Dem Hochgebohrnen Grafen und Herrn, HERRN Auguſt Chriſtoph, Des Heil. Roͤm. Reichs Grafen von Wackerbarth, Des Koͤnigl. Pohln. weiſſen Adler-Ordens-Rittern Sr. Koͤnigl. Majeſtaͤt in Pohlen und Churfl Durchl. zu Sachſen hoͤchſt - anſehnl. beſtallten Geheimbden Cabinets-Miniſtre, wuͤrcklich Ge - heimbden Rathe, Generaln der Infanterie und Artillerie, Gouver - neurn und Ober-Commendanten derer Reſidentz-Veſtungen, Neu - und Alt-Dreßden, ingl. Koͤnigſtein, Sonnenſtein und Stolpen; Ge - neral-Commendanten der Adel. Compagnie Cadets, General-In - tendanten aller Civil - und Militair-Gebaͤude, und General - Commiſſario der Baltiſchen Meer-Porten, Seinem gnaͤdigen Grafen und Herrn. Ubergiebet aus ſchuldigſter Obſervanz und Devotion dieſe wenige Jhro Hoch-Graͤfl. EX - CELLENZ preißwuͤrdigſten Gouvernements Zeiten, und Deroſelben darinn taͤg - lich ſich zeigenden Pietaͤts-Juſliz-Clemenz - und Magnanimitaͤts-Proben, auch heil - ſamen Militair - und Policey-Veranſtaltungen (da unter jenen ſonderlich das in - Alt-Dreßden errichtete magniſique Gebaͤude der Ritter und Adelichen Cadets Academie billich zu zehlen iſt) gewidmete Bogen
der Autor.
Von denen Seminariis Militaribus, oder Kriegs-Pflantz - Schulen insgemein, deroſelben Nutzen und Nothwendigkeit, auch wie lang und bey was vor Voͤlckern ſolche ſchon laͤngſt in Gebrauch geweſen.
EJn Seminarium Militare, oder Kriegs-Pflantz-Schul, iſt ein ſolches Geſtifft oder Inſtitutum, da die jungen Leute von den zwoͤlfften oder vierzehenden Jahr ihres Alters an, zu allerhand Kriegs-Wiſſenſchafften und Exercitiis in einen darzu bequemen und beſonders aptirten Haus, ſo lang angewieſen und exerciret werden, biß ſie an Alter, Verſtand, Leibes-Kraͤfften und Ge - ſchicklichkeit geſtaͤrcket, tuͤchtig ſeyn, zu ihres Landes-Herrn oder Stadt-Obrig - keit, (welche ſie von Jugend an darzu auferzogen, und mit groſſen Koſten verpflegen und unterrichten laſſen,) und in Summa zu des Vaterlands Dienſten die Waffen zu tragen, und vor deſſelben Wohlfahrt und Beſchuͤtzung, wie es redlichen und tapffern Kriegs-Leuten zuſtehet, zu ſtreiten, damit es dem Land oder der Stadt, welche ein ſolches Seminarium angeleget, niemahls an geſchickten Soldaten und Officiren fehlen, ſondern ſelbige ſogleich aus einer ſolchen Pflantz-Schul koͤnnen ausgenommen, in die Guarniſ[o]nen und unter die Feld-Regimenter vertheilt, und gegen dem Feind angefuͤhret, an ihrer, und der in Krieg gebliebenen Stelle aber ſogleich wieder friſche nachgezogen, und alſo des Landes - oder der Stadt Kriegs - Macht, perpetuirlich in vollkommenen guten Stand, (eben wie ein Pflantz-Gar - ten, der jaͤhrlich ſeine Fruͤchte ausgiebet, dabey aber auch zugleich neue wieder zuziehet, alſo daß niemahls kein Abgang daran zu ſpuͤhren ſey,) unterhalten werden.
Hierdurch erzeiget ſich nun vornehmlich auch dieſer Nutzen, daß man ſtets geuͤbtes Kriegs-Volck auf den Beinen hat, die jungen Anfaͤnger, unter der alten verſuchten Soldaten ihrer Aufſicht und Anfuͤhrung erzogen, durch ſtetiges Exerciren von Muͤßigang abgehalten, arme Knaben die geſunder Leibes-Conſtitution ſeyn. ihren Eltern abgenommen, und in einer ſolchen Pflantz-Schul ernehret und[ge -]kleidet, in ihren Chriſtenthum und nuͤtzlichen Kriegs-Wiſſenſchafften und Exerci - tiis unterrichtet, und gleichſam von der Republic zu ihren Soͤhneu adoptiret wer - den, welches alles ohne ein ſolches Seminarium nicht geſchehen wuͤrde, da wir derA 2meiſten4meiſten armen Leut Kinder ſchlecht erzogen und weder in der GOttes-Furcht noch ehrlichen Handthierungen genugſam unterrichtet, ſondern in den Muͤßigang und in der Jrre herumlauffen, wie wilde ungeſchlachte Baͤume in Wald aufwach - ſen, und wann ſie ſich zumahl hernach auf boͤſe Raͤncke und Tuͤcke, Stehlen und Rauben legen, endlich dem Hencker unter die Haͤnde kommen, oder doch die Zucht-Haͤuſer und Galeeren damit angefuͤllet ſehen, welches alles nicht geſchchen wuͤrde, wann dergleichen Seminaria ein jeder Kriegs-Herr in ſeinem Land oder Stadt aufrichten und unterhalten ſolte, die daraus genommene Recruten ſeynd auch ſchon gleich parat und exerciret, und darffen nicht erſt weit und mit groſſen Koſten zuſamm geſucht oder von allerhand liederlichen Geſind zuſamm getrieben werden, wiewohl wir uns auch wohl beſcheiden, daß nimmermehr ein Kriegs - Herr ſolche genugſame Seminaria werde aufrichten koͤnnen, in welchen alle ihme noͤthige Soldaten, Recruten und Tirones ſolten koͤnnen von ihrer Jugend an er - zogen und auf ſeine oder des Landes Koſten unterhalten werden, anerwogen, daß bey Friedens-Zeiten einem Land daran gelegen, daß es von ſchweren Ausgaben und Preſſuren, (wann anders keine gefaͤhrliche und weit ausſehende Conjuncturen ſich hervorthun, da es allerdings auch in Friedens-Zeiten noͤthig iſt auf den Krieg zu gedencken, und ſich darzu gefaſt zu machen,) etlicher maßen entlaſtet werde, uͤberdem auch das Werben, Preſſen und Ausſchreiben der Soldaten, ein parates und promptes Mittel in Volck-reichen Laͤndern und Staͤdten iſt, (zumal wann Handel und Gewerb in ſolchen darnieder lieget,) eine Zahl-reiche Armee in kur - tzer Zeit auf die Beine zu ſetzen, wie dann ſolches vielfaͤltig bey unſern Gedencken nichts ungewoͤhnliches geweſen, daß, wann heute etliche tauſend Mann geſchlagen worden, morgen ſchon wieder ſo viel an die Stelle ins Lager eingeruͤcket, und der in einer Campagne erlittene Verluſt von 30. biß 40. tauſend Mann, in der kuͤnffti - gen Jahrs-Campagne durch die den Winter uͤber gemachte Recruten oder erkauffte frembde Trouppen, item durch den Aufbot des zehenden oder zwantzigſten Man - ues oder andere Repartitiones ſogleich wieder erſetzet worden, ſo iſt doch indeſſen das Anlegen ſolcher Seminariorum, aus theils ſchon erzehlten Urſachen ein hoͤchſt loͤbliches Werck, welches nebenſt denen Werbungen und Ausſchreiben, auch dar - um kan beybehalten werden, weil man aus ſolchen eines Kern von geuͤbten und vornehmlich dem Land oder der Stadt, (welche ſie ſo lang erzogen und unterhalten hat,) mit ſonderbaren Treu und Pflichten zugethanen Soldaten, ſich zu verſehen hat, wie dann auch den Nutzen und die Nothwendigkeit ſolcher Kriegs-Semina - riorum, alle diejenige Voͤlcker und Potentaten wohl erwogen, welche, daß es an ſolchen Pflantz-Schulen bey ihnen nicht mangeln moͤchte, keinen Fleiß noch Ko - ſten geſpahret haben; die alten Roͤmer deßfalls zu erſt aufzufuͤhren, ſo ſchreibet Ve -getius5getius lib 1. Cap. 4. de Re militari, von denen Tironibus oder der zum Krieg an zu - fuͤhrenden Jugend, weß Alters dieſelbe ſeyn ſoll, folgender maßen:
Si antiqua Conſuetudo ſervanda eſt, incipientem pubertatem ad delectum cogendam, nullus ignorat non enim tantum celerius, ſed etiam perfectius imbi - buntur quæ diſcuntur a pueris, deinde militaris Alacritas, ſaltus, & Curſus, ante tentandus eſt, quam Corpus ætate pigreſcat, Velocitas enim eſt, quæ percepto Ex - ercitio ſtrenuum efficit Bellatorem, Adoleſcentes legendi ſunt ſicut ait Saluſtius: nam primum juventus ſimul ac belli patiens erat, in Caſtris per laboris uſum mi - litiam diſcebat, melius enim eſt, ut exercitatus juvenis cauſetur ætatem nondum ad - veniſſ[e]pugnandi, quam doleat præteriiſſe. Habet etiam ſpacium univerſa diſcen - di neque enim parva aut levis ars videtur armorum, ſive Equitem ſive peditem ſa - gittarium velis imbuere, five ſcutatum armaturæ numeros omnes,[omnesque] geſtus docere, ne locum deſerat ne ordines turbet, ut misſile & deſtinato ictu & magnis viribus jaciat, ut foſſam ducere, ſudes ſcienter figere norit, tractare Scutum & ob - liquis ictibus venientia Tela deflectere, plagam prudenter vitare, audacter inferre Huic taliter inſtituto Tironi, pugnare adverſum quoslibet Hoſtes in Acie, Formido non erit ſed voluptas, welches kuͤrtzlich zu Teutſch ſo viel ſagen will:
Was denen Knaben von Jugend[auf] eingepraͤget wird, das bleibet deſto veſter, weil ſie noch jung ſeyn, muͤſſen ſie zur Geſchicklichkeit des Leibs durch Lauf - fen und Springen, zum Kriegs-Fatiquen aber durch Arbeiten angewohnet wer - den, ſintemahl es beſſer iſt, daß ein Juͤngling ſich beklage, daß ſeine Jahre, in wel - chen er unter andere tapffere Soldaten ſoll aufgenommen werden, noch nicht her - bey gekommen als daß er klage, daß ſie allbereit vorbey gegangen, wann er jung iſt, hat er noch Zeit die Exercitia mit Pfeilſchieſſen, Grabenziehen, Paliſaden zu ſe - tzen, mit dem Schild wohl umzugehen, den Feind vortheilhafftig anzugreiffen, Reyhe und Glieder zu halten, und was dergleichen mehr iſt zu lernen, welches ih - me auch alles ſo gelaͤufftig ſeyn muß, daß er hernach mit Luſt in das Treffen hin - ein gehet, und deßfalls gantz keine Furcht bey ſich verſpuͤren laͤſt.
Jn dem 1. Capitel beſagten Buchs, da dieſer Autor meldet, daß die Roͤmer allein durch ſtetige Ubung der Waffen ihre Feinde uͤberwunden haͤtten, ſchreibet er unter andern auch von denen Tironibus oder ihren Kriegs-Seminariſten alſo: Adverſus omnia profuit Tironem ſolertem eligere, jus Armorum docere, quotidia - no Exercitio roborare, quæcunque evenire in Acie atque in præliis posſint, omnia in Campeſtri Meditatione prænoſcere, ſevere in Deſides vindicare, ſeientia enim Rei bellicæ, dimicandi nutrit Audaciam, nemo facere metuit, quod ſe bene didieiſſe confidit, etenim in Certamine Bellorum, exercitata Paucitas ad Victoriam prom - ptior eſt, rudis & indocta Multitudo, expoſita ſemper ad Cædem, das iſt:
Gegen alle unſere Feinde, (die Gallier, Teutſche, Spanier, Africaner undA 3Grie -6Griechen) iſt uns unſere wohl exercirt geweſene junge Mannſchafft vortrefflich zu ſtatten gekommen, dann ſie hat ſchon zuvor gewuſt, wie es in Krieg und Schlach - ten hergienge, und durch dieſe Wiſſenſchafft wurde ſie kuͤhn und unverzagt, weil ſich niemand ſcheuet, dasjenige ins Werck zu richten, was er wohl gelernet hat, ſo iſt auch ein kleiner Hauff wohl geuͤbter Soldateu beſſer als eine groſſe Menge ungeuͤbter, als die allezeit zu erwarten haben, daß ſie von jenen werden geſchlagen werden.
Dieſe Tirones oder junge Roͤmiſche Seminariſten, wann ſie hernach erwach - ſen und ihre Exercitia, von denen Campidoctoribus, oder Armi-Magiſtris, (derglei - chen heutigs Tags bey unſern neu-angehenden Soldaten die Corporals, Feldwe - bels, Sergeanten und Majors ſeyn,) wohl erlernet hatten, kamen aus ihren Ergaſtu - lis oder Angarijs heraus, und wurden unter die Armee gegeben, auch in die Solda - ten-Rolle eingeſchrieben, vorher aber ihnen auf den lincken Arm die zwey Buch - ſtaben M. R. eingebrand, welches Miles Romanus bedeuten und gleichſam ein Sa - cramentum Militare, Kriegs-Bund und Pflicht (dem Vaterland jeder Zeit treu zu verbleiben) ſeyn ſolte.
Bey denen Griechen waren dergleichen Kriegs-Seminaria ebenfalls ſehr gebraͤuchlich, dann alſo leſen wir bey dem Cornelio Nepote in dem Leben des Epa - minondæ, daß er ſeine Thebaner alſo angeredet habe: Paritur pax Bello, itaque qui ea diutina volunt frui, bello exercitati eſſe debent, quare ſi Principes Græciæ vultis eſſe, caſtris eſt vobis utendum, non palæſtra, durch Krieg und Tapfferkeit wird der Frieden erlanget, wer dieſen lang erhalteo will, der muß immer zum Krieg geruͤſtet, und in denen Waffen geuͤbet ſeyn, wann ihr dannenhero Fuͤrſten in Griechenland ſeyn wollet, ſo muͤſſet ihr euch mehr bey denen Kriegs-Exercitiis als auf den Schauplatz finden laſſen, Armis non ludis promptiores eſſe decet, man muß fertiger zu ernſthafftigen Kriegs-Sachen, als zu Kurtzweilen und Schau-Spielen ſeyn, welchergeſtalt auch Iphicrates zu ſeiner Athenienſer groſſen Vortheil, die Kriegs-Exercitia bey ihrer Armee auf guten Fuß geſetzet, die alte Untaugliche, wie auch dergleichen Waffen abgeſchaffet und beſſere und bequemere dafuͤr eingefuͤhret habe, ſolches iſt ebenfalls bey bemeldten Autore zu leſen, ein gleiches hat auch Chabrias gethan, und der ſchon zuvor gedachte Epaminondas uͤbte ſich gleich nach zuruͤck gelegter Minderjaͤhrigkeit, (welches bey denen Theba - nern das 14 de Jahr des Alters war, in der ſo genannten Gymnaſtica oder Kriegs - Exercitien-Schul, welche, worinn ſie beſtanden, bey dem Vosſio de 4. Art popul. C. 3. ausfuͤhrlich beſchrieben wird, es hatten aber hauptſaͤchlich die alten Grie - chen deßfalls dreyerley Profesſiones in ſteter Ubung, unter welchen die erſte war Tactica, oder die Anweiſung zu denen Schlacht-Ordnungen, die andere Stratage - tica, dieſe gab Unterricht von den Amt eines Obriſten, wie er ſein Kriegs-Volckſolte7ſolte regieren, die dritte war Poliorcertica, welche die Fortification der Oerter lehrte, ſo weit ſelbige zu ſelbiger Zeit bekannt war, auch wie die Belaͤgerung eines Orts am beſten auszuhalten waͤre, wovon hernach der uhralte Scribent Æneas einen gantzen, und von ſaaco Cauſabono ins Lateiniſche uͤberſetzten Tractat Polior - ceticus ſive de toleranda obſidione betitult, geſchrieben hat, die Olympiſche Schau - Spiele, in welchen ſich die Kaͤmpffer in Lauffen, Springen, Scheibenwerffen, Ringen und Fechten uͤben muſten, waren ebenfalls eine Art der Kriegs-Schulen, die Griechiſche Jugsnd in dem Gebrauch der Waffen deſto beſſer anzufuͤhren, daß auch der Verſtand mit der Geſchicklichkeit des Leibs in Kriegs-Sachen verknuͤpf - fet und ein Soldat Arte & Marte gerecht ſeyn muͤſte, zeigten ſie mit ihrer gewaffne - ten Pallas an, als deren ſie einen Spieß in die Hand gaben, wovon hernach der Vers bekannt worden: Haſta e[t]iam vibrans penetrabile monſtrat Acumen. Vid. Pancirol. Rer. Memorab. cum Commentariis Salmuthi Part. 1. Tit. 39. p. 132. Es muſten auch uͤber dem (nach unſerer heutigen Redens-Art) alle Griechiſche Tirones und Soldaten zur Fahne ſchwoͤren, dahero leſen wir bey dem Curtio lib. 7. daß des Alexandri M. Soldaten ihren Koͤnig alſo anredeten: An non in Tua Verba, Tui omnes, Te præeunte juravimus, nos inimicos Amicosque habituros, quos Tu haberes, haben wir Dir nicht bey unſetn Eyd und Pflichten zuge - ſagt, daß wir getreu bey Dir halten, und diejenige vor Freund oder Feind erklaͤren wolten, die Du davor erklaͤren wuͤrdeſt dergleichen Eydſchwur, ſo man Sacramentum militare nennte, war auch bey denen Roͤmern gebraͤuchlich, und zwar zogen ſie eben wie die Griechen dabey ihre Schwerdter aus, und ſchwungen ſolche mit erhobenen Armen um die Koͤpffe herum, worauf Lucanus Lib. 1. zielet, wann er ſchreibet:
Der alten Juͤden ihre Kriegs-Schulen und wie in ſolchen ihre Jugend zu allerhand Exercitiis angehalten worden, giebet uns die heilige Schrifft, ſamt de - nen Autoribus, die von denen Juͤdiſchen Antiquitaͤten geſchrieben, in unterſchiedli - chen Stellen zu erkennen, alſo wann im 2. Buch Samuelis Cap. I. v. 18. ſtehet, Da - vid befahl, man ſolte die Kinder Juda den Bogen lehren, werden hierunter alle Arten von Kriegs-Exercitiis verſtanden, welches dentlich aus denen Worten des 46. Pſalms v 10. abzunchmen, da unter den Zerbrechen des Bogens, das gantze Aufheben und Steuren des Kriegs verſtanden wird, lange zuvor und zu der Rich - ter Zeiten wuͤrden ſie ſchon in Schleudern oder Steinwerffen geuͤbet, wie ſolches aus den 20. Capitel und deſſen 16. Vers des Buchs der Richter erbellet, da allein unter denen damahls zum Krieg ausgezogenen Benjamiten ſieben hundert Mann gezehlet wurden, welche lincks waren, und doch mit der Schleuder einHaar8Haar treffen kunten, daß ſie nicht fehleten, wie accurat auch der kleine David dem ungeheuren Goliath einen toͤdtlichen Schleuder-Wurff mitten in ſeine Stirn an - gebracht, ſolches iſt zu leſen in 1. Buch Samuelis im 17. Capitel, alſo heiſſen im 2. Buch der Koͤnige am 3. Cap. v.15. nicht allein Schleuderer diejenige, welche mit ihren Schleudern Steine werffen kunten, ſondern auch die mit allerhand Gewehr und Ruͤſtung wohl umzugehen wuſten, von der Ubung in Pfeilſchieſſen, und deſſen ſonderlich an denen Hoͤfen der Jſraelitiſchen Koͤnige gar vielfaͤltigen Gebrauch, iſt zu leſen das 2. Buch Samuel. Cap. 10.v.10.21.22.36. item im 2. Buch der Koͤ - nige Cap. 9. und 19. da in beyden merckliche Exempla von Pfeilſchieſſen zu finden ſeyn, bey der Wiederkunfft aus der Babyloniſchen Gefaͤngniß richtete Eſora auf Befehl des Xerxis eine oͤffentliche Academiam zu Jeruſalem auf, in welcher nicht allein Theologica, ſondern auch Politica gelehret wurden, von der heydniſchen Ritter-Academie, die auf Befehl des Antiochi Epiphanis zu Jeruſalem recht gegen dem Tempel uͤber aufgerichtet worden, iſt zu leſen das 1. Buch der Maccabaͤer Cap. 1.v.46. item das andere Cap. 4.v.15. man beſehe auch, was vor ſchoͤne Ordnung ſie in ihren Kriegen und Kriegs-Zuͤgen gehabt und gehalten haben, da war erſtlich der Feld-Hauptmann, dergleichen Joab, Abner, Amaſia geweſen ſeyn, ferner die Chiliarchæ oder Obriſten uͤber tauſend, die Hecatontarchi, oder Capitains uͤber 100. die Pentecontarchi uͤber 50. und die Decatarchi uͤber 10. dieſe insgeſamt trieben mit ihren untergebenen taͤglich die ihnen vorgeſchriebenen Exercitia, und lehrten ſie, wie ſie ſich ſo wohl in Bataillen als Belaͤgerungen gegen ihre Feinde verhalten ſolten, ſie muſten allezeit 5. Mann in einen Glied marchiren, in den March oder Zug hatten der Stamm Judas, Jſaſchar und Zabulon, auf dem erſten Trompeten-Schall die Avantgarde, dieſen folgten Ruben, Simeon und Gad, wann ſie den andern Trompeten-Schall hoͤrten, auf den dritten Schall giengen Ephraim, Manaſſe und Benjamin, und auf dem vierdten Dan, Aſer und Naphtali, die 24. Knaben, welche vor Joab und Abner ſpielen, und weil ſie beyderſeits in Fechten und Ringen wohl geuͤbt geweſen, ſich einander die Haͤlſe brechen muſten, waren Juͤdiſche Tirones und Kriegs-Schuͤler, Zweiffels ohne Cadets und Pages bey denen beyden groſſen Generalen oder Feld-Herren, wovon im 2. Buch Samuelis Cap. 2. zu leſen iſt, woſelbſt auch des Aſahels, daß er ſehr leicht wie ein Reh auf ſeinen Fuͤſſen geweſen, gedacht wird, die Helden Davids, deren das 23. Capitel des 2. Buchs Samuelis Meldung thut, waren gewißlich auch in der rechten Kriegs-Schul geweſen, und kunten vor groſſe Profeſfores dar - inn paßiren, aus des Hauptmanns zu Capernaum ſeinen Worten, da er die Will - faͤhrigkeit der unter ſeinem Commando ſtehenden Kriegs-Knecht lobet, iſt das taͤgliche Exerciren, welches in allen Juͤdiſchen Beſatzungs-Staͤdten mit denen da - ſelbſt in Quartier liegenden Soldaten vorgenommen worden, zu erſehen, wie offtwird9wird auch nicht in heiliger Schrifft der jungen Mannſchafft gedacht, als im 1. Buch Samuelis am 24. Cap. v.3. und im 25. Cap. v.2. im 2. Buch Samuelis am 6. v. 1. und in 10. C. v.9. im 1. Reg. am 12. C. v.21. im 2. Buch der Cro - nic. am 11. C. v.1. am 13. C. v.3. Eſaiaͤ am 9. C. v. 17. und im 31. C. v. 8. Jer. am 11. Cap v. 22. Ezech. Cap. 23. v. 6. 12. und 23. und ſo weiter, worun er dann viel zum Kriegs-Weſen angefuͤhrte Tyrones mit begriffen ſeyn, Rehabeam folgte dem Rath ſeiner mit ihme aufgewachſenen jun - gen Juͤdiſcher Edelleute, welche Zweiffels ohne mit ihm ihre Exercitia in der Ju - gend zuſamm getrieben, und zog ſich dadurch den Abfall der zehen Staͤmme auf den Hals, wio zu leſen im 1. Buch der Koͤnige am 12. Cap. voraus iſt dieſes ein groſſes Argument vor die Juͤdiſche regulirte Miliz, was Cap. 9. beſagten Buchs von Salomonis Reuter-Staͤdten, Chevaliers oder Ritter-Guarden, Kriegs - und Amt-Leuten gemeldet wird. Jngleichen was wir im 17. Capitel des 2. Buchs der Cronicka von des Koͤnigs Joſaphat ſeiner vortrefflichen Kriegs-Verfaſſung, regulairen und Zahl-reichen Militz, Veſtungen, Zeug - und Korn-Haͤuſern leſen, auch wie viel hundert tauſend gewaffnete Mannſchafft er auf einmal ins Feld ſuͤhren koͤnnen, in den 14. Capit. des 1. Buch Samuelis v. 53. wird des Koͤnig Sauls gedacht, daß, wo er nur einen ſtarcken und ruͤſtigen Mann geſehen, er ſol - chen zu ſich genommen, ſo ein groſſer Liebhaber war dieſer (hernach wegen ſeines Ungehorſams gegen GOtt ungluͤckliche) Koͤnig von rechtſchaffenen Kriegs-Leu - ten und Officirern, wie dann in eben dieſen Capitel ſeiner als eines guten Sol - datens, (welchen uͤber dem eine ſchoͤne und lange Leibs-Geſtalt zierte) eigenen tapffern Thaten gegen die Moabiter, Ammoniter, Edomiter, Philiſter und Ama - lekiter gedacht wird, gleich alſo muß auch ſein Koͤniglicher Printz Jonathan von Jugend auf in allen loͤblichen und martialiſchen Tugenden ſeyn erzogen worden, welches nicht allein aus ſeiner g[e]nereuſen Liebe, die er zu David getragen, und auch aus ſeinen Helden-Thaten gegen die Philiſter, ſondern auch aus ſeinen fer - tigen Exercitio in Tractirung der Waffen, da ſonderlich ſeines Pfeilſchieſſens nach den Ziel im 1. Buch Samuelis am 20. v.20. gedacht wird, zu erſehen iſt, die Kriegs-Reguln der Jſraeliter ſeynd im 5. Buch Moſis am 20. Capitel, und der Jſraelitiſche Kriegs-Staat zu Davids Zeiten, im 1. Buch der Cronica am 12. Cap. zu leſen, in deſſen folgenden 13 ten v. 28. auch des jungen Edelmanns Zadock als eines redlichen Heldens Meldung geſchiehet.
