͤrpers außwendig von Beinen beſchirmet iſt / alſo wird er auch inner - lich mit Blut - und Lufft-Adern / deßgleichen mit ſtarcken Nerven gefuͤhrt / erhalten / und zuſammen - gebunden / taugenlich gemacht / den Lufft an ſich zu ziehen / und von ſich zulaſſen / dardurch Hertz / Lung / und andere innerliche Glieder erquickt / und in ih - rem Weſen erhalten werden. Nun dieſe Bruſt iſt wie andere menſchliche Glieder / mancherley Gebre - chen unterworffen. Dann / wañ die ſchaͤdliche Fluͤſſe vom Haupt auff die Bruſt ſincken / verſehren ſie die Lungen / verſtopffen die Lufftaͤderlein / machen kei - chenden / harrziehenden / auch ſtinckenden Athem / mehrerley Huſten / Erſchweren / Eyter und Rotz / außwerffen / dergleichen andere Zufaͤll / und ſchmer - tzen / welche gemeiniglich die Lungen beſchwehren / und verletzen.
Nun hierwider / und zwar wider den ſtincken - den Athem / dienen Meliſſen / Salbey / eingemachteT 2Cal -292Die LXXV. Frag. Calmus / Gulgant / Muſcaten / eingemachte Citro - nen gekaͤut / und geſſen: item / Naͤgelein und Gal - gant / auf einer Rinden von Rockenbrodt mit Wein geſſen. Jtem / Fenchelſamen / Wermutwaſſer / Anis / Coriander / Rockenbrodt auß Wein / mit darauff geſtreuten Salbey / oder Galgant Puͤlver - lein geſſen; Muſcaten-Oel / Wacholder-Oel. Vor den uͤblen Geꝛuch von gegeſſenem Knoblauch / iß Rauten auß Weineſſig / oder iß ein rohe Peter - linwurtzel / und trincke einen guten Weineſſig dar - rauff. Dem kurtzen Athem hilfft Wolgemuht - waſſer / abends und morgens getruncken: Jtem / Meliſſenpulver mit Honig vermiſcht / und einge - nommen. Salveywein. Bruͤhe von geſotnen Ruͤ - ben / mit Zucker und Butter vermiſcht. Feigen uͤber Nacht in Brandwein gelegt / und frůhe zwey davon geſſen. Salbe die Bruſt mit Roͤmiſch Ca - millen-Oel. Ein Waſſer für den ſchweren Athem: R. Aqu. Meliſſæ, Borrag. Ceraſ. nigr. ana ℥ j. E - lixir. vitæ Matthioli, 3. qu. ol. Sulph. acidı gutr. V. Sacchari candi albi ℥ . vermiſchs / und gib ein oder zwey Loͤffel voll ein. Ein dickes Gerſtenbruͤh - lein mit Mandelmilch / Zucker / und friſchem But - ter geſotten: item / die Kleyen-Suͤpplein gegeſſen / ſeyn auch gut wider den ſchweren Athem / auß druͤck - ne verurſacht / wann die Lufftroͤhr und die Lung / zu viel zuſammen gezogen werden / daß ſie ſich nicht frey außbreiten koͤnnen. Meerzwibelſafft; Jtem / ein Scrupel geſaͤuberten Armoniacs / mit einemweich -293Die LXXV. Frag. weichgeſottnem Ey verſchluckt; Jtem / das Kraut Wildeſſigkraut / oder Wildbrunnkreß genant / ins Getraͤnck gelegt / item gebratne Zwibel / item Ho - nigeſſig / item das Pulver von den Lorberbeeren / mit Honig genommen / und geleckt: Jtem / præparirt Fuchslungen; item / Zibeben ſeyn auch nuͤtzlich: J - tem / Bertramwurtzel in Wein geſotten / mit Zucker ſuͤß gemacht / und einen guten Becher voll / warm / von der durchgeſignen Bruͤhe getruncken. Jtem / Erdbeerkraut geſtoſſen / den Safft davon außge - preſt / und davon genommen zwey Untz / oder vier Loht / Honig zwey Loht / weiſſen Pfeffer zu Pulver geſtoſſen / ein halb quintlein. Miſche / und trincks warm / iſt bewehrt. Alſo machet Außwerffen die durchgeſchlagene Kleyenbruͤhe / mit Honig / und und ſuͤß Mandel Oel / ſo friſch außgedruckt wor - den / vermiſcht / Morgens und Abends / jedesmal etliche Loht getruncken. Oder / nim̃ Peſtilentzwurtz / und Alantwurtzel / jedes zwey Loht / Ehrenpreiß / Y - ſop und Doſten / jedes eine halbe Hand voll / Suͤß - holtz ein halbes Loht / Fenchel zwey quintl. acht friſche Feigen; ſiede ſolche Stuͤck in einem Honigwaſſer / und trincke davon / iſt bewehrt.
Alſo dienen zum eroͤffnen der Bruſt / und Ab - ledigen / Veilel-Syrup / Penidzucker in der Speiß / oder Tranck / oder ſonſten / gebraucht; Fenchel-Zu - cker Wolgemut / Bergmuͤntzwaſſer; oder folgender Julep: Nim̃ Scabioſenwaſſer / durch ein zinnern oder glaͤſern Kolben diſtillirt / und Roͤhrlein -T 3waſſer /294Die LXXV. Frag. waſſer / jedes ein halb Seydel / Yſopwaſſer ein guten Loͤffel voll / gedoͤrrt weiſe Roͤſenblaͤttlein / blawe ge - doͤrrte Veiel / was man eines jeden mit fuͤnff Fin - gern wol faſſen kan / thue es in ein verglaſuret Haͤff - lein / bedecks; thue darzu weiſſen Zucker candi / daß es gar ſuͤß werde; ſetze es zu einem gelinden Kohl - feuerlein / laß aber nicht ſieden / wann es ein Stund geſtanden / ſo nimbs hinweg. Wann du es ge - brauchen wilt / ſo ſetz es auff eine heiſſe Aſchen / oder warmen Ofen / davon gib ein / zwey / oder drey Loͤf - fel voll ein.
Die Bruſt raumt und reiniget Meerzwibel - eſſig / ein oder zwey Loͤffel voll eingenommen / Cube - ben / welſch Pimpernuͤßlein / Gamanderlein-Wein / Suͤßholtzſafft / Liebſtoͤckelwaſſer / Angelic-Taͤfelein / Kuͤmmelzucker. Oder / nim̃ Frauen-Haar / Y - ſop / Feigen / Bruſtbeerlein / Sebeſten / Roſinlein / Gerſten / und geſchaben Suͤßholtz / jedes gleichviel / koche ſie in Brunnenwaſſer / und trinck davon.
Bruſtgeſchwaͤr heilen gemeine dicke Gerſten - bruͤhe / oder Gerſten / mit Mandelmilch / zu einem Muͤßlein geſotten / und mit ein wenig Penidzucker ſuͤß gemacht. Oder Weitzenmeel mit Milch / fri - ſchem ſuͤſſen Mandel-Oel / und ein wenig Zuckers / zu einem Brey geſotten.
Hitzige Bruſt curiren Sebeſten / Bruſtbeer - lein / Zwetſchen / und Suͤßholtz / in Waſſer geſotten / und davon getruncken. Jtem / Wegwartenwaſ -ſer295Die LXXV. Frag. ſer: Jtem / Endivienkraut / friſch mit Gerſtenmeel geſtoſſen / und wie ein Pflaſter gemacht.
Kinder-Roſſeln vertreibt Veiel-Safft / und Waſſer Bruſtſchleim zertheilet / und fuͤhret auß / Baſilienwaſſer getruncken / Pfeffer / Thymian / mit Honig vermiſcht / und wie eine Latwerg ſittiglich ge - ſchlungen: oder Gundelreben / Yſop / Alantwurtzel / und Fenchel / in eintm Honigwaſſer geſotten / und warm davon getruncken.
