PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Das Daguerreotyp und das Diorama,
oder genaue und authentiſche Beſchreibung meines Verfahrens und meiner Apparate zu Fixirung der Bilder der Camera obscura und der von mir bei dem Diorama angewendeten Art und Weiſe der Malerei und der Beleuchtung,
Mit zwei Tafeln Abbildungen.
Stuttgart. Verlag der J. B. Metzler’ſchen Buchhandlung.1839.
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Erklärung der Abbildungen.

Tafel I.

Bemerkung. Der Maßſtab auf dieſer Tafel gilt auch für die Apparate auf der zweiten Tafel.

  • Fig. 1. ſtellt eine Rahme aus Eiſendraht von oben geſehen dar.
  • Fig. 1 b. zeigt die nämliche Rahme im Aufriß; dieſelbe dient dazu, die Platten darauf zu legen, um dieſelben mittelſt der Weingeiſt-Lampe Fig. 6 B. zu erhitzen; Fig. 6 A. einen Deckel, womit die Wein - geiſt-Lampe verſchloſſen wird, wenn ſie nicht mehr gebraucht wird.
  • Fig. 2. Eine ſilberplattirte Kupferplatte, auf welcher das Bild entſteht; ihre Größe beträgt 246 Millimeter ( Zoll) Länge auf 164 Millimeter ( Zoll) Breite. Um Bilder von größerer Ausdehnung zu erhalten, müßte nicht nur die Brennweite des Objektivs, ſondern auch ſämmtliche Apparate größer werden.
  • Fig. 2 b. Dicke der Platte. Sie kann ſehr dünn ſeyn; das Weſentlichſte iſt nur, daß ſie vollkommen eben iſt.
  • Fig. 3. Ein Brettchen, auf welchem man die Metallplatte befeſtigt; dies geſchieht vermittelſt vier kleiner ſilberplattirten Streifen B. von der nämlichen1*4Dicke wie die Platte; ihre Befeſtigung geſchieht mittelſt kleiner Nägel oder Schrauben, welche man mit einem Heft oder Schraubenzieher Fig. 5. in die Löcher D. eintreibt. Da dieſe Streifen mit der Me - tallplatte bündig ſind, ſo halten ſie dieſelbe mittelſt kleiner aufgelötheter Hervorragungen oder Riegel feſt. Dieſe kleinen Metallſtreifen oder Leiſten haben zum Hauptzweck, die Gleichförmigkeit der Jodſchichte zu erzielen, welche ſonſt an dem Rande der Platte ſich weit ſtärker als in ihrer Mitte anſetzen würde.
  • Fig. 3 b. Das nämliche Brettchen, von der Kante aus geſehen.
  • Fig. 4. Ein Mouſſelinſäckchen, welches Bims - ſtein-Pulver enthält.
  • Fig. 7. Durchſchnitt des Käſtchens nach der Linie AB., in welchem der Ueberzug der Metall - platte mit Jod gemacht wird.
  • Fig. 8. ſtellt das nämliche Käſtchen von oben geſehen dar. (Die Buchſtaben ſind in dieſen beiden Figuren gleich.)
  • C. ein kleiner Deckel im Jnnern, welcher den untern Theil des Käſtchens vollkommen verſchließt; er hat zum Zweck, während der Zeit, ſo lange nicht operirt wird, die Joddämpfe zurückzuhalten, welche das Holz in dieſem Theil des Käſtchens durchdrin - gen und ſich von dem letztern beſtändig wieder zu entfernen ſtreben.
  • D. Eine Schale, in welche man das Jod bringt.
  • E. Das Brettchen mit der aufgepaßten Metall - platte, wie daſſelbe in Fig. 3. gezeichnet iſt; daſſelbe wird, um die Jodſchichte auf demſelben zu erzeugen, auf die vier Träger F. gelegt, welche in den vier5 Ecken des Käſtchens angebracht ſind. Bevor das Brettchen aufgelegt wird, muß der Deckel C. weg - genommen werden.
  • G. Deckel des Käſtchens, welcher (mit Aus - nahme des Augenblicks, wo die Platte aufgelegt oder entfernt wird), beſtändig verſchloſſen gehalten wird.
  • H. Kleine Leiſten an den vier Seiten des trich - terförmigen (innern) Käſtchens, um den Deckel C. zu unterſtützen.
  • I. Ein mit Flor überzogener Ring, welcher auf die Schale mit Jod geſetzt wird; er dient dazu, die Joddämpfe gleich zu vertheilen, dann aber auch um bei ſchnellem Verſchließen des Käſtchens zu verhin - dern, daß durch den Luftdruck Jodkörnchen aus der Büchſe herausgeworfen werden, welche, wenn ſie ſich an die Metallplatte anhängen würden, Flecken auf derſelben zur Folge hätten.
  • K. Ein zweites hölzernes Käſtchen im Jnnern des erſten, welches ſich nach unten trichterförmig verjüngt.
  • Fig. 9. ſtellt ein anderes Käſtchen mit ſeinem Deckel dar, in welches man die ſilberplattirten Platten vor oder nach Anſtellung eines Verſuches einſchließt; die Platten werden in kleine Fälze, welche zu beiden Seiten im Jnnern des Käſtchens angebracht ſind, hineingeſteckt, ſo daß keine an der andern reiben kann. Zu gleicher Zeit werden ſie durch den Ver - ſchluß vor Staub geſchützt. Durch Verklebung der Fugen des Deckels mit Papierſtreifen laſſen ſich die ſchon mit Bildern verſehene Platten gegen jede Art von Dämpfen ſchützen; dies iſt jedoch blos für die6 ganz vollendeten Bilder nothwendig, und auch in dem Fall, wenn das Käſtchen nicht genau ſchließen ſollte.
  • Fig. 10 a. b. c. d. ſind vier verſchiedene An - ſichten von dem Blendrahmen, welcher dazu dient, das Brettchen mit der Metallplatte zu verſchließen, um letztere ſogleich, nachdem ſie den Jodüberzug in dem Käſtchen Fig. 7. erhalten hat, jeder Einwir - kung des Lichtes zu entziehen.
  • A. Zwei halbkreisförmige Ringe, welche dazu dienen, die Blendungen oder Thüren B. zu öffnen oder zu verſchließen.
  • C. Das Brettchen mit der Metallplatte darauf.
  • D. Riegel, um das Brettchen ſowohl, als um die Thüren B. feſt zu halten.
  • E. Dicke des Rahmens.
  • F. die Metallplatte ſelbſt.
  • Fig. 10 c. ſtellt den Rahmen bei geöffneten Thü - ren dar, wie ſie es in dem Augenblick ſind, wo man den Verſuch in der camera obscura macht.

Tafel II.

Fig. 1. ſtellt einen ſenkrechten Durchſchnitt der camera obseura ihrer Länge nach, dar, nebſt dem Rahmen, welcher die mattgeſchliffene Glasplatte A. trägt, deren Entfernung von der Glaslinſe voll - kommen dieſelbe iſt, welche die in dem Blendrah - men befindliche Metallplatte erhalten muß, die man in Fig. 2. C. ſieht.

B. (Fig. 1.) iſt ein Spiegel, welcher dazu dient, die auf der mattgeſchliffenen Glastafel entworfenen Bilder (auf eine dem Beobachter bequeme Weiſe) zu reflektiren; er iſt unter 45 Grad geneigt, und läßt7 ſich mittelſt des Stabes L. richten. Um den Focus mit Genauigkeit zu treffen, wird der Spiegel voll - ſtändig (bis zu 45 Grad) herausgerückt und nun das auf der mattgeſchliffenen Glastafel ſichtbare Bild in dem Spiegel betrachtet. Die Glastafel läßt ſich ſodann leicht in die Focalweite einſtellen, indem man den Doppel - oder Einſchiebkaſten D. mit beiden Händen an den beiden Hervorragungen E. in Fig. 2. vor - oder rückwärts ſchiebt. Jſt der Focus genau gerichtet (was man an der Schärfe des Bildes auf der Glastafel erkennt), ſo dreht man den Schrauben - kopf H, um den Doppelkaſten zu befeſtigen. Hierauf verſchließt man die Glastafel wieder (d. h. man ſtellt die Spiegelrahme B. wieder zurück auf die Glastafel und befeſtigt ſie) mittelſt der beiden kleinen Leiſten F., welche in die kleinen durchlochten Metall - plättchen G. paſſen (indem man durch die Löcher der letztern kleine Stifte ſteckt). Hierauf wird der ganze Rahmen (der Glastafel) herausgezogen und an deſſen Stelle der Rahmen mit der vorbereiteten Metall - platte eingeſchoben, wie dieſer in Fig. 2. mit ſeinen in der camera obscura geöffneten Blendungen dar - geſtellt iſt. Dieſe Blendungen müſſen von innen mit ſchwarzem Sammt überzogen ſeyn, und eben ſo das Doppel - oder Einſchiebkäſtchen D. ſelbſt, um alles falſche Licht zu vermeiden.

Das Objektivglas iſt achromatiſch und periſco - piſch (die concave Seite deſſelben muß nach auswärts von der camera obscura gerichtet) ſeyn; der Durch - meſſer des Objektivs beträgt 81 Millimetres (etwa 2 Zoll), die Focal-Länge 38 Centimeter (etwa 13 Zoll). Vor dem Objektiv iſt in einer Entfernung von8 68 Millimeter (2 Zoll) eine Blendung angebracht; ihre Oeffnung, welche mittelſt einer um eine Angel drehbaren Scheibe J. verſchloſſen werden kann, be - trägt 27 Millimeter (etwa 1 Zoll).

Die camera obscura bringt es nun mit ſich, daß in ihren Bildern die Gegenſtände (wie in einem Spiegel) verſetzt, d. h. Rechts und Links in den - ſelben vertauſcht erſcheinen, was zwar bei einer Menge von Gegenſtänden von keinem Belange iſt. Will man dagegen eine Anſicht von denſelben in ihrer natürlichen Lage erhalten, ſo wird ein Spiegel vor der Oeffnung der Blendung unter 45 Grad ange - bracht, wie dies in I. Fig. 2. angegeben iſt, und mittelſt der Schraube K. befeſtigt. Da jedoch die damit damit bewerkſtelligte Zurückwerfung des Lichts einen Verluſt an Licht verurſacht, ſo wird in dieſem Fall ein Drittel weiter an Zeit erfordert, um ein vollkommenes Reſultat zu erhalten.

Die Figuren 3. 4. u. 5. ſtellen einen und den - ſelben Apparat (den Queckſilber-Apparat) von drei verſchiedenen Seiten dar, nämlich:

  • Fig. 3. denſelben im Durchſchnitt,
  • Fig. 4. von vorne,
  • Fig. 6. von der rechten Seite, auf welcher ſich der Thermometer befindet. (Die Buchſtaben ſind für alle 3 Figuren die nämlichen.)
  • A. der Deckel des Apparats.
  • B. eine ſchwarze Platte mit Fälzen, auf welche das Brettchen H. mit der Metallplatte eingeſchoben wird.
  • C. Ein Gefäß, welches das Queckſilber enthält.
  • D. Eine Weingeiſt-Lampe.
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  • E. Ein kleiner Hahn, welcher in einer Ecke des Apparats angebracht iſt, um das Queckſilber durch Neigung des ganzen Apparates zu entleeren.
  • F. Ein Thermometer.
  • G. Eine Glastafel, durch welche man die Bilder auf der Metallplatte beobachtet.
  • H. Das Brettchen mit der Metallplatte.
  • I. Ein Boden, auf welchen die Weingeiſt-Lampe geſtellt wird; dieſe kommt in einen Ring K. zu ſtehen, um ſie genau unter die Mitte des Queck - ſilber-Gefäßes zu bringen.

Das ganze Jnnere dieſes Apparates muß mit ſchwarzer Farbe überzogen ſeyn.

  • Fig. 6. ſtellt einen Trichter mit einem Löſch - papier-Filter dar, um die geſättigte Auflöſung von Kochſalz, oder unterſchweflichtſaurer Soda (Glau - berſalz) zu filtriren.
  • Fig. 7. Ein flaches Becken von verzinntem Kupfer; auf dem Boden deſſelben iſt bei B. die Metallplatte abgebildet (wie ſie in dieſes Becken zum Behuf der Abwaſchung zu liegen kommt.) Dieſes Becken iſt für die Salzauflöſung beſtimmt; ein zweites ihm ganz ähnliches iſt nöthig für reines, ſüßes Waſſer.
  • Fig. 8. Ein kleiner Haken von überzinntem Kupfer, welcher dazu dient, die Metallplatte in den beiden Becken zu lüpfen, ſowohl um dieſelbe hiedurch im Waſſer auf und nieder zu bewegen, als auch die - ſelbe bequemer herausziehen zu können.
  • Fig. 9. ſtellt einen Apparat von gefirnißtem Weißblech dar, um die Metallplatte mit heißem Waſſer abzuwaſchen, nachdem ſie auf den Rahmen D. gelegt worden.
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  • D. Eine trichterförmige Faſſung, um das von der Rahme ablaufende Waſſer zu ſammeln oder aufzufangen, welches ſofort durch die Röhre C. ab - fließt.
  • Fig. 10. Ein Siedegefäß mit weiter Mündung, um deſtillirtes Waſſer zu erhitzen, das alsdann über die Metallplatte, nachdem ſie auf das Geſtell Fig. 9. bei B. gelegt worden, heruntergegoſſen wird.
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Praktiſche Beſchreibung der Verfahrungsart bei Anwendung des ſogenannten Daguerreotypes.

Dieſes Verfahren hat zum Zweck, die Fixirung oder die von ſelbſt durch die natürliche Einwirkung des Lichtes hervorgebrachte Reproduktion der Bilder der camera obscura, und zwar nicht mit ihren Far - ben, ſondern mittelſt einer äußerſt feinen Abſtuſung ihrer Tinten.

Die Bilder erzeugen ſich auf einer mit Silber plattirten Kupferplatte. Außerdem daß das Kupfer zunächſt dazu dient, um dem Silberplättchen die - thige Unterſtützung zu geben, trägt die Verbindung dieſer beiden Metalle weſentlich zu einem vollſtän - digen Erfolg bei. Das Silber muß von dem mög - lichſt feinſten ſeyn. Die Kupferplatte muß von ſolcher Dicke ſeyn, um die Oberfläche der Silberplattirung in einer vollkommenen Ebene zu erhalten, weil ſonſt die Bilder entſtellt oder verzogen würden; dagegen darf ſie auch nicht dicker ſeyn, als für den eben genannten Zweck nothwendig iſt, damit ſie nicht zu12 ſchwer wird. Die Dicke der beiden Metallplatten braucht nicht größer, als die eines ſtarken Karten - papiers zu ſeyn. Das Verfahren theilt ſich in fünf Operationen:

  • 1) die erſte beſteht in ſorgfältiger Reinigung und Polirung der Silber-Oberfläche, um dieſelbe zur Aufnahme der für das Licht empfindlichen Schichte vorzubereiten;
  • 2) die zweite in der Aufbringung dieſer Schichte;
  • 3) bei der dritten wird die ſo zubereitete Metall - platte in der camera obscura der Einwirkung des Lichtes ausgeſetzt, um dadurch das natürliche Bild zu empfangen;
  • 4) die vierte hat zum Zweck, dieſes Bild ſicht - bar zu machen, da daſſelbe bei dem Herausnehmen der Platte aus der camera obscura noch nicht ſicht - bar iſt;
  • 5) durch die fünfte wird die empfindliche Schichte wieder entfernt, weil dieſelbe ſonſt durch weitere Einwirkung des Lichts in der Art verändert würde, daß die ganze Wirkung würde zerſtört werden.

