PRIMS Full-text transcription (HTML)
Teutſcher Gedichte
Erſter Theil.
Herrnhuth,Zu finden im Waiſenhauſe. 1735.

Vorrede.

Da habe ich, nach ſechs jaͤhriger Verzoͤge - rung, meine Gedichte endlich in Druck zu geben angefangen. Es ſind wenig Lie - der, d. i. bloße zu eigner Erbauung aufgeſetzte Oden dabey, die meiſte ſind bey Gelegenheit ge - ſchrieben. Solten dieſe Nutzen ſchaffen, ſo koͤn - nen etwa in einem 2ten oder 3ten Theile die uͤbri - ge Oden und weitlaͤuffigere Stuͤcke erſcheinen. Jch bin jetzo uͤberhaupt in den beſchwehrlichen Umſtaͤn - den gedruckt zu werden. Es iſt mir recht be - ſchwehrlich, denn ſo gut es immer gemeynet ſeyn mag, ſo ſehr werde ich offt dadurch gemißhandelt und verſtellet. Jch finde mich derhalben genoͤthi - get, ein und anders, was ich vielleicht verlohren oder vergeſſen, oder doch an mir behalten haͤtte, ſelbſt heraus zugeben, damit es nicht geſtuͤmmelt, vermehrt, veraͤndert oder vermiſcht werde, oder oh - ne Auswahl, oder doch auſſer dem rechten Ort, Zeit und Umſtaͤnden zum Vorſchein kom - me.

a 2DieVorrede.

Die Vorrede zu dieſen Gedichten mache ich auch ſelber, damit ſie ſonſt niemand mag machen; und ich ſagen kan, was ich noͤthig finde: Man kan ſich immer ſelber am beſten erklaͤren. Jch habe drey Dinge zu erinnern, das erſte betrifft den Druck, das andere die Poeſie, das dritte die Sachen. Der Druck iſt gut genug. Jch bitte aber den Leſer gleichwohl das Fehler-Regiſter zuerſt zu leſen, und ſichs ein wenig bekannt zu machen, denn es iſt nicht gleichguͤltig, was da ſtehet, man hat Urſachen zu einem jeden Wort.

Meine Poeſie iſt ungekuͤnſtelt: wie mir iſt, ſo ſchreibe ich. Hoͤhere und tieffere Worte pflege ich nicht zu gebrauchen, als mein Sinn iſt. Die Re - geln ſetze ich aus den Augen ums Nachdrucks wil - len: Ein Hauß, dem HErrn beqvem, klingt mir nach Gelegenheit beſſer, als: ein beqvemes Hauß vor den HErrn. Einem andern Stern folgen, waͤre nicht ſo wohllautend in dem Context p. 168. als: folgen, einem andern Stern. Zuweilen habe ich nach dem Genio desjenigen geſchrieben, von dem die Rede war. Die Rede auf D. Antonen. p. 215. iſt ſo abge - faßt.

EinVorrede.

Ein paar Reime werden ſich auch in denen Ge - dichten (die in einer Strophe ſieben gleiche En - dungen haben) befinden, welche bey uns Teut - ſchen nicht ſo gewoͤhnlich ſind, als in der ſonſt ſehr accuraten Frantzoͤſiſchen Proſodie. Jch reime z. E. in einem Liede: Hertzen, corda, und die Wunden hertzen, exoſculari. Bayle ſchließt ſein admirables Gedicht von der Gnade auf glei - che Art:

Il alla ches Binsfeld & ches Baſile Ponce Sur l heure à mes raisons chercher une reponce. ()

Es wird alſo Entſchuldigung finden. Und will ich mich dabey nicht laͤnger aufhalten, ſondern zu den Sachen ſchreiten.

Die Stuͤcke von 1713. an, bis 1720. ſind meiſt alle verlohren. Jch ſchrieb damals hefftig und hart. Jch hatte den Heiland innig lieb, traute mir aber ſelber nicht, darum faſſete ich meine Gedichte (wenn ſie nach damaligen Univerſitaͤts-Gebrauch, gedruckt werden muſten,) mit ſolchen Ausdruͤcken ab, daß ich hoffete, die Welt ſolte mir gram und die Gelegenheiten in derſelben fortzukommen, vona 3ſelbſtVorrede. ſelbſt abgeſchnitten werden, damit haͤtte ich der Verſuchung weniger.

Da ich gleichwohl unter die Menſchen muſte, ward mirs ſehr ſchwehr, und das kan man denen Gedichten von 1721. bis 1727. ſehr deutlich an - mercken. Da ſchwebete mir das Exempel des Mardachai vor Augen, und ich war zur Critique geneigt. Seit dem Gedicht, was im 1728ten Jah - re das Erſte iſt, aͤnderte ſich dieſe Art nach und nach mercklich, denn ich bekam andre Materien ins Gemuͤth, und hatte mit der Welt nichts wei - ter zu thun, weil wir einander fremde wurden. Hingegen wurde das meine Sache, was zu einer Gemeine und ihrem Grunde, ja zu einer jeden Seele und ihrer Fuͤhrung gehoͤrte. Seit wenn JE - ſus und ſeine Gemeine mir nicht mehr ein bloſſes Object der Verehrung und Bewunderung blieben, ſondern mein Leben worden, wird man in den Ge - dichten ſelbſt (ſo wenig ihrer auch ſind) deutlich wahrnehmen, und da ich nach und nach vergſſeen, was in der uͤbrigen Welt vorgehet, ſo iſt ſich nicht zu verwundern, wenn ſich Gedichte zeigen, da Handwercks-Leute und Maͤgde mit mehr Ehrer - bietung und Vergnuͤgen beſungen werden, als ehe - mahls die beruͤhmte Hortençe. Wenn es vermuth -lichVorrede. lich waͤre, daß Liebhaber des Auſonii, des la Fonta - ine, des Guͤnthers und ihres gleichen, hierinnen blaͤttern moͤchten, ſo muͤſte ich ſie bitten, daß ſie vor - her den Athenagoras leſen, oder mir allenfalls auf mein Wort glauben wolten, daß Bayle und Boileau und S. Evremond mit ihren chimeriſchen Be - ſchreibungen einer guten Ehe die wahrhaftige Gluͤckſeligkeit der Unſrigen bey weiten noch nicht getroffen, daß das, was der letztere vor Kenn-Zei - chen der wahren Verliebtheit geben, mit unſerer Anhaͤnglichkeit an den Heyland genau zuſam - men trifft. Daß endlich keine vollkommnere Schoͤnheit iſt, als eine gemeine Dirne von maͤßiger Geſtalt, die nicht glaubt noch weiß, daß was groſſes, was gluͤckliches oder liebenswuͤrdiges iſt, als der Freund, den man nicht ſiehet. Wenn die Ro - mans in ihrer Art keine ſchlechtere Arbeit mach - ten, als die Helden-Geſchichte von JEſu von Nazareth in der ihrigen, ſo waͤren ſie etwas mehr werth. Wer in einer Gemeine wohnt, der glaubt leicht, daß die alten Wunder-Geſchichte wahr ſind, weil ſie noch immer geſchehen; daß Heilige geweſen ſind, weil ihrer noch ſind; daß Leute den Heyland zaͤrtlich geliebet haben, weil es noch welche gibt, die es thun. Wer es nicht glau - ben will, der kans ſehen.

Gnug davon, ich wuͤnſche meinem Leſer, daßihnVorrede. ihn meine Gedichte ſo lange nuͤtzlich amuſiren, biß ſie ihm ernſthaft werden.

Das letzte Stuͤck dieſes Theils iſt ein Plan mei - ner Lehre und Weſens, ſo lange ich glauben und wallen ſoll.

Mein Zeugniß vor der Welt Bleibt bey der Gnad und Krafft; Beym Blut; beym Loͤſe-Geld Von der Gefangenſchafft: Und daß wir Jhm ſchon auf Erden Reichlich ſollen danckbar werden.

Herrnhut, Zu Anfang des Jahrs 1735. Graf Ludwig von Zinzendorf.

