§. 1.
WJe wol die von der Feder mit Leuten von allerhand Profesſio - nen umbzugehen haben / und zu - mahl der Kauff - und Handels - Leut nicht wohl entrathen moͤgen / ſo wird von allen doch keines un - ter der Sonnen wohl zu befinden ſeyn / das ſich naͤher zu Jhnen thue / oͤffters mit Jhnen converſire / Jhrer auch weniger entrathen koͤnne / als der Buch-Han - del. Jndem alle andere ſich zu ihres Gleichen hal - ten / wenig nach denen Gelehrten fragen / als die / wenn ſie jener beduͤrffen / ihnen nachgehen / und das Ver - langte aufnehmen muͤſſen / und in ſolcher Maße naͤher unter einander nicht zu ſam̃en treten / als daß der Ge - lehrte immer Kaͤuffer bleibet / und ſeinem Stande nach nichts hat / wormit er jenes Handlung wieder befoͤr - dere.
II. Denn / wie nicht zulaͤugnen / die von andern Profesſionen auch gern geſtehen / daß ſie der Gelehr - ten in allen Facultäten / entweder zur Unterricht ihres Glaubens / Erhaltung ihres Rechten / Bewahrung der Geſundheit und Bericht vieler andern Wiſſen - ſchafften / unentbehrlich beduͤrffen. So haben dochA 2ſie4ſie in ſelbigen Faͤllen hinwiederum nicht / was ſie aus ihrer Handlung oder Werck dargegen ſetzen / und in gleichen Handel treten koͤnten. Alſo / daß es hier und dort einſeitige und ſo zu ſagen hinckende Verkehrun - gen Contractûs unilaterales bleiben / da keiner des an - dern Handthierung in ſolchem Stande erbauet / und durch ſolche Dinge vergilt oder erſetzet / die der andere in ſeinem Stande eigentlich nicht brauchet. Denn / geſetzl / der Kauffmann braucht eines Medici, und ver - ehrte ihm ein Stuͤck Sammet zum Kleide / der Hand - Wercks mann beduͤrffte eines rechtlichen Beyſtandes / wolt ihm die Gebuͤhr abarbeiten.
III. Deñ / wie ſie beyde desfalls eines Gelehrten beduͤrffen / uñ ihres Orts gleichſam Kauffer ſind / auch in ihrer Handthierung etwas finden / woduꝛch ſie jenes Muͤhe vergelten oder vergleichen koͤnnen / ſo iſts auſſer ſeiner Profesſion, und geſchiehet ohne Gefaͤhr / daß er eines Kleides beduͤrffe / worzu der Krahmer den Zeug gebe / und es der Schneider mache. Beydes braucht er nicht als ein Gelehrter / geſchiehet auch beyderſeits ohne vorgehende Intention und Abſehen. Eben / als do einem Gelehrten die Noth oder Gelegenheit vor - ſtieße / ſeiner Guͤther eines zu verkauffen / ein Kauff-o - der Handwercksmann aber wolt etwa ſein Geld anle - gen / handelts ihm abe / gebe entweder durch aus Geld / oder zum theil Wahren / oder haͤtte es nach ſeinem Handwercke verdienet / ſo waͤrs doch kein Handel / als mit einem Gelehrten / ſondern als Hauß-Vater / und braucht er das empfangene auch nicht als ein Gelehr - ter / ſondern als iedweder anderer.
IV. Allein der Buch-Haͤndler iſt / der zu de -nen5nen Gelehrten ſich am naͤheſten thut / und beſtens in ſie ſchicket / ja ſchier allein mit ihnen uͤmbgehet und recht zu ſagen verkehret. Seine Wahren ſind von - und vor niemand als Gelehrten / kaufft iemand von and’n Pro - feſſionen zu Zeiten ein Teutſch - oder bey andern Natio - nen in ſeiner Mutter-Sprach geſtelletes Buͤchlein / ſo geſchiehets zufaͤlliger Weiſe uñ ſelten / daß daruf keine Rechnung oder Staat zu machen. So gehets wie vor - hin angefuͤhret / einſeitig zu / und hat der andere durch ſein Geld den Buch-Handel nur durch ein allgemeines Mittel von weitem her zu ſtaͤrken gehabt / wil der Buch-Haͤndler andere Wahre haben / muß er ſich wo anders hin wenden / hier iſt wohl Geld / aber da han - delt er nicht mit / davor kriegt er wohl andere Buͤcher / muß aber ſolche bey andern Leuten beſtellen / und das ſind die Gelehrte.
V. Das iſts auch / ſo wir ſagen wolten / wie flei - ſig ein Kauffmann ausſiehet nach Abnehmern ſeiner Wahren / ſo ſorgfaͤltig iſt er / woher der Abgang zu er - ſetzen / an beyden Theilen findet er andre - und andere Leute / der Seiden-Haͤndler bekoͤmbt ſeine Wahren vom Stuhl der Wuͤrcker / verkaufft ſie aber weit an - dern Leuten / wohl Fuͤrſten und Herren / ſo gantz un - gleiches Standes mit vorigen. Der Tuch-Haͤndler kaufft die Wolle aus einer Fuͤrſtlichen Schaͤferey / und verlaͤſſet das Tuch wohl an Buͤrger und Bauer. Der Buch-Haͤndler hingegen hat zu ſeinen Kun - den und Abnehmern die Gelehrten / als die ihre Ge - lehrſamkeit in Buͤchern ſuchen / aus Buͤchern von an - der Arbeit urtheilen / ſich daraus abmaͤſſen / erbauen / daran uͤben und vergnuͤgen / und wenn eine PartheyA 3ver -6vertrieben iſt / er neue Wahren bedarff / die Liebhaber zu bedienen / und ſeine Handlung wieder zu verſtaͤr - cken / ſo gehet er zu den Gelehrten / deren Arbeit ſucht er. Der Buch-Haͤndler allein iſt der Gelehrten ei - gentlicher Abnehmer.
VI. Daß dannenhero dem loͤblichem Buch - Handel zu Ehren etwas aufs Papier zu bringen nicht uͤbel gethan / auch / daß ich zu dem Ende den Kiehl er - griffen / mir vor keine Flatterie auszudeuten ſeyn wiꝛd / deswegen ich mich ſo wohl gegen aller andrer Staͤnde Perſonen / als die Herren Buch-Haͤndler ſelbſt / zum zierlichſten proteſtando wil verwahret haben / als de - nen ich ja nichts ſchuldig blieben / daß ich hiedurch einen Erlaß ſuchen muͤſte / ſondern es aus einer offenhertzi - gen Erkaͤntligkeit der Warheit thue. Maſſen viele ſind / ſo nicht wiſſen / was eigentlich Buch-Handlung / und wie vortreflich die ſey / daher von derſelben urthei - len als der Blinde von der Farbe. So haben auch ſie mich nicht gedinget / anders wuͤrden in dieſer Schrifft mehrere Particularia, die ſie mir haͤtten an Hand ge - ben muͤſſen / an zutreffen ſeyn. Wir wollen / wie man ſagt / in terminis generalibus bleiben / und dieſen Stand von ſolchen Stuͤcken loben / die iedweder ſehen kan / daß ſie die ſelbſtige Vernunfft iedwedem andern wuͤrde an Hand geben haben / ſo dergleichen vorge - nommen. Ja iedweder wird geſtehen / es ſey kaum der wenigſte Theil geſagt.
VII. So iſt demnach beym Eingange und zum Grunde unſers Vorhabens zu beobachten / daß derer ſo Profeſſion von Kauffſchlagen machen / dreyerley Gattungen ſeyn / die Vornehmſte ſind Kauffleut / einemittle -7mittlere Sorte ſind die Krahmer / und letzlich gibts welche / die gar nur Hoͤcker ſeyn. Und weñ wir behau - pten werden / daß Buch-Handel Kauffmanſchafft ſey / wird von ſich ſelbſt erſcheinen / daß der Buchhandel der vornehmſten Staͤnde buͤrgerlicher Nahrung einer ſey. Und zwar moͤgen die Hoͤcker wohl von denen Hocken und Buͤrden / worinnen ſie dero gantze Handelſchafft hauſiren uͤmbtragen / ihren Nahmen bekom̃en haben / denn es meiſtens Refftraͤger / und wenns hoch koͤm̃et / Tablettengaͤnger ſind / ſo entweder von andern ausge - ſchickt werden / oder mehr nicht uff einmahl in ihren Krahm nehmen / denn ſie ertragen koͤnnen / vielleicht auch hoͤhern Glauben nicht finden.
IIX. Der Sachſe zwart / nennet ſie auch Haa - kers / als vom Haag und Schaur / welchen / im Fall ſie ja mit ihrer Wahre zu Marckt kommen / umb ſich ma - chen / vor Regen / Wind und Sonne ſich zu bewahren / denn / wie bekandt / ein Haag / eine Wand / einen Gra - ben / einen Zaun bedeutet / wormit etwas beſchloſſen / geſchieden und beſchirmet wird / und / wie es ein Stam̃ - Wort / alſo auch die erſten Dinge bedeutet / ſo die Ver - nunfft / ja die Natur auch dem Wild eingegeben. Deñ davon kom̃et haͤgen / ſchonen / befrieden; Haͤcken oder dicke wild-gewachſene Zaͤune / und endlich das Bruͤten und Zeigung der Jungen her / welche ſie in einem Neſt / ſo gut iedes nach ſeiner Ahrt machen kan Hekken / ſetzen / oder legen / dariñen beſchirmen / und ihrer pflegen Al - ſo daß ein Haag iſt eine Befriedung / als wenn ein Stuͤck Feld beſtecket und dadurch angezeiget wird / ſich des zu enthalten.
IX. Jn eben ſolchem Verſtande werden dieGe -8Gerichte geheget / Friede gebothen / und Dings Un - luſt / oder die Gerichts-Perſonen nicht irre zu machen verbothen / wie in peinlichen Faͤllen noch braͤuchlich iſt. Und ſo gar der Bauer ſein Pfingſt-Bier haͤget / Frie - de gebeut / und werden bricht / die Gefaͤße wieder fuͤllen muß / worbey ſie auch Obrigkeitlichen geſchuͤtzet wer - den / und das vor kein geringes Stuͤck ihrer baͤuriſchen Gerichtbarkeit achten. Was ſolts nun hindern / daß die kleinen Buͤdgen und Schaur / ſo die Kaͤſe-Kraͤhmer und Fiſch-Hoͤcker ufm Marckt / oder an den Ecken der Gaſſen zu haben pflegen / nicht ſolten Haag (zumahl in alt-Saͤchſiſcher Sprach / worinnen man nicht wenig Stamm-Woͤrter oder doch deren Spuhr antrifft) ge - nennet worden / und davon die Hakers herkom̃en ſeyn? Maſſen auch Hoͤker und Kaͤſe-Kaͤuffer pflegen zuſam - men geſetzt zu werden / wie deſſen Exempel aus etzlichen Raths-Beſcheiden der Reichs-Stadt Luͤbeck / Dn. Marqv. tr. de Merc. Lib. I. cap. 7. n. 50. p. 58. anzeigt.
X. Nun wollen wir nicht hoffen / daß etwan ein Marckt-Saͤnger oder Scartecken-Traͤger / der ein alt Lied oder Scarteck neu uflegen / eine ſelbſt erſoñene Wunder-Geſchicht bey dem Buchdruͤcker uͤmbſchmel - zen / oder einen Brief mahlen laſſen / und ſolches dem aber glaͤubiſchen Bauer-Voͤlckgen vorſingt und ver - kaͤufft / dazu aber keinen andern Stand / als einen lah - men Lehne-Stuhl ſo er vom Marck-Knecht gemiethet / zu betꝛeten hat / daß ſag ich / ein ſolcher ſich ſolt des Buch - Handels ruͤhmen. Kan mich auch nicht erinnern / gehoͤrt / geleſen oder erfahren zu haben / daß derglei - chen elende Handels-Leute ſich iemahl ſo viel hinaus genommen / und vor Buch-Haͤndler ausgegeben ha -ben9ben ſolten / geſtalt ihre Wahre ſich gemeiniglich nicht uͤber einen halben Bogen oder Buch Papier erſtrek - ken / woraus die Buchbinder wenig zu verdienen be - kommen. Bleibet ſolchem nach der Buch-Handel ſo frey / und ihrentwegen ein heiliger Stand / den Sie anzunehmen / oder ſo gar den Namen zu fuͤhren / ſelbſt viel zu hochachten.
XI. Durch die Krahmer verſtehen wir die je - nigen / ſo ihre Wahren vorher von Kauffleuten Par - they-weiß erhandeln / und hinwieder einzeln nach dem Maaß / Ele / Gewicht und Anzahl verlaſſen. Dahin dann gemeiniglich mit gerechnet werden die Gewand - ſchneider / Wein - und Bierſchencken / von denen man ſagt / daß ſie ihre Wahre verpfennigen: dieſe machen einen Mittel-Stand / deſſen in einer Stadt ſich keiner zu ſchaͤmen hat / doch folget darum nicht / daß die Buch - Haͤndler dorthin zu ziehen wehren. Weiln ſo wohl dieſes ungereimt / daß ſie dero Buͤcher nach dem Maaß / Gewicht / Zahl / und Ele ſolten verkauffen koͤnnen / de - ren Zuſtand es nicht leidet / als auch unerhoͤꝛt / daß man iemand ſolt einen Buch-Krahmer geheifſen haben. Es iſt ſo gar dieſe Formul oder das gantze Wort in keinem teutſchen Brauch. Und obſchon der Hollaͤnder es ſcheinet ſchlecht genug machen / weñ er ſie Boock-Ver - koopers nennet / ſo iſts aber doch ein allgemein Wort / und vom Verkauffen ins Groß / ſo ſchier als vereinzeln zu verſtehen.