Erſte Operation.

Die hiezu nöthigen Geräthſchaften ſind:

eine kleine Flaſche mit Olivenöl;

eine hinreichende Quantität ſehr fein kardätſchter Baumwolle;

ſehr feines Bimsſtein-Pulver in einem Säckchen von hinreichend dünner Mouſſeline, daß das Bims - ſtein-Pulver leicht durch dieſelbe hindurchgebeutelt werden kann;

eine Flaſche mit verdünnter Salpeterſäure, und13 zwar in der Proportion von einem Maastheil Säure auf 16 Maastheile deſtillirten Waſſers;

ein Geſtell oder eine Rahme mit Eiſendraht, auf welche die Platten gelegt werden, um ſie über einer Weingeiſt-Lampe zu erwärmen;

endlich eine kleine Weingeiſt-Lampe.

Die Größe der ſilberplattirten Kupferplatte richtet ſich nach der Größe des Apparates (der camera obscura).

Das Poliren der Silberplatte, welches den Anfang des ganzen Verfahrens bildet, geſchieht auf folgende Art. Man beſtäubt die Platte mit Bimsſtein-Pulver, ohne jedoch beim Schütteln des Beutelchens die Platte zu berühren, reibt ſodann dieſelbe leicht mit einem baumwollenen Bäuſtchen oder Propfen in der Runde herum, wie Taf. I. Fig. 2. es zeigt, nachdem man den Baumwollen - Propfen zuvor mit etwas Olivenöl getränkt hat. Zu dieſem Behuf legt man die Platte auf ein Blatt Papier, das man von Zeit zu Zeit mit einem fri - ſchen und reinen vertauſcht.

Das Bimsſtein-Pulver wird zu verſchiedenen Malen aufgebeutelt, auch wiederholt friſche Baum - wolle genommen. Zum Pulveriſiren des Bimsſteins taugt weder ein eiſerner, noch kupferner oder meſ - ſingener Mörſer, ſondern nur eine Reibſchale von Porphyr. Nachdem der Bimsſtein in dieſer zerklei - nert iſt, wird das Pulver auf einer mattgeſchliffenen Spiegelglas-Platte mit einem gläſernen Reiber unter Anwendung von reinem Waſſer vollends fein gerieben. Erſt nach vollkommener Abtrocknung iſt das ſo zubereitete Pulver zum Gebrauche tauglich. Es iſt leicht einzuſehen,14 wie wichtig es iſt, dem Bimsſtein-Pulver einen ſolchen Grad von Feinheit zu geben, daß es beim Poliren nicht kratzt, weil hauptſächlich von der vollkommenen Politur der Silperplatte die Schönheit und Vollkommenheit der Bilder abhängt. Jſt die Platte hinreichend polirt, ſo muß ſie vom Fett gereinigt werden. Dies geſchieht, indem man ſie aufs Neue mit Bimsſtein-Pulver überbeutelt und nun mit trockener Baumwolle ab - reibt, wobei man beſtändig in der Runde herum reibt; bei einer andern Art zu reiben, würde ein günſtiges Reſultat unmöglich werden. Hierauf macht macht man einen kleinen Pfropfen von Baumwolle und tränkt denſelben mit einigen Tropfen von der oben beſchriebenen, verdünnten Säure, indem man den Pfropfen auf die Mündung der Flaſche leicht andrückt und letztere wiederholt umſtürzt, ſo daß nur die Mitte des Baumwollen-Pfropfens getränkt wird. Man bedarf nur ſehr wenig Säure; auch muß man ſich hüten, daß die Finger davon benetzt werden. Mit dem ſo vorbereiteten Baumwollen - Pfropfen wird nun die Silberplatte abgerieben, wo - bei man Sorge trägt, die Säure über die ganze Oberfläche der Platte gleichförmig zu verbreiten. Man erneuert die Baumwolle wiederholt und reibt immer in der Runde herum, um die Schichte ver - dünnter Säure gehörig zu verbreiten, welche jedoch die Oberfläche der Platte blos benetzen (effleurer), keineswegs aber bedecken darf. Es kann geſchehen, daß die Säure auf der ölichten Oberfläche ſich in - gelchen theilt, was man nur durch häufige Erneuerung der Baumwolle und dadurch beſeitigen kann, daß man auf eine Art reibt, wodurch eine möglichſt gleiche15 Vertheilung der Säure erzielt wird, denn diejenigen Stellen, auf welchen die Säure nicht gehörig an - greift, geben Flecken. Man überzeugt ſich von der gleichen Vertheilung der Säure, wenn die Ober - fläche der Platte auf ihrer ganzen Ausdehnung gleich - förmig wie mit einem leichten Hauch bedeckt erſcheint. Hierauf beſtäubt man dieſelbe aufs Neue mit Bims - ſtein-Pulver und reibt ſie mit trockener, noch nicht gebrauchter Baumwolle ab.

Nach dieſem muß die Platte einer ſtarken Hitze ausgeſetzt werden. Zu dieſem Zwecke legt man ſie auf das Geſtell von Eiſendraht (Taf. I. Fig. 1. u. 1 b), das Silber nach oben gerichtet, und be - wegt die Weingeiſt-Lampe unter derſelben hin und her, ſo daß ſich die Flamme an derſelben bricht. Nachdem man zum wenigſten 5 Minuten lang alle Partien der Platte mit der Lampe beſtrichen hat, bildet ſich auf der Oberfläche des Silbers eine leichte, weißlichte Schichte; ſobald dieſe ſich zeigt, muß man mit der Einwirkung des Feuers aufhören. Statt der Weingeiſt-Lampe kann man auch ein Kohlenfeuer anwenden, welches ſelbſt noch vorzuziehen iſt, weil die Operation dadurch beſchleunigt wird. Jn dieſem Fall iſt das Geſtell aus Eiſendraht nicht anzuwen - den, ſondern man faßt die Platte mit Zangen an, und bewegt dieſelbe, das Silber nach oben, über dem Kohlenfeuer hin und her, ſo daß ſie gleich - förmig erhitzt wird, und bis das Silber ſich mit dem eben erwähnten leichten, weißlichten Ueberzug be - ſchlägt. Hierauf läßt man die Platte ſchnell erkalten, indem man ſie auf einen kalten Körper, wie z. B. auf eine Marmortafel legt. Nach ihrem Erkalten16 muß ſie aufs Neue polirt werden, was ſich ziemlich ſchnell bewerkſtelligen läßt, da es ſich blos darum handelt, den weißlichten Beſchlag auf der Oberfläche des Silbers zu entfernen. Zu dieſem Zweck beutelt man die Platte mit Bimsſtein-Pulver ein und reibt ſie nun trocken mit einem Baumwollen-Pfropfen; das Bimsſtein-Pulver wird dabei mehrmals aufge - tragen und auch die Baumwolle mehrmals erneuert. Jſt das Silber hinreichend geglättet, ſo reibt man es auf die oben angegebene Weiſe mit verdünnter Säure ab, beutelt etwas Bimsſtein-Pulver auf und reibt ſie ſehr leicht mit einem Baumwollen-Pfropfen. Die Säure muß zu drei verſchiedenen Malen auf - gebracht, auch jedesmal Bimsſtein-Pulver aufge - beutelt und die Platte ſehr leicht mit trockener Baum - wolle abgerieben, dabei aber ſorgfältig vermieden werden, daß die mit den Fingern berührten Stellen des Baumwollen-Pfropfens beim Reiben auf die Platte kommen, weil der Schweiß Flecken erzeugt; auch muß man ſich ſehr hüten, auf die Platte zu hauchen oder zu ſpuken.

Will man nicht ſogleich weiter operiren, ſo trägt man die Säure nach Erhitzung der Platte nur zwei - mal auf, wodurch dieſelbe für das weitere Verfahren ſchon hinreichend vorbereitet iſt, dagegen muß man jedenfalls, und dies iſt unerläßlich, in dem Augen - blick, wo man ein Bild erzeugen will, die Säure wenigſtens noch einmal aufbringen und auf die an - gegebene Weiſe mit Bimsſtein-Pulver leicht ab - reiben. Endlich entfernt man allen auf der Ober - fläche und an den Rändern der Platte hängen ge -17 bliebenen Bimsſtein-Staub mit vollkommen reiner Baumwolle.

Zweite Operation.

Hiezu braucht man

das auf Taf. I. Fig. 7. u. 8. abgebildete Käſtchen;

das auf Taf. I. Fig. 3. abgebildete Brettchen;

vier kleine Metallſtreifen von derſelben Art, wie die Platte;

einen kleinen Schraubenzieher Fig. 3. und eine Büchſe mit kleinen Schrauben;

eine Flaſche mit Jod.

Die Platte wird auf dem Brettchen mittelſt der Metallſtreifen und der kleinen Schrauben, welche man mit dem hiezu beſtimmten Schraubenzieher eintreibt, be - feſtigt, wie dies auf Taf. I. Fig. 3. angegeben iſt. Hierauf wird etwas Jod in die auf dem Boden des Käſtchens befindliche Schale gebracht; dieſes muß in der letzteren gehörig vertheilt werden, um die Fläche, von welcher die Joddämpfe ſich entwickeln, ſo groß als möglich zu machen; andernfalls würden ſich in der Mitte der Platten Wolken bilden und es könnte kein gleichförmiger Ueberzug von Jod entſtehen. Hierauf legt man das Brettchen, mit der Silber - platte nach unten gerichtet, auf die in den vier Ecken des Käſtchens angebrachten kleinen Träger und ſchließt nun den Deckel zu. Jn dieſer Lage läßt man die Platte ſo lange, bis ſich die Oberfläche des Silbers mit einer ſchönen, goldgelben Jodſchichte überzogen hat. Würde man die Platte allzu lange in dem Käſtchen laſſen, ſo würde dieſer goldgelbe Ueberzug ins Violette übergehen, was vermieden werden muß,218weil er alsdann allzu unempfindlich für das Licht wird. Fiele dagegen dieſer Ueberzug allzu blaß aus, ſo würde derſelbe allzu empfindlich und die Erzeugung des Lichtbildes auf demſelben ſehr ſchwierig werden. Die Jodſchichte auf dem Silber hat demnach ihre ganz genau beſtimmte und zu Erzielung einer guten Wirkung allein geeignete Schattirung. Die für dieſe Operation erforderliche Zeit läßt ſich nicht genau angeben, da ſie von mehreren Umſtänden abhängt; zuerſt von der Temperatur des Zimmers, in wel - chem man ſich befindet, denn dieſe Operation muß ſich ſtets ſelbſt überlaſſen bleiben, d. h. man darf keine andere künſtliche Wärme anwenden, als die - jenige, welche man dem Zimmer durch Einheizen ertheilen kann, falls es in demſelben zu kalt wäre. Von großer Wichtigkeit iſt übrigens bei dieſer Ope - ration, daß die Temperatur im Jnnern des Käſt - chens der äußern umgebenden Temperatur vollkom - men gleich ſey, denn im entgegengeſetzten Fall, wenn z. B. die Platte aus der Kälte in die Wärme käme, würde ſie ſich mit einer Schichte Feuchtigkeit bedecken, was der Wirkung großen Nachtheil brächte. Ein zweiter Umſtand iſt der, daß man, je öfter man mit dem Käſtchen operirt, deſto weniger Zeit braucht, weil die in das Holz des Käſtchens auf ſeiner in - nern Fläche eingedrungenen Joddämpfe ein fortwäh - rendes Beſtreben haben, ſich von allen Theilen der innern Fläche des Käſtchens zu entwickeln, und da - durch der Joddampf ſich weit gleichförmiger und ſchneller über die ganze Oberfläche der Platte ver - breiten wird, was von großer Wichtigkeit iſt. Aus dieſem Grunde iſt es gut, wenn man beſtändig etwas19 Jod in der Schale auf dem Boden des Käſtchens läßt, das letztere jedoch ſehr ſorgfältig vor Feuch - tigkeit bewahrt. Ein Käſtchen, welches ſchon eine Zeit lang gedient hat, iſt daher einem neuen vor - zuziehen, weil die Operation mittelſt des erſteren ſchleuniger vor ſich geht. (Bemerkung: Unſtreitig wird man daher einem neuen Käſtchen dadurch die Eigenſchaften eines ſchon mehrmals gebrauchten er - theilen können, wenn man das Jod einige Zeit lang vor der erſten Anwendung des Käſtchens in die Kapſel bringt und das Käſtchen bis zum Gebrauch verſchloſſen an einem trockenen Ort aufbewahrt.)

Da es aus den bereits erwähnten Urſachen nicht möglich iſt, die Zeit genau zu beſtimmen, welche zu der Bildung des goldgelben Ueberzugs der Silber - platte erforderlich iſt (dieſe Zeit kann von 5 bis zu 30 Minuten wechſeln, ſelten darüber, auſſer wenn die Witterung oder die Zimmer-Temperatur zu kalt wäre), ſo muß von Zeit zu Zeit nachgeſehen werden, ob die Platte den beſtimmten Grad von goldgelber Färbung erreicht habe, wobei man jedoch ſorgfältig darauf zu achten hat, daß das Tageslicht nicht un - mittelbar auf die Platte falle.

Es kann der Fall vorkommen, daß die Platte nach einer Seite hin ſich ſtärker färbt als nach der andern; hier wird alsdann die Färbung dadurch ausgeglichen, daß man das Brettchen mit der Platte herausnimmt und ſodann umgekehrt, d. h. von der Rechten zur Linken, nicht die obere Fläche nach unten, wieder in das Käſtchen einſetzt.

Das Zimmer, in welchem man operirt, muß verdunkelt ſeyn, ſo daß das Tageslicht nur ſehr2 *20ſchwach, etwa durch den Spalt der nur ein wenig geöffneten Thüre, einfällt; will man die Platte be - trachten, ſo entfernt man den Deckel des Käſtchens, hebt das Brettchen mit der Platte an ſeinen Enden mit beiden Händen auf und legt es ſogleich wieder in das Käſtchen zurück; um ſich zu überzeugen, ob die gelbe Färbung des Silberplättchens dunkel genug ſey, genügt es, daß die Platte nur von dem Wider - ſchein eines ſehr wenig beleuchteten und möglichſt weit entfernten Gegenſtandes getroffen werde. Wäre die Färbung noch nicht dunkel genug, ſo muß die Platte möglichſt ſchnell wieder aufgeſetzt werden, iſt hingegen die Farbe ſchon zu dunkel geworden, ſo kann dieſe Platte nicht weiter gebraucht werden nnd man muß mit ihr die erſte Operation wieder von vorne beginnen.

