Wer aus einer Bircken / die mitten in einem Ameiſſen-Hauffen gewachſen iſt / laͤſſet hoͤltzerne Schlaͤuche oder Haͤhne dre - hen / und verzapfft Wein oder Bier da - durch / der wird geſchwinde aus - ſchencken.
ES bleibt bey dem wahrhafftigen Sprich - worte: Wer leichte glaubt / der wird leich - te betrogen. Nicht ohne iſt es zwar / daß unter denen Aberglauben viel Dinge mit einge - ſchlichen ſind / welche urſpruͤnglich aus einem gantz guten Abſeben / durch Erforſchung natuͤr - licher Dinge / von klugen und weiſen Leuten her - kommen. Aber gleichwie irren menſchlich iſt / und die kluͤgſten und vornehmſten Menſchen muͤſſen von ſich ſagen laſſen: Groſſe Leute feh - len auch; alſo will zum oͤfftern dasjenige / was ein und anderer aus der Phyſicâ erweiſen will / ob es gleich noch ſo klug ausgeſonnen zu ſeyn ſcheinet / dennoch die Probe nicht halten. UndM 2wie180Unterſuchung / derer von ſuper - klugenwie ich mir nicht einbilde / daß dieſer Glaubens - Punct / den ich ietzt zu ſtriegeln vorhabe / in einer Rocken-Stube geſponnen ſey / ſo glaube ich doch / daß es damit bewandt ſey / als wie mit derer Drechsler ihren kleinen Kindern / welche ihrer Vaͤter mißlungene Arbeit nehmen / und damit ſpielen / auch daran wohl noch groͤſſere Freude und Vergnuͤgen haben / als verſtaͤndige Leute an der wohlgerathenen und rechten Wahre. Aber - glaͤubiſche Leute ſind ſicherlich nicht anders / als wie ſolche albere und einfaͤltige Kinder / ja noch viel aͤrger; Denn was die rechten Phyſici, nach genauer Unterſuchung / als etwas unnuͤtzes / bey Seite ſetzen und fahren laſſen / oder verwerffen / das leſen die aberglaͤubiſchen Leute gemeiniglich zuſammen / als ob es Heiligthuͤmer waͤren / in Meynung / jene haͤtten ſolche Narritaͤten / ey / ſag ich / Raritaͤten / aus Neid verworffen und verach - tet / daß ſich ein anderer ſolcher nicht bedienen moͤchte. Ja wenn die ein faͤltigen Thoren der - gleichen Dinge auch / wie die Kinder / zum Spie - len gebrauchten / ſo gienge es noch wohl hin; aber leider! machen ſie insgemein Goͤtzen daraus und ſetzen ihre gantze Hoffnung darauff. Mit die - ſem ietzt vorhabenden Puncte hat es gleiche Be - wandniß / denn es hatten vor dieſem in einer be - kandten Stadt gewiſſe Leute / welche ſich vom Bier - und Wein-Schanck nehreten / ein ſo groſ -ſes181Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ſes Vertrauen auff obbeſchriebene birckene Schlaͤuche geſetzt / daß ſie gaͤntzlich dafuͤr hielten / es beruhe ihre Nahrung darauff / und als ichs wiederſprach / wolten ſie es mit Philoſophiſchen Gruͤnden erweiſen / und gaben fuͤr / weil die A - meiſen arbeitſame Thierlein waͤren / und ſtets zu Hauffen truͤgen / ſo wirckte ſolche Eigenſchafft in die Bircke / und ſo weiter fort. Aber es kam mir alsbald die Sache verdaͤchtig fuͤr / erſtlich / daß es eben von einer Bircken / und nicht auch von an - dern Baͤumen / die in Ameiſen-Hauffen gewach - ſen ſind / muͤſten Schlaͤuche oder Haͤhne ſeyn; zum andern / weil die Ameiſen nicht hinweg / ſon - dern zuſammen tragen / hingegen der Wein oder das Bier / ſo man verzapffet / wird ja nicht / nach Art der Ameiſen / zuſammen getragen / ſondern hinweg / und gleichſam zerſtreuet / welches der Ei - genſchafft derer Ameiſen ſchnurſtracks entgegen iſt / dahero ſetzte ich einen Zweiffel ins gantze Werck / iedoch wolte ich die Sache nicht unver - ſucht verwerffen / erſuchte derowegen einen Vo - gelſteller / welcher taͤglich in der Dreßdner Hey - de ſeine Verrichtung hatte / daß / ſo er irgend ei - nen Ameiſſen-Hauffen im Walde antraͤffe / wor - innen eine Bircke ſtaͤnde / er mir ſolches moͤchte wiſſen laſſen. Dieſer (als der nach ſeiner Art auch ein wenig curiös war) kam nach Verflieſ - ſung weniger Tage / und meldete mir / wie daß erM 3eine182Unterſuchung / derer von ſuper - klugeneine ſolche Bircke angetroffen haͤtte / dahero gieng ich mit ihm dahin / ſolche ſelbſt in Augenſchein zu nehmen / und ließ ſolche noch ein wenig ſtehen / biß zur Zeit / da ſie zu meinem Vorhaben ſolte recht ſeyn abzuhauen; alsdenn ließ ich ein paar Schlaͤuche oder Haͤhne daraus drehen / und gab ſolche zweyen Bier-Schencken: Einem ſagte ich es / was deſſen Wirckung ſolte ſeyn / dem an - dern aber ſagte ich es nicht / in Meynung / ob es irgend unwiſſend beſſere operation haben wuͤr - de / aber das Spiel lieff auff beyden Seiten gantz verkehrt / und hatten die guten Leute zu keiner Zeit ſchlechtern Schanck gebabt / als da ſie durch die birckenen Schlaͤuche zapfften. Alſo kam ich hinter die rechte Warheit / und erwegte dabey / wie doch ſo gar bald ein Menſch in ſeinem eige - nen Vertrauen auff ſolche Dinge koͤnne verſtaͤr - cket / und zugleich vom Satan verfuͤbret wer - den / wenn durch des Teuffels Huͤlffe die Sache alſo geſchicht / als wie der abgoͤttiſche und aber - glaͤubiſche Menſch glaubet und wuͤndſchet. Wer aber GOTT alleine vertrauet / und nur ſolche Huͤlffs-Mittel gebraucht / die ihme der einige wahre GOtt an die Hand giebt / den verſichere ich / daß ihm nimmermehr keine aberglaͤubiſchen Poſſen gelingen werden. Die Urſach aber / war - um ſie nur bey Aberglaͤubiſchen eintreffen / bey Rechtglaͤubigen aber nicht / kan ein verſtaͤndiger Chriſt gar leichte errathen.
Wer183Weibern hochgehaltenen Aberglauben.Wer ein Brod auffſchneidet / und ſchneidet nicht gleich / der hat ſelbigen Tag gelogen.
DIeſes wird gemeiniglich nur aus Schertz geſagt / daheto ich mich auch nicht lange dabey auffhalte / iedoch will ich meine Meynung hiervon kuͤrtzlich entdecken / woher dieſes Fuͤrgeben ſeinen Urſprung mag genom - men haben. Es iſt bekandt / daß ein Luͤgner / Prahler oder Großſprecher / ins gemein ein Auff - ſchneider pfleget genennet zu werden / dahero man auch zu ſagen pfleget: Dieſer Auffſchneider log / daß ſich die Balcken haͤtten moͤgen buͤgen / o - der / er ſagt nicht gerade zu / das iſt / er ſchneidetM 4trefflich184Unterſuchung / derer von ſuper - klugentrefflich krumm. Hingegen ſaget man von ei - nem ebrlichen und wahrhafftigen Menſchen: Er ſagt gleich zu / und leugt nicht / oder er braucht das groſſe Meſſer nicht / wie mancher. Dem - nach iſt ein Auffſchneider / der nicht gerade zuſa - get / ſo viel / als ein Luͤgner. Und ſolcher Geſtalt iſt dieſe Sache aus Spaß auff den gezogen wor - den / der ein Brod auffſchneidet / (denn einer / der ein Brod auffſchneidet / iſt ein Auffſchneider / ver - ſtehe aber des Brods / und nicht ein luͤgenhaffter) wird nun das Brod gleich geſchnitten / ſo kan man ſagen / dieſer Auffſchneider hat nicht gelogen / ſon - dern hat gleichzu geſchnitten; hingegen / wenn er krumm ſchneidet / ſagt man / er habe gelogen / i. e. er habe nicht gleich zu geſchnitten.
Wenn ein Weib uͤber was erſchrickt / oder ſich erzuͤrnet / ſoll ſie als bald durch einen alten Beſen bruntzen / ſo ſchadets ihr nicht.
DAß die Weiber gar ſehr im Gebrauch ha - ben / nach gehabtem Zorn oder Schrecken durch einen alten Beſen ihr Waſſer abzu - ſchlagen / das iſt gar bekandt / und glauben viele / daß es gar ein heilſam Mittel ſey. Alleine / es kan der Beſen weiter nichts helffen / als nur ſo viel / daß ſie ſich nicht ſo ſehr beſpruͤtzen / als wennſie185Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ſie auff die bloſſen Steine bruntzten. Daß aber ein alter Beſen die Eigenſchafft haben ſoll / die vom Zorn oder Schrecken entſtehende Beſchwe - rung zu hindern / oder hinweg zu nehmen / wird ſchwer zu erweiſen fallen. Gewiß iſt es zwar / daß durch Zorn und Schrecken bey dem Men - ſchen eine ſolche Alteration im gantzen menſch - lichen Coͤrper entſtehet / daß auch das geringſte Aedergen / ja alles Eingeweide / ein Leiden em - pfindet / und will ein iedes Aederlein ſich gleichſam ſeiner Beſchwerlichkeit und Laſt entſchuͤtten. Wie denn einem recht ſehr erſchrockenem Men - ſchen alsbald ein Angſt-Schweiß uͤber den gan - tzen Leib ausbricht; das Hertz und Pulß ſchlaͤgt haſtig / das Eingeweide iſt geſchaͤfftig / in aller Eil die in ſich habenden Excrementa auszuſchuͤtten; Dahero viele in ſolchem Schrecken und davon entſtandener Angſt kaum ſ. v. das Secret errei - chen koͤnnen / daß auch / meines Erachtens / dahe - ro das bekandte Sprichwort mag entſtanden ſeyn: Es iſt ihm ſ. v. ſcheiß-bange. Iſt demnach eben nichts ungereimtes / wenn die Weiber / nach gehabtem Zorn oder Schrecken / den Urin laſſen; denn hierdurch wird der Natur um ein merckli - ches geholffen. Aber / daß es durch einen Beſen muͤſſe geſchehen / das ſind nur albere erſonnene Narren-Poſſen / und dienet weiter zu nichts / als daß die guten Weibergen ihre ſchoͤnen Struͤmpf -M 5fe186Unterſuchung derer von ſuper - klugenfe nicht beſpruͤtzen moͤgen. Denn hierdurch et - was per transplantarionem in den Beſen zu bringen / als wie mit mancher Kranckheit / e. g. Gicht / Bruͤchen und dergleichen / in Baͤume und Stauden geſchicht / will ſich hier keines weges thun laſſen; erſtlich / weil es in ſolchem Zuſtande die Noth nicht erfordert / auſſer welcher die trans - plantation nicht ſoll vorgenommen werden. Zum andern / weil es auff dieſe Art auch nicht ge - ſchehen kan / indem der Beſen / als ein todtes Reiſ - ſig / das nicht mehr auff ſeinem Stamm ſtehet / nichts an ſich ziehet / als wie es ſonſt bey ſolcher Verrichtung erfordert wird / wie ſolches weit - laͤufftig koͤnte erwieſen werden / wenn ich mich nicht der Kuͤrtze befleißigen wolte. Iſt demnach kuͤrtzlich zu wiſſen / daß zwar die Abſchlagung des Urins oder Waſſers / nach gehabtem Zorn o - der Schrecken / gar was rathſames ſey. Daß es aber durch einen alten Beſen geſchehen muͤſſe / iſt vergeblich und aberglaͤubiſch.
Ledige Weibs-Perſonen / als Jung - fern und Maͤgde / welche gern Maͤnner haͤt - ten / die ſollen in der Nacht vor St. Andreas Tage St. Andreſen nackend anruffen / ſo wird ihnen ihr künfftiger Liebſter im Schlaffe erſcheinen.
EIn hungeriger Wolff wird kaum ſo begie - rig auff den Raub ſeyn / als eine geile Magd begierig nach einem Manne iſt. Was vor Hertz brechende Gebetgen und tieff - geholte Seufftzer ſie zu dem St. Andreas ſchi - cken / wenn der Tag Andreaͤ heran koͤmmt / ſol - ches iſt zwar leider! im gantzen Teutſchlande be - kandt / kan aber doch kaum mit Worten ausge - ſprochen werden. Sie knien oder treten gantz nackend in der Mitternacht vor ihr Bette / oder an einen andern Ort / und ſeuffzen ſo wehmuͤthig nach einem Mann / daß kein Wunder waͤre / die Lufft erbarmete ſich uͤber die armen Nymphen / und huͤlffe ihnen aus ihrer Noth. Ach du goldi - ges Andreßgen! du liebes Mann-Beſcherer - gen! ſagen ſie / ach! laß mir doch erſchein’n den Hertzallerliebſten mein! wird er reich ſeyn / ſo laß mir ihn erſcheinen mit einem Glaß Wein; iſt es aber ein armer Mann / ſo laß ihn erſcheinen mit einer Kofends-Kann! und was vor durch - dringende Stoß-Gebetgen mehr gefallen / wor - bey ſie noch viel hundert heiſſe Thraͤnen vergieſ - ſen / den lieben Andream gleichſam damit zu bal - ſamiren / und ſeine Gunſt zu gewinnen; ſie win - den die Haͤnde in einander / daß die Haut moͤchte herab gehen / ſcheuen auch weder Froſt noch an - der Ungemach / und laſſen ſich an ihrem verfluch - ten Teuffels-Dienſt nicht irren. Wie ich michdenn188Unterſuchung / derer von ſuper - klugendenn erinnere / daß vor ohngefehr ſechs-biß acht - und dreyßig Jahren in Thuͤringen ein ſolch Ve - nus-Bild am St. Andreas-Tage des Mor - gens fruͤh / als der Knecht die Pferde aus dem Stalle hat ziehen wollen / in der Stall-Thuͤr - Schwelle geſeſſen / und dem Knechte / als er die Thuͤre auffgezogen hat / recht todt erfroren ent - gegen gefallen iſt. Die hatte ſich richtig den Teuf - fel zum Manne erbetet. Woraus mehr als zu viel erhellet / daß der Menſch in dem Dienſte / den er dem Satan leiſtet / viel eifferiger ſey / als wenn er den rechten wahren GOtt anruffet oder die - net. Es iſt unſtreitig wahr / daß das Andreas - Gebet / wie ſie es nennen / nichts anders iſt / als ei - ne Anruffung des Teuffels um einen Mann. Denn alle Abgoͤtterey ruͤhret vom Teuffel; das Gebet aber / das die Huren zum Andreas abfer - tigen / fangen ſie gewoͤhnlich alſo an: Dees mees, (i. e. Deus meus) mein lieber St. Andres ꝛc. Da nun kein anderer als der einige wahre GOtt kan Gott genennet werden / die Huren aber zu dem nicht hoͤrenden Andreas ſchreyen: Deus meus! oder: Mein Gott Andres! ſo moͤchte ich gerne ihre Antwort hoͤren / wenn ich ſie fragte / wer ihr Gebet denn erhoͤrete? Ohne Zweiffel wuͤrden ſie mir antworten: St. Andreas erhoͤ - rete ſie / als welchen ſie auch angeruffen haͤtten. Aber die Mann-thoͤrichten Vetteln duͤrffen ſichdas189Weibern hochgehaltenen Aberglauben. das gar nicht einbilden / daß St. Andreas ihr gei - les Gebet erboͤre; auch kan ſie auff dieſe Art der wahre GOtt nicht erhoͤren / weil ſie ſeiner nicht achten / noch zu ihm ruffen; ſondern der Teuffel / als der an ſolchen geilen Huren-Begierden ſeinen Wohlgefallen hat / der hoͤret und erhoͤret ſie zu ih - rer Verdammniß / und der erſcheinet ihnen auch hernach zuweilen / ſowohl wachend als ſchlaffend / in Geſtalt ihrer vermeynten zukuͤnfftigen Maͤn - ner. Dieſer wird ſie auch endlich / wenn ſie ſich nicht von dieſen Teuffels-Wegen abwenden / in ſeine Kammer fuͤhren / darinnen ſie ewig einge - kerckert und nackend / mit grauſamen Zaͤhn - Klappen / ihre Wercke der Finſterniß werden buͤſſen muͤſſen. Sagt mir doch aber nur noch dieſes / ihr nacketen Bet-Schweſtern / was ihr denn euch wohl von St. Andreßen einbildet? Da euer ſo viel hundert hin und her eintzeln im Finſtern ſtehen / und St. Andreßen um Maͤn - ner anruffen / wie denn St. Andreas euch alle hoͤren koͤnne? Denn ob ihr ihn gleich Deus nen - net / ſo iſt er doch nicht GOtt. Wollet ihr aber mit denen Papiſten vorgeben / die Heiligen leb - ten in GOTT / und haͤtten demnach die Eigen - ſchafft GOttes durch GOtt / alles zu hoͤren / was die Menſchen hier und dort von ihnen baͤten / ſo muͤſſet ihr mir ſolcher Geſtalt auch nothwendig geſtehen / daß / wenn es ja alſo waͤre / (welches icheuch190Unterſuchung derer von ſuper - klugeneuch doch nicht einraͤume) ſo muͤſten die Heiligen auch von GOtt die Gewalt bekommen / denen Menſchen ihre Bitte zu gewaͤhren; ſagt ihr nun dieſes / ſo verrathet ihr euch ja ſelbſt / daß ihr toll - und thoͤrichte Leute ſeyd; Denn warum rufft ihr denn nicht den an / durch deſſen Krafft die Hei - ligen euch hoͤren / und in welchem die Heiligen le - ben / und aus deſſen Gewalt die Heiligen euch helffen / und euch euere Bitte gewaͤhren ſollen / wie ihr meynet? Warum rufft ihr denn St. Andreßen im gantzen Jahre zu keiner andern Zeit mehr an / als nur in der eintzigen Nacht vor dem 30. Novembris? Schlaͤffet er denn ir - gend die gantze uͤbrige Jahrs-Zeit / oder ſchweif - fet ſeine Seele (denn der Leib iſt noch nicht auff - erſtanden) irgend die uͤbrige Zeit in allen Laͤn - dern herum? Oder macht irgend GOtt eine gewiſſe Eintheilung unter denen Verrichtungen derer Heiligen / daß den Tag der Heilige das ver - richte / ein anderer einen andern Tag was an - ders / und ſo fort / biß das Jahr um iſt / daß die Reihe wieder an den erſten kommet? Oder was ſind ſonſt eure naͤrriſche Gedancken von denen Heiligen / und ſonderlich von St. Andreßen? Wie koͤmmt denn eben St. Andreas zu dieſer Verrichtung / daß er euch mit Maͤnnern verſor - gen ſoll? Vielleicht / weil Andreas ſo viel heiſt / als mannhafft; iſt weit geſucht. Drum be -dencket191Weibern hochgehaltenen Aberglauben. dencket alles wohl / und ruffet lieber den einigen allmaͤchtigen GOtt an / daß er euch nach ſeinem Willen mit Maͤnnern verſorgen wolle. Denn
Wenn eine Dienſt-Magd gern wiſ - ſen will / ob ſie laͤnger bey ihrem Herrn in Dienſt bleiben oder abziehen werde / ſoll ſie auff den Weyhnacht-heiligen-Abend den Schuch werffen.
MAn pfleget zu ſagen: Der Glaube beſtaͤ - tiget alles; und: Wie einer glaubt / ſo wiederfaͤhret ihm. Hier wird zwar nicht der rechte wahre Glaube / als welcher freylich alles vermag / ſondern der ſelbſt erdachte Aber - glaube verſtanden / als welcher / auff gewiſſe Maſſe / auch kraͤfftig iſt / eine Sache / die ſonſt nicht geſchehen wuͤrde / durch das Vertrauen / welches der Menſch darauff ſetzet / ins Werck zu richten / und geſchicht bey dieſem vorgenomme -nen192Unterſuchung / derer von ſuper - klugennen Punct folgender Maſſen: Wenn die Magd in der Chriſt-Nacht ſich in die Stube ſetzet / den Ruͤcken nach der Thuͤr zukehret / und ſchleudert (auff der Erden ſitzend) den Schuch vom Fuß uͤber den Kopff weg / alsdenn giebt ſie Achtung / wie der Schuch ſtehet / und ſo das Vorder-Theil nach der Thuͤr zuſtehet / ſo glaubt ſie gewiß / ſie werde von ihrem Herrn abziehen. Dieſer Glau - be aber verurſachet / daß ſie hinfort ihre Arbeit nicht mehr ſo treu und fleißig verrichtet / wie zu - vor / dieweil ſie denckt / ſo ſie nicht in dieſen Dien - ſten bliebe / ſo haͤtte ſie auch nicht Urſach / ſich fer - ner durch gute Dienſte beliebt zu machen. Hier - durch wird alsdenn Herr und Frau bewogen / dieſer Magd auch ſatt zu kriegen / und ſich nach einer andern umzuthun / und laſſen dieſe abzie - hen. Hingegen / wenn der Magd bey dieſem Schuch-werffen der Schuch mit dem Vorder - Theile einwarts / oder mit dem Abſatz nach der Stuben-Thuͤr zu ſtehen koͤmmt / ſo glaubt ſie ge - wiß / ſie werde nach ihrem Dienſt-Jahre noch laͤnger allda verbleiben / ſetzt ſich demnach auffs neue fuͤr / ihren Dienſt treulich und fleißig zu ver - richten. Wenn alsdenn dieſes Herr und Frau gewahr werden / ſo reden ſie eine ſolche Magd auffs neue an / daß ſie ferner bey ihnen in Dien - ſten bleiben moͤchte / worzu die Magd / um ihres in der Chriſt-Nacht wohlgeſtandenen Schuchswillen /193Weibern hochgehaltenen Aberglauben. willen auch leichte zu bereden iſt. Alſo ſag ich / wird auff ſolche weiſe der Aberglauben beſtaͤti - get daß die Magd entweder bleibt oder abziehet / nachdem der Schuch geſtanden hat. Und ſolcher geſtalt iſt freylich der Glaube kraͤfftig / daß die Sache geſchicht wie man geglaubet hat. Aber ohne ietztgemeldte Condition, muͤſte einer einen thummen Ochſen-Kopff haben / der da glauben wolte / daß ein Stuͤck Rinds-Leder / woraus der ſtinckende Schuch beſtehet / ſolche prophetiſche Eigenſchafft haben ſolte / daß er ſich eben im Nie - derfallen alſo legen werde / daß durch ſolch Lager der Magd angezeugt wuͤrde / ob werde ſie abzie - hen oder laͤnger im Dienſt bleiben.
Wenn eine Jungfer oder Magd will wiſſen / was ihr kuͤnfftiger Liebſter vor Haa - re hat / die greiffe in der Chriſt-Nacht rück - lings zur Stuben-Thür hienaus / ſo be - koͤmmt ſie ſolche Haare in die Hand.
NIcht von rechtſchaffenen ehrlichen Dir - nen / ſondern von Ehr-loſen Huren wird das Haargreiffen oder Raffen practici - ret. Denn eine ehrliche Jungfrau erwartet ih - res Gluͤcks von dem Willen GOttes / und fragt nichts darnach / was ihr kuͤnfftiger Liebſter vor Haare haben werde. Auch wird ſie auff eine ſol - che Maͤnner-tolle weiſe nicht verlangen ſolche zu ſehen / weil ſie ſich gar leichte ſelbſt einbilden und die Rechnung machen kan / daß die Haare / die ſie auff eine ſolche gauckelhaffte Weiſe er - greiffen moͤchte / keines weges von ihres noch un - bekannten Liebſten Haupte ſeyn koͤnnen / ſondern (wenn ja durch ſolch Greiffen oder Raffen Haa - re gefunden wuͤrden / welches doch nicht allemahl geſchicht) durch den Teuffel etwan von einem Diebe am Galgen / oder Moͤrder auff dem Ra - de / oder von einem Kehrig-Hauffen dahin pra - cticiret worden ſind / um damit denen aberglaͤu - biſchen Huren ihre geilen Gemuͤther und Be -gierden195Weibern hochgehaltenen Aberglauben. gierden deſto mehr zu beſtricken. Man hat ſich billich zu verwundern / wie weit es nur der Teuf - fel gebracht hat / daß gleichwohl unter denen Chriſten ſolche Schand-Huren genung / und die Menge gefunden werden / welche vor groſſer Huren-Luſt und geilen Muthwillen nicht wiſ - ſen / was ſie nur mehr ſollen vor thoͤrichte Poſſen vornehmen / damit ſie dem Satan einen ange - nehmen Dienſt erweiſen / dargegen aber GOtt erzuͤrnen / und die liebe Weyhnacht-Zeit enthei - ligen moͤchten; da ich doch nicht abſehen kan / was ſie ſich denn vor Nutzen davon einbilden koͤnnen / ob ſie auch gleich wircklich von ihres Liebſten eigenen Kopffe die Haare ſelbſt ausge - raufft haͤtten. Wenn ich eine Jungfer waͤre / und es wolte mich iemand zu dieſem Haar-Rauffen bereden / ſo wuͤrde ich mir die Sorge machen / daß / wenn ich einen Mann bekaͤme / der ſolche Haare haͤtte / wie ich ergriffen gehabt / ſo moͤchte GOTT mich um dieſer begangenen Thorheit willen ſtraffen / und verhengen / daß durch des Satans Zuſchuͤren (weil ich ihn hiermit gedie - net haͤtte) mein Mann mich zu Lohne bey mei - nen Haaren kriegen / die Stube mit mir auskeh - ren / und mich zur Thuͤr hinaus ſchleiffen / und mit ausgeraufften Haaren alda liegen laſſen moͤchte / auff daß ich hierdurch an mein Haar - raffen gedaͤchte.
N 2In196Unterſuchung / derer von ſuper klugenWenn einer eine Haaſen-Lorber ohn - gefehr auff den Felde oder in Walde findet / und dieſelbe iſſet / ſo mag der Haaſe kom - men an wem er will / ſo wird der / der die Lorber gefunden hat / auch ſein Theil davon bhaen.
WEnn ich gleich den Kopff noch ſo ſehr zer - brechen wolte / um zu verſuchen / ob ich etwas wieder dieſen Punct mit Recht ſprechen koͤnne / ſo wuͤrde ich doch nichts darwie - der auffbringen. Denn wenn der Haaſe gleich auff eine koͤnigliche Taffel kaͤme / ſo hat doch der / der den Koth gegeſſen hat / ſeinen Theil ſchon da - von hinweg. Probatum eſt! die Kunſt iſt rich - tig. Wer demnach gern von Haaſen iſſet / und will dieſe Kunſt gebrauchen / der hat die Verſi - cherung druͤber / daß er nicht fehlet.
Wer197Weibern hochgehaltenen Aberglauben.Des Nachts ſoll niemand in Spie - gel ſehen / denn es iſt nicht gut.
WEnn ich frage / warum es nicht gut ſey? ſo geben mir einige Weiber zur Antwort: Wer in der Nacht in einem Spiegel ſchauete / der ſaͤhe den Teuffel darinnen. Ich vermeyne aber / daß es vielleicht auff folgende Art verſtanden werden muß / als wie der Teuf - fel / den jener arme liederliche Tropff in ſeinem Beutel hatte / wenn er in einer groſſen Compa - gnie Studenten vorgab / woferne iemand Luſt haͤtte den Teuffel zu ſehen / ſo wolte er ihn ſol - chen / gegen Erlegung eines Groſchens weiſen / weil er ihn in einem ledern Beutel bey ſich truͤge. Die curioͤſen Herren Studioſi wolten ein ſolch Unthier zu ſehen keiner ſeinem Groſchen ſparen / und reichte demnach ein ieder ſein Geld dar / und verfuͤgten ſich mit dem Teuffels-Jubelirer in ei -N 3ne198Unterſuchung / derer von ſuper - klugenne Kammer. Dieſer machte ſeinen Beutel weit auff / und ließ einem nach dem andern hinein ſehen / fragte auch letzlich: Ob ſie den Teuffel ge - ſehen haͤtten? Sie antworteten alle mit Nein; er ließ ſie alle noch einmahl hinein ſehen / mit der Bedeutung / daß ſie ſich nicht zu fuͤrchten haͤtten / (denn er merckte / daß etliche gantz zitternd und von ferne nur ein wenig guckten) und fragte: Was ſie nun geſehen haͤtten? und bekam die Antwort: Nichts; ey / ſagte er: Das iſt eben der Teuffel daß nichts darinnen iſt; drum ſollen die Herren bedanckt ſeyn / daß ſie mir mit ihrem Groſchen den unſichtbaren Vogel her - aus jagen / und ſteckte das empfangene Geld hinein. Alſo auch / wer in der Nacht in Fin - ſtern vor einem Spiegel treten und hinein ſehen wolte / zu dem koͤnte man eben auch ſagen: Das muͤſte der Teuffel ſeyn / wenn er etwas darinnen ſaͤhe. Wenn aber einer mit einem Lichte in Spiegel ſiehet / dem iſt es ſo weit nicht gut / weil durch dergleichen Spiegel-Gucken die Augen vom Glantz Schaden leiden koͤñen; dahero auch nicht ohne Urſach die Spiegel des Nachts pfle - gen verdeckt zu werden. Der Teuffel aber hat im Spiegel nichts zu thun. Jedoch / damit die Weiber / welche ſolch Vorgeben glauben / auch einmahl recht behalten / ſo will ich ihnen ſagen / welcher geſtalt der Teuffel im Spiegel zu ſehenſey.199Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ſey. Nehmlich alſo: Wenn eine hochmuͤthige und ſtoltze Weibs-Perſon ſich in ihren Kleider - Pracht und geſchminckten Angeſichte am Tage nicht ſatt vor dem Spiegel beluſtigen kan / ſon - dern nimmt auch die Nacht mit darzu / ſo iſt es wahr daß ſie den Teuffel in Spiegel ſiehet / weil ſich nicht das Ebenbild GOttes / ſondern der Hoffarts-Teuffel beſpiegelt.
Wer mit Holtz / Stroh oder anderer brennender Materia in Feuer oder Lich - te gauckelt / der harnet hernach ins Bett.
DAs Gauckeln und Spielen im Lichte oder Feuer / iſt eine Sache die an ſich ſelbſt zu nichts taug / und weder groſſen und er - wachſenen Leuten wohl anſtehet / noch denen Kindern zuzulaſſen iſt. Nun aber iſt bekannt / daß das Bett-Harnen bey denen Kindern ge -N 4mein200Unterſuchung / derer von ſuper - klugenmein iſt / und wenn die Eltern ihnen dieſe Untu - gend abgewoͤhnen wollen / ſo beſchaͤmen ſie ſie nicht allein deß wegen / ſondern geben ihnen zu - weilen auch wohl gar Schlaͤge / ohnerachtet ſol - che Untugend denen Kindern mehrentheils un - wiſſend und im Schlaff begegnet. Dahero die Kinder dieſes Laſter offt gar gerne unterlaſſen moͤchten / dem ſie wieder ihren Willen unter - worffen ſind. Wenn denn nun das Gauckeln im Lichte eine Untugend der Kinder iſt / welches vielmehr gefaͤhrlicher iſt als das Bett-Harnen / als haben verſtaͤndige Eltern nicht uneben erſon - nen / denen Kindern ein Laſter mit dem andern durch Klugheit abzugewoͤhnen / und haben da - hero zu denen Kindern geſagt / wenn ſie ſie haben im Lichte gauckeln geſehen: Wer im Lichte gau - ckele / der harne hernach ins Bett. Hierdurch werden die Kinder (weil ſie gaͤntzlich glauben es ſey wahr) von dem Licht-Gauckeln abgeſchreckt / daß ſie es andere Zeit unterlaſſen / damit ſie her - nach um dieſes Laſters willen nicht geſchlagen o - der beſchaͤmet werden moͤchten. Unterdeſſen iſt dieſes Vorgeben durch die lange Gewohn - heit von denen Kindern unter erwachſene Leute kommen / iedoch mehr aus Schertz / als Ernſt. Wiewohl es gleichwohl alte Narren giebt / die es vor wahr achten.
Wenn201Weibern hochgehaltenen Aberglauben.Wenn eine Jungfrau will wiſſen / ob ſie in einem Jahre einen Mann kriegen wer - de / ſoll ſie am Weynacht-heiligen Abend / oder in der Mitternacht an das Huͤner - Hauß klopffen / und ſagen: Gackert der Hahn / ſo krieg ich einen Mann / ga - ckert die Henn / ſo krieg ich kenn.
AN ſolchem Orten und bey Handwercks - Leuten / allwo die Huͤner-Haͤuſer nicht weit von denen Weꝛckſtaͤtten / da offt des Abends / auch wohl des Nachts gepocht und gerumpelt wird / da ſind es die Huͤner ſchon gewohnet / daß ſie ſich auff ein wenig Anklopffen nicht viel / auch wohl gar nicht regen. Dahero eine ſolche Mann-hungerige Jungfer ſtarck an das Huͤ - ner-Hauß anſchlagen muß / wenn ſich dieſes Vieh ſoll hoͤren laſſen / und ihr angenehme Ant -N 5wort202Unterſuchung / derer von ſuper - klugenwort geben. Wie mir denn nur juͤngſt eine ſelbſt erzehlete / wie daß ſie keine Antwort erhal - ten koͤnnen / ohnerachtet ſie den Hahn endlich gar bey dem Kamme gezupſſet haͤtte; Woraus ja die Thorheit ſolcher Mann-ſuͤchtigen Creatu - ren uͤberfluͤßig hervor ſcheinet. Denn wenn dieſe Sache zutraͤffe / ſo haͤtte ja / da ſie keinem Mann haͤtte kriegen ſollen / an ſtatt des Hahns eine Henne gackern ſollen / wie daß dieſer Glau - bens-Articul ſolcher geſtalt ja erlogen ſey. Zu dem moͤchten dieſe Nacht-Geſpenſter und Huͤ - ner-Stoͤberin doch erwegen / daß wenn ſie an manch Huͤner-Hauß klopffen / zuweilen Hahn und Huͤner zugleich zu gackern anfangen / wem geben ſie alsdenn am meiſten Glauben / wenn des Hahnes Gackern einen Mann der Huͤner Ga - ckern aber keinen bedeuten ſoll? Zwar ſo braucht es keines Fragens / der Hahn wird doch wohl den Vorzug haben muͤſſen / weil denen Jungfern an derer Huͤner Gackern nichts gelegen iſt. Und glaub ich / ſie machten die armen Huͤner gern ſtumm / damit ſie ihnen mit dem unangenehmen Gackern nicht irgend ihr Gluͤck verſagen moͤch - ten. Solte ich den Mann-tollen Maͤgden ein Ur - theil faͤllen / ſo wuͤrde es folgendes ſeyn: Weil ſie des Glaubens ſind / daß in der Chriſt-Nacht das Gackern des Hahnes ihnen einen Mann zu be - kommen prophezeyet / hingegen die Huͤner durchihr203Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ihr Gackeꝛn andeuten / daß ſie noch keinen Mann erhalten werden / dahero ſie die Huͤner auch nicht gern gackern hoͤren; ſo ſolten ſolche Damen auch keine Eyer von Huͤnern eſſen / ſondern ſich mit des Hahnes ſeinen krummen behelffen / und ſol - ches von Rechts wegen.
Wenn zwey ledige Perſonen einan - der heyrathen / und ſind beyde noch unbe - fleckt / alſo daß ſie eine reine Jungfrau iſt / und er noch kein Weib berühret hat / ſo wird das erſte Kind / das ſie mit einander zeu - gen / ein Narr.
DIeſes mag wohl der Teuffel ſelbſt erſon - nen haben. Denn ob durch ſpitzfindiges Nachſinnen gleich Rationes Phyſicæ moͤchten koͤnnen hervorgeſucht werden / dieſes aus der Natur darzuthun; ſo laufft es doch auff das verfluchte Abſehen des Teuffels hinaus / daß wer das erſte Kind / das er in ſeiner Ehe erzeigen will / nicht will laſſen einen Narren werden / der mag ſich vorher wohl mit allerhand Huren ex - erciren / oder eine ſolche Perſon zur Ehegemah - lin ſuchen / die fein weiß wo Barthel Moſt offen hat / oder wo der Kinder Zebedaͤi ihr Vater woh -net.205Weibern hochgehaltenen Aberglauben. net. Ey du ſchoͤne Lehre! wer dir will beypflich - ten / der mag es thun / ich halte es nicht mit dir / denn ich habe einſt ein alt Sprichwort geleſen / das hieß:
Wahr iſts zwar / und giebts die taͤgliche Erfah - rung / daß aller loſen Leute / und auch derer Hu - ren / ihre Kinder gemeiniglich kluͤger ſind / als ehrlicher Leute Kinder; Aber welcher redlicher Chriſt weiß nicht / was unſer Heiland ſelbſt ſagt / nehmlich: Die Kinder dieſer Welt ſind kluͤger denn die Kinder des Lichts / in ihrem Geſchlech - te. Wer nun Luſt zu ſolcher Klugheit hat / der mag ſich / auff ſeine Gefahr / nach der hier befind - lichen Vorſchrifft richten; er ſoll aber wiſſen / daß dieſe Lehre in des Teuffels Schule tractiret werde. Drum iſt mein Rath:
Wenn die Kinder auff denen Gaſſen mit Spieſſen und Faͤhnlein reiten / ſo iſt es ein wahrhafftiges Zeichen des Kriegs / ſo uͤber das Land kommen wird.
JA freylich! es kan kaum fehlen; wenn die Kinder mit Spieſſen und Faͤhnlein rei - ten / mag es entweder eine ſchon vergange - ne oder noch vorhandene Sache bedeuten; denn die Kinder nehmen nichts anders fuͤr / als was ſie ſehen oder geſehen haben / und ſind wie der groſ - ſen Leute ihre Affen. Wenn demnach Krieg zu beſorgen iſt / da werden gemeiniglich die Un - terthanen und Land-Miliz in Kriegs-Exercitiis geuͤbet / die Troppen marſchiren hin und her / bald zu Fuß bald zu Pferde. Wenn nun dieſes die Kinder taͤglich ſehen / ſo machen es die Aeff - gen bald nach / und ſpielen ſo zu ſagen des Kriegs. Alsdenn / wenn der Krieg recht angehet / ſo heiſt es: Ey ja wohl haben es die Kinder gewuſt / ſie haben mit ihrem Spiel ſolches Unheil uns deut - lich genug propheceyet! und was dergleichen Al - bertaͤten mehr ſind. Ja wohl! wie wolt ihr auch wahrhafftigere Propheten haben als Kin - der? Denn ihr wiſſet ja wohl / daß Kinder und Narren die Wahrheit ſagen. Aber ihr The -ren /207Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ren / die ihr in Ernſt viel auff ſolche Kinder-Poſ - ſen haltet / bedenckt ihr denn nicht / daß ihr noch viel gewiſſere Merckzeichen des Kriegs an de - nen groſſen Anſtalten und Zuruͤſtungen / die in gantzen Lande gemacht werden / habt / als an eu - ren Kindern? Ja ich ſage / das eure Kinder kluͤger ſind als ihr / weil ſie eher darauff Achtung geben / auch dahero dieſe Dinge nachaͤffen. Und weil ſie denn ſolcher geſtalt kluͤger ſind als ihr / ſo iſt es kein Wunder / daß ſie eure Lehrer werden / und euch ſagen muͤſſen was fuͤrhanden iſt.
Wenn ſich die Kinder auff der Gaſ - ſen mit Creutzen tragen / ſo iſts ein Zeichen / darauff Sterben erfolget.
DIeſer Glaubens-Articul iſt dem vorigen gleich / und dahero mit gleicher Antwort zu belegen. Denn gleichwie in vorigendie208Unterſuchung derer von ſuper - klugendie Kinder die Kriegs-Exercitia nachaͤffen; alſo thun ſie hier mit denen Begraͤbniß-Cere - monien. Und will ich mich hoch verwetten / daß die Kinder ſich nicht mit Creutzen tragen und darzu ſingen wuͤrden / wenn ſie es nicht vorhero bey Begraͤbniſſen geſehen haͤtten. (Ich nehme a - ber hier aus das taͤgliche Creutz-Geſchleppe ſo unter denen Papiſten fuͤrgehet) Wenn nun auff ſolche Art derer Kinder ihre Actiones eine kuͤnfftige Begebenheit anzeigen ſolten / ſo wuͤr - den durch ſie unzaͤhlig viel Dinge propheceyet werden; e. g. allwo der Gebrauch iſt / daß jaͤhr - lich einmahl ein hoͤltzerner Vogel von einer Stange abgeſchoſſen wird / allda werden die Kinder gegen ſolche gewoͤhnliche Zeit / etliche Wochen auch auff dergleichen Art Stangen auffrichten / und ſolche Voͤgel davon abſchieſſen. Item, wenn ein Qvackſalber an einem Orte ſich auffgehalten / der einem Pickelhering gehabt / welcher auff der Stroh-Fiedel geſchlagen hat / allda werden die Kinder dergleichen nachma - chen / und des Pickelherings Actiones nachaͤf - fen / und ſo fort. Wer wolte aber ſo naͤrriſch ſeyn / und glauben / daß wenn die Kinder den Vo - gel abſchoͤſſen / oder ſich mit Stroh Fiedeln truͤ - gen / gewiß auch bald werde ein Vogel abgeſchoſ - ſen / oder bald ein Artzt kommen? Ja wenn es mit denen Kindern waͤre als wie mit denenwaſſer -209Weibern hochgehaltenen Aberglauben. waſſerfuͤchtigen Jungfern / ſo wolte ich eher was auff ſolch Prognoſticon der Kinder halten. Denn das iſt unzaͤhlich offt probiret worden / daß / wenn die Jungfern die Waſſerſucht bekom - men / ſo bedeut es gern Kindtaͤuffen; gebt nur Achtung darauff / es trifft ein.
Wer kein Geld in Beutel hat / der ſoll ſich huͤten / daß wenn der Mond neu iſt / er ihm nicht in Beutel ſcheine / ſonſt wird er / ſo lange dieſer Monat waͤhret / Geld-Mangel leiden.