I. Bey[1]
[figure]
I. Uber den Heyland.
Du treuer Heyland! allerliebſtes Leben!
Jch, dein Geſchoͤpff, muß zittern und erbeben
Vor deinen ſchweren Leibs - und Seelen-Plagen,
Die dich geſchlagen.
Jch Suͤnder ſolte einſt den Frevel buͤſſen,
Den, wider deinen Winck und das Gewiſſen,
Der erſten Eltern Ungehorſam uͤbte,
Und dich betruͤbte.
Ach! aber, hochverdienter Seelen-Retter!
Es traffen dich die angeflammten Wetter,
Die ſich von unſern frevelhafften Thaten
Entzuͤndet hatten.
Wir bruͤſteten die Suͤnden-volle Glieder,
Wir thuͤrmeten das ſtoltze Pfau-Gefieder,
Wir lebeten in lauter eitlen Freuden,
Und ohne Leiden.
Drum muſten deine theuren Glieder zittern,
Dein edler Leib vor Angſt und Grauß erſchuͤttern:
Diß muſt du bloß allein vor unſre Schulden,
Aus Liebe dulden.
Drum habe Danck, du edler Freund der Seelen!
Ach! nimm uns ein in deine Seiten-Hoͤhlen;ADraus21714.Draus wollen wir den Boͤſewicht bekriegen, Und wollen ſiegen.
II. Bey der erſten Communion.
So iſt es denn geſchehen:
Jch habe GOtt geſehen:
Er hat ſich eingefunden,
Und ſich mit mir verbunden.
Er hat mich Liebes-Krancken,
Bey ſeligen Gedancken,
Zu ſeinem Tiſch geleitet,
Und theure Koſt bereitet.
Wie danck ichs Chriſti Liebe,
Die, aus dem treuſten Triebe,
Sich, um mich zu erheben,
Jns Niedrige gegeben!
Wie danck ichs ſeinem Hertzen,
Das ſo viel herbe Schmertzen
Fuͤr mich, der ſie verſchuldet,
Aus lauter Lieb erdultet!
Wie danck ichs ſeinem Leiden,
Dem Urſprung meiner Freuden:
Wie danck ichs ſeinem Stehnen,
Und heiß-vergoßnen Thraͤnen!
Wie danck ichs ſeinem Duͤrſten,
Da ihm, dem Lebens-Fuͤrſten,
Die Zung am Gaumen klebte,
Und mich die Krafft belebte!
Wie danck ichs ſeinem Sterben;
Es toͤdtet mein Verderben:
Sein letztes Angſt-Gethoͤne
Klingt meinen Ohren ſchoͤne.
Die Fahrt ans Grabes Schwelle,
Und zu der Thuͤr der Hoͤlle,
Bewahrt mich vor den Schluͤnden,
Die nimmer zu ergruͤnden.
Du Hertz-vertraute Liebe,
Ent -31717.
Entzuͤnde meine Triebe,
Damit ſie, ohne Schweigen,
Von deiner Tugend zeugen.
Laß Chriſti Tod und Sterben,
Sein ritterlichs Erwerben
Der hart-gebundnen Seelen,
Mich oͤffentlich erzehlen.
Und nach dem Liebes-Mahle,
Gib, daß ich dir bezahle
Die ſeelige Geluͤbte,
Darinn ſich JEſus uͤbte!
Joh. 4, 34.
Es werd an mir geſehen
Sein Tod und Auferſtehen,
Sein Kampf und Uberwinden,
Sein Suchen und ſein Finden!
III. Auf den Fall und Errettung eines groſ - ſen Herrn.
Hieher, ihr Potentaten!
Schaut einen Printzen an,
Der ſeinem Heil gerathen;
Er eilt zur Gnaden-Bahn,
Zu denen Lebens-Staͤdten,
Wovon er ausgetreten.
Es hatte der Verfluchte,
Als er zur Mitternacht
Auch dieſe Seele ſuchte,
Sie faſt davon gebracht;
Nur ſolte das Verſchlingen
Jhm dißmahl mißgelingen.
Der Waͤchter ſeiner Heerden,
Der treulich fuͤr ſie kaͤmpfft,
Und mit ſo viel Beſchwerden
Die Wuth des Wolffes daͤmpfft,
Riß, o ein großes Gluͤcke!
Diß arme Schaf zuruͤcke.
Die Chriſtliche Gemeine
A 2Jſt41717.
Jſt warrlich uͤbel dran,
Des Satans Zauber-Hayne
Sieht man vor Kirchen an;
Viel Cantzeln und Altaͤre
Sind Thronen falſcher Lehre.
Die Fuͤrſten ſolten Hirten
Der Kirche Chriſti ſeyn,
Und, wenn ſie ſeitwaͤrts irrten,
Es oͤffentlich bereu’n
Vor dem, der ihr Verbrechen
Kan mit dem Tode raͤchen.
Begluͤckte GOttes-Haͤuſer,
Da Theodoſius,
Der Schuld beladne Kaͤyſer,
Den Bann-Spruch hoͤren muß,
Und, bey der Chriſten Hauffen,
Mit Thraͤnen Einlaß kauffen.
So ruͤhmen Ahabs Zeiten
Eliaͤ Helden-Muth,
Dem frey zu wiederſtreiten,
Der freye Suͤnde thut;
Wer hat den ſtummen Hunden
Bey uns das Maul verbunden?
Drum hoͤret mich, ihr Großen,
Sonſt wird des Koͤnigs Grimm
Euch von dem Stule ſtoſſen;
Euch wird die Donner-Stimm:
Verfluchte weicht von dannen!
Jn Ewigkeit verbannen.
Jhr ſeyd ſo arme Suͤnder,
Als and’re Sterbliche;
Jhr wachſt, wie andre Kinder,
Mit Sorgen in die Hoͤh,
Und euer erſtes Stehnen
Vermiſchet ſich mit Thraͤnen.
Wie wolt ihr den Gewittern
Der letzten Stund entgehn,
Da -51719.
Dafuͤr die Himmel zittern,
Die durch ihr Schreck-Gethoͤn,
Wie zaͤhe Weitzen-Halmen,
Den Erden-Creiß zermalmen?
Geht oder kriecht zum Creutze,
Und kuͤßt den groſſen Sohn,
Daß ers Erbarmen reitze;
Sonſt habt ihr euren Lohn
Mit den verjagten Fuͤrſten,
Die nur nach Ungluͤck duͤrſten.
Die GOtt-geweyhte Printzen,
Die in ſich ſelber klein,
Vor dem die Augen blintzen,
Ders Haupt der Creutz-Gemein,
Und ihm zu Fuſſe liegen;
Die werden Gnade kriegen.
IV. Bey einer Doctor-Promotion.
Jch haß und meide die, ſo beym Studiren ſich
Nicht zu dem hoͤchſten Punct, zu GOtt, dem Geber, neigen,
Und ihre Kuͤhnheit mehr, als wahre Tugend zeigen;
Wer aber GOtt verehrt, den lieb und ehre ich.
Denn der kan, trotz der Welt, trotz allen die ihn haſſen,
Zu ſeiner Foͤrderung die ſchoͤnſte Hoffnung faſſen.
Wer das Vergaͤngliche nach ſeinem Werth verlacht,
Wer ſich vom Staub erhebt, den Erden-Wuͤrmer kauen;
Der lernet Himmel an, auf ſolche Dinge ſchauen,
Die keine Zeit verzehrt; kein Alter ſchimmeln macht:
Wollt ihn die arme Erd auch noch ſo gerne ſchaͤnden;
So ſteht ſein Gluͤck und Wohl allein in GOttes Haͤnden.
Der iſt der große HErr, der theilt die Aemter aus;
Wem der ſie geben will, derſelbe muß ſie haben.
Den Schatz, wornach ſo viel offt nur vergeblich graben,
Schickt er den Seinigen zur Schlafens-Zeit ins Hauß.
Die dieſen zum Patron und zum Befoͤrdrer waͤhlen,
Der uͤber alle herrſcht, vermoͤgen nicht zu fehlen.
A 3Hier61719. 1720.
Hier ſchreib ich, wie mein Hertz es in der Wahrheit haͤlt,
Wie ich mein Lebenlang vor GOtt zu wandeln ſuche,
Dabey das falſche Thun der Heucheley verfluche,
Den Dienſt der Eitelkeit, die Liebe dieſer Welt.
Mein Freund! ſein Gluͤcke bluͤht, er muß, bey deſſen Reiffen,
Sich eintzig und allein auf GOttes Guͤte ſteiffen.
V. Uber ſich ſelbſt.
Jch ſuche mich mit GOtt, dem hoͤchſten Gut,
Aufs naͤchſte, da es ſeyn kan, zu verbinden;
Und da ich ſonſt auf meinem Kopff beruht,
Muß nun durchaus der eigne Wille ſchwinden.
Mein Hertze iſt dem HErren uͤbergeben,
Der ſoll hinfort in ſeinem Bilde leben.
Der Tod, der mir ſonſt vieles Grauen macht,
Faͤngt itzo an viel beſſer auszuſehen;
Die ſo gefuͤrchtete und lange Nacht
Wird einmahl unverſehens uͤbergehen;
Der Tag wird deſto unverruͤckter glaͤntzen,
Und meinen Geiſt in Ewigkeit bekraͤntzen.
Der Heyland, der vor mich gelitten hat,
Bleibt bloß allein die Regel meines Lebens;
Davon zeigt Mund, und Hertz, und auch die That,
Jch muͤhe mich nicht mehr, wie ſonſt, vergebens,
Jch wuͤrck in GOtt, und weiß, auf Sieges-Thronen
Wird Gnaden-Lohn mein Werck in GOtt belohnen.
VI. Neu-Jahrs-Gedancken.
Owachſamer Geiſt,
Der Wunder beweiſt,
Erſcheine der Seele,
Dein goͤttliches Oele
Durchſtroͤme den Sinn!
Es muͤß ihm gelingen
Dein Reich zu erringen,
Er ſehnt ſich dahin;
Der dornigte Steg
Kan Helden erſchrecken,
Und71720.
Und Tapffere ſtrecken;
Der ſandigte Weg
Macht muͤde und matt;
Wer aber dich hat,
Den machen die Beulen
Nur hurtiger eilen,
Zur bleibenden Stadt.
Drum Streiter Hertz auf!
Auf! ohne Verweilen,
Vollfuͤhre den Lauff!
VII. Bey angetretener Regierung Graf Heinrich des Neun und Zwantzigſten.
Als der Menſch nach GOttes Bilde
Ehemals bereitet war,
O wie war er nicht ſo milde,
O wie ſah er nicht ſo klar!
Seit er dieſes Bild verlohren,
Wird er faſt verruͤckt gebohren:
Was ihn gluͤcklich machen kan,
Siehet er vor ſchaͤdlich an.
Was vor unerhoͤrte Sorgen
Macht man ſeinen Eltern nicht,
Von des Lebens erſten Morgen
Durch das gantze Jugend-Licht?
Mit wie vielem Flehn und Beten,
Muͤſſen ſie uns nicht vertreten?
Sie bemuͤhn ſich offte viel,
Und verfehlen doch das Ziel.
Wie viel tauſend Eltern leben,
Welche um der Kinder-Zucht
Sich nicht viel Bemuͤhung geben;
Und ihr Heyl darin geſucht,
Jhnen Lehrer zu benennen,
Deren Werth ſie ſelbſt nicht kennen,
Die man nur auf andrer Rath,
Und Bericht gewaͤhlet hat.
A 4Die81720.
Viele junge Leute lauffen
Jn der Jugend-Hitze fort;
Und man laͤſſet ſie verſchnauffen,
(Das iſt ein gemeines Wort:)
Aber, ſeht! die meiſte Jugend!
Sie verſaͤumt die Zeit der Tugend,
Manchen, eh er ausgeſchnaubt,
Hat ein jaͤher Tod geraubt.
So iſt ſchwerlich zu errathen,
Ob der lieben Alten Schaar,
Die den HErrn um Kinder baten,
Jhr nicht ſelbſt zuwider war?
Und ob der nicht gluͤcklich heiſſet,
Den der HErr von hinnen reiſſet?
Eh er ſich ins Weite irrt,
Und der Welt recht inne wird.
Aber meine Sinnen blicken
Jetzo in ein ander Feld
Da ſich junge Pflantzen ſchicken,
Wies der Gaͤrtner dienlich haͤlt,
Welche ihm ſein muͤhſam Frohnen
Mit der ſchoͤnſten Bluͤthe lohnen;
Dieſe zeigen ſattſam an,
Was ein treuer Gaͤrtner kan.
Als ich auf dem Krancken-Bette
Jn der Ungewißheit lag,
Was ich zu erfahren haͤtte?
Kam ein aufgeklaͤrter Tag:
Da mir eines Gaͤrtners Name
Unverhofft zu Ohren kame,
Welcher ſeiner Pflantze Preiß
Jederman zu ſagen weiß.
Jhr begluͤckten Gaͤrtners-Haͤnde,
Deren Tage-Werck und That,
Biß zu dem erwuͤnſchten Ende,
Sich geſchickt erwieſen hat:
Wie moͤcht ihr den Thau von oben
Mit91720.
Mit erfreuten Hertzen loben,
Welcher ohne Maaß und Ziel
Auf die ſchoͤne Pflantze fiel.
Bruder, ich kan nicht verſchweigen,
Daß der Pflantze Ruhm dir bleibt;
Die mit ausgeſpannten Zweigen
Alle Tage hoͤher treibt;
Welche jedem, der ſie liebet,
So viel ſchoͤne Hoffnung giebet,
Daß man GOtt, den Seegens-Mann,
Nicht genugſam loben kan.
Gluͤcklich waren jene Stunden,
Welche ich im Nieder-Land,
Als ich dich am Rhein gefunden,
Deiner Freundſchafft zugewand.
Gluͤcklich waren auch die Stunden,
Da wir uns getroſt verbunden,
Daß es alle Menſchen ſaͤhn,
Chriſti Wandel nachzugehn.
Wie der Anfang, war das Ende,
Du giengſt unter GOttes Huld,
Und behielteſt reine Haͤnde
Von gemeiner Jugend Schuld;
Welches, die im Jrrthum waren,
Mehr als allzu wol erfahren,
Was die Welt erſtaunen macht,
Hat dein Tage-Buch verlacht.
Endlich hat es ſich geſchicket,
Daß ich annoch zu Paris
Deinem Abſchied vorgeruͤcket,
Da es aller Orten hieß,
Auch bey denen guten Leuten,
Welche uns als irrig ſcheuten,
Daß du gegen jederman
Als ein wahrer Chriſt gethan.
Damals lobten wir den Meiſter
Der allein bewehrten Kunſt,
Der101720.
Der dich vor der falſchen Geiſter
Und der ſchnoͤden Erde Gunſt
Vaͤterlich bewahren wollen,
Daß ſie dich nicht reitzen ſollen,
Denn dergleichen Wegefahrt
Jſt entfernt von ihrer Art.
Wann ſich andere ergoͤtzten
Uber allem, was geſchehn,
Und ſich dann zuſammen ſetzten,
Es aufs neue zu beſehn,
Kamſt du von des Hofes Brauſe
Oeffters mißvergnuͤgt nach Hauſe,
Wende, ſprachſt du, meinen Blick,
Und das war dein groͤſtes Gluͤck.
Alſo gieng es auf der Reiſe
Nach der werthen Mutter Sinn;
Und du folgeteſt der Weiſe
Deines ehrlichen Bonin.
Wo man ſeine Mutter ehret,
Und die Vorgeſetzte hoͤret,
Da weicht nach der Liebe Zweck
Alles Unvergnuͤgen weg.
Darum wird im Regimente
GOttes Rechte um dich ſeyn.
Der ſich ſonſt gehorſam nennte,
Fordert nun Gehorſam ein;
Und nach dem Vergeltungs-Rechte,
Sehen alle deine Knechte,
Und wer Dir ſonſt zugethan,
Dich mit Ehrerbietung an.
Du hingegen kanſt den Banden
Deiner Knechtſchafft nicht entgehn;
Es iſt noch ein HErr vorhanden,
Dem Du muſt zu Dienſte ſtehn:
Seine Feſſeln ſind gelinde,
Dieſer Dienſt bekommt geſchwinde
Eine andere Geſtalt,
Und wir ewige Gewalt.
Die -111720.
Dieſe Hoffnung wird dir bleiben,
Wann der andern Hoffnung faͤllt:
Die ſich GOttes Hand verſchreiben,
Sind ſchon ſeelig in der Welt.
Wann ſie alle Menſchen haſſen,
Wird der Freund ſie nicht verlaſſen,
Deſſen treue Liebes-Hand
Sich genau an ſie verband.
Jn dem Freunde, lieber Bruder!
Sind wir ewig ungetrennt:
Durch ihn fuͤhreſt Du das Ruder
Von dem gantzen Regiment,
Das er Dir in deinem Leben
Zu beſtreiten heim gegeben;
Und in ſeinem Friedens-Schein
Wirſt Du immer ruhig ſeyn.
Du muſt aber nicht vergeſſen,
Daß du vor das groſſe Heyl,
So der HErr Dir zugemeſſen,
Jhme auch an deinem Theil
Ewiglich verbunden bleibeſt,
Und ſein Werck nicht laͤßig treibeſt:
Du muſt, biß zum letzten Schein,
Ein Bekenner JEſu ſeyn.
Wann Du nun genug geſtritten,
Und dein Amt bewaͤhret haſt;
Wann Du hie und da gelitten,
Wird der Heyland dir die Laſt
Endlich von den Schultern heben:
Und nach einem harten
(*)Hier wird nicht ſo wol auf das allgemeine Chriſten-Leben, als auf die beſonders harte und rauhe Umſtaͤnde der Regierungs-Laſt eines Kindes GOttes geſehen, von welchen man ſagen kan, daß ſie ohne die beſondre Handleitung der Gnade und Troſt der Lie - be unertraͤglich ſeyn wuͤrden, es waͤre denn, daß man die Sache nicht verſtuͤnde, und ſich nur wol dabey ſeyn lieſſe.
(*) Leben
Faͤllt Dir in der ſtoltzen Ruh
Der Bekenner Erbtheil zu.
VIII. Ein -121721.
VIII. Eingang in die Schmach JEſu.
HErr JEſu! Du haſt mich in deinen Schirm genommen,
Laß mich darinnen ſtets genau verwahret ſeyn!
So mag der Teufel ſelbſt mit ſeinem Heere kommen,
Er legt an meiner Ehr nur Schimpf und Schande ein.
Jch bin durch dich gerecht, und deine tiefe Wunden
Sind mir ein freyer Ort und eine Artzeney;
Den Krancken helfen ſie, nicht aber den Geſunden:
Gib, daß ich nur recht kranck nach deiner Liebe ſey!
Will mir die Welt nicht wohl; wohlan, es wird mir gehen,
Wie es dem Haupte ſelbſt vor dem ergangen iſt;
Verdammt mich jederman, ſo werd ich beſſer ſehen,
Was du ſelbſt vor ein Fluch und Scheuſal worden biſt.
Jch lege mich getroſt zu deinen Fuͤſſen nieder,
Und hoͤre meine Pflicht aus deinem Munde an:
Du ſingeſt in der Nacht die allerſchoͤnſten Lieder,
Ja einen Lobgeſang, eh man dich abgethan.
Und ich ſoll in der Noth nur Klage-Lieder heulen,
Jch ſoll bis in den Tod betruͤbt zu ſehen ſeyn:
Das uͤberlaſſe ich der Welt und ihren Eulen,
Jch dringe mit Gedult in deinen Willen ein.
Vollkommner Prediger, der in der That erwieſen,
Was er von dieſer Kunſt die Seinigen gelehrt,
Ach! wuͤrde doch an mir dein Ebenbild geprieſen,
Und mein Bekaͤnntniß bald in Geiſt und Kraft verkehrt!
Ach! zieh mich doch hinein in den geheimen Willen,
Der deiner Kinder Winck und Gluͤck zu nennen iſt;
Wird ſich in deſſen Rath mein armes Hertze ſtillen;
So weiß ich gantz gewiß, daß er mich nicht vergiſt.
Du fuͤhrſt es wohl hinaus, die Ruhe folgt aufs Kaͤmpffen,
Und werd ich im Gebet recht ernſtlich und getreu,
So wird dein Arm vor mich der Feinde Kraͤffte daͤmpffen,
Und deine Guͤte mir an jedem Morgen neu.
IX. 131721.
IX. Morgen-Gedancken.
Glantz der Ewigkeit,
GOtt und HErr der Zeit!
Sey von allen Creaturen
Vor die neu erregte Spuren
Deiner Guͤtigkeit
Hoch gebenedeyt.
Dieſe finſtre Nacht
Jſt zum Schluß gebracht,
Und die Strahlen heitrer Sonne
Brechen, zur gemeinen Wonne,
Durch die dunckle Macht
Der vergangnen Nacht.
Sehen wir denn nicht
Jn dem Morgen-Licht
Einen Strahl von groͤſſern Kraͤfften,
Und durchdringendern Geſchaͤfften?
Sehen wir dich nicht,
Zions Sonnen-Licht?
Ach! du blinckeſt zwar;
Aber unſer Staar,
Unſre Blindheit muß mit Schrecken
Sich vor deinem Blitz verſtecken:
Unſrer Augen-Staar
Wird dich nicht gewahr.
Eile doch herbey,
Mit der Artzeney:
Raͤume weg die dicken Felle,
Mache unſre Augen helle,
Sonſt iſt unſre Noth
Aerger als der Tod.
Und weil in der Zeit
Nacht und Dunckelheit
Unſer Licht ſo hefftig ſchwaͤchen,
Und ſo offte unterbrechen;Weil141721Weil die Lebens-Zeit
Voller Dunckelheit:
So verklaͤre bald
Deines Lichts-Geſtalt:
Oeffne die verſchloßne Siegel,
Brich den unvollkommnen Spiegel,
Und verklaͤre bald
Unſere Geſtalt.
Doch wenn dirs gefaͤllt,
Daß wir auf der Welt
Laͤnger noch mit lahmen Fuͤſſen
Unſre Straſſe wandeln muͤſſen;
O ſo zeig uns nur
Die gerade Spur.
Richte unſer Hertz
Zeitlich Himmel-waͤrts,
Daß die Zeichen dieſer Zeiten
Uns zur letzten Zeit bereiten,
Richte unſern Sinn
Auf das Ende hin.
Gibt es in der Zeit
Schein-Vergnuͤglichkeit:
So verleide uns ein Leben,
Das kein wahres Wohlſeyn geben,
Noch den letzten Tag
Uns verſuͤſſen mag.
Solls uns harte gehn,
Laß uns feſte ſtehn,
Und ſo gar in ſchweren Tagen
Niemahls uͤber Laſten klagen;
Denn das iſt der Weg,
Zu der Sternen-Steg.
Kracht der Huͤtten Thor,
Zeuch den Geiſt hervor,
Laß ihn zu den frohen Schaaren,
Der erloͤßten Geiſter fahren,Daß151721.Daß er deinen Tag
Jmmer ſehen mag.
Dann iſts mit dem Graus
Aller Naͤchte aus
Denn ein unverruͤckter Schimmer
Deckt der Auserwaͤhlten Zimmer;
Dieſes Tages-Pracht
Scheuchet keine Nacht.
Hilff uns dahinan
Auf der Bundes-Bahn,
Laß uns durch dein naͤchtlich Leiden
Aus der Nacht der Erden ſcheiden;
Und durch deinen Krieg,
JEſu, gib uns Sieg.
Eilt ihr Tage fort,
Naͤhert euch dem Port:
Zeiten, moͤcht ihr doch verſchleichen,
Und aus unſern Augen weichen,
Aber ſeyd nicht weit
Jn der Ewigkeit.
Offenb. 14, 13.
7
X. Abend-Gedancken.
Du Vater aller Geiſter,
Du Strahl der Ewigkeit,
Du wunderbahrer Meiſter,
Du Jnnbegriff der Zeit,
Du haſt der Menſchen Seelen
Jn deine Hand gepraͤgt:
Wem kans an Ruhe fehlen,
Der hie ſich ſchlafen legt.
Es ziehn der Sonnen Blicke,
Mit ihrem hellen Strich
Sich nach und nach zuruͤcke,
Die Lufft verfinſtert ſich,
Der dunckle Mond erleuchtet
Uns mit erborgtem Schein,Geht161721.Der Thau, der alles feuchtet,
Dringt in die Erden ein.
Das Wild in wuͤſten Waͤldern
Geht hungrig auf den Raub;
Das Vieh in ſtillen Feldern
Sucht Ruh in Buſch und Laub;
Der Menſch von ſchweren Laſten
Der Arbeit unterdruͤckt,
Begehret auszuraſten,
Steht ſchlaͤffrig und gebuͤckt.
Der Winde Ungeheuer
Stuͤrmt auf die Haͤuſer an,
Wo ein verſchloßnes Feuer
Sich kaum erhalten kan:
Wenn ſich die Nebel ſencken,
Verliehrt man alle Spuhr,
Die Regen Stroͤhm ertraͤncken
Der flachen Felder Fluhr.
Da faͤllt man billig nieder
Vor GOttes Majeſtaͤt,
Und uͤbergibt ihm wieder,
Was man von ihm empfaͤht:
Die gantze Krafft der Sinnen
Senckt ſich in den hinein,
Durch welchen ſie beginnen,
Und dem ſie eigen ſeyn.
Das heiſt den Tag vollenden,
Das heiſt ſich wohl gelegt:
Man ruht in deſſen Haͤnden,
Der alles hebt und traͤgt.
Die Himmel moͤgen zittern,
Daß unſre Veſte kracht,
Die Elemente wittern;
So ſind wir wol bewacht.
XI. 171721.
XI. Angenehme Sterbens-Gedancken.
Die Baͤume bluͤhen ab,
Die Blaͤtter ſtuͤrtzen:
Mir wird das liebe Grab
Mein Elend kuͤrtzen.
Getroſt, ich ſehe ſchon
Das Baͤumlein bluͤhen,
Und meines Leibes Thon
Gerader ziehen.
Mein Grab-Stein ſpringt entzwey,
Der Schlaf vergehet:
Der Leib wird Kercker-frey,
Mein Tod verwehet.
Der Faulniß finſtre Baar,
Und die Verweſung,
Verliert ſich gantz und gar
Jn der Geneſung.
Der Sturm, der unſern Geiſt
Vom Leibe treibet,
Und uns von hinnen reißt,
Hat ausgeſtaͤubet.
Man hoͤret ferner nicht
Des Windes Brauſen:
Man ſpuͤrt im ſtillen Licht
Ein lieblich Sauſen.
Ein Wind von Jehovah
Wird ausgeblaſen:
Die Beine liegen da
Jn gruͤnen Raſen.
Auf Hoffnung liegen ſie
Der Aufferſtehung,
Und warten ſpat und fruͤh
Der Stands-Erhoͤhung.
Jhr ſeyd zu Staub verbrand,
Jhr kahlen Beine,BUnd181721.Und euer ſproͤder Sand
Jſt wunder kleine.
Jhr ſeyd faſt aufgeleckt,
Jhr Aſchen-Haufen:
Die Tiefe, die euch deckt,
Jſt angelaufen.
Jhr ſeyd aufs Feld geſaͤt
Wie Aeſer-Knochen,
Und in die Lufft verweht,
Zerqvetſcht, zerbrochen.
Die hat des Abgrunds Wut
Durchaus zerwuͤhlet,
Die eine ſchnelle Fluth
Hinweg geſpuͤlet.
Jhr wißt nicht, hie und d[a]
Verſtreute Glieder!
Wie euch das Wort ſo nah,
Jetzt rufſt es wieder.
Der Mann, in welchem es
Beſchloſſen ware,
Der kommt mit Lob-Getoͤß
Der Helden-Schaare.
Man thut die Buͤcher auf,
Es wird geleſen,
Wie eines jeden Lauff
Bewandt geweſen.
Der wird als Satans Theil
Hinweg getrieben:
Der ſteht zum Troſt und Heil
Jm Buch geſchrieben.
Wie wird es mir ergehn
An dieſem Tage?
Wo wird mein Urtheil ſtehn?
Wer haͤlt die Waage?
Triumph! der hier erſchein.
Jm rothen Kleide,Der191721.Der iſt mein weiſſer Freund:
Eins ſind wir beyde.
Da ſolte ich vor mich
Nichts Gutes hoffen?
Wer ſo beſteht, wie ich,
Der hats getroffen.
Jch war ein Suͤnden-Kind,
Wie andre Suͤnder:
Allein, ich uͤberwind
Jm Uberwinder.
Jch bin an ſeinem Stamm
Hinan gedehnet:
Er iſt das reine Lamm,
Das GOtt verſoͤhnet.
O Lamm, vergoͤnne mir
Dich zu begleiten!
Mein Mann, ich weiche dir
Nicht von der Seiten.
Jch ſehe ſchon hinein
Jn deine Wonne:
Hie blitzt der klare Schein
Von Salems Sonne.
Wie mancher ſtehet da
Jn reiner Seide:
Wie iſt dir der ſo nah
Jm weißen Kleide!
Den hielt man in der Welt
Vor einen Narren,
Der dort im Ruhe-Zelt
Zog lang im Karren.
Wie ſeuffzte deine Magd
Jm Krancken-Bette!
Wie offt hat ſie geſagt:
Wer Fluͤgel haͤtte!
Und ietzo ſeh ich ſie
Mit Palmen-Zweigen,B 2Be -201721.Befreyt von aller Muͤh,
Auff Zion ſteigen.
Wo iſt der arme Mann,
Der hier nur thraͤnte,
Und ſich von Jugend an
Nach Salem ſehnte.
Da ſitzt er Freuden-voll
Zu deinen Fuͤſſen,
Und giebt dir einen Zoll
Von tauſend Kuͤſſen.
Und jener, welcher hier
Dein Haͤuflein lehrte,
Und viele HErr zu dir,
Dem Licht, bekehrte.
Steht praͤchtig oben an,
Als eine Sonne,
Und jauchzet, was er kan
Bey ſolcher Wonne.
Der dich in dieſer Zeit
Als Liebe prieſe,
Und zur Gerechtigkeit
Die Menſchen wieſe.
Der blitzt in deinem Glantz,
Gleich einem Sterne;
Sein Nahme leuchtet gantz
Auch in der Ferne.
Der helle Haufe glaͤntzt
Vor deinem Throne,
Den in der Zeit bekraͤntzt
Die Marter-Crone.
Dort bey des Lammes Mahl
Erſcheint im Reigen
Die auserwehlte Zahl
Der treuen Zeugen.
Was unſrer Vaͤter Schaar,
Und den Propheten,Jns211721.
Jns Ohr vertvauet war
Hoͤrt man trompeten.
Die Zwoͤlffe, die du dir
Zur Luſt erleſen,
Die kroͤnet fuͤr und fuͤr
Vollkommnes Weſen.
Nun dirs gefallen hat
Dein Volck zu raͤchen;
So ſitzen ſie im Rath
Das Recht zu ſprechen.
Hie wird die truͤbe Zeit
Jm Licht verſchlungen,
Und der Dreyeinigkeit
Triumph geſungen.
Diß heilig eine Drey
Wird aufgeklaͤret:
Der Glaube ſchauet frey
Was ihn genaͤhret.
Die GOtt geruffen hat
Und die gekommen,
Die werden in der That
Nun aufgenommen.
Der Glaub in ſeinem Lauff
Hat ausgeglaͤubet:
Die Hoffnung hoͤret auff:
Die Liebe bleibet.
Hier frag ich nicht einmahl:
Wo ich ſoll bleiben?
Wer will mich aus der Wahl
Der Gnaden treiben?
Jch traue maͤchtiglich
Dem Hochgeliebten:
Sein Hertze neiget ſich
Zu den Geuͤbten.
Vor Zeiten hielt ich mich
An ſein Erbarmen:B 3Und221721.
Und ietzo hange ich
Jn ſeinen Armen.
Jch dringe zu ihm zu!
Er muß mir geben
Auff Arbeit ſuͤſſe Ruh,
Auff Sterben Leben.
XII. Betrachtung ſeines Beruffs in die Churfuͤrſtliche Saͤchſiſche Landes-Regie - rung.
Du groſſer HErr der Welt! es iſt dir unverborgen,
Wie ſehr mich dieſe Welt mit ihrem Dienſt erſchreckt:
Jch waͤre gar zu gern zu deinem Dienſt erweckt:
Der Abend waͤhrt mir lang: Jch ſeufze nach dem Morgen.
Es iſt nicht mehr die Zeit, die wohl vor dieſem war:
Wir qvaͤlen uns umſonſt, wir nutzen ihr kein Haar.
Ach waͤre noch der Tag, da man mit Staupen-Schlaͤgen,
Mit Stoͤck - und Pfloͤcken ſich an deinen Gliedern rieb,
Und ſie den Schafen gleich aufs Mord-Geruͤſte trieb;
So wuͤrde ſich mein Gram mit leichter Muͤhe legen.
Denn HErr das weiſſeſt du, ich kuͤſſe Rad und Pfahl
Um deinetwillen gern; Jch jauchzte bey der Qvaal;
Jch ſcheue keine Schmach; mich ehrt die Narren-Kappen,
Darein manch eitler Hof dein Volck ſo gern verhuͤllt,
Ein Hof, dem Zions Ach mit Luſt die Ohren fuͤllt,
Ein Hof, wo kluge Leut am hellen Tage tappen;
Da hieß ich gern ein Thor, ein Schwaͤrmer, ein Phantaſt,
Mir waͤr der Erden-Zorn nur eine kleine Laſt.
Allein, du alter Freund, dem Millionen Tage
Wie ſechzig Stunden ſind, der keinen Wechſel kennt,
Und ſich mit allem Recht von heut und geſtern nennt,
Legſt du die alte Welt mit dieſer auf die Wage;
So muſte Jonathan vor ſeinem Vater fliehn,
Doch kont er ſeinen Freund des Vaters Wuth entziehn;
Der231721.
Der Rath Ahitophels war kaum zur Narrheit worden,
Als des Huſai Mund vor Davids Leben ſtritt.
Zog Ahab in den Streit, fuhr Joſaphat zwar mit;
Allein er bloͤſſete den gantzen Baals-Orden,
Und der Prophete ſprach: Jch ſchone Joſaphat,
Sonſt bliebt ihr Koͤnige gewißlich ohne Rath.
Der Nehemias war des Arthaſaſta Schencke,
Ein wohlgeplagter Mann; Allein er machte doch
Sein vaͤterliches Hauß von dem betruͤbten Joch
Mit einem Worte loß. Jch ſeufze, wenn ich dencke
Was Mardachai Fuß vor ſaure Schritte that;
Der aber doch dadurch ſein Volck erloͤſet hat.
Es muß auch Daniel das Hof-Getuͤmmel dulden;
Allein wie betet nicht, wie uͤberwindet er!
Wie wird es Miſael und ſeinen Freunden ſchwer;
Allein ſie bleiben ſelbſt im Ofen ohne Schulden,
Der Leuen Rachen wird ein Maul-Korb angeleget;
Und von der Flamme brennt, wer Holtz zum Feuer traͤget;
Die Maͤnner Juda ſind bey ihrer Weiſe blieben,
War gleich der gantze Hof ein ander Thun gewohnt,
So wurden dennoch ſie mit Hof-Manier verſchont;
Wie hat der Eine nicht den Koͤnig eingetrieben,
Als er das Goͤtzen-Volck der Luͤgen angeklagt,
Und einer, als er ihm der Wahrheit Lobſpruch ſagt.
Johannes muſte zwar mit ſeinem Haupt bezahlen;
Doch hoͤrt Jhn erſt der Fuͤrſt, und folgte manchesmahl.
Ach wuͤſte ich gewiß ich kaͤm in jener Zaͤhl:
So moͤchte immerhin die Welt mit Feuer ſtrahlen,
Die ſchwerſten Ubungen auf meine Scheidel ſpeyn;
Es ſolte Leue-Grimm mir gantz ertraͤglich ſeyn.
Da iſt mein offnes Hertz, du kenneſt mich von innen
HErr! wallt ein Tropfen Bluts durch meiner Adern-Bach,
Der dir nicht eigen iſt, den treffe deine Rach:
Mein gantzes Hertz iſt dein, die gantz Krafft der Sinnen,
Und der erloͤſte Geiſt iſt dir zum Opffer recht,
Der Menſch mit Leib und Seel iſt ewiglich dein Knecht.
B 4XIII. 241721.
XIII. Sehnliche Gedancken am 72ſten Ge - burts-Tage der Frau Groß-Mutter.
Komm Ewigkeit Jnbegriff innigſter Wonne,
Beſtrahle und heitere unſer Gemuͤth:
Erſcheine, du helle durchdringende Sonne,
Darunter der Seegen erwaͤchſet und bluͤth:
Wir ſchauen mit Sehnen,
Erwarten mit Thraͤnen
Auf deine unendliche Klarheit und Glaͤntzen,
Und wallen mit Wehmuth in irrdiſchen Graͤntzen.
Die Arbeit der Suͤnden macht Krafft-loß und muͤde:
Wie wird ſie uns ſauer die fleiſchliche Laſt!
Wie ſuͤſſe hingegen, wie ſchoͤne klingſt: Friede!
Und Ruhe von Arbeit und ewige Raſt!
O ſeelige Schaaren,
Die dahin gefahren,
Wo Chriſti Verlobte mit edlen Geſchmeiden
Und koͤſtlichem Schmucke im Roſen-Buſch weiden.
Verlauffet, ihr Zeiten, verſchwindet, ihr Stunden,
Macht unſerem Braͤutigam Bahne und Platz;
Wir haben den Ausgang des Jammerthals funden;
Wir graben nach einem verborgenen Schatz.
Die Nacht hindurch ſorgen
Wir nur auf den Morgen.
Ach! kaͤme derſelbe, was wuͤrde uns qvaͤlen?
Was wuͤrde uns mehr an der Seeligkeit fehlen?
Wohlan denn, Geliebter, du wirſt ja erſcheinen,
Dein Seiger geht langſam; ſo zeige dich doch!
Schau nun nach den Frommen, erfreue die Deinen;
Sie haſſen die Welt-Luſt, ſie lieben dein Joch.
Befeuchte den Garten:
Er kan nicht mehr warten:
Die Mitternacht nahet: wir hoffen mit Schmertzen;
Die Lampen ſind fertig: auch brennen die Kertzen.
Wir hoͤren Dich, Liebſter; Du heiſſeſt uns warten:
Man lauffet dir niemahls mit Foͤrderung vor:
Doch251721.
Doch druͤckt uns die Buͤrde auf mancherley Arten:
Das Fleiſch laͤſt die Geiſter nicht gerne empor.
O JEſu! gedencke,
Wie ſehr es uns kraͤncke,
Dir ſo nicht zu dienen, wie wir es begehren,
Aufs wenigſte muſt du uns ſtille ſeyn lehren.
XIV. Weynachts-Gedancken.
Rath, Krafft, und Held und Wunderbar!
Dein Nahm iſt meiner Seelen klar
1. Joh. 2, 13.
10
Die du mit deinem Blut erkaufft,
Und mit der Liebes-Glut getaufft,
Mein Braͤutigam, an meiner Stirne brennt
Dein Nahm und Creutz, ſeit dem ich dich erkennt.
Wenn ich, mit allem meinem Fleiß,
Mir nimmermehr zu rathen weiß,
Und meine Ohnmacht Unverſtand
Und Schwachheit kraͤfftiglich erkandt;
So biſt du ja der unerforſchte Mann,
Der allen meinen Sachen rathen kan.
Fehlt mirs an aller Lebens-Krafft,
Hat meine Rebe keinen Safft,
Und ſincke ich vor Mattigkeit
Bey nahe hin zu mancher Zeit;
So iſt dein kraͤfftiges Gefuͤhl in mir,
Das haͤlt mir ſtarcke Helden-Kraͤffte fuͤr.
Wenn ich im ſchweren Glaubens-Kampf
Durch manchen dicken Rauch und Dampf,
Durch manche Leibs - und Geiſts-Gefahr,
Mich drenge zu der Sieges-Schaar;
So biſt dus, unbezwungner Wunder-Held,
Der meinetwegen alle Feinde faͤllt.
Wenn ſich mein Senff-Korns-Glaube regt,
Und kindlich dir zu Fuͤſſen legt,
So mag der Feinde Hohn-Geſchrey
Erthoͤnen: daß ich thoͤrig ſey.
Jch261722.
Jch fuͤrchte mich deswegen doch kein Haar:
Mein Glaub iſt Sieg, mein Zweck iſt Wunderbar.
Mein Alles! meine gantze Welt!
Mein Freund! der ewig Farbe haͤlt,
Mein weiß - und rother Braͤutigam!
Mein immerwaͤhrend Oſter-Lamm!
Mein Leit-Stern! meine Liebe! meine Zier!
Sey ewiglich mein Steinritz, mein Panier!
Haſt du mich in der Zeit gewollt,
Die Raͤder ſchnell von dannen rollt?
So miß mir ſelbſt die Stunden ab!
Sey meiner Reiſe Wander-Stab!
Sey meines Thuns ſein Schoͤpffer! fuͤhre mich
Jn allem dir zu wandeln wuͤrdiglich!
Soll ich viel Jahr im Karren fort;
So zeige mir den Ruhe-Port,
Von ferne zeige mir die Stadt,
Die deine Hand bereitet hat,
Das guͤldne Seraphinen Liebes-Licht:
So ſchrecket mich die lange Reiſe nicht.
Und wenn ich meiner Bruͤder Zahl
Nach deiner holden Gnaden-Wahl
An meinem Theile auch erfuͤllt;
Wenns endlich auch Belohnens gilt:
So weiſt du, daß mein Lohn, mein Licht und Ruh
Nur du alleine werden ſollſt, Nur Du.
XV. Auf die Heimfuͤhrung der Graͤfin Theo - dore Reußin geb. Graͤfin zu Caſtell, nach Ebersdorff.
Mein Bruder, goͤnne mir, daß ſich von ferne her
Noch eines Freundes Hertz mit deinem Geiſt ver binde,
Und dich mit einem Blatt voll lautrer Liebe ehr:
Es kommt nicht eher an, damit es Muſſe finde.
So hat dich Ebersdorff nun wiederum erlangt,
Und ſchließt dich feſte ein mit deiner Theodoren;
Dein271722.
Dein liebes Land, das laͤngſt mit vielem Guten prangt,
Erfreut ſich, daß dir GOtt das Beſte ſelbſt erkohren.
Die theure Mutter wird voll Lobs und Dancken ſeyn;
Die Schweſtern voller Troſt, die Freunde voll Vergnuͤgen;
Die Diener ſtimmen ja vermuthlich alle ein;
Und jeder Redliche; ein Danck-Lied beyzufuͤgen.
Es fehlet auch gewiß an guten Wuͤnſchen nicht;
Und wenn du beten hilffſt, GOtt wird ſie alle hoͤren:
Jch leiſtete vorhin die bruͤderliche Pflicht,
Und ietzo ſoll dis Wort auch ſeinen Leſer lehren.
Es war das Lobe-Lied der Sache gantz gemaͤß,
Darinn ich zu Caſtell die Wunder GOttes prieſe,
Der eine tadelte, der andre ruͤhmte es,
Womit ſich der Verſtand von ſolchen Sachen wieſe.
Jndeſſen weil es doch noch Kinder GOttes hat,
Die ihres Vaters Hand zu kuͤſſen ſich bequemen;
So wiederhole ichs mit wohlbedachtem Rath,
Die Freuen zu erfreun, die andern zu beſchaͤmen.
ARIA, Welche nach der geſchehenen Verlobung zu Caſtell abgeſungen wurde.
Wie biſt du ſo wunderbar groſſer Regente,
Der Himmel und Erde und alles bewegt!
Ach wenn doch die Menſchheit dein Weſen erkennte;
So wuͤrde dem Sorgen das Handwerck gelegt:
Der Eigenſinn muͤſte, wie andere Luͤſte,
Dem Vater im Himmel, dem Schoͤpffer der Erden,
Geopffert, und alſo gebaͤndiget werden.
Die Klugheit Ahitophels muſte vernarren,
So bald ſie mit David dem GOttes-Mann ſtritt:
Die Weißheit der Menſchen muß gleichfalls erſtarren,
So bald ein Kind GOttes den Schauplatz betritt.
Die goͤttliche Thoren ſind weiſer gebohren,
Als alle die Weiſen, die unter den Sternen,
Mit Muͤhe und Arbeit ihr Wiſſen erlernen.
Das281722.
Das ſiehet und hoͤret der elende Hauffe
Der Klugen, die Chriſtus zu Narren gemacht,
Und ſtehet nicht ſtill im vergeblichen Lauffe,
Bemuͤht ſich hingegen bey Tag und bey Nacht,
Vom Abend zum Morgen vermehrt ſich ſein Sorgen
Und endlich bekommt er von geſtern und heute
Das Warten der kuͤnfftigen Dinge zur Beute.
Die Chriſten ſind ſtille und laſſen den machen,
Der ihnen als Vater mit Rechte befiehlt;
Die andere ſehens, und ſpotten, und lachen,
Daß GOtt mit den Seinen ſo wunderlich ſpielt.
Und dieſer erſcheinet, wenns niemand vermeynet,
Und hebt ſich in ſeinen gemeſſenen Schrancken
Weit uͤber der Menſchen Vernunfft und Gedancken.
Frolocket ihr Kinder der ewigen Liebe,
Jhr werdet zum Wunder und Zeichen geſetzt:
Der Vater entbrennet vor hertzlichem Triebe,
So bald ihr die Wangen mit Thraͤnen benetzt.
Er hoͤrt ja im Himmel der Erden Getuͤmmel,
Dafuͤr ſich die himmliſch-geſinnete Seelen,
Die ſtoltze Behauſung der Ruhe erwaͤhlen.
So hat ſich bey Chriſten ein jeglicher Morgen
Auf ſeine Beduͤrffniß alleine geſchickt:
Wie kommt es denn, daß man die leidige Sorgen
Bey Kindern der Menſchen ſo haͤuffig erblickt?
Weil dieſe ſich ſelber, und guͤldene Kaͤlber,
Zu ihren ohnmaͤchtigen Goͤttern erwaͤhlen, So ſtehet es dieſen wohl an ſich zu quaͤlen.
Die Wunderthat, die in verwichenen Tagen,
Jm Reuß - und Caſtelliſchen Hauſe geſchehn.
Wird alle in ihrem Gewiſſen verklagen,
Die GOttes Werck ohne Verwunderung ſehn:
Wer haͤtte die Sachen verwirreter machen,
Und dennoch ſo ſeliglich endigen koͤnnen,
Als er, den wir Vater und Wunderbar nennen?
Er hat an dem Braͤutigam Groſſes bewieſen, Die Wunder-Regierung erfreuet die Braut:Er291722.
Er werde denn ewig vor alles geprieſen.
Was unſere Augen die Tage geſchaut!
Er mache Sie beyde voll heiliger Freude,
Verbinde Sie mit dem vollkommeſten Bande, Und hoͤre das Flehen der Stillen im Lande.
Hat er Sie von Ewigkeit dazu erleſen,
Worzu Sie ſein Liebes-Rath neulich gefuͤhrt,
So werde von nun an ihr Leben und Weſen,
Von ſeiner durchdringenden Liebe geruͤhrt:
Sie muͤſſen auf Erden ein Ebenbild werden.
Von Hertzen die ſeine Verſehung gebunden,
Und die in derſelben ihr Gluͤcke gefunden.
Und weil er uns alle ſo herrlich gelehret, Daß Menſchen-Kunſt nichts, und Er alles gemacht,
So werde der Unruh auf ewig gewehret,
Und wir in die ſeelige Stille gebracht,
Darinnen die Seinen verborgener ſcheinen,
Als Leute, die Leben und Geiſter verliehren,
Und dennoch den Erd-Kreiß alleine regieren.
Wohlan der Bundes-GOtt hat ſich recht treu erzeigt,
(*)Durch die Vermaͤhlung der Durchlauchtigſten Printzeßin So - phia Magdalena zu Brandenburg Culmbach, an des damaligen Cron-Printzen von Daͤnnemarck Koͤnigl. Hoheit.
(*)
Wir wiſſen was er juͤngſt vor neue Wunder uͤbte,
Wie hoch hat er erhoͤht die er ſo tieff gebeugt,
Wie hat er die erfreut, die er zuvor betruͤbte.
Geliebte! da Euch GOtt den ſchoͤnen Vorzug goͤnnt,
Daß Jhr in ſeiner Furcht die Sache angefangen,
Daß Euch ſein Gnaden-Ruff zur heilgen Eh ernennt,
So ſuchet ewiglich in dieſem Schmuck zu prangen.
Drum nehmet Euch doch nichts in eurem Leben fuͤr,
Dabey der treue HErr nicht Rath und That geweſen:
Der HErr eroͤffne Euch des Gluͤcks und Creutzes Thuͤr,
Er leg Euch Kranckheit auf, er laſſe euch geneſen.
Er ſelber mach es Euch ietzt leicht, und morgen ſchwer,
So, wie ſein weiſer Rath es euch bequem ermiſſet.
Was Euch begegnen kan, das alles ſchaffe Er,
Damit Jhr Lieb und Leid von Jhm zu fordern wiſſet.
Er301722.
Er ſey der erſte Grund, der Mittel-Punct, und Schluß
Von allem Euren Thun: ſein Stecken muͤß Euch weyden:
Er zuckre jeden Kampff mit ſeiner Gunſt Genuß,
Und woll Euch allen Troſt der Creatur verleiden.
Wie ſuͤſſe ſchmeckt das Brod, das ſeine Guͤte ſchenckt,
Wie labet uns der Tranck, den ſeine Liebe quillet!
Wohl einer jeden Seel, die ſich in Jhn verſenckt,
Und ihrer Sinnen Sturm in ſeiner Sanfftmuth ſtillet.
Mein Bruder, deine Ruh wird meinen Geiſt erfreun,
Und die Zufriedenheit der werthen Theodoren
Wird mir ein Gnaden-Lohn von GOttes Guͤte ſeyn,
Die Euer Eheband im Waͤchter-Rath erkohren,
Erinnert Euch nur offt, was von der Lebens-Saat,
Was von der Seeligkeit des GOtt vermaͤhlten Orden,
Und von der Wunder-Hand, die euch geleitet hat,
Auf Reminiſcere
(*)Das war der Verloͤbniß-Tag, und jenes der Jnhalt damaliger Reden.
(*) iſt ansgeſprochen worden.
HErr hoͤre mein Gebet, und ſiehe gnaͤdig an
Die Kinder, die Jhr Gluͤck in deiner Hand gefunden:
Brich Jhnen uͤberall die ſchoͤne Glaubens-Bahn,
Vermaͤhle Sie mit Dir, ſo ſind ſie feſt verbunden.
XVI. Auf eines Freundes Jahrs-Tag.
Chriſtum uͤber alles lieben,
Ubertrifft die Wiſſenſchafft:
Jſt ſie noch ſo hoch getrieben,
Bleibt ſie ohne alle Krafft;
Wo nicht JEſu Chriſti Geiſt
Sich zugleich in ihr erweiſt:
JEſum recht im Glauben kuͤſſen
Jſt das allerhoͤchſte Wiſſen.
Chriſtum lieben iſt die Kette,
So die Freundſchafft veſte macht:
Liebt man Chriſtum um die Wette,
Wird der Lauff mit Luſt vollbracht. JE -311722.
JEſus, unſer hoͤchſter Schatz,
Haͤlt auf dieſer Bahn den Platz;
Und am abgemeßnen Ende
Lauffen wir in ſeine Haͤnde.
Chriſti wohl-gepruͤfte Liebe
Gegen ſeine Laͤmmerlein
Fordert gleiche Liebes-Triebe:
Er iſt unſer, wir ſind ſein.
Schafe wiſſen nichts von Muͤh,
Chriſtus hebt und traͤget ſie:
Seine ausgeſuchte Heerde
Fraget wenig nach der Erde.
Chriſtum lieben, lehrt die Weiſe,
Wie man kluͤglich handeln ſoll,
Und die gantze Himmels-Reiſe
Jſt der Liebe JEſu voll:
Alle Weg und Stege ſind
Vor ein ſeligs Gnaden-Kind
Auf das Beſte zubereitet,
Daß es ja nicht etwa gleidet.
Chriſtum lieben giebt die Maſſe,
Wie ich heilig leben muß:
Was ich thue, was ich laſſe,
Lehrt ſie mich in Uberfluß,
Und wie weit ich Tag vor Tag
Jn der Liebe wachſen mag:
Alle gute Werck und Triebe
Wuͤrckt die muntre JEſus-Liebe.
Chriſtum lieben machet weiſer,
Denn die alt-Erfahrnen ſind:
Auf die Liebe bau ich Haͤuſer
Gegen allen Sturm und Wind:
Chriſtum lieben, iſt gewiß
Satans groͤſte Hinderniß;
Wo er Liebe Chriſti ſiehet,
Da iſts ausgemacht: Er fliehet.
Chri -321722.
Chriſtum lieben macht die Banden
Aller andern Liebe ſeſt:
Aber alles wird zu Schanden,
Was ſich hier nicht gruͤnden laͤſt.
Chriſti Lieb in ſeiner Maaß
Bringt uns wohl der Menſchen Haß;
Aber wer ſich drein verſencket,
Dem wird mancher Feind geſchencket.
Chriſti Liebe, Einfalt, Wahrheit,
Und der Bruder-Liebe Band,
Die beſtehn in Krafft und Klarheit
Hier und auch im Vaterland.
Treuer Freund, wie wuͤnſch ich dir
Dieſe ungemeine Zier,
Dieſe Crone aller Gaben,
Chriſtum JEſum lieb zu haben.
JEſu, meiner Seelen Weide,
Meine hoͤchſte Lieblichkeit!
Lehre ihn bey Feeud und Leide
Jn der kurtzen Pilgrims-Zeit
Dir, dem GOttes-Laͤmmelein,
Biß zum Tode treu zu ſeyn.
Und an ſtatt darnach zu ſterben,
Laß ihn gehn und mit dir erben.
XVII. Auszug aus einem Hochzeit-Gedich - te an den jungen Herrn Francken in Halle.
Nach vielen unbequemen Stunden,
Nach jenes langen Winters Plag,
Haſt du ein lieblichs Loß gefunden,
Und ſieheſt einen Sommer-Tag;
Nach Kranckheits-Noth
Entweicht der Tod,
Und durch der Auferſtehung Krafft
Empfaͤngſt du neuen Lebens-Safft.
Wie331722.
Wie ſuͤß iſt doch des HErren Liebe!
Wie unerforſchlich iſt ſein Rath!
Wie maͤchtig ſeines Zuges Triebe!
Wie wuͤrckſam ſeiner Haͤnde That! Gluͤckſeliger!
Dich ſtoͤſt der HErr
Nicht ferne von des Vaters Hauß
Jn eine reiche Erndte aus.
Nur mich, das aͤrmſte ſeiner Kinder,
Mich ſeinen matten Saͤugeling,
Mich heiſt der holde Freund der Suͤnder
Bey nah ein unbeqvemes Ding.
Jch nahe kaum
Zum engen Raum,
Und auf die ſchmale Pforte zu,
So unterbricht er mir die Ruh.
Wohlan, es iſt ja ſeine Weiſe,
Er wuͤrckt, wir ſind nur Handwercks-Zeug:
Er zieh mich nur gemach und leiſe,
Denn ich bin gar ein ſchwacher Zweig;
Soll ſolch ein Reiß
Zu ſeinem Preiß
Mit Fruchten angefuͤllet ſeyn,
So pfropf ers in ſich ſelber ein.
Wie komm ich nur auf ſolche Sachen?
Was ſchreib ich oͤffentlich davon?
Das iſt ja nur der Welt ihr Lachen,
Das lieſet Jſmael mit Hohn.
Jſt wahr? Allein
Jetzt kan es ſeyn,
Daß man ſich laut ergoͤtzen mag;
Dann heute iſt ein Hochzeit-Tag.
Stimmt aber auch der Freund der Seelen
Mit dieſem ihren Vorſatz ein,
Daß ſie ſich anderwaͤrts vermaͤhlen,
Sie, die ſchon lange feine ſeyn? CEs341722.
Es ſcheint faſt nicht;
Diß reine Licht
Haßt alles frembden Feuers Pracht,
Das ſich zu ſeinem Altar macht.
Und viele liebe GOttes-Kinder
Vermeynen dieſes eben auch,
Der Liebe unſerm Uberwinder
Mißfalle dieſer Welt-Gebrauch;
Wo man ſich noch
Ein ander Joch,
Zu ihrer Liebes-Buͤrd und Plag,
Auf ſeine Schultern binden mag.
Daß unſrer Seelen Hut und Wache
Beym Eheſtand verdoppelt wird,
Jſt eine ausgemachte Sache,
Und wird darinnen ſehr geirrt.
Man machet ſich
Gemeiniglich
Die Ehe gar zum leichten Ding,
Und ihre Muͤhe ſcheint gering.
Drum wenn man weißlich uͤberleget,
Wie Mangel, Creutz und mancher Dampf
Sich mit der Eh zugleich erreget,
Und wie, in dieſem ſchweren Kampf,
Manch luͤſtern Lamm
Den Braͤutigam
Verſchertzt mit ſamt der Jungfrauſchafft,
Jndem es ſich ins Fleiſch vergafft:
So moͤchte man ſich wohl bedencken,
Obs kein verwegner Handel ſey,
Sich alſo leichtlich wegzuſchencken.
Gewiß, ich ſtimme Paulo bey;
Die beſte Eh
Halt ich vor Weh,Es351722.
Es ſey der Mann denn Chriſti Braut,
Und auch das Weib dem HErrn vertraut.
Auf dieſe Weiſe laß ichs gelten,
Daß du dir eine Braut erließt,
Wenn Chriſtus dir vor tauſend Welten
Und vor dir ſelbſt am liebſten iſt,
Und iſt dein Weib
Ein Glied am Leib
Des Braͤutigams; ſo lieb es dann
Allein in Jhm, denn Er iſt Mann.
So darffſt du denn auch wenig ſorgen,
Wie lange ſie bey dir verweilt;
Vielmehr da heute oder morgen
Die Ehgehuͤlffin heimwarts eilt,
So dringt dein Sinn,
Zugleich dahin,
Wo ſie beym rechten Schatze ruht,
Und haͤlt es ihm und ihr zu gut.
Sie laͤſt ſichs ebenfalls gefallen,
Wenn JEſus ihr verlobter Freund,
Mit dem ſie, vor den andern allen,
Es hertzlich gut und redlich meynt,
Den lieben Mann,
Der ſie gewann,
Aus dieſes Lebens rauher Lufft
Jn ſeine ſtille Huͤtte rufft.
Nur will gar viel darzu gehoͤren
Jn dieſer Faſſung feſt zu ſtehn:
Man laͤſt ſich durch das Fleiſch bethoͤren
Jn goͤldne Feſſeln einzugehn,
Man meynt dabey:
Wie ſtarck man ſey?
Und wann man ſich verſtricket hat;
So iſt die Reue gern zu ſpat.
C 2Drum361722.
Drum iſts ein ſonderlicher Seegen,
Wen, in der Grund-verderbten Welt,
Der HErr in ſeinen ſchlechten Wegen
Und in dem rechten Gleiß erhaͤlt.
Wenn einige
Jn ihrer Eh
So ehrlich ſind und unbefleckt,
Daß ſie der Braͤutgam einſt nicht ſchreckt.
Daß Ehen ſo beſtehen koͤnnen,
Muß ewig eine Wahrheit ſeyn.
Paul darff ſie Ehrenwuͤrdig nennen.
Das ſtimmte ja nicht uͤberein;
Wenn einge Luſt
GOtt unbewuſt,
Und die nicht in ſein Reich gehoͤr,
Jm Eheſtand erlaubet waͤr.
Es wird zwar Fleiſch vom Fleiſch gebohren,
Und das aus GOttes weiſem Rath,
Der, eh der Menſch ſein Bild verlohren,
Jhm ſchon ein Weib erbauet hat:
Die Luͤſternheit
Drang nach der Zeit
Auch auf die liebe Ehe an,
Und machte ſie ihr unterthan.
Jn denen drauf gefolgten Tagen,
Wards endlich ſo wie ietzt beſtellt;
Da ſich die Kinder GOttes wagen
Jn das Gedraͤnge dieſer Welt.
Sie trauen ſich
Gar ſonderlich,
Und gehen mit der Luſt zum Tantz;
So kommen ſie um ihren Crantz.
Da mengen ſich die Kinder GOttes
Jn allen Koth der Eitelkeit,Und371722.
Und ſchaͤmen ſich des kleinen Spottes
*Wie man hier ſehen kan.
*
Jn dieſer kurtzen Pruͤfungs-Zeit.
Das war nun auch
Vor Alters Brauch,
Da ſah ſich GOttes Eigenthum,
Nach Toͤchtern dieſer Erden um.
Allein, wie iſt es abgelauffen?
Das waͤhrte bis die Suͤnd-Fluth kam,
Und dieſen angeſteckten Hauffen
Jm Eifer von der Erde nahm.
Da ſahe man
Mit Schrecken an,
Wie ſich der Liebes-Geiſt erwieß,
Und ſeine Ehre niemand ließ.
Die Boßheit bricht zu unſern Zeiten,
Als eine Suͤndfluth, da herein;
Die Welt iſt voll von boͤſen Leuten;
Weil viele unerfahren ſeyn,
Was Hurerey,
Was Ehe ſey
Und ſich, als nach der Thiere Art,
Das eine mit dem andern paart.
Drum, die ihr aus dem hoͤchſten Weſen,
Und aus dem Geiſt gebohren ſeyd,
Die ſich der HErr zur Braut erleſen,
Verbindet euch zu dieſer Zeit;
Folgt nah und fern
Dem Jacobs-Stern;
Und wie euch der beruffen hat,
So wandelt, nicht nach eurem Rath.
Seyd ihr, dem Lamme nachzueilen,
Voll obenher entflammter Brunſt,
Und denckt euch nimmermehr zu theilen:
So lernet dieſe edle Kunſt,C 3Und381722.
Und lernt dabey.
Was Demuth ſey,
Die richtet keinen frembden Knecht,
So werdet ihr dem Freunde recht.
Und ihr, die GOttes weiſer Wille
Jns Eheband beſchloſſen hat,
Beſtrebet euch nach wahrer Stille,
Und fragt des HErren Wort um Rath.
Ein Ehe-Mann
Jſt uͤbler dran,
Denn Chriſti Freygelaſſener,
Und eine Ehe-Frau hats ſchwer.
Das muß euch aber nicht verhindern
Jm keuſchen Kampfe treu zu ſeyn:
Sprecht, gleich den wohlgezognen Kindern,
Fein offt ins Vaters Hauſe ein,
Und bittet ihn
Euch ſelbſt zu ziehn,
Damit der Geiſt, trotz Fleiſch und Welt,
Der Keuſchheit Sieg und Crantz erhaͤlt.
Der Mann ſey GOttes Bild und Ehre,
Das Weib des Mannes Ehren-Cron,
Der Mann erbaue, beßre, lehre.
Das Weib weiß offt vielmehr davon;
Allein ihr Sinn
Geht nur dahin,
Wie ſie im ſanfften ſtillen Geiſt
Sich ihrem Ruff gemaͤß erweiſt.
Das waͤre, moͤchte einer ſagen,
Wohl alles gut und wohl beſtellt;
Alleine, wenn wir weiter fragen:
Wies um die Leibes-Fruͤchte haͤlt?
Das Fleiſch iſt todt,
Ein Greul vor GOtt. Hoͤrt391722.
Hoͤrt Paulum, der ſpricht freudig drein:
Daß unſre Kinder heilig ſeyn.
Giebt einem nun der Schoͤpffer Erben;
Die zieh man ihm, nicht Menſchen auf,
Man lerne ſie ihm leben, ſterben,
Und zeig in ſeinem eignen Lauff:
Wie man die Zeit
Zur Ewigkeit
Beſchleunigen, und ſeinen Fuß
Auf GOttes Wege richten muß.
Wenn viele ſo geſinnet waͤren,
Verbliebe manches Aergerniß,
Damit die Menſchen ſich beſchweren;
So ſiegeten wir gantz gewiß.
Der Welt Gebrauch
Jſt immer auch:
Genau auff Jſrael zu ſchaun;
Wie wuͤrd ein ſolch Exempel baun?
Und die ſich an die Ehe ſtoſſen,
Weil ſie ſo wenig Ehen ſehn,
Die, weil ſie erſt aus GOtt gefloſſen,
Auch wiederum zu GOtte gehn,
Die fiengen dann
Vermuthlich an,
Wenn es ſich anders zeigete,
Und lobten ſolche keuſche Eh.
Erlaube mir, hier abzubrechen,
Herr Braͤutigam, und nur mit Dir,
Noch ein Ermuntrungs-Wort zu ſprechen,
Du biſt wohl gleiches Sinns mit mir?
Du wirſt diß Band,
Das GOtt erkannt,
Euch beyden nutz und gut zu ſeyn,
Des Lammes ſuͤſſer Liebe weyhn.
C 4So401722
So wird des erſtgebohrnen Nahme,
Auch uͤber eurer Liebe ruhn,
Und euer ihm geweyhter Saame,
Wird nach des HErren Weiſe thun.
Dann werdet ihr,
So dort als hier,
Jn JEſu Liebe nimmer matt,
Und einſt in reiner Wolluſt ſatt.
XVIII. Auf den ſonderbaren aber redlichen Mann, Ernſt Chriſtoph Hochman von Hochenau.
OGeiſt in JEſu Geiſt verſuncken!
O Leib voll reiner Gnaden-Funcken!
O du vom Lamm erkauffte Braut!
An der man nichts als Segen ſchaut.
Geh ein in deines JEſu Ruhe,
Wirff weg die ausgetretnen Schue
Der Moderiſchen Lebens-Zeit,
Und dringe in die Ewigkeit.
Genieſſe da der Himmels-Saͤffte,
Die hier in allerley Geſchaͤffte
Sich in und an dir kund gethan,
Auf! ſtimme Lammes-Lieder an.
Geh hin in JEſu ſuͤſſen Frieden;
Du wareſt hier ſchon abgeſchieden,
Hie ſchon von Creaturen los,
Und nur in deiner Armuth groß.
Geh hin! wir ſind in Meſechs Huͤtten,
Wir folgen dir mit matten Schritten,
Und gieſſen auf dein kuͤhles Gras
Ein GOtt-geweyhtes Thraͤnen-Maaß.
Du glaubteſt, aber ohne Zancken;
Du liebteſt, aber ohne Wancken;Dein411722.
Dein Friedens-Huͤttlein prangte hier
Mit Friede in dem Streit-Revier.
Der Secten-Geiſt, das Rott-Geſinde,
Vermochte nichts an dieſem Kinde,
Und ſein in Unſchuld zarter Sinn
Zog alle in die Liebe hin.
HErr JEſu, dieſen treuen Zeugen,
Sein ſeligs Reden, weiſes Schweigen,
Und ſeiner Liebe Gnaden-Schein,
Praͤg unſerm Angedencken ein.
Und wecke unſre traͤge Sinnen,
Es eben alſo zu beginnen
Ach! mache uns ſo eingekehrt,
So klein, ſo arm, ſo liebens-werth.
XIX. Eigene Hochzeit-Gedancken.
Cron und Lohn behertzter Ringer,
Der Seeligkeit Herwiederbringer,
HERR JESU, HERR der Herrlichkeit,
Schau vor deines Thrones Stuffen,
Zwey Seelen, welche zu dir ruffen,
Sie waͤren gerne benedeyt.
Du ſeegneſt ja ſo gern, Geſeegneter des HErrn,
Wir begehrens,
So komm herein, wir ſind ja dein,
Und laß uns recht geſeegnet ſeyn!
Brunnquell aller Seeligkeiten,
Ach! fahre fort uns zu bereiten
So, wie es dir gefaͤllig iſt:
Wir als von Natur verdorben,
Wir ſind dem Leben abgeſtorben,
Darinnen du zu finden biſt.
So toͤdte doch den Feind, der uns zu ſtuͤrtzen meynt, Unſer Leben!
Vollbringe nun, uns abzuthun,
Daß wir in deinem Tode ruhn.
C 5See -421722.
Seelig ſind die Geiſtlich Armen,
Sie finden leichtlich dein Erbarmen, Das Land der Himmel bleibet Jhr:
Da im Gegentheil die Reichen,
Und die gar ſatt ſind, ferne weichen
Von deines Koͤnigreiches Zier.
Ach! mach uns Arme reich, doch deiner Armuth gleich.
Gib uns, JESU,
Den reichen Muth! dem irrdiſch Guth
Recht weh, und Armuth ſanffte thut!
Seelig ſind, die leide tragen,
Sie ſollen Troſts genug erjagen;
Jhr Hertzog gieng den Weg voran:
Stieg Er auf durch Creutz und Leiden:
So will Er uns den Kelch beſcheiden,
Der Jhm hienieden gut gethan,
Uns iſt in dieſer Zeit kein Feyertag bereit;
Hier gilts Weinen:
Beym Lammes-Mahl iſt keine Quaal;
Wir aber gehn durchs Jammerthal.
Seelig ſind die ſanfften Geiſter,
Sie ſind auf Erden Herrn und Meiſter;
Und niemand ſieht es ihnen an;
Da ſie doch durch ſtillen Wandel
Jn allerley Geſchaͤfft und Handel
Jhr Lammes-Weſen dargethan.
Es iſt ihr Braͤutigam, das erſtgebohrne Lamm,
Lamm und Loͤwe,
Gar ſanfft und weich, doch ſtarck zugleich;
So ſind auch die aus ſeinem Reich.
Wenn der Feinde ſtoltze Rotten
Der armen Einfalt JESU ſpotten,
Und ſeiner ſanfften Laͤmmerlein; (Weil ſie nicht mit Schatten prangen
Und unverruͤckt am Coͤrper hangen,)
So muͤſſen ſie offt ſchrecklich ſeyn.
(Hohel. 6.)
15
Scheint einem Goliath der kleine David matt,Will431722.
Will er hoͤhnen;
So faͤhrt ein Stein zur Stirn hinein,
Dem, der ein Rieſe wolte ſeyn.
Seelig (gleich dem Lebens Fuͤrſten,) Sind alle, welche ſehnlich duͤrſten,
Und hungern nach Gerechtigkeit,
Sollen auch geſaͤttigt werden;
So, wie ihr Goel hier auf Erden,
Zur vorbeſtimmten Leidens-Zeit,
Den Durſt in ſeinem Theil nach unſrer Seelen Heyl
Wohl empfunden:
Wer in der That, ſo Hunger hat,
Und alſo duͤrſtet, der wird ſatt.
Seelig ſind barmhertz’ge Seelen:
Barmhertzigkeit wird ſich vermaͤhlen
Dereinſt mit ihrer Duͤrfftigkeit!
Wer ein Troͤpffgen Waſſers giebet,
Wird um das Troͤpflein auch geliebet,
Und wohl belohnt zu ſeiner Zeit.
Wohl alſo jedermann, der hier viel Guts gethan:
Wehe denen,
Die ſich durch Pracht darum gebracht:
Vor GOTT wird ihrer ſchlecht gedacht.
Seelig ſind die reinen Hertzen,
Die ihre Crone nicht verſchertzen: Sie werden GOTT im Friede ſehn!
Alle unbefleckte Tauben,
Die an den Freund der Seelen glauben
Und in der Reinigkeit beſtehn,
Die ſehen einſt im Licht, das keuſche Angeſicht
Unſers Lammes;
Lamm, wir ſind dein, behalt uns rein,
Und lehr uns dir recht aͤhnlich ſeyn.
Seelig, die in allen Sachen
Von Hertzen gerne Friede machen:
GOTT ſiehet ſie als Kinder an;
Alſo ſoll ihr Nahme heiſſen,Jn441722.
Jn Friedens-Schmucke ſollen gleiſſen
Die viel zum Frieden hier gethan.
Wer lieſſe ſich denn nun nicht lieber unrecht thun.
(1. Cor. 6, 7.)
15
Friede, Friede,
Hat unſre Gunſt, iſt unſr. Kunſt,
Der reichſte Zanck-Gewinn iſt Dunſt.
Seelig ſind, die voller Freuden Allhier ums Guten willen leiden,
Und ſprechen: Du biſt ja der HERR,
Wir dulden nur um deinet willen;
Die Zahl der Leiden zu erfuͤllen
Wird uns aus Liebe gar nicht ſchwer;
Wie gluͤcklich waͤren wir, o JEſu, wenn wir hier
Um dich litten:
So geh voran, wir dringen an,
Auf dieſe Keiegs - und Sieges-Bahn.
Seelig ſind ſchon hier auf Erden,
Die wacker ausgehoͤhnet werden
Von wegen ihres Braͤutigams:
Wird ſich eine Braut nicht ſchaͤmen
Des Liebſten Nahmen anzunehmen;
Was ſchaͤmen wir uns unſers Lamms.
Das muͤſſe ferne ſeyn, laßt kommen Schmach und Pein! Wir ſind Chriſten,
Und allezeit mit Freudigkeit,
Durch Ehr und Schmach zu gehn bereit.
(2. Cor. 6.)
15
Wir ſind froͤlich aus der Maſſen,
Und wiſſen uns faſt nicht zu laſſen,
Wenn wir die groſſe Seeligkeit
Tapffrer Streiter recht erwaͤgen,
Die ſich mit Chriſto nieder legen,
Ans Creutz in Niedrigkeit und Leid.
Wie ſanffte wird ſichs ruhn, wie wird die Ehre thun,
Nach der Schande:
Wie blitzt der Glantz, wie ſteht der Krantz,
Da halten wir den Ehren-Tantz.
(*)Es iſt ein ſehr falſcher Gedancke, daß man eines Chriſten Hoch -
(*)
Laß451722.
Laß uns Rittermaͤßig ringen,
Durch Todt und Leben zu dir dringen:
Als Feld-HErr tritt ins erſte Glied. Dieſes iſt ein Streiter-Rennen,
Da wir noch manchen Helden kennen,
Der mit uns auf die Bahne zieht.
Das Kleinod iſt es werth, daß man es gantz begehrt, Es iſt unſer:
Wir ſprechen ſchon im hohen Thon
Was gilts, wir bringen es davon.
Darum haſt du uns verbunden,
Und das vielleicht auf wenig Stunden,
Du haſt aus Zweyen Eins gemacht,
Daß wir mit verknuͤpfften Machten,
Die Crone zu erkaͤmpffen trachten:
Hie ſtehen wir auf unſrer Wacht,
Wir ſind von deinem Stamm, du biſt der Braͤutigam,
Wir ſind Glieder,
O Mann und Haupt, wer alſo glaubt,
Der wird dir nimmermehr geraubt.
Alſo muͤſſen wir auf Erden,
Nie, als in dir, erfunden werden: Du haſt uns je und je geliebt,
Du haſt erſt um uns geworben,
Du biſt vor Liebe gar geſtorben;
Wer iſt, der ſolche Proben giebt?
Wohlan, wir lieben dich, O Liebe eigentlich;
Unſre Liebe
Jſt nur ein Bild, ſo lang es gilt,
Wie du uns ENDLich lieben wilt!
XX.
(*)zeit-Tag zum Ehren Tag, und den Todes-Tag zum Buß-Tage macht. Warum laͤßt man nicht an dem Tage, wenn die Kriegs - Leute ins Feld ruͤcken, den Ambroſianiſchen Lobgeſang ſingen, und nach erhaltener Victorie die Litaney beten.
(*)461722.
XX. Auf der verwittibten Frau Graͤfin zu Caſtell 51ſten Jahr-Tag.
HErr JEſu! ſegne Sie um deines Nahmens Willen,
Die unſer beyder Hertz als Vaters Schweſter ehrt.
Ach! fahre fort den Geiſt zu ſetzen und zu ſtillen,
Den noch ſo mancherley von auſſen her beſchwehrt!
O Liebe! haſt du nicht fuͤr ſie den Tod gelitten,
Nicht deiner Gottheit-Glantz mit Dunckelheit bedeckt,
Nicht mit dem hellen Schwarm der Schlangen-Brut ge - ſtritten,
Nicht dich in eigner Krafft fuͤr Sie auch auferweckt,
Nicht, daß ſie herrſchete, dich ſelbſt zum Knecht verkauffet,
Und duͤrftig arm gemacht, die Seele reich zu ſehn,
Nicht dich mit Flamm und Brand des Zornes ſelbſt getaufet,
Um Sie zu wuͤrdigen durch Meer und Feur zu gehn?
Ja, HErr! dis alles iſt fuͤr Sie ſo wohl geſchehen,
Als uns und andere; Ja darum litteſt du:
Sie ſoll dein Antlitz einſt verſoͤhnt im Friede ſehen;
Durch deiner Arbeit Krafft, gedeyhet ſie zur Ruh:
Ja: aber darum biſt du nicht herab gekommen,
Daß du nur bloß allein der Suͤnden-Traͤger ſeyſt:
Du ſcheineſt Gnaden-Licht und Leitſtern aller Frommen;
Damit du uns zugleich von aller Nacht befreyſt:
Dein Wandel ſolte uns, o GOtt-Menſch! deutlich weiſen,
Wie jeder GOttes-Menſch in unbeflecktem Sinn,
Mit ſeinem Lebens-Lauf den Nahmen Chriſti preiſen,
Und alſo ſtreiten ſoll, daß er den Crantz gewinn.
Als Chriſt iſt man nicht Graf, nicht Fuͤrſt, nicht edler Ritter;
Dis duͤnckt dem edlen Geiſt ein ungereimter Tand.
Jhr Nicht! iſt Chriſti Wort: Die Lehre ſchmeckt wohl bitter,
Wenn man des Chriſten Staats-Geſetze nicht erkannt.
Denn hiemit werden nicht die Staͤnde aufgehaben:
Die ſind in ihrer Art als wie ein Boten-Schild,
Damit wir durch das Land der Cananiter traben,
Wo als ein Paſſeport der Ehren-Titul gilt.
Wie471722.
Wie macht es denn ein Chriſt bey dem ſich Wuͤrde zeiget?
Er braucht ſich ſeiner Hoͤh, in groſſer Niedrigkeit;
Sitzt er im Fuͤrſten-Glantz, die Seele liegt gebeuget,
Und haͤlts vor Tages-Laſt der letzten boͤſen Zeit;
Man hoft, wie David einſt, mit denen die auf Erden
Verachtetes Geſchmeiß in Michals Augen ſind,
Zum rechten Ehren-Schmuck hinauf geruͤckt zu werden:
Und eben darum wird man hier ein kleines Kind.
Das Eine, was man noch vom hohen Stande haben,
Das, wie man ihn allein im Seegen fuͤhren kan,
Jſt: Sich fein oͤffentlich mit Chriſto zu begraben,
So iſt man droben groß, ſo hat der HErr gethan.
Das ſehen andere, die werden denn beweget,
Und ſolches ſchlaͤget uns zu lauter Palmen aus:
Ein Hertz, aus Eifecſucht zur Seeligkeit erreget,
Baut ſeinem Foͤrderer ein Stuͤck ans Lebens-Hauß.
Nun Hochgebohrne Frau, Sie heiſt hier nicht vergebens
Und nach dem Schatten groß. Sie iſt auch Obrigkeit,
Sie kennt die Laſt davon, die Peſtilentz des Lebens;
So mache ſich Jhr Geiſt zur rechten Hoͤh bereit!
XXI. An ſeine Gemahlin an ihrem 22ſten Jahr-Tage.
Geſegnete des HErrn! gedenck an unſern Bund,
Und komm, den Lebens GOtt gantz kindlich anzubeten,
Verſencke dich gantz tief in ſeinen Liebes-Grund,
Der ehmals auch vor dich ſo Hoͤll als Tod zertreten!
Er hat an Leib und Geiſt dich ſeeliglich gefuͤhrt;
Er hat dich vor der Bahn der Laͤſterer behuͤtet;
Dein annoch zartes Hertz hat er mit Ernſt geruͤhrt;
Noch eh in deiner Bruſt was feindliches gewuͤtet.
Du fuͤhlteſt, Wertheſte! von deiner Jugend auf
Ein Treiben zu der Welt; ein Licht von falſchen Scheine;
Erhellete die Bahn von deinem erſten Lauff,
Und deines Willens Trieb war eben nicht ſo reine.
Jn -481722.
Jnſonderheit bewarb ſich eitele Vernunfft,
Die mit der ſchoͤnſten Art ſich heilig weiß zu brennen,
Um deine gantze Gunſt, und lockte in die Zunft
Derjenigen, die ſich die weiſen Chriſten nennen;
Die Zunft, die uͤberall den beſten Preiß erjagt,
Die Eitelkeit verſchmaͤht, davon kein Ruhm zu hoffen.
Der Hauffe, welcher viel von JEſu Liebe ſagt,
Und der den rechten Punct des Glaubens nie getroffen:
Die Zunft, davon ich ſelbſt bey nah ein Mitglied war,
Die Einfalt JEſu wohl vor eine Tummheit hielte,
Und ihr geſegnet Creutz vor furchtbare Gefahr,
Dem Tantzen fluchete, und ohne Vortheil ſpielte:
Die Schaar, die ohne Scheu der armen Chriſten lacht,
Und ihres Helden-Fahn zu einer Jrr-Standarte,
Den Ruhm der Niedrigkeit zu eignem Geiſte macht,
Und laͤſtert, daß man nur auf Wunder-Zuͤge warte;
Die aber alles das ſo reiflich uͤberlegt,
Daß man gar oftermahl ihr Bitteres vor Suͤße,
Jhr Spotten freundlich haͤlt, und was ſie boͤſes hegt,
Und was uns ſtuͤrtzen will, ſich immer traͤumen ließe.
Die iſt es, die dich bald, Geliebte! angelockt,
Und die das Chriſtenthum der Kraft verleiden wollen;
So, daß du in dem Ernſt bald hie, bald da geſtockt,
An ſtatt, daß ſich dein Fleiß und Eifer mehren ſollen,
Das weiß ich, liebſtes Kind! aus dem, was deine Treu
Mir als dem Naͤheſten in Liebe ſelbſt vertrauet.
Allein, wie preiſe ich den guten GOt[t]dabey,
Daß er bey alle dem dich gnaͤdig angeſchauet;
Jn ſolchem Stande bin ich von der guten Hand
Des lieben Vaters ſelbſt hieher geleitet worden;
Da knuͤpfte GOtt zuerſt das innerliche Band,
Da ward der Heyraths-Schluß gefaßt im Waͤchter-Orden.
Doch wurde die Gedult und die Gelaſſenheit
Nach jedes Nothdurft erſt abſonderlich probiret;
Und nach verfloſſener geraumer Warte-Zeit,
Der wunderbahre Rath der Weißheit ausgefuͤhret.
So koͤnnen ewiglich ſich ihres HErren freun,
Die er gewuͤrdigt hat gerecht in ihm zu machen;
Wenn491722.
Wenn andre Menſchen ſich vor ſeinen Wegen ſcheun,
So windet ſie ihr Freund aus den verwirrt’ſten Sachen.
Sein Seegen breitet ſich auf Kindes-Kinder aus,
Jns weit entfernt’ſte Glied verdoppelt ſich die Gnade,
Und endlich bringt Er die in ein beſtaͤndigs Hauß,
Die hier nicht wohneten. Denn Welt war ihnen Schade. Phil. 3.
Wohlan, die Zeit iſt kurtz, die Gnade ſey mit dir!
Jch wolte dir wohl ſonſt, mein Hertz! genauer ſagen;
Allein dis ſey genug: Gehuͤlfin! tragen wir
Sein Joch; ſo werden wir auch ſeine Palmen tragen.
XXII. Auf Heinrich des Andern Promotion zur Ruhe in die Hand GOttes.
Was hoͤre ich von dir? Reuß-Plauiſches Geſchlechte!
Es iſt ein Riß geſchehn durch Stamm, durch Stadt und Land: Der Graf zu Ober-Greitz wird ſelig ausgeſpannt.
Dir iſt vollkommen wohl, vollendeter Gerechte.
Allein, was dringet nicht vor ein gebrochner Thon
Der Klage uͤber dich, biß zu des Lammes Thron?
Jhr Seelen, die ihr juͤngſt den jungen Held empfangen,
Jndem er, von der Laſt des Jrrdiſchen befreyt,
Zum ſeeligen Genuß der ſtillen Ewigkeit,
Nach wohl vollbrachtem Lauff, im Seegen eingegangen;
Bewundert, neben mir, den unerforſchten Rath,
Der dieſen Cederbaum ſo bald verſetzet hat.
Was, treue Gaͤrtners Hand, was hat dich wohl bewogen,
Daß du dem edelſten dem Hoffnungs-vollen Reiß,
Gewurtzelt und gepflantzt zu deiner Liebe Preiß,
Bald nach der erſten Frucht, den Safft der Erd entzogen? Die Pflantze Libanons iſt allzu hoch begluͤckt,
Die jetzt dein Tempel-Hauß gleich einem Pfeiler ſchmuͤckt.
Ach, aber HErr, die Zahl beginnet abzunehmen Der Heiligen, die du in dieſer argen Welt,
Zum Zeichen jederman, zum Preiſe dir beſtellt.
Wenn wird ſichs denn einmahl zur beſſern Zeit beqvemen? DWenn501722.
Wenn, Menſchen Freund, wenn ſteht dein Philadelphia
Jn ſeiner Bruder-Lieb und Kinder Einfalt da?
Und ach! was iſt es nicht vor ein gewiſſes Zeichen,
Daß du erzuͤrnet ſeyſt, gerechter Jehovah:
Wenn ſo ein Riß geſchicht, ſo iſt der Fall gar nah,
Der Fall, da Stadt und Land aus ihrer Feſte weichen,
Ein loͤblicher Regent von ſeiner Hut entruͤckt,
Bezeiget, daß es ſich zum Untergange ſchickt.
Und wie ſo hertzlich weh, wie weh iſt ihr geſchehen, Frau Baaſe, da der HErr den lieben Ehemann
Von ihren Haͤupten nimmt: Jch ſeh es alſo an,
Hier ſey der ſchwere Rath des HErrn nicht abzuſehen:
Hier gilt es, hier bedarffs nicht Uberwindens: Nein,
Die Klag iſt ihr vergoͤnnt: Es ſoll gefuͤhlet ſeyn.
Mit Rechte kan ſie ſich im Staube niederlegen,
Um den Entſchlaffenen mit Thraͤnen uͤbergehn,
Es ſey an ihrer Stirn das tiefſte Leid zu ſehn,
Mit ihres Jammers-Laſt den Unfall abzuwaͤgen:
Bricht uns, Gebengete, das Bruͤderliche Hertz
Und ihr entſinckt das Haupt; wie tiefer dringt ihr Schmertz?
Jhr, die ihr ehemals das angenehme Weſen,
Das Heinrich, unſer Freund, nur von Natur beſaß,
Beſonders hochgeſchaͤtzt, und nur ſein Gnaden-Maaß,
Die neue Creatur, zu eurem Spott erleſen,
Was gilts? Sein ſchneller Tod ſetzt euch in Furcht und Graus,
Jhr wiſſet nicht wo ein, ihr wiſſet nicht wo aus?
Der Leib, den ihr geliebt, liegt ietzo in dem Staube,
Ein unbeqvemes Hauß verſchlieſſet ihm das Licht,
Die Schoͤnheit blitzt nicht mehr in ſeinem Angeſicht,
Und was euch eh ergoͤtzt, gedeyht dem Wurm zum Raube;
Nur das, was ihr verhoͤhnt, der aufgeſchwungne Geiſt
Jſt das alleine nun, was unverwelcklich heiſt.
So lernt an ſeiner Grufft euch GOtt in Zeiten weyhen.
Dringt dieſer junge Held ſo bald zu GOttes Sitz;
Erzittert! euer Tod bricht ein als wie der Blitz,
Der Falſchgeliebte kan euch einſt zur Qvaal gedeyhen. Jhn511722.
Jhn ſuchete die Welt, er wollte ihrer nicht;
Euch ließ ſie gerne gehn, ſo ſeyd ihr drauf erpicht.
Die ihr dem Seligen als Hoff - und Land-Beamte,
Nach GOttes Providenz, bedient geweſen ſeyd,
Erinnert euch fein offt der abgewichnen Zeit:
Wie eures Grafens Trieb aus Selbſt-Verlaͤugnung ſtammte.
Jn ſeinem Regiment hat er den HErrn geſucht,
Jhr ſehts, erhaltet nun die draus erwachſne Frucht.
Jhr von dem ſchweren Fall erſchreckte Unterthanen,
Geht euer Landes-Herr, geht euer Vater fort,
Gelangt er aus dem Sturm zum ſtillen Lebens-Port,
Wie ſolte euch dabey nicht mancher Unfall ſchwahnen?
Jhr, die ihr GOttes ſeyd, vereinigt Ernſt und Krafft,
Und ringt, und fleht anjetzt, vor eure Vormundſchafft.
Von mir und meinem Sinn iſt wohl nicht Noth zu ſagen.
Jch dencke, was mir juͤngſt ein Freund des Braͤutgams ſchreibt,
Daß unſers Bruders Geiſt noch immer bey uns bleibt;
Ob unſer Bau-HErr gleich die Huͤtte abgetragen:
Die Stadt, die droben iſt, ſteht mit der untern Stadt
Jn einem Geiſt verknuͤpfft zu Rath, Gebet und That.
Wohlan! Erlaubet mir von unſers Mittknechts wegen,
Jhr Bruͤder, und auch ihr von Zions Schweſterſchafft,
Nur eine Wahrheit noch, in meiner ſchwachen Krafft,
Dem Braͤutigam zum Preiß, euch an das Hertz zu legen:
Jſts nicht? Er wincket uns, der holde Braͤutigam,
Auf Kinder! Folgt der Spur, dem Schafe nach, zum Lamm!
Hohel. Sal. 1, 8.
Der Bruder folgete der gantzen Wolcke Zeugen, Hebr. 12, 1.
Die einem Felſen nach, zur Tief und Hoͤhe dringt,
Und dem erwuͤrgten Lamm Preiß, Lob und Wuͤrde ſingt.
Beliebts der Sonne nun ſich daherab zu neigen;
So zeitigt ſie bald ietzt bald dann ein Troͤpffelein,
Und nimmt es ſanfftiglich in ihre Klarheit ein.
Wer weiß, wen unter uns, die wir den Heyland lieben,
Und unſern Stand daſelbſt zu ſuchen willig ſeynd,
Wo JEſu Chriſti Schmach und Demuth ſich vereint:
Von uns, die noch allhier an einem Karren ſchieben,D 2Wer521722.
Wer weiß, wem unter uns, du Glorioͤſer Fuͤrſt,
Den Sieges Palmen-Zweig vor andern reichen wirſt?
O Lamm! Jch bitte dich, um deiner Treue willen,
Schau mit Barmhertzigkeit die kleine Heerde an,
Wie ſie in dieſer Welt ſich gar nicht haͤuffen kan,
Pielweniger dein Land, Jmmanuel, erfuͤllen!
Kaum iſt ein Lamm bey uns im Stalle angelangt,
So hoͤrt man, daß es ſchon auf deinem Berge prangt.
O Liebe! Dir ſey Danck, daß du den theuren Zweyten,
Jn dieſem Jammerthal ein wenig aufgeſpart,
Und vor dem ſuͤſſen Gifft der Heucheley bewahrt,
Nun aber auch die Stadt ihm wollen zu bereiten.
O Koͤnig! ſey gelobt vor alle dieſe Treu,
Mach jeden Augenblick ſie ſeinem Hauſe neu.
Nur eins, du gutes Lamm! nur diß, begehrt der Hauffe,
Der ſich ſo nach und nach, zu Philadelphia
Jn Liebe ſammlen laͤſt, der deinem Hertzen nah,
Und dir vermaͤhlet iſt, durch Geiſt und Feuer-Tauffe,
Diß Eine bitten wir: O Lamm! verlaß uns nicht,
Entzuͤnde unter uns noch manches Glaubens-Licht!
Dein Hertze neige ſich in Vaͤterlicher Liebe, Auf die, ſo deinen Knecht zur Welt gebohren hat,
*Henriette gebohrne Graͤfin von Frieſen, als damahlige Gemah - lin Herrn Heinrich des VIſten Koͤnigl. Pohln. General Feld-Mar - ſchalls.
*
Gieb ihr, du GOttes Lamm, Erkaͤnntniß, Rath und That,
Verdoppele in ihr des guten Geiſtes Triebe,
Zum Siege fuͤhre aus den innern Zweifel-Streit,
Und richte ihren Sinn ſtracks auf die Ewigkeit.
Laß dieſe, um der Welt ihr Harren zu beſchaͤmen,
Die mit dem Seligen genau verbunden war,
Seine damahlige Wittib, nunmehrige Graͤfin zu Erbach.
Und die du dazumahl entriſſeſt der Gefahr,
Nun zur Beſtaͤndigkeit den feſten Fuͤrſatz nehmen,
Sey du, an jenes ſtatt, der Braͤutigam und Mann,
Der ihren gantzen Geiſt nach Willen lencken kan.
Laß531723.
Laß, Vater-Hertz, das Paar der hinterlaßnen Soͤhne
Dir zu beſondrer Treu und Zucht empfohlen ſeyn;
Nimm, Vater, ihren Geiſt, das zarte Weſen ein,
Damit er ſich ſobald dein Weſen angewoͤhne:
Und endlich goͤnne auch die Crone dieſem Paar,
Die ihres Vaters Zweck, und ſeelge Hoffnung war.
HErr, haſt du Ober-Greitz und Ebersdorff erwaͤhlet, Jm Reuſſen-Lande dir ein Feur und Heerd zu ſeyn,
Und fuͤhrſt den Aelteren bereits zur Ruhe ein;
So werde deſtomehr der Juͤngre eingepfaͤhlet,
Ja HErr befeſtige den Neun und Zwantzigſten,
Schreib ihn, als deinen Knecht, ins Buch der Redlichen!
Die Schmach, den Ehren-Crantz der lieben GOttes Kinder,
Womit ſo mancher Pfaff und Mietling jenen Mann,
Der nun geſieget hat gantz durſtig angethan,
Entziehe dieſem nicht. Er werd ein Uberwinder,
Zum Zeichen in der Welt, zum Wiederſpruch geſetzt,
Und mit Propheten-Lohn dereinſt von dir ergoͤtzt.
Wird nun der Grafen-Stand, die eitele Chimere,
Die an ſich ſelber nichts, als Koth und Schaden iſt;
Wo ferne man dabey der Kindſchafft Siegel mißt,
Ein nuͤtzlich Boden-Schild zu unſers Koͤnigs Ehre;
So ſchaͤm ich mich ſo dann auch dieſes Nahmens nicht,
Und trag ein Fuͤncklein bey zum ſchoͤnen Abend-Licht.
Auf, Bruͤder, laſſet uns der Traͤgheit alle ſchaͤmen,
Die Zeit iſt kurtz, die Pflicht iſt groß, des Thuns iſt viel,
Kaͤmpfft, fechtet, laufft getroſt und unverruͤckt zum Ziel:
So muß ſich Welt und Fleiſch, und Satanas beqvemen.
Die Groͤſſe dieſer Welt iſt nur ein Narren-Tand;
Ein Prieſter GOttes ſeyn: Das iſt ein hoher Stand.
XXIII. Auff den Hingang des Reichs Cam - mer-Praͤſidenten, Graf Friedrich Carls zu Solms.
Gehts fort, du Großer Solms! entbrichſt du dich der Zeit,
Weil dich doch keine Zeit der Laſt entbrechen moͤgen?
D 3Wohl -541723.
Wohlan, ſo eile denn zur ſtoltzen Ewigkeit,
Auf! folge dieſem Ruf, zur Ruhe! geh im Seegen.
Ach! tritt der Boßheit Stoltz nun unter deinen Fuß,
Die Ungerechtigkeit, die dir das Hertz gebrochen:
Von dieſer Tages-Laſt und ſtuͤndlichem Verdruß
Jſt dein befreyter Geiſt nun ewig loß geſprochen.
Jhr, die ihr eure Laſt nach GOttes weiſem Rath,
Als ein beſcheiden Theil noch eine Weile traget,
Jhr, deren Treue ſich vors Recht bemuͤhet hat,
Kommt hoͤret, was man ihm zum letzten Lob-Spruch ſaget.
Jch ruffete hierzu die Feinde ſelber auf;
Denn ſeiner Tugend Preiß bedarff wohl keiner Freunde,
Die aus Ergebenheit ihm croͤnen ſeinen Lauff,
Allein, er ſagte uns: Er habe keine Feinde.
Jſt, theurer Friedrich Ernſt, der keiner dann zur Hand,
Die deine Trefflichkeit beſchaͤmt erheben koͤnnen,
Wie Uberwundne ſonſt dem Sieger vorgeſpannt,
So wird dein haͤufigs Lob ſich ſelbſt den Weg verrennen.
Dir aber, dem es nie um Ruhm und Ehre galt,
Dir, deſſen wahrer Preiß in Niedrigkeit gegruͤnet,
Dir iſt in deinem Sitz: Der Wonne Auffenthalt,
Mit einer Blumen-Streu aufs Grab, nicht viel gedienet.
Doch werden die ins Recht hinein verwickelt ſteh’n,
Die in dem Jammerthal vor der Chicane Tiſchen,
Offt voll Verzweiffelung um Troſt und Huͤlffe fleh’n,
Dir wenigſtens den Staub mit ihren Thraͤnen miſchen.
HErr! der du dieſen Knecht der Welt geliehen haſt,
Und goͤnneſt deinem Volck, dich freundlichen zu loben,
Sey fuͤr des Seeligen nun abgelegte Laſt,
Fuͤr ſeine Tugenden und alles, hoch erhoben!
Gelobt ſey deine Krafft, die durch Benigne Hand
(Das arbeitſame Glied des Ausbunds aller Frauen,)
Den Grafen als ein Kind bereits dahin gewandt,
Sich einen Felſen-Bau, kein Garten-Hauß, zu bauen.
Gelobt ſey dein Befehl, der ihn zum Dienſt ernennt,
Dort, wo Gerechtigkeit ſchon lange thronen koͤnnen,
Wohin der helle Hauff bedruͤckter Menſchen rennt,
Die ausgewichne Ruh durchs Rechten zu errennen.
Du551723.
Du ſelbſt Gerechtigkeit! ſey ewig benedeyt,
Daß du gar fruͤhe ſchon ihn damit angezogen,
Was ſo viel Tauſende in ihrer Noth erfreut,
Und daß ſein Richter-Stab ſich ſeitwaͤrts nie gebogen,
Monarche aller Welt, der Kinder Freuden-Klang
Ob deiner Herrlichkeit iſt hoch empor geſchwungen,
Die in dem Seeligen der Tugend einen Rang,
Der ihr ſo ſelten iſt, auch in der Welt erzwungen.
Der Kaͤyſer lobet dich, des Scepter, Cron und Reich
Dein ausgereckter Arm mit Wohlthun unterſtuͤtzet,
Der Kaͤyſer, der dich kennt, bekennet die zugleich,
Daß dieſes Grafen Dienſt ihm und dem Reich genuͤtzet.
Das teutſche Kaͤyſerthum, dem großen Koͤnige,
Als Fuͤrſten pflichtbar ſind, die Perl der Monarchien,
Schickt billig ſeinen Danck durch die geſtirnte Hoͤh,
Daß es in ſeinem Schooß, ihn moͤgen aufferziehen.
Du ewiger Regent, dich betet Laubach an,
Und preiſet deine Treu, fuͤr dieſen ſeinen Grafen,
Ja, es erzehlet dir, wie viel er Guts gethan,
Jhm ſchickts die Sehnſucht nach biß in den frohen Hafe[n .]
Das hohe Hauß von Solms, daraus er hergeſtammt,
Erkennt den großen Werth des theuren Diamanten,
Der nun beym Todten-Licht recht in die Augen flammt
Auch denen, welche ihn am Tage ſo nicht kannten.
Wer unter ihrer Zahl, wer eyfferte dann nicht,
Dem Hochbeſeeligten an Tugenden zu gleichen?
Zu leuchten in der Welt, als ſo ein reines Licht,
Und denn der Sterblichkeit, ſo funckelnd zu entweichen?
Laß, Liebe! jeglichen, den dieſer Name ziert,
Auch einen ſolchen Glantz der Tugend ruͤckwaͤrts ſtrahlen,
Dich aber, ohne dem uns lauter Jrrlicht fuͤhrt,
Muſt du zu dieſem Zweck fuͤr aller Augen mahlen.
Die hinterlaßne Frau, die laß im Segen bluͤhn,
Beliebe ihr nunmehr viel Weißheit zu ertheilen,
Des trefflichen Graf Carls und[Y]ſenburgs Bemuͤhn,
Laß den verwaͤyſten Staat an ſeinen Wunden heilen.
Die Kinder, welche auch noch in der Huͤtte ſind,
Und von der Wiege an in Faͤhrniß biß zum Grabe,
D 4Die561723.
Die pfropffe gar in dich, und zeitige geſchwind,
Daß ihre gute Frucht uns alle kraͤfftig labe.
Dein Segen breite ſich in Laubach weiter aus,
Die dir geweyhte Schaar wirds wohl von dir erhalten,
Und baue deiner Ruh daſelbſt ein bleibend Hauß;
So wird Gerechtigkeit und Friede drinnen walten.
Jhr aber, Sterbliche! die ihr in dieſer Welt
So einen Namen habt, der etwas ſoll bedeuten,
Und den man insgemein fuͤr Standes-Wuͤrde haͤlt,
Lernt, wie der Seelige, um wahre Wuͤrde ſtreiten.
Wißt das: Graf Friedrich Ernſt ward Landes-Herr genennt.
Er war ein wuͤrcklicher geheimbder Rath von Kaͤyſern,
Jm hohen Reichs-Gericht der Cammer-Praͤſident,
Die Burg von Solms prangt ſo mit Majeſtaͤtſchen Haͤu - ſern.
Allein Er wuſte es, daß dieſe Ehre nicht
Das Weſen ſelber war, wie etwa viele meynen:
Das von der GOttheit ſelbſt in Jhm entflammte Licht,
Begonnt in ſeinem Geiſt viel heller einzuſcheinen.
Und als Er ietzo nun vor ſeinem HErren trat,
Vom anvertrauten Pfund die Rechnung abzulegen,
Da eben zeigte ſich, gleich als auf friſcher That,
Des Adels von der Hoͤh durch Blut erkaͤmpffter Segen.
Welch irrdiſch hoher Stand trotzt jener Ewigkeit,
Allein, welch armer Chriſt kan ihre Furcht nicht jagen:
Drum ſucht ein Weiſer nur die Schaͤtze in der Zeit,
Die ihre Guͤltigkeit in ihnen ſelber tragen.
Horaz und Juvenal verlachen dieſe Pracht,
Wenn Menſchen mit dem Schmuck geborgter Federn prangen,
Weil ſie im Augenblick uns Schimpff und Bloͤſſe macht,
Wenn, die ſie uns geliehn, ihr Gut zuruͤck verlangen;
So ſtimmen Chriſten gern zu dieſer Meynung ein;
Wir glauben: Weil die Welt, was ſie uns anfgehencket,
Auch gerne wieder nimmt; es ſey erborgter Schein,
Der Seele aber ſey ihr Adel-Stand geſchencket.
Jſt dieſes ausgemacht; ſo lernt ihr Sterbliche,
Jhr ſeyd ſo groß ihr wollt, und noch ſo hoch gebohren,
Lernt,571723.
Lernt, wie Graf Friedrich Ernſt, daß alles Ding vergeh,
Nur JEſus nicht, und der, den JEſus auserkohren.
Wollt ihr, daß euer Ruhm einſt auf Papier gedruͤckt
Mit dem beſtaubten Blat in Jahr und Tag veralte;
So ſehet zu, wenn ihr auf hohe Staffeln ruͤckt,
Daß ſich die Ehre ja, ſo lang ihr lebt, erhalte.
Wuͤnſcht ihr im Gegentheil euch lieber da genennt,
Wo der getreue Zeug und Hohe-Prieſter Amen,
Die Streiter ewiglich vors Vaters Stuhl bekennt,
So folgt demſelben nach, ihr tragt ja ſeinen Namen.
XXIV. Auf der Frau Groß-Mutter 76. Jahrs-Tag.
DJe ihr mit fremden Schmuck zu prangen faͤhig ſeyd,
Nicht aber eignen Glantz der Tugend zu erreichen!
Geht, ruͤhmet, was ihr koͤnnt, der Ahnen Treflichkeit;
Pocht, Helden, deſtomehr auf eigne Sieges-Zeichen.
Geht, grabet euren Preiß in Marmel-Stein und Ertz,
Setzt Pfal und Pfeilerwerck wo ſonſten Stroͤme floſſen;
Erhebt den Obeliſc von dannen Himmelwerts,
Thuͤrmt Ehren-Pforten auf, ſetzt prangende Coloſſen:
Laßt in Gemaͤhlden ſehn, was eure Mord-Fauſt thut,
Der Reimer Phantaſey von eurer Haͤrte dichten;
Beſchreibt mit Caͤſare den eignen Helden-Muth,
Laßt die Hiſtorien euch Ehren-Mahle richten.
Wie? oder eckelt euch vor Blut und Feuer-Strahl,
Betruͤben euch vielleicht die drohenden Trompeten?
Beliebet euch vielmehr ein luſtig Freuden-Mahl,
Und der gedaͤmpfte Klang der angenehmen Floͤten?
So laßt die kuͤnftge Welt von eurer Freundlichkeit,
Von eurer Wayde-Luſt und Bau-Begierde ſprechen;
Und wenn der Erb-Printz einſt mit Regimentern draͤut,
Der Diener weiches Hertz vor Reu und Sehnen brechen.
Jſt euer edler Geiſt den Muſen zugeneigt,
Und mag ſich ſeine Zeit mit Schul-Gezaͤncke kuͤrtzen;
Schreyt Ariſtoteles, Mars und Diana ſchweigt;
D 5So581723.
So wird die Caſtalis auf euern Lehn-Stuhl ſtuͤrtzen.
Den einen hoͤret man auf Krieg und Kriegs-Geſchrey,
Den andern auf die Luſt und Eitelkeiten ſchmaͤhlen;
Der dritte ſpricht von nichts, als von Pedanterey;
Ein jeder giebt der Zeit ein Maͤhrlein zu erzehlen.
Jch lobe einen Geiſt der von dem Kinder-Spiel
Der Lob-Gedichte noch in Zeiten uͤberzeuget,
Auf eine Ewigkeit, das kurtze Lebens-Ziel,
Und ſeiner Thaten Zweck auf GOttes Wege neiget.
Den lob ich, deſſen Geiſt aufs Himmliſche gewandt,
Die hin und her zerſtreut und eitle Menſchen-Kinder
Mit viel Erbarmen traͤgt, und ſeinen Ehren-Stand
Darinn alleine ſucht: Er ſey ein armer Suͤnder.
Frau, deren Helden-Muth in abgewichner Zeit,
Die hochgelahrte Schaar durch manchen Dichter ehrte,
Nicht ſo? Der Ruhm behielt gar wenig Herrlichkeit,
Seit dem dich unſer HErr ſelbſt etwas beſſers lehrte.
Jch meyne, groſſe Frau, dein ſichrer Ruhe-Port,
Die Anfurth deines Geiſts aus dieſer Welt-Gewirre,
Sey von geraumer Zeit das ſuͤſſe Hirten-Wort:
Kommt, Schaͤflein, naͤher her, kommt ruͤckwerts aus der Jrre!
Dein Heyland hat auch dich, bey fruͤher Tages-Zeit,
Vom Schlaf der Sicherheit lebendig aufgewecket:
Dein Heyland hat auch dich vom Suͤnden-Joch befreyt,
Darunter deine Seel in tiefer Angſt geſtecket.
Dein Leben ſtellet uns ein ſchoͤnes Muſter vor,
Wie man im Zeitlichen kan hochgeſegnet bleiben;
Dringt gleich der edle Geiſt vom Jrrdiſchen empor,
Und laͤßt ſich eine Macht der Liebe hoͤher treiben.
Wir wenden uns hierauf zum Koͤnige der Zeit,
Der Ewigkeiten Quell, zu unſrer Tage Meiſter,
Wir bringen ihm ein Lob in Hertzens Lauterkeit:
Kommt, einigt Hertz und Mund mit uns, ihr reinen Geiſter!
XXV. An ſeine Gemahlin, als ſie 23. Jahr alt worden.
GEhuͤlffin, die das Lamm mir ſelber angetraut,
Die ſeine Liebes-Hand in meine Hand beſchloſſen,Und591723.
Und uns biß dieſen Tag mit Gnaden-Thau begoſſen;
Komm, bete mit mir an! komm, meines Koͤnigs Braut!
Die Eh iſt allerdings ein ſehr geheimer Stand,
Ein Stand, den unſer HErr im Garten ſchon geſegnet,
Dem JEſu Gegenwart, o hohe Gunſt! begegnet,
Ein in der Ewigkeit geknuͤpftes Liebes-Band.
Zwar wenn man zu der Eh durch Welt-Luſt angekiert,
Dieſelbige vollzieht, nach Art der Hochgebohrnen,
Ach! aber auch dabey von GOtt nicht Auserkohrnen, (1. Cor. 1.)
Was Wunder, daß die Reu gleich mit geehligt wird.
Wie, ſpricht man, wilſt du denn, daß ſie beſchaffen ſey?
Du lehreſt uns vielleicht die Ehe der Phantaſten,
Die ſich vor Aengſtlichkeit und Harm zu Tode faſten?
Nein! Freund, die Eh im HErrn iſt von dem allen frey.
Ein Knecht der Liebe iſt im uͤbrigen gefreyt,
Ein Fuͤrſt der Herrlichkeit, des Vaters edle Pflantze,
Und eine Magd des HErrn prangt in dem Glaubens-Crantze,
Zu ſolchem Paare reimt ſich wol kein Sclaven-Kleid.
Wie ſieht denn aber nun die rechte Ehe aus?
So ſieht ſie aus: Die Braut, Jmmanuel verſchrieben,
Jſt einem guten Freund im Angedencken blieben,
Der liebt, der huͤtet ſie, biß hin ans Hochzeit-Hauß.
Und wie nicht Weib noch Mann in JEſu Chriſto iſt,
So ſind ſie beyderſeits ſo Kaͤmmerer, als Freunde
Vom rechten Braͤutigam, dem Schrecken unſrer Feinde,
Da eins das andre denn zu ſchmuͤcken nicht vergißt.
Die Zeit des Lebens iſt die Zubereitungs-Zeit,
Die Monden, die der Fuͤrſt, ſeit dem er ſie erkennet,
Und ſie als Jungfer ſelbſt zum Ehe-Bett ernennet,
Zur Salbung und Geſchmuck der ſchoͤnen Seelen leiht.
Da muß die Frau den Mann, der Mann muß ſeine Frau,
Die ihm der Braͤutigam zur Pflege uͤbergeben,
Mit Ernſt bemuͤhet ſeyn zur Hochzeit aufzuheben;
Der Zweck iſt, daß man ſich nur zier und auferbau.
Ein601723.
Ein Fleck, ein kleiner Staub, was ſonſt kein Auge kennt,
Was ſonderlich die Lieb am allerſchwerſten ſiehet,
Das alles iſt man hie genau zu ſehn bemuͤhet;
Weil Stund und Augenblick zum Hochzeit-Tage rennt.
Wenn man ſich allemal nicht recht zu helffen weiß,
So geht man eilends hin dem Braͤutigam zu beichten,
Der laͤßt von ſeinem Thron ins Hertz den Scepter leuchten,
Und winckt der Seele denn zuruͤck ins rechte Gleiß.
Mein anvertrautes Pfand! ich koͤnte, was ich hier
Mit Redlichkeit geſagt, durchs Wort des HErrn beweiſen:
Doch der gewohnet iſt, ſich ſelbſt an dir zu preiſen,
Der hats vor mich gethan, daran genuͤget dir.
Wir giengen heute hin zum theuren Braͤutigam,
Wir banden unſre Laſt auf ſeinen breiten Ruͤcken,
Und lieſſen uns davor von ihm aufs beſte ſchmuͤcken,
Der unſer beyder Amt vor dißmal auf ſich nahm.
Nun gehts von neuen an, die Monden, die der HErr
Zu unſrer Schmuͤckungs-Pracht uns gnaͤdig zugeleget,
Biß er ſein Braͤut’gams-Bild uns recht ins Hertz gepraͤget,
Die eilen, und der Tag der Hochzeit naͤher her.
Die Monden laßt uns doch von heute, liebes Kind!
Sie waͤhren noch ſo lang, vor eintzle Tage halten;
Damit wir in dem Ernſt nicht ſaͤumen noch erkalten,
Und uns das Braut-Geſchrey mit heller Lampe find.
Gelobet ſey der HErr, der von dem Tage an,
Da vor drey Jahren er dich kraͤſtig aufgewecket,
Mit ſeiner Heiligkeit dich ſeliglich erſchrecket,
Und ſo ins Licht geſtellt, viel Heyl an dir gethan.
Diß heute ſoll dir wol ein theures heute ſeyn,
Der Tag, Mariaͤ Heyl, fand dich zu JEſu Fuͤſſen,
Vor Liebes-Zaͤrtlichkeit, und ſelger Reu zerflieſſen;
Drum bindt er dich auch an mit der Mariaͤ Theil.
Und ſolte er dir nicht nunmehr ein gantzes Hertz, (Wie du das deine ihm) zum Angebinde ſchencken,
Er hat es zugeſagt, er wird daran gedencken,
Gedencke du doch auch ſo fleißig Himmel-werts.
An611723.
An meiner Pflicht dabey will ich nicht ſaͤumig ſeyn;
Der Heyland wolle nur den mir gegebnen Willen,
Zu ſeiner Herrlichkeit, an meiner Statt erfuͤllen,
Wir treten in den Bund vor ſeinen Augen ein.
Was nun das Hertz gedacht, als unſer beyder Mund,
Einander wahre Treu und Liebe zugeſaget,
Und wir bereits auf ihn, in Einfalt loß gewaget,
Und was im Ringe ſteht,
Da ſtehet: Laſſet uns ihn lieben, er hat uns erſt geliebet.
das bleibe unſer Grund.
Denn wird ſich unſer Geiſt, den er erloͤſet hat,
Zur Treue gegen ihn mit Redlichkeit bequemen;
So duͤrffen wir uns einſt vor ſeinem Thron nicht ſchaͤmen.
O! liebten wir ihn nur im allerhoͤchſten Grad!
Du Freund der Seelen! du, fuͤr uns erwuͤrgtes Lamm!
Komm! ſchreib uns in die Zahl, (nicht derer Koͤniginnen,)
Nein! Einer, die du liebſt, daß wir dich gantz gewinnen,
Und endlich hohle uns zur Braut, o Braͤutigam!
XXVI. Auf Herrn Heinrich des Drey und Zwantzigſten Entſchlafen.
DU fragſt:
(**)Jm Schluß dero letzten Briefes vom 10. Novembr. 1723.
(**) Wie gut wird ſichs doch nach der Arbeit ruhn?
Du rechtes Wittwen-Hertz,
(††)Die Frau Graͤfin Reußin, geb. Freye von Soͤhlenth. d. z. Jh - ro Koͤnigl. Hoheit Prinzeßin Louyſe von Daͤnnemarck Hof - meiſterin.
(††) Du fragſt: Wie wohl wirds thun?
Jch ſage vor dem HErrn: So wohl, daß alle Wehen
Der kurtzen Leidens-Zeit nun ewiglich vergehen.
O Tage dieſer Zeit, da unſer Auge thraͤnt, O Stunden, da der Geiſt ſich nur nach Freyheit ſehnt, Minuten, die den Sinn in tiefe Schwermuth ſtuͤrtzen,
Jhr Augenblicke, die uns alle Freude kuͤrtzen!
Warum621723.
Warum iſt unſer Aug auf euer Nu gewandt,
Davon der meiſte Theil bereits dahin gerannt?
Wie, blickt es nicht vielmehr ins Jnnerſte der Seelen,