Dieſe (zweite) Operation erſcheint nur in der Beſchreibung ſchwierig, bei einiger Uebung kommt man leicht ſo weit, um die Zeit zu beurtheilen, welche zu Erzielung des erforderlichen Grades der gelben Färbung nothwendig iſt, ſo wie um die Platte mit ſolcher Geſchwindigkeit von dem Käſtchen abzu - heben und zu betrachten, daß das Licht keine Zeit hat, auf die Platte einzuwirken.

Hat die Platte den nöthigen Grad von gelber Färbung erhalten, ſo wird das dieſelbe enthaltende Brettchen in die auf Taf. I. Fig. 10. d. abgebildete Lade eingefügt, welche genau in die camera obscura paſſen muß. Um hiebei zu vermeiden, daß das Tageslicht die Platte erreicht, kann man Kerzen - licht anwenden, welches eine weit geringere Wirkung auf den Jodüberzug hat; doch darf auch dieſes21 nicht allzulange auf die Platte ſcheinen, weil ſelbſt durch das Kerzenlicht Spuren auf der Platte ent - ſtehen könnten.

Hierauf ſchreitet man zu der dritten Operation, mit der camera ohscura. Es iſt dabei nothwendig, ſo bald als möglich von der zweiten zu der dritten Operation überzugehen, wenigſtens dürfte man in keinem Fall mehr als eine Stunde darüber ver - ſtreichen laſſen; über dieſe Zeit verliert die Verbin - dung des Jods mit dem Silber ſchon von ihrer Empfindlichkeit.

Bemerkungen.

Ehe man ſich des Jod-Käſtchens bedient, muß es im Jnnern ſorgfältig ausgewiſcht und umgeſtürzt werden, um die Jodkörnchen, welche etwa aus der Kapſel herausgefallen ſeyn könnten, zu entfernen, dabei aber ſich in Acht nehmen, das Jod mit den Fingern zu berühren, weil dieſe dadurch braun ge - färbt werden.

Die Kapſel wird mit einem dünnen, über einen Ring geſpannten Flor bedeckt. Dieſer Flor hat zweierlei Zwecke: erſtlich den Joddampf, welcher aus der Kapſel ſteigt, gehörig zu vertheilen, zwei - tens, zu verhindern, daß beim Verſchließen des Käſtchens mit ſeinem Deckel durch den hiebei ent - ſtehenden Luftzug keine Jodkörnchen aus der Kapſel heraus und auf die Metallplatte geſchleudert werden, welche dadurch ſtarke Flecken bekommen würde.

Aus eben dieſem Grunde muß man das Käſtchen immer nur ſehr behutſam verſchließen, um auch keinen Staub in das Jnnere des Käſtchens hineinzutreiben,22 weil ſich auch an dieſen Joddampf abſetzen könnte (und derſelbe alsdann, wenn er die Platte berührte, gleichfalls Flecken oder Ungleichförmigkeiten zur Folge haben könnte).

Dritte Operation.

Der hiezu nothwendige Apparat iſt blos die camera obscura (Taf. II. Fig. 1. 2. ); die Ope - ration ſelbſt iſt diejenige, welche die Natur in der camera obscura hervorbringt.

Die Gegenſtände, welche man abbilden will, müſſen ſo viel möglich vom Sonnenlichte beleuchtet ſeyn, weil die Operation dadurch beſchleunigt wird, indem leicht einzuſehen iſt, daß, da hier das Licht allein das wirkende Prinzip iſt, die Wirkung deſto ſchneller eintritt, je ſtärker die Gegenſtände beleuchtet und je weniger gefärbt, d. h. je weißer ſie von Natur ſind.

Wenn die camera obscura den Gegenſtänden, deren Bild man fixiren will, gegenüber aufgeſtellt iſt, muß der Focus genau gerichtet werden, ſo daß die Gegenſtände ſich vollkommen deutlich und rein auf der Glastafel der camera obscura abbilden. Dies wird dadurch bewerkſtelligt, daß man den Rahmen oder das Geſtell mit dem matt ge - ſchliffenen Glas, welches das von der camera obscura erzeugte Bild auffängt, ſo lange vor oder rückwärts richtet, bis das Bild auf demſelben ſeine größte Deutlichkeit erhält. Jſt dies geſchehen, ſo befeſtigt man dieſen beweglichen Theil der camera obscura mittelſt der hiezu beſtimmten, mit einem Knopf verſehenen, Schraube, nimmt den Rahmen23 mit dem Glas weg, jedoch ohne die camera obscura zu verrücken, und erſetzt denſelben durch die Lade, welche die Metallplatte enthält und genau an die Stelle des Glasrahmens paßt. Jſt dieſe Lade vermittelſt der kleinern meſſingenen Klammern genau angepaßt und befeſtigt, ſo ſchließt man den Deckel der camera obscura und öffnet mittelſt der beiden halbkreisförmigen Ringe die Blenden oder Flügel der, die Platte enthaltenden Lade im Jnnern der camera obscura. Nunmehr kann die Platte die Einwirkung der Gegenſtände oder der Landſchaft, welche man gewählt hat, auf - nehmen, man hat nur die Blendung der camera obscura zu öffnen und von jetzt an die Minuten an einer genauen Uhr zu zählen.

Dies iſt nun der mißlichſte Theil des ganzen Verfahrens, weil dabei nichts ſichtbar und es völlig unmöglich iſt, die zu Hervorbringung des Bildes erforderliche Zeit zu beſtimmen; dieſe hängt gänzlich von der Lichtſtärke, oder dem Grad der Beleuchtung der Gegenſtände ab, welche abgebildet werden ſollen, ſie kann für Paris (oder einen andern Ort, deſſen geographiſche Breite nicht viel von der von Paris verſchieden iſt) von 3 bis höchſtens 30 Minuten wechſeln.

Auch iſt zu bemerken, daß die Jahreszeiten, ſo wie die Tagesſtunden von großem Einfluß auf die Schnelligkeit der Wirkung ſind.

Die günſtigſte Tageszeit iſt die zwiſchen 7 Uhr Morgens und 3 Uhr Mittags; und dieſelbe Wirkung, welche man zu Paris während der Monate Juni und Juli in 3 bis 4 Minuten erhält, erfordert in24 den Monaten Mai und Auguſt 5 bis 6, im April und September 7 bis 8 Minuten, und ſo in dem - ſelben Verhältniß mehr Zeit, je mehr man in der Jahreszeit fortrückt. Dies iſt übrigens nur eine allgemeine Regel und gilt nur für ſehr beleuchtete Ge - genſtände, denn es iſt nicht ſelten der Fall, daß ſelbſt in den günſtigſten Monaten 20 Minuten er - forderlich ſind, wenn die Färbung und Beleuchtung der Gegenſtände ſich vollſtändig in den Mitteltinten hält.

Aus dem Geſagten iſt nun erſichtlich, warum es unmöglich iſt, die zu den Verſuchen erforderliche Zeit mit Genauigkeit zu beſtimmen; indeſſen kann man mit einiger Uebung bald dahin kommen, die - ſelbe wenigſtens richtig zu ſchätzen. Jm ſüdlichen Frankreich, überhaupt in allen Ländern, in welchen das Sonnenlicht eine ſtärkere Wirkung hat, wie z. B. in Spanien, Jtalien ꝛc. werden die Verſuche ſchneller vor ſich gehen.

Es iſt übrigens auch von großer Wichtigkeit, die zur Erzeugung der Bilder nöthige Zeit nicht zu überſchreiten, weil alsdann die Lichter in denſelben nicht mehr weiß, ſondern durch die allzulange fort - geſetzte Wirkung des Lichts geſchwärzt erſcheinen würden. Wenn im Gegentheil die Zeit zu kurz war, ſo entſteht auch eine ſehr unbeſtimmte und undeutliche Wirkung, und die kleineren Parthien des Bildes werden gar nicht ausgedrückt.

Jſt zu vermuthen, daß man bei einem erſtmals angeſtellten Verſuche gefehlt habe, ſey es, daß man die Platte zu bald oder zu ſpät herausgenommen hat, ſo fängt man ſogleich einen zweiten Verſuch an, weil man alsdann deſto ſicherer iſt, es recht zu25 machen; auch iſt es zu Erlangung der gehörigen Uebung von Vortheil, ſtets mehrere Verſuche nach - einander anzuſtellen.

Bei dieſer Operation iſt es der nämliche Fall, wie bei der zweiten, oder bei der Bereitung des Jodüberzuges; nämlich daß man ſich beeilen muß, zur nächſtfolgenden, vierten Operation, überzugehen, ſobald die Platte aus der camera obscura genommen iſt; auch darf man damit nicht über eine Stunde lang zögern, vielmehr iſt man des Erfolgs weit ſicherer, wenn man unmittelbar zur vierten Operation ſchreitet.

Vierte Operation.

Hiezu iſt nothwendig:

eine Flaſche mit Queckſilber, welche wenigſtens 1 Kilogramm (2 Pfund) hält;

eine Weingeiſt-Lampe;

der auf Taf. II. Fig. 3. 4. 5. abgebildete Apparat;

ein Glastrichter mit langem Hals.

Mittelſt des Trichters gießt man ſo viel Queck - ſilber in das auf dem Boden des Apparats befind - liche Gefäß, als nöthig iſt, daß die Kugel des Thermometers davon bedeckt werde. Dazu braucht man ungefähr 1 Kilogramm (2 Pfund).

Von dieſem Augenblick an darf die Beleuchtung nur durch Kerzenlicht geſchehen.

Man nimmt das Brettchen mit der Metall - Platte aus der Lade Taf. I. Fig. 10 d., welche die erſtere gegen den Zutritt des Lichts ſchützte, heraus und ſchiebt das Brettchen in die Fälze der26 ſchwarzen Platte Taf. II. Fig. 3. B. ein; dieſe wird ſofort in den ihr zugehörigen Apparat auf die Leiſten deſſelben, welche ſie unter 45° geneigt erhalten, ſo eingeſetzt, daß die Metallplatte abwärts gekehrt iſt und man letztere durch das Glas G ſehen kann; end - lich ſchließt man den Deckel A des Apparats ſehr behutſam, damit durch den entweichenden Luftſtrom keine Theilchen vom Queckſilber aufgerührt werden.

Jſt alles auf dieſe Art angeordnet, ſo zündet man die Weingeiſt-Lampe an, ſtellt dieſelbe unter das Gefäß mit Queckſilber und läßt dieſelbe ſolange dort, bis das Thermometer, deſſen Kugel in dem Queckſilber-Gefäß ſteckt, und deſſen Röhre über den Kaſten herausragt, eine Hitze von 60° nach der hunderttheiligen Scale zeigt. Sobald dieſer Wärme - grad eintritt, eilt man, die Lampe herauszunehmen; war das Thermometer ſchnell geſtiegen, ſo wird es auch nachher, nachdem die Lampe herausgenommen iſt, noch etwas ſteigen, doch iſt darauf zu ſehen, daß es nicht über 75° zu ſtehen komme.

Der Abdruck des natürlichen Lichtbildes iſt nun zwar auf der Platte vorhanden, jedoch unſichtbar, und erſt nach einigen Minuten fängt daſſelbe an hervorzutreten, wovon man ſich überzeugen kann, wenn man durch die Glastafel ſieht; hiebei leuchtet man ſich mit der Kerze, hat jedoch darauf zu ſehen, daß das Licht der Kerze nicht allzulange auf die Platte einwirke, weil dadurch Flecken entſtehen wür - den. Jn dieſem Zuſtande läßt man die Platte, bis das Thermometer auf 45° gefallen iſt; hierauf nimmt man ſie heraus und dieſe Operation iſt nun beendigt.

27

Wenn die Gegenſtände ſtark beleuchtet waren und man das Licht ein wenig zu lange auf die Platte in der camera obscura einwirken ließ, ſo kann dieſe Operation ſogar früher beendigt ſeyn, bevor das Thermometer auf 55° ſinkt; man überzeugt ſich hievon mittelſt Beobachtung der Platte durch die Glastafel.

Nach jeder Operation iſt es nothwendig, das Jnnere des Apparats ſorgfältig abzukehren, um die kleine Queckſilberſchichte zu entfernen, welche ſich dort gemeiniglich anſetzt. Ebenſo muß man die ſchwarze Platte ſorgfältig reinigen, damit auch keine Spur von Queckſilber auf derſelben zurückbleibt. Jſt man genöthigt, den Apparat einzupacken, um ihn weiter zu transportiren, ſo muß man das in dem Gefäß befindliche Queckſilber wieder in die Flaſche zurückbringen; dies geſchieht, indem man den Kaſten neigt, um das Queckſilber durch die zu dieſem Zweck angebrachte kleine Röhre mit Hahnen aus - fließen zu laſſen.

Um ſich zu überzeugen, ob die Probe gut ge - lungen ſey, kann man die Platte bei ſchwachem Tageslicht betrachten. Um ſie von dem Brettchen hinwegzunehmen, entfernt man die vier kleinen Metall - ſtreifen, welche man bei jedem Verſuch ſorgfältig mit Bimsſteinpulver, das mit etwas Waſſer ange - feuchtet wird, abreiben muß. Dieſes Abreiben iſt deßwegen nothwendig, weil dieſe kleinen Metall - ſtreifen nicht nur mit einer Jodſchichte bedeckt ſind, ſondern auch einen Theil des Lichtbildes empfangen haben. Die Platte ſelbſt bringt man ſofort in das mit Fälzen verſehene Käſtchen Taf. I. Fig. 9., bis28 man ſie der fünften und letzten Operation unter - wirft.

Dieſe braucht man nicht unmittelbar eintreten zu laſſen, denn die Platte läßt ſich in ihrem nun - mehrigen Zuſtande mehrere Monate lang aufbe - wahren, nur daß man ſie nicht oft bei hellem Ta - geslicht betrachten darf.

Fünfte Operation.

Jhr Zweck iſt, das Jod von der Metallplatte zu entfernen, welches ſonſt, wenn man die Platte allzu lange Zeit dem Lichte ausſetzen würde, ſich noch weiter zerſetzen und dadurch das Bild zerſtören würde.

Zu dieſer Operation bedarf man:

eine geſättigte Auflöſung von Kochſalz oder eine ſchwache Auflöſung von reiner, unterſchwef - lichtſaurer Soda (Glauberſalz);

ferner den auf Tafel II. Fig. 9. und 9 b. ab - gebildeten Apparat;

zwei Becken von verzinntem Kupfer, Taf. II. Fig 7. und 7 b.;

ein Siedegefäß mit deſtillirtem Waſſer, Taf. II. Fig. 10.

Die Entfernung der Jodſchichte geſchieht mittelſt des Kochſalzes. Mit dieſem füllt man eine Flaſche mit weitem Hals bis zum vierten Theil ihrer Höhe an und gießt ſodann dieſelbe mit reinem Waſſer voll.

