PRIMS Full-text transcription (HTML)
Teutſcher Gedichte
Erſter Theil.
Herrnhuth,Zu finden im Waiſenhauſe. 1735.

Vorrede.

Da habe ich, nach ſechs jaͤhriger Verzoͤge - rung, meine Gedichte endlich in Druck zu geben angefangen. Es ſind wenig Lie - der, d. i. bloße zu eigner Erbauung aufgeſetzte Oden dabey, die meiſte ſind bey Gelegenheit ge - ſchrieben. Solten dieſe Nutzen ſchaffen, ſo koͤn - nen etwa in einem 2ten oder 3ten Theile die uͤbri - ge Oden und weitlaͤuffigere Stuͤcke erſcheinen. Jch bin jetzo uͤberhaupt in den beſchwehrlichen Umſtaͤn - den gedruckt zu werden. Es iſt mir recht be - ſchwehrlich, denn ſo gut es immer gemeynet ſeyn mag, ſo ſehr werde ich offt dadurch gemißhandelt und verſtellet. Jch finde mich derhalben genoͤthi - get, ein und anders, was ich vielleicht verlohren oder vergeſſen, oder doch an mir behalten haͤtte, ſelbſt heraus zugeben, damit es nicht geſtuͤmmelt, vermehrt, veraͤndert oder vermiſcht werde, oder oh - ne Auswahl, oder doch auſſer dem rechten Ort, Zeit und Umſtaͤnden zum Vorſchein kom - me.

a 2DieVorrede.

Die Vorrede zu dieſen Gedichten mache ich auch ſelber, damit ſie ſonſt niemand mag machen; und ich ſagen kan, was ich noͤthig finde: Man kan ſich immer ſelber am beſten erklaͤren. Jch habe drey Dinge zu erinnern, das erſte betrifft den Druck, das andere die Poeſie, das dritte die Sachen. Der Druck iſt gut genug. Jch bitte aber den Leſer gleichwohl das Fehler-Regiſter zuerſt zu leſen, und ſichs ein wenig bekannt zu machen, denn es iſt nicht gleichguͤltig, was da ſtehet, man hat Urſachen zu einem jeden Wort.

Meine Poeſie iſt ungekuͤnſtelt: wie mir iſt, ſo ſchreibe ich. Hoͤhere und tieffere Worte pflege ich nicht zu gebrauchen, als mein Sinn iſt. Die Re - geln ſetze ich aus den Augen ums Nachdrucks wil - len: Ein Hauß, dem HErrn beqvem, klingt mir nach Gelegenheit beſſer, als: ein beqvemes Hauß vor den HErrn. Einem andern Stern folgen, waͤre nicht ſo wohllautend in dem Context p. 168. als: folgen, einem andern Stern. Zuweilen habe ich nach dem Genio desjenigen geſchrieben, von dem die Rede war. Die Rede auf D. Antonen. p. 215. iſt ſo abge - faßt.

EinVorrede.

Ein paar Reime werden ſich auch in denen Ge - dichten (die in einer Strophe ſieben gleiche En - dungen haben) befinden, welche bey uns Teut - ſchen nicht ſo gewoͤhnlich ſind, als in der ſonſt ſehr accuraten Frantzoͤſiſchen Proſodie. Jch reime z. E. in einem Liede: Hertzen, corda, und die Wunden hertzen, exoſculari. Bayle ſchließt ſein admirables Gedicht von der Gnade auf glei - che Art:

Il alla ches Binsfeld & ches Baſile Ponce Sur l heure à mes raisons chercher une reponce. ()

Es wird alſo Entſchuldigung finden. Und will ich mich dabey nicht laͤnger aufhalten, ſondern zu den Sachen ſchreiten.

Die Stuͤcke von 1713. an, bis 1720. ſind meiſt alle verlohren. Jch ſchrieb damals hefftig und hart. Jch hatte den Heiland innig lieb, traute mir aber ſelber nicht, darum faſſete ich meine Gedichte (wenn ſie nach damaligen Univerſitaͤts-Gebrauch, gedruckt werden muſten,) mit ſolchen Ausdruͤcken ab, daß ich hoffete, die Welt ſolte mir gram und die Gelegenheiten in derſelben fortzukommen, vona 3ſelbſtVorrede. ſelbſt abgeſchnitten werden, damit haͤtte ich der Verſuchung weniger.

Da ich gleichwohl unter die Menſchen muſte, ward mirs ſehr ſchwehr, und das kan man denen Gedichten von 1721. bis 1727. ſehr deutlich an - mercken. Da ſchwebete mir das Exempel des Mardachai vor Augen, und ich war zur Critique geneigt. Seit dem Gedicht, was im 1728ten Jah - re das Erſte iſt, aͤnderte ſich dieſe Art nach und nach mercklich, denn ich bekam andre Materien ins Gemuͤth, und hatte mit der Welt nichts wei - ter zu thun, weil wir einander fremde wurden. Hingegen wurde das meine Sache, was zu einer Gemeine und ihrem Grunde, ja zu einer jeden Seele und ihrer Fuͤhrung gehoͤrte. Seit wenn JE - ſus und ſeine Gemeine mir nicht mehr ein bloſſes Object der Verehrung und Bewunderung blieben, ſondern mein Leben worden, wird man in den Ge - dichten ſelbſt (ſo wenig ihrer auch ſind) deutlich wahrnehmen, und da ich nach und nach vergſſeen, was in der uͤbrigen Welt vorgehet, ſo iſt ſich nicht zu verwundern, wenn ſich Gedichte zeigen, da Handwercks-Leute und Maͤgde mit mehr Ehrer - bietung und Vergnuͤgen beſungen werden, als ehe - mahls die beruͤhmte Hortençe. Wenn es vermuth -lichVorrede. lich waͤre, daß Liebhaber des Auſonii, des la Fonta - ine, des Guͤnthers und ihres gleichen, hierinnen blaͤttern moͤchten, ſo muͤſte ich ſie bitten, daß ſie vor - her den Athenagoras leſen, oder mir allenfalls auf mein Wort glauben wolten, daß Bayle und Boileau und S. Evremond mit ihren chimeriſchen Be - ſchreibungen einer guten Ehe die wahrhaftige Gluͤckſeligkeit der Unſrigen bey weiten noch nicht getroffen, daß das, was der letztere vor Kenn-Zei - chen der wahren Verliebtheit geben, mit unſerer Anhaͤnglichkeit an den Heyland genau zuſam - men trifft. Daß endlich keine vollkommnere Schoͤnheit iſt, als eine gemeine Dirne von maͤßiger Geſtalt, die nicht glaubt noch weiß, daß was groſſes, was gluͤckliches oder liebenswuͤrdiges iſt, als der Freund, den man nicht ſiehet. Wenn die Ro - mans in ihrer Art keine ſchlechtere Arbeit mach - ten, als die Helden-Geſchichte von JEſu von Nazareth in der ihrigen, ſo waͤren ſie etwas mehr werth. Wer in einer Gemeine wohnt, der glaubt leicht, daß die alten Wunder-Geſchichte wahr ſind, weil ſie noch immer geſchehen; daß Heilige geweſen ſind, weil ihrer noch ſind; daß Leute den Heyland zaͤrtlich geliebet haben, weil es noch welche gibt, die es thun. Wer es nicht glau - ben will, der kans ſehen.

Gnug davon, ich wuͤnſche meinem Leſer, daßihnVorrede. ihn meine Gedichte ſo lange nuͤtzlich amuſiren, biß ſie ihm ernſthaft werden.

Das letzte Stuͤck dieſes Theils iſt ein Plan mei - ner Lehre und Weſens, ſo lange ich glauben und wallen ſoll.

Mein Zeugniß vor der Welt Bleibt bey der Gnad und Krafft; Beym Blut; beym Loͤſe-Geld Von der Gefangenſchafft: Und daß wir Jhm ſchon auf Erden Reichlich ſollen danckbar werden.

Herrnhut, Zu Anfang des Jahrs 1735. Graf Ludwig von Zinzendorf.