Von der alten Teutſchen ihrer Jugend Anfuͤhrung zu Kriegs-Sachen und Kriegs-Fatiguen, haben wir vors erſte die beſte Nachricht aus dem Tacito de Moribus Germanorum, oder von der Teutſchen ihren Sitten, da er unter andern der Erziehung wegen, und damit ſie zukuͤnfftigen Kriegs-Fatiguen deſto gehaͤrte - ter werden moͤchten, Cap. 20. ſchreibet, ſie laſſen ihre Kinder nackend in HaußBberum10herumlauffen, damit ſie Hitz und Kaͤlte ſo viel beſſer ertragen lernen, in dieſen Zuſtand wachſen ſie recht verwunderlich mit ſtarcken Gliedmaßen, und einen langen geraden Leib auf, auch ſaͤuget NB. eine jede Mutter ihr Kind ſelbſt, und giebt ſolche keinen Maͤgden noch Ammen uͤber, wie man denn auch keinen Unter - ſchied zwiſchen eines Herrn und Dieners Kind ſiehet, ſie werden gleich erzogen, biß ſie endlich das Alter von einander unterſcheidet, die um den Rhein wohnende Teutſchen pflegten gar ihre neugebohrne Kinder, ſo bald ſie aus Mutter Leib ka - men, in dieſen Fluß hinein zu tragen, und daſelbſt unter das kalte Waſſer zu tau - chen, damit ſie durch dieſe Extremitaͤt von der einen zu der andern, gleich als ein gluͤendes ins Waſſer geſtecktes Eiſen ſo viel mehr gehaͤrtet werden moͤchten, woruͤ - ber ſich Galenus Lib. 1. de tuenda Sanitate hoͤchlich verwundert, wann er ſchreibet: Quis quæſo ſuſtineat infantem modo editam, & ab Utero adhue ca - lentem ad Flumen deferre, ut apud Germanos fieri ajunt, ceu eandens ferrum, in frigidam aquam immergendo, fimul de naturæ vigore periculum facere, fimul - que corpus ipſum roborare.
Wann ſie ein wenig erwachſen, ſo war ihre Speiſe wildes Obſt, dicke Milch, und zuweilen bekamen ſie auch etwas von Wildpret, das ihre Vaͤter mit ihren Pfeil und Bogen gefaͤllet hatten, man beſehe hiervon unſern Planta - gen-Tractat, ingleichen was wir in dem Kuͤch - und Keller-Dictionario von der alten Teutſchen ihren Speiß-Arten gemeldet.
Wie nun ſolchergeſtalt die Speiſen gantz ſimples waren, alſo gieng es auch mit der Kleidung her, davon abermahls Tacitus Cap. 17. ſchreibet, daß ſie ſich mit einem groben Rock, der glat an den Leib anlag, und vorn mit einen ſpitzigen Dorn, bey denen Reichen aber mit einer Spange zugeſteckt geweſen, ingleichen mit wilder Thiere Haͤuten, die ſie ſelbſt auff der Jagt erleget, be - kleidet haͤtten.
Nun auff ihre Exercitia zu kommen, ſo wuſten ſie zwar von denen Kriegs - Ubungen, die damahls bey denen Roͤmern gebraͤuchlich waren, nicht viel, je - doch war die harte Letzens-Art, die ihre Jugend-ſich angewoͤhnen muſte, ſchon ein guter Anfang darzu, ſonderlich da man ſie bey Zeiten mit auff die Jagt nahm, da ſie ſich dann uͤber Berg und Thal das Wild zu verfolgen, auch offt in lan - ger Zeit unter kein Ob-Dach zu kommen angewoͤhnen muſten, wiewohl auch Tacitus Cap. 6. ſchon meldet, daß man die junge Mannſchafft mit in die Schlacht genommen, und ſolche zwiſchen die Reuterey poſtiret habe.
Weil ſie auch ſehr im Gebrauch hatten, ihre junge Nobleſſe bey Zeiten zur Auffwartung an Fuͤrſtliche Hoͤfe (wie etwan heutigs Tags mit denen Pa - gen geſchiehet,) zu bringen, ſo ruͤhmet hiervon abermahl Tacitus Cap. 13. & 14. daß ſie ſich alsdann ihrem Herrn durch tapffere Thaten gefaͤllig und beliebtzu11zu machen ſehr bemuͤhet haͤtten, ſeine Worte hiervon lauten alſo: Die Fuͤr - ſten ſtveiten umb den Sieg, und ſie, (nehmlich die junge Mannſchafft,) ſo um und bey ihnen ſeyn, umb den Fuͤrſten deſſen Leib zu bewahren, und ihn in aller - hand Occaſionen ritterlich beyzuſtehen, welches alles eine vorhergegangene Kriegs-Ubung andeutet, wie ſie dann auch wann ſie eine Zeitlang bey Hof ge - weſen, oder ſonſt ihre Bravonre in Martialiſchen Ubungen und Occaſionen er - wieſen haben, wehrhafft gemachet, und ihnen ein Degen angehaͤnget worden, der eben die Bedeutung als der Roͤmer ihr Maͤnnliches Kleid hatte, welches ſie ihren jungen Patriciis die nunmehro ihr Tyrocinium wohl vollbracht hat - ten, angeleget.
Vor allen aber moͤchte uns von der alten Teutſchen ihrer Jugend Anfuͤh - rung zu Ritterlichen Ubungen dasjenige was mit ihren Fuͤrſten Arminio vor - gegangen, eine ziemliche Perſuaſion machen, dieſer junge Herr eines Cheriſchen Fuͤrſten Sohn, diente als Volontair in der Roͤmer ihrer Armée, und hielte ſich wie Vellejus Paterculus ihme das Zeugniß giebet, in allen Occaſionen ſo wohl, daß ihme endlich das Roͤmiſche Stadt-Recht, und die Wuͤrde eincs Remiſchen Ritters von Keyſer Anguſto ertheilet worden, welche Ehren-Zeichen er doch alle in den Wind ſchlug. Als er nach und nach der Roͤmer ihre Intenrion die freye Teutſche unter ihr Joch zu bringen, merckte, dahero er ſich von ihnen ab - ſchlich, zu ſeinen Landes-Leuten kam, und die bekannte groſſe Schlacht wieder die Roͤmer (welche von des Auguſti Feld-Herrn Quintilio Varro commandi - ret wurden,) gewann, welche Niederlage dem Auguſto ſo ſehr zu Hertzen gieng, daß er auch mit dem Kepff wieder die Wand lief, und etliche Tage lang vor groſſen Unmuth ausrieff: Redde mihi Varre Legiones meas: Schaffe mir o Varre meine von denen Teutſchen erſchlagene Legiones wieder.
Daß aber hierauff der Arminius ſeine fieghaffte Teutſchen, und ſonder - lich ſeine Cheruſcer eben wie der Marobodns ſeine Marck-Maͤnner weidlich in denen Waffen werde exerciret, und was er in der Roͤmiſchen Armée von Kriegs-Exercitiis gutes geſehen, auch bey ihnen eingefuͤhret haben, ſolches iſt gantz kein Zweiffel, zumahl weil er ſich leicht die Rechnung machen kunte, daß, das damahls auff dem hoͤchſten Gipfel ſeiner Gluͤckſeeligkeit geſtandene Rom, dieſe Schlappe nicht ungerochen laſſen wuͤrde, wie dann hernach auch unter Germanico geſchehen iſt, welcher Geſtalt in denen folgenden und mittlern Zei - ten, unter denen Teutſchen Roͤmiſchen Keyſern die Kriegs-Exercitia je laͤnger je mehr gewachſen, und ſonderlich die ſtreitbare teutſche Jugend darzu ruͤhm - lich angefuͤhret worden, ſolches geben uns die vielfaͤltige Geſchichte ihrer Hel - den-Thaten, die Tranferirung des Keyſerthums von denen Roͤmern auff die Teutſche, die von denen Keyſern angeordnete Turniere und Ritterliche Kampf -B 2Spiele.12Spiele, der Urſprung ſo vieler hoherChur - und Fuͤrſten, Grafen, Ritter und Adelicher Haͤuſer, die ſo wohl zur Verbeſſerung der Studien und freyen Kuͤnſte, als zur Erlernung und Ubung der Kriegs-Kuͤnſte der Teutſchen Jugend zum beſten geſtifftete Univerſitaͤten und Ritter-Academien, als auch dieſer letzteren ihr heutiger Flor, voraus aber die viele Reichs-Conftitutiones, daß die junge Mannſchafft ſo wohl auff den Land, als in denen Staͤdten, (zumahl bey an - ſcheinender Tuͤrcken-Kriegs-Gefahr) fleißig in dem Waffen ſolte geuͤbet wer - den, zu erkennen.
Der Tuͤrcken ihre Seminaria betreffend, ſo ſeynd ſolche ſchon ſeiter der Zeit ihrer durch Conſtantinopels Eroberung veſt geſetzten gewaltſamen Regie - rung in ſteten Gebrauch geweſen, werden auch noch biß auff den heutigen Tag; an vier Orten ihres Reichs, als zu Conſtantinopel, Adrionopel, Ibrahim, Bacha und Pera, aus denen jaͤhrlich aus denen Tuͤrckiſchen Provintzien zufamm ge - triebenen Tributs-Kinder unterhalten, dieſe, und auch der aus gebohrnen Tuͤr - cken beſtehenden Militz, ermangelt es hernach auch nicht an der Wiſſenſchafft martialiſcher Ubungen, voraus aber in unterſchiedlichen Ritter-Spielen und Gewiß-ſchieſſen mit Pfeil und Bogen, auch mitten in des Pferds ſtaͤrckſten Lauff, ſo daß unſere Europaͤiſche Chriſtliche Ritters-Leut darinnen wenig oder nichts vor ihnen voraus haben, wie dann ſolches an ihren groſſen Feſt-Taͤgen und andern Solennitaͤten, ſonderlich bey Beſchneidungen ihrer Keyſerlichen Prin - tzen mit Verwundern anzuſehen iſt, in Ernſt und Kriegs-Sachen laͤſſet man ſie von Jugend auff ebefalls nicht muͤßig ſeyn, wiewohl ſolches bey weiten der Chriſtlichen Potentaten ihren, bey ihrer Militz eíngefuͤhrten Exercitien und Re - glements nicht beykommet, wie dann auch die Tuͤrcken ſelbſt bekennen muͤſſen, daß ſeiter ihres ſieghafften Selims, und Magnifiqven Solimanns Zeiten, dann alſo benennen ſie nach Rigauds Bericht dieſe ihre beyde alte Keyſer,) die Kriegs - Exereitia und die Bravoure ihrer Militz ſehr gefallen waͤre, was die Zaims und Timarioten betrifft, konten ſolche ebenfalls gewiſſer maſſen, unter die Tuͤr - ckiſche Kriegs-Seminariſten gerechnet werden, weil ſie ihre Lehn-Guͤther nur darum beſitzen, damit ſie hernach den Groß-Sultan in ſeinen Feld-Zuͤgen, mit einer gewiſſen Anzahl ihrer auffgebotenen Knechte Dienſte thun muͤſſen, ſo ſie auch ſterben, ſo ererbet eines ſolchen Zaims oder Timariotens Sohn ſeines Va - ters Guͤther eher nicht, er habe ſich dann auch zu denen Kriegs-Zuͤgen und Exercitiis qualificiret gemacht, welches ja billich ein Seminarium TuͤrckiſcherKriegs - und Lehns-Leute mag genennet werden.
Wir kommen aber nunmehro auf unſere heutige in der Chriſtenheit florirende und alle vorbemelde weit uͤbertreffende Seminaria Militaria, es ſey gleich der da - bey gehaltenen ſchoͤnen Ordnung des fertigen Gebrauchs der Waffen, Jtem derunver -13unvergleichlich eingefuͤhrten Kriegs-Exercitien, und der dabey nothwendigen Kriegs-Wiſſenſchafften, oder auch der Bravoure halber, welche eine Ehriſtliche wohl regulirte und diſeiplinirte Militz, in Vergleichung gegen Barbariſche und und andere Nationen, ſonderlich zu der Zeit beſitzet, da die Kriegs-Kuͤnſte ungleich hoͤher geſtiegen. als ſie vor tauſend und mehr Jahren, (vornehmlich vor Erfindung des Buͤchſen-Pulvers, und der ſo hoch getriebenen Beveſtigungs-Kunſt) nicht ge - weſen ſeyn.
Die darinnen befindliche Seminariſten, und zwar in weiten Verſtand ge - nommen, ſeynd erſtlich alle tapfere von Adel und Ritters-Leute, welche ihren Landes-Herrn und dem Vaterland zu Dienſte bey ſich ereignender Feindes-Ge - fahr auffſitzen, und ihrerLehns - und Vaſallen-Pflicht, mit Heldenmuͤthigen Strei - ten, nach eines ieden Landes ſeiner beſondern Verfaßung hieruͤber) nachkommen muͤſſen, es ſeynd es auch ferner alle wohl exercirte Buͤrgerſchafften in Reichs - Reſidentz-und Municipal Staͤdten, welche wohl ehe groſſe Feindliche Armeen nach viel woͤchentlicher Belaͤgerung und ungemeiner vor ihren Waͤll und Mauren ge - brauchten Kriegs-Gewalt tapfer abgewieſen, oder doch ſo lang ſich maͤnnlich de - fendiret haben, biß ſie entweder Succurs oder einen honorablen[Accord] erlanget, unter dieſen Buͤrgerſchafften, die mehrentheils des Jahrs einmahl von ihren Buͤrger-Capitainen exerciret werden, haben hernach wieder das Præ. Jhre ſo genannten Schuͤtzen-Compagnien, die woͤchentlich ſich in ihren Schieß - oder Schuͤtzen-Haͤuſern mit gezogenen Roͤhren nach der Scheiben, Jtem mit Arm - Bruͤſten, auch wohl zu gewiſſen Zeiten mit Canonen-Schießen uͤben, und dadurch ſo geſchickt werden, daß ſie vielmahls von ihren Waͤllen denen Belaͤgerern man - chen Mann darnieder geleget, als Kriegs-Seminaria haͤtte man auch die Jaͤger die ſich hin und wieder in Teutſchland befinden anzuſehen, zumahl wann die Herr - ſchafftliche oder Landes-Fuͤrſtliche Jaͤgerey in dem Land, wo dieſəlbe ſehr ſtarck iſt, in gewiſſe Compagnien vertheilet, und zu gewiſſen Zeiten auch auf Soldatiſch exerciret, hernach ein gleiches mit der Nobleſſe und anderer Landſaßen ihren Jaͤ - gern vorgenommen, aus beyden Partheyen aber hernach Regimenter formiret wuͤrden, welche in Nothfall mit ihren gezogenen Roͤhren, gegen einen einbrechen - den Feind koͤnten geſuͤhret werden.
Die in oielen groſſen Reichen auf guten Fuß ſtehende Land-Militz, die Po - ſpolite Ruſcenie in Pohlen und Litthauen, der Bann und Arriere Bann in Franck - reich, die ſo genannten Trainbands in Engelland, und in der Schweitz der Aufbot und Außſchuß, (welcher in 24. Stunden uͤber hundert tauſend[Mann][aufbringet],) ſeynd alle unter ſelbiger Laͤnder Seminaria Militaria zu rechnen.
