PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Der aufrichtige Leipziger Roßarzt,
Bernhard Naumann,
privilegirter Roßarzt von der Koͤnigl. Preußl. Univerſitaͤt Halle, wie auch geweſener Cur - und Fahnenſchmidt bey den Koͤnigl. Pohln. u. Churfl. Saͤchſil. Truppen, anjetzo Roßarzt zu Leipzig.
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1780.
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Nachricht.

D das Buch ſonſt nirgends als bey mir Bernhard Naumann, wohnhaft in Leipzig im Bruͤhl, im Gaſthofe zum Karpfen genannt, im unterſten Stockwerk, vorne her - aus, zu haben. Annebſt verſichere, daß vor die Recepte, ſo in dieſem Buche befindlich zum oͤftern, von vielen Cavalieren, vor ein je - des 5. und 10. Thlr gehabt; allein ich habe doch ſolche nicht weggegeben. Hieraus folgert: daß ich das Buch nicht aus Jntereſſe, ſondern blos meinen Naͤchſten mit meiner wohl erlernten Wiſſenſchaft zu dienen, herausgegeben habe.

Das[3]

Vorrede.

Der geneigte Leſer wird nicht un - guͤtig nehmen, daß ich dieſen Namen dem Buche beylege, indem es mit guten Rechte, verhoffe, fuͤh - ren kan. Dieweil zwar ohne Nach - theil zu reden, viele Buͤcher von Roß - curen haußen ſeyn, es ſeyn aber vie - le darunter, welche in der Praxin wenig begreifen, ſondern nur aus andern geſchrieben ſind. Da manA 2mit[4]Vorrede. mit Grund ſchließen kan, daß es nicht anders als unrichtig ſey, in - dem viele mit unter ſeyn, die die Me - dicamente Groſchen - und Dreyer - weiſe den Einkauf vorgeſchrieben ha - ben. Weil man aber an manchen Orte vor einen Groſchen mehr ein - kaufen kan, als man an einem an - dern vor vier Groſchen bekoͤmmt, folglich die Doſis einem Pferde nicht richtig kann eingegeben werden. Da nun ſo ein Pferd in gefaͤhrliche Um - ſtaͤnde dadurch kan geſetzet werden, indem das Pferd ſeinen Magen nicht keppen kan, und muß ſolche einge - gebene Arzenei die zu ſtark und ge - faͤhrlich waͤre, um den unrichtigen Einkauf willen, doch aber durch des Pferdes Leib muß getrieben werden, was einmal eingegeben iſt; als halte ich ſelbiges vor unrecht. Die Me - dicamente der Pferde muͤſſen haupt -ſaͤch -[5]Vorrede. ſaͤchlich, Pfund - oder Lothweiſe ein - gekauft und eingegeben werden, da - mit ein jeder wiſſen kan, wie viel einem Pferde iſt eingeben worden.

Andere ſchreiben zwar auch Buͤ - cher, man befindet aber darin, daß die Doſis oder Quantitaͤt entweder durch Unwiſſenheit nicht recht eingetheilet ſeyn, wie viel ein Pferd auf ſeine Krankheit haben muͤſſe. Ob einige auch den Verſtand der Pferdecuren voͤllig beſaͤſen, ſo ſcheinet es doch, als wenn ſie aus Chriſtlicher Liebe und und Erbarmen ihres Nothlei - denden Nechſten, ihre gelernte Pra - xin, nicht, recht unter die Hand ge - ben Wolten. Andere hingegen wei - ſen an, auf jedwede Krankheit ein beſonder Medicament, da doch kein Unterſcheid gebrauchet wird, ob das Pferd auch ſo viel werth iſt, als die Medicamente koſten, und beſte -A 3het[6]Vorrede. het vielmals in Speciebus, welche man bis Dato noch nicht voͤllig kun - dig iſt, wie viel von denen Species ein jedes Pferd in ſeinem Leibe, bey ſeiner Krankheit ohne Schaden und Nachtheil vertragen kan. Da doch die Krankheiten der Pferde, wie ich beſchrieben habe, von 5 bis 6 Krankheiten einerley Anſehen ha - ben. Es kan demnach von einem der hierinnen nicht hinlaͤngliche Wiſſenſchaft hat, von einer ſolchen Krankheit wenig oder gar nichts judiciret werden. Wenn nun ein Medicament nur pur allein auf ei - ne Krankheit gerichtet iſt, wird aber uͤber die Krankheit falſch judiciret, ſo wird das Thier in gefaͤhrliche Umſtaͤnde, wol auch gar ums Le - ben gebracht; als verhoffe hiermit, meinen Nebenchriſten gute Dien - ſte zu thun. daß ich meine von24.[7]Vorrede. 24. Jahren her gelernte Pferdecu - ren, die ich nicht allein von mir ſelbſt erlernet, ſondern auch in Dreßden bey den Artillerie-Roß - arzt, Namens Nicolaus Reinlaͤn - der, meine profidirte Curen, anje - zo aufrichtig, gerne und willig an die Hand gebe. Die Arcana und Univerſalia welche ich bey meinen 24 jaͤhrigen Kriegs - und Fahn - ſchmieds-Dienſten ſehr wohl ap - probiret und gut befunden habe, will ich nunmehro zum Nutzen mei - nes Naͤchſten zeigen und aufweiſen, abſonderlich denen Fahnſchmieden, welche noch unwiſſen ſeyn, beſon - ders die im Felde, die die Apothe - ken oder die Medicamente daraus nicht allezeit haben und bekommen koͤnnen, ſo aber ſelbige ſich nach vorbeſchriebener Methode ihren Feld - Kaſten mit wenigen Koſten ſpicken und anrichten koͤnnen. So koͤnnenA 4ſie[8]Vorrede. ſie bey allen vorfallenden Gelegen - heiten ihre Dienſte, was von ihm gefordert wird, ordentlich und ruͤhm - lich verrichten, indem in dieſem Buche kein Recept zu finden iſt, das ſo wohl von innerlichen als aͤuſer - lichen nicht approbiret und gut be - funden waͤre, indem es nicht etwan aus Buͤchern geſchrieben, ſondern alles aus der Erfahrung erlernet. Jch ſolte zwar was von den Com - plexionen der Pferde melden, es ſind aber ſelbige noch nicht alle voͤl - lig einig, indem noch viele Strei - tigkeiten darzwiſchen ſeyn, woran aber nicht viel gelegen, weil die Pferde nach Proportion des Ein - kauffens im Preiße alle gut ſeyn, und iſt ein Pferd ein Thier, das mehr auf die Liebhaber als auf die Farbe geſehen wird. Da alsdenn nun nicht beſſer iſt, als es wirdein[9]Vorrede. ein Pferd eingekauft, nach den Umſtaͤnden, wie es ein jedweder haben will, und haben muß. Man - cher ſucht zwar wohl ein hitziges Temperament des Pferdes, ein ſolcher thut ſich aber vielmals ſel - ber Schaden, wenn er es zum ſtrapaziren haben muß, und koͤm̃t derjenige vielmals beſſer weg, der ein faules, oder ſachtes Pferd, doch zwar nach eines jeden ſeinen Umſtaͤnden einkauft. Ein ſchoͤnes Pferd iſt ohne Noth zu beſchrei - ben, immaßen ſelbige heut zu Ta - ge ein jeder Cavalier mehr als zu wohl kennt.

Nun wird mein geneigter Le - ſer im Werke ſelbſt finden, was bey jeden Umſtand eines Pferdes beſonders zu merken iſt. Es iſtA 5die -[10]Vorrede. dieſes Buch in unterſchiedene Ca - pitel vertheilet, bey welchen alles, was zu ſolchem gehoͤret, gruͤndlich und deutlich abgehandelt worden. Jch wuͤnſche uͤbrigens, daß der, welcher mein Buch brauchet, vie - len Nutzen daraus haben moͤge.

Das[11]

Das erſte Capitel. Was man bey dem Einkaufe derer Pferde zu beobachten habe.

Es ſoll ſich niemand jemals im Stalle auf ein Pferd ſetzen, und heraus reiten laſ - ſen, weil darunter manche Laͤhmung und Schwin - dung ſich verſtecken kann. Es ſoll auch dem Pferde kein Huſeiſen fehlen, weil vielmals das Eiſen gutwillig abgeriſſen iſt, gewiſſe Laͤhmun - gen zu verbergen; ſo kan man auch dadurch nicht inne werden, ob ſich ein Pferd gerne aufſitzen laͤſſet, daher ſoll man lieber das Pferd aufzaͤu - men und aus dem Stalle heraus fuͤhren laſſen, ſodann muß man vor das Pferd treten und die Augen wohl in Acht nehmen, daß ſie nicht fahl oder ſchwartz, ſondern wo moͤglich groß und braun ſeyn, denn fahle und kohlſchwarze Augen, ſind wo moͤglich zu meiden, indem dieſchwar -12Der aufrichtigeſchwarzen Augen meiſtens mit dem ſchwarzen Staar behaftet werden, und die fahlen mit dem grauen Staar, auch wohl gemeiniglich ganz blind werden. Man giebt ferner Achtung, ob die Zunge nicht zerriſſen iſt, und einem alten Pferde kein Backzahn fehlet, auch daß nicht et - wa ein Bug mehe Fleiſch als der andere habe, ſodann ſiehet man von oben herunter, daß nicht Oberbeine ſo wohl an Roͤhren, an Flechſen, od. auf der Crone liegen, welches mit der Zeit eine Laͤh - mung und Schwindung verurſachet; es ſoll auch ein Huf oder Fuß ſo groß ſeyn, wie der andere, und muß man wohl zuſehen, daß nicht die Hornkluͤfte mit Staͤnker oder Theer verſchmieret ſeyn. Die Fuͤße ſollen auch nicht zu breit, noch viel weniger zu ſchmal ſeyn, und der Kaͤufer muß in den Flechſen wohl heruntergreifen, daß eine nicht ſtaͤrker als die andere iſt; der Fuß wird aufgehoben und mit beyden Haͤnden zuſam - mengedruͤckt, daß nicht etwa Steingallen in Fuͤßen ſitzen, beſonders wenn das Pferd auf weichen Boden gekauft wird, und man es im Gehen nicht ſehen kan. So dieſes geſchehen, wird an die linke Seite getreten, und das Pferd wohl betrachtet, ob ſein Odement oder Athem - holen ſchwer oder leicht iſt, oder ob es haar - ſchlaͤchtig oder herzſchlaͤchtig iſt, alsdenn wird mit der Hand an des Pferdes Bauch leiſe her - untergefahren, und an ſeinen Schlauch gegrif - fen, zu erfahren, ob es nicht vom Wurm, oder von einem falſchen Schnitt laͤdiret iſt. Jnſon -derheit13Leipziger Roßarzt. derheit ſoll ein jedes Pferd einen tuͤchtigen Schlauch haben, nur nicht aufgebrochen. Man tritt hierauf hinter das Pferd, und giebt wohl Achtung, daß nicht eine Huͤfte ſchwaͤcher oder ſtaͤrker iſt, als die andere, und giebt von oben herunter auf des Pferdes Knie Achtung, ob es vielleicht Spad - Leiſt - oder Ellenbogenanſatz ha - be, ingl. Piebhacke oder Flußgallen, woraus doch zuletzt der Blutſpad wird. Wenn dieſes alles wohl beobachtet iſt, ſo bleibet man hinter dem Pferde ſtehen, und laͤſſet es beym Zaum im Schritt gerade ausfuͤhren, damit man die hinterſten Theile wohl beobachten kan, ſodann laͤſſet man es von vorne im Schritte wieder zu ſich fuͤhren, daß man es wohl in Obacht neh - men koͤnne, alsdenn laͤſſet man es beym Zaume ein Stuͤcke fort - und wieder entgegentraben, ſo kan ſich keine Laͤhmung verſtecken. Hierauf wird auf das Pferd geſeſſen und in einen Kreiſe von ferne herumgeritten, und obſerviret, ob das Pferd mit einem Beine ſo weit als mit dem andern ausgreifen kan. Annoch iſt bey des Pferdes Einkauf zu erinnern, daß man auf die vorder - ſten Raffzaͤhne Achtung geben muß, weil man - che dieſelben beym Koͤcken wegbeiſſen, jedoch manche, die in die Krippe beiſſen, nicht, da - hero thut man am beſten, wenn man eine viertel Stunde bey ſolchen Pferden ſtehen bleibet, ſo wird das Pferd das Koͤcken durch ſein Windknorren im Leibe ſelbſt verrathen, ob es ein Krippenſetzer oder Windkoͤcker iſt? Auch iſt zu obſerviren,wenn14Der aufrichtigewenn man das Pferd ein wenig zuruͤckſtoͤßet, ob es gern zuruͤckgehen kan, damit es nicht etwa im Kopfe dumm waͤre, wiewohl dieſes im Win - ter auch keine gewiſſe Regel iſt, denn ein kolle - richt - oder ſonnenſchoͤßiges Pferd iſt im Winter gar ſchwer zu erkennen: Ferner muß kein Pferd mit Aufliegen des Sattels gekauft werden, weil es vielmals gedruckt iſt, welches ſich darunter verſtecken kan.

Das zweyte Capitel. Von denen jungen Pferden und dererſelben Kroͤpfen und Druͤſen.

Es pflegt bisweilen ſehr gefaͤhrlich auszuſchla - gen, wenn ein junges Pferd nicht recht wohl ausdruͤſet, oder kroͤpfet, daraus ſehr vielfaͤltige Krankheiten entſtehen, abſonderlich, wenn man einem ſolchen druͤſigten Pferde zeitlich kalt zu ſaufen giebt, beſonders wenn das Pferd noch warm iſt, oder aber in kalt Waſſer geritten wird, und gleich darauf in Stall koͤmmt, oder auch nur warm geritten wird, und ihn der Schweis jaͤhling einſchlaͤgt; ſondern ein druͤſen - des Pferd ſoll warm gehalten und fleißig zuge - deckt, auch mit laulichten Waſſer, wo moͤglich, getraͤnket werden. Es ſoll auch nicht ſtark uͤber - trieben oder geritten werden, indeme man haupt - ſaͤchlich darauf zu ſehen hat, daß ein jungesPferd15Leipziger Roßarzt. Pferd reine und wohl ausdruͤſet, weil ſo ein Pferd viel dauerhafter als ein anderes wird. Wenn aber die Druͤſe nicht ausſieget oder aus - kraͤnket, ſo bricht ſolche oͤfters zum Schlauch heraus, oder faͤllt in die Beine, welche ſo dann aufbrechen, und das Anſehen des Wurms von ſich geben, oder ſie ziehet ſich zu einer Raute, oder veraͤndert ſich auch vielmahls gar in Rotz, oder wenigſtens in Lungenſucht und Haarſchlag. Pferde, die nicht ausgedruͤſet haben, ſind auch dem Verſchlagen ſehr unterworfen, weil ihr Odement nicht reine, und ſie wenig Odem ha - ben, dadurch manche ganz zuſammendorren. Bisweilen ſcheinet der Ausſchlag einer Raute aͤhnlich zu ſeyn, welches ebenfalls von einer ver - ſtockten Druͤſe herruͤhret. Dergleichen druͤſigte Pferde ſoll man niemals mit ſcharfen Medica - menten tractiren und angreifen z. E. mit Eßig, Teufelsdreck, Saffran, und dergl. ſondern man ſoll ſolche fleißig raͤuchern mit Baumoͤl und Zu - cker, indem man 4 Loth Zucker klar macht, und 8 Loth Baumoͤl darunterruͤhret, alsdenn nimmt man einen Topf mit gluͤenden Kohlen, und deckt des Pferdes Kopf mit einer Decke zu, gie - ſet jedesmal einen Loͤffel voll auf einmal auf die Kohlen, raͤuchert das Pferd eine halbe Stunde damit, und traͤnket es nachmals mit laulichten Waſſer. Das Raͤuchern geſchiehet taͤglich 2mal, und wenn die Beulen unter dem Halſe nicht bald reif werden wollen, ſo werden ſie taͤglich einmal mit hinten gedachter gelben Salben geſchmieret,bis16Der aufrichtigebis ſich das Pferd ſolche ſelber aufreibet. Jſt aber die Druͤſe hartnaͤckigt, und will keinen rechten Gang gewinnen, ſo wird jedem Pferde von nachſtehenden Pulver Abends und Morgens ein Loͤffel voll mit einer Geſpe Hafer, worauf das Pulver geſchuͤttet wird, eingegeben. Weil aber manche Pferde, ſo an Druͤſen ſtehen, nicht gut freſſen, und einen Eckel vor dem Pulver haben; als wird ihnen von hintenſtehender Lat - werge 3 Loth mit einem Stecken eingeſtecket.

Ein Druͤßen - Freß - und Blutreinigungspul - ver, ſo auch wieder den Haarſchlag und Lun - genſucht dienet, wird folgendergeſtalt bereitet:

    • Vor koſtbare Pferde.
    • Hepar Antimonii,
    • Holtzwurzel,
    • My rrhen,
    • Rothe Entzianwurzel,
    • Meerrettig,
    • Alandwurzel,
    • Lerchenſchwamm,
    • Lorbeeren,
    • Haſelwurzel,
    • Foͤnum Graͤcum, oder Griegiſch Heu - ſaamen,
    • Suͤßholz,
    • Senf,
    • Violwurzel,
    • Liebeſtoͤckelwurzel,
    • Saadebaum,
jedes17Leipziger Roßarzt.
  • jedes 4 Loth. Dieſes alles zu einem Pulver gemacht und wie vorgeſchrieben, gebraucht.
    • Ein anderes Druͤſepulver:
    • Senf,
    • Gelben Schwefel,
    • Grauen Schwefel,
    • Foenum graecum,
    • Saadebaum,
    • Antimonium crudum,
    • Alandwurzel,
    • Suͤßholz,
    • Rothen Bolus,
    • Lein Saamen,
  • jedes 3. Loth.
    • Noch ein anderes auf ein ſchlechr und wohlfeil Pferd:
    • Gichtruͤbenwurzel,
    • Leinſaamen,
    • Foenum graecum,
    • Anis,
    • Fenchel,
    • Werdenſchwamm,
    • Auſterſchaalen,
    • Ehrenpreiß,
    • Harten Ofenruß,
    • Weidenaſche,
  • jedes 8. Loth.
    • Noch eines:
    • Andimoniu m crudum,
    • Gelben Schwefel,
    • Lorbeeren,
    • Entzianwurzel,
    • 18
    • Haſelzaͤpfgen,
    • Wacholderbeere,
  • jedes 4. Loth. Abends und Morgens einen Loͤffel voll zu geben.
  • Zur Praͤſervation derer Pferde, ſo noch nicht in Druͤſen ſeyn, die Woche ein Eßloͤffel voll.

Das dritte Capitel. Von Verſchlagung, Ueberreitung oder auch Verfangung derer Pferde.

