PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Die geſtriegelte Rocken - PHILOSOPHIA, Oder Auffrichtige Unterſuchung derer Von vielen ſuper - klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben /
Allen denen nuͤtzlich zu leſen / die ent - weder ſchon ehemahls von ein und andern A - berglauben betrogen worden ſind / oder noch betrogen werden koͤn - nen; Das andere Hundert / an das Licht geſtellet von dem / der einem iedweden die Warheit Jns Geſicht Saget.
Chemnitz /Bey Conrad Stoͤſſeln /1705.
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Das 1. Capitel.

Wer aus einer Bircken / die mitten in einem Ameiſſen-Hauffen gewachſen iſt / laͤſſet hoͤltzerne Schlaͤuche oder Haͤhne dre - hen / und verzapfft Wein oder Bier da - durch / der wird geſchwinde aus - ſchencken.

ES bleibt bey dem wahrhafftigen Sprich - worte: Wer leichte glaubt / der wird leich - te betrogen. Nicht ohne iſt es zwar / daß unter denen Aberglauben viel Dinge mit einge - ſchlichen ſind / welche urſpruͤnglich aus einem gantz guten Abſeben / durch Erforſchung natuͤr - licher Dinge / von klugen und weiſen Leuten her - kommen. Aber gleichwie irren menſchlich iſt / und die kluͤgſten und vornehmſten Menſchen muͤſſen von ſich ſagen laſſen: Groſſe Leute feh - len auch; alſo will zum oͤfftern dasjenige / was ein und anderer aus der Phyſicâ erweiſen will / ob es gleich noch ſo klug ausgeſonnen zu ſeyn ſcheinet / dennoch die Probe nicht halten. UndM 2wie180Unterſuchung / derer von ſuper - klugenwie ich mir nicht einbilde / daß dieſer Glaubens - Punct / den ich ietzt zu ſtriegeln vorhabe / in einer Rocken-Stube geſponnen ſey / ſo glaube ich doch / daß es damit bewandt ſey / als wie mit derer Drechsler ihren kleinen Kindern / welche ihrer Vaͤter mißlungene Arbeit nehmen / und damit ſpielen / auch daran wohl noch groͤſſere Freude und Vergnuͤgen haben / als verſtaͤndige Leute an der wohlgerathenen und rechten Wahre. Aber - glaͤubiſche Leute ſind ſicherlich nicht anders / als wie ſolche albere und einfaͤltige Kinder / ja noch viel aͤrger; Denn was die rechten Phyſici, nach genauer Unterſuchung / als etwas unnuͤtzes / bey Seite ſetzen und fahren laſſen / oder verwerffen / das leſen die aberglaͤubiſchen Leute gemeiniglich zuſammen / als ob es Heiligthuͤmer waͤren / in Meynung / jene haͤtten ſolche Narritaͤten / ey / ſag ich / Raritaͤten / aus Neid verworffen und verach - tet / daß ſich ein anderer ſolcher nicht bedienen moͤchte. Ja wenn die ein faͤltigen Thoren der - gleichen Dinge auch / wie die Kinder / zum Spie - len gebrauchten / ſo gienge es noch wohl hin; aber leider! machen ſie insgemein Goͤtzen daraus und ſetzen ihre gantze Hoffnung darauff. Mit die - ſem ietzt vorhabenden Puncte hat es gleiche Be - wandniß / denn es hatten vor dieſem in einer be - kandten Stadt gewiſſe Leute / welche ſich vom Bier - und Wein-Schanck nehreten / ein ſo groſ -ſes181Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ſes Vertrauen auff obbeſchriebene birckene Schlaͤuche geſetzt / daß ſie gaͤntzlich dafuͤr hielten / es beruhe ihre Nahrung darauff / und als ichs wiederſprach / wolten ſie es mit Philoſophiſchen Gruͤnden erweiſen / und gaben fuͤr / weil die A - meiſen arbeitſame Thierlein waͤren / und ſtets zu Hauffen truͤgen / ſo wirckte ſolche Eigenſchafft in die Bircke / und ſo weiter fort. Aber es kam mir alsbald die Sache verdaͤchtig fuͤr / erſtlich / daß es eben von einer Bircken / und nicht auch von an - dern Baͤumen / die in Ameiſen-Hauffen gewach - ſen ſind / muͤſten Schlaͤuche oder Haͤhne ſeyn; zum andern / weil die Ameiſen nicht hinweg / ſon - dern zuſammen tragen / hingegen der Wein oder das Bier / ſo man verzapffet / wird ja nicht / nach Art der Ameiſen / zuſammen getragen / ſondern hinweg / und gleichſam zerſtreuet / welches der Ei - genſchafft derer Ameiſen ſchnurſtracks entgegen iſt / dahero ſetzte ich einen Zweiffel ins gantze Werck / iedoch wolte ich die Sache nicht unver - ſucht verwerffen / erſuchte derowegen einen Vo - gelſteller / welcher taͤglich in der Dreßdner Hey - de ſeine Verrichtung hatte / daß / ſo er irgend ei - nen Ameiſſen-Hauffen im Walde antraͤffe / wor - innen eine Bircke ſtaͤnde / er mir ſolches moͤchte wiſſen laſſen. Dieſer (als der nach ſeiner Art auch ein wenig curiös war) kam nach Verflieſ - ſung weniger Tage / und meldete mir / wie daß erM 3eine182Unterſuchung / derer von ſuper - klugeneine ſolche Bircke angetroffen haͤtte / dahero gieng ich mit ihm dahin / ſolche ſelbſt in Augenſchein zu nehmen / und ließ ſolche noch ein wenig ſtehen / biß zur Zeit / da ſie zu meinem Vorhaben ſolte recht ſeyn abzuhauen; alsdenn ließ ich ein paar Schlaͤuche oder Haͤhne daraus drehen / und gab ſolche zweyen Bier-Schencken: Einem ſagte ich es / was deſſen Wirckung ſolte ſeyn / dem an - dern aber ſagte ich es nicht / in Meynung / ob es irgend unwiſſend beſſere operation haben wuͤr - de / aber das Spiel lieff auff beyden Seiten gantz verkehrt / und hatten die guten Leute zu keiner Zeit ſchlechtern Schanck gebabt / als da ſie durch die birckenen Schlaͤuche zapfften. Alſo kam ich hinter die rechte Warheit / und erwegte dabey / wie doch ſo gar bald ein Menſch in ſeinem eige - nen Vertrauen auff ſolche Dinge koͤnne verſtaͤr - cket / und zugleich vom Satan verfuͤbret wer - den / wenn durch des Teuffels Huͤlffe die Sache alſo geſchicht / als wie der abgoͤttiſche und aber - glaͤubiſche Menſch glaubet und wuͤndſchet. Wer aber GOTT alleine vertrauet / und nur ſolche Huͤlffs-Mittel gebraucht / die ihme der einige wahre GOtt an die Hand giebt / den verſichere ich / daß ihm nimmermehr keine aberglaͤubiſchen Poſſen gelingen werden. Die Urſach aber / war - um ſie nur bey Aberglaͤubiſchen eintreffen / bey Rechtglaͤubigen aber nicht / kan ein verſtaͤndiger Chriſt gar leichte errathen.

Wer183Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Wer leicht glaͤubt / wird leicht betrogen.
Iſt ein Sprichwort / das zwar alt /
Doch iſts auch noch nicht erlogen /
Und will ichs er weiſen bald.
Daß ein Schlauch von einer Bircke
Aus dem Ameiß-Hauffen dir
So viel Guts beym Bier-Schanck wircke /
Iſt Betrug / das traue mir.
Denn ich hab es in den Proben.
Falſch beſunden gantz und gar;
Druͤm kan ich die Kunſt nicht loben.
Aberglauben iſt nicht wahr.

Das 2. Capitel.

Wer ein Brod auffſchneidet / und ſchneidet nicht gleich / der hat ſelbigen Tag gelogen.

DIeſes wird gemeiniglich nur aus Schertz geſagt / daheto ich mich auch nicht lange dabey auffhalte / iedoch will ich meine Meynung hiervon kuͤrtzlich entdecken / woher dieſes Fuͤrgeben ſeinen Urſprung mag genom - men haben. Es iſt bekandt / daß ein Luͤgner / Prahler oder Großſprecher / ins gemein ein Auff - ſchneider pfleget genennet zu werden / dahero man auch zu ſagen pfleget: Dieſer Auffſchneider log / daß ſich die Balcken haͤtten moͤgen buͤgen / o - der / er ſagt nicht gerade zu / das iſt / er ſchneidetM 4trefflich184Unterſuchung / derer von ſuper - klugentrefflich krumm. Hingegen ſaget man von ei - nem ebrlichen und wahrhafftigen Menſchen: Er ſagt gleich zu / und leugt nicht / oder er braucht das groſſe Meſſer nicht / wie mancher. Dem - nach iſt ein Auffſchneider / der nicht gerade zuſa - get / ſo viel / als ein Luͤgner. Und ſolcher Geſtalt iſt dieſe Sache aus Spaß auff den gezogen wor - den / der ein Brod auffſchneidet / (denn einer / der ein Brod auffſchneidet / iſt ein Auffſchneider / ver - ſtehe aber des Brods / und nicht ein luͤgenhaffter) wird nun das Brod gleich geſchnitten / ſo kan man ſagen / dieſer Auffſchneider hat nicht gelogen / ſon - dern hat gleichzu geſchnitten; hingegen / wenn er krumm ſchneidet / ſagt man / er habe gelogen / i. e. er habe nicht gleich zu geſchnitten.

Das 3. Capitel.

Wenn ein Weib uͤber was erſchrickt / oder ſich erzuͤrnet / ſoll ſie als bald durch einen alten Beſen bruntzen / ſo ſchadets ihr nicht.

D die Weiber gar ſehr im Gebrauch ha - ben / nach gehabtem Zorn oder Schrecken durch einen alten Beſen ihr Waſſer abzu - ſchlagen / das iſt gar bekandt / und glauben viele / daß es gar ein heilſam Mittel ſey. Alleine / es kan der Beſen weiter nichts helffen / als nur ſo viel / daß ſie ſich nicht ſo ſehr beſpruͤtzen / als wennſie185Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ſie auff die bloſſen Steine bruntzten. Daß aber ein alter Beſen die Eigenſchafft haben ſoll / die vom Zorn oder Schrecken entſtehende Beſchwe - rung zu hindern / oder hinweg zu nehmen / wird ſchwer zu erweiſen fallen. Gewiß iſt es zwar / daß durch Zorn und Schrecken bey dem Men - ſchen eine ſolche Alteration im gantzen menſch - lichen Coͤrper entſtehet / daß auch das geringſte Aedergen / ja alles Eingeweide / ein Leiden em - pfindet / und will ein iedes Aederlein ſich gleichſam ſeiner Beſchwerlichkeit und Laſt entſchuͤtten. Wie denn einem recht ſehr erſchrockenem Men - ſchen alsbald ein Angſt-Schweiß uͤber den gan - tzen Leib ausbricht; das Hertz und Pulß ſchlaͤgt haſtig / das Eingeweide iſt geſchaͤfftig / in aller Eil die in ſich habenden Excrementa auszuſchuͤtten; Dahero viele in ſolchem Schrecken und davon entſtandener Angſt kaum ſ. v. das Secret errei - chen koͤnnen / daß auch / meines Erachtens / dahe - ro das bekandte Sprichwort mag entſtanden ſeyn: Es iſt ihm ſ. v. ſcheiß-bange. Iſt demnach eben nichts ungereimtes / wenn die Weiber / nach gehabtem Zorn oder Schrecken / den Urin laſſen; denn hierdurch wird der Natur um ein merckli - ches geholffen. Aber / daß es durch einen Beſen muͤſſe geſchehen / das ſind nur albere erſonnene Narren-Poſſen / und dienet weiter zu nichts / als daß die guten Weibergen ihre ſchoͤnen Struͤmpf -M 5fe186Unterſuchung derer von ſuper - klugenfe nicht beſpruͤtzen moͤgen. Denn hierdurch et - was per transplantarionem in den Beſen zu bringen / als wie mit mancher Kranckheit / e. g. Gicht / Bruͤchen und dergleichen / in Baͤume und Stauden geſchicht / will ſich hier keines weges thun laſſen; erſtlich / weil es in ſolchem Zuſtande die Noth nicht erfordert / auſſer welcher die trans - plantation nicht ſoll vorgenommen werden. Zum andern / weil es auff dieſe Art auch nicht ge - ſchehen kan / indem der Beſen / als ein todtes Reiſ - ſig / das nicht mehr auff ſeinem Stamm ſtehet / nichts an ſich ziehet / als wie es ſonſt bey ſolcher Verrichtung erfordert wird / wie ſolches weit - laͤufftig koͤnte erwieſen werden / wenn ich mich nicht der Kuͤrtze befleißigen wolte. Iſt demnach kuͤrtzlich zu wiſſen / daß zwar die Abſchlagung des Urins oder Waſſers / nach gehabtem Zorn o - der Schrecken / gar was rathſames ſey. Daß es aber durch einen alten Beſen geſchehen muͤſſe / iſt vergeblich und aberglaͤubiſch.

Das 4. Capitel.

Ledige Weibs-Perſonen / als Jung - fern und Maͤgde / welche gern Maͤnner haͤt - ten / die ſollen in der Nacht vor St. Andreas Tage St. Andreſen nackend anruffen / ſo wird ihnen ihr künfftiger Liebſter im Schlaffe erſcheinen.

Ein187Weibern hochgehaltenen Aberglauben.

EIn hungeriger Wolff wird kaum ſo begie - rig auff den Raub ſeyn / als eine geile Magd begierig nach einem Manne iſt. Was vor Hertz brechende Gebetgen und tieff - geholte Seufftzer ſie zu dem St. Andreas ſchi - cken / wenn der Tag Andreaͤ heran koͤmmt / ſol - ches iſt zwar leider! im gantzen Teutſchlande be - kandt / kan aber doch kaum mit Worten ausge - ſprochen werden. Sie knien oder treten gantz nackend in der Mitternacht vor ihr Bette / oder an einen andern Ort / und ſeuffzen ſo wehmuͤthig nach einem Mann / daß kein Wunder waͤre / die Lufft erbarmete ſich uͤber die armen Nymphen / und huͤlffe ihnen aus ihrer Noth. Ach du goldi - ges Andreßgen! du liebes Mann-Beſcherer - gen! ſagen ſie / ach! laß mir doch erſchein’n den Hertzallerliebſten mein! wird er reich ſeyn / ſo laß mir ihn erſcheinen mit einem Glaß Wein; iſt es aber ein armer Mann / ſo laß ihn erſcheinen mit einer Kofends-Kann! und was vor durch - dringende Stoß-Gebetgen mehr gefallen / wor - bey ſie noch viel hundert heiſſe Thraͤnen vergieſ - ſen / den lieben Andream gleichſam damit zu bal - ſamiren / und ſeine Gunſt zu gewinnen; ſie win - den die Haͤnde in einander / daß die Haut moͤchte herab gehen / ſcheuen auch weder Froſt noch an - der Ungemach / und laſſen ſich an ihrem verfluch - ten Teuffels-Dienſt nicht irren. Wie ich michdenn188Unterſuchung / derer von ſuper - klugendenn erinnere / daß vor ohngefehr ſechs-biß acht - und dreyßig Jahren in Thuͤringen ein ſolch Ve - nus-Bild am St. Andreas-Tage des Mor - gens fruͤh / als der Knecht die Pferde aus dem Stalle hat ziehen wollen / in der Stall-Thuͤr - Schwelle geſeſſen / und dem Knechte / als er die Thuͤre auffgezogen hat / recht todt erfroren ent - gegen gefallen iſt. Die hatte ſich richtig den Teuf - fel zum Manne erbetet. Woraus mehr als zu viel erhellet / daß der Menſch in dem Dienſte / den er dem Satan leiſtet / viel eifferiger ſey / als wenn er den rechten wahren GOtt anruffet oder die - net. Es iſt unſtreitig wahr / daß das Andreas - Gebet / wie ſie es nennen / nichts anders iſt / als ei - ne Anruffung des Teuffels um einen Mann. Denn alle Abgoͤtterey ruͤhret vom Teuffel; das Gebet aber / das die Huren zum Andreas abfer - tigen / fangen ſie gewoͤhnlich alſo an: Dees mees, (i. e. Deus meus) mein lieber St. Andres ꝛc. Da nun kein anderer als der einige wahre GOtt kan Gott genennet werden / die Huren aber zu dem nicht hoͤrenden Andreas ſchreyen: Deus meus! oder: Mein Gott Andres! ſo moͤchte ich gerne ihre Antwort hoͤren / wenn ich ſie fragte / wer ihr Gebet denn erhoͤrete? Ohne Zweiffel wuͤrden ſie mir antworten: St. Andreas erhoͤ - rete ſie / als welchen ſie auch angeruffen haͤtten. Aber die Mann-thoͤrichten Vetteln duͤrffen ſichdas189Weibern hochgehaltenen Aberglauben. das gar nicht einbilden / daß St. Andreas ihr gei - les Gebet erboͤre; auch kan ſie auff dieſe Art der wahre GOtt nicht erhoͤren / weil ſie ſeiner nicht achten / noch zu ihm ruffen; ſondern der Teuffel / als der an ſolchen geilen Huren-Begierden ſeinen Wohlgefallen hat / der hoͤret und erhoͤret ſie zu ih - rer Verdammniß / und der erſcheinet ihnen auch hernach zuweilen / ſowohl wachend als ſchlaffend / in Geſtalt ihrer vermeynten zukuͤnfftigen Maͤn - ner. Dieſer wird ſie auch endlich / wenn ſie ſich nicht von dieſen Teuffels-Wegen abwenden / in ſeine Kammer fuͤhren / darinnen ſie ewig einge - kerckert und nackend / mit grauſamen Zaͤhn - Klappen / ihre Wercke der Finſterniß werden buͤſſen muͤſſen. Sagt mir doch aber nur noch dieſes / ihr nacketen Bet-Schweſtern / was ihr denn euch wohl von St. Andreßen einbildet? Da euer ſo viel hundert hin und her eintzeln im Finſtern ſtehen / und St. Andreßen um Maͤn - ner anruffen / wie denn St. Andreas euch alle hoͤren koͤnne? Denn ob ihr ihn gleich Deus nen - net / ſo iſt er doch nicht GOtt. Wollet ihr aber mit denen Papiſten vorgeben / die Heiligen leb - ten in GOTT / und haͤtten demnach die Eigen - ſchafft GOttes durch GOtt / alles zu hoͤren / was die Menſchen hier und dort von ihnen baͤten / ſo muͤſſet ihr mir ſolcher Geſtalt auch nothwendig geſtehen / daß / wenn es ja alſo waͤre / (welches icheuch190Unterſuchung derer von ſuper - klugeneuch doch nicht einraͤume) ſo muͤſten die Heiligen auch von GOtt die Gewalt bekommen / denen Menſchen ihre Bitte zu gewaͤhren; ſagt ihr nun dieſes / ſo verrathet ihr euch ja ſelbſt / daß ihr toll - und thoͤrichte Leute ſeyd; Denn warum rufft ihr denn nicht den an / durch deſſen Krafft die Hei - ligen euch hoͤren / und in welchem die Heiligen le - ben / und aus deſſen Gewalt die Heiligen euch helffen / und euch euere Bitte gewaͤhren ſollen / wie ihr meynet? Warum rufft ihr denn St. Andreßen im gantzen Jahre zu keiner andern Zeit mehr an / als nur in der eintzigen Nacht vor dem 30. Novembris? Schlaͤffet er denn ir - gend die gantze uͤbrige Jahrs-Zeit / oder ſchweif - fet ſeine Seele (denn der Leib iſt noch nicht auff - erſtanden) irgend die uͤbrige Zeit in allen Laͤn - dern herum? Oder macht irgend GOtt eine gewiſſe Eintheilung unter denen Verrichtungen derer Heiligen / daß den Tag der Heilige das ver - richte / ein anderer einen andern Tag was an - ders / und ſo fort / biß das Jahr um iſt / daß die Reihe wieder an den erſten kommet? Oder was ſind ſonſt eure naͤrriſche Gedancken von denen Heiligen / und ſonderlich von St. Andreßen? Wie koͤmmt denn eben St. Andreas zu dieſer Verrichtung / daß er euch mit Maͤnnern verſor - gen ſoll? Vielleicht / weil Andreas ſo viel heiſt / als mannhafft; iſt weit geſucht. Drum be -dencket191Weibern hochgehaltenen Aberglauben. dencket alles wohl / und ruffet lieber den einigen allmaͤchtigen GOtt an / daß er euch nach ſeinem Willen mit Maͤnnern verſorgen wolle. Denn

Andreas kan den Jungfern nicht
Ihr hochbetruͤbtes Angeſicht /
Ob ſie gleich Finger-faſe-nackt hintreten /
Und eifrig ihn um einen Mann anbeten /
Weil er von ihnen gar nichts weiß / erfreu -
en /
Drum wird die Albern diß Gebet noch reu -
en.

Das 5. Capitel.

Wenn eine Dienſt-Magd gern wiſ - ſen will / ob ſie laͤnger bey ihrem Herrn in Dienſt bleiben oder abziehen werde / ſoll ſie auff den Weyhnacht-heiligen-Abend den Schuch werffen.

MAn pfleget zu ſagen: Der Glaube beſtaͤ - tiget alles; und: Wie einer glaubt / ſo wiederfaͤhret ihm. Hier wird zwar nicht der rechte wahre Glaube / als welcher freylich alles vermag / ſondern der ſelbſt erdachte Aber - glaube verſtanden / als welcher / auff gewiſſe Maſſe / auch kraͤfftig iſt / eine Sache / die ſonſt nicht geſchehen wuͤrde / durch das Vertrauen / welches der Menſch darauff ſetzet / ins Werck zu richten / und geſchicht bey dieſem vorgenomme -nen192Unterſuchung / derer von ſuper - klugennen Punct folgender Maſſen: Wenn die Magd in der Chriſt-Nacht ſich in die Stube ſetzet / den Ruͤcken nach der Thuͤr zukehret / und ſchleudert (auff der Erden ſitzend) den Schuch vom Fuß uͤber den Kopff weg / alsdenn giebt ſie Achtung / wie der Schuch ſtehet / und ſo das Vorder-Theil nach der Thuͤr zuſtehet / ſo glaubt ſie gewiß / ſie werde von ihrem Herrn abziehen. Dieſer Glau - be aber verurſachet / daß ſie hinfort ihre Arbeit nicht mehr ſo treu und fleißig verrichtet / wie zu - vor / dieweil ſie denckt / ſo ſie nicht in dieſen Dien - ſten bliebe / ſo haͤtte ſie auch nicht Urſach / ſich fer - ner durch gute Dienſte beliebt zu machen. Hier - durch wird alsdenn Herr und Frau bewogen / dieſer Magd auch ſatt zu kriegen / und ſich nach einer andern umzuthun / und laſſen dieſe abzie - hen. Hingegen / wenn der Magd bey dieſem Schuch-werffen der Schuch mit dem Vorder - Theile einwarts / oder mit dem Abſatz nach der Stuben-Thuͤr zu ſtehen koͤmmt / ſo glaubt ſie ge - wiß / ſie werde nach ihrem Dienſt-Jahre noch laͤnger allda verbleiben / ſetzt ſich demnach auffs neue fuͤr / ihren Dienſt treulich und fleißig zu ver - richten. Wenn alsdenn dieſes Herr und Frau gewahr werden / ſo reden ſie eine ſolche Magd auffs neue an / daß ſie ferner bey ihnen in Dien - ſten bleiben moͤchte / worzu die Magd / um ihres in der Chriſt-Nacht wohlgeſtandenen Schuchswillen /193Weibern hochgehaltenen Aberglauben. willen auch leichte zu bereden iſt. Alſo ſag ich / wird auff ſolche weiſe der Aberglauben beſtaͤti - get daß die Magd entweder bleibt oder abziehet / nachdem der Schuch geſtanden hat. Und ſolcher geſtalt iſt freylich der Glaube kraͤfftig / daß die Sache geſchicht wie man geglaubet hat. Aber ohne ietztgemeldte Condition, muͤſte einer einen thummen Ochſen-Kopff haben / der da glauben wolte / daß ein Stuͤck Rinds-Leder / woraus der ſtinckende Schuch beſtehet / ſolche prophetiſche Eigenſchafft haben ſolte / daß er ſich eben im Nie - derfallen alſo legen werde / daß durch ſolch Lager der Magd angezeugt wuͤrde / ob werde ſie abzie - hen oder laͤnger im Dienſt bleiben.

Nicht der Schuch / noch deſſen Fallen /
Nicht das Schleidern / noch der Stand /
Macht daß du kanſt ferner ſtallen
Dich nach deiner Frauen Hand /
Sondern nur allein die Treue
Die du brauchſt / macht dich beliebt.
Drum / wilt du nicht endlich Reue /
Und was dich zu letzt betruͤbt /
Selber auff den Halß dir laden /
Wenn du ohne Noth wegziehſt;
Hilff vermeiden allen Schaden /
Diene daß du Laſter fliehſt.
NDas194Unterſuchung / derer von ſuper - klugen

Das 6. Capitel.

Wenn eine Jungfer oder Magd will wiſſen / was ihr kuͤnfftiger Liebſter vor Haa - re hat / die greiffe in der Chriſt-Nacht rück - lings zur Stuben-Thür hienaus / ſo be - koͤmmt ſie ſolche Haare in die Hand.

NIcht von rechtſchaffenen ehrlichen Dir - nen / ſondern von Ehr-loſen Huren wird das Haargreiffen oder Raffen practici - ret. Denn eine ehrliche Jungfrau erwartet ih - res Gluͤcks von dem Willen GOttes / und fragt nichts darnach / was ihr kuͤnfftiger Liebſter vor Haare haben werde. Auch wird ſie auff eine ſol - che Maͤnner-tolle weiſe nicht verlangen ſolche zu ſehen / weil ſie ſich gar leichte ſelbſt einbilden und die Rechnung machen kan / daß die Haare / die ſie auff eine ſolche gauckelhaffte Weiſe er - greiffen moͤchte / keines weges von ihres noch un - bekannten Liebſten Haupte ſeyn koͤnnen / ſondern (wenn ja durch ſolch Greiffen oder Raffen Haa - re gefunden wuͤrden / welches doch nicht allemahl geſchicht) durch den Teuffel etwan von einem Diebe am Galgen / oder Moͤrder auff dem Ra - de / oder von einem Kehrig-Hauffen dahin pra - cticiret worden ſind / um damit denen aberglaͤu - biſchen Huren ihre geilen Gemuͤther und Be -gierden195Weibern hochgehaltenen Aberglauben. gierden deſto mehr zu beſtricken. Man hat ſich billich zu verwundern / wie weit es nur der Teuf - fel gebracht hat / daß gleichwohl unter denen Chriſten ſolche Schand-Huren genung / und die Menge gefunden werden / welche vor groſſer Huren-Luſt und geilen Muthwillen nicht wiſ - ſen / was ſie nur mehr ſollen vor thoͤrichte Poſſen vornehmen / damit ſie dem Satan einen ange - nehmen Dienſt erweiſen / dargegen aber GOtt erzuͤrnen / und die liebe Weyhnacht-Zeit enthei - ligen moͤchten; da ich doch nicht abſehen kan / was ſie ſich denn vor Nutzen davon einbilden koͤnnen / ob ſie auch gleich wircklich von ihres Liebſten eigenen Kopffe die Haare ſelbſt ausge - raufft haͤtten. Wenn ich eine Jungfer waͤre / und es wolte mich iemand zu dieſem Haar-Rauffen bereden / ſo wuͤrde ich mir die Sorge machen / daß / wenn ich einen Mann bekaͤme / der ſolche Haare haͤtte / wie ich ergriffen gehabt / ſo moͤchte GOTT mich um dieſer begangenen Thorheit willen ſtraffen / und verhengen / daß durch des Satans Zuſchuͤren (weil ich ihn hiermit gedie - net haͤtte) mein Mann mich zu Lohne bey mei - nen Haaren kriegen / die Stube mit mir auskeh - ren / und mich zur Thuͤr hinaus ſchleiffen / und mit ausgeraufften Haaren alda liegen laſſen moͤchte / auff daß ich hierdurch an mein Haar - raffen gedaͤchte.

N 2In196Unterſuchung / derer von ſuper klugen
In der Chriſt-Nacht nicht recht ſchlaffen /
Und aus Geilheit Haare raffen /
Macht daß manche wird veracht.
Solt ich eine Jungfrau ſuchen /
Wuͤrd ich einer ſolchen fluchen /
Die der gleichen haͤtt vollbracht.
Drum / die nicht will Hure heiſſen /
Mag ſich nicht ſolch Ding befleiſſen /
Dadurch ſie koͤmmt in Verdacht.

Das 7. Capitel.

Wenn einer eine Haaſen-Lorber ohn - gefehr auff den Felde oder in Walde findet / und dieſelbe iſſet / ſo mag der Haaſe kom - men an wem er will / ſo wird der / der die Lorber gefunden hat / auch ſein Theil davon bhaen.

WEnn ich gleich den Kopff noch ſo ſehr zer - brechen wolte / um zu verſuchen / ob ich etwas wieder dieſen Punct mit Recht ſprechen koͤnne / ſo wuͤrde ich doch nichts darwie - der auffbringen. Denn wenn der Haaſe gleich auff eine koͤnigliche Taffel kaͤme / ſo hat doch der / der den Koth gegeſſen hat / ſeinen Theil ſchon da - von hinweg. Probatum eſt! die Kunſt iſt rich - tig. Wer demnach gern von Haaſen iſſet / und will dieſe Kunſt gebrauchen / der hat die Verſi - cherung druͤber / daß er nicht fehlet.

Wer197Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Wer nun ſo luͤſtern iſt / vom Haaſen Fleiſch zu eſſen /
Und will derhalben erſt die Haaſen-Boh - nen freſſen /
Dem ſag ich ins Geſicht: Er ſey ein rechter Geck /
Den Haaſen kriegt er nicht: es bleibt ihm nur der Dreck.

Das 8. Capitel.

Des Nachts ſoll niemand in Spie - gel ſehen / denn es iſt nicht gut.

WEnn ich frage / warum es nicht gut ſey? ſo geben mir einige Weiber zur Antwort: Wer in der Nacht in einem Spiegel ſchauete / der ſaͤhe den Teuffel darinnen. Ich vermeyne aber / daß es vielleicht auff folgende Art verſtanden werden muß / als wie der Teuf - fel / den jener arme liederliche Tropff in ſeinem Beutel hatte / wenn er in einer groſſen Compa - gnie Studenten vorgab / woferne iemand Luſt haͤtte den Teuffel zu ſehen / ſo wolte er ihn ſol - chen / gegen Erlegung eines Groſchens weiſen / weil er ihn in einem ledern Beutel bey ſich truͤge. Die curioͤſen Herren Studioſi wolten ein ſolch Unthier zu ſehen keiner ſeinem Groſchen ſparen / und reichte demnach ein ieder ſein Geld dar / und verfuͤgten ſich mit dem Teuffels-Jubelirer in ei -N 3ne198Unterſuchung / derer von ſuper - klugenne Kammer. Dieſer machte ſeinen Beutel weit auff / und ließ einem nach dem andern hinein ſehen / fragte auch letzlich: Ob ſie den Teuffel ge - ſehen haͤtten? Sie antworteten alle mit Nein; er ließ ſie alle noch einmahl hinein ſehen / mit der Bedeutung / daß ſie ſich nicht zu fuͤrchten haͤtten / (denn er merckte / daß etliche gantz zitternd und von ferne nur ein wenig guckten) und fragte: Was ſie nun geſehen haͤtten? und bekam die Antwort: Nichts; ey / ſagte er: Das iſt eben der Teuffel daß nichts darinnen iſt; drum ſollen die Herren bedanckt ſeyn / daß ſie mir mit ihrem Groſchen den unſichtbaren Vogel her - aus jagen / und ſteckte das empfangene Geld hinein. Alſo auch / wer in der Nacht in Fin - ſtern vor einem Spiegel treten und hinein ſehen wolte / zu dem koͤnte man eben auch ſagen: Das muͤſte der Teuffel ſeyn / wenn er etwas darinnen ſaͤhe. Wenn aber einer mit einem Lichte in Spiegel ſiehet / dem iſt es ſo weit nicht gut / weil durch dergleichen Spiegel-Gucken die Augen vom Glantz Schaden leiden koͤñen; dahero auch nicht ohne Urſach die Spiegel des Nachts pfle - gen verdeckt zu werden. Der Teuffel aber hat im Spiegel nichts zu thun. Jedoch / damit die Weiber / welche ſolch Vorgeben glauben / auch einmahl recht behalten / ſo will ich ihnen ſagen / welcher geſtalt der Teuffel im Spiegel zu ſehenſey.199Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ſey. Nehmlich alſo: Wenn eine hochmuͤthige und ſtoltze Weibs-Perſon ſich in ihren Kleider - Pracht und geſchminckten Angeſichte am Tage nicht ſatt vor dem Spiegel beluſtigen kan / ſon - dern nimmt auch die Nacht mit darzu / ſo iſt es wahr daß ſie den Teuffel in Spiegel ſiehet / weil ſich nicht das Ebenbild GOttes / ſondern der Hoffarts-Teuffel beſpiegelt.

Wer ohne Noth des Nachts will in den
Spiegel ſchauen /
Dem moͤchte freylich zwar wohl fuͤr dem
Teuffel grauen /
Jedoch / wenns noͤthig iſt / dem ſage ich
gantz frey /
Daß gar kein Teuffel ie in einem Spiegel
ſey.

Das 9. Capitel.

Wer mit Holtz / Stroh oder anderer brennender Materia in Feuer oder Lich - te gauckelt / der harnet hernach ins Bett.

DAs Gauckeln und Spielen im Lichte oder Feuer / iſt eine Sache die an ſich ſelbſt zu nichts taug / und weder groſſen und er - wachſenen Leuten wohl anſtehet / noch denen Kindern zuzulaſſen iſt. Nun aber iſt bekannt / daß das Bett-Harnen bey denen Kindern ge -N 4mein200Unterſuchung / derer von ſuper - klugenmein iſt / und wenn die Eltern ihnen dieſe Untu - gend abgewoͤhnen wollen / ſo beſchaͤmen ſie ſie nicht allein deß wegen / ſondern geben ihnen zu - weilen auch wohl gar Schlaͤge / ohnerachtet ſol - che Untugend denen Kindern mehrentheils un - wiſſend und im Schlaff begegnet. Dahero die Kinder dieſes Laſter offt gar gerne unterlaſſen moͤchten / dem ſie wieder ihren Willen unter - worffen ſind. Wenn denn nun das Gauckeln im Lichte eine Untugend der Kinder iſt / welches vielmehr gefaͤhrlicher iſt als das Bett-Harnen / als haben verſtaͤndige Eltern nicht uneben erſon - nen / denen Kindern ein Laſter mit dem andern durch Klugheit abzugewoͤhnen / und haben da - hero zu denen Kindern geſagt / wenn ſie ſie haben im Lichte gauckeln geſehen: Wer im Lichte gau - ckele / der harne hernach ins Bett. Hierdurch werden die Kinder (weil ſie gaͤntzlich glauben es ſey wahr) von dem Licht-Gauckeln abgeſchreckt / daß ſie es andere Zeit unterlaſſen / damit ſie her - nach um dieſes Laſters willen nicht geſchlagen o - der beſchaͤmet werden moͤchten. Unterdeſſen iſt dieſes Vorgeben durch die lange Gewohn - heit von denen Kindern unter erwachſene Leute kommen / iedoch mehr aus Schertz / als Ernſt. Wiewohl es gleichwohl alte Narren giebt / die es vor wahr achten.

Wenn201Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Wenn Bett-Harnen braͤchte Ehr /
Und das Gauckeln nuͤtzlich waͤr /
Haͤtte man wohl nicht erdacht
Dieſes / deſſen man nur lacht.
Doch iſt dieſes Sprichwort gut /
Wenn man hierdurch nicht mehr thut /
Was Gefahr und Schande bringt /
Gut / wenn Schertz alſo gelingt.

Das 10. Capitel.

Wenn eine Jungfrau will wiſſen / ob ſie in einem Jahre einen Mann kriegen wer - de / ſoll ſie am Weynacht-heiligen Abend / oder in der Mitternacht an das Huͤner - Hauß klopffen / und ſagen: Gackert der Hahn / ſo krieg ich einen Mann / ga - ckert die Henn / ſo krieg ich kenn.

AN ſolchem Orten und bey Handwercks - Leuten / allwo die Huͤner-Haͤuſer nicht weit von denen Weꝛckſtaͤtten / da offt des Abends / auch wohl des Nachts gepocht und gerumpelt wird / da ſind es die Huͤner ſchon gewohnet / daß ſie ſich auff ein wenig Anklopffen nicht viel / auch wohl gar nicht regen. Dahero eine ſolche Mann-hungerige Jungfer ſtarck an das Huͤ - ner-Hauß anſchlagen muß / wenn ſich dieſes Vieh ſoll hoͤren laſſen / und ihr angenehme Ant -N 5wort202Unterſuchung / derer von ſuper - klugenwort geben. Wie mir denn nur juͤngſt eine ſelbſt erzehlete / wie daß ſie keine Antwort erhal - ten koͤnnen / ohnerachtet ſie den Hahn endlich gar bey dem Kamme gezupſſet haͤtte; Woraus ja die Thorheit ſolcher Mann-ſuͤchtigen Creatu - ren uͤberfluͤßig hervor ſcheinet. Denn wenn dieſe Sache zutraͤffe / ſo haͤtte ja / da ſie keinem Mann haͤtte kriegen ſollen / an ſtatt des Hahns eine Henne gackern ſollen / wie daß dieſer Glau - bens-Articul ſolcher geſtalt ja erlogen ſey. Zu dem moͤchten dieſe Nacht-Geſpenſter und Huͤ - ner-Stoͤberin doch erwegen / daß wenn ſie an manch Huͤner-Hauß klopffen / zuweilen Hahn und Huͤner zugleich zu gackern anfangen / wem geben ſie alsdenn am meiſten Glauben / wenn des Hahnes Gackern einen Mann der Huͤner Ga - ckern aber keinen bedeuten ſoll? Zwar ſo braucht es keines Fragens / der Hahn wird doch wohl den Vorzug haben muͤſſen / weil denen Jungfern an derer Huͤner Gackern nichts gelegen iſt. Und glaub ich / ſie machten die armen Huͤner gern ſtumm / damit ſie ihnen mit dem unangenehmen Gackern nicht irgend ihr Gluͤck verſagen moͤch - ten. Solte ich den Mann-tollen Maͤgden ein Ur - theil faͤllen / ſo wuͤrde es folgendes ſeyn: Weil ſie des Glaubens ſind / daß in der Chriſt-Nacht das Gackern des Hahnes ihnen einen Mann zu be - kommen prophezeyet / hingegen die Huͤner durchihr203Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ihr Gackeꝛn andeuten / daß ſie noch keinen Mann erhalten werden / dahero ſie die Huͤner auch nicht gern gackern hoͤren; ſo ſolten ſolche Damen auch keine Eyer von Huͤnern eſſen / ſondern ſich mit des Hahnes ſeinen krummen behelffen / und ſol - ches von Rechts wegen.

Es iſt ein arges Ding / wenn ſich die Jung -
fern ſehnen
Nach einem lieben Mann / der ſie zu Wei -
bern macht.
Drum haben ſie auch wohl die Augen voller
Thraͤnen /
Wenn ſie ſtarck klopffen an / auch wohl
zu Mitternacht /
Am Huͤner-Hauß-Fenſter /
Faſt wie die Geſpenſter.
Der Hahn ſoll ihnen zwar alleine Antwort
geben /
Weil ſie der Hüner Stimm ſo gerne hoͤ -
ren nicht /
Weil aber ſitzen auch die Huͤner all darne -
ben /
So gackern ſie auch mit / und ſagens ins
Geſicht /
Den’n alberen Narren:
Sie muͤſten verharren!
Das Ding gefaͤllt zwar nicht den’n Maͤn -
ner-tollen Leuten /
Drum204Unterſuchung derer von ſuper - klugen
Drum gehen ſie davon voll Unmuths
und voll Grimm;
Doch will die Weiber-Liſt die Sache anders
deuten /
Und richten ſich allein nur nach des Hah -
nen Stimm.
Drum ſind es ſo Sachen
Der’r man nur muß lachen.

Das 11. Capitel.

Wenn zwey ledige Perſonen einan - der heyrathen / und ſind beyde noch unbe - fleckt / alſo daß ſie eine reine Jungfrau iſt / und er noch kein Weib berühret hat / ſo wird das erſte Kind / das ſie mit einander zeu - gen / ein Narr.

DIeſes mag wohl der Teuffel ſelbſt erſon - nen haben. Denn ob durch ſpitzfindiges Nachſinnen gleich Rationes Phyſicæ moͤchten koͤnnen hervorgeſucht werden / dieſes aus der Natur darzuthun; ſo laufft es doch auff das verfluchte Abſehen des Teuffels hinaus / daß wer das erſte Kind / das er in ſeiner Ehe erzeigen will / nicht will laſſen einen Narren werden / der mag ſich vorher wohl mit allerhand Huren ex - erciren / oder eine ſolche Perſon zur Ehegemah - lin ſuchen / die fein weiß wo Barthel Moſt offen hat / oder wo der Kinder Zebedaͤi ihr Vater woh -net.205Weibern hochgehaltenen Aberglauben. net. Ey du ſchoͤne Lehre! wer dir will beypflich - ten / der mag es thun / ich halte es nicht mit dir / denn ich habe einſt ein alt Sprichwort geleſen / das hieß:

Wer eine Hure naͤhm wiſſentlich /
Der waͤr ein Hunds-Voigt oͤffentlich.

Wahr iſts zwar / und giebts die taͤgliche Erfah - rung / daß aller loſen Leute / und auch derer Hu - ren / ihre Kinder gemeiniglich kluͤger ſind / als ehrlicher Leute Kinder; Aber welcher redlicher Chriſt weiß nicht / was unſer Heiland ſelbſt ſagt / nehmlich: Die Kinder dieſer Welt ſind kluͤger denn die Kinder des Lichts / in ihrem Geſchlech - te. Wer nun Luſt zu ſolcher Klugheit hat / der mag ſich / auff ſeine Gefahr / nach der hier befind - lichen Vorſchrifft richten; er ſoll aber wiſſen / daß dieſe Lehre in des Teuffels Schule tractiret werde. Drum iſt mein Rath:

Laß unflaͤtge Saͤue fuͤr Ehre ſich hüten /
Laß Huren und Boͤcke die Klugheit aus -
bruͤten /
Laß Welt-Witz herſtammen von geilen
Geſchlecht /
Laß ihnen nur immer die Schande ſeyn
recht /
Laß ehrliche Kinder auch Narren gleich
heiſſen /
So lob ich die ſich auff Narren befleiſſen.
Das206Unterſuchung / derer von ſuper klugen

Das 12. Capitel.

Wenn die Kinder auff denen Gaſſen mit Spieſſen und Faͤhnlein reiten / ſo iſt es ein wahrhafftiges Zeichen des Kriegs / ſo uͤber das Land kommen wird.

JA freylich! es kan kaum fehlen; wenn die Kinder mit Spieſſen und Faͤhnlein rei - ten / mag es entweder eine ſchon vergange - ne oder noch vorhandene Sache bedeuten; denn die Kinder nehmen nichts anders fuͤr / als was ſie ſehen oder geſehen haben / und ſind wie der groſ - ſen Leute ihre Affen. Wenn demnach Krieg zu beſorgen iſt / da werden gemeiniglich die Un - terthanen und Land-Miliz in Kriegs-Exercitiis geuͤbet / die Troppen marſchiren hin und her / bald zu Fuß bald zu Pferde. Wenn nun dieſes die Kinder taͤglich ſehen / ſo machen es die Aeff - gen bald nach / und ſpielen ſo zu ſagen des Kriegs. Alsdenn / wenn der Krieg recht angehet / ſo heiſt es: Ey ja wohl haben es die Kinder gewuſt / ſie haben mit ihrem Spiel ſolches Unheil uns deut - lich genug propheceyet! und was dergleichen Al - bertaͤten mehr ſind. Ja wohl! wie wolt ihr auch wahrhafftigere Propheten haben als Kin - der? Denn ihr wiſſet ja wohl / daß Kinder und Narren die Wahrheit ſagen. Aber ihr The -ren /207Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ren / die ihr in Ernſt viel auff ſolche Kinder-Poſ - ſen haltet / bedenckt ihr denn nicht / daß ihr noch viel gewiſſere Merckzeichen des Kriegs an de - nen groſſen Anſtalten und Zuruͤſtungen / die in gantzen Lande gemacht werden / habt / als an eu - ren Kindern? Ja ich ſage / das eure Kinder kluͤger ſind als ihr / weil ſie eher darauff Achtung geben / auch dahero dieſe Dinge nachaͤffen. Und weil ſie denn ſolcher geſtalt kluͤger ſind als ihr / ſo iſt es kein Wunder / daß ſie eure Lehrer werden / und euch ſagen muͤſſen was fuͤrhanden iſt.

Drum / wenn ihr warten wolt / biß euch die
Kinder ſagen /
Was ſchon vorhanden iſt von ſchweren
Landes-Plagen /
So warter ihr zu lang / drum ſeht euch
beſſer fuͤr /
Die Plag iſt nicht mehr fern / ſie iſt ſchon
für der Thuͤr.

Das 13. Capitel.

Wenn ſich die Kinder auff der Gaſ - ſen mit Creutzen tragen / ſo iſts ein Zeichen / darauff Sterben erfolget.

DIeſer Glaubens-Articul iſt dem vorigen gleich / und dahero mit gleicher Antwort zu belegen. Denn gleichwie in vorigendie208Unterſuchung derer von ſuper - klugendie Kinder die Kriegs-Exercitia nachaͤffen; alſo thun ſie hier mit denen Begraͤbniß-Cere - monien. Und will ich mich hoch verwetten / daß die Kinder ſich nicht mit Creutzen tragen und darzu ſingen wuͤrden / wenn ſie es nicht vorhero bey Begraͤbniſſen geſehen haͤtten. (Ich nehme a - ber hier aus das taͤgliche Creutz-Geſchleppe ſo unter denen Papiſten fuͤrgehet) Wenn nun auff ſolche Art derer Kinder ihre Actiones eine kuͤnfftige Begebenheit anzeigen ſolten / ſo wuͤr - den durch ſie unzaͤhlig viel Dinge propheceyet werden; e. g. allwo der Gebrauch iſt / daß jaͤhr - lich einmahl ein hoͤltzerner Vogel von einer Stange abgeſchoſſen wird / allda werden die Kinder gegen ſolche gewoͤhnliche Zeit / etliche Wochen auch auff dergleichen Art Stangen auffrichten / und ſolche Voͤgel davon abſchieſſen. Item, wenn ein Qvackſalber an einem Orte ſich auffgehalten / der einem Pickelhering gehabt / welcher auff der Stroh-Fiedel geſchlagen hat / allda werden die Kinder dergleichen nachma - chen / und des Pickelherings Actiones nachaͤf - fen / und ſo fort. Wer wolte aber ſo naͤrriſch ſeyn / und glauben / daß wenn die Kinder den Vo - gel abſchoͤſſen / oder ſich mit Stroh Fiedeln truͤ - gen / gewiß auch bald werde ein Vogel abgeſchoſ - ſen / oder bald ein Artzt kommen? Ja wenn es mit denen Kindern waͤre als wie mit denenwaſſer -209Weibern hochgehaltenen Aberglauben. waſſerfuͤchtigen Jungfern / ſo wolte ich eher was auff ſolch Prognoſticon der Kinder halten. Denn das iſt unzaͤhlich offt probiret worden / daß / wenn die Jungfern die Waſſerſucht bekom - men / ſo bedeut es gern Kindtaͤuffen; gebt nur Achtung darauff / es trifft ein.

Solt der Kinder Creutze-tragen
Uns zukuͤnfftges Sterben fagen?
Iſt doch unſer gantzes Leben
Ohndem ſtets mit Creutz umgeben /
Und der Tod iſt auch bereit /
Uns zu wuͤrgen allezeit.
Drum / wer traut auff Kinder Poſſen /
Der hat daraus ſchlecht geſchloſſen /
Als ob er zu warten habe /
Sich zu ſchicken zu dem Grabe.
Wohl dem der ſtetsfertig iſt
Abzuſcheiden wie ein Chriſt!

Das 14. Capitel.

Wer kein Geld in Beutel hat / der ſoll ſich huͤten / daß wenn der Mond neu iſt / er ihm nicht in Beutel ſcheine / ſonſt wird er / ſo lange dieſer Monat waͤhret / Geld-Mangel leiden.

DA moͤchte man wohl ſagen: Man ſaͤet ſie nicht / man pflantzt ſie nicht / und wachſen doch ſo wunderlich. Wenn ich ein Lieb -Ohaber210Unterſuchung / derer von ſuper - klugenhaber der ungegruͤndeten Aſtrologiæ waͤre / ſo wolte ich mich bey dieſem Punct fuͤr einem A - ſtrologum ausgeben / und ſagen: Wem der neue Mond ins Geſicht ſchiene / der wuͤrde ſo helle Augen bekommen / daß er alle Geiſter da - mit erkennen wuͤrde; fiele aber dieſer neue Mond-Schein in die Ohren / ſo wuͤrde er alſo - bald zu einem Eſel. Ich will zwar hier nicht ei - ne ausfuͤhrliche Wiederlegung machen / wieder das Vorgeben des Helmontii, wenn er behau - pten will / es habe der Mond ſein eigen Licht / oh - ne das welches er von der Sonnen haͤtte / wel - ches er mit denen Thieren die des Nachts ſehen / behaupten will / weil eine Fledermauß / eine Eu - le und dergleichen auch zu Zeiten des Neumon - den in der Nacht ſehen koͤnte. Aber einer der nur ſo viel Witz hat / daß er eine Muſcate von ei - nem Pferde-Koth zu unterſcheiden weiß / der wird den ſonſt hochgeprieſenen Mann in dieſem Punct gar gruͤndlich wiederſprechen koͤnnen. Denn ob es gleich wahr waͤre / daß der Mond ſein eigen Licht haͤtte / ſo koͤnten wir deſſen des Nachts doch nicht theilhafftig werden / weil die Erd-Kugel zu der Zeit / wenn der Mond neu iſt / und ſo wohl fuͤr dem Mond als fuͤr der Sonnen ſtehet / und deſſen Schein verhindert; ſolte aber dieſer Neumond-Schein auff den Tag ankommen / ſo weiß ich auch nicht woher mandieſes211Weibern hochgehaltenen Aberglauben. dieſes Wunder-Licht leiten will? Sintemahl die Fix-Sterne bey hellen Sonnenſchein noch eher ein Licht von ſich geben als der Neumond. Ich will zwar nicht ſagen / daß wer den Neu - mond zu Geſichte bekaͤme / der werde einem Schatz finden / ſintemahl der Fleck / welcher bey begebenden Sonnen-Finſterniſſen in der Son - nen zu ſehen iſt / eben nichts anders iſt als der Mond / der allezeit zu ſolcher Zeit neu iſt / iedoch habe ich auch noch nicht gehoͤret / daß einer auſſer der Zeit einer Sonnen-Finſterniß / auch durch den allerkuͤnſtlichſten Tubum haͤtte den Mond erblicket / wenn er neu geweſen. Dahero leicht zu ſchlieſſen iſt / was es mit dem Schein des Neu - Monden-Lichts in einem leeren Beutel fuͤr Be - wandniß habe. Und wuͤrde ich dieſen Punct nicht einmahl meiner Striegel gewuͤrdiget ha - ben (weil ich ſolches Vorgeben nur vor einen Schertz haͤtte angeſehen) wenn ich nicht geſehen daß ſolcher in Ernſt / der / dem ſo betitultengroſ - ſen Planeten-Buche mit einverleibten alten Weiber-Philoſophie mit beygefuͤget / und ſo wahrſcheinlich denen andern erlogenen Glau - bens-Gruͤnden gleich vorgeſtellet werde.