DA moͤchte man wohl ſagen: Man ſaͤet ſie nicht / man pflantzt ſie nicht / und wachſen doch ſo wunderlich. Wenn ich ein Lieb -Ohaber210Unterſuchung / derer von ſuper - klugenhaber der ungegruͤndeten Aſtrologiæ waͤre / ſo wolte ich mich bey dieſem Punct fuͤr einem A - ſtrologum ausgeben / und ſagen: Wem der neue Mond ins Geſicht ſchiene / der wuͤrde ſo helle Augen bekommen / daß er alle Geiſter da - mit erkennen wuͤrde; fiele aber dieſer neue Mond-Schein in die Ohren / ſo wuͤrde er alſo - bald zu einem Eſel. Ich will zwar hier nicht ei - ne ausfuͤhrliche Wiederlegung machen / wieder das Vorgeben des Helmontii, wenn er behau - pten will / es habe der Mond ſein eigen Licht / oh - ne das welches er von der Sonnen haͤtte / wel - ches er mit denen Thieren die des Nachts ſehen / behaupten will / weil eine Fledermauß / eine Eu - le und dergleichen auch zu Zeiten des Neumon - den in der Nacht ſehen koͤnte. Aber einer der nur ſo viel Witz hat / daß er eine Muſcate von ei - nem Pferde-Koth zu unterſcheiden weiß / der wird den ſonſt hochgeprieſenen Mann in dieſem Punct gar gruͤndlich wiederſprechen koͤnnen. Denn ob es gleich wahr waͤre / daß der Mond ſein eigen Licht haͤtte / ſo koͤnten wir deſſen des Nachts doch nicht theilhafftig werden / weil die Erd-Kugel zu der Zeit / wenn der Mond neu iſt / und ſo wohl fuͤr dem Mond als fuͤr der Sonnen ſtehet / und deſſen Schein verhindert; ſolte aber dieſer Neumond-Schein auff den Tag ankommen / ſo weiß ich auch nicht woher mandieſes211Weibern hochgehaltenen Aberglauben. dieſes Wunder-Licht leiten will? Sintemahl die Fix-Sterne bey hellen Sonnenſchein noch eher ein Licht von ſich geben als der Neumond. Ich will zwar nicht ſagen / daß wer den Neu - mond zu Geſichte bekaͤme / der werde einem Schatz finden / ſintemahl der Fleck / welcher bey begebenden Sonnen-Finſterniſſen in der Son - nen zu ſehen iſt / eben nichts anders iſt als der Mond / der allezeit zu ſolcher Zeit neu iſt / iedoch habe ich auch noch nicht gehoͤret / daß einer auſſer der Zeit einer Sonnen-Finſterniß / auch durch den allerkuͤnſtlichſten Tubum haͤtte den Mond erblicket / wenn er neu geweſen. Dahero leicht zu ſchlieſſen iſt / was es mit dem Schein des Neu - Monden-Lichts in einem leeren Beutel fuͤr Be - wandniß habe. Und wuͤrde ich dieſen Punct nicht einmahl meiner Striegel gewuͤrdiget ha - ben (weil ich ſolches Vorgeben nur vor einen Schertz haͤtte angeſehen) wenn ich nicht geſehen daß ſolcher in Ernſt / der / dem ſo betitultengroſ - ſen Planeten-Buche mit einverleibten alten Weiber-Philoſophie mit beygefuͤget / und ſo wahrſcheinlich denen andern erlogenen Glau - bens-Gruͤnden gleich vorgeſtellet werde.
Wer das Gluͤck hat / daß die Stoͤrche ihr Neſt auff ſein Hauß oder Schorſtein bauen / der wird lange leben / und reich werden.
ICh erinnere mich / daß einſt die Stoͤrche ihr Neſt auff eines Mannes / der ſich nicht we - nig einbildete / ſeinem Schorſtein baueten / welcher / als er ſolches erſehen / alsbald mit den Worten herausgeblatzet war: Man wuͤrde nicht erfahren / daß die Stoͤrche auff eines armen oder gemeinen Mannes Hauß baueten. Als mir dieſes Freuden-Geſchrey des unſchuldig-weiſen Mannes zu Ohren kam / haͤtte ich mir bald die Colica daruͤber an Halß gelacht; und ſo ich die - ſe Rede aus des klugen Herrn ſeinem all verſtaͤn - digen Munde gehoͤret haͤtte / ſo wuͤrde ich mich kaum haben enthalten koͤnnen zu ſagen: Wie der Wirth waͤre / ſo beſcherete GOtt die Gaͤſte! und213Weibern hochgehaltenen Aberglauben. und gleichwie die Stoͤrche ſich hoch hinan mache - ten / und zu ihrer Wohnung die hoͤchſten Stellen ausſucheten. Item: Wenn ſie von ferne andere Stoͤrche fliegen ſaͤhen / alſobald ſich um ſelbige gleichſam bekuͤmmerten / ſie anklapperten / und ihren Neid nicht bergen koͤnten; alſo haͤtten diß - mahl dieſe Stoͤrche einem Wirth gefunden / der ihrer Natur gleich ſey. Laͤcherlich aber kam es heraus / als gedachte Stoͤrche ihr neues Qvartir gar wenig Jahre bewohnten / ſondern das Neſt wegtrugen / weßhalben es der Haußwirth auch fuͤr kein gut Omen hielte. Und ſcoptiſche Koͤpf - fe ſpotteten deſſen / und ſagten: Er ſey von Sam - meter und Stuffener Einbildung / aber von Grob-Leinwatten Verſtande und Vermoͤgen / darum haͤtten die Stoͤrche / als ſie ſolches vermer - cket / nicht laͤnger aldo herbergen wollen / und waͤren wieder davon gewandert. Ich laſſe aber billich dieſen Senior in ſeinem Werth / ſintemahl ſich mit der Zeit es weiſen wird / ob er klug oder naͤrriſch / reich oder armgeweſen ſey? Was dem - nach ferner unſern vorhabenden Pſeudoſophi - ſchen Glaubens-Punct anlanget / ſo wird denen bekannt ſeyn / die an ſolchen Orten wohnen / all - wo viel Stoͤrche ſich anniſteln / daß ſie erſtlich ſich zuvor gern auff die hoͤchſten Haͤufer machen / und zum andern die Beqvemlichkeit der Feuer-Eſſen beobachten / ob ſie ihre Neſter fuͤglich darauff be -O 3feſtigen214Unterſuchung / derer von ſuper - klugenfeſtigen koͤnnen? im uͤbrigen aber nichts darnach fragen / ob der Haußwirth arm oder reich ſey. Iſt er nun arm / ſo wird er von Storch-Neſtern nicht einen Heller reicher werden. Weil aber die hoͤchſten Haͤuſer gemeiniglich denen wohlha - benſten Leuten gehoͤren / (wiewohl offt in einem kleinen Haͤußgen ein Beſitzer ſteckt / der drey an - dere in groſſen Palaͤſten auskauffen koͤnte) ſo iſt der albere Aberglaube entſtanden / ob wuͤrden diejenigen reich / oder haͤtten Gluͤck / wohin die Stoͤrche ihre Neſter baueten. Ich weiß aber Storch-Neſter auff ſolchen Wohnungen / die wegen der Beſitzer Unvermoͤgenheit bald gar einfallen werden. Wo aber alda das Gluͤck ſteckt / welches die Stoͤrche andeuten / das weiß ich nicht?
Wenn eine ledige Dirne will wiſſen / ob ihr Liebſter werde gerade oder krumm ſeyn / die ſoll am Weyhnacht-Heilgen-Abend an eine Klaffter oder einem Stoß Holtz tre - ten / und ruͤcklings ein Scheit ausziehen / wie das Scheit iſt / alſo wird auch der Lieb - ſte ſeyn.
Odu heiliger Weyhnacht-Abend! wie miß - braucht dich doch manche Mann-thoͤrichte Dirne zu ihrem loſen Haͤndeln! Es weiß ſicherlich manche tolle Trompe ſich auff nichts mehr zu beſinnen / das ſie gern zu dieſer heiligen Zeit noch practicirte; da ich doch / ie laͤnger ich nachſinne / ie weniger begreiffen kan / warum e - ben dieſe Nacht denen ledigen Weibs-Perſonen ſo favorabel ſeyn ſolle. Nach dieſem Punct ſtellen ſie eine Probe an / ob ihr kuͤnfftiger Lieb - ſter werde krumm oder gerade ſeyn / da ſie doch nicht einmahl verſichert ſind / ob ſie auch noch ei -O 4nen216Unterſuchung / derer von ſuper - klugennen werden bekommen oder nicht. Sie probiren es mit einem unbeſehenen Scheite Holtz / und wollen gleichſam ſich hiermit zu dem bey ihnen gewoͤhnlichen Spruche bekennen: So muß ich einem Mann haben / und ſolte ich mir einem von Stroh oder Holtze machen. Ja / wenn ſie einen ſolchen haben wollen / ſo koͤnnen ſie auff dieſe Art freylich gar bald zu einem krummen oder gera - den gelangen. Und waͤre zu wuͤndſchen / daß alle ſolche Mann-tolle Vetteln / die ſo vorwitzig ſind / um die Beſchaffenheit ihrer zukuͤnfftigen Maͤn - ner ſich vor der Zeit zu bekuͤmmern / ihr Lebtage ſich mit ſolchen aus dem Holtze gezogenen Maͤn - nern / zur Straffe ihrer Thorheit / behelffen muͤ - ſten! Solte dieſes Beginnen nicht die Abgoͤtte - rey derer Heyden uͤbertreffen? welche doch gleichwohl Goͤtzen ehren / die gewiſſe Geſtalten und Bildniſſe an ſich haben; hier aber ſollen un - geſtalte Stuͤcke Holtz Oracula abgeben / und anzeigen / wie der kuͤnfftige Liebſte ſoll propor - tionirt ſeyn. Die thoͤrichten Leute moͤchten aber doch nur bedencken / daß zwar alle diejenige / wel - che ſolche Probe vornehmen / Scheite Holtz kriegten / aber alle bekommen nicht Maͤnner. Dahero / welche keinen Mann bekoͤmmt / und hat doch ein Scheit Holtz ausgezogen / die ſiehet ja ſolcher geſtalt / daß dieſe abgoͤttiſche Probe falſch und erlogen ſey. Es wird mir zwar ohneZweiffel217Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Zweiffel geantwortet werden: Es koͤnten dieje - nigen / welche keine Maͤnner bekaͤmen / auch das Scheit / das ſie ruͤcklings ergriffen haͤtten / nicht heraus ziehen / weil es allzufeſte ſteckete. Allein / ſie kommen mit dieſem Einwurff gar nicht aus. Denn da nicht allein die lieben Damens gar fein ſich an einem Ort wiſſen zu ſtellen / allwo ſie ge - dencken / das Holtz zu gewinnen / ſo traͤgt ſichs ja auch offt zu / daß / ob ſie gleich an ein Stuͤck Holtz kommen / ſo ſie weder regen noch wenden koͤnnen / und ſolches muͤſſen ſtecken laſſen / dennoch das ſelbige Jahr noch einem Soldaten oder andern praven Kerl uͤberlieffert werden. Woraus ja offenbahr erhellet / daß dieſer Glaubens-Articul falſch ſey.
Welche Dirne will wiſſen / wie ihr kuͤnfftiger Mann werde heiſſen / die ſoll den erſten Faden Garn / den ſie des Tages ſpin - net / vor ihre Hauß-Thüre ſpannen / wie nun der erſte vorheygehende heiſt / alſo wird ihr kuͤnfftiger Mann auch heiſ - ſen.
WIe koͤmmt aber eine ſolche Trompe zu rechte / die ihren Faden auffſpannet / auch Achtung giebet / wer voꝛbey gehet / und wie er heiſt / und von einem Jahre zum andern auff einen Liebſten gleiches Nahmens hoffet / aber doch biß an ihr Ende keines Mannes theilhafftig wird? Wie trifft doch bey einer ſolchen dieſer ſchoͤne Glaubens-Artieul ein? Oder wie wird eine andere dran ſeyn / da zugleich zwey / drey oder mehr Maͤnner vorbey geben / und hat ein ieder einen andern Nahmen? Wie will ſie allda wiſ - ſen / welchen Nahmen ihr kuͤnfftiger Schatz ha - ben werde? Hierauff werde ich ohne Zweiffel zu erſt Antwort bekommen / (weil mein erſter Einwurff wohl wird unbeantwortet bleiben /) daß der / welcher oben an / oder auch der Thuͤr am nechſten gehe / der habe den Nahmen des kuͤnffti - gen Liebſten; oder aber truͤge ſichs auch wohl zu / daß wenn ihrer zweye waͤren / die vorbey gien -gen /219Weibern hochgehaltenen Aberglauben. gen / der eine Hanß und der andere Chriſtoph und ſo fort hieſſe / da hieſſe alsdenn der kuͤnfftige Lieb - ſte Hanß Chriſtoph. Oder es koͤnte ſich auch be - geben / daß / wenn zwey oder drey Maͤnner vor - bey giengen / die Jungfer hernach auch wohl zwey oder drey Maͤnner kriegen koͤnte / die derer ihre Nahmen haͤtten / die vorbey gegangen waͤren. Allein dieſes ſind gar zu weit geſuchte Poſſen; denn ſo zwey oder mehr Maͤnner zugleich vorbey gehen / und der oben an gehet / den rechten Nah - men haben ſoll / ſo fragt ſichs / wie es bey denen Voͤlckern koͤnne eintreffen / welche die Lincke vor die Oberhand halten? Oder wenn es der ſoll ſeyn / der am naͤchſten an der Thuͤr gehen werde / ſo weiß ich auch nicht / wie die Natur durch den vor die Thuͤr geſpanneten Faden ſolte ſolche Ge - walt leiden koͤnnen / daß durch ihre Wirckung die zwey oder drey vorbey gehenden Maͤnner ſich e - ben in eine ſolche Ordnung ſtellen muͤſten / daß eben derjenige auff der Seite gehen muͤſte / wel - cher der Jungfer ihres kuͤnfftigen Liebſten ſeinen Nahmen fuͤhrete? Denn nachdem der Gang von der rechten oder lincken Seiten des Hauſes herkoͤmmt / nach dem gehet auch dieſer oder jener oben an oder dem Hauſe am naͤchſten. Daß a - ber der kuͤnfftige Mann einen duppelten Nah - men fuͤhren ſolle / nach denen Nahmen zweyer vorbey gegangenen Maͤnner / das ſcheinet auchder220Unterſuchung derer von ſuper - klugender Natur zu viel Gewalt mit einem elenden Fa - den Garn thun wollen; als ob die Natur um des Fadens willen eben ſolche zwey Maͤnner zu - ſammen und vor dieſer Thuͤre vorbey fuͤhren muͤſte / allwo das Garn auffgeſpannet waͤre. Was letzlich zwey oder drey Maͤnner anlanget / die ſich eine ſolche Mann begierige Jungfer zu uͤberkommen moͤchte traͤumen laſſen / das iſt mit vorigem gleiches Schlages / und ſind lauter ver - gebliche Einbildungen und abgoͤttiſche Aber glau - ben / derer ſich ehrliche Jungfern niemahls bedie - nen werden.
Es iſt nicht gut / wenn man einen Roſt oder Dreyfuß auffs Feuer ſetzet / und leget nichts drauff.
BEſſer iſts / wenn auff dem Roſte ein paar gute Bratwuͤrſte liegen / und auff dem Dreyfuſſe ein Keſſel mit einem guten Schincken oder fetten Karpffen ſtehet. Und ſol - cher Geſtalt moͤchte dieſer Glaubens-Punct ſchon beantwortet ſeyn. Allein / weil ich gleich - wohl offt wahr genommen / daß / wenn an man - chem Orte ſind Fiſche geſotten worden / die Koͤ - chin / ſo bald ſie den Keſſel vom Dreyfuß gehoben gehabt / einem andern dabey ſtehenden zugeruf - fen / daß er den Dreyfuß moͤchte umwerffen / ſo habe ich nach ſolcher Bedeutung offt gefraget / aber keinen andern Beſcheid erhalten / als daß es nicht gut ſey / wenn der bloſſe Dreyfuß im Feuer ſiehend bliebe. Endlich iſt mir geſagt worden / habe es auch in der dem groſſen Planeten Buche mit einverleibten alten Weiber-Philoſophie ge - funden / daß es folgendes bedeuten ſelle: Nehm - lich ein Weib / welches den Roſt oder Dreyfuß ſo frey auff dem Feuer ſtehen lieſſe / das wuͤrde un - ſcheinbar / runtzlich und alt. Iſt demnach kein Wunder / daß die lieben Dinger ſo ſor gfaͤltig den Dreyfuß aus dem Feuer thun; ſintemahl ih - nen an nichts mehr gelegen iſt / als an ſchoͤner Geſtalt / weil ſie wohl wiſſen / daß ſo ſie dieſe beſi - tzen / ihnen das uͤbrige / was ihnen gefaͤllet / auch nicht leichte entſtehen werde. Denn wenn ſie ſchoͤn ſind / ſo ſind ſie denen Manns-Perſonen /als222Unterſuchung derer von ſuper - klugenals um derer willen ſie ſich putzen / baden / pudern / ſchmincken / ſalben und balſamiren / angenehm; und wenn ſie noch ledig ſind / bekommen ſie eher Maͤnner; ſind ſie aber ehlich / ſo hoffen ſie / um der Schoͤnheit willen / zuweilen auch (wiewohl verbotener Weiſe) einer frembden Speiſe zu ge - nieſſen. Welche wolte denn / bey ſo geſtalten Sachen / den Roſt oder Dreyfuß im Feuer ſtehen laſſen? und wolte ich nun keine mehr drum ver - dencken / wenn ſie ſolchen / in Ermangelung einer Feuer-Zange / gleich mit bloſſen Haͤnden um - wuͤrffe; Allein / weil gleich wohl eine Sache nicht nur in bloſſem Vorgeben beſtehen darff / ſondern auch gewiſſe rationes erfordert werden / warum das oder jenes ſo / oder ſo ſey? ſo wollen mir die Weiber doch erſt die Art und Weiſe entdecken / wie ſie von dem auff dem Feuer bloß ſtehenden Dreyfuß runtzelich und alt werden / wiedrigen Falls wird es niemand ihnen zu Gefallen glau - ben. Und ob ſie gleich wolten fuͤrgeben / daß ſie ſolches aus offt und vieler Erfahrung erlernet haͤtten; ſo waͤre doch dieſes noch ein gar ſchlech - ter Beweiß / weil andere Dinge mehr und oͤffter fuͤrgehen / die eine Urſach zum Runtzeln und al - ter Geſtalt machen koͤnnen / als der im Feuer ſte - hende Dreyfuß. Auch werden viele ungeſtalt / die nicht einmahl an das Feuer kommen / vielwe - niger einen Dreyfuß im Feuer ſtehen laſſen; unddas223Weibern hochgehaltenen Aberglauben. das ſind ſolche liebe Dingergen / die nicht wiſſen eine Waſſer-Suppe zu machen / ſondern ſich auff die Maͤgde verlaſſen. Ich will aber andere Ur - ſachen entdecken / warum die ſchoͤnen Weiber manchmahl ſo bald runtzlich und ungeſtalt wer - den? nemlich / wenn ſie Bocken-Gruben mit Schmincke / Kleiſter / Bleyweiß / Kugelac und dergleichen ſtets ausfuͤllen wollen / ſo macht es endlich eine runtzliche Haut; oder wenn ſie die Scirne glatt in die Hoͤhe binden / ſolche mit ſo ge - nandten Favorittgen behaͤngen / als ob ihnen ein Turtel-Taͤubgen auff dem Kopffe geſeſſen ſey / und auff die Stirne ſolche runde Ringelgen ſ. v. geſchmeiſſet haͤtte; die ſie dermaſſen mit Mehl oder geſtoſſener Staͤrcke beſtreuen / daß ſie ausſe - hen / als eine aus der Muͤhlen kommende Palm - Sonntags-Stutte / oder / nach der teutſchen Grund-Sprache zu reden / eine mit Mehl beſtu - bene Eſelin. Auch traͤgt zu eines jungen Wei - bes baldigen Runtzeln viel bey / wenn ſie lieber den Kragen / als den Magen / bedencken / und lieber Hunger leiden / als etwas von der verfluchten Hoffart und Putz abbrechen / da fallen die Ba - cken bald in Falten / und die vorhin glatt geweſe - ne Stirn bekoͤmmt Runtzeln / und werden Cre - punene Geſichter draus. Dieſes ſind alſo mei - ne rationes, warum die Weiber bald alt und runtzlich werden; vom Dreyfuß im Feuer hal -te ich224Unterſuchung derer von ſuper - klugente ich aber gar nichts / biß mir die Weiber gnug - ſam ihr Vorgeben erweiſen.
Wenn ein Weib zu Bette gehet / und gruͤſſet die Sterne am Himmel / ſo nimmt ihr der Geyer oder Habicht kein jung Huhn.
DIeſes glauben die albern / abgoͤttiſchen und aberglaͤubiſchen Weiber / und practici - rens auch; Wenn ſichs alsdenn begiebt / daß ihnen ihre jungen Huͤner unverletzt bleiben / ſo vermeynen ſie / daß wahrhafftig der Gruß / den ſie an die Sternen gethan / ſolchen Schutz zuwe - ge gebracht habe. Hieran aber hat der Teuffel ſeinen ſonderlichen Wohlgefallen / daher er mit Fleiß verhuͤten hilfft / daß der Habicht kein jung Huhn von denen erhaſche / derer Frauen die Sternen gegruͤſſet haben; Hingegen derer ihre / die ſolches nicht gethan haben / hilfft er / ſo viel ih - me GOtt zulaͤſſet / deſto mehr verderben / nur darum / daß er den abgoͤttiſchen Wahn bey denenWeibern225Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Weibern moͤchte vermehren. Aber die albern Narren moͤchten doch ein wenig uͤberlegen / wie abgeſchmackt und thoͤrieht ihr Vornehmen ſey? und der Satan denen ihren geſunden Verſtand beraubet haben muͤſſe / die ſolche Narren-Poſſen glauben und practiciren. Denn der rechte und wahre Verſtand dieſes ihres Glaubens-Ar - ticuls iſt alſo beſchaffen: Zu der Zeit / wenn ein Weib Abends zu Bette gehet / da die Sterne am Himmel zu ſehen ſind / ſo iſt es finſter; wenn ſie nun die ſichtbaren Sterne gruͤſſet / ſo nimmt ihr der Geyer oder Habicht kein jung Huhn / denn die Gluck-Henne ſitzet zu der Zeit druͤber / und iſt auch in der finſtern Lufft kein Geyer anzutreffen / der eines nehmen koͤnne. Iſt alſo freylich wahr / daß der Habicht ihr kein Huhn nimmt / wenn ſie zu Bette gehet / oder wenn ſie die Sterne am Himmel ſehen und gruͤſſen kan. Auff folgen - den Tag aber hat ſie deſſen keinen Buͤrgen.
Wenn man Stroh in ein Bett thut / ſoll man die Knoten nicht an denen Stroh - Baͤndern laſſen / ſonſt kan niemand darauff ſchlaffen.
Offtmahls / wenn Patienten nicht haben ſchlaffen koͤnnen / oder mancher / wegen vie - ler Sorgen und andern Urſachen / wenig Ruhe im Bette gehabt / habe ich kluge Weiber hoͤren den Rath geben: Man moͤchte doch das Bett-Stroh durchſuchen / ob irgend unauffge - knuͤpffte Strob-Baͤnder darinnen waͤren / wel - che eine gewiſſe Hinderniß des Schlaffs und Ruhe verurſacheten? Alleine / obgleich ſolche zuweilen gefunden / und weg gethan ſind worden / iſt dennoch kein Schlaff darauff erfolget. Alſo ſiehet man / wie die Weiber alle Kleinigkeiten zu Aber glauben machen koͤnnen / wenn auch gleichoͤffters227Weibern hochgehaltenen Aberglauben. oͤffters natuͤrliche Urſachen darbey zu beobachten ſind. Denn das iſt natuͤrlich / daß einer auff vie - len Knoten / als wie an Stroh-Baͤndern ſind / wuͤrde ſchlechte Ruhe finden / wenn er ſolche / als eine Streue / unter ſich haͤtte. Auch kan ſichs bey gar armen Leuten wohl zuweilen zutragen / wenn weder Betten noch Stroh zur Gnuͤge vorhanden iſt / daß ein eintziger ſolcher Knoten einen / der darauff lieget / Unruhe verurſachet. Wenn aber Stroh genug im Bette liegt / und auch noch gute Betten darzu drauff gelegt ſind / ſo kan ein oder zwey Knoten von Stroh-Baͤndern keine Verhinderniß des Schlaffs verurſachen / ſo wenig / als etliche Pflaum-Federn verurſachen ſolten / daß einer / der ſich drauff legte / ſanfft ruhen werde.
Wenn ein Weib zu Marckte gehet / und hat fruͤh / als ſie die Schuhe angezogen / den rechten Schuch erſt angezogen / ſo wird ſie ihre Wahre theuerer loß werden.
SOlte die Urſach daher kommen / daß die Bauer-Weiber ihre Butter und Kaͤſe ſo theuer geben / ſo waͤre nicht unbillich / wenn die Obrigkeit anbefoͤhle / daß die Weiber alle muͤ - ſten den lincken Schuch erſt anziehen. Daß a - ber dieſer Aberglaube falſch ſey / erhellet daraus / weil viel hundert Bauer-Weiber barfuß zu Marckte kommen / und weder Schuch noch Strumpff anhaben / dennoch aber hartnaͤckig auff ihre Wahre halten / und theuer genug ver - kauffen. Und kan ich mich nicht erinnern / daß ich in zehen Jahren einem Bauer-Weibe etwas haͤtte abgekaufft / daß ſie um einen billigen Preiß gegeben haͤtte; denn ſie wiſſen / daß des Volcks in denen Staͤdten viel iſt / die eſſen wollen / dahe - ro wiſſen ſie nicht / wie ſie ihre ſtinckenden Kaͤſe und andere Victualien theuer genung ausſchin - den ſollen. Und ob ſie gleich alles uͤber die Bil - ligkeit verkauffen / ſo laſſen ſie ſich doch noch nicht damit vergnuͤgen / ſondern ſinnen noch auff Mit - tel und ſchwartz kuͤnſtliche Handgriffe / die ihnenzum229Weibern hochgehaltenen Aberglauben. zum theuer-Verkauffen dienen ſollen / derglei - chen einer dieſes iſt / was ich ietzt unterſuche / nem - lich die erſte Anziehung des rechten Schuchs; anderer ſolcher Abgoͤtterey und loſen Zauber - Griffgen vorietzt zu geſch weigen. Daß aber die - ſes zum theuer-Verkauffen nichts thut / habe ich nicht allein ſchon oben angefuͤhret / ſondern es iſt auch daraus zu ſchlieſſen / weil ein Bauer-Weib ſelten einen Unterſchied unter ihren Schuben machet / ob er an den rechten oder lincken Fuß gezogen wird; kan dahero der Schuch als Schuch nichts wircken / ſondern es muͤſte die Krafft vom rechten Fuſſe oder Auffhebung des rechten Beins herkommen / aber auch dieſes will ſich nicht wohl reimen; denn wenn die Weiber fruͤb / ehe ſie zu Marckte gehen / erſt in den Kuͤh - ſtaͤllen herum wandern / und die Fuͤſſe hernach waſchen / ſo heben ſie die Beine / ohne Unterſchied / auff / und waſchen beyde abe; woferne ſie ſie aber nicht waſchen / ſo iſt kein Zweiffel / es werde der lincke Fuß ſo heßlich als der rechte ſtincken / wie kan denn hernach ein Fuß vor dem andern die Krafft geben / daß die Wahre auff dem Marckte theuer verkaufft werde? Gleichwohl aber aus der Sache zu kommen / will ich ein wenig ent - werffen / was mich duͤncket / wie es mit Anziehung des rechten Schuchs und deſſen Wirckung zur unchriſtlichen Schinderey zugehe; nemlich / derP 3rechte230Unterſuchung / derer von ſuper - klugenrechte Schuch iſt das erkaltete und von aller Chriſtlichen Liebe befreyete Hertz / und der rechte Fuß iſt die geitzige Begierde zum unbillichen Wucher. Wenn dieſer Fuß alſo in den kalten Lieb-loſen Schuch tritt / und zu Marckte wan - dert / ſo verkaufft das Weib theuer. Was aber der barmhertzige GOtt darzu ſagt / das koͤnnen die Soldaten hernach denen Bauern am beſten fuͤrpredigen.
Wer ein Hembde an hat / welches vom Garn gewircket iſt / das ein Maͤgdlein unter ſieben Jahren alt geſponnen hat / der hat Glück darinnen.
ICh uͤber gehe allhler / um Aergerniß zu ver - huͤten / was vor verfluchte Zauberey und Gauckeley mit dem ſo genannten Noth -Hembde231Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Hembde getrieben / und vor dieſem von man - chem Teuffels-Diener hoͤher als GOTT ſelbſt æſtimiret worden iſt. Denn wenn ein from - mer Chriſt beobachtet / erſtlich / was vor Perſo - nen das Garn darzu haben muͤſſen ſpinnen? zum andern / in weſſen Nahmen? drittens die Zeit oder den Tag / wenn es hat muͤſſen geſpon - nen / gewircket und auch gemacht werden? vierd - tens die Form und Geſtalt? und letzlich / wenn und wofuͤr es gebraucht worden iſt? ſo wird ein ieder geſtehen muͤſſen / daß es ein recht Werck des Teuffels geweſen ſey; und zweiffele ich nicht / daß noch wohl heut zu Tage dergleichen verferti - get und gebraucht werden / weil doch in dieſer Grund-Suppe der Welt faſt alle Laſter / welche ſonſt ſchon vergeſſen geweſen / wieder auffs neue auff gewaͤrmet und hervor geſucht werden. Es ſey aber dahin geſtellet / ob nicht ietziger Zeit noch ſolche Noth Hembden gemacht und gebraucht werden? ſo fehlets doch hingegen nicht an andern verdammlichen Abgoͤttereyen und Aberglauben. Wie denn in Warheit ein ſolch Hembde / worzu das Garn von einem Kinde unter 7. Jahren ge - ſponnen iſt / wenn es mit der intention getragen wird / daß es Gluͤck bringen ſoll / nichts als ein offenbares abgoͤttiſches Werck iſt. Daß es aber auch im allergeringſten keine Wirckung habe bey Chriſtlichen Leuten / die kein Vertrauen darauffP 4ſetzen /232Unterſuchung derer von ſuper - klugenſetzen / kan ich aus folgender Begebenheit abneh - men. Meine nunmehro laͤngſt in GOtt ru - hende aͤlteſte Schweſter hatte / vor dem Beſchluß ihres ſiebenden Jahres / ſo viel geſponnen / daß ſie ein Mandel Ellen Leinwad davon wircken ließ / welche ihr meine Mutter auffhub / als einen Haußrath; und weil dieſelbe bey Zeiten / nechſt der Gottesfurcht / zu aller hand haͤußlichen Ver - richtungen angewieſen wurde / muſte ſie in ihrem vierzehenden Jahre meines aͤlteſten Bruders Haußhaͤlterin werden / weil er noch unverheyra - thet war; als aber ſein Nabmens-Tag kam / machte ſie von ihrer Leinwad ein Hembd / und band ihn damit an. Nun kan ich zwar nicht wiſ - ſen / indem ich davon keine obſervation zu ſelbi - ger Zeit gemacht habe / was vor Gluͤck er darin - nen gehabt hat? aber das erinnere ich mich noch wohl / daß / als er hernach / Amts wegen / der Brandenburgiſchen Armee / welche / wo ich nicht irre / vor 30. Jahren vom Frantzoͤfiſchen Kriege aus dem Reich durch den Thuͤringer Wald in die Winter-Qvartiere zog / biß auff den Frauen - waldt [iſt ein ſchoͤnes Fuͤrſtlich Gothiſches Hauß und Gaſthof im Thuͤringer Walde gelegen] ent - gegen geben muſte / um zu hintertreiben / daß der March die Henneber giſchen und Weimariſchen Doͤrffer nicht ſo ſtarck betreffen moͤchte; da trug ſichs zu / daß er in dieſem Gaſthofe uͤber einem all -da233Weibern hochgehaltenen Aberglauben. da an einem hitzigen Fieben liegenden Oberſten ſich dermaſſen entſetzte / daß er ſich alsbald entfaͤr - bete / und ſich kranck nach Ilmenau bringen laſ - ſen muſte / allwo er den dritten Tag ſeinen Geiſt auffgab / und ſtarb. Ob er nun zwar zu derſelbi - gen Zeit ſich nur kurtz zuvor verheyrathet hatte / war doch meine Schweſter noch bey ihm / und er - zehlete bey deſſen Begraͤbniß / daß er eben das Hembde / womit ſie ihn angebunden gehabt / haͤt - te auff dieſer ungluͤcklichen Reiſe angehabt / und haͤtte ſolcher Geſtalt gar wenig Gluͤck darinnen gehabt. Dieſes habe ich alſo nur darum ange - fuͤhret / auff daß iedweder erkennen moͤge / daß ein ſolch Hembde nicht einen Pfifferling beſſer ſey / als ein anders. Wer aber ſein Vertrauen auff dieſes und dergleichen Poſſen ſetzet / bey dem hat der Teuffel geſchwinde ſeine operation, und ver - ſchaffet / daß er in ſeinem abgoͤttiſchen Vertrauen noch mehr geſtaͤrcket werde / drum hat ein redli - cher Chriſt wohl Urſache / ſich vor ſolchen loſen Haͤndeln zu huͤten.
Wenn es auff S. Johannis-Tag regnet / ſo verderben die Nuͤſſe / hinge - gen gerathen die Huren.
Ey! wenn nur was geraͤth / auff daß das Jahr nicht gar unfruchtbar iſt; zwar die Huren gerathen / ob gleich kein Tropffen Regen im gantzen Jahre ſolte vom Himmel fal - len. Daß aber die Nuͤſſe manch Jahr verder - ben / iſt bekannt. Ob aber der Regen welcher an Johannis-Tage faͤllet / hierzu etwas contri - buiren mag? kan ich ſo ſchlechterdings nicht an - nehmen / weil ich mich noch wohl erinnere / daß / als ich vor zweyen Jahren / nehmlich Anno 1702. an S. Johannis-Tage / eben als es regnete / zu einem guten Freunde ſchertzweiſe ſagte: Es wuͤrden die Nuͤſſe verderben / und hingegen nach dem gemeinen Sprichwort / die Jungfern fruchtbar werden. Ob nun gleich an denen letztern nichts ermangelt hat als Ehre und Schamhafftigkeit / ſo wird doch ein iedweder mit mir bekennen muͤſſen / daß im Jahr 1702. die Nuͤſſe dermaſſen wohl gerathen ſind / als in ſehr vielen Jahren zuvor nicht geſchehen iſt. Trifft alſo das bekandte Glaubens-Puͤnctlein mit der Warheit nicht uͤberein. Ich kan auch nicht ab - ſehen / aus was Urſachen die Huren gerathen ſol -len /235Weibern hochgehaltenen Aberglauben. len / wenn die Nuͤſſe verduͤrben / und ſolte man vielmehr glauben / wenn die Nuͤſſe wohl gerie - then / ſo giengen die Jungfern mit denen Manns-Perſonen in die Haſel-Straͤucher / alda Nuͤſſe zu ſuchen / bey welcher Gelegenheit man - che ein paar Nuͤſſe auffzubeiſſen bekaͤme / davon ihr in dreyviertel Jahren der Wurm aus dem Leibe kroͤche; denn es ſind manche Nuͤſſe wur - micht.
Am S. Johannis-Tage ſollen ſich die Bauern in Zwiebel-Beeten herum weltzen / ſo werden die Zwiebeln groß wachſen.
DIeſes Fuͤrgeben iſt zwar wahr; Jedoch muß es nicht eben am Johannis-Tage ge - ſchehen / ſondern kurtz zuvor / oder viel - mehr nach ietzigen neuen Calender etliche Tage hernach gelchehen. Und hat es ſeine natuͤrli - chen Urſachen / welche die klugen Gaͤrtner wohl verſtehen / und dahero um ſolche Zeit / das Zwie - bel-Kraut mit Fleiß auff denen Zwiebel Beeten umtreten. Denn wenn das Kraut zertreten wird / ſo wird es hernach welck / und das uͤbrige Wachsthnm bleibet in der Wurtze[l]oder Zwie - bel / und werden groß. Dieſe Verwelckung derer Zwiebel-Roͤhren wird auch verurſachet / wen man ſich auff ſelbigen herum waltzet / und ſie damit uͤbern Hauffen und entzwey drucket. Und gilt gleich viel / ob ſie umgetreten oder ge - waͤltzet werden / und darff auch nicht eben am Johannis-Tage geſchehen.
An Bartholomaͤi Tage ſollen die Maͤgde nicht ins Kraut gehen / Blaͤt - ter vor das Vieh zu holen.
DIeſer naͤrriſche Aberglaube iſt meines Wiſſens nur an theils Orten in Thuͤrin - gen bekandt / alwo das gemeine Volck in den albern Wahn ſtehet / es wuͤrffe Bartholomaͤ - us an dieſem Tage Krauthaͤupte in das Kraut / derowegen ſolle niemand an dieſem Tage in das Kraut gehen / auff daß es den Bartholomaͤum nicht verjagete / oder verſtoͤrete. Woher nun dieſe gantz albere Meynung ihrem Ur - ſprung her haben mag? kan ich nicht erfahren / vermuthe aber nicht unbillich / daß es noch aus dem Pabſithum uͤbrig blieben ſey / weil wir der - gleichen Raritaͤten mehr / ihnen noch abgeerbet haben. Wie ſich aber der gute Bartholomaͤusſo mag238Unterſuchung / derer von ſuper - klugenſo mag verſuͤndiget haben / daß er / als wie zur Straffe / die Krauthaͤupter in ſo groſſer Menge in einem Tage in ſo vielen Laͤndern muß oder ſoll einſtreuen / kan ich weder begreiffen noch glau - ben; welcher Narr es aber will glauben / dem will ichs nicht wehren. Und ſcheinet / daß Bar - thel muͤſſe ein furchtſamer Kerl ſeyn / weil er ſich ſtracks fuͤrchtet / ſo eine Magd zu ihm ins Kraut koͤmmt / und ſich von ſeiner Verrichtung laͤſſet abſchrecken; alleine / ich glaube daß einſt eine Magd an Bartholomaͤi-Tage mag im Kraute geweſen ſeyn / und hat einen Haaſen ſehen her - aus lauffen / der zuweilen / nach der Haaſen Gebrauch ſich auffgerichtet und ein Maͤnngen geſtanden hat / dieſen mag ſie vor Bartheln haben angeſehen / und hat gedacht / wenn dieſer lang-oͤh - rige Kerl oben die kleinen Hertz-Blaͤtgen im Kraut-Stauden gekoſtet hat / er ſey der Bar - thel / und werffe Krauthaͤupter ein. Aber zum wenigſten weiß ich und iedermann / daß um Bar - tholomaͤi ſchon viel Krauthaͤupter verkaufft wer - den. Derowegen ſolche ja nicht erſt am Bar - tholomaͤi koͤnnen eingeworffen werden.
Wer ein vier-blaͤtteriges Klee-Blat findet / der ſoll es werth halten / denn ſo lange er es hat / wird er gluͤckſelig und reich ſeyn.
Aller Klee / wie er Nahmen haben mag / (denn es gibt deſſen ſehr vielerley Arten) iſt nach ſeiner natuͤrlichen Eigenſchafft und Ge - ſtalt / ein ſolch Kraut / da eindreyfaches Blat auff ieden Stiele waͤchſet. Wenn ſichs aber ohnge - fehr begiebt / daß mehr als drey Blaͤtter auff ei - nem Stiele gefunden werden / ſo iſt es gleichſam eine Mißgeburth / Luſus naturæ, gleich wie bey manchen Menſchen / der 6. Finger an einer Hand hat / oder auff einem Halm 2. 3. oder mehr Aehren Weitzen oder Korn wachſen. Da nun dieſes ſolche Dinge ſind / welche nicht wieder die Ordnung der Natur / ſich mit natuͤrlichen Ge - ſchoͤpffen hervor zu thun pflegen / ſo ſind es allge - meine Dinge / die man / zu gewiſſen Zeiten / ſu - chen und finden kan / ſondern werden gemeinig -lich240Unterſuchung derer von ſuper - klugenlich ohngefehr gefunden und angetroffen. De - rowegen pfleget man auch zu ſagen: Wer vier - blaͤtterigen Klee ſuchet / der findet keinen / und wer keinen ſuchet / der findet deſſen. Daß aber einer / der ſolcher Art Klee mit vier Blaͤttern fin - det / und auffhebet / mehr Gluͤck oder Reichthum zu hoffen habe / als wenn er dergleichen Klee nicht haͤtte? das iſt eine grobe Abgoͤtterey und of - fenbare Luͤgen. Denn ich kan einem nicht al - leine wohl dreißigerley Sorten von allerhand Klee / als Stein-Spitz-Waſſer-Wieſen-Spa - niſch-Sauer-Hertz-Hopffen-Schnecken-Guͤl - den - und dergleichen Arten Klee / ſondern auch vier / fuͤnff / ſechs und ſieben blaͤtterigen Klee wei - ſen / den ich aus curioſitaͤt auff behalte. Ich waͤre aber kein ehrlicher Chriſt / wenn ich gedencken wolte / ob haͤtte ich / um des vier-blaͤt - terigen Klees willen / um einem Heller mehr Gluͤck als ſonſt. Und iſt ein ſolcher Menſch / der ein vier-blaͤtterig Klee-Blatt / um des Gluͤcks willen / auff hebt / nicht beſſer zu achten als ein Zauberer / der einem Spiritum familia - rem, ein Alraungen / oder einen Heckethaler verwahret. Auſſer einen ſolchen abgoͤttiſchen Vertrauen aber / mag ein iedweder gleich eine gantze Schachtel voll ſolchen vier-blaͤtterigen Klee mit gutem Gewiſſen auffheben. Wolte mir aber iemand vorſtellen / daß wenn gleich -wohl241Weibern hochgehaltenen Aberglauben. wohl einer ohngefehr ſolchen Klee faͤnde / und oh - ne ſuͤndlichen Vorſatz auffhuͤbe / hernach aber ge - wahr wuͤrde / daß er beſſer Gluͤck haͤtte / als ſonſt / ob er denn den Klee ſolte hinweg werffen / den ihn doch vielleicht GOtt um deßwillen haͤtte fin - den laſſen / daß er ihm dadurch ſegnen wolle? Dieſem dienet zur Antwort / daß GOtt / weil die Welt geſtanden hat noch keinen eintzigen Men - ſchen / auff dieſe Art / geſegnet hat; und braucht GOtt weder vierblaͤtterigen noch Guͤlden-Klee darzu / wenn er einen ſegnen will; und wuͤrde auch auff ſolche Art ſcheinen / ob gaͤbe GOTT ſelbſt Anlaß zur Abgoͤtterey? Wenn ſichs aber begiebt / daß einer bey einem ſolchen Klee-Blatte ſpuͤret beſſer Gluͤck als ſonſt zu haben / dem ver - ſichere ich / daß eine Verſuchung des Satans uͤ - ber ihm herrſche / wenn er dieſen Goͤtzen oder ab - goͤttiſch Blat nicht hinweg thut. Ferner wird fuͤrgegeben / daß ein ſolcher vierblaͤtteriger Klee am kraͤfftigſten wuͤrcke / wenn er durch die andere biß dritte Hand einem heimlich oder unwiſſend zugebracht werde. Wenn es denn aber alſo ge - ſchehe / und derjenige / der dieſen Klee unwiſſend bey ſich traͤgt / zuſehend gluͤcklich iſt / ſo iſt weiter eine Frage zu beantworten: Ob nehmlich ein ſol - cher ohnwiſſend Suͤnde begehe / oder nicht? Ich achte / vor meine Perſon dafuͤr / daß zwar ein ſol - cher / ſo lange er wuͤrcklich keine WiſſenſchafftQnoch242Unterſuchung derer von ſuper - klugennoch Vermuthung von der Urſach ſeines Gluͤ - ckes hat / eben nicht in dieſem Puncte ſuͤndige / ſondern der / der ihm mit aberglaͤubiſcher Inten - tion, das Klee-Blat zugeſteckt hat / ſteckt wuͤrck - lich in der Verantwortung; derjenige aber / welcher unwiſſend des Gluͤcks theilhafftig wird / iſt auch nicht auſſer Gefahr; denn der Teuffel giebt niemanden etwas umſonſt / daß er nicht mit der Zeit ſein reichlich Intereſſe davon ziehe. Ich kenne unterſchiedliche Perſonen / welche (wenn ich ſo reden mag) ſehr gluͤcklich in Findung des vierblaͤtterigen Klees ſind / dem aber ohngeachtet beſitzen ſie des zeitlichen Gluͤckes und Reich - thums ſehr wenig; woraus zur Gnuͤge erhellet / daß an der Sache gantz nichts iſt. Wie aber die Meynung auff die Bahn kommen ſey / daß einer der vierblaͤtterigen Klee habe / Gluͤck und Reich - thum erlangen werde? das kan ich ſo genau zwar nicht errathen / iedoch zweiffele ich nicht / daß es von einer zweydeutigen Redens-Art herkom - men mag. e. g. Wenn in der Weinleſe einer ei - ne Erdbeer faͤnde / das waͤre etwas rares / es waͤ - re aber ein anderer / der wolte auch eine ſuchen / und ſeiner Liebſten verehren; gienge dahero in den gantzen Weinberge herum zu ſuchen; der erſte aber / oder auch wieder ein anderer ſpraͤche: Es wuͤrde der gut Gluͤck haben / wenn er auch ei - ne Erdbeere faͤnde. Hierbey duͤrffte das Gluͤcknicht243Weibern hochgehaltenen Aberglauben. nicht weiter verſtanden werden / als ſo viel die zur ungewoͤhnlichen Zeit gewachſene Erdbeere aus - truͤge. Und eben auff ſolche Weiſe kan es ehe - mahls geſchehen ſeyn / daß gute Freunde in Gruͤ - nen oder Wieſen ſpatziren gegangen / und in dem Klee verſucht vierblaͤttrigen zu finden / worbey gar leichte die Rede gefallen ſeyn kan: daß einer gut Gluͤck haben wuͤrde / der ſolchen Klee faͤnde. Der andere aber / der ohngefehr dergleichen ge - funden hat / hat dieſe Rede in ſolchem Verſtande angenommen / ob werde er / um des Kleeblats willen / Gluͤck erlangen. Und nachgehends kan dieſe einfaͤltige Meynung / als wie alle andere aberglaͤubiſche Poſſen / gar leicht unter albern Leuten fortgezogen ſeyn / daß ſie nun wuͤrcklich mit unter der alten Weiber ihre Glaubens - Gruͤnde gerathen iſt.