Um die Auflöſung des Kochſalzes zu beſchleu - nigen, ſchüttelt man die Flaſche von Zeit zu Zeit. Wenn das Waſſer vollkommen geſättigt iſt, d. h. wenn ſich kein Salz mehr auflöst, filtrirt man29 daſſelbe durch Löſchpapier, um jede Unreinigkeit zu entfernen und die Salzauflöſung vollkommen hell zu machen. Dieſe geſättigte Salzauflöſung kann man ſich im Vorrath machen, um nicht bei jedem neuen Verſuch damit aufgehalten zu ſeyn; man be - wahrt ſie in gut verſtöpſelten Flaſchen auf.

Dieſe Salzlöſung gießt man in eines der Becken bis zu etwa 3 Centimeter (1 Zoll) ſeiner Höhe und füllt es vollends mit reinem, ſüßem Waſſer auf. Dieſes Gemiſch wird ſodann erwärmt, ohne es je - doch zum Kochen zu bringen.

Statt der Kochfalz-Auflöſung kann man auch eine Auflöſung von reiner unterſchweflichtſaurer Soda (Glauberſalz) nehmen; letztere iſt ſogar noch vorzuziehen, weil ſie die Jodſchichte vollſtändiger hinwegnimmt, was bei der Kochſalz-Auflöſung nicht immer der Fall iſt, beſonders wenn die vierte Operation ſchon ſeit längerer Zeit gemacht iſt. Jm Uebrigen iſt das weitere Verfahren bei beiden Salzlöſungen das nämliche, nur daß die Auflöſung der ſchwefel - ſauren Soda nicht erwärmt zu werden braucht; auch braucht man eine kleinere Quantität derſelben, weil es hinreicht, wenn die auf den Boden des Beckens gelegte Metallplatte nur kaum von der Flüſſigkeit bedeckt iſt.

Zuerſt taucht man jedoch die Platte in reines ſüßes Waſſer, welches in dem andern der beiden Becken enthalten iſt. Man braucht die Platte blos einzutauchen ohne ſie loszulaſſen, und zieht ſie ſo - gleich wieder zurück; der Zweck iſt blos der, die Oberfläche der Platte mit Waſſer zu benetzen. Hier - auf legt man dieſelbe ſogleich, ohne ſie trocken wer -30 den zu laſſen, in die Salzauflöſung. Das vorherige Benetzen der Platte mit ſüßem Waſſer iſt deswegen nothwendig, weil die Salzlöſungen, wenn die Platte unmittelbar in eine derſelben getaucht würde, unauslöſchliche Flecken hervorbringen würden.

Um die Wirkung der Salzauflöſung, welche ſich des Jods bemächtigt, zu befördern, bewegt man die Platte, ohne dieſelbe aus der Flüſſigkeit heraus - zuheben, mittelſt des kleinen, überzinnten, kupfernen Hakens, Taf. II. Fig. 8., mit welchem man die Platte von unten faßt, mehrmals auf und nieder. Jſt hierauf die gelbe Farbe vollſtändig verſchwunden, ſo nimmt man die Platte heraus, wobei man ſie an beiden Enden ſo anfaßt, daß die Finger blos die Kanten berühren, und legt dieſelbe ſogleich in das andere Becken mit reinem Waſſer ein.

Hierauf nimmt man den Apparat Taf. II. Fig. 9. und 9 b. und das Gefäß Taf. II. Fig. 10. zur Hand, welch letzteres vollkommen rein ſeyn muß. Jn dieſem hat man mittlerweile deſtillirtes Waſſer zum Kochen gebracht. Nachdem man die Platte aus dem Waſſerbecken mit ſüßem Waſſer genommen und auf die ſchiefe Fläche Taf. II. Fig. 9. gelegt hat, gießt man über ihre Oberfläche, ohne ihr Zeit zum Trocknen zu laſſen, und von oberhalb der Platte her, nicht auf dieſe ſelbſt, das deſtillirte Waſſer ſo heiß, als es iſt, jedoch ohne daß es ſiedet, herun - ter, ſo daß es über die ganze Oberfläche derſelben einen gleichförmigen, ungetrennten Waſſerguß bildet. Auf dieſe Art wird jeder Ueberreſt der Salzauflö - ſung, welche ſchon durch das Eintauchen in das erſte Becken mit ſüßem Waſſer hinreichend geſchwächt31 war, vollends hinweggenommen. Jm Fall man ſchwefelſaure Sodaauflöſung angewendet hat, muß das deſtillirte Waſſer beim Uebergießen weniger heiß als bei dem Kochſalz ſeyn.

Für eine Platte von der angegebenen Größe (man ſehe die Erklärung der Abbildung Taf. I. Fig. 2.) braucht man nicht weniger als ein Litre (halbes Maaß) deſtillirtes Waſſer. Gewöhnlich bleiben nach dem Uebergießen der Platte mit dem heißen deſtil - lirten Waſſer einige Tropfen auf der Platte zurück. Jn dieſem Fall muß man ſie eilig hinwegzubringen ſuchen, ehe ſie Zeit haben zu trocknen, weil ſie immer noch einige Theilchen Kochſalz oder ſelbſt Jod enthalten könnten. Man kann ſie durch ſtarkes Blaſen mit dem Munde (jedoch ohne daß man Mundfeuchtigkeit darauf ſpritzt) von der Platte ent - fernen.

Es iſt leicht einzuſehen, daß eine vollkommene Reinheit des Waſſers, welches man zu dieſer Wa - ſchung braucht, von der größten Wichtigkeit iſt, denn wenn daſſelbe irgend eine Materie aufgelöst ent - hielte, würden, ungeachtet der Schnelligkeit, mit welcher daſſelbe über die Platte herabgegoſſen wird, durch das Trocknen deſſelben auf der Oberfläche eine Menge unauslöſchlicher Flecken entſtehen.

Um ſich zu verſichern, ob das Waſſer zu dieſer Waſchung gehörig rein iſt, bringt man einen Tropfen deſſelben auf eine polirte Metallplatte; wenn der - ſelbe nach ſeiner Verdampfung mittelſt künſtlicher Wärme keine Spur zurückläßt, ſo kann das Waſſer ohne Anſtand gebraucht werden; reines deſtillirtes Waſſer läßt keine Spur zurück.

32

Nach dieſer Abwaſchung iſt das Ganze been - digt; man hat blos die Platte vor Staub oder vor Dämpfen zu bewahren, welche die Silberoberfläche trüben könnten. Das Queckſilber, welches eigent - lich die Zeichnung bildet, iſt theilweiſe zerſetzt, es hängt dem Silber an und widerſteht zwar dem Waſſerſtrom, der über die Platte gegoſſen wird, kann jedoch durchaus keine Reibung aushalten.

Um die Bilder aufzubewahren, muß man ſie unter Glas bringen und mit demſelben (durch Papierſtreifen an den Kanten) zuſammenleimen oder verkitten (col - ler); alsdann ſind ſie unveränderlich, ſelbſt im Sonnenlicht.

Da man ſich auf Reiſen mit Einrahmung die - ſer Bilder nicht befaſſen kann, ſo laſſen ſie ſich eben ſo gut erhalten, wenn man ſie in ein Käſtchen, wie das auf Taf. I. Fig. 9. einſchließt. Zu größerer Sicherheit kann man kleine Papierſtreifen auf die Fugen ſeines Deckels aufleimen.

Noch iſt beizufügen nöthig, daß die ſilberplat - tirten Kupferplatten mehrmals gebraucht werden können, ſo lange das Kupfer nicht blos gelegt wird. Dabei iſt jedoch nothwendig, jedesmal das Queck - ſilber hinwegzubringen, indem man die Platte, wie Anfangs beſchrieben wurde, mit Bimsſteinpulver und in Oel getauchter Baumwolle, welche man öfters erneuert, abreibt, ſonſt verbindet ſich endlich das Queckſilber mit dem Silber zu einem Amalgam und die Proben, welche man mit dem letztern erhält, ſind immer unvollkommen, weil ſie der nöthigen Lebhaftigkeit und Reinheit ermangeln.

Anm. Der Verfaſſer hatte Verſuche angeſtellt, die Bilder mittelſt verſchiedener Firniße von Bernſtein, Copal,33 Cautſchuk. Wachs und allerlei Harzen zu ſchützen, jedoch die Erfahrung gemacht, daß durch die Anwendung irgend eines Firnißes die Lichter auſ den Bildern bedeutend ge - ſchwächt und zu gleicher Zeit die Lebhaſtigkeit und Stärke der Bilder beeinträchtigt wurden. Zu dieſem Uebelſtand kam noch eine Veränderung des Queckſilbers durch ſeine Verbindung mit dem Firniß hinzu, eine Wirkung, welche erſt nach zwei oder drei Monaten eintraf und mit gänz - licher Zerſtörung des Bildes endete. Jm Uebrigen hätte für die gänzliche Verwerfung irgend eines Firnißes die Schwächung der Lichter vollkommen hingereicht, ſofern die wünſchenswertheſte Vervollkommnung des ganzen Verfah - rens in einem Mittel beſtünde, die Stärke der Lichter im Gegentheil zu vermehren. A. d. O.

Bemerkung.

Nach neuern Berichten iſt es indeſſen Dumas gelungen, die Bilder mit einer Auflöſung von Dex - trin ſo zu überfirnißen, daß ſie auch bei der Be - rührung mit den Fingern nicht mehr verdorben werden. Arago gab hievon in der Sitzung der Akademie vom 27. Auguſt Nachricht. Der Firniß beſteht aus 6 Gewichtstheilen Waſſer und 1 Theil Dextrin und wird kochend über die völlig vollendete Metallplatte gegoſſen. Nach ihrem Erkalten und Trocknen bleibt ein ſo leichter und durchſichtiger Ueberzug auf der Platte zurück, daß die Zartheit und Deutlichkeit der Zeichnung vollkommen unver - ändert bleibt. Es wurde dabei von dem Bericht - Erſtatter noch in Ausſicht geſtellt, daß man mittelſt dieſes Firnißes noch dahin kommen dürfte, die Bilder abzudrucken. Dieſer Dextrinfirniß war ſchon ſeit einigen Jahren zum Schutz für Zeichnungen auf Papier in Frankreich angewendet worden.

334

Zur Erklärung des Daguerre’ſchen Verfahrens bemerkte Arago in derſelben Sitzung vom 27. Auguſt Folgendes. Es ſcheine, daß die goldgelbe Jodſchichte überall, wo ſie von der Ein - wirkung des Lichtes getroffen wird, verdampft werde, ſo daß an dieſen Stellen das Metall bloß gelegt wird und ſodann der Queckſilberdampf auf daſſelbe einwirken könne. Auf dieſe Art würde demnach an allen dieſen vom Licht getroffenen Stellen die Ober - fläche des Silbers mit einem mattweißen Amalgam überzogen, während die übrigen Stellen, auf wel - chen die Jodſchichte liegen bleibt, vom Queckſilber nicht angegriffen werden, ſondern nach Hinwegnahme der Jodſchichte durch die Waſchung mit der Salz - Auflöſung ſich wieder, wie zuvor, als glatte ſpie - gelnde Metallflächen herausſtellen. Dadurch aber ſcheint die Entſtehung der vielfachen Halbſchatten oder Mitteltinten in den Zeichnungen noch nicht er - klärt. Nun hat man aber gefunden, daß die Metall - platte, nachdem ſie mit der Jodſchichte verſehen iſt, nicht merklich an Gewicht zunimmt, wohl aber, daß eine ſehr merkliche Gewichtszunahme nach der Be - handlung mit den Queckſilberdämpfen eintritt. Da - gegen iſt wieder eine auffallende Gewichtsabnahme nach der Waſchung der Platte mit der Salzlöſung bemerklich, ſo daß die vollkommen fertige Platte merklich weniger wiegt, als vor dem Beginnen der Operation, obgleich auf den beleuchteten Stellen im Bilde noch etwas Queckſilber in Form von Amalgam haftet. Die chemiſche Unterſuchung der Waſchflüſſig - keit hat auch gezeigt, daß dieſelbe einen Antheil von Silber hinweggenommen habe.

35

Es ſcheint alſo zur Erklärung der Wirkungen des Lichts, welche die Zeichnungen Daguerre’s darbieten, dennoch die Annahme hinreichend zu ſeyn, daß ſich die Silberſchichte während der Einwirkung des Queckſilberdampſes mit Amalgamkügelchen be - deckt; daß dieſe bei den grellen Lichtern ſehr nahe beiſammen ſtehen, in den Mitteltinten dagegen all - mählich an Zahl abnehmen, bis zum Schwarzen, wo alsdann kein ſolches Kügelchen mehr vorhanden iſt. Dieſe Erklärungsart Arago’s hat ſich ſodann auch völlig bewährt. Dumas hat mittelſt mikro - ſcopiſcher Unterſuchung der Daguerre’ſchen Bilder gefunden, daß die hellen und die halbſchattigen Par - tien wirklich mit kleinen Metallkügelchen beſetzt ſind, deren Durchmeſſer Dumas, ſo wie Adolph Brogniart, ſehr gleich fanden und zu einem Achthundertſtel eines Millimeters ſchätzten.

Ein wichtiger neuer Fortſchritt in der Daguerreo - typie beſteht aber noch weiter darin, daß bereits mehrere Verſuche in Frankreich gemacht worden ſind, den Metallplatten Papier zu ſubſtituiren. Arago ſelbſt hatte verſilberte ſtatt der plattirten Kupfer - plättchen vorgeſchlagen. Ein Herr Coulier hat mit Erfolg die Anwendung von Silberpapier verſucht, und ein Herr Bayard hat auf Papier Zeichnungen erzielt, die noch vollſtändigere Erfolge hoffen laſſen.

3 *[36]

Bericht über die Heliographie von J. N. Niepce.

Vorbericht von Daguerre.

Seit dem Jahre 1814 hatte ſich Hr. Niepce mit Verſuchen über das Fixiren der Bilder der Camera obscura beſchäftigt und zwar zunächſt zum Behufe der Nachbildung von Zeichnungen (Kupfer - ſtichen) mittelſt Subſtanzen, welche große Empfind - lichkeit für das Licht haben.

Jm Jahre 1824 ſtellte Daguerre gleichfalls Verſuche über das Licht an, deren einziger Zweck war, das durch die Camera obscura erzeugte Bild zu fixiren, denn die Abbildung von Kupfer - ſtichen auf dieſem Wege mußte ihm für die Kunſt als werthlos erſcheinen.

Jm Jahr 1829 verband ſich Daguerre mit Niepce zu dem Zwecke, das Verfahren des Letzteren zu vervollkommnen.