Wer aus der flachen Hand kan Haare
rauffen /
Wer ohne Bein und Fuß kan in die Wet -
te lauffen /
O 2Wer212Unterſuchung / derer von ſuper - klugen
Wer ohne Aug im Kopff dennoch kan ſe -
hen /
Bey einem ſolchen wird es auch geſche -
hen /
Daß ihm der Neu-Mond wird in Beu -
tel ſcheinen!
Ein’m ſolchen glaube ichs / ſonſt aber kei -
nen.

Das 15. Capitel.

Wer das Gluͤck hat / daß die Stoͤrche ihr Neſt auff ſein Hauß oder Schorſtein bauen / der wird lange leben / und reich werden.

ICh erinnere mich / daß einſt die Stoͤrche ihr Neſt auff eines Mannes / der ſich nicht we - nig einbildete / ſeinem Schorſtein baueten / welcher / als er ſolches erſehen / alsbald mit den Worten herausgeblatzet war: Man wuͤrde nicht erfahren / daß die Stoͤrche auff eines armen oder gemeinen Mannes Hauß baueten. Als mir dieſes Freuden-Geſchrey des unſchuldig-weiſen Mannes zu Ohren kam / haͤtte ich mir bald die Colica daruͤber an Halß gelacht; und ſo ich die - ſe Rede aus des klugen Herrn ſeinem all verſtaͤn - digen Munde gehoͤret haͤtte / ſo wuͤrde ich mich kaum haben enthalten koͤnnen zu ſagen: Wie der Wirth waͤre / ſo beſcherete GOtt die Gaͤſte! und213Weibern hochgehaltenen Aberglauben. und gleichwie die Stoͤrche ſich hoch hinan mache - ten / und zu ihrer Wohnung die hoͤchſten Stellen ausſucheten. Item: Wenn ſie von ferne andere Stoͤrche fliegen ſaͤhen / alſobald ſich um ſelbige gleichſam bekuͤmmerten / ſie anklapperten / und ihren Neid nicht bergen koͤnten; alſo haͤtten diß - mahl dieſe Stoͤrche einem Wirth gefunden / der ihrer Natur gleich ſey. Laͤcherlich aber kam es heraus / als gedachte Stoͤrche ihr neues Qvartir gar wenig Jahre bewohnten / ſondern das Neſt wegtrugen / weßhalben es der Haußwirth auch fuͤr kein gut Omen hielte. Und ſcoptiſche Koͤpf - fe ſpotteten deſſen / und ſagten: Er ſey von Sam - meter und Stuffener Einbildung / aber von Grob-Leinwatten Verſtande und Vermoͤgen / darum haͤtten die Stoͤrche / als ſie ſolches vermer - cket / nicht laͤnger aldo herbergen wollen / und waͤren wieder davon gewandert. Ich laſſe aber billich dieſen Senior in ſeinem Werth / ſintemahl ſich mit der Zeit es weiſen wird / ob er klug oder naͤrriſch / reich oder armgeweſen ſey? Was dem - nach ferner unſern vorhabenden Pſeudoſophi - ſchen Glaubens-Punct anlanget / ſo wird denen bekannt ſeyn / die an ſolchen Orten wohnen / all - wo viel Stoͤrche ſich anniſteln / daß ſie erſtlich ſich zuvor gern auff die hoͤchſten Haͤufer machen / und zum andern die Beqvemlichkeit der Feuer-Eſſen beobachten / ob ſie ihre Neſter fuͤglich darauff be -O 3feſtigen214Unterſuchung / derer von ſuper - klugenfeſtigen koͤnnen? im uͤbrigen aber nichts darnach fragen / ob der Haußwirth arm oder reich ſey. Iſt er nun arm / ſo wird er von Storch-Neſtern nicht einen Heller reicher werden. Weil aber die hoͤchſten Haͤuſer gemeiniglich denen wohlha - benſten Leuten gehoͤren / (wiewohl offt in einem kleinen Haͤußgen ein Beſitzer ſteckt / der drey an - dere in groſſen Palaͤſten auskauffen koͤnte) ſo iſt der albere Aberglaube entſtanden / ob wuͤrden diejenigen reich / oder haͤtten Gluͤck / wohin die Stoͤrche ihre Neſter baueten. Ich weiß aber Storch-Neſter auff ſolchen Wohnungen / die wegen der Beſitzer Unvermoͤgenheit bald gar einfallen werden. Wo aber alda das Gluͤck ſteckt / welches die Stoͤrche andeuten / das weiß ich nicht?

So wenig als der Storch wird Lieder ſin -
gen /
So wenig wird er Glück und Reichthum
bringen.
Er koͤmmt gantz leer mit ſeinem Weibe
an /
Und muß ſein Neſt von Mooß und Dornen
bauen /
Darinnen GOtte / Wind und Wetter
trauen /
Sonſt aber weiter er nichts bringen kan /
Als215Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Als Kroͤten / Froͤſch und Schlangen fuͤr die
Jungen /
Und wenn ſie haben dieſe Koſt veꝛſchlungen /
Und ſich in Fliegen haben exercirt /
Daß ſie in freyer Lufft koͤnnen recht fliegen /
So laſſen ſie den Koth im Neſte liegen /
Und werden foͤrder wenig mehr geſpuͤrt.

Das 16. Capitel.

Wenn eine ledige Dirne will wiſſen / ob ihr Liebſter werde gerade oder krumm ſeyn / die ſoll am Weyhnacht-Heilgen-Abend an eine Klaffter oder einem Stoß Holtz tre - ten / und ruͤcklings ein Scheit ausziehen / wie das Scheit iſt / alſo wird auch der Lieb - ſte ſeyn.

Odu heiliger Weyhnacht-Abend! wie miß - braucht dich doch manche Mann-thoͤrichte Dirne zu ihrem loſen Haͤndeln! Es weiß ſicherlich manche tolle Trompe ſich auff nichts mehr zu beſinnen / das ſie gern zu dieſer heiligen Zeit noch practicirte; da ich doch / ie laͤnger ich nachſinne / ie weniger begreiffen kan / warum e - ben dieſe Nacht denen ledigen Weibs-Perſonen ſo favorabel ſeyn ſolle. Nach dieſem Punct ſtellen ſie eine Probe an / ob ihr kuͤnfftiger Lieb - ſter werde krumm oder gerade ſeyn / da ſie doch nicht einmahl verſichert ſind / ob ſie auch noch ei -O 4nen216Unterſuchung / derer von ſuper - klugennen werden bekommen oder nicht. Sie probiren es mit einem unbeſehenen Scheite Holtz / und wollen gleichſam ſich hiermit zu dem bey ihnen gewoͤhnlichen Spruche bekennen: So muß ich einem Mann haben / und ſolte ich mir einem von Stroh oder Holtze machen. Ja / wenn ſie einen ſolchen haben wollen / ſo koͤnnen ſie auff dieſe Art freylich gar bald zu einem krummen oder gera - den gelangen. Und waͤre zu wuͤndſchen / daß alle ſolche Mann-tolle Vetteln / die ſo vorwitzig ſind / um die Beſchaffenheit ihrer zukuͤnfftigen Maͤn - ner ſich vor der Zeit zu bekuͤmmern / ihr Lebtage ſich mit ſolchen aus dem Holtze gezogenen Maͤn - nern / zur Straffe ihrer Thorheit / behelffen muͤ - ſten! Solte dieſes Beginnen nicht die Abgoͤtte - rey derer Heyden uͤbertreffen? welche doch gleichwohl Goͤtzen ehren / die gewiſſe Geſtalten und Bildniſſe an ſich haben; hier aber ſollen un - geſtalte Stuͤcke Holtz Oracula abgeben / und anzeigen / wie der kuͤnfftige Liebſte ſoll propor - tionirt ſeyn. Die thoͤrichten Leute moͤchten aber doch nur bedencken / daß zwar alle diejenige / wel - che ſolche Probe vornehmen / Scheite Holtz kriegten / aber alle bekommen nicht Maͤnner. Dahero / welche keinen Mann bekoͤmmt / und hat doch ein Scheit Holtz ausgezogen / die ſiehet ja ſolcher geſtalt / daß dieſe abgoͤttiſche Probe falſch und erlogen ſey. Es wird mir zwar ohneZweiffel217Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Zweiffel geantwortet werden: Es koͤnten dieje - nigen / welche keine Maͤnner bekaͤmen / auch das Scheit / das ſie ruͤcklings ergriffen haͤtten / nicht heraus ziehen / weil es allzufeſte ſteckete. Allein / ſie kommen mit dieſem Einwurff gar nicht aus. Denn da nicht allein die lieben Damens gar fein ſich an einem Ort wiſſen zu ſtellen / allwo ſie ge - dencken / das Holtz zu gewinnen / ſo traͤgt ſichs ja auch offt zu / daß / ob ſie gleich an ein Stuͤck Holtz kommen / ſo ſie weder regen noch wenden koͤnnen / und ſolches muͤſſen ſtecken laſſen / dennoch das ſelbige Jahr noch einem Soldaten oder andern praven Kerl uͤberlieffert werden. Woraus ja offenbahr erhellet / daß dieſer Glaubens-Articul falſch ſey.

Die Dirnen / die ſich gar nicht ſchaͤmen /
Sich ſelber ein’n Mann aus dem Holtze zu
nehmen /
Und zwar auff ſolche Art:
Daß mit dem Ruͤcken
Sie ſich an einen Hauffen Holtz andruͤcken /
Und ziehen ſich den Knittel oder Scheid
Heraus / es ſey gerade / krumm / ſchmal oder
breit /
Die wundren ſich alsdenn ja nicht /
Wenns kuͤnfftig ihnen auch geſchicht /
Daß ihnen ihre geilen Ruͤcken
Geſalbet werden mit dergleichen Stuͤcken.
O 5Das218Unterſuchung / derer von ſuper - klugen

Das 17. Capitel.

Welche Dirne will wiſſen / wie ihr kuͤnfftiger Mann werde heiſſen / die ſoll den erſten Faden Garn / den ſie des Tages ſpin - net / vor ihre Hauß-Thüre ſpannen / wie nun der erſte vorheygehende heiſt / alſo wird ihr kuͤnfftiger Mann auch heiſ - ſen.

WIe koͤmmt aber eine ſolche Trompe zu rechte / die ihren Faden auffſpannet / auch Achtung giebet / wer voꝛbey gehet / und wie er heiſt / und von einem Jahre zum andern auff einen Liebſten gleiches Nahmens hoffet / aber doch biß an ihr Ende keines Mannes theilhafftig wird? Wie trifft doch bey einer ſolchen dieſer ſchoͤne Glaubens-Artieul ein? Oder wie wird eine andere dran ſeyn / da zugleich zwey / drey oder mehr Maͤnner vorbey geben / und hat ein ieder einen andern Nahmen? Wie will ſie allda wiſ - ſen / welchen Nahmen ihr kuͤnfftiger Schatz ha - ben werde? Hierauff werde ich ohne Zweiffel zu erſt Antwort bekommen / (weil mein erſter Einwurff wohl wird unbeantwortet bleiben /) daß der / welcher oben an / oder auch der Thuͤr am nechſten gehe / der habe den Nahmen des kuͤnffti - gen Liebſten; oder aber truͤge ſichs auch wohl zu / daß wenn ihrer zweye waͤren / die vorbey gien -gen /219Weibern hochgehaltenen Aberglauben. gen / der eine Hanß und der andere Chriſtoph und ſo fort hieſſe / da hieſſe alsdenn der kuͤnfftige Lieb - ſte Hanß Chriſtoph. Oder es koͤnte ſich auch be - geben / daß / wenn zwey oder drey Maͤnner vor - bey giengen / die Jungfer hernach auch wohl zwey oder drey Maͤnner kriegen koͤnte / die derer ihre Nahmen haͤtten / die vorbey gegangen waͤren. Allein dieſes ſind gar zu weit geſuchte Poſſen; denn ſo zwey oder mehr Maͤnner zugleich vorbey gehen / und der oben an gehet / den rechten Nah - men haben ſoll / ſo fragt ſichs / wie es bey denen Voͤlckern koͤnne eintreffen / welche die Lincke vor die Oberhand halten? Oder wenn es der ſoll ſeyn / der am naͤchſten an der Thuͤr gehen werde / ſo weiß ich auch nicht / wie die Natur durch den vor die Thuͤr geſpanneten Faden ſolte ſolche Ge - walt leiden koͤnnen / daß durch ihre Wirckung die zwey oder drey vorbey gehenden Maͤnner ſich e - ben in eine ſolche Ordnung ſtellen muͤſten / daß eben derjenige auff der Seite gehen muͤſte / wel - cher der Jungfer ihres kuͤnfftigen Liebſten ſeinen Nahmen fuͤhrete? Denn nachdem der Gang von der rechten oder lincken Seiten des Hauſes herkoͤmmt / nach dem gehet auch dieſer oder jener oben an oder dem Hauſe am naͤchſten. Daß a - ber der kuͤnfftige Mann einen duppelten Nah - men fuͤhren ſolle / nach denen Nahmen zweyer vorbey gegangenen Maͤnner / das ſcheinet auchder220Unterſuchung derer von ſuper - klugender Natur zu viel Gewalt mit einem elenden Fa - den Garn thun wollen; als ob die Natur um des Fadens willen eben ſolche zwey Maͤnner zu - ſammen und vor dieſer Thuͤre vorbey fuͤhren muͤſte / allwo das Garn auffgeſpannet waͤre. Was letzlich zwey oder drey Maͤnner anlanget / die ſich eine ſolche Mann begierige Jungfer zu uͤberkommen moͤchte traͤumen laſſen / das iſt mit vorigem gleiches Schlages / und ſind lauter ver - gebliche Einbildungen und abgoͤttiſche Aber glau - ben / derer ſich ehrliche Jungfern niemahls bedie - nen werden.

Und ſo auff ſolche Art eine ſpannt auff ihr
Garn /
Und koͤmmt zu erſt ein Ochs gefahren mit
dem Karrn /
Oder wenn nach fuͤrgezognen Faden
Ein Eſel koͤmmt mit einem Sack beladen /
So muͤſt der kuͤnfftge Mann Ochs oder E -
ſel helffen.
Gefaͤllt dir das nun nicht / magſt du das
Garn wegreiſſen.

Das 18. Capitel.

Es iſt nicht gut / wenn man einen Roſt oder Dreyfuß auffs Feuer ſetzet / und leget nichts drauff.

Beſſer221Weibern hochgehaltenen Aberglauben.

BEſſer iſts / wenn auff dem Roſte ein paar gute Bratwuͤrſte liegen / und auff dem Dreyfuſſe ein Keſſel mit einem guten Schincken oder fetten Karpffen ſtehet. Und ſol - cher Geſtalt moͤchte dieſer Glaubens-Punct ſchon beantwortet ſeyn. Allein / weil ich gleich - wohl offt wahr genommen / daß / wenn an man - chem Orte ſind Fiſche geſotten worden / die Koͤ - chin / ſo bald ſie den Keſſel vom Dreyfuß gehoben gehabt / einem andern dabey ſtehenden zugeruf - fen / daß er den Dreyfuß moͤchte umwerffen / ſo habe ich nach ſolcher Bedeutung offt gefraget / aber keinen andern Beſcheid erhalten / als daß es nicht gut ſey / wenn der bloſſe Dreyfuß im Feuer ſiehend bliebe. Endlich iſt mir geſagt worden / habe es auch in der dem groſſen Planeten Buche mit einverleibten alten Weiber-Philoſophie ge - funden / daß es folgendes bedeuten ſelle: Nehm - lich ein Weib / welches den Roſt oder Dreyfuß ſo frey auff dem Feuer ſtehen lieſſe / das wuͤrde un - ſcheinbar / runtzlich und alt. Iſt demnach kein Wunder / daß die lieben Dinger ſo ſor gfaͤltig den Dreyfuß aus dem Feuer thun; ſintemahl ih - nen an nichts mehr gelegen iſt / als an ſchoͤner Geſtalt / weil ſie wohl wiſſen / daß ſo ſie dieſe beſi - tzen / ihnen das uͤbrige / was ihnen gefaͤllet / auch nicht leichte entſtehen werde. Denn wenn ſie ſchoͤn ſind / ſo ſind ſie denen Manns-Perſonen /als222Unterſuchung derer von ſuper - klugenals um derer willen ſie ſich putzen / baden / pudern / ſchmincken / ſalben und balſamiren / angenehm; und wenn ſie noch ledig ſind / bekommen ſie eher Maͤnner; ſind ſie aber ehlich / ſo hoffen ſie / um der Schoͤnheit willen / zuweilen auch (wiewohl verbotener Weiſe) einer frembden Speiſe zu ge - nieſſen. Welche wolte denn / bey ſo geſtalten Sachen / den Roſt oder Dreyfuß im Feuer ſtehen laſſen? und wolte ich nun keine mehr drum ver - dencken / wenn ſie ſolchen / in Ermangelung einer Feuer-Zange / gleich mit bloſſen Haͤnden um - wuͤrffe; Allein / weil gleich wohl eine Sache nicht nur in bloſſem Vorgeben beſtehen darff / ſondern auch gewiſſe rationes erfordert werden / warum das oder jenes ſo / oder ſo ſey? ſo wollen mir die Weiber doch erſt die Art und Weiſe entdecken / wie ſie von dem auff dem Feuer bloß ſtehenden Dreyfuß runtzelich und alt werden / wiedrigen Falls wird es niemand ihnen zu Gefallen glau - ben. Und ob ſie gleich wolten fuͤrgeben / daß ſie ſolches aus offt und vieler Erfahrung erlernet haͤtten; ſo waͤre doch dieſes noch ein gar ſchlech - ter Beweiß / weil andere Dinge mehr und oͤffter fuͤrgehen / die eine Urſach zum Runtzeln und al - ter Geſtalt machen koͤnnen / als der im Feuer ſte - hende Dreyfuß. Auch werden viele ungeſtalt / die nicht einmahl an das Feuer kommen / vielwe - niger einen Dreyfuß im Feuer ſtehen laſſen; unddas223Weibern hochgehaltenen Aberglauben. das ſind ſolche liebe Dingergen / die nicht wiſſen eine Waſſer-Suppe zu machen / ſondern ſich auff die Maͤgde verlaſſen. Ich will aber andere Ur - ſachen entdecken / warum die ſchoͤnen Weiber manchmahl ſo bald runtzlich und ungeſtalt wer - den? nemlich / wenn ſie Bocken-Gruben mit Schmincke / Kleiſter / Bleyweiß / Kugelac und dergleichen ſtets ausfuͤllen wollen / ſo macht es endlich eine runtzliche Haut; oder wenn ſie die Scirne glatt in die Hoͤhe binden / ſolche mit ſo ge - nandten Favorittgen behaͤngen / als ob ihnen ein Turtel-Taͤubgen auff dem Kopffe geſeſſen ſey / und auff die Stirne ſolche runde Ringelgen ſ. v. geſchmeiſſet haͤtte; die ſie dermaſſen mit Mehl oder geſtoſſener Staͤrcke beſtreuen / daß ſie ausſe - hen / als eine aus der Muͤhlen kommende Palm - Sonntags-Stutte / oder / nach der teutſchen Grund-Sprache zu reden / eine mit Mehl beſtu - bene Eſelin. Auch traͤgt zu eines jungen Wei - bes baldigen Runtzeln viel bey / wenn ſie lieber den Kragen / als den Magen / bedencken / und lieber Hunger leiden / als etwas von der verfluchten Hoffart und Putz abbrechen / da fallen die Ba - cken bald in Falten / und die vorhin glatt geweſe - ne Stirn bekoͤmmt Runtzeln / und werden Cre - punene Geſichter draus. Dieſes ſind alſo mei - ne rationes, warum die Weiber bald alt und runtzlich werden; vom Dreyfuß im Feuer hal -te ich224Unterſuchung derer von ſuper - klugente ich aber gar nichts / biß mir die Weiber gnug - ſam ihr Vorgeben erweiſen.

Nicht der Dreyfuß / noch der Roſt /
Sondern eine ſchlechte Koſt /
Vieles Schmincken / Cordiſiren /
Und die Stirn mit Kreide ſchmieren;
Dieſe und dergleichen Sachen
Sind es / die die Runtzeln machen.

Das 19. Capitel.

Wenn ein Weib zu Bette gehet / und gruͤſſet die Sterne am Himmel / ſo nimmt ihr der Geyer oder Habicht kein jung Huhn.

DIeſes glauben die albern / abgoͤttiſchen und aberglaͤubiſchen Weiber / und practici - rens auch; Wenn ſichs alsdenn begiebt / daß ihnen ihre jungen Huͤner unverletzt bleiben / ſo vermeynen ſie / daß wahrhafftig der Gruß / den ſie an die Sternen gethan / ſolchen Schutz zuwe - ge gebracht habe. Hieran aber hat der Teuffel ſeinen ſonderlichen Wohlgefallen / daher er mit Fleiß verhuͤten hilfft / daß der Habicht kein jung Huhn von denen erhaſche / derer Frauen die Sternen gegruͤſſet haben; Hingegen derer ihre / die ſolches nicht gethan haben / hilfft er / ſo viel ih - me GOtt zulaͤſſet / deſto mehr verderben / nur darum / daß er den abgoͤttiſchen Wahn bey denenWeibern225Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Weibern moͤchte vermehren. Aber die albern Narren moͤchten doch ein wenig uͤberlegen / wie abgeſchmackt und thoͤrieht ihr Vornehmen ſey? und der Satan denen ihren geſunden Verſtand beraubet haben muͤſſe / die ſolche Narren-Poſſen glauben und practiciren. Denn der rechte und wahre Verſtand dieſes ihres Glaubens-Ar - ticuls iſt alſo beſchaffen: Zu der Zeit / wenn ein Weib Abends zu Bette gehet / da die Sterne am Himmel zu ſehen ſind / ſo iſt es finſter; wenn ſie nun die ſichtbaren Sterne gruͤſſet / ſo nimmt ihr der Geyer oder Habicht kein jung Huhn / denn die Gluck-Henne ſitzet zu der Zeit druͤber / und iſt auch in der finſtern Lufft kein Geyer anzutreffen / der eines nehmen koͤnne. Iſt alſo freylich wahr / daß der Habicht ihr kein Huhn nimmt / wenn ſie zu Bette gehet / oder wenn ſie die Sterne am Himmel ſehen und gruͤſſen kan. Auff folgen - den Tag aber hat ſie deſſen keinen Buͤrgen.

Kan auch wohl ein Peter Sqvens
Einen ſolchen Reverens
In dem Spiele machen /
Als die Weiber Abends-Zeit
Mit dem Gruſſe ſind bereit?
Deſſen man muß lachen.
Sie begruͤſſen nicht den HErrn /
Sondern nur deſſelben Storn /
In beſonderm Glauben /
PDaß226Unterſuchung derer von ſuper - klugen
Daß darum der Geyer nicht
Ihnen / wie ſonſt offt geſchicht /
Ein jung Huhn ſoll rauben.
Aber ſie ſind unbedacht /
Denn ja ohndem in der Nacht
Kein Geyr iſt vorhanden;
Aber wenn ein andermahl
Holt der Geyr eins aus der Zahl /
B’ſtehen ſie mit Schanden.

Das 20. Capitel.

Wenn man Stroh in ein Bett thut / ſoll man die Knoten nicht an denen Stroh - Baͤndern laſſen / ſonſt kan niemand darauff ſchlaffen.

Offtmahls / wenn Patienten nicht haben ſchlaffen koͤnnen / oder mancher / wegen vie - ler Sorgen und andern Urſachen / wenig Ruhe im Bette gehabt / habe ich kluge Weiber hoͤren den Rath geben: Man moͤchte doch das Bett-Stroh durchſuchen / ob irgend unauffge - knuͤpffte Strob-Baͤnder darinnen waͤren / wel - che eine gewiſſe Hinderniß des Schlaffs und Ruhe verurſacheten? Alleine / obgleich ſolche zuweilen gefunden / und weg gethan ſind worden / iſt dennoch kein Schlaff darauff erfolget. Alſo ſiehet man / wie die Weiber alle Kleinigkeiten zu Aber glauben machen koͤnnen / wenn auch gleichoͤffters227Weibern hochgehaltenen Aberglauben. oͤffters natuͤrliche Urſachen darbey zu beobachten ſind. Denn das iſt natuͤrlich / daß einer auff vie - len Knoten / als wie an Stroh-Baͤndern ſind / wuͤrde ſchlechte Ruhe finden / wenn er ſolche / als eine Streue / unter ſich haͤtte. Auch kan ſichs bey gar armen Leuten wohl zuweilen zutragen / wenn weder Betten noch Stroh zur Gnuͤge vorhanden iſt / daß ein eintziger ſolcher Knoten einen / der darauff lieget / Unruhe verurſachet. Wenn aber Stroh genug im Bette liegt / und auch noch gute Betten darzu drauff gelegt ſind / ſo kan ein oder zwey Knoten von Stroh-Baͤndern keine Verhinderniß des Schlaffs verurſachen / ſo wenig / als etliche Pflaum-Federn verurſachen ſolten / daß einer / der ſich drauff legte / ſanfft ruhen werde.

Einer / der ohne Sorgen / Kranckheit und
Schmertzen /
Gar wohl kan ſchlaffen / eſſen / trincken und
ſchertzen /
Der wird auch Zweiffels frey in Kleidern
und Schuhen
Auff der Banck oder auff Stroh-Knoten
ruhen.
P 2Das228Unterſuchung derer von ſuper - klugen

Das 21. Capitel.

Wenn ein Weib zu Marckte gehet / und hat fruͤh / als ſie die Schuhe angezogen / den rechten Schuch erſt angezogen / ſo wird ſie ihre Wahre theuerer loß werden.

SOlte die Urſach daher kommen / daß die Bauer-Weiber ihre Butter und Kaͤſe ſo theuer geben / ſo waͤre nicht unbillich / wenn die Obrigkeit anbefoͤhle / daß die Weiber alle muͤ - ſten den lincken Schuch erſt anziehen. Daß a - ber dieſer Aberglaube falſch ſey / erhellet daraus / weil viel hundert Bauer-Weiber barfuß zu Marckte kommen / und weder Schuch noch Strumpff anhaben / dennoch aber hartnaͤckig auff ihre Wahre halten / und theuer genug ver - kauffen. Und kan ich mich nicht erinnern / daß ich in zehen Jahren einem Bauer-Weibe etwas haͤtte abgekaufft / daß ſie um einen billigen Preiß gegeben haͤtte; denn ſie wiſſen / daß des Volcks in denen Staͤdten viel iſt / die eſſen wollen / dahe - ro wiſſen ſie nicht / wie ſie ihre ſtinckenden Kaͤſe und andere Victualien theuer genung ausſchin - den ſollen. Und ob ſie gleich alles uͤber die Bil - ligkeit verkauffen / ſo laſſen ſie ſich doch noch nicht damit vergnuͤgen / ſondern ſinnen noch auff Mit - tel und ſchwartz kuͤnſtliche Handgriffe / die ihnenzum229Weibern hochgehaltenen Aberglauben. zum theuer-Verkauffen dienen ſollen / derglei - chen einer dieſes iſt / was ich ietzt unterſuche / nem - lich die erſte Anziehung des rechten Schuchs; anderer ſolcher Abgoͤtterey und loſen Zauber - Griffgen vorietzt zu geſch weigen. Daß aber die - ſes zum theuer-Verkauffen nichts thut / habe ich nicht allein ſchon oben angefuͤhret / ſondern es iſt auch daraus zu ſchlieſſen / weil ein Bauer-Weib ſelten einen Unterſchied unter ihren Schuben machet / ob er an den rechten oder lincken Fuß gezogen wird; kan dahero der Schuch als Schuch nichts wircken / ſondern es muͤſte die Krafft vom rechten Fuſſe oder Auffhebung des rechten Beins herkommen / aber auch dieſes will ſich nicht wohl reimen; denn wenn die Weiber fruͤb / ehe ſie zu Marckte gehen / erſt in den Kuͤh - ſtaͤllen herum wandern / und die Fuͤſſe hernach waſchen / ſo heben ſie die Beine / ohne Unterſchied / auff / und waſchen beyde abe; woferne ſie ſie aber nicht waſchen / ſo iſt kein Zweiffel / es werde der lincke Fuß ſo heßlich als der rechte ſtincken / wie kan denn hernach ein Fuß vor dem andern die Krafft geben / daß die Wahre auff dem Marckte theuer verkaufft werde? Gleichwohl aber aus der Sache zu kommen / will ich ein wenig ent - werffen / was mich duͤncket / wie es mit Anziehung des rechten Schuchs und deſſen Wirckung zur unchriſtlichen Schinderey zugehe; nemlich / derP 3rechte230Unterſuchung / derer von ſuper - klugenrechte Schuch iſt das erkaltete und von aller Chriſtlichen Liebe befreyete Hertz / und der rechte Fuß iſt die geitzige Begierde zum unbillichen Wucher. Wenn dieſer Fuß alſo in den kalten Lieb-loſen Schuch tritt / und zu Marckte wan - dert / ſo verkaufft das Weib theuer. Was aber der barmhertzige GOtt darzu ſagt / das koͤnnen die Soldaten hernach denen Bauern am beſten fuͤrpredigen.

Wenn ſich die Bauern der Billigkeit ſchaͤ -
men /
So muͤſſen ſie ſich doch willig beqvemen /
Zu geben / gantz ohne Geld / Kaͤſe und But -
ter /
Brod und Bier / Eyer / auch Haber und
Futter /
Wenn ihnen zur Straffe Soldaten gebie -
ten.
Dafuͤr uns doch alle GOtt wolle behuͤten!

Das 22. Capitel.

Wer ein Hembde an hat / welches vom Garn gewircket iſt / das ein Maͤgdlein unter ſieben Jahren alt geſponnen hat / der hat Glück darinnen.

ICh uͤber gehe allhler / um Aergerniß zu ver - huͤten / was vor verfluchte Zauberey und Gauckeley mit dem ſo genannten Noth -Hembde231Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Hembde getrieben / und vor dieſem von man - chem Teuffels-Diener hoͤher als GOTT ſelbſt æſtimiret worden iſt. Denn wenn ein from - mer Chriſt beobachtet / erſtlich / was vor Perſo - nen das Garn darzu haben muͤſſen ſpinnen? zum andern / in weſſen Nahmen? drittens die Zeit oder den Tag / wenn es hat muͤſſen geſpon - nen / gewircket und auch gemacht werden? vierd - tens die Form und Geſtalt? und letzlich / wenn und wofuͤr es gebraucht worden iſt? ſo wird ein ieder geſtehen muͤſſen / daß es ein recht Werck des Teuffels geweſen ſey; und zweiffele ich nicht / daß noch wohl heut zu Tage dergleichen verferti - get und gebraucht werden / weil doch in dieſer Grund-Suppe der Welt faſt alle Laſter / welche ſonſt ſchon vergeſſen geweſen / wieder auffs neue auff gewaͤrmet und hervor geſucht werden. Es ſey aber dahin geſtellet / ob nicht ietziger Zeit noch ſolche Noth Hembden gemacht und gebraucht werden? ſo fehlets doch hingegen nicht an andern verdammlichen Abgoͤttereyen und Aberglauben. Wie denn in Warheit ein ſolch Hembde / worzu das Garn von einem Kinde unter 7. Jahren ge - ſponnen iſt / wenn es mit der intention getragen wird / daß es Gluͤck bringen ſoll / nichts als ein offenbares abgoͤttiſches Werck iſt. Daß es aber auch im allergeringſten keine Wirckung habe bey Chriſtlichen Leuten / die kein Vertrauen darauffP 4ſetzen /232Unterſuchung derer von ſuper - klugenſetzen / kan ich aus folgender Begebenheit abneh - men. Meine nunmehro laͤngſt in GOtt ru - hende aͤlteſte Schweſter hatte / vor dem Beſchluß ihres ſiebenden Jahres / ſo viel geſponnen / daß ſie ein Mandel Ellen Leinwad davon wircken ließ / welche ihr meine Mutter auffhub / als einen Haußrath; und weil dieſelbe bey Zeiten / nechſt der Gottesfurcht / zu aller hand haͤußlichen Ver - richtungen angewieſen wurde / muſte ſie in ihrem vierzehenden Jahre meines aͤlteſten Bruders Haußhaͤlterin werden / weil er noch unverheyra - thet war; als aber ſein Nabmens-Tag kam / machte ſie von ihrer Leinwad ein Hembd / und band ihn damit an. Nun kan ich zwar nicht wiſ - ſen / indem ich davon keine obſervation zu ſelbi - ger Zeit gemacht habe / was vor Gluͤck er darin - nen gehabt hat? aber das erinnere ich mich noch wohl / daß / als er hernach / Amts wegen / der Brandenburgiſchen Armee / welche / wo ich nicht irre / vor 30. Jahren vom Frantzoͤfiſchen Kriege aus dem Reich durch den Thuͤringer Wald in die Winter-Qvartiere zog / biß auff den Frauen - waldt [iſt ein ſchoͤnes Fuͤrſtlich Gothiſches Hauß und Gaſthof im Thuͤringer Walde gelegen] ent - gegen geben muſte / um zu hintertreiben / daß der March die Henneber giſchen und Weimariſchen Doͤrffer nicht ſo ſtarck betreffen moͤchte; da trug ſichs zu / daß er in dieſem Gaſthofe uͤber einem all -da233Weibern hochgehaltenen Aberglauben. da an einem hitzigen Fieben liegenden Oberſten ſich dermaſſen entſetzte / daß er ſich alsbald entfaͤr - bete / und ſich kranck nach Ilmenau bringen laſ - ſen muſte / allwo er den dritten Tag ſeinen Geiſt auffgab / und ſtarb. Ob er nun zwar zu derſelbi - gen Zeit ſich nur kurtz zuvor verheyrathet hatte / war doch meine Schweſter noch bey ihm / und er - zehlete bey deſſen Begraͤbniß / daß er eben das Hembde / womit ſie ihn angebunden gehabt / haͤt - te auff dieſer ungluͤcklichen Reiſe angehabt / und haͤtte ſolcher Geſtalt gar wenig Gluͤck darinnen gehabt. Dieſes habe ich alſo nur darum ange - fuͤhret / auff daß iedweder erkennen moͤge / daß ein ſolch Hembde nicht einen Pfifferling beſſer ſey / als ein anders. Wer aber ſein Vertrauen auff dieſes und dergleichen Poſſen ſetzet / bey dem hat der Teuffel geſchwinde ſeine operation, und ver - ſchaffet / daß er in ſeinem abgoͤttiſchen Vertrauen noch mehr geſtaͤrcket werde / drum hat ein redli - cher Chriſt wohl Urſache / ſich vor ſolchen loſen Haͤndeln zu huͤten.

Der iſt ja wohl recht geſchoſſen /
Der auff ſolche albre Poſſen
Seine Hoffnung alſo ſetzet /
Daß er ſich dabey verletzet
An der Seelen und Gewiſſen;
Denn der Teuffel iſt beflieſſen /
Mit dergleichen falſchen Stricken
Fromme Chriſten zu beruͤcken.
Das234Unterſuchung derer von ſuper - klugen

Das 23. Capitel.

Wenn es auff S. Johannis-Tag regnet / ſo verderben die Nuͤſſe / hinge - gen gerathen die Huren.

Ey! wenn nur was geraͤth / auff daß das Jahr nicht gar unfruchtbar iſt; zwar die Huren gerathen / ob gleich kein Tropffen Regen im gantzen Jahre ſolte vom Himmel fal - len. Daß aber die Nuͤſſe manch Jahr verder - ben / iſt bekannt. Ob aber der Regen welcher an Johannis-Tage faͤllet / hierzu etwas contri - buiren mag? kan ich ſo ſchlechterdings nicht an - nehmen / weil ich mich noch wohl erinnere / daß / als ich vor zweyen Jahren / nehmlich Anno 1702. an S. Johannis-Tage / eben als es regnete / zu einem guten Freunde ſchertzweiſe ſagte: Es wuͤrden die Nuͤſſe verderben / und hingegen nach dem gemeinen Sprichwort / die Jungfern fruchtbar werden. Ob nun gleich an denen letztern nichts ermangelt hat als Ehre und Schamhafftigkeit / ſo wird doch ein iedweder mit mir bekennen muͤſſen / daß im Jahr 1702. die Nuͤſſe dermaſſen wohl gerathen ſind / als in ſehr vielen Jahren zuvor nicht geſchehen iſt. Trifft alſo das bekandte Glaubens-Puͤnctlein mit der Warheit nicht uͤberein. Ich kan auch nicht ab - ſehen / aus was Urſachen die Huren gerathen ſol -len /235Weibern hochgehaltenen Aberglauben. len / wenn die Nuͤſſe verduͤrben / und ſolte man vielmehr glauben / wenn die Nuͤſſe wohl gerie - then / ſo giengen die Jungfern mit denen Manns-Perſonen in die Haſel-Straͤucher / alda Nuͤſſe zu ſuchen / bey welcher Gelegenheit man - che ein paar Nuͤſſe auffzubeiſſen bekaͤme / davon ihr in dreyviertel Jahren der Wurm aus dem Leibe kroͤche; denn es ſind manche Nuͤſſe wur - micht.

Wenn manche Dirne ſich recht ſchaͤmte /
Und ſich nicht alſobald beqvemte
Mit ieden Purſch zu lauffen /
So duͤrffte ſie zuletzt fuͤr Graͤmen /
Den Kopff nicht in die Haͤnde nehmen /
Und ſich die Haar ausrauffen.
Denn wenn ſie ſich nach Haſel-Nüſſen
Umſehen ſind ſie auch befliſſen
Ein Vogel-Neſt zu finden /
Das finden ſie denn gar geſchwinde /
Und muͤſſen ſich bald mit dem Kinde
An ſtatt des Vogels winden.
Als denn muß dieſen lieben Seegen /
Gewuͤrckt habn der Johannis-Regen.
Und kan auch gar wohl kommen /
Wenn ſie Herr Vogel-Hanſen haben /
Oder ſonſt einen ſolchen Knaben /
In ihr Neſt eingenommen.
Das236Unterſuchung derer von ſuper klugen

Das 24. Capitel.

Am S. Johannis-Tage ſollen ſich die Bauern in Zwiebel-Beeten herum weltzen / ſo werden die Zwiebeln groß wachſen.

DIeſes Fuͤrgeben iſt zwar wahr; Jedoch muß es nicht eben am Johannis-Tage ge - ſchehen / ſondern kurtz zuvor / oder viel - mehr nach ietzigen neuen Calender etliche Tage hernach gelchehen. Und hat es ſeine natuͤrli - chen Urſachen / welche die klugen Gaͤrtner wohl verſtehen / und dahero um ſolche Zeit / das Zwie - bel-Kraut mit Fleiß auff denen Zwiebel Beeten umtreten. Denn wenn das Kraut zertreten wird / ſo wird es hernach welck / und das uͤbrige Wachsthnm bleibet in der Wurtze[l]oder Zwie - bel / und werden groß. Dieſe Verwelckung derer Zwiebel-Roͤhren wird auch verurſachet / wen man ſich auff ſelbigen herum waltzet / und ſie damit uͤbern Hauffen und entzwey drucket. Und gilt gleich viel / ob ſie umgetreten oder ge - waͤltzet werden / und darff auch nicht eben am Johannis-Tage geſchehen.

Und rath ich dir du guter Bauer /
Laß dirs nicht werden allzuſauer /
Und waltz dich nicht beſchwerlich rum:
Denn wenn du trittſt die Stengel um /
Auff237Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Auff daß in Wurtzeln muß der Safft
Verbleiben / ſamt der Wachsthums -
Krafft /
So haſt du ſchon genug gethan.
Es koͤmmt auch nicht ſo eben an /
Daß es muͤſt ſeyn Johannis-Feſt /
Denn wenn du es verſtreichen laͤſt /
So nimm es nur hernach noch fur.
Du kriegſt groß Zwiebeln / glaube mir.

Das 25. Capitel.

An Bartholomaͤi Tage ſollen die Maͤgde nicht ins Kraut gehen / Blaͤt - ter vor das Vieh zu holen.

DIeſer naͤrriſche Aberglaube iſt meines Wiſſens nur an theils Orten in Thuͤrin - gen bekandt / alwo das gemeine Volck in den albern Wahn ſtehet / es wuͤrffe Bartholomaͤ - us an dieſem Tage Krauthaͤupte in das Kraut / derowegen ſolle niemand an dieſem Tage in das Kraut gehen / auff daß es den Bartholomaͤum nicht verjagete / oder verſtoͤrete. Woher nun dieſe gantz albere Meynung ihrem Ur - ſprung her haben mag? kan ich nicht erfahren / vermuthe aber nicht unbillich / daß es noch aus dem Pabſithum uͤbrig blieben ſey / weil wir der - gleichen Raritaͤten mehr / ihnen noch abgeerbet haben. Wie ſich aber der gute Bartholomaͤusſo mag238Unterſuchung / derer von ſuper - klugenſo mag verſuͤndiget haben / daß er / als wie zur Straffe / die Krauthaͤupter in ſo groſſer Menge in einem Tage in ſo vielen Laͤndern muß oder ſoll einſtreuen / kan ich weder begreiffen noch glau - ben; welcher Narr es aber will glauben / dem will ichs nicht wehren. Und ſcheinet / daß Bar - thel muͤſſe ein furchtſamer Kerl ſeyn / weil er ſich ſtracks fuͤrchtet / ſo eine Magd zu ihm ins Kraut koͤmmt / und ſich von ſeiner Verrichtung laͤſſet abſchrecken; alleine / ich glaube daß einſt eine Magd an Bartholomaͤi-Tage mag im Kraute geweſen ſeyn / und hat einen Haaſen ſehen her - aus lauffen / der zuweilen / nach der Haaſen Gebrauch ſich auffgerichtet und ein Maͤnngen geſtanden hat / dieſen mag ſie vor Bartheln haben angeſehen / und hat gedacht / wenn dieſer lang-oͤh - rige Kerl oben die kleinen Hertz-Blaͤtgen im Kraut-Stauden gekoſtet hat / er ſey der Bar - thel / und werffe Krauthaͤupter ein. Aber zum wenigſten weiß ich und iedermann / daß um Bar - tholomaͤi ſchon viel Krauthaͤupter verkaufft wer - den. Derowegen ſolche ja nicht erſt am Bar - tholomaͤi koͤnnen eingeworffen werden.

Weil ohne Zweiffel eine ſteiffe Magd /
Den Haaſen hat aus dem Kraute gejagd /
Eben an Bartholomaͤus-Tage /
So iſt davon entſtanden die Sage
Als ſey es Barthel ſelbſt geweſen /
Drum239Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Drum duͤrfft man hinfort nicht auffleſen /
An dieſem Tage die gelben Blaͤtter /
Auff daß man nicht verjagt den Vetter /
Oder Schwager Bartheln / den lieben
Mann /
Damit er Haͤupter einwerffen kan.

Das 26. Capitel.

Wer ein vier-blaͤtteriges Klee-Blat findet / der ſoll es werth halten / denn ſo lange er es hat / wird er gluͤckſelig und reich ſeyn.

Aller Klee / wie er Nahmen haben mag / (denn es gibt deſſen ſehr vielerley Arten) iſt nach ſeiner natuͤrlichen Eigenſchafft und Ge - ſtalt / ein ſolch Kraut / da eindreyfaches Blat auff ieden Stiele waͤchſet. Wenn ſichs aber ohnge - fehr begiebt / daß mehr als drey Blaͤtter auff ei - nem Stiele gefunden werden / ſo iſt es gleichſam eine Mißgeburth / Luſus naturæ, gleich wie bey manchen Menſchen / der 6. Finger an einer Hand hat / oder auff einem Halm 2. 3. oder mehr Aehren Weitzen oder Korn wachſen. Da nun dieſes ſolche Dinge ſind / welche nicht wieder die Ordnung der Natur / ſich mit natuͤrlichen Ge - ſchoͤpffen hervor zu thun pflegen / ſo ſind es allge - meine Dinge / die man / zu gewiſſen Zeiten / ſu - chen und finden kan / ſondern werden gemeinig -lich240Unterſuchung derer von ſuper - klugenlich ohngefehr gefunden und angetroffen. De - rowegen pfleget man auch zu ſagen: Wer vier - blaͤtterigen Klee ſuchet / der findet keinen / und wer keinen ſuchet / der findet deſſen. Daß aber einer / der ſolcher Art Klee mit vier Blaͤttern fin - det / und auffhebet / mehr Gluͤck oder Reichthum zu hoffen habe / als wenn er dergleichen Klee nicht haͤtte? das iſt eine grobe Abgoͤtterey und of - fenbare Luͤgen. Denn ich kan einem nicht al - leine wohl dreißigerley Sorten von allerhand Klee / als Stein-Spitz-Waſſer-Wieſen-Spa - niſch-Sauer-Hertz-Hopffen-Schnecken-Guͤl - den - und dergleichen Arten Klee / ſondern auch vier / fuͤnff / ſechs und ſieben blaͤtterigen Klee wei - ſen / den ich aus curioſitaͤt auff behalte. Ich waͤre aber kein ehrlicher Chriſt / wenn ich gedencken wolte / ob haͤtte ich / um des vier-blaͤt - terigen Klees willen / um einem Heller mehr Gluͤck als ſonſt. Und iſt ein ſolcher Menſch / der ein vier-blaͤtterig Klee-Blatt / um des Gluͤcks willen / auff hebt / nicht beſſer zu achten als ein Zauberer / der einem Spiritum familia - rem, ein Alraungen / oder einen Heckethaler verwahret. Auſſer einen ſolchen abgoͤttiſchen Vertrauen aber / mag ein iedweder gleich eine gantze Schachtel voll ſolchen vier-blaͤtterigen Klee mit gutem Gewiſſen auffheben. Wolte mir aber iemand vorſtellen / daß wenn gleich -wohl241Weibern hochgehaltenen Aberglauben. wohl einer ohngefehr ſolchen Klee faͤnde / und oh - ne ſuͤndlichen Vorſatz auffhuͤbe / hernach aber ge - wahr wuͤrde / daß er beſſer Gluͤck haͤtte / als ſonſt / ob er denn den Klee ſolte hinweg werffen / den ihn doch vielleicht GOtt um deßwillen haͤtte fin - den laſſen / daß er ihm dadurch ſegnen wolle? Dieſem dienet zur Antwort / daß GOtt / weil die Welt geſtanden hat noch keinen eintzigen Men - ſchen / auff dieſe Art / geſegnet hat; und braucht GOtt weder vierblaͤtterigen noch Guͤlden-Klee darzu / wenn er einen ſegnen will; und wuͤrde auch auff ſolche Art ſcheinen / ob gaͤbe GOTT ſelbſt Anlaß zur Abgoͤtterey? Wenn ſichs aber begiebt / daß einer bey einem ſolchen Klee-Blatte ſpuͤret beſſer Gluͤck als ſonſt zu haben / dem ver - ſichere ich / daß eine Verſuchung des Satans - ber ihm herrſche / wenn er dieſen Goͤtzen oder ab - goͤttiſch Blat nicht hinweg thut. Ferner wird fuͤrgegeben / daß ein ſolcher vierblaͤtteriger Klee am kraͤfftigſten wuͤrcke / wenn er durch die andere biß dritte Hand einem heimlich oder unwiſſend zugebracht werde. Wenn es denn aber alſo ge - ſchehe / und derjenige / der dieſen Klee unwiſſend bey ſich traͤgt / zuſehend gluͤcklich iſt / ſo iſt weiter eine Frage zu beantworten: Ob nehmlich ein ſol - cher ohnwiſſend Suͤnde begehe / oder nicht? Ich achte / vor meine Perſon dafuͤr / daß zwar ein ſol - cher / ſo lange er wuͤrcklich keine WiſſenſchafftQnoch242Unterſuchung derer von ſuper - klugennoch Vermuthung von der Urſach ſeines Gluͤ - ckes hat / eben nicht in dieſem Puncte ſuͤndige / ſondern der / der ihm mit aberglaͤubiſcher Inten - tion, das Klee-Blat zugeſteckt hat / ſteckt wuͤrck - lich in der Verantwortung; derjenige aber / welcher unwiſſend des Gluͤcks theilhafftig wird / iſt auch nicht auſſer Gefahr; denn der Teuffel giebt niemanden etwas umſonſt / daß er nicht mit der Zeit ſein reichlich Intereſſe davon ziehe. Ich kenne unterſchiedliche Perſonen / welche (wenn ich ſo reden mag) ſehr gluͤcklich in Findung des vierblaͤtterigen Klees ſind / dem aber ohngeachtet beſitzen ſie des zeitlichen Gluͤckes und Reich - thums ſehr wenig; woraus zur Gnuͤge erhellet / daß an der Sache gantz nichts iſt. Wie aber die Meynung auff die Bahn kommen ſey / daß einer der vierblaͤtterigen Klee habe / Gluͤck und Reich - thum erlangen werde? das kan ich ſo genau zwar nicht errathen / iedoch zweiffele ich nicht / daß es von einer zweydeutigen Redens-Art herkom - men mag. e. g. Wenn in der Weinleſe einer ei - ne Erdbeer faͤnde / das waͤre etwas rares / es waͤ - re aber ein anderer / der wolte auch eine ſuchen / und ſeiner Liebſten verehren; gienge dahero in den gantzen Weinberge herum zu ſuchen; der erſte aber / oder auch wieder ein anderer ſpraͤche: Es wuͤrde der gut Gluͤck haben / wenn er auch ei - ne Erdbeere faͤnde. Hierbey duͤrffte das Gluͤcknicht243Weibern hochgehaltenen Aberglauben. nicht weiter verſtanden werden / als ſo viel die zur ungewoͤhnlichen Zeit gewachſene Erdbeere aus - truͤge. Und eben auff ſolche Weiſe kan es ehe - mahls geſchehen ſeyn / daß gute Freunde in Gruͤ - nen oder Wieſen ſpatziren gegangen / und in dem Klee verſucht vierblaͤttrigen zu finden / worbey gar leichte die Rede gefallen ſeyn kan: daß einer gut Gluͤck haben wuͤrde / der ſolchen Klee faͤnde. Der andere aber / der ohngefehr dergleichen ge - funden hat / hat dieſe Rede in ſolchem Verſtande angenommen / ob werde er / um des Kleeblats willen / Gluͤck erlangen. Und nachgehends kan dieſe einfaͤltige Meynung / als wie alle andere aberglaͤubiſche Poſſen / gar leicht unter albern Leuten fortgezogen ſeyn / daß ſie nun wuͤrcklich mit unter der alten Weiber ihre Glaubens - Gruͤnde gerathen iſt.

Durch ein verwelcket Blat / ſuchſt du ver -
gaͤnglich Gluͤck.
Der Klee wird wohl zu Miſt / das Glück
bleibt auch zuruͤck.
Du aber muſt bey GOtt dafuͤr zur Rede
ſtehn:
Drum / ſo du das bedenckſt / magſt du
dich wohl fuͤrſehn /
Daß du nicht irgend das / was alles wird ge -
nannt /
Verſchertzeſt / und wirſt ſelbſt in Hoͤllen -
Pful gebrannt.
Q 2Das244Unterſuchung derer von ſuper - klugen

Das 27. Capitel.

Wenn ein Rabe oder Kraͤh ſich auff ein Hauß ſetzet und ſchreyet / worinnen der Mann oder die Frau kranck liegt / iſt es ein gewiß Zeichen / daß der Krancke ſter - ben werde.

