PRIMS Full-text transcription (HTML)
Beſchreibung der BANQVEN
Was und wie vielerley derſelben ſeyn / als nehmlich Land - Lehn - und Depoſito - Wechſel - und Giro - oder Kauffmaͤnni - ſche Ab - und Zuſchreib - wie auch Billets - oder ſo genannte Muͤntz - Zettels - und Actien-Banquen. Wo die vornehmſte derſelben anzutreffen, mit was vor Sta - tutis und Verordnungen einige darunter verſehen ſeyn, und wie hoch dem Pu - blico daran gelegen, daß in allen groſſen Reſidentz - Reichs - und Handels - Staͤdten, ja auch in gantzen Laͤndern und Provincien dergleichen Banquen, zu Befoͤrderung der Commercien, und Nutzen der Ein - wohner, angeleget wuͤrden; Wobey zugleich Von dem Recht Der BANQVEN und BANQVIERS gehandelt, Jn der Summariſchen Wiederholung aber ein gewiſſes Wechſel - Project examiniret, und endlich die ſicherſte und beſte Ordnung, das Financien - Weſen eines Landes oder Republic auf guten Fuß zu ſetzen, gezeiget wird. Nebſt einem Regiſter.
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HALLE und LEJPZJGbeyFELIX dv SERREAnno1717.

P J. Marpergerſ Koͤniglichen Polniſch - und Chur-Saͤchſiſchen Hof - und Commercien-Raths, auch Mitglieds der Koͤniglichen Preußiſchen Societaͤt der Wiſſenſchafften, Beſchreibung Der BANQVEN Und Deroſelben Wie auch Der BANQVIERS Jhrem Recht.

Dem Hochgebohrnen Herrn, Herrn WOLDEMARO, Freyherrn Von Löwerdal. Erbherrn auf Elſterwerda / Krauſchitz, Kot - ſchen und Holldorff, Ritter des Elephanten Ordens, Seiner Koͤniglichen Majeſtaͤt in Polen, und Churfuͤrſtlichen Durchleuchtig - keit zu Sachſen, hochanſehnlich beſtalten Ober-Hof-Marſchall, geheimen Cabinets - Miniſtre, wuͤrcklichen geheimen Rath, Cam - mer-Præſidenten, und Ober-Berg - werck Directori. Meinem genaͤdigen Herrn.

) (2Hoch -
Hochgebohrner Freyherr und Ober-Marſchall Gnaͤdiger Herr.

Die tiefe Veneration, welche ich iederzeit vor Eurer Excel - lenz hohen Caracteur und Perſon, ſonderlich aber vor Dero in GOtt ruhenden Herrn Vaters hohe Excellence getragen, als von welcher ich inCopen -Copenhagen (zu End des vorigen Seculi) das Gluͤck gehabt, ein deſignirter Diener zu ſeyn / haͤtte mich ſchon laͤngſt angetrieben, der Welt ein offenbahres Specimen davon an Tag zu legen, wann nach der Redens - Art Magnos magna decent ein ſolches Werck in meinen Vermoͤgen geweſen waͤre, welches denen erleuchteten Augen Euer Ex - cellence præſentiret zu werden / ſich haͤtte wuͤrdig ſchaͤtzen koͤnnen.

Da mir nun ſolches in gegenwaͤrti - ger Beſchreibung der Banquen unter Han - den gekommen / und zwar als eine ſolche Materia, welche (wie hin und wieder in die - ſen Buch erhellen wird,) ein groſſes, ja faſt eines der groͤſten Mittel iſt, dem Cameral - und Commercien-Weſen eines Landes den benoͤthigten Geiſt und Leben, wie auch eine ungemeine Befoͤrderung der heilſamen Ordnung / welche in der Kauffmannſchafft noͤthig ſeyn will, zugeben, als habe ich kei - nen laͤngern Aufſchub nehmen wollen, ſol -) (3chesches Euer Excellenz hiemit demuͤthigſt zu zuſchreiben, der Hoffnung lebende, daß ſol - ches bey der, vor das gemeine Beſte wohl - geſinnten Welt / um ſo viel mehr Appro - bation finden werde, als Eurer Excel - lenz preißwuͤrdigſter Eyfer vor daſſelbe, auch wie hoͤchſt erſprießlich Sie darunter die allergenaͤdigſte Intention unſers aller - theureſten Landes-Vaters Seiner Koͤnig - lichen Majeſtaͤt ſecundiren, ohne dem ie - dermann bekannt / Sie auch davon ſchon ſo - viel Proben Zeit waͤhrenden Jhrer hohen und hoͤchſten Function an Tag geleget, daß es keines weitern uͤberzeigenden Beweiſes mehr bedarff / es moͤchte dann etwan noch die Beruͤhrung der jenigen hohen Penetra - tion ſeyn, welche Eure Excellence in der - gleichen Cammer - und Commercien-Sa - chen ſelbſt aus Dero, ſo viel Jahr darinn ge - fuͤhrten Directorio beywohnet, welche auch iederzeit zu Sr. Koͤniglichen Majeſtaͤtundund Dero getreuen Unterthanen heilſamen Beſten / (ſo viel als es ſich bey der Fatalitaͤt der ietzigen kuͤmmerlichen Zeiten hat wollen thun laſſen,) ausgeſchlagen.

Mein demuͤthigſtes wuͤnſchen wird in - deſſen iederzeit dahin gehen, daß die Guͤte des Hoͤchſten Eure Excellence, noch viel Jahre dem hieſigen Churfuͤrſtenthum, und ſonder - lich auch dem bedraͤngten und bekuͤmmer - ten Commercio zum Beſten, bey er - wuͤnſchten Gemuͤths und Leibes Kraͤfften erhalten; Dero Patriotiſchen Eyfer, An - ſchlaͤge, Conſilia und Direction alſo ſegnen und gedeyen laſſen wolle, damit Sachſen - land kuͤnfftig hin von Eurer Excellenz hoher Cammer-Præſidentſchaffts-Zeiten moͤge ſagen koͤnnen, quod iſtis (ſcilicet Tem - poribus) Saxonico Commercio Priſtina re - dierit Forma.

Endlich ſo will ich mir auch die Ge - nade hiermit ausgebeten haben, daß dieſer mein Banco-Tractat unter Euer Excel -lenzlenz hohen Protection kraͤfftig beſtehen, Jch aber die gnaͤdige Permisſion haben moͤge, mich Lebenslang mit aller Devotion zu nennen

Hochgebohrner Freyherr und Ober-Marſchall Genaͤdiger Herr. Euer Excellence Leipziger Michaëlis-Meſſe Anno 1716. Unterthaͤnigſt-gehorſamſter Paul Jacob Marperger.

Geneigter Leſer.

Jch gebe hier abermahl einen Tractat der werthen Kauff - mannſchafft zum beſten in oͤffentlichen Druck / von wel - chem ich verſichert bin / daß er nicht weniger als die vorhergehende ſeine Liebhabers finden werde / und dieſes zwar umb ſo vielmehr / weil meines Wiſſens wenig Authores, auſſer was etliche Diſputationes ſeyn moͤchten / von dieſer Materia ex profeſſo geſchrie - ben / und ſo es ja von einigen / (ſonderlich Jtaliaͤniſchen) Rechts - Gelehrten geſchehen / ſo haben ſie ſich doch weiter nicht als nur auf die Jtaliaͤniſchen Banquen extendiret / welche aber (die Venetiani - ſche ausgenommen) mit unſern Teutſchen Banquen weder der Ein - richtung / noch der Puritaͤt des Geldes nach / als welche ſonderlich in der Hamburger Banco in hoͤchſten Grad beybehalten wird / keines weges zu vergleichen ſeyn; Zwar laͤſſet man dem in Genua noch in Flor ſte - hendem Monti S. Georgii billich ſeine Ehre / daß es ein uͤberaus (nach der Regiments-Financien - und Commercien-Verfaſſung dieſer Republic) wohl eingerichtetes Werck ſey / allein in Teutſch - land hat deſſen Nachahmung biß hieher nicht practicable ſeyn wol - len / was die Urſach deſſen ſey / wollen wir eben ſo genau nicht un - terſuchen. Nur ſcheinet es / daß unſere Teutſche See - und Handels - Staͤdte vielmehr auf die Soliditaͤt und Simplicitaͤt eines Wercks (welches gleich in die Augen faͤllt / und mit den Sinnen leichtlich kan begriffen werden) als auf ſolche Dinge ſehen / deren Nutzen ver - ſtecket und weit hinaus geſetzet ſein reiffes Wachsthum / eben wie die Feld - und Baum-Fruͤchte / von der Laͤnge der Zeit erſt erwarten muß. Nun laͤſſet man ſolches wohl in dem ihm gebuͤhrendem Werth) () (beru -Vorredeberuhen / weil derjenige / der erndten will / zuvor muß ausgeſaͤet haben / und ſo haben dergleichen in ſolcher Abſicht aufgerichtete Ban - quen freylich auch ihren Nutzen. Jch kan aber bezeugen / daß / als ich dieſen Tractat auf Veranlaſſung guter Freunde (daß ich ihnen nemlich einen kleinen Entwurff und Unterricht von denen Banquen, wie dieſelben eingerichtet und worinn ihr Nutzen beſtehe / communi - ciren ſolte) unterhanden genommen / ich auf keine andere Art von Banquen, als die ſogenannte Kauffmaͤnniſche Giro - oder Ab - und Zuſchreib-Banquen meine Gedancken gerichtet / und davon was mir ex praxi und denen ohne dem in Druck liegenden Banco - Ordnungen wiſſend war / meinen Bericht abſtatten wollen / ſo aber kam mir bey der gewoͤhnlichen Diſpoſition dieſer Materie ſo gleich ein ſo geraumes Feld ins Geſicht / in welches ich mit meinen Gedan - cken ausſchweiffen und auſſer denen Giro-Banquen noch viel andere Arten mehr in dieſe Beſchreibung ziehen kunte / daß endlich die Ge - neral-Land-Lehn-Wechſel und andere Banco Arten ebenfalls ih - ren Platz darinn gefunden / und zwar ſo / daß bey einer jeden derſel - ben ihr Fundament und Einrichtungs-Art gewieſen / auf die Kauff - maͤnniſche Giro-Banquen aber am meiſten / ihres bey ſich fuͤhren - den vielfaͤltigen Nutzens halber gedrungen / und ihre Anrichtungen allen Reſidentz-Reichs - und groſſen Municipal-Staͤdten aufs hoͤchſte recommendiret worden / vornehmlich mit Beyfuͤgung der Verwunderung / warum ein ſo hochnothwendiges Werck nicht vor - laͤngſt allenthalben in Vorſchlag / zur Reſolution, und Execution gebracht worden / da doch einem gantzen Lande / Stadt und Repu - blic, theils aus benenneten / theils aus (gewiſſer Urſachen halber) verſchwiegenen Arcanis politicis, (daß ſolches geſchehen moͤchte) ſehr viel daran gelegen iſt.

Aus dieſer herrlichen Materie iſt nun leicht zu ſchlieſſen / daß es mir an andern dergleichen mit derſelben eine unzertrennliche Verwandtſchafft habenden nicht werde gemangelt haben / meine Ge - dancken der Ehrbegierigen Welt daruͤber reichlich zu entdecken / undwasan den Leſer. was ich dem Teutſchen Credit und Commercien-Weſen daraus inſonderheit gern gerathen ſehen moͤchte / freymuͤthig anzuzeigen; Sin - temahl dieſes eines rechtſchaffenen Authoris ſein Werck ſeyn muß / daß er nicht allein das Ubel oder die Staats-Kranckheit des Poli - tiſchen Leibes / in ſo weit es in ſein Forum und Sphæram hinein laufft / mit Beſcheidenheit entdecken / ſondern auch die zur Geneſung dienende heilſame / jedoch dabey unmaßgebliche Mittel zugleich mit anzeigen muß / da ich nun einmahl an Verbeſſerung des Teutſchen Commercien - und Policey-Weſens zu arbeiten / (in ſo weit als nemlich bey meiner jetzigen allergnaͤdigſt mir aufgetragenen Fun - ction Zeit darzu uͤbrig iſt) die Hand an den Pflug geleget / ſo habe ich bey dieſer Gelegenheit / da ich von den Banquen zu ſchreiben mir vorgenommen / nicht anders thun koͤnnen / als wann ſolche Banquen mit guten Succeß allenthalben ſolten eingefuͤhret werden / auch die an unſerm Teutſchen Credit-Weſen / ſich findende jedoch leichtlich zu redresſirende Maͤngel zu beruͤhren / hiernechſt mich uͤber das Geld - wechſeln zu machen / und wie auch in ſolchem und dem gantzen Muͤntz - Weſen durch Aufrichtung einer ordentlichen Wechſel-Banck / eine ſchoͤne Verbeſſerung koͤnte getroffen werden mit trifftigen rationi - bus anzuzeigen. Was die andern Banco-Arten ſonderlich die Bil - let - und Muͤntz-Zettel-Banquen anbetrifft / wird man mir zu gut halten / wann ich keine gute Sentiments davon fuͤhre / weil ich / in ſo weit als ich vor andere vornehme Leute darinn zu negociren ge - habt / oder auch mir von andern von auslaͤndiſcher Verfaſſung der - gleichen Negociorum habe referiren laſſen / nicht viel vortheilhaff - tiges / weder vor den einen noch den andern Theil (ich meyne vor den Ausgeber und den Einnehmer ſolcher Muͤntz-Zettel) habe wahr - nehmen koͤnnen / ob ich hierin nun etwan geirret / ſolches will ich den geneigten Leſer aus dem Capitel da wir von Billet-Banquen gehan - delt / wie auch aus dem Summariſchen Anhang / oder vielmehr aus dem / was in dem letztern Krieg mit Franckreich dieſes Muͤntz-Zettel Negocii halber in gedachtem Koͤnigreiche klag - und lautbar worden) () (2iſt /Vorrede an den Leſer. iſt / urtheilen laſſen / gnug daß diejenige Wechſel-Briefe / welche zu der Zeit in Franckreich gantz in Muͤntz-Zetteln bezahlet werden mu - ſten / in Amſterdam biß auf 43. Grot Flaͤmiſch / vor eine Frantzoͤſi - ſche Cron herunter gefallen / welches gewißlich ein groſſer Verluſt o - der Abfall von 100. Grot, als dem ſonſt gewoͤhnlichen Pari gegen ei - ne Frantzoͤſiſche Crone geweſen. Was mir auſſer dem noch von dergleichen Muͤntz-Zettel-Negocio vor Schaden bewuſt / will ich eben allhier nicht anfuͤhren / doch aber nur dieſen Winck zu einer leichtlich weiter zu verfolgenden Spur geben / daß / wo erſtlich eine wohl eingerichtete Banco aufgerichtet / der in Kriegs - und andern Nothfaͤllen bey dem Muͤntz-Zettel-Negocio intendirte Nutzen des Landsherrlichen / oder des Republics-Ærarii ſich von ſelbſten zu - gleich mit der Banco und zwar alſo finde / daß keine Parthey dabey Schaden leide / niemand zu klagen Urſache habe / der volle Credit des Landes und der Commerciorum beybehalten / und beydes mit einander in ſchoͤnſter Harmoni und Einigkeit fort gefuͤhret werde. Ein mehrers hiervon wird aus dieſem Tractat ſelbſt zu erſehen ſeyn.

Ver -

Verzeichniß Der in dieſem Tractat enthaltenen Capituln.