Wo mit der Ewigkeit die Blicke ſich vermaͤhlen?
Es iſt wol eines Theils des traͤgen Fleiſches Schuld,
Das beuget ſeinen Hals nicht unter die Gedult,
Die nach der Liebe Rath ſo ſelig iſt, ſo ſuͤſſe,
Und machet, daß das Kind die Hand des Vaters kuͤſſe.
Wie aber unſer Freund des Fleiſches Bloͤdigkeit
Genugſam eingeſehn, gefuͤhlt zu ſeiner Zeit;
So dringt ihn alles diß zu hertzlichem Erbarmen:
Die Schwachheit traͤget er auf ſeinen ſtarcken Armen.
Wie ſelig muß nicht oft die tiefſte Trauer ſeyn!
Es gehe nur das Hertz recht in den Zweck hinein;
Sonſt muß ein leichter Menſch uns mit dem Wandel ſagen:
Warum der groſſe GOtt ſo tief, ſo wund geſchlagen?
Wenn ſo ein laues Hertz durch lange Heucheley
Die Menſchen glauben macht, als ob es redlich ſey,
Und dann die Crone erſt vom Haupte abgefallen;
So zeigt, ſo bloͤſſet ſich der Larve Schmach vor allen.
Sie, die ihr redlichs Hertz zu JEſu jedermann,
So vor als nach der Eh in Chriſto kund gethan!
Erlaube, (ob ich ihr die Trauer nicht verdencke,)
Daß ich ihr einen Troſt aus JEſu Wunden ſchencke.
Der iſts: Jhr Braͤutigam ruft ſeinen Knecht dahin,
Und ſaͤttigt den nach ihm hier ausgeſpannten Sinn;
Jhr nimmt er das hinweg, was ihre Augen lieben,
Damit ſie ſich nur bloß an ſeiner Schoͤnheit uͤben.
Darf aber, oder ſoll vielmehr mein ſchwacher Kiel,
Jn dieſer kurtzen Schrift und enger Reime Ziel,
Das Angedencken noch von ihrem Herrn beruͤhren,
Und weſſenthalben mag ich ihn ſo ſpaͤte fuͤhren?
Gewiß, ich darf, ich ſoll: Er war des HErren Knecht:
Von deren Ende ſchreibt und ruͤhmet man mit Recht:
Und weil man hier davon nicht allzuviel vernommen,
So bin ich wohlgemeint auf dieſes Denckmahl kommen.
Der631723.
Der Drey und Zwantzigſte, ein Mann, zu ſeiner Zeit, Nicht ohne Ehr-Begier, nicht ohne Tapferkeit, Nachdem er allbereits den Regiments-Stab fuͤhret,
Tritt unter das Panier, wo Chriſtus commandiret.
Jhr Edle dieſer Zeit! die ihr ihn ſonſt gekannt,
Sagt, fehlt es ihm an Muth, Geſchicklichkeit, Verſtand?
Was zwang ihn, euer Feld in einer Zeit zu raͤumen,
Wo ihm das Krieges-Gluͤck begonnt empor zu keimen?
War unſer lieber Reuß nicht ſo behertzt als ihr,
Und ſchenckt er einem was? Wer warf ihm etwas fuͤr,
Wer trotzt und pochte ihn der Zeit aus eurem Orden?
Wie aber iſt er denn hernach zum Narren worden?
Jſts nicht? ſo bald er erſt ein Juͤnger JEſu war,
So ſetzte es vor euch auch weiter nicht Gefahr?
Weil Kinder GOttes ſelbſt die Schmach der Erden lieben,
So habt ihr euren Spott fein ungeſtraft getrieben?
Was ſagt ihr, denen itzt das Hertz im Leibe ſagt:
Daß ſich ihr Ubermuth an ihn und andre wagt,
Und das abſonderlich, wenn ſie es weder hoͤren,
Noch, wegen des Befehls von ihrem Meiſter, wehren?
O ſclaviſches Gemuͤth, o niedertraͤchtger Geiſt!
Der ſich in jener Zunft der Jrrdiſchen beweiſt!
Kommt, aͤndert euer Hertz, kommt, fallt zu JEſu Fuͤſſen:
Dann werdet ihr von Muth und Hertz zu ſagen wiſſen.
Es iſt nicht Leugnens werth, der auserwehlte Reuß,
Nachdem er ſich bekehrt, verwarf den eiteln Preiß,
Man ſahe ihn nicht mehr von Rach-Begierde brennen;
Wol aber Chriſti Creutz mit Loͤwen-Muth bekennen.
Ja, ſprichſt du, eben das wird wol ſein Fehler ſeyn;
Er eiferte zu ſehr, er gieng ins Feuer ein;
Wohlan! ſo hatte er mit etwas Kampf zu wagen, Jmmanuel und er, die hatten Hertz zu ſchlagen.
Jhr aber, deren Geſcht nach Ehr und Rache ſchaͤumt,
Und die ihr GOtt den Grund von euren Hefen raͤumt!
Was wollt ihr einen Held, erkannt an ſeinen Fruͤchten,
Mit ſeiner Redlichkeit und tapfern Geiſte richten?
Euch641723.
Euch ſey mit wenigem und jederman geſagt:
Wer was in dieſer Zeit zu GOttes Ehren wagt,
Da ſeine Lieb und Furcht nichts mehr auf Erden gelten,
Den kan der treue Zeug unmoͤglich druͤber ſchelten.
Wenn alle Herrliche in dieſer gantzen Welt,
Wenn auch der meiſte Theil ſich JEſu zugeſellt,
Und ſchaͤmete ſich nicht ſein Zeugniß darzugeben;
So moͤchte man, (und gern,) in groͤßrer Stille leben.
Da aber Chriſtum nicht mit einem Wort bezeugt,
Wer ſich ein wenig nur von gutem Schrote deucht,
Und der zu Schmach und Hohn ſich wiſſentlich bequemet,
Wer ſich des Heylands nicht vor denen Leuten ſchaͤmet:
Da ſage mir ein Menſch, ſo klug er iſt, er ſag:
Ob ich, und wer noch ſonſt den HErrn bekennen mag,
Die Groſſen dieſer Welt und andre mehr verdrengen,
Wenn wir uns wenigſtens an Chriſti Fahne hengen?
Nicht ſo? der heiſſet doch ein Ehr-vergeßner Mann,
Der einem Fuͤrſten dient, und nimmt ſich ſein nicht an?
Ob man ihm gleich mit Schwerdt und Stahl nicht moͤrdlich draͤuet,
Jhn aber ſchaͤndlich hoͤhnt und in die Augen ſpeyet?
Der aber kan ein Chriſt nach allen Formen ſeyn,
Der viele Tage geht, und faͤllet ihm nicht ein,
An dieſen ſeinen HErrn bey andern zu gedencken,
Geſchweige ihre Gunſt um ſeine zu verſchencken.
Wer biſt denn du, o Menſch! da, wenn du ungeſcheut,
Auf deinem Kirchen-Stand, zu GOtt-geweyhter Zeit,
Daß der dein Koͤnig iſt, mit vollem Hals erthoͤneſt,
Den du den Abend noch mit Werck und Worten hoͤhneſt?
Der Lehrer auf dem Holtz, wo man alleine ſpricht,
Der rede. Denckeſt du, er treffe mich nur nicht;
Mir aber, den ein Brief von ſechzehn Ahnen croͤnet,
Gebuͤhret dieſes nicht: Wie wuͤrd ich ſonſt gehoͤhnet!
O Welt! man ſchenckte dir die Taͤndeleyen gern!
Der aufgeſchwungne Geiſt iſt von dem allen fern:
Doch ſoll man Zeit und Zwang in ihren Wuͤrden laſſen;
Was hindert einen das, um Chriſti Creutz zu faſſen?
Der651723.
Der Adel dieſer Welt iſt etwas; aber ſtill!
Die gute liebe Welt weiß ſelbſt nicht, was ſie will:
Der Knecht ſpielt einen Herrn; ein Herr kan ja nicht leben,
Er muß ſich irgendswo in einen Dienſt begeben.
So aber ſteht es nicht um Chriſti Adel-Brief,
Da der die Seele erſt zum Prieſterthum berief,
Und zu der Crone ſelbſt: Da ward ſie freygebohren,
Und war zu keinem Zwang des Sclaven-Stands erkohren.
Der Koͤnig, welchem wir als Knechte eigen ſind,
Der nennt uns anders nicht, als Bruder, Freund und Kind,
Es heißt: Wir dienen ihm; Er aber dient uns beſſer:
Er macht durch ſeinen Dienſt uns alle Tage groͤſſer.
Und wir, wir ſolten uns des Ordens, den er giebt,
Und deſſen, der uns ſo, als wie ſein Hertze liebt,
Vor dem geringen Schwarm der Unterthanen ſchaͤmen,
Und nicht fein oͤffentlich uns dieſe Ehre nehmen?
O Vater! ſchencke uns den koͤniglichen Sinn,
Der alles hinten laͤßt, auf daß er dich gewinn,
Und goͤnne mehreren, die itzo furchtſam ſchweigen,
Den Ruhm, den hohen Ruhm, der treuen Lammes-Zeugen.
Gieb Weißheit, leite uns dir nach, untadelich,
Und deinem Gnaden-Ruf zu wandeln wuͤrdiglich:
Gieb Liebe, alles dieß mit Sanftmuth zu ertragen,
Was man von unſerm Thun will dencken oder ſagen!
Du aber, treuer Knecht! geh eilends ein zur Ruh:
Der ſuͤſſe Braͤutigam ſchließt ſelbſt die Cammer zu:
Dring auf, erloͤſter Geiſt! zu dem, den du bekennet,
Und der dich dermaleinſt vor ſeinem Vater nennet.
XXVII. An eines begabten Lehrers Nah - mens-Tage.
DU hochgebenedeyte Liebe,
Man ſagt in Bethel: Hoͤre her. EO daß661723.
O daß der angeflammten Triebe
Nur eine einge Flamme waͤr.
Du haſt uns alle angezuͤndet,
Auf dich ſind wir allein gegruͤndet,
Der Prediger, und wer ihn hoͤrt,
Wer als ein reiner Funck entglommen,
Hat einen Hauch von dir bekommen,
Der wieder in dein Feuer faͤhrt.
Was wollen wir ſo dunckel ſprechen?
Wir wallen in der Dunckelheit.
Wilſt du mit deinem Licht durchbrechen,
Schenckſt du uns deine Heiterkeit,
So koͤnnen wir es offenbaren,
Was wir im Jnneren bewahren,
Und was ſo ſchwer zu deuten iſt.
Gieb doch an dieſem Freuden-Tage,
Daß jeder deutlich ſing und ſage,
Was du vor eine Liebe biſt.
Du biſt ein ewiger Regente,
Allein du herrſcheſt in der Zeit,
Als deine Flamm in Ruhe brennte
Jn jener tiefen Ewigkeit,
Da wurdeſt du doch mit Verlangen
Nach einer Creatur gefangen,
Und dieſe Creatur ſind wir,
Wir und noch viele Millionen,
Die nah und in der ferne wohnen,
Wir alle ſchreiben uns von dir.
Wir wiſſens wol, daß alle Lande
Mit deiner Treu belehnet ſind,
Daß man in einem jeden Stande
Gewiſſe GOttes Menſchen findt,
Und daß in Lauſitz mehr Gemuͤther,
Als wir, genieſſen deiner Guͤter,
Wir ſind kein ſonderlich Geſchlecht.
Wenn aber deine Vater-AugenAufs671723.
Aufs Niedrige zu ſehen taugen,
So haben wir ein eignes Recht.
Es iſt dir Vater unentfallen,
Was man von deinem Bethel haͤlt,
Jn was vor groſſer Schmach wir wallen,
Und wie man uns zuruͤcke ſtellt.
Der Ort iſt an ſich ſelbſt nicht wichtig,
Wir ſuchen dich, damit iſts richtig.
Wir ſind der Welt ihr Gauckel-Spiel.
Der HErr und ſeine Unterthanen,
So viel dir ihre Hertze bahnen,
Sind aller Laͤſterungen Ziel.
Du haſts ja aber ausgeſprochen:
Jhr, die ihr leidet, ſeyd begluͤckt.
Die ihr mir nach ans Creutz gekrochen,
Jhr werdet mit hinauf geruͤckt.
Wo ich verbleibe, bleibt mein Juͤnger,
Sein ſchlechtes Thun iſt nichts geringer,
Als was ich in der Welt gethan.
Freund! haben wir dich aufgenommen,
Und wiſſen nirgends durchzukommen,
So nimm du uns auch wieder an.
Wir leiden ohne alles Murren,
Wir geben gar der Welt die Macht
Uns zu verlaͤumden, anzuſchnurren,
Wir werden gern um dich verlacht.
Man mag uns loſe Bruͤcken bauen,
Uns ſoll vor alle dem nicht grauen,
Nur nicht um einen boͤſen Schein,
Dieweil wir uns ins Amt gedrungen,
Dieweil wir uͤbel umgeſprungen.
Nein! darum, weil wir Chriſten ſeyn.
Weil aber du der Kinder Lallen,
Du, treuer Vater, nie verſchmaͤht:
So laß dir itzo auch gefallen,
Wenn die Gemeine zu dir fleht:E 2Du681724.
Du wolleſt uns zuſammen halten,
Und uͤber unſrer Liebe walten,
Als uͤber deinen Augen-Stern.
Wir werden hin und her geſchmiſſen;
Es ſey drum nur nichts abgeriſſen
Von unſerm Bunde fuͤr den HErrn.
Und duͤrffen wir noch eines bitten,
So wollſt du unſers Rothens Geiſt
Mit deinem Frieden uͤberſchuͤtten,
Der ſich bereits in ihm erweiſt.
Es bleiben er, und die ihn lieben,
Dir zum Gedaͤchtniß angeſchrieben,
Als ſolche, die dein Hertze hegt.
Man ſeh in allem, was er handelt,
Daß JEſus ſelber in ihm wandelt,
Und alle ſeine Glieder traͤgt.
XXVIII. Auf der Frau D. Peterſen Ein - gang in die Freude.
SO geheſt du dahin, vor unſers Koͤnigs Thron
Des lieben GOttes-Lamms, um welches Loͤwen - Hertzen
Gemaͤchlichkeit und Ruhm, Natur und Kunſt verſchertzen:
Das macht, ſie ſehen ihn in Lieb und Glauben ſchon,
1. Pet. 1, 8.
27
Du ſiehſt ihn nun, o Weib nach ſelger Pilgrimſchaft,
Wie ehemals am Creutz, zur rechten Hand der Kraft.
O Freundin, goͤnne uns, dir glaͤubig nachzuſehn.
Dir, deren Treue mich und andre mehr beſchaͤmet,
Die wir uns ebenfalls zum Creutze hin bequemet,
Und aber immer noch an einem Stecken gehn.
Ach, moͤcht er uns die Hand, der HErr das Ohr durch - bohren!
Eſ. 36, 6. c. 50, 5.
27
So gienge einſt die Luſt zu fremder Kraft verlohren.
(Exod. 21, 6
27
Nicht ehe ſiegete der Kaͤmpfer Jſrael,
Als biß ihm GOttes Kraft die Huͤfte ausgerencket,
Gen. 32.
27Wo691724.
Wo ſich die gantze Macht des Leibes hingeſencket:
Nicht ehe reiſen wir mit Chriſto durch die Hoͤll;
Es ſey denn unſre Kunſt und Staͤrcke gantz geſchwaͤcht,
Wir elend und verdammt, und GOtt allein gerecht.
Diß hatte, theure Frau, dein GOtt dir eingepraͤgt,
Diß, was du deinem Mann, noch eh er dich erlanget,
Da, als er mit ſich ſelbſt gleich einem Gott gepranget,
Mit Weißheit und mit Ernſt gar nah ans Hertz gelegt: Man koͤnne oftermals bey guten Seelen Gaben,
Sich ſelbſt, als einen Gott, allein vor Augen haben.
*Der Doctor Peterſen fragte die damalige Fraͤulein von Mer - lau in Franckfurt am Mayn: Was ſie wider ihn einzuwen - den haͤtte? Nichts, ſagte ſie, als daß er den GOtt Peter - ſen anbetete.
*
O Frau! hie mahlteſt du die meiſte Geiſtlichkeit,
Nicht weniger den Stand der ſo genannten Laͤyen,
Die ihre Tugenden nur ſelber benedeyen,
Erhoͤhn ſich immerdar, und fliegen vor der Zeit;
Nur GOttes Gnade macht, daß nicht diß Zeugniß ſchon
Die Eigen-Liebe nimmt, und ſetzt es auf den Thron.
Gelobet ſey der HErr, der ſeinem armen Knecht
Und andern Seelen mehr die eigne Schwaͤche zeiget,
Und unſern ſtoltzen Sinn zur Geiſtes-Armuth neiget.
Er iſt der Heilige; wir aber ungerecht: Drum ſoll auch aller Preiß von dieſer ſel’gen Seele
Jn Chriſti Hertzen ruhn, biß er ihn ſelbſt erzehle.
Dich aber preiſe ich, du hoher Jehovah!
(Matth. 11, 25.
28
Nach fuͤrgeſchriebner Art des Sohns, der Auserkohrnen,
Fuͤr die beſondre Wahl von dieſer Wohlgebohrnen.
Es ſind ja auſſer dem ſehr wenig Edle da;
Und hier ward Adelſchaft, und Wiſſen, und Verſtand
Ans rauhe Creutz erhoͤht: Gelobt ſey deine Hand!
Allein, es faͤllt mir was von dir, mein Leſer, ein:
Du ſprichſt, zum wenigſten haſt du bey dir erwogen,
Jch ſey der Secte auch ohnfelbar nachgezogen;
Gedult! hier kanſt du bald zurecht gewieſen ſeyn:E 3Von701724.
Von ihren Meynungen, die ſonderlich geweſen,
Hab ich biß dieſen Tag noch keinen Satz geleſen.
Was aber bauet ihr ein Denckmahl bey uns auf?
Jhr eingekehrter Menſch in ſanft - und ſtillem Geiſte,
1. Pet. 3, 4.
28
Damit ſie unverruͤckt die JEſus-Liebe preißte:
Jhr vor der gantzen Welt untadelhafter Lauf,
Jhr helles Glaubens-Licht, ihr Zeugniß von der Spur
1. Cor. (12, 10.
28
Und von dem gantzen Lauf der neuen Creatur.
Es iſt Bedenckens werth, was dort der Heyland ſpricht:
Jch haͤtte, Kinder, euch noch mancherley zu ſagen;
Joh. 16, 12.
28
Allein, ihr koͤnnets itzt nicht allerdings ertragen.
Drum ſucht man billig nur das noͤth’ge Glaubens-Licht:
Man darf dem Menſchen bloß den Weg zu Chriſto zeigen;
Was GOtt ſonſt offenbart, das kan man nur verſchweigen.
Jch hoͤre aber wol, das hat ſie nicht gethan,
Die Edle Juͤngerin, die nun bey JEſu thronet;
Sie hat es kund gemacht, was ihr im Sinn gewohnet,
Und hat nicht einmal recht im Grunde; (ſaget man.)
Dem ſey denn, wie ihm ſey, mein Leſer, ich und du,
Verſtehns wol beyde nicht: Und ſie iſt in der Ruh.
Allein, ſie ſtunde doch in dem und jenem Wahn?
Und ich begehre ſie auf keine Art zu retten,
Noch uͤber kuͤnftigen, mein Freund mit dir zu wetten,
Jch ſeye, oder nicht, der Meynung zugethan; Das aber wuͤnſch ich dir vom Grunde meiner Seelen:
Den ſchmalen Lebens-Pfad, den ſie vollfuͤhrt, zu wehlen.
Was ſoll der Meynungs-Kram? was nuͤtzt der Schulen - Zanck?
Wer Chriſtum JEſum kennt, als eine Lebens-Quelle,
Setzt keinen fremden Born an dieſe hohe Stelle,
Und lechtzt, und ſehnt ſich nur nach dieſem Lebens-Tranck:
Den duͤrſtet ewig nicht, der wird ins Leben gehn,
(13, 12. 1 Cor.
28
Er mag die Creutz und Quer in Meynungs-Spiegel ſehn.
Das iſt des Glaubens Wort: HErr JEſu, ich bin nichts;
Du biſt mir aber ja, mein Freund, zu allem worden,
Verbirgſt der Gottheit Pracht in einen Knechtes-Orden:Zu711724.
Zu leuchten meiner Nacht; verzeihſt du dich des Lichts. Jch werd auch, wenn du mich zu etwas auserſehen.
Doch als ein armes Nichts zu deinen Fuͤſſen flehen.
Joh. 12, 3.
28
Jſt das des Glaubens Ernſt, ſo iſt der Freund bewegt,
Der Friede hergeſtellt, der Bund iſt aufgerichtet,
Der Seelen iſt der HErr als Braͤutigam verpflichtet,
Die ſich vor ſeinem Aug in Staub darnieder legt:
Durch Demuth bleibet ſie zur Koͤnigin erhoͤht;
Hat ſie der Vaſthi Sinn, ſo wird ſie mit verſchmaͤht.
Wohl dem, der ſeinen Kopf vom Dencken frey behaͤlt:
Was dorten oder da vor ein Geheimniß ſtecke?
Damit es ihn nicht bald zur eignen Ehr erwecke,
Daruͤber unſer Geiſt ſo bald, ſo tief verfaͤllt;
Wen aber GOttes Rath erſieht zu etwas Groſſen,
(12, 7. 2. Cor.
28
Dem wird der noͤthge Pfahl bald mit hineingeſtoſſen,
Wenn ſonſt auf Meynungen die Lehren Chriſti ſtehn,
Zumahl vom Kuͤnftigen, das GOtt ſich vorbehalten,
Damit nach freyer Wahl zu ſchalten und zu walten, (Pflegt alſo einem zu - dem andern aufzugehn,)
Sind aber Tauſenden kaum Zehne Zweifels frey,
Darunter ieglicher im Glauben einig ſey.
Wohlan, ihr Glaͤubige, laßt uns, von heute an,
Den eiteln Meynungs-Streit gantz auf die Seite legen!
Nur muͤſſe Chriſtus ſich in unſern Hertzen regen;
Wer den nicht drinne hat, der iſt kein Chriſten-Mann.
Sonſt aber laſſet uns nicht eins das andre richten,
Noch mit Verwegenheit die Glaubens-Sachen ſchlichten.
Denn Eins, nur Eins iſt noth: das iſt das beſte Theil,
Luc. 10, (42.
28
Und kan den gantzen Teig der Creatur verſuͤſſen;
Diß Eine aber lernt man nur zu JEſu Fuͤſſen, Der Lehrer iſt der Freund: die Schul und Kunſt iſt Heyl;
Die Lehre Bileams bleibt nur ein Schellen-Hall,
Num. 23, u. 24 1. Cor. 13, 1.
28 Denn Wiſſen ohne Lieb iſt thoͤnendes Metall.
O Seelen! ſtrecket euch nach JEſu Chriſto aus,
Sonſt achtet alles Werck und Wiſſen nur fuͤr Schaden,
Phil. 3, 8
28
Was wollen wir uns viel mit Uberfluß beladen? E 4Die721724.
Die Einfalt baut dem HErrn ein gar bequemes Hauß.
Es giebt wol hier und da geheime Wunder-Stege;
Doch liegt die Seligkeit auf einem ofnem Wege.
Des Merckmahl ie und ie auf liefen Waſſern ſtund,
HErr! oͤffne dich doch ſtets den hungerigen Seelen,
Die, (ihrer Herkunft nach,) ſich auſſer dir nur quaͤlen!
Entdeckſt du Einer auch geheimer Weißheit Grund;
So zeige ihr doch bald, daß dieſes Bey-Gericht
Nur Seelen-Zucker ſey; die rechte Speiſe nicht.
Wohlan, du ſel’ger Geiſt! den ewigs Man erquickt,
Du haſt mich durch die Schrift vom Kampf der Erſtge - bohrnen
Genaͤhret und gelabt: Sey von dem Auserkohrnen,
Dem ſuͤſſen GOttes-Lamm, auch dafuͤr angeblickt!
HErr! laß uns, wenn wir einſt mit ofnen Augen ſehen,
Uns mit der Seligen zu deiner Rechten drehen.
XXIX. Auf Herr Rothens 36. Geburts-Tag.
WEr von der Erde iſt, den hat die Erde lieb;
Denn was ſich angehoͤrt, daß muß ſich wohlgefallen;
Was der Natur gerecht, das waͤhlt ſie ſich fuͤr allen;
Da kommt die Freundſchaft her, ein eingepflantzter Trieb:
Je weiter ſich ein Ding von unſrer Art entfernet,
Je leichter wird der Haß dagegen angelernet.
Der Abgrund trennet GOtt vom Feinde Belial
Die Suͤnde, (welche Kluft!) des HErrn und unſer Weſen,
Wir haſſen ſeinen Geiſt, biß wir davon geneſen:
Denn unſere Statur zertrennete der Fall.
Wenn aber Chriſtus uns von neuen erſt verbunden;
So iſt die Freundſchaft auch mit leichter Muͤh gefunden.
Da liebt die Seele GOtt, und GOtt die Seele dann,
Und alle, die zugleich in diß Verbuͤndniß treten,
Den HErrn als ihren Freund und Vater anzubeten,
Die ſehn einander nun, als liebe Bruͤder an.
Gewiß! man glaubets nicht, man hab es denn erfahren,
Wie ſich die Glaubigen im Geiſt zuſammen paaren.
Ein731724.
Ein jeder ſiehet ſich ein klares Merckmahl aus,
Woran er Chriſti Geiſt und Chriſti Sinn erkennet,
Und ob der andre ſey, was er ſich gleichwol nennet,
Ein Glied am Braͤutigam, ein Stein zum Tempel-Hauß;
Und kan er dieſes nur nach aller Wahrheit finden,
So eilt er duͤrſtiglich mit ihm ſich zu verbinden.
Das Auge thraͤnt, es ſchlaͤgt das Hertz, die Hand ergreift,
Der Fuß beweget uns von einem Ort zum andern,
Und macht, daß Hertz und Hand und alle Glieder wandern;
Das Haupt iſt mehrentheils mit Dencken uͤberhaͤuft.
Das Ohr vernimmt das Wort, und traͤgt es zu den Sinnen,
Die durch den ofnen Mund ein Gegen-Wort beginnen.
So ſehr veraͤnderlich, ſo mancherley Geſtalt
Sind Glieder, die zugleich nur einen Leib bedeuten,
Das Haupt betrachtet ſie, die nahen und die weiten;
Jndeß, da ein Gebluͤt in ihnen allen wallt.
Der Seele Sorgfalt weiß ſie alle zu verbinden,
Daß keines ſeine Ruh kan ohne jenes finden.
Jm Leibe Chriſti ſiehts von in - und auſſen ſo,
Wie in dem Menſchen aus; ſie haben gleiche Kraͤfte,
Und doch ſo mancherley zergliederte Geſchaͤfte,
Und ohne eines wird das andre ſein nicht froh.
Der Leib wird munter, da der Seelen-Kraͤfte ſchlafen,
Und wenn er ſchlaͤfrig wird, faͤngt jene an zu ſchaffen:
O Liebe! du haſt dir hie einen Leib gebaut,
Ein liebes Tempel-Hauß von auserwehlten Steinen;
Die Pfort iſt aufgethan, und ſeine Fenſter ſcheinen,
Die jener nur verhoͤhnt, der mit Verwundrung ſchaut,
Wir haben dich dabey in GOttes groſſen Nahmen
Zum Eckſtein hingelegt, als wir gen Beth El kamen.
So kroͤne dieſen Bau: und weil du je gewolt,
Der liebe Rothe ſolt als Pfeiler drinne ſtehen,
Und ihn nach eigner Wahl dir dazu auserſehen,
Eh man noch einen Stein zu dieſem Bau gerollt.
O Haupt! ſo lehre uns mit Beten und mit Wachen
Den gantzen Saphir-Grund des Tempels fertig machen!
E 5Auf741724.
XXX. Auf des Herrn von Watteville Ver - loͤbniß mit der Fraͤulein Joh. Sophia von Zetzſchwitz.
DU Quell der ewgen Ehe,
Und du der Seelen-Mann!
Du Geiſt der Tief und Hoͤhe!
Schau her: wir beten an,
Wir ruͤhmen deine Liebe,
Wir freun uns deiner Treu;
Denn ihrer beyder Triebe
Sind alle Morgen neu.
Wie werden doch die Deinen
So ſeliglich gefuͤhrt?
Wie wird auf bloͤdes Weinen
Bald muntre Luſt verſpuͤrt!
Jtzt ſetzen die Gerechten
Und Satan Stoß auf Stoß,
Denn rufſt du deinen Knechten
Zur Ruh in deinen Schooß.
Jtzt ſehn die bloͤden Augen
Der menſchlichen Natur,
Die nimmer fuͤr dir taugen,
Sich weder Bahn noch Spur;
Bald zieht dein ſeligs Wincken
Die Decke wieder weg:
Wir dachten zu verſincken;
Nun zeigt ſich Spur und Steg.
Du allzu treue Liebe!
Was ſollen wir dir thun?
Wer foͤrdert unſre Triebe?
Sie koͤnnen ja nicht ruhn;
Ach waͤren ſie vermoͤgend,
Dich alſo zu erhoͤhn,
Daß unſre gantze Gegend
Von deinem Ruhm erthoͤn!
Sey751724.
Sey gnaͤdiglich zufrieden
Mit unſerm gantzen Seyn.
Wir habens dir beſchieden
Zum Tempel, nimm es ein,
Und ſtimme deiner Ehre
Jn Chriſto deinem Sohn
Durch alle Geiſtes Choͤre
Den allerreinſten Thon.
Die neu-verbundnen Beyde,
Die du erſt dein gemacht,
Und nun zu Freud und Leide
Einander zugebracht,
Die ſind zu uns getreten
Jn gleicher Harmonie,
Zu ſingen und zu beten,
Herab! und hoͤre ſie.
Zuͤnd allen ihren Wandel
Mit deiner Liebe an,
Biß man in ihrem Handel
Dein Gleichniß ſehen kan:
Jhr Augen mache lichte,
Damit ihr gantzer Leib
Von deinem Angeſichte
Ein klarer Spiegel bleib.
Du biſt bereits entſchloſſen,
Um ihnen Guts zu thun,
Das hat die Welt verdroſſen,
Der Satan will nicht ruhn,
Der Streit iſt angegangen,
Auch hat ſich Jonathan
Schon an den Feind gehangen:
Wir haͤngen uns mit an.
Sie ſiegt bereits, die Liebe;
Drum ſehet, was ihr thut.
Gebt jenen Streich und Hiebe
Der Liebe Gut und Blut.
Denn ſonſt bekommt ihr Wunden,Und761724.
Und werdet ausgelacht;
Hat euch der HErr verbunden,
So zeigt nun eure Macht.
Gedeyt in Zions Mauren,
Die eine Friedens-Stadt:
Es muͤſſe ewig dauren,
Was GOtt gegruͤndet hat;
Auch muͤſſens ſehn und hoͤren,
Die ſeine Haſſer ſind,
Daß bey der Liebe Choͤren
Euch alles lieb gewinnt.
GOtt laſſe unſer Flehen
Bey ihm erhoͤret ſeyn,
Daß wir euch wachſen ſehen
Jn Chriſti Creutz-Gemein,
Und unter uns erbauen
Ein Hauß des HErrn bequem,
Biß daß wir alle ſchauen
Das Gluͤck Jeruſalem.
XXXI. Auf ſeiner Gemahlin 24. Geburts - Tag.
DU ewigs Liebes-Weſen du,
Sey ewiglich gepreiſt,
Daß du aus deiner tiefen Ruh
Uns Tag vor Tag erfreuſt.
Wo fang ich deinen Ruhm nur an,
Wo hoͤrt mein Loben auf?
Du unſrer Seele lieber Mann!
Dein Trieb iſt ſchnell im Lauf.
Hier haſt du unſer beyder Geiſt,
Formir dir etwas draus,
Das dich nach allen Wuͤrden preiſt:
Er ſey dein Tempel-Hauß.
Und ſiehſt du ein und anders noch,
Das dir nicht wohlgefaͤllt,Du771724.
Du gute Liebe! toͤdt es doch,
Als ein gewaltger Held.
Hier haſt du unſer beyder Hand,
Die du zuſammen ſchlugſt,
Als du an unſerm Eheſtand
Ein Wohlgefallen trugſt.
Sinckt unſer Muth und Freudigkeit;
So faſſe uns dabey,
Daß aller Sturm und truͤbe Zeit
Uns nicht gefaͤhrlich ſey.
Hier haſt du unſer Aug und Ohr:
Das Aug erleuchte dir;
Die Ohren aber die durchbohr
An deiner Gnaden-Thuͤr.
Hier haſt du unſern Sinn und Witz:
Daſelbſt bereite du
Dir einen koͤniglichen Sitz,
Zu ungeſtoͤrter Ruh.
Hier haſt du unſern Liebes-Bund:
Sey ewiglich ſein Ziel,
Und rege dich im Hertzens-Grund
Mit ſtetem Liebes-Spiel.
Hier haſt du unſern Ehren-Stand,
Tritt mit den Fuͤſſen drauf:
Dagegen hebe deine Hand
Uns an das Creutz hinauf!
Hier haſt du unſern zarten Sohn,
Das Pfand von unſrer Eh:
Wir werfen ihn vor deinen Thron:
Ach! ſegn ihn aus der Hoͤh.
Dir, unſrer Liebe, wurde er
Vom Anfang eingeweiht:
Er bleibt dein armer Wanderer
Zur Stadt der Ewigkeit.
Des Wegs ſey wenig oder viel,
Den er noch gehen muß;So781724.
So iſt doch ſein, wie unſer Ziel
Dein ſeliger Genuß.
Hier haſt du unſer gantzes Volck:
Bekehre es zu dir;
Auch werde unſre Zeugen-Wolck,
Und bleibe werth vor dir.
Hier haſt du uns, ſo wie wir ſind,
Hier haſt du unſer Flehn:
Wenn man uns heute an dich bindt,
So iſt uns gnung geſchehn.
XXXII. Auf ſeinen erſtgebohrnen Sohn, Chriſtian Ernſten.
NJmms wieder hin, du hatteſt es gegeben,
Nimm, ein’ger Vater, dieſes einge Pfand!
Du wilſt uns gern der Muͤhe uͤberheben,
Der ſchweren Pflicht, der Sorge, die uns band.
Die zarten Lippen regten ſich noch ſchwach,
Das andre Thun beſtand in Kleinigkeit,
Es machte ſich mit ſeiner Kunſt nicht breit; Doch ſchritt es dir dem Vater kindlich nach.
Wenn die Vernunft was drein zu reden taugte,
So ſpraͤche ſie: Warum denn nun ſo bald?
Denn wenn der Menſch nicht Zeit zur Arbeit brauchte;
So wuͤrde ja viel lieber niemand alt.
Doch da die Eltern vor dir freudig ſeyn,
Daß ſie ihr Kind dir lediglich geweyht;
So iſt ihr Ja! zu jeden Winck bereit, Und ſtimmt ein mattes Halleluja drein.
Dir kan der Tod des Suͤnders nicht belieben,
Das glaubet die Vernunft; doch glaubet ſie,
Du habeſt itzt ein Reißlein abgetrieben
Ein Reiß, gepflantzt durch deiner Haͤnde Muͤh.
Wenn die Vernunft nicht eine Thoͤrin waͤr;
Sie glaubte ſo was ungereimtes nicht:Daß791724.
Daß der, dems Hertz von Feindes Liebe bricht, Sein eigen Werck gantz ohne Noth zerſtoͤhr.
Wir haben uns einander nicht gewehlet,
Du haſt es ſelbſt gantz offenbar gefuͤgt;
So waren wir, nachdem du uns vermaͤhlet,
Jn deinem Schooß auch ohne Kind vergnuͤgt.
Du gabeſt es, und haſt es oft bewahrt:
Es langte hier, als wie ein Wunder an,
Das zeugen die, ſo ſeine Ankunft ſahn, Du haſt’s auch nur zur Probe aufgeſpart.
Wir merckens wol, du unergruͤndte Liebe!
Wir halten nichts aufs Trauren dieſer Welt.
Gefallen dir des Kindes zarte Triebe,
Dir, deme man in Chriſto leicht gefaͤllt; So machen wir uns eine Freude draus, (Du ſiehſt ins Hertz, dich hoͤnt kein Compliment)
Jſt unſrer Erſt-Geburt dein Hertz vergoͤnnt; So iſts ein Gluͤck vor unſer ſchlechtes Hauß.
Wir duͤrffen dir das Kind nicht erſtlich loben, Du brandteſt ſelbſt in ihm, du reines Licht,
Was dir gefiel, das ſtammete von oben;
Mißfiel dir was, das war ſein Wille nicht.
Nimms immer hin, du unſrer Seelen Mann, Wie du es uns mit Chriſti Blut bethaut.
Auf kurtze Zeit zu treuer Hand vertraut: Es hat ſein Kleid, das ſchoͤne Kleid! noch an.
Man ſpuͤrte ja an ihm kein Widerſtreben,
Als man es dir ins Sterben uͤbergab:
Es deuchte ihm, itzt wuͤrd es erſtlich leben,
Es wuſte nichts von Faͤulniß oder Grab! Es fuͤhlte nur, der Kercker ſey nicht ſchoͤn;
Was unſre Unvernunft uns glauben macht,
Daſſelbe hat ſein Kinder-Sinn verlacht: Drum ſahe mans vergnuͤgt ans Scheiden gehn.
Die Prediger der eiteln Wiſſenſchaften,
Die Meiſter von der falſch beruͤhmten Kunſt, (Und wenn ſie all ihr Zeug zuſammen raften,) Bereiten801724.
Bereiten hier doch nichts als blauen Dunſt.
Man komme nur erſt an des Todes Thor, Und ſaͤe da die Spreu Philoſophie;
So erndtet man gewiß vergebne Muͤh,
Der Einfalt kommt das Werck gantz leichte vor.
Spricht die Vernunft: Daß ſolches daran liege,
Weil ſo ein Kind noch keine Schluͤſſe macht;
Es wuͤrde ſonſt zu einem ſolchen Siege,
Nicht alſo leicht und ſpielende gebracht:
Wohlan! ſo ſey, o Vater! hochgelobt,
Daß du den Preiß der Einfalt aufgeſtellt;
Wir geben ſie nicht um die gantze Welt, Die Einfalt ruht, wenn der Vernunft-Sturm tobt.
Drum moͤgen dir die Eltern kuͤhnlich ſagen,
Was ſich, dafuͤr, daß ſie ihr einig Kind,
Dir williglich in deinen Schooß getragen,
Jn ihrem Geiſt vor ein Verlangen find:
Sie wuͤnſchen ſich auf ihrer Pilger-Bahn, (Da du nunmehr dem Kindlein alles biſt,) Du baͤndeſt ſie, weils ihm nicht noͤthig iſt, Mit ſeinem Sinn, zum Angedencken an.
Sie wollen es von deiner Treue hoffen, (Du biſt ſo gut und hoͤrſt auf ſtilles Schreyn,)
Und hat ihr Wunſch zum Ziele eingetroffen:
So gehen ſie in deine Ruhe ein.
Sie moͤgen denn, ſo lange als du wilt,
Jm Jammer-Karrn an deinen Seilen ziehn;
Sie werden dir nicht aus der Schule fliehn: Vollende ſie, zu deinem Ebenbild.
Du aber geh und ruhe: Sohn der Rechten,
Auch dein Gebein ſoll gruͤnen, da es liegt;
GOtt, lehre uns ſo ſtill, ſo ſicher fechten.
Du haſt gekaͤmpft, bevor du obgeſiegt.
Dein Klage-Lied, und unſer Lied iſt aus.
So lobe denn. Doch biſt du noch zu matt:
So trinck dich vor an JEſu Fuͤlle ſatt; Und denn ſo werd ein ewigs Lied daraus:
XXXIII. 811724.
XXXIII, Auf des Lic. Gutbiers, ſeines Me - dici, Verheyrathung.
Du ſel’ge Liebe du!
Wohl heiſſeſt du verborgen!
Wer ſtoͤhrt in deine Ruh!
Wer oͤfnet deinen Rath,
Und was er heimlichs hat?
Die Seelen nur allein, Die ohne Willen ſeyn.
Wer nichts auf Erden will;
Laͤſt GOttes Liebe ſorgen,
Sein Sinn iſt immer ſtill,
Sein Puls ſchlaͤgt ordentlich,
Sein Hertz vergnuͤget ſich,
Jn allerley Gefahr
Verbleibt ſein Auge klar.
O unerſchafne Lieb!
Was kont’ſt du ſchoͤners ſchencken,
Als den gelaßnen Trieb,
Der Adams Geiſt durchſtrich,
So lang er dir noch glich,
Wodurch er Edens-Pracht
Noch hoͤher ausgebracht?
Wie wollte Satanas
Diß ſtille Wohlſeyn kraͤncken?
Als daß er irgend was
Jm Menſchen aufgeregt,
Das nun zu dencken pflegt:
Ach haͤtt ichs ſo und ſo!
So waͤr ich erſt recht froh.
Seit dem ſiehts alſo aus:
Der Menſch iſt unzufrieden,
Bald duͤncket ihm ſein Hauß
Zu groß, und bald zu klein[.]
Bald will er etwas ſeyn,FDas821724.
Das, wenn ers worden iſt,
Jhm an dem Hertzen frißt.
Als nun der Mann, der HErr
Vom Himmel abgeſchieden,
Und als ein Wanderer,
Jn armer Knechts-Geſtalt,
Die Erde durchgewallt;
Hat er, nebſt andrer Laſt,
Auch dieſe aufgefaſt.
Allein das war ein Mann,
Der wuſte ſich zu rathen,
Obgleich der gantze Bann
Auf ſeinen Schultern lag,
Biß an den Todes-Tag;
Noch ſtand er aufgerichts,
Warum? Er wolte nichts.
Es ſoll ein ein’ger Sohn
Die Zornes-Flut durchwaten,
Verleugnen Cron und Thron,
Noch ſchlechten Nutzen ſehn,
Und Strafe uͤberſtehn:
Ein Sohn, der nichts gethan;
Der Vater ſtiftets an!
Ach! haͤtte dieſes Lamm
Gewuſt, was Wollen waͤre:
Haͤtt unſer Braͤutigam,
So ſehr als ſeine Braut,
Auf Fug und Recht gebaut;
Er waͤr noch immer GOtt,
Und wir des Teufels Spott.
Allein, er wolte nicht;
Er litte nach der Schwere:
Er war auf nichts erpicht;
Nahm die beſchiedne Pein
Jns Vaters Willen ein.
Nun iſt ſein Schmertz vorbey,
Und wir ſind voͤllig frey.
Es831724.
Es kan nicht anders ſeyn,
Als ſeine rechte Juͤnger
Gchn eben dahinein:
Hierunten leiden ſie,
Denn JEſus litte hie;
Und ſeine Herrlichkeit
Jſt auch fuͤr ſie bereit.
Beym Creutz wuchs unſer Held:
Das Creutz iſt guter Duͤnger
Auf unſer Hertzens Feld;
Nichts waͤchſet ohne diß,
Und das gedeyht gewiß,
Was nach der Liebe Rath
Hier Grund gefaſſet hat.
Allein die Erde muß
Sich nicht dagegen haͤrten;
Sonſt zeigt ſich kein Genuß:
Die Marter ſteht ſie aus;
Und wird nichts gantzes draus;
Wird ſie gediegen ſeyn,
So dringt die Kraft hinein.
Man ſehe nur die Bluth
Der Baͤumlein in den Gaͤrten,
Wie gut es ihnen thut,
Wenn hier ein ſtrenger Nord,
Ein ſchwuͤler Sud-Wind dort,
Und denn ein Regen-Guß
Den Weſt verjagen muß.
Und o wenn wuͤrden wir
Mit GOttes Wegen fertig?
Wenn ſeine Weißheit hier
Und dorten etwas macht,
Das jederman verlacht,
Und denn ein Wunder ſchaft
Darnach ein jeder gaft?
GOtt Lob! die Liebe iſt
Von uns nur das gewaͤrtig,F 2Daß841724.
Daß man ſich ſelbſt vergißt,
Jm Hertzen Ehrfurcht ſpuͤrt,
Die Hand zum Munde fuͤhrt,
Und ſpricht in tiefer Still:
Wills GOtt, wohlan! ich will.
Erſt geſtern ward ein Kind
(*)Chriſtian Ernſt, Graf von Zinzendorf.
(*)
Zur Herrlichkeit erhaben:
Sein Hertz war gleich geſinnt,
Sein Leiden hoͤrte auf,
Es trat mit Fuͤſſen drauf,
Und wers nur faſſen kan,
Spricht: JEſus hats gethan.
Und heute ſehen wir
Ein Paar zum Kercker traben:
Der HErr verknuͤpft ſie hier
Zu gleicher Pilgerſchaft,
Und ſeine Wunder-Kraft
Haͤlt ihre Augen zu,
Daß ſie das Jhre thu.
Wer ſolte nun dabey
Nicht voll Verwundrung ſtehen,
Wer ſaget nicht gantz frey:
Du biſt ein Wunder-GOtt,
Die Weißheit wird zu Spott,
Das groͤſte Klugſeyn traͤumt;
Wenn ſichs mit dir nicht reimt.
Du wunderbares Seyn!
Wir wollen nach dir ſehen:
Wir wollen Kinder-klein
Und dir gelaſſen blind,
Wobey man nur gewinnt;
Doch mit geheimen Flehn,
Dir zu Gebote ſtehn.
Geliebtes Ehe-Paar!
Du biſt der ſchmahlen Stege,Die851724.
Die GOtt gewohnet war,
So lang er Schoͤpfer hieß,
Und ſeine Allmacht wieß, (Die uͤber alles thront,)
Nicht eben ungewohnt.
Wohlan! ſo dringe fort
Jm tiefen Fluten-Wege,
Und ſeegle in den Port
Der wahren Ruhe hin,
Mit ausgeſpanntem Sinn:
Gib dich dem Braͤutigam
Und reiff an ſeinem Stamm!
Uns, die wir dich gewiß
Von gantzem Hertzen lieben,
Und alle Hinderniß,
Die dir den Weg verweht,
Mit hertzlichem Gebet,
Getrau’n zu uͤberſtehen,
Erfreut dein Wohlergehen.
Wird euer neuer Stand
Jns Lebens-Buch geſchrieben,
Und euer Ehr-Band
Jn JEſum eingeknuͤpft:
So freuet euch und huͤpft,
Jſt JEſus euer Licht;
Sorgt vor das andre nicht.
Du Hochgelobtes Lamm!
Wir fallen dir zu Fuͤſſen,
Du Seelen-Braͤutigam!
Komm, kuͤſſe dieſes Paar
Und mach es offenbar:
Daß, wer ſich dir vertraut,
Auf Felſen-Gruͤnde baut.
Du magſt die Bitterkeit,
Die ſie erfahren muͤſſen,
Wenn ſie nach dieſer Zeit
Mit Wollen Jauchzen gehn,F 3Nur861724.
Nur helffen uͤberſtehn,
Du haſt es im Gebrauch:
Sie glaubens, und wir auch.
XXXIV. Auf Graf Rudolph Sigmunds von Sinzendorf, des H. R. R. Erb-Schatz - meiſters und[Burggrafens] zu Reineck, Er - hebung zum Kayſerlichen Obriſten Hof - meiſter und Premieur-Miniſter.
HAt Fuͤrwitz oder Geitz, als er die Hoͤl erbricht, Dem alten Roderich, nebſt vielen fremden Trachten,
Auch eine Schrift entdeckt, die dieſen Printz bericht: Es werde ſolch ein Volck ihn und das Seine ſchlachten;
So hat der Fuͤrwitz uns nicht guͤtlicher gethan,
Er haͤngt uns fremde Tracht und fremde Plagen an.
Nicht Aufgeblaſenheit, dir nah verwandt zu ſeyn,
Darf, theurer Sinzendorf den Lob-Spruch erſt begeiſtern;
Vielweniger ein Blitz vom neuen Ehren-Schein,
Zum wohl-verdienten Ruhm, ſich meines Kiels bemeiſtern. (Jch rede faſt zu frey: doch iſts auch Redens Zeit;
Denn ich beſinge ja die Pracht der Redlichkeit.)
Mein Trieb bewegt ſich nicht, nachdem das Wetter ſteht,
Noch beug ich meine Knie vor jedem Bild der Sonnen,
Und da die Dichter-Kunſt bey nah hauſiren geht,
Hat mir die Eitelkeit kein Lied noch abgewonnen,
Bey dir, ich rede nur, was ich erweiſen kan,
Trift man die teutſche Treu noch unverſtellet an.
Verblendie Sterbliche! was ſucht ihr in der Welt,
Jhr, die ihr eure Zeit mit Dingen uͤberhaͤuffet,
Darob das Ewige kein Raͤumgen mehr behaͤlt,
Wiewol die Zeit auch ſelbſt in ſeinen Schrancken laͤuffet.
Was iſt denn euer Zweck bey ſo erhitzter Muͤh,
Und was beſchaͤftiget, was haͤlt euch ſpat und fruͤh?
Jch871724.
Jch meyne, deren Sinn am allerhoͤchſten ſteht,
Jhr ſucht was Seltenes, ihr wollt was Groſſes finden;
Hat’s, wer mit Fuͤrſten-Volck in einem Paare geht?
Beſitzens etwa die, die Feinde uͤberwinden?
Solls ein erhabner Rang, ſolls etwa Reichthum ſeyn?
Jhr geht vielleicht auf eins, vielleicht auf alles ein.
Wohlan! wen haltet ihr auf dieſen Erden-Plan
Vor den Erhabenſten? Jhr ſprecht: Den teutſchen Kaͤyſer;
Dem Fuͤrſten, dem ein Heer von Fuͤrſten unterthan,
Die Crone, und den Knopf viel Koͤniglicher Reiſer;
Schaut her! Die Liſt und Kunſt zu groſſen Dienern macht.
Wie weit es Sinzendorf bey Treu und Glauben bracht!
Exempel koͤnnen ſonſt, was keine Lehre kan;
Jhr Menſchen moͤchte euch diß Muſter redlich machen,
So ſetztet ihrs mit Recht im Zimmer oben an,
Und richtetet darnach in Zeiten eure Sachen;
Doch giebts noch einen Grund, der gilt zu dieſer Zeit:
Das rechte Redlich-ſeyn iſt eine Seltenheit.
Man ſperrt ja in der Welt die Augen weiter auf,
Wenn man ein Ding beſieht, das wir nicht taͤglich ſehen;
Kein Pyramiden-Bau hemmt derer Leute Lauf,
Die in den Gegenden ſonſt alle Tage gehen;
Was giebt man nicht ums Gold, wie leicht wirds ausgetauſcht
Dort, wo es wie der Kieß, in denen Ufern rauſcht?
Noch etwas: Waͤre es nicht ſchon ſo lange her,
Daß GOtt ein Wanderer auf dieſer Welt geweſen;
So moͤchte man von ihm und ſeiner Sitten-Lehr
Vielleicht ein mehrerers in unſerm Wandel leſen:
Und da ſey einer teutſch, da ſey er welſcher Art,
So aͤndert er den Sinn, dem er ſich offenbahrt.
Doch wie es mit der Treu der alten Teutſchen geht,
Davon Arminius und andre Helden brennen;
So eben ſieht mans an, wenn in der Bibel ſteht,
Was Chriſtus und ſein Volck zuwege bringen koͤnnen:
Es wird die Helden-Kraft des Herrmanns im Roman
So gut, als Chriſtus Werck, vom Narren nachgethan.
F 4Steht881724.
Steht mir zu reden frey, und warum ſchwieg ich nun?
Jch glaube allem dem, was JEſu Juͤnger ſchrieben,
Jch ſpreche, wer es ließt, derſelbe ſolls auch thun,
Und bin zu dieſer Pflicht von Zeit zu Zeit getrieben;
Doch merck ich, daß ein Theil der Chriſtlich-klugen Welt
Mir, Jugend halben nur, das Ding zu gute haͤlt.
Wie herrlich waͤre das, wenn in der Leſer Zahl
Sich ein und andere (ach! waͤrens viele,) faͤnden:
Die, weil ſie alles Thun in dieſem Jammerthal
Vor puren Tand erkennt, vergehend untern Haͤnden,
Nach einer beſſern Stadt ihr Wollen ausgeſtreckt,
Und ihren edlen Geiſt zu edlerm Trieb erweckt.
Denſelbigen ſey kund: GOtt, unſer Ertz-Monarch,
Der Fuͤrſt der Koͤnige, der HErr von allen Herren,
Der ſich, vor dieſer Zeit, in Knechts-Geſtalt verbarg,
Und ließ ihm ſeinen Thron, zu unſerm Beſten, ſperren;
Der guͤtigſte Regent wird hoͤher nicht erfreut,
Als durch den ſuͤſſen Blick der wahren Redlichkeit.
Nathangel, ein Mann, mit dieſem Preiß verſehn,
Ließ gegen GOttes Lamm viel harte Worte fahren,
Bevor er ſich entſchloß ihm ins Geſicht zu gehn;
Und der Allwiſſenheit gefiel ein ſolch Gebahren,
Warum? Sie kennete den redlich treuen Sinn,
Und zog den Mißverſtand in ihre Liebe hin.
So iſts! Die Redlichkeit, die nur aufs Weſen ſieht,
Mag ſich mit keinem Traum, noch falſchem Lichte ſchleppen;
Wenn ſie des Vaters Kraft zum Sohn hinaufwaͤrts zieht.
So ſteiget ſie auch gern die allgemeinen Treppen.
Was ſie nicht glauben kan, das giebt ſie auch nicht vor;
Und was ſie einmal glaubt, das predigt ſie im Thor.
Jhr Menſchen, leuchtete euch dieſe Himmels-Pracht
Der wahren Treue ein, ſo wuͤrd euch nicht verdrieſſen,
Wenn GOttes Liebe erſt die Hertzen feſte macht,
Daß ihre Reden denn von ſolcher uͤberflieſſen;
Der ſeines HErrn ſich ſchaͤmt, der iſt kein ehrlich Mann;
Und der iſt auch kein Chriſt, der Chriſti ſchweigen kan.
XXXV. 891724.
XXXV. An des Geheimen Conferenz-Mini - ſtri Frey-Herrn von Gersdorf 45. Geburts-Tag.
O Auge! dem des Abgrunds tiefe Schluͤnde
So nahe ſind, als die geſtirnte Bahn,
Es weidet ſich dein Blick im Thal der Gruͤnde,
Kaum ſtreiffet er die ſtoltzen Cedern an,
Wir wollen dich bey dieſer Abend-Zeit
Allmaͤchtiger! auf unſre Art erhoͤhn,
Und waͤren gern von deiner Hoͤh geſehn,
Drum buͤcken wir uns tief mit Niedrigkeit.
O Arm! der ſich, vom Urſprung an der Dinge,
Biß dieſen Tag, mit gleicher Kraft geregt,
Der nicht bedarf, daß man ihm unterzwinge,
Was ſich aus Trotz vor ſeine Staͤrcke legt,
Von deſſen Schlag der Erd-Kreiß bebt und kracht;
Du hebſt und traͤgſt der Deinen kleine Zahl,
Du fuͤhreſt ſie ſo ſanft durchs Jammerthal,
Man uͤbergiebt ſich willig deiner Macht.
O Grund des Rechts, und richtiger Gedancken!
Dieweil du ſelbſt ein GOtt der Ordnung biſt;
So haͤlteſt du auch alles in den Schrancken.
Drum wiſſen wir, daß dirs gefaͤllig iſt,
Wenn man ſich gern vor denen neigen mag,
Die deine Macht auf Hoͤhen treten laͤſt.
Drum heiſſet uns das heut’ge Jahres-Feſt Ein froͤlicher und Ehren-voller Tag.
Wir ehren den, den heute deine Rechte,
Du Lebens-GOtt zum erſten vorgezeigt:
Wer liebet nicht ſein eigenes Geſchlechte?
Drum ſind wir ihm mit Liebe zugeneigt.
Was ſollen wir ihm nur zu gute thun? Wir heben ihn in deine gute Hand, (Das liebliche, das feſte Liebes-Band,) Da laͤßt ſichs gut, da laͤßt ſichs ſicher ruhn.
F 5Du901725.
Du klares Licht, du Sonne deiner Treuen!
Was dich erblickt, das ſehnet ſich nach dir,
Wer ſo wie du ſein Wohlthun kan verneuen,
Verneuet leicht der Seinen Liebs-Begier;
Verneue dich dem Vetter heute noch,
Erneure ihm den ſchoͤnen Liebes-Rath!
Der hat genug, der dich alleine hat;
Noch bindeſt du gar an ein ſanftes Joch.
Was koͤnnen wir ihm zur Verehrung reichen?
Nicht Geld noch Gut; das haſt du ſchon verſehn,
Nicht Ehr und Gluͤck, er traͤgt davon die Zeichen:
Drum bleibt der Wunſch bey deiner Liebe ſtehn,
Die goͤnne ihm noch manches Lebens-Jahr,
Die ſchencke ihm recht viel Vergnuͤglichkeit,
Die leite ihn durch dieſe Wander-Zeit,
Das thue ſie, die Liebe: Sie iſts gar.
Und Hertz voll Treu, voll ungemeßner Milde,
Das immerdar in lautrer Liebe wallt,
Du feſtes Schloß, und gegen alle Schilde
Der Widrigen, verwahrter Aufenthalt!
Nur ſperr uns da den Einlaß nimmer zu,
Denn wenn die Kraft der Finſterniß bey Nacht
Sich hier und da genug zu ſchaffen macht; So finden wir in dir vollkommne Ruh.
XXXVI. Auf Graf Erdman Ludwig Henckels Ende.
UNd du wirſt weggeruͤckt, des Vaters Augen-Weide,
Ein einig lieber Sohn, ein Hofnung-volles Kind!
Wer richtet ihn wol auf bey einem ſolchen Leide,
Und wie bezeigen wir, was treue Bruͤder ſind?
Hier, ſchreibet mir ein Freund, ſoll ſich dein Kiel bemuͤhn:
Das iſts auch, was ich kan, die Liebe troͤſte ihn.
Nur moͤcht ein andrer Kopf den Plan dazu entwerffen,
Ein Kopf, der ein Gemuͤth von zaͤrtrer Neigung fuͤhrt:
Der meine hat die Art dem Leſer einzuſchaͤrffen,
Daß einen Chriſten leicht kein zeitlich Leiden ruͤhrt,
Auch911725.
Auch hat er Grund dazu; weil Petrus ungeſcheut,
Beym Leiden froh zu ſeyn, den Glaͤubigen gebeut.
Und wenn ich von Verluſt der Kinder reden ſolte,
Verſchrieb ich mich vielleicht, und ſpraͤche von Gewinn,
Wenn auch ein Vater-Hertz vor Schmertzen brechen wolte,
Jch fragte dennoch wohl: Wo mit den Kindern hin?
Sie ſollen mit der Zeit vor GOttes Throne ſtehn,
Jſts noͤthig, daß ſie erſt der Suͤnd ins Netze gehn?
O ſeliger Verluſt! So will ich ſtets verliehren,
Wenn dadurch, daß mirs fehlt, die Liebe Zugang kriegt;
Ein ſolcher Sieg iſt werth darum zu triumphiren,
Wo man den Feind zugleich geſehen und beſiegt.
Pflegt bey dergleichen Fall der Luſt was abzugehn;
So kan uns auch daraus nicht ſo viel Streit entſtehn.
Allein, wem wolte ich hiebey den Argwohn wehren,
Daß dieſer Ausſpruch nur ein Eigenwille ſey?
Vielleicht beſchweret es, die Kinder zu ernaͤhren?
Sie binden heftig an, man iſt wohl lieber frey;
Sie brauchen Sorg und Muͤh, man muͤhet ſich nicht gern,
Drum uͤberlaͤſt man ſie aus Traͤgheit an den HErrn?
Wohlan! ich ſuche nicht dem Vorwurf auszuweichen:
Jch halte, GOtt ſey Danck! nichts auf Entſchuldigung,
Um aber meinen Zweck im Haupt-Punct zu erreichen;
So iſt diß eine Wort vielleicht Beweiß genung.
Es ſetze ſich ein Kind vergeblich aus der Ruh,
So bald es Kummer hat, was doch der Vater thu.
Gewiß, du theurer Freund, du liebes Kind der Liebe!
Daß ſich Jmmanuels ſchon lange nicht mehr ſchaͤmt,
Diß eben ſammlet dir die ausgeſchweiften Triebe;
Diß macht, daß dein Gemuͤth ſich heute nicht mehr graͤmt;
Die Sorge preſſet dir kein banges Stehnen aus,
Wer einen Vater hat, dem haͤlt der Vater hauß.
Du laͤſſeſt deinen Sohn in allzu guten Haͤnden,
Die Schule, die er hier nur angefangen hat,
Die mag er auf dem Schooß der Liebe vollends enden;
Wo lernt man hurtiger? als in der neuen Stadt.
Dein Auge, das bißher vor dieſen Sohn gewacht,
Das gebe fuͤhrohin allein auf JEſum acht.
Jch921725.
Jch habe ſchon geſagt, wenn meine Saͤyten klingen,
Geſcheh es bloſſerdings die Freundſchaft darzuthun:
Bedarfſt du aber Troſt, den ſoll die Liebe bringen;
Allein ich ſeh dich ſchon in ihrem Willen ruhn.
Drum mache dieſer Schrift, die ich verkuͤrtzen muß,
Nur dieſer hertzliche und treue Wunſch den Schluß:
Dein Erdman iſt ins Reich der Himmel eingedrungen,
So maͤnnlich, als es ihm dein theures Eh-Gemahl,
Da ſie beym letzten Kampf ihr Schwanen-Lied geſungen,
Aus muͤtterlicher Macht, im Glauben anbefahl.
Du Tochter bleibe nun des HErren JEſu Lamm,
Und du, mein Bruder! bleib ein Freund vom Braͤutigam.
XXXVII. Uber die Ruhe des Gemuͤths.
WJewol iſt einer ſolchen Seele!
Die JEſum Chriſtum in ſich hat!
Wird gleich die aͤußre Liebes-Hoͤhle
Von mancher Arbeit muͤd und matt;
So ſteht der Geiſt doch ungebunden,
Und hat den Quell der Freude funden:
Und zwar die Freud in ſuͤſſer Still;
Denn das iſt eine ſchlechte Freude,
So lange man die Seelen-Weyde
Jn lauter Unruh ſuchen will.
Drum kan kein Menſchen-Kind ergruͤnden,
Wie gut mans erſt bey JEſu trift.
Man ſchleppet ſich mit ſeinen Suͤnden,
Man iſſet uͤberzuckert Gift,
Und meynt, man hab es wohl getroffen,
Wenn man ſich endlich was erloffen,
Das einer vor ein Gluͤck erkennt.
Allein, wer will uns glauben machen,
Daß man auf Erden alle Sachen
Bey ihrem rechten Nahmen nennt.
Das weiß ich wol, wenn ein Studente,
Der im Regiſter noch zuruͤck,
Ein gutes Amt errennen koͤnte,Das931725.
Das hielt er vor ein groſſes Gluͤck.
Doch iſt die Weyhe kaum empfangen,
Die Wirthſchaft folglich angefangen,
Das erſte Amts-Jahr bald vorbey;
So kan ein zeitlichs Lamentiren,
Die Expectanten uͤberfuͤhren,
Daß dieſes Gluͤck vergaͤnglich ſey.
Vom Lehr-Amt auf den Stand zu kommen,
Der das Regierungs-Ruder fuͤhrt:
Was wird nicht oftmals vorgenommen,
Damit man auch einmal regiert.
Warum? Es iſt ein Gluͤck zu nennen.
Wo wenige das Ziel errennen.
Trift einer nur zum Ziele zu;
So ſucht er etwas anzukauffen,
Daſelbſt zuweilen zu verſchnauffen,
Und ſetzt ſich endlich gar zur Ruh.
Der Naͤhr-Stand hat das Recht bekommen,
Den nennt man eigentlich ein Gluͤck,
Wann eine einen Mann genommen.
Allein man rechne nur zuruͤck;
Wo iſt wol eine unter allen,
Die in das Ehe-Netz gefallen,
Darein ſo manche Hofnung kirrt,
Von ihrem Gluͤcke je bethoͤret,
Die, wenn man ſie frey ſprechen hoͤret,
Nicht andre Leute warnen wird?
Wie kommts denn, daß man Leute ſiehet,
Nur, daß man ſie gar ſelten findt,
Die weder ſich ums Amt bemuͤhet,
Noch, wenn ſies haben, ſchwuͤrig ſind?
Das macht, weil ſie im Lehrer-Orden
Nicht erſtlich JEſu Juͤnger worden,
Und nun von ihm geruffen ſeyn,
Jſt ihnen wenig dran gelegen,
Wie ſtarck der Beicht - und Decem-Segen,
Sie ſammlen ſich nur Seelen ein.
Auch941725.
Auch giebt es GOtt bekannte Nahmen,
Der Welt hingegen ſind ſie fremd,
Die weder auf durchleuchtgen Saamen,
Noch eigner Tugend ſich geſtemmt,
Die ſich des Crocodills der Ehren
Mit einer ſchnellen Flucht erwehren,
Und alſo feſt verpanzert ſind,
Daß er wohl an ſie anzudringen,
Nicht aber ſie hinein zu ſchlingen
Gelegenheit und Kraͤfte find.
Die Ehe kennet auch Perſonen,
Allein in gar geringer Zahl,
Die ſeliglich beyſammen wohnen,
Und leiten ſich durchs Jammerthal,
Jn deren auserwehlten Bunde
Die Gnade Chriſti ſteht zum Grunde,
Und welche ihn und die Gemein,
An ſich als Lebeus-vollen Bildern,
So gluͤcklich wiſſen abzuſchildern,
Daß ſie nicht zu verkennen ſeyn.
So kommt es denn in allen Sachen
Auf Grund und Unterſtellung an;
Die koͤnnen Haͤuſer ſtehen machen,
Um die es auſſer dem gethan.
HErr, der du unſer Hertze kenneſt,
Und nach dem Wohl der Menſchen brenneſt,
Wie gluͤcklich wird mau durch den Sinn,
Der dir ſein gantzes anvertrauet,
Und alles auf die Gnade bauet,
Und gibt es unbeſehens hin!
XXXVIII. Uber des Heylands Treue.
OLiebe, die in fremde Noth
Sich ſelbſt hinein geſtuͤrtzt,
Und die damit dem ewgen Tod
Den Stachel abgekuͤrtzt.
Wir951725.
Wir ſehen deine Herrlichkeit
Jm Thal der Demuth bluͤhn,
Und uns durch dein empfindlich Leid
Aus allem Leiden ziehn.
Daß du nun unſer Buͤrge biſt,
Das heiſt man wohl gethan,
Und nimmt den Menſchen JEſum Chriſt
Zum Suͤnden-Tilger an.
Allein, wie wenig wird man ſehn,
Die zu bereden ſeyn,
Daß niemand kan ins Leben gehn,
Als durch die Creutzes-Pein.
So gieb denn deinem Wort vom Creutz
Jn denen Seelen Kraft,
Daß es dieſelben allerſeits
Mithin zum Creutze raft.
Denn das iſt einmal gantz gewiß,
Du biſt zu gleicher Zeit
Ein Gegen-Gift vors Todes-Biß,
Und unſre Heiligkeit.
Drum, der du angekommen biſt,
Jn Knechts-Geſtalt zu gehn,
Des Weiſe nie geweſen iſt,
Sich ſelber zu erhoͤhn.
Komm! wincke unſrer ſtoltzen Art
Jns edle Nichts hinein,
Darinn ſich erſtlich offenbahrt,
Daß wir GOtt Etwas ſeyn.
Der du noch in der letzten Nacht,
Eh dich der Feind gefaßt,
Den Deinen von der Liebe Macht
So ſchoͤn gepredigt haſt.
Erinnre deine kleine Schaar,
Die ſich ſo leichte zweyt,
Was deine letzte Sorge war:
Der Glieder Einigkeit.
Du961725.
Du opferſt deine Juͤnger noch
Dem Vater im Gebet.
O! wuͤrden unſre Sinnen doch
Oft im Gebet erhoͤht.
Der du um unſre Seligkeit
Mit blut’gem Schweiſſe rangſt,
Und durch der Thraͤnen bangen Streit
Des Grimmes Macht verdrangſt.
Erſchuͤttre doch den traͤgen Sinn,
Der nichts von Arbeit weiß,
Und reiß ihn aus der Faulheit hin
Zu deinem Kampf und Schweiß.
Der du dich deines Vaters Zorn
Zum Pfande eingethan,
Nimm uns, aus deinem Geiſt gebohrn,
Zum Gegen-Pfande an.
War zu der Herrlichkeit die Schmach
Dein ordentlicher Weg;
So geht dir deine Heerde nach
Auch uͤber dieſen Steg.
Und da dich deine Niedrigkeit
An Pfaͤhle binden kan;
So hefte unſre Eigenheit
An deinen Creutz-Pfahl an.
Gecreutzigter, den ſeine Lieb
Biß in den Tod gefuͤhrt,
Ach! wuͤrd auch unſer Liebes-Trien
Zum Tode treu verſpuͤhrt.
Drum leit auf deiner Leidens-Bahn
Uns ſelber bey der Hand,
Weil dort nur mit regieren kan,
Wer hier mit uͤberwand.
XXXIX. 971725.
XXXIX. Auf Friedrichen Herrn von Wat - teville, vor ſeiner Abſchickung an den Cardinal von Noailles.
SO wagt ſich, theurer Freund! zu dir derſelbe Kiel,
Der zwar nicht gantz und gar des Schreibens unerfahren,
Der aber auch ein Feind vom bloſſen Woͤrter-Spiel,
Und ſonderlich den Ruhm der Freunde pflegt zu ſparen.
Man ſiehet, daß er ſich nun offenbarlich regt:
Nicht dein verdientes Lob der Erden kund zu machen,
Als welches Amt der HErr an jenem Tage traͤgt;
Er will nur itzt der Welt und ihrer Thorheit lachen.
So bald man ſich bekehrt, ſo iſt es ausgemacht,
Und ſtammte man vorher aus Wittekindes Lenden,
Den man der Hoheit ſelbſt zur Wurtzel ausgedacht;
So wird ſich unverſehns das Blatt der Ehren wenden.
Die gantze Welt erſtaunt, wie herrlich jener Mann,
Bey aller Redlichkeit, an Geld und Gut geworden:
Kaum aber, daß er ſich zu GOtt bekehren kan;
So eilet ſie mit ihm zum nechſten Bettel-Orden.
Warum? Was iſt der Welt? Sie laͤſt ſich einerſeits
Von einem Chriſtenthum, bey eitler Welt-Luſt, traͤumen:
Wie kan die Thoͤrin denn mit Chriſti hohem Creutz
Die Hoheit ihres Stuhls auf keine Weiſe reimen?
Wenn ſich ein fremd Geſicht in ihren Graͤntzen zeigt,
So pflegt ſies iedermann an Wuͤrde vorzuziehn:
Der Fremdling aber ſey nur Chriſto zugeneigt;
So mag er nur fein bald aus ihrer Gegend fliehn.
Der wird geſchwind ein Graf, aufs wenigſte Baron,
Der in der Fremde nur das Seinige verbrauſet;
Der aber ſcheint der Welt, wo nicht ein Huren-Sohn,
Doch nicht viel ehrlicher, dem vor der Welt-Luſt grauſet.
Wer ſich der Eitelkeit der Welt gebrauchen kan,
Und weiß mit falſchem Glantz ſein Nichts ſeyn auszumahlen,
Der trete nur getroſt vor alle Welt heran,
Von Reichthum, Klugheit, Stand, von was er will zu pralen.
Die Erde ruht auf Wind, (vergoͤnnt mir dieſes Spiel,)
Drum klingt ihr nichts ſo groß, als ſolcherley Getoͤſe,
GDa981725.
Da wiſſe man nur nichts, nur rede man fein viel;
Man habe gleich kein Hertz, man thue nur ſehr boͤſe.
Verzeih! dem Lauf der Welt, Erlauchtes Herren Hauß,
Du Kleinod Arelats, du Burg von Watteville!
Gehn gleich von deinem Stamm die hoͤchſten Sproſſen
(*)Das Hauß derer des H. R. R. Erb-Schatzmeiſtere Grafen von Sinzendorf und Burggrafen zu Reineck iſt eines von dieſen Sproſſen.
(*) aus,
Doch ſchweigt der Fuͤrwitz ſelbſt von deiner Wuͤrde ſtille.
Warum, der edle Zweig, den Teutſchland juͤngſt geſehn,
Und der nun unter uns in Wunder-Segen bluͤhet,
Hat, GOtt ſey Danck! gelernt, dem Lamme nachzugehn,
Und um den Preiß der Welt ſich lange ſatt bemuͤhet.
Das praͤchtige Paris bezaubert ihn nicht mehr,
Das ſchlechte Bertholdsdorf vergnuͤget ſeine Sinnen,
Die Schaͤtze von Papier gereuen ihn nicht ſehr;
Nachdem es ihm gegluͤckt die Perle zu gewinnen.
Es haͤlt der Staat von Bern die groſſe Standes-Pracht
Mit ſeiner Buͤrgerſchaft kaum wuͤrdig zu vergleichen,
Daher er auch nicht viel von hohen Haͤuſern macht;
Hier wird ein eitler Menſch nicht leicht den Zweck erreichen.
So buͤckt den aͤuſern Stoltz die tugendhafte Schweitz;
Doch aber kan ſie ihn nicht aus dem Hertzen bannen:
Die Kunſt kan JEſus nur mit ſeinem rauhen Creutz,
Kommt der ins Hertz hinein, ſo muß der Stoltz von dannen.
Diß war die Wunder, Kraft, mein theurer Watteweil!
Die dich von Welt und Fleiſch, und von dir ſelbertrennte;
Dein Welt-Sinn bebete vor des Geſetzes Keil,
Jndem ſich deinem Geiſt der Freund mit Nahmen nennte.
Wie ſelig biſt du nun! Wie wenig liegt dir dran,
Ob dich die eitle Welt vor Hochgebohren achtet:
Denn werden nur dereinſt die Buͤcher aufgethan;
So wird dein wahrer Rang nur deſto mehr betrachtet.
Was frageſt du darnach, man denckt, du habeſt nichts,
Jndeſſen, daß du ſelbſt den Mammon von dir ſchiebeſt;
Dein zeitlich Gut erquickt ſchon manches Kind des Lichts,
Seit dem du aͤuſſerlich die Armuth JEſu liebeſt.
Jch991725.
Jch bin ein Knecht des HErrn, ich darf des Lobes nicht,
Und mag den Bruͤdern ſelbſt kein eitles Lob erthoͤnen:
Jch weiß es auch im HErrn, wie wehe dir geſchicht
Mit Lob beſchaͤmt zu ſeyn vor denen Menſchen-Soͤhnen.
Jch breche willig ab, diß eine muß ich doch
Dem HErrn der Herrlichkeit zu Ehren f[r]ey bekennen:
Jch gehe deinen Weg, ich zieh an gleichem Joch;
Und darf mich gegen dir nur einen Schuͤler nennen.
Du haſt, o Seelen-Freund! der Wunder-ſchoͤnen Eh
Des Wauevillſchen Paars nun einen Sohn gegeben;
Gieb, daß die gantze Welt an dieſem Hauſe ſeh:
Wie groß die Menſchen ſeyn, die bloß vor JEſum leben!
XL. Uber die verkehrte Anwendung des achten Gebots.
WJe kommt es immermehr? wenn man des Teufels iſt,
So gilts Entſchuldigen, und alls zum Beſten kehren;
(*)Worte des achten Gebots in der Auslegung.
(*)
Wie, daß man dieſe Pflicht gleich gegen uns vergißt,
Wenn wir zu GOtt bekehrt, und JEſu zugehoͤren?
Wie, daß man einen Klotz im Auge nicht erſieht,
Und zum Praͤſervativ an allen Splittern zieht?
Gewiß, ein Chriſte hat viel Ungelegenheit.
Vor ein natuͤrlich Menſch bleibt immer gute Meynung,
Und iſt doch ein Gefaͤß des Zorns in Ewigkeit,
Da jener Hofnung hat zur ſeligen Erſcheinung.
Die kleinſte Neu-Geburt geh in das Hauß der Ruh;
Der edelſten Vernunft ſchlaͤgt man die Thuͤre zu.
Die Kinder ſind nicht gleich, was alte Leute ſind.
Doch ſpielt der kleine Sohn inzwiſchen mit der Docke,
Daß die erwachsne Magd an ihrem Wercke ſpinnt.
Der Kleine erbt das Hauß, die Magd bekommt zum Rocke.
Der groͤſte Todte ſchweigt, und liegt, und ſteht nicht auf:
Das Kind lallt, biß es redt, und taumelt biß zum Lauf.
G 2Wer1001725.
Wer ſich kein neues Hertz und neuen Geiſt geſchaft,
Der liegt (und waͤr er gleich der Froͤmmſte) noch im Tode;
Jſt einer noch ſo gut, und fehlt ihm nichts als Kraft:
So bleibt der Hof des HErrn bey ſeiner alten Mode.
Das Ruͤhmen iſt umſonſt; da laͤſt man keinen ein,
Er muß von oben her aus Geiſt gezeuget ſeyn.
Wer gleich nicht gar verſtockt, und ohne Fuͤhlung iſt;
Dergleichen Leute kaum errettet werden koͤnnen,
Weil ſich ihr frecher Stoltz auch gegen GOtt vermißt,
Und ſie mit Sprung und Streich in ihr Verderben rennen,
Der iſt doch oftermals tief in das Netz verſtrickt,
Das unſer Feind mit Geld, und Ehr und Luſt geſpickt.
Weil Satan ſeine Brut in Finſterniſſen heckt;
So ſorgt er, daß ſie ja die Furcht der Nacht nicht fuͤhlen;
Bald wird man in den Schlaf der Sicherheit geſtreckt;
Bald aber muß man ſich im Schlamm der Luͤſte ſuͤhlen.
Kurtz, da ſey einer tod, verſtrickt in Fleiſchlichkeit,
Demſelben iſt kein Ort bey Chriſto zubereit.
XLI. Auf der Frau Geh. Raths-Directorin und Land-Voͤgtin letzten Geburts-Tag.
ZWar bebt der Erden-Kreiß von ſo viel eiteln Laſten;
Doch iſt ſein kleinſter Theil am allerſchlimmſten dran:
Weil er das gantze Heer der Chriſtlichen Phantaſten
Auf ſeinen Boden traͤgt, und kaum ertragen kan.
Wo hat ein Wanders-Mann bey ſolcherley Barbaren,
Da man das Menſchen-Fleiſch zu feilen Kauffe traͤgt,
So einen Glaubens-Grund geleſen und erfahren,
Drauf mancher unter uns ſein Haupt ſo ſanfte legt?
Solt ein und anderer der fernen Hottentotten
Das Chriſtliche Geſetz, und einen Chriſten ſehn,
Und wuͤſte nicht, wie der, des Heiligſten zu ſpotten;
So wuͤrden ihm gewiß die Augen uͤbergehn.
Wie man dem Teufel ſonſt in abgelegnem Haͤyne
Mit zitterndem Verdruß bey denen Heyden dient;
So weyht man hier dem HErrn die unbelebten Steine,
Da Satans Bild und Sinn davor im Hertzen gruͤnt.
Vermeynte1011725.
Vermeynte wohl ein Mann von ungeuͤbten Sinnen,
Bey mancher Prediger geſchminckten Kuͤnſteley,
Und bey der Hoͤrenden veraͤchtlichen Beginnen;
Obs auch der pure Ernſt mit allen beyden ſey?
Und dennoch kommet man bey nahe ins Gedraͤnge,
Wenn ein geweyhter Tag mit anzuſehen iſt.
Wer iſts? Wem dienet ſie, die ungeheure Menge?
Sie dient: Sie nennet ſich nach einem: JEſus Chriſt.
Nach JEſu? Das iſt der, von dem auch Feinde ſagten:
Er ſey ein freundlicher, ein angenehmer Mann;
Er thu den Boͤſen guts, er helffe den Geplagten,
Und niemand ſehe ihm was ungeſchicktes an.
Wer aber ſeyn denn die, ſo ſich nach JEſu heiſſen?
Der eine liegt und ſchlaͤft, der andre frißt und ſaͤuft;
Der dritte moͤchte ſich mit allen Menſchen ſchmeiſſen;
Jndem der vierdte Geld und Gut zuſammen haͤuft.
Hier ſeh ich Gleichniſſe von ſo viel fremden Thieren;
Hier daͤcht ich nimmermehr ein rechtes Menſchen-Bild
Geſchweige JEſu Sinn und Weſen aus zu ſpuͤren,
Naͤchſt dieſen iſt die Welt mit Narren angefuͤllt.
Wie geht es immer zu? Kommt etwa JEſu Wandel
Den armen Sterblichen zu unbegreiflich fuͤr?
Gewiß, wo dieſes nicht ein ungereimter Handel,
Daß JEſus immer ſpricht: Jhr Menſchen lernt von mir,
Und hat es unſer HErr nicht allzu hoch getrieben;
Man ſolte in der That auch andre Chriſten ſehn.
Drum iſt bey mir der Schluß nach allen uͤbrig blieben:
Dem JEſu Schritt vor Schritt in Schwachheit nach zugehn.
Wird ſich nun dermaleins vor ſeinem Richtſtuhl zeigen,
Daß ich die Saͤyte ſo, wie er, zu hoch geſpannt:
So kan ich mich vor ihm in muntrer Demuth neigen
Und ſprechen: Alſo hab ich deinen Sinn erkannt.
Jhr, die ihr feſte glaubt: Das Chriſtenthum ſeyn Grillen,
Und ſprecht ſo gerne Hohn dem Zeuge Jſrael,
Fehlts euch nicht uͤberhaupt an einem guten Willen;
So iſt noch Rath vor euch, errettet eure Seel!
Hebt eure Augen auf, und ſehet auf die Hunde,
Vielleicht erblickt ihr auch ein wohlgeartet Lamm,
G 3Und1021725.
Und damit laßt euch ein, vernehmt aus ſeinem Munde:
Wie ihm geſchehen iſt, da es zum Hirten kam.
Vermuthet ihr vielleicht, als waͤrens Phantaſien,
Damit man ſeinen Sinn ſo leicht benebeln laͤßt:
So wißt, ein kluger Chriſt weiß ſich zuruͤck zu ziehen;
Erſieht er aber Grund, den haͤlt er Felſen-feſt.
Es giebt auch unter uns gewiſſe bloͤde Seelen:
Doch, ein verkuͤrtztes Maaß der menſchlichen Vernunft,
Macht uns am wenigſten den Lebens-Weg verfehlen.
Wer Chriſtum glaubt und liebt, gehoͤrt in Chriſti Zunft.
Jhr aber ſehet zu, daß auf des Richters Frage:
Warum ihr Chriſten hießt, und nicht geweſen ſeyd?
Jhm euer Hertz alsdenn mit Muth und Wahrheit ſage:
Es fehlte nur an Kraft, der Wille war bereit.
Du theure Juͤngerin! Dein Wandel und Bezeugen
Hat mich und andre mehr zu Juͤngern zugericht:
Wie kan ich denn itz und von Chriſto ſtille ſchweigen,
Da deine gantze Art von Chriſto JEſu ſpricht?
Jch faſſe mich zwar kurtz; Doch wirds ein Kluger mercken,
Ein Unverſtaͤndiger mag zu Poſtillen gehn:
Wir aber wollen uns an dieſem Tage ſtaͤrcken,
Und JEſum, unſern GOtt, mit einem Lied erhoͤhn:
XLII. Auf ſeiner Gemahlin 25. Jahrs - Tag.
GEht! werft euch vor die Majeſtaͤt
Des Koͤniges der Liebe,
Die euch bereits entgegen geht,
Jhr, meiner Seelen Triebe; Sie, die kein Auge ſehen kan,
Blickt mit des Glaubens Augen an!
Du biſt, o Seelen-Braͤutigam!
Ein allgemeines Weſen:
Wer kranck auf Erden zu dir kam,
Den lieſſeſt du geneſen. Jch1031725.Jch habe dich auch angeruͤhrt,
Und deine Wunder-Kraft geſpuͤrt.
Jch bins verſichert, daß du mich
Zu deinem Volck gezehlet;
Mit deinem Hertzen ewiglich
Verbunden und vermaͤhlet; Und wenn du bey dem Vater ſtehſt,
Auch mit vor meine Seele flehſt.
Jch mache mich im Geiſt bereit,
Beym Thone ſtiller Lieder,
Und werffe deiner Wuͤrdigkeit,
Mich vor die Fuͤſſe nieder. Komm Prieſter aus dem innern Chor,
Und bete meiner Seele vor.
Gib, daß ich ſpreche, was dein Mund
Dem Vater ſagen wolte,
Wann er ihn an den Liebes-Bund
Mit mir erinnern ſolte. Auf! weil der Geiſt itzt Abba ſprach;
So lall ihm auch das andre nach.
Mein Abba! deine Gnaden-Wahl
An mir zu offenbahren,
Haſt du mich in das Jammer-Thal,
Vor fuͤnf und zwantzig Jahren,
Durch eine, dir gemaͤſſe, Macht,
Aus Mutter Leib hervor gebracht.
Die Welt bekam ich ins Geſicht,
Sie hat mir wohl gefallen;
Bey nahe haͤtt ich Luſt gekriegt,
Mit ihr dahin zu wallen. Die Luſt macht immer ſuͤndiger,
Du weiſt es Hertzens-Kuͤndiger.
Die groͤſte Ungelegenheit
Der Nachfolg unſers Lammes,
Die angebohrne Herrlichkeit,
Des weltlich hohen Stammes,G 4Die1041725.
Die noch ſo manches Hertz verſtockt,
Die hatte mich auch angelockt.
Bey dieſer ſteten Demmerung,
Wo Tag und Nacht vorhanden,
Und weder Finſterniß genung,
Nach wahres Licht entſtanden, Verfehlt die halbe Chriſtenheit,
Des Weges zu der Seligkeit.
Da wird man ehrbar und gerecht;
Da fuͤrchtet man die Hoͤlle,
Und iſt ſein Lebenlang ein Knecht,
Un kommt nicht von der Stelle. Denn, daß man Suͤndigens vergißt,
Macht, daß die Suͤnde ſchaͤndlich iſt.
Das Hertz nimmt Chriſti Sinn nicht an,
Die Leidenſchaften leben,
Und muͤſſen ſich nur dann und wann
Jn den Gehorſam geben; Wenn daß er ſeinen Zweck erreicht,
Ein Satanas dem andern weicht.
Von einer ſolchen Sclaverey,
Ward ich in dieſen Stunden,
Durch meines Koͤnigs Liebe frey:
Jch hab ihn heute funden; So, daß ich dieſen lieben Tag
Vor mein Geburts-Feſt rechnen mag.
Hier iſt das ſehr geringe Hertz,
Das JEſu Hertz gebrochen;
Als ers, durch unverdienten Schmertz,
An Hoͤll und Tod gerochen. So komm und blaſe deine Flamm
Jm Hertzen auf, komm Braͤutigam!
Danck, Ehrerbietung, Schuldigkeit
Kan man zuwege bringen;
Allein die Liebs-Ergebenheit,
Die kan kein Menſch erzwingen. Man1051725.Man ſchencket einem Hof und Hauß,
Und wird doch keine Liebe draus.
Die Sorge vor der Hoͤllen-Pein,
Kan nicht zur Liebe treiben;
Auch wird des Himmels Sonnen-Schein,
Hier ohne Wuͤrckung bleiben. Die Liebe, die ſich uͤbergiebt,
Braucht nicht zu ſehn, warum ſie liebt.
Man liebet, was man nie geſehn:
Man hats kaum hoͤren nennen,
Wohin noch keine Sinnen gehn,
Da kan das Hertz nach brennen. Jn dieſer Art, aus ſolchem Trieb
Hat meine Seele JEſum lieb.
Mein Salomo! vermaͤhle dich
Mit meinen innern Sinnen:
Beherrſche mehr, als Koͤniglich,
Mein ſaͤmtliches Beginnen; So bin ich dir noch mehr vereint,
Wann heute wiederum erſcheint.
Jndeſſen ſoll auf deinen Ruf,
Mein Hertz dir willig dienen:
Und deiner Gnade zum Behuf,
Soll auch die Huͤtte gruͤnen. Es wiſſe, wer es wiſſen kan,
Jch bin der Lieb ihr Unterhan.
Der an dem Creutz geſchaͤndet ward:
Den itzt ſein Volck verlaͤugnet,
Und der nach ſeines Reiches Art,
Mit Schmach die Seinen zeichnet, Jſt mein und meines Mannes Haupt,
An welchen unſre Seele glaubt.
Da, wo er ſeine Helden-Zunft,
Durch Hoͤll und Tod gefuͤhret,
Da ſey der Wille der Vernunft,
Auf ewig, angeſchnuͤret. G 5Weg1061725.Weg Erde, weg Natur und Stand!
Wir haben ſonſt ein Vater Land.
XLIII. Vollendung einer fuͤnfjaͤhrig-fortge - wehrten Betrachtung GOttes.
ALlgegenwart! ich muß geſtehn,
Du unausſprechlich tiefe Hoͤhe
Erfuͤlleſt, ohne dich zu ſehn,
Doch alles, wo ich geh und ſtehe:
Die Spur von deinem Allmachts-Pfad,
Die ewiglich nicht auszugruͤnden,
Jſt dennoch uͤberall zu finden,
So weit man Raum zu dencken hat.
So kan es ja nicht anders ſeyn,
Weil ich dich allerwegen mercke,
So geb ich mich mit Ernſt darein,
Die Groͤſſe deiner Macht und Staͤrcke,
Die blendend helle Majeſtaͤt,
Vor der die finſtre Tiefen weichen,
Mit einem Liede zu erreichen,
Das uͤber alle Lieder geht.
All ein du unbeſchriebner Mann,
Wo fing ich meine Lobs-Gedancken
Den erſten Stein zu ſetzen an?
Wohin verſetzt ich ihre Schrancken?
Jn welchem Lebens-Jahre wird
Erſt mein Verſtand ſo aufgeklaͤret,
Daß er hinauf und nieder faͤhret,
Und ſich nicht uͤberall verirrt.
Es ſpreche, du verborgner GOtt,
Ein Menſch, was eigentlich dein Weſen!
Und werde nicht dabey zu Spott
Vor allen, die den Ausſpruch leſen;
Er wird, mit ausgeſuchter Art,
Die Sprache alſo fuͤhren muͤſſen,
Daß er und alle nichts mehr wiſſen,
Als was du laͤngſt geoffenbahrt.
Wie1071725.
Wie wagte ſich die Zung hinein
Jn deine tiefe Eigenſchaften?
Die ſonderlich und insgemein
Genau an deinem Weſen haften?
Und zu des Nahmens Wunder-Hoͤhn,
Der ſich zu nennen nicht beliebet,
Sich auch nur zu erfahren giebet,
Wo Aug und Sinne ſtille ſtehn.
Wer fuͤhret mich zu deiner Quell,
Unendlichkeit! des Geiſts erſtaunen!
Wo find ich eine freye Stell
Von deinen Wundern zu poſaunen,
Jch warnte alle Creatur
Vom Fuͤrſten an der reinen Geiſter,
Biß zu der Weiſen Obermeiſter,
Vor deiner fuͤrchterlichen Spur.
Jch laſſe dich, du biſt zu hoch,
Zu tief, o GOtt! zu groß und lichte,
Vor einen Geiſt im Lebens-Joch,
Vor ein umcoͤrpertes Geſichte:
Wie kam das Schaffen dir im Sinn?
Verfehlt ein Fuͤrſt der Creaturen
Zu dir, dem Schoͤpfer, Bahn und Spuren,
Wo will die andre Schoͤpfung hin.
Goͤttliche Antwort.
Hoͤr auf zu ſuchen, was ſo fern,
Hoͤr auf zu forſchen, was dich fliehet;
Du haſt den ausgemachten Kern,
Sey nicht ums Auſſen-Werck bemuͤhet
Verruͤcke nicht dein Seelen-Licht
Biß zu dem Kreis der Ewigkeiten,
Du moͤchteſt Finſterniß erbeuten,
Und fandeſt mich doch nirgends nicht.
Wie ſo, du unverſtaͤndigs Kind?
Wilt du mich aus der Tiefe hohlen?
Wo meyneſt du, daß man mich findt?
Suchſt du mich bey den Himmels-Polen? Suchſt1081726.
Suchſt du mich in der Creatur?
Mein Weſen, das kein Auge ſchauet,
Hat ſich ja einen Leib erbauet,
Und du verfehlſt doch meine Spur?
Jhr Menſchen! kommt herbey, und ſeht
Die zugedeckte Abgrunds-Schluͤnde,
Die eingehuͤllte Majeſtaͤt,
Jn JEſu, dem geringen Kinde;
Seht, obs der Menſch in Gnaden ſey,
Seht, ob er euer Lob verdienet,
Wem deſſen Lieb im Hertzen gruͤnet;
Wer glaͤubt, wird aller Sorgen frey.
Die Seel
O Ewigkeit! du ſchoͤnes Licht!
Des Koͤnigs Abglantz aller Ehren!
O Liebe! die den Himmel bricht,
Jn meiner Huͤtten einzukehren,
Hie find ich mich, hie greif ich zu.
Zwar hab ich dich noch nicht geſehen,
Jedoch das wird einmal geſchehen.
Jtzt lieb ich dich, und glaub, und ruh.
XLIV. Auf ſeiner Tante, der Fraͤulein Hen - riette zu Hennersdorf, Geburts-Feſt.
DEr Vater der Barmhertzigkeit,
Der gantz alleine gut,
Und immer neue Wunder thut,
Sey hoch gebenedeyt!
Dem Sohn der Rechten Lob und Preiß,
Der keinem Guts verſagt,
Der ſich auch dieſer ſeiner Magd
Zu offenbahren weiß!
Dem Geiſt der Herrlichkeit des HErrn
Sey danck und Ruhm gebracht!
Er zeiget ſeine Kraft und Macht
Den Seelen allzu gern.
Jhr1091726.
Jhr Diener unſers Koͤniges,
Habt Danck vor alle Hut,
Die ihr bey ſeiner Freundin thut:
Denn ihr verdienet es.
Wie wuͤnſch ich dieſen lieben Tag
Noch oft mit zu begehn,
Und allerley mit anzuſehn,
Darum man dancken mag.
HErr, dem kein Sohn der Menſchen je
Was Guts umſonſt gethan,
Der reichlich wieder geben kan:
Erhoͤre mich auch hie!
Jch habe vieles, was ich weiß,
Von dieſer Seel erlernt;
Sie hat mich von der Welt entfernt,
Und bracht aufs rechte Gleis.
Womit erſtatt ich meine Pflicht?
Jch ſag es jederman.
Doch damit iſts nicht abgethan,
Nein! ich vergelt es nicht.
Drum Licht und Geiſt der Ewigkeit,
So ruf ich dich herbey,
Daß deine Lieb ihr Segen ſey,
Und uͤber ſie ſich breit!
Daß unſre kaͤmpfende Gewalt,
Jn einer Nachbarſchaft,
Auch immer mit vereinter Kraft
Gemeinen Sieg erhalt!
Daß unſre Waffen immerfort
Verknuͤpft beyſammen ſtehn,
Dem Feind getroſt entgegen gehn,
Und dringen biß zum Port.
So werde von des Vaters Hand,
Nebſt ihrer eignen Cron,
Auch etwas mit von meinem Lohn
Jhr gnaͤdig zugewandt!
XLV. 1101726.
XLV. Uber das Grab der Groß-Frau Mutter.
SOlls ſeyn, Hochwuͤrdigs Haͤupt! ſo neig auf JEſus Wincken
Jhm deine von der Laſt erdruͤckte Scheitel zu:
Entweiche muͤder Geiſt zur ſtoltzen Seelen-Ruh,
Und laß den Coͤrper auch in ſeine Ruhe ſincken!
Zwar trinckt den neuen Wein ins Vaters Reiche nicht,
Wer nicht den bittern Kelch vorher noch angeſetzet:
Doch, wenn der Myrrhen-Tranck dir kaum die Lippen netzet,
So ſieht ein jeder leicht, warum das dir geſchicht.
Es hatte dir die Welt zum oͤftern Tranck und Speiſe
Mit Staub der Kuͤmmerniß, und Thraͤnen-Saltz vermiſcht;
Die Arbeit ließ nicht nach, wenn man dir aufgetiſcht,
Und deine Ruhe-Zeit vergieng auf gleiche Weiſe.
So wuſte denn dein Freund, als itzt die Stunde kam,
Mit aufgebotner Macht die Crone zu erkaͤmpfen,
So wohl der Feinde Wuth, als deinen Streit zu daͤmpfen,
Jndem er aus den Sturm dich bald bey Seite nahm.
Sonſt macht ein kuͤhner Held bey vortheilhafter Lage
Den Zugeordneten die groͤſte Sorgen-Noth:
Denn ſie vermuthen ſchon, daß er, Trotz Blut und Tod,
Den eingedrungnen Feind zuruͤck zu treiben wage.
Ein Bau, den Sturm und Schlag noch eins ſo ſtarck gemacht,
So, daß er nun davon nicht leicht zu zittern pfleget,
Jn welchem ſich der Geiſt noch immer lebhaft reget,
Will recht getroffen ſeyn, eh ſeine Feſte kracht.
Drum hoͤret man das Blut in allen Adern kochen,
Weil Tod und Leben noch aus allen Kraͤften ringt,
Biß der gefangne Geiſt ſich aus den Banden ſchwingt,
Nachdem er durch das Hertz, und Marck und Bein gebrochen.
Und da der Seelen-Feind den Erden-Creiß durchreißt,
Um ſchon in dieſer Zeit die Seelen zu verſchlingen;Vermeynt1111726.
Vermeynt man, wenn ſie itzt aus ihrer Huͤtte dringen,
Daß der Erboſte nicht noch allen Ernſt beweiſt?
Dein Geiſt war nicht gewohnt beſtuͤrtzt herum zu ſchweiffen,
Dein unerſchrockner Muth ertrotzte manchen Sieg:
Alsdann vermuthet man gar einen ſchweren Krieg,
Wenn zwey Gewaltige nach einer Sache greiffen. Nein, ſpricht der Ewige, hier ſoll das nicht geſchehn,
Weil dieſe Juͤngerin mir immer treu geblieben,
Und ihre meiſte Zeit in meinem Dienſt vertrieben,
So ſoll ſie auch davor mit Ruhe ſchlaffen gehn.
Sie hat ſich ofte gnug um Cron und Lohn geſtritten,
Wenn ihr das Meer der Angſt biß an den Guͤrtel gieng:
Ob manche Centner-Laſt auf ihrer Schulter hieng.
So iſt ihr Fuß doch nicht aus meiner Bahn geglitten.
Auf einen tapfern Kampf folgt iedesmal Triumph,
Der eine Feind gewinnt, der andre muß erliegen:
Kaͤmpft einer unter mir der wird unfehlbar ſiegen,
Und macht der Widerpart ſo Schwerdt als Pfeile ſtumpf.
Noch eins die ſelge Frau erquickte manchen Schwachen,
Und labete ſein Hertz, wenn ſeine Seele matt:
Wer meiner Duͤrftigen ſich angenommen hat,
Dem will ich, ſpricht der HErr, ein ſanftes Bette machen.
Drum geht die Theureſte, die ſo viel Angſt betraf,
So munter aus und ein, und laͤſt ſich niemand leiten:
Und letzlich kan ſie kaum ihr Sieges-Bett beſchreiten,
So legt ſie ſich zugleich in den erwuͤnſchten Schlaf.
Der heldenhafte Sinn begehrte nicht zu ruhen,
Worinnen ihm der Leib ſo lang zu ſtatten kam,
Biß man das Meiſter-Stuͤck aus dem Gehaͤuſe nahm, (Denn einen muͤden Fuß pflegt einer auszuſchuhen.)
Komm angenehmes Volck von jener Helden-Wacht, (Die bey der Nacht-Gefahr um Salomonis Bette
Zum Schutze ſeiner Braut umher gezogne Kette,)
Nimm deine Schweſter an, begleite ſie zur Pracht!
Jhr1121726.
Jhr Seelen um den Stuhl, mit Palmen in den Haͤnden,
Wißt: Daß der neue Gaſt aus groſſer Truͤbſal koͤmmt,
Und daß der Feinde Drang ſein Saͤiten-Spiel gehemmt;
Drum helft des Lammes Lied ihm ſeliglich vollenden.
Jhr Alten nehmet nun die theure Juͤngerin,
Den Preiß des Alterthums in dieſem Jammerthale,
Und bringt ſie mit Gepraͤng zum Koͤniglichen Saale,
Auf den erhabnen Thron, vor euren Alten hin.
Mein Koͤnig! haſt du nicht vom Creutz zum Stuhl der Ehren,
Als Beyſpiel deiner Schaar dich ſelbſt zuerſt erhoͤht:
Weil dieſe Tochter nun vom Creutze heimwarts geht,
So wird der Vater auch ihr deinen Stuhl nicht wehren.
Jhr Geiſter! die ihr noch in leimern Huͤtten wohnt,
Und habt die ſel’ge Frau, als Aelteſte, gekennet,
Wie? daß nicht euer Hertz von heilgen Eifer brennet,
Zu thun, wie ſie gethan, zu bleiben wo ſie thront?
Jhr, dieſer Edelſteu geehrteſte Verwandte,
Laßt euch ihr Glaubens-Licht nicht aus den Augen gehn,
Jhr moͤgt ihr nahe ſeyn, ihr moͤgt von ihr entſtehn,
Gleicht dem entwichenen ſo hellen Diamante.
Euch Armen dieſer Welt ſchallt in die Jammer-Kluft: Jhr haͤtter euren Schatz auf einmal eingebuͤſſet.
Kein Wunder (wenn euch GOtt das Leiden nicht verſuͤſſet,)
Es ſtuͤrtzete der Gram euch mit ihr in die Gruft.
Euch ruft ihr Wandel zu, ihr ſogenannte Chriſten,
Die ihr ſo GOtt-als Pflicht - und Ehr-vergeſſen ſeyd,
Daß ihr mit lauter Stimm HErr HErr und Vater ſchreyt,
Und dient doch heydniſchen ja thieriſchen Geluͤſten: Wie iſt es immermehr mit eurem Thun bewandt,
Wolt ihr nicht Chriſten ſeyn, was laſt ihr euch ſo nennen?
Wie moͤcht ihr euch ſo gern von eurem Meiſter trennen,
Da ich bald achzig Jahr mich wohl bey ihm befand.
Du aber, ſel’ger Geiſt, gedencke deiner Lieben,
Und mahle ſie dem HErrn in ſein verwundtes Hertz:Das1131726.
Das ſey die Linderung fuͤr den erbellten Schmertz:
Daß ſie mit dir zugleich in ſeine Hand geſchrieben.
Schlaf wohl, du Helden-Stirn, gelobet ſey der HErr,
Der dich (den edlen Reſt, der auserwehlten Frauen,
Die ſich in Einſamkeit dem Seelen Mann vertrauen,)
Biß hieher aufgeſpart zum Dienſt der Wanderer!
Aria nach der Parentation.
DJe Chriſten gehn von Ort zu Ort,
Gerade durch den Jammer,
Und kommen in den Friedens-Port,
Und ruhn in ihrer Kammer.
GOtt haͤlt der Seelen Lauf
Durch ſein Umarmen auf;
Das Weitzen-Korn wird in ſein Beet,
Auf Hofnung reicher Frucht, geſaͤt.
Wie ſeyd ihr doch ſo wohl gereiſt,
Gelobt ſeyn eure Schritte,
Du allbereit befreyter Geiſt,
Du noch verſchloßne Huͤtte!
Den ruͤhrt der Braͤutigam
Mit ſanfter Liebes-Flamm;
Die deckt in ungeſtoͤhrter Ruh
Der Liebe ſtiller Schatten zu.
Wir freun uns in Gelaſſenheit
Der groſſen Offenbahrung.
Jndeſſen bleibt dein Pilger-Kleid
Jn heiliger Verwahrung.
Wie iſt dein Gluͤck ſo groß!
Sey froh im Gnaden-Schooß!
Die Liebe fuͤhr uns gleiche Bahn,
So tief hinab, ſo hoch hinan!
XLVII. Uber den dritten Todes-Fall in Herrnhut, David Conrads.
JCh bin noch nicht zuruͤck aus Schleſien und Maͤhren;
So ſchreibt mir meine Frau, die eine Juͤngerin:HWir1141726.
Wir koͤnnen dir die Zahl der Bruͤder nicht gewaͤhren;
Denn dieſen Augenblick zieht unſer Conrad hin,
Bey einem Liebes-Dienſt, mit ungeuͤbten Haͤnden,
Muß er durch einen Schlag ſein muntres Leben enden.
Mein Koͤnig! (faͤllt mir ein) denn, wenn ich dencken ſoll,
So pflegt mir niemand eh als dieſer einzukommen,
Mein Koͤnig! dieſes iſt der dritte Menſchen -
(*)Die erſte Perſon in Herrnhuth ſtarb an einem jaͤhlichen Zufall im Walde. Die andere brach den Hals von dem Bertholds - dorffiſchen Schloß. Der dritte, David Conrad, wurde bey dem Bau eines Hauſes von einem Balcken getroffen, daß er in acht Tagen den Geiſt aufgab.
(*) Zoll,
Seit dem, daß du die Hut im Waͤldgen uͤbernommen.
Jſts Schutz-HErr oder Feind, der unſre Ruhe ſtoͤhrt? Was nutzet dem ein Theil, dems gantze zugehoͤrt?
Wer wird dirs kuͤnftig hin, du treue Liebe! glauben,
Daß dein geringes Volck in ſein es HErren Hut
Vollkommen unbeſorgt vor Schaden und Berauben,
So einſam, wie es iſt, als unter Schloͤſſern ruht;
Wenn, was am ſicherſten, ſonſt zu geſchehen pflegt,
Die Bruͤder dieſes Orts, ſo bald zu Boden legt?
Wie iſt denn aber dir? red ich mich ſelber an,
Weil ich in meinem Sinn, auch wieder meinen Willen
Nicht das geringſte Leid noch Kummer mercken kan,
Was kan dein zartes Hertz hierum ſo hurtig ſtillen?
Da eines Bruders Fall ſo tiefe Wunden reißt,
Und ſelbſt die Schuldigkeit dich Thraͤnen zollen heißt?
Jch glaube darum iſt, weils unſer Koͤnig thut,
Er iſt mein Held, mein Freund, mein Braͤutgam, mein Re - gente:
Sein Thun iſt immer recht, und wohl gemeynt und gut,
Und groß und uͤberlegt, daß ich nicht ſagen koͤnte,
Wiewol ichs ſagen darf, wiewol ichs hindern kan, Was thuſt du? ſondern nur: Das thuſt du? wohl gethan!
XLVIII. 1151726.
XLVIII. Auf die unvermuthete Zuſammen - kunft in Ebersdorf.
O Liebe! wunderbares Gut,
Was giebſt du denen nicht zu ſchmecken,
Die ſich durch deine Liebes-Glut,
Dir nachzufolgen, laſſen wecken!
Wie lieblich wirſt du nicht erkannt
Von allen, die dich je gefuͤhlet,
Und derer Geiſt aufs Vaterland
Diß unſichtbare Reich gezielet!
Sie koͤnnen deinen Rath
Jn mancher groſſen That
So wunderbar, ſo ſeltſam mercken!
Doch pflegſt du ihren Muth,
Was nicht die Liebe thut!
Durch Kleinigkeiten auch zu ſtaͤrcken.
Du auserkohrner Seelen-Freund,
Du Einfalts-volle treue Liebe,
So ſehr dein Weſen ſchlecht erſcheint,
So ungekuͤnſtelt deine Triebe;
So biſt du doch zu gleicher Zeit
Ein GOtt der Ordnung, Maaß und Zieles.
Der Menſchen Unbeſonnenheit
Verſaͤumt und uͤbergehet vieles,
Das Uberlegung braucht,
Und uns erſtaunlich daucht,
So bald wirs ehrerbietig meſſen.
Da uns nun dieſer Tag
So ſeltſam ſcheinen mag:
Wer wolte deines Raths vergeſſen?
So lange man noch immer will,
So lange mag man ſich bekuͤmmern.
Kaum wird das Hertz vom Wuͤrcken ſtill,
Faͤngt GOtt an unſer Gluͤck zu zimmern.
Der allerangenehmſte Blick,
Den wir erduͤrſtet und erdrungen,H 2Gieb1161726.
Giebt wenig Lieblichkeit zuruͤck,
Und ſcheint uns allzuſehr gezwungen,
Was unſer eigner Rath mit Muͤh erſonnen hat,
Was unſre eigne Fauſt erkaͤmpfet,
Fuͤhlt ein geſchwaͤchter Geiſt,
Die Hand iſt matt, und ſchweißt,
Drum iſt die Armuth ſehr gedaͤmpfet.
Die Freude, die der Freuden-Quell
Uns dieſen Abend uͤber goͤnnet,
Hat denn erſt ihre rechte Stell,
Wenn ſie auf Hertz-Altaͤren brennet:
Da wird das allerhoͤchſte Gut
Jn allen Gaben recht geſchmeck’t,
Allda wird der geheimſte Muth
Jn Lieb entflammt, zum Lob erweck’t;
Die dem Jmmanuel zur Magd erkaufte Seel
Eilt aus der Wuͤſten ihrer Stille,
Steigt auf nach Geiſtes Brauch,
Als ein gerader Rauch,
Jhr Liebes-Ernſt ſteht in der Fuͤlle.
Nur unſre Hertzen ſollen ſich
An dieſem Abende verbinden,
Jhr Gut und Wolluſt ewiglich
Jn dir zu ſuchen und zu finden.
Wir werden unſrer Traͤgheit gram,
Und unſerm loſen Bogen ſpannen.
Dem Freunde, der ins Elend kam,
Und ließ ſich GOtt fuͤr uns verbannen,
Dem ſey der gantze Muth,
Dem werde Leib und Blut
Zum ewigen Beſitz ergeben!
Mein Heyland! hebe dann
Von dieſem Tage an
Noch maͤchtiger in uns zu leben!
XLIX. Auf Herrn Graf Henckels Jahrs-Tag.
DU ewiger Abgrund der ſeligen Liebe
Jn JEſu Chriſto aufgethan,
Wie1171726.
Wie brennen, wie flammen die freudigen Triebe,
Die kein Verſtand begreiffen kan;
Was liebeſt du? Suͤnder, die ſchnoͤde Zucht,
Wen ſegneſt du? Kinder, die dir geflucht;
O groſſes, ja gutes, ja freundliches Weſen!
Du haſt dir was ſchlechtes zum Luſt-Spiel erleſen.
Chor.
Jſt doch, HErr JEſu, deine Braut
gantz arm und voller Schanden,
noch haſt du ſie dir ſelbſt vertraut
am Creutz, mit Todes-Banden!
iſt ſie doch nichts, als Uberdruͤß,
Fluch, Unflath, Tod und Finſterniß,
noch darfſt du ihrentwegen
den Scepter niederlegen.
Weils aber dein Liebes-Rath alſo beſchloſſen,
Der gerne freye Wuͤrckung hat;
So werde mit ewigem Dancke genoſſen
Ein jede Frucht von ſeiner Gnad,
Wir geben die Seelen im Leibe hin,
Jn irrdiſchen Hoͤlen den Himmels-Sinn,
Der ewigen, herrlichen, ſeligen Liebe,
Zur Werckſtatt der geiſtlich - und goͤttlichen Triebe.
Chor.
Lebe dann, und lieb und labe
in der neuen Crea - tur,
Lebens-Fuͤrſt, durch deine Gabe,
die er - ſtattete Natur;
erwecke dein Paradieß
wieder im Grunde der Seelen,
und bringe noch naͤher die Stunde,
da du dich in allen den Gliedern verklaͤrſt,
ſie hier noch des ewigen Lebens ge - waͤhrſt.
Dagegen verſpricht uns das praͤchtige Weſen,
So ſich als Vater kund gethan,
Jn himmliſchen Schaͤtzen uns auszuerleſen,
Was unſre Seelen zieren kan;
Und uͤber die Huͤtten, die bricht wie Glaß,
Auch Segen zu ſchuͤtten mit vollem Maaß,
Wir ſollen von unzuerſchoͤpfenden Schaͤtzen
Uns ſelber, und neben uns andre, ergoͤtzen.
Chor.
Seht aber, wie ſelig wir haben erwaͤhlet,
die wir ſind zum Segnen der Bruͤder gezehlet!
wirH 3ſind1181726.ſind die erkauffete ſeligſte Schaar.
Ach! lobet den Vater; denn kurtz: Er iſts gar.
Singt ihm mit vereinigtem Hertzen und Munde,
ohn Loben und Lieben vergeh keine Stunde.
Wir ſtehn vor dem HErren, als einer im Bunde.
Du Koͤnig der Herrlichkeit, unſer Verlangen
Geht nie ſo weit, als deine Huld;
Wir haben mehr Wohlthat und Segen empfangen,
Als Strafe wir bey dir verſchuldt.
Drum lehr uns vertrauen dem Vater-Sinn,
Und ſehnende ſchauen zum Sohne hin,
Dein Geiſt unterricht uns bey froͤlichen Tagen
Dir etwas Erhoͤrlichs vom Bruder zu ſagen.
Chor.
Was mich dein Geiſt ſelbſt bitten lehret,
das iſt nach deinem Willen eingericht,
und wird gewiß von dir erhoͤret,
weil es im Nahmen deines Sohns geſchicht,
durch welchen ich dein Kind und Erbe bin,
und nehme von dir Gnad um Gnade hin.
Es werden doch alle die maͤchtigen Segen,
Die ſich den Deinigen zum Heyl
Von Chriſto, dem Haupte, zun Gliedern bewegen,
Dem lieben Bruder auch zu Theil;
Er heiſſe mit Nahmen, und ſey denn auch, (Bey JEſu, dem Amen, iſt Wahrheit Brauch,)
Ein Chriſt und ein Juͤnger des ewigen GOttes,
Dort theilhaft der Ehre, hier theilhaft des Spottes.
Chor.
Unſerm Jnwendigen iſt es ſehr gut:
ſauer anſe - hen, ſchelten und ſchmaͤhen,
pflegt nur die Spreu von dem[Weizen] zu wehen,
treibet zu JEſu, und mehret den Muth.
Unſerm Jn - wendigen iſt es ſehr gut.