I. Bey[1]
[figure]
I. Uber den Heyland.
Du treuer Heyland! allerliebſtes Leben!
Jch, dein Geſchoͤpff, muß zittern und erbeben
Vor deinen ſchweren Leibs - und Seelen-Plagen,
Die dich geſchlagen.
Jch Suͤnder ſolte einſt den Frevel buͤſſen,
Den, wider deinen Winck und das Gewiſſen,
Der erſten Eltern Ungehorſam uͤbte,
Und dich betruͤbte.
Ach! aber, hochverdienter Seelen-Retter!
Es traffen dich die angeflammten Wetter,
Die ſich von unſern frevelhafften Thaten
Entzuͤndet hatten.
Wir bruͤſteten die Suͤnden-volle Glieder,
Wir thuͤrmeten das ſtoltze Pfau-Gefieder,
Wir lebeten in lauter eitlen Freuden,
Und ohne Leiden.
Drum muſten deine theuren Glieder zittern,
Dein edler Leib vor Angſt und Grauß erſchuͤttern:
Diß muſt du bloß allein vor unſre Schulden,
Aus Liebe dulden.
Drum habe Danck, du edler Freund der Seelen!
Ach! nimm uns ein in deine Seiten-Hoͤhlen;ADraus21714.Draus wollen wir den Boͤſewicht bekriegen, Und wollen ſiegen.
II. Bey der erſten Communion.
So iſt es denn geſchehen:
Jch habe GOtt geſehen:
Er hat ſich eingefunden,
Und ſich mit mir verbunden.
Er hat mich Liebes-Krancken,
Bey ſeligen Gedancken,
Zu ſeinem Tiſch geleitet,
Und theure Koſt bereitet.
Wie danck ichs Chriſti Liebe,
Die, aus dem treuſten Triebe,
Sich, um mich zu erheben,
Jns Niedrige gegeben!
Wie danck ichs ſeinem Hertzen,
Das ſo viel herbe Schmertzen
Fuͤr mich, der ſie verſchuldet,
Aus lauter Lieb erdultet!
Wie danck ichs ſeinem Leiden,
Dem Urſprung meiner Freuden:
Wie danck ichs ſeinem Stehnen,
Und heiß-vergoßnen Thraͤnen!
Wie danck ichs ſeinem Duͤrſten,
Da ihm, dem Lebens-Fuͤrſten,
Die Zung am Gaumen klebte,
Und mich die Krafft belebte!
Wie danck ichs ſeinem Sterben;
Es toͤdtet mein Verderben:
Sein letztes Angſt-Gethoͤne
Klingt meinen Ohren ſchoͤne.
Die Fahrt ans Grabes Schwelle,
Und zu der Thuͤr der Hoͤlle,
Bewahrt mich vor den Schluͤnden,
Die nimmer zu ergruͤnden.
Du Hertz-vertraute Liebe,
Ent -31717.
Entzuͤnde meine Triebe,
Damit ſie, ohne Schweigen,
Von deiner Tugend zeugen.
Laß Chriſti Tod und Sterben,
Sein ritterlichs Erwerben
Der hart-gebundnen Seelen,
Mich oͤffentlich erzehlen.
Und nach dem Liebes-Mahle,
Gib, daß ich dir bezahle
Die ſeelige Geluͤbte,
Darinn ſich JEſus uͤbte!
Joh. 4, 34.
Es werd an mir geſehen
Sein Tod und Auferſtehen,
Sein Kampf und Uberwinden,
Sein Suchen und ſein Finden!
III. Auf den Fall und Errettung eines groſ - ſen Herrn.
Hieher, ihr Potentaten!
Schaut einen Printzen an,
Der ſeinem Heil gerathen;
Er eilt zur Gnaden-Bahn,
Zu denen Lebens-Staͤdten,
Wovon er ausgetreten.
Es hatte der Verfluchte,
Als er zur Mitternacht
Auch dieſe Seele ſuchte,
Sie faſt davon gebracht;
Nur ſolte das Verſchlingen
Jhm dißmahl mißgelingen.
Der Waͤchter ſeiner Heerden,
Der treulich fuͤr ſie kaͤmpfft,
Und mit ſo viel Beſchwerden
Die Wuth des Wolffes daͤmpfft,
Riß, o ein großes Gluͤcke!
Diß arme Schaf zuruͤcke.
Die Chriſtliche Gemeine
A 2Jſt41717.
Jſt warrlich uͤbel dran,
Des Satans Zauber-Hayne
Sieht man vor Kirchen an;
Viel Cantzeln und Altaͤre
Sind Thronen falſcher Lehre.
Die Fuͤrſten ſolten Hirten
Der Kirche Chriſti ſeyn,
Und, wenn ſie ſeitwaͤrts irrten,
Es oͤffentlich bereu’n
Vor dem, der ihr Verbrechen
Kan mit dem Tode raͤchen.
Begluͤckte GOttes-Haͤuſer,
Da Theodoſius,
Der Schuld beladne Kaͤyſer,
Den Bann-Spruch hoͤren muß,
Und, bey der Chriſten Hauffen,
Mit Thraͤnen Einlaß kauffen.
So ruͤhmen Ahabs Zeiten
Eliaͤ Helden-Muth,
Dem frey zu wiederſtreiten,
Der freye Suͤnde thut;
Wer hat den ſtummen Hunden
Bey uns das Maul verbunden?
Drum hoͤret mich, ihr Großen,
Sonſt wird des Koͤnigs Grimm
Euch von dem Stule ſtoſſen;
Euch wird die Donner-Stimm:
Verfluchte weicht von dannen!
Jn Ewigkeit verbannen.
Jhr ſeyd ſo arme Suͤnder,
Als and’re Sterbliche;
Jhr wachſt, wie andre Kinder,
Mit Sorgen in die Hoͤh,
Und euer erſtes Stehnen
Vermiſchet ſich mit Thraͤnen.
Wie wolt ihr den Gewittern
Der letzten Stund entgehn,
Da -51719.
Dafuͤr die Himmel zittern,
Die durch ihr Schreck-Gethoͤn,
Wie zaͤhe Weitzen-Halmen,
Den Erden-Creiß zermalmen?
Geht oder kriecht zum Creutze,
Und kuͤßt den groſſen Sohn,
Daß ers Erbarmen reitze;
Sonſt habt ihr euren Lohn
Mit den verjagten Fuͤrſten,
Die nur nach Ungluͤck duͤrſten.
Die GOtt-geweyhte Printzen,
Die in ſich ſelber klein,
Vor dem die Augen blintzen,
Ders Haupt der Creutz-Gemein,
Und ihm zu Fuſſe liegen;
Die werden Gnade kriegen.
IV. Bey einer Doctor-Promotion.
Jch haß und meide die, ſo beym Studiren ſich
Nicht zu dem hoͤchſten Punct, zu GOtt, dem Geber, neigen,
Und ihre Kuͤhnheit mehr, als wahre Tugend zeigen;
Wer aber GOtt verehrt, den lieb und ehre ich.
Denn der kan, trotz der Welt, trotz allen die ihn haſſen,
Zu ſeiner Foͤrderung die ſchoͤnſte Hoffnung faſſen.
Wer das Vergaͤngliche nach ſeinem Werth verlacht,
Wer ſich vom Staub erhebt, den Erden-Wuͤrmer kauen;
Der lernet Himmel an, auf ſolche Dinge ſchauen,
Die keine Zeit verzehrt; kein Alter ſchimmeln macht:
Wollt ihn die arme Erd auch noch ſo gerne ſchaͤnden;
So ſteht ſein Gluͤck und Wohl allein in GOttes Haͤnden.
Der iſt der große HErr, der theilt die Aemter aus;
Wem der ſie geben will, derſelbe muß ſie haben.
Den Schatz, wornach ſo viel offt nur vergeblich graben,
Schickt er den Seinigen zur Schlafens-Zeit ins Hauß.
Die dieſen zum Patron und zum Befoͤrdrer waͤhlen,
Der uͤber alle herrſcht, vermoͤgen nicht zu fehlen.
A 3Hier61719. 1720.
Hier ſchreib ich, wie mein Hertz es in der Wahrheit haͤlt,
Wie ich mein Lebenlang vor GOtt zu wandeln ſuche,
Dabey das falſche Thun der Heucheley verfluche,
Den Dienſt der Eitelkeit, die Liebe dieſer Welt.
Mein Freund! ſein Gluͤcke bluͤht, er muß, bey deſſen Reiffen,
Sich eintzig und allein auf GOttes Guͤte ſteiffen.
V. Uber ſich ſelbſt.
Jch ſuche mich mit GOtt, dem hoͤchſten Gut,
Aufs naͤchſte, da es ſeyn kan, zu verbinden;
Und da ich ſonſt auf meinem Kopff beruht,
Muß nun durchaus der eigne Wille ſchwinden.
Mein Hertze iſt dem HErren uͤbergeben,
Der ſoll hinfort in ſeinem Bilde leben.
Der Tod, der mir ſonſt vieles Grauen macht,
Faͤngt itzo an viel beſſer auszuſehen;
Die ſo gefuͤrchtete und lange Nacht
Wird einmahl unverſehens uͤbergehen;
Der Tag wird deſto unverruͤckter glaͤntzen,
Und meinen Geiſt in Ewigkeit bekraͤntzen.
Der Heyland, der vor mich gelitten hat,
Bleibt bloß allein die Regel meines Lebens;
Davon zeigt Mund, und Hertz, und auch die That,
Jch muͤhe mich nicht mehr, wie ſonſt, vergebens,
Jch wuͤrck in GOtt, und weiß, auf Sieges-Thronen
Wird Gnaden-Lohn mein Werck in GOtt belohnen.
VI. Neu-Jahrs-Gedancken.
Owachſamer Geiſt,
Der Wunder beweiſt,
Erſcheine der Seele,
Dein goͤttliches Oele
Durchſtroͤme den Sinn!
Es muͤß ihm gelingen
Dein Reich zu erringen,
Er ſehnt ſich dahin;
Der dornigte Steg
Kan Helden erſchrecken,
Und71720.
Und Tapffere ſtrecken;
Der ſandigte Weg
Macht muͤde und matt;
Wer aber dich hat,
Den machen die Beulen
Nur hurtiger eilen,
Zur bleibenden Stadt.
Drum Streiter Hertz auf!
Auf! ohne Verweilen,
Vollfuͤhre den Lauff!
VII. Bey angetretener Regierung Graf Heinrich des Neun und Zwantzigſten.
Als der Menſch nach GOttes Bilde
Ehemals bereitet war,
O wie war er nicht ſo milde,
O wie ſah er nicht ſo klar!
Seit er dieſes Bild verlohren,
Wird er faſt verruͤckt gebohren:
Was ihn gluͤcklich machen kan,
Siehet er vor ſchaͤdlich an.
Was vor unerhoͤrte Sorgen
Macht man ſeinen Eltern nicht,
Von des Lebens erſten Morgen
Durch das gantze Jugend-Licht?
Mit wie vielem Flehn und Beten,
Muͤſſen ſie uns nicht vertreten?
Sie bemuͤhn ſich offte viel,
Und verfehlen doch das Ziel.
Wie viel tauſend Eltern leben,
Welche um der Kinder-Zucht
Sich nicht viel Bemuͤhung geben;
Und ihr Heyl darin geſucht,
Jhnen Lehrer zu benennen,
Deren Werth ſie ſelbſt nicht kennen,
Die man nur auf andrer Rath,
Und Bericht gewaͤhlet hat.
A 4Die81720.
Viele junge Leute lauffen
Jn der Jugend-Hitze fort;
Und man laͤſſet ſie verſchnauffen,
(Das iſt ein gemeines Wort:)
Aber, ſeht! die meiſte Jugend!
Sie verſaͤumt die Zeit der Tugend,
Manchen, eh er ausgeſchnaubt,
Hat ein jaͤher Tod geraubt.
So iſt ſchwerlich zu errathen,
Ob der lieben Alten Schaar,
Die den HErrn um Kinder baten,
Jhr nicht ſelbſt zuwider war?
Und ob der nicht gluͤcklich heiſſet,
Den der HErr von hinnen reiſſet?
Eh er ſich ins Weite irrt,
Und der Welt recht inne wird.
Aber meine Sinnen blicken
Jetzo in ein ander Feld
Da ſich junge Pflantzen ſchicken,
Wies der Gaͤrtner dienlich haͤlt,
Welche ihm ſein muͤhſam Frohnen
Mit der ſchoͤnſten Bluͤthe lohnen;
Dieſe zeigen ſattſam an,
Was ein treuer Gaͤrtner kan.
Als ich auf dem Krancken-Bette
Jn der Ungewißheit lag,
Was ich zu erfahren haͤtte?
Kam ein aufgeklaͤrter Tag:
Da mir eines Gaͤrtners Name
Unverhofft zu Ohren kame,
Welcher ſeiner Pflantze Preiß
Jederman zu ſagen weiß.
Jhr begluͤckten Gaͤrtners-Haͤnde,
Deren Tage-Werck und That,
Biß zu dem erwuͤnſchten Ende,
Sich geſchickt erwieſen hat:
Wie moͤcht ihr den Thau von oben
Mit91720.
Mit erfreuten Hertzen loben,
Welcher ohne Maaß und Ziel
Auf die ſchoͤne Pflantze fiel.
Bruder, ich kan nicht verſchweigen,
Daß der Pflantze Ruhm dir bleibt;
Die mit ausgeſpannten Zweigen
Alle Tage hoͤher treibt;
Welche jedem, der ſie liebet,
So viel ſchoͤne Hoffnung giebet,
Daß man GOtt, den Seegens-Mann,
Nicht genugſam loben kan.
Gluͤcklich waren jene Stunden,
Welche ich im Nieder-Land,
Als ich dich am Rhein gefunden,
Deiner Freundſchafft zugewand.
Gluͤcklich waren auch die Stunden,
Da wir uns getroſt verbunden,
Daß es alle Menſchen ſaͤhn,
Chriſti Wandel nachzugehn.
Wie der Anfang, war das Ende,
Du giengſt unter GOttes Huld,
Und behielteſt reine Haͤnde
Von gemeiner Jugend Schuld;
Welches, die im Jrrthum waren,
Mehr als allzu wol erfahren,
Was die Welt erſtaunen macht,
Hat dein Tage-Buch verlacht.
Endlich hat es ſich geſchicket,
Daß ich annoch zu Paris
Deinem Abſchied vorgeruͤcket,
Da es aller Orten hieß,
Auch bey denen guten Leuten,
Welche uns als irrig ſcheuten,
Daß du gegen jederman
Als ein wahrer Chriſt gethan.
Damals lobten wir den Meiſter
Der allein bewehrten Kunſt,
Der101720.
Der dich vor der falſchen Geiſter
Und der ſchnoͤden Erde Gunſt
Vaͤterlich bewahren wollen,
Daß ſie dich nicht reitzen ſollen,
Denn dergleichen Wegefahrt
Jſt entfernt von ihrer Art.
Wann ſich andere ergoͤtzten
Uber allem, was geſchehn,
Und ſich dann zuſammen ſetzten,
Es aufs neue zu beſehn,
Kamſt du von des Hofes Brauſe
Oeffters mißvergnuͤgt nach Hauſe,
Wende, ſprachſt du, meinen Blick,
Und das war dein groͤſtes Gluͤck.
Alſo gieng es auf der Reiſe
Nach der werthen Mutter Sinn;
Und du folgeteſt der Weiſe
Deines ehrlichen Bonin.
Wo man ſeine Mutter ehret,
Und die Vorgeſetzte hoͤret,
Da weicht nach der Liebe Zweck
Alles Unvergnuͤgen weg.
Darum wird im Regimente
GOttes Rechte um dich ſeyn.
Der ſich ſonſt gehorſam nennte,