  • CAPUT I. Von denen Banquen insgemein / was / und wie vielerley dero - ſelben ſeyn / woher ſie ihren Urſprung genommen / und wo heutigs Tags die vornehmſten derſelben gefunden werden.
  • CAP. II. Von einer oͤffentlichen Generalen Land-Banco an einigen Orten Landſchaffts-Caſſa genannt / wie ſolche fuͤglich aufzurichten / und wie viel einer hohen Landes-Obrigkeit / an Jhrem Landes-Cre - dit gelegen ſey.
  • CAP. III. Von denen groſſen Lehn-Banquen welche zum Nutzen eines gantzen Landes / ſonderlich aber in groſſen Handels-Staͤdten zu Befoͤr - derung der Commercien angerichtet werden / und woher der Fundus, oder das Anlags-Capital zu ſolchen herzunehmen ſey.
  • CAP. IV. Von denen Wechſel-Banquen, in welchen baare Gelder oder un - terſchiedliche Muͤntz-Sorten gegen einander umgeſetzet / nach de - nen Reichs-Satzungen / oder ihrem innerlichen Halt taxirt und) () (3wardi -Verzeichnißwardiret werden / wobey dann der vielfaͤltige Nutzen / welcher in Handel und Wandel / wie auch in Muͤntz-Weſen / vermittelſt einer ſolchen oͤffentlichen Wechſel-Banck ſich aͤuſſert / gezeiget / und auch zugleich einige Nachricht von dem Muͤntz-Weſen in Teutſch - land gegeben wird.
  • CAP. V. Von denen groſſen Giro - oder Ab - und Zuſchreib-Banquen, wel - cher geſtalt dieſelbe zu groſſen Nutzen und Bequemlichkeit / nicht allein der Kauffmannſchafft / ſondern auch des Publici insgemein / in theils groſſen Handels-Staͤdten ſchon aufgerichtet / und noch ferner hin in andern vornehmen Reichs-Reſidentz - und Muni - cipal-Staͤdten koͤnten angeleget werden.
  • CAP. VI. Von denen biß hieher in vielen Orten in Weg geſtandenen Hin - dernißen / daß dergleichen nuͤtzliche Banquen nicht allenthalben angerichtet worden / wie ſolche hinfuͤhro weg zu raͤumen / und hier - auf gar leicht und geſchwind vermittelſt Obrigkeitlicher Authori - taͤt dergleicheu Banquen koͤnnen angeleget werden.
  • CAP. VII. Von der Amſterdammer Banco, deroſelben Urſprung und Statutis, auch was vor eine Ordnung in derſelben / wie auch in der Rotter - dammer Banco gehalten werde; Wobey zugleich auch aus des Joh. Phoonſens ſeinem Wechſel-Styl der Stadt Amſterdamm / von der Nothwendig - und Nutzbarkeit einer Corrent-Geld-Banco gehandelt wird.
  • CAP. VIII. Von der Hamburger Banco und dero Statutis, auch was etwan ſonſt noch dieſer Banco wegen zu bemercken ſeyn moͤchte.
  • CAP. IX. Von der Nuͤrnberger Banco, wann dieſelbige aufgerichtet worden /mitder Capitel. mit was vor loͤblichen Statutis ſie verſehen ſey / wobey zugleich auch die Nuͤrnbergiſche Wechſel-Ordnung mit beygefuͤget wird.
  • CAP. X. Von der Venetianiſchen Banco, wobey zugleich auch das Muͤntz - Edict von der Republic Venedig / und wie das Wechſel-Nego - cium daſelbſt ſeinen Lauff habe / zu erſehen iſt.
  • CAP. XI. Von denen uͤbrigen Jtaliaͤniſchen Banquen, und deroſelben Einrich - tung und Beſchaffenheit / ſonderlich von dem Monte S. Georgii zu Genua, und was von ſolchen Banco-Arten zu halten ſey?
  • CAP. XII. Von denen in Wien Anno 1703. und 1714. und in Leipzig Anno 1698. aufgerichteten Banquen, deroſelben Beſchaffenheit und Sta - tutis.
  • CAP. XIII. Von dem Engliſchen Exchequer, wie auch der Stockholmiſchen Banco, und beyder reſpective Reiche Muͤntz-Sorten und Wech - ſel-Courſen.
  • CAP. XIV. Von dem Lyoner Change, und was wegen des Wechſel-Negocii in Franckreich zu bemercken ſey?
  • CAP. XV. Von denen Billets-Banquen, oder dem Negocio, welches ſo wohl in verwichenen Kriegs-Zeiten / als noch jetzunder in unterſchied - lichen Reichen und Laͤndern mit denen ſo genannten Muͤntz-Zetteln getrieben worden / was es damit vor eine Bewandniß habe / und was von dieſem Papiernen Negocio zu halten ſey?
  • CAP. XVI. Von einer Banc von Judicatur oder Kaͤuffmaͤnniſcher Jurisdiction,wasVerzeichniß der Capitel. was dieſelbe ſey / wie ſie dem Commercien-Collegio koͤnte ein - verleibet werden / und was alsdann vor gute Anſtalt der Wechſel - Briefe und anderer Kauffmaͤnniſcher Documentorum halber daraus zu erwarten ſtuͤnde?
  • CAP. XVII. Von denen Banquiern, Cambiſten / und Wechſel-Herren / was die - ſelbige vor Qualitaͤten an ſich haben muͤſſen / wann ſie den Nah - men der Banquiers mit Recht fuͤhren wollen?
  • CAP. XVIII. Von denen Banco-Agenten oder Wechſel-Maͤcklern / was derſel - ben ihr Ampt ſey / was ſie vor Qualitaͤten an ſich haben / und wie ſie ſich pflichtmaͤßig verhalten muͤſſen?
  • CAP. XIX. Von dem Recht der Banquen und Banquiers, worinn daſſelbige beſtehe / und wie es in denen Kaͤyſerlichen Reichs-Geſetzen / und anderer Laͤnder und Republiquen ihren Statutis gegruͤndet ſey?
  • CAP. XX. Summariſche Wiederholung aus vorhergehenden Capituln das Ban - co-Weſen betreffend / und wie ſonderlich ein jedes Land nach Be - ſchaffenheit ſeiner Verfaſſung ſich einer oder der andern Art von ſol - chen Banquen nuͤtzlich bedienen koͤnte / wobey zugleich ein gewiſ - ſes Wechſel-Project examiniret / und hierauf die ſicherſte und ordentlichſte Einrichtung des Financien-Weſens in einem Lande oder Republic gezeiget wird.
Das[1]

Das I. Capitel.

Von denen Banquen insgemein / was und wie vielerley dieſelben ſeyn / woher ſie ihren Urſprung genom - men / und wo heutiges Tags die vornehmſten derſelben gefunden werden.

Eine Banco heiſt nach der heutigs Tags unter Kauff - leuten und in groſſen Handels-Staͤdten gewoͤhn - lichen Redens-Art derjenige Ort / oder die loͤb - liche Veranſtaltung / in welche groſſe und kleine Geld-Summen ſicher in Verwahrung koͤnnen niedergeſetzet / von ihrem Eigenthuͤmer aber je - des mahl / wann es ihm beliebt / und keine ſon - derbahre conſiderables Umbſtaͤnde es verhindern / wieder abgefor - dert / und zuruͤck genommen werden / eigentlich aber ſeynd ſie zur Be - quemlichkeit der Kauffmannſchafft / umb des vielen Geld-Zehlens uͤber - hoben zu ſeyn / eingefuͤhret / weil nehmlich diejenige / die Geld in Ban - co ſtehend haben / ſelbiges durch ſchrifftliche Aſſignation an andere transportiren / und auch ſich ſolcher geſtalt Gelder zuſchreiben laſſen koͤnnen / welches man eigentlich Giro Banquen (in denen ab - und zugeſchrieben wird) nennet / dergleichen Giro Banquen ſeynd Vier hauptanſehnliche in Europa / als nehmlich: die Amſterdamer / Hamburger / Nuͤrnbergiſche und Venetianiſche.

Wir muͤſſen aber / umb den Urſprung der Banquen zu erwei - ſen / etwas hoͤher hinauff in die vorige Zeiten / und ſonderlich nach Jta -Alien2Das I. Capitellien gehen / als woſelbſt in vielen Staͤdten gewiſſe Arten von Banquen angerichtet zu ſehen ſeyn / die man etwan anfangs Montes Pietatis genennet / und zwar aus der Urſachen / weil man aus ſolchen denen Armen und Geld-beduͤrfftigen Leuten mit Geld ausgeholffen / es ſey ſolches gleich auf ihren Credit, guten Glauben und Handſchrifft / oder auch auf Pfand geſchehen / oder daß eine ſolche Banco Mons Pieta - tis, oder gar Ærarium ſacrum, ſtatt eines Allmoſen-Kaſtens gewe - ſen / aus welchem man / wie noch heutiges Tags in denen Allmoſen - Aemptern geſchiehet / denen Armen Woͤchentlich ſo viel gereichet / als ſie zu ihres kuͤmmerlichen Lebens Unterhalt noͤthig gehabt haben / da - hero auch ein ſolches Ærarium billig ſacrum oder ein geheiligtes ge - nennet worden / welches hernach ſich je laͤnger je mehr extendiret / alſo daß man dergleichen Montes Pietatis, wie wir allbereit in einem beſondern Tractat angezeiget / theils zu einer Leib-Renten-Caſſa ge - macht / aus welcher diejenige / welche anfaͤnglich eine gewiſſe Summam Gelds hinein gelegt / Jaͤhrlich hohe Zinſen und Intereſſe Zeit ihres Lebens haben zu genieſſen gehabt / welche dann von einigen wohl und zu ihrer Nothdurfft / von andern aber zur Uppigkeit / angewandt worden / alſo daß dergleichen in guter Abſicht angerichtete Stifftun - gen faſt daruͤber in Verachtung gekommen / und an ſtatt der Mon - tium Pietatis, Montes impietatis, Berge der Gottloſigkeit genen - net worden; theils haben auch zu Verheyrathung armer Toͤchter / oder doch dieſelbe (wie auch andere unvermoͤgende / und ſonderlich al - te Leute) in ein Kloſter oder Stifftung einzukauffen / gedienet / wie hier - von ebenfalls in obbemeldten unſerm Tractat Meldung geſchehen.

Zu einem fundo eines ſolchen Ærarii haben vornehmlich die Le - gata und milde Gaben frommer guthertziger Leute viel beygetragen / man hat auch wohl Capitalia zu geringem Zinß von wohlhabenden Perſonen auffgenommen / ſolche hernach zu etwas hoͤhern wieder aus - gethan / und was hernach Uberſchuß an Zinſen gefallen / unter Arme und Nothduͤrfftige ausgetheilet / oder auf andere Weiß und Wege dem Ærario und Monti Pietatis einen Zuflus verſchaffet / davon man hernach denen Huͤlff-Beduͤrfftigen beygeſprungen / dergleichen gute Veranſtaltungen noch heutiges Tags unter Chriſten und auch denen Unglaͤubigen / Tuͤrcken und Heyden / hin und wieder zu ſehen ſeyn. Zu3Von denen Banquen insgemein. Zu der Apoſtel Zeiten brachten diejenige / welche glaͤubig worden und zu dem Evangelio bekehret waren / ihre reiche Beyſteuren freywillig und haͤuffig ein / und legten ſolche zum Unterhalt der armen Bruͤder und Kirchen-Glieder zu der Apoſtel Fuͤſſen / erwehlten auch zu deren Austheilung gewiſſe Diaconos, oder Armen-Vorſteher / von welchen der erſte Chriſtliche Maͤrtyrer / der heilige Stephanus, einer mit gewe - ſen / wie in der Apoſtel Geſchicht am 7. Capitel zu leſen.

Allein von ſolchen Montibus Pietatis und Ærariis ſacris, Ar - men - und Allmoſen-Kaſten / iſt unſer Vorhaben zu reden dieſes Orts gantz nicht / es haben ſolche auch keine Verwandniß mit dem / was man eigentlich Banquen nennet / auſſer nur in ſo weit / als etwan durch eine wohl eingerichtete Lehn-Banco manchem / dem ein unver - mutheter Geld-Mangel zuſtoͤſſet / ein groſſes Beneficium geſchiehet / wann er nicht dem Wucherer darff in die Haͤnde fallen / ſondern / auf tuͤchtiges Unterpfand / einen Geld-Vorſchuß zu einem leidlichen Zins bekommen kan.

Was die rechten Geld-Verkehrungs-Wechſel - und Wucher - Banquen betrifft / finden wir deren Alterthum ſchon in der Juͤdiſchen Republic, da der Heyland in der Parabel vom Hauß-Vater / der uͤber Land verreiſet / und ſeinen Knechten einige Centner Gelds (umb mit ſolchem zu ſeinem Nutzen Handlung zu treiben) hinterlaſſen / von dem faulen Schalcks-Knecht / der ſein Pfund vergraben / und ſolches nicht wuchern laſſen / beym Matthæo am 25. Capitel ſaget / daß er ſolches haͤtte zu denen Wechslern hinbringen / und daſelbſt wuchern laſſen ſollen / ſo wuͤrde er / der Hauß-Vater / ſolches bey ſeiner Zu - ruͤckkunfft mit einem guten Zugang / und augmento an aufgeſchwol - lenen Zinſen / wieder gefunden haben / daß alſo ſchon zur ſelben Zeit ſolche Leute / welche Geld-Banquen gehalten / und mit Geld-Umb - ſetzen ihren Verkehr gehabt / muͤſſen zu finden geweſen ſeyn. Woran dann umb ſo viel weniger zu zweiffeln / als der liebſte Hey - land ſelbſt / aus einem gerechten und heiligen Eyfer / wegen Verun - ehrung ſeines Bet-Hauſes / mit Kauffen und Verkauffen / die Tiſche der Wechsler umbgeſtoſſen / und ſelbige aus dem Tempel vertrieben / wie abermahl bey gedachtem Evangeliſten Matthæo am 21. Capitel zu leſen iſt / ſo hat auch die umb die ſelbige Zeit im hoͤchſten Flor ge -A 2ſtande -4Das I. Capitelſtandene Roͤmiſche Republic dergleichen Wechsler und Geld-Wu - cherer ſehr viel / und zwar unter den vornehmſten Leuten unter ſich gehabt / alſo warff dort der Marcus Antonius dem Octaviano - ſari gleichſam zur Schmach vor / daß ſein Groß-Vater an der Wech - ſel-Banck geſeſſen / und Caſſius wuſte denſelben gleichfalls nicht hoͤ - her zu verachten / als daß er ihn eines Nummularii oder Wechslers Sohn nennte / dieweil / wie Sigonius meldet / die Wechsler auch ge - meiniglich mit dem Wucher umbgiengen / derohalben ſie (als die / ſo ſich auf eine unbillige Weiſe nehreten / bey jedermann / wie Cicero in ſeinen Officiis von ihnen ſaget) veracht und verhaßt geweſen / wie denn auch der Wucher durch unterſchiedliche Leges und Statuta, welche Cornel. Tac. lib. 5. Annalium erzehlet / verbothen war. Bey denen Griechen hieß das Geld-Wechſeln und Umbſetzen Colly - bus, welches Wort hernach auch die Roͤmer von ihnen entlehnet / wie dann Cicero in einer ſeiner Epiſteln an Atticum ſchreibet: Vide quæſo, ne qua lacuna ſit in auro, ſed certe eſt in Collybo de - trimentum, das iſt: Siehe zu / daß an dem Geld kein Mangel ſey / dann es iſt genug / daß man am Wechſel muß Schaden leiden. Plau - tus gedencket der Roͤmiſchen alten Wechſel-Baͤncke: & quod ibi ſint, qui dant, quique recipiunt foenore, daß daſelbſt Leute ſaͤſ - ſen / die auf Wucher gaͤben und naͤhmen / man nennte ſie aber dar - umb die alte Wechſel-Baͤncke / weil ſie von der Zeit des Tarquinii Pri - ſci an / auf dem Marckt zu Rom aufgerichtet geſtanden. Das Geld / ſo daſelbſt von denen Wechslern und Wucherern genommen worden / nennet Cicero in einer andern Epiſtel ad Atticum Marck-Geld / Æs circumforaneum, weil nehmlich noch zu ſeinen Zeiten die Wech - ſel-Baͤncke / wie von Alters her / auf dem Marck gehalten worden.