Wenn ein Rabe oder Kraͤh ſich auff ein Hauß ſetzet und ſchreyet / worinnen der Mann oder die Frau kranck liegt / iſt es ein gewiß Zeichen / daß der Krancke ſter - ben werde.
EHe ich hierauff meine gruͤndliche Mey - nung entdecke / muß ich erſtlich benachrich - tiget werden / ob der Patiente um deß wil - len ſterben werde / weil der Rabe auff dem Hau - ſe geſeſſen und geſchrien habe? oder ob der Rabe ſich um deß willen auff das Hauß ſetze und ſchreye / weil der darinnen liegende Patiente werde ſterben? wenn mir aber niemand hierauff Antwort und Nachricht giebet / ſo muß ich wohl beyderley Meynung unterſuchen / damit eines ieden Gedancken hiervon eine Gnuͤge geſchehe. Sage demnach auͤff die erſte Meynung: Daß / wenn einer dafuͤr halten wolte / ob wuͤrde der Pa - tiente um deß willen ſterben / weil ein Rabe oder Kraͤhe auff ſeinem Hauß geſeſſen und geſchrien haͤtte? ſolches Fuͤrgeben gar alber und abge - ſchmackt herauskomme. Denn wenn die Kranck - heit nicht toͤdtlich iſt / ſo kan ja die Kraͤhe oder der Rabe oben vom Forſt des Hauſes nicht den Tod hinein ſchicken / oder die Kranckheit toͤdtlich ma - chen / die vorhin nichts zu bedeuten hat / ſonſt wuͤr -de es245Weibern hochgehaltenen Aberglauben. de es ſcheinen / als ob die Raben eine toͤdtende Seuche / dadurch ſie Haͤuſer inficiren koͤnten / an ſich haͤtten. Und da ein eintziger Rabe ſo viel wuͤrcken koͤnte / daß der ſonſt auſſer Gefahr ſte - hende Patiente in Todes-Noth gerathen wuͤr - de / ſo wuͤrde es auch nicht fehlen / daß / wo viel Raben oder Kraͤhen zugleich auff einem Hauſe ſaͤſſen (welches ſich ſehr offt begiebt) die darin - nen befindlichen geſunden Leute gewiß wuͤrden kranck davon werden. Weil nun aber kein Menſch / dergleichen Exempel erfahren zu ha - ben / gefunden werden wird / als muß an der er - ſten Meynung nichts ſeyn. Was das andere anlanget / als ob der Rabe oder Kraͤhe ſich eben um deßwillen auff das Hauß ſetzete und ſchrie / weil der Patiente / der im Hauſe kranck liegt / ge - wiß ſterben werde? ſo koͤmmt ſolch Fuͤrgeben nicht kluͤger heraus / als das vorige. Denn / wer bringet denn dem Raben die Poſt / daß in dem oder jenem Hauſe ein Patiente todt-kranck liege? deßwegen der Rabe / als ein ſchwartzer Begraͤb - niß-Bitter kommen / und ſeinen Dienſt mit ſei - nem Geſchrey anbieten ſolle. Wolte hier nun iemand einwenden und fuͤrgeben / daß die Raben einen ſo ſtarcken Geruch haͤtten / und dadurch des Patienten Wohnung von weiten ausſpuͤr - ten; dieſem ſage ich dargegen: Daß / wenn es daher kaͤme / ſo wuͤrde gewiß nicht nur ein eintze -Q 3ler246Unterſuchung / derer von ſuper - klugenler Rabe / ſondern gantze Schock ſich um ein ſolch Hauß einfinden. Weil aber dergleichen Begebenheit auch noch nicht erhoͤret worden iſt / ſo faͤllet billich ſolche Meynung von ſich ſelbſt weg. Dieſes ſind alſo meine Gedancken uͤber die - ſen Glaubens-Punct / was anlanget die natuͤr - lichen Raben oder Kraͤhen. Nun finden ſich aber wieder andere / welche dafuͤr halten / es waͤren ſol - ches nicht allgemeine oder natuͤrliche Kraͤhen / ſondern man nennete es Todten-Kraͤhen; ja ei - nige wollen gar fuͤrgeben / ob waͤre es der Teuffel. Was aber die vom Poͤbel alſo genannte Todten - Kraͤhen anlanget / ſo iſt es eben ein ſolch Affen - und Fabelwerck / als das erlogene Fuͤrgeben von der Klage-Mutter / oder alſo genannten Weh - klage. Wenn aber eine ſolche Kraͤhe oder Rabe gar der Teuffel ſeyn ſolte / ſo wuͤrde ich deſto eher recht behalten / wenn ich ſagte das Sitzen und Schreyen einer ſolchen Kraͤhe bedeute nicht den Tod des Krancken / weil (woferne der Patient in rechten Glauben beſtaͤndig bleibt) der Teuffel von einem frommen Chriſten nichts zu holen hat. Uberdiß laufft auch ohne dem allezeit des Teuf - fels Propheceyung auff Luͤgen aus. Alſo mag ei - ner ſolch Sitzen und Schreyen derer Raben auff eines Patienten Hauß verſtehen wie er will / ſo wird er befinden / daß gantz und gar keine Be - deutung davon zu machen ſey.
Wem247Weibern hochgehaltenen Aberglauben.Die Schaͤfer duͤrffen in denen zwoͤlff Chriſt-Naͤchten den Wolff nicht nennen / er zerreißt ſonſt die Schaafe.
WO das bekannte Sprichwort Lupus in fabula, oder wenn man des Wolffs ge - denckt / ſo ſtecket er in der nechſten Hecken! herkoͤmmt / kan ich zwar ſo eigentlich nicht wiſ - ſen; aber das weiß ich wohl / daß es nicht alleineQ 4in de -248Unterſuchung derer von ſuper - klugenin denen zwoͤlff Chriſt-Naͤchten / ſondern viel - mehr durchs gantze Jahr gebraucht wird. Da - hero erachte ich nicht zu fehlen / wenn ich glaube / daß es daher ſeinen Urſprung haben mag / wenn in vorigen Zeiten ſich durch das verfluchte Laſter der Zauberey / hin und wieder ſo genannte Waͤhr - oder Behr-Woͤlffe haben ſehen laſſen / und denen Leuten unzaͤhligen Schaden gethan haben ſol - len / welches aber keine natuͤrliche Woͤlffe / ſon - dern leibhafftige Teuffel / oder Zauberer und He - xen / in Wolffs-Geſtalt / geweſen ſind / die mit ih - ren wuͤten und toben offt ſichtbarlich Schaden gethan haben / und ehe man ſichs verſehen / ver - ſchwunden ſind. Auch wenn zuweilen iemand / in Compagnion und Geſellſchafft / von ſolchen Woͤlffen geredet hat / da hat ſich deꝛgleichen Teuf - fels-Beſtie bald præſentiret; wie Remigius in ſeiner Dæmonolatria dergleichen Hiſtorien und Begebenheiten gnung anfuͤhret. Und ſolcher geſtalt achte ich dafuͤr / iſt das Sprichwort: Wenn man des Wolffs gedenckt / ſo iſt er da / entſtanden. Jedoch ſind dieſes nur meine Gedancken / weiß es ein anderer beſſer / ſo will ich gern davon Unter - richt annehmen. Es ſey aber nun dieſes wie es wolle / ſo glaube ich doch wenigſtens / daß die Be - nennung des Wolffs in zwoͤlff Chriſt-Naͤchten / vor dieſen / als das Zaubern[ und] Hexen iſt gemei - ner als ietzt getrieben worden / ſein Verbot magerhal -249Weibern hochgehaltenen Aberglauben. erhalten haben / da irgend einer / dem Teuffel zu gefallen / denen Leuten / die mit einem ſolchen Behr - oder Waͤhr-Wolffe beſchweret worden / mag weiß gemacht haben / daß wenn iemand ei - ne ſolche Teuffels-Beſtie einen Wolff nennen wuͤrde / ſo lange als die Zeit vom erſten Weyh - nacht-biß zum H. 3. Koͤnig-Tage wehret / dem werde von ſolchem Wolffe Schaden geſchehen. Woraus alsdenn ein allgemeiner Wahn unter die Schaͤfer kommen iſt / daß man in denen zwoͤlff Naͤchten nicht duͤrffe Wolff ſprechen / und daher geben ſie ihm zu ſolcher Zeit allerhand Nahmen / als Ungeziefer / Feind / Raͤheß / und dergleichen. Wie ſichs denn einsmahl begeben / daß ein Schaͤfer zu ſeinem Pfarr gekommen / ein Kind tauffen zu laſſen; weil aber der Pfarr mit Nah - men Wolffgang oder Wolff geheiſſen hat / hat der Schaͤfer ſeinen Antrag auff folgende Ma - nier verrichtet: Guten Tag Herr Ungeziefer! verzeihet mir / daß ich euch ietzt in Zwoͤlff-Naͤch - ten ſo heiſſe / denn ich darff den Teuffel ietzt nicht recht nennen / wenn ich nicht will in Sorgen ſte - hen / daß das Raben-Aaß mir unter die Schaafe geraͤth. Der liebe GOtt hat mich mit einem jun - gen Heyden begabt / ſo wolt ich euch gebeten ha - ben / ihr ſolt ihn tauffen / und einen Chriſten dar - aus machen. ꝛc. Wenn denn nun aber / GOtt ſey Danck / ietziger Zeit / von oben gedachtenQ 5Behr -250Unterſuchung derer von ſuper - klugenBehr-Woͤlffen nicht mehr gehoͤret wird / der na - tuͤrlichen Woͤlffe halber aber niemand ſich / um der Benennung willen / etwas zu beſorgen hat / ſo moͤgen die Schaͤfer / ohne einiges Bedencken / in Zwoͤff-Naͤchten den Wolff nennen; ich will mein Leben zum Pfande ſetzen / daß kein natuͤrli - cher Wolff / um der Benennung willen / ein ein - tziges Schaf antaſten werde.
Wenn man einem Kinde laͤſſet einen Dattel-Kern bey ſich tragen / ſo faͤllt es nicht viel / oder nlmmt durch Fallen nicht Schaden.
DIe Natur-Kuͤndiger geben von dem Palm - oder Dattelbaum fuͤr / daß er die Eigenſchafft haben ſolle / wenn eine ſchwe - re Laſt auff ſelbigen geleget wuͤrde / ſolcher ſich de - ſto mehr empor und in die Hoͤhe richtete / und al - ſo ſich nicht zur Erden buͤgen lieſſe. Ob dieſes wahr ſey / ſtelle ich dahin; wiewohl unterſchied - liche Autores derer neueſten Orientaliſchen Rei - ſe-Beſchꝛeibungen ſolches nicht bekraͤfftigen wol - len. Wenn es aber wahr waͤre / ſo duͤrfften wohl einige dahero muthmaſſen / daß der Kern von der Frucht des Palmbaums eben auch die Eigen - ſchafft habe / wie der gantze Baum / und lieſſe den / der einen ſolchen Kern bey ſich truͤge / nicht zur Erden fallen. Wie ungereimt aber dieſes her - aus koͤmmt / und wie ſchwer es wuͤrde zu bewei - ſen ſeyn / duͤrfften die erfahren / die davon eine Probe thun ſolten. Es wuͤrde aber / meines Er - achtens / eben alſo heraus kommen / als wenn ei - ner ſagen wolte: Ein Kind / das einen Wolffs - Zahn anhangen hat / das wird von dieſem Zahne begierig das Vieh zu eſſen; Oder: Wer Han - butten iſſet / der ſticht und kratzt die Leute; Oder: Wenn ein Cantor Nachtigallen-Federn in Bruſtlatz fuͤttert / wird es ihm niemahls an heller Stimme fehlen. Ich ſage aber dieſes / daß wer ſeinem Kinde / um deß willen / einen Dattel-Kern ins Kleid nehet / daß es fuͤr Fallen ſoll ſicher ſeyn /der252Unterſuchung derer von ſuper - klugender ſetzet ſeine Zuverſicht nicht auff GOtt alleine / wie er doch billich thun ſolte / ſondern auff den Dattel-Kern / und treibt alſo Abgoͤtterey damit. Ich gebe aber ſolchen abgoͤttiſchen Leuten nur noch ſo viel zu bedencken / damit ſie ſich gar leichte ſelbſt uͤberzeugen koͤnnen / daß ſie irren: Wenn ſie einen Dattel-Kern hinwerffen / ſo faͤllet er ſelbſt zu Boden / und bleibt auff der Erden liegen / ſo lange / biß er wieder auffgehoben wird. Was nun aber ſelbſt dem Falle unterworffen iſt / das kan einen Menſchen ja nicht vom Fallen verſi - chern und befreyen. Iſt alſo dieſer Glaubens - Grund nichts nuͤtze. Ich erinnere mich zwar gar wohl / was fuͤr Krafft der Edelſtein Tuͤrckos / in eben dieſem Punct / haben ſoll / wie Helmon - tius in ſeinen ſonſt ſehr ſinnreichen Schrifften gaͤntzlich behaupten will / ja gar diejenigen gantz ſpoͤttiſch anſiehet / und fuͤr eigenſinnige Leute haͤlt / welche in die Krafft des Tuͤrckoffes / die dieſer bey Fallenden erweiſet / einigen Zweiffel ſetzen wol - len. Alleine / wem des beruͤhmten Helmontii ſeine Schrifften bekandt ſind / und iſt nicht uͤber die Gebuͤhr von deſſen principiis eingenommen und angeſteckt / der wird geſtehen muͤſſen / daß ſehr viel Alte-Weiber-Kuͤnſte darinnen fuͤr gantz ge - wiſſe Dinge angebracht ſind / die doch in der War - heit nicht beſtehen / und bleibt dabey / daß alle der - gleichen Sachen auff nichts anders als eine Ab - goͤtterey auslauffen.
Ich253Weibern hochgehaltenen Aberglauben.Wenn iemand zum erſten mahl in ein Hauß koͤmmt / und darinnen ſchlaͤfft / was ihm die erſte Nacht traͤumet / das wird wahr.
ES bezeugets die unzehlich viele Erfah - rung / daß dieſes ſ. v. erlogen iſt / dahero erachte ichs vor gantz unnoͤthig / ſolches weitlaͤufftig zu wiederlegen. Wer es aber den - noch glauben will / der wird eben keine groſſe Suͤnde daran thun / es ſey denn / daß ihm etwas boͤſes traͤume / woruͤber er ſich vergebliche Sor - ge und Kummer machen / und gedencken wolte / es muͤſſe das Boͤſe ohnfehlbar kommen / uͤber wel - chen Beſorgungen einer die Hoffnung zu GOtt vergiſſet / und nicht glaubet / daß GOtt alles aͤn - dern koͤnne / ob auch gleich etwas gewiſſes durch den Traum angedeutet worden ſey.
Traͤu -254Unterſuchung derer von ſuper - klugenSo eine Frau oder Magd auff der Gaſſen oder Straſſen ihr Strumpff-Band verlieret / iſts ein Zeichen / daß der Mann oder der Freyer nicht treu iſt.
DAs iſt ein wunderliches Omen / welches / wofern es wahr iſt / daß es dieſe Bedeutung hat / (das ich doch nicht glauben kan) ſicher - lich vielerley Gedancken verurſachet. Ich ha - be zwar offt gehoͤret / wenn einem Frauenzimmer ohngefehr das Schuͤrtzen-Band auffgefahren iſt / daß ſie geſagt haben: Der Liebſte gedaͤchte an ſie; Hier aber heiſt es gar / wenn eine das Strumpffen-Band verlieret / der Liebſte wuͤrde ihr untreu. Wenn nun dieſes wahr iſt / ſo will ich meine Gedancken / die ich hierbey habe / kuͤrtz - lich eroͤffnen / und ſind folgende: Wenn eine Frau oder Jungfer eine ſolche ſaule unachtſame Schlumpe iſt / daß ſie keinen Strumpff recht auffbindet / und bey ſolcher angewohnten Nach - laͤßigkeit nicht einmahl fuͤhlet / wenn ihr dasStruͤmpf -255Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Struͤmpffen-Band auffgehet / alſo / daß ſie es auch gar unvermerckt verlieret / ſo iſt es kein Wunder / daß / wenn einer ſolchen Schlumper - Kaͤthen ihr Liebſter ſolche Faulheit und ſchlumpi - ge Art erſiehet / er die vorher zu ihr getragene af - fection und Liebe in einen Haß verwandelt; woran ein ehrlicher Purſch auch eben nicht uͤbel thut / daß er ſich einer ſolchen ſchlumpigen Sau bey Zeit enthaͤlt / ehe er ſie gar an Halß krieget. Iſt es aber einer / der ſchon mit einer ſolchen lie - derlichen Dame in der Ehe lebet / ſo muß er ſie zwar behalten / wie das viertaͤgige Fieber / ob ſie gleich die Schuhe hinter ihr her ſchleppet / und die Struͤmpffe uͤber die Schlarffen haͤngen laͤſſet; was aber hieraus vor Liebe entſtehet / iſt aus vielen Hiſtorien bekandt. Will aber / dieſem unge - achtet / eine Manns-Perſon in ſeiner Treue be - ſtaͤndig verharren / und vermahnet eine ſolche lie - derliche Weibs-Perſon mit guter Beſcheiden - heit / daß ſie ſich ſeiner Treue gewiß zu verſichern haben ſolte / woferne ſie ſich fein honnet und rein - lich aufffuͤhren / und ſonderlich die Schuhe und Struͤmpffe immer fein knapp auffbinden wuͤr - de; wiedrigen Falls aber wuͤrde er ſeine Treue auffheben / und die Liebe in Haß verwandeln. So ſich nun ein Frauenzimmer an dieſe Warnung kehret / und ſich darnach haͤlt / ſo iſt es gleichſam / als wenn ihres Liebſten Treue in die Struͤmpf -fen -256Unterſuchung derer von ſuper - klugenfen-Baͤnder verknuͤpfft wuͤrde / als wie der Werth des Geldes in einen Wechſel-Brieff. So nun die Struͤmpff-Baͤnder / aus Nachlaͤſ - ſigkeit / verlohren werden / ſo gehet des Liebſten verſprochene Treue auch einen andern Gang / und iſt mit dem Struͤmpff-Bande / als wie die Verſicherung des Geldes durch den verlohrnen Wechſel-Brieff / auch verlohren. Darum / ihr ſchlumpigen faulen Taſchen / nehmet eure Struͤmpffen-Baͤnder kuͤnfftig beſſer in acht / und verbindet eurer Liebſten ihre Treue fein feſte damit / ſonſt wird es euch gehen / als wie denen Leipziger alſo genandten Schlencker-Braten / o - der aus denen Dienſten gezogenen Maͤgden / die keine Herren haben.
Wem ſ. v. der Hintere jucket / der wird bald Gevatter werden.
IM vorigen Capitel finden wir eine omi - nöſe Begebenheit um der Weibs-Perſo - nen ihre Knie. Hier aber hat die Prophe - ceyung ihre Herberge in der Hinterbruſt oder Kunſt-Kammer genommen. Und moͤchte ich den wunderlichen Heiligen / aus Curioſitaͤt / gern gekennet haben / der hiervon die erſte obſervation gemacht hat. Denn es muß ſich zugetragen ha - ben / daß ihm der Steiß nicht eher gejucket hat / als wenn er eine Gebatterſchafft bekommen / und muß nicht ehe ſeyn zu Gevattern gebeten wor - den / biß ihm allezeit erſt der Steiß gejucket hat; und dieſes muß ſich ſo offt zugetragen haben / daß er es endlich vor eine gewiſſe Bedeutung hat hal - ten koͤnnen / daß er werde Gevatter werden. Ob nun aber gleich dieſes ſich bey einem alſo moͤchte haben zugetragen / ſo kan ich doch den Zweiffel nicht aus meinem Sinne bringen / da ich argwoͤh - ne / dieſes Jucken des Hintern oder (daß ich fein erbar / nach unſerer lieben Mutter-Sprache / re - de) Kunſt-Jucken ſey keines weges univerſal, weil ich noch keinen einigen geſunden habe / der geſagt haͤtte / daß es bey ihm eingetroffen; denn ob ich gleich manchen habe ſehen das Hinter -RQvartier258Unterſuchung derer von ſuper - klugenQvartier ziemlich zerreiben / auch wohl ihn hoͤren ſagen: Er wuͤrde gewiß Gevatter werden / weil ihm der Hintere juckte; dieſem ungeachtet ſind doch keine Gevatter-Briefe hierauff eingelauf - fen. Es faͤllet mir aber hierbey ein / daß die Ge - vatterſchafften auch ihren Unterſchied haben / wenn nemlich bey denen Papiſten auch Gevat - tern / bey ihrem unchriſtlichen Glocken-Taͤuffen / gebraucht werden; derowegen vermuthe ich / das ominöſe Kunſt-Jucken bedeute eine Gevatter - ſchafft bey einer Sau-Glocken / wenn irgend bey einem liederlichen Sauff-Gelag dergleichen ge - goſſen wird / und einer / dem der Hintere gejucket hat / ſich hierbey / als ein Zeuge / mit einfindet. Denn der Hintere ſchicket ſich zur Sau-Glocke beſſer / als zum H. Tauff-Steine in die Kirche. Endlich ſcheinet dieſer Kunſt-Griff auch darum ſeine Probe nicht zu halten / weil man ſo wenig Bettler ſiehet zu Gevattern ſtehen / die ſich doch gemeiniglich die Hoſen bald entzwey reiben / wenn ihnen nicht alleine das gantze Geſaͤß / ſon - dern der gantze Leib von denen bey ſich habenden Voͤlckern jucket. Ingleichen beweiſens dieje - nigen / welche die Kraͤtze haben; derer zu geſchwei - gen / welche Hanbutten / mit ſamt dem Kern / ge - geſſen haben. Noch faͤllet mir ferner eine ſich offt zutragende Begebenheit ein / wenn man ins - gemein von einem / der eine Noth auff den Halßkriegt /259Weibern hochgehaltenen Aberglauben. kriegt / daraus er nicht gar wohl zu kom̃en weiß / ſaget: Der wird das Hinter-Kratzen kriegen; Wie denn auch viel Leute die Gewohnheit haben / daß / ſo ihnen etwas auffſtoͤſſet / woruͤber ſie er - ſchrecken / und nicht ſtracks wiſſen / wie ſie die Sa - che angreiffen ſollen / alsbald ſich hinter denen Ohren oder am Steiſſe jucken. Nun aber ge - ſchicht es auch offt / daß manch Armes einen Ge - vatter-Brieff kriegt / das weder ein reinlich Kleid / noch einen Heller Geld zum Eingebinde oder Pathen-Pfennige hat / und alſo manchem Angſt daruͤber wird / daß er ſolcher Geſtalt / wie vorge - dacht / das Kunſt-Jucken daruͤber bekoͤmmt. Ob nun zwar auff dieſe Art das Jucken erſt ange - het / da der Gevatter-Brieff ſchon da iſt / ſo kan es doch wohl ſeyn / daß hiervon dieſe Meynung ihren Urſprung erlanget hat / wenn es nemlich einem oder dem andern auff dieſe Art ergangen hat / und hat ihm zu einer andern Zeit darnach der Steiß gejucket / ſo hat er ſich deſſen erinnert / wie ihm bey der Gevatterſchafft geworden / iſt dahe - ro mit der Rede heraus gefahren: Der Hinte - re juckt mich / ich werde wieder Gevatter wer - den; woraus die alten Weiber einen Glaubens - Grund formiret haben. Aber
Ein Weib / das Abends zu Bette ge - het / die ſoll ihren Stuhl / dar auff ſie geſeſſen / von der Stelle ruͤcken / ſonſt druͤckt ſie der Alp oder Nacht-Mar.
DEr Alp muß ein poßirlicher Kerl ſeyn / daß er dem loͤblichen Frauenzimmer ſo nach - ſchleicht; iedoch ſcheinets / daß er keinen guten Spuͤr-Hund abgeben mag / weil er / durch das wenige Fortruͤcken des Stuhls / nicht nach - ſpuͤren kan / wohin die Frau gekommen ſey / die darauff geſeſſen hat. Denn ich kan aus dieſem Glaubens-Puncte nichts anders abnehmen / als daß der Alp erſt in die Stube kommen muͤſſe / und die Weiber auff ihren gewoͤhnlichen Stuͤb - len ſuchen / und wenn er ſie nicht findet / alsbald vom Stuhle an nachſpuͤren muͤſſe / wo das liebeGe -261Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Geſchlecht hingekommen ſey / und wenn er ſie alsdenn im Bette findet / legt er ſich alsbald oben auff ſie / und druͤcket ſie vor Liebe / daß ihnen der Odem moͤchte auſſen bleiben; wenn aber der Stuhl fortgerucket wird / ſo kan er nicht auff die rechte Spur kommen / wohin diejenige ſey ge - kommen / die darauff geſeſſen hat / und laͤſſet ſie al - ſo ungedruckt. Das mag wohl heiffen: Es iſt keine Liſt uͤber Weiber-Liſt. Denn welcher Mann waͤre wohl ſo klug geweſen / und haͤtte be - ſonnen / daß / wenn man den Stuhl fortruͤcke / der Alp alsdenn einen nicht finden koͤnne? Drum laſſet uns die lieben Weibergen / um ihrer Philo - ſophie und Klugheit willen / ehren! Wiewohl ich auch nicht verhalten kan / daß mir noch ein Serupel in meinen Gedancken ſtecket / und die - ſis vorhabenden Puncts halber einigen Zweiffel erwecket. Denn da der Alp zu erſt die Weiber in der Stuben auff ihren Stuͤlen ſuchet / welches aus vorgegebenen Umſtaͤnden nicht anders zu vermuthen / ſo ſcheinets / daß er nur zu ſie kom - men / eine Cordeſie bey ſie abzulegen. Denn man hat noch nicht erfahren / daß er eine in der Stube ſitzend gedruckt haͤtte / und wundert mich dahero / daß er ſie nicht alſobald erſt in ihren Bet - ten ſuchet? Denn ich vermeynte / wenn er den Weg einmahl in die Schlaff-Kammer haͤtte ge - ſunden / ſo wuͤrde er ſolchen ein andermahl mehrR 3finden /262Unterſuchung derer von ſuper - klugenfinden / wenn gleich der Stuhl verruckt worden waͤre. Ferner ſcheinet es / daß dieſe Weiber viel uͤbler muͤſſen dran ſeyn / welche nur auff feſt angemachten Baͤncken ſitzen / die ſich nicht fort - ruͤcken laſſen / als dieſe / welche auff Stuͤlen ge - ſeſſen / und ſelbige verruͤckt haben. Und darum moͤgen auch vielleicht die armen Bauer-Weiber mehr Beſchwerung vom Alp-druͤcken haben / als andere / die auff ihren beweglichen Polſter-Stuͤ - len ſitzen. Weil aber von dieſen Zweiffels-Kno - ten noch keinerſeits einer auffgeloͤſet iſt / ſo wird man mich auch nicht verdencken / wenn ich nicht glaube / daß die Fortruckung des Stuhls ver - hindern koͤnne / daß einen der Alp nicht druͤcke. Das Alp-drucken an ſich ſelbſt will ich eben nicht anfechten / denn ich wohl glaube / daß nicht alleine bey manchem das Gebluͤt eine Angſt / Druͤcken und Phantaſie erregen kan / ſondern auch zu - weilen der Teuffel ſein Spuͤckniß und Anfech - tung bey dem Menſchen anrichtet. Ich meines Orts habe zwar / GOtt Lob / mein Lebtage nichts davon erfahren; weil aber der Alp in unterſchied - licher Geſtalt will geſehen worden ſeyn / und zwar mehrmahls als eine Katze / Iltiß oder Fuchs ꝛc. ſo erachte ich nicht vor undienlich / hier - bey zu melden / daß nur im verwichenen Jahre einſt in der Nacht / als ich / wegen unterſchiedli - cher Sorgen / ſchlaffloß in meinem Bette lag /und263Weibern hochgehaltenen Aberglauben. und das Geſichte nach dem Fenſter zukehrete / da fuͤhlete und hoͤrete ich etwas hinter mir auff mein Bette ſpringen / als ob es eine Katze waͤre / es ſchliche alsbald oben uͤber das Haupt-Kuͤſſen hin - uͤber / und ſchnoberte mir mit der Schnautze an mein Maul / und weil es nicht eben gar zu finſter war / erkennete ich / daß es einen ſpitzigen Kopff hatte / als ein Iltiß / dahero ſchlug ichs alsbald mit der Hand wieder den Kopff / daß es zum Bet - te hinaus fiel / und darauff alsbald am Fenſter in die Hoͤhe kletterte / daß ichs wohl betrachten kun - te / und ſahe einem Marder oder Iltiß gantz aͤhn - lich; ich bliebe alſo / ohne Schlaffen / liegen biß zu Tage / da ich denn die Thuͤr und Fenſter alles wohl verwahret fand / aber / ob ich gleich alles auffs genaueſte durchſuchte / war doch nichts zu finden; was es demnach geweſen ſey / mag GOtt wiſſen. Drum
Wenn in einem Hauſe das Feuer auff dem Heerde brennet / ſo ſchlaͤgt das Wet - ter nicht in das Hauß.
ICh moͤchte gern wiſſen / wie man dieſes be - weiſen wolte? Denn wenn einer irgend eine ſolche obſervation hiervon will ge - macht haben / ſo muß er offt ſeyn in ſolchen Haͤu - ſern geweſen / da das Wetter hinein geſchlagen hat; und dennoch kan er noch keinen richtigen Beweiß hiervon auffbringen / obgleich niemahls kein Feuer zu der Zeit / da das Wetter eingeſchla - gen / auff dem Heerde geweſen. Es iſt bekandt / daß das Wetter nicht ſo offt in ein Wohnhauß ſchlaͤgt / als wie in Kirchen und ſolche Haͤuſer / in welchen keine Heerde ſind / daher der naͤrriſche Wahn auch mag entſtanden ſeyn / als ob das Feu - er auff dem Heerde ein Schutz wieder den Wet - ter-Strahl ſey. Will aber einer ſagen / er haͤt - te / aus vieler Erfahrung / daß das Wetter offt in Wohn-Haͤuſer geſchlagen / allwo niemahls Feu - er auff dem Heerde geweſen; ſo antworte ich ih - me / daß / weil er der Exempel ſo unterſchiedliche in acht genommen hat / ſo muß er iedesmahl nicht weit ſeyn davon geweſen. Wolte ich demnach eher vermuthen / das Gewitter ſey ihm nachge - zogen / und habe nach ihm geſchlagen / haͤtte ihnauch265Weibern hochgehaltenen Aberglauben. auch vielleicht ſchon laͤngſt getroffen / wenn Got - tes Guͤte und Langmuth ſolches nicht unterbro - chen haͤtte. Dahero riethe ich einen ſolchen Menſchen / er ſetzte lieber / bey ankommenden Donner-Wetter / ſein Vertrauen auff GOtt / und zuͤndete das Glaubens-Feuer im Hertzen an / und lieſſe ſich hingegen um das Kuͤchen-Feu - er unbekuͤmmert. Denn man bedencke nur / wie naͤrriſch das Vorgeben heraus koͤmmtwenn das Wetter in ein Hauß ſchlaͤgt / ſo ſind dargegen viel hundert und tauſend andere Haͤuſer / da es nicht hinein ſchlaͤgt. Iſt nun in dieſem Hauſe kein Feuer in der Kuͤchen geweſen / da das Wet - ter eingeſchlagen / ſo iſt gewiß auch in viel hun - dert andern / da es nicht eingeſchlagen / auff dem Heerde. Warum ſchlaͤgt es aber nur in eines von dieſen? Es koͤmmt aber dieſer Glaubens - Grund eben ſo heraus / als wenn ich ſpraͤche: Ich koͤnte mich nicht befinnen / daß das Wetter in ein Hauß haͤtte geſchlagen / in welchen man Cani - nichen gehabt haͤtte / und es wolte einer ſtracks den Schluß machen: In welchen Hauſe Canini - chen waͤren / da ſchluͤge das Wetter nicht hinein.
Ein Kalb / ſo an Valtens-Tage ge - worffen iſt / dienet nicht zur Zucht.
FRag ich einen Bauer / warum ein Kalb nicht zur Zucht diene / das an Valtens - Tage iſt jung worden? ſo antwortet er mir nicht ordentlich auff meine Frage / ſondern ſpricht: Es wuͤrde ſein Tage niemand gern ſolch Vieh zur Zucht behalten / daß an Valtens - Tage jung worden ſey / die Urſach weiß er aber ſelber nicht. Nach der gemeinen Sage heiſt es zwar: Ein Bauer thut ſelten etwas ohne Ur - ſach und Nutzen; Aber dieſes iſt wahrhafftig ohne einigen Nutzen. Denn ob gleich ehemahl ein Jahr oder auch etliche Jahre nach einander der Tag Valentini ſolte ungluͤcklich geweſen ſeyn / ſo iſt dennoch nunmehro ſo viel Secula her / die Zeit und die Eigenſchafft der Zeiten dermaſ - ſen veraͤndert / daß gantz nicht mehr darauff zu reflectiren iſt. Zu dem moͤchte ich gern wiſ - ſen / was der gute ehrliche Valentin gethan haͤt - te / daß ſein Nahmens-Tag ſo ungluͤcklich ſeyn ſolle. Wenn es ein Nahme waͤre der allezeit auff einem gewiſſen Wochen-Tag gefaͤllig waͤr /(derglei -267Weibern hochgehaltenen Aberglauben. (dergleichen mir zwar nicht bekandt ſind) ſo ſolte ich mir eher einbilden / ob muthmaſſete man / daß ein uͤber ſolche Tage herrſchender Planete et - was bey der Sache thaͤte; als zum Exempel / wenn man fuͤrgiebt / Saturnus haͤtte die Beherr - ſchung uͤber den Sonnabend / und ſey ein ver - derblicher Planete / dahero alle ſolche lebendige Thiere / welche an dieſem Tage jung worden / kein gut Auffkommen haͤtten / und was derglei - chen erlogene Poſſen mehr ſind; Aber ſo gefaͤllt der Valtens-Tag gleich wie alle andere Nah - mens-Tage / bald auff einen Sonntag / bald auff einen Montag / Dienſtag / Mittwochen / Don - nerſtag / Freytag oder Sonnabend / und iſt dem - nach eben dergleichen Gluͤcke und Ungluͤcke un - terworffen / als wie die vorherkommende und nachfolgende Tage. Daher ich das allerge - ringſte Bedencken nicht tragen wolte / die an die - ſem Tage geworffene Kaͤlber auffzuziehen. Man ſagt auch / daß man an Valtens-Tage keine Henne zum Bruͤten ſolle anſetzen / weil die jungen nicht auffkaͤmen. Dieſem gebe ich bey - fall / aber nicht daß es geſchehe um des Nah - mens Valten willen / als welcher auff den 14. Februarii gefaͤllt; ſondern weil es zu ſolcher Zeit ſo kalt iſt / daß die jungen Kichelgen hernach / wenn ſie auskriechen / in ſolcher Kaͤlte noch nicht dauren koͤnnen / und ſo man ſie in der Stube laſ -ſen268Unterſuchung derer von ſuper - klugenſen wolte / ertretten wuͤrden werden. Aber wer wolte da die Urſach dem Valtens-Tage / und nicht vielmehr dem kalten Hornungs-Mond beymeſſen?
Wenn einer uͤber Land reiſet / und be - gegnet ihm ein Wolff / Hirſch / wild Schwein / oder ein Baͤr / ſo iſts ein gut Zeichen.
ICh bin zuweilen mit albern Haaſen-Koͤpf - fen uͤber Land gereiſet / die den naͤrriſchen Gebrauch gehabt haben / daß / wenn etwan ein Haaſe uͤbern Weg gelauffen iſt / ſo ſind ſie al - ſobald dreymahl zuruͤck und wieder fort gegan - gen / alſo / daß ich anfangs / ehe ich die Urſacb ge -wuſt /269Weibern hochgehaltenen Aberglauben. wuſt / nicht anders vermeinete / als daß meine Reiſe-Gefaͤrthen thoͤricht waͤren. Als ich aber gefragt was dieſes hin und wieder lauffen bedeu - te? gaben mir die Haaſen-Koͤpffe zur Antwort: Wenn einen ein Haaſe uͤbern Weg lieff oder be - gegnete / ſo ſey es ein boͤſes Zeichen; wenn man aber alſobald dreymahl umkehrete und zuruͤck gienge / haͤtte es keine Noth. Und alſo furch - ten ſich die Helden fuͤr einen Haaſen. Hier in dieſem Capitel aber / klingets anders / wenn es heiſt: Wenn einem ein Wolff / Baͤr / oder der - gleichen wilde Beſtie begegnet / ſo ſey es ein gut Zeichen. Solche Leute / die dieſes glauben / die haben eine rechte Loͤwen Art; denn der Loͤwe gehet allen grimmigen Thieren unerſchrocken entgegen / aber fuͤr einen ohnmaͤchtigen Hauß - Hahn laufft er / und fuͤrchtet ſich. Dieſes thut aber der Loͤwe aus Unvernunfft / als eine Be - ſtie; haͤtte er aber Verſtand wie ein Menſch / ſo wuͤrde er ſolche Thorheit vielleicht nicht bege - hen. Vernuͤnfftige Menſchen aber ſolten ſich billich ſchaͤmen / daß ſie offt ſo gar albern Fabeln und Narren-Poſſen nachhaͤngen. Es ſage mir doch nur einer die geringſte Urſach / warum oder wie eine wilde grimmige Beſtie / als ein Wolff / Baͤr / wilder Eber und dergleichen einen koͤnne Gluͤck anzeigen? Es iſt ja viel eher zu be -ſorgen270Unterſuchung derer von ſuper - klugenſorgen / daß ein ſolch grauſames Thier einen an - falle und Schaden zufuͤge / dergleichen Exempel koͤnnten angefuͤhret werden. Oder / ſoll das Gluͤck etwan darinnen beſtehen / daß / ſo man ohnbeſchaͤdiget vor ſolche boͤſe und grauſame Beſtien vorbey koͤmmt / man alsdenn gluͤcklich geweſen ſey? ſo laſſe ichs paßiren / und gebe ſol - cher geſtalt dieſen Glaubens-Puncte ſelbſt Bey - fall; Wuͤndſche aber / daß mir dergleichen Be - gegniß nicht zu handen kommen moͤge; denn des Gluͤcks verlang ich nicht / und will mir lieber ze - hen Haaſen begegnen laſſen / als einen Wolff o - der Baͤr.
Wer ein Huffeiſen oder ein Stuͤck von einen Huffeiſen findet / der ſoll Gluͤck haben.
MAn pfleget insgemein von ſolchen Leu - ten / die ſtets eine lachende Mine machen / zu ſagen: Er zerret ſtets ſein Maul und ſchmuntzelt als wie ein Bauer / der ein altes Huff - eiſen gefunden hat. Aus welcher Redens-Art ſo viel erhellet / daß es einen armen Bauer / der ein Huffeiſen findet / eine groſſe Freude ſeyn muͤſſe; derowegen es kein Wunder iſt / daß die Findung eines alten Huffeiſens ein Gluͤck ſey. Es iſt a - ber ein ſchlechtes Gluͤck / und waͤre mir ein Du - caten lieber / als ein halb Mandel alte Huffeiſen. Jedoch / wenn es ſolche Huffeiſen / als wie ehe - mahls groſſe Koͤnige und Herren bey ihrem Ein - zuͤgen die Pferde mit guͤldenen Huffſchlag bele - gen laſſen / da wolte ich es ſelbſt vor ein Gluͤck achten / wenn ich einen ſolchen guͤldenen Pferde - Schuch faͤnde. Aber ein natuͤrlich altes Huff - eiſen wird wenig Gluͤck geben. Jedoch / nach dem der Mann iſt / nachdem iſt auch die Kappe / und nachdem der Gaſt / nach dem braͤtt man die Wurſt. Findet ein armer Bauer ein Huffei - ſen / ey da ziehet er ſein Maul auff 100. Guͤlden / lachet / und iſt voller Freuden / wandert damit zum Schmidt / und verkaufft es hoͤchſtens vor ei - nem Groſchen / iedoch iſts ihm ein groͤſſer Gluͤck / als einem Koͤnige / der einem Beutel mit 50. Du - caten gefunden hat / weil dieſer ſein gefundenes Gluͤck alſobald wieder wegſchencket / und nichtvor272Unterſuchung / derer von ſuper - klugenvor ſich behaͤt / jener weiß aber offt fuͤr Fret - den nicht / worzu er ſeine wenige Pfennige / ſo er vor ſein gefunden Huffeiſen gemarcket hat / ſoll anwenden. Und wenn er ſich recht wohl beſon - nen / ſo kaufft er einen Hering und eine Kanne Bier davor / und verzebret ſolches mit Freuden. Und ſo weit erſtreckt ſich das Gluͤck des gefunde - nen Huffeiſens.