Fordert nun Gehorſam ein;
Und nach dem Vergeltungs-Rechte,
Sehen alle deine Knechte,
Und wer Dir ſonſt zugethan,
Dich mit Ehrerbietung an.
Du hingegen kanſt den Banden
Deiner Knechtſchafft nicht entgehn;
Es iſt noch ein HErr vorhanden,
Dem Du muſt zu Dienſte ſtehn:
Seine Feſſeln ſind gelinde,
Dieſer Dienſt bekommt geſchwinde
Eine andere Geſtalt,
Und wir ewige Gewalt.
Die -111720.
Dieſe Hoffnung wird dir bleiben,
Wann der andern Hoffnung faͤllt:
Die ſich GOttes Hand verſchreiben,
Sind ſchon ſeelig in der Welt.
Wann ſie alle Menſchen haſſen,
Wird der Freund ſie nicht verlaſſen,
Deſſen treue Liebes-Hand
Sich genau an ſie verband.
Jn dem Freunde, lieber Bruder!
Sind wir ewig ungetrennt:
Durch ihn fuͤhreſt Du das Ruder
Von dem gantzen Regiment,
Das er Dir in deinem Leben
Zu beſtreiten heim gegeben;
Und in ſeinem Friedens-Schein
Wirſt Du immer ruhig ſeyn.
Du muſt aber nicht vergeſſen,
Daß du vor das groſſe Heyl,
So der HErr Dir zugemeſſen,
Jhme auch an deinem Theil
Ewiglich verbunden bleibeſt,
Und ſein Werck nicht laͤßig treibeſt:
Du muſt, biß zum letzten Schein,
Ein Bekenner JEſu ſeyn.
Wann Du nun genug geſtritten,
Und dein Amt bewaͤhret haſt;
Wann Du hie und da gelitten,
Wird der Heyland dir die Laſt
Endlich von den Schultern heben:
Und nach einem harten
(*)Hier wird nicht ſo wol auf das allgemeine Chriſten-Leben, als auf die beſonders harte und rauhe Umſtaͤnde der Regierungs-Laſt eines Kindes GOttes geſehen, von welchen man ſagen kan, daß ſie ohne die beſondre Handleitung der Gnade und Troſt der Lie - be unertraͤglich ſeyn wuͤrden, es waͤre denn, daß man die Sache nicht verſtuͤnde, und ſich nur wol dabey ſeyn lieſſe.
(*) Leben
Faͤllt Dir in der ſtoltzen Ruh
Der Bekenner Erbtheil zu.
VIII. Ein -121721.
VIII. Eingang in die Schmach JEſu.
HErr JEſu! Du haſt mich in deinen Schirm genommen,
Laß mich darinnen ſtets genau verwahret ſeyn!
So mag der Teufel ſelbſt mit ſeinem Heere kommen,
Er legt an meiner Ehr nur Schimpf und Schande ein.
Jch bin durch dich gerecht, und deine tiefe Wunden
Sind mir ein freyer Ort und eine Artzeney;
Den Krancken helfen ſie, nicht aber den Geſunden:
Gib, daß ich nur recht kranck nach deiner Liebe ſey!
Will mir die Welt nicht wohl; wohlan, es wird mir gehen,
Wie es dem Haupte ſelbſt vor dem ergangen iſt;
Verdammt mich jederman, ſo werd ich beſſer ſehen,
Was du ſelbſt vor ein Fluch und Scheuſal worden biſt.
Jch lege mich getroſt zu deinen Fuͤſſen nieder,
Und hoͤre meine Pflicht aus deinem Munde an:
Du ſingeſt in der Nacht die allerſchoͤnſten Lieder,
Ja einen Lobgeſang, eh man dich abgethan.
Und ich ſoll in der Noth nur Klage-Lieder heulen,
Jch ſoll bis in den Tod betruͤbt zu ſehen ſeyn:
Das uͤberlaſſe ich der Welt und ihren Eulen,
Jch dringe mit Gedult in deinen Willen ein.
Vollkommner Prediger, der in der That erwieſen,
Was er von dieſer Kunſt die Seinigen gelehrt,
Ach! wuͤrde doch an mir dein Ebenbild geprieſen,
Und mein Bekaͤnntniß bald in Geiſt und Kraft verkehrt!
Ach! zieh mich doch hinein in den geheimen Willen,
Der deiner Kinder Winck und Gluͤck zu nennen iſt;
Wird ſich in deſſen Rath mein armes Hertze ſtillen;
So weiß ich gantz gewiß, daß er mich nicht vergiſt.
Du fuͤhrſt es wohl hinaus, die Ruhe folgt aufs Kaͤmpffen,
Und werd ich im Gebet recht ernſtlich und getreu,
So wird dein Arm vor mich der Feinde Kraͤffte daͤmpffen,
Und deine Guͤte mir an jedem Morgen neu.
IX. 131721.
IX. Morgen-Gedancken.
Glantz der Ewigkeit,
GOtt und HErr der Zeit!
Sey von allen Creaturen
Vor die neu erregte Spuren
Deiner Guͤtigkeit
Hoch gebenedeyt.
Dieſe finſtre Nacht
Jſt zum Schluß gebracht,
Und die Strahlen heitrer Sonne
Brechen, zur gemeinen Wonne,
Durch die dunckle Macht
Der vergangnen Nacht.
Sehen wir denn nicht
Jn dem Morgen-Licht
Einen Strahl von groͤſſern Kraͤfften,
Und durchdringendern Geſchaͤfften?
Sehen wir dich nicht,
Zions Sonnen-Licht?
Ach! du blinckeſt zwar;
Aber unſer Staar,
Unſre Blindheit muß mit Schrecken
Sich vor deinem Blitz verſtecken:
Unſrer Augen-Staar
Wird dich nicht gewahr.
Eile doch herbey,
Mit der Artzeney:
Raͤume weg die dicken Felle,
Mache unſre Augen helle,
Sonſt iſt unſre Noth
Aerger als der Tod.
Und weil in der Zeit
Nacht und Dunckelheit
Unſer Licht ſo hefftig ſchwaͤchen,
Und ſo offte unterbrechen;Weil141721Weil die Lebens-Zeit
Voller Dunckelheit:
So verklaͤre bald
Deines Lichts-Geſtalt:
Oeffne die verſchloßne Siegel,
Brich den unvollkommnen Spiegel,
Und verklaͤre bald
Unſere Geſtalt.
Doch wenn dirs gefaͤllt,
Daß wir auf der Welt
Laͤnger noch mit lahmen Fuͤſſen
Unſre Straſſe wandeln muͤſſen;
O ſo zeig uns nur
Die gerade Spur.
Richte unſer Hertz
Zeitlich Himmel-waͤrts,
Daß die Zeichen dieſer Zeiten
Uns zur letzten Zeit bereiten,
Richte unſern Sinn
Auf das Ende hin.
Gibt es in der Zeit
Schein-Vergnuͤglichkeit:
So verleide uns ein Leben,
Das kein wahres Wohlſeyn geben,
Noch den letzten Tag
Uns verſuͤſſen mag.
Solls uns harte gehn,
Laß uns feſte ſtehn,
Und ſo gar in ſchweren Tagen
Niemahls uͤber Laſten klagen;
Denn das iſt der Weg,
Zu der Sternen-Steg.
Kracht der Huͤtten Thor,
Zeuch den Geiſt hervor,
Laß ihn zu den frohen Schaaren,
Der erloͤßten Geiſter fahren,Daß151721.Daß er deinen Tag
Jmmer ſehen mag.
Dann iſts mit dem Graus
Aller Naͤchte aus
Denn ein unverruͤckter Schimmer
Deckt der Auserwaͤhlten Zimmer;
Dieſes Tages-Pracht
Scheuchet keine Nacht.
Hilff uns dahinan
Auf der Bundes-Bahn,
Laß uns durch dein naͤchtlich Leiden
Aus der Nacht der Erden ſcheiden;
Und durch deinen Krieg,
JEſu, gib uns Sieg.
Eilt ihr Tage fort,
Naͤhert euch dem Port:
Zeiten, moͤcht ihr doch verſchleichen,
Und aus unſern Augen weichen,
Aber ſeyd nicht weit
Jn der Ewigkeit.
Offenb. 14, 13.
7
X. Abend-Gedancken.
Du Vater aller Geiſter,
Du Strahl der Ewigkeit,
Du wunderbahrer Meiſter,
Du Jnnbegriff der Zeit,
Du haſt der Menſchen Seelen
Jn deine Hand gepraͤgt:
Wem kans an Ruhe fehlen,
Der hie ſich ſchlafen legt.
Es ziehn der Sonnen Blicke,
Mit ihrem hellen Strich
Sich nach und nach zuruͤcke,
Die Lufft verfinſtert ſich,
Der dunckle Mond erleuchtet
Uns mit erborgtem Schein,Geht161721.Der Thau, der alles feuchtet,
Dringt in die Erden ein.
Das Wild in wuͤſten Waͤldern
Geht hungrig auf den Raub;
Das Vieh in ſtillen Feldern
Sucht Ruh in Buſch und Laub;
Der Menſch von ſchweren Laſten
Der Arbeit unterdruͤckt,
Begehret auszuraſten,
Steht ſchlaͤffrig und gebuͤckt.
Der Winde Ungeheuer
Stuͤrmt auf die Haͤuſer an,
Wo ein verſchloßnes Feuer
Sich kaum erhalten kan:
Wenn ſich die Nebel ſencken,
Verliehrt man alle Spuhr,
Die Regen Stroͤhm ertraͤncken
Der flachen Felder Fluhr.
Da faͤllt man billig nieder
Vor GOttes Majeſtaͤt,
Und uͤbergibt ihm wieder,
Was man von ihm empfaͤht:
Die gantze Krafft der Sinnen
Senckt ſich in den hinein,
Durch welchen ſie beginnen,
Und dem ſie eigen ſeyn.
Das heiſt den Tag vollenden,
Das heiſt ſich wohl gelegt:
Man ruht in deſſen Haͤnden,
Der alles hebt und traͤgt.
Die Himmel moͤgen zittern,
Daß unſre Veſte kracht,
Die Elemente wittern;
So ſind wir wol bewacht.
XI. 171721.
XI. Angenehme Sterbens-Gedancken.
Die Baͤume bluͤhen ab,
Die Blaͤtter ſtuͤrtzen:
Mir wird das liebe Grab
Mein Elend kuͤrtzen.
Getroſt, ich ſehe ſchon
Das Baͤumlein bluͤhen,
Und meines Leibes Thon
Gerader ziehen.
Mein Grab-Stein ſpringt entzwey,
Der Schlaf vergehet:
Der Leib wird Kercker-frey,
Mein Tod verwehet.
Der Faulniß finſtre Baar,
Und die Verweſung,
Verliert ſich gantz und gar
Jn der Geneſung.
Der Sturm, der unſern Geiſt
Vom Leibe treibet,
Und uns von hinnen reißt,
Hat ausgeſtaͤubet.
Man hoͤret ferner nicht
Des Windes Brauſen:
Man ſpuͤrt im ſtillen Licht
Ein lieblich Sauſen.
Ein Wind von Jehovah
Wird ausgeblaſen:
Die Beine liegen da
Jn gruͤnen Raſen.
Auf Hoffnung liegen ſie
Der Aufferſtehung,
Und warten ſpat und fruͤh
Der Stands-Erhoͤhung.
Jhr ſeyd zu Staub verbrand,
Jhr kahlen Beine,BUnd181721.Und euer ſproͤder Sand
Jſt wunder kleine.
Jhr ſeyd faſt aufgeleckt,
Jhr Aſchen-Haufen:
Die Tiefe, die euch deckt,
Jſt angelaufen.
Jhr ſeyd aufs Feld geſaͤt
Wie Aeſer-Knochen,
Und in die Lufft verweht,
Zerqvetſcht, zerbrochen.
Die hat des Abgrunds Wut
Durchaus zerwuͤhlet,
Die eine ſchnelle Fluth
Hinweg geſpuͤlet.
Jhr wißt nicht, hie und d[a]
Verſtreute Glieder!
Wie euch das Wort ſo nah,
Jetzt rufſt es wieder.
Der Mann, in welchem es
Beſchloſſen ware,
Der kommt mit Lob-Getoͤß
Der Helden-Schaare.
Man thut die Buͤcher auf,
Es wird geleſen,
Wie eines jeden Lauff
Bewandt geweſen.
Der wird als Satans Theil
Hinweg getrieben:
Der ſteht zum Troſt und Heil
Jm Buch geſchrieben.
Wie wird es mir ergehn
An dieſem Tage?
Wo wird mein Urtheil ſtehn?
Wer haͤlt die Waage?
Triumph! der hier erſchein.
Jm rothen Kleide,Der191721.Der iſt mein weiſſer Freund:
Eins ſind wir beyde.
Da ſolte ich vor mich
Nichts Gutes hoffen?
Wer ſo beſteht, wie ich,
Der hats getroffen.
Jch war ein Suͤnden-Kind,
Wie andre Suͤnder:
Allein, ich uͤberwind
Jm Uberwinder.
Jch bin an ſeinem Stamm
Hinan gedehnet:
Er iſt das reine Lamm,
Das GOtt verſoͤhnet.
O Lamm, vergoͤnne mir
Dich zu begleiten!
Mein Mann, ich weiche dir
Nicht von der Seiten.
Jch ſehe ſchon hinein
Jn deine Wonne:
Hie blitzt der klare Schein
Von Salems Sonne.
Wie mancher ſtehet da
Jn reiner Seide:
Wie iſt dir der ſo nah
Jm weißen Kleide!
Den hielt man in der Welt
Vor einen Narren,
Der dort im Ruhe-Zelt
Zog lang im Karren.
Wie ſeuffzte deine Magd
Jm Krancken-Bette!
Wie offt hat ſie geſagt:
Wer Fluͤgel haͤtte!
Und ietzo ſeh ich ſie
Mit Palmen-Zweigen,B 2Be -201721.Befreyt von aller Muͤh,
Auff Zion ſteigen.
Wo iſt der arme Mann,
Der hier nur thraͤnte,
Und ſich von Jugend an
Nach Salem ſehnte.
Da ſitzt er Freuden-voll
Zu deinen Fuͤſſen,
Und giebt dir einen Zoll
Von tauſend Kuͤſſen.
Und jener, welcher hier
Dein Haͤuflein lehrte,
Und viele HErr zu dir,
Dem Licht, bekehrte.
Steht praͤchtig oben an,
Als eine Sonne,
Und jauchzet, was er kan
Bey ſolcher Wonne.
Der dich in dieſer Zeit
Als Liebe prieſe,
Und zur Gerechtigkeit
Die Menſchen wieſe.
Der blitzt in deinem Glantz,
Gleich einem Sterne;
Sein Nahme leuchtet gantz
Auch in der Ferne.
Der helle Haufe glaͤntzt
Vor deinem Throne,
Den in der Zeit bekraͤntzt
Die Marter-Crone.
Dort bey des Lammes Mahl
Erſcheint im Reigen
Die auserwehlte Zahl
Der treuen Zeugen.
Was unſrer Vaͤter Schaar,
Und den Propheten,Jns211721.
Jns Ohr vertvauet war
Hoͤrt man trompeten.
Die Zwoͤlffe, die du dir
Zur Luſt erleſen,
Die kroͤnet fuͤr und fuͤr
Vollkommnes Weſen.
Nun dirs gefallen hat
Dein Volck zu raͤchen;
So ſitzen ſie im Rath
Das Recht zu ſprechen.
Hie wird die truͤbe Zeit
Jm Licht verſchlungen,
Und der Dreyeinigkeit
Triumph geſungen.
Diß heilig eine Drey
Wird aufgeklaͤret:
Der Glaube ſchauet frey
Was ihn genaͤhret.
Die GOtt geruffen hat
Und die gekommen,
Die werden in der That