Von den Roͤmern iſt ſolches Geld-Wechſeln und Wuchern her - nach immer weiter in Jtalien ausgebreitet / und biß auf den heutigen Tag an unterſchiedlichen Orten ſehr ſtarck unterhalten worden. Und obgleich das vormahlige Haupt der Welt / nehmlich die Stadt Rom / von denen Gothen zerſtoͤret / und hernach auch das uͤbrige Jtalien von ihnen und andern barbariſchen Voͤlckern ſehr verwuͤſtet worden; ſo hat doch in den mittlern Zeiten das Financien-Weſen zur Zeit der Guelffiſchen und Gibelliniſchen Faction aufs neue ſeinen Anwachsund5Von denen Banquen insgemein. und Begeiſterung dadurch bekommen / daß die von der Gibellini - ſchen oder Kaͤyſerlichen Partey / weil ihnen die Guelffiſche oder Paͤb - ſtiſche zu maͤchtig war / ſie hin und wieder in Jtalien auftrieben / und ihrer Guͤter und Revenüen entſetzten / kein ander Mittel ſich zu con - ſerviren / und ſo wohl in Jtalien / als in andern Laͤndern / fortzubrin - gen fanden / als daß ſie ihr baares Geld / welches ſie vor ihren Fein - den noch ſalviret hatten / rouliren lieſſen. Daher auch der Nahme der Lombards gekommen / welchen man denen hin und wieder in Teutſchland und auch andern Laͤndern aufgerichteten Leyh - und Pfand - Haͤuſern giebet / weil nehmlich diejenige / die ſolche zu erſt angerich - tet / aus der Lombardie (einer vormahls alſo genannten Provintz in Jtalien / worunter heutiges Tags der Staat von Meyland mit be - griffen wird) gebuͤrtige Gibelliniſche Lombarder geweſen. Von welchen auch der Gebrauch der Wechſel-Briefe ſeinen Anfang ſoll genommen haben / wiewohl es einige denen aus Franckreich vertrie - benen Juden / als welche ſich am erſten derſelben / umb ihre Baar - ſchafften und Effecten aus dem Lande zu bringen / ſollen bedienet ha - ben / zuſchreiben wollen. Dieſes iſt jedoch gewiß / daß / wie noch heu - tiges Tages die Jtaliaͤner ſehr kluge Handels-Leute ſeyn / alſo auch die meiſten zu denen Land - und See-Commerciis dienende und die - ſelbe facilitirende ſubſidia und Huͤlffs-Mittel / und alſo auch die Banquen und deren nuͤtzlicher Gebrauch von ihnen hergekommen / worzu ihnen eines Theils die Nothwendigkeit / anders Theils die da - bey befindliche Bequemlichkeit / Anlaß gegeben. Dann ſo jemahls ein Land in der Welt durch innerliche Unruhen und ſchaͤdliche Factio - nes viel Jahr herdurch zerruͤttet und verwuͤſtet / ſeine ſchoͤnſte Staͤdte zerſtoͤret / und (wie der Welt-beruͤhmten Stadt Meyland wiederfah - ren) auf den Grund geſchleiffet / und der Erden gleich gemachet wor - den / ſo iſt es gewiß Jtalien geweſen / wie ſolches aus der Jtaliaͤni - ſchen Hiſtorie / und abſonderlich aus denen Streit-Haͤndeln / welche lange Zeit zu Teutſchlands und Jtaliens Verderben der Roͤmiſche Stuhl mit denen alten teutſchen Kaͤyſern gehabt / zu erſehen iſt.

Hier war nun gute Policey und heilſamer Rath / die verwuͤſte - ten Staͤdte wieder in Auffnehmen zu bringen / hoͤchſt noͤthig / und alſo kam auch das loͤbliche Beneficium von denen Lehn-Banquen,A 3Leyh -6Das I. CapitelLeyh - und Aſſiſtenz-Haͤuſern / oder wie es mehrentheils in Jtalien genennet wird / von denen Montibus Pietatis in Conſideration / da man denen durch Krieg und andere Unfaͤlle in Abgang der Nah - rung gekommenen Kauff - und Handwercks-Leuten gegen einen billi - gen Zins Geld zu Wiederanrichtung ihrer Nahrung vorſtreckte. Wel - ches dann ſo viel haͤuffiger vorhanden war / als viel vornehme Fa - milien theils vor ein Werck der Liebe hielten / ihr Geld einer ſolchen loͤblichen Stifftung / als ein Mons Pietatis war / anzuvertrauen / anders theils auch keine beſſere Gelegenheit / ſelbiges ſicher / und zwar auf Zins noch darzu zu deponiren und auszuthun / als eben bey ei - nem ſolchen Monte, fanden. So iſt auch ferner bekannt / wie in den mittlern Zeiten und vor der Reformation Rom und Jtalien das Centrum und der groſſe Ocean geweſen / nach welchem der Eyfer der Religion aus allen Reichen und Laͤndern / die von dem Roͤmi - ſchen Stuhl dependirten / die Gold - und Silber-Fluͤſſe zugeleitet / alſo daß die Roͤmiſche Geiſtlichkeit nicht allein Geld und Guts genug / zu Auffbauung Kirchen und Kloͤſter / wie auch zur Fundation ſolcher Stifftungen / in welchen bequemlich zu leben war / haben koͤnnen / ſondern es blieb auch noch ein groſſes uͤber / welches hernach zum Theil auch in Montes Pietatis und zwar umb ſo viel mehr verwand worden / als man daraus vielen Leuten / denen man gern geholffen wiſſen wolte / gegen einen geringen Beytrag ſtattliche præbenden und Leib-Renten zuſchantzte / davon viel derſelbigen uͤberfluͤßig und wohlluͤſtig leben / und Zeit ihres Lebens unbeſorgte Tage haben kunten. Wel - ches / wie ſchon oben gemeldet / dieſen Montibus hernach einen boͤſen Nachklang zugezogen / indeſſen bleibet jedoch dem loͤblichen Gebrauch eines Dinges / durch welchen es von dem Mißbrauch unterſchieden wird / ſein billiges Lob / und alſo werden auch alle loͤbliche Stifftun - gen / durch welche GOttes Ehre befoͤrdert / und die Liebe gegen den Naͤchſten ausgeuͤbet wird / allezeit / und ſo auch die Lehn-Banquen in ihrem Werth verbleiben / und zwar ſo wohl die particularen als univerſalen. Unter jenen verſtehen wir die bekannte Lombards - Leyh-Pfand - und Aſſiſtenz-Haͤuſer / in welchen einem jeden auf Pfand mit einem Geld-Vorſchuß gedienet wird. Worunter wir auch die in groſſen Handels-Staͤdten der Kauffmannſchafft zu Nutzaufge -7Von denen Banquen insgemein. aufgerichtete Lehn-Banquen wollen verſtanden haben / wie wir dann auch hernach von ſolchen / und von ihrer bequemen Einrichtung / in einem eigenen Capitel handeln werden.

Was aber die univerſalen Lehn-Banquen betrifft / halten wir davor / daß ſich die hin und wieder angerichtete groſſe Land-Banquen, welche auf des gantzen Landes Credit fundiret ſeyn / darunter ziehen laſſen / wie dann ſolche Banquen mit Negotiirung groſſer Geld - Summen von Ein - und Auslaͤndiſchen / ſonderlich in dringenden Lands-Angelegenheiten / umbgehen / und ſolche hernach bey Kriegs - und Friedens-Zeiten wieder auf gantze Herrſchafften / Land-Guͤter / und andere annehmliche Verſicherungen / worunter auch die zuerhe - bende Lands-Gefaͤlle / und particularer Perſonen ihre darauf in Haͤnden habende Aſſignationes mit zu zehlen ſeyn / belegen / und zins - bar austhun / auch etwan gegen einen zulaͤnglichen Nachlaß und Rabatt an ſich handeln / wie hernach von ſolchen generalen Land - Banquen und Landſchaffts-Caſſen folgendes Capitel mit mehrern handeln wird.

Nechſt denen oberzehlten Montibus Pietatis kamen auch in Jtalien (und zwar / wie ſchon oben gemeldet / nach denen Fußſtapf - fen des alten Roms) die Wechſel-Banquen in denen mittlern Zei - ten haͤuffig in Anſehen / welche Wechſel-Baͤncke wir fuͤglich in unter - ſchiedliche Claſſes eintheilen koͤnnen / als einmahl in ſolche / in welchen bloß eine Muͤntz-Sorte gegen die andere umbgeſetzet wird / entwe - der Alpari, oder mit Zugebung eines gewiſſen Agio. Dabey dann an etlichen Orten mit einer ſolchen Geld-Wechſelung und Umbſetzung - Banco auch das Wardein-Ampt verbunden iſt / oder doch billig ver - bunden ſeyn ſolte / wegen des darunter verſirenden publiquen Nu - tzens und Nothwendigkeit / die hernach gleichfalls / worinn ſie beſtehe / angezeiget werden ſoll.

Die andere Art ſolcher Wechſel-Banquen moͤchten wir diejenige nennen / da von vornehmen particular-Perſonen andern Privatis und particular-Perſonen (die ſich auf dem Fuß der Geld-Wechsler und ſolcher Financirer geſetzet / welche mit Geld-Verkehr wohl umbzu - gehen wiſſen) anſehnliche Capitalia hingegeben werden / daß ſie ſelbige rouliren und Frucht bringen laſſen moͤchten. Von welchen Fruͤchtenſie8Das I. Capitelſie aber hernach ein gewiſſes ausbedungenes Theil dem Herrn des Capitals zuſtellen muͤſſen / das uͤbrige aber vor ihre Diſpoſition und Adminiſtrations-Muͤhwaltung behalten. Da nun ſolche Wechslers und Geld-Adminiſtratores ſolches ihnen anvertraute Geld in ihre Kiſten / und etwan an den Waͤnden oder Tafel-Werck eines Zimmers (dergleichen noch in Ober-Teutſchland viel gebraͤuch - lich) eingemauerte oder befeſtigte Sitz-Baͤncke eingeſchloſſen / (weil dasjenige / worauf man wie die Henne uͤber den Eyern ſitzet / ſo leicht nicht kan weggetragen / und wann es ſonderlich mit Klammern befe - ſtiget iſt / nicht ſo bald / als etwas bewegliches und unbefeſtigtes / kan genommen werden. Dahero auch dort die Rahel / als ſie ihres Va - ters / des Labans / Goͤtzen mit ſich weggenommen / dieſelbe unter die Streu der Camele geleget / und ſich darauf geſetzet / damit ſie ihr nachſuchender Vater ſo viel weniger finden moͤchte; als wurden ſie dannenhero von ſolchen Geld-Truhen oder Geld-Baͤncken Banchieri, oder Frantzoͤſiſch Banquiers genennet wird / welcher Nahme aber heutigs Tags ſo gemißbrauchet wird / daß mancher Tobacks-Pfeiffen - Speck - und Kaͤs-Haͤndler / wann ſolcher etwan einem armen Tropf - fen auf der Univerſitaͤt etliche Thaler uͤbermachet / oder da er ſich da - ſelbſt auf dem Jahr-Marck befindet / ſolche ihn ſelbſt auszahlet / und ſichs hernach zu Hauß von ſeinen Eltern wieder erſetzen laͤſt / ſo gleich von dem Herrn Sohn auf Univerſitaͤten / wann ſolcher etwan an die - ſen ſeinen geweſenen Mæcenatem ſchreiben ſolte / auf und in dem Brief als Vornehmer Banquier alloquiret wird / da doch der arme Stuͤm - per ſein Lebtage keinen Wechſel geſehen / viel weniger ſelbſt geſchloſ - ſen hat.

Wir gehen aber in der Etymologia des Worts Banco weiter / und erhaͤrten unter andern auch / daß ſolches obgemeldter maſſen von der Einſchlieſſung des Gelds in einem verſchloſſenen Ort herkommen muͤſſe / dadurch weil viel Dinge / welche inter privatos parietes, oder zum wenigſten in verſchloſſenen Schrancken gehandelt werden / den Nahmen der Baͤncke erhalten / als daß man ſagt / Fleiſch - und Brod - Baͤncke / ja gar Gerichts-Banck &c. Wolte man das Wort Ban - co von Bann herleiten / weil etwan das Geld / welches in einige ſol - cher Privat-Banquen deponiret worden / (wann ſelbige hernachbanque -9Von denen Banquen insgemein. banquerot gemachet / der Depoſitarius die Banck aufgeſchlagen und mit dem Gelde durchgegangen / daher der Nahme banquerotiren / oder rumpiren entſtanden) in einem ewigen und unauffloͤßigen Bann ver - fallen / ſo / daß der Eigenthuͤmer ſein Lebtag nichts mehr davon zu ſehen bekommen / ſo wuͤrde ſolches zu weit geſuchet ſeyn / eben als wann wir ſagen wolten / es waͤren theils Montes Pietatis wegen ihres Mißbrauchs gleichſam von der ehrbahren Welt verfluchet und verbannet worden / da doch umb des einen ſeines Mißbrauchs willen der andere / welcher ſich des Guten befleiſſet / nicht in ein gleiches prædicat kan geſetzet werden. Noch eher moͤchte ſich auf die koſtbahren Banquetten und praͤchtige Gaſt-Maͤhle / von welchen auch das Wort banquetiren herkommet / geſchloſſen werden / daß von ſolchem das Wort Banco oder Banquier (wie ehemahls / einiger Meynung nach / von den groſſen und reichen Hanſen das Wort Hanſee) herkomme / welches dann umb ſo viel ehr zu glauben iſt / weil Zweiffels ohn dergleichen reiche und anſehnliche Leu - te / welche ſich auf den Fuß der Banquiers und groſſen Leute in Ad - miniſtration eigener und frembder Geld-Summen geſetzet / auch tapf - fer / nach Art vieler heutigen ſelbſt auffgeworffenen Banquiers, oder Banquerotirers werden haben banquetiret und drauf gehen laſſen / auch mehr auf den Tiſch und Wein-Baͤncken / nach Art der alten Roͤmer ihrem accumbiren / als an den Wechſel-Banquen geſeſſen und nego - tiiret haben. Nachdem aber dagegen wieder in Betrachtung kommet / daß das Wort banquetiren nicht allein Banquirern zukommen kan / weil ſie zugleich auch als Financiers dder Rentenires, die von ihren Renten zu leben / ſolche jaͤhrlich zu vermehren / und die erſparte wieder zu Capitalien zu machen pflegen / anzuſehen ſeyn / hierzu aber zu gelan - gen das vielfaͤltige banquetiren gantz nicht / vielmehr aber das Kargen / Schinden und Wuchern dienlich ſeyn will; Als kan das Wort Banco oder Banquiers von Bancketten oder banquetiren ſo abſolute nicht hergeleitet werden / ſondern es bleibet wohl dabey / daß das Etymon des Worts Banco von den verſchloſſenen Banquen, oder Schrancken - Handlungen / ſeinen Urſprung ziehe.

Es wurden aber die oͤffentliche jedoch erſtlich nur in privat-Per - ſonen ihrer Adminiſtration und Haͤnden beſtehende Banquen anfaͤng - lich umb ſo viel mehr befoͤrdert und geſtaͤrcket / weil (wie ſchon gemel - det) viel geiſtliche und auch weltliche Stands-Perſonen nicht wuſten /Bwo10Das I. Capitelwo ſie mit ihrem Geld hinſolten / und dannenhero vor rathſam und bequem befanden / ſelbiges / wie noch heutiges Tags geſchiehet / ſolchen im Credit ſtehenden Financiern hinzugeben / welche es / wann ſie zu - mahl der Kauffmannſchafft zugethan / rouliren laſſen / und ihnen als - dann Jaͤhrlich ein gewiſſes an ſtatt des Intereſſe davon abgeben koͤn - ten / alſo finden noch heutiges Tags viel vornehme reiche Leute ihren Conto, daß ſie unbeſchnittenen und beſchnittenen Juden ihre Gelder zu 1. pro Centum des Monats / oder 12. von Hundert des Jahrs (da doch in denen Reichs-Satzungen nur 5. von Hundert zu nehmen er - laubet iſt) hingeben / und ſelbige hernach von denen / die es noͤthig ha - ben / wieder 30. und mehr pro Centum nehmen laſſen / ſie auch ſtatt - lich dabey (ſo viel an ihnen iſt) zu ſchuͤtzen wiſſen. Allein tranſeant hæc cum coeteris Erroribus.