Ein Pferd, ſo rein ausgedruͤſet hat, iſt dem Verſchlagen nicht ſo leicht unterworfen, abſon - derlich, wenn es weite Naſenloͤcher hat und noch rein im Herzen, Lunge und Leber, auch rein von ſaulen und falſchen Humoribus, denn bey vie - len liegen, Lunge und Leber in dem ſtinkenden Waſſer, welches meiſtens noch von den verſtock - ten Druͤſen herruͤhret, deren Odement ſchon kurz, und ſich gar leicht erhitzen und verfangen kann. Nun iſt das Verfangen oder Verſchla - gen ſehr unterſchiedlich aber niemahls ge - faͤhrlicher, als wann ein ſolch Pferd zeitlich zum Saufen kommt, oder in ein Waſſer geritten wird, da es denn das ganze Gebluͤte erkaͤltet, und folgendes erſchrecket und anfaͤnget zu ſtagni - ren, abſonderlich wenn das Pferd von choleri - ſchen Temperament iſt, welches hingegen den pflegmatiſchen nicht ſo leicht ſchaden kan. Ohn -ſtrei -19Leipziger Roßarzt. ſtreitig verſchlagen alle Pferde zuerſt auf die in - nerlichen Theile, alsdenn wo ſich die Stagna - tion des Gebluͤtes am meiſten zuſammenleget, entweder nach dem Kopfe, oder Gehirne, wel - ches ſodann tumme Pferde heiſſen, da zugleich auch die Maulſperre dazu koͤmmt, die man, je - doch vergebens vor Zauberey zu halten pfleget, nicht minder legt ſich der Krampf in die Kinn - laden und in das Ende des Creutzſchluſſes, da denn oͤfters bey vielen der Krampf oder Stagna - tion des Gebluͤtes ſich in alle Gelenke leget, wo nicht bald mit innerlicher Arzeney und Aderlaſ - ſen zu Huͤlfe gekommen wird. Wenn es ein wenig uͤberhand nimmt, will gar ein Leder vor die Bruſt noͤthig ſeyn. Dieſes heiſſet alſo ver - ſchlagen. Das ſo genannte Verfangen aber, ſo vom Winde, oder ſtarker Arbeit herruͤhret, faͤllt vielmals nur auf ein Bein, oder, welches am gewoͤhnlichſten auf beyde Vorderbeine. Man pflegt zwar oͤfters zu ſagen: Dieſes Pferd iſt auf die Fuͤſſe verſchlagen; es iſt aber vielmals falſch, indem es dem Pferde nicht eher in die Fuͤſſe faͤllt, bis es ausgewuͤrkt, friſch beſchln - gen, und denn darauf ſtark geritten oder getrie - ben worden, alsdenn ſich ſeine Laͤhmung erſt zei - get, indeme das Fuͤßgen ſich von dem Hufe ab - geſondert, bey manchen ganz, bey manchen aber nur auf einer Seite, weil die Sohle im Fuͤßgen nachgegeben hat, und das Fuͤßgen mit einem geronnenen Gebluͤte verſtocket wird da das Ge - bluͤte keine Circulation mehr hat, wodurch demB 2Pferde20Der aufrichtigePferde zuletzt die ordentlichen Nahrungsſaͤfte benommen werden. Wenn nun alſo die Sepa - ration und die Flechſen zuſammenſchrumpfen, wovon die ſtumpfen und bockbeinigten Pferde ihren Grund hernehmen, bey denen nach und nach die Fuͤſſe voͤllig zuſammenlaufen u. ſchwin - den; ſo heiſſet dieſes die ordentliche Schindung vom verfangen, und das geronnene Gebluͤte, welches vom verfangen in die Fuͤſſe koͤmmt, wird die Erbſteingalle genennet. Jſt aber das verſchlagene voͤllig in die Fuͤſſe getrieben worden, und eine voͤllige Abſonderung zwiſchen dem Fuͤß - gen und dem Huf entſtanden; ſo wird das Pferd vollhuͤfig, oder blachfuͤßig, und das Fuͤßgen ſchließet voͤllig durch den Huf, das heißet als - denn: Das Leben iſt bey dem Pferde herausge - treten, jedoch falſch, denn es iſt das Fuͤßgen, welches durch den Huf tritt, und mehrentheils incurabel iſt, abſonderlich auf dem Steinpfla - ſter in ſchwerer Arbeit. Heiſſet es gleich curi - ret, ſo iſt es doch Flickwerk, und iſt dieſes das einzige, daß man ihnen Theer und Franzoſen - oͤl einigemahl in die Fuͤße gieſet, oder ſie eine Zeitlang auf friſchen Leime ſtehen laͤſſet. Es verfangen auch Pferde, welches in Blaͤttern oder Buͤgen liegen bleibet, wovon ſtarke Schwin - dungen in den Buͤgen entſtehen, da zuweilen auch der faule Humor oder Feuchtigkeit, welche durchs verfangen herkommt, ſich zu Flusgallen zeiget und anleget. Solche Pferde wollen aber meiſtens durch Haarſeile, Leder, oder Oelgie -ſen21Leipziger Roßarzt. ſen operiret ſeyn, da die Operation alſo vorge - nommen wird:

Erſt wird dem Pferde, welches ſchwindet, an den Buͤgen eine Spanne uͤber der Pfanne oder Kugel ein Loch gemacht zwiſchen Fell und Fleiſch, und mit einem Finger das Fell von dem Fleiſche abgeſondert und mit einem Feder - kiel losgeblaſen, alsdenn nimmt man ein Haar - ſeil, ſo halb aus Maͤhnhaaren und halb aus dem Schweif eines Pferdes gemacht, wozu 2 Bind - faden, ohngefehr eine viertel Elle laͤnger als die Haare ſeyn, genommen werden. Der Bind fa - den wird mit den Haaren zuſammengeflochten, etwa eines Fingers ſtark und drey viertel Ellen lang, oben aber kommt ein Knebel davor, cils - denn wird eine Nadel von zachen glatten Holz gemacht, mit einem Loche, worein man das Heiar - ſeil ziehen kan, dieſes Holz muß eines maͤßigen Fingers ſtark und einer Ellen lang ſeyn. Wann nun das Haarſeil zuvor mit Terpentinoͤl begoſ - ſen worden, ſo ziehet man ſolches durch das Loch des Holzes und an der Pfanne herunter bis zu dem andern Gelenke, wo der Bug ausgehet. Wenn nun die Nadel bis dahin geſchoben wor - den, wird mit der Fliete ein Loch ins Fell ge - riſſen, wo die Nadel mit dem Seil alsdenn kan durchgezogen werden, an dem andern Ende des Haarſeils aber wird wieder ein Knebel gemacht, damit es das Pferd nicht ausziehen kan. Das Pferd aber wird Tag und Nacht in die Hoͤhe an die Rauffe gebunden. Drey Tage bleibt dasB 3Haar -22Der aufrichtigeHaarſeil ungezogen, alsdenn ziehet man es taͤg - lich 2 bis 3mal hin und her, und bleibet alſo 14 Tage ſtecken, alsdenn wird es wieder herausge - nommen. Jſt es nun eine alte Laͤhmung, ſo iſt auch vermuthlich eine Kernſchwindung dabey, und muß das Pferd auf dem Fuſſe ausgeſchnit - ten, und zwar im neuen Monden auch ſehr duͤnne mit einem krum̃en Meſſer ausgeſchabet werden, bis das Blut uͤber und uͤber in dem ganzen Fuſſe durchſchwitzt. Dem Pferde wird unter das Ei - ſen ein Stuͤck Huthfilz geleget, das den Fuß voͤllig bedeckt. Der Einſchlag wird folgender - geſtalt zugerichtet: Man nehme

  • 8 Krebſe,
  • 1 gute handvoll Knoblauch,
  • 1 halb Pfund Schweinefett,
  • 1 handvoll Sauerteig,
  • 1 Gehirne aus einem Kalbs - oder Rinds - kopf, es kan auch, wer es haben kan, ein 4tel Pfund Haaſenfett dazu genom - men werden.

Dieſes wird alles unter einander klar geſtoſſen, und etwas davon, ſo viel als im Fuß gehet, in einem Tiegel warm gemacht, ſo, daß man ei - nen Finger darinn leiden kan, und wird dem Pferde zwiſchen der Sohle in den Fuß geſteckt oder geſchlagen, und dieſer Einſchlag alle 2 Ta - ge wiederhohlet. Hat das Pferd gute Hufe, daß ſichs will thun laſſen, ſo ſchabt man den Huf in 6 Tagen wieder aus, und der Einſchlagwird23Leipziger Roßarzt. wird wie vorhergebraucht. Der letzte Einſchlag bleibet im Fuße, ſo lange er bleiben kan. Das Pferd wird nach Verfließung 12 Tage, eine Stunde auf weichen Boden geritten, oder in leichter Arbeit eingeſpannet. Sind aber die Fuͤſſe ſchwach und zart, ſo werden ſelbige einen Monat darauf nochmals ausgeſchnitten, wie ſchon gemeldet. Wenn aber ein Pferd auf fri - ſcher That verſchlaͤgt, ſo werden dem Pferde die Fuͤſſe uͤber den Huf feſte zugebunden, und wer - den ihm unten am Bauche die Spornadern ge - laſſen, und von hintenſtehender Latwerge 3 Loth mit einem Stecken einer Ellen lang und eines Fingers dicke eingeſteckt, der Stock muß aber forne nicht ſpitzig ſeyn. Damit man dem Pfer - de keinen Schaden thut, ſo wird die Zunge mit der linken Hand herausgezogen, und die nach - her erwaͤhnte Pille mit dem Stock dem Pferde in den Hals geſteckt. Dieſe Univerſal - oder ſo genannte engliſche Pille wird alſo zubereitet:

    • Man nehme
    • Feine Myrrhen
    • Entzianwurzel,
    • Runte Hohlwurzel,
    • Lorbeeren
    • Wachholderbeeren
    • Alandwurzel
    • Fenchel
    • Anis
    • Kuͤmmel
    • Pommeranzenſchalen
  • von jeden 4 Loth.
B 4Dieſes24Der aufrichtige

Dieſes alles wird zu einen zarten Pulver gemacht, und daraus eine Latwerge bereitet, worzu genommen wird:

  • Honig. 1 Pfund,
  • Suͤßholzſaft, ein 4tel Pfund,
  • Fein fein Syrop, 1 Pfund,
  • Baumoͤl, 1 Pfund

Dieſes Pulver wird in dieſe Saͤfte geruͤhret und zu einer Maſſe oder Teig gekneten, wovon auf eine Doſin 3. Loth auf einmal einzugeben, wie ſchon vorgeſchrieben iſt, hierbey wird dem Pfer - de der Kern geſtochen, und Salz in die Naſen - loͤcher geblaſen, bis es anfaͤngt zu brauſen, auch muß man es 3. Stunden nicht freſſen noch ſauf - fen laſſen. Sollte allenfalls das Pferd in 6. Stunden ſein Futter noch nicht freſſen wollen, ſo wird ihn gleichfalls wieder 3. Loth eingeſteckt. Hierauf wird das Pferd eine Stunde ausgerit - ten, und ſollte es an dieſen Tag noch nicht in gehoͤrigen Stande, ſo wird ihm taͤglich eine Doſis eingeſteckt. Sollte es aber eine Futter - verſchlagung ſeyn, daß das Pferd aͤngſtlich thaͤte, auflieffe, und nicht miſten noch ſtallen koͤnnte, oder aber nicht ſtallen, ob gleich der Miſt von ihm gienge, ſo kan da des Pferdes Gedaͤrme 36. Ellen lang ſind, die Verſtopfung ſowohl in Daͤrmen, als im Magen, ſeyn. Und ob - gleich das Pferd etwas Miſt von ſich ſtoſen kan, ſo kan doch vielmals das Futter nicht von dem rechten Orte fort, beſonders wenn das Pferdin25Leipziger Roßarzt. in das Futter nicht viel geſoffen, und keine na - tuͤrlichen Saͤffte bey ſich hat, oder ſolche durch uͤberfluͤßige Hitze ausgetrocknet ſeyn, wie auch vielmals die Winde das Futter oder den Miſt aufhalten, und der Miſt auch zugleich die Win - de aufhaͤlt. So bekomt auch das Pferd wenn das Stallen verhindert wird, zuerſt davon die Windcolic, die Harn - und Darmſtrenge, woraus zuletzt die Darmgicht entſtehet. Soll nun bey Zeiten Huͤlfe geſchehen, ſo muß ſolchem Pfer - de der Miſt aus dem Maſtdarm genommen wer - den, und zwar mit der Hand, woran die Naͤ - gel, damit im ausraͤumen kein Schade geſchicht, wohl abgeſchnitten ſeyn muͤſſen. Die Hand und der Arm wird zuvor mit laulichten Waſſer, Seiffe und Baumoͤl geſchmieret. Alsdenn wird dem Pferde nachſtehendes Clyſtier appliciret, dazu wird genommen, laulicht Waſſer, worein 1. bis 2. Loth Seiffe geſchaͤlet wird, wozu ei - nige Loͤffel Leinoͤl, wie auch 2. Loͤffel Baumoͤl, und wenn man es haben kan, 1. Loͤffel voll Ca - millenoͤl, in 1. Noͤſel warm Waſſer gequerlet, damit die Seiffe klar wird, kommt, dieſes wird, dem Pferde mit einem Horn in den Maſt - darm gefuͤllet, das Horn muß aber forne wohl zugeſtopft ſeyn, damit es den Maſtdarm nicht verletze; das Pferd wird forne tief gefuͤhret, daß es hinten hoch zu ſtehen kommt. So bald als das Clyſtier durch einen Topf durch das Horn in den Maſtdarm hinein gefuͤllet worden, ſo wird gleich dem Pferde ſein Schweif zwiſchenB 5den26Der aufrichtigeden Beinen durchgezogen, und an einen Gurt an den Leib angebunden, damit es das Clyſtier nicht wieder von ſich ſtoſſen kan, bis es ſeine Operation verrichtet, und ſeine Wirkung ge - than, und wird dem Pferde von der vorgeſchrie - benen Pille alle 3. Stunden eingeſteckt. Es wird aber die Futterverſchlagung nicht leicht er - kannt, bis mehrentheils das Pferd ſehr dicke auf - gelauffen, und nicht mehr auf einem Beine ſte - hen kan und erſt kalte Ohren - und Naſenloͤcher hat, wie auch faſt einen kalten Schweis, daß beynahe der Tod nicht mehr weit iſt, zumahl da der, ſo an der Krankheit Schuld iſt, ſolche nicht gerne geſtehet, und anzeiget, da denn das arme Tier, welches es nicht thun kan, ſehr mi - ſerabel wird, und manchmal unſchuldig crepi - ren muß, da doch dieſe Krankheit mit ſo weni - gen in Zeiten kan gehoben werden. Denn es iſt bey einem Pferde im Anfange keine Karnk - heit incurabel, oder toͤdtlich, ſo bald es ihm aber ankomt, daß es anfaͤnget zu ſcharren oder zu hauen, ſich zu welzen, ſich in die Seite ſiehet, wo nemlich ſein Schmerz iſt, der entweder von faulen ſtinkigten Heu, oder von ſtinkenden wei - chen Grumt, oder aber von Schrot oder Korn wie auch vom uͤberfluͤßigem Hafer entſtanden; ſo wird judiciret, das Pferd beiſſen die Wuͤr - mer, ein anderer ſpricht: Das Pferd kan nicht ſtallen; der dritte: Es muͤſſe die Feibel haben, denn ſonſt wuͤſte ich nicht, was ich damit ge - macht haͤtte. Hierauf wird das Pferd gemei -niglich27Leipziger Roßarzt. niglich durch reiten und peitſchen ſtrapaziret, bis die Hitze voͤllig uͤberhand nimmt, wodurch zuletzt der Brand zur Darmgicht kommet, oder durch das viele welzen des Pferdes die Daͤrmer ſich verſchleiffen und verwickeln, bis daſſelbe cre - piren muß, da ſichs deñ bey Aufmachung des Pfer - des ganz anders befindet, als vorgegeben werden iſt, indem bisweilen 20 Pferde an dieſer Krank - heit crepiren, ehe man bey einem einzigen einen Magenwurm antrifft, wovon des Pferdes erſte Krankheit hat ſollen herkommen. Nun geſtehe ich zwar gerne ein, daß bey Anfang der Krank - heit manches Pferd beym erſten Ausritt wieder nach Hauſe kommt und ſein Futter ordentlich friſſet, indem durch das reiten die Winde von dem Pferde gegangen ſeyn, und das Pferd den Miſt von ſich geſtoſſen, auch auf dem Wege beym ausreiten gebrauſet hat, weil ſich das Fut - ter noch nicht feſte eingeſetzt, und Feuchtigkeit genug bey ſich gehabt hat, daß das Futter, von dem Magen unverdauet von ſich geſtoſſen wer - den koͤnnen. Denn weil es Naͤſſe genung ge - habt, hat ſich die Natur helfen koͤnnen, und iſt alſo das Pferd wieder geſund nach Hauſe ge - kommen. Deswegen aber ſind es doch nicht Wuͤrmer geweſen. Wie denn uͤberhaupt zu merken, daß es fuͤnferley Krankheiten giebet, die den Wuͤrmerbeiſſen aͤhnlich ſind. 1) Die Feibel, 2) Die Waſſercolic, 3) Die Wind - colic, womit meiſtens ſowohl die Winde, als Krippenkoͤcker behafftet ſeyn, 4) Die Futter -ver -28Der aufrichtigeverfangung, 5) Die Strangurie, oder Harn - ſtrang, da ein Pferd vielmals durch Stein - ſchmerzen nicht ſtallen kan. Die wenigſten Pferde aber werden, wie zuvor geſagt, vom Wurm gebiſſen, indem mir in meinem Leben, nur eins unter die Haͤnde gekommen, welches von Wuͤrmern iſt umgebracht worden, da auch ſo gar der Magen iſt durchbiſſen geweſen. Bey allen vorhin erwaͤhnten Arten der Krankheit aber kan ein jedweder nebſt goͤttlicher Huͤfle zu der vorgeſchriebenen Latwerge ſeine Zuflucht neh - men, und dem Pferde bey Anfange der Krank - heit 3. Loth davon einſtecken. Auch wird dem Pferde der Kern geſtochen, und Salz in die Naſenloͤcher geblaſen, daß das Pferd brauſſet, ſo haben alle dieſe Krankheiten nicht Macht, uͤberhand zu nehmen, ſollte auch ſolche allenfalls in 3. Stunden, wieder eingeſteckt und noch ein - mal ausgeritten werden, ſo wird ſelbiges bey Anfall dieſer incurabeln Krankheit genug ſeyn, denn es iſt ein voͤlliges Arcanum, ſo auf alle Krankheiten eingerichtet. Sollte aber ein Pferd verſchlagen haben zwiſchen Fell und Fleiſch, das es einen Anſatz von einer Raute zeigte, oder aber allbereits in die Beine gefallen waͤre und die Haare dabey empor ſtuͤnden, und die Haa - re auf den Ruͤcken angewachſen waͤren, auch ſeine Zunge ſehr ſchlapp und gelb, nicht min - der der Odem heis, ſauer und ſchwer an ſich zu ziehen, desgleichen die Augen mit Waſſer angefuͤllet waͤren, indem ſeine Lunge und Leberin29Leipziger Roßarzt. in faulen ſtinkenden Waſſer ſchwimmet, auch bisweilen der Schlauch mit angelauſen waͤre: ſo entſtehen alle dieſe Krankheiten daraus, wenn ein Pferd einmahl einen kalten Soff gethan hat, und ſtark uͤberritten worden, da man denn ſol - chen Uebel mit der erwaͤhnten Pille, welche aus 2. Loth von der gedachten Latwerge und 2. und 1 halb Loth feiner Aloes zuſammenvermiſchet iſt, begegnet werden, indem man hieraus eine Pille macht, und fruͤhe wenn das Pferd noch nuͤchtern iſt, es demſelben wie oben geſchrieben, mit dem Stocke einſtecket, das Pferd darauf eine Stunde ausreitet, und ihm demſelben Tag nichts zu freſſen giebet. Mittags und Abends wird jedesmahl eine Hand voll naßgemachtes Heu mit laulichten Waſſer und Mehl eingemacht, und getraͤnket, da denn fruͤh darauf das Pferd purgiren wird. Wann die Purganz anfaͤnget zu wirken, ſo kann das Pferd ordentlich gefuͤt - tert werden, und wird ihm 12. Tage nach der Purganz ein Leder vor die Bruſt zu ſtecken noͤthig ſeyn. Das Lederſtecken an und vor ſich ſelbſt wird alſo gemacht:

Es wird ein Stuͤck Sohlenleder ohngefehr eines Guldens groß in die Runde geſchnitten, und in die Mitten ein Loch, das Leder wird zu - vor mit Terpentinoͤl beſtrichen, alsdenn wird gerade auf die Spitze der Bruſt ein Loch gemacht der Laͤnge nach, und mit dem Finger, oder ei - nem Stuͤcke Holz die Haut abgeſtoſen herunter - waͤrts zwiſchen des Pferdes Vorderbein, damitdas30Der aufrichtigedas Leder und die Oele eine Kammer bekom - men, alsdenn wird mit einem Federkiel ſtark in das Loch geblaſen, damit ſich die Haut von dem Fleiſche abſondere, die Winde werden um die Bruſt und zwiſchen den Beinen mit der Hand herumgeſtrichen. Wenn nun die Haut um die Bruſt wohl aufgeblaſen, ſo wird das Leder nebſt ungefehr 1 Loth Terpentinoͤl, in das Loch, welches vor die Bruſt gemachet iſt, hin - eingegoſſen, alsdenn wird das Pferd taͤglich 24 Stunden an die Rauffe hoch und feſt angebun - den damit es ſich nicht niederlegen noch mit dem Maule die Oele ausdrucken kan. Den 4ten Tag darauf wird das Pferd alle Tage eine Stunde ausgefuͤhret, und wird vor die Bruſt von unten auf die Materie taͤglich 3mal wohl ausgedruckt. Das Leder bleibt bey dem Pferde 12 Tage ſte - cken, auch kan das Pferd nach 4 bis 5 Tagen zu leichter Arbeit im Nothfall nach dem Leder - ſtecken gebraucht werden, es muß aber, nach - dem das Leder herausgenommen worden, fleiſig ausgedruckt werden, bis die Wun - de von ſich ſelbſten wieder geheilet iſt, da - mit das Pferd keinen Schandfleck davon behaͤlt, und wird alsdenn mit vorbeſagter Latwerge 3 L. taͤglich einzugeben fortgefahren, bis das Pferd voͤllig wieder reſtituiret, oder geſund iſt.