Niepce, welcher ſeine Entdeckung Heliogra - phie nannte, hatte nachfolgende Beſchreibung da - von aufgeſetzt und an Daguerre mitgetheilt, um dieſen in den Stand zu ſetzen, dieſelbe weiter zu vervollkommnen. Daguerre hielt es für angemeſſen, dieſer Beſchreibung einige Bemerkungen, welche er nach der Mittheilung der Beſchreibung ſchon gegen37 Niepce gemacht hatte, dieſer Beſchreibung in Form von Noten beizufügen. Dieſe Noten haben indeſſen keine Kritik zum Zweck, ſondern blos eine Bezeich - nung des Standpunktes dieſer Entdeckung, welche einer Vervollkommung fähig erſcheinen könnte, von deren Erreichung ſie jedoch trotz der Verbeſſerungen, welche ſie bereits erhalten hat, weit entfernt iſt.

Die Heliographie.

Die von mir gemachte Entdeckung, welche ich mit dem Namen Heliographie bezeichne, beſteht darin, die Bilder, welche man in der Camera obscura erhält, von ſelbſt, durch die bloße Wirkung des Lichts mit den verſchiedenen Abſtufungen ihrer Tinten von Schwarz bis zu Weiß*Die helleſte Tinte, welche dieſes Verfahren gibt, iſt noch nicht Weiß zu nennen. Daguerre. aufs neue hervorzu - bringen.

Grundprincip dieſer Entdeckung.

Das Licht hat ſowohl in ſeinem zerlegten, als auch unzerlegten Zuſtande die Fähigkeit, auf ver - ſchiedene Körper chemiſch einzuwirken, es wird von ihnen eingeſchluckt, verbindet ſich mit ihnen und ver - leiht ihnen neue Eigenſchaften. Ebenſo vermehrt es die natürliche Conſiſtenz mancher Körper, es macht ſie ſogar feſt und mehr oder weniger unauflöslich, je nach der Dauer oder der Stärke ſeiner Einwir - kung auf dieſelben. Dies iſt mit wenigen Worten das Prinzip der Entdeckung.

38

Hauptmaterial. Zubereitung deſſelben.

Das von mir angewandte Hauptmaterial, oder diejenige Subſtanz, welche mir am meiſten ent - ſprochen hat, und welche gewiſſermaßen unmittelbar zu der Hervorbringung der beabſichtigten Wirkung beiträgt, iſt der Asphalt oder das ſogenannte Judenpech, welches folgendermaßen zubereitet wird.

Ein Glas wird zur Hälfte mit gepulvertem Asphalt gefüllt und auf letzteren tropfenweiſe äthe - riſches Lavendelöl gegoſſen, bis das Bitumen nichts mehr davon aufnimmt und vollſtändig von der Flüſ - ſigkeit durchdrungen iſt. Sofort wird noch weiter ſo viel Lavendelöl aufgegoſſen, daß es etwa drei Linien hoch über dem Gemenge ſteht. Das Ganze wird nun zugedeckt und einer gelinden Wärme aus - geſetzt, bis das zugegoſſene ätheriſche Oel von dem Farbſtoff des Bitumens geſättigt iſt. Wenn dieſer Firniß noch nicht den nöthigen Grad von Conſiſtenz hat, ſo läßt man ihn in einem Gefäß in freier Luft verdunſten, wobei man ihn ſorgfältig vor dem Zutritt von Feuchtigkeit zu ſchützen hat, weil er durch dieſelbe verändert und endlich zerſetzt werden würde, ein Uebelſtand, welcher namentlich auch während der kalten und feuchten Jahreszeit bei den Verſuchen in der Camera obscura zu fürchten iſt.

Wird eine kleine Quantität dieſes Firniſſes mit einem kleinen Ball von ſehr gelindem Leder auf eine gut polirte, ſilberplattirte Metallplatte kalt auf - getragen, ſo erhält letztere davon eine ſchöne dunkel - rothe Färbung (vermeil) und der Firniß verbreitet39 ſich auf derſelben als ein ſehr gleicher, dünner Ueberzug. *Durch ein ſolches Verfahren iſt es nicht möglich, einen in dem Grade gleichen Ueberzug zu erhalten, wie es die Feinheit der Lichtabſtufungen in den Bildern der camera obscura erfordert. D. Hierauf legt man die Platte auf eine erhitzte Eiſenplatte auf etliche untergelegte Papier - blätter, welchen auf dieſe Art ſchon vorher alle Feuchtigkeit benommen iſt. Hat der Firniß ſeine Klebrigkeit verloren, ſo nimmt man die Platte weg, läßt ſie bei gelinder Temperatur und unter Ausſchließung feuchter Luft erkalten und vollends trocken werden. Dieſe Vorſicht, jede Berührung von feuchter Luft von dem Firniß abzuhalten, iſt hauptſächlich bei der Aufbringung deſſelben nothwen - dig. Zu dieſem Zweck hält man während der Auf - bringung des Firniſſes eine leichte Scheibe (von Pappe) mittelſt eines kurzen, in ihrer Mitte ange - brachten Stiels in dem Munde, um den feuchten Athem abzuhalten oder an letzterer zu condenſiren.

Die ſo zubereitete Platte kann nun unmittelbar den Einwirkungen des Lichtes ausgeſetzt werden; doch wenn ſie hinreichend lange, um die Einwirkung wirklich ſtattfinden zu laſſen, dem Lichte ausgeſetzt war, ſo zeigt noch Nichts ihr wirkliches Vor - handenſeyn an, ſie bleibt unſichtbar. **Wenn das Bild durchaus unſichtbar iſt, ſo iſt eigent - lich gar kein genügendes Reſultat dadurch erzielt; es iſt für das Gelingen des Verſuchs nothwendig, daß die Wirkung des Lichts, wenn auch nur ſchwach, wahr - nehmbar werde. D. Man muß ſie daher erſt aufſchließen, und dazu gelangt man nur mittelſt eines auflöſenden Mittels.

40

Das auflöſende Mittel. Art ſeiner Bereitung.

Da das Auflöſungsmittel dem Reſultate, wel - ches man erhalten will, angepaßt werden muß, ſo ſind die Proportionen ſeiner Zuſammenſetzung nicht mit Genauigkeit anzugeben; indeſſen iſt es, bei übrigens gleichen Umſtänden, beſſer, wenn es zu ſchwach als zu ſtark iſt. *Jn beiden Fällen entſtehen auf gleiche Weiſe Uebelſtände; im erſten Fall wird das Bild nicht hinreichend ſichtbar, im zweiten wird es vollkommen weggenommen. D.

Dasjenige, welches ich vorzugsweiſe anwende, beſteht aus einem Raumtheil Lavendelöl auf zehn Theile weißes Erdöl oder Bergnaphtha. Dieſe Miſchung iſt anfänglich milchigt, klärt ſich jedoch in zwei oder drei Tagen vollkommen. Sie kann mehrmals nacheinander angewendet werden (d. h. ſie läßt ſich für mehrere Verſuche aufbewah - ren), und verliert nur dann von ihrer auflöſenden Eigenſchaft, wenn ſie ſich dem Sättigungspunkte nähert, was man daran erkennt, wenn ſie undurch - ſichtig und ſtark dunkelfarbig wird. Man kann ſie indeſſen deſtilliren und dadurch eben ſo brauchbar, wie zuvor, machen.

Wenn die gefirnißte Platte aus der camera obscura herausgenommen iſt, legt man ſie in ein flaches Gefäß von Weißblech, welches einen Zoll Tiefe und jedenfalls größere Länge und Breite, als die Platte hat, nachdem man zuvor ſo viel von der Auflöſungsflüſſigkeit in dieſes Gefäß gebracht hat, daß die Platte hinreichend davon bedeckt wird. Be - trachtet man alsdann die letztere unter einem be - ſtimmten Winkel und in falſchem Lichte, ſo ſieht41 man, wie das Bild nach und nach, wenn gleich noch verhüllt durch das Oel, welches mehr oder weniger geſättigt von dem Firniß darüber ſchwimmt, hervortritt. Hierauf nimmt man die Platte heraus und ſtellt ſie aufrecht, um die Auflöſungsflüſſigkeit ablaufen zu laſſen. Wenn nichts mehr abtropft, ſo ſchreitet man zu der letzten Operation, welche nicht die unwichtigſte iſt.

Die Abwaſchung. Verfahrungsart dabei.

Hiezu genügt ein ſehr einfacher Apparat; er beſteht aus einem 4 Fuß langen Brett von größerer Breite, als die Platte. Dieſes Brett hat der Länge nach zu beiden Seiten zwei gut befeſtigte Leiſten, welche eine Hervorregung über die obere Seite des Brettes von 2 Zoll bilden. Mit ſeinem obern Ende iſt es auf eine Unterlage befeſtigt mittelſt Gewinden, welche dem Brette eine beliebige Neigung zu geben geſtatten, je nachdem das Waſſer, das man darüber gießen will, eine größere oder geringere Fall-Ge - ſchwindigkeit erhalten ſoll. Das untere Ende des Brettes mündet in ein Gefäß ein, welches die ab - fließende Flüßigkeit auffängt.

Auf dieſes geneigte Brett wird die Platte ge - legt; am Herabgleiten iſt ſie durch zwei kleine Klammen gehindert, gegen welche man ſie anlehnt; letztere dürfen jedoch die Dicke der Metallplatte nicht überſteigen. Jn der kalten Jahrszeit wendet man laues Waſſer zur Waſchung an (in der wärmeren reines friſches Waſſer von der gewöhnlichen Tem - peratur). Dieſes Waſſer wird nicht auf die Platte ſelbſt, ſondern oberhalb derſelben auf das Brett42 gegoſſen, ſo daß es über die Platte einen gleich - förmigen Sturz bildet. Dieſes nimmt nun die letzten, dem Firniß anhängenden Theile der Auf - löſungsflüſſigkeit hinweg.

Nunmehr erſcheint das Bild vollkommen frei und überall von großer Genauigkeit und Reinheit, wenn die Operation richtig gemacht wurde, beſon - ders wenn man ſich einer vervollkommneten camera obscura bedienen konnte. *Dies war eine bloſe Vermuthung von Herrn Niepce; die Erfahrung hat gelehrt, daß eine achromatiſche camera obscura, wenn ſie auch den Bildern mehr Reinheit gab, dieſelben dennoch nicht zu dem erwünſch - ten Grade von Genauigkeit bringen konnte. D.

Weitere Anwendungen des heliographiſchen Verfahrens.

Da der Firniß ohne Unterſchied auf Stein, Metall, Glas, und ohne irgend eine Abänderung der Manipulation aufgetragen werden kann, ſo be - ſchränke ich mich hier blos auf das Verfahren bei Aufbringung deſſelben auf plattirtes Silber und auf Glas, mache jedoch, in Betreff des Aetzens auf Kupfer, darauf aufmerkſam, daß ſich ohne Anſtand zu der Zuſammenſetzung des Firnißes noch eine kleine Quantität von einer Auflöſung von Wachs in Lavendelöl beiſetzen läßt. **Es iſt zu bemerken, daß der Kupferſtich (die Copirung von Kupferſtichen), wovon Hr. Niepce redet, immer dadurch bewerkſtelligt wurde, daß die Kupfer-Abdrücke unmittelbar auf die empfindliche Materie gelegt wur - deu, ſo daß der Abdruck des Kupferſtichs bei unmittel - barer Berührung des letzteren mit derſelben entſtand (alſo dadurch, daß die Zeichnung des Kupferſtichs, in - dem das Sonnenlicht durch das Papierblatt unmittel -

43

Bis jetzt ſcheint mir das ſilberplattirte Kupfer für Hervorbringung der Bilder (der camera obscura) den Vorzug vor allen andern, und zwar wegen ſeiner weißen Farbe und ſeiner ſonſtigen Beſchaffen - heit (état), zu verdienen. So viel iſt ſicher, daß nach der Waſchung, vorausgeſetzt, daß der der camera obscura ausgeſetzte Firniß gehörig trocken iſt, das Reſultat ſchon befriedigend iſt.

Jm Uebrigen wäre immer noch zu wünſchen, daß man durch Schwärzung dee Platte ſich alle Abſtufungen von Tinte, von Schwarz bis Weiß, verſchaffen könnte. Jch habe mich daher mit dieſem Gegenſtande beſchäftigt, und mich anfänglich einer Auflöſung von Schwefelleber (sulfure de potasse liquide) bedient; dieſes Mittel greift jedoch in con - centrirtem Zuſtande den Firniß an, und verdünnt man es mit Waſſer, ſo wird das Metall davon bloß geröthet. Dieſer gedoppelte Uebelſtand nöthigte mich, davon abzuſtehen. Die von mir nunmehr mit mehr Hoffnung auf Erfolg angewendete Subſtanz iſt das Jod,*Es iſt von Wichtigkeit darauf aufmerkſam zu machen, daß dieſe Anwendung des Jods, welche Hr. Niepce zur Schwärzung der Platten benützte, beweist, wie welches die Eigenſchaft hat, bei der gewöhnlichen Lufttemperatur zu verdampfen.

**bar und ohne Anwendung der camera obscura hin - durch ſcheint, ſich auf dem Firniß abbildet); die An - wendung des Wachſes, wovon er redet, würde da - gegen die Einwirkung des Lichtes auf das Bitumen in der camera obscura neutraliſiren, in welche das Licht nur ſehr geſchwächt gelangt. Dagegen war die Anweſenheit des Wachſes durchaus kein Hinderniß für das Copiren von Kupferſtichen, wobei er dieſe (wenn er ſie auf die Platte mit dem Firniß gelegt hatte) zwei bis drei Stunden lang dem Sonnenlichte unmittelbar ausſetzte. D.

44

Um durch dieſes Mittel eine Silberplatte zu ſchwärzen, braucht man dieſelbe nur gegen eine der innern Wände eines nach oben offenen Kaſtens zu ſtellen und einige Jodkörner in eine kleine Rinne, welche entlang der gegenüberliegenden Seite in dem Boden des Kaſtens angebracht iſt, zu ſchütten.

Man bedeckt hierauf den Kaſten mit einem Glas, um durch daſſelbe die Wirkung zu beobachten, welche zwar (wegen der Einwirkung des Lichtes durch das Glas) langſamer, aber mit mehr Sicherheit erfolgt. Man kann hierauf den Firniß mit Alkohol wegnehmen, und es wird nun keine Spur von dem urſprünglichen Abdruck (in dem Firniß) übrig bleiben. Da dieſes Verſahren für mich noch ganz neu iſt, ſo beſchränke ich mich vorerſt auf dieſe einfache Modifi - cation, in Erwartung, durch weitere Verſuche in den Stand geſetzt zu werden, noch umſtändlichere und genauere Erfahrungen hierüber zu ſammeln.

Zwei Verſuche mit Fixirung von Bildern in der camera obscura auf Glas boten mir Reſul - tate dar, welche, wenn gleich mangelhaft, mir doch werth erſcheinen, hier angeführt zu werden, weil dieſe Verfahrungsart ſich leichter vervollkommnen und demgemäß ein ganz beſonderes Jntereſſe dar - bieten kann.