Ein ander Auffnahm der Banquen war auch dieſe / daß reiche und wohlhabende Leute / denen es / ihres geiſtlichen oder weltlichen vornehmen Standes wegen / ſelbſt Kauffmannſchafft zu treiben / nicht anſtaͤndig war / ihre Gelder / wie noch heutigs Tags in Jtalien / Teutſchland und Franckreich geſchiehet / andern vertrauten Leuten mit der Condition hingaben / daß ſolche damit Handlung treiben / ihnen aber hernach bey End des Jahrs und nach geſchloſſenen Bilanz ein gewiſſes vom Gewinn abgeben / das uͤbrige aber vor die Muͤhwaltung ihrer Adminiſtration behalten ſolten. Nun war dazumahl Jtalien allein Meiſterin von de - nen Europaͤiſchen Commerciis, und hatte einer Seits ſonderlich Ve - nedig und Genua ſeine Excurſiones und Correſpondencen nach der Levante oder dem Orient, biß in das ſchwartze und rothe Meer / nach klein Aſien und Perſien / Aegypten und auch nach Africa / anders Theils aber durch die meiſten Abendlaͤndiſchen Europaͤiſche Reiche und Laͤn - der / da dann diejenige / welche in ſolcher Handlung begriffen waren / ſtattliche Gelegenheit hatten / ihre eigene und andere ihnen anvertraute Gelder zu nutzen. Ja es muſte es mancher noch vor ein Gluͤck ſchaͤ - tzen / wann er ſein muͤßig liegendes Geld bey einem ſolchen Negocian - ten und Banquier unterbringen konte / daß ſolcher es a depoſito nahm / und ihme dafuͤr ein gewiſſes Intereſſe Jaͤhrlich von Hundert zuflieſſen ließ. Wie es etwan noch heutiges Tages viel Muͤhe koſtet / wann man ſein Geld bey einem reichen Kauffmann und Financier, der deſſen ohne dem genug hat / zinsbar unterbringen / oder einer ein Participant ineiner11Von denen Banquen insgemein. einer profitablen Handlung / Gewerckſchafft / Societaͤt / oder Funda - tion werden will.

Weil demnach obbemeldte Jtaliaͤniſche Negociantes groſſe Ne - gocia auf Aſien und folglich auch in Europa hatten / dannenhero auch diejenige / (welche etwan Geld an einen ſolchen Auslaͤndiſchen weit ent - legenen Ort zur Ranzion gefangener Chriſten / Beſuchung heiliger Laͤn - der / Ausruͤſtung ihrer Schiffe / Beſoldung der Kriegs-Voͤlcker / Er - kauff der Waaren / oder andern Gebrauch noͤthig hatten) mit guͤltigen Wechſeln und Aſſignationibus verſehen kunten; Als wurden hernach von dieſen reichen Negocianten und Banchieren alle diejenige / die ſon - derlich das Wechſel-Negocium trieben / Banchieri genannt.

Wie es aber im gemeinen Sprichwort heiſſet: Negatum eſt ſum - mis ſtare diu, wann etwas aufs hoͤchſte gekommen iſt / ſo pflegt es ge - meiniglich wieder zu fallen; Alſo gieng es auch hin und wieder mit die - ſen Privat-Banchieren in Jtalien / daß ſie / weil ſie etwan zu viel ban - quetiret / oder auch ohne Verſtand gehandelt / oder See - und andern Schaden / ſchuldig - oder unſchuldiger Weiſe erlitten / endlich ſich un - ſichtbar machen / und / weil ſie ihren Creditoribus nicht gerecht werden kunten / das Thor ſuchen muſten. Welches man hernach banquero - tiren hieß / als wolte man ſagen / dieſes oder jenes ſeine Geld - oder Wechſel-Banck iſt zerbrochen / und die darinn vorhanden geweſene fet - te Voͤgel oder ſchwere Geld-Saͤcke ſeynd ausgeflogen / abiit, exceſſit, evaſit, ERVPIT, der Vogel ſelbſt / der ſich mit ander Leut Federn / das iſt / mit frembden Depoſito - und anvertrauten Geldern geſchmuͤ - cket / iſt ausgeflogen / und hat bey Zeiten den Bauer / oder die Ring - Mauer / in welchem er eingeſchloſſen geweſen / zu uͤberfliegen und das freye Feld zu ſuchen gewuſt / ehe man ihn enger zu verwahren Anlaß und Gelegenheit gehabt.

Dieſem Unweſen nun vorzukommen / ſonderlich da es ſich ſehr haͤuffete / kam man endlich auf den Vorſchlag / dergleichen Depoſito - Banquen (in welche diejenige / die ihr Geld gern ſicher / auch gegen et - was Zinſe / belegen wolten / Gelegenheit haben moͤchten) publica Au - thoritate, und unter der Staͤdte Garantie auffzurichten / die von Pri - vatis eigenmaͤchtig angerichtete Lombards-Lehn - und Depoſito-Ban - quen aber zu verbieten / wodurch hernachmahls der Grund zu denen groſſen Lehn-Depoſito - und Giro-Banquen geleget worden / welcheB 2wir12Das I. Capitelwir heutiges Tages in Teutſchland und auch andern Laͤndern / und zwar nicht unbillig etabiliret ſehen / weil eines Theils ein jeder Privatus, der ſich derſelben bedienet / ſeine Sicherheit beſſer / als bey einem Privato dabey findet / anders Theils das Publicum ſeinen oͤffentlichen und heim - lichen / ja einen gar geheimen Nutzen / der biß anhero von Niemand noch ſo genau erkannt worden / dabey ſpuͤrte / wie ſolches in denen fol - genden Capiteln / da wir von dem Nutzen der Banquen handlen wer - den / mit mehrern zu erſehen ſeyn wird.

Dieſe oͤffentlich alſo angerichtete Banquen hat man hernach ſo viel als moͤglich zum Nutzen der Kauffmannſchafft accommodiret / eines Theils / daß die Lombards - und Lehn-Banquen manchen Geld beduͤrff - tigen Kauff - und Handwercks-Mann in der Stille aus der Noth helf - fen / anders Theils auch das gute Geld dadurch im Land erhalten / und nach denen Banco-Ordnungen denen Wechſeln ihr Lauff und auch ihr Preiß einiger maſſen geſetzet wird. Die ſo genannte Giro-Banquen haben ohne dem ihren ſo groſſen Nutzen / daß ſolcher mit keiner Feder genugſam zu beſchreiben / wie ſolches hernach an ſeinem Ort in dieſem Tractat mit mehrern wird bewieſen werden. Wir fuͤgen hier nicht un - billig mit an dasjenige / was Doctor Becher in ſeinem ſchoͤnen Tra - ctat von denen Urſachen des Auff - und Abnehmens der Staͤdte / Laͤnder und Republiquen / unter andern auch von denen oͤffentlichen Banquen folgender geſtalt urtheilet: Wann nun Buͤrger und Bauren / Junge und Alte / Handwercksleut und Kauffleut / nehmlich Kaͤuffer und Ver - kaͤuffer / durch vorige Mittel verſorget ſeyn; (es haben aber ſolche ſeine vorgeſchlagene Mittel beſtanden (1) in Auffrichtung eines allgemeinen Land - und Stadt-Magazins / oder Proviant-Hauſes / (2) eines all - gemeinen Werck - oder Zucht-Hauſes / (3) eines allgemeinen Stapel - oder Kauff-Hauſes / und (4) einer allgemeinen Banco, von welcher er folgender maſſen zu ſchreiben fortfaͤhret:

So iſt noch uͤbrig / daß man auch denen Reichen und beduͤrfftigen Leuten an die Hand gehe / und Huͤlff verſchaffe. Den Reichen zwar muß man helffen durch Auffrichtung einer allgemeinen Land-Banck / allwo ſie nehmlich ihr Geld anwenden / und auf Intereſſe legen koͤnnen.

Zu einer Banck aber werden drey Stuͤck erfordert / nehmlich Cre - dit, Geld / und ein Fundus.

Den Credit anbelangend / muͤſſen ſolchen diejenige machen / welche die Banc aſſecuriren / vor ſie gut ſprechen / und ſolche dirigiren / dieſeswerden13Von denen Banquen insgemein. werden die Banco-Herren genennet / und ſeynd ſchuldig zu ſtehen vor conſervation der Banck / und ſo ſie nicht zuhalten / ſondern die Banco - Gelder ſelber in privatos uſus angreiffen / ſo ſeynd eben ſolche die rechte ruptores Banci, oder Banquerottirer / wie oben erwehnet / darumb vor ſolche allgemeine Stadt-Banck gemeiniglich eine gantze Stadt gut ſpricht. An die Banco-Herren gehet der Gewinn und Verluſt der In - tereſſen des Capitals, das iſt / ſie moͤgen mit den Geldern gewinnen / oder verlieren / ſo ſeynd ſie ſchuldig / jedem ſein Capital und Intereſſe, nachdem es wegen der Zeit und quotæ verglichen iſt / zu zahlen. Jſt nun der Credit dieſer Leute ſtarck / ſo finden ſich auch viel / die Geld hinein - legen / welches der ander Punct in Auffrichtung einer Banck iſt / dann wo kein Geld vorhanden / oder zu hoffen iſt / da iſt auch keine Banck anzufangen; Hingegen wo Geld iſt / da ſoll man alle Mittel und Weg ſuchen / groſſe Capitalia durch dergleichen Baͤncke im Lande zu erhalten / gleich auch dieſe Maxime in Welſch - und Holland in guter Obſervanz iſt. Es ſoll aber das Banck-Geld in groſſen Sorten beſtehen / welche alle Current ſeyn / derentwegen Bergwerck oder gangbare Muͤntzen / und verſtaͤndige Muͤntz-Meiſter / (nicht aber die / welche alle Jahr kaum einen Thaler ſchlagen / ſondern die ihr Werck aus dem Fundament verſtehen /) in der Nachbarſchafft einer Banck ſehr dienſtlich ſeynd. Das dritte requiſitum zu einer Banck iſt der fundus banci, nehmlich die Weiſe / Mittel und Weg / das Capital anzuwenden / und Intereſſe dadurch zu gewinnen. Dann ob wohl der Credit der Banck-Herren genugſam dafuͤr ſtehet / und Geld genug da waͤre / ſo waͤre es doch nicht genug / ſondern ein Land / welches das Intereſſe geben muͤſte / haͤtte mehr Schaden / als Nutzen / davon. Dann die groſſe Herren nehmen Gelder auf / ſie genieſſen das Capital, und die Unterthanen muͤſſen das Intereſſe zahlen. Aber eine rechte Kauffmanniſche Banck muß einen andern fundum haben / dadurch ſie das Intereſſe bekommt / nehmlich Handel und Wandel. Dann wann ein depoſitarius hoͤret / daß man Krieg mit ſeinem Gelde fuͤhret / oder bauen will / oder er ſein Geld nach Hof / und groſſen Herren leihen ſoll / ſo gehet er behutſam / und laͤſſet es wohl bleiben. Wann er aber vernimmt / daß eine gantze Stadt da - fuͤr gut ſpricht / und die Banck-Herren ehrliche / verſtaͤndige Leute / und von gutem Credit ſeynd / und daß man damit Handel und Wandel treiben will / ſo kan er leicht erachten / daß man nichts dabey verlieren /B 3ſondern14Das I. Capitelſondern gewinnen muͤſſe. Wann dann die Jnlaͤndiſche depoſitarii vor - an gehen / ſo folgen die Frembden nach / und hat man alsdenn mehr Credit und Geld / als man anwenden kan.