Voraus aber unſerer Europaͤiſchen Potentaten ihre auf denen Beinen ha - bende Zahlreiche Armeen, in welchen durch eine gleichſam perpetuirliche Circulati -B 3on14on taͤglich ſo viel Soldaten und Recruten, auch durch das ſtetige Exerciren und Æmuliren, welches mancher Kriegs-Officier und auch gemeiner Soldat in der Begierde und Faͤbigkeit zu Militairiſchen Wiſſenſchafften bey ſich ſpuͤhren laͤſt, ſo viel geſchickte Leute auffwachſen, daß ein Feld-Lager und Garniſon wegen der darinn taͤglich vorfallenden martialiſchen Haͤndel ſchon eine vollkommene Kriegs-Schul und Seminarium mag genennet werden, allein von dieſen alſo in weiten Verſtand genommenen Seminariis, iſt dieſes Orts unſere Rede nicht, ſondern von denen, in welchen (wie zuvor erwehnter maſſen die alten Roͤmer gethan,) eine ſonderbahre Anzahl junger und zu Kriegs-Exercitiis geſchickter Leute auff des Landes-Herrn, oder einer groſſen Republic und Landſchafft Koſten unter - halten, mit tuͤchtigen Lehr - und Exercitien-Meiſtern verſehen, und ſo lang in einen ſolchen Seminario verpfleget werden, biß man ſie unter die regulaire Militz, zu Garniſonen und Feld-Regimentern zu der Artiglerie oder den Ingenieur-Corps bey denen See-Puifſancen aber auff die Schiffe und zu der Marine abgeben, und hierdurch abgehende Oſſiciers und auch gemeinen Soldaten-Stellen (nachdem nehmlich der Seminariſten ihre Condition und Capacitaͤt iſt,) wieder erſe - tzen koͤnne.
Dergleichen Seminaria hat ſchon laͤngſt Franckreich und zwar der Marine wegen, in allen ſeinen See-Staͤdten auffgerichtet, da gewiſſe Profeſſeurs d’Hy - drographie oder der Navigation und Steuermanns-Kunſt beſtellet worden, wel - che erſtlich etliche geſchickte Wayſen-Kinder deſſelbigen Orts aus denen Way - ſen-und Findel-Haͤuſern, dann auch gewiſſe von den Koͤnig ſelbſt unterhaitene Alumnos (ſo mehrentheils Cadets oder junge Edclleut, auch vornehmer Buͤr - gers Leut ihre Soͤhne ſeyn, welche der Koͤnig kuͤnfftig zur See oder bey der Marine zu dienen, angenommen hat,) in der See-Fahrt und Steurmanns - Kunſt unterrichten, und ſelbigen dem Gebrauch der See-Carten, des Globi und Compaſſes, des Grad-Bogens, Aſtrolabii, und anderer auff Schiffen ge - braͤuchlichen Inſtrumenten zeigen muͤſſen, wie ſolches in unterſchiedlichen Arti - culis Cap. VIII. des Frantzoͤſiſchen See-Reglements zu erſehen iſt.
Eben ſolche Marinen-Seminaria hat auch Engelland ſowohl in Londen als auch zu Chelſey, (woſelbſt auch das Invaliden-Hauß der Seefahrenden ange - leget iſt,) ingleichen Dennemarck zu Copenhagen, voraus aber jetziger Zeit Moſcau établiret, wovon das dritte Capitel der neuen Aufflaze unſers Moſco - witiſchen Kauffmanns von p. 127. an nachzuleſen iſt, da man unter andern von Seiner Czaariſchen Majeſtaͤt angelegten Academien der Kuͤnſte und Wiſ - ſenſchafften, Gymnaſiis und Seminariis, auch in St. Petersburg, eine mit ge - lehrten Profeſſoribus beſetzte See-oder Marinen-Academie antreffen wird, in welcher die von Seiner Majeſtaͤt auff ihre Koſten unterhaltene Jugend, in derArit -15Arithmetica, Geometria, Schiffbau-Kunſt, und andern zur Navigation gehoͤri - gen Wiſſenſchafften unterrichtet wird.
Die ſonſt hin und wieder in Teutſchland établirt geweſene Ritter-Acade - mien waren ebenfalls nichts anders als ſolche Seminaria, in welchen die Ade - liche und vornehme Buͤrger-Jugend zu allen ſolchen Wiſſenſchafften ſolten angefuͤhret werden, welche ihnen dermahleins bey Hof-und in Regenten-oder auch in Militair - Stand zu ſtatten kommen koͤnten, warumb aber ſolche meh - rentheils eingegangen, und wie ſolche auff einen und zwar weit beſtaͤndigern Fuß als die auffgebobene geweſen, konten retabliret, und die noch taliter qua - liter beſtehende, in gute Ordnung geſetzet werden, ſolches wollen wir uns auff eine andere Zeit anzuweiſen vorbehalten haben.
Wir ſchlieſſen nunmehro dieſes Capitel mit unterſchiedlicher (aus beruͤhm - ten Autoribus, uͤber die Materiam von Tyronibus oder Kriegs-Schuͤlern gezo - genen Anmerckungen, und zwar ſo ſchreibet gleich Vegetius lib. 1. Cap. 28. in fine: Vilius conſtat armis erudire ſuos, quam alienos mercede conducere, es koſtet weniger ſeine eingebohrne Landes-Kinder in Waffen zu unterrichten, als frembde vor Geld zu dingen, welchen Worten Lipſius beyfuͤget: Quod Exteri in itu & reditu conſumunt, hoc ſi in armandis & exercendis Domeſticis impen - dis, egregiam habes & femper tibi ad manum militarem manum, illi longinquo accerſendi, & cum diſpendio fœpè expectandi ſunt, domeſtici in Tua ſede uno Edicto evocautur & adſunt, was du auff jene nehmlich Frembde mit kom - men und wieder weggehen wendeſt, das wird es dir koſten, deine Unterthanen in Waffen abrichten zu laſſen, hierdurch aber haſt du eine eigene und beſtaͤndi - ge Kriegs-macht allezeit bey der Hand, da die ſreɯbde afft von weiten her muß beruffen werden.
Von der denen Roͤmern taͤglich zugewachſenen jungen Mannſchafft ſchrei - bet Plutarchus in Pyrrho, Romanis Viros & ſobolem militarem, tanquam e pe - renni fonte Domi affluxiſſe, es waͤre ihnen ſolche wie das Waſſer aus einer Qvelie zugefloſſen, dannenhero auch der Pyrrhus, als er wieder die Roͤmer zu Feld gelegen, ſoll geklaget haben: Videri ſibi pugnam cum Lernæa quadam hydra ſuſceptam, cui Capite uno reſecto alind alindque duplicetur & accreſcat; Es kaͤme ihme ſein Krieg mit denen Roͤmern nicht anders vor, als wann er mit der Lernæiſchen Schlangen ſtritte, welcher er nicht ſo bald einen Kopff ab - gehauen, als ſchon gleich zwey andere an die Stelle wieder gewachſen waͤren, ſo bald die Roͤmer von ihrer alten Kriegs-Zucht nachgelaſſen, waren ſie auch ungluͤcklich, dieſes bezeuget Vegetius im obbemeldten 28. Capitel mit dieſen Worten: die Sicherheit des langen Friedens, hat die Menſchen eines Theils zu denen Wolluͤſten des Muͤßiggangs, anders Theils auff Buͤrgerliche Sachengezo -16gezogen, dadurch die Kricgs-Zucht geſchwaͤcht, und endlich gar vergeſſen wor - den. Verwundere ſich demnach niemand, daß da es zu unſerer Vaͤter Zeiten auch alſo zugegangen, der zwantzig Jaͤbrige Stillſtand, nach dem Erſten Puͤni - ſchen Krieg, unſere zudor ſieghafft geweſene tapffere Roͤmer ſo ſehr geſchwaͤ - chet, daß ſie in dem Zweyten dem Hannibali nicht gewachſen geweſen, weil ſie nehmlich ohne junge geuͤbte Mannſchafft waren, und viel alte Obriſten und Buͤrgermeiſter verlohren hatten, biß ſie endlich die alte Diſciplin wieder hervor - geſucht, darauff es ſchon beſſer gegangen iſt, Forſtnerus in ſeinen Notis Poli - tic. ad Tacit. Ann. IV. fol. 549. ſchreibet von dem Unterſchied zwiſchen der neugeworbenen und alten exercirten Roͤmiſchen Militz folgender Geſtalt: Hodie cum Tympanum ſtrepit coeunt protervi, ociofi, legum impatientes, pa - rentibus immorigeri, maximi Mulierum Mœchi, Alcatores, Urbium fuarum Fex & Purgamentum, quibus neque Boni intellectus eſt, neque mali Cura, qui[neque] in Victoria Decus, neque in Fuga Flagitium putant — Romani vero ex Tribubus, Coloniis & Sociis militem habebant electum, Belli & Mune - rum militarium gnarum, Acie invictum,, & qui Annos non plus ex Faſtis, quam ſtipendiis fuis numerabat, ut Romani Exerci[t]us a Noſtris differant, quod Navis quæ probatis Tiabibus eſt compacta, ab Ea, quam imtempeſtivè exciſæ Arbores, & omnia non penſtatis vitiis ligna Componunt. Warumb auch nicht alle junge Leute unter die Roͤmiſche Militz, ſondern nur diejenige, ſo etwas Mit - tel hatten, auffgenommen worden, deſſen giebt uns Cæſar lib. 3. de Bello Gal - lico, Cap. 17. folgenden Bericht: Populus Romanus per Claſſes diviſus erat, & pro Patrimonii Facultate cenſebator, ex iis omnibus quibus Res erat, ad mi - litiam ducebantur, diligenter enim pro Victoria laborabant qui præter liberta - tem bona defendebant, dann diejenige ſtreiten allezeit tapffener, welche ſowohl vor die Erhaltung ihrer Freyheit als auch ihrer Guͤther kaͤmpffen. Illi autem quibus nullæ opes eran[t], Caput ſuum quod[ſ]olum poſſidebant, cenſebantur, & belli Tempore in mœnibus refidebant, facile enim poterant exiſtere Proditores, quibus Egeſtas haud facile habetur ſine damno, die nichts hatten, ließ man zu Hauß, weil ſie ſonſt leichtlich wann man ſie gegen den Feind gefuͤhret haͤtte, aus Armuth verleitet, haͤtten Verraͤther abgeben moͤgen. Von der Nutzbarfeit ei - ne wohl exercirte einheimiſche Stadt-Militz ſtets auff denen Beinen zu haben, und was hingegen auch vor eine Rachlaͤßigkeit dabey bezeuget werde, ſchreibet Bœcklerus Diſſert. VII. de Potentia Civitatum folgender Geſtalt: Quantum ad fubſidiarium militem attinet, nulla fere eſt Civitas, quin Propoſitum exercendo - sum more Militiæ Civium præ fe ferat, fed cum in Rem præfentem veneris, fegnius ferè omnia adminiſtrari, animadvertas, five quod ferociores & ad Ci - vilis obſequii Modeſtiam imprompti magis credantur, qui nimis ad Audaciammili -17militarem imbuuntur, five quod ex militaribus Civium ſtudiis, impedimentum metuitur opificiis, Negociationibus aliisque civilibus occupationibus, igitur non amplius fere temporis huic Rei videmus tribui, quam quod ludo & Remiſſioni convenit. Quamquam in Germania non defint Conſtitutiones Imperii, & De - creta Comitiorum, de exercenda in Armis Multitudine Agricolarum & Civium, idque toties inculcatum fit in Conciliis de Bello Turcico, pertinebat etiam eo mos vulgo receptus Sclopos ad deſtinatum Seopum explodendi, propoſitis præ - miis & inſtitutis Certaminibus, welches eben dasjenige iſt, was wir zuvor, (da wir von der Teutſchen ihren Rriegs-Exercitiis und Seminariis ſowohl in alten als mittlern und juͤngern Zeiten, wie auch der deßfalls ergangenen Reichs-Ab - ſchiede Meldung gethan,) angefuͤhret haben.
Daß die alte Roͤmiſche Soldaten einmahl des Tags, die Tirones aber zweymahl nehmlich des Morgens und Mittags ſeyn exerciret worden, ſolches giebet uns Vegetius lib. 2. Cap. 23. & ſeqq. zu erkennen, da er zugleich dieſes Epiphonema beyfuͤget, Intermiſſa Exercitii Conſuetudo Animos Militum debili - tat & Corpora. Wann der Soldat nicht ſtets exerciret wird, ſo wird er ſowohl am Leib als an Gemuͤth ſchwach. Daß auch die Roͤmer zu ihren Soldaten, keine andere als wohlhabende Leute, und auch vornehmer Leut Sohne, nicht aber allerhand gemeines Geſind, als nur in hoͤchſten Nothfall genommen haben, ſol - ches erhellet aus dieſen Worten des Livii lib. X. apud Romanos in Legione non nifi ingenui, & ex ingenuis niſi Juniores & ex junioribus niſi qui in quinque Claſſes cenſerentur, & ludicræ artis expertes eſſent, ordine centuriabantur, unde Servi libertini, pueri, Seniores, Capite cenſi & Hiſtriones ad Arma non vocaban - tur niſi dubiis Reipublicæ Rebus Neceſſitate cogente, in des Telemaque Staats - Roman diſcuriret der weiſe Mentor von der Aufferziehung der Tironum fol - gender maſſen: Sie, nehmlich die jungen Leute in einer Republic gehoͤren we - niger ihren Eltern als der Republic zu, in welcher ſie gebohren, ſie ſeynd Kin - der des gantzen Volcks, deſſen Hoffnung und Staͤrcke, und wann ſie einmahl verdorben ſeyn, ſo iſt hernach keine Zeit mehr ſie zu verbeſſern, es iſt das ge - ringſte, daß man ſie hernach von Chren-Aemtern ausſchlieſſen will, wann ſie ſich deren unwuͤrdig gemacht, beſſer thut man hingegen, daß man den Ubel vorkomme, ais daß man darzu genoͤthiget werde, daſſelbe zu ſtraffen, der Koͤ - nig, welcher ein Vater aller ſeiner Unterthanen iſt, iſt noch vielmehr der Vater aller Jugend in ſeinem Land, als welche die Blume iſt ſeiner gantzen Nation, in der Bluͤthe ſchickt es ſich ſchon an zu der Frucht demnach laſſe ſich ein Koͤnig dieſes nicht veraͤchtlich vorkommen, ſelbſt auff die Erziehung ein wachendes Aug zu haben, und auch andere darauff Acht geben zu laſſen, er ordne es alſo, daß man die Kinder den Schmertzen und den Todt verachten lerne, daß man darin -Cnen18nen eine Ehre ſuche, die Wolluͤſte und den Reichthum zu fliehen, man laſſe ſie die Ungerechtigkeit, das Luͤgen, und die Weichlichkeit vor ſolche Laſter halten, welche ehrloß machen, man gewoͤhne ſie von erſter Jugend an das Lob der Helden zu ſingen, welche loͤbliche Thaten vor ihr Vaterland verrichtet, und in denen Treffen ihre Tapferkeit kund gethan haben, man ziehe ſie auff, daß ſie den Todt weniger, als den geringſten Vorwurff ihres Gewiſſens fuͤrchten, haupt - ſaͤchlich aber iſt es von noͤthen, oͤffentliche Schulen zu beſtellen, die Jugend zu den[e]n ſtaͤrckſten Ubungen des Leibs anzugewoͤhnen, ihnen die Weichlichkeit und den Muͤßiggang zu verleiten, als welche die allerſchoͤnſten Naturen verderben, voraus aber laſſe man ſie nicht aus den Kriegs-Exercitio kommen, dann dadurch wird ſie unvermerckt geſchwaͤchet, der Muth wird fallen, die Wolluͤſte werden die Sitten verderben, die andere Voͤlcker aber hernach gar keine Muͤhe brau - chen, ſie zu uͤberwinden, und da ſie das Ungemach, welches der Krieg mit ſich zu ſchleppen pfleget, vermeiden wollen, werden ſie daruͤber in eine ſo viel be - ſchwerlichere Dienſtbarkeit verfallen, nachdem es aber auch ſehr gefaͤhrlich iſt, im Land ſelbſt krieg zu haben, weil man ſich durch ſolchen, wann man auch gleich in ſeinem Lager die Victoriam mit[K]etten angefeſſelt haͤtte, zugleich mit denen Feinden auffreibet, das Land von Volck entbloͤſſet, die Aecker ungebauet lie - gen laͤſt, die Commercia ſtoͤret, die beſten Gefetze ſchwaͤchet, der Einwohner Sit - ten verderbet, und die freyen Kuͤnſte unterdruͤcket, die Gerechtigkeit und Policey auch zu Kriegs-Zeiten ſehr gekraͤncket wird, als waͤre es der zum Krieg deſti - nirton Jugend halber beſſer, wann man ſelbige auch auff frembden kriegs - Theatris umbſehen, und die Erfahrung deſſen, was ſie daſelbſt geſehen, hernach in dem Vaterlande zu Nutz machen lieſſe, auff welche Weiſe man allezeit eine Krie - geriſche und tapffere Jugend auff den Beinen haben kan, ohne daß man deß - falls Krieg im Lande haben doͤrffe, dann das wahre Mittel den Krieg zu entfer - nen, iſt dieſes, daß man einen langen Frieden erhielte, in ſolchen aber ſich doch auff die Waffen lege, und die in ſolcher Proſeſſion beruͤhmte Leute werth halte, auch allezeit von ſeiner eigenen Landes-Jugend eine genugſame Anzahl bey der Hand habe, die ſchon in auslaͤndiſchen Kriegs-Dienſten geweſen, und die Diſciplin und Manier wiſſen, wie man die Feinde bekriegen ſoll.
Von der Eintheilung ſolcher Seminariorum in Adeliche und Buͤrgerliche, auch woher die Jugend zu nehmen, weiche in ſolchen zur Kriegs-Kunſt und Ritterlichen Exercitiis ſoll aufferzo - gen und angewieſen werden.
DJeſes deſto beſſer abzuhandeln, wollen wir abermahl erſt der alten ſtreitbaren Roͤmer ihre Kriegs-Schulen vor uns nehmen, und was ſie in ſolchen vor einen Selectum der Lehr-Schuͤler halber gehalten haben, kuͤrtzlich beleuchten. Es iſt aber gleich Anfangs ein Unterſchied zwi - ſchen den noch in ſeiner Wiegen gelegenen Rom, ferner deſſen Juͤnglings-Jah - ren, und endlich ſeinen maͤnnlichen Alter zu machen, in des Erſten Periodi er - ſten zweyen Seculis kunte die Stadt Rom wohl auff keine ordentliche Kriegs - Schulen, vielweniger auff die Abtheilungen derſelben in Adeliche und un-Ade - liche gedencken, ſondern muſte zufrieden ſeyn, daß ihre von Romuli Fundations Zeiten an, zuſamm gelauffene, und aus allerhand boͤſen Buben und liederlichen Leuten anfangs formirte Buͤrgerſchafft, ihre Waͤlle und Mauren nur ſe gut de - fendirten als ſie kunten, etwan auch nach und nach der Stadt Gebiet durch die Waffen erweiterten, und demjenigen, der ſie angreiffen, und in ihrem Beſitz ſtoͤren-wolte, ſo gut abwieſen, als es damahls in ihren Vermoͤgen war, welche Kriegs-Art hernach auch unter denen folgenden Koͤnigen, alſo fortgegangen, jedoch ſo, daß von Zeit zu Zeit nech immer etwas daran verbeſſert, und unter - ſchiedliches zur guten Ordnung und Kriegs-Diſciplin dienendes hinzu gethan wor - den, alſo war Tullius Hoſtilius der dritte Roͤmiſche Koͤnig ſchon ſehr bemuͤht, das, aus lauter Soldaten beſtehende Roͤmiſche Volck in gewiſſe Ab - und Ein - theilung zu bringen, und eine ordentliche Kriegs-Diſciplin unter denſelben einzu - fuͤhren, welches wir einiger maſſen daraus erſehen koͤnnen, daß als er die Stadt Albam zerſtoͤhret, und ihre Einwohuer nach Rom gebracht, er die ſtreitbarſten aus ſolchen ausgeſucht, ſelbige in 10. Turmas oder Hauffen eingetheilet, mit denen uͤbrigen aber die mangelhaffte Roͤmiſche Legiones ergaͤntzct, und ſolche darunter geſtecket, und alſo alles nach des Romuli angefangener Kriegs-Diſciplin angeſtellet, auch da er keinen oͤffentlichen Krieg hatte, dannoch nicht unterlaſ - ſen, die junge Mannſchafft taͤglich hinaus ins Feld zu fuͤhren, und ſelbige der - geſtalt in Waffen und andern Kriegs-Exercitiis und Arbeiten zu exerci[r]en, als wann er wuͤrcklich einen Feind vor ſich gehabt haͤtte, worzu die damahls in Rom eingeriſſene Peſtilentz ihme groſſen Anlaß gab, indem er davor hielte, daß den Leib geſund zu erhalten kein beſſeres Mittel, als das ſtetige Arbeiten und Kriegs-Ubungen in Feld waͤre.