Bruſt-Schwachheiten curiren ſuͤſſe Pome - rantzen / Spargen / geſotten Zuckerwaſſer. Siede Gerſten im Waſſer / waſche ſie wieder mit friſchem Waſſer / thue Butter / und ein wenig Saltz / auch Mandelmilch darzu / ſiede biß die Gerſten zerfaͤhrt und dick wird / wie ein Muͤslein / beſtreue es dann mit Zucker. Einer hat lang einen Schmertzen in der Bruſt und Keelen / wann die Mittags Eſſen - Stunde vorhanden war / gelitten / und ſtuͤndlich / durch ein warmes Brodt / ſo er dreymal auffgelegt / inner drey Tagen wieder geſund worden.
Bruſt-Verwundung heilet Sanickel in Waſ - ſer / Bier oder Wein geſotten / und von der durchge - ſignen Bruͤhe morgens und abends / jedesmal ſechs Loht warm getruncken.
Wider die Apoſtem in der Bruſt / das Auß - werffen zu befoͤrdern / nim̃ Weitzenmeel vier Loht / Roſenhonig 3. Loht / zween Eyerdotter und Schwei - nen Schmaltz / ſo viel genug iſt / mach ein Pflaſter darauß / und ſtreichs auff ein Tuch. Oder Wein -T 4rauten296Die LXXVI. Frag. rauten zu Pulver geſtoſſen / und ein quintl. ſchwer mit geſottenem Suͤßholtzwaſſer getruncken.
DJE Lung iſt gleich als eine Scheid - wand / zwiſchen den Lufftroͤhren deß Halſes / und Hertzens geſtellet / und als eine Behal - tung / und Werckſtatt deß Athems / von der Natur verordnet / den aͤuſſerlichen Lufft zu empfahen / an ſich zuziehen / Hertz und innerliche Glieder damit zu erquicken / den erhitzigten wieder außzuſtoſſen / aber - mals einen friſchen zu hohlen und außzutheilen / dar - mit die Stimm und Rede / in allem / ſo da lebt / und Lungen hat / zu formiren und leiten. Darumb hat die Natur der Lungen Subſtantz und Weſen / ring / und ſchwamblecht gemacht / mit mehrerley Lufft - loͤchlein und Adern erfuͤllet / damit ſie zu der beſagten Verwaltung deſto tauglicher ſeyn moͤchte. Jhr Weſen beſtehet auß Blut / wird reichlich damit er - fuͤllet / welches doch / ſo bald es auß den Coͤrpern kom - met / verflieſſet. Je kleiner die Lunge in einem Coͤr - per / je ſchnellerer Bewegung derſelben iſt. Es wird aber dieſes edle und nothwendige Glied / mit vielfaͤltigen und ſchweren / auch toͤdlichen Kranck -heiten297Die LXXVI. Frag. heiten angegriffen / als mit Huſten / Verſtopffung / Geſchwaͤr / Schwindſucht und dergleichen; davon oben allbereit / als von der Huſten / ſtinckenden und ſchwerem Athem / etwas iſt geſagt worden. Wer - den daher nur noch etliche Mittel / wider andere Ge - breſten derſelben erzehlet; und was ſonſten bey der - ſelben in acht zunehmen iſt / vermeldet.
Und zwar ſo vertreibt den Lungen-Gebrechen das Lungenkraut / Poley in gutem weiſſen Wein / mit ein wenig Saffran geſotten / Abends und Mor - gens getruncken. Das Huſt-Latwerglein Species diahyſſopi genant. Lavendelzucker wehret / daß die Fluͤſſe nicht auff die Lungen fallen. Ehrenpreiß. Alantwurtz-Wein. Fenchelſafft Morgens und A - bends / jedes mal zwey Loht / mit Meth / warm ge - truncken / kombt zu hülff allem Gebrechen.
Gebrochne Lungen-Ader curirt Maßlieben - waſſer / allein / oder mit Wegerichwaſſer getruncken. Jtem / die Breylein von Staubmeel: eroͤffnen aber thut Weinrautenwaſſer / Morgens und Abends / je - des mal 4. oder 5. Loht eine zeitlang getruncken.
Lungen Auffſteigen wehret Yſopſafft mit Sca - bioſenwaſſer eingenommen.
Lungen-Entzuͤndung curirt Saffran / Erdbeer / Wegwartenwaſſer / ein dickes Gerſtenbruͤhlein / mit kleinen Roſinlein / ſchwartzen Bruſtbeerlein / und ein wenig Mandelmilch geſotten / und durchgeſigen. Jtem / gepulvert Kleyen in Waſſer und Wein / je - des gleichviel mit friſchem Butter zu einem PflaſterT 5geſot -298Die LXXVI. Frag. geſotten / auff ein Tuch geſtrichen / und warm uͤber die Bruſt und Seiten gelegt.
Lungens kalte Gebrechen curirt Wolgemut / oder Doſtenwein getruncken: item / Yſop / Cha - millen / Anis / Wermut.
Scharffe und rauhe Lungen lindert der außge - preſte Safft von den ſuͤſſen Mandeln.
Lungen-Geſchwaͤr curirt Ehrenpreiß in Honig - waſſer geſotten / und ſtaͤtigſt davon getruncken. J - rem / gepulvert Amelmeel vier Loht / deß Schleims von wolgeſottner Kochgerſten acht Loht / junge Hü - ner / und junge Hanen-Bruͤhe / ſo viel vonnoͤthen / ſeuds wol miteinander zu einem Breylein / und gibs dem Krancken taͤglich zu eſſen.
Wann derſelbe von einer zerſprungenen Ader der Lungen Blut ſpeyet / ſo gib ihm deß friſch außge - preſten Garbenkraut-Saffts fuͤnff Loht / zertreibe darinn ein halb Loht gebranten und geribnen Blut - ſtein auff ein mal kalt zutrincken.
Den Schmertzen der Lungen wenden Wieß - kuͤmmel ſechs Loht / Anisſamen / Wermutkraut je - des vier Loht / machs zu Pulver / und thue darzu 6. Loht Broſam / von einem weiſſen Brod / unver - ſchaͤumbts Honig acht Loht / Terpentin vier Loht. Dieſe Stuͤck alle laß ſieden in gnngſamen weiſſen Wein / ſo lang biß der Wein ſchier eingeſotten. Mach darauß ein Pflaſter / das ſtreich auff ein Tuch / und legs dem Krancken warm außwendig / ſo wohl hinden als vornen / auff die Lungen / deß Tage zweymal /299Die LXXVI. Frag. mal / erfriſch es allweg wieder. Dienet auch wider die Schmertzen der Bruſt und Seiten / item / Kei - chen / und ſchweren Athem.
Schleim und Koder / ſuͤhrt auß / Wermut mit Veielwurtz und Honig / vermiſcht / morgens und a - bends in geſtalt eines Latwergleins genutzt. Oder Anisſamen ein wenig geroͤſtet / zu Pulver geſtoſſen / und mit drey Theil verſchaͤumten Honigs ein Lat - werg gemacht / und davon morgens und abends je - desmal einer kleinen Caſtanien groß genommen / ſie - tiglich im Mund zergehen laſſen / und darnach mit Luͤpfflen / auff dem Ruͤcken liegende / gemaͤhlich laſ - ſen hinab ſchleichen; das loͤſet ab den zehen Schleim in der Bruſt / und Lungen / und machet wohl auß - werffen. So einem die Fluͤß zur Bruſt und Lun - gen fielen / und er ſich der Schwind - und Lungen - ſucht befoͤrchtete / der neme zwey Loht deß gepuͤlver - ten Krauts Buſchkohl (ſonſten Buchſpick / Lun - genkraut / oder pulmonaric aurea genant) durch ein rein haͤrins Sieblein geſchlagen / und acht Loht alten Roſenzuckers / vermiſch es mit Myrten Syrup / ſo viel gnug iſt zu einer Latwergen / und gebrauch da - von alle Morgen und Abend einer halben Caſtinien groß / daß wird nicht allein die Lungenſucht verhuͤ - ten / ſondern auch dieſelbe / wann ſie allbereit ange - ſetzt / und die Lungen verletzet hat / heilen.