Bei dem einen dieſer Verſuche hatte das Licht, nachdem es mit weniger Stärke gewirkt hatte, den Firniß auf eine ſolche Art aufgeſchloſſen, daß die Abſtufungen der Tinten weit beſſer wahrzunehmen*derſelbe die Eigenſchaft dieſer Subſtanz, ſich durch das Licht unter Berührung mit dem Silber zu zerſetzen, gar nicht kannte, da er es im Gegentheil als Mittel zur Fixirung ſeiner Bilder bezeichnet. D. 45 waren; ſo daß das Bild, gegen das Licht geſehen (vue par transmission), bis zu einem gewiſſen Punkte die bekannten Effecte des Diorama nach - ahmte. *Daguerre bemerkt hiebei, daß nicht abzuſehen ſey, welche Beziehung zwiſchen dem hier von Niepce ange - gebenen Effecte und den Gemälden des Diorama ſtat: - finden könnte. D.

Bei dem zweiten Verſuche dagegen, bei welchem eine ſtärkere Einwirkung des Lichtes Statt gefunden hatte, blieben die am meiſten beleuchteten Partien, da ſie von der Auflöſungsflüſſigkeit nicht angegriffen wurden, transparent, und der Unterſchied der Tin - ten beruht einzig auf der relativen Dicke der mehr oder weniger undurchſichtigen Firnißſchichten. Wird das Bild durch Reflexion, in einem Spiegel, auf der gefirnißten Seite und unter einem beſtimm - ten Winkel betrachtet, ſo bringt es vielen Effect hervor, während daſſelbe, durch Transmiſſion (gegen das Licht) geſehen, nur ein verworrenes und farbloſes Bild darſtellt. Das Ueberraſchendſte dabei iſt aber, daß dieſes Bild die ſtellenweiſe Färbung**)Daguerre hat dieſe Färbung oft beobachtet und dieſelbe nie als das Reſultat der farbigten Lichtſtrahlen in der Camera obscura anſehen können. D. gewiſſer Objecte anzunehmen ſcheint. Beim Nach - denken über dieſen bemerkenswerthen Umſtand glaubte ich daraus Folgerungen ziehen zu können, welche dieſe Erſcheinung an die Theorie Newtons über die farbigten Ringe anzureihen verſtatten könnten. Man dürfte nur annehmen, daß ein prismatiſcher Licht - ſtrahl, wie z. B. der grüne, indem er auf die Subſtanz des Firniſſes einwirkt, und ſich mit derſelben46 verbindet, ihr denjenigen Grad von Auflößlichkeit ertheile, welcher nöthig iſt, damit die hieraus entſtehende Firnißſchichte nach der doppelten Ope - ration der Auflöſungsflüſſigkeit und der Abwaſchung die grüne Farbe zurückwirft. Jm Uebrigen iſt es allein Sache der (weiteren) Beobachtung, das, was wahres an dieſer Hypotheſe iſt, zu beſtätigen, und die Sache ſelbſt ſcheint mir an und für ſich merkwürdig genug, um neue Unterſuchungen und gründlichere Prüfungen zu veranlaſſen.

Bemerkungen.

Wiewohl unſtreitig in der Anwendung der ſo eben berichteten Mittel und Verfahrungsweiſen keine Schwierigkeit liegt, ſo kann es doch immerhin ge - ſchehen, daß die Verſuche anfänglich nicht gelingen. Jch glaube daher, daß es entſprechend ſeyn würde, im Kleinen zu operiren, indem man Kupferſtiche bei gewöhnlichem Tageslicht (lumière diffuse im Ge - genſatz gegen das concentrirte Licht der Camera obscura) mittelſt folgender ſehr einfacher Vorberei - tung copirt.

Man firnißt den Kupferſtich blos auf der Kehr - ſeite, um ihn dadurch recht transparent zu machen. Wenn derſelbe vollkommen trocken geworden iſt, legt man ihn mit der rechten Seite auf die, mit dem oben gemeldeten Firniß verſehene Platte mittelſt eines darüber gelegten Glaſes, deſſen Preſſung man dadurch vermindert, daß man das Ganze unter einem Winkel von 45 Graden aufſtellt. Auf dieſe Art kann man mit zwei ſo zubereiteten Kupferſtichen47 und vier kleinen, ſilberplattirten Metallplatten in einem Tag mehrere Verſuche anſtellen, ſelbſt bei trüber Witterung, vorausgeſetzt, daß das Local vor Kälte und hauptſächlich vor Feuchtigkeit geſchützt iſt, welche, wie ſchon erwähnt, den Firniß in dem Grade verderbt, daß er ſtellenweiſe von der Platte losgeht, wenn dieſe in die Auflöſungsflüſſigkeit ge - taucht wird. Dies iſt auch der Grund, warum ich mich während der ſchlimmen Jahreszeit der Camera obscura nicht bediene. Durch eine hinreichende An - zahl von Verſuchen der eben genannten Art wird man bald in den Stand geſetzt ſeyn, alle Hand - griffe bei dem Verfahren mit der erforderlichen Genauigkeit auszführen. *Die Beobachtungen und Erfahrungen, welche man bei dieſen Verſuchen machen kann, finden keine Anwendung auf die Reſultate, welche man mit der Camera obscura erhält. Die Lichteffecte, wenn dieſes durch einen Kupfer - ſtich hindurchgeht, und zumal durch einen gefirnißten, welcher mit der für das Licht empfindlichen Materie in Berührung gebracht iſt, ſind ganz verſchieden von den - jenigen, welche bei der Erzeugung der Bilder in der Camera obscura ſtatt finden. D.

Jn Beziehung auf die Art, den Firniß aufzu - tragen, wiederhole ich, daß er nur in einem ſolchen Grade der Conſiſtenz anzuwenden iſt, bei welchem er eine hinreichend compacte und möglichſt dünne Schichte bildet, weil er alsdann der Wirkung der Auflöſungsflüſſigkeit deſto beſſer widerſteht und deſto empfindlicher für die Einwirkung des Lichtes wird.

Jn Betreff des Jods, um die auf dem plat - tirten Silber erzeugten Bilder zu ſchwärzen, ſowie in Betreff der Säure, um (die auf Kupferplatten erzeugten Bilder) zu ätzen, iſt es weſentlich, daß48 der Firniß nach der Waſchung diejenigen Eigen - ſchaften angenommen habe, welche bei dem zweiten Verſuche auf Glas oben berichtet wurden, denn alsdann iſt er ſowohl für die Säure, als auch für die Joddämpfe weit weniger durchdringlich*Bei dem Verſuche, welcher Hrn. Niepce zu dieſer Be - hauptung Veranlaſſung gab, blieb die Platte allzulange der Wirkung des Lichts in der Camera obscura aus - geſetzt, und was auch hier Hr. Niepce von der An - wendung des Jods, um zu ſchwärzen, und der Säure, um zu ätzen, vorausgeſetzt, daß in letzterem Fall eine Kupferplatte die Unterlage bildet, ſagen mag, ſo wür - den dieſe beiden Operationen doch keine Abſtufung der Tinten hervorbringen. Denn hat man ein Bild ver - mittelſt der größeren oder geringeren Dicke des Firniſſes, je nachdem derſelbe mehr oder weniger von dem Lichte angegriffen worden iſt, erhalten, ſo iſt es unmöglich, daß die Säure auf das Metall in der nämlichen Be - ziehung (tiefer oder weniger tief ätzend) einwirke. Auch hat Hr. Niepce niemals mittelſt eines in der Camera obscura erzeugten Bildes eine geätzte Kupferplatte zu Stande gebracht. D. , haupt - ſächlich an denjenigen Stellen, wo ihm ſeine Durch - ſichtigkeit vollſtändig geblieben iſt, und nur unter dieſer Bedingung darf man, ſelbſt bei Anwendung des beſten optiſchen Apparates, hoffen, ein voll - kommen gelungenes Reſultat zu erhalten. **Der beſte optiſche Apparat kann das in der voranſte - henden Note bezeichnete Hinderniß nicht beſeitigen. D.

Weitere Zuſätze.

Bei der Herausnahme der gefirnißten Platte muß dieſelbe nicht nur gegen die Feuchtigkeit, ſon - dern auch gegen den Zutritt des Lichts geſchützt werden.

Als oben von den Verſuchen mit gewöhnlichem oder zerſtreutem Lichte, (bei der Copirung von Ku - pferſtichen) die Rede war, habe ich nichts von der49 Anwendung dieſer Art von Verſuchen auf Glasplat - ten erwähnt. Jch will daher hier noch einer dieſen Verſuchen eigenthümlichen Verbeſſerung erwähnen. Sie beſteht einfach darin, daß man unter die Glas - platte ein ſchwarzes Papier, und zwiſchen die Glas - platte, auf deren gefirnißten Seite, und den Kupfer - ſtich einen Rahmen von Pappe bringt, auf welch letzteren zuvor der Kupferſtich dergeſtalt aufgeleimt wurde, daß derſelbe gut ausgeſpannt iſt. Die Wir - kung dieſer Maaßregel iſt die, daß das Bild viel lebhafter erſcheint, als wenn die Unterlage weiß iſt, was nur zu einem ſchnellern Effecte beitragen kann. Ein zweiter Vortheil beſteht darin, daß der Firniß keiner Beſchädigung durch unmittelbare Be - rührung mit dem Kupferſtich ausgeſetzt iſt, ein Uebelſtand, welcher bei warmer Witterung nicht wohl vermieden werden kann, wenn auch der Firniß vollkommen trocken iſt.

Dagegen wird dieſer Uebelſtand vollkommen aufgewogen durch den Vortheil, welchen die Ver - ſuche auf Silber mit ſich bringen, nämlich durch ihre Dauerhaftigkeit bei dem Waſchen, während es ſelten der Fall iſt, daß dieſe Operation die auf Glas erzeugten Bilder nicht mehr oder weniger verdirbt, weil das Glas vermöge ſeiner natürlichen Beſchaffenheit und ſeiner vollkommnern Politur den Firniß weniger an ſich haften läßt. Um dieſem Mangel zu begegnen, würde es ſich daher darum handeln, dem Firniß mehr Klebrigkeit (mordant) zu geben, und ich glaube dies erreicht zu haben, wenigſtens ſo weit es mir erlaubt iſt, aus den neue - ſten und nicht ſehr zahlreichen Verſuchen einen Schluß450zu ziehen. Dieſer neue Firniß beſteht aus einer Auflöſung von Judenpech in dem Dippel - ſchen thieriſchen Oele, die man bei der ge - wöhnlichen Lufttemperatur bis zu dem erforderlichen Grade der Conſiſtenz des Firnißes verdunſten läßt. Dieſer Firniß iſt fetter, zäher und farbigter als der andere, und man kann ihn ſogleich, nachdem er aufgebracht iſt, den Einwirkungen des Lichtes aus - ſetzen, welches ihn, wie es ſcheint, ſchneller feſt werden läßt, weil die große Flüchtigkeit des thieri - ſchen Oels eine weit ſchnellere Trocknung deſſelben zur Folge hat. *Dieſes Mittel hätte nur zur Folge, daß die Klarheit der Bilder noch geringer ausfallen müßte. D.

Bemerkung. Jn einem eigenen Abſchnitte, ge - ſchichtliche Note über das Verfahren bei dem Daguerreotype betitelt, gibt das Original Auszüge aus Briefen, welche Niepce an Daguerre nach dem Abſchluß ihrer Verbindung ſchrieb, und aus welchen hauptſächlich die Anwendung des Jods als eigenthümliche Erfindung Daguerre’s bewieſen werden ſoll. Da dieſe Briefe keine weiteren Aufſchlüſſe über das Weſentliche der Daguerre-Niepce’ſchen Erfindung geben, ſo könnten ſie, ebenſo wie die in öffentlichen Blät - tern ſchon mehrfaltig mitgetheilten Berichterſtattungen in den beiden franzöſiſchen Kammern, ſo wie in der Akademie, in der Ueberſetzung füglich wegblieben. Soviel geht aber aus dieſen Schreiben hervor, daß Niepce ſelbſt, nachdem ihm von Daguerre das Jod bekannt gemacht worden war, mit demſelben nicht zurecht kommen konnte und daher von mehreren andern Subſtanzen redet, welche wie das Jod auf das Silber einwirken ſollen, und die wir hier für ſolche Leſer, welche etwa ſich mit Verſuchen abgeben wollen, anzuführen für entſprechend halten. Niepce ſpricht nämlich in dieſer Beziehung von einem Decoct von Thlaspi, von Phosphordämpfen, vornämlich aber von Schwefelverbin - dungen; auch habe er bemerkt, daß durch Anwendung von Hitze und die dadurch vermittelte Oxidation des Me - talls eine große Empfindlichkeit des letzteren gegen das Licht erzielt werden könne.

[51]

Abänderungen, welche Daguerre bei dem Niepce’ſchen Verfahren oder der Heliographie getroffen hat.

Diejenige Subſtanz, welcher bei dieſem Ver - fahren der Vorzug gebührt, iſt der Rückſtand, wel - chen man durch Verdunſtung des Lavendelöls erhält; er wird vermittelſt Auflöſung in Alcohol in Form einer ſehr dünnen Schichte angewendet.

Es kommt zwar allen harzigen oder bituminöſen Subſtanzen ohne Ausnahme die gleiche Eigenſchaft zu, daß ſie nämlich gegen das Licht mehr oder we - niger empfindlich ſind; dagegen verdienen diejenigen den Vorzug, welche am meiſten Fettigkeit beſitzen, weil ſie bei den Verſuchen mehr Feſtigkeit zeigen oder einen dauerhafteren Ueberzug geben. Mehrere ätheriſche Oele verlieren dieſe Eigenſchaft, wenn man ſie einer ſtarken Temperatur ausſetzt.

Jndeſſen iſt nicht die ſchnelle Zerſetzung des Lavendelöl-Rückſtandes durch das Licht der Grund, warum er den Vorzug verdient; es gibt Harze, wie z. B. das Fichtenharz, welche, wenn ſie in Alcohol aufgelöst und auf ein Glas oder eine Metallplatte geſtrichen werden, durch Verdampfung des Alcohols eine ſehr weiße und gegen das Licht, welches dieſe Zerſetzung verurſacht, unendlich empfindlichere Schichte4 *52zurücklaſſen. Aber eben dieſe, durch eine kürzer dauernde Verdampfung verurſachte, größere Empfind - lichkeit gegen das Licht verurſacht auch ein leichteres Verderben der ſo erhaltenen Bilder; ſie berſten auf und verſchwinden endlich gänzlich, wenn man ſie etliche Monate dem Sonnenlichte ausſetzt. Der Rückſtand des Lavendelöls hat mehr Dauerhaftig - keit, ohne daß er jedoch bei der unmittelbaren Ein - wirkung der Sonne unveränderlich wäre.