XII. Schluͤßen derowegen / der Buch-Handel ſey Kauffmannſchafft / und der Buch-Haͤndler vor einen rechten Kauffmann zu halten / ſintemahl es ih - me an der keinen / wodurch man ſich zu dieſem StandeBquali -10qualificiren muß / ermanglen wird. Jn Erwegung zu einem Kauffmann gehoͤret vors Erſte / daß er die Handlung worzu er ſich einmahl bekant und davor ausgeben / treibe / und es nicht bey ein oder andernmahl bewenden laſſe. Nicht doch in ſolcher Meinung / daß eine Kunſt ſich uf einmahl nicht begreiffen laſſe / es ge - hoͤre eine Ubung darzu. Denn obwohl die Kauffman - ſchafft eine Erfahrung erfordert / ſo wollen ſich doch Kauffleute ſo ſchlecht hin unter die Kuͤnſtler nicht zie - hen laſſen / und koͤnnen in denen Jahreu / die ſie bey der Handlung geſtanden / das Jhrige ſchon begriffen ha - ben / daß ſie das Werck verſtuͤnden / ob ſie es ſchon nicht uͤbten / und bleibt einer ein Mahler / ob er ſchon aus Bloͤdigkeit ſeines Geſichts ruhen muß. Sondern weil wir aus einem und andernmahl nicht gewiß von ſeiner beſtaͤndigen Meinung / ob ihme die Lebens-Art anſtaͤndig / ſchluͤſſen koͤnnen. Die Nahmen aber von der That und Sache ſelbſt genommen werden / und mit derſelben uͤber einſtimmen muͤſſen / wie nun eine Schwalbe keinen Sommer machet / alſo kan man den vor einen Kauffmann nicht erkennen / der es bey einem eintzigen Actu bewenden laſſen. Es muß ihn gereu - et haben / verbothen worden oder fortzuſtellen ohn - muͤglich gefallen ſeyn.
XIII. Geſetzt aber / Kauffmanſchafft ſey uf ge - wiſſe Maße eine Kunſt / maſſen der vernehme Juriſt Rulandus, der ſeinem eigenen Geſtaͤndniß nach / in ſei - nem Tract. de Commiſſar. part. I. Lib. IV. cap. 19. n. 1. a. eines Kauffmanns Sohn / uñ ſeiner Eltern Stand und eigener Ankunfft zum Abbruch nichts wird einge - raumet haben / ſolches mit ausgedruckten Worten ge -ſtehet /11ſtehet / und viel darauf bauet / und Marquartus in ſei - nem Werck von der Kauffmanſchafft Lib. 1. cap. VII. n. 40. obige Inſtanz von der Ubung / gegeben. So wuͤr - de dennoch eine mehrere Ubung und Kunſt / einen rech - ten Kauffmann zu erziehen / als zu einem Krahmer erfordert werden. Die Fortſtellung auch / uf welche die Ubung ihr Abſehen hat / mehr den Kauffmann be - weißen als machen: weil zur Ubung iedwede Pro - feſſion vorher das Begreiffen und Verſtehen erfor - dert / und zum letzten keiner vor dem erſten gelaſſen wird / weil man nicht von hinden / ſondern von fornen anhebet.
XIV. Das vornehmſte Kennzeichen aber / worinnen ſich der Kauffmann von Krahmern abſchei - det / iſt / nicht etwan eine Hocke oder Bude mit Wah - ren ausſtaffieren koͤnnen / ſondern ſtarcke groſſe Hand - lung thun / ſeine Wahren nicht etwa von der andern dritten Hand herhaben / ſondern der Erſte gleichſam ſeyn / bey dem ſie auzutreffen / ſelbige auch nicht einzeln / noch wie oben gedacht Pfund - oder Elen-weiſe / aus dem Scheffel oder Sipmaß verlaſſen / ſondern wie man ſagt / ins Groß verhandeln. Der nun von Buch - Handel nur etwas Bericht hat / wird obige Stuͤcke al - le dortſelbſt finden / und geſtehen muͤſſen / daß ſelbiger nicht etwa uf einen Laden mit Buͤchern in einer Stadt erbauet ſey / und beſtehe / ſondern es iſt ein Land-Han - del / und wird nicht leicht ein Buch - Haͤndler zu fin - den ſeyn / ſo neben dem in ſeiner Wohn-Stadt / nicht auch in denen Handel-Staͤdten Leipzig / zufoͤrderſt a - ber Franckfurth am Maͤyn / ſein Gewoͤlbe und Ver - kehren / und zwar mit andern Buch-Haͤndlern hat.
B 2XV. 12XV. Und iſt die Kunde ſo iedweder in ſeiner Wohn-Stadt hat / das geringſte ſeines Verkehrens / ſondern ſeine Wahren werden uͤber Land beſchrieben / nicht von denen allein / ſo die Buͤcher ohnmitteibar wollen gebrauchen / ſondern ſo gar von andern Buch - Haͤndlern / ſo dieſen Verlag nicht haben / ſondern ih - ren dagegen verſtechen / und in ſolcher Maße eigentlich Handlung treiben und verkehren. Alſo daß ein Buch - Haͤndler auch auſſer der Meß-Zeit und Ohrt / alle Ta - ge in ſeinem Comptoir kan Meß halten. An welchem allem nichts abtraͤgt / daß man von allen und ieden / klein und groſſen Buch-Haͤndlern allerhand Sorten / auch der kleineſten Buͤcher / von etzlich wenigen Bogen haben koͤnne. Weiln doch auch hierunter keines von allen vereinzelt wird / daß man darvon etzliche Bogen / wie etwa von einem gantzen Stuͤck-Band / eine gewiſ - ſe Anzahl Elen fordern doͤrffe und erlangen koͤnne. Sondern wie die Coͤllner in Meß-Zeiten ganze Rollen nur verlaſſen / alſo laͤßt kein Buch-Haͤndler ſein Buch zertheilen.
XVI. Und ſtehet in deme die Natur der Wah - re ſelbſt / dem Buch-Haͤndler bey / daß ob er in dem des Kaͤufers Verlangen ſchon willfahren wollen / es die - ſelbe nicht zulaſſen / weil das uͤbrige keinem von beyden etwas nuͤtzen noch zum Verkauff dienen / ſondern fuͤr gut Maculatur wuͤrde hingeſchlaͤndert werden muͤſſen / da ein Buch uͤmb eines Bogens Defect willen belie - gen bleibt / hergegen ein Seiden-Haͤndler alle Stuͤck - gen und Endgen noch kan an werden / und ſolt ehend ein Schneider zu Uffſchlaͤgen oder einem Weiber-Latz etwas bedoͤrffen. Und thut nichts zur Sach / daßgleich -13gleichwohl die Buch-Haͤndler im Laden ſaͤßen / den Handkauff abwarteten / und nach eigenem Geſtaͤnd - niß einzelne Buͤcher / auch von der kleinſten Gattung verkaufften / weil einmal kein Kauffmann verbunden / alle ſeine Wahre zu verſtechen. Deñ wenn er ohne Geld handeln wolte / wovon wolt er die Buchdrucker und Papiermacher bezahlen / wo Fracht / Geleit / Zehrung und andere Koſten / als da ſind Honoraria vor die Her - ren Autores, Diener und dergleichen hernehmen? zu dem / iſt nicht auf eins allein / mit Uber gehung an - derer Stuͤck zu ſehen. Wer zu Franckfurth in der Buch-Gaß geſtanden iſt / und mit angehoͤrt und zuge - ſehen hat / wie gantze Partheyen uf einſt gegen einan - der verſtochen und gegen andre Wahren verkehret werden: wie vor angenehme und doch rare Buͤcher / gut paar Geld geliefert werden muͤſſen / ſo traun kein Handkauff und Verpfennigen zu neñen / wird ands urtheilen. Dortſelbſt nun muß geweſen ſeyn und converſirt haben / wer den Buch-Handel am rechten Ohrt und zwar in ſeinem Haupt-Stuͤck will ſehen / und ſich deſſen Kundſchafft ruͤhmen.
XVII. Noch iſt uͤbrig der Ein wurff zubeant - worten / ein Kauffmann muͤſſe die Wahren zum we - nigſten von erſter Hand haben / ſey aber bisher geſtan - den worden / wie es immer ein Buch-Haͤndler vom andern nehme / und gleichſam des andern Krahmer ſey. Aber / auf ſolche Weiß koͤnte der beſte Seiden - Haͤndler der Bortenwuͤrcker ihr Krahmer genennet werden. Ein ieder Buch-Haͤndler hat ſeinen Verlag in erſter Hand / und weil / alle Buͤcher von einem allein zu verlegen ein groß Vermoͤgen darzu gehoͤret / ſo wuͤr -B 3den14den / fals einer es haͤtte uñ wagte / die uͤbꝛigen alle / nach obigem Einwurff / deſſen Krahmer werden. So gar abſurd waͤr zwar nicht / daß iedweder mit nichts / als ſeinem Verlag handelte / wenn auch die Gelehrten nur uͤmb iedes Buchs willen an den Verleger ſchreiben koͤnten: weils aber ihnen zu koſtbar und beſchwerlich / als wird ja billich die Arbeit getheilet / und was einem allein zu ſchwehr / andern uͤberlaſſen / weil dieſes dem Bono Publico, abſonderlich den Gelehrten zum groſſen Vortheil gereichet: dahero die jenigen Buch-Haͤndler hoͤchſt zu loben / die von allen Facultäten Sortement zu - legen / denn nicht allein ihr Vermoͤgen / ſondern auch deroſelben Verſtand daraus zu æſtimiren iſt. Was nun die Kauffleut unter ſich zu dero mehreꝛn Bequem - ligkeit und zumahl in Behuff der Gelehrten thun / da haben andre in urtheilen vom Buch-Haͤndler-Stand ſich nicht anzukehren: Nachdemmahlen nichts ver - ſchlaͤgt / die Buͤcher vom erſten Verleger ohnmittel / o - der von andern kaufen / die es im Stich bekom̃en / weil die Taxa einmahl bleibet / und auch ein iedes kleines Buch nur von 1. Alphabet ein Capital erfordert / maſ - ſen nicht nur hundert / ſondern offt etliche 1000 Exem - plar / wann das Buch gut iſt / auffgeleget werden / wel - vielmahls der Buch-Haͤndler wohl 10. und mehr Jahre / vorſchießen muß / ehe er ſein gantz Capital ohne Schaden wieder daraus nehmen kan. Wer wolt die Portugieſiſche uñ heutige Hollaͤndiſche Kauff-Hand - lung ohne Abſurdität und beſorgte gute Reprimenda vor Kraͤhmerey ſchelten / daß man anfangs etwas von Nuͤrnberger Wahre und allerhand Klapperwerck in die beyden Jndien verfuͤhret / daſelbſt gegen Pfefferund15und andre koſtbare Materialien, ja gegen Perlen und Gold vertauſchet / deſſen hernach eine Nothdurfft in die Mitternaͤchtige Ohrt verfuͤhret / gegen Korn und anders ſo dort muß geſucht weꝛden / vertauſcht / und ſol - cher Geſtalt den erſten Pfenning wohl zehenmahl uͤmbſetzet?
XVIII. Wenn ferner das einen Kauffmann machet / den groͤſſeſten Theil ſeines Vermoͤgens in den Handel geſteckt zu haben / wie der Juriſt Scævola in l. 5. ff. de Muner. ſchier erfordern wil / und deme Cal - liſtratus in l. 5. §. 8. ff. de Jur. immun. beyſtim̃et. So iſt nicht zuſehen / mit was Fug der Buch-Haͤndler wohl aus der Rolle oder Matricul der Kauffleute zu loͤſchen / deſſen Vermoͤgen nicht allezeit hinreichet / alle Buͤcher / ſo von denen Gelehrten in allen Facultäten geſucht zu werden pflegen / immer parat liegen zu haben / nach - dem er vorhin der curieuſen Nachfrage zu Steuer / al - zu viel hat anſchaffen muͤſſen / daß ihm ſchier die Luſt vergehet / an andre Guͤther / geſchweig Eitelkeiten / wor - an ſich wohl eher Kauffleute von andern Profeſſionen vergaffen / und vertieffen / ſeine Mittel zu verwenden. Und nachdem ſchluͤßlich der Buch-Haͤndler an den Wahren nichts veraͤndert / ſondern die Materien rohe / wie er ſolche von einem Buch zu tauſenden verleget / uñ was er davon vor paar Geld verkauffet / auch theils ge - gen andere Capital Buͤcher verhandelt / eben alſo wie - der gantz verlaͤſſet / bleibt er uͤm ſo viel mehr bey ſeinen Kaufmañs Stand. Uber daß machet das Verkauffen allein noch lange keinen Buch-Haͤndler / deñ ein Buch - Haͤndler muß der Lateiniſchen und anderer Sprachen ſo maͤchtig ſeyn / daß er zun wenigſten den Jnhalt derTitul16Titul derer Buͤcher verſtehet / und die Theologiſchen / Juriſtiſchen / Mediciniſchen / Philoſophiſchen Buͤcher und anderer Doctrinen / zu ordiniren uñ zu unterſchei - den weiß / damit er einem iedweden Gelehrten dariñen nach Gebuͤhr begegnen kan / Jch geſchweige daß er den Verſtand der auslaͤndiſchen Muͤntze / item: wie die Meß-Regiſter / Journal, Haupt-Buͤcher und Bilan - zen richtig zu fuͤhren / wohl erfahren ſeyn muß. Uber daß / muß er auch bey einem rechten Buch-Haͤndler ſei - ne Jahre richtig uñ getreu ausgeſtanden haben / denn dadurch erlanget er erſtlich die Gerechtigkeit in der Buch-Handlung auffgenommen zu werden.