Es bitten, es flehen, es ſchuͤtten ihr Sehnen
Vor deinem treuen Hertzen aus
Zwey, die du gewuſt haſt an dich zu gewehnen;
Zwey kleine Stein an deinem Hauß,
Zuſammen geſuncken in Chriſtus Sinn,Die1191726.
Die ſchlagen dir Funcken zum Hertzen hin.
So laß denn denſelben zu Liebe geſchehen,
Was du von dir ſelber ſo gerne magſt ſehen.
Chor.
Das Schreyen der Kinder wird warlich erhoͤ - ret,
durch voͤllige Eintracht wird Babel zerſtoͤh - ret,
wer iſt, der verbundenen Geiſtern was wehret?
Du haſt dich am Bruder ſehr kraͤftig bewieſen,
Seitdem du ihn der Welt gezeigt.
So werde denn taͤglich mehr von ihm geprieſen,
Und dir ſein Hertze zugeneigt;
Dein feuriges Leben errege ſich,
Jhm Kraͤfte zu geben, um ritterlich
Dem Satan, und Welt, und die Traͤgheit im Kaͤmpfen
Jm Goͤttlichen Ernſte mit Nachdruck zu daͤmpfen!
Chor.
Er iſt ein Durchbrecher, der vor uns auffaͤhre[t]
wenn wir ſind ermuͤdet, und gantz ohne Saft,
ſo machet er leichte, was heftig beſchweret,
ſprengt Kluͤfte und Berge in Goͤttlicher Kraft,
wer laͤſt ſich nun grauen
den Durchbruch zu ſchauen?
Der, welcher die Felſen zuſchmetteren koͤnnen,
geht vornan im Gliede beym Kampfe und Rennen.
Du freudiges Weſen, du liebliche Wonne,
Erweck itzt unſer aller Geiſt,
Damit wir in deinem Licht ewige Sonne
Erblicken, wie dein Nahme heiſt;
Von welchem Vermoͤgen dein ſanft Joch ſey,
Wies, wenn wir dran zoͤgen, uns recht befrey;
Diß alles belieb uns inwendig zu weiſen,
Damit denn die Wercke den Meiſter auch preiſen.
Chor.
O was ſind wir in dir, JEſu!
Selig, maͤchtig, ſchoͤn und reich,
voller Gnade, Kraft und Le - ben,
deinem heilgen Bilde gleich.
Wir gefallen deinem Hertzen,
nichts Verdammlichs kan uns ſchwaͤrtzen.
H 4Ach!1201726.
Ach! ſegne die, welche den Bruder gebohren,
Die er noch hier als Mutter ehrt,
Sie bleibe zum ewigen Frieden erkohren,
Der Kinder Wuͤnſchen werd erhoͤrt;
Die Tochter, die Seinen auch auſſer Land,
Behalt, als die Deinen, in deiner Hand,
Und ihme ſelbſt falle, nach redlichem Fechten,
Und herrlichem Siege, das Looß der Gerechten.
Chor.
Da GOtt ſeinen treuen Knechten
geben wird den Gnaden-Lohn[,]
und die Huͤtten der Gerechten
ſtimmen an den Sieges-Thon;
Da fuͤrwahr
GOttes Schaar
ihn wird loben immerdar.
L. Bey einer Viſite von dem itzigen Herrn Abt zu Bergen in Dresden.
O GOtt! der Liebe Wunder-Quell,
Du Menſch in Gnaden, ohne Suͤnde,
Und unſer Fuͤrſt Jmmanuel,
Du Geiſt der Hoͤhen und der Gruͤnde,
Es ſetzt uns deiner Wege Lauf
Jn ehrerbietiges Erſtaunen,
Doch thun ſich unſre Lippen auf,
Von dir recht muthig zu poſaunen,
Du Koͤnig aller Welt,
Du zwey geſtammter Held,
Du unſers Lebens beſte Freude,
Du Schrecken der Vernunft,
Und der verkehrten Zunft,
Der Deinen wahre Seelen-Weyde.
Du willſt, daß unſre Hertzen dir
Mit Lob-Geſaͤngen und mit Liedern,
Jns Creutzes reiches Blut-Revier,
Und mitten unter unſern Bruͤdern,
Bey aufgeſtiegner Froͤlichkeit,
Die erſten Fruͤchte zinſen ſollen.
Wenn ſie des Lebens kurtze Zeit
Jns Ewige verwandeln wollen,Nimm1211726.
Nimm unſern frohen Sinn,
Jn dieſem Liede hin,
Und goͤnn uns gar geringen Knechten,
Daß wir um deine Treu, (Denn ſie wird immer neu,)
Mit dir, und mit uns ſelber rechten.
Jhr Hertzen, die da reine Lieb
Jn Chriſto JEſu feſt verknuͤpfet,
Der aufgeregte Liebes-Trieb,
So ſehr er itzt dem HErren huͤpfet, (So heftig ihn das Bruder-Band
Jn JEſu Liebes-Arme ziehet,
So ſehr auch nach dem Vaterland,
Sein ſehnliches Verlangen gluͤhet;)
So traͤg erweiſt er ſich,
So wenig ritterlich,
Wenns an ein rechtes Ringen gehet,
Wenn unverſehner Kampf,
Und unbequemer Dampf,
Jhm vor den bloͤden Augen ſtehet.
Wir wollen dieſen Abend noch
Uns dieſer Traͤgheit ſchaͤmen lernen.
Und uns von JEſu ſanftem Joch
Nicht einen Augenblick entfernen,
Jhr Hertzen, ach! begreiffet euch,
Der HErr verdienet eure Treue;
Ein Unterthan in ſeinem Reich,
Trinckt einſt mit JEſu auch das Neue;
So viel nun euer ſind,
Die JEſus traͤge find,
Die wecke doch ſein theures Leiden;
O! du der Seelen-Mann,
Nimm unſre Seelen an,
Laß ſie in deinen Schmertzen weyden.
H 5LI. Ge -1221726.
LI. Gerechte Thraͤnen uͤber Julianen, Graͤ - fin von Zinzendorf.
ACh Schwaͤgerin! wie beugt mich dein Erblaſſen!
Was ritzet mir dein Tod vor Wunden auf!
O tiefer Riß, ach unterbrochner Lauf!
Es lehre mich der HErr ſein Hertze faſſen,
Er binde mir die Augen feſte zu,
Und fuͤhre mich in ſeinen Rath, zur Ruh!
Ach Edles Weib! der alle Ehren-Tittel,
Da Salomo die Tugend mit verehrt,
Nach Billigkeit vor andern zugehoͤrt,
Und du! liegſt ſchon in einem Sterbe-Kittel!
Jch eilete, da mir der Bruder rief,
Und wuſte nicht, daß Juliana ſchlief.
Jch trete nur, nach abgelegtem Reiſen,
Jns Hauß hinein, ſo wird mir angeſagt,
So wird mir gleich von jederman geklagt:
Der Bruder ſey beſtuͤrtzt mit ſeinen Waͤyſen.
Es haͤtte kaum Graf Ottgen ausgeſchnaubt,
So ſey Gemahl und Mutter hingeraubt.
Ach harter Fall! davon die Pfoſten beben!
Was maͤnniglich an unſerm Hauſe preiſt,
Das zeugete dein hocherhabner Geiſt,
Das zeigete dein angenehmes Leben.
Und haͤtte dich der Schnitter nicht gemeynt;
Wie haͤtte ſich dein Ruhm noch ausgebreit?
Allein! wer will den Rath der Waͤchter meiſtern?
Jch bebe zwar, doch mit Ergebenheit,
Und troͤſte mich mit der Barmhertzigkeit,
Die dich ſo bald verſetzt zu denen Geiſtern.
Denn, ruͤckt der Freund den Lebens-Zeiger fort;
So weiſet er an einen guten Ort.
Wer weiß, als du,
(*)Gedachte Graͤfin war zugleich leiblich Geſchwiſter Kind mit dem Autore, und hatte ſieben Jahr zuvor bey deſſen lan -
(*) wie lieb mir deine Seele,
Wie theuer mir dein Wohl geweſen iſt;Wer1231726.
Wer weiß das recht, nun du verſchieden biſt?
Mein Hoffen liegt begraben in der Hoͤle,
Die deinen Leib biß auf den Tag verſchleuſt,
Da dich der HErr von neuem kommen heiſt.
Ach Bruder! ach, was haben wir verlohren:
Was deiner ſeits in aller Augen faͤllt,
Das bleibt bey mir zwar etwas mehr verſtellt;
Doch hat mein Hertz nicht weniger gejohren.
Auf, Bruder! auf, verlaſſe Welt und Zeit,
Und dringe dich (mit mir) zur Ewigkeit!
LII. Auf den muthigen Juͤngling, Nicol. Wilibald, Frey-Herrn von Gerßdorf.
DEr Chriſten wahrer Helden-Muth
Laͤſt ſich nicht traͤge finden,
Sein hochgebohrnes Fuͤrſten-Blut,
Will immer uͤberwinden,
Er laͤſt die Kinder dieſer Welt
Sich um das Eitle kuͤmmern,
Und wenn der Feind ſie uͤberfaͤllt,
Jn Banden Huͤlf-loß wimmern.
Sein edel-muthigs Angeſicht,
Weiß zwar mit Lieblichkeiten,
Die, ſo ſich wider ihn gericht,
Dem Freunde zu erbeuten;
Allein die unſichtbare Kraft
Des Reichs der Finſterniſſen
Wird ſeiner tapfern Ritterſchaft
Zum Schau-Spiel hingeriſſen.
Der Muth und Unerſchrockenheit
Von Chriſti zarten Jugend
Vermiſcht mit wahrer Freundlichkeit,
Sey deine Streiter-Tugend,Sein
(*)ger Anweſenheit auf der Vurg einen wahren Ernſt, Chriſto nach zu folgen, gefaſſet, mit nachdruͤcklichen Bezeugen, nie zu - ruͤck zu gehen. Der weitere Verfolg iſt nicht gemeldet worden.
(*)1241726.
Sein freundlich Weſen mache hie,
Die Menſchen ihm zu Freunden,
Sein Muth geſiege ſpat und fruͤh,
Den Geiſtern deinen Feinden.
LIII. Bey einer groſſen Gefahr.
DEr Glaube bricht durch Stahl und Stein,
Und faßt die Allmacht ſelber;
Der Glaube wircket mehr allein,
Als alle guͤldne Kaͤlber,
Wenn einer nichts, als glauben kan,
So kan er alles machen;
Der Erden Kraͤfte ſieht er an,
Als gantz geringe Sachen.
Als JEſus noch nicht ausgelegt
Die Schaͤtze ſeiner Hoͤhen,
Noch eh man den, der alles traͤgt,
Auf Erden wandeln ſehen,
Da thaten, die auf ſeinen Tag
Sich freuten, lauter Wunder.
Was kan man, (wers begreiffen mag,)
Was wagt man nicht itzunder?
Jn Wahrheit, wenn das Chriſten-Volck
Nur wolte, was es koͤnte,
Wenn ſich der Zeugen ſtoltze Wolck
Auf JEſus Winck zertrennte,
Sie ſtuͤrtzete das gantze Heer
Der fremden Kinder nieder,
Und zoͤge ſich nur deſtomehr
Zu ihrer Sonne wieder.
Die Starcken um des Salomo
Des Koͤnigs Ehren-Bette,
Die weichen nicht, wie leichtes Stroh,
Sie ſtehn, als eine Kette;
Sie ſtehn, und ſchweiffen nirgends hin,
Was aber ſie befaͤllet,Das1251726.
Das wird vor ſeinen Frevel-Sinn
Jm Zorn zuruͤck gequellet.
Gelobet ſey die Tapferkeit
Der Streiter unſers Fuͤrſten,
Verlacht ſey die Verwegenheit
Nach ihrem Blut zu duͤrſten.
Wie gut und ſicher dient ſichs nicht
Dem ewigen Monarchen;
Jm Feuer iſt er Zuverſicht,
Vors Waſſer baut er Archen.
Und wenn die treuen Zeugen ſehn,
Worauf ſies Leben wagen,
So moͤgen ſie nicht widerſtehn,
Und laſſen ſich erſchlagen.
Sie wollen der Erloͤſung nicht,
Die ſie vorm Leiden birget;
Um jener Auferſtehung Licht
Jſt mancher gern erwuͤrget.
Die Zeugen JEſu waren ja
Vor dem auch Glaubens-Helden,
Die man in Peltzen wandeln ſah
Verfaulen in den Waͤlden.
Und des die Welt nicht wuͤrdig war,
Der iſt im Elend gangen;
Den Fuͤrſten uͤber GOttes Schaar[.]
Den haben ſie gehangen.
Wir wollen unter GOttes Schutz,
Den Satan zu vertreiben,
Und ſeinem Hohn-Geſchrey zu Trutz,
Mit unſern Vaͤtern glaͤuben.
Soll aber unſer Roſen-Art
Auch unter Dornen weyden, (So ward mit JEſu dort gebahrt;)
So wollen wir dann leiden.
LIV. Auf1261726.
LIV. Auf der bißherigen Jnſpectorin im Stifte zu Beretelsdorf, Fraͤulein von Zeſch - witz, Verheyrathung mit dem Herrn Rentmeiſter Buchs.
SO ſelig fuͤhrt der HErr die lieben Seinen,
Daß jederman darob erſtaunen muß:
Bald giebt er ihnen Waſſer gnug zu weinen,
Bald labt er ſie mit ſeinem Uberfluß.
Sein Vater-Hertz iſt immer gut vor ſie:
Und wenn ihr Fuß nur ſeine Wege geht,
Wenn ſchon der Sinn nicht viel davon verſteht;
So merckt man bald, daß uns die Liebe zieh.
Wohl denen, die ihr Leben aufgegeben,
Und in den Tod des HErrn begraben ſind:
Denn alſo fangen wir recht an zu leben,
Wenns Fleiſch verliert, und wenn der Geiſt gewinnt.
Wohl denen, welchen nichts als GOtt bewuſt.
Dem alles Ding ſo gleich ins Auge faͤllt,
Der hat ein Hertz, das ewig Treue haͤlt,
Und Gutes thun iſt ſeine Fuͤrſten-Luſt.
Warum wird doch das Volck des HErrn nicht weiſer,
Und trauet ihm von nun an alles zu,
Und baut aufs Wort des GOttes Jacobs Haͤuſer,
Daß, was er ſpricht, er auch unfehlbar thu.
Wir ſetzen Gut und Blut und Ehre dran, (Denn alſo hat es ſich bey uns gezeigt,)
Daß GOtt der Held in Jſrael nicht leugt.
Es glaub es wer da will, und wer da kan.
Bedenckt man ſich, die alten Wunder-Thaten,
So traut man GOtt von Tag zu Tage mehr:
Doch heute giebſt du uns was aufzurathen, Du Herrlicher und Unbegreiflicher!
Daruͤber Sinn und eignes Wehlen ſtutzt:
Denn, iſt es nicht, o Vater! deine Hand,Die1271726.
Die uns nur itzt dein werthes Kind entwandt,
Das uns bißher zu mancherley genutzt.
Wie ſelten ſind die auserwehlten Seelen,
Die Jungfern GOttes und des GOttes-Lamms,
Die keinen Pfad vor ihre Tritte wehlen,
Als nur den Gang des Seelen-Braͤutigams?
Wo iſt ein Hertz von dieſer argen Welt
Durchs Bundes-Blut vollkommen loßgekauft,
Auf unſern HErrn und ſeinen Tod getauft,
Und das ſich ſelbſt gleichwol vor gar nichts haͤlt?
Gelobet ſey die Niedrigkeit der Eſther,
Sie kannte nichts an ſich, als dein Geſchenck;
Auf gleiche Art war unſre liebe Schweſter,
Bey ſich allein der Gnaden eingedenck.
Das, was ein Chriſt von andern fodern kan,
Das richtete ſie alles treulich aus:
Sie ſcheute nicht ein armes Pflege-Hauß.
Und legte da ihr Pfund mit Wucher an.
Nun geht ſie hin, auf dein beſonder Wincken,
Der du in guten Wercken Schoͤpfer biſt:
Sie iſt bereit den Creutzes-Kelch zu trincken,
Der von der Lieb ihr vorbeſtimmet iſt:
Sie zeucht dahin mit einem frommen Mann,
Der JEſum nur, und ſie in JEſu liebt,
Der ſich dem HErrn mit ihr zugleich ergiebt.
Nimm dieſes dir ſo ſuͤſſe Opfer an.
Wir goͤnnen ihm den allerreichſten Segen,
Den deine Hand auf ihre Kinder legt:
Wir wuͤnſchen ihr der Salbung ſanftes Regen,
Darinnen ſich der gute Geiſt bewegt. Diß liebe Paar ſey deinem Tode gleich,
Du ehemals Gecreutzigter in Schmach!
Dein Leben zieh es dir ins Leben nach,
Und ſetz es einſt zur Pracht in deinem Reich!
LV. Auf1281726.
LV. Auf Herr M. Schwedlers maͤchtige Pre - digten in Bertelsdorf und Herrnhut.
DJe Glieder JEſu freun ſich ſehr,
Doch ohne viel Geraͤuſche;
Sie kennen JEſum ſelbſt nicht mehr
Nach Augenſchein und Fleiſche;
Sie dencken wenig oder nichts
An Vaͤter und Regierer;
Das Ebenbild des ewgen Lichts
Jſt Vater und iſt Fuͤhrer.
Dann ſucht und findt man keinen Rath
Bey ledigen Geſchwaͤtze;
Auch macht man nicht gewiſſen Staat
Auf vaͤterliche Saͤtze.
So jucken uns die Ohren nicht
Nach bloſſen Redner-Stimmen;
Das Wort, das aufgeſteckte Licht
Macht manchen Tocht entglimmen.
So wird der Weg zur Seligkeit
Jm Geiſte auspoſaunet;
Der eine wird durchs Wort erfreut,
Der andre ſteht erſtaunet;
Der dritte faßt es ins Gehirn,
Der vierdte wird gebeuget,
Der fuͤnfte reibet ſich die Stirn
Der ſechſte wird gezeuget.
Doch dencken wir in Wahrheit nicht
GOtt ſey bey uns alleine;
Wir ſehen: Wie ſo manches Licht
Auch andrer Orten ſcheine;
Da pflegen wir dann froh zu ſeyn,
Und uns nicht ſehr zu ſperren, Wir haben all ein Erb-Verein,
Und dienen einem HErren.
HErr1291726.
HErr JEſu! deines Hertzens Glut,
Die vor den Vater eifert,
Woruͤber Satan grimmig thut,
Und ſeine Secte geifert,
Die hat uns Bruͤder lange ſchon
Zu einem Geiſt vereinigt,
Und unſre Liebe hat der Sohn
Der Liebe wohl gereinigt.
Du guter Heyland bind uns doch
Je mehr und mehr zuſammen;
O ſpann uns an ein gleiches Joch,
Entzuͤnde gleiche Flammen;
Erneure auch von Zeit zu Zeit
Den Eyd bey deinen Fahnen,
Und mehr die Lieb inſonderheit
Durch hertzliches Ermahnen.
LVI. Auf den groſſen Evangeliſten, Auguſt Hermann Francken.
HJer legt mein Sinn ſich zu den Fuͤſſen nieder,
Die ich vordem mit Thraͤnen ſtarck benetzt,
Als ſich der Geiſt mit dem Geſetz der Glieder,
Und mit der Welt auf allezeit geletzt. Anbetungs-wuͤrdigs Weſen! was haſt du dir erleſen,
Was war ich Staͤublein; ich?
Nicht nur allein mich lieſſeſt du geneſen;
Du weckteſt auch viel Schlafende durch mich.
Hier liegt das Amt, ich meyne dieſe Crone,
Dort buͤckte ſie, hier ſchmuͤcket ſie mich gar:
Wie komm ich doch zu einem ſolchen Lohne,
Der ich ſchon dort ein Faß zu Ehren war?
Jch habe wohl geſtritten, ich habe was gelitten,
Was iſts? du Menſchen-Sohn!
Ein HErr, wie Du, darf nicht um Diener bitten: Dir dienen, das iſt ſchon ein Gnaden-Lohn.
JO Ma -1301726.
O Majeſtaͤt! darf ich mich unterwinden,
So zeig ich mich zuerſt, als deine Braut.
Der Knecht wird auch was zu erzehlen finden,
Was du durch ihn geredt, gezahlt, gebaut.
Doch deine Braͤutgams-Triebe, du auserwehlte Liebe!
Gehn allen andern vor.
Was waͤrs, wenn mich mein Werck vor Menſchen huͤbe,
Und haͤtt an dir gehandelt, als ein Thor?
Du haſt mich zwar nicht gleich, doch bald gebunden,
Und von der Zeit blieb dir mein Hertze treu;
Da deine Kraft den Zweiffel uͤberwunden,
Umarmte dich mein Glauben ohne Scheu.
Und der getreue Huͤter der himmliſchen Gemuͤther, Der Geiſt der Herrlichkeit,
Verſchloß vor mir die Welt und ihre Guͤter,
Und that mir auf die Thuͤr der Gnaden-Zeit.
Jch hieß gelehrt, ich hatte viel geſehen,
Der Menſchen Gunſt und Gaben hatt ich auch:
Doch das zerſtob vor deines Geiſtes Wehen.
Diß lehrte mich des Himmel-Reichs Gebrauch:
Wo eigne Kraft begraben, und wo wir nichts mehr haben,
Als aus des Koͤnigs Hand;
Erzeigen ſich zum Nutz beſondre Gaben,
Die werden mit dem Geiſt herab geſandt.
Kaum brachte mich mein Huͤter in die Kammer,
So ſah ich dich am Creutz, mein Braͤntigam:
Mein Hertze ward auf dieſen Blick voll Jammer;
Denn ich verdiente ja den rauhen Stamm.
Ey, dacht ich, treue Liebe! ſo oft ich boͤſes uͤbe,
Empfindſt du neue Pein?
Hinweg mit euch, ihr moͤrderiſchen Triebe,
Jch will ein Knecht der heilgen Liebe ſeyn!
So wolle nichts, erinnerte mein Meiſter, So werd ein Kind ſo thu die Augen zu,
So wirf dich hin dem Vater aller Geiſter,
Und eh er wuͤrckt, ſo bleib in ſtiller Ruh.
Verlerne die Gelahrheit, und ſuche meine Klarheit,So1311726.So will ich dich erhoͤhn.
Jch offenbahre mich dir, ich die Wahrheit,
Und lehre deinen Fuß auf Felſen ſtehn.
Jch thats. Und du gedachteſt deiner Worte,
Du ſandteſt mir die Weißheit deines Throns.
Du zeigteſt mir den Pfad zur engen Pforte,
Die Hertz-Bewegungs-Kraft des Menſchen Sohns. Die falſch-beruͤhmten Weiden lernt man nicht beſſer meiden,
Als auf der Gnaden-Au.
Du oͤfneteſt die hohe Schul der Leiden,
Das war der Grund zu einem Wunder-Bau.
Da ward ich nun in deinem Hauſe Sprecher,
Jch predigte, was Wort und Geiſt gebot.
Er ſagts ins Ohr, ich bracht es auf die Daͤcher.
Jnſonderheit erhub ich deinen Tod,
Der alle Seelen ziehe, ich gab mir wenig Muͤhe
Um die Philoſophie.
Jch zeigte nur, wie unſer Hertz ergluͤhe,
Wenns deine Lieb aus dem Verderben zieh.
Das Wort vom Creutz muſt alles niederbohren,
Jn Leipzig ſchon, in Erfurt und in Glauch,
Es baͤndigte die frecheſten Halloren,
Der Pfaͤfferey zerriß es ihren Bauch.
Es ward ein Gift der Suͤnden, ein Staar-Stich vor die Blinden,
Der Welt ein Donner-Strahl,
Den Kaͤmpfenden ein Schwerdt zum Uberwinden,
Den Weinenden ein Seelen-Abendmahl.
Die Friedrichs-Schul ward aufgeklaͤhrt und heiter,
Ein Waͤyſen-Hauß ſtieg uͤber die Natur.
Das Wort vom Creutz drang alle Tage weiter.
Man half dem Volck durch Schriften auf die Spur.
Die Wahrheits-Zeugen ſchritten hinuͤber zu den Britten,
Jn Scandinavien,
Auch riſſen ſie ins Reich der Moſcowitten,
Und endlich fuhren ſie in Jndien.
J 2Das1321726.
Das Lob und Schmach ſind gar genau verſchweſtert.
Bald wird uns diß, bald jenes eingeraunt.
Johannes ward den Augenblick gelaͤſtert,
Und bald darauf fuͤr Chriſtum auspoſaunt.
Jtzt galt der Heyland wenig, in kurtzen hieß er Koͤnig.
So geht es in der Welt.
Da heiſt es recht: Jtzt ruͤhm ich, morgen hoͤhn ich.
Wohl dem, der nichts auf alles beydes haͤlt!
Ans Creutz geheft und nun gecroͤnte Wahrheit!
Hier bring ich dir die ausgeſtandne Schmach.
Der zarte Staub aus der verblichnen Klarheit,
Der zieht ſich nun der neuen Sonnen nach.
Nur Ruhm, und Ehren Tittel ſind zu dem Todten-Kittel,
Und auf Pappier geſtreut.
Ja ſaͤh ich nicht dein Antlitz ohne Mittel,
Sie irrten mich wohl in der Ewigkeit.
Hier ſchmieg ich mich, mein Freund! zu deinen Fuͤſſen, O Koͤnig! nimm mich gegen ſie in Schutz.
Jch moͤchte gern in deinem Ruhm zerflieſſen:
Der Menſchen Ruhm beut deiner Ehre Trutz.
Du ſchweigteſt meine Richter: wer ſchweiget nun die Tichter,
Von meiner Ehren-Bahn?
Was war ich denn? ein Tocht, o Licht der Lichter!
Du zuͤndeteſt, und alſo brandt ich an.
Beruhige, du groſſer Ruhig-Macher,
Wen mein Verluſt zu ſehr beweget hat. Verſtaͤrcke doch das Hertz gewiſſer Schwacher:
Sie hielten ſich an mich; nun ſind ſie matt.
Jch habe gnug gepredigt: Wie uns der Sohn erledigt,
Nichts ſey ich, er ſeys gar;
Ein Menſchen-Bau der werde leicht beſchaͤdigt.
Das zeuge mir einſt meiner Kinder Schaar!
So ruh ich nun, mein Heyl! in deinen Armen,
Du ſelbſt ſolt mir ein ew’ger Friede ſeyn.
Dein Element ſey eintzig dein Erbarmen,
(*)Letzte Worte des Liedes: Mein Salomo, dein freundliches Re - giereu, ſtillt alles Weh, ꝛc.
(*)Jch1331726.
Jch gehe nun in deinen Sabbath ein.
Der Tod hat nichts zerbrochen, als ausgezehrte Knochen, Die liegen, und nicht ich.
Jch ſehe dich, da jene drein geſtochen,
Und trinck aus deinen Wunden duͤrſtiglich.
LVII. An einen wanckelmuͤthigen Schuͤler der Gnade.
WEnn, vielgeliebter Freund! dein Diener wiſſen koͤnt,
Wie lange dir der HErr noch Lebens-Zeit vergoͤnnt:
So koͤnt er eher noch mit gleichen Augen ſehen,
Wie wenig biß daher zu deinem Heyl geſchehen.
Weil aber, der die Hoͤll und Tod in Haͤnden haͤlt,
Uns eine kurtze Friſt zur Gnaden-Zeit beſtellt,
Und will, daß unſer Geiſt nach ſeinem Reiche ringe:
So halte mir zu gut, daß ich auf Eifer dringe.
Du haſt das ewige unwandelbare Wort,
Das weiſet ſchlechterdings auf eine enge Pfort:
Das redet uͤberall von einem ſchmalen Wege,
Und daß man ſeines Heyls mit Furcht und Zittern pflege.
Die Menſchen hindern uns! allein, wo iſt der Mann?
Der unſern armen Geiſt dereinſt vertreten kan:
Wenn JEſus auf dem Stuhl nach unſern Ernſte fragen,
Und unſer eigen Hertz nichts wiſſen wird zu ſagen?
Gelobet ſey der HErr, der dich geruͤhret hat!
Er gebe keiner Ruh in deiner Seele ſtatt,
Biß du das richtige und groſſe Werck vollendet,
Um welches willen er ſich ſelbſt bey GOtt verpfaͤndet.
Wohl dem, der dieſe Welt vor lauter Spiel-Zeug haͤlt.
Allein, wer kan doch das? wer uͤberwindt die Welt?
Nur einer, welchen GOtt zu Chriſto hin gezogen,
Und der ſein theures Heyl mit Redlichkeit erwogen.
Derſelbe wirfft ſich bald vor JEſu Fuͤſſe hin,
Und ſpricht: Mein Urſprung ach! hier liegt mein Geiſt und Sinn:
Ach! mache mich doch recht zu deinem Unterthanen,
Und ſolt’ſt du mir den Weg durch Dorn und Hecken bahnen.
J 3Der1341726.
Der Vorſatz aber muß nicht ohne Nachſatz ſeyn:
Es treffe Wort und Sinn recht redlich uͤberein;
So wird man allererſt die Kraft des HErrn empfinden,
Da ſtutzt der Seelen-Feind und das Geſetz der Suͤnden.
Die Menſchen dieſer Welt ſind nur ein bloß Geſpenſt,
Wenn du ſie, werther Freund! nach ihren Weſen kennſt;
So haͤltſt du ſie gewiß vor ungluͤckſelge Narren,
Mit allen heuchelnden und Lohn-begiergen Pfarren.
Jndeſſen weil du ſelbſt von N. N. angezeigt,
Daß er ſein Hertze GOtt und JEſu zugeneigt:
So wolle neben ihm ja keine Zeit verſaͤumen,
Dich eben ſo, wie er, dem Heyland einzuraͤumen.
Die Bruͤder dieſes Orts ſind allemal erfreut,
Wenn man von deiner Seits denſelben Frieden beut:
Sie gruͤſſen dich im HErrn, und wuͤnſchen dich im Segen,
Und neben dir ſich ſelbſt dem HErrn zu Fuß zu legen.
LVIII. Uber das Krancken-Bette der Frau Fuͤrſtin von Rudelſtadt, geb. Hertzogin zu Saalfeld.
SEelen-Freund! hier liegt ein Hertze,
Das dich unter allem Schmertze
Gerne froͤlich loben wolte,
Wie ein treues Hertze ſolte.
Wehethun iſt bey der Liebe
Einer der gewohntſten Triebe;
Wer dem HErrn am Hertzen lieget,
Wird nicht allezeit gewieget.
Hoͤchſte Luſt und Hertz-Vergnuͤgen,
Jch will dir zu Fuͤſſen liegen,
Mag mich doch die Welt verhoͤhnen,
Wie Marien Magdalenen.
Ziehe mich, damit ich lauffe,
Tauffe mich mit deiner Tauffe,Um1351726.
Um den Sitz in deinen Reichen
Wollen wir uns ſchon vergleichen.
Schoͤner Braͤutigam der Seele!
Mich beſchwert die Leibes-Hoͤle,
Und mein Geiſt, das freye Weſen,
Wird im Sterben erſt geneſen.
Chriſti Laſt iſt leicht zu tragen,
Der wird niemand gerne plagen:
Die die Zuͤchtigung erdulden,
Moͤgen GOtt, als Vater, hulden.
Unſer Wandel iſt im Himmel,
Uber alles Welt-Getuͤmmel:
Der verderbten Erd entweichen,
Waͤre mir ein Gnaden-Zeichen.
Schoͤpfer, hier iſt dein Geſchoͤpfe,
Der geringſte deiner Toͤpfe,
Du magſt brechen oder bauen,
Laß mich nur dein Antlitz ſchauen.
Fuͤhrſt du meinen Leibes-Schatten
Ruͤckwaͤrts zu dem Ehegatten,
Und zu meinen beyden Kindern,
Will ichs eben auch nicht hindern.
Zeige mir nur deinen Willen,
Der ſoll meine Seele ſtillen:
Denn in deinem Willen ſchweben,
Das iſt einer Seele Leben.
Sieger uͤber Tod und Hoͤlle,
Laß die krancke Lager-Stelle,
Und die mancherley Beſchwerden,
Mir zu einer Schule werden!
Ringe nur mit deinem Kinde,
So doch, daß ich uͤberwinde,
So wird aus den bittern Quellen,
Eine Fluth des Lebens ſchwellen!
J 4LIX. Auf1361726.
LIX. Auf ihren Abſchied.
EJle, hieß es einſt bey mir, gruͤſſe zwey erlauchte Helden.
Sage dieſen Aufgeweckten, was ſie ohne dem gewuſt,
Aber, was den Seligen nimmer gnugſam anzumelden:
Dem Gecreutzigten zu dienen, ſey die groͤſte Fuͤrſten-Luſt.
Alſo geht die Reiſe fort, ob ſie gleich beſchwerlich ſchiene,
Eine unerkannte Fuͤhrung leitet mich nach Rudelſtadt,
Da ich ſchleunig weiter will, werthe Sophie Wilhelmine,
Hertzog Ernſts Durch laucht’ge Tochter, die daſelbſt den Fuͤr - ſten hat.
Suchet ihr, ſo redet ſie, Seelen, die den Heyland lieben,
Jch bin Chriſtian Ernſtens Schweſter auf die ein und an - dre Art,
JEſus hat ſein Gnaden-Werck lange ſchon bey mir ge - trieben,
Und ſich meinem armen Hertzen, als ein Freund geoffen - bahrt.
Hertzogin! verſetzt ich drauf: Man hat allemal geſaget,
Daß die Fuͤrſtin dieſes Landes eine fromme Fuͤrſtin ſey;
Aber ich geſtehe gern, daß ich wenig drum gefraget,
Wegen der bey vielen Groſſen eingerißnen Heucheley.
JEſus, unſer Landes-HErr, forderte von ſeinen Strei - tern
Allem, allem abzuſagen. Wen er anders finden wird,
Den wird zur Vergeltungs-Zeit ſeine Majeſtaͤt zuſcheitern,
Ob er hier ein Fuͤrſt geweſen; oder aber nur ein Hirt.
Das iſt wahr! erwiederte die Durchlauchtige Sophie,
Aber meynet ihr, daß JEſus, der Geringen ihr Patron,
Nicht zuweilen auch ein Hertz aus der Zahl der Edlen ziehe,
Und aus Gnaden wuͤrdig mache der geehrten Dornen - Cron
So und ſo erzehlte ſie, hat mich ſeine Treu gebunden,
Diß und jenes hat mein Hertze vor und nach der Angſt ge - fuͤhlt,
Und nun ruht mein Jnnerſtes in des theuren Heylands Wunden,
Da indeß die Welt nur immer nach der aͤuſſern Ruhe zielt.
Drauf1371726.
Drauf begab ich mich dem Hof in der Ehrenburg zu gruͤſſen,
Chriſtian Ernſt, den lieben Printzen, auch von Angeſicht zu ſehn,
Kaum, daß wir uns angeblickt, lagen wir zu JEſu Fuͤſſen,
Und verbanden uns von neuen unter ſeinem Creutz zu ſtehn
Jch begleitete den Printz biß in Saalfelds werthe Mauren,
Da bezeugete die Fuͤrſtin, daß ſie auch des Sinnes ſey:
Aber unſer Aufenthalt konte hier nicht lange dauren,
Chriſtian Ernſts Durchlaucht’ge Schweſter ruft uns unge - ſaͤumt herbey.
Kurtz: Nach einer theuren Schrift,
(*)Sie hatten mit Jhro Durchl. Dero Herrn Bruder eine ſehr geſegnete Correſpondenz, da ſie denn in dem letzten Schrei - ben uͤberaus froͤlich von der Gnade zeugten.
(*) da ihr gantzer Sinn erſcheinet,
Eilte GOtt mit dieſer Seele zu der frohen Ewigkeit.
Waͤre ſie betruͤbt geweſt, haͤtten wir vielleicht geweinet;
Aber ſie war unſrer Zukunft auf das hertzlichſte erfreut.
Sie befahl uns alſobald JEſum mit ihr anzuflehen,
Und nach einer kleinen Stille ward ihr Mund recht aufgethan,
Viel von ihrem gantzen Lauf im Geſpraͤche durchzugehen;
Bald nach dieſem Schwan-Geſange hub der Kampf des To - des an.
Alle andre lagen hier unter traurigſter Vermiſchung
Vorgedrungner Thraͤnen-Stroͤme und erbaͤrmlichen Ge - thoͤns;
Aber ſie lag voller Troſt, in beſtaͤndiger Erfriſchung,
Voller Ruhe, voller Hofnung eines ſel’gen Wiederſehns.
Jhres theuren Bruders Hertz, welchen ſie nebſt mir ernennet,
Mitgehuͤlffen, ja auch Zeugen ihres letzten Kampfs zu ſeyn,
Stund in einer Faſſung da, die ihr nicht begreiffen koͤnnet,
Denen ſolch ein Hingang furchtſam, und der Abſchied ſcheint als Pein.
Wilhelmine wolte ſich viele Stunden nicht mehr regen,
Mund und Auge war geſchloſſen, (wies am Ende geht, ſo giengs;)
J 5Warr -1381726.
Warrlich, ſprach ich, JEſus kan beſſer, als wir alle, pflegen;
Da ward loß das Band der Zunge: JEſus, ſprach ſie, aller - dings!
Darum brach ich freudig aus: Wohl iſt mir, o Freund der Seelen!
Redte von dem Weyhnacht-Liede: Sey gelobet JEſu Chriſt.
Und der Umſtand ſchickte ſich, JEſu Liebe zu erzehlen,
Alles ſtund in Hertz-Bewegung, wies bey Sterbe-Betten iſt.
Unſrer Hertzogin iſt wohl; waren damals meine Worte.
Laſt uns uͤber dieſer Sache voller Uberlegung ſeyn;
Jeder, ſo zugegen iſt, dringe durch die enge Pforte,
Denn, ſo dringt er, wie die Fuͤrſtin, auch zur Ruhe GOt - tes ein
Und bey der Gelegenheit denen Seelen recht zu nuͤtzen,
Weil ſie eine Krancke ſahen, die auf gutem Grunde ſtand,
Theilt ich Rothens Saͤtze mit, von der Seelen falſchen Stuͤtzen
(*)Dieſes iſt der Auszug einer ſehr gruͤndlichen Predigt des Herrn Paſt. Rothens von denen Umſtaͤnden, womit ſich die See - len unter falſcher Hofnung und Befriedigung von dem eini - gen Gut abhalten.
(*)
Die oft biß zur Hoͤlle halten, und denn gehn ſie durch die Hand.
Kaum, daß ich den Fuß verſetzt, und nach Ebersdorf gediehen,
Schryen ſchon die Leutenberger: Ach! die Hertzogin iſt hin;
Mir ſchrieb Hertzog Chriſtjan Ernſt von der theureſten Sophien:
Geſtern hat ſie uͤberwunden durch des Lammes Blut - Gewinn.
Stirb! Du dieſer Zeitlichkeit laͤngſtens abgeſtorbnes Hertze!
Oder, daß ich beſſer rede: Leb in alle Ewigkeit!
Deine letzte Lehr an mich, unter vielem Leibes-Schmertze,
Soll mir zur Erinnrung dienen, meine gantze Lebens-Zeit:
Jch ſo ſprach ſie einſt zu mir, glaube, daß ihr JEſum liebet,
Aber euer Ruf iſt groͤſſer, als ihr in der Wahrheit liebt,
Weil ihr euch noch fleißiger im Vernunfts-Bedencken uͤbet,
Als ihr das behertzte Zeugniß dieſes theuren Heylands uͤbt.
Hundert Worte bleiben ſo in die Hertzens-Gruft verriegelt,
Die bey wenigern Bedencken, ſich im Segen offenbahrt,
Eine1391726.
Eine Seele, welche ſich nicht in Eigenheit beſpiegelt,
Liebet den gewiſſen Fortgang ihrer Abſicht nicht ſo zart.
Sie bekennet, weil ſie glaubt, ſucht die Stunden einzuhan - deln,
Stoͤßt ſich lieber vor die Stirne, ehe man ſie traͤge ſpuͤhr.
Alſo hat mich GOtt gelehrt, leb ich, will ich alſo wandeln.
Die das hoͤrten, die erſtaunten. Wer iſt dieſe? Wer ſind wir?
Dieſer Abſchied bleibet uns in das treue Hertz geſchrieben,
Dem Durchlaucht’gen Friedrich Anthon werd er auch hierin geaͤtzt;
Theurer Fuͤrſt, wie wird ſie einſt ihre Wilhelmine lieben.
Wenn ſie ihren trenen Wandel allen Ernſtes fortgeſetzt.
Haben ſie doch GOtt geliebt, und daruͤber ſchon gelitten,
Ehe GOtt den Regiments-Stab ihnen in die Hand gereicht,
Lagen ſie doch vor dem HErrn, um Barmhertzigkeit zu bitten,
Ehe wir am Krancken-Lager unſre Knie vor GOtt ge - beugt.
Noch ein einig Wort an dich, Chriſtian Ernſt, des HErren Streiter,
Kein Held flicht ſich mehr in Haͤndel, als zu ſeinem Kampfe dient,
Koͤnig JEſus fuͤhre dich auf der Creutz-Bahn immer weiter,
Biß dein Geiſt vor ihm erſcheine, biß auch dein Gebeine gruͤnt.
Liebt, ihr fromme Fuͤrſten! liebt, wie Sophie Wilhelmine,
Jhren Seelen-Braͤutgam liebte, der ſie itzo ſchon erquickt,
Dienet, wie die Sterbende wolte, daß man Chriſto diene,
Eilet, daß ihr eure Schafe aus der Wolfe Rachen ruͤckt!
Jch will meinen groſſen HErrn nach, wie vor, in Demuth preiſen,
Menſchen-Furcht und alles andre, was uns auf die letzte nagt,
Jn des Uberwinders Kraft immer weiter von mir weiſen,
Biß ich das Triumphs-Lied ſinge: So gewonnen, wie gewagt!
LX. Auf1401727.
LX. Auf ſeiner Tochter Benigne zweyten Geburts-Tag.
JEſulein, man hat geleſen,
Daß du auch ein Kind geweſen,
Und daß wir durch dich geneſen,
Weil wir gar verdorben ſind.
Und darnach ſo ſteht geſchrieben,
Daß du ſollſt die Kinder lieben,
Und es immer ſehr getrieben,
Daß man dir ſie bringen ſoll.
Heute ſind unſchuldge Kindlein,
Geſtern ſah man dich in Windlein,
JEſu bind in dieſes Bindlein
Der Benigne Seele ein.
Mache du ſie dir zum Lamme,
Und gewoͤhn zum Creutzes-Stamme,
Jhrem Seelen-Braͤutigamme
Ohnedem geweyhtes Hertz.
Weil du ja die Eltern liebeſt,
Und auf ihr Gebet was giebeſt,
Und ſie nicht mit Luſt betruͤbeſt,
So beleb auch dieſes Kind.
Dieſem Laͤmmlein von der Heerde,
Die du weideſt auf der Erde,
Gib, daß es gehorſam werde,
Und dir voͤllig angenehm.
Lehre dieſes Kindes Eltern,
Unter deines Creutzes-Zeltern,
Jhren Eigenwillen keltern
Und der Tochter Eigenſinn.
Waſche ſie in deinem Blute,
Halt ihr mancherley zu gute,
Das aus einem ſchwachen Muthe
Und aus keiner Boßheit koͤmmt.
Wo1411728.
Wo du ihr willſt Arbeit geben,
JEſulein, ſo laß ſie leben;
Sonſt kanſt du ſie bald erheben
Jn das Reich der Kinderlein.
Koͤnig aller Koͤnigreiche,
Der du biſt dem Vater gleiche,
Gib, daß dieſes Kind erreiche
Die geliebte neue Stadt.
Laß doch auch uns andre kleine
Jn des Lammes Blute reine,
Und bey deines Lichtes Scheine,
Eine Weile froͤlich ſeyn.
Schenck uns lauter Kinder-Freuden,
Laß uns wie die Kinder leiden,
Mit den Kindern froͤlich weiden,
Wo der Sohn der Liebe iſt.
LXI. Auf ſeines Bruders Friedrich Chri - ſtians zweyte Ehe.
DJe alte Burg zu Wien umgab ein grauer Hayn,
Zwoͤlf
(a)Es ſind zwoͤlf uralte Graf - und Herrn-Haͤuſer in Oeſterreich, wel - chen man ihres gleichen Alters wegen, den Nahmen der zwoͤlf Apoſtel beygeleget.
(a) Eichen ſchloſſen ihn vor vielen hundert Jahren;
Juͤngſt giengen etliche vor groſſem Alter ein,
Die von dem jungen Buſch ſchon uͤberdecket waren.
Der Stamm von Zinzendorf,
(b)Einer von den Zwoͤlffen.
(b) aus welchem Ehren - hold,(c)Der erſte bekannte Dynaſta des Zinzendorffiſchen Hauſes, nach welchen 22. Dynaſtaͤ in abſteigender Linie gezehlet worden.
Der hochberuͤhmte Herr, ſo manchen Aſt getrieben,
So dem Ertz-Hertzogthum belebtes Laub gezollt,
Der wurde, biß auf Zwey, vom Alter aufgerieben.
Der eine
(d)Alber - tus Keyſers Leopoldi Premier-Miniſter.
(d) ſtemmte ſich an des Monarchen Hauß,
Und uͤberwuchs daſelbſt die allerhoͤchſten Eichen,
Von1421728.
Von dannen gieng ſein Trieb in zweyen Sproſſen aus,
Die biß ins Maͤhren-Land
(e)Graf Ludwig von Zinzendorf, Kaͤyſerlicher wuͤrcklicher Geh. Rath, General und Commendant auf dem Spielberge in Maͤhren.
(e) und biß in
(f)Graf Ferdinand, biß daher geweſener General zu Erlau in Ungarn.
(f) Ungarn reichen.
Der Andre
(g)Maximilianus Eraſmus, Graf und Herr von Zin - zendorf und Pottendorf.
(g) ſuchete bey denen Francken Raum,
Und auf der Ober-Birg beſtreut er ſeinen Boden:
Er war zu ſeiner Zeit ein Schatten-reicher Baum,
Die Reiſer deckten drey
(h)Alt-Ortenburg, Caſtell und Pol - heim.
(h) der aͤlteſten Pagoden.
Zwey Aeſte
(i)Otto Chriſtian, Konigl. Geh. Rath und General-Feld - Zeugmeiſter, der ohne Erben verſtorben, und Georg Ludwig, wuͤrckl. Geh. Rath, der 1700. gar jung, mit Zuruͤcklaſſung einer Comteſſe und zweyer Soͤhne verſtorben.
(i) rageten ins Saͤchſiſche Gebiet,
Und dieſer Erde Herr
(k)Chur-Fuͤrſt Joh. Georg der Dritte.
(k) ergrif ſie bey den Spitzen,
Um an demſelben Ort, wo ſeine Raute bluͤht,
Jhr ſchwebend es Gewicht mit Macht zu unterſtuͤtzen.
Der Erſte baͤumte ſich biß an der Wolcken Bau,
Er machte ſeinem Plan ein praͤchtiges Geſichte,
Sein Schatten traf ein Theil der Ens beſtroͤmten Au:
(l)Er bekam den Graͤfl. Zinzendorffiſchen Lehen-Hof, dahin verſchiedene Fuͤrſten, Grafen und Herren ge - hoͤren.
(l)
Doch, dieſen Aſt zerbrach ſein eigenes Gewichte.
Der Andre neigete ſich ſeinem Boden zu.
Sein wohlbelebtes Holtz gewann viel neue Sproſſen,
Und barg ſich unverhoft
(m)Graf Georgius Ludwig ſtarb 6. Wochen nach der Geburt des Autoris, und hinterließ nebſt ihm Graf Friedrich Chriſtianen, und Graͤfin Suſannam Louyſen, die einige Jahre dar - auf als Gemahlin des regierenden Grafen zu Ortenburg und Cri - chingen verſtorben iſt.
(m) ins Haͤynes ſtille Ruh,
Nachdem ſich uͤber ihm ein Kleeblatt zugeſchloſſen.
Der Blaͤtter-reiche Zweig ward bald darauf verſetzt,
Das alte Grafen-Hauß von Ortenburg zu zieren:
Allein, er hatte da die Augen kaum ergoͤtzt,
So muſte man ihn ſchon aus dem Geſicht verlieren.
Zwey Reiſer waren noch die ausgeſchlagne Bluth,
Des mit dem Seculo verdorrten Aſts in Sachſen,
Auf1431728.
Auf deren Triebe nun der Eiche Schickſal ruht,
Dieſelbigen ſind auch zu Aeſten aufgewachſen.
Aſt Friedrich
(n)Der Herr Braͤutigam.
(n) breitet ſich in Meiſſen maͤchtig aus,
Er treibet liebliche und wohlbelaubte Reiſer;
Er baut diß in der Welt beruͤhmte Herren-Hauß,
Und uͤberſchattet noch viel andre hohe Haͤuſer.
(o)Seit 1719. da er ſeines Herrn Va - ters Bruder in dem Seniorat gefolget.
(o)
Jch baue ſeine Pracht diß erſtere Geruͤſt,
Und wohl mit meiner Hand von dieſer Art das letzte;
Jch bau es dieſen Tag, daran du Braͤutgam biſt,
Und weil ich deiner Lieb auch gern ein Denckmahl ſetzte.
Der Wahlſpruch unſers Stamms von Graf Alberto
(p)Einer aus unſern Stamm-Vaͤtern.
(p) her,
Jſt der: Jch weiche nicht, nicht einem, auch nicht allen.
Jch zeih es der Natur: das Weichen wird uns ſchwer;
Vor einem aber iſt mein Muth dahin gefallen.
Der JEſus, der einmal an einem Holtze hieng,
Mit dem das Alterthum ſo ſchnoͤden Spott getrieben,
Zu dem nicht lange drauf der Erd-Kreiß uͤbergieng,
Des Zeichen Koͤnigen am Halſe haͤngen blieben,
Der hat von Kindheit auf nach meiner Bruſt gezielt,
Sein unbezwungner Zug hat ſich davon bemeiſtert:
Mein Hertz hat ſeine Kraft gar dringende gefuͤhlt,
Als ſie die Kraft und Trieb der Eigen-Ehr entgeiſtert.
Jch war ein Zinzendorf, die ſind nicht Lebens-wehrt,
Wenn ſie ihr Leben nicht zu rechten Sachen brauchen:
Drum hat die Sorge mich bey nahe gantz verzehrt,
Zu fruͤh, und ohne Nutz der Erden, auszurauchen. Matth. 5.
Nun hieß ich gar ein Chriſt, verdoppeltes Geſetz!
Die Chriſten duͤrffen nicht verbrennen ohne Leuchten;
Der Glaube, der nichts thut, iſt ein verdammt Ge - ſchwaͤtz,
Und muß Vernuͤnftigen ſehr unvernuͤnftig deuchten.
Drum nahm ich dieſen Schluß faſt von der Wiegen an:
Mit JEſu, den man itzt den Ehren-Koͤnig nennet,
Zufoͤrderſt aus dem Buch der Ehren ausgerhan,
Darnach vor aller Welt fuͤr ſeinen Knecht bekennet!
Jch1441728.
Jch wende mich zu dir: Du hochgebohrne Braut!
Vor deren Herrlichkeit wir itzt die Segel ſtreichen:
Es muͤſſe dir an Ruhm, mit Fruchtbarkeit bethaut,
Jm Vor - und Nach-Geſicht der Zeiten keine gleichen!
Was ich und mein Gemahl dir wuͤnſchend zugedacht,
Das kroͤne deinen Lauf und wohl beſtandne Tugend.
Und wie du deinem Herrn vom Hoͤchſten zugebracht,
So weyht demſelben auch: Euch ſelber und die Jugend.
Geht; bringt dem Helden-Blut den alten Wahlſpruch bey:
Doch nehmt den einen aus, der mir das Hertz genommen,
Der laſſe dermaleinſt, wenn dieſe Welt vorbey
Die Zweige mit dem Stamm ins neue Erdreich kommen!
LXII. Bey Herrn Chriſtoph Jmmigs, JCti, erbaulichem Ende zu Herrnhuth.
DU heiliger und reiner Geiſt,
Ein Geiſt, darnach nicht Noth zu fragen,
Jndem er ſich genug beweiſt,
Du Alter auſſer allen Tagen!
Allgegenwart, Allwiſſenheit,
Sind deiner Gottheit Eigenſchaften,
Und Zeugen deiner Ewigkeit.
Die unzertrennlich an dir haften.
Du ſitzeſt in der Ruh,
Und hoͤrſt den Bloͤden zu,
Die vor dem Thron der Gnade wimmern:
Hier liegt ein altes Kind,
Das erſt ſein Hertze findt,
Und will ſich um ſein Heyl bekuͤmmern.
Jch zehle eilfmal ſieben Jahr
Jn dieſer unbeſtaͤndgen Huͤtte.
Was meine groͤſte Sorge war,
Der Zweck, wornach ich hellig ſchritte,
Den heiſſet man Gelehrſamkeit,
Das nennt man ein ſolides Wiſſen:Jch1451728.
Jch ſorgete vor Speiß und Kleid,
Fuͤr mich, und die ich naͤhren muͤſſen.
Jtzt bin ich Gnaden-loß,
Am Geiſte blind und bloß:
Mein Dienſt wars opus operatum.
Die Tauf iſt laͤngſt vorbey,
Der Gnaden-Bund entzwey;
Mit Schrecken wart ich auf mein Fatum.
Der gute Saame liegt erſtickt,
Weil ihn die Doͤrner uͤberwachſen;
Und eh ich weiter fortgeruͤckt,
Zerbrechen meines Leibes Achſen.
Jch ſehe mich in meinem Blut,
Jch weiß mich ſelber nicht zu waſchen:
Daruͤber faͤllt mir Hertz und Muth.
Der letzte Feind wird mich erhaſchen!
Du aber, dem der Tod
Des Suͤnders eine Noth,
Und ſeine Rettung eine Freude,
Ach! ſchau mich armen Mann
Mit Gnaden-Augen an,
Und ſtuͤtze mein zerlechtzt Gebaͤude!
Ach HErr! du Majeſtaͤtiſcher,
Du ſchrecklicher und groſſer Koͤnig;
Du aber auch ſo freundlicher,
Dem eine Seele nicht zu wenig;
Laß mich durch deinen lieben Sohn
Die ewige Erloͤſung finden:
Jn ihm, dem wahren Gnaden-Thron,
Laß mich den Hofnungs-Ancker gruͤnden.
Weil aber JEſu Blut
Nur denen Huͤlffe thut,
Die in dem Licht, wie er iſt, wandeln:
So ſchencke mir doch nur
Die neue Creatur,
Denn, womit wolt ich ſie erhandeln?
KMein1461728.
Mein JEſu! wer zum Vater will,
Der muß durch dich den Eingang finden:
Jn dir iſt alle GOttes-Fuͤll;
Du macheſt ſelig von den Suͤnden.
Hier lieg ich armer matter Wurm,
Und winde mich um deine Wiege:
Jch fuͤhle Seelen-Noth und Sturm,
Doch merck ich auch noch Liebes-Zuͤge[:]
Jch ſeh durch einen Ritz
Den freyen Gnaden-Sitz,
Die Thuͤr iſt noch ein wenig offen.
Wenn du mein Hertz ergrifſt,
Und dieſen Felß zerſchlifſt,
So koͤnt ich auf ein neu Hertz hoffen.
Der Gnaden-Seiger ſchiebet wohl
Den Augenblick am letzten Korne,
Und, da ich kaum noch Othen hohl,
Such ich die Seligkeit von vorne.
Zur Stunde, da ein Kaͤmpfer lacht,
Ein Simeon den Abſchied fodert,
Da liegt mein Jnneres verſchmacht,
Jndem das Aeuſſere vermodert.
Jch zoͤge gerne noch
Ein Jahr an Chriſti Joch,
Jch komme langſam; Mag ich kommen?
Der Eingang zeiget ſich,
Ein Blick verſichert mich,
Komm. Jmmig, du wirſt eingenommen.
LXIII. Auf des Baron Kittlitz Heyrath mit der Graͤfin Henriette Henckeln.
WAs Unterſchiedne thun, kan unterſchieden ſeyn.
Die Alten freyten dort, und lieſſen ſich auch freyn:
Die Engel freyen nicht, die Kinder GOttes freyen;
Und iſt Gefahr dabey, ſo kan es auch gedeyhen.
Wer nicht recht theilen kan, dem klingt es furchterlich,
So bald das Wort erſchallt: Der, die verehlicht ſich.
Wenn1471728.
Wenn dieſe ſich dem HErrn zum Eigenthum verſchrieben,
Wenn jener biß daher des HErren Werck getrieben.
Mein Hertz! was dachteſt du? was fiel dir druͤber ein?
Als erſt die Rede gieng: Die Henckelin ſoll freyn?
Der Baron Kittlitz will ein Kind des Hoͤchſten haben;
Er ſucht nicht irrdiſche, er ſucht vollkommne Gaben,
Er hat ſo unrecht nicht, (gedachteſt du, mein Hertz;)
All ein, das Freyen iſt den Chriſten auſſer Schertz:
Wenn Henriette ſich doch ja nicht uͤbereilte,
Und (weil ihrs GOtt vergoͤnnt) ſich noch mit niemand theilte.
Wer weiß, erhohlte ſich die Uberlegungs-Kraft,)
Ob dieſer Eheſtand nicht viel Gedeylichs ſchaft.
Hat nicht manch theures Weib dem Mann, der ſie erwehlet,
Jn JEſu Chriſti Grund noch tiefer eingepfaͤhlet?
Mein Dencken endigte ſich mit Gebet und Flehn;
Wohlan, dahin all ein ſoll meine Bitte gehn,
Er, ſeufzt ich: Theurer Freund und Braͤutigam der Hertzen!
Entzuͤnd in dieſem Paar der reinen Liebe Kertzen!
Entflamm ein iegliches mit deiner Freudigkeit!
Dein Eifer um das Hauß des Vaters ſey ihr Kleid!
Dein ſanfter Liebes-Sinn ſey ihr Geſchmuck von innen!
So wird auch dieſem Paar die Welt nichts abgewinnen.
So ſtuͤrtzt vor dieſesmal der aufgehaltne Fluß
Der Sinnen aufs Papier, das ich ergreiffen muß,
Um meine Redlichkeit den beyden lieben Haͤuſern,
Die GOtt verbunden hat, mit wenigen zu aͤuſern.
Lebt, Hochgeliebteſte! und da ich noch nicht weiß,
Ob Baron Kittlitz nicht auch Bruder Kittlitz heiß;
So wag ichs auf den HErrn ihn bruͤderlich zu ſegnen:
Jhn muͤſſe alles das, was Bruͤder trift, begegnen!
Warum erwehlt er ſich ein Weib zum Eh-Gemahl,
Die aus der ſonderlich erkauften Schweſtern Zahl?
Wer Schweſtern freyen will, der muß als Bruder leben;
Sonſt kan ſich ihm kein Hertz, das JEſu iſt, ergeben.
Man hat nicht Sicherheit, wenn man ein JEſus-P[f]and
Jn ſeine Arme nimmt, und nicht aus JEſu Hand:
Der ihm die Fran geſchenckt, der ſchenck ihm uͤberſchwaͤnglich
Creutz, Schmach und Seligkeit, und alles unvergaͤnglich!
K 2LXIV. An1481728.
LXIV. An die theure Bruͤderſchaft, die ihm GOtt in Jena ſammlet, Von mir, der ich lieben kan, ob die Zunge gleich noch ſtammlet, Gnad und Friede von dem Vater, und von JEſu un - ſerm HErrn, Allen, die da nahe worden, angelockt von nah und fern.
THeure Bruͤder! goͤnnet mir, daß ich in gebundner Rede
Euer aller Angeſicht zu geſegnen mich entbloͤde:
Alſo gehets in der Schnelle etwa noch zum beſten an,
Daß ich meines Hertzens Meynung eurer Lieb entdecken kan.
JEſus, unſer ewiger und lebendiger Monarche,
Der uns durch ſein eigen Blut in die ſichre Kirchen-Arche,
Zur Befreyung vor dem Sturme der gemeinen Suͤndfluth, bracht,
Und diß angeflochtne Schiflein noch unſichtbarlich bewacht;
JEſus ſey gebenedeyt, der im Nahmen GOttes kommen,
Und den Nahmen offenbahrt allen, die ihn angenommen;
Der noch itzo in den Hoͤhen unaufhoͤrlich ſelig ſpricht
Alle, die den neuen Nahmen in der Zeugung weggekriegt.
Seine Liebe laſſe ſich auf das theure Jena nieder,
Und bereite ihm daſelbſt eine Huͤtte vieler Bruͤder.
JEſus habe Luſt zu wohnen ums Gebuͤrge dort herum,
Oefne Thuͤren, theile Zungen, daß der Widrige verſtumm.
Glaubets, wenn des Teufels Macht unter euch zertheilet wuͤrde,
Und die Leute glaubeten, daß die Suͤnden eine Buͤrde,
Daß die Welt nicht redlich handelt, ſondern uns die Ruh nicht goͤnnt;
Wuͤrde JEſus Hertzen kriegen, die er ſelig machen koͤnt.
Unſer ſchlechtes Herrenhut, welches GOtt gewiß erbauet,
Weil man ihme ſelber nichts, und GOtt alles zugetrauet,
Wimmelt in der That von Zeugen unſrer Ohnmacht ſeiner Kraft,
Und ein Theil von dieſer Wolcke hat diß Zeugniß angeſchaft.
Nehmts1491728.
Nehmts in wahrer Liebe hin, o ihr Weiſen und Gelehrte,
Die das wunderbahre Licht dieſer Zeit daher Bekehrte,
Die ihr eitel Wunder werdet, wenn ihr in der Gnade bleibt,
Und euch dem Kraft-vollen Weinſtock in der Einfalt einverleibt.
Jena iſt vor iederman albereit zum Wunder worden,
Herrnhut ſteht geraume Zeit unter den geringen Horden,
Die da klein ſind und doch lieblich, da der HErr zu ſeyn er - waͤhlt;
Was iſts Wunder, daß diß Huͤtlein ſich zu jenem Hauſe zehlt.
Lieben Seelen! bleibt bey ihm, achtet es vor eine Schande,
Dem, d[e]n ſeine Seelen-Gier an verfluchte Hoͤltzer-Bande,
Um der Schmach und Schande willen, die auf Herrlichkeiten geht,
Jn der Welt ſeyn untreu worden, (ihm zur Hand der Kraft erhoͤht.)
Jch Geringſter, bete an, zu des Hoͤchſten Gnaden-Throne:
Daß ſein Liebs-Panier und Hut uͤber Jen und Herrnhut wohne.
JEſu, meiner Seelen Hofnung, und der ewgen Herrlichkeit,
Mache mich zu deinem Lauffer in der letzten Gnaden-Zeit!
Gieb mir Bothſchaft an die Welt, und die da heraus erwaͤhlet,
Gieb mir Mund und Stimme mit, die dein groſſes Heyl er - zehlet,
Dieſer Welt, daß du geſtorben, daß auch ſie zu Gnaden kaͤm,
Deinen Juͤngern, daß dein Lieben ſie ſo gern zuſammen naͤhm.
Liebet, theure Prediger, dieſer ewiglichen Gnaden,
Lobet euren Braͤutigam, alles zu ihm einzuladen,
Und diß ſelige Geſchaͤfte ſetzt nicht eher voͤllig aus;
Biß ihr nach dem Kampf erreichet das von GOtt erbaute Hauß.
Lernt von unſrer Bruͤderſchaft, daß GOtt nichts unmoͤglich falle,
Daß das Evangelium auch von Bauern aus erſchalle.
Und weil meine groſſe Schwachheit nichts mehr von mir ler - nen laͤßt,
Lernet, daß ihr nichts verliehret, wenn ihr euch um ihn ver - geßt.
K 3LXV. Auf1501728.
LXV. Auf Herrn Johann Andreas Ro - thens 40. Jahrs-Tag.
DEr du der Hertzen-Koͤnig biſt,
Und aller Kraͤfte jener Welten,
Dem unſer Hertz gereget iſt;
Laß ſeine Regung vor dir gelten:
Dir opfert auf der Herrenhut
Ein Hauffe deiner Unterthanen
Den zehnten Theil von ſeinem Gut,
Und die vom Feind erkaͤmpfte Fahnen,
Uns iſt zwar wohl bekannt,
Wie diß Geſchenck bewandt.
Du pflegſt nichts halbes anzunehmen.
Biß daß wir alle nun
Die theure Wahrheit thun,
1. Joh. 1, 6.
59
Muß ſich der treue Theil noch ſchaͤmen.
Doch werde dir ein Lob daraus,
Was ſich an dieſem Tage findet.
Es lobet dich diß Wayſen-Hauß,
Am zwoͤlften May auf dich gegruͤndet; Der groſſe Lehrer,
(*)Joh. Andr. Rothe, Pfarrer zu Bertelsdorf, der an geiſtlicher Beredſamkeit wenig ſeines gleichen hatte.
(*) welchen du
Schon vierzig Jahre laſſen gruͤnen,
Und biß daher in guter Ruh
Dein Evangelium bedienen; Die fuͤnfe, die du dir
Zu einer Zions-Zier
Nun vor vier Jahren hergeleitet,
Vor manche Nation,
Ja in den Banden ſchon,
Zum Theil gebraucht, theils zubereitet.
Das Berthelsdorfſche Ober-Theil
Ward auch den Tag mit uns verknuͤpfet.
Doch diß iſt das geringſte Heyl,
Daruͤber unſer Hertze huͤpfet. Die1511728.
Die allergroͤſte Gnade war (Die du der Herrenhut erzeiget,)
Daß eben heute gleich ein Jahr
Sich alles unter dich gebeuget,
Da man das freye Volck
Von dieſer Zeugen-Wolck
Bemuͤhet war in Eins zu faſſen,
Und zu der Einigkeit,
Die dein Befehl gebeut,
Sich jederman bereden laſſen.
Gewiß, wer um die Kirche weiß,
Und ums Geheimniß deiner Heerde,
Der kennt auch deiner Knechte Schweiß,
Und was dabey erlitten werde:
Der weiß zu allem Uberfluß,
Wovon wir hier nur wenig ſtammlen,
Was einer da erfahren muß,
Wo ſich viel Kinder GOttes ſammlen.
Und wer das Lied vernimmt,
Das Paulus angeſtimmt: Es muͤſſen ſich auch Rotten finden;
Der ſiehet einen Plan
Halb vor ein Wunder an,
Wo ſich die Bruͤder alle gruͤnden.
Die Welt, die noch im Argen liegt
Und in der Tiefe des Verderbens,
Wird in dem Todes-Schlaf gewiegt:
Da braucht es keines neuen Sterbens,
All ein, ſo bald die Stunde blickt,
(Roͤm. 7, 10.
60
Daß JEſu Wort in einer Kuͤrtze, (Wies Luther ehmals ausgedruͤckt,)
Den Grund des Hertzens uͤberſtuͤrtze,
Wenns alle Aeſte bricht,
Durch Baͤtt und Furchen ſticht,
Um ſich den Acker aufzureiſſen,
Und biß aufs Leben trift:
Da brauſt der alte Gift,
Und all es hebet an zu kreiſſen.
K 4Der1521728.
Der Hirte, deß die Schafe ſind,
Der will ſie auf die Achſeln nehmen:
Doch, daß ſich da kein Zwang befindt,
Es muß ſich alles ſelbſt bequemen.
Auch hat der Seelen-Feind noch Macht
Die Ungegruͤndten zu verwirren:
Da werden Meynungen gebracht;
Daran ſich theure Seelen irren.
Hier ſpricht ein treuer Knecht:
Mit Beten ringſt du recht,
Der Heyland muß ſich dein erbarmen.
Dort heiſts: Beweiſe dich.
Die Seele muͤhet ſich,
Hoſ. 13, 5.
60
Und ruͤckt ſich aus den Gnaden-Armen.
Damit iſt Chriſti Schaar gezweyt:
Ein iedes Theil will JEſum haben.
Der ſpricht: Er iſt Gerechtigkeit,
Jch werde mich zu tode traben,
Wenn ich mir ſelber helffen will,
Er muß mir erſt die Kraͤfte geben,
Und eh ich ſein Gebot erfuͤll,
Muß ich vor allen Dingen leben.
Da ſpricht der andre nun: Jch will das Gute thun,
So wird er mir den Lohn nicht rauben,
Die Welt hat keinen Streit;
Denn ſie iſt gleich ſo weit
Von guten Wercken, als vom Glauben.
Den Schafen, die des Hirten Hand
Selbſt auf die Weide hingefuͤhret,
Jſt ſie geſund und wohl bekannt:
Die andern werden matt geſpuͤhret.
Sie mercken, daß es ſo nicht geht,
Der HErr muß ihnen Weißheit werden.
Wo etwan ein Erkaͤnntniß ſteht
Vom neuen Himmel oder Erden,
Da greiffen ſie bald zu,
Da ſuchen ſie ſich Ruh! Jhr1531728.
Jhr Anfang iſt der andern Ende.
Da lauffen ſie ſich tumm,
Und kehren doch wohl um
Jn ihres Hirten treue Haͤnde.
Jnzwiſchen hat die Welt gelacht,
Die uns den Holtz-Weg lauffen ſehen.
Die Seelen, die es recht gemacht,
Sind da, die Jrrenden zu ſchmaͤhen,
Daß einer, der herum geirrt,
Und will ſich nun zu rechte fragen,
Von einem Theil entbloͤſſet wird,
Vom andern aber wund geſchlagen.
Daruͤber denn entbrennt,
Wer Chriſti Treue kennt,
Und muß auf beyden Seiten rechten.
Was denckt ein Fremder dann,
Der das nicht faſſen kan,
Von JEſu Reich und ſeinen Knechten?
Und, JEſu! wer erzittert nicht
Vor einem ſolchen Schwarm der Secten,
Die alle, ſo ſie angericht,
Auf einer Streu von Wahrheit heckten.
Da jede gute Seelen hat,
Die ohne ihren Vorſatz ſchwermen.
Wer wolte ſich um deine Stadt
Nicht immer ſchon zum voraus hermen.
Spricht Luther: Glaube du,
So faͤhrt der Poͤbel zu,
Und glaubts, und bleibt in ſeinen Suͤnden,
Wer weiß, wenns Spinnen trift,
Ob ſie nicht eben Gift
Jn dieſem unſern Honig finden.
Jnzwiſchen ſey gebenedeyt,
Anbetungs-wuͤrdiger Gebieter,
Daß du uns biß auf dieſe Zeit,
Die reine Quelle deiner Guͤter,
Die lautre Gnaden-Bothſchaft giebſt,K 5Und1541728.
Und Ernſt zur Heiligung erweckeſt,
Auch unſre kleine Leuchte liebſt,
Und unter keinen Scheffel ſteckeſt,
Noch von der Staͤte ruͤckſt,
Vielmehr auf alle blickſt,
Die eigentlich ins Hauß gehoͤren,
Ja, wie du immer pflegſt,
Wohl andre mit erregſt,
Daß ſie ſich nach dem Lichte kehren.
Hier legt ſich deine Herrenhut,
Die Bertholsdorffiſche Gemeine,
Und was auf gleichem Grunde ruht
Von Apoſtoliſchem Geſteine,
Wo JEſus Chriſtus Eckſtein iſt,
Hier legt ſie ſich zu deinen Fuͤſſen,
Und weil du unſer Alles biſt,
So wirſt du uns vollenden muͤſſen.
Auch werd inſonderheit
Zu dieſer Abend-Zeit
Der Deinen Hertzens Wunſch erhoͤret: Daß Herrnhut nicht mehr ſey,
Wenns Glauben ohne Treu,
Und vor dem Glaͤuben, Lieben lehret.
LXVI. Als es gleich jaͤhrig war, daß ſein Herr Schwager und er geheyrathet in Ebersdorf.
GOttes Fuͤhrung fodert Stille:
Wo der Fuß noch ſelber rauſcht,
Wird des ewgen Vaters Wille,
Mit der eignen Wahl vertauſcht.
Wer da leben will, der ſterbe:
Wer nicht ſtirbt, der lebet nicht:
Ehe denn das Fleiſch verderbe,
Scheinet uns kein wahres Licht.
Was1551728.
Was die andern Menſchen wollen,
Laͤßt der Schoͤpfer noch geſchehn:
Aber, wenn die Kinder ſchmollen,
Laͤßt er ſie die Ruthe ſehn.
Alle menſchliche Geſchaͤfte
Gehen uͤberhaupt nicht gut,
Wo man ſie durch eigne Kraͤfte
Und nicht aus der Gnade thut.
Goͤttliche und innre Dinge
Laſſen vollends gar nicht zu,
Daß man ſie mit Sturm erzwinge,
Sondern weiſen uns zur Ruh.
Zeitlich, ewig, geiſt - und leiblich,
Beut ſich oftermals die Hand:
Aber, wie ſo unbeſchreiblich
Schließt ſichs an das Ehe-Band.
Darum iſt es unumgaͤnglich,
JEſus fuͤhr uns erſt hinein;
Will man hoffen uͤberſchwenglich
Drinnen unterſtuͤtzt zu ſeyn.
Wenn wir uns nur richtig wuͤſten,
Was die Regel anbelangt,
Da der Braͤutigam der Chriſten,
Vormals drinnen hergeprangt.
Nein! bey unſerm Ehe-Bande,
Das ſich dieſen Tag verneut,
Jſt zu wenig Schmach nnd Schande,
Und zu viel Gemaͤchlichkeit.
Hoͤchſtes Vorbild aller Ehe,
Welche heilig iſt und rein:
Deine Staͤbe, Sanf[t]und Wehe
Richten unſre Ehen ein.
Deine blutige Geſtalten
Muͤſſen unſern Eheſtand
Jmmer in den Schrancken halten:
Denn wir ſind dir nah verwand.
Das1561728.
Das bißherige Verſehen
Uberfahre mit dem Blut,
Das vor aller Welt Vergehen
Gnug und uͤberſchwenglich thut.
La[ſ]〈…〉〈…〉uns aber alſo handeln,
Was noch hinterſtellig iſt,
Daß wir in dem Lichte wandeln,
HErr! wie du im Lichte biſt.
Unſern Stand laß mit dem Glantze
Deiner Kraft umfangen ſeyn,
Und ein iedes Kind zur Pflantze
Der Gerechtigkeit gedeyhn.
Laß uns nicht beſchaͤmet ſtehen,
Wann du Eh’-Gerichte hegſt;
Sondern mit zur Hochzeit gehen,
Wo du zu bewirthen pflegſt.
Vor das Gute, Gnaden-Koͤnig,
Lobt man dich, ſo gut man kan:
Jſt der Menſchen Lob zu wenig,
Nimm das Lob der Geiſter an.
LXVII. Auf des theuren Elers Entſchlafen.
MEin Koͤnig, Prieſter und Prophet,
Du treueſter von allen Zeugen,
Du allerkraͤftigſter Magnet,
Du Held im Stehen und im Beugen,
Es hat dein ſchoͤnes Ebenbild,
Seit du es uns mit Blut erworben,
Wol manches edles Hertz erfuͤllt,
Das ſchon auf deinen Tod geſtorben:
Allein, was haben wir
Vor eine Zions-Zier
Seit wenig Tagen eingeſarget?
Wer war dein Elers nicht,
Das brennend helle Licht,
Des Abgang man dir faſt verarget?
Er1571728.
Er war ein Koͤnig uͤber ſich,
Ein Koͤnig, weil er von dir ſtammte,
Ein Koͤnig, weil er niemand wich,
Ein Koͤnig im Beruf und Amte:
Ein Prieſter vor das Wayſen-Hauß,
Aus groſſen Francken Bet-Altar:
Er gieng als Jungfrau ein und aus,
Und webte dir faſt funfzig Jahr.
Er war auch ein Prophet,
Jm Handel, beym Pulpet,
Daheim ſo wohl als auf den Meſſen,
Manch Zeugniß vor dem HErrn,
Dem hellen Morgen-Stern
Gieng, oder flog aus ſeinen Preſſen.
Mir war er recht als ein Magnet.
Jch hoͤrte von ihm an dem Orte,
Wo ſeiner Haͤnde Werck noch ſteht,
Vor achtzehn Jahren groſſe Worte,
Die griffen mir ins Hertz hinein,
Die unterhielten JEſu Liebe,
Jtzt reitzte mich ſein heller Schein,
Bald drang ſein Eifer meine Triebe.
Mein Heyland! dich, nur dich,
Verehr ich vaͤterlich,
Dich darf ich nur mein Leben nennen;
Doch kan ich mancherley,
Und groſſe Mutter-Treu,
Von Elers, deinen Knecht, bekennen.
LXVIII. Antwort an die Stud. Theol. auf ihr an ihn gerichtetes Danck-Schreiben.
HJer kommt ein Blatt voll treuer Brude-Liebe;
So arm und ſchwach mein Trieb noch immer iſt:
O! daß der HErr ihn uͤber alles huͤbe,
Was ſich noch ſucht, und ſeiner Treu vergiſt!
Jch dancke euch von Grunde meiner Seelen,
Daß ihr mich oft und bruͤderlich gehoͤrt,
Jch1581728.
Jch ſuchte euch zwar keines zu verheelen,
Was unſre Ruh in Chriſto JEſu ſtoͤhrt.
Jch ſuchte euch, ſo viel ich ſelber wuͤſte,
Mit redlichem Gemuͤthe kund zu thun:
Doch iſt bey euch noch mancher alter Chriſte,
Den hoͤret auch; denſelben folget nun.
Die Liebe hat ſich ja ſo treu bewieſen
Jn Erfurt ſchon, in Leipzig, und auch hier;
Ach! wuͤrde ſie vor alles hoch geprieſen!
Jtzt kommt auch noch in Jena vieles fuͤr.
O! grabet doch nach einer lautern Quelle!
O! folget doch den Starcken hurtig nach!
Doch gebet auch den Schwachen ihre Stelle,
Und geht den Weg, den JEſus ſelber brach.
Es laͤſt ſich zwar hier keine Ordnung machen;
Es gehe denn ein ſolches Feuer an,
Das, ohnbetracht der Laͤſtrer und der Schwachen,
Sich in geheim nicht laͤnger halten kan.
Doch wird der HErr euch allerſeits verbinden;
Jm Methodo, den weiland Francke ſchrieb,
Wird ſich gewiß ein weitrer Compaß finden;
Leſ’t ſelbigen mit brennendem Betrieb.
Jch ſelber will ihn in der Einfalt leſen,
Und was ich ſeh, daſſelbe meld ich euch.
Der HErr verleyh uns nur ſein wahres Weſen,
Und mach uns treu in der Gedult am Reich!
LXIX. Auf ſeiner Gemahlin 28. Geburts - Tag.
O Du Huͤter Ephraim,
(*)Dieſes Gedichte iſt an dem Geburts-Feſt der Graͤfin, bey ei - ner vertrauten Geſellſchaft oder Lotterie abgeſungen wor - den, und ein iegliches Mitglied derſelben dergeſtalt bedeu - tet, als es ſeine damalige Umſtaͤnde mit ſich gebracht.
(*) Des geringſten Theils der Heerde,
Deiner Erde! Unſer1591728.
Unſer Haͤufl ein ſieht mit Schmertz
Niederwaͤrts;
Aber unſre Sinnen blicken,
Mitten in dem Niederbuͤcken,
Jn dein hocherhabnes Hertz.
Hertz der Goͤttlichen Natur,
Hertz der offenbahrten Liebe,
Hertz der Triebe,
Unſre Hertzen opfern dir
Liebe hier,
Und in brennendem Verlangen,
Deine Salbung zu empfangen,
Oefnet ſich des Geiſtes Thuͤr.
Hertz der Welt! belebe uns,
Mehr als alles, was da lebet,
Jn dir webet,
Und ſich HErr von deiner Macht,
Wunder-Pracht
Und Allgegenwart erſchuͤttert.
Gottheit, unſre Huͤtte zittert,
Aber unſer Hertze lacht!
Hertz mit uns! wir ſchweren dir
Ewige Geſellen-Treue,
Als aufs neue.
Dir iſt unſer Hertz bekannt;
Nimm die Hand,
Zur Verpfaͤndung aller Triebe,
Zur Vergeltung einer Liebe,
Die ihr Blut an uns gewandt.
Hertz der Kraft! durchdringe doch,
Unſre Seel iſt ja geneſen,
All ihr Weſen:
Mach ihr alles, was da wahr,
Sonnen-klar;
Aber was dir nicht will taugen,
Das verbirg vor unſern Augen,
Huͤter der verſchloßnen Schaar!
Hier1601728.
Hier iſt eine Juͤngerin,
Gottheit von dem groſſen Worte,
Das die Pforte
Und der Weg der Seelen iſt
JEſu Chriſt!
Heute kam ſie auf die Erde,
Heute kam ſie auch zur Heerde,
Lamm! wo du der Hirte biſt.
Heute iſt ihr Gnaden-Tag:
Koͤnig! dem ſie zugehoͤret,
Eingekehret,
Neigt ſie ſich, und betet an,
Wie ſie kan,
Und wir wolln uns mit ihr beugen,
Licht, wir deine andre Zeugen,
Jhr Geſchwiſter und ihr Mann.
Laß dein Leben ihren Geiſt
Auf das kraͤftigſte erheben,
Laß ſie leben,
Jhre Seele werde dir
Eine Zier
Und ihr aͤuſſerlicher Wandel,
Zeuge von dem innern Handel
Deiner Lieblichkeit in ihr!
Der ihr Allernaͤchſter iſt,
Findt ſich nirgend wo geſchwinder,
Als beym Suͤnder,
Der gerecht ſein Hauß betrat,
Weil er bat:
O du ihm bekannte Liebe!
Reinige, beleb und uͤbe
Seinen Sinn, ſein Wort und That!
Kraͤfte muͤſſen von dir aus
Jn ein junges Hertze gehen.
HErr! wir flehen,
Welches unſern Freund voran
Zugethan;Wir1611728.
Wir gedencken ſeiner Regung
Wiederhohleten Bewegung,
Und erneu’rten Liebes-Bahn.
Deine Abſicht treffe doch
Eines deiner naͤchſten Zwecke,
An der Ecke,
Wo es ihm recht noͤthig thut,
Hoͤchſtes Gut!
Laß nicht ab in ſeinem Willen
Alle den Genuß zu fuͤllen,
Den ein Kind braucht, eh es ruht.
Nimm dich einer Seele an,
Die wir itzt nicht bey uns haben,
Voller Gaben,
Deren Fuͤhrung iederman
Schrecken kan,
Der ſich nicht in Staub will legen,
Denn du wandelſt ihm den Segen
Jn den allerſtrengſten Bann.
Habe acht auf ein Gemuͤth,
Das du ſchon vor vielen Stunden
Dir verbunden,
Welches auch dein ſanftes Joch
Jmmer noch,
Doch nicht nach der Abſicht traͤget,
Wie du ihm es aufgeleget,
Als es aus den Banden kroch.
Der du mit den Suͤndern pflegſt,
Biß zum Aergerniß zu ſpeiſen,
Und zu weiſen,
Daß wir aus der Gnad allein,
Alles ſeyn;
Siege fort, du Uberwinder,
Jn dem Groͤſſeſten der Suͤnder,
Die ſich deiner Zeugung freun!
Der du die Natur bezwingſt,
Wenn du ſie mit Liebe reitzeſt,LOder1621728.
Oder heitzeſt
Deinen Elends-Ofen, ſo,
Daß man froh,
Wenn man dir zu Fuſſe fallen,
Und bereit ſeyn kan zu allen:
Bring dein Feur zur lichten Loh!
Dem die Tugend nicht genug,
Der ein neues Hertze fodert,
Das da lodert
Von den Flammen ſeiner Glut,
Nimm den Muth,
Jmmer mehr und mehr gefangen,
Der bey redlichem Verlangen
Noch ſo manchen Fehl-Tritt thut.
Ach! was iſt doch nur ein Menſch,
Wenn ſein Anfang noch ſo kraͤftig,
Der nicht heftig
Seinen Willen niederdruͤckt,
Und erſtickt.
HErr! gedencke an ein Hertze,
Das ſich noch nicht ohne Schmertze
Unter deine Toͤdtung buͤckt.
JEſu! rette deine Kraft,
Laͤngſt an einer Seel erwieſen,
Die vor dieſem
Unſre groſſe Hofnung war,
Und nun gar,
Obwol nicht dahin gegeben,
Doch gar ſchwaͤchlich ſcheint zu leben,
Faͤllt doch ohne dich kein Haar.
Der du Wunder-Wege gehſt,
Und aus Gifte Honig macheſt,
Denn du wacheſt
Uber aller Seelen Heyl,
Die ſich feil.
Und bereit ſind mit zu gehen,Wenn1631728.
Wenn die Gnaden-Winde wehen:
Halt die Braut
(†)Catharina Eliſabeth Heutſchelin, welche Tags drauf mit dem Hauß-Meiſter Friedrichen verehlige[t]wurde.
(†) an deinem Seil.
Endlich, HErr, vollende doch
Einen Geiſt nach deinem Sinne,
Und gewinne,
Noch mehr Raum und Bahn fuͤr ihn,
Der da ſchien
Jns Verderben hinzulauffen,
Aber er ließ ſich erkauffen,
Und geht blindlings mit dir hin.
Gnade bitten wir von dir:
Gnade iſt der Seelen Ancker,
Und ein Krancker
Findet in der Gnade Saft,
Heilungs-Kraft.
Gnade muͤſſe unſerm Hertzen
Leidlich machen alle Schmertzen
Der beſtimmten Ritterſchaft.
Alle, die zugegen ſeyn,
Laß in einem Geiſte leben,
Sich dir geben,
Und nach dir der Bruͤderſchaft:
So geht Kraft
Auch aus dieſem Liebes-Grunde,
Und zu einem ſolchen Bunde
Wird noch mancher hingeraft.
LXX. Auf des Secretarii Hochzeit.
GEht hin zu GOtt, von dem ihr hergekommen,
Jn Chriſti Tod und Leben eingenommen:
Geht hin, verſucht des Huͤters Meiſterſchaft,
Geht ein und aus in Geiſt von Kraft zu Kraft!
L 2LXXI. 1641728.
LXXI. Jns Braͤutigams Nahmen.
DEine Wunder-Kraft,
Liebe! hats geſchaft,
Daß ich dieſen Ort bewohne:
Und mein Gnaden-Rath im Sohne.
Macht mir dieſen Ort
Zum gewuͤnſchten Port.
Francken gab das Licht.
Graben ſolt ich nicht;
Sondern muſte mich bequemen,
Andre Dinge vorzunehmen.
Doch dein Zug an dich
Ubereilte mich.
Wie vor Zeiten zwar,
Manche Wittwe war,
Und Elias kam zu keiner
Jn dem Volck, als nur zu einer,
Wo ihn deine Hand
Schleunig hingeſandt:
Alſo giengs mit mir
Ungewoͤhnlich fuͤr.
Denn, mein Graf, der deine Regung
Ehret ohne Widerlegung,
Hieß mich mit ſich gehn,
Eh er mich geſehn.
Wilt du, hub er an,
Mit zu dieſem Mann,
Welchen meine Seele kennet,
Den mein Hertz die Liebe nennet?
Folge meinem Schritt,
Jn die Fremde mit.
Kaum, daß ich geſagt,
Ja! das ſey gewagt,
Zog ein freundliches Erzehlen
Von des Samuels Erwehlen,Mein1651728.
Mein noch irrdiſch Hertz,
Kraͤftig Himmel-werts.
Wer nur beten kan,
Dem geht alles an,
Dieſer Rath ward mir gegeben,
Und zugleich der Weg zum Leben.
Unſer Buͤrg und Held,
Ward mir vorgeſtellt.
Alſo zogen wir,
Her in diß Revier,
Wo mein Herr und ich nicht hatten,
Einen Stein zu uͤberſchatten;
Und erharrten da,
Was hernach geſchah.
Auf derſelben Bahn
Kam noch mancher an,
Den die Liebe uͤberwogen,
Und von ferne hergezogen;
Aber wer bekleibt?
Ohne der, da glaͤubt.
Mancher innre Kampf,
Mancher aͤußre Dampf,
Ubte damals Herrn und Knechte:
Endlich fuͤhrte GOttes Rechte
Das Gericht und Strauß
Biß zum Siege aus.
Seelen regten ſich
Damals maͤchtiglich;
Und in unſers Hauſes Huͤtte
Stiegen auf Gebet und Bitte
Um die beſte Wahl,
Zu des Herrn Gemahl.
Kaum, daß wir gehoͤrt,
Was uns GOtt beſchehrt,
Legete ſich unſer Hauffe,
Nach vollfuͤhrtem Pilgrims-Lauffe,L 3Jn1661728.
Jn ein Bethlehem,
Das dem Herrn bequem.
Starb der Prediger;
Kam ein andrer her,
Welcher ſich zu Ehr und Schande,
Als vor GOtt mit uns verbande.
Und ſo waren wir
Damals unſrer vier.
Schleunig rief der HErr
Einen Wanderer,
Aus Paris der groſſen Staͤdte,
Und nach ringendem Gebete
Band er dieſen Mann
Kraͤftig an uns an.
Meine Seele weiß,
Was vor Angſt und Schweiß,
Was vor Kampf in ſieben Jahren
Unſre Bruͤderſchaft erfahren.
Doch gelobt ſey GOtt
Auch vor dieſen Tod.
Mir kam dann und wann
Erſt ein Schauer an,
Wenn ich meines Herren Regung,
Ohne merckliche Bewegung,
Die die Hertzen ruͤhrt,
Gegen mich verſpuͤhrt.
Eine lange Zeit
Waͤhrete der Streit.
Eine unverruͤckte Beugung,
Wider alle meine Neigung,
That dem eignen Muth
Aeuſerlich nicht gut.
Mitten in dem Streit,
Mit der Eigenheit,
Hieß mich GOtt, (ſo muß ich dencken,)
Einer meine Liebe ſchencken,Die1671728.
Die voll Tugend zwar,
Doch nicht lebend war.
Aber dieſes Hertz
Zog er Himmel-werts,
Eben um dieſelben Zeiten,
Da ſich andre ſonſt bereiten[.]
JEſus gab ſich an;
Da wars bald gethan.
Unſer neues Band
Gieng uns aus der Hand:
Denn wir ſuchten alle beyde
Nichts, als unſre Seelen-Weyde,
Welches Tag und Jahr
Unſer alles war.
Meine liebe Braut
Ward dem Lamm vertraut;
Ubergab ihm ihre Sinnen:
Und diß ſelige Beginnen
Trieb ſie hoͤchſt erfreut
Auf die Ewigkeit.
Jtzo kommt der Tag
Da ich ſagen mag:
HErr, mein Koͤnig, du kanſt machen;
Denn ich ſehe meine Sachen
Alle ſo gemacht,
Wie ichs nicht gedacht.
GOtt erhebt mein Haupt,
Daß ich nie geglaubt,
Unter ſeines Sohnes Glieder,
Unter eine Wolcke Bruͤder;
Und diß Heer des HErrn
Sieht mich Armen gern.
Meine theure Braut
Wird mir angetraut,
Als ein Pfand von Chriſti Liebe,
Deren aufgebrachte Triebe,L 4Chriſto1681728.
Chriſto nachzugehn,
Uns vor Augen ſtehn.
Meines Herren Sinn
Gehet bloß dahin,
Sein geheimes Liebes-Neigen
Zu mir oͤffentlich zu zeigen,
Und das gantze Hauß
Macht ſich Freude draus.
HErr! ich bins nicht werth,
Was du mir beſchehrt.
HErr! hie haſt du mich Geringen,
Wilſt du mich zu Stande bringen?
HErr! da haſt du mich:
Denn nun kenn ich dich.
LXXII. Jn der Gemeine Nahmen.
O du Seelen-Braͤutigam!
Solten Seelen, die dich nennen,
Die dich kennen,
Folgen einem andern Stern?
Das ſey fern!
Das Geſchoͤpf iſt viel zu wenig,
Unſer Geiſt begehrt den Koͤnig,
Und die Seelen ſind des HErrn.
Jſt ein Mann nicht liebens-werth,
Der uns uͤber andre zehlet,
Auserwehlet,
Und ein taͤglich Zeugniß uͤbt,
Daß er liebt.
Fordert ſolch ein Weib nicht Liebe,
Die aus ungezwungnem Triebe
Sich uns zur Gehuͤlffin giebt?
JEſus iſt der Seelen Mann,
Dieſes bleibt in GOttes Klarheit
Eine Wahrheit;
Aber bey der CreaturJſt1691728.
Jſt die Spur
Saͤmtlich und zu gleichen Theilen
Seiner Ehe nachzueilen.
Von derſelben lallt man nur.
Sind wir nicht ſo Fleiſch als Geiſt?
Jſt das Fleiſch gleich uͤberwunden,
Und gebunden,
Wird nicht dennoch ſeine Art
Offenbahrt,
Jn vermengeten Geſchaͤften;
Ob man ſich mit Geiſtes-Kraͤften
Noch ſo ritterlich verwahrt.
Menſchen ſind wol auf die Welt
Hingeſetzt, ſie anzuſchauen.
Und zu bauen,
Nicht allein durch Muͤh und Fleiß,
Angſt und Schweiß,
Sondern auch bey guten Tagen,
Da man nichts von Noth zu ſagen,
Sondern ſich zu freuen weiß.
Chriſten aber ſind nicht hier,
Daß ſie ſich daſelbſt erfreuen,
Und gedeyen;
Jhr Beruf heiſt: JEſu nach,
Durch die Schmach,
Durchs Gedraͤng von aus und innen
Das Geraume zu gewinnen,
Deſſen Pforte JEſus brach.
Kinder ſtammlen nur davon,
Wenn ihr Hertz zu GOtt erhoben: Aber Proben,
Warten auf die Juͤnglins-Kraft,
Die ſich rafft,
Jhre Feinde zu zerſchmeiſſen,
Und durchs Lager hinzureiſſen,
Biß zur theuren Vaterſchaft.
L 5Mein1701728.
Mein Erloͤſer! kenneſt du,
Kennſt du dieſe arme Suͤnder?
Deine Kinder
Lieben ſie gantz bruͤderlich,
Gleich als ſich.
Wilt du deinen Gnaden-Segen
Nicht auf ihre Ehe legen?
Gnaden-Strom errege dich!
Dein ſind Braͤutigam und Braut.
Deine Lieb iſt unermeßlich,
Sind ſie heßlich
Jn der alten Creatur:
Deine Cur,
Die mit ihnen vorgegangen,
Machet ſie als Bilder prangen,
Von der Goͤttlichen Natur.
Du biſt ewiglich ihr Mann:
Und ſie beyde ſind zum Streite
Nur auf heute,
Und ein kurtzes Nun gedingt.
Kinder ringt
Euch im Glauben anzufaſſen,
Und nicht eher loß zu laſſen,
Biß es einem Theil gelingt!
Gehe hin, du liebes-Paar,
Werde ſtarck in JEſu Gnade;
Eure Grade
Nehmen unverſehens zu,
Biß zur Ruh.
Und in eurer Eh erſcheine
Chriſti Bild und der Gemeine,
HErr, wir ſegnen, mache du!
LXXIII. Auf die ſelige Gnade.
GRoſſe Gottheit! ich erſtaune
Uber deinen Liebes-Rath,Und1711728.
Und worzu mich die Poſaune
Deines Reichs geruffen hat.
Hochzeit wird dem groſſen Sohne,
Meinem Koͤnige, gemacht,
Und der Sitz in ſeinem Throne
Jſt mir Armen zugedacht.
Unter denen Engel-Choͤren
Stoͤhrte Vaſthi Stoltz das Feſt,
Biß du ſie mit ihren Heeren
Jn den Abgrund ſchleuderteſt.
Damit bauteſt du den Tempel
Deiner Pracht von neuen auf,
Und das neue Liebs-Exempel Blieb zum andernmal im Lauf.
(*)Es iſt eine Redens-Art, die ſo viel ſagen will: als nicht zum Zweck kommen.
(*)
Endlich gabſt du dich, o Liebe!
Selber vor die Seelen dar,
Deine tugendliche Triebe
Wurden ihr nun all zu klar.
Jener Herr von Oriente
Sprach: Was iſt der Koͤnigin?
Wenn ich dich vergnuͤgen koͤnte!
Statt der Antwort ſanck ſie hin.
O du ewiges Geſichte!
O du Glantz der Herrlichkeit!
Jch verſinck vor deinem Lichte,
Wenn michs noch ſo ſehr erfreut.
Kuͤſſe mich, wenns Hertz in Wehmuth,
Geht mirs gut, ſo mach mich bloͤd,
So verbleib ich in der Demuth,
O du hoͤchſte Majeſtaͤt!
LXXIV. 1721728.
LXXIV. An eine vertraute Freundin, kurtz nach ihrer Heyrath.
DJe Liebe hat dich ſchon ins Ehe-Band geknuͤpft
Zu einer ſolchen Zeit, da du allein zu leben
Dir noch nicht viele Muͤh auf dieſer Welt gegeben.
Es ſcheinet, daß ſein Rath dir manches uͤberhuͤpft:
Du ſolſt vielleicht gar bald von aller Laſt der Erden
Erkauft und frey gemacht und ihm vollendet werden.
Gewiß, wer ſeinen Zug an deiner Seele ſah,
Und wie er dich ſo gleich an ſeinen Hals geriſſen,
Noch, eh er dich den Weg zum Leben laſſen wiſſen;
Kaum war ſein Winck geſchehn, ſo war dein Hertze da.
Wer deines Braͤutgams Ruf und meine Werbung kennt,
Der hat dich ſchon gar oft ein ſelig Weib genennt.
Du giengeſt biß daher in groſſer Stille hin:
Der harte Eigenſinn verfolgte zwar dein Leben,
Allein, er muſte dich dem Braͤutigam ergeben;
Der Braͤutigam ergrif dein Hertz und deinen Sinn.
Jch unterließ denn nicht, ſo viel ich nur kan dencken,
Dein Weſen mehr und mehr ins rechte Gleiß zu lencken.
Doch JEſu Fleiſch und Blut, das dein geworden war,
That ohne Zweiffel hier das Beſte bey der Sache!
Und alſo blieb der HErr nun unter deinem Dache,
Und ſchuͤtzte deinen Geiſt vor mancherley Gefahr;
An ſeinem Creutze ward dein ſtrenger Sinn zerrieben,
Und meines Koͤnigs Wort in dein Gemuͤth geſchrieben.
So fuͤhrte er dich auch zu deiner Ehe ein,
Die Tage, da du dich auf deine Hochzeit ſchickteſt,
Und in des Braͤutgams Hertz mit Ehrerbietung blickteſt,
Die muſten dir gewiß Bereitungs-Tage ſeyn.
Und da du in dem Sinn des Lammes GOttes ſtandeſt,
Was Wunder, daß du auch ſein Liebes-Hertz empfandeſt.
Vergiß der Liebe nicht. Die Hoͤlle koͤnte dir,
Wann du nicht Treue hieltſt, kein gnugſam Feuer heitzen,
Der Zorn des Lammes wuͤrd ein Heer von Zeugen reitzen,
Die hielten dir ſein Hertz und deine Boßheit fuͤr.
Jch1731728.
Jch ſelber muͤſte dir in JEſu Nahmen fluchen,
Und du wuͤrdſt einen Raum zur Reu vergebens ſuchen.
Nun, Schweſter! laſſet uns dem HErrn mit Leib und Sinn
Die ihm doch ewiglich geſchwohrne Treue halten,
Und ſolt uns Angſt und Schmertz den Eigenwillen ſpalten;
So geh er in den Tod und Untergehen hin.
HErr JEſu! nimm diß Hertz, und opfers deiner Treue,
Damit es ſich an dir vergnuͤge und erfreue!
LXXV. Auf der Graͤfin Louyſe zu Solms Heimhohlung.
DJe kleine Muͤh, das kurtze Streiten, bringt unaus - ſprechlich ſuͤſſe Ruh,
Die tiefſte GOttes Heimlichkeiten aus Zion flieſſen de - nen zu,
Die aller Dinge ſich enthalten, auch nicht das Kleinſte ruͤhren an:
Laͤſt man den Braͤutigam nur walten, ſo ſieht man, was die Liebe kan.
Die Liebe croͤnt des Lamms Jungfrauen, und fuͤhrt ſie vor des Vaters Thron,
Den nur ein reines Hertz darf ſchauen, die Liebe wird der Keuſchheit Lohn.
Mir iſts ſo neulich als von geſtern. Juͤngſt trateſt du in unſer Chor,(*)Am 8. Julii kam ſie Abends in unſre Sing-Stunde, eilte aber die darauf folgende Nacht gleich wieder zu dery Herrn Va - ter, die damals nach Bielitz reiſeten. Louyſe, theureſte der Schweſtern; ſo ſang man dir die Wor - te vor.
Kaum, daß uns dein Geſicht erſchienen, kaum daß dein Glaub uns aufgeweckt,
Die wir des Koͤnigs Willen dienen, (doch leider! noch nicht unbefleckt,)
So ward es wieder weggenommen, Louyſe ſolte Bielitz ſehn.
Jn Bielitz auch zur Ruhe kommen. So wolte GOtt! ſo iſts ge - ſchehn.
Wir1741728.
Wir ſitzen gleich beym Abend-Eſſen,
(*)Geſtern am 7. Decembr.
(*) ſo reicht man uns dein Schreiben ein:
Lonyſe iſt uns unvergeſſen, was kan uns angenehmer ſeyn?
Kommt zu uns, ſchreibſt du, liebe Kinder! kan ich nicht kommen, ſo kommt ihr,
Der Liebe, meinem Uberwinder, iſt auch das Bielitzer Revier.
Jch kan nicht mehr, ſo gern ich ſchriebe; ſo ſchloſſeſt du das theure Blat, Gnug, daß mein Hertz euch in die Liebe die mich beſitzt, ergeben hat.
Jch lieb euch aller End und Orten mit Schweſterlicher Zaͤrtlichkeit.
Dein Vater endigt mit den Worten: Mein Kind iſt auſſer Ort und Zeit.
So iſts! wir ſpielen mit dem Sterben. Die Huͤtte iſt bald abgelegt.
Wenn nur das ſuͤndliche Verderben die Seele nicht mehr nie - der ſchlaͤgt;
Bey taͤglich ausgeſtandnem Tode, hats mit dem Tode keine Noth;
Nach Joſua und Calebs Mode frißt ihn ein GOttes-Menſch wie Brod.
4. B. Moſ. 14, 9.
Mein Hirt! wie komm ich doch hinuͤber. Das iſt der Helden Glaubens-Wort,
Kaum iſts geredt, ſo ſind ſie druͤber. So gehts durchs gantze Leben fort.
Gewiß! wenn einem bey dem Schmertze die Zeit und Weile lange duͤnckt;
So wird ihm gantz geraum ums Hertze, wenn er in eine Ohn - macht ſinckt.
So dachten wir, indem wir laſen: Louyſe hat den Lauf vollbracht,
Uns war zum Abendmahl geblaſen, ihr zur Vollendungs - Mitternacht. Jndem1751728.Jndem wir uns zum Sabbath ſchickten,
(*)Den Sonntag, da ſie ſich geleget, hatten wir nach hieſiger Ge - wohnheit denen Einwohnern in Herrnhut das Wort gege - ben: Jch zieh mich auf den Sabbath an, ſo bruͤnſtig, wie ich immer kan, p. 815. Den Montag aber, da ſie verſchieden, dieſe: Sein Fleiſch iſt die rechte Speiſe, und ſein Blut iſt der rechte Tranck, aus Joh. 6.
(*) ſo legte ſie die Huͤtte ein, Und da wir uns vom Fels erquickten, ſo tranck ſie ſchon den neuen Wein.
Verklaͤrte! hier hat dein Geſchwiſter gar hertzlich uͤber dir gethan.
Jn unſrer Redlichen Regiſter ſtehſt du gewiß mit oben an.
Drum was ich, deine Zinzendorffen, zu aller Auferbauung, flugs
Nach dieſer Zeitung aufgeworffen, war die Geſchichte deines Zugs.
Ein theurer Knecht der groſſen Liebe, ein Bild von Chriſti Seelen-Sucht, (Wir ehren ihn mit ſtillem Triebe, ob ihm die Kaͤlber-Rotte flucht.)
Der groſſe Mann, der, weil er lebte, auch die Zerſchneidung ſelbſt verbandt,(**)Der ſel. Herr Hochmann von Hohenau, hatte einen ſolchen Grad der Friedſamkeit erreichet, daß ihn auch die unleid - lichſten Seetirer nicht verwerffen konten.
Ein Juͤnger, der an JEſu klebte, der machte ihr den HErrn bekannt.
Sein erſter Antrag war nicht gluͤcklich. Er warb ſie vor den Zimmermann;
Das dauchte ihr gar ungeſchicklich. Die Niedrigkeit iſt uns ein Bann.
So lang wir mit geborgten Federn, der unvernuͤnftgen Stan - des-Hoͤh,
Uns annoch ſuchen aufzublaͤdern; ſo grauet uns fuͤr ſolcher Eh.
Der Werber ſagte: Sie muß wiſſen, mein Principal iſt auch ein Fuͤrſt,
Die Liebe hat ihn hergeriſſen, ihn hat nach unſerm Heyl geduͤrſt. Drum1761728.
Drum muſt er alle Hoheit meiden, itzt prangt er in der Herr - lichkeit.
Das mochte die Comteſſe leiden, doch bliebs bey Worten noch zur Zeit,
Jn mehrern Jahren kam er wieder, der Mann, der um die Jungfrau warb. Mein Koͤnig neigt ſich zu ihr nieder, der an dem Holtze fuͤr ſie ſtarb,
Will ſie, ſo ſprach er, mit ihm ziehen. Jtzt ruhte Elieſer nicht,
1. B. Moſ. 14, 33.
68 Louyſe konte nicht entfliehen. Man weiß, wie JEſus See - len kriegt.
So giengs der Solmſiſchen Comteſſen, die eine Erſtgebohrne war,
Gleich andern, die ſich ſelbſt vergeſſen, und ſcheun nicht Schan - de, noch Gefahr:
Denn der Durchbrecher aller Klippen, drang vor ihr hin zu GOttes Heer.
Und in der Arche ſeiner Krippen durchſchifte ſie das wilde Meer.
Sie wuſte nichts von Neben-Wegen. Es leben ja die Zeu - gen noch,
Die ſie geſehn, ſich niederlegen, ans Creutz und unter JEſu Joch.
Nachdem ſie alle Welt gewogen, und ſie zu leicht befunden hat:
So iſt ſie Chriſto nachgezogen durchs Jammerthal zur GOttes Stadt.
Wie Paulus dort zu ſagen wuſte: Die Briefe haͤtten Geiſtes Maaß,
Das wars, was man bekennen muſte, ſo bald man etwas von ihr laß.
Viel Briefe werden aufgeſammlet, und durch den Druck ge - mein gemacht,
Die gegen ihren nur geſtammlet, denn was ſie ſchrieb, das war gedacht.
Wer1771728.
Wer ihre Fuͤhrung recht erweget, wie lieb ihr der Herr Vater war,
Wie ſie der Mutter ſo gepfleget; dem ſtellet ſie ein Mu - ſter dar
Von Seelen, die die Tieffe gruͤnden, und doch den Anſtoß nicht beruͤhrn,
Den mehrentheils die andern finden, ſo gern ein heilig Leben fuͤhrn.
Nun, liebe Schweſter! was begehrſt du, was ſollen wir dir itzo thun?
Die Treue JEſu, die erfaͤhrſt du; Vor unſern Reden wirſt du ruhn.
Wir ruffen dir nicht deinetwegen, allein um andrer willen nach: Geh hin in JEſu Chriſti Segen, der dir die Bahn des Glaubens brach.
Du muͤhteſt dich, bevor du ruhteſt, drum thut dir nun der Schlaf ſo gut.
Was Wunder! daß du itzt nicht bluteſt, du kaͤmpfteſt ehmals biß aufs Blut.
Ebr. 12, 4.
68
Petroni, Seneca,
(*)Das waren zwey Maͤnner zu Rom, einer war Neronis Zuchtmei - ſter, der andere hieß: Arbiter Elegantiarum. Sie lieſſen ſich beyde die Adern oͤfnen, da ſie ſterben muſten. Seneca moraliſirte, und Petronius taͤndelte, biß ihm die Seele aus - gieng.
(*) ihr ſtreitet, wer ſich den Tod am leicht - ſten macht; Louyſe hat den Preiß erbeutet, ſie ſchlaͤft, indem ſie ausge - wacht.
Doch mag ein ungedrungner Treiber auch dasmal nach Ge - wohnheit thun;
Der letzten Reden JEſu Schreiber kan in ſo ſchoͤnem Gleis nicht ruhn.
Jhr Jungfern, die ihr gleiche Fahne mit ſeliger Louyſen ehrt,
Hoͤrt, Caroline, Bibiane,
(**)Es waren die letzten Reden des HErrn JEſu, welche 1725. her - aus kamen, der itzt verſtorbenen und denen Comteſſen, Caroli - ne zu Caſtell und Gr. Bibianen Reußin, zu Ebersdorf, mit ei - ner weitlaͤuftigen Anrede zugeſchrieben.
(**) und lernt, was ſich vor euch ge - hoͤrt.
MJhr1781728.
Jhr ſolt, ſo lieb euch eure Seelen, dem Braͤutigam nicht un - treu ſeyn,
Jhr ſolt ihm eurer Tempel Hoͤlen zugleich mit Leib und Seele weyhn,
Jhr ſolt die Luſt der Welt verleugnen, wir geben euch die Haͤn - de drauf;
So wird euch GOttes Lamm bezeichnen, ſo ruhet ihr nach treuem Lauf!
Die ihr der Seligen Verwandte, und Vater oder Mutter ſeyd,
Geſchwiſter oder ſonſt Bekandte, ermahnet euch zum Glau - bens-Streit, Graf Heinrich Wilhelm! ohne Zweifel, ergeben ſie den Wil - len drein,
Jhr gantzes Hauß entſagt dem Teufel, und nimmt den Mann der Selgen ein!
LXXVI. Auf ſeiner Tochter Benigne drit - ten Jahrs-Tag.
AUf, Benigna, liebes Kind!
Laß dich JEſu nur geſchwind:
Dieſes iſt der einge Rath,
Daß man meine Liebe hat.
Was mein Sinn geweſen iſt,
Als du etwas worden biſt,
Und was deine Mutter trieb,
Das iſt uns noch immer lieb.
JEſus, JEſus nur allein
Soll und kan uns alles ſeyn:
Jn ihm liebet man ein Kind,
Das uns auſſer ihm verſchwindt.
Bliebeſt du ein Stuͤckgen Fleiſch,
Haͤtteſt noch ſo viel Geraͤuſch,
Maul und Gaben, und Verſtand,
Ohne Kraft; das hieß ich Tand.
Was ſolt unvernuͤnft’ger ſeyn;
Als ſich uͤber was erfreun,Deſſen1791729.
Deſſen uns in Ewigkeit
Vor des Lammes Stuhl gereut?
Waͤrſt du aber lahm und krum,
Uberſichtig, taub und ſtumm,
Und giengſt nur zum Leben ein;
O wie theur ſolt’ſt du mir ſeyn!
Nun, mein Toͤchtergen, wohlan!
GOtt hat viel an dir gethan;
Leib und Seele ſind gantz fein:
Wie wirds mit dem Geiſte ſeyn?
Unſer Liebe ſeh auf dich,
Wie ſie pflegt, barmhertziglich,
Und als einen todten Mann
Nehm ſie dich zur Wartung an!
Mein und deiner Mutter Kraft
Hat dir nichts voraus geſchaft:
Heiſſen andrer Kinder rein;
So ſolſt du ein Suͤnder ſeyn.
JEſus ſolls alleine thun,
Jhm ſoll unſre Hofnung ruhn:
Jhm trauts unſer Hertze zu,
Daß er Treue an dir thu.
Diß Jahr muͤſſeſt du verlohrn,
Dieſes Jahr zur Gnad erkohrn,
Und durchs Blut des Lammes rein,
Und aus Geiſt gezeuget ſeyn.
LXXVII. Auf ſeiner Graͤfin Nahmens-Tag, Dorotheaͤ.
HJer werffen wir uns vor dir nieder,
Und ſingen dir geringe Lieder,
Der du, nach abgelegter Laſt.
Den Nahmen uͤber alle haſt.
Die uͤbrigen vom Weibes-Saamen
Sind Menſchen unbekannte Nahmen,M 2Jhr1801729.
Jhr hoher Stand iſt Geiſt von Geiſt,
Kein Fleiſchlicher weiß, was das heiſt.
Der aber uͤber alle thronet,
Und in den ſtillen Seelen wohnet,
Der weiß um die Gelegenheit,
Und kennet ſie von Ewigkeit.
Er ſelber hatte ſie gezogen,
Da ſie die Welt noch uͤberwogen,,
Als ſeine Kraft, die unſichtbar
Den Seelen noch zuwider war.
Doch hatte ſeine Helden-Staͤrcke, (Der Handgrif aller ſeiner Wercke,)
Jhn nach durchbrochner Suͤnden-Nacht,
Zum Meiſter uͤber ſie gemacht.
Er hatte ſie auf ſeinem Throne
Dem biß zum Tod getreuen Sohne,
Den aller Seelen Elend kraͤnckt,
Zu einem Eigenthum geſchenckt.
Der Sohn, der vor Erbarmen brennek,
Und hellig
(*)Jſt ſo viel als eifrig, und eine bibliſche Redens-Art.
(*) nach den Seelen rennet, (Unangeſehen ihres Falls,)
Fiel den Verlohrnen um den Hals.
Er ſprach: Jch ſitz ans Reiches Ruder,
Doch bin ich Joſeph, euer Bruder,
Zu eurem Nutz ans Creutz verkauft,
Fuͤr euch mit GOttes Zorn getauft.
Jch habe euch bey GOtt vertreten,
Und von dem Teufel loß gebeten.
Die Schuld iſt dißmal gut gemacht,
Und eure Freyheit wiederbracht.
Des Starcken Wohnung iſt zerbrochen,
Sein Anſpruch iſt ihm abgeſprochen,
Er zeucht dahin; ich klopfe nun,
Seyd ihr bereit, mir aufzuthun!
Der1811729.
Der Feind durchwandelt duͤrre Staͤtte,
Sucht Ruh und Raum vor ſein Geraͤthe;
Er findet aber nirgend Ruh,
Bald ſpricht er wieder bey euch zu.
Da moͤgt ihr euer Hauß bewachen,
Sonſt wird er euch zu Sclaven machen,
Werft ihm, was ſein iſt, gar hinaus,
Und ſprecht: Mein Hertz iſt Chriſti Hauß.