Sonſten reiniget die Lungen vom Schleim / Baſilienkraut in Wein geſotten / und getruncken / Betonien / Ackeley / Chamillen Blumen in Weinge -300Die LXXVII. Frag. geſotten / Morgens und Abends / jedesmal ein gemei - nes Tiſchbecherlein voll getruncken. Die Verſeh - rung aber der Lungen curirt Ehrenpreiß / Maßlie - ben - und Wegerichwaſſer / Diatragacanthum ca - lidum; Jtem / Angelicwurtzel zu Pulvergeſtoſſen / und mit verſchaͤumtem Honig / ein Latwergen dar - auß gemacht / alſo / daß man der Wurtzel ein Theil / und deß Honigs vier Theil nimbt. Jſt eine heil - ſame Artzney zu allen Verſehrungen und kalten Ge - brechen der Bruſt und Lungen.
Lungen-Verſtopffung loͤſet auff Wolgemut / oder Doſten / Jſop / welſche Pimpernuͤßlein / O - dermenig / Fenchel-Zucker / und vor allen andern / Ehrenpreiß.
DJE Schwindſucht Phthiſis, oder Tabes, iſt eine Lungenſucht / welche Fleiſch Marck und alle Kraͤfften deß Leibs auß - druͤcknet / verdorret und zerſtoͤret: Jn Summa / es iſt alles / ſo die Lungen verletzt oder aufffriſt. Ei - ner nennts Lungen-Geſchwaͤr. Die Urſachen ſeyn mancherley / als ſchwerer Huſt / da etwan ein Ae - derlein in der Lungen bricht. 2. Rotz und ſchleim /ſo301Die LXXVII. Frag. ſo vom Haubt auff die Lungen faͤllt. Dann wo ſolches Flieſſen lang waͤret / ſo verletzt es die Lun - gen nicht minder / dann ein ſtaͤter Tropff Waſſer einen harten Stein durchbohret. 3. Die Geſchwaͤr in der Bruſt / und anderswo / ſo noch nicht wol ge - reiniget worden / und hinab ſincken. 4. Das Ver - ſtopffen gewoͤnlicher Fluͤſſe / als bey den Weibern ihre Blumen / davon die Daͤmpff empor in die Lun - gen auffriechen und verletzen. 5. Vber fluͤſſige aͤuſ - ſerliche Hitz oder Kaͤlte / rauhe Wind / ſonderlich zu Herbſtzeiten / welche die Adern auffſchwellend ma - chen. Alſo von Stoͤſſen / Wunden / Peſtilentziſchem Lufft / zu langem Gebrauch hitziger Specerey / Zwi - bel / Knobloch / und anderer Speiſen / die viel und zart Blut machen / dardurch leichtlich ein Ader bricht / welches Blut dann daſelbſt erfaulet / und zum Geſchwaͤr / oder Apoſtem wird. 6. Gibt auch groſſe Vrſach zu dieſer Lungenſucht / das lange ver - harren in Bergwerck-Gruben / bey Schmeltzhuͤtti - nen / Queckſilber arbeiten / welcher rauch und dampf die Lungen beſchaͤdigen. Vnter vielen Zeichen ſeyn folgende die gemeiniſte / daß den Lungenſuͤchti - gen die Naſen ſpitzig und klein / die Schlaͤffe einge - fallen werden / die Achſeln ſich gleich als Fluͤgel auß - ſtrecken / ein klein hitzig Fieber / Huſten nach dem Eſſen / Engbruͤſtigkeit / ſchwerer Athem / eyteriger Außwurff / ſo etwas mit Blut gefaͤrbet iſt / darzu kombt. Es werden die Kiefer / und Backen rot / Naͤgel an Haͤnden und Fuͤſſen erkruͤmmen /die302Die LXXVII. Frag. die Hitz und Kaͤlte verletzen ſie leichtlich; an gaͤhem Zorn / Gewuͤrſigkeit / und Widerwillen / mangelts auch nicht. Wann nun ſampt dieſen Zeichen / der Leib anfahet abzunehmen / und außzudorren / und die Haar außfallen; da iſt kein Zweiffel mehr / daß ein ſolcher Menſchlungenſuͤchtig ſeye.
Was die Mittel wider dieſe Kranckheit anbe - langt / ob ſie wol / wann man nicht gleich anfangs darzu thut / ſchier unheilſam iſt: So braucht man doch darwider Fuchslungen / Weiber - oder Eſelin - Milch / Hyſſopſafft / iſſet viel von Lungen / Ziebel - nuͤßlein in ſuͤſſem Wein gekocht / und getruncken: Jtem / Doſten / mit Feigen / Rauten / Honig / und Wein geſotten und getruncken; ſuͤſſe Mandel / Suͤß - holtzſafft / Muſcatennuͤß-Oel / Mandelſuppen mit Zucker / Pappeln in der Speiß genoſſen. Etliche ſchreiben / daß der Saffran auff einen halben / oder gantzen Scrupel ſchwer / in ſuͤſſem Wein eingenom - men / die Schwindſuͤchtigen gleichſam vom Tode erwecke / und ihnen auff etliche Tage das Leben friſte. Folgende Artzney ſoll auch den Lungenſuͤchtigen helf - fen: Niñ der Morgen-Milch von einer rohten Kuh ein quart / oder nim̃ die Milch von einer weiſſen Zie - gen / und vier Kieſelſtein / mache die gluͤend / und le - ſche ſie in der gedachten Milch ab / und alsdann decke ſie wol zu / mit einem geheben Deckel / ſchlage ein Fa - cinet daruͤber / daß kein Dunſt außgehe / laß es kalt werden / trincke die Milch drey oder vier Tag / nachGele -303Die LXXVII. Frag. Gelegenheit / und deren drey Loͤffel voll / weniger oder mehr / nuͤchtern.
Fuͤr die Doͤrre der Kinder / koche einen Schoͤp - ſenkopff / und die Schoͤpsfuͤſſe / ſo lang im Waſſer / biß daß das Fleiſch ſelber von den Beinen faͤllet / ba - de darnach das Kind in dieſem Waſſer / trockne es ab / und ſchmier es dann mit folgender Salbe: nim̃ weiß Wachs / Schweines Schmaltz / Schaͤfen Un - ſchlit und friſchen ungeſaltznen Butter / machs zur Salben / und ſchmiere den gantzen Leib damit.