EHe ich hierauff meine gruͤndliche Mey - nung entdecke / muß ich erſtlich benachrich - tiget werden / ob der Patiente um deß wil - len ſterben werde / weil der Rabe auff dem Hau - ſe geſeſſen und geſchrien habe? oder ob der Rabe ſich um deß willen auff das Hauß ſetze und ſchreye / weil der darinnen liegende Patiente werde ſterben? wenn mir aber niemand hierauff Antwort und Nachricht giebet / ſo muß ich wohl beyderley Meynung unterſuchen / damit eines ieden Gedancken hiervon eine Gnuͤge geſchehe. Sage demnach auͤff die erſte Meynung: Daß / wenn einer dafuͤr halten wolte / ob wuͤrde der Pa - tiente um deß willen ſterben / weil ein Rabe oder Kraͤhe auff ſeinem Hauß geſeſſen und geſchrien haͤtte? ſolches Fuͤrgeben gar alber und abge - ſchmackt herauskomme. Denn wenn die Kranck - heit nicht toͤdtlich iſt / ſo kan ja die Kraͤhe oder der Rabe oben vom Forſt des Hauſes nicht den Tod hinein ſchicken / oder die Kranckheit toͤdtlich ma - chen / die vorhin nichts zu bedeuten hat / ſonſt wuͤr -de es245Weibern hochgehaltenen Aberglauben. de es ſcheinen / als ob die Raben eine toͤdtende Seuche / dadurch ſie Haͤuſer inficiren koͤnten / an ſich haͤtten. Und da ein eintziger Rabe ſo viel wuͤrcken koͤnte / daß der ſonſt auſſer Gefahr ſte - hende Patiente in Todes-Noth gerathen wuͤr - de / ſo wuͤrde es auch nicht fehlen / daß / wo viel Raben oder Kraͤhen zugleich auff einem Hauſe ſaͤſſen (welches ſich ſehr offt begiebt) die darin - nen befindlichen geſunden Leute gewiß wuͤrden kranck davon werden. Weil nun aber kein Menſch / dergleichen Exempel erfahren zu ha - ben / gefunden werden wird / als muß an der er - ſten Meynung nichts ſeyn. Was das andere anlanget / als ob der Rabe oder Kraͤhe ſich eben um deßwillen auff das Hauß ſetzete und ſchrie / weil der Patiente / der im Hauſe kranck liegt / ge - wiß ſterben werde? ſo koͤmmt ſolch Fuͤrgeben nicht kluͤger heraus / als das vorige. Denn / wer bringet denn dem Raben die Poſt / daß in dem oder jenem Hauſe ein Patiente todt-kranck liege? deßwegen der Rabe / als ein ſchwartzer Begraͤb - niß-Bitter kommen / und ſeinen Dienſt mit ſei - nem Geſchrey anbieten ſolle. Wolte hier nun iemand einwenden und fuͤrgeben / daß die Raben einen ſo ſtarcken Geruch haͤtten / und dadurch des Patienten Wohnung von weiten ausſpuͤr - ten; dieſem ſage ich dargegen: Daß / wenn es daher kaͤme / ſo wuͤrde gewiß nicht nur ein eintze -Q 3ler246Unterſuchung / derer von ſuper - klugenler Rabe / ſondern gantze Schock ſich um ein ſolch Hauß einfinden. Weil aber dergleichen Begebenheit auch noch nicht erhoͤret worden iſt / ſo faͤllet billich ſolche Meynung von ſich ſelbſt weg. Dieſes ſind alſo meine Gedancken uͤber die - ſen Glaubens-Punct / was anlanget die natuͤr - lichen Raben oder Kraͤhen. Nun finden ſich aber wieder andere / welche dafuͤr halten / es waͤren ſol - ches nicht allgemeine oder natuͤrliche Kraͤhen / ſondern man nennete es Todten-Kraͤhen; ja ei - nige wollen gar fuͤrgeben / ob waͤre es der Teuffel. Was aber die vom Poͤbel alſo genannte Todten - Kraͤhen anlanget / ſo iſt es eben ein ſolch Affen - und Fabelwerck / als das erlogene Fuͤrgeben von der Klage-Mutter / oder alſo genannten Weh - klage. Wenn aber eine ſolche Kraͤhe oder Rabe gar der Teuffel ſeyn ſolte / ſo wuͤrde ich deſto eher recht behalten / wenn ich ſagte das Sitzen und Schreyen einer ſolchen Kraͤhe bedeute nicht den Tod des Krancken / weil (woferne der Patient in rechten Glauben beſtaͤndig bleibt) der Teuffel von einem frommen Chriſten nichts zu holen hat. Uberdiß laufft auch ohne dem allezeit des Teuf - fels Propheceyung auff Luͤgen aus. Alſo mag ei - ner ſolch Sitzen und Schreyen derer Raben auff eines Patienten Hauß verſtehen wie er will / ſo wird er befinden / daß gantz und gar keine Be - deutung davon zu machen ſey.

Wem247Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Wem wolte nicht zu ſterben grauen /
Wenn uns ein ſchwartzer Galgen-Hahn
Den Tod ſolte anſagen?
Ich will alleine GOtt vertrauen /
Der mich fuͤr alles ſchuͤtzen kan.
Mit JEſu will ichs wagen.
Mein JEſus wird den Tod verſüſſen;
Durch ſeinem Tod und ſchwere Pein
Iſt mir die Furcht benommen.
Die Raben koͤnnen ja nicht wiſſen /
Wenn mein End moͤcht beſtimmet ſeyn /
Und wenn mein GOtt wird kommen.
Will aber iemand noch verharren /
Zu glauben / daß der Raben Stimm
Werd ihn den Tod anzeigen /
Den halte ich fuͤr einem Narren /
Der ſelbſt ſein Ende machet ſchlimm.
Ich aber will nur ſchweigen.

Das 28. Capitel.

Die Schaͤfer duͤrffen in denen zwoͤlff Chriſt-Naͤchten den Wolff nicht nennen / er zerreißt ſonſt die Schaafe.

WO das bekannte Sprichwort Lupus in fabula, oder wenn man des Wolffs ge - denckt / ſo ſtecket er in der nechſten Hecken! herkoͤmmt / kan ich zwar ſo eigentlich nicht wiſ - ſen; aber das weiß ich wohl / daß es nicht alleineQ 4in de -248Unterſuchung derer von ſuper - klugenin denen zwoͤlff Chriſt-Naͤchten / ſondern viel - mehr durchs gantze Jahr gebraucht wird. Da - hero erachte ich nicht zu fehlen / wenn ich glaube / daß es daher ſeinen Urſprung haben mag / wenn in vorigen Zeiten ſich durch das verfluchte Laſter der Zauberey / hin und wieder ſo genannte Waͤhr - oder Behr-Woͤlffe haben ſehen laſſen / und denen Leuten unzaͤhligen Schaden gethan haben ſol - len / welches aber keine natuͤrliche Woͤlffe / ſon - dern leibhafftige Teuffel / oder Zauberer und He - xen / in Wolffs-Geſtalt / geweſen ſind / die mit ih - ren wuͤten und toben offt ſichtbarlich Schaden gethan haben / und ehe man ſichs verſehen / ver - ſchwunden ſind. Auch wenn zuweilen iemand / in Compagnion und Geſellſchafft / von ſolchen Woͤlffen geredet hat / da hat ſich deꝛgleichen Teuf - fels-Beſtie bald præſentiret; wie Remigius in ſeiner Dæmonolatria dergleichen Hiſtorien und Begebenheiten gnung anfuͤhret. Und ſolcher geſtalt achte ich dafuͤr / iſt das Sprichwort: Wenn man des Wolffs gedenckt / ſo iſt er da / entſtanden. Jedoch ſind dieſes nur meine Gedancken / weiß es ein anderer beſſer / ſo will ich gern davon Unter - richt annehmen. Es ſey aber nun dieſes wie es wolle / ſo glaube ich doch wenigſtens / daß die Be - nennung des Wolffs in zwoͤlff Chriſt-Naͤchten / vor dieſen / als das Zaubern[ und] Hexen iſt gemei - ner als ietzt getrieben worden / ſein Verbot magerhal -249Weibern hochgehaltenen Aberglauben. erhalten haben / da irgend einer / dem Teuffel zu gefallen / denen Leuten / die mit einem ſolchen Behr - oder Waͤhr-Wolffe beſchweret worden / mag weiß gemacht haben / daß wenn iemand ei - ne ſolche Teuffels-Beſtie einen Wolff nennen wuͤrde / ſo lange als die Zeit vom erſten Weyh - nacht-biß zum H. 3. Koͤnig-Tage wehret / dem werde von ſolchem Wolffe Schaden geſchehen. Woraus alsdenn ein allgemeiner Wahn unter die Schaͤfer kommen iſt / daß man in denen zwoͤlff Naͤchten nicht duͤrffe Wolff ſprechen / und daher geben ſie ihm zu ſolcher Zeit allerhand Nahmen / als Ungeziefer / Feind / Raͤheß / und dergleichen. Wie ſichs denn einsmahl begeben / daß ein Schaͤfer zu ſeinem Pfarr gekommen / ein Kind tauffen zu laſſen; weil aber der Pfarr mit Nah - men Wolffgang oder Wolff geheiſſen hat / hat der Schaͤfer ſeinen Antrag auff folgende Ma - nier verrichtet: Guten Tag Herr Ungeziefer! verzeihet mir / daß ich euch ietzt in Zwoͤlff-Naͤch - ten ſo heiſſe / denn ich darff den Teuffel ietzt nicht recht nennen / wenn ich nicht will in Sorgen ſte - hen / daß das Raben-Aaß mir unter die Schaafe geraͤth. Der liebe GOtt hat mich mit einem jun - gen Heyden begabt / ſo wolt ich euch gebeten ha - ben / ihr ſolt ihn tauffen / und einen Chriſten dar - aus machen. ꝛc. Wenn denn nun aber / GOtt ſey Danck / ietziger Zeit / von oben gedachtenQ 5Behr -250Unterſuchung derer von ſuper - klugenBehr-Woͤlffen nicht mehr gehoͤret wird / der na - tuͤrlichen Woͤlffe halber aber niemand ſich / um der Benennung willen / etwas zu beſorgen hat / ſo moͤgen die Schaͤfer / ohne einiges Bedencken / in Zwoͤff-Naͤchten den Wolff nennen; ich will mein Leben zum Pfande ſetzen / daß kein natuͤrli - cher Wolff / um der Benennung willen / ein ein - tziges Schaf antaſten werde.

Man mag den Wolff gleich Monſieur heiſ -
ſen /
Wenn er das Schaaf erfaſſet /
So wird er es dennoch zerreiſſen /
Weil er es allzeit haſſet.
Es koͤnnen auch die Tag und Zeiten /
Die Wolffs-Art nicht verkehren.
Obgleich bey aberglaͤubſchen Leuten
Man pflegt ſolch Ding zu hoͤren.
Drum magſt du aberglaͤubſcher Schiefer
Gleich die Chriſt-Tag ihn heiſſen
Ein heßlich boͤſes Ungeziefer /
So wird er dennoch beiſſen.

Das 29. Capitel.

Wenn man einem Kinde laͤſſet einen Dattel-Kern bey ſich tragen / ſo faͤllt es nicht viel / oder nlmmt durch Fallen nicht Schaden.

Die251Weibern hochgehaltenen Aberglauben.

DIe Natur-Kuͤndiger geben von dem Palm - oder Dattelbaum fuͤr / daß er die Eigenſchafft haben ſolle / wenn eine ſchwe - re Laſt auff ſelbigen geleget wuͤrde / ſolcher ſich de - ſto mehr empor und in die Hoͤhe richtete / und al - ſo ſich nicht zur Erden buͤgen lieſſe. Ob dieſes wahr ſey / ſtelle ich dahin; wiewohl unterſchied - liche Autores derer neueſten Orientaliſchen Rei - ſe-Beſchꝛeibungen ſolches nicht bekraͤfftigen wol - len. Wenn es aber wahr waͤre / ſo duͤrfften wohl einige dahero muthmaſſen / daß der Kern von der Frucht des Palmbaums eben auch die Eigen - ſchafft habe / wie der gantze Baum / und lieſſe den / der einen ſolchen Kern bey ſich truͤge / nicht zur Erden fallen. Wie ungereimt aber dieſes her - aus koͤmmt / und wie ſchwer es wuͤrde zu bewei - ſen ſeyn / duͤrfften die erfahren / die davon eine Probe thun ſolten. Es wuͤrde aber / meines Er - achtens / eben alſo heraus kommen / als wenn ei - ner ſagen wolte: Ein Kind / das einen Wolffs - Zahn anhangen hat / das wird von dieſem Zahne begierig das Vieh zu eſſen; Oder: Wer Han - butten iſſet / der ſticht und kratzt die Leute; Oder: Wenn ein Cantor Nachtigallen-Federn in Bruſtlatz fuͤttert / wird es ihm niemahls an heller Stimme fehlen. Ich ſage aber dieſes / daß wer ſeinem Kinde / um deß willen / einen Dattel-Kern ins Kleid nehet / daß es fuͤr Fallen ſoll ſicher ſeyn /der252Unterſuchung derer von ſuper - klugender ſetzet ſeine Zuverſicht nicht auff GOtt alleine / wie er doch billich thun ſolte / ſondern auff den Dattel-Kern / und treibt alſo Abgoͤtterey damit. Ich gebe aber ſolchen abgoͤttiſchen Leuten nur noch ſo viel zu bedencken / damit ſie ſich gar leichte ſelbſt uͤberzeugen koͤnnen / daß ſie irren: Wenn ſie einen Dattel-Kern hinwerffen / ſo faͤllet er ſelbſt zu Boden / und bleibt auff der Erden liegen / ſo lange / biß er wieder auffgehoben wird. Was nun aber ſelbſt dem Falle unterworffen iſt / das kan einen Menſchen ja nicht vom Fallen verſi - chern und befreyen. Iſt alſo dieſer Glaubens - Grund nichts nuͤtze. Ich erinnere mich zwar gar wohl / was fuͤr Krafft der Edelſtein Tuͤrckos / in eben dieſem Punct / haben ſoll / wie Helmon - tius in ſeinen ſonſt ſehr ſinnreichen Schrifften gaͤntzlich behaupten will / ja gar diejenigen gantz ſpoͤttiſch anſiehet / und fuͤr eigenſinnige Leute haͤlt / welche in die Krafft des Tuͤrckoffes / die dieſer bey Fallenden erweiſet / einigen Zweiffel ſetzen wol - len. Alleine / wem des beruͤhmten Helmontii ſeine Schrifften bekandt ſind / und iſt nicht uͤber die Gebuͤhr von deſſen principiis eingenommen und angeſteckt / der wird geſtehen muͤſſen / daß ſehr viel Alte-Weiber-Kuͤnſte darinnen fuͤr gantz ge - wiſſe Dinge angebracht ſind / die doch in der War - heit nicht beſtehen / und bleibt dabey / daß alle der - gleichen Sachen auff nichts anders als eine Ab - goͤtterey auslauffen.

Ich253Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Ich will mich verlaſſen auff GOttes und
der Engel Schutz /
Weil ich erachte / ein Dattel-Kern ſey gar
nichts nutz /
Den Fall zu verhüten / denn es iſt ja nur eine
Nuß /
Und ein ſchlecht Gewaͤchſe / das ſelbſt zu Bo -
den fallen muß.

Das 30. Capitel.

Wenn iemand zum erſten mahl in ein Hauß koͤmmt / und darinnen ſchlaͤfft / was ihm die erſte Nacht traͤumet / das wird wahr.

ES bezeugets die unzehlich viele Erfah - rung / daß dieſes ſ. v. erlogen iſt / dahero erachte ichs vor gantz unnoͤthig / ſolches weitlaͤufftig zu wiederlegen. Wer es aber den - noch glauben will / der wird eben keine groſſe Suͤnde daran thun / es ſey denn / daß ihm etwas boͤſes traͤume / woruͤber er ſich vergebliche Sor - ge und Kummer machen / und gedencken wolte / es muͤſſe das Boͤſe ohnfehlbar kommen / uͤber wel - chen Beſorgungen einer die Hoffnung zu GOtt vergiſſet / und nicht glaubet / daß GOtt alles aͤn - dern koͤnne / ob auch gleich etwas gewiſſes durch den Traum angedeutet worden ſey.

Traͤu -254Unterſuchung derer von ſuper - klugen
Traͤume ſind ja lauter Luͤgen /
So die Leute nur betruͤgen;
Drum / bey ſo geſtalten Sachen /
Muß ich nur der Poſſen lachen /
Denn der Traͤume groͤſte Staͤrcke
Sind ja nichts / als Schatten-Wercke.

Das 31. Capitel.

So eine Frau oder Magd auff der Gaſſen oder Straſſen ihr Strumpff-Band verlieret / iſts ein Zeichen / daß der Mann oder der Freyer nicht treu iſt.

DAs iſt ein wunderliches Omen / welches / wofern es wahr iſt / daß es dieſe Bedeutung hat / (das ich doch nicht glauben kan) ſicher - lich vielerley Gedancken verurſachet. Ich ha - be zwar offt gehoͤret / wenn einem Frauenzimmer ohngefehr das Schuͤrtzen-Band auffgefahren iſt / daß ſie geſagt haben: Der Liebſte gedaͤchte an ſie; Hier aber heiſt es gar / wenn eine das Strumpffen-Band verlieret / der Liebſte wuͤrde ihr untreu. Wenn nun dieſes wahr iſt / ſo will ich meine Gedancken / die ich hierbey habe / kuͤrtz - lich eroͤffnen / und ſind folgende: Wenn eine Frau oder Jungfer eine ſolche ſaule unachtſame Schlumpe iſt / daß ſie keinen Strumpff recht auffbindet / und bey ſolcher angewohnten Nach - laͤßigkeit nicht einmahl fuͤhlet / wenn ihr dasStruͤmpf -255Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Struͤmpffen-Band auffgehet / alſo / daß ſie es auch gar unvermerckt verlieret / ſo iſt es kein Wunder / daß / wenn einer ſolchen Schlumper - Kaͤthen ihr Liebſter ſolche Faulheit und ſchlumpi - ge Art erſiehet / er die vorher zu ihr getragene af - fection und Liebe in einen Haß verwandelt; woran ein ehrlicher Purſch auch eben nicht uͤbel thut / daß er ſich einer ſolchen ſchlumpigen Sau bey Zeit enthaͤlt / ehe er ſie gar an Halß krieget. Iſt es aber einer / der ſchon mit einer ſolchen lie - derlichen Dame in der Ehe lebet / ſo muß er ſie zwar behalten / wie das viertaͤgige Fieber / ob ſie gleich die Schuhe hinter ihr her ſchleppet / und die Struͤmpffe uͤber die Schlarffen haͤngen laͤſſet; was aber hieraus vor Liebe entſtehet / iſt aus vielen Hiſtorien bekandt. Will aber / dieſem unge - achtet / eine Manns-Perſon in ſeiner Treue be - ſtaͤndig verharren / und vermahnet eine ſolche lie - derliche Weibs-Perſon mit guter Beſcheiden - heit / daß ſie ſich ſeiner Treue gewiß zu verſichern haben ſolte / woferne ſie ſich fein honnet und rein - lich aufffuͤhren / und ſonderlich die Schuhe und Struͤmpffe immer fein knapp auffbinden wuͤr - de; wiedrigen Falls aber wuͤrde er ſeine Treue auffheben / und die Liebe in Haß verwandeln. So ſich nun ein Frauenzimmer an dieſe Warnung kehret / und ſich darnach haͤlt / ſo iſt es gleichſam / als wenn ihres Liebſten Treue in die Struͤmpf -fen -256Unterſuchung derer von ſuper - klugenfen-Baͤnder verknuͤpfft wuͤrde / als wie der Werth des Geldes in einen Wechſel-Brieff. So nun die Struͤmpff-Baͤnder / aus Nachlaͤſ - ſigkeit / verlohren werden / ſo gehet des Liebſten verſprochene Treue auch einen andern Gang / und iſt mit dem Struͤmpff-Bande / als wie die Verſicherung des Geldes durch den verlohrnen Wechſel-Brieff / auch verlohren. Darum / ihr ſchlumpigen faulen Taſchen / nehmet eure Struͤmpffen-Baͤnder kuͤnfftig beſſer in acht / und verbindet eurer Liebſten ihre Treue fein feſte damit / ſonſt wird es euch gehen / als wie denen Leipziger alſo genandten Schlencker-Braten / o - der aus denen Dienſten gezogenen Maͤgden / die keine Herren haben.

Die Treue derer Freyer
Iſt ohndem ziemlich theuer /
Drum ſollen ſchlumpge Taſchen /
Die ſich gar ſelten waſchen /
Und die bebruntzte Struͤmpffe /
Dem Liebſten nur zum Schimpffe /
Nachlaͤßig laſſen hangen /
Nicht tragen groß Verlangen /
Zu wiſſen und zu fragen /
Was doch ihr Schatz moͤcht ſagen.
Denn vor dergleichen Sauen
Moͤcht wohl dem Hencker grauen.
Das257Weibern hochgehaltenen Aberglauben.

Das 32. Capitel.

Wem ſ. v. der Hintere jucket / der wird bald Gevatter werden.

IM vorigen Capitel finden wir eine omi - nöſe Begebenheit um der Weibs-Perſo - nen ihre Knie. Hier aber hat die Prophe - ceyung ihre Herberge in der Hinterbruſt oder Kunſt-Kammer genommen. Und moͤchte ich den wunderlichen Heiligen / aus Curioſitaͤt / gern gekennet haben / der hiervon die erſte obſervation gemacht hat. Denn es muß ſich zugetragen ha - ben / daß ihm der Steiß nicht eher gejucket hat / als wenn er eine Gebatterſchafft bekommen / und muß nicht ehe ſeyn zu Gevattern gebeten wor - den / biß ihm allezeit erſt der Steiß gejucket hat; und dieſes muß ſich ſo offt zugetragen haben / daß er es endlich vor eine gewiſſe Bedeutung hat hal - ten koͤnnen / daß er werde Gevatter werden. Ob nun aber gleich dieſes ſich bey einem alſo moͤchte haben zugetragen / ſo kan ich doch den Zweiffel nicht aus meinem Sinne bringen / da ich argwoͤh - ne / dieſes Jucken des Hintern oder (daß ich fein erbar / nach unſerer lieben Mutter-Sprache / re - de) Kunſt-Jucken ſey keines weges univerſal, weil ich noch keinen einigen geſunden habe / der geſagt haͤtte / daß es bey ihm eingetroffen; denn ob ich gleich manchen habe ſehen das Hinter -RQvartier258Unterſuchung derer von ſuper - klugenQvartier ziemlich zerreiben / auch wohl ihn hoͤren ſagen: Er wuͤrde gewiß Gevatter werden / weil ihm der Hintere juckte; dieſem ungeachtet ſind doch keine Gevatter-Briefe hierauff eingelauf - fen. Es faͤllet mir aber hierbey ein / daß die Ge - vatterſchafften auch ihren Unterſchied haben / wenn nemlich bey denen Papiſten auch Gevat - tern / bey ihrem unchriſtlichen Glocken-Taͤuffen / gebraucht werden; derowegen vermuthe ich / das ominöſe Kunſt-Jucken bedeute eine Gevatter - ſchafft bey einer Sau-Glocken / wenn irgend bey einem liederlichen Sauff-Gelag dergleichen ge - goſſen wird / und einer / dem der Hintere gejucket hat / ſich hierbey / als ein Zeuge / mit einfindet. Denn der Hintere ſchicket ſich zur Sau-Glocke beſſer / als zum H. Tauff-Steine in die Kirche. Endlich ſcheinet dieſer Kunſt-Griff auch darum ſeine Probe nicht zu halten / weil man ſo wenig Bettler ſiehet zu Gevattern ſtehen / die ſich doch gemeiniglich die Hoſen bald entzwey reiben / wenn ihnen nicht alleine das gantze Geſaͤß / ſon - dern der gantze Leib von denen bey ſich habenden Voͤlckern jucket. Ingleichen beweiſens dieje - nigen / welche die Kraͤtze haben; derer zu geſchwei - gen / welche Hanbutten / mit ſamt dem Kern / ge - geſſen haben. Noch faͤllet mir ferner eine ſich offt zutragende Begebenheit ein / wenn man ins - gemein von einem / der eine Noth auff den Halßkriegt /259Weibern hochgehaltenen Aberglauben. kriegt / daraus er nicht gar wohl zu kom̃en weiß / ſaget: Der wird das Hinter-Kratzen kriegen; Wie denn auch viel Leute die Gewohnheit haben / daß / ſo ihnen etwas auffſtoͤſſet / woruͤber ſie er - ſchrecken / und nicht ſtracks wiſſen / wie ſie die Sa - che angreiffen ſollen / alsbald ſich hinter denen Ohren oder am Steiſſe jucken. Nun aber ge - ſchicht es auch offt / daß manch Armes einen Ge - vatter-Brieff kriegt / das weder ein reinlich Kleid / noch einen Heller Geld zum Eingebinde oder Pathen-Pfennige hat / und alſo manchem Angſt daruͤber wird / daß er ſolcher Geſtalt / wie vorge - dacht / das Kunſt-Jucken daruͤber bekoͤmmt. Ob nun zwar auff dieſe Art das Jucken erſt ange - het / da der Gevatter-Brieff ſchon da iſt / ſo kan es doch wohl ſeyn / daß hiervon dieſe Meynung ihren Urſprung erlanget hat / wenn es nemlich einem oder dem andern auff dieſe Art ergangen hat / und hat ihm zu einer andern Zeit darnach der Steiß gejucket / ſo hat er ſich deſſen erinnert / wie ihm bey der Gevatterſchafft geworden / iſt dahe - ro mit der Rede heraus gefahren: Der Hinte - re juckt mich / ich werde wieder Gevatter wer - den; woraus die alten Weiber einen Glaubens - Grund formiret haben. Aber

Es moͤgen Zweiffels frey die ominöſen Zei -
chen /
R 2Und260Unterſuchung derer von ſuper - klugen
Und Jucken in dem Steiß / zu keinem
Schmauß gereichen /
Auch die Gevatterſchafft kan nicht bedeutet
werden /
Vielmehr bedeutet es ſonſt kraͤtzige Be -
ſchwerden.
Wiewohl zum oͤfftern auch man auff dem
Steiß kan ſehen
Die Biſſe von der Lauß / und Flecken von
den Floͤhen.

Das 33. Capitel.

Ein Weib / das Abends zu Bette ge - het / die ſoll ihren Stuhl / dar auff ſie geſeſſen / von der Stelle ruͤcken / ſonſt druͤckt ſie der Alp oder Nacht-Mar.

DEr Alp muß ein poßirlicher Kerl ſeyn / daß er dem loͤblichen Frauenzimmer ſo nach - ſchleicht; iedoch ſcheinets / daß er keinen guten Spuͤr-Hund abgeben mag / weil er / durch das wenige Fortruͤcken des Stuhls / nicht nach - ſpuͤren kan / wohin die Frau gekommen ſey / die darauff geſeſſen hat. Denn ich kan aus dieſem Glaubens-Puncte nichts anders abnehmen / als daß der Alp erſt in die Stube kommen muͤſſe / und die Weiber auff ihren gewoͤhnlichen Stuͤb - len ſuchen / und wenn er ſie nicht findet / alsbald vom Stuhle an nachſpuͤren muͤſſe / wo das liebeGe -261Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Geſchlecht hingekommen ſey / und wenn er ſie alsdenn im Bette findet / legt er ſich alsbald oben auff ſie / und druͤcket ſie vor Liebe / daß ihnen der Odem moͤchte auſſen bleiben; wenn aber der Stuhl fortgerucket wird / ſo kan er nicht auff die rechte Spur kommen / wohin diejenige ſey ge - kommen / die darauff geſeſſen hat / und laͤſſet ſie al - ſo ungedruckt. Das mag wohl heiffen: Es iſt keine Liſt uͤber Weiber-Liſt. Denn welcher Mann waͤre wohl ſo klug geweſen / und haͤtte be - ſonnen / daß / wenn man den Stuhl fortruͤcke / der Alp alsdenn einen nicht finden koͤnne? Drum laſſet uns die lieben Weibergen / um ihrer Philo - ſophie und Klugheit willen / ehren! Wiewohl ich auch nicht verhalten kan / daß mir noch ein Serupel in meinen Gedancken ſtecket / und die - ſis vorhabenden Puncts halber einigen Zweiffel erwecket. Denn da der Alp zu erſt die Weiber in der Stuben auff ihren Stuͤlen ſuchet / welches aus vorgegebenen Umſtaͤnden nicht anders zu vermuthen / ſo ſcheinets / daß er nur zu ſie kom - men / eine Cordeſie bey ſie abzulegen. Denn man hat noch nicht erfahren / daß er eine in der Stube ſitzend gedruckt haͤtte / und wundert mich dahero / daß er ſie nicht alſobald erſt in ihren Bet - ten ſuchet? Denn ich vermeynte / wenn er den Weg einmahl in die Schlaff-Kammer haͤtte ge - ſunden / ſo wuͤrde er ſolchen ein andermahl mehrR 3finden /262Unterſuchung derer von ſuper - klugenfinden / wenn gleich der Stuhl verruckt worden waͤre. Ferner ſcheinet es / daß dieſe Weiber viel uͤbler muͤſſen dran ſeyn / welche nur auff feſt angemachten Baͤncken ſitzen / die ſich nicht fort - ruͤcken laſſen / als dieſe / welche auff Stuͤlen ge - ſeſſen / und ſelbige verruͤckt haben. Und darum moͤgen auch vielleicht die armen Bauer-Weiber mehr Beſchwerung vom Alp-druͤcken haben / als andere / die auff ihren beweglichen Polſter-Stuͤ - len ſitzen. Weil aber von dieſen Zweiffels-Kno - ten noch keinerſeits einer auffgeloͤſet iſt / ſo wird man mich auch nicht verdencken / wenn ich nicht glaube / daß die Fortruckung des Stuhls ver - hindern koͤnne / daß einen der Alp nicht druͤcke. Das Alp-drucken an ſich ſelbſt will ich eben nicht anfechten / denn ich wohl glaube / daß nicht alleine bey manchem das Gebluͤt eine Angſt / Druͤcken und Phantaſie erregen kan / ſondern auch zu - weilen der Teuffel ſein Spuͤckniß und Anfech - tung bey dem Menſchen anrichtet. Ich meines Orts habe zwar / GOtt Lob / mein Lebtage nichts davon erfahren; weil aber der Alp in unterſchied - licher Geſtalt will geſehen worden ſeyn / und zwar mehrmahls als eine Katze / Iltiß oder Fuchs ꝛc. ſo erachte ich nicht vor undienlich / hier - bey zu melden / daß nur im verwichenen Jahre einſt in der Nacht / als ich / wegen unterſchiedli - cher Sorgen / ſchlaffloß in meinem Bette lag /und263Weibern hochgehaltenen Aberglauben. und das Geſichte nach dem Fenſter zukehrete / da fuͤhlete und hoͤrete ich etwas hinter mir auff mein Bette ſpringen / als ob es eine Katze waͤre / es ſchliche alsbald oben uͤber das Haupt-Kuͤſſen hin - uͤber / und ſchnoberte mir mit der Schnautze an mein Maul / und weil es nicht eben gar zu finſter war / erkennete ich / daß es einen ſpitzigen Kopff hatte / als ein Iltiß / dahero ſchlug ichs alsbald mit der Hand wieder den Kopff / daß es zum Bet - te hinaus fiel / und darauff alsbald am Fenſter in die Hoͤhe kletterte / daß ichs wohl betrachten kun - te / und ſahe einem Marder oder Iltiß gantz aͤhn - lich; ich bliebe alſo / ohne Schlaffen / liegen biß zu Tage / da ich denn die Thuͤr und Fenſter alles wohl verwahret fand / aber / ob ich gleich alles auffs genaueſte durchſuchte / war doch nichts zu finden; was es demnach geweſen ſey / mag GOtt wiſſen. Drum

Sag mir nur einer erſt / was denn der Alp
wohl ſey?
Alsdenn will ich auch ſelbſt der Meynung
fallen bey /
Als ob der Alp das Bett koͤnt eher ſtoͤbern
aus /
So man nicht haͤtt verruͤckt die Stuͤle in
dem Hauß.
R 4Das264Unterſuchung derer von ſuper - klugen

Das 34. Capitel.

Wenn in einem Hauſe das Feuer auff dem Heerde brennet / ſo ſchlaͤgt das Wet - ter nicht in das Hauß.

ICh moͤchte gern wiſſen / wie man dieſes be - weiſen wolte? Denn wenn einer irgend eine ſolche obſervation hiervon will ge - macht haben / ſo muß er offt ſeyn in ſolchen Haͤu - ſern geweſen / da das Wetter hinein geſchlagen hat; und dennoch kan er noch keinen richtigen Beweiß hiervon auffbringen / obgleich niemahls kein Feuer zu der Zeit / da das Wetter eingeſchla - gen / auff dem Heerde geweſen. Es iſt bekandt / daß das Wetter nicht ſo offt in ein Wohnhauß ſchlaͤgt / als wie in Kirchen und ſolche Haͤuſer / in welchen keine Heerde ſind / daher der naͤrriſche Wahn auch mag entſtanden ſeyn / als ob das Feu - er auff dem Heerde ein Schutz wieder den Wet - ter-Strahl ſey. Will aber einer ſagen / er haͤt - te / aus vieler Erfahrung / daß das Wetter offt in Wohn-Haͤuſer geſchlagen / allwo niemahls Feu - er auff dem Heerde geweſen; ſo antworte ich ih - me / daß / weil er der Exempel ſo unterſchiedliche in acht genommen hat / ſo muß er iedesmahl nicht weit ſeyn davon geweſen. Wolte ich demnach eher vermuthen / das Gewitter ſey ihm nachge - zogen / und habe nach ihm geſchlagen / haͤtte ihnauch265Weibern hochgehaltenen Aberglauben. auch vielleicht ſchon laͤngſt getroffen / wenn Got - tes Guͤte und Langmuth ſolches nicht unterbro - chen haͤtte. Dahero riethe ich einen ſolchen Menſchen / er ſetzte lieber / bey ankommenden Donner-Wetter / ſein Vertrauen auff GOtt / und zuͤndete das Glaubens-Feuer im Hertzen an / und lieſſe ſich hingegen um das Kuͤchen-Feu - er unbekuͤmmert. Denn man bedencke nur / wie naͤrriſch das Vorgeben heraus koͤmmtwenn das Wetter in ein Hauß ſchlaͤgt / ſo ſind dargegen viel hundert und tauſend andere Haͤuſer / da es nicht hinein ſchlaͤgt. Iſt nun in dieſem Hauſe kein Feuer in der Kuͤchen geweſen / da das Wet - ter eingeſchlagen / ſo iſt gewiß auch in viel hun - dert andern / da es nicht eingeſchlagen / auff dem Heerde. Warum ſchlaͤgt es aber nur in eines von dieſen? Es koͤmmt aber dieſer Glaubens - Grund eben ſo heraus / als wenn ich ſpraͤche: Ich koͤnte mich nicht befinnen / daß das Wetter in ein Hauß haͤtte geſchlagen / in welchen man Cani - nichen gehabt haͤtte / und es wolte einer ſtracks den Schluß machen: In welchen Hauſe Canini - chen waͤren / da ſchluͤge das Wetter nicht hinein.

Ein ſchlechter Schutz für Donnerſchlag /
Darauff ich gar nicht trauen mag /
Das Feur iſts nicht das helffen kan /
Wenn Blitz und Donner koͤmmt heran /
Der GOtt allein / der Hagel ſchickt /
R 5Vor266Unterſuchung derer von ſuper - klugen
Vor dem all Creatur erſchrickt /
Durch deſſen Krafft es ſchlaͤgt und blitzt /
Der iſts allein / der uns beſchuͤtzt.

Das 35. Capitel.

Ein Kalb / ſo an Valtens-Tage ge - worffen iſt / dienet nicht zur Zucht.

FRag ich einen Bauer / warum ein Kalb nicht zur Zucht diene / das an Valtens - Tage iſt jung worden? ſo antwortet er mir nicht ordentlich auff meine Frage / ſondern ſpricht: Es wuͤrde ſein Tage niemand gern ſolch Vieh zur Zucht behalten / daß an Valtens - Tage jung worden ſey / die Urſach weiß er aber ſelber nicht. Nach der gemeinen Sage heiſt es zwar: Ein Bauer thut ſelten etwas ohne Ur - ſach und Nutzen; Aber dieſes iſt wahrhafftig ohne einigen Nutzen. Denn ob gleich ehemahl ein Jahr oder auch etliche Jahre nach einander der Tag Valentini ſolte ungluͤcklich geweſen ſeyn / ſo iſt dennoch nunmehro ſo viel Secula her / die Zeit und die Eigenſchafft der Zeiten dermaſ - ſen veraͤndert / daß gantz nicht mehr darauff zu reflectiren iſt. Zu dem moͤchte ich gern wiſ - ſen / was der gute ehrliche Valentin gethan haͤt - te / daß ſein Nahmens-Tag ſo ungluͤcklich ſeyn ſolle. Wenn es ein Nahme waͤre der allezeit auff einem gewiſſen Wochen-Tag gefaͤllig waͤr /(derglei -267Weibern hochgehaltenen Aberglauben. (dergleichen mir zwar nicht bekandt ſind) ſo ſolte ich mir eher einbilden / ob muthmaſſete man / daß ein uͤber ſolche Tage herrſchender Planete et - was bey der Sache thaͤte; als zum Exempel / wenn man fuͤrgiebt / Saturnus haͤtte die Beherr - ſchung uͤber den Sonnabend / und ſey ein ver - derblicher Planete / dahero alle ſolche lebendige Thiere / welche an dieſem Tage jung worden / kein gut Auffkommen haͤtten / und was derglei - chen erlogene Poſſen mehr ſind; Aber ſo gefaͤllt der Valtens-Tag gleich wie alle andere Nah - mens-Tage / bald auff einen Sonntag / bald auff einen Montag / Dienſtag / Mittwochen / Don - nerſtag / Freytag oder Sonnabend / und iſt dem - nach eben dergleichen Gluͤcke und Ungluͤcke un - terworffen / als wie die vorherkommende und nachfolgende Tage. Daher ich das allerge - ringſte Bedencken nicht tragen wolte / die an die - ſem Tage geworffene Kaͤlber auffzuziehen. Man ſagt auch / daß man an Valtens-Tage keine Henne zum Bruͤten ſolle anſetzen / weil die jungen nicht auffkaͤmen. Dieſem gebe ich bey - fall / aber nicht daß es geſchehe um des Nah - mens Valten willen / als welcher auff den 14. Februarii gefaͤllt; ſondern weil es zu ſolcher Zeit ſo kalt iſt / daß die jungen Kichelgen hernach / wenn ſie auskriechen / in ſolcher Kaͤlte noch nicht dauren koͤnnen / und ſo man ſie in der Stube laſ -ſen268Unterſuchung derer von ſuper - klugenſen wolte / ertretten wuͤrden werden. Aber wer wolte da die Urſach dem Valtens-Tage / und nicht vielmehr dem kalten Hornungs-Mond beymeſſen?

Wer hat denn damahls wohl die Tage aus
erkohren /
Eh Valten ſelbſt noch nicht war auff die
Welt gebohren /
Der Nahme macht ja nicht der Kaͤlber
Ungedeyen /
Doch aber halt ich wohl / die Kaͤlte und
das Schneyen /
Und raue Winters-Zeit / verderbt das jun -
ge Vieh /
Das ohne dem ſonſt braucht zum Auffzichn
groſſe Müh.

Das 36. Capitel.

Wenn einer uͤber Land reiſet / und be - gegnet ihm ein Wolff / Hirſch / wild Schwein / oder ein Baͤr / ſo iſts ein gut Zeichen.

ICh bin zuweilen mit albern Haaſen-Koͤpf - fen uͤber Land gereiſet / die den naͤrriſchen Gebrauch gehabt haben / daß / wenn etwan ein Haaſe uͤbern Weg gelauffen iſt / ſo ſind ſie al - ſobald dreymahl zuruͤck und wieder fort gegan - gen / alſo / daß ich anfangs / ehe ich die Urſacb ge -wuſt /269Weibern hochgehaltenen Aberglauben. wuſt / nicht anders vermeinete / als daß meine Reiſe-Gefaͤrthen thoͤricht waͤren. Als ich aber gefragt was dieſes hin und wieder lauffen bedeu - te? gaben mir die Haaſen-Koͤpffe zur Antwort: Wenn einen ein Haaſe uͤbern Weg lieff oder be - gegnete / ſo ſey es ein boͤſes Zeichen; wenn man aber alſobald dreymahl umkehrete und zuruͤck gienge / haͤtte es keine Noth. Und alſo furch - ten ſich die Helden fuͤr einen Haaſen. Hier in dieſem Capitel aber / klingets anders / wenn es heiſt: Wenn einem ein Wolff / Baͤr / oder der - gleichen wilde Beſtie begegnet / ſo ſey es ein gut Zeichen. Solche Leute / die dieſes glauben / die haben eine rechte Loͤwen Art; denn der Loͤwe gehet allen grimmigen Thieren unerſchrocken entgegen / aber fuͤr einen ohnmaͤchtigen Hauß - Hahn laufft er / und fuͤrchtet ſich. Dieſes thut aber der Loͤwe aus Unvernunfft / als eine Be - ſtie; haͤtte er aber Verſtand wie ein Menſch / ſo wuͤrde er ſolche Thorheit vielleicht nicht bege - hen. Vernuͤnfftige Menſchen aber ſolten ſich billich ſchaͤmen / daß ſie offt ſo gar albern Fabeln und Narren-Poſſen nachhaͤngen. Es ſage mir doch nur einer die geringſte Urſach / warum oder wie eine wilde grimmige Beſtie / als ein Wolff / Baͤr / wilder Eber und dergleichen einen koͤnne Gluͤck anzeigen? Es iſt ja viel eher zu be -ſorgen270Unterſuchung derer von ſuper - klugenſorgen / daß ein ſolch grauſames Thier einen an - falle und Schaden zufuͤge / dergleichen Exempel koͤnnten angefuͤhret werden. Oder / ſoll das Gluͤck etwan darinnen beſtehen / daß / ſo man ohnbeſchaͤdiget vor ſolche boͤſe und grauſame Beſtien vorbey koͤmmt / man alsdenn gluͤcklich geweſen ſey? ſo laſſe ichs paßiren / und gebe ſol - cher geſtalt dieſen Glaubens-Puncte ſelbſt Bey - fall; Wuͤndſche aber / daß mir dergleichen Be - gegniß nicht zu handen kommen moͤge; denn des Gluͤcks verlang ich nicht / und will mir lieber ze - hen Haaſen begegnen laſſen / als einen Wolff o - der Baͤr.

Du ſchoͤnes Gluͤck!
Bleib nur zuruͤck /
Und komm mir nicht
In mein Geſicht /
Es ſey denn daß
Von dir etwas
Einfinde ſich
In meine Kuͤch /
So ich mit /
Sonſt aber nit.

Das 37. Capitel.

Wer ein Huffeiſen oder ein Stuͤck von einen Huffeiſen findet / der ſoll Gluͤck haben.

Man271Weibern hochgehaltenen Aberglauben.

MAn pfleget insgemein von ſolchen Leu - ten / die ſtets eine lachende Mine machen / zu ſagen: Er zerret ſtets ſein Maul und ſchmuntzelt als wie ein Bauer / der ein altes Huff - eiſen gefunden hat. Aus welcher Redens-Art ſo viel erhellet / daß es einen armen Bauer / der ein Huffeiſen findet / eine groſſe Freude ſeyn muͤſſe; derowegen es kein Wunder iſt / daß die Findung eines alten Huffeiſens ein Gluͤck ſey. Es iſt a - ber ein ſchlechtes Gluͤck / und waͤre mir ein Du - caten lieber / als ein halb Mandel alte Huffeiſen. Jedoch / wenn es ſolche Huffeiſen / als wie ehe - mahls groſſe Koͤnige und Herren bey ihrem Ein - zuͤgen die Pferde mit guͤldenen Huffſchlag bele - gen laſſen / da wolte ich es ſelbſt vor ein Gluͤck achten / wenn ich einen ſolchen guͤldenen Pferde - Schuch faͤnde. Aber ein natuͤrlich altes Huff - eiſen wird wenig Gluͤck geben. Jedoch / nach dem der Mann iſt / nachdem iſt auch die Kappe / und nachdem der Gaſt / nach dem braͤtt man die Wurſt. Findet ein armer Bauer ein Huffei - ſen / ey da ziehet er ſein Maul auff 100. Guͤlden / lachet / und iſt voller Freuden / wandert damit zum Schmidt / und verkaufft es hoͤchſtens vor ei - nem Groſchen / iedoch iſts ihm ein groͤſſer Gluͤck / als einem Koͤnige / der einem Beutel mit 50. Du - caten gefunden hat / weil dieſer ſein gefundenes Gluͤck alſobald wieder wegſchencket / und nichtvor272Unterſuchung / derer von ſuper - klugenvor ſich behaͤt / jener weiß aber offt fuͤr Fret - den nicht / worzu er ſeine wenige Pfennige / ſo er vor ſein gefunden Huffeiſen gemarcket hat / ſoll anwenden. Und wenn er ſich recht wohl beſon - nen / ſo kaufft er einen Hering und eine Kanne Bier davor / und verzebret ſolches mit Freuden. Und ſo weit erſtreckt ſich das Gluͤck des gefunde - nen Huffeiſens.

Ein Bauer der gar wenig braucht /
Bey dem die Kuͤche ſelten racht /
Nimmt leicht vor willen wenn ein
Pferd
Ein alt Huffeiſen / wenig werth /
Auch wohl von dieſen nur ein Stück
Verlieret / und ihm trifft das Gluͤck /
Daß dieſes Eiſen findet er /
So zieht er bald ſein Maul die qver /
Und lachet wie ein albrer Matz /
Denckt Wunder was fuͤr einen Schatz
Er hab gefunden / und was Heyl
Ihm worden ſey dadurch zu theil /
Da doch das Gluͤck und g’funden Ding
Iſt an ſich ſelber ſehr gering.
Das273Weibern hochgehaltenen Aberglauben.

Das 38. Capitel.

Wenn ein Weib oder Magd des Sonnabends ihren Rocken nicht abſpinnet / ſo wird aus dem uͤbrigen Flachs oder Werck kein gut Garn / und bleicht ſich auch nimmermehr weiß.

ICh habe nicht gewuſt / wie es doch komme / daß in mancher Leinwad ſolche graue Streiffe ſind; aber hier werde ich davon benachrichtiget / daß es garn von ſolchem Flachs / der des Sonntags uͤber auff dem Rocken geblie - ben iſt. Dieſes ſoll ſich nimmermehr weiß blei - then / auch ſonſt an ſich ſelbſt wenig taugen. Nun wundert mich aber gleichwohl auch / wie es doch die Weiber koͤnnen uͤber ihr Hertz bringen / und wieder ſich ſelbſt reden. Denn wenn iemand ihnen Leinwad abkaufft / darinnen graue Streif - fe und Faͤden ſind / ſo ſprechen ſie: Die ſtreiffig - te Leinwad ſey die beſte. Dieſes aber reimet ſich mit jenem gar nicht / denn ſchlimm Garn kan keine gute Leinwad machen. Daher achte ich dafuͤr / es ſey die Sache folgender maſſen beſchaf - fen: Wenn eine gute Wirthin Maͤgde und groſſe Toͤchter hat / ſo ſiehet ſie nicht allein gern / daß des Sonnabends fein auffgeraͤumet / und die haͤußliche Arbeit vollbracht werde; ſondern ſie will auch gern / daß der auff denen Spinn-Raͤ -Sdern274Unterſuchung derer von ſuper - klugendern und Rocken liegende Flachs vorher abge - ſponnen werde / auff daß ſolcher nicht irgend des Sonntags von Ratten und Maͤuſen / oder auch von Kindern / verderbet und zerzauſet werde / und herrach kein gutes Garn daraus zu ſpinnen ſeyn moͤge. Und dieſes deſto beſſer zu befoͤdern / hat eine Frau einmahl aus Schertz / den Maͤg - den weiß gemacht / als ob ſich das Garn von dem des Sonntags auff dem Rocken gelegenen Flachſe nicht weiß bleiche / auch ſonſt nicht gut wuͤrde. Und ſolches Vorgeben iſt hernach mit der Zeit / feſt geglaubet worden / daß es nun wircklich zu einem Philoſophiſchen Glaubens - Grunde worden iſt. Das laſſe ich zwar paſſi - ren / und glaube wohl / daß zu weilen des Sonn - tags der Flachs auff dem Rocken vom Kindern verderbt und zerzauſet wird / daß daraus kein gut Garn zu ſpinnen iſt; daß aber ſolch Garn ſich nicht ſolle weiß bleichen laſſen / iſt wieder die Vernunſſt und Wahrheit. Denn eben wie ſich das am Sonnabend geſponnene Garn bleicht / alſo bleicht ſich das am Montag darauff geſponnene auch / ſo ferne es nur von einerley Flachs iſt. Daß aber die Leinwad offt ſtreiffig wird / geſchicht / wenn zuweilen grauer Flachs unter den weiſen koͤmmt und mit geſponnen / wird / ſo bleiben alsdenn ſolche Faͤden immer in der Leinwad grau / wenn die Leinwad naß wird.

Die275Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Die wegen andrer Arbeit hat den Flachs
nicht auffgeſponnen /
Die glaube mir / daß / nur aus Spaß / ein
ein klug Weib haberſonnen /
Ob wuͤrde kein gut Garn gemacht / vom
Flachs der an den Rocken
Des Sonntags uͤberbl〈…〉〈…〉 ben ſey / damit ſie
moͤg anlocken /
Die Maͤgde / die offt ohne Noth / den Ro -
cken nicht abſpinnen /
Drum hat ſie dieſem klugen Fund auch
muͤſſen ſo erſinnen.

Das 39. Capitel.

Wer keine verzagte Kinder haben will / da ſoll der Vater / ſtracks nach der Tauffe / dem Kinde ein Schwerdt in die Hand geben / ſo ſind ſie ſtets kuͤhne und behertzt.

SEht da / kommen die Helden daher? Die Maͤnner haͤtten ſich dieſes Kunſt-Stuͤck - gen wohl nimmermehr ſo ausſinnen koͤnnen / wenn die klugen Weiber mit ihrer Weißheit nicht mit waͤren beyraͤthig geweſen. Mich wundert derowegen / daß bey ſo vielen Kriegs-Verfaſſungen und Berathſchlagungen / man nicht Weiber-Rath mit untermengt / viel - leicht waͤren ſchon laͤngſt alle Feinde aus demS 2Roͤmi -276Unterſuchung / derer von ſuper - klugenRoͤmiſchen Reich verjaget worden. Man ge - dencke nur / mit was fuͤr einer Weißheit ſie ihre Kinder alſobald / da ſie kaum zwey Ta - ge alt ſind / koͤnnen zu heldenmuͤthigen Rit - tern machen! Sie reitzen ihre Maͤnner an / daß ſie unter dem alten Eiſen einem alten ver - roſteten Sebel oder Rauff-Degen hervor ſu - chen muͤſſen / (denn vor denen polirten und ſcharffen fuͤrchten ſich die Frau Woͤchnerin - nen ſelbſt) dieſe alte ſtumpffe und roſtige Plempe muͤſſen die gehorſamen Maͤnner neh - men / und ihren neugebohrnen Printzen in die Haͤnde geben / und alſo iſt der neue Ritter fertig / und fuͤrchtet ſich vor niemanden / auſſer wenn irgend die Frau Woͤchnerin ſtarck nieſet / da er - ſchrickt der arme junge Fincken Ritter / daß er das Freſel davon kriegt / und ſchuͤttet alle ſeine Courage in die Windel / daß alſo der Helden - Muth auff einmahl in Koth verwandelt wird. Wenn ich meine Gedancken uͤber dieſe Narre - they offenhertzig entdecken ſoll / ſo vermeine ich / daß ſich die Eltern / bey Practicirung dieſes Puncts / in Beobachtung ihrer Kinder Wohl - farth / ſehr beydniſch (will nicht ſagen Teuffeliſch) erweiſen. Denn eines theils ſind ſie der Sache ungewiß / daß auff oben angefuͤhrte Ceremoni - en ihre Kinder ſo behertzt werden ſollen; andern theils / wenn ja die Sache / nach ihrer Einbil -dung /277Weibern hochgehaltenen Aberglauben. dung / richtig eintraͤffe / ſo moͤchten ſie doch be - dencken / daß ſie hiermit ihrem Kinde nicht den geringſten Vortheil zu wege braͤchten; denn ein kuͤhner Menſch begiebt ſich in Gefahr / und wer ſich ohne Noth in Gefahr begiebt / der koͤmmt darinnen um. Was hat ein behertztes wildes Schwein davon vor Vortheil / wenn es den Jaͤ - ger unerſchrocken in Spieß laufft / und daran todt bleibt? Waͤre mancher Narr / der nicht weiß wie edel das Leben iſt / nicht ſo thumm-kuͤhne / es wuͤrde mit ſeinem Ende reputirlicher / und mit dem Abſchied ſeiner Seelen vom Leibe feliger zu gehen. Ich geſtehe / daß wenn ich dieſen ietzt vorhabenden Puncte Glauben zuſtellete / und ſolchen an einen meiner Kinder probiret haͤtte / ſo wuͤrde ich mir tauſenderley Scrupel daruͤber machen / als haͤtte ich mein Kind damit verwahr - loſet / daß es keines reinen Todes ſterben wuͤrde; denn es ſagt die Schrifft / und unſer Heyland ſelbſt: Wer das Schwerdt nimmt / (verſtehe / dem es nicht gehoͤret) der ſoll durchs Schwerdt umkommen. Nun gehoͤret denen Kindern von ein / zwey biß drey Jahren kein Schwerdt / weil ihnen aber die Eltern ſolche / aus einem heydniſchen Aberglauben / dennoch in die Haͤnde geben / was meinet ein vernuͤnfftiger Chriſt wohl / was GOtt / nach ſeiner Gerechtigkeit / um der Eltern angefangenen und der Kinder fortge -S 3ſetzten278Unterſuchung derer von ſuper - klugenſetzten Boßheit willen hierbey verhengen wer - de? Ich beſorge / leider! das ſchlimme das ſich die toll kuͤhnen Kerl erwaͤhlen / wird ihnen zu ih - ren Schaden auch werden. Es heiſt: Selig ſind die Friedfertigen ꝛc. ich habe aber noch we - nig kuͤhne / verwegene und behertzte Leute geken - net / die darneben auch friedfertig geweſen waͤ - ren. Aus dieſer Vorſtellung nun wird hoffent - lich ein ieder ſich ſo viel zur Uberlegung nehmen koͤnnen / daß er auff dieſe Art keine kuͤhne Hel - den aus ſeinen Kindern zu ziehen wird Belie - bung tragen.