Ach! rett uns von dem Widerſacher,
Sohn GOttes, unſer Seligmacher,
So ſchreyn die Seelen Tag und Nacht
Zu JEſu, der ſie loß gemacht.
Da greift er zu, und in der Kuͤrtze,
Eh ſie der Feind zu Grunde ſtuͤrtze,
Nimmt JEſus ihm zu Hohn und Trutz
Die Seelen ein in ſeinen Schutz.
Er wandelt auch der Seelen Nahmen,
Die ihnen vom Verderben kamen,
Dabey ſie Satanas genennt,
Nachdem er ihre Art erkennt.
Mit dieſem neuen Nahmen ſchriebe
Er ſie, zum Zeugniß ſeiner Liebe,
Und ihrer Freyheit von dem Fluch,
Vor aller Zeit ins Lebens-Buch.
Er nannte ſie bey dieſem Nahmen,
Als ſie vor ſeinen Vater kamen,
Da ward ihr Schuld-Buch ausgethan,
Da nahm ſie GOtt zu Kindern an.
Dann iſt der Vater derer Lichter,
Jhr Vater, und ſein Sohn ihr Richter;
Wenn ſie beym Sohn in Gnaden ſtehn,
Kans ihnen niemahls uͤbel gehn.
Wie ſelig ſind, wie reich an Gaben,
Die einen neuen Nahmen haben.
Du Pfleger uͤber GOttes Hauß,
Ach, theil uns ſolche Nahmen aus!
M 3Hier1821729.
Hier liegen wir in unſerm Staube;
Jedoch ergreift dich unſer Glaube, (Den wir nicht ſehn, als ſehn wir dich,)
An deiner Treu erhaͤlt er ſich.
Ach JEſu! einger Menſch in Gnaden,
Der du uns auf den Hals geladen,
Und unſre Suͤnden-Buͤrde trugſt,
Biß du der Suͤnden Schloß zerſchlugſt,
Ach! neige deines Hertzens Guͤte
Zu unſerm ſchmachtenden Gemuͤthe,
Und hilf uns aus der Bangigkeit,
Darinnen unſer Jnners ſchreyt.
Wir koͤnnen dir nicht Worte machen
Geſchickt genung zu unſern Sachen,
Das aber, HErr! verſteheſt du,
Theils haben, andre ſuchen Ruh.
Die zu der Ruhe eingegangen,
Die brennen alle vor Verlangen,
Und diß Verlangen wird zur Quaal,
Erfuͤllt zu ſehn der Bruͤder Zahl.
Die aber nach der Ruhe ringen,
Und zu der engen Pforte dringen, (Der Eingang aber iſt noch zu,)
Derſelben Elend ſieheſt du.
O Liebe! laß dichs hertzlich jammern.
Dein Hauß hat ja ſo manche Kammern,
Jſt ihnen dieſe noch zu gut,
Wer weiß, obs nicht die andre thut.
Nur halte Niemand an der Pforte,
Gib deinem Vater gute Worte,
Die Zuͤge zu beſchleunigen,
Zum guten Theil, zum Einigen.
Der du die Todes-Thore ſprengteſt,
Und dich durch Suͤnd und Hoͤlle draͤngteſt,
Ertrotze durch dein Siegs-Gericht
Die Seelen von dem Boͤſewicht.
Laß1831729.
Laß unter unſern lieben Bruͤdern,
Die ſich der Zuͤchtigung nicht wiedern,
Die Stimme bald gehoͤret ſeyn:
Die Thuͤr iſt offen, gehet ein!
Gedencke des Gerechten Saamens,
Und deines Seligmachers Nahmens,
Und ruffe den und jenen raus,
Aus ſeinem Kercker in dein Hauß.
Bald laß uns dieſen kommen ſehen,
Bald jenen in dein Reich erhoͤhen,
Hier einen Durchbruch, dorten Sieg,
Nach treuer Sehnſucht auf den Krieg.
Ein Kind biß zur Geburt gedrungen,
Dems nur aus Ohnmacht mißgelungen,
Laß unter unſerer Gemein
Ein unerhoͤrt Exempel ſeyn.
Jnſonderheit ſey aller Saamen
Der Seelen, mit dem neuen Nahmen,
An die man heute froͤlich denckt,
Dir itzt und ewiglich geſchenckt.
Jhr Nahme bey der Welt vergehe,
Damit er dort beſchrieben ſtehe,
Hier unbenennt und unbekannt,
Dort vor des Vaters Thron genannt.
LXXVIII. Auf Mariaͤ Verkuͤndigung
DReyeinigkeit, du allgemeines Weſen,
Du Schoͤpfer und Erſtatter der Natur,
Und du der Gottheit Lebens-volle Spur,
Du haſt dir eine Werckſtatt auserleſen,
Darein du dich in voller Kraft geſenckt,
Und daheraus uns GOtt mit uns geſchenckt.
Maria war die Gnaden-reiche Eſther,
Der du dich ſo in Lieb und Huld verbandſt,
Dieweil du ſie der Gottheit wuͤrdig fandſt,M 4Maria1841729.
Maria wars, die liebe ſelge Schweſter,
Man nahm an ihr nichts ungewoͤhnlichs wahr,
Als daß ſie ſtill und arm und hertzlich war.
Maria war die Mutter des Geweyhten,
Der ewiglich der Seelen Braͤutgam iſt,
Und ehe er die Braut im Throne kuͤßt,
Worauf ſich ſchon die Engel-Choͤre freuten, (Weit uͤber Jacob, der ſich ſeins erwarb,)
Vors Weib in Arbeit lebte, litt und ſtarb.
O Hochzeit! die man Sabbaths-Ruhe nennet,
O Tag des HErrn! geheimes Bild der Eh,
Jhr Huren, Saͤue ſtuͤrtzt euch in die See,
Die ihr in eurer Eh Befleckung kennet,
Und die ihr nichts um Satans Tiefen wißt,
Kommt her und lernt was ehlig werden iſt!
Jhr Seelen! die ſich in die Eh gefunden,
Nicht, weil ſie wider Chriſtum geile ſind,
Nicht, weil Natur ſich mit Natur verbindt,
Nein! weil ſie GOtt in dieſen Stand verbunden;
Kommt, betet neben mir der Seelen Mann,
Das Kind des Geiſtes und Mariaͤ an.
Kommt, ſchwehrt mit mir dem treuen Zeugen Treue,
Kommt, ruft zu ihm um ſeiner Weißheit Licht,
Damit es euch in allen unterricht,
Und euren Stand den Augenblick verneue,
Zu Ehren ſeiner Zeugen opfert euch
Jhm auf mit Geiſt und Seel und Leib zugleich.
Jhr wiſſet zwar, daß engliſche Geberden
Und engliſch Weſen bloſſe Phantaſey,
So lange noch der Geiſt nicht Kercker-frey,
Biß daß wir auch zu Seraphinen werden;
Drum iſt die Eh von auſſen nicht bewandt,
Als wie der Geiſt Mariam dort erkannt.
Doch wißt ihr auch, daß eure Hertzen Geiſter
Und Chriſto voͤllig aͤhnlich muͤſſen ſeyn;
Da maß der Vater durch das Wort hinein,
Da iſt der Heilge Geiſt der ein’ge Meiſter,Und1851729.
Und iſt der innre Grund voll Geiſts-Natur,
So heiligt er die aͤußre Creeatur.
Drum will der HErr, bevor wir ehlich werden,
Das Aergerniß ſoll in den Tod hin ein,
Das Fleiſch ſoll blind, betaͤubt, beſchnitten ſeyn;
Sonſt iſt die Eh der Chriſten Hoͤll auf Erden;
Wer aber Geiſt aus Geiſt geworden war,
Mit deſſen Eh hats weiter nicht Gefahr.
Ein Ehe-Volck in Chriſti Tod begraben,
Das nur allein bey Chriſti Schmertzen ruht.
Und dem ſonſt nichts als Suͤnde wehe thut,
Kan auſſer dem auch keine Wolluſt haben,
Der, ſeit er nun der Seelen Schmertz geſtillt,
Auch die Begier der Seel all eine fuͤllt.
Auf noch einmahl! ihr theuren Ehegatten,
Jn denen ſich der Heilge Geiſt geregt,
So, wie ers alsdenn zu machen pflegt,
Wenn er uns will mit Kraͤften uͤberſchatten,
Jn denen er gezeugt die neue Art,
Und ſich von Zeit zu Zeit mehr offenbahrt.
Auf! und dem Mann, dem HErrn, euch hingegeben,
Dem Mann, der ſich in unſer Fleiſch verkleidt,
Und leert ſich aus von ſeiner Goͤttlichkeit,
Um in Maria menſchlich aufzuleben,
Habt ihr bißher nicht gnugſam nachgedacht,
So thut, als waͤr’t ihr aus dem Traum erwacht.
O Vater! gieb uns rechte Kinder-Sitten,
Der du uns ja den HErrn zum Bruder giebſt,
O Geiſt des HErrn! der du Mariam liebſt,
Bereit uns auch zu deinen GOttes-Huͤtten,
Wir ſind durchs Wort, das Wort geht in uns ein,
O moͤchten wir des Kindes Muͤtter ſeyn.
O Juͤnglings-Volck, und du o Schaar der Maͤgde,
Faßt euch das Bild Mariaͤ ins Gemuͤth,
Verleugnet euch, beſieget das Gebluͤt,
Es rege euch, was dieſe Schweſter regte,M 5Sie1861729.
Sie wolte freyn, die Gottheit warb um ſie,
Sie ließ den Mann, und ſprach: HErr ich bin hie!
Beſtehet ihr in ſolcher edlen Gnade,
Und gebt euch GOtt auf Band und Freyheit hin,
So bleibet euch ein unverruͤckter Sinn,
So wachſt ihr in der Kraft von Grad zu Grade.
Jhr denckt an nichts, als was euch GOtt gebeut,
Und bleibet frey, wenn ihr gebunden ſeyd.
HErr JEſu! der du dich als Kindlein regteſt,
Wir opfern dir die gantze Kinder-Schaar,
Die ie und ie deins Hertzens Luſt-Spiel war,
Und die du auch ſo manchesmal bewegteſt,
Ach Geiſt des HErrn! komm uͤberſchatte ſie,
Ach Vater! zeuch ihr Hertze, ſie ſind hie.
LXXIX. Auf ein Ehe-Jubilaͤum zu Groß - Hennersdorf.
OSalomo! hie ſind die Menſchen-Kinder,
Die haben ſich ſchon funfzig Jahr geliebt,
Jn Freud und Leid gemeynet und geuͤbt.
Wie lange iſts, du Seelen-Uberwinder,
Daß du uns uͤberredt und wirs gewagt,
Daß wir die Eh einander zugeſagt!
O groſſer GOtt! wie viele ſind vorhanden.
Die dich als GOtt in Wahrheit angebett,
Die dich als HErrn von Hertzen angeredt,
Die deine Meiſterſchaft im Geiſt verſtanden:
Wer iſt, der deine Hirten-Staͤbe kennt,
Wer aber, der dich Lieb in Wolluſt nennt.
Ach Liebe! ach die meiſten Menſchen gehen
Mit hohem Aug und krummer Seele hin,
Sie haben einen niedertraͤchtgen Sinn,
Und laſſen ſich auch nicht zu dir erhoͤhen.
Die Leiter zu dem Himmel heiſſet Creutz,
Und dieſem Steg entweicht man allerſeits.
Des1871729.
Des Creutzes Stamm iſt von dem Fluch geriſſen,
Er iſt den Seelen nun ein ein Segens-Holtz:
Allein der Creatur verwegner Stoltz
Greift nach der Luſt, und tritt das Creutz mit Fuͤſſen,
Der Heyland hatte einen andern Sinn:
Er nahm die Angſt vor alle Freude hin.
HErr! der du dich noch niemals ſatt geliebet,
Sieh mit Barmhertzigkeit die Alten an,
Die Alten, die nicht viel in GOtt gethan,
Obſchon ſie ſich im Aeuſſern viel geuͤbet:
Die Wolcke deiner Zeugen um ſie her,
Die ſaͤhe gern, daß ihnen beſſer waͤr.
Uns aber alle, die wir dich errungen,
Zu denen man nicht ſagt: Erkennt den HErrn,
Seit dem wir dich erblickt, du Morgenſtern,
Uns, welchen du ſo liebreich zugeſprungen,
Uns ſchmuͤcke auf den groſſen Hochzeit-Tag,
Den niemand ohne Schmuck beſuchen mag.
LXXX. Auf ſeinen innig-geliebten Bruder, Melchior Nitſchmann, Aelteſten zu Herrn - hut, als er ſeinen 24jaͤhrigen Lauf im Gefaͤngniß geendet.
WO giengt ihr hin, wo kamt ihr her, Jhr gruͤnende Gebeine?
Dir nach, du Ober Aelteſter
Der heiligen Gemeine;
Sie kamen aus der Friedens-Stadt,
Von Seelen-Hunger muͤd und matt.
Gelobet ſey dein muntrer Gang,
Und deiner Fuͤſſe Rauſchen:
Du wilſt die Freyheit gegen Zwang,
Vor Unruh, Ruhe tauſchen.
Es iſt der Welt die hoͤchſte Noth:
Geh hin, du biſt ein guter Both.
Du1881729.
Du weiſt, wohin der Eifer reicht Der blinden Phariſaͤer.
Wo man um Land und Waſſer zeucht,
Und treibt das Werck nicht hoͤher,
Als daß ein Thor den andern macht,
Ein Traͤumer bey dem andern wacht.
Die Phariſaͤer wurden alt
Bey ihren Laſten binden:
Der Heyland ſagte nicht ſo bald:
Kommt Menſchen! Ruh zu finden,
So war die gantze Hoͤlle auf,
Und hemmete des Lehrers Lauf.
Mein Bruder! kennſt du deinen Weg,
Er geht ins Todes Rachen,
Das iſt der allgemeine Steg
Vor die, ſo Friede machen:
Bleib da; Du kanſt nicht; Ey ſo geh!
Durchs Todes-Thal zur Lebens Hoͤh.
Nur fliehe die Gelegenheit,
Die deine Ehre ſchaͤndet:
Der Feind bemuͤht ſich allezeit,
Damit ers alſo wendet,
Daß, wers mit Chriſto treulich meynt,
Um Ubelthat zu leiden ſcheint.
Wie wir gedacht, ſo iſts geſchehn.
Du biſt dahin gegangen:
Der Feind hat ſich die Zeit erſehn,
Und hat dich aufgefangen,
Noch eh du das Gebiet erreicht,
Wohin dich Trieb und Zug geneigt.
Was hat die Schlange fuͤr Gewinn,
Die alte Thoͤrin lachte:
Sie wuſte nicht, daß ohne hin
Die morſche Huͤtte krachte,
Und daß der Geiſt ihr Ehren-Bett
Mit dieſem Lauf beſtellet haͤtt.
Dein1891729.
Dein Mitt-Knecht fehlt. Er hoͤret kaum,
Daß Schmidt und Nitzſchmann ſitzen,
So laͤßt er ſeiner Regung Raum,
Und uͤberſieht die Ritzen,
Durch die ein Geiſt zur Ruh geſtreckt,
Den Weg des HErrn gar bald entdeckt.
Dein Mitt-Knecht eilt, um Chriſti Ruhm
Jn deinen Leidens-Ketten,
Vor Obrigkeit und Prieſterthum
Bald oͤffentlich zu retten,
Bezeuget ſeinen Bund mit dir,
Und bringet deine Unſchuld fuͤr.
Allein in kurtzem ſahe man,
Was unſer Koͤnig wolte,
Er merckte der Gemeine an,
Was Nitzſchmann bey ihr golte,
Er wuſt, es waͤr in Freud und Schmertz,
Sein Hertz und me ins als wie ein Hertz.
Drum muſteſt du dich auf dein Wort
Jn Maͤhren
(*)Er hatte bey ſeinem Abſchiede verſprochen, auf ſeiner Durch - reiſe durch Boͤhmen und Maͤhren ſich nicht einzulaſſen, weil es nicht der Zweck ſeiner Reiſe war.
(*) nicht beſinnen;
An einen unbeziehlten Ort
Viel Volck durchs Wort gewinnen;
Wir dachten, du waͤrſt hie und da,
Und war dein Lehr-Stuhl doch ſo nah.
Mein Bruder! wer erkennet dich,
Und deinen Creutz-Geſellen;
Der Heiligen Weg iſt wunderlich,
Und ſchwerlich vorzuſtellen;
Wer glaubts, daß ihr nach Seelen zielt,
Und nicht mit Meynungs-Lappen ſpielt.
Wohlan! die Lieb iſt ſchon vergnuͤgt,
Jhr leidet unverſchuldet,
Und du, mein Bruder! haſt geſiegt,
Nachdem du auserduldet;Dein1901729.
Dein Grab hat meines Willens Nacht
Begraben, und mir Licht gemacht.
Geh hin, du muntrer Zeuge, geh!
Des Biſchofs ohne gleichen,
Du Uberwinder ohne Weh,
Du Vater vieler Reichen,
Fahr hin, du treues Bruder-Hertz;
Verliſch der Welt, du Himmels Kertz;
Jhr Buͤrger in der Herrenhut,
Jhr von des HErren Volcke,
Jhr Funcken von der Zeugen Glut,
Jhr Tropfen jener Wolcke,
Hebr. 12.
72
Verſtaͤrcket die geehrte Schaar
Der Seelen unter dem Altar.
Dem Kaͤyſer, was des Kaͤyſers iſt,
Und GOtte gebt, was GOttes, Den Bruͤdern Hertzen ohne Liſt, Dem HErrn ein Haupt voll Spottes, Der Heilgen ihre Bande kuͤßt,
Und fahret hin, wo dieſer iſt!
LXXXI. Auf des Waͤyſen-Vaters, Martin Rohleders, Ehe-Verbindung, mit der Waͤy - ſen-Mutter Judith, geb. Kloſin.
JHr kennet ja diß treue Hauß,
Als Erſte von der Schaar der Bruͤder:
Sie zogen ſich mit Freuden aus,
Und kleideten die JEſus-Glieder;
Jhr Ruf zu dieſem Dienſt und Fron
Jſt aus der Liebe hergekommen,
Der Kinder Seelen ſind ihr Lohn,
Drum haben ſie nicht Lohn genommen.
Jhr Kinder! ziehet doch
Mit Luſt an ihrem Joch:
Es iſt das Joch der treuen Liebe. Sie1911729.
Sie haben mir erſetzt,
Was ich dahin geſchaͤtzt,
Durch ihren Dienſt gehn eure Triebe.
Jch freue mich des feſten Bands,
Das GOtt mit ihnen wollen binden,
Und ihres kuͤnft’gen Eheſtands:
Jch ſehe ſie ſchon uͤberwinden.
Erkennet doch, die ſolche ſeyn,
Jhr Bruͤder! freut euch ihrer Gaben,
Und du, o Koͤnig der Gemein!
Von deſſen Gnade wir ſie haben:
Nimm ihrer Treue wahr.
Du aber, edles Paar!
Geh, werde durch den Geiſt verſiegelt, (Ein Fuͤrſt, der GOttes Pracht,
Verſanck ins Abgrunds Nacht.
Er hatte ſich in ſich beſpiegelt.)
LXXXII. Auf ſeines Sohns, Chriſtian Friedrichs, Entſchlafen.
OBraͤutigam! der zwey verbundnen Hertzen,
Die dir das Pfand der Eh itzt eingereicht.
O du durch Angſt und Schmach, und Todes Schmertzen, Bewerther Freund! dein Liebes-Rath iſt leicht,
Du forderſt nichts, was man nicht hat,
Und giebſt dich immer ſelbſt ans eingebuͤßten Statt.
Eilf Monden ſind bereits dahin gefahren;
Wir lebeten und unſer Kind noch nicht:
Doch ſtunden wir ſchon ſeit geraumen Jahren,
Vor vieles Heyl in deiner Schuld und Pflicht:
Wir kauften Weitzen-Koͤrner ein,
Um etwas dir zu Dienſt auf Hofnung auszuſtreun.
Was giebt man doch dem Koͤnige der Hertzen,
Das ihm ſo viel Gewinn als Muͤhe macht?
Es findet ſich bey denen hellſten Kertzen,
Doch eine hie und da beſchmitzte Pracht:Wo1921729.
Wo iſt ein Laͤmmlein ohne Fehl?
Es waͤre denn, daß ſichs die Liebe ſelbſt erwehl.
Das ſaheſt du, du immer ofnes Auge,
Du dachteſt wohl, die Kinder meynens gut;
Zum Zeichen, daß ihr Hertze vor mir tauge,
Weil mir mein Volck mit Wollen alles thut,
So will ich mir ein Schaf erſehn,
Ein zartes Kind! nehmts hin, gebts her, ſo iſts geſchehn.
O wann dich nur die Seelen recht verſtuͤnden,
Sie gaͤben ſich nicht halb ſo viele Muͤh,
Mit mancherley Bedencken und Ergruͤnden;
Sie merckten nur, wohin die Liebe zieh,
Und daͤchten denn, wie jener Knecht: Der HErr machts wie er will, ſo iſts dem Knechte recht.
Mein Freund! du gabſt auch dißmal, eh du nahmeſt,
Wohl dir, mein Kind, das du zur Ruhe bringſt.
Geſegnet ſey der Sabbath, da du kameſt;
Geſegnet ſey der Sabbath, da du giengſt:
Dein Kampf war kurtz, die Macht war klein,
Noch dennoch iſt der Sieg um JEſu willen dein.
Du! der diß Kind ein Schmertzens-Sohn geweſen,
Was ſag ich dir, o Schweſter, liebes Weib!
Du warſt ja kaum des Seligen geneſen,
So wuͤtete der Schmertz in Bruſt und Leib:
All ein der Geiſt voll Helden-Muth,
Fragt: wie ers machen ſoll? und fragt nicht: wie es thut.
Wenn dieſes Kind kein Schaf geweſen waͤre,
Du muͤheteſt dich noch, du ruhteſt nicht.
All ein, der HErr beſahe die Altaͤre,
Darauf man ihm die Opfer zugericht:
Bey unſerm merckt er ſeinen Zweck,
Drum fiel das Feur herab und fraß das Laͤmmlein weg.
Komm, Schweſter! komm, wir wollen niederfallen.
Wir fragen nicht erſt lang: Wie heiſſet er?
Jhm ſoll in uns ein Halleluja ſchallen. Er iſt der HErr, Er kommt zum Sabbath her. Drum1931729.
Drum machen wir die Augen zu,
Und Jſrael zeucht mit dahin zu ſeiner Ruh.
LXXXIII. Auf ſeiner Gemahlin 29. Ge - burts-Tag.
HErr JEſu! hier iſt eine Schaar verſammlet,
Die beten, und zugleich gebieten kan;
Denn alſo iſt die Kraft, gleich wie der Mann:
Und ob dabey die aͤußre Zunge ſtammlet,
So iſt der innre Menſch ein kuͤhner Held,
Der ſich getroſt dem HErrn vors Hertze ſtellt.
Dein Nahme wird hier munter angeſchrien,
Dein Hertze wird zu uns hinab geruͤckt,
Dein Geiſt wird gegen unſern Geiſt verzuͤckt,
Die Liebe laͤſt ſich gerne niederziehen,
Man iſt es ſo an ihrer Art gewohnt,
Seitdem ſie mitten unter uns gethront.
Komm, Lieber! komm, und gieſſe deine Schaͤtze Auf unſre Schweſter, Erdmuth Dorothe,
Gieb ihr, daß ſie aus Kraft in Kraͤfte geh,
Und ſich durch dich bald uͤber alles ſetze;
Gieb ihr, daß ſie ſich deiner freuen mag,
Und mache ihr den Tag zum Ruhe-Tag!
Es iſt uns Ernſt um dieſer Seele willen:
Wir lieben ſie und ihre Huͤtte auch.
Bey unſerm Ernſt iſt deiner ſeits der Brauch,
Daß du ihn pflegſt in Gnaden zu erfuͤllen.
Hie haſt du ſie nach Geiſte, Seel und Leib,
Wir woll’n, daß alles noch beyſammen bleib!
Du haſt ihr erſt ein Pfand der Treu genommen.
Sie kuͤſſete mit Thraͤnen dieſen Ruf;
Sie wuſte wol, daß, der die Seele ſchuf,
Auch Macht hat, daß er ſie laͤßt wiederkommen,
Sie haͤtte dirs auch mit der Zeit vergoͤnnt,
Wenn ſie es erſt zu Wucher angewendt.
NDa1941729.
Da haſt du es: die Zeit war nicht vorhanden,
Daß man es haͤtt zum Wechsler ausgethan;
Nimms immerhin zu allen Gnaden an,
So eilig kan mans nicht in unſern Landen.
Weiſt aber du, was mit zu machen ſey;
So wuchre ſelbſt damit, du haſt es frey.
Nur ſchencke uns die zwey geliebten Kinder,
Die du uns ſchon auf Tag und Jahre goͤnnſt,
Daß du ſie eh nicht von der Huͤtte trennſt,
Biß daß ſie erſt des Fleiſches Uberwinder,
Und in der That, ſie ſeyn gleich Groß und Klein,
Der Erſt-Geburt im Geiſt theilhaftig ſeyn.
Der Graͤfin Mann, der unſere Gemeine
Gantz bruͤderlich im Geiſt gefaſſet hat,
Dem gieb in deinem Hertzen eine Statt,
Damit ſein Licht recht brenne und recht ſcheine;
Und wilſt du, daß ſich dein der Suͤnder ruͤhm,
So findeſt du ja Suͤnders gnug an ihm.
O unſer Freund! o Koͤnig unſrer Hertzen!
O Prieſter uͤber unſern Beth-Altar!
Du lebeſt ja und beteſt immerdar,
Entzuͤnde doch die hellen Seufzer-Kertzen,
Davon der Dampf den Gnaden-Stul erwarmt,
Biß deine Kraft den Seufzenden umarmt.
Hier legen wir die Schweſter dir zu Fuͤſſen,
Noch mehr, wir legen ſie dir an das Hertz,
Du wolleſt ihr der Leiden bittern Schmertz
Durch gnaͤdige Umhalſung recht verſuͤſſen;
Ja, fuͤhre ſie von dieſem Tage an
Auf einer ziemlich practicablen Bahn.
Du treues Hertz! du Liebe ohne gleichen,
Du Ohr, das vor dem Schall der Stimme hoͤrt,
Du Auge, das ſich nicht von denen kehrt,
Die deinen Blick in Demuth einſt erreichen!
Du Kraft, du Licht, du Manna deiner Schaar!
Gieb dich der Schweſter hin, ſo hat ſies gar!
LXXXIV. 1951729.
LXXXIV. Auf Herrn Brumhards Inſtalla - tion zum Diaconat in Jena.
HErr JEſu, ewiger Prophet,
Erbarm dich aller, die da lehren,
Jn welcher Hertz dein Creutze ſteht,
Die andrer falche Ruhen ſtoͤhren!
So ſehen wir im Geiſt voraus,
Daß ſich noch mancher Gnaden-Segen
Jns ordentliche Kirchen-Hauß
Auf deinen Diener werde legen.
Laß ihn in Eingeſunckenheit
Vor ſeines Volckes Suͤnde beten:
Laß deines Knechtes Freudigkeit
Vor aller Menſchen Augen treten;
Mit Angſt und Hertzens-Bangigkeit
Das Sacrament zum Fluche brauchen,
Jn heiliger Erſchrockenheit
Von heiſſen Bannes-Kraͤften rauchen.
Laß aber auch die ſuͤſſe Frucht
Des Amts, das die Verſoͤhnung predigt,
Der Seele werden, die ſie ſucht:
Geh hin, ſey deiner Laſt entledigt.
Und das geehrte Teſtament,
Das Blut und Fleiſch vom ewgen Leben,
Laß ieglichen, ders recht erkennt,
Mit inniger Bewegung geben.
Die Tauffe werde hie und dar,
Der durch dein Blut erloͤßter Kinder,
So ſeligen, ſo lieben Schaar,
Zu einem ewgen Uberwinder;
Kurtz: Gieb auch dieſem noch allhier,
Bey Angſt und Laſt unendlich vieles,
Zu deiner Selgen Lehre Zier,
Und zur Erjagung ſeines Zieles.
N 2LXXXV. 1961729.
LXXXV. Auf des Jenaiſchen Theologi, D. Buddei Hingang.
FLeuch, Vater! fleuch! die Staͤtte haͤlt nicht Stand.
Des Kedars-Zelt laͤſt deinen Fuß nicht ruhen:
Bemuͤhe dich ihn hurtig auszuſchuhen:
Die Staͤtte, da man ruht, iſt heilig Land.
Komm, Eiferer! um unſers GOttes-Hauß:
Egypten iſt zuruͤck, die Wuͤſten aus.
Die Lection iſt ſtarck vor einen Mann,
Der ſich nicht gut in GOttes Wege ſchicket,
Warum der HErr dich itzt dahin geruͤcket?
Es war ja nicht mehr weit nach Canaan.
Allein ich bin gewiß, der HErr hat recht:
Spricht er zum Knechte: Komm! ſo kommt der Knecht.
Jhr Hauffen, die ihr unſern Koͤnig kennt,
Laͤſt Juda ſich nach allen ſeinen Staͤmmen,
Durch Aſahel im Lauf auf einmal hemmen,
Weil er ſich ihres Hertzogs Bruder nennt;
Gewiß! Jhr hoͤrt ſo bald nicht das Gethoͤn: Buddeus iſt dahin! ſo bleibt ihr ſtehn.
Du ſehend Aug, auf Chriſti Creutz gericht,
Geoͤfnet und verklaͤhrt im Niederknien,
Du am Altar vom heiſſen Kohlen ſpruͤhen,
Geruͤhrt, geheiligt, und entflammtes Licht!
Dein Demuths-Blick gewann der Liebe Sinn,
Der Ruͤcken buͤckte ſich zum Creutze hin.
Wer um den Unterſchied der Glieder weiß,
Die ſich an Chriſti Leibe brauchen laſſen,
Der kan dich bald in groͤſter Liebe faſſen.
Die Treu in deinem Theil treibt ihren Schweiß:
Und daß du mit an Chriſti Creutz gehoͤrt’ſt,
Zeigt, was du aus dem Hertzen ſchriebſt und lehrt’ſt.
Jhr alle, die ihr von ihm hergeſtammt,
Auf! Jena! auf! erhoͤht durch groſſe Siege,
Auf! auf! Jhr Streiter in des HErren Kriege,
Erkennet dieſes eures Fuͤrſten Amt. Jhr,1971729.
Jhr, die ihr Babel ſchleiffen koͤnt und ſolt,
Wann ihr nur Hirten-Knaben werden wolt!
Hat nicht der Mann, den euer Seufzen nennt,
An einem Ort ein doppelt Gut vereinet,
Das dieſer Zeit kaum zu verbinden ſcheinet,
Die ſo gar wenig Guts bey ſammen kennt;
Den Ruhm der orthodoxen Reinigkeit,
Das Zeugniß, daß die Kirch um Beßrung ſchreyt.
Das eben iſts, was mich mit ihm verband,
Der ich gantz kein Geheimniß daraus mache,
Daß eine Kirch-Verwandlung keine Sache,
Denn ohne Glieder hat ſie nicht Beſtand;
Daß aber auch in ieglicher Gemein
Ein Muſter von der Kirche ſolte ſeyn.
Wenn ein Student den Kopf mit Bildern fuͤllt,
Wie eine Kirchen-Republic zu tichten,
Und will dereinſt ſein Kirchſpiel darnach richten,
Jſts eben wie mit Doctor Luthers Bild:
(*)Der einen Pfarr mahlen ließ, wie ihn die Leute haben wolten.
(*)
Doch wehe dem, der davon nichts verſteht,
Was mitten im Verderben gleichwol geht.
Wer Luthern nennt, der hat den Ruͤcken frey.
Nun hat uns Doctor Luther hinterlaſſen,
Und zwar im Buͤchlein, das die Kinder faſſen,
Daß dieſes erſt die rechte Kirche ſey: Wo man das Wort der Wahrheit lauter lehrt,
Und wo ſich auch das Volck dadurch bekehrt.
Die Lehre halt ich uͤber Hof und Hauß.
Zwar wagts die Welt mit unſers Meiſters Lehren,
Sie ihn und her zu wenden und zu kehren;
Wo aber die verkehrt wird, ſo iſts aus:
Und bleibet ſie, (wie billig,) ewig wahr,
Was fehlt uns noch am Attiſchen Altar?
Der ſelge Mann wars voͤllig uͤberzeugt.
Er hofte zwar, es ſolte ſich noch geben,
Es wuͤrde ſich die Huͤtte GOttes heben,
Zu der er ſein Geſchenck mit dargereicht. N 3Doch1981729.
Doch, langes Thun, und eine kurtze Zeit,
Erfordert bey dem Fleiß Geſchwindigkeit.
Und hielte gleich des Mannes kluger Geiſt
Nicht allzuviel auf weit-geſuchte Dinge,
Damits dem Reich des HErrn nicht mißgelinge, (Gedancken, die ein andrer uͤbrig heißt!)
So bleibt doch mir bey allem Sonnen-klar,
Daß er des Reichs der Kraft Gehuͤlffe war.
Ein groſſer Mann erfordert ſonderlich
Den Urſprung aller Sachen auszufragen;
Jſt diß, ſo kan man wohl mit Wahrheit ſagen,
Daß dieſer nicht mehr einem Neuling glich:
Denn Francke iſt nur erſt von Erfurt weg,
So wird auch ſchon der Selige ſein Zweck.
Jn Gotha wars, da kam der Muſen-Sohn,
Um Franckens ſchon bekannten Geiſt zu pruͤfen,
Er gab ihm was von den gelehrten Briefen, (Man nennet ſie ſonſt Diſputation,)
Da war ein Satz von Plato angeregt,
Und Zweiffels-frey gehoͤrig widerlegt.
Herr Francke ließt: von des Platonis Satz:
Wie daß in GOtt kein Jntellect vorhanden,
Er werde auch von gar niemand verſtanden,
Recht! dieſes hat auf hohen Schulen Platz,
Spricht Francke: Daß ihr nichts von GOtt begreift:
Buddeus denckt, daß ihn der Donner ſtreift.
Er eilt zuruͤck nach ſeinem Saal-Athen,
Laͤuft aber gleich dem Schuͤtzen
(*)Sagittario.
(*) vor den Bogen,
Der in der Zeit dem Braͤutigam gewogen,
Sich Muͤhe gab ihm Seelen zu beſtehn;
Und als er auch von dar nach Coburg wich,
Rief Haſſelt ſchon: Was Friede? wende dich!
Ein ſo gehetzt und umgetriebnes Reh
Sucht Ruh und Raſt, und eine Waſſer-Quelle.
Jn Halle war das Waſſer gut und helle.
Das Gnaden-Licht entdeckt ihm dieſe Hoͤh,Da1991729.
Da ward ſein Geiſt von einem Mann erquickt,
Der immer denckt, daß er nur Netze flickt.
Hier brach er aus, und zeigte munter an,
Er mache ſich nunmehr das Creutz zur Ehre,
Drum brachte er der Boͤhmen Maͤrtrer Heere,
Und ihre Zucht, gleich Luthern, auf die Bahn.
Er ſagte frey: So wars, und ſo wars gut,
Und ſelig iſt, (beſchloß er,) wer es thut.
So gehe, ſprach der heilge Waͤchter Rath,
Und thue nun an deinem Ort deßgleichen,
Nach Jena hin: Du wirſt den Zweck erreichen,
Du wuͤnſcheſt viel, bereite dich zur That.
Du koͤmmſt zurecht; denn der getreue Stolt,
Jſt bald vorbey: Nimm ſeinen Dienſt und Sold.
Buddeus trat, auf ſeines Meiſters Wort,
Jn Jena auf, und zeugte vom Catheder,
Der Stolte war, in ſeinem Theil, nicht bloͤder,
Nur band er ſich an keine Zeit und Ort:
Und da er ſah, man waͤre ſeiner ſatt,
So gieng er dann in eine andre Stadt.
Buddeus blieb des Himmel-Reichs Agent
Bey einem Volck, dem unſers Koͤnigs Fahnen
Nicht anders ſind, als Feindes Unterthanen,
Da iſt man gern nicht ſonderlich gekennt,
Man oͤfnet ſich den Wohlgeſinnten bloß,
Und wuͤrckt indeß aufs Koͤnigs Nutzen loß.
Hoͤrt Cramern nur, (den treu-Geſinnten) an,
Herr Rambach mag ſich ebenfalls erklaͤren,
Den dritten Mann kan uns Herr Chriſt gewaͤhren,
Die lieben: Hildebrandt und Zimmermann,
Die zeugen ja dem ſelgen Manne frey: Daß er ein Freund des HErrn geweſen ſey.
Wer giebet doch den Thoren Unterricht,
Jch meyne hier dieſelbigen Gelehrten,
Die Chriſti Stuhl gern uͤberall zerſtoͤhrten,
Und kruͤmmen ihm doch keinen Nagel nicht;N 4Daß2001729.
Daß ihre Einigkeit ſich gerne zanckt,
Und unſre ſich des Widerſpruchs bedanckt.
Begreift ihrs nicht, ihr Academici!
Jhr, da der Spruch des Plato eingetroffen,
Daß ich noch was kan von Buddeo hoffen.
Ja, daß ich ihn nicht ins Gerichte zieh,
Noch mehr! daß mich des Mannes Tuͤchtigkeit,
Am Dienſt des HErrn, noch dieſen Tag erfreut.
So ſag ich euch vor dem, der alles kennt,
Jch kan ihn nicht aus meinem Hertzen ſchlieſſen,
Mich kan es nur allein auf die verdrieſſen,
Die mein getreuer Heyland Feinde nennt.
Blieb Petro nicht der Apoſtolſche Grund,
Ob Paulus ihm; Er Paulo widerſtund?
Der Richter-Spruch war zwar nicht wohl gefaͤllt,
Der, was vom HErrn, und was vom Teufel ſtammte
Jn einer Schrift zur Nachbarſchaft verdammte:
(*)Jn der famoͤſen Ablehnung der Jenaiſchen Faeultaͤt, darinnen auch unter Herrn D. Buddei Nahmen der Autor dieſer Ge - dichte ziemlich gemißhandelt worden.
(*)
Allein, es ſey der Liebe heimgeſtellt.
Sein Nahm iſt da; Jch kenne ſeinen Sinn,
Sein letzter Brief
(**)Der ſel. Mann ſuchte kurtz vor ſeinem Ende in einem ſehr he[r]tz - lichen Schreiben dieſe Sache gut zu machen.
(**) nimmt allen Zweiffel hin.
Geh hin, du Knecht des HErrn in deiner Art
Darinnen du nicht deines gleichen hatteſt!
Geh hin! daß du dich mit den Seelen gatteſt,
Vor welche du ein treues Hertz bewahrt!
Jch weiß, wenn einſt mein Geiſt zu Ruhe zieht,
Daß ihn dein Hertz mit Freuden kommen ſieht!
Du aber ſteh, du goͤttlicher Pallaſt,
Jch meyne dich, du Jeniſche Gemeine,
Dein Grund iſt auch der Bau-Herr deiner Steine,
Laß ſehen! wen du bey dir drinnen haſt,
Denn faͤllſt du hin, ſo ſpricht man: Das war Bel,
Und ſteheſt du: Hier iſt Jmmanuel!
LXXXVI. 2011730.
LXXXVI. Auf den Superintendenten Jo - ſephi in Sorau.
JOſeph! mein verborgner Bruder, laͤnger halt ich mich nun nicht,
Dich fuͤr allen oͤffentlich einen Knecht des HErrn zu nennen,
Deine Liebe gegen den, der die Lieb iſt, zu bekennen; Joſeph, du geſchmuͤckter Prieſter mit dem Recht und mit dem Licht!
Muß ich denn der Seligkeit, mich mit Bruͤdern zu erquicken,
Und mit ihnen aus dem Glauben zu verſtaͤrcken, muͤßig gehn:
Will ich endlich meine Fluͤgel biß zu GOttes Stuhl erhoͤhn,
Wo ſie all erſeits im Geiſt nach der Streiter Laͤgern blicken. Joſeph! dieſer letzte Ausdruck meiner Liebe gegen dich,
Die du lange ſchon gefuͤhlt, laß ich alle ſehn und hoͤren,
Deren Uberlegungs-Kraft nicht die Vorurtheile ſtoͤhren. Joſeph! deine ſtille Fuͤhrung reitzte mich oft inniglich.
Jch vergeſſe nimmermehr, was du an des HErren Tage
Gantz geheim mit mir geſprochen, wie du deinen Wandel fuͤhrt’ſt,
Wie du deiner Bruͤder Hertz gerne in einander ruͤhrt’ſt,
Wo du aber inne hielt’ſt: Mercke, hieß es, was ich ſage,
Joſeph! deinen Hirten-Stecken kanſt du mit getroſtem Sinn
JEſu, deinem Ober-HErrn, der dich einhohlt, uͤberreichen.
Sorau! unſer Ertz-Biſchof gebe dir bald einen gleichen,
Daß es hier nicht heiſſen moͤge: Joſephs Geiſt iſt mit dahin.
Werther Graf! ich bitte dich, von der Wunden Chriſti wegen,
Liebe ſeine rauhe Dornen, laß dem Fleiſche keine Ruh;
Will GOtt ſeinen Sohn verklaͤhren, fahre augenblicklich zu.
Wer den Harniſch nimmt muß ihn ohne Sieg nicht von ſich legen.
Haſt du viel Verhinderniſſen, lieget dir die Perle tief,
Weil du hochgebohren biſt; neige dich zu Chriſto nieder,
Der ſtieg eine Hoͤh herab, und fand doch die Hoͤhe wieder.
O wie wohl iſt mir geworden, da er mich ans Creutze rief.
N 5Fuͤrſtin! 2021730.
Fuͤrſtin! deren guten Sinn unſer Joſeph ſtets geprieſen,
Und gewiß von ihr geglaubt; JEſus Chriſtus wuͤrd ihr doch:
Dieſer iſt nicht mehr vorhanden, aber ſonſt ein Joſeph noch,
Der des Landes Vater iſt, und zu dem er ſie gewieſen. Seelen! die ihr unſerm Heyland nicht mehr fremd und unbe - kannt,
Und nur Fuͤrſten-Kinder ward, eh ihr Kinder GOttes worden,
Denckt an Joſeph, weil ihr lebt, und verbleibt beym Creutzes - Orden. Alle Schafe ſeiner Pflege nahm der Hirt in ſeine Hand.
LXXXVII. Auf der Frau von Meußbach 81. Geburts-Tag.
SO ſehr ich ſonſt Natur und Stand
Auf immer zu verlaͤugnen trachte;
Und was mir irgends anverwandt,
Nicht anders als durch Chriſtum achte:
So ſchleunig wacht die Regung auf
Die Meinigen im HErrn zu ſegnen,
Wenn ihnen in dem Lebens-Lauf
Beſondre Schickungen begegnen.
Mein Trieb wird aufgebracht, die allgemeine Macht
Jn Glaubens Freyheit aufzubieten, (Die dieſen Erdkreiß regt, und alle Dinge traͤgt,) Auch meine Freunde zu behuͤten.
All eine, Hochgeehrte Frau!
Wenn ich von Jhro reden ſolte,
So, daß es iederman erbau,
So, daß ich nichts verſchweigen wolte,
Wie feſt die Tugend ſonderlich,
Die Tugend der Erbarmung ſtehet,
Mit welcher ſie ſo mildiglich,
Und ungewoͤhnlich uͤbergehet:
So find ich zweyerley, das mir im Wege ſey;
Jhr eignes Demuths-volles Schweigen,
Weil, was ſie Gutes thut, all ein auf ihr beruht, Jhr Geben haſſet alle Zeugen.
Doch2031730.
Doch dieſer Trieb iſt nicht ſo leicht
Bey danckbarn Hertzen zu bezaͤhmen.
Der ehemals davon gezeugt: Daß Geben ſeliger, denn Nehmen,
Der hielt die Zungen auch im Zaum,
Die ſeine Thaten wolten ſagen;
Sie machten ſich nicht minder Raum,
Es all enthalben auszutragen.
Was ihr zu ſtatten koͤmmt, was meine Zunge hemmt,
Mit dero Lobſpruch auszubrechen,
Jſt ihrer Wohlthat Hand, und daß ich ihr verwandt: Jch muͤſte von mir ſelber ſprechen.
So will ich denn, nach meiner Art
Mit wenig Worten vieles deuten;
Jch lobe den, der ſie bewahrt:
Jch denck an jene Ewigkeiten.
Sie uͤberlebt ſchon achzig Jahr:
Das iſt ein Zeichen von der Gnade,
Das vormahls ungewoͤhnlich war;
Und ietzt verſchwindets nach gerade.
Wie wenig ſind ihr gleich, wie viel in einem Reich? Jhr Alter iſt ein Gnaden Groſchen,
Wes iſt hie Schrift und Bild? Des Koͤnigs, der vergilt,
Bey dem ihr Wohlthun unverloſchen.
Was iſt an einem ſolchen Feſt
Vorerſt zu ſagen und zu ſingen?
Das uns der HErr erſcheinen laͤſt,
Jhm Preiß und Herrlichkeit zu bringen?
Was vor ein Wunſch wird uͤberbracht, Perſonen, die uns unentbehrlich,
Und haͤtten gerne ausgemacht,
Weil ihnen dieſe Welt beſchwerlich?
Weil doch die Ruhe-Zeit ein muͤdes Hertz erfreut, Und die den Schnee der granen Haare,
So ſich am Scheitel drehn, am liebſten ſchmeltzen ſehn,
Damit der Geiſt in Friede fahre.
Was wuͤnſcht man ſich? (aus Eigennutz:) Daß ſolche Hand ſich lange rege,Dami2041730.Damit ſie ſich zu unſerm Schutz
Und Wohlthat maͤchtiglich bewege.
Was aber wuͤrde beſſer ſeyn
Fuͤr die, ſo uns mit Gut beſchuͤtten? Wir braͤchten ſie durch unſer Schryen
Zur Aufnahm in die ew’gen Huͤtten.
Jch hemme meinen Sinn, ich geh zu JEſu hin, Jch werffe einen von den Blicken,
Damit wir in der Zeit der Bahn der Ewigkeit
Mit unſerm Geiſte naͤher ruͤcken.
LXXXVIII. Auf den groſſen Grentz-Predi - ger Joh. Chriſtoph Schwedler.
MOrgens von der Arbeit gehn, das iſt eines Menſchen Weiſe,
Der ſich, wie der treue Schwedler, als ein Licht verzeh - ren will:
Jhm war Tag und Nacht bequem, GOtt zu Dienſt, dem HErrn zum Preiſe;
Kuͤrtzlich iſt er eingeſchlaffen, und liegt noch die Stunde ſtill.
Ohne Zweiffel iſt der Knecht unter ſeiner Laſt erlegen,
Und der Schlaf wird lange waͤhren, weil er eben viel gewacht.
Schlaf, du muͤder Arbeits-Mann! Schlaf Mit JEſu Chriſti Segen,
Deine Ruhe-Stunde ſchlaͤget. Schlaf! du haſt genug ge - macht.
Wie denn? Hat ſich Schwedlers Haupt endlich in den Schlaf gefunden,
Sinckt ſein ausgehaͤrtet Leben auch einmal zur Ruhe hin?
Freylich! ſo hat auch der Held JEſus Chriſtus uͤberwunden,
Er, der Arbeits-Leute Schafner, er, der Kaͤmpfenden Ge - winn.
Treuer Zeuge! deinen Dienſt werden alle Alter loben;
Und ſo oft die wahre Kirche ihre groͤſte Saͤulen nennt;
Gal. 2.
76
So gedencket ſie zugleich der Beweiſung deiner Proben,
Die in dieſen unſern Tagen wenig ihres gleichen kennt.
Wenn2051730.
Wenn ein leichter Feder-Kiel Centner Worte faſſen koͤnte,
O wie ſtimmt ich deinen Thaten, wahrer Lamms-Apoſtel! bey;
Deinem Sinn, der Lichter-loh in der Liebe Chriſti brennte,
Und uns zeigte: wie das Leben, Leib und Kraft, zu wa - gen ſey.
Feuer-Flammen! die ihr nie angeſchlagen, ohne Zuͤnden,
Donner, Worte, die ihr alles ſchmettert, was ihr nur er - reicht,
Wie? verſincket euer Strahl? ſieht man euer Licht ver - ſchwinden? Licht, das ſich den Creutzes-Feinden als ein Schreck-Co - met gezeigt?
Liegt der tapfre Helden-Muth, welcher unſre Graͤntzen ſchuͤtzte?
Jſt das leiſe Ohr geſchloſſen, das auf alles achtſam war?
Jſt das Auge zugethan, das von Feuer-Eifer blitzte?
Will der Zungen Glut verloͤſchen? Kohlen her vom Rauch - Altar!
Jeſ. 6.
Unerforſchlicher Magnet! Wer ſoll deine Zuͤge deu - ten?
Joh. 12.
76Fuͤrſt der Legionen GOttes, Hertzog uͤber unſern Bund,
Wer ergreift das Creutz-Panier, wer ermahnt den Bund, zu ſtreiten? Meiſter von gelehrter Zunge! Geiſt des Hoͤchſten! ſchweigt dein Mund!
2. Pet. 1, 21.Ex. 4, 15. 16.
Seht ein muntres Helden-Roß! GOtt und die Natur ſind Zeugen,
Hiob 39, 23.
76 Schreck iſt Preiß vor ſeine Naſe, ja es reucht den fernen Streit, Schwache traͤgt es ſanftiglich: Stoltze pfleget es zu beugen:
Alſo trug und alſo kaͤmpfte Schwedlers Glaubens Freu - digkeit.
JEſu! groſſer Seelen-Mann! Deine Kirche liegt im Staube
Zu den Fuͤſſen hingeſtrecket, die fuͤr ſie durchgraben ſind;Nimm2061730.
Nimm den Demuths-vollen Kuß, weil der unterthaͤn’ge Glaube
Sich vor Schwedlern zu bedancken allzu wenig Worte findt.
Zeuch dahin, du treuer Knecht! wohl bekannt durch viele Siege,
Bete an den GOtt der Goͤtter, der dem Sohne zugericht’t;
Sage: HErr, es iſt geſchehn! Millionen deiner Zuͤge
Bracht ich an die Menſchen-Seelen, aber Alle bring ich nicht.
Knechte! die ihr hier und dar auf den Straſſen Gaͤſte ladet,
Hoͤrt ihrs? Schwedler iſt zur Ruhe, dieſer Knecht hat ausgedient.
Hat ihm nun der Feinde Wut, hat ihm Chriſti Schmach ge - ſchadet? Fragt den Ort, wo ſein Gebeine nun in ſichrer Stille gruͤnt!
Staupen-Schlaͤge, Rad und Pfahl machen allzu viele Chriſten,
Darum laͤßts der Erb-Feind bleiben, daß er Chriſten mar - tern laͤſt.
Dient ihr noch der Menſchen-Furcht, einer von den Fleiſches - Luͤſten:
Wißt, daß ihr das Brod der Streiter, Chriſti Fleiſch, mit Suͤnden eßt.
O ihr Wagen Jſrael! wollt ihr wie ein Loͤſch-Brand rauchen?
Wo die Raͤder Glut gefangen, da ſchlaͤgt auch die Flamme hin.
Ez. 1.
76
Seyd ihr Helden, die der Fuͤrſt (das erwuͤrgte Lamm) ſoll brauchen,
O ſo habt auch einen Lammes (eines Wuͤrge-Lammes) Sinn!
Bleibt bey ihm, ſo ſeyd ihr Eins, haltet alle Meynungs Lappen,
An die Glut der ewgen Liebe, (dieſe gilt vor Hof und Hauß;)
Hohel. 8.
76
So behaltet, ihr die Kraft, werdet nicht nach Schatten ſchnappen,
Und das Reich der Finſterniſſen weicht dem Licht der Wahrheit aus.
HErr2071730.
HErr der Erndte! fahre fort Tageloͤhner auszuſtoſſen,
Wilſt du mich zum Diener haben, deiner Diener Lohn und Cron:
O ſo iſt mein Gluͤck gemacht, du nimmſt Kleine mit den Groſſen, Nimm vorlieb mit treuem Wollen, gieb mir Kraft, ſo hab ich Lohn!
LXXXIX. Als dem itzigen Cron-Printzen, Friedrich zu Dennemarck, ſein Hofmeiſter von Soͤhlenthal zugeordnet ward.
PRintz! der erſtgebohrne Sohn,
Des unendlichen Monarchen,
Sitzt zur rechten Hand im Thron,
Und iſt Noah von den Archen,
Wo die Menſchen vor den Stuͤrmen
Dieſes Welt-Laufs ſicher ruhn;
Und ſein Arm hat Macht zu ſchirmen
Alle, die ſich zu ihm thun.
War er gleich ein Potentat,
Der dem Erb Recht nach regierte,
Der im hohen Waͤchter Rath,
Von Geburt den Zepter fuͤhrte;
Doch beſchloß der Herr und er,
Daß der Erb-Herr aller Seelen
Nirgends anders Koͤnig waͤr,
Als bey denen, die ihn wehlen.
Freude war ihm zugedacht;
Aber ihm gefiel das Leiden;
Und des ewgen Felſen Pracht
Setzt er dran im Thal zu weyden.
Was ein Menſch erfahren kan,
Daß auch einen Stein bewegte,
Nahm er alles auf und an,
Biß man ihn aufs Creutze legte.
Erb -2081730.
Erb-Printz von der Crone Dan, (Der die Cronen von den Reichen,
Seit den Kindern Canaan
Alters halb die Segel ſtreichen:) Dieſem iſt dein Koͤnigs-Thron
Allzu neu und allzu enge;
Seiner Stimme ſchwaͤchſter Thon,
Bringt den Abgrund ins Gedraͤnge.
Chriſtian, des Koͤnigs Sohn,
Traͤget ſeinen ſchoͤnen Nahmen:
Und ſein Hertze regt ſich ſchon
Zu dem unbekannten Saamen
Dieſes Koͤnigs, ſeines Herrn;
Seine Majeſtaͤtſche Sonne
Neigt ſich vor dem Morgen-Stern
Jener Weiſen groſſer Wonne.
Friedrich, wilſt du mit der Zeit,
Wenn dein Vater Chriſti Kriege
Ausgefuͤhrt zur Ewigkeit,
Und ſo manch Gericht zum Siege,
Wilſt du ſein Vollender ſeyn,
Und am Tempel GOttes bauen?
Soll die heilige Gemein
GOttes Wunder an dir ſchauen?
Dencke deiner Hoheit nicht,
Setz die Majeſtaͤt ins Dunckle:
Aber in dem wahren Licht
Neuer Zeugung, brenn und funckle.
Liebe nicht die Herrlichkeit,
Die ein Harpax nach kan machen,
Wenn er nicht die Koſten ſcheut,
Druͤber oft die Diener lachen.
Setze deinen tapfern Muth
Nicht in Alexanders Thaten,
Nicht in abgedrungnes Gut
Deines Volcks und fremder Staaten. Solcher2091730.
Solcher Herrſchaft kommt uns fuͤr
Als ein ſtoltzer Gang auf Steltzen:
Jener, eh er ſo regier,
Wolt er lieber Faͤſſer weltzen.
Drum du groſſer Steuer-Mann,
Daß dein Schif zum Hafen fahre,
Nimm die weiſe Ordnung an,
Der Pythagoraͤer Jahre.
Spricht ein ſolcher Printz wie du,
Wird ein iedes Wort erhoben;
Nimmt er in der Stille zu,
Wird das Werck den Meiſter loben.
Faſſe den gewiſſen Schluß,
Und vielleicht iſt er gefaſſet,
Daß ein Weiſer lieben muß,
Was ein Thor am meiſten haſſet,
Daß er nichts vor wuͤrdig haͤlt,
Jhm nur reiflich nachzudencken,
Als was nach dem Sinn der Welt
Um ein leichtes wegzuſchencken.
Such den einen, und wenn er
Dich vermuthlich ſchon gefunden, Printz! ich meyne dieſen, der
Deiner Eltern Hertz gebunden,
Sag ihm ohne Aufenthalt:
Jeglicher hat ſein Gefallen,
Aber ich will alſobald,
HErr! auf deinen Wegen wallen.
Koͤnigs Kind! ich weiß gewiß,
Wenn dich dieſer Meiſter fuͤhret,
Und als fuͤnften Friederich
Auch dereinſt mit Cronen zieret:
Wirſt du deiner Dienerſchaft
Selbſt zum Schauſpiel dienen koͤnnen,
Aber auch mit Helden-Kraft,
Alle Feinde GOttes trennen.
ODer2101730.
Der der Eſthern Kaͤmmrer iſt,
Die zur Gottheit Luſt-Spiel dienen,
Dem du uͤbergeben biſt,
Seit du auf der Welt erſchienen,
Sey dein Ober-Gouverneur,
Und der andre,
(*)Georg Wilhelm, Freyherr von Soͤhlenthal, welcher mit dem Autore zu Halle im Paͤdagogio ſehr verbunden geweſen.
(*) den ich liebe,
Gebe ſeinem Winck Gehoͤr,
Und formire deine Triebe.
Wachſe nun, du Goͤtter Sohn,
Zu des Anherrn groſſer Freude,
Zier des Vaters Helden-Thron,
Sey der Mutter Augen-Weyde!
Deiner Tugend freue ſich Lois auf dem Stern-Altane, Carl, Charlotte, Hedewig,
Und Sophie Chriſtiane.
Werd ein ſolches leeres Nichts,
Das der Schoͤpfer koͤnne fuͤllen:
Denn es fuͤhrt der Rath des Lichts
Den unwandelbaren Willen, Daß, was groß und herrlich iſt,
Seiner Fuͤſſe Schemel ziere;
Was ſich aber ſelbſt vergißt,
Jhm an Hertz und Augen ruͤhre.
XC. Herr Aſtmanns Geburts-Tags - Wunſch, als der Autor das dreyßigſte Jahr erlebet, ſamt der Parodie.
THeurer Graf! die Bruder -
Liebe
Reget in uns zarte Triebe.
Freude quillt aus unſrer Bruſt
Jn der Herrenhuter Luſt,
Jn
THeure Bruͤder! eure Liebe
Zuͤndet meine lauen Triebe,
Und erweckt in meiner Bruſt
Eine ungewohnte Luſt.
Die2111730.
Jn die Luſt, die viele Bruͤ - der,
Und viel Schweſtern unſre Glieder,
An dem Tage ſich gemacht,
Da dich GOtt ans Licht ge - bracht,
Deſſen Denckmahl ſie ver - neuert,
Und mit Lob in GOTT ge - feyert.
Treue Liebe wuͤnſcht, ihr Leben
Fuͤr den Bruder hin zu ge - ben;
Wuͤnſchet, daß ihm ieder Tag
Lauter Jahre werden mag.
Jhr iſt viel daran gelegen,
Daß ein Bruder langen Se - gen,
Der durch viele Jahre dringt;
Auf das arme Zion bringt;
Weil ihr manches Heyl ver - dorben;
Wenn ein Held zu fruͤh ver - ſtorben.
Zion iſt gantz angſt und bange,
Daß die Boͤſen all zu lange,
Jhm zum Hohn, im Wege ſtehn
Und mit grauen Haaren gehn.
Zion wuͤnſchet ſeinen Schaa - ren
Knechte, mit viel hundert Jah - ren,
Daß es nicht bey dunckeln Schein,
Faſt verlaſſen muͤſſe ſeyn.
Zion
Die Gemeinſchaft Maͤrckſcher Bruͤder,
Und der Schweſtern, welche Glieder,
Der wahrhaften Zions-Macht,
Die dem HErrn ihr Hertz ge - bracht,
Durch diß Blaͤtgen zu er - neuern,
Und ihr Creutz-Feſt mit zu feyern.
Was iſt nutz an meinem Leben?
Was hat mir der HErr ge - geben,
Das nicht einen ieden Tag
Andern Bruͤdern werden mag?
Wem iſt mehr daran gelegen,
Als dem JEſu, der den Se - gen,
Der die Ewigkeit durchdringt,
Selber auf ſein Zion bringt?
Wenn iſt ihm ein Werck ver - dorben,
Wenn ein Knecht zu fruͤh ge - ſtorben?
Dem Propheten ward wol bange,
Daß er ſelber allzu lange
Solte unter Meſech ſtehn,
Und in Kedars Zelten gehn:
Aber ach! die armen Schaa - ren,
Deren Narrn von hundert Jahren,
Brauchen oft vom Gnaden - Schein
Laͤnger angeblickt zu ſeyn.
O 2JEſus2121730.
Zion braucht zu ſeinen Strei - ten
Muntrer Streiter, lange Zei - ten.
Zions Kinder! koͤnnt ihr be - ten,
Und im Geiſt zuſammen tre - ten;
Ach! vergeßt einander nicht,
Jeder braucht des andern Licht.
Schlieſſet euch fein feſt zuſam - men,
Naͤhrt einander eure Flam - men,
Gießt in eure Lampen Oel,
Pflegt einander Leib und Seel,
Hegt zuſammen euer Feuer:
Jedes Leben iſt ſehr theuer.
Seufzet fuͤr der Bruͤder Leben:
Beten kan auch Jahre geben.
Wuͤnſcht euch ieden Augen - blick
Nur um Zions willen Gluͤck,
Freut euch, huͤpfet, wenn ihr hoͤret,
Daß der Bruͤder Jahr ver - mehret,
Daß GOtt denen, die ihr liebt,
Wieder eins zum beſten giebt.
Feyert fuͤr einander Feſte:
Bruder-Liebe thut das Beſte.
Herrenhut ſingt Freuden - Lieder,
Und ermuntert andre Glie - der,
Mit
JEſus braucht zu ſeinem Streiten
Kleine Kraft: zwoͤlf Stunden Zeiten.
Wird vor iemands Kraft ge - beten,
Und dem HErrn ans Hertz ge - treten:
So ſtirbt der gewißlich nicht,
Sondern ſtaͤrckt ſein Lebens - Licht.
Denn, wo zwey und drey zu - ſammen
Tragen ihrer Wuͤnſche Flam - men:
Ruͤhrt das ſuͤſſe Fuͤrbitt-Oel,
GOttes Geiſt, und Leib und Seel
Hohlet neue Glut zum Feuer,
Und macht unſre Tage theuer.
Aber, ob der Bruͤder Leben
Fortgang oder Ziel zu geben,
Zeigt des Geiſtes Wunder - Blick
Uns zu einem groſſen Gluͤck;
Wen er treibt, der wird er - hoͤret.
Aber, wer die Jahre meh - ret
Laͤnger, als es GOtt beliebt,
Und ihm GOtt die Bitte giebt,
Lerne an Hiskias Feſte,
Ob die eigne Wahl die beſte?
Herrnhut! hoͤre doch die Lie - der
Deiner auserwaͤhlten Glie - der,
Die2131730.
Mit im Lobe eins zu ſeyn:
Ja, wir ſtimmen auch mit ein.
Uns iſt auch daran gelegen:
Unſer iſt auch euer Segen,
Der von eurem Grafen fließt,
Deſſen Liebe ihr ge - nießt.
Sein Geburts-Tag muß uns allen,
Wegen Zions, wohl gefallen.
Theurer Graf, und lieber Bruder,
Nimm mit neuer Kraft dein Ruder,
Welches du mit leichter Laſt,
Und mit Luſt, in Haͤnden haſt.
Dieſes Jahr bringt neue Kraͤfte
Neuen Durchbruch und Ge - ſchaͤfte.
Rudre unter Sturm und Wind,
Die in deinem Schiflein ſind,
Als ein fruͤh berufner Strei - ter,
Mit den Jahren immer wei - ter.
Ach!
Die Berlinſcher
(*)Es iſt keine Mutter-Kirche in der Welt, als die eine, Jeruſa - lem, das droben iſt, die iſt unſer aller Mutter. Aber ſech - zig iſt der Koͤniginnen, und achzig der Kebs-Weiber, und der Jungfrauen iſt keine Zahl, die werden nach ihren Orten ge - nennet, wo ſie geſammlet ſind, zu Corinth, Epheſus, Rom, Berlin, Halle, Jena, Herrnhut, ꝛc. ſind in ihren Ordnun - gen und Formen oft unterſchieden, welches die Evangeli - ſche Bekaͤnntniſſe vor gleichguͤltig achten, ſtehen aber auf einem Grunde, und ſollen nach einer Regel wandeln.
(*) Richtung ſeyn,
Stimm in ihr Gethoͤne ein!
Uns iſt an Berlin gelegen:
Unſer iſt auch euer Segen,
Der von euren Bruͤdern fließt,
Und von Aſtmann,
(**)Denn er war todt kranck; GOtt aber hat ſich uͤber ihn erbar - met, weil es gut war im Fleiſch zu bleiben.
(**) der uns gruͤßt;
Sein Geneſen wird uns al - len
Wegen Zions, wohl gefallen.
Aſimann; du geliebter Bru - der!
Nimm mit neuer Kraft dein Ruder,
Welches du, als Chriſti Laſt,
Willig angefaſſet haſt!
Auf, erfriſche deine Kraͤfte,
Treibe deines Herrn Ge - ſchaͤfte:
Nord-Wind und der Mittags - Wind,
(Die der Schiffer-Pferde ſind,
Schwaͤngern Gaͤrten, haͤrten Streiter,)
Foͤrdern deine Triebe wei - ter.
O 3Ach!2141730.
Ach! wir ſehen zu von ferne,
Und vernehmen gar zu gerne,
Daß, wer unterm Creutze ſteht,
Bey dir, mit dir munter geht.
Dein Geburts-Tag ſtaͤrckt das Hoffen,
Daß die Thuͤr noch weiter offen
Duꝛch dein Ringen werden ſoll,
Denn dein Maaß iſt noch nicht voll.
Wuͤrcke nur getroſt im Lichte
Noch in Zion edle Fruͤch - te.
Chriſti Schmach ſey deine Sonne,
Jedes Tages neue Won - ne,
Jedes Jahres neuer Lohn,
Und dein ſteter Sieges-Thon.
Erndte Freude aus dem Wei - nen,
Daß die Garben voll erſchei - nen:
Freue dich in deinem GOtt
Unter Babels Hohn und Spott.
Zuͤrnen auch der Mutter Kin - der:
Bleibſt du doch ein Uberwin - der.
Engel,
Ach! wir ſehen es von ferne,
Und vernehmens hertzlich gerne,
Daß, wo Speners
(*)Und Schadens.
(*) Grund - Stein ſteht,
Chriſti Creutz-Panier noch weht:
Dieſes ſtaͤrcket unſer Hof - fen,
Daß noch manche Thuͤre offen,
Daß es beſſer werden ſoll,
Und die Tiſche noch nicht voll.
Ach! es zeig am Abend-Lichte
Euer Sand die ſchoͤnſte Fruͤchte!
Chriſti Schmach ſey, eure Sonne,
Chriſti Schmertzen eure Wonne,
Chriſti Wille euer Lohn,
Chriſti Gnade euer Thon,
Menſchen-Lob ſey euer Wei - nen,
Denn das bringt beym Reichs - Erſcheinen,
Uns vor unſerm HErrn und GOtt
Gantz gewiß in Schand und Spott.
Richten uns der Mutter Kin - der,
(**)Als die Cenſores noch derer groͤſten Helden und Jmperato - ren Handlungen beurtheilen und richten durften, da ſtand es gut um Rom.
(**) (So thaͤt Rom dem Uber - winder.)
Prie -2151730.
Engel, der das Raͤuchwerck nimmet, Ap. 8, 3. ſq.
Das aus unſern Beten glim - met,
Deſſen Hand zu GOtt es bringt.
Wenn der Rauch hinaufwaͤrts dringt:
Nimm, und trage die Bewe - gung,
Dieſe heiſſe Seufzer Re - gung,
Mit vermehrter Altars-Glut,
Von Berlin nach Herrenhut:
So koͤmmt unſre Zahl der Vaͤter
Auch mit ihrem Wunſch nicht ſpaͤter.
Prieſter! der kein Ende nim - met,
Deſſen Opfer ewig glim - met,
Deß Gehorſam Segen bringt,
Deß Gebet den Vater zwingt,
Hertz, der ewgen Liebs-Bewe - gung;
Komm auch uͤber uns in Re - gung,
Zeitige durchs Wortes Glut,
Jn Berlin und Herrenhut,
Lehrer, Koͤnige und Beter,
Dieſe fruͤher, andre ſpaͤ - ter!
XCI. Auf des Mannes GOttes, Paul An - tonii zu Halle, Aufloſung.
VAter!
(*)Paulus Antonius, Theol. D. P. P. O. und Jnſpector des Saal-Creyſes, war ein gebohrner Ober-Lauſitzer von Hirſch - felde bey Zittau, ein gantz ungemeiner Geiſt, der in der Kraft beſeſſen, was ſo viele myſtiſche Lehrer beſchrieben haben. Seine von GOtt beſchiedene Gabe war, nach - druͤcklich und kurtz zu reden. Er war ein ſehr unpartheyi - ſcher Mann. Er lobte das Gute an denen, ſo er ſonſt nicht loben konte.
(*) ey wohin,
Mit ſo ſanftem Sinn? Jn die ſichern Friedens-Huͤtten,
Zum Genuß der ſieben Bitten,
Und des Theils des Stamms,
Und des gantzen Lamms.
Heute geht mit mir
Etwas Groſſes fuͤr:
Denn ein Theil von meiner Seele
Zeucht dahin aus dieſer Hoͤhle;O 4Aber2161730.
Aber wo dann hin?
Wo ich auch ſchon bin.
Wer beſchreibt den Fleiß,
Unbefleckter Greiß!
Deinen Fleiß vor Chriſti Schule,
Wider die vons Satans Stuhle?
Wer dich recht gehoͤrt,
Wurde tief gelehrt.
Haͤtt’ſt du nichts gethan,
Als der Glaubens Bahn,
Unſers noch nicht todten Francken
So natuͤrlich abzudancken,
Und ſo eigentlich;
So beſang ich dich.
Fahre hin, o Licht!
Deſſen gleichen nicht!
Licht, das nie umſonſt geſchienen,
Fahre hin, dem Stuhl zu dienen,
Wo der Fackeln Pracht
Jn die Sonne lacht.
Moſis Angeſicht, (Und er wuſt es nicht,)
Glaͤntzete biß zum Verblenden. Spener klagt ſich, beym Vollenden,
Seiner Thaten, an: Daß er nichts gethan.
(*)Dieſes iſt weitlaͤu[f]tiger nachzuleſen in des Herrn Baron Can - ſteins Vorrede zu dem letzten Theil des Theologiſchen Be - dencken.
(*)
Paul Antonius,
Dieſer Uberfluß
Der verheißnen Lebens-Waſſer,
Nach dem Zeugniß unſrer Haſſer: Er verban das Land,
Setzts in guten Stand.
Kriegt er Widerſpruch,
Daß ja der GeruchVon2171730.
Von in GOtt geſchehnen Wercken,
Allenthalben zu vermercken;
Gab er bald zuruͤck:
Daß er Netze flick.
Du beſchreibeſt dich
Unverbeſſerlich,
Tauſend Boͤſes zu verriegeln,
Tauſend Gutes zu verſiegeln,
Das war deine Staͤrck,
Und dein Tage-Werck.
Ausgeſtreckte Hand!
Die das Liebes-Band
Mein und meiner Mitgenoſſen,
Die im HErrn zuſammen floſſen,
Vor die Liebe trug,
Und zuſammen ſchlug.
Jch bewundre dich,
Wie ſo meiſterlich
Du die Tiefen konteſt deuten,
Und zum rechten Sinne leiten;
Und dein Finger-Zeig
Uberzeugte gleich.
Als ich dir zuletzt
Sehnlich zugeſetzt,
Wie doch unſre Creutz-Gemeine
Andern ſo bedencklich ſcheine, (Die nur JEſum kennt,
Die nur JEſum nennt.)
Suchen ſie die Spur, (Winck eſt du mir nur,)
Gideons und ſeines Knaben,
Midian im Schlaf begraben;
Traͤumt vom Gerſten-Brod,
Das den Zelten droht.
Als erinnert ward,
Jn der GegenwartO 5Eines2181730.
Eines gar getreuen Zeugen,
Soll man reden oder ſchweigen?
Sprachſt du, ſelger Mann!
Man ſoll, was man kan.
Sage deinen Sinn:
Jſt es auch Gewinn,
Was in deinem Vaterlande
(*)Die Ober-Lauſitz.
(*)
Chriſtus wirckt durch Ehr und Schande?
Jch bin, ſprachſt du, Knecht, Braucht ihr Freyheits-Recht!
O ſo ſiegle zu
Jn der ſtillen Ruh,
Das Geſchaͤfte unſrer Glieder,
Und erkenne ſie vor Bruͤder;
Ploͤtzlich hielt’ſt du Stand: Da iſt meine Hand.
Wer ſich matt geredt,
Den verlangt ins Bett,
Und mich in die Felſen-Ritzen,
Da die muͤden Tauben ſitzen.
Ja, ich eil der Ruh, Bey der Arbeit zu.
Laß mir deinen Geiſt,
Der ſo koͤſtlich heiſt,
Daß ich ohne Worte ſpreche,
Daß ich ohne Sturm zerbreche,
Daß ich Sorgen frey,
Und doch ſorgſam ſey.
Du warſt ja gewohnt,
Den, der droben thront
Auch vor Koͤnige zu faſſen:
(**)Sonderlich vor Auguſtum den Andern, Koͤnig in Pohlen, mit dem er gereiſet.
(**)
Kaum, daß du den Platz verlaſſen,
Oefnet ſeine Bahn
Koͤnig Chriſtian.
Sag2191730.
Sag ichs, oder nicht,
Aufgefahrnes Licht!
Daß wir deiner Seufzer Rauchen,
Auch vor dieſe Seele brauchen;
Jch verſchone dich,
JEſus hoͤret mich.
Drum gerade zu
Auf die ſtoltze Ruh,
Schlaf, nach unterbrochner Stille,
Das iſt GOttes guter Wille,
Lieb, (es iſt erlaubt,)
Was an JEſum glaubt.
Koͤnig Chriſtian,
GOttes Unterthan,
Der auch ſeine Laſt geladen,
Lebe nun von GOttes Gnaden!
Seine Majeſtaͤt
Wird ans Creutz erhoͤht.
XCII. Auf ſeiner Gemahlin 30. Geburts - Tag.
LJebe Fran! ich bitte dich um des ewgen Felſens willen,
Draus wir beyderſeits gehauen, wo auch unſer Steinritz iſt:
Laßt uns in Verbundenheit in die Gnaden-Fluͤgel huͤllen,
Unſer Haupt, das uns regieret, unſer Mann iſt JEſus Chriſt.
Dreyßig Jahre hat er dich auf den Haͤnden hingetragen,
Und nicht einmal, wie wir Menſchen oͤfters thun, hart auf - geſtaucht;
Manche Ungemaͤchlichkeit zeigte ſich in unſern Tagen,
Aber, wie ſie ſich gezeiget, eben ſo iſt ſie verraucht.
Meine Schweſter, liebe Frau! JEſus hat es uns vor uͤbel,
Wenn wir nicht mit gantzer Seele und mit aller unſrer Kraft,
Uns in ſeine Liebe ziehn: unſre Regel ſey die Bibel,
Unſer Dollmetſch ſey der Wille, unſre Kraft ſeins Lebens Saft.
Huͤter des Vollendungs-Saals, wo ſo viele Braut-Gemaͤcher,
Drinnen ſich die Seelen ſchmuͤcken, nimm dich meiner Schwe - ſter an:
Jch2201730.
Jch will Mardachai ſeyn, ſey du Werber und Verſprecher,
Und der groſſe Sohn des Koͤnigs ſey der Eſther Ehe-Mann!
XCIII. Auf eben demſelben. Uberſetzung ei - nes Schreibens der XXIX. Frau Graͤ - fin zu Ebersdorf.
JCh bin ungemein erfreut, daß es unſer HErr gefuͤget,
Daß ich gegenwaͤrtig bin, da dich dieſer Tag vergnuͤget.
Allertheurſte Hertzens-Schweſter! dreyßig Jahre ſind zuruͤck;
Und es ſtrahlt noch dieſen Abend Chriſti erſter Gnaden-Blick.
Billig ruft dein froher Mund: Solt ich meinen GOtt nicht ſingen?
Denn ich ſehe, wie ers meynt, er iſt treu in all en Dingen:
Meiner Seelen Wohlergehen hat er ſeliglich bedacht.
Will dem Leibe Noth zu ſtehen, nimmt ers gleichfalls gut in acht.
Wenn ich nichts mehr machen kan, aus gewiſſen Unvermoͤgen,
Kommt mein GOtt und hebt mir an ſein Vermoͤgen bey zulegen:
Dieſes haſt du juͤngſt erfahren. O wohlan! erwecke dich,
Lobe dieſen maͤchtgen Konig, dieſen Guten, inniglich.
Ruhe! denn es waͤre ja nicht erlaubet mehr zu ſorgen,
Und der Zweck der Pruͤffungen iſt dir ſelber unverborgen:
Die in unſre treue Liebe ſinckende Gelaſſenheit,
Jſt die Abſicht unſers Koͤnigs und des Raths der Ewigkeit.
Schweſter! wirf denn hinter dich, zum Beſchluß der dreyßig Jahre,
All es, was dahinten iſt, und zum Ziel der Freyheit fahre,
Und der Koͤnig, dem wir dienen, ruffe dir nach ſeiner Treu.
Und nach meinem Wunſch entgegen: Sieh! ich mache alles neu.
Dieſes neue Lebens-Jahr ſtelle dich mit neuen Kraͤften
Deinem gantzen Hauſe dar zu den ſtaͤrckſten Lichts-Geſchaͤften,
Daß du unſers HErrn Gewerbe treibeſt in und auſſer dir,
Und dem groſſen Chor der Schweſtern, als ein Stern-Licht, leuchteſt fuͤr.
Welch ein unvergleichlich Lob wird durch alle Reigen dringen,
Wenn ſie ihres Meiſters Ruhm uͤber deinem Preiß beſingen!
Und2211730.
Und wie groß wird deine Freude bey der Uberlegung ſeyn,
Einer alſo hochbegnadigt-Apoſtoliſchen Gemein!
Wachs in tauſend tauſendmal, denn du biſt ja unſre Schweſter,
Siege deinen Feinden ob, wie die dran gewagte Eſther:
Weil die Schweſter-Liebe brennet, o! ſo brich herfuͤr in Kraft,
Weil dir Thor und Thuͤren offen, zeuge, was das Beugen ſchaft.
Jch geſteh es oͤffentlich, daß ich in der Creutz-Gemeine
Gerne als die Niedrigſte vor des Leibes Haupt erſcheine,
Daß mir Leut und Land beherrſchen lange nicht ſo noͤthig thut.
Als der Gnaden-Zucht gehorchen in dem Kirchlein Herrenhut.
Darum will ich Muth und Sinn, Volck des HErrn! mit dir verbinden,
Meine Wolluſt ewiglich in der Liebes-Art zu finden,
Die ſich ſelbſt voran verlaͤugnet, ihre Schaͤtze, ihr Geruͤcht,
Jhr Gemaͤchlichſeyn und alles: aber nur die Bruͤder nicht.
Schweſter, wenn uns vor dem Thron, nach vollbrachten Thraͤnen-Saaten,
Alle Welt geſtehen muß, daß uns unſre Saat gerathen:
O! wie will ich dich umhalſen, und die Schweſtern und den Herrn
Jetzo laſt uns Schmach und Laſten tragen; und von Hertzen gern.
XCIV. Auf die erſte Wache ums Bette Sa - lomo, die Glaubens-Helden.
JHr Bruͤder! hoͤrt ein groſſes Wort: Der Koͤnig Salomo, der ruhet,
Nachdem er durch den Hoͤllen-Port
Geriſſen, und ſich ausgeſchuhet.
Dem durch ſein Blut erkauften Geiſt
Des Menſchen, welcher an ihn glaubet,
Der Chriſti Lieb in Wolluſt heiſt,
Dem iſt ſein Ruhe Bett erlaubet,
Daß aber Satanas
Nach ſeinem alten Haß,
Den GOtt aus tieffer Weißheit ſchonet,
Die Ruhe nicht verſtoͤhr,So2221730.
So wacht ein Helden-Heer
Ums Zelt, darinn die Liebe wohnet.
Ob ihrer an die ſechzig ſchon
Das Lager Salomo beſchirmen;
So heiſt der Feind doch Legion,
Und ſucht den Liebes-Thron zu ſtuͤrmen.
Drum hat der Fuͤrſt, der Heeres-Kraft, Drey groſſen Helden aufgeboten,
Die dieſe heilge Ritterſchaft
Entgegen ſtell’n der Kraft der Todten:
Der Glaub und ſeine Wolck,
Die Liebe und ihr Volck;
Die Hofnung unter ihren Schaaren,
Die ſchlieſſen eine Kett
Ums Koͤnigs Ehe-Bett,
Und wer da kan mag durch ſie fahren.
Der Glaube ſteht auf ſeiner Hut,
Daß Unglaub und der Aberglaube
Den Seelen nicht des Lammes Blut,
Das Kleinod aller Schaͤtze raube.
Wenn jener glaͤubet, was er ſieht,
Und dieſer alles Falſch und Wahre,
Wohin ihn ſeine Neigung zieht;
So haͤlt ſich der ans Unſichtbare,
Und ſpricht, ſo bald er kan:
Jch zieh mit dieſem Mann.
Will ſich das Fleiſch daneben betten;
So macht der tapfre Schluß,
Daß es zuruͤcke muß,
Den Duͤnckel leget er an Ketten.
Was wilt du bey der ewgen Glut?
Spricht die hinaus geworfne Suͤnde;
Sie frißt ja alles, was nicht gut,
Der falſche Troſt hat eitle Gruͤnde;
Jch ſorge um die Suͤnde nicht,
Der Heyland hat davor gelitten,
Und wenn mir annoch was gebricht,So2231730.
So moͤgen andre vor mich bitten.
Bald tritt die Kraft herzu,
So die wahrhafte Ruh
Aus JEſu blutgen Wunden ziehet;
All ein die Suͤnde druͤckt,
Biß ſich die Seele buͤckt,
Und ſich mit Angſt ums Heyl bemuͤhet.
Die Seele iſt in Adam todt,
Und kan ſich nicht im Geiſt bewegen,
Der Rede Nachdruck weiß zur Noth,
Jm Blute etwas aufzuregen;
Allein das Hertz iſt hart wie Stein,
Und Fleiſch und Blut wagt keine Stuͤrme,
Sein Andachts-Feuer giebet Schein,
Doch zuͤndets nicht, und zeuget Wuͤrme.
So bleibt der Tod im Topf,
Biß daß der Todten-Kopf,
Von Gnaden-Winden angeblaſen,
Nach Chriſti Bild erwacht,
Und alle Thiere ſchlacht’t,
Die um den todten Adam raſen.
Denn ſtellt der Glaube eine Kraft,
Die heißt Gerechtigkeit des Lebens.
Was die Natur nicht weggeſchaft,
Bekaͤmpft die Erbarkeit vergebens;
Kaum aber, daß das Kind des Lichts
Jm Geiſt die Augen aufgeſchlagen,
Da faßt es alles, und zerbrichts, Womit ſich Fleiſch und Blut getragen,
Das leidet keinen Feind,
Der offenbahr erſcheint,
Will ja ein Feind den Platz nicht miſſen,
Und nach und nach empor,
So giebt er Gutes vor,
Sonſt wuͤrd er von der Kraft zerriſſen.
Der erſte falſche Freund heiſt Stoltz,
Der weiß dem Geiſte ſuͤß zu pfeiffen,Und2241730.
Und ſpricht: du biſt ein gruͤnes Holtz,
Du kanſt dich auf dein Gutes ſteiffen.
Gleich ruͤckt die Geiſtes Armuth ein,
Und wird der Heiligkeit zum Schilde,
Die ſchlaͤgt dem Stoltz den Schaͤdel ein,
Und auch dem nachgemachten Bilde,
Das hat der Armuth Kleid,
Und iſt nur Weichlichkeit,
Und giebt aus Eigen-Lieb Erbarmen
Sich vor ſo elend an,
Daß ſie ſich ſchonen kan;
Die Armuth kaͤmpft aufs Freundes Armen.
Der ſteht die ſechſte Glaubens-Kraft
Jn einem Augenblick zur Seite,
Die bringt der gantzen Heldenſchaft
Jhr Brod und Ruͤſtung, Sieg und Beute.
Die Kraft wird das Gebet genennt,
Ein ſtetes Sehnen nach dem Bette,
Deß, der die Seelen alle kennt,
Und ein Zuſammenſchluß der Kette.
Wenn das der Feind erzwingt,
Daß ers Gebet verdringt;
So iſt die Kette eingeriſſen,
Und wenn er das nicht kan,
Stellt ers Geplerre an,
Doch die Gebets-Kraft tritts mit Fuͤſſen.
Nun geht der muntre Loͤwe her,
Der Tag und Nacht die Wacht beſtellet,
Die Traͤgheit macht ihm all es ſchwer,
All ein wie bald iſt ſie gefaͤllet.
Er laͤſt auch keine Unruh ein,
Die einige vors Wachen halten,
Die noch nicht recht erfahren ſeyn,
Er laͤſt das ſanfte Sauſen walten.
Wird ihm Gefahr bekannt,
So beut er ſeine Hand
Der Kraft, die Allmacht ſelbſt zu faſſen,Wenn2251730.
Wenn dieſe, laß mich, ſpricht,
So laͤſt die Heldin nicht:
Denn kan man halten, wer wird laſſen?
Hier koſtet es zuweilen was,
Die Faulheit laͤſt die Haͤnde gehen.
Der Eigenſinn kommt uͤber das,
Und ſucht der Gnade bey zuſtehen.
Die Ringe-Kraft ſieht Chriſtum an,
Und wenn ihr der zum Kampf geblaſen;
So treibt ſie auf der Sieges-Bahn,
Der Schreck iſt Preiß vor ihre Naſen,
Da muß der Feind zuruͤck
Jn einem Augenblick,
Das Trachten zeigt ſein Unvermoͤgen:
Die falſche Gegen-Kraft
Ubt ihre Ritterſchaft,
Wo keine Feinde nicht zugegen.
Ans Ringen ſchließt ſich die Gedult,
Die auf des Koͤnigs Huͤlffe wartet,
Nach ſeiner freyen Lieb und Huld,
Und unterdeß im Streit er hartet.
Sie ſieget uͤber den Verdruß,
Dems alſobald verdreußt zu leben,
Wenn er ein wenig harren muß;
Sie haßt das faͤlſchliche Ergeben,
Wenn einen nichts dran liegt,
Ob man auch wuͤrcklich ſiegt,
Denn, wird gleich keine Zeit beniemet,
Wenn man gewinnen ſoll,
So iſt der Kampf doch toll,
Der ſich nicht endlich Sieges ruͤhmet.
Je mehr der Geiſt zur Ruhe zieht,
Und ſich in ſanften Feuer ſtaͤhlet,
Das wenig Funcken von ſich ſpruͤht,
Damit es ihm nicht ſelber fehlet;
Je naͤher iſt die Glaubens-Hand
Dem frendigen Ergreiffen kommen,PDaß2261730.
Das nach dem Leben ausgeſpannt,
Es augenblicklich hingenommen.
Zwar faßt ſich Fleiſch und Blut
Zuweilen einen Muth
Und greift; allein es greift nach Schatten,
Und wenn es nicht gleich hat,
So wird es balde matt,
Denn es hat keine Kraft zum Gatten.
Die eigentlich genannte Kraft,
Entſtehet neben dem Ergreiffen,
Und kan die gantze Heldenſchaft,
Sich auf dieſelbe ſicher ſteiffen:
Denn Blitz und Schlag iſt hier vereint,
Und was ſich vom verborgnen Banne
Auch noch ſo ſtarck zu machen meynt,
Das haut ſie ruͤſtig in die Pfanne,
Die gantze eigne Kraft,
Wird von ihr weggeſchaft,
Denn kaum daß ſich der Streit erhitzet,
So liegt ſie ohne Macht,
Und wird nur ausgelacht,
Die Kraft iſt um und um geſchuͤtzet.
Den Duͤnckel thut die Kraft in Bann,
Und will von keinem Schwachſeyn wiſſen.
Der Durchbruch iſt ihr Fluͤgel-Mann,
Mit dem ſie immer durchgeriſſen,
Die Kluͤfte werden eingeſtuͤrtzt,
Die Felſen werden unterfahren,
Der Hoͤhen Gipfel abgekuͤrtzt,
Der Feind getrennt mit ſeinen Schaaren,
Die eigene Natur
Verliert hier Bahn und Spur,
Das Ubertaͤuben hemmt die Feinde,
Doch ſie erhohlen ſich,
Und handeln liſtiglich,
Vernunft und Fleiſch ſind leichtlich Freunde.
Nun2271731.
Nun offenbahret ſich der Sieg
Des Glaubens muntre Waffen-Traͤger,
Er wartet freudig auf den Krieg,
Und dreht ſich um der Helden Laͤger,
Er reucht den Streit, der noch ſo fern,
Da jauchzet er, wo andre zittern,
Die Ferſen-Stiche hat er gern,
Denn da ſetzts wieder Kopf-Zerſplittern:
Wenn die Natur erliegt,
Vernunft in Luͤften ſiegt,
Und blindlings lauter Schatten bindet,
So ſteckt er ſein Panier,
Jns feindliche Revier,
Und kommt, und ſieht, und uͤberwindet.
O Seele! thu die Augen auf,
Und ſiehe deine Uberwinder,
Hier bleibt der Feind gewiß im Lauf,
Hier iſt die Burg vor Zions Kinder,
Wer wolte nun nicht fleißig ſeyn,
Sein Bette hurtig aufzuſchlagen?
Wer ließ den Koͤnig nicht hinein,
Und die des Koͤnigs Schilde tragen?
O Seelen-Braͤutigam!
O erſt erwuͤrgtes Lamm!
Nun aber, ausgeruhter Leue!
Nimm unſre Seelen ein,
Laß Kraͤfte um uns ſeyn,
Wir ſchweren dir die Ehe-Treue!
XCV. Auf die Salbung Koͤnig Chriſtian des VI. und Konigin Sophia Magdalena.
WAch auf,
(*)Die erſten drey Strophen beziehen ſich auf die alte Daͤniſche Hiſtorie, da in verſchiedenen Altern die Helden und Koͤnige verbrannt,
(*) du Helden-Geiſt! von dem in jenen Huͤgeln
Zur Zeit des Bruna Olds verſchloßnen Ritter-Staub! P 2Jhr2281731.
Jhr Feuer-Flammen leyht den uͤberlaßnen Raub,
An dieſem groſſen Feſt den Pallaſt zu verriegeln.
Die Huͤtten, die der Geiſt belebte, ſind verzehrt,
Die Flammen ſind zuruͤck ins Element gekehrt.
Frey’r! wo dich jener Fels noch unvermeßlich haͤlt,
Beut alle Rieſen auf, die ſich in Harniſch ſtreckten;
Und iſt Dan Mekilat mit unter den Erweckten,
So leit ihn auf dem Roß in dieſe obre Welt.
Vielleicht vertraͤt er gern den Platz beym Salbungs-Mahl,
Den der Geharniſchte
(*)Nach der Engliſchen Croͤnung tritt ein geharniſchter Reuter, welcher des Koͤnigs Champion genennet wird, in den Saal von Weſt-Muͤnſter, und thut einen oͤffentlichen Defi vor des Koͤnigs Ehre und Wuͤrde.
(*) haͤlt im Weſt-Muͤnſter Saal.
Nein! ruht ihr Koͤnige! der Glantz von unſern Kertzen
Giebt euer Million von Lebenden den Schein:
Des Frohde Macht beſchleuſt ein ſtoltzer Bauta-Stein,
Den ſanften Chriſtian ein Wunder-Bau der Hertzen;
Sein Gnaden-voller Blick wird allen zum Magnet:
Er ſieht ſo tief herab, als er erhaben ſteht.
Hier unterſtehet ſich ein wohl bekannter Knecht
Mit Niedrigkeit der Kunſt vor deinen Thron zu ziehen. HErr! ſencke deinen Blick, den Strahl laß linde gluͤhen,
Er dichtet, er bedenckt, er ſcheuet ſich mit Recht:
Und haͤtt er Trieb und Kiel dem Tichter abgeborgt,
Der Carln beſungen
(**)Der Geh. Rath von Conſeil Ywar Roſenerantz, der ein le - ſenswuͤrdiges Gedichte auf den hochſeligen Printz Carl ver - fertiget.
(**) hat; ſo blieb er noch beſorgt.
Der Thron, die Herrlichkeit des Tages, und der Sache,
Die ungemeine Pracht, darinn der Koͤnig ſitzt,
Und was der Koͤnigin von ihrer Scheitel blitzt,
Das alles hemmet mich, ſo bald ich Worte mache;
Ein Finger-Zeig auf das, was aller Augen ſehn,
Der ſolte einer Hand, wie meiner, uͤbel ſtehn.
Groß(*)verbrannt, andere unter den Bauta-Steinen oder Gruften in den Harniſchen, ja mit ihrem gantzen Ritter-Schmuck und Heer-Geraͤthe aufbehalten, und zum Theil vor unver - weßlich geachtet werden.2291731.
Großmaͤchtiger Monarch! Dein Winck erlaube nur,
So will ich ungeſaͤumt zu meinem Zwecke kommen:
Herodes Goͤtter-Schein hat dich nicht eingenommen,
Und unſrer Koͤnigin gefaͤllt der Eſther Spur.
Jch weiß vor meinen Trieb (und daͤcht er tauſendmahl)
Kein wuͤrdiger Object, als deine eigne Wahl.
Es haͤtte dich dein Knecht, iſts moͤglich? faſt gefragt,
Noch liebenswuͤrdiger, als ehren-volles Haupt! (Allein wie waͤre ihm, das Fragen nicht erlaubt?
Da du die Antwort ſchon von Hertzen weggeſagt!) Wem ſoll das Gegen-Bild von dieſes Tages Schein?
GOtt und dem Volcke will dein Scepter dienſtbar ſeyn,
GOtt? das iſt bald geſagt; allein wo iſt Beweiß?
Daruͤber haben noch verſchiedne Fuͤrſten Zweifel,
Sie glauben nicht einmahl ſo veſt als wie der Teufel,
Was man von jener Welt ohnfehlbar Wahres weiß.
Mein Koͤnig! Du erkennſt, daß GOtt die Wahrheit iſt:
Weil du in deiner Bruſt von GOtt geruͤhret biſt.
Dem Volcke? ſind das nicht die ungluͤckſelgen Haufen
Der Menſchen, die man doch nicht alle kennen lernt,
Die von dem hohen Glantz des Hofes weit entfernt.
Nur, wie das zahme Wild, in ihrem Zwinger lauffen?
Fragt unſern Chriſtian wie der das Volck erkennt,
Die Schaar iſts, die ihn Hirt, und die er Heerde nennt.
So geht dein muntrer Fuß zur heilgen Salbung hin.
Hier deckt das ſichtbare die Majeſtaͤtſche Haube,
Und der verborgne Menſch liegt vor dem HErrn im Staube;
So thut der Koͤnigin mit dir gepaarter Sinn,
Was ſag ich denen mehr, die voll von Wahrheit ſeyn?
Der Biſchoff leg es aus, ich will nur Weyrauch ſtreun.
Der HErr, der nicht gewollt, wiewohl Er alles hatte,
Das, was erfreuen kan, ihm ſelbſt zu Gute kaͤm,
Eh er ſein armes Volck der Traurigkeit entnaͤhm,
Und iſt biß dieſen Tag der ſeinen treuſter Gatte;
Der mache dieſen Thron, um welchen Wonne lacht,
Zum ſteten Widerſchein von ſeiner Laͤnder Pracht.
Das Auge, das ſich nie den Seinigen entwandt,P 3Nicht130[230]1731.
Nicht, wenn ſie ſeinem Strahl fuͤr Schwachheit ausgewichen,
Nicht, wenn ſie hingeſtreckt, Verweſeten geglichen,
Noch, wenn das blinde Volck ihn ſelber nicht gekannt;
Das ſehe kraͤfftiglich auf diß erhabne Zwey,
Und mache, daß ihr Blick ſo wieder ſeine ſey!
Das Ohr Jmmanuels, das ſich im Lauff der Zeiten
Auch dem geringſten Theil der Menſchen offen hielt,
Wie wohl er nichts geglaubt, als was das Hertz gefuͤhlt,
Das Ohr, das ſo geneigt zu denen Niedrigkeiten;
Das hoͤre dein Gebet, um deiner Reiche Flohr:
Du aber, Koͤnigs-Paar, hab auch ein offnes Ohr.
Der Mund, der ſo geredt, wie ſonſt kein Menſch vermag, (Ein Zeugniß, welches Jhm auch ſeine Feinde gaben,)
Der aber ſonderlich, was elend hieß, zu laben
So offt es noͤthig war, ſich zu eroͤffnen pflag;
Der ruffe, ſo geſchichts; der wolle, ſo wirds wahr:
So ruͤhrt des Koͤnigs Mund die Kohle vom Altar.
Sein Hertz war unverruͤckt voll friedlicher Gedancken,
Und ſein Vergnuͤgen hat auf unſerm Wohl beruht;
Ein Hertze, das ſich auch zu denen nahe thut,
Die bald zu Jhme zu, bald wieder ſeitwaͤrts wancken:
Durch dieſes Hertzens Ritz ſeh Koͤnig Chriſtian
Die Freunde vor begluͤckt, den Feind vor elend an.
Der von der Stunde an des Gehns nicht muͤde ward,
Da ihn des Vaters Schluß zur kleinen Schaar verbunden,
Der die Beſchwerlichkeit von Erd und Meer empfunden,
Und der in dieſer Pflicht biß an das Ziel verharrt;
Der lehr des Koͤnigs Fuß jetzt Land und Sund durchgehen,
Jetzt, wenns die Noth, erheiſcht, zum Seegen ſtille ſtehen.
Die ansgereckte Hand, die ſich nie armg egeben,
Weil Geben ſeliger als Nehmen bey ihr war,
Die vor dem Fall ergriff, verbannte die Gefahr,
Und zielete ſo gar bey Sterbenden aufs Leben; Die ſegne unſern Herrn, und unſre Frau zugleich,
Und ſtaͤrcke ihre Hand, ſo fuͤhlts das gantze Reich!
Geſalbter! der Du Dich ſo gern zur Menſchheit buͤckteſt,
Und unterliefſt des Rechts auf uns gezuckten Blitz,Als2311731.
Als Du vor dieſer Zeit den unerſtiegnen Sitz
Der ſtoltzen Eiwigkeit beherrſchteſt und begluͤckteſt
Gib dieſem Goͤtter-Paar daß Jhm der Laſten Bley,
Nicht ſchwerer als das Gold von ſeiner Crone ſey.
XCVI. Lied vor eine Koͤnigl. Erb-Prin - tzeßin.
Chriſten ſind ein goͤttlich Volck,
Aus dem Geiſt des HErrn gezeuget,
Dem nichts gleichet,
Und von ſeiner Flammen-Macht
Angefacht;
Vor des Braͤutgams Augen ſchweben
Das iſt ihrer Seelen Leben,
Und ſein Blut iſt ihre Pracht.
Ach! du Seelen-Braͤntigam!
Haſt Du mich der Welt entzogen,
Ausgeſogen
Von der alten Creatur,
Und die Cur,
Welche Deine Seelen heilet,
Auch mir armen mitgetheilet;
Schencke mir die Geiſts-Natur!
Koͤnigs-Cronen ſind zu bleich,
Vor der GOtt-verlobten Wuͤrde;
Eiue Huͤrde
Wird zum himmliſchen Pallaſt:
Und die Laſt
Drunter ſich die Helden klagen,
Wird den Kindern leicht zu tragen,
Die die Creutzes-Krafft gefaßt.
Ehe JEſus unſer wird,
Ehe wir uns ſelbſt vergeſſen,
Und geſeſſen
Zu den Fuͤſſen unſers HErrn,
Sind wir fern,
Von der ewgen Bundes-Gnade,P 4Von2321731.
Von dem ſchmalen Lebens-Pfade,
Von dem hellen Morgenſtern.
Pilgrimſchafft zur Ewigkeit
Bleibet immerdar beſchwerlich,
Ja gefaͤhrlich;
Biß man ringt und dringt zu Dir,
Enge Thuͤr,
Ein’ge Urſach der Vergebung,
Glut der Goͤttlichen Bewegung,
JEſu, unſer Liebs-Panier!
Zeuch uns hin, erhoͤhter Fr[e]und!
Zeuch uns an dein Hertz der Liebe,
Deine Triebe
Fuͤhren mich, du Sieges-Held!
Durch die Welt,
Daß ich deine Seele bleibe,
Und ſo lange an dich glaͤube,
Biß ich lieb im innern Zelt.
Da iſt meine Hand und Hertz:
Du haſt deine Seel gewaget,
Unverzaget,
Und das alles bloß allein,
Daß ich dein,
Und du meine heiſſen koͤnteſt,
Wenn du nicht vor Liebe brennteſt;
Haͤtte das nicht koͤnnen ſeyn.
Nun ihr Cronen fahret hin,
Fahre hin, erlaubte Freude!
Meine Weide
Sey des HErren letztes Mahl
Vor der Qval,
Meine Ehre deine Schande,
Meine Freyheit deine Bande,
Mein Geſchmuck die Roſ im Thal.
XCVIII. 2331731.
XCVII. Henochs Leben.
Vor ſeinen Augen ſchweben
Jſt wahre Seeligkeit;
Ein unverrucktes Leben
Jn Eingeſunckenheit:
Nichts koͤnnen und nichts wiſſen,
Nichts wollen und nichts thun,
Als JEſu folgen muͤſſen,
Das heiſt im Friede ruhn.
Man ſteht von ſeinem Schlafe
Jn Chriſti Freundſchafft auf;
Man fuͤrchtet keine Strafe
Jm gantzen Lebens-Lauff;
Man ißt und trinckt in Liebe,
Man hungerte wohl auch:
Man haͤlt im Gnaden-Triebe
Beſtaͤndig einen Brauch.
Wenn man den Tag vollendet,
So legt man ſich zu Ruh,
Von Chriſto unverwendet
Thut man die Sinnen zu;
Und weiß auch denen Traͤumen,
Wenns ja getraͤumt ſoll ſeyn,
Nichts anders einzuraͤumen,
Als Chriſti Wiederſchein.
Man geht in einer Faſſung
Dahin bey Tag und Nacht,
Und iſt auf die Verlaſſung
Der gantzen Welt bedacht:
Man hoͤrt, und ſieht, und fuͤhlet,
Hoͤrt, ſieht und fuͤhlt doch nicht;
Und wenn uns Schmertz durchwuͤhlet,
Weiß man nicht, was geſchicht.
Gewiß, wer erſt die Suͤnde
Jn Chriſti Blut ertraͤnckt,Und2341731.
Und hurtig und geſchwinde
Auf JEſum zugelenckt;
Der kan ſehr heilig handeln,
Und kan bald anders nicht.
HErr JEſu, lehr uns wandeln
Jn deiner Augen Licht!
XCVIII. Auf ſeiner Frau Mutter, der Frau General-Feld-Marſchallin von Naz - mer, Geburts-Feſt.
Da ich dieſe Tage uͤber Nachricht uͤberkommen muß,
Daß in dieſer Monaths-Zeit Euer Gnaden aufgelebet,
Und ich ausgeſchloſſen bleibe vom Perſoͤhnlichen Genuß:
Jſt es billig, daß mein Hertz ſich zum Thron der Krafft erhebet.
JEſus, der getreue Heyland, mache Eurer Gnaden Zeit
Wie die Tage der Geliebten, die er Stuͤndlich benedeyt.
Jch bezeuge vor dem HErrn: Meine Seel iſt voll Verlangen
Jhre Gegend zu beſuchen. Moͤcht ich nur ein einig mahl
Euer Gnaden Augen ſehen: moͤcht ich ihre Knie umfangen;
Moͤchte die Erſtaunungs-werthe, die ſichtbare Gnaden-Wahl,
Uber mich, mein gantzes Hauß und mein Volck, noch auf der Erden
Von der theureſten Mama Freuden-voll geſehen werden!
Hier iſt Hertz und Feder Eins! moͤcht ich ihren Hertzen naͤher,
Jhrer Liebe, ihrer Treue uͤberzeugt zu Dienſte ſtehn,
Moͤcht ich ihr zur Freude ſeyn! HErr, du weiſts, du klarer Seher.
Moͤcht ich lauter ſolche Wege, die ihr Geiſt erkennet, gehn;
Nimm dir meinen gantzen Willen, nimm dir meine Kraͤffte hin,
Und bereite um und an mir alles recht nach deinem Sinn!
Und die auserwehlte Frau, welche mich zur Welt gebohren,
Deren Mutter ich gebrochen, und dir aufgeopffert bin,
Bleibe dir zu deinem Preiß und Beluſtigung erkohren,
Nimm ſie, auserwehlter Heyland, deinem Hertzen zum Gewinn.
XCIX. 2351731.
XCIX. Die zweyte Wach ums Bette Salo - mo, die Liebes-Helden.
So ruhe denn, du zartes Hertz,
Jn JEſu tieff verſunckner Liebe:
Es iſt ein widerlicher Schmertz
Zu leben ohne Liebes-Triebe.
Er weiß ja, daß er mich vermag,
Kan eine treue Seele ſagen,
Ob er ſich gleich bey ihr beklag,
Un[d]wolte erſt nach Grunde fragen.
Mein Heyland, hindre nur,
Daß wir nicht auf die Spur
Der leeren Phantaſey gerathen,
Wo man von Liebe ſpricht
Bey einem falſchen Licht,
Und unverdrungnen Helden-Thaten.
Was tauget aber unverſucht!
Drum finden eckelhaffte Seelen
Kein wahres Weſen an der Frucht,
Darnach ſich andre Seelen qvaͤlen.
Wer Chriſtum eins geſchmecket hat,
Der kan ihn keinen Tag vermiſſen.
Ey denckt der Arge hier iſt Rath,
Und haͤlt uns auf dem Ruhe-Kuͤſſen
So manchen ſuͤſſen Safft
Zum Munde (ſonder Krafft)
Da meynen wir uns ſatt zu lecken;
Ach! aber was gedeyt
Der faulen Luͤſternheit?
Nach Arbeit laͤſt ſichs beſſer ſchmecken.
Darum entbrennt die Seele bald
Jn reinem Liebes-Eifer Flammen,
Jhr gantzes Jnneres das wallt
Dem Braͤutgam zu, das treibt zuſammen.
Wenns nun dem Feinde nicht gelingt,
Uns unempfindlich zu erhalten,Der2361731.
Der Freund zu feurig an uns dringt,
Und in zu lieblichen Geſtalten;
So pflegt er dann aus Liſt,
Wenn man erwecket iſt,
Ein Feur im Kopffe zu entzuͤnden,
Das nicht beſtehen kan,
Weil ein geheimer Bann
Der Eigenheit darinn zu finden.
Jm Eifer geht die Treue auf,
Die Treue gegen unſre Liebe,
Sie eilet fort im Glaubens-Lauff, Sie huͤtet aller ihrer Triebe.
Wenns nun der Feind nicht hindern kan;
So fuͤhrt er ſolche treue Hertzen
Auf eine rauhe Neben-Bahn,
Und machet ihnen falſche Schmertzen.
Da geht ihr muntrer Sinn
Zu Neben-Sachen hin,
Und muͤhet ſich daſelbſt vergeblich,
Die andern macht er loß;
Bald ſcheint die Pflicht zu groß
Der Untreu, bald zu unerheblich.
Wer rechte Treu beweiſen will,
Der muß auf Chriſti Stimme mercken.
Die Liebe macht die Seele ſtill,
Den Laut der Salbung zu verſtaͤrcken.
Allein, der Feind bemuͤhet ſich,
Daß er den Seelen-Trieb verfuͤhre,
Damit der Regung zarter Strich
Das innere Gefuͤhl nicht ruͤhre;
Sie wird ins Weite bracht,
Und hat auf nichts mehr Acht;
Geht das nicht, kan er Bilder mahlen,
Dahin die Seele ſchielt,
Und wenn ſie Gnade fuͤhlt,
Vergafft ſie ſich in ſchoͤnen Strahlen.
Ein2371731.
Ein kurtzer Unterricht des Lichts
Bey einer Seele, die ſich fuͤhlet,
Macht klar, daß eine Seele nichts,
Und daß die Gnade mit ihr ſpielet,
Wenn ſie ihr ein gut Zeugniß gibt.
Kan nun der Feind das nicht erzwingen,
Daß man ſich in ſich ſelbſt verliebt,
Und ſpiegelt ſich in Neben-Dingen;
So ſieht er wie ers macht,
Daß man ſich ſelbſt veracht,
Nicht auſſer Chriſto (wie es billig)
Nein, ſondern bey der Krafft,
Die JEſus in uns ſchafft,
Das Fleiſch iſt ſchwach, der Geiſt nicht willig.
Damit die linde Guͤtigkeit
Ein Haupt-Held in den Liebes-Sachen,
Der Seele nicht Gelegenheit
Zu treuen Wollen moͤge machen, (Denn unſer groſſer Seelen-Freund
Dient uns mit ſolcher Hertz-Bewegung,
Daß ihn nicht lieben grauſam ſcheint;)
So haͤrtet er der Seelen-Regung
Daß ſie nicht ſieht noch fuͤhlt,
Nicht warm wird, noch verkuͤhlt,
Und etwas ſteinernes zu nennen,
Verſieht er ſich hiebey,
Veraͤndert er die Treu
Des Ringens in ein laͤppſches Flennen.
Die Liebe giebt Gelegenheit,
Weil wir ſo Noth als Gnade fuͤhlen,
Zur innigſten Barmhertzigkeit,
Vor alle unſre Mit-Gefpielen.
Kan nun der Feind der Bruͤder Noth,
Nicht gar aus unſern Augen ruͤcken,
Es jammert uns der Seelen Tod,
Und ſuchen Duͤrftge zu erqvicken;
So kehrt ers wieder um,
Daß unſer ChriſtenthumSich2381731.
Sich in die Heuchel-Liebe ſetzet,
Und zaͤrtlet jederman,
Das eins verderben kan,
Eh man die Hoͤflichkeit verletzet.
Die eigne und der Bruͤder-Qvaal
Hat uns ſo tief hinein gefuͤhret,
Daß wir in dieſem Jammerthal,
Auch ſelbſt der Feinde Pfad geſpuͤhret,
Und uͤber ihrem boͤſe thun,
Jn ſanfften Sinn verharren koͤnnen.
Da reitzet uns die Suͤnde nun,
Zu erſt in Rache zu entbrennen,
Wenn man uns was gethan;
Und wenn ſie das nicht kan,
So wandelt ſie den Grund der Ruhe,
Daß man aus Furcht vergiebt,
Damit wer uns geuͤbt,
Uns nicht noch etwas Aergers thue.
Das Braut-Hertz kehrt in ſich zuruͤck,
Und ſieht ſich vor bey ſeiner Liebe,
Daß ja nicht durch des Feindes Tuͤck,
Was Fremdes an ihr hangen bliebe.
Es heißt: Das Hertz bewahret ſich,
Vor allen Fleiſch - und Augen-Luͤſten,
Die uns die Feinde liſtiglich
Zur Schau und Koſt entgegen ruͤſten.
Allein nun iſt es Zeit
Auf die Unleidlichkeit
Zu mercken, die ſich ſo verkeidet,
Biß ſie nach ihrer Art,
Wenn man ſich nicht bewahrt,
Uns Boͤſ und Guts zugleich verleidet.
Die Reinigkeit, das ſeelge Loß
Der allerinnigſten Genoſſen,
Jns Braͤutgams reinem Liebes-Schooß,
Entweicht der Suͤnde unverdroſſen.
Hat nun der Feind der Heiligkeit
Nicht gnug gefaͤhrliche GeſtaltenJn2391731.
Jn ſeiner Werckſtat zubereit,
Zum Aergerniß ihr vorzuhalten;
So braucht er dieſe Liſt,
Daß ſich der Menſch vermißt,
Nichts mit den Blicken anzuruͤhren
Was noch ſo noͤthig thut,
Daruͤber wir den Muth.
Zu aller unſrer Pflicht verlieren.
Die Treue will, daß was man hat
Mit Vorſatz hingegeben werde,
Und daß man Chriſti Hertzens-Stadt
Erwehl vor Himmel und vor Erde.
Geraͤth es nun der Suͤnde nicht,
Daß ſie uns an uns ſelber heffte,
An unſer eignes Tugend-Licht,
An unſre Ruh, an unſre Kraͤffte;
So oͤffnet ſie das Thor
Vor Aug, und Hertz, und Ohr,
Daß alle auch die guten Sachen,
Uns aus dem Sinne gehn,
Und wir nicht mehr verſtehn,
Wovon man ſich ſoll ledig machen.
Die Liebe will das Hertze gantz,
Da muß man nicht nur alles miſſen.
Denn ſpricht ſichs erſt vom Sieges-Crantz,
Wenn wir das rauhe Creutze kuͤſſen,
Und allen Schmertz, und alle Noth,
Jn unſre offne Arme faſſen,
Und allem was zu Chriſti Tod
Noch mitgehoͤrt uns uͤberlaſſen.
Wenn nun das Hertz durch Liſt
Nicht zu bereden iſt
Von Ausbedingen was zu ſagen;
Macht Er die Wege breit,
Daß ſich die Seelen weit
Heraus aus ihrem Ziele wagen.
Die Seele ſoll recht innig ſeyn,
Und an den Liebes-Bruͤſten trincken;Sie2401731.
Sie ſoll zugleich der Luſt und Pein,
Jn eine ſanffte Still entſincken,
Wenn nun der Feind nicht machen kan,
Daß wir uns an den ſchnoͤden Laffen,
Die er dem ſchoͤnſten Seelen-Mann
Entgegen ſtellen kan, vergaſſen;
So braucht er ſeine Macht,
Wo moͤglich eine Nacht
Vor unſer Augen-Licht zu ziehen,
Daß wir den Freund nicht ſehn,
Wie gut er iſt, wie ſchoͤn,
Und uns mit duͤſtern Schatten muͤhen.
Wenn ihm nun alles mißgelingt,
Uns von der Gnade abzuwehren, (Daß er uns nicht vom Haben bringt,
Zum unerſaͤttlichen Begehren,
Worinnen ſich ein Menſch bemuͤht,
Biß daß ihm alle Luſt vergangen,
Und aus ermuͤdetem Gemuͤth,
Nunmehr laͤßt Haͤnd und Fuͤße hangen,)
So ſiegt der Helden-Krafft
Jn Chriſti Riitterſchafft,
So ſinckt ſchon in der Leibes-Hoͤle
Das Hertz in tiefe Ruh,
Und thut die Sinnen zu,
Vor reiner Wolluſt ſeiner Seele.
C. Auf vier theure Mitglieder unſrer Ge - meine, ſo in der Chriſt-Woche auf den Hutberg kommen.
Laͤmmer Chriſti, weinet nicht, oder weinet ihr vor Freuden,
Daß von eurer Heerde ſchon neuntzig mit dem Lamme weyden?
Ubel angewandte Zaͤhren, die man der Verweſung zollt!
Wem ſind uͤber Hoffnungs-Saaten Thraͤnen auf ſein Feld ge - rollt?
Aber, was beweget mich unſre Bruͤder anzuſchreyen:
Daß141[241]1731.
Daß ſie ihr geſegnet Korn ohne naſſe Augen ſtreuen.
Halten ſie nicht dieſes Leben vor die rechte Thraͤnen-Saat,