Nun aufgenommen.
Der Glaub in ſeinem Lauff
Hat ausgeglaͤubet:
Die Hoffnung hoͤret auff:
Die Liebe bleibet.
Hier frag ich nicht einmahl:
Wo ich ſoll bleiben?
Wer will mich aus der Wahl
Der Gnaden treiben?
Jch traue maͤchtiglich
Dem Hochgeliebten:
Sein Hertze neiget ſich
Zu den Geuͤbten.
Vor Zeiten hielt ich mich
An ſein Erbarmen:B 3Und221721.
Und ietzo hange ich
Jn ſeinen Armen.
Jch dringe zu ihm zu!
Er muß mir geben
Auff Arbeit ſuͤſſe Ruh,
Auff Sterben Leben.
XII. Betrachtung ſeines Beruffs in die Churfuͤrſtliche Saͤchſiſche Landes-Regie - rung.
Du groſſer HErr der Welt! es iſt dir unverborgen,
Wie ſehr mich dieſe Welt mit ihrem Dienſt erſchreckt:
Jch waͤre gar zu gern zu deinem Dienſt erweckt:
Der Abend waͤhrt mir lang: Jch ſeufze nach dem Morgen.
Es iſt nicht mehr die Zeit, die wohl vor dieſem war:
Wir qvaͤlen uns umſonſt, wir nutzen ihr kein Haar.
Ach waͤre noch der Tag, da man mit Staupen-Schlaͤgen,
Mit Stoͤck - und Pfloͤcken ſich an deinen Gliedern rieb,
Und ſie den Schafen gleich aufs Mord-Geruͤſte trieb;
So wuͤrde ſich mein Gram mit leichter Muͤhe legen.
Denn HErr das weiſſeſt du, ich kuͤſſe Rad und Pfahl
Um deinetwillen gern; Jch jauchzte bey der Qvaal;
Jch ſcheue keine Schmach; mich ehrt die Narren-Kappen,
Darein manch eitler Hof dein Volck ſo gern verhuͤllt,
Ein Hof, dem Zions Ach mit Luſt die Ohren fuͤllt,
Ein Hof, wo kluge Leut am hellen Tage tappen;
Da hieß ich gern ein Thor, ein Schwaͤrmer, ein Phantaſt,
Mir waͤr der Erden-Zorn nur eine kleine Laſt.
Allein, du alter Freund, dem Millionen Tage
Wie ſechzig Stunden ſind, der keinen Wechſel kennt,
Und ſich mit allem Recht von heut und geſtern nennt,
Legſt du die alte Welt mit dieſer auf die Wage;
So muſte Jonathan vor ſeinem Vater fliehn,
Doch kont er ſeinen Freund des Vaters Wuth entziehn;
Der231721.
Der Rath Ahitophels war kaum zur Narrheit worden,
Als des Huſai Mund vor Davids Leben ſtritt.
Zog Ahab in den Streit, fuhr Joſaphat zwar mit;
Allein er bloͤſſete den gantzen Baals-Orden,
Und der Prophete ſprach: Jch ſchone Joſaphat,
Sonſt bliebt ihr Koͤnige gewißlich ohne Rath.
Der Nehemias war des Arthaſaſta Schencke,
Ein wohlgeplagter Mann; Allein er machte doch
Sein vaͤterliches Hauß von dem betruͤbten Joch
Mit einem Worte loß. Jch ſeufze, wenn ich dencke
Was Mardachai Fuß vor ſaure Schritte that;
Der aber doch dadurch ſein Volck erloͤſet hat.
Es muß auch Daniel das Hof-Getuͤmmel dulden;
Allein wie betet nicht, wie uͤberwindet er!
Wie wird es Miſael und ſeinen Freunden ſchwer;
Allein ſie bleiben ſelbſt im Ofen ohne Schulden,
Der Leuen Rachen wird ein Maul-Korb angeleget;
Und von der Flamme brennt, wer Holtz zum Feuer traͤget;
Die Maͤnner Juda ſind bey ihrer Weiſe blieben,
War gleich der gantze Hof ein ander Thun gewohnt,
So wurden dennoch ſie mit Hof-Manier verſchont;
Wie hat der Eine nicht den Koͤnig eingetrieben,
Als er das Goͤtzen-Volck der Luͤgen angeklagt,
Und einer, als er ihm der Wahrheit Lobſpruch ſagt.
Johannes muſte zwar mit ſeinem Haupt bezahlen;
Doch hoͤrt Jhn erſt der Fuͤrſt, und folgte manchesmahl.
Ach wuͤſte ich gewiß ich kaͤm in jener Zaͤhl:
So moͤchte immerhin die Welt mit Feuer ſtrahlen,
Die ſchwerſten Ubungen auf meine Scheidel ſpeyn;
Es ſolte Leue-Grimm mir gantz ertraͤglich ſeyn.
Da iſt mein offnes Hertz, du kenneſt mich von innen
HErr! wallt ein Tropfen Bluts durch meiner Adern-Bach,
Der dir nicht eigen iſt, den treffe deine Rach:
Mein gantzes Hertz iſt dein, die gantz Krafft der Sinnen,
Und der erloͤſte Geiſt iſt dir zum Opffer recht,
Der Menſch mit Leib und Seel iſt ewiglich dein Knecht.
B 4XIII. 241721.
XIII. Sehnliche Gedancken am 72ſten Ge - burts-Tage der Frau Groß-Mutter.
Komm Ewigkeit Jnbegriff innigſter Wonne,
Beſtrahle und heitere unſer Gemuͤth:
Erſcheine, du helle durchdringende Sonne,
Darunter der Seegen erwaͤchſet und bluͤth:
Wir ſchauen mit Sehnen,
Erwarten mit Thraͤnen
Auf deine unendliche Klarheit und Glaͤntzen,
Und wallen mit Wehmuth in irrdiſchen Graͤntzen.
Die Arbeit der Suͤnden macht Krafft-loß und muͤde:
Wie wird ſie uns ſauer die fleiſchliche Laſt!
Wie ſuͤſſe hingegen, wie ſchoͤne klingſt: Friede!
Und Ruhe von Arbeit und ewige Raſt!
O ſeelige Schaaren,
Die dahin gefahren,
Wo Chriſti Verlobte mit edlen Geſchmeiden
Und koͤſtlichem Schmucke im Roſen-Buſch weiden.
Verlauffet, ihr Zeiten, verſchwindet, ihr Stunden,
Macht unſerem Braͤutigam Bahne und Platz;
Wir haben den Ausgang des Jammerthals funden;
Wir graben nach einem verborgenen Schatz.
Die Nacht hindurch ſorgen
Wir nur auf den Morgen.
Ach! kaͤme derſelbe, was wuͤrde uns qvaͤlen?
Was wuͤrde uns mehr an der Seeligkeit fehlen?
Wohlan denn, Geliebter, du wirſt ja erſcheinen,
Dein Seiger geht langſam; ſo zeige dich doch!
Schau nun nach den Frommen, erfreue die Deinen;
Sie haſſen die Welt-Luſt, ſie lieben dein Joch.
Befeuchte den Garten:
Er kan nicht mehr warten:
Die Mitternacht nahet: wir hoffen mit Schmertzen;
Die Lampen ſind fertig: auch brennen die Kertzen.
Wir hoͤren Dich, Liebſter; Du heiſſeſt uns warten:
Man lauffet dir niemahls mit Foͤrderung vor:
Doch251721.
Doch druͤckt uns die Buͤrde auf mancherley Arten:
Das Fleiſch laͤſt die Geiſter nicht gerne empor.
O JEſu! gedencke,
Wie ſehr es uns kraͤncke,
Dir ſo nicht zu dienen, wie wir es begehren,
Aufs wenigſte muſt du uns ſtille ſeyn lehren.
XIV. Weynachts-Gedancken.
Rath, Krafft, und Held und Wunderbar!
Dein Nahm iſt meiner Seelen klar
1. Joh. 2, 13.
10
Die du mit deinem Blut erkaufft,
Und mit der Liebes-Glut getaufft,
Mein Braͤutigam, an meiner Stirne brennt
Dein Nahm und Creutz, ſeit dem ich dich erkennt.
Wenn ich, mit allem meinem Fleiß,
Mir nimmermehr zu rathen weiß,
Und meine Ohnmacht Unverſtand
Und Schwachheit kraͤfftiglich erkandt;
So biſt du ja der unerforſchte Mann,
Der allen meinen Sachen rathen kan.
Fehlt mirs an aller Lebens-Krafft,
Hat meine Rebe keinen Safft,
Und ſincke ich vor Mattigkeit
Bey nahe hin zu mancher Zeit;
So iſt dein kraͤfftiges Gefuͤhl in mir,
Das haͤlt mir ſtarcke Helden-Kraͤffte fuͤr.
Wenn ich im ſchweren Glaubens-Kampf
Durch manchen dicken Rauch und Dampf,
Durch manche Leibs - und Geiſts-Gefahr,
Mich drenge zu der Sieges-Schaar;
So biſt dus, unbezwungner Wunder-Held,
Der meinetwegen alle Feinde faͤllt.
Wenn ſich mein Senff-Korns-Glaube regt,
Und kindlich dir zu Fuͤſſen legt,
So mag der Feinde Hohn-Geſchrey
Erthoͤnen: daß ich thoͤrig ſey.
Jch261722.
Jch fuͤrchte mich deswegen doch kein Haar:
Mein Glaub iſt Sieg, mein Zweck iſt Wunderbar.
Mein Alles! meine gantze Welt!
Mein Freund! der ewig Farbe haͤlt,
Mein weiß - und rother Braͤutigam!
Mein immerwaͤhrend Oſter-Lamm!
Mein Leit-Stern! meine Liebe! meine Zier!
Sey ewiglich mein Steinritz, mein Panier!
Haſt du mich in der Zeit gewollt,
Die Raͤder ſchnell von dannen rollt?
So miß mir ſelbſt die Stunden ab!
Sey meiner Reiſe Wander-Stab!
Sey meines Thuns ſein Schoͤpffer! fuͤhre mich
Jn allem dir zu wandeln wuͤrdiglich!
Soll ich viel Jahr im Karren fort;
So zeige mir den Ruhe-Port,
Von ferne zeige mir die Stadt,
Die deine Hand bereitet hat,
Das guͤldne Seraphinen Liebes-Licht:
So ſchrecket mich die lange Reiſe nicht.
Und wenn ich meiner Bruͤder Zahl
Nach deiner holden Gnaden-Wahl
An meinem Theile auch erfuͤllt;
Wenns endlich auch Belohnens gilt:
So weiſt du, daß mein Lohn, mein Licht und Ruh
Nur du alleine werden ſollſt, Nur Du.
XV. Auf die Heimfuͤhrung der Graͤfin Theo - dore Reußin geb. Graͤfin zu Caſtell, nach Ebersdorff.
Mein Bruder, goͤnne mir, daß ſich von ferne her
Noch eines Freundes Hertz mit deinem Geiſt ver binde,
Und dich mit einem Blatt voll lautrer Liebe ehr:
Es kommt nicht eher an, damit es Muſſe finde.
So hat dich Ebersdorff nun wiederum erlangt,
Und ſchließt dich feſte ein mit deiner Theodoren;
Dein271722.
Dein liebes Land, das laͤngſt mit vielem Guten prangt,
Erfreut ſich, daß dir GOtt das Beſte ſelbſt erkohren.
Die theure Mutter wird voll Lobs und Dancken ſeyn;
Die Schweſtern voller Troſt, die Freunde voll Vergnuͤgen;
Die Diener ſtimmen ja vermuthlich alle ein;
Und jeder Redliche; ein Danck-Lied beyzufuͤgen.
Es fehlet auch gewiß an guten Wuͤnſchen nicht;
Und wenn du beten hilffſt, GOtt wird ſie alle hoͤren:
Jch leiſtete vorhin die bruͤderliche Pflicht,
Und ietzo ſoll dis Wort auch ſeinen Leſer lehren.
Es war das Lobe-Lied der Sache gantz gemaͤß,
Darinn ich zu Caſtell die Wunder GOttes prieſe,
Der eine tadelte, der andre ruͤhmte es,
Womit ſich der Verſtand von ſolchen Sachen wieſe.
Jndeſſen weil es doch noch Kinder GOttes hat,
Die ihres Vaters Hand zu kuͤſſen ſich bequemen;
So wiederhole ichs mit wohlbedachtem Rath,
Die Freuen zu erfreun, die andern zu beſchaͤmen.
ARIA, Welche nach der geſchehenen Verlobung zu Caſtell abgeſungen wurde.
Wie biſt du ſo wunderbar groſſer Regente,
Der Himmel und Erde und alles bewegt!
Ach wenn doch die Menſchheit dein Weſen erkennte;
So wuͤrde dem Sorgen das Handwerck gelegt:
Der Eigenſinn muͤſte, wie andere Luͤſte,
Dem Vater im Himmel, dem Schoͤpffer der Erden,
Geopffert, und alſo gebaͤndiget werden.
Die Klugheit Ahitophels muſte vernarren,
So bald ſie mit David dem GOttes-Mann ſtritt:
Die Weißheit der Menſchen muß gleichfalls erſtarren,
So bald ein Kind GOttes den Schauplatz betritt.
Die goͤttliche Thoren ſind weiſer gebohren,
Als alle die Weiſen, die unter den Sternen,
Mit Muͤhe und Arbeit ihr Wiſſen erlernen.
Das281722.
Das ſiehet und hoͤret der elende Hauffe
Der Klugen, die Chriſtus zu Narren gemacht,
Und ſtehet nicht ſtill im vergeblichen Lauffe,
Bemuͤht ſich hingegen bey Tag und bey Nacht,
Vom Abend zum Morgen vermehrt ſich ſein Sorgen
Und endlich bekommt er von geſtern und heute
Das Warten der kuͤnfftigen Dinge zur Beute.
Die Chriſten ſind ſtille und laſſen den machen,
Der ihnen als Vater mit Rechte befiehlt;
Die andere ſehens, und ſpotten, und lachen,
Daß GOtt mit den Seinen ſo wunderlich ſpielt.
Und dieſer erſcheinet, wenns niemand vermeynet,
Und hebt ſich in ſeinen gemeſſenen Schrancken
Weit uͤber der Menſchen Vernunfft und Gedancken.
Frolocket ihr Kinder der ewigen Liebe,
Jhr werdet zum Wunder und Zeichen geſetzt:
Der Vater entbrennet vor hertzlichem Triebe,
So bald ihr die Wangen mit Thraͤnen benetzt.
Er hoͤrt ja im Himmel der Erden Getuͤmmel,
Dafuͤr ſich die himmliſch-geſinnete Seelen,
Die ſtoltze Behauſung der Ruhe erwaͤhlen.
So hat ſich bey Chriſten ein jeglicher Morgen
Auf ſeine Beduͤrffniß alleine geſchickt:
Wie kommt es denn, daß man die leidige Sorgen
Bey Kindern der Menſchen ſo haͤuffig erblickt?
Weil dieſe ſich ſelber, und guͤldene Kaͤlber,
Zu ihren ohnmaͤchtigen Goͤttern erwaͤhlen, So ſtehet es dieſen wohl an ſich zu quaͤlen.
Die Wunderthat, die in verwichenen Tagen,
Jm Reuß - und Caſtelliſchen Hauſe geſchehn.
Wird alle in ihrem Gewiſſen verklagen,