XIX. Nach alſo ausgefundenem der Buch - Haͤndler Stand / faͤllet ferner zu unterſuchen vor / wie alt oder neu er wohl ſey? Denn etzliche Dinge da-an - dre dort-von ihre Achtung haben. Und gefaͤllt ſich die heutige Welt in ihren neuen Moden dermaſſen / daß ſchier alle Monat was anders ufkoͤmbt / und die noch Belohnung zu gewarten haben / ſo was / obs gleich wercklich heraus koͤmbt / erdencken / damit ja / wenn unſre Eltern wieder kaͤmen / Sie ihre eigene Kinder nicht kennen moͤchten / und wißten wen ſie ſchelten ſolten. Selbſt der beruͤhmte Pancirollus kan nicht unterlaſſen / nachdem er den Abgang ſo vieler alter Kuͤnſte / und Gebaͤude betauret / die heutige Welt we - gen verſchiedener neuer Erfindungen zu preißen / als uͤber deren Vergnuͤgung wir jener Verluſt verſchmer - zen und vergeſſen. Und wer wolt auch nicht lieber ein neues Kleid / als ein abgefuͤhrtes anziehen / auch draͤn - get ſich niemand groß uͤmb die Veteratores. l. 37. ff. de Ædil. Ed. Scheinet ſolchem nach / der Buch-Han -del17deleher von ſeiner neuen Erfindung zuruͤhmen ſeyn.
XX. Und zwar ſolte manchem wohl beduͤn - ken / der Buch-Handel ſey eben ſo alt nicht / und Zeit dem nur als die Druckerey erfunden worden / ufkom - men. Aber dieſe Neuligkeit doͤrffte dem Buch-Han - del zu keinem groſſen Ruhm gedeyhen. Jnmaſſen nicht unbekant / daß bey denen Roͤmern Novi Homi - nes ſolche Leute waren / die ſich keines adelichen alten Stammes und Herkommens zu beruͤhmen hatten / daher noch heut zu Tag die nicht wol unterm Adel fort - kommen koͤnnen / ſo ihre ſechzehen Ahnen nicht zu be - weiſen haben. Ja man hieß die aus der Schlaverey entlaſſen worden / Novos Homines, als die aus einem Stein entſprungen / und niemanden angehoͤrig waͤ - ren.
XXI. Vorietzt nicht zugedencken / daß der H. Evangeliſt Lucas denen Athenienſern die Neubegie - rigkeit zum Laſter deutet und vorruͤcket / Apoſtel Ge - ſchicht XVII. 21. und der Prætor oder Stadt-Schultes zu Rom / in einem Ausſchreiben oder Edict, Jus no - vum ſoviel als iniquum achtet. l. 1. §. 1. Qv. quisq. Jur. in al. Faßt / als: Jm̃er was neues / ſelten was gutes? Und die heutige A lamode Welt der Geiſtligkeit gar nicht anſtaͤndig iſt / veꝛſtaͤndige Welt-Leut aber / zu Veꝛ - huͤtung Ungelegenheit / mit verbiſſenem Wiederwillen mit-machen muͤſſen. Derowegen uf gewiſſe Maße beſ - ſer / etwas von ſeinem Alterthum ruͤhmen koͤñen / weil wol zu vermuthen / es muͤſſe / ſoviel die natuͤrliche Ur - ſachen betrifft / uf guten Grund uñ tauerhaft gemacht ſeyn woꝛden / So lang wuͤꝛds ſonſt nicht geſtandẽ ſeyn. Und ſoviel buͤrgerliche Wandel und Sitten anlanget /Cdenen18denen nicht ſeyn zu wieder geweſen / man haͤtte es ſonſt nicht ufkommen / oder doch nicht unangefochten gelaſ - ſen. Daher Antiquior. in l. 19. §. 7. in f. ff. de capt. & poſtl. rev. wohl charior, potior, ie laͤnger ie lieber heiſſen mag / die alten ſind gut zubehalten.
XXII. Ob nicht die bey denen Roͤmern ge - woͤhnliche Votirungs-Formul ANTIQVO: laßt uns bey der alten Weiße / oder wie ins gemein geredet wird / bey den alten Loͤchern bleiben! dahin auch gezie - let habe? ſtellet man dahin. Denn eben dadurch / daß das eine abgethan / oder veraltet wird / (wieletzliche wol - len / daß Legem antiquari ſo viel als conſeneſcere, diu haud durare, nicht empor / ſondern wieder abkommen heiße /) kombt das alte wieder uf / und bleibt bey vori - ger Weiſe. Wollen uns demnach uͤmſehen nach dem / wodurch der Buch-Handel von einigen Alterthum koͤnne geruͤhmet werden. Jn Kaͤyſerl. Rechten nun wird das jenige alt gnug gerechnet / was die iedesmahl lebende Welt nicht uͤberdencken kan / deſſen Urſprungs keiner ſich kan erinnern. Zwar muͤſte wohl eine recht alte Geſchicht ſeyn / davon man keine Nachricht finden koͤnte. Hat doch Moyſes von der Welt Schoͤpffung und aller Ding Anfang geſchrieben. Aber / ein an - ders ſind geſchriebne Buͤcher / ein anders lebendige Zei - gen / und kan kom̃en / daß dieſe ſich nicht biß an hundert Jahr mit ihrem Wiſſen erſtreckten.
XXIII. Mit ſo einem jungen Alterthum iſt uns vor dießmal nicht gedienet / der Buch-Handel ſtei - get hoͤher / ſolte er auch nur von oder mit der Drucke - rey erſt ſeinen Anfang genommen haben / wird auch ſo fern als gerichtlich bekant und geſtanden angenom̃en /daß19daß er wenigſt gleichen Alters. Aber man iſt da auch nicht mit zufrieden. Denn ob wohl nicht allerdings abzureden / daß mit und nach ſelbiger Zeit / worinn die Buchdruckerey ufkommen / es in einen ziemlich andeꝛn Stand mit dem Buch-Handel gediehen / ſo iſt doch ſol - ches nicht deſſen erſter Anfang geweſen. Allermaſſen nicht zulaͤugnen / daß das Buͤcherweſen nicht erſt mit der Druckerey ufkommen / ſondern bereits vor derſel - ben viel 100. ja 1000. Jahre vorher Buͤcher / ja gantze Bibliotheqven, und deren nicht wenige geweſen. So muͤſſen ja auch Leut darzu gehoͤren / die ſie angeſchaf - fet / verhandelt und damit einen ehrlichen zulaͤßigen Gewinn geſuchet haben. Wie wollen wir die aber anders als Buch-Haͤndler nennen / oder was ſolte zwiſchen jenen und ietzigen vor ein Unterſcheid ſeyn?
XXIV. Waͤre das Buͤcherweſen mit uñ nach der Druckerey erſt uſkommen / ſo muͤſten alle Buͤcher zu und nach ſelbiger Zeit erſt ſeyn geſtellet worden / wo haͤtte man aber den erſten Abdruck von genommen? denn gewiß: Aus nichts wird nichts / und waͤren keine Buͤcher vorher geweſen / ſo haͤtten ſie keine druͤcken koͤnnen / oder haͤtten ſo fort gewiſſe Autores und Scri - benten dingen / und uͤm Ufſaͤtze erſuchen muͤſſen. Aber / das wolt zulang worden ſeyn / und / was gebrauchts viel Wort / es ſollen ja unter den erſten gedruckten Buͤ - chern / die Officia Ciceronis geweſen ſeyn. Und / wenn ie beyde Profeſſionen Zwillinge / uñ mit einander jung geworden ſeyn ſollen / man aber der Chineſer Rech - nung nachgehen wolte / welche die Druͤckerey nach Jo - hannis Conſalvi Mendozæ Meinung gantzer 500. Jahr eher denn ſie in Teutſchland kund worden / ge -C 2wuſt20wuſt und geuͤbt haben ſollen: So wuͤchſe dadurch dem Buch-Handel an ſeinem Alter dennoch biß ein 800. Jahr zu / womit ſich mancher behelffen koͤnte / und groß genug machen ſolte.
XXV. Es hat aber nur angezogener Mendo - za kurz vor obigem / bereits angegeben / Es haͤtten die Sineſer die Drucker-Kunſt von Anfang ihres Reichs gehabt / und wie dieſe Nation bey den alten / ſehr tief zu - ruͤck in Jahr-Buͤchern / unter dem Namen Seres be - kant geweſen / muͤſte dieſe Kunſt mit ſambt dem Buch - Handel viel aͤlter als man meinen ſolte / zuhalten ſeyn / wann nicht anders woher bekant / daß ſelbige ſich mit ihren Jahr-Buͤchern ziemlich verſtiegen. Dem ſey doch wie ihm wolle / ſo viel die Druckerey anlanget / So bleibet dennoch einen Weg als den andern / daß nicht allein bey andern Nationen, denen die Druckerey laͤngſamer bekannt worden / die Buͤcher vor ſelbiger Kunſt im Brauch / und der Buch-Handel noͤthig ge - weſen / ſondern die Sineſer ſelbſt werden / dero Ehrgeitz nach / nicht zugeben / daß wie zeitig auch ſie drucken ler - nen / dennoch nicht vorher ſchon Buͤcher ſolten gehabt / und damit gehandelt haben. Denn / ſie allein haben / ihrem Sprichworte nach / zwey Augen / die Europæer nur eines / die uͤbeige Voͤlckerſchaften ſind gar blind / wie Lanſius ſeine erſte Conſultation anhebet.
XXVI. Ein ſolches nu zu beweiſen / wird genug ſeyn / daß man in alten Zeiten Schreiben koͤnnen / und was man vor ſich / zukuͤnftiger Nachricht ufbehal - ten / oder Abweſenden gerne Kund thun wollen / ufge - zeichnet und hingeleget / oder reſpectivè uͤberſchicket. Da ſie zwar bey wenigem / mit einem einzelen Taͤfeleinoder21oder Blat auskommen koͤnnen. Wenn aber des Dings viel geweſen / daß der Taͤflein oder Blaͤtter auch viel worden / hat man / zu Behaltung der Folge und Ordnung / ſie an einander hefften muͤſſen / und dieß hat man denn ein Buch / vom buͤgen / genennet. Zu ſolcher Schreiberey nun gehoͤren zufoͤrderſt gewiſſe Zeichen / durch deren Vorſtellung man ſeine Sinne und die be - hufigen Worte einem and’n andeuten / mit welchẽ man ſich aber vorher darob vergleichen muß / ſonſt wird ers ſchwerlich errathen koͤnnen. Wie denn noch heut zu Tage / zumahl im Kriege / dergleichen untereinander in geheim verabredete unbekante Zeichen und verbor - gene Schreib-Ahrten uͤblichen / ſo nicht iedweder dem ſie unter Haͤnden kommen / errathen kan.
XXVII. Dergleichen geheime und zwiſchen wenigen bekante Zeichen / haben den gemeinen Nah - men der Notarum, Characteren und dergleichen / be - halten. Die aber ins gemein bey einer Nation und Sprach angenom̃en und bekant worden ſeyn / hießen die Griechen γράμματα die Roͤmer Literas, der Teutſche Buchſtaben. Obs vom Staube oder Stoff / als der erſten materie eines Dings herkommen / in welcher Meinung die Buchſtaben zu Latein Elementa genañt werden / laͤſſet ſich noch unterſuchen. Mich ſonſt be - duͤncket / es komme von Staͤben bacillis her / und ſey entweder verbluͤmbt zu verſtehen / daß man an ſolche Zeichen ſich als einen Stab halten / durch Huͤlff deſſen fortkom̃en / und im Schwancken darauf ſtuͤtzen koͤñe / daher denn auch / was aus freyer Fauſt und ohne aͤuſ - ſerliche Beyhuͤlff geſchicht / zu Teutſch ungehabt und ungeſtabt geneñet wird / daß nemlich einen niemandC 3gehabt22gehabt / geleitet oder gehalten / noch er etwas in der Hand gehabt / womit er den Weg / wie die Blinden / ta - ſten und ausſuchen / noch wie die Saͤil-Taͤntzer das Gewicht und Schwang halten moͤgen.
XXVIII. Oder auch wohl in ſeinem natuͤr - lichem Verſtande / daß man zu anfangs kleine Staͤb - lein gebraucht / durch deren mannigfaltige Lage / Fug - und Verwechßlung / allerhand Figuren vorgebildet / und ſolches an ſtatt Griffels oder Feder gebrauchet worden. Und ſolcher Geſtalt die Buchſtaben ieder im Schuͤbſack mit ſich umbtragen / einen ieden Tiſch und Banck an ſtatt Pappiers zum Grund und Boden brauchen / hernach die Schrifft wieder zernehmen und aufheben koͤnnen. Worzu die groͤſeren lateiniſchen Buchſtaben ſich nicht uͤbel brauchen laſſen / oder viel - mehr durch ihre Figur eine Anzeige geben / daß durch dergleich en Bacillos ſie anfaͤnglich belegt und bedeutet worden. Und wenn man der alten Schweden und Gothen Schrifft und Buchſtaben / ſo ſie Runiken ge - nant / und Andreas Buræus in ſeiner Schwediſchen Landes Beſchreibung p. m. 23. und 34. bemercket / da - gegen haͤlt / in ſolcher Meynung nicht wenig geſtaͤrcket wird.