Der nach ihn kommende Ancus Martius war mehr auff Einrichtung ihrer Policey und Goͤtzen-Dienſt, als auff den Kriegs-Etat bedacht, dahero auch hier ſchon der Unterſchieb zwiſchen dem geiſtlichen und Militair-Stand ſeinen Anfang nahm, wiewohl er dieſen letztern doch auch ziemlich beybehalten, wie er dann auch dadurch ſich im Stand geſetzet, denen Lateinern viel Staͤdte durch die Waffen abzunehmen.
C 2Lucius20Lucius Tarquinius Priſcus, der fuͤnffte Roͤmiſche Koͤnig, war der Erſte, der nachdem er die Sabiner und Lateiner bezwungen, und nunmehro in Rom guien Frieden hatte, daſelbſt auff das Auffbauen gewiſſer Angariarum oder Baſilica - rum (das iſt, ſolche Haͤuſer, worinn die junge Mannſchafft in Kriegs-Sachen ſolte unterwieſen und exerciret werden,) bedacht war, wiewohl er dieſes ſein loͤbliches Vorhaben, wegen des durch einen Meuchel-Moͤrder an ihn veruͤbten Todtſchlags nicht vollziehen kunte, indeſſen moͤchte man doch von ſeiner Re - gierungs-Zeit an, den Urſprung der Roͤmiſchen Seminariorum Militarium rech - nen, auch daß er ſolche in Buͤrgerliche und Adeliche einzutheilen willens gewe - ſen ſey, welches letztere wir daraus beweiſen, weil er ſeinen Sohn einen Juͤng - ling von 13. Jahren, als ſich ſolcher im Kriege wieder die Sabiner und Hetruſcer wohl gehalten, mit einer Prætexta und Bulla, das iſt mit einen langen, mit Pur - pur verbremten Rock, und einen guͤldnen Halß-Gehaͤng beſchencket, welches hernach auch bey allen Raths-Herren und anderer vornehmen Ingenuorum ih - ren Kindern alſo eingefuͤhret, und bierdurch gleichſam denen Adelichen Semina - riis der Anfang gegeben worden.
Welche hernach zu ſeines Nachfolgers des Servii Tullii Zeiten nebenſt de - nen Buͤrgerlichen, erſt ihre rechte Eintheilung und Wachsthum erhalten, dann dieſer theilte die Roͤmiſche Buͤrgerſchafft in fuͤnff Claſſes oder Standes-Ord - nungen ein, in der erſten Claß wurden alle diejenige begriffen, die 1500. Gold - Guͤlden Rheiniſch oder auch daruͤber in Vermoͤgen hatten, aus dieſer nahm er 80. Centurien oder Compagnien, davon 40. in ſolchen Maͤnnern beſtanden, die uͤber 40. Jahr alt geweſen, 40. aber in junger Mannſchafft, zwiſchen 20. und 40. Jahren, jene ließ man zur Bewahrung der Stadt zu Hauſe, dieſe aber fuͤhrte man wieder den Feind ins Feld, oder logirte ſie in Friedens-Zeiten zwar in die Staͤdte, jedoch daß ſie taͤglich in denen Angariis oder Trill-Haͤuſern mu - ſten exerciret werden, ihre Waffen und Mondirung war eine Sturm-Haube, Schild oder Tartſche, ein Eiſerner Pantzer und Bein-Schiene, ein langer Spieß, und ein Schwerdt oder Seiten-Gewehr, in der andern Claß waren die - jenige, welche unter 1500. biß auff 1100. Gold-Guͤlden in Vermoͤgen hat - ten, aus dieſen nahm man 40. Centurien, 20. zur Bewahrung der Stadt, 20. aber an junger Mannſchafft zum Kriegs-Zuͤgen, und zu denen Angariis. Jhre Waffen und Ruͤſtungen wareu, ein kleiner runder Schild, eine Sturm-Haube, ein Harniſch, Spieß und Schwerdt.
Die Dritte Claße machten diejenige aus, die unter 1100. Gold-Guͤlden biß auff 750. in Vermoͤgen hatten, dieſe wurden eben ſo wie die vorige abge - theilet, auſſer daß ſie keinen Harniſch noch Bein-Schienen trugen.
Die Dierdte Claß beſtand aus Buͤrgern, die nur etwan 375. Gold -Guͤl -21Guͤlden vermochten, aus dieſen theilte man ebenfalls 40. Centurien nach der vorigen Weiſe ab, welche aber nur lange und auch Wurff-Spieſſe hatten.
Die Fuͤnſfte Claß ward genommen aus denen, die 165. Guͤlden ver - mochten, dieſe muſten 60. Compagnien hergeben, davon 30. zu Hauß blieben, 30. aber nehmlich die jungen, wurden ins Feld und in die Trill-Haͤuſer oder Angarias geſchicket, in welchen ſie mehrentheils in Schleudern, und auch Stei - ne aus freyer Hand zu werffen, exerciret worden.
Denen Feld-Centurien insgeſamt, gab man hernach aus den gemeinen Poͤbel 2. Compagnien Zimmer-und Bau-Leute, item noch 3. Centurien ge - meiner Raths - und Stadt-Diener, Pfeiffer und Poſaunen-Blaͤſer zu, welche wiewohl ohne Gewehr mit ziehen, und in ihrer Profeſſion bey der Armée Dien - ſte thun muſten.
Solcher Geſtalt ſehen wir, wie erſt die Seminaria ſowohl Buͤrgerliche als Adeliche, durch die Claſſificationes zu des Servii Tulli Zeiten ihren Anfang ge - nommen, als hernach die Stadt Rom an Macht, Vermoͤgen und Einwoh - nern zunahm, da wurde dieſer Unterſchied noch mehr obſerviret, daß man der Conſulum, Prætorum, Quæſtorum, Tribunorum, und Senatorum, wie auch an - derer vornehmer und reicher Leute ihre Kinder beſonders auserleſen, und in eine Nolle zuſamm eingeſchrieben, auch mit ihnen ſchon edlere Exercitia, als mit denen, aus denen geringern Claßen ausgezogenen, getrieben habe, weil auch ſolchen Patriciis hernachmahls gantze Gouvernements von Staͤdten und Provin - tzien, item hohe und importantes Kriegs-Chargen anzuvertrauen waren, ſo hielten die kluge Noͤmer dafuͤr, daß nicht allein hierzu Leute von guten Sitten und Verſtand, ſondern auch von edler Abkunfft erfordert wuͤrden, indem das Point d’ Honnenr, und der Familie auch viel darzu coutribuirte, daß man in dem Kriege keine Lacheté und Unverſtand von ſich mercken lieſſe. Es wurden auch fuͤrnehmlich darumb Adeliche Seminaria von ihnen auffgerichtet, weil ſie darauff hielten, daß ſolcher vornehmen Leute Kinder, wann ſie erſt in die Zahl der Tyronum, und folglich der Kriegs-Leute auffgenommen worden, vor des Vaterlandes Wohlfahrt, ja vor ihr eigenes von ihren Eltern dermahleins zu gewartendes Patrimonium, umb ſolches nicht zu verlieren, deſto eyfriger ſtrei - ten wuͤrden, welcher Punct auch umb ſo viel nachdruͤcklicher war, als die al - ten Roͤmer nicht viel Feder-leſens machten, denen die ſich der Defenſion und dem Dienſt des Vaterlandes entziehen wolten, oder denſelben nicht mit aller Treu, Sorgfalt und Tapfferkeit vorſtanden, ihr Haab und Gut, ja das Le - ben ſelbſt zu nehmen, zum wenigſten verlohren ſie ihren Adel-Stand, wurden zu Leibeigenen Knechten verkaufft, oder mit Gefaͤngniß und Landes-Verwei - ſung geſtrafft.
C 3Die22Die dritte Motive Adeliche Cadets und vornehme Tirones in ein Corpus und Semioarium zuſamm zu bringen, war auch dieſes, weil man von ſolchen jungen vornehmen Soͤhnen verſichert war, daß ſie in ihrer Cltern Hauſe ſchon wuͤrden in guten Sitten, Kuͤnſten und Sprachen (ſonderlich in Leſen und Schreiben) wohl ſeyn unterrichtet worden, welches letztere ihnen aucb darumb umb ſo vielmehr zu ſtatten kam, weil alle Militair-Beſtallungen und Ordres ſchrifftlich abgefaſſet geweſen, es moͤchten gleich ſolche die Expeditiones ſelbſt, oder Proviant und Munition und andere Dinge betreffen. Dann da muſte ein jeder Kriegs-Mann in denen Roͤmiſchen Arméen ſowohl von Adelichen als Gemeinen Officirern und Soldaten ſelbſt auffſchreiben, und vor ſich ein Buͤch - lein halten, was er an Sold empfangen, und wie viel ihme noch reſtirte, was er an taͤglicher Frucht und Getreyd eingenommen, und wie viel ihnie noch hinterſteluͤg ſey, er muſte auch ſeine Wachten und Qvartiere, die Tage und Oerter wann, und wohin er auff die Arbeit commandi[r]et worden, auff - ſchreiben, und weil er den Nahmen ſeines Huuptmanns an ſeinem Faͤhnlein, und vorn an ſeiner Sturm-Hauben geſchrieben hatte, ſeiner Mit-Soldaten ihre Nahmen auch auff jeder ihreu Schilde und Tartſchen verzeichnet waren, (da - mit ſie in der Schlacht ſich nicht verirren koͤnten,) ſo war es ja allerdings noͤ - thig, daß ein Soldat ſchreiben und leſen koͤnte, welches daß es auch bey unſe - rer Teutſchen Militz, ja bey allen Buͤrgern und Bauren moͤchte eingefuͤhret werden, vielfaͤltig ſchon unſer wohlgemeynter Vorſchlag und Wuͤuſchen ge - weſen iſt.
Dieſen jetzt beſchriebenen Roͤmiſchen Adelichen Seminariis und Tironibus wurden hernach die Buͤrgerliche aus denen oberzehlten Zuͤnfften, zu nechſt an die Seite geſetzt. Es hatten zwar die Roͤmer allen Reſpect vor ihren Adel und alle vornehme Familien, aber in ſo weit als die aus ſolchen entſproſſene ſich tapffer Adelich und wohl aufffuͤhrten, wo dieſes nicht geſchahe, ſo war ihnen ein tugendhaffter Buͤrger, und Buͤrgers Sohn eben ſo lieb und werth, als der beſte von Adel, er wurde auch vor dieſen zu hohen Stadt - und Kriegs-Aemtern gezogen, und fing ſich bey demſelben Buͤrger ſein Adel-Stand durch loͤbliche Thaten an, da er bey den traͤgen und nichtswuͤrdigen Edelmann hingegen auff - hoͤrte, wie ſolches viel hundert Exempla in denen Noͤmiſchen Hiſtorien zur Ge - nuͤge beweiſen koͤnnen.
Wiewohl auch zu ſolcheu Buͤrgerlichen Tironibus nicht allerhand Juͤng - linge die nur vorkamen, auch nicht aus allen und jeden Profeſſionen und Hand - werckern genommen wurden, dann Erſtlich ſahe man in beyden Seminariis wohl darauff, ob ein anzunehmender Tyro ſeine r[e]chte Leibes-Laͤnge und Proportion hatte, ob er nicht zu klein oder zu ſchwach Waffen zu tragen waͤre, man be -merckte23merckte auch, ob er ein ehrliches wackeres Geſicht, auffgerichteten Halß, breite Bruſt, ſtarcke und fleiſchigte Schultern, ſtarcke Finger und Faͤuſte, lange Ar - men, einen kleinen duͤnnen Bauch, duͤnne Beine, und mehr Seh[ni]gt nnd Aede - rigte, als Fleiſchige Waden haͤtte, der Conful Marcus wolte ſie gar 5 ¾. oder 6. Fuß lang haben, wiewohl nicht eben allezeit auff die Laͤnge, ſondern ob ein Keri ſtarck von Gliedmaßen, geſunder Leibes-Conſtitution, und wohl unterſetzt war, geſehen worden.
Die Handroercker betreffend, aus welchen man Tirones oder Kriegs - Schuͤler angenommen, und folglich ſolche der Noͤmiſchen Militz einverleibet, ſo waren ſolches die Schmiede, Zimmer-Leut, Tiſcher, Steinmetzen, Schiffs-Leut, und Boots-Geſellen, die Fleiſchhauer, Jaͤger, und in Summa, alle diejenige, welche mit ſchwerer Arbeit, bey welcher viel Bewegung iſt, umgegangen, was hingegen ſtillſitzende Handwercker und Proſeſſionen als Riemer, Sattler, Lei - nen - und Wollen-Weber, Poſamentirer, Schuſter, Schneider, Fiſcher, Vo - gelſteller, Paſteten-Becker, Gar-Koͤche, Wein-Schencken, Seidenſticker, Ta - pezirer, und dergleichen ſubtile Handwercker mehr geweſen, die wurden nicht geachtet, hingegen beliebte man um ſo vielmehr junge ſtarcke und geſunde Bau - ren-Kerls, als welche der Sonnen Hitze gewohnt, nichts nach den Schatten fragten, welche nicht wuſten was Wolluͤſte oder warme Baͤder ſeyn, welche einfaͤltigen Gemuͤths, und mit ſchlechter Koſt zuſrieden waren, ihre Haͤnde und Schultern auch ſchon allerhand Laſt zu tragen, Graͤben zu machen, ſchwere Buͤrden auffzuheben, Holtz, zu hauen, zu pfluͤgen, und andere ſchwere Arbeit zu[thun], gewohnet hatten, mit dieſen kunten auch die Campidoctores viel ge - ſchwinder fort kommen, und zu denen Kriegs-Exercitiis ſchreiten, da ſie herge - gen der Stadt Jugend, erſtlich hin und wieder zu lauffen, zu arbeiten, der Son - nen Hitz zu vertragen, unter den freyen Himmel zu ſchlaffen, grobe Speiſe zu eſſen, und andere unter Soldaten vorfallende Fatiguen mehr angewoͤhnen muſten.
Je mehr nun bey der Stadt Rom ihrer anwachſenden Macht, an einer ſolchen Kriegs-Pflantz-Schul gelegen war, je mehrere Sorgfalt trug man auch tuͤchtige Subjecta darzu aus - und auffzuſuchen, alſo daß man nicht mehr (wie bey der erſten Roͤmiſchen Koͤnige Zeiten geſchahe,) nur enrollirte, wer ſich zum Kriegs-Stand angab, oder alle Buͤrger und Einwohner zu Soldaten mach - te, ſondern es wurden gewiſſe Conquiſitores oder Commiſſarii beſtellet, welche erſtlich in der Stadt Rom die tuͤchtigſten Tyrones oder Junggeſellen ausſuch - ten, ſolche auffzeichneten, und in die Angarias hinein ſandten, hierauff aber ſich auff das Land, und in die von denen Roͤmern uͤberwundene Laͤnder und Pro - vintzien begaben, und daſelbſt mit der Jugend gleich alſo verfuhren, nehmlichdaß24daß ſie die beſte davon ausgeleſen, und nach Rom in das Seminarium oder die Kriegs-Academiam geſandt, woſelbſt ſie ihre Tyrocinia oder Lehr-Jahre, (wel - cher etwan 2. oder 3. waren, nachdem nehmlich ein Tyro die Exercitia hurtig faſſen kunte,) gedultig aushalten muſten, wann ſie anders dermahleins in den Soldaten, von dieſen in den Officier-Stand wolten auffgenommen ſeyn, oder wohl gar das Gluͤck haben, kuͤnfftig Roͤmiſche Feld-Herrn, Buͤrgermeiſter und Raths-Herren zu werden, (nach dem noch heutigs Ta[g]s bekannten Sprichwort: Es muͤſte ein ſchlechter Kerl von einen Soldaten ſeyn, der nicht mit der Zeit Oberſter oder General zu werden gedaͤchte,) wie dann auch das Beſetzen hoher und vornehmer auch ſo gar geiſtlicher und Civil-Chargen bey denen Roͤmern, mit dem Krieg ſo genau verknuͤpffet war, daß man gemeiniglich darzu keine andere als wohlverdiente Kriegs-Leut befoͤr - derte, welches mit denen Exemplis ſo vieler Keyſer, die ſich auch zugleich Pon - rifices maximos nennen lieſſen, und als wuͤrckliche Hohe Prieſter in ihren Goͤ - tzen-Tempeln Opffer verrichtet haben, zu beweiſen ſtehet.
Bey uns in Europa ſeynd heutigs Tags auſſer denen ſchon in vorigen Ca - pitel gedachten Ritter-Academien und Seminariis der ſo genannten Cadets oder jungen Edelleute, (die wie ſonderlich in Dreßden und zu Berlin zu erſehen, zu allen Adelichen und Kriegs-Exercitiis von der hohen Landes-Obrigkeit erzogen, und ihnen deßfalls geſchickte Lehr-Meiſters vorgeſetzet, ſie auch uͤber dem zu ih - rer Subſiſtentz mit einen zulaͤnglichen Tractament verſehen werden,) keine be - ſondere Seminaria oder Kriegs-Pflantz-Schulen, ſonderlich vor gemeine Buͤr - gerliche Jugend, die doch kuͤnfftig den groͤſten Theil der Potentaten ihrer Ar - méen und Kriegs-Force ausmachen, und dannenhero nicht ſo gar aus der Acht gelaſſen werden ſolten, bekannt, ſondern es iſt an deren ſtatt, das Ausſchrei - ben, und Werben (wann zumahl Kriegs-Gefahr und weit ausſehende Conjun - cturen vorhanden,) in Gebrauch, da dann die neu geworbene Tyrones denen Corporalen, Feldwebeln, und Sergeanten, untergeben werden, welche dieſelbe eintzeln und auch Rott - und Corporalſchafften-weiß vornehmen, und ihnen alle Handgriffe mit der Flinten, ſamt denen uͤbrigen Kriegs-Exercitiis weiſen muͤſſen, in welchen ſie auch ſonderlich in hochbeſagten zweyen Koͤniglichen Re - ſidentz-Staͤdten ſo accurat abgerichtet und dreſſiret ſeyn, daß ich nicht weiß, ob es die alten Roͤmer mit ihren Gregariis oder gemeinen Soldaten, in einen drey oder vier Jaͤhrigen Tyrocinio oder Schul-Jahreu haͤtten weiter bringen koͤn - nen, ja es wuͤrden ſich gewiß ihre beruͤhmteſte Campidoctores und Armi Ma - giſtri, auch ſo gar ihre tapfferſte Feld-Herren, wann ſolche wieder auffſtehen, und unſere heutige teutſche Militz und deroſelben vortreffliches Exercitium an - ſehen ſolten, hoͤchſt verwundern, wie hoch die Kriegs-Kunſt bey dieſen unſernZeiten25Zeiten gegen die ihrige geſtiegen ſey, und wie man ſeiter dem, daß das grobe und kleine Geſchuͤtz erfunden worden, jetzt gantz andere Waffen, (als ihre Schild und Tartſchen, lange Spieſſe, Bogen, Pfeil und Schleudern, in Belaͤgerun - gen aber, ihre Mauerbrecher oder Arietes, Teſtudines, muſculi, und Sturm-Lei - tern &c. geweſen ſeyn,) erfunden habe, dahero ein gewiſſer teutſcher Poet nicht unbillích geſungen:
‘Was ſoll[uns] jetzt die Schlacht mit Schleudern und mit Stoͤcken, Und der bepralte Sturm, mit Leitern und mit Boͤcken, Man ſeh jetzt unſern Krieg und eine groſſe Schlacht, Der Donner und der Blitz wird mit zu Feld gebracht. ’ ()An ſtatt ihrer Dictatorum, Imperatorum, Legatorum, Tribunorum Militum, Centurionum, Præfectorum Equitum, De[c]urionum, Præfectorum Legionum, Caſtrorum, Teſſera[r]iorum, Conquiſitorum, Vragorum, Menſorum, Metato - rum, Structorum Annonæ, Anteſignanorum, Signiferorum, Tubicinum, und Cornicinum &c. haben wir ſo beruͤhmte, theils noch lebende, theils durch ihre tapffere Helden-Thaten ins Buch der Helden und Redlichen eingeſchriebene Feld-Herrn, Generals, Obriſten, und andere vornehme Stab-und Regiments - Officiers, welche denen alten Griechiſchen und Roͤmiſchen Helden keinen Schritt weichen doͤrffen, ſo ſeynd auch unſere, bey regulirten Trouppen ſtehende Ober - und Unter-Officiers, mehrentheils ſo beſchaffen, daß ſie an Bravoure und Er - fahrenheit in Kriegs-Exercitits, denen Roͤmiſchen Campidoctoribus noch vieles lehren koͤnten.