Die GOttes Werck ohne Verwunderung ſehn:
Wer haͤtte die Sachen verwirreter machen,
Und dennoch ſo ſeliglich endigen koͤnnen,
Als er, den wir Vater und Wunderbar nennen?
Er hat an dem Braͤutigam Groſſes bewieſen, Die Wunder-Regierung erfreuet die Braut:Er291722.
Er werde denn ewig vor alles geprieſen.
Was unſere Augen die Tage geſchaut!
Er mache Sie beyde voll heiliger Freude,
Verbinde Sie mit dem vollkommeſten Bande, Und hoͤre das Flehen der Stillen im Lande.
Hat er Sie von Ewigkeit dazu erleſen,
Worzu Sie ſein Liebes-Rath neulich gefuͤhrt,
So werde von nun an ihr Leben und Weſen,
Von ſeiner durchdringenden Liebe geruͤhrt:
Sie muͤſſen auf Erden ein Ebenbild werden.
Von Hertzen die ſeine Verſehung gebunden,
Und die in derſelben ihr Gluͤcke gefunden.
Und weil er uns alle ſo herrlich gelehret, Daß Menſchen-Kunſt nichts, und Er alles gemacht,
So werde der Unruh auf ewig gewehret,
Und wir in die ſeelige Stille gebracht,
Darinnen die Seinen verborgener ſcheinen,
Als Leute, die Leben und Geiſter verliehren,
Und dennoch den Erd-Kreiß alleine regieren.
Wohlan der Bundes-GOtt hat ſich recht treu erzeigt,
(*)Durch die Vermaͤhlung der Durchlauchtigſten Printzeßin So - phia Magdalena zu Brandenburg Culmbach, an des damaligen Cron-Printzen von Daͤnnemarck Koͤnigl. Hoheit.
(*)
Wir wiſſen was er juͤngſt vor neue Wunder uͤbte,
Wie hoch hat er erhoͤht die er ſo tieff gebeugt,
Wie hat er die erfreut, die er zuvor betruͤbte.
Geliebte! da Euch GOtt den ſchoͤnen Vorzug goͤnnt,
Daß Jhr in ſeiner Furcht die Sache angefangen,
Daß Euch ſein Gnaden-Ruff zur heilgen Eh ernennt,
So ſuchet ewiglich in dieſem Schmuck zu prangen.
Drum nehmet Euch doch nichts in eurem Leben fuͤr,
Dabey der treue HErr nicht Rath und That geweſen:
Der HErr eroͤffne Euch des Gluͤcks und Creutzes Thuͤr,
Er leg Euch Kranckheit auf, er laſſe euch geneſen.
Er ſelber mach es Euch ietzt leicht, und morgen ſchwer,
So, wie ſein weiſer Rath es euch bequem ermiſſet.
Was Euch begegnen kan, das alles ſchaffe Er,
Damit Jhr Lieb und Leid von Jhm zu fordern wiſſet.
Er301722.
Er ſey der erſte Grund, der Mittel-Punct, und Schluß
Von allem Euren Thun: ſein Stecken muͤß Euch weyden:
Er zuckre jeden Kampff mit ſeiner Gunſt Genuß,
Und woll Euch allen Troſt der Creatur verleiden.
Wie ſuͤſſe ſchmeckt das Brod, das ſeine Guͤte ſchenckt,
Wie labet uns der Tranck, den ſeine Liebe quillet!
Wohl einer jeden Seel, die ſich in Jhn verſenckt,
Und ihrer Sinnen Sturm in ſeiner Sanfftmuth ſtillet.
Mein Bruder, deine Ruh wird meinen Geiſt erfreun,
Und die Zufriedenheit der werthen Theodoren
Wird mir ein Gnaden-Lohn von GOttes Guͤte ſeyn,
Die Euer Eheband im Waͤchter-Rath erkohren,
Erinnert Euch nur offt, was von der Lebens-Saat,
Was von der Seeligkeit des GOtt vermaͤhlten Orden,
Und von der Wunder-Hand, die euch geleitet hat,
Auf Reminiſcere
(*)Das war der Verloͤbniß-Tag, und jenes der Jnhalt damaliger Reden.
(*) iſt ansgeſprochen worden.
HErr hoͤre mein Gebet, und ſiehe gnaͤdig an
Die Kinder, die Jhr Gluͤck in deiner Hand gefunden:
Brich Jhnen uͤberall die ſchoͤne Glaubens-Bahn,
Vermaͤhle Sie mit Dir, ſo ſind ſie feſt verbunden.
XVI. Auf eines Freundes Jahrs-Tag.
Chriſtum uͤber alles lieben,
Ubertrifft die Wiſſenſchafft:
Jſt ſie noch ſo hoch getrieben,
Bleibt ſie ohne alle Krafft;
Wo nicht JEſu Chriſti Geiſt
Sich zugleich in ihr erweiſt:
JEſum recht im Glauben kuͤſſen
Jſt das allerhoͤchſte Wiſſen.
Chriſtum lieben iſt die Kette,
So die Freundſchafft veſte macht:
Liebt man Chriſtum um die Wette,
Wird der Lauff mit Luſt vollbracht. JE -311722.
JEſus, unſer hoͤchſter Schatz,
Haͤlt auf dieſer Bahn den Platz;
Und am abgemeßnen Ende
Lauffen wir in ſeine Haͤnde.
Chriſti wohl-gepruͤfte Liebe
Gegen ſeine Laͤmmerlein
Fordert gleiche Liebes-Triebe:
Er iſt unſer, wir ſind ſein.
Schafe wiſſen nichts von Muͤh,
Chriſtus hebt und traͤget ſie:
Seine ausgeſuchte Heerde
Fraget wenig nach der Erde.
Chriſtum lieben, lehrt die Weiſe,
Wie man kluͤglich handeln ſoll,
Und die gantze Himmels-Reiſe
Jſt der Liebe JEſu voll:
Alle Weg und Stege ſind
Vor ein ſeligs Gnaden-Kind
Auf das Beſte zubereitet,
Daß es ja nicht etwa gleidet.
Chriſtum lieben giebt die Maſſe,
Wie ich heilig leben muß:
Was ich thue, was ich laſſe,
Lehrt ſie mich in Uberfluß,
Und wie weit ich Tag vor Tag
Jn der Liebe wachſen mag:
Alle gute Werck und Triebe
Wuͤrckt die muntre JEſus-Liebe.
Chriſtum lieben machet weiſer,
Denn die alt-Erfahrnen ſind:
Auf die Liebe bau ich Haͤuſer
Gegen allen Sturm und Wind:
Chriſtum lieben, iſt gewiß
Satans groͤſte Hinderniß;
Wo er Liebe Chriſti ſiehet,
Da iſts ausgemacht: Er fliehet.
Chri -321722.
Chriſtum lieben macht die Banden
Aller andern Liebe ſeſt:
Aber alles wird zu Schanden,
Was ſich hier nicht gruͤnden laͤſt.
Chriſti Lieb in ſeiner Maaß
Bringt uns wohl der Menſchen Haß;
Aber wer ſich drein verſencket,
Dem wird mancher Feind geſchencket.
Chriſti Liebe, Einfalt, Wahrheit,
Und der Bruder-Liebe Band,
Die beſtehn in Krafft und Klarheit
Hier und auch im Vaterland.
Treuer Freund, wie wuͤnſch ich dir
Dieſe ungemeine Zier,
Dieſe Crone aller Gaben,
Chriſtum JEſum lieb zu haben.
JEſu, meiner Seelen Weide,
Meine hoͤchſte Lieblichkeit!
Lehre ihn bey Feeud und Leide
Jn der kurtzen Pilgrims-Zeit
Dir, dem GOttes-Laͤmmelein,
Biß zum Tode treu zu ſeyn.
Und an ſtatt darnach zu ſterben,
Laß ihn gehn und mit dir erben.
XVII. Auszug aus einem Hochzeit-Gedich - te an den jungen Herrn Francken in Halle.
Nach vielen unbequemen Stunden,
Nach jenes langen Winters Plag,
Haſt du ein lieblichs Loß gefunden,
Und ſieheſt einen Sommer-Tag;
Nach Kranckheits-Noth
Entweicht der Tod,
Und durch der Auferſtehung Krafft
Empfaͤngſt du neuen Lebens-Safft.
Wie331722.
Wie ſuͤß iſt doch des HErren Liebe!
Wie unerforſchlich iſt ſein Rath!
Wie maͤchtig ſeines Zuges Triebe!
Wie wuͤrckſam ſeiner Haͤnde That! Gluͤckſeliger!
Dich ſtoͤſt der HErr
Nicht ferne von des Vaters Hauß
Jn eine reiche Erndte aus.
Nur mich, das aͤrmſte ſeiner Kinder,
Mich ſeinen matten Saͤugeling,
Mich heiſt der holde Freund der Suͤnder
Bey nah ein unbeqvemes Ding.
Jch nahe kaum
Zum engen Raum,
Und auf die ſchmale Pforte zu,
So unterbricht er mir die Ruh.
Wohlan, es iſt ja ſeine Weiſe,
Er wuͤrckt, wir ſind nur Handwercks-Zeug:
Er zieh mich nur gemach und leiſe,
Denn ich bin gar ein ſchwacher Zweig;
Soll ſolch ein Reiß
Zu ſeinem Preiß
Mit Fruchten angefuͤllet ſeyn,
So pfropf ers in ſich ſelber ein.
Wie komm ich nur auf ſolche Sachen?
Was ſchreib ich oͤffentlich davon?
Das iſt ja nur der Welt ihr Lachen,
Das lieſet Jſmael mit Hohn.
Jſt wahr? Allein
Jetzt kan es ſeyn,
Daß man ſich laut ergoͤtzen mag;
Dann heute iſt ein Hochzeit-Tag.
Stimmt aber auch der Freund der Seelen
Mit dieſem ihren Vorſatz ein,
Daß ſie ſich anderwaͤrts vermaͤhlen,
Sie, die ſchon lange feine ſeyn? CEs341722.
Es ſcheint faſt nicht;
Diß reine Licht
Haßt alles frembden Feuers Pracht,
Das ſich zu ſeinem Altar macht.
Und viele liebe GOttes-Kinder
Vermeynen dieſes eben auch,
Der Liebe unſerm Uberwinder
Mißfalle dieſer Welt-Gebrauch;
Wo man ſich noch
Ein ander Joch,
Zu ihrer Liebes-Buͤrd und Plag,
Auf ſeine Schultern binden mag.
Daß unſrer Seelen Hut und Wache
Beym Eheſtand verdoppelt wird,
Jſt eine ausgemachte Sache,
Und wird darinnen ſehr geirrt.
Man machet ſich
Gemeiniglich
Die Ehe gar zum leichten Ding,
Und ihre Muͤhe ſcheint gering.
Drum wenn man weißlich uͤberleget,
Wie Mangel, Creutz und mancher Dampf
Sich mit der Eh zugleich erreget,
Und wie, in dieſem ſchweren Kampf,
Manch luͤſtern Lamm
Den Braͤutigam
Verſchertzt mit ſamt der Jungfrauſchafft,
Jndem es ſich ins Fleiſch vergafft:
So moͤchte man ſich wohl bedencken,
Obs kein verwegner Handel ſey,
Sich alſo leichtlich wegzuſchencken.
Gewiß, ich ſtimme Paulo bey;
Die beſte Eh
Halt ich vor Weh,Es351722.
Es ſey der Mann denn Chriſti Braut,
Und auch das Weib dem HErrn vertraut.
Auf dieſe Weiſe laß ichs gelten,
Daß du dir eine Braut erließt,
Wenn Chriſtus dir vor tauſend Welten
Und vor dir ſelbſt am liebſten iſt,
Und iſt dein Weib
Ein Glied am Leib
Des Braͤutigams; ſo lieb es dann
Allein in Jhm, denn Er iſt Mann.
So darffſt du denn auch wenig ſorgen,
Wie lange ſie bey dir verweilt;
Vielmehr da heute oder morgen
Die Ehgehuͤlffin heimwarts eilt,
So dringt dein Sinn,
Zugleich dahin,
Wo ſie beym rechten Schatze ruht,
Und haͤlt es ihm und ihr zu gut.
Sie laͤſt ſichs ebenfalls gefallen,
Wenn JEſus ihr verlobter Freund,
Mit dem ſie, vor den andern allen,
Es hertzlich gut und redlich meynt,
Den lieben Mann,
Der ſie gewann,
Aus dieſes Lebens rauher Lufft
Jn ſeine ſtille Huͤtte rufft.
Nur will gar viel darzu gehoͤren
Jn dieſer Faſſung feſt zu ſtehn:
Man laͤſt ſich durch das Fleiſch bethoͤren
Jn goͤldne Feſſeln einzugehn,
Man meynt dabey:
Wie ſtarck man ſey?
Und wann man ſich verſtricket hat;
So iſt die Reue gern zu ſpat.
C 2Drum361722.
Drum iſts ein ſonderlicher Seegen,
Wen, in der Grund-verderbten Welt,
Der HErr in ſeinen ſchlechten Wegen
Und in dem rechten Gleiß erhaͤlt.
Wenn einige
Jn ihrer Eh
So ehrlich ſind und unbefleckt,
Daß ſie der Braͤutgam einſt nicht ſchreckt.
Daß Ehen ſo beſtehen koͤnnen,
Muß ewig eine Wahrheit ſeyn.
Paul darff ſie Ehrenwuͤrdig nennen.
Das ſtimmte ja nicht uͤberein;
Wenn einge Luſt
GOtt unbewuſt,
Und die nicht in ſein Reich gehoͤr,
Jm Eheſtand erlaubet waͤr.
Es wird zwar Fleiſch vom Fleiſch gebohren,
Und das aus GOttes weiſem Rath,
Der, eh der Menſch ſein Bild verlohren,
Jhm ſchon ein Weib erbauet hat:
Die Luͤſternheit
Drang nach der Zeit
Auch auf die liebe Ehe an,
Und machte ſie ihr unterthan.
Jn denen drauf gefolgten Tagen,
Wards endlich ſo wie ietzt beſtellt;
Da ſich die Kinder GOttes wagen
Jn das Gedraͤnge dieſer Welt.
Sie trauen ſich
Gar ſonderlich,
Und gehen mit der Luſt zum Tantz;
So kommen ſie um ihren Crantz.
Da mengen ſich die Kinder GOttes
Jn allen Koth der Eitelkeit,Und371722.
Und ſchaͤmen ſich des kleinen Spottes
*Wie man hier ſehen kan.
*
Jn dieſer kurtzen Pruͤfungs-Zeit.
Das war nun auch
Vor Alters Brauch,
Da ſah ſich GOttes Eigenthum,
Nach Toͤchtern dieſer Erden um.
Allein, wie iſt es abgelauffen?
Das waͤhrte bis die Suͤnd-Fluth kam,
Und dieſen angeſteckten Hauffen
Jm Eifer von der Erde nahm.
Da ſahe man
Mit Schrecken an,
Wie ſich der Liebes-Geiſt erwieß,
Und ſeine Ehre niemand ließ.
Die Boßheit bricht zu unſern Zeiten,
Als eine Suͤndfluth, da herein;
Die Welt iſt voll von boͤſen Leuten;
Weil viele unerfahren ſeyn,
Was Hurerey,
Was Ehe ſey
Und ſich, als nach der Thiere Art,
Das eine mit dem andern paart.
Drum, die ihr aus dem hoͤchſten Weſen,
Und aus dem Geiſt gebohren ſeyd,
Die ſich der HErr zur Braut erleſen,
Verbindet euch zu dieſer Zeit;
Folgt nah und fern
Dem Jacobs-Stern;
Und wie euch der beruffen hat,