Jn deß Groß-Hertzogen zu Florentz Apothe - cken ſoll dieſer Safft / fuͤr die Schwindſuͤchtige zu - gerichtet werden: Rec. Polmonaria, lengua Cer - vina, capell venere adianto, Epatica, Cetrach, Orzo mondo, uve paſſole negre, Polipodio quercino ana manip. ij fichi vecci groſſi No. X. Dattili No. X. Ac qua di fonte lib. 30. Bollino le ſopradette coſe inſiemo tutte, ſino alla con. ſumtione della quarta parte, & del decotte ſopra detto farai. 2. parti uguali, & una parte ſervarai per bere, & al altra parte aggiungerai Zuccaro fino, quanto baſta per far Syroppo, darai al In - fermo la mattina, à buon’ hora, due oncie di detto Syropo, & oncie quatro del detto decot - to, fino che dura, ogni mattina. Sie haben in Jtalia / auch ein geheimes Mittel im Fruͤhling die Schnecken zu ſamlen / ein Oel darauß zu machen / und ſich damit zu ſchmieren. Jn Teutſchland neh - men Theils deß durchgeſchlagenen Gerſtenſchleimsacht304Die LXXVII. Frag. acht Loht / rein gepulvert Amelmeel vier Loht / miſche es mit guter Huͤner - und Capaunerbrůhe / als viel darzu vonnoͤthen / laſſens hernach ſittiglich mitein - ander zu einem duͤnnen Breylein ſieden / und gebens dem Krancken morgens und abends zueſſen. Oder / Breylein von Weitzenmeel / oder von Weitzenbrods Broſam / mit friſchgemolckener Geißmilch / ohne Butter und Saltz: Wann aber ein Fieber dabey / brauchen ſie Mandelmilch: Jtem / Breylein von Krafftmeel / oder Gerſten mit Mandelmilch / und Penidzucker. Folgends ſoll ein bewehrtes Mittel ſeyn: Stoſſe Bibernellen zu einem ſubtilen Pul - ver / nim̃ davon vier Loht / vermiſchs mit 12. Loht verſchaͤumten Honigs / zu einer Latwergen / davon gib dem Lungenſuͤchtigen / alle Morgen nuͤchtern / ein halbs Loht / und laß ihn ſechs Loht gediſtillirt Bi - bernellenwaſſer darauff trincken: oder nim̃ 1. Pf. gerolter Gerſten / waſch ſie ſauber / ſende die mit ei - ner guten bereiteten / und außgenommenen Hen - nen / in ſieben Maß Waſſers / biß die Gerſt zerfaͤh - ret / und das Fleiſch der Hennen ſich von den Bei - nen abloͤſet / davon gib dem Krancken die Bruͤhe zu trincken / und mach ihm Süpplein / und gute Brey - lein darauß: oder Gerſtenmuͤßlein mit verſchaum - tem Honig; oder Reiß - und Kleyen-Muͤßlein. Heꝛnachgehende Sachen hat ein vornehmer / der Landſchafft in Maͤhren beſtelter Medicus, einem lungenſuͤchtigen Trompeter verordnet: 1. Syr. de cort. Citri ℥ , Abſinth. Menta, ana ℥ j, de papav. ſimpl. 305Die LXXVII. Frag. ſimpl. ℥ ij, M. & Sig. Safft zur Staͤrckung der Bruſt und Magens nach dem Mittageſſen / und A - bends / alle Tag / ſo lang es gewehret / jedes mal ei - nen Loͤffel voll zunehmen. 2. Zeltlein zur Bruſt / und Huſten / von Specieb. Diatrag. frigid. ℈ iiij, Roſat. novell. ℈ ij, M. & cum ſaccharo in muc. rad. Altſe. cum aqua Ment. diſſol. q. 5. davon ein paar gegeſſen / ſo offt man gewolt. 3. Ein Ma - genpulver / Rec. pulver. digeſt. ℈ iij s. ſpec. Eleſc. ℈ s. zur Nacht / auff ein mal in warmen Bier ein - zunehmen. 4. dieſe Salben zum Ruckgrad / und beyden Seiten: Rec. ol. Lil. alb. viol. purp. ana ℈ j, Amygdal. dulc. ℥ ij, Ungu. Roſati Meſuo ℥ vj, infrigid. Galeni, Rub. potabil. ana ℥ . Und dann 5. dieſe Kraͤuter zur Geißmilch / bey andert - halb Maß zum taͤglichen Tranck: Rec. fol. Cichor. Borrag. Endiv. Beton. ſcabios. ana, manip. ſemis; Flor. Borrag. viol. Bugloſ. Cichor. Malv. ana, pug. ij, Fol. Salviæ No. VII. ſemin. Coriand. præpar. Ʒij s. Inci & d. ad Chartam. Jſt zwar dem beſagten Trompeter wol bekommen / daß er ſeinem Dienſt wieder hat abwarten koͤnnen: aber nach dem er darauff ein junges Weib geheurahtet / und mit dem Trunck ſich uͤberladen / ſo iſt der alte Zuſtand wiederkom̃en / daß er von ſeiner jungen Frauen bald Abſchied hat nehmen muͤſſen. Dieſe Artzney Mittel hat hernach ein Muſicant im Obern Teutſchland gebraucht / die ihme an der Lungenſucht wieder auff - geholffen; weil er aber in aufwartung bey HochzeitenUGa -306Die LXXVIII. Frag. Gaſtereyen und in Wirtshaͤuſern / etwas unorden - lich gelebt / ſo hat er auch ſein Leben daruͤber laſſen muͤſſen.
ANtwort. Die Feiſtere haben weni - ger Gebluͤts. Dann die Natur thut den meiſten Theil deß Gebluͤts / in die Fet - tigkeit zuverwandlen / ſich unterſtehen / und thut e - ben das / ſo ſich an die duͤnne zarte Haͤutlein haͤnget / ſtracks dick machen: Die mageren Leiber aber / ha - ben mehr Gebluͤts / dieweil die Waͤrme die Dick - machung / oder die Entſtehung der Fettigkeit ver - hindert. Dann / in den kaͤlteren Naturen / die Schweißloͤcher mehrers zuſammen gezogen ſeyn / deßwegen auch weniger außriechet / und was uͤbrig iſt / durch eine Dickmachung zur feiſte wird: her - gegen bey den waͤrmern Naturen die Schweißloͤcher mehrers offen ſtehen; daher auch eine mehrere Auß - daͤmpffung / und kan das / ſo eine zeitlang auffgehal - ten wird / ſich anhencken. Auß welchem erſcheinet / daß bey den feiſten Leuten weniger Waͤrme / als bey den magern iſt / welche wegen der Feuchtigkeit der Feiſte traͤg wird: im Gegentheil bey den Magern die Waͤrme frey iſt / und alles mehrers verzehret. Und daher kombt es auch / daß gemeinlich die fetteLeute307Die LXXIX. Frag. Leute nicht ſo nachſinnig als die magere / bey denen ein hitzigers Gebluͤt / und hurtigere Geiſter ſeyn: hergegen die Fette ein kalteres Gebluͤt / und verdroſ - ſener Gemuͤtter vielmals haben; auch ſelten ein ho - hes Alter erreichen / wegen mangel deß Gebluͤts / und daß die natuͤrliche Waͤrme / wann ſie ſchwach iſt / baͤlder vergehet.
ANtwort. Man kan von beyden an - geſteckt werden; und zwar von den Leben - den inſonderheit / wañ ſie in dem dahin ſter - ben ſeyn / mehrers / als ſonſten / dann die Waͤrme gehet gaͤntzlich auß / wann ſie von der Seel / als einer Regentin / verlaſſen zu werden anfahet. Ein tod - ter Menſch aber / wann er gaͤntzlich erkaltet / thut weniger anſtecken / dieweil weniger Daͤmpf auß dem Leibe gehen / ſonderlich / wann er an einem kaͤltern Ort auffbehalten wird: Aber / wann derſelbe zu fau - len anfahet / ſo iſt die groͤſte Anſteckung und Gefahr bey demſelben vorhanden / die auch im̃er weiter ver - mehret wird. D. J. Cocus, in explicat. libelli de anima Philippi Melanchtonis.
ANtwort. Ein Kind ſo in dem Neu - mon / oder die naͤchſte Tage hernach / gebo - ren wird / iſt viel einer ſchwaͤchern Natur / als das / ſo umb den Vollmon auf dieſe Welt kombt. Es ſeyn ſolche Kinder / die eben wann Sonn und Mond zuſammen kommen / und man den Schein deß Mons nicht ſiehet / oder gleich die erſte Tag dar - auff gebohren / und quartâ Lunâ nati genant wer - den / entweder ſchwachen Leibs / oder Gemuͤts; das iſt / entweder kranck / oder unverſtaͤndig / und zu der Aberwitz geneigt; Keckerman. ſyſthem. phyſ. lib. 2. c. 4. p. 114. Sihe / was vom erwehnten Sprich - wort / Quartâ Lunâ natus, Levinus Lemnius, de miraculis occultis Naturæ lib. I. cap. 8. ſchreibet / und was / wann die Maͤnner ſich zu ihren Weibern / zur unzeit halten / ſo die Niderlaͤnder Teghen de mane ghepiſt, contra Lunam micturire, heiſſen / fuͤr elende Kinder / auß ſolchem ungebuͤhrlichen / und ſonderlich / wann die Weiber ihre Monatszeit ha - haben / Beyſchlaff herkommen / er erzehlet.