Noch eine andere Latwerge auf eben dieſe Krankheit eingerichtet, wenn abſonderlich es dem Pferde aus der Naſe gehet, oder das Pferd viel zaͤhen Schleim mit aus dem Halſe huſten thaͤte, ſo wird ebenfalls taͤglich 3 Loth von dieſerLat -31Leipziger Roßarzt. Latwerge mit einen Stecken eingeſtecket, worauf das Pferd allezeit 2 bis 3 Stunden faſten muß, und ſoll jederzeit wo moͤglich fruͤh nuͤchtern ein - gegeben werden: Man nehme

  • Alandwurzel
  • Suͤßholz
  • Schwefelblumen
  • Anis
  • Fenchel
  • Foͤnum graͤcum
  • Eybiſch Alteewurzel
  • Lorbeeren.

jedes 4 Loth. Dieſes zu einen Pulver gemacht und mit Honig und Syrop zu einem ſteifen Teig oder Latwerge gekneten.

Noch eine andere Latwerge zu allen dieſen vorgeſchriebenen Krankheiten zu gebrauchen.

  • Man nehme:
  • Langen Pfeffer, 2 Loth
  • Lorbeeren, 3 Loth
  • Tenfelsdreck, 3 Loth
  • Venediſchen Theriac, 3 Loth
  • Saffran, 1 Quentgen
  • Bibergeil, 2 Loth
  • Venediſche Seife, 2 Loth.

Dieſes alles zu einer Maſſe oder Latwerge ge - macht, und davon kann dem Pferde gleich - falls 3 Loth in laulichten Kofent der nicht ſauer iſt, eingegeben werden wozu von 8 Eyern dasWeiſe32Der aufrichtigeWeiſe genommen wird, wenn das Pferd viel Hitze im Leibe hat. Dieſer Trank iſt nur zu ge - brauchen, wenn man die andern Latwergen nicht haben oder bekommen kan. Wenn aber das Pferd an Lunge und Leber anbruͤchtig, will ſich ſolcher Trank auch nicht wohl brauchen laſ - ſen, iſt es aber geſund im Leibe, ſo wird es ſei - ne Wirkung ſehr wohl verrichten. Vom Rotz, Wurm und Schlag der Pferde will ich nicht viel ſchreiben, weil ſolche meiſtens incurabel, was aber davon noch zu curiren iſt, ſteckt alles unter dem Verſchlagen, und kann mit allen dieſen vorgeſchriebenen Medicamenten, als naͤm - lich durch Lederſtecken, Aderlaſſen und Purgi - ren curiret werden. So allenfalls ein Pferd bey allen vorerwaͤhnten Krankheiten nicht ſtallen koͤnnte, ſo wird ihm die Ruthe herausgezogen, und mit einen Hoͤlzgen ungefehr eines guten Fin - gers lang, welches glatt und ſauber ſeyn und forne mit ſeinem Werke feſt bewickelt, und der Ort, wo das Werk umwickelt iſt, feuchte ge - macht werden muß, in ein wenig Pfeffer und Salz gedunkt, und in des Pferdes Schlauch - roͤhre ohngefehr eines Fingerslang hineingefah - ren 2 bis 3mal, da alsdenn das Pferd mit Huͤl - fe der innerlichen Medicamenten aufs laͤngſte in einer halben Stunde ſtallen wird, eine Stute aber ſtallet faſt im Augenblick, wenn man auf vorgeſchriebene Weiſe verfaͤhret.

Das33Leipziger Roßarzt.

Das vierte Capitel. Von den kollerichten und tummen Pferden.

Dieſes Capitel gehoͤret zwar eigentlich, wie oben gedacht zum Verſchlag, wenn das Pferd erſt auf ſeine innerlichen Theile verſchlaͤgt, und nach und nach ſich austheilet, bis es manchen auch in den Kopf kommt, wornach die Com - plexion des Pferdes iſt; iſt es hitzigen, chole - riſchen Temperaments, ſo wird ſolches der Kol - ler oder Sonnenſchuß genennet, iſt es aber kalt - oder phlegmatiſch - oder melancholiſchen Tempe - raments, ſo heiſſet das Pferd tumm, haben aber beyde zugleich Kopf - und Hirnſchmerzen, und kriegen nach und nach alle beyde die Gehirnſchwin - dung, wenn nicht bey Zeiten Rath geſchaffet wird. Nun iſt die Cur bey vielen mislich, bey manchen aber noch tractabel, wenn nur nicht das Pferd zuvor im Herbſt ſchon auf die inner - lichen Theile verſchlagen oder verfangen hat, und alſo die innerlichen Theile noch nicht voͤllig angegriffen ſeyn, und die Jnflammation nicht uͤber Hand genommen hat, das Gehirne im Kopf noch nicht inficiret und gelb Waſſer in demſelben iſt; ſo wird ſolchen Pferden beyder - ſeits auf folgende Weiſe noch geholfen: Es wer - den dem Pferde im annehmenden Monden die Licht - und Kollerader entzweygeriſſen und ihm der Kern geſtochen, daß es am Kopfe voͤlligCaus -34Der aufrichtigeausblutet u. durch das Zerreiſen gedachter Adern, das dicke unreine Gebluͤte voͤllig heraus kann, welches ihm die Stagnation und Schmertzen des Kopfes verurſachet, wenn dieſes geſchehen wird zwiſchen den Ohren unter den Schuppen mit einem groſem Meſſer ein Loch geſchnitten, und mit einem Meſſer zwiſchen den Felle und Kopf die Haut loß gemacht, damit eine feine friſche Liebeſtoͤckelwurzel kann hineingeſtecket werden; die Wunde wird mit den Haaren etwas zugeflochten, damit das Pferd mit Druͤckung des Kopfs an die Wand die Wurtzel nicht wie - der herausdrucken kann, alſo wird ſich in 5. bis 6. Tagen vor den Kopf des Pferdes eine Beule voll Materie befinden unter der Wurtzel, die Beule wird mit einer Fliete aufgeriſſen damit die Materie einen Abfluß kriegt, und ſoll die Wur - tzel 14. Tage darinn ſtecken bleiben, ehe ſie wie - der herausgenommen wird, und ſoll den an - dern Tag darauf dem Pferde vor die Bruſt ein Leder geſteckt und die Spornader unter den Bauch gelaſſen und taͤglich 3. Loth von der vorgeſchrie - benen Verſchlaglatwerge, wenn es moͤchlig und das Pferd dazu zu zwingen iſt, eingegeben, auch waͤhrenden 14. Tagen mit Miſtpfuͤtze getraͤncket werden. Wenigſtens wenn es die Miſtpfuͤtze nicht ſauffen will ruͤhret man in dem Eymer Waſſer, denn das Pferd ſaͤufft 4. Loth Salpe - ter und 1 halb Pfund rothen Bolus. Durch dieſe Methode ſind nebſt goͤttlicher Huͤlffe viele kolrichte und tumme Pferde curiret worden.

Noch35Leipziger Roßarzt.

Noch ein gutes Pulver zu eben dieſer Krank - heit, welches nach und nach kan gebrauchet wer - der, und zugleich auf alle haarſchlaͤgige Pfer - de gerichtet iſt, desgleichen auf lungenſichtige.

  • Man nehme
  • Rothen Bolus,
  • Suͤßholz,
  • Hepar Antimonii,
  • Haſelwurzel,
  • Entzian.
  • Foenum graecum,
  • Schwalbenwurzel,
  • Eybiſchwurzel,
  • Salz,
  • Lerchenſchwamm,
  • Johanniskrautblumen,
  • Hirſchhorn,

Jedes 1 halb Pfund, dieſe Stuͤcke werden klar gemacht und jeden Pferde 1. Eſſeloͤffel voll in Futter gegeben.

Es ſind annoch viele Krankheiten die vom Verſchlagen herruͤhren zu errinnern, welche zwar ſchwer zu heben und zu curiren ſind, als die Maulſperre, wenn dem Pferde das Maul halb oder ganz verſchloſſen waͤre, und wenn man ſol - cher binnen 24. Stunden durch Aderlaͤſſe und innerliche Medicamenta nicht zu Huͤlffe kommt, ſo iſt ſelbige incurabel, in Zeiten aber wird dem Pferde Licht-Kollerader gelaſſen, wie auch die beyden Spornadern und wird demſelben 3. LothC 2von36Der aufrichtigevon dieſer vorgeſchriebenen Latwerge taͤglich 2. mal eingegeben, nehmlich fruͤh und abends, worauf andern Tages die Schrankadern an den Hinterbeinen gelaſſen werden, und alſo kan das Pferd mit 4maliger Eingebung der vorbeſchrie - benen Latwerge in zweymal 24. Stunden nebſt goͤttlicher Huͤlfe von ſeiner Krankheit wieder entlediget ſeyn. Sollte aber das Pferd mit ins Creuz verſchlagen haben, wie ſolches mehren - theils geſchiehet, welche Laͤhmung oͤffters fuͤr eine Verrenkung angeſehen wird: ſo wird oben auf das Creuz, wo der Ruͤckgrad ausgehet, und das Schloß anfaͤnget mit einer Fliete wohl auf - gehacket und mit vorbeſagter Schmiere 3. Tage hinter einander taͤglich einmal eingerieben, wo - durch der Callus, welcher ſich zwiſchen das Schloß und den Ruͤckgrad eingeleget hat, durch Blaſenziehen wieder auseinander getheilet wer - den kan.

  • Man nehme
  • Lohroͤl 8. Loth,
  • Euphorbium 2. Loth,
  • Spaniſche Fliegen 1. Loth,

Dieſes wird warm unter einander geruͤhret, wenn zuvor die 2. Species pulveriſiret ſeyn, alsdenn mit dieſer Salbe das Pferd wohl geſchmieret: ſollte aber die Laͤhmung ſehr alt ſeyn, ſo wird das Creuz oben der Laͤnge nach eines Fingerslang37Leipziger Roßarzt. lang aufgefchnitten, iſt das Pferd fleiſchigt, auch faſt eines Fingers tief und taͤglich

  • 1. Loth Oleum Petrae,
  • 1. - Wacholderoel,
  • 1. - Terpentinoel,

zuſammegemiſcht, und davon oben in das Creuz gegoſſen, worauf ein wenig Werk geſtopffet wird. Dieſe Cur iſt ſo wohl bey Verrenkung des Creutzes als dem Verſchlagen deſſelben zu gebrauchen, indem beyde Laͤhmungen ſich nicht wohl unterſcheiden laſſen. Es werden auch ebenfalls die Schrankadern bey dieſen beyden Laͤhmungen gelaſſen.

Das fuͤnfte Capitel. Von denen Augenkrankheiten.

Solche kommen meiſtens auch mit vom Ver - ſchlagen her. Wenn ein Pferd truͤbe Augen hat oder ihm ſonſt die Augenlieder auflaufen, iſt zu gebrauchen nachfolgende Augenſalbe:

  • Man nehme
  • 1 halb Loth Canarienzucker
  • 2 Loͤffel voll Wein
  • 1 gute Meſſerſpitze voll Honig
  • 1 halbe Meſſerſpitze Saffran.
C 3dieſe38Der aufrichtige

dieſe Stuͤcke in einem kleinen Toͤpfgen kochen laſſen, und mit einer Feder taͤglich 2mal in die Augen geſtrichen, und das Pferd angebunden, daß ſichs nicht reiben kan; ſollten allenfalls in 2 Tagen die Augen nicht wieder helle und klar ſeyn, oder allbereits der Hauch im Augen gewachſen waͤre, ſo wird dem Pferde auf beyden Seiten uͤber den Augen die Lichtader gelaſſen, die Adern muͤſſen aber wohl bluten, damit das dicke ſchwar - ze verbrannte Blut wohl herausgehen kann, ſoll - te aber die Truͤbigkeit der Augen von dem Hau - che herkommen, ſo muß ſelbiger geſchnitten wer - den. Es wird aber das Pferd zuvor ſtark ge - premſet, und muß der, ſo dieſes verrichten will, die Naͤgel wohl verſchneiden, damit des Pfer - des Auge durch einen Griff des Fingers nicht verletzt werde, weil der Hauch mit dem Finger muß herausgenommen und mit einer Nadel und doppelten Zwirnfaden durchſtochen werden, da - mit der Hauch herausgezogen und zum weg - ſchneiden angefaſſet werden kan, alsdenn wird das Auge voll klares feines Salz geſteckt, an - dern Tages darauf wird es wieder mit dem vori - gen Waſſer taͤglich einmahl einmahl eingeſtri - chen, bis es wieder helle und klar iſt.

Die andern Krankheiten der Augen ſind mehrentheils incurabel, als nemlich die Star - blindheiten, was aber vom ſchlagen und ſtoſſen iſt, kann alles mit dieſer Augenſalbe und Ader - laſſen curiret werden.

Noch ein ander Augenwaſſer zu allerley truͤben und bloͤden Augen:

Man39Leipziger Roßarzt.

Man nehme ohngefehr ein Pfund unge - loͤſchten Kalk, worauf 2 Meßkannen geſot - ten Bornwaſſer gegoſſen wird, der Topf aber worinn der Kalk iſt, muß groß ſeyn, damit das Waſſer, wenn der Kalk anfaͤngt zu kochen, nicht herausſpringen kan; ſo dieſes Waſſer auf dem Kalk 24 Stunden geſtanden hat, und klar ge - worden iſt, ſo wird ohngefehr ein Noͤſel von die - ſem Waſſer ſauber abgegoſſen, es muß aber der Schaum, welcher oben daraufſtehet, mit ei - nem Loͤffel abgenommen werden. Das Waſſer wird in ein rein Glas gegoſſen, und darzu ge - nommen:

  • Salmiac
  • Weiſen Vietriol, jedes 1 Loth
  • Fein blauer Vietriol oder Gallicienſtein 1 halb Loth.

Dieſe 3 Species werden klar gemacht, und in das Kalkwaſſer gethan, wie auch 1 halb Quent - gen Campher, womit ein Pferd, welches Man - gel an Auge, abſonderlich Felle auf denſelben hat, voͤllig wieder curiret werden kann. Es wird ihm nemlich taͤglich zweymal mit einer Fe - der in die Augen geſtrichen, wo nicht die Sehe voͤllig verdorben iſt.

Nun iſt noch die Flußgalle, welche vom Verſchlagen herruͤhret, uͤbrig, welche theils in Forderbeinen an Knien lieget, theils aber auch zugleich mit auf dem erſten Gelenke welches uͤber den Huf ſtehet, und auf beyden Seiten beuligtA 4zu40Der aufrichtigezu ſehen iſt, theils groß, theils klein, abſon - derlich an denen Hinterbeinen in Knien welche zuweilen als halbe Huͤnereier groß werden, und laſſen ſich ſowohl inwendig als auswendig der Knie ſehen. So nun ſolche Flußgallen hart werden, ſo werden ſie gar incurabel, und verur - ſachen nicht allein Laͤhmung, ſondern auch Schwindung, wenn ſie aber noch weich ſeyn oder gallen, werden ſie zwar wohl noch mit leichter Muͤhe curiret, erfordert aber doch bey manchen Pferd eine ziemliche Zeit, weil ſie zuweilen wie - derkommen, bisweilen aber von der erſten Cur wegbleiben. Wieder ſolche Flußgallen an dem Vorter - und Hinterbeinen gebrauche man nach - folgende Salbe und ſchmiere ſie 3 bis 4 Tage hinter einander damit, die Salbe muß aber wohl eingerieben werden, ſo wird ſie ein gelbes Waſ - ſer ausziehen, dazu nehme man

  • 8 Loth Lohroͤl
  • 1 und 1 halb Loth Euphorbium
  • 1 und 1 halb Loth Spaniſche Fliegen.

beydes letzteres muß ſehr klar gemacht, in das Oehl gethan, und fleißig umgeruͤhret, und die Flußgalle wie vorgedacht 4 Tage hinter einan - der damit wohl geſchmieret werden. Den drit - ten Tag nach dieſem letzten ſchmieren, werden ſie mit ungeſalzener Butter geſchmieret. Soll - te ſich allenfalls 1 Monat darauf von dieſer Feuchtigkeit oder Flußgalle wieder was ſehen laſſen, ſo wird abermahls mit der Salbe, wievor -41Leipziger Roßarzt. vorgeſchrieben geſchmieret, da ſie ſich denn voll - ends verliehren werden.

Die Stollenbeulen werden ebenfalls wie die Flußgallen mit dieſer Salbe curirt, und zwar, wenn die Stollenbeulen um denen Bei - nen noch weich ſeyn, ſo werden ſie mit einer Flie - te aufgehackt, doch nur 6 bis 8 kleine Loͤchergen. NB. Die Flußgallen aber duͤrfen nicht aufgeha - cket werden. Wenn nun die Stollbeulen auf - gehackt ſeyn, und die gelbe zaͤhe Feuchtigkeit wohl ausgedruckt iſt, ſo werden ſie mit dieſer ſcharfen Salbe 4 Tage nach einander taͤglich ein - mahl geſchmieret und wohl eingerieben, desglei - chen den 3ten Tag nach den ſcharfen Schmie - ren ebenfalls mit ungeſalzener Butter, und als - denn 4 Tage wieder mit der Salbe, bis ſie ſich verzogen haben. Jſt aber die Stollenbeule zu einen harten Schwamm und groß worden, ſo kann ſie nicht anders als durch einen Schnitt curiret werden, welches dem Pferde faſt nicht ſo viel Schmerzen verurſachet, als die ſcharfe Salbe. Jch wollte zwar wohl eine ſchaͤrfere Salbe dazu ſetzen vor die Stollbeulen und Ober - beine, auch Spad, es will aber ſelbiges ſich des - wegen nicht wohl thun laſſen, daß man bey ei - nem Pferd viele mercurialiſche Sachen gebrau - chen kann, indem ſich die Pferde gerne lecken und beiſſen wovon ein Pferd gar crepiren kann, als iſt der kuͤrzeſte Weg, man ſchneide die har - ten Stollenbeulen, welche zu einem Schwamm worden ſind, aufs reineſte weg, und werfe aufC 5den42Der aufrichtigeden Fleck, wo die Beule weggeſchnitten iſt, ei - ne Hand voll reine Aſche, und heile den Scha - den mit den gebrannten grauen Steine und gel - ben Salbe, einen Tag um den andern muß es geſchmieret und gewaſchen werden, ſo wird der Schaden in kurzen wieder heil und mit Haut und Haaren wieder uͤberzogen werden.

Die Piephacken am Hinterbein werden ebenfalls erſt mit ſcharfer Schmiere, wie die Stollenbeulen geſchmieret; wenn ſie noch weich ſeyn, koͤnnen ſie auch damit vertrieben werden. Wenn die Piephacken aber einmahl hart und zu einem harten Schwamm worden ſind, muͤſſen ſie aufgeſchnitten werden wie eine Stollenbeule, werden auch auf ſolche Art geheilet mit eben die - ſen gebrannten Steine und rother Salbe, curi - ret ſich aber nicht ſo gut, denn es iſt gefaͤhrli - cher zu ſchneiden, als ein Stollenſchwamm.

Nun wird von dem Spad, an den Hin - terbeinen Leiſt und Ellebogen gehandelt.

Der Ellebogen liegt den Pferden an den Hinterbeinen unter dem Knie, und wird mit der ſcharfen Schmiere eben ſo curiret, wie die Fluß - gallen, und iſt leichte zu curiren mit der ſchar - fen Salbe, iſt aber von vielen ſchwer zu erken - nen, ob er gleich bisweilen den Pferden das Bein ſprengelkrumm macht, daß auch das gan - ze Bein davon ſchwindet, ſowohl im Huf als auch in der Huͤffte, wenn ihm nicht geholfen wird, der Spad aber am Hinterbeine liegt in - wendig unter dem Knie, und wird zu einemhar -43Leipziger Roßarzt. harten Oberbeine. Mancher Spad wird groß, mancher aber bleibt klein. Es iſt auch mancher Spad an und vor ſich nicht gefaͤhrlich, abſon - derlich der Ochſenſpad, wenn er nur nicht die voͤllige Schrankader beruͤhret, ſo ſchadet er dem Pferde an ſeinem Reiten und Arbeiten wenig, oder gar nichts, und iſt die Laͤhmung ihnen nicht beſſer als im Trabe anzuſehen, ſo bald er aber die Schrankader uͤberwaͤchſet, ſo kriegt das Pferd mehr Schmerzen und Reiſen in Beinen worauf die Schwindung bald erfolget, wie bey dem Blutſpad, ſo wohl unten am Fuß, als oben in der Huͤffte, da alsdenn die Cur ſchon mißlich ausſiehet, ſowohl bey dem Blut - als Ochſenſpad. Wenn aber der Ochſenſpad noch in ſeinem Wachsthum iſt, und die Schrankader noch nicht voͤllig beruͤhret hat, auch keine Schwindung weder in der Huͤffte noch im Fuß dabey iſt, ſo wird die Cur alſo verrichtet:

Man brennet dem Spadknochen oder Knorpel 3. Creuz ohngefehr 2. Meſſerruͤcken tief durch Haut und den Knochen, das Brenn - eiſen ſoll 2. Meſſerruͤcken ſtarck ſeyn, wenn es gebrennt iſt, ſo wird der Spadknochen 2. bis 3. Tage mit der gelben Salbe geſchmieret, als - denn mit Antimonio oder Oleo Antimonii taͤg - lich einmal mit einer Feder beſtrichen, welches 3. bis 4. Tage geſchehen kann, den 6ten Tag darauf wird es mit ein wenig ungeſalzten Schwei - nefett geſchmieret, da alsdenn binnen 14. Ta - gen die Spadbeule abfallen wird. Sollte ſieallen -44Der aufrichtigeallenfalls nicht reine abgefallen ſeyn, ſo wird ſie mit dem Putero Antimonio noch zwey Tage hinter einander beſtrichen, damit das knorplichte Weſen folgends ſich ſepariret und abfaͤllt, ſo muß es alsdenn von ſich ſelbſt heile werden. Sollte aber unvermuthet das Knie davon an - lauffen, und ſich eine gelbe Feuchtigkeit als Gliedwaſſer ſich zeigen, ſo wird ſolches mit der rothen Salbe taͤglich einmal geſchmieret, und geheilet. So werden auch alle Oberbeine ge - brannt, und verfahren, wie bey dem Spad iſt gemeldet worden. Will aber jemand ſich das Brennen nicht unterſtehen bey dem Spad und Oberbeinen, ſo wird mit der vorgeſchriebenen ſcharffen Flußgallenſalbe geſchmieret und ſelbige ſehr wohl eingerieben. Dieſes geſchiehet des Tages einmal, welches 4. Tage continuiret, ſodann 4. Tage hinter einander mit der gelben Salbe oder mit ungeſalzener Butter, und wird ſo lange mit dem Schmieren gewechſelt, bis ſich die Oberbeine nach und nach verzehret haben.