Was nun vor ein fundus, und wie er zu etabiliren ſey / iſt auch noͤthig zu eroͤrtern. Es koͤnnen aber in einer Banck alle Leute / inſon - derheit die Kauffleut und Wechsler / ſo von Credit ſeyn / Geld haben / zumahlen die Compagnien und Verleger / davon oben gemeldet. Und wann gleich in einem Lande der fundus ſich nicht ſo hoch erſtrecken thaͤte / daß man groſſe Capitalia in die Banck auffnehmen koͤnte / ſo finden ſich doch herrliche / andere und ſichere Mittel / ein Stuͤck Geld / wann es gleich viel Millionen waͤre / mit gutem Nutzen der Banck und der In - tereſſenten anzulegen / zumalen da man allezeit Meiſter derſelben blei - bet / und entweder ſolches in natura, oder ſonſt an guten Effecten in der Hand hat. Jch uͤbergehe allhier ein groſſes und dem gemeinen Weſen hoch-nuͤtzliches arcanum politicum, und ſolches darumb / die - weil ich nicht zugleich den Unwuͤrdigen und Wuͤrdigen einerley Brey einſtreichen will / denn vor die erſten gehoͤret was anders. Was eine wohl fundirte Banck einem Lande vor Nutzen bringe / iſt an ſich ſelbſten am Tage / & ſic vino vendibili non opus eſt ſuſpenſa hædera. Wann manchen Obrigkeiten / Fuͤrſten und Herren ſo viel an ihres Lan - des / ihrer Unterthanen / ja ihrer ſelbſt eigenen Wohlfarth gelegen waͤ - re / wuͤrden ſie ſich ſchon umb dergleichen Mittel und Anſchlaͤge bewer - ben / und einen ehrlichen Mann anhoͤren / aber ſie trauen lieber einem hergeloffenen Goldmacher / oder verdorbenen Kauffmann / da es dann heißt: Sicut credidiſtis, ita accepiſtis. Nachdem nun durch dieſes vorhergehende Mittel der Banck den Reichen geholffen / ihr Geld darinn anzulegen; (welches einem vermoͤglichen Mann ein groſſes beneficium iſt / und ihn perſvadirt / daß er ſein Geld im Land behaͤlt / und ſolches demſelben zum Beſten anwendet / da er ſonſten ſolches aus dem Lande ſchleppet / indem er darinnen nichts mit anzufangen weiß. Denn laͤßt er es liegen / ſo traͤgt es ihm nichts / lehnt er es ſeinem Herrn / ſo be - kommt ers nicht wieder / bauet er Haͤuſer / ſo ſtehet das Capital in taͤg - licher Gefahr des Brands / und traͤgt darzu wenig Intereſſe. Kaufft er Land-Guͤter / ſo wird er alſobald darnach angelegt / und mit einem Wort / er mache es / wie er will / ſo iſt er in Gefahr / oder leidet Scha - den. Nachdem er aber alſo durch die Banck verſichert iſt / welche miteinigen15Von denen Banquen insgemein. einigen Oneribus, Repreſſalien / oder dergleichen Angriffen von der Obrigkeit nicht beſchwert / ſondern gantz befreyt ſeyn muß) So iſt es nun an dem / daß man auch diejenige verſorge / welche weder arm noch reich / ſondern bißweilen mit einer jaͤhlingen Nothduͤrfftigkeit behafft ſeynd / und zwar keinen Credit in der Banck / unterdeſſen aber doch be - wegliche Unterpfand und mobilien haben / welche ſie bey den Juden / oder bey den Chriſten / die bißweilen aͤrger ſeyn / als Juden / ſelbſt auf vielfaͤltiges Bitten umb ein Spottgeld verſetzen / bißweilen gar im Stich laſſen / und dadurch nicht wenig Schaden und Noth leiden muͤſſen. Dieſem Ubel nun vorzukommen / und ſolchen Faͤllen zu begegnen / wel - che doch taͤglich auch einem jeden ehrlichen Hauß-Vater vorfallen koͤnnen / haben die Welſchen eine Invention auffgebracht / ſo man Montes pie - tatis nennet / da ein gewiſſes Stuͤck Geld auf Intereſſe liegt / und ge - wiſſe geſeſſene directores darzu verordnet werden / einem jeden / welcher Geld beduͤrfftig / und ein Unterpfand hat / es ſey auch was es wolle / damit auszuhelffen. Dann da wird erſtlich ſein Unterpfand geſchaͤtzt / hernach etwan die Helffte oder der Drittel des Werths darauff gelie - hen / und ſo ein Jahr umb / und ſich Niemand drumb anmeldet / wird das Unterpfand verkaufft. Der Mons pietatis nimmt das Seine ſamt dem Intereſſe davon / und der Reſt bleibt dem depoſitario, wel - chem deſſentwegen bey dem Verſatz von dem Monte ein Schein gege - ben wird. Dieſes iſt nun ein feines Huͤlffs-Mittel vor die bedraͤngte Buͤrgerſchafft und Jnwohner / auch vor die Frembden / und wird da - durch aller unbilliger heimlicher Wucher / auch die Juden ſelbſt caſſirt und abgeſchafft / hingegen mancher Nothleidender Buͤrger noch bey Eh - ren erhalten / welcher ſein Armuth nicht gern bekant haben will. Aber uns Teutſchen ſeynd vieler Orten die Juden oder Geld-Narren / welche nur auf Silber und Gold leihen wollen / viel lieber / als dieſes Mittel / ja wir gedencken gar nicht darauff / wie wir nur mit dem geringſten den Unterthanen und der Buͤrgerſchafft an die Hand giengen / ihnen zur Nahrung / oder ſonſten in ihren Noͤthen helffen; Allein des ewigen Gebens wird wohl nicht vergeſſen. Wo findet man bey uns Teutſchen ſchier an den meiſten Orten ein eintziges von dieſen ſo nothwendigen Mit - teln / zu geſchweigen / daß man ſie alle / oder meiſtentheils beyſammen haͤtte? Wo iſt Land und Stadt proviantirt? Wo iſt die Vorſorge zu wohlfeilen und theuren Zeiten? Jaͤhlingen tritt man die lieben Lebens -Mittel16Das I. CapitelMittel mit Fuͤſſen / und muß der Landmann verderben / jaͤhlingen wird es unglaublich theuer / und muß der Buͤrger bald entlauffen. Wo iſt eine Ordnung mit den Handwercken / ledig lauffendem Geſind / Muͤſſig - gaͤngern und Bettlern? Wo wird einer in die Arbeit geſtellt / wann man nur von introduction einer manufactur gedencket / dadurch der gemeine Mann ein Stuͤck Brod verdienen koͤnte / wird man mit ſolchem Gratias, Luͤgen / Schaͤnden und Ehr abſchneiden empfangen / daß man wohl des Werck-Hauſes vergißt / und dennoch / wann man zu einem Bettler ſaget: Arbeite; So ſagt er: Schafft mir Arbeit / ich hab keine / ich wolte gern arbeiten. Was ſoll ich von den nuͤtzlichen Verlags - und Kauffmanns-Compagnien, auch allgemeinen Kauff-Haͤuſern reden? Wie duͤnn ſeynd ſolche bey uns Teutſchen geſaͤet / hingegen die Wag - und Zoll-Haͤuſer behaͤlt man fleißig / dieſe ſeynd beſchwerlich / und tragen der Obrigkeit ein / GOtt gebe / die negocia fahren dadurch wohl oder uͤbel / man weiß wohl in Teutſchland von einer Kammer / aber da iſt keine Banck darinnen / ſondern wir Teutſchen ſitzen auf Stuͤhlen / wie gut waͤre es aber / wann aus der Kammer einmahl ein Stuhl / und aus dem Stuhl eine Banck wuͤrde! Mit einem Wort: Der Mangel der Proviant-Haͤuſer in einem Lande iſt ein Zeichen der Unvorſichtigkeit ei - ner Obrigkeit; Der Mangel von den Werck-Haͤuſern iſt ein Zeichen der Faulheit; Der Mangel der Kauff-Haͤuſer iſt ein Zeichen der Unachtſam - keit; Der Mangel einer Banck ein Zeichen des verlohrnen Credits und der Armuth eines Orts; Der Mangel eines Montis pietatis ein Zeichen des Geringachtens der Bedraͤngten. Dieſes ſeynd gewiſſe Indicia einer verdorbenen unachtſamen Stadt / und wann gleich ſolche von oben biß unten aus gantz neu angeſtrichen waͤre / und mit guͤldenen Buchſtaben auf den Thoren ſtuͤnde: Salus Populi ſuprema Lex eſto. Andere moͤ - gen ihre Regierungs-Art von den Venetianern holen. Dieſes eintzige Mittel / wo ſie im Flore ſeynd / nutzen einer Gemeine mehr / als tauſend Venetianiſche Edelleute. Es iſt zwar nicht ohn / ein Ort iſt vor dem andern beſſer gelegen / und hat beſſer Vortheil; Aber gute Ordnung und Fleiß hat Athen auffbracht / da man mehr Korn geſaͤet / als geerndtet. Gute Ordnung hat an den unfruchtbarſten Orten die reicheſten Staͤdte gepflantzet. Und was iſt Venedig / Amſterdam / Stockholm / und noch viel andere Staͤdte ſelbſten anfangs anders geweſen / als deſerte / wuͤ - ſte / uͤbel gelegene Oerter / und anfangs ſchlechte Fiſcher-Wohnungen /gleich -17Von denen Banquen insgemein. gleichwohl ſeynd ſie durch gute Ordnung / und Regiment ihrer Obrig - keit nun ſo weit kommen / daß ſie andern das Nachſehen laſſen.

Es iſt eine fuͤrnehme politiſche Frage / warum die Republiquen / und Reichs-Staͤdte allzeit beſſer floriren als die Provincial - oder ſolche Staͤdte / welche Monarchiſcher Regierung unterworffen / und einem Herrn zugehoͤren. Hierauff geb ich zur Antwort / daß die Auff - loͤſung gar leicht ſeye; Dann eine Republiq hat nur ein Intereſſe, aber ein Land hat zwey / nehmlich ihr eigenes / und ihres Herren / wie aber die Cammer-Guͤter und Landſchafft in dem Intereſſe mit und gegen einander lauffen / und ſich hindern / da ſie doch einander befoͤr - dern ſollen / will ich an einem andern Orth lehren. Und ſo viel in der Kuͤrtze von denen Huͤlffs-Mitteln / wieder das propolium, bey wel - chem ich noch viel nuͤtzliche Sachen haͤtte einbringen koͤnnen; Wer aber dieſes nicht begreiffen kan / noch will / iſt eines mehrern nicht werth / wie wohl ich bereit bin / jedem Liebhaber des gemeinen Weſens / Zeit / und Gelegenheit nach / gern mit mehrem a parte an die Hand zu gehen.

Bey Beſchluß dieſer Mitteln nun iſt nachfolgendes zu erinnern / und noch hierbey zu ſetzen / nemlich ein Mittel / wodurch die vorigen werckſtellig / und auffgerichtet / auch in guter Ordnung conſervirt werden / und dieſes muß geſchehen durch eigene darzu Deputirte / dann es heiſſet ſonſten: Quæ ad omnes pertinent, a ſingulis negliguntur. Der geheime Rath hat nur auff Staats-Sachen / und hunderterley andere Dinge / der Hoff-Rath auff Juſtitz-Sachen / die Cammer auff Einnahm und Außgaben / der Kriegs-Rath auff Kriegs-Sachen / und der geiſtliche Rath auff geiſtliche Dinge zu gedencken / daß alſo unter ſo viel conſiliis keines in ſpecie iſt / welches auff dieſe noͤthige Mittel und Sachen / wovon dieſes Buch von Anfang biß hieher handelt / abſonderlich und ex profeſſo daͤchte / und ſich ſolches angelegen ſeyn ließe / daran gleichwohl eines gantzes Landes und Stadt Wohlfarth ge - legen / weit mehr / als bißweilen an den naͤrriſchen Staatiſten / die ein Land in nichts / als Unruhe / ſetzen koͤnnen.

Jſt derohalben vor allem rathſam / daß man ein eigen Collegium anrichte / welches auff ſolche Sachen Achtung gebe / und dieſes wird an etlichen wohlbeſtellten Orthen das Commercien-Collegium ge -Cnen -18Das I. Capitel von den Banquen insgemein. nennet / es nimmet aber darumb von denen Commerciis den Nahmen / tanquam a potiori, dann weil zu den Commercien nicht allein vorige Puncten gehoͤren / ſondern das Auffnehmen des Bauren-Handwercks - und Kauffmann-Stands / die Vermehrung / Ernehrung und gemei - ne Handbiethung eines Orths / die Abſetzung der Monopolien / Po - lypolien / und Propolien und mit einem Wort / dieſer aller Subſtantz aus den Commercien herruͤhret / ſo hat man billich ſolchen Rath den Commercien-Rath genennet / welcher auff den Lauff und Gang der Commercien / auff Bereicherung und Verarmung eines Lands auff vorerwehnte Mittel / auff den Bauren-Handwercks - und Kauffmanns - Stand / auf Verhuͤtung der Monopolien / Polypolien und Propolien auf Befoͤrderung der Vermehrung / Ernehrung / und Gemeinſchafft eines Lands ex profeſſo Achtung gebe / Obſicht habe / Kundſchafſt ein - nehme / ſich aller Begebenheit wohl informire / ſein Gutachten daruͤber auffſetze / beneben die unter den Kauffleuthen lauffende Streitigkeiten beylege / und mit einem Wort ſich des Auffnehmens der Handlung und derer darzu gehoͤrigen Materien annehme. Dann wie vorgedacht / dieſes ein gantz ander Werck iſt / und nimmer / wie die Erfahrung wei - ſet / von Staats-Leuthen / Hoff-Raͤthen / oder Doctorn wohl admini - ſtrirt wird / derentwegen ſeine eigene Leuth haben will / daß alſo ein ſolches Collegium von dreyerley Art Menſchen beſtehen muß / nemlich von etlichen / welche da wiſſen: Quid Juris, oder die ihre territorialia und Jurisdictionalia, wie weit ſie befugt ſeyn / wohl verſtehen / andere / die den Kauffhandel aus dem fundament wiſſen / ſo wohl in Wechſeln / als Trafiquen uͤber Land und See / in groß und klein; Andere aber / die die Manufacturen / und den Verlag verſtehen / dann es ſeynd zwey - erley Kauffleuth / nicht alle wiſſen / was Manufacturen ſeynd / oder wie ſie gemacht werden; Und wiederumb nicht alle wiſſen / wie ſie hingegen die verfertigte Manufacturen verhandlen ſollen / derentwegen auch hier - innen / wie gedacht / ein Unterſcheid ſeyn muß. Dieſen koͤnte man noch die vierdte Art zuſetzen / nemlich camerales, wegen des Bauren-Stands / und Victualien / Zoͤll und anderer Sachen / ſie ſeynd wol zu leiden / wann ſie entweder nicht gar zu unerfahren / und ſordide geitzig / oder gar zu uͤberklug ſeyn / und das Graß allein wollen wachſen hoͤren / dann alſo potius ſunt oneri, quam uſui, und hindern nur alles. Bißhieher19Das II. Capitel / von einer oͤffentlichen General-Land-Banco. hieher beſagter Author, deſſen ſeine gute Meynung wir in folgenden Capituln noch deutlicher ausfuͤhren und den unumgaͤnglichen Nutzen und Nothwendigkeit der Banquen, mit gleichmaͤßigen und noch meh - rern Gruͤnden beſtaͤrcken wollen.

Das II. Capitel.

Von einer oͤffentlichen General-Land-Banco, an eini - gen Orten Landſchaffts-Caſſa genannt / wie ſolche auffzurich - ten / und wie groß einer hohen Landes-Obrigkeit an ihrem Landes-Credit gelegen ſey.

D der Nervus rerum gerendarum Geld ſey / iſt bekannt / omnia enim obediunt pecuniæ, durch Geld iſt viel (aber doch nicht alles) auszurichten. Ein Caſtel, wie feſt und inprenable es ſcheinen moͤchte / wird offtmahls ohne Blut-Vergieſſen eingenommen / in ſo fern nur ein ſo breiter Zugang zu demſelben iſt / daß ein mit Gold beladener Eſel in daſſelbe hinauffſteigen koͤnne. Die Verheerung und Auspluͤn - derung eines gantzen Landes wird mehrmahl durch eine parat liegende Summam Geldes abgekaufft / und wer baares Geld zeiget / erhaͤlt da - durch vielmahls an Land und Leuten / Kauff - oder Pfandes-weiß / wor - zu er ſich durch Kriegs Gewalt / oder auff andere Weiſe zu kommen / ſein Lebtag nicht haͤtte duͤrffen traͤumen laſſen. Die Exempla davon ſeynd ſo vielfaͤltig / aber auch ſo verhaßt / daß man ſie nicht anfuͤhren darff / genug daß jederman noch im friſchen Angedencken ruhet / was Franckreich mit ſeinen unausſprechlichen Geld-Summen / die er zur Vergroͤſſerung ſeiner Herrſchafft nicht geſchonet / in denen verwichenen letztern Kriegen ausgerichtet / da hingegen / wo dieſer Nervus rerum gerendarum fehlet / viel Wetter der Truͤbſaal uͤber eine Stadt / Land oder Provintz ergehen / und vielmahls eine ſchoͤne Gelegenheit / dieſes oder jenes zu acquiriren / aus den Haͤnden gelaſſen werden muß / wel - ches / wenn parata pecunia vorhanden geweſen waͤre / nicht wuͤrde ge - ſchehen ſeyn. Dahero ſorgfaͤltige Landes-Vaͤter jederzeit dahin be - dacht geweſen / wie ſie ein wohl-angefuͤlltes Ærarium und oͤffentlichen Schatz-Kaſten in Bereitſchafft haben moͤchten. Nachdem aber auchC 2bey20Das II. Capitelbey einem ſolchen viel Umbſtaͤnde ſich gefunden / welche die Frage (ob es beſſer ſey / daß ein Landes-Herr reich ſey / und wohl-beſpickte Geld - Kaſten / dabey aber arme und nahrloſe Unterthanen habe / oder daß das Geld unter dieſen roulire / und in ihren Caſſen / aus welchen es der Lan - des-Herr im aͤuſerſten Noth-Fall doch allezeit haben kan / ſich taͤglich durch Handel und Wandel vermehre / obgleich ſeine Caſſa dabey leer ſtehen ſolte) ſehr ſtreitig unter denen Politicis gemachet; als wollen wir uns dieſes Orts zu keinen Scheids-Mann auffwerffen / weil wir bey ander Gelegenheit von dieſer Materie mit ihren Rationibus dubitandi & decidendi zu reden / Anlaß haben werden. Bleiben alſo dieſes mahl nur bey denen General-Land-Banquen, oder oͤffentlichen Landſchaffts - Caſſen / welche die Staͤnde eines Lands / die etwan noch einige Privile - gia und Lands-Herrliche Capitulationes vor ſich haben / freywillig un - ter ſich auffrichten / theils umb ſelbſt auf dasjenige / was ſie ſolcher ge - ſtalt unter ſich / gegen einen dringenden Noth-Fall / collectiret / ein wachendes Aug zu haben / und ſolches in der Enge beyſammen zu behal - ten / da es / wann es in eines guͤtigen Herrns Caſſa laͤge / leichtlich von eigennuͤtzigen Leuten koͤnte ausgebeten / und zu unnoͤthigem Gebrauch vergriffen werden. Da ſie hingegen / die Landes-Staͤnde / wann es ih - res Landes-Herrn Sicherheit / Ehre / Reputation / Vermehrung ſeiner Macht und Herrſchafft / auch Abtreibung frembder Feindlicher Macht gereichet / allezeit parat, willig / gefliſſen / und ſchuldig ſeyn / ihme mit erklaͤcklichen Summen / und ſo zu reden auf einem Bret / daraus an die Hand zu gehen / welches hernach viel beſſer / prompter, und von groͤſſerer Wuͤrckung iſt / als wann es erſtlich im dringenden Noth-Fall durch langwieriges Ausſchreiben allerhand Contributions-Gelder und Anlagen ſolte colligiret / und eingetrieben werden. Eben wie es auch weit nuͤtzlicher iſt / jederzeit gegen beſorgliche Feindes-Gefahr einen per - petuum militem auf den Beinen zu haben / als ſolchen erſt anzuwer - ben / wann ein Hannibal oder offenbahrer Feind ſchon vor dem Thor ſtehet / dahero auch Conſtantinus Magnus ſo viel auf ſolche Land-Caſ - ſen / und reicher williger Buͤrger Vermoͤgen gehalten / daß er ſolches auch ſeinem eigenen wohl angefuͤlleten Kaͤyſerlichen Ærario vorgezogen. Wiewohl beydes auch wohl zuſammen ſtehen kan / wann nehmlich die Fuͤrſtliche Schatz-Kammer nebenſt der Staͤdte ihren Land - und der Un - terthanen ihren Privat-Caſſen wohl angefuͤllet ſeyn / welches dann eineherrliche21Von einer oͤffentlichen General-Land-Banco. herrliche Harmoniam giebet / und manchen Feind vor den Kopff ſtoͤſ - ſet / ſich an einen ſolchen mit Geld auf allen Seiten wohl verſehenen Staat nicht leicht zu reiben.