Wenn ein Weib oder Magd des Sonnabends ihren Rocken nicht abſpinnet / ſo wird aus dem uͤbrigen Flachs oder Werck kein gut Garn / und bleicht ſich auch nimmermehr weiß.
ICh habe nicht gewuſt / wie es doch komme / daß in mancher Leinwad ſolche graue Streiffe ſind; aber hier werde ich davon benachrichtiget / daß es garn von ſolchem Flachs / der des Sonntags uͤber auff dem Rocken geblie - ben iſt. Dieſes ſoll ſich nimmermehr weiß blei - then / auch ſonſt an ſich ſelbſt wenig taugen. Nun wundert mich aber gleichwohl auch / wie es doch die Weiber koͤnnen uͤber ihr Hertz bringen / und wieder ſich ſelbſt reden. Denn wenn iemand ihnen Leinwad abkaufft / darinnen graue Streif - fe und Faͤden ſind / ſo ſprechen ſie: Die ſtreiffig - te Leinwad ſey die beſte. Dieſes aber reimet ſich mit jenem gar nicht / denn ſchlimm Garn kan keine gute Leinwad machen. Daher achte ich dafuͤr / es ſey die Sache folgender maſſen beſchaf - fen: Wenn eine gute Wirthin Maͤgde und groſſe Toͤchter hat / ſo ſiehet ſie nicht allein gern / daß des Sonnabends fein auffgeraͤumet / und die haͤußliche Arbeit vollbracht werde; ſondern ſie will auch gern / daß der auff denen Spinn-Raͤ -Sdern274Unterſuchung derer von ſuper - klugendern und Rocken liegende Flachs vorher abge - ſponnen werde / auff daß ſolcher nicht irgend des Sonntags von Ratten und Maͤuſen / oder auch von Kindern / verderbet und zerzauſet werde / und herrach kein gutes Garn daraus zu ſpinnen ſeyn moͤge. Und dieſes deſto beſſer zu befoͤdern / hat eine Frau einmahl aus Schertz / den Maͤg - den weiß gemacht / als ob ſich das Garn von dem des Sonntags auff dem Rocken gelegenen Flachſe nicht weiß bleiche / auch ſonſt nicht gut wuͤrde. Und ſolches Vorgeben iſt hernach mit der Zeit / feſt geglaubet worden / daß es nun wircklich zu einem Philoſophiſchen Glaubens - Grunde worden iſt. Das laſſe ich zwar paſſi - ren / und glaube wohl / daß zu weilen des Sonn - tags der Flachs auff dem Rocken vom Kindern verderbt und zerzauſet wird / daß daraus kein gut Garn zu ſpinnen iſt; daß aber ſolch Garn ſich nicht ſolle weiß bleichen laſſen / iſt wieder die Vernunſſt und Wahrheit. Denn eben wie ſich das am Sonnabend geſponnene Garn bleicht / alſo bleicht ſich das am Montag darauff geſponnene auch / ſo ferne es nur von einerley Flachs iſt. Daß aber die Leinwad offt ſtreiffig wird / geſchicht / wenn zuweilen grauer Flachs unter den weiſen koͤmmt und mit geſponnen / wird / ſo bleiben alsdenn ſolche Faͤden immer in der Leinwad grau / wenn die Leinwad naß wird.
Die275Weibern hochgehaltenen Aberglauben.Wer keine verzagte Kinder haben will / da ſoll der Vater / ſtracks nach der Tauffe / dem Kinde ein Schwerdt in die Hand geben / ſo ſind ſie ſtets kuͤhne und behertzt.
SEht da / kommen die Helden daher? Die Maͤnner haͤtten ſich dieſes Kunſt-Stuͤck - gen wohl nimmermehr ſo ausſinnen koͤnnen / wenn die klugen Weiber mit ihrer Weißheit nicht mit waͤren beyraͤthig geweſen. Mich wundert derowegen / daß bey ſo vielen Kriegs-Verfaſſungen und Berathſchlagungen / man nicht Weiber-Rath mit untermengt / viel - leicht waͤren ſchon laͤngſt alle Feinde aus demS 2Roͤmi -276Unterſuchung / derer von ſuper - klugenRoͤmiſchen Reich verjaget worden. Man ge - dencke nur / mit was fuͤr einer Weißheit ſie ihre Kinder alſobald / da ſie kaum zwey Ta - ge alt ſind / koͤnnen zu heldenmuͤthigen Rit - tern machen! Sie reitzen ihre Maͤnner an / daß ſie unter dem alten Eiſen einem alten ver - roſteten Sebel oder Rauff-Degen hervor ſu - chen muͤſſen / (denn vor denen polirten und ſcharffen fuͤrchten ſich die Frau Woͤchnerin - nen ſelbſt) dieſe alte ſtumpffe und roſtige Plempe muͤſſen die gehorſamen Maͤnner neh - men / und ihren neugebohrnen Printzen in die Haͤnde geben / und alſo iſt der neue Ritter fertig / und fuͤrchtet ſich vor niemanden / auſſer wenn irgend die Frau Woͤchnerin ſtarck nieſet / da er - ſchrickt der arme junge Fincken Ritter / daß er das Freſel davon kriegt / und ſchuͤttet alle ſeine Courage in die Windel / daß alſo der Helden - Muth auff einmahl in Koth verwandelt wird. Wenn ich meine Gedancken uͤber dieſe Narre - they offenhertzig entdecken ſoll / ſo vermeine ich / daß ſich die Eltern / bey Practicirung dieſes Puncts / in Beobachtung ihrer Kinder Wohl - farth / ſehr beydniſch (will nicht ſagen Teuffeliſch) erweiſen. Denn eines theils ſind ſie der Sache ungewiß / daß auff oben angefuͤhrte Ceremoni - en ihre Kinder ſo behertzt werden ſollen; andern theils / wenn ja die Sache / nach ihrer Einbil -dung /277Weibern hochgehaltenen Aberglauben. dung / richtig eintraͤffe / ſo moͤchten ſie doch be - dencken / daß ſie hiermit ihrem Kinde nicht den geringſten Vortheil zu wege braͤchten; denn ein kuͤhner Menſch begiebt ſich in Gefahr / und wer ſich ohne Noth in Gefahr begiebt / der koͤmmt darinnen um. Was hat ein behertztes wildes Schwein davon vor Vortheil / wenn es den Jaͤ - ger unerſchrocken in Spieß laufft / und daran todt bleibt? Waͤre mancher Narr / der nicht weiß wie edel das Leben iſt / nicht ſo thumm-kuͤhne / es wuͤrde mit ſeinem Ende reputirlicher / und mit dem Abſchied ſeiner Seelen vom Leibe feliger zu gehen. Ich geſtehe / daß wenn ich dieſen ietzt vorhabenden Puncte Glauben zuſtellete / und ſolchen an einen meiner Kinder probiret haͤtte / ſo wuͤrde ich mir tauſenderley Scrupel daruͤber machen / als haͤtte ich mein Kind damit verwahr - loſet / daß es keines reinen Todes ſterben wuͤrde; denn es ſagt die Schrifft / und unſer Heyland ſelbſt: Wer das Schwerdt nimmt / (verſtehe / dem es nicht gehoͤret) der ſoll durchs Schwerdt umkommen. Nun gehoͤret denen Kindern von ein / zwey biß drey Jahren kein Schwerdt / weil ihnen aber die Eltern ſolche / aus einem heydniſchen Aberglauben / dennoch in die Haͤnde geben / was meinet ein vernuͤnfftiger Chriſt wohl / was GOtt / nach ſeiner Gerechtigkeit / um der Eltern angefangenen und der Kinder fortge -S 3ſetzten278Unterſuchung derer von ſuper - klugenſetzten Boßheit willen hierbey verhengen wer - de? Ich beſorge / leider! das ſchlimme das ſich die toll kuͤhnen Kerl erwaͤhlen / wird ihnen zu ih - ren Schaden auch werden. Es heiſt: Selig ſind die Friedfertigen ꝛc. ich habe aber noch we - nig kuͤhne / verwegene und behertzte Leute geken - net / die darneben auch friedfertig geweſen waͤ - ren. Aus dieſer Vorſtellung nun wird hoffent - lich ein ieder ſich ſo viel zur Uberlegung nehmen koͤnnen / daß er auff dieſe Art keine kuͤhne Hel - den aus ſeinen Kindern zu ziehen wird Belie - bung tragen.
Sobald ein Knaͤblein gebohren iſt / ſoll man es mit den Fuͤſſen an ſeines Vaters Bruſt ſtoſſen / ſo ſoll es nimmermehr kein boͤß Ende nehmen.
DIeſe und dergleichen Poſſen und Aber - glauben ſcheinen zwar von ſchlechter Wichtigkeit zu ſeyn / und wenig zu bedeu - ten haben / indem ſich der hunderte nicht einbil - den mag / daß etwas boͤſes hieraus erwachſen koͤnne. Alleine / was der Teuffel mit ſolchem Dingen vor einen unglaublichen Gewinn ſchaf - fe / duͤrffte mancher aberglaͤubiſcher Menſch wohl zu ſpaͤt / mit unuͤberwindlichen Schaden / innen werden. Es werden zwar wohl die mei - ſten ſagen: Was denn damit boͤſes geſchehe / wenn man ein Kind mit den Fuͤſſen an des Va - ters Bruſt ſtieſſe? So ſey ja auch das Abſehen warum es geſchehe gut / daß das Kind nicht et - wan eines boͤſen Todes ſterben moͤchte. Ja / es laͤſſet ſich dieſes zwar hoͤren und ſcheinet wahr zu ſeyn; aber es verhaͤlt die ſich Sache viel anders / als der aͤuſſerliche Schein und Klang iſt. Denn / iſts nicht wahr? ihr ſeyd erſtlich nicht gewiß ver - ſichert / daß hierdurch eure Kinder eines ſchmaͤh - ligen Todes werden befreyet bleiben / ſo iſt es de - ſto ſchlimmer; denn ihr / und auch die Soͤhne /S 4mit280Unterſuchung derer von ſuper - klugenmit welchem ihr ſolche Poſſen vorgenommen habt / verlaſſet euch hierauff / und begehet damit groſſe Abgoͤtterey / ſetzet darneben die Regierung GOttes auff die Seite / und meynet / es habe auff keiner Seiten Noth. Wenn ihr aber ſol - chen abgoͤttiſchen Weſen nicht nachhienget / ſo wuͤrdet ihr eure Kinder zu allerhand Chriſtli - chen Tugend-Wandel an - und von allen ruchlo - ſen Leben abhalten / damit die Beſorgung eines ſchmaͤhligen Todes vor ſich ſelbſt / durch GOt - tes Beyſtand / verſchwinden koͤnne. Ich will euch aber ferner melden / was ich fuͤr Beſorgung / bey exercirung dieſes Abeꝛglaubens haͤtte / wenn dergleichen mit meinem Kinde / vorgenommen worden waͤre? nehmlich / ich wuͤrde beſorgen / daß / weil mein Kind / ſo bald es auff die Welt ge - kommen / einen GOtt miß faͤlligen Aberglauben zu vollziehen / mich als ſeinen leiblichen Vater mit Fuͤſſen auf das Hertz oder Bruſt tretten muͤ - ſte / es hierdurch verwarloſet wuͤrde / daß es / nach ſeiner Erziehung / mich zu untertreten ſuchen / mir ungehorſam ſeyn / und alles gebrandte Her - tzeleid anthun duͤrffte / dergleichen Exempel nicht ungemein ſind; daß alsdenn an ihm erfuͤllet werden duͤrffte was Syrach denen andeutet / die ihre Eltern verſpotten und verachten / nehmlich / ihnen ſollen die Raben die Augen am Bach aus - hacken und die jungen Adler freſſen. Bey wel -chen281Weibern hochgehaltenen Aberglauben. chem Zufall denn die Hoffnung / die durch pra - cticirung ietzt vorhabenden Aberglaubens man ſich gemacht haͤtte / gar einen erbaͤrmlichen Aus - gang gewinnen duͤrffte. Dahero wird ein red - licher Chriſt von ſolchem gefaͤhrlichen Teuffels - Dienſt ablaſſen / und ſeine Kinder in der Furcht GOttes auffzuziehen wiſſen.
Ein nur gebohren Toͤchterlein ſoll man alſobald auff der Mutter Bruſt ſetzen / und ſagen: GOtt mache euch zu einer gu - ten Frauen! ſo ſoll das Kind niemahls zu Falle kommen / oder in Schan - de gerathen.
WAs ich im vorigen Capitel erinnert habe / kan einiger maſſen in dieſem auch beobach - tet werden / in Anſehung des unrechtmaͤſ - ſigen Vertrauens / das man auff ſolche aberglaͤu - biſche Choſen ſetzet. Zwar iſt an ſich ſelbſt derS 5Wundſch /282Unterſuchung derer von ſuper - klugenWundſch / der bey dieſen Ceremonien geſchicht / nicht zu tadeln / wenn nemlich die Weiber / wel - che das Kind auff der Mutter-Vruſt ſetzen / ſa - gen: GOtt mache euch zu einer guten Frauen! welches gleichſam ſo viel geſagt iſt / als: GOtt erhalte euch / und euer Kind geſund / und gebe euch Kraͤffte / Verſtand und Weißheit / euer Toͤchterlein groß und in allen Chriſtlichen Tu - genden auff zu erzieben / damit ihr nimmermehr Schande / ſondern lauter Ehre an ihr erleben moͤget / auff daß iederman euch vor eine gute ver - ſtaͤndige und gluͤckliche Frau achten koͤnne / wel - che geſchickt ſey zu guter Erziehung ihrer Kinder. Dieſes / ſag ich / iſt an ſich ſelbſt nichts Boͤſes / aber das aber glaͤubiſche Abſehen / als ob dadurch dem Kinde ſchon eine Gnuͤge / zur Bewahrung ſeiner Ehre / geſchehen waͤre / iſt ſchaͤndlich und ſtraff - bar. Denn der bloſſe Wundſch / und die betruͤg - lichen Ceremonien / machen die Sache nicht aus / ſondern die Aufferziehung in der Zucht und Ver - mahnung zum HErrn / und die Gnade und Re - gierung GOttes ſind die rechten Mittel / daß ein Maͤgdlein bey Ehren bleibe.
Wem fruͤhmorgens eine Spinne auff dem Rocke kreucht / der wird des Ta - ges gluͤckſelig ſeyn.
ES iſt eine allgemeine Gewohnheit / daß wenn man das Gemuͤthe entdecken will / daß man einem recht gram und feind ſey / ſo ſpricht man: Ich bin ihm Spinnen-feind; o - der: Der iſt dem und dem ſo feind als einer Spinnen. Woraus zur Gnuͤge abzunehmen iſt / daß zwiſchen den Menſchen und denen Spin - nen eine natuͤrliche Feindſchafft ſeyn muͤſſe. Wie reimet ſich aber denn nun eine Gluͤck-anzeigende Creatur auch zugleich eine feindſelige zu nennen? Ich kan es / nach meiner Einfalt und Vernunfft /nicht284Unterſuchung derer von ſuper - klugennicht wohl ermeſſen. Wer einen Feind hat / der ſiehet ſolchen von weiten am liebſten; da man nun / bekandter maſſen / denen Spinnen von Na - tur feind iſt / wie kan es denn moͤglich ſeyn / daß wenn ein ſolch Ungezieffer auff iemandes ſeinem Rocke kreucht / es ſelbigen Tag ſoll Gluͤck anzei - gen? Denn von einem Feinde kan / natuͤrlicher Weiſe / kein Gluͤck kommen; dahero vielmehr zu beſorgen iſt / daß das verhoffte Gluͤck die Ei - genſchafft derer Spinn-Weben und Weſpen - Neſter haben / und ſchlechten Beſtand halten werde. Wer nun auff ſolche ſchoͤne Dinge ſei - ne Hoffnung und Vertrauen ſetzen will / der mag es / auff ſeinen Gewinn und Verluſt / ver - ſuchen; Ich halte nichts davon.
Wenn ein Mann uͤber Land reitet / und ihm ein Weib ſpinnend begegnet / iſts ein boͤſes Zeichen / derohalben ſoll er um - kehren / und einen andern Weg reiten.
DIeſes Vorgeben iſt eine offenbare Narr - heit. Denn / iſts nicht wahr? wenn der -jenige /285Weibern hochgehaltenen Aberglauben. jenige / welcher uͤber Land reiten will / gleich aus einer Stube ausgienge / allwo zehen Weiber und Maͤgde ſaͤſſen und ſpoͤnnen / ſo wuͤrde er ſich daruͤber keine Sorge machen / als ob er deßwe - gen ungluͤcklich reiſen moͤchte; Alſo wird damit zur Gnuͤge〈…〉〈…〉 wieſen / daß das Spinnen nichts Boͤſes andeuten muͤſſe / ſondern das Entgegen - kommen einer Weibs-Perſon muͤſte ſolcher Ge - ſtalt verſtanden werden / ſie moͤge ſpinnen oder nicht. Denn wenn das Spinnen etwas Boͤſes bedeutete / ſo muͤſten diejenigen / welche in der Stuben oder Hauſe / allwo der Mann ausge - het / ſitzen und ſpinnen / vielmehr etwas Boͤſes be - deuten / weil dieſe ihm viel naͤher ſind als jene / die ihm auff dem Felde begegnet. Soll aber das bloſſe Entgegenkommen eines Weibes das boͤſe Zeichen ſeyn / warum ein Reiter noͤthig haͤtte wieder umzukehren / ſo wolle man doch erwegen / wieviel mahl mancher muͤſte umkehren / und ei - nen andern Weg ſuchen? ja man wuͤrde offt nicht einmahl an den Ort gelangen koͤnnen / wo - hin man zu reiten gedaͤchte / weil auff mancher Straſſe ohne Unterlaß Weibs-Perſonen hin und wieder gehen. Und weil ich auch mein Le - betage nicht erfahren habe / daß einig Bedencken gemacht wuͤrde / fortzureiten / ob einem gleich auch zehen Weibs-Perſonen begegneten / alſo kan es nicht fehlen / das gantze Werck und Vor -geben /286Unterſuchung derer von ſuper - klugengeben / was von einer ſpinnenden Weibs-Perſon geſagt wird / iſt eine aberglaͤubiſche Thorheit. U - berdiß iſt es auch was recht naͤrriſches / daß wenn die Sache ja wahr waͤre / (da es doch ſ. v. erlogen iſt) daß eine ſpinnende Weibs-Perſon / ſo einem auff dem Felde begegnete / ein boͤſes Zeichen waͤ - re / man durch das Umkehren und Reitung eines andern Weges / ſolch vermeyntes boͤſes Zeichen verbeſſern will. Denn wo einmahl das Be - gegnen eines ſolchen Weibes geſchehen iſt / ſo macht das Umkehren ja die geſchehene Sache nicht ungeſchehen / und mag der Reiter fort reiten oder wieder umkehren / ſo laͤſſet er das Weib hin - ter ſich / ja er koͤmmt durch das Fortreiten noch eher von ihr / weil ſie nicht hinter ihme her gehet / als wenn er umkehret. Ich erinnere mich zu unterſchiedlichen mahlen / daß an ſolchen Orten / allwo die Hirten-Weiber die Gewohnheit ha - ben / daß ſie den Rocken auff die Seite in Guͤr - tel ſtecken / und auff dem Felde in waͤhrendem Ge - hen zugleich ſpinnen / mir dergleichen ſpinnende Weiber begegnet ſind / ja ich bin zuweilen auch wohl mit Fleiß auff ſie zugeritten / und habe ſie gefragt / ob ich die rechte Straſſe ritte? Aber das kan ich mich nicht erinnern / daß mir iemahls hierauff etwas ungluͤckliches begegnet oder wie - derfahren ſey / derohalben iſt an dieſer Sache nichts.
Solt287Weibern hochgehaltenen Aberglauben.Wenn gelautet wird / und ſchlaͤgt die Uhr drein / ſo bedeutets Feuer.
ES wollen aberglaͤubiſche Leute gar unter - ſchiedliche Vorbedeutungen eines Bran - des wiſſen / unter welchen dieſes auch eine mit ſeyn ſoll; wie aber alle ſolche Choſen gantz ohne Grund ſind / alſo iſt dieſer Punct gleiches Schlages. In groſſen Staͤdten / allwo unter - ſchiedliche Uhren ſind / traͤgt ſichs gar offt zu / daß in einer Kirchen zu Grabe gelautet wird / und in der andern ſchlaͤgt die Uhr erſt / weil eine mit der andern nicht allezeit accurat uͤberein trifft / oder wenn diejenigen / die zu Grabe lauten / zuweilen / um ein und andern Tumults / oder auch ſtarcken Windes willen / nicht allemahl recht hoͤren koͤn - nen / ob die Uhr habe ausgeſchlagen / und an zu lauten fangen / ehe die Uhr ausgeſchlagen hat / alsdenn muß ſolches Feuer bedeuten. Gleich -wie288Unterſuchung derer von ſuper - klugenwie nun aber auch in groſſen Staͤdten es nichts neues iſt / daß zuweilen eine Feuer-Eſſe brennend wird; alſo geben die aberglaubiſchen Affen fuͤr: Wenn die Uhr auff vorgemeldte Art / irgend vor ſechs / acht oder mehr Wochen / unter waͤhren - dem Laͤuten / geſchlagen hat / daß es die Vorbe - deutung zu ſolchem Brande geweſen ſey. Sol - cher Geſtalt aber koͤnte man noch viel wahr - ſcheinlichere und naͤhere Omina finden / die nicht von 6. 8. biß 15. Wochen her mit den Haaren gezogen werden duͤrfften. Ich laſſe es aber mit Fleiß hiermit bewenden / mein ferneres judici - um hiervon zu geben / weil dieſe Meynung eine ſolche Bewandniß hat / die eben nichts Boͤſes nach ſich ziehet. Denn wenn die Uhr ins Lau - ten ſchlaͤgt / und es wird vorgemeldetem Vorge - ben Glauben zugeſtellet / ſo wird manch Unacht - ſames erſchreckt / und gehet deſto vorſichtiger mit dem Feuer um / da ſonſt wohl Schaden entſtehen koͤnte. Ein Verſtaͤndiger weiß doch wohl / wie viel von der Sache zu halten ſey?
Ein neugebohren Kind ſoll man nicht auff die lincke Seite zu erſt legen / es wird und bleibet ſonſt ſein Lebtage linckiſch.
ES ſind unzehlich viel Leute / welche lin - chiſch ſind / ſo viel ich aber derer kenne / und Nachricht von ihrer Aufferziebung habe / ſo kan ich von denen meiſten mit Warheit bezeu - gen / daß ſie nicht linck worden waͤren / wenn die Unachtſamkeit derer / die ſie / in der Minderjaͤb - rigkeit / um aller uͤbel anſtehenden Sitten willen / haͤtten ſtraffen / und davon ab - hingegen zu allen anſtaͤndigen Sitten anmahnen ſollen / nicht Ur - ſach geweſen waͤren. Weil auch / der Gewohn - heit nach / die meiſten Kinder auff dem lincken Arm derer Kinderwaͤrterin getragen werden / wodurch die Kinder den lincken Arm und Hand mehr frey haben / als die rechte / ſo gewoͤhnen ſie ſich demnach ſtracks mit der lincken Hand etwas eber anzufaſſen / als mit der rechten / und wenn ihnen ſolches nicht ernſtlich unterſaget wird / blei - ben ſie hernach ihr Lebtage linckiſch. Und dieſes iſt die rechte eigentliche Urſach / warum ſo ſehr viel Leute / ſonderlich unter dem Bauer-Volcke / linck werden. Das erſte Niederlegen auff die rechte oder lincke Seite aber iſt nur ein alber MaͤhrleinTund290Unterſuchung derer von ſuper - klugenund erdachter Aberglaube / worauff in keine We - ge nichts zu halten iſt. Wer mir aber nicht will glauben / der laſſe ſein eigen Kind zu erſt auff die lincke Seite legen / gewoͤhne es aber hernach / bey der Aufferziebung / daß es nicht viel in die lincke Hand faſſe / als nur was daſelbſt hin zu faſſen ſich ohndem gebuͤhret / ſo will ich mit einem / um alles / was er will / wetten / daß ihm ſein Kind nicht wird linckiſch werden.
Wer Felder hat / der ſoll am Wal - burgis-Abend mit Roͤhren daruͤber hin ſchieſſen / ſo koͤnnen die Hexen keinen Schaden an der Saat thun.
ES wird faſt im gantzen Sachſen-Lande von dem gemeinen Volcke geglanbet und dafuͤr gehalten / daß in der Walburgis - Nacht die Hexen auff ihren Tantz und Verſam̃ -lung291Weibern hochgehaltenen Aberglauben. lung zoͤgen. Dabero an manchen Orten ſolcher Lande die Gewohnheit eingeriſſen iſt / daß diejeni - gen / welche Land-Guͤter oder Felder beſitzen / am Walburgis-Abend mit Roͤhren und Buͤchſen uͤ - ber die Felder ſchieſſen / aus der einfaͤltigen und albern Meynung / hier mit die Hexen zu ſcheu - chen / daß ſie auff ihrer Reiterey und Reiſe / die ſie durch die Lufft uͤber ſolche Felder thaͤten / nicht die Saat beſchaͤdigen moͤchten. Allein / erſtlich iſt nicht zu glauben / daß / wenn ja wahrhafftig die Hexen gewiſſe Verſammlungen dem Teuffel zu Dienſt anſtelleten / [welches Bodinus in ſeiner Dæmonomania, und Remigius in ſeiner Dæ - monolatria, aus ſehr viel angefuͤhrten Hiſtorien / behaupten] ſolches eben zu keiner andern Zeit / als in der Walburgis-Nacht / geſchehe; ſondern es kan vielmehr aus ietzt bemeldeten Hiſtorien er - wieſen werden / daß ſolche Hexen Verſammlung gar offt angeſtellet werde; dahero die Vorſich - tigkeit / ſo nur alleine am Walburgis-Abend ge - braucht wird / zu wenig zu ſeyn ſcheinet / auff ein - mahl ſo vielen Hexen-Zuͤgen zu wiederſteben. Zum andern / wenn ja noch wahrhafftig der He - xen-Zug durch die Lufft geſchicht / (welches der bekandte Acheiſt D. Bekker / in ſeiner bezauber - ten Welt / und andere ſeines gleichen / zwar gaͤntz - lich verneinen /) ſo geſchicht es ja mit Huͤlffe des Teuffels / auff eine ſolche Art und Weiſe / daß einT 2ſolcher292Unterſuchung derer von ſuper - klugenſolcher Schuß an ihrer Reiterey nichts wuͤrde ſchaden koͤnnen. Drittens wird aus vieler He - xen Bekaͤntniß und Auſſage ſo viel zu erſehen ſeyn / daß die Verderbung der Felder / ſo durch die Hexen geſchicht / nicht zu der Zeit / wenn ſie auff ihren Convent ziehen / verrichtet wird. Denn ſolche Reuterey ſoll ſo ſchnell und unge - ſaͤumt verrichtet werden / daß dabey kein Einhal - ten / zu Verderbung der Felder / zu geſtatten iſt. Alſo halte ich das Schieſſen uͤber die Felder am Walburgis-Abend vor nichts anders / als einen Teuffels-Fund und Dienſtleiſtung des Satans. Denn die ſolch Schieſſen verrichten / die achten den Teuffel und ſeine Werckzeuge / die Hexen / ſo maͤchtig / als ob ſie uͤber diejenigen Dinge / welche in dem Schutz des allmaͤchtigen GOttes ver - wabret ſtehen / dennoch koͤnten Gewalt nehmen / und daran Schaden thun / da doch der zwar ſonſt ſtarcke und gewaltige Rumor-Meiſter / iedoch auch ohnmaͤchtige Hoͤllen-Hund / ohne GOttes Verhaͤngniß / keinem Menſchen ein Haar zu kruͤmmen vermag. Zum andern unterſtehet ſich ein ſolcher Feld-Schieſſer einer Sache / wor - zu er viel zu[ ohnmaͤchtig] iſt / und will ſein Feld ſelbſt fuͤr der Beſchaͤdigung des Teuffels beſchuͤ - tzen / dabey verachtet er den Schutz GOttes / ja vergiſſet ſolchen gar / welches ſicherlich dem groſ - ſen allmaͤchtigen GOtt ein Mißfallen ſeyn muß. Dahero293Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Dahero es auch wohl geſchicht / daß um ſolches Aberglaubens willen GOtt verhaͤnget / daß de - nen / die daran glauben / und doch / um ein und anderer Hinderniß willen / das Schieſſen unter - laſſen muͤſſen / einiger Schade an denen Feldern geſchicht / weil ſie es nicht anders glauben noch ha - ben wollen. Alſo thut der Teuffel denen Sei - nigen / die ihn ehren und fuͤrchten / ſelbſt Schaden; wer aber GOtt vertrauet / und ſich ſeines Schu - tzes getroͤſtet / den muß der Teuffel wohl mit frie - den laſſen.
Am Fronleichnams-Tage eine blaue Korn-Blume mit der Wurtzel ausge - raufft / ſtillet das Bluten der Naſen / wenn man ſie in der Hand haͤlt / biß ſie er - warmet.
DAß an der Zeit / oder eben am Fronleich - nams-Tage / wenn die Korn-Blume aus -T 3gegra -294Unterſuchung derer von ſuper klugengegraben werden ſoll / nichts gelegen ſeyn muͤſſe / ſondern das Gewaͤchs / oder vielmehr die Wur - tzel hiervon / ob ſie vor oder nach dieſem Tage ausgegraben ſey / dennoch die Krafft und Wir - ckung von Natur habe / das Blut zu ſtillen / kan ich leicht ermeſſen aus den Worten des beruͤhm - ten Sennerti, wenn er von dieſem Gewaͤchs l. 1. Pract. p. 3. ſ. 4. c. 8. alſo ſetzet: Radix mani - bus dentata hæmorrhægiam narium ſiſtere creditur, wie ſolches Herr D Zorn / in Herba - rio Pancovii, bey Beſchreibung der blauen Korn-Blumen oder Cyani, pag. 145. angemer - cket hat. Worbey aber des Fronleichnams - Tages mit keinem Buchſtaben Erwehnung ge - ſchicht. Solchem nach iſt der Aberglaube of - fenbar / wenn man dafuͤr haͤlt / als muͤſte eben am Fronleichnams-Tage dieſes Gewaͤchs / mit ſamt der Wurtzel / ausgegraben werden / wenn es die Krafft haben ſolte / das Blut zu ſtillen. Denn was an und fuͤr ſich ſelbſt dieſe Eigenſchafft ſchon hat / wird ſie freylich an dieſem Tage nicht erſt annehmen; eben als wenn man ſagen wolte: Wer an Petri Ketten-Feyer-Tage weiſſe Mohn-Haͤupter abſchnitte / ſolche zerſtieß / und den Safft einnehme / ſo machte ſolches ſchlaffend / da doch bekandt iſt / daß der Mohn von Natur zum Schlaff befoͤrdert. Ergo iſt dieſer Glau - bens-Articul / in Anſehung des Fronleichnams - Tages / ein Aberglaube.
Was295Weibern hochgehaltenen Aberglauben.Am Tage Abdon ſoll man den Schilff aus denen Teichen ſchneiden / und die Dornen aus denen Feldern ausrotten / ſo wachſen ſolche nicht wieder her - vor.
ICh glaubs. Denn wer an dieſem Tage ei - nem alten Weibe / das Hitze in Augen hat / und beſorget / daß der kalte Brand darzu ſchlagen moͤchte / den Kopff biß unter die Naſen - Loͤcher abloͤſet / den verſichere ich / daß er hier - durch der Hitze ſteuern werde / daß ſie nicht wei - ter uͤberhand nehmen wird / und das Weib wird vor dem kalten Brande frey bleiben. Der Tag Abdon iſt auff den 30. Julii gefaͤllig / nun wolle man nur bedencken / wie weit der Schilff zu ſol - cher Zeit in ſeinem Wachsthum gekommen ſey / oder wie reiff er als denn ſchon iſt? ſo wird manT 4beken -296Unterſuchung derer von ſuper - klugenbekennen muͤſſen / daß / wenn er zu ſolcher Jah - res-Zeit abgeſchnitten wird / von Natur nicht wieder wachſen kan / weil die Krafft aus der Wurtzel in den Schilff gegangen / und beym Ab - ſchneiden tritt das Waſſer hinein / und macht in der entkraͤffteten Wurtzel eine Faͤulung / dadurch ſie vergehen. Jedoch erhalten ſich gleichwohl noch ſolche Zaͤſerlein / die uͤbers Jahr wieder aus - ſchlagen. Und dergleichen Bewandniß hat es auch mit denen Dornen / wenn ſie im Julio oder Auguſto ausgegraben werden. Es iſt bekannt / daß im Fruͤhlinge die fette Weitzen-Saat offt mit Senſen und Sicheln abgehauen und ge - ſchnitten wird / welches die Bauern Weitzen - Schrepffen nennen / und dieſer Weitzen waͤchſet auffs herrlichſte wieder in die Hoͤhe; Alleine es verſuche es einer / und ſchneide ihn ab / wenn er bluͤhet / ſo wird er nimmermehr wieder in die Hoͤ - he wachſen / denn der Kopff und Hertz ſind hin - weg. Wenn einem Krebſe die Scheeren abge - brochen werden / bleibt er wohl lebendig / aber wenn ihm der Kopff zerdruckt wird / muß er ſter - ben; Alſo kan freylich der auffgewachſene Schilff / wenn es zu der Zeit / da es ſchon ausge - wachſen hat / mit Strumpff und Stiel / ſo zu re - den / abgeſchnitten wird / nicht wieder wachſen. Damit aber die aberglaͤubiſche Rotte gleichwohl ihrem Vorgeben ein ſcheinbares Faͤrbgen an -ſtreichen /297Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ſtreichen / ſo haben ſie / nicht ohne Urſach / den Nahmens-Tag Abdon benennen wollen / an welchem der Schilff ſoll abgeſchnitten / und die Dornen ausgegraben werden; denn Abdon heiſſet ein Verderber / und ſoll dahero / ſolches Nahmens halber / der an dieſem Tage abge - ſchnittene Schilff verderben. Aber / wer nur ein wenig buchſtabiren gelernet hat / der ſiehet wohl / daß nicht der Tag / um des darinnen gefaͤlligen Nahmens willen / ſolche Krafft habe / ſondern daß die ſpaͤte Jahrs-Zeit ſolches verhindere; und mag die Ausrottung ſolcher Dinge vor oder nach dem Tage Abdon geſchehen / e. g. auff Ja - cobi / als welcher 5. Tage vorher gefaͤllt / und ſo viel heiſſet als ein Tag des Untertreters; oder am Tage Apollonaris / welcher mit Abdon ei - nerley Bedeutung hat; am Tage Guſtavi und ſo fort. Und ſo man dieſen Maͤnnern wolte Wei - ber zu Gehuͤlffinnen geben / ſo wuͤrden Anna / Martha und Chriſtina gut darzu ſich ſchicken. Iſt demnach auff den Tag Abdon gantz nicht zu reflectiren.
Wenn einem Weibe der Halß oder die Kehle jucket / wird ſie bald auff eine Hoch - zeit oder Kindtauffmahl gehen / jucket ihr aber der Kopff / ſo bekoͤmmt ſie bald Schlaͤge.
ES iſt ſchon im 32. Capitel p. 257. angefuͤh - ret / wie von etlichen geglaubet werde / daß / ſo iemanden ſ. v. der Hinterſte juckete / ſo wuͤrde er bald Gevatter; welches eine mit ietzt vorhabender Materie gleich und uͤbereinſtim - mende Meynung iſt. Dahero zweiffele ich nicht / daß / weil nach volibrachter Gevatterſchafft der Schmauß angehet / da allerhand gut Eſſen und Trincken durch den Halß oder Kehle gejaget wird / die aberglaͤubiſchen Weiber ferner auff die Gedancken gerathen / ſolches muͤſſe vorher / als wie die Gevatterſchafft / durch ein Jucken ange - deutet und prognoſticiret werden / und koͤmmt alſo das Jucken ſ. v. aus dem Steiſſe ihnen in Halß / und wird alsdenn durch gut Eſſen undTrin -299Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Trincken wieder curiret. Wenn ſie aber das ver - druͤßliche Jucken hinter denen Ohren oder am Kopffe fuͤhlen / da wiſſen ſie keinen Rath davor / drum muͤſſen die Maͤnner ſie mit Schlag-Bal - ſam anſtreichen / biß ſie recht wieder zum Ver - ſtande kommen. Denn wenn der Wein und das Bier / ſo ſie beym Schmauſen in ſich geſchluckt haben / ihnen in die Hoͤhe geſtiegen iſt / und im Kopffe kruͤbelt / ſo kan es nicht fehlen / ſie befuͤrch - ten den Schlag. Und iſt derowegen recht etwas wunderwuͤrdiges / wie fleißig und accurat das Weibsvolck iſt / wenn ſie von einer Sache Ob - ſervationes machen / wie es wuͤrcklich hieraus zur Gnuͤge abzunehmen iſt / wenn nehmlich ih - nen alles ſo genau eintrifft / daß auff das Steiß - Jucken die Gevatterſchafft / auffs Halß-Jucken der Schmauß / und auffs Kopff-Jucken die Schlaͤge erfolgen. Weil denn nun bey dieſem Glaubens-Puncte eben keine ſonderliche Suͤn - de gethan wird / ſo moͤgen die lieben Weiber im - mer dabey bleiben / und ſich die Koͤpffe fein fleiſ - ſig ſalben laſſen; was vom Kopffe abfaͤllet / wird ihnen wohl auff dem Ruͤcken bleiben.
Helle Chriſt-Nacht finſtere Scheu - nen / finſtere Chriſt-Nacht helle Scheunen.
DIeſes aberglaͤubiſche Sprichwort ſoll ſo viel heiſſen / als wenn in der Chriſt-Nacht der Mond ſcheinet / und helle iſt / ſo ſoll das Jahr fruchtreich an Getreidig ſeyn / davon die Scheunen voll und finſter werden; wenn aber zu Weyhnachten / oder in der Chriſt. Nacht der Mond neu iſt / und nicht ſcheinet / auch ſonſt truͤbe und finſter Wetter iſt / ſo ſollen dieſes Jahr die Scheunen lichte und leer bleiben. Wie gewiß aber dieſe Bauer-Regul eintreffe / hat ſich biß he - ro gemeiniglich in Contrario erwieſen; dahero wenig / oder vielmehr gar nichts darauff zu hal - ten iſt. Und iſt ſchon an andern Stellen erwie - ſen / daß ſolche Bauer-Phyſica keinen Grund mehr hat. Denn ſowohl der alte Julianiſche /als301Weibern hochgehaltenen Aberglauben. als auch neue verbeſſerte Calender kommen nicht mehr mit der Zeit uͤberein / in welcher ſolche Bauer-Reguln ihren Urſprung genommen ha - ben; dahero eine dritte Zeit geſucht werden muͤ - ſte / wenn es alſo erfolgen ſolte. Denn der neue Calender koͤmmt etwas zu zeitlich / und der alte etwas zu langſam; alſo waͤre es eine gantz un - gereimte Sache / wenn man ſolche Dinge / die ohnedem nichts als Einbildungen zum Grunde gehabt haben / noch auff eine unrichtige Zeit gruͤnden wolte. Zu dem ſo giebt uns ja der Mond nicht die Landes-Fruͤchte / ſondern der Schoͤpffer des Mondes. Wenn nun nach des Schoͤpffers geſetzten Ordnung eben zu Weybnachten der Mond neu oder auch voll iſt / ſo kan ja die von GOtt gutgemachte Ordnung des Himmels - Lauffs / um unſerer Calender Ordnung willen / nicht boͤſe noch beſſer werden. Dahero auch zweiffelsfrey es GOTT ietziger Zeit alſo fuͤget / daß man wohl ſpuͤren kan / wie die vorwitzigen Bauer-Propheten lauter Luͤgen verkuͤndiget haben.
Wer ein Erd-Huͤhngen oder eine Hauß-Otter beſchaͤdiget / oder nur ſiehet / der muß daſſelbige Jahr ſterben.