ANtwort. Es verſtehen ſolches die Ge - lehrten mehrertheils verbluͤmter weiſe geredt zu ſeyn / vom Glaubens Abfall hoher Leute / welcher gar gemein ſeyn werde vor dem letzten Ge - richt. Wann aber ſolche Wort eigendlich / wie ſie lauten zu verſtehen ſeyn ſolten / ſo wuͤrden nicht die Sterne / ſo wir ſehen / ſondern ein uͤbernatuͤrliches himmliſches Zeichen dardurch angedeutet; was es aber fuͤr eines ſeyn werde / wir noch nicht gnugſam verſtehen moͤgen. Gleich wie uns verborgen iſt / was es fuͤr ein Feuer ſeyn werde / dardurch die Welt untergehen wird; 2. epiſt. D. Petri, cap. 3. Ein al - ter Kirchenlehrer / nemlich Damaſcenus ſagt / beym Keckermanno, lib. 7. ſyſthem. phyſ. umb das Ende dieſes Buchs / oder p. 853. das Feuer / dar - durch die Welt wird vergehen / wird ein ſolches ſeyn / daß GOTT kennet / nicht ein ſolches / ſo wir kennen / oder wiſſen. Es iſt zwar ein Elementariſch Ding / oder Zeichen in der Lufft / ſo man ſchieſſende / oder herabfallende Sternen /U 3oder310Die LXXXI. Frag. oder Sternbutzen nennet / davon bey den Naturkuͤn - digern / warumb unſerm Geſicht beduͤncke / daß die Sterne herab fallen thaͤten / zu leſen: die doch nicht fallen koͤnnen / dieweil ein himmliſcher Coͤrper / na - tuͤrlicher weiſe / unveraͤnderlich iſt. Und über das / weil auch der kleineſte Stern / ſo wir ſehen 18. mal groͤſſer als die gantze Erdkugel ſeyn ſolle / was wuͤr - de in der Welt geſchehen / wann ſo offt ein ſolches ob - angedeutes feuriges Zeichen in der Lufft erſcheinet / ein Stern vom Himmel fallen ſolte? Und daher deß Epicuri Meinung ſehr kindiſch iſt / indem er ge - lehret / daß die Stern wahrhafftig vom Himmel fal - len thaͤten / und in die Wolcken ſich verſenckten / auß welcher Einſenckung hernach Donner und Blitz entſtuͤnden; nichts anders / als wie ein gluͤend Ey - ſen / wann mans in ein Waſſer dauchet / ein Ziſchen verurſachet. So iſt es auch kein Butz von dem Stopff / oder Materi deß Sterns / ſo er fallen lieſſe / wie etwañ theils gemeiner Leute darfuͤr achten; und die Landfahrer oder Betruͤger / einen kugelrunden / und wie Stern geſtalten Stein herumb tragen und ſagen / daß er zur ſelben Zeit auff die Erden herab ſalle / wann ein Stern ſich butze; gleich als ob die himmliſche Coͤrper haͤtten eine uͤberfluͤſſige Materi / ſo ſie alſo / wie wir den Rotz / oder Koder / oder an - dern Unraht / von ſich thun und ſchneutzen thaͤten? Albertus Linemannus, in Progn. auffs Jahr 1643. in der 6. Frag ſagt / daß es eine Materi / ſo ſich ſamble in dem duͤnſtigen Lufft-Revier / von zaͤ -hen /311Die LXXXI. Frag. hen / duͤrren und ſchwefelichten Materien / ſo mit der Zeit herab faͤllet / und ſehr aͤhnlich einer kalten Fiſch - ſuppen / oder Gallre ſihet; ſo einen Hund / wann er davon friſſet / unſinnig machen; das Vieh aber wann es davon lecket / toͤdten ſolle. Sihe / was er von ſolchem Schieſſen der Sternen / ſo man Stern - reinigen / oder Sternſchneutzen / (Laͤppiſch) nennet / weitlaͤuffig ſchreibet.
WAS das erſte anbelangt / ſo rechnen die meiſte der allerhoͤchſten Berge Hoͤhe / von zehen tauſend Schritten / das iſt auff die dritthalb Teutſche meilen. Keckerman. in ſyſth. Phyſ. lib. 2. cap. 14. p. 182. & 185.
Deß andern iſt eine doppelte Urſach / eine uͤber - natuͤrliche / und natuͤrliche. Die uͤbernatuͤꝛliche iſt die himmliſche oder Goͤttliche Allmacht / dardurch die Wolcken / ſo nichts anders als Waſſer ſeyn / in der Lufft alſo aufferhalten werden / daß ſie nicht her - ab fallen / und ſolches den Gottloſen zum Schrecken / auff daß ſie erkennen / wie leichtlich ſie Gott ſtraffen koͤnte / und in was fuͤr Gefahr ſie ſtehen: den From - men aber zum Troſt / daß ſie in ihren Widerwertig -U 4keiten /312Die LXXVII. Frag. keiten / an Gottes Vorſorge nicht verzagen. Die natuͤrliche Urſach iſt wieder doppelt / eine die Macht der Waͤrme / ſo in den Wolcken eingeſchloſſen / ſo dieſelbe ſtaͤts leichter machet / daß ſie / wann ſie zu der mitlern Lufft Gegend gelangt / daſelbſt ſtill ſtehen / nicht uͤber ſich / wegen ihrer Schwere / auch nicht unterwerts / wegen der Leichtigkeit / ſich ziehen: die andere iſt der Sonnen Hitz / ſo die Wolcken an ſich ziehet / und in der Lufft auffhaͤlt; als wie der Ma - gnet-Stein das Eiſen / ſo ſeiner Natur nach / ſchwer iſt / alſo an ſich ziehet / wann er in der Hoͤhe haͤngt / daß es in dem Lufft ſchwebet: oder / ſo er in den beyden gegen einander uͤberſtehenden Waͤnden / item oben / und dann unten in den Boden / einge - ſchloſſen wird / das Eiſen alſo in der Gleichheit / und in der Mitte erhaͤlt / daß es weder die Er - den / noch auch das Zimmer / in dem der Ma - gnet-Stein alſo / wie geſagt / geordnet iſt / be - ruͤhret. D. Ægidius Strauch. in rerum natura, ſcientia, Sect. 3. cap. 2. controv. 1. Obgedachter Alb. Lineman. in deliciis Calendariograph. zum Jahr 1636. in der Frag ſagt / unter anderm / daß die Wolcken nicht herunter fallen / geſchehe 1. weil ſie viel eigene Waͤrmde der Duͤnſte bey ſich haben / welche viel zur Leichterung helffen. Denn durch die eigene Waͤrmde / wenn ſie von aͤuſſerlicher Wir - ckung auffgemuntert / die Duͤnſte in die Hoͤhe ſtei - gen. 2. Weil ihre Subſtantz loͤchericht iſt / und viel Hoͤlen hat / welches ihre condenſation, und re -ſo -313Die LXXXII. Frag. ſolution anzeigen. 3. Daß viel Windmateri dabe[i]ſey. Auß dieſen letzten Urſachen / ſchreibt er / ver halten ſich die Wolcken in der Luft / wie die gemacht / Drachen / die man Luſt halben / am ſtrick in die Hoͤhe laͤſſet / welche wann ſie einmal in die Hoͤhe gebracht / nicht leicht herunter kommen / nirgends anders her aber ſelbiges geſchicht / als weil ein Windloch in ſel - bigen gelaſſen wird. Eben ſelbiges zeiget auch an der Bimſenſtein / welcher auß ſandichter Materi zwar iſt / und alſo ſeiner Natur nach / ſolte im Waſ - ſer zu Grunde gehen; wie ſolches auß ſeinen zerſtoſ - ſenen ſtuͤcken dargethan wird / welche ſchnurſtracks zu Grunde gehen / dennoch ſo ſchwimmet er / weil die Lufft / oder Wind / ſo ſich in ſeine Loͤcher einge - pflantzet / ihn durch ſtete Bewegung ſo viel leichter machet. Biß hieher beſagter Autor.