Das ſechſte Capitel. Von den Verrenkungen uͤberhaupt.

Dieſe werden auch alle auf einerley Weiſe curiret. Wenn ein Pferd einem Bug verrenket hat, oder verſtauchet, und dieſe Ver - renkung noch neu oder friſch iſt, ſo ſoll man dem Pferde ſeinem Bug hin - und herſchiebenoder45Leipziger Roßarzt. oder biegen, ob auch die Verrenkung merklich im Bug iſt. Es moͤchte zwar wohl der Fuß erſt viſitiret werden, damit die Laͤhmung nicht etwa in den Fuß iſt, es ſoll aber auch nicht ger - ne von des Pferdes Fuß das Eiſen abgebrochen, vielweniger duͤnne ausgewuͤrkt werden, weil zu - weilen die Laͤhmung mehr von Verſchlagung oder Verfangung herruͤhren moͤchte: Wenn alſo des Pferdes Fuß duͤnne ausgewuͤrket wuͤrde, ſo wuͤrde das Pferd dadurch in ſchlechten Stand geſetzet: Sondern man ſoll dem Fußnagel wohl viſitiren durch Einſchlag eines Hammers oder Druͤckung mit denen Haͤnden, ob die Laͤhmung vom vernageln herruͤhren moͤchte, oder das Ei - ſen inwendig auf der Sohle oder ſonſt aufliegen moͤchte, wodurch eine Laͤhmung entſtehen kann; ſo ſelbiges ſich nicht befindet, und der Huf kei - ne Hitze hat, ſo ſoll ein Gelenke nach dem an - dern wohl viſitiret werden mit biegen und drehen der Gelenke, bis ſich die Laͤhmung zeigen wird, indem dieſe Laͤhmung an den Gang des Pferdes nicht zu erkennen iſt. Wenn nun die Laͤhmung oben im Bug zu befinden, ſo wird des Pferdes Bein, wenn es das linke iſt, mit der linken Achſel wohl hinter ſich geſtoſſen, und alsdenn mit dieſer Salbe geſchmieret und wohl gerieben.

  • Man nehme
  • Oleum Petrae,
  • Spickoel,
  • Terpentinoel,
Zie -46Der aufrichtige
  • Ziegelſteinoel,
  • Biebergeiloel,
  • Camillenoel
  • Johannisoel,
  • Spiritus Vini,
  • Lohroel,
  • Dialthee,
  • Klauenfett,
  • Hundefett,
  • Regenwuͤrmeroel,

Dieſes alles warm unter einander geruͤhret, und einem Tag um den andern damit geſchmieret, und eingewaͤrmet; Jſt aber die Laͤhmung ſchon alt, und man vermuthet Schwindung ſo wird 1. Loth pulveriſirtes Euforbium und 1. Loth Spaniſche Fliegen noch in die Salbe geruͤhret. So aber die Laͤhmung noch ganz neu iſt, ſo blei - ben die 2. Species davon. Dieſe Salbe kann zwar zu allen Verrenkungen derer Pferde ge - brauchet werden, es ſoll aber vorhero der Bug, Huͤffte und Creutz mit einer Fliete wohl aufge - hackt werden. So auch ein Pferd ſich durch einen falſchen Sprung mit den hintern Fuͤſſen ſich in die forderſten Flechſen gehauen, ſo wird die angelauffene Flechſe zwiſchen Knie und den Koͤtgen ſehr wohl mit dieſer Salbe geſchmieret, und iſt dieſe Laͤhmung wohl in Acht zu nehmen, weil ſie faſt die ſchlimmſte iſt, es ſoll auch zu dieſer Laͤhmung noch ein Umſchlag gekocht, und ſo oft das Pferd geſchmieret, darnach der Um - ſchlag aufgelegt werden.

Man47Leipziger Roßarzt.
  • Man nehme
  • Ottermenge,
  • Camillenblumen,
  • Johnniskrautblumen,
  • Geguetſchte Wacholderbeeren,
  • Leinſaamen,
  • Ebiſchwurzel, jedes eine Hand voll.

So man aber letzteres nicht haben kann nimmt man Pappelwurzel. Dieſes alles in Bier oder Wein gekocht, und mit einem Lap - pen wohl umgeſchlagen. Der Umſchlag, der abgemacht wird, ſoll allemahl zugleich wieder mit warm gemacht werden. Jſt aber der Spad ſehr alt, ſo muß ihm ein Haarſeil gezogen, oder ein Leder geſtecket, oder Oel eingegoſſen werden. Ein Haarſeil zu ziehen, iſt ſchon angewieſen worden, bey verfangenen oder verſchlagenen Pferden. Das Oel zu gieſen wird alſo verrich - tet: Man ſchneide den Pferde ohngefehr eine kleine Spanne uͤber den Bauch durch das Fell ein Loch zwiſchen Fell und Fleiſch, ſeparirt erſt mit dem Finger die Haut von dem Fleiſche los, alsdenn wird das Fell mit einem eiſernen oder hoͤlzernen Spachtel, um die ganze Junctur des Buges losgeſtoſſen, und mit einem Federkiel die Haut von dem Fleiſche losgeblaſen, und zwar auf der ganzen Seite des Buges. Von un - ten bis oben hinaus muß der Wind getrieben wer - den, alsdenn wird von folgenden vorgeſchriebe - nen Olitaͤten 1 halb Loth ohngeſehr darein ge - goſſen.

Zie -48Der aufrichtige
  • Ziegeloͤhl,
  • Spickoͤhl,
  • Terpentinoͤhl,
  • Wacholderoͤhl,
  • Oleum Petrae, von jeden 1. halb Loth.

Dieſe Olitaͤten kann man ſowohl zum Le - derſtecken, als Haarſeilziehen gebrauchen, wie auch zum Creutz aufmachen, und das Pferd im neuen Monden, ſo der Schade alt und ge - ſchwunden, daß die Kernſchwindung vermuth - lich auch im Fuß waͤre, duͤnne ausgewuͤrckt wer - den, wie bey dem verfangen und verſchlagen ſchon gemeldet worden, mit den Einſchlaͤgen vor die Kernſchwindung.

Noch ein anderes Mittel vor eine friſche Ver - renkang oder Verſtauchung.

  • Nehme man
  • Camillenblumen.
  • Foenum graͤcum,
  • Wacholderbeeren
  • Huflattig,
  • Leinſaamen,
  • Ottermenge,
  • Nachtſchatten.
  • Wegebreit,
  • Kaͤſepappeln, von jeden 1. Hand voll

Jſt dieſes gruͤne ſo wird ſelbiges klar gehackt, und in einen großen Topf gethan, wozu Wein oder Waſſer genommen wird, nebſt

1 Pfund49Leipziger Roßarzt.
  • 1. Pfund Baumoͤhl,
  • 1. Pfund Leinoͤhl,
  • 1. Pfund Schweinefett,
  • 1. viertel Pfund Terpentin,
  • 1. halb Pfund ungeſaltzene Butter,
  • 1. Pfund Kammfett.

Dieſes alles mit dem Kraͤutern nebſt dem Wein und dem Waſſer aufs wenigſte 2. Stun - den wohl kochen laſſen. Wenn nun alle Feuch - tigkeiten wohl verkocht ſeyn, ſo wird alsdenn die Salbe abgegoſſen und zur Nothdurft aufge - hoben. So nun ein Pferd ſteif, oder ſonſt an einem Beine laͤdiret waͤre, die Maladie mag herkommen von was ſie will, ſo ſoll dem Pfer - de mit dieſer Salbe, da einer vielleicht nicht weis, in welchen Gelenke die Laͤhmung ſitzen moͤchte, das ganze Bein von unten bis oben her - auf ein bis 3. mahl wohl geſchmleret und einge - rieben werden. Es heilet auch dieſe Salbe alle Fleiſchwunden und Geſchwuͤlſte. Es iſt eine veritable Nerven - und Geaͤder-Salbe. So ein Pferd lahm wird, auf dem Fuß durch Ver - bellung oder Vernaglung, oder auch von Stein - gallen, die Materie uͤber der Krone aufbraͤche, ſo wird dem Pferde das Eiſen abgebrochen, der Fuß fein duͤnne ausgewirkt und wohl viſitiret, auf welchen Fleck in dem Fuß die Materie lie - get, damit dem Pferde ſein Fuß durch vieles viſi - tiren nicht ſchadhafft gemacht wird, indem die Materie aus dem Fuß nicht gerade in die Hoͤhe ſteiget, ſondern zuweilen erſt auf die KroneDherum -50Der aufrichtigeherumlaͤufft, ehe die Materie einen Ausbruch gewinnen kann, wenn beſonders das Pferd durch das Vernageln lahm worden iſt, daß es biswei - len von einem Hufnagel ins Leben geſtochen worden, oder aber zuweilen wohl gar die Spitze des Nagels in das Fuͤßgen gegangen und darin - nen verbrochen waͤre, oder aber der Hufnagel ſich ſpalten kann, daß ein Theil des Nagels herausgekommen die andere Helffte aber in dem Fuͤßgen ſtecken blieben waͤre, welches oͤffters boͤſe Laͤhmungen verurſachet, daß zuweilen das Fuͤßgen von der ſcharffen Materie angefreſſen wird, und vom Stiche des Nagels die Mate - rie wie auch zugleich das Leben oben zur Krone heraustritt, wenn voraus unten im Fuſſe nicht voͤllige Oeffnung gemacht wird, daß wenn nach dem Stifft der Spitze des Nagels, welcher ſtecken geblieben nicht ſehen kann und nicht ge - nugſamen Raum hat ſolchen herauszuſuchen. Daher thut man am beſten, man nimmt gleich die halbe Sohle heraus damit man Platz hat, dieſelbige, ſo weit ſie unterkoͤtig, zu viſitiren, und die Materie von unten heraus ihrem voͤlligen Fluß haben koͤnne. So nun die Oeffnung ge - ſchehen, und die Materie aus dem Fuße aus - gedruͤcket iſt mit einem Hoͤltzgen, wo forne herum etwas ſeines Werk gewickelt iſt, (das Werk aber muß keine Schieben in ſich haben, wel - che ſehr ſchaͤdlich ſeyn, und wenn eine Schiebe mit in die Wunde kom̃t, ſo wird von der rothen Salbe ein wenig lauwarm gemacht, und in dieWunde51Leipziger Roßarzt. Wunde gegoſſen, und ein wenig Werk darauf geſtopft, doch nicht zu feſte, damit die oberſte Materie die ſich in die Krone geſetzt ihren Ab - fluß herunter haben kann,) iſt nicht rathſam, daß man gar zubald uͤber die Krone mit trocke - nen Sachen oder Ueberſchlaͤgen faͤhret, wenn gleich das Leben oben herausgetreten waͤre, denn ſonſt treibt man die Materie von dem Flecke weg, und ſucht ſie einen andern Auswurf, und wird wohl ein Loch heil, das andere bricht wieder auf, ſondern man lege von vorbeſchriebener rothen Salbe mit Werk auf die Krone gleichfalls her - um, ſo wird die Salbe die Materie, welche einmal nicht wieder zuruͤckkommt, ausziehen, und wieder heilen, denn es muß wohl Achtung gegeben werden, damit der Schaden unten nicht eher zugeheilet werde, als oben, damit es ſei - nem Abfluß behaͤlt. Sollte allenfalls durch Stich des Nagels das Fuͤßgen einen ſchwarzen Schiefer, oder ſchwarzen Fleck bekommen ha - ben, wenn auch gleichfalls das Schiefergen vom Nagel noch darinnen ſtaͤcke, ſo wird die rothe Salbe nicht allein ſolches herausziehen, ſon - dern auch das Fuͤßgen wieder renoviren und zu - heilen.

Es ſind auch die Huͤfe der Pferde noch vie - len Laͤhmungen unterworffen, wie bekannt iſt, z. E. wenn die Steingallen anfangen zu ſchwaͤ - ren und oben herausbrechen, wie auch durch einen Nageltritt der Fuß ſehr verletzet werden kann. Es koͤnnen aber alle dieſe Schaͤden durchD 2gute52Der aufrichtigegute Luftmachung der Sohlen mit dieſer rothen Salbe bald wieder auf ſolche Weiſe, wie vor - beſchrieben curiret werden, und will nicht alle - zeit gut gethan ſeyn, daß man zu ſolchen Schaͤ - den in denen Huͤfen viele ſcharfe Olitaͤten oder ſpirituoͤſe Sachen zu brauchen wodurch vielmals fiſtuloͤſe und langweilige Schaͤden entſtehen, abſonderlich wenn mancher das Scheidewaſſer in Gebrauch hat, welches den Schaden unten vertrocknet, und die Materie einen andern Aus - bruch ſuchen muß, wodurch zuletzt gar das Fuͤß - gen angegriffen wird, und der Huf zum Abſchwaͤ - ren kommt.

Es iſt noch eine Laͤhmung, welche ſehr gemein iſt bey den Pferdefuͤßen, nehmlich die Hornkluͤfte; ſie moͤgen ſeyn ſo wohl auf der Zehe des Hufes als an der Seite, ſo wird man be - finden, daß allezeit unter den Kluͤſten inwendig im Huf eine Steingalle ſich wieder eingeſetzt haben, welche den Fuͤßen ſehr ſchaͤdlich und durch ihre Verhitzung die Fuͤße ſehr austrockne, damit die Huͤſe aufreiſen muͤſſen; als werden die Steingallen erſt ſehr wohl und duͤnne aus - gegraben wie ſichs will thun laſſen, und einige - mal ein paar Tropfen Puteri Antimonio hin - eingetroͤpfelt, welches die Steingallen gewiß verzehret, die Hornkluft aber wird mit einen gluͤenden Eiſen queer uͤber die Kluft dicht an einander zugebrannt von unten bis oben heraus an die Krone, ſo weit die Kluft gehet, das Ei - ſen aber darf auf dem Fleck nicht tragen, ſondernmuß53Leipziger Roßarzt. muß einen Beygriff kriegen, und der Stollen wird abgehackt, oder ganz niedergeſchlagen, alsdenn wird die Hornkluft mit dieſer Hornſal - be fleiſig geſchmieret, wie auch der ganze Huf, ſo denn wird die Hornkluft ſich nach und nach verlieren und herunterwachſen.

Es iſt noch eine Laͤhmung bey denen Pfer - den abſonderlich im Fuß bey den Gelenkgen, welche in dem Fuße auf dem Fuͤßgen ſtehet, und meiſtens das Auskoͤten genennet wird, wiewohl es nicht allezeit das Auskoͤten iſt, ſondern viel - mal von der Seite vertreten iſt, iſt auch im Anfang nicht ſonderlich gefaͤhrlich, wenn es gleich auf friſcher That ordentlich wieder einge - richtet wird, und iſt ſehr wohl zu merken, weil dieſe Verrenkung oder Verſtauchung, gleich zur Verſchwellung geneigt iſt. Jſt es aber in 3. bis 4. Stunden nicht verſchwollen, ſo hat das Pferd ſich nicht ausgekoͤtet, oder den Fuß ver - treten nach der gemeinen Sage. Allein es iſt eine andere Laͤhmung. Hat das Pferd aber ausgekoͤtet, ſo wird die Einrichtung alſo ge - macht, und zwar je eher je beſſer, nehmlich: man lege dem Pferd einem Knittel in die Feſ - ſel, welcher glatt und rund ſeyn muß, daß wenn dem Pferd der Fuß krumm gebogen wird, der Knittel die Feſſel faſt ausfuͤllen muß, alsdenn wird ein Strickgen um die Zehe des Fußes ge - macht, und mit einem andern Stuͤckgen Holz in das Strickgen gefaſt daß man mit dem Orte des Holzes den Knittel, welcher in der FeſſelD 3liegt,54Der aufrichtigeliegt, beruͤhren und aufdrucken kann, damit das Gelenkgen, welches ausgetreten heiſſet, wie - der einſchnappet, braucht aber ſelbiges nicht viel Gewalt dazu, damit das Pferd nicht durch ſein Einrichten mehr Schaden verurſachet. Ehe aber dieſes Einrichten geſchiehet, ſoll der Fuß des Pferdes wohl viſitiret werden. Der Fuß wird aufgehoben, und der Daumen in die Koͤte geſetzet, wobey man den Fuß hin und her be - weget, da denn das Pferd, welches ſolches nicht leiden kann klaͤglich thun wird, ſonſten iſt die Einrichtung falſch, und wird vielmahls mehr da - mit verdorben, als Nutzen geſchafft:

Eine Salbe fuͤr die ausgekoͤteten Pferde.

  • Man nehme
  • Dialthee,
  • Lohroͤl jedes 4. Loth,
  • Hundefett,
  • Roſenoͤl,
  • Kamillenoͤl,
  • Regenwuͤrmeroͤl,
  • Popolium jedes 2. Loth,

Dieſes wird laulicht zuſammengemacht, und das Pferd einem Tag um den andern wohl damit geſchmieret.

Das55Leipziger Roßarzt.

Das ſiebende Capitel. Von Druͤckungen der Pferde mit Sattel und Kummt.