XXIX. Ja / es moͤgen unſere alte Teutſche wohl dergleichen ſich bedienet haben / in Erwegung etlicher alten Woͤrter und Formulen oder Redens-Arten / da Geſteffen / ſo viel als geleſen / und Vorſtaben ſo viel als vorleſen bedeutet. Und dis beſtaͤndig uñ durch - gaͤngig in Ober - und Nieder-Teutſchland / daß nicht wohl glaublich / es komme von einer etwa uͤblichen Ce - remonie und Gerichts Brauch her / weilen man hier -innen23innen ſo gern variiret. Sondn von einer allgemeinen eingefuͤhrten Schreib-art / welche muͤſſen uͤbereinſtim - men / damit einer den andern verſtehen koͤnne / und nicht Mißverſtand enſtuͤnde. Denn alſo ſtehet im al - tem Saͤchſ. Lehn - Recht cap. LXVI. fol. 87. So be - gehre er allererſt einen Vorſprechen / und darnach den Heiligen / und denn deß HErrn Vorſtaber / daß er das Guth vor ihm ausziehe. Waigert ihm der HErr deß / ſo nehm er ſelber die Heiligen / und ſchwere an den / der den Eyd vorſtabet. Nennet ihn bedencklich: des HErrn Vorſtaber / Nachdem vor itzt eine wichtige Sach / ein Eyd zu verrichten / worinnen ſich nicht ir - ren laͤſſet / daher ein Verſtaͤndiger und in ſolchen Stablegen geuͤbter Mann Obrigkeis wegen abſon - derlich hier zu zubeſtellen.
XXX. Wie dann bey Unterlaſſung deſſen / gleichſam eine Gerichtliche Nullität vorgeloffen / wor - uͤber die Rechts gelehrten befragt worden / wie ab dem zuvernehmen / was Cothman. vol. I. Conſ. XLVII. n. 17. p. 370. ſchreibet: Zum neundten wird in facto narriret / daß die Sacramentales, ſo neben des Klaͤgers Witbe den Eyd præſtiret / und die gewoͤhnliche for - mam und Arth zu ſchweren nicht gehalten / ſondern uf eine neue ungewoͤhnliche Form und Maße geſchwo - ren haben. Und daß der Eyd durch keine von der ho - hen Obrigkeit darzu verordnete und deputirte Per - ſon ſey geſteſſen / wie man alda zu reden pflegt / oder ab - und vorgeleſen worden. Wie ſonſten des Orths in viridi obſervantia gehalten und obſerviret wird. Solche und dergleichen zuruͤck bliebne Termini oder Redens-Arthen und Formulen, ſind nicht uͤmbſonſtnoch24noch vor ſich alſo entſtanden / ſondern Zeugen / wie das alte Gemaͤur von ehmahls geſtandenen Gebaͤuden / alſo von ehmahl uͤblichen Gebraͤuchen. Von deſſen Durchgaͤngigkeit mich die Frieſiſche Sprache berich - tet / wenn in einem alten Vergleich 1430. die Martini geleſen wird: Und wy alle vorgeſ. ꝛc. Hoͤvetlinge uñ Lande / laven in gudem Trouwen / und hebben ſo ge - ſworen mit upgerichteten Fingern Stavedes Ey - des thom Hylligen ꝛc. Accord-Buch p. 27.
XXXI. Mir iſt anbey nicht unbekant / daß der Richter pflegt in der Hand einen Stab zu halten / und kan ſeyn / daß wie noch heut zu Tag / wenn man in hoͤ - hern Facultäten den gradum Doctoris annim̃et / eine gewiſſe Eydes Formul, und dabey braͤuchlichen iſt / daß der Miniſter Academicus den ſilbernen Szepter vorhaͤlt / wor auf man die zween foͤrdern Finger leget / und ſpricht: Ego juro: Alſo vielleicht vor dieſen der Richter ſelbſt / oder deſſen Stafftraͤger / unter weh - renden Ausſprechen des Eydes / den Stab vorgehal - ten / und den Eyd uf den Stab ablegen laſſen. Alſo daß der Eyd beſtabet worden. Wie aus des Leh - manns Speyeriſcher Chronick Lib. VI. cap. 11. p. 703. a. ſchier abzunehmen / do er ſchreibt; Auf ſolche Erin - nerung hat der Stadtſchreiber die Brieff / ſo noch heu - tigs Tags eine iede Raths-Perſon ſchweret / oͤffentlich verleſen / und darauf den Eyd / der noch braͤuchlich / be - ſtabet. und cap. VI. p 681. b wie die XIII. Gezuͤnfft zu Speyer durch Nutz uñ Ehr der vorgenanten Stadt zu Speyer / beyde armen und reichen Buͤrgern willen / gemeiniglich hand geſchworen / allegemein geſtabte Eyd zu den Heyligen / ewiglich zu halten.
XXXII. 25XXXII. Stellen daher ſolches uf ander Zeit zu weiterer Ausfuͤhrung an ſeinen Ohrt / und lencken vorietzt wieder um ein / daß zum Schreiben erſtlich ge - hoͤren Buchſtaben / woran es denen Alten / ſchon vor der Drucker-Kunſt nicht gemangelt / Nur iſt die Frag von Grund und Boden / worauf zur ſeibigen Zeit / und vornehmlich im Anfang / die Schrifften aus - gearbeitet worden? Nachdemmahl unſer heutigs Papier dazumahl nicht bekant geweſen / und wir der Papier-Muͤhlen keine Fußſtapffen noch Warzeichen in alten Schrifften finden. Man hat aber zu erſt uf Blaͤtter gewiſſer Baͤume geſchrieben / wie dann biß uf heutigen Tag / auch nach erfundenem Papier / der Na - me Blaͤtter blieben ſeyn ſol / Mich aber beduͤncket / es komme von der Flaͤche und Breite her / daß man das blatte Land / nennet: die ebene und offene Felder auſſer - halb der Staͤdte / und die viereckete metallene Bleche / Platten / Kupffer-Platten u. ſ m. genennet werden / Und in Sachſen / Blatten heiſſet / wenn die Staͤrck - Waͤſche nach unſer Redens-Ahrt gebiegelt wird.
XXXIII. Wie denn in alten Zeiten ſchon / die Materien ſo zum ſchreiben zugerichtet und gepappet wurden / vermittels eines Hammers / ſchier uf die heu - tige Art / wiederum geſchlagen und geglaͤttet zu wer - den pflegten / und ſolcher librorum malleatorum Ulpi - anus in l. 52. §. 5. ff. de Leg. 3 gedencket. Es wurden aber die Haͤutlein ſo unter der aͤuſſerſten Schale gewiſ - ſer Baͤume befindlich / hier zu genommen / von wannen don Buͤchern der Nahme Liber biß uf heutigen Tag verblieben / als welches den Paſt / die Rinde und Scha - le bedeutet / an Baͤumen. Und wiewol Corium, ge -Dmeinig -26meiniglich uf teutſch Leder gegeben wird / dieweil es deñoch am Viehe eben an der Stelle iſt / und das Ambt vertritt / was Liber die Rinde bey denen Gewaͤchſen: Als findet man / daß bey denen alten Scribenten libri in corio ſcripti, nicht eben uf Pergament / ſondern uf Borck und Baum-Rinde beſchreben / verſtanden wer - den / Und daher Ulpianus in gedachtem l. 50. pr. de leg. 3. wegen des zwiſchen Pergament und Leder gemach - ten Unterſcheids nicht zu tadeln. Auſſer dem / daß Er nicht ungeraͤumbt von Bande / der moͤg aus Pappe / Pergament / Brettern oder Leder beſtehen / koͤnt ver - ſtanden werden.
XXXIV. Auch hat man in Egypten aus ei - ner gewiſſen Staude und Geſchlecht des Rieds / Pa - pyrus genannt / ihrer inwendigen Schale / eine Ma - terie zum ſchreiben zugerichtet / und auch an die aus - waͤrtige kommen laſſen / biß zu der Zeit der beyden unterein ander in Ufrichtung der Bibliothequen æmu - liꝛenden Koͤnige / Ptolomæi Philadelphi in Egypten und Evmenis, oder Attali (welches aller Koͤnige zu Pergamo gewoͤhnlicher Nahme / wie Pharao an - fangs / und Ptolomæus hernach in Egypten gewe - ſen) jener die Ausfuhre des Pappiers verbothen / um den andern zuhindern / und ihme vor zukommen. Welchen Abgang des Pappiers zuerſetzen / Evmenes die Art Leder aus dem kleinern Viehe zum ſchreiben zu zurichten ſoll erfunden / oder doch (wie andre wol - len / daß es vorher nicht unbekant geweſen /) in vollen Schwang gebracht haben / welches von ſeiner Reſi - dentz Pergamen geneñet worden. Nach welcher auch zarte Holtz Taͤfelein mit Wachs uͤberzogen / uf kom̃en /wel -27welche man mit einem Metallinen oder Beinern Griffel beſchrieben / ſo Stylus genannt worden / und jetzt noch eines jeden Schreibaꝛt alſo / gleichwie von dem Stechen â pungendo, die Taͤflein Pugillares geheiſſen worden.
XXXV. Man hat in alten Zeiten ſchon auch uff Leinwand geſchrieben / aber uff der Mahler Art / nur vorher einen Grund daruf zu tragen / allein nach - gehends ſeynd die Pappier-Muͤhlen erfunden / wor - innen die alten vorher ausgeſchierten und vergattirte Lumpen / erſtlich etwas klein oder kurtz gehackt / her - nach in darzubereiteten Troͤgen / worinn etwas Waſ - ſer geleitet wird / in einen Brey zermalmet / hernach abgeſeihet / und biß zum Brauch trocken behalten / und dann / wie viel uff einmal noͤthig in einen But - tich mit laulichten Waſſer zertrieben / mit von Draht geflochtenen Formen Blaͤtter ausgeſchoͤpfft / zwiſchen Filtz ausgepreſſet / an der Lufft getrockner und in ge - wiſſe Hauffen vertheilet werden. Was aber publi - ca momenta werden ſollen / ſind in Stein gehauen / in Ertz oder Bley gegraben und oͤffentlich auffge - haͤnget worden / deſſen wir ein Exempel im I. Buch der Maccabeer XIV. 18. 26. 48. haben von Meſſin - gen Tafeln. Deß Moſis Steinerne Geſetz-Tafeln / ſind aus Exod. XXXI. 18. XXXIV. 4. bekandt / und wuͤntſchet Hiob XIX. 24. daß ſeine Rede mit eiſern Griffeln auff Bley moͤchten geſchrieben werden. Aus welchem allen erhaͤllet was droben §. 26. geſetzt wor - den / Man habe weit vor aller Nachricht von Druk - kerey / geſchriebene Buͤcher gehabt / ſo muß ja auch Handel ſeyn damit getrieben worden.
XXXVI. Ob nun jemand deme wiederſpre -D 2chen28chen und einwenden moͤchte / daß noch nicht folge / noch von obhandenẽ Buͤcheꝛn ufderen Handlung ſich ſchluͤſ - ſen laſſe / weil je ein Freund dem andern der gleichen leihen und es abzuſchreiben vergoͤnnen koͤnnen / wel - chen Falls aber ein Buch immer eintzeln blieben und fortgepflantzt worden. Womit wehr aber eine Hand - lung zutreiben geweſen? Es erfordert ja dieſelbe eine Menge der Wahren wie droben bewieſen / und wie wolten ſich die Kauffleut uf ein oder ander Buch er - nehret haben / die Menge war noch nicht / es waren keine Drukkereyen. Deme wird dadurch begegnet / das wohl an deme / und die Exemplarien in ſolcher Menge als nu durch die Drukkereyen geſchicht / dazu - mal nicht zu haben geweſen / dennoch hat es nicht al - lerdings daran gefehlet / und iſt uf ſolche Mittel die ſich nach ſelbiger Zeiten Gelegenheit thun laſſen / ſchon ge - dacht worden / Jndem wer Luſt zum buchhandel hat - ten / und fahe ein gut Buch / womit der Welt gedie - net und etwas daran zugewinnen wehre / ſolches durch ſo viel Schreiber als er zuſammen bringen mocht / und zu belohnen getrauete / abſchreiben lieſe.
XXXVII. Eine langſame und koſtbare Sach! moͤcht jemand ſagen / das Buch moͤcht ſo groß ſeyn / daß ein gantz Jahr daran zu ſchreiben: Der nun zehn / zwantzig / mehr oder weniger Perſonen ein gantz Jahr verlegen / und dennoch erſt uf den Abgang und Ver - treib warten ſoll / muß einen zimlichen Saͤkkel mit Geld / und ein Hauß voll Gedult haben. Aber diß eben erhielt den Buchhandel bey Reſpect, daß nicht ein jedweder / ſo heutigs Tags einen Kalender verlegen kan / und ſumtibus & impenſis druf fetzenlaͤſſet /29laͤſſet / ſich einen Buchhaͤndler darauff einbilden durffte. Zu dem / hat jedweder ſein Vermoͤgen zu ermeſſen / und hoͤhere Dinge / weder er getrauet aus - zufuͤhren / nicht anzuheben gehabt. Leicht wird auch keiner mehr Exemplaria / denn er innerhalb gewiſſer Zeit getrauet zu vertreiben / haben abſchreiben laſſen / oder ſind wohl vorhin beſtalte Arbeit geweſen. So hat er auch ſein Geld / weilen die Exemplarien immer rar blieben / ſchon ſo hoch ausbringen koͤnnen / daßes vor die Koſten gelohnet: Do heut zu Tag ein anderk - halb biß 2. tauſend Exemplarien / als-viel mañichmal die Uflag eines Buchs iſt / ein Jahr zehen / zwantzig und mehr zum Vertreib haben will.