ES habẽ unterſchiedliche Gelehꝛte gewolt / daß die Welt im Herbſt erſchaffen worden / dar - umb / die weil die Baͤume damals zeitige Fruͤchte hat - ten / die die Menſchẽ eſſen kunten; und aber die Fruͤcht nicht eher / als im Herbſt reiff wuͤrden. Aber dieſe Ur - ſach iſt unguͤltig. Dañ dieweil Gott der Herr in der Erſchaffung alles vollkom̃lich hat wollen vorſtellen / hat er auch mit den Baͤumẽ / zugleich die Fꝛuͤchte der - ſelben / auf einmal herfuͤr gebracht; ſonſtẽ die BaͤumeU 5zuvo -314Die LXXXIII. Frag. zuvor haͤtten außſchlagen / und die Fruͤchte bluͤhen muͤſſen / ſo zur Zeit deß Fruͤhlings geſchiehet; zu wel - cher auch die Welt erſchaffen worden zu ſeyn / und daß die alten Vaͤtter ihre Jahr mit der Zeit / da Tag und Nacht im Fruͤhling gleich wird angefangen haben / glaͤublich iſt / und hierzu das 1. Capitel deß 1. Buchs Moſis / wie auch das 12. deß 2. Buchs / und deß Moſis Zeit-Regiſter / gute Anleitung gie - bet. Sihe beſagten D. Strauch. ſect. I. ſpecial. phyſ. cap. 1. controv. 4. Barth. Keckermannus, in ſyſthem. pbyſ. lib. 7. p. 847. vermeint / es ſeye dieſes ein etwas ungereimbte Frag. Dañ weil die drey erſte Tag der Schoͤpffung / keine aͤuſſerliche Zeit / ſo der Sonnen und deß Monds Lauff unter - ſcheidet geweſen / ſo habe auch keine gewiſſe Jahrs - zeit / das iſt / weder Fruͤhling noch Sommer / noch Herbſt / und Winter ſeyn koͤnnen / dieweil ſolche Theil deß Jahrs / von einem gewiſſen Eingang der Sonnen und Monds / in gewiſſe himmliſche Zei - chen herkommen: da hergegen / als GOTT der Herr dieſe Welt angefangen zu erſchaffen / weder Sonn noch himmliſche Zeichen; und daher auch keine gewiſſe Jahrszeit / weder Fruͤhling noch Herbſt / ꝛc. geweſen ſeyen; wie er hievon mit mehrerm zu leſen. Wann man deß Joſ. Anton. Gonzalez. de Salas Melnung / die er in ſeinem Buͤchlein / von der doppelten Erden hat / wie nemlich die Welt auff ein - mal / und miteinander zugleich / und nicht den Tagen nach / erſchaffen werden / Beyfall geben wolte / ſowuͤrde315Die LXXXIII. Frag. wuͤrde / beſagter Streit / vielleicht bald entſcheiden ſeyn. Unſere alte Teutſchen haben vom Herbſt nichts gewuſt / ſondern hatten nur drey Jahrszei - ten: wie dann noch heutigs Tags / der gemeine Mann in Engelland nichts umb den Herbſt weiß: wie Philip. Cluverius lib. 1. de antiq. Gcrmania bezeuget. Da er auch ſchreibet / daß ſie / die alten Teutſchen / ihre Sachen nicht den Tagen / ſondern Naͤchten nach / gerechnet / als die da wuſten / daß die Nacht eher / als der Tag geweſen; wie dann ſolches die Engellaͤnder noch thaͤten / welche nicht ſagten 14 Tag / ſondern 14. Nacht / oder fornight, item / Sevennights, das iſt / ſieben Nacht / oder eine Wo - chen. Die uns die Fuͤſſe kehren / haben ihren Win - ter / wann bey uns der Sommer iſt. So werden auch die Fruͤchten bey den Morgenlaͤndern fruͤhe zeitig. Jm uͤbrigen iſt der oben etlichmal angezo - gene Linemannus, weyland Profeſſor zu Koͤnigs - berg / in der ſiebenden Frag ſeines Prognoſt. auffs Jahr 49. der erſten Meinung / und ſagt / daß die je - nige fuͤr die beſte und ſicherſte zu halten / welche wol - le / daß die Welt im Herbſt erſchaffen ſey.
ES ſeyn unterſchiedliche / und darunter der Paduaniſche Medicus, Oddus de Od -dis,316Die LXXXIV. Frag. dis (ſo zwey Buͤcher de cœnæ & prandii propor - tione geſchrieben) der Meinung / daß man mehꝛers bey der Abend - als Mittags-Mahlzeit eſſen ſolle. Jhre vornehmſte Urſachen ſeyn dieſe: 1. Jm Win. ter verdauet man die Speiſen beſſer als im Som̃er / wegen der herumbſtehenden Kaͤlte: deßwegen ſo ver - dauet man auch beſſer zu Nachts / als bey Tag / die - weil es Nachts kaͤlter als Tags iſt. 2. Der Schlaff / ſo auff das Abendeſſen erfolget / hilfft zur Daͤwung / in dem er das Gebluͤt und Waͤrme hinein fordert / und nicht allein das Gebluͤt / ſondern auch die Gei - ſter / welche bey Tag in den Dienſten deß Lebens / und der Sinn / mehr ers zu thun haben / als bey der Nacht. 3. Hierzu kombt die Gewonheit der Roͤmer / und Griechen / welche zu Mittag nur gar ein wenig zu ſich genommen; auff den Abend aber ſtattlich gele - bet haben. 4. So ſeyn viel mehrere Stunden zwi - ſchen der Abend - und Mittags-Mahlzeit / als zwi - ſchen dem Mittag - und Abend-Eſſen / in welchen wenigen Stunden / die Kochung der Speiſen / nicht ſo wohl / als in den mehrern verrichtet wer - den kan.
Hergegen ſagen Andere / daß man zu Mit - tag ein mehrers als auff die Nacht eſſen ſolle. 1. Dieweil umb die Zeit der Mittags-Mahlzeit we - nigere uͤberbliebene Feuchtigkeit / deßwegen auch die Abdaͤwung beſſer / als zu Nacht von ſtatten gehet; als welche kalt und feucht iſt / und deßwegen eine groſſe menge der Vberfluͤſſigkeiten zeuget. Und ob -woln317Die LXXXIV. Frag. woln die Waͤrme / wie geſagt / zu den inwendigen Gliedern beruffen wird / ſo iſt ſie doch nicht ſo ſtarck / daß ſie zugleich die Speiſen / und die uͤbrige geſamb - lete Sachen / ſo auß der Feuchtigkeit / und Kaͤlte der Nacht entſtehen / verdaͤuen koͤnte. 2. So wird das Haubt ſehr angefuͤllt / wann man nach vielem Eſſen und Trincken / ſich zu Bette legt / und ſchlaf - fet. Dann zur ſelbigen Zeit / die Dünſte viet haͤuf - figer uͤber ſich in den Kopff ſteigen / als bey Tag; dieweil auch der Schlaff ſelber das Hirn befeuch - tet / und zugleich die Daͤmpffe auß dem Magen / und den andern untern Theilen deß Leibs / gleich - ſam an ſich ziehet. 3. Bey Tag geſchiehet eine groͤſſere Vbung / Nachts aber liegen wir un - beweglich da: man ergehet ſich nicht / und hat der Leib keine Vbung / ſo doch viel bey der Daͤw - ung thut.
Die Dritten machen einen Unterſcheid unter den Leuten. Dann etliche haben eine ſtarcke na - tuͤrliche Waͤrme / und uͤben ſich in allerley Ar - beit / daß ſie dardurch alle uͤberfluͤſſige Feuchtig - keit leichtlich verzehren moͤgen; als da ſeyn die ein ſtarckes Handwerck treiben / Tagwercker / Jaͤ - ger / &c. Solchen Leuten hat man kein Geſaͤtz / was / und wieviel ſiezu Mittag / oder Abends eſſen ſollen / eigentlich vorzuſchreiben; welche auch Nachts ein mehrers / als bey Tag eſſen moͤgen. Aber / mit denen / ſo mehrertheils ihre Sachenſitzend318Die LXXIV. Frag. ſitzend verrichten / und ſonderlich den jenigen / ſo ſtaͤ - tigs bey den Buͤchern ſitzen / hat es eine andere Ge - legenheit. Sintemal die natuͤrliche Waͤrme iſt bey ſolchen Leuten ſo ſtarck nicht / daß ſie naͤchtlicher weil / zugleich die Speiß und die ůbrige Feuchtig - keit / ſo beydes unter Tags / und bey Nachts geſam - let wird / recht kochen / und verdaͤuen koͤnte. Deß - wegen muß man ſolcher ſchwachen Waͤrme zu huͤlff kommen / und derſelben auff die Nacht / mit Koch - ung der Speiſen etwas verſchonen / auff daß ſie deſto beſſer die uͤberfluͤſſige Feuchte verzehren; und der Menſch morgens darauff deſto hurtiger / leichter / und luſtiger zu allen Verrichtungen ſeyn moͤge. Die Aertzte zu Salerno, im Koͤnigreich Neapolis / ſagen nicht vergebens alſo:
Das iſt:
Wie dann die Erfahrung es bezeugt / wie uͤbel das viel Nachteſſen manchem bekommen thut. Was aber die obangedeute Gewohnheit der Griechen / und Roͤmer anbelangt / verſtehet ſolche Barth. Ke - ckermann. lib. 3. ſyſthem. phyſ. c. 12. 294. vor - nemlich von den jenigen Maͤnnern / welche mit Geſchaͤfften / in einem gemeinen Weſen / alſo bela - den / daß ſie denſelben eine rechte Mittag-Mahlzeit zu halten / ſo viel Zeit nicht entziehen haben koͤnnen. So iſt auch der Unterſcheid der Laͤnder / und deß Luffts in acht zunehmen. Die Griechen und Roͤ - mer haben nicht in einem ſo kalten Land / wie wir Teutſchen gewohnet / die wir wegen deß kalten Lufts / einer mehrern Nahrung bedoͤrffen. Die Teutſchen / ſagte einsmal ein Koſtwirth zu Padua / zu einem vornehmen Doctor / (ſo einen Krancken beſuchte / und daß die Tafel albereit umb die 7. nach der Teut - ſchen Vhr / Abends / fuͤr andere Koſtgaͤnger / auff dem Saal / gedecket war / ſahe / und ſolches wegen der gar kurtzen Zeit / zwiſchen der Mittags - und A - bendmahlzeit / nicht gut hieſſe) haben nicht ſolche Maͤgen wie die Welſchen.