Die Roͤmiſche gemeine Militz (welche vornehmlich in Triariis, Veteranis Gregariis, Tironibus, Limitaneis, Claſſiariis, Stationariis, Præſidiariis, Gravis & Levis Armaturæ Militibus, in Funditoribus, Baliſtariis, Sagitariis, Haſtatis, Lanceariis, Scutariis, Cataphractis, Adventitiis, Deſultoribus, Pro & Excubito - ribus, in Cuni[c]ulariis, Speculatoribus, Corycæis, &c. beſtanden,) darff nur un - ſere Chevaliers Gardes, Gens d’ Armes oder reitende Trabanton, unſere gantze Cavallerie ſelbſt, von der Infanterie aber die Grenadirer, und gantze Regimen - ter ſonderlich die, welche unſern Teutſchen und andern Europaͤiſchen Fuͤrſten und Potentaten zur Garde dienen muͤſſen, in dem Lager ſchlagen aber, unſere General-Quartier-Meiſters, in Belaͤgerungen unſere Feld-Zeugmeiſters, Ar - tiglerie Oberſten und Officiers, und das gantze Corpus habiler Ingenieurs, (als welche gewißlich in der heutigen Attaque und Defenſe der Staͤdte und Veſtun - gen ihren Prædicat nach Verſtand in Koͤpffen haben muͤſſen,) anſehen, ſo wird ſie den Unterſchied, der zwiſchen ihren und den heutigen Kriegfuͤhren iſt, gar leicht begreiffen koͤnnen.
Wolte man dagegen ferner einwenden, daß unſere heutige Soldaten, derDArbeit26Arbeit und Kriegs-Fatiquen ſo nicht gewohnt waͤren, als wann ſie erſt einige Jahr vorher ihr Tyrocinium in denen Angariis haͤtten abſolviren muͤſſen, ſo antworte ich, daß das ſtete Exerciren, ſo man mit denen Neugeworbenen thut, und daß man ſie ſonderlich ehe man ſie an Feind fuͤhret, erſt ein paar Jahr in die Veſtung leget, (welche offtmahls nur mehr als zu viel Ergaſtula oder Zucht - Haͤuſer vor die rohe junge Kriegs-Purſche ſeyn, die denen Eltern nicht haben gehorſam ſeyn wollen, und hernach dem Kalb-Fell folgen muͤſſen,) ihnen ein genugſames Tirocinium und Lehr-Zeit ſey, in welcher man ſie bey offt ſchlech - ten Commiß-Brodte, und geringen Monat-Geld, vielen Schildwachtſtehen, taͤglichen Exerciren, offtmahligen Schantzen, und andern Kriegs-Operationibus dergeſtalt zur Fatique angewoͤhnet, daß ſie ſolche auch in denen rauhen Norden - Laͤndern, und zur harten Winters-Zeit, (da die, des warmen Climatis gewohn - ten Roͤmer und Griechen wie die Fliegen wuͤrden hingefallen ſeyn,) haben er - tragen und ausſtehen muͤſſen.
Dieſem allen aber ungeachtet ſagen wir doch auch, daß ein gemeines Buͤrgerliches Seminarium und Kriegs-Pflantz-Schul, unſerer heutigen Euro - paͤiſchen Kriegs-Verfaſſung und Staats-Conjuncturen nach, denen Chriſtlichen Potentaten vieler Urſachen wegen, wuͤrde hoͤchſt noͤthig ſeyn, Einmahl wie wir ſchon in dem Eingang des 1. Capitels dieſes Tractats erwehnet, weil hierdurch ein Landes-Herr ſogleich fertige und exercirte Recruten hat, aus welchen er Jaͤhrlich den Abgang ſeiner Armée erſetzen kan, und dann auch daß durch die Education der darinn befindlichen Seminariſten viel gutes an dieſen Leuten und denen Jhrigen ſelbſt geſtifftet wird, daß man nehmlich armen Eltern, wann ih - nen etliche ihrer Soͤhne ſolchergeſtalt abgenommen wuͤrden, eine groſſe Erleuch - terung, denen Tyronibus aber beydes an Seel und Leib durch die gute Education die man an ſie wendet, und durch die Verſorgung ihres Leibes mit Speiß, Tranck und Kleidung, ein groſſes Beneficium erzeiget, dem Publico ſelbſt wiederfaͤhrt hierdurch eine ſonderbahre Wohlthat, indem man es von vieleu Bettel-Kin - dern, die ſich bey zunehmenden Jahren auff Diebſtahl und Mauſereyen legen moͤchten, befreyet, des Anſchaffens der Recruten (in ſo weit die aus den Se - minario genommene hinlaͤnglich ſeyn,) uͤberhebet, und was etwan ſonſt noch vor Vortheile mehr ſeyn moͤchten, die zu Anfang díeſes Tractats beruͤhret worden.
Woher aber dieſe Tirones ſowohl vor die Adeliche als Buͤrgerliche Semi - naria zu nehmen ſeyn, alſo daß auch darinn eine gute Ordnung und Reſpectus der Einzunehmenden ſowohl ihres Alters und Leibes-Vermoͤgens, als an - derer dabey vorfallenden Umbſtaͤnde halber gehalten werde, ſolches iſt dasjenige, welches wir nunmehro als das andere Stuͤck dieſes Capitels abzuhandeln haben.
Jn27Jn denen Adelichen Seminariis giebet es allbereit der Augenſchein und die Erfahrung, daß in ſolche heutigs Tags mehrentheils ſolcher Edelleute, und auch zuweilen anderer vornehmer Leute Kinder eingenommen werden, welche die Jhrige ſelbſt zu allen Guten, und ſonderlich in mili[t]ariſchen Wiſſenſchafften, worzu ſie dieſelbige etwan deſtiniret, erziehen zu laſſen, und biß zu ihrer Mann - barkeit zu erhalten, nicht genugſame Mittel haben, oder ob ſie gleich ſolche haͤt - ten, jedoch umb den Glantz ihres Adelichen Hauſes und Stammes ſortzufuͤhren, ihren aͤlteſten und erſtgebohrnen Schne wegen des allbereit bey vielen Fuͤrſt - lichen, Graͤfflichen und Adelichen Haͤuſern, ſonderlich in Engelland und Franck - reich eingefuͤhrten Primogenitur-Rechts, die groͤſte Maſſam ihres Vermoͤgens ſowohl an Lehn - als allodial-Guͤtern, Geld und Mobilibus laſſen, und ihre Cadets oder die nach den aͤlteſten Sohn gebohrne, mit einen Stuͤck Geldes abfinden, und ſo ein ſolcher ſchon erwachſen, denſelben ſein Gluͤck entweder bey Hof oder in Krieg, oder noch bey jungen Jahren, durch Einbringen in ei - ne ſolche Ritter-und Cadets-Academie (da er freyen Unterhalt und Informa - tion genieſſet,) kuͤnfftig in des HErrn Dienſten, der eine ſolche Wohlthat an ihn erzeiget hat, weiter ſuchen laſſen. Hieraus flieſſet nun gleich dieſe Anmer - ckung, daß (1) ſo lang ein Landes-oder Kriegs-Herr genugſame Kinder oder Soͤhne ſeiner eigenen Vaſallen Lehns-Leute und Unterthanen bekommen kan, er keine frembde Auslaͤnder einnehmen, und denen Einheimiſchen gleichſam da - durch das Brodt vor dem Maule wegnehmen ſoll, oder da es (2) vieler Ur - ſachen und erheblichen Umbſtaͤnde halber doch geſchehen muſte, daß man ſolche auslaͤndiſche Beneficiatos (gleich denen Einheimiſchen) dahin conſtringire und anhalte, daß ſie kuͤnfftig, wann ſie erſt in einer ſolchen Academie geſchickt und tuͤchtig zum Krieg gemachet worden, dem Herrn und Potentaten, der ihnen die Wohlthat erwieſen, auch hernach in Militaribus oder Civilibus worzu er ſie tuͤchtig befinden, und choiſiren wird, vor andern dienen, oder ſo es die Umb - ſtaͤnde ihrer Perſon nicht zulieſſen, doch nimmermehr einen andern wieder ihn dienen wolten, es moͤchte ſolches gleich mit Rath oder That, directè oder indi - rectè geſchehen, weil ſolches die Natur eines ſolchen und aller anderer Benefi - ciorum mit ſich bringt, daß ein Alumnus ſeinen Ernehrer und Erzieher vor al - len zu Dienſten zu ſtehen, und ihme gewaͤrtig zu ſeyn ſchuldig iſt, voraus, wann deßfalls Avocatoria an ihn ergehen, er auch anders nicht, als auff dieſe Condition in die Academie recipiret worden waͤre.
Von welchen Vinculo aber diejenige ausgeſchloſſen ſeyn, welche, ſie ſeyn gleich Einheimiſche oder Auslaͤndiſche ihre Kinder oder Soͤhne in eine ſolche Ca - dets-Compagnie oder Ritter-Academie, mit Verguͤnſtigung des Landes-Herrn einbringen, und dafuͤr ſowohl ihre Exercitia und Lehr-Meiſters bezahlen, alsD 2ihre28ihre Cadets ſelber in Koſt und Kleidung unterhalten, und nur ihre Abſicht dabey haben, daß ſolche wann ſie etwan zu Hauſe frey und ungezogen gelebet, in ſol - cher Tugend-Schule (dergleichen alle Cadets und andere loͤbliche Seminaria ſeyn ſolten,) zur Sittſamkeit in Moribus und guten Wiſſenſchafften moͤchten ange - halten, und nebenſt denen Beneficiatis zum Gebrauch der Waffen und andern Kriegs-Functionibus (jedoch als freywillige) angefuͤhret, hierdurch auch dem Hof und Landes-Herrn bekannt, und dermahleins ſo viel eher von ihm, weil ſie in ſeiner Academie ihr Tyrocinium gehalten, befoͤrdert werden, dergleichen Wege mit der Selbſtverſorgung der Jhrigen auch die meiſte von Adel gehen muͤſſen, weil ein Landes-Herr eine groſſe Caſſam haben muͤſte, wann er alle Ca - dets ſeiner Nobleſſe in gantzem Lande frey erziehen, kleiden und informiren laſ - ſen ſolte, dannenhero auch nur ein gewiſſer Numerus zu dieſen letztern beſtim - met, und auff ſolchen auch nur eine gewiſſe Landſchaffts-Bewilligung oder Fundus, jedoch dergeſtalt ausgemachet werden muß, daß er zulaͤnglich ſey, die bey einen ſolchen loͤbl. Inſtituto gefuͤhrte Abſicht zu mainteniren.
Jndeſſen merckt man auch hiebey, daß das Anlegen der Ritter-Academien, in welchen ebenfalls Adeliche, und auch zum Krieg dienende Wiſſenſchafften, als die Mathematie, Fechten, Reiten, Voltigiren &c. dociret werden, ein ſehr noth - wendiges Werck, und Requiſitum in einer jeden groſſen Stadt, Land und Pro - vintz ſey, zu welcher als zu einer Specie eines Seminarii Ein - und Ausheimiſche ſich nahen, und vor ihr Geld dasjenige lernen koͤnnen, was ihnen ihren Stand nach dermahleins nuͤtzlich ſeyn kan, nur hat eine hohe Landes - oder Stadt-Obrig - keit dahin zu ſehen, daß bey ſolchen Academien nicht die Unfuͤglichkeiten, mit koſt - baren Exercitiis, Tractirungen und angemaßten Freyheiten der Academiſten, Nachlaͤßigkeit und Pretioſitæt der Maitres, und andern dergleichen Dingen vor - gehen, welche noch bey unſern Gedencken, die meiſte Ritter-Schulen in Deca - dentz und Ruin gebracht haben.
Zweytens ſo ſeynd auch die Cadets-Seminaria ſolche Fundationes, in wel - che vornehmer Verſtorbenen von Adel, Miniſtrorum, und hoher Kriegs-Befehl - haber, die wenig Mittel hinterlaſſen, ihre Soͤhne hinein genommen, und von ihren Landes-Herrn, als ihren oberſten Vormund, zur Danckbarkeit wegen ih - res Vaters geleiſteten treuen Dienſte mit Koſt und Information crhalten werden, woraus hernach dieſe Remarque flieſſet, daß kein Cadet (deſſen Eltern noch Mittel haben, denſelben ſelbſt zu unterhalten, und was rechtſchaffenes lernen zu laſſen,) umbſonſt, und auff des Landes-Herrn oder der Landſchafft Unko - ſten in eine Cadets-Academie ſolte auffgenommen, ſondern die ſeinige, die ge - woͤhnliche Præſtanda vor ihn zu præſtiren, ſchuldig ſeyn ſolten.
Drittens ſo bemercket man vielmahls bey den Einkommen ſolcher Cadets,wie29wie rohe ſie noch in Pietate, Moribus und ſolchen Studiis ſeyn, die doch einen jungen Menſchen, wann er auch gleich keiner von Adel waͤr, unentbehrlich ſeyn, ich will nur ſetzen, etwas leſen, ſchreiben und rechnen, auch etwan die Funda - menta in der Lateiniſchen Sprache zu wiſſen, da ihnen nun ſolches auch bey wohlhabenden Eltern mangelt, ſo iſt es ein Zeichen von deroſelben uͤblen Con - duite in Anſehung ihrer Kinder-Zucht, und eine gantz und gar nicht an Stands - Perſonen zu lobende Art, als welche billich, wo nicht durch ein Landes, doch durch das einem jeden Menſchen eingepraͤgte Moral-Geſetze ſolte abgeſchaffet, und ihnen das Exempel der Heydniſchen Roͤmer vorgeſtellet werden, denen ihre in die Kriegs-Schul geſchickte Soͤhne, alle ſchon fertig leſen und ſchreiben wiſſen, auch einigen Vorſchmack von frembden Sprachen haben muſten, in Betrachtung, daß wer auff dergleichen und andern hohen Schulen nicht ſelbſt eine vorge - ſammlete Wiſſenſchafft in dieſer oder jener Diſciplin und Studio mit ſich brin - get, auch ſelten was rechtſchaffenes darinn mit ſich hinaus nehme.
Von der Beſchaffenheit des Verſtandes auff die Beſchaffenheit des Leibes zu kommen, ſo iſt zuvor ſchon gemeldet worden, wie delicat in dieſem Stuͤck die alten Roͤmer geweſen, ehe ſie einen jungen Menſchen in ihre Kriegs-Schul und unter ihre Tirones auff - und angenommen, ob heutigs Tags ſolches bey vielen Cadets-Compagnien oder Academien, die der Landes-Herr auff ſeine Un - koſten haͤlt, obſerviret werde, ſtelle ich dahin, wann manchen die Natur das - jenige, was zu einen kuͤnfftigen robuſten Kriegs-Mann gehoͤret, verſaget hat, und daß er ſolches wann er gleich funfftzig Jahr noch lebte, nicht erlangen wer - de, von ihn nicht zu hoffen ſtehet, warumb ſolte dann ein ſolcher Menſch, in eine militairiſche Academie, und nicht vielmehr in eine ſolche, in welcher er dem Vaterland in Civilibus und mit dem Kopff zu dienen lernen kan, auffge - nommen werden.
Da auch einen Landes-Herrn daran gelegen, daß ſeine Nobleſſe im Land ſtets in guten Flor erhalten werde, ſolches aber anderſt nicht als durch eine tugendhaffte Education, (welche hernach alles dasjenige, was einen Nobilem qualificiret machet, in ſich ſchlieſſet,) erlanget werden kan, indeſſen aber wie der Augenſchein beweiſet, viel Vermoͤgende von Adel ihre Kinder ohne ſonder - bahre Education und Information biß in ihr Mannbares Alter bey ſich behal - ten, in der Meynung, daß wie ſie ſelbſt ohne andere Wiſſenſchafft, auſſer nur was etwan ein Stuͤck von der Hauß-Oeconomie ſeyn moͤchte, fortgekommen ſeyn, alſo es auch ihren Soͤhnen nicht darinn ermangeln wuͤrde, ſo iſt ſolches ein ſo ſchweres Land-Gebrechen, welches auch einer publiquen Remedirung be - darff, und dannenhero nach dem Exempel der Roͤmer dergleichen vornehmen Leuten publica lege ſolte aufferleget werden, entweder ihre Kinder, ſo ſie ſolcheD 3zum30zum Civil-Stand erziehen wollen, auff des Landes Univerſitaͤten, oder ſo ſie zum militair-Stand deſtiniret, in die angelegte Ritter-Academien, oder Ca - dets-Kriegs-Schulen einzuſchicken, oder ſo ſie beydes negligirten, durch ein publicum Examen darthun und dociren ſolten, daß ſie an privat-Informationi - bus auff ihren Guͤtern an ihren Soͤhnen nichts haͤtten ermangeln laſſen, welche nun ſolches nicht beweiſen, und dem Landes-Herrn oder der Republic qualificirte Kinder darſtellen koͤnten, die wuͤrden ſichs hernach nicht verdrieſſen laſſen, wann man ihnen eine Straff von etlich hundert Reichsthlr. zu Unterhaltung der Ca - dets-Academien abforderte.
Endlich ſo waͤre auch dieſes ein Mittel, die Lands - Ritter - und Cadets - Academien bald in Flor und Auffuehmen bringen, und ſelbige mit genugſamen Seminariſten anzufuͤllen, wann abermahl publica lege geboten und verordnet wuͤrde, daß forthin niemand von der Nobleſſe ihren Soͤhnen ſich einiger Be - foͤrderung in dem Vaterland ſolte zu getroͤſten haben, der nicht, ehe er frembde Laͤnder, Univerſitaͤten und Academien beſuchet, vorher drey Jahr in einer hieſi - gen Landes-Academie oder Univerſitaͤt ſeine Studia excoliret, oder auch durch private Hauß-Information einen ſolchen Grund in Adelichen Studiis und Exer - citiis geleget haͤtte, daß ihme hernach nicht mehr noͤthig ſey, viel Geld deswe - gen auſſerhalb Landes zu verzehren.
Was die Tuͤrcken vor eine Sammlungs-Art mit ihren Tributs-Kindern halten, ſolches wird uns folgende Beſchreibung anzeigen:
Man ſchicket nehmlich von Hoff einen Officier mit 30. oder mehr Ja - nitſcharen nach einer gewiſſen Provintz, und giebet demſelben eine Keyſerliche Ordre an alle Staͤdte und Doͤrffer mit, daß ſolche ihre Chriſten-Kinder die ih - nen wuͤrden abgefordert werden, ausliefern ſolten, dieſes Tribu[t]s-Recht ſchei - net ſeinen Urſprung von denen Chriſtlichen Keyſern zu Conſtantinopel genom - men zu haben, als welche ehmahls aus allen ihren Landen die beſte und geſchick - teſte Knaben ausleſen, und ſolche in allen Wiſſenſchafften unterrichten lieſſen, wie hievon Chytræus in Orat, de Statu Ecclef. in Græc. p. 14. zu ſehen, ein glei - ches mag auch vor dieſen in Perſia geſchehen ſeyn, wie in den 1. Cap. des Pro - pheten Danielis von dem Hof des Nebucadnezars zu leſen iſt, ſo bald nun ob - bemeldter Officier daſelbſt angelanget, ſo muß ein jeder Protogeros (das iſt der vornehmſte und anſehnlichſte Grieche in einer Stadt oder Dorff, und gleichſam der Richter oder Schultz daſelbſt,) die Eltern nebenſt denen Kindern in ſeiner Gemeine zuſamm ruffen, aus welchen hernach die Tuͤrcken, die ſtaͤrck - ſten und ſchoͤnſten nach ihren Gefallen ausleſen, zumahl wann ein Vater mehr als einen Sohn hat, dann wann er nur einen einigen haͤtte, wird ihme ſolcher gemeiniglich gelaſſen, hiebey geſchiehet es nun vielmahls, daß Eltern und Kin -der31der umb dieſen Tribut zu entgehen, ſich in die Waͤlder ſalviren, oder der Sohn verbirget ſich allein, da dann der Vater ſo lang geplaget wird, biß er den Fluͤchtling wieder herbey ſchaffet. Merckwuͤrdig iſt, daß ſowohl die Griechi - ſche Eltern als Kinder, bey dieſen Kinder-Zehenden ſehr ungleich geſinnet ſeyn, nehmlich einige ſind dabey unerſchrocken, andere hingegen untroͤſtbar, Gerla - chius erzehlet von einer Wittwe zu Palorma, welche zwey Soͤhne hatte, daß ſie GOtt Tag und Nacht gebeten, daß er ſie moͤchte ſterben laſſen, damit ſie de - nen Tuͤrcken nicht in die Hand kaͤmen, und ein gewiſſer Griechiſcher Fuͤrſt wolte lieber ſich mit allen ſeinen Soͤhnen umbbringen laſſen, als einen davon denen Tuͤrcken hingeben, arme Griechen hingegen machen desfalls keine Schwuͤrig - keit, wann ſie durch die Tuͤrcken von der Menge ihrer Kinder auff ſolche Weiſe etlicher maſſen entlaſtet werden, ja theils unverſtaͤndige Griechiſche, und ver - muthlich der Veraͤnderung begierige Jungens, wuͤnſchen nur, daß die Tributs - Einforderer bald kommen, und ſie unter die Zahl der Sclaven mit wegnehmen moͤchten, wann aber der Mangel daran in Conſtantinopel nicht allzugroß iſt, ſo geſchiehet es auch wohl, daß der Officier durch die Finger ſiehet, und wann er zumahl mit 50. oder 100. Ducaten geſchmieret wird, einem Vater ſeinen Sohn zu Hauß laͤſt, den er ſonſt ohne ſolche Beſtechung wohl wuͤrde mitge - nommen haben, man hat auch bemercket, daß bey dieſen Tribut-Einfordern die Chriſten ſelbſt unter einander ſo neidiſch ſeyn, daß auch gar ein Nachbar den andern verraͤth, wo er etwan ſeinen Sohn hin verborgen habe, diejenige ſo ſchon verehligt ſeyn, werden wegen des Kinder-zeugens nicht weggenommen, welches auch die Urſach iſt, daß viel Eltern ihre Kinder fruͤhzeitig heyrathen laſ - ſen. Es fordern aber die Tuͤrcken nicht von einer jeden Stadt oder Dorff - ſchafft eine gewiſſe Anzahl, ſondern ſie nehmen nur ſo viel als ſie vermeynen, daß darumb doch noch genug zur Zucht nachble[i]ben, und das Land nicht gar erſchoͤpffet werde, gleichfalls ſind auch die Soͤhne die unter Sieben Jahren ſeyn, damit verſchonet.