Dieſe Subſtanz erhält man, wenn man das Lavendelöl in einem offenen Gefäß mit Hülfe der Wärme verdampfen läßt, bis der Rückſtand eine ſolche Conſiſtenz erlangt, daß er nach ſeinem Erkalten einen Klang gibt, wenn man mit der Spitze eines Meſſers darauf ſchlägt, und mit Geräuſch in Stücken zerſpringt, wenn man ihn von dem Gefäß abzu - löſen ſucht. Hierauf löst man eine ſehr kleine Quan - tität dieſes Rückſtandes in Alcohol oder Eſſigäther auf; dieſe Auflöſung muß ſehr hell und von citron - gelber Farbe ſeyn. Je heller die Auflöſung iſt, deſto dünner wird die Schichte, welche ſie gibt; doch darf ſie nicht allzuhell ſeyn, ſonſt würde ſie weder eine matte, noch auch eine weiße Schichte geben, was unerläßlich iſt, um bei den Verſuchen eine Wirkung zu erhalten. Die Anwendung des Alcohols oder des Aethers hat keinen andern Zweck, als die bei der Aufbringung des Stoffes erforder - liche, ausnehmende Zertheilung deſſelben, da bei der Operation ſelbſt der Alcohol ſich vollſtändig ver - flüchtigt.

Um größere Lebhaftigkeit bei den Bildern zu erhalten, muß die Metallplatte polirt werden; die53 Verſuche auf Glas fallen indeſſen hübſcher aus und haben hauptſächlich größere Feinheit.

Vor jedem Verſuche muß das Metall oder das Glas vollſtändig gereinigt werden; man kann ſich dazu des Alcohols und ſehr feinen Trippels bedienen; zuletzt reibt man aber immer trocken ab, um keine Spur von Flüſſigkeit auf der Platte zurückzulaſſen; das Reiben geſchieht mit Baumwolle, welche im Anfang mit Alcohol getränkt wird; der Trippel muß ausnehmend fein gepulvert ſeyn, damit das Metall oder das Glas davon nicht geritzt wird.

Bei dem Aufbringen der Harzſchichte hält man die Metallplatte oder die Glasſcheibe in der einen Hand und gießt mit der andern die Auflöſung, welche in einer kleinen Flaſche mit weiter Oeffnung enthalten iſt, ſo auf die Oberfläche der Platte auf, daß die Flüſſigkeit, indem ſie auf der Oberfläche der Platte ſchnell zerfließt, dieſe auf ihrer ganzen Aus - dehnung bedeckt. Anfänglich hält man die Platte etwas geneigt, ſobald aber die aufgegoſſene Flüſſig - keit aufgehört hat zu zerfließen, hält man die Platte ſenkrecht. Hierauf ſtreicht man mit dem Finger die Rückſeite der Platte ſo wie ihre Ränder ab, um die dort anhängende Flüſſigkeit wegzunehmen, welche, da ſie immer wieder in die Höhe zu ſteigen ſtrebt, die Dicke der Schichte verdoppeln würde. Nach jedesmaligem Abſtreichen muß man den Finger wieder abtrocknen, auch denſelben ſehr ſchnell an den Rändern der Platte ihrer ganzen Länge nach, ſowie an dem untern Rand derſelben und an der der Schichte entgegengeſetzten Seite hinführen. Fließt keine Flüſ - ſigkeit mehr ab, ſo ſtellt man die Platte in den54 Schatten, um ſie trocknen zu laſſen, denn ſonſt würde das Licht die Empfindlichkeit der Subſtanz zerſtören.

Jn dieſem Zuſtande iſt nun die Schichte weiß und ausnehmend dünn; von der letzteren Beſchaffen - heit hängt theilweiſe der größere oder geringere Grad von Schnelligkeit der Wirkung ab. Man macht dieſe Vorbereitung der Platte an einem trüben Tage, oder, was noch vorzuziehen iſt, bei Kerzenlicht, wel - ches auf die Subſtanz keine Einwirkung hat.

Wenn die Schichte vollkommen trocken iſt, ſo kann ſie in die Camera obscura eingeſetzt werden. Man läßt ſie die für die Hervorbringung des Bil - des nöthige Zeit hindurch darin, welche jedoch nicht genau zu beſtimmen iſt, weil ſie von der größeren oder geringeren Stärke der Beleuchtung der Ge - genſtände abhängt, deren Bild man fixiren will. Jndeſſen braucht man nicht weniger als ſieben oder acht Stunden für eine Landſchaft oder einen Proſpect, und etwa drei Stunden für andere Ge - genſtände, wenn dieſe ſehr ſtark von der Sonne beleuchtet und ſchon von Natur ſehr hell ſind. Doch ſind dieſe Angaben nur annähernd, denn die Jahreszeiten und die verſchiedenen Tagesſtun - den bringen große Abweichungen mit ſich.

Wenn man mit Glas operirt, ſo muß man daſſelbe, um die Wirkung des Lichts zu verſtärken, auf ein Blatt (weißes) Papier legen; um jedoch kein verworrenes Bild zu erhalten, iſt es nothwen - dig, daß die Seite des Glaſes, auf welcher der Fir - niß iſt, unmittelbar auf das Papier gelegt wird und daſſelbe auf ſeiner ganzen Oberfläche berührt. Zu dieſem Zweck muß das Papier auf eine vollkom -55 men ebene Fläche aufgezogen werden, wobei gleich - falls vorausgeſetzt wird, daß auch das Glas voll - kommen eben ſey; auch wählt man immer nur möglichſt weißes Glas.

Jſt die Platte die gehörige Zeit in der Camera obscura geweſen, ſo wird ſie unter ſorgfältiger Ausſchließung des Lichtes herausgenommen.

Da es ſehr häufig der Fall iſt, daß die Platte, wenn ſie aus der Camera obscura kommt, keine Spur von einem Bilde zeigt; ſo muß daſſelbe nun - mehr ſichtbar gemacht werden.

Hiezu nimmt man ein flaches Becken von überzinntem Kupfer oder Weißblech, welches grö - ßer iſt als die Platte und ringsum einen Rand von ungefähr 50 Millimetern (cca. 2 Zoll) Höhe hat. Dieſes Becken wird mit Bergöl oder Berg - naphtha bis zum 4ten Theil ſeiner Höhe angefüllt; die Platte befeſtigt man auf ein hölzernes Brett - chen, welches vollkommen in die Oeffnung des Beckens paßt, und bedeckt die letztere mit dem Brettchen ſo, daß die Platte mit der Harzſchichte nach innen kommt. Die Naphthadämpfe durch - dringen nun die Harzſchichte auf der Platte an allen denjenigen Stellen, an welchen das Licht nicht auf dieſelbe gewirkt hat, und geben ihr eine ſolche Durchſichtigkeit, daß auf dieſen Stellen durch - aus nichts zu liegen ſcheint; diejenigen Stellen dagegen, auf welche das Licht ſehr lebhaft einge - wirkt hatte, werden von den Naphthadämpfen nicht angegriffen.

Auf dieſe Art entſtehen die Abſtufungen der56 Tinten durch die ſtärkere oder ſchwächere Einwir - kung der Naphthadämpfe auf die Harzſchichte.

Während der Einwirkung der letzteren muß man die Platte von Zeit zu Zeit betrachten und, ſobald das Bild am lebhafteſten erſcheint, dieſelbe hin - wegnehmen, denn bei allzu langer Einwirkung der Dämpfe würden die hellſten Stellen angegriffen werden und zuletzt ganz verſchwinden. Nunmehr iſt der Verſuch geendigt. Man bringt die Platte unter Glas, um zu verhindern, daß ſich kein Staub darauf ſetzt. Hat ſich aber ſolcher darauf geſetzt, ſo genügt es denſelben wegzublaſen. Durch das Setzen der Platte unter Glas wird auch das Sil - ber, wenn man eine Silberplatte angewendet hat, vor der Einwirkung ſchädlicher Dämpfe geſichert.

Wie oben geſagt wurde, ſind alle Arten von Erdharz, alle Harze und ätheriſchen Oele durch das Licht auf eine ſehr merkliche Weiſe zerſetzbar; man braucht ſie daher für dieſen Zweck nur in die Form ſehr dünner Schichten zu bringen und dem - nach ein paſſendes Auflöſungsmittel für ſie zu finden. Als ſolches laſſen ſich anwenden die Bergnaphtha, alle ätheriſchen Oele, der Alkohol, die Aetherarten und die Wärme.

H. Niepce legte ſeine mit Firniß von Bitu - men bedeckte Platte in eine auflöſende Flüſſigkeit; ein ſolches Mittel ſteht aber ſelten im richtigen Verhältniß mit der geringen Stärke des Lichtes, deſſen Einwirkung die Schichte in der camera obscura erfahren hat. Jmmer iſt das Auflö - ſungsmittel entweder zu ſtark oder zu ſchwach; im erſten Fall nimmt es den Firniß ganz hinweg,57 im zweiten wird das Bild durch daſſelbe nicht hinreichend ſichtbar gemacht.

Die Wirkung des Auflöſungsmittels, in wel - ches man die Platte taucht, iſt die, daß es den Firniß an denjenigen Stellen, wo das Licht nicht gewirkt hat, hinwegnimmt, oder erhält man auch, je nach der Natur der Auflöſungsflüſſigkeit, wohl den entgegengeſetzten Effect, d. h. die von dem Lichte getroffenen Stellen werden weggenommen, während die andern unberührt bleiben. Dies iſt der Fall, wenn man Alkohol, ſtatt der Bergnaphtha oder eines ätheriſchen Oels, als Auflöſungsmittel anwendet.

Diejenigen Auflöſungsmittel, welche durch Ver - dampfung oder die Wirkung der Wärme ange - wendet werden, ſind den in tropfbarflüſſiger Form angewendeten vorzuziehen, weil man ihre Einwir - kung willkührlich hemmen kann. Dabei iſt aber unumgänglich nothwendig, daß die Harzſchichte nicht die Beſchaffenheit eines Firniſſes habe, ſon - dern ſie muß matt und ſo weiß als möglich ſeyn. Die Dämpfe des Auflöſungsmittels durchdringen die Schichte und heben nur das Matte derſelben auf, je nach der größeren oder geringeren Stärke des Lichtes, das auf die Harzſchichte eingewirkt hatte. Dieſe Verfahrungsart gibt eine Abſtufung von Tinten, welche durch Benetzung der Harz - ſchichte mit der Auflöſungsflüſſigkeit unmöglich erzielt werden kann.

Eine große Zahl von Verſuchen, welche der Verfaſſer angeſtellt hat, haben ihm bewieſen, daß, wenn das Licht einen Körper trifft, daſſelbe immer58 Spuren von Zerſetzung auf ſeiner Oberfläche zu - rückläßt; ſie haben ihm aber auch den Beweis geliefert, daß eben dieſe Körper die Eigenſchaft haben, ſich im Schatten großentheils wieder her - zuſtellen, wofern das Licht keine vollſtändige Zer - ſetzung bewirkt hatte.

Man kann ſich davon überzeugen, wenn man zwei gleiche Platten, nachdem man ſie nach dem oben beſchriebenen Verfahren auf gleiche Weiſe vorbereitet hat, dem Sonnenlichte unter theilwei - ſer Beſchattung ausſetzt. Wenn man glaubt, daß das Licht ſeine Wirkung hervorgebracht habe, nimmt man beide Platten zu gleicher Zeit hinweg, und ſetzt unmittelbar darauf die eine der Wir - kung eines Auflöſungsmittels aus, während man die andere erſt mehrere Tage lang in einem Kaſten verſchloſſen hält und hierauf ebenſo, wie die er - ſtere, der Einwirkung der Auflöſungsflüſſigkeit ausſetzt. Man wird alsdann ſehen, daß das von der zweiten Platte erhaltene Reſultat ein ganz anderes iſt, als dasjenige, welches die erſtere ge - geben hatte.

Hieraus iſt zu ſchließen, daß die meiſten Kör - per, und ohne Zweifel alle Firniſſe, ohne dieſe ihnen zukommende Eigenſchaft ſich im Schatten wieder herzuſtellen, viel ſchneller zerſtört werden würden, als dies in der Wirklichkeit der Fall iſt.

[59]

Beſchreibung der von Daguerre erfundenen und bei den Bildern des Diorama angewendeten Malerei und Beleuchtung*Die Darſtellungen des Diorama, wie Daguerre dieſe ſeine Erfindung nannte, durch eine, auf beiden Seiten einer ſenkrecht ausgeſpannten Leinwand aufgetragene Malerei und durch verſchiedene Richtungen und Ab - änderungen des reflektirten, ſowie des durchſcheinenden Lichtes, in Verbindung miteinander, oder in gehöriger Aufeinanderfolge, die verſchiedenen Lichteffecte des Tages - und des Monden - und Feuer-Lichtes hervorzubringen, gehören zu den intereſſanteſten Productionen der auf künſtleriſche Darſtellungen angewandten Optik, oder wenn man lieber will, der durch Anwendung der Geſetze der Optik auf Geſichtstäuſchungen berechneten Malerei. Der Zuſchauer ſitzt in einem kleinen Amphitheater; die Scene ſcheint ihm mit einem noch in Dunkel gehüllten Vorhang bedeckt. Nach und nach aber weicht dieſes Dunkel einem Dämmerlichte und die Scene beginnt auf dem Vorhang ſelbſt: eine Landſchaft oder ein Proſpect tritt immer deutlicher auf demſelben hervor, der Mor - gen dämmert, die Scene belebt ſich, Bäume treten aus dem Schatten heraus, die Conturen der Berge, der Häuſer werden ſichtbar, menſchliche und Thierfiguren erſcheinen auf dem immer mehr wie von der aufgehen - den Sonne beleuchteten Vordergrunde; der Tag iſt angebrochen. Die Sonne ſteigt immer höher; in einem.

Dieſe Verfahrungsarten wurden hauptſächlich bei den Dioramabildern: Die Meſſe um Mit - ternacht, der Bergſturz von Goldau, der60 Tempel des Salomo und die Baſilika der heiligen Maria von Montreal angewendet. Bei allen dieſen Gemälden iſt ein Wechſel von Tag - und Nachtbeleuchtung ausgeführt, womit noch das Verſchwinden von Figuren verbunden iſt, wodurch z. B. in der Meſſe um Mitternacht menſch - liche Figuren an der Stelle zum Vorſchein kommen, wo zuvor Kirchenſtühle zu ſehen waren, oder in dem Thal von Goldau der Bergſturz an die Stelle des lachenden Thales tritt.