Theils lehren auch / wie man ſich im Ge - brauch / und zu ſich nehmung der Speiſen / zu ver - halten / und ſonderlich Fuchſ. in Medic. Inſtitut. daß man nemlich die jenige / ſo leichter zu verdaͤuen / wie auch die weiche und ſchlipffrige / vor denen ſouͤbel320Die LXXXV. Frag. uͤbel zu verdaͤuen / den harten und zuſammenziehen - den Speiſen / eſſen ſolle. Als / zum Exempel / der Butter / ſo oͤffnet / iß nicht auff die letzt / ſondern an - fangs: hergegen ein guter gedigener / oder etwas harter Kaͤß / auff die letzt zu eſſen. Dann er ſchleuſt den Magen; daher er auch deß Magens Sigill ge - nant wird.
Endlich nimbt man auch die eingewurtzelte Gewonheit / wann man nemlich zu eſſen pfleget / in acht; in deme Theils umb 10. oder 11. andere erſt umb 12. und Nachts / umb 6. 7. oder 8. 9. und theils noch ſpaͤtter (wie es an etlichen Orten im Brauch ſeyn ſolle) Mahlzeit halten / ſo nicht leichtlich zu aͤndern; gleichwol auch nicht ſo ſtreng daruͤber zu halten / daß man nicht bißweilen von derſelben / wann es eine offenbare Urſach / oder die Noht erforderte / abweichen doͤrffte.
ES finden ſich unterſchiedliche Fa - ſten / als 1. ein gantz Goͤttlichs / und rech - tes Wunderwerck / ſo geſunden Leuten / zu Gottes Ehr und zu Beſtaͤtigung der Wahrheit / be - gegnet / wie auß der heiligen Schrifft zu er ſehen. 2. Teuffliſche Verblendungen; wie dergleichen Beyſpiel Wierus de præſtig. Dœmonum, undandere321Die LXXXV. Frag. andere Scribenten mehr erzehlen. Und kan dahin die Geſchicht gezogen werden / ſo Buchananus im 14. Buch von Schottiſchen Sachen / von Johann Scoto hat / der auch viel Tag ohne Speiß und Tranck zugebracht. 3. Ein ſolches Faſten / deſſen natuͤrliche Urſachen man ſcheinbarlich geben kan. Dann nach Gelegenheit der innerlichen Zuſtaͤn - den der Leiber / kan ein Menſch laͤnger / als der an - der / den Abgang der Nahrung leiden; als die jeni - ge ſo viel Rotz bey ſich haben / und trauriger Natur ſeyn / moͤgen biß auff den ſechſten oder ſiebenden Tag ohn gegeſſen: hergegen die Gallſůchtige / und ſo ein heiſſen Magen haben / wann ſie ſonſten geſund / uͤber den dritten Tag nicht bald leben. 2. Die ge - ſunden Leiber erleiden den Hunger nicht ſo lang als die Krancken. 3. So lang die Feuchte in dem Coͤr - per / ſo lang kan auch das Leben waͤren: und wo we - niger von der Feuchte verzehret wird / da hat man auch weniger Speiſe vonnoͤthen. Daher dann die Alten / ſo eine ſchwache Waͤrme / die wenig von der Feuchte hinweg nimbt / weniger Speiſen / als die Jungen vonnoͤthen haben. 4. Jn den rotzigen und trancken Leibern / wird viel aͤuſſerliche Feuchtigkeit geſamblet; dahero kan die Waͤrme nicht ſo bald zu der natuͤrlichen / oder angebornen Feuchte / hindurch dringen; ſonderlich / wann die beſagte Waͤrme / ſo mit der aͤuſſerlich entſtandenẽ Feuchte gnug zu thun hat / ſchwach iſt. 5. Wann die Leiber / ſonderlich bey dem Weibervolck / durch Kranckheit geſchwaͤchtXwer -322Die LXXXV. Frag. werden / haben ſie eine ſchlechte Waͤrme / ſo den Rotz nicht angreiffen kan; deßwegen dann ſolche Coͤrper voll ſuͤſſes Schleims ſeyn / und wann alſo der Ma - gen damit / wie auch die Leber und alle Adern ange - fuͤllet werden / ſo iſt weder Luſt zu eſſen / noch Hun - ger da; und vermerckt die natuͤrliche Feuchte der Waͤrme Gewalt nicht; und koͤnnen dahero ſolche Leiber / die voll ſuͤſſes Schleims oder Rotzes / viel Monat / ja viel Jahr ohne Narung leben: wie an dem Maͤgdlein im Stifft Speyer / deß Jahrs 1542. an deme im Dorff Schmidweiler / nahend Neuſtadt in der Pfaltz / im Jahr 1585. an deme zu Coͤlln Anno 1595 und andern mehrern zuerſehen / deren Theils etliche Jahr ohne Speiß und Tranck gelebt / und die erwehnte Pfaͤltziſche / als ſie neun Jahr alſo zugebracht / nach dem ſie geſund worden / ſich hernach verheurahtet / und etliche Kinder ge - tragen hat. Von der Apollonia Screyerin / einer Jungfraw / im Berneriſchen Gebiet hat Paulus Lentulus einen eignen Tractat geſchrieben. Von dem Kraut Nicotia (ſo nach einem Freyherrn / der deſſelben Gebrauch erſtlich den Menſchen gewieſen / den Namen haben ſolle / und ſonſten von den Fran - tzoſen und Hiſpaniern Tabaco geheiſſen wird) meldet Nicolaus Monardus, de Herbæ Nicotianę veræ viribus, daß die Pilulen davongemacht / und zwiſchen der untern Lefftzen und Zaͤhnen gelegt / de - nen ſo durch Wuͤſtinen zu reiſen / den Hunger / und Durſt ſtillen thaͤten. Davon ein mehrers beymClufio323Die LXXXVI. Frag. Cluſio, in hiſtoria medicamentorum ex novo Orbe delatorum, und beym Keckermanno, in ſyſtem. phyſ. lib. 3. cap. 12. nnd daſelbſt auch / p. 307. ſeq. von den Baͤren und andern Thieren / ſo den gantzen Winter ohne Speiß / in ihren Hoͤlinen le - ben; Jtem / von den Zwibeln Aloe / ꝛ c zu leſen. Der beruͤhmte Bruder Claus / in dem Land Unter - walten / ſo Anno 1487. den 21. Mertzen geſtorben / hat 20. und ein halb Jahr ohne Speiß und Tranck zu gebracht / und iſt dabey geſund und Lebhafft ge - weſen; deſſen Vrſachen aber andern mehr Ver - ſtaͤndigen / zu eroͤrtern uͤberlaſſen wird.
DU gibſt zu viel Fragen / und dieſelbe untereinander gemiſcht / auff einmal auff / will dahero auch deſto kuͤrtzer auff eine jede antworten.