XXXIIX. Der angegebenen Weitlaͤufftigkeit und Langweiligkeit ward auch abgeholffen / indem die Schreiber nicht allein ſich einer fertigen Fauſt be - fliſſen / ſondern auch gewiſſer Characteren und No - ten bedienten / durch deren Vortheil ſie ein Wort ſo geſchwind ſchreiben / als der Lector es nicht ausſpre - chen mochten / und wohl ehender auf ihn warten mu - ſten. Dahin gehen folgende des Manilii Verſe:
‘Et bic ſeriptor erit felix, cui litera verbum eſt; Quique nobis linguam ſuperet: Curſuq́ loquentis Excipial longas nova per compendia voces. ’ ()Von wannen ſie auch Notarii genannt worden / und unſerer heutigen Notariorum Name blieben / wie wol ſie ein gantz anderer Stand ſind. Gedachte Noten nu waren keine Buchſtaben / wie der Juriſt Pædius geſchrieben l. 6. §. f. ff. de Bon. poſſ. Daher ein groſſer Unterſcheid zwiſchen einem Teſtament ſo mit Noten verfaſſet oder bezeichnet / und dem ſo mit ausgedruk -D 3ten30ten Buchſtaben beſchrieben / wie ausm l. 40. ff. de, Teſt. mil. zu ſehen. Waren gleichwohl nicht nur un - ter Privat-Perſonen / ſondern in Gerichten / wie Am - mianus Marcellin. Lib. XIV. bezeiget / ja uf Reichs - Taͤgen und bey Verfaſſung derer Legum und Sena - tus Conſultorum uͤblich.
XXXIX. Wannenhero auch der Juriſten Schrifften ſolcher Noten voll / aber uͤm nichts deſto beſſer waren. Weil einer / der ſolcher nicht kundig / leicht einen Mißverſtand ſchoͤpffen / Ein durchtriebner Kopff aber die Sach nach ſeinem Gefallen drehen kon - te. Und aus der Urſach Kaͤyſer Juſtinianus in ſeiner Conſtitution von Verfaſſung der Pandecten / die ſich Deo auctore anhebt / §. 13. verbeut / ſolche Raͤtzel in diß Buch zu bringen / woraus nurt antinomien und wie - derſinniſcher Verſtand zu entſtehen pfleget. Anlan - gende / daß mit wenigem wenig zu gewinnen geweſen / darf man nicht uf eine und andere Privat-Perſon Rechnung machen / denn / als das Buͤcherweſen ein - mahl in Schwang kame / hier und dar von hohen Haͤuptern und vermoͤgenden Privat-Leuten ziemli - che Bibliotheqven angelegt wurden / die einer groſſen Zufuhr / dero ein oder wenige Buch-Haͤndler nicht ge - wachſen waren / erforderten / konts nicht fehlen / daß ſolchemnach der Buch-Handel mithin auch geſtiegen.
XL. Es iſt oben bereits Erwaͤhnung geſche - hen / wie zwey Koͤnige desfals mit einander certiret / Ptolomæus Philadelphus in Ægypten / welcher eine Bibliotheq von Siebenmahl hundert tauſend Stuͤck oder Baͤnden zuſammen bracht / wie Paulus Oroſius Lib. VI. cap. 16. ſchreibet / worzu aus mannich ehrli -chen31lichen Buchhaͤndlers Gewoͤlb und Laden hat muͤſſen ausgenommen werden / biß man dieſe Zahl erreichet / Gleichwohl gedacht Eumenes Koͤnig zu Pergamo ſel - bigen zu uͤbertreffen Wird dahero einem rechtſchaf - fenen Buchhaͤndler auch ein ehrliches haben zuloͤſen gegeben. Kein Zweiffel nun iſt / daß nicht an - dre Potentaten ſelbiger Zeiten ſollen gleiche Gedan - ken gefuͤhret / und jedweder ſeines Orts eine anſehn - liche Bibliothec anzuſtellen bedacht geweſen ſeyn. Als wir denn aus Cedreno, Zonara und mehr Autoren berichtet ſind / daß eine im Kaͤyſerl. Pallaſt zu Con - ſtantinopel entſtandene Feuers-Brunſt unterandern die Bibliothec ergriffen / worinnen einhundert und zwantzig tauſend Stuͤck Buͤcher geſtanden / ſo alle zu Aſchen worden. So zwar an die Egiptiſche nicht reichet / gleichwol ſtarck genug / und auch nicht aus eines Buchhaͤndlers Handlung allein angeſchafft ge - weſen.
XLI. Nun findet man gleichwohl nicht / daß obiger Potentaten einer oder alle / die Buͤcher ſelbſt uf dero Koſten / durch ſelbſtunter haltene Amanuenſes abcopiiren laſſen / und die Originalien ſo lang von andern darzu entlehnet / So muͤſſen nothwendig an - dere damit gehandelt und die Zufuhre gethan haben. Und: Haͤtten nicht ſolche Potentaten die Koſten geſchonet / wo wolts ein Privat-Mann haben erſchwin - den koͤnnen? denn eben darausfolget: daß der Buch - haͤndler mehr geweſen / einer dieſen / jener einen an - dern Verlag gehabt / und nicht eben mit einem al - lein gehandelt worden: wers auch geſchehen / deſto mehr Profit wuͤrde er gehabt haben. Jſt nun gleich /Zeit32Zeit deme die Druckerey uffkommen / denen Buch - haͤndlern uf einer Seite der Vortheil zugewachſen / daß leichter zu einem Buch und mit wenigern Ko - ſten zugelangen / auch mehrere Exemplarien in kurtzer Zeit ausgefertiget werden koͤnnen / So ereignen ſich uff der andern viele Beſchwerligkeiten die ſie vor nicht gehabt / und keines ſchaͤdlichen Nachdrucks beſorgen / ſo viel Koſten an Fracht und Zoll nicht ufwenden / noch andern in die Haͤnde ſehen duͤrfften / ſondern jed - weder dirigirte die Dictatur und Schreiberey ſelber.
XLII. Es ließe dieß Capitel vom Alterthum und Urſprung des Buch-Handels ſich noch weiter ausfuͤhren / Niemanden aber Verdruß zu erwecken / beſchließen wir: Aus bisherigem erſcheine / was §. 22. abgezielet worden / der Buch-Handel ſey ſo alt / daß der Zeit ſeines Anfangs ſich niemand erinnern / noch auch ſchrifftliche eigentliche Nachricht geben koͤn - ne. Schreiten demnach zu einem andern Funda - ment, da deſſen Vornehmigkeit aus zu nehmen. Und dieß ſind die Wahren / ſo darinn gefuͤhret werden. Wel - ches Argument, weil ſich deſſen andre Kauff - und Handelsleut bedienen / und ab denen Wahren / ſo in ie - de Handlung gezogen werden. / einen Vorzug gegen andre / ſo geringere Gattungen haben / behaupten wollen / auch beym Buch-Handel guͤltig und hinlaͤng - lich ſeyn muß. Der Seiden-Haͤndler achtet ſich ohne wiederſprechen vor den Tuchhaͤndler / dieſer vor den Leinwandhaͤndler / dieſe Handlungen alle wollen vor dem Eiſen-Handel / und ſtoſſen den Holtz-Han - del in die Ekken / worgegen ſich die Stein-Haͤndler / als Jubilirer allen Vordrengen wollen.
XLIII. 33XLIII. Wenn zwar ein unberichteter vor einen Buchladen tritt / und nichts deñ Pappier drinnen ſiehet / deſſen Er / weil er wohl nicht einſt leſen kan / wenigen Bedurff und Brauch hat / doͤrfft ſolcher in ſeinen Gedancken wol hoͤher nicht / denn ein Pappier - Krahm geachtet werden / und do er vollends in der Pappier-Muͤhl die alte Hader und ſchmutzige Lum - pen in groſſen Packen ſolt liegen ſehen / noch weit ver - aͤchtlicher davon urtheilen. GOtt ehre mir den Fiſch - handel / wenns gleich ein wenig riecht / ich bins ge - wohnet / was iſt reinlicher als ein Fiſch im Waſſer? und da koͤmmt meine Wahre her. Berichtete man gleich einen anderen / daß nicht uf lediges Pappier / deſſen hier doch keines / ſondern auff die daruf ge - brachte Schrifften / und darinnen verborgene Kuͤn - ſte zu ſehen / woraus die Gelehrte ſich erbaueten: doͤrfft er es wohl fuͤr Zauberey / und die Briefe mit jenem Jndianer fuͤr ein Ohr halten / ob er die Geiſter ſo drinnen ſtecken / auch koͤnne reden hoͤren / Erfolgte dis nicht / den Blunder hinſchmeiſſen / Es aͤſſen viel Leute ihr Brodt / die weder ſchreiben noch leſen koͤn - nen / Seine Eltern haben einen ſchoͤnen Eiſenkram / aber ihr Lebtag kein Buch gehabt!
XLIV. Nun iſt an dem / man koͤnt der Sach bald rathen / und wenns nur am aͤuſſerlichen Schein gelegen / die Buͤcher ufs ſchoͤnſte ala Paduana, oder in Frantzoͤſiſche Baͤnde faſſen / uffn Schnitt vergoͤlden und ſonſt zierlich ausſtaffiren laſſen / wo durch dieſer Art Leuten die Augen zwar gefuͤllet / denen Gelehrten aber wenig mit gedienet wehre / Als die uf aͤuſerli - chen Prunk alle nicht ſehen / noch ſolche Liberey haben /Eund34und wenn eine Bibliothec verkaufft wird / den Band von Pergament nicht allemal bezahlt kriegen. Zuge - ſchweigen / daß einem Buchhaͤndler die rohen Mate - rien hochgenug zuſtehen kom̃en / und zwiſchen deß ein Liebhaber ſolch einen Bandes ſich einfuͤnde / Sein Ca - pital noch laͤnger muͤſſig liegend haben muͤſte / die Buͤcher von der Lufft / und ſo mancher Hand als in einen Laden kommen / ihren Schein / und daher die Krafft einen Kaͤuffer anzulocken verlieren wuͤrden. Wie hoch wolte das Binder-Lohn / jedes Traͤctaͤt - lein allein binden zu laſſen / zuſtehen kommen? Es Es liefe im Ende uͤber die Gelehrten hinaus / welche ſonſt wol 3. 5. und mehr Stuͤck in einen Band brin - gen laſſen.
XLV. Jn deſſen Anſehung die Buchfuͤhrer lieber mit rohen Materien handeln. Es ſolt ein Unbe - richteter ſonſt ihren Laden vor des Buchbinders Bude anſehen / oder meinen / es handele der Mañ nur mit al - ter Wahre / deme uf ein Buch nicht die Helffte muͤſſe gebothen werden / Hab ſein Lebtag gehoͤrt / wie bald man das Buch vom Binder braͤchte / werde es vor alt gehalten / und gehe zum wenigſten der Band verloh - ren. Eben als ufm Traidel. Alſo koͤnt ein ehrlicher Mañ ufs Haupt-Guth kom̃en! Doch iſt mir nicht un - bekant / daß in mancher Stadt die Leut ſich dar nicht an kehren / uñ weil ſie die Gedult nicht haben / nach gekauf - tem Buche / dem Binder noch lange erſt nach zulauffen / viel lieber gebundene Buͤcher im Buchladen finden wollen / weil freylich die Gemuͤther ungleich ſeyn / und ſich ein Kauffmann darnach zu richten hat. Aber diß geſchieht nicht aller Wegen / und hats ein ehrlicherMann35Mann nicht zu wagen / Non ea quæ rarò contingunt, ſed quæ utplurimùm fiunt, ſpectanda l. 3. 4. 5. 6. ff. de LL. l. 3. in f. ff. ſipars. her. pet.
XLVI. Wagen gewinnt / ſpricht man / aber man hoͤrt auch: wagen verleuret / daruͤm wird auch die Mittel-Straſſe die beſte ſeyn / und der Buch-Haͤndler bey der rohen Materie bleiben / doch nicht ledigs Pa - pier / ſondern gedruckte Buͤcher fuͤhren. Daß nun ſolche Wahre nicht ungeacht / ſondern in dergleichen Stande / daß um ihrentwillen / der ſie fuͤhret / vor an - dern / auch Seiden-Haͤndlern und Jubelirern zu ach - ten / getrauen wir uns wohl zu behaupten. Doch / daß der uͤbrigen Handlungen ieder ihr Werth und Stand ungeſchimpfft bleibe! proteſtando. Denn / man ge - ſtehet gerne / das Sammet und Seide von Koͤnigen und Fuͤrſten gekaufft / und auff dero Leibern getra - gen / von gemeinen Standes Perſonen aber ſo wenig geſucht werden / als mehr ihnen Selbige zu tragen verbothen / und Jubelen zu kauffen ihr Beuttel nicht traͤgt / dahero nur auch vor Standes-Perſonen blei - ben. Wenn im Gegentheil jedweder Schuelknab ſich mit einem Categßen und Denat traͤgt / und kein Baur ſo arm / der nicht alle Jahr einen Calender kauffen ſolle. Bekant aber ſey / quòd omne rarum charum: frequentia vilelcit. c. legimus. 24. diſt. 93.