Und hingegen das Verſcheiden vor den erſten Freuden-Grad?
Warlich! wer nur Herrnhut kennt, dieſe hingewagte Huͤtte,
Und giebt achtung auf das Volck, und auf alle ſeine Tritte;
Der wird, (hat er offne Augen,) ohne groſſe Muͤhe ſehn,
Daß uns mit der Heim-Beruffung eine Gnade kan geſchehn.
Gehe hin, du Volck des HErrn, und verſchleuß dich vor dem Jammer,
(Daß man Suͤnde ſehen muß,) in die luſtge Hutbergs-Kam - mer,
Warte, biß der Wiederbringer von dem ſtoltzen Bogen rufft:
Judith! Guͤrge! Paul! Roſine! kommt ihr Tauben aus der Klufft!
Aber, wo gerath ich hin, unbefleckte Friedens-Geiſter!
Laßt die morſchen Huͤtten ruhn, uͤbergebt ſie ihrem Meiſter,
Unſer Freund iſt unſer Schmeltzer, wer vertraute dem nicht gern?
Lernt: Das auſſerm Leibe wallen, und daheim ſeyn bey dem HErrn.
Aber ehe wir uns noch, Auserwehlte! gaͤntzlich ſcheiden,
Jhr dahin zieht in die Ruh, wir zuruͤck gehn in die Leiden,
Ehe wir die Ancker lichten, und verlaſſen euren Port;
Laſſet uns ein Angedencken, gebet uns ein Loſung Wort:
Judith Kunertin.
Jch habe meinen Freund geſehn,
Er war noch ſchoͤner als ich dachte:
Wie iſt mir doch ſo wohl geſchehn,
Daß ich mich an die Liebe machte?
Sie ſtoͤſſet niemanden zuruͤck,
Vielmehr erbarmt ſie ſich der Armen:
QUnd2421731.
Und wenn ich ihn ans Hertze druͤck,
So fuͤhl ich freundliches Umarmen.
Jhr Lieben bleibet doch
An ſeinem ſanfften Joch,
Und traget ſeine leichte Buͤrden:
Wenn man mit ihm die Laſt
Auf ſeine Schuldern faßt,
So ruht man auch in ſeinen Huͤrden.
Georg Seyfert.
Jch zehlte zwoͤlff mahl ſieben Jahr
Jn dieſer unbeſtaͤndgen Huͤtte.
Der Freund, des meine Seele war,
Erhoͤrte meiner Bruͤder Bitte,
Und nahm mich in die Ruhe ein,
Dahin nur Seelen kommen koͤnnen,
Die durch ſein Blut verſoͤhnet ſeyn,
Und munter nach dem Kleinod rennen.
Der HErr erbarmte ſich
Vor kurtzen uͤber mich:
Kaum aber, daß ichs Elend fuͤhlte,
So war auch Gnade nah,
Und die Erloͤſung da,
Wornach mein Hertz ſo ſehnlich zielte.
Paul Schindler.
Jetzo ſeh ich, was ich ſolte,
Jetzo hab ich, was ich wolte,
Da ich kaum noch Othem holte,
Und vor Liebe brennete.
Ro -2431732.
Roſina Piſchin.
Bruder! biſt du kommen?
Gehſt du mir entgegen,
Mich dem HErrn zu Fuß zu legen,
Weißt du nicht die Armen lieblich auszuſpannen,
Ja, du winckeſt mir von dannen?
Nun es ſey, ich bin frey!
Mann und Kinder weiland,
Laßt mich jetzt zum Heyland.
Nun du Saat der Ewigkeit geh in die gewuͤnſchte Faͤule,
Chriſti Blut beduͤnget dich, ſorge nicht vor lange Weile.
Bey dem HErrn ſind ſechzehn Stunden gleich ſo kurtz als tauſend Jahr,
Eh es Welt und Zion glauben, iſt die Saat zur Erndte klar.
Aber ihr in Herrenhuth eingeſchloßne Braut-Gemuͤther,
Die ihr euch noch ſchmuͤcken laßt, gehet heim zu euren Huͤter.
Sagt ihm: Theureſter Hegai, wolln wir doch gantz leidſam ſeyn;
Eſth. 2, 8. 9.
93
Mach uns feurig oder feucht, nur mit Blat des Lam̃es rein!
Malach. 2, 2. Malach. 3, 2. Offenb. 7, 14.
1
CI. Neu-Jahrs Gedancken an den Cron - Printz von Daͤnnemarck.
Cron-Printz! Deine holden Augen ſehen diß geringe Blatt
Welches dein getreuer Diener, Koͤnigs Sohn! geſchrie - ben hat.
Hier iſt nicht ein einig Wort, das den Raum mit Unrecht fuͤllet;
Denn es wird daher gebracht, wie es aus dem Hertzen qvillet.
Weil ein neues Jahr vorhanden, wird auch meine Diener - Treu Hoheit! gegen deiner Tugend, und zu deinem Seegen neu. JEſus, der ſo gnaͤdige Heyland aller armen Suͤnder,Q 2Ma -2441732.
Mache Cron-Printz Friedrichen zum Exempel heilger Kin - der.
Solte das nicht herrlich klingen, durch das koͤnigliche Hauß?
Heyland! fuͤhre dieſe Bitte zum gewiſſen Seegen aus.
So ein Majeſtaͤtiſch Reiß, dran ſich einſt die Voͤlcker lehnen,
Ehrt man einſt mit tauſend Luſt oder Millionen Thraͤnen.
Nun ſo muͤſſe denn die Liebe, theurſter Friedrich! dein Pa - nier,
Und zugleich dein Fuͤhrer werden. Meine Seele wuͤnſcht es dir.
CII. Dergleichen an die Printzeß. Char - lotte Amalie.
Hier iſt ein Empfehlungs Wort zu dem ewig-treuen GOtte,
Fuͤr die mehr Begnadigte, als genaͤdigſte Charlotte;
Denn, ſo hoch der Ehren-Gipfel, da die Theurſte Fuͤrſtin wohnt;
Solch ein Abgrund iſt die Gnade, womit ihr die Liebe lohnt.
Koͤnigs-Tochter! dieſes iſt meiner Wuͤnſche Ziel und Ende:
Unſer Heyland nehme doch eure Hoheit auf die Haͤnde:
Seine Majeſtaͤt beruͤhre ihre Salbungs-volle Stirn,
Und becroͤne mit Erbarmen die Erlauchte Fuͤrſten-Dirn!
Dieſer Jahres-Wechſel ſoll keine Aenderung in Dingen,
Die der groſſen Erb-Printzeß ſeelig waͤren, mit ſich bringen;
Aber was ihr Hertz betruͤbte, und doch ohne Nutzen war,
Nehme unſer HErr von dannen, mache dero Augen klar.
Koͤnigs-Tochter laſſen ſie JEſum Chriſtum, ihren Koͤnig,
Jhrer Wuͤnſche Ziel-Stand ſeyn, duͤnckt ſie ſeine Ehe wenig?
Holder Braͤutigam! verleite dieſer deiner Magd die Welt;
Aber ſchencke ihrer Seele das, was ewig wieder haͤlt.
CIII. Auf der Frey-Frau von Meußbach 82tes Geburts-Feſt.
Den zeitigen, und jenen ſpahren,
Jſt GOttes Weiſe, wer iſt klug?
Das Weib bey vier und achtzig Jahren,
Die JEſum auf den Armen trug!
Der Alte, der zur Ruhe eilte,Als2451732.
Als er das Heyl der Welt umfieng!
Wer einem doch Bericht ertheilte!
Mir iſts ein unbegreiflich Ding.
Gewiß, wer ſeinen Heyland liebet,
Und liebt zugleich ſein Eigenthum;
Der wird erfreuet und betruͤbet,
Durch Chriſti Schande oder Ruhm.
Jch bitte meinen Seelen-Werber:
Er wende nur die Schmach von mir,
Daruͤber ich kein Leiden haͤrber,
Und keinen groͤſſern Schmertzen ſpuͤr.
Jch meyne, JEſum Chriſtum nennen,
Und ſeinem Hertzen ferne ſeyn;
Sich ſelber nicht im Grunde kennen,
Und alſo nicht um Gnade ſchreyn:
Weil aber Fleiſch und Blut commode,
Und ſichs nicht gerne ſauer macht,
Ein Chriſtenthum auf ſeine Mode
Erſehen, das die Welt erdacht.
Zwey Dinge ſind, die unſre Seele
Der Seeligkeit entgegen fuͤhrn:
Das erſte iſt die Wunden-Hoͤle
Wenn wir uns dahinein verliern;
Das andre, Chriſti Joch, das linde.
Das erſte bringet uns zur Ruh:
Das andre lencket uns geſchwinde
Und ſicher auf die Schrancken zu.
Hat jemand ein verklaͤrtes Auge,
Dem Heyland in ſein Hertz zu ſehn;
Der wiſſe, daß er gar nichts tauge,
Und, daß es um ſein Heyl geſchehn.
Hat aber jemand Gnade funden,
Und will nicht in die Streiter-Bahn,
Darinn die Zeugen uͤberwunden;
Der giebt die Gnade wieder an.
HErr! der du unſre arme SeeleQ 3Auf2461732.
Auf deinem Mutter Hertzen traͤgſt,
Und an der Werckſtatt ihrer Hoͤle
Stets neue Treu vor Augen legſt;
Erhalte uns nach deinem Willen,
Biß jedes ſich, du Seelen-Mann,
Jn deinen blutgen Wunden ſtillen,
Und deines Joches ruͤhmen kan.
CIV. Auf Clemens Thiemen Superinten - denten in Colditz, da er entſchla - fen war.
Mein Clemens! kan das ſeyn;
Das theu’r erworbne Guth,
Das Fuͤncklein Abend-Schein,
Dein liebes Herrenhuth,
(*)Der ſeel. Mann hatte ein groß Verlangen nach Herrnhuth, er reiſete, wie man zu reden pflegt, alle Jahr zu uns, und wir hatten ebenfalls hertzlich gewuͤnſcht, ihn bey uns zu ſehen, weil uns ſehr viel, daran gelegen war, bey denen bedenckli - chen in - und aͤuſſern Umſtaͤnden, darinnen ſich unſere Gemei - ne befande, alte erfahrne Maͤnner an Ort und Stelle zu Rath zu ziehen. Der HErr aber, der die Ehre allein haben wolte, hat es uns ſo gut nicht werden laſſen. Er druͤckt ſich einmahl uͤber dieſe Reiſe alſo aus: Er habe mein Erinnerungs-Schreiben mit hertzlichem Kuß empfangen, um ſo vielmehr, als die gan - tze Gemeine der Heiligen unſers Orts nach ihm ausſaͤhe, und o wie ſehnlich verlangte er vielmehr ſie zu ſehen, damit er uns auch etwas geiſtlicher Gaben mittheilen koͤñe, uns zu ſtaͤrcken, d. i. daß er ſamt uns getroͤſtet wuͤrde durch unſeren und ſeinen Glauben, auch das Gedaͤchtniß eines vollendeten Mit-Strei - ters (des ſel Melch. Nitſchmanns) (vielleicht nach dem Ex - empel unſerer allererſten und beſten Vorfahren im Chriſten - thum bey den Graͤbern der Heil. Maͤrtyrer) Chriſt-feyerlich und ſehr erfreulich mit begehen moͤge, wenn nicht die goͤttli - che Gewalt ihn mit Stein-Beſchwerung ſo angegriffen, daß er einen ſo weiten Weg zu reiſen nicht wagen duͤrffe, ſo aber der HErr wolle, und er lebe, ſolle es mit naͤchſten geſchehen. Jn - deſſen, ob er wohl dem Fleiſche nach nicht da ſey, ſo waͤre er aber im Geiſte bey uns, freuete ſich und ſaͤhe unſere Ord - nungen und unſern feſten Glauben an Chriſtum, welches er mit vielen andern Ausdruͤcken begleitet, welche man aus Be - ſcheidenheit nicht anfuͤhren kan.
(*)Daß2471732.
Das mit dir von GOtt entglommen,
Hat dich nicht zu ſehn bekommen?
Und alſo hat der HErr
Nur mich ſo hoch erfreut,
Zu ſehn euch Wanderer
Zur groſſen Ewigkeit:
Denn die Donner unſers Francken
Hoͤrte ich in ihren Schrancken.
Als ich nach Halle kam,
Jtzt zwey und zwantzig Jahr,
Und meinem Braͤutigam
Schon anvertrauet war;
Hab ich Elers tiefes Weſen
Mir zum Muſter auserleſen.
Da ſah ich gleicher Weiß
Den Paul Antonius,
Weil ſeiner Bruͤder Fleiß
Viel Menſchen fangen muß,
Sich zu ihrem Netze flicken
Ohne langes Wincken ſchicken.
Und, o wie freut ich mich!
Als ich dich auch erblickt.
Dich, theurer Thieme, dich,
Den Lieb und Ernſt geſchmuͤckt;
Colditz, Leipzig, Dreßden ſahen
Unſer inniges Umfahen.
Mein Trieb verſchonet gern
So manchen in der Welt
Verborgnen Knecht des HErrn,
Der unſern Bund noch haͤlt,
Und ders mit bezeugen koͤnte
Was uns da die Liebe goͤnnte.
Jn Colditz haſt du mir
Den Kleinods-Lauff erzehlt
Der ſonderbahren Vier,
Die ſich der HErr erwehlt:Q 4Mei -2481732.
Meine Seele muſte ſagen:
Das iſt Amminadibs Wagen.
Den Leipziger Beſuch (Nach unſers Meiſters Lehr
Und dem Concordi-Buch)
(**)Art. Smalc. P. III Art IV. de Evangelio in fine. Allwo die itzo verruffnen Privat-Convente ſo herrlich anbefohlen werden.
(**)
Vergeß ich nimmermehr;
Den Vergleich der Seligkeiten
Matth. 5. Offenb. 2, ſ.
95
Und der Uberwindungs-Zeiten.
Jn Dreßden ward ein Plan
Gemeinſchafftlich beſehn,
Wie man die Lebens-Bahn
Mit Freuden ſolle geh’n
Daß man auch unſtraͤflich wandle,
Und noch andre mit behandle.
Wir haben ſeit der Zeit
Einander lieb gehabt,
Und uns in Freud und Leid
Auf manche Art gelabt:
Bald iſt unſer Franck entwichen,
Paul und Elers ſind erblichen.
Jch habe jenem Knecht
Jn Demuth nachgerufft,
Den andern auch mit Recht
Geehret in der Grufft;
Paulo hab ich ſtille Triebe
Nachgeſchickt aus Drang der Liebe.
Nun kommt die Reih an dich,
Verklaͤrter Zeuge du;
Du eilteſt ritterlich
Dem ſchoͤnen Siege zu. Leib! dich hieß ich ſtille liegen, Seele! dich zur Arche fliegen.
Weil aber, ſel’ge Vier!
Jhr mich ſo hoch geliebt,Und2491732.
Und zu des Braͤutgams Zier
Beredet und geuͤbt:
Will ich euch zum letzten Seegen
Meinen Sinn vor Augen legen.
Jch liebt euch uͤber mich:
Jhr war’t der Liebe werth,
Jhr kaͤmpfftet ritterlich,
Jhr habt des HErrn begehrt;
Euch wars Ernſt um Chriſti Heerde,
Daß ſie rein und heilig werde.
Mir, ſo gering ich bin,
Jſts auch darum zu thun,
Daß JEſu Chriſti Sinn
Moͤg in den Seelen ruh’n,
Und, ob alles Fleiſch betroͤge,
GOtt vor wahrhafft gelten moͤge.
Jch wende keine Muͤh
Auf falſch beruͤhmte Kunſt:
Die Blut Theologie
1. Pet. 1, 13-23.
95
Hat meine gantze Gunſt,
Die vom Creutze hergekommen,
Und am Creutz wird eingenommen.
GOtt iſt kein harter Mann,
Der nimmt, was er nicht giebt,
Und welcher haſſen kan,
Was er zuvor geliebt:
Jhm gehoͤren alle Seelen
Jn und auſſer ihren Hoͤlen.
Doch leget GOttes Wort
Handgreiflich an den Tag,
Daß GOtt der Suͤnde Tort
Unmoͤglich leiden mag,
Und daß, vor die Suͤnden-Biſſe,
GOttes Sohn ſich opffern muͤſſe.
Eſ. 53. Joh. 3.
Der Fall iſt offenbar,
Er ſtehet in der Schrifft,
Und iſt uns ſelber klar,Auf2501732.
Auf die ertaͤglich trifft:
Denn was haben wir vor Gaben
Die nicht auch die Thiere haben?
Die Menſchen ſehen das:
Den einen greifft es an,
Der andre weiß nicht, was
Und wo er helffen kan,
Und der dritte Theil der Thoren
Geht mit gutem Muth verlohren.
Ein unanſehnlich Volck
Von gantz geringer Zahl,
Genannt die Zeugen-Wolck,
Zerſtreut durchs Jammerthal,
Fuͤhrt von einem hoͤhern Bilde
Etwas ſichtbarlichs im Schilde.
Es bildet ſich nichts ein,
Verachtet das Gefuͤhl,
Begehret arm zu ſeyn,
Und muͤht ſich dennoch viel;
Und da moͤcht ein Kluger dencken:
Wer wird ſolche Leute kraͤncken.
Allein ſo bald ein Hauß
Dergleichen ſehen laͤſt,
So ruffet alles aus:
Hierinnen iſt die Peſt,
Und der Menſch von GOttes Gnaden
Wird mit Schmach und Trug beladen.
Fragt einen Meiſter nur,
Der alles rathen kan,
Der ſelbſten der Natur
Die Qvellen aufgethan:
Warum iſt den Tygern Frieden,
Und den Schafen Krieg beſchieden?
Jch ſage ohne Scheu:
Man weiß die Urſach nicht;
Hoͤrt aber nur, wie frey
Der Hirt der Schaafe ſpricht:Daß2511732.
Daß die Voͤlcker auf der Erden
Jhn und ſie nicht leiden werden.
Gelobt ſey euer Fleiß, Jhr Creutz-Theologi,
Die ihr, mit Angſt und Schweiß
Und unablaͤß’ger Muͤh,
Durch die unwegſamen Hoͤlen
Brecht biß zu der Menſchen Seelen.
Vor funffzig Jahren wars
Noch keine Ketzerey
Daß des Erloͤſungs-Jahrs
Kein Sclave wuͤrdig ſey,
Der ſein Elend nicht beklaget
Und ſich Chriſto zugeſaget.
Weil aber euer Mund,
Bey einer groſſen Schaar,
Mit GOttes Gnaden-Bund
Wohl angekommen war,
Blieb nichts uͤbrig denen Schwaͤtzern
Als die Wahrheit zu verketzern.
Jhr, die ihr unverwandt
Der Lehre Reinigkeit
Und dem Verleugnungs-Stand
Bedient geweſen ſeyd,
Geht und erndtet eure Saaten
Die zur Ewigkeit gerathen.
Jch bleibe noch zuruͤck,
Jch, euer Mitgenoß,
Den Chriſti Gnaden-Blick
Wie euch ins Joch verſchloß;
Jch will unter denen Fetten
Meines Ruffers Tugend retten.
Mein Nahme gehe hin,
Und meine Ehre mit:
Mein zeitlicher Gewinn.
GOtt thu nur meine Bitt:Uber2521732.
Uber dem Geſchaͤfft zu ſterben, Seelen vor das Lamm zu werben.
Mein Zeugniß in der Welt
Bleibt bey der GOttes-Krafft,
Beym Blut, beym Loͤſe-Geld
Von der Gefangenſchafft,
Und wie man ſchon auf der Erden
Reichlich ſolle danckbar werden!
Dabey behaupt ich diß,
Und wage alles dran, Die Kirche iſt gewiß
Verſtreut im Elend Plan,
Und die Glieder, die ſich finden
Sollen ſich genau verbinden.
Die Welt ſoll Zeuge ſeyn,
Daß ſich diß Haͤuflein liebt,
Und jedem das, was ſein,
Voraus dem Kaͤyſer, giebt,
Aber auch bey Trug und Spotte
Das, was GOttes iſt, nur GOtte.
Und hiemit ſegn ich dir,
Mein Bruder, deine Ruh.
Die Liebe gebe mir, Daß ich die Wahrheit thu.
Alle, die wir erben ſollen,
Lehr die Liebe: Sterben wollen!
CV. Auf ſeiner Tochter Nahmens-Tag.
Meine liebe Tochter!
Unſer angejochter
Und gebundner Hals
Traͤgt des Lammes Ketten,Um2531732.
Um ſich zu erretten
Von der Laſt des Falls.
Weil uns Licht
Und Krafft gebricht:
So erſetzt des Feindes Lencken,
Was wir nicht bedencken.
Darum ſind wir Suͤnder,
Darum ſind wir blinder
Als ein Maulwurff iſt;
Wenn wir uns ſelbſt fuͤhren,
Und nicht gantz verlieren,
Wenn nicht JEſus Chriſt,
Und wen er (Nicht ungefehr)
Uns zum Leiter zugefuͤhret,
Unſern Gang regieret.
Bleib dem HErrn gefangen,
Stuͤrme mit Verlangen
Jn die Gnade ein:
Laß nicht ab zu beten,
Und zum HErrn zu treten,
Lerne ſtille ſeyn.
Aber ſey
Auch froh und frey,
Und bewahre dich vor Dingen,
Die in Schwermuth bringen.
Mir und meiner Frauen
Gib mit Luſt zu ſchauen
Was der HErr gethan,
Der dich von dem Grabe
Fuͤnff mal wieder gabe,
Dem gehoͤrſt du an:
Lebe Jhm
Und ſing und ruͤhm,
Daß du eine von den Eſthern,
Wie die Maͤhrſchen Schweſtern.
CVI. 2541732.
CVI. Auf ſeinen Sohn, Johann Ernſt, und der theuren Knaben Aelteſten, Matth. Linnern, in Herrnhut.
Der Heyland iſt ja noch bey ſeinem Volck daheim:
Wir haben in der Zeit von deinen Wallfarts-Tagen
Vier Huͤtten eingelegt (vier Wohnungen von Leim.)
Johann Ernſts kleiner Schutt iſt noch nicht weggetra - gen.
(*)Das war ungefehr die Erzehlung, welche uns auff der Ruͤck - Reiſe zu Budißin entgegen kam.
(*)
Diß hatte mir ein Freund zur Nachricht mitgetheilt,
Als ich vor kurtzer Zeit auf Herrnhut zugeeilt.
Jch trat in dieſen Ort, der Chriſti Liebes-Ziel
Und ein Behaͤltniß iſt von vielen Gnaden-Zundern.
Jch hemme meinen Trieb, denn was beſchreibt ein Kiel,
Von unerkannter Krafft, von unſichtbaren Wundern? Gnug! daß die Kinderſchafft den Vater kennt und kuͤßt,
Der noch ſo wenigen recht offenbahret iſt.
Mein Sohn wird zu dem Reſt der Bruͤderſchafft gebracht.
So mancherley Geſchaͤfft verhindert anzuzeigen:
Wie ſanfft er ausgeſchnaubt, wie lieblich er gelacht,
Als ſeines Vaters GOtt ihm rieff hinauf zu ſteigen;
Wie ſein Geſchwiſter ſelbſt, das kaum zu lallen pflegt,
Zu ſeinem letzten Dienſt die Zunge
(**)Als der ſel. Joh. Ernſt Mine machte zu ſterben, weinete die aͤltere Tochter; Jhr Bruder aber von vier und ein halb Jahr fragte ſie: Was weineſt du? Sie antwortete: Daß mein Bruder ſtirbr. Da ſagte er: Er ſtirbet ja nicht, ob man ſchon ſo ſpricht, ſein Elend ſtirbt nur. Und als das Kind den Tag vor ſeinem Ende viel ausſtand, gieng die kleinſte Tochter von anderthalb Jahren um die Wiege herum, und ſang gantz anmutbig und vernehmlich: Stilles Laͤmmlein, frommes Schaͤflein, anders kans nicht ſeyn auf Erden, mor - gen wird es beſſer werden.
(**) munter regt,
Johann Ernſt geht dahin, und niemand ſingt ihm aus,
Daruͤber wolten ſich verſchiedene bewegen:Allein2551732.
Allein es wartete ein Schickſal auf mein Hauß,
Ein meiner Kinder Baar, ſchon ſonſt gegoͤnnter Seegen (Ein Maͤrtrer, den der HErr aus Band und Feſſeln ruͤckt,
Mein theurer Nitzſchmann ward mit Friedrichen
(†)Die Gedaͤchtniß-Predigt des ſel. Melchior Nitzſchmann, wel - cher im Kercker zu Schildberg an eben der Kranckheit, daran dieſer verſchieden iſt, eingeſchlafen war, (eine Kranckheit, welche ihm die vor 5. Jahren erlittene Marter zuwege ge - bracht) und die Begaͤugniß, Graff Chriſtian Friedrichs, wurde zugleich gehaͤlten.
(†) be - ſchickt,)
Gedacht ichs, lieber Sohn, als mein erfreuter Sinn
Dich in das gruͤnende Behaͤltniß eingeſchoben:
Es kaͤm in kurtzer Zeit ein junger Held dahin,
Dir ſey darauff dein Lied, mir Thraͤnen aufgehoben,
Gedacht ich das von Dir, du Gnaden-voller Geiſt,
Der ſeiner Huͤtten Band ſo eilende zerreißt?
Waͤr ich der Neuerung ein wenig zugethan,
Und bliebe nicht ſo gern bey alten guten Sitten;
So gaͤb ich dieſes mahl gewiß die Frage an:
Warum der Linner ſchon aus ſeinem Ort geſchritten?
Doch HErr, es kehrte ſich dein Eingeweide um,
Joh. 11
99
Wenn ich ſo untreu waͤr, und fragte dich: Warum?
Mein Alles, haſt du mich, ſo nimm auch dieſen Theil
Von meinem (HErr du weißts!) dir zugeſtorbnen Hertzen,
Die Creatur wars nicht, um die ich eine Weil
Mit deiner Seele rang, (nicht ohne allen Schmertzen,) Jhr Kinder, Linner ſtirbt! Erkennt ihr eure Noth, Der GOtt Eliaͤ lebt.
(††)Das war unſre Loſung an dem Tage ſeines ſel. Ablebens, wel - ches der 30. Jun. war, zu welchem er etliche Tage zuvor ſich in das vorjaͤhrige Loſungs-Buͤchlein mit folgenden Worten eingeſchrieben: Mein gantz Hertze, mein gantzer Sinn iſt auf JEſum gerichtet. Und iſt merckwuͤrdig, daß der Ort Hiob 7, 2. gleich daneben gedruckt ſtehet.
(††)Was red ich? Wer iſt todt?
CVII. 2561732.
CVII. Jm Namen der Gemeine.
Odu Huͤter Ephraim, des geringſten Theils der Heerde,
Deiner Erde,
Unſer Auge ſieht mit Schmertz,
Niederwaͤrts,
Aber unſre Seelen blicken,
Mitten in dem Niederdruͤcken,
Jn dein hoch-erhabnes Hertz.
Toͤdten iſt dem HErrn erlaubt: denn Er toͤdtet nur (vom Boͤſen
Zu erloͤſen)
Nichts als unheilſame Noth,
Nichts als Tod,
Und der Luͤſte ihr Gehecke,
Und der Suͤnden Eyter-Stoͤcke,
Und der Glieder Sterb-Gebot.
Ehmahls ſolts geſtorben ſeyn, und daſſelbige zur Strafe,
Vor die Schafe,
Die ſich von der Lebens-Bahn
Abgethan;
Doch die unverdiente Toͤdtung (Wir bekennens mit Erroͤthung)
Ward den Hirten angethan.
Seit der Zeit iſt unſer Ziel, das die Menſchen Sterben nennen,
Dies nicht kennen,
Nur ein ſeliger Beſchluß,
Vom Verdruß,
Nur der letzte Schritt des Ganges,
Den man durch das Thal des Dranges
Hinter Chriſto gehen muß.
Schau auf deine Herrenhut, Haupt der Schwachen und der
Die dich meynen;
(Kleinen,
Jetzt zehn Jahr ſprach deine Treu,
Ploͤtzlich: SEY!
Gnade, drinnen wir uns ſpiegeln, Wunder, welche wir verſiegeln,
Werden alle Morgen neu.
Uber2571732.
Uber hundert haſt du ſchon, weiſer Heyland! aufgehaben,
Und wir traben
Noch, ſo lang es dir gefaͤllt,
Durch die Welt.
Die Vollendungs-Wolcke tauffet,
Seit der eilffte Jahr-Gang lauffet,
Erſtlich einen jungen Held.
Heute, HErr, gefiel es dir, Matthaͤs Linnern, deinem Kinde,
Gnaden-Winde, (Jn der GOttheit Meer zu gehn)
Zuzuwehn.
Solten wir uns unternehmen,
Deine Liebe zu beſchaͤmen,
Und zu ſprechen: Laß ihn ſtehn.
Fahre hin ins Hertz mit uns, inniglich geliebter Bruder!
Bleibt dein Ruder,
Gleich in Einſamleit zuruͤck,
Weil das Gluͤck,
Deine Stelle zu bedienen,
Unſer keinem noch geſchienen, Wir erwarten Chriſti Blick.
Der geſegne dir den Schlaff, du gehſt fruͤh genung zur Ruhe,
Deine Schuhe
Sind nicht durch den langen Weg,
Rauhen Steg,
Noch vom Alter abgeriſſen,
JEſus wird die Urſach wiſſen,
Daß er dich zu Bette legt.
Dancke unſerm lieben HErrn, den die heilgen Seelen droben
Jmmer loben, (Denn mit Danck erlanget man,
Was man kan:)
Dancke Jhm, daß unſre Jugend
Deinem Glauben, deiner Tugend
Nachzufolgen lieb gewann.
Nun, du zartes Knaben-Volck, laß dich doch zu Chriſti Sitten
Fruͤh erbitten,RDencke2581732.
Dencke, daß es JEſus Chriſt
Wuͤrdig iſt,
Wer, wie unſer Linner, ſtehet,
Wird, wie er, ins Licht erhoͤhet,
Und zum Hochzeit-Feſt geruͤſt.
CVIII. Die Hoffnung der geringen Leute uͤber Hiob 5, 16. Offenb. 12, 10. zur Gedaͤchtniß - Predigt ſeiner Fr. Schwieger-Mutter, Fr. Erdmuth Benignen Reußin, geb. Gr. zu Solms.
Der Hiob iſt ein groſſer Mann
Von tugendhafften Sitten,
So, daß ihn niemand zeihen kan,
Worinn er uͤberſchritten.
Das machet den Verklaͤger keck
Jhm etwas anzutichten,
Und ſiehe, er erhaͤlt den Zweck,
Den groſſen Mann zu ſichten.
Die Welt-bekannte Suͤnderin, Maria Magdalene,
Wirfft ſich zu JEſu Fuͤſſen hin,
Und thut ihm allzuſchoͤne.
Ein Lehrer laͤßt bey dieſem Schein
Vernunffts-Bedencken walten;
Der Heyland reißt ihm alles ein,
Die Magd muß recht behalten.
Hoͤrt man nicht von weiten
Chriſti Creutzes Feinde
Und der Eitelkeiten Freunde,
Hoͤrt man ſie nicht ſagen:
Das iſt unſer Stecken, (Wenn wir Haͤnd und Fuͤſſe ſtrecken,)
Daß ein Kind
Gnade, find;Wenns2591732.
Wenns nichts Gutes treibet,
Und viel Gutes glaͤubet.
Nein, die Feigen-Baͤume,
Die der HErr verfluchet,
Weil er Frucht umſonſt geſuchet,
Sind nicht Gnaden-Ziele:
Sondern die Marien,
Die die alten Wege fliehen,
Oder die
Sich der Muͤh
Jhrer tapfern Triebe,
Schaͤmt vor lauter Liebe.
Die, der man dieſes Ehren-Feſt
Jm Reußen-Lande angeſaget,
Und alles Volck ſich halten laͤßt,
Wie Jſrael die Mirjam klaget,
Die vormahls kluge Richterin
Des Erbtheils ihres zarten Sohnes,
Und tapfere Verſtreiterin
Der Rechte ihres Wittwen Thrones;
Die ruͤhmte ſich gewiß.
Wie viele zeugen diß?
Von nichts als einem guten Wollen.
Und da des HErren Hand
Sie an das Lager band,
So uͤberzaͤhlte ſie das Sollen.
Jhr Streiter hoͤrt! es iſt ein Wort des Fuͤrſten: Die Zeit iſt kurtz, wir haben einen Plan,
Darnach die Kriegs - und Siegs-Gemeinen duͤrſten,
Der unſerm Haupt den Hunger ſtillen kan: Des Vaters Willen iſt zu thun,
Wer nicht mit Freuden wirckt, kan ohne Angſt nicht ruhn,
Wer zweifelt, daß der Diener im Gerichte
Der ſeelgen Frau was vorzuhalten-findt,
Und waͤrens nur uneingebrachte Fruͤchte,
Die ihr im Feld erliegen blieben ſind?
Sie konte vom VerklagenR 2Des2601732.
Des Argen wenig ſagen:
Denn ſie lag ſtill in ſich.
Wir moͤgen uns nur alle ſelber fragen:
Was ſagt dein Hertz? Die Traͤgheit ruͤget mich.
Was ſaget denn die ſeelige Beklagte? War ich nicht ehemahls ein ſcheinend Licht,
Weiß niemand mehr, was ich im Glauben wagte?
Land, zeuge! Bracht ich dir die Wahrheit nicht?
Fuͤhrt ich die Einfalt nicht ins Hauß,
Und ſah nicht Ebersdorff vorlaͤngſt wie Laubach aus?
Das ſagt ſie nicht (ſie iſt erfahren,)
Wir wiſſens beſſer, was ſie ſagt,
Sie und mit ihr mehr Streiter-Schaaren: Jch bin des HErren geringe Magd,
Jch habe mich vor meinen Koͤnig
Bemuͤhet; Aber ach wie wenig?
Er iſt vergnuͤgt, ich ſchaͤme mich.
HErr hilf uns durch beym Reichs-Erſcheinen,
Wie dieſer deiner Magd der kleinen,
Denn, ach! wer dient dir wuͤrdiglich! Zeuch denn hin, du theur erſtritten
Und durchs Recht erloͤſtes Hertz,
Und vergiß den Nahmen: Schmertz:
Denn der iſt das Theil der Huͤtten.
Unſer Vorſatz wird erneuet:
Keines wird als anverwandt,
Nach wie vor, von uns erkandt,
Keins:,::,::,: Keins das Chriſti Schande ſcheuet.
Wer den HErrn nicht liebt noch ſucht:
Dem iſt beym Amen, dem GOttes Nahmen, einmahl ge - flucht.
CIX. Auf ſeiner Gemahlin 32ten Geburts - Tag.
Wenn man glauben ſolte,
Daß die klugen Tichter,
Unſers Kampffes Splitter-Richter,Chri -2611732.
Chriſti Creutz-Erkaͤnntniß
Uberſeheu koͤnnten,
Und ſich billig weiſe nennten;
Muͤſte man
Wohl den Plan
Jhrer Kunſt und Gaben
Nicht geſehen haben.
Ehmahls ſprach ein Heyde
Von den Glaubens-Sachen:
Werdet ihr denn meiner lachen,
Wenn mit dieſem Leben
Euer Geiſt verſchwunden,
Wie ihr Weiſen ausgefunden?
Hat mein Satz
Aber Platz,
Wie wird euer Wagen
Meinen Spott ertragen?
Chriſten moͤchten weinen
Sterbliche zu kennen,
Die ſich Chriſten-Menſchen nennen,
Die vor Chriſti Wahrheit,
Und dem Wort der Zeugen
Sich mit Ehrerbietung neigen;
Fragt man nun,
Was zu thun?
Wiſſen ſie die Lehren
Alle zu verkehren.
Mit Privat-Perſonen,
Die im aͤuſſern Leben
Sich die Freyheit wolten geben;
So zuſammen haͤngen,
Allen Laut verlaſſen,
Und dergleichen Schluͤſſe faſſen:
Nein heiſt Ja!
Hier und da
Wuͤrden alle Knaben
Jhr Geſpoͤtte haben.
R 3Wuͤr -2621732.
Wuͤrden unter Menſchen,
Die zuſammen wandeln,
Und in einer Sprache handeln,
Hundert tauſend einig
Wenn ſie reden ſolten
Daß ſies anders deuten wolten;
Moͤchten ſie
Sich der Muͤh,
Jhren Sinn zu ſagen
Nur zugleich entſchlagen.
Aber, daß die Seelen
Eine Schrifft verdrehen
Eines, dem ſie zugeſtehen,
Daß er ſie vom Fluche
Mit ſich ſelbſt erkauffet,
Wahrheit, drauff man alles tauffet:
Das kommt mir
Raſſend fuͤr.
Vor dergleichen Chriſten
Lob ich Atheiſten.
Weg mit dieſen Bildern,
So die Seelen qvaͤlen,
Die ſich unſern HErrn erwehlen!
Auf die groſſe Frage:
Wo iſt zum Exempel,
Auf der Welt ein Geiſtes-Tempel?
Zeig ich dich
Maͤnniglich,
Bild der wahren Ehe, Theure Dorothee.
Jnnigſt-liebe Liebe!
Dein durchdringend Auge
Sieht, wie viel ein Hertze tauge.
DU haſt unſer Buͤndniß
Zehn Jahr angeblicket,
Und ermahnet und erqvicket;
Billig ruht,
Unſer Muth,Nach2631732.
Nach den Pruͤfuns-Stunden
Nur in deinen Wunden.
Drum ſo komm und leuchte
Mit dem Gnaden-Strahle
Unſerm Lob - und Liebes-Mahle;
Kinder moͤgen fordern
Was ſie noͤthig haben;
Du gicbſt lauter gute Gaben.
Schweſter auf!
Hilff mir drauf,
Jch weiß vor uns Beyde,
Nichts als ihn zur Freude.
Vor die Creutz-Gemeine,
Dran wir feſter kleben,
Als an unſerm eignen Leben,
Bitten wir den Fortgang, Unverloͤſchter Zunder!
Deiner Licherlohen Wunder,
Zuͤnde an,
Biß die Bahn
Dieſer zwey Gemeinen
Jhre Gluth vereinen!
CX. Auff ſeiner Tochter Theodore, von zwey Jahren, Heimberuffung.
Hertz der goͤttlichen Natur,
Hertz der offenbarten Liebe,
Hertz der Triebe,
Meine Seele opffert dir
Dieſe hier,
Und im brennenden Verlangen
Deine Salbung zu empfangen,
Oeffnet ſich des Geiſtes Thuͤr.
Dieſes war des Glaubens-Wort,
Welches meiner Tochter SeeleR 4Aus2641732.
Aus der Hoͤhle,
Und aus alle ihrem Drang,
Auffwaͤrts ſchwang;
Dieſer Stimme ſtilles Thoͤnen,
Und der Theodore Kroͤnen,
Waren ein Zuſammenhang.
Theurer Heyland! ſage mir:
Wie gerath ich arme Made
Zu der Gnade,
Daß du meiner Kinder Laſt
Selbſt erfaßt?
Denn ſie kan ſo bald nicht druͤcken,
So befreyſt du meinen Ruͤcken,
Den du ſonſt beladen haſt.
Theodora Charitas
War zwar eins der ungemeinen
Edlen Kleinen,
Jhrer Huͤtte engen Raum
Merckt man kaum,
Und ihr Kinder-Sinn und Wille
Reget ſich in ſolcher Stille,
Daß man denckt, es ſey ein Traum.
Eben drum, du theures Hertz!
Spricht der Hirt der kleinen Schafe:
Dorel ſchlafe;
Weil es ewig Schade waͤr,
Wenn die Ehr
Einer unbefleckten Seele,
Uber der Gefahr der Hoͤle,
Sich ein einigs mal verloͤhr.
Falle hurtig, vierdtes Looß,
So mir lieblich ausgefallen;
Unter allen
Findeſt du das ſchoͤnſte Theil.
Fahr in Eil,
Und bleib im zerſpaltnen HertzenDes2651733.
Des verklaͤrten Manns der Schmertzen,
Stecken als ein reiner Pfeil!
Hoͤrſt du deines Vaters Rath;
Oder ſingſt du deine Lieder
Etwa wieder?
Daß dir ja der Worte Sinn
Nicht entrinn!
Laß dich deinen Koͤnig kuͤſſen;
Will er aber ſonſt was wiſſen,
Statt der Antwort, ſincke hin.
Meine Sorg iſt aus vor dich.
Drum, du Fuͤrſt der Seelen-Pflege,
Theurer Hege!
Es erſtreckt ſich ja die Macht
Meiner Wacht
Nur auf die in Huͤtten wohnen;
Du biſt Huͤter bey den Thronen;
Nimm die Dorel gut in acht!
CXI. Neu-Jahrs Gedancken uͤber des Hey - lands Nahmen.
Bruͤder, laſt uns Jhn erheben,
Den ihr ohne Nahmen kennt;
Aber er muß ſelber geben,
Wie man Jhn am beſten nennt.
Nahme uͤber alle Nahmen!
Unſre Knie beugen ſich.
Gieb uns, weſentliches Amen,
Dir zu knien wuͤrdiglich.
GOtt! du unbeſchriebnes Weſen,
Bliebſt verſchwiegen fort und fort,
Niemand haͤtte was geleſen
Von dir ohne GOttes Wort.
Erſtgeburt der Creaturen!
Fang in uns zu leben an. Schaff2661733.
Schaff, o Anfang der Naturen,
Uns zum Werck in GOtt gethan.
Menſch, du einger Menſch in Gnaden,
Mache uns zu dir ein Hertz: Artzt, erſtatte allen Schaden, Salbe! zeitige den Schmertz.
Bild des unſichtbaren GOttes,
Mach uns deinem Bilde gleich, Stirn voll frevelhafften Spottes,
Mach uns hart, wir ſind zu weich.
Vater derer Ewigkeiten,
Baue uns ein bleibend Hauß, Schoͤpffer aller guten Zeiten,
Kauffe uns die Stunden aus.
Kind, in deine Wiegen-Bande
Wickle unſre Großheit ein,
Und laß ſie zur ew’gen Schande
Vor dir aufgehencket ſeyn.
Saame, fall ins Hertzens Hoͤhlen,
Wenn ſie recht erwaͤrmet ſeyn,
Zur Empfaͤngniß vieler Seelen,
Fruchtbar und empfindlich ein.
Laß dich inniglich umfangen,
Theure Liebe, tauſendmahl,
Dein erbarmendes Verlangen
Zieht die Seelen ohne Zahl.
Schoͤnſter, deiner Augen Blitzen
Schmeltzt die Unempfindlichkeit, Seelen-Schatz, laß dich beſitzen,
Unſre Armuth gehet weit.
Guter Freund goͤnn unſerm Klagen
Jmmerdar ein leiſes Ohr,
Und bring alle unſre Plagen
Deinem GOtt beweglich vor.
Fuͤhrſt du gleich das Steuer-Ruder
Der geſtirnten Monarchie,Biſt2671733.
Biſt du dennoch unſer Bruder,
Fleiſch und Blut verkennt ſich nie.
Waͤrſt du nicht, du liebe Buhle,
Was du biſt, du wuͤrdſt es erſt.
Liebe riß dich noch vom Stuhle,
Weil du unter uns gehoͤrſt.
Hat ſich nicht dein Hertz betruͤbet,
Als es ſchien, du kaͤmſt ums Lamm,
Denn du warſt darein verliebet
Treuer als kein Braͤutigam.
Nun du dann mit blutgen Kaͤmpfen
Unſre Seel erſtritten haſt,
Soll den Lobes-Schall nichts daͤmpffen,
Keine inn-noch aͤußre Laſt.
Aufgeſtiegnes Reiß von Jeſſe,
Wer verſetzet uns in dich, Trauben, aus der Kelter-Preſſe,
Uberfuͤllt uns mildiglich.
Suͤſſer Weinſtock, laß die Saͤffte
Deiner Wurtzel uͤbergehn,
Und in uns als Reben Kraͤffte
Von der kuͤnfftgen Welt entſtehn.
Myrrhen Buͤſchel, bleibe hangen
Jn der aufgethanen Bruſt,
Und mach unſerm Haupt und Wangen
Deine Bitterkeit zur Luſt.
Baͤum des Lebens, laß uns ſchmecken
Deiner Aepffel Suͤßigkeit,
Und uns den Geſchmack erwecken
Aus der Hingeſunckenheit.
Bild der Unverweßlichkeiten,
Unumſpannter Ceder-Stamm,
Sey uns Kirchen-Zimmerleuten
Gut vor allen Wurm und Schwamm.
Liege unſern Geiſts-Pallaͤſten
Da zum Diamanten Grund,Sey2681733.
Sey der Eckſtein ihrer Veſten,
Ohne den noch nichts beſtund.
Waͤrſt du nur auch ſelbſt der Tempel,
Da man anzubeten kaͤm,
Und des Gottesdienſts Eyempel,
Der dem Vater angenehm.
Wenn wir uns zum Opffer ſtellen,
So ſey du der Brand-Altar,
Sey die Lampe auf den Schwellen,
Und mach alles licht und klar.
Jn die unerſenckten Gruͤnde
Eingeworffnes Ancker-Seil,
Du erklaffterſt alle Schluͤnde,
Werde deinem Schiff zum Heyl.
Sonne, leuchte deinem duͤſtern
Und verſchlaffnen armen Volck,
Werd ihm unter den Philiſtern,
Nachts zum Feuer und Tags zur Wolck.
Hundertfach gecroͤnter Streiter,
Unſre Siege zieren dich,
Dich, den Blut-beſpruͤtzten Reuter,
Ritterlich, ja koͤniglich.
Wagenburg vor unſre Ruͤſtung,
Drinnen unſre Seele hangt,
Du biſt eine Wehr - und Bruͤſtung,
Die mit tauſend Schilden prangt.
Schutz, umzingle unſre Mauren, Stein-Ritz mache uns ein Neſt, Leben, laß uns ewig dauren, Staͤrcke, mach uns Pantzer-veſt.
Siegs-Schwerdt, haue alle Kraͤffte
Finſtrer Geiſterſchafft entzwey,
Und brich durch zum Lichts-Geſchaͤffte,
Biß des Kriegs ein Ende ſey.
Zeuch einher zum Dienſt der Wahrheit,
Als ein ausgelernter Held,Deſ -2691733.
Deſſen Weißheit, Krafft und Klarheit
Stehen bleibt wenn alles faͤllt.
Rath uns, die wir irre gehen,
Niemahls uͤbereilter Rath,
Und damit wir wohl beſtehen,
Unterſtuͤtz es mit der That.
Wir mißgoͤnnen auf der Reiſe
Jſrael ſein Manna nicht,
Wenn nur uns die Geiſter-Speiſe, Brodt vom Himmel! nicht gebricht.
Schneller Hirrſch, zu unſrer Wonne
Steig hernieder aus der Hoͤh, Adler, ſchwing uns hin zur Sonne
Uber die Cryſtallne See.
Aber, weil du auch ſo niedrig,
Als du hoch erhaben biſt,
Gieng es dir vor dem ſo widrig
Als es uns gegangen iſt.
Denn der Feinde Moͤrder-Haͤnde
Haben ſich an dich gemacht, Arme Hindin, und am Ende
Dich gleich einem Lamm geſchlacht.
Ernſte Glut der Tauben-Augen,
Dring in unſre Augen ein,
Daß ſie nichts zu ſehen taugen,
Als was dir gerecht mag ſeyn.
Kaͤmpffender und nach der Ruhe
Nun um ſo viel muntrer Leu,
Lege dich daher und thue
Wunder, und beweiſe Treu.
Zieh an uns, ſind wir doch Knaben,
Und hilff unſerm Unverſtand,
Wenn wir Unflath an uns haben, Waſch uns mit geſchaͤfftger Hand.
Kommſt du denn, uns ab zuſchweiffen,
Und das Waſſer thut nicht gut,Wer -2701733.
Werde uns zur Waͤſcher-Seiffen,
Ja, iſts noth, zur Goldſchmids-Gluth.
Freund und Schmeltzer, du thuſt treulich,
Und probirſt das Gold zur Cron,
Denn ſo bald wir rein und heilig
Wirſt du gerne unſer Lohn.
Menſchen-Freund, du biſt ſo bruͤnſtig,
Laß uns wieder hertzlich ſeyn, Sohn der Liebe, bleib uns guͤnſtig,
Und nimm uns ins Hauß hinein.
Haupt, regiere deine Huͤtte, Huͤter, mache, daß wir ruhn, Meiſter, lehr uns groſſe Schritte
Loß auf die Vollendung thun.
Lehrer, laß es uns erreichen.
Daß dein Zeugniß Wahrheit iſt,
Und dem treuen Zeugen gleichen,
Der vor andre ſich vergißt.
Werde unſrer Thuͤr zum Riegel,
Gegen allen fremden Schwarm,
Und ein unaufloͤßlich Siegel
Auf der Bruſt und auf dem Arm.
Richte unſer Hertz in Zeiten,
Eh du unſer Richter wirſt,
Und ſey in den Ewigkeiten
Unſer wohlgewogner Fuͤrſt.
Haſt du koͤnnen der Verſuͤhner
Deiner argen Feinde ſeyn,
Bleibſt du wohl ein treuer Diener
Deiner eigenen Gemein.
Sey du HErr, wir Unterthanen,
Du der Prieſter, wir das Chor,
Du der Hertzog, wir die Fahnen,
Du Prophet, und wir dein Ohr.
Gnaden-Stuhl, gieb einen Regen, Krafft-Geſalbter, theile aus,An2711733.
An das Creutz geheffter Seegen
Uberſchatte unſer Hauß.
Salomo, dein Zepter-Stecken
Winck uns gnaͤdiglich herbey, Joſua, der Feinde Schrecken,
Mach uns von der Suͤnde frey.
Hochgebohrner Weibes-Saamen,
Heilger Fuͤrſt, Melchiſedech,
Trage alle unſre Nahmen
Auf dem Hohen-Prieſter-Blech.
Du von Millionen Wagen
Jn die Lufft Begleiteter,
Und zu deinem Stuhl getragen,
Und zur Krafft Erhoͤheter.
Hier blieb mir die Zunge kleben,
Weil ſie noch nicht himmliſch war,
JESUS, GOtt mit uns, ſoll leben,
Welch ein Nahme! Er iſts gar.
CXII. Auff den ſeligen aͤlteſten Martin Linner.
Und wo nehm ich Worte her,
Worte, die den Grund der Seelen
Nicht verheelen,
Worte, welche jederman
Faſſen kan?
Geiſt der Gnaden! deine Regung,
Deine dringende Bewegung,
Naͤhm ich ietzt mit Freuden an.
O du auserwaͤhltes Glied
Des verklaͤrten Creutzes-Stammes,
Unſers Lammes;
Deſſen Geiſt der Aeltſten Schaar
Nahe war,
Und den Vier beruͤhmten Zeugen,Wel -2721733.
Welche Tag und Nacht nicht ſchweigen,
Sondern rufen: Er iſts gar.
Unſre Seele ſegnet dich.
Zwar das Beßre ſolte Segen
Auf uns legen,
Und du ſegneſt uns auch gern
Jn dem HErrn;
Aber deine tiefe Demuth
Uberſieht es unſrer Wehmuth,
Daß ſie ſich vom Ziel entfern.
Schweigen wird das Beſte ſeyn:
Denn gewiß, die Worte fehlen
Zu erzehlen,
Was du uns geweſen biſt;
JEſus Chriſt
Weiß dich nur allein zu ſchaͤtzen,
Und dein Bildniß einzuaͤtzen,
Weil es ſeine Arbeit iſt.
Recht zu klagen hab ich nicht:
Denn es eilten Linners Schritte
Aus der Huͤtte,
Eh er unſer Aeltſter hieß,
Und ich prieß
Unſers Biſchoffs kraͤfftge Gnade,
Die ihn mitten in dem Pfade
Drey Jahr Halte machen ließ.
Nun, wo iſt die Blumen-Streu?
Die Gebeine zu bedienen,
Die nun gruͤnen?
Meine ſoll in dem beſtehn:
Jch will flehn,
JEſus ſoll, nach deinem Triebe,
Meine allzu herbe
(*)Denn der ſeelige Aelteſte war mit des Autoris Haͤrte nicht zufrieden.
(*) Liebe
Jn die linde Lieb erhoͤhn.
CXIII. 2731733.
CXIII. Auf eben denſelben in der Gemeine Nahmen.
Der Geiſt der Aelteſten kam ploͤtzlich uͤber dich,
Du Ehr-erbietiglich geliebter Hertzens-Bruder!
Er leitete dich recht, und treu und maͤßiglich;
Drum ſahen wir genau auf dich an unſrem Ruder.
HErr, HErr und Ober-Haupt und Waͤchter unſrer Huth!
Nimm mit Gewinn und Danck dein wohl-gebrauchtes Guth.
Und du, du unſer Fuͤrſt und Zeuge in der Wolcke!
Beſtaͤtigt Linner nicht, was dir ſo wohl bewußt
Und was dein Mund biß jetzt bezeugt von deinem Volcke,
Womit du je und je dem Klaͤger Einhalt thuſt?
Ja, unſre Seele weiß, daß Linner frey bekennt: Daß Herrnhuth dich mit Luſt Herr ſeinen Herren nennt.
Mann! ſpricht er nach der Art von unſrer Rede Ziel, Dein Tod, dein Tod am Creutz, dein blutiges Erwer - ben.
Das war der tiefe Text im Sinn und im Gefuͤhl
Aufs Leben unſrer Schaar. aufs Leyden und aufs Ster - ben,
Den der zur Danckbarkeit erregte Hertzens Grund
Mein und der Meinigen bißher allein verſtund
Haupt (ſetzet er hinzu) und Lehrer der Gemeinen!
Jch bitte dich vor die, ſo du mir anvertraut,
Laß ihr das blutge Licht recht warm, recht nahe ſchei - nen,
Biß ſie dabey das Hauß des Glaubens ausgebaut.
Das Hauß, von dem es heißt, daß es dein Wohn-Ge - baͤu
Und auch der Pfeiler Grund von deiner Wahrheit ſey.
Weil dieſer Zeugen Wunſch der Lohn des Lammes iſt.
Seit dem es ſeine Stirn fuͤr uns hat ſchaͤnden laſſen,
So weiß dein Streiter-Zelt, HErr! daß du willig biſt,
Es mit dem Siegs-Pallaſt in eine Schnur zu faſſen. SDrum2741733.
Drum, Seel’ger-Aelt’ſten-Geiſt! fall vor den Fuͤrſten hin,
Und danck dem Lamm und ihm in dein und unſerm Sinn.
Wir habens wohl erkannt und merckens immer beſſer,
Daß nichts ſo ſelig iſt, als unterm Creutze ſtehn,
Das Creutz-Reich werde uns bey Schmach und Ehre groͤſſer!
O Mit-Knecht wollteſt du uns dieſe Gnad erflehn!
Doch, Heyland! bete du. Drum Creutz-Reich gutes Muths,
Wir glaubens, Linner ſiehts. Der Vater Chriſti thuts.
CXIV. Bey des M. Bardili Be - graͤbniß.
Die Gnade iſt gewiß noch allzu unbekannt,
Die Gnade, eine Krafft, von Millionen Zungen
Bald mit Beweglichkeit, bald nur mit Unverſtand,
Daheim und offentlich, bezeuget und beſungen.
Was wird noch aus der Welt? Wie groß iſt ihre Noth!
Wie iſt das Leben ſelbſt den Todten noch ſo todt!
Kan der vom Gnaden-Stuhl zuruͤck geſchreckte Geiſt,
Kan er den Sinn des HErrn nicht gaͤntzlich vorenthalten;
So, daß ein Menſch erfaͤhrt, was Gnade GOttes heiſt:
So bildet er das Wort in ſeltſame Geſtalten;
Bald gehts dem Glauben ab, bald eignen Wercken zu,
Bald macht er, daß man glaubt, damit man wenig thu.
Was iſt doch eigentlich am Mißverſtande ſchuld?
Und iſts kein Mißverſtand, wer haͤrtet das Beginnen (Das wie ein Wezſtein iſt der Goͤttlichen Gedult,)
Des Volcks von frecher Stirn, von Diamantnen Sinnen,
Von unbeſchnittnem Ohr und halb-verweßten Geiſt,
Und deſſen Sprichwort doch auch: Unſer Vater heißt?
(Jer. 3, 3. 4.
Nicht GOtt! Dann welcher Menſch ihn dieſer Sache zeyht,
Der macht den Schoͤpffer ſelbſt ſehr deutlich zum Betruͤger,
Und damit wird zugleich das Hauß der Menſchlichkeit (Dann das Geſetz iſt aus) ein Sammel-Platz der Tyger.
Wer anders, als ein Geiſt der Luͤgen, hats erdacht,
Daß GOtt uns anders lehrt, und gleichwohl anders macht?
Wie2751733.
Wie denckt ein weichlich Hertz von Wolluſt aufgeſchwemmt,
Auf Mord und Blut-Gedicht? Mit Zittern und mit Be - ben.
Wo iſt ein ſtoltzer Mund, der ohne Ruͤge ſchlemmt?
Welch tieff-Sinn iſt gemeint der Faulheit Recht zu geben?
Ein Lenden-lahmer Menſch iſt aller Sorge feind.
So, daß auch der Natur manch Boͤſes boͤſe ſcheint.
Und dieſes iſt ſo wahr, daß, wenn ſichs etwa fuͤgt,
Daß Geitz und Ruh und Stoltz und Weichlichkeit ſich gatten,
Und eins ums andere bald ob-bald unten liegt,
So wird derſelbe Menſch ein falſcher Tugend-Schatten,
Darum iſts offenbahr, daß nach des Schoͤpffers Rath,
Der Menſch zum Gutes-thun den freyen Willen hat.
So lehrt, ſo macht er uns nach ſeinem guten Sinn.
Wie daß die Menſchen doch im Grunde gar nichts taugen,
Und warum giebt der HErr ſie ihnen ſelber hin,
Und laͤſt ſie ſo viel Gifft aus ihrem Willen ſaugen?
Das macht das Grund-Geſetz zum Seegen und zum Bann
Jſt diß: Man Liebt nicht recht, wann man nicht Haſ - ſen kan.
Das unbedungne Muß gehoͤrt vor Stein und Holtz,
Vor Coͤrper, die nur bloß getriebene Machinen,
Daß auch ſo gar ein Thier entdeckt Verdruß und Stoltz,
Und Faulheit, Zorn und Brunſt, und Neid durch ſeine Mi - nen.
Bey einem Thiere geht die Sclaven-Zucht noch gut;
Weils endlich nur darff thun, wenns gleich nicht gerne thut.
All ein, du edler Menſch, der Creatur ein Herr,
Des Schoͤpffers Augenmerck, das Luſt-Spiel guter Gei - ſter,
Du ſehnliches Object der finſtern Wanderer,
1. Pet. 5, 8.
101
Dir offenbahrt ſich GOtt als Freund, nicht nur als Mei - ſter:
GOtt braucht dein Machen nicht, er will geliebet ſeyn,
GOtt haſſen bringt die Hoͤll ins Paradiß hinein.
S 2Drum2761733.
Drum iſt der Mißverſtand und klaͤgliche Verſtoß
Der Menſchen, die ſich ſonſt der Gnade ruͤhmen muͤſſen:
Sie ſtellen das Geſchaͤfft der Seeligkeit zu bloß,
Sie ſetzens ins Gebot, in Formen-Ding, in Wiſſen,
Jn Kuͤnſteln, in Begriff, in deutlichen Verſtand;
Nur Eins, das Einige, bleibt ihnen unbekannt.
Drum ſpricht der groſſe Mann, auf welchen Juda hofft,
Und den auch Mahomet den Friede-Fuͤrſten nennet, Wir aber unſern Herrn; drum ſaget er ſo oft,
Der Zeuge, der den Quell der tieffen Gottheit kennet,
Der aus des Vaters Schoß zum letzten Zeugniß kam,
Er ſagt: Der Menſch iſt Braut, und GOtt iſt Braͤutigam.
Jhr Menſchen (faͤhrt er fort) der erſte Menſche fiel,
Und hat ſich GOttes Feind zur Knechtſchaft uͤberlaſſen;
Und duͤnckt euchs fremden Fall zu buͤſſen allzuviel,
So pruͤfft euch, pflegt ihr GOtt nicht vor euch ſelbſt zu haſſen?
Doch den Zuſammenhang laßt nur auf ſich beruhn.
Jhr koͤnnet, wann ihr wollt, was weſentliches thun.
Jch habe, (wundert euch des groſſen Handels nicht,
Jhr lernt die Liebe erſt, ich bin die Liebe ſelber)
Jch habe dieſen Fall und dieſen Fluch geſchlicht,
Jch werd ein Menſch wie ihr, ein Opffer wie die Kaͤl[-]ber.
Die menſchliche Vernunfft ſpricht Nein, das Hertz ſpricht Ja,
Macht nur, daß euer Will zum Hertzens-Grunde nah.
O eine ſeelige, o Heyls-Confußion!
Wann in dem ſteinernen Gemuͤth das Wort der Gna - den,
Mit einem ſchmetternden doch angenehmen Thon,
Den Witz betaͤuben kan, den Muth zur Liebe laden.
Die Predigt, die das thut, heißt Evangelium;
Die Welt iſt taub dazu, und manche Lehrer ſtumm.
HErr JEſu, etliche, die Hertzog Eberhard,
Ein Amtmann deines Reichs (dann du biſt HErr auf Er - den) Jn2771735.
Jn dieſer hohen Schul zu groſſem Zweck bewahrt,
Die ſollen dir zum Ohr und Mund bereitet werden,
Sind, (welch ein Wunder-Gluͤck!) ſie ſeyn dahin gericht,
Daß Hertz, Verſtand und Will zur Gnade Amen ſpricht.
Der gute Bardili, den jetzt die Ewigkeit (Wie ſeiner Huͤtte Raum ein Erd-Kloß) uͤberdecket,
Ward unter andern auch vor GOttes Lamm geweyht,
Und wie gewoͤhnlich erſt zur Seligkeit erſchroͤcket,
Getroͤſtet und ermahnt, gelocket und geſtaͤupt,
Und Chriſto endlich doch wahrhafftig eingeleibt.
Die Zucht war ſeinem Sinn, der leichtlich ausgeſchweifft,
So ſelig als uns offt zur Reinigung das Fieber,
Und wann ſich mancherley im Jnnern aufgehaͤufft,
So zitterte hernach die gantze Huͤtte druͤber:
Einſt fuhr die Liebe zu, die ſich auch Weißheit nennt!
Und ſiehe, Bardili ward reine ausgebrennt.
O ſeliger Verluſt der Jahre dieſer Zeit!
O heiliger Beruff aus dieſer Suͤnder Hoͤle!
Hier brauchts der Klage nicht, hier giebt es Froͤlichkeit,
Und Danck und Lob-Geſang von der erkaufften Seele,
Jhr Zoa alle vier, ihr ſeyd doch ohne Ruh,
Offenb. 4, 8.
101
Rufft auch vor Bardili dem Wuͤrge-Lamm, Gluͤck zu!
Er ſagte, als das Haupt zur Ruhe niederſanck,
*GOtt ſey Danck. 1. Cor. 15, 57.
* Gott der mich durchgebracht, ſey inniglich geprieſen;
Um einen Augenblick, ſo war er nicht mehr kranck,
Und in den Gnaden-Ort der Geiſter eingewieſen.
Jhr Bruͤder! merckts und wacht, die Liebeſpielet nicht,
Wen ſie gereinigt hat, der wandle auch im Licht.
Wie wohl, wie gut iſt uns, wann wir der Huͤtten Hauß
So wie ein Handwercksmann die Werckſtatt ernſtlich brau - chen,
Und wiſſen, wann der Tag der Arbeit endlich aus,
Und unſer letzter Schweiß in JESU Hertz darf rauchen.
(Hohel. 3, 6.
102S 3So2781733.
So geht der Wuͤrckſtuhl ein, der nicht mehr noͤthig iſt,
Das Werck wird beygelegt, der Arbeits-Mann gekuͤßt.
HErr, der du unſern Freund, der jetzt in Frieden ruht,
Mit uns durchs Gnaden-Wort zu einem Ziel geheiſchet,
Und unſerm dir nunmehr gantz ungeſchwornen Muth
HErr! deine Creutzes-Krafft erſt geſtern eingefleiſchet,
Er ſinge dir dafuͤr, ſo gut er ſingen kan.
Wir gehn aufs neue hin ins ſanffte Joch-Geſpan.
Matth. (11. v. 29.
102
CXV. Auf Hrn. Heinrich des 29ten 34ten Geburts-Tag.
Mein Bruder! koͤnnt ich wohl an dieſem Tage ſchwei - gen,
So ſehr mein Dichten ſonſt bisher geruhet hat!
Hie hat kein Stille-ſeyn, hie hat kein Schweigen ſtatt,
Vor meinem Koͤnige will ich mich ſachte neigen:
Denn Worte machen auch die Sache da nicht aus,
Hier rede meine That, ſo wird ein Danck-Lied draus.
Allein erblicke ich der Menſchen Trauer-Hauffen,
Die von der Finſterniß ſo hart geblendet ſind,
Daß keins an Chriſti Krafft was Weſendliches find,
Die an den Fels des Heyls gewohnt ſind anzulauffen;
So wird in meiner Bruſt ein Jammer-Thon geſpuͤhrt.
Was! denck ich, hat der HErr die Leute nie geruͤhrt?
Zwey, drey mahl und noch mehr, allein der Hinderniſſe,
Jſt eine ſolche Zahl, die nicht zu faſſen iſt.
Mein Heyland, waͤrſt du nicht ſo ritterlich geruͤſt!
Kein Wunder, daß die Welt dich voͤllig niederriſſe.
Vor dieſen dachte man noch auf Entſchuldigung;
Jtzt ruffſt du, niemand kommt, und damit iſts genung.
Gewiß, die Zeit iſt da, die unbegreiflich iſt,
Man hat ſich ein Geſpenſt von Chriſtenthum geſtaltet,
Das der Gerechtigkeit und Heilgung Platz verwaltet,
Und wer darauf nicht bleibt, was er im Zeugniß lißt,Jm2791733.
Jm Zeugniß, das uns auch vor Satanas verthaͤdigt,
Der wird an Haupt und Hertz aufs toͤdlichſte beſchaͤdigt.
Wir haben uns, GOtt lob! zwoͤlff Jahr daher gekannt,
Wir wiſſen was der HErr vor Zuͤge an uns bringet,
Und wie er nach und nach zu ſeinen Fuͤſſen zwinget,
Was ihm nicht eben iſt, und hat die Oberhand.
Dein Herrenhutiſches bewaͤhrtes Pilger-Leben
Kan uns von deinem Sinn erſt rechte Nachricht geben.
Ein Volck, das an der Stirn und Bruſt gezeichnet geht,
Das ſeines Tauff-Bunds Krafft nicht gern verrauchen laͤſ - ſet,
Dem andrer Seelen Noth manch Seuffzen ausgepreſſet,
Ein Volck, das nach dem Winck der Liebe geht und ſteht,
Sonſt abgeſchieden lebt, bezeuget offenbahr,
Wie dein Zugegenſeyn ihm recht erbaulich war.
So eile denn dahin, wo dich dein HErr geſetzt,
Geh von dem Volck des HErrn viel hundert mahl geſeeg - net,
Getroſt, wenn dir hinfort zuweilen was begegnet,
Das unter Chriſti Schutz die Leidenden ergoͤtzt,
Wenn du dich vor der Welt und Eitelkeit verriegelſt,
Und die Gedult am Reich mit deiner Treu verſiegelſt.
Natur und Gnade hat uns vielfach angeſchnuͤrt;
Und waͤr ein Menſchen-Kind noch nach dem Fleiſch zu ken - nen,
So muͤſt ich dich gewiß allein dazu ernennen:
Denn eines hat bey uns das andre eingefuͤhrt.
Jch kan mich unſers Bands von auſſen nicht erinnern,
Es faͤllt mir alſobald ſehr vieles ein vom Jnnern.
Der HErr, der uns geſetzt, daß wir uns nahe ſeyn,
Der ſpreche uͤber uns aus den Gemeinſchaffts-Seegen:
Und will ſich eine Krafft der Nacht dazwiſchen legen,
So wolle uns davon ſein Gnaden-Strahl befreyn.
Jch will, ſo lang ich bin, dich und dein Amts-Geſchaͤffte
Mit bruͤderlicher Treu bedienen. HErr, gieb Kraͤffte.
S 4CXVII. 2801733.
CXVI. Auff Herr Kruͤgelſteins, Medici in Herrnhuth, Verehligung mit der Anna Goldin aus Maͤhren.
Errettet werden wollen,
Jſt was wir ſollen:
Von Chriſti Salbungs-vollen
Verſoͤhnungs-Kleid,
Jſt reichlich hergeqvollen
Die Moͤglichkeit.
Wenns Auge halb verſchwollen
Laͤſt Thraͤnen rollen,
Und wir nur Seuffzer zollen;
Jſt gute Zeit.
Der erſte Ruff erwecket;
Der Anblick ſchrecket,
Man ſieht ſich ſelbſt verſtecket
Jns Grabes Grufft.
So bald man Gnade ſchmecket;
So kriegt man Lufft.
Wenns Licht ſich weiter ſtrecket,
Das uns gewecket,
So wird die Klufft bedecket, Die Todten-Klufft.
Das Auge, dem die Suͤnden
Jns Hertzens-Gruͤnden,
Als aus vergifften Schluͤnden,
Entgegen gluͤhn;
Sieht nahe am Erblinden
Den Dampff verziehn:
Denn Chriſti Liebes-Zuͤnden
Macht ihn verſchwinden;
Drum kan ſein Blick nichts finden.
Als Jhn, als Jhn.
O2811733.
O Braͤutigam der Hertzen!
Dies nicht verſchertzen,
Zuͤnd an die Glaubens-Kertzen!
Mach hell entbrandt
Was Suͤnd und Hoͤlle ſchwaͤrtzen!
Natur-Verſtand
Sucht deinen Todt und Schmertzen
Gantz auszumertzen.
Jch will die Wunden hertzen
Jn Seit und Hand.
O ſeliges Gemuͤthe,
Das ſeine Guͤte,
Als es ſich aͤngſtlich muͤhte,
Zur Ruhe bracht,
Und in dem Creutz-Gebiete
Zum Buͤrger macht!
Dein feuriges Gebluͤte,
Das ſchmertzlich gluͤhte,
Und Liebes-Funcken ſpruͤthe,
Hats angefacht.
Das Schaͤflein, das der Hirte,
Als es noch irrte,
Gar liebreich an ſich kirrte,
Ward ſonſt geregt;
Jhm ward auf gruͤner Myrrte
Luſt eingelegt;
Das Welt-Getoͤſe klirrte,
Der Feind verwirrte,
Doch hats der gute Hirte.
Seht, wie ers traͤgt!
Was ſoll man mehr verweilen
Das Wort zu theilen?
Laſt uns zur Deutung eilen.
Hier iſt ein Paar,
Das von des Feindes Pfeilen
Verwundet war. Die2821733.
Die Liebe lies es heilen
Von ſeinen Beulen,
Vom Stoltz, vom eitlen Geilen
Bey unſrer Schaar.
Hebt auff ihr theuren Glieder
Die Augen-Lieder;
Nein, ſchlagt ſie zuͤchtig nieder!
Der HErr iſt nah.
Es bathen ihn die Bruͤder
Komm Jehovah,
Du und dein Licht-Gefieder
Vom Streite wieder,
Hoͤr unſre Hochzeit-Lieder:
Der HErr iſt da.
Gewiß, der Augen Wincken
Gedaͤmpfftes Blincken,
Und Ehrerbietungs Sincken,
Zeigt euren Sinn.
Jhr laſt euch Freude duͤncken,
Der Cr eutz - Gewinn.
Statt mit der Welt zu hincken,
Wird ſie euch ſtincken.
Jhr wollt vom Heils-Kelch trincken;
Da nehmt ihn hin!
Die Liebe wird euch leiten,
Den Weg bereiten,
Und mtt den Augen deuten,
Auff mancherley.
Ob etwa Zeit zu ſtreiten,
Ob Raſt-Tag ſey.
Wir ſehen ſchon von weiten
Die Grad und Zeiten
Von euren Seeligkeiten,
Geliebte Zwey!
Jhr ſeyd nicht einſam blieben:
Drum lernt euch uͤben,Mit2831733.
Mit ſtaͤrckern Gnaden-Trieben,
Als Eins allein.
Jhr ſeyd am Stamm beklieben,
Der Creutz-Gemein:
Drum lernt gemeinſam lieben,
Euch mit Betruͤben,
Und alle Laſten ſchieben,
Die unſer ſeyn.
Du kenneſt die Gemeine, HErr! ſie iſt Deine,
So unbekannt, ſo kleine
Man ſie ermiſt;
So iſt ſie doch die Eine,
Die ſich vergiſt,
Damit ſie voͤllig reine
Vor dir erſcheine.
O Liebe! Ach umzaͤune
Was ihre iſt.
Gehuͤlffen! ſeyd zufrieden,
Jhr geht in Glieden;
Die Laſt, die euch beſchieden,
Hat ihr Gewicht. Das Joch iſt einem jeden
Drauff eingericht!
Geht, laſt das Fleiſch hienieden,
Zu Tod ermuͤden;
So wird ſein Gifft verſieden,
So ſterbt ihr nicht!
CXVII. Auf der Graͤfin 33ten Geburts - Tag.
Fuͤr uns verwundes Lamm!
Mit keines Menſchen Zungen,
Nach Wuͤrdigkeit beſungen:
Weil ſich der Adern Schlamm
Noch in die Kolen miſchet.
Jeſ. 6, 6. 7.
102Und2841733.
Und in den Gliedern ziſchet,
Die wie ein todter Zahn
Doch noch nicht abgethan.
Wie waͤrs, man ſchwiege gar,
Und ließ vors Geiſtes wittern, Die Glieder heilig zittern,
Jeſ. 6, 5.
102
Bis auf das kleinſte Haar,
Luc. 24, 41.
102 Die Augen moͤchten thraͤnen,
Hoſ. 12, 4.
102 Das Jnnerſte ſich ſehnen,
Joh. 20, 14. 15.
102 Die Sinnen giengen zu,
Geſch. 22, 11. Offenb. 1, 17.
102
Und daͤchten: Lamm nur du!
Joh. 20, 16.
Wo bliebe denn der Mund?
Pſ. 51, 17.
102
Wer kan die Liebe kennen,
Und ſie nicht Liebe nennen?
Joh. 20, 28.
102
Du treuer Fuͤrſt vom Bund!
Wie ſolten deine Zeugen,
Joh. 1, 8.
102
Vom Bundes-Blute ſchweigen?
Pſ. 116, 13.
102Gezeugt, ſo ſchlecht es klingt! Geſungen, daß man ſingt:
HErr! hier iſt eine Magd
Von einem ſolchen Stande,
Der in dem Vater-Lande,
Jac. 2, 6. 7. Pſ. 49, 21.
102
Gar ſelten viel beſagt,
Matth. 11, 8.
102
Und dem der Geiſt in Schrifften,
Kein Ehren-Mahl will ſtifften,
Luc. 16, 19. 25.
102
Der Geiſt, der Zweifels frey,
Weiß, was im Menſchen ſey.
Ja, Vater, du haſt recht!
Matth. 11, 25.
102
Rufft dort die weiſe Liebe Daß deiner Weißheit-Triebe,
Die Hoheit viel zu ſchlecht.
Und Paul: Seht an ihr Lieben,
Wo ſind die Edle blieben?
1. Cor. 1, 20.
102
Ein andrer Zeuge ſpricht: Erhebt die Reichen nicht.
Jac. 2, 23.
Zwar redet auch die Schrifft,
Von etlichen der Fetten,
Pſ. 68, 23.
102Die2851733.
Die ihre Seele retten:
Theils groſſe, die es trifft,
Sind Ammen und ſind Pfleger,
Jeſ. 49, 22.
102
Und GOttes letzte Jaͤger,
Jer. 16, 16.
102
Theils bringen ihre Macht
Mit in die Salems Pracht.
Offenb. 21, 24.
Allein wo ſiehet man
Die Groſſen, die ſich lieber, (Weils doch ſo bald voruͤber,)
Mit jenem Schmertzes-Mann,
Jn ſeine Leyden wagen,
Ebr. 11.
102
Als Ehren-Zeichen tragen,
Und lieber arm und klein,
Als reich und maͤchtig ſeyn.
Wo iſt der Koͤnig hin,
Der vor des Bundes-Lade,
Mit aufgebrachtem Pfade,
Und eingekehrten Sinn,
Das Chor der Maͤgde fuͤhrte,
Und ſeine Harffe ruͤhrte,
Und der bey aller Schmach,
Von nichts als Ehre ſprach.
2. Sam. 6.
Seht doch das Koͤnigs-Weib,
Bedeckt mit Berlen-Stuͤcken
Sich auf den Boden buͤcken!
Der Purpur ziert den Leib,
Der Sinn iſt allewege Geniedrigt vor dem Hege,
Eſth. 2, 15. c. 5-3. c. 2, 20.
102
Und die den Ochus bindt,
Bleibt Mardachai Kind.
Jhr Bruͤder Miſael
Dan. 3.
102
Ruͤckt unſerm Geiſte naͤher!
Und du gebeugter Seher,
Am Waſſer Hideckel!
c, 10, 8. 9. c. 1, 12. c. 3, 17.
102
Beym Gluͤcke zeugt ihr Demuth,
Und Friede bey der Wehmuth,An2861733.
An Armuth ſeyd ihr reich;
v. 18. Offenb. 3.
102
Diß iſt der Zeuge Zeug.
HErr JEſu lehre doch,
Die Erdmuth Dorothee,
An der ich Gnade ſehe, Geſchicklichkeit ins Joch,
Und Luſt zum heilgen Streite,
Und Muth an meiner Seite,
So groß und auch ſo klein,
Als die Hadaßa ſeyn.
Ja Vater! weil du dir
Jn Gnaden laͤßt gefallen,
Daß wir im Creutz-Reich wallen,
Und unſrer Schilde Zier, (Das Antheil von der Erde)
Mit Schmach gecroͤnet werde;
So zeuge aller Welt,
Daß JEſus Treue haͤlt.
Laß uns geringe ſeyn,
Und wenn es dir gefaͤllet,
Noch mehr zuruͤck geſtellet,
Wir willigen darein.
Nur laß uns auch erfahren
Jn unſerm Pilgrims-Jahren,
Daß eine kleine Krafft,
Gewiſſe Arbeit ſchafft.
CXVIII. Auff der Anna Nitſchmannin, Ael - teſtin zu Herrnhuth, 18ten Geburts - Tag.
Auge meines Heylands,
Wende dich zum Guten,
Das du durch dein ſchmertzlichs Bluten,
Wieder eingeſaltzen:
Denn es war verdorbenDumm2871733.
Dumm und gaͤntzlich ausgeſtorben:
Und die Seel
Jn der Hoͤhl,
Muſte gar durchs Lieben,
Eine Feindſchafft uͤben.
Nahes Liebes-Weſen,
Sihſt du deine Seelen,
Jn den neu-belebten Hoͤhlen.
Annoch eingeſchloſſen,
Aber von der Liebe (O das macht gedrungne Triebe)
Lange ſchon,
Jn der Cron,
Deines Reichs voll Frieden
Seliglich beſchieden.
Nahe her, du Auge,
Des erwuͤrgten Lammes.
Wir ein Lohn des Creutzes-Stammes,
Liegen dir zu Fuͤſſen,
Aeuſſerlich bekrieget,
Aber inniglich vergnuͤget,
Daß wir nur
Eine Spur
Vor das Hertz gefunden,
Lamm in deine Wunden.
Auserwaͤhlter Braͤutgam
Derer, die die Thronen,
Deiner Herrlichkeit bewohnen,
Aber auch der Seelen,
Jn dem Schutz Hegal,
Und der Zucht des Mardachai,
Nimm den Pfeil,
Und zertheil,
Aller deiner Dirnen,
Zungen, Hertz und Stirnen.
CXIX. 2881733.
CXIX. Weynachts-Gedancken.
Fuͤr uns gebohrnes Kind!
O Sohn! vor unſer Leben
Jn einen Tod gegeben,
Der Tod und Hoͤlle bindt.
O moͤchten wir uns ſchmiegen
Kind! biß zu deinen Wiegen!
O waͤren wir ſo klein,
Als du im Krippelein.
Hierher Vernunfft und Witz!
Da liegt ein Mann in Bindlein
Der abgerißnen Windlein,
Der auf dem ſtoltzen Sitz
Der rechten Hand der Kraͤffte
Und ſiegenden Geſchaͤffte,
Den Nahmen und die That
GOtt aller Goͤtter hat.
Er heiſſet Wunderbahr:
Und alle ſeine Nahmen
Verſiegelt er mit Amen, (Dem Ewigen fuͤrwahr)
Der Eingang war zur Krippe;
Der Ausgang durch die Klippe.
Ein ungebahnter Weg,
Ein wunderbahrer Steg.
Jhr Maͤnner hergenaht!
Hier ſind die Weißheits Throne:
Jhr findet bey dem Sohne
Den allertreuſten Rath;
Und euer Pilger-Wandel
Und euer Streiter-Handel
Wird, durch dis klare Licht,
Vollkommen eingericht.
Jhr Frauen! eure Laſt,
Jn dieſen Arbeits-Tagen,Mit2891733.
Mit Tapfferkeit zu tragen,
Und ohne traͤge Raſt
Das Werck in euren Haͤnden
Zu kehren und zu wenden,
Damit es Seegen ſchafft;
Greift zu! hier liegt die Krafft.
Du muntre Juͤnglings-Schaar. (Nicht ihr noch Lenden lahme
Und leider allzu zahme
Veraͤchter der Gefahr,)
Laſt euch den groſſen Helden,
Den GOtt mit uns, vermelden.
Seht, daß ihr fertig ſteht,
Wenn er zu Felde geht.
Jhr Jungfern wiſſet wohl:
Der Vater kan erwehlen,
Ob ſich das Kind vermaͤhlen,
Obs einſam bleiben ſoll?
Ach! wuͤrden eure Sinnen
Des ewgen Vaters innen,
Und gaͤben Hertz und Sinn
Jn ſeine Sorge hin.
Der mit der argen Welt,
Und mit der Suͤnde krieget,
Und Belial beſieget,
Und ewig Treue haͤlt;
Der ſey auch unſrer Kinder
Der armen kleinen Suͤnder,
Die nach der Gnade duͤrſt,
Jhr wohl gewogner Fuͤrſt.
Ja Amen! das ſey wahr:
Du Fuͤrſt der ſtillen Choͤre!
Du Held der GOttes-Heere!
Krafft, Rath und Wunderbahr.
Wir ſchwern zu deiner Krippen,
Mit Hertzen und mit Lippen,TWir2901733.
Wir folgen deiner Spur
Zur goͤttlichen Natur.
CXX. Auff ſeiner Tochter 7ten Geburths - Tag am Tage der unſchuldigen Kinder.
Du von der Gnad erregte
Mit Macht bewegte
Und in den Grund gelegte
Je mehr und mehr;
Du bey der kleinen Maͤgde
Begluͤcktem Heer
Aus Gnaden mit gehegte
Bißher gepflegte
Und Chriſto eingepraͤgte
Benigna hoͤr!
Der abgejagten Huͤndlein
Zum Wuͤrge-Stuͤndlein
Mit Blut-verſtellte Muͤndlein
Schreyn Himmel an,
Ein jedes hat ſein Pfuͤndlein
Wohl ausgethan.
Jhr, ihr ins Lebens-Buͤndlein
Mehr als in Windlein
Hinein gehuͤllte Kindlein,
Macht JEſu Bahn!
Jndem nun wir vom Bunde
Aus Hertzens Grunde
Mit Lob-erfuͤlltem Munde
Diß Heer erhoͤhn,
Und gleichſam ihre Wunde
Noch vor uns ſehn,
Rufft zu derſelben Stunde
Der HErr der Pfunde
Dir auf dem Erden-Runde
Herfuͤr zu gehn.
Gleich2911734.
Gleich iſt er mit Verlangen
Dir nachgegangen
Und hat mit Siege Prangen
Zu deinem Gluͤck
Dein zartes Hertz gefangen
Den Augenblick,
Da dich die Welt empfangen
Und alle Schlangen,
Die ſich an dich gehangen,
Trieb er zuruͤck.
Der Feind ſucht jungen Hertzen
Durchs eitle Schertzen
Und ein verfuͤhriſch Hertzen
Ein Gifft zu ſaͤ’n,
Die hellen Gnaden-Kertzen
Gar auszuwehn,
Die Unſchuld zu verſchwaͤrtzen,
Ja auszumertzen,
Dir muſten lauter Schmertzen
Durchs Hertze gehn.
Gelobet ſeyn die Zuͤge
Seit deiner Wiege,
Die das Gericht zum Siege
Hinaus gebracht,
Und deine Bruſt gefuͤge
Und ſanfft gemacht,
Und daß dein Geiſt ſich ſchmiege,
Vor Chriſto biege
Und ſeine Salbung kriege
Das Fleiſch geſchlacht.
Soll ich in dieſen Tagen,
An ſtatt zu klagen,
Dem HErrn ein Woͤrtlein ſagen
Dir zum Behuff,
Und deſſen Mund befragen, Kind! der dich ſchuff,T 2Und2921734.
Und uͤber manche Plagen
Hinweg getragen Zu Amminadibs Wagen
(*)So heiſſet Hohel. Sal. 6, 11. der Wagen eines freywilligen Volcks, das iſt eine Gemeine JEſu.
(*) Geh dein Beruff!
CXXI. Neu-Jahrs-Gedancken.
Fuͤr uns geſalbtes Haupt,
Fuͤr uns gezeugter Saame,
Fuͤr uns genannter Nahme,
Fuͤr jeden, der es glaubt:
Du ſiehſt vor deinen Thronen,
Wo Majeſtaͤten wohnen;
Du ſiehſt diß kleine Heer.
Ach! wenns das Groſſe waͤr.
Wir leben ja darum,
Daß wir dem JEſu leben,
Der ſich fuͤr uns gegeben,
Wir ſuchen um und um
Jm Großen wie im Kleinen,
Es treu mit Jhm zu meynen:
Wir ſuchens: Aber ach!
Das iſt noch nicht die Sach.
Dich lieben, lieber GOtt!
Das iſt zur Pflicht geworden
Bey dem gefallnen Orden,
HErr, dir und uns zum Spott.
Dich lieben, dich umfaſſen,
Sich deinen Haͤnden laſſen,
War erſt der Creatur
Pur lautere Natur.
Wir haben abermahl,
Du Alter auſſer Jahren,
Ein Jahr daher erfahren
Den Trieb der Gnaden-Wahl,(Wir2931734.(Wir greiffens mit den Haͤnden,)
Sie laͤſt ihr Werck nicht ſchaͤnden:
Und wers nicht ſehen kan,
Der iſt ein blinder Mann.
Ja, Amen! du haſt recht,
Dein Ja iſt Ja geblieben,
Und Herrnhuth iſt beklieben,
Dein eigenes Geſchlecht:
Dein Nein wird Nein bedeuten,
Durch alle Ewigkeiten.
Sprichſt du zu etwas Nein,
Das fall uns nimmer ein.
Wer iſt nun noch bey GOtt?
Jhr Bruͤder, wer kans ſagen?
Doch iſts auch noth zu fragen?
Solt ein gerechter Loth
Jn Sodoms Suͤnden-Mauren
Bey ſeinem GOtte dauren,
Und wir bey Salems Schein
Der Liebe untreu ſeyn.
O nein! in unſrer Schul
Lernt man zu Chriſti Fuͤſſen
Von Gnad auf Treue ſchlieſſen,
Vom Kampff auff Chriſti Stuhl,
Wir lernen uns verkennen,
Wir lernen JEſum nennen,
Und jedes Wort das hafft,
Und wird zu Geiſt und Krafft.
Erſcheine, groſſer Freund!
Jn deiner Creutz-Gemeine,
Jn Herrlichkeit erſcheine:
Errette manchen Feind
Zu dieſen Gnaden-Stunden
Jm Steinritz deiner Wunden,
Biß er mit uns zugleich
Liebt die Gedult am Reich.
T 3Uns2941734.
Uns aber ſegne du
Mit einem neuen Seegen
Auff unſern Gnaden-Wegen:
Gieb der Gemeine Ruh,
Den Aeltſten Liebes-Blicke,
Den Wuͤrckenden Geſchicke,
Den Wanderern ein Dach,
Den Muͤden dein Gemach.
Gieb Maͤnnern Muth zum Streit,
Den Weibern Sabbaths-Stille,
Den Wittwen deine Huͤlle,
Den Jungfraun Heiligkeit,
Den Junggeſellen Beugung,
Den Schuͤlern neue Zeugung,
Sey unſrer Laͤmmer Hirt,
Und unſrer Gaͤſte Wirth.
CXXII. Gedaͤchtnis D. Cammerers in Tuͤ - bingen, und Martin Linners, die in einem Monat entſchlaffen.
Chor. Vaͤter ey wohin
Mit ſo ſanfftem Sinn? ꝛc.
*N〈…〉〈…〉. weiſet auf den Tractat zuruͤck, wo die Chorale zu ſuchen, p. 2. 5.
*
Jhr ſelgen Friedens-Geiſter!
Wir ſehn euch ſehnlich nach,
Wir wiſſen, daß der Meiſter
Die Huͤtten nicht zerbrach,
Biß ihre holde Gaͤſte
Sie gnugſam ausgebraucht
Und auf dem Hertzens-Teſte
Die Schlacken ausgeraucht.
Freund und Schmeltzer du thuſt treulich,
Und probirſt das Gold zur Cron! ꝛc.
p. 270.Und2951734.
Wir ſahn dich, Wuͤrdigs Paar!
Die Huͤtte war zerbrechlich,
Das aͤußre Leben ſchwaͤchlich;
Das Jnnre licht und klar.
Der ew’ge Lebens-Zunder
Legt ſeine groſſe Wunder
Drey Jahr an Linnern dar;
An Camerern neun Jahr.
O Artzt! iſt man verwundt, ſind ausgezehrt die Kraͤffte,
So kan die Liebs-Tinctur, dein theur vergoßnes Blut,
Uns heilen, und des Geiſts Erneurungs-Lebens-Saͤffte,
Die laben und erfren’n, die ſtaͤrcken Hertz und Muth.
Es ward Euch auf der Reiſe
Die Streiter-Speiſe,
Nach Patriarchen Weiſe,
Offt aufgetiſcht;
Das Leimerne Gehaͤuſe
Mit aufgefriſcht.
Doch gienget ihr ſo leiſe,
Als auf dem Eiſe:
Jtzt oͤffnet ſich die Schleuſe
Der Geiſt entwiſcht.
Nunkuͤſſen euch der Weißheit ſuͤſſe Blicke,
Nun rhut die Seel in Chriſti Liebes-Schooß,
Nun iſt das Hertz vom Tod, vom Suͤnden-Stricke,
Und von dem Geiſt der Eitelkeiten loß.
Wie klaͤrlich wird die Hand des HErrn
Bey dieſem Lauff geſpuͤret!
Wer ſiehet nicht, daß ſie ſein Stern
So ein, als ausgefuͤhret.
Jhr Bruͤder, man muß ſich dem Licht
Nur blindlings uͤberlaſſen,
Und, was uns Chriſti Geiſt verſpricht,
Mit kuͤhnem Glauben faſſen.
Warum wird doch das Volck des HErrn nicht weiſer?
Und trauet ihm von nun an alles zu, ꝛc.
p. 126.T 4Eh2961734.
Eh Simeon zum Vater gehet,
Hofft er auf Gnaden-Stunden.
Nicht freudiger rufft Archimed:
Jch habs, ich habs gefunden.
Als der Meßiam hier umfaſt,
Nun, ſpricht er, will ich wandern:
Wie gern entwird er ſeiner Laſt
Und uͤberlaͤßt ſie Andern.
Hilff uns durch,
Wo wir dein benoͤthigt ſind,
Wenn wir um die Seelen werben,
Wenn der Geiſt die Feinde bindt,
Wenn wir an den Gliedern ſterben;
Biß wir auch nach treuem Saamen-ſtreun,
Muͤde ſeyn.
Huͤter des Vollendungs-Saals!
Sieht nicht deiner Augen Blitzen
Beyde ſitzen:
Martin hat den Eltſten Lohn
Gleichſam ſchon.
Was fuͤr tiefe Salbungs-Lehren
Laͤßt Elia von ſich hoͤren.
Jhnen wird der Stuhl zum Thron.
Sie wandeln auf Erden, und leben im Himmel,
Sie bleiben ohnmaͤchtig und ſchuͤtzen die Welt,
Sie ſchmecken den Frieden bey allem Getuͤmmel,
Sie kriegen die Aermſten, was ihnen gefaͤllt,
Sie ſtehen im Leyden,
Sie bleiben in Freuden;
Sie ſcheinen ertoͤdtet den aͤußeren Sinnen,
Und tragen das Leben des Glaubens von hinnen.
Heute iſt ein Jahr vorbey,
Daß das Volck des HErrn zu beten
Hingetreten
Und indem ſichs aufwaͤrts ſchwingtUnd2971732.
Und erklingt Von den ſelgen Streiter-Schaaren,
Die voran hinauf gefahren,
Und mit dieſen Worten ſingt:
Dieſer Glaub - und Lieb - und Hoffnungs-Weſen
Muͤſſe man an unſerm Wandel leſen,
Und dieſer Ende
Leucht uns hin biß in des Braͤutgams Haͤnde.
Siehe, da rufft jemand aus:
Jetzo zeucht des Aeltſten Seele
Aus der Hoͤhle!
Alles im Verſammlungs Saal
Merckt den Strahl.
Der ihn in die Hoͤh gezogen:
Manchem iſt der Sinn entflogen.
Kurtz: der HErr haͤlt Abendmahl.
Hebet euch, ihr groben Sinnen,
Hebe dich Vernunfft von hinnen,
Unbefleckte Seelen-Amme
Dein Volck kennet deine Flamme!
Nun der theure Aeltſten Geiſt
Jſt uns biß auf dieſe Stunden
Nicht verſchwunden:
Sein Gebet wird noch verſpuͤrt.
Und regiert. Leonhard im Mohren-Lande Anguſtin in ſeinem Stande
Werden von dem Geiſt gefuͤhrt.
Aelteſte von ehrlicher Verwaltung,
Kaͤmpffende von williger Erhaltung,
Getreue Lehrer
Und der Voͤlcker ſelige Bekehrer.
Jhr Saͤuglinge der Liebe
Erkennt auch Camerern.
Er war voll Gnaden-TriebeDes2981734.
Des Euch ſo lieben HErrn.
Er liebte eure Huͤtte,
Er liebte mit Verſtand (Wie eins in unſrer Mitte;)
Er iſt uns noch verwandt.
JEſu Chriſte einger Menſch in Gnaden,
Der du ſelber dich mit uns beladen,
Verbinde deine
Streitende und ſiegende Gemeine.
Koͤnig der Hertzen!
Hoͤre unſer Flehen: Martins Kertzen
Sollen nie vergehen! Elia!
Dein Geiſt bleib uns auch noch nah!
Nun regt den theuren Aeltſten nicht!
Weckt nicht Elia Seel,
Sie laͤcheln uͤber dem Geſicht,
Von Chriſti Seiten-Hoͤhl.
CXXIII. Auf Democritum den Chriſtianer.
So iſt Democritus dann aus dem Streiter-Thal
Jns Feld der Ewigkeit den Saamen ſchauen gangen
Den er ſo lange her zu ſaͤen angefangen?
Er warb wohl eigentlich nicht zu des Lammes Mahl,
Dagegen wollt er ſich aus Kirchen-Weſen machen,
Was Spener nicht erweint, das wolte Er erlachen.
Democritus, mein Freund! Mein Auge thraͤnt zum HErrn,
Daß dein ſo muntrer Geiſt beym Triebe der GedanckenDes2991734.
Des rechten Pfads verfehlt der weiſen Gnaden-Schrancken,
Des Buchs der Zeugenſchafft vom hellen Morgenſtern,
Ein kluger Lehrer wird nicht eher ein Prophet
Biß ihm des Lammes Blut durch Leib und Seele geht!
Gewiß wer Pauli Fluch mit offnem Kopfe liſt
Er habe gleich ein Hertz, ein zaͤher Hertz als Led er
Der haͤngt unfehlbar ein, der hemmt die ſchnellen Raͤder
Der fluͤchtigen Vernunfft, wenns an dem Berge iſt.
Es giebt Materien auf der gelehrten Erden
Dabey nicht noͤthig iſt Anathema zu werden.
Jch kenne Dippels Weg, wovon er ſich verirrt,
Den Zug beym erſteren Genuß des Abendmahles,
Die Gnade ruͤhrte Jhn vermittelſt eines Strahles,
Der bey den Ordnungen des Lamms verheiſſen wird. O waͤr ich, ſagte er, darinnen fortgegangen,
So haͤtte ich erlangt, was ich noch ſoll erlangen
O wenn Democritus zu Chriſti Fuͤſſen lag
Gebuͤckt, geruͤhrt, geſchlacht, und in ſich ſelbſt verarmet,
Gekehrt zum Suͤnder-Freund, der ſich ſo gern erbarmet,
(*)Hievon iſt das Lied: O JEſu ſiehe drein ꝛc. nachzuleſen.
(*)
Da blickte Jhm viel mahl ein Schein vom Gnaden-Tag,
Wenn er (wie ich geſehn) mit Witz und Wiſſen ſtritt;
So weinte man gewiß von gantzem Hertzen mit.
Gelehrte! kommt heran zum Sammel-Platz des Lichts,
Bemuͤhet Euch zuerſt, zu wiſſen, was Jhr wollet,
Dann lernet auch wie Jhr zum Zweck gelangen ſollet. Jhr wißt: ich geb es zu; was habt Jhr aber? Nichts.
O wie wird Hand und Fuß und Kopff umſonſt geuͤbt,
Der Schrifft geglaubt, die Krafft bewahrt, das Lamm geliebt.
CXXIV. Gedancken bey dem Hymno Theꝛeſtaͤ: Virgo clamat, qvantum amat, Uber eine junge Perſon, die gantz kranck nach der Aufloͤßung iſt.
Die Jungfrau, die jetzt redte,
Jſt eine Klette,3001734.
An dem, der ſie beredte,
So ſehr ſie kan
Sie lieben in die Wette,
Sie und ihr Mann:
Sie denckt; wer Fluͤgel haͤtte,
Jch floͤg ins Bette,
Die Bau-Arbeiter-Kette,
Steht Jhr nicht an.
Sie jagt im Streiter-Wagen,
Man moͤchte fragen:
Was ſolche Seelen jagen Dem Gluͤcke nach.
Was will das Gluͤcke ſagen
Nach ihrer Sprach, Wenns Huͤttlein eingeſchlagen
Und abgetragen,
So endigt ſich ihr Klagen
Und ihre Schmach.
Nun Seele! ſey gelinde,
Dein Wunſch iſt Suͤnde;
Bedenck das Hauß-Geſinde,
Die Creutz-Gemein,
Verlaß nicht ſo geſchwinde
Dein Fleiſch und Bein. Schweigt ſtill ihr rauhen Winde
Vernuͤnfftger Gruͤnde,
Wo ich den Braͤutgam finde,
Da will ich ſeyn.
Jſt dieſes dein Begehren,
So ſtill die Zaͤhren,
Das wird dir niemand waͤhren,
Du haſt den HErrn,
Der Held iſt von den Heeren,
Gewiß nicht fern,
Der Prieſter von den Choͤren,
Das Korn von Aehren,
Der Safft von ſeinen Beeren,
Vom Keim der Kern.
Komm3011734.
Komm Freund in deinen Garten,
So will ich warten,
Und bey der Muͤh erharten
Ohn alle Ruh.
Jch eyl mit Pflug und Barten,
Dem Felde zu
Wie viel die vor mir karrten
Jn Boden ſcharrten,
Von Streiter-Schweiß erſtarrten,
Genießens Nu.
CXXV. Verſammlungs-Ode.
Hertz der Triebe,
Hier iſt eine Schaar
Derer Liebe
Schon ſo manches Jahr,
Einem Lamm das uns erwarb,
Das vor uns am Holtze ſtarb,
Zugeſprochen und geweyhet war.
Wenn du wollteſt,
Huͤlff uns deine Krafft,
HErr, du ſolteſt, deine Eigenſchafft
An uns allen offenbahren,
Und uns uͤbers Hertze fahren,
Heiligmacher! mit dem Salbungs-Safft.
Theurer Hege, vor das Braut-Gemach!
Werde rege unter unſerm Dach:
Unſre kleine Synagog,
Die dein Zug ſo offte zog,
Die begehret eine groſſe Sach:
Noch die Stunde
Reinige durchaus
Aus dem Grunde
Diß dein Tempel-Hauß:
Laß die Glieder der Gemein
Glaͤubig und auch heilig ſeyn,
Sie ſind Rinder, mache Adler drauß.
Ezech. 1, 10.
107
Gu -3021734.
Gute Liebe! Du haſt uns bekehrt,
Unſre Triebe
Werden noch geſtoͤrt,
Und wir waͤren gerne ſo
Alle Stunden deiner froh,
Und des Amtes, das wir fuͤhren, werth.
Nun ſo mache
Du, der alles macht,
Unſre Sache,
Nimm uns gut in acht,
Halte uns dir unbefleckt
Und beſtaͤndig aufgeweckt;
Laß uns ſpielen,
Daß dirs Hertze lacht.
CXXVI. Auf Johann Dobers, des Toͤpfers, 30ten Geburts-Tag.
Jch wills wagen, von der ſchoͤnen Pracht
Was zu ſagen, die aus JEſu lacht,
Aber wag ich mich zu ſehr?
Seine Wunder ſind ein Meer,
Doch laſt hoͤren was der Heyland macht.
Heiligs Weſen oͤfne mir dein Buch,
Jch kans leſen, weg mit Moſis Tuch!
Noch unausgeſprochnes Wort!
Stimmen her von deiner Pfort
Von der Arche, das iſt mein Geſuch.
Du biſt wahrlich eine gute Lieb!
Und beharrlich in dem Liebes-Trieb.
Niemand kan ſo traurig ſeyn,
Daß ihn deiner Augen Schein
Nicht erfreute, wenn er vor dir blieb.
JEſu Creutze, wo ich ihn erſt ſah,
Komm! und reitze mein Hallelujah!
Denn wenn ich in Ohnmacht waͤr,
Und es ſchallte ohngefaͤhr
Was vom Creutze, waͤr ich wieder da.
Aus -3031734.
Auserwehlte, und vor unſer Schuld
Ausgeqvaͤlte goͤttliche Geduld!
Koͤnig nach dem alten Recht!
Nach dem neuen aber Knecht,
Wiederbringer der verlohrnen Huld!
Solten Zeugen deiner Wunder-Pracht
Koͤnnen ſchweigen von dem Lebens-Safft,
Der in blutiger Geſtallt
Durch die gantze Erde wallt.
Sind doch Felſen druͤber aufgeklafft.
Heil’ger Tempel mit dem Rauch-Altar
Die Exempel ſind noch allzu rar
Von den Blitzen, die geſchehn,
Von den Stimmen, die ergehn,
Von den Donnern in dem Gnaden-Jahr.
Wir, die Armen und ſo Schmaͤhlige!
Durchs Erbarmen aber Selige,
Wohnen ſo in einer Stadt
Wo man nur zu nehmen hat;
Denn der Gaben ſind unzehlige.
Unter andern ſieh’t man einige
Bey uns wandern, die das Deinige
Warten, wie es ſich gebuͤhrt,
Die ſchon manches Hertz geruͤhrt Jhre Zuͤge, HErr, beſchleunige.
Guter Schoͤpffer, was du machſt, iſt gut, (Macht ein Toͤpffer gleich nach freyem Muth
Seinen Thon wies ihn beliebt,
Ohne daß er Antwort giebt,)
Dir mißraͤth auch nie nichts in der Gluth.
Gieb uns allen, die ſo hertzlich gern
Moͤchten wallen nach dem Sinn des HErrn,
Und nicht moͤgen ſeelig ſeyn,
Als durch JEſu Blut allein,
Gieb uns dieſen hellen Morgenſtern!
CXXVII. 3041734.
CXXVII. Auf eine Debora unter dem Volck des HErrn.
Du Oel Kind hoͤr, ich preiſe meine Liebe
Die meine, deine und der Bruͤderſchafft,
Vor ihre an dich angewandten Triebe,
Vor ihren Blick der Gnade und der Krafft,
Die Gnade macht dich weinen,
Die Kraͤffte gluͤhn und ſcheinen,
Nun kommt das Oel dazu,
Und will dein Ammt mit JEſu Chriſti ſeinen,
Vereinigen, damit es Wunder thu.
Der Heer-Fuͤrſt iſt dein Mann, du Tochter GOttes,
Wir haben billig Lieb und Furcht vor dich,
Die Streiter tragen ſeinen Theil des Spottes,
Die Braut zeigt ihren Blut - und Salbung-Strich,
Der Freund, der ihr gewogen,
Hat ihr den Strich gezogen,
Jndem er ſie umfaßt,
Jndem ſie an der Mutter-Bruſt geſogen,
Jn dem ihr Hertz und Seines eingepaßt.
Was ſoll ich dir zu deinem Tage ſagen,
Es wird mir ſchwer, die Worte fehlen mir,
Denn erſtlich weiß ichs nicht ſo vorzutragen,
Als ichs in meinem Hertzen drinne ſpuͤr.
Zum andern, o du Dirne
Mit der geſalbten Stirne!
Wir ſind bey nahe eins.
Wir wachen beyde uͤber Zions Thuͤrne,
Bald fuͤhreſt du mein Amt, bald fuͤhr ich deins.
Nach dieſer Pflicht und anbefohlnen Gnade,
Geliebte Schweſter, ſo ermahn ich dich,
Zu wandeln auf dem gleichgemachten Pfade,
Dem Haupt und der Gemeine wuͤrdiglich,
Und keine Krafft zu ſpahren,
Ob du gleich nach den Jahren
Kaum Juͤnglings-maͤßig biſt,Da3051734.
Da du gebohren warſdt
(*)Jm Nov. 1715.
(*) hab ich erfahren
Was Fleiſch und Blut des Menſchen Sohnes iſt.
Du koͤnteſt billig mehr von mir begehren,
Als du biß jetzo noch an mir geſehn,
Weil meine Tage ſchon ſo lange waͤhren,
Und mir ſo manche Gnade ſchon geſchehn,
Doch der mein Hertze kennet,
Und mich zum Knecht ernennet,
Der weiß wie ſchwer es geht,
Und wie hingegen er mit dir gerennet,
Und dich ſchon lange an ſein Creutz erhoͤht.
So gehe denn in dieſer ſelgen Fuͤhrung
Das kuͤnfftge Jahr mit groſſen Schritten fort,
Erfahre ſeine weſentliche Ruͤhrung,
Und blicke manchmahl nach dem Ruhe-Port,
Doch laß es bey den Blicken,
Und fleißigem Beſchicken
Der oberen Gemein,
Du aber muſt dich nicht vom Ort verruͤcken,
Und froh, und arbeitſam, und innig ſeyn.
Wenn du einmahl wirſt ausgewuͤrcket haben,
So wirſt du zeit genug im Schooße ruhn,
Das iſt der Zweck von unſern Zeugen-Gaben,
Daß wir, weils Tag iſt, etwas ſollen thun,
Nun bete du: Hegai,
Hier iſt mein Mardachai
Und ich bin deine Magd,
Wir wollens machen wie dein Knecht vor Ai,
Mach du es wie dein Knecht zu Gilgal ſagt.
CXXIX. Aufrichtige Erklaͤrung, wies ihm ums Hertz iſt.
Du unſer auserwehltes Haupt,
An welches unſre Seele glaubt!
Laß uns in deiner NaͤgelmahlUEr -3061734.
Erblicken die Genaden-Wahl,
Und durch der aufgeſpaltnen Seite Bahn
Fuͤhr unſre Seelen aus und durch und an.
Dis iſt das wunder-volle Ding,
Erſt duͤnckts vor Kinder zu gering,
Und dann zerglaubt ein Mann ſich dran,
Und ſtirbt wohl, eh ers glauben kan,
Es ſind die Sephiroth am glaͤſern Meer,
Es iſt das Schiboleth vom kleinen Heer.
So lange eine Menſchheit iſt,
So lange JEſus bleibt der Chriſt,
So bleibet diß das A und O
Vom gantzen Evangelio,
Und daß daſſelbige die Weißheit iſt,
Das wißt ihr alle, die ihr Wahrheit wißt.
Mein Heyland! waͤr ich armes Kind,
Das ſich um deine Fuͤße windt,
Das dich, du Seelen Ehe-Mann,
Nicht eine Stunde miſſen kan,
Und das dich uͤber ſich und alles liebt,
Jn deiner Sprache etwas mehr geuͤbt.
Doch laß die Lippen trocken ſeyn,
Des Geiſtes Hauch darf nur hinein,
Der vor dem Thron der Herrlichkeit,
Jn Donnern und Poſaunen ſchreyt,
Und eine Kohle vom Altar gebraucht,
So ruͤhren ſich die Lippen, daß es raucht.
So zeug ich dann, wer hoͤrt mir zu?
Wer hat im Hertzen keine Ruh?
Wer weiß, wie tief die Suͤnde friſt,
Und daß er nichts als Suͤnde iſt,
Und weiß ſich keinen Rath, wo ein noch aus,
Der hoͤre zu! denn da wird etwas draus.
Wer aber von der Mutter her
Vielleicht noch unbeſcholten waͤr,
Und wuͤßte kaum was Fleiſch und Blut,
Was Geitz ſey oder hoher Muth,Und3071734.
Und ſich in allem ſelber helffen kan,
Der iſt ein blinder und ein tauber Mann.
Ein heiliger und reiner Geiſt,
Und was man einen Heilgen heiſt,
Sind vor dem HErrn der Creatur,
Und vor dem Meiſter der Natur
Von keinem andern Zeuge, als ein Blat
Das auch ſein Weſen von dem Schoͤpffer hat.
Auch iſt ein Rath der Ewigkeit
Viel aͤlter als die graue Zeit,
Und wer den Rathſchluß meiſtern will,
Muß Satan ſeyn, ſonſt ſchweigt er ſtill,
Ein Toͤpffer macht aus einem allerley,
Und das iſts, was er machet, daß es ſey.
Das Leben iſt von oben her,
Der Tod iſt auch nicht ohngefaͤhr,
Darzu verdammet das Gericht,
Das Hertze GOttes aber nicht,
Wer GOttes Weſen weiß, weiß ſeinen Tod,
Wers Hertze kennt, der iſt aus aller Noth.
Wir ſehen wohl die Geiſter nicht,
Die erſt die Suͤnde angericht;
Doch ſehe ſich nur jederman,
Der bey ſich ſelbſt iſt, ſelber an.
Wenn keine Suͤnde in der Menſchheit waͤr,
Wo haͤtten ich und er die Suͤnde her.
Wie weislich iſt der Rath beſtellt,
Der Rath der Waͤchter aller Welt,
Das meiſte iſt nicht offenbahr,
Und was man weiß iſt Sonnen-klar,
Die Thorheit fragt den HErrn: Was macheſt du?
Die Weißheit glaubt und denckt; Du Liebe du!
Gelobet ſey das Lebens-Buch
Vor dem verhuͤllt in Moſis Tuch,
Mit ſieben Siegeln zugemacht,
Biß man das Lamm herzugebracht,U 2Das3081734.
Das Lamm, den Welt-bekannten Suͤnder-Freund,
Der ſelbſt gewachſnen Tugend ihren Feind.
Das Wort, das an das Creutz gemahlt,
Jm Blut-Rubinen Feuer ſtrahlt,
Das heißt: Hier haͤngt Jmmanuel! (Das Gegenbild des Hazazel,)
Daruͤber ſtutzt und fluchet die Natur,
Und GOtt betheuert es mit einem Schwur.
So wahr ich lebe! ſpricht der Mann,
Der nichts als Amen ſagen kan,
Und der unfehlbar Wort und That,
Jm Augenblick beyſammen hat,
Und was er will, das laͤßt er ſich nicht reun; Mein Sohn, mein Sohn ſoll Hoherprieſter ſeyn!
Er kommt der Sohn, er ſagts uns an,
Wies mit dem Prieſter-Amt gethan
Der Vater hat den Erben lieb,
Und dazu kommt ein neuer Trieb,
Daß ich den ew’gen Rath und Recht erfuͤll,
Und vor der Menſchen Leben ſterben will.
Die Worte ſind unleugbar da,
Die That war denen Worten nah,
Die Probe, ob es Wahrheit iſt,
Was man im Buch geſchrieben liſt,
Da ſpricht der groſſe Gnaden-Bundes-Mann,
Daß ſie ein jeder ſelber machen kan.
Man macht ſie dann auf ſolche Art,
Daß ſich im Hertzen offenbart,
Ob JEſus Chriſtus, GOttes Lamm,
Wahrhafftig ſtarb am Creutzes-Stamm.
Die Art der Probe theilt ſich uͤberaus,
Die Probe aber lauft auf eins hinaus.
Wenn einer in dem Glantz des Lichts
Sich ſteht, und ſieht er tauge nichts,
Und geht und greift die Sache an,Und3091734.
Und thut nicht, was er ſonſt gethan,
(*)Er beſſert ſich wuͤrcklich.
(*)
Und muͤht ſich ſelber viel und mancherley,
Der lernet nie was ein Erloͤſer ſey.
Wenn aber ein verlohrnes Kind,
Vom Tod erwacht, ſich kruͤmmt und windt,
Und ſieht das Boͤſe boͤſe an,
Und glaubet, daß es ſonſt nichts kan,
Verzagt an ſich, es geht ihm aber nah,
Kaum ſieht ſichs um, ſo ſteht der Heyland da.
Wie geht dirs? O es geht nicht gut!
Jch liege hie in meinem Blut;
Da ſpricht der Seelen-Freund: Mein Sohn!
Nimm hin die Abſolution,
Und ſieh mich an, und glaub und ſtehe auf,
Und frene dich, und zieh dich an und lauf.
Die Seele kriegt den neuen Geiſt,
Sie glaubt und thut, was JEſus heiſt,
Sie ſieht das Lamm mit Augen an,
Die kein erfahrnes leugnen kan.
Steht auf, bekommt ein unſichtbar Gewand,
Und iſt auf einmahl mit dem Lamm bekannt.
Die Schaam, die Beugung und die Krafft,
Die machen gleichſam Schweſterſchafft,
Und ſchließen ſich ins Hertze ein,
Und wollen nicht getrennet ſeyn;
Da geht kein guter Wille mehr zuruͤck,
Denn ihre Arbeit iſt ein ewigs Gluͤck.
Erſt heiſt der Freund die Seele ruhn,
Denn eſſen, und darnach was thun,
Da ſteiffet ſie die Glaubens-Krafft
Zu einer treuen Ritterſchafft,
Sie thut, und wenn ſie denn ihr Werck gethan,
Denckt ſie gemeiniglich nicht weiter dran.
Und wuͤrde ſie ja irgend wo
Der eignen Gnaden-Arbeit froh,U 3So3101734.
So kommt die heilge Schaam herbey
Und zeiget ihr ſo mancherley,
Daß ſie GOtt danckt, wenn ſie ſich ſelbſt vergiſt,
Und denckt an nichts, als daß ein Heyland iſt.
Und allenthalben ſteht der Sinn
Der Glaubigen zur Gnade hin,
Und ſinnet, wie er Nacht und Tag
Dem Braͤutigam gefallen mag,
Der ihm von dem Verderben los gemacht,
Und ſichtbarlich zur Cron und Thron gebracht.
HErr JEſu! wenn der Zeugen Heer
Nicht eine Donner-Wolcke waͤr,
So koͤnte man es noch verſtehn,
Daß viele ſie nicht hoͤrn und ſehn.
Doch, was iſts endlich Wunder? denn es ſind
Die Menſchen von Natur getaͤubt und blind.
Darum befiehlt uns JEſus nun
Der Blinden Augen aufzuthun;
Und wenn wir ruffen, iſt er da,
Und ruft dem Tauben: Hephathah!
So wird das Evangelium gehoͤrt,
So wird das Auge auf das Lamm gekehrt.
Da bin auch ich, dein Unterthan,
Und melde meine Gaben an,
Die du mir Armen mitgetheilt,
Seit dem dein Pfeil mein Hertz ereilt.
Nun ſaͤh ich gern ein gutes Theil der Welt
Gerettet und zur Rechten hingeſtellt.
Wenn mich der Hauß-HErr Boten ſchickt,
So halt ich mich vor hoͤchſt-begluͤckt,
O! unſer allgemeines Haupt
Gieb, daß man meiner Botſchafft glaubt,
Mein Ruffen dring in Hertz und Ohren ein,
Und wenn ich auf dich weiſe: So erſchein.
[311]