Und zwar was die erſte anbelangt / ſo hoͤren die Erſaͤuffte / und auch andere / die eine zeitlang un - ter dem Waſſer / wann alle andere Sinne hinweg ſeyn / noch eine zeitlang; dieweil das Waſſer nicht alſo leichtlich in das innerſte der Ohren / wegenX 2ihrer324Die LXXXVI. Frag. ihrer unterſchidlichen krummen Gaͤnge / durch - dringen kan.
Auff die andere Frag antwortet Keckerman - nus, ſyſt. phyſ. lib. 4. cap. 7. p. 571. daß deß Bi - leams Eſelin Rede gantz anders / als ſonſten die Menſchen eigentlich zu reden pflegen / geweſt ſeye; und ſetzet dieſe Wort darzu: neque aliud in aſina iſta fuit, quàm accommodatio quædam Inſtru - mentorum ad actionem nõ editam ab aſina, ſed â Deo per Angelum. Sihe aber das 4. B. Moſis / im 22. Capitel ſelber.
Was die dritte und letzte Frage anbetrifft / ſo ſchreibet Mattheſius, in ſeinen Bergwerck-Pre - digten / oder Sarepta / daß etliche Orth im Lande Meiſſen gefunden worden / in welchen pfuͤtzige Plaͤ - tze ſeyn / ſo einen waͤſſerigen Leim / oder Letten haben / auß welchem / wann er inner vier oder fuͤnff Jahren gleichſam zeitig an der Sonne / und in ein metalliſche Werckſtatt gebracht worden / ſtracks ein bewehrtes Eiſen zubereitet werde. Alſo iſt gewiß / daß in Schweden an vielen Orthen / ein roͤthlichter Letten / auß den pfuͤtzigen Oerthern / herauß gezogen wird / darauß man gar gutes Eiſen zurichtet / wann ſolcher Letten oder Leim / nur ein Jahr zuvor von den Son - nenſtraalen gekocht worden iſt. Wann ſie aber tieffer graben / als dahin die kraͤfftige Sonnenſtraa - len haben gelangen mogen / ſo finden ſie keinen ſol - chen Letten / der ſtracks alſo / wie der obere zu Eiſenwird;325Die LXXXVII. Frag. wird; ſchreibet oberwehnter Keckerm. lib. 5. ſyſt. phyſ. cap. 4. p. 609.
DAß der weltweiſe Mann Ariſtoteles fuͤr gewiß die Vnſterbligkeit der Seelen erkant haben / das erweiſen die Gelehrte auß ſeinen verhandenen Schrifften / als / 1. De part. Animal. cap. 1. 7. phyſ. text. 20. 1. de A - nima, t. 65. & 66. 3. de Anima text. 3. 7. 12. & 19. 1. Ethic. 11. 2. de Anima t. 11. & 21. item, 3. de Animat. 19. & 20. item. 12. Metaphyſ. 3. Die Vrſachen deſſen vermeinet einer / ſeyn folgen - de geweſen. 1. Dieweil das Weſen der Seel ein - faͤltig / und ohne Materi. 2. Dieweil die Wir - ckungen der vernuͤnfftigen Seele / keines leiblichen / oder Coͤrperlichen Jnſtruments beduͤrffen. 3. Dieweil die Goͤttliche Vorſichtigkeit ſelber ſolches zu erkennen gibt. Dann / weiln GOTT ge - recht iſt / und aber es den Frommen / in dieſem Leben offt uͤbel; den Boͤſen aber wohl ergehet / ſo iſt vonnoͤthen / daß ein anderer Stand der Seelen uͤbrig ſeye / in welchem es den FrommenX 3wol /326Die LXXXVII. Frag. wol; den Boͤſen aber übel ergehen wird. 4. Die - weil die laſterhaffte Leute auch unter den Heyden / obwoln ſie niemands angeklagt / von ihrem Gewiſſen hart ſeyn geaͤngſtet worden / haben ſie erachten koͤn - nen / daß die Seele muͤſſe unſterblich ſeyn. Und was dergleichen Vrſachen / als von der Wider wer - tig - und Verderbligkeit genommen / mehr moͤgen geweſen ſeyn.
Ob aber nun wol die Heyden die Unſterblig - keit der Seelen erkant; ſo haben ſie doch die Auffer - ſtehung der Todten / auß dem Liecht der Natur / nicht erkennen koͤnnen; weil es der Vernunfft unmuͤg - lich zu ſeyn ſcheinet; daß das / was gaͤntzlich dahin iſt / wider das vorige werden; oder / was einmal verderbt / und verweſen iſt / wiederkommen ſolle. Daher auch die Athenienſer / dem heiligen Apoſtel Paulo / in der Apoſtel Geſchicht / am 17. Cap. ſo lang zugehoͤret / biß er der Aufferſtehung deß Fleiſches ge - dacht / welcher etliche geſpottet / etliche aber / daß ſie ihn davon weiters hoͤren wolten / geſagt haben; und alſo daruͤber voneinander gangẽ ſeyn. Dañ die Auf - erſtehung der Todten ein Glaubens Artickel iſt / ſo al - lein auß Gottes Wort / nicht auß der vernunft / muß erforſchet werden; welches dann die Heyden auch thun / und bey der natuͤrlichen Erkaͤntniß der ver - nuͤnfftigen Seel Unſterbligkeit nicht verbleiben ſol - len; ſo wuͤrden ſie deſſen ein mehrere Wiſſenſchafft / und wie die unſterbliche Seele / in der allgemeinenAuff -327Die LXXXVIII. Frag. Aufferſtehung alles Fleiſches / mit ihrem Leibe wider werde vereinbart werden / erlangt haben.
DJE Freunde ſeynd allen Menſchen / Kindern / Juͤnglingen / Alten / Reichen / und Armen / vonnoͤthen; dieweil auſſer der Freunde / keiner wol leben kan / wann er auch der al - lermaͤchtigſte / gluͤckſeligſte / und reicheſte auff der Welt waͤre. Daher Micipſa beym Saluſtio, in bello Jugurtino, recht geſagt: Nicht ein Kriegs - heer / nicht die Schaͤtze / beſchuͤtzen ein Koͤnigreich ſondern die Freunde / ſo nicht durch Zwang der Waffen / noch durch Gelt; ſondern durch Dienſt / und Auffrichtigkeit zu wegen gebracht werden. Und giebt hierzu die Natur ſelbſten Anleitung / in dem ſie dem Menſchen die Sprach verliehen / dardurch er zu andern ſich geſellen / und mit denſelben bekant werden mag. Und dahero nach Freundſchafft als einer ehrlichen / tugentlichen Sach / einem ſtarcken Band deß gemeinen Weſens / einem gewiſſen Schatz / und maͤchtigen Veſtung / einem jeden zu ſtreben iſt.
Dieweil aber nicht jederman zu trauen / ſon - dern zu ſchauen / weme zu glauben / und zuvertrauen: deßwegen iſt vonnoͤten / ehe man ſich in eine Freund -X 4ſchafft328Die LXXXVIII. Frag. ſchafft mit einem einlaſſet / daß man ſich ſeiner Per - ſon wol erkundige / und darnach bedacht ſeye / wie / und welcher geſtalt / man mit demſelben ſich befreun - den wolle.
Die Perſon betreffend / ſo iſt auff derſelben Tugend und Gemuͤht zu ſehen. Dann die Freund - ſchafft / ohne welcher man / ſo wol als die Welt oh - ne Sonn nicht ſeyn kan / mit frommen und ehrlichen Leuten zumachen. Und iſt die Tugend der Grund und die Stuͤtzen / darauff die Freundſchafft ruhet; das Gemuͤht / und die Sitten aber hefftet die Freunde zuſammen. Beede werden erkant auß dem gemeinen Ruff und der Beſuchung / wann man nemlich eine zettlang miteinander umbgehet / und bey einem unablaͤſſige Begierde zur Tugend / ein gutes Urtheil von allen / auch ein gedultiges und geneigtes Gemuͤht gegen uͤbel / und wolgeneigte Per - ſonen befindet.
Die Weiſe beſtehet an der Zahl und der Zeit / nemlich / daß man nicht mit gar zu vielem Freund - ſchafft mache: dann die Liebe iſt zwiſchen wenigen groͤſſer / angenehmer