Wer auff dieſe Weiſe ſich Helden will ma - chen /
Der wird müſſen leiden / daß man ſeine Sa - chen
Vergleicht mit Hanß Wurſten / der alle Untugeno
Der Kinder kan loben / und was in der Ju - gend
Die Soͤhngen veruͤben / das kan er fein beiſ - ſen:
Prav huren / prav ſpielen / prav balgen / prav ſchmeiſſen.
Und daß ſeine Buben prav Kerlen abgeben /
Das ſiehet ein jeder an uͤppigen Leben.
Das279Weibern hochgehaltenen Aberglauben.

Das 40. Capitel.

Sobald ein Knaͤblein gebohren iſt / ſoll man es mit den Fuͤſſen an ſeines Vaters Bruſt ſtoſſen / ſo ſoll es nimmermehr kein boͤß Ende nehmen.

DIeſe und dergleichen Poſſen und Aber - glauben ſcheinen zwar von ſchlechter Wichtigkeit zu ſeyn / und wenig zu bedeu - ten haben / indem ſich der hunderte nicht einbil - den mag / daß etwas boͤſes hieraus erwachſen koͤnne. Alleine / was der Teuffel mit ſolchem Dingen vor einen unglaublichen Gewinn ſchaf - fe / duͤrffte mancher aberglaͤubiſcher Menſch wohl zu ſpaͤt / mit unuͤberwindlichen Schaden / innen werden. Es werden zwar wohl die mei - ſten ſagen: Was denn damit boͤſes geſchehe / wenn man ein Kind mit den Fuͤſſen an des Va - ters Bruſt ſtieſſe? So ſey ja auch das Abſehen warum es geſchehe gut / daß das Kind nicht et - wan eines boͤſen Todes ſterben moͤchte. Ja / es laͤſſet ſich dieſes zwar hoͤren und ſcheinet wahr zu ſeyn; aber es verhaͤlt die ſich Sache viel anders / als der aͤuſſerliche Schein und Klang iſt. Denn / iſts nicht wahr? ihr ſeyd erſtlich nicht gewiß ver - ſichert / daß hierdurch eure Kinder eines ſchmaͤh - ligen Todes werden befreyet bleiben / ſo iſt es de - ſto ſchlimmer; denn ihr / und auch die Soͤhne /S 4mit280Unterſuchung derer von ſuper - klugenmit welchem ihr ſolche Poſſen vorgenommen habt / verlaſſet euch hierauff / und begehet damit groſſe Abgoͤtterey / ſetzet darneben die Regierung GOttes auff die Seite / und meynet / es habe auff keiner Seiten Noth. Wenn ihr aber ſol - chen abgoͤttiſchen Weſen nicht nachhienget / ſo wuͤrdet ihr eure Kinder zu allerhand Chriſtli - chen Tugend-Wandel an - und von allen ruchlo - ſen Leben abhalten / damit die Beſorgung eines ſchmaͤhligen Todes vor ſich ſelbſt / durch GOt - tes Beyſtand / verſchwinden koͤnne. Ich will euch aber ferner melden / was ich fuͤr Beſorgung / bey exercirung dieſes Abeꝛglaubens haͤtte / wenn dergleichen mit meinem Kinde / vorgenommen worden waͤre? nehmlich / ich wuͤrde beſorgen / daß / weil mein Kind / ſo bald es auff die Welt ge - kommen / einen GOtt miß faͤlligen Aberglauben zu vollziehen / mich als ſeinen leiblichen Vater mit Fuͤſſen auf das Hertz oder Bruſt tretten muͤ - ſte / es hierdurch verwarloſet wuͤrde / daß es / nach ſeiner Erziehung / mich zu untertreten ſuchen / mir ungehorſam ſeyn / und alles gebrandte Her - tzeleid anthun duͤrffte / dergleichen Exempel nicht ungemein ſind; daß alsdenn an ihm erfuͤllet werden duͤrffte was Syrach denen andeutet / die ihre Eltern verſpotten und verachten / nehmlich / ihnen ſollen die Raben die Augen am Bach aus - hacken und die jungen Adler freſſen. Bey wel -chen281Weibern hochgehaltenen Aberglauben. chem Zufall denn die Hoffnung / die durch pra - cticirung ietzt vorhabenden Aberglaubens man ſich gemacht haͤtte / gar einen erbaͤrmlichen Aus - gang gewinnen duͤrffte. Dahero wird ein red - licher Chriſt von ſolchem gefaͤhrlichen Teuffels - Dienſt ablaſſen / und ſeine Kinder in der Furcht GOttes auffzuziehen wiſſen.

Wenn Eltern ſtracks das Gauckelſpiel mit
ihren Kindern treiben /
Die moͤgen ſich hernacher auch die Urſach
ſelbſt zuſchreiben /
Wenn GOtt verhaͤngt / daß ihnen nicht die
Kinder recht gerathen.
Gemeiniglich der Sohn ſich haͤlt nach ſeines
Vaters Thaten.

Das 41. Capitel.

Ein nur gebohren Toͤchterlein ſoll man alſobald auff der Mutter Bruſt ſetzen / und ſagen: GOtt mache euch zu einer gu - ten Frauen! ſo ſoll das Kind niemahls zu Falle kommen / oder in Schan - de gerathen.

WAs ich im vorigen Capitel erinnert habe / kan einiger maſſen in dieſem auch beobach - tet werden / in Anſehung des unrechtmaͤſ - ſigen Vertrauens / das man auff ſolche aberglaͤu - biſche Choſen ſetzet. Zwar iſt an ſich ſelbſt derS 5Wundſch /282Unterſuchung derer von ſuper - klugenWundſch / der bey dieſen Ceremonien geſchicht / nicht zu tadeln / wenn nemlich die Weiber / wel - che das Kind auff der Mutter-Vruſt ſetzen / ſa - gen: GOtt mache euch zu einer guten Frauen! welches gleichſam ſo viel geſagt iſt / als: GOtt erhalte euch / und euer Kind geſund / und gebe euch Kraͤffte / Verſtand und Weißheit / euer Toͤchterlein groß und in allen Chriſtlichen Tu - genden auff zu erzieben / damit ihr nimmermehr Schande / ſondern lauter Ehre an ihr erleben moͤget / auff daß iederman euch vor eine gute ver - ſtaͤndige und gluͤckliche Frau achten koͤnne / wel - che geſchickt ſey zu guter Erziehung ihrer Kinder. Dieſes / ſag ich / iſt an ſich ſelbſt nichts Boͤſes / aber das aber glaͤubiſche Abſehen / als ob dadurch dem Kinde ſchon eine Gnuͤge / zur Bewahrung ſeiner Ehre / geſchehen waͤre / iſt ſchaͤndlich und ſtraff - bar. Denn der bloſſe Wundſch / und die betruͤg - lichen Ceremonien / machen die Sache nicht aus / ſondern die Aufferziehung in der Zucht und Ver - mahnung zum HErrn / und die Gnade und Re - gierung GOttes ſind die rechten Mittel / daß ein Maͤgdlein bey Ehren bleibe.

Der Wundſch iſt manchmahl gut / die Fol -
ge aber nicht.
Wenn Wündſchen zwar nur recht aus
Hertzens Grund geſchicht /
So283Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
So traͤgt es etwas bey / daß Seegen und Ge -
deyen
Muß einem GOttes-Freund das Hertze
recht erfreuen.
Wo aber Phantaſey und aberglaͤub’ſche
Sachen
Man auch mit untermengt / ſo werden dieſe
machen /
Daß alles wird verkehrt / die Hoffnung
wird zunichte /
Weil es ein Greuel iſt fuͤr GOttes Angeſich -
te.

Das 42. Capitel.

Wem fruͤhmorgens eine Spinne auff dem Rocke kreucht / der wird des Ta - ges gluͤckſelig ſeyn.

ES iſt eine allgemeine Gewohnheit / daß wenn man das Gemuͤthe entdecken will / daß man einem recht gram und feind ſey / ſo ſpricht man: Ich bin ihm Spinnen-feind; o - der: Der iſt dem und dem ſo feind als einer Spinnen. Woraus zur Gnuͤge abzunehmen iſt / daß zwiſchen den Menſchen und denen Spin - nen eine natuͤrliche Feindſchafft ſeyn muͤſſe. Wie reimet ſich aber denn nun eine Gluͤck-anzeigende Creatur auch zugleich eine feindſelige zu nennen? Ich kan es / nach meiner Einfalt und Vernunfft /nicht284Unterſuchung derer von ſuper - klugennicht wohl ermeſſen. Wer einen Feind hat / der ſiehet ſolchen von weiten am liebſten; da man nun / bekandter maſſen / denen Spinnen von Na - tur feind iſt / wie kan es denn moͤglich ſeyn / daß wenn ein ſolch Ungezieffer auff iemandes ſeinem Rocke kreucht / es ſelbigen Tag ſoll Gluͤck anzei - gen? Denn von einem Feinde kan / natuͤrlicher Weiſe / kein Gluͤck kommen; dahero vielmehr zu beſorgen iſt / daß das verhoffte Gluͤck die Ei - genſchafft derer Spinn-Weben und Weſpen - Neſter haben / und ſchlechten Beſtand halten werde. Wer nun auff ſolche ſchoͤne Dinge ſei - ne Hoffnung und Vertrauen ſetzen will / der mag es / auff ſeinen Gewinn und Verluſt / ver - ſuchen; Ich halte nichts davon.

Das Glück / das eine Spinne bringt /
Das Lied / das eine Grille ſingt /
Das Haͤußgen / das die Weſpen machen /
Sind alles gar ſehr ſchlechte Sachen.

Das 43. Capitel.

Wenn ein Mann uͤber Land reitet / und ihm ein Weib ſpinnend begegnet / iſts ein boͤſes Zeichen / derohalben ſoll er um - kehren / und einen andern Weg reiten.

DIeſes Vorgeben iſt eine offenbare Narr - heit. Denn / iſts nicht wahr? wenn der -jenige /285Weibern hochgehaltenen Aberglauben. jenige / welcher uͤber Land reiten will / gleich aus einer Stube ausgienge / allwo zehen Weiber und Maͤgde ſaͤſſen und ſpoͤnnen / ſo wuͤrde er ſich daruͤber keine Sorge machen / als ob er deßwe - gen ungluͤcklich reiſen moͤchte; Alſo wird damit zur Gnuͤge〈…〉〈…〉 wieſen / daß das Spinnen nichts Boͤſes andeuten muͤſſe / ſondern das Entgegen - kommen einer Weibs-Perſon muͤſte ſolcher Ge - ſtalt verſtanden werden / ſie moͤge ſpinnen oder nicht. Denn wenn das Spinnen etwas Boͤſes bedeutete / ſo muͤſten diejenigen / welche in der Stuben oder Hauſe / allwo der Mann ausge - het / ſitzen und ſpinnen / vielmehr etwas Boͤſes be - deuten / weil dieſe ihm viel naͤher ſind als jene / die ihm auff dem Felde begegnet. Soll aber das bloſſe Entgegenkommen eines Weibes das boͤſe Zeichen ſeyn / warum ein Reiter noͤthig haͤtte wieder umzukehren / ſo wolle man doch erwegen / wieviel mahl mancher muͤſte umkehren / und ei - nen andern Weg ſuchen? ja man wuͤrde offt nicht einmahl an den Ort gelangen koͤnnen / wo - hin man zu reiten gedaͤchte / weil auff mancher Straſſe ohne Unterlaß Weibs-Perſonen hin und wieder gehen. Und weil ich auch mein Le - betage nicht erfahren habe / daß einig Bedencken gemacht wuͤrde / fortzureiten / ob einem gleich auch zehen Weibs-Perſonen begegneten / alſo kan es nicht fehlen / das gantze Werck und Vor -geben /286Unterſuchung derer von ſuper - klugengeben / was von einer ſpinnenden Weibs-Perſon geſagt wird / iſt eine aberglaͤubiſche Thorheit. U - berdiß iſt es auch was recht naͤrriſches / daß wenn die Sache ja wahr waͤre / (da es doch ſ. v. erlogen iſt) daß eine ſpinnende Weibs-Perſon / ſo einem auff dem Felde begegnete / ein boͤſes Zeichen waͤ - re / man durch das Umkehren und Reitung eines andern Weges / ſolch vermeyntes boͤſes Zeichen verbeſſern will. Denn wo einmahl das Be - gegnen eines ſolchen Weibes geſchehen iſt / ſo macht das Umkehren ja die geſchehene Sache nicht ungeſchehen / und mag der Reiter fort reiten oder wieder umkehren / ſo laͤſſet er das Weib hin - ter ſich / ja er koͤmmt durch das Fortreiten noch eher von ihr / weil ſie nicht hinter ihme her gehet / als wenn er umkehret. Ich erinnere mich zu unterſchiedlichen mahlen / daß an ſolchen Orten / allwo die Hirten-Weiber die Gewohnheit ha - ben / daß ſie den Rocken auff die Seite in Guͤr - tel ſtecken / und auff dem Felde in waͤhrendem Ge - hen zugleich ſpinnen / mir dergleichen ſpinnende Weiber begegnet ſind / ja ich bin zuweilen auch wohl mit Fleiß auff ſie zugeritten / und habe ſie gefragt / ob ich die rechte Straſſe ritte? Aber das kan ich mich nicht erinnern / daß mir iemahls hierauff etwas ungluͤckliches begegnet oder wie - derfahren ſey / derohalben iſt an dieſer Sache nichts.

Solt287Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Solt auch wohl ein aͤlbrer Ding hier auff
dieſer Erden
Koͤnnen auff die Bahn gebracht und erſon -
nen werden /
Als uns dieſer Punct hier weiſt? Es ſind
naͤrrſche Sachen /
Dabey man ſonſt nicht mehr kan / als nur
druͤber lachen.

Das 44. Capitel.

Wenn gelautet wird / und ſchlaͤgt die Uhr drein / ſo bedeutets Feuer.

ES wollen aberglaͤubiſche Leute gar unter - ſchiedliche Vorbedeutungen eines Bran - des wiſſen / unter welchen dieſes auch eine mit ſeyn ſoll; wie aber alle ſolche Choſen gantz ohne Grund ſind / alſo iſt dieſer Punct gleiches Schlages. In groſſen Staͤdten / allwo unter - ſchiedliche Uhren ſind / traͤgt ſichs gar offt zu / daß in einer Kirchen zu Grabe gelautet wird / und in der andern ſchlaͤgt die Uhr erſt / weil eine mit der andern nicht allezeit accurat uͤberein trifft / oder wenn diejenigen / die zu Grabe lauten / zuweilen / um ein und andern Tumults / oder auch ſtarcken Windes willen / nicht allemahl recht hoͤren koͤn - nen / ob die Uhr habe ausgeſchlagen / und an zu lauten fangen / ehe die Uhr ausgeſchlagen hat / alsdenn muß ſolches Feuer bedeuten. Gleich -wie288Unterſuchung derer von ſuper - klugenwie nun aber auch in groſſen Staͤdten es nichts neues iſt / daß zuweilen eine Feuer-Eſſe brennend wird; alſo geben die aberglaubiſchen Affen fuͤr: Wenn die Uhr auff vorgemeldte Art / irgend vor ſechs / acht oder mehr Wochen / unter waͤhren - dem Laͤuten / geſchlagen hat / daß es die Vorbe - deutung zu ſolchem Brande geweſen ſey. Sol - cher Geſtalt aber koͤnte man noch viel wahr - ſcheinlichere und naͤhere Omina finden / die nicht von 6. 8. biß 15. Wochen her mit den Haaren gezogen werden duͤrfften. Ich laſſe es aber mit Fleiß hiermit bewenden / mein ferneres judici - um hiervon zu geben / weil dieſe Meynung eine ſolche Bewandniß hat / die eben nichts Boͤſes nach ſich ziehet. Denn wenn die Uhr ins Lau - ten ſchlaͤgt / und es wird vorgemeldetem Vorge - ben Glauben zugeſtellet / ſo wird manch Unacht - ſames erſchreckt / und gehet deſto vorſichtiger mit dem Feuer um / da ſonſt wohl Schaden entſtehen koͤnte. Ein Verſtaͤndiger weiß doch wohl / wie viel von der Sache zu halten ſey?

Ihr lieben Leute / laſſt euch ſagen /
Wenn es thut in das Laͤuten ſchlagen /
So bewahrt das Feur und Licht /
Daß niemanden Schad geſchicht /
Und trauet GOtt dem HErren.
Das289Weibern hochgehaltenen Aberglauben.

Das 45. Capitel.

Ein neugebohren Kind ſoll man nicht auff die lincke Seite zu erſt legen / es wird und bleibet ſonſt ſein Lebtage linckiſch.

ES ſind unzehlich viel Leute / welche lin - chiſch ſind / ſo viel ich aber derer kenne / und Nachricht von ihrer Aufferziebung habe / ſo kan ich von denen meiſten mit Warheit bezeu - gen / daß ſie nicht linck worden waͤren / wenn die Unachtſamkeit derer / die ſie / in der Minderjaͤb - rigkeit / um aller uͤbel anſtehenden Sitten willen / haͤtten ſtraffen / und davon ab - hingegen zu allen anſtaͤndigen Sitten anmahnen ſollen / nicht Ur - ſach geweſen waͤren. Weil auch / der Gewohn - heit nach / die meiſten Kinder auff dem lincken Arm derer Kinderwaͤrterin getragen werden / wodurch die Kinder den lincken Arm und Hand mehr frey haben / als die rechte / ſo gewoͤhnen ſie ſich demnach ſtracks mit der lincken Hand etwas eber anzufaſſen / als mit der rechten / und wenn ihnen ſolches nicht ernſtlich unterſaget wird / blei - ben ſie hernach ihr Lebtage linckiſch. Und dieſes iſt die rechte eigentliche Urſach / warum ſo ſehr viel Leute / ſonderlich unter dem Bauer-Volcke / linck werden. Das erſte Niederlegen auff die rechte oder lincke Seite aber iſt nur ein alber MaͤhrleinTund290Unterſuchung derer von ſuper - klugenund erdachter Aberglaube / worauff in keine We - ge nichts zu halten iſt. Wer mir aber nicht will glauben / der laſſe ſein eigen Kind zu erſt auff die lincke Seite legen / gewoͤhne es aber hernach / bey der Aufferziebung / daß es nicht viel in die lincke Hand faſſe / als nur was daſelbſt hin zu faſſen ſich ohndem gebuͤhret / ſo will ich mit einem / um alles / was er will / wetten / daß ihm ſein Kind nicht wird linckiſch werden.

Jung gewohnet / alt gethan; iſt das alte Sa -
gen.
Wie ein Kind gewoͤhnet wird / oder wird
getragen /
Auff dem recht und lincken Arm; alſo wiꝛds
auch werden /
Lincks und recht / wie ſichs gewoͤhnt / ohn ei -
nig Beſchwerden.

Das 46. Capitel.

Wer Felder hat / der ſoll am Wal - burgis-Abend mit Roͤhren daruͤber hin ſchieſſen / ſo koͤnnen die Hexen keinen Schaden an der Saat thun.

ES wird faſt im gantzen Sachſen-Lande von dem gemeinen Volcke geglanbet und dafuͤr gehalten / daß in der Walburgis - Nacht die Hexen auff ihren Tantz und Verſam̃ -lung291Weibern hochgehaltenen Aberglauben. lung zoͤgen. Dabero an manchen Orten ſolcher Lande die Gewohnheit eingeriſſen iſt / daß diejeni - gen / welche Land-Guͤter oder Felder beſitzen / am Walburgis-Abend mit Roͤhren und Buͤchſen - ber die Felder ſchieſſen / aus der einfaͤltigen und albern Meynung / hier mit die Hexen zu ſcheu - chen / daß ſie auff ihrer Reiterey und Reiſe / die ſie durch die Lufft uͤber ſolche Felder thaͤten / nicht die Saat beſchaͤdigen moͤchten. Allein / erſtlich iſt nicht zu glauben / daß / wenn ja wahrhafftig die Hexen gewiſſe Verſammlungen dem Teuffel zu Dienſt anſtelleten / [welches Bodinus in ſeiner Dæmonomania, und Remigius in ſeiner - monolatria, aus ſehr viel angefuͤhrten Hiſtorien / behaupten] ſolches eben zu keiner andern Zeit / als in der Walburgis-Nacht / geſchehe; ſondern es kan vielmehr aus ietzt bemeldeten Hiſtorien er - wieſen werden / daß ſolche Hexen Verſammlung gar offt angeſtellet werde; dahero die Vorſich - tigkeit / ſo nur alleine am Walburgis-Abend ge - braucht wird / zu wenig zu ſeyn ſcheinet / auff ein - mahl ſo vielen Hexen-Zuͤgen zu wiederſteben. Zum andern / wenn ja noch wahrhafftig der He - xen-Zug durch die Lufft geſchicht / (welches der bekandte Acheiſt D. Bekker / in ſeiner bezauber - ten Welt / und andere ſeines gleichen / zwar gaͤntz - lich verneinen /) ſo geſchicht es ja mit Huͤlffe des Teuffels / auff eine ſolche Art und Weiſe / daß einT 2ſolcher292Unterſuchung derer von ſuper - klugenſolcher Schuß an ihrer Reiterey nichts wuͤrde ſchaden koͤnnen. Drittens wird aus vieler He - xen Bekaͤntniß und Auſſage ſo viel zu erſehen ſeyn / daß die Verderbung der Felder / ſo durch die Hexen geſchicht / nicht zu der Zeit / wenn ſie auff ihren Convent ziehen / verrichtet wird. Denn ſolche Reuterey ſoll ſo ſchnell und unge - ſaͤumt verrichtet werden / daß dabey kein Einhal - ten / zu Verderbung der Felder / zu geſtatten iſt. Alſo halte ich das Schieſſen uͤber die Felder am Walburgis-Abend vor nichts anders / als einen Teuffels-Fund und Dienſtleiſtung des Satans. Denn die ſolch Schieſſen verrichten / die achten den Teuffel und ſeine Werckzeuge / die Hexen / ſo maͤchtig / als ob ſie uͤber diejenigen Dinge / welche in dem Schutz des allmaͤchtigen GOttes ver - wabret ſtehen / dennoch koͤnten Gewalt nehmen / und daran Schaden thun / da doch der zwar ſonſt ſtarcke und gewaltige Rumor-Meiſter / iedoch auch ohnmaͤchtige Hoͤllen-Hund / ohne GOttes Verhaͤngniß / keinem Menſchen ein Haar zu kruͤmmen vermag. Zum andern unterſtehet ſich ein ſolcher Feld-Schieſſer einer Sache / wor - zu er viel zu[ ohnmaͤchtig] iſt / und will ſein Feld ſelbſt fuͤr der Beſchaͤdigung des Teuffels beſchuͤ - tzen / dabey verachtet er den Schutz GOttes / ja vergiſſet ſolchen gar / welches ſicherlich dem groſ - ſen allmaͤchtigen GOtt ein Mißfallen ſeyn muß. Dahero293Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Dahero es auch wohl geſchicht / daß um ſolches Aberglaubens willen GOtt verhaͤnget / daß de - nen / die daran glauben / und doch / um ein und anderer Hinderniß willen / das Schieſſen unter - laſſen muͤſſen / einiger Schade an denen Feldern geſchicht / weil ſie es nicht anders glauben noch ha - ben wollen. Alſo thut der Teuffel denen Sei - nigen / die ihn ehren und fuͤrchten / ſelbſt Schaden; wer aber GOtt vertrauet / und ſich ſeines Schu - tzes getroͤſtet / den muß der Teuffel wohl mit frie - den laſſen.

Mit deinem Schieſſ’n gewinnſt du nichts / als GOttes Ungenade /
Und koͤmmt dir auch noch wohl darzu vom Saran groſſer Schade /
Fuͤr dem du dich nicht ſchuͤtzen kanſt / als nur mit GOtt alleine;
Drum uͤbergib du alles GOtt / der ſchuͤtzet dir das Deine.

Das 47. Capitel.

Am Fronleichnams-Tage eine blaue Korn-Blume mit der Wurtzel ausge - raufft / ſtillet das Bluten der Naſen / wenn man ſie in der Hand haͤlt / biß ſie er - warmet.

D an der Zeit / oder eben am Fronleich - nams-Tage / wenn die Korn-Blume aus -T 3gegra -294Unterſuchung derer von ſuper klugengegraben werden ſoll / nichts gelegen ſeyn muͤſſe / ſondern das Gewaͤchs / oder vielmehr die Wur - tzel hiervon / ob ſie vor oder nach dieſem Tage ausgegraben ſey / dennoch die Krafft und Wir - ckung von Natur habe / das Blut zu ſtillen / kan ich leicht ermeſſen aus den Worten des beruͤhm - ten Sennerti, wenn er von dieſem Gewaͤchs l. 1. Pract. p. 3. ſ. 4. c. 8. alſo ſetzet: Radix mani - bus dentata hæmorrhægiam narium ſiſtere creditur, wie ſolches Herr D Zorn / in Herba - rio Pancovii, bey Beſchreibung der blauen Korn-Blumen oder Cyani, pag. 145. angemer - cket hat. Worbey aber des Fronleichnams - Tages mit keinem Buchſtaben Erwehnung ge - ſchicht. Solchem nach iſt der Aberglaube of - fenbar / wenn man dafuͤr haͤlt / als muͤſte eben am Fronleichnams-Tage dieſes Gewaͤchs / mit ſamt der Wurtzel / ausgegraben werden / wenn es die Krafft haben ſolte / das Blut zu ſtillen. Denn was an und fuͤr ſich ſelbſt dieſe Eigenſchafft ſchon hat / wird ſie freylich an dieſem Tage nicht erſt annehmen; eben als wenn man ſagen wolte: Wer an Petri Ketten-Feyer-Tage weiſſe Mohn-Haͤupter abſchnitte / ſolche zerſtieß / und den Safft einnehme / ſo machte ſolches ſchlaffend / da doch bekandt iſt / daß der Mohn von Natur zum Schlaff befoͤrdert. Ergo iſt dieſer Glau - bens-Articul / in Anſehung des Fronleichnams - Tages / ein Aberglaube.

Was295Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Was ohndem hat die Eigenſchafft /
Zu zeugen eine b’ſondre Krafft /
Durchaus zu allen Zeiten /
Darff am Fronleichnams-Tage nicht /
Erſt werden darzu zugericht /
Denn das ſind Eitelkeiten /
Womit man nur fein in der Still /
Den Satan veneriren will /
Und ſeinen Dienſt bereiten.

Das 48. Capitel.

Am Tage Abdon ſoll man den Schilff aus denen Teichen ſchneiden / und die Dornen aus denen Feldern ausrotten / ſo wachſen ſolche nicht wieder her - vor.

ICh glaubs. Denn wer an dieſem Tage ei - nem alten Weibe / das Hitze in Augen hat / und beſorget / daß der kalte Brand darzu ſchlagen moͤchte / den Kopff biß unter die Naſen - Loͤcher abloͤſet / den verſichere ich / daß er hier - durch der Hitze ſteuern werde / daß ſie nicht wei - ter uͤberhand nehmen wird / und das Weib wird vor dem kalten Brande frey bleiben. Der Tag Abdon iſt auff den 30. Julii gefaͤllig / nun wolle man nur bedencken / wie weit der Schilff zu ſol - cher Zeit in ſeinem Wachsthum gekommen ſey / oder wie reiff er als denn ſchon iſt? ſo wird manT 4beken -296Unterſuchung derer von ſuper - klugenbekennen muͤſſen / daß / wenn er zu ſolcher Jah - res-Zeit abgeſchnitten wird / von Natur nicht wieder wachſen kan / weil die Krafft aus der Wurtzel in den Schilff gegangen / und beym Ab - ſchneiden tritt das Waſſer hinein / und macht in der entkraͤffteten Wurtzel eine Faͤulung / dadurch ſie vergehen. Jedoch erhalten ſich gleichwohl noch ſolche Zaͤſerlein / die uͤbers Jahr wieder aus - ſchlagen. Und dergleichen Bewandniß hat es auch mit denen Dornen / wenn ſie im Julio oder Auguſto ausgegraben werden. Es iſt bekannt / daß im Fruͤhlinge die fette Weitzen-Saat offt mit Senſen und Sicheln abgehauen und ge - ſchnitten wird / welches die Bauern Weitzen - Schrepffen nennen / und dieſer Weitzen waͤchſet auffs herrlichſte wieder in die Hoͤhe; Alleine es verſuche es einer / und ſchneide ihn ab / wenn er bluͤhet / ſo wird er nimmermehr wieder in die Hoͤ - he wachſen / denn der Kopff und Hertz ſind hin - weg. Wenn einem Krebſe die Scheeren abge - brochen werden / bleibt er wohl lebendig / aber wenn ihm der Kopff zerdruckt wird / muß er ſter - ben; Alſo kan freylich der auffgewachſene Schilff / wenn es zu der Zeit / da es ſchon ausge - wachſen hat / mit Strumpff und Stiel / ſo zu re - den / abgeſchnitten wird / nicht wieder wachſen. Damit aber die aberglaͤubiſche Rotte gleichwohl ihrem Vorgeben ein ſcheinbares Faͤrbgen an -ſtreichen /297Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ſtreichen / ſo haben ſie / nicht ohne Urſach / den Nahmens-Tag Abdon benennen wollen / an welchem der Schilff ſoll abgeſchnitten / und die Dornen ausgegraben werden; denn Abdon heiſſet ein Verderber / und ſoll dahero / ſolches Nahmens halber / der an dieſem Tage abge - ſchnittene Schilff verderben. Aber / wer nur ein wenig buchſtabiren gelernet hat / der ſiehet wohl / daß nicht der Tag / um des darinnen gefaͤlligen Nahmens willen / ſolche Krafft habe / ſondern daß die ſpaͤte Jahrs-Zeit ſolches verhindere; und mag die Ausrottung ſolcher Dinge vor oder nach dem Tage Abdon geſchehen / e. g. auff Ja - cobi / als welcher 5. Tage vorher gefaͤllt / und ſo viel heiſſet als ein Tag des Untertreters; oder am Tage Apollonaris / welcher mit Abdon ei - nerley Bedeutung hat; am Tage Guſtavi und ſo fort. Und ſo man dieſen Maͤnnern wolte Wei - ber zu Gehuͤlffinnen geben / ſo wuͤrden Anna / Martha und Chriſtina gut darzu ſich ſchicken. Iſt demnach auff den Tag Abdon gantz nicht zu reflectiren.

Abdon iſt nicht alle in der Mann /
Der Dorn und Schilff verderben kan;
Apollonaris kan es auch /
Jacobus hat auch den Gebrauch /
Daß er die Sachen untertritt /
Und wenn Frau Anna auch mit ſchnitt /
T 5So298Unterſuchung derer von ſuper - klugen
So wuͤrd es haben gleiche Krafft /
Denn aus den’n Wurtzeln iſt der Safft.
Und wenn auch gleich Frau Martha kaͤm /
Und alles fein zuſammen naͤhm /
So wuͤrde ſie doch leiden muͤſſen /
Daß es Guſtavus traͤt mit Fuͤſſen.

Das 49. Capitel.

Wenn einem Weibe der Halß oder die Kehle jucket / wird ſie bald auff eine Hoch - zeit oder Kindtauffmahl gehen / jucket ihr aber der Kopff / ſo bekoͤmmt ſie bald Schlaͤge.

ES iſt ſchon im 32. Capitel p. 257. angefuͤh - ret / wie von etlichen geglaubet werde / daß / ſo iemanden ſ. v. der Hinterſte juckete / ſo wuͤrde er bald Gevatter; welches eine mit ietzt vorhabender Materie gleich und uͤbereinſtim - mende Meynung iſt. Dahero zweiffele ich nicht / daß / weil nach volibrachter Gevatterſchafft der Schmauß angehet / da allerhand gut Eſſen und Trincken durch den Halß oder Kehle gejaget wird / die aberglaͤubiſchen Weiber ferner auff die Gedancken gerathen / ſolches muͤſſe vorher / als wie die Gevatterſchafft / durch ein Jucken ange - deutet und prognoſticiret werden / und koͤmmt alſo das Jucken ſ. v. aus dem Steiſſe ihnen in Halß / und wird alsdenn durch gut Eſſen undTrin -299Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Trincken wieder curiret. Wenn ſie aber das ver - druͤßliche Jucken hinter denen Ohren oder am Kopffe fuͤhlen / da wiſſen ſie keinen Rath davor / drum muͤſſen die Maͤnner ſie mit Schlag-Bal - ſam anſtreichen / biß ſie recht wieder zum Ver - ſtande kommen. Denn wenn der Wein und das Bier / ſo ſie beym Schmauſen in ſich geſchluckt haben / ihnen in die Hoͤhe geſtiegen iſt / und im Kopffe kruͤbelt / ſo kan es nicht fehlen / ſie befuͤrch - ten den Schlag. Und iſt derowegen recht etwas wunderwuͤrdiges / wie fleißig und accurat das Weibsvolck iſt / wenn ſie von einer Sache Ob - ſervationes machen / wie es wuͤrcklich hieraus zur Gnuͤge abzunehmen iſt / wenn nehmlich ih - nen alles ſo genau eintrifft / daß auff das Steiß - Jucken die Gevatterſchafft / auffs Halß-Jucken der Schmauß / und auffs Kopff-Jucken die Schlaͤge erfolgen. Weil denn nun bey dieſem Glaubens-Puncte eben keine ſonderliche Suͤn - de gethan wird / ſo moͤgen die lieben Weiber im - mer dabey bleiben / und ſich die Koͤpffe fein fleiſ - ſig ſalben laſſen; was vom Kopffe abfaͤllet / wird ihnen wohl auff dem Ruͤcken bleiben.

Wie ſein es doch gradatim geht bey unſern
lieben Weibern /
Das Jucken koͤmmt erſt an den Steiß / an
ihren zarten Leibern /
Vom300Unterſuchung derer von ſuper - klugen
Vom Steiſſe geht es in den Halß / in
Schlund und in die Kehle:
So ſag mir einer / was denn noch den’n
guten Dingern fehle?
Antwort: Das Jucken an den Kopff / das
bringet mit den Seegen /
Beſtehend in Schlag-Balſams-Krafft /
daran viel iſt gelegen.

Das 50. Capitel.

Helle Chriſt-Nacht finſtere Scheu - nen / finſtere Chriſt-Nacht helle Scheunen.

DIeſes aberglaͤubiſche Sprichwort ſoll ſo viel heiſſen / als wenn in der Chriſt-Nacht der Mond ſcheinet / und helle iſt / ſo ſoll das Jahr fruchtreich an Getreidig ſeyn / davon die Scheunen voll und finſter werden; wenn aber zu Weyhnachten / oder in der Chriſt. Nacht der Mond neu iſt / und nicht ſcheinet / auch ſonſt truͤbe und finſter Wetter iſt / ſo ſollen dieſes Jahr die Scheunen lichte und leer bleiben. Wie gewiß aber dieſe Bauer-Regul eintreffe / hat ſich biß he - ro gemeiniglich in Contrario erwieſen; dahero wenig / oder vielmehr gar nichts darauff zu hal - ten iſt. Und iſt ſchon an andern Stellen erwie - ſen / daß ſolche Bauer-Phyſica keinen Grund mehr hat. Denn ſowohl der alte Julianiſche /als301Weibern hochgehaltenen Aberglauben. als auch neue verbeſſerte Calender kommen nicht mehr mit der Zeit uͤberein / in welcher ſolche Bauer-Reguln ihren Urſprung genommen ha - ben; dahero eine dritte Zeit geſucht werden muͤ - ſte / wenn es alſo erfolgen ſolte. Denn der neue Calender koͤmmt etwas zu zeitlich / und der alte etwas zu langſam; alſo waͤre es eine gantz un - gereimte Sache / wenn man ſolche Dinge / die ohnedem nichts als Einbildungen zum Grunde gehabt haben / noch auff eine unrichtige Zeit gruͤnden wolte. Zu dem ſo giebt uns ja der Mond nicht die Landes-Fruͤchte / ſondern der Schoͤpffer des Mondes. Wenn nun nach des Schoͤpffers geſetzten Ordnung eben zu Weybnachten der Mond neu oder auch voll iſt / ſo kan ja die von GOtt gutgemachte Ordnung des Himmels - Lauffs / um unſerer Calender Ordnung willen / nicht boͤſe noch beſſer werden. Dahero auch zweiffelsfrey es GOTT ietziger Zeit alſo fuͤget / daß man wohl ſpuͤren kan / wie die vorwitzigen Bauer-Propheten lauter Luͤgen verkuͤndiget haben.

Glaub was du wilt / das hilfft nicht viel /
Es hat doch die Natur ihr Spiel /
Nach dem es GOttes Willen bringt /
Nachdem auch alles wohlgelingt /
Fuͤr ſich der Mond nichts richten kan /
Es koͤmmt allein auff GOtt nur an.
Das302Unterſuchung derer von ſuper - klugen

Das 51. Capitel.

Wer ein Erd-Huͤhngen oder eine Hauß-Otter beſchaͤdiget / oder nur ſiehet / der muß daſſelbige Jahr ſterben.

WAs ich hiervon aus eigener Erfahrung weiß / will ich kuͤrtzlich anfuͤhren / zu einem ſichern Beweiß / daß dieſes Vorgeben nur ein Maͤhrlein ſey. Und bezeuge ich mit meinem guten Gewiſſen / daß es ſich nicht an - ders zugetragen. Nehmlich: Als ich mich / nach dem Alt-Dreßdner Brande / alldort befand / und in dem Hauſe / allwo ich damahls wohnete / ein Gewoͤlbe war / in welchem ich offt meine Verrichtung hatte / ſo hoͤrete ſo wohlich / als auch diejenigen / die bey mir zu thun hatten / etli - che Tage in beſagtem Gewoͤlbe / ein Gluckern und Pipen / bey nahe wie eine Gluck-Henne / wenn ſie etwas zu freſſen fuͤr die jungen Kuͤchlein findet / oder aber wie die jungen Huͤhnlein ſelbſt zu pipen pflegen; und das geſchah bald in dem / bald in jenem Winckel / ſo wohl am hellen Tage / als auch des Nachts / ohne daß iemand etwas an - ſichtig worden waͤre. In dem einen Winckel des Gewoͤlbes war ein ziemlicher Hauffen Schutt und Steine auffgewuͤhlet / und gieng darbey ein Loch / wie ein Maͤuſe-Loch / in die Er -de.303Weibern hochgehaltenen Aberglauben. de. Jederman ſagte / es waͤre das Erd-Huͤhn - gen / oder die Haus-Otter / und ſolten wir ihme nur kein Leib thun. Ich / als der ich / aus curi - oſitaͤt / gern gewuſt haͤtte / wie das Erd-Huͤhn - gen / oder die Hauß-Otter ausſaͤhe / bemuͤhete mich auff alle Wege / meiner Begierde hier - inne eine Gnuͤge zu thun / kunte aber in ge - dachtem Gewoͤlbe nichts als zuweilen eine Mauß erblicken. Weil ich aber gleichwohl ſa - he / daß bey dem auffgeworffenen Hauffen Schutt ein Loch war / allwo allem Beduncken nach ſolch Erd-Huͤhngen ſeinen Aus - und Ein - gang hatte / nahm ich eine Maͤuſe-Falle / und thaͤt darein Weitzen / Erbſen / Speck / Brod / gelbe Moͤhren / Zucker und dergleichen / und ſetz - te dieſe fuͤr das Loch auff den auffgeworffenen Schutt / alſo / daß wenn etwas in ſolche Maͤuſe - Falle gienge / es unvermeidlich an das Zuͤnglein ſtoſſen und ſich fangen muͤſte. Da nun dieſe Maͤuſe-Falle kaum eine Stunde geſtanden hat - te / fiel ſie zu / und ich wurde einer etwas dicken Mauß darinnen gewahr / dieſe ſetzte ich in der Mauſe-Falle auff den im Gewoͤlbe ſtehenden Tiſch / weil ich in dem andern darneben befindli - chen Gewoͤlbe gleich etwas zu thun hatte. Ich war aber kaum ins andere Gewoͤlbe geſchritten / als das ſo genannte Erd-Huͤhngen in jenem laut gehoͤret wurde / derowegen ich eilends zu -ruͤck304Unterſuchung derer von ſuper klugenruͤck lieff / uñ gewahr wurde / daß es meine gefan - gene Mauß in der Falle war / woruͤber ich mich ſehr verwunderte / weil ich dergleichen Stimme noch von keiner Mauß obſerviret hatte / obner - achtet mir dergleichen Pipen / unter dem Nah - men Erd-Huͤhngen / ſonſt mehrmahl zu Ohren gekommen war / und kunte mir kaum einbilden / daß es dieſe Mauß ſey / die biß anhero ſich in dem Gewoͤlbe ſo haͤtte hoͤren laſſen / wenn ſie ſich nicht zu unteꝛſchiedlichen mahlen / in meiner und ande - rer Leute Gegenwart / in gedachter Mauſe - Falle / mit ſolchem Geſange verrathen haͤtte? Und weil ich ſie nun darinnen / biß zu Abend / ſte - hen ließ / befand ich ſie letzlich als eine Kindel - Betterin mit ſechs jungen Maͤußgen / die ich ſamt der Mutter in einen Keſſel mit Waſſer ſchuͤttete und erſaͤuffte / worauff das Pipen und das Auswuͤhlen des Erd-Huͤhngens ein Ende hatte. Und ob mir zwar um deßwillen einige aberglaͤubiſche Leute wolten bange machen / ſo kan ich doch mit Wahrheit ſagen / daß mir weder ſelbiges noch das folgende Jahr nicht das gering - ſte Ubel begegnet / noch eine Kranckheit angefal - len haͤtte. Welches alſo hoffentlich wird Be - weiß genug ſeyn / daß von dieſem Glaubens - Grunde nichts zu halten ſey.

Woferne dieſer Glaubens-Grund der
Wahrheit aͤhnlich waͤre /
So305Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
So müſt ich laͤngſt geſtorben ſeyn; denn wie
ich leſ und hoͤre /
So ſoll derjen’ge ſterben bald / der ein Erd -
Huͤhngen ſiehet?
Und wer / wenn er dergleichen hoͤrt / nicht al -
ſobald entfliehet.
Ich aber habs gehoͤrt / geſehn / gefangen und
ertraͤncket /
Doch leb ich noch ſo lang GOtt will / der mir
das Leben ſchencket.
Drum glaub ich dieſem Maͤhrlein nicht /
denn ich hab wohl er wogen /
Daß es nur eine Thorheit ſey / und gantz
und gar erlogen.

Das 52. Capitel.

Ohren-Schmaltz an die Degen - Spitze genrichen / wenn man duelliren will / das loͤſet des andern Feſtig - keit auff.

WEr die Courage hinter oder aus den Oh - ren hervor ſuchet / wenn er duelliꝛen will / der moͤchte ſeine Schlaͤgerey lieber gar einſtellen / denn der andere iſt ihm gewiß zu feſte. Und wenn einer ſchon ſo verzagt iſt / daß er ſich einbildet / der andere moͤchte feſte ſeyn / ſo iſt die Schlacht ſchon verlohren / und wird kein Ohren - Schmaltz etwas erwuͤndſchtes effectuiren koͤn -Unen.306Unterſuchung derer von ſuper klugennen. Ich ſehe ohne dem auch nicht / welcher ge - ſtalt ein wenig Ohren-Schmaltz ſo viel Kraͤffte haben ſolle / des andern Feſtigkeit auffzuloͤſen / und halte vielmehr davor / es gehe hierunter ein Mißverſtand fuͤr / und ſoll nicht Ohren - ſondern Haaſen-Schmaltz ſeyn. Denn das Haaſen - Schmaltz hat / bekandter maſſen / die Eigenſchafft an ſich / daß es ziehet / und wenn es alſo an der Degen. Spitze klebt / ſo ziehets den Gegner ſo ſtarck an ſich / daß er ſelbſt in die geſchmierte De - gen-Spitze hinein laufft / und mag der Gegner ſo feſte ſeyn als er will / ſo gehet doch jenen ſein Degen ſo glatt ein / als ob er geſchmieret waͤre / und ſolche Krafft hat das Haaſen-Schmaltz. Nun will ich zwar eben nicht gaͤntzlich in Abrede ſeyn / daß manchen Duellanten ſein Ohren - Schmaltz die gaͤntzliche Eigenſchafft des Haa - ſen-Schmaltzes habe / abſonderlich derer ihres / welche gewohnet ſind / in fuͤrfallender Noth das Haaſen-Pannier zu ergreiffen / und ſich mit dem Ruͤcken zu wehren. Hierbey faͤllt mir ein / wie / vor wenig Jahren / ein junger Rotzloͤffel / der noch nicht recht aus ſeinen Lehr-Jahren ent - gangen war / zu einem Schwerdtfeger kam / und ſich eine Klinge in ein Degen-Gefaͤß ſtoſſen ließ / worbey er dem Schwerdtfeger vier Stuͤcklein gab / die er mit in das Degen-Gefaͤß machen muſte. Der Schwerdtfeger fragte aus Spaß /worzu307Weibern hochgehaltenen Aberglauben. worzu denn dieſe Dinge helffen ſolten? Jener antwortete: Eines huͤlffe / daß wenn man ſich ſchluͤge / der andere alſobald eine Furcht bekaͤme. Das andere Stuͤcklein loͤſete alle Feſtigkeit auff. Das dritte dienete wieder die ſchwere Noth / wenn man den Degen Creutzweiß auff den Pa - tienten legte. Das vierdte beſchuͤtzte ihn / daß ihn kein Feind nicht koͤnte beſchaͤdigen. Weil denn hierbey noch ein guter Freund ſtand / und zuſahe / auch zu dem gelſchnaͤbligen Tyrannen ſagte: Das beſte Stuͤcklein waͤre doch noch ver - geſſen. Da fuhr der junge Held begierig her - aus: Ey! ich will es gern bezahlen / es mag koſten was es will / der Herr laſſe mir es zukommen! Jener antwortete: Es koſtete nichts / ſondern es waͤre nur ein Zettelgen / worauff gewiſſe vier Sylben / die denen ietzt hinein gemachten vier Stuͤcken die Krafft gaͤben / geſchrieben waͤren. Monſieur Gelſchnabel bat um Mittheilung ſolcher Kunſt / worauff jener wieder ſagte / er ſol - te nur dieſe vier Sylben auff ein Zettelgen ſchreiben: Hunds-Voigt wehr dich! Dieſes moͤchten die mit Ohren-Schmaltz ihre Degen ſchmierende Duellanten alle auch in acht neh - men / wiewohl es Chriſtlicher herauskaͤme / wenn das verfluchte Duelliren gar nachbliebe; weil aber leider! der Teuffel mehr Welt. Kinder in ſeinem Reich verſammlet haͤlt / als Menſchen inU 2dem308Unterſuchung derer von ſuper - klugendem Reich GOttes ſich befinden / ſo kan und will ich weiter nichts mehr von dem ietzt vorhaben - den Glaubens-Punct gedencken.

O du elender Tropff / mit deinem Haaſen - Fette!
Ja / wer fuͤr Ohren-Schmaltz etwas Cou - rage haͤtte?
Du Hunds-Voigt wehre dich / das iſt das beſte Mittel /
Sonſt bleibet dir gewiß der garſtge Eh - ren-Tittel.

Das 53. Capitel.

Wenn zwey Kinder-ſtillende Weiber zugleich mit einander trincken / ſo trinckt eine der andern die Milch ab.

ES will an theils Orten geglaubet werden / daß / wenn zwey Perſonen zugleich mit einander anfingen zu trincken / und auch zugleich auffhoͤreten / ſo traͤncke eines dem an - dern die Roͤthe ab. Dieſes Fuͤrgeben braucht keiner Wiederlegung / weil es fuͤr ſich ſelbſt dahin faͤllet / indem nicht alleine ietzo die galante Mo - de auffgekommen iſt / daß nicht nur ihrer zwey / ſondern wohl gar ihrer zwantzig / oder lange Ta - feln voll Leute zugleich auffſtehen / ihre vor ſich habende Wein - und Bier-Glaͤſer an einander ſtoſſen / und auff Geſundheit dieſes oder jenes zu -gleich309Weibern hochgehaltenen Aberglauben. gleich austrincken / ohne Beſorgung / daß ein und anderer ſeine Roͤthe daruͤber verlieren werde; dahero derjenige ein ſehr einfaͤltiger Schoͤps ſeyn muͤſte / welcher um des willen nicht trincken wolte / weil ein anderer eben auch traͤncke. Was aber das Abtrincken der Milch bey denen Wei - bern anlanget / wird ſolches unter ihnen zwar als etwas gewiſſes geglaubet / ob ſie aber ihr Fuͤrge - ben werden verificiren koͤnnen / will ich ein we - nig unterſuchen: Wenn ſie glauben / ſo ferne ei - ne ſtillende Amme zugleich mit der andern traͤn - cke / ſo traͤncke eine der andern die Milch ab; al - ſo muß die eine die Milch verlieren / und die an - dere deſto mehr Milch bekommen. So nun die Weiber dieſes ſo gewiß obſerviret / ſo moͤchten ſie doch auch in acht genommen haben / welche von beyden denn die Milch bekomme oder ver - liere? die aͤlteſte oder die juͤngſte? oder die den Krug zuerſt ans Maul ſetze oder am erſten auff - hoͤre zu trincken? ſo wolte ich ihnen eher Glau - ben zuſtellen; die weil ſie aber von dieſen Neben - Dingen / woran doch ſicherlich viel gelegen waͤ - re / wenn der Haupt-Punct ſolte Grund haben / gantz im geringſten nichts melden / ſo kan ich leicht ſchlieſſen / daß es eine in einer Wochen - Bett-Stube ausgeheckte Grille ſey. Denn es iſt nicht gnung / daß ich nur eine Sache ſage / als verhalte ſichs ſo oder ſo / ſondern ich muß es auchU 3erwei -310Unterſuchung derer von ſuper - klugenerweiſen. Nun aber wird damit nichts erwieſen / wenn die Weiber ſagen / es haͤtten zwey Saͤug - Ammen zugleich mit ein an der getruncken / ſo haͤt - te eine die Milch verlohren. Es kan leicht ein Weib / das ein ſtillendes Kind hat / die Milch ver - lieren / es folgt des wegen nicht / daß eine andere / die mit jener zugleich getruncken hat / ſolche ihr abgetruncken habe. Ich ſage / wenn dieſes angien - ge / ſo waͤre es ein herrlich Mittel vor diejenigen Weiber / welche ihre Kinder entwoͤhnen wollen / dieſe duͤrfften nur eine der andern gute Wort ge - ben / die ohne dem nicht viel Milch haͤtte / daß ſie kaͤme und auff ſolche Art ihnen die Milch / wel - che ſie ſonſt ohne dem druͤcken und aͤngſtigen wuͤr - de / abtraͤncke; alleine / weil ich noch niemahls gehoͤret habe / daß eine auff dieſe Art habe Linde - rung geſucht / ſo will mir es auch nicht in meinen Kopff / daß etwas an dem gantzen Fuͤrgeben wahr ſey. Es trincket ja auff ſolche Weiſe keine aus des andern Kruge / ſondern / wenn zwey zu - gleich trincken / ſo muß eine iede ihr abſonderlich Trinck-Geſchirr haben / kan demnach nicht auff eine ſolche magnetiſche Art durch einen Zug voll - bracht werden / als ob die eine etwas von ihrem Speichel haͤtte ins Geſchirr gebracht / den die andere eintraͤncke / und alſo per Sympathiam der erſten ihre Milch an ſich zoͤge. Nein / es iſt in iedweder ihrem Geſchirr abſonderlich Ge -traͤncke /311Weibern hochgehaltenen Aberglauben. traͤncke / dahero auch eine iede abſonderliche Nah - rung empfaͤngt / und kan dadurch keine der an - dern den geringſten Schaden zufuͤgen. Und ſo einer mit der Sympathia und Antipathia hier - bey wolte auffgezogen kommen / ſo wuͤrde es Zweiffels ohne ſo abſurd herauskommen / als ob ich ſpraͤche: Wenn man in einem Garten zu ei - ner Zeit zugleich zwey Aepffel-Kirſch - oder an - dere Obſt-Baͤume / von einerley Art / proyffete / ſo wuͤrde der eine fruchtbar / der andere aber un - fruchtbar werden / weil einer dem andern ſeine Krafft um des willen benaͤhme / weil ſie zu einer Zeit gepflantzet worden waͤren.