Errata.

Pag. 27. lin. 18. liß die Treuen. p. 48. l. 20. nimmer traͤu - men. l. 22. dir. p. 53. l. 22. Botenſchild. p. 54. l. 31. Benignaͤ. p. 59. l. 7. angekirrt. p. 65. n. XXVII. l. 2. man ſingt. p. 68. l. 5. nicht abgeriſſen. p. 69. l. 2. reiſſen. l. 24. des auserkohrnen. p. 70. l. 4. von unten: im Meynungs - Spiegel. p. 71. l. 20. unter Tanſenden. p. 72. l. 9. von unten: Natur p. 76. l. 17. dem HErrn. p. 92. n XXXVII. l. 3. Leibes-Hoͤl. p. 93. l. 25. ſo bethoͤret. p. 107. l. 19. Leibes-Joch. l. 33. faͤndeſt. p. 115. l. 10. das unſichtbare. von p. 122. biß 140. muß oben die Jahr-Zahl 1727. ſtehen. p. 122. l. 25. gemeyht oder gemaͤht. p. 125. l. 2. geprellet. p. 128. l. 11. da ſucht. p. 132. letzte Zeile, Mein Element. p. 133. l. 11. von unten: das Wichtige. p. 136. l. 8. hoͤrts. letzte Zeile: mir immer. p. 139. l. 8. eingeaͤtzt. p. 140. l. 17. Jhr dem. p. 143. l. 7. ſeiner p. 145. l. 31. 32. 33. 34. muß es heiſſen:

Denn die an JEſu ſeyn, Die macht der Vater rein, Wenn ſie im Licht, wie er iſt, wandeln: Ach! ſchencke mir doch nur.

p. 147. l. 17. (Erſenffzt ich) p. 149. l. 17. die du. p. 150. in der Note: gleichen hat. p. 157. l. 6. Ans. ib. Altare. l. 18. Jahre. l. 12. und 13. den. p. 158. l. 21. weitrer Campus. ib. in der Note Cotterie. p. 160. l. 2. von unten: unſerm. p. 161. l. 9. ſeinen. p. 162. l. 25. vor dieſen. p. 164. l. 5. dein. p. 177. l. 13. ungedungner. p. 178. l. 6. erman - net. l. 17. deiner Mutter. p. 194. l. 13. den unſere. p. 202. l. 8. nehm der Hirte. p. 211. Spalte 2. l. 2. vom Ende: brau - chen wohl. p. 216. l. 30. 31. 32. muß es heiſſen:

(Nach dem Zeugniß unſrer Haſſer,) Hat von ſich bekannt: Er verbau das Land.

p. 225. l. 26. wenn einem. p. 228. l. 12. einer Million. p. 231. n. XCVI. l. 3. liß: Jhm gebeuget. p. 235. l. 16. un -ver -[312]verdungnen. p. 238. l. 29. verkleidet. p. 243. l. 17. fenchte. p. 244. l. 5. liß Ehret man mit tauſend. p. 244. n. CII. l. 15. verleide. p. 245. l. 9. von unten: jemand kein. p. 248. l. 4. von unten: heiß ich. p. 250. l. 11. von unten: Druck. p. 252. l. 19. Druck p. 262. l. 18. Raſend. p. 263. l. 2. Nun. l. 20. Laß die Bahn. p. 267. l. 3. lieber. p. 275. l. 21. Denn auch. l. 25. ihr Herr. p. 277. l. 2. (Sie ſol - len ꝛc. werden,) l. 19. gilt es. p. 278. l. 5. zugeſchwornen. p. 282. l. 17. ehrerbietigs. l. 20. den Creutz. p. 286. l. 2. Zeugen Zeug. p. 287. l. 2. vom Ende:

Dieſer deiner Dirne Zunge, Hertz und Stirne.
[313][314][315][316]

About this transcription

TextTeutscher Gedichte Erster Theil
Author Nicolaus Ludwig von Zinzendorf
Extent326 images; 66411 tokens; 11984 types; 426219 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationTeutscher Gedichte Erster Theil Nicolaus Ludwig von Zinzendorf. . [4] Bl., 310 S., [1] Bl. : 1 Ill. (Kupferst.). WaisenhausHerrnhuth1735.

Identification

HAB Wolfenbüttel HAB Wolfenbüttel, M: Lo 8331.2 (1)

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationBelletristik; Lyrik; core; ready; china

Editorial statement

Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

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