XLVII. Wir ſetzen zufoderſt die Calender aus / welche die Buchhaͤndler niemals verlangt / ſondern den Buchbindern uͤberlaſſen / und ſchwerlich mehr als jedweder ander Haußwirth / Calender des Jahrs uͤber ins Hauß bringen. Daß man aber bey Catechis - mo und Donat, welche Buͤcher doch zum TheilE 2wegen36wegen des Grundes zum Chriſtlichen Glauben / oder der lateiniſchen Sprach / an ſich unentberlich und hoch zu achten ſeynd / anheben / und auff den gan - tzen Buchhandel ſchluͤſſen / zumal aber Jhr gering - ſtes mit des Gegenſtandes beſtem vergleichen will / koͤmmt gantz ungeraͤumbt heraus. Haben ſich doch die Buchhaͤndler noch nie beſchwehrt / daß die Buch - binder obige Buͤcher nicht bey Jnnen ſuchten / ſon - dern ohne Mittel von denen privilegiirten Hoff - Buchdruckern kaufften / moͤchten dahero ſolche kaum zu ohnvermutheter Nachfrage in dero Laͤden haben / geſchweig / daß Sie Staat druf machen / und wenns zum Streit kom̃en ſolte / dieſelbe mit verlangen wuͤr - den / Jndem wohl andere Opera von ſolchem Werth / dergleichen bey Seidenhaͤndlern / wenns ufn Tax ankaͤme / ſchwerlich zu finden / vorhanden ſeyn.
XLIIX. Hat ein Jubelierer Steine zu ein / ze - hen und mehr tauſent Reichsthalern / wer ſteckt drin - nen / und kan dero eigentlichen Werth ſagen? kan er ſie allezeit auch davor gewehren / wovor Er ſie ausgiebt? Jſts nicht alſo / wie jener Hofprediger / wiewohl zu ſchlechter Vergnuͤgung der Hertzogin / welche allzuviel uf Jubelen hielt / und groß Geld davor hingab / predigte / ſich aber damit Ungnade zuzoge / Es ſind Steinigen und Beinigen / mehr nicht werth / als ein reicher Goldverſchwender ſie achtet und davor geben will. Es iſt ſo gar vergeſſen noch nicht / was vor eine koſtbahre Rechtfertigung / wegen eines uͤberaus hochgeſchaͤtzten Edelſteins in einem Ring verfaſſet / viel Jahre vor einem gewiſſem Hof - gericht mit beyder Partheyen Eyver getrieben wor -den /37den / welcher nach ausgefuͤhrter Sach / von denen geſchwornen dazugezogenen verſtaͤndigen Æſtimato - ren / kaum ſo viel zehen Thlr. werht befunden wor - den / als Klaͤger tauſente vorhin angegeben hatte. Ob Er gleich wolte argwohnen / er ſey mittler weil ver - tauſcht worden / ſo doch nicht zubehaupten geſtanden.
XLIX Die Vergleichung aber, eines Exem - plars vom teutſchen Catechiſmo gegen ein Stuͤck Sammet oder Guͤlden Stuͤck / koͤmmet nicht beſſer heraus / als wenn man das Opus Biblicum An - glicanum polyglotton, oder der Heil. Bibel von 70. Sprachen / wolt an ein toͤckgen Zwirn ſetzen / und hier - aus den Vorzug der Buchhandlung erhaͤrten. Deñ / eben als ein Donat oder Catechiſmus, deſſen Ein - halt an ſeinem heiligem Ort zu laſſen / wohl das ge - ringſte Buch im Laden / deſſen Nachfrage der Buch fuͤh - rer wol eher an dem Buchbinder weiſen doͤrffte: Alſo wuͤrde ein Seydenhaͤndler zum Schimpff achten / mit Zwirn ſich zubeladen / ob er gleich im uͤbrigen kein Bedencken haͤtte / Laaken und Boy zuzulegen / und ich mich wohl erinnere / wie der privilegirte Paru - quenmacher an einem gewiſſen Orte / ſich uͤber ei - nen Seydenhaͤndler / ſo ſehr als die Goldſchmiede / be - ſchwerten / daß er Paruqen und ſilberne Degenge - faͤß verhandelte. Worzu die Tuchmacher wegen des turbirten Gewandſchnitts mit beytraten.
L. Es muß bey Vergleichungen in Streitfaͤl - len / eine Gleichheit gehalten / und wie man ſagt in. terminis beſtanden werden / aus beyden Theilen die wichtigſten untereinander / ſo auch die geringſten un - ter ſich entgegenſetzet / abgemeſſen und gewogen wer -E 3den.38den. Wie gering oder hoch aber des einen oder an - dern Wahre zu achten / muß traun allein bey denen Handels-Leuten nicht beſtehen / Es iſt ſo gar der Handwercksmann ſo ſchlau / daß er am meiſten ge - winnet bey denen ſo es nicht verſtehen / wenn Kin - der zu Marckte kommen / kauffen die Kraͤmer Geld. Warum ſtreben die meiſten ſo ſehr darwider / und laſſen in die Articul bringen / daß kein Compe ſich ſolle fuͤhren und gebrauchen laſſen / wenn jemand ih - re Wahre kauffen will? Sie beſorgen ſich / er ma - che die Leute klug / er ſehe wo es der Wahre ſitzt / man werd erfahren / wie hoch Sie die Leut mit vor - geſchwazten theurem Einkauf / muͤhſam und vielfaͤlti - ger Verarbeitung / und dergleichen / uͤberſetzen / Da ſind es der beſten Hollaͤndiſchen Spitzen / die Elle muß drey und mehr Thaler gelten / ſchweren wohl ein bißgen darzu / biß ein Schneeberger koͤmmt / die Elle vor 18. Gr. beut / hab ſie den Kramern ſelbſt drum gelaſſen.
LI. Wenn nun der Streit des Vorzugs zwi - ſchen Handlungen / von Koſtbarkeit ihrer Wahren zu entſcheiden / ſo muß ein Drittmann darzu gezo - gen / oder von jedweder Profeſſion und Sorte der Kaufleut / Jhre Buͤcher uͤber den Einkauff und Ko - ſten heraus gegeben / ufn Nothfall mit einem Eyde beſtaͤrcket werden. Welches zwart auch fuͤr andre / ſo mit Jhnen handeln gut wehre / daß ihnen ein ge - wiſſer Gewinſt / etwa uf den fuͤnfften Pfennig geſetzt wuͤrde. Allermaſſen ein und andre Fuͤrſtl. Lands - Ordnung in Teutſchland desfalls obhanden / fehlet aber nur an der Execution. Zwarten halten dieBuch -39Buchhaͤndler unter ſich bereits einen Tax / doch klagen Sie ſelbſt daruͤber / daß offt ein Buch-Haͤndler ein Buch theurer bezahlen muß / als ein Frembder / wel - ches aber nicht recht / ungewiſſenhafft / und gantz unver - antwortlich / Aber in Spanien wird der Tax ufm Ti - tul oder doch die inwendige Seite mit gedruckt.
LII. Kaͤhm es nun zum Taxt / und wuͤrde ein Commiſſarius, der beyderley Wahren noͤthige Kund - ſchafft und eln Gewiſſen haͤtte / ſo truͤg ich keinen Zwei - fel / daß der Ausſchlag vor die Buchhaͤndler fallen ſol - te / es werde geſehen worauf auch wolte. Faͤllet ein Stuͤck Zeigs / von Seiden / der ſchoͤnſten Farben / auch mit guͤldenen Blumen / ſchoͤn in die Augen / ſo geſchichts beym gemeinen Mann / wenns hoch koͤm̃et / dem Frau - enzimmer und jungen Leuten / denen die Fruͤhlings - Roͤſgen in die Augen ſcheinen / und dencken / es werde immer ſo hergehen. Wenns ufs hoͤchſte koͤm̃et / daß Koͤnige und Fuͤrſten / zu Bezeugung ihres Eſtats und Hoheit der gleichen brauchen muͤſſen / welches doch ei - ner demuͤthigen Gottliebenden Eſther keine Vergnuͤ - gung giebt / wie Sie in Dero Gebeth zu GOtt / dem man nicht vorluͤgen kan / fragm. Eſth. verſ. 16. bezei - get / So giebt doch unſer Heyland / in deſſen Mund kein Betrug geweſen / Jeſaiæ LIII. 9. den Ausſchlag / beym Matth. VI. 29. Jch ſage euch / daß auch Salomon in aller ſeiner Herrligkeit welche doch einer Koͤnigin unglaͤublich vorkommen / 1. Reg. X. 7. nicht bekleidet geweſen / wie die Lilien ufm Felde.
LIII. Was iſt wohl ſchoͤner als weiſe Farbe / welches gegen eine ſchoͤne Schwartze noch mehr ab - ſticht / und das Frauenzimmer vielmahl eine Finneim40im Geſicht leugt / uͤm Urſach zu einen Schattier - Pflaͤ - ſtergen zu haben / welches der zweiffelhafften weiſen Haut den Nackdruck geben ſoll. Wenn nun ein Buch auf ſchoͤn weiß Papier / mit einer friſchen Schrifft und guter Drucker-Schwaͤrze abgedruckt vorgelegt wird / iſts ſo vergnuͤglich als kein ſeidner Stoff anzuſehen. Und zwar geſchicht das Anſchauen eines ſchoͤnen Klei - des aus freyen Willen zur Wolluſt / uf einen Augen - blick. Der es nicht achtet / darff ſein Geſicht nur abwen - den / averte oculos, ne videant vanitatem! der aber eines Buches Jnhalt erfahren wil / muß ſeine Augen drauff wenden / und ie ſchlimmer Papier und Druck / ie ſchaͤdlicher dem Geſichte. Derowegen es die Verleger aus keiner Wolluſt thun / ſondern zu der Gelehrten Nutzen und ihrer Geſundheit / alles gerne auf fein Pa - pier drucken ließen / wann es nur nach Wuͤrden wolte bezahlet werden / Alſo daß / wenn ſie es desfals ufs ſchoͤnſte machen / ſie ſolches denen Gelehrten zum Wol - gefallen / Behuf und Geſundheit thun:
LIV. Aber / laß ſeyn / ein Buch ſey ein Bißgen be - ſchmutzt Papier / Sam̃et / Seiden / Stoff mit goͤldnen Blumen / behalten den Preiß / ſo wohl wegen Koſtbar - keit der Materien / als treflichen Kunſt / wie nette / wie naturell doch die Blumen / die Thiere / ja die Schriften ſo darein gewuͤrcket / heraus kaͤmen! Geſtalt von den alten Parthern geleſen wird / daß ſie ſo lieb nicht ge - ſchrieben / als die Schrifften in Zeuge gewuͤrckt / unbe - trachtet ſie an ſelbiger Zeit uͤblichem Papier keinen Mangel gehabt / das Plinius Lib. XIII. cap. 11. ſelbſt be - wundert. Was haͤtte denn ſolcher Geſtalt ein Buch Vorzugs gegen die Stoffe? Antwort: den Jnhalt /und41und die Kunſt / welche der Verfaſſer dahinein geſtecket / und das Gemuͤth mehr nehret / ergoͤtzet / ſchirmet und zieret / als nimmer kein Sammetner Rock den Mann / oder ein ſeidner Stoff mit guͤldnen Blumen ein Frau - enzimmer / welche / do Sie durch ſittlichs Wohlverhal - ten ſich nicht ſelbſt zu rathen weiß / von ihren eignem Zierrath verrathen / und nur mehr gemißzieret wird / Eben als eine Saudie ein guͤlden Halßband uͤmhat / wie Salomons Ausſpruch / Prov. XI. 22.
LV. Ein Kleid / wie ſchoͤn es ſtehet / zieret laͤn - ger nicht / als es neu und unbefleckt bleibt / nicht ſo lange noch / uf gut Fꝛanzoͤſiſch / do man alle Monat eine Façon erdenckt / oder doch denen teutſchen Affen vorſchwatzt / ietzt trage ſich der Koͤnig auf dieſe Mode / und bekuͤm̃e - re ſich nicht wenig daruͤm / wie fleißig mans in Teutſch - land nachthue / denn ihm freylich kein weniger Abgang an ſeinen Jahr-Renthen geſchehen wuͤrde / wenn an - dere Nationen klug wuͤrden. Er kans dem Gouver - neur der Spaniſchen Niederlanden nicht vergeſſen / daß er das Muſter verlohren / und wil ihm ſelbſt leuch - ten / daß ers wieder ſuchen ſol. Dahingegen / was gute Buͤcher ſind / (denn nach obigen § 50. n. 102. be - dungenen Principiis, muß gleich gegen gleich gehal - ten werden /) halten laͤnger wieder / und was man dar - aus faſſet / zieret mehr / erbauet mehr / ie laͤnnger mans braucht / ie nuͤtzbarer iſts anzu bringen / der Welt iſt mehr damit gedienet / Machet der Bauer einen groͤſ - ſern Reverenz gegen einen Sammet Rock / und ein vergaffeter Juͤngling gegen einen ſeidenen Stoff der eine geſchleyerte Ziege bedeckt / An Fuͤrſtl. Hoͤfen / in geiſtlichen Conſiſtoriis und bey wohlbeſtalten Raths - Stuͤhlen wird dar nicht uff geſehen.