Was hat die Milch vor einen Weg von ei - ner Bruſt zur andern?
Wird ſie vielleicht auff einem Steg durch die Milch-Straſſe wandern?
Und ſoll etwan das Sternen-Heer das Holtz zur Bruͤcke legen?
Was iſts / das dieſe Kuͤnſte kan / was kan die Milch bewegen /
Daß ſie muß aus der einen Bruſt unſicht - bar davon fliehen /
Und gegentheils beym andern Weib in ih - re Bruſt einziehen?
Diß Wunderding iſt mir zu hoch / ich kan es nicht ergruͤnden /
Drum wer die Kunſt erſonnen hat / mag auch die Straſſe finden.
U 4Das312Unterſuchung derer von ſuper - klugen

Das 54. Capitel.

Wer Brod iſſet / davon ein anderer gebiſſen hat / der wird dem andern feind oder gram.

DIeſes will ſich mit der taͤglichen Erfah - rung auff keine wege reimen. Denn / wenn einer ſich hat ſatt gegeſſen / und laͤſſet Brod liegen / davon er mit denen Zaͤhnen abgebiſſen hat / (welches zwar keine Gewohnheit reputir - licher und erbarer Leute iſt) und ein anderer iſt dieſem ſo gewogen / daß er keinen Eckel hat / die - ſes ſein Gebiſſens zu eſſen / ſo wird jener hier - durch keinen Haß erwecken / ſondern / wenn et - was natuͤrliches in ihm oder in ſeinem Gemuͤ - the hierdurch ſolte rege gemacht werden / ſo wol - te ich vielmehr glauben / daß es eine noch groͤſſe - re Liebe verurſachen wuͤrde / wie ich aus unter - ſchiedlichen Hiſtorien anfuͤhren koͤnte / wenn ich nicht mich der Kuͤrtze zu befleißigen mir fuͤr ge - nommen haͤtte. Traͤgt ſich aber die Sache an - ders zu / und einer frißt des andern ſein Brod / davon er gebiſſen hat / aus Geitz und Mißgunſt / alſo / daß er dem andern lieber gar den Biſſen aus dem Maule riß und fraͤſſe / auff daß der andere nur hungern muͤſte; zwiſchen ſolchen Perſonen iſt ſchon ein wuͤrcklicher Haß / und entſtehet nicht erſt aus der Genieſſung des gebiſſenen Brods /ſondern313Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ſondern das Brod-Eſſen entſtehet aus dem Haß / der ſchon vorhanden iſt. Und ſolchem nach kan ein ieder leicht begreiffen / daß das Fuͤrgeben falſch ſey / als ob eines dem andern gram werde / wenn es von des andern gebiſſenen Brodte eſſe. Uberdiß iſt ſolches auch leichte zu wiederlegen mit unzaͤhlich Exempeln / ſo zwiſchen Kindern und Kinderwaͤrtherin dißfalls fuͤrgehen / wenn dieſe das Brod / Butterfladen / Kuchen und der - gleichen / was die Kinder / wenn ſie davon ſatt ſind / laſſen liegen / auffeſſen / aber keinesweges dadurch denen Kindern gram / ſondern vielmehr noch guͤnſtiger werden.

Die ohne Eckel und aus Liebe /
Und nicht aus Haß / wie die Brod-Diebe /
Der andern Brod / davon gebiſſen /
Zur Saͤttigung auffeſſen muͤſſen;
Bey denen kan ja nicht entſtehen
Feindſchafft und Haß / wie man kan ſehen
Bey denen / ſo die Kinder warten /
Wenn dieſe mit den’n Kindern parten
Das Brod / das ſie mit beiſſen beſſer
Zertheilen / als mit einem Meſſer.

Das 55. Capitel.

Eine Weibs-Perſon ſoll niemanden anders an ihrem Schuͤrtz-Tuche laſſen die Haͤnde abwiſchen / jenes wird ihr ſonſt gram.

Ein314Unterſuchung derer von ſuper - klugen

EIn Exempel weiß ich zwar ſelbſt / daß es wuͤrcklich eingetroffen / wiewohl die Um - ſtaͤnde auch darnach beſchaffen waren / da - hero dieſes das Fuͤrgeben keines weges univer - ſal macht; ſondern ich halte vielmehr davor / daß wenn manchen dieſe Gelegenheit alſo zu handen geſtoſſen waͤre / als wie dem / von wel - chen ich ietzo melden will / nicht eine Feindſchafft / ſondern vielmehr eine geile Liebe dadurch wuͤrde ſeyn erreget worden. Die Sache aber ergieng folgender geſtalt: In einer groſſen Stadt hatte ein reputirlicher Kauffmann eine dem Anſehen nach feine Magd gemiethet / und nicht lange in ſeinen Dienſten gehabt; in dieſer kurtzen Zeit fuͤhrete ſich die Magd alſo auff / und verrichtete ihre Arbeit hurtig und wohl / daß ihr der Herr deswegen ein gutes Lob gab / und ihr gar gewo - gen war. Es trug ſich aber zu / daß dieſer Kauff - mann iemanden etliche Centner Kreide abwie - gen muſte / und / in Abweſenheit des Jungens / die Magd mit ins Gewoͤlbe nahm / ihm einige Handreichung zu thun. Endlich / wie die Arbeit verrichtet war / ſahe ſich der Kauffmann nach ei - nem Tuche um / ſeine Haͤnde daran wiederum abzuwiſchen; weil aber keines zugegen war / of - ferirte die dienſtfertige Magd ihrem Herrn ihr Schuͤrtz-Tuch; da aber der erbare Mann ſol - ches ein wenig auff die Seite zog / und gewahrwurde /315Weibern hochgehaltenen Aberglauben. wurde / daß ihr der Rock und auch das Hembde dermaſſen weit auffgeſchlitzt war / wodurch er einen ſolchen Ort erblickte / den die Erbarkeit zu verdecken befiehlet / dahero machte er ſich die Ge - dancken / ob haͤtte die Magd ſolches mit Fleiß ge - than / ihn zu einer verbotenen Liebe damit anzu - reitzen. Weil er aber ein Mann war / welcher viel auff Reputation und Reſpect hielt / wurde er der Magd von Stund an ſo Spinnen-feind / daß er ſie kaum mehr anſehen kunte / und ſchaffete ſie wieder fort. Dieſes iſt nun zwar ein Exempel / wodurch man den ietzt vorhabenden Punct moͤchte beſchoͤnigen wollen; alleine / wenn ich dieſe Umſtaͤnde etwas genau beobachte / ſo erhel - let ſo viel daraus / daß das Abwiſchen der Haͤnde ſchwerlich etwas zur Feindſchafft wuͤrde contri - buiret haben / wenn nicht vielmehr der garſtige Anblick des darunter verborgenen Orts ſolches verurſachet haͤtte. Behaͤlt derohalben dieſer Glaubens-Grund ſeine Stelle wohl unter de - nen Aberglauben.

Die Magd hielt ohne Zweiffel nichts auff dieſen Aberglauben /
Dennoch muſt ſie des Herren Gunſt ſich hierdurch laſſen rauben.
Es ſey nun aber wie ihm ſey / ſo wird ein ie - der ſehen /
Daß demnach dieſer Glaubens-Grund mit nichten kan beſtehen.
Das316Unterſuchung derer von ſuper - klugen

Das 56. Capitel.

Wenn die Schwalben in ein Hauß niſteln / bedeutets Armuth / die Sperlinge aber Gluͤck und Reichthum.

DIe armen Schwalben ſind ſolche Voͤge - lein / welche ſich nur mit Hinweghaſchung der Fliegen und dergleichen Ungezieffer behelffen / und ihre Neſter von Koth und Schlamm bauen / dahero finden ſie auch nirgend beſſere Herberge / als bey ihres gleichen / denen armen Leuten. Denn reiche und vornehme Leu - te koͤnnen nicht wohl leiden / daß dieſe arme Voͤ - gel ihre Dreck-Neſter in oder an ihre groſſe aus - gezierte Palaͤſte anbaueten / und ihren Koth und Miſt in die ſchoͤnen Säle fallen lieſſen / ſondern / wenn zuweilen die Fenſter auffgelaſſen werden / und die Schwalben thun einen Verſuch alda einzuniſteln / ey da muͤſſen ſie bald wieder fort / und heiſt: Wo die Schwalben niſten / da iſt Ar - muth. Und muͤſſen demnach die armen Schwal - ben Herberge bey denen armen Bauern ſuchen / die ſie gar wohl leiden koͤnnen / auch noch wohl Spaͤne an die Balcken in Haͤuſern einſchlagen / auff daß die Schwalben deſto beqvemer darauff bauen koͤnnen. Auch halten dieſe der Schwal - ben Ankunfft nicht fuͤr ein Zeichen der Armuth / ſondern des Gluͤcks. Denn weil die Bauernmit317Weibern hochgehaltenen Aberglauben. mit wenigen vergnuͤgt ſind / als wie auch die Schwalben / ſo vertragen ſich die Haußgenoſſen deſto beſſer mit dem Wirthe / und wird demnach ſolche Haußhaltung deſto friedſamer und gluͤck - licher gefuͤhret; die Schwalben reinigen die Wohnung von Fliegen / Spinnen und Unge - zieffer / womit ſonſt die Bauern ſehr beſchweret werden / dahero dieſe Voͤgelgen denen Bauern gar angenehm ſind. Was aber ferner den Sper - ling anlanget / ſo giebt der vorhabende Glau - bens-Punct zu verſtehen / das es Gluͤck bedeute / wo die Sperlinge einniſteten. Alleine / ich glau - be daß das vermeynte Gluͤck wohl nur auff fol - gende weiſe mag zu verſtehen ſeyn; nehmlich: Wo viel zu verlieren iſt / da findet ſich auch viel diebiſch Geſinde ein. Bey reichen Leuten gehet es gemeiniglich auch reich zu in der Haußhal - tung / da denn mancher Diebs-Vogel ſich mit dabey naͤhret. Der diebiſche Sperling findet in reicher Leute Hoͤfen zu freſſen genung / dahero er auch daſelbſt Herberge ſuchet / und auch leicht fin - det; denn weil dieſe duckmaͤufichte Diebs-Voͤ - gel nicht frey und auffrichtig wandeln / wie die Schwalben / die ohne Complimenten ihre Ne - ſter oͤffentlich vor iedermanns Augen auffbauen / ſondern ſie huͤpffen hin und her / als waͤre es ih - nen um nichts zu thun / und marchiren / ehe ſichs iemand verſiehet / in die Lufft-Loͤcher / welche ge -woͤhn -318Unterſuchung derer von ſuper - klugenwoͤhnlich uͤber denen Fenſtern durch die Mau - ern in die Stuben gehen / genieſſen nicht alleine der Waͤrme auff der Stuben / ſondern hoͤren al - les was in der Stube ſowohl Nachts als Tages geredet wird. Am Tage[ ſtehlen] und freſſen ſie denen Huͤnern / Gaͤnſen und Tauben / auch an - dern nutzbaren Vieh ihr Futter hinweg / und dennoch heißt es: Wo die Sperlinge niſteln be - deutets Gluͤck; aber waͤre nicht ſchon das zeitli - che Gluͤck vorhero da / ſo wuͤrde es kein diebiſcher Sperling bringen / und mag hier ſo wohl mit de - nen Schwalben / bey denen armen Bauern / als auch mit denen Sperlingen / bey manchen Rei - chen das bekannte Sprichwort wohl ſtatt finden: Gleich und gleich geſellet ſich gern. Denn bey vielen reichen Leuten gehet es auch diebiſch / tuͤ - ckiſch / geil und wohlluͤſtig genung zu / nach rech - ter Sperlings-Art. Wie denn jene vornehme geile Dame / als ihr ein Prieſter ihre Geilheit verwieß / und die Turtel-Taube zum Fuͤrbilde vorſtellete / ſagte: Wenn er ihr wolte einen Vo - gel zum Lehrmeiſter geben / ſolle er den Sperling nehmen. Auch iſt manchen ſein gantz Vermoͤgen und Reichthum auff Sperlings-Art mit Liſt / Dieberey / Schinderey / Unzucht und derglei - chen zuſammen gebracht / und wird auch auff ſolche Art erhalten. Da es denn nicht zu ver - wundern iſt / wenn ſolche Voͤgel geduldet wer -den /319Weibern hochgehaltenen Aberglauben. den / die des Wirths Eigenſchafft haben. Und alsdenn muß es heiſſen: Dieſe bringen Gluͤck! Aber ſolches Gluͤcks wird ſich ein rechtſchaffener Chriſt wenig zu erfreuen haben.

Ein Sperling und Schmarutz’r / wenn ſie an volle Toͤpffe
Gelangen / füllen ſie ſich gar gut ihre Kroͤpf - fe /
So lang das Freſſen wehr’t / dann wiſchen
ſich abe /
Und dancken nicht einmahl vor die em -
pfangne Gabe.
Drum acht ich des Glücks nicht / das ſolche Voͤgel bringen /
Viel lieber hoͤre ich die kleinen Schwalben ſingen /
Denn dieſe ſind vergnuͤgt mit Spinnen und mit Fliegen /
Und laſſen iedermann das Seine treulich liegen.

Das 57. Capitel.

Wenn am heiligen Weyhnacht-A - bend ein Reiffen von einem Gevaͤß ſpringet / ſo ſtirbet das Jahr eines aus dem Hauſe.

WIe leichte kan doch ein Reiffen von einem Gevaͤß brechen / zumahl wenn er faul undmuͤrbe320Unterſuchung derer von ſuper - klugenmuͤrbe worden? und wo des Haußgeraͤths an kleinen und groſſen Vaͤſſern / Stoͤtzen / Wan - nen / Kannen und dergleichen viel ſind / daſelbſt iſt das Abſpringen der Reiffen nichts neues / al - ſo / daß der Boͤttiger / wo nicht taͤglich / doch woͤ - chentlich etwas zuthun bekoͤmmt. Weil nun die - ſes eine Begebenheit iſt / die ſich ſo gar offt be - giebt / ſo kan ſie ſich ja auch am Weyhnacht-Hei - ligen-Abend zutragen / abſonderlich / wenn ſich etwan das Wetter veraͤndert / da auff Thau - Wetter ſtarcke Kaͤlte einfaͤllet / oder auff groſſe Kaͤlte gelinde Wetter / welches ſich abſonderlich zu ſolcher Jahres-Zeit gemeiniglich begiebt; bey welcher Veraͤnderung der Lufft gewoͤhnlicher maſſen die Reiffen abſpringen. Kan ich alſo nicht begreiffen / welcher geſtalt das Abſpringen eines Reiffens am heiligen Weyhnacht-Abend / ſolle eine Vorbedeutung eines dieſes Jahr in die - ſem Hauſe / allwo das Abſpringen des Reiffens geſchehen / fuͤrſtehenden Todesfalls ſeyn? Ein vernuͤnfftiger Chriſt ſoll nicht / ohne Urſach / ſol - che aberglaͤubiſche Omina erſinnen / und mit den Haaren / ſo zu reden / herbey ziehen. Ich will zwar eben kein Geſpoͤtte mit dem Reiffen - abſpringen treiben / ſondern mich alſo zum Tode ſtets bereit halten / als ob alle Reiffen abgeſprun - gen waͤren / zur Bedeutung meines Todes. Je - doch will ich auch alſo geartet ſeyn / daß / wenngleich321Weibern hochgehaltenen Aberglauben. gleich am Weyhnacht-Abend alle Reiffe in mei - nem Hauſe von denen Gefaͤſſen abgeſprungen waͤren / ſolche mich doch in keine Furcht fuͤr dem Tod ſtuͤrtzen ſollen. Das iſt wahr / daß ein Reiff / welcher von einem Gefaͤß ſpringet / eine gar fei - ne Veranlaſſung zur guten Betrachtung des To - des und Sterbens geben kan. Denn der Reiff ſpringet ploͤßlich und unvermuthet ab; dabey ein Chriſt ſich gar wohl erinnern kan / wie ploͤtzlich und unverhofft die Seele ſich vom Leibe durch den Tod muͤſſe ſcheiden laſſen. Und wie ein Ge - faͤß / davon die Reiffen geſprungen / zerfaͤllet und zunichte wird; alſo / wenn die Seele ſich vom Lei - be geſchieden / wird der Leib auch zunichte / und zerfaͤllet in eintzele Knochen / wie die Tauben ei - nes Gefaͤſſes. Wer aber um des Weyhnacht - Abends willen ſich vom Reiff-Abſpringen einige Rechnung macht / iſt ein Thor und aberglaͤubi - ſcher Geck.

Wenn um Weyhnacht-Zeit geſchicht /
Daß ein Reiff vom Faſſe bricht /
Darffſt du dich darum nicht kraͤncken /
GOtt kan dir das Leben ſchencken.
Und obgleich kein Reiff ſpringt ab /
Traͤgt man dich doch wohl zu Grab.
Drum magſt du zu allen Zeiten
Dich zum Tode wohl bereiten.
XDas322Unterſuchung derer von ſuper - klugen

Das 58. Capitel.

Wenn in einer Kirchen ein Licht auff dem Altare von ſich ſelbſt verloͤſcht / ſo ſtirbt bald ein Prieſter von die - ſer Kirchen.

ICh will nicht in Abrede ſeyn / daß es zuwei - len Vorbedeutungen und Anzeigungen giebt / wenn ſolche Perſonen ſterben wer - den / welche von gutem Anſehen und groſſen Wuͤrden ſind; abſonderlich aber ſolche Maͤnner / welche GOtt und denen Menſchen gute und ge - treue Dienſte leiſten. Auch will ich nicht wie - derſprechen / daß es ſich mehrmahls begeben ha - ben mag / daß / nachdem ein Licht auff dem Altar verloſchen iſt / bald drauff ein Prieſter von ſelbiger Kirchen geſtorben ſey. Alleine / daß man wolle gewiß den baldigen Tod eines Prieſters ſolcher Kirchen / allwo ein Licht auff dem Altar verloͤ - ſchet / andeuten / das iſt eine Sache / die rechtſchaf - fenen Chriſten nicht anſtehet zu glauben / ſinte - mahl es auch nicht eintrifft / wie aus folgender Begebenheit klaͤrlich erhellet. Zu Alt-Dreß - den wird die Kirche genannt zum heiligen drey Koͤnigen / da geſchahe es gleich an dem ſo genann - ten heiligen drey Koͤnig-Tage / vor nunmehro 16. Jahren / daß unter der Predigt alle beyde bren - nende Wachs-Kertzen von ſich ſelbſt verloſchen /welches /323Weibern hochgehaltenen Aberglauben. welches / wie leicht zu erachten / gar mancherley Urtheile erregete / wie es denn auch nach dencklich genug war / weil es eben an dem Feſt-Tage ge - ſchach / davon die Kirche den Nahmen hat. Vie - le / und faſt die meiſten / prognoſticirten denen damahligen Dienern GOttes an ſelbiger Kir - chen den Tod Der Paſtor damahls war Herr N. Loͤſchcke / und der Diaconus Herr M. Hahn; Jener hat noch etliche Jahr nach dieſem ſein Amt getreu und geſund verwaltet / und dieſer lebet noch biß dato, als ein getreu und fleißiger Diener GOttes bey der Creutz Kirche in Neu-Dreß - den. Woraus ja zur Gnuͤge zu ſchlieſſen iſt / daß auff ſolch Licht - oder Wachs-Kertzen-Verloͤ - ſchen nichts zu halten ſey. Denn ob ich mich gleich ſelbſt / nach ſelbiger Zeit / etliche Jahr allda befunden / ſo habe doch nicht erfahren / daß iemand eine gewiſſe Deutung auff dieſes Licht Verloͤ - ſchen haͤtte angeben koͤnnen. Iſt demnach eine groſſe Thorheit / wenn man ſtracks aus ſolchen Dingen / die doch natuͤrlicher Weiſe ſich zutra - gen / prognoſtica machen will. Wer ſo einfaͤl - tig iſt / und nicht begreiffen kan / wie es zugehe / daß eine brennende Wachs-Kertze von ſich ſelbſt ausloͤſche / der frage einen Kirchner drum / ſo wird er es bald erfahren / und die davon gefaſſete irrige Meynung aͤndern.

X 2Ein324Unterſuchung derer von ſuper - klugen
Ein Licht verloͤſchet bald /
Und ſonderlich zu Winters-Zeit / wenn es
iſt hefftig kalt /
Und wenn die Flamme klein /
Daß ſie das Wachs nicht ſchmeltzen kan / da
kan es gar wohl ſeyn /
Daß ein ſolch Licht vergeht.
Es ſey nun gleich ein ſolches Licht / das in der
Kirchen ſteht /
Deßwegen folget nicht /
Daß hierauff auch verloͤſchen muͤſt des
Prieſters Lebens-Licht.

Das 59. Capitel.

Wenn eine Weibs-Perſon den Oh - ren-Zwang hat / ſoll ſie ein paar Manns - Hoſen um den Kopff wickeln / und ſchwitzen.

EIne herrliche Cur / woraus zu ſehen / wie kraͤfftig ein paar Manns-Hoſen ſeyn muͤſ - ſen! Wunderlich aber iſt es / daß dieſes Mittel denen Manns-Perſonen nicht auch ſelbſt hilfft / ſondern nur denen Weibs-Perſonen? Woraus ich vermuthe / daß das Vertrauen und groſſe Liebe zur Sache das beſie thun mag. Denn das weibliche Geſchlecht baͤlt zuweilen gar zu viel von dem Manns-Volck. Wie ich mich denn hierbey eines Gemaͤhldes erinnere / welches ichohn -325Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ohnlaͤngſt bey einem Freunde geſehen habe / das war ein Bild / wie eine Magd / dieſe hatte in der einen Hand etwas zuſammen gewickeltes / wel - ches man ſo genau nicht ſehen kunte / was es ſeyn ſolte / mit der andern Hand kratzte ſie ſich hinter dem Ohr; unter dem Gemaͤhlde war die Er - klaͤrung in folgenden Reimen beſchrieben:

Es fand ein Magd ein’n Hoſen-Latz /
Sie dacht / es waͤr ein groſſer Schatz /
Als ſie ihn nun recht wolt beſchauen /
Thaͤt ſie ſich hintern Ohren krauen.
Sie ſprach: Ach du gar liebes Neſt /
Haͤtt ich den Vog’l / der drinn geweſt /
Der ſolte mir viel nuͤtzer werden /
Dem alle Hoſen-Laͤtz auff Erden.

Woraus ja ſattſam abzunehmen iſt / warum es denen guten Leuten zu thun ſey / nemlich / nicht um das Neſt / ſondern um den Vogel / und muͤſ - ſen alſo die Hoſen ihre Huͤlffe leiſten / als wie der Moͤnche ihre Kutten im Pabſtthum. Mancher moͤchte zwar vermeynen / ob geſchehe die Huͤlffe nicht eben von denen Hoſen / und koͤnte auch wohl etwas anders / an ſtatt der Hoſen / um den Kopff gewickelt / und ſolcher dadurch erwaͤrmet werden / daß ſich der Schmertz und das Reiſſen in Ohren zertheilen muͤſte; aber nein / es muͤſſen Hoſen ſeyn. Denn man bedencke nur / wie mancher - ley kraͤfftige Duͤnſte in manches ſeinen HoſenX 3ver -326Unterſuchung derer von ſuper - klugenverborgen ſtecken / welche / wenn ſie warm wer - den / herfuͤr und in der Patientin Naſen - und Oh - ren-Loͤcher eindringen / und die ſcharffen Fluͤſſe corrigiren. Auch koͤnnen die Manns-Hoſen ſo viel gute Gedancken bey dem Frauenzimmer erregen / daß ſie aller Schmertzen daruͤber ver - geſſen; derowegen mag ich ſie nicht in ihrer An - dacht ſtoͤren / noch ihnen dißfalls wiederſprechen / ſie moͤchten mir noch feinder werden / als ſie ohn - dem ſchon ſind.

Ach kraͤfftige Hoſen!
Ihr riechet wie Roſen /
Ihr ſtecket voll Kuͤnſte /
Und koͤſtlicher Duͤnſte /
Ihr ſtaͤrcket die Krancken /
Bringt gute Gedancken
Von Maͤnnern und Knaben /
Wer wolt ſich nicht laben?
Wenn wir euch umhuͤllen /
So koͤnnen wir ſtillen
Den Schmertzen in Ohren /
Und was uns geſchoren.
Die aber gar ſchmecket /
Was in euch geſtecket /
Die kan erſt recht ſagen
Von koͤſtlichen Tagen /
Und wird es hoch preiſen /
Als niedliche Speiſen.
Das327Weibern hochgehaltenen Aberglauben.

Das 60. Capitel.

Wenn die Maͤgde Zunder brennen / ſo muͤſſen ſie von Manns-Hembden Flecke darzu nehmen / von Weiber-Hembden faͤngt der Zunder nicht.

DAs weibliche Geſchlecht muß ſtets was ha - ben / dabey ſie ſich der Manns-Perſonen erinnern koͤnnen; wie aus vorhergehen - dem Capitel ſchon zur Gnuͤge erhellet. Sie ſtel - len ſich zwar zuweilen / als ob ihnen gar nichts drum waͤre / koͤnnen auch wohl ſolche Reden for - miren / woraus man ſchlieſſen ſoll / ob achteten ſie das maͤnnliche Geſchlecht gar nicht; aber / ehe man ſichs verſiehet / gehet ihnen der Mund von dem uͤber / weſſen ihr Hertz voll iſt. Denn ob ſie gleich / aus angebohrnem Hochmuth / gern die obere Gewalt und Herrſchafft uͤber die Maͤnner haben und behaupten moͤchten / ſo koͤnnen ſie doch nicht umhin / in dieſem ihren Glaubens-Articul ſelbſt zu bekennen / daß ſie ſo elende Creaturen ſeyn / an denen auch die elenden Hadern ihrer Hembden ihrentwegen untuͤchtig wuͤrden / daß ſie nicht einmahl zu Zunder zu gebrauchen waͤ - ren; womit ſie ja ſicherlich ihre eigene Schande genug zu erkennen geben. Alleine / weil ich gleichwohl / aus unterſchiedlichen Umſtaͤnden er - ſehe / daß ſie ſich aus einfaͤltigen AberglaubenX 4ſelbſt328Unterſuchung derer von ſuper - klugenſelbſt betruͤgen / und in groͤſſere Verachtung ſe - tzen / als ſie von Natur verdienen / indem ſie von ſich ſelbſt eine irrige Meynung hegen / ſo will ich ihnen nur ſo viel zur Nachricht geben / daß ſie die Hadern von ihren Hembden nur fein reine aus - waſchen moͤgen / alsdenn verſichere ich ſie / daß ſol - che ſo gut / ja wohl beſſer / zum Zunder ſeyn wer - den / als von manchen Manns-Hembden / die nicht ausgewaſchen ſind. Die Urſach aber / war - um ſie vorher / ehe ſie ausgewaſchen werden / nicht zum Zunder dienen / kan eine Verſtaͤndige leicht errathen; denen andern aber es mit groſſen Buchſtaben vor die Naſe zu ſtellen / achte ich wie - der die Erbarkeit zu ſeyn.

Taug der Weiber Hembde / und dergleichen
Plunder /
Nicht einmahl zu Feuer und zu ſchwartzem
Zunder /
Sondern / wie ſie ſelber ernſtlich wollen ſa -
gen /
Muͤſt es ſeyn von Maͤnnern / und was die
getragen /
Ey ſo moͤchte manche ſich doch nicht ſo zie -
ren /
Und den Mann um Kleider-Pracht alle
Tag vexiren /
Weil ſie doch verderben / was ſie an ſich zie -
hen /
Drum329Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Drum ſolt man die Weiber auch noch aͤr -
ger fliehen.

Das 61. Capitel.

In der Chriſt-Nacht ſoll man naſſe Stroh-Baͤnder um die Obſt-Baͤume binden / ſo werden ſie frucht - bar.

DIe liebe Chriſt-Nacht muß ſich wohl zu viel und mancherley Poſſen laſſen miß - brauchen. In der Chriſt-Nacht fangen die Bauern an / ihre zwoͤlff Naͤchte zu zehlen / und urtheilen hernach die zwoͤlff Monate des folgen - den Jahres. Die Maͤgde haben tauſenderley Teuffels-Spiele und Gauckeley in dieſer heili - gen Zeit / alſo / daß ich Bedencken trage / alles an - zufuͤhren / was ich nur weiß / geſchweige / was mir noch nicht wiſſend iſt. Was ſonſt mehr vor thoͤ - richte Aberglauben von der Chriſt-Nacht ge - macht werden / wird einem alleine ſchwerlich al - les bekandt werden. Hier in dieſem Capitel giebt die ſchoͤne Rocken Philoſophie Anleitung / wie man in der H. Chriſt-Nacht die Obſt-Baͤume koͤnne fruchtbar machen. Die Kunſt iſt ſchlecht / und leichte zu lernen; die Materie / ſo darzu ge - braucht wird / iſt gar geringe / und allenthalben zu bekommen / und waͤre dannenhero eine groſſe Nachlaͤßigkeit / ſo ferne das Kunſt-Stuͤck zutraͤf -X 5fe /330Unterſuchung derer von ſuper - klugenfe / wenn es nicht uͤberall und alle Jahre practi - ciret wuͤrde. Weil aber Gegentheils allzube - kandt iſt / daß manch Jahr wenig oder nichts vom Obſte geraͤth / ſo will ich vielmehr dafuͤr halten / es halte das beſchriebene Kunſt-Stuͤcklein keine Probe / und moͤgen das wohl einfaͤltige Tropf - fen ſeyn / die daran glauben. Denn was kan doch ein elendes Stroh-Band dem Baume vor Fruchtbarkeit machen? Ich erinnere mich in meiner Jugend geſehen zu haben / daß einige Bauren in Thuͤringen die Baͤume mit Stroh - Baͤndern zuſammen gebunden haben / und zwar ein Ende des Stroh-Bandes an dieſem / und das andere Ende an jenem Baum / vorgebend / daß die Baͤume dadurch gleichſam copuliret / und zum Rammlen geſchickt gemacht wuͤrden; den Tag aber / an welchem ſolches geſchehen / habe ich aus der Acht gelaſſen. Es iſt aber eben eine ſol - che[ Narren-Kunſt] / als wie dieſe / ſo ich ietzo unter der Striegel habe. Wenn einer die Baͤume ſonſt / nach guter Gaͤrtner Manier / fleißig war - tet / dinget / beſchneidet / und thut / was / natuͤrlicher Weiſe / ſonſt von noͤthen iſt / ſo hat er / als ein ge - treuer Haußwirth / das Seinige gethan / und kan weiter nichts thun / als GOtt anheim ſtellen / ob er die Baͤume wolle laſſen gute und reiffe Fruͤch - te bringen? An guten Trag-Knoſpen fehlet es denen Baͤumen ſelten ein Jahr / aber hernachkoͤmmt331Weibern hochgehaltenen Aberglauben. koͤmmt Mehlthau und gifftiger Regen / Schloſ - ſen / Raupen / Froſt und andere Zufaͤlle / welche von denen in der Chriſt-Nacht umgebunden ge - weſenen Stroh-Baͤndern keinesweges koͤnnen abgewendet werden. Nun ſage mir doch ie - mand / was denn die huͤlffloſe Gauckeley mit den naſſen Stroh-Baͤndern in der Chriſt-Nacht wohl fuͤr Nutzen bringen koͤnne? Ich glaube / daß niemand ſo hirnloß ſeyn wird / wenn er die Sache ein wenig uͤberlegen wird / daß er ferner etwas auff dieſe Narren-Poſſen halten werde.

Welcher Hagel / welches Wetter wird ſich
laſſen wehren?
Welche Raupe in dem Sommer wird ſich
daran kehren /
Daß ſie nicht der Baͤume Fruͤchte oͤffter -
mahls verderben?
Und welch Ungeziefer wird wohl derentwe -
gen ſterben /
Wenn ein halbes Jahr vorher / um der
Baͤume Rinden /
Kluge Bauern naſſes Stroh pflegen umzu -
binden?
Damit laͤſſt ſich GOttes Hand keinesweges
halten.
Drum ſoll ein rechtſchaffner Chriſt GOtt
nur laſſen walten /
Und332Unterſuchung derer von ſuper - klugen
Und was aberglaͤubiſch iſt / allzeit laſſen
bleiben /
Auch dergleichen Narrethey keinesweges
treiben.

Das 62. Capitel.

Wer ſeine Obſt-Baͤume auff Faſt - nacht beſchneidet / ſolche Baͤume bekommen ſelbiges Jahr keine Raupen / und die Fruͤchte keine Wuͤrmer.

WEil es gemeiniglich auff Faſtnacht pfleget allerhand Narren zu geben / als bin ich in den Gedancken / daß der Erfinder dieſer Luͤgen hiermit hat wollen einen Faſtnachts-Nar - ren machen / und iſt ihm dabey gegluͤcket / daß de - rer / wieder ſeine intention, gar viel geworden ſind. Denn wer ſeinen guten und geſunden Verſtand hat / kan leicht begreiffen / daß der Faſt - nachts-Tag nicht um der Baͤume willen ein - faͤllt / auch ein Jahr fuͤr dem andern bald fruͤhzei - tig / bald etliche Wochen ſpaͤter zu kommen pfle - get. Zum Exempel in dieſem Jahre faͤllt Faſt - nacht nach dem Julianiſchen oder alten Calender fuͤnff Wochen ſpaͤter / als nach dem neuen oder Gregorianiſchen. Weil wir nun / vor 4. Jah - ren / den neuen Calender angenommen haben / ſo wird auch Zweiffels frey bey denen Aberglauben - liebenden Leuten die Gauckeley und aberglaͤubi -ſche333Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ſche Ceremonien in der neuen Zeit vor genom - men. Hingegen / ſo wir noch die alte Zeit-Rech - nung haͤtten / ſo richteten ſie ſich mit ihren Poſſen nach dem alten Calender / und wuͤrde in ietztlauf - fendem Jahre die Baum-Beſchneidung fuͤnff gantzer Wochen laͤngſamer vorgenommen / als nun bey dem neuen Calender geſchicht. Sol - chem nach kan ja ein ieglicher ſelbſt ermeſſen / daß dieſes albere Vorgeben / mit dem Obſt-Baͤum - Beſchneiden zu Faſtnacht / nicht den geringſten Grund haben koͤnne. Es iſt auch daraus zu ſchlieſſen / daß dieſe Kunſt nicht gar zu richtig ſeyn muͤſſe / weil ſo wenig verſtaͤndige Wirthe auff Faſtnacht die Baͤume zu beſchneiden pflegen / da doch die Kunſt eben nicht ſo verborgen gehalten wird / und dahero ohn allen Zweiffel von ieder - mann alle Jahr wuͤrde practiciret werden / weñ etwas daran wahr waͤre.

Die gantz ungleiche Zeit / wenn Faſtnacht
pflegt zu ſeyn /
Die macht / daß ich nicht glaub / daß dieſes
treffe ein /
Was hier in dieſem Punct will werden vor -
gebracht.
Es iſt ein albrer Wahn / und hats ein Thor
erdacht.
Das334Unterſuchung derer von ſuper - klugen

Das 63. Capitel.

Wer eine Katze oder Hund behalten will / daß ſie nicht entlauffen / der treibe ſie dreymahl um den Heerd / und reib ihren Steiß an die Feuer-Mauer / ſo blei - ben ſie daheime.

HIerbey will faſt ein ieder Thor eine ſonder - bare Kunſt wiſſen / um zu machen / daß Hun - de und Katzen nicht entlauffen / oder ſo ſie ja von iemanden weggenommen worden / doch wie - derkommen muͤſten. Alleine / wenn dieſe ge - heimen Kuͤnſte alle recht unterſuchet werden / ſo iſt keine darbey / die nicht Auslachens werth waͤ - re. Als ich mich vor dieſem in einer ſehr bekand - ten Stadt auffhielte / allwo viel Jaͤger / Offici - rer und Soldaten ſich ohne Unterlaß befanden / hatte ich einen ſchoͤnen Daͤniſchen Hund / wel - cher / wegen ſeiner Geſchicklichkeit / allda ſehr be - kandt und beliebt war / dahero gar viele ſich be - muͤheten / mir den Hund zu entfuͤhren; aber ver - gebens. Denn wenn der Hund mit mir lieff / und gleich hie und da / unter dem Gedraͤnge des Volcks / oder auch auff dem Lande / mich verlohr / traff ich ihn doch allezeit wieder zu Hauſe an / wenn ich heim kam. Dieſes erweckete bey de - nen Jaͤgern einen Argwohn / zu glauben / ob koͤn - te ich ein Kunſt-Stuͤcklein / daß der Hund beymir335Weibern hochgehaltenen Aberglauben. mir bleiben muͤſte. Als nun einsmahls ein Jagd - Bedienter ſeinen Daͤniſchen Blendling etliche Tage verlohren hatte / kam er zu mir / und klagte mir ſeinen Verluſt / mit dem Zuſatz / er wolte lie - ber ein Pferd verlieren / als den Hund. Dar - neben bat er mich / ich ſolte ihm doch / vor einen guten Recompens, lernen machen / daß ihm die Hunde bleiben muͤſten / wie mir meiner. Ich antwortete ihme / daß ich das nicht thaͤte / wenn er mir gleich noch mehr geben wolte; aber das wol - te ich thun / und ihm wieder zu ſeinem verlohrnen Hunde helffen. Woruͤber er ſehr erfreuet mir eine Wild-Haut zu ein paar Hoſen verſprach. Ich wuſte aber ohne dem ſchon / daß ſich ſein Hund in der Stadt zu einem Materialiſten ge - woͤhnet hatte / welcher an einer Ecke wohnete / allwo ein Volck-reicher Creutzgang war / und der Hund lag gewoͤhniglich bey der Kramerin im Laden. Dahero hieß ich ihm / er ſolte ſeinen Knecht oder Magd / welches den Hund am lieb - ſten haͤtte / auff dieſen Creutz-Weg ſtellen / und den Hund dreymahl ſtarck ruffen laſſen; wenn der Hund nicht uͤber 24. Meilen weg waͤre / wuͤr - de er alsbald anfangen ſpornſtreichs wieder heim zu lauffen / und ſo er in zwey Stunden nicht kaͤ - me / ſolte er das Ruffen an dieſem Orte wiederho - len laſſen / und denn endlich / nach Erfordern / wie - der in zwey Stunden zum dritten mahl / ſo muͤſteder336Unterſuchung derer von ſuper - klugender Hund wieder kommen. Dieſes thaͤt der Jagd Bediente durch ſeine Magd; und wie die Magd zum andern mahl an beſagtem Ort ruf - fete / und ehen nicht nach dem Kram-Laden zuge - ſehen hatte / iſt der Hund aus dem Kram-Laden alſobald heraus / und an der Magd hinan ge - ſprungen / worauff ſie ihn / mit groſſen Freuden / mit heim lockete. Hierdurch wurden dieſer und andere Jagd-Bedienten in ihrer Meynung de - ſto mehr geſtaͤrcket / als ob ich verborgene Kuͤnſte / zu Erhaltung der Hunde / koͤnte; in welcher Meynung ich auch einen ieden ließ / um hierdurch zu unterbrechen / daß ſie keinen Anſchlag auff meinen Hund machen ſolten. Wie ich aber end - lich alldort hinweg zog / habe ich dieſen Poſſen ie - dermann offenbaret. Eine ſolche ſchoͤne und wohlprobirte Kunſt iſt auch der ietzt vorhabende Glaubens-Punct / der ſich ohne dem auch an de - nen aller wenigſten Orten will practiciren laſ - ſen. Denn wie ſelten wird doch ein Heerd ge - funden / der ſo frey ſtehet / daß man um und um gehen / und einen Hund oder Katze darum trei - ben kan. Und wo ſich auch dergleichen Beqvem - lichkeit gleich findet / ſo will ich doch einen ieden verſichern / daß dieſe Gauckeley zu nichts hilfft.

Der Hund an einer Kette /
Die Katz in Stub und Bette /
Wenn dieſe kriegen Futter /
Zuwei -337Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Zuweilen Brod mit Butter /
Und giebſt ihn’n Milch zu ſauffen /
Die werden nicht entlauffen.

Das 64. Capitel.

Ein Menſch / der ehe den Wolff ſieht / als der Wolff den Menſchen / der darff nicht fuͤrchten / daß ihm von ſolchen Wolffe ein Leid geſchehe; wenn aber der Wolff den Menſchen am erſten ſiehet / ſo iſt der Menſch in Gefahr.

ICh will es niemanden rathen / daß er es hierauff wagen mag. Denn obgleich einer / der einen Wolff eher ſiehet / als der Wolff ihn / ſolchen leichtlich kan entweichen / ehe der Wolff ihn anſichtig wird / oder zu nahe koͤmmt / ſo iſt doch hierauff keines weges ſo ſchlechter dings zu trauen. Denn das bloſſe erſte An - ſchauen / iſt viel zu unkraͤfftig / den Wolff ſeine boͤ - ſe Art zu hemmen / oder zu verhindern / daß er ei - nen Menſchen / der ihn erſt geſehen / nicht ſolte Schaden thun koͤnnen. Es iſt bekannt / daß faſt alle Beſtien die Art haben / daß ſie ſich fuͤr denen Menſchen entſetzen / zumahl wenn ſie mercken / daß ein Menſch unerſchrocken ihnen entgegen gehet; Gegentheils aber / ſo ſie mercken / daß der Menſch ſich furchtſam und zaghafft ſtellet / fallen ſie ihn deſto grimmiger an. Wenn nun einer ei -Ynem338Unterſuchung derer von ſuper - klugennem Wolffe begegnet / und demſelben erſt ſtehet / ſo erſchrickt er alſobald / und wird furchtſam / ſu - chet Gelegenheit die Flucht zu nehmen / die er doch nicht allezeit nehmen kan / ehe ihn die Beſtie gewahr wird / dahero hernach der Wolff / wenn er den Menſchen auch erblickt / ſolchen ſchon er - ſchrocken und verzagt zu ſeyn mercket / und ohne allen Zweiffel deſto behertzter anfallen wird; hingegen aber / wenn der Wolff den Menſchen zu erſt ſiehet / ehe der Menſch den Wolff vermu - thet / ſo gehet der Menſch unerſchrocken fort / und machet vielmehr den Wolff erſchrocken / daß er weichet. Wiewohl man am kluͤgſten thut / wenn man dieſen Beſtien weichet / weil ſie zuweilen nicht von der Stelle gehen / wenn man uͤber ſie hinfiele. Dieſes ſind alſo meine ohnmaßgebliche Rationes, die ich habe / nicht zu glauben was die - ſer Articul vom Wolffe lehret. Wolte aber nun iemand einwenden und ſagen: Dieſes Vorge - ben ſey nicht von natuͤrlichen lebendigen Woͤlf - fen zu verſtehen / ſondern von ſolchen / die einem gewoͤhnlich in heiſſen Tagen / im Gehen oder Reiten einem ſo nahe kaͤmen / daß man ſie ohn - verſehens zwiſchen denen Beinen fuͤhlete / und von ihnen ſ. v. in Steiß gebiſſen wuͤrde / biß auffs rohe Fleiſch / daß man hernach die Wunde wie - der muͤſte mit Hirſch-Unſchlit ſchmieren; ſo will ich dieſes eben nicht wiederſtreiten / weil es wohlſeyn339Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ſeyn kan / daß man ſolche Woͤlffe nicht ſo bald ſie - het als fuͤhlet / und dahero freylich von ſolchen Woͤlffen Schaden empfindet. Drum

Beißt dich der Wolff in Steiß /
Im Sommer da es heiß;
Geh ſacht / erhitz dich nicht ſo ſehr /
So beißt dich kuͤnfftig keiner mehr.

Das 65. Capitel.

Am S. Johannis-Tage in der Mit - tags-Stunde / ſoll man St. Johannis - Blut ſammlen / welches fuͤr viele Dinge gut[ ſeyn] ſoll.

MIt dieſer Sache hat es folgende Be - wandniß: Es gehen am S. Johannis - Tage einige Leute in der Mittags - Stunde auff das Feld / und ſuchen ein gewiſſes Kraut / welches gewoͤhnlich auff ſandigen Boden waͤchſet / und Polygonum minus, item Poly - carpon von Tabernæmontano genennet wird / zu teutſch Knauel / und klein Wegetritt; dieſes rauffen ſie mit der Wurtzel aus / und finden zu - weilen an denen Wurtzeln einige roͤthlige runde Koͤrnlein hangen / in der Groͤſſe eines Troͤpff - lein Bluts / oder wie eine kleine Erbſe. Und die - ſes ſoll / ihren Vorgeben nach / das Blut ſeyn des enthaupteten heiligen Maͤrterers St. Johan - nis. Sie bilden ſich auch gaͤntzlich ein / daß dieſesY 2ſo ge -340Unterſuchung derer von ſuper - klugenſo genannte Johannis-Blut zu keiner andern Zeit / als nur in dieſer Stunde zu finden ſey / und meynen demnach / wenn ſie dieſe Raritaͤt gefun - den haben / und ſolches anhaͤngen / oder die Klei - der damit ſchmieren / daß ſie alsdenn vor vielen Ungluͤck und Kranckheiten ſicher ſeyn. Allein / daß es nur eine falſche Einbildung und aberglau - biſch Beginnen ſey / erweiſe ich daher: Es wer - den dieſe Koͤrnlein / oder vielmehr Eyerlein / nicht allein an obbemeldten Krautes Wurtzeln / ſon - dern auch zuweilen an denen Wurtzeln der klei - nen Piloſellæ oder Maußoͤhrlein gefunden / und zwar nicht nur am Tage S. Johannis / ſondern nur um dieſe Jahrs-Zeit / und werden / ſowohl etliche Tage vor - als auch etliche Tage nach Jo - hanni / an bemeldten Kraͤutern gefunden / wel - ches ich aus eigener Erfahrung erweiſen kan; darbey habe ich befunden / daß dieſe rothe Koͤrn - lein nichts anders ſind als Eyerlein gewiſſer Wuͤrmer / denn wenn ich dergleichen Eyer habe in ein Glaͤßlein gethan / und an die Sonne geſetzt - ſo iſt die aͤuſerſte Schale von einander geſprun - gen / und ſind rothe Wuͤrmlein daraus gekom - men / in der Geſtalt / als mittelmaͤßige Wantzen. Wenn ſowohl die Wuͤrmlein als auch die Eyer - gen zerdruckt werden / ſo geben ſie eine ſchoͤne Blut-rothe Farbe / dahero auch wohl die einfaͤl - tige Meynung mag entſtanden ſeyn / ob waͤrenes341Weibern hochgehaltenen Aberglauben. es Troͤpfflein Blut; allein es ſind / wie gedacht / nichts anders als Eyergen gewiſſer Wuͤrmer / die ſich vielleicht unter oberwehnten Kraͤutern auffhalten / und ſolche Eyer an die auff dem lu - ckern Sande liegende Wurtzeln ſolcher Kraͤu - ter anhaͤngen. Es wollen einige davor halten / ob waͤren die aus denen Eyergen gekrochene Wuͤrmlein nichts anders als die bey denen Schoͤnfaͤrbern bekannte Coccionillie / welche Meynung ich zwar dahin geſtellet ſeyn laſſe / weil ſie mit der Geſtalt der Coccionillie (als wel - ches auch nichts als Wuͤrmlein ſind) ziemlich gleich kommen. Jedoch weil ſie nicht ſo haͤuffig koͤnnen geſammlet werden als wie die Coccionil - lie / ſo halte ich davor / daß es zwar eine ſolche Art / aber doch nicht eigentlich die rechte ſeyn mag. Es ſey aber wie es wolle / ſo iſt es doch gewiß / daß es kein Johannis-Blut iſt / und auch nicht nur am Johannis-Tage / gefunden wird / welches ei - nen gnugſamen Beweiß giebt / daß ſolchem nach die eingebildete Huͤlffe die es leiſten ſolle / auch oh - ne Grund ſeyn wird.

O naͤrrſcher Wurm! du ſuchſt Johannis -
Blut /
Und denckſt dabey / es ſey vor vieles gut:
Weißt aber nicht / daß du nur Wuͤrmer
kriegſt /
Damit du dich in deinem Wahn be -
truͤgſt.
Das342Unterſuchung derer von ſuper - klugen

Das 66. Capitel.

Wenn eine Elſter auff einem Hauſe ſitzt und ſchreyet / worinnen ein Krancker liegt / ſo wird der Krancke wieder geſund.

DAs iſt ein angenehmer Vogel / dieſer Vo - gel bedeutet und bringet lauter Freude; an einem andern Ort vernehmen wir / daß wenn er und ſeine Cameraden ſich auff einem Hauſe hoͤren lieſſen / ſo ſolten bald Gaͤſte kom - men; hier aber bringt er die gute Botſchafft / daß der Krancke wieder geneſen ſoll. Ingleichen geben die klugen Weiber / in ihrer Rocken-Phi - loſophie vor / daß / ſo die Elſter Vormittage auff einem Hauſe ſaͤß und ſchrie / und man ſaͤhe ſie von forn zu / ſo folgete etwas Gutes drauff; ſey es aber Nachmittage / und man ſaͤhe ſie von hinten zu / ſo folge Verdruͤßlichkeit drauff. Aus welchen allen abzunehmen iſt / daß dieſer Vogel / um ſei - nes langen Schwantzes halber / ſo angenehm ſey. Denn ſo man die Sache wohl uͤberleget / ſo wird ſichs nicht anders befinden / wenn ſie ſagen: Wenn Vormittage die Elſter von forn zu / das iſt / an dem Kopff / Bruſt und Bauch zu geſehen wird / ſo folgt etwas Guts (das iſt der Schwantz) hernach. Alſo bringt dieſer Vogel alles Gluͤck auff den laugen Schwantze. Kehret er nun aberNach -343Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Nachmittage das Gute / das iſt / den Schwantz vor / ſo folget das Schlimme drauff. Derowegen ſcheinet es / ob ſaͤhen die lieben Weiber gern / wenn dieſer Vogel nur hinten und forn aus lau - ter ſtoͤrtzigen Schwaͤntzen beſtaͤnde. Ich bin zwar ſelbſt auch ihrer Meynung / denn mit de - nen Schwaͤntzen thun ſie keinen Schaden / als wie mit dem Kopff und Schnabel / mit welchen ſie denen Bauern die Eyer ausſauffen / die Qvaͤrge freſſen / die Kaͤſe Koͤrbe viſitiren / auch wohl gar die jungen Huͤhnlein davon tragen. Welches in Warheit ſolche Untugenden ſind / daraus ich kein Gluͤck gewarten kan; und den - noch ſoll dieſer diebiſche Vogel / mit ſeinem Ge - ſchrey / Gluͤck bedeuten / und die Geneſung ei - nes Patienten anzeigen. Weil aber die klugen Weiber ſagen / daß wenn eine Kraͤh oder ein Ra - be auff einem Hauſe ſchrie / worinnen ein Pa - tiente laͤge / es den Tod des Krancken bedeute; ſo kan ich nicht glauben / daß eine Elſter / als welche eben auch mit unter die Zunfft derer Galgen - Voͤgel gehoͤret / mit ſeinem Geſchrey etwas beſ - ſers andeuten koͤnne als eine Kraͤhe. Derowe - gen mein wohlmeynender Rath waͤre / man glaubte dieſen ſchwatzhafftigen Diebs-Vogel nicht ſo viel / ſondern ergoͤtzte ſich nur an ſeinem ſchoͤnen langen bundfarbigen Schwantze.