WAs ich hiervon aus eigener Erfahrung weiß / will ich kuͤrtzlich anfuͤhren / zu einem ſichern Beweiß / daß dieſes Vorgeben nur ein Maͤhrlein ſey. Und bezeuge ich mit meinem guten Gewiſſen / daß es ſich nicht an - ders zugetragen. Nehmlich: Als ich mich / nach dem Alt-Dreßdner Brande / alldort befand / und in dem Hauſe / allwo ich damahls wohnete / ein Gewoͤlbe war / in welchem ich offt meine Verrichtung hatte / ſo hoͤrete ſo wohlich / als auch diejenigen / die bey mir zu thun hatten / etli - che Tage in beſagtem Gewoͤlbe / ein Gluckern und Pipen / bey nahe wie eine Gluck-Henne / wenn ſie etwas zu freſſen fuͤr die jungen Kuͤchlein findet / oder aber wie die jungen Huͤhnlein ſelbſt zu pipen pflegen; und das geſchah bald in dem / bald in jenem Winckel / ſo wohl am hellen Tage / als auch des Nachts / ohne daß iemand etwas an - ſichtig worden waͤre. In dem einen Winckel des Gewoͤlbes war ein ziemlicher Hauffen Schutt und Steine auffgewuͤhlet / und gieng darbey ein Loch / wie ein Maͤuſe-Loch / in die Er -de.303Weibern hochgehaltenen Aberglauben. de. Jederman ſagte / es waͤre das Erd-Huͤhn - gen / oder die Haus-Otter / und ſolten wir ihme nur kein Leib thun. Ich / als der ich / aus curi - oſitaͤt / gern gewuſt haͤtte / wie das Erd-Huͤhn - gen / oder die Hauß-Otter ausſaͤhe / bemuͤhete mich auff alle Wege / meiner Begierde hier - inne eine Gnuͤge zu thun / kunte aber in ge - dachtem Gewoͤlbe nichts als zuweilen eine Mauß erblicken. Weil ich aber gleichwohl ſa - he / daß bey dem auffgeworffenen Hauffen Schutt ein Loch war / allwo allem Beduncken nach ſolch Erd-Huͤhngen ſeinen Aus - und Ein - gang hatte / nahm ich eine Maͤuſe-Falle / und thaͤt darein Weitzen / Erbſen / Speck / Brod / gelbe Moͤhren / Zucker und dergleichen / und ſetz - te dieſe fuͤr das Loch auff den auffgeworffenen Schutt / alſo / daß wenn etwas in ſolche Maͤuſe - Falle gienge / es unvermeidlich an das Zuͤnglein ſtoſſen und ſich fangen muͤſte. Da nun dieſe Maͤuſe-Falle kaum eine Stunde geſtanden hat - te / fiel ſie zu / und ich wurde einer etwas dicken Mauß darinnen gewahr / dieſe ſetzte ich in der Mauſe-Falle auff den im Gewoͤlbe ſtehenden Tiſch / weil ich in dem andern darneben befindli - chen Gewoͤlbe gleich etwas zu thun hatte. Ich war aber kaum ins andere Gewoͤlbe geſchritten / als das ſo genannte Erd-Huͤhngen in jenem laut gehoͤret wurde / derowegen ich eilends zu -ruͤck304Unterſuchung derer von ſuper klugenruͤck lieff / uñ gewahr wurde / daß es meine gefan - gene Mauß in der Falle war / woruͤber ich mich ſehr verwunderte / weil ich dergleichen Stimme noch von keiner Mauß obſerviret hatte / obner - achtet mir dergleichen Pipen / unter dem Nah - men Erd-Huͤhngen / ſonſt mehrmahl zu Ohren gekommen war / und kunte mir kaum einbilden / daß es dieſe Mauß ſey / die biß anhero ſich in dem Gewoͤlbe ſo haͤtte hoͤren laſſen / wenn ſie ſich nicht zu unteꝛſchiedlichen mahlen / in meiner und ande - rer Leute Gegenwart / in gedachter Mauſe - Falle / mit ſolchem Geſange verrathen haͤtte? Und weil ich ſie nun darinnen / biß zu Abend / ſte - hen ließ / befand ich ſie letzlich als eine Kindel - Betterin mit ſechs jungen Maͤußgen / die ich ſamt der Mutter in einen Keſſel mit Waſſer ſchuͤttete und erſaͤuffte / worauff das Pipen und das Auswuͤhlen des Erd-Huͤhngens ein Ende hatte. Und ob mir zwar um deßwillen einige aberglaͤubiſche Leute wolten bange machen / ſo kan ich doch mit Wahrheit ſagen / daß mir weder ſelbiges noch das folgende Jahr nicht das gering - ſte Ubel begegnet / noch eine Kranckheit angefal - len haͤtte. Welches alſo hoffentlich wird Be - weiß genug ſeyn / daß von dieſem Glaubens - Grunde nichts zu halten ſey.
Ohren-Schmaltz an die Degen - Spitze genrichen / wenn man duelliren will / das loͤſet des andern Feſtig - keit auff.
WEr die Courage hinter oder aus den Oh - ren hervor ſuchet / wenn er duelliꝛen will / der moͤchte ſeine Schlaͤgerey lieber gar einſtellen / denn der andere iſt ihm gewiß zu feſte. Und wenn einer ſchon ſo verzagt iſt / daß er ſich einbildet / der andere moͤchte feſte ſeyn / ſo iſt die Schlacht ſchon verlohren / und wird kein Ohren - Schmaltz etwas erwuͤndſchtes effectuiren koͤn -Unen.306Unterſuchung derer von ſuper klugennen. Ich ſehe ohne dem auch nicht / welcher ge - ſtalt ein wenig Ohren-Schmaltz ſo viel Kraͤffte haben ſolle / des andern Feſtigkeit auffzuloͤſen / und halte vielmehr davor / es gehe hierunter ein Mißverſtand fuͤr / und ſoll nicht Ohren - ſondern Haaſen-Schmaltz ſeyn. Denn das Haaſen - Schmaltz hat / bekandter maſſen / die Eigenſchafft an ſich / daß es ziehet / und wenn es alſo an der Degen. Spitze klebt / ſo ziehets den Gegner ſo ſtarck an ſich / daß er ſelbſt in die geſchmierte De - gen-Spitze hinein laufft / und mag der Gegner ſo feſte ſeyn als er will / ſo gehet doch jenen ſein Degen ſo glatt ein / als ob er geſchmieret waͤre / und ſolche Krafft hat das Haaſen-Schmaltz. Nun will ich zwar eben nicht gaͤntzlich in Abrede ſeyn / daß manchen Duellanten ſein Ohren - Schmaltz die gaͤntzliche Eigenſchafft des Haa - ſen-Schmaltzes habe / abſonderlich derer ihres / welche gewohnet ſind / in fuͤrfallender Noth das Haaſen-Pannier zu ergreiffen / und ſich mit dem Ruͤcken zu wehren. Hierbey faͤllt mir ein / wie / vor wenig Jahren / ein junger Rotzloͤffel / der noch nicht recht aus ſeinen Lehr-Jahren ent - gangen war / zu einem Schwerdtfeger kam / und ſich eine Klinge in ein Degen-Gefaͤß ſtoſſen ließ / worbey er dem Schwerdtfeger vier Stuͤcklein gab / die er mit in das Degen-Gefaͤß machen muſte. Der Schwerdtfeger fragte aus Spaß /worzu307Weibern hochgehaltenen Aberglauben. worzu denn dieſe Dinge helffen ſolten? Jener antwortete: Eines huͤlffe / daß wenn man ſich ſchluͤge / der andere alſobald eine Furcht bekaͤme. Das andere Stuͤcklein loͤſete alle Feſtigkeit auff. Das dritte dienete wieder die ſchwere Noth / wenn man den Degen Creutzweiß auff den Pa - tienten legte. Das vierdte beſchuͤtzte ihn / daß ihn kein Feind nicht koͤnte beſchaͤdigen. Weil denn hierbey noch ein guter Freund ſtand / und zuſahe / auch zu dem gelſchnaͤbligen Tyrannen ſagte: Das beſte Stuͤcklein waͤre doch noch ver - geſſen. Da fuhr der junge Held begierig her - aus: Ey! ich will es gern bezahlen / es mag koſten was es will / der Herr laſſe mir es zukommen! Jener antwortete: Es koſtete nichts / ſondern es waͤre nur ein Zettelgen / worauff gewiſſe vier Sylben / die denen ietzt hinein gemachten vier Stuͤcken die Krafft gaͤben / geſchrieben waͤren. Monſieur Gelſchnabel bat um Mittheilung ſolcher Kunſt / worauff jener wieder ſagte / er ſol - te nur dieſe vier Sylben auff ein Zettelgen ſchreiben: Hunds-Voigt wehr dich! Dieſes moͤchten die mit Ohren-Schmaltz ihre Degen ſchmierende Duellanten alle auch in acht neh - men / wiewohl es Chriſtlicher herauskaͤme / wenn das verfluchte Duelliren gar nachbliebe; weil aber leider! der Teuffel mehr Welt. Kinder in ſeinem Reich verſammlet haͤlt / als Menſchen inU 2dem308Unterſuchung derer von ſuper - klugendem Reich GOttes ſich befinden / ſo kan und will ich weiter nichts mehr von dem ietzt vorhaben - den Glaubens-Punct gedencken.
Wenn zwey Kinder-ſtillende Weiber zugleich mit einander trincken / ſo trinckt eine der andern die Milch ab.
ES will an theils Orten geglaubet werden / daß / wenn zwey Perſonen zugleich mit einander anfingen zu trincken / und auch zugleich auffhoͤreten / ſo traͤncke eines dem an - dern die Roͤthe ab. Dieſes Fuͤrgeben braucht keiner Wiederlegung / weil es fuͤr ſich ſelbſt dahin faͤllet / indem nicht alleine ietzo die galante Mo - de auffgekommen iſt / daß nicht nur ihrer zwey / ſondern wohl gar ihrer zwantzig / oder lange Ta - feln voll Leute zugleich auffſtehen / ihre vor ſich habende Wein - und Bier-Glaͤſer an einander ſtoſſen / und auff Geſundheit dieſes oder jenes zu -gleich309Weibern hochgehaltenen Aberglauben. gleich austrincken / ohne Beſorgung / daß ein und anderer ſeine Roͤthe daruͤber verlieren werde; dahero derjenige ein ſehr einfaͤltiger Schoͤps ſeyn muͤſte / welcher um des willen nicht trincken wolte / weil ein anderer eben auch traͤncke. Was aber das Abtrincken der Milch bey denen Wei - bern anlanget / wird ſolches unter ihnen zwar als etwas gewiſſes geglaubet / ob ſie aber ihr Fuͤrge - ben werden verificiren koͤnnen / will ich ein we - nig unterſuchen: Wenn ſie glauben / ſo ferne ei - ne ſtillende Amme zugleich mit der andern traͤn - cke / ſo traͤncke eine der andern die Milch ab; al - ſo muß die eine die Milch verlieren / und die an - dere deſto mehr Milch bekommen. So nun die Weiber dieſes ſo gewiß obſerviret / ſo moͤchten ſie doch auch in acht genommen haben / welche von beyden denn die Milch bekomme oder ver - liere? die aͤlteſte oder die juͤngſte? oder die den Krug zuerſt ans Maul ſetze oder am erſten auff - hoͤre zu trincken? ſo wolte ich ihnen eher Glau - ben zuſtellen; die weil ſie aber von dieſen Neben - Dingen / woran doch ſicherlich viel gelegen waͤ - re / wenn der Haupt-Punct ſolte Grund haben / gantz im geringſten nichts melden / ſo kan ich leicht ſchlieſſen / daß es eine in einer Wochen - Bett-Stube ausgeheckte Grille ſey. Denn es iſt nicht gnung / daß ich nur eine Sache ſage / als verhalte ſichs ſo oder ſo / ſondern ich muß es auchU 3erwei -310Unterſuchung derer von ſuper - klugenerweiſen. Nun aber wird damit nichts erwieſen / wenn die Weiber ſagen / es haͤtten zwey Saͤug - Ammen zugleich mit ein an der getruncken / ſo haͤt - te eine die Milch verlohren. Es kan leicht ein Weib / das ein ſtillendes Kind hat / die Milch ver - lieren / es folgt des wegen nicht / daß eine andere / die mit jener zugleich getruncken hat / ſolche ihr abgetruncken habe. Ich ſage / wenn dieſes angien - ge / ſo waͤre es ein herrlich Mittel vor diejenigen Weiber / welche ihre Kinder entwoͤhnen wollen / dieſe duͤrfften nur eine der andern gute Wort ge - ben / die ohne dem nicht viel Milch haͤtte / daß ſie kaͤme und auff ſolche Art ihnen die Milch / wel - che ſie ſonſt ohne dem druͤcken und aͤngſtigen wuͤr - de / abtraͤncke; alleine / weil ich noch niemahls gehoͤret habe / daß eine auff dieſe Art habe Linde - rung geſucht / ſo will mir es auch nicht in meinen Kopff / daß etwas an dem gantzen Fuͤrgeben wahr ſey. Es trincket ja auff ſolche Weiſe keine aus des andern Kruge / ſondern / wenn zwey zu - gleich trincken / ſo muß eine iede ihr abſonderlich Trinck-Geſchirr haben / kan demnach nicht auff eine ſolche magnetiſche Art durch einen Zug voll - bracht werden / als ob die eine etwas von ihrem Speichel haͤtte ins Geſchirr gebracht / den die andere eintraͤncke / und alſo per Sympathiam der erſten ihre Milch an ſich zoͤge. Nein / es iſt in iedweder ihrem Geſchirr abſonderlich Ge -traͤncke /311Weibern hochgehaltenen Aberglauben. traͤncke / dahero auch eine iede abſonderliche Nah - rung empfaͤngt / und kan dadurch keine der an - dern den geringſten Schaden zufuͤgen. Und ſo einer mit der Sympathia und Antipathia hier - bey wolte auffgezogen kommen / ſo wuͤrde es Zweiffels ohne ſo abſurd herauskommen / als ob ich ſpraͤche: Wenn man in einem Garten zu ei - ner Zeit zugleich zwey Aepffel-Kirſch - oder an - dere Obſt-Baͤume / von einerley Art / proyffete / ſo wuͤrde der eine fruchtbar / der andere aber un - fruchtbar werden / weil einer dem andern ſeine Krafft um des willen benaͤhme / weil ſie zu einer Zeit gepflantzet worden waͤren.
Wer Brod iſſet / davon ein anderer gebiſſen hat / der wird dem andern feind oder gram.
DIeſes will ſich mit der taͤglichen Erfah - rung auff keine wege reimen. Denn / wenn einer ſich hat ſatt gegeſſen / und laͤſſet Brod liegen / davon er mit denen Zaͤhnen abgebiſſen hat / (welches zwar keine Gewohnheit reputir - licher und erbarer Leute iſt) und ein anderer iſt dieſem ſo gewogen / daß er keinen Eckel hat / die - ſes ſein Gebiſſens zu eſſen / ſo wird jener hier - durch keinen Haß erwecken / ſondern / wenn et - was natuͤrliches in ihm oder in ſeinem Gemuͤ - the hierdurch ſolte rege gemacht werden / ſo wol - te ich vielmehr glauben / daß es eine noch groͤſſe - re Liebe verurſachen wuͤrde / wie ich aus unter - ſchiedlichen Hiſtorien anfuͤhren koͤnte / wenn ich nicht mich der Kuͤrtze zu befleißigen mir fuͤr ge - nommen haͤtte. Traͤgt ſich aber die Sache an - ders zu / und einer frißt des andern ſein Brod / davon er gebiſſen hat / aus Geitz und Mißgunſt / alſo / daß er dem andern lieber gar den Biſſen aus dem Maule riß und fraͤſſe / auff daß der andere nur hungern muͤſte; zwiſchen ſolchen Perſonen iſt ſchon ein wuͤrcklicher Haß / und entſtehet nicht erſt aus der Genieſſung des gebiſſenen Brods /ſondern313Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ſondern das Brod-Eſſen entſtehet aus dem Haß / der ſchon vorhanden iſt. Und ſolchem nach kan ein ieder leicht begreiffen / daß das Fuͤrgeben falſch ſey / als ob eines dem andern gram werde / wenn es von des andern gebiſſenen Brodte eſſe. Uberdiß iſt ſolches auch leichte zu wiederlegen mit unzaͤhlich Exempeln / ſo zwiſchen Kindern und Kinderwaͤrtherin dißfalls fuͤrgehen / wenn dieſe das Brod / Butterfladen / Kuchen und der - gleichen / was die Kinder / wenn ſie davon ſatt ſind / laſſen liegen / auffeſſen / aber keinesweges dadurch denen Kindern gram / ſondern vielmehr noch guͤnſtiger werden.
Eine Weibs-Perſon ſoll niemanden anders an ihrem Schuͤrtz-Tuche laſſen die Haͤnde abwiſchen / jenes wird ihr ſonſt gram.
EIn Exempel weiß ich zwar ſelbſt / daß es wuͤrcklich eingetroffen / wiewohl die Um - ſtaͤnde auch darnach beſchaffen waren / da - hero dieſes das Fuͤrgeben keines weges univer - ſal macht; ſondern ich halte vielmehr davor / daß wenn manchen dieſe Gelegenheit alſo zu handen geſtoſſen waͤre / als wie dem / von wel - chen ich ietzo melden will / nicht eine Feindſchafft / ſondern vielmehr eine geile Liebe dadurch wuͤrde ſeyn erreget worden. Die Sache aber ergieng folgender geſtalt: In einer groſſen Stadt hatte ein reputirlicher Kauffmann eine dem Anſehen nach feine Magd gemiethet / und nicht lange in ſeinen Dienſten gehabt; in dieſer kurtzen Zeit fuͤhrete ſich die Magd alſo auff / und verrichtete ihre Arbeit hurtig und wohl / daß ihr der Herr deswegen ein gutes Lob gab / und ihr gar gewo - gen war. Es trug ſich aber zu / daß dieſer Kauff - mann iemanden etliche Centner Kreide abwie - gen muſte / und / in Abweſenheit des Jungens / die Magd mit ins Gewoͤlbe nahm / ihm einige Handreichung zu thun. Endlich / wie die Arbeit verrichtet war / ſahe ſich der Kauffmann nach ei - nem Tuche um / ſeine Haͤnde daran wiederum abzuwiſchen; weil aber keines zugegen war / of - ferirte die dienſtfertige Magd ihrem Herrn ihr Schuͤrtz-Tuch; da aber der erbare Mann ſol - ches ein wenig auff die Seite zog / und gewahrwurde /315Weibern hochgehaltenen Aberglauben. wurde / daß ihr der Rock und auch das Hembde dermaſſen weit auffgeſchlitzt war / wodurch er einen ſolchen Ort erblickte / den die Erbarkeit zu verdecken befiehlet / dahero machte er ſich die Ge - dancken / ob haͤtte die Magd ſolches mit Fleiß ge - than / ihn zu einer verbotenen Liebe damit anzu - reitzen. Weil er aber ein Mann war / welcher viel auff Reputation und Reſpect hielt / wurde er der Magd von Stund an ſo Spinnen-feind / daß er ſie kaum mehr anſehen kunte / und ſchaffete ſie wieder fort. Dieſes iſt nun zwar ein Exempel / wodurch man den ietzt vorhabenden Punct moͤchte beſchoͤnigen wollen; alleine / wenn ich dieſe Umſtaͤnde etwas genau beobachte / ſo erhel - let ſo viel daraus / daß das Abwiſchen der Haͤnde ſchwerlich etwas zur Feindſchafft wuͤrde contri - buiret haben / wenn nicht vielmehr der garſtige Anblick des darunter verborgenen Orts ſolches verurſachet haͤtte. Behaͤlt derohalben dieſer Glaubens-Grund ſeine Stelle wohl unter de - nen Aberglauben.
Wenn die Schwalben in ein Hauß niſteln / bedeutets Armuth / die Sperlinge aber Gluͤck und Reichthum.
DIe armen Schwalben ſind ſolche Voͤge - lein / welche ſich nur mit Hinweghaſchung der Fliegen und dergleichen Ungezieffer behelffen / und ihre Neſter von Koth und Schlamm bauen / dahero finden ſie auch nirgend beſſere Herberge / als bey ihres gleichen / denen armen Leuten. Denn reiche und vornehme Leu - te koͤnnen nicht wohl leiden / daß dieſe arme Voͤ - gel ihre Dreck-Neſter in oder an ihre groſſe aus - gezierte Palaͤſte anbaueten / und ihren Koth und Miſt in die ſchoͤnen Säle fallen lieſſen / ſondern / wenn zuweilen die Fenſter auffgelaſſen werden / und die Schwalben thun einen Verſuch alda einzuniſteln / ey da muͤſſen ſie bald wieder fort / und heiſt: Wo die Schwalben niſten / da iſt Ar - muth. Und muͤſſen demnach die armen Schwal - ben Herberge bey denen armen Bauern ſuchen / die ſie gar wohl leiden koͤnnen / auch noch wohl Spaͤne an die Balcken in Haͤuſern einſchlagen / auff daß die Schwalben deſto beqvemer darauff bauen koͤnnen. Auch halten dieſe der Schwal - ben Ankunfft nicht fuͤr ein Zeichen der Armuth / ſondern des Gluͤcks. Denn weil die Bauernmit317Weibern hochgehaltenen Aberglauben. mit wenigen vergnuͤgt ſind / als wie auch die Schwalben / ſo vertragen ſich die Haußgenoſſen deſto beſſer mit dem Wirthe / und wird demnach ſolche Haußhaltung deſto friedſamer und gluͤck - licher gefuͤhret; die Schwalben reinigen die Wohnung von Fliegen / Spinnen und Unge - zieffer / womit ſonſt die Bauern ſehr beſchweret werden / dahero dieſe Voͤgelgen denen Bauern gar angenehm ſind. Was aber ferner den Sper - ling anlanget / ſo giebt der vorhabende Glau - bens-Punct zu verſtehen / das es Gluͤck bedeute / wo die Sperlinge einniſteten. Alleine / ich glau - be daß das vermeynte Gluͤck wohl nur auff fol - gende weiſe mag zu verſtehen ſeyn; nehmlich: Wo viel zu verlieren iſt / da findet ſich auch viel diebiſch Geſinde ein. Bey reichen Leuten gehet es gemeiniglich auch reich zu in der Haußhal - tung / da denn mancher Diebs-Vogel ſich mit dabey naͤhret. Der diebiſche Sperling findet in reicher Leute Hoͤfen zu freſſen genung / dahero er auch daſelbſt Herberge ſuchet / und auch leicht fin - det; denn weil dieſe duckmaͤufichte Diebs-Voͤ - gel nicht frey und auffrichtig wandeln / wie die Schwalben / die ohne Complimenten ihre Ne - ſter oͤffentlich vor iedermanns Augen auffbauen / ſondern ſie huͤpffen hin und her / als waͤre es ih - nen um nichts zu thun / und marchiren / ehe ſichs iemand verſiehet / in die Lufft-Loͤcher / welche ge -woͤhn -318Unterſuchung derer von ſuper - klugenwoͤhnlich uͤber denen Fenſtern durch die Mau - ern in die Stuben gehen / genieſſen nicht alleine der Waͤrme auff der Stuben / ſondern hoͤren al - les was in der Stube ſowohl Nachts als Tages geredet wird. Am Tage[ ſtehlen] und freſſen ſie denen Huͤnern / Gaͤnſen und Tauben / auch an - dern nutzbaren Vieh ihr Futter hinweg / und dennoch heißt es: Wo die Sperlinge niſteln be - deutets Gluͤck; aber waͤre nicht ſchon das zeitli - che Gluͤck vorhero da / ſo wuͤrde es kein diebiſcher Sperling bringen / und mag hier ſo wohl mit de - nen Schwalben / bey denen armen Bauern / als auch mit denen Sperlingen / bey manchen Rei - chen das bekannte Sprichwort wohl ſtatt finden: Gleich und gleich geſellet ſich gern. Denn bey vielen reichen Leuten gehet es auch diebiſch / tuͤ - ckiſch / geil und wohlluͤſtig genung zu / nach rech - ter Sperlings-Art. Wie denn jene vornehme geile Dame / als ihr ein Prieſter ihre Geilheit verwieß / und die Turtel-Taube zum Fuͤrbilde vorſtellete / ſagte: Wenn er ihr wolte einen Vo - gel zum Lehrmeiſter geben / ſolle er den Sperling nehmen. Auch iſt manchen ſein gantz Vermoͤgen und Reichthum auff Sperlings-Art mit Liſt / Dieberey / Schinderey / Unzucht und derglei - chen zuſammen gebracht / und wird auch auff ſolche Art erhalten. Da es denn nicht zu ver - wundern iſt / wenn ſolche Voͤgel geduldet wer -den /319Weibern hochgehaltenen Aberglauben. den / die des Wirths Eigenſchafft haben. Und alsdenn muß es heiſſen: Dieſe bringen Gluͤck! Aber ſolches Gluͤcks wird ſich ein rechtſchaffener Chriſt wenig zu erfreuen haben.
Wenn am heiligen Weyhnacht-A - bend ein Reiffen von einem Gevaͤß ſpringet / ſo ſtirbet das Jahr eines aus dem Hauſe.
WIe leichte kan doch ein Reiffen von einem Gevaͤß brechen / zumahl wenn er faul undmuͤrbe320Unterſuchung derer von ſuper - klugenmuͤrbe worden? und wo des Haußgeraͤths an kleinen und groſſen Vaͤſſern / Stoͤtzen / Wan - nen / Kannen und dergleichen viel ſind / daſelbſt iſt das Abſpringen der Reiffen nichts neues / al - ſo / daß der Boͤttiger / wo nicht taͤglich / doch woͤ - chentlich etwas zuthun bekoͤmmt. Weil nun die - ſes eine Begebenheit iſt / die ſich ſo gar offt be - giebt / ſo kan ſie ſich ja auch am Weyhnacht-Hei - ligen-Abend zutragen / abſonderlich / wenn ſich etwan das Wetter veraͤndert / da auff Thau - Wetter ſtarcke Kaͤlte einfaͤllet / oder auff groſſe Kaͤlte gelinde Wetter / welches ſich abſonderlich zu ſolcher Jahres-Zeit gemeiniglich begiebt; bey welcher Veraͤnderung der Lufft gewoͤhnlicher maſſen die Reiffen abſpringen. Kan ich alſo nicht begreiffen / welcher geſtalt das Abſpringen eines Reiffens am heiligen Weyhnacht-Abend / ſolle eine Vorbedeutung eines dieſes Jahr in die - ſem Hauſe / allwo das Abſpringen des Reiffens geſchehen / fuͤrſtehenden Todesfalls ſeyn? Ein vernuͤnfftiger Chriſt ſoll nicht / ohne Urſach / ſol - che aberglaͤubiſche Omina erſinnen / und mit den Haaren / ſo zu reden / herbey ziehen. Ich will zwar eben kein Geſpoͤtte mit dem Reiffen - abſpringen treiben / ſondern mich alſo zum Tode ſtets bereit halten / als ob alle Reiffen abgeſprun - gen waͤren / zur Bedeutung meines Todes. Je - doch will ich auch alſo geartet ſeyn / daß / wenngleich321Weibern hochgehaltenen Aberglauben. gleich am Weyhnacht-Abend alle Reiffe in mei - nem Hauſe von denen Gefaͤſſen abgeſprungen waͤren / ſolche mich doch in keine Furcht fuͤr dem Tod ſtuͤrtzen ſollen. Das iſt wahr / daß ein Reiff / welcher von einem Gefaͤß ſpringet / eine gar fei - ne Veranlaſſung zur guten Betrachtung des To - des und Sterbens geben kan. Denn der Reiff ſpringet ploͤßlich und unvermuthet ab; dabey ein Chriſt ſich gar wohl erinnern kan / wie ploͤtzlich und unverhofft die Seele ſich vom Leibe durch den Tod muͤſſe ſcheiden laſſen. Und wie ein Ge - faͤß / davon die Reiffen geſprungen / zerfaͤllet und zunichte wird; alſo / wenn die Seele ſich vom Lei - be geſchieden / wird der Leib auch zunichte / und zerfaͤllet in eintzele Knochen / wie die Tauben ei - nes Gefaͤſſes. Wer aber um des Weyhnacht - Abends willen ſich vom Reiff-Abſpringen einige Rechnung macht / iſt ein Thor und aberglaͤubi - ſcher Geck.
Wenn in einer Kirchen ein Licht auff dem Altare von ſich ſelbſt verloͤſcht / ſo ſtirbt bald ein Prieſter von die - ſer Kirchen.
ICh will nicht in Abrede ſeyn / daß es zuwei - len Vorbedeutungen und Anzeigungen giebt / wenn ſolche Perſonen ſterben wer - den / welche von gutem Anſehen und groſſen Wuͤrden ſind; abſonderlich aber ſolche Maͤnner / welche GOtt und denen Menſchen gute und ge - treue Dienſte leiſten. Auch will ich nicht wie - derſprechen / daß es ſich mehrmahls begeben ha - ben mag / daß / nachdem ein Licht auff dem Altar verloſchen iſt / bald drauff ein Prieſter von ſelbiger Kirchen geſtorben ſey. Alleine / daß man wolle gewiß den baldigen Tod eines Prieſters ſolcher Kirchen / allwo ein Licht auff dem Altar verloͤ - ſchet / andeuten / das iſt eine Sache / die rechtſchaf - fenen Chriſten nicht anſtehet zu glauben / ſinte - mahl es auch nicht eintrifft / wie aus folgender Begebenheit klaͤrlich erhellet. Zu Alt-Dreß - den wird die Kirche genannt zum heiligen drey Koͤnigen / da geſchahe es gleich an dem ſo genann - ten heiligen drey Koͤnig-Tage / vor nunmehro 16. Jahren / daß unter der Predigt alle beyde bren - nende Wachs-Kertzen von ſich ſelbſt verloſchen /welches /323Weibern hochgehaltenen Aberglauben. welches / wie leicht zu erachten / gar mancherley Urtheile erregete / wie es denn auch nach dencklich genug war / weil es eben an dem Feſt-Tage ge - ſchach / davon die Kirche den Nahmen hat. Vie - le / und faſt die meiſten / prognoſticirten denen damahligen Dienern GOttes an ſelbiger Kir - chen den Tod Der Paſtor damahls war Herr N. Loͤſchcke / und der Diaconus Herr M. Hahn; Jener hat noch etliche Jahr nach dieſem ſein Amt getreu und geſund verwaltet / und dieſer lebet noch biß dato, als ein getreu und fleißiger Diener GOttes bey der Creutz Kirche in Neu-Dreß - den. Woraus ja zur Gnuͤge zu ſchlieſſen iſt / daß auff ſolch Licht - oder Wachs-Kertzen-Verloͤ - ſchen nichts zu halten ſey. Denn ob ich mich gleich ſelbſt / nach ſelbiger Zeit / etliche Jahr allda befunden / ſo habe doch nicht erfahren / daß iemand eine gewiſſe Deutung auff dieſes Licht Verloͤ - ſchen haͤtte angeben koͤnnen. Iſt demnach eine groſſe Thorheit / wenn man ſtracks aus ſolchen Dingen / die doch natuͤrlicher Weiſe ſich zutra - gen / prognoſtica machen will. Wer ſo einfaͤl - tig iſt / und nicht begreiffen kan / wie es zugehe / daß eine brennende Wachs-Kertze von ſich ſelbſt ausloͤſche / der frage einen Kirchner drum / ſo wird er es bald erfahren / und die davon gefaſſete irrige Meynung aͤndern.
X 2Ein324Unterſuchung derer von ſuper - klugenWenn eine Weibs-Perſon den Oh - ren-Zwang hat / ſoll ſie ein paar Manns - Hoſen um den Kopff wickeln / und ſchwitzen.
EIne herrliche Cur / woraus zu ſehen / wie kraͤfftig ein paar Manns-Hoſen ſeyn muͤſ - ſen! Wunderlich aber iſt es / daß dieſes Mittel denen Manns-Perſonen nicht auch ſelbſt hilfft / ſondern nur denen Weibs-Perſonen? Woraus ich vermuthe / daß das Vertrauen und groſſe Liebe zur Sache das beſie thun mag. Denn das weibliche Geſchlecht baͤlt zuweilen gar zu viel von dem Manns-Volck. Wie ich mich denn hierbey eines Gemaͤhldes erinnere / welches ichohn -325Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ohnlaͤngſt bey einem Freunde geſehen habe / das war ein Bild / wie eine Magd / dieſe hatte in der einen Hand etwas zuſammen gewickeltes / wel - ches man ſo genau nicht ſehen kunte / was es ſeyn ſolte / mit der andern Hand kratzte ſie ſich hinter dem Ohr; unter dem Gemaͤhlde war die Er - klaͤrung in folgenden Reimen beſchrieben:
Woraus ja ſattſam abzunehmen iſt / warum es denen guten Leuten zu thun ſey / nemlich / nicht um das Neſt / ſondern um den Vogel / und muͤſ - ſen alſo die Hoſen ihre Huͤlffe leiſten / als wie der Moͤnche ihre Kutten im Pabſtthum. Mancher moͤchte zwar vermeynen / ob geſchehe die Huͤlffe nicht eben von denen Hoſen / und koͤnte auch wohl etwas anders / an ſtatt der Hoſen / um den Kopff gewickelt / und ſolcher dadurch erwaͤrmet werden / daß ſich der Schmertz und das Reiſſen in Ohren zertheilen muͤſte; aber nein / es muͤſſen Hoſen ſeyn. Denn man bedencke nur / wie mancher - ley kraͤfftige Duͤnſte in manches ſeinen HoſenX 3ver -326Unterſuchung derer von ſuper - klugenverborgen ſtecken / welche / wenn ſie warm wer - den / herfuͤr und in der Patientin Naſen - und Oh - ren-Loͤcher eindringen / und die ſcharffen Fluͤſſe corrigiren. Auch koͤnnen die Manns-Hoſen ſo viel gute Gedancken bey dem Frauenzimmer erregen / daß ſie aller Schmertzen daruͤber ver - geſſen; derowegen mag ich ſie nicht in ihrer An - dacht ſtoͤren / noch ihnen dißfalls wiederſprechen / ſie moͤchten mir noch feinder werden / als ſie ohn - dem ſchon ſind.
Wenn die Maͤgde Zunder brennen / ſo muͤſſen ſie von Manns-Hembden Flecke darzu nehmen / von Weiber-Hembden faͤngt der Zunder nicht.
DAs weibliche Geſchlecht muß ſtets was ha - ben / dabey ſie ſich der Manns-Perſonen erinnern koͤnnen; wie aus vorhergehen - dem Capitel ſchon zur Gnuͤge erhellet. Sie ſtel - len ſich zwar zuweilen / als ob ihnen gar nichts drum waͤre / koͤnnen auch wohl ſolche Reden for - miren / woraus man ſchlieſſen ſoll / ob achteten ſie das maͤnnliche Geſchlecht gar nicht; aber / ehe man ſichs verſiehet / gehet ihnen der Mund von dem uͤber / weſſen ihr Hertz voll iſt. Denn ob ſie gleich / aus angebohrnem Hochmuth / gern die obere Gewalt und Herrſchafft uͤber die Maͤnner haben und behaupten moͤchten / ſo koͤnnen ſie doch nicht umhin / in dieſem ihren Glaubens-Articul ſelbſt zu bekennen / daß ſie ſo elende Creaturen ſeyn / an denen auch die elenden Hadern ihrer Hembden ihrentwegen untuͤchtig wuͤrden / daß ſie nicht einmahl zu Zunder zu gebrauchen waͤ - ren; womit ſie ja ſicherlich ihre eigene Schande genug zu erkennen geben. Alleine / weil ich gleichwohl / aus unterſchiedlichen Umſtaͤnden er - ſehe / daß ſie ſich aus einfaͤltigen AberglaubenX 4ſelbſt328Unterſuchung derer von ſuper - klugenſelbſt betruͤgen / und in groͤſſere Verachtung ſe - tzen / als ſie von Natur verdienen / indem ſie von ſich ſelbſt eine irrige Meynung hegen / ſo will ich ihnen nur ſo viel zur Nachricht geben / daß ſie die Hadern von ihren Hembden nur fein reine aus - waſchen moͤgen / alsdenn verſichere ich ſie / daß ſol - che ſo gut / ja wohl beſſer / zum Zunder ſeyn wer - den / als von manchen Manns-Hembden / die nicht ausgewaſchen ſind. Die Urſach aber / war - um ſie vorher / ehe ſie ausgewaſchen werden / nicht zum Zunder dienen / kan eine Verſtaͤndige leicht errathen; denen andern aber es mit groſſen Buchſtaben vor die Naſe zu ſtellen / achte ich wie - der die Erbarkeit zu ſeyn.
In der Chriſt-Nacht ſoll man naſſe Stroh-Baͤnder um die Obſt-Baͤume binden / ſo werden ſie frucht - bar.
DIe liebe Chriſt-Nacht muß ſich wohl zu viel und mancherley Poſſen laſſen miß - brauchen. In der Chriſt-Nacht fangen die Bauern an / ihre zwoͤlff Naͤchte zu zehlen / und urtheilen hernach die zwoͤlff Monate des folgen - den Jahres. Die Maͤgde haben tauſenderley Teuffels-Spiele und Gauckeley in dieſer heili - gen Zeit / alſo / daß ich Bedencken trage / alles an - zufuͤhren / was ich nur weiß / geſchweige / was mir noch nicht wiſſend iſt. Was ſonſt mehr vor thoͤ - richte Aberglauben von der Chriſt-Nacht ge - macht werden / wird einem alleine ſchwerlich al - les bekandt werden. Hier in dieſem Capitel giebt die ſchoͤne Rocken Philoſophie Anleitung / wie man in der H. Chriſt-Nacht die Obſt-Baͤume koͤnne fruchtbar machen. Die Kunſt iſt ſchlecht / und leichte zu lernen; die Materie / ſo darzu ge - braucht wird / iſt gar geringe / und allenthalben zu bekommen / und waͤre dannenhero eine groſſe Nachlaͤßigkeit / ſo ferne das Kunſt-Stuͤck zutraͤf -X 5fe /330Unterſuchung derer von ſuper - klugenfe / wenn es nicht uͤberall und alle Jahre practi - ciret wuͤrde. Weil aber Gegentheils allzube - kandt iſt / daß manch Jahr wenig oder nichts vom Obſte geraͤth / ſo will ich vielmehr dafuͤr halten / es halte das beſchriebene Kunſt-Stuͤcklein keine Probe / und moͤgen das wohl einfaͤltige Tropf - fen ſeyn / die daran glauben. Denn was kan doch ein elendes Stroh-Band dem Baume vor Fruchtbarkeit machen? Ich erinnere mich in meiner Jugend geſehen zu haben / daß einige Bauren in Thuͤringen die Baͤume mit Stroh - Baͤndern zuſammen gebunden haben / und zwar ein Ende des Stroh-Bandes an dieſem / und das andere Ende an jenem Baum / vorgebend / daß die Baͤume dadurch gleichſam copuliret / und zum Rammlen geſchickt gemacht wuͤrden; den Tag aber / an welchem ſolches geſchehen / habe ich aus der Acht gelaſſen. Es iſt aber eben eine ſol - che[ Narren-Kunſt] / als wie dieſe / ſo ich ietzo unter der Striegel habe. Wenn einer die Baͤume ſonſt / nach guter Gaͤrtner Manier / fleißig war - tet / dinget / beſchneidet / und thut / was / natuͤrlicher Weiſe / ſonſt von noͤthen iſt / ſo hat er / als ein ge - treuer Haußwirth / das Seinige gethan / und kan weiter nichts thun / als GOtt anheim ſtellen / ob er die Baͤume wolle laſſen gute und reiffe Fruͤch - te bringen? An guten Trag-Knoſpen fehlet es denen Baͤumen ſelten ein Jahr / aber hernachkoͤmmt331Weibern hochgehaltenen Aberglauben. koͤmmt Mehlthau und gifftiger Regen / Schloſ - ſen / Raupen / Froſt und andere Zufaͤlle / welche von denen in der Chriſt-Nacht umgebunden ge - weſenen Stroh-Baͤndern keinesweges koͤnnen abgewendet werden. Nun ſage mir doch ie - mand / was denn die huͤlffloſe Gauckeley mit den naſſen Stroh-Baͤndern in der Chriſt-Nacht wohl fuͤr Nutzen bringen koͤnne? Ich glaube / daß niemand ſo hirnloß ſeyn wird / wenn er die Sache ein wenig uͤberlegen wird / daß er ferner etwas auff dieſe Narren-Poſſen halten werde.
Wer ſeine Obſt-Baͤume auff Faſt - nacht beſchneidet / ſolche Baͤume bekommen ſelbiges Jahr keine Raupen / und die Fruͤchte keine Wuͤrmer.
WEil es gemeiniglich auff Faſtnacht pfleget allerhand Narren zu geben / als bin ich in den Gedancken / daß der Erfinder dieſer Luͤgen hiermit hat wollen einen Faſtnachts-Nar - ren machen / und iſt ihm dabey gegluͤcket / daß de - rer / wieder ſeine intention, gar viel geworden ſind. Denn wer ſeinen guten und geſunden Verſtand hat / kan leicht begreiffen / daß der Faſt - nachts-Tag nicht um der Baͤume willen ein - faͤllt / auch ein Jahr fuͤr dem andern bald fruͤhzei - tig / bald etliche Wochen ſpaͤter zu kommen pfle - get. Zum Exempel in dieſem Jahre faͤllt Faſt - nacht nach dem Julianiſchen oder alten Calender fuͤnff Wochen ſpaͤter / als nach dem neuen oder Gregorianiſchen. Weil wir nun / vor 4. Jah - ren / den neuen Calender angenommen haben / ſo wird auch Zweiffels frey bey denen Aberglauben - liebenden Leuten die Gauckeley und aberglaͤubi -ſche333Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ſche Ceremonien in der neuen Zeit vor genom - men. Hingegen / ſo wir noch die alte Zeit-Rech - nung haͤtten / ſo richteten ſie ſich mit ihren Poſſen nach dem alten Calender / und wuͤrde in ietztlauf - fendem Jahre die Baum-Beſchneidung fuͤnff gantzer Wochen laͤngſamer vorgenommen / als nun bey dem neuen Calender geſchicht. Sol - chem nach kan ja ein ieglicher ſelbſt ermeſſen / daß dieſes albere Vorgeben / mit dem Obſt-Baͤum - Beſchneiden zu Faſtnacht / nicht den geringſten Grund haben koͤnne. Es iſt auch daraus zu ſchlieſſen / daß dieſe Kunſt nicht gar zu richtig ſeyn muͤſſe / weil ſo wenig verſtaͤndige Wirthe auff Faſtnacht die Baͤume zu beſchneiden pflegen / da doch die Kunſt eben nicht ſo verborgen gehalten wird / und dahero ohn allen Zweiffel von ieder - mann alle Jahr wuͤrde practiciret werden / weñ etwas daran wahr waͤre.
Wer eine Katze oder Hund behalten will / daß ſie nicht entlauffen / der treibe ſie dreymahl um den Heerd / und reib ihren Steiß an die Feuer-Mauer / ſo blei - ben ſie daheime.
HIerbey will faſt ein ieder Thor eine ſonder - bare Kunſt wiſſen / um zu machen / daß Hun - de und Katzen nicht entlauffen / oder ſo ſie ja von iemanden weggenommen worden / doch wie - derkommen muͤſten. Alleine / wenn dieſe ge - heimen Kuͤnſte alle recht unterſuchet werden / ſo iſt keine darbey / die nicht Auslachens werth waͤ - re. Als ich mich vor dieſem in einer ſehr bekand - ten Stadt auffhielte / allwo viel Jaͤger / Offici - rer und Soldaten ſich ohne Unterlaß befanden / hatte ich einen ſchoͤnen Daͤniſchen Hund / wel - cher / wegen ſeiner Geſchicklichkeit / allda ſehr be - kandt und beliebt war / dahero gar viele ſich be - muͤheten / mir den Hund zu entfuͤhren; aber ver - gebens. Denn wenn der Hund mit mir lieff / und gleich hie und da / unter dem Gedraͤnge des Volcks / oder auch auff dem Lande / mich verlohr / traff ich ihn doch allezeit wieder zu Hauſe an / wenn ich heim kam. Dieſes erweckete bey de - nen Jaͤgern einen Argwohn / zu glauben / ob koͤn - te ich ein Kunſt-Stuͤcklein / daß der Hund beymir335Weibern hochgehaltenen Aberglauben. mir bleiben muͤſte. Als nun einsmahls ein Jagd - Bedienter ſeinen Daͤniſchen Blendling etliche Tage verlohren hatte / kam er zu mir / und klagte mir ſeinen Verluſt / mit dem Zuſatz / er wolte lie - ber ein Pferd verlieren / als den Hund. Dar - neben bat er mich / ich ſolte ihm doch / vor einen guten Recompens, lernen machen / daß ihm die Hunde bleiben muͤſten / wie mir meiner. Ich antwortete ihme / daß ich das nicht thaͤte / wenn er mir gleich noch mehr geben wolte; aber das wol - te ich thun / und ihm wieder zu ſeinem verlohrnen Hunde helffen. Woruͤber er ſehr erfreuet mir eine Wild-Haut zu ein paar Hoſen verſprach. Ich wuſte aber ohne dem ſchon / daß ſich ſein Hund in der Stadt zu einem Materialiſten ge - woͤhnet hatte / welcher an einer Ecke wohnete / allwo ein Volck-reicher Creutzgang war / und der Hund lag gewoͤhniglich bey der Kramerin im Laden. Dahero hieß ich ihm / er ſolte ſeinen Knecht oder Magd / welches den Hund am lieb - ſten haͤtte / auff dieſen Creutz-Weg ſtellen / und den Hund dreymahl ſtarck ruffen laſſen; wenn der Hund nicht uͤber 24. Meilen weg waͤre / wuͤr - de er alsbald anfangen ſpornſtreichs wieder heim zu lauffen / und ſo er in zwey Stunden nicht kaͤ - me / ſolte er das Ruffen an dieſem Orte wiederho - len laſſen / und denn endlich / nach Erfordern / wie - der in zwey Stunden zum dritten mahl / ſo muͤſteder336Unterſuchung derer von ſuper - klugender Hund wieder kommen. Dieſes thaͤt der Jagd Bediente durch ſeine Magd; und wie die Magd zum andern mahl an beſagtem Ort ruf - fete / und ehen nicht nach dem Kram-Laden zuge - ſehen hatte / iſt der Hund aus dem Kram-Laden alſobald heraus / und an der Magd hinan ge - ſprungen / worauff ſie ihn / mit groſſen Freuden / mit heim lockete. Hierdurch wurden dieſer und andere Jagd-Bedienten in ihrer Meynung de - ſto mehr geſtaͤrcket / als ob ich verborgene Kuͤnſte / zu Erhaltung der Hunde / koͤnte; in welcher Meynung ich auch einen ieden ließ / um hierdurch zu unterbrechen / daß ſie keinen Anſchlag auff meinen Hund machen ſolten. Wie ich aber end - lich alldort hinweg zog / habe ich dieſen Poſſen ie - dermann offenbaret. Eine ſolche ſchoͤne und wohlprobirte Kunſt iſt auch der ietzt vorhabende Glaubens-Punct / der ſich ohne dem auch an de - nen aller wenigſten Orten will practiciren laſ - ſen. Denn wie ſelten wird doch ein Heerd ge - funden / der ſo frey ſtehet / daß man um und um gehen / und einen Hund oder Katze darum trei - ben kan. Und wo ſich auch dergleichen Beqvem - lichkeit gleich findet / ſo will ich doch einen ieden verſichern / daß dieſe Gauckeley zu nichts hilfft.