Man kan die gelbe Salbe welche verordnet iſt, wohl gebrauchen ſo ein Pferd gedruckt waͤre mit einem Sattel auf dem Wiederroß, welches eine Geſchwulſt verurſachet, ſie ſey groß oder klein. Jſt die Schwulſt klein, ſo iſt das Pferd nur gedruckt zwiſchen dem Fell und Fleiſch, und wird die Geſchwulſt mit der gelben Salbe fruͤh wohl geſchmieret, Nachmittags darauf mit den gebrannten Stein, welcher in Eßig oder Waſ - ſer geweicht wird, gewaſchen. Sollte allenfalls die Geſchwulſt zum aufbrechen kommen, ſo wird ſie mit einer Fliete uͤbers Creutz aufgeriſſen, und mit dem Waſſer von dem gebrannten Stein aus - gewaſchen, ſodann wird es gar bald leichte zu - heilen. So wird verfahren mit Kum̃t, ſo wohl als Satteldruͤcken an den ganzen Pferde. Jſt aber das Pferd auf den Wiederroß gedruckt, oder mit dem Sattel geſtoßen, ſowohl oben an dem Buge als an den Wiederroß, welches zwiſchen dem Haarwachs und Knochen mehrentheils ge - ſchiehet, und eine große Geſchwulſt verurſachet, auch nicht leicht zur Materie kann gebracht wer - den, indem ein falſcher Nervenſaft oder Glied - waſſer im Anfange von Quetſchung des Haar - wachſes und Knochen verurſachet wird. AlsD 4will56Der aufrichtigewill ſolches vorſichtig tractiret und fleiſig mit vorbeſchriebenen Waſſer und gelben Salbe ge - ſchieret, wenigſtens taͤglich 2mal, ſo ſich nun die Geſchwulſt etwas geſetzet hat, und allbereits zur Materie worden iſt, auch nicht viel Hitze mehr hat, ſo muß ſelbiges geſchnitten werden, und zwar vorſichtig; es geſchiehet dieſer Schnitt auf die Seite, wo die meiſte Materie oder Ge - ſchwulſt ſich zeiget. Zuerſt wird queer durchge - ſchnitten, damit man mit dem Finger viſitiren kann wo die Kammern zugehen, doch muͤſſen die Fingernaͤgel wohl abgeſchnitten werden als - denn werden die Kammern nachgeſchnitten, be - ſonders die nach dem Hals zugehen, denn es geſchiehet gar ſelten, daß ſo eine Kammer wie - der ausgeheilet wird, wenn ſie keinen Abfluß hat, und iſt allezeit beſſer, der Abfluß iſt allzu - groß als zu wenig, und iſt beſſer man ſchneidet das Pferd einmal recht als 2mal falſch, und bringet die Zeit daruͤber zu, denn die Adern, die dazu auf beyden Seiten durchgehen, ſchon angefangen zu faulen und zu ſchwaͤren, wie auch bey vielen der Knochen und der Haarwachs ſchon ſchwarz iſt, und kein Fleiſch nicht wieder an - nimmt, weil es nicht renoviret iſt, daher thut man am beſten man ſchneide das friſche Fleiſch, welches um die Kammern herum, weg, wel - ches nur die Heilung verhindert, denn das Fleiſch waͤchſt ſo zu zeitlich ehe wieder, als der ſchwar - ze Knochen und Haarwachs ſich wieder gereini - get hat, und zur Heilung geſchickt iſt, wenn esſon -57Leipziger Roßarzt. ſonderlich beym voͤlligen Abfluß nicht geraͤumt wird, und die Materie in denen Kammern ſte - hen bleibet. Es ſoll aber auch das Pferd den erſten Tag nicht voͤllig reine geſchnitten werden, indem vielmals noch eine Kammer zuruͤckeblei - bet, wo noch Materie darinnen ſtecket, welches der, ſo die Operation oder Schnitt verrichtet, vor dem Bluten nicht wohl obſerviren kann, ſon - dern er waͤſcht die Wunde mit dem gebrannten Steinwaſſer wohl aus, da er alsdenn den an - dern oder 3ten Tag wird beſſer ſehen koͤnnen, wo noch ein Quell von Materie vorhanden iſt, und ſoll abſonderlich nach dem Hals herauf das Fleiſch nicht ſchonen, dieweil es ihm ſo zu ge - ſchwinde wieder uͤber die Wunde weg waͤchſt, ehe der Grund ausgeheilet worden.

Es ſoll auch nicht etwa mit einem duͤnnen Hoͤlzgen viſitiret werden, wie mehrentheils ge - braͤuchlich iſt, weil man durch das Viſitiren des Hoͤlzgens, welches zwar freylich mit Werk be - wickelt iſt, dennoch kann in eine Ader fahren in Meynung, es waͤre eine Kammer wo Mate - rie darinnen ſey, aber falſch iſt, weil an den Wiederroß 2 große Adern heraufgehen auf bey - den Seiten nach dem Halſe zu, welche beynahe eines kleinen Fingers groß ſeyn, und macht al - ſo das Viſitiren in den Adern dem Schaden noch groͤßer; ſondern das Viſitirholz ſoll eines Fingers ſtark und wohl mit ſeinen Werk umwi - ckelt ſeyn, ſo nun der Knochen auf dem Wieder - roß ſchwarz ſich befindet, wie auch der Haar -D 5wachs,58Der aufrichtigewachs, ſo wird der ſchwarz angefreſſene Haar - wachs gar rein abgeſchabet, ſo viel ſichs leiden will, iſt es aber voͤllig ſchwarz, ſo wird er ſchwer wieder Fleiſch annehmen. Man thut alſo am beſten, man ſchneidet dem Haarwachs, ſo weit er ſchwarz iſt, mit heraus, den er waͤchſt wie - der, und ſchadet dem Pferde nichts, desglei - chen wird der Knochen, welcher ſchwarz iſt, ſo viel moͤglich wohl abgeſchabet. Es iſt zu erin - nern, daß bey dem Pferdeſchneiden auf dem Wiederroße nicht rathſam iſt, daß man mit ei - nem ſcharfen und duͤnnen Balbiermeſſer ſchneide, indem durch die ſchwarze Knochen und Haar - wachs das Balbiermeſſer ausſpringen kan, und das abgeſprungene Schiefergen alsdenn in dem Knochen oder Haarwachs wohl gar ſtecken blei - bet, welches die Heilung verhindert, es ſoll auch das Meſſer nicht gerne ein ſpitzig Federmeſſer ſeyn, welches durch ſeine Spitze auch Schaden verurſachen kann, indem die Pferde nicht alle - zeit beym Schneiden ſtehen. Wenn der Scha - den geſchnitten wohl geſaͤubert und ausgeputzet iſt, ſo wird ſelbiges ſauber ausgewaſchen mit dem Steinwaſſer von den grauen Stein, iſt aber beſſer, man weiche ihn in Eſſig ein, und nimmt man auf ein Loth Stein 1 Noͤſel Eßig, worein der Stein klar gerieben und zerſchmolzen iſt, und wird des Tages fruͤhe das Pferd mit dieſen Eßig oder Waſſer gewaſchen, Nachmit - tage darauf wird von dieſem trockenen Pulver in den Schaden geſtreuet, da ſich denn derſelbereini -59Leipziger Roßarzt. reinigen wird. Dis iſt aber das trockene Pul - ver:

Man nehme

ohngefehr 1. Pfund ungeloͤſchten Kalck, ſo viel ſuͤße Sahne oder Milch Rahm, daß man aus dem Kalck einem Teig machen kann, dieſer Teig wird alsdenn in einer Pfanne als Kuchen braun gebacken, und wieder zu einem feinen Pulver klar gemacht welches ſehr wohl reiniget und heilet, und wird mit dem Waſſer und Pulver ein Tag um den andern in zechig verbunden. So aber der Schade anfaͤnget her - auszuheilen und auszutrocknen und nicht viel Materie mehr ſehen laͤſſet, ſo braucht man nur allemahl einen Tag um den andern die Wunde auszuwaſchen, und das Pulver darauf zu wer - fen, bis zuletzt nur den dritten Tag verbunden wird. Sollten aber allenfalls die Adern nicht weit genug nach geſchnitten ſeyn, welches noch faulen Schwamm verurſachet, ſo nimmt man Puteri Antimonium oder Oleum Antimonii, thut ſelbiges auf ein wenig reines Werk und ſteckt es nach der zu faulen angefangenen Ader zu, ſo wird es ſolche verknuͤpfen und zuheilen.

Nachdem die Wiecke wieder heraus iſt, welches aber unter 24 Stunden nicht geſchehen darf, ſo heilet man alsdenn die Kammer oder angefaͤulte Ader folgends mit der rothen Salbe aus, welches jedoch nur von jetzt gedachten letz - ten Fall zu verſtehen. Sonſt braucht man die -ſes60Der aufrichtigeſes nicht, ſollte ſich unvermuthet noch ein Quell - gen oder Schwammgen von Materie finden, ſo wird ſelbiges mit auftuͤtſchen des Puteri Antimo - nii ſich folgends reinigen, ſollte auch gleich ein Schifergen oder Knoͤchelgen von Knochen dar - inne ſeyn, ſo wird es das Oleum abloͤſen, und reinigen. Ganz zuletzt wenn der Schade aus - geheilet iſt, wird der Rand deſſelben mit der gelben Salbe alle Wochen ein paarmahl ge - ſchmieret, damit Haut und Haare ſich wieder zuſammenſchlieſſen. Hat aber das Pferd einen harten oder weichen Schwamm auf den Ruͤcken ſo wird ſelbiger mit einer Fliete wohl gepicket, und mit der ſcharfen Flußgallenſalbe einigemahl geſchmieret und wohl eingerieben, da ſich denn der Schwamm mit verzehren wird, wenn man ihn nicht ſchneiden will; iſt er aber zu groß und hart, ſo thut man eben ſo gut, man ſchneidet ihn weg und tuͤtſchet das Puteri Antimonium, wenn das Blut weg iſt, darauf 3. Tage hin - ter einander, damit der Ruͤckgradknochen, worauf der Schwamm feſt anſitzt, gereiniget wird, alsdenn heilets man zu mit dem Steinwaſſer und trockenen Pulver.

Es iſt annoch ein Vorfall bey den Pferde - kuren, abſonderlich bey den Fuͤſſen, ſo wohl um die Krone herum, als bisweilen an den hal - ben Beinen herauf, welches zwar die Maucke genennet wird, es iſt aber an und vor ſich ſelbſt mehr ein Saltzfluß als Maucke, abſonderlich an den Hinterbeinen, indem die gelbe ausrin - nende Feuchtigkeit ſehr ſalzig iſt, und wirdmeh -61Leipziger Roßarzt. mehrentheils von einer feſtgeſtopften Druſe oder Ueberreitung, und wie ſchon von ſolcher Art Krankheiten gemeldet worden, woraus zuwei - len die Straubfuͤßigkeit entſtehet, welche als - denn ein voͤlliger Salzfluß zu nennen iſt, wenn abſonderlich bey einer Armee die Pferde uͤber Nacht bey kalten Wetter im Felde und Drecke ſtehen, zumal wenn die Nachtfroͤſte dazu kom - men, und die Regimenter Abends ſpaͤte in das Lager ruͤcken, da die Pferde, weil ſie noch warm ſeyn ins Waſſer geritten werden muͤſſen, und die Nacht darauf frieret, da zeigen ſich derglei - chen flieſende Maucken, welche zwar im Anfang nicht gefaͤhrlich ſeyn, wenn man die Pferde pur - giret, und alsdenn mit der gelben und rothen Salbe wechſelsweiſe alle Tag einmal geſchmie - ret, wenn nun das Pferd warm zu ſtehen kom - men kan, ſo laͤſſet ſich ſelbiges ganz wohl wieder heilen, iſt aber der Schade alt worden, und es ſind allbereits Stuͤckgen Fleiſch herausgefaulet oder gefallen, ſo iſt das rathſamſte, man ſchnei - de einem Pferde die Blaſe, damit der Flus ei - nen andern Gang kriegt, und man die ausge - faulten Loͤcher zuheilen kann, ſonſt bricht eines nach den andern wieder auf. Die Operation des Blaſeſchneidens wird alſo verrichtet: Man premſe zuvor das Pferd wohl, laſſe alsdann das Bein, woran es ſoll geſchnitten werden, auf - heben, ſchneide die Warze bis aufs Fell duͤnne weg, alsdenn der Laͤnge nach auf den Fleck, wo die Warze geſeſſen hat, eines halben Fingerslang62Der aufrichtigelang durch die Haut; da ſich alsdenn die Bla - ſe zeigen wird, die mit einem Haͤckgen ange - haͤckelt und etwas herausgezogen wird, damit ſie fein ſauber auf allen Seiten abgeloͤſet, und endlich von der Flechſe voͤllig abgeſchnitten wer - den koͤnne. Alsdenn wird in die Wunde ein bisgen friſch Erdreich geſteckt, damit die fluͤßige Feuchtigkeit zu dieſer Wunde ausſchwaͤren kann, und wenns von ihm ſelbſt zu heilen anfaͤngt, ſo kann der andere Schaden am Beine in kurzen geheilet werden.

Das achte Capitel. Von innerlichen und aͤußerlichen Medica - menten auf allerley Krankheiten und Schaͤden gerichtet.

Hier folget die Zubereitung der Purgierpille. Man nehme zu einem ſtarken Pferde 3 Loth Aloes zu einen mittel Pferde, 2 und 1 halb Loth, wo - zu genommen wird von der Verſchlaglatwerge 2 Loth, 1 Loth ungeſalzene Butter, dieſes wird mit ein wenig Weitzenkleyen zu einer zachen Pil - le zuſammengeſtoſſen, und wird dem Pferde mit einem Stecken einer guten Ellen lang, der for - ne nicht ſpitzig ſondern kolbigt zugeſchnitten iſt dem Pferde in dem Hals geſteckt, auch muß das Pferd vor dem Einnehmen wenigſtens 4 Stunden nicht gefreſſen und geſoffen haben, auchnoch63Leipziger Roßarzt. noch 2 Stunden darauf faſten, alsdenn wird das Pferd, wenn es ſaufen ſoll, oder will, mit laulichten Waſſer getraͤnkt, worein ein wenig Kleyen oder Mehl geruͤhret iſt, und 3 Stunden darauf eine Hand voll naß Heu, ſonſt aber den ganzen Tag kein Futter.

Das Pferd wird eine Stunde nach Einge - bung der Pille ausgeritten, da es alsdenn den andern Tag darauf des Morgens purgiren wird und alle faule Feuchtigkeit mit abgefuͤhret wer - den, man thut auch nicht unrecht, wenn es die Noth erfordert, daß man ſolchen Pferden wo - von gehandelt worden vor die Bruſt ein Leder ſtecke, damit ſich die ganze Natur von allen Fluͤſſen und Feuchtigkeiten voͤllig reiniget, und ſo wird auch mit denjenigen Pferden verfahren, von denen man zu ſagen pfleget, ſie haben den Wurm. Jch ſtatuire aber keinen Wurm im Gebluͤte, ſondern eine ſcharfe ſalzige Feuchtig - keit, und dieſen Pferden die man den Wurm zu haben glaͤubet, die Beulen, welche ſie aͤuſſer - lich haben, hin und wieder, oder nur an einem Gliede mit der rothen Salbe, wenn ſie zuvor innerlich gereinigt und die Spornadern gelaſſen ſind ganz wohl geheilet werden. So aber Loͤ - cher ſich im Schlauche befinden, welche oben von dieſer ſcharfen Feuchtigkeit oder verſtockten Druͤſen herruͤhren, werden ſie auf ſolche Art ge - heilet. Sollten aber die Loͤchergen im Schlau - che zu klein ſeyn, daß man mit der rothen Sal - be nicht dazu kommen koͤnnte, abſonderlich weñdie64Der aufrichtigedie Beulgen ſehr ſchwammigt ausſehen, ſo wird ein ſchwach zaͤhe Ruͤthgen genommen, vorne mit feinen Werk bewickelt und in das Oleum Antimonii getuͤtſchet und taͤglich einmahl 3 Tage hinter einander, damit in die Loͤchergen gefahren, da alsdenn die Loͤcher ſo groß werden und das ſchwammigte Weſen davon ſo ausgebeitzet wird, daß man mit der rothen Salbe dazu kann, und ſo wird mit allen ſchwammigten Wunden ver - fahren, die nicht haben geheilet werden koͤnnen.

Noch ein Pulver wider die vorfallende Krankheiten, vor Pferde die offene Schaͤden haben auch die auf dem Wiederroß geſchnitten ſeyn: Man nehme

  • 8. Loth rothen Bolus.
  • 2. Loth Teufelsdreck.
  • 2. Loth Katzendreck,
  • 2. Loth weißen Hundekoth,
  • 4. Loth Foͤnum Graͤcum,
  • 8. Loth weiſen Bolus,
  • 4 Loth Schwefelblumen,
  • 2. Loth Lorbeeren,

Solches alles klar zuſammen gemacht zu einen Pulver, und davon einem taͤglich einen Loͤffel voll in eine Duͤte gethan und dem Pferde taͤglich eingeſteckt.

  • Die gelbe Salbe: Man nehme
  • 1. und ein halb Pfund Eubiſchwurzel.
1. und65Leipziger Roßarzt.
  • 1. und 1. Viertel Pfund Foͤnum Graͤcum,
  • 1. und 1. Viertel Pfund Leinſaamen,
  • 1. Hand voll Johannisblumen,
  • 1. Hand voll Camillenblumen,

Dies groͤblich klar gemacht doch nicht gar zu klar geſtoſſen, alsdenn wird es in Waſſer oder Wein 2. Tage geweicht, alsdenn wird dazu genommen:

  • 1. Pfund Baumoel,
  • 1. Pfund Leinoel,
  • 1. Pfund Schoͤpsinſelt,
  • 1. Pfund ungeſalzene Butter,
  • 1. und 1. halb Pfund Schweinefett.

Dieſes alles wenigſtens 2. Stunden wohl kochen laſſen, bis ſich die Feuchtigkeiten alle verkocht haben, alsdenn wird ſie abgegoſſen in einen andern Topf und wird dazu genommen:

  • 1. und ein halb Pfund gelb Wachs,
  • 8 Loth Terpentin,

und alsdenn dieſes wieder ſo lange kochen laſſen, bis das Wachs in der Salbe voͤllig zerſchmol - zen, und ſo lange geruͤhret, bis ſie kalt iſt. Will man ſie nun gruͤn haben, unkenntlich zu ma - chen, ſo nimmt man 1. Loth klar geſtoſſenen Gruͤnſpan und 1. Pfund oder ſo viel man will von dieſer Salbe und laͤſſet es mit einander ko - chen. Dieſes waͤre alſo die oben ſo offterwaͤhnte vortrefliche gelbe Salbe, welche zu allen Schaͤ -Eden66Der aufrichtigeden der Pferde ſo wohl Geſchwuͤlſten als offene Schaͤden und ſonderlich wider die Tritte auf der Krone zu gebrauchen. Jn Summa es iſt eine koͤſtliche und beruͤhmte Salbe nicht allein vor Pferde ſondern auch vor Kuͤhe und Schweine. Nun folget hieraus die beruͤhmte rothe Salbe die alſo zubereitet wird:

  • Man nehme
  • 4 Loth Terpentin,
  • 8 Loth Gruͤnſpan,
  • 4. Loth gebrannte Alaune,
  • 2. Loth blauen Victriol,
  • 2 Pfund Honig,
  • 1. Noͤſel Weineßig,

Dieſes alles wird klar gerieben oder ge - ſtoſſen und in den Honig und Weineßig gethan, der Topff muß aber wenigſtens 4. Meßkannen groß ſeyn, damit es nicht uͤberlaͤufft, wozu es gar leicht geneigt iſt, und muß bey einem ge - linden Feuer ſachte und langſam kochen, denn wird es erſt gruͤn, hernach gelb und 1. Stunde darauf roth, bis es zuletzt anfaͤngt hochbraun zu werden, und der Eßig ſich bis auf den drit - ten Theil verkochet hat damit die Salbe anfaͤn - get dehnend und zach zu werden, wenn man ein wenig auf einem Teller troͤpfeln laͤſſet. Unter waͤhrenden Kochen muß continuirlich geruͤhret werden.

Dieſe67Leipziger Roßarzt.

Dieſe Salbe reiniget und heilet, und laͤſ - ſet kein faules Fleiſch aufkommen, wehret auch dem Brand. Beſonders iſt ſie gut, wenn ein Pferd mit einer Miſtgabel hinten in die Koͤte oder ſonſt in ein Gelenke geſtochen worden, wor - nach das Gliedwaſſer ſonſt bald zu lauffen pfle - get, heilet es ſolchen Schaden uͤber die maaßen ſchoͤn, iſt auch ſehr vortreflich ins Feld vor ei - nen Fahnenſchmidt mitzunehmen, heilet alle Hiebe, Stiche und Schußwunden, ziehet alle Schiefern, welche von laͤdirten Knochen abge - ſtreifft ſeyn, heraus, ſepariret auch die ſchwar - zen angebrannten Knochen loß, und heilet in Summa alle Schaͤden aus. Wenns nicht zu hoch kommt, dienet ſie auch den geſchnittenen Pferden auf den Wiederroß zu heilen, denn ſie trocknet und heilet alle Bruͤche und friſche Schaͤ - den aus, laͤſſet auch nicht eher zuheilen, bis der Schaden von innen heraus geheilet iſt.

Nun folget der gebrannte Stein, deſſen Gebrauch ziemlich kundig ſeyn wird bey der ganzen Armee. Es wird dazu genommen:

  • Weiſer Victriol,
  • Blauer Victriol,
  • Salmiac,
  • Salpeter,
  • Kupferwaſſer,
  • von jeden 1. Pfund.
  • Alaun,
  • Salz,
  • jedes 2. Pfund,
  • Gruͤnſpan 1. und ein halb Pfund,
E 2Die -68Der aufrichtige

Dieſes alles wird klar unter einander ge - ſtoſſen, und die Helfte in einen großen Tiegel, worauf 1. und eine halbe Kanne Weineßig oder andern Eßig gegoſſen und mit ſteten Umruͤhren mit einander kochen laſſen, indem es gerne uͤber - laͤufft, und zwar ſo lange, bis es harte und dicke iſt. Es wird dieſe Maſſe oder Stein erſt gruͤn, hernach gelb, und bis er grau wird, denn wenn er nicht lange genung gekocht wird, ſo wird er wieder feuchte und zerſchmelzt wie ſchon erinnert. Es wird von dieſen Stein 1. Loth klar gerieben, und in 1. Noͤſel Brandewein, oder Eßig, oder nur Brunnenwaſſer geweicht, womit alle Schaͤden und Geſchwulſten koͤnnen geheilet, und ſoll mit der gelben Salbe und dieſen Waſſer taͤglich umgewechſelt werden.