Anders Theils haben auch ſolche Land-Staͤnde bey Auffrichtung einer Land-Banco oder Landſchaffts-Caſſa die loͤbliche Abſicht des Landes credit (woran / wie hernach gemeldet werden ſoll / ſo viel gele - gen) bey denen Auslaͤndern zu conſerviren / und der Unterthanen Commercia dadurch ſo viel mehr zu facilitiren auch in Einlaͤndiſchen Nutz zeigenden Begebenheiten ſo gleich die etwan zum Vorſchuß erfor - derte Summen bey der Hand zu haben / und ſonderlich wie gemeld ihrem Landes Herrn / in dringenden Nothfall damit auszuhelffen.

Zu welchen Ende ihnen gewiſſe Jura collectandi per pacta und Privilegia entweder von Alters her ſeynd eingeraͤumet worden oder es iſt auch eine Gemeine Landes-Verwilligung daruͤber ergangen / wie mancherley aber die modi collectandi ſeyn / iſt unſers Thuns nicht / die - ſes Orths zu ſpecificiren, weil hierzu kuͤnfftig vielleicht in unſern voll - kommenen Cammerath ſich Gelegenheit darzu zeigen moͤchte. Gnug iſt es / wann das / ſolcher Geſtalt in einer Land-Banco zuſammen gebrachte Capital wohl angeleget / vermehret und zuſammen gehalten wird. Das erſte geſchiehet hauptſaͤchlich / wann man zinsbar von Fremden auffge - nommene und auf den Land als Paſſiv-Schulden hafftende Capitalia nach und nach abtraͤget / und ſolcher geſtalt dem Land uͤberfluͤſſige In - tereſſe erſparet / das andere aber wann man es gewiſſer maſſen unter denen Unterthanen auf ſichere Hypothequen dergeſtalt rouliren laͤſt daß an ſtatt dazu vor die Lands-Caſſa jaͤhrlich ein groſſes an Intereſſen hat bezahlen muͤſſen ſelbige nunmehro eine anſehnliche Summam der - gleichen Gelder einzunehmen habe / wobey jedoch die menage zu re - commendiren iſt / daß dergleichen Land-Banquen oder Landſchaffts - Caſſen nicht mit groſſen ſchweren uud theils unnoͤthigen Ausloͤſungen und bedienten Salariis beſchweret werden / angeſehen / ein einiger ha - biler Buchhalter (wie kuͤnfftig in unſern Staats-Buchhalter / ſoll ge - wieſen werden) capable ſeyn muß die Einnahm - und Ausgab-Rech - nungen uͤber die gantze Landſchaffts-Caſſam zu verwalten / zumahl da lauter groſſe Summen in ſolcher vorkommen / welche nicht ſo viel Schreibens als die vielen kleinen Percelen in einen Kauffmaͤnniſchen Buchhalten erfordern / ſondern ihm genugſam Zeit uͤbrig laſſen / daß erC 3auch22Das II. Capitelauch die Stelle eines Caßirers mit den Geld aus - und einzehlen in Ge - genwart der Landſchaffts-Deputirten (welche gleichfalls ihres Orths dem Vaterland zu Liebe umſonſt dienen / die Schluͤſſel zur Landſchaffts - Caſſam jeder einen beſondern haben / und gewiſſe Terminen ihrer Ses - ſionen und Tages-Zeiten / wann vor der Landſchaffts-Caſſa gehandelt werden ſoll / ſetzen muͤſſen) verrichten kan.

Wir nennen aber eine ſolche allgemeine Landſchaffts-Caſſam nicht unbillig auch eine Land-Banco. Dann wie in einer Banco Capitalia von ſolchen Leuten hinein gegeben werden / welche ihre Gelder / die ſie auf Zins austhun / gern ſicher belegen wolten / ſolches aber bey Priva - tis nicht allezeit nach Wunſch geſchehen kan / da hingegen bey ſolchen oͤffentlichen Land-Ærariis, wann ſonderlich fides publica vor ſie mi - litirt / es heiſſet Respublica non moritur, die Anſtalten auch ſo dabey gemachet ſeyn / daß ein jeder nach gebuͤhrender Loßkuͤndigung ſein dahin belegtes Capital auf einem Bret wieder erheben / und die veraccordirte Zinſe davor genieſſen kan; So bedencke man / was hierdurch vor ein Nutzen dem Publico geſchaffet werde / in Erwegung / daß eine ſolche Lands-Caſſa dadurch ihren Credit trefflich befeſtiget / und da ſie der - gleichen einheimiſche Capitalia vor Lands-uͤbliche Zinſe oder noch wohl 1. pro Centum darunter bekommt / mit ſolchem Geld hernach Auslaͤn - diſche etwan von ihnen oder ihren Vorfahren zu hohen Zinſen auffge - nommene Capitalia wieder abtragen und tilgen kan. Und geſetzt auch / daß die Auslaͤndiſchen Zinſen eben ſo wohl nicht uͤber Gebuͤhr waͤren / ſo iſt es doch allezeit beſſer / daß die Intereſſe denen Einheimiſchen und Auslaͤndiſchen zu gut kommen. Zu geſchweigen was eine Land-Banco, wann es gleich keine frembde Capitalia abzutragen haͤtte / doch auf an - dere Weiſe vor Nutzen mit ſolchen auffgenommenen Capitalien / bey Anrichtung publiquer und ſich hernach wieder reichlich verzinſender Stifftungen / oder auch in Anlegung nuͤtzlicher Manufacturen / An - kauffung gewiſſer Immobilien / und dergleichen / ſchaffen koͤnte / nur daß die Adminiſtration ſolcher Gelder mit Bedacht / ohne Eigen-Nutz / und Vorſicht geſchehe / ſo daß die Creditores, wann ſie ihr hingegebenes Capital wieder zuruͤck haben wollen / ſelbiges allezeit / nach gethaner Loß - kuͤndigung / prompt wieder bekommen koͤnnen. Dieſes erhaͤlt und ver - mehret alsdann mercklich den Lands-Credit, iſt auch das Fundament, worauf die Jtaliaͤniſchen groſſen und theils Welt-beruͤhmte MontesPietatis,23Von einer oͤffentlichen General-Land-Banco. Pietatis, Lehn - und Wechſel-Banquen gebauet worden. Wo aber kein Wort oder Credit bey dergleichen Landſchaffts-Caſſa gehalten wird / da iſt ſelbige nicht allein vor ſich ſelbſt ruiniret / und denen Vor - ſtehern derſelben ihre uͤbele Adminiſtration ſehr verantwortlich / ſondern das Land ſelbſt / und deſſen Credit, muß darunter leiden / und zu Schanden werden / wie man deſſen unterſchiedliche Exempla, wann ſolche nicht verhaſſet waͤren / von Reichs - und Municipal-Staͤdten / ja von gantzen Laͤndern und Provinzien anfuͤhren koͤnte / in welchen offt der Nahm der Lands-Banco ſo verhaſt und ſo wenig in Æſtime iſt / daß deſſelben ausgegebene Obligationes mit 10. biß 20. pro Centum Verluſt durch Chriſten - und Juden-Maͤckler zu verkauffen muͤſſen aus - geboten werden / und ſich doch keine Kaͤuffers finden. Einer ſolchen Land-Banco ihre Schwachheit und uͤbele Einrichtung aͤuſert ſich auch offtermahls an den vielen Contra-Signaturen / Unterſchrifften und Be - ſtempelungen ihrer Scheine und Obligationen / daß derjenige / dem ſol - che zu Kauff gebracht / oder in ſolidum uͤbergeben werden ſollen / gleich davor erſchricket / wann er darauf erſiehet / durch wie viel Inſtantien er / wann er ſein Geld wieder haben wolte / wuͤrde paſſiren muͤſſen / und daß es leichtlich an der einen oder der andern ſich anhaͤckeln moͤchte / dadurch die Bezahlung ihme difficil koͤnte gemachet werden. Solche uͤbel cre - ditirte Land-Banquen thaͤten beſſer / ſie machten uͤber ihren gantzen Etat einen rechten Buchhalteriſchen Bilanz, und wegen ihrer uͤbelen Einrich - tung eine neue / und dieſem unſern Diſcurs, oder auch ihrem jetzigen und kuͤnfftigen Lands-Vermoͤgen und Zuſtand gemaͤſſe Verfaſſung und neue Einrichtung / alſo daß ſolche von einem gewiſſen Termino a quo an - gienge / und von ſolcher Zeit an zu Wiederherſtellung des Lands Cre - dits alles prompt bezahlte / zu denen alten Schulden aber ein Expe - dienz gefunden wuͤrde / ſolche entweder gantz auf gewiſſe Terminen / oder gleich prompt mit etwas Nachlaß zu bezahlen. Da ich dann ver - ſichert bin / auch Exemplar von einer vornehmen Reichs-Stadt beybrin - gen koͤnte / daß viel Creditores, die ſolcher geſtalt bey gemeiner Stadt - und Land-Caſſa von alten Zeiten her zinsbare Capitalia haben ſtehen gehabt / und einige wohl mehr als das Alterum tantum an Zinſen da - vor genoſſen / die aufs neu betagte hinterſtellige / und von etlichen Jah - ren her unbezahlte Zinſe / ja gar ein Drittel oder Viertel des Capitals wuͤrden fallen laſſen / wenn ſie nur gleich baar Geld davor bekommenkoͤnten /24Das II. Capitelkoͤnten / weil auch dergleichen alte Stadt - oder Land-Obligationes ge - meiniglich ſchon in der dritten oder vierdten Hand durch Erbſchafft oder Kauff gerathen. Da dann bey dieſen letzteren / wie Land - und Stadt - kuͤndig / offt nur quid pro quo und kaum die Helffte vorgegeben wor - den / ſo haͤtte in ſolchem Fall der Fiſcus, oder das Land - oder Stadt - Ærarium ſich vor allen des Beneficii Legis Anaſtaſianæ zu gebrau - chen / welches will / daß der Debitor nicht mehr zur Einloͤſung ſeiner al - ſo verhandelten Obligation geben darff / als derjenige davor gegeben hat / der ſolche vor ein Butter-Brod und ein gar geringes an ſich ge - handelt hat / da doch die Pflicht des Creditoris erfordert haͤtte / den Nutzen / den der Kaͤuffer bey Erhandlung der Obligation in Abſicht gehabt / lieber dem Publico, als einem Privato, zu zuwenden. Hin - gegen haͤtte auch ein ſolches Ærarium publicum, wann ihm ſeine Ob - ligation mit einem billigen und Chriſtlichen Nachlaß / entweder an ver - tagten Renten / oder gar etwas an Capital zu kauffen waͤre angeboten worden / ſolches annehmen / und zu Beybringung der Gelder Rath ſchaffen muͤſſen / weil ſonſt / wann ſelbiges ſolches nicht gethan / und die Beſitzere dergleichen Obligationen / welches offtmahls Wittwen und Wayſen / und andere dergleichen miſerables in Geld-Beduͤrffniß ſte - ckende Perſonen ſeyn / ſich mit einem andern Kaͤuffer geſetzet / und ihme die Schuld verhandelt haͤtten / das Ærarium Publicum ſich dieſes Beneficii Legis Anaſtaſianæ wider denſelben nicht gebrauchen koͤnte.

Es ſeynd aber dergleichen Reformen bey in Schulden ſteckenden Land-Banquen denenſelben an ihrem Credit gar nicht ſchaͤdlich / ſon - dern ſie vermehren denſelben vielmehr / wann Ein - und Aus-Laͤnder die gute Anſtalten ſehen / daß man hinfuͤhro redlich und ehrlich einem jeden dabey begegnen will / und die Stadt oder das Land ſein Beſtes thut / ſich auf einmahl aus den alten Schulden herauszureiſſen / und eine ver - beſſerte Lands-Oeconomie anzufangen. Voraus will der Eigen-Nutz bey dergleichen dem Publico zum Beſten angerichteten Inſtitutis gantz verbannet ſeyn / und iſt es keinem Privato, er ſey / wer er wolle / zuge - laſſen / von dem Publico, wann es zu deſſen Schaden gereichet / weder directe, noch indirecte, zu profitiren. Jenes ſeynd nicht eben allezeit die groben defraudationes und crimina peculatus, ſondern ſie beſte - hen auch darinn / wann man in des Publici Bedienung ſitzet / oder auch ſonſt ein Civis Reipublicæ iſt / und doch derſelben nicht allen Nutzenzuwei -52[25]Von einer oͤffentlichen General-Land-Banco. zuweiſet / den man ihr haͤtte ſchaffen koͤnnen; Indirecte aber moͤchte man auch einiger maſſen dem Publico Schaden thun heiſſen / wann man die Leute / welche mit demſelben ſich eingelaſſen / oder dabey zu thun ha - ben aus Paſſion oder Eigen-Nutz chicaniret / daß man ſie nicht befoͤr - dert / ihnen nicht zu ihrer Zahlung oder Recht verhilffet / ehe ein ande - rer / dem mans beſſer goͤnnet / ihnen vorgegangen / oder ehe ſie rechtſchaf - fen vorher mit Geſchenck und Gaben ſich eingefunden haben. Wie aber dieſes die Gemuͤther von Befoͤrderung des gemeinen Beſtens hinfuͤhro alienire / und den gemeinen Landes-Credit ſchwaͤche / an deſſen Erhal - tung doch einem Land / Stadt / oder Gemeine ſo ſehr viel gelegen iſt / ſolches wird abermahl nachfolgender (aus D. Bechers ſeinen Urſachen von Auff - und Abnehmen der Staͤdte und Republiquen genommener) Diſcurs ausweiſen / welcher pag. 698. alſo lautet:

Es ſeynd bey dem Credit-Weſen in genere ſechs Puncte zu con - ſideriren / als (1) was Credit ſey / und (2) wozu er nutze / (3) wie hoch - nothwendig er ſey / (4) wie der Credit erlangt werde / (5) wie man ihn erhalte / und (6) wie man ihn vermehre.