Die Zeit, da ſolcher Zehenden oder Tribut eingefordert wird, kommt alle 5. Jahr herum, wodurch ihnen immer friſche Knabens wieder anwachſen, wie ſie dann alle mit Chriſten unter ihren Gebieth beſetzte Landſchafften ſo einge - theilet, daß ſie aus ſolchen genug Kinder nehmen, und doch nur alle fuͤnff Jahr herum kommen koͤnnen, wiewohl die zu Conſtantinopel wohnende Chriſten, ſonderlich die in der Vorſtadt Galata, auch die Stadt Nauplium, und die Oerter, welche die Venetianer denen Tuͤrcken mit Accord uͤbergeben, ingleichen Ara - bien Egypten und Ungarn von dieſen Kinder-Tribut befreyet ſeyn. Jn Aſien hingegen muͤſſen alle Provincien biß an Perſien, Babylon und Arabien dieſen Ze - henden geben, ſie moͤgen ſeyn Griechen, Armenier, Jacobiten oder Mahometaner,inglei -32ingleichen ſind auch die Einwohner in Dalmatien, Boſnien, Servien und Bul - garien darzu verbunden, es waͤre dann, daß gewiſſe Familien dadurch befreyet waͤren, weil ſie mit andern Frohn-Dienſten bey Kriegs - und Friedens-Zeiten dafuͤr beladen ſeyn, dergleichen unter andern auch dieſe ſeyn, die Kayſerliche Pferde auf ihren Weyden zu unterhalten, der Armée Proviant und Bagage nachzufuͤhren, und was etwan dergleichen Dienſte mehr ſeyn moͤchten.
Sobald dieſe alſo zuſamm getriebene Knaben in Conſtantinopel angelangt, ſchlieſſet man ſie in das Serrail ein, daſelbſt unterrichtet man ſie in Leſen und Schreiben, und in der Tuͤrckiſchen Sprache, laͤſſet ſie auch in Kayſerlichen Hof - Garten arbeiten, oder fuͤhret ſie zu anderer Hand-Arbeit an, und dieſes biß in das 20ſte Jahr ihres Alters, da man ſie praͤchtig bekleidet, und alle zu Pferd nach Hof durch die Stadt fuͤhret, worauf ſie dann mit allerhand Hof - oder Kriegs-Chargen, nachdem jeder ſeiner Leibs - und Verſtands-Qualitaͤten nach, darzu capable iſt, verſehen werden, man ſchneidet ihnen auch alsdann den Zopf ab, den ſie in waͤhrender Zeit, da ſie in ihren Seminario in den Serail geweſen, vor denen Ohren haben tragen muͤſſen.
Von der Einrichtung der Seminariorum ſelbſt, ſowohl dem Ort als dem Gebaͤu nach, wo und wie ſolche ſolten angeleget werden, auch was es damit bey denen alten Roͤmern vor eine Beſchaf - fenheit gehabt habe.
VOn dieſen nehmlich der alten Roͤmer ihren Seminariis erſt zu reden, ſo wurden ſolche auſſerhalb der Stadt angeleget, dann alſo ſchreibet Ve - getius Lib. I. Cap. 3. Tyrones plurimum detinendi ſunt in Angariis, proculque habendi â Civitatis illecebris, die Tyronen oder Kriegs - Schuͤler muͤſſen meiſtentheils in denen vor ſie aufgerichteten Gebaͤuen, (welche man damahls Angarias nennte) eingeſchloſſen werden, damit ſie von denen Up - pigkeiten der Staͤdte nicht angeſteckt, ſondern gar von ſolchen unbefleckt erhal - ten werden. Idem lib. 3. cap. 16. in Bello qui plus in Angariis vigilaverit plus in exercendo Milite laboraverit, minus periculum ſuſtinebit, wer zur Zeit des Kriegs am meiſten in denen Angariis gewachet, und ſeine untergebene Kriegs - Schuͤler am beſten geuͤbet hat, der hat ſich der wenigſten Gefahr zu befuͤrch - ten, dieſe Angarias oder Kriegs-Schul-Gebaͤude, mit ihren gantzen Jnbegriff, nennten ſie auch Caſtra Tyronum, Laͤger - oder Stadt - und Schul-Quartiere der Kriegs-Schuͤler, und diſtinguirten ſie dadurch a Caſtris Militum, von denenrechten33rechten Feld - und Heer-Laͤgern der Roͤmiſchen Soldaten, welche entweder vor belaͤgerten Staͤdten, oder gegen ihre Feinde in Feld aufgeſchlagen worden, wel - che Benennung uns abermal zu erkennen giebet, daß ſolche entfernet von denen Staͤdten, (und zwar nicht nur von Rom allein, ſondern auch von andern Roͤmi - ſchen Municipal - Staͤdten,) ſeynd angeleget worden, daß auch ſolcher Kriegs - Schulen unterſchiedliche muͤſſen geweſen ſeyn, ſintemal der Angariarum und Caſtrorum allezeit in plurali gedacht wird, dann alſo ſchreibet Tacitus: Juvenem Urbano luxu laſcivientem, melius in Caſlris haberi, damit der in groſſen Staͤd - ten durch die daſelbſt vorgehende Uppigkeiten wolluͤſtig gewordene Juͤngling et - was wieder gezaͤhmet werde, ſo waͤre es beſſer, daß er in eine Kriegs-Schul eingeſchloſſen wuͤrde, welches auch Kayſer Severus gethan, der ſeine junge Prin - tzen von ſeinen Hof weg, und in die vor der Stadt angelegte Caſtra geſchicket, damit ſie des weichlichen Hof-Lebens entwoͤhnen, und ein ſtammhafftiges Sol - datiſches anziehen moͤchten, welche Betrachtung auch dem vortrefflichen Epami - nondam Fuͤrſten in Griechen-Land bewogen, die Seinige alſo anzureden: Si vultis Principes Græciæ eſſe, Caſtris Vobis eſt u[r]endum non palæſtra, ſo ihr Fuͤr - ſten in Griechen-Land ſeyn wolt, ſo muͤſt ihr nicht auf denen Schau-Plaͤtzen, wo Comoͤdien und andere Luſtbarkeiten vorgehen, ſondern in Kriegs-Feld - Schulen euch aufhalten, non Ignavia enim magna imperia continentur, Virorum Armorumque faciendum certamen eſt, durch Faulheit wird kein groſſes Reich erhalten, es muß gefochten und in Waffen eine Ubung ſeyn, wie alſo gar ſchoͤn Tiridates bey dem Tacito lib. 15. redet, und bey dem Lucano lib. 7. wirfft der Cæſar denen weibiſchen und weichlichen Griechen ihre Gymnaſia & Palæſtræ Stu - dium ebenfalls mit derben Worten vor, von Æliano Sejano leſen wir, daß er eben um dieſer Urſach willen, nehmlich die Uppigkeiten der Staͤdte zu vermeiden, befohlen habe, der Kriegs-Schuͤler ihre Caſtra weit von denen Staͤdten wegzu - legen, ſeine Worte lauten hievon alſo: Severius acturos ſi Caſtra ſtatuantur pro - cul ab urbis illecebris, dieſe denen Caſtris zugeeignete Zucht zeiget hernach auch ſelbſt ihre Nahmens-Bedeutung an, Caſtra enim dicta ſunt quaſi caſta, eo quod ibi caſtraretur libido, dann gleichwie in denen Roͤmiſchen Feld-Laͤgern kein Soldat kein Weib bey ſich fuͤhren durffte, auch kein einiges Frauen Menſch bey denen Roͤmiſchen Arméen gelitten wurde, alſo ſolten auch die Caſtra Tiro - num rein, und entfernet von der fleiſchlichen Luſt-Seuche ſeyn, und in ſolchen die jungen Kriegs-Schuͤler gleichſam als Verſchnittene leben, die keinen ſtimulum Carnis bey ſich fuͤhlten.
Dieſe Verlegung der Roͤmiſchen Kriegs-Schulen von denen Staͤdten giebt uns allhier Anlaß von denen Adelichen und buͤrgerlichen Seminariis, ob ſolche in oder auſſerhalb denen groſſen Staͤdten angeleget ſeyn ſolten, etwas we -Eniges34niges zu reden, die Rationes, welche vor das Anlegen in denen Staͤdten ſeyn, be - ſtehen darinn, daß der Land - und Krieges-Herr die auf ſeine und des Landes Koſten unterhaltene Cadets und Tirones dadurch immer vor Augen haben, und taͤglich erfahren koͤnne, wie ihre Conduite oder Auffuͤhrung beſchaffen ſey, und wie ihre Education und Information von ſtatten gehe, ingletchen daß man ſich ſolcher (ſonderlich der Adelichen Cadets) bey gewiſſen zu Hof oder in der Stadt vorge - henden Solennitaͤten und Aufzuͤgen zur Parade, wie auch taͤglich zum Aufziehen auf die Wacht, ſonderlich auf gewiſſe honorables Poſten, als bey Hof und dem Gouvernement gebrauchen, und ihnen ſolchergeſtalt nach und nach die Kriegs - Exercitia in Praxi angewoͤhnen koͤnte, uͤberdem ſo profitirte die vornehme und Adeliche Stadt-Jugend, welche vor ihr Geld in den Cadets-Seminario oder Ritter-Academie die Exercitia mit erlernen wolte, von der, darzu vor der Thuͤr habenden Gelegenheit, und konte indeſſen bey ihren Eltern und Freunden be - wohnen bleiben, welches aber nicht alſo ſeyn koͤnte, wann dergleichen Caſtra weit von denen Staͤdten entfernet ſeyn ſolten, durchgehends haͤtten auch die in denen Staͤdten in ihren Academien einquartirte Tyrones ſo wohl buͤrgerliche als Adeliche ihre Freunde bey der Hand, welche ihnen in ein und andern Leibs-Be - duͤrffnißen, ſonderlich in Kranckheits-Faͤllen Handreichung thun koͤnten, wel - ches abermahls in denen weit von der Stadt entfernten Caſtris nicht angienge, uͤberdem ſo haͤtten auch beyderley Tyrones an der Stadt-Guarniſon und deren militariſchen Occupationibus mit Paradiren, auf die Wacht ziehen, Exerci - ren, auch an denen offtmahls vorkommenden militariſchen Straf-Executionibus lebendige Vorſpiele und Exempla vor Augen, was der Militair-Stand, in deſſen Lehre ſie jetzt ſtuͤnden, und welchen ſie ſích gewiedmet haͤtten, auf ſich habe, und vor Pflichten mit ſich ſuͤhre, es mangelte ja auch nicht an Exemplis, daß derglei - chen Ritter - und Cadets-Academien ſchon in groſſen Reſidentz-Staͤdten, (als Dreßden und Berlin ſeyn,) waͤren angeleget worden, und noch biß dato daſelbſt ſtattlich florirten.
Welchen an ſich ſelbſt recht wichtigen und vernuͤnfftigen Rationibus, an - dere hingegen die vor die Entfernung ſolcher Kriegs-Schulen von denen groſſen Staͤdten portiret ſeyn, folgendes entgegen ſetzen, nemlich. daß ſchon die Roͤmer zu ihrer Zeit und obgedachter maßen, aus denen dabey gefuͤgten Urſachen vor beſſer gefunden, ihre Angarias auſſerhalb denen Staͤdten anzulegen, und uns deßfalls mit guten Exempeln vorgegangen waren, welches auch in juͤngern Zeiten die Fundatores der Univerſitaͤten und Gymnaſiorum, ſonderlich der ſo ge - nannten Fuͤrſten-Schulen, wohl bedacht, indem ſie ſolche mehrentheils an ſtille und weit von dem Hof-Leben entfernte Herter verleget, wie alſo Koͤnig Friede -[r]icus II. in Daͤnemarck mit kiner in Sora A. 1623. aufgerichteten Ritter-Aca -demie35demie gethan, dahero ſoíche auch (wegen der durch die Einſamkeit befoͤrderten Ge - legenheit zum Studieren) viel Jahre lang in guten Flor geſtanden, Engeland haͤtte ſein Invaliden-Hauß und Collegium, in welchen auch die zur Marine de - ſtinirte Jugend in allerhand darzu gehoͤrigen Wiſſenſchafften unterrichtet wuͤrde, zu Chelſev, eine Meile von Londen, an der Tems angeleget.
Wann auch ein ſolches Seminarium der vielen darzu gehoͤrigen Gebaͤu wegen, einen groſſen Raum erforderte, ſolcher aber in Reſidentz - und andern groſſen Staͤdten mehrentheils ſehr koſtbar waͤre, uͤberdem auch die Victualien in ſolchen weit theurer als auf dem Land und in kleinen Provinzien ſeyn, in groſſen Staͤdten auch die zu militariſchen Studiis und Exercitiis gewiedmete Jugend, weit mehr durch allerhand Geſellſchafften und Objecta, von ihren Haupt-Zweck als auf dem Land diſtrahiret wuͤrde, als waͤren ſolches ebenfalls ſchon Beweg - Urſachen, warum man dergleichen Seminaria und Academien nicht ſo ſuͤglich in denen Staͤdten, als auf dem Land anlegen ſolte.
Allein wer ſiehet nicht hieraus, daß dieſe vor das Entfernen der Ritter - und Cadets-Academien von denen groſſen Staͤdten angefuͤhrte Rationes, bey weiten nicht denen vorigen, die das Gegentheil behaupten, die Wage halten koͤnnen, dann was kuͤrtzlich die angeſuͤhrte Roͤmiſche Angarias betrifft, ſo waren ſolche bey dieſer groſſen Weltbeherrſcherin der Stadt Rom, mit etlich tauſend Tyronibus angeſuͤllet, dagegen in unſern heutigen Academien derſelben kaum etliche hundert ſeyn, welche auch uͤberdem gantz andere und hoͤhere Studia (zu - mahl bey jetzund ſo hoch geſtiegener Kriegs-Kunſt und Exercitiis,) als jene treiben muͤſſen, dannenhero auch gantz andere Gebaͤude und Zimmer als jene darzu noͤthig haben, der Einwurff von denen Fuͤrſten-Schulen, die vornehm - lich auff die Humaniora eingerichtet, item von faſt eben zu dergleichen Zweck angeſtellten Academien, zu welchen hernach nur etliche Adeliche Exercitia gefuͤ - get worden, beantwortet ſich damit, daß hier die Abſicht mehr auff Militaria und was einen kuͤnfftigen zu des Vaterlandes Dienſten gewiedmeten Soldaten an Kriegs-Studiis und Exercitiis zu wiſſen noͤthig, als auff Civilia gerichtet ſey, und endlich faͤllt auch der Einwurff von denen Invaliden (die freylich nicht in groſſe Staͤdte, wie kuͤnfftig in einen beſondern Tractat ſoll gewieſen werden, gehoͤren,) gantz weg, weil wir hier mit geſunder friſcher Jugend deren Thun und Laſſen man allezeit vor Augen haben muß, nicht aber mit alten Emeritis und preßhafften Leuten zu thun haben, was auch wegen des groſſen Raums, welchen eine ſolche Cadets-Academie einnehmen mochte, will vorgewendet wer - den, ſo darff man nur die heutige bequeme und compendieuſe Bau-Art, die in dergleichen Militair-Gebaͤuden gehalten wird, vornehmlich aber die allhier in Alt-Dreßden an einem ſtillen, geſunden und luſtigeu Orte, angelegte Ritter -E 2und36und Cadets-Academie mit Verwundern, als eines der magniſiqueſten und an - ſehnlichſten in Europa beſindlichen Gebaͤuden anſehen, da man ſo gleich befin - den wird, daß alle auch ex hoc paſſu, gegen das Verlegen der Ritter - und Cadets-Academien in die Staͤdte gebrauchte Objectiones von ſich ſelbſt weg - fallen, und was zuletzt von denen ſchaͤdlichen Ausſchweiffungen der Academi - ſten in denen Staͤdten geſaget werden will, nach genauer Inſpection des in ob - beſagter Dreßdniſcher, Berliniſchen und andern dergleichen loblichen Academiis gemachten heilſamen Reglements und Verfaſſung, auch keinen Platz finde, und alſo keineswegs, zumahl bey wohl moraliſirter Chriſtlicher Jugend und edlen Gemuͤthern hieher zu ziehen ſey.
Damit aber auch der geneigte Leſer von dem Gebaͤu der alten Roͤmer ih - rer Angariarum und Cadets-Academien ſelbſt eine kurtze Hiſtoriſche Nachricht haben moͤge, ſo diene zu wiſſen, daß ſolche ihrer Kriegs-Scribenten Beſchrei - bung nach einen gar groſſen Umbfang gehabt, dahero ſie freylich beſſer weit hin - aus vor der Stadt, und zwar an der Tiber oder an andern Fluͤſſen angeleget worden, theils damit ſie deſto beſſere Zufuhr zu Waſſer, als auch die Tirones dabey Gelegenheit ſich in Schwimmen zu uͤben haben moͤchten.
Sie waren aber mehrentheils nur von Holtz und Brettern auffgebauet, und mit Stroh-oder Schilff-Rohr bedecket, welchen Bau die Tyrones ſelbſt vernich - ten muſten, und zwar mehrentheils darum, damit ihnen, wann ſie einmal ins Feld kommen ſolten, die Hand-Arbeit (zumal bey erheiſchenden Rothfall) nicht ſpaniſch vorkommen moͤchte, weil es ein groſſer Unterſchied zwiſchen einen ſtillen buͤrgerlichen und den Soldaten-Leben iſt, und moͤchte man bey ſolchen denen, welchenicht wiſſen, wie es dabey zugehet, gar wohl zuruffen: Dulce Bellum in - expertis, der Soldaten-Stand kommet denen ſuͤß vor, die niemahls darinn ge - weſen ſeyn.
Es beſtanden aber in denen Angariis der Tyronum zu Fuß, ihre Huͤtten oder Baraquen in vier Claſſen, jede von ſechs Reyhen hinter einander, jede Reyhe hat - te 17. Huͤtten, und in jeder Huͤtte logirten zehen Tyrones oder Kriegs-Schuͤ - ler, die ſich zuſamm Contubernales nennten, welches Wort noch auf Univerſi - taͤten unter denen Purſchen die zuſamm auf einer Stuben wohnen, gebraͤuchlich iſt, daß alſo in einer Angaria 4080. Tyrones waren.
Die zu Pferd oder von der Cavallerie hatten ebenfalls 4. Claſſes, und in je - der Claß nur 4. Reyhen Huͤtten oder Baraquen hinter einander, in denen erſten und dritten Reyhen jeder Claß logirten die Tyrones ſelbſt, und hinter ihnen in der 2. und 4. Reyhe ſtanden ihre Pferde eben wie noch heutigs Tags in unſern Feld-Laͤgern bey der Cavallerie gebraͤuchlich iſt.
Auf beyden Seiten der Tyronum zu Fuß ihren Huͤtten waren die Baraquen der Armidoctorum, Campidoctorum und Armimagiſtrorum.
Und37Und ſo auch neben denen Reuter-Baraquen ihrer Lehrmeiſter ihre Woh - nungen.