Annoch iſt zu erinnern, daß jeder von al - len dieſen Medicamenten oder Salben nach ei - nes jeden Belieben weniger oder mehr kan ge - macht und zugerichtet werden, nur daß die Doſis dabey wohl obſerviret, wird, damit nur hierinn kein Jrrthum geſchiehet.

Das neunte Capitel. Das Alter eines Pferdes zu er - kennen:

Jch bin gar nicht Willens geweſen, vom Alter der Pferde etwas zu ſchreiben, weil ſelbiges an ſich ſchon landkundig iſt, jedoch weiles69Leipziger Roßarzt. es welche giebt, welcheñ es unwiſſend iſt, ſo will ich die gemeine Regel erinnern.

Ein Pferd von 2. Jahren iſt, das in ſeinem Vordermaul 6. Zaͤhne unten und 6. oben hat, welche alle 12. weis ausſehen und voll - kommen nach Fuͤllart gewachſen ſeyn, die alſo die Fuͤllen - oder Fohlenzaͤhne heiſen. Wenn nun das Pferd 2. Jahr alt geweſen und ohnge - fehr 18. Wochen druͤber iſt, und es in guten Futter geſtanden, ſo werden alsdenn die 2. vor - derſten Raffzaͤhne unten und oben gelbe Ringel - gen bekommen, da denn zu vermuthen, daß es binnen 4. Wochen die 4. Fuͤllenzaͤhne verlieren wird. Alsdenn werden ſich binnen 6. Wochen 4. Zaͤhne gezeiget haben, die gelb ausſehen wer - den und nicht weis wie die vorigen, die man Fuͤllenzaͤhne genennet, ſeyn auch ſcharf mit tie - fen Hoͤhlen, dahingegen die Fuͤllenzaͤhne ſtumpf und glatt waren, ſo nun die gelben Pferdezaͤhne ſo hoch gewachſen ſeyn als die erſten Fuͤllenzaͤh - ne, ſo iſt das Pferd 3. Jahr alt. Jn dem 4ten Jahr verliehret es wieder 2. unten und 2. oben auf die naͤchſt vorhergehende Fuͤllenzaͤhne, damit die Pferdezaͤhne in der Mitten ſtehen blei - ben, wenn nun die neuen 4. gelben Zaͤhne ziem - lich hoch ſeyn, als die weiſen Fuͤllenzaͤhne, die noch daneben ſtehen, ſo heiſſet das Pferd 4. Jahr, alsdenn fangen die Hacken an zu wach - ſen, welche ſpitzig und ſcharf ſind, bey einigen kommen ſie wohl mit 3. Jahren, differiren aber auf ein ganzes Jahr auf und ab, nehmlich die 4. Hackzaͤhne.

E 3Es70Der aufrichtige

Es iſt aber zu merken, das unter hundert Stuttepferden vielmahls nicht eins gefunden wird welches ordeutliche Hacken als ein Wallache kriegt, ſo ſie allenfalls welche bekommen, ſo ſeyn ſie nicht als einer kleinen Erbſen groß.

Bey Ausgang des 5ten Jahres verlieret es alle 4. Eckzaͤhne die noch Fuͤllenzaͤhne gehei - ſen haben, und weis geweſen ſeyn, ſo nun vorne die Zaͤhne ziemlich gerade gewachſen ſeyn, aber doch noch nicht gar gerade mit den andern gleich, ſo heiſt das Pferd 5. jaͤhrig, und bleiben die Zaͤhne alſo, zumal wenn ſie gelb ſeyn bis ins 7te Jahr; ohne das ſie die Bohne oder Kern vorne wegfreſſe, es waͤre denn daß das Pferd ins Gras gegangen, und von Natur einen wei - ſen weichen Zahn haͤtte, alsdenn haben ſich die vorderſten 4. Raffzaͤhne, welche zuerſt Pferde - zaͤhne genennet waren, ſchon gleich ausgefreſſen und ſtumpf worden, da denn dieſes erſt ins 7te Jahr geſchiehet.

Mit dem 8ten Jahre werden die andern Zaͤhne 2. unten 2. oben, ſo das Pferd hat, ne - ben den Eckzaͤhnen ſtehen, ſtumpf ſeyn, es waͤre denn das Pferd haͤtte von Natur einen harten und gelben Zahn, welche ſonderlich Schilfzaͤhne genennet werden, dieſe freſſen ſich nicht zu leichte weg als die weichen und weiſen. Mit verfloſſenen 9. Jahren verliehret es denn die Eckzaͤhne, Zahnbohnen, oder Kern. Nach verfloſſenen 10. Jahren erkennet man des Pfer - des Alter mehr an Hacken als an den vorder -ſten71Leipziger Roßarzt. ſten Zaͤhnen, es ſey denn daß es eine Stutte waͤre, die einen gelben Schilfzahn haͤtte, und in harten Futter ſtehe, die kann forne Bone behalten, bis ins 12. bis 14te Jahr, nachdem es faͤllt, denn das Alter an einer Stutte iſt ſchwer zu erkennen. An einen Wallachen aber kann man den Hacken wohl in Augenſchein neh - men, ob er unten wo er aufſtehet, ſehr ſtark iſt, iſt er nicht ſehr ſtarck und duͤnne, auch ſcharf, ſo iſt das Pferd nicht alt, ob man gleich mey - net, die Hacken muͤſſen durchaus ſpitzig und ſcharf ſeyn, welches aber irrig, ob der Hacken gleich ſtumpf iſt, kann doch ſolcher von dem Mundgebiß oder Zaum des Pferdes ſtumpf ſeyn, der Stamm des Hackens aber muß noch duͤnne ſeyn, wenn das Pferd jung ſeyn ſoll.

Den alten Pferden

Zu gefallen, will ich doch noch ein Reme - dium herſetzen, welches noch in keinem Buche zu finden, wodurch manches altes Thier vor der Zeit verderben muß, und andern theils man - chen ehrlichen Mann Dienſte leiſten kann.

Wenn nehmlich ein Pferd, gelbe, groſe, hohe und harte Raffzaͤhne haͤtte und eben dieſes Pferd nicht ſonderlich ins Gras gegangen waͤre, daß es ſeine harten groſſen Zaͤhne nicht hat weg - freſſen koͤnnen, ſondern bey ſeinen harten Futter die Backzaͤhne dermaſſen nieder gefreſſen, daß auch zuweilen Luͤcken zwiſchen denen BackzaͤhnenE 4blei -72Der aufrichtigebleiben, wo zwiſchen man faſt einen kleinen Finger ſtecken kann, ſoll aber doch ſein gehoͤri - ges Heu oder Stroh freſſen, ſoll auch denen an - dern Pferden, die Arbeit gleich thun, kann aber durch ſein langſames Weſen den andern nicht gleich kommen, es ſchlinget zwar wohl ſein har - tes Futter zur Noth aus groſen Hunger hinein, dieweil ſelbiges nicht klar machen und beiſſen kann, ſo hilft es ihm aber nichts, ſondern ge - het bey vielen mehrentheils ganz wieder hinweg, wenn es inſonderheit keinen guten Magen mehr hat. Dieſen armen Thieren nun kann man noch damit zu Huͤlfe kommen, wenn man den Pfer - den ein Maulgatter einſetzt, und mit einer fei - nen klaren Raſpel dem Pferde vorne die groſen gelben Zaͤhne nieder raſpelt, man kann manche auf 1. halb viertel Zoll abraſpeln, ehe die Back - zaͤhe wieder zuſammen treffen, daß alsdenn das Pferd ſein gehoͤriges Futter mit Appetit wieder freſſen und zuweilen noch 3. bis 4. Jahr Dienſte thun kann.

Auch iſt zu obſerviren, daß ein guter Pfer - dewaͤrter, wenigſtens aller 8 Tage ſeinem Pfer - de die Zunge wohl viſitire, damit ſie nicht etwa von dem ſcharfen Gebiß zu ſchanden geriſſen iſt, wodurch das Pferd an ſeinen Freſſen auch viel verhindert wird.

Wenn die Zunge zerriſſen waͤre, ſo nimmt man man einige Loͤffel voll Honig, dazu 1 Loth Alaun, dieſes mit einander kochen laſſen, bis es braun wird, die Alaune muß aber zuerſt klarge -73Leipziger Roßarzt. gemacht und die Zungenluͤcke taͤglich einmal da - mit geſchmieret werden; ſo auch einem Pferde der Kern gebrennet wuͤrde, kann es auch mit dieſer Salbe geheilet werden, wie auch alle Mundſchaͤden. Noch iſt zu erinnern, daß man denen jungen Pferden wohl nach den Backzaͤhnen ſiehet, welche bisweilen hinter den Hacken vor den Backzaͤhnen ſtehn, welche vorſichtig rausgenom - men werden muͤſſen, und in die Luͤcke, wo der Wolfszahn geſtanden hat, wird ein wenig von dieſer rothen Mundſalbe hineingethan, damit ſich das Futter nicht hineingequetſchet, und die zerriſſene Zunge muß vom Futter fleißig ausge - raͤumet werden.

Es iſt faſt nicht Noth zu erinnern, daß ſo jemand ein Pferd den Perzel abſchlaͤgt, das ſel - biger ſtark und feſte mit Bindfaden gebunden werden muß, wenn er gut gebunden iſt, braucht er nicht gebrennt zu werden, ſondern darf nur einigemal mit der rothen Heilſalbe geſchmieret werden.

Jch ſollte zwar noch etwas erinnern von denen raudigen Pferden, aͤuſerlich zu waſchen oder zu ſchmieren, iſt aber eigentlich ohne Noth. Es iſt beſſer die Raude verlieret ſich durch in - nerliche Medicamenten, als Aderlaſſen, Pur - giren, im Nothfall auch durch Lederſtecken, und folgends durch die Verſchlagmedicamenten, die oben vorgeſchrieben ſeyn, von inwendig auszu - heilen. Jch will aber doch etwas aͤuſerliches recommandiren, denn ich weiß, daß es mancheE 5nicht74Der aufrichtigenicht anders thun, und glauben, es muͤſſen aͤu - ſerliche Medicamenten dabey gebrauchet werden, ſonſt koͤnnte man die Raute nicht heilen: Man nehme

  • Gute ſcharfe Lauge, thut daran eine gute Geſpe Huͤnerkoth
  • 4 Loth Gruͤnſpan
  • 1 und 1halb Pfund Alaun
  • Eine Hand voll Salz.

Dieſes wird erſt klar gemacht, und in der Lau - ge mit einander gekocht, alsdenn wenn es ſich geſetzt hat, wird das Waſſer abgegoſſen, wo - mit alsdenn die Raute gewaſchen wird, dreymal hinter einander ein Tag um den andern, ſo als - denn die Haare abgegangen waͤren, ſo ſchmieret man die Stelle mit der gelben Salbe, ſo wer - den die Haare wieder wachſen.

Anhang. Von rotzigten Pferden.

Weil jederzeit viele Streitigkeiten dieſer Krank - heit wegen entſtanden, alſo will hierdurch meine Meynung eroͤffnen, welche ich aus meiner viele Jahre gehabte Praxi befunden habe, nemlich wie ein ſolches Pferd voͤllig vor rotzig kan er - kannt werden. Es muß taͤglich aus der Naſeeine75Leipziger Roßarzt. eine roͤthliche und gelbe Materie fließen, die Rotzknoten welche zwiſchen denen Kienladen, lie - gen unbeweglich, und muͤſſen mit des Mondes - ſchein ab - und zunehmen, es ſeynd auch dieſe Knoten zu keiner Reifung zu bringen, indem es ein hart knorpelichtes Weſen iſt; die Augen ſind ihnen beſtaͤndig truͤbe und triefend; die Zunge iſt gelb und welk, knirſchen mit den Zaͤhnen und koͤñen nicht wohl freſſen; ſie ſchnauben und ſind ſchlaͤgebaͤuchigt; die Haare ſtehen ihnen empor; das Fell liegt auf den Ribben feſt an, der Miſt ſiehet hochbraun und dinne, der Urin iſt roͤthlich, zuletzt mit einer weiſſen Materie vermiſcht, weñ ſie ohngefehr 24 Stunden im Stalle ſtehen, lau - fet ihnen der Schlauch und die Beine an, ſo ih - nen Ader gelaſſen wird ſiehet das Blut gelb und duͤnne, wenn das Blut einige Zeit gelaufen, ſie - het es dicke und ſchwarz, auch zugleich ſtinkend, die Haare am Mehnen und Schweif ſtehen nicht feſte, wenn nun ſolche Pferde aufgemacht wer - den, ſo befindet ſich daß die Roͤhren die von der Naſe in die Hoͤhe gehen angefreſſen und ſchwarz ſeyn, inwendig befindet man in der Lunge Kno - tengeſchwuͤre und mit Knorpel vermenget, groß u. klein, wie auch ſich Geſchwuͤre in der Leber be - finden, wenn das Herz auch zerſchnitten wird, ſo wird man eine gelbe Gallerte oder Materie gewahr werden, die Herzkammer iſt mit einer gelben und ſtinkenden Feuchtigkeit angefuͤllet, wie auch in der großen Ader, welche durch den Ruͤckgrad gehet und ohngefehr eines Fingersſtark76Der aufrichtigeſtark iſt, befindet ſich eine Materie, welche die Aehnlichkeit des Rindsmarks hat, bey einigen ſo die Rotzknoten nicht unter dem Halſe haben, findet man ſolche mehrentheils an den Nieren, und wird alſo dieſes der Erbrotz genennet, wel - cher incurabel und anſteckend iſt, und verſchrei - be ich hier wider keine Medicamenten, wenn aber ſich ſolche Kennzeichen an einem Pferde nicht alle befinden, ſo kannn keiner mit guten Gewiſſen behaupten, daß es voͤllig rotzig ſey, gleichwie nun dergleichen Pferde, das den Erb - rotz hat incurabel iſt, wie nur beſchrieben wor - den, in keinem Stalle zu dulten, alſo habe auch dieſes Capitel zuletzt gelaſſen und von den andern ſepariret.

Nun wollen zwar viele die Stockdruͤſe, Lungen - und Herzdruͤſe, auch mit zum Rotze zie - hen. Es iſt zwar nicht zu leugnen, daß durch unrechten Umgang des Pferdes, nemlich durch kalt Saufen, Schwemmung oder Uebertreibung, wie auch Ueberreitung, worzu noch Verkaͤltung kommt, und nicht bey Zeiten Huͤlfe geſchiehet, ſelbiges ſich auch in Rotz verwandeln, abſonder - lich wenn bey dergleichen Krankheiten ſaure und ſcharfe Traͤnke gebrauchet werden, weil ſelbige die Natur der Pferde nicht wohl vertragen kan, hierzu recommendire in allen dieſen jetzt benann - ten Krankheiten, mein rothes engliſches Druß - Freß - und Blutreinigungspulver: Man nehme

Ro -77Leipziger Roßarzt.
  • Rothe Entzianwurzel
  • Myrrhen
  • Lerchenſchwamm
  • Schwefel, gelben und grauen
  • Eberwurzel
  • Meiſterwurzel
  • Liebeſtoͤckelwurzel
  • Foͤnum graͤcum
  • Wacholderbeeren
  • Saadebaum
  • Hepar Antimonii
  • Haſelwurzel
  • Meerrettig
  • Hohlwurzel
  • Antimonium crudum
  • Leinſaamen
  • Senf
  • Fenchel
  • Anis, von jeden 8 Loth, und
  • Rothen Bolus, 1 Pfund.

Dieſe Stuͤcke werden zu Pulper gemacht, unter einander gemiſcht und den Pferden Abends und Morgends jedesmahl einen maͤſigen Eßloͤffel voll Fruͤh im erſten, und Abends im letzten Futter gegeben, es wird aber vorhero das Pulver be - nebſt den Futter ehe es gegeben wird, ange - feuchtet.

Ein ordinaͤr und beruͤhmtes Freßpulver, vor Pferde, die nicht wohl freſſen und zuneh - men wollen: Man nehme

  • Wacholderbeeren
  • Saadebaum
  • Senf
  • Grauen Schwefel
Cal -78Der aufrichtige
  • Calmus
  • Harten Ofenruß
  • Wermuth
  • Antimonium Crudum
  • Pommeranzenſchalen
  • Salz, jedes 1halb Pfund.

Dieſes wohl pulveriſiret, hernach taͤglich ein Eßloͤffel voll jedem Pferde, fruͤh im erſten Fut - ter, welches angefeuchtet wird, damit das Pferd es nicht wegblaſen kan, gegeben. Hiermit wird 1. Monat lang, jede Woche 3mal hinter einan - der continuiret. Es treibt auch die Wuͤrmer von dem Pferde ab. Jſt ſehr bewaͤhrt und pro - bat erfunden worden.

  • Nun will ich auch noch was erinnern von dem Rindvieh, Schaafen und Schweinen, in wieferne vorgedachte Medicamente ihnen applicabel ſeyn.

So nun eine Kuh krank wuͤrde vom Verfan - gen durch Wind oder uͤberfluͤßigen Saufen, oder welches noch viel ſchlimmer vom uͤberfluͤßigen Freſſen, oder verfaulten moderichten Krumt, oder gefrornen Kraut oder Ruͤben, oder aber ſonſt was giftiges und unreines gefreſſen haͤtte, woran viele Kuͤhe crepiren muͤſſen, inſonderheit an der Darmgicht, die daraus entſtehet, wenn nicht bey Zeiten Rath geſchaffet wird, das Keñ - zeichen davon iſt, wenn ſolche Kuh zuerſt mitallen79Leipziger Roßarzt. allen vier Beinen zuſammentritt, dicke auflauft, einen heiſen Odem ſchnaubet und ſtoͤhnet, nicht lange liegen kann, wenn ſie ſich niederlegt, nicht gut wieder aufſtehen kan, die hintern Theile und Creutz werden matt und kraftlos, wenn es uͤber - hand nimmt, bleiben auf dem Arſch ſitzen wie ein Hund, koͤnnen nicht aufkommen, alsdenn iſts die hoͤchſte Zeit, naͤchſt goͤttlicher Huͤlfe noch Rath zu ſchaffen. Wenn nun auf ſolch Vieh wohl Achtung gegeben worden, und geſehen oder gefuͤhlet, ob es miſten koͤnne oder nicht, ſo muß es ſo viel als moͤglich iſt, herumgefuͤhret werden, alsdenn wird ein wenig warm Waſſer genom - men, worein ein Stuͤckgen Seife geſchabet wird, ſo mans haben kan, wird ein wenig Baum - oder Leinoͤl dazu genommen, die Hand und Arm mit dieſen Waſſer und Sachen wohl geſchmieret, und der Kuh in den Maſtdarm ge - griffen, der Miſt wohl ausgeraͤumet ſo weit als man ihn erlangen kan, da alsdenn dieſes Waſſer folgends dem Vieh in den Maſtdarm ſoll gegoſſen werden durch ein Horn, ſodann ein wenig Pfeffer und Salz in die Geburt geſtecket, damit ſie ſtallet, und zum miſten befoͤrdert wird. Alsdenn wird von der vorgeſchriebenen Latwerge 3 Loth ſchwer oder einer ſtarken welſchen Nuß groß nebſt ſo viel Butter der Kuh in den Hals geſtecket zum Verſchlingen, und wird das Stuͤck Vieh ſo viel moͤglich herumgefuͤhret, bis es miſtet, der Leib wird unterdeſſen mit einem breiten Sacke wohl gebunden, ſoll allenfalls ſichin80Der aufrichtigein 3 Stunden die Krankheit nicht legen, ſo wird noch einmal mit dieſer Latwerge verfahren und wird dem Vieh oft laulicht Waſſer mit Kleyen angemacht und oft Saufen vorgehalten, obgleich die Kuh hochtraͤchtig waͤre, ſo ſchadet doch die - ſes Medicament nicht, zur Latwerge nehme man

  • Myrrhen
  • Aloe
  • Hohlwurzel
  • Entzian
  • Lorbeeren
  • Alandwurzel
  • Wachholderbeeren
  • Fenchel
  • Anis
  • Von jeden 2 Loth.