Y 4Die344Unterſuchung derer von ſuper - klugen
Die Elſter hat ein’n langen Schwantz /
Von bundter Farb und ſchoͤnen Glantz /
Drum habn ſie auch die Weiber lieb /
Ob ſie gleich iſt ein Kaͤſe-Dieb /
Und ſaͤufft den’n Bauern Eyern aus /
Traͤgt auch die Qvaͤrge aus dem Hauß /
Und ſtiehlt der Glucken ihre Jungen /
Dennoch wird ihr ein Lob geſungen /
Als ob ſie ein[ſolcher] Vogel waͤr /
Dem nichts gebuͤhr’t / als Lob und Ehr.

Das 67. Capitel.

Wenn die Hunde heulen / bedeutets Ungluͤck / drum ſoll man die Ohren zuhal - ten / daß man ſie nicht hoͤret.

KAn denn das Zuhalten der Ohren verhin - dern / daß die Hunde nicht mehr heulen? oder kan man das Ungluͤck / das beſorget wird / etwan dadurch abwenden? Es iſt ja das Heulen der Hunde ein natuͤrlich Werck / und de - rer Hunde natuͤrliche Eigenſchafft / wovon ſchon an einem andern Orte ein mehrers abgehandelt worden iſt; daß demnach noch lange nicht er - wieſen iſt / daß das Hundeheulen eben ein Un - gluͤck bedeuten muͤſſe. Es wird insgemein da - fuͤr gehalten / daß das Heulen der Hunde Feuer bedeuten ſolle; wenn es aber wahr waͤre / ſo muͤ - ſte auff denen Meiſtereyen / oder auch in denenJaͤger -345Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Jaͤger-Haͤuſern taͤglich Feuer entſtehen / weil alda taͤglich ein Geheule derer Hunde gehoͤret wird. Daß es aber nicht geſchehe / iſt bekannt / und dahero ein klares Zeugniß / daß das Hunde - Heulen kein Feuer bedeute. Was aber ferner ander Ungluͤck anlanget / ſo kan ſo wenig die Be - deutung von Hunde-Heulen bergeleitet wer - den / als Feuer oder Brand. Ich ſetze aber den Fall / daß das Heulen der Hunde ein Ungluͤck be - deutete / ſo kan doch das Zuſtopffen oder Zuhal - ten der Ohren nichts dabey helffen. Und koͤmmt dieſes ſo alber heraus / als ob einer einen Stein / der auff ihn zugeworffen wuͤrde / damit wolte ent - gehen / wenn er die Augen zudruͤckete. Denn das Zuſtopffen der Ohren haͤlt ja das Heulen des Hundes nicht auff / ſo koͤnte es ja vielweniger das Ungluͤck / wenn ja eines fuͤrhanden waͤre / keines weges unterbrechen. Derohalben es eine ſehr einfaͤltige Thorheit iſt / wenn man auff ſolche al - bere Poſſen etwas achtet.

Die bey dem Hunde-Heulen verſtopffen ih -
re Ohren /
Um Ungluͤck zu entgehn / das ſind wohl rech -
te Thoren.
Der Hund heult ja fuͤr ſich / das Ungluͤck
koͤmmt von GOtt /
Drum wird der Thoren That nur ihnen
ſelbſt ein Spott.
Y 5Das346Unterſuchung derer von ſuper - klugen

Das 68. Capitel.

Wenn ein Bien-Schwarm ſich an ein Hauß henget / ſo bedeutets gern Feuers-Brunſt.

ES iſt zwar etwas ungewoͤhnliches / iedoch nichts unmoͤgliches / daß ſich ein Bien - ſchwarm an ein Hauß henget / inſonderheit kan es auff denen Doͤrffern ſich leichtlich zutra - gen / wie ſichs denn auch wohl in denen Staͤdten begeben kan / und zwar / wenn / wie offt gewoͤhn - lich / hinter denen Haͤuſern Gaͤrten ſind / in wel - chen Bienen-Stoͤcke ſtehen / wenn denn dieſel - ben nach Gewohnheit ſchwermen / und ſich ver - fliegen / daß ſie in die Gaſſen kommen / ſo koͤnnen ſie ſich alsdenn nirgends anders hinhengen / als an ein Hauß. Wer aber hieraus ſtracks ein boͤ - ſes Prognoſticon erzwingen wolte / wuͤrde bil - lich vor einen aberglaͤubiſchen Gecken zu achten ſeyn. Ich erinnere mich / daß vor etlichen Jah - ren / in einer wohlbekandten Stadt / ſich ein Bien-Schwarm an das Rathhauß hengete / in - gleichen nur vor gar wenig Jahren / in eben ſel - biger Stadt / hengete ſich einer an die Haupt - Kirche / weswegen beydesmahl groſſe Furcht entſtand; aber es ſtehet / GOtt ſey Danck! ſo wohl das Rathhauß / als auch die Kirche an noch unter GOttes Huth vor Feuer unbeſchaͤdiget! Es347Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Es iſt mir auch noch unentfallen / daß vor ohnge - fehr 15. oder 16. Jahren / ein Bienſchwarm ſich in Dreßden auff dem Neu-Marckte an die Ju - ſtitz oder Galgen hinge / welcher den gantzen Tag hangen blieb / biß ihn der Scharffrichter daſelbſt einfangen ließ / welches eine Begebenheit war / die wohl einiges Nachdencken verdienete; allei - ne / es kan doch niemand ſagen / was darauff erfol - get ſey / daß man hiervon haͤtte eine Bedeutung darauff machen koͤnnen. Iſt demnach nichts ab - geſchmackters / als wenn man ſtracks aus einer natuͤrlichen Begebenheit will Bedeutungen machen. Eben als wie im vorigen Capitel das Hunde-Heulen auch Feuer bedeuten ſoll / da doch nichts gewoͤhnlicher iſt / als daß ein Hund / der in einer frembden Stadt ſeinem Herrn verlohren hat / auff die Gaſſe tritt und heulet. Es verwah - re ein ieder in ſeinem Hauſe das Feuer und Licht wie ſichs gebuͤhret / es mag ſich ein Bienſchwarm anhengen / oder ein Hund heulen oder nicht; es iſt beſſer bewahrt als beklagt.

All Aber glauben ſind ja insgeſamt erlogen /
Derhalben wird man auch mit den Bien -
ſchwarm betrogen /
Wenn man von dieſen will gewiſſe Deu -
tung machen;
Vielmehr vertrau ich GOtt / der mich und
meine Sachen
Allein348Unterſuchung derer von ſuper - klugen
Allein beſchuͤtzen kan / daß aber manche
ſchwaͤrmen
Mit denen Bienen / da will ich mich nicht
drum haͤrmen.

Das 69. Capitel.

So lange die Lerche vor Lichtmeß ſinget / ſo lange ſchweigt ſie nach Lichtmeß wieder ſtille.

DIe Lerchen ſchweigen offt noch eine ge - raume Zeit nach Lichtmeß ſtille / ob ſie gleich vor Lichtmeß auch nicht ſind gehoͤret worden. Und ob es auch zuweilen / iedoch ſelten geſchicht / daß ſie vor Lichtmeß ſinget / ſo verur - facht doch ſolches eben nicht / daß ſie auch ſo lange nach Lichtmeß ſtille ſchweigen muͤſten. Denn offt ſingen ſie bald nach Lichtmeß / offt auch erſt in 3. 4. und mehr Wochen hernach / ob ſie gleich nur 2. oder 3. Tage vor Lichtmeß geſungen haben. Und koͤmmt bloß auff das warme und ſchoͤne Wetter an; denn wenn dieſes Voͤgelein in der Lufft noch groſſe Kaͤlte mercket / ſchwinget es ſich nicht in die Hoͤhe / und laͤſſet ſeinen angenehmen Geſang nicht hoͤren; traͤgt ſichs aber zu / daß der ſtaͤrckſte Froſt / Schnee und Winter vor Licht - meß heraus koͤmmt / ſo wird es gewoͤhnlicher maſſen hernach ſchoͤn Fruͤhlings-Wetter / und laͤſſet ſich alsdenn die Lerche hoͤren. Es iſt aberkeines349Weibern hochgehaltenen Aberglauben.keines weges auff das Singen zu Lichtmeß zu re - flectiren; iedoch iſt es auch eine Sache / da ein ieder / ohne Verletzung leines Gewiſſens / davon halten mag / was er will.

Laß die Lerche ſich hoch ſchwingen /
Und fein angenehme ſingen /
Ob ſie auch gleich ſpaͤt anfingen /
Und Mit-Faſten vorbey giengen /
Duͤrfft es doch noch kaum gelingen
Daß ſie wird ſchoͤn Wetter bringen.

Das 70. Capitel.

Wenn ein Junger-Geſell und eine Jungfrau mit einander ein Kind aus der Tauffe heben / oder Gevatter ſtehen / ſoll der Pfaff ſich zwiſchen ſie ſtellen / ſonſt wo ſie einander heyrathen / würde ſtets Unei - nigkeit zwiſchen ihnen ſeyn.

DIeſes iſt ein Glaubens-Grund / der ſeinen Urſprung aus den Maͤhrlein-vollen Pabſtthum hat / deswegener auch bey de - nen Lutheranern und Reformirten am wenig - ſten in acht genommen wird / es ſey denn an ſol - chen Oertern / allwo Papiſten und Evangeliſche unter einander wohnen / da denn freylich der A - berglaube wie die Peſt iedermann anſtecket. Ich habe ſonſt zum oͤfftern (wiewohl ebenfalls aus ei - nem aberglaͤubiſchen Wahn) ſagen hoͤren / daß /wenn350Unterſuchung derer von ſuper - klugenwenn zwey ledige Perſonen einander lieb haͤtten / und wuͤrden mit einander Gevatter / ſo binde der Tauffſtein; andere dar gegen haben das Con - trarium behaupten wollen. Weil denn nun ei - nes da hinaus / das andere dort hinaus will / ſo laͤſſet man die aber glaͤubiſchen Narren billich um die Welt herum lauffen / biß ſie im Schlaraffen - Lande wieder zuſammen kommen. Es habe demnach von beyden eines recht / welches wolle / ſo wird das Zwiſchentreten des Pfaffen doch kei - nen Grund finden. Denn wenn der Tauffſtein bindet / ſo waͤre ja beſſer / daß dieſe / die ohnedem zuſammen ſollen / zuſammen gelaſſen / und nicht vom Pfaffen gleichſam durch das Mittentreten ſepariret wuͤrden; denn was GOtt zuſammen fuͤget / ſoll der Herr Pater nicht ſcheiden. Wie - wohl der Tauffſtein keines weges zur Copula - tion gewidmet iſt / dahero ich nicht begreiffen kan / auff welche Weiſe derſelbe binden ſolle. So er aber / nach derer andern ihrer Meynung / loͤſet / oder die zuſammen verſprochene Leute wieder trennet / oder die / welche einander lieb haben / in Feindſchafft ſetzet / was kan denn das Mittentre - ten des Pfaffen hierbey verhindern? Soll es denn etwan ſeyn / als wenn ſich ein paar mit ein - ander ſchlagen / daß ein dritter wie ein Schieds - mann ſich einmenget / und will der Pfaff gleich - ſam der Schiedsmann ſeyn? ſo koͤmmt mir esunge -351Weibern hochgehaltenen Aberglauben.ungereimt vor / weil es nirgends keines Schieds - manns braucht / als wo zwey Leute in Uneinig - keit zuſammen gerathen. Hier aber / bey der Ge - vatterſchafſt haben beyde einerley Intention, nicht ſich mit einander zu veruneinigen / ſondern beyde zugleich / im Nahmen des Kindes / dem Teuffel / und allen ſeinem Weſen und Wercken abzuſagen / und demſelbigen Krieg und ewige Feindſchafft / im Nahmen des Unmuͤndigen / an - zukuͤndigen. Fechten alſo beyde zugleich mit ei - nerley Waffen / wieder einerley Feinde / und vor einem HErrn. Wolte aber einer hier einwen - den / daß der Pfaff hier ins Mittel treten muͤſte / auff daß hier durch die zukuͤnfftige unter dieſen zweyen Gevattern beſorgende Uneinigkeit ver - hindert werde / ſo ſage ich / daß darzu der Pfaff / und wenn es auch gleich ein Cardinal / ja der Pabſt ſelbſt waͤre / viel zu unvermoͤgend iſt / durch ſein bloſſes in die Mitten treten / die zukuͤnfftige Uneinigkeit zu verhindern. Gleichwie aber / aus angezogenen Urſachen und Bewei[ſ]/ nicht kan dargethan werden / daß ein paar junge Leute / die mit einander Gevatter werden / und hernach einander ehlichten / um deswillen eine unfriedli - che Ehe fuͤhren wuͤrden; alſo mag die Mitten - ſtellung des Pfaffen geſchehen oder nicht / ſo blei - bet doch alles / wie es GOtt zulaͤſſet / und dem - nach dieſer papiſtiſche Glaubens-Grund erlo - gen.

Laßt352Unterſuchung derer von ſuper - klugen
Laßt die Pſaffen ſchwatzen / was ſie wollen /
Wir Luthraner glauben was wir ſollen.
Die Papiſten ſind mit ſolchen Poſſen /
Allzeit fertig und gantz unverdroſſen;
Aber wir ſolln uns daran nicht kehren /
Was ſie all für albre Choſen lehren.

Das 71. Capitel.

Es ſoll einer ſeine Gevatterin nicht ehligen / denn ſo offt ſie ſich ehlich veꝛmiſchen / ſo donnerts / oder entſtehet ein Ge - witter.

DIeſes iſt ebenfalls / wie voriges / eine papi - ſtiſche Erfindung / dahero es kaum die Muͤhe verlohnet / ſolchen viel zu wieder - ſprechen / weil doch ein ieder vernuͤnfſtiger Menſch die albere Thorheit ſelbſt begreiffen kan. Denn wenn es wahr waͤre / ſo wuͤrden ſolche E - beleute rechte Wettermacher ſeyn / die Donner und Gewitter erregen koͤnten wenn ſie nur wol - ten / auch wuͤrden die Gewitter um Weyhnach - ten ſo gemeine ſeyn als um den Johannis-Tag. Oder es muͤſten ſich ſolche Eheleute den gantzen Winter hindurch der ehlichen Bey wohnung ent - halten. Dahero ſtehe ich in denen Gedancken / es werde gar kein gewoͤhnliches Donnern und in der Lufft entſtehendes Gewitter allhier verſtan - den / ſondern nur ein ſolches / welches in einemBette353Weibern hochgehaltenen Aberglauben.Bette ſich kan erregen / wenn nehmlich der Mann donnert / und die Frau blitzt / die Winde laſſen ſich hoͤren / und endlich ſchlaͤgts auch wohl ein; und mag ſich ein ieder ſelbſt die Auslegung machen / ſo gut er am beſten dencket / denn ich menge mich nicht gern mit unter.

Zwey Nebel kommen offt an einem Ort zu -
ſammen /
Und das kan ſich hier auch gar wohl zu -
tragen /
Wo aber Donn’r und Blitz / und Wetter
ſoll herſtammen /
Das kan ich warlich keinen Menſchen ſa -
gen.

Das 72. Capitel.

Wer die erſte Kanne Bier aus einem Vaſſe bekoͤmmet / ſoll geſchwinde damit fortlauffen / ſo gehet das Bier bald heraus.

ICh habe ſelbſt manchmahl gehoͤret / daß die - jenigen die Bier ſchencken / zu denen ſagen / welche das erſte Maß Bier aus einem Vaſſe bekommen / ſie ſolten fein geſchwinde da - mit lauffen / daß das Bier fein bald alle wuͤrde; worauff ſichs denn mehrmahl begiebt / daß die Maͤgde die ſolche erſte Loſung gebracht / zwar die Keller-Stuffen ſchnell hinauff lauffen / aberZſtracks354Unterſuchung derer von ſuper klugenſtracks vor dem Keller (zumahl wenn ihnen ein feiner Soldate begegnet) ſo ſtutzig werden / als manch Pferd / oder gar / wie der von ſeiner Mut - ter verwuͤndſchte Knabe in Freyberg / daß es vielmahl noth thaͤte / es wuͤrden ihnen Stuͤhle gebracht / daß ſich die guten Leute niederſetzen koͤnten / und wird zuweilen wohl bald ein ander Vaß angezapfft / ehe Jungfer Micke mit dem nach Hauß koͤmmt / was ſie erſt aus dem vorigen Vaſſe bekommen. Und dennoch denckt die Bierſchenckin / ihr Bier gehet um des willen ſo ſchnell ab / weil die Magd mit der erſten Kanne ſo geſchwinde damit iſt heimgelauffen. Allein / wer gut Bier hat / dem gehet es auch gut ab / und wenn gleich die erſte Kanne von einer Schild - Kroͤte oder einem Krebs hinweg getragen wuͤr - de; hingegen ſo das Bier nichts nutzet / ſo gebe man gleich die erſte Kanne einem / der im Be - griff iſt / den Staupbeſen zum Thore hinaus zu tragen / mit auff die Reiſe / ſo wird es doch nichts helffen. Manche Leute haben auch wohl den Gebrauch / daß ſie iedesmahl dem / der die erſte Loſung in ein Vaß Bier giebt / eine Kanne Bier ſtracks vor dem Vaſſe austrincken laſſen; wel - ches denn auch zum ſchnellen Abgang dienen ſoll / und manchen verſoffenen Lehr Jungen oder auch mancher Sauff-Schweſter ein gefunden Freſſen iſt / wenn ſie das Gluͤck haben / eben zu ei -nem355Weibern hochgehaltenen Aberglauben.nem friſchen Vaſſe zu kommen. Wie ſich aber dieſe Meynung mit der erſten vergleichen laſſe / kan ich nicht begreiffen / denn die erſten ſollen ſchnell mit dem Biere fortlauffen / und die andern ſollen dargegen ſtille ſtehen und ſauffen; und das beydes ſoll doch gleich wohl einerley Wuͤrckung haben. Ob nun lauffen und ſtille ſtehen einerley ſey / das wird wohl der allerkluͤgſte Bauer in dem groͤſſeſten Dorffe ſchwerlich koͤnnen ergruͤnden. Bleibt demnach wohl dabey / daß das beſte Bier am beſten abgehe.

Gut Gettaͤncke geht ſchnell ab / mit dem
ſchlimmen bleibt man ſitzen /
Ob auch lieffe noch ſo ſehr / daß er moͤchte
druͤber ſchwitzen /
Der die erſte Kanne kriegt aus dem ſchlim -
men; aber beſſer /
Wenn das Bier iſt gutes Schmacks / wer -
den leer dieſelben Vaͤſſer.

Das 73. Capitel.

Man ſoll die kleinen Kinder nicht mit bloſſen Fuͤſſen auff den Tiſch treten laſ - ſen / denn ſie bekommen davon boͤſe Fuͤſſe.

EIn klein Kind / das noch ins Kuͤſſen und Windeln gewickelt wird / das wird wenig auff den Tiſch tantzen gehen / und trit[t]Z 2demnach356Unterſuchung derer von ſuper - klugendemnach nicht mit bloſſen Fuͤßgen auff den Tiſch; Ein groͤſſers aber / das anfaͤngt zu lauf - fen / das lernet auch nicht auff dem Tiſche / ſon - dern auff der Erden lauffen / und iſt ſolcher ge - ſtalt dieſes wohl eine vergebliche Sorge; iedoch traͤgt ſichs zuweilen zu / daß die Kinder-Weiber mit denen Kindern / wenn ſie ſie in ein ander Kiſ - ſen einbinden wollen / manchmahl ein wenig ſpie - len / ſolche nackend in die Hoͤhe heben / und ſie / aus Spaß / mit denen Fuͤßgen laſſen aufſtreten / bey welcher Begebenheit ſie es denn wohl in acht nehmen / daß das Kind ja nicht mit denen Fuͤß - gen auff den bloſſen Tiſch koͤmmt / in Beſor - gung / daß es alsdenn boͤſe Fuͤſſe bekommen wuͤr - de; legen demnach allezeit eine Windel oder ein Kiſſen unter. Nun iſt zwar eben nicht uͤbel ge - than / daß / wenn man ein ſolch zartes Kind mit ſeinem noch gantz knorpelichen weichen Fuͤßgen nicht laͤſſet auff einen harten / zuweilen auch wohl kalten ſteinern Schiefer-Tiſch aufftreten. Daß aber eigentlich und ohnfehlbar ein Kind von ſol - cher wenigen Aufffuſſung auff den bloſſen Tiſch ſolte boͤſe Fuͤſſe bekommen / und hingegen eine ſchlechte untergelegte Windel ſolches verhuͤten koͤnne / iſt eine recht laͤcherliche und ſehr einfaͤltige Meynung. Denn woferne man beſorget ſeyn will / ob wuͤrde das Kind / mit ſeinem noch wei - chen und zarten Fuͤßgen / ſich auff dem harten Ti -ſche357Weibern hochgehaltenen Aberglauben.ſche Schaden thun / ſo kan eine duͤnne einfache Windel / welche gewoͤhnlich untergelegt wird / ja gantz und gar nichts austragen / und koͤmmt mir nicht anders fuͤr / als die eintzige Feder / wel - che Eulenſpiegel unter ſeinem Kopff geleget hat - te / um darauff weich zu liegen. Will man aber vorgeben / ob laͤge offt eines und das andere auff dem Tiſche / als Nadeln / Meſſer, und derglei - chen / darein ein Kind leicht treten / und ſich Schaden thun koͤnne; ſo will ich dargegen zu bedencken geben / ob es nicht dißfalls beſſer ſey / man laſſe das Kind auff dem bloſſen Tiſche auff - treten / da man doch ſiehet / ob es auff etwas ſchaͤdliches tritt oder nicht; als daß man die Windel unterbreite / und dennoch nicht in acht nehme was manchmahl ſchaͤdlichs darunter ver - borgen lieget / das das Kind in Fuß ſtechen kan. Iſt demnach der ſuper-klugen Weiber ihre un - zeitige Fuͤrſorge gar weit gefehlet / weil an und fuͤr ſich ſelbſt ein reiner Tiſch keine Urſach geben kan / daß ein Kind / das bloß darauff aufffuſſet / ſolle um deswillen boͤſe Fuͤſſe bekommen.

Wenn die Kinder nicht mit Schaden
Sonſt am Fuͤßgen ſind beladen /
Wird ſolch Treten nicht mißlingen /
Daß dem Kind ſolt Boͤſes bringen.
Z 3Das358Unterſuchung derer von ſuper - klugen

Das 74. Capitel.

Wenn man Abends zu Bette gehet / und loͤſchet das Licht aus / ſoll man daſſelbe ja nicht umgekehrt auff dem Leuchter ſtecken laſſen / denn woferne ſonſt dieſelbe Nacht Diebe ins Hauß kaͤmen / koͤnte niemand im Hauſe vom Schlaff er - wachen.

ICh will zwar den uͤblen Gebrauch mit bil - ligen / den manche Leute haben / wenn ſie ein Licht ausloͤſchen / daß ſie das Licht um - kehren / und mit der Schnuppe in der Dillen ſte - cken und alſo kalt werden laſſen / weil ich wohl begreiffen kan / was zuweilen vor Ungelegenheit daher kan entſtehen / wenn nehmlich auff dieſe Art ein Licht ausgeloͤſchet / und alſo umgekehrt iſt ſteckend geblieben / ſo ſchmiltzt das warme Un - ſchlit oder Talg in der Dillen um die Schnuppe oder den Dacht / und wenn es kalt wird / ſo gerin - net es zuſammen / und ſteckt alsdenn das ver - kehrte Licht ſo feſte in den Leuchter / daß man es im Fall der Noth / wenn man es / bey entſtehen - den Brande und Feuers-Gefahr / oder auch bey Einbrechung der Diebe / am geſchwindeſten an - zuͤnden will / nicht einmahl vom Leuchter nehmen kan. Und wenn man es ja gleich mit Muͤhe und Noth endlich von Leuchter bringet / ſo kan manes doch359Weibern hochgehaltenen Aberglauben.es doch ſo geſchwinde nicht anzuͤnden / weil der um die Schnuppe hangende haͤuffige Talg ver - hindert / daß der Dacht ſo bald nicht anbrennen kan; welches denn wahrhafftig eine garſtige und zuweilen groſſe Gefahr verurſachende Ge - wohnheit iſt / die ſich billich iedermann / der ſie in Gebrauch hat / abgewoͤhnen ſolte. Und dieſes iſt alſo das Ubel / was ein umgekehrt Licht in der Nacht nach ſich ziehen kan. Daß es aber ferner die Wuͤrckung haben ſolle / daß / bey Einbre - chung der Diebe / die ſchlaffenden Leute im Hau - ſe nicht koͤnten erwachen / ſo lange das Licht ſo umgekehrt ſtecket / iſt ohne Zweiffel ein Sonnen - klarer Aberglaube. Denn ob man gleich / aus der mehrmahligen Erfahrung / ſo viel hat / daß zuweilen unter denen Moͤrdern und Ertz-Die - ben auch wohl ſolche gefunden werden / welche mit der ſchwartzen Kunſt und Zauberey auch herum ſpringen / und damit ſo viel verſchaffen koͤnnen / daß die in einem Hauſe / allwo ſie ein - fahren / ſchlaffender Leute nicht erwachen moͤgen / biß die Diebe ihre verfluchte Ernde gehalten ha - ben / ſo iſt doch das auff vorbeſchriebene Art um - gekehrte Licht keines weges eine hierzu mitwuͤr - ckende Urſach; ſintemahl bekannt iſt / daß der - gleichen Kuͤnſte ſind practiciret worden an ſol - then Orten / allwo kein umgekehrt Licht geſtan - den hat. Ja es ſind theils Schelme in ſolchenZ 4Teuf -360Unterſuchung derer von ſuper - klugenTeuffels-Kuͤnſten auch wohl ſo erfahren / daß ſie / durch des Teuffels Huͤlffe / verſchaffen koͤnnen / daß die Leute im Hauſe / ob ſie gleich alle wachen / dennoch mit offenen Augen gantz ſtumm und er - ſtarret ihre Kiſten und Kaſten muͤſſen eroͤffnen und ausleren / und koͤnnen ſich weder regen noch wenden / biß die Galgen-Voͤgel hinweg ſind. Welche Schelmerey ja ſicherlich eine weit ande - re hierzu wuͤrckende Urſach haben muß / als das elende umgekehrte Licht / davon die zauberhaffte Nacht-Raben vorher nichts wiſſen ob derglei - chen im Hauſe ſey oder nicht.

Ein umgekehrt und ausgeloͤſchet Licht /
Verurſacht zwar den harten Schlaf gar
nicht /
Jedoch iſt ſolch Ausloͤſchen auch nicht fein /
Weil es auff manchen Fall kan ſchaͤdlich
ſeyn.

Das 75. Capitel.

Ein Knaͤblein / das gebohren wird / wenn Venus Morgen-Stern iſt / bekoͤmmt ein viel juͤnger Weib / als er iſt; iſt aber Ve - nus Abend Stern / ſo bekoͤmmt er ein aͤlter Weib als er iſt / mit einem gebohrnen Maͤgdlein iſt es aber das Gegen - ſpiel.

Daß361Weibern hochgehaltenen Aberglauben.

D der Stern oder Planet / welcher von denen abgoͤttiſchen Heyden iſt mit dem Huren-Nahmen Venus benennet wor - den / ſolle einige[Wuͤrckung] bey denen Men - ſchen haben / in ihrem Eheſtande / oder in allen ſolchen Begebenheiten / was zur Ehe gezehlet werden mag / das laſſe ich diejenigen glauben / welche viel auff Fabeln und Traͤume achten; Ich aber glaube / daß dieſer Stern auch wohl an ſtatt / daß er Venus heißt / k[oͤn]te einen gantz an - dern Nahmen / welcher dem Nahmen Veneris gantz contrair waͤre / mit eben den Rechte haben / als ob er ſo viel hundert Jahr / aus angenomme - ner aberglaͤubiſchen Gewohnheit / hat Venus geheiſſen. Denn von der Schoͤpffung an hat er dieſen Nahmen nicht gehabt / ſo hat man ihm auch vom Anfang dergleichen naͤrriſche Wuͤr - ckung nicht zugeſchrieben / als biß zu der Zeit / da ſich die abgoͤttiſchen Heyden haben unterſtanden / die Planeten und anſehnlichſten Himmels-Lich - ter mit denen Nahmen ihrer Abgoͤtter zu be - mercken / wodurch ſie zugleich Gelegenheit ge - nommen haben / das einfaͤltige Volck zu bere - den / ob waͤren ihre Goͤtter mit unter die Zahl der Sternen gekommen. Nun kan ein vernuͤnffti - ger Menſch hieraus leicht ſchlieſſen / ob denen Sternen / durch ſolche Benennung / hat einige Qvalitaͤt derer Creaturen / davon ſie benennetZ 5worden /362Unterſuchung derer von ſuper - klugenworden / mitgetheilet werden koͤnnen. Ich mei - nes Orts kan es ſo wenig glauben / als wenn man wolte fuͤrgeben / ſo man einen Krebs mit den Nahmen Blitz benennete / ſo bekaͤme er die Ei - genſchafft ſo ſchnell fortzufahren als der Blitz. Damit ich aber nicht zu weit von meinem Zweck abweiche / ſo komme ich wieder auff das Fuͤrge - ben / wenn geglaubet wird / ob wircke der Stern Venus anders zu der Zeit da er Morgen-Stern ſey / als da er Abend Stern iſt. Worgegen ich kurtz und rund heraus ſage / ſolche Meynung ſey falſch und erlogen. Und zwar verſtehe ich hier nur ſeine Wuͤrckung / die ihm bey denen Men - ſchen zu haben zugeſchrieben werden wollen / denn auſſer dem weiß ich gar wohl / daß ein Un - terſchied zu machen ſey unter dem Auff - und Un - tergange / und unter dem Stande der Planeten / welche dienen zu Zeiten / Zeichen / Tagen und Jahren; wiewohl hierbey auch noch Limita - tiones gnung zu machen ſind / in Erwegung / daß / was ein Planete gleich in hieſigen Landen nicht zu wuͤrcken ſcheinet / ſo thut er es doch in ei - nem andern Lande; zum Exempel / wenn es bey uns Winter iſt / ſo iſt es in denen mittaͤgiſchen Laͤndern Sommer / und wenn wir Sommer ha - ben ſo haben jene Winter; wenn die Sonne bey uns auffgehet / ſo gehet ſie unſern Antipodibus unter / und iſt alſo auff der eintzigen Erd-Kugelohn363Weibern hochgehaltenen Aberglauben.ohn Unterlaß Abend / Morgen / Mittag und Mitternacht / Sommer / Winter / Herbſt und Fruͤhling / und iſt nur der Ort zu unterſcheiden. Welche Betrachtungen feine Anleitung geben koͤnnen / zu bedencken / wie daß bey GOtt / als welcher dieſes alles regieret / kein Unterſcheid der Zeit / ja weder Anfang noch Ende / ſondern lau - ter ſtets-wehrende Ewigkeit ſey. Was nun bier von Auff - und Untergang der Sonnen geſagt worden / das iſt von andern Planeten auch zu ver - ſtehen. Wenn demnach Venus uns auffgehend iſt / ſo gehet er unſern Antipodibus unter / und ſo fort; und mag er gleich Abend-Stern beiſ - ſen / ſo hat er ja am Morgen eben auch am Him - mel geſtanden wie zu Abend / und ſo fort. Ob er nun ein Jahr hinter oder vor der Sonnen her - wandert / wird er in ſeiner Wuͤrckung gegen die Menſchen keine Veraͤnderung machen / und ſonderlich auff eine ſo albere Weiſe / daß er in ei - nem Menſchen ſo / in einem andern anders wuͤr - cken ſolle? und koͤmmt ſo thoͤricht heraus / als ob einer vorgeben wolte / die Sonne erwaͤrmet die Knaͤblein / macht aber die Maͤgdlein froſtig und kalt / und zwar zu einer Zeit. Dahero ja Venus nicht bey denen Knaͤblein anders als bey denen Maͤgdlein wird wircken koͤnnen / ſonſt muͤſte weiter folgen / daß dasjenige was ein Knaͤb - lein ſaͤttigte / ein Maͤgdlein dargegen hungrichmachte.364Unterſuchung derer von ſuper - klugenmachte. Ferner moͤchten doch die abgoͤttiſchen und aberglaͤubiſchen Planeten-Leſer bedencken / daß offt wohl Leute einander heyrathen / welche in einem Alter ſtehen. Welches ja Sonnen-klar beweiſet / daß dieſer vorhabende Aberglaube er - logen ſeyn muͤſſe / ſonſt wuͤrde ſich nimmermehr der gleichen Heyrath begeben koͤnnen. Endlich iſt es auch nichts neues / daß ein Mann / der zur Zeit als Venus Morgen-Stern geweſen / ge - bohren iſt / ein alt Weib heyrathet. Oder es traͤgt ſich zu / daß einer ein Weib bekoͤmmt / welches zu einer Zeit gebohren / da Venus Abend-Stern geweſen iſt / da er doch gebohren da Venus Mor - genſtern war / und ſo fort. Welches ja alles Din - ge ſind / die ſchnurſtracks derer Planeten-Leſer ihre Principia uͤbern Hauffen werffen. Ja es koͤnten dieſe Choſen gar leichte weitlaͤufftiger wiederleget werden / wenn man ſich nicht der Kuͤrtze zu bedienen haͤtte. Ich hoffe aber / daß / wer ein klein Fuͤncklein geſunder Vernunfft noch beſitzet / wird ſelbſt begreiffen / was Fabeln oder Warheit ſey.

Wenn man die Planeten /
Machet zu Propheten /
So wird man betrogen /
Denn es iſt erlogen /
Was Planeten-Leſer ſagen /
Das ſich kuͤnfftig ſoll zutragen.
Das365Weibern hochgehaltenen Aberglauben.

Das 76. Capitel.

Wer von der Mahlzeit gehet / ſoll das Brod / davon er gegeſſen hat / nicht laſſen liegen / denn wenn es ein anders uͤber einem Galgen wirfft / kan der / der davon ge - geſſen hat / dem Galgen nicht ent - gehen.

WEnn dieſes verteuffelte Vorgeben nicht ſo gar bekannt waͤre / wuͤrde ich Beden - cken getragen haben / es mit in die Zahl an - derer aberglaͤubiſchen Laſter ſo oͤffentlich zu ſetzen; ſintemahl kaum etwas Grauſamers mag er - dacht werden koͤnnen / als dieſes verfluchte Unter - nehmen. Wiewohl ich nun zwar gaͤntzlich zweif - fele / daß es alſo erfolge / wie vorgegeben wird / ſo wird ſich doch einer auch kaum einbilden koͤnnen / daß / ob es auch gleich eintreffen ſolte / ſich auch unter Chriſten-Menſchen einer finden moͤchte / der dieſe Kunſt und verfluchtes Unternehmen zu practiciren ſich unterſtehen werde / weil es ein Beginnen iſt / das kein ander Menſch ſich unter - fangen wird / als der ſich mit Leib und Seele dem Teuffel ergeben / und in ſeinem Reich zu dienen verſprochen haͤtte; ja ich achte davor / daß ein ſol - cher Boͤſewicht ſo durchteuffelt ſeyn muͤſte / daß er nicht einmahl ins Reich GOttes verlangen noch begehren koͤnne. Alleine / ich ſetze den Fall / daßdieſes366Unterſuchung derer von ſuper - klugendieſes Teuffels-Werck wahr ſey / und ſich auch ſolche verfluchte Creaturen unter denen Men - ſchen befaͤnden / die es ins Werck ſetzten / ſo iſt ja keinem rechtſchaffenen Chriſten unbekannt / daß GOtt ſeine glaͤubigen Kinder vor allen Stri - cken und Tuͤcken des Teuffels und ſeiner Die - ner maͤchtig beſchuͤtzet und behuͤtet / ja des Teuf - fels Anſchlaͤge ſo zu nichte machet / daß er unter tauſenden nicht eines / ohne GOttes Verhaͤng - niß / auszufuͤhren vermag. Ergo, ſo kan auch ein von des Teuffels Werckzeug uͤber einem Galgen geworffenes Bißgen Brod nicht wuͤr - cken / daß der / welcher vorher davon gegeſſen hat / muͤſſe unumgaͤnglich an Galgen kommen. Wer am Galgen gehenckt wird / der muß es verdienet haben / (denn ohne Urſach wird keiner gehenckt) ſo es einer aber verdienet hat / ſo iſt ja er ſelbſt Schuld daran / und nicht das Brod / ob es auch gleich hundert mahl waͤre uͤbern Galgen geworf - fen worden. Iſt demnach erſtlich an der Sache nichts wahr. Zum andern habe ich noch von kei - nem eintzigen Exempel gehoͤret / daß eines waͤre umumgaͤnglich / aus erwehnter Urſach / dem Galgen zu Theile worden. Drittens iſt bekannt / daß taͤglich viel tauſend vornehme Herren und Standes-Perſonen / bey denen Mahlzeiten und Gaſtereyen / ohne einig Bedencken / ihr Brod liegen laſſen / ohne ſich des Galgens deswegen zubefah -367Weibern hochgehaltenen Aberglauben.befahren. Wenn demnach etwas an der Sache waͤre / ſo wuͤrden ſich weder Koͤnige noch Fuͤrſten und andere groſſe Herren nicht ſchaͤmen / ihr - bergeblieben Brod nach der Mahlzeit zu ſich zu ſtecken / weil doch bekandter maſſen ſolche groſſe Herren viel tauſend mahl mehr gewaltige Fein - de / die ihnen mit Gifft und andern Dingen nach Leib und Leben ſtehen / haben / als eine gemeine Privat-Perſon. Dannenhero iſt aus dieſem al - len zu ſchlieſſen / daß an der gantzen Sache nichts wahr ſeyn muß.

Huͤt dich fuͤr der Dieberey / und fuͤr andern
Buben-Stuͤcken /
So bleibſt du gewißlich frey von den boͤſen
Galgen-Stricken.
Nichts kan dir was Schaden thun / als was
GOtt beſchloſſen hat /
Drum halt du dich nur an ihm / und trau ſei -
nem Schutz und Rath!

Das 77. Capitel.

Einen Holunder-Strauch vor eine Stall-Thuͤr gepflantzt / bewahret das Vieh vor Zauberey.

Wer dieſes practiciret uͤberhebet den lieben GOtt einer groſſen Muͤhe; ſcil. denn wenn der Holunder das Vieh fuͤr dem Teuffel bewahret / darff es GOTT nicht thun. Ja /368Unterſuchung derer von ſuper - klugenJa / moͤchte man ſagen / GOtt hilfft / durch na - tuͤrliche Mittel / als wie durch die Leber des Fi - ſches / davon im Buͤchlein Tobiaͤ zu leſen iſt. Dem aber dienet zur Antwort: Daß in der gan - tzen heiligen Schrifft ja nicht ein eintziges Exem - pel zu finden ſey / woraus zu erweiſen waͤre / daß man durch dergleichen Dinge Schutz wieder den Teuffel / oder wieder Zauberey erlangen koͤnne; ſondern es wird vielmehr an allen Orten heiliger Schrifft gelehret / wie ein Menſch eintzig und allein ſeine Hoffnung und Vertrauen auff GOtt und ſeine Huͤlffe ſetzen ſolle / und auff nichts an - ders. Denn was das Exempel im Buͤchlein To - biaͤ anlanget / ſo iſt ſolches nicht ſo wohl fuͤr ein Exempel und Geſchichte / als vielmehr fuͤr ein Lehr reiches Gedichte anzunehmen / ſintemahl Lutherus es ſelbſt nur fuͤr eine kluge Fabel haͤlt. Ich ſetze aber den Fall / daß es eine wahre Ge - ſchicht ſey / ſo iſt damit noch lange nicht erwieſen / daß wenn man diß oder das thue / ſo ſey man fuͤr Zauberey bewahret. Denn wenn man die Bege - benheit mit dem jungen Tobias uͤberleget / ſo wird man befinden / daß nicht ſo wohl der Rauch von der Fiſch-Leber den Mord-Geiſt aus des Tobiaͤ Braut-Kammer vertrieben habe / als vielmehr Tobiaͤ und ſeiner Braut ihr andaͤchti - ges und glaͤubiges Gebet und Vertrauen zu GOtt. Daß aber Tobias auch die Leber auffKoh -369Weibern hochgehaltenen Aberglauben.Kohlen geworffen hat / und damit geraͤuchert / iſt auff des Engels Rath geſchehen / welchen To - bias / als einem treuen Geferthen / ſchon wird er - kannt haben / daß er ihm nichts rathen werde / das wieder GOttes Ehre lauffe. Hat demnach die geiſtlichen Mittel denen leiblichen fuͤrgezo - gen / aber doch das letzte auch nicht verworffen / weil er es im Befehl hatte zu thun. Wo ſtehet aber geſchrieben / daß man ſolle Holunder fuͤr die Vieh Staͤlle pflantzen / um dadurch dem Viehe Schutz wieder die Hexen zu verſchaffen? in GOttes Wort wird niemand finden / aber wohl in der alten Weiber-Philoſophia, welches ſi - cherlich nicht GOttes Wort / ſondern des Teuf - fels Schrifft heiſſen moͤchte. Zu dem / ſo habe ich noch nicht gehoͤret / daß einer / der um ober - wehnter Urſach willen einen Holunder fuͤr ſei - nem Stall gepflantzet hat / vorher ſein glaͤubig Gebet zu GOtt gethan haͤtte / daß GOtt ihn und ſein Vieh vor allem Ungluͤck und Zau - berey behuͤten wolle / ſo lange dieſer Holunder da ſtehen werde; ſondern es wird vielmehr GOttes gantz vergeſſen / und verlaſſen ſich auff den elenden Holunder / den doch weder der Teuf - fel noch die Zauberer etwas achten / ob er ſich gleich ſtellet / als ob er ſich davor fuͤrchtete. Denn eben darum / daß nur die Leute in ihren Aber - glauben geſtaͤrcket werden moͤgen / haͤlt der Sa -A atan370Unterſuchung derer von ſuper - klugentan innen / denenjenigen Schaden zu thun / die ſolche unnuͤtze Mittel gebrrauchen / und ſtellet ſich als ob er eine gewaltige Furcht vor dieſen Dingen truͤbe; er bekoͤmmt aber / auff ſolche li - ſtige Art / die meiſten Menſchen in ſeine Gewalt / alſo / daß mancher unbedachter und in Aberglau - ben erſoffener Narr zuletzt ſelbſt nicht weiß / wel - cher Teuffelihn eigentlich geſchoren habe.

Satan haͤlt ja den Holunder
Nur vor einen ſchlechten Plunder /
Da er ſich doch kan ſo ſtellen /
Als ob er und ſein Geſellen
Sich von ſolchen kahlen Sträuchen
Muͤſte laſſen wegverſcheuchen /
Da er deſto eh’r doch raubet /
Deſſen Seel der dieſes glaubet.

Das 78. Capitel.

Wer eine Schnure bey ſich traͤgt / womit ein Bruchſchneider einem geſchnitte - nen Bruch verbunden gehabt / der mag eine Laſt heben ſo ſchwer er will / ſo wird er ſich nicht zerheben.

DJeſes iſt nichts anders als ein Spitzbu - ben-Streich / oder eine ſpitzbuͤbiſche Be - truͤgerey. Wenn zuweilen ein Bruch - ſchneider / der hier und dort an jungen und alten gebrochenen Perſonen ſeine Operation verrich -tet /371Weibern hochgehaltenen Aberglauben.tet / ſolche Gewiſſen-loſe Betruͤger zu Dienern und Handlangern hat / welche bey geſchnittenen Bruͤchen / nach abgefallener Schnure oder Ban - de / ſolche zu ſich nehmen / und ſich damit zu Muͤhl-Knechten / Zimmerleuten / Maͤurern und dergleichen Leuten die ſchwere Laſt heben muͤſſen / machen / und dieſelben beſchwatzen / daß wer eine Schnure / womit ein geheileter Bruch gebunden geweſen ſey / bey ſich truͤge / der koͤnne ſich nicht zerheben; verkauffen demnach einen ſolchen nichts-werthen Dreck / den ſie von rechts wegen ins Feuer ſchmeiſſen ſolten / vor 1. biß 2. Thaler / dergleichen ich ſelbſt geſehen. Und die - ſes heißt alsdenn nicht dem andern ſein Geld aus dem Beutel geſtohlen / denn er hats ihm ſelbſt gegeben. Aber da mag es wohl heiſſen: Die Welt will betrogen ſeyn! ja wahrhafftig betro - gen gnung / ſo wohl an der Nahrung und zeitli - chen Vermoͤgen / als auch an der Seelen. Denn das iſt gewiß / daß mancher einfaͤltiger Muͤhl - Knecht / Zimmer - oder Maͤurer-Geſelle ꝛc. nicht allein ſein Bißgen Verdienſt und Tage - oder Wochen-Lohn einem ſolchen Betruͤger vor den ſtinckenden Qvarck giebet / ſondern ſetzet auch noch ſein gantzes Vertrauen darauff / daß er nun heben moͤge wie er wolle / ohne Beſorgung eines Schadens / und es geſchicht auch wohl manchen kein Schade / iedoch nicht um des bey ſich haben -A a 2den372Unterſuchung derer von ſuper - klugenden Bandes / ſondern um des darauff geſetzten nichtigen Vertrauens willen; und damit der Betrug moͤge weiter recommendiret werden / ſo hilfft der Teuffel ſeinen Leuten heben und tra - gen / biß endlich ein einfaͤltig alber Schaaf betro - gen wird / das fich dermaſſen zerhebet / daß es entweder die Erde daruͤber kauen muß / oder doch Zeit ſeines Lebens ein Kriepel bleibet. Hieran hat der Teuffel ſeine groͤſte Freude / und lachet hernach einem ſolchen armen betrogenen Menſchen / ſo zu reden / noch ins Faͤuſtgen aus.

Spitzbuͤbiſche Betruͤgerey /
Qvackſalberiſche Dieberey
Und aberglaͤubſche Teuffeley
Iſt alles dreyes einerley.
Das Band / das ſie vom Bruche reiſſen /
Und womit ſie die Leut 'be --
Das ſolten ſie ins Feuer ſchmeiſſen /
Drum mag man ſie wohl Diebe heiſſen.

Das 79. Capitel.

Wenn man ein Stuͤck Holtz von ei - nem aus der Erde gegrabenen Sarge ins Kraut ſteckt / ſo kommen keine Rau - pen hinein.

WEnn ein ſolch Stuͤckgen Holtz das Kraut fuͤr denen Raupen bewahrete / ſo wuͤrde es viel eher die todten Coͤrper fuͤr Madenund373Weibern hochgehaltenen Aberglauben.und Wuͤrmer bewahren koͤnnen / weil ſolche in denen Saͤrgen verſchloſſen und damit umgeben ſind. Da aber im Contrario die todten Coͤrper vielmehr denen Wuͤrmern zur Speiſe werden / ſo will mir das Mittel nicht in Kopff / ob ſolte ein Splitter von einem Sarge die Raupen aus dem Kraute vertreiben; und glaube vielmehr / daß dieſes nur eine zweydeutige Redens-Art ſey / dergleichen vor[etlichen] Jahren ein muthwilli - ger Soldate veruͤbte. Nehmlich / der Soldate hatte offt unter einem Thore in der Stadt / all wo er damahls in Qvartier lag / die Wache / und wenn die Wach-Stunden nicht an ihm waren / ſetzte er ſich unter das Thor / und machte von Binſen kleine Fiſchreiſen / und verkauffte ſolche. Es gieng aber ein Bauer zum oͤfftern durch die - ſes Thor / und ſahe den Soldaten ſolche Fiſchrei - ſen machen / wuſte aber nicht worzu man ſie brauchte / fragte derhalben worzu er ſo viel ſolche Koͤrbgen machte? Der Soldate ſagte: Seyd ihr ein Bauer und wiſſet das nicht / ſo habt ihr gewiß kein Kraut. Der Bauer fragte: Warum Kraut? ich habe Kraut gnung. Der Soldate ſagte ferner: Ob ihm denn keine Haaſen in ſein Kraut kaͤmen? ach ja / antwortete der Bauer / ſie thun mir Schaden gnung darinnen. Der Soldate ſagte: Ey nu / warum kaufft ihr denn keine ſolche Koͤrbgen? hole mich der Boͤſe / wennA a 3man374Unterſuchung derer von ſuper - klugenman 3. ſolche Koͤrbgen ins Kraut ſteckt / ſo koͤmmt kein Haſe hinein. Der Bauer zog demnach al - ſobald ſeinen Beutel hervor / und kauffte dem Soldaten etliche ſolche Fiſchreiſgen theuer ge - nung ab / und ſteckte ſie ins Kraut / nicht beden - ckend / daß der Soldate ihn genarret haͤtte. Denn freylich konnte der Soldat ſchweren / daß kein Haſe in die Reiſen kommen werde / er ſchwur aber nicht / als ob auch keiner ins Kraut kommen werde / wie es doch der Bauer verſtand. Auff dieſe Weiſe mag es auch wohl mit dem Holtze vom Sarge ſeyn / denn ins Holtz koͤmmt auch keine Raupe / aber wohl ins Kraut. Es ſey dem - nach wie ihm wolle / ſo laͤufft die Sache auff eine Thorheit und nichtigen Aberglauben hinaus / davor ſich derſtaͤndige Leute huͤten ſollen.

Verſuchs / ob du mit ſolchem Qvarge /
Ich meyn das Holtz von einem Sarge /
Wirſt koͤnnen eine Raup vertreiben /
Du wirſts wohl muͤſſen laſſen bleiben.

Das 80. Capitel.

Am Faſtnachts-Tage ſoll man keine Suppe eſſen / es triefft einem ſonſt her - nach ſtets die Naſe.

NIemanden triefft die Naſe mehr als denen alten Weibern / die keine Zaͤhne mehr im Munde haben / damit ſie etwas hartes beiſ -ſen375Weibern hochgehaltenen Aberglauben.ſen koͤnnen / und dahero lauter Brey und Sup - pen eſſen muͤſſen. Wenn ſie denn in ihren Hoſpi - taͤlern einem Faſtnachts-Schmauß anſtellen / ſo beſtehet ſolcher gemeiniglich in einer Bier - Waſ - ſer - Erbs - Haberkruͤtz - Kofend - oder anderer Suppe zum Vor-Gerichte / und ihr Braten iſt ein Waſſer-Brey mit brauner Butter betreif - felt / und mit Zwiebeln geſpickt. Oder / wenns hoch koͤmmt / ſo iſts ein Eyer-Kuchen / und ein Brey zum Zugemuͤſe. Woferne nun die lieben Muͤtterlein ſich an Faſtnacht ſolcher Speiſe ent - halten wolten / ſo wuͤrden ſie gewiß aus Faſt - nacht einen Faſt-Tag machen / und Hunger lei - den muͤſſen / welches ihnen aber ſchwer fallen wuͤrde. Demnach kehren ſie ſich an nichts / und verzehren ihre Suppen in Froͤlichkeit / thun auch wohl ein gut Freuden-Truͤnckgen darzu / und wollen denen Schuh-Knechten und Boͤttger - Geſellen in Froͤlichkeit nichts nachgeben / ob - gleich dieſe / an ſtatt der Suppen / mit fetten Brat-Wuͤrſten ſich ergetzen. Wenn alsdenn der Faſtnachts-Tag vorbey iſt / ſo ſind denen Handwercks-Purſchen ihre Gurgeln von de - nen geſaltzenen und gewuͤrtzten Wuͤrſten gantz duͤrre. Hingegen trieffen denen alten Weibern die Naſen / von der uͤberfluͤßig eingeſchluckten feuchten Speiſe und Trancke. Und alſo mag vielleicht mancher ſeyn auff die Meynung gera -A a 4then /376Unterſuchung derer von ſuper - klugenthen / ob verurſachte das Suppeneſſen auff Faſt - nacht / daß einem die Naſe troͤffe. Allein / wer auff Faſtnacht eine gute warme Suppe zu eſſen hat / der eſſe ſolche nur ohne Sorge / er wird weder den Schnupffen noch eine trieffende Naſe hier - von bekommen.