Den erſten Punct belangend / ſo ſpricht er / der Credit komme her a credendo, allwo das Wort credere in foro civili ſo viel heiſt / als fidere, derentwegen die fidentes Creditores genennet werden. Cre - dere aber oder fidere wird in der Handlung viel ſtricter genommen / als in andern Civil-Actionen / derentwegen weil die Hollaͤnder allein mit der Handlung umbgehen / ſo verſtehen ſie auch / wann man von ih - nen Credit verlangt / daß man ſolchen anders nicht begehre / als wie er bey der Handlung laͤuffig und gebraͤuchlich iſt / das iſt / ohne alles Un - terpfand oder Hypothec, auf bloſſe parole, direction und accepta - tion eines Wechſels / oder Zu - und Abſchreibung in der Banco, hinge - gen in andern Civil-Actionen wird auch wohl Credit geheiſſen / ohn - eracht man ein Unterpfand einſetzt / wiewohl ſolches improprie ein Cre - dit iſt. Dann wann mir einer nichts leihen will / ich gebe ihm dann ein Unterpfand / Caution oder real-Verſicherung / ſo hab ich bey einem ſolchen Creditori wenig Credit, und iſt das Geld / ſo er mir leihet / zumahlen ſo das Unterpfand mehr werth iſt / vielmehr ein verſetztes / als ein creditirtes Geld. Der rechtſchaffene Credit aber trauet / wie ge - meldet / ohne Unterpfand / ohne Caution oder Aſſecuration / und fun - dirt ſich bloß allein auf die ehrliche Parole des Debitoris, derentwe -Dgen26Das II. Capitelgen auch ein ſolcher Credit in Holland werther iſt als Geld / dann ſo balden man in Holland von Verſetzung einiger Unterpfaͤnder ſpricht / ſo iſt es ſchon ein Zeichen / daß man keinen Credit habe. Ja v[i]el Leute ſeyn / welche Geld genug haben / aber keinen Credit, weil nehmlich Geld ha - ben / und Parol halten / zweyerley ſeynd / und es wohl ſeyn kan / daß ein Kauffmann viel Geld habe / aber dennoch in der Parol und Credit betrieglich ſey / derentwegen ein ſolcher wohl vor baar Geld / aber nicht auf Credit handeln kan. Dieſes nun macht / daß / wer in Holland Geld auf Hypothequen haben will / viel mehr Intereſſe geben muß / als der Geld auf Credit nimmt; Welches bey uns hierauſſen ſeltzam ſcheint / aber doch in der That ſich alſo befindet. Dann wer in Holland Credit hat / derſelbe kan allezeit Geld bekommen; Aber nicht ein jeder / der Geld hat / kan in Holland alſobald Credit erlangen / dann ſolches muß erſt durch die Zeit und Erfahrung geſchehen / wie ſich nehmlich ein ſolcher mit ſeinen Creditorn comportirt / und wie er zuhaͤlt. Jſt de - rohalben ein anders / Geld in Holland anticipiren auf Civil-Credit, ein anders / auf Kauffmanns-Credit; Jn Civil-Credit muͤſſen Hy - pothequen, oder anderwaͤrtige Caution ſeyn / und lauffen die Inter - eſſen hoͤher; Jn Kauffmanns-Credit aber wird allein erfordert die Kundſchafft und Redlichkeit / und bey ſolchem lauffen die Intereſſen geringer.

Hieraus erhellet nun die Nothwendigkeit des Credits, dann weil es unmoͤglich iſt / in der Handlung allezeit mit baarem Geld zu nego - ciiren / indem auf Terminen in vielerhand Arten von Handlungen ne - gotiiret wird / da erſt nach Verkauffung der Guͤter dieſelbe bezahlt wer - den / uͤber dieſes die Handlung mit Wechſeln und Aſſecurantien / die Handlung mit Actien / alſo beſchaffen ſeyn / daß ohne Credit ſolche nicht gethan werden koͤnnen / zumahlen in der allgemeinen Handlung dem Kauffmann bißweilen ein Gluͤck oder Ungluͤck auffſtoͤßt / welches beydes geſchwinde Mittel erfordert / dazu dann Credit gehoͤret. Es iſt aber nicht allein der Credit den Kauffleuten / ſondern auch groſſen Herren vonnoͤthen und reputirlich: Dann wie offt ſtoͤßt einen Poten - taten eine Noth an / da er gaͤhlingen Geld-Mittel vonnoͤthen hat; wann man dann ohne Unterpfand nichts haben kan / ſo iſt es nicht allein dis - reputirlich / ſondern auch beſchwerlich / indem das Unterpfand bißweilen alſo beſchaffen / daß es nicht annehmlich / noch transportirlich iſt / odermit27Von einer oͤffentlichen General-Land-Banco. mit des Verſetzers groͤſtem Schaden geſchehen muß. Wann aber ein Herr Kauffmanns-Credit hat / ſo braucht er ſolcher Unterpfaͤnder nicht / ſondern kan auf ſeine bloſſe Parol zu ſeinem Vortheil Mittel erheben. Und ob zwar die Kauffleut vermeynen / es laſſe ſich nicht wohl thun / daß groſſe Herren Kauffmanns-Credit erhalten koͤnnen / oder vielmehr zu ſagen / ein groſſer Herr koͤnte nicht ſo viel Treu und Glauben halten / als ein Kauffmann / ſo iſts doch weit gefehlt; Und wann ja etwas mangelt / ſo fehlet es allein an guter Ordnung / und daß etwan groſſe Herren nicht bedencken / wie viel daran gelegen ſey / daß man Credit habe / und wie ſchaͤdlich es ſey / ja eine lange Conſequenz es mache / wann man denſelben nicht halte / oder verliehre. Alſo hat die Stadt Muͤnſter nunmehro umb etliche wenig Tauſend Reichs-Thaler in Holland / welche ſie vor Intereſſe zahlen ſolte / ihren gantzen Credit verlohren / zu ihrem unwiederbringlichen groͤſten Schaden. Franckreich hat in Holland jetzund auch Geld negociirt / aber umb Acht pro Cen - tum, und auf Hypothec, ohne welche ich nicht weiß / daß jetziger Zeit ein eintziger Potentat bey Holland Credit haͤtte. Welches alles ein Zeichen iſt / daß entweder vormahlen der Credit nicht gehalten / oder gegenwaͤrtig nicht wohl negociirt worden. Wie in der letzten Unruh mit dem Hertzog von Lothringen Chur-Pfaltz Geld vonnoͤthen gehabt / hat ſolches anders nicht / als bey den Schweitzern / gegen Hypothec und gutes Intereſſe koͤnnen aufgetrieben werden; Da hingegen / wo Kauffmanns-Credit vorhanden geweſen waͤre / ſolches alles vortheil - hafftiger haͤtte geſchehen koͤnnen. Dieſes iſt derohalben gewiß / daß alle groſſe Herren / welche Leut und Land haben / und welchen bißweilen ein Ungemach vorſtehen kan / darzu groſſe Summen Gelds erfordert wer - den / welche in der Eil auffzubringen / entweder gedachte Laͤnder nicht maͤchtig genug / oder kein abſonderliches Ærarium darzu auffgerichtet / oder ſonſten keine gute Hypothec vorhanden iſt / ſolcher Laͤnder Herren ſich bey denen Auslaͤndern umb Credit bewerben ſolten. Dann ob ſie gleich von ſich ſelbſten Mittel genug haͤtten / ſo ſeynd ſie doch nicht ſo viel / als wann ſie durch Frembde geſtaͤrckt und verdoppelt werden. Uber dieſes macht es auch einen Herrn conſiderabel, wann er bey Aus - laͤndern Credit hat / dann alſo werden die Jnwohner und Benachbarte umb ſo vielmehr animirt / ihm zu aſſiſtiren / wann ſie ſehen / daß ihnen die Frembde mit gutem Exempel vorgehen. Auch iſt es gar nicht noͤthig /D 2viel28Das II. Capitelviel zu erweiſen / daß der Credit einem Herrn nuͤtzlich ſey; Dann wo Credit iſt / da iſt Reputation und Reſpect, und wo ſolcher iſt / da iſt Macht / und auſſer dieſer die herquellende Liebe und Furcht / welche / ſo noͤthig ſie ſeynd in einer Regierung / ſo noͤthig iſt auch ihre Cauſa effi - ciens, nehmlich die Authoritaͤt / welche durch Macht und Credit er - halten wird. Sonſten heiſſet es: Vana ſine viribus ira, welches man noch taͤglich an unterſchiedlichen Koͤnigreichen ſiehet / die nur deſſentwe - gen von den Hollaͤndern nicht ſo hoch geachtet werden / dieweil ſie wiſ - ſen / daß weder abſonderliches Geld / noch Credit bey ihnen vorhanden. Auch iſt der Credit darumb ſehr noͤthig / dieweil er ein Zeichen iſt ge - haltener Treu und Glaubens / dann wo ſolche herfuͤr blicket / da erzeigt ſich auch die Beſtaͤndigkeit / und ſolcher Orten ſucht man dann Allianz und Freundſchafft zu machen. Kuͤrtzlich / wann Treu und Glauben / Reputation und Macht in einer Regierung vonnoͤthen ſeyn / ſo iſt ge - wißlich der Credit vonnoͤthen / als ein Efficiens aller dieſer Effectuum; Dann daß die Unterthanen einem Herrn trauen / ſeynd ſie ſchuldig / und muͤſſen es theils aus Furcht thun: Daß aber Frembde / die von einem Herrn nicht dependiren / ihme dennoch trauen in ihrer Freyheit / das iſt ein Zeichen eines rechtſchaffenen Credits, der aus Lieb und Affection / nicht aus Schuldigkeit und Zwang der Creditorum herruͤhrt / welchen ein Potentat ſo lieb / als ſeine Ehre ſelbſten / halten ſoll.

Wie derhalben der ſo noͤthige und nuͤtzliche Credit zu erlangen ſey / weiſet gegenwaͤrtiger Punct. Bey deſſen Anfang ich erinnern muß / daß das Fundament zu dem Credit-Weſen allezeit Nutzen und Gewinn ſeyn muß / ſo wohl bey demjenigen / der den Credit giebt / als dem / der ihn nimmt. Dann der einem andern Credit giebt / ſucht dadurch Dienſt / Freundſchafft / Nutzen; der ihn aber nimmt / ſucht den Credit ingleichen zu ſeinem Gewinn und Auffnehmen anzuwenden. Wo der - halben Gelder auf Credit genommen werden / damit man Schaden oder Verluſt thun will / ſo ſtoͤſſet ſich eo ipſo der Credit. Und weil keine Sach iſt / darinnen mehr Nutzen zu ſchaffen / als durch die Hand - lung oder Manufacturn, oder Erkauffung Land und Leut / oder Able - gung Schuld und ſchwerer Intereſſen / oder Bekriegung eines Fein - des / oder etwas dergleichen / durch deſſen Practicirung Nutzen entſtehet / ſo muß das Fundament zu dem Credit allezeit auff Nutzen / in ſpecie aber auf die Handlung ſich fundiren. Dannenhero wird die erſtePropo -29Von einer oͤffentlichen General-Land-Banco. Propoſition, den Credit zu erlangen / alſo angefangen / daß man nehm - lich vorwende / man habe etwas vor / wordurch man koͤnt Nutzen ſchaffen / und daruͤber noch ein ehrliches Intereſſe geben. Dieſes muß die Fundamental-Propoſition machen; Dann wann ſonſten der / welcher creditiren will / hoͤret / daß man damit wolle Krieg fuͤhren / deſ - ſen Ausgang ungewiß / oder Pallaͤſt bauen / deren Unterhaltung an ſtatt des Intereſſe Schaden bringt / oder Gaſtereyen / und andere dergleichen Verſchenckungen / darmit vornehmen / ſo kan er leichtlich erachten / daß kein Gewinn daraus kommen koͤnne / ſondern der Debitor ſich ſelbſten mit dem Creditore in Schaden und Verluſt ſetzen werde. Wo dero - halben die Urſach des Credits auf Redlichkeit und Nutzen zielet / da iſt demſelben auch ein gutes und ſicheres Fundament gelegt / darauf nun ferner folgender Geſtalt gebauet werden muß: Nehmlich an dieſen Or - ten / da Capitalien ledig liegen / muß man durch diejenige die Sach vor - tragen laſſen / die mit Capitalien handeln oder mackeln. Worbey zu wiſſen iſt / daß gegenwaͤrtig wohl kein Ort in der Welt vorhanden / da mehr Geld als in Holland iſt / und wenig feyrender als ſelbiger Orten lieget; Dannenhero die groſſe Menge des Geldes nicht allein deſſen wohlfeile in den Intereſſen machet / ſondern auch Urſach iſt / daß man gar leichtlich und gnugſam Geld auf Credit haben kan. Und ſolcher Geſtalt werden wohl allein in der Provintz Holland etliche und funffzig Millionen Guͤlden jaͤhrlich angelegt / und verintereſſirt / geſtaltſam dann anjetzo die Oſt-Jndiſche Compagnie allein 6. Millionen Capital abge - legt / und an ihre Creditorn zuruͤck gegeben. So iſt der Handel auch dorten ſo uͤberhaͤufft / daß ſich ſo groſſe Summen Geldes nicht wohl darinnen anlegen laſſen; Ja indem aus allen Orten der Welt ſo groſſe Zufuhren von Victualien nach Holland geſchehen / ſo wird verurſacht / daß der Land - und Bauersmann in Holland ſeine Land-Guͤter / oder das Geld / ſo er daran leget / kaum umb Einen und Einen halben pro Centum genieſſen kan. Derentwegen geſchicht es / daß ſich der Land - Mann in Holland erfreut / wann eine Unruhe entſtehet / die dem Rath Anlaß giebt / Gelder auffzunehmen / dann ſolcher Geſtalt kan der Land - Mann ſeine Mittel anwenden; Wie dann innerhalb wenig Tagen oder Wochen allein die Staaten von Holl - und Weſt-Frießland viel Mil - lionen ſolcher Geſtalt / umb Drey oder Vier pro Centum im Fall der Noth haben koͤnnen. Aus welchem allen erſcheinet / wie auch allen denen /D 3die30Das II. Capiteldie Kundſchafft davon haben / bekandt iſt / daß in Holland Capitalien gnug vorhanden / und die Hollaͤnder ſolcher Natur ſeynd / daß ſie nicht gerne einen Thaler feyrend liegen laſſen wolten / derentwegen finden ſich einige Unterhaͤndler oder Maͤckler / oder Senſali, welche mit dergleichen Capitaliſten (alſo werden diejenige genannt / welche Gelder ausleihen) bekandt ſeyn / und in welcher Haͤnden gemeldte Capitaliſten ihre Gelder conſigniren / die wiſſen und ſuchen dann / wie und wo ſie ſolche anlegen / und zum Intereſſe bringen ſollen; Davon haben ſie jaͤhrlich / ſo lang die Gelder ausſtehen / einen pro mille Recompens. Dieſe Maͤckler nun ſeynd der Handlung ſehr nuͤtzlich; Dann indem die Kauffleut oͤffters jaͤhlings Geld vonnoͤthen haben / ſo ſprechen ſie ſolche an / die ihnen dann in wenig Zeit und Stunden damit an die Hand gehen koͤnnen. Solches nun ſeynd ſehr erfahrne / verſtaͤndige Leute / wiewohl intereſſirt / dieweil darinnen ihre Nahrung beſtehet. Sage ich alſo nur in genere, daß / wer in Holland Gelder auff Credit haben will / ſelbiger ſolche bey der - gleichen Maͤcklern negociiren muͤſſe. Worauff dann nun das dritte Requiſitum folget / daß man nehmlich Kundſchafft habe. Dieſes Wort (Kundſchafft) iſt die Materia des Credits, alſo zu verſtehen / daß an ſtatt der Hypothec, Caution oder Fidejuſſion, Jemand ſelbiger Or - ten ſey / welcher einen vor einen ehrlichen Mann kenne / und dafuͤr hal - te; Wann dann ein ſolcher einen gut heiſſet / und daß er ihn kenne / ſo iſt es ſo viel / als wann er vor ihn gut geſprochen haͤtte. Zum Exem - pel: Jch haͤtte gerne 50000. Reichs-Thaler auf Credit in Holland / ſo muß ich zu einem Maͤckler gehen / der mit Capitalien maͤckelt / und ihn fragen / ob er ſo viel Geld vor mich ledig wiſſe? Der wird alſobald Ja ſagen / hingegen mich fragen / ob ich bekannte Leute in Amſterdam habe / welche mich gut erkennen? das iſt / ſolche Leute / welche die Capitali - ſten / ſo die Gelder geben / auch ſelbſten vor gut erkennen. Alsdann faͤngt man an / ſich umb die Perſonen und Nahmen zu bemuͤhen / und iſt eben nicht noͤthig / daß ſolche Leute in Amſterdam wohnen / ſondern wann es nur Leute von Credit ſeynd / ob ſie gleich an unterſchiedlichen Orten und Theilen der Welt wohnen / wann ſie nur in Holland Leute haben / die ſie kennen. Zum Exempel: E. Hoch-Graͤfl. Excellenz wolten hundert Tauſend RThlr. in Amſterdam haben / die Maͤckler werden ſolches bald aufftreiben; Allein die Capitaliſten / weil ſie E. Hoch-Graͤfl. Excellenz nicht kennen / werden bitten / man ſolle einen Mann ſtellen in Holland /der31Von einer oͤffentlichen General-Land-Banco. der ſie kenne / weil nun ſolches ſelten geſchicht / daß man einen dorten antrifft / der ſo wohl den Capitaliſten als den andern kenne / ſo kommt es oͤffters / daß man auf die dritte und vierdte Perſon erſt ſiehet. Hier ſtellt nun unſer Author die Sache dem damahligen Kayſerlichen Cam - mer-Præſidenten Grafen von Sintzendorff / (als an welchen dieſe Re - lation gerichtet war) weitlaͤufftig durch Exempla vor / und nachdem er endlich auch remonſtriret / welcher Geſtallt der erlangte credit er - halten / und vermehret werden koͤnne / nemlich wann man richtig mit Bezahlung der Intereſſen / und des Capitals bey Verfall-Zeit einhaͤlt / und diejenige / die gut geſaget / nicht ſtecken laͤſſet / ſo komt er endlich ſpe - cialiter auf ſeine negociation einer Million Reichs-Thaler vor den Kaͤyſerlichen Hof und was er desfalls in Holland ausgerichtet habe / welcher abgeſtattete Bericht / weil er viel curioſa (das Credit-Weſen betreffend) in ſich haͤlt / als wollen wir ſolchen aus ob angezogenem Tra - ctat pag. 713. von Wort zu Wort (in ſo weit er zu unſerm Propoſito dienet) allhier einfuͤhren / und hernach unſere kleine Anmerckungen dem - ſelben beyfuͤgen. Es ſeynd aber des Authoris Worte / als folget:

Wann man auf eine Zeit vieler Jahren eine Million vor Jhro Kaͤyſerliche Majeſtaͤt negotiiren will / ſo iſt zu mercken / daß der credit nicht von particular-Kauffleuten genommen werden kan / dann ſie ſich ſo lang nicht hinein laſſen / angeſehen ſie ſterben / oder ſonſten aus der Handlung in dieſer Zeit ſcheiden koͤnnen. Derentwegen der credit allein von einer Stadt oder Land-Staͤnden genommen werden muß / welche bleiben; So haben auch die Hollaͤnder dieſe Beſchaffenheit / daß ſie keine hypothec, Land oder Zoll annehmen / welche entweder nicht in ihrem Lande ſelbſten waͤre / oder nahe in der Nachbarſchafft / derentwegen auf dieſes alles reflexion gemacht werden muß. Der Hollaͤnder Vor - ſchlag iſt / wann man eine Million auf lange Jahr haben wolte / daß man nicht auf Kauffmanns-credit, ſondern auf eine andere weiß ſolche negociiren muͤſte / und vermeynen / daß es vor Jhro Kaͤyſerl. Majeſtaͤt zum nuͤtzlichſten / ſicherſten / bequemſten / und reputirlichſten waͤre / wann ſie ſolche Million in Holland von einigen / gleichſam auf Leib-Renthen annehmen thaͤten / dann alſo wird Jhro Maj. credit bey den Hollaͤn - dern bekandt / haͤtten auch beſſere Zeiten und Gelegenheit zu bezahlen; Nachdem aber in Holland unterſchiedliche Arten von Renthen ſeynd / als Loß-Renthen und Leib-Renthen / (darvon der Herr Penſionariusde32Das II. Capitelde Wit eine abſonderliche Schrifft in Druck verfertigt / deſſen ich auch ein Exemplar zur Copey in Hollaͤndiſchen mitgebracht) der Leib-Ren - then aber zweyerley ſeynd / als einerſeits / welche ſich zu End des Lebens erſtrecken / und zwar alſo / daß eine gewiſſe Zahl Menſchen ein Capital zuſammen legen / welcher der Tertius zu verintereſſiren dergeſtalt ver - ſpricht / daß / ſo offt einer von dieſer Compagnie der Capitaliſten ſtirbt / die noch uͤbrige allezeit ſein Theil erben / daß endlich die geſampte Sum - ma auf einen faͤllt / wann dann ſolcher abſtirbt / ſo faͤllt dann die gan - tze Summa denjenigen / ſo ſie die Zeit uͤber verintereſſirt / anheim. Die andere Art von Leib-Renthen aber gehet nur auf eine gewiſſe Zeit / und bleibet auch bey gewiſſen Perſonen / dannenher die Hollaͤnder ver - meynen / daß dieſe letztere Art von Renthen vor Jhro Kayſerl. Maj. die bequemſte ſey / nehmlich alſo: Es treten eine Parthey Capitaliſten zuſammen / und ſchieſſen eine Million Rthlr. Jhro Kayſerl. Maj. dergeſtalt vor / daß ſie ſolche 40. Jahr ihnen den Capitaliſten verin - tereſſirten / und nach verfloſſenen 40. Jahren / ſoll die Million Jhro Kayſerl. Maj. heimfallen / und auf Seiten der Hollaͤnder expirirt ſeyn / die Bezahlung hingegen der Intereſſen ſoll richtig zu Amſterdam in Banco geſchehen von halben Jahren zu halben Jahren / und daß ſol - che 40. Jahr continuirt werden / darvon ſolle eine Reichs-Stadt ihre Parole geben / in uͤbrigen aber verlangen ſie des Capitals wegen weiter keine Verſicherung. Dieſes nun iſt der Hollaͤnder Propoſition / deſſent - wegen ſie auch bereits das Geld zuſammen gebracht / wie ſolches zu ſe - hen iſt aus denen Beylagen Nr. 1. 2. 3. 4. 5. welche ich aus dem Hol - laͤndiſchen in das Hoch-Teutſche uͤberſetzt / und die Originalia beyhan - den habe; Bey dieſer Propoſition nun ſeynd unterſchiedliche Erlaͤute - rung vonnoͤthen als 1. wer dieſe Million Rthlr. in Holland negociiret? 2. wo und wann ſie koͤnne erhoben werden? 3. ob eine Reichs-Stadt oder eine andere Land-Stadt darzu zu diſponiren ſey / daß ſie vor die Intereſſe gut ſpreche? 4. wie viel Intereſſe bezahlt muͤſſen werden / und ob ſie nicht zu hoch? 5. ob es Jhro Kayſerl. Maj. zu rathen waͤre / daß ſie ſolcher Geſtallt eine Million aufnehmen thaͤten? Dieſe Puncten will ich nun etwas weitlaͤufftiger ausfuͤhren / damit E. Hochgraͤfl. Excell. um ſo viel mehr der Sachen Beſchaffenheit daraus abnehmen / und etwan Jhro Kaͤyſerl. Majeſtaͤt daraus referiren koͤnnen.

Hierauf33Von einer oͤffentlichen General-Land-Banco.

Hierauf zeigt er in dem erſten Punct einen gewiſſen Amſterdamer Maͤckler an / welcher dieſe Millionen negociiret haben ſoll / ſo koͤnte ſie auch (2) alſobald in Amſterdam erhoben / und die Gelder entweder baar in Natura von Amſterdam aus auf der Achs nach Wien trans - portiret / oder auch in Amſterdam rohes Silber davor eingekauffet / und in Wien vermuͤntzet werden / da dann auf ſolchen Ausmuͤntzen ebenfalls noch ein feines Capital zu gewinnen waͤre. Wegen des dritten Puncts / daß eine Reichs - oder Land-Stadt davor gut ſprechen ſolte / giebt er hierauf gleichfalls ſeine Gedancken / und thut wegen ein und anders einen Vorſchlag / dargegen man einer ſolchen Stadt die Ver - ſicherung wieder auff einen Zoll oder andere Kaͤyſerliche Intraden in Boͤhmen oder in dem Reich geben koͤnte; Wie dann ſie / die Hollaͤnder ſelbſt / dergleichen Verſicherungs-Mittel wohl annehmen werden.

Neben der Intereſſe, und wie viel deſſen bezahlt werden muͤſſe / ſchreibet er / daß es bey den Hollaͤndern in dieſem Punct heiſſe: Multa petunt, ut pauca accipiant. Dann ſie halten auf das hoͤchſte / damit ſie etwas nachlaſſen koͤnnen. Jhr hoͤchſtes Begehren nun iſt 15. pro Centum, nehmlich zweymahl mehr / als die gemeine Intereſſe; Dann 5. pro Centum traͤgt in 40. Jahren das Capital 2. mahl / 15. pro Centum aber 6. mahl. Nun machen die Hollaͤnder einen ſolchen Cal - culum, daß auf gemeine Weiſe eine Million in 40. Jahren 2. Millio - nen Intereſſe tragen / nehmlich 5. pro Centum, und wann die 40. umb ſeynd / ſo muß die Million wiederumb bezahlt werden / das macht dann 3. Millionen / uͤber dieſes / ſo muß ein Unterpfand verſetzt wer - den / welches zum wenigſten anderthalb ſo viel / als das Capital macht / werth ſeyn muß. Und dieſes Unterpfand iſt in Haͤnden des Creditoris, alſo / daß es der Debitor auch nicht genieſſen kan / derentwegen die In - tereſſe, die er die 40. Jahr uͤber daran mangeln muß / das Capital auch 3. mahl ſuperiren / nur 5. pro Centum gerechnet; macht alſo zu - ſammen in den 40. Jahren in gleichem 6. Millionen werth. Das iſt / was ſie inferiren wollen / ihr Intereſſe der 5. pro Centum, auf die Condition das Capital zu verlieren / mache in 40. Jahren nicht mehr Intereſſe, als wann man auf gemeine Weiſe gegen eine Hypothec Geld umb 5. pro Centum auffnimmt / mit der Condition / das Capital wiederumb zu bezahlen. Sie remonſtriren weiter / daß die Oſt-Jn - diſche Compagnie ordinari 20. bißweilen 40. pro Centum giebt /Eund34Das II. Capitelund dennoch / wann nach vielen Jahren einer ſein Capital wieder haben will / ſo iſt die Compagnie ſchuldig / ihme ſolches zu bezahlen; Hier hin - gegen iſt das Capital expirirt. Jn Holland ſelbſten giebt die Provintz Ober-Jßel 8. pro Centum, und muß das Capital wiederumb zahlen. Dieſes thut auch der Koͤnig in Franckreich. Sie fuͤhren weiter zu Ge - muͤth / wie daß Jhro Kaͤyſerliche Majeſtaͤt nach Verflieſſung 40. Jah - ren dieſe Million eigen haben / und hernach in perpetuum die Intereſſe davon genieſſen koͤnnen / welche in den nechſten folgenden 40. Jahren gantz verloſchen ſeynd / und alſo die erſte 40. Jahr umb ſo viel leidlicher machen. Ja / wie ſie dafuͤr halten / ſo koͤnnen Jhro Kaͤyſerliche Ma - jeſtaͤt dieſe erſte 40. Jahr uͤber gar leichtlich / wann ſie dieſe Million wohl anlegen / 20. pro Centum gewinnen / davon nicht allein ihnen die 15. pro Centum ohne Beſchwerniß bezahlt / ſondern auch auf Seiten Jhrer Kaͤyſerl. Majeſtaͤt noch 5. pro Centum, das iſt in 40. Jahren 2. Millionen gewonnen werden / daß ſie alſo nach Verflieſſung 40. Jah - ren 3. Millionen haben. Ja wann man es gar auf gemeine Weiſe nur rechnet / ſo traͤgt die Million / ſo ſie geben / communi curſu 5. pro Cen - tum Intereſſe, das macht in 40. Jahren 2. Million / und nach Ver - flieſſung derer iſt die Million Capital auch expiriret / und Jhrer Kaͤy - ſerlichen Majeſtaͤt heimgefallen / das macht 3. Millionen. Hingegen zahlen Jhro Kaͤyſerl. Majeſtaͤt in 40. Jahren 15. pro Centum denen Hollaͤndern / das macht 6. Millionen / nehmlich alterum tantum, das iſt Intereſſe zum Capital geſchlagen / nicht mehr / als einmahl mehr. Wie viel tauſend aber zahlen Jhro Kaͤyſerl. Majeſtaͤt jetzunder / da die Intereſſe das Capital einmahl ſuperirt haben / und muͤſſen doch noch dazu einmahl das Capital zahlen. Uber dieſes ſo argumentiren die Hollaͤnder alſo: Entweder Jhro Kaͤyſerl. Majeſtaͤt Bediente und Un - terthanen halten dafuͤr / daß die Hollaͤnder bey dieſer Propoſition Jhro Kaͤyſerl. Majeſtaͤt nicht vervortheilen / oder daß ſie Sie uͤbervortheilen. Glauben ſie das Erſte / ſo laß mans denen Hollaͤndern; Glauben ſie das Andere / ſo treten ſie in der Hollaͤnder Propoſition, und nehmen den Vortheil / nehmlich / ſie leihen Jhro Kaͤyſerl. Majeſtaͤt ohne Un - ter-Pfand des Capitals auf bloſſe Parole 1000000. RThlr. auff 40. Jahr lang / das Capital nicht wiederumb zu ſehen / und endlich gar zu verliehren.

Hierzu35Von einer oͤffentlichen General-Land-Banco.

Hierzu brauchen ſie noch eine Demonſtration: Sie ſagen / Jhro Kaͤyſerl. Majeſtaͤt ſolten Anfangs gar gerne 15. pro Centum geben / damit ſie den credit bekommen. Dann obzwar die Erſte Million 15. pro cen - tum verintereſſirt / ſo giebt die Andere 10. die Dritte 5. und die 4te endlich gar nur 4. daß alſo die kleine Intereſſen der kuͤnfftigen auch billich in der Conſideration mindern die Intereſſe der gegenwaͤrtigen groͤſſern / wie dann der Maͤckler / laut ſeiner beyliegenden Schreiben auch muͤndlich mich verſichert / daß / ſo Jhro Kaͤyſerl. Majeſtaͤt nur ein paar Jahr mit richtiger Zahlung der Intereſſen zu halten werden / er Jhnen wiederum mit ein paar Millionen an die Hand gehen / und de - roſelben ſolchen Credit verſchaffen wolle / dergleichen kein Potentat in der Chriſtenheit haben ſolle. Credit aber haben / iſt eines von den conſiderabelſten Dingen / wie ich oben gemeldet / und zumahlen Jhro Kaͤyſerl. Majeſtaͤt hoͤchſt noͤthig und nuͤtzlich / maſſen doch in allen publicis actionibus und tractatibus darauf geſehen wird. Dieſe erſte Million macht nun alle Jahr 150000 Rthlr. das komt woͤchentlich 3000. Thlr. und vermeynen die Hollaͤnder / daß ja die Unterthanen Jhro Kaͤyſerl. Maj. ſo weit ſich obligirt zu ſeyn befinden werden / ihres Herrn Credit bey denen Frembden aufzurichten / und zu ſeiner unſterblichen Ehre / und zu ihrem