Ferner waren um dieſes Schul-Lager zu ſehen (1) Baſilica pedeſtris der Infanterie, nemlich ihr Fecht-Boden, Trill - oder Exercitien-Hauß, ingleichen (2) Baſilica Equeſtris. die Schul vor die Exercitia zu Pferd, dieſe war 400. Schuh lang und 80. breit, und ſtanden in ſolcher mehr als 100. hoͤltzerne Voltigier - Pferd, auf welchen die Tyrones, wann es regnigt Wetter war, ſich in Voltigiren uͤben muſten.
Der Tyronum zu Fuß ihre war eben ſo groß und weit als jene, und waren in ſolcher die hoͤltzerne Pfaͤle aufgerichtet, wider welche ſie ſich mit Schwerdtern und Wurff-Pfeilen uͤben muſten.
Nach dieſen ſahe man (3) deß Rectoris Wohnung, (4) das Nicht-Hauß, (5) der Roͤmiſchen Legaten oder Raths-Deputirten Zimmer, wann ſolche der Tyro - num ihre Academiam, und wie ſie darinn ihre Exercitia trieben, beſuchten, (6) der Burgermeiſter Logement, wann ſelbige ebenfalls dieſe Kriegs-Schul ihrer Be - ſuchung wuͤrdigten, (7) das Ruͤſt-Hauß zu denen Waͤgen. (8) Der Elephanten Stall. (9) Die Schuppen zu denen Streit-Waͤgen, (10) der Tyronum zu Fuß ihr Proviant, und (11) ihr Ruͤſt-oder Zeug-Hauß, und ſo auch (12) und (13) der zu Pferde ihre, (14) die Werckſtaͤtte der Schmidte und Zimmerleut, (15) der Ty - ronum ihre Handmuͤhlen, auf welchen ſie ſelber ihr Brod-Korn, ſo man ihnen in Natura zu ihren Unterhalt gab, mahlen muſten. Endlich ſo hatten ſie auch ihre freye Tummel-Plaͤtze, und rund herum um dieſe Lager-Schul ihre aufge - worffene Graͤben, uͤber welche ſie ſich zu ſpringen taͤglich uͤben muſten, auch war nicht weit davon die Tyber oder ein anderer Fluß entfernet, der ihnen, um ſich in Schwimmen zu uͤben, dienen knnte. jn jeder Huͤtte waren 10. Schlaf - Baͤncke, da auf dem bloßen Holtz oder harten Banck die Tyrones ohne etwas weiches unter ſich zu haben, ſchlaffen muſten, daß ſie ſich alſo fein zeitlich der Weichlichkeit entwoͤhnen, die Kriegs-Fatiquen aber angewoͤhnen muſten, eine ſol - che Huͤtte rechnete man 60. Schuh lang, und 10. breit, das gantze mit einen Gra - ben umgebene Kriegs-Schul-Lager aber von einer Circumferentz von 9000. Schuh, deren 24000. auf eine Meilwegs gehen.
Bey dieſer kurtzen Beſchreibung der Roͤmiſchen Kriegs-Schulen bemercken wir, daß alles darinnen Martialiſch ausgeſehen, und die Zaͤrtlichkeit der Buͤrger - Haͤuſer in denen Staͤdten weit davon entfernet geweſen, daß auch die Præceptores,Lehr - und Exercitien-Meiſters ihre Lehr-Schuͤler ſtets vor Augen gehabt und auf dero Conduite Achtung geben koͤnnen.
Die Tyrones wurden auch ſehr offt von des Roͤmiſchen Raths-Deputirten, oder auch von Burgermeiſtern ſelbſt beſuchet, in deren Gegenwart gemuſtert undE 3exer -38exerciret, und die ſich darinn wohl verhalten, beſchencket, es waren aber ſolche Præmia militaria, vel majora vel minora, dieſe waren die Centurionatus, Decu - rionatus & Præfecturæ, daß man wohlverdiente Soldaten zu Haupt-Leuten oder von gemeinen zu Unter-Officiern, auch etwan zu Amt-Leuten machte, ihnen ihren Sold verbeſſerte, ſie unter die Leib-Guarde nahm, ihnen Geld-Geſchencke, neue Kleider und Waffen gab, oder ſie gar, wann ſie groſſe Præmia durch Wohlver - halten verdienet, mit Cronen beſchenckte, welches aber eigentlich zu denen Tyro - nibus noch nicht gehoͤret, ſondern ſchon von rechten ausgemachten alten Soldaten, die unter denen Legionen ſtanden, zu verſtehen iſt.
Von der alten Roͤmer ihren Kriegs-Exercitiis, welche ſie mit ihren Tyronibus und Soldaten vorgenommen, und wie weit ſolche heutigs Tags von denen unſrigen differiren, auch in vielen Stuͤcken uͤbertroffen werden.
ANfaͤnglich wurde denen neu-angekommenen Tyronibus oder Kriegs - Schuͤlern in der unterſten Claß angewieſen, hurtig und in guter Ord - nung einherzugehen, Reyhe und Glieder zu halten, und des Marchiren in Schlacht-Ordnung: Erſtlich Schritt vor Schritt zu gewoͤhnen, zu welchen Ende man ſie taͤglich des Sommers erſtlich in 5. Stunden Zeit 20. tauſend Schritt marchiren ließ, wann ſie hernach in ſolchen Gehen geuͤbt waren, ſo muſte die Diſtantz in eben ſolcher Zeit vergroͤſſert, und 24. tauſend Schritt ohne Abſetzen oder Ruhen gegangen werden, ſobald als ſie auch in ſolchen fertig waren, ſo un - terrichtete man ſie in Lauffen, damit ſie ſich deſſen ſowohl gegen den Feind, (um ſolchen einen Vortheil abzugewinnen, als ihn mit Ungeſtuͤmm anzulauffen, ſelbi - gen den Paß zu verrennen, den Wall hinauf zu klettern, auch wann ſie etwan fluͤchtig werden ſolten, und ſich reteriren muſten, gebrauchen koͤnten, auf dieſes Lauffen folgete hernach die Ubung in Springen uͤber die Graͤben und auf die aufgeworffene Waͤlle und Hoͤhen, damit ſie auch durch Springen die Feinde de - ſto hurtiger angreiffen, und ſie dadurch confus und erſchrocken machen moͤch - ten. Zu dieſem Ende wurden 12. Schuh breit Graͤben aufgeworffen, daruͤber der Hauptmann oder Centurio einer Compagnie Cadets oder Kriegs-Schuͤler zu erſt, und dann alle ſeine hundert Untergebene, und zwar mit dem Gewehr in der Hand, ihme nachſpringen muſten, wann dieſes geſchehen, ſo muſten ſie ebenfalls mit vollen Gewehr und Ruͤſtung gegen einen aufgeworffenen Wall, an / und ſo auch wieder zuruͤck lauffen, und hierauf Compagnien oder Centurien-weiß mit hoͤltzern Wurff-Pfeilen, die nicht ſpitzig waren, gegen einander char giren, und ſich mit ihren Schilden bedecken.
Alle39Alle dieſe Exercitia geben ſich heutigs Tags bey unſerer Teutſchen Militz von ſich ſelbſt, durch das ſtetige Exerciren mit der Flinten, welches von denen Neugeworbenen an, biß auff die alte ſchon geuͤbte Soldaten incluſivè, vielfaͤl - tig, ſonderlich bey langen Sommer-Tagen vorgenommen wird, und wuͤrde ſich dermahlen ein alter Roͤmiſcher Soldat oder Kriegs-Held, wanns auch Julius Cæſar, oder Pompejus ſelbſt waͤre, (welche doch die Kriegs-Ubungen ihrer Zeit, ſehr wohl verſtanden haben,) hoͤchlich verwundern, wann er alle die Exercitia, die mit unſern Muſquetirern und Grenadiren, mit Compagnien, Bataillonen, und Regimentern, auch gantzen Diviſionen und Armeen vorgenommen werden, und wie accurat alles dabey auff einen Tempo, in der ſchoͤnſten Ordnung und Accu - rateſſe zugehe, anſehen ſolte, indeſſen hat d[e]r Roͤmer ihr Exerciren, in Marchi - ren, Lauffen und Chargiren auch ſchon ſeinen Nutzen gehabt, alſo, daß auch ſol - ches gewiſſer maſſen unſern Seminariis gleich dem was hernach folgen wird, je - des in ſeiner Art zur[Auffmunterung] und Imitation dienen kan.
Auff ſolches Lauffen folgte hernach die Ubung in den Schwimmen, wel - ches zur Sommers-Zeit mit denen Tironibus in dem zunaͤchſt an den Campo Martio (auff welchen die Kriegs-Exercitia geſchahen,) vorbey lauffenden Ti - ber-Fluß vorgenommen wurde, da ſie Erſtlich nur zu Fuß gehend, und ihre Bagage auff dem Kopffe oder Buckel tragend, an denen Orten, wo die Tiber ſeicht war, ſelbige durchwaden muſten, hierauff fuͤhrte man ſie weiter hin, wo man nicht durchwaden konte, ſondern der Tieffe wegen ſchwimmen mu - ſte, hierzu muſten ſie ſich nun nackend ausziehen, und jeder ein Buͤndelein Rei - ſig bey ſich habe[n], auff welchen er ſeine Bagage an Kleidern und Waffen legen kunte, dieſes Buͤndelein band er hernach mit einen duͤnnen Strick an ſeinen Halß, und ſchleppte es alſo mit ſich ſchwimmende fort uͤber den Fluß, wor - auff er ſich wann er ans Land kam, wieder ankleidete, und ſeine Ruͤſtung zu ſich nahm.
Daß auch unſern Kriegs-Schuͤlern dieſes Exercitium des Schwimmens hoͤchſt uoͤthig waͤre, laͤſt ſich daraus bewaͤhren, weil manchmahl das Fuß - Volck uͤber Fluͤſſe zu ſetzen hat, worzu nicht eben gleich Pontons oder Bruͤcken (als welche gemeiniglich der Feind hinter ſich abwirfft,) vorhanden ſeyn, wer auch nur ein wenig in unſern neuen Kriegs-Geſchichten bewandert iſt, der wird bald daraus ſehen, wie viel Kriegs-Stuͤcklein und Stratagemata durch Soldaten, die gut ſchwimmen koͤnnen, (auff ihrer commandirenden Officier Ordre, und zuweilen auch gegen reichliche Bezahlung) ausgefuͤhret worden.
Die Dritte Ubung der Roͤmiſchen Tironum war das Laſt - und Buͤrde - tragen, da ſie angehalten wurden, Erſtlich leichte Waffen und Kriegs-Geraͤth - ſchafften, hierauff ſchwerere, und Drittens nechſt ihren Proviant auff etlicheTage,40Tage, auch gantze Laſten von Holtz, Eiſen, Steinen, und Waſſer, item Stroh und Heu zum Lager zu tragen. Jhre eigene Geraͤthſchafften beſtanden in ei - nen Mehl-Sack, und den darinn befindlichen Proviant, in einer Pfanne, ihre Kuchen und Brodt darinn zu backen, ferner in einen Beil, Waſſer-Krug, lan - gen Strick, einer Schauffel oder Schuͤppe, und einer Kette, damit des Nachts das Lager geſchloſſen und umbgeben war, einige waren auch mit Pfaͤlen oder Paliſſaden, ledigen Koͤrben, Saͤgen und Sicheln, auch wohl mit einen Pferd - Zaum belaſtet, diejenige Pferde, welche ſie etwan ins Feindes Lande erbeuten wuͤrden, damit zu bezaͤumen.
Unſern heutigen Soldaten ſchenckt man desfalls in ſolchen Laſt-tragen (wann zumahl die Noth an Mann tritt,) auch nichts, wiewohl ſie auch in March ſo viel als es die Gelegenheit leiden will, durch Nachfuhr der Bagage ſoulagiret werden, indeſſen iſt es bey Verſchantzungen und Belaͤgerungen auch kein geringes, wann die Fachinen und Sand-Saͤcke, Kugeln und Munition, Fourage und andere Kriegs-Requi[ſ]ta von weiten her muͤſſen geholt und zuge - tragen, und ſonderlich in Geſicht der Belaͤgerten, das Geſchuͤtz auff die Batte - rien geſchleppet, und andere dergleichen beſchwerliche und gefaͤhrliche Arbeiten mehr verrichtet werden.
Fuͤnfftens ſo muſten auch die Roͤmiſchen jungen Soldaten taͤglich graben und ſchantzen, das Beveſtigen der Laͤger dadurch zu erlernen, zu welcher Ar - beit ſie durch unterſchiedliche Gradus angefuͤhret worden, als Erſtlich bloſſe Gra - ben zu machen, (2) Waͤlle dabey auffzufuͤhren, (3) in Mangel der Erde, Sand-Saͤcke zu fuͤllen, und einen Wall davon zu machen, (4) Waͤlle von Reiß Werck und Baum-Aeſten zu flechten, (5) dieſe Waͤlle mit eingeſteckten Pfaͤlen zu beveſtigen, (6) einen Lauff-Graben zu machen, und (7) unter - irrdiſche Minen oder Untergrabungen zu verfertigen.
Dergleichen Schantz-und Graben-Arbeit findet ſich bey unſrer heutigen Militz eben ſo und noch viel ordentlicher, als bey der Roͤmiſchen, nachdem unſer Fortificiren und Verſchantzen auff einen gantz andern Fuß als es zu ihrer Zeit geweſen, geſetzet worden.
Sechſtens ſo war auch eine Occupation der Roͤmiſchen Kriegs-Schuͤler, Holtz-Waͤllen oder Fachinen und Baͤume abzuhauen, und dieſes umb neuner - ley Urſachen willen, als Erſtlich umb ſich anzugewoͤhnen, die von dem Feinde durch Buͤſch und Waͤlder verhauene Paſſage wieder zu eroͤffnen, (2) ſolche ver - hauene Waͤlder hinter ſich zu laſſen, damit ihnen der Feind nicht nachfolgen koͤnte, (3) weil zur Beveſtigung des Lagers Holtz und Palliſaden noͤthig wa - ren, (4) ſolche geſpalten, und (5) behauen ſeyn muſten, dahero die Tiro - nes ſchon in die Zunmermanns-Arbeit hinein gefuͤhrt wurden, (6) muſtenſie41ſie Fachinen machen, die Waͤlle damit zu beveſtigen, (7) groſſe und kleine Hurden, und (8) Zaͤune flechten, und (9) damit ſie Brenn-Holtz im La - ger haben moͤchten.
Siebendens, ſo wurden auch die Tyrones in Steinwerffen und Schleu - dern geuͤbet, welches ſchon bey denen Juͤden ein gebraͤuchliches Gewehr geweſen iſt, wie ſolches aus dem, was Cap. 1. dieſes Tractats von der Juͤden ihren Kriegs - Exercitiis geſaget worden, zu erſehen. Es gaben auch die Einwohner der Baleari - ſchen Jnſuln ihren Kindern und Tyronibus nicht ehe zu eſſen, biß ſie zuvor die Speiſe mit einer Schleuder getroffen hatten, bey denen Koͤmern wurden ihre Kriegs-Schuͤler erſtlich geuͤbet ſchwere Steine aus freyer Hand gegen ihre Feinde zu werffen, (2) durch Schleudern vermittelſt einer Hand, und hernach ver - mittelſt zweyer Haͤnde, dergleichen Schleudern noch hin und wieder in denen An - tiquitaͤten-Zimmern, da ſie zur Curioſitaͤt verwahret werden, anzutreffen ſeyn.
Heutigs Tags hat man an der Schleudern Stelle das Granatenwerffen, welches mehrern Effect als die Steine thut, ſintemahl ſolche zerſpringen, und mit um ſich Schlagen viel Leute zuſchanden machen, da hingegen die Steine, wann ſie zumal fehl gehen, leichtlich wieder koͤnnen aufgenommen, und auf dem, der ſie geworffen, zuruͤck geworffen werden, indeſſen waͤre es doch nicht uͤbel, wann man auch unſere Cadets und Kriegs-Schuͤler ſich in Schleudern exerci - ren ließ, es waͤre zum wenigſten ein Zeitvertreib, ſo ebenfalls zu ſeiner Zeit und an ſeinen Ort ſeinen Nutzen haben koͤnte, alle alte Gebraͤuche ſeynd darum nicht ſo gar abzuſchaffen, weil ſie alt ſeyn, indem ſie zum wenigſten zu fernern Spe - culationibus Anlaß geben koͤnnen, wann man auch die unterſchiedliche Tempo - ra, welche die Roͤmer in dem Exercitio mit der Schleuder in acht nehmen muͤſ - ſen, anſiehet, wird man befinden, daß unſer heutiges Exerciren mit dem Granaten - werffen, eine groſſe Verwandſchafft mit denſelben habe.
Dieſes waͤren alſo die Exercitia, welche mit denen Roͤmiſchen Tyronibus in der erſten Claß vorgenommen worden, wann ſie ſich nun in ſolchen wohl ver - halten, und man daraus abmercken kunte, daß ſie mit der Zeit gute Kriegs-Leu - te werden, und dem Vaterland nuͤtzliche Dienſte leiſten wuͤrden, ſo wurden ſie hierauf unter die Roͤmiſche Militz, vermoͤg eines ihnen auf den Arm mit einen gluͤenden Eiſen gebrandten Zeichens, ſo Sacramentum militare genenn[e]t wurde, eingeſchrieben, es beſtand aber ſolches Zeichen in zwey Buchſtaben M. R. welches ſo viel als Miles Romanus heißen ſolte, dieſes Stygma oder Brand-Zeichen behielt man ſo lang bey, als die Buͤrgermeiſter regierten, nachdem aber die Kayſer an ihre Stelle kamen, wurden die angehende Soldaten, mit ihrer der Kayſer Nah - mens Anfangs-Buchſtaben, ober auch ſonſt einer andern Marque, nachdem es nemlich dem Feld-Herrn beliebte, bezeichnet.
FEs42Es geſchahe aber ſolche Brandmarckung der Roͤmiſchen Soldaten vierer - ley Urſachen halber, einmahl damit keiner laͤugnen kunte, er ſey nicht zu der Re - public Soldaten und Kriegs-Schuͤler eingeſchrieben, zweytens damit man auch daraus wiſſen koͤnne, wem die Republic die Kriegs-Exercitia habe lernen laſſen, und ihme ſo lang Unterhalt und freye Information gegeben, drittens, damit her - nach ein ſolcher, wann er aus dem Krieg entlief, deſto eher moͤchte gekannt wer - den, und vierdtens, daß ihn auch ſolches Brandmarck, wann er etwan in der Schlacht umkommen ſolte, auf der Wahlſtatt ſo viel eher als einen Roͤmiſchen Soldaten von andern todten Coͤrpern unterſcheiden moͤchte, und man ihme alſo die letzte Ehre einer praͤchtigen Begraͤbniß koͤnte wiederfahren laſſen.
Die Zeichners waren ihre, der Tyronum eigene Lehrmeiſters, (Armi-Do - ctores oder Armi-Magiſtri genannt,) vor welchen der Tyro erſt alle Exercitia der erſten oder unterſten Claß machen muſte, ehe er zu der Ehre der Zeichnung und Enrollirung gelangen koͤnte, die Zeichen-Tage ſelbſt kamen nur zu gewiſſen Zeiten, da man etlich hundert Tyrones zuſamm in die Muſterung nahm, und ſolche hernach einen nach dem andern fortzeichnete, die Ungeſchickte, Traͤge, und bey welchen man wenig Courage und Adreſſe vermerckte, wurden ausgemuſtert, und kunten nicht der Ehre, ein Roͤmiſcher Soldat zu ſeyn, faͤhig werden.
Belangend die Tyrones der zweyten Claß, ſo wurden dieſelbe in ſolcher zu folgenden Exercitiis angefuͤhret, als erſtlich muſten ſie wider hoͤltzerne in die Er - den gegrabene Pfaͤle fechten, womit es alſo zugienge.
Man gab ihnen von Weiden-Holtz wie eine Hurte rund geflochtene Schil - de, die jedoch zweymal ſchwerer an Gewicht als ihre, ſonſt gewoͤhnliche waren, dieſen hielt der Kriegs-Schuͤler in der einen, und das Schwerdt in der andern Hand, und avancirte damit gegen den Pfal, den er bald oben in den Knopff, bald in die Seite, bald wieder unten an Fuß hiebe, anders nicht als wann er einen Menſchen vor ſich haͤtte, an dem er ſeine Streiche gebrauchen ſolte, wobey dann der Armi-Magiſter mit zugegen war, und ihnen anwieß, wie ſie geſchicklich auf ihren Feind loßgehen, ihre Streiche gluͤcklich anbringen, und ſich vor Gegen - Streichen hinter ihren Schilden beſchirmen ſolten. Es muſten auch wohl zwey Tyrones ſelbſt gegen einander mit hoͤltzern Duſecken und ihren Weidenen Schil - den in der Hand fechten, und eben wie bey unſern Klopff-Fechtern gebraͤuch - lich, ſich einander ſuchen Streiche und Stoͤſſe beyzubringen. Weil auch die Roͤ - mer in Krieg mehr von Stechen als Hauen hielten, indem durch das Stechen ein Menſch eher als durch Hauen kunte ums Leben gebracht werden, als muſten die Tyrones eben ſo, wie mit dem Hieb, alſo auch mit dem Stich auf den Pfal lotzgehen, und ſelbigen Stiche anzubringen ſich befteißigen, heutigs Tags iſt vor dieſes Roͤmiſche gegen den Pfal-Fechten, unſer Quintan-Rennen eingefuͤhret, in -gleichen43gleichen wann man die Anfaͤnger auf den Fecht-Boden gegen die Wand aus - ſtoſſen laͤſt, damit ſie in Stoſſen gewiß werden, bey der Pique aber und dem Exerciren mit denen auf die Flinte aufgeſteckten Baguenetten, das Avanciren und Anſchlagen auf den halben Mann, und dergleichen Exercitia mehr ihnen beybringet.