Wer ſich beſorgt / daß er den Schnuppen
Bekoͤmmt / wenn er am Faſtnacht Suppen
Gegeſſen hat / und ihm die Naſe
Deswegen troͤff / der iſt ein Haſe.

Das 81. Capitel.

Wenn man am Nicaſii heil. Abend den Nahmen Nicaſius mit Kreide an die Thuͤren ſchreibt / ſo werden ſolche Logia - menter frey von Maͤuſen ſeyn.

WEnn Nicaſius ein Maͤuſe-Fallenmacher hieſſe / oder geweſen waͤre / ſo ſolte wohl mancher gedencken / die Maͤuſe fuͤrchte - ten ſich fuͤr ſeinem Nahmen. Allein / ſo heißt mei - nes Behalts Nicaſius ein Uberwinder des Volcks / nicht aber der Maͤuſe. Zum andern / ſo koͤnnen ja die Maͤuſe nicht leſen / ob Nicaſius oder Clauß Narr angeſchrieben ſtehet. Drittens / ſo laufft die Sache wieder die geſunde Ver - nunfft / und iſt nicht moͤglich daß ein bloſſer an - geſchriebener Nahme die Krafft haben koͤnne /Maͤu -377Weibern hochgehaltenen Aberglauben.Maͤuſe zu vertreiben. Denn was kan es fruch - ten / ob mit Kreide ſo oder anders an eine Thuͤr geſchmieret wird? Es iſt eine todte Schrifft / und nichts mehr / beſtehend in etlichen todten Buch - ſtaben / davor ſich weder guter noch boͤſer Geiſt fuͤrchten / vielweniger unvernuͤnfftige Creaturen daran kehren werden. Wenn es aber ja geſchicht / daß auff ſolch Anſchreiben die Maͤuſe weichen / ſo mag man ſicherlich glauben / daß der Teuffel mit im Spiele ſey / denn es gefaͤllt dem Boͤſe - wicht gar zu wohl / wenn er die Menſchen in A - berglauben und Zauber-Poſſen verſtaͤrcken kan / daß ſie ihr Vertrauen auff etwas ſetzen / das doch nichts iſt. Und obgleich zuweilen eine Sache ſcheinet / als ſey es auff keine Wege wieder GOtt und ſeine Gebete / und koͤnne mit gutem Gewiſ - ſen gar wohl fuͤrgenommen werden / ſo iſt doch gemeiniglich eine ſolche Sache die allergefaͤhr - lichſte / und nicht anders als ein verdeckter Fall - Strick eines Vogelſtellers / damit die Voͤgel un - vermuthet beruͤcket werden. Alſo machts der Teuffel auch / wenn er denen Menſchen aller - hand wieder die geſunde Vernunfft ſtreitende Huͤlffs-Mittel ſo fein zu recommendiren weiß / daß man nicht anders meynet / als wenn es ja nicht hilfft / ſo ſchadet es auch nicht; ſo es aber huͤlffe / ſo waͤre es deſto beſſer / und waͤren lauter Mittel / die GOtt ſelbſt denen Menſchen zu gu -A a 5te / in378Unterſuchung derer von ſuper klugente / in die Natur geleget haͤtte. Aber ehe ſichs der Menſch verſiehet / bringt der Satan wieder et - was auff die Bahn / dabey der Menſch ſich in noch mehr Fall-Stricke verfitzt / ohne etwas da - von zu mercken / biß der Satan ſeine Zeit erſie - bet / und entweder den Menſchen in Verzwei - felung ſtuͤrtzt / oder in dieſer Schule alſo fort ſtu - diren laͤſſet biß er endlich von nichts anders als ſolchen Kuͤnſten weiß / auch andere noch darzu in ſolchen Teuffels-Poſſen informiren kan; und wer noch ein Fuͤnckgen eines Chriſtlichen Ge - wiſſens heget / und nicht ſtracks in ſolchen boͤſen Mitteln folgen will / mit Vorgebung / daß es wieder GOtt lauffe / da darff ein ſolcher Sa - tans-Diener und Teuffels-Præceptor wohl un - geſcheuet ſagen: Narr! wenn man nicht verder - ben will / ſo muß man dem Teuffel zwey Lichter auffſtecken / und unſerm HErrn GOtt nur ei - nes. Und dieſes verfluchte Sprichwort iſt leider! gar gemein. Man bedencke nur / wie eine ſchlech - te Sache es zu ſeyn ſcheinet / wenn man mit Krei - de den Nahmen Nicaſius an die Thuͤr ſchreibet / zumahl / da nichts darzu geſprochen wird. Wenn nun hierdurch die Maͤuſe koͤnnen vertrieben werden / ſo koͤnte man es ja leichte thun; aber nein / mein Freund / es ſteckt eine andere Schel - merey darhinter. Wenn man in des Teuffels Schule gehen will / ſo iſt dieſes und dergleichenſchlecht379Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ſchlecht anzuſehende Kunſtſtuͤckgen gleichſam das A. oder der Anfang zum Teuffels-Kuͤnſten. Wer nun anhebt und das A lernet / der lernet das B bald auch / und folgends das gantze ABC biß auff Z. Damit ich aber nicht zu weit gehe / ſo rathe ich denen aberglaͤubiſchen Maͤuſe-Ver - treibern / welche den Nahmen Nicaſius an ihre Thuͤren ſchreiben / daß ſie den hin und her ge - ſetzten Gifft / und viele auffgeſtellte Maͤuſefal - len / auch die guten Katzen eine Zeit lang weg thun wollen / ſo wird ſichs bald aͤuſern / was die Maͤuſe vertreibt.

Wenn du die Maͤuſe kanſt mit einer bloſſen Schrifft
Vertreiben / was ſoll denn der[ boͤſe] Ratten - Gifft?
Weil aber gleichwohl doch man noch den Gifft offt braucht /
So hat es die Geſtalt / als ob die Schrifft nichts taugt.

Das 82. Capitel.

Wenn ein Fuhrmann eine Otter - o - der Schlangen-Zunge in ſeine Peitſche flich - tet / ſo wer den ſeine Pferde / ohne Schaden / die groͤſſeſten Laſten aus einem Graben ziehen / und ſich auch nicht uͤber - ſauffen.

Dieſes380Unterſuchung derer von ſuper - klugen

DIeſes iſt eben auch ein ſolch ſchoͤnes Kunſt - Stuͤcklein / wie das vorige / oder ein Buch - ſtabe aus des Teuffels ABC. Mancher Fuhrmann giebt viel Geld vor eine elende Ot - ter - oder Schlangen-Zunge / und glaubt ſo ge - wiß daran / daß es ſeinen Pferden helffe / wenn er ſolche in der Peitſchen habe; wenn die Pfer - de ſauffen / und er haͤlt die Peitſche uͤber ſie / ſo glaubt er daß ſie ſich nicht uͤberſauffen koͤnnen; Und alſo trauet er der Otter-Zunge mehr zu / als ſeiner eigenen Vor - und Auffſicht. Und weil hiermit dem Teuffel ein Dienſt geſchicht / ſo hilfft er zuweilen verhuͤten daß wieder des Fuhr - manns Meynung nichts geſchehen darff / und ſolcher geſtalt ſtaͤrckt er nicht alleine dieſen Fuhr - mann in ſeinem Aberglauben; ſondern es dienet ihm auch darzu / daß andere Fuhrleute mehr ſich dieſer abgoͤttiſchen Kunſt alsdenn bedienen. Un - terdeſſen ſiehet der Teuffel ſchon eine andere Ge - legenheit / wie er ſolchen aberglaͤubiſchen Fuhr - leuten in anderer Geſtalt eine Grube bereite / und ihnen noch ein viel groͤſſer Ungluͤck zurichte / als das geweſen waͤre / das er dem Anſehen nach durch die Otter-Zunge hat verhuͤten helffen / wel - ches aber ein wuͤſter Fuhrmann / der Sonn und Werckel-Tages auff der Straſſen lieget / und in einem Viertel-Jahre keine Predigt hoͤret / nicht uͤberleget noch bedencket. Denn / was wuͤrde ei -ner381Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ner vor Nutzen davon haben / wenn das Pferd durch des Teuffels Huͤlffe heute waͤre erhalten worden / daß ſichs nicht uͤberſoffen haͤtte / Mor - gen aber braͤchte es der Teuffel dahin daß es ein Bein zerbraͤche? denn vor das Beinbrechen hilfft die Otter-Zunge nicht. Vorher in 78. Ca - pitel p. 370. habe ich eben dergleichen Thorheit wie dieſe unterſucht / wenn nehmlich einige Be - truͤger und Spitzbuben einfaͤltige Leute uͤberre - den / und die ſtinckende Schnuren ſo von denen geſchnittenen Bruͤchen abgefallen ſind / theuer verkauffen / unter den Fuͤrwand / ob koͤnne man ſich nicht zuheben / wenn man ſolche Schnuren bey ſich truͤge. Wenn ich dieſen ietzt vorhaben - den Punct ſeinem Urſprung nach betrachte / ſo koͤmmt ſolcher ebenfalls wie jener von ſpitzbuͤbi - ſchen Betruͤgern her / nehmlich / wenn mancher ſauberer Schlangenfaͤnger / (dergleichen ſich offt auch unter denen Dienern derer Aertzte und Bruchſchneider befinden) die Schlangen-Zun - gen zu nichts zu gebrauchen gewuſt / hat er / durch des Teuffels Eingeben / auff dieſen Fund geſon - nen / und die Fuhrleute beſchwatzt / ob haͤtten ge - dachte Zunge dieſe und jene Wuͤrckung. Gleich - wie nun aber gemeiniglich ein Spitzbube bey ſol - chen rohen Fuhrleuten mehr Glauben findet / als ein Prediger GOttes Worts / ſo menget ſich denn der Teuffel bald ein / und laͤſſet / dem Anſe -hen382Unterſuchung derer von ſuper - klugenhen nach / ſolche Poſſen etliche mahl gelingen / biß er es ſo weit damit bringet / daß der Sache voͤlli - ger Glaube beygemeſſen wird; und alſo hat er gewonnen / leichtglaͤubige Leute aber ſind verfuͤh - ret und betrogen.

Ey muß nicht der Teuffel lachen /
Daß der Menſch ſo boͤſe Sachen
Sich doch will zu Nutze machen?
Die verfluchten Schlangen-Zungen /
Womit Eva ward bezwungen /
Werden uͤbers Pferd geſchwungen /
Wenn der Fuhrmann auff dem Lande
Steckt in einem ſchlechten Stande /
Soll dich helffen. Pfui! o Schande!

Das 83. Capitel.

Am S. Peters-Tage ſoll man denen Hunern Neſter machen / ſo legen ſie viel Eyer.

RAtione des beiligen Apoſtels Petri kan es wohl nicht ſeyn / denn derſelbige hat zwar mit der Fiſcherey wohl wiſſen umzugehen / aber das habe ich noch nicht gehoͤrt noch geleſen / daß er etwan auch ein guter Huͤner-Voigt ge - weſen. Und ſo er es auch geweſen waͤre / ſo koͤn - te doch dieſes nicht helffen / daß die Neſter / welche am Peters-Tage denen Huͤnern gemacht wer - den / ſolche Krafft erlangeten / daß die Huͤnermehr383Weibern hochgehaltenen Aberglauben. mehr Eyer legen muͤſten als ſie ſonſt thaͤten. Ich uͤberlaſſe den Beweiß ſolcher naͤrriſchen Kunſt denen / die dieſe Luͤgen erſonnen haben / weil ich auff keine Art begreiffen kan / wie ſie doch auff dieſe Thorheit muͤſſen gerathen ſeyn? da doch bekannt iſt / daß der Tag Petri mitten im Som - mer gefaͤllig iſt / da die meiſten Huͤner auffhoͤren zu legen / und hingegen anfangen zu glucken und Junge auszubruͤten. Wenn es etwan ein in der Faſten-Zeit gefaͤlliger Tag waͤre / ſo moͤchte das Vorgeben ſeine gewiſſe Rationes finden / weil zu ſolcher Zeit die Huͤner anfangen zu legen / auch dieſes wohl eine gute Gelegenheit zu fleißigen Legen machet / wenn nehmlich denen Huͤnern ge - wiſſe Neſter gemacht werden; denn wo ſie offt verſtoͤbert / oder die Neſter verriſſen werden / le - gen ſie her nach nicht fleißig. Weiß ich demnach nicht / woher es kommen ſoll / daß die am Peters - Tage gemachte Huͤner-Neſter / die Huͤner zu ſol - cher ungewoͤhnlichen Zeit ſollen ſtarck-legend machen. Und koͤmmt ſo thoͤricht heraus / als wenn einer glauben wolte / daß / wenn man am Tage S. Thomaͤ die Wochen-Betten auffſchluͤge[und] zurechte machte / ſo bekaͤmen die Weiber und Maͤgde viel Kinder / weil Thomas ein Zwilling geweſen. Kurtz von der Sache zu reden / ſo iſt es ein verkehrter naͤrriſcher unbeſonnener alberer Aberglaube.

Mach384Unterſuchung derer von ſuper - klugen
Mach Neſter / wie du wilt / die Zeit iſt nun
vorbey /
Ja / vielmehr machen letzt die Kuͤchlein ein
Geſchrey.
Die Eyer werden faul / die Huͤner brüten
nun /
Du magſt nun was du wilt mit denen Ne -
ſtern thun.

Das 84. Capitel.

Ein ſchwangeres Weib / das Gevat - ter wird / ſoll ja nicht das Kind ſelbſt aus der Tauffe heben.

FRagſt du / warum? ſo wird der alten Wei - ber[ Philoſophie] dir antworten: Wenn ein ſchwangeres Weib ein Kind ſelbſt aus der Tauffe huͤbe / ſo wuͤrde entweder das Kind das getaufft worden / oder ihr eigenes / das bald ſolte gebohren werden / bald ſterben. Wenn aber die gauckelhafftigen Damens ſolten eine Urſach an - zeigen / warum eines von beyden Kindern ſterben muͤſte? ſo wuͤrden ſie ohne Zweiffel verſtummen. Oder wenn ja eine Antwort gefiel / wuͤrde ſie ohn Zweiffel von folgender Gattung ſeyn / nehmlich: Sie haͤtten ihr Lebtage gehoͤret / es ſey nicht gut wenn eine ſchwangere Frau ein Kind in der Tauffe huͤbe / und daß von denen zwey Kindern eines ſterben muͤſte / und dieſes iſt alſo ihr gantzerBe -385Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Beweiß; welches aber nicht anders heraus koͤmmt als wie mit jenem verwegenen thumm - kuͤhnen fuͤrwitzigen Kerl / der ſich ſtets an hohen und vornehmen Orten auffhielte / und ſeinem verwegenen Rath unter vornehmer Herren und Raͤthe ihre Conſilia mit untermiſchte / als wie geraͤuchert Rind-Fleiſch unter den orientali - ſchen Saffran. Wenn denn dieſer verwegene Kerl ſeinen Rath eroͤffnete / ſo pflegete er ſich ge - meiniglich nach deſſen ſeiner Meynung zu rich - ten / der die groͤſſeſte Autoritaͤt hatte / und fieng an zu ſagen: Das muß ſo und ſo ſeyn; oder auch: Das gehet ſo nicht an! Wenn er alsdenn gefra - get wurde / warum es nicht angienge? ſo war ſei - ne Antwort: Es gehet / GOtt ſtraff mich / nicht an! Auff andermahliges Befragen aus was Ur - ſachen es nicht angehen ſolte? nahm er ſeine Schnupff. Tabacks-Doſe / und ſchnupffete ein Pfoͤtgen Tabac / gieng ein wenig bey Seite und ſagte: Es gehet / der Boͤſe hole mich / nicht an! Und das waren ſeine Rationes alle / ſamt ſeiner gantzen Weißheit. Auff eben einem ſolchen Grund ſind aller aberglaͤubiſchen Rathgeberin ihre Rationes und Beweiſſe auch gebauet; da - hero leichte zu ermeſſen iſt / was davon zu halten ſey. Es kan ſich ja gantz leichte zutragen / daß / wenn eine ſchwangere Frau Gevatter wird / oh ſie auch gleich / um ietzt-angezogenen Aberglau -B bbens386Unterſuchung derer von ſuper - klugenbens willen / das Kind nicht ſelbſt aus der Tauffe huͤbe / dennoch entweder ihr Pathgen / oder ihr ei - gen Kind / nach der Geburt / ſtirbt / oder auch wohl alle beyde; welches gar nichts neues waͤre. Ich frage / ob ſolche aberglaͤubiſche Affen bey ſol - cher Begebenheit nicht ſelbſt wuͤrden muͤſſen be - kennen / daß ihre unzeitige Fuͤrſorge waͤre ver - geblich geweſen. Ferner iſt bekannt / daß kein ſchwanger Weib einiges Bedencken druͤber ma - chet / wenn ſie gleich zehen Kinder nach einander auff ihre Arme und Haͤnde faſſete / es moͤchte ſeyn in Haͤuſern / auff der Gaſſen / oder auch gar in der Kirche / die Kinder moͤchten auch ihr eigen oder andern Leuten ſeyn. Warum ſoll aber denn nun die heilige Handlung bey der Tauffe den Tod eines Kindes verurſachen / ſo das Werck durch eine Schwangere verrichtet wird? Die Tauffe iſt mit dem Worte GOttes ein Gna - den-reich Waſſer des Lebens; aber nach der al - ten Weiber Regul wuͤrde es / ſolcher geſtalt / durch ein ſchwangeres Weib verkehret / daß es ein Bad des Todes waͤre. Aber was verkehrt ſeyn will / das mag auff ſeine Gefahr auch verkehrt blei - ben; genung / daß ein ſchwanger Weib / die ge - ſund iſt / ohne eintzige Gefahr ein Kind aus der Tauffe heben mag. Denn es iſt eine Chriſtliche und GOtt wohlgefaͤllige Verrichtung / die den Tod auff keine Weiſe befoͤrdern kan. Stirbt jaein387Weibern hoch gehaltenen Aberglauben. ein Kind / ſo iſts nichts ſeltſames / und kan die Ur - ſach keines weges daher ruͤhren / ſondern es blei - bet dabey: Es leben oder ſterben die Kinder / ſo leben oder ſterben ſie dem HErrn / oder nach dem Rathſchluß GOttes; denn GOtt hat ja einem ieden Menſchen ſein Ziel geſetzt zu ſterben / wel - ches er nicht wird uͤbergehen koͤnnen. Wer aber dieſem fuͤrhabenden Puncte glaubet der verklei - nert GOttes Gerichte und Rathſchluß / als ob ein ſolch Kind / das entweder noch in ſeiner Mut - ter verborgen gelegen / oder das von einer ſchwangern Pathe aus der Tauffe gehoben wor - den / um ſolcher heiligen Verrichtung willen eher ſterben muͤſſe / als GOtt gewolt. Aber es bleibt wohl bey dem wahren Sprichwort: Was GOtt will erqvicken / kan niemand erſticken.

Drum glaub der Thorheit nicht /
Verrichte du das deine mit wahrer Zuver -
ſicht /
Und trau nur GOtt allein /
Der wird bey deinem Kinde / und auch bey
jenen ſeyn /
Daß beyderſeits kein Leid /
Vielweniger das Sterben / erfolge vor der
Zeit.
B b 2Das388Unterſuchung derer von ſuper - klugen

Das 85. Capitel.

Wenn einem Fruͤh-morgens zu erſt eine reine Jungfrau oder ein Prieſter be - gegnet / ſo bedeutets Ungluͤck; aber eine Hure bedeutet Gluͤck.

WEr zwey Augen hat / und hat leſen und ſchreiben gelernet / der wird ohne Brille ſehen koͤnnen / welches Geiſtes Kinder die - jenigen ſind / welche ſolche Thorheiten glauben. Sie belieben das Huren-Gluͤck / das moͤgen ſie auch behalten / ſamt derer Huren ihrer Ehre. Wie wohl zwar manche Leute ſich weder an Eh - re noch Schande kehꝛen / wenn ſie nur in dem veꝛ - meynten Gluͤcke bleiben / es gebe darneben ſo ſchaͤndlich zu / als es wolle. Und gemahnen mich ſolche Leute nicht anders / als wie vor dieſem eine Weibs-Perſon in einer wohlbe kandten Han - dels-Stadt / welche reiche Eltern hatte / und da ſich ein Doctor mit ihr in ein Ehe-Verbuͤndniß einließ / hatte ſie ſich immittelſt mit einem Studi - oſo in der Veneris Fecht-Schule exerciret / all - wo ſie ſolche Stoͤſſe bekommen hatte / daß ihr der Bauch davon geſchwoll. Da dieſes der Liebſte merckte / ließ er von ihr ab / und bedeutete die El - tern / daß er eine ſolche verderbte Jungfer nicht haben moͤchte; ſprach ſie aber dargegen um die juͤngere Tochter an / die er auch erhielt / und baldHochzeit389Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Hochzeit mit ihr machte. Als nun aber auff der Hochzeit die erſte mit ihꝛer Mutter in dem Spei - ſe-Gewoͤlbe geſchaͤfftig war / ſagte die Mutter zu ihr: Sieheſt du / Gretgen / was deine Schwe - ſter ietzt vor Ehre hat? Wenn du dich haͤtteſt fein gehalten / ſo haͤtteſt du dieſe Ehre gehabt. Ja / Frau Mutter / ſagte die geſchaͤndete Toch - ter / ſie ſagt mir wohl viel von der Ehre her / aber nicht von Unkoſten. Was koſtet wohlietzt dieſe Hochzeit? meines koſtet noch lange nicht halb ſo viel / als dieſes; drum lobe ich die liebe Schande / denn die Ehre iſt zu koſtbar. Alſo machens Ehr - und ruchloſe Gemuͤther / und halten die wuͤſte Fortunam fuͤr ihren beſten Schatz / GOtt gebe / ſie komme vom Himmel oder vom Galgen / wenn nur gut Leben dabey gehoffet wird. Hingegen ſtinckt die Zucht und Erbarkeit / als welche ge - meiniglich das Creutz zum Wanderſtabe hat / ſol - che Welt-Saͤue an. Da muß / ihren verfluch - ten Gedancken nach / eine Hure beſſer Gluͤck bringen / als eine zuͤchtige Jungfrau / oder ein ehrlicher Prieſter. Und hat es der Teuffel lei - der! ſo weit gebracht / daß eine liederliche Spiel - Compagnie gemeiniglich ungerne ſiehet / wenn ein ehrlich Menſch darzu koͤmmt / weil ſie mey - nen / ſie verloͤhren dadurch ihr Gluͤck. Iſt das nicht eine verfluchte Thorheit! Wenn gleich ein Prieſter oder auch ehrliche Jungfrau ihr CreutzB b 3und390Unterſuchung derer von ſuper - klugenund Noth in einem Buͤndelein auff ihren Ruͤcken truͤgen / ſo wuͤrden ſie es doch wohl fuͤr ſich behal - ten muͤſſen / und dem ſchwerlich auffpacken / der ihnen fruͤhmorgens begegnet. Uberdiß koͤmmt auch die gantze Sache dieſes ehrloſen Aberglau - bens gar verdaͤchtig heraus in dem / daß ſolch Be - gegnen nur fruͤhmorgens ungluͤcklich ſeyn ſoll / gleich als ob waͤren die Prieſter und ehrliche Jungfrauen nur fruͤhmorgens ſolche ungluͤckli - che Leute / die durch ihr Begegnen andere anſteck - ten; da hingegen die Huren alle zeit Ausdaͤmpf - fungen ihres Huren-Gluͤcks haben ſollen. Denn ich habe ſelbſt liederliche Purſche gekennet / wel - che geglaubet haben / wenn ſie einer Huren an ei - nen ungebuͤhrlichen Ort griffen / es moͤchte fruͤh oder ſpaͤt ſeyn / ſo haͤtten ſie alsdenn Gluͤck im Spielen. O du verdammtes Gluͤck! bleib du bey unflaͤtigen Saͤuen / ich mag dein nicht / ſon - dern nehme davor Ehr und Redlichkeit / und ſol - te es auch mit lauter Creutz und Dornen ver - menget ſeyn.

O du belobtes Huren-Gluͤck /
Mir iſt nichts dran gelegen /
Ob du von mir bleibſt ſtets zuruͤck.
Ich lobe GOttes Seegen /
Und liebe Ehr und Redlichkeit.
Drum / Huren-Gluͤck! bleib von mir
weit.
Ich391Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Ich mag von dir nichts hoͤren /
Und ſollſt mich nicht bethoͤren.

Das 86. Capitel.

Ein einmahl entwoͤhnet Kind ſoll niemahls wieder an die Bruſt geleget wer - den / denn es wuͤrde ſonſt ein Gottes-Laͤſte - rer / und der mit ſeinem Maule alles be - ſchreyen und in Ungedieg brin - gen kan.

ES iſt zwar etwas ungewoͤhnliches / daß man ein entwoͤhnet Kind wieder an die Bruſt der Mutter oder Amme leget / und trincken laͤſſet. Denn der Mutter entgehet die Milch nach der Entwoͤhnung bald / und kan da - hero aus denen leeren Bruͤſten das Kind nichts trincken / daß ich demnach nicht wuͤſte / aus was Urſachen eine Mutter oder Amme das einmahl entwoͤhnete Kind wieder anlegen wolte; denn aus leeren Gefaͤſſen zu trincken iſt verboten. Will man aber die Sache alſo verſtehen / daß ein Kind auch zu der Zeit / da die Milch in denen Bruͤſten noch nicht vergangen iſt / nicht duͤrffte / um obiger Urſach willen / wieder angeleget wer - den / ſo iſts eine offenbare Thorheit. Denn ich gebe zum Exempel diejenigen Weiber / welche auff Maͤrckten zu thun haben / wenn ſie ſtillende Kinder haben / und ſolche daheime laſſen / ziebenB b 4zuwei -392Unterſuchung derer von ſuper - klugenzu weilen auff die Maͤrckte / und kommen in Tag und Nacht kaum wieder nach Hauſe / da immit - telſt die Kinder mit Blere oder etwas anders auffgehalten werden. Wenn denn die Muͤtter heim kommen / bringen ſie ihren Kindern volle Keller mit Getraͤncke mit heim / und werden ſol - che Kinder / ohne Beſorgung einiges Unheils / zum Trincken angelegt. Was iſt denn allda vor ein Unterſchied unter einem ſolchen Kinde / und unter einem / das nur vor einem Tage ent - woͤhnet iſt? Ich kan keinen ſehen / auſſer den / daß dieſe Mutter fuͤr jener einen andern Vor - ſatz gehabt hat, nemlich eine hatte den Vorſatz / ihr Kind noch laͤnger trincken zu laſſen / die ande - re aber nicht. Nun aber iſt ja ein ieder Menſch uͤber ſich ſelbſt maͤchtig / einen ſolchen Vorſatz / der weder boͤſe noch gut iſt / zu vollziehen oder zu un - terlaſſen. Wenn nun eine Mutter gleich ſich vorge ſetzt haͤtte / ihr Kind zu entwoͤhnen / ſie re - ſolvirte ſich aber des andern Tages wieder an - ders / und ſtillete ſolches ferner / warum ſolte denn ſolche Veraͤnderung des Vorſatzes der Milch in der Bruſt eine ſolche ſchaͤdliche Eigenſchafft mit - theilen / daß das Kind / das ſolche Milch traͤncke / ein Gottes-Laͤſterer wuͤrde? Iſt ſicherlich et - was recht naͤrriſches. Und warum ſoll denn nur das Kind / das ohne dem ſchon dieſer Milch ge - wohnet geweſen / ſolche boͤſe Eigenſchafft davonkriegen /393Weibern hochgehaltenen Aberglauben. kriegen / ein anders aber / das aus dieſer Bruſt noch niemahls getruncken haͤtte / nicht? Denn man hat ja viel Exempel / daß gemiethete Saͤug - ammen ein Kind entwoͤhnen / und ſich wieder an einen andern Ort zur Amme vermiethen / ohne daß ſich iemand beſorget / ob wuͤrde das andere Kind ein Gottes-Laͤſterer / weil es aus der Bruſt trincket / davon ein Kind entwoͤhnet worden. Es giebt wohl Gottes-Laͤſterer und ruchloſe Maͤu - ler / welche nicht einmahl an einer Mutter-Bꝛuſt getruncken haben / wenn zuweilen die Muͤtrer bald nach der Geburt ſterben / und die Vaͤter zu arm ſind / oder keine Gelegenheit haben / Ammen zu halten. Was hat alsdenn ſolche Leute zur Gottes-Laͤſterung verurſachet? Es giebt lei - der uͤberall epicuriſche Leute und Gottes-Laͤſte - rer genug / derowegen / wenn ja ein und anderer darunter ſeyn ſolte / der nach der Entwoͤhnung wieder an ſeiner Mutter Bruſt geleget worden waͤre / wer will mich denn verſichern / daß eben die Urſach deſſen ſeines Laͤſter-Maules vom an - dermahligen Bruſt-Saugen / und nicht viel - mehr von gottloſer Zucht herruͤhre? Und koͤmmt eben ſo alber heraus / als wenn geſagt wird: Der kan das Stehlen nicht laſſen / weil ihm ſeine Mutter zum erſten mahl die Naͤgel an den Fingern nicht abgebiſſen / ſondern abge - ſchnitten hat. Da doch viel 100. Diebe in derB b 5Welt394Unterſuchung derer von ſuper - klugenWelt ſind / denen die Naͤgel erſt ſind abgebiſſen worden. Dahero ſind es lauter Narren-Tap - pen und wurmſtichige Alfantzereyen / worauff ein rechtſchaffener Chriſt im geringſten nichts achten ſoll.

Wenn manch Kind haͤtte beſſre Zucht /
Und hoͤrt nicht / wenn der Vater flucht /
Und wenn die Mutter laͤſterlich
Offt ohne Noth vermaͤſſe ſich /
Saͤh auch nicht ſo ein arges Leben /
Und andre Laſter mehr darneben /
So blieb das Kind auch beſſrer Art /
Und vom Gotts-Laͤſtern wohl bewahrt.

Das 87. Capitel.

Eine ſchwangere Frau ſoll unter kei - ner Wagen-Deiſſel hinkriechen / ſie muß ſonſt uͤber die gewoͤhnliche Zeit ſchwanger gehen.

ICh will nicht in Abrede ſeyn / daß ein ſchwanger Weib / (ſonderlich von zarten Art /) durch das Niederbuͤcken und Durch - kriechen unter einer Wagen-Deiſſel / ſich ſolle ei - nigen Schaden zufuͤgen koͤnnen. Denn es iſt bekandt genug / wie wohl ſich ſchwangere Weiber in Acht zu nehmen haben / daß ſie ſich und ihrer Leibes-Frucht keinen Schaden thun. Daß a - ber in ſpecie eine Wagen-Deiſſel Urſach zu ſol -chem395Weibern hochgehaltenen Aberglauben. chem Unheil geben ſolle / auch eigentlich dieſes verurſachete / daß das Weib laͤnger muͤſte war - ten / ehe ſie gebaͤhren koͤnne / als ihre von GOtt geordnete Geburts-Stunde geweſen ſey / ſolches iſt nicht der Warheit gemaͤß. Denn es kan / im Fall der Noth / ein ſchwanger Weib ohne Scha - den unter einer Wagen-Deiſſel hinkriechen / (ie - doch heiſſe oder rathe ichs nicht / daß es ohne Noth / vielweniger aus Frevel / geſchehe /) hingegen kan ſie eben dergleichen Schaden nehmen / wenn ſie unter etwas andeꝛs hinkriecht / als ob es eine Wa - gen-Deiſſel geweſen waͤre. Denn dasjenige Ding / unter dem ſie hinkriecht / verurſachet den Schaden nicht ſo oder ſo / ſondern des ſchwan - gern Weibes ungebuͤhrliche Kruͤmmung und Buͤgung ihres Leibes verurſachet eine ſchaͤdliche Druckung der Frucht und Ausdehnung / oder auch wohl Zerreiſſung einiger Baͤnder / welches denn zum oͤfftern ungluͤckliche Geburten verur - ſachet. Dahero ſollen ſich dieſe Weiber / nach aller Moͤglichkeit / ſchonen und in Acht nehmen / daß ſie nicht viel uͤber ſich langen / oder ihren Leib unordentlich buͤgen und ausdehnen. Denn wenn ſie / aus Frevel / und ohne Noth / wolten etwas thun / das ſich nicht geziemete / wuͤrde GOtt zur Straffe Ungluͤck uͤber ſie verhengen; Was a - ber arme Bauer-Weiber ſind / oder auch Solda - ten-Weiber / die Tag und Nacht fort muͤſſen /und396Unterſuchung derer von ſuper - klugenund ſich an nichts kehren koͤnnen / da wird aus der Noth eine Tugend / und iſt an denen ſelben GOt - tes Obhut augenſcheinlich zu ſpuͤren / wenn ſie gleich vielmahl hier und da haben durchkriechen muͤſſen. Dahero wer die Sache nur wolte der Wagen-Deiſſel zuſchreiben / der begehet einen Aberglauben.

Ein ſchwanger Weib von guter Art
Gar billich ihren Gang bewahrt /
Daß ſie nicht irgend etwas thu /
Daß ſie und ihre Frucht dar zu
Koͤnn in Gefahr und Schaden bringn;
Was aber ſie nicht kan er zwingen /
Das uͤber geb ſie GOtt allein /
So wird ſie ohne Ungluͤck ſeyn.

Das 88. Capitel.

Der ſiebende Sohn iſt gluͤcklich et - was zu hellen / zu pflantzen / und zu al - lerhand Verrichtungen.

ICh kenne einen Juͤngling / welcher der ſie - bende Sohn iſt / und zwar alſo / daß ſeine Mutter zwiſchen denen Geburten ſeiner vorigen 6. Bruͤder kein Maͤgdlein gebohren hat. Dem aber ungeachtet kan ich in keine We - ge mercken / worinnen er gluͤcklicher ſey / als ande - re Leute. Und erinnere ich mich auch / daß zu unterſchiedenen mahlen Leute / aus Aberglauben /zu397Weibern hochgehaltenen Aberglauben. zu dieſem Juͤngling gegangen ſind / daß er ihre an ſich habenden Beulen / Kroͤpffe / Gewaͤchſe / und dergleichen / hat anruͤhren muͤſſen / in der Hoff - nung / daß / weil er der ſiebende Sohn waͤre / durch ſein Anruͤhren ihnen werde geholffen werden. Allein ich habe noch nicht erfahren / daß eines ſey dadurch heil worden. Und glaube ich / daß die Einbildung bloß daher kommen mag / weil es et - was ungemeines iſt / daß ſieben Soͤhne nach ein - ander gebohren werden; denn es iſt bekandt / daß man gern aus ſeltſamen Begebenheiten aber - glaͤubiſche Wunder-Wercke machet. Die ſie - bende Zahl wird zwar vor eine ſonderliche und heilige Zahl geachtet. Wenn man aber darauff reflectiren will / ſo ſage ich / die erſte Zahl iſt auch heilig / wegen des einigen GOttes / und wegen der von GOtt beliebten erſten Geburt. Die an - dere wegen der zwey Naturen in Chriſto / der zwey Tafeln des Geſetzes / der zwey Sacramen - te und Teſtamente / ꝛc. Die dritte wegen der drey Perſonen in der Gottheit / als die drey Zeugen im Himmel / ferner die drey Zeugen auff Erden; und des Sprichworts: Omne trinum perfe - ctum. &c. Die vierdte wegen der 4. Evange - liſten / ꝛc. Die fuͤnffte wegen der fuͤnff heiligen Wunden unſers Erloͤſers / ꝛc. Die ſechſte we - gen der ſechs ſteinern Waſſer-Kruͤge zu Cana / der ſechs Haupt-Stuͤcke unſers Catechiſmi / ꝛc. Daßalſo398Unterſuchung derer von ſuper - klugenalſo die vorher gebohrnen ſechs Soͤhne gleichfalls ſich einer heiligen Zahl zu ruͤhmen haͤtten. Auch ſind uͤber der ſiebenden Zahl noch mehr heilige Zahlen / in Anſehung der ſchrifftlichen Begeben - heiten / e. g. die zehende wegen der zehen Gebo - te / und wegen des von GOTT beliebten Zehen - den ꝛc. Die zwoͤlffte wegen der zwoͤlff Apoſtel; der zwoͤlff Soͤhne Iſraels / und ſo fort. War - um ſoll denn die ſiebende (die doch ſonſt auch eine Ungluͤcks-Zahl genennet / und als eine Luͤgner - Zahl gehalten wird) vor andern einen Vorzug haben? Dahero beſtehet das Werck mit dem ſiebenden Sohne in bloſſer Einbildung der Leu - te / in der Warheit iſt aber nichts daran. Die nun daran glauben / begehen Abgoͤtterey.

Der ſiebend Sohn ſoll gluͤcklich ſeyn in al -
len ſeinen Sachen /
Wenns aber zum Beweiſe koͤm̃t / muß man
nur druͤber lachen /
Da man ſieht / wie derſelbe ſich ſtets muß
mit Elend plagen.
Drum daß die Sach erlogen ſey / mag ich
gar ſicher ſagen.
Das399Weibern hochgehaltenen Aberglauben.

Das 89. Capitel.

Maleficanten / wenn ſie torqviret werden / auff daß ſie ohne Bekenntnitz die Tortur ausſtehen moͤgen / hengen einen Zet - tul auff den Ruͤcken / darauff der 15. Verß aus dem zehenden Pſalm geſchrieben iſt.

ES iſt kein Zweiffel / es wird mancher ſagen: Ich haͤtte dieſen Punct wohl moͤgen unbe - ruͤhret laſſen / dieweil hier durch nur Anlei - tung zu ſolchen loſen Praticken gegeben wuͤrde; ja ich muß ſelbſt geſtehen / daß ich auch eben um deswillen lange an geſtanden habe / dieſen und dergleichen Punct mit anzufuͤhren. Alleine / in Erwegung / daß dieſer und dergleichen Puncte ſchon viel bekandt ſind / und von boͤſen Buben ins geheime practiciret werden / ohne daß man - cher Boͤſewicht glaubet noch weiß / daß er damit ſich nichts anders ſchaffe / als GOttes Zorn noch mehr auff ſich lade / und ſein eigen Verderben vermehre; ſo wird iedweder mit mir bekennen muͤſſen / daß es rathſam waͤre / wenn alle ſolche loſen Haͤndel / beſamt rechtmaͤßiger Wiederle - gung am Tage laͤgen / weil viele dieſe Dinge aus Unverſtande practiciren / die es ſonſt wohl un - terlieſſen / wenn ſie der Sache gruͤndliche Be - ſchaffenheit wuͤſten. Dahero auch ohne Zweif -fel /400Unterſuchung derer von ſuper - klugenfel / Herr Doctor Hartmann / Superintendent zu Rotenburg / nicht allein dieſes / ſondern noch viele dergleichen Dinge mehr / in ſeinen Tractaͤt - gen / ſo er wieder das zauberiſche Segnen ge - ſchrieben / gantz frey meldet / aber dargegen auch gewaltig denen / die ſolchen Suͤnden nachhaͤn - gen / wiederſpricht. Was demnach dieſer ietzt vorhabende Punct anlanget / ſo kan einen ver - ſtaͤndigen Chriſten nicht verborgen ſeyn / wovon der gantze zehende Pſalm handele / nehmlich von Sauls und ſeines Anhangs Tyranney und Verfolgung gegen die Frommen / ſamt einen Gebet wieder ſolche Tyranney. Der 15. Vers aber lautet: Zubrich den Arm der Gottloſen / und ſuche das Boͤſe / ſo wird man ſein gottloß Weſen nimmer finden. Nun wolle man nur erwegen / ob nicht dieſer 15. Vers des 10. Pſalms / einen ruchloſen Verbrecher und Ubelthaͤter ſchnurſtracks entgegen ſey / eben als wie die fuͤnff - te Bitte im Vater unſer denen feindſeligen und unverſoͤhnlichen Leuten. Und kan alſo nichts wenigers als dieſer Vers einen boͤſen Buben darzu dienen / daß er auff der Folter ſeine boͤſe That nicht bekennen koͤnnen / und moͤgen ſolche Buben dieſen Pſalm gantz und gar nicht zu ih - ren Vortheil gebrauchen. Solte ſichs aber zu tragen / daß ein unſchuldiger Menſch von einer ungerechten und Gewiſſen-loſen Obrigkeit / zurUnge -401Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Ungebuͤhr / irgend aus Affecten und Feind - ſchafft / auff die Folter gebracht wuͤrde / ſo moͤchte nicht nur dieſer Verß / ſondern vielmehr der gan - tze zehende Pſalm / einem ſolchen unſchuldig Lei - denden zu einem Gebet dienen. Aber auff den Ruͤcken zu hengen wuͤrde ſicherlich ein Blat aus dem Eulenſpiegel und dieſer Spruch einer - ley Wirckung haben. Denn der Ruͤcken und auch der todte Buchſtabe ruffet nicht zu GOtt / ſondern die Seele / welche insgemein unter dem Nahmen Hertz verſtanden wird. Iſt demnach das Anhengen einer ſolchen Schrifft vor nichts anders zu achten / als eine Zauberey und Miß - brauch der heiligen Schrifft. Es kan auch nichts effectuiren / auſſer durch Zulaſſung GOttes / mit Huͤlffe des Teuffels. Dahero man ſich de - ſto mehr davor zu huͤten hat / wenn man dadurch nicht dem Teuffel will zu Theil werden.

Haſt du die boͤſe That begangen und voll -
bracht /
So glaube / daß der Spruch des Pſalmes
gar nichts macht /
Das dir zu Nutzen koͤm̃t. Der Mißbrauch
heilger Schrifft
Wird dir und deiner Seel zu lauter Hoͤllen -
Gifft.
Drum rath ich / daß du frey bekenneſt ohne
Zwangk /
C cEh402Unterſuchung derer von ſuper - klugen
Eh dein Gewiſſen wird des Teuffels Folter -
Banck.

Das 90. Capitel.

Daß einer auff der Folter bald be - kennen muͤſſe / hengt er an den 17. Verß des 51. Pſalms / oder den 2. Verß des 45. Pſalms.

DIeſes iſt mit vorigem Puncte gleiches Schlages. Es wird aber dieſes meh - rentheils durch die Scharffrichter an ſol - chen Delinqventen practiciret / wo ſie vermu - then / daß ſie auff der Folter nicht bekennen moͤch - ten. Allein / wenn man die Worte betrachtet / ſo ſiehet man ſtracks / daß es ein Werck ſey / damit der Teuffel nur ſein Spiel und Geſpoͤtte treibet; an ſich ſelbſt aber im geringſten nichts effectui - ren kan; und ſoll dahero billich eine iede Chriſt - liche Obrigkeit wohl Acht haben / ob durch die Scharffrichter dergleichen Dinge vorgenom̃en werden / und ſolte ſolches durchaus nicht practi - ciren laſſen. Denn wenn die Scharffrichter / ihrer Pflicht gemaͤß / ſonſt Luſt haben / und wol - len / in und bey der Tortur, unpartheyiſch ihr Amt verwalten / ſo wiſſen ſie verſtockte und hart - naͤckige Leute und boͤſe Buben wohl / ohne ſolche zauberhafftige Gauckel-Poſſen / redend zu ma - chen / oder zur Bekenntniß zu bringen. Wennaber403Weibern hochgehaltenen Aberglauben. aber (wie es wohl mehr erfahren worden iſt) die Scharffrichter mit denen Maleficanten in heimlichem Vernehmen ſtehen / oder / ſo zu re - den / unter einer Decken liegen / ſo koͤnnen ſie ſie auch ſo tractiren / daß ſie / ohne Empfindung groſſer Pein / die Tortur aushalten / und nichts bekennen. Dahero die Gerichts-Perſonen wohl Urſach haben / in ſolchen Faͤllen auff alles fleißig Achtung zu geben.

Wenn ein Cam’rad den andern ſoll ſelbſt
fortern und torqviren /
So wird der Richter mehrentheils das
Recht dabey verlieren.
Der Hencker / der ſelbſt hat den Raub mit
Dieben helffen parten /
Der wird auch bey der Folter-Banck die
Sache alſo karten /
Daß ja der Dieb nicht allzuviel vom Dieb -
ſtahl muͤß bekennen /
Vielweniger den Hencker moͤg bey der Aus -
ſage nennen.

Das 91. Capitel.

Wer Brod und Saltz bey ſich traͤgt / iſt ſicher fuͤr Zauberey.

ICh habe noch niemahls weder gehoͤret noch geleſen / daß iemahls eine Hexe oder ein Zauberer in der Welt geweſen ſey / die oderC c 2der404Unterſuchung derer von ſuper - klugender nicht Brod zur taͤglichen Speiſe gebraucht haͤtte. Da nun aber alle Hexen und Zauberer ſich taͤglich des Brods / auch zugleich des Saltzes / zu ihrer Speiſe bedienen / ſo iſt ja Sonnen-klar daraus zu ſehen / daß keinesweges das Brod die Krafft und Eigenſchafft haben koͤnne / der Zau - berey zu wie derſtehen / oder der Hexen und des Teuffels Gewalt zu ſchwaͤchen. Hat der Teuf - fel und ſeine getreuen Helffer die Gewait von o - ben herab / einem Menſchen Schaden zu thun / ſo wird alles Saltz und Brod in einem gantzen Koͤnigreiche viel zu ohnmaͤchtig ſeyn / das zu ver - richten / was ein eintziges recht glaͤubiges Gebet verrichten kan. Auff daß aber der Teuffel ſein Werck in denen habe / die ſolchen Haͤndeln nach - hengen / ſo enthaͤlt er ſich zuweilen / an ſolchen a - berglaͤubiſchen Menſchen ſeine erhaltene Ge - walt zu vollziehen; nicht um deß willen / ob koͤn - te er um ſolcher gebrauchten aberglaͤubiſchen Huͤlffs-Mittel willen nichts vollbringen; ſon - dern vielmehr nur darum / daß ſolche unnuͤtze Mittel liebende und GOttes Huͤlffe verachten - de aberglaͤubiſche Teuffels-Diener in ihrer ab - goͤttiſchen Thorheit ie mehr und mehr moͤgen be - feſtiget werden / biß er ſie endlich dahin bringt / daß ſie ſich nach nichts anders / als ſolchen ver - dammten Weſen umſehen / und hingegen des allein Huͤlff-reichen GOttes gar vergeſſen. Sohat405Weibern hochgehaltenen Aberglauben. hat als denn der Satan gewonnen / und der arme Menſch iſt zwar nicht bezaubert / ſondern leider! dem Teuffel gar zu Theil worden.

Behuͤt GOtt mich und alle Chriſten
Fuͤr dergleichen Teuffels Liſten!
Wer Vernunfft hat / kan leicht ſchlieſſen /
Daß die Dinge fehlen muͤſſen.
Eben / als wenn man wolt ſchlagen /
Und mit einem Lamm verjagen
Einen Wolff; und mit den’n Ratzen
Man vertreiben wolt die Katzen.

Das 92. Capitel.

Die Weiber und Saͤugammen ſol - len die Kinder mit Koth an der Stirn be - ſtreichen / ſolches bewahret ſie fuͤr Neid und Zauberey.

IM vorigen Capitel wird Brod und Sal - tze die Krafft zugeſchrieben / Zauberey zu verhindern; Hier kommen die kothigten Helfferinnen gar mit Kothe auffgezogen. Es iſt aber leichte zu ſchlieſſen / daß dieſes Koth-Mit - tel von dem unſaubern Geiſt oder Koth-Teuffel erſonnen ſey. Man hat Exempel / und aus vie - len glaubwuͤrdigen Hiſtorien ſo viel erſehen / daß gemeiniglich diejenigen Perſonen / welche ſich mit dem Teuffel in ein Buͤndniß eingelaſſen ha - ben / nicht die Freyheit gehabt haben / ſich reinlichC c 3zu406Unterſuchung derer von ſuper - klugenzu halten / ſondern haben / nach des Satans Be - gehren / mehrentheils in unſauberer Kleidung und mit ungewaſchenem Geſicht und Haͤnden ſich muͤſſen finden laſſen. Auch iſt aus vieler Hexen eigenem Geſtaͤndniß bekandt / die ſie theils gutwillig / theils auch in der Tortur gethan / daß ſie diejenigen Perſonen / welche ſie ungewaſchen angetroffen / viel eher haͤtten bezaubern koͤnnen / als dieſe / welche ſich gewaſchen gehabt. Und dieſes iſt auch wohl glaublich / weil gemeiniglich die innerliche Reinigkeit der Seelen mit der Rei - nigkeit des Leibes in einer guten Harmonie zu ſtehen pfleget / und der hoͤlliſche Stinck-Bock und unflaͤthige Kothfincke ſich gern zu ſeines gleichen / nemlich zu unflaͤtigen Saͤuen geſellet. Wenn nun das kothige Geſchmiere an der Kin - der Stirn eine Huͤlffe wieder Neid und Zaube - rey ſeyn ſoll / ſo kan es wohl auff keine andere Weiſe ſeyn / als wenn die Zauberer und der Sa - tan ſolche beſchmutzte Kinder vor junge Graſe - Teuffel anſehen / und dencken / weil ſie ohne dem in ihre Koth-Zunfft gehoͤreten / ſo haͤtten ſie nicht noͤthig / ihren Zunfft-Genoſſen Schaden zu thun. Aber was das vor ein ſchreckliches Ver - brechen der Mutter iſt / wenn ſie ihr getaufft Chriſten-Kind ſo liederlicher Weiſe / aus Aber - glauben / (wahrhafftig nur dem Teuffel zur Freude) wieder mit Unflat und Koth beſudelt /welches407Weibern hochgehaltenen Aberglauben. welches billich eine iede aberglaͤubiſche Mutter beſſer bedencken moͤchte. Wenn die Weiber ſo viel vom Koth halten / und ſelbigem ſo groſſe Krafft zuſchreiben / warum beſchmieren ſich denn die Naͤrrinnen nicht ſelbſt uͤber und uͤber mit Koth / wenn ſie ſich fuͤr Zauberey und Neid fuͤrchten / oder laſſen ſich auff die Koͤpffe ſ. v. et - was thun / daß es ihnen uͤber die Stirn laufft? Denn was den Neid anlanget / ſo ſind die Muͤt - ter und Ammen ſolchem ja mehr unterworffen / als die unſchuldigen Kinder / und wird wohl nie - mand ein klein Kind um etwas neiden; Aber die ſchoͤnen Weiber werden offt von andern / um der Schoͤnheit willen / geneidet. Wenn ſie a - ber (woferne Koth ſoll ein remedium fuͤr Neid und Zauberey ſeyn) die ſchoͤnen Geſichter mit Koth bedecken / ſo wird derſelbe wohl gewiß ge - nug helffen. Probatum eſt. Die es aber nicht glauben will / hat die Freyheit zur Probe. Daß es aber auch fuͤr Zauberey helffen ſoll / dafuͤr bin ich nicht Buͤrge / ſondern ſetze ſelbſt einen Un - glauben drein / und bitte / nur die armen unſchul - digen Kinder unbeſudelt zu laſſen.