FLVI. 42LVI. Daß ein Bauer keinen Sam̃et / und ſei - ne Frau keine Seide tragen doͤrffen / braucht keiner ſonderbaren Kleider-Ordnung / ſein Armuth hats ihm vorhin verbothen / Und die in Staͤdten bey Mit - teln ſind / ſoltens ein Theil auch ufn Abend hinter der Thuͤr verdienen / haben bisher nicht davon abgetrieben werden moͤgen / wie bedaͤchtlich auch die Leges ſum - ptuariæ eingerichtet werden. Daß von ſolcher Wahꝛen wegen der ſie fuͤhret / eines ſonderbaren Vorzugs der Kunten ſo mit ihnen handeln ſich nicht zu beruͤhmen hat. Was rechtſchaffne Buͤcher ſind / (denn wir wie - derum die aͤrgerlichen Schand-Schrifften / ſo in allen Rechten verbothen / und ein Chriſtlich Hertze vorhin einen Eckel daran hat / ausſchuͤren /) Sind eine ſolche Wahre / woran kein Stand / weder durch den Einkauf noch Gebrauch ſich verſuͤndigen kan. Sie ſind vor niemand / als der ſie nicht verſtehet / und wohl ohne Verboth ungekaufft laͤſſet / verſchloſſen. Wolte ja ein Dorff-Schultz ſo nicht leſen kan / ſich das Anſehen ma - chen / dz eꝛ auch mit Buͤcheꝛn uͤmgehe / So iſt ſeine hoͤch - ſte Straff / anderer Leut Unglauben / nachdem ſie das Buch / einmal ihn ſehen hinterruͤks in d’ Hand haben.
LVII. Kaufen Sich ja nur Fuͤrſten uñ Herren koſtbare Kleidung / ſilbernen Haußrath / Schmuck von Gold und Edelgeſteinen / ſo kauffen nicht minder Buͤcher / Als wir von Ægyptiſchen / Pergamiſchen uñ Conſtantinopliſchen Monarchen und der Bibliotheken gehoͤret / welche ein anſehnlichs werden gekoſtet / und ſchwehrlich / wie etwan / die Kleider einem Schneider / ſozugleich Cammerdiener / Laqven oder Trabant dar - neben geweſen / alſo dieſe einem Buchbinder ſeyn an -ver -43vertrauet worden: Die gelehrteſten Leute nur werden zu Bibliothecarien gebrauchet / folglich die Buͤcher ufs hoͤchſte geachtet. Haben denn die Parther auch in die Zeige Schriften gewuͤrcket / So haben ſie dadurch den Vorzug der andern Wahren und Handlungen vor den Buͤchern und dem Buch-Handel keines We - ges geſuchet noch anzeigen wollen / Plinius diß auch nicht bewundert / Sondern des Kuͤnſtlers Hand hat ſich durch ſolche Figuren nicht minderlals etwa der Blumen und Thiere uͤben und ſehen laſſen / Und die kluge Nation auch ihre Stoffe zu Buͤchern gemacht / aus denen / wer ſie auch traͤgt / ſich erbauen ſolle / und iſt in ſolchen Stuͤcken jedweder Kauffmann ein Buch - haͤndler geweſen. Aber dieſes iſt nicht zum gemeinen beſten / ſondern viel mehr zum Hoffarth / und eigen Nutz gemachet worden.
LIIX. Waͤre nun ein Ruhm in den Kunten / ſo mit einem Kaufmañe handeln zu ſuchen / uñ diejenige Handlung die vornehmſte zu achtẽ / welche dero Wah - ren von hoher Hand bekoͤmmet / und wiederum keinen als vornehme Leut zu Abnehmern hat / So iſt droben ſchon gezeiget / welches die erſte Hand ſey / von wan - nen ein Buchhaͤndler ſeine Wahren bekoͤmmt / nem - lich die Gelehrte / in deren Orden ſich einzeichnen zu laſſen hohe Haͤupter und Potentaten ſich nicht ſchaͤ - men / davon deren vielen bekant / daß Sie auch die Aca - demiſchen Ehren-Titul ſich zu Ehren gerechnet / Buͤ - cher geſchrieben / und zum Druck geben. So ſind auch der Buchhaͤndler beſtaͤndigſte Abnehmer / die Gelehrten. Und koͤmmet ein Prinz in der Meß je zu Hand in ein Seydengewoͤlb / ſo wird Er denF 2Buch -44Buchladen gewiß nicht vorbey gehen. Es geſchicht auch nicht alle Tage / und gehen in einen Seydenkram / wegen anderer darneben fuͤhrenden Wahr en / ſo ſchier Taͤgloͤhner und Handwercks Puͤrſchgen als Damen und Cavalliers / worentgegen der gemeine Hauffe den Buchladen nicht viel korhig machet.
LIX. Diß alles geſetzt / der Jubelirer / Gold - arbeiter / Seidenhaͤndler und andere vornehme Han - dels-Leute wuͤrden von vornehmen Perſonen altaͤg - lich geſuchet / und der Converſation gewuͤrdiget / von denen Sie ein und anders zum Staatweſen gehoͤrig hoͤren oder doch ungemerckt ablernen koͤnten / was vor Auffgang an dieſem oder jenem Hofe / wie die Zah - lung einlieff / was des Printzen Intraden / und Ver - moͤgen / wie treu die bey der Einnahm und Ausgab ſitzen / es mit Jhm meynen / Ob und was vor Unter - ſchleiff hier und dar mit einſchleiche. Jſt etwas! Denn diß alles einſeitig nur geſchaͤhe / Fragte man wie es uf der andern Seite ſtehe / von wem obige alle dere Wahren aus erſter Hand empfingen / was ſelbiger Seits vor Converſation und Erfahrung? So wuͤrde der Jubelirer mit ſonderbahrer Parrhe - ſie zu unſerem Erſtaunen erzehlen / mit was Ge - fahr die Perlen aus der tieffen See auffgefiſchet wer - den muͤſten / wie viel Sclaven und andere gute Leut / die ſich dazugebrauchen lieſen / druͤber ufgiengen / was Koſten druff ſpendiret / und wie manche Gefahr zu Land und Waſſer / von Sturm und See-Raͤu - bern ausgeſtanden wuͤrde / bevor es ſo weit kaͤhm / Der Schelmerey der Juͤden zugeſchweigen / die er bey Erkennung der guten von den falſchen Jubelen er - fahren und auslernen muͤſſe.
LX. 45LX. Der Gold-Arbeiter wird von vieler Tuͤr - ckengefahr / ehe er das Arabiſche / ja nur das Unge - riſche Gold zu Handen kriege / wieviel im ſchmeltzen abgehe / wie er von den Bergleuten in die tieffſten Gruben mit gefuͤhret / oͤffters von den Fuhrleuten und eigenen Geſinde uf gehalten und gefaͤhrdet wor - den / zu erzaͤhlen wiſſen / So ſeinds dann Sclaven / Ju - den / Schmeltzer und Bergknappen / Fuhrleut und Goldsſchmieds Geſellen bey denen Jubelirern und Goldarbeitern / und iſt ſchon oben geſagt / daß bey Seyden / Tuch - und Leinwands Haͤndlern / Weber / Spinner und Faͤrber ſeyn / von denen ſie die Wah - ren haben / und mit denen ſie Converſiren muͤſſen. Leut ihrer Ehr ungeſcholten / im Stand aber denen Gelehrten nicht zuvergleichen. Was von ihnen zum Theil kan erlernet werden / ließ ſich eines Jahrs lang viel thun / ſo wird manche Converſation ſo gar er - baulich / und zu mal mit Juden nicht allzu ruͤhmlich ſeyn. Darumb ſchluͤſſen wir nochmalen: Daß die Buchhaͤndler vor andern Jhres Standes ſo fern gluͤcklich und zu ehrende Leute ſeyn / als die Jhrer Profeſſion wegen Gelehrten nie muͤſſig gehen / noch von denſelben verlaſſen werden.
LXI. Jn noch fernerer Erwegung / billich ein jeder Stand in jeglichem Regiement / von - und nach - deme zu Ehren als mehr Er dem gemeinem Weſen dienet / und Nutz von ihm zugewarten ſtehet / denn dis wol der Angel iſt / worinnen dieſe Thuͤr ſich keh - ret und wendet / dahin ſolt allet Staͤnde und Unter - thanen Abſehen gerichtet ſeyn / wie ſie mit dero Thun und laſſen / Handel und Wandel zur Ufnahme gemei -F 3ner46ner Stadt ichtwas moͤg beytragen: Aus gleichem Fundament ſolt auch die Vergeltung genom̃en / und / weils durch Geldmittel zu thun / einer Republiq. be - ſchwerlich fallen wolte / die Achtung und Ehre ver - theilet werden. Bekant iſt aber / daß durch den Buch - handel dem gemeinem Weſen mehr denn andere ver - dienet werde. Denn / was andre vor Wahren fuͤh - ren / den Leib angehen / zu deſſen Nothduͤrfftiger Unterhaltung dienen / auch wohl zur Ergoͤtzligkeit und Wolluſt. Der Buch-Handel dienet zur Erbau - ung des Gemuͤths / aus Buͤchern lernen wir / wie man Gott dienen / die Welt regieren / der Geſundheit zu ſtatten kom̃en / ſein Leben tugendlich anſtellen / freund - lich / kluͤglich doch ohnſchadentlich mit Leuten conver - ſiren / und alſo Gott und Menſchen wohlgefaͤllig ſich hinbringen koͤnne.
LXII. War iſts / andre Handlungen ſind gleichfals unentbehrlich / und contribuiren derer etzli - che ſo gar dem Printzen zu ſeinen Regalien / der Jubeli - rer ſetzt ihm die theurbareſten Steine in die Kaͤyſerli - che Krohne / und ſticket den Kaͤyſerlichen Mantel mit den koſtbarſten Perlen / der Seidenhaͤndler fuͤhret den Purpur darzu herbey / und ſchmiedet der Gold - Arbeiter Zepter und Crone / der Materialiſt fuͤhret die koͤſtlichen Specereyen und andere Raritäten / und der Korn-Haͤndler Brod herbey / von deswegen iedweder ſein Lob zu gewarten hat. Worzu wolten aber alle dieſe Mummereyen hinreichen / wenns einen gefaͤhrli - chen Stand gewinnen wolte? oder ſonſt ein ſchwerer Caſus fuͤrfaͤllet / der Leib und Leben / ja gar Staͤdt uñ Laͤnder Wohlfahrht betrifft. Da muß ein klugerCantz -47Cantzler / ein beredter Staatsmann das beſte bey der Sach thun / das lernen ſie aus Buͤchern. Kan der Buchhaͤndler nicht rathen oder reden / ſo traͤgt er doch ſo viel an ihm die Mittel darzu herbey / Bey ihm wer - den die Staats-Buͤcher und behufige Dinge geſuchet / wenn alle Stricke reiſſen wollen. Jhm gebuͤhrt in Gegeneinanderhaltung oder Betrachtung der Wah - ren vor andern der Vorzug!
LXIII. Eins ſolten wir bey nahe vergeſſen ha - ben / daß derjenige Handel und Kunſt vor andern auch den Vorzug verdiene / welcher mehr erfordert / und ſo leicht iedwedem nicht bey zubringen. Denn gehoͤrt zum Buchhandel unter andern auch eine Wiſ - ſenſchafft der Lateiniſchen Sprach / Als in welcher die meiſten Buͤcher beſchrieben werden. Sie iſt das Band der Europæiſchen Voͤlcker / und das Mittel / wodurch die einander in der Mutter-Sprach nicht verſtehen / noch miteinander communiciren und correſpondi - ren koͤnnen. Und der werden die Buch Haͤndler meiſt nicht unkuͤndig / zum Theil aber ſehr wohl erfahren / und maͤchtig ſeyn / oft auch der Frantzoͤſiſchen und Jta - liaͤniſchen. Hierentgegen / wenn bey andern Hand - lungen die Frauen ein Jahr zwey drey oder hoͤchſtens viere mit geſeſſen / haben ſie dieſelbe begriffen / uñ koͤn - nen nach Abgang der Maͤnner / deroſelben in Perſon vorſtehen / und ſie fortſtellen. Nur der Buchhandel iſt nicht vor die Frauen / ſie muͤſten denn auch Latein verſtehen / Sondern muͤſſen Jnn uf toͤdtlichen Hintrit ihrer Maͤnner von erfahrnen Leuten und Factoren / oft mit großer Gefahr regieren laſſen.
LXIV. Jſt daun der Buchhandel ſo wichtig /ſo noͤ -48ſo noͤthig und nuͤtzlich / ſo verdienet er billich einigen Favor und Ergoͤtzligkeit / Und ſolte vor andern privi - legiirt ſeyn. Fragt ſich ſolchem nach / ob die Buch - handlung auch / und womit ſie privilegiiret / woriñen die beſtehen / wer ſie gegeben? Und zwar betreffen ſelbige zum theil ihre Perſon / theils dero Stand und Handlung. Vor Jhre Perſon / ſeynd ſie entweder uf Univerſitäten oder auſſerhalb an andern Orten / wo - ſelbſt Sie ſich freylich nach des Orts Stadt-Recht und Gewohnheit halten muͤſſen / nach dem bekanten Verß:
‘Si fueris Romæ, Romanô vivito more. Si fueris alibi, vivito ſicut ibi. ’ ()Uf Univerſitäten aber / werden ſie billich denen Stu - dioſis gleich geachtet / ſo fern daß der Rector Magnifi - cus ſie in dero Univerſitaͤt Schutz und Buͤrgerſchafft angenommen / und ſie in buͤrgerlichen Klag-Sachen vor Jhme dingſtellig werden. Allermaſſen uf der loͤblichen Univerſitaͤt zu Tuͤbingen / nnd anderer Or - ten mehr braͤuchlich. Wie denn Menochius in ſeinem Tractat de Arbitrar: Judic. Quæſt. Q. 376. n. 8. ſchrei - bet.