So wandelt, nicht nach eurem Rath.
Seyd ihr, dem Lamme nachzueilen,
Voll obenher entflammter Brunſt,
Und denckt euch nimmermehr zu theilen:
So lernet dieſe edle Kunſt,C 3Und381722.
Und lernt dabey.
Was Demuth ſey,
Die richtet keinen frembden Knecht,
So werdet ihr dem Freunde recht.
Und ihr, die GOttes weiſer Wille
Jns Eheband beſchloſſen hat,
Beſtrebet euch nach wahrer Stille,
Und fragt des HErren Wort um Rath.
Ein Ehe-Mann
Jſt uͤbler dran,
Denn Chriſti Freygelaſſener,
Und eine Ehe-Frau hats ſchwer.
Das muß euch aber nicht verhindern
Jm keuſchen Kampfe treu zu ſeyn:
Sprecht, gleich den wohlgezognen Kindern,
Fein offt ins Vaters Hauſe ein,
Und bittet ihn
Euch ſelbſt zu ziehn,
Damit der Geiſt, trotz Fleiſch und Welt,
Der Keuſchheit Sieg und Crantz erhaͤlt.
Der Mann ſey GOttes Bild und Ehre,
Das Weib des Mannes Ehren-Cron,
Der Mann erbaue, beßre, lehre.
Das Weib weiß offt vielmehr davon;
Allein ihr Sinn
Geht nur dahin,
Wie ſie im ſanfften ſtillen Geiſt
Sich ihrem Ruff gemaͤß erweiſt.
Das waͤre, moͤchte einer ſagen,
Wohl alles gut und wohl beſtellt;
Alleine, wenn wir weiter fragen:
Wies um die Leibes-Fruͤchte haͤlt?
Das Fleiſch iſt todt,
Ein Greul vor GOtt. Hoͤrt391722.
Hoͤrt Paulum, der ſpricht freudig drein:
Daß unſre Kinder heilig ſeyn.
Giebt einem nun der Schoͤpffer Erben;
Die zieh man ihm, nicht Menſchen auf,
Man lerne ſie ihm leben, ſterben,
Und zeig in ſeinem eignen Lauff:
Wie man die Zeit
Zur Ewigkeit
Beſchleunigen, und ſeinen Fuß
Auf GOttes Wege richten muß.
Wenn viele ſo geſinnet waͤren,
Verbliebe manches Aergerniß,
Damit die Menſchen ſich beſchweren;
So ſiegeten wir gantz gewiß.
Der Welt Gebrauch
Jſt immer auch:
Genau auff Jſrael zu ſchaun;
Wie wuͤrd ein ſolch Exempel baun?
Und die ſich an die Ehe ſtoſſen,
Weil ſie ſo wenig Ehen ſehn,
Die, weil ſie erſt aus GOtt gefloſſen,
Auch wiederum zu GOtte gehn,
Die fiengen dann
Vermuthlich an,
Wenn es ſich anders zeigete,
Und lobten ſolche keuſche Eh.
Erlaube mir, hier abzubrechen,
Herr Braͤutigam, und nur mit Dir,
Noch ein Ermuntrungs-Wort zu ſprechen,
Du biſt wohl gleiches Sinns mit mir?
Du wirſt diß Band,
Das GOtt erkannt,
Euch beyden nutz und gut zu ſeyn,
Des Lammes ſuͤſſer Liebe weyhn.
C 4So401722
So wird des erſtgebohrnen Nahme,
Auch uͤber eurer Liebe ruhn,
Und euer ihm geweyhter Saame,
Wird nach des HErren Weiſe thun.
Dann werdet ihr,
So dort als hier,
Jn JEſu Liebe nimmer matt,
Und einſt in reiner Wolluſt ſatt.
XVIII. Auf den ſonderbaren aber redlichen Mann, Ernſt Chriſtoph Hochman von Hochenau.
OGeiſt in JEſu Geiſt verſuncken!
O Leib voll reiner Gnaden-Funcken!
O du vom Lamm erkauffte Braut!
An der man nichts als Segen ſchaut.
Geh ein in deines JEſu Ruhe,
Wirff weg die ausgetretnen Schue
Der Moderiſchen Lebens-Zeit,
Und dringe in die Ewigkeit.
Genieſſe da der Himmels-Saͤffte,
Die hier in allerley Geſchaͤffte
Sich in und an dir kund gethan,
Auf! ſtimme Lammes-Lieder an.
Geh hin in JEſu ſuͤſſen Frieden;
Du wareſt hier ſchon abgeſchieden,
Hie ſchon von Creaturen los,
Und nur in deiner Armuth groß.
Geh hin! wir ſind in Meſechs Huͤtten,
Wir folgen dir mit matten Schritten,
Und gieſſen auf dein kuͤhles Gras
Ein GOtt-geweyhtes Thraͤnen-Maaß.
Du glaubteſt, aber ohne Zancken;
Du liebteſt, aber ohne Wancken;Dein411722.
Dein Friedens-Huͤttlein prangte hier
Mit Friede in dem Streit-Revier.
Der Secten-Geiſt, das Rott-Geſinde,
Vermochte nichts an dieſem Kinde,
Und ſein in Unſchuld zarter Sinn
Zog alle in die Liebe hin.
HErr JEſu, dieſen treuen Zeugen,
Sein ſeligs Reden, weiſes Schweigen,
Und ſeiner Liebe Gnaden-Schein,
Praͤg unſerm Angedencken ein.
Und wecke unſre traͤge Sinnen,
Es eben alſo zu beginnen
Ach! mache uns ſo eingekehrt,
So klein, ſo arm, ſo liebens-werth.
XIX. Eigene Hochzeit-Gedancken.
Cron und Lohn behertzter Ringer,
Der Seeligkeit Herwiederbringer,
HERR JESU, HERR der Herrlichkeit,
Schau vor deines Thrones Stuffen,
Zwey Seelen, welche zu dir ruffen,
Sie waͤren gerne benedeyt.
Du ſeegneſt ja ſo gern, Geſeegneter des HErrn,
Wir begehrens,
So komm herein, wir ſind ja dein,
Und laß uns recht geſeegnet ſeyn!
Brunnquell aller Seeligkeiten,
Ach! fahre fort uns zu bereiten
So, wie es dir gefaͤllig iſt:
Wir als von Natur verdorben,
Wir ſind dem Leben abgeſtorben,
Darinnen du zu finden biſt.
So toͤdte doch den Feind, der uns zu ſtuͤrtzen meynt, Unſer Leben!
Vollbringe nun, uns abzuthun,
Daß wir in deinem Tode ruhn.
C 5See -421722.
Seelig ſind die Geiſtlich Armen,
Sie finden leichtlich dein Erbarmen, Das Land der Himmel bleibet Jhr:
Da im Gegentheil die Reichen,
Und die gar ſatt ſind, ferne weichen
Von deines Koͤnigreiches Zier.
Ach! mach uns Arme reich, doch deiner Armuth gleich.
Gib uns, JESU,
Den reichen Muth! dem irrdiſch Guth
Recht weh, und Armuth ſanffte thut!
Seelig ſind, die leide tragen,
Sie ſollen Troſts genug erjagen;
Jhr Hertzog gieng den Weg voran:
Stieg Er auf durch Creutz und Leiden:
So will Er uns den Kelch beſcheiden,
Der Jhm hienieden gut gethan,
Uns iſt in dieſer Zeit kein Feyertag bereit;
Hier gilts Weinen:
Beym Lammes-Mahl iſt keine Quaal;
Wir aber gehn durchs Jammerthal.
Seelig ſind die ſanfften Geiſter,
Sie ſind auf Erden Herrn und Meiſter;
Und niemand ſieht es ihnen an;
Da ſie doch durch ſtillen Wandel
Jn allerley Geſchaͤfft und Handel
Jhr Lammes-Weſen dargethan.
Es iſt ihr Braͤutigam, das erſtgebohrne Lamm,
Lamm und Loͤwe,
Gar ſanfft und weich, doch ſtarck zugleich;
So ſind auch die aus ſeinem Reich.
Wenn der Feinde ſtoltze Rotten
Der armen Einfalt JESU ſpotten,
Und ſeiner ſanfften Laͤmmerlein; (Weil ſie nicht mit Schatten prangen
Und unverruͤckt am Coͤrper hangen,)
So muͤſſen ſie offt ſchrecklich ſeyn.
(Hohel. 6.)
15
Scheint einem Goliath der kleine David matt,Will431722.
Will er hoͤhnen;
So faͤhrt ein Stein zur Stirn hinein,
Dem, der ein Rieſe wolte ſeyn.
Seelig (gleich dem Lebens Fuͤrſten,) Sind alle, welche ſehnlich duͤrſten,
Und hungern nach Gerechtigkeit,
Sollen auch geſaͤttigt werden;
So, wie ihr Goel hier auf Erden,
Zur vorbeſtimmten Leidens-Zeit,
Den Durſt in ſeinem Theil nach unſrer Seelen Heyl
Wohl empfunden:
Wer in der That, ſo Hunger hat,
Und alſo duͤrſtet, der wird ſatt.
Seelig ſind barmhertz’ge Seelen:
Barmhertzigkeit wird ſich vermaͤhlen
Dereinſt mit ihrer Duͤrfftigkeit!
Wer ein Troͤpffgen Waſſers giebet,
Wird um das Troͤpflein auch geliebet,
Und wohl belohnt zu ſeiner Zeit.
Wohl alſo jedermann, der hier viel Guts gethan:
Wehe denen,
Die ſich durch Pracht darum gebracht:
Vor GOTT wird ihrer ſchlecht gedacht.
Seelig ſind die reinen Hertzen,
Die ihre Crone nicht verſchertzen: Sie werden GOTT im Friede ſehn!
Alle unbefleckte Tauben,
Die an den Freund der Seelen glauben
Und in der Reinigkeit beſtehn,
Die ſehen einſt im Licht, das keuſche Angeſicht
Unſers Lammes;
Lamm, wir ſind dein, behalt uns rein,
Und lehr uns dir recht aͤhnlich ſeyn.
Seelig, die in allen Sachen
Von Hertzen gerne Friede machen:
GOTT ſiehet ſie als Kinder an;
Alſo ſoll ihr Nahme heiſſen,Jn441722.
Jn Friedens-Schmucke ſollen gleiſſen
Die viel zum Frieden hier gethan.
Wer lieſſe ſich denn nun nicht lieber unrecht thun.
(1. Cor. 6, 7.)
15
Friede, Friede,
Hat unſre Gunſt, iſt unſr. Kunſt,
Der reichſte Zanck-Gewinn iſt Dunſt.
Seelig ſind, die voller Freuden Allhier ums Guten willen leiden,
Und ſprechen: Du biſt ja der HERR,
Wir dulden nur um deinet willen;
Die Zahl der Leiden zu erfuͤllen
Wird uns aus Liebe gar nicht ſchwer;
Wie gluͤcklich waͤren wir, o JEſu, wenn wir hier
Um dich litten:
So geh voran, wir dringen an,
Auf dieſe Keiegs - und Sieges-Bahn.
Seelig ſind ſchon hier auf Erden,
Die wacker ausgehoͤhnet werden
Von wegen ihres Braͤutigams:
Wird ſich eine Braut nicht ſchaͤmen
Des Liebſten Nahmen anzunehmen;
Was ſchaͤmen wir uns unſers Lamms.
Das muͤſſe ferne ſeyn, laßt kommen Schmach und Pein! Wir ſind Chriſten,
Und allezeit mit Freudigkeit,
Durch Ehr und Schmach zu gehn bereit.
(2. Cor. 6.)
15
Wir ſind froͤlich aus der Maſſen,
Und wiſſen uns faſt nicht zu laſſen,
Wenn wir die groſſe Seeligkeit
Tapffrer Streiter recht erwaͤgen,
Die ſich mit Chriſto nieder legen,
Ans Creutz in Niedrigkeit und Leid.
Wie ſanffte wird ſichs ruhn, wie wird die Ehre thun,
Nach der Schande:
Wie blitzt der Glantz, wie ſteht der Krantz,
Da halten wir den Ehren-Tantz.
(*)Es iſt ein ſehr falſcher Gedancke, daß man eines Chriſten Hoch -
(*)
Laß451722.
Laß uns Rittermaͤßig ringen,
Durch Todt und Leben zu dir dringen:
Als Feld-HErr tritt ins erſte Glied. Dieſes iſt ein Streiter-Rennen,
Da wir noch manchen Helden kennen,
Der mit uns auf die Bahne zieht.
Das Kleinod iſt es werth, daß man es gantz begehrt, Es iſt unſer:
Wir ſprechen ſchon im hohen Thon
Was gilts, wir bringen es davon.
Darum haſt du uns verbunden,
Und das vielleicht auf wenig Stunden,
Du haſt aus Zweyen Eins gemacht,
Daß wir mit verknuͤpfften Machten,
Die Crone zu erkaͤmpffen trachten:
Hie ſtehen wir auf unſrer Wacht,
Wir ſind von deinem Stamm, du biſt der Braͤutigam,
Wir ſind Glieder,
O Mann und Haupt, wer alſo glaubt,
Der wird dir nimmermehr geraubt.
Alſo muͤſſen wir auf Erden,
Nie, als in dir, erfunden werden: Du haſt uns je und je geliebt,
Du haſt erſt um uns geworben,
Du biſt vor Liebe gar geſtorben;
Wer iſt, der ſolche Proben giebt?
Wohlan, wir lieben dich, O Liebe eigentlich;
Unſre Liebe
Jſt nur ein Bild, ſo lang es gilt,
Wie du uns ENDLich lieben wilt!
XX.
(*)zeit-Tag zum Ehren Tag, und den Todes-Tag zum Buß-Tage macht. Warum laͤßt man nicht an dem Tage, wenn die Kriegs - Leute ins Feld ruͤcken, den Ambroſianiſchen Lobgeſang ſingen, und nach erhaltener Victorie die Litaney beten.
(*)461722.
XX. Auf der verwittibten Frau Graͤfin zu Caſtell 51ſten Jahr-Tag.
HErr JEſu! ſegne Sie um deines Nahmens Willen,
Die unſer beyder Hertz als Vaters Schweſter ehrt.
Ach! fahre fort den Geiſt zu ſetzen und zu ſtillen,
Den noch ſo mancherley von auſſen her beſchwehrt!
O Liebe! haſt du nicht fuͤr ſie den Tod gelitten,
Nicht deiner Gottheit-Glantz mit Dunckelheit bedeckt,
Nicht mit dem hellen Schwarm der Schlangen-Brut ge - ſtritten,
Nicht dich in eigner Krafft fuͤr Sie auch auferweckt,
Nicht, daß ſie herrſchete, dich ſelbſt zum Knecht verkauffet,
Und duͤrftig arm gemacht, die Seele reich zu ſehn,
Nicht dich mit Flamm und Brand des Zornes ſelbſt getaufet,
Um Sie zu wuͤrdigen durch Meer und Feur zu gehn?
Ja, HErr! dis alles iſt fuͤr Sie ſo wohl geſchehen,
Als uns und andere; Ja darum litteſt du:
Sie ſoll dein Antlitz einſt verſoͤhnt im Friede ſehen;
Durch deiner Arbeit Krafft, gedeyhet ſie zur Ruh:
Ja: aber darum biſt du nicht herab gekommen,
Daß du nur bloß allein der Suͤnden-Traͤger ſeyſt:
Du ſcheineſt Gnaden-Licht und Leitſtern aller Frommen;
Damit du uns zugleich von aller Nacht befreyſt:
Dein Wandel ſolte uns, o GOtt-Menſch! deutlich weiſen,