Welch unvernuͤnfftig Weſen erdenckt das
Weiber-Hirn /
Daß ſie mit puren Koth der armen Kinder
Stirn
C c 4Be -408Unterſuchung derer von ſuper - klugen
Beſudeln und beſchmieren für Neid und
Zauberey?
Ich kan gar nicht begreiffen / daß das ver -
nuͤnfftig ſey.

Das 93. Capitel.

Fuͤr das Fieber drey Biſſen geſtohlen Brod genommen / in zwey Nußſchalen ge - ſpeyet / in ein Briefflein geſchrieben und ge - ſagt: Kuh / wilt du zu Stalle / Froͤrer / ſo geh du zu Walle! Ich zehl dir das zur Buß auff / im Nahmen GOttes des Vaters / des Sohnes und Heiligen Gei - ſtes!

DIeſes iſt eine ſo gottloſe Fieber-Cur / daß ein rechtſchaffener Chriſt / ob er gleich ſein Lebtage das Fieber nicht gehabt haͤtte / faſt einen Schauer oder gar das kalte Fieber nur vom bloſſen Angehoͤr ſolches gottloſen Huͤlffs - Mittels bekommen moͤchte. Es wird hiermit ſchreckliche Suͤnde wieder das erſte Gebot be - gangen / wenn (zwar im Nahmen GOttes aber Mißbrauchs-weiſe) geſtohlen Brod und unflaͤ - tig Geſpyenes / ſamt zauberhafften Worten / zur Huͤlffe genommen / aber GOttes einige Huͤlffe und deſſen ordentliche Artzney darneben in Ver - achtung geſetzt wird. Wieder das andere Ge - bot wird ſchrecklich geſuͤndiget / wenn der heiligeNahme409Weibern hochgehaltenen Aberglauben.Nahme GOttes und der Heiligen Dreyfaltig - keit ſo ſchaͤndlich gemißbrauchet / und dem Teuf - fel zu Liebe verunehret wird. Es wird geſuͤn - diget wieder das ſiebende Gebot / in welchem GOtt das Stehlen verbietet / hier aber wird ge - ſtohlen Brod als ein Huͤlffs. Mittel recomman - diret und gebraucht. Auch wird geſuͤndiget wieder das fuͤnffte Gebot; denn dieſes iſt keine Artzney zur Geneſung / ſondern vielmehr zum Tode / weil damit ohnmoͤglich das Fieber kan vertrieben werden. Wohl aber wird damit ver - hindert / daß ordentliche und dienliche Artzney - Mittel nicht gebraucht werden / daß mancher Patiente alſo dahin ſterben / und offt an Leib und Seele verderben muß. Und weiß ich ſelbſt E - xempel / daß Leute / welche ſolche zauberiſche Mittel an denen verſucht haben / die das Fieber gehabt / damit ſo viel zuwege gebracht haben / daß hernach keine natuͤrlichen Medicamenta etwas haben effectuiren koͤnnen / biß endlich die Pa - tienten ſo verzehret worden / daß ſie die Erde druͤ - ber kaͤuen muͤſſen. Und iſt das gemeiniglich der Nutzen von ſolcher Gauckeley / daß bey ſolchen Patienten / an welchen dergleichen aberglaͤubi - ſche Poſſen ſind verſucht worden / hernach keine natuͤrlichen Huͤlffs-Mittel mehr anſchlagen. Wie denn auch ſolche Hexen und Zauber-Aertz - te zu ſagen pflegen: Wenn das nicht hilfft / ſo iſtC c 5euch410Unterſuchung derer von ſuper - klugeneuch hernach nicht zu helffen. Wer demnach dieſes alles recht bedeneket / der muͤſte ja vorſetz - lich des Teuffels ſeyn wollen / wenn er derglei - chen Thorheit belieben ſolte. Vor etlichen zwantzig Jahren war zu Muͤhlhauſen / in Thuͤ - ringen / ein ſpaßhaffter Raths-Diener oder ſo ge - nannter Ausreiter / der halff unterſchiedlichen Leuten vom Fieber / durch Anhengung eines Zet - tels / den er verſiegelt gab / und welchen die Pati - enten / nach Verlaſſung des Fiebers / uneroͤffnet ins flieſſende Waſſer werffen muſten. Als nun ein alt Weib / welcher man ſonſt nicht viel Gutes zutrauete / ſich auch dieſes Ausreuters Raths be - dienete / aber / nach verlaſſenem Fieber / den Zet - tel nicht / wie ihr befohlen war / ins Waſſer warff / ſondern (um die Kunſt auch zu erlernen) ſolches eroͤffnete / fand ſie nachfolgende Worte geſchrie - ben:

Alte / liebe Alte!
Schuͤttelt dich das Kalte /
So komm Hanß-Nickel / (alſo hieß da -
mahls der Scharffrichter daſelbſt)
und brenne dich /
Soſchuͤttelt dich das Kalte nicht.

Hieruͤber alterirte ſich die alte Katze / und bekam das Fieber wieder / biß endlich andere Zufaͤlle darzu kamen / und ſie zum Tode befoͤrderten. Al - ſo wohl gerieth dieſe ſchoͤne Fieber-Cur / die dochder411Weibern hochgehaltenen Aberglauben.der Raths-Diener nur zum Spaß vornahm / wie ich ſelbſt / aus ſeinem eigenen Geſtaͤndniß / da - mahls vernommen habe; Doch kan man hier - aus abnehmen / wie es ſolchen Leuten zu gehen pflege / die lieber mit aberglaͤubiſchen Gaucke - leyen umgehen / als mit natuͤrlichen Mitteln. Das Brod-ſtehlen iſt unvonnoͤthen; denn wer das Fieber hat / der hat ſo groſſen Hunger nicht / und kan auch den Hunger eher anwenden zu Til - gung des Fiebers / als wenn man iſſet / und weiß ich Exempel / daß mit Hunger das Fieber iſt ver - trieben worden. Mit Speyen oder durch ein Brech-Mittel iſt das Fieber auch bald zu heben / aber nicht durch ein Speyen in ein paar Nuß - ſchalen / die man anhenget. Auch werden we - der geſchriebene noch geredete Worte kraͤfftig ſeyn / das Kalte zu verjagen / ſondern:

Wenn du das Fieber dir beſtaͤndig wilt ver -
treiben /
So darffſt du eben nichts auff einen Zettel
ſchreiben /
Es ſey denn ein Recept nach Apothecker -
Kunſt /
Die and’re Gauckeley iſt nichts und gar
umſonſt.
Und wenn du ſpeyen wilt / ſo nimm was ein
zu brechen /
Worzu du ja nicht brauchſt ein eintzig Wort
zu ſprechen.
Laß412Unterſuchung derer von ſuper - klugen
Laß ie der mann ſein Brod: Nußſchalen
ſchmeiß in Miſt /
Sonſt biſt du ſicheꝛlich ein abeꝛglaͤub’ſcher
Chriſt.

Das 94. Capitel.

Wenn eine Mauß einem am Kleide genaget hat / ſo bedeutets Unglück.

FReylich kan es kein Gluͤck ſeyn / wenn die Maͤuſe einem die Kleider zerbeiſſen / und ie koſtbarer das zerbiſſene Kleid iſt / ie hoͤher das Ungluͤck zu æſtimiren iſt. Daß aber dieſes ein zukuͤnfftiges Ungluͤck zuvor bedeuten ſoll / kan ich keine Urſach erfinden / es ſey denn mit gewiſ - ſer Condition. Zum Exempel / wenn irgend das Kleid / davon eine Mauß genaget hat / an ei - nem ſonſt verwahrten Orte gelegen iſt / da man andere koſtbare mobilia mehr verwahret gehal - ten / und keine Maͤuſe vermuthet gehabt; nach - dem man aber gewahr worden / daß an dem Klei - de eine Mauß genaget hat / wird man ohne Zweiffel bald weiter nachſchauen / ob irgend die Maͤuſe an andern Dingen mehr moͤchten Scha - den gethan haben. Wenn alsdenn ein Schaden gefunden wird / ſo hat freylich das am Kleide ge - nagte ſolch Ungluͤck angezeiget / welches ſonſt noch eine Weile waͤre verborgen blieben. Auff dieſe und dergleichen Art / ſage ich / kan das Maͤu -ſe-Ge -413Weibern hochgehaltenen Aberglauben.ſe-Gebiſſene an einem Kleide wohl ein Ungluͤck anzeigen / ſonſt aber auff keine Weiſe.

Wenn dir die Maͤuſe hab’n das Kleid und
Rock zerbiſſen /
So magſt du ihnen bald zum Tode Gifft
verſiiſſen /
Auff daß ſie ferner nicht noch mehr derglei -
chen Sachen
Zerbeiſſen / oder auch wohl ander Ungluͤck
machen.

Das 95. Capitel.

Wenn die Weiber oder Maͤgde Saͤ - cke waſchen / ſo regnets hernach.

SOlcher Geſtalt muͤſten ſolche Weiber, die Saͤcke wuͤſchen / rechte Wettermacherin - nen ſeyn. Weil dieſes aber eine Sache iſt / die mehr mit laͤcherlichen als ernſtlichen Au - gen angeſeben werden mag / ſo moͤgen die aber glaͤubiſchen Weiber / nach ihren Gefallen / Saͤ - cke waſchen. Denn ich habe noch nicht gehoͤrt / daß iemahls Sommers-Zeit / bey groſſer Duͤr - re / die Weiber mit ihrem Saͤcke-waſchen haͤt - ten einen Regen erreget; welches ſie doch ſchwer - lich wuͤrden unterlaſſen haben / woferne ihre Kunſt probat waͤre. Dahero will ich ſie in ih - rer Andacht immer fort waſchen laſſen / und ſie nicht ſtoͤren / weil ich beſorge / es duͤrffte mehrKoth414Unterſuchung derervon ſuper - klugenKoth als Waſſer regnen. Denn es ſind Poſ - ſen / daß ſie mit ihrem Waſchen

Der’r alten ſchmutzgen Saͤcke /
Die voller Koth und Specke /
Gedencken zu bewegen
Den Himmel / daß er Regen
Unor dentlich muͤſt geben.
Laͤſt GOtt nicht Narren leben!

Das 96. Capitel.

Wenn einer nieſſet bey Anziehung der Schuhe / ſo bedeutets ein Un - gluͤck.

DAs Ungluͤck wird ohne Zweiffel darinnen beſtehen / daß einem bey ſolchem Nieſen ein Wort entfaͤhret / das weder Sylbe noch Buchſtaben hat / welches man in Gegenwart der Leute nicht gern laute redet / ſondern lieber ver - ſch wiegen haͤlt. Wenn man denn bey dem Schub-Anziehen in einer ſolchen poſitur ſitzet / wie bekandt iſt / daß / ſo einem ohngefehr ein Nie - ſen dabey ankoͤmmt / gar leichte der Fitzfaden zer - reiſſen / und die Lufft Roͤhre der Hinter-Bruſt davon auffgehen kan / wobey ſich gemeiniglich ein unangenehmes Murren und Brummen / ſamt einem uͤbelriechenden Winde / hoͤren laͤſſet. Welche Begebenheit / ſo ſie in Gegenwart re - putirlicher Leute oder honneten Frauenzim̃ersſich415Weibern hochgehaltenen Aberglauben.ſich zutraͤgt / mancher Menſch Zweiffels frey als ein Ungluͤck achten wird. Und dieſes wird alſo das durch das Nieſen angezeigte oder vielmehr verurſachte Ungluͤck gar ſeyn / welches doch man - cher unverſchaͤmter Rettig-Schlucker nur in ein Gelaͤchter ausſchlaͤgt / oder wohl gar / als eine Kunſt / vorſetzlich practiciret.

Nimm dich in Acht beym Schuh-Anziehn /
daß du dich nicht ſehr buͤck eſt /
Und durch ein Nieſen ohngefehr den Bauch
zu hefftig druͤck eſt /
Wodurch dir was entfahren koͤnt / welchs du
vor Ungluͤck achteſt;
Jedoch / wenns ohngefehr geſchaͤh / rieth ich /
daß du nur lachteſt.

Das 97. Capitel.

Wieder die fallende Sucht oder ſchwere Noth hilfft ein Zettel angehengt / darauff geſchrieben ſtehet: Caſpar fert Myrrham, Melchior Thus, Bal - thaſar Aurum. Hæctria qui ſecum portabit nomina Regum. Solvitur â morbo Chriſti pietate caduco.

EY das muß ohne Zweiffel gewiß und pro - bat ſeyn / wird mancher ſagen; denn es iſt Lateiniſch / und verſtehet es niemand / als die Gelehrten / und muß auch wohl von einemGelehr -416Unterſuchung derer von ſuper - klugenGelehrten ſeyn erfunden worden / dahero die Kunſt nicht ſo ſchlecht hin anzuſehen iſt. Ja das iſt wahr / daß es wohl ein gelehrter Maͤhrlein - Kraͤmer im abgoͤttiſchen Pabſtthum mag erfun - den haben / weil die gantze Narrethey auff lauter papiſtiſche Luͤgen gegruͤndet iſt. Denn welche Religion giebt fuͤr / daß die Weiſen aus Morgen - Lande waͤren Koͤnige geweſen / als die paͤbſtiſche? Welche ſagen / daß einer haͤtte Caſpar / der andere Melchior und der dritte Baltzer geheiſſen / als die Papiſten? Alſo hat ein betruͤglicher Moͤnch oder Jeſuit dieſen Verß zuſammen geſchmiedet / und denen einfaͤltigen Leuten weiß gemacht / daß / wenn er angehenget werde / ſo befreye er diejeni - gen / ſo mit der fallenden Sucht beladen waͤren / von ihrer Plage. Alleine wie abgeſchmackt es heraus koͤmmt / iſt zu verwundern / und ſolte man ſolche Schurckerey von denen allertummeſten Menſchen auff der Welt (ſoferne es Chriſten heiſſen wollen) kaum vermuthen / daß ſie es glau - beten; Und dennoch ſind die ſonſt klugen Papi - ſten mehrentheils ſo verblendet / und meynen / es ſey alles vom Himmel geredet / was ihnen ihre Pfaffen vorluͤgen. Es moͤchten aber die Papi - ſten immer ſolche Maͤhrlein vor ſich glauben / wenn nur unter denen Evangeliſchen nicht auch Affen waͤren / die ſolche Pickel-Herings-Grillen vor etwas kluges hielten. Denn wenn man denteutſchen417Weibern hochgehaltenen Aberglauben.teutſchen Wort-Verſtand dieſes Lateiniſchen Verſes anſiehet / welcher alſo lautet: Caſpar ſchenckt Myrrhen / Melchior den Weyrauch / und Baltzer das Gold / wer dieſe drey Nahmen der drey Koͤnige bey ſich traͤgt / der wird von der boͤſen hin fallenden Seuche errettet; ſo moͤchte man die Stranguriam uͤber ſolchem Narren - Verſtand kriegen. Und koͤmmt nicht beſſer her - aus / als wenn einer die Peſt wolte mit einem Zettul oder Amulet vertreiben / darein er ſchrie - be: Clauß ſchiert die Hunde / Matz laußt die Saͤue / und Barthel fuͤhrt die Eſel zum Tantze / wer dieſe drey Nahmen der drey luſtigen Harle - qvinen bey ſich traͤgt / der iſt ſicher fuͤr der Peſt. Gleichwie nun der / der ſolches thaͤte / in aller Welt wuͤrde fuͤr einem Ertz-Narren gehalten werden; alſo kan wahrhafftig der auch vor nicht kluͤger angeſehen werden / der dieſen drey-Koͤnig - Verß vor die fallende Sucht erſonnen hat. Wenn Gold / Weyrauch und Myrrhen gleich ſolche ingredientia waͤren / davon ein compo - ſitum und ſpecificum antepilepticum koͤnte bereitet werden / ſo kaͤme es dennoch tolle genung heraus / da man glauben wolte / daß die bloſſe Be - ſchreibung ſolcher ingredientien / und die Nah - men derer / die iemanden mit ſolchen materiali - en beſchencket haͤtten / ſchon kraͤfftig genung ſeyn / dieſe arge Kranckheit damit zu vertreiben. DennD dwenn418Unterſuchung derer von ſuper - klugenwenn einen hungerte / ſo frage ich / ob er auch wuͤrde ſatt werden / wenn ein anderer zu ihm kaͤ - me / und ſchrieb auff einen Zettul / wie Pancrati - us, der Richter von Rumpelskirchen / dem Schulmeiſter daſelbſt haͤtte eine Knack-Wurſt und ein haußbacken Brod verehret. Ich zweif - fele nicht / der Hungerige wuͤrde ſagen: Narr! was hilfft mirs / da der Richter mirs nicht gege - ben hat? Alſo kan auch ein ſolcher Zettul nicht vor die fallende Sucht helffen / worauff die Nah - men derer drey Koͤnige / welche dem HERRN CHriſto haben Geſchencke gebracht / geſchrieben ſtehen; ſondern es bleibet eine ruchlofe Betruͤ - gerey und abgoͤttiſches Teuffels-Spiel.

Wenn gleich die weiſen Medici und Aertzte
waͤr’n geweſen /
So koͤnt ihr Nahme dennoch nicht was
helffen zum Geneſen.
Schreib einer gleich Galenum auff / Hippo -
cratem darneben /
Auch den beruͤhmten Theophraſt, und die
noch tetzo leben /
Den Blanckart, Wedel, andre mehr / trag
ſolche auff dem Leibe /
Und ſehe / ob er ſeinen Schmertz mit dieſer
Schrifft vertreibe?
Das419Weibern hochgehaltenen Aberglauben.

Das 98. Capitel.

An einem Freytage ein neu-waſchen Hembde angezogen / dienet fuͤr das Grimmen.

DIeſes wieder die geſunde Vernunfft ſtrei - tende remedium anticolicum iſt ein Ding / welches hauptſaͤchlich mit unter die von GOTT vielfaͤltig verbotene und fuͤr einen Greuel geachtete Tagewehlerey zu zehlen iſt. Die Tagewehler aber ſetzet Moſes mit in die Claſſe der Zauberer / Zeichendeuter / Wahrſa - ger und die auff Vogel-Geſchrey achten. Iſt ſicherlich eine ſchoͤne Geſellſchafft! ſcilicet. Wer nun um deß willen an einem Freytage ein neu-waſchen Hembd anziehet / daß er dadurch ge - denckt das Grimmen oder die Colica zu vertrei - ben / der iſt ein ſolcher Tagewehler / an welchem der HErr ein Greuel hat. Zu dem ſo iſt es auch ein gantz naͤrriſch Unternehmen / weil we - der der Tag noch das neuwaſchene Hembde die Urſache des Grimmens vertilgen kan; wo aber die Urſach einer Kranckheit nicht gehoben wird / ſo kan noch weniger die Kranckheit gehoben wer - den; Eben als wenn einer wolte den von einem rauchenden Feuerbrande entſtandenen Rauch vertreiben / wolte aber den ranchenden Brand nicht hinweg ſchaffen / oder ſolchen gar ausloͤ -D d 2ſchen.420Unterſuchung derer von ſuper - klugenſchen. So ferne aber einer den Rauch dennoch vertriebe / ohnerachtet der rauchende Brand we - der hinweg geſchaffet / noch verloͤſchet worden waͤre / ſo wuͤrde ein ſolcher Kuͤnſtler ſich gewiß verbotener und unnatuͤrlicher Wiſſenſchafft hal - ben verdaͤchtig machen / zumahl wenn er nicht den Rauch / durch Huͤlffe der Lufft wo andershin zu leiten wuͤſte; Alſo auch einer / der auff oben ge - meldete Art das Grimmen vertreibet / der verſi - chere ſich nur gewiß / daß[ darunter] etwas anders verborgen iſt / und der Satan ſein Spiel damit treibet / um bey denen aberglaͤubiſchen Kindern des Unglaubens nur ein Wunder-Werck zu vollbringen / dafuͤr ſich aber verſtaͤndige Chriſten huͤten werden.

Schuͤtt nicht zu viel in deinen Magen /
So wirſt du nicht ſo duͤrffen klagen /
Daß dich es reiß in deinem Bauch.
Jedoch / grimmt dichs / Artzney gebrauch /
Und treib nicht ſolche albre Poſſen /
Sonſt meynt man / du ſeyſt gar geſchoſſen
Mit Haſen-Schrot und Affen-Dunſt.
Laß alten Weibern ihre Kunſt.

Das 99. Capitel.

Wer geſtohlenen Kaͤſe oder Brod iſ - ſet / der bekoͤmmt den Schlucken da - von.

Daß421Weibern hochgehaltenen Aberglauben.

D dieſes wahr ſeyn moͤchte / iſt mehr zu wuͤndſchen / als zu glauben. Ja es waͤre noch beſſer / wenn einem ieden / der ſolch Brod oder Kaͤſe iſſet / ein Horn an der Stirn wuͤchſe / ſo wuͤrde man nicht alleine bald hinter die Diebe kommen / ſondern die Horntraͤger derer unſichtbaren Hoͤrner wuͤrden hierdurch einigen Troſt erlangen / daß ſie nicht alleine mit ſolchen Ochſen-Cronen ſich ſchleppen muͤſten. Alleine / es bleibet beydes / nemlich die Hoͤrner und der Schlucken / wohl auſſen. Ach wie wuͤrden manche Diſcurſe einen unangenehmen Klang haben / wenn die Brod-Diebe den Schlucken bekaͤmen / (zumahl / wenn er lange anhielte /) es wuͤrden die meiſten Sylben durch den Schlu - cken verbiſſen werden / daß es keiner Sprache aͤhnlich lauten wuͤrde / ſondern es wuͤrde der Sprache derer Hottentotten / welche dem Ge - kaudere derer Welſchen Haͤhne gleich lauten ſoll / nicht unaͤhnlich ſeyn. Wenn vom geſtohl - nen Brod der Schlucken entſtuͤnde / vielleicht wuͤrden manch tauſend Brod-Diebe weniger ſeyn / weil ſich Zweiffels frey etliche um deß wil - len des Stehlens ſchaͤmen wuͤrden. Aber ach! wo gedencke ich hin? Es iſt ja leider! das Steh - len keine Schande mehr / der Brod-Diebe giebts ja ſo viel / daß ſich faſt alle Welt auff dieſes Diebs - Hand-Werck nehren will. Und hat EraſmusD d 3Albertus422Unterſuchung derer von ſuper - klugenAlbertus in dem bekandten Liede: GOtt hat das Evangelium ꝛc. wohl mit Warheit geſetzt: Die gantze Welt iſt voller Dieb. Ja das iſt wohl wahr; daß aber die Diebe vom geſtohlnen Brode den Schlucken kriegen / iſt wohl nicht wahr.

Ach daß doch waͤre wahr das Sagen /
Daß ſich die Diebe muͤſten plagen
Mit Schlucken / wenn ſie geſſen haͤtten
Geſtohlen Brod! So wolt ich wetten /
Das Land das wuͤrde gar bald rein
Und ledig von Brod-Dieben ſeyn.

Das 100. Capitel.

Bey Vermeidung groſſen Ungluͤcks ſoll niemand uͤber eine Spur gehen / allwo ſich ein paar Hunde belauffen haben.

ALſo warnete unlaͤngſt ein der Einbildung nach uͤber alle Maſſen verſtaͤndiger Mann einem guten Freund / als er ſahe ein paar Hunde auff der Gaſſen ſich belauffen. Der gu - te Herr ließ auch dabey einen ſolchen Eiffer ſpuͤ - ren / daß / ſo ferne ein Haͤſcher gleich damahls waͤ - re zugegen geweſen / ſo haͤtten ohne Zweiffel die unverſchaͤmten Hunde Gefaͤngniß davor leiden muͤſſen / zumahl wenn der Haͤſcher den Befehl dieſes erzuͤrnten Mannes ſchlechterdings wuͤrde reſpectiret haben. Der gute Freund / zu demdie423Weibern hochgehaltenen Aberglauben.die Warnung geſchah / war etwas curiös, und fragte / worinnen denn eigentlich die Gefahr be - ſtuͤnde / die ſich der zu beſorgen haͤtte / der uͤber ei - nen ſolchen Tantz-Platz der Hunde gienge? Monſ. Elogius Bilibaldus (war des verſtaͤndi - gen Mannes Nahme) antwortete: So iemand einen Schaden an ſeinem Leibe haͤtte / und gieng uͤber eine ſolche Spur / ſo wuͤrde der Schaden gantz unheilbar werden. Der gute Freund kunte das Lachen kaum verbergen / biſſe ſich in die Zun - ge / drehete ſich davon / und haͤtte ſich bald durch das Verbergen des Lachens die Hoſen voll gehu - ſtet. Dieſer kam hierauff zu mir / und erzehlte / was Herr Elogius Bilibaldus ihm gelernet haͤt - te; welche Erzehlung mir eben zu ſtatten kam / weil ich gleich mit Striegelung des 99. Aber - glaubens hatte Feyerabend gemacht. Da ich nun biß anhero mit Neun - und neuntzigern hatte gehandelt / und nicht in Abrede ſeyn kan / daß / ſo ich nicht ein Narr alleine ſeyn will / ich unter die - ſer Zahl auch einige Glaubens-Genoſſen vor mich angetroffen hatte; Und da ich dieſe ietzt er - zehlte ſuper-weiſe Thorheit hatte angehoͤret / war mir es nicht wenig lieb / daß die hunderte Zahl meiner geſtriegelten Aberglauben mit ei - nem ſolchen groſſen heiligen ſolte completiret werden. Dieſem nach wird dem geehrten Le - ſer die Sache zu bedencken uͤberlaſſen / ob einD d 4paar424Unterſuchung derer von ſuper - klugenpaar lauffende Hunde / durch dieſe ihre Conjun - ction, unter freyem Himmel / auff freyer Gaſ - ſen / oder auch wohl im freyen Felde / den Ort / allwo ſie ſich belauffen haben / ſo hefftig vergiff - ten koͤnnen / daß wer einen Schaden an ſich haͤt - te / und gienge uͤber eine ſolche Spur / der Scha - den dadurch unheilbar wuͤrde? So frage ich / wie viel tauſend unheilbare Schaͤden doch wohl die Leute beſchweren wuͤrden? Kan demnach der geehrte Leſer leicht urtheilen / daß entweder an dem Fuͤrgeben nichts ſey / oder es muͤſten die - jenigen / welche daran glauben / einen Schaden im Verſtande und Gehirne gehabt haben / und uͤber eine ſolche Hunde-Spur gegangen ſeyn / dadurch ſolcher Schaden unheilbar worden. Das mag aber wohl heiſſen: Hirnwund bey geſundem Leibe. Und damit ich mich nicht zu weit in dieſe Thoren-Poſſen einmiſche / ſo mag ein ieder davon halten / was er will / ich will die Bauern auff ihren Kirchmeſſen / und die Hunde bey ihren Hochzeiten / nicht hindern / ſo werde ich weder geſchlagen noch gebiſſen. Unterdeſſen werde ich / mit guter Gelegenheit / wieder ein hundert ſolcher aberglaͤubiſchen Raritaͤten ſammlen / wie ich denn derſelbigen ſchon wie - der eine feine Anzahl beyſammen habe / und ſo ich vernehme / daß dieſe erſten zwey Hun - dert wohl auffgenommen werden / ſo ſoll als -denn425Weibern hochgehaltenen Aberglauben.denn das dritte Hundert bald auch darzu kom - men.

Wer den’n Hunden ihre Luſt
So beſchnopert und behuſt /
Und nicht will die Hochzeit leiden /
Mag ſie alle laſſen ſchneiden.
Doch weils gleichwohl ſolche Sachen
Sind / die er nicht ſelbſt kan machen /
Laß er machen jedes Thier /
Was ihm die Natur legt fuͤr.
[figure]
D d 5Regi -[426]Regiſter.

Inhalts-Regiſter derjenigen Sachen und Materien / ſo in dieſem andern Hunderte ſind ab - gehandelt worden.

Das 1. Capitel.

  • Wer aus einer Bircken / die mitten in einem A - meiſen Hauffen gewachſen iſt / laͤſſet hoͤltzerne Schlaͤuche oder Haͤhne drehen / und verzapfft Wein oder Bier dadurch / der wird geſchwin - de ausſchencken. pag. 179.

Das 2. Capitel.

  • Wer ein Brod auffſchneidet / und ſchneidet nicht gleich / der hat ſelbigen Tag gelogen. 183

Das 3. Capitel.

  • Wenn ein Weib uͤber was erſchrickt / oder ſich erzuͤrnet / ſoll ſie alsbald durch einen alten Be - ſen bruntzen / ſo ſchadets ihr nicht. 184

Das 4. Capitel.

  • Ledige Weibes-Perſonen / als Jungfern und Maͤgde / welche gern Maͤnner haͤtten / die ſol - len in der Nacht vor St. Andreas Tage St. Andreſen nackend anruffen / ſo wird ihnen ihr kuͤnfftiger Liebſter im Schlaffe erſcheinen. 186

Das 5. Capitel.

  • Wenn eine Dienſt-Magd gerne wiſſen will / ob ſie laͤnger bey ihrem Herrn im Dienſt bleibenoder[427]Regiſter.oder abziehen werde / ſoll ſie auff den Weyh - nacht-heiligen-Abend den Schuch werffen. p. 191.

Das 6. Capitel.

  • Wenn eine Jungfer oder Magd will wiſſen / was ihr kuͤnfftiger Liebſter vor Haare hat / die greiffe in der Chꝛiſt-Nacht ruͤcklings zur Stu - ben-Thuͤr hinaus / ſo bekoͤmmt ſie ſolche Haa - re in die Hand. 194

Das 7. Capitel.

  • Wenn einer eine Haſen-Lorber ohngefehr auff dem Felde oder im Walde findet / und dieſelbe iſſet / ſo mag der Haſe kommen an wen er will / ſo wird der der die Lorber gefunden hat / auch ſein Theil davon haben. 196

Das 8. Capitel.

  • Des Nachts ſoll niemand in Spiegel ſehen / denn es iſt nicht gut. 197

Das 9. Capitel.

  • Wer mit Holtz / Stroh / oder anderer brennen - den Materie / im Feuer oder Lichte gauckelt / der harnet hernach ins Bett. 199

Das 10. Capitel.

  • Wenn eine Jungfer will wiſſen / ob ſie in einem Jahre einen Mann kriegen werde / ſoll ſie am Weyhnacht-heil. Abend / oder in der Mitter - nacht an das Huͤner-Hauß klopffen / und ſa -gen:[428]Regiſter.gen: Gackert der Hahn / ſo krieg ich ein’n Mann / gackert die Henn / ſo krieg ich kenn. p. 201

Das 11. Capitel.

  • Wenn zwey ledige Perſonen einander heyra - then / und ſind beyde noch unbefleckt / al - ſo / daß ſie eine reine Jungfrau iſt / und er noch kein Weib beruͤhret hat / ſo wiꝛd das erſte Kind / das ſie zeugen / ein Narr. 204.

Das 12. Capitel.

  • Wenn die Kinder auff denen Gaſſen mit Spieſ - ſen oder Faͤhnlein reiten / ſo iſt es ein wahrhaff - tiges Zeichen des Kriegs / ſo uͤber das Land kommen wird. 206

Das 13. Capitel.

  • Wenn ſich die Kinder auff der Gaſſen mit de - nen Creutzen tragen / ſo iſts ein Zeichen / dar - auff Sterben folget. 207

Das 14. Capitel.

  • Wer kein Geld im Beutel hat / der ſoll ſich huͤ - ten / daß wenn der Mond neu iſt / er ihn nicht in Beutei ſcheine / ſonſt wird er / ſo lange dieſer Monat waͤhrt / Geld-Mangel leiden. 209
Das[429]Regiſter.

Das 15. Capitel.

  • Wer das Gluͤck hat / daß die Stoͤrche ihr Neſt auff ſein Hauß oder Schorſtein bauen / der wird lange leben und reich werden. 213

Das 16. Capitel.

  • Wenn eine ledige Dirne will wiſſen / ob ihr Lieb - ſter werde gerade oder krumm ſeyn / die ſoll am Weyhnacht-heiligen Abend an eine Klaff - ter oder einen Stoß Holtz treten / und ruͤck - lings ein Scheit ausziehen / wie nun das Scheit iſt / alſo wird auch der Liebſte ſeyn. 215

Das 17. Capitel.

  • Welche Dirne will wiſſen / wie ihr kuͤnfftiger Mann werde heiſſen / die ſoll den erſten Fa - den Garn / den ſie des Tages ſpinnet / vor ih - re Hauß-Thuͤre ſpannen / wie nun der erſte Vorbeygehende heiſt / alſo wird ihr kuͤnfftiger Mann auch heiſſen. 218

Das 18. Capitel.

  • Es iſt nicht gut / wenn man einen Roß oder Dreyfuß auffs Feuer ſetzet / und leget nichts darauff. 220
Das[430]Regiſter.

Das 19. Capitel.

  • Wenn ein Weib zu Bette gehet / und gruͤſſet die Sterne am Himmel / ſo nimmt ihnen der Geyer oder Habicht kein jung Huhn. 224

Das 20. Capitel.

  • Wenn man Stroh in ein Bette thut / ſoll man die Knoten nicht an denen Stroh-Baͤndern laſſen / ſonſt kan niemand darauff ſchlaffen. p. 226.

Das 21. Capitel.

  • Wenn ein Weib zu Marckte gehet / und hat fruͤh / als ſie die Schuhe angezogen / den rech - ten Schuch erſt angezogen / ſo wird ſie ihre Wahre theuer loß werden. 228

Das 22. Capitel.

  • Wer ein Hembde anhat / welches vom Garn ge - wircket iſt / das ein Maͤgdlein unter ſieben Jahren geſponnen / der hat Gluͤck darinnen. p. 230.

Das 23. Capitel.

  • Wenn es auff St. Johannis-Tag regnet / ſo verderben ſelbiges Jahr die Nuͤſſe / hingegen gerathen die Huren. 234.
Das[431]Regiſter.

Das 24. Capitel.

  • Am St. Johannis-Tage ſollen ſich die Bauern in Zwiebel-Beeten herum weltzen / ſo werden die Zwiebeln groß wachſen. 236

Das 25. Capitel.

  • An Bartholomaͤi Tage ſollen die Maͤgde nicht ins Kraut gehen / Blaͤtter vor das Vieh zu holen. 237

Das 26. Capitel.

  • Wer ein vier-blaͤtteriges Kleeblat findet / der ſoll es werth halten / denn ſo lange er es hat / wird er gluͤckſelig und reich ſeyn. 239

Das 27. Capitel.

  • Wenn ein Rabe oder Kraͤhe ſich auff ein Hauß ſetzet / und ſchreyet / worinnen der Mann oder die Frau kranck liegt / iſt es ein gewiß Zeichen / daß das Krancke ſterben werde. 244

Das 28. Capitel.

  • Die Schaͤfer duͤrffen in denen zwoͤlff Chriſt - Naͤchten den Wolff nicht nennen / er zerreiſt ſonſt die Schafe. 247

Das 29. Capitel.

  • Wenn man ein Kind laͤſt einen Dattel-Kern bey ſich tragen / ſo faͤllt es nicht viel / oder nimmt durch Fallen nicht Schaden. 250
Das[432]Regiſter.

Das 30. Capitel.

  • Wenn iemand zum erſten mahl in ein Hauß koͤmmt / und darinnen ſchlaͤfft / was ihm die er - ſte Nacht traͤumet / das wird wahr. 253

Das 31. Capitel.

  • So eine Frau oder Magd auff der Gaſſen oder Straſſen ihr Strumpff-Band verlieret / iſt es ein Zeichen / daß der Mann oder der Freyer nicht treu iſt. 254

Das 32. Capitel.

  • Wem ſ. v. der Hintere jucket / der wird bald Gevatter werden. 257

Das 33. Capitel.

  • Ein Weib / das Abends zu Bette gehet / die ſoll ihren Stuhl / darauff ſie geſeſſen / von der Stel - le ruͤcken / ſonſt druͤckt ſie der Alp oder Nacht - Mar. 260

Das 34. Capitel.

  • Wenn in einem Hauſe das Feuer auff dem Heerde brennet / ſo ſchlaͤgt das Wetter nicht in das Hauß. 264

Das 35. Capitel.

  • Ein Kalb / ſo am Vallens-Tage geworffen iſt / dienet nicht zur Zucht. 266
Das[433]Regiſter.

Das 36. Capitel.

  • Wenn einer uͤber Land reiſet / und begegnet ihm ein Wolff / Hirſch / wild Schwein / oder ein Baͤr / ſo iſt es ein gut Zeichen. 268

Das 37. Capitel.

  • Wer ein Huffeiſen oder ein Stuͤck von einem Huffeiſen findet / der ſoll Gluͤck haben. 270

Das 38. Capitel.

  • Wenn ein Weib oder Magd des Sonnabends ihren Rocken nicht abſpinnet / ſo wird aus dem uͤbrigen Flachs oder Werck kein gut Garn / und bleicht ſich auch nimmer weiß. 273

Das 39. Capitel.

  • Wer keine verzagten Kinder haben will / da ſoll der Vater / ſtracks nach der Tauffe / dem Kin - de ein Schwerdt in die Hand geben / ſo ſind ſie ſtets kuͤhne und behertzt. 275

Das 40. Capitel.

  • So bald ein Knaͤblein gebohren iſt / ſoll man es mit den Fuͤſſen an ſeines Vaters Bruſt ſtoſ - ſen / ſo ſoll es nimmermehr kein boͤß Ende neh - men. 279

Das 41. Capitel.

  • Ein nur gebohren Toͤchterlein ſoll man alſobald auff der Mutter Bruſt ſetzen / und ſagen:E eGOtt[434]Regiſter.GOtt mache euch zu einer guten Frauen / ſo ſoll das Kind niemahls zu Falle kommen / oder in Schande gerathen. 281

Das 42. Capitel.

  • Wem fruͤhmorgens eine Spinne auff dem Ro - cke kreucht / der wird des Tages gluͤckſelig ſeyn. 283

Das 43. Capitel.

  • Wenn ein Mann uͤber Land reitet / und ihm ein Weib ſpinnend begegnet / iſts ein boͤſes Zei - chen / derohalben ſoll er umkehren / und einen andern Weg reiten. 284

Das 44. Capitel.

  • Wenn gelaͤutet wird / und ſchlaͤgt die Uhr dar - ein / ſo bedeutet es Feuer. 287

Das 45. Capitel.

  • Ein neugebohren Kind ſoll man nicht zuerſt auff die lincke Seite legen / es wird und bleibet ſonſt ſein Lebtage linckiſch. 289

Das 46. Capitel.

  • Wer Felder hat / der ſoll am Walburgis-Abend mit Roͤhren daruͤber hin ſchieſſen / ſo koͤnnen die Hexen keinen Schaden an der Saat thun. 290

Das 47. Capitel.

  • Am Fron leichnams-Tage eine blaue Koꝛn-Blu -me[435]Regiſter.me mit der Wurtzel ausgeraufft / ſtillet das Bluten der Naſen / wenn man ſie in der Hand haͤlt / biß ſie erwarmet. 293

Das 48. Capitel.

  • Am Tage Abdon ſoll man den Schilff aus den Teichen ſchneiden / und die Dornen aus den Feldern ausrotten / ſo wachſen ſolche nicht wieder heraus. 295

Das 49. Capitel.

  • Wenn einem Weibe der Halß oder die Kehle ju - cket / wird ſie bald auff eine Hochzeit oder Kind-Tauff-Mahl gehen / jucket ihr aber der Kopff / ſo bekoͤmmt ſie bald Schlaͤge. 298

Das 50. Capitel.

  • Helle Chriſt-Nacht / finſtere Scheunen / finſtere Chriſt-Nacht / helle Scheunen. 300

Das 51. Capitel.

  • Wer ein Erd-Huͤhngen oder eine Hauß-Otter beſchaͤdiget / oder nur ſiehet / der muß daſſelbe Jahr ſterben. 302

Das 52. Capitel.

  • Ohren-Schmaltz an die Degen-Spitze geſtri - chen / wenn man duelliren will / das loͤſet des andern Feſtigkeit auff. 305

Das 53. Capitel.

  • Wenn zwey Kinder-ſtillende Weiber zugleichE e 2mit[436]Regiſter.mit einander trincken / ſo trincket eine der an - dern die Milch ab. 308

Das 54. Capitel.

  • Wer Brod iſſet / davon ein anderer gebiſſen hat / der wird dem andern feind oder gram. 312

Das 55. Capitel.

  • Eine Weibs-Perſon ſoll niemanden anders an ihrem Schuͤrtz-Tuche laſſen die Haͤnde abwi - ſchen / jenes wird ihr ſonſt gram. 313

Das 56. Capitel.

  • Wenn die Schwalben in ein Hauß niſteln / be - deutets Armuth / die Sperlinge aber Gluͤck und Reichthum. 316

Das 57. Capitel.

  • Wem am heil. Weyhnacht-Abend ein Reiffen von einem Gefaͤß ſpringet / ſo ſtirbet das Jahr eines aus dem Hauſe. 319

Das 58. Capitel.

  • Wenn in einer Kirchen ein Licht auff dem Altare von ſich ſelbſt verloͤſcht / ſo ſtirbt bald ein Prie - ſter von dieſer Kirchen. 322

Das 59. Capitel.

  • Wenn eine Weibs-Perſon den Ohren-Zwang hat / ſoll ſie ein paar Manns-Hoſen um den Kopff wickeln und ſchwitzen. 324
Das[437]Regiſter.

Das 60. Capitel.

  • Wenn die Maͤgde Zunder brennen / ſo muͤſſen ſie von Manns-Hembdern Flecke darzu neh - men / von Weiber-Hembden faͤngt der Zun - der nicht. 327

Das 61. Capitel.

  • In der Chriſt-Nacht ſoll man naſſe Stroh-Baͤn - der um die Obſt-Baͤume binden / ſo werden ſie fruchtbar. 329

Das 62. Capitel.

  • Wer ſeine Obſt-Baͤume auff Faſt-Nacht be - ſchneidet / ſolche Baͤume bekommen ſelbiges Jahr keine Raupen / und die Fruͤchte keine Wuͤrmer. 332

Das 63. Capitel.

  • Wer eine Katze oder Hund behalten will / daß ſie nicht entlauffen / der treibe ſie dreymahl um den Heerd / und reibe ihren Steiß an die Feu - er-Mauer / ſo bleiben ſie daheime. 334

Das 64. Capitel.

  • Ein Menſch / der ehe den Wolff ſiehet / als der Wolff den Menſchen / der darff ſich nicht fuͤrchten / daß ihm von ſolchem Wolffe ein Leid geſchehe; wenn aber der Wolff den Menſchen am erſten ſiehet / ſo iſt der Menſch in Gefahr. p. 337.
E e 3Das[438]Regiſter.

Das 65. Capitel.

  • Am St. Johannis-Tage / in der Mittags - Stunde / ſoll man St. Johannis Blut ſam̃ - len / welches fuͤr viele Dinge gut ſeyn ſoll. 339

Das 66. Capitel.

  • Wenn eine Elſter auff einem Hauſe ſitzt und ſchreyet / worinnen ein Krancker liegt / ſo wird der Krancke wieder geſund. 342

Das 67. Capitel.

  • Wenn die Hunde heulen / bedeutets Ungluͤck / drum ſoll man die Ohren zuhalten / daß man ſie nicht hoͤret. 344

Das 68. Capitel.

  • Wenn ein Bien Schwarm ſich an ein Hauß henget / ſo bedeutet es gern Feuers-Brunſt. 346.

Das 69. Capitel.

  • So lange die Lerche vor Lichtmeß ſinget / ſo lan - ge ſchweigt ſie nach Lichtmeß wieder ſtille. 348

Das 70. Capitel.

  • Wenn ein Junggeſell und eine Jungfer mit einander ein Kind aus der Tauffe heben / oder Gevatter ſtehen / ſoll der Pfarr ſich zwiſchen ſie ſtellen / ſonſt wo ſie einander heyratheten / wuͤrde ſtets Uneinigkeit zwiſchen ihnen ſeyn. 349
Das[439]Regiſter.

Das 71. Capitel.

  • Es ſoll einer ſeine Gevatterin nicht ehlichen / denn ſo offt ſie ſich ehlich vermiſchen / ſo don - nerts / oder entſtehet ein Gewitter. 352

Das 72. Capitel.

  • Wer die erſte Kanne Bier aus einem Faſſe be - koͤmmt / ſoll geſchwind damit fortlauffen / ſo gehet das Bier bald ab. 353

Das 73. Capitel.

  • Man ſoll die kleinen Kinder nicht mit bloſſen Fuͤſſen auff den Tiſch treten laſſen / denn ſie be - kommen davon boͤſe Fuͤſſe. 355

Das 74. Capitel.

  • Wenn man Abends zu Bette gehet / und loͤſchet das Licht aus / ſoll man daſſelbe ja nicht umge - kehrt auff dem Leuchter ſtecken laſſen / denn woferne ſonſt dieſelbe Nacht Diebe ins Hauß kaͤmen / koͤnte niemand im Hauſe vom Schlaf erwachen. 358

Das 75. Capitel.

  • Ein Knaͤblein / das gebohren wird / wenn Venus Morgen-Stern iſt / bekoͤmmt ein viel juͤnger Weib / als er iſt; iſt aber Venus Abend - Stern / ſo bekoͤmmt er ein aͤlter Weib / als er iſt / mit einem gebohrnen Maͤgdlein iſt es aber das Gegenſpiel. 360
E e 4Das[440]Regiſter.

Das 76. Capitel.

  • Wer von der Mahlzeit gehet / ſoll das Brod / davon er gegeſſen hat / nicht laſſen liegen / denn wenn es ein andeꝛs uͤber einen Galgen wirfft / kan der / der davon gegeſſen hat / dem Galgen nicht entgehen. 265

Das 77. Capitel.

  • Einen Holunder-Strauch voꝛ eine Stall. Thuͤ - re gepflantzet / bewahret das Vieh vor Zaube - rey. 367

Das 78. Capitel.

  • Wer eine Schnur bey ſich traͤget / womit ein Bruchſchneider einen geſchnittenen Bruch verbunden gehabt / der mag eine Laſt heben / ſo ſchwer er will / ſo wird er ſich nicht zerheben. 370.

Das 79. Capitel.

  • Wenn man ein Stuͤck Holtz von einem aus der Erde gegrabenen Sarge ins Kraut ſteckt / ſo kommen keine Raupen hinein. 372

Das 80. Capitel.

  • Am Faſtnachts-Tage ſoll man keine Suppe eſ - ſen / es treufft einem ſonſt hernach ſtets die Na - ſe. 374

Das 81. Capitel.

  • Wenn man am Nicaſiii heil. Abend den Nah -men[441]Regiſter.men Nicaſius mit Kreide an die Thuͤren ſchreibt / ſo werden ſolche Logiamenter frey von Maͤuſen ſeyn. 376

Das 82. Capitel.

  • Wenn ein Fuhrmann eine Otter - oder Schlan - gen-Zunge in ſeine Peitſche flichtet / ſo wer - den ſeine Pferde ohne Schaden die groͤſſeſten Laſten aus einem Graben ziehen / und ſich auch nicht uͤberſauffen. 379

Das 83. Capitel.

  • Am St. Peters Tage ſoll man denen Huͤnern Neſter machen / ſo legen ſie viel Eyer. 382

Das 84. Capitel.

  • Ein ſchwangeres Weib / das Gevatter wird / ſoll ja nicht das Kind ſelbſt aus der Tauffe heben. 384

Das 85. Capitel.

  • Wenn einem fruͤhmorgens zuerſt eine reine Jungfrau oder ein Prieſter begegnet / ſo be - deutets Ungluͤck; aber eine Hure bedeutet Gluͤck. 388

Das 86. Capitel.

  • Ein einmahl entwehnet Kind ſoll niemahls wie - der an die Bruſt geleget werden / denn es wuͤr - de ſonſt ein Gottes-Laͤſterer / und das mit ſei -Ee 5nem[442]Regiſter.nem Maule alles beſchreyen und in Unge - dieg bringen kan. 391

Das 87. Capitel.

  • Eine ſchwangere Frau ſoll unter keiner Wagen - Deiſſel hinkriechen / ſie muß ſonſt uͤber die ge - woͤhnliche Zeit ſchwanger gehen. 394

Das 88. Capitel.

  • Der ſiebende Sohn iſt gluͤcklich etwas zu heilen / zu pflantzen / und zu allerhand Verrichtun - gen. 396

Das 89. Capitel.

  • Maleficanten / wenn ſie torqviret werden / auff daß ſie ohne Bekenntniß die Tortur ausſte - hen moͤgen / hengen einen Zettul auff den Ruͤ - cken / darauff der 15. Verß aus dem 10. Pſalm geſchrieben iſt. 939

Das 90. Capitel.

  • Daß einer auff der Folter bald bekennen muͤſſe / hengt er an den 17. Verß des 51. Pſalms / o - der den 2. Verß des 45. Pſalms. 402

Das 91. Capitel.

  • Wer Brod und Saltz bey ſich traͤgt / iſt ſicher fuͤr Zauberey. 403

Das 92. Capitel.

  • Die Weiber und Saͤugammen ſollen die Kindermit[443]Regiſter.mit Koth an der Stirn beſtreichen / ſolches be - wahret ſie fuͤr Neid und Zauberey. 405

Das 93. Capitel.

  • Fuͤr das Fieber drey Biſſen geſtohlen Brod ge - nommen / in zwey Nußſchalen geſpeyet / in ein Brieflein geſchrieben und geſagt: Kuh / wilt du zu Stalle / Froͤrer / ſo geh du zu Walle! Ich zehl dir das zur Buß auff / im Nahmen GOttes des Vaters / des Sohnes und Heil. Geiſtes. 408

Das 94. Capitel.

  • Wenn eine Mauß einem am Kleide genaget hat / ſo bedeutets Ungluͤck. 412

Das 95. Capitel.

  • Wenn die Weiber oder Maͤgde Saͤcke waſchen / ſo regnets hernach. 413

Das 96. Capitel.

  • Wenn einer nieſſet bey Anziehung der Schuhe / ſo bedeutets ein Ungluͤck. 414

Das 97. Capitel.

  • Wieder die fallende Seuche oder ſchwere Noth hilfft ein Zettul angehengt / darauff geſchrie - ben ſtehet:
  • Caſpar fert Myrrham, Melchior Thus, Bal - thaſar Aurum,Hæc[444]Regiſter.Hæceria qui ſecum portabit nomina Regum, Solvitur â morbo Chriſti pietate caduco. pag. 415.

Das 98. Capitel.

  • An einem Freytage ein neuwaſchen Hembde an - ge zogen / dienet fuͤr das Grimmen. 419

Das 99. Capitel.

  • Wer geſtohlnen Kaͤſe oder Brod iſſet / der be - koͤmmt den Schlucken davon. 420

Das 100. Capitel.

  • Bey Vermeydung groſſen Ungluͤcks ſoll nie - mand uͤber eine Spur gehen / allwo ſich ein paar Hunde beinuffen haben. 422
[figure]
[445][446]

Erinnerung an den Buchbinder.

  • Demfelben dienet zur Nachricht / daß das folgende Blat / auff welchem die Erklaͤ - rung des Kupffer-Blats befindlich / muß abgeſchnitten / und forne / zwiſchen den rothen Titul und der Vorrede / mit ein - gebunden werden.
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About this transcription

TextDie gestriegelte Rocken-Philosophia, Oder Auffrichtige Untersuchung derer Von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben
Author Johann Georg Schmidt
Extent276 images; 47121 tokens; 7858 types; 318668 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationDie gestriegelte Rocken-Philosophia, Oder Auffrichtige Untersuchung derer Von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben Allen denen nützlich zu lesen/ die entweder schon ehemahls von ein und andern Aberglauben betrogen worden sind/ oder noch betrogen werden können Das andere Hundert/ an das Licht gestellet von dem/ der einem iedweden die Warheit Jns Gesicht Saget Johann Georg Schmidt. . [9] Bl., 168 S., [5] Bl., S. 179-425, [10] Bl. : Frontisp. (Kupferst.) StösselChemnitz1705.

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Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz SBB-PK, 2 in:845584

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationFachtext; Philosophie; Gebrauchsliteratur; Populärwissenschaft; core; ready; china

Editorial statement

Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-09T17:34:35Z
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Holding LibraryStaatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
ShelfmarkSBB-PK, 2 in:845584
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