Nach der Ubung gegen dem Pfal mit Hauen und Stechen muſten ſie ſich auch inPfeil - und Wurff-Pfeil-Schieſſen uͤben, als mit welchen die Roͤmer wie Cato in ſeinen Buͤchern von der Kriegs-Diſciplin meldet) jederzeit viel gegen ihre Feinde ausgerichtet, wie dann Scipio Africanus ſeine vielfaͤltige wider die Numantier befochtete Siege, denen in ſeiner Armée gehabten Pfeil-Schuͤtzen zu dancken hatte. Dieſes Wurff-Pfeil-Schieſſen kommt ebenfalls in unſern Quintan-Rennen vor, im Krieg hat es aber keinen weitern Gebrauch, und ſeynd dafuͤr die Hand-Granaten beſſer.
Ferner muſten die Roͤmiſche Tyrones ſich auch angewoͤhnen, mit ſchwerer Ruͤſtung gewaffnet in Schlacht-Ordnung zu marchiren, dann auf koſtbare Chamarirung von Gold und Silber hielte man nicht viel, ſondern es muſte alles martialiſch und Soldatiſch bey ihnen ausſehen, und wolten die alte Roͤmer lie - ber uͤber Leute, die viel Gold und Silber beſaͤſſen, herrſchen, als ſolches ſelbſt an und um ſich haben. Da nun unter andern ihren Armaturen auch die Schil - de und lange Spieſſe waren, als lernte man ihnen, wie ſie mit ihren Schilden ſich zuſamm ſchlieſſen, dahinter bedecken, auch ſolche ſo auf einander fuͤgen ſol - ten, daß ſie endlich gantze Mauren, hohe Geruͤſte davon machen, und uͤber ſolche Sturm-lauffen kunten, welches heutigs Tags bey unſern Brecheſchieſſen nicht mehr noͤthig iſt, ob aber auch nicht noch zu gewiſſer Zeit und in gewiſſen Kriegs-Faͤllen, die Schilde etlichermaßen nuͤtzlich zu gebrauchen waͤren, davon wollen wir dieſes Orts unſere Meynung zuruͤck halten.
Nicht weniger hielt man auch die Kriegs-Schuͤler an, Sturm-Leitern zu tragen, und dieſelbe an die Mauren auzubringen, item Sand-Saͤcke, Balcken und Reiſig-Holtz herbey zu ſchaffen, und damit die Graben auszufuͤllen, auch in vollen Harniſch und Ruͤſtung Berg auf - und abzulauffen, ingleichen auf denen gepflantzten Leitern, die Mauren der Staͤdte zu uͤberſteigen.
Die Exercitia der Tyronum zu Pferd beſtanden in der crſten, zweyten und dritten Claß in folgenden: Erſtlich muſten ſie und ſo auch alle Roͤmiſche Sol - daten lernen gantz leicht und unbewaffnet auf ein zu dieſen Ende hingeſetzten hoͤltzern Voltigier-Pferd auf - und abſpringen, wann ſie dieſes perfect kunten, muſten ſie es auch mit voller Ruͤſtung angethan, und zwar rechts und lincks er - lernen, und noch darzu Spieß und Schwerdter in der Hand halten, wann ſie auch darinn fertig, ſo ſetzte man ſie auf rechte Pferde, auf welche ſie in Ermang -F 2lung44lung der Saͤttel und Steig-Buͤgel ebenfalls bewaffnet und unbewaffnet bald auf der rechten bald auf der lincken Seiten auffſpringen, hierauf in vollen Cur - rier, (nach der Weiſe unſers heutigen Quintan-Rennens) auf die in dem Mar - tis-Feld gepflantzte Pfaͤle loßrennen, und auf ſelbige ihre Wurff - und andere Pfeile, (daß ſolche darinn beſtecken blieben,) loßſchieſſen, ſich hierauf mit dem Pferd wenden, und von hinterwaͤrts ein gleiches ſowohi mit Werffen als Schieſſen der Pfeile verrichten muſten.
Es beſtand aber die Roͤmiſche Cavallerie in zweyerley Reutern, als (1) in leichten und (2) in ſchwehren, jene waren nicht gewaffnete und hießen Velites Ja -[c]latores und Sagittarii, dieſe hingegen warenuͤber und uͤber geharniſcht und hieſ - ſen Cataphracti, hiebey muſten ſie auch lernen zu Wagen ſtreiten, vor welchen 2. 3. biß 4. Pferde neben einander geſpannet waren, dieſe muſten in vollen Courier von den Tyrone in einem groſſen Circo oder Kreiß herum gejaget, und noch wohl dabey ein Wurff-Pfeil, wie man heutigs Tags bey unſern Carouſeln ſiehet, geworffen werden, oder ſo er einen Kutſcher hatte, der die Pferde in vollen Courier zu lauffen antrieb, muſte der in den Streit-Wagen aufrecht ſtehende Tyro, doch auf dem ih - me entgegen rennenden andern Tyronem, einen Pfeil abſchieſſen, und des adverſa - rii abgeſchoſſenen Pfeil mit ſeinen Schild aufffangen, es gehoͤrten aber dieſe Exerci - tia ſchon in die vierdte und fuͤnffte Claß.
Jn der ſechſten Claß muſten ſie lernen auf Elephanten wider ihre Feinde ſtreiten, dann obgleich die Roͤmer anfaͤnglich mit dieſen ungeheuren Thieren nicht umzugehen gewuſt, ſelbige auch vor des Koͤnigs Pyrrhi Ankunfft in Jtalien nie - mahls geſehen, nach der Zeit aber als Hannibal, deren viele mit ſich brachte, Antiochus auch in Orient und Jugurtha in Numidien ſelbige ſtarck in denen Schlachten gebrauchte, viel Schaden von dieſen Beſtien erlitten hatten, ſo wur - den ſie endlich ihrer auch gew ohnt, alſo daß ſie ſolche ebenfalls in Krieg gegen ihre Feinde gebrauchten, und dahero auch ihre Tyrones darinn exerciren ließen.
Nicht weniger wurde auch bey ihren Exerciren, das Springen mit denen Pferden uͤber hole Graͤben, Berg auf und ab zu galoppiren, und mit ſolchen uͤber einen Fluß zu ſchwimmen, ſehr ſtarck getrieben, welches Uberſetzen auf zweyerley Art geſchahe, nemlich einmal daß der angehende Reuter oder Lehr-Schuͤler kni - end oder ſitzend auf dem Pferd mit ſolchen durchfchwemmete, oder da es denen Pferden zu ſchwer wurde, und das Waſſer breit war, ſo muſten ſie ſich na - ckend ausziehen, ibre Bagage an Harniſch, Waffen und Kleidern auf Binſen oder Reiſig-Buͤſchel legen, ſelbige mit kleinen Stricklein an ihre Pferde binden, und ſie die Tyrones ſelbſt ſich an des Pferdes Maͤhne haltend, nebenſt demſelben durchſchwimmen, welches ſchwehre Exercitinm ſie doch ſo perfect gelernet, daß es ihnen hernach in unterſchiedlichen Kriegen wohl zu ſtatten gekommen.
Ein45Ein ander Exercitium war dieſes, daß die Fußgaͤnger in Schlacht-Ordnung angefuͤhret, 5. Mann hoch gegen vorgeſetzte mit Stroh-bewundene Pfaͤle, (als wann ſolches eine feindliche Schlacht-Ordnung waͤre,) fechten muſten, da dann das letzte Glied auf denen Knien hinter ihren Schilden verdeckt lag, das andere Glied hatte Wurff-Pfeile, welche es auf die feindliche Stroh-Garben loß - ſchoß, hinter dieſen waren in dritten Glied die Schuͤtzen mit den Bogen, in vier - ten diejenige, die Steine aus der Hand wurffen, und in fuͤnfften die Schleu - derer.
Endlich ſo war auch dieſes der ſaͤmtlichen Tyronum beydes der Infanterie als Cavallerie ihr Haupt-Exercitium, daß man ſie in voller Schlacht-Ordnung uͤber zehen tauſend Schritt weit Compagnien und Squadronen-weiß abge - theilet, marchiren ließ, alle in voller Ruͤſtung, da dann die Reuterey bald vor, bald hinter, bald auch zur Seiten der Infanterie marchiren, zuweilen auch auf ebenen Feld oder auch Berg auf, Berg ab, in vollen Currier einen Anfall thun, ſich wieder ſchwencken, und in Summa diejenige Exercitia thun muſte, welche bey heutigs Tags verbeſſerter Kriegs-Kunſt, ebenfalls, wiewol weit in hoͤhern Grad, von un - ſern Arméen vorgenommen werden.
Was vor Wiſſenſchafften und Exercitia in unſern heutigen Ritter-und Cadets-Academien, mit denen darinn befindlichen Aca - demiſten und Seminariſten am meiſten getrieben, und vor Profeſſo - res, Lehr - und Exercitien-Meiſter darzu erfordert und gehalten werden, auch wie die Einrichtung der Oeconomie dabey beſtellet ſey.
DJeſe drey Puncta deſto deutlicher abzuhandeln, ſo geben wir erſtlich billich Achtung auf den Unterſchied ſolcher Ritter-Academien ſelbſt und dann auch auf der darinn ſtudirenden Jugend ihre Condition, Scopum oder Abſicht, und Vermoͤgen. Das erſte nemlich den Unterſchied ſolcher Academien betreffend, ſo ſeynd bißanhero die in Europa am beruͤhmteſten geweſene Ritter - Academien, am meiſten auf ſolche Studia und Exercitia gegangen, welche einen jungen Cavalier oder vornehmen und reichen Manns Sohn (der zumal wohl er - zogen, von guten Naturel, Conſ[ti]tution und Capacitaͤt des Verſtands geweſenl auch zu Hauß oder auf andern Schulen ſchon in Humanioribus und andern nuͤtz[li -]F 3chen46chen Wiſſenſchafften ziemlich zugerichtet worden, dannenhero etwan nur en paſſant auf ſeinen Reiſen, noch ein oder 2. Jahr ſich ferner darinn umſehen und perfectio - niren wollen,) dermaleins der Republic zu dienen, und das Prædicat eines geſchick - ten Menſchens zu erwerben capable machen moͤchten, man nennte ſolches bey de - nen noch etwas roh und jung in ſolche Academien kommende, Cultivier l’Eſprit, nemlich durch die mit ihm getriebene Studia, Dreſſer le Corps, durch die Exercitia, als Reuten, Fechten, Tantzen, und regler les Moeurs durch den Umgang mit vie - len moraliſirten und civiliſirten Leuten, welche dreyerley Requiſita ſo leicht nie - mand, er ſey ſo reich und ſo vornehm als er wolle, bey der Privat-Education ſeiner Kinder auf den Land und auch ſelten in denen Staͤdtiſchen Gymnaſii, oder Trivial - Schulen, (wann ſie nicht Academie-maͤßig eingerichtet ſeyn,) erlangen kan, dan - nenhero auch hohe Landes-Regenten aus vielerhand loͤbl. Abſichten, (die wir in un - ſern Tractat von Reiſen in frembde Laͤnder angefuͤhret,) ſehr wohl thun, wann ſie dergleichen Ritter-Schulen in ihren Land anrichten, dadurch Kuͤnſte und Wiſſen - ſchafften befoͤrdern, ihren Vaſallen und Unterthanen aber viel tauſend Thaler in Beutel erſparen, welche ſonſt (und zwar vielmahls mal a propos) vor dergleichen Dinge in der frembde zu erlernen, aus dem Land getragen werden, ja es ſeynd ſol - che Ritter-Schulen hernach auch unter denen, anderwaͤrts von uns erwoͤhnten na - tuͤrlichen und politiſchen Mitteln, durch welche jaͤhrlich ein groſſes Geld von aus - waͤrtigen kan ins Land gezogen werden, weil aus dem, was geſagt worden, ſchon præſumiret wird, daß ein ſolcher Academiſt, der in eine ſolche Ritter-Schule ver - langet, Geld haben muͤſſe, indem ihme nichts umſonſt darinn gegeben wird, ſon - dern Hauß, Koſt und Information zu ſchaffen, dem Academie-Herrn Geld koſtet.
Ene andere Beſchaffenheit hingegen hat es mit denen oͤffentlichen Lands - FuͤrſtenFrey - und Genaden-Schulen, da bekannter maßen von gantzen Land - ſchafften, Staͤdten und Republiquen, auch wohl von groſſen Herrn, ingleichen rei - chen Stands-und Privat-Leuten gantz allein, ſolche Schulen geſtifftet worden, in welchen die Jugend freye Information, auch noch wohl freye Koſt darzu bekom̃en kan, wiwohl ſolches ein Beneficium vor die arme Einlaͤndiſche iſt, und dahero von Reichen[u]nd Auslaͤndiſchen gantz nicht erſchlichen oder erbettelt werden muß, es werden auch auf ſolchen Schulen nur ſolche Sachen tractiret, welche zwar eben - falls dem Publico kuͤnfftig geſchickte Leute zu bereiten, von dem aber doch, was man[Ritterlich] Academiſch heiſet, gar weit unterſchieden ſeyn, dahero dieſen letzern die bißheronegenannte Cadets-Academien weit gleicher kommen, als in welchen ne - b[e]nſt def - Ritterlichen Exercitiis auch andere einen Cavalier und kuͤnfftigen Welt - und Ho, Mann, nothwendige Studia mit getrieben werden, jedoch mit dieſen Un - terſchied daß, weil ſolche Corpora mehrentheils auf dem Militair-Stand geſtiff -tet,47tet, die mit ſolchen und der Kriegs-Kunſt einige Verwandniß habende Studia mehr als andere, (bey denen Staats - oder Ritter-Academien eingefuͤhrte) getrie - ben werden, wobey noch dieſes Haupt-Momentum zu conſideriren, daß die darinn erzogene Cadets aus Urſachen, die in dieſen gantzen Tractat, und ſon - derlich deſſen erſten Capitel angefuͤhret worden, alles frey an Koſt, Kleider, und Information haben, eben wie der Roͤmer ihre Tyrones oder zum Krieg ge - wiedmete Jugend ſolches in ihren Angariis gehabt, dafuͤr aber hernach auch der Republic in Kriegen zu dienen verbunden ſeyn, dergleichen Vinculum andere vor ihr Geld in denen Academien oder Ritter-Schulen ſtudirende Academiſten nicht auff ſich haben, (auſſer was das natuͤrliche iſt, mit welchen ein jeder Vaſall und Unterthan ſeinen Herrn und Vaterland in aͤuſerſten Nothfall mit Gut und Blut zu dienen verbunden iſt,) daß alſo der Unterſchied zwiſchen beyden Academien, was den Bezahlungs - oder Freyheits-Paſſum betrifft, item auch die in der einen mehr als in der andern cultivir[t]e beſondere Studia, wohl bleiben wird, jedoch auch durch ein kluges Directorium dieſe Harmonie zwiſchen beyden eingefuͤhret wer - den kan, daß beyde Civil - und Militair-Academiſten, gewiſſe Lehr-Stunden, Studia und Exercitia miteinander gemein haben, und von ſolchen und denen darinn docirenden Lehr-Meiſtern zugleich participiren und profitiren koͤnnen, was her - nach ſolche Lectiones ſeyu, welche vor die Erſte allein ausgeſetzt, koͤnnen ſolche auff die Stunden verſchoben werden, in welchen die letztere ihre militariſche Functiones auſſerhalb Hauſes in der Stadt oder bey Hof, auff der Parade oder Exercir-Platz abwarten muͤſſen, indeſſen genieſſen ſie doch beyde eines Hauſes und Obdachs, wann daſſelbe zumahl mit einer ſolchen Geraum - und Bequem - lichkeit, ſchoͤner Ordnung und Zierlichkeit, (als das allhier in Alt-Dreßden neu-errichtete Ritter - und Cadets-Academie-Hauß) auffgefuͤhret iſt.
Der Academiſten beyderley Sorten Lectiones und Exercitia betreffend, ſeynd ſelbige entweder ſolche, die ſie beyde unter ſich gemein haben, oder auch ſolche, denen eine Parthey mehr als die andere obliegen muß, die beyden Thei - len gemein ſeynde, ſeynd die Pietät und Moralität oder Ethica, das Leſen, Schrei - ben und Rechnen, die Geometria, Geographia, Hiſtoria, das Jus Naturæ, Civile Militəre und Publicum, einige Theile der Mathematic, ſonderlich der Civil-Ar - chitectur, und Mechanic, ferner das Zeichnen, die Frantzoͤſiſch und Jtaliaͤniſche Sprachen, oder was ſonſt vor eine Sprach der gegenwaͤrtige Status Patriæ Po - liticus erfordern moͤchte, von Exercitiis aber ſeynd es Fechten, Reiten und Tan - tzen, von welchen allen die M[i]litairiſche Cadets (die Geographiam und Geome - triam und aus denen Theilen der Matheſin, die Fortification, Navigation, Ar - tiglerie, aus dem Jure ihres und anderer Laͤnder Kriegs-Rechte, aus der Hi - ſtoria, was die vornehmſten Kriegs-Geſchichte, Maximes und Stratagemata ſeyn,und48und ſo auch von Exercitiis das Fechten, Voltigiren, item ein Pferd auff gut[ſoldatiſch] zu reuten, Piquen, Fahnen-ſchwingen, und dergleichen,) vor denen Siliſten am ſtaͤrckſten treiben muͤſſen, hingegen muͤſſen ſich dieſe mehr auff das us Civile und Publicum, item auff ſolche Sprachen, die beydes zur Gelehrſam - eit dienen, als Uſuales ſeyn, ferner auff die Partes ſublimiores der Matheſin, vrnehmlich auff Aſtronomiam, Opticam, Perſpectivam und Mechanicam, in - leichen auff das Studium Genealogicum, Chronologicum und Heraldicum von ixercitiis aber ebenfalls auff das Fechten und Tantzen, ſonderlich aber auff die ey Hoff und Solennitäten beliebte Theile der zierlichen Reit-Kunſt legen, worzu hernach geſchickte Lehr-Meiſters und Profeſſores in Hiſloricis, Geographicis und Mathematicis, vornehmlich in der Kriegs-Bau-Kunſt, in Sprachen und Exer - citiis (dergleichen das loͤbliche Corps der Adelichen Cadets in Dreßden, ſchon von vielen Jahren her in allen ihnen zu dociren obliegenden Wiſſenſchafften und Exercitiis vortreffliche aufzuweiſen hat,) die beſte Methoden durch lange Ubung her, werden zu gebrauchen wiſſen, was hierauff ferner noch von neuen und mehrern Wiſſenſchafften und Exercitiis einzufuͤhren ſeyn moͤchte, dafuͤr traͤgt hernach bey groſſen und neu-anzulegenden Ritter-Schulen, ein hohes Directorium die ge - buͤhrende Vorſorg, daß an habilen Docentibus, (zumahl bey dem in Teutſch - Land davon zu findenden groſſen Numero) kein Mangel erſcheinen moͤge.
Endlich ſo kommt auch der Oeconomie wegen, bey ſolchen groſſen und koſtbaren Inſtitutis (dergleichen Zahlreiche Ritter - und Cadets-Academien ſeyn,) dieſer Unterſcheid in Conſideration, daß eine andere Speiß-Ordnung bey denen auff des Landes Unkoſten unterhaltenen, eine andere bey denen vor ihr Geld in der Academie lebenden einzufuͤhren ſey, wie aber in beyden das rechte Maaß zu treffen, ſolches will allhier weiter auszufuͤhren die Zeit und der Raum nicht lei - den, wir werden uns aber ſolches kuͤnfftig zu thun vorbehalten, und ſonderlich bey ſolcher Gelegenheit anweiſen, wie dergleichen Ritter-Academien in perpe - tuirlichen Flor zu erhalten, die Statuta Leges und Ordnungen derſelben, wie auch die Collegia und Lectiones wohl einzurichten, und endlich diejenige Klippen, bey welchen etwan vormahls ein und andere Auslaͤndiſche Schiff - bruch gelitten, gluͤcklich zu evitiren ſeyn.
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