Wie jeder GOttes-Menſch in unbeflecktem Sinn,
Mit ſeinem Lebens-Lauf den Nahmen Chriſti preiſen,
Und alſo ſtreiten ſoll, daß er den Crantz gewinn.
Als Chriſt iſt man nicht Graf, nicht Fuͤrſt, nicht edler Ritter;
Dis duͤnckt dem edlen Geiſt ein ungereimter Tand.
Jhr Nicht! iſt Chriſti Wort: Die Lehre ſchmeckt wohl bitter,
Wenn man des Chriſten Staats-Geſetze nicht erkannt.
Denn hiemit werden nicht die Staͤnde aufgehaben:
Die ſind in ihrer Art als wie ein Boten-Schild,
Damit wir durch das Land der Cananiter traben,
Wo als ein Paſſeport der Ehren-Titul gilt.
Wie471722.
Wie macht es denn ein Chriſt bey dem ſich Wuͤrde zeiget?
Er braucht ſich ſeiner Hoͤh, in groſſer Niedrigkeit;
Sitzt er im Fuͤrſten-Glantz, die Seele liegt gebeuget,
Und haͤlts vor Tages-Laſt der letzten boͤſen Zeit;
Man hoft, wie David einſt, mit denen die auf Erden
Verachtetes Geſchmeiß in Michals Augen ſind,
Zum rechten Ehren-Schmuck hinauf geruͤckt zu werden:
Und eben darum wird man hier ein kleines Kind.
Das Eine, was man noch vom hohen Stande haben,
Das, wie man ihn allein im Seegen fuͤhren kan,
Jſt: Sich fein oͤffentlich mit Chriſto zu begraben,
So iſt man droben groß, ſo hat der HErr gethan.
Das ſehen andere, die werden denn beweget,
Und ſolches ſchlaͤget uns zu lauter Palmen aus:
Ein Hertz, aus Eifecſucht zur Seeligkeit erreget,
Baut ſeinem Foͤrderer ein Stuͤck ans Lebens-Hauß.
Nun Hochgebohrne Frau, Sie heiſt hier nicht vergebens
Und nach dem Schatten groß. Sie iſt auch Obrigkeit,
Sie kennt die Laſt davon, die Peſtilentz des Lebens;
So mache ſich Jhr Geiſt zur rechten Hoͤh bereit!
XXI. An ſeine Gemahlin an ihrem 22ſten Jahr-Tage.
Geſegnete des HErrn! gedenck an unſern Bund,
Und komm, den Lebens GOtt gantz kindlich anzubeten,
Verſencke dich gantz tief in ſeinen Liebes-Grund,
Der ehmals auch vor dich ſo Hoͤll als Tod zertreten!
Er hat an Leib und Geiſt dich ſeeliglich gefuͤhrt;
Er hat dich vor der Bahn der Laͤſterer behuͤtet;
Dein annoch zartes Hertz hat er mit Ernſt geruͤhrt;
Noch eh in deiner Bruſt was feindliches gewuͤtet.
Du fuͤhlteſt, Wertheſte! von deiner Jugend auf
Ein Treiben zu der Welt; ein Licht von falſchen Scheine;
Erhellete die Bahn von deinem erſten Lauff,
Und deines Willens Trieb war eben nicht ſo reine.
Jn -481722.
Jnſonderheit bewarb ſich eitele Vernunfft,
Die mit der ſchoͤnſten Art ſich heilig weiß zu brennen,
Um deine gantze Gunſt, und lockte in die Zunft
Derjenigen, die ſich die weiſen Chriſten nennen;
Die Zunft, die uͤberall den beſten Preiß erjagt,
Die Eitelkeit verſchmaͤht, davon kein Ruhm zu hoffen.
Der Hauffe, welcher viel von JEſu Liebe ſagt,
Und der den rechten Punct des Glaubens nie getroffen:
Die Zunft, davon ich ſelbſt bey nah ein Mitglied war,
Die Einfalt JEſu wohl vor eine Tummheit hielte,
Und ihr geſegnet Creutz vor furchtbare Gefahr,
Dem Tantzen fluchete, und ohne Vortheil ſpielte:
Die Schaar, die ohne Scheu der armen Chriſten lacht,
Und ihres Helden-Fahn zu einer Jrr-Standarte,
Den Ruhm der Niedrigkeit zu eignem Geiſte macht,
Und laͤſtert, daß man nur auf Wunder-Zuͤge warte;
Die aber alles das ſo reiflich uͤberlegt,
Daß man gar oftermahl ihr Bitteres vor Suͤße,
Jhr Spotten freundlich haͤlt, und was ſie boͤſes hegt,
Und was uns ſtuͤrtzen will, ſich immer traͤumen ließe.
Die iſt es, die dich bald, Geliebte! angelockt,
Und die das Chriſtenthum der Kraft verleiden wollen;
So, daß du in dem Ernſt bald hie, bald da geſtockt,
An ſtatt, daß ſich dein Fleiß und Eifer mehren ſollen,
Das weiß ich, liebſtes Kind! aus dem, was deine Treu
Mir als dem Naͤheſten in Liebe ſelbſt vertrauet.
Allein, wie preiſe ich den guten GOt[t]dabey,
Daß er bey alle dem dich gnaͤdig angeſchauet;
Jn ſolchem Stande bin ich von der guten Hand
Des lieben Vaters ſelbſt hieher geleitet worden;
Da knuͤpfte GOtt zuerſt das innerliche Band,
Da ward der Heyraths-Schluß gefaßt im Waͤchter-Orden.
Doch wurde die Gedult und die Gelaſſenheit
Nach jedes Nothdurft erſt abſonderlich probiret;
Und nach verfloſſener geraumer Warte-Zeit,
Der wunderbahre Rath der Weißheit ausgefuͤhret.
So koͤnnen ewiglich ſich ihres HErren freun,
Die er gewuͤrdigt hat gerecht in ihm zu machen;
Wenn491722.
Wenn andre Menſchen ſich vor ſeinen Wegen ſcheun,
So windet ſie ihr Freund aus den verwirrt’ſten Sachen.
Sein Seegen breitet ſich auf Kindes-Kinder aus,
Jns weit entfernt’ſte Glied verdoppelt ſich die Gnade,
Und endlich bringt Er die in ein beſtaͤndigs Hauß,
Die hier nicht wohneten. Denn Welt war ihnen Schade. Phil. 3.
Wohlan, die Zeit iſt kurtz, die Gnade ſey mit dir!
Jch wolte dir wohl ſonſt, mein Hertz! genauer ſagen;
Allein dis ſey genug: Gehuͤlfin! tragen wir
Sein Joch; ſo werden wir auch ſeine Palmen tragen.
XXII. Auf Heinrich des Andern Promotion zur Ruhe in die Hand GOttes.
Was hoͤre ich von dir? Reuß-Plauiſches Geſchlechte!
Es iſt ein Riß geſchehn durch Stamm, durch Stadt und Land: Der Graf zu Ober-Greitz wird ſelig ausgeſpannt.
Dir iſt vollkommen wohl, vollendeter Gerechte.
Allein, was dringet nicht vor ein gebrochner Thon
Der Klage uͤber dich, biß zu des Lammes Thron?
Jhr Seelen, die ihr juͤngſt den jungen Held empfangen,
Jndem er, von der Laſt des Jrrdiſchen befreyt,
Zum ſeeligen Genuß der ſtillen Ewigkeit,
Nach wohl vollbrachtem Lauff, im Seegen eingegangen;
Bewundert, neben mir, den unerforſchten Rath,
Der dieſen Cederbaum ſo bald verſetzet hat.
Was, treue Gaͤrtners Hand, was hat dich wohl bewogen,
Daß du dem edelſten dem Hoffnungs-vollen Reiß,
Gewurtzelt und gepflantzt zu deiner Liebe Preiß,
Bald nach der erſten Frucht, den Safft der Erd entzogen? Die Pflantze Libanons iſt allzu hoch begluͤckt,
Die jetzt dein Tempel-Hauß gleich einem Pfeiler ſchmuͤckt.
Ach, aber HErr, die Zahl beginnet abzunehmen Der Heiligen, die du in dieſer argen Welt,
Zum Zeichen jederman, zum Preiſe dir beſtellt.
Wenn wird ſichs denn einmahl zur beſſern Zeit beqvemen? DWenn501722.
Wenn, Menſchen Freund, wenn ſteht dein Philadelphia
Jn ſeiner Bruder-Lieb und Kinder Einfalt da?
Und ach! was iſt es nicht vor ein gewiſſes Zeichen,
Daß du erzuͤrnet ſeyſt, gerechter Jehovah:
Wenn ſo ein Riß geſchicht, ſo iſt der Fall gar nah,
Der Fall, da Stadt und Land aus ihrer Feſte weichen,
Ein loͤblicher Regent von ſeiner Hut entruͤckt,
Bezeiget, daß es ſich zum Untergange ſchickt.
Und wie ſo hertzlich weh, wie weh iſt ihr geſchehen, Frau Baaſe, da der HErr den lieben Ehemann
Von ihren Haͤupten nimmt: Jch ſeh es alſo an,
Hier ſey der ſchwere Rath des HErrn nicht abzuſehen:
Hier gilt es, hier bedarffs nicht Uberwindens: Nein,
Die Klag iſt ihr vergoͤnnt: Es ſoll gefuͤhlet ſeyn.
Mit Rechte kan ſie ſich im Staube niederlegen,
Um den Entſchlaffenen mit Thraͤnen uͤbergehn,
Es ſey an ihrer Stirn das tiefſte Leid zu ſehn,
Mit ihres Jammers-Laſt den Unfall abzuwaͤgen:
Bricht uns, Gebengete, das Bruͤderliche Hertz
Und ihr entſinckt das Haupt; wie tiefer dringt ihr Schmertz?
Jhr, die ihr ehemals das angenehme Weſen,
Das Heinrich, unſer Freund, nur von Natur beſaß,
Beſonders hochgeſchaͤtzt, und nur ſein Gnaden-Maaß,
Die neue Creatur, zu eurem Spott erleſen,
Was gilts? Sein ſchneller Tod ſetzt euch in Furcht und Graus,
Jhr wiſſet nicht wo ein, ihr wiſſet nicht wo aus?
Der Leib, den ihr geliebt, liegt ietzo in dem Staube,
Ein unbeqvemes Hauß verſchlieſſet ihm das Licht,
Die Schoͤnheit blitzt nicht mehr in ſeinem Angeſicht,
Und was euch eh ergoͤtzt, gedeyht dem Wurm zum Raube;
Nur das, was ihr verhoͤhnt, der aufgeſchwungne Geiſt
Jſt das alleine nun, was unverwelcklich heiſt.
So lernt an ſeiner Grufft euch GOtt in Zeiten weyhen.
Dringt dieſer junge Held ſo bald zu GOttes Sitz;
Erzittert! euer Tod bricht ein als wie der Blitz,
Der Falſchgeliebte kan euch einſt zur Qvaal gedeyhen. Jhn511722.
Jhn ſuchete die Welt, er wollte ihrer nicht;
Euch ließ ſie gerne gehn, ſo ſeyd ihr drauf erpicht.
Die ihr dem Seligen als Hoff - und Land-Beamte,
Nach GOttes Providenz, bedient geweſen ſeyd,
Erinnert euch fein offt der abgewichnen Zeit:
Wie eures Grafens Trieb aus Selbſt-Verlaͤugnung ſtammte.
Jn ſeinem Regiment hat er den HErrn geſucht,
Jhr ſehts, erhaltet nun die draus erwachſne Frucht.
Jhr von dem ſchweren Fall erſchreckte Unterthanen,
Geht euer Landes-Herr, geht euer Vater fort,
Gelangt er aus dem Sturm zum ſtillen Lebens-Port,
Wie ſolte euch dabey nicht mancher Unfall ſchwahnen?
Jhr, die ihr GOttes ſeyd, vereinigt Ernſt und Krafft,
Und ringt, und fleht anjetzt, vor eure Vormundſchafft.
Von mir und meinem Sinn iſt wohl nicht Noth zu ſagen.
Jch dencke, was mir juͤngſt ein Freund des Braͤutgams ſchreibt,
Daß unſers Bruders Geiſt noch immer bey uns bleibt;
Ob unſer Bau-HErr gleich die Huͤtte abgetragen:
Die Stadt, die droben iſt, ſteht mit der untern Stadt
Jn einem Geiſt verknuͤpfft zu Rath, Gebet und That.
Wohlan! Erlaubet mir von unſers Mittknechts wegen,
Jhr Bruͤder, und auch ihr von Zions Schweſterſchafft,
Nur eine Wahrheit noch, in meiner ſchwachen Krafft,
Dem Braͤutigam zum Preiß, euch an das Hertz zu legen:
Jſts nicht? Er wincket uns, der holde Braͤutigam,
Auf Kinder! Folgt der Spur, dem Schafe nach, zum Lamm!
Hohel. Sal. 1, 8.
Der Bruder folgete der gantzen Wolcke Zeugen, Hebr. 12, 1.
Die einem Felſen nach, zur Tief und Hoͤhe dringt,
Und dem erwuͤrgten Lamm Preiß, Lob und Wuͤrde ſingt.
Beliebts der Sonne nun ſich daherab zu neigen;
So zeitigt ſie bald ietzt bald dann ein Troͤpffelein,
Und nimmt es ſanfftiglich in ihre Klarheit ein.
Wer weiß, wen unter uns, die wir den Heyland lieben,
Und unſern Stand daſelbſt zu ſuchen willig ſeynd,
Wo JEſu Chriſti Schmach und Demuth ſich vereint:
Von uns, die noch allhier an einem Karren ſchieben,D 2Wer521722.
Wer weiß, wem unter uns, du Glorioͤſer Fuͤrſt,
Den Sieges Palmen-Zweig vor andern reichen wirſt?
O Lamm! Jch bitte dich, um deiner Treue willen,
Schau mit Barmhertzigkeit die kleine Heerde an,
Wie ſie in dieſer Welt ſich gar nicht haͤuffen kan,
Pielweniger dein Land, Jmmanuel, erfuͤllen!
Kaum iſt ein Lamm bey uns im Stalle angelangt,
So hoͤrt man, daß es ſchon auf deinem Berge prangt.
O Liebe! Dir ſey Danck, daß du den theuren Zweyten,
Jn dieſem Jammerthal ein wenig aufgeſpart,
Und vor dem ſuͤſſen Gifft der Heucheley bewahrt,
Nun aber auch die Stadt ihm wollen zu bereiten.
O Koͤnig! ſey gelobt vor alle dieſe Treu,
Mach jeden Augenblick ſie ſeinem Hauſe neu.
Nur eins, du gutes Lamm! nur diß, begehrt der Hauffe,
Der ſich ſo nach und nach, zu Philadelphia
Jn Liebe ſammlen laͤſt, der deinem Hertzen nah,
Und dir vermaͤhlet iſt, durch Geiſt und Feuer-Tauffe,
Diß Eine bitten wir: O Lamm! verlaß uns nicht,
Entzuͤnde unter uns noch manches Glaubens-Licht!
Dein Hertze neige ſich in Vaͤterlicher Liebe, Auf die, ſo deinen Knecht zur Welt gebohren hat,