*Hauſe ſieht man durch ein offenes Fenſter ein Küchen - feuer allmählig emporlodern; in einem Winkel der Land - ſchaft ſitzt eine Gruppe Bivouakirender um einen Feld - keſſel herum, unter welchem ſich das Feuer nach und nach ſteigert; eine Schmiedeeſſe wird ſichtbar, und das Glühfeuer derſelben ſcheint durch einen unſichtbaren Blasbalg immer mehr angefacht zu werden. Nach eini - ger Zeit, und das Jntereſſe des Beſchauers hat keinen Maßſtab für die Kürze derſelben, nimmt die Tageshelle ab, während der rothe Schein des künſtlichen Feuers an Stärke gewinnt; es folgt wieder die anfängliche Däm - merung und endlich die Nacht. Bald aber tritt das Mon - denlicht in ſeine Rechte ein, die Gegend wird auf’s Neue ſichtbar in den ſanften Tinten der erhellten Nacht, eine Schiffslaterne entzündet ſich im Schiffe, das im Vor - dergrunde eines Hafens ankert; die Kerzen am Altar im Hintergrunde einer vortrefflichen Kirchenperſpective entzünden ſich, die zuvor unſichtbare Gemeinde wird von den Strahlen beleuchtet, die vom Altar ausgehen; oder jammernde Menſchen ſtehen am Rande des Bergſturzes, deſſen Verwüſtungen der Mond an derſelben Stelle beleuchtet, wo zuvor der Ruffiberg den Hintergrund der lieblichen Schweizerlandſchaft von Goldau gebildet hatte. Dieß ſind die magiſchen Effecte der mit ebenſoviel Scharfſinn als Geſchmack ausgeführten, wandelbaren Gemälde des zu Paris aufgeſtellten Daguerre’ſchen Diorama. Anm. d. Ueb.

61

Verfahren bei der Malerei.

Die Leinwand wird von beiden Seiten bemalt und ebenſo beleuchtet, ſo daß die Beleuchtung durch Reflexion und Refraction, d. h. durch Licht, welches auf das Bild fällt und durch Licht, welches durch das Bild hindurch ſcheint, bewirkt wird. Hiezu hat man einen ſehr durchſch einenden Webeſtoff nöthig, deſſen Gewebe möglichſt gleich ſeyn muß. Man kann Perkal oder Callicot dazu nehmen. Der Stoff muß von größtmöglicher Breite ſeyn, damit er ſo wenig Nähte als möglich bekommt, welche immer, nament - lich in den Lichtpartieen der Bilder, ſchwer zu ver - bergen ſind.

Nachdem der Stoff ausgeſpannt iſt, gibt man ihm von beiden Seiten zum mindeſten zwei Anſtriche von Pergamentleim.

Erſter Effect.

Dieſer erfordert mehr Helle als der zweite und wird auf der Vorderſeite des Tuchs bewerkſtelligt. Man macht zuerſt den Umriß der Zeichnung mit Bleiſtift, trägt jedoch dabei Sorge, keine Flecken zu machen, weil die weiße Farbe des Tuchs das höchſte Licht des Gemäldes bildet, und keine weiße Malerfarbe ange - wendet werden kann. Die dabei angewandten Far - ben ſind Oelfarben. Bei ihrer Anwendung zum Malen ſelbſt bedient man ſich jedoch des Terpentinöls (essence), wozu man manchmal auch etwas fettes Oel nimmt, jedoch blos für die kräftigen Partieen, welche man übrigens auch ohne Nachtheil firnißen62 kann. Die Behandlung bei dieſer Malerei gleicht vollkommen der bei der Aquarell-Malerei, nur mit dem einzigen Unterſchiede, daß die Farben mit Oel ſtatt mit Gummi abgerieben ſind und mit Eſſenz ſtatt mit Waſſer verwaſchen werden. Es iſt leicht einzuſehen, daß man weder Weiß noch irgend eine andere Deckfarbe anwenden darf, weil dieſe je nach dem Grade ihrer Undurchſichtigkeit mehr oder weni - ger dunkle Flecken bei dem zweiten Effect hervor - bringen würden. Man muß ſuchen die Tinten der kräftigſten Stellen aufs erſtemal zu treffen, um die Durchſichtigkeit der Leinwand ſo wenig als möglich zu zerſtören.

Zweiter Effect.

Dieſer wird auf der Rückſeite aufgetragen.

Während des Bemalens dieſer Seite darf man kein anderes Licht haben als dasjenige, welches von der Vorderſeite her durch die Leinwand hindurch ſcheint. Hiedurch ſieht der Maler die Bilder der Vorder - ſeite transparent; dieſe können entweder beibehalten oder durch Uebermalen verdeckt werden.

Zuerſt überzieht man die ganze Oberfläche der Leinwand mit einem transparenten Weiß, z. B. mit Weiß von Clichy, das mit Oel abgerieben und mit Eſſenz angerührt iſt. Die Pinſelſtriche werden mit einem Dachshaarpinſel (Vertreibpinſel) ausge - glichen. Mittelſt dieſes Ueberzugs kann man die Nähte einigermaßen verbergen, wenn man auf den Saalleiſten des Tuchs, welche ſtets weniger durch - ſichtig als der übrige Theil des Tuchs ſind, die Farbe leichter aufträgt. Jſt die aufgetragene Schichte trocken,63 ſo zeichnet man auf dieſelbe diejenigen Abänderungen, womit man den erſten Effect modifiziren will.

Bei der Bemalung dieſer Rückſeite wendet man bloß Weiß und Schwarz an, ohne dabei auf die durchſcheinenden Farben der vorderen Seite Rück - ſicht zu nehmen. Die Zeichnung geſchieht auf dem weißen Grund mittelſt einer Tinte von Pfirſichſtein - ſchwarz, das in nur geringer Quantität aufgetragen wird, um dadurch ein Grau zu erhalten, deſſen Stärkegrad man beim Auftragen dadurch beſtimmt, daß man die Leinwand von vorne betrachtet, um ſich zu überzeugen, daß ſie hier nicht ſichtbar wird.

Die Abſtufung in den Tinten erzielt man als - dann durch den größern oder geringern Grad von Undurchſichtigkeit, den man ihnen gibt.

Es kann manchmal der Fall ſeyn, daß die Schatten des erſten Gemäldes bei der Ausführung des zweiten hinderlich werden; dieſem Uebelſtande abzuhelfen und die Schatten zu verbergen, kann man ihre Wirkung ausgleichen durch ſtärkere oder ſchwä - chere Auftragung der Tinte je nach der größern oder geringern Stärke der Schatten, welche man verbergen will.

Es verſteht ſich von ſelbſt, daß man dieſer zweiten Malerei die möglichſte Energie geben muß, weil es ſich treffen kann, daß man dabei Lichter an Stellen nöthig hat, wo auf der erſten kräftige Töne ſind.

Hat man die Zeichnung für dieſes Gemälde mit dieſen verſchiedenen Graden von Undurchſichtig - keit der Tinte beendigt und dadurch die gewünſchte Wirkung zu Stande gebracht, ſo kann man alsdann coloriren, wozu man ſich der durchſichtigſten Oel -64 farben bedient. Auch hier malt man in Aquarell, jedoch wendet man weniger Eſſenz bei dieſen La - ſuren an, welche nur durch wiederholtes Auftragen und durch Anwendung einer größeren Quantität fetten Oels kräftig werden. Jndeſſen genügt für ſehr leichte Colorirung die Eſſenz allein zur Ver - dünnung der Farben.

Die Beleuchtung.

Das Gemälde auf der Vorderſeite der Lein - wand erhält ſeine Beleuchtung durch Reflexion, d. h. blos durch dasjenige Licht, welches von vorne auf daſſelbe fällt; das zweite hingegen erhält ſein Licht durch Refraction, d. h. blos von der Rückſeite der Leinwand her. Bei beiden Licht-Effecten kann man auch beiderlei Beleuchtungen zugleich anwenden, um einzelne Partien des Gemäldes zu modificiren.

Das Licht, welches das Gemälde von vorne beleuchtet, muß ſo viel möglich Hochlicht ſeyn; das - jenige, welches von der Rückſeite herkommt, muß durch ſenkrecht ſtehende Fenſteröffnungen kommen, wobei ſich von ſelbſt verſteht, daß die letztern voll - kommen verſchloſſen ſeyn müſſen, ſo lange man das erſte Gemälde allein ſehen ſoll.

Wird es nöthig, eine Stelle auf dem erſten Gemälde durch Licht, welches von hinten her kommt, zu modificiren, ſo muß dieſes Licht auf eine ſolche Weiſe eingerahmt werden, daß daſſelbe blos auf die beabſichtigte Stelle des Gemäldes fällt. Die Fenſteröffnungen müſſen wenigſtens zwei Meter65 (6 Fuß) von dem Gemälde entfernt ſeyn, um das Licht willkührlich abändern zu können, indem man daſſelbe je nach Erforderniß durch farbige Zwiſchen - mittel durchgehen läßt; deſſelben Verfahrens bedient man ſich auch bei dem vordern Gemälde.

Es iſt bekannt, daß die Farben, in welchen die Gegenſtände erſcheinen, im Allgemeinen nur durch die Art, wie die Molekülen angeordnet ſind (ihren Aggregat-Zuſtand), hervorgebracht werden. Demnach ſind alle Subſtanzen, deren man ſich zum Malen als Farben bedient, an und für ſich farblos; ſie haben blos die Eigenſchaft, dieſe oder jene farbigten Lichtſtrahlen zurückzuwerfen, welche alle in dem weißen Lichte enthalten ſind. Je reiner dieſe Farbenſubſtanzen ſind, deſto beſſer werfen ſie die einfachen farbigten Lichtſtrahlen zurück, jedoch niemals auf eine vollſtändige Weiſe, was übrigens auch nicht nöthig iſt, um die Wirkungen der Natur nachzuahmen.

Um die Prinzipien verſtändlich zu machen, nach welchen die Bilder des Diorama’s gemalt ſind und beleuchtet werden, wollen wir beiſpielsweiſe unter - ſuchen, was entſteht, wenn das (weiße) Licht zer - legt, d. h. wenn ein Theil ſeiner (farbigten) Licht - ſtrahlen aufgefangen wird.

Man bringe auf eine Leinwand zwei Farben von der größten Lebhaftigkeit, die eine ſey roth, die andere grün, und beide ungefähr von gleicher Stärke; man laſſe nun das Licht auf dieſe Farben durch ein rothes Zwiſchenmittel, wie z. B. durch ein rothgefärbtes Glas gehen, ſo wird die rothe Farbe die ihr eigenthümlichen (rothen) Lichtſtrahlen zurück -566werfen, die grüne Farbe aber wird ſchwarz er - ſcheinen. Nimmt man ſtatt des rothen Zwiſchen - mittels ein grünes, ſo wird dagegen die rothe Farbe ſchwarz erſcheinen, während die grüne Farbe das grüne Licht zurückwerfen wird. Dies wird aber nur dann vollſtändig ſtattfinden, wenn das angewen - dete farbigte Zwiſchenmittel alle farbigten Licht - ſtrahlen, mit Ausnahme eines einzigen, zurückhält. Dieſe Wirkung iſt um ſo ſchwieriger vollſtändig zu erzielen, je weniger die Farbſtoffe im Allgemeinen die Eigenſchaft beſitzen, blos einen einzigen farbigten Lichtſtrahl zurückzuwerfen. Nichts deſto weniger iſt dieſe Wirkung in dem Reſultate des ge - nannten Verſuchs deutlich genug zu erkennen.

Um auf die Anwendung dieſes Princips bei den Gemälden des Diorama zurückzukommen, ſo werden, obgleich bei denſelben eigentlich nur zwei Effecte ſtattfinden, nämlich der Tageffect, hervorge - bracht durch das vordere Gemälde, und der Nacht - effect mittelſt des Gemäldes auf der Rückſeite, dieſe Licht-Effecte, da der eine in den andern nur ver - mittelſt einer zuſammengeſetzten Verbindung von Zwiſchenmitteln, durch welche das Licht hindurchgehen muß, übergeht, dennoch eine unendliche Menge ande - rer Effecte hervorbringen, welche denjenigen ähnlich ſind, die die Natur bei ihren Uebergängen vom Morgen in den Abend, und umgekehrt, hervorbringt. Man darf nicht glauben, daß es nothwendig ſei, Zwiſchenmittel von ſehr ſtarker Färbung anzuwenden, um große Farbenveränderungen zu erhalten, denn oft genügt eine ſchwache Färbung des Zwiſchen - mittels, um viel Aenderung zu bewirken.

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Aus den Reſultaten, welche man bei dem Diorama durch die bloße Zerlegung der Lichtſtrahlen erhalten hat, geht hervor, von welcher Wichtigkeit die Beſchaffenheit und der Stärkegrad des Tageslichtes iſt, um Grad und Art der Färbung eines Diorama - Bildes beſtimmen zu können, da die Farbeſtoffe durch die Beleuchtung ſo großen Veränderungen unter - worfen ſind. Die vortheilhafteſte Beleuchtung des Diorama iſt das Licht bei weißlichtem Himmel; denn bei blauem Himmel werden die blauen Töne und überhaupt die kalten Töne des Gemäldes die ſtärkſten, während die andern Töne matt bleiben. Wenn hingegen der Himmel gefärbt iſt, ſo verlieren die kalten Töne an ihrer Färbung, und die warmen Töne, wie das Roth und das Gelb, erreichen eine große Lebhaftigkeit. Hieraus iſt leicht abzunehmen, daß die Verhältniſſe der Stärke der Farben zwiſchen Morgen und Abend ſich ſehr ändern müſſen; man kann ſogar behaupten, es ſey phyſikaliſch nothwen - dig, daß ein Gemälde zu verſchiedenen Stunden des Tages auch verſchiedenen Eindruck hervorbringen müße. Wahrſcheinlich liegt hierin eine der Urſachen der Schwierigkeiten, ein gutes Bild zu malen oder daſſelbe zu beurtheilen, denn die Maler ſchreiben, verleitet durch die Aenderungen in dem Ausſehen ihrer Gemälde, welche in der Zeit vom Morgen bis zum Abend ſich ergeben, dieſe Aenderungen fälſchlich ihrer verſchiedenen Art zu ſehen zu, während dieſelben häufig ihre Urſache nur in der Natur des Lichtes haben.

[68]

Jnhalt.

  • I. Erklärung der Abbildungen3
  • II. Praktiſche Beſchreibung der Verfahrungsart bei An - wendung des ſogenannten Daguerreotyps. 11
  • III. Bericht über die Heliographie von J. N. Niepce36
  • IV. Abänderungen, welche Daguerre bei dem Verfahren des Niepce, oder der Heliographie getroffen hat51
  • V. Beſchreibung der von Daguerre erfundenen und bei den Bildern des Diorama angewendeten Malerei und Beleuchtung59
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Tal. I
[70]
Tal. II
[71][72][73][74]

About this transcription

TextDas Daguerreotyp und das Diorama,
Author Louis Jacques Mandé Daguerre
Extent79 images; 14132 tokens; 2978 types; 100238 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationDas Daguerreotyp und das Diorama, oder genaue und authentische Beschreibung meines Verfahrens und meiner Apparate zu Fixirung der Bilder der Camera obscura und der von mir bei dem Diorama angewendeten Art und Weise der Malerei und der Beleuchtung Louis Jacques Mandé Daguerre. . 67 MetzlerStuttgart1839.

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ETH Zürich ETH-Bibliothek ETH-Bibliothek Zürich, Rar 3117http://dx.doi.org/10.3931/e-rara-9339

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LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Technik; Gebrauchsliteratur; Technik; core; ready; china

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

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  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
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