LXV. Denn es disfals etwas veraͤnderlich gehalten wird / und pflegen etzliche Univerſitaͤten die Buchbaͤndler alleine unter ihre Jurisdiction zuhaben / als zu Saltzburg / und mehr Orten. Und waͤr nicht ungereimt noch unbillich / daß es gleich durch allent - halben alſo gehalten wuͤrde / denn 1. eine Buͤcher-Cen - ſur allenthalben hoch von noͤthen / wozu uf Univerſi - taͤten an geſchickten Leuten nicht mangelt / dabey denen Staͤdten / ſo wohl wo Univerſitaͤten / als wo keine ſind /nicht49nicht allezeit noch allerwegen dergleichen zufinden. Und ob ſichs das Predig - Ambt wolt annehmen / koͤnten Sie doch auſſer - und uͤber Jhre Geiſtliche Profeſſion nicht ſchreiten. Zu dem 2. verdieneten es die Buchhaͤndler allerdings / daß unter einer wohl - loͤblichen Univerſitaͤt Inſpection, Schutz und Both - maͤſſigkeit ſtuͤnden / wegen droben angezogener ſteti - gen und gleichſam verknuͤpffter Converſation unter - einander / wegen der mannichen guten Officien die Sie denen Gelehrten leiſten / und entweder aus eige - ner Curioſitaͤt allerhand gute Buͤcher ausforſchen / oder do es Jnnen von Literatis zuvor an Hand ge - ben worden / dennoch ſelbige offt aus fernen Landen zu großen Nutz verſchreiben. Andere Urſachen und autoritates Doctorum zeiget D. Richter. ad Auth. Ha - bita C. Ne fil. pro patr. part. 2. pag. m. 42. ſeq.
LXVI. Haͤtte nun gleich eine oder andere Stadt Obrigkeit einanders herbracht / oder eine oder andere Academie haͤtte ſich guthwillig dero Jurisdi - ction in einem oder andern Caſu austruͤcklich bege - ben / wie von der zu Bononien geſchrieben wird / daß zu Zeiten Azonis, als wegen der groſſen Menge bey zehen tauſent Studenten / Sie ſich nicht getrauet / ſel - bige im Zwang zuhalten / die hohe Gerichte und peinliche Faͤlle / der Stadt uͤberlaſſen haͤtte. So waͤren doch dergleichen ſonderbare Caſus in keine Conſequenz zu laſſen. Herm. Faſcic. jur. publ. cap. XXXIII. n. 110. pag. m. 654. Ob auch gleich einerwegen eingefuͤhrt / daß der Buchhaͤndler Haͤu - ſer / als Buͤrgerliche Wohnungen / der Stadt-O. bꝛigkeit unterworffen / ja ſo gar Jhre Perſonen zuGbuͤr -50buͤrgerlichen Unpflichten gezogen wuͤrden / So ſcheinet dennoch / zumal dero Univerſitaͤten Intereſſe umb vie - ler Reſpecten willen darunter verfiren / daß doch zum wenigſten die Handlung und Gewoͤlber Acade - miſcher Jurisdiction, Schutzes und Freyheit zuge - than blieben. Koͤnt auch fuͤglich aus l. 2 C. verb. Ergaſteria. C. de Metat. XII. 41. behauptet werden als wodurch nicht allein der Handwercks Leut Werck - ſtaͤten / ſondern und fuͤrnehml. die Handlungs Ge - woͤlber koͤnnen verſtanden werden. v. Tabor. de Metat. p. 249.
LXVII. Was dieſem nach dero Handlung betrifft / iſt ohnleugbar und nicht etwan Land - oder Reichs-ſondern Weltkuͤndig / daß kein Potentat einem Buchhaͤndler einen Begnadigungs Brieff uͤber einen gewiſſen Verlag / jedoch uf vorgehendes ziemendes Nachſuchen verſagt / und bezeigen das / die vielen Ex - tracte, oder noch voͤllige Contexte derer vor ſolche Buͤcher getruckten ſo in-als auſſerhalb Teutſchlandes von Kaͤyfer und Koͤnigen ertheilter Privilegien. Ja Churfuͤrſtl. Durchl. zu Sachſen durch offenes Aus - ſchreiben gnaͤd. erfordert / ſolche Privilegia von Wort zu Wort vor zu drucken. Ja Koͤnigl. Maj. in Franck - reich haben durch ein Areſt oder Ausſpruch denen Buchhaͤndlern ſo von und nach der Koͤniglichen Uni - verſitaͤt zu Paris handeln / freye Ab - und Zufuhre / von aller Beſchwerde und Uflage ſo wohl roher als gebundener Buͤcher / ſie moͤgen ins Reich oder an und von auswaͤrtiſchen Orten bracht werden / allergnaͤ - digſt ertheilet. Wie ſolches der gelahre Doctor Fritzſch in ſeinem Tractat von Buchhaͤndlern cap. VII. §. 4. anziehet.
LXIIX51LXIIX. So wehre auch ohnſchwer / einig Jus prohibendi wider andere / ſo Einheim-als Aus - waͤrtiſche zuerlangen / wenn ſie Beliebung truͤgen / in gewiſſe Collegia ſich beſchluͤſſen / und eine beliebi - ge Ordnung unter ſich ſelbſt zu machen / Geſtalt an ei - nem bekandten Ort vor etlichen Jahren in Vorſchlag / aber aus ſchaͤdlicher Mißfaͤlligkeit zu keinem Effect bracht worden. Es iſt vorher eines jeden Orts Obrigkeit verbunden / uf vorgehend ziemendes An - ruffen / die Jhrige wider allerhand Turbationen und Uberziehung zu ſchuͤtzen. Ferner ſo hat keiner Macht einigen Buchhaͤndler das geringſte Buch nach zu drucken / er ſey auch wer er wolle. Wenn aber der Eigen-Nutz jemand / wer der auch ſey / dahin trie - be / andrer ehrlicher Buchhaͤndler Verlag / den Sie nicht ohne Koſten an ſich bracht / auch wol Kaͤyſerl. oder andere Privilegia daꝛob unterthaͤnigſt erworben / Vorthelſuͤchtiger Weiſe nachzutrucken augmentiren oder groͤſſer und kleiner zu machen: Jſt ſich unter - ſchiedlich zuverhalten.
LXIX. Denn / erſten Falls hat ers mit denen Verlegern / ſie moͤgen nun auch von der Profeſſion o - der auswaͤrtige ſeyn / zu thun: Andern Falls mit dem Drucker / Dritten Falls mit denen Autoren. Er - faͤhret er den Nachdruck in effectu, deñ er den ſchlech - ten Abgang und Nachfrage / wodurch ihm das Werk beliegen bleibt / empfindet / oder wird deſſen aͤuſſerlich benachrichtigt / So iſt der ordentliche Weg ad Aulam desjenigen Potentaten / ſo das Privilegium ertheilet / durch demuͤthigſte Imploration uͤmb nachdruͤckliche Manutenenz, Geſtalt dann ohne Verhengung weit -G 2laͤufi -52laufigen ordentlichen Proceſſes / in einer ſolchen Sach ſo den Printzen ſelbſt angehet / pflegt an gehoͤrige Ort / und gemeiniglich den Buͤcher-Commiſſarium den entweder Kaͤyſerl. Maj. zu Franckfurt am Maͤyn / oder Churfuͤrſtl. Durchl. zu Sachſen in Leipzig hal - ten / reſcribiret und Verfuͤgung gethan zu werden. Wie deſſen Exempla keinem derer Buchhaͤndler unbe - kant ſeyn / aber keinem Verdruß dem Leſer mit vie - ler Weitlaͤufftigkeit zu machen / vor dißmal mit Still - ſchweigen uͤber gangen werden.
LXX. Wolte das Gluͤck vollends einem ſo wol / daß er die unrechtmaͤſſig nachgedruckten Exem - plarien einer wegen betreten oder doch ausfragen konte / So darff Er nur bey ſolchen Orts Obrigkeit / mit Vorzeigung ſeines Privilegii, nach deſſen Jnhalt uͤm ſchleunige Execution naͤchſuchen / das Recht wird ihm verſagt nicht werden / denn die Bediente ſchon ſe - hen / wo der Sportulen wegen ſich zu verſichern. Solte aber darinnen verzogen / oder Impetrant zum ordentlichen Wege Rechtens wollen gewieſen wer - den / kan Er ſich ad Superiorem deßwegen beſchwe - ren. Den Erfolg hat Carpzovius Jurisprud. Conſiſt. Libr. II. def. 406. in angehengtem Reſcriptis gezeiget. Hats Zeit biß dorthin / moͤcht einer ſagen und muͤſſen die Buchhaͤndler ſich durch Privilegia vorher bewah - ren / So folgt / wo deren keines / wird der Nach - druck ungewehrt und ungeſtrafft ſeyn. Nicht alſo / mein Freund! der Proceß iſt in ſolchen Fall / da uff privilegia geklagt wird / ſchleuniger / die Huͤlff iſt nachdruͤcklicher / die Straff iſt empfindlicher. Folgt aber drumb nicht / wo kein Privilegium, da ſey keinRecht /53Recht keine Huͤlff / keine Suͤnde / keine Strafe. Das natuͤrliche Recht / die Vernunfft weiſet einen jeden an / liegen zu laſſen was nicht ſein iſt. Wird zwar uͤmb der Menſchen Boßheit / theils Thumheit / durch die Obrigkeit / mit angehaͤngter Straff verbohten / war aber vorhin ſchon nicht recht Stehlen.
LXXI. Beym andern Fall / und mit dem Drucker kriegts ein Buchhaͤndler zu thun / wenn jenem ein Werck verdungen gewiſſe Anzahl Exem - plarien zu lieffern / Er aber uͤber den ordentlichen / abgeredeten Zuſchuß / noch mehr zu ſchießen wuͤrde / welches nicht recht / und wieder Gott und Gewiſſen ge - handelt waͤre / So ſeind auch die ſo genanten Geſellen Exemplaria, (Welche ſie zur Ergoͤtzlichkeit / ſich wollen zugeeignet haben) dem Buchhaͤndler / und muͤſten ihm uf Begehren fuͤr billig Geld uͤberlaſſen werden. Und iſt ihr Vorwand / Es werde ja einem Hoitz - Spaͤller nicht mißgoͤnnet / daß er im Heimgehen eine Art - Scheide / einem Merrettich-Haͤcker ein paar Zieben zum Hand-Lohn nicht verſaget oder mißgegoͤnnet! gantz ungegruͤndet.
LXXII. Aber / was etwan ein junger unacht - ſamer Menſch geſchehen laͤſſet / was ein guͤtiger Hauß - Vater aus allerhand Reſpecten uͤberſiehet / was ein unvergnuͤgſamer / zuweilen unverſchambter Tagloͤh - ner an einem Orthe heimlich untergeſchlagen / am an - dern durch ſchmehlen und betteln durch einander her zuſammen getrieben / dar aus kan er kein Recht gegen andre erzwingen / Schweigt auch gar fein ſtill / wenn ein ſchlauer Studenten-Jung die hinter die Thuͤr ver - ſteckte ſchoͤnſten Kloͤtzer hervorzeicht und wieder uf denG 3Hauf -54Hauffen wirfft / Haͤtte ers mit Fug unter ſeinen Rock geſteckt / er haͤtte drum zu ſprechen. Alſo / wenn der Biſchoff von Bamberg nicht geſtatten wil / daß die Froͤhner ſeines Biſtumbs / wenn ſie Miſt gezoͤtet / nicht ſollen iedweder ſoviel / als er mit der Gabel faſſen und fortbringen kan / wieder vom Acker mitheim nehmen / So giebt er deswegen ein gedruckt Verboth wieder die ſo genante Abend-Boͤck und Miſtgabel-Scheiden her - aus / und wil / ſie ſollen mit dem geſetztem Froͤhner-De - putat zu frieden ſeyn / und ſich keine Accidentien dar - neben machen / wie in Beſoldi Theſaur. Pract. klar ausgefuͤhret.
LXXIV. Des letzten Falls / da ein Buch groͤſ - ſer oder kleiner gemacht wird / geſchiehts entweder nur durch groͤber oder kleiner Format und Schrifften / So laͤuffts in vorige Faͤlle / oder es koͤmmet ein Gelehrter druͤber / ſo es entweder in ein Compendium und Ta - bellen / Synopſin und dergleichen contrahiret / oder durch Notas und Supplementa extendiret / oder bey - des zugleich / Als Hilligerus in Donello enucleato ge - than. Jſts nu mit des Autoris auch vorigen Verle - gers Conſens und gutem Wiſſen und Willen geſche - hen / ſo hats ſeine geweiſete Wege / und wird Zweifels frey des vorigen Verlegers Intereſſe mit ſeyn beobach - tet worden. Und ihme uf Begehren vor allen andern zu verlegen uͤberlaſſen werden. Wo aber nicht / wie es mit dem Limnæo enucleato geſchehen / So beſchwe - ren ſich billich Autor und Verleger. So auch / do ein groß Buch alſo in eine Synopſis bracht wuͤrde / daß gleichwohl das Vornehmſte in Haupt-Opere blieb /und55und diß nur zum Wegweiſer dienete / gerieth es dem - ſelben zu mehrer Nachfrage und Befoͤrderung. Jn dem mannicher ſo das große Buch nicht getrauet zule - ſen und kauffen / weils ihm zu viel beduͤncket / vermit - tels des kleinern drangebracht wird. Als mit Car - pzovio geſchehen / und eine loͤbliche Juriſten Facultaͤt zu Erffurdt / 17. Nov. 1669. in terminis de Jure re - ſpondiret ꝛc. doch muß alles mit Willen des erſten Verlegers geſchehen / denn ſonſten waͤre des exci - pirens / augmentirens uñ variirens kein ENDE.
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Fraktur
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