Ein Menſch / der ehe den Wolff ſieht / als der Wolff den Menſchen / der darff nicht fuͤrchten / daß ihm von ſolchen Wolffe ein Leid geſchehe; wenn aber der Wolff den Menſchen am erſten ſiehet / ſo iſt der Menſch in Gefahr.
ICh will es niemanden rathen / daß er es hierauff wagen mag. Denn obgleich einer / der einen Wolff eher ſiehet / als der Wolff ihn / ſolchen leichtlich kan entweichen / ehe der Wolff ihn anſichtig wird / oder zu nahe koͤmmt / ſo iſt doch hierauff keines weges ſo ſchlechter dings zu trauen. Denn das bloſſe erſte An - ſchauen / iſt viel zu unkraͤfftig / den Wolff ſeine boͤ - ſe Art zu hemmen / oder zu verhindern / daß er ei - nen Menſchen / der ihn erſt geſehen / nicht ſolte Schaden thun koͤnnen. Es iſt bekannt / daß faſt alle Beſtien die Art haben / daß ſie ſich fuͤr denen Menſchen entſetzen / zumahl wenn ſie mercken / daß ein Menſch unerſchrocken ihnen entgegen gehet; Gegentheils aber / ſo ſie mercken / daß der Menſch ſich furchtſam und zaghafft ſtellet / fallen ſie ihn deſto grimmiger an. Wenn nun einer ei -Ynem338Unterſuchung derer von ſuper - klugennem Wolffe begegnet / und demſelben erſt ſtehet / ſo erſchrickt er alſobald / und wird furchtſam / ſu - chet Gelegenheit die Flucht zu nehmen / die er doch nicht allezeit nehmen kan / ehe ihn die Beſtie gewahr wird / dahero hernach der Wolff / wenn er den Menſchen auch erblickt / ſolchen ſchon er - ſchrocken und verzagt zu ſeyn mercket / und ohne allen Zweiffel deſto behertzter anfallen wird; hingegen aber / wenn der Wolff den Menſchen zu erſt ſiehet / ehe der Menſch den Wolff vermu - thet / ſo gehet der Menſch unerſchrocken fort / und machet vielmehr den Wolff erſchrocken / daß er weichet. Wiewohl man am kluͤgſten thut / wenn man dieſen Beſtien weichet / weil ſie zuweilen nicht von der Stelle gehen / wenn man uͤber ſie hinfiele. Dieſes ſind alſo meine ohnmaßgebliche Rationes, die ich habe / nicht zu glauben was die - ſer Articul vom Wolffe lehret. Wolte aber nun iemand einwenden und ſagen: Dieſes Vorge - ben ſey nicht von natuͤrlichen lebendigen Woͤlf - fen zu verſtehen / ſondern von ſolchen / die einem gewoͤhnlich in heiſſen Tagen / im Gehen oder Reiten einem ſo nahe kaͤmen / daß man ſie ohn - verſehens zwiſchen denen Beinen fuͤhlete / und von ihnen ſ. v. in Steiß gebiſſen wuͤrde / biß auffs rohe Fleiſch / daß man hernach die Wunde wie - der muͤſte mit Hirſch-Unſchlit ſchmieren; ſo will ich dieſes eben nicht wiederſtreiten / weil es wohlſeyn339Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ſeyn kan / daß man ſolche Woͤlffe nicht ſo bald ſie - het als fuͤhlet / und dahero freylich von ſolchen Woͤlffen Schaden empfindet. Drum
Am S. Johannis-Tage in der Mit - tags-Stunde / ſoll man St. Johannis - Blut ſammlen / welches fuͤr viele Dinge gut[ ſeyn] ſoll.
MIt dieſer Sache hat es folgende Be - wandniß: Es gehen am S. Johannis - Tage einige Leute in der Mittags - Stunde auff das Feld / und ſuchen ein gewiſſes Kraut / welches gewoͤhnlich auff ſandigen Boden waͤchſet / und Polygonum minus, item Poly - carpon von Tabernæmontano genennet wird / zu teutſch Knauel / und klein Wegetritt; dieſes rauffen ſie mit der Wurtzel aus / und finden zu - weilen an denen Wurtzeln einige roͤthlige runde Koͤrnlein hangen / in der Groͤſſe eines Troͤpff - lein Bluts / oder wie eine kleine Erbſe. Und die - ſes ſoll / ihren Vorgeben nach / das Blut ſeyn des enthaupteten heiligen Maͤrterers St. Johan - nis. Sie bilden ſich auch gaͤntzlich ein / daß dieſesY 2ſo ge -340Unterſuchung derer von ſuper - klugenſo genannte Johannis-Blut zu keiner andern Zeit / als nur in dieſer Stunde zu finden ſey / und meynen demnach / wenn ſie dieſe Raritaͤt gefun - den haben / und ſolches anhaͤngen / oder die Klei - der damit ſchmieren / daß ſie alsdenn vor vielen Ungluͤck und Kranckheiten ſicher ſeyn. Allein / daß es nur eine falſche Einbildung und aberglau - biſch Beginnen ſey / erweiſe ich daher: Es wer - den dieſe Koͤrnlein / oder vielmehr Eyerlein / nicht allein an obbemeldten Krautes Wurtzeln / ſon - dern auch zuweilen an denen Wurtzeln der klei - nen Piloſellæ oder Maußoͤhrlein gefunden / und zwar nicht nur am Tage S. Johannis / ſondern nur um dieſe Jahrs-Zeit / und werden / ſowohl etliche Tage vor - als auch etliche Tage nach Jo - hanni / an bemeldten Kraͤutern gefunden / wel - ches ich aus eigener Erfahrung erweiſen kan; darbey habe ich befunden / daß dieſe rothe Koͤrn - lein nichts anders ſind als Eyerlein gewiſſer Wuͤrmer / denn wenn ich dergleichen Eyer habe in ein Glaͤßlein gethan / und an die Sonne geſetzt - ſo iſt die aͤuſerſte Schale von einander geſprun - gen / und ſind rothe Wuͤrmlein daraus gekom - men / in der Geſtalt / als mittelmaͤßige Wantzen. Wenn ſowohl die Wuͤrmlein als auch die Eyer - gen zerdruckt werden / ſo geben ſie eine ſchoͤne Blut-rothe Farbe / dahero auch wohl die einfaͤl - tige Meynung mag entſtanden ſeyn / ob waͤrenes341Weibern hochgehaltenen Aberglauben. es Troͤpfflein Blut; allein es ſind / wie gedacht / nichts anders als Eyergen gewiſſer Wuͤrmer / die ſich vielleicht unter oberwehnten Kraͤutern auffhalten / und ſolche Eyer an die auff dem lu - ckern Sande liegende Wurtzeln ſolcher Kraͤu - ter anhaͤngen. Es wollen einige davor halten / ob waͤren die aus denen Eyergen gekrochene Wuͤrmlein nichts anders als die bey denen Schoͤnfaͤrbern bekannte Coccionillie / welche Meynung ich zwar dahin geſtellet ſeyn laſſe / weil ſie mit der Geſtalt der Coccionillie (als wel - ches auch nichts als Wuͤrmlein ſind) ziemlich gleich kommen. Jedoch weil ſie nicht ſo haͤuffig koͤnnen geſammlet werden als wie die Coccionil - lie / ſo halte ich davor / daß es zwar eine ſolche Art / aber doch nicht eigentlich die rechte ſeyn mag. Es ſey aber wie es wolle / ſo iſt es doch gewiß / daß es kein Johannis-Blut iſt / und auch nicht nur am Johannis-Tage / gefunden wird / welches ei - nen gnugſamen Beweiß giebt / daß ſolchem nach die eingebildete Huͤlffe die es leiſten ſolle / auch oh - ne Grund ſeyn wird.
Wenn eine Elſter auff einem Hauſe ſitzt und ſchreyet / worinnen ein Krancker liegt / ſo wird der Krancke wieder geſund.
DAs iſt ein angenehmer Vogel / dieſer Vo - gel bedeutet und bringet lauter Freude; an einem andern Ort vernehmen wir / daß wenn er und ſeine Cameraden ſich auff einem Hauſe hoͤren lieſſen / ſo ſolten bald Gaͤſte kom - men; hier aber bringt er die gute Botſchafft / daß der Krancke wieder geneſen ſoll. Ingleichen geben die klugen Weiber / in ihrer Rocken-Phi - loſophie vor / daß / ſo die Elſter Vormittage auff einem Hauſe ſaͤß und ſchrie / und man ſaͤhe ſie von forn zu / ſo folgete etwas Gutes drauff; ſey es aber Nachmittage / und man ſaͤhe ſie von hinten zu / ſo folge Verdruͤßlichkeit drauff. Aus welchen allen abzunehmen iſt / daß dieſer Vogel / um ſei - nes langen Schwantzes halber / ſo angenehm ſey. Denn ſo man die Sache wohl uͤberleget / ſo wird ſichs nicht anders befinden / wenn ſie ſagen: Wenn Vormittage die Elſter von forn zu / das iſt / an dem Kopff / Bruſt und Bauch zu geſehen wird / ſo folgt etwas Guts (das iſt der Schwantz) hernach. Alſo bringt dieſer Vogel alles Gluͤck auff den laugen Schwantze. Kehret er nun aberNach -343Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Nachmittage das Gute / das iſt / den Schwantz vor / ſo folget das Schlimme drauff. Derowegen ſcheinet es / ob ſaͤhen die lieben Weiber gern / wenn dieſer Vogel nur hinten und forn aus lau - ter ſtoͤrtzigen Schwaͤntzen beſtaͤnde. Ich bin zwar ſelbſt auch ihrer Meynung / denn mit de - nen Schwaͤntzen thun ſie keinen Schaden / als wie mit dem Kopff und Schnabel / mit welchen ſie denen Bauern die Eyer ausſauffen / die Qvaͤrge freſſen / die Kaͤſe Koͤrbe viſitiren / auch wohl gar die jungen Huͤhnlein davon tragen. Welches in Warheit ſolche Untugenden ſind / daraus ich kein Gluͤck gewarten kan; und den - noch ſoll dieſer diebiſche Vogel / mit ſeinem Ge - ſchrey / Gluͤck bedeuten / und die Geneſung ei - nes Patienten anzeigen. Weil aber die klugen Weiber ſagen / daß wenn eine Kraͤh oder ein Ra - be auff einem Hauſe ſchrie / worinnen ein Pa - tiente laͤge / es den Tod des Krancken bedeute; ſo kan ich nicht glauben / daß eine Elſter / als welche eben auch mit unter die Zunfft derer Galgen - Voͤgel gehoͤret / mit ſeinem Geſchrey etwas beſ - ſers andeuten koͤnne als eine Kraͤhe. Derowe - gen mein wohlmeynender Rath waͤre / man glaubte dieſen ſchwatzhafftigen Diebs-Vogel nicht ſo viel / ſondern ergoͤtzte ſich nur an ſeinem ſchoͤnen langen bundfarbigen Schwantze.
Y 4Die344Unterſuchung derer von ſuper - klugenWenn die Hunde heulen / bedeutets Ungluͤck / drum ſoll man die Ohren zuhal - ten / daß man ſie nicht hoͤret.
KAn denn das Zuhalten der Ohren verhin - dern / daß die Hunde nicht mehr heulen? oder kan man das Ungluͤck / das beſorget wird / etwan dadurch abwenden? Es iſt ja das Heulen der Hunde ein natuͤrlich Werck / und de - rer Hunde natuͤrliche Eigenſchafft / wovon ſchon an einem andern Orte ein mehrers abgehandelt worden iſt; daß demnach noch lange nicht er - wieſen iſt / daß das Hundeheulen eben ein Un - gluͤck bedeuten muͤſſe. Es wird insgemein da - fuͤr gehalten / daß das Heulen der Hunde Feuer bedeuten ſolle; wenn es aber wahr waͤre / ſo muͤ - ſte auff denen Meiſtereyen / oder auch in denenJaͤger -345Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Jaͤger-Haͤuſern taͤglich Feuer entſtehen / weil alda taͤglich ein Geheule derer Hunde gehoͤret wird. Daß es aber nicht geſchehe / iſt bekannt / und dahero ein klares Zeugniß / daß das Hunde - Heulen kein Feuer bedeute. Was aber ferner ander Ungluͤck anlanget / ſo kan ſo wenig die Be - deutung von Hunde-Heulen bergeleitet wer - den / als Feuer oder Brand. Ich ſetze aber den Fall / daß das Heulen der Hunde ein Ungluͤck be - deutete / ſo kan doch das Zuſtopffen oder Zuhal - ten der Ohren nichts dabey helffen. Und koͤmmt dieſes ſo alber heraus / als ob einer einen Stein / der auff ihn zugeworffen wuͤrde / damit wolte ent - gehen / wenn er die Augen zudruͤckete. Denn das Zuſtopffen der Ohren haͤlt ja das Heulen des Hundes nicht auff / ſo koͤnte es ja vielweniger das Ungluͤck / wenn ja eines fuͤrhanden waͤre / keines weges unterbrechen. Derohalben es eine ſehr einfaͤltige Thorheit iſt / wenn man auff ſolche al - bere Poſſen etwas achtet.
Wenn ein Bien-Schwarm ſich an ein Hauß henget / ſo bedeutets gern Feuers-Brunſt.
ES iſt zwar etwas ungewoͤhnliches / iedoch nichts unmoͤgliches / daß ſich ein Bien - ſchwarm an ein Hauß henget / inſonderheit kan es auff denen Doͤrffern ſich leichtlich zutra - gen / wie ſichs denn auch wohl in denen Staͤdten begeben kan / und zwar / wenn / wie offt gewoͤhn - lich / hinter denen Haͤuſern Gaͤrten ſind / in wel - chen Bienen-Stoͤcke ſtehen / wenn denn dieſel - ben nach Gewohnheit ſchwermen / und ſich ver - fliegen / daß ſie in die Gaſſen kommen / ſo koͤnnen ſie ſich alsdenn nirgends anders hinhengen / als an ein Hauß. Wer aber hieraus ſtracks ein boͤ - ſes Prognoſticon erzwingen wolte / wuͤrde bil - lich vor einen aberglaͤubiſchen Gecken zu achten ſeyn. Ich erinnere mich / daß vor etlichen Jah - ren / in einer wohlbekandten Stadt / ſich ein Bien-Schwarm an das Rathhauß hengete / in - gleichen nur vor gar wenig Jahren / in eben ſel - biger Stadt / hengete ſich einer an die Haupt - Kirche / weswegen beydesmahl groſſe Furcht entſtand; aber es ſtehet / GOtt ſey Danck! ſo wohl das Rathhauß / als auch die Kirche an noch unter GOttes Huth vor Feuer unbeſchaͤdiget! Es347Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Es iſt mir auch noch unentfallen / daß vor ohnge - fehr 15. oder 16. Jahren / ein Bienſchwarm ſich in Dreßden auff dem Neu-Marckte an die Ju - ſtitz oder Galgen hinge / welcher den gantzen Tag hangen blieb / biß ihn der Scharffrichter daſelbſt einfangen ließ / welches eine Begebenheit war / die wohl einiges Nachdencken verdienete; allei - ne / es kan doch niemand ſagen / was darauff erfol - get ſey / daß man hiervon haͤtte eine Bedeutung darauff machen koͤnnen. Iſt demnach nichts ab - geſchmackters / als wenn man ſtracks aus einer natuͤrlichen Begebenheit will Bedeutungen machen. Eben als wie im vorigen Capitel das Hunde-Heulen auch Feuer bedeuten ſoll / da doch nichts gewoͤhnlicher iſt / als daß ein Hund / der in einer frembden Stadt ſeinem Herrn verlohren hat / auff die Gaſſe tritt und heulet. Es verwah - re ein ieder in ſeinem Hauſe das Feuer und Licht wie ſichs gebuͤhret / es mag ſich ein Bienſchwarm anhengen / oder ein Hund heulen oder nicht; es iſt beſſer bewahrt als beklagt.
So lange die Lerche vor Lichtmeß ſinget / ſo lange ſchweigt ſie nach Lichtmeß wieder ſtille.
DIe Lerchen ſchweigen offt noch eine ge - raume Zeit nach Lichtmeß ſtille / ob ſie gleich vor Lichtmeß auch nicht ſind gehoͤret worden. Und ob es auch zuweilen / iedoch ſelten geſchicht / daß ſie vor Lichtmeß ſinget / ſo verur - facht doch ſolches eben nicht / daß ſie auch ſo lange nach Lichtmeß ſtille ſchweigen muͤſten. Denn offt ſingen ſie bald nach Lichtmeß / offt auch erſt in 3. 4. und mehr Wochen hernach / ob ſie gleich nur 2. oder 3. Tage vor Lichtmeß geſungen haben. Und koͤmmt bloß auff das warme und ſchoͤne Wetter an; denn wenn dieſes Voͤgelein in der Lufft noch groſſe Kaͤlte mercket / ſchwinget es ſich nicht in die Hoͤhe / und laͤſſet ſeinen angenehmen Geſang nicht hoͤren; traͤgt ſichs aber zu / daß der ſtaͤrckſte Froſt / Schnee und Winter vor Licht - meß heraus koͤmmt / ſo wird es gewoͤhnlicher maſſen hernach ſchoͤn Fruͤhlings-Wetter / und laͤſſet ſich alsdenn die Lerche hoͤren. Es iſt aberkeines349Weibern hochgehaltenen Aberglauben.keines weges auff das Singen zu Lichtmeß zu re - flectiren; iedoch iſt es auch eine Sache / da ein ieder / ohne Verletzung leines Gewiſſens / davon halten mag / was er will.
Wenn ein Junger-Geſell und eine Jungfrau mit einander ein Kind aus der Tauffe heben / oder Gevatter ſtehen / ſoll der Pfaff ſich zwiſchen ſie ſtellen / ſonſt wo ſie einander heyrathen / würde ſtets Unei - nigkeit zwiſchen ihnen ſeyn.
DIeſes iſt ein Glaubens-Grund / der ſeinen Urſprung aus den Maͤhrlein-vollen Pabſtthum hat / deswegener auch bey de - nen Lutheranern und Reformirten am wenig - ſten in acht genommen wird / es ſey denn an ſol - chen Oertern / allwo Papiſten und Evangeliſche unter einander wohnen / da denn freylich der A - berglaube wie die Peſt iedermann anſtecket. Ich habe ſonſt zum oͤfftern (wiewohl ebenfalls aus ei - nem aberglaͤubiſchen Wahn) ſagen hoͤren / daß /wenn350Unterſuchung derer von ſuper - klugenwenn zwey ledige Perſonen einander lieb haͤtten / und wuͤrden mit einander Gevatter / ſo binde der Tauffſtein; andere dar gegen haben das Con - trarium behaupten wollen. Weil denn nun ei - nes da hinaus / das andere dort hinaus will / ſo laͤſſet man die aber glaͤubiſchen Narren billich um die Welt herum lauffen / biß ſie im Schlaraffen - Lande wieder zuſammen kommen. Es habe demnach von beyden eines recht / welches wolle / ſo wird das Zwiſchentreten des Pfaffen doch kei - nen Grund finden. Denn wenn der Tauffſtein bindet / ſo waͤre ja beſſer / daß dieſe / die ohnedem zuſammen ſollen / zuſammen gelaſſen / und nicht vom Pfaffen gleichſam durch das Mittentreten ſepariret wuͤrden; denn was GOtt zuſammen fuͤget / ſoll der Herr Pater nicht ſcheiden. Wie - wohl der Tauffſtein keines weges zur Copula - tion gewidmet iſt / dahero ich nicht begreiffen kan / auff welche Weiſe derſelbe binden ſolle. So er aber / nach derer andern ihrer Meynung / loͤſet / oder die zuſammen verſprochene Leute wieder trennet / oder die / welche einander lieb haben / in Feindſchafft ſetzet / was kan denn das Mittentre - ten des Pfaffen hierbey verhindern? Soll es denn etwan ſeyn / als wenn ſich ein paar mit ein - ander ſchlagen / daß ein dritter wie ein Schieds - mann ſich einmenget / und will der Pfaff gleich - ſam der Schiedsmann ſeyn? ſo koͤmmt mir esunge -351Weibern hochgehaltenen Aberglauben.ungereimt vor / weil es nirgends keines Schieds - manns braucht / als wo zwey Leute in Uneinig - keit zuſammen gerathen. Hier aber / bey der Ge - vatterſchafſt haben beyde einerley Intention, nicht ſich mit einander zu veruneinigen / ſondern beyde zugleich / im Nahmen des Kindes / dem Teuffel / und allen ſeinem Weſen und Wercken abzuſagen / und demſelbigen Krieg und ewige Feindſchafft / im Nahmen des Unmuͤndigen / an - zukuͤndigen. Fechten alſo beyde zugleich mit ei - nerley Waffen / wieder einerley Feinde / und vor einem HErrn. Wolte aber einer hier einwen - den / daß der Pfaff hier ins Mittel treten muͤſte / auff daß hier durch die zukuͤnfftige unter dieſen zweyen Gevattern beſorgende Uneinigkeit ver - hindert werde / ſo ſage ich / daß darzu der Pfaff / und wenn es auch gleich ein Cardinal / ja der Pabſt ſelbſt waͤre / viel zu unvermoͤgend iſt / durch ſein bloſſes in die Mitten treten / die zukuͤnfftige Uneinigkeit zu verhindern. Gleichwie aber / aus angezogenen Urſachen und Bewei[ſ]/ nicht kan dargethan werden / daß ein paar junge Leute / die mit einander Gevatter werden / und hernach einander ehlichten / um deswillen eine unfriedli - che Ehe fuͤhren wuͤrden; alſo mag die Mitten - ſtellung des Pfaffen geſchehen oder nicht / ſo blei - bet doch alles / wie es GOtt zulaͤſſet / und dem - nach dieſer papiſtiſche Glaubens-Grund erlo - gen.
Laßt352Unterſuchung derer von ſuper - klugenEs ſoll einer ſeine Gevatterin nicht ehligen / denn ſo offt ſie ſich ehlich veꝛmiſchen / ſo donnerts / oder entſtehet ein Ge - witter.
DIeſes iſt ebenfalls / wie voriges / eine papi - ſtiſche Erfindung / dahero es kaum die Muͤhe verlohnet / ſolchen viel zu wieder - ſprechen / weil doch ein ieder vernuͤnfſtiger Menſch die albere Thorheit ſelbſt begreiffen kan. Denn wenn es wahr waͤre / ſo wuͤrden ſolche E - beleute rechte Wettermacher ſeyn / die Donner und Gewitter erregen koͤnten wenn ſie nur wol - ten / auch wuͤrden die Gewitter um Weyhnach - ten ſo gemeine ſeyn als um den Johannis-Tag. Oder es muͤſten ſich ſolche Eheleute den gantzen Winter hindurch der ehlichen Bey wohnung ent - halten. Dahero ſtehe ich in denen Gedancken / es werde gar kein gewoͤhnliches Donnern und in der Lufft entſtehendes Gewitter allhier verſtan - den / ſondern nur ein ſolches / welches in einemBette353Weibern hochgehaltenen Aberglauben.Bette ſich kan erregen / wenn nehmlich der Mann donnert / und die Frau blitzt / die Winde laſſen ſich hoͤren / und endlich ſchlaͤgts auch wohl ein; und mag ſich ein ieder ſelbſt die Auslegung machen / ſo gut er am beſten dencket / denn ich menge mich nicht gern mit unter.
Wer die erſte Kanne Bier aus einem Vaſſe bekoͤmmet / ſoll geſchwinde damit fortlauffen / ſo gehet das Bier bald heraus.
ICh habe ſelbſt manchmahl gehoͤret / daß die - jenigen die Bier ſchencken / zu denen ſagen / welche das erſte Maß Bier aus einem Vaſſe bekommen / ſie ſolten fein geſchwinde da - mit lauffen / daß das Bier fein bald alle wuͤrde; worauff ſichs denn mehrmahl begiebt / daß die Maͤgde die ſolche erſte Loſung gebracht / zwar die Keller-Stuffen ſchnell hinauff lauffen / aberZſtracks354Unterſuchung derer von ſuper klugenſtracks vor dem Keller (zumahl wenn ihnen ein feiner Soldate begegnet) ſo ſtutzig werden / als manch Pferd / oder gar / wie der von ſeiner Mut - ter verwuͤndſchte Knabe in Freyberg / daß es vielmahl noth thaͤte / es wuͤrden ihnen Stuͤhle gebracht / daß ſich die guten Leute niederſetzen koͤnten / und wird zuweilen wohl bald ein ander Vaß angezapfft / ehe Jungfer Micke mit dem nach Hauß koͤmmt / was ſie erſt aus dem vorigen Vaſſe bekommen. Und dennoch denckt die Bierſchenckin / ihr Bier gehet um des willen ſo ſchnell ab / weil die Magd mit der erſten Kanne ſo geſchwinde damit iſt heimgelauffen. Allein / wer gut Bier hat / dem gehet es auch gut ab / und wenn gleich die erſte Kanne von einer Schild - Kroͤte oder einem Krebs hinweg getragen wuͤr - de; hingegen ſo das Bier nichts nutzet / ſo gebe man gleich die erſte Kanne einem / der im Be - griff iſt / den Staupbeſen zum Thore hinaus zu tragen / mit auff die Reiſe / ſo wird es doch nichts helffen. Manche Leute haben auch wohl den Gebrauch / daß ſie iedesmahl dem / der die erſte Loſung in ein Vaß Bier giebt / eine Kanne Bier ſtracks vor dem Vaſſe austrincken laſſen; wel - ches denn auch zum ſchnellen Abgang dienen ſoll / und manchen verſoffenen Lehr Jungen oder auch mancher Sauff-Schweſter ein gefunden Freſſen iſt / wenn ſie das Gluͤck haben / eben zu ei -nem355Weibern hochgehaltenen Aberglauben.nem friſchen Vaſſe zu kommen. Wie ſich aber dieſe Meynung mit der erſten vergleichen laſſe / kan ich nicht begreiffen / denn die erſten ſollen ſchnell mit dem Biere fortlauffen / und die andern ſollen dargegen ſtille ſtehen und ſauffen; und das beydes ſoll doch gleich wohl einerley Wuͤrckung haben. Ob nun lauffen und ſtille ſtehen einerley ſey / das wird wohl der allerkluͤgſte Bauer in dem groͤſſeſten Dorffe ſchwerlich koͤnnen ergruͤnden. Bleibt demnach wohl dabey / daß das beſte Bier am beſten abgehe.
Man ſoll die kleinen Kinder nicht mit bloſſen Fuͤſſen auff den Tiſch treten laſ - ſen / denn ſie bekommen davon boͤſe Fuͤſſe.
EIn klein Kind / das noch ins Kuͤſſen und Windeln gewickelt wird / das wird wenig auff den Tiſch tantzen gehen / und trit[t]Z 2demnach356Unterſuchung derer von ſuper - klugendemnach nicht mit bloſſen Fuͤßgen auff den Tiſch; Ein groͤſſers aber / das anfaͤngt zu lauf - fen / das lernet auch nicht auff dem Tiſche / ſon - dern auff der Erden lauffen / und iſt ſolcher ge - ſtalt dieſes wohl eine vergebliche Sorge; iedoch traͤgt ſichs zuweilen zu / daß die Kinder-Weiber mit denen Kindern / wenn ſie ſie in ein ander Kiſ - ſen einbinden wollen / manchmahl ein wenig ſpie - len / ſolche nackend in die Hoͤhe heben / und ſie / aus Spaß / mit denen Fuͤßgen laſſen aufſtreten / bey welcher Begebenheit ſie es denn wohl in acht nehmen / daß das Kind ja nicht mit denen Fuͤß - gen auff den bloſſen Tiſch koͤmmt / in Beſor - gung / daß es alsdenn boͤſe Fuͤſſe bekommen wuͤr - de; legen demnach allezeit eine Windel oder ein Kiſſen unter. Nun iſt zwar eben nicht uͤbel ge - than / daß / wenn man ein ſolch zartes Kind mit ſeinem noch gantz knorpelichen weichen Fuͤßgen nicht laͤſſet auff einen harten / zuweilen auch wohl kalten ſteinern Schiefer-Tiſch aufftreten. Daß aber eigentlich und ohnfehlbar ein Kind von ſol - cher wenigen Aufffuſſung auff den bloſſen Tiſch ſolte boͤſe Fuͤſſe bekommen / und hingegen eine ſchlechte untergelegte Windel ſolches verhuͤten koͤnne / iſt eine recht laͤcherliche und ſehr einfaͤltige Meynung. Denn woferne man beſorget ſeyn will / ob wuͤrde das Kind / mit ſeinem noch wei - chen und zarten Fuͤßgen / ſich auff dem harten Ti -ſche357Weibern hochgehaltenen Aberglauben.ſche Schaden thun / ſo kan eine duͤnne einfache Windel / welche gewoͤhnlich untergelegt wird / ja gantz und gar nichts austragen / und koͤmmt mir nicht anders fuͤr / als die eintzige Feder / wel - che Eulenſpiegel unter ſeinem Kopff geleget hat - te / um darauff weich zu liegen. Will man aber vorgeben / ob laͤge offt eines und das andere auff dem Tiſche / als Nadeln / Meſſer, und derglei - chen / darein ein Kind leicht treten / und ſich Schaden thun koͤnne; ſo will ich dargegen zu bedencken geben / ob es nicht dißfalls beſſer ſey / man laſſe das Kind auff dem bloſſen Tiſche auff - treten / da man doch ſiehet / ob es auff etwas ſchaͤdliches tritt oder nicht; als daß man die Windel unterbreite / und dennoch nicht in acht nehme was manchmahl ſchaͤdlichs darunter ver - borgen lieget / das das Kind in Fuß ſtechen kan. Iſt demnach der ſuper-klugen Weiber ihre un - zeitige Fuͤrſorge gar weit gefehlet / weil an und fuͤr ſich ſelbſt ein reiner Tiſch keine Urſach geben kan / daß ein Kind / das bloß darauff aufffuſſet / ſolle um deswillen boͤſe Fuͤſſe bekommen.
Wenn man Abends zu Bette gehet / und loͤſchet das Licht aus / ſoll man daſſelbe ja nicht umgekehrt auff dem Leuchter ſtecken laſſen / denn woferne ſonſt dieſelbe Nacht Diebe ins Hauß kaͤmen / koͤnte niemand im Hauſe vom Schlaff er - wachen.
ICh will zwar den uͤblen Gebrauch mit bil - ligen / den manche Leute haben / wenn ſie ein Licht ausloͤſchen / daß ſie das Licht um - kehren / und mit der Schnuppe in der Dillen ſte - cken und alſo kalt werden laſſen / weil ich wohl begreiffen kan / was zuweilen vor Ungelegenheit daher kan entſtehen / wenn nehmlich auff dieſe Art ein Licht ausgeloͤſchet / und alſo umgekehrt iſt ſteckend geblieben / ſo ſchmiltzt das warme Un - ſchlit oder Talg in der Dillen um die Schnuppe oder den Dacht / und wenn es kalt wird / ſo gerin - net es zuſammen / und ſteckt alsdenn das ver - kehrte Licht ſo feſte in den Leuchter / daß man es im Fall der Noth / wenn man es / bey entſtehen - den Brande und Feuers-Gefahr / oder auch bey Einbrechung der Diebe / am geſchwindeſten an - zuͤnden will / nicht einmahl vom Leuchter nehmen kan. Und wenn man es ja gleich mit Muͤhe und Noth endlich von Leuchter bringet / ſo kan manes doch359Weibern hochgehaltenen Aberglauben.es doch ſo geſchwinde nicht anzuͤnden / weil der um die Schnuppe hangende haͤuffige Talg ver - hindert / daß der Dacht ſo bald nicht anbrennen kan; welches denn wahrhafftig eine garſtige und zuweilen groſſe Gefahr verurſachende Ge - wohnheit iſt / die ſich billich iedermann / der ſie in Gebrauch hat / abgewoͤhnen ſolte. Und dieſes iſt alſo das Ubel / was ein umgekehrt Licht in der Nacht nach ſich ziehen kan. Daß es aber ferner die Wuͤrckung haben ſolle / daß / bey Einbre - chung der Diebe / die ſchlaffenden Leute im Hau - ſe nicht koͤnten erwachen / ſo lange das Licht ſo umgekehrt ſtecket / iſt ohne Zweiffel ein Sonnen - klarer Aberglaube. Denn ob man gleich / aus der mehrmahligen Erfahrung / ſo viel hat / daß zuweilen unter denen Moͤrdern und Ertz-Die - ben auch wohl ſolche gefunden werden / welche mit der ſchwartzen Kunſt und Zauberey auch herum ſpringen / und damit ſo viel verſchaffen koͤnnen / daß die in einem Hauſe / allwo ſie ein - fahren / ſchlaffender Leute nicht erwachen moͤgen / biß die Diebe ihre verfluchte Ernde gehalten ha - ben / ſo iſt doch das auff vorbeſchriebene Art um - gekehrte Licht keines weges eine hierzu mitwuͤr - ckende Urſach; ſintemahl bekannt iſt / daß der - gleichen Kuͤnſte ſind practiciret worden an ſol - then Orten / allwo kein umgekehrt Licht geſtan - den hat. Ja es ſind theils Schelme in ſolchenZ 4Teuf -360Unterſuchung derer von ſuper - klugenTeuffels-Kuͤnſten auch wohl ſo erfahren / daß ſie / durch des Teuffels Huͤlffe / verſchaffen koͤnnen / daß die Leute im Hauſe / ob ſie gleich alle wachen / dennoch mit offenen Augen gantz ſtumm und er - ſtarret ihre Kiſten und Kaſten muͤſſen eroͤffnen und ausleren / und koͤnnen ſich weder regen noch wenden / biß die Galgen-Voͤgel hinweg ſind. Welche Schelmerey ja ſicherlich eine weit ande - re hierzu wuͤrckende Urſach haben muß / als das elende umgekehrte Licht / davon die zauberhaffte Nacht-Raben vorher nichts wiſſen ob derglei - chen im Hauſe ſey oder nicht.
Ein Knaͤblein / das gebohren wird / wenn Venus Morgen-Stern iſt / bekoͤmmt ein viel juͤnger Weib / als er iſt; iſt aber Ve - nus Abend Stern / ſo bekoͤmmt er ein aͤlter Weib als er iſt / mit einem gebohrnen Maͤgdlein iſt es aber das Gegen - ſpiel.
DAß der Stern oder Planet / welcher von denen abgoͤttiſchen Heyden iſt mit dem Huren-Nahmen Venus benennet wor - den / ſolle einige[Wuͤrckung] bey denen Men - ſchen haben / in ihrem Eheſtande / oder in allen ſolchen Begebenheiten / was zur Ehe gezehlet werden mag / das laſſe ich diejenigen glauben / welche viel auff Fabeln und Traͤume achten; Ich aber glaube / daß dieſer Stern auch wohl an ſtatt / daß er Venus heißt / k[oͤn]te einen gantz an - dern Nahmen / welcher dem Nahmen Veneris gantz contrair waͤre / mit eben den Rechte haben / als ob er ſo viel hundert Jahr / aus angenomme - ner aberglaͤubiſchen Gewohnheit / hat Venus geheiſſen. Denn von der Schoͤpffung an hat er dieſen Nahmen nicht gehabt / ſo hat man ihm auch vom Anfang dergleichen naͤrriſche Wuͤr - ckung nicht zugeſchrieben / als biß zu der Zeit / da ſich die abgoͤttiſchen Heyden haben unterſtanden / die Planeten und anſehnlichſten Himmels-Lich - ter mit denen Nahmen ihrer Abgoͤtter zu be - mercken / wodurch ſie zugleich Gelegenheit ge - nommen haben / das einfaͤltige Volck zu bere - den / ob waͤren ihre Goͤtter mit unter die Zahl der Sternen gekommen. Nun kan ein vernuͤnffti - ger Menſch hieraus leicht ſchlieſſen / ob denen Sternen / durch ſolche Benennung / hat einige Qvalitaͤt derer Creaturen / davon ſie benennetZ 5worden /362Unterſuchung derer von ſuper - klugenworden / mitgetheilet werden koͤnnen. Ich mei - nes Orts kan es ſo wenig glauben / als wenn man wolte fuͤrgeben / ſo man einen Krebs mit den Nahmen Blitz benennete / ſo bekaͤme er die Ei - genſchafft ſo ſchnell fortzufahren als der Blitz. Damit ich aber nicht zu weit von meinem Zweck abweiche / ſo komme ich wieder auff das Fuͤrge - ben / wenn geglaubet wird / ob wircke der Stern Venus anders zu der Zeit da er Morgen-Stern ſey / als da er Abend Stern iſt. Worgegen ich kurtz und rund heraus ſage / ſolche Meynung ſey falſch und erlogen. Und zwar verſtehe ich hier nur ſeine Wuͤrckung / die ihm bey denen Men - ſchen zu haben zugeſchrieben werden wollen / denn auſſer dem weiß ich gar wohl / daß ein Un - terſchied zu machen ſey unter dem Auff - und Un - tergange / und unter dem Stande der Planeten / welche dienen zu Zeiten / Zeichen / Tagen und Jahren; wiewohl hierbey auch noch Limita - tiones gnung zu machen ſind / in Erwegung / daß / was ein Planete gleich in hieſigen Landen nicht zu wuͤrcken ſcheinet / ſo thut er es doch in ei - nem andern Lande; zum Exempel / wenn es bey uns Winter iſt / ſo iſt es in denen mittaͤgiſchen Laͤndern Sommer / und wenn wir Sommer ha - ben ſo haben jene Winter; wenn die Sonne bey uns auffgehet / ſo gehet ſie unſern Antipodibus unter / und iſt alſo auff der eintzigen Erd-Kugelohn363Weibern hochgehaltenen Aberglauben.ohn Unterlaß Abend / Morgen / Mittag und Mitternacht / Sommer / Winter / Herbſt und Fruͤhling / und iſt nur der Ort zu unterſcheiden. Welche Betrachtungen feine Anleitung geben koͤnnen / zu bedencken / wie daß bey GOtt / als welcher dieſes alles regieret / kein Unterſcheid der Zeit / ja weder Anfang noch Ende / ſondern lau - ter ſtets-wehrende Ewigkeit ſey. Was nun bier von Auff - und Untergang der Sonnen geſagt worden / das iſt von andern Planeten auch zu ver - ſtehen. Wenn demnach Venus uns auffgehend iſt / ſo gehet er unſern Antipodibus unter / und ſo fort; und mag er gleich Abend-Stern beiſ - ſen / ſo hat er ja am Morgen eben auch am Him - mel geſtanden wie zu Abend / und ſo fort. Ob er nun ein Jahr hinter oder vor der Sonnen her - wandert / wird er in ſeiner Wuͤrckung gegen die Menſchen keine Veraͤnderung machen / und ſonderlich auff eine ſo albere Weiſe / daß er in ei - nem Menſchen ſo / in einem andern anders wuͤr - cken ſolle? und koͤmmt ſo thoͤricht heraus / als ob einer vorgeben wolte / die Sonne erwaͤrmet die Knaͤblein / macht aber die Maͤgdlein froſtig und kalt / und zwar zu einer Zeit. Dahero ja Venus nicht bey denen Knaͤblein anders als bey denen Maͤgdlein wird wircken koͤnnen / ſonſt muͤſte weiter folgen / daß dasjenige was ein Knaͤb - lein ſaͤttigte / ein Maͤgdlein dargegen hungrichmachte.364Unterſuchung derer von ſuper - klugenmachte. Ferner moͤchten doch die abgoͤttiſchen und aberglaͤubiſchen Planeten-Leſer bedencken / daß offt wohl Leute einander heyrathen / welche in einem Alter ſtehen. Welches ja Sonnen-klar beweiſet / daß dieſer vorhabende Aberglaube er - logen ſeyn muͤſſe / ſonſt wuͤrde ſich nimmermehr der gleichen Heyrath begeben koͤnnen. Endlich iſt es auch nichts neues / daß ein Mann / der zur Zeit als Venus Morgen-Stern geweſen / ge - bohren iſt / ein alt Weib heyrathet. Oder es traͤgt ſich zu / daß einer ein Weib bekoͤmmt / welches zu einer Zeit gebohren / da Venus Abend-Stern geweſen iſt / da er doch gebohren da Venus Mor - genſtern war / und ſo fort. Welches ja alles Din - ge ſind / die ſchnurſtracks derer Planeten-Leſer ihre Principia uͤbern Hauffen werffen. Ja es koͤnten dieſe Choſen gar leichte weitlaͤufftiger wiederleget werden / wenn man ſich nicht der Kuͤrtze zu bedienen haͤtte. Ich hoffe aber / daß / wer ein klein Fuͤncklein geſunder Vernunfft noch beſitzet / wird ſelbſt begreiffen / was Fabeln oder Warheit ſey.
Wer von der Mahlzeit gehet / ſoll das Brod / davon er gegeſſen hat / nicht laſſen liegen / denn wenn es ein anders uͤber einem Galgen wirfft / kan der / der davon ge - geſſen hat / dem Galgen nicht ent - gehen.