Dieſes alles wird klar zu einen Pulver ge - macht, wozu 1. Pfund Syrop, und 1. Pfund Honig genommen wird, und kan zu einer ſtar - ken Maſſe oder Teig gemacht werden, wovon man 3 Loth einer Kuh eingeben kan, wie ſchon erwehnet, oder ſo viel als einer welſchen Nuß groß. Einem Kalbe aber wird nur die Helfte gegeben, es ſoll aber auch nicht vergeſſen wer - den, ſo eine Kuh oder Ochſe in 2 bis 3 Stun - den nicht wieder geſund waͤre, ſo werden ihn die Lungenadern gelaſſen am Halſe, wie auch die Adern unter der Zunge mit aufgemacht, und wird ihm Salz in die Naſenloͤcher geblaſen, damit dasVieh81Leipziger Roßarzt. Vieh brauſen kan, ſo wird alsdenn die Krank - heit ſich in kurzen legen, wenn die Darmgicht nicht ſchon voͤllig uͤberhand genommen, oder all - bereits ſchon gar den Brand verurſachet. Jſt jemahls eine Medicin erdacht oder wider das Viehſterben appliciret worden, ſo wird ohne Ruhm gemeldet, daß dieſer Medicin keine nicht leichte beykommt. Zur Praͤſervation bey dem Viehſterben ſtecket man jeden Stuͤck Vieh taͤg - lich von dieſer Latwerge 2 Loth ein, in waͤhren - der Krankheit aber 3 Loth taͤglich nebſt 1. Stuͤck Butter, denn ſo iſt naͤchſt goͤttlicher Huͤlfe viel Vieh erhalten worden. Es koͤnnte von dieſer Latwerge oder Teriac noch vieles geſchrieben wer - den, es wird aber ſeine Tugend durch ſeine Wir - kung beweiſen, beſonders wenn eine Kuh Blut milket, oder blaue Milch giebet oder ſonſt kein Gedicke hat, das ihm nehmlich die Haut auf dem Ruͤcken und Ribben geklebet hat, wie vie - les Vieh nicht zunehmen kan, weil das verfangene noch bey ihm in der Herzkammer liegt, wodurch die andern umliegende Theile als Lunge und Leber angegriffen u. die faulen Feuchtigkeiten angegrif - fen und verbrannt worden, daß auch ſo gar das ganze Gebluͤte faul und ſtinkend wird, wo wol - len alſo die guten Nahrungsſaͤfte zur Milch her - kommen, wo kein gut Blut vorhanden iſt, an - dere aber verfangen oder verſchlagen mehrentheils ins Creutz, und werden alsdenn die Hinterthei - le lahm, da heiſſet es alsdenn die Kuh iſt behe - ret, die Meynung aber iſt falſch, und kan man -Fches82Der aufrichtigeches nicht einſehen, daß das Verfangen oder Verſchlagen bey einem Stuͤck Vieh ſo lange ver - borgen ſeyn kan, bis ſichs ausweiſet, es kann ſich aber bey vielen nicht eher zeigen, bis die in - nerlichen Theile, als Herz, Lunge und Leber durchmodert und angefaulet ſeyn, indem mehren - theils alle Verfangungen aufs Herz ſchlagen, von daher erſt durch die großen Adern nach dem Creutz geleitet wird, alſo iſt der Hauptgrund und Urſache von vielen Rindviehkrankheiten das Verfangen, die doch der Hexerey Schuld gegeben werden. Es ſoll ein jeder Hauswirth, der Rindvieh hat, wohl auf Praͤſervationes be - dacht ſeyn, und ſoll ſeinem Vieh jaͤhrlich 2mal die Lungenader ſchlagen und etwas woͤchentlich von dieſer Latwerge gebrauchen laſſen, damit ſolche Krankheiten nicht uͤberhand nehmen koͤn - nen. Es wird auch ein jeder befinden, daß der ganze Nutzen, ſo vom Rindvieh herkommen ſoll, ſich beſſer finden wird.

So ein Schwein krank wuͤrde, ſoll man einem ſtarken Schwein 1. Loth, einem mittel Schwein aber nur 1. halb Loth von dieſer vorge - ſchriebenen Latwerge eingeben und wohl einſte - cken, die Krankheit mag Namen haben wie ſie will. So ein Ochſe, Kuh oder Schwein lahm wuͤrde von Verrenkung oder Verſtauchung, oder eine offene Wunde, oder Geſchwulſt haͤtte, ſo kan ſolches ebenfalls durch die vorgeſchriebene gelbe Salbe, welche bey den Pferden ſehr deut - lich beſchrieben worden, wieder curiret werden.

Noch83Leipziger Roßarzt.

Noch zu einer Zugabe will ich dem geneig - ten Leſer noch zu großen Nutzen, daß ich das Verſprechen von meiner Aufrichtigkeit erfuͤlle, entdecken einen Spiritum, welcher in allen vor - fallenden Laͤhmungen und Geſchwulſten, ſie moͤ - gen von Fluͤſſen, Verſtauchung oder Schlangen herruͤhren, zu gebrauchen, abſonderlich, wenn ein koſtbar Pferd ſpadig oder verſtaucht, daß man nicht gern mit ſcharfen Sachen oder Schmie - ren, vielweniger mit Haarſeilen oder Lederſte - cken beſchandflecken will, ſo wird dieſer Spiri - tus ſeinen Effect mit dem groͤßten Nutzen ſelbſt beweiſen:

Man nehme 2 Kannen ſtarken Brande - wein, darein wird gethan 1 halb Pfund gequetſch - te Wachholderbeeren, wie auch eine gute Hand voll Camillenblumen, und eine Hand voll Jo - hannisblumen, eine Hand voll Ottermenge, wo - zu 2 Loth Campher genommen wird, dieſes al - les klar geſchnitten, den Campher zuvor wohl gerieben, und in dem Brandewein gethan, als - denn ungefehr 8 bis 9 Tage entweder an die Sonne, oder auf den Ofen geſetzt, da er als - denn bey vorfallender Gelegenheit im Nothfall kan gebrauchet werden.

Eine koͤſtliche Hornſalbe, welche zu aller - ley Hornſchaͤden wie auch Hornkluͤfte, ſproͤde und muͤrbe Huͤfe, auch vor die Pferde, welche Kernſchwindung haben, werden hiermit fleißig, geſchmieret: Man nehme

F 2Gelb84Der aufrichtige
  • Gelb Wachs
  • Terpentin
  • Leinoͤl
  • Baumoͤl
  • Fiſchthran
  • Bockinſelt, oder Schoͤpsinſelt
  • Klauenfett, und
  • ſchwarz Schiffpech.

Dieſes alles zuſammengekocht, eines ſoviel als das andere, und die Huͤfe alsdenn damit ge - ſchmieret. Jſt ſehr probat.

Gleichwie von mir mit groͤßter Aufrichtig - keit, dieſe durch lange Erfahrung probat erfun - dene Operationes und Medicamenta vorgetra - gen und angeprieſen werden; alſo bin erboͤtig vor jedem erfordernden Falls, Red und Antwort zu geben, durch die Anatomie des Pferdes den Grund anzugeben, auch jedermann auf ſein Verlangen die beſchriebene Operationes und Cur in Natura zu zeigen und Anweiſung zu geben. Sollte auch jemand die vorgeſchriebene Medica - menta ſelbſt zu machen, keine Gelegenheit und Luſt haben, ſo bin erboͤtig〈…〉〈…〉 n ſolche gegen bil - ligmaͤſige Bezahlung, weil ich einen ziemlichen Vorrath davon beſitze, zu uͤberlaſſen, oder aber die Zubereitung derſelben auf Verlangen ſelbſt in Perſon anweiſen. Der Gerechte erbarmet ſich ſeines Viehes und der Ungerechte laͤſſets ver - derben. Uebrigens wuͤnſche hiermit von Gott dem geneigten Leſer viel Gnade und Segen bis an das Ende.

[85]

Verzeichniß dererjenigen Sachen, ſo in die - ſem Buche befindlich.

Das erſte Capitel.

  • Was bey dem Einkaufe derer Pferde zu be - obachten1

Das andere Capitel.

  • Von denen jungen Pferden, und dererſelben Kroͤpfen und Druͤſen6
  • Ein Druͤſe-Freß - und Blutreinigungspulver, ſo wider den Haarſchlag u. Lungenſucht dienet10
  • Ein anders dergleichen11
  • Noch ein anders auf ein ſchlecht und wohlfeil Pferd11
  • Noch eines, von welchen Morgens und Abends und zwar fruͤhe im erſten und Abends im letzten Futter ein Eßloͤffel voll ge - geben wird12

Das dritte Capitel.

  • Von Verſchlagung, Ueberreitung, oder auch Verfangung derer Pferde13
  • Anweiſung einem Pferd ein Haarſeil zu ziehen18
  • Ein Einſchlag vor die Kernſchwindung20
  • Die Engliſche oder ſo genannte Verſchlagpille auf alle Krankheiten eingerichtet22
  • Vom Cliſtir eines Pferdes25
  • Eine koͤſtliche Purgierpille vor ein Pferd32
F 3Ein[86]
  • Ein Leder zu ſtecken auf der Bruſt33
  • Eine Latwerge auf alle Krankheiten gerichtet, abſonderlich wenn es dem Pferde aus der Na - ſe gehet, und wird eigentlich die Engliſche Jagdpille genannt35
  • Eine andere Verſchlagpille37
  • So ein Pferd nicht ſtallen kan38

Das vierte Capitel.

  • Von denen kollerichten und tummen Pferden39
  • Wie einem kollerichten und tummen Pferde un - ter dem Schuppen der Kopf aufgemachet und mit Licht - und Collerader verfahren wird41
  • Ein Pulver vor die tummen Pferde43
  • Von Pferden, ſo die Maulſperre haben und wie mit ſolchen zu verfahren44
  • Einen im Creutz verſtauchten oder verſchlage - nem Pferde das Creutz aufzuſchneiden45

Das fuͤnfte Capitel.

  • Von denen Augenkrankheiten47
  • Augenſalbe47
  • Einem Pferde den Hauck zu ſchneiden48
  • Ein Augenwaſſer50
  • Eine Salbe vor Oberbeine, Flußgallen, Stol - lenbeulen, Leiſte, Ellenbogen und Piephake, auch ſo der Spad noch weich, zu gebrau - chen52
  • Von Brennung des Spads, der ſchon hart iſt58

Das ſechſte Capitel.

  • Von den Verrenkungen uͤberhaupt60
  • Eine Salbe zu allen Verrenkungen und Ver - ſtauchungen62
Ein[87]
  • Ein Umſchlag vor alle Geſchwulſten, Verſtau - chung und Verrenkung zu gebrauchen64
  • Vom Aufmachen und Oelgieſſen, bey Schwin - dung der Pferde65
  • Die Oele darzu66
  • Eine gelinde Salbe zu allen Verrenkungen67
  • Von vernagelten und erbellten Pferden69
  • Pferde, welche von Steingallen lahm74
  • Von Hornkluͤften74
  • Von Auskoͤten75
  • Eine Salbe vor die ausgekoͤteten Pferde77

Das ſiebende Capitel.

  • Von Druͤckungen der Pferde mit Sattel und Kummt78
  • Anweiſung wie ein Pferd ſoll geſchnitten werden auf den Wiederroß80
  • Wie das Meſſer ſoll ſeyn, womit ein Pferd auf den Wiederroß ſoll geſchnitten werden84
  • Der gruͤne und graue Stein zu den gedruckten und ſonſt ſchadhaften Pferden85
  • Ein trocken Pulver darzu85
  • Von der Maucke oder Fluße, von welchem zu - weilen Salzfluͤße entſtehen89
  • Einem Pferde die Blaſe zu ſchneiden bey denen fluͤßigen, Beinen91

Das achte Capitel.

  • Von innerlichen und aͤuſerlichen Medicamenten auf allerley Krankheiten und Schaͤden ge - richtet92
  • Ein Pferd zu purgiren92
  • Von den ſo genannten Wurm oder ſcharfen ſal - zigen Feuchtigkeiten94
F 4Ein[88]
  • Ein innerliches Pulver darzu95
  • Die gelbe Salbe, vor allerley Geſchwulſt, offe - ne Schaͤden und Verrenkungen96
  • Die beruͤhmte rothe Salbe, zu allerley Huf - ſchaͤden, Hornkluͤfte, wie auch zu offenen Schaͤ - den, weil ſie inſonderheit kuͤhlet, reiniget und heilet, zu gebrauchen98
  • Zubereitung des gebrannten Steines101

Das neunte Capitel.

  • Das Alter eines Pferdes zu erkennen103
  • Einem alten Pferde das Maul auszuputzen108
  • So einem Pferde die Zunge zerriſſen111
  • Einem Pferde den Scheif abzuſchlagen112
  • Ein Waſſer vor rautige Pferde113

Anhang.

  • Von rotzigen Pferden114
  • Das beruͤhmte rothe Engliſche Pulver, vor magere, haarſchlaͤgtige, ſtocktruͤſigte, und Huſtende Pferde, auch vor die mit Wuͤr - mern geplaget ſeyn118
  • Ein beruͤhmtes Freßpulver, vor Pferde, die ſehr mager und das Futter nicht verdauen koͤnnen119
  • Von denen Krankheiten des Rindviehes uͤber - haupt120
  • Eine beruͤhmte und koͤſtliche Latwerge vor Rind - vieh und Schweine123
  • Ein koͤſtlicher Spiritus vor allerley Laͤhmungen und Schwindungen129
  • Eine koͤſtliche Hornfalbe130
Beſchrei -[89]

Beſchreibung der wohlapprobirten u. weit beruͤhmten Roß - und Vieh - Medicamenten, welche bey dem Privilegirten Roßarzte, Bernhard Naumannen, geweſenen Cur - und Fahnenſchmidt bey denen Koͤnigl. Pohln. und Churfuͤrſtl. Saͤchſiſchen Truppen anjetzo wohnhaft in Leipzig, auf der Haͤlliſchen Gaſſe in meinem Hauſe, un - ten im Gewoͤlbe zu haben ſind

[figure]

Leipzig, 1780.

90

1. Ordentliche Beſchreibung des weitberuͤhmten und wohl approbir - ten rothen Leipziger Druͤſe-Kropf - Freß - und Blutreinigungs - Viehpulver.

So ein Pferd kropfet, druͤßet haarſchlech - tig, mager, vom Wurm aufgebiſſen, raͤutigt, herz - oder ſteindruͤßigt, lungenſuͤchtig, mit dicken aufgebrochnen Beinen, oder Schlau - chen, wie auch ſonſt allerley Beulen an das Pferd rum, welches verſtockte Druͤßen genennet werden, und kommen meiſtens von Uebertrei - bung, wozu ein kalter Soff die mereſte Schuld mit iſt: dieſe benannten Krankheiten beſtehen meiſtens aus Uebertreibung, Verhitzung, wor - auf Verkaͤltung erfolget iſt, wovon hauptſaͤch - lich die inerlichen Theile mit verdorben ſeyn, die natuͤrlichen Saͤfte verſauert, und angefaulet ſeyn, weil viel auch mit Schuld iſt, daß die ordentlichen Aderlaͤſſe unterlaſſen iſt, abſonderlich bey jetzi - gen Jahren, von vielen tumpfigten Futter die Saͤfte auch ſehr verdorben ſind: Es kann naͤchſt goͤttlicher Huͤlfe mit dieſen Pulver die ſaͤmmt - lich angezeigten Krankheiten, wenn das Pferd nicht voͤllig auf das aͤußerſte inficiret iſt, und die Herzkammer mit faulen Waſſer angefuͤllet iſt, noch wieder gehoben werden, wann fruͤh und Abends jeden Pferd jedesmal ein Eßloͤffel vollin16[91]in Futter gegeben wird; fruͤh in erſten, Abends in letzten, es treibet auch die Wuͤrmer aus dem Leibe, und kann jedem Pferde 1 Pf. hinterein - ander wie vorbeſchrieben, verbraucht werden, wobey zu erinnern, daß acht Tage wieder aus - geſetzt werden, alsdenn nach Nothdurft wieder - holet, wie vorbeſchrieben, jeden Pferde taͤglich 2 Eßloͤffel voll fruͤh und Abends gegeben; zur Praͤſervation kann Monats drey Tage hinterein - ander fruͤh u. Abends jedesmahl ein guter Eßloͤf - fel voll gegeben werden, abſonderlich welche auf Straßen bey unreinen Krippen oder unreine in Eymern wo rotzige oder lungenrautige Pferde gefreſſen, oder geſoffen, wodurch vielmals groß Ungluͤck durch Anſtecken entſtehet, kann naͤchſt goͤttlicher Huͤlfe wie vorbeſchrieben, gebraucht, noch verhuͤtet werden, erhaͤlt auch die Pferde friſch, geſund glatt und fett, koͤnnen auch alle andere vorbeſchriebene Krankheiten hierdurch noch verhuͤtet werden.

Jt. So eine Kuh die Milch verlohren, oder rothe oder blaue Milch gebe, oder durch Ver - fangen mager, lungenſuͤchtig, ſo wird jeder Kuh von dieſem Pulver die Woche 3mal jedes Tages ein guter Eßloͤffel voll in Siede oder Kley zu freſſen gegeben, erhaͤlt das Vieh nicht allein vor anſteckenden Seuchen oder Krankheiten, ſondern haͤlt auch das Vieh glatt und geſund; bey den Seuchen aber wird denen kranken Vieh taͤglich ein guter Eßloͤffel voll in Siede und Futter ge - geben oder eingegoſſen, denen geſunden aber dieWoche92Woche 3mal, jedesmal ein Eßloͤffel voll zur Praͤſervation um die Seuche zu verhuͤten, mit ins Futter gegeben, verhuͤtet auch die ſogenann - ten Franzoſen bey dem Vieh, und iſt durch die - ſes Pulver und den vorbeſchribenen Theriac bey dem Viehſterben umzechig gebraucht worden, noch viel Vieh erhalten worden. Zween Schweinen aber wird nur woͤchentlich ein guter Loͤffel voll vor anſteckenden Seuchen gegeben, welche auch auf Maſt ſtehen, damit ſie beſſer maͤſten und zunehmen, und keine Beulen untern Halſe, wie auch Finnen bekommen.

2. Beſchreibung dieſes wohl appro - birten und zwar bey vielen tauſend Pferden, Rind - und Schweine - vieh-Theriacs.

So ein Pferd krank waͤre von Verfangung, ſo wohl Ueberreitung in Wind und Fut - terverſchlagung wie auch vor allerhand Cholica von Winde, Waſſer, oder Futteruͤberfreſſung ꝛc.

Jtem. So ein Pferd von Wuͤrmern, Fei - beln, oder kalten Saufen, oder was unreines oder giftiges gefreſſen, krank, oder ſonſt nur aufſtuͤtzig waͤre ꝛc.

Jtem. So ein Pferd von Truͤſen Kropf mein roth Pulver nicht freſſen moͤchte, oder konnte ꝛc.

Jtem. So ein Pferd Blut ſtalle, oder in Grieß, oder Steinwehen in blaßen nicht ſtallen koͤnnte, ſo wird auf allen dieſen benannten Krank -hei -93heiten, wenn die Krankheit heftig iſt, ein - loͤffel voll in warmen Bier oder Kofend von dieſem Theriac eingeruͤhret, und eingegoſſen, u. ihm Salz in die Naſe geblaſen, bis es brauſet, worauf ein wenig geritten oder gefuͤttert, und wohl Achtung darauf gegeben, damit ſich das Pferd nicht auf den Ruͤcken uͤberwaͤlzen noch uͤber - ſchlagen thut, damit ſich von aufgelaufnen Wind - daͤrmen und Futterdaͤrmer ſich in den Leibe mit einander nicht verſchleifen, welches toͤdtlich iſt: Sollte allenfalls in einer guten Stunde die Krank - heit nicht nachlaſſen, ſo wird ihm die Sporader am Bauche gelaſſen, und wird ihn der Kern im Maule geſtochen, und Salz in die Naſe gebla - ſen, und wird bey einmal Eingießung bey dieſen Krankheiten genung ſeyn, nach Nothdurft aber in 24 Stunden noch einmal eingegeben, ſollte aber das Pferd von Darmgicht, von Futter oder Winde oder kalten Soff herruͤhren und ſehr auf - gelaufen ſeyn, ſo ſoll man die Hand mit Seife, Baumoͤl, oder Butter vorher ſchmieren, und ſoll ihm der Miſt aus dem Maſtdarm gezogen werden, abſonderlich den Futter - oder Windke - ckern welches meiſtens mit dieſen Krankheiten behaftet. NB. welche Pferde aber nur halbe kalte Ohren haben, eine welke Zunge, etwas mit dem Leibe ziehn, die duͤrfen nur 2 Meſſerſpitzen voll von dieſen Theriac auf Brod geſchmieret, den Pferden einſtecken. Eine alte verſchlagene Krank - heit im Leibe wird alle 24 Stunden wie vorbe - ſchrieben eingegoſſen.

Ein94

Ein dumm Pferd, welches mit dem Leibe zieht, nicht gern zuruͤckgehet, eine welke Zunge hat, wobey viel Hitze im Rachen den giebt man all im andern Tag und zwar 3mal hintereinander einen Loͤffel voll oder 3 Loth in ſuͤßen Bier, wor - zu 6. 8. bis 12. friſche Eyer eingequerlt werden, wie auch wenn mans haben kann 1 Loth Salpe - ter in den Trank klar gemacht, wobey ihm die Spornadern gelaſſen werden, dabey zu erinnern, ſo der Mond alt wird, die Licht - und Colleradern gelaſſen werden, und den 6ten Kern geſtochen, die Breynader unter der Zunge wird quer durch - ſtochen, ſo nun des Pferdes Gehirn noch nicht inficiret, oder gelb Waſſer in Gehirn liegen haͤtte, wie auch Lunge und Leber noch nicht voͤllig an - bruͤchig waͤre, und im faulen Waſſer ſchwimme, ſo werden naͤchſt goͤttlicher Huͤlfe auf ſolche Art dumme Pferde noch wieder curiret, mit denen Collrichten wird eben ſo verfahren.