*Henriette gebohrne Graͤfin von Frieſen, als damahlige Gemah - lin Herrn Heinrich des VIſten Koͤnigl. Pohln. General Feld-Mar - ſchalls.
*
Gieb ihr, du GOttes Lamm, Erkaͤnntniß, Rath und That,
Verdoppele in ihr des guten Geiſtes Triebe,
Zum Siege fuͤhre aus den innern Zweifel-Streit,
Und richte ihren Sinn ſtracks auf die Ewigkeit.
Laß dieſe, um der Welt ihr Harren zu beſchaͤmen,
Die mit dem Seligen genau verbunden war,
Seine damahlige Wittib, nunmehrige Graͤfin zu Erbach.
Und die du dazumahl entriſſeſt der Gefahr,
Nun zur Beſtaͤndigkeit den feſten Fuͤrſatz nehmen,
Sey du, an jenes ſtatt, der Braͤutigam und Mann,
Der ihren gantzen Geiſt nach Willen lencken kan.
Laß531723.
Laß, Vater-Hertz, das Paar der hinterlaßnen Soͤhne
Dir zu beſondrer Treu und Zucht empfohlen ſeyn;
Nimm, Vater, ihren Geiſt, das zarte Weſen ein,
Damit er ſich ſobald dein Weſen angewoͤhne:
Und endlich goͤnne auch die Crone dieſem Paar,
Die ihres Vaters Zweck, und ſeelge Hoffnung war.
HErr, haſt du Ober-Greitz und Ebersdorff erwaͤhlet, Jm Reuſſen-Lande dir ein Feur und Heerd zu ſeyn,
Und fuͤhrſt den Aelteren bereits zur Ruhe ein;
So werde deſtomehr der Juͤngre eingepfaͤhlet,
Ja HErr befeſtige den Neun und Zwantzigſten,
Schreib ihn, als deinen Knecht, ins Buch der Redlichen!
Die Schmach, den Ehren-Crantz der lieben GOttes Kinder,
Womit ſo mancher Pfaff und Mietling jenen Mann,
Der nun geſieget hat gantz durſtig angethan,
Entziehe dieſem nicht. Er werd ein Uberwinder,
Zum Zeichen in der Welt, zum Wiederſpruch geſetzt,
Und mit Propheten-Lohn dereinſt von dir ergoͤtzt.
Wird nun der Grafen-Stand, die eitele Chimere,
Die an ſich ſelber nichts, als Koth und Schaden iſt;
Wo ferne man dabey der Kindſchafft Siegel mißt,
Ein nuͤtzlich Boden-Schild zu unſers Koͤnigs Ehre;
So ſchaͤm ich mich ſo dann auch dieſes Nahmens nicht,
Und trag ein Fuͤncklein bey zum ſchoͤnen Abend-Licht.
Auf, Bruͤder, laſſet uns der Traͤgheit alle ſchaͤmen,
Die Zeit iſt kurtz, die Pflicht iſt groß, des Thuns iſt viel,
Kaͤmpfft, fechtet, laufft getroſt und unverruͤckt zum Ziel:
So muß ſich Welt und Fleiſch, und Satanas beqvemen.
Die Groͤſſe dieſer Welt iſt nur ein Narren-Tand;
Ein Prieſter GOttes ſeyn: Das iſt ein hoher Stand.
XXIII. Auff den Hingang des Reichs Cam - mer-Praͤſidenten, Graf Friedrich Carls zu Solms.
Gehts fort, du Großer Solms! entbrichſt du dich der Zeit,
Weil dich doch keine Zeit der Laſt entbrechen moͤgen?
D 3Wohl -541723.
Wohlan, ſo eile denn zur ſtoltzen Ewigkeit,
Auf! folge dieſem Ruf, zur Ruhe! geh im Seegen.
Ach! tritt der Boßheit Stoltz nun unter deinen Fuß,
Die Ungerechtigkeit, die dir das Hertz gebrochen:
Von dieſer Tages-Laſt und ſtuͤndlichem Verdruß
Jſt dein befreyter Geiſt nun ewig loß geſprochen.
Jhr, die ihr eure Laſt nach GOttes weiſem Rath,
Als ein beſcheiden Theil noch eine Weile traget,
Jhr, deren Treue ſich vors Recht bemuͤhet hat,
Kommt hoͤret, was man ihm zum letzten Lob-Spruch ſaget.
Jch ruffete hierzu die Feinde ſelber auf;
Denn ſeiner Tugend Preiß bedarff wohl keiner Freunde,
Die aus Ergebenheit ihm croͤnen ſeinen Lauff,
Allein, er ſagte uns: Er habe keine Feinde.
Jſt, theurer Friedrich Ernſt, der keiner dann zur Hand,
Die deine Trefflichkeit beſchaͤmt erheben koͤnnen,
Wie Uberwundne ſonſt dem Sieger vorgeſpannt,
So wird dein haͤufigs Lob ſich ſelbſt den Weg verrennen.
Dir aber, dem es nie um Ruhm und Ehre galt,
Dir, deſſen wahrer Preiß in Niedrigkeit gegruͤnet,
Dir iſt in deinem Sitz: Der Wonne Auffenthalt,
Mit einer Blumen-Streu aufs Grab, nicht viel gedienet.
Doch werden die ins Recht hinein verwickelt ſteh’n,
Die in dem Jammerthal vor der Chicane Tiſchen,
Offt voll Verzweiffelung um Troſt und Huͤlffe fleh’n,
Dir wenigſtens den Staub mit ihren Thraͤnen miſchen.
HErr! der du dieſen Knecht der Welt geliehen haſt,
Und goͤnneſt deinem Volck, dich freundlichen zu loben,
Sey fuͤr des Seeligen nun abgelegte Laſt,
Fuͤr ſeine Tugenden und alles, hoch erhoben!
Gelobt ſey deine Krafft, die durch Benigne Hand
(Das arbeitſame Glied des Ausbunds aller Frauen,)
Den Grafen als ein Kind bereits dahin gewandt,
Sich einen Felſen-Bau, kein Garten-Hauß, zu bauen.
Gelobt ſey dein Befehl, der ihn zum Dienſt ernennt,
Dort, wo Gerechtigkeit ſchon lange thronen koͤnnen,
Wohin der helle Hauff bedruͤckter Menſchen rennt,
Die ausgewichne Ruh durchs Rechten zu errennen.
Du551723.
Du ſelbſt Gerechtigkeit! ſey ewig benedeyt,
Daß du gar fruͤhe ſchon ihn damit angezogen,
Was ſo viel Tauſende in ihrer Noth erfreut,
Und daß ſein Richter-Stab ſich ſeitwaͤrts nie gebogen,
Monarche aller Welt, der Kinder Freuden-Klang
Ob deiner Herrlichkeit iſt hoch empor geſchwungen,
Die in dem Seeligen der Tugend einen Rang,
Der ihr ſo ſelten iſt, auch in der Welt erzwungen.
Der Kaͤyſer lobet dich, des Scepter, Cron und Reich
Dein ausgereckter Arm mit Wohlthun unterſtuͤtzet,
Der Kaͤyſer, der dich kennt, bekennet die zugleich,
Daß dieſes Grafen Dienſt ihm und dem Reich genuͤtzet.
Das teutſche Kaͤyſerthum, dem großen Koͤnige,
Als Fuͤrſten pflichtbar ſind, die Perl der Monarchien,
Schickt billig ſeinen Danck durch die geſtirnte Hoͤh,
Daß es in ſeinem Schooß, ihn moͤgen aufferziehen.
Du ewiger Regent, dich betet Laubach an,
Und preiſet deine Treu, fuͤr dieſen ſeinen Grafen,
Ja, es erzehlet dir, wie viel er Guts gethan,
Jhm ſchickts die Sehnſucht nach biß in den frohen Hafe[n .]
Das hohe Hauß von Solms, daraus er hergeſtammt,
Erkennt den großen Werth des theuren Diamanten,
Der nun beym Todten-Licht recht in die Augen flammt
Auch denen, welche ihn am Tage ſo nicht kannten.
Wer unter ihrer Zahl, wer eyfferte dann nicht,
Dem Hochbeſeeligten an Tugenden zu gleichen?
Zu leuchten in der Welt, als ſo ein reines Licht,
Und denn der Sterblichkeit, ſo funckelnd zu entweichen?
Laß, Liebe! jeglichen, den dieſer Name ziert,
Auch einen ſolchen Glantz der Tugend ruͤckwaͤrts ſtrahlen,
Dich aber, ohne dem uns lauter Jrrlicht fuͤhrt,
Muſt du zu dieſem Zweck fuͤr aller Augen mahlen.
Die hinterlaßne Frau, die laß im Segen bluͤhn,
Beliebe ihr nunmehr viel Weißheit zu ertheilen,
Des trefflichen Graf Carls und[Y]ſenburgs Bemuͤhn,
Laß den verwaͤyſten Staat an ſeinen Wunden heilen.
Die Kinder, welche auch noch in der Huͤtte ſind,
Und von der Wiege an in Faͤhrniß biß zum Grabe,
D 4Die561723.
Die pfropffe gar in dich, und zeitige geſchwind,
Daß ihre gute Frucht uns alle kraͤfftig labe.
Dein Segen breite ſich in Laubach weiter aus,
Die dir geweyhte Schaar wirds wohl von dir erhalten,
Und baue deiner Ruh daſelbſt ein bleibend Hauß;
So wird Gerechtigkeit und Friede drinnen walten.
Jhr aber, Sterbliche! die ihr in dieſer Welt
So einen Namen habt, der etwas ſoll bedeuten,
Und den man insgemein fuͤr Standes-Wuͤrde haͤlt,
Lernt, wie der Seelige, um wahre Wuͤrde ſtreiten.
Wißt das: Graf Friedrich Ernſt ward Landes-Herr genennt.
Er war ein wuͤrcklicher geheimbder Rath von Kaͤyſern,
Jm hohen Reichs-Gericht der Cammer-Praͤſident,
Die Burg von Solms prangt ſo mit Majeſtaͤtſchen Haͤu - ſern.
Allein Er wuſte es, daß dieſe Ehre nicht
Das Weſen ſelber war, wie etwa viele meynen:
Das von der GOttheit ſelbſt in Jhm entflammte Licht,
Begonnt in ſeinem Geiſt viel heller einzuſcheinen.
Und als Er ietzo nun vor ſeinem HErren trat,
Vom anvertrauten Pfund die Rechnung abzulegen,
Da eben zeigte ſich, gleich als auf friſcher That,
Des Adels von der Hoͤh durch Blut erkaͤmpffter Segen.
Welch irrdiſch hoher Stand trotzt jener Ewigkeit,
Allein, welch armer Chriſt kan ihre Furcht nicht jagen:
Drum ſucht ein Weiſer nur die Schaͤtze in der Zeit,
Die ihre Guͤltigkeit in ihnen ſelber tragen.
Horaz und Juvenal verlachen dieſe Pracht,
Wenn Menſchen mit dem Schmuck geborgter Federn prangen,
Weil ſie im Augenblick uns Schimpff und Bloͤſſe macht,
Wenn, die ſie uns geliehn, ihr Gut zuruͤck verlangen;
So ſtimmen Chriſten gern zu dieſer Meynung ein;
Wir glauben: Weil die Welt, was ſie uns anfgehencket,
Auch gerne wieder nimmt; es ſey erborgter Schein,
Der Seele aber ſey ihr Adel-Stand geſchencket.
Jſt dieſes ausgemacht; ſo lernt ihr Sterbliche,
Jhr ſeyd ſo groß ihr wollt, und noch ſo hoch gebohren,
Lernt,571723.
Lernt, wie Graf Friedrich Ernſt, daß alles Ding vergeh,
Nur JEſus nicht, und der, den JEſus auserkohren.
Wollt ihr, daß euer Ruhm einſt auf Papier gedruͤckt
Mit dem beſtaubten Blat in Jahr und Tag veralte;
So ſehet zu, wenn ihr auf hohe Staffeln ruͤckt,
Daß ſich die Ehre ja, ſo lang ihr lebt, erhalte.
Wuͤnſcht ihr im Gegentheil euch lieber da genennt,
Wo der getreue Zeug und Hohe-Prieſter Amen,
Die Streiter ewiglich vors Vaters Stuhl bekennt,
So folgt demſelben nach, ihr tragt ja ſeinen Namen.
XXIV. Auf der Frau Groß-Mutter 76. Jahrs-Tag.
DJe ihr mit fremden Schmuck zu prangen faͤhig ſeyd,
Nicht aber eignen Glantz der Tugend zu erreichen!
Geht, ruͤhmet, was ihr koͤnnt, der Ahnen Treflichkeit;
Pocht, Helden, deſtomehr auf eigne Sieges-Zeichen.
Geht, grabet euren Preiß in Marmel-Stein und Ertz,
Setzt Pfal und Pfeilerwerck wo ſonſten Stroͤme floſſen;
Erhebt den Obeliſc von dannen Himmelwerts,
Thuͤrmt Ehren-Pforten auf, ſetzt prangende Coloſſen:
Laßt in Gemaͤhlden ſehn, was eure Mord-Fauſt thut,
Der Reimer Phantaſey von eurer Haͤrte dichten;
Beſchreibt mit Caͤſare den eignen Helden-Muth,
Laßt die Hiſtorien euch Ehren-Mahle richten.
Wie? oder eckelt euch vor Blut und Feuer-Strahl,
Betruͤben euch vielleicht die drohenden Trompeten?
Beliebet euch vielmehr ein luſtig Freuden-Mahl,
Und der gedaͤmpfte Klang der angenehmen Floͤten?
So laßt die kuͤnftge Welt von eurer Freundlichkeit,
Von eurer Wayde-Luſt und Bau-Begierde ſprechen;
Und wenn der Erb-Printz einſt mit Regimentern draͤut,
Der Diener weiches Hertz vor Reu und Sehnen brechen.
Jſt euer edler Geiſt den Muſen zugeneigt,
Und mag ſich ſeine Zeit mit Schul-Gezaͤncke kuͤrtzen;
Schreyt Ariſtoteles, Mars und Diana ſchweigt;
D 5So581723.
So wird die Caſtalis auf euern Lehn-Stuhl ſtuͤrtzen.
Den einen hoͤret man auf Krieg und Kriegs-Geſchrey,
Den andern auf die Luſt und Eitelkeiten ſchmaͤhlen;
Der dritte ſpricht von nichts, als von Pedanterey;
Ein jeder giebt der Zeit ein Maͤhrlein zu erzehlen.
Jch lobe einen Geiſt der von dem Kinder-Spiel
Der Lob-Gedichte noch in Zeiten uͤberzeuget,
Auf eine Ewigkeit, das kurtze Lebens-Ziel,
Und ſeiner Thaten Zweck auf GOttes Wege neiget.
Den lob ich, deſſen Geiſt aufs Himmliſche gewandt,
Die hin und her zerſtreut und eitle Menſchen-Kinder
Mit viel Erbarmen traͤgt, und ſeinen Ehren-Stand
Darinn alleine ſucht: Er ſey ein armer Suͤnder.
Frau, deren Helden-Muth in abgewichner Zeit,
Die hochgelahrte Schaar durch manchen Dichter ehrte,
Nicht ſo? Der Ruhm behielt gar wenig Herrlichkeit,
Seit dem dich unſer HErr ſelbſt etwas beſſers lehrte.
Jch meyne, groſſe Frau, dein ſichrer Ruhe-Port,