WEnn dieſes verteuffelte Vorgeben nicht ſo gar bekannt waͤre / wuͤrde ich Beden - cken getragen haben / es mit in die Zahl an - derer aberglaͤubiſchen Laſter ſo oͤffentlich zu ſetzen; ſintemahl kaum etwas Grauſamers mag er - dacht werden koͤnnen / als dieſes verfluchte Unter - nehmen. Wiewohl ich nun zwar gaͤntzlich zweif - fele / daß es alſo erfolge / wie vorgegeben wird / ſo wird ſich doch einer auch kaum einbilden koͤnnen / daß / ob es auch gleich eintreffen ſolte / ſich auch unter Chriſten-Menſchen einer finden moͤchte / der dieſe Kunſt und verfluchtes Unternehmen zu practiciren ſich unterſtehen werde / weil es ein Beginnen iſt / das kein ander Menſch ſich unter - fangen wird / als der ſich mit Leib und Seele dem Teuffel ergeben / und in ſeinem Reich zu dienen verſprochen haͤtte; ja ich achte davor / daß ein ſol - cher Boͤſewicht ſo durchteuffelt ſeyn muͤſte / daß er nicht einmahl ins Reich GOttes verlangen noch begehren koͤnne. Alleine / ich ſetze den Fall / daßdieſes366Unterſuchung derer von ſuper - klugendieſes Teuffels-Werck wahr ſey / und ſich auch ſolche verfluchte Creaturen unter denen Men - ſchen befaͤnden / die es ins Werck ſetzten / ſo iſt ja keinem rechtſchaffenen Chriſten unbekannt / daß GOtt ſeine glaͤubigen Kinder vor allen Stri - cken und Tuͤcken des Teuffels und ſeiner Die - ner maͤchtig beſchuͤtzet und behuͤtet / ja des Teuf - fels Anſchlaͤge ſo zu nichte machet / daß er unter tauſenden nicht eines / ohne GOttes Verhaͤng - niß / auszufuͤhren vermag. Ergo, ſo kan auch ein von des Teuffels Werckzeug uͤber einem Galgen geworffenes Bißgen Brod nicht wuͤr - cken / daß der / welcher vorher davon gegeſſen hat / muͤſſe unumgaͤnglich an Galgen kommen. Wer am Galgen gehenckt wird / der muß es verdienet haben / (denn ohne Urſach wird keiner gehenckt) ſo es einer aber verdienet hat / ſo iſt ja er ſelbſt Schuld daran / und nicht das Brod / ob es auch gleich hundert mahl waͤre uͤbern Galgen geworf - fen worden. Iſt demnach erſtlich an der Sache nichts wahr. Zum andern habe ich noch von kei - nem eintzigen Exempel gehoͤret / daß eines waͤre umumgaͤnglich / aus erwehnter Urſach / dem Galgen zu Theile worden. Drittens iſt bekannt / daß taͤglich viel tauſend vornehme Herren und Standes-Perſonen / bey denen Mahlzeiten und Gaſtereyen / ohne einig Bedencken / ihr Brod liegen laſſen / ohne ſich des Galgens deswegen zubefah -367Weibern hochgehaltenen Aberglauben.befahren. Wenn demnach etwas an der Sache waͤre / ſo wuͤrden ſich weder Koͤnige noch Fuͤrſten und andere groſſe Herren nicht ſchaͤmen / ihr uͤ - bergeblieben Brod nach der Mahlzeit zu ſich zu ſtecken / weil doch bekandter maſſen ſolche groſſe Herren viel tauſend mahl mehr gewaltige Fein - de / die ihnen mit Gifft und andern Dingen nach Leib und Leben ſtehen / haben / als eine gemeine Privat-Perſon. Dannenhero iſt aus dieſem al - len zu ſchlieſſen / daß an der gantzen Sache nichts wahr ſeyn muß.
Einen Holunder-Strauch vor eine Stall-Thuͤr gepflantzt / bewahret das Vieh vor Zauberey.
Wer dieſes practiciret uͤberhebet den lieben GOtt einer groſſen Muͤhe; ſcil. denn wenn der Holunder das Vieh fuͤr dem Teuffel bewahret / darff es GOTT nicht thun. Ja /368Unterſuchung derer von ſuper - klugenJa / moͤchte man ſagen / GOtt hilfft / durch na - tuͤrliche Mittel / als wie durch die Leber des Fi - ſches / davon im Buͤchlein Tobiaͤ zu leſen iſt. Dem aber dienet zur Antwort: Daß in der gan - tzen heiligen Schrifft ja nicht ein eintziges Exem - pel zu finden ſey / woraus zu erweiſen waͤre / daß man durch dergleichen Dinge Schutz wieder den Teuffel / oder wieder Zauberey erlangen koͤnne; ſondern es wird vielmehr an allen Orten heiliger Schrifft gelehret / wie ein Menſch eintzig und allein ſeine Hoffnung und Vertrauen auff GOtt und ſeine Huͤlffe ſetzen ſolle / und auff nichts an - ders. Denn was das Exempel im Buͤchlein To - biaͤ anlanget / ſo iſt ſolches nicht ſo wohl fuͤr ein Exempel und Geſchichte / als vielmehr fuͤr ein Lehr reiches Gedichte anzunehmen / ſintemahl Lutherus es ſelbſt nur fuͤr eine kluge Fabel haͤlt. Ich ſetze aber den Fall / daß es eine wahre Ge - ſchicht ſey / ſo iſt damit noch lange nicht erwieſen / daß wenn man diß oder das thue / ſo ſey man fuͤr Zauberey bewahret. Denn wenn man die Bege - benheit mit dem jungen Tobias uͤberleget / ſo wird man befinden / daß nicht ſo wohl der Rauch von der Fiſch-Leber den Mord-Geiſt aus des Tobiaͤ Braut-Kammer vertrieben habe / als vielmehr Tobiaͤ und ſeiner Braut ihr andaͤchti - ges und glaͤubiges Gebet und Vertrauen zu GOtt. Daß aber Tobias auch die Leber auffKoh -369Weibern hochgehaltenen Aberglauben.Kohlen geworffen hat / und damit geraͤuchert / iſt auff des Engels Rath geſchehen / welchen To - bias / als einem treuen Geferthen / ſchon wird er - kannt haben / daß er ihm nichts rathen werde / das wieder GOttes Ehre lauffe. Hat demnach die geiſtlichen Mittel denen leiblichen fuͤrgezo - gen / aber doch das letzte auch nicht verworffen / weil er es im Befehl hatte zu thun. Wo ſtehet aber geſchrieben / daß man ſolle Holunder fuͤr die Vieh Staͤlle pflantzen / um dadurch dem Viehe Schutz wieder die Hexen zu verſchaffen? in GOttes Wort wird niemand finden / aber wohl in der alten Weiber-Philoſophia, welches ſi - cherlich nicht GOttes Wort / ſondern des Teuf - fels Schrifft heiſſen moͤchte. Zu dem / ſo habe ich noch nicht gehoͤret / daß einer / der um ober - wehnter Urſach willen einen Holunder fuͤr ſei - nem Stall gepflantzet hat / vorher ſein glaͤubig Gebet zu GOtt gethan haͤtte / daß GOtt ihn und ſein Vieh vor allem Ungluͤck und Zau - berey behuͤten wolle / ſo lange dieſer Holunder da ſtehen werde; ſondern es wird vielmehr GOttes gantz vergeſſen / und verlaſſen ſich auff den elenden Holunder / den doch weder der Teuf - fel noch die Zauberer etwas achten / ob er ſich gleich ſtellet / als ob er ſich davor fuͤrchtete. Denn eben darum / daß nur die Leute in ihren Aber - glauben geſtaͤrcket werden moͤgen / haͤlt der Sa -A atan370Unterſuchung derer von ſuper - klugentan innen / denenjenigen Schaden zu thun / die ſolche unnuͤtze Mittel gebrrauchen / und ſtellet ſich als ob er eine gewaltige Furcht vor dieſen Dingen truͤbe; er bekoͤmmt aber / auff ſolche li - ſtige Art / die meiſten Menſchen in ſeine Gewalt / alſo / daß mancher unbedachter und in Aberglau - ben erſoffener Narr zuletzt ſelbſt nicht weiß / wel - cher Teuffelihn eigentlich geſchoren habe.
Wer eine Schnure bey ſich traͤgt / womit ein Bruchſchneider einem geſchnitte - nen Bruch verbunden gehabt / der mag eine Laſt heben ſo ſchwer er will / ſo wird er ſich nicht zerheben.
DJeſes iſt nichts anders als ein Spitzbu - ben-Streich / oder eine ſpitzbuͤbiſche Be - truͤgerey. Wenn zuweilen ein Bruch - ſchneider / der hier und dort an jungen und alten gebrochenen Perſonen ſeine Operation verrich -tet /371Weibern hochgehaltenen Aberglauben.tet / ſolche Gewiſſen-loſe Betruͤger zu Dienern und Handlangern hat / welche bey geſchnittenen Bruͤchen / nach abgefallener Schnure oder Ban - de / ſolche zu ſich nehmen / und ſich damit zu Muͤhl-Knechten / Zimmerleuten / Maͤurern und dergleichen Leuten die ſchwere Laſt heben muͤſſen / machen / und dieſelben beſchwatzen / daß wer eine Schnure / womit ein geheileter Bruch gebunden geweſen ſey / bey ſich truͤge / der koͤnne ſich nicht zerheben; verkauffen demnach einen ſolchen nichts-werthen Dreck / den ſie von rechts wegen ins Feuer ſchmeiſſen ſolten / vor 1. biß 2. Thaler / dergleichen ich ſelbſt geſehen. Und die - ſes heißt alsdenn nicht dem andern ſein Geld aus dem Beutel geſtohlen / denn er hats ihm ſelbſt gegeben. Aber da mag es wohl heiſſen: Die Welt will betrogen ſeyn! ja wahrhafftig betro - gen gnung / ſo wohl an der Nahrung und zeitli - chen Vermoͤgen / als auch an der Seelen. Denn das iſt gewiß / daß mancher einfaͤltiger Muͤhl - Knecht / Zimmer - oder Maͤurer-Geſelle ꝛc. nicht allein ſein Bißgen Verdienſt und Tage - oder Wochen-Lohn einem ſolchen Betruͤger vor den ſtinckenden Qvarck giebet / ſondern ſetzet auch noch ſein gantzes Vertrauen darauff / daß er nun heben moͤge wie er wolle / ohne Beſorgung eines Schadens / und es geſchicht auch wohl manchen kein Schade / iedoch nicht um des bey ſich haben -A a 2den372Unterſuchung derer von ſuper - klugenden Bandes / ſondern um des darauff geſetzten nichtigen Vertrauens willen; und damit der Betrug moͤge weiter recommendiret werden / ſo hilfft der Teuffel ſeinen Leuten heben und tra - gen / biß endlich ein einfaͤltig alber Schaaf betro - gen wird / das fich dermaſſen zerhebet / daß es entweder die Erde daruͤber kauen muß / oder doch Zeit ſeines Lebens ein Kriepel bleibet. Hieran hat der Teuffel ſeine groͤſte Freude / und lachet hernach einem ſolchen armen betrogenen Menſchen / ſo zu reden / noch ins Faͤuſtgen aus.
Wenn man ein Stuͤck Holtz von ei - nem aus der Erde gegrabenen Sarge ins Kraut ſteckt / ſo kommen keine Rau - pen hinein.
WEnn ein ſolch Stuͤckgen Holtz das Kraut fuͤr denen Raupen bewahrete / ſo wuͤrde es viel eher die todten Coͤrper fuͤr Madenund373Weibern hochgehaltenen Aberglauben.und Wuͤrmer bewahren koͤnnen / weil ſolche in denen Saͤrgen verſchloſſen und damit umgeben ſind. Da aber im Contrario die todten Coͤrper vielmehr denen Wuͤrmern zur Speiſe werden / ſo will mir das Mittel nicht in Kopff / ob ſolte ein Splitter von einem Sarge die Raupen aus dem Kraute vertreiben; und glaube vielmehr / daß dieſes nur eine zweydeutige Redens-Art ſey / dergleichen vor[etlichen] Jahren ein muthwilli - ger Soldate veruͤbte. Nehmlich / der Soldate hatte offt unter einem Thore in der Stadt / all wo er damahls in Qvartier lag / die Wache / und wenn die Wach-Stunden nicht an ihm waren / ſetzte er ſich unter das Thor / und machte von Binſen kleine Fiſchreiſen / und verkauffte ſolche. Es gieng aber ein Bauer zum oͤfftern durch die - ſes Thor / und ſahe den Soldaten ſolche Fiſchrei - ſen machen / wuſte aber nicht worzu man ſie brauchte / fragte derhalben worzu er ſo viel ſolche Koͤrbgen machte? Der Soldate ſagte: Seyd ihr ein Bauer und wiſſet das nicht / ſo habt ihr gewiß kein Kraut. Der Bauer fragte: Warum Kraut? ich habe Kraut gnung. Der Soldate ſagte ferner: Ob ihm denn keine Haaſen in ſein Kraut kaͤmen? ach ja / antwortete der Bauer / ſie thun mir Schaden gnung darinnen. Der Soldate ſagte: Ey nu / warum kaufft ihr denn keine ſolche Koͤrbgen? hole mich der Boͤſe / wennA a 3man374Unterſuchung derer von ſuper - klugenman 3. ſolche Koͤrbgen ins Kraut ſteckt / ſo koͤmmt kein Haſe hinein. Der Bauer zog demnach al - ſobald ſeinen Beutel hervor / und kauffte dem Soldaten etliche ſolche Fiſchreiſgen theuer ge - nung ab / und ſteckte ſie ins Kraut / nicht beden - ckend / daß der Soldate ihn genarret haͤtte. Denn freylich konnte der Soldat ſchweren / daß kein Haſe in die Reiſen kommen werde / er ſchwur aber nicht / als ob auch keiner ins Kraut kommen werde / wie es doch der Bauer verſtand. Auff dieſe Weiſe mag es auch wohl mit dem Holtze vom Sarge ſeyn / denn ins Holtz koͤmmt auch keine Raupe / aber wohl ins Kraut. Es ſey dem - nach wie ihm wolle / ſo laͤufft die Sache auff eine Thorheit und nichtigen Aberglauben hinaus / davor ſich derſtaͤndige Leute huͤten ſollen.
Am Faſtnachts-Tage ſoll man keine Suppe eſſen / es triefft einem ſonſt her - nach ſtets die Naſe.
NIemanden triefft die Naſe mehr als denen alten Weibern / die keine Zaͤhne mehr im Munde haben / damit ſie etwas hartes beiſ -ſen375Weibern hochgehaltenen Aberglauben.ſen koͤnnen / und dahero lauter Brey und Sup - pen eſſen muͤſſen. Wenn ſie denn in ihren Hoſpi - taͤlern einem Faſtnachts-Schmauß anſtellen / ſo beſtehet ſolcher gemeiniglich in einer Bier - Waſ - ſer - Erbs - Haberkruͤtz - Kofend - oder anderer Suppe zum Vor-Gerichte / und ihr Braten iſt ein Waſſer-Brey mit brauner Butter betreif - felt / und mit Zwiebeln geſpickt. Oder / wenns hoch koͤmmt / ſo iſts ein Eyer-Kuchen / und ein Brey zum Zugemuͤſe. Woferne nun die lieben Muͤtterlein ſich an Faſtnacht ſolcher Speiſe ent - halten wolten / ſo wuͤrden ſie gewiß aus Faſt - nacht einen Faſt-Tag machen / und Hunger lei - den muͤſſen / welches ihnen aber ſchwer fallen wuͤrde. Demnach kehren ſie ſich an nichts / und verzehren ihre Suppen in Froͤlichkeit / thun auch wohl ein gut Freuden-Truͤnckgen darzu / und wollen denen Schuh-Knechten und Boͤttger - Geſellen in Froͤlichkeit nichts nachgeben / ob - gleich dieſe / an ſtatt der Suppen / mit fetten Brat-Wuͤrſten ſich ergetzen. Wenn alsdenn der Faſtnachts-Tag vorbey iſt / ſo ſind denen Handwercks-Purſchen ihre Gurgeln von de - nen geſaltzenen und gewuͤrtzten Wuͤrſten gantz duͤrre. Hingegen trieffen denen alten Weibern die Naſen / von der uͤberfluͤßig eingeſchluckten feuchten Speiſe und Trancke. Und alſo mag vielleicht mancher ſeyn auff die Meynung gera -A a 4then /376Unterſuchung derer von ſuper - klugenthen / ob verurſachte das Suppeneſſen auff Faſt - nacht / daß einem die Naſe troͤffe. Allein / wer auff Faſtnacht eine gute warme Suppe zu eſſen hat / der eſſe ſolche nur ohne Sorge / er wird weder den Schnupffen noch eine trieffende Naſe hier - von bekommen.
Wenn man am Nicaſii heil. Abend den Nahmen Nicaſius mit Kreide an die Thuͤren ſchreibt / ſo werden ſolche Logia - menter frey von Maͤuſen ſeyn.
WEnn Nicaſius ein Maͤuſe-Fallenmacher hieſſe / oder geweſen waͤre / ſo ſolte wohl mancher gedencken / die Maͤuſe fuͤrchte - ten ſich fuͤr ſeinem Nahmen. Allein / ſo heißt mei - nes Behalts Nicaſius ein Uberwinder des Volcks / nicht aber der Maͤuſe. Zum andern / ſo koͤnnen ja die Maͤuſe nicht leſen / ob Nicaſius oder Clauß Narr angeſchrieben ſtehet. Drittens / ſo laufft die Sache wieder die geſunde Ver - nunfft / und iſt nicht moͤglich daß ein bloſſer an - geſchriebener Nahme die Krafft haben koͤnne /Maͤu -377Weibern hochgehaltenen Aberglauben.Maͤuſe zu vertreiben. Denn was kan es fruch - ten / ob mit Kreide ſo oder anders an eine Thuͤr geſchmieret wird? Es iſt eine todte Schrifft / und nichts mehr / beſtehend in etlichen todten Buch - ſtaben / davor ſich weder guter noch boͤſer Geiſt fuͤrchten / vielweniger unvernuͤnfftige Creaturen daran kehren werden. Wenn es aber ja geſchicht / daß auff ſolch Anſchreiben die Maͤuſe weichen / ſo mag man ſicherlich glauben / daß der Teuffel mit im Spiele ſey / denn es gefaͤllt dem Boͤſe - wicht gar zu wohl / wenn er die Menſchen in A - berglauben und Zauber-Poſſen verſtaͤrcken kan / daß ſie ihr Vertrauen auff etwas ſetzen / das doch nichts iſt. Und obgleich zuweilen eine Sache ſcheinet / als ſey es auff keine Wege wieder GOtt und ſeine Gebete / und koͤnne mit gutem Gewiſ - ſen gar wohl fuͤrgenommen werden / ſo iſt doch gemeiniglich eine ſolche Sache die allergefaͤhr - lichſte / und nicht anders als ein verdeckter Fall - Strick eines Vogelſtellers / damit die Voͤgel un - vermuthet beruͤcket werden. Alſo machts der Teuffel auch / wenn er denen Menſchen aller - hand wieder die geſunde Vernunfft ſtreitende Huͤlffs-Mittel ſo fein zu recommendiren weiß / daß man nicht anders meynet / als wenn es ja nicht hilfft / ſo ſchadet es auch nicht; ſo es aber huͤlffe / ſo waͤre es deſto beſſer / und waͤren lauter Mittel / die GOtt ſelbſt denen Menſchen zu gu -A a 5te / in378Unterſuchung derer von ſuper klugente / in die Natur geleget haͤtte. Aber ehe ſichs der Menſch verſiehet / bringt der Satan wieder et - was auff die Bahn / dabey der Menſch ſich in noch mehr Fall-Stricke verfitzt / ohne etwas da - von zu mercken / biß der Satan ſeine Zeit erſie - bet / und entweder den Menſchen in Verzwei - felung ſtuͤrtzt / oder in dieſer Schule alſo fort ſtu - diren laͤſſet biß er endlich von nichts anders als ſolchen Kuͤnſten weiß / auch andere noch darzu in ſolchen Teuffels-Poſſen informiren kan; und wer noch ein Fuͤnckgen eines Chriſtlichen Ge - wiſſens heget / und nicht ſtracks in ſolchen boͤſen Mitteln folgen will / mit Vorgebung / daß es wieder GOtt lauffe / da darff ein ſolcher Sa - tans-Diener und Teuffels-Præceptor wohl un - geſcheuet ſagen: Narr! wenn man nicht verder - ben will / ſo muß man dem Teuffel zwey Lichter auffſtecken / und unſerm HErrn GOtt nur ei - nes. Und dieſes verfluchte Sprichwort iſt leider! gar gemein. Man bedencke nur / wie eine ſchlech - te Sache es zu ſeyn ſcheinet / wenn man mit Krei - de den Nahmen Nicaſius an die Thuͤr ſchreibet / zumahl / da nichts darzu geſprochen wird. Wenn nun hierdurch die Maͤuſe koͤnnen vertrieben werden / ſo koͤnte man es ja leichte thun; aber nein / mein Freund / es ſteckt eine andere Schel - merey darhinter. Wenn man in des Teuffels Schule gehen will / ſo iſt dieſes und dergleichenſchlecht379Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ſchlecht anzuſehende Kunſtſtuͤckgen gleichſam das A. oder der Anfang zum Teuffels-Kuͤnſten. Wer nun anhebt und das A lernet / der lernet das B bald auch / und folgends das gantze ABC biß auff Z. Damit ich aber nicht zu weit gehe / ſo rathe ich denen aberglaͤubiſchen Maͤuſe-Ver - treibern / welche den Nahmen Nicaſius an ihre Thuͤren ſchreiben / daß ſie den hin und her ge - ſetzten Gifft / und viele auffgeſtellte Maͤuſefal - len / auch die guten Katzen eine Zeit lang weg thun wollen / ſo wird ſichs bald aͤuſern / was die Maͤuſe vertreibt.
Wenn ein Fuhrmann eine Otter - o - der Schlangen-Zunge in ſeine Peitſche flich - tet / ſo wer den ſeine Pferde / ohne Schaden / die groͤſſeſten Laſten aus einem Graben ziehen / und ſich auch nicht uͤber - ſauffen.
DIeſes iſt eben auch ein ſolch ſchoͤnes Kunſt - Stuͤcklein / wie das vorige / oder ein Buch - ſtabe aus des Teuffels ABC. Mancher Fuhrmann giebt viel Geld vor eine elende Ot - ter - oder Schlangen-Zunge / und glaubt ſo ge - wiß daran / daß es ſeinen Pferden helffe / wenn er ſolche in der Peitſchen habe; wenn die Pfer - de ſauffen / und er haͤlt die Peitſche uͤber ſie / ſo glaubt er daß ſie ſich nicht uͤberſauffen koͤnnen; Und alſo trauet er der Otter-Zunge mehr zu / als ſeiner eigenen Vor - und Auffſicht. Und weil hiermit dem Teuffel ein Dienſt geſchicht / ſo hilfft er zuweilen verhuͤten daß wieder des Fuhr - manns Meynung nichts geſchehen darff / und ſolcher geſtalt ſtaͤrckt er nicht alleine dieſen Fuhr - mann in ſeinem Aberglauben; ſondern es dienet ihm auch darzu / daß andere Fuhrleute mehr ſich dieſer abgoͤttiſchen Kunſt alsdenn bedienen. Un - terdeſſen ſiehet der Teuffel ſchon eine andere Ge - legenheit / wie er ſolchen aberglaͤubiſchen Fuhr - leuten in anderer Geſtalt eine Grube bereite / und ihnen noch ein viel groͤſſer Ungluͤck zurichte / als das geweſen waͤre / das er dem Anſehen nach durch die Otter-Zunge hat verhuͤten helffen / wel - ches aber ein wuͤſter Fuhrmann / der Sonn und Werckel-Tages auff der Straſſen lieget / und in einem Viertel-Jahre keine Predigt hoͤret / nicht uͤberleget noch bedencket. Denn / was wuͤrde ei -ner381Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ner vor Nutzen davon haben / wenn das Pferd durch des Teuffels Huͤlffe heute waͤre erhalten worden / daß ſichs nicht uͤberſoffen haͤtte / Mor - gen aber braͤchte es der Teuffel dahin daß es ein Bein zerbraͤche? denn vor das Beinbrechen hilfft die Otter-Zunge nicht. Vorher in 78. Ca - pitel p. 370. habe ich eben dergleichen Thorheit wie dieſe unterſucht / wenn nehmlich einige Be - truͤger und Spitzbuben einfaͤltige Leute uͤberre - den / und die ſtinckende Schnuren ſo von denen geſchnittenen Bruͤchen abgefallen ſind / theuer verkauffen / unter den Fuͤrwand / ob koͤnne man ſich nicht zuheben / wenn man ſolche Schnuren bey ſich truͤge. Wenn ich dieſen ietzt vorhaben - den Punct ſeinem Urſprung nach betrachte / ſo koͤmmt ſolcher ebenfalls wie jener von ſpitzbuͤbi - ſchen Betruͤgern her / nehmlich / wenn mancher ſauberer Schlangenfaͤnger / (dergleichen ſich offt auch unter denen Dienern derer Aertzte und Bruchſchneider befinden) die Schlangen-Zun - gen zu nichts zu gebrauchen gewuſt / hat er / durch des Teuffels Eingeben / auff dieſen Fund geſon - nen / und die Fuhrleute beſchwatzt / ob haͤtten ge - dachte Zunge dieſe und jene Wuͤrckung. Gleich - wie nun aber gemeiniglich ein Spitzbube bey ſol - chen rohen Fuhrleuten mehr Glauben findet / als ein Prediger GOttes Worts / ſo menget ſich denn der Teuffel bald ein / und laͤſſet / dem Anſe -hen382Unterſuchung derer von ſuper - klugenhen nach / ſolche Poſſen etliche mahl gelingen / biß er es ſo weit damit bringet / daß der Sache voͤlli - ger Glaube beygemeſſen wird; und alſo hat er gewonnen / leichtglaͤubige Leute aber ſind verfuͤh - ret und betrogen.
Am S. Peters-Tage ſoll man denen Hunern Neſter machen / ſo legen ſie viel Eyer.
RAtione des beiligen Apoſtels Petri kan es wohl nicht ſeyn / denn derſelbige hat zwar mit der Fiſcherey wohl wiſſen umzugehen / aber das habe ich noch nicht gehoͤrt noch geleſen / daß er etwan auch ein guter Huͤner-Voigt ge - weſen. Und ſo er es auch geweſen waͤre / ſo koͤn - te doch dieſes nicht helffen / daß die Neſter / welche am Peters-Tage denen Huͤnern gemacht wer - den / ſolche Krafft erlangeten / daß die Huͤnermehr383Weibern hochgehaltenen Aberglauben. mehr Eyer legen muͤſten als ſie ſonſt thaͤten. Ich uͤberlaſſe den Beweiß ſolcher naͤrriſchen Kunſt denen / die dieſe Luͤgen erſonnen haben / weil ich auff keine Art begreiffen kan / wie ſie doch auff dieſe Thorheit muͤſſen gerathen ſeyn? da doch bekannt iſt / daß der Tag Petri mitten im Som - mer gefaͤllig iſt / da die meiſten Huͤner auffhoͤren zu legen / und hingegen anfangen zu glucken und Junge auszubruͤten. Wenn es etwan ein in der Faſten-Zeit gefaͤlliger Tag waͤre / ſo moͤchte das Vorgeben ſeine gewiſſe Rationes finden / weil zu ſolcher Zeit die Huͤner anfangen zu legen / auch dieſes wohl eine gute Gelegenheit zu fleißigen Legen machet / wenn nehmlich denen Huͤnern ge - wiſſe Neſter gemacht werden; denn wo ſie offt verſtoͤbert / oder die Neſter verriſſen werden / le - gen ſie her nach nicht fleißig. Weiß ich demnach nicht / woher es kommen ſoll / daß die am Peters - Tage gemachte Huͤner-Neſter / die Huͤner zu ſol - cher ungewoͤhnlichen Zeit ſollen ſtarck-legend machen. Und koͤmmt ſo thoͤricht heraus / als wenn einer glauben wolte / daß / wenn man am Tage S. Thomaͤ die Wochen-Betten auffſchluͤge[und] zurechte machte / ſo bekaͤmen die Weiber und Maͤgde viel Kinder / weil Thomas ein Zwilling geweſen. Kurtz von der Sache zu reden / ſo iſt es ein verkehrter naͤrriſcher unbeſonnener alberer Aberglaube.
Mach384Unterſuchung derer von ſuper - klugenEin ſchwangeres Weib / das Gevat - ter wird / ſoll ja nicht das Kind ſelbſt aus der Tauffe heben.
FRagſt du / warum? ſo wird der alten Wei - ber[ Philoſophie] dir antworten: Wenn ein ſchwangeres Weib ein Kind ſelbſt aus der Tauffe huͤbe / ſo wuͤrde entweder das Kind das getaufft worden / oder ihr eigenes / das bald ſolte gebohren werden / bald ſterben. Wenn aber die gauckelhafftigen Damens ſolten eine Urſach an - zeigen / warum eines von beyden Kindern ſterben muͤſte? ſo wuͤrden ſie ohne Zweiffel verſtummen. Oder wenn ja eine Antwort gefiel / wuͤrde ſie ohn Zweiffel von folgender Gattung ſeyn / nehmlich: Sie haͤtten ihr Lebtage gehoͤret / es ſey nicht gut wenn eine ſchwangere Frau ein Kind in der Tauffe huͤbe / und daß von denen zwey Kindern eines ſterben muͤſte / und dieſes iſt alſo ihr gantzerBe -385Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Beweiß; welches aber nicht anders heraus koͤmmt als wie mit jenem verwegenen thumm - kuͤhnen fuͤrwitzigen Kerl / der ſich ſtets an hohen und vornehmen Orten auffhielte / und ſeinem verwegenen Rath unter vornehmer Herren und Raͤthe ihre Conſilia mit untermiſchte / als wie geraͤuchert Rind-Fleiſch unter den orientali - ſchen Saffran. Wenn denn dieſer verwegene Kerl ſeinen Rath eroͤffnete / ſo pflegete er ſich ge - meiniglich nach deſſen ſeiner Meynung zu rich - ten / der die groͤſſeſte Autoritaͤt hatte / und fieng an zu ſagen: Das muß ſo und ſo ſeyn; oder auch: Das gehet ſo nicht an! Wenn er alsdenn gefra - get wurde / warum es nicht angienge? ſo war ſei - ne Antwort: Es gehet / GOtt ſtraff mich / nicht an! Auff andermahliges Befragen aus was Ur - ſachen es nicht angehen ſolte? nahm er ſeine Schnupff. Tabacks-Doſe / und ſchnupffete ein Pfoͤtgen Tabac / gieng ein wenig bey Seite und ſagte: Es gehet / der Boͤſe hole mich / nicht an! Und das waren ſeine Rationes alle / ſamt ſeiner gantzen Weißheit. Auff eben einem ſolchen Grund ſind aller aberglaͤubiſchen Rathgeberin ihre Rationes und Beweiſſe auch gebauet; da - hero leichte zu ermeſſen iſt / was davon zu halten ſey. Es kan ſich ja gantz leichte zutragen / daß / wenn eine ſchwangere Frau Gevatter wird / oh ſie auch gleich / um ietzt-angezogenen Aberglau -B bbens386Unterſuchung derer von ſuper - klugenbens willen / das Kind nicht ſelbſt aus der Tauffe huͤbe / dennoch entweder ihr Pathgen / oder ihr ei - gen Kind / nach der Geburt / ſtirbt / oder auch wohl alle beyde; welches gar nichts neues waͤre. Ich frage / ob ſolche aberglaͤubiſche Affen bey ſol - cher Begebenheit nicht ſelbſt wuͤrden muͤſſen be - kennen / daß ihre unzeitige Fuͤrſorge waͤre ver - geblich geweſen. Ferner iſt bekannt / daß kein ſchwanger Weib einiges Bedencken druͤber ma - chet / wenn ſie gleich zehen Kinder nach einander auff ihre Arme und Haͤnde faſſete / es moͤchte ſeyn in Haͤuſern / auff der Gaſſen / oder auch gar in der Kirche / die Kinder moͤchten auch ihr eigen oder andern Leuten ſeyn. Warum ſoll aber denn nun die heilige Handlung bey der Tauffe den Tod eines Kindes verurſachen / ſo das Werck durch eine Schwangere verrichtet wird? Die Tauffe iſt mit dem Worte GOttes ein Gna - den-reich Waſſer des Lebens; aber nach der al - ten Weiber Regul wuͤrde es / ſolcher geſtalt / durch ein ſchwangeres Weib verkehret / daß es ein Bad des Todes waͤre. Aber was verkehrt ſeyn will / das mag auff ſeine Gefahr auch verkehrt blei - ben; genung / daß ein ſchwanger Weib / die ge - ſund iſt / ohne eintzige Gefahr ein Kind aus der Tauffe heben mag. Denn es iſt eine Chriſtliche und GOtt wohlgefaͤllige Verrichtung / die den Tod auff keine Weiſe befoͤrdern kan. Stirbt jaein387Weibern hoch gehaltenen Aberglauben. ein Kind / ſo iſts nichts ſeltſames / und kan die Ur - ſach keines weges daher ruͤhren / ſondern es blei - bet dabey: Es leben oder ſterben die Kinder / ſo leben oder ſterben ſie dem HErrn / oder nach dem Rathſchluß GOttes; denn GOtt hat ja einem ieden Menſchen ſein Ziel geſetzt zu ſterben / wel - ches er nicht wird uͤbergehen koͤnnen. Wer aber dieſem fuͤrhabenden Puncte glaubet der verklei - nert GOttes Gerichte und Rathſchluß / als ob ein ſolch Kind / das entweder noch in ſeiner Mut - ter verborgen gelegen / oder das von einer ſchwangern Pathe aus der Tauffe gehoben wor - den / um ſolcher heiligen Verrichtung willen eher ſterben muͤſſe / als GOtt gewolt. Aber es bleibt wohl bey dem wahren Sprichwort: Was GOtt will erqvicken / kan niemand erſticken.
Wenn einem Fruͤh-morgens zu erſt eine reine Jungfrau oder ein Prieſter be - gegnet / ſo bedeutets Ungluͤck; aber eine Hure bedeutet Gluͤck.
WEr zwey Augen hat / und hat leſen und ſchreiben gelernet / der wird ohne Brille ſehen koͤnnen / welches Geiſtes Kinder die - jenigen ſind / welche ſolche Thorheiten glauben. Sie belieben das Huren-Gluͤck / das moͤgen ſie auch behalten / ſamt derer Huren ihrer Ehre. Wie wohl zwar manche Leute ſich weder an Eh - re noch Schande kehꝛen / wenn ſie nur in dem veꝛ - meynten Gluͤcke bleiben / es gebe darneben ſo ſchaͤndlich zu / als es wolle. Und gemahnen mich ſolche Leute nicht anders / als wie vor dieſem eine Weibs-Perſon in einer wohlbe kandten Han - dels-Stadt / welche reiche Eltern hatte / und da ſich ein Doctor mit ihr in ein Ehe-Verbuͤndniß einließ / hatte ſie ſich immittelſt mit einem Studi - oſo in der Veneris Fecht-Schule exerciret / all - wo ſie ſolche Stoͤſſe bekommen hatte / daß ihr der Bauch davon geſchwoll. Da dieſes der Liebſte merckte / ließ er von ihr ab / und bedeutete die El - tern / daß er eine ſolche verderbte Jungfer nicht haben moͤchte; ſprach ſie aber dargegen um die juͤngere Tochter an / die er auch erhielt / und baldHochzeit389Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Hochzeit mit ihr machte. Als nun aber auff der Hochzeit die erſte mit ihꝛer Mutter in dem Spei - ſe-Gewoͤlbe geſchaͤfftig war / ſagte die Mutter zu ihr: Sieheſt du / Gretgen / was deine Schwe - ſter ietzt vor Ehre hat? Wenn du dich haͤtteſt fein gehalten / ſo haͤtteſt du dieſe Ehre gehabt. Ja / Frau Mutter / ſagte die geſchaͤndete Toch - ter / ſie ſagt mir wohl viel von der Ehre her / aber nicht von Unkoſten. Was koſtet wohlietzt dieſe Hochzeit? meines koſtet noch lange nicht halb ſo viel / als dieſes; drum lobe ich die liebe Schande / denn die Ehre iſt zu koſtbar. Alſo machens Ehr - und ruchloſe Gemuͤther / und halten die wuͤſte Fortunam fuͤr ihren beſten Schatz / GOtt gebe / ſie komme vom Himmel oder vom Galgen / wenn nur gut Leben dabey gehoffet wird. Hingegen ſtinckt die Zucht und Erbarkeit / als welche ge - meiniglich das Creutz zum Wanderſtabe hat / ſol - che Welt-Saͤue an. Da muß / ihren verfluch - ten Gedancken nach / eine Hure beſſer Gluͤck bringen / als eine zuͤchtige Jungfrau / oder ein ehrlicher Prieſter. Und hat es der Teuffel lei - der! ſo weit gebracht / daß eine liederliche Spiel - Compagnie gemeiniglich ungerne ſiehet / wenn ein ehrlich Menſch darzu koͤmmt / weil ſie mey - nen / ſie verloͤhren dadurch ihr Gluͤck. Iſt das nicht eine verfluchte Thorheit! Wenn gleich ein Prieſter oder auch ehrliche Jungfrau ihr CreutzB b 3und390Unterſuchung derer von ſuper - klugenund Noth in einem Buͤndelein auff ihren Ruͤcken truͤgen / ſo wuͤrden ſie es doch wohl fuͤr ſich behal - ten muͤſſen / und dem ſchwerlich auffpacken / der ihnen fruͤhmorgens begegnet. Uberdiß koͤmmt auch die gantze Sache dieſes ehrloſen Aberglau - bens gar verdaͤchtig heraus in dem / daß ſolch Be - gegnen nur fruͤhmorgens ungluͤcklich ſeyn ſoll / gleich als ob waͤren die Prieſter und ehrliche Jungfrauen nur fruͤhmorgens ſolche ungluͤckli - che Leute / die durch ihr Begegnen andere anſteck - ten; da hingegen die Huren alle zeit Ausdaͤmpf - fungen ihres Huren-Gluͤcks haben ſollen. Denn ich habe ſelbſt liederliche Purſche gekennet / wel - che geglaubet haben / wenn ſie einer Huren an ei - nen ungebuͤhrlichen Ort griffen / es moͤchte fruͤh oder ſpaͤt ſeyn / ſo haͤtten ſie alsdenn Gluͤck im Spielen. O du verdammtes Gluͤck! bleib du bey unflaͤtigen Saͤuen / ich mag dein nicht / ſon - dern nehme davor Ehr und Redlichkeit / und ſol - te es auch mit lauter Creutz und Dornen ver - menget ſeyn.
Ein einmahl entwoͤhnet Kind ſoll niemahls wieder an die Bruſt geleget wer - den / denn es wuͤrde ſonſt ein Gottes-Laͤſte - rer / und der mit ſeinem Maule alles be - ſchreyen und in Ungedieg brin - gen kan.
ES iſt zwar etwas ungewoͤhnliches / daß man ein entwoͤhnet Kind wieder an die Bruſt der Mutter oder Amme leget / und trincken laͤſſet. Denn der Mutter entgehet die Milch nach der Entwoͤhnung bald / und kan da - hero aus denen leeren Bruͤſten das Kind nichts trincken / daß ich demnach nicht wuͤſte / aus was Urſachen eine Mutter oder Amme das einmahl entwoͤhnete Kind wieder anlegen wolte; denn aus leeren Gefaͤſſen zu trincken iſt verboten. Will man aber die Sache alſo verſtehen / daß ein Kind auch zu der Zeit / da die Milch in denen Bruͤſten noch nicht vergangen iſt / nicht duͤrffte / um obiger Urſach willen / wieder angeleget wer - den / ſo iſts eine offenbare Thorheit. Denn ich gebe zum Exempel diejenigen Weiber / welche auff Maͤrckten zu thun haben / wenn ſie ſtillende Kinder haben / und ſolche daheime laſſen / ziebenB b 4zuwei -392Unterſuchung derer von ſuper - klugenzu weilen auff die Maͤrckte / und kommen in Tag und Nacht kaum wieder nach Hauſe / da immit - telſt die Kinder mit Blere oder etwas anders auffgehalten werden. Wenn denn die Muͤtter heim kommen / bringen ſie ihren Kindern volle Keller mit Getraͤncke mit heim / und werden ſol - che Kinder / ohne Beſorgung einiges Unheils / zum Trincken angelegt. Was iſt denn allda vor ein Unterſchied unter einem ſolchen Kinde / und unter einem / das nur vor einem Tage ent - woͤhnet iſt? Ich kan keinen ſehen / auſſer den / daß dieſe Mutter fuͤr jener einen andern Vor - ſatz gehabt hat, nemlich eine hatte den Vorſatz / ihr Kind noch laͤnger trincken zu laſſen / die ande - re aber nicht. Nun aber iſt ja ein ieder Menſch uͤber ſich ſelbſt maͤchtig / einen ſolchen Vorſatz / der weder boͤſe noch gut iſt / zu vollziehen oder zu un - terlaſſen. Wenn nun eine Mutter gleich ſich vorge ſetzt haͤtte / ihr Kind zu entwoͤhnen / ſie re - ſolvirte ſich aber des andern Tages wieder an - ders / und ſtillete ſolches ferner / warum ſolte denn ſolche Veraͤnderung des Vorſatzes der Milch in der Bruſt eine ſolche ſchaͤdliche Eigenſchafft mit - theilen / daß das Kind / das ſolche Milch traͤncke / ein Gottes-Laͤſterer wuͤrde? Iſt ſicherlich et - was recht naͤrriſches. Und warum ſoll denn nur das Kind / das ohne dem ſchon dieſer Milch ge - wohnet geweſen / ſolche boͤſe Eigenſchafft davonkriegen /393Weibern hochgehaltenen Aberglauben. kriegen / ein anders aber / das aus dieſer Bruſt noch niemahls getruncken haͤtte / nicht? Denn man hat ja viel Exempel / daß gemiethete Saͤug - ammen ein Kind entwoͤhnen / und ſich wieder an einen andern Ort zur Amme vermiethen / ohne daß ſich iemand beſorget / ob wuͤrde das andere Kind ein Gottes-Laͤſterer / weil es aus der Bruſt trincket / davon ein Kind entwoͤhnet worden. Es giebt wohl Gottes-Laͤſterer und ruchloſe Maͤu - ler / welche nicht einmahl an einer Mutter-Bꝛuſt getruncken haben / wenn zuweilen die Muͤtrer bald nach der Geburt ſterben / und die Vaͤter zu arm ſind / oder keine Gelegenheit haben / Ammen zu halten. Was hat alsdenn ſolche Leute zur Gottes-Laͤſterung verurſachet? Es giebt lei - der uͤberall epicuriſche Leute und Gottes-Laͤſte - rer genug / derowegen / wenn ja ein und anderer darunter ſeyn ſolte / der nach der Entwoͤhnung wieder an ſeiner Mutter Bruſt geleget worden waͤre / wer will mich denn verſichern / daß eben die Urſach deſſen ſeines Laͤſter-Maules vom an - dermahligen Bruſt-Saugen / und nicht viel - mehr von gottloſer Zucht herruͤhre? Und koͤmmt eben ſo alber heraus / als wenn geſagt wird: Der kan das Stehlen nicht laſſen / weil ihm ſeine Mutter zum erſten mahl die Naͤgel an den Fingern nicht abgebiſſen / ſondern abge - ſchnitten hat. Da doch viel 100. Diebe in derB b 5Welt394Unterſuchung derer von ſuper - klugenWelt ſind / denen die Naͤgel erſt ſind abgebiſſen worden. Dahero ſind es lauter Narren-Tap - pen und wurmſtichige Alfantzereyen / worauff ein rechtſchaffener Chriſt im geringſten nichts achten ſoll.
Eine ſchwangere Frau ſoll unter kei - ner Wagen-Deiſſel hinkriechen / ſie muß ſonſt uͤber die gewoͤhnliche Zeit ſchwanger gehen.
ICh will nicht in Abrede ſeyn / daß ein ſchwanger Weib / (ſonderlich von zarten Art /) durch das Niederbuͤcken und Durch - kriechen unter einer Wagen-Deiſſel / ſich ſolle ei - nigen Schaden zufuͤgen koͤnnen. Denn es iſt bekandt genug / wie wohl ſich ſchwangere Weiber in Acht zu nehmen haben / daß ſie ſich und ihrer Leibes-Frucht keinen Schaden thun. Daß a - ber in ſpecie eine Wagen-Deiſſel Urſach zu ſol -chem395Weibern hochgehaltenen Aberglauben. chem Unheil geben ſolle / auch eigentlich dieſes verurſachete / daß das Weib laͤnger muͤſte war - ten / ehe ſie gebaͤhren koͤnne / als ihre von GOtt geordnete Geburts-Stunde geweſen ſey / ſolches iſt nicht der Warheit gemaͤß. Denn es kan / im Fall der Noth / ein ſchwanger Weib ohne Scha - den unter einer Wagen-Deiſſel hinkriechen / (ie - doch heiſſe oder rathe ichs nicht / daß es ohne Noth / vielweniger aus Frevel / geſchehe /) hingegen kan ſie eben dergleichen Schaden nehmen / wenn ſie unter etwas andeꝛs hinkriecht / als ob es eine Wa - gen-Deiſſel geweſen waͤre. Denn dasjenige Ding / unter dem ſie hinkriecht / verurſachet den Schaden nicht ſo oder ſo / ſondern des ſchwan - gern Weibes ungebuͤhrliche Kruͤmmung und Buͤgung ihres Leibes verurſachet eine ſchaͤdliche Druckung der Frucht und Ausdehnung / oder auch wohl Zerreiſſung einiger Baͤnder / welches denn zum oͤfftern ungluͤckliche Geburten verur - ſachet. Dahero ſollen ſich dieſe Weiber / nach aller Moͤglichkeit / ſchonen und in Acht nehmen / daß ſie nicht viel uͤber ſich langen / oder ihren Leib unordentlich buͤgen und ausdehnen. Denn wenn ſie / aus Frevel / und ohne Noth / wolten etwas thun / das ſich nicht geziemete / wuͤrde GOtt zur Straffe Ungluͤck uͤber ſie verhengen; Was a - ber arme Bauer-Weiber ſind / oder auch Solda - ten-Weiber / die Tag und Nacht fort muͤſſen /und396Unterſuchung derer von ſuper - klugenund ſich an nichts kehren koͤnnen / da wird aus der Noth eine Tugend / und iſt an denen ſelben GOt - tes Obhut augenſcheinlich zu ſpuͤren / wenn ſie gleich vielmahl hier und da haben durchkriechen muͤſſen. Dahero wer die Sache nur wolte der Wagen-Deiſſel zuſchreiben / der begehet einen Aberglauben.
Der ſiebende Sohn iſt gluͤcklich et - was zu hellen / zu pflantzen / und zu al - lerhand Verrichtungen.
ICh kenne einen Juͤngling / welcher der ſie - bende Sohn iſt / und zwar alſo / daß ſeine Mutter zwiſchen denen Geburten ſeiner vorigen 6. Bruͤder kein Maͤgdlein gebohren hat. Dem aber ungeachtet kan ich in keine We - ge mercken / worinnen er gluͤcklicher ſey / als ande - re Leute. Und erinnere ich mich auch / daß zu unterſchiedenen mahlen Leute / aus Aberglauben /zu397Weibern hochgehaltenen Aberglauben. zu dieſem Juͤngling gegangen ſind / daß er ihre an ſich habenden Beulen / Kroͤpffe / Gewaͤchſe / und dergleichen / hat anruͤhren muͤſſen / in der Hoff - nung / daß / weil er der ſiebende Sohn waͤre / durch ſein Anruͤhren ihnen werde geholffen werden. Allein ich habe noch nicht erfahren / daß eines ſey dadurch heil worden. Und glaube ich / daß die Einbildung bloß daher kommen mag / weil es et - was ungemeines iſt / daß ſieben Soͤhne nach ein - ander gebohren werden; denn es iſt bekandt / daß man gern aus ſeltſamen Begebenheiten aber - glaͤubiſche Wunder-Wercke machet. Die ſie - bende Zahl wird zwar vor eine ſonderliche und heilige Zahl geachtet. Wenn man aber darauff reflectiren will / ſo ſage ich / die erſte Zahl iſt auch heilig / wegen des einigen GOttes / und wegen der von GOtt beliebten erſten Geburt. Die an - dere wegen der zwey Naturen in Chriſto / der zwey Tafeln des Geſetzes / der zwey Sacramen - te und Teſtamente / ꝛc. Die dritte wegen der drey Perſonen in der Gottheit / als die drey Zeugen im Himmel / ferner die drey Zeugen auff Erden; und des Sprichworts: Omne trinum perfe - ctum. &c. Die vierdte wegen der 4. Evange - liſten / ꝛc. Die fuͤnffte wegen der fuͤnff heiligen Wunden unſers Erloͤſers / ꝛc. Die ſechſte we - gen der ſechs ſteinern Waſſer-Kruͤge zu Cana / der ſechs Haupt-Stuͤcke unſers Catechiſmi / ꝛc. Daßalſo398Unterſuchung derer von ſuper - klugenalſo die vorher gebohrnen ſechs Soͤhne gleichfalls ſich einer heiligen Zahl zu ruͤhmen haͤtten. Auch ſind uͤber der ſiebenden Zahl noch mehr heilige Zahlen / in Anſehung der ſchrifftlichen Begeben - heiten / e. g. die zehende wegen der zehen Gebo - te / und wegen des von GOTT beliebten Zehen - den ꝛc. Die zwoͤlffte wegen der zwoͤlff Apoſtel; der zwoͤlff Soͤhne Iſraels / und ſo fort. War - um ſoll denn die ſiebende (die doch ſonſt auch eine Ungluͤcks-Zahl genennet / und als eine Luͤgner - Zahl gehalten wird) vor andern einen Vorzug haben? Dahero beſtehet das Werck mit dem ſiebenden Sohne in bloſſer Einbildung der Leu - te / in der Warheit iſt aber nichts daran. Die nun daran glauben / begehen Abgoͤtterey.
Maleficanten / wenn ſie torqviret werden / auff daß ſie ohne Bekenntnitz die Tortur ausſtehen moͤgen / hengen einen Zet - tul auff den Ruͤcken / darauff der 15. Verß aus dem zehenden Pſalm geſchrieben iſt.
ES iſt kein Zweiffel / es wird mancher ſagen: Ich haͤtte dieſen Punct wohl moͤgen unbe - ruͤhret laſſen / dieweil hier durch nur Anlei - tung zu ſolchen loſen Praticken gegeben wuͤrde; ja ich muß ſelbſt geſtehen / daß ich auch eben um deswillen lange an geſtanden habe / dieſen und dergleichen Punct mit anzufuͤhren. Alleine / in Erwegung / daß dieſer und dergleichen Puncte ſchon viel bekandt ſind / und von boͤſen Buben ins geheime practiciret werden / ohne daß man - cher Boͤſewicht glaubet noch weiß / daß er damit ſich nichts anders ſchaffe / als GOttes Zorn noch mehr auff ſich lade / und ſein eigen Verderben vermehre; ſo wird iedweder mit mir bekennen muͤſſen / daß es rathſam waͤre / wenn alle ſolche loſen Haͤndel / beſamt rechtmaͤßiger Wiederle - gung am Tage laͤgen / weil viele dieſe Dinge aus Unverſtande practiciren / die es ſonſt wohl un - terlieſſen / wenn ſie der Sache gruͤndliche Be - ſchaffenheit wuͤſten. Dahero auch ohne Zweif -fel /400Unterſuchung derer von ſuper - klugenfel / Herr Doctor Hartmann / Superintendent zu Rotenburg / nicht allein dieſes / ſondern noch viele dergleichen Dinge mehr / in ſeinen Tractaͤt - gen / ſo er wieder das zauberiſche Segnen ge - ſchrieben / gantz frey meldet / aber dargegen auch gewaltig denen / die ſolchen Suͤnden nachhaͤn - gen / wiederſpricht. Was demnach dieſer ietzt vorhabende Punct anlanget / ſo kan einen ver - ſtaͤndigen Chriſten nicht verborgen ſeyn / wovon der gantze zehende Pſalm handele / nehmlich von Sauls und ſeines Anhangs Tyranney und Verfolgung gegen die Frommen / ſamt einen Gebet wieder ſolche Tyranney. Der 15. Vers aber lautet: Zubrich den Arm der Gottloſen / und ſuche das Boͤſe / ſo wird man ſein gottloß Weſen nimmer finden. Nun wolle man nur erwegen / ob nicht dieſer 15. Vers des 10. Pſalms / einen ruchloſen Verbrecher und Ubelthaͤter ſchnurſtracks entgegen ſey / eben als wie die fuͤnff - te Bitte im Vater unſer denen feindſeligen und unverſoͤhnlichen Leuten. Und kan alſo nichts wenigers als dieſer Vers einen boͤſen Buben darzu dienen / daß er auff der Folter ſeine boͤſe That nicht bekennen koͤnnen / und moͤgen ſolche Buben dieſen Pſalm gantz und gar nicht zu ih - ren Vortheil gebrauchen. Solte ſichs aber zu tragen / daß ein unſchuldiger Menſch von einer ungerechten und Gewiſſen-loſen Obrigkeit / zurUnge -401Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Ungebuͤhr / irgend aus Affecten und Feind - ſchafft / auff die Folter gebracht wuͤrde / ſo moͤchte nicht nur dieſer Verß / ſondern vielmehr der gan - tze zehende Pſalm / einem ſolchen unſchuldig Lei - denden zu einem Gebet dienen. Aber auff den Ruͤcken zu hengen wuͤrde ſicherlich ein Blat aus dem Eulenſpiegel und dieſer Spruch einer - ley Wirckung haben. Denn der Ruͤcken und auch der todte Buchſtabe ruffet nicht zu GOtt / ſondern die Seele / welche insgemein unter dem Nahmen Hertz verſtanden wird. Iſt demnach das Anhengen einer ſolchen Schrifft vor nichts anders zu achten / als eine Zauberey und Miß - brauch der heiligen Schrifft. Es kan auch nichts effectuiren / auſſer durch Zulaſſung GOttes / mit Huͤlffe des Teuffels. Dahero man ſich de - ſto mehr davor zu huͤten hat / wenn man dadurch nicht dem Teuffel will zu Theil werden.
Daß einer auff der Folter bald be - kennen muͤſſe / hengt er an den 17. Verß des 51. Pſalms / oder den 2. Verß des 45. Pſalms.
DIeſes iſt mit vorigem Puncte gleiches Schlages. Es wird aber dieſes meh - rentheils durch die Scharffrichter an ſol - chen Delinqventen practiciret / wo ſie vermu - then / daß ſie auff der Folter nicht bekennen moͤch - ten. Allein / wenn man die Worte betrachtet / ſo ſiehet man ſtracks / daß es ein Werck ſey / damit der Teuffel nur ſein Spiel und Geſpoͤtte treibet; an ſich ſelbſt aber im geringſten nichts effectui - ren kan; und ſoll dahero billich eine iede Chriſt - liche Obrigkeit wohl Acht haben / ob durch die Scharffrichter dergleichen Dinge vorgenom̃en werden / und ſolte ſolches durchaus nicht practi - ciren laſſen. Denn wenn die Scharffrichter / ihrer Pflicht gemaͤß / ſonſt Luſt haben / und wol - len / in und bey der Tortur, unpartheyiſch ihr Amt verwalten / ſo wiſſen ſie verſtockte und hart - naͤckige Leute und boͤſe Buben wohl / ohne ſolche zauberhafftige Gauckel-Poſſen / redend zu ma - chen / oder zur Bekenntniß zu bringen. Wennaber403Weibern hochgehaltenen Aberglauben. aber (wie es wohl mehr erfahren worden iſt) die Scharffrichter mit denen Maleficanten in heimlichem Vernehmen ſtehen / oder / ſo zu re - den / unter einer Decken liegen / ſo koͤnnen ſie ſie auch ſo tractiren / daß ſie / ohne Empfindung groſſer Pein / die Tortur aushalten / und nichts bekennen. Dahero die Gerichts-Perſonen wohl Urſach haben / in ſolchen Faͤllen auff alles fleißig Achtung zu geben.
Wer Brod und Saltz bey ſich traͤgt / iſt ſicher fuͤr Zauberey.
ICh habe noch niemahls weder gehoͤret noch geleſen / daß iemahls eine Hexe oder ein Zauberer in der Welt geweſen ſey / die oderC c 2der404Unterſuchung derer von ſuper - klugender nicht Brod zur taͤglichen Speiſe gebraucht haͤtte. Da nun aber alle Hexen und Zauberer ſich taͤglich des Brods / auch zugleich des Saltzes / zu ihrer Speiſe bedienen / ſo iſt ja Sonnen-klar daraus zu ſehen / daß keinesweges das Brod die Krafft und Eigenſchafft haben koͤnne / der Zau - berey zu wie derſtehen / oder der Hexen und des Teuffels Gewalt zu ſchwaͤchen. Hat der Teuf - fel und ſeine getreuen Helffer die Gewait von o - ben herab / einem Menſchen Schaden zu thun / ſo wird alles Saltz und Brod in einem gantzen Koͤnigreiche viel zu ohnmaͤchtig ſeyn / das zu ver - richten / was ein eintziges recht glaͤubiges Gebet verrichten kan. Auff daß aber der Teuffel ſein Werck in denen habe / die ſolchen Haͤndeln nach - hengen / ſo enthaͤlt er ſich zuweilen / an ſolchen a - berglaͤubiſchen Menſchen ſeine erhaltene Ge - walt zu vollziehen; nicht um deß willen / ob koͤn - te er um ſolcher gebrauchten aberglaͤubiſchen Huͤlffs-Mittel willen nichts vollbringen; ſon - dern vielmehr nur darum / daß ſolche unnuͤtze Mittel liebende und GOttes Huͤlffe verachten - de aberglaͤubiſche Teuffels-Diener in ihrer ab - goͤttiſchen Thorheit ie mehr und mehr moͤgen be - feſtiget werden / biß er ſie endlich dahin bringt / daß ſie ſich nach nichts anders / als ſolchen ver - dammten Weſen umſehen / und hingegen des allein Huͤlff-reichen GOttes gar vergeſſen. Sohat405Weibern hochgehaltenen Aberglauben. hat als denn der Satan gewonnen / und der arme Menſch iſt zwar nicht bezaubert / ſondern leider! dem Teuffel gar zu Theil worden.
Die Weiber und Saͤugammen ſol - len die Kinder mit Koth an der Stirn be - ſtreichen / ſolches bewahret ſie fuͤr Neid und Zauberey.
IM vorigen Capitel wird Brod und Sal - tze die Krafft zugeſchrieben / Zauberey zu verhindern; Hier kommen die kothigten Helfferinnen gar mit Kothe auffgezogen. Es iſt aber leichte zu ſchlieſſen / daß dieſes Koth-Mit - tel von dem unſaubern Geiſt oder Koth-Teuffel erſonnen ſey. Man hat Exempel / und aus vie - len glaubwuͤrdigen Hiſtorien ſo viel erſehen / daß gemeiniglich diejenigen Perſonen / welche ſich mit dem Teuffel in ein Buͤndniß eingelaſſen ha - ben / nicht die Freyheit gehabt haben / ſich reinlichC c 3zu406Unterſuchung derer von ſuper - klugenzu halten / ſondern haben / nach des Satans Be - gehren / mehrentheils in unſauberer Kleidung und mit ungewaſchenem Geſicht und Haͤnden ſich muͤſſen finden laſſen. Auch iſt aus vieler Hexen eigenem Geſtaͤndniß bekandt / die ſie theils gutwillig / theils auch in der Tortur gethan / daß ſie diejenigen Perſonen / welche ſie ungewaſchen angetroffen / viel eher haͤtten bezaubern koͤnnen / als dieſe / welche ſich gewaſchen gehabt. Und dieſes iſt auch wohl glaublich / weil gemeiniglich die innerliche Reinigkeit der Seelen mit der Rei - nigkeit des Leibes in einer guten Harmonie zu ſtehen pfleget / und der hoͤlliſche Stinck-Bock und unflaͤthige Kothfincke ſich gern zu ſeines gleichen / nemlich zu unflaͤtigen Saͤuen geſellet. Wenn nun das kothige Geſchmiere an der Kin - der Stirn eine Huͤlffe wieder Neid und Zaube - rey ſeyn ſoll / ſo kan es wohl auff keine andere Weiſe ſeyn / als wenn die Zauberer und der Sa - tan ſolche beſchmutzte Kinder vor junge Graſe - Teuffel anſehen / und dencken / weil ſie ohne dem in ihre Koth-Zunfft gehoͤreten / ſo haͤtten ſie nicht noͤthig / ihren Zunfft-Genoſſen Schaden zu thun. Aber was das vor ein ſchreckliches Ver - brechen der Mutter iſt / wenn ſie ihr getaufft Chriſten-Kind ſo liederlicher Weiſe / aus Aber - glauben / (wahrhafftig nur dem Teuffel zur Freude) wieder mit Unflat und Koth beſudelt /welches407Weibern hochgehaltenen Aberglauben. welches billich eine iede aberglaͤubiſche Mutter beſſer bedencken moͤchte. Wenn die Weiber ſo viel vom Koth halten / und ſelbigem ſo groſſe Krafft zuſchreiben / warum beſchmieren ſich denn die Naͤrrinnen nicht ſelbſt uͤber und uͤber mit Koth / wenn ſie ſich fuͤr Zauberey und Neid fuͤrchten / oder laſſen ſich auff die Koͤpffe ſ. v. et - was thun / daß es ihnen uͤber die Stirn laufft? Denn was den Neid anlanget / ſo ſind die Muͤt - ter und Ammen ſolchem ja mehr unterworffen / als die unſchuldigen Kinder / und wird wohl nie - mand ein klein Kind um etwas neiden; Aber die ſchoͤnen Weiber werden offt von andern / um der Schoͤnheit willen / geneidet. Wenn ſie a - ber (woferne Koth ſoll ein remedium fuͤr Neid und Zauberey ſeyn) die ſchoͤnen Geſichter mit Koth bedecken / ſo wird derſelbe wohl gewiß ge - nug helffen. Probatum eſt. Die es aber nicht glauben will / hat die Freyheit zur Probe. Daß es aber auch fuͤr Zauberey helffen ſoll / dafuͤr bin ich nicht Buͤrge / ſondern ſetze ſelbſt einen Un - glauben drein / und bitte / nur die armen unſchul - digen Kinder unbeſudelt zu laſſen.
Fuͤr das Fieber drey Biſſen geſtohlen Brod genommen / in zwey Nußſchalen ge - ſpeyet / in ein Briefflein geſchrieben und ge - ſagt: Kuh / wilt du zu Stalle / Froͤrer / ſo geh du zu Walle! Ich zehl dir das zur Buß auff / im Nahmen GOttes des Vaters / des Sohnes und Heiligen Gei - ſtes!
DIeſes iſt eine ſo gottloſe Fieber-Cur / daß ein rechtſchaffener Chriſt / ob er gleich ſein Lebtage das Fieber nicht gehabt haͤtte / faſt einen Schauer oder gar das kalte Fieber nur vom bloſſen Angehoͤr ſolches gottloſen Huͤlffs - Mittels bekommen moͤchte. Es wird hiermit ſchreckliche Suͤnde wieder das erſte Gebot be - gangen / wenn (zwar im Nahmen GOttes aber Mißbrauchs-weiſe) geſtohlen Brod und unflaͤ - tig Geſpyenes / ſamt zauberhafften Worten / zur Huͤlffe genommen / aber GOttes einige Huͤlffe und deſſen ordentliche Artzney darneben in Ver - achtung geſetzt wird. Wieder das andere Ge - bot wird ſchrecklich geſuͤndiget / wenn der heiligeNahme409Weibern hochgehaltenen Aberglauben.Nahme GOttes und der Heiligen Dreyfaltig - keit ſo ſchaͤndlich gemißbrauchet / und dem Teuf - fel zu Liebe verunehret wird. Es wird geſuͤn - diget wieder das ſiebende Gebot / in welchem GOtt das Stehlen verbietet / hier aber wird ge - ſtohlen Brod als ein Huͤlffs. Mittel recomman - diret und gebraucht. Auch wird geſuͤndiget wieder das fuͤnffte Gebot; denn dieſes iſt keine Artzney zur Geneſung / ſondern vielmehr zum Tode / weil damit ohnmoͤglich das Fieber kan vertrieben werden. Wohl aber wird damit ver - hindert / daß ordentliche und dienliche Artzney - Mittel nicht gebraucht werden / daß mancher Patiente alſo dahin ſterben / und offt an Leib und Seele verderben muß. Und weiß ich ſelbſt E - xempel / daß Leute / welche ſolche zauberiſche Mittel an denen verſucht haben / die das Fieber gehabt / damit ſo viel zuwege gebracht haben / daß hernach keine natuͤrlichen Medicamenta etwas haben effectuiren koͤnnen / biß endlich die Pa - tienten ſo verzehret worden / daß ſie die Erde druͤ - ber kaͤuen muͤſſen. Und iſt das gemeiniglich der Nutzen von ſolcher Gauckeley / daß bey ſolchen Patienten / an welchen dergleichen aberglaͤubi - ſche Poſſen ſind verſucht worden / hernach keine natuͤrlichen Huͤlffs-Mittel mehr anſchlagen. Wie denn auch ſolche Hexen und Zauber-Aertz - te zu ſagen pflegen: Wenn das nicht hilfft / ſo iſtC c 5euch410Unterſuchung derer von ſuper - klugeneuch hernach nicht zu helffen. Wer demnach dieſes alles recht bedeneket / der muͤſte ja vorſetz - lich des Teuffels ſeyn wollen / wenn er derglei - chen Thorheit belieben ſolte. Vor etlichen zwantzig Jahren war zu Muͤhlhauſen / in Thuͤ - ringen / ein ſpaßhaffter Raths-Diener oder ſo ge - nannter Ausreiter / der halff unterſchiedlichen Leuten vom Fieber / durch Anhengung eines Zet - tels / den er verſiegelt gab / und welchen die Pati - enten / nach Verlaſſung des Fiebers / uneroͤffnet ins flieſſende Waſſer werffen muſten. Als nun ein alt Weib / welcher man ſonſt nicht viel Gutes zutrauete / ſich auch dieſes Ausreuters Raths be - dienete / aber / nach verlaſſenem Fieber / den Zet - tel nicht / wie ihr befohlen war / ins Waſſer warff / ſondern (um die Kunſt auch zu erlernen) ſolches eroͤffnete / fand ſie nachfolgende Worte geſchrie - ben:
Hieruͤber alterirte ſich die alte Katze / und bekam das Fieber wieder / biß endlich andere Zufaͤlle darzu kamen / und ſie zum Tode befoͤrderten. Al - ſo wohl gerieth dieſe ſchoͤne Fieber-Cur / die dochder411Weibern hochgehaltenen Aberglauben.der Raths-Diener nur zum Spaß vornahm / wie ich ſelbſt / aus ſeinem eigenen Geſtaͤndniß / da - mahls vernommen habe; Doch kan man hier - aus abnehmen / wie es ſolchen Leuten zu gehen pflege / die lieber mit aberglaͤubiſchen Gaucke - leyen umgehen / als mit natuͤrlichen Mitteln. Das Brod-ſtehlen iſt unvonnoͤthen; denn wer das Fieber hat / der hat ſo groſſen Hunger nicht / und kan auch den Hunger eher anwenden zu Til - gung des Fiebers / als wenn man iſſet / und weiß ich Exempel / daß mit Hunger das Fieber iſt ver - trieben worden. Mit Speyen oder durch ein Brech-Mittel iſt das Fieber auch bald zu heben / aber nicht durch ein Speyen in ein paar Nuß - ſchalen / die man anhenget. Auch werden we - der geſchriebene noch geredete Worte kraͤfftig ſeyn / das Kalte zu verjagen / ſondern:
Wenn eine Mauß einem am Kleide genaget hat / ſo bedeutets Unglück.
FReylich kan es kein Gluͤck ſeyn / wenn die Maͤuſe einem die Kleider zerbeiſſen / und ie koſtbarer das zerbiſſene Kleid iſt / ie hoͤher das Ungluͤck zu æſtimiren iſt. Daß aber dieſes ein zukuͤnfftiges Ungluͤck zuvor bedeuten ſoll / kan ich keine Urſach erfinden / es ſey denn mit gewiſ - ſer Condition. Zum Exempel / wenn irgend das Kleid / davon eine Mauß genaget hat / an ei - nem ſonſt verwahrten Orte gelegen iſt / da man andere koſtbare mobilia mehr verwahret gehal - ten / und keine Maͤuſe vermuthet gehabt; nach - dem man aber gewahr worden / daß an dem Klei - de eine Mauß genaget hat / wird man ohne Zweiffel bald weiter nachſchauen / ob irgend die Maͤuſe an andern Dingen mehr moͤchten Scha - den gethan haben. Wenn alsdenn ein Schaden gefunden wird / ſo hat freylich das am Kleide ge - nagte ſolch Ungluͤck angezeiget / welches ſonſt noch eine Weile waͤre verborgen blieben. Auff dieſe und dergleichen Art / ſage ich / kan das Maͤu -ſe-Ge -413Weibern hochgehaltenen Aberglauben.ſe-Gebiſſene an einem Kleide wohl ein Ungluͤck anzeigen / ſonſt aber auff keine Weiſe.
Wenn die Weiber oder Maͤgde Saͤ - cke waſchen / ſo regnets hernach.
SOlcher Geſtalt muͤſten ſolche Weiber, die Saͤcke wuͤſchen / rechte Wettermacherin - nen ſeyn. Weil dieſes aber eine Sache iſt / die mehr mit laͤcherlichen als ernſtlichen Au - gen angeſeben werden mag / ſo moͤgen die aber glaͤubiſchen Weiber / nach ihren Gefallen / Saͤ - cke waſchen. Denn ich habe noch nicht gehoͤrt / daß iemahls Sommers-Zeit / bey groſſer Duͤr - re / die Weiber mit ihrem Saͤcke-waſchen haͤt - ten einen Regen erreget; welches ſie doch ſchwer - lich wuͤrden unterlaſſen haben / woferne ihre Kunſt probat waͤre. Dahero will ich ſie in ih - rer Andacht immer fort waſchen laſſen / und ſie nicht ſtoͤren / weil ich beſorge / es duͤrffte mehrKoth414Unterſuchung derervon ſuper - klugenKoth als Waſſer regnen. Denn es ſind Poſ - ſen / daß ſie mit ihrem Waſchen
Wenn einer nieſſet bey Anziehung der Schuhe / ſo bedeutets ein Un - gluͤck.
DAs Ungluͤck wird ohne Zweiffel darinnen beſtehen / daß einem bey ſolchem Nieſen ein Wort entfaͤhret / das weder Sylbe noch Buchſtaben hat / welches man in Gegenwart der Leute nicht gern laute redet / ſondern lieber ver - ſch wiegen haͤlt. Wenn man denn bey dem Schub-Anziehen in einer ſolchen poſitur ſitzet / wie bekandt iſt / daß / ſo einem ohngefehr ein Nie - ſen dabey ankoͤmmt / gar leichte der Fitzfaden zer - reiſſen / und die Lufft Roͤhre der Hinter-Bruſt davon auffgehen kan / wobey ſich gemeiniglich ein unangenehmes Murren und Brummen / ſamt einem uͤbelriechenden Winde / hoͤren laͤſſet. Welche Begebenheit / ſo ſie in Gegenwart re - putirlicher Leute oder honneten Frauenzim̃ersſich415Weibern hochgehaltenen Aberglauben.ſich zutraͤgt / mancher Menſch Zweiffels frey als ein Ungluͤck achten wird. Und dieſes wird alſo das durch das Nieſen angezeigte oder vielmehr verurſachte Ungluͤck gar ſeyn / welches doch man - cher unverſchaͤmter Rettig-Schlucker nur in ein Gelaͤchter ausſchlaͤgt / oder wohl gar / als eine Kunſt / vorſetzlich practiciret.
Wieder die fallende Sucht oder ſchwere Noth hilfft ein Zettel angehengt / darauff geſchrieben ſtehet: Caſpar fert Myrrham, Melchior Thus, Bal - thaſar Aurum. Hæctria qui ſecum portabit nomina Regum. Solvitur â morbo Chriſti pietate caduco.
EY das muß ohne Zweiffel gewiß und pro - bat ſeyn / wird mancher ſagen; denn es iſt Lateiniſch / und verſtehet es niemand / als die Gelehrten / und muß auch wohl von einemGelehr -416Unterſuchung derer von ſuper - klugenGelehrten ſeyn erfunden worden / dahero die Kunſt nicht ſo ſchlecht hin anzuſehen iſt. Ja das iſt wahr / daß es wohl ein gelehrter Maͤhrlein - Kraͤmer im abgoͤttiſchen Pabſtthum mag erfun - den haben / weil die gantze Narrethey auff lauter papiſtiſche Luͤgen gegruͤndet iſt. Denn welche Religion giebt fuͤr / daß die Weiſen aus Morgen - Lande waͤren Koͤnige geweſen / als die paͤbſtiſche? Welche ſagen / daß einer haͤtte Caſpar / der andere Melchior und der dritte Baltzer geheiſſen / als die Papiſten? Alſo hat ein betruͤglicher Moͤnch oder Jeſuit dieſen Verß zuſammen geſchmiedet / und denen einfaͤltigen Leuten weiß gemacht / daß / wenn er angehenget werde / ſo befreye er diejeni - gen / ſo mit der fallenden Sucht beladen waͤren / von ihrer Plage. Alleine wie abgeſchmackt es heraus koͤmmt / iſt zu verwundern / und ſolte man ſolche Schurckerey von denen allertummeſten Menſchen auff der Welt (ſoferne es Chriſten heiſſen wollen) kaum vermuthen / daß ſie es glau - beten; Und dennoch ſind die ſonſt klugen Papi - ſten mehrentheils ſo verblendet / und meynen / es ſey alles vom Himmel geredet / was ihnen ihre Pfaffen vorluͤgen. Es moͤchten aber die Papi - ſten immer ſolche Maͤhrlein vor ſich glauben / wenn nur unter denen Evangeliſchen nicht auch Affen waͤren / die ſolche Pickel-Herings-Grillen vor etwas kluges hielten. Denn wenn man denteutſchen417Weibern hochgehaltenen Aberglauben.teutſchen Wort-Verſtand dieſes Lateiniſchen Verſes anſiehet / welcher alſo lautet: Caſpar ſchenckt Myrrhen / Melchior den Weyrauch / und Baltzer das Gold / wer dieſe drey Nahmen der drey Koͤnige bey ſich traͤgt / der wird von der boͤſen hin fallenden Seuche errettet; ſo moͤchte man die Stranguriam uͤber ſolchem Narren - Verſtand kriegen. Und koͤmmt nicht beſſer her - aus / als wenn einer die Peſt wolte mit einem Zettul oder Amulet vertreiben / darein er ſchrie - be: Clauß ſchiert die Hunde / Matz laußt die Saͤue / und Barthel fuͤhrt die Eſel zum Tantze / wer dieſe drey Nahmen der drey luſtigen Harle - qvinen bey ſich traͤgt / der iſt ſicher fuͤr der Peſt. Gleichwie nun der / der ſolches thaͤte / in aller Welt wuͤrde fuͤr einem Ertz-Narren gehalten werden; alſo kan wahrhafftig der auch vor nicht kluͤger angeſehen werden / der dieſen drey-Koͤnig - Verß vor die fallende Sucht erſonnen hat. Wenn Gold / Weyrauch und Myrrhen gleich ſolche ingredientia waͤren / davon ein compo - ſitum und ſpecificum antepilepticum koͤnte bereitet werden / ſo kaͤme es dennoch tolle genung heraus / da man glauben wolte / daß die bloſſe Be - ſchreibung ſolcher ingredientien / und die Nah - men derer / die iemanden mit ſolchen materiali - en beſchencket haͤtten / ſchon kraͤfftig genung ſeyn / dieſe arge Kranckheit damit zu vertreiben. DennD dwenn418Unterſuchung derer von ſuper - klugenwenn einen hungerte / ſo frage ich / ob er auch wuͤrde ſatt werden / wenn ein anderer zu ihm kaͤ - me / und ſchrieb auff einen Zettul / wie Pancrati - us, der Richter von Rumpelskirchen / dem Schulmeiſter daſelbſt haͤtte eine Knack-Wurſt und ein haußbacken Brod verehret. Ich zweif - fele nicht / der Hungerige wuͤrde ſagen: Narr! was hilfft mirs / da der Richter mirs nicht gege - ben hat? Alſo kan auch ein ſolcher Zettul nicht vor die fallende Sucht helffen / worauff die Nah - men derer drey Koͤnige / welche dem HERRN CHriſto haben Geſchencke gebracht / geſchrieben ſtehen; ſondern es bleibet eine ruchlofe Betruͤ - gerey und abgoͤttiſches Teuffels-Spiel.
An einem Freytage ein neu-waſchen Hembde angezogen / dienet fuͤr das Grimmen.
DIeſes wieder die geſunde Vernunfft ſtrei - tende remedium anticolicum iſt ein Ding / welches hauptſaͤchlich mit unter die von GOTT vielfaͤltig verbotene und fuͤr einen Greuel geachtete Tagewehlerey zu zehlen iſt. Die Tagewehler aber ſetzet Moſes mit in die Claſſe der Zauberer / Zeichendeuter / Wahrſa - ger und die auff Vogel-Geſchrey achten. Iſt ſicherlich eine ſchoͤne Geſellſchafft! ſcilicet. Wer nun um deß willen an einem Freytage ein neu-waſchen Hembd anziehet / daß er dadurch ge - denckt das Grimmen oder die Colica zu vertrei - ben / der iſt ein ſolcher Tagewehler / an welchem der HErr ein Greuel hat. Zu dem ſo iſt es auch ein gantz naͤrriſch Unternehmen / weil we - der der Tag noch das neuwaſchene Hembde die Urſache des Grimmens vertilgen kan; wo aber die Urſach einer Kranckheit nicht gehoben wird / ſo kan noch weniger die Kranckheit gehoben wer - den; Eben als wenn einer wolte den von einem rauchenden Feuerbrande entſtandenen Rauch vertreiben / wolte aber den ranchenden Brand nicht hinweg ſchaffen / oder ſolchen gar ausloͤ -D d 2ſchen.420Unterſuchung derer von ſuper - klugenſchen. So ferne aber einer den Rauch dennoch vertriebe / ohnerachtet der rauchende Brand we - der hinweg geſchaffet / noch verloͤſchet worden waͤre / ſo wuͤrde ein ſolcher Kuͤnſtler ſich gewiß verbotener und unnatuͤrlicher Wiſſenſchafft hal - ben verdaͤchtig machen / zumahl wenn er nicht den Rauch / durch Huͤlffe der Lufft wo andershin zu leiten wuͤſte; Alſo auch einer / der auff oben ge - meldete Art das Grimmen vertreibet / der verſi - chere ſich nur gewiß / daß[ darunter] etwas anders verborgen iſt / und der Satan ſein Spiel damit treibet / um bey denen aberglaͤubiſchen Kindern des Unglaubens nur ein Wunder-Werck zu vollbringen / dafuͤr ſich aber verſtaͤndige Chriſten huͤten werden.
Wer geſtohlenen Kaͤſe oder Brod iſ - ſet / der bekoͤmmt den Schlucken da - von.
DAß dieſes wahr ſeyn moͤchte / iſt mehr zu wuͤndſchen / als zu glauben. Ja es waͤre noch beſſer / wenn einem ieden / der ſolch Brod oder Kaͤſe iſſet / ein Horn an der Stirn wuͤchſe / ſo wuͤrde man nicht alleine bald hinter die Diebe kommen / ſondern die Horntraͤger derer unſichtbaren Hoͤrner wuͤrden hierdurch einigen Troſt erlangen / daß ſie nicht alleine mit ſolchen Ochſen-Cronen ſich ſchleppen muͤſten. Alleine / es bleibet beydes / nemlich die Hoͤrner und der Schlucken / wohl auſſen. Ach wie wuͤrden manche Diſcurſe einen unangenehmen Klang haben / wenn die Brod-Diebe den Schlucken bekaͤmen / (zumahl / wenn er lange anhielte /) es wuͤrden die meiſten Sylben durch den Schlu - cken verbiſſen werden / daß es keiner Sprache aͤhnlich lauten wuͤrde / ſondern es wuͤrde der Sprache derer Hottentotten / welche dem Ge - kaudere derer Welſchen Haͤhne gleich lauten ſoll / nicht unaͤhnlich ſeyn. Wenn vom geſtohl - nen Brod der Schlucken entſtuͤnde / vielleicht wuͤrden manch tauſend Brod-Diebe weniger ſeyn / weil ſich Zweiffels frey etliche um deß wil - len des Stehlens ſchaͤmen wuͤrden. Aber ach! wo gedencke ich hin? Es iſt ja leider! das Steh - len keine Schande mehr / der Brod-Diebe giebts ja ſo viel / daß ſich faſt alle Welt auff dieſes Diebs - Hand-Werck nehren will. Und hat EraſmusD d 3Albertus422Unterſuchung derer von ſuper - klugenAlbertus in dem bekandten Liede: GOtt hat das Evangelium ꝛc. wohl mit Warheit geſetzt: Die gantze Welt iſt voller Dieb. Ja das iſt wohl wahr; daß aber die Diebe vom geſtohlnen Brode den Schlucken kriegen / iſt wohl nicht wahr.
Bey Vermeidung groſſen Ungluͤcks ſoll niemand uͤber eine Spur gehen / allwo ſich ein paar Hunde belauffen haben.
ALſo warnete unlaͤngſt ein der Einbildung nach uͤber alle Maſſen verſtaͤndiger Mann einem guten Freund / als er ſahe ein paar Hunde auff der Gaſſen ſich belauffen. Der gu - te Herr ließ auch dabey einen ſolchen Eiffer ſpuͤ - ren / daß / ſo ferne ein Haͤſcher gleich damahls waͤ - re zugegen geweſen / ſo haͤtten ohne Zweiffel die unverſchaͤmten Hunde Gefaͤngniß davor leiden muͤſſen / zumahl wenn der Haͤſcher den Befehl dieſes erzuͤrnten Mannes ſchlechterdings wuͤrde reſpectiret haben. Der gute Freund / zu demdie423Weibern hochgehaltenen Aberglauben.die Warnung geſchah / war etwas curiös, und fragte / worinnen denn eigentlich die Gefahr be - ſtuͤnde / die ſich der zu beſorgen haͤtte / der uͤber ei - nen ſolchen Tantz-Platz der Hunde gienge? Monſ. Elogius Bilibaldus (war des verſtaͤndi - gen Mannes Nahme) antwortete: So iemand einen Schaden an ſeinem Leibe haͤtte / und gieng uͤber eine ſolche Spur / ſo wuͤrde der Schaden gantz unheilbar werden. Der gute Freund kunte das Lachen kaum verbergen / biſſe ſich in die Zun - ge / drehete ſich davon / und haͤtte ſich bald durch das Verbergen des Lachens die Hoſen voll gehu - ſtet. Dieſer kam hierauff zu mir / und erzehlte / was Herr Elogius Bilibaldus ihm gelernet haͤt - te; welche Erzehlung mir eben zu ſtatten kam / weil ich gleich mit Striegelung des 99. Aber - glaubens hatte Feyerabend gemacht. Da ich nun biß anhero mit Neun - und neuntzigern hatte gehandelt / und nicht in Abrede ſeyn kan / daß / ſo ich nicht ein Narr alleine ſeyn will / ich unter die - ſer Zahl auch einige Glaubens-Genoſſen vor mich angetroffen hatte; Und da ich dieſe ietzt er - zehlte ſuper-weiſe Thorheit hatte angehoͤret / war mir es nicht wenig lieb / daß die hunderte Zahl meiner geſtriegelten Aberglauben mit ei - nem ſolchen groſſen heiligen ſolte completiret werden. Dieſem nach wird dem geehrten Le - ſer die Sache zu bedencken uͤberlaſſen / ob einD d 4paar424Unterſuchung derer von ſuper - klugenpaar lauffende Hunde / durch dieſe ihre Conjun - ction, unter freyem Himmel / auff freyer Gaſ - ſen / oder auch wohl im freyen Felde / den Ort / allwo ſie ſich belauffen haben / ſo hefftig vergiff - ten koͤnnen / daß wer einen Schaden an ſich haͤt - te / und gienge uͤber eine ſolche Spur / der Scha - den dadurch unheilbar wuͤrde? So frage ich / wie viel tauſend unheilbare Schaͤden doch wohl die Leute beſchweren wuͤrden? Kan demnach der geehrte Leſer leicht urtheilen / daß entweder an dem Fuͤrgeben nichts ſey / oder es muͤſten die - jenigen / welche daran glauben / einen Schaden im Verſtande und Gehirne gehabt haben / und uͤber eine ſolche Hunde-Spur gegangen ſeyn / dadurch ſolcher Schaden unheilbar worden. Das mag aber wohl heiſſen: Hirnwund bey geſundem Leibe. Und damit ich mich nicht zu weit in dieſe Thoren-Poſſen einmiſche / ſo mag ein ieder davon halten / was er will / ich will die Bauern auff ihren Kirchmeſſen / und die Hunde bey ihren Hochzeiten / nicht hindern / ſo werde ich weder geſchlagen noch gebiſſen. Unterdeſſen werde ich / mit guter Gelegenheit / wieder ein hundert ſolcher aberglaͤubiſchen Raritaͤten ſammlen / wie ich denn derſelbigen ſchon wie - der eine feine Anzahl beyſammen habe / und ſo ich vernehme / daß dieſe erſten zwey Hun - dert wohl auffgenommen werden / ſo ſoll als -denn425Weibern hochgehaltenen Aberglauben.denn das dritte Hundert bald auch darzu kom - men.
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