NB. So mancher mit den Pillen einzuſtecken beſſer umgehen kann als eingießen, der nimmt Mehl oder Kley und formiret eine Kugel draus wie ein klein Huͤhner Ey groß, und wird dem Pferde mit einem Stocke einer Elle lang und eines Fingers oder Daumes dicke eingeſtecket, die Krankheit habe Nahmen wie ſie will.

Jt. So eine Kuh krank wuͤrde von tumpig - ten Grumt oder erfrohrnen Kraut oder ſich ver - fangen, oder was unreines gefreſſen.

Jtem. So eine Kuh Blut melket, oder blaue Milch gebe, oder keine Milch mit Nutzen oderSahne95Sahne gebe, der allbereits ſchon zuſammenge - dorret, daß ihr die Haut auf den Ruͤcken auf - klebte, ſo wird jeden Stuͤck Vieh ſowohl Ochs als Kuh von dieſem beruͤhmten Theriac ein klei - ner Eßloͤffel voll, oder 2 gute Meſſerſpitzen voll auf Brod geſchmieret, und in Hals geſtecket. NB. Zu erinnern, daß denen zuſammengedorr - ten Rindvieh muß am Halſe Ader gelaſſen wer - den, damit die Lungen und Lebers welche mei - ſtens anbruͤchig ſeyn, Luft bekommen, und wird alle 24 Stunden eingeſteckt ſo lange es die Noth erfordert.

Jt. So ein Schwein ſich verfangen haͤtte, oder den Magen durch allzuhitziges Saufen, oder gar von Finnen ſehr duͤrre und zuſammengedor - ret waͤre.

Jtem. Auch vor alle anſteckende Krankhei - ten, ſo wird jedem Schwein, ſobald es die Oh - ren haͤngt, oder mit den Zaͤhnen knirſcht, von dieſen Theriac eine Meſſerſpitze voll auf Brod geſchmieret und eingeſteckt, alle 24 Stun - den ſo lang es die Noth erfordert.

Jt. So ein Hund oder Katze was unrechtes bekommen haͤtte, durch Krahnaugen, oder ſonſt was giftiges ſo wird ihnen eine maͤßige Meſſerſpitze voll von dieſen Theriac, nachdem das Thier groß oder klein iſt, eingeſteckt oder eingegoſſen.

NB. So ein Menſch, und zwar ein Fuhr - mann, oder Bauersmann in Abweſeuheit einer Apothecke oder Medicus durch einen kalern Trunk, oder durch unrechter Speiſen,

Jt.96

Jt. Jn ſtinkenden Nebeln oder auf dem Erd - boden gelegen, und ſich erkaͤltet haͤtte, woraus vielmals gefaͤhrliche Krankheiten entſtehen, ſo - wohl Fieber, Reißen der Glieder, wie auch ſtarke Kopfſchmerzen und ſonſt Ueblichkeiten, der neh - me von dieſen Theriac ſowohl curative als praͤ - ſervative eine maͤßige Meſſerſpitze voll nach Ge - legenheit, worauf er wird ſchwitzen, und 2 Stun - den nuͤchtern ſich gehalten, probatum in allen Stuͤcken und kann einen jeden verſichern, daß dieſer Theriac ſowohl hohe als niedrige naͤchſt goͤttlicher Huͤlfe in ihren Wirthſchaften ſehr viel Dienſt thun wird, und habe mehr meinen noth - leidenden Naͤchſten zum Beſten als mir zum Nu - tzen dieſes Arcanum uͤbergeben und recomman - diret, und bitte hiebey keinen Anſtoß zu nehmen, weil dieſer Theriac nicht um ſo einen theuren Preiß gehalten wird, ſeine Probe aber wird ſich ſelbſt loben, und wird keinen Theriac in ſeiner Guͤte was voraus geben, es koſtet das viertel Pf. 4 Gr. und das ganze Pf. 16 Gr.

Bitte hiermit alle Liebhaber der Pferde, daß ſie dahin ſehen, damit keine Krankheit uͤberhand nimmt, denn in der Zeit iſt der beſte Rath, damit man nach dieſen nicht oͤfters als einmal einzuge - ben braucht.

NB. Es hat ohne Ruhm zu melden, dieſer Theriac wie auch mein rothes Pulver bey Ster - bung des Viehes und zwar in den Staͤdtchen Roͤthe, ſowohl bey den Herren Geiſtlichen als honetten Buͤrgern, viele Dienſte geleiſtet, undiſt97iſt noch mit goͤttlicher Huͤlfe dadurch noch vieles Vieh erhalten worden; wenn den geſunden alle Tage von dem Pulver ein Loͤffel voll, denen kranken aber taͤglich 2 Loth, oder einen maͤſigen Loͤffel voll, von den Theriac verwechſelt, iſt ein - gegeben worden.

4. Jt. Eine koͤſtliche Schwindſalbe, vor al - lerley Laͤhmungen ſowohl in Bauch - als Huͤfft - ſchwindungen wird einen Tag um andern damit ge - ſchmiert u. wohl eingerieben, 3mal hinter einander.

5. Jt. Eine ſchwarzbraune Hornſalbe, vor allerhand moͤrbe, ſproͤde und ausgedrocknete Huͤffe feucht und wachſend zu machen, woͤchent - lich 2mal damit geſchmieret.

6. Jt. Die rothe Salbe zu allerley Horn - kluͤften, Steingallen, Tritte auf die Krone, oder Verbellungen, auch ſonſt allerley Schaͤden von Huͤffen oder anderwaͤrts ꝛc. kuͤhlet, reiniget und heilet.

7. Jt. Eine gelbe Salbe vor allerley Ver - ſtauchung, Geſchwulſt, wird mit dem Blau - waſſer umzechig einen Tag um andern gebraucht.

8. Jt. Das Blauwaſſer zu allerley Ge - ſchwulſten und offenen Schaͤden, wird taͤglich einmal damit gewaſchen.

9. Jt. Eine ſchwarze Rautenſalbe vor aller - ley ausgeſchlagene oder rautige Pferde werden alle einen Tag um andern damit geſchmieret, und wohl eingerieben, wenn ihnen das Pulver iſt iñerlich einige Tage gegeben worden, und die Lungadern gelaſſen, wird erſt geſchmieret.

G10.98

10. Jt. Der gebrannte Stein zu allerhand gedruckten Pferden und Geſchwulſten, wird 1. Loth in ein Noͤßel Eßig oder Waſſer aufgeloͤſet, und alle Tage einmahl damit gewaſchen.

Und ſind dieſe obgeſchriebene Medicamente nicht alleine in meinen 25 jaͤhrigen Kriegs - und Fahnenſchmidtsdienſten wohl approbiret worden, ſondern was ich auch in meiner Lehre bey den Koͤnigl. Roßarzt Nicolaus Reinlaͤndern erfah - ren habe, welches auch meine Roßbuͤcher, wel - che der aufrichtige Leipziger Roßarzt betittelt iſt, von allen dieſen Medicamenten, Nachricht er - theilen, auch alle Operationes, was bey den Pferdecuren noch beduͤrftig iſt. NB. Wie einen dummen Pferde ſollte der Kopf unter den Schup - pen aufgemacht werden, die Ader entzweygeriſ - ſen ꝛc. NB. Wie einem Pferde der Haugk ge - ſchnitten, ein Leder zu ſtecken, ein Haarſeil zu ziehen, wie ein Ueberbein oder Spad zu bren - nen, eine Stollenbeule zu ſchneiden, ein Pferd auf den Wiederroß reine zu ſchneiden; wie auch ein Pferd auf dem Creutz aufzumachen, wie auch alle gehoͤrige Medicamente die darzu be - duͤrftig ſind, darinnen zu finden ſeyn, wie auch Leiſt und Ellenbogen zu curiren ſeyn, auch noch alle ſaͤmmtliche Pferdecuren darinnen zu finden ſeyn: Wuͤnſche allen Liebhabern der Pferde viel Nutzen zu ſchaffen, und wird das Werk ſeinen Meiſter loben, denn der Gerechte erbarmet ſich ſeines Viehes.

Nota. 99

Nota. 1. Noch zu erinnern den Liebhabern der Pferde, nicht allein aus meiner vielfaͤltigen Er - fahrung, ſondern aus meiner Chriſtenpflicht, daß man nicht gleich mit ſauren Traͤnken abſon - derlich wo Pfeſſer darunter iſt, begegnen ſoll, weil die Traͤnke nehmlich die anbruͤchigen Pfer - de wo die Lungen von Geſchwuͤren angegriffen ſind, gleich angreift, und aufblaſend macht, daran ſie ſchnell erſticken und crepiren, abſonder - lich wenn ſie ſchon gelb Waſſer in der Herzkam - mer haben, wie auch ein Euterſtock im Herze.

2. So ein Pferd oder ander Vieh aus Krank - heit nicht freſſen, damit man das Pulver nicht appliciren koͤnne, weil ſichs nicht ſo gut eingie - ſen laͤßt, ſo recommandire hiermit, daß man das Pulver ſo viel einen jeden beliebt, von mei - nen Pulver zu nehmen, und Schiebken oder Hollunderſaft. Jt. Wacholderſaft, oder Ho - nig, oder Syrup, was von dieſen zu haben iſt, mit dem Pulver zu vermengen, zu einen Teig oder Latwerge woraus Pillen oder Kugeln koͤn - nen gemacht werden, wie eine große welſche Nuß groß, und den kranken Vieh ſowohl Pferde als Rindvieh einen Tag um andern eingeſteckt, da - mit man weiß, was ein jedes Vieh bekommen hat, abſonderlich bey den Viehſterben, weil die - ſes die ordentliche Giftkugeln ſeyn, den geſunden bey den Viehſterben die Woche zweymal jeden Stuͤck Vieh eine eingeſteckt zur Praͤſervation, das kleine Rindvieh bekommt eine halbe welſche Nuß groß. NB. Von Aderlaſſen, bey den jun -G 2gen100gen Pferden vor den ordentlichen Kropf ſo der Hals einmal verſchwollen iſt, wird nicht Ader gelaſſen, denen Herz, Stock, Lungendruͤſig - keit, item herzſchlechtigen, wuͤrmigen, mit an - gelaufenen Slauch oder Beinen wird alle 4 Wo - chen hinter einander in erſten Monat die Lung - adern den andern Monat darauf die Sporadern gelaſſen, und halte ich viel davon, daß man ei - nen Pferde jaͤhrig 2mal Ader laſſe, Fruͤhjahr u. Herbſt, wobey einem jeden Pferde 1. Pfund von meinem rothen Pulver vor und nach Aderlaſſe kan verfuͤttert werden, worauf ich befunden, wo ſelbiges geſchehen iſt, daß ſich dieſe Pferde ge - ſund und fett gehalten haben, auf alte und ver - ſtockte Druͤſen aber koͤnnen umzechig wie vorbe - ſchrieben wie auch Lungenſuͤchtige oder Haar - ſchlechtige zu 5 bis 6 Pf. nach und nach auf ein Pferd verfuͤttert werden, weil man ſie haupt - ſaͤchlich nicht mit ſcharfen Traͤnken angreifen kan, und faſt allezeit mehr Schaden als Nutzen ver - urſachet hat, und mit Pulver mehr ausgericht als mit Traͤnken, wo die Continuation wie vor - beſchrieben erfolgt iſt.

3. Beym Rindviehſterben nun habe ich an - gemerkt, bey den Viehſterben in Roͤthe daß das harte trockne Futter nicht wohl gut gethan hat, abſonderlich denen, welche die Seuche ſchon ausgeſtanden hatten, ſchnell eine Verſtopfung kriegten, und aufliefen und noch crepirten, ſon - dern meines Erachtens auch befunden habe, daß die weitzene Kleyen nebſt dieſen vorbeſchriebenenMe -101Medicamenten vermiſcht, ſehr gut gethan, wel - ches allzeit beſſer geweſen, wenn die Fuͤtterung in feuchte und duͤnne als die trockene, welche gleich Verſtopfungen, und den Brand verur - ſachte. Desgleichen habe auch hierbey wahrge - nommen, daß das Waſchen bey dem ausgeſchla - genem Vieh hoͤchſt ſchaͤdlich ſey, welches alſo ein jeder zu vermeiden hat, auch bey angelaufe - nen Fuͤßen nichts brauchen, ſondern der Natur ihren Lauf laſſe, wenn man nicht Gefahr haben will, daß durch dergleichen Gebrauch die Krank - heit wieder in den Leib getrieben werde.

4. Vor die Schaafe wird auf 4 Schaafen ei - nen Loͤffel voll in Salz zu lecken gegeben, wenig - ſtens Monats einmal, welche nemlich die Wol - le verlieren, oder ſchaͤbigt, pockigt, oder ſonſt anbruͤchig ſeyn, das Gebluͤte zu reinigen. Jt. Auch vor alle anſteckende Seuche der Schaafe.

  • 1) Das weitberuͤhmte rothe leipziger Roßn Vieh - pulver, das Pf. 4 Gr. vor 1. Thlr. 7. Pfund.
  • 2) der beruͤhmte Theriac, das Pf. 16. Groſchen.
  • 3) eine ſichere Purgierpille, das Stuͤck 6. Gr.
  • 4) eine Schwindſalbe, die Buͤchſe 6. 8. bis 12. Gr.
  • 5) eine ſchwarzbraune Hornſalbe, das Pf. 8. Gr.
  • 6) eine rothe Salbe, das Pf. 16. Gr.
  • 7) eine gelbe Salbe, das Pf. 16. Gr.
  • 8) ein blau Waſſer, die Kanne 8. Gr.
  • 9) ein gebrannter gruͤner Stein, das Pf. 12. Gr.
  • 10) die ordinaͤre Engliſche Pille, 1 Stuͤck 4. Gr. 7. Stuͤck vor 1. Thaler.
  • Das Eremplar von meinen Roßbuͤchern, der auf - richtige Roßarzt berittelt, koſtet 12. Gr.
O 3Be -

Beſchreibung der Univer - ſalroßpillen,

welche bey dem privilegirten Roßarzte, wie auch geweſenen Cur - und Fahnenſchmidt bey denen Koͤnigl. Pohln u. Churfuͤrſtl. Saͤchſ. Truppen, Bernhardt Naumann, anjetzo wohnhaft in Leipzig, auf der Haͤlliſchen Gaſſe, in ſeinem Hauſe, unten im Gewoͤlbe, verfertiget werden, und zwar das Stuͤck vor 4. Groſchen. Wer aber vor 1. Rthl. mit einander nimmt, bekommt 7. vor 1. Rthlr. womit ſchon naͤchſt goͤttl. Huͤlfe mit Grund der Wahrheit viel tauſend Pferde curiret ſind

So ein Pferd verſchlaͤget, vom Wind, Waſ - ſer oder Futter, item uͤberritten, uͤbertrieben, nicht ſtallen, nicht miſten, auch verſtopft von Faibeln waͤre, item ſo Wind - und Waſſercoli - ca, oder ihm die Wuͤrmer biſſen, ſo aber das Pferd aufliefe von Darmgicht, oder Krippenke - cker waͤre, ſo wird jedem Pferde von dieſen ei - ne Pille. ſo 6. Loth wiegt, auf einen Stecken einer Ellen lang, eines Fingers dicke und nicht ſpitzig ſey, die Zunge wird dem Pferde mit der linken Hand herausgenommen, alsden̄ die Pille mit dem Stocke in Hals geſchoben, und Achtung gegeben, damit es die Pille recht einſchluckt, alsdenn ein wenig geritten oder gefuͤhret, und in zweyen Stunden nichts zu ſaufen oder zu freſſen gegeben; NB. Sollte das Pferd aber ſehr auf - laufen, u. die Darmgicht ſchon im Leibe haben, und ſehr krank ſeyn, ſo wird die Hand zuvor mitSeifeSeife oder Jnſchlicht geſchmieret, und wird ihm der Miſt aus dem Maſtdarm genommen, und ihm Scheife oder Jnſchlicht in den Maſtdarm geſteckt, und wird ihm der Kern am Gaum ge - ſtochen, und ihm Salz in die Naſenloͤcher ge - blaſen, damit das Pferd braußt, im Nothfall kann man ihm die Sporadern mit ſchlagen laſ - ſen, und wohl Acht haben, damit ſich das Pferd nicht auf dem Ruͤcken umporzelt, oder uͤber - ſchlaͤgt, weil ſich dadurch leicht die Daͤrmer ver - ſchleifen, und wird eine Pille zu dieſen ober - waͤhnten Krankheiten naͤchſt goͤttlicher Huͤlfe zu - laͤnglich ſeyn, wenns gleich geſchehen kann, daß vorraͤthig Pillen bey der Hand ſeyn, denn es iſt keine Krankheit der Pferde incurabel, wenn nicht Netz, Magen oder Darm entzwey iſt, und be - haͤlt die Pille Jahr und Tag ſeine Wuͤrkung, weil ſie balſamiſch und laxirend iſt; in alten Krankheiten aber, wo das Pferd halbe kalte Ohren hat, kalte Naſenloͤcher welke Zunge, ſchnaubet, ziehet den Bauch nebſt dem Schlauch in die Hoͤhe, knirſcht mit denen Zaͤhnen, und kann nicht wohl freſſen, oder ihn die Haut auf den Ribben feſt anlieget, ihm im Leibe poltert, und die Haare empor ſtehen, ſolchen Pferden wird alle Wochen eine Pille eingeſteckt, it. denen herz - ſtock - oder ſteindruͤſigten Pferden, lungen - ſichtigen, haarſchlechtigen, dickbeinigten, und aufgebrochnen ſtinkigten Maucke oder Schlauch, it. rautigen, wurmigten Pferden wird aller 14 Tagen eine Pille eingeſteckt, zwiſchen innen aber mit meinen Pulver Fruͤh und Abends wie be - ſchrieben iſt gebraucht, wer aber ſeine Pferdepraͤ -praͤſerdiret im Fruͤhjahre und Herbſizeit mit ei - ner ſolchen Pille oder wenigſtens jaͤhrlich 4 Pfund von meinen rothen Leipziger Drus-Freß - und Blutreinigungspulver in 12 Tagen 1. Pfund oder wenigſtens Monats 3 Tage hinter einander fruͤh und abends einen guten Eßloͤffel voll, wie in an - dern Zetteln ſchon angewieſen iſt, verfuͤttert und mit Gelegenheit kan gebraucht werden, der hat ſich vor allen obgenannten Krankheiten nichts leicht zu befuͤrchten, weil viele von meinen Kun - den ſelbſt eingeſtehen, daß ſich ihre Pferde glatt, fett und geſund halten, wenn nicht ſchon Lung u. Leber inficiret iſt, und ſchon in faulen Waſſer ſchimmt, abſonderlich wenn in ſolche Pferde mit ſcharfen ſauren Traͤnken neingeſtuͤrmet wird, da die meiſte Mode iſt, daß juſt ein jeder Schmidt des Pferdes Arzt ſeyn muͤßte, da ſelbiges doch unmoͤglich ſeyn kan, weil ein Pferd einen ver - nuͤnftigen und verſtaͤndigen Arzt haben will: als verordne und recommandire hiermit meine viel tauſendmal approbirte Pillen jeden Liebhaber der Pferde im Nothfall bey ſich zu fuͤhren, weil in Zeiten der Rath am beſten iſt, und kan ſowohl das Pulver, als die Pille curative als praͤſertive in allen Strapatzen ſicher und mit Nutzen ge - braucht werden, weil beydes herzſtaͤrkend iſt, ſo - wohl Pulver als Pille, und wird jeder im Pu - tzen des Pferdes befinden, daß das Pferd wird mehr Staub geben, weil er Pulver fuͤttert, als wie zur andern Zeit, weil beydes das Gebluͤt reiniget, und kann auch manches Thier ſeinem Herrn noch lange Dienſte leiſten, wird aber durch den Unverſtand vielmahls ſchaͤndlich uͤber den Haufen geworfen.

About this transcription

TextDer aufrichtige Leipziger Roßarzt
Author Bernhard Naumann
Extent108 images; 18880 tokens; 3573 types; 129042 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationDer aufrichtige Leipziger Roßarzt Bernhard Naumann. . 101 S., [1] Bl. Selbstverlags. l.1780.

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Universitäts- und Landesbibliothek Halle ULB Halle, L Mn 164 (1)

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationFachtext; Tierheilkunde; Wissenschaft; Tierheilkunde